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Teutſches Corpus juris
Oder Verfaſſung derer / des Heil. Roͤm. Reich[s]Teutſcher Nation Kaͤyſerl. Buͤrgerl. Peinlichen / Lehn / Geiſtlichen / See / Land - und Kriegs-Rechten;
Mit Einer deutlichen Anweiſung / wie in denen Gerichten von denen Richtern / Advocaten und Partheyen nach denenſelben ordentlich und gruͤndlich zu procediren / Wobey zugleich Einige Chur-Fürſtl. Braunſchw. Luͤneb. und Fuͤrſtl. Heßiſche Landes-CONSTITUTIONES enthalten /
HANNOVER /BeyNicolaus Foͤrſtern /1703.

Eingangs-Vorrede.

GLeichwie Gottesfurcht und Ge - rechtigkeit die zwey fuͤrnehm - ſten Stuͤtzen und Haupt-Poſten / mit welchen Land und Reiche in ihrem beſtaͤndigen Flor und Wohlſtand befeſtiget und erhalten werden / dar - um auch GOTT der Allmaͤchtige / durch An - zuͤndung des klaren Lichts ſeines heiligen Worts und Evangelii / welches offenbahr in der gan - tzen werthen Chriſtenheit hell leuchtet und ſchei - net / zur Beſtaͤrckung einer wahren und rechten Religion / ſo da beſteht in recht ſinn - und vernuͤnff - tiger Andacht / groſſe Anleitung zur Froͤmmig - keit verliehen und gegeben; Alſo iſt demnach in) (2allenallen Reich - und Landen hoch vonnoͤthen / Recht und Gerechtigkeit zu handhaben / und ſolche Ge - ſetze zu beſtellen und zu verordnen / dadurch die Gerechtigkeit fuͤr allem gewaltſamen Eingriff beſchirmet werden moͤge; da ſonſt / wann ein ie - der alſo rechtlich geſinnet waͤre / ſich am Seinigen begnuͤgen zu laſſen / das ihm mit Recht zukaͤme / und ſeines Nechſten Schaden nicht ſuchte / ſon - dern ihm ſolches Recht zufuͤgte / als er wolte / daß ihm ſelbſt wiederfuͤhre / ſo waͤren keine Geſetze noͤ - thig / welche aber dazu beſtellt werden / daß alle recht friedſam Geſinnete ihres Rechts genieſ - ſen / und denen Ungerechten nach Geſetzes ermeld - ter Straffe / iemand Unrecht zu thun / verwehret werden koͤnne; Welches dann ſtets von uhralten Zeiten hero alle Kaͤyſer / Koͤnige / Chur - und Fuͤr - ſten / auch andere hohe Landes-Obrigkeiten gruͤnd - lich zu erwegen wohl bedacht / und dienliche Geſetze verordnet haben; Ob nun zwar fuͤr Alters die meiſten Rechts-Gewohnheiten mehrentheils in deren Unterthanen Gedaͤchtniß beſtanden / hat man deñoch allgemachſam dergleichen Satzungeninin ein weitlaͤufftiges Geſetz-Buch / Corpus Ju - ris genannt / ſchrifftlich verfaſſen laſſen / darnach man ſich richten und alle Streitigkeiten geurthei - let werden ſolten; wann aber / deren Materie an verſchiedenen Orten auffzuſuchen / denen Rich - tern viel Muͤhe und Beſchwerlichkeit verurſacht / als bedarff es niemand ſo wunderſeltzam beduͤn - cken / daß ein bey Friedens-Zeiten ſonſt muͤßiger Soldat / iedoch nach wie vorhin der Muſen Freund / ſich unterſtehen wollen / nach vielen Aus - ſuchungen ein ſchier vollkommenen Geſetz-Buͤcher und Rechten Auszug zu verſamlen / und in muͤg - lichſter Ordnungs Verbeſſerung einzufuͤhren / wie hieraus nachfolgender Geſtalt mit mehrern wei - ter und umſtaͤndlicher zu erſehen; Derohalben nun / wann ſolche vieljaͤhrige Arbeit von der Hoch - Loͤblichen Juriſtiſchen Facultaͤt Heſſiſcher Hoch - Fuͤrſtlichen Univerſitaͤt uͤberſehen / approbirt und tuͤchtig erkannt / auch von Kaͤyſerlicher Ma - jeſtaͤt und Durchlaͤuchtigen Gnaͤdigen Landes - Fuͤrſten zum Druck privilegirt; ſo wolle ein ieder Hochgeneigter Leſer des Urhebers wohlge -mein -meinten Zweck ihm ſelbſt zu Nutz und iederman zur Luſt / Seinen allerſeits Gnaͤdigſten Landes - Herren aber zu Lob / und GOTT dem Allerhoͤch - ſten allein zur Ehre / ungetadelt annehmen und halten / dabey unvergeſſen zu ſeyn / daß in dieſer Welt / gar eigentlich zu ſagen / nichts mehr neues zu finden / das nicht ſchon zuvor geſehen wor - den. Der Hochgeneigte Leſer lebe wohl.

Das1

Das erſte Buch / Vom unparteyiſchen Richter.

Caput I.

Vom Recht und Rechts-Perſonen / auch Geſetz - geber und deſſen Gehorſam.

JUra Regalia, oder Ober-Herrſchafft und Re - genten hohe und beſondere ſich ſelbſt vorbehal - tene oder auch deren Unterthanen mitgetheilete geringere Vorrechte und Rechts-Freyheiten / ſind nach ieder Landes-Art und Orts Gewohn - heiten billig zu unterſcheiden / als Meer - und Waſſer - oder See-Recht und deſſen Ufer / auch Schiff - und Fiſch-reicher Fluͤſſe / Stroͤhme und Holtz-Floß-Gerechtigkeit: Item, Lehn / Fi - ſcherey / Tonnen und Bachen auszuſetzen / zur Seegelungs-Nach - richt / alſo auch Wind und Roß-Muͤhlen / deren Grund-Seulen auff Herrſchafftlichen Boden anhangend befeſtiget / zu vergoͤnnen und er - auben; Hieher gehoͤren alle und iede Schiff-Zwanck - und Waſſer - Muͤhlen / die an Bruͤcken / Pfaͤhlen und im Waſſer / durch Recht An - cker auszuwerffen / feſt gemachet werden: Item Strandt-Recht am Ufer / Bruͤcken und Schiff-Zoll; dem naͤchſt alle Wild-Bahnen / Jagt von hohen rothen und ſchwartzen Wildpret / Eichel-Maſt / Wald - und ander Forſtwerck / ſo dem Eigenthums-Grund-Herrn gebuͤhret / wie auch Wolffs-Jagt / Vogel und Schnabelweyde / da vornehm - lich bey zu rechnen wilder Obſt-Fruͤchte / Jagt-Stallung zu bauen / Zweighauungs-Recht; Item, bey Feſtungen / Artillerie, Geſchuͤtz / Mu - nition, Proviant; die vornehmſte Gewalt der hohen Obrigkeit iſt / Macht Geſetze zu geben / Freyheiten auszutheilen / Verbrechens Straf - fe nachzulaſſen / und ſonſt verbotenen Eheſtand / iedoch nicht gegen GOttes Wort oder Geſetzes Befehl / zu geſtatten; Item, Erlaub -Aniß2I. Buch / Cap. I. niß und Erſtattungs-Recht wegen unmuͤndigen Alters Schwach - heit / hohe Wuͤrde und Ehren-Aemter auszuſpendiren / hohe und freyer Kuͤnſte Schulen anzurichten / Jahr-Meſſen und Maͤrckte An - ſtellung zu vergoͤnſtigen; Religions-Vorſorge zu haben / Kirchen und Gottesdienſt Gebrauch verordnen und deren Ubung zu verbeſſern / widrig geſinnete zu verjagen / daß GOttes Wort nach wahrem Ver - ſtand geprediget / und / zu GOttes Lob / Friede und Einigkeit ohne Aer - gerniß erhalten werden; ja geiſt - und weltliche Verſamlungen / Land - und Reichs-Tage anzuſtellen / Ober-Mittel - und Nieder-Gerichtbar - keit / Prieſter Amt und Beruff mitzutheilen; deßgleichen Krieg und Friedens-Recht / Verbuͤndniß zu machen / Zeug - und Waffen-Haͤu - ſer / Muͤntz-Gerechtigkeit / auch Tributen anzukuͤndigen; Endlich Ge - leits gerechtſame Gewalt / auff Heer-Reichs und Land-Straſſen / durch dazu beſoldete Einſpaͤnniger und Geleits-Reuter / Reiſende und Kauffleute mit lebendig bewaͤhrter Hand durch zu begleiten / und vor feindlichen Angriffs-Gefahr Sicherung zu verſchaffen / dagegen die Reiſende fuͤr Geld ein Geleits-Zeichen ausloͤſen; Item Nothwerck / Fuhren und Frohndienſte / erledigte Guͤter einzunehmen / den Wah - ren Zoll auffzulegen / ordinari Poſten zu halten / Saltzſiedereyen und Bergwercke zu bauen / derer Zehenden und Silber-Kauff / item Erd - und Landes-Schatz / Schloͤſſer und Pallaͤſte in Land-Staͤdten zu haben.

Regierungs Macht. Richter / in ei - gener Sache verboten.

§. 1. Nach Kaͤyſer-Koͤnig-Chur - und Fuͤrſtlichen Geſetzen / gehoͤ - ret alles Recht / Regierung und Macht dem Landes Ober-Herrn zu / und iſt unbillig / daß jemand in ſeiner eigenen Sache Richter werde.

  • L. 1. ff. de conſtit. Princ. L. 1. §. 7. C. de vet. jur. enucl. L. 10. ff. de jurisdict. L. 17.
    Richters Frey - heit und Will - kuͤhr in Ver - brechen und andern Faͤllen. Geſetzes Voll - ziehungs Huͤlf - fe.
    ff. de judic.

§. 2. So moͤgen nun Richtere nach heutigem gewoͤhnlichen Recht / in allen groß und aͤrgerlichen Verbrechen / dadurch etwa die gemeine Ruhe verſtoͤret wird / und auff alles / was vom Geſetz verboten / oder ge - gen daſſelbige mißhandelt / wohl erforſchen / weilen die Geſetze der Vollenziehungs-Huͤlffe nicht beraubet / ſondern vielmehr / allwo keineSachen Er - kaͤntniß-Recht. Straffe ausgedruͤckt / des Richters freyem Willen heimzuſtellen / je - doch allezeit mit vorhergehender rechtmaͤſſigen Erkenntniß der Sa - chen. Lib. 3. Tit. 5. Cod.

Proceſſes Un - geſchicklichkeit Einwurff zu vermeiden.
  • L. ea quidem, C. de Accuſat. arg. L. 6. ff. de Accuſat. c. 21. X. de accuſat.

§. 3. Ein Richter muß nicht ſeiner Willkuͤhr / ſondern Gewohnheit und allgemeinen Geſetzen folgen / die allen gleichmaͤſſig in acht zu neh -men3Vom Recht / Rechts-Perſonen und Geſetzgebern. men obliegen ſollen / damit nicht Einwurff eines ungeſchickter Art abge - handelten Proceſſes geſchehen koͤnne.

  • Arg. L. 6. C. de accuſat. L. 3. C. de Legibus. arg. L. Libellorum, §. 1. ff. de accuſat.
Richters Pflicht. Proceß-Fuͤh - rungs Rechts - Art.

§. 4 Derohalben er / aus Chriſtlicher Liebe und Zuneigung mit vernuͤnfftig und Geſetz-maͤßigem Gemuͤth / ohne Leichtſinnigkeit / Haß / Beleidigung oder Ubereilung / den Proceß rechtlich fuͤhren ſoll / mit Nachforſchung des Haupt-Verbrechen / als ohne deſſen GewißheitUrſach zur Haupt-Ver - brechen Nach - forſchungs - Weiſe. man zu keiner ſchaͤrffern oder peinlichen Frage gelangen kan / ſintemah - len zur Haupt-Nachfrage genung iſt das allgemeine Geruͤcht / zur ſon - derbaren Erforſchung aber gehoͤret beſſere Laſters Gewißheit / noch groͤſ - ſere Anzeigen zur Folter / die allergroͤſſeſte Nachricht der Warheit zuFolter und peinliche An - zeigung. des Schuldigen Verdammung / und zwar nach Unterſcheid derer Tha - ten / die unfehlbare Nachſpur hinterlaſſen oder nicht / da man in dieſenNachſpur und Geruͤchte giebt Aꝛgwohn. Kindes unbe - wuſten Todes - Art Nachfrage Recht. letzten Verbrechen nur durch Argwohn und Muthmaſſung den Grund zu erforſchen vermag / gleichwie bey andern geheimen Ubelthaten; Als ſo man zweiffelt / ob eine That aus Betrug und Boßheit / oder durch andern Zufall / vollbracht ſey / da nemlich einer erſtochen / aber unbe - kandt / ob es von ihm ſelbſt / oder von andern geſchehen; deßgleichen / ein Kind todt gefunden / aber unbewuſt / ob es gewaltſam oder natuͤrlichenJm Brunn er - ſaͤufften Men - ſchen Erkundi - gungs-Art. Moͤrdlich er - ſtochnẽ Men - ſchens Nachfor - ſchungs Weiſe. Gifft Hinrich - tungs Umſtaͤn - de zu erwegen. Todes verſtorben; Item einer im Brunnen erſaͤufft / aber zweiffel - hafft / ob er ſich ſelbſt muthwillig hinein geſtuͤrtzet oder von ungefaͤhr hinein gefallen / oder von andern dergeſtalt umbracht worden; alſo auch ſo fern jemand durch Gifft hingerichtet / ſoll man die Umſtaͤnde er - wegen / ob der elende Menſch ſich ſelbſt oder von andern unwiſſend im Trunck vergeben durch wahrhafft-aͤuſſer - oder innerlich Gifft.

  • Can. 4. c. 3. q. 7. Can. 61. c. 11. q. 3. L. 5. ff. de calumniat. Eſ. 8. v. 7. L. 1. C. de Ex - ecu[t]. Rei judic. c. 77. c. 11. q. 3. L. 1. §. 24. L. 5. §. 2. ff. ad SCt. Syllan. L. 23. §. fin. ff. ad L. Aquil. L. 66. §. pen. ff. de furt. L. 6. princ. v. cæterum, ff. ad L. Corn. de falſ. L. 29. princ. verſ. verum, ff. de jure fiſci. L. 1. §. fin. ff. de quæſt.

Caput II.

Vom gehoͤrigen Gericht / Kriegs-Befeſtigung /Inquiſitions - Proceß gehoͤ - riger Richter. Schwerdt - Rechts gehoͤ - rig Gericht. Geld-Buſſe Gefaͤngniß - Straffe Ge - richt. Gegen-Klag und Auszuͤgen.

§. 1.

BEy Inquiſitions Proceß, wofern er nicht ſoll nichtig ſeyn / iſt an - gehoͤriger Richter derjenige / welcher das Schwerdt Recht oder ander Gericht / darauff Geld-Buſſe / Gefaͤngniß und Verweiſungs - Straffe folget / hegen mag / und zwar des Beklagten Wohnungs /A 2nicht4I. Buch / Cap. II. Geburt - und Wohnungs - Orts Unter - ſcheid. Kriegs - und gelehrter Leu - te kein Unter - ſcheid / wegen Gerichts - Stand. Remiſſion de - rer Ubelthaͤter. Revers Ge - brauch / wegen Remiſſion. Remiſſions - Recht in Moꝛd und Diebſtahl Verbrechen. Gerichts - Zwangs-Vor - recht.nicht aber Geburt und Urſprungs-Ort / oder auch wo das Verbrechen geſchehen / welchen Gerichts-Stand in greulichen gemeinen Laſtern auch Kriegs und gelehrte Leute erkennen muͤſſen / weilen Ubelthat aller Ehren-Freyheit beraubet / oder / wo das Verbrechen angefangen / oder wo der Schuldige / wenn er fluͤchtig und umſchweiffend / zu finden. So fern es aber ein oͤffentliches Aergerniß / mag auch der / ſo nicht herum - ſchweiffig iſt / wo er gefunden / beſtraffet werden / und wird nicht ohn er - ſucht remittirt; ſonſt aber mag deſſen Wohnungs Ortes Richter wohl nachforſchen / weilen die remisſion nicht Statt hat / es waͤren dann Rich - ter unter einem Fuͤrſten oder Oberherrn / oder alſo Mit-Nachbarn / gegen revers verglichen; Jn peinlichen Gerichts-Sachen aber wegen Mordthat und Diebſtahl kan niemand gezwungen ſeyn / den Thaͤter abzufordern / ſondern bleibet wo er gegriffen.

  • Tot. Tit. C. ſi à non compet. jud. arg. L. 3. ff. de jurisdict. L. 3. princ. ff. de re milit. L. 1. C. ubi Senator. L. 1. C. ubi de Crim. L. 13. & L. 3. ff. de offic. judic.

§. 2. Der Klaͤger ſoll dem Beklagten in ſeinem Gerichts-Zwang / allwo er zu finden / insgemein nachfolgen; iſt alſo dieſes eine ſonderliche Rechts Freyheit / die jederman gebuͤhret / daß einer fuͤr ſeinem eigenem gehoͤrigen Gericht allein belanget und nirgend anders wohin gezogen werden moͤge / darum auch / wer nun dieſer Wohlthat abſagen will / ſich verpflichten muß / an allen Orten fuͤr Recht zu ſtehen / allwo er deſſen erſuchet wird an Wohnung-Handel - oder Verbrechens Orten.

  • L. juris ordin. C. de jurisd. omn. jud. C. cum ſit generale Ext. de for. comp. C. ſi clericus, Ext. Eccl. L. 2. & 4. C. de jurisd. omn. jud. C. 15. & ſeq. C. 11. q. 1.
Urtheils Krafft auſſer Gebiet. Revers benach - barten Landes - Herrn wegen Remiſſion. Remiſſions - Gewohnheit.

§. 3. Wer da / auſſer ſeinem Gebiet / einig Recht ſprechen will / dem leiſtet unſtraffbar gar keine Folge jederman.

  • L. 3. ff. de re milit. L. 20. ff. de jurisd.

§. 4. So pflegen nun insgemein benachbarte Landes-Herrn gegen oder ohne verſchriebene Verſicherung / daß es dem Remittirenden an ſeiner Gerichts-Hoheit / unnachtheilig ſey / wegen Miſſethaͤter Zuruͤck - ſendung ſich alſo zu vereinigen / daß ſie Raͤuber und andere Ubelthaͤter / die unter einem geſeſſen / unter dem andern aber gefangen / nicht vor ent - halten / ſondern vielmehr einander zukommen laſſen wollen / damitExecution - Recht ertappe - ter Ubelthaͤter. Remiſſions - Unkoſten wer ſtehet. wider ſolche allermaſſen mit rechtlicher Execution verfahren werde; wenn ſonſt der Beklagte / nach gegebenem Urtheil / entflohen und an - derswo ertappet wuͤrde / ſo iſt remiſſion billig. Und zwar muß eines Ubelthaͤters Zuruͤckſendung auff des Begehrenden Unkoſten geſche - hen / wann nemlich die That als veruͤbet bekandt / auch kein gering / ſon - dern groß und aͤrgerliches Laſter iſt / und dieſer Richter weiß / daß jener / daruͤber zu ſprechen / rechtlich befuget iſt.

§. 5. Wann5Vom gehoͤrigen Gerichte.

§. 5. Wann aber jemand in dieſem Gebiet das Verbrechen an -Ubelthaten Anfang und Vollendung Straffe. Richters Vor - zugs-Recht. gefangen und einen verwundet / im andern aber es durch Mordthat vol - lendet; oder hier eine Jungfrau gewaltſam entfuhret / und anderswo genothzuͤchtiget; oder in einer Provintz falſche Brieffe verfaſſet / und anderwaͤrts gebraucht / oder wer irgendswo gebunden / und am andern Orte beraubet waͤre / in ſolchen und dergleichen Faͤllen ſind beyderſeits angehoͤrige Richter / allwo die That angehoben und vollbracht worden /Peinl. Halsge - richts Geld - Straffe Recht. und gilt deſſen zuvorkommender Spruch fuͤr dem andern; Jedoch be - kuͤmmern ſich Richter nicht viel / um ſolche ſtreitige peinliche Halsge - richts-Sachen einander fuͤrzukommen / ohne wo ſich Geld-Straf - fe ereignet.

  • C. ult. X. de for. compet. L. un. C. de Rapt. Virg. L. 1. C. ubi de Crim. verb. com - miſſa vel inchoata L. 51. § 2. ff. ad L. Aquil.

§. 6. Wann auch einer an dieſem Ort eine Unthat befiehlet / derUbelthat-Be - fehlhaber und Geber Recht. Todtſchlag aber anderswo erfolget / ſo mag der Befehlgeber hier wohl verurtheilet / oder aus Beweißmangel anderwaͤrts auch belanget / der Befehlshaber irgendswo loßgeſprochen werden.

  • L. 17. §. pen. ff. de adult.

§. 7. Wann es nun zwar ein angehoͤriger Richter iſt / den Schul -Ubelthaͤter Recht auff frembdem Gebiete. Proceß-Ge - rechtigkeit we - gen Ubeltha - ten. digen aber nicht in ſeinem / ſondern auff fremdem Gebiet durch ſeine Diener gefangen / und des Orts Richter den Ubelthaͤter wieder fordert / ſo darff jener keinen Proceß fuͤhren; Wofern aber dieſer wegen ver - ſchwaͤchten Gerechtigkeit nicht klaget / noch den Gefangenen begehret / ſoll ihn jener nicht loß laſſen / ſondern uͤber deſſen Verbrechen erkennen.

§. 8. Wann auch einem Verbrechens-Gnade / an des Ver -Ubelthaͤter Be - gnadigungs - Recht. brechen Gerichts-Ort / wiederfahren / ſo kan von andern Richtern nicht gegen ihn gerichtlich gehandelt werden / derſelbe ſey dann einemProceß-Ver - bot auffs neue vorzunehmen. Zuvorkommen - den Richter - Freyheit. andern Landes-Herrn untergeben / ſo kan ihn eines fremden Herrn oder Richters Begnadigung an ſeinem Amt nicht verhindern; So fern aber der Schuldige loßgeſprochen oder verdammt / alsdenn gilt des zuvorkommenden Urtheil / und darff kein neuer Proceß fuͤrgenommen ſeyn / es waͤre dann Verdacht - oder Betrugs Argwohn bey vorigen geweſen / wer alſo von Richtern nachzuforſchen vorkoͤmmt / ſchlieſſet den andern aus.

§. 9. Wann aber von zween Richtern einer ſchrifftlich geladen /Zween Rich - ters Vorzugs - Unterſcheid. und der andere den Miſſethaͤter ergriffen / ſo hat dieſer Letztere den Vorzug / es haͤtte ſich denn Beklagter mit Fleiß in deſſen Haͤnde erge - ben / des andern Gericht durch Ungehorſam zu verachten / alsdann auffA 3Klage6I. Buch / Cap. II. Beklagten Ur - theil zu aut - worten oder nicht.Klage und darwieder eingewandt’-fuͤrgeſchuͤtzte Auszuͤge / und ferner rechtliches Einbringen wird zu Recht erkannt / daß Beklagter auff die gegen ihn angeſtellete und erhobene Klage fuͤr andern Gericht ſichOrdentlichen Richters Ge - richts-Zwang. Unkoſten Be - zahlungs - Recht. einzulaſſen nicht ſchuldig / ſondern von dieſem Gerichts-Zwang zu ent - binden und loßzuzehlen / Klaͤger aber mit ſeiner Anſprache fuͤr deſſen ordentlichen Richter zu verweiſen; oder auch / daß Beklagter ſeines Vorwendens ungeachtet / auff die wider ihn angefochtene Klage zu ſprechen / fuͤr dieſen Gericht ſtill zu ſtehen / und mit Kriegs-rechtlichen Befeſtigung zu antworten / und daß er es ietzo nicht gethan / die Unkoſten auff richterliche Ermaͤßigung zu erſtatten / ſchuldig ſey.

Wohnungs - Gerichts Ort - Recht.

§. 10. Wohnungs-Gerichts-Ort ſind untergeben alle Belehnte / die auff dem Lande oder in Staͤdten haͤußlich ſitzen / oder Feuer und Rauch darinnen halten / oder durch perſoͤnliches Anweſen / auch da ſie den beſt - und meiſten Theil ihrer Haab und Guͤter haben / ob ſieGeſaͤngniß - Geiſſelung und Geld-Buſſen Straff-Recht. Injurien und Ehren Sachen Gericht. Peinlichen Klage Zu - faͤlle. ſchon das gewoͤhnliche Buͤrger-Recht annoch nicht fuͤr ſich erlanget haͤtten; Sonſt gehoͤren allezeit zum peinlichen Richter Hals-Straffe und Geiſſelung / nicht aber Verweiſung / Gefaͤngniß und Geld-Buſ - ſen; So kan man auch beym Unterrichter wegen Diebſtahl / Injurien oder Ehren-Schaͤndungen / Gotteslaͤſterung / falſch ſchweren und vermaledeyen / Sabbaths-Entheiligung / aͤrgerlichen Geſellſchafften / und Verſammlungen / verbothenen Wucher und anderen Betrugs / auch Hurerey halber / peinlich anklagen.

Edel-Leute Freyheit / we - gen Gerichts - Stand.

§. 11. Wann ein Edelmann / der in Landes-Herrn Dienſt und ſtets am Hofe lebet / in einer Stadt eine Ubelthat begehet / ſo mag die Stadt-Obrigkeit in ſolcher Sache nicht nachforſchen / viel weniger die That beſtraffen / ſondern es gehoͤret Erkaͤntniß und Straffe dem Fuͤrſten zu maſſen; wofern eine Perſon einigen Gerichts-Standes be - freyet / genieſſet auch ſolche Freyheit deſſen familie; Jedoch / wenn der Edelmann nicht in derſelbigen Stadt / allwo der Fuͤrſt ſeine Geſchaͤffte treibet oder ſich auffhaͤlt / ſondern an einem andern Ort ſeiner eigenen Verrichtung halber ſich befindet / oder ſo fern er auſſer deſſen Dienſt nicht bey Hofe lebet / es ſey gleich in der Reſidenze oder einer andern Stadt / allwo er die Miſſethat veruͤbet / und ſelbige Stadt-ObrigkeitObrigkeiten Recht mit Edel-Leuten. Ober - und peinlichen Gerichte Recht hat / alsdann hat er ſich / durch ſein Verbrechen / deren Gerichtshaltung unterworffen / wann ſie ihn nemlich an Verbrechens-Ort gefangen nehmen koͤnnen; entfliehet er aber / ob ſchon er auff ſeinen Guͤtern wohnet / moͤgen ſie ihn nicht citi - ren / ſondern die Sache gehoͤret zum Fuͤrſten oder Landes-Herrn. Alſoiſt es7Vom gehoͤrigen Gerichte. iſt es auch mit Soldaten und geiſtlichen Perſonen / ſintemahl ein Be -Soldaten und Geiſtl. Recht. freyeter / der Ubels thut / an unbefreyeten Orten / nach deren Gewohn - heit Rechten / billig daſelbſt zu ſtraffen; ſonſt aber nach gemeinen aller Orten gewoͤhnlichen Rechten ſoll wider grobe Laſter keine adeliche oder andere einige Befreyung etwas gelten oder ſchaffen / ſondern deß - falls werden alle und iede / wie ſie mit Nahmen heiſſen / keine ausbeſchei -Adelichen Vorrecht und Freyheit Ver - luſt. den / gaͤntzlich auffgehoben / maſſen gemeinen Volcks Beſtes das hoͤch - ſte Geſetz ſeyn muß / auch keiner / der ſich mordens / ſtrauch-reitens / rau - bens und gewaltſamen ſtehlens befleiſſiget / einer Ritter-maͤſſigen oder Freyheit-faͤhigen Perſon / werth ſeyn kan.

  • Arg. L. un. C. ſi quacunque præditus poteſtate. Auth. qua provincia, C. ubi de Crim. L. 3. ff. de re milit. L. 1. C. ubi Senator.

§. 12. Jn peinlichen Hals-Gerichts-Thaten auff hohen Schu - len gehoͤret deren Erkaͤntniß / nach der Sachen Umſtand und Beſchaf - fenheit / dem Fuͤrſten der Academie oder Biſchoff zu; ſonſt aber iſt be - kandt / daß Studenten und hohen Schul Perſonen / in buͤrgerlichen Sa -Studenten Freyheit. chen / von Kaͤyſer Friderich Barbaroſſa, dieſe Freyheit haben / daß ſie nirgends / als fuͤr ihrem Magiſtro und Rectori, beklaget werden ſollen; jedoch kan dieſer Rechts-Wohlthat auch abgeſaget werden.

  • Auth. Habita, C. ne fil. pro patre.

§. 13. Weltlichen Standes Leute koͤnnen von geiſtlichen Richtern /Geiſt - und weltlichen Per - ſonen Rechts - Stand. Verzicht Rech - tens Einlieffe - rung. auſſer in Kirchen und geiſtlichen Sachen / nicht belanget noch geurthei - let werden / gleichwie in pein - und buͤrgerlichen Sachen geiſtliche Per - ſonen Freyheit haben / fuͤr keiner weltlichen Obrigkeit fuͤr Recht zu ſte - hen / es waͤre denn ihres Rechtens Verzeihung ſchrifftlich eingelieffert worden / oder das Verbrechen waͤre ſo grob / daß ſie ihrer Amts-Wuͤr -Conſiſtorial - Gerichts-Sa - chen. den zu entſetzen / alsdann gehoͤren ſie fuͤr das Conſiſtorium, ſo wohl als andere leichte Vrſehen / und geiſt - oder buͤrgerliche Sachen; wann ſie aber in groſſen Schand-Laſtern an Ort des Verbrechens auff derErgriffenen Thaͤter Recht. That ergriffen / gehoͤren ſie fuͤr des Orts weltlichen Richter.

  • C. cum non ab homine C. at ſi clerici. C. clerici, c. qualiter, X. de judic. C. ſi diligenti, C. 1. C. ſi quis C. cum contingat, & C. ſignificaſti. Ext. de for. comp.

§. 14. Wann auch einer peinlichen Gerichts Gerechtigkeit hat / nicht aber eben auff ſelbige Perſon wegen ihrer Freyheit und der Gefangene weiß / daß es nicht ſein gehoͤriger Richter / jedoch ihm ant - wortet / verſetzet er ſein Recht / er ſey dann vom Obern daran verhin -Rechts Verſe - tzuug in Ge - richts-Stand. dert / oder ſolche Verſetzung waͤre einem privilegirten Orden ſchimpff - lich; wann nun geiſtliche Perſonen auch in buͤrgerlichen Sachen etwas von einer That anders woher mehr / als von des beklagten oder beleidig -ten8I. Buch / Cap. II. Beicht-Be - kaͤntniß Zeu - gen-Sage. Beicht-Be - kaͤntniß Recht des Verſtor - benen.ten Theils Beicht-Bekaͤntniß wiſſen / moͤgen ſie / ihre Zeugenſage ab - zuſtatten / durch ihre geiſtliche Obrigkeit wohl angehalten werden.

§. 15. Wann ſonſt ein Geiſtlicher / wegen Beichtſtuhls-Bekaͤnt - niß / des Entleibten oder Verſtorbenen zu ſeines Gewiſſens Erleichte - rung / in Gottes oder Prieſters Hauſe geſchehen / zu offenbahren belangt wird / abſonderlich in Blut-Gerichts Sachen / darauff Blut-Straf -Miſſethaͤter Blut iſt ein Opffer Gottes. fe erfolget / waͤre es eine Phariſaͤiſche Heucheley / ihm Zeugniß zu ver - bieten / eben als wenn der Gerechtigkeit Verwaltung etwas ſuͤndliches an ſich haͤtte / vielmehr kan ja GOtt dem HErrn kein angenehmer Opffer als des Miſſethaͤters Blut geopffert werden / welches bey Ev - angeliſchen und Proteſtanten mehr als Catholiſchen geuͤbet wird.

Hurerey und Ehebruchs - Sachen Hurerey / Ehe - bruch und Nothzuͤchti - gungs-Sachen Recht.

§. 16. Schlechte Hurerey und Ehebruchs-Sachen mag man auch beym Untergericht nachzuforſchen begehren / weilen deren Straffe heut zu Tage willkuͤhrlich zu denen Erb - und Nieder-Gerichten gehoͤ - rig / da ſie aber Umſtaͤnde wegen mit Verweiſung und dergleichen Straffen zu belegen / werden ſie billich zum Obergericht hingezogen; Alſo gehoͤret Nothzuͤchtigungs-Verbrechen zum peinlichen Recht; Jſt auch ſonſt in Ehe-Sachen der Beklagte ſchuldig fuͤr frembden geiſtli - chen Richtern zu antworten.

  • C. cauſa matrimonii, Ext. de conſang. & affin. C. 16. X. de offic & poteſt. jud.
Ubelthat Straffe an frembden Ort. Injurien Ge - richts-Ort.

§. 17. Wer nun Frevel oder Ubelthat unter frembder Herrſchafft begehet / kan ſich auff ſeine Obrigkeit nicht beruffen / ſondern muß an ſel - bigem Ort zu Recht ſtehen. So ſoll auch in Ehrenſchaͤndung und Schmaͤh-Klagen der Ehren-Schaͤnder / dem Gerichte des Geſchmaͤ - heten zu folgen / ſchuldig ſeyn.

  • L. 38 ff. de judic. C. ſane, C. licet, X. de for. compet. L. diffamari C. de ingen. manumitt. L. 1. c. ubi de crimin.
Liegenden Guts Gericht.

§. 18. Wann der Beklagte unter eines fremden Richters Gebiet liegende Guͤter hat / muß er daſelbſt / allwo ſie gelegen / gerichtlich zu ant - worten ſich gar nicht entziehen / wenn er auch ſchon eine geiſtliche Perſon waͤre / weiln der Streit allhier nicht die Perſon / ſondern die Sache an - gehet fuͤr weltlichem Gericht.

  • L. 16. C. de præd. min. L. fin. C. de præſcript. long. temp. C. 5. X. de for. comp. L. 2. 3. & fin. C. ubi in rem act. Exerc. Auth. Clericus C. de Epiſcop. §. omni -
    Contracten - Gericht.
    um inſt. de act.

§. 19. Contract-Haͤndel geben auch gehoͤrigen Gerichts-Stand / es wuͤrde dann dagegen fuͤrgewandt die Ausflucht oder Begebs-Recht / wegen nicht alſo gemachten Handels-Vergleich / daß die Sache nicht alſo gethan und beſchaffen / wie abgeredt / ja anders geſchrieben / alsgeſagt /9Vom gehoͤrigen Gericht. geſagt / und alſo im Gegentheil; damit kan mancher auffgerichteterUrkunden Vernichtungs - Recht. Handel vernichtet / auch wohl Urkunden umgeſtoſſen werden / weilen man der Warheit mehr als ſchrifftlichen Schein in Rechten Statt ge - ben ſoll / damit man nun dafuͤr ſicher ſeye / ſoll man dieſem Vortheil aus - druͤcklichen abſagen laſſen.

  • L. 19. §. 1. ff. de jud. L. 20. & 36. §. ult. Item L. 45. ff. Eod.

§. 20. Wann der Beklagte fuͤr frembden Richter den Krieg be - feſtiget / ſo hat er ſchon bewilliget / ſeine Sache allda auszufuͤhren / esKriegs-Befe - ſtigungs - Recht. Einladung uñ Stillſtandes - Friſt. ſey geiſt - oder weltlich Gericht / weilen durch Beklagten Erſcheinung der Ladung Fehler auffgehoben / darum auch einer / der gegenwaͤrtig iſt / und alſobald antworten will / einzuladen unnoͤthig; jedoch kan man ihn zur Antwort nicht zwingen ohne gegebenen Stillſtand / dazwiſchen ſich zu ruͤſten / alſo gilt dieſe Ermahnung / an ſtatt Einladung; So wirdGeꝛichts-Ver - jaͤhrungs-Zeit. Beklagten Verſicherung. auch Gerichts-Hegungs-Recht durch Gewohnheit und 10. 20. 30. biß 40. jaͤhrigen Brauchs-Verjaͤhrung erlangt; erſte kurtze Friſt unter ge - genwaͤrtigen / letztere bey Abweſenden.

  • L. 5. ff. de jurisdict. L. 19. ff. de judic. L. 1. ff. Eod. L. fin. C. de præſcr. long. temp. L. 1. §. 1. ff. de Feriis.

§. 21. Wann eines beweglichen Guts halber Streit vorfaͤlt / mußBeweglichen Streit-Guts Recht. Beklagter Verſicherung geben / ſolches nicht zu veraͤuſern / noch zu verſchwenden / ſondern gehoͤrig auszuhaͤndigen / oder beym Gerichts - Amt in Verwahrung niederzulegen.

  • L. 16. in fin. ff. de offic. præſ. §. 3. &. 4. inſtit. de ſatisd. L. 17. C. de procurat.

§. 22. Gegen-Klage wuͤrcket / daß / wofern der Vorklaͤger ſeine Vorklage nicht qvittiren / noch dem Nachklaͤger antworten will / ihm Verhoͤr zu weigern / ohne in Wahl-Beylage-Unterhalt-Raub - Vollmacht-Ehe-Lehn - und geiſtlichen Sachen. So muß auch Gegen - klage des Vorklaͤgers Sache anhaͤngig ſeyn / und daraus herflieſſen / oder dieſelbe auff einige Weiſe betreffen / und zwar fuͤr Beklagten Gericht geſchehen / alſo daß Nachklaͤger ſeinen Beweiß ſtuͤndlich in zweyfachen Schrifften bey Handen habe / daß beyde Proceſſe zugleichGegen-Klage Recht. zum End-Urtheil gereichen moͤgen / ſolche gilt aber nicht fuͤr Commiſſa - rien Schieds - und Appellations-Richter / ohne in Bey-Urtheil / wie auch nicht in peinlichen oder andern privilegirten Sachen.

  • L. pen. ff. de compenſ. arg. L. 4. C. de pact. Auth. qui ſemel, C. quom. & quand. jud. L. 24. C. de Sentent. interlocut. c. 1. & 2. X. de mut. pet. c. 6. X. de arbitr. C. paſtoralis, X. de offic. ordin. C. ut dilectus, X. de appellat. L. 5. ff. de publ. judic. L. 1. & 19. C. de accuſat. arg. L. fin. C. de ordin. judic.
B§. 23. Jn10I. Buch / Cap. II.

§. 23. Jn peinlichen Sachen mag einer / wo er mißhandelt / geſtraf - fet werden / er gehoͤre auch zu Hauſe wo er wolle; Nicht aber mag ein Ubelthaͤter allzeit gezuͤchtiget werden / allwo er angetroffen / ſondern wird bißweilen an ſeinen gehoͤrigen Gerichts-Ort zuruͤck geſandt / wann aber des Orts / wo der Thaͤter ergriffen / ein Klaͤger verhanden / ſo mag daſelbſt die Obrigkeit den Verbrecher von Amts wegen ſtraf - fen. Wer nun peinlich anklagt / muß ſeine Klage auszufuͤhren / oder Beklagten fuͤr Schimpff und Schaden zu antworten Verſicherung thun; Eydliche Verſicherung aber hat allhier nicht Statt / ohne daß Klaͤger wegen Armuth ſonſt nicht buͤrgen mag / ſo muß auch in dieſen Sachen gantz hell und klarer Beweiß oder eigene Bekaͤntniß ſeyn / ſonſt ſoll darinn niemand richten. Wo aber eine Sache zweiffelhafft / ſoll man allezeit das Mittlere thun und verſtehen / weiln es beſſer den Schuldigen zu befreyen / als Unſchuldigen zu ſtraffen.

  • Nov. 134. c. 5. C. 24. Ecce, q. 3. C. ſi quid. diſt. 86. C. ſi peccaverit, 2. q. 1. L. 13. ff. de offic. præſ. L. 4. §. 1. ff. ad L. jul. pec. L. item, §. ſi quis, ff. de injur. L. ſi cui, in pr. ff. de accuſat. L. qui crimen, in pr. C. qui accuſ. non pot. L. 1. 4. & fin. ff. de cuſtod. reor. L. 16. C. de pœn. L. ult. C. de probat C. ſciant, 2. q. 8. C. Epiphan. 5. q. 6. L. ſingul. C. de accuſ. L. cum reis, C. de pœn. L. addictos, C. de appell. L. 32. & 42. ff. de min. c. at ſi, Ext. de judic. L. perinde, ff. ad L. Aquil. L. 2. C. quor. appell. non. L. 22. C. ad L. Corn. de falſ. L. 1. C. ubi de crim.
Verbrechen Gericht.

§. 24. Ausflucht einig Gericht zu vermeiden muß man vor Kriegs - Befeſtigung einwenden als wegen nicht angehoͤrigen Gerichts / oder welcher Richter allbereit zuvor kommen / wenn Beklagter mehr als ein Gerichte hat / oder in Schmaͤh-Klagen / allwo Klaͤger die Wahl hat / den Schuldigen zu belangen nach Belieben wo er will / wie auch durchInjurien Ge - richts Wahl - Recht. Supplique zum Fuͤrſten / oder der Auszug / wegen irgends wo ſchon an - gehaͤngt - und noch waͤhrenden Rechts-Streit / oder eines verdaͤchtigen und ungeſchickten Richters Verwerffung / welcher Auszug auch her -Auszugs Ver - jaͤhrung und Proceß-Nich - tigkeit. nach frey ſteht vorzubringen / wenn des Verdachts Urſachen erhellet oder zu erſt bekandt worden / alsdann mag der Richter ohne offenbahre Nichtigkeit im Proceß nicht fortfahren / ſonſt mag keinem Auszug einige Verjaͤhrung entgegen geſetzt werden.

  • L. pen. & ult. C. de Except. L. 5. pr. ff. de judic. L. 7. 30. & 72. ff. Eod. L. ſin. C. ubi in rem act. c. 13. 17. & 19. X. de foro compet. L. 1. C. quando lib. princ. Clem. fin. ut lite pend. L. 16. & fin. C. de judic. c. 25. X. de offic. deleg. L. 32. §. 14. ff. de arbitr. c. 4. X. de Except. L. 8. C. quom. & quand. jud. L. pure, §. fin. ff. de dot. Exceſ t.
Zeugen Ver - hoͤr-Gerichts Stand.

§. 25. Zeugen Verhoͤr giebt auch gehoͤrigen Gerichts-Ort / weiln der Widerpart / gegen welchen die Zeugen gefuͤhret werden / dazu be -ruffen11Vom gehoͤrigen Gerichte. ruffen ſeyn muß / ob er etwas dagegen einzuwenden / anders waͤre das Verhoͤr nichtig / ohne bey Inquiſitions-Faͤllen und wofern Gefahr beym Verzug / als wegen Schaden an entferneten Orten geſchehen / oder wegen langwieriger Abweſenheit / oder Todes Zufall / oder auch ausbuͤndig glaubhaffter Zeuge zu verhoͤren / oder es geſchehe mit Par -Zeugen Vor - recht / der aus - buͤndig glaub - hafft. they Bewilligung / ſo muͤſſen dennoch der Zeugen Nahmen Gegentheil ebenmaͤßig kund gemacht werden.

  • L. ſi quando, C. de Teſt. L. 1. C. de naufrag.

§. 26. Wann Beklagter abweſend ſich nicht einfinden will / magBeklagten ab weſenden Recht. er binnen 30. Tagen dreymahl oder ein fuͤr alle mahl mit dieſer Bedro - hung geladen werden / daß auff ſein Ausbleiben nichts deſtoweniger ergehen ſoll was recht iſt / und ſo fern der Citirt - und Beklagte ebenmaͤſ - ſig wie der Klaͤger erſcheinet / ſoll er am erſten Termin deutlich kurtz und verſtaͤndig / klar und unterſchiedlich / ob und worinn die That anders als vom Klaͤger vorbracht / und wie es ſich eigentlich verhalte / ſpecificiren / und auff jeden Punct nach allen ſeinen Umſtaͤnden Antwort anzeigen /Thats-Pun - cten richtige Antwort. wie auch / was er dabey fuͤr nahmentliche Auszuͤge einzuwenden haben moͤchte / alles auff einmahl bey Rechte Verluſt-Straffe einzubringen.

  • Tot. Tit. ff. & C. de requir. reis.

Caput III.

Wann und wo Gericht zu halten / und was allda wegen Feyertag und Ausfluͤchte zu handeln.

§. 1.

ZU heiligen Feyertagen / zur Erndten / Jahrmaͤrckten und Wein -Gerichts Fey - ertage Recht. leſe / auch Fuͤrſten zu Ehren / item, wegen Peſt-Seuche / Auff - ruhr und Feindes-Noth-Zeiten / ausgenommen guͤtlichen Vergleich der Partheyen / darff man nicht zu Recht ſtehen / wann man nicht ſol - cher Freyheit / wie gewoͤhnlich / ſich ſchrifftlich verziehen; jedoch mag man GOttes heiligen / als auch andern aus obliegender Noth gebote - nen Feyertagen nicht ſich begeben / ſondern ſolche entſchuldigen denFeyertage Proceß nichtig. nicht erſcheinenden / ja die Rechts-Handlung iſt gantz null und nichtig / auch fuͤr einem Schieds-Richter / es ſey gleich mit Partheyen Bewilli - gung oder ſtreitige Gerichts-Hegung.

  • Tit. ff. & C. de Fer. L. 2. & ult. C. Eod. L. 36. ff. de arbitr.

§. 2. Wer nun auff einen Feyertag zu erſcheinen geladen / iſt fol - gendes Tages ſich einzufinden gehalten; So mag auch an heiligen Feyertagen keine Citation jemand eingelieffert ſeyn; Erndte-Feyer -B 2Zeiten12I. Buch / Cap. III. Zeiten gehen nur Acker - und Bauers-Leute an / gelehrte Leute und ho -Erndt - und Jahrmaͤrckte Feyer-Zeiten. her Schul-Perſonen aber nicht / jedoch koͤnnen ſie dafuͤr als auch unge - horſam nicht verurtheilet werden; Jahrmaͤrckte Feyertage gehoͤren auch Gewerb und Handels wegen Kauffer und Verkauffern / es waͤ - re denn daſelbſt Contract gemacht / oder jemand als verbannet deſſen unwuͤrdig / oder ſonſt wegen der Flucht verdaͤchtig.

  • C. cum dilecti, X. de dol. & contum. L. ult. C. de Dil. & Fer. arg. à contrario ſenſu, L. 1. C. de agric. & Cenſ. L. 1. §. fin. & L. 4. ff. de Fer. L. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. & L. ult. C. Eod. L. un. C. de nund. L. 26. §. ſi feriæ, ff. Ex quib. cauſ. maj.
Caleuder Ge - brauch / wie zu deobachten.

§. 3. Wann aber die Calender hierinn veraͤnderlich gelten / beyder Zeiten / oder am meiſten des gehoͤrigen Gerichts-Orts Tage / allwo aber Procuratores beſtellet ſind / die moͤgen / wofern Gericht an ſolchem irr - diſchen Feyertag gehalten wird / wohl ſich allda einfinden und gericht -Appellation Freyheit. lich handeln; Appellation aber mag an allen Feyertagen wohl anhaͤn - gig gemacht werden / weilen ſolcher Friſt keinen Verzug leiden will / oder der Rechts-Stand geht verlohren.

Auszuͤge Recht die zerſtoͤrlich.

§. 4. Zerſtoͤrliche Auszuͤge ſoll man alsbald der Kriegs-Befeſti - gung anhaͤngen / deren Beweiß aber geſchicht hernacher; So moͤgen auch etliche vorhero ſich klagloß zu machen eingewendet werden / als daß die Sache ſchon geurtheilet / verglichen oder durch Eyd geendiget; ja einige kan man nach dem Urtheil nuͤtzlich gebrauchen / als die / ſo hernach entſtanden oder das Gericht vernichtet / wie in Ehe-Sachen wegen Blut-Verwandſchafft / oder wofern ſie dem Urtheil nicht wie - derſprechen / dennoch deſſen Vollendung maͤßigen / als frembden nicht angehoͤrigen Gerichts-Stand / Klagen Abtretung und nicht bezahleten Werths halber / oder welche anzeigen / daß die Verpflichtung noch nicht angefangen oder rechtlich verſchwunden / wie Ausflucht geſchehener Bezahlung / Vergeltung-Beylage / Liſt / Falſchheit / Verjahren und nicht erfuͤlleten Handlung wegen / oder wann das Urtheil durch Erſtat - tung gehoben / oder durch Appellation auffgehalten wird / oder auch / ſo fern die Perſon und Auszug ſelbſt ſonderlich dazu privilegiret / als Schuld von Weib und Kindern gemacht; oder ſo man ſtuͤndlich er - weiſen kan / daß Klaͤgern nichts an der Sache gelegen / ſondern unge -Eines dritten Rechts Ein - wurffs Krafft. Verlaͤngung - Auszugs Recht. buͤhr und freventlich klaget / welchen Falls eines dritten Rechts Ein - wurff wohl gelten mag / oder wegen gleichen Grads und naͤhern Erb - folgers-Recht; Wann nun der Auszug in der Verlaͤugnung beſtehet / ſo muß der Beweiß dem Klaͤger und nicht Beklagten obliegen; Alſo auch wann Beklagter zwar die Verheiſſung geſtehet / aber mit Bedingauff13Von der Zeit und dem Orte der Gerichten. auff gewiſſe Art und Weiſe geſchehen zu ſeyn vorgiebt / muß Klaͤger das Gegentheil gruͤndlich darthun.

  • L. 2. C. ſent. reſcind. non poſſ. L. 8. & 9. C. de Except. L. 2. §. ult. & L. ſeq. Eod. L. 2. C. de pedan. jud L 9. C. de præſcr. long. temp. L. 1. C. de re judic. L. 11. §. 4. ff. de Except. rei judic. L. 1. C. de jur. & fact. ignor. L. 11. ff. ad SCt. Maced. C. 1. X. de lit. cont. L. ult. C. de Rei vind. L. 6. C. de ſerv. fugit. L. 13. §. 8. ff. de act. Emt. arg. L. 14. C. de non numer. pecun. L. 213. ff. de V. S. Gloſſ. in L. ſiquidem, verb. ſed contra, C. de Except.

§. 5. Uber zweyte Schrifft ſoll man nicht leicht fuͤr Gericht verſtat -Schrifften Vielheit ver - boten. ten / vielmehr diejenigen / ſo freveln Auszug machen / mit Geld-Straffe belegen; ja allwo Streits-Verzoͤgerungs Verdacht verhanden / werden alle unverſchaͤmt - und boßhaffte Ausfluͤchte verworffen / ſonſt aber ſol - len ſolche ſchrifftliche Behelffe zwiefach eingelieffert werden / daß man deren Copie ohne Verzug mittheilen koͤnne; So mag auch ſtrengen Rechts / nicht aber Billigkeit halber / ein Fuͤrſt jemand eine Sache zu ſchlichten befehlen / ohne Ausflucht zu beobachten / daß nemlich Be - klagten die vorher eingewandte und die Sache ſelbſt mehr beruͤhrende Auszuͤge / auch Kriegs-Befeſtigung zerſtoͤrlich zu gebrauchen / auch moͤ - gen vorbehalten werden; inzwiſchen aber / vorgeſchuͤtzten Vergleichs - Ausflucht ungeachtet / iſt er den Krieg rechtlich zu befeſtigen ſchuldig / welches im Bey-Urtheil vom Richter ausgedruͤckt und verworffen ſeyn ſoll; So mag einer auch an ſolchen Ort beklaget werden / allwo er Rechnung ablegen ſoll.

  • Arg. Clem. ſæpe de V. S. c. 13. X. de offic. jud. deleg. L. 2. C. de ord. cognit. L. ult. C. de ord. jud. L. 6. §. fin. ff. de compenſat. L. fin. C. ubi de ratiocin.

§. 6. Niemand kan ſeines gleichen oder hoͤhern Leuten ohne deren Willen Urtheil und Recht ſprechen / wann auch die Sache einen drit - ten Mann angienge / daß zwiſchen ſtreitigen Partheyen einiger Falſch - heit-Verdacht obhanden / oder derſelbe einem Theil wegen ſein eigen Intereſſe beyſtehen muͤſte / ſo kan er waͤhrend oder nach geendigten Krieg Urtheils Vollziehung zu hindern zwiſchen kommen und ſein RechtZwiſchen kom - menden dritten Recht. vertreten / als wegen einer ſtreitigen Sache Vermaͤchtniß / oder wo - fern der Fiſcal auff buͤrgerliche Sachen wegen Straffe anſpricht / oder wann jemand eine Erbſchafft im Teſtament bekommen / die ſchon ein ander hat alſo gewonnen / muß ſie dem erſten verbleiben / welcher dem andern Buͤrgſchafft leiſten ſoll; So ferne aber irgend einſeitiger Betrug zu vermuthen / mag man dem zwiſchen kommenden Klaͤger den Eyd der Boßheit aufflegen / und dieſes gilt in allen / auch geiſtlichenB 3Sa -14I. Buch / Cap. III. Sachen; Unmuͤndige aber / Unſinnige / Taube und Stumme moͤgen nicht Klaͤger ſeyn.

  • L. 3. §. fin. & L. 4. ff. de recept. qui arbitr. L. 14. ff. de jurisdict. Nov. 112. §. 1. Auth. nunc ſi hæres, C. de Litigioſis. L. 29. ff. de inoffic. Teſtam. L. pen. ff. de pet. - red. C. 15. X. de offic. jud. deleg. Tot. Tit. ff. de poſtul. Tot. Tit. C. qui legit. perſ. L. 40. & 124. §. 1. ff. de R. J.

§. 7. Alſo in Raubs-Klage / wann der Beraubte Erſtattung be - gehret / Beklagter aber das Eigenthum erweiſen will / wird ErſtattungMitgiſſts Vor - recht. ſo lang auffgehalten / biß des zwiſchen-kommenden Recht eroͤrtert; Oder wann fuͤr Mannes Schulden in Heyraths-Guͤtern das Urtheil vollenzogen wuͤrde / mag die Frau rechtlich ſich entgegen ſetzen und zwi - ſchen treten / ſo ſoll Mitgifft wieder gegeben werden / wo der Mann wohnet und nicht allwo ſie verſprochen.

  • L. bona fide, §. 1. ff. Depoſiti. L. 15. §. 4. ff. de re judic. L. 29. C. de jur. dot. L. 65. ff. de judic.
Appellation - Vorrecht.

§. 8. Desgleichen mag jemand in Appellations-Fall zwiſchen kommen / ob ſchon die Partheyen mit ihrem Urtheil vergnuͤget ſeyn / und Klaͤgern oder Beklagten eigenen Nutzes halber auszuſchlieſſen und binnen zehen Tagen eingefuͤhrte Appellation feſt anzuhaͤngen und ſel - bige vor ſich zu verfolgen / dabey aber muß ein ſolcher dritter Mann ſei - ne Beſchwerungs-Urſachen gebuͤhrend anfuͤhren / weilen auch der Sa - chen unvermeidliche Anhangs-Verwandſchafft angehoͤrig Gericht macht.

  • L. 4. & 5. §. 2. ff. de Appellat. L. 3. & 10. C. de judic. L. 3. C. de ordin. jud.

§. 9. Wann ſonſt des zwiſchenkommenden Klaͤgers Vorhaben von groſſer Wichtigkeit / der Erſte aber ſeine Sache geſchwinder be - ſchlieſſen will / mag jener das Gericht nicht auffhalten / ſondern es wird das Urtheil gegen der Sache Verſicherung vollendet; Wann auch einer Verbrechens halber eingezogen und wieder ihn procediret / er aber rechtlich ausfuͤhren wolte / daß ihm Unrecht geſchehen / mag er Erſtat - tung ſuchen.

  • L. 57. ff. de Rei Vind.

§. 10. Wann Beklagter an vielen Orten Wohnungs-Recht hat / mag Klaͤger erwehlen / wo er ihn gerichtlich belangen will; Ein zwi -Zwiſchen kom - menden Klaͤ - gers Recht. ſchenkommender Klaͤger aber muß auch den Streit daſelbſt antreten / in welchem Stande er ihn gefunden / dahero er keine neue Zeugen-Sage vorfuͤhren kan / bevorab wenn er vom Zeugen-Verhoͤr gewuſt und ſelbi - ges eroͤffnen laſſen / wegen einigen Betrugs Argwohn.

  • L. 2. §. 3. & L. 4. ff. de eo quod cert. loc. pet. C. ult. X. ult. lit. pend.
§. 11. Alſo15Von der Zeit und dem Orte der Gerichten.

§. 11. Alſo ſchadet auch vorigen Streits Wiſſenſchafft einemSchuldners Recht wegen Pfands-Ver - thaͤdigung Cre - ditoris. Schuldner / der ſeines Wiſſens den Creditor das Pfand verfechten laͤſſet / wofern dieſer untenlieget; ſonſt aber wo der Richter Boßheit vermuthet / mag er den zwiſchenkommenden Klaͤger wohl abweiſen / jedoch ſeiner Anſprache nichts benommen / und mag ein Schuldner an Ort und Enden / allwo Bezahlung verſprochen / ſo fern er daſelbſt ge - funden wird / beklaget werden.

  • L. 63. ff. de re judic. L. 23. ff de obl. & Act. L. 100. in fin. ff. ſolut.

§. 12. Nach Kriegs-Befeſtigung wird auch der Procurator StreitsVeꝛpflichtungs Recht mit Be - ding. Herr / daß hernach keine Luͤgen mag wiederruffen werden / wer nun in buͤrgerlichen Sachen alſo den Krieg befeſtiget / daß er zwar die Schuld aber mit Beding geſtehet / alsdenn muß Klaͤger beweiſen / daß Beklag - ter ſchlecht ſich verpflichtet; in peinlichen Sachen aber wer Mordthat bekennet / und dabey ſagt / daß es zur Nothwehr geſchehen / muß als Beklagter dieſes gruͤndlich darthun.

  • L. 22. C. de Procurat. L. 26. §. 5. ff. de noxal. act.

§. 13. So waͤre auch Proceß zu verkuͤrtzen gar dienlich / daß Kriegs-Befeſtigung auffs Richters Anordnung der Beklagte ſelbſtenProceß Ver - kuͤꝛtzungs-Mit - tel. und nicht die Procuratorn auch nicht ſchrifft-ſondern muͤndlich zu ver - richten angehalten wuͤrden / welches hernach aus deſſen Mund zur Fe - der im Gerichts-Buch eingefuͤhret ſeyn ſoll / alsdenn wird alle Zeit - und Jaͤhrliche Klage dadurch verewiget ohne Klagen wegen Betrug. Item, Straff-Buß-Klagen werden damit auff Erben verſetzt / und Verjahrungs-Friſt wie durch Ladung unterbrochen.

  • Arg. L. ult. C. de Procur. L. ult. in fin. C. de fidej. tut. L. ult de præſcript. 30. ann. L. fin. C. de dolo. L. 139. & 164. ff. de R. J. L. 26. C. de Rei Vind. L. 2. C. de an - nal. Except.

Caput IV.

Von Citation oder Gerichts-Einladung / Item, von Dilation oder Auffſchubs-Friſt und Un - gehorſam.

§. 1.

WEr zum Gericht geladen mit einiger Freyheit begabt / iſt ſolchesGerichts La - dungs-Wuͤr - ckung. anzufuͤhren und zu erſcheinen pflichtig; Gerichts-Ladung ver - hindert die ſonſt gehaͤſſige wegen Beſitzers Nachlaͤßigkeit eingefuͤhrte 30. jaͤhrige Verjaͤhrung.

  • L. 2. ff. ſi quis in jus vocat. L. 5. ff. de judic. L. 3. §. quæ ergo, & L 7. princ. ff. de præſcr. 30. ann.
§. 2. Ge -16I. Buch / Cap. IV.

§. 2. Gerichts-Ladung geſchiehet entweder durch Boten oder ſchrifftlich / wann Beklagter unter anderm Gericht ſtehet / mit deſſen Richters Huͤlffe wegen Contracts, Verbrechen und wo das ſtreitig Gut gelegen / welches kan beſchlagen werden / auff daß Klaͤger nicht zu deſ - ſen Beſitz eingefuͤhret oder durch oͤffentliches Edict, wann BeklagterCitation bey Zeugniß und Confrontati - ons-Fall. herumſchweiffend an keinem gewiſſen Ort zu finden; frembden Rich - ters Gerichts huͤlffliche Ladung geſchicht auch wegen Zeugniß abzuſtat - ten / oder in Confrontations-Fall mit Beklagten einer Ubelthat halben. Ein Fluͤchtiger / der nach Jahr und Tag erſcheinet / bekommt ſein Gut wieder / darum von ſolchen Guͤtern keiner Obrigkeit etwas zu nehmen und zu ihrem Nutzen anzuwenden eꝛlaubt ſeyn ſoll / es kan auch uͤber Ver - weiſungs Straffe keinem Abweſenden mehr zuerkannt werden.

  • Clem. 1. §. volumus, de foro compet. C. 1. §. contrahentes, de for. comp. in 6. Clem. 1. de judic. Clem. 2. de Paſtoralis, de ſent. & re judic. L. 1. & 2. C. de re - quir. reis. L. 5. ff. de pœnis. L. 5. §. 13. ff. de rebus eorum. c. 19. X. de appell. L. 8. C. quom. & quand. L. 10. §. 16. quæ in fraud. credit. L. 47. ff. de re judic.

§. 3. Derjenige / welchen die Klage angehet / und alle die dadurch koͤnnen beleidiget werden / muͤſſen citiret ſeyn / und dieſe Citation wird ins Geſicht vermeldet oder zur Wohnung eingebracht; wann deren Be - klagten mehr ſind / ſoll jedern eine Copie uͤberlaſſen werden / und wofernGerichts-La - dungs Art und Bericht. die Haußgenoſſen ſolche nicht annehmen wollen / mag der Bote ſie de - ren Thuͤr-Poſten oder Fluͤgeln anbefeſtigen / und etlichen Nachbarn es bekandt machen / welche Art der Haupt-Ladung muß eingeſchrieben ſeyn / auch im Gerichts-Protocoll auff gethanen Bericht anzufuͤhren / welche Boten Nachricht nothwendig geſchehen muß / auch ſoll es ver - ſiegelt werden / ob ſie ihm oder andern uͤberlieffert / was der Geladene geantwortet / ſolchem Bericht dann billig Glauben beyzuſtellen / weilen zu vermuthen / daß ein beeydigter Gerichts-Diener alles richterlichen Befehl gemaͤß verrichtet habe / in peinlichen Sachen aber wird der Beklagte thaͤtlich wie ein Fluͤchtiger ergriffen.

  • L. 39. ff. de Adopt. L. 13. §. 1. ff. de Excuſat. tut.
Gerichts-Bo - ten Pflicht und Gerechtig - keit.

§. 4. Von ſolchen Cantzley Hoff - oder Gerichts-Knechten / Stadt - Dienern / Pedellen / geſchwornen Frohn-Boten iſt zu wiſſen / daß ſolche Gerichts-Boten-Laͤuffer ſollen alle Einladungen und Proceß - Handlungen verkuͤndigen / exequiren und davon Bericht abſtatten / auch / im Fall eine Parthey nicht erſcheinen wuͤrde / wieder von neuen auff ſein ſelbſt Koſten ohne Parthey Nachtheil zu thun angehalten werden / vermittelſt beydes gegen gewiſſe Beſoldung / wann ſie aber untreu und nachlaͤßig / werden ſie mit Gefaͤngniß-Thurn / ihres Amts Entſetzung undin an -17Von der gerichtlichen Citation und Dilation. in andere Wege ernſtlich abgeſtrafft; wer aber ſolchen ſich widerſetzet / ihnen Gewalt und Unrecht zufuͤget / da ihnen jemanden von Amts we - gen zu fahen gebuͤhret / verbricht gegen die Obrigkeit ſelbſten / und mag im Fall der Nothwehr gar getoͤdtet werden / da ſie nur in ihren Schran - cken bleiben / nicht gewinnſuͤchtig / noch argliſtig jemanden beſchaͤdigenRechts Wie - derſetzlichkeit Straffe. mit Unfug / ſonſt waͤren ſie gleich andern Ubelthaͤtern zu ſtraffen; die hartnaͤckichte Wiederſtreber aber / wann ſie daruͤber verwundet / ha - ben es ihnen ſelbſt beyzumeſſen / und werden dazu willkuͤhrlich noch ge - zuͤchtiget.

  • L. 33. §. 5. C. de Epiſc. L. 13. §. 2. C. de judic. L. 12. C. de prox. ſacr. ſcrin. Nov. 82. §. his qui lites. L. 9. C. de cohortat. L. 1. & ſeq. C. de lucr. Advoc. Tit. C. de fruct. & lit. expenſ. P. H. O. art. 150. C. 11. §. notarium, in verb. officium, de re - ſcript. in 6. c 97. cauſ. 11. q. 3. arg. L. 1. §. 3. ff. de injur. arg. L 4. C. de his qui ad Eccleſ. conf. L. 29. §. fin. ff. ad L. Aquil. L. 3. §. 1. ff. quod met. cauſ. arg. L. 32. ff. de injur. Tot. Tit. C. de Apparit.

§. 5. Wann Beklagter ein Mieths-Mann oder ſonſt jemand in eines andern Nahmen im Beſitz waͤre / mag er bey der gerichtlichen Einladung / es ſeye beweg - oder unbeweglichen Guts halber / ſich ent - ſchuldigen und ſeinen rechten Beſitzer oder Eigener benennen / welche Benennung der Richter alsbald dem Benannten kund thun ſoll; SoRechten Eige - ner oder Beſi[-]tzers Benen - nungs Recht. fern er aber ſolches fuͤr Kriegs Befeſtigung nicht thut und vorher ande - re nichtige Ausflucht geſucht / kan er ohne bewieſenen Jrrthum ſich mit ſolcher Benennung hernach nicht behelffen; wie auch kein Lehnmann Pfand oder Nutzungs-Einhaber / ohne im Streit wegen Eigenthum.

  • L. 2. C. ubi in rem act. C. fin. §. fin. X. ut lit. non conteſt. L. 13. §. 13. ff. de petit. hæred.

§. 6. So wohl bey Niedern Obrigkeit als Obern Botmaͤßigkei -Citation-Jnn halt der ſtreiti - gen Sache. ten / wie auch fuͤr Dorffs-Richter und Schoͤppen muß ins beſondere einer Citation oder gerichtlichen Ladung die Sache / ſo ſtreitig / einver - leibet werden / wofern ſie nicht fuͤr unbeſcheiden und betruͤglich ſoll ge - halten ſeyn / es waͤre dann / daß der Beklagte wohl bewehret und geruͤ -Dilation - Rechts Wuͤr - ckung. ſtet kommen koͤnne / daß keine vergebliche Dilation vorzuſchuͤtzen / ſon - dern der Proceß muͤglichſt zu verkuͤrtzen / maſſen ſonſt Auffſchubsmittel nur in dem Punct / daruͤber es verſtattet / zu Nutz kommt / es haͤtte denn einer dem Beweiß abgeſagt / oder waͤre Ungleichheit erſchienen / oder gar einiger Zeugen Verdacht verhanden / weilen waͤhrender Dilation vom Richter keine Neuerung vorzunehmen; Sonſt wird angehoͤrigen Gerichts freventliche Entziehung mit Gelde oder Sachen Verluſt ge - ſtraffet.

  • L. 3. C. de Dilat. L. 5. §. 1. C. de jurisd. omn. jud.
C§. 7. Wann18I. Buch / Cap. IV.
Falſchen Ur - hebers Benen - nungs Straffe.

§. 7. Wann jemand ſeinen rechten Eigenthums-Herrn nicht be - nennet / ſondern einen falſchen Urheber anzeiget / verliehret er ſein Be - ſitz-Recht / ſonſten wird er vor ſeine Perſon klagloß geſtellet / Gerichts - Termin aber verlaufft von Zeit der Einladung Anſchlags.

  • L. ult. ff. de Rei Vind.
Urheber Be - klagten und Klaͤger-Beſitz - Streits Recht.

§. 8. Weilen auch die Beklagte bißweilen einen abweſenden Ei - gener des ſtreitigen Gutes zu nennen pflegen / oder einen maͤchtigern Be - ſitzer angeben / als in deſſen Nahmen ſie es gebrauchen / kan man ihnen zur Sicherheit den Eyd der Boßheit aufftragen / ſo ſtehets auch Klaͤ - gern frey / Beklagten zu uͤberweiſen / daß er es in ſeinen eigenen und nicht eines andern Nahmen beſitzet / alsdann wird er des Guts entſetzet und Klaͤger zum Beſitz eingewieſen; jedoch mit Vorbehalt des Eigen - thumers Recht ohne Nachtheil des Abweſenden. Wenn nun der Au - tor benannt / auch es ihm kund gethan / und dennoch nicht erſcheinet / wird der Krieg fuͤr befeſtiget gehalten / die Verjaͤhrung zu unterbrechen und zu verhindern.

  • L. fin. ff. de Rei Vind.
Creditoris Recht / wegen Schuldners Guͤter Arreſt. Hoher Bedien - ten und Raͤthe Gericht.

§. 9. Wann Creditor Schuldners bewegliche Guͤter arreſtirt und gegen ihn oder dritten Beſitzer Klage anſtellet / ſo mag deren keiner ſagen / daß der Ort des Arreſts ihr gehoͤrig Gericht nicht ſey; Ober und Unterrichter aber / auch Raͤthe uñ hohe Bediente wegen ihrer und Cam - mer-Guͤter / warten Rechts-Verfolg fuͤrm Ober-Hoff-Gericht.

§. 10. Gegen Auffſchubs-Auszug und Einwurff iſt das beſte Mit - tel einen endlichen Termin zu ſetzen / an welchem ſie alle vorzubringen /Dilation Ver - hinderungs - Mittel. wann nun ſolcher verfloſſen / wird Beklagter nicht mehr gehoͤret / er beſchwoͤre denn / daß es ihm hernach erſt kundbar worden / ſo iſt Be - klagter fuͤr ſeiner Exception-Eroͤrterung in der Haupt-Sache ſich einzulaſſen nicht verbunden.

Urphede Recht einer geringen fluͤchtigen Per - ſon.
  • C. 4. Ext. de Except. C. 14. X. de offic. jud. deleg.

§. 11. Ein Fluͤchtling oder geringe Standes-Perſon / die Urphede nach Landes-Verweiſung leiſten ſoll / muß dazu ernſtlich eingeladen ſeyn / weilen viel daran gelegen / daß ſie gegenwaͤrtig ſey und zu dem Ge - loͤbniß angehalten werde / maſſen ſie dadurch / wofern ſie hernach wie -Richters Vor - ſichtigkeit mit gefaͤnglichen Hafft eines verdaͤchtigen Ubelthaͤters. der kommet / zu groͤſſern Straffen ſich anſtrengend verbindet.

§. 12. Wann in peinlichen Faͤllen alſo ſchwache Anzeigungen zu fin - den / daß / von gefaͤnglicher Hafft den Anfang zu machen / dem Richter annoch ungewiß erſcheinet / mag er dißfalls Beklagten durch Gerichts - Diener muͤndlich zu ſich beruffen und citiren laſſen / von der Ubelthatbefragen19Von der gerichtlichen Citation und Dilation. befragen und deſſen Antwort fleißig anzeichnen / wofern er nun nicht erſcheinen will / oder ſeine Rede veraͤndert und zweiffelhafft vorbringt / und ſich dadurch verdaͤchtig macht / mehr als zuvorn / ſo kan er zum Kercker hingebracht werden / vermag ſich auch nicht zu entſchuldigenCitirungs Ur - ſache / wann un - noͤthig zu mel - den. wegen ſeines Ausbleibens / daß ihm keine Citirungs-Urſache vermel - det / weilen es hierinn unnoͤthig / ein jeder aber ſeinen Oberherrn gehor - ſame Folge zu leiſten pflichtig / oder es werden ſolche / ohne erhebliche Urſache / halsſtarrige Rechts-Veraͤchter zu erſcheinen gezwungen.

§. 13. Wann peinlich Beklagter zur Antwort Dilation oder Auff -Dilation wann zu geſtatten. ſchubs-Friſt begehret / ſtehet es in Richters Willkuͤhr / in deſſen eigenen Geſchichten / oder wann die That friſch oder alt / ob Beklagter ſelbige bald vergeſſen moͤgen oder nicht / ſolches wohl zu erwegen; So ſoll manMeineyd ſoll man verhuͤten. ihn auch eydlich zu antworten nicht anſtrengen / dann ſo offt irgend Meineyd zu befahren / ſoll man niemanden Eyd anbiethen / wer es aber jedennoch thut / iſt mehr als ein Todtſchlaͤger.

  • c. 5. cauſ. 22. q. 5.

§. 14. Nachdem auch offtmahls ſich zutraͤgt / daß diejenigen / ſo in dieſem Amt - und Gericht verbrochen / fluͤchtig werden / oder gar aus den Banden entwuͤrcken / und bey andern Unterthanen wieder zur Hafft ge -Obrigkeiten Revers wegen Remiſſion der Ubelthaͤter. bracht ſind / als ſollen auff gethanes Anſuchen und auff einen Revers oder Gegen-Bekaͤntniß / bittweiſe / wegen Freund-nachbarlichen guten Willens / alle Gerichtshabere dieſelbigen Ubelthaͤter zu ſolchem Ge - richts-Amts / darinn Verbrechen geſchehen / auff deren Unkoſten ohne Weigerung zur gebuͤhrlichen Rechtfertigung wiederum abfolgen laſ - ſen / welches allen und jeden an ihren Gerechtigkeiten unnachtheilig ſeyn ſoll / daſelbſt denn andern zum Exempel ſolche Miſſethaͤter nach gemei - nen Land-laͤufftigen Rechten ſollen geſtrafft und mit ihnen verfahren werden.

§. 15. Wann Klaͤger einmahl einen Gerichts-Ort erwehlet / muß er dabey bleiben / es ſey Wohnungs-Ort / oder wo die Sache gelegen /Citation Huͤlff - Richters Pflicht. ſo muß auch Klaͤger eydlich erhalten / daß er dritte oder vierdte Auff - ſchubs-Friſt aus keinem Betrug / Argliſt oder Gefaͤhrde / noch boßhafft zur Sachen Verſchleiffung / ſondern allein zu ſeiner Kundſchafft Vol - lendung geſucht / wann dann erſuchter Huͤlff-Richter Beklagten nicht laden will / mag ihn dieſer laden / als waͤre er in ſeinem Gericht-Zwang geſeſſen.

  • L. 30. ff. de judic. L. 10. & ſeq. ff. de R. V.

§. 16. Dilation und Rechten Auffſchub in buͤrgerlichen Sachen ſoll man nur auff einmahl geſtatten / ohne ſo jemand durch unverſehenenC 2Fall20I. Buch / Cap. IV. Fall und ohne Schuld verhindert / daß er ſeine Pflicht nicht thun kan / als Geſundheit / Ungewitter / Feindes Gewalt / Abweſenheit deſſen / der die Brieffe zur Beylage verwahret gehabt / oder Nachfolgers Unwiſ - ſenheit und Advocaten rechtliche Abweſenheit / ſo mag zum andern und dritten mahl Dilation, jedoch nicht ohne der Sachen richterliche Er - kaͤntniß / da er ſeinen Gerichts-Stuhl Platz beſitzet / gegeben werden.

  • L. ult. ff. de Dilat. L. 1. & 4. C. Eod. L 2. §. 3. ff. ſi quis caut. L. 7. ff. de Edendo. L. 36. ff. de judic. L. 7. ff. de Fer. L. 41. ff. ad L. Jul. de adult.
Dilation Ter - min wie viel zu goͤnnen.

§. 17. Jn peinlichen Sachen werden drey Auffſchubs-Termine vergoͤnnet dem Beklagten / und Klaͤgern nur zwey / ausgenommen in oͤffentlichem Fried-Bruchs-Laſter / deſſen Proceß kurtz und ſummariſch abzuhandeln / deßgleichen in Ehebruchs-Sachen / worinn Verbrechens Groͤſſe das Gegentheil erfordert / es waͤre denn Zeit noͤthig / die Perſo - nen herbey zu ſchaffen / ja wenn Beweißthum auſſer Schuld mangelt / wird vierdte Friſt gegeben / ſo fern nur der Begehrende beſchweret / daß es ohne Boßheit geſchehen; wo aber Falſchheit dabey / wird die Par - they zu Unkoſten verdammet / auch ihr ſo wohl als Advocaten willkuͤhr - liche groͤſſere Beſtraffung aufferleget.

  • Nov. 90. c. 4. & c. pen. X. de Teſt.
Dilation Fꝛey - heit.

§. 18. Dilations-Zeit kan nicht gelten / als verfloſſen gerechnet zu werden / wofern der Beweiß durch Gegentheil verhindert oder beym Commiſſario ſteht / oder etwan einigen Zufalls wegen der Oberherr zuKlaͤgers Pflicht und Beklagten Recht. berathen / wann ſich aber Klaͤger ſonſt in Anfuͤhrung ſeines verſtatteten Beweißthums verſaͤumet / iſt Beklagter von der Klage frey zuſprechen.

  • L. 26. §. 4. in fin. ff. ex quib. cauſ. major. L. 2. & ult. C. h. tit.

§. 19. Wann die Sache alſo weitlaͤufftig und wichtig / daß Beklag -Termins Ver - zoͤgerung. ter ſo bald nicht antworten kan / mag ihm wohl Termins-Verzoͤgerung geſtattet ſeyn / widrigen Falls kan auch fernere Verhoͤrs Verweige - rung ſtatt finden; wofern er aber ungehorſam / muthwillig / aus Argliſt nicht erſcheinet / auff endliche vom gehoͤrigen Richter beſchehene kundAusbleibens Ehehaffte Ur - ſachen. gemachte Einladung ohne Ehehaffte Urſachen / als Kranckheit / Reiſe / Orts Unſicherheit / hoͤhern Verbot / Gefaͤngniß / Gewaͤſſers-Ergieſ - ſung / Kriegs-Erregung / rechtlichen Furcht / Kindes-Noth / Schwan - gerheit und dergleichen / wird geſtꝛafft mit Geld-Buſſe / zum Richter / leib - lichen Gefaͤngniß / Pfaͤndung / Guͤter Beſitz-Einnahm / zu deren Veꝛwah - rung und ſeiner Sicherheit ohne Fruchtfenieſſung / ſo dem Hrn. gehoͤrig / dafern er ſich ſtellet und Koſten bezahlet / ſonſt aber werden ſie Klaͤgerneigen -21Von der gerichtlichen Citation und Dilation. eigenthuͤmlich zuerkant / nach Streits Werth / eydlich iſt auch Rechtens - Wohlthat zu appelliren beraubet.

  • L. 2. §. 1. ff. ſi quis in jus vocat. Princ. Tit. ff. ſi quis jus dicent. L. 8. C. quom. & quando jud. L. 5. §. 10. ff. de agnoſcend. liber. L. 9. C. de bon. auth. jud. poſſ. Auth. Ei qui jurat, C. eod. Nov. 34. c. 4. c. fin. §. in aliis X. ut lit. non cont. L. 9. §. 6. ff. de reb. auth. jud. L. 5. §. 21. ut in poſſ. legat. Auth. qui ſemel, C. quom. & quando judex. L. 73. §. ult. ff. de appellat. L. 23. §. ult. ff. de judic.

§. 20. Klaͤgers Ungehorſam wird geſtrafft / daß der BeklagteKlaͤgers Unge - horſam Straffe klagloß geſtellet / Unkoſten erſtattet und Verſicherung gethan werde / Gerichts-Stand zu halten; nach Kriegs-Befeſtigung bey Klaͤgers Aus - bleiben mag auff beſchehenes Ruffen Beklagter Beweißthums-Buͤrde auff ſich nehmen / ſeine Verlaͤugnung begruͤnden / darauff loßgeſprochen ſeyn / und bezahlet Klaͤger beſchworne Unkoſten; Nach Geiſtlichem und Cammer-Recht erfolgt auch offt auff Ungehorſam und obrigkeitliche Verachtung die Straffe des Banns oder Acht wegen Fried-Bruchs / welches Recht niemand verleihen kan / auſſer dem Landes-Herrn.

  • L 53. ff. de re judic. L. 13. §. 2. C. de judic. C. 3. X. de dol. & contum. Gloſſ. fin. C. 1. de dol. & cont. in 6. L. 19. ff. de probat. C. 1. 3. & fin. X. ut lit. non cont. L. 7. ff. de in integr. reſtit. L. 7. §. ult. ff. de ſuſpect. tut.

§. 21. Wann aber Klaͤgern nichts daran gelegen / noch deſſen Recht durch Beklagten Ungehorſam veraͤrgert / ſondern die Sache in unverletztem Stande geblieben / oder er ſelbſt nicht erſchienen / oder der Richter beſchaͤfftiget geweſen / oder daß Beklagter gemeinen Nutzes halber in oͤffentlichen Amts-Geſchaͤfften abweſend begriffen oder Ge - richts-Tag durch Advocaten und Procuratoren Verzug oder Saͤum - niß gehindert / uñ die Parthey nicht ſo gar geſchwinde einen andern dazuBeklagten Un - gehorſams Entſchuldi - gungen. geſchickten bey der Hand hat haben moͤgen; So iſt billig / daß ſolcher Auszug helffe / weilen keine Schuld dabey zu ermeſſen / darum ſo wohl Beklagter als Buͤrge loß zu ſprechen / maſſen hierbey wohl zu mercken / daß niemand / ſo lange er keinen tuͤchtigen Advocaten haben mag / wegen Ungehorſam verurtheilet werden kan.

  • L. 2. & 8. ff. ſi quis Caut. in jud. Gloſſ. in c. 4. X. de dol. & contum. L. 1. 9. & 10. Ex quib. cauf. major. L. 60. ff. de re judic. L. 2. §. ſi quis L. 4. princ. & §. fin. L 6. ff. ſi quis caut. in jud. C. 1. X. ut lit. non conteſt. ad verb. Advocati, ubi gloſſ. ---- L. 4. C. de poſtul. c. prout. X. de dol. & contum.

§. 22. Denen Partheyen aber / die nicht ungehorſam / ſondern gut - willig auch an weltlichen Rechts Feyertage zeitlich fuͤr Gericht erſchei - nen / mag man fuͤglich Recht ſprechen; ſo gelten auch keine Feyertage in Wercken der Barmhertzigkeit / oder in Dingen / die keinen Verzug leiden / als Mordthaͤters Nachſpur / oder die zu verrichten nuͤtzlich undC 3noͤthig /22I. Buch / Cap. V. [F]eyertage worinn nicht gelten.noͤthig / oder auffzuhalten ſchaͤdlich / als Kriegs-Zucht / Gefaͤngniß und Wachten / die verordnet ſind zu ſelbiger Feyertage Beſchirmung / oder noͤthigen Waaren Zufuhr / deren man nicht entrathen mag.

  • L. 1. in. fin. ff. de Fer. L. 6. ff. & L. 8. C. Eod. L. 2. 3. & pen. ff. Eod. L. 5. 9 10. & pen. C. Eod.

Caput V.

Von Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit.

§. 1.

Rechts Spruch im Zweiffel.

JM Zweiffel beyder Partheyen Recht ſoll man fuͤr Beklagten er - kennen / und ihn loßſprechen.

  • C. cum ſint, de R. J. in 6. L. 167. ff. de R. J.

§. 2. Richter ſollen in allen Sachen nicht allein vor der Kriegs - Befeſtigung / ſondern auch in allen Gerichts-Theilen durch alle dien - liche Mittel und ſchiedliche Erinnerungs-Wege / denen Partheyen / auff ihr Erſcheinen / die Guͤte vorzuſchlagen / und ſie von einander zu ſe -Guͤtlichen Vergleichs Recht. tzen ſich befleißigen durch guͤtliche Verhoͤr / um dadurch alle weitlaͤuff - tige Koſten und zwieſpaltige Rechtfertigung beſtens zu verhuͤten. Ja / wo Aergerniß zu fuͤrchten / moͤgen ſie zur Einigkeit und Vertrag zwin - gen / weilen jederman / Streit zu vermeiden / daran gelegen; Haußge - noſſen aber und Bluts-Verwandten / die unter ſich Streit haben / ſollenHaußgenoſſen Streit-Recht. billig unter ihren vier Waͤnden beſonders ſich zu vergleichen trachten.

  • L. inter plures, ff. de re judic. C. finem litibus, Ext. de dol. & cont. L. 21. in fin. ff. de reb. cred. L. congruentibus C. de patr. poteſt.

§. 3. Wann Beklagter ſaget / daß ihm der Richter verdaͤchtig / ſoVerdaͤchtigen Richters Pflicht. kan er in der Sache nicht erkennen / oder muß ihm zum wenigſten einen oͤffentlichen Schreiber beygeben laſſen ohne dem Gerichts-Schrei - ber / nemlich auff Begehren / welches er nicht weigern mag / ohne ver - kehrten Zuneigung oder Feindſchafft Argwohn.

§. 4. Wann ein Richter durch ungerechten Ausſpruch den Streit auff ſich ſelbſten hinziehet / wird er in ſo weit / als dem Oberrichter gut - duͤncket / und ſo viel er vermag / verurtheilet; wofern er aber mit Liſt un - recht handelt / muß er alles wieder erſetzen. So auch ein Richter / Geld oder Geſchencks Verheiſſung angenommen zu haben / uͤberwunden / muß er in Geld-Sachen dreyfach was er empfangen / und zwiefach deſſen / was ihm verheiſſen / an die Obrigkeit bezahlen / und hat ſeines Amts -Partheylichen Richters Straffe. Wuͤrde verbrochen; in peinlichen Sachen aber werden ſeine Guͤter eingezogen / und er ſelbſt ins Elend verjaget; So fern auch die Par - they-Richters Unpflicht nicht erwieſen / dieſer aber beſchworen / daß ernichts23Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. nichts empfangen / ſoll derſelbe / ſo die Beſtechung angefuͤhret / der Obrig - keit geſchaͤtzten Streits Werth bezahlen in buͤrgerlichen Sachen / in peinlichen aber werden deren Guͤter eingezogen / welche Klage gegen den Richter ſolchen Falls auff deren Partheyen Intereſſe Verluſt rechtlich anzuſtellen.

  • L. ult. ff. de Extraordin. cognit. Princ. Inſt. de Oblig. ex quaſi del. L. 15. princ. ff. de jud. L. 12. C. de Dignit. Auth. novo jure, C. de pœn. judic. Nov. 124. c. 2.

§. 5. Ein Richter ſoll auch vom Begehren der Armen ſich nicht entziehen / noch der Wittwen Augen betruͤben / Beraubten von Freve -Richters Amt mit armen Wittwen und Waͤyſen. lers Hand zu erretten; Denn alſo ſagt GOtt der HErr: Lernet gutes thun / trachtet nach Recht / helfft den Verdruͤckten / ſchafft den Waͤy - ſen Recht / und helfft der Wittwen Sachen.

  • Eſ. 1. v. 17. Jer. 5. v. 28. Item c. 22. v. 3.

§. 6. So mag auch kein Richter einem Ubelthaͤter die geſetzte Straffe nachlaſſen / maſſen Begnadigung allein dem Landes-Herrn zukoͤmmt / derowegen ein ſolcher dadurch Ehr-loß wird / auch ſelbiger Straffe unterworffen / die der Schuldige haͤtte leiden muͤſſen / weilenBegnadigungs Recht wem ge - buͤhret. Straff-Verfolg Geſetz und Oberherrn freyer Macht vorbehalten / deſ - ſen rechtlichen Zwang / ohn erhebliche Urſach / kein Urtheil-Sprecher auſſerordentlich lindern kan.

  • L. 8. §. ult. C. ad L. Jul. de vi publ. L. fin. in fin. C. ne ſanct. bapt. iter. L. 1. §. 4. ad SCt. Turpill. L. 1. ff. de conſt. princ.

§. 7. Richter ſollen dahin ſehen / daß alle Proceß-Sachen im pein -Proceß wie lang waͤhren ſoll. lichen Streit / vom Tage der Kriegs-Befeſtigung anzufangen geachtet / binnen zwey; buͤrgerliche Sachen aber innerhalb drey Jahren geendi - get werden. Jn Obrigkeits und Schatzungs-Sachen hat man ſechs Monat Zeit / in geiſtlichen Sachen aber nur zwey Monate / und ſchadet in Appellations-Faͤllen keinem Theil des Richters Verzug / vielmehr mag er ſich uͤber ihn beklagen / wann er in Anſehung einiger Macht oder Schwachheit abweſend / oder andrer Urſachen halber mit vielen Geſchaͤfften beladen / oder wegen vielen vergeblich ertheilten Auffſchubs-Friſt / ihm ſein Recht verzoͤgert / kan er wieder Auffrichtung begehren zum Huͤlffs-Mittel / auch zur Obrigkeit Verwaltung / Befoͤr -Reſtitutions - Mittel wann noͤthig. derungs-Brieffe von hoͤherer Obrigkeit auswuͤrcken / welche alſofort ohne ferneres Anſuchen man uͤbergeben mag / alsdann muß der Richter allen Schaden erſetzen / deßgleichen mag eine Parthey ihren AdvocatenAdvocaten Straffe. Unkoſten Er - ſtattung. fuͤr das Intereſſe ſeiner Nachlaͤſſigkeit halber anſuchen. Jm Fall aber Beklagter wegen ſeines Auszugs unterliegt / wird er in deſſelben Puncts Unkoſten verdammt / wie dann alle Dilations Ausfluͤchte vor Kriegs -Befe -24I. Buch / Cap. V. Befeſtigung einzubringen / hernach werden ſie nicht angenommen / ſo mag auch eine Sache ohne Appellation vom Oberrichter beruffen ſeyn.

  • L. ult. C. ut intra cert. temp. crim. quæſt. L. Properandum, C. de judic. L. ult. C. de jure fiſci. Nov. 83. L. 13. C. de Mand. L. pen. C. de ſumt. & lit. Expenſ. L. ita de - mum, ubi gloſſ. C. de procur. L. 58. ff. de judic.
Ober und Un - ter-Richters Amts-Pflicht.

§. 8. Ober und Unter-Richter / als Stiffts-Amt-Leute / Befehls - haber / Land-Voͤgte / oder Provintz-Vorſteher und Præſidenten Pflicht iſt: die Landſchafft bey gutem Friede und Ruhe zu erhalten / von boß - hafften Leuten zu befreyen und zu reinigen / keine verbotene Erpreſſung und Zwang zu leiden / die Armen fuͤr Schmaͤhung und Uberlaſt zu be - ſchuͤtzen / fuͤr ſeinen eigenen Laͤſterern die Ohren zu verſtopffen / einem jedern zulaͤßiges Gewerbe zu verſtatten / ſchaͤdlichen Handel aber nie - manden zu vergoͤnnen / ſich ſelbſt bey derer Unterthanen Zutritt / weder gar zu rauch und hart oder ſchwuͤrig / noch durch unziemliche Gemein - ſchafft veraͤchtlich zu machen / noch einigen Gemuͤths-Fehler im Ge - ſicht zu entdecken / ſondern ſeiner Wuͤrde Anſehen mit Vernunfft zu mehren / gegen die Boͤſen weder ſich zu erzuͤrnen / noch durch derer Schmaͤh-Voͤgel bitten und flehen zu Mitleiden bewegen laſſen / noch Geſchenck anzunehmen / es waͤren dann geringe - oder Trinck-Wah - ren / die er innerhalb den naͤchſten Tagen verzehren koͤnne; Endlich / daß er ſeines Gebiets Graͤntzen nicht uͤbergehen und in eigenen Sachen gar ſelten und ſparſamlich urtheile / abſonderlich auch zwiſchen Herrn und Unterthanen / Verwandten / Wittwen und Muͤndling angehenden Sachen / allezeit erſtlich die Guͤte verſuchen / und fuͤr allen Dingen zwi - ſchen Partheyen billigen Vergleich vornehmen / und ſie beyderſeits darzu auff einen gewiſſen Termin vorladen. Jn Entſtehung deſſenRechts Huͤlffe wann noͤthig. aber / da guͤtliche Mittel nichts verfangen wollen / ſoll niemand Rechts huͤlffloß gelaſſen / ſondern jederman gehorſam zu antworten ſchuldig ſeyn.

  • L. 13. L. congruit. ff. de offic. præſ prov. L. illicitas, §. 4 h. t. Auth de mandat. princ. L. un. C. Eod. L. obſervandum, & L. 12. ff. hoc. tit. C. 1. X. de mutuis petit. c. 15. verb. cauſam, X. de Simon. C. fin. X. de transact. C. 5. X. de offic. ordin.
Richters Ur - theils Beſchaf - ſenheit.

§. 9. Commiſſarien ſollen ebenfalls muͤglichen Fleiß anwenden / die Partheyen guͤtl. zu vergleichen / ſonſt aber ſollen die Richter allezeit nach Rechts Geſetzen und Orts Gewohnheit ein gewiſſes in Geld und an - dern Sachen / Klag und Acten gemaͤß foͤrmliches Urtheil ausgeben / oder ſie werden willkuͤhrlich mit Streits Schaͤtzungs Unkoſten beſtrafft und ehrloß gehalten / wann ſie mit Argliſt ſich verſehen und etwa beſto - chen ſind / darum ein ſolch gegen das Recht abgefaſtes Urtheil von ſelb -ſten25Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. ſten Rechts wegen nichtig iſt / maſſen insgemein allen Richtern und Beamten / die oͤffentlichen Beſtallungs-Lohn haben / jederzeit Gab - oder Geſchenck anzunehmen verboten.

  • C. 19. X. de Teſtibus. L. 32. & 37. ff. de LL. arg. L. 3. §. 4. verſ. hoc. ita, ff. quod vi aut clam. L. fin. ff. de conſt. princ. L. 12. C. de Pact. §. 32. inſtit. de act. Tot. Tit. ff. & C. de ſent. quæ ſine appell. L. 17. ff. Commun. divid. L. fin. C. de fideic. libert. L. 15. §. 1. ff. de judic. L. fin. C. de pœn. judic. qui male. L. 19. ff. de Appellat. L. 25. & 32. ff. de re judic.

§. 10. Ein Richter mag von allgemeinem Wahn und Meynung /Richters Ge - wiſſens Recht. wann Jrrthum dabey zu erkennen / wohl abgehen; ſo ſoll er auch gegen ſelbſt eigen beſſeres Gewiſſen / da er in ſeinem Gemuͤth ein Ding anders ſicher weiß / nicht urtheilen / wofern er nicht zur Hoͤllen begehret. Derowe - gen / ſo einer aus deren Acten Beweiß gegen Richters wiſſen unſchul - dig zu verdammen / ſoll er ſich viel lieber des Gerichts enthalten / und die Sache an den Oberherrn berichten.

  • L. 1. §. 6. C. de vet. jur. enucl. C. 1. X. de conſtit. c. 8. verſ. adeo, Diſt. 18. Exod. 23. v. 7. Levit. 19. v. 15. C. 1. de ſent. & re judic. in 6. Clem. 1. §. verum de hæret. L. 79. §. 1. ff. de judic. L. 3. §. 1. ff. de Teſt. L. 4. ff. de eo, quod certo loco. L. 8. & 14. C. de judic.

§. 11. Deßgleichen muß ein Unterrichter in ausgedruckten Rechts -Richters Ge - lindigkeit Recht. Faͤllen nicht gelinder verfahren / als das Geſetz mit ſich bringet / in ausge - laſſenen Faͤllen aber kan er nach Billigkeit deren Geſetze Mangel er - fuͤllen; Endlich ſoll er im Zweiffel nicht fuͤr ſeinen Freund urtheilen / ſondern die Sache vergleichen / oder dem Fuͤrſten berichten; ja es kan einRichters Amt im Zweiffel. Richter / der eines Dinges aus den Acten gewiß / ob ſchon Partheyen ſich nicht darauff bezogen / derer Advocaten Fehler verbeſſern / und erkann - ten Mangel Amts halber erfuͤllen / Beweiß - oder Entſchuldigungs - Eyd gebieten.

  • Auth. hodie C. Eod. L. 12 §. 1. ff. qui & à quib. man. Novell. 82. c. 10. L. 1. & fin. §. 1. C. de LL. L. 1. C. de relat. c. 31. verſ. ut igitur, X. de ſent. Excomm. L. 1. ff. de J. & J. L. 12. & 18. ff. de LL. L. 14. § 13. ff. de relig. L. 90. ff. de R. J. L. 84. §. fin. ff. de Legat. 1. L. un. C. ut quæ deſunt advoc. part. jud. ſuppl.

§. 12. Richtere und Obrigkeiten ſollen nicht natuͤrlich taub oderRichters Qva - litaͤt. harthoͤrig / noch ſtets unſinnig oder minder jaͤhrig ſeyn / ein Blinder aber in ſolchen Faͤllen / darinn Richters Anſehen nicht erfordert wird / oder wer uͤber achtzehen Jahr alt / wird von ſolchem Amt nicht vertrieben; jedoch ein vom Rath ſchaͤndlich Entſetzter oder Geſetz und Rechts-Uner - fahrner / er habe denn gelehrte Beyſitzer / und jener ſey in ſeinen Stand wieder eingeſetzet / oder der Verurtheilung Zeit verfloſſen / mag nicht dazu gelaſſen werden / es waͤre denn die Sache alſo beſchaffen / daß erDderen26I. Buch / Cap. V. deren Erfahrung kundig / als ein Soldat in Krieges-ein Bauersmann in Ackerbau - oder ein Kauff und Handwercks-Mann in ſolchen zur Kunſt und Handlung gehoͤrigen Streits-Sachen.

  • L. 12. §. 2. & L. 6. ff. de judic. L. 57. ff. de re judic. L. 1. §. ſecund. loc. ff. de Nov. 82. poſtul. L. 2. ff. de Senat. L. 8. ff. de poſtul. L. 3. C. ex quib. cauſ. inf. irrog. L. 14. in verb. legum, C. de judic. L. 13. C. de ſent. & interloc. L. 17. C. de judic. L. ult. & pen. C. de jurisd. omn. jud. L. ult. C. de re milit. L. 32. §. 4. ff. de recept. qui arbitr. L. 23. C. de Teſtam. L. 2. & 32. ff. de R. J.

§. 13. Prieſtern und geiſtlichen Perſonen iſt in weltlichen Dingen zu richten verboten; alſo moͤgen unehrliche und verarmete Leute auch nicht darzu kommen / ſie waͤren dann auffrichtig und redlichen Wan - dels gefliſſen / damit ſie nicht jemand zu rauben und zu befehden Ge - legenheit nehmen moͤgen / ohne daß ſie vom Fuͤrſten wiſſentlich dazu verordnet ſeyn / deßgleichen nach geiſtlichem Recht Ketzer und Verban - nete / endlich Leib-eigene Knechte und Weiber ſollen nicht Richter ſeyn.

  • C. 11. X. de Exceſſ. præl. L. 33. C. de Epiſc. & Cler. L. pen. in princ. ff. de vacat. mun. Tot. Tit. X. ne cler. vel mon. L. 6. in pr. ff. de mun. & hon. L. 5. in pr. ff. de re milit. L. 8. ff. de ſuſpect. tut. L. 11. §. 1. C. de advoc. diverſ. L. 1. 2. C. de Dignit. C. 1. cauſ. 3. q. 7. c. 13 §. credentes, X. de hæret. c. 24. X. de ſent. & re judic.
Richter-Amts Verwaltung.

§. 14. Ein jeder Richter ſoll mit gleich durchgehender Gerechtig - keit Verwaltung ſich dermaſſen redlich / auffrichtig / fleißig und un - partheyiſch erweiſen / daß ers gegen GOtt / ſein ſelbſt eigenes Gewiſſen / dem Landes-Herrn und deſſen Ober-Befehlshabern / deren Auffſicht halber verantworten / und im gegentheiligen Fall zu andern Verord - nungen keine Urſach geben moͤge.

§. 15. Ein Richter kan als verdaͤchtig gehalten ſeyn / wann er in ſeiner eigenen Sache will Richter ſeyn / oder ſo er einem Theil mit Blut-Freund - und Schwaͤgerſchafft verwand oder zugethan iſt; es waͤre dann ein treu - und glaubfeſter anſehnlicher Mann / der ſolchen Verdachts unfaͤhig; oder ſo er mit einem Theil groſſe Gemeinſchafft gehalten / oder wann der Richter mit jemands anders einen gleichmaͤſ - ſigen Streit-Handel haͤtte / oder waͤre in ſelbiger Sache FuͤrſprecherVerdaͤchtigen Richters Ver - werffung. geweſen; item, ſo er eines Theils gewiſſer Feind waͤre / oder wann der Richter einer Parthey Feinds Unterthan / Lehns-Mann oder Stadt - halter iſt. Wann nun ſolchen Verdachts Urſache erwieſen / wird die Sache zum Oberrichter heimgefordert / und darff der verworffene Richter nichts weiter darinn vornehmen / oder es waͤre nichtig; wo -fern27Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheitfern aber der Argwohn nicht bewieſen / mag die Parthey mit Schmaͤh - Klage belanget werden.

  • L. 10. & 17. ff. de jurisdict. L. 17. ff. de judic. L. un. C. ne quis in ſua. L. ult. §. pen. verſ. ſciant, C. ubi Senat. c. 36. X. de appell. c. 2. X. ut lite non conteſt. c. 25. verſ. & ipſe fam. X. de offic. & pot. jud. c. 18. X. de judic. L. 9. ff. de liber. cauſ. c. 4. X. ut lit. non conteſt. c. 61. X. de appell.

§. 16. Jn Summa / ein Richter ſoll ſeyn ein frommer Mann / einRichterlichen Amts Tugend. guter Chriſt / eines gottsfuͤrchtigen Lebens und Wandels / unparthey - iſch / nicht furchtſam / gehaͤßig / noch geitzig / von rechtmaͤßigem Ernſt / nicht grauſam und ſchrecklich / noch von eiteler Guͤtigkeit allzugelinde und ſchaͤdlich / daß er nicht etwas zu harte und ſtrenge noch gar zu nach - laͤßiges ſchaffen moͤge / dann gleichwie Barmhertzigkeit zu GOtt er - hebet / alſo ſtuͤrtzet Tyranney zur Hoͤllen / darum ſoll er redlich / war - hafftig / gottesfuͤrchtig und dem Geitz feind ſeyn / GOtt bitten mit Sa - lomon: Gieb / HErr / deinem Knecht ein verſtaͤndig Hertz zu richten / Gutes und Boͤſes zu unterſcheiden.

  • C. quatuor, c. 11. q. 3. L. Reſpiciendum. ff. de pœn. 1. Reg. III, 9.

§. 17. Ja / ein Chriſtlicher Richter ſoll eines frommen Vaters Amt verrichten / der Gottloſigkeit alſo ſteuren / daß er in ſchweren Suͤnden - Faͤllen keine uͤbermaͤßige Begierde zur Rache veruͤbe / ſondern die La - ſter-Wunden nur zu heilen willig ſey; er muß nicht vor Liebe weich / noch vor Strengigkeit verbittert ſeyn / nicht ohne Maſſe von Eyffer wuͤtend / an Gottſeligkeit nicht ſparſam. Dann / wann Richtere inRichters Pflicht Be - ſchaffenheit. Verdammung ruhmſuͤchtig und blutduͤrſtig / werden ſie Moͤrder / ob ſchon ſie einen Schuldigen verurtheilen / darum ein Richter ſoll ſeyn klug und gelehrt / dann allwo groſſe Gefahr / da iſt auch groſſe Klugheit von noͤthen / maſſen eines Richters grobe Unwiſſenheit insgemein iſt des Unſchuldigen Truͤbſal / dahero es kein Unerfahrner noch gemeiner Bauersmann ſeyn muß.

§. 18. Richter ſollen bedencken / daß der Weißheit Geiſt in keineRichters Got - tesfurcht. ſuͤndhaffte Seele komme / noch wohne in Laſter-vollem Leibe; vornehm - lich in peinlichen Sachen muͤſſen ſie wohl erwegen / was Joſaphat Koͤ - nig in Juda ſagte: Sehet zu was ihr thut / dann ihr haltet das Ge -2. Chron. XIX, 6. & ſeqq. richt nicht fuͤr Menſchen / ſondern fuͤr GOtt / welcher Jehova mit im Gericht / deſſen Furcht euch beherrſche. Dann die Furcht des HErrn iſt der Weißheit Anfang / und bey dem GOtt iſt kein Unrecht / noch Anſehen der Perſon / noch Annehmung einigen Geſchencks.

§. 19. Derowegen ſollen nun Richter und Beyſitzer / ein jeder / eheRichters und Beyſitzers Eyd. und bevor er auffgenommen wird / ihres Eydes ſich ſtets erinnern / denD 2ſie alſo28I. Buch / Cap. V. ſie alſo zu GOtt ſchweren muͤſſen / daß ſie nemlich zu Recht getreu und fleißig daruͤber ſeyn / nach hoͤchſtem Verſtaͤndniß / nach Reichs gemei - nen Abſchieds-Rechten / auch bewilligt - und auffgerichtetem Frieden gemaͤß / in Religion und andern Sachen / nach Land uͤblichen ehrbaren Ordnungen / derer Fuͤrſtenthuͤmer und Herrſchafften gerichtlichen Gewohnheiten / die ihnen vorgebracht wuͤrden / dem Hohen und Nie - dern gleichmaͤßig ſchlichten / ſprechen / thun und handeln wollen / auch kein Ding in der Welt / ſolches zu unterlaſſen / ſich bewegen laſſen / viel - weniger von denen Partheyen einer Sache halber / die im Gericht haͤn - get oder hangen wuͤrde / weder aus Liebe / um Neid / Freundſchafft oder einerley Nutzens willen / inſonderheit keine Gabe oder Geſchenck wiſ - ſentlich gewaͤrtig ſeyn / noch durch ſich ſelbſt oder andere / wie es Men - ſchen Sinn erdencken moͤchte / zu nehmen oder nehmen laſſen / noch kei - ner Parthey / ſonderlich im Gericht / Anhang oder Zufall im Urtheil zu machen und ſuchen; ja allenthalben ſich in deren Unterthanen und ſonſt fuͤrkommenden Sachen keinem Theil zu rathen / ſchreiben und warnen / gefliſſen enthalten / niemanden vor oder nach Urtheil Rathſchlaͤge er - oͤffnen / keine Sache aus boͤſer Meynung auffhalten oder verziehen / endlich auſſerhalb Fiſcaliſchen / ſo er darzu geordnet / deren Sachen / darinn ihm von Rechts wegen zu urtheilen nicht geziemet / und die er ohne das abzutreten ſchuldig / keine annehmen noch darinn Rath geben / auch bey reiner Lehr und Chriſt-Evangeliſchem Bekaͤntniß beſtaͤndig und ohne falſch verharren / oder ſo er und andere Gerichts Verwand - te ſich abwenden wolten / ſolches zu offenbaren / an welchen Eyds-Pun - cten keine andere Buͤndniß-Pflicht ſie verhindern ſoll / alles ohne Ge - faͤhrde.

§. 20. Ein Richter ſoll nimmer nach Beyſpiel - oder Exempeln / ſondern denen Geſetzen gemaͤß richten / darum auch Richters willkuͤhr -Richterlichen Urtheils will - kuͤhrliche Wahlſtraffe. liche Wahlſtraffe mag nicht uͤber Staupenſchlagen und Landes-Ver - weiſung ſich erſtrecken / es waͤre denn ein ſolch greuliches Laſter / wel - ches boͤſer Nachfolge halber / nicht anders / als mit Tode / andern zum Abſcheu gebuͤſſet werden muͤſte / als in groben Falſchheits Verbrechen und andern ſchaͤndlichen unbenannten Faͤllen.

  • L. 13. C. de ſentent. & interloc. omn. judic. L. 18. ff. de offic. præſ. P. H. O. art. 105. & 112.
Miſſethat Straffe.

§. 21. Wann iemand nach allgemeinen beſchriebenen Rechten das Leben durch eine Mißhandlung verwuͤrcket hat / ſoll man nach gu - ter Gewohnheit / oder Rechts verſtaͤndigen Richters Anordnung / derUbel -29Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. Ubelthaten Aergerniß und Gelegenheit ermeſſen / Toͤdtungs Art und Weiſe zu erkennen; Jn Faͤllen aber / darinn keinerley Todes-Straf - fe geſetzt / ſondern die Rechte am Leib oder Gliedern peinliche StraffeLeibes fuͤr Le - bens-Straffe wann guͤltig. zulaſſen / daß die Geſtraffte beym Leben bleiben / ſolche mag man nach Landes-Art und Gebraͤuchen / auch richterlichen Willkuͤhr aus Liebe der Gerechtigkeit zu gemeinen Nutzes Beſten verhaͤngen / und niemand wider rechtliche Gewohnheit zum Tode verurtheilen / noch Ehr-Leib -Straff Veraͤn - derungs Recht. und Lebens-Straffe vermehren / ja wenn Beklagter die in Rechten verordnete Straffe nicht auszuſtehen vermag / kan ſolche vom Richter fuͤglich veraͤndert werden.

  • P. H. O. art. 104. & 138. L. 1. C. quæ ſit longa conſvetudo. L. 8. §. 2. C. ad L. jud. de vi publ. L. 12. §. 4. ff. de accuſat.

§. 22. Bey Straff-Linderungs Faͤllen iſt genung / daß ein RichterStraff Linde - rungs Urſa - chen. im Urtheil insgemein alſo ausdruͤcklich meldet / vorkommenden Um - ſtaͤnden bey ſo geſtalten Sachen / oder deßfalls / nach Gelegenheit aus erheblich-bewegenden Urſachen / welche ſeyn koͤnnen Liebe / Vielheit der Kinder / minder jaͤhrig oder hohes Alter / wahre Reue / Buß und Bekehrung / gutwillige Bekaͤntniß / Unſinn - oder Traurigkeit / Trun - cken - oder Unwiſſenheit / Vielheit der Thaͤter / oder deren groſſe Kunſt und Eheſtand / worinn allezeit die Billigkeit ſtrengem Recht vorgehet / jedoch / daß Ubelthaten nicht gar ungeſtrafft bleiben / ſondern die Straf - fe dem Recht und Verbrechen gemaͤß ſeye; Sonſt mag ein Richter / als Geſetzes Diener / nicht leicht aus deſſen Graͤntzen ſchreiten.

  • §. 1. inſtit de orig jur.

§. 23. Weilen auch alle Verbrechen durch Umſtaͤnde veraͤndert /Verbrechen Umſtaͤnde Recht. entweder gehaͤſſiger oder mehr zu entſchuldigen ſind / und dann aller - ley Beſchaffenheit in Rechts-Geſetzen zu begreiffen unmuͤglich / ſo dennoch nicht ſtets zu verachten / als kan ein Chriſtlich gewiſſenhaffter Richter wohl kluͤglich darinn verfahren / und nach geringſten Umſtaͤn - den Straffe maͤßigen; Jn groben und ſchweren Verbrechen aber gebuͤhret dem Richter nicht Gelindigkeit / ſondern Schaͤrffe zu gebrau -Richters Ge - lindigkeit Straffe. chen / und niemahlen witziger zu ſeyn als das Recht / ſonſt doͤrffte ihm gleiche Straffe wiederfahren / ſo Thaͤter verdienet / oder wuͤrde auch nach andern Zwangs-Mitteln Ehrloß.

  • C. ſicut, in princ. X. de homicid. L. Grachus, C. ad L. Jul. de adult. L. 4. ff. de præſcr. verb. L. 12. & ſeqq. ff. de LL. L. 11. in princ. L. 16. ff. & L. Sancimus, C. de pœn. L. 28. §. 15. ff. Eod. C. ut clericorum, X. de vit. & honeſt. Cler. Nov. 82. c. 10. L. 1. §. 1. ff. ad SCt. Turpill. L. 14. C. de pœn. L. 8. §. 2. ff. ad L. Jul. de vi publ.
D 3§. 24. Rich -30I. Buch / Cap. V.
Richters Ho - heit Zwang Recht.

§. 24. Richters Hoheit zu handhaben und Gehorſam zu erzwin - gen / iſt mancherley Art und Weiſe / als Arreſt und Auspfaͤndung des Ungehorſamen / Gefaͤngniß / Verhoͤrs Verweigerung / Gerechtigkeits Abſchlag / Beſitz-Einnahm und gerichtlicher Beſchlag deſſen Guͤter oder Abnutzungs Fruͤchte / der Sachen Abnahme biß zum Gehorſam / desgleichen Schadens Zufuͤgung / Verthaͤdigung oder Verbot durchGerichts-Die - ner Pflicht. Kriegs-Leute und willkuͤhrliche Geld-Buſſe / oder peinliche Straffe; Jedoch ſollen bey dieſem Zwang-Recht Stadt und Gerichts-Diener fuͤr ſich ſelbſt die ausgepfaͤndete Guͤter nicht fuͤr geringerern Werth betrieglich ausgeben.

  • §. fin. inſtit. de ſatisdat. L. conſentaneum, ubi gloſſ. ad verb. cogendum, C. quomod. & quand. jud. L. 26. §. 4. ff. ex quib. cauſ. maj. L. 1. §. jubet, ff. de Collat. bon. c. 1. X. de probat. L. 2. ff. ſi quis in jus. L. 50. ff. de Evict.
Urtheils Recht zwiſchen an - dern.

§. 25. Ein vom Richter zwiſchen andern ertheilter Ausſpruch kan andern nicht ſchaden / die abweſend geweſen / es waͤre dann ein Pfand - habender Glaͤubiger / Ehemann oder Kaͤuffer / welcher ſeinen Schuldner / Schwaͤher oder Verkaͤuffer gerichtlich haͤtte handeln laſſen / oder deſſen Recht vom Klaͤger herruͤhrig / oder wann der Richter durch falſche Zeugniß und Brieffe betrogen / alsdann wieder Auffrichtung Statt findet.

  • L. 2. C. quibus res judic. non noc. L. 63. ff. de re judic. L 33. ff. Eod. Tot. Tit. C. ſi ex falſ. inſtrum.

§. 26. Ein Unterrichter muß es auch dabey beruhen laſſen / wann Klaͤger / wie billig / Beklagten vorhero auſſer gerichtlich anſpricht / ehe denn er ihn fuͤr dem Richter belanget / welches ſo viel wuͤrcket / daß erKlaͤgers Pflicht Beklagten auſ - ſer gerichtlich zu belangen. ſaͤumig zu achten / und jener desfalls alle Procuratoren und Schrifften Unkoſten wieder erlangen kan / ob ſchon Beklagter eingeladen / hernach die Bezahlung anbeut; wenn aber in Verſchreibung ein gewiſſer Tag angeſetzet / beſpricht derſelbe an Klaͤgers Statt / iſt auch Klaͤger ſchul - dig ſeiner verneinenden Klage Grund zu erweiſen.

  • L. magnam, C. de ſtipul. L. Debitores. C. de pign. L. 13. princ. ff. de ſerv. urban. præd. L. 24. ff. quando dies leg. ced. L. 8. §. ſi quis caut. & L. 23 24. & 49. §. fin. ff. de verb. oblig. c. 5. X. de dol. & cont.

§. 27. Wann nun Klaͤger fuͤrm Richter ſein Anbringen erwieſen / der Beklagte aber nach erbetenen Still-Standes Friſt ſeinen Aus - zug darzuthun ermangelt / ſo wird er alsbald zu denen Unkoſten erkant / darum ſo wohl in Bey-als End-Urtheil ſolche zuerkant werden zuUnkoſten Be - zahlungs - Pflicht. bezahlen / ehe denn ferner Verhoͤr verſtattet wird / wegen Proceß-Ver - laͤngerung oder freveln Streit-Erhebung um deren Zaͤncker Boßheit zu bezaͤhmen / dahero der Uberwinder die Unkoſten einbringt / der Rich -ter31Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. ter ſie maͤſſiget und der Uberwundene bezahlet / nemlich nach beyder Partheyen Standes Betrachtung in auſſer gerichtlichen Unkoſten / die gerichtliche Koſten aber muͤſſen auff einen Heller bezahlet ſeyn.

  • L. 21. C. de probat. L. 13. & 15. §. 2. C. de judic. Auth. poſt jusjur. C. Eod. L. 79. ff. Eod.

§. 28. Ein Richter muß ſonderlich bey peinlichen Inquiſitions-Faͤl -Richters Amt in peinlichen Sachen. len vor ſeine Perſon fuͤr allen Dingen goͤttliche Huͤlffe anflehen / wei - len GOtt allein den Klugen Weißheit / und den Weiſen Verſtand giebt / auch geheim und verborgene Dinge offenbaret / als der da weiß / was im Dunckeln iſt / und Licht wohnet bey ihm; alsdann wird er gleich - wie in einem hellen Spiegel leicht erſehen / was in der Sache zu beruͤh - ren / zu thun und laſſen / den Proceß zu vollenden. Worinn ſonſt ferner das richterliche Amt und deſſen unverweißliche Gebuͤhr beſtehe / ſoll ſich ein jeder aus GOttes Wort / beſchriebenen Rechten und ſeinen dazu ge - leiſteten Pflichten / ohne weitlaͤufftige Erinnerung ſelbſt beſcheiden.

§. 29. Jedoch ſollen alle diejenigen Richter / ſo verliehene Gerich - te beſitzen / mit Fleiß dahin ſehen / ſich zu bearbeiten / damit nicht leicht / ohne Unterſcheid / die zwiſchen den Partheyen entſtandene Jrrungen / vornehmlich bey Schmaͤh-Klage Sachen im Rechts langwierigen Proceß gewieſen / ſondern ſo viel immer moͤglich zuvor verſucht wer -Injurien Pro - ceß Vergleichs Recht. de / ob ſie entweder auff billige maſſe in Guͤte zu vergleichen / oder zum wenigſten mit beyder Bewilligung / einen Schieds-Richter zu erweh - len / eingezogen ſeyn moͤgen / um vergebliche Zeit und Geld zu erſparen / und unnoͤthige Weiterung zu verhuͤten / auff daß alſo ein jeder zu ſeiner Befugniß deſto eher gelangen koͤnne / zumahlen / wann die Sache von keiner Wichtigkeit / oder zu Proceß-Koſten unvermoͤgende Perſonen be - trifft / oder wofern den Richter die Rechtfertigung zu hemmen / andere Umſtaͤnde / ſo viel an ihm iſt / bewegen moͤchten.

Caput VI.

Von Partheyen Klag-Beweiß / Verthaͤdigung / Bekaͤntniß / Kundſchafft / Muthmaſſung und Eyd fuͤr Gericht.

§. 1.

BEweiß und Kundſchafft iſt eine gewiſſe Anzeigung und EroͤffnungBeweiß und Kundſchafft Recht. eines unbekandten zweiffelhafften Dinges / wann Beklagter ver - neinet. Wer nun klagen will / ſoll gewiſſen Beweiß haben / wo nicht / ſo wird der Beklagte frey und ledig erkant / ob ſchon er ſelber nichts dar -thut /32I. Buch / Cap. VI. thut / jedoch mag der Klaͤger / wann er ſein Recht nicht genung erwie - ſen / und einige Vermuthung fuͤr ſich hat / den Eyd zu thun anbieten / oder dem Beklagten die Sache ins Gewiſſen verſchieben. Der Eyd aber zu halben Beweiſes Erfuͤllung hat in peinlichen Handlungen / deß - gleichen in Sachen / die Ehr und Glimpff betreffen / gar nicht Statt; ob aber / wann oder wie ſonſt und welcher Parthey der Eyd auffzulegen / ſte - het in richterlichem Willkuͤhr / welcher alle Umſtaͤnde / Verdacht und Anſehen / auch Ehre / Treu und Glauben / von jeder Parthey wohl er - wegen und in Acht haben ſoll; Alſo kan und mag ein halber Beweiß mit Eyd erfuͤllet werden in allen Klag und Geld Sachen.

  • L. 1. §. fin. & gloſſ. ff. de dot. præleg. C. Evidentia, X de probat. L. qui accuſare, C. de Edendo. L. ingenium, ff. de ſtat. hom. L. matrem, L. Actor. & L. fin. C. de probat. C. fin. X. de jurejur. L. dolum, C. de dol. mal. L. 2. L. verius, L. ab ea parte. L. in Exceptionibus, ff. de probat. L. ſive, C. Eod. C. is qui, X. de ſponſal. L. in illa & L. ſtipulatus, ff. de V. O. C. fin. X. de teſt. L. in bonæ fidei, h. t. L. generaliter, §. ſed juramento, C. de reb. cred. & jurejur. L. admonendi, ff. de jurejur.

§. 2. Deßgleichen kan auch in beſchwornen Guͤtern Regiſter und beeydigten Handverleugnung Klaͤger von Beklagten begehren / zuEyd der Ge - fehrde Schalck und Boßheit. Vermeidung Buͤrgeſchafften und Verſicherungs-Streit / alsbald Anfangs zu beſchweren / daß er nichts aus Gefehrde und boͤſer Mey - nung noch zum Auffſchub und Verlaͤngerung der Sachen / ſondern al - lein zur Nothdurfft vorbringen wolle / ja daß ſie eine gerechte Sache zu haben glauben / derowegen keine Warheit verhehlen wollen / ſondern auff Gegentheils Geſchicht-Erzehlung uͤmſtaͤndlich zu antworten erboͤ -Advocaten Ey - des Zugehoͤr. tig; auch muͤſſen Advocaten hinbeyfuͤgen / ſo bald ſie aus deren Be - weißthuͤmern / oder ſonſt im Fortgang der Sachen befinden wuͤrden / daß ſie eine unrechte Sache haͤtten / davon abgehen und ſich deren gaͤntzlich entſchlagen wollen / deßfalls auch Procuratores in ihre und Principalen Seele ſchweren moͤgen / auff ſonderlichen Befehl / welchen Eyd ſo wohl als andere dennoch beſſer waͤre / daß die Partheyen ſelbſt an Gerichts o - der Wohnungs-Ort leiſten muͤſten / weilen ein jeder mehr um ſeiner eige - nen Seelen Heil bekuͤmmert iſt / noch ſo leicht zum Eyd willig / wann er ſelbſt ſchweren ſoll / auch der Richter davon abmahnen kan / wofern er aus ſchwerendem Geſicht meineydigen Willen vermercket.

  • L. 3. §. quæcunque L. 34. pr. & §. 4. ff. de jurejur. L. 8. §. 5. ff. qui ſatisd. L. 14. ff. de nov. oper. nunc. L. pen. C. quemadm. Teſtam. aper. L. 20. C. de fide inſtru - ment. L. 15. ff. ad Exhib. c. 2. §. 1. X. de jur. calumn. L. 1. & L. 2. §. 3. C. hoc tit.
Urkunden Be - weiß.

§. 3. Zu Klaͤgers Beweiß koͤnnen auch dienen Brieffe und In - ſtrument-Urkunden / welche ſind uhralt oder neue Brieffſchafften /als33Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. als uhrbare Koͤnig - oder Fuͤrſtl. Saal - oder Lager-Buͤcher / Stadt und Gerichts-Protocollen oder aus denen Archiven fuͤrgezogeneInſtrumenten Verfaͤlſchung Straffe. Schrifften / die alle Erb-Zinß-Grund-Guͤter / Aecker / Wieſen / Gaͤr - ten / Weinberge / Haͤuſer und Graͤntzen / wie und wo ſie gelegen / auch an wen ſie anſtoſſen / bemercken und anzeigen; Wer nun dergleichen am Rande oder ſonſt verfaͤlſchet / wird mit Gefaͤngniß / Staupen - ſchlag und Verweiſung willkuͤhrlich nach Falſchheit Art und zugefuͤ - geten Schadens Groͤſſe geſtrafft.

  • L. fin. C. de probat. Auth. ſi quis vult. C. qui pot. in pign. L. 10. ff. de probat. L. 36. §. 1. ff. de pignor. act.

§. 4. Alle Brieffe oder ſchrifftliche Urkunden / welche AnfangsBrieff - oder ſchrifftlichen Urkunden Recht. fuͤr Gericht originaliter vorzufuͤhren / und deren Copie hernach denen Acten beyzulegen / moͤgen allezeit vor der Sache Beſchluß uͤbergeben werden / weilen man nicht dabey / wie mit Zeugen Verhoͤr / Argliſt und Betrug zu befahren / ſonderlich wann ſie zu vorigen Beweißthums Erklaͤrung oder nach der Sachen Beſchluß erſt erfunden werden / daß nemlich die Parthey nichts davon gewuſt / wo die Brieffe geweſen und wer ſie gehabt / oder ein dritter Mann habe ſie verleugnet / oder daß man ſonſt nicht habe dabey kommen moͤgen / alsdann muß hierinn Vorzei - gers Eyd geglaubet werden / am ſicherſten aber iſt / wegen ſolcher Ver - hinderung fruͤhzeitig zu proteſtiren.

  • C. cum dilectus, X. de fide inſtrum. L. certi §. quoniam. ff. ſi cert. pet. L. amplio - rem, C. de Appellat. C. fraternitatis, Ext. de Teſt. L. 184. ff. de R. J. L. admo - nendi, ff. de jurejur. c. Paſtoralis, X. de Except. L. cenſus ff. de probat. Auth. adhæc, §. item, C. de fide inſtrum. L. fin. C. de re judic.

§. 5. Solche oͤffentliche von Notarien gemachte Schrifften / dar -Archiven Zinß - und Steuer - Buͤcher Be - weiß-Krafft. inn die Sache begriffen / oder alte Zinß - und Steuer-Buͤcher / haben glaubwuͤrdigers Anſehen als Zeugen / ja ewige Krafft / ob gleich die - jenige / ſo der That Erkaͤntniß gehabt / verſtorben; von gleichem Werth ſind auch Archiven / Brieffe oder die / ſo von einem Theil und drey Zeugen unterſchrieben / oder durch Partheyen eigenhaͤndig auffgeſe - tzet worden / welche allezeit gegen den Vorzeiger am meiſten guͤltigExemplar und Copie Recht. ſeyn / wofern nicht anders bedungen / Exemplar aber oder Copie iſt genung Beklagten zu unterrichten.

  • L. 11. C. qui pot. in pign. L. 45. §. 6. ff. de jure fiſci. L. 10. §. 2. ff. de Edendo.

§. 6. Stadt - und Raths-Buͤcher beweiſen zwar auch zwiſchenStadt - und Raths-Buͤcher Beweiß Recht. Unterthanen / nicht aber gegen ſie fuͤr die Obrigkeit in Dienſtbarkeit und andern Faͤllen / weilen ſie nach ihrem Winck geſchrieben / und nie - mand in eigener Sache Zeuge ſeyn kan / es waͤre denn / daß ſie imEbeyſeyn34I. Buch / Cap. VI. Notarien und Zeugen Krafft. Privat Schriff - ten Beweiß.beyſeyn Notarien und Zeugen / auff Gehoͤr und Bekaͤntniß der Buͤr - ger / verfaſſet worden.

§. 7 Privat-Schrifften beweiſen auch / aber nicht voͤllig / ſie waͤren denn von Partheyen unterſchrieben / erkennet / durch Zeu - gen oder Buchſtaben Vergleich erwieſen und beſtaͤrcket / auch gericht - lich vorgezeiget / daß nichts dagegen geſprochen / und alſo etwan lange Zeit oder Abrede gemaͤß fuͤr kraͤfftig gehalten worden; weilen auch in Abſchrifft leicht zu irren / mag man zum Haupt-Brieff / wann er muͤg - lich zu bekommen / begierig ſeyn.

  • L. 20. ff. de inſtrum. L. 2. ff. & L. 7. C. hoc tit. c. 1. X. Eod.
Original - und Haupt-Brieffs Krafft.

§. 8. Es ſey nun gleich ein oͤffentlich - oder beſondern Brieffs In - ſtrument, ſoll man das Original oder Haupt-Schrifft / nicht aber Exemplar / vorweiſen / weilen dieſe insgemein nichts wahr machen koͤn - nen / es ſey denn auff Geheiß des ordentlichen Richters / der jenes ge - ſehen und tuͤchtig erkant / vom Gerichts-Schreiber ausgezogen / und zwar aus rechtlichen Urſachen / als wegen Brieffs-Alter zukuͤnfftigen Abweſenheit / oder daß die Acten weit zu verſchicken / oder viel mehr andre Streit-Sachen darinn enthalten / ſo laͤſt der Richter ausſchrei -Exemplar oder Copie wann guͤltig. ben / was zur Sachen gehoͤrig / oder derſelbige Schreiber habe ſie beyde geſchrieben / ſo wird Gegentheil nur Copie communiciret.

Original - Brieffs Recht bey frembdem Gericht.

§. 9. So kan auch Gegentheil / wann ein Original von fernen Orten in andern Gebiet aus frembden Gerichts-Acten herzuholen von noͤthen / auff des Producenten Unkoſten / ſolches zu erkennen / dahin beruffen ſeyn.

  • C. ult. X. de inſtrument.
Exemplar oder Copie Begehr.

§. 10. Wann jemand Exemplar oder Copie begehret / und Gefahr beym Verzug / bedarff man die Intereſſirte nicht dazu beruffen / ge - ſchiehet es aber auff Richters Befehl / auſſer Verzugs Gefahr / giebt es halben Beweiß / und kan der Richter dem Theil / ſo des Original - Brieffs Verluſt einwendet / wofern es eine ehrbare Perſon iſt / den Eyd auffbuͤrden / oder mag aus des verſtorbenen Schreibers Protocoll ei - ne Abſchrifft genommen werden / weilen man ſich ſtets dahin verfuͤ - gen kan.

  • L. 18. & ſeq. Auth. C. de inſtrum.
Originals Ver - luſt-Jnnhalts - Beweiß.

§. 11. So fern auch in Kriegs-Zeiten das Original verlohren / muß ſolcher Raub / Brandt und Verwuͤſtung ſamt des Brieffes Jn - halt mit zween Zeugen erwieſen ſeyn; Wann aber Gegentheil dasIn -35Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. Inſtrument zuriſſen oder entwendet / ſo wird des andern Eyd wegen Jnnhalts Wort-Verſtand geglaubet.

  • L. 5. L. 21. §. 1. C. de inſtrum.

§. 12. Wann etwa einer ſaget / daß ihm die Handſchrifft unbekandt /Hand Veꝛlaͤng - nungs Beweiß. mag ſolche mit einem andern Brieff von ſelbiger Hand Unterſchrifft verglichen ſeyn / wofern es nicht anders zu erweiſen / oder wird auch billig durch Zeugen Verjaͤhrung bekant / denen der verſtorbenen Hand und Siegel wohl kundig und bewuſt geweſen / und muß zwar Klaͤger dem Beklagten / nicht aber dieſer jenem alle Beweiß-Inſtrumenta vor - zeigen / ſie waͤren dann gemein oder Klaͤgers Schuld nicht / daß ihm Beweiß fehlet.

  • L. comparationes, cum Auth. ſeq. C. de inſtrum. Nov. 73. c. 7. §. fin. L. 4. & 5. C. de Edendo.

§. 13. So auch einer ſeine brieffliche Urkunden verhehlen oderUrkunden Verhehlungs Straffe. entziehen wolte / wird er fuͤr bekant und ungehorſam gehalten / iſt alſo ferner Beweiß unnoͤthig / dazu noch mag ein Richter draͤuen / er wolte Copie Glauben geben / wann der Wiederpart das Original verhielte; nach geſchehener Vorbringung ſolcher Schrifften muß Gegentheil ſelbige ohne Eyd fuͤr bekant annehmen / oder eydlich verlaͤugnen / und ſo fern ſie alſo erkant / wird dennoch Beklagter mit ſeinem VorwandUrkunden recht zu er - kennen. dagegen gehoͤret / auch durch Zeugen zu bekraͤfftigen / daß jener nicht ſchweren darff / und wann ſich ein Brieff auff den andern beziehet / iſt dieſer auch vorzulegen.

  • L. 20. in fin. C. de probar. L. 2. §. 1. ff. de jure fiſci. L. 56. ff. de V. S. L. 15. §. 1. ff. de reb. auth. jud. poſſid. Auth. ſi quis, C. de Edendo.

§. 14. Privat-ſchrifftliche Urkunden ſind auch / welche der Schuld -Privat Brieff - ſchafften Be - weiß. ner dem Glaͤubiger giebt / ſolche nun beweiſen vollkoͤmmlich gegen den Beklagten / es ſey dann / er wolte ausnehmen / er haͤtte ſich nicht ver - ſchrieben / wofern ſich aber Zeugen finden / die geſehen / daß er nur un - terſchrieben / iſt es voller Beweiß wider den Schuldner.

  • L. Publia, §. fin. ff. Depoſ. gloſſ. in verb. facinus, §. ſi quis, Auth. de inſtrum. caut. Auth. ſi quis, C. qui pot. in pign. L. inſtrumenta, C. de probat. L. Lucius, ff. de fideicomm. libert.

§. 15. Alſo auch wann die Sache zur Kauffmannſchafft gehoͤrig /Kauffmanns - Buch und Re - giſter Beweiß. alle Haußſchrifften / Regiſter und Kauffleute Buͤcher / wann ſie fuͤr ehrlich - und wohlgeachtete fleißige Maͤnner bekant / ihre Rechnung eigenhaͤndig unterſchrieben / auch wofuͤr man ſchuldig gemeldet / und alles was ſie ſonſt eingenommen und ausgegeben / darinn angezeichnet / ſelbige wuͤrcken halben Beweiß / daß Klaͤgern oder ſeinen Erben Er -E 2fuͤl -36I. Buch / Cap. VI. Erfuͤllungs Eyd. Regiſtrators Pflicht.fuͤllungs-Eyd mag auffgetragen werden. Ja / wann es keine groſſe Summa / und der Regiſtrator eine glaubwuͤrdige Perſon waͤre / der ſeine Buͤcher fleißig auffſchlaͤgt / iſt es genung / daß die Schuld-Rech - nung mit ſeiner Hand angeſchrieben / ſonſt halten ſie nicht alle bewaͤhr - ten Treu und Glauben.

  • L. 12. in princ. C. qui pot. in pign. L. 20. C. de admin. tut. L. 5. 6. 7. 18. ff. de pri - vil. cred. L. pen. in fin. h. t. L. 16. ff. de V. S. L. 7. §. fin. ff. depoſ. L. 25. ff. ſi cert. pet.
Send-Schrei - ben Beweiß Recht.

§. 16. Item, Send-Brieffe / mit deſſen / der ſie ſendet / Nahmen und Zunahmen unterſchrieben / darinn der Schuldner dem Glaͤubiger ſchreibend anzeiget / was er ihm ſchuldig / beweiſen vollkoͤmmlich wi - der ihn. Solche Send-Schreiben aber / die nicht der Schuldner / ſondern andere geſchrieben / jedoch mit deſſen Pitſchafft / bevorab von ihm ſelbſt beſiegelt / beweiſen auch wider ihn / dann das Siegel macht die Schrifft gewiß / iſt aber eines andern Nahme unterſchrieben / und Schuldners Siegel nur allein beygedruckt / hat es keine Krafft; Ja /Siegel und Pitſchafft Krafft. wenn ein Send-Brieff ohne Pitſchafft / und der Schuldner die Schrifft verlaͤugnet / mag man ſie gegen eine andre von ſeiner Hand vergleichen / wofern ſie nun aͤhnlich / beweiſet ſie.

  • L. ſi qua, C. de Epiſc. & Cler. L. in bonæ fidei, verſ. ſequitur, C. de rebus credit. L. admonendi, ff. de jurejur. L. ad teſtium, §. fi quis, ff. de Teſt.
Documenten Recht / wie zu beobachten.

§. 17. Sonderlich iſt bey allen Documenten in acht zu nehmen / ſolche Auslegung zu machen / daß der Handel guͤltig ſey und nicht ver - derbe / darum widerwaͤrtiger Beweiß vom Richter muͤglichſt zu ver - ſuͤhnen / auch gar im Zweiffel ſelbige zu minder-jaͤhrigen Alters Frey - heit und gottſeligen Urſachen beſten Nutzen guͤnſtiger anzunehmen / ſie ſeyn nun gemacht durch Zeugen oder Notarien Hand / oder mit oͤf - fentlichem Siegel beſiegelt / oder Privat-Schrifften durch obrigkeit - liche Macht beſtaͤrcket und geoͤffnet / oder aus oͤffentlichem Gerichts - Schranck hervor geſucht / oder ſonſt fuͤr Gericht ausgefertiget / wofern ſie nur nicht verdorben oder verfaͤlſcht / jedoch moͤgen keine gelten zu eines dritten Mannes Nachtheil.

  • C. 16. c. 32. gloſſ. X. de teſt. L. geſta, C. de re judic. c. ſcriptura, X. de fide inſtrum. L. in fraudem, §. quoties ff. de jur. fiſci. Auth. adhæc, C. Eod. L. 1. 2. C. de his, qui in Eccleſ. L. omnium, C. de Teſtam. L. 31. C. de Donat. L. 24. ff. de fide inſtrum. L. 14. C. Eod. L. pen. C. de probat. L. 8. in princ. C. de fide in - ſtrum.
Documenten Beweiß in peinlichen Sa - chen.

§. 18. So kan auch durch brieffliche Documenten ein peinliches Verbrechen erwieſen werden / bevorab das etwa durch Schrifften geſtifftet oder vollentzogen wird / als Verrath und Falſchheit / oderdurch37Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. durch verſchwornen Rache / Abſagungs - und andere gerichtliche Brieffe / darinn des Beklagten Bekaͤntniß oder Verurtheilung ent - halten. Andere Ubelthaten aber / die nicht in Schrifften begangen / ſon - dern in wuͤrcklichen Thaten beſtehen / ob ſchon ſie nicht ſchrifftlich / moͤgen dennoch deren Anzeigen durch Brieffſchafften erwieſen wer - den; als Ehebruch wird zwar nicht durch Liebes-Brieffe bewieſen /Liebes-Brieffe Anzeig-Recht. jedoch geben ſolche Schreiben gegen deren Schreiber ſtarcke Arg - wohns Muthmaſſung.

  • L. fin. C. de probat. L. 22. ff. de falſ. L. in Exercendis, C. de fide inſtrum. L. 2. C. quorum appell. non recip. L. 1. §. 1. ff. ad L. jul. Majeſt. L. fin. C. de re judic.

§. 19. Alſo auch im Laſter des Verraths oder beleidigten ſoVerrath und verletzten Ma - jeſtaͤt Anzeig - Verdacht. wohl goͤtt-als weltlichen Majeſtaͤten / ob ſolche feindliche Brieffe / Schloͤſſer und Feſtungen Abriſſe / oder zauberiſchen Characteren oder Buchſtaben Buͤcher und andere Schrifften / Werckzeuge oder ver - daͤchtige Dinge unter Beſchuldigten Sachen zu finden / welches in Falſchheit ebenmaͤſſig zu beobachten / wie in Dieberey mit Dieterichs / Hacken / Schluͤſſel und geſtohlner Sachen Findung.

§. 20. Deßgleichen bey Pasquillen / Schand - oder Schmaͤh -Pasquillen und Muͤntz-Ver - brechen Anzei - gung. Schrifften oder falſchen Muͤntz-Verbrechen Praͤgungs-Handwercks - zeugen. Nachdem nun aus allerley Urſachen eines greulichen Laſters Verdacht wider jemanden entſtehet / iſt noͤthig / daß der Richter ei - nes Fluͤchtigen oder Gefangenen Hauß und Logiaments verſchloſſne Thuͤren im Nothfall durch einen Schloͤſſer aufforechen / in SchreibersWie wider Fluͤchtiger Sachen zu verfahren. und Zeugen Beyſeyn alle Kaͤſten / Laͤdlein und Schraͤncke eroͤffnen laſſe / zur Sachen verdaͤchtige Brieffe verſiegele und gerichtlich ver - wahre.

§. 21. Ja / wenn ſonſt jemand eines Verbrechen halber gefangen genommen / muß der Richter alsbald deſſen Hauß durch Notarien undNotarien und Zeugen Pet - ſchafft Recht. Zeugen Pitſchafft verſiegeln / hernach fleißig nach verdaͤchtigen Din - gen ſuchen / alles genau verzeichnen / und was man findet klaͤrlich be - mercken laſſen / auch unterſchrieben zu nehmen / damit Beklagter nicht verlaͤugnen koͤnne / daß ſolches in ſeinem Hauſe gefunden.

§. 22. Beweiß-Art durch die Parthey ſelbſt / iſt die gerichtlicheBekaͤutniß Be - weiß Recht. Bekaͤntniß / welche End-Urtheils Krafft hat / darauff des Richters Befehl erfolget. Auſſer gerichtliche aber iſt dem Bekenner nicht ver - faͤnglich / es waͤre denn ſolche von der andern Parthey fuͤr bekant ange - nommen / oder auch mehr als einmahl geſchehen / ſonſt macht es keinen beſtaͤndigen Glauben / denn was ein Theil in des andern Abweſen -E 3heit38I. Buch / Cap. VI. heit bekennet / iſt ihm unſchaͤdlich / giebt auch nur halben Beweiß / eyd - lich zu bekraͤfftigen.

  • L. un. C. de Confeſſ. Gloſſ. in L. 1. in verb. apud judic. L ult ff. de interrog. act. L. 58. §. ult. ff. de ædilit. Edict. L. cum Scimus, C. de agric. & cenſ. L. 40. ff. de pact. C. at ſi clerici, in princ. Ext. de judic. L. certum, §. ſi quis ff. de confeſſ.
Bekaͤntniß Recht fuͤr vielen.

§. 23. Keine Bekaͤntniß ſoll aus Zwang oder Furcht geſchehen / ſondern freywillig / welche aber vor vielen Leuten gethan / auch auſſer - halb Recht / iſt beſtaͤndig und glaubhafft; wann ein Theil gegenwaͤrtig / mag ein ander an ſeine Statt Gegentheils Bekaͤntniß annehmen / daß es ihm zu ſtatten komme / ſo fern ers gut heiſſen will / wo aber die Rech - te vermuthen / daß einer bekennet / iſt unnoͤthig daß der andre Theil dabey ſey / oder ſolches anziehe / oder es waͤre etwas / ſo den Bekenner nicht ſo hoch verbinde / und nur halben Beweiß macht / als einer / der auff die Acht geladen und nicht erſcheinet / wird vor bekant vermuthet und gehalten.

  • Can. 1. cauſ. 5. q. 6. P. H. O. art. 20. Gloſſ. L. ictus, §. fuſtium, ff de his qui not. infam. Tot. tit. ff. & C. de neg. geſt. L. ſi tutor, C. de interdict.
Bekaͤntniß Recht aus Jrr - thum.

§. 24. Bekaͤntniß aus Jrrthum der Sache gethan / moͤgen wohl wiederruffen ſeyn / ausgenommen / ſo es mit langem Bedacht oder zweymahl oder einmahl eydlich / oder in Brieffſchafften bekant verfaßt geſchehen / oder zur Gerichtshandlung hinkommen / ſo mag unter Jrr - thums-Schein kein Bekaͤntniß unkraͤfftig ſeyn / darum es ſicher iſt / daß der andre Theil ſolches alſo fort annehme und einſchreiben laſſe / mit Bitte gerichtliche Huͤlffe hierauff zu verſchaffen.

  • L. Admonendi ff. de jurejur. L. non fatetur ff. de confeſſ.
Bekaͤntniß Recht ſuͤrm Richter.

§. 25. Bekaͤntniß fuͤrm Richter / der nicht wuͤrcklich zu Gericht ſitzet / hat nicht feſten Glauben / es waͤre dann ſelbige durch willkuͤhrlichen kurtzen Gerichts-Zwang zur Kriegs-Vorbereitung / oder nach Gele - genheit der Sachen mit Eydes Erbietung bekant; wer aber bekennet Bezahlung empfangen zu haben / iſt allewege ihm ſchaͤdlich / und wann einer davon abfallen will / kan man ihm Betrug vorwerffen.

  • L. 1. ff. de Confeſſ. Gloſſ. L. non ſolum L. 2. §. liberationis, ff. de liber. leg.
Bekaͤntniß wegen Jrthum Rechtens.

§. 26. Bekaͤntniß aus angezeigtem Jrrthum Rechtens wird nicht leichtlich verworffen / weilen ein jeder die Rechte ſelbſt / oder mit ander Leute Rath wiſſen ſoll / es waͤre denn ein gar ſonderlicher Vorfall / der mehr als einen Wort-Verſtand haͤtte / oder von geiſtlichen Ordens - und Kriegs-Leuten herkaͤme / alsdenn entſchuldiget dieſer Jrrthum.

  • L. 1. ff. de confeſſ.
§. 27. Be -39Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft.

§. 27. Bekaͤntniß frey und ohne Urſach geſchehen / fuͤhret halbenFreywilligen Bekaͤntniß Recht. Beweiß an / dergeſtalt / daß man dem andern Theil den Eyd zu deſſen Erfuͤllung mag aufflegen / es ſey denn uͤm fahrende Haab / dabey all - zeit Urſach muß angefuͤhret werden. Bekaͤntniß durchs Wort: ich glaube / iſt ſo viel als es iſt wahr / ohne bey frembden Geſchichten / darinn es eben nicht allezeit ſchaͤdlich ſeyn kan; Wer nun Laſter bekennet / lei - det wegen eigener Bekaͤntniß weder Schaden noch Straffe / ehe denn er dazu verurtheilet.

  • Gloſſ. L. & quia ff. de jurisd. omn. jud. L. confeſſus & gloſſ. de cuſtod. & exhib. reor. Gloſſ. fin. C. ex literis, in verb. veritate Ext. de jurejur.

§. 28. Zu Rechts Beſchleunigung wird auch Gebrauch der Frag -Frage Pun - cten Articuln Recht. Articuln und Antwortungen verſtattet / jedoch nicht ohn Unterſcheid / ſondern allein auff die aus der Klag-Schrifft gezogene Beweiß-Pun - cten / daran der Sachen Weſen haͤnget / und wie es die Nothdurfft er - fordert / und zwar ſollen ſie / ſo viel eines jeden eigene Geſchichte be - trifft / durch das Wort wahr oder nicht wahr beantwortet ſeyn. Ant - wort / es ſey glaͤublich / gilt nur in frembden Thaten / wie denn auch dem Richter auff einen und andern oder auch alle Puncten in jedem Ge - richts Theil die Antwort zu erfordern freyer Wille unbenommen.

§. 29. Bekaͤntniß mit gewiſſen Beding geſchehen / kan theils an -Bekaͤntniß - Recht mit Be - ding. genommen / theils verworffen werden / wann nemlich die Bedingung eine Zeitlang hernach beygeſetzt und vorher Geſtaͤndniß ſchlecht hin geweſen / oder gegen das Beding eine rechtliche Vermuthung ſtreitet / oder verſchiedene Umſtaͤnde betrifft / daß Gegentheil deſſen FalſchheitMinderjaͤhri - gen Bekaͤntniß Recht. erweiſen will / alsdann mag der fuͤr bekant angenommenen Geſtaͤnd - niß Execution erbeten werden / wann aber auff minder-jaͤhrigen Be - kaͤntniß Verletzung erfolget / wird Erſtattung vergoͤnnet.

  • C. cum veniſſent. Ext. de inſtitut. L. 9. §. 4. ff. de jurejur.

§. 30. Eines Mannes Bekaͤnntniß kan andern nicht ſchaden / alſo ſchadet nicht Schuldners Geſtaͤndniß andern Creditoren noch ſeinenBekaͤntniß - Recht eines andern. eigenen Buͤrgen zu mehrern Verpflichtung / wann er nemlich verar - met waͤre / es waͤre dann einem ſelbſt auch zugleich nuͤtzlich; alſo ſchadet dem Schuldner des Glaͤubigers Geſtaͤndniß / wegen geſchehener Be - zahlung vom Buͤrgen. So iſt auch eines Erben Bekaͤntniß andern Mit-Erben nicht nachtheilig / noch eines Geſellen dem andern / noch eines Mit-Schuldigen oder Mit-Beklagten denen andern / ohne Ver -Procurator wann Streits - Herr wird. jaͤhrungs-Friſt zu unterbrechen / wie auch Procuratoris Geſtaͤndniß vor Kriegs-Befeſtigung / ehe denn er Streits-Herr worden / nicht ſchaͤd -lich40I. Buch / Cap. VI. lich iſt / er habe denn freye Vollmacht / noch deßgleichen Vormuͤnders Muͤndling / er ſey dann rechtlich dazu gezwungen / oder eines Urhebers dem Nachfolger / ohne in deſſen vorhergegangenen Rechten; derowe - gen wird Bekaͤntniß ohne Vollmacht auszufuͤhren wiederfochten / wann aber Bekaͤntniß Vergleichs halber / Verleugnungs-Straffe zu meiden / geſchehen / kan ſie / weilen kein Jrrthum dabey / nicht umgeſtoſ - ſen werden.

  • L. 21. ff. de reb. Cred. L. 28. ff. de SCt. Vellej. L. 75. §. 5. ff. de V. O. L. fin. C. de duob. reis. L. 3. ff. pign. act. L. 58. ff. de procurat. L. 46. §. 5. ff. de admin. tut. L. 25. §. 1. ff. ad L. Aquil. L. 3. §. 1. ff. quod quisque juris. L. 4. ff. de confeſſ.

§. 31. Muthmaſſungen ſind einige Rechtens und von Rechts we - gen / andere von Menſchen Gedancken. Wann nun deren viel zuſam - men kommen / machen ſie vollen Beweiß / gegen letztere iſt gegentheili - ger Beweiß zugelaſſen / gegen erſtere aber nicht / maſſen das Geſetz al - ſo vermag / es waͤre denn Jrrthum erwieſen oder ſonſt offenbare Kund - ſchafft und Partheyen Geſtaͤndniß oder Augenſchein dagegen vorhan - den / derowegen ein Vormund / der gar gewiß weiß / daß die zu Muͤnd - lings Guͤtern beygebrachte Sache ſein eigen iſt / ſolche wohl behaltenErben Recht ohne inventa - rium zu ma - chen. mag / und iſt kein Erbe uͤber Erbſchaffts Vermoͤgen zu bezahlen ſchul - dig / ob ſchon er keine Verzeichniß / jedoch ohne Betrug haͤtte machen laſſen. Die letztere Vermuthung beſtehet in geſunder Vernunfft / dar - um ſie auch Beweißthums Buͤrde zum Gegentheil uͤbertraͤgt oder ei -Muthmaſſun - gen rechtlicher Anzeig Beweiß nes Beweiß vollguͤltig machet und Erfuͤllungs-Eyd anzubieten verur - ſacht / welche wann ſie fuͤr beyde Theile ſtreiten / muͤſſen Richter erken - nen / welche am guͤtig - und guͤltigſten / am ſtarck und maͤchtigſten / mehr auff gemeinen als ſonderlichem Recht beruhend / wie denn ſonderbare der allgemeinen / oder eines andern ſonderliche und natuͤrliche der zu - faͤlligen oder buͤrgerlichen vorzuziehen / auch guͤnſtiger fuͤr Beſitzere und Beklagten.

  • L. fin. C. arbitr. tut. c. 30. X. de ſponſal. L. 12. ff. de probat. L. 16. C. Eod. L. ult. ff. quod met. cauſ. L. 5. ff. de probat. L. 7. ff. de reſtit. in integr. L. 21. §. fin. ff. de teſt. L. quoties, ff. de reb. dub. L. 14. C. de Teſtam. L. 19. C. de Epiſcop.
Zweene Klaͤ - ger Vorzugs Recht.

§. 32. Ein Verſchwender vermag niemanden rechtlich anzukla - gen / wann aber ſonſt zween andere ehrliche Maͤnner zugleich klagen / ſo ſtehet es bey dem Richter / welchen er zuerſt verhoͤren will / es ſey dann / daß einer von ihnen die erſte Klage gethan zu haben bezeugen will; Wer auch einen andern verthaͤdigen will / muß Buͤrgſchafft thun / dem Urtheil Gnuͤge zu verſchaffen; ſonſt aber / damit kein Un - ſchuldiger verdammt werde / wofern ihm ſeine Beſchuͤtzung geweigertwaͤre /41Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. waͤre / ſoll man niemanden / und wann auch der Teuffel ſelbſt ſich fuͤr menſchlichem Gericht belangen laſſen moͤchte / ſein Verthaͤdigungs - Recht abſchlagen.

  • L. 1. ff. & C. de cur. fur. L. 46. §. 2. ff. de procur.

§. 33. Jn peinlichen Sachen iſt des Beklagten Verthaͤdigung al -Verthaͤdi - gungs Vor - recht. ſo befreyet / daß ſie kein Fuͤrſt / Koͤnig oder Kaͤyſer / weniger Orts Recht und Gewohnheit / verbieten mag / weilen ſie von natuͤrlichem Recht her - ruͤhret / derowegen kein Richter etwan einige Unkoſten hoͤher und mehr achten ſoll / als das durch GOttes Blut theuer erkauffte Menſchen Blut; So entſchuldiget auch fuͤr himmliſchem Richter keine Rechts Unwiſſenheit. Weilen nun oͤffentlich iederman daran gelegen / die Unſchuld zu beſchirmen / ſo mag wohl ein gantz frembder dazu gelaſſen werden / es ſey Beklagter an - oder abweſend.

  • Clem. Paſtoralis, prope fin. Ext de Sent. & re judic. L. 8. §. 1. ff. ad L. aquil. L. 33. §. 2. ff. de procur. L. 1. §. ult. ff. de poſtul. L. 35. princ. ff. de procur.

§. 34. Wann ein peinlich Angeklagter ſeinem Verthaͤdigungs -Verthaͤdi - gungs Abſa - gung Reu. Recht darum abſagt / daß er ſich ſchuldig bekennet / und ihm kein Ent - ſchuldigungs-Mittel bewuſt / ſolches hernach bereuet / ſo mag man ihm dergleichen ungeachtet vor beſchehener Abſagung nicht verbieten / ſondern vielmehr ihm / falls er Anfangs nichts erwieſen / und hernach wiederFriſchen Ver - hoͤr-Verſtat - tungs Recht. neue Grund-Urſachen vorzubringen ſich erklaͤret / friſches Verhoͤr ge - ſtatten / weilen allhier von des Menſchen Leben gehandelt wird.

§. 35. Jedoch muß der Richter ſich huͤten / daß er keinen Beklag - ten dazu verfuͤhre / und goͤttlichen Rache Straffe auff ſich und dieRichters Pflicht bey Verthaͤdigung des Beklagten. Seinigen kehre / wofern er nur einigen Warheit - oder Beweißthums - Schein vorfuͤhret; Jſt aber Beklagter arm / muß das obrigkeitliche Ge - richt des Proceß Unkoſten darlegen / maſſen ein Richter Beklagten nicht verhindern / ſondern forthelffen ſoll / nach Chriſti Spruch: Mit welcher Maaß ihr meſſet / wird euch wieder gemeſſen werden.

  • P. H. O. art. 47. c. 17. X. de accuſat.

§. 36. Und ſo es denn waͤre / daß ein Gefangener ſeines LaͤugnensKundſchafft Recht wegen Bekaͤutniß aus Jrrſaalen. ſolche Urſachen vorwendete / dadurch der Richter zu glauben beweget wuͤrde / daß Beklagter ſein Bekaͤntniß aus Jrrſaal gethan haͤtte / als - denn mag der Richter ihm ſolchen Jrrthums Beweiß verſtatten; ſo nemlich der Gefangene oder ſeine Freunde / ſolcher Kundſchafft Stellung wegen / Zeugen darſtellen wolten / ja wenn niemand ſich da - zu anerbeut / die Unſchuld zu verantworten / iſt ſolches der Richter ſelbſt unerbeten und von Amts wegen zu thun ſchuldig / viel weniger vor der Unſchuld Ausfuͤhrung mit peinlicher Frage Beklagten anſtrengen /Fſon -42I. Buch / Cap. VI. ſondern ihn dazu ermahnen; So dann in ietzt bemeldter Erfahrung keiner Unſchuld Erfindung obhanden / mag er gepeiniget werden.

  • P. H. O. art. 47. & 57. L. 3. C. de accuſat. L. non tantum, ff. de appellat. L. 10. & pen. §. 1. ff. de publ. jud. L. 19. ff. de pœn.

§. 37. So nun etwan auch ein uͤberwundener Miſſethaͤter ſeinen Helffer und Geſellen / der ihm in geuͤbt-erfundener That geholffen / freywillig mit allen dazu gehoͤrigen Umſtaͤnden im Gefaͤngniß beſaget /Ubelthaͤters Bekaͤntniß Recht wegen Mitgeſellen. und beſtaͤndig dabey verharret / iſt ſolches gegen Beſagten einiger Arg - wohn / wann dem Sager nemlich ſolche Perſon nicht nahmentlich fuͤr - gehalten und darauff ſonderlich befraget worden / ſondern insge - mein / wer ihm geholffen / und er alſo jenen von ihm ſelbſt ungemartert bedacht und genannt / wie nicht weniger daß die beſchuldigte Perſon ſo verdaͤchtig / daß man ſich der Ubelthat argwoͤhniſch zu ihr verſehen moͤge / welches aus der Miſſethat erkundigtem Umſtand und Anzeige auch durch Auffſehen des beſagten guten oder boͤſen Leumuth-Stand oder Gemeinſchafft zu erachten / alsdenn mag einer frey und billig zur Hafft eingezogen werden. So gebuͤhret ſich auch einen ſolchen ſagenden Ubelthaͤter eigentlich zu examiniren / wie / wo und wann ihm Beſagter geholffen / nach was Geſtalt und Gelegenheit der Sachen er mit ihm Geſellſchafft gehabt / nach allen beſt-muͤglichſt-nothduͤrfftigen War - heit Erfindungs Mitteln; deßgleichen ob er mit beſagtem irgend in geheim - oder offenbaren Unwillen / Feindſchafft und Widerwaͤrtig - keit ſtehe; ſo waͤre nach deſſen Erkundigung ſeiner Sache nicht zu glau - ben / er zeige dann deßhalben andere glaubhafft - und redliche Urſa - chen Wahrzeichen an.

Kundſchafft Verhoͤr Recht.
  • P. H. O. art. 31.

§. 38. Vermoͤge gemeiner Rechte ſollen in peinlichen Sachen / auſſer deſſen Gerichts-Perſonen / keine Commiſſarien zur Kundſchafft - Verhoͤr gegeben werden / wenn es aber von noͤthen / muß die frembde Obrigkeit allen Fleiß thun / und / was ſie nicht verſtuͤnde / bey andern Rechts-Gelehrten Raths erholen / damit die Kundſchafft den RechtenCmmiſſarien Pflicht wegen Kundſchafft. gemaͤß verhoͤret werde / oder fuͤrſtliche Commiſſarien moͤgen die Zeu - gen oͤffentlich citiren; Allwo aber keine dazu Rechts verſtaͤndige Perſo - nen ſind / dennoch an tuͤchtigen Kundſchafft-Verhoͤrern viel gelegen / auff daß nicht etwan durch dieſelbe aus Unverſtand einige VerkuͤrtzungBeweiß-Arti - euln Recht ſie zu verſchicken. geſchehe / ſo ſollen deßfalls verzeichnete Beweiß-Articul durch den Richter / jedoch ohne Partheyen Nachtheil und Koſten an des fremb - den Gerichts Obrigkeit verſchicket / auch dabey der Sachen Gelegen -heit43Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. heit und Geſtalt Bericht angezeiget werden / welche denn andere Com - miſſarien auff des Kundſchafft-fuͤhrenden Anſuchung verordnen / und nach Nothdurfft Zwangs-Brieffe / die Zeugen zur gebuͤhrenden Aus - ſage zu bringen / ertheilen ſoll / welches ſo dieſe Obrigkeit verweigert / kan es vom Oberrichter ernſtlich aufferleget werden.

§. 39. Allem Eydſchwur ſoll jederzeit richterliche ernſthaffte Ver -Meineydigen dreyfaches Verbrechen. mahnung vorher gehen / damit die Zeugen nicht falſch ſchweren und GOtt zur Rache fordern / ſintemahl ein Meineydiger unterworffen iſt der Straffe GOttes / den er verachtet; des Richters / den er betrie - get; und dazu dem Unſchuldigen / den er beleidiget / verpflichtet. So kan auch in Suͤnden-Faͤllen / Gewiſſens-Sachen / Ehe zu trennen / peinli -Eyd wann Zeugen nicht nachzulaſſen. chen Klagen / gemeinem Weſen zum Nachtheil oder in Seelen-Gefahr oder andern ſchaͤdlichen Haͤndeln der Eyd denen Zeugen von keiner Parthey nachgelaſſen werden.

  • C. quisquis, cauſ. 11. q. 3.

§. 40. Jm Eyd keine Geheimniß zu offenbaren / iſt ſonderlichEyd wegen Geheimniß. Warheits Unterdruͤckung zu befahren: So auch jemand ſchweret / daß er Gegentheil nichts ſchuldig / welches er dennoch hernach uͤberwie - ſen wird; deßgleichen wer ſeinem Glaͤubiger in beſtimter Zeit zu bezah - len ſchweret / und es nicht thut / derſelbe mag zu wohlverdienter Straf - fe mit Ruthen gegeiſſelt oder mit Stoͤcken geſchlagen werden / dann nach Verwuͤrckung der That geben die Rechte verſchiedene Urtheil und Straffen.

  • C. 18. & 45. X. de Teſtibus. L. ſi duo, §. fin. ff. de jurejur. c. 2. Ext. de his, quæ fiunt à majore parte.

§. 41. Einen rechtmaͤßig gegruͤndeten gerichtlichen EydſchwurEydſchwur wie und wohln einzurichten. aber mag man wohl thun und leiſten bey GOttes Nahmen allein / Maͤnner nemlich mit auffgereckten zween vorder Fingern / die Weiber aber mit angelegter rechten Hand zur lincken Bruſt / fuͤrm Richter an oͤffentlichem Ort / in dieſer Form: So wahr mir GOtt helffe und ſein heiliges Wort; verſtehe dadurch Chriſti Perſon / ſo das Wort ge - nannt wird / Joh. 1. nicht aber das Wort des Evangeliſchen Buch - ſtabens / weilen dieſe Ehre der Anruffung keinem allerheiligſten Men - ſchen Rath / ſondern GOtt allein zu geben gebuͤhret.

  • Exod. XXIII. Jud. XI. Deut. VI. & X. Joſuæ XXIII. Matth. V.

§. 42. Wer wiſſentlich fuͤr Richter und Gericht einen MeineydMeineyd Straffe. ſchweret / der ſoll in buͤrgerlichen Sachen / die zeitlich Gut antreffen / davon er inzwiſchen Nutzen bekommen / zufoͤrderſt das faͤlſchlich abge - ſchworne Gut / wofern ers vermag / dem Verletzten mit allen SchadensF 2Er -44I. Buch / Cap. VI. Erſetzung wieder zukehren / darnach aller Ehr und Wuͤrden / auch rechtlichen Wohlthaten entſetzet / und ein verleumdeter ehrloſer Mann ſeyn / demnaͤchſt werden ihm die zween Finger / damit er geſchworẽ hat / abgehauen; wann aber jemanden durch falſchen Eyd eine peinliche Straffe zugefuͤget / iſt der Meineydige gleicher Straffe untergeben / als auch der / ſo es angeſtellet.

  • P. H. O. art. 107. c. 1. Ext. de crim. falſ. C. periculoſe, Ext. de pœn.
Eyd der Schalck - und Boßheit.

§. 43. Eyd der Schalck - und Boßheit in Rechten iſt gleichſam eine geiſtliche Folter / darum zu Verhuͤtung Meineydes die ſtreitende Par - theyen zu verwarnen / fuͤr deſſen Groͤſſe ermahnen und bedrohen / auch Zancks Gottloſigkeit halber hochnoͤthig / daß er mit groͤſſerm Anſehen fuͤr Gericht / in Richters oder ein und andern Geiſtlichen / oder dazu abgefertigten Commiſſarien Anweſenheit / verrichtet werde / wie denn ein ſolcher Eyd bißweilen / nach der Sachen Nothwendigkeit / bey ver - ſchiedenen Rechts Faͤllen wohl mag wiederholet werden / damit man nicht / des einmahl gethanen Schwurs etwan uneingedenck oder ver - geſſen / ſein Gewiſſen verletzen moͤge.

  • L. 2. princ. §. 2. §. 4. & §. 5. C. de jurejur. propter calumn. L. 14. §. 1. C. de judic. L. ult. C. de quæſt. Serv. Nov. 73. c. 7. L. 6. §. 2. ff. de Edend.

§. 44. Wann dieſer Eyd einer Gemeinde aufferlegt / ſollen ihnGemeinde Eyd wer abſtatten muß. die Aelteſten / welche von der Sache Wiſſenſchafft haben / nicht aber ein Syndicus oder Fuͤrſprecher abſtatten. Vormuͤnder aber und Vor - ſteher / wie auch Geiſtliche / wofern ſie in Streit-Sachen begriffen / ſollen zugelaſſen / auch wohl dazu gezwungen werden / ja ſelbſt Minder - jaͤhrige und Unmuͤndige / wann ſie Betrugs faͤhig / wegen Alter / oder nach Art und Natur einer Sache / fuͤr Gerichte ſtehen moͤgen; ſonſtVormuͤnder Pflicht wegen minderjaͤhri - gen Eyd. aber ſchweret Vormund / oder des Muͤndlings Eyd wird auffgeſcho - ben. So muͤſſen ihn auch Erben ablegen / ob ſchon der Verſtorbene ge - ſchworen / jedoch ſind Eltern / Patronen und Oberherrn deſſen befreyet / wegen der Ehrerbietung / ſo man ihnen ſchuldig.

  • C. 1. §. fin. c. 5. & fin. X. de jurejur. L. 16. & 34. ff. hoc tit. 2. Feud. 33.
Eyd befreyet nicht von Un - koſten.

§. 45. Dieſer geleiſtete Eyd befreyet dennoch nicht von deren Un - koſten Erſtattung / wann nun Beklagter oder auch Klaͤger dieſen auff - getragenen Eyd nicht thun will / wird jener fuͤr bekant gehalten / dieſer Sach verluſtig / jedoch durch vorhero daruͤber erklaͤrten Ausſpruch;Eydes Ver - weigerung Straffe. wann auch der / welcher gerichtlichen Eyd angetragen / dieſen Eyd ver - weigert / ſo wird jener fuͤr geleiſtet erachtet / und wer ihn in Ehren - Sachen nicht abſchweren will / wird als bekannt dadurch Ehr -loß.45Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. loß. Jn Teſtament-Vermaͤchtniß hat weder Eyd noch Vergleich Statt.

  • L. 59. ff. de judic. L. 2. §. 6. C. de jurejur. propter calumn. C. fin. §. fin. X. hoc tit. L. fin. C. de jurejur. arg. L. 2 §. 2. C. de jurejur. propter calumn.

§. 46. Jſt alſo gerichtlicher Eyd allen Hadders Ende / gemaͤß demEydes Krafft. Vergleichs-Mittel / darum ihn auch niemand ohne beſondere Voll - macht der andern Parthey auffzutragen / ſo wenig als er die Sache ohne Principalen Wiſſen und Willen zu vergleichen vermag / ohne ſo Be - weiß ermangelt / oder eine gar verzweiffelte Sache waͤre.

  • L. 2. L. 26. §. fin. & L. 35. §. 1. ff. de jurejur. L. 17. §. ult. & L. 34. §. 1. ff. Eod. L. 63. ff. de procurat.

§. 47. So mag nun eine Parthey der andern den Eyd wohl an - bieten / ob ſie ſchon noch nichts bewieſen / auch vor der Kriegs-Befeſti -Eydes Anbie - tungs Recht. gung oder nach angefangenem Beweiß / ja nach deſſen Termins Ver - flieſſung / und zwar ſo wohl in Klage wegen Beylage / Betrug als Eh - ren Sachen und andern dergleichen Faͤllen / jedoch nicht andrer Geſtalt als von dem Theil begehret worden / ohne in peinlichen und Halß - Sachen mag der Beklagte dem Klaͤger keinen Eyd antragen / ſonſt muͤſte er die Halß-Straffe leiden / wann dieſer geſchworen / dazu er ſich ſelbſten zu verbinden nicht vermag.

  • L. 9. & L. 12. C. Item L. 34. ff. de jurejur.

§. 48. Derjenige aber / dem der Eyd angeboten / hat in RechtenEydes Ent - ſchlagung zwie - faches Mittel. zwiefaches Mittel / deſſen ſich zu entſchlagen / als ſelbigen Eyd hinwie - der dem Gegentheil zu uͤbertragen / es waͤre denn uͤber ſeine eigene / dem andern unbekante Thaten / oder habe ihn ſchon einmahl angenommen / und wann er etwa ſein Vorhaben viel lieber durch Brieffe oder Zeu - gen / als eydlich dar zu thun geſonnen; wofern aber Klaͤger dasjenige / was er ſich aus Liebe zur Religion zu ſeines Gewiſſens Vertretung oh - ne Eyd zu beweiſen angemaſſet / nicht erwieſen / ſoll er auffgetragenen Eyd leiſten / oder andern Theil wieder uͤbertragen / welcher ſich deſſen hernach nicht weigern kan / wann nemlich die Sache in des andern Ge - wiſſen und wohlbewuſte Wiſſenſchafft anheimgeſtellet wird.

  • L. 5. §. ult. & L. ſeq. ff. de jurejur. L. 34. §. 7. ff. Eod. L. 11. §. ult. & L. ſeq. ff. rer. amot. L. 8. ff. de condit. inſtit. L. 37. & 38. ff. h. t.

§. 49. Wer nun einen gerichtlichen Eyd anbeut / muß den EydEydes Ver - weigerung Straffe. der Boßheit erſt thun / wofern nun Klaͤger ſich hierinn weigert / wird Beklagter loßgeſprochen; weigert ſich aber Beklagter / bekommt der Klaͤger was er gebeten durch Richters Urtheil. Deßgleichen mag der Erbe mit Gegentheils Willen ſchweren / wann Principal verſtorbenF 3und46I. Buch / Cap. VI. Erbe wann ſchweren kan.und den Eyd weder angenommen noch ausgeſchlagen hat / weilen man hierinn eines jedern Glauben erwehlen kan / und zwar muß auch dieſen Eyd der Sachen Hauptmann in ſeiner eigenen Perſon ſelbſt ſchweren.

  • L. 5. §. 4. & L. 34. §. 4. ff. de jurejur. L. 12. §. 2. C. hoc tit. L. 9. C. de reb. cred. c. 7. X. de pignor. L. 12. princ. ff. rer. amot.
Eydes Recht zur Erfuͤllung.

§. 50. Dem nechſt pflegen die Richter den nothwendigen Erfuͤl - lungs-Eyd der Parthey auffzulegen in zweiffelhafften und Beweiß er - mangelnden Sachen / als wann nur ein glaubwuͤꝛdiger hochanſehnlicher Zeuge oder gar wichtige Muthmaſſungen verhanden / und alſo nur halber Beweiß / es habe Klaͤger oder Beklagter ſolches begehret oderBeklagten Vorrecht we - gen Eyd. nicht / iſt es ohne Verdacht / ſo fern es nur dem verſtattet / welcher nach aͤuſſer - und leiblichem Sinn der Sachen beſte Kundſchafft haben kan / wann ſie gleich den halben Beweiß haben / ſoll man eines Wuͤrde und Sitten des andern / wo dieſes auch gleich / Beklagten vorziehen.

  • L. 12. §. 4. C. de reb. Cred. L. 31. ff. de jurejur. c. ult. §. ult. X. hoc. tit. L. 3. C. de reb. cred. L. 188. ff. de R. J.
Erfuͤllungs Eyd wenn nicht zu geſtat - ten.

§. 51. Wann aber der / ſo ſich auff dieſen Eyd berufft / auch mit dem geringſten Argwohn beladen / oder kein gut Geruͤcht hat / noch untad - lichen Wandel fuͤhret / oder ſonſt keine Geſetz-maͤßige / im Recht tuͤch - tige Perſon waͤre / mag er nicht zu dieſem Eyd gelaſſen werden / ob ſchon er halben Theils Beweiß gethan / als Wucherer / Juden und ſolche Leute / die man falſch zu ſchweren fuͤrchtet / oder in hochwichtigen pein - lichen Sachen.

  • L. ult. C. de probat. C. 1. §. illum, X. de reſtit. ſpol.
Eydes Krafft zu Beweiß - Erfuͤllung.

§. 52. Wann derowegen Klaͤger einen Eyd zu GOtt und auff ſein heiliges Evangelium ſchweren wollen / und moͤgen alſo eydlich er - halten / daß ſie die in Acten angezogene Summam Beklagtem geliehen / maſſen ihnen das oblieget / ſo ſoll ſolches gehoͤret ſeyn / und haͤtten ſie ih - re intention zur Noth erwieſen / waͤre auch dieſer ſolche nebſt Intereſſe ſchuldig zu bezahlen; Thun ſie es aber nicht / ſo ergehet dennoch ferner inNeuer Urkun - den Rechts Freyheit. der Sache was recht iſt / wofern auch neue Urkunden vorgefunden / ſo mag dieſes Urtheil durch Wiederauffrichtung ergaͤntzet werden / wann es binnen vier Jahren angeſucht wird / von derer gefundenen Docu - menten Zeit an zu rechnen / und muß Klaͤger allhier ſchweren / daß er ſolches vorhero nicht gehabt / noch ietzt dieſelben erſt habe machen laſſen / ſo gilt auch hier Appellation.

  • C. Paſtoralis, X. de Except, c. Præſentium, X. de Teſt.
§. 53. Eyd47Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft.

§. 53. Eyd der Warheit wegen beraubt - und geſtohlenen SachenEyd der Waa - ren Schaͤtzung. Schaͤtzung hat Klaͤger Macht zu thun / weilen es anders ſchwer zu be - weiſen / und zum Haß der Raͤuber und Diebe noͤthig / welches auch guͤltig iſt bey hinterlegt - und verſiegelt-anbetrauten / aber eroͤffnet - und auffgebrochen erſtatteten Guͤtern / es muß aber zugefuͤgeter Schade ſo groß ſeyn / daß Eyd Statt findet auch bey Klaͤgers Erben.

  • L. 9. C. unde vi. c. fin. X. quod met. cauſ.

§. 54. Eyd der eigenen Zuneigungs Schaͤtzung mag Klaͤger ab -Eyd der eigent Zuneigungs Schaͤtzung. legen wegen Beklagten Ungehorſams / der ihm ſein entwendetes Gut nicht wiedergeben will / da nemlich die Sachen fuͤr Gericht gebracht / nach Klaͤgers Willen beſchworner Weiſe gewuͤrdiret werden; damit aber Klaͤger die Maaſſe nicht uͤberſchreite / pfleget der Richter ihm et - was gewiſſes zu benennen oder ſeine Schaͤtzung zu maͤſſigen / alsdann die durch Maͤſſigung geringerte Wuͤrdierung eydlich zu bekraͤfftigen; wann nun zu erweiſen / daß er uͤbermaͤſſig geſchaͤtzet / oder Beklagter ohne Betrug Beſitzes entſetzt / kan der Richter den Spruch mildern / oder Beklagten zu weilen gar loß zehlen.

  • L. 5. §. 1. & fin. ff. de juram. in tit. L. 4. §. 2. & ſeq. Eod. Auth. poſt jusjurandum, C. de judic. Nov. 82. c. 10.

§. 55. Wenn nemlich Klaͤger ſchweren wolte und moͤchte / daß er lieber ſo viel Geldes verliehren / als ſein Gut entbehren wolle / ſo ſoll er mit angedeuteter Schaͤtzung zugelaſſen ſeyn / und darauff erfolgen wasSumma mit In - tereſſe und Un - koſten wann zu bezahlen. recht iſt / ſo dann Klaͤger die eingegebene gemaͤſſigte Poſten in Summa eydlich erhalten und beſchweren wuͤrde / daß er dieſelbe ſo hoch und nicht geringer achte / ſo iſt Beklagter ſo thane Summam nebſt intereſſe und Unkoſten zu bezahlen ſchuldig.

§. 56. Eyd der Reinig-Befrey - oder Entſchuldigung wird zuge -Eyd der Rei - nig-Befrey - oder Entſchul - digung. laſſen in Ehe-Schmaͤh-Klage Streit / allwo man ſich von Argliſt be - freyen muß / auch in peinlichen Sachen / darinn man zur Leibes-Straf - fe noch Tortur nicht kommen kan / jedoch nicht ohne Argwohns Ver - dacht / ſondern es muͤſſen gegen Beklagten Anzeigungen vorhanden ſeyn / oder Schmaͤhung und Unwiſſenheit angefuͤhret werden / daß man anders die Warheit nicht erforſchen koͤnnen / weilen es wegen Mein - eyds Furcht ein gefaͤhrlicher Eyd / der offt Beklagtem billiger nachzu - laſſen; Bey groſſen Betrugs Vermuthung aber kan der Richter ihn Amts wegen gebieten und zwar dem Ehrſamen / der ſonſten einen wohl beruͤchteten Wandel gefuͤhret / und Laſter halber am wenigſten verdaͤch - tig / zu erſt / darum auch Beklagtem / ſolchen Eyd zu leiſten ein gewiſſerTag48I. Buch / Cap. VI. Tag angeſetzet wird; wuͤrde er ſich aber deſſen weigern / oder etliche mahl geladen ausbleiben / ſoll er fuͤr bekant verurtheilet und als uͤber - wunden gehalten werden; wann dann Beklagter ſchweret / iſt er gaͤntz - lich klagloß / wolte er aber anders ſeine Unſchuld beweiſen / ſtehet ihm auch frey.

  • L. 6. §. 4. ff. de his qui not. inf. L. 18. C. Eod. c. 8. X. de purg. can. Auth. novo jure, C. de pœn. jud. C. Presbyter cauſ. 2. q. 5. C. 1. 5. 7. 10. & fin. X. de purgat.

§. 57. Demnechſt / weil denen Armen / nicht weniger als denen Reichen / ohne Anſehen der Perſon / zu dem / weſſen ſie befugt / durchArmuth Vor - recht in Proceß. ordentliche / auch nach Gelegenheit der Sachen ſummariſche Pro - ceſſe verhelffen zu laſſen billig iſt / ſo iſt ihnen das Vortheil / welches das Armuth in Rechten hat / daß es in gewiſſen Faͤllen entweder vom Gegentheil oder vom Gericht mit Proceß-Verlag verſehen werde / nicht allein zu goͤnnen / ſondern ſollen auch alle Beamten und Gerichts - Herrn ſolche Verordnung in Obacht nehmen / damit niemand wegen Armuth an ſeinem Recht verkuͤrtzet werde.

§. 58. Wann ſich aber offt befindet / daß zanckſuͤchtige Leute inArmen Proceß wann zu ver - ſtatten. boͤſen ungegruͤndeten Sachen ſolcher Wohlthat mißbrauchen / und da ſie vermercken / daß ihnen Streits-Unkoſten aus frembdem Beu - tel dargereichet werden / nicht allein dem Verleger unnoͤthige Koſten / ſondern auch Gegentheil Geld-Verluſt und Beſchwerung zuziehen. So ſoll man die Armen Sachen nicht alsbald zum Proceß verweiſen /Obrigkeit wañ nicht zu belau - gen. ſondern vorher ſummariſche Erkaͤntniß erwegen / ob und wie weit ihr vorgewandtes Recht vermuthlich wohl auszufuͤhren muͤglich; So lang nun Obrigkeiten hierinn und ſonſt ihr Amt thun / mag man ſie nicht gerichtlich verklagen.

  • L. 48. ff. de judic. L. 32. ff. de injur. L. 2. ff. de in jus vocand. L. 10. ff. de accuſat.
Eyd der Ar - muth wann zu geſtatten.

§. 59. Wann ſich nun befinden wuͤrde / daß einer aus offenbarer Boßheit zu ſeinem Gegentheil ſich noͤthiget / ſoll er bey Obergerichten mit guͤtlicher Handlung nach Gelegenheit abgewieſen / von andern Untergerichten aber muß der Sachen Beſchaffenheit dem Landes - Herrn berichtet und Verordnung darinn erwartet werden; wiedrigen Falls ſoll man den Armen Proceß verſtatten / und das Eyd der Armuth nach eingenommener Erkundigung beſchweren / auch ſolches bey die Acten verzeichnen laſſen / damit hernach nicht daruͤber diſput erreget werden duͤrffte.

Eyd der Ar - muth Jnnhalt.

§. 60. Wann nun Klaͤger den Eyd der Armen / daß er nicht uͤber 50. fl. an gangbarer Muͤntze in Vermoͤgen habe / ablegen und ſchweren /wie49Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. wie auch / wann ein Mann fuͤr Gericht zu ſchaffen haͤtte / der Armuth halber ſeine Sache nicht vollfuͤhren kan / ſeine Armuth erweiſet und eydlich betheuret / daß er nemlich ſo arm ſey / daß er an allen beweg - und unbeweglichen Guͤtern / liegend oder fahrenden Haabe / noch Schulden und Gerechtigkeiten / ſo viel nicht vermoͤge / nothduͤrfftige Brieffe undAdvocaten Pflicht bey ar - men Sachen. Cantzley oder Gerichts-Gebuͤhr zu erlegen / noch ſeinen Fuͤrſprecher zu belohnen / daß er auch darum und dieſen Eyd zu leiſten ſeine Haabe und Guͤter gefaͤhrlicher Weiſe nicht veraͤuſſert / noch andern uͤbergeben ha - be / und ſo fern er ſeine Sachen mit Recht erhalten / oder ſonſt zu beſ - ſerm Vermoͤgen kommen wuͤrde / daß er alsdann jedern nach ſeiner Ge - buͤhr Bezahlung entrichten wolle / alles treulich und ohne Gefehrde; Alsdann waͤre deren Armen Advocat ihm in dieſer Sache zu dienen umſonſt und ohne Entgelt ſeine rechtliche Nothdurfft fuͤrzubringen / GOtt zu Ehren / und um der Gerechtigkeit willen ſchuldig / maſſen er dazu beſoldet / billig gegeben und gerichtlich bey verordnet werden muß.

Caput VII.

Von Zeugen Verhoͤr / Ausſage und gericht - lichem Zeugniß.

§. 1.

WAnn Richter zwiſchen Klaͤger und Beklagten ohne Zeugen nichtZeugen Ver - hoͤrs Reguln. ſchlichten kan / ſo muß Gegentheil / die Zeugen ſchweren zu hoͤren und zu ſehen / eingeladen werden / und Zeugen muͤſſen auch in buͤrger - und peinlichen Proceſſen vorhero billig citiret werden / ihre Zeugniſſes Aus - ſage mit Vorbedacht und nuͤchtern abzulegen / ſo wohl als Beklagter Zeugen in Eyd zu nehmen anſehen und hoͤren muß / auff daß alles ohne Betrug und auffrichtig hergehen / auch keiner Perſon Jrrthum vorfal - len moͤge; wann er einen Zeugen / der ſein Feind waͤre / als untuͤchtig etwa zu verwerffen geſonnen / bevorab wann Beklagter ein unwiſſend einfaͤltiger Bauersmann oder des Lebens muͤde / ſo ſoll man ihn am meiſten verthaͤdigen helffen.

  • C. 41. X. de Teſt. c. 2. X. de Teſt. P. H. O. art. 65. 71. & 72.

§. 2. Da denn fuͤrnehmlich insgemein alle Zeugen zu befragen /Zeugen Ver - hoͤrs allgemei - ne Frag-Stuͤ - cke. ob ſie etwas fuͤr ihr Zeugniß bekommen oder zu hoffen? Ob alle Mit - zeugen eines unberuͤchteten ehrlichen Nahmens / oder einigen Miſſethat ſchuldig waͤren / und was ſonſten zur Warheit Erkundigung und des Beſchuldigten Rettung dienſam und noͤthig ſey; Deßgleichen / wieGZeuge50I. Buch / Cap. VII. Zeuge heiſſe? Wie alt? Wes Standes? Ob er wiſſe / wozu er hie - her beruffen? Ob er Beklagten Feind? Ob er mit dem Entleibeten oder Beleidigten verwandt? Wie er zum Zeugniß kommen? Darauff dann Zeuge ſeines Wiſſens gruͤndliche Urſachen anzeigen muß / ent - weder von ihm ſelbſt / oder auff Richters Begehren / als wenn einer mit jemanden gezancket / darauff zur Miſtgabel gegriffen / und auff ihn loß - gegangen / ſtuͤnde zu fragen: Ob der Wiederparth nicht beritten und bewaffnet geweſen? Ob er das Pferd nicht gewaltſam auff ihn umge - lencket? Ob dieſer mit der Gabel auff jenen fortgegangen / nicht nur ſelbige zur Gegenwehr fuͤrgehalten; Entgegen ihm ſelbſt aber / oder ſich und ſein eigen Schand-Laſter anzuzeigen / iſt niemand rechtlich gehalten.

  • L. 3. §. ult. L. 25. ff. de jure Fiſci.
Zeugen Recht von hoͤren ſa - gen.

§. 3. Wann aber Zeuge ſaget / daß er etwas gehoͤrt habe / ſoll man ihn fragen / von wem? die alsdann auch zu beruffen und zu er - fragen / oder die Urſach waͤre in Acten nieder zu ſchreiben / warum ſie nicht verhoͤret werden koͤnten / ob ſie todt oder abweſend / dann ein Zeuge von hoͤren ſagen giebt gar keinen Argwohn / er habe dann ſeinen gewiſſen Urheber; Es ſoll auch nichts auſſer Zeugen ſelbſt eigenem wah - ren Wiſſen genugſam erachtet werden. So nun ein peinlich Gericht mit Perſonen beſetzet iſt / die ſolche Kundſchafft rechtmaͤſſiger Weiſe zu verhoͤren geſchickt und verſtaͤndig / ſoll der Richter mit zweyen dazu tuͤglichen ſamt dem Gerichts-Schreiber mit rechtem Fleiß eigentlich darauff mercken / wie ſich im Recht gebuͤhret / ob der Zeuge in ſeiner Sage wanckelmuͤthig und unbeſtaͤndig erfunden werde; welche Um - ſtaͤnde dann / und wie er Zeugen in aͤuſſerlichen Gebaͤrden verſpuͤret / zu dem Handel angeſchrieben ſeyn muͤſſen; Jn Sinn-faͤhigen Sachen gilt nicht Antwort / es ſey glaͤublich.

  • c. 3. & 13. X. de præſumt.
Zeugen Sage und Verant - wortungs Communica - tion Friſt - Raum.

§. 4. Derohalben man Beklagten des Proceſſes Copie ſamt de - ren Zeugen Nahmen / Verhoͤr und Ausſage / um ſeine Beſchirmungs - Auszuͤge gegen dieſelben vorzuſtellen / communiciren ſoll / und muß auf begehrenden Unkoſten darauff ihm ferner eine rechtliche Verantwor - tungs Friſt von 14. Tagen oder Monat-Zeit / nachdem es der Sachen Wichtigkeit oder Zeugen Abweſenheit erfordert / willkuͤhrlich vom Richter vergoͤnnet ſeyn / ſolche aber nicht gar zu eng einzuraͤumen / nemlich ohne Haß aus Liebes-Zunder hierinn zu verfahren.

Beklagten Un - terredungs Freyheit.
  • P. H. O. art. 47. c. 17. X. de accuſat.

§. 5. Nachdem nun Beklagtem die Gerichts-Acten und Zeugniß in Abſchrifft ertheilet / und er ſich mit ſeinem Advocaten beſprochen / iſter ge -51Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr. er gehalten / ſeine Entſchuldigung zu melden / auff daß der Richter dar - uͤber / ob ſie wohl erheblich oder nicht / fuͤglich berathſchlagen koͤnne /Advocaten Argliſt wie zu meiden. Zeugen Beſte - chungs Arg - wohn wie zu verhuͤten. darum ſolche zwar / jedoch ohne weitlaͤufftigen Umſchweiff ſchrifftlich einzulieffern und Beweiß zu geben / wiedrigen Falls mag ihm dieſes verweigert ſeyn. Zu mehrern Sicherheit deren Advocaten Argliſt zu mei - den ſoll Richter Beklagten ſich mit ihnen und ſeinen Freunden zu un - terreden zwar geſtatten / jedoch in ſeiner / Schreibers und Beyſitzer Gegenwart; vornehmlich wenn das Verbrechen greulich / und Be - klagter an Freunden und Guͤtern maͤchtig / oder ſonſt falſcher Zeugen Beſtechung und anderer Argwohn zu befuͤrchten.

  • P. H. O. art. 88. & 151.

§. 6. Wann auch Beklagter nur einen / oder Haußgenoſſen undHaußgenoß / Verwandten und Gegen - Zeugniß / wie zu vergleichen. Verwandten / als Zeugen angiebt / ſoll er damit gehoͤret ſeyn / maſſen oͤffters des einen Zeugniß mit deren zween Gegenzeugen ihm zu Nu - tzen wohl zu vergleichen / daß ein Urtheil moͤge gelindert werden / als zween Zeugen ſagen / daß jener von dieſem getoͤdtet / der dritte zeuget / daß der Entleibete Streits Anfaͤnger geweſen.

§. 7. Weilen in peinlichen Sachen / auff deren Zeugen BeweißPeinlichen Frage und Ur - theils Recht. und Ausſage / peinliche Frage und Urtheil auff Leib und Gut erfolget / ſoll man daruͤber auffs fleißigſte nachforſchen / darum ein Richter ſo wohl als Schreiber / ſo Verhoͤr haͤlt / in ſeinem Amt / des Menſchen Blut-Gericht betreffend / wohl zuſehen ſoll / damit er nicht fuͤr GOtt in ſeinem geſtrengen Gericht verdammt werde / wofern er ſich darinn nachlaͤßig erzeiget.

  • L. 1. §. 1. L. 3. §. 5. L. 19 in fin. ff. de teſt.

§. 8. Demnechſt ſollen alle geordnete Commiſſarii, nach beſchehe -Commiſſarien Pflicht wegen Zeugen Ver - hoͤrs Form. ner Verhoͤr / ihren Bericht uͤber die Zeugen Ausſage mit oͤffentlichen Schreiber Zuthuung / jedesmahl derogeſtalt abfaſſen / daß nach jedem Beweiß-Articul aller und jeden Antwort in ihrer Ordnung mit denen Worten / wie Zeugen geredet / untergeſetzt werde / damit der Richter ſolche Zeugniß allemahl unter Augen haben / und ſonſt nothwendig - vielfaͤltigen muͤhſamen Auffſuchens uͤberhoben ſeyn mag.

Zeugen Ver - hoͤr Haltungs Anordnung.

§. 9. Zeugen Verhoͤr kan alſo gehalten werden / daß man bey de - nen aͤlteſten Zeugen anfangen mag / ſie ſollen aber alle / und ein jeder fuͤr ſich allein / zwar auch bey nuͤchterm Muth / oder ja maͤßig gefruͤh - ſtuͤcket / verhoͤret werden / an geſetzetem Tage / auch im Nothfall bey Nacht / oder an Feyertagen / nach verrichtetem Gottesdienſt.

§. 10. Wer peinliche Frage halten will / ſoll keine Zeugen inſon -Peinlichẽ Fra - ge Rechts ob - ſervance. derheit von dieſer oder jener Perſon als Thaͤter befragen / ob es dieſerG 2oder52I. Buch / Cap. VII. oder jener nahmentlich gethan / weilen dieſes vielmehr eine ſchaͤdlicheAnbringers Recht zum Zeugen Eyd. Unterrichtung; einer Sachen ſonderbarer Anbringer aber mag wohl mit Zeugen Eyd beleget werden / da denn ein Richter und Urtheils - Sprecher aus denen Umſtaͤnden ſchlichten kan / wie weit ihm zu trauen / ohne daß es ſeine eigene Schmach beruͤhret / und dabey Rachgier er - ſcheinen moͤchte.

  • L. 1. §. 21. ff. de quæſt.

§. 11. Wann durch Zeugen Beweiß geſchehen ſoll / muͤſſen alle Handlungen durch zween unſtraͤffliche Zeugen bewieſen werden; ei - nes eintzigen Zeugen Ausſage aber / in welcher Sache es ſey / ja wenn es auch ein Fuͤrſt oder Rathsherr waͤre / wird nicht angenommen.

  • C. quoniam, verb. teſt. X. de probat. c. in omni, c. licet univerſis, h. tit. L. ubi numerus. ff. de Teſtibus. L jurisjur. C. Eod. c. venient, c. cum à nobis, c. quoties, c. licet, §. quanquam, X. Eod.
Zeuge wer nicht ſeyn mag

§. 12. Unſinnige und aberwitzige Leute / ohne zu Abwechſelungs - Zeiten / da ſie ihrer Vernunfft maͤchtig ſind / moͤgen nicht Zeugen ſeyn / ſo wenig als Unmuͤndige; keiner ehrbaren Weibes-Perſon ſoll man nach buͤrgerlichem Recht / Geſchlechts Schwachheit halber / Treu und Glauben im Zeugniß verſagen / ob ſchon der Pabſt dergleichen ver - worffen / vielleicht deſto beſſer ſeines Ordens Anhang zu verſehen / daß die Laſter nicht ſo leicht zu erweiſen ſtuͤnden.

  • L. 15. §. 5. ff. de quæſt. L. 20. §. 3 & 4. ff. qui teſtam. fac. L. 18. ff. de teſt. can. 17. c. 33. q. 5. c. 10. X. de V. S. c. 4. X. de teſt.
Zeuge ſo gut - willig oder un - geſchworen verwerfflich.

§. 13. Wer ſich ſelbſt gutwillig zum Zeugen angiebt / und mit Recht nicht darzu gezwungen wird / auch ohne Gegentheils Vorwiſ - ſen abgehoͤret / noch wer keinen Zeugen-Eyd gethan / ſondern erſt zeu - get und ausſaget / hernach ſchweret / deſſen Zeugniß iſt als ungeſchwo - ren unglaubwuͤrdig / es ſey denn zur Warheit an Eydes Statt mit Handgeloͤbniß geſchehen / weilen er Ehrbarkeit halber aus Furcht der Schande das Gegentheil nicht ſchweren noch wieder anders ausſagenZeugniß Recht an Eydes ſtatt. darff / er ſchwere denn alſofort nach der Ausſage; der aber vorher ſchweret / wird Krafft Eydes angehalten / die Warheit zu ſagen.

  • P. H. O. art. 67. L. poſt legatum, §. his vero, ff. de his quib. ut indign. L. 9. & L. ſi quando C. de teſtibus. C. de teſtibus X. Eod. c. 39. & 51. h. tit.
Aertzt und Wund-Aertzte Zeugen Eyd.

§. 14. Wann in pein - oder buͤrgerlichen Gerichts-Sachen deren Aertzt und Wund-Aertzte Zeugniß begehret / ſo wird ihnen bey Anfang geleiſteten Amts-Pflicht Eyde wohl geglaubet; Jn andern fuͤnff Sinn - faͤhigen Faͤllen aber glaubhaffte Warheit beyzubringen / ſind ſie nach gemeinem Recht des Eydes nicht gar zu entſchuldigen.

  • L. hac Edictali, §. his illud, C. de ſecund. nupt.
§. 15. Wann53Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr.

§. 15. Wann Zeugen ſich entſchuldigen wollen / einige Freyheit an -Adel. Stands Perſonen Zeugniß Frey - heit. zuziehen / wegen rechtlichen Wohlthaten / als vornehmen Standes oder unmittelbaren adelichen Wuͤrden / darum ſie / Falls es erwieſen / zur Ausſage nicht moͤgen gezwungen werden / ſo muß man zwar da - bey beruhen / wofern aber anders keine Warheit ſich findet / muͤſſen ſie durch Commiſſarien von hoher Obrigkeit Amts wegen befragt werden;Schrifftlichen Zeugniß Wuͤr - ckung. ſchrifftliche Zeugen Antwort aber / ohne bey Fuͤrſt oder adelichen Treu und Glauben / iſt ſonſt der Unwarheit verdaͤchtig / weilen deſſen Ge - ſicht unſichtbar und Richter abweſend.

  • L. 15. de injur. c. 37. X. de teſt. c. Teſtes, cauſ. 3. q. 9.

§. 16. Wann ein Zeuge nicht wohl beruͤchteten und ehrbaren LebenZeugen Perſon Verwerffungs Einwurff / wie zu beobachten. und Wandels halber bekandt / laͤſt man gethane proteſtation und Ein - wurff / wegen der Perſon / auff ſeinem Werth beruhen / jedoch gegen Anwalts Nothdurfft / wider ſolche ſo wohl als die Ausſage unbenom - men; Jn zwiſchen vor gefuͤhrte Zeugen zulaͤßig biß nach Gezeugniß Erforſchung etwas einzuwenden oder beyzubringen / zu dem Ende auch wohl Klaͤger bey anderm Termin Commiſſarien zu ernennen bittenCommiſſarien wann zulaͤßig. mag; ſo aber in peinlichen Sachen Commiſſarien unzulaͤßig / ſo muß man die peinliche Frag-Stuͤcke zum gehoͤrigen Zeugen-Gericht ver - ſchicken / wann Beklagter das Vorbringen gelaͤugnet.

  • Auth. apud Eloquentiſſimum, C. de fide inſtrum.

§. 17. Einem Unterthanen / der in ſo weit ſeiner Eydes Pflicht / da -Unterthanen wann zeugen moͤgen. mit er ſeinem Herrn verwandt / nicht loß gelaſſen oder entlediget / noch ſonderlich zur Sache beeydiget / iſt als Zeugen kein Glaube beyzumeſ - ſen / weilen das gantze Zeugen Weſen auff dem Eyde beſtehet / es wol -Zeugen wann Eydes zu ver - ſchonen. ten denn die Partheyen die Zeugen ausdruͤcklich mit Eyd verſchonen / welchen ſie ihnen mit Beſtand Rechtens nachlaſſen koͤnnen / auſſer in peinlichen Verbrechen / dennoch iſt zu befuͤrchten / daß Zeugen alsdenn etwas allzukuͤhn ausreden moͤchten.

  • L. 5. C. de Teſt. c. 38. X. Eod. Gloſſ. in L. jurisjurandi, C. de Teſt. L. 18. C. de fide inſtrum.

§. 18. So ein Zeuge mit Geld-Gabe oder Geſchenck beſtochen /Zeugen Recht die beſtochen. oder ſolches zu genieſſen hoffet / gilt ſein Zeugniß nicht / ob er ſchon die Warheit ſagen wuͤrde / es ſey denn nur Verdacht und Anzeige zu geben / andern Zeugniß zu helffen.

  • Gloſſ. in c. licet cauſ. Ext. de teſtibus. c. 8. Eod. L. Divus ff. de judic.

§. 19. Wann jemand wiſſentlich gegen mich einen untuͤchtigenUntuͤchtiger Zeugen Recht. Zeugen fuͤhret / mag ich denſelben gegen ihn wider vorbringen / erG 3waͤre54I. Buch / Cap. VII. waͤre denn hernach erſt unfaͤhig worden / durch vorhero unbekandte Beſtechung.

  • L. ſi quis teſt. C. de teſt. L. 23. ff. Eod.
Wiederwaͤrti - gen Zeugen Recht.

§. 20. Wann Zeugen entweder ihnen ſelbſt oder auch andern widerwaͤrtig ſeyn / ſoll der Richter die Glaubhafften annehmen und die Verdaͤchtigen ſtraffen / wofern ſie mit Argliſt handeln / darum auch Zeugen / die von einem gethanen Handel keine eigentliche Zeit benen - nen / nichts ſchaͤd - oder unſchaͤdliches beweiſen.

  • L. fin. §. ſed ſi ff. quando appellat. L. optima, C. de contrah. & comm. L. ob car - men, ff. de teſt. gloſſ. c. in noſtra Ext. Eod. c. dilectus, de temp. ordin. c. cum Johannes X. de fide inſtrum.
Unbeſtaͤndi - gen Zeugen Sage-Recht.

§. 21. Und welcher Zeuge unbeſtaͤndig / allzugeſchwind oder uͤber - maͤßig kuͤhn / auſſer Articuln umſchweiffende Rede vorbringet / mag ſeines Eydes / der Warheit gleichlautend auszuſagen / wohl erinnert werden / alsdann ihm Zeugniß vorzuleſen / ob er darinn etwas zu ver - aͤndern geſonnen / mit beweißlichen Jrrthums Anzeigung; und ſo kanZeugen Aus - ſage Verfri - ſchung ohne Meineyd. es eine Zeitlang hernach geſchehen / ſonſt aber alsbald / ehe denn er vom Richter abgehet / oder mit der Parthey ſich unterredet / wie dann Mißverſtands halber Zeugen noch einmahl koͤnnen gehoͤrt ſeyn / jedoch ohne neuen Eydes Abſtattung / ſo fern dabey nichts neues zu erklaͤren.

  • c. 29. X. de Teſt. c. 7. & 53. X. Eod.
Zeugen ſtill - ſchweig Recht.

§. 22. Nach geendigtem Verhoͤr wird denen Zeugen das Still - ſchweigen aufferlegt / um kein ander falſch Zeugniß anzuſtifften / ſo wird auch keine vierdte Zeugen-Sage verſtattet / es ſey dann beſchworen / daß ja ſolche nicht betrieglich erlernet noch gebeten. Jedoch iſt uͤber Ge - genbeweiſes Verwerffung niemand mit Gegen-Zeugniß anzuhoͤren / ohne daß erſtere Ausſage noch nicht eroͤffnet.

  • Auth. Atqui ſemel. C. de probat. c. 15. 36. & pen. X. de teſt. c. 31. & 49. Eod. Nov. 9. c. 4. & 22. Nov. 70. c. 7. clem. 2. de teſtibus. L. 6. & 8. C. Eod.
Freund oder Feind und Haußgenoſſen Zeugniß Recht

§. 23. Einer Parthey Freund oder Feind kan nicht zeugen in deſ - ſen Sache / wann es Haupt-Feindſchafft iſt / ſo werden auch gemeinig - lich im Zeugniß verworffen Vater und Mutter / Mann und Weib / Sohn und Tochter / Bruder und Schweſter / Knecht und Magd / ſo des Herrn Brod eſſen. Ein Blutsverwandter Zeuge aber wird zu - gelaſſen / wann Partheyen in gleichem Verwandſchaffts Grad ſtehen / weilen alsdann wegen Zuneigungs Gleichheit aller Verdacht hinfaͤllt; alſo auch / was im Hauſe geſchicht / und nicht anders als durch Hauß - Geſinde kan bewieſen werden / dabey ſind ſolche Zeugen zugelaſſen / als Diebſtahl / Ehebruch / falſchen Gebuhrt Ablegung / Betrug undNacht -55Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr. Nacht-Haͤndel / worinn ſonſten keine Warheit zu entdecken.

  • L. teſtium, L. 9. in pr. ff. de teſt. c. accuſatores, 3. q. 5. & gloſſ. L. 2. & L. parentes, C. de teſt. L. ult. C. de impub. & al. ſubſtit. L. qui teſtamento, §. quacunq́; ff. de teſtam L. qui jurisdict. in princ. ff. de jurisdict. omn. jud. L. 1. §. 5. 16. 19. ff. de quæſt. L. 8. §. 6. C. de repud. L. non ſolum §. 1. ff. de Ritu nupt.

§. 24. Buͤrger oder Bauren in Sachen / die ihre Gemeinde an -Unguͤltige Zeu - gen was ſind. gehen; Meyer gegen ſeinen Zinßherrn / noch fuͤr ihn; Vormuͤnder und Muͤndling gegen / noch fuͤr ein ander; alſo auch Advocaten und Clienten alle Mit-Beklagte ſind unguͤltige Zeugen; junge Leute unter 14. Jah - ren in buͤrgerlichen Sachen / in peinlichen aber unter 20. Jahren moͤ - gen nicht zeugen / wie auch keine Blinde / Taube und Stumme von Natur. Sonſt aber pfleget Furcht / Zeugen Vergeſſenheit oder Peſt - Zeit und Orts Zeugen-Verhoͤr zu befoͤrdern.

  • Arg. Auth. adhæc, C. de fide inſtrum. L. juncti, L. in teſtimonium, ff. de teſt.

§. 25. Richter / Juden und Ketzer / welche vor / nicht wider Chri -Juden und Ke - tzer Zeugniß - Recht. ſten / deßgleichen wer um Ehebruch und Falſches willen / auch oͤffent - lichen Hurerey und Pasquillen halber verdammt / oder ſonſt ſeiner Eh - ren entſetzet / mag kein Zeugniß geben / alſo auch der / welcher um Un - ehrbarkeit willen des Raths-Standes und Wuͤrden beraubet und nicht wieder darein eingeſetzt.

  • C. ſi hæreticus 2. q. 7. L. quæſitum, L. ſcio, L. eos, L. qui falſa & L. fin. ff. de Teſt. L. 2. c. de dignit. can. 17. cauſ. 6. q. 1. L. 2. ff. de Senat. L. 11. §. 7. ff. de interrog. act.

§. 26. Zweiffelhaffter Zeuge iſt / der dunckele Reden fuͤhret / ohneZeugen Recht der zweiffel - hafft. Zeugniß auff Gehoͤr mit der Sprache nicht heraus will / ſondern ſeine Rede auff Schrauben ſetzet / alſo gilt nicht ein Geſell fuͤr den andern / ja kein Unterhaͤndler fuͤr ſeine Principalen zu Zeugen.

  • L. eos qui, ff. de falſ. L. 2. ff. de teſt. Nov. 90. c. 7. & 8.

§. 27. Untuͤchtige Zeugen werden zugelaſſen in greulichen Laſtern /Untuͤchtigen Zeugen Recht. oder die im Wald oder Einoͤde geſchehen / wie auch in peinlicher Ver - thaͤdigungs-Sache / als verletzter Majeſtaͤt / Verrath und Zauberey / wann ſie nur andern Glaubwuͤrdigern nicht gegen zeugen / jedoch nicht Ehrloſe Leute.

  • L. 9. princ. ff. de quæſt.

§. 28. Unfaͤhige Zeugen wegen Bluts-Verwandſchafft / ſolcheZeugen Recht in Eheſachen. zu erweiſen / um Eheſtand zu verhindern / ſind tuͤchtig / alſo wird zuge - laſſen Vater und Mutter / Bruder und Verwandten in Ehe-Sachen / oder eines Alter zu erweiſen / weil niemand gewiſſer davon zeugen kan.

  • c. 3. X. qui accuſ. matrim.

§. 29. Willige und verwerffliche Zeugen ſind auch nicht / die bey -Unverwerffli chen Zeugen Recht. derſeits dazu gebeten / verſtattet und gegen ihre Gebrechen vorſetzlichnicht56I. Buch / Cap. VII. nicht proteſtiret worden. Parthey Unwiſſenheit aber ſagt keines Zeu - gen Unfaͤhigkeit ab; Jns gemein / allen Falls / wo Suͤnde zu vermeiden und ohne Gewiſſens Verletzung dem Urtheil nicht mag Folge geleiſtet werden / ſoll man alle Zeugen annehmen / wie auch der Zeugen Anzahl Mangel zu erfuͤllen.

  • Arg. L. 3. §. 2. ff. de teſt.
Verdaͤchtigen Zeugen Recht.

§. 30. Wann bey Gerichts-Zeugniß Beſchreibungen Zeugen ſich dadurch verdaͤchtig machen / daß ſie entweder aus Haß des Beklagten viel ohne Grund plaudern / oder ihm zu Liebe viel zu ſeiner Entſchuldi - gung vorbringen / oder auch vor Kriegs Befeſtigung zu Richters Un - terweiſung das Gegentheil daher ſagen / hernach aber alles wieder - ruffen / ſo muß ein Richter fleißig nachſtreben / ob er ſie fangen und auf Luͤgen betreten koͤnne / durch Erforſchung der Zeit / Orts / Kleidung und anderer Umſtaͤnde / wie zu ſehen in heil. Schrifft-Hiſtorie von Su - ſanna; ſolche Zeugen ſind ohne allen Zweiffel vom Beklagten oder deſſen Verwandten beſtochen. Alſo wann Zeugen ſtammlen und un - gleiche Dinge reden / jetzt bejahen / jetzt laͤugnen / oder ſagen dabey ge - weſen zu ſeyn und doch nichts geſehen zu haben.

Zeugen Ver - hoͤr oder Exa - men auffs neue / wann gilt oder nicht.

§. 31. Nach Zeugniß Eroͤffnung werden uͤber ſelbige / oder denen widrigen Articuln keine neue Zeugen / wegen Beſtechungs Gefahr examiniret / auch nicht beym Appellations-Gericht; ja wann etwa fuͤr Eroͤffnung Verdacht vorhanden / daß Gegentheil anders woher von Zeugniß Nachricht erhalten / findet Eyd der Reinigung Statt / ehe dann er neue Articuln oder Zeugen anfuͤhren kan / wann ein Theil gegen die Zeugen ſich Ausnahme vorbehalten / moͤgen wohl einiger maſſen wiederwaͤrtige Zeugen / Falſchheit zu uͤberweiſen / gefuͤhret wer - den / alſo auch allwo die augenſcheinliche Beſichtigung uͤberwindet.

Proceß Wech - ſel Schrifften Recht wegen Zeugniß.
  • Nov. 90. c. 4. §. ſi verò producens. C. 19. X. de teſt.

§. 32. Und demnach mehrentheils bey Richters ermeſſen ſtehet / was und wie viel derer gehoͤrten Zeugen Sage zu glauben / ſollen hier - uͤber nicht viel uͤberfluͤſſige Wechſel-Schrifften zu Proceß Verlaͤnge - rung einkommen / ſondern eine jede Parthey in einer Schrifft beſchlieſ - ſen auff die eroͤffnete Zeugniß / alſo daß nemlich / wann Beweiſung ge - richtlich eingebracht / der Antworter dagegen auff angeſetzte Zeit ſeineZeugen Zwang Recht / die ſich ſperren. Einrede und Auszuͤge / hernach aber Klaͤger ſeine Gegen-Replic vorbrin - gen / und mit Vorbehalt richterlichen Erkaͤntniß ſchrifftlich und muͤnd - lich endigen ſollen; ob ſich auch etliche Zeugen ſperren und wiedern / in was Schein daſſelbe geſchehe / mag man ſie bey ziemlichen Rech -tens57Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr. tens Straffe dazu anhalten / jedoch iſt Vielheit derer Zeugen zu verwerffen.

  • c. 49. X. de teſt. c. quoniam frequenter, X. ut lite non conteſt. c. 41. & 43. item c. 37. & 52. X. de teſt. L. 1. §. fin. ff. Eod.

§. 33. Bey Vorſtellung der Zeugen haben Commiſſarien Macht /Commiſſarien Macht bey Zeugen Ver - hoͤr. allezeit das Gegentheil und Zeugen nach Groͤſſe der Sachen bey 10. 20. oder 30. fl. Straffe fuͤr ſich zu beſcheiden / und dafern ſie ungehorſam ausbleiben / bey zwiefacher Straffe zu citiren / alsdann auch der hohen Obrigkeit den Ungehorſam vermelden / daß die bedraͤuete und ver - wuͤrckte Straffe vom Fiſcal eingefordert werden moͤge.

§. 34. Darum auch Verhoͤrs Termin beyden Theilen fruͤhzeitigSonderliche Fragſtuͤcke bey Zeugen Ver - hoͤr. muß kund gethan werden / alsdann man zu fragen pflegt / wie alt der Zeuge ſey? wo er zu Hauſe? wann er zuletzt das heilige Nachtmahl gebraucht? Ob er Klaͤgern mit Schwaͤger - oder Blut-Freundſchafft verbunden? Ob er von Partheyen oder andern unterrichtet / oder ihm etwas zu zeugen gegeben oder zugeſagt / und etwa ſonſt aus dieſer Sa - chen Zeugniß Schaden zu fuͤrchten / oder Gewinn zu hoffen? Ob er mit Zeugen wegen der Ausſage beſprochen? Ob er nicht viel lieber den an - dern Theil uͤberwunden ſehe? Oder ob er auch etwa im Reichs-Bann begriffen? Auſſer ordentlich Zeugen-Verhoͤr wird vor Kriegs-Befe - ſtigung Beklagtem / nicht aber Klaͤgern vergoͤnnet / er habe denn Zeu - gen hohes Alter / Schwachheit oder langen Abweſens erwieſen.

§. 35. So ſollen auch alle Zeugen ſelbſt ſchaͤndliche / nicht zur Sa -Zeugen Frag - ſtuͤcke Beſchaf - fenheit. chen gehoͤrige oder mißverſtaͤndige und zweiffelhaffte / verfaͤngliche Fragſtuͤcke bey Straffe nach Ermeſſung gar nicht auffgeſetzt / viel weniger ein Zeuge daruͤber examiniret und angefraget werden / Mein - Eyd zu meiden. Alſo muß kein Richter Zeugen unterweiſen / und / zu ei - nes oder andern Theils Gunſten / ihnen Zeugniß Worte zu Munde fuͤhren / welches im Recht gefaͤhrlich / fuͤr allen Dingen zu verhuͤten / vielmehr iſt ſtets zu erforſchen nach der Ausſage Urſachen / durch leib -Richters Straffe in Zeugniß Ver - ſehen. lichen dazu beqvemen Sinn anzudeuten / maſſen ohne vernuͤnfftige Ur - ſachen iſt Zeugen Sage nichtig / und wofern der Richter ſolches zu er - fragen nachlaͤſt / muß er Parthey Intereſſe erſetzen / und von neuem examiniren.

  • L. 3. C. de teſtibus.

§. 36. Zeugen-Beweißthum einzuholen / ob ſchon deßfalls die ZeitZeugniß ein - zuholen ver - ſchiedene Fri - ſten. muͤglichſt mehr abzukuͤrtzen / als zu verlaͤngern / auch auffs laͤngſte nach Gewohnheit nur 4. Monat zu verſtatten / vermag dennoch Rechtens Lauff / wann Zeugen in einer Provintze vorzufuͤhren / drey Monat / ausHandern58I. Buch / Cap. VII. andern Provintzen ſechs / aus andern uͤber Meer gelegenen Land - ſchafften neun Monat / eydlich zu verſtatten / daß der Auffenthalt ohngefehr geſchehen; Ein uͤberwundener / unehrlicher / verbanne - ter Luͤgner und Meineydiger Zeuge aber iſt verworffen.

  • L. 1. C. de Fer. & Dilat. L. 13. 15. 20. 21. ff. de teſt. L. ſi quis major. C. de transact. C. teſtimonium, c. ex parte, X. de teſtibus. L. Lucius, ff. de his, qui not. infam.
Zeugeñ wann peinlich zu fragen.

§. 37. Wann nun Zeugen durch Anzeigen beſchweret / und gegen ihre Ausſage Luͤgen halber rechtlicher Argwohn ſtreitet / mag ſie der Richter mit peinlicher Frage bedrohen / oder wuͤrckliche Schreckung hinzufuͤgen / und endlich gar der Peinigung untergeben / weilen gemei - ner Nutz erfordert / die Ubelthaͤter oder ihre Unſchuld zu entdecken /Wanckelhafftẽ Zeugen Recht. wann ſie nemlich der That beygewohnet / auff Luͤgen betroffen oder wanckelhafft / und auſſer Gericht anders geſprochen / auch keine War - heit anders zu bekommen / noch Veraͤnderungs Urſachen anzeigen koͤn - nen / daruͤber ſie bey der Folter zu examiniren.

  • Arg. à contr. ſenſ. ex L. 15. princ. ff. de quæſt. L. 19. ff. de teſt. L. 18. §. 3. ff. de quæſt.
Neuen Zeugen Verhoͤrs Recht.

§. 38. Allwo nun Beſtechungs Verdacht vorhanden / mag man ſcharff befragen / wer ſie dazu verfuͤhret und beſtochen / alſo auch uͤber neue Fragen / wann neue Anzeigen vorgefunden / ſo kan auch ein Rich - ter uͤber dieſelbigen Fragſtuͤcke wohl neue Zeugen verhoͤren / maſſen er Betrugs Argwohns befreyet. Wann dann der Proceß ſo weit ge - fuͤhret / daß es dienlich / dem Beklagten die Warheit zu ſagen / und zu uͤberzeugen / ihm das Zeugniß vorleſen zu laſſen / mag ſolches durch den Gerichts-Schreiber geſchehen / vorhero aber kan Beklagter noch befraget werden / ob er gegen derer Zeugen Perſon etwas einzuwen - den / und aus was Urſachen.

  • C. 10. X. de fide inſtrum.
Frage Punctẽ an Beklagten / der Zeugen verdaͤchtig haͤlt.

§. 39. Wofern er alsdann einen oder andern Zeugen zu verwerf - fen willens / kan man ihn alſo zur Rede ſtellen und fragen: Ob und wie lang er Zeugen kenne? Wann und wie ſie in Kundſchafft kom - men? Ob ſie als Cammeraden bey einer Compagnie nicht Freund - ſchafft gehalten? Ob er ihn auch fuͤr einen wahrhafften Mann halte? Ob er vermuthete / daß ein Menſch deßwegen gar ſein Heil und Selig - keit verſchweren ſolte? Ob er nicht lieber ſelbſt die Warheit ſagen wolle? Ob er an benanntem Tage mit bloſſem Degen auff der Gaſſen gangen? die Zeugen waͤren ſchon abgehoͤret; Ob er ihn nicht fuͤr ſeinen Freund achte? Ob er ihm zu einer Haupt-Feindſchafft Urſache gege - ben? Ob er auch erweiſen koͤnne / daß Zeuge ihm einige Feindſelig - keit erzeiget? Ob er mit jemand mehr in Feindſchafft lebte?

§. 40. Wann59Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr.

§. 40. Wann von Beklagtem auff keinerley Weiſe die WarheitConfrontati - on Recht und Nutzen. zu erpreſſen / moͤgen die Zeugen vom Richter fuͤr ihm gegen einander ins Geſicht dargeſtellet werden / daß ſie in ſeiner Gegenwart ihre Aus - ſage wiederholen / fuͤr die Stirn unter Augen ſagen und bekraͤfftigen moͤgen / um gegentheilige Bekaͤntniß aus Beklagten Geſicht / Angſt / Zittern und Gebaͤrden der Warheit zu uͤberfuͤhren / maſſen er durch Zeugen Beyſeyn / die ihm alle Verbrechens Umſtaͤnde erzehlen / ſchwer - licher laͤugnen / ſondern zweiffelhaffte Antwort angeben moͤchte / oder es koͤnten auch damit einigen Verhoͤrs Fehler verbeſſert / und Beklag - ten Unſchuld erwieſen werden / weilen ihm frey ſtehet / die Zeugen derer Umſtaͤnde halber zu befragen und Falſchheit zu uͤberwinden; Ja / zu weilen mag alſo ein Fluͤchtiger Mitſchuldige offenbaret / und des Be - klagten Urtheils Straffe eine Zeitlang der Execution wegen verſcho - ben werden.

  • L. 27. §. 7. ff. de Adult. L. 29. ff. de pœnis.

§. 41. Alſo kan auch Beklagter mit ſeinem Anklaͤger / oder mehr und viele Beſchuldigte unter ſich / oder Zeugen mit Zeugen / gegen ein - ander geſtellet und confrontiret werden / wann ſie zwieſpaltig ſind / je - doch ſoll allemahl nur ein Zeuge dargeſtellet ſeyn / Beklagten durch viel Geſchrey nicht zu verwirren / ſo iſt confrontation hochnoͤthig nebſt andern von gleicher Geſtalt und Kleidung / wann Zeuge etwan Beklag - ten an Perſon nicht eigentlich kennet.

§. 42. Wann Zeugen ohne Eyd oder Frag-Stuͤcke verhoͤret /Zeugen Ver - hoͤrs Recht oh - ne Eyd und Fragſtuͤcke. mag man nach dem Schluß neues Examen begehren / gleichwie Er - fuͤllungs-Eyd und Partheyen Bekaͤntniß auch nach Beſchluß geſche - hen / und jemand wegen ſeines Alters Erſtattung gewinnen kan; Son - ſten beſtehet Zeugen Falſchheit darinn / wann einer wiſſend und betruͤg - lich falſch Zeugniß gerichtlich ableget / der Warheit Gegentheil zeu - get / oder ſelbige / vom Richter befraget / wider beſſeres Wiſſen ver - ſchweiget und ausſaget / daß er nichts wiſſe / oder ſo jemand Zeugen be - ſtochen / welcher auch zu beſtraffen / ob ſchon Zeuge ſolche Falſchheit ab - geſchlagen. Alſo wer falſchen Zeugeſchafft gebraucht / deßgleichen wer falſchen Zeugen wiſſentlich vorfuͤhret / oder Gabe annimmt / ob ſchon er die Warheit ſaget.

  • Auth. atqui ſemel, C. de probat. c. 1. Ext. de crim. falſi. c. 84. cauſ. 11. q. 3. P. H. O. art. 23. & 30.

§. 43. Eine jede genugſame Anzeigung / darauff man peinlich fra -Peinlichen Frage Beweiß Recht. gen mag / ſoll mit zween guten tuͤchtigen unverwerfflichen Zeugen be - wieſen werden; So aber etwa der Miſſethat Haupt-Sache nur mitH 2einem60I. Buch / Cap. VII. Zeugen Ent - ſchuldigung wegen Unge - horſam.einem rechtſchaffenen Zeugen erweißlich / ſolches iſt eine halbe Bewei - ſung / welche genugſam redlichen Verdacht giebt / gruͤndlich mehr zu befragen; wann ſonſten Zeugen durch feindliche / von Peſt - und andern Seuchen angeſteckte Oerter reiſen muͤſſen / moͤgen ſich dieſelbe wegen Orts Unſicherheit fuͤr Ungehorſam entſchuldigen.

Zeugen Frage - Puncten bey Mordthaten.

§. 44. Bey Mordthat-Faͤllen ſoll man alle der Sachen erweißli - cher maſſen kuͤndige Zeugen verhoͤren / ob ſie den Ermordeten von Ge - ſichts Geſtalt erkennen / wer er ſey? Ob ſie wiſſen / daß er von einem andern umgebracht / und woher ihnen ſolches bekandt? Item, wer ihn getoͤdtet? Ob ſie nicht auff jemand Argwohn haͤtten / und welche ih - res Verdachts Urſachen ſeyn? Ob ſie nicht wiſſen / durch was fuͤr Mittel und Wege der Thaͤter auszuforſchen? Ob ihnen nicht bewuſt / daß zwi - ſchen dem Entleibeten und einem andern einige Feindſchafft geweſen / und was ihnen endlich anders von der Sache bekandt ſey.

Untuͤchtige verbotene Zeu - gen wann zu - gelaſſen.

§. 45. Wann auch Laſters Grauſamkeit und Beweißthums Schwuͤrigkeit zuſammen kommen / ſoll man auch ſonſt untuͤchtige oder verbotene Zeugen zulaſſen / und ſtehet einem Knecht oder andern gar gering geachteten Standes-Perſon zu glauben / ob ſchon nicht voͤllig genugſam Beweiß / jedoch zur peinlichen Frage Anzeigen zu machen / wann ihrer viele ſind / maſſen derer Zeugen Anzahl ſo wohl als Wuͤr - de / Anſehen und Ubereinſtimmung der Sachen / Glauben beſtaͤrcken / bevorab in verborgenen und grauſamen Ubelthaten die Warheit zu gemeinem Beſten zu erfahren.

  • L. 12. & ſeq. ff. de quæſt. Arg. L. 7. ff. ad L. jul. Majeſt. L. 7. & L. 21. §. 2. L. 3. §. 2. ff. de Teſt. L. 8. §. ſervis, C. de repud.
Zeugen wann gezwungen.

§. 46. Weilen auch das Zeugen-Amt eine oͤffentliche Pflicht iſt / ſo moͤgen in groſſen Verbrechen die ſonſt befreyete Perſonen / allwo man anders keine Warheit haben kan / beruffen / und zum Zeugniß gezwun - gen werden; es ſey denn / daß ſie ſich von Rechts wegen davon entſchul - digen moͤchten / hierinn aber gilt kein Abſchlag / daß jemand etwas zu offenbaren ſich eydlich verbunden / welches die Warheit verhaͤlet / alſoEydliche Ver - pflichtung wann unguͤl - tig. frey zu brechen / ohne deſſen Entledigung / maſſen der Eyd einer Falſch - heit und Ungerechtigkeit Band waͤre / vielmehr ſoll man die Zeugen im Nothfall uͤber die Articuln vermittelſt Eydes noch einſten verhoͤren / und deren Ausſage wiederholen laſſen / auch in peinlichem Streit gar keinem unbeeydigten Zeugen Glauben beymeſſen / ſondern muß iedes - mahl der Eyd vorhergehen / und die Ausſage nachfolgen.

  • Arg. L. 19. C. de Teſtibus. L. 4. ff. Eod. c. 5. X. hoc tit. c. quisque c. 11. q. 3. c. 1. X. de crim. falſi. Clem. fin. de teſt. arg. à contrario.
§. 47. De -61Von gerichtlicher Ausſage und Zeugen Verhoͤr.

§. 47. Derowegen muͤſſen alle und jede Zeugen alſo ſchweren / daßZeugen Eyds Jnnhalt und Wuͤrckung. ſie uͤber vorgeſtellte Articuln und Fragſtuͤcke und die gantze Sache / was ihnen davon bekandt / die Warheit ſagen wollen / und nicht bejahen / was falſch iſt / weder um Preiß oder Geld Nutzen / noch aus Liebe / Haß und Furcht / ja daß ſie von Frag und Antwort vor deren Eroͤffnung nichts kundbar machen wollen / dahero auch etliche gewiſſenhaffte Zeu - gen offtmahls von ſelbſten wiederkommen und aus Gewiſſens Zwang etwas erzehlen / daruͤber ſie nicht befraget worden.

§. 48. So mag auch wohl Beklagter ſelbſt zu ſeiner Verthaͤdi -Frage-Punctẽ Recht uͤber Zeugen Per - ſonen / Arti - culn oder Sa - chen Umſtaͤn - de. gung uͤber die Nachforſchungs Articuln und Zeugen Perſonen oder Sachen Umſtaͤnden Beſchaffenheit Frage-Puncten auffſetzen / dar - uͤber die Zeugen billig zu verhoͤren / maſſen ein jeder Richter nicht alle - zeit ſo geſchickt oder auffrichtig / ſondern wohl gar nachlaͤßig / in derglei - chen zu des Beklagten Unſchuld zu geſtatten oder verfertigen; wobey zu erinnern / daß dennoch ein Richter / Falls Beklagter arm oder Bey - ſtandes beraubt / von Amts wegen ohne Weitlaͤufftigkeit / Gottes - furcht halben / ſolche Frag-Stuͤcke zu verordnen / pflichtig iſt.

§. 49. So moͤgen auch zu des Beklagten Unſchuld VerthaͤdigungZeugen Recht auff ewiges Gedaͤchtniß. Zeugen auff kuͤnfftig der Sachen ewiges Gedaͤchtniß gefuͤhret werden / bevorab da er genugſam erhebliche Urſachen anzeigen kan / als derer Zeugen hohes Alter / gefaͤhrliche Kranckheit / daß an ihrer Geneſung zu zweiffeln / oder Todes-Gefahr vorhanden / oder an Peſt-Ort undZeugen Reiſe - und Zehr-Ko - ſten. Zeit / oder wegen der bevorſtehenden langwierigen Reiſe / oder da ſie gar Lebenslang an weit entferneten Enden verbleiben wuͤrden; Reiſe und Zehr-Koſten aber / auch Arbeit Verſaͤumniß / moͤgen Zeugen ſich wohl bezahlen laſſen.

§. 50. Unbekandte Zeugen ſollen auf Gegentheils Anfechtung nichtUnbekant be - lohnet und widerwaͤrti - gen Zeugen Recht. zugelaſſen ſeyn / es wuͤrde dann durch Zeugen Vorfuͤhrer derer Dar - ſtellung ſtattlich fuͤrgebracht / daß ſie nemlich zur Verhoͤrs Zeit redlich und unverlaͤumbdet waͤren. Alſo ſind auch belohnete Zeugen verwerff - lich / maſſen kein Zeuge ſein Zeugniß verkauffen ſoll / ſondern ein jeder muß der Warheit umſonſt beyſtehen; ja tauſend widerwaͤrtige Zeu - gen / die ein ander mit ihrer Ausſage nicht helffen / ſondern mit Ort / Zeit und That Unterſcheid widerſprechen / beweiſen weniger als ein - tzeler Zeuge / es gilt auch bey ihnen kein Eyd der Erfuͤllung zu thun.

  • L. 3. §. 5. ff. de teſtibus. L. 3. §. 5. ff. de Carbon. Edict. c. 14. q. 5. L 125. ff. de R. J.

§. 51. Nachdem auch noͤthig iſt / daß Zeugſchafft / darauff jemand zu peinlicher Straffe ſoll verurtheilet werden / gar lauter und rechtfertigH 3ſey /62I. Buch / Cap. VII. Beweiß Arti - culn Recht.ſey / ſo muß der Anklaͤger ſeine Beweiß-Articul ordentlich auffzeich - nen / dem Richter ſchrifftlich uͤberantworten / mit Vermeldung / wieCompaß oder Huͤlffs-Brieffe Recht wegen Kundſchafft. Zeugen heiſſen / und wo ſie wohnen / daß gebuͤhrliche Kundſchafft verhoͤ - ret werden koͤnne / welchen Falls auch oͤffters Compaß oder Huͤlffs - Brieffe von noͤthen / die Zeugen zum andern Gericht zu fordern / oder von ihren Gebiets Richter verhoͤren zu laſſen.

  • P. H. O. art. 70. 73. & 75.
Kundſchafft Eroͤffnungs Recht.

§. 52. Zeugen Verhoͤrs-Kundſchafft Eroͤffnung mag geſchehen / auff angeſetzten Tag / bey ſchrifftlich zugelaſſener Ein - und Schutz - Rede / auch ohne Verſamlung / etwa frembden Commiſſarien oder zer - trenneten Gerichts-Schoͤppen / Rechtens Verzug und Unkoſten zu ver - huͤten / jedoch muß zuvor beyden Partheyen gegen ertraͤgliche Bezah - lung die Abſchrifft davon gegeben ſeyn / daß ſie / nach gelegener Sache / ſolche dem Sach-Verwalter und Gefangenen zu erkennen geben / dar - um auch deſſen Kriegs Beyſtand man zu ihm laſſen ſoll / damit ein je - der darauff ſeine Nothdurfft binnen geraumer ziemlichen Zeit inSchrifft - und Gegen-auch Behelffs - Brieffe Recht / wie zu brau - chen. zwiefachen Schrifften fuͤrbringen moͤge / davon eine bey denen Kund - ſchafft Verhoͤrern behalten / die andere Gegentheil an nahmhafftem Tage eingehaͤndiget wird / ſeine Gegenſchrifft darauff zu thun; Hier - inn aber ſoll / ohne merck - und fuͤrtreffliche Beweg-Urſachen / nieman - dem uͤber zweyte Behelff-Schrifft zugelaſſen werden / und zwar alle gedoppelt / welches darnach hoher Obrigkeit einzuſenden / die alsdann foͤrderſamſt dem Richter wegen Zeugen Verhoͤrs und fernern Recht - fertigung / was darinn zu erkennen / Rath mittheilet.

Zeugen Fuͤh - rungs Koſten Recht.

§. 53. Weilen auch niemandẽ ſein Amt ſoll ſchaͤdlich ſeyn / und der - jenige / um des Willen ein Handel geſchiehet / die Unkoſten bezahlen muß / als iſt billig / daß ein Zeugenfuͤhrer die Zeugen bekoͤſtige / nemlich wann es ein gemeiner Mann und Tageloͤhner iſt / ſoll ihm ſeiner Hand - Arbeit und Tagelohnes Nutzen gut gethan werden / davon er ſonſt le - ben muß / auch Zehr - und Reiſe-Koſten / was einem leichten reiſigen Boten oder Fußgaͤnger / nach Richters Erkaͤntniß und Landes Ge - wohnheit / an Muͤntze zu bezahlen uͤblich / nach Gelegenheit der Zeit und Orts Umſtaͤnde; vornehmen Leuten aber und hoͤhern Standes Perſo - nen / denen zu Fuß zu reiſen unanſtaͤndig / auch in Wirths-Haͤuſern mit beſſern Nahrungs-Koſt-Mitteln zu verpflegen / gebuͤhret ein meh - rers / zu Fuhrlohn / Wagen / Heuer und Lebens Unterhaltung; Jedoch nach Richters Ermaͤſſigung / fuͤr jede Zeugen Perſon und nicht fuͤr deſ - ſen Haußgenoſſen / welche Unkoſten aber zu verſchieſſen / ehe dann einerſeinen63Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten. ſeinen Fuß aus dem Hauſe zu ſetzen ſchuldig / oder wuͤrcklich bey Ge - richt zu hinterlegen / ſonſt keiner zu reiſen gezwungen auff ſeine eigene Koſten / die er hernach mit Muͤhe und Verluſt gerichtlich wieder ſu - chen ſoll.

  • L. 3. §. 4. ff. de Teſtibus. L. 11. C. Eod. L. 61. §. 5. ff. de furt. L. 11. §. 1. ff. ad Exhibend.

Caput VIII.

Von Gerichts-Schoͤppen oder Beyſitzern / Schrei - bern / Advocaten / Procuratorn oder Fuͤrſprechern / deren Vorfall / Entſchuldigung / Vollmacht / Geſchick - oder Hoͤfflichkeit / auch Schutz fuͤr Uberfall.

§. 1.

JN pein - oder buͤrgerlichen hochwichtigen Sachen an dem Ge -Gerichts-He - gung / wie zu halten von Richter und Schoͤppen. richts-Tage / ſo die gewoͤhnliche Tage-Zeit erſcheinet / mag man das loͤbliche Gericht / mit darzu gebraͤuchlicher Glocke belaͤuten / dar - auff ſich Richter und Schoͤppen zum Gerichts-Ort und Stelle / allwo man nach guter Gewohnheit das Gericht zu beſitzen pfleget / hinfuͤgen ſollen / daſelbſt der Richter ſeinen Stab oder bloſſes Schwerdt / nach Land-uͤblichen eines jeden Orts Herkommen / in Haͤnden haben / und ehrſamlich biß ans Ende die Gerichts-Banck hegen und halten muß / demnechſt er befiehlet / daß Partheyen oder Beklagte wohl verwah - ret / durch den Gerichts-Knecht oder Nachrichter fuͤrs Gericht ge - bracht werden / hier mag nun der Richter jeden Schoͤppen abſondetlich fragen: Ob das endliche Gericht zu pein - oder buͤrgerlichen Haupt - Sachen-Handlungen wohl beſetzt? Darauff deren jeder / wofern nicht unter ſieben oder acht vorhanden / mit ja antworten ſoll; Und nach -Beyſitzer als Mit-Richter Recht. dem ſolche Schoͤppen oder Beyſitzer / in dieſen Faͤllen / nicht als Zeu - gen / ſondern wie Mit-Richter handeln / ſollen ſie derohalben vom Ge - richt und Urtheil nicht ausgeſchloſſen werden.

  • P. H. O. art. 82. 84. & 86.

§. 2. Alle gerichtliche Beyſitzer ſollen eines ehrbaren Weſen /Beyſitzer Amts Pflicht und Beſchaffen - heit. Lebens und Wandels / aus recht-natuͤr - und ehrlichen Geburt / auch alſo geſchickt ſeyn / daß deren einer in Richters Abweſenheit ſeine Stelle / ſo er etwa aus ehehafften Urſachen verhindert / jederzeit verwe - ſen koͤnne / darum ſie / ihrem Nahmen gemaͤß / billig der Rechten ge - wuͤrdiget / tapffer / gelehrt / erfahren / tuͤchtig und verſtaͤndige Perſo - nen / auch aus teutſcher Nation gebohren / deroſelben Gebrauch undguten64I. Buch / Cap. VIII. guten Gewohnheiten wohl kundig / und alle rechtlich vorgebrachte Sa - chen zu hinterbringen beqvem ſeyn ſollen / ja auch wo muͤglich ſolche zu bekommen / ehe und bevor ſie dazu genommen / auff hohen Schulen fleißig geleſen / und wenigſtens 4. biß 5. Jahr lang in Rechten ſtudiret /Beyſitzer Recht von Ritter-Bauer und Buͤrger - Stand. in gerichtlichen Haͤndeln gedienet; die andern aber / ſo aus der Ritter - ſchafft / oder ſonſt anſehnlichem Buͤrger und Bauer-Stande angenom - men / ob ſchon ſie der Rechten nicht gewuͤrdiget / ſollen ſie doch gleich - maͤßig in gerichtlichen Sachen geuͤbet und belehrt / auch wie andere ver - ſtaͤndig und geſchickt ſeyn / und wo ſolche beruͤhrter maſſen nicht zu fin - den / ſoll man aus nechſt anſtoſſenden Graͤntz-Orten andere beruffen.

Beyſitzer Be - lohnungs Recht.

§. 3. So ſollen nun Beyſitzer von gemeinem Weſen belohnet ſeyn / und wann durch Beyſitzer Betrug oder Unverſtand Unrecht geſpro - chen / iſt es ihm ſelbſt / und nicht der Obrigkeit ſchaͤdlich; Beyſitzer aber ſind frey von Vormundſchafften und allen gemeinen Aemtern / auch nach geendigten Pflichten.

  • L. 4. & ult. ff. de offic. aſſeſſ. L. 4. ff. de var. & extraordin. cognit. L. 2. ff. quod quisq; jur. in al. L. 1. §. 3. ff. de ſerv. corrupt. L. 10. §. 6. & L. 41. §. 2. ff. de Excuſat. L. 12 §. 1. ff. de vacat. & excuſ. mun. L. 1. & 11. C. de aſſeſſ.
Beyſitzer un - gebuͤhrliches Verhalten Straffe.

§. 4. Wann der Richter vermercket / daß ein angenom̃ener Bey - ſitzer im Hinterbringen und Beyſtimmen nicht genung belehrt / geuͤbt und erfahren oder auch in Urtheils Verfaſſungſich anders verhaͤlt uñ er - zeiget / als ſeiner Pflicht Ordnung ihm aufferlegt / oder ſich / ohne recht - maͤßig gegruͤndeten Urſachen / oͤffentlich in ſeiner Stimme ſonderbaren Meynung gefaͤhrlicher Weiſe offt und hartnaͤckicht befleißigen wuͤr - de / denſelben ſoll er nicht beym Gericht erdulten / ſondern davon abwei - ſen und hinwegſchaffen; jedoch vorhero / in Gegenwart zweyer oder dreyer Aſſeſſoren / ihn ſeines Unfleiß - und Wiederwillens halber ernſt - lich verwarnen / und wofern ſolches nicht helffen will / alsdann ſeine Untuͤchtigkeit und Maͤngel allen eroͤffnen.

Beyſitzer Recht ſo ver - werfflich.

§. 5. So auch ein Beyſitzer einer Parthey mit Sip - und Schwaͤ - gerſchafft oder ſonſt dero Geſtalt verwandt waͤre / daß er rechtlich ver - worffen ſeyn moͤchte / oder in ſolchen Sachen einen Theil berathen und in andere Wege gedienet haͤtte / ſoll er es dem Richter und uͤbrigen Beyſitzern anzeigen / und ſich darauff der Sachen gantz entſchlagen; Jm Zweiffel Rechtens ſoll man Urtheils Verfaſſung biß auff folgendenUrtheil verfaſ - ſen Verſchubs Recht. Tag verſchieben / ſelbiges nach reiffer Erwegung erſt abzuſprechen / weilen Ubereilung der Gerechtigkeit Stieffmutter iſt; Jn zwiſchen will denen Beyſitzern Stillſchweigen obliegen.

  • C. 11. §. aſſeſſorem, de Reſcript. in 6. Clem. Paſtoralis, de ſent. & re judic. c. pen. cauſ. 2. q. 1.
§. 6. Wann65Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten.

§. 6. Wann der Richter ſelbſt das Urtheil abfaſſet / ſo muͤſſen auchBeyſitzer Stimmen Recht bey Ur - theils Verfaſ - ſung. alle derer Beyſitzer Stimmen dazu genommen werden / weilen eines jeden Mitberuffenen Gegenwart und Rede die andern bißweilen auff ſeine Meynung hinziehen kan / und man bey denen meiſten dennoch feſt ſtehet / ob ſchon die Collegen an Ehr und Wuͤrden ungleich ſeyn / und zwar ſoll man an denen Juͤngern anfangen / anders die neu angenom - mene ihre Stimmen und Meynungen nicht frey ausſagen / auch denen Aeltern nicht leicht widerſprechen; Wann nun die Stim̃en gleich / gel -Stim̃en Recht denen der Ge - richts-Herr beyfaͤlt. ten diejenige / denen der Gerichts-Herr beyfaͤllet / oder ſo fuͤr Beklagten ſtreiten / es waͤre denn der Sachen zu wieder / ſo iſt geringere Summa zu erwehlen / ohne in Teſtament / Morgengabe und Armen Sachen.

  • L. 3. 8. 36. 38. & 39. item L. 28. ff. de re judic. L. 17. §. 6. & fin. ff. de arbitr. L. 4. C. quando prov. non eſt. C. ult. X. hoc tit.

§. 7. Derohalben dann in kaͤyſerlichen Rechten geſetzt und verord -Peinlichẽ Ge - richts Beſtel - lungs Recht. net / daß alle peinliche Gerichte mit Richtern zu urtheilen verſehen / und auch Gericht-Schreibern beſetzt werden ſollen / ſo am beſten tugend - ſam / wie man ſie nach jedes Orts Gelegenheit zu bekommen vermag / auch Edle und Gelehrte moͤgen dazu gebraucht werden / zu dem allen ei - ne jede hohe Obrigkeit muͤglichſten Fleiß anwenden ſoll / damit die pein - lichen Gerichte zum beſten verordnet / und niemand Unrecht geſchehe / alsdenn zu dieſen groſſen Sachen / welche des Menſchen Ehr / Leben und Gut belangen / tapffer und wohlbedachter Fleiß gehoͤret / darum auch in ſolcher Uberfahrung niemand mit rechtmaͤßigem vortraͤglichem Grun -Nachlaͤßigkeit entſchuldiget nicht in Rech - ten. Gerichts Be - ſitzer Entſchul - digungs Urſa - chen. de ſeine Nachlaͤßigkeit entſchuldigen / ſondern billig geſtrafft ſeyn muß / welches allen peinlichen Gerichts Obrigkeiten ernſtlich zu verwarnen.

  • P. H. O. art. 1. & 2.

§. 8. Welche Perſonen nun von ihrer Guͤter wegen peinliche Ge - richte zu beſitzen ſchuldig ſind / und daſſelbe aus Schwachheit oder Ge - brechlichkeit ihres Leibes / Vernunfft / Jugend / Alter oder andern Un - geſchicklichkeit halber / nicht verwalten moͤgen / ſo offt es aus Noth ge - ſchicht / ſollen andere tuͤgliche Perſonen zu deſſelben Gerichts Beſitzung an ihre Statt ordnen und beſtellen / jedoch mit Oberrichters Wiſſen und Zulaſſen / nemlich in dieſen ausbeſchiedenen Zufaͤllen / als wenn der Fuͤrſt ſelbſt andern Befehl darzu giebt / oder der Richter abweſend /Peinliche Ge - richtshaltung wann ſich laͤſt uͤbertragen. oder kranck und Bettlaͤgerig / oder dazu unvermoͤgend iſt / es ſey Jugend oder hohen Alters halben / oder auch wahnſinnig; Jn geiſtlichen Rech - ten aber nicht alſo / ohne daß der Fuͤrſt oder Biſchoff einen Statthal - ter dazu beſtellet / und bey Blut-Gericht / welches ſie andern wegenJSchwerdt -66I. Buch / Cap. VIII. Schwerdt-Rechts Mangel uͤberzulaſſen gezwungen; Alſo auch / wenn ein Graff oder Freyherr und geſamt Adeliche ſolches Recht haben / be - ſtellen ſie dazu einen tuͤchtigen Gerichtshalter.

  • L. fin. princ. C. ubi ſenat. vel clar. L. 1. pr. ff. de offic. Ejus, cui mandat. jurisdict. L. 60. ff. de re judic. C. in Archi. Epiſc. X. de Raptor. c. licet & pen. X. de offic. vicar. c. cum Epiſcopus, X. de offic. ordin. c. fin. X. ne Cler. vel mon. Secul. neg.
Jn peinlichem Halßgericht gilt keine Voll - macht.

§. 9. Nach buͤrgerlichem Recht mag das peinliche Gericht nicht leicht andern anbefohlen noch uͤbertragen ſeyn / weilen es ſonderlich von Fuͤrſten oder Rechts-Geſetzen uͤbergeben; wofern es aber kein Halßgericht waͤre / noch ſchwere Leibes-Straffe darauff erfolgete / mag das Gericht einer andern faͤhigen Perſon zu Erkaͤntniß anbetrauet werden; Jn Blut-Sachen aber ſollen die ordentlichen Richter / vor - nehmlich adeliche / dem Gericht ſelbſt beywohnen / auch ohne Nothfall keinen andern bevollmaͤchtigen.

  • L. 1. ff de offic. ejus, cui mand. jurisd. L. 70. ff. de R. J.
Gerichts - Schreiber Pflicht.

§. 10. Ein jeder Gerichts-Schreiber ſoll in peinlichen Sachen / bey ſeiner Pflicht / alle Handlung / die peinlicher Klag und Antwort halben geſchicht / gar eigent-unterſchied - und ordentlich auffſchreiben / auch was Beklagter auff die Klage zur Antwort giebt / da er ohne Mar - ter beſpracht wird / ſoll er allewege mit Jahr / Tag und Stunde / dar - auff eine jede Handlung geſchicht / und wer allezeit darbey geweſen / ver - melden / auch ſich / daß er ſolches gehoͤrt und beſchrieben / mit ſeinem Tauff - und Zunahmen ſelbſt unterſchreiben / damit auff ſolche FormZeugen Worte ſoll niemand veraͤndern. und gruͤndliche Beſchreibung ſicher und gar ſtattlich geurtheilet / oder Falls man es bedarff / nach aller Nothdurfft daraus gerathſchlaget werden moͤge / zu welchem allen er muͤglichen Fleiß thun / und alles was gehandelt / laut ſeiner Pflicht / geheim zu halten / verbunden ſeyn muß. Wer nun irgend der Zeugen Wort veraͤndert / handelt teuffeliſch / be - gehet Falſchheit / iſt nach Menſchen-Blut Durſt-begierig / und ſchaͤnd - lichen Gewinn ſuͤchtig.

  • P. H. O. art. 181. 182. 183. 185. 188. & 189.

§. 11. Der Gerichts-Schrieber ſoll auch beſchreiben / ob die Kla - ge von Amts wegen / und nicht von ſonderlichen Anklaͤgern / zum Rich - ter hinkommen / und was ferner in allen Stuͤcken nach der Ordnung gerichtlich verhandelt worden / ſo ſoll ein ſolches Gerichts-Buch oderGegenſchrei - ber wann noͤ - thig. Protocoll allemahl nach Gerichts-Tages Endigung verſchloſſen und verwahret werden; Wann auch ein Schreiber verdaͤchtig / mag Be - klagter ohn Argwohns Meldung einen Gegenſchreiber begehren.

§. 12. Ein67Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten.

§. 12. Ein oͤffentlicher Schreiber in Lehn-Gerichts Sachen / derLehn-Schrei - ber / Ingroſſi - ſten / Copiiſt / Secretarien und Acten-L[e -]ſer Pflicht. wiſſentlich uͤber verbotene Lehns-Veraͤnderung Brieffe verfaſſet / wird geſtraffet mit ſeiner Ehr / Hand und Amts-Verluſt / jedoch Umſtaͤnden gemaͤß / ſteht es in Richters Erkaͤntniß; wie auch Ingroſſiſten und Co - piiſten ſollen alle fuͤrfallende Gerichts-Sachen / Recht und Geſetz maͤßig einfuͤhren / alſo alle Gerichts-Secretarien und Acten-Leſer.

  • 2. Feud. 52. & 55. c. 9. X. de fide inſtrum. Nov. 90. c. 4.

§. 13. Obrigkeit und Gerichtshalter ſollen nicht geſtatten / daßGerichtshal - ters Pflicht wegen Proto - coll zu fuͤhren. ein und ander von ihren Dienern / die nicht dazu beſtellet ſind / ein und anders einzuzeichnen ſich unterſtehen moͤge; vielmehr ſollen alle Ge - richts-Schreiber dem Oberrichter geloben und zu GOtt ſchweren / in ihren Aemtern getreu zu ſeyn / mit auffſchreiben und verleſen / auch alle ins Gericht fuͤrgebrachte Brieffe und Urkunden dabey ſicher zu ver - wahren / denen Partheyen oder niemand anders zu eroͤffnen / was von Richter und Schoͤppen in den Sachen berathſchlaget und gehandelt wird / noch jemand derer Gerichts-Haͤndel Heimlichkeit leſen oder ſehen laſſen / auch keine Copie von eingebrachten Schrifften ohne Ge - richts Urlaub und Erkaͤntniß ausgeben / oder Partheyen wieder einan - der rathen und warnen / kein Geſchenck nehmen / noch zu ihrem Nutzen nehmen laſſen / wie es Menſchen Sinn erdencken mag / ſondern ihres Lohns zu begnuͤgen ohne alle Argliſt und Gefehrde.

§. 14. Alſo ſollen ſich alle Schreiber mit ingroſſiren und copiirenSchreiber Eyd wegen Ge - richts Heim - lichkeiten. nach Verwalters Beſcheid mit gantzem Fleiß treu halten / darinn kei - ne Gefaͤhrde brauchen / der Cantzley Heimlichkeit / als abgefaſten Ur - theile / eingebrachter Kundſchafft / Protocollen / Gerichts-Schrifften und Handlungen / niemanden eroͤffnen / leſen / hoͤren oder leſen laſſen / noch davon Copie ohne Verwalters Erlaubniß geben / und darum kein Geſchenck von jemand heiſchen oder nehmen wollen.

§. 15. Deßgleichen diejenige / ſo ſich zu Gerichts-Verwaltern ge -Gerichts Ver - walter Eyd. brauchen laſſen / ſollen bey ihrer Beſtellung antreten / ſo wohl als die zum Proceß erforderte Notarii im Beyſeyn der Unterthanen / woran ſie nicht insgemein / wie ob erwehnet / ein fuͤr allemahl / zum Gericht geſchworen / auch jedesmahl vereydet / darnach wie und wann ſolches geſchehen / bald Anfangs zu den Acten verzeichnet werden.

§. 16. Derowegen alle / die mit Gerichten beliehen und ſolche ver -Lehn-Richter Pflicht wegen Gerichts Per - ſonen und Buͤcher. uͤben / ſich ihrer gebuͤhrenden Schuldigkeit erinnern ſollen / nicht allein ſolche Gerichte mit ehrlichen / auffrichtigen / unbeſcholtenen / untadel - hafften / nach jedern Orts Gelegenheit / qualificirten und dazu ſonder -J 2lich68I. Buch / Cap. VIII. lich geſchwornen Perſonen beſetzen / die im Beyſeyn der Gerichts-Per - ſonen denen Gerichts-Buͤchern alles einverleiben / was nach der Sa - chen Gelegenheit noͤthig erachtet / auch keinen Unverſtaͤndigen dabey laſſen / daß nicht ſolche Buͤcher zu Unterthanen Beſchwerden und de - ren Gerichts-Herrn Schimpff angefochten werden.

Copiſten / Fuͤr - ſprecher und fiſcaliſchen Gerichts Be - dienten Amt.

§. 17. Wie nun oͤffentliche Gerichts und andere Schreiber / Copii - ſten und Fuͤrſprecher / alſo auch ſollen von Rechts wegen aus richter - lichem Befehl ſolche Bedienten erwehlet werden / die an Statt eines Fiſcals dem Proceß beywohnen / und als oͤffentliche Anbringer aus be - noͤthigten obliegenden Amts-Pflicht die Verbrechen anzeigen / ferner gutwillig fuͤr Gericht erſcheinen / Zeugen / Muthmaſſungen und andern Beweiß / oder Rechtens nothduͤrfftigen Behuff herbey zu ſchaffen / der Juſtice huͤlffliche Hand leiſten.

  • C. quoniam contra X. de probat. Tit. C. commun. Epiſtol. L. 6. ff. de cuſtod. & Exhib. reor. L. 6. §. 3. ff. ad SCt. Turpill. L. ult. §. 7. ff. de mun. & hon. L. un. C. de Irenarch.

§. 18. Wann dann nach dem Verhoͤr gemeine Beſcheide zu be - greiffen / ohne in geringern Sachen oder derer Geiſtlichen Streit fuͤr dem Biſchoffen / ſoll der Gerichts-Verwalter in Gegenwart des Rich -Urtheils Ver - kuͤndigungs - Weiſe. ters und derer Beyſitzer / was auff einen jeden Punct ſein rathſam Be - dencken / anzeigen / folgendes die andere darauff kuͤrtzlich auch hoͤren / und was entſchloſſen abfaſſen / demnechſt / ehe dann es eroͤffnet / einen jeden dazu ſein Votum reden laſſen / und zwar ſoll alsdann vom Rich - ter oder deſſen Schreiber / beym ordentlichen Gerichts-Stuhl / an Tag und Ort darzu beſtimmt / des Urtheils Verkuͤndigung geſchehen.

  • Nov. 17. c. 3. Nov. 28. c. 3. Auth. niſi breves, C. de Sent. ex brev. recit. Nov. 83. in præfat. L. 6. C. de Sent. L. 59. ff. de judic. Nov. 82. c. 3. L. 2. §. 31. ff. de orig. jur. L. 5. ff. quod vi aut clam.
Notarien Eyd.

§. 19. Ein Notarius auch muß ſchweren / daß er in denen Sachen / dazu er gefordert / alles auffrichtig verzeichnen / die von Partheyen ein - gegebene Urkunden treu-fleißig zu den Acten bringen / ohne Stadt - Richters Vorbewuſt keine Abſchrifft geben / im rechtlichen verſetzen und nachſchreiben / auch ſo wohl als Zeugen-Verhoͤr und gantzen Pro - ceß ſich redlich erzeigen / und Acten richtig halten / inmaſſen einem ehr - lichen Notario eignet und gebuͤhret / fuͤr Argliſt und Schuld zu ant - worten.

  • L. fin. C. de magiſtrat. convent.
Rechts Wohl - thaten Ver - zicht Behelffs Auszug.

§. 20. Dieſer Ausflucht Behelffs-Recht: Daß eine allgemeine Verzicht einiger Freyheit nicht gelten ſoll / wann nicht die beſonderevor -69Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten. vorher gangen / hilfft dazu / daß man diejenigen Brieffe und Inſtrumen - ta, darinn nicht mit Nahmen ausdruͤcklich alle Wohlthaten / denen man billig haͤtte abſagen ſollen / ſpecificiret ſind / wiederfechten kan / als wann nur an deren Statt dieſe gemeine Clauſul mit ſolchen Wor - ten gebrauchet worden: Jch verzeihe mich aller und jeden Wohltha -Allgemeinen und ſonderli - chen Verzicht Recht. ten / Freyheiten / Ausfluͤchten und heilſamer Rechten Begnadigungen / vom Pabſt / Kaͤyſer / Koͤnig / Fuͤrſt / Staͤdten oder andern Obrigkeiten gegeben / verliehen / eingeſetzt und gewoͤhnlich hergebracht / die mir ietzt gebuͤhren / oder auch hernach gebuͤhren moͤchten / ſamt und ſonderlich; darum ein jeder Notarius, Gerichts-Schreiber oder Beyſitzer fleißig auffmercken ſoll / welcher Freyheits Wohlthat nach geſtalter Sachen ſich zu begeben von noͤthen ſey / daß ſolche ausdruͤcklich und inſonder - heit vermeldet werden / dann wo deren eine vergeſſen / die zur Sache gehoͤrig / ſo kan man nach Recht dieſen Behelff zum Vortheil ein - wenden.

  • L. obligat. ff. de pign. L. cum Aquil. ff. de transact.

§. 21. Demnechſt ſoll jedern Theil / Klaͤgern und Antwortern aufFuͤrſprecher Amt fuͤr Ge - richt. ſein Begehren / ein Gerichts-Fuͤrſprecher erlaubet werden / welche bey ihrem Eyde / Gerechtigkeit und Warheit und rechtliche Satz-Ordnun - gen befoͤrdern / auch nach richterlichen Pflicht-maͤßigem Befehl durch keinerley Gefaͤhrlichkeit / ſolche mit Wiſſen und Willen verkehren noch verhindern; So nun ein Procurator fuͤrſaͤtz - und gefaͤhrlicher Weiſe ſeiner Parthey in buͤrger - und peinlichen Sachen zum Nachtheil / und dem Widerpart zu gute handelte / und ſolcher Ubelthat uͤberwunden wuͤrde / iſt zu beſtraffen / und zwar ſoll derſelbe Gegentheilen zufoͤrderſt ſeinen Schaden / der Sachen halber / nach allem Vermoͤgen wieder er - legen / darzu an Pranger geſtellet / mit Ruthen gehauen / Lands ver - boten / und Mißhandlung gemaͤß geſtrafft ſeyn.

  • P. H. O. art. 88. & 151. L. 7. §. 3. C. de Advoc. L. 9. §. 4. ff. de pœn. P. H. O. art. 115. L. 5. 7. & 8. ff. de poſtul. L. 6. §. 1. & 4. L. fin. C. Eod. L. 1. §. 13. ff. de offic. præſid.

§. 22. Sein eigen oder ſeines guten Freundes Begehren gericht -Procuratorn Amt wem ver - boten. lich fuͤrbringen / oder einem widerſprechen / iſt ein oͤffentliches Amt / dahero es Minderjaͤhrigen unter 17. Jahren und tauben Leuten / ſo der Obrigkeit Befehl nicht hoͤren koͤnnen / rechtlich verboten / wie auch Blinden und Ehrloſen / mit Schanden Befleckten. Wer nun Rechts wegen fuͤr Gericht nicht ſtehen mag / und dennoch eine privilegirte Sache hat / kan das richterliche Amt um Erlaubniß anflehen / als in Beſitz-Streit / in geiſtlichen und Ehe-Sachen / auch peinlichen oderJ 3Nah -70I. Buch / Cap. VIII. Nahrung - und Unterhalts-Klagen; Minderjaͤhrige darff man ohne Kriegs Beyſtand nicht verklagen / Obrigkeit aber wegen Amts Ver - brechen mag man verklagen / ſonſt iſt Procurators Ungehorſam auch dem Herrn ſchaͤdlich / jedoch wann jener nichts hat zu bezahlen / ſo wird dieſem Erſtattung vergoͤnnet.

  • L. 1. in princ. ff. de poſtul. L. 1. §. initium, hoc tit. L. 1. §. ſecundo loco, ff. Eod. L. 57. ff. de judic. L. 18. C. unde vi. L. un. C. ſi de moment. poſſeſſ. C. ult. X. de judic. c. 14. X. de reſtit. ſpol. L. 1. C. de aliment. pupill. L. 4. C. de auth. tut. L. 4. c. ad L Jul. Repet. L. 10. C. de procur. c. 3. §. ſi autem, c. 61. §. ſi porro, X. hoc tit.
Advocaten uñ Zungen-Dre - ſcher Unter - ſcheid.

§. 23. Rechtſchaffene wohlgelahrte Advocaten / nicht aber / die ge - meinen Zungen-Dreſcher / werden durch ihre Kunſt und Wiſſenſchafft edel gemacht / indem ſie zweiffelhaffte Sachen entſcheiden / oͤffentli - chen und ſonderbaren verfallenen Nutzen mit ihrer Verthaͤdigung auffrichten / ſo wohl als ob durch Krieg und Wunden / mit Schwerdt / Schild und Harniſch / ſie ihr Vaterland und Eltern befreyeten / deren ermuͤdeten und arbeitſamen einfaͤltigen Leuten Hoffnung / Leben und Nachkommen offt beſchuͤtzen / und alſo / durch ihren hochruͤhmlichen Mund und Feder / Wehr und Waffen / fuͤr die unfugſam Beleidigte ſtreiten / und dem menſchlichen Geſchlecht nicht geringen Nutzen ſchaf - fen / ja / nach Kaͤyſer Leonis und Anthemii Zeugniß / fuͤr Reich und Lande fechten.

  • L. Advocati, 4. C. de Advoc. diverſ. jud. L. 7. C. de poſtul. L. 2. §. ult. & L. 4. §. 1. in fin. ff. de Excuſat.
Advocaten welche man erwehlen mag.

§. 24. So mag nun ein jeder einen ſolchen Advocaten / zu dem er das beſte Vertrauen hat / in ſeinen Sachen gebrauchen / oder der Richter muß ihm auff ſeine Koſten / bey Amts Entſetzung / einen ge - richtlichen verordnen. Alle Gezaͤncke und Rechts-Streitigkeiten Vor - traͤge aber / welche mehrentheils die Sachen nur zu verwirren und ſchwerer zu machen pflegen / und ſelbſten dasjenige / was nicht zur Sa -Receß und Vortraͤge Recht. chen dienlich / mit einmiſchen / ſollen Advocaten bey Straffe nach Er - maͤßigung uͤbergehen / jedoch einen oder mehr Rechts-Texte und be - waͤhrte Scribenten / welche zur Sachen gehoͤrige Dinge geſchrieben / mag man wohl anfuͤhren / wie auch der Salvation Schrifften Kern / ſamt rechtlichen Berathſchlagungen / mit vorangeſetzten Sachen Geſtalt und zweiffelhafften Urſachen gleichſam an Berichts Statt / daß jedoch ſelbige weder in Bericht noch Stimmen Abfaſſung / Ziel oder Maaß geben / noch / ſo viel die That anbelanget / einigerley Weiſe angemer - cket werden ſollen / ſondern nur kuͤrtzlich auffzuſetzen / und auff Erfor -dern71Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten. dern ohn Entgeld ausgeſtellet / und deren Copie zur Nachricht ver - wahret ſeyn muß.

§. 25. Weiber moͤgen auch nicht fuͤr ihre Kinder ohn erheblicheWeiber ge - richtliche Vor - ſprache verbo - ten. Urſach gerichtliche Vorſprache thun / weilen es ein Mann - und buͤr - gerliches Amt / das Weibern nicht gebuͤhret / ja vielmehr ſchaͤndlich / daß ſie in derer Maͤnner Verſamlung das Wort fuͤhren wollen. Die Obrigkeit aber ſoll fuͤr oͤffentlichen Sold gewiſſe Fuͤrſprecher beſtellen / welche als Patronen derer Armen und duͤrfftigen Sachen verthaͤdi -Advocaten uñ Procuratorn Pflicht und Verdacht. gen ſollen / und iſt dieſes ein Allmoſen Geſtalt / ſonſt aber geht es uͤber des Begehrenden Unkoſten; Procuratores und Advocaten ſollen auch gelehrte und wohlerfahrne Leute ſeyn / niemand bey Gerichts-Stan - des Verbot ihre Vorſprache weigern / noch Gegentheil Patronen verhindern oder abſpannen / ſonſt waͤre ihre Sache verdaͤchtig / und im Zweiffel gegen ſie zu urtheilen.

  • L. 31. §. quanquam. ff. de neg. geſt. L. 2. ff. de R. J. L. 1. C. quando mul. tut. offic. L. 18. & 54. ff. de procurat. L. 32. §. 1. de arbitr. 1. cor. 14. v. 34. C. filius, C. deſiniunt, c. 17. q. ult. Gloſſ. in L. 1. §. ait prætor, ad verbum, habebunt, de poſtul. L. 1. §. in honorariis, ff. de var. & Extraord. cognit. L. pen. C. de poſtul.

§. 26. Alle Procuratores und Partheyen ſollen gewarnet und er -Advocaten uñ Procuratorn Unfugs Straf - fe. innert ſeyn / daß alle / die mit bey Urtheil verluſtiget werden / deßhalben und wegen vorgezogenen Rechts in Koſten und Schaden vertheilt und geſprochen werden ſollen; wo aber ſolches aus freventlichen Auszuͤgen / Verſaͤumniß / Schuld oder Unwiſſen der Procuratoren ſcheinbar und klaͤrlich geſchehen zu ſeyn befunden / ſollen dieſelbe alle Koſten ſelbſt / ohne der Partheyen Nachtheil auszurichten ſchuldig gehalten ſeyn / maſſen niemand ſich etwas geluͤſtẽ laſſen muß / daraus er wiſſen kan / daß ſeine Schwachheit andern Leuten gefaͤhrlich ſeyn mag; So ſollen auch Advocaten mit dem Proceß kuͤrtzlich und ſummariſch in Raub und ab - ſonderlich Mord-Sachen hindurch gehen / uñ ihnen darinn abſonderlich aller Acten Unterricht - oder Anzuͤge-Weitlaͤufftigkeit zu vermeiden an - befohlen / und deren Anlaß abgeſchnitten werden / wie ſolches alles aus - druͤcklich in heiligen Roͤmiſchen Reichs Verordnungen angewieſen / und durch taͤglichen Gebrauch beſtaͤtiget wird.

§. 27. Jn peinlichen / inſonderheit Nachforſchungs-Proceß / wirdAbweſendem Ubelthaͤter wird Fuͤrſpre - cher geweigeꝛt. einem abweſenden beklagten Ubelthaͤter kein gerichtlicher Fuͤrſpre - cher zugelaſſen / auff daß er nicht durch ſolchen Luͤgen vorbringen laſſe / die er ſelbſt zu ſagen ſich ſchaͤmete. So iſt auch des Beſchuldigten Gegen - wart / die Warheit zu gewinnen / noͤthig / nemlich aus bleichem Geſicht /Schre -72I. Buch / Cap. VIII. Schrecken / Zittern / Wanckelmuth und Reden Unbeſtand / daraus be - gangenen Ubelthat Anzeigen zu ermeſſen / und damit er ſich inzwiſchen nicht der Straffe entziehe / maſſen ein Abweſender uͤber Verweiſung nicht mag verurtheilet werden / jedoch wird er wegen der Straffe an ſeiner Perſon binnen Jahrs-Friſt gehoͤret.

Fuͤrſprecher in peinlichen Sa - chen mag nicht Buͤrge ſeyn.
  • L. pen. §. 1. ff. de publ. judic. L. 10. §. pen. ff. de quæſt.

§. 28. So kan auch kein Fuͤrſprecher hierinn genugſamen Buͤr - gen ſtellen / wie in Geld-Sachen ſonſten wohl muͤglich / es waͤre denn die That nur Verweiſung oder geringern Geld-Buſſen werth / oder auch ſeiner Abweſenheit rechtliche Urſache anzufuͤhren / oder ſonſt Ausfluͤchte einzuwenden / das Gericht abzulehnen / oder ſo Beklagter an - weſend den Krieg befeſtiget / hernach abweſend waͤre / oder in groſſen Verbrechen / da jemand ausbleibend in Bann gethan und verdammtVaters Recht fuͤr den Sohn Fuͤrſprecher zu ſeyn. wird / oder im Nothfall / da Beklagter kranck oder gefangen; in dieſem letzten Zufall mag ein Procurator ohne Vollmacht geſtattet werden. Alſo auch ein Vater fuͤr ſeinem Sohn / weilen es unbillig / jemanden / ſo lang die Sache noch zweiffelhafft / und keine Unſchuld gebuͤhrend er - wieſen / zu verurtheilen oder loßzuſprechen. Wann ſonſt etwa BeklagterSteck-Brieffe Krafft. fluͤchtig citirt nicht erſcheinen will / mag er bey allen Gerichten mit offe - nen Steck-Brieffen verfolget werden / ihn gefangen zu nehmen / wo er nur zu finden / und ob zwar insgemein der Uberwundene und nicht der Uberwinder zu deren Unkoſten Erſtattung pflegt verdammt zu wer - den / ſo moͤgen doch ſolche wohl einem peinlich Angeklagten / er ſey frey geſprochen oder zu Straffe erkannt / aufferlegt werden.

  • L. 1. ff. an per al. appell. L. 3. C. de accuſat. L. 51. ad L. Aquil. L. 4. §. ult. ff. de Sicar. L. 21. C. de pœn. L. 33. §. 2. verb. ubicunq́; ff. de procur. L. 10. ff. de publ. jud. L. 6. ff. de appellat. §. hæc autem, inſtit. de pœn. term. litig. L. 79. princ. ff. de judic. L. 4. C. de fruct. & Lit. Expenſ. P. H. O. art. 201.
Advocaten Pflicht bey ge - richtlichen Vortraͤgen.

§. 29. Advocaten ſollen auch ſich unnuͤtzen / uͤberfluͤßigen / unnoth - duͤrfftigen Worten in ihren Vertraͤgen enthalten / keiner den andern ſchrifft - oder muͤndlich ſchimpffiren / viel weniger Laͤſterung bey Straf - fe nach Gerichts-Ermaͤßigung / ſondern Erbarkeit gebrauchen / alle Ehre befoͤrdern / ohne hoͤniſch - und ſchmaͤhlichen Reden / auffs ſchleu - nigſte / kurtz-muͤglichſt der Sachen Nothdurfft mit gebuͤhrender Be - ſcheidenheit vor und einbringen; nemlich ohne ſtachlichte Anzuͤge / ſo wohl gegen des Gerichts Perſonen / als ihren Gegentheil und deſſen Kriegs-Beyſtand / und zwar bey 5. Rthlr. Straffe / derer Clienten Tauff - und Zunahmen auch vor erſten Satzes Anfang auszumelden.

§. 30. Es73Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten.

§. 30. Es ſollen aber Richter ſelbſten in der Sache / darinn ſie ur -Richter wann nicht Advoca - ten ſeyn moͤ - gen. theilen muͤſſen / keines Advocaten Stelle betreten / und ſollen alle Ad - vocaten / ehe ſie zugelaſſen / ihrer Lehr-Geſchick-Redlichkeit / rechter natuͤrlichen Geburt / Weſens und Verhaltens halben / ob und wo ſie der Rechten gewuͤrdiget / wohl examiniret und erkant werden; So fern aber einer angenommen / hernach ungeſchickt / unfleißig oder ſonſt untuͤchtig befunden / mag er jederzeit wieder beurlaubet und an ſeinerAdvocaten Examen, Ver - ordnung und Urlaubs Recht Statt ein ander verordnet werden / maſſen ſolche ungelehrt und leicht - fertige Leute offt manchen armen Mann verfuͤhren / zu ſeiner Nah - rung Verſaͤumniß in Schand und Schaden bringen / darum keiner ſich unterſtehen ſoll / einige Sachen guͤt - oder gerichtlich zu fuͤhren / er habe dann im Rechten ſtudiret / und davon ſchrifftlich Zeugniß vorzu - weiſen / damit niemand durch deren Ungewißheit verletzt / oder aus Unverſtand / Argliſt und Betrug um Geld gebracht werde / wiedrigen Falls ſie angezeigt / andern zum Abſcheu / ſich dafuͤr zu huͤten / geſtrafft werden moͤgen / weilen unbillig / jemanden zu unnoͤthigem Zanck und Rechtfertigung zu rathen.

  • L. 6. C. de poſtul. c. 58. de R. J. in 6. C. 1. ubi gloſſ. ad verb. Advocati, X. ut lit. non conteſt.

§. 31. Ob auch eine Parthey in beſchehenen Gerechtigkeits Unter -Advocaten Pflicht / wann Partheyen hartnaͤckicht zum Streit. richt in Verſtaͤndniß unbegruͤndet / dem Rechten zu wieder / ſich anſe - hen lieſſe / in ihren Vornehmen nicht guͤtlich abhalten zu laſſen / ſoll er eydlich geloben / fuͤr Gericht nicht weiter oder mehr zu reden und zu han - deln / denn ihm befohlen und eingegeben wuͤrde / auch darinn wiſſent - lichkeinerley falſche Gefaͤrde noch Unrecht zu brauchen / und ob ſchon erAdvocat Eyd gegen Clienten wann unguͤl - tig. mit Eyd bekraͤfftiget / die Sache biß ans Ende zu verfechten / iſt er den - noch nicht zu ungerechtem Streit deßfalls verbunden / er haͤtte denn ei - nen guten Fug zu rechten / gegen die Obrigkeit aber ſoll man gar nie - manden verſtaͤrcken.

  • L. 14. §. 1. C. de judic.

§. 32. Welche nun zu procuriren und advociren genugſam quali -Advocaten Pflicht / Sa - chen anzuneh - men. ficiret / ſollen ermahnet ſeyn / daß ſie ja nicht alle Sachen ohn Unter - ſcheid annehmen / ſondern zuvor Gelegenheit erkundigen / ob ſich be - findet / daß die Parthey / ſo ſie bedienen ſollen / eine ungerechte Sache habe / ſelbige davon abweiſen und keinen unbilligen Vorſchub noch Anleitung geben / ſondern ungegruͤndeter Sachen ſich gaͤntzlich ent - aͤuſſern / und ſeines Nutzen halben nach eingenommenem Bericht nie - manden vergebliche Hoffnung machen / vielmehr die Umſtaͤnde ver -Knuͤnff -74I. Buch / Cap. VIII. nuͤnfftig zu Gemuͤth fuͤhren / darauff verwarnen / ſich lieber weiſen zu laſſen / als eitele Unkoſten zu haben.

Advocaten Pflicht und Vorſorge in Sachen Be - dienung.

§. 33. Wann nun Advocaten befinden / daß einigen Leuten ohne Rechtfertigung nicht geholffen werden moͤge / ſondern ihre Sachen alſo beſchaffen / daß ſie darinn billig zu bedienen / ſo ſollen ſie doch fuͤr allen Dingen muͤglichen Fleiß anwenden und verſuchen / ob der Sa - chen in Guͤte / durch leid - und billige Mittel abzuhelffen / nicht aber von ſuͤhnlichen Vergleichung abhalten / ſondern dazu mehr befoͤrdern als verhinden. Wann aber Verſuhnung nicht zu erzwingen / und zu recht - lichen Ausfuͤhrungs verſetzen kommen / ſo ſollen ſie aller vergeblichen Weitlaͤufftigkeit / die Sache deſto laͤnger zu verſchleiffen / vermeiden.

Advocaten Belohnungs Recht.

§. 34. Welcher Advocat etwas uͤber geſetzten Lohn und Sold em - pfangen / ſoll es wieder zuruͤck geben / wofern auch wegen deſſen Erhoͤh - und Mehrung Jrrungen entſtuͤnden / ſollen ſie von Richter und Schoͤp - pen entſchieden werden / daß ſie es dabey beruhen laſſen ſollen / und keine weitere Gabe nehmen / noch andere unziem - und ungebuͤhrliche Vorgedinge machen wollen / und wo ſolches von ihnen uͤberſchritten / ſollen dergleichen Vorworte unkraͤfftig ſeyn / und niemand verpflich - ten / dazu die Procuratores mit ihren Stands Entſetzung und ſonſten der Uberfuͤhrung zu beſtraffen / was Partheyen aber gutwillig Advo - caten geben / daſſelbe moͤgen ſie ſich mit Richters zugeſchaͤtzten Beloh - nung vergnuͤgen laſſen / und daruͤber niemanden weiter beſchweren.

  • P. H. O. art. 108.

§. 35. Alle gerichtlichen Fuͤrſprechern ruͤckſtaͤndige Beſoldungen ſollen zwar bezahlet / jedoch moͤgen Advocaten / Procuratores und No - tarien / die verdorbenen Perſonen zu Zeiten gedient und beygeſprungen / ſolcher Schulden halber eben nicht fuͤr allen andern Glaͤubigern aus - geſetzt oder vorgezogen werden / ſondern muͤſſen / ſo viel deren zu ent - richten / ſich als Handſchrifft habende abfinden laſſen / weilen derglei - chen Belohnung zum Vorzugs Recht nicht hin zu rechnen.

  • Tot. Tit. C. de advoc. diverſ. arg. L. 4. C. de petit. hæred.
Soldaten Pflicht / wegen Advocaten Amt.

§. 36. Soldaten moͤgen keines Anwalds Stelle vertreten / noch in frembder Sache / auch mit Gegentheils Willen / Fuͤrſprecher Amt auf ſich nehmen / damit ſie dadurch ihre Schuldigkeit nicht verſaͤumen / noch von oͤffentlichen Wehr - und Krieges-Stands Pflicht durch Privat - Geſchaͤffte abgeruffen und verhindert werden moͤgen / es ſey denn eige - ner oder Kriegs-Heer - und Regiments-Sachen halber / oder es waͤre ein alter ausgedient und abgedanckter Knecht / der ſeinen Mit-Geſellenoder75Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten. oder eigene Sachen verthaͤdigen wolte / und gegen ſeine Perſon bey Kriegs-Befeſtigung nichts eingewandt worden / vielmehr ſteht Procu -It. Profeſſorn. Hauptleute und Aertzte Pflicht. ratoren Verrichtung Haupt-Leuten und andern Befehlhabern / Pro - feſſoren / Aertzten und hoͤhern Standes Perſonen uͤbel und unwuͤrdig an / weilen es ein gering und veraͤchtliches Amt iſt / ja keine Wuͤrde / ſondern Beſchwerde / welches auch ehrloſe Leute bißweilen verſehen koͤnnen.

  • L. filiusfam. §. Veterani, ff. de procur. L. 7. & 9. C. Eod. §. fin. inſtit. de Except. L. 2. §. 2. ff. de his, qui not. L. 8. §. 2. verb. niſi hoc tempore ff. & L. 13. verb. ſi cum primum, C. de procurat. L. 2. in fin. C. de Dignit. L. ſi quis procurationem & L. 16. L. 34. C. de Decur.

§. 37. Stadts-Syndicus, Anwald und Gemeinden VollmaͤchtigerStadt-Syndi - ci Amts Pflicht und Beſtal - lung. muß von Buͤrgermeiſtern und Raths-Herrn auch allen Stadts-Buͤr - gern erwehlet und beſtellet werden / weiln alle und jede / die es angehet / ihre Stim̃en beyzugeben auch dazu beruffen werden muͤſſen / da denn ſie erſcheinen oder nicht / geſchiehet was Recht iſt; Jn kleinen Doͤrffer Ge - meinden ſollen aller Bauren Nahmen unterſchꝛieben ſeyn / wer aber nicht ſchreiben kan / der muß es gerichtl. vollentziehen laſſen / oder bey Notarien und Zeugen. Alſo auch / wann etwas aus Gemeinde Sachen zu ver - aͤuſern / dazu iſt ein jeder Anwald ſeine Perſon / gleichwie zu allen und jeden Gerichts-Haͤndeln / zu legitimiren ſchuldig / jedoch mag ein Stadt - Syndicus ohne Betrug und Heucheley in zweiffelhafft und ſtreitigen Sachen wohl Vergleich treffen.

  • L. fin. C. de author. præſt. c. 29. de R. J. in 6. L. 2. C. de Decur. Auth. ſi omnes C. ſi minor, ab hæreditate ſe ab〈…〉〈…〉 in. L. fin. C. de vend. reb. civit L. 3. ff. & L. 12. C. de transact.

§. 38. Allwo nun etwan von wegen einer Stadt oder Gemeinde inEyd fuͤr eine Gemeinde wer abſtatten mag. gerichtlichen Haͤndeln ein Eyd ſolte geleiſtet werden / und ſonſt kein Anwald vorhanden oder zugelaſſen waͤre / ſo ſollen drey oder vier der Aelteſten / welche uͤm die Sachen am beſten Wiſſenſchafft haben moͤch - ten / ihn ablegen; weilen auch niemand durch ſeine Thaten eines andern Recht verletzen mag / als kan kein Vollmaͤchtiger / ohne deren geſamten Raths-Herrn / Buͤrger und Zunfft-Meiſter Berathſchlag und Zuzie - hung / Stadt-Schulden / Wucher oder Renten-Zinß erlaſſen / viel weniger Geld entlehnen und deren Einwohner oder Gemeinde Guͤter verſchreiben / es ſtuͤnde denn zu erweiſen / daß es in Stadts - oder Ge - meinde Nutzen wuͤrcklich angewandt / darum alle deren Vollmachten eingeſchlichene Mißbraͤuche zu vermeiden / ſollen ſie von Principal -Syndicus wañ Eyd ablegen kan. Partheyen beſiegelt und unterſchrieben ſeyn. So muß dann ein Syndi - cus allgemeine und ſonderbare Vollmacht vorweiſen / nach der SachenK 2Wich -76I. Buch / Cap. VIII. Wichtigkeit / als wegen Eydes Abſtattung; Buͤrgſchafft aber zu leiſten / iſt er doch nicht angehalten / weilen allezeit die Gemeinde fuͤr genugſam vermoͤgend / alles zu bezahlen / erachtet wird.

  • L. 39. ff de neg. geſt. L. 74 ff. de R. J. L. 27. ff. de reb. cred. L. 3. §. 2. ff judicat. ſolvi. L. 6. §. 3. ff. quod cujusq; nimirum nom. L. 17. §. fin. & L 34. §. Defenſor. ff. de jurejur. L. 2. §. 3. C. de jurejur. propt. calumn. c. 6. X. Eod. c. fin. Eod. in 6.
Sohns Recht gegen Vater und andere gerichtlich zu klagen.

§. 39. Ein Sohn mag ſeinen Vater nicht gerichtlich anklagen / ohne in ſelbſt erworbenen Guͤtern Streitigkeiten / ja ein Sohn / der an - noch in Vaters Gewalt iſt / kan ohne deſſen Willen gegen Frembde nicht zu Gericht gehen / er ſey dann Geſandſchafft oder ſtudirens hal - ber abweſend / oder wann ihm etwas geſtohlen / oder Schmaͤhung / Schimpff und Schaden erlitten hat / alſo auch Weiber moͤgen nicht fuͤr Gericht anklagen / ohne ihre und der Jhrigen Schmaͤh-Klage zu verfolgen.

  • L. 4. ff. de judic. L. 4. §. 1. ff. de caſtr. pecul. L. 18. §. 1. ff. de judic. L. 9. ff. de obl. & act. L. fin. C. de bon. quæ liber. L. 4. 5. 8. & 12. C. de his, qui accuſ. non poſſ.
Bluts-Ver - wandtẽ Recht Fuͤrſprecher zu ſeyn.

§. 40. Ein Vater mag ſeines Sohns / und der Sohn ſeines Va - ters wegen / wie auch alle andere Perſonen auff - und abſteigender Li - nien / deßgleichen ſeit halber / oder Bluts-Verwandten biß im dritten Glied / und der Mann wegen ſeines Eheweibes / alſo auch im Gegen - theil ein Weib fuͤr ihren Mann / abſonderlich wenn er gefangen / oder ein Schwaͤher vor ſeinen Eydam / oder ein Tochter-Mann vor ſeinenGenehmhal - tung Verſiche - rungs Recht. Schwaͤher / werden zugeſtattet / im Recht ohne Gewalt zu erſcheinen / und an Gevollmaͤchtigten Stelle gerichtlich zu handeln / auch ſolche ge - buͤhrend zu vertreten / dabey aber wuͤrckliche Genehmhaltungs Verſi - cherung / welche bey Buͤrgſchafft durch Geldes Beylage am beſten ge - than wird / bereit ſeyn zu ſtellen.

  • L. 35. in princ. ff. de procurat. L. 3. §. pen. ff. de liber. cauſ.

§. 41. Keine Parthey mag ohne oder mit Fuͤrſprecher auſſer Ge - richts-Zeit den Richter oder Beyſitzer in ihren Haͤuſern / der Sache halber / dem andern zu Nachtheil beſprechen / und vorgefaſſete Mey - nung beybringen / bey hundert Gold-Guͤlden Straffe; Sonſt lautetKuͤrtzlichen Vollmacht Jnnhalt. in buͤrgerlichen Streit Gewalt und Vollmacht kuͤrtzlich alſo: Was mein Gevollmaͤchtigter der gantzen Sache in meinem Nahmen verrich - ten wird / will ich als mein eigen vor genehm achten / ihn und ſeine Subſiſtuten ſchadloß vertreten bey Verpfaͤndung aller Haab und Guͤ - ter / in beſter Form Rechtens / mit benoͤthigten mehrern Gewalts Auff - tragung.

  • L. un. §. fin. ff. ad L. Jul. de ambitu.
§. 2. All -77Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten.

§. 42. Allgemeinen Vollmachts Form kan alſo heiſſen: Urkun -Vollmachts allgemeine Form. de und bekenne hiermit und Krafft dieſes / demnach ich verſchiedene zu Recht-anhaͤngige Sachen habe / deren meiner andern Geſchaͤfften und weiten Entlegenheit halben in eigener Perſon nicht abwarten kan / als habe in allen und ieden ietzo gegenwaͤrt - und kuͤnfftig / wie ſie auch ſeyn und anhero von Wort zu Wort beſchrieben werden koͤnten oder ſol - ten / denjenigen benannten zu meinen gevollmaͤchtigten Anwalden und Gewaltshabern beſtellet und verordnet; Beſtelle und verordne auch denſelben in allerbeſter Form / Maaß und Weiſe Rechtens / wie ſolches nach Rechts Brauch Gewohnheit und Ordnung eines jeden Gerichts geſchehen kan oder ſoll / daß er / wofern es noͤthig / neuen Streit erheben / Ladung auswuͤrcken / Klage vor und anbringen / Anfangs guͤtliche Handlung pflegen und erwarten / in deren Entſtehung aber ſeine Noth -Vollmachts nothwendiger Jnnhalt. durfft vom Munde in die Feder einfuͤhren / wiederholen / alle vor und nach Krieges Befeſtigung gebuͤhrende Auszuͤge / Auffſchub oder Zer - ſtoͤrung wegen einzugeben / von Gegentheil Streits Anhang zu geſche - hen anhalten / deſſen Ungehorſam beſchuldigen / Eyd aufftragen / und wieder anbieten / Beweiß und Gegenbeweiß verfuͤhren / ſchrifftliche Urkunden mit Vorbehalt auslieffern / ausgehaͤndigte erkennen oder verlaͤugnen / vollgefuͤhrte Zeugniß ſtreitig machen / in der Sache be - ſchlieſſen / Bey - und End-Urtheil anhoͤren / dawider Appellation ein -Affter - und Nachanwalds Beſtallungs Vollmacht. wenden / ſolche verfolgen und rechtfertigen / Gerichts und andere Un - koſten liquidiren / deren Ermaͤßigung bitten / Execution anſuchen / einen oder mehr Affter-Anwalde an ſeine Statt zu ſetzen / dieſen Gewalt gantz oder zum Theil auff ſie verwenden / ſolche nach Verordnung wie - derruffen / Vollmacht wieder an ſich zu nehmen / und ſonſt bey allen Rechtfertigungen in meinem Nahmen und von meinetwegen / an Klaͤ - ger oder Beklagten Stelle / ſo wohl guͤt-als rechtliche / jedes mahl alles zu thun und fuͤrnehmen / was ſich nach Sachen Geſtalt gebuͤhret / und ich ſelbſt anweſend handeln moͤchte oder ſolte / da auch ihm oder ſeinem Nachanwald mehrere Vollmacht / als hier begriffen / benoͤthiget / will ich / wie vollkommen es ſeyn ſoll / ietzt als dann / und dann als ietzt / als waͤre es mit beſondern Worten / Puncten und Clauſuln ausgedruͤckt / hierbey geben / mit Verpflichtung meiner Haab und Guͤter / alles ge - nehm-feſt - und unverbruͤchlich zu halten / auch Schadloß zu vertreten.

§. 43. So ſoll nun ein jeder Anwald ſeine richtig geſtellte Voll -Anwalds Pflicht / Voll - macht einzu - geben. macht alsbald in Proceß Eingang vorweiſen / zu denen Acten beyle - gen und am Rande bemercken; wann aber eine Vollmacht mangel -K 3hafft /78I. Buch / Cap. VIII. hafft und Anwald Genehmhaltungs Erbieten alſobald zu Werck rich - tet / ſoll er gehoͤret ſeyn / ſo da nemlich alsdann beklagter Anwald die zuerkannte Verſicherung / mit ſeiner Guͤter Verpfaͤndung / fuͤr dem Gerichts-Schreiber / wie herkommens / angeloben wuͤrde; ſo haͤtte er ſolches zur Gnuͤge beſtellet.

Blanquet Voll - macht Recht.

§. 44. Demnach auch die Anwalde offtmahls nur die bloß uͤber - ſchickten Blanquet an Statt der Vollmacht anfuͤhren wollen / ſoll die - ſes als eine gefaͤhrliche Sache / ſintemahlen dergleichen leichtlich vonGrafen und Freyherrn Vollmacht mit Secretari - en Brauch. Acten en kommen / und zu andern Sachen / Erfahrung gemaͤß / boͤßlich gebraucht werden kan / bey Straffe abgeſchafft und verboten ſeyn / jedoch Grafen und Freyherren / da ſie ſich nicht ſelbſt unterzeichnen wol - len / moͤgen ihre Secretarien oder andere anſehnliche Diener neben ih - rem Siegel unterſchreiben laſſen.

  • L. 24. C. de procurat.
Vollmacht Recht bey vie - len Sachen.

45. Wann auch einer mehr denn eine Sache haͤtte / ſoll er nicht nur allgemeine Vollmacht einbringen / ſondern um mehrern Richtig - keit willen unterſchiedene von ſich geben / damit zu jedern Sache eine beſondere abgeleget werden moͤge / oder es ſoll zum wenigſten der Ge - richts-Notarius auff Parthey Unkoſten die Haupt-Vollmacht durch - ſehen / und jedern Sache eine uͤberhoͤrte Copie beylegen / in deſſen Ver -Vollmacht Fehl - und Maͤn gel wie zu er - klaͤren. bleibung die Parthey in Unkoſten zu verurtheilen. Da nun eine Voll - macht-Gewalt - oder Anwaldſchafft angefochten werden wolte / ſol - len deren Maͤngel / daher man ſie zu widerſtreiten vermeynet / ſonder - lich angezeiget und ausgefuͤhret werden; wann aber in der Sache end -Vollmaͤchtigẽ Pflicht wegen Amts-Gebuͤh - ren. lich erkannt / mag keiner mit hernachfolgenden Genehmhaltung nach - theilig gehoͤret werden / auch diejenigen / ſo Vollmacht auff ſich nehmen / ſollen allewege darauff bedacht ſeyn / die Gerichts oder Amts-Gebuͤh - ren von ihren Partheyen einzubringen / oder ſie muͤſſen ſolche / ehe ſie zu - gelaſſen / ſelbſt entrichten.

Gewalt und Vollmacht Recht auff Er - ben zu ſtellen.

§. 46. So ſollen auch alle Gewaͤlde gleich Anfangs auff derer Partheyen Erben mit geſtellet werden / damit auff ein und andern Parthey toͤdtlichem Hintritt nicht noͤthig ſey / die Erben / den Streit von neuen wieder anzunehmen / zu citiren; Sondern wann die Vollmacht einmahl vorgefuͤhret / der Procurator alsdann die Sachen zum Be - ſchluß zu bringen vermag / auch ſo wohl End-als Bey-Urtheil in deſ - ſen Perſon abgefaſt und geſprochen werden / dafern nemlich die Erben annoch nicht nahmhafft gemacht waͤren / welches zu thun der Procurator binnen drey Monaten nach ſeines abgelebten Principalen Tod ſchuldig iſt.

§. 47. Wann79Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten.

§. 47. Wann auch in eines Procuratorn Vollmacht Fehl oderVollmachts Fehl oder Mangel Erſe - tzungs Recht. Grund liegen - des Gut be - freyet von Buͤrgſchafften. Mangel erſcheinet / muß er ſolchen erſetzen / mit Verſicherung benoͤthig - ter Genehmhaltung des Principaln / wie auch ſonſt der Sachen Haupt - mann Buͤrgen ſetzen muß / wenn er keine liegende Grund-Guͤter beſitzet / anders mag er von Buͤrgſchafft Pflicht frey ſeyn / ob ſchon ſolche Guͤter nicht eben in ſelbiger Provintz und Stadt / noch unter ſelbigem Richter gelegen / ja wohl anders wo wohnet.

  • L. 7. §. 1. qui ſatisd. cog.

§. 48. Nach Kriegs-Befeſtigung mag keine Gewalt oder Voll -Vollmacht wann nicht zu wiederruffen. macht / ohne der Sachen Erkaͤntniß / wiederruffen werden; weilen nun in peinlichen oder Schmaͤh-Klagen kein Anwald leichtlich zugelaſ - ſen / ſo muß ein jeder Beklagter auff anderwaͤrtige Einladung perſoͤn - lich erſcheinen / und auff die gegen ihn erhobene Klage antworten / nem - lich alles Vorwendens ungeachtet / bey Straffe des Ungehorſams biß auff Ehehaffte Urſachen. Ein Vater aber wegen ſeines Sohns Ent - ſchuldigung iſt zulaͤßig / auch in der Haupt-Sache zu hoͤren / und ihm zu geſtatten / daß er ſeine Unſchuld wie Recht ausfuͤhren moͤge.

  • L. 17. ff. & L. 22. C. de procurat.

§. 49. Ein Vollmaͤchtiger / Befehl oder Gewaltshaber ſoll wohlVollmachts Befehl nicht zu wider ſtrei - ten. in acht nehmen / ſeinen zugemeſſen-empfangenen Befehl nicht zu uͤber - ſchreiten / dann wofern ſolches insgemein iſt / und weiter auff mehr Sa - chen gehet / muß er alles zu ſeines Herrn Nutzen handeln / dazu wer oh - ne und wider des Principalen ausdruͤcklichen Befehl zu viel oder we - nig thut / muß ihn gaͤntzlich ſchadloß halten / und wann einer ohn Ge - heiß Unkoſten macht / kan man den Herrn darum nicht beklagen; alles was ſonſt einer durch andere Leute thut / iſt gleich / als wenn er es ſelbſten thaͤte / es ſey auch Beſitzes Entſetzen / toͤdten oder was er wolle.

  • §. 1. 2. 3. 4. 5. inſtit. de mand. L. mandatum. L. ſi mandavero. L. 2. §. ſicut, cum tri - bus ſeqq. L. Diligenter, & L. ſi quis, ff. Eod. L. ſed etſi, §. ſi ſer vus, ff. de in - jur. L. quod jusſu, ff. de R. J. c. qui per alium de R J. in 6. L. ſed etſi, §. ſi juſſu, ff. de injur. L. hoc jure, §. 1. ff. de R. J. L. 1. §. 12. ff. de vi & vi arm. L. 2. §. reſtituas, ne quid in loco publ.

§. 50. Jn erbaren zugelaſſenen Dingen / nicht aber in ſchaͤndli -Vollmacht wann zu geben verboten. chen mag man jemanden Vollmacht geben / denn wer dieſes ausrichtet / iſt Straff-wuͤrdig; So ſoll auch niemand vom Zweck und End-Urſa - chen der Vollmacht abgehen / ſondern alle Mittel darzu gebrauchen / aus unbetruͤglichem Rathſchlag iſt ſonſten niemand verbunden / maſſen ein jeder ſeinen beſten Nutzen pruͤfen muß / was aber einer ohne Befehl nicht gethan haͤtte / dafuͤr iſt der Befehl und Rathgeber billig verpflich -tet;80I. Buch / Cap. VIII. tet; Es wird aber Vollmacht durch Gegentheils Wiederwillen oderVollmacht Auffkuͤndi - gungs Recht. deſſen ſo wohl als Vollmaͤchtigen Tod auffgehoben / wann aber die Sache unwiſſend angefangen und von denen Erben vollendet / oder die Noth es anders erfordert / ſo mag die Vollmacht nicht unterlaſſen werden; jedoch kan ein Gevollmaͤchtigter ſeine Pflicht / jenem ohne Schaden / zu rechter Zeit wohl auffkuͤndigen und abſagen.

  • L. 12. §. ſi adoleſcens, ff. mandat. L. 22. §. 6. ff. & L. 12. C. Eod. L. 2. ff. de jurisdict. L. fin. ff. de offic. ejus. L. 47. ff. de R. J. L. 37. §. 1. Mand. c. nullus, Eod. tit. in 6. L. 2. in fin. & L. 15. & 26. & L. 6. §. 4. in fin. ff. Mand. L. pen. C. de pact. L. Venditor. & L judicium, ff. de jud. L 27. & 22. cum ſeq. ff. Mand.
Vorfalls Aus - zuͤge Recht. Freyes Geleit wann zu er - theilen.

§. 51. Rechtlichen Vorfalls Entſchuldigungs Auszuͤge / einig Ge - richt abzulehnen / ſind auch / wenn jemand ſeinen Urheber benennet / oder ſo fern Klaͤger nachtheilig vom Gericht mag verwieſen werden / alſo kuͤnfftig Urtheil zu meiden / wie auch Ausflucht wegen begangenen Raubs / wobey nur erſt der Sachen Erſtattung begehret wird / wel - ches innerhalb 15. Tagen zu erweiſen; Jtem / Einwurff eines unſichern Orts / als Peſt-Zeit / Feindſchafft und Kercker Furcht halber / da dann freyes Geleit zu ertheilen / oder ein ander Gerichts-Ort zu erwehlen. Alſo auch wegen unerbaren Orts und gar zu engen Termins oder Rechts Feyertage Zeit / deßgleichen der Vorwurff einer Rechts unfaͤhigen Per - ſon und falſchen Procuratoris, oder ſofern jemand mehr als Recht iſt klagend begehret / oder daß etwa der Contract nicht zur Gnuͤge erfuͤllet / welches Klaͤger zuvor pflichtig / und mag dieſes ſelbſt bey Urtheils-Exe - cution vorgeworffen ſeyn; Jtem Vorſchuͤtzung von Buͤrgen oder drit -Execution Verhinde - rungs Mittel. ten Pfand-Beſitzer / wegen Theilung und Executions-Ordnung der Schulden und Abſtand der Anſprache / daß alſo Beklagter von ange - ſtrengter Klage fuͤr gewandten Auszugs wegen loß zu zehlen / und Klaͤ - gers Suchen alsdann noch zur Zeit keine Statt finden kan.

  • L. 2. C. ubi in rem act. L. 13. 16. 18. 21. ff. de Except. C. 1. de reſtit. ſpol. L. 21. §. un. ff. de arbitr. L. 24. C. de procurat. L. 13. §. 8. ff. de act. Emt. L. 20. §. 1. ff. de tut. & rat.
Richter Schmaͤhung Rach und Straffe.

§. 52. Wann einem Richter nicht als einer Privat-Perſon / ſon - dern in Anſehung ſeines Amts / Schmaͤhung zugefuͤget worden / ſo mag er ſelbſten in der Sache nachforſchen / ſo fern es ein oͤffentlich-kundbare Ehren-Schaͤndung / jedoch daß die Straffe nicht ſeine eigene / ſondern des gemeinen Weſens Beſten Nutzen betreffen ſoll / und nicht nur zum Wiederruff oder gethaner Schmaͤhung Schaͤtzung zu gewinnen; wo - fern auch ſonſt jemand im Gericht fuͤr den Richter etwas verbricht / magder -81Von Gerichts-Schoͤppen / Schreibern und Advocaten. derſelbe darauff erkennen / es ſeyn Verleumder / falſche Zeugen / oder ſol - che / die falſche Brieffe gebrauchen.

  • L. 1. C. de calumniat. L. nullum, C. de teſt. L. pen. C. de probat.

§. 53. Wann Beklagter gegen Klaͤgern falſchen Brieffs Inſtru -Falſchẽ Brief - fe Gebrauch Erkaͤntniß Recht. menten Gebrauch vorwendet / oder ein ander Laſter ſonſt dem Klaͤger / Schuldigen oder Zeugen gerichtlich vorgeworffen wird / auff Art und Weiſe einer Gegenklage / ſo iſt dem Richter zum Nachforſchungs - Proceß der Weg gebahnet / auch ehe und bevor die buͤrgerliche Klage beſchloſſen / ſo fern er anders der angehoͤrige Richter iſt; geſchicht es aber Ausflucht oder Auszugs Geſtalt nach / ſo ſteht es dem Richter frey / ob er ſolches Verbrechen zu erſt / oder mit der Haupt-Sache zugleich endi - gen will.

  • L. pen. & fin. C. de ordin. jud.
Gerichts Be - dienten Frey - heit.

§. 54. Sonſt kan und mag auch Richtern / Schoͤppen und allen andern Gerichts Bedienten ihren haͤußlichen Anweſen ſamt Hauß - haltungs Geſinde / auch verlaſſenen Wittwen / ſo lang ſie ſich nicht in des Orts Buͤrgerſchafft verheyrathen oder begeben / Ungelder / Schatz -Gerichts Zwangs Frey - heit wer zu ge - nieſſen. Richterlichen Schmach Er - forſchung Amts wegen. Zoll-Beſchwerung und andern Gerichts-Zwangs Freyheit verſtattet werden / jedoch ſollen ſie keine Gaſtung oder Kauffmannſchafft treiben noch gebrauchen.

§. 55. Weilen auch oͤffentlich einer Obrigkeit kundbar angetha - ne aͤrgerliche Schmaͤhung gemeinen Weſens Ruheſtand zerſtoͤret / und aber viele / wegen der Unkoſten oder engen Zeit Raum / lieber Streit haſſen / und GOtt die Rache befehlen / als mag der Richter Amts we - gen erforſchen. Alſo verhaͤlt ſichs / wann armen und elenden Perſonen Schmach angelegt / die Proceſſe zu fuͤhren ſich nicht erkuͤhnen duͤrffen. So ſoll man in peinlichen Sachen / wo nicht genugſamer Beweiß / denPeinlichen Sachen gelin - dern Straff - Recht. gelindern Weg gehen / wann aber die Ubelthat offenbar / bekandt und erwieſen / ſoll ſie geſtrafft werden / weilen eben darum die Obrigkeit das Schwerdt traͤgt / welches ihr von GOtt darzu gegeben; jedoch hat kein hoher obrigkeitlicher Reſolutions-Befehl ohne gerichtlich vorher gegangenes Verhoͤr und Urtheil vollſtaͤndige Macht und Krafft zur endlichen Vollentziehung.

  • L. 6. C. de pœn. L. 29. C. de appell. arg. L. 47. ff. de O. & A. L. 22. C. ad L. Corn. de falſ. L. in vulnere, ff. ad L. Aquil. L. licitatio, §. quod illicite, ff. de Publ. & Vectigal. L. capital. §. famoſ. ff. de pœn. L. ſi operis. C. Eod. Rom. XIII. Deut. XIII. & XVII.
LCap. IX. 82I. Buch / Cap. IX.

Caput IX.

Von Arreſt oder Beſchlags-Banden und Gefaͤng - niß / Buͤrgen / Bey - und End-Urtheil auch Straff - Buſſen-Vergleich.

§. 1

Fluͤchtigen Ar - reſt oder Be - ſchlag / wann guͤltig.

WAnn Beklagter Flucht halber und ſonſt wegen Untreu verdaͤch - tig / mag gerichtlicher Beſchlag durch eydliche Verſicherung nicht auffgehoben werden / wie denn auch Klaͤger in peinlichen Sachen nicht eydlich verſichern kan / ſondern in Gefaͤngniß gehen oder Buͤr - gen ſtellen muß; ſo auch der Schuldner ein Verſchwender / oder des Verwundeten groſſe Schwachheit dazu koͤmmt. Sonſt aber auff bloſſe Klage und Ankuͤndigung des beleidigten Theils / ohne andern Arg - wohn / ſoll niemand leichtlich mit Arreſt beleget werden / ob ſchon Klaͤ -Arreſt wann nicht geſche - hen ſoll. ger Verſicherung anbeut / maſſen zwar dadurch der Richter ſchadloß gehalten / jedoch hat er ſein Amt uͤbel verwaltet / indem er ohne der Sachen Erkaͤntniß und auſſer rechtlichen Urſachen jemand gefangen haͤlt / und kan ihm nichts helffen / ob er auch den unrechtmaͤßig Gefan -Buͤrgſchafft mit gewiſſen Beding / iſt oh - ne Verdacht und Macht. gegen gegen Buͤrgſchafft wieder loß laͤſt / unterm Schein / als habe er bekennet / daß ihm recht geſchehen waͤre / maſſen derjenige / ſo mit ge - wiſſem Beding Buͤrgen ſtellet / ſich eben nicht alſo fort ſchuldig erklaͤ - ret; So iſt auch Richters Anklage gegen ſolchen Buͤrgen ſehr gebrech - lich / weilen eine Verpflichtung wider Recht und ſchaͤndlichen Dinge gar ohnmaͤchtig und krafftloß.

  • L. 10. §. 16. ff. quæ in fraud. C. redit. L. 12. §. 11. ff. Mand.
Fried-Bruch Reichs Bann Straffe.

§. 2. Gegen Abweſende / die man zur Verhafftung nicht bringen kan / wird rechtlich wegen Ungehorſam und Fried-Bruch mit dem Bann - oder Reichs Acht verfahren / wo nun Klaͤger alſo zur Acht wie - der den Ungehorſamen procediren will / ſoll er denſelben von neuen da - zu / wie ſich gebuͤhret / nemlich zu ſehen und hoͤren / um ſolchen Ungehor - ſam in die Acht und Oberacht ſich erkennen zu laſſen / oder Urſachen da -Ungehorſams Beſtraffungen wider fuͤr zu wenden / einladen und citiren laſſen / und ſo er darauff abermahl ungehorſam ausbleiben wuͤrde / alsdenn erſt / nach erkant und beſchehenem Ruffen / auch deren dreyen Gerichts-Tage Verſcheinung / hernach in die Acht erklaͤret werden; Auff den ungehorſamen Fall aber ſollen ſie alsbald ehrloß gemacht / des Landes verbannet / auch durch den Nachrichter in der Haupt-Stadt / ſo dem Orte / da der Raub oder Thatbegan -83Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. begangen / am naͤchſten gelegen / in allen Haupt-Gaſſen dafuͤr ausge - ruffen werden.

  • P. H. O. Art. 155.

§. 3. Und ſoll wieder diejenigen / ſo entkommen / ſonſt aber bekandtRechtliches Verfahren ge - gen entkom̃ene bekante Ubel - thaͤter. ſeyn / alſo verfahren werden / daß ſie in vier Haupt-Staͤdten des Lan - des / darinn Raub / Nahm oder Mord veruͤbet / oͤffentlich angeſchla - gen und auff einen gewiſſen Tag / mit eines gewiſſen Geleits Zuſchrei - bung / ihre Unſchuld beyzubringen / geladen werden; Diejenigen aber / welche auff ſolche Ladung ſich nicht einſtellen / oder der zuerkanten Rechtfertigung weigern / ſollen alsdann der That ſchuldig und uͤber - wunden gehalten ſeyn / ſo werden auch deren Guͤter vom Oberherrn eingezogen / jedoch deſſen Weib und Kindern recht gewoͤhnliches Antheil vorzubehalten.

Ubelthaͤter ein gezogenẽ oder verwuͤrckten Guͤter Recht.

§. 4. Ja / ſo ein Ubelthaͤter ausweicht / ſoll der Richter zweyen oder drey des Fluͤchtigen Freunde erfordern / und in derer Gegenwart / ſamt zween Gerichts-Schoͤppen der Sachen unverdacht / alle ſeine in ſel - bigem Gericht gelegene Haab und Guͤter durch geſchwornen Gerichts - Schreiber eigentlich beſchreiben und auffzeichnen / dem Thaͤter aber nichts davon folgen laſſen. Welche Guͤter nun verdaͤchtig / daß ſie nicht moͤchten liegen bleiben / ſollen ſie verkauffen / und das daraus geloͤſete Kauff-Geld ſamt Vorzeichniß hinterlegen beym Gericht / allda es WeibFluͤchtigen Thaͤteꝛs Guͤter Verzeichniß - Recht. und Kindern oder nechſten Erben zum beſten unverruͤckt zu behalten; wann aber die Freunde das Gut zu Handen nehmen / und nothduͤrff - tigen Beſtands Pflicht thun wollen / ſolches in Hafft zu behalten / und dem unvertragenen Fluͤchtigen biß zur Sachen Ausfuͤhrung nichts da - von folgen zu laſſen / auch von beruͤhrten Guͤtern deſſen Weib und Kin - dern / mit Wiſſen der Obrigkeit / darzureichen; ſoll ihnen daſſelbe ge - ſtattet werden.

§. 5. Wann nun einer uͤber Jahr und Tag in Mordthat unverthaͤdigetMord-Acht Recht. beharret / wird er ſeines Ungehorſams halben in des Bann-Richters Gebiet fuͤr uͤberwunden gehalten / daß ihn jederman greiffen und zur Execution mag lieffern / da dann ein Verbanneter / ſo er gefangen wird / wegen ſeiner Flucht und Acht ſich zu entſchuldigen muß gehoͤret ſeyn /Verbannete mag man nicht toͤdten. und mag er ungeſtrafft von jederman eben nicht getoͤdtet werden mit Recht wegen bloſſen Ungehorſams / er ſey denn voͤllig der That uͤber - wieſen / weil ſonſten auch wohl eines beſondern Rachgier / Eyffer und Fleiß muthwillig dabey von jederman vorgehen moͤchte.

L 2§. 6. So84I. Buch / Cap. IX.
Gerichts Be - dienten Pflicht jemand gefan - gen zunehmen.

§. 6. So ſoll nun ein Richter ſeinen Gerichts-Bedienten auch befehlen / einen Beſchuldigten beſcheidentlich / nicht aber auff verbote - ne Art und Weiſe anzugreiffen / als jemanden lebendig oder todt zu lieffern / es ſey dann / daß gemeinen Nutzens Wohlfahrt ſolches erfor - dert / oder der Ubelthaͤter ſich dero Geſtalt widerſetzte / daß er ohneAcht - oder Banns Straf - fe-Bedeutung heiſt: Vogel - frey und Fried - loß ſeyn. Lebens-Gefahr nicht wohl anzugreiffen; Sonſt heiſſet das Recht / in die Acht oder Banns Straffe zu erklaͤren / ſo viel / daß einer deren allge - meinen Dinge Gebrauch und ſeiner Freyheit beraubet / des heiligen Reichs Bahn und Straſſen nicht betreten darff / ſondern Fried-loß und Vogel-frey gehalten werde.

§. 7. Und ſollen jederzeit hierinn nach Gelegenheit und Wichtig - keit der Sachen / von dem fuͤrgeſetzten Termin an zu rechnen / wo nicht eher / doch zum allerlaͤngſten innerhalb 7. Tagen gaͤntzlich zum Urtheil Richter und Advocaten beſchlieſſen / wann ſchon Partheyen ſich andersAuff friſcher That Ergreif - fungs-Recht. verglichen haͤtten; da nemlich auch jemand einen auff friſcher That / wenn er ſeinen Freund und Helffer haben mag / ergreiffen und zur Verhafft bringen moͤchte. Sonſten / wann Partheyen die Sache zur heilſamen Urtheils Erkaͤntniß beſchloſſen haben / wird ſie ja Amts we - gen dafuͤr angenommen und ferner erkant / jedoch iſt augenſcheinlichen Beſichtigungs Beweiß alſo privilegiret in Rechten / daß ſie auch nachAugenſchein Beſichtigungs Beweiß Vor - recht. der Sachen Beſchluß begehret werden kan / und Beklagter / ſeines Ein - wendens ohnerachtet / ſich zu ſtellen ſchuldig / hiernechſt aber werden kei - ne neue Zeugen / ohne die etwa abweſend geweſen / noch andern Be - weiſes neue Urkunden / ohne die unſchuldig verborgen geblieben / zuge - laſſen; in Ehe-Sachen / Kirchen / Muͤndlings und peinlichem Streit kan demnach nimmer zu Verthaͤdigungs Nachtheil beſchloſſen werden.

Fꝛeyen Geleits und Buͤrge - ſchafft Gerech - tigkeit.

§. 8. Jn peinlichen Sachen / wann der Angeklagte Flucht wegen verdaͤchtig / kein freyes Geleit begehret / muß er ſich verbuͤrgen fuͤr Gericht zu ſtellen / und ſo fern die Buͤrgen ihn nicht ſtellen / muͤſſen ſie Geld-Straffe erlegen; Alſo / wann peinlich Angeklagter nicht zu be - kommen / noch gefangen zu nehmen muͤglich / kan ihm als fluͤchtigem auff Begehren ein freyer Geleits-Brieff / daß er zu jedern Gerichts-Tage ſicher zu - und abreiſen moͤge / auch zum Rechten fuͤr unrechter Gewalt / und nicht weiter biß etwas peinliches wider ihn erkannt / vergleitetGeleits Brieff Freyheit. werde / geſtattet ſeyn / ohne geleiſtete Verſicherung / entweder insge - mein auff 3. Tage nemlich hin und her zu reiſen und gerichtlich zu han - deln / oder inſonderheit / ſo lang der Proceß-waͤhret / daß alſo eine jede Citation gleichſam freyes Geleit mit ſich fuͤhret nach gethaner Buͤrg -ſchafft /85Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. ſchafft / unter offenem Gerichts-Siegel oder Fuͤrſtlichen Hand / bey den Seinigen ſich auffzuhalten / mit Freunden und Verwandten wegen ſeiner Unſchuld zu berathen.

L. 3. ff. de cuſtod. reor. P. H. O. art. 76. & 156.

§. 9. Wann aber Beklagter nicht abweſend / ſondern in Gefaͤng -Sicher Geleit wann zu ver - weigern. niß-Ketten und Banden / ſoll man ihm kein ſicher Geleit verſchaffen / damit er nicht fliehend das Gericht verſpotten koͤnne / weilen der Lei - bes-Straffe durch Buͤrgen nicht genung geſchehen mag / es waͤre denn ein gering Verbrechen / oder Thaͤter ſchwerlich kranck und uͤbel im Ge - faͤngniß zu heilen / oder ein Weib nahe zu gebaͤhren / oder die Unſchuld zu verſpuͤhren.

Arg. L. 2. C. de Exhib. reis.

§. 10. Es wird aber frey Geleit verwuͤrcket / wann Beklagter ſei -Fꝛeyen Geleits Verwuͤrckung. nen Wiederparth beleidiget / und in Anſehung deſſen Sicherheit ver - ſchwaͤchet / oder peinliches Urtheil gegen ihm geſprochen / ſo mag er ap - pelliren / jedoch im Gefaͤngniß verharren / oder wann die gewiß fuͤrge - legt - und angeſetzte Zeit / als drey Monat / oder ſonſt Umſchweiff zu verhuͤten / verfloſſen / oder etwan Beklagter die That freywillig beken - net / ſo waͤre er als verurtheilt billig gehalten; alſo auch / wenn Be - klagter dem Geleits-Brieff nicht getrauet / ſondern deſſen That Erzeh - lung ſchrifftlich eingeſchickt / ſo mag man ihm auch nicht Glauben halten.

Arg. L. 41. C. de Transact. L. 56. ff. de re judic.

§. 11. So mag nun Beklagter gegen genungſam beqveme Verſi -Geleitliche Verhaltungs Gebuͤhr. cherung oder Buͤrgſchafft ſicher Geleit zu und abzuziehen wohl erlan - gen / wofern er nemlich ohne Gewehr und verdaͤchtige Brieffe oder Sachen / bey Tage auff Land-Straß Wegen geleitlich ſicher zu ver - halten / geſinnet / und wann nun freyen Geleits halber / nach Vermoͤ - gen und Beſchaffenheit des Verbrechens / Buͤrgſchafft zu leiſten / wird insgemein eine gewiſſe Summa benennet oder Pfand angenommen /Buͤrgen Frey - heit Friſt zu goͤnnen. jedoch muß dem Buͤrgen etwas Zeit und geraume Friſt vergoͤnnet / nicht aber alſobald wegen nicht geſtellten Beklagten / dieſelbe Straffe zu erlegen / gezwungen ſeyn.

L. ult. §. 3. ff. quod legat. L. 61. ff. de V. S. Nov. 17. c. 6. L. Sancimus, C. de fidejuſſ.

§. 12. Wann auch Beklagter am letzten Termin ausbleibet / undBuͤrgen Be - zahlung mag Thaͤtern von Straffe nicht befreyen. der Buͤrge die verſprochene Summa bezahlet / ſo kan dennoch jener Thaͤter / nach Gelegenheit der Zeit in Bande geleget und das gefaͤllete Urtheil gegen ihn vollentzogen werden / maſſen ein ſicher Geleit nur gegeben wird zur Recht fuͤr unrechte Gewalt / was nun aber einer mit Recht veruͤbet / dadurch thut er niemanden Unrecht / ja weilen nemlichL 3die86I. Buch / Cap. IX. Buͤrgen Ver - heiſſung mag kein Haupt. Verbrechen betreffen.die Straffe nur des Buͤrgen Verheiſſung / Schuld und Ungehorſam / nicht aber das eigentliche Haupt-Verbrechen betrifft / ſonſten ein jeder leicht die Leibes-in Geld-Straffe verwandeln moͤchte.

§. 13. Gegen den / der allbereits rechtlich verurtheilet / mag wohl Arreſt, aber kein Inquiſitions-Proceß angeſtellet werden / er waͤre denn durch gehaͤßiges Uberſehen geringer / als Billigkeit gemaͤß / beſtrafft worden vom andern Richter / ſonſt moͤchte ſich jemand der ordentlichen Straffe leichtlich entziehen / oder er ſeye nur zur Kirchen-Buſſe ver - dammet / ſo hebt geiſtliche die weltliche Straffe nicht auff / oder wannEinmahl be - reits verur - theilt - oder Loßgeſproche - nen Recht. einem Zeugen vorgeworffen / daß er ein Ehebrecher / ſo iſt er untuͤchtig / jedoch findet ordentliche Straffe hernach Statt / welches auch zu ver - ſtehen von einem / der ſchon loßgeſprochen / maſſen ein Verbrechen nicht zweymahl zu erforſchen / er waͤre denn nur vom Gerichts-Stand ohne Endurtheil befreyet / oder weilen er nicht uͤberwieſen / welches im Zweif - fel zu vermuthen.

  • L. 6. ff. de ſepulch. violato. L. 11. C. de accuſat. L. 3. ff. de adult. L. 3. §. 1. ff. de prævaricat. C. 1. X. de Except. c. cum dilectus. §. fin. X. de ordin. cognit. L. pen. §. fin. ff. nautæ, caupones, ſtabul. &c. L. 7. §. 2. ff. de accuſ. L. 9. C. Eod. L. 3. §. 1. ff. Eod.
Unbeweglichẽ Guͤter Verſi - cherungs Recht.

§. 14. Wer im Streit-Gerichts-Gebiete unbewegliche Guͤter be - ſitzet / ſo viel als Beklagten Sache kan geſchaͤtzet werden / jedoch als eigener und nicht bloſſer Nutzhaber oder Glaͤubiger / deſſen Zuſage und Verſicherung wird geglaͤubet / auch iſt ein ſolcher Anklaͤger Banden und Gefaͤngniß befreyet / ſo wohl als ein ſolcher groß - und reich beguͤ - terter Beklagter / der ſich mit Buͤrgen vom Gefaͤngniß entledigen kan / oder die groſſe Ehren-Aemter genieſſen / und alſo Flucht halber unver -Hoher Perſo - nen Verwah - rungs Recht. dacht / es waͤre dann das Verbrechen ſo groß / daß weder Geſchlecht / Perſon / Wuͤrde noch adelicher Stand ſolches verhindern mag / jedoch muß man mit ihnen nach Standes Ehre wegen der Verwahrung et - was gelinder verfahren / weilen es bey ihnen weniger Argwohn der Flucht / wie auch Durchlauchtige Perſonen / welche man im Nothfall durch Soldaten und Leibwachten in eigenen Hauß-Zimmern ver - wahren laͤſt / ohne in greulichen Mordthaten.

  • L. 15. ff. qui ſatisd. cog. gloſſ. in verbo, compelli, §. ſed hodie Inſtit. de ſatisd. L. 17. C. de Dignit.
Verbrechen Beſchaffenheit Ubelthaͤter zu verhafften.

§. 15. So offt nun das Verbrechen alſo beſchaffen / daß es ſchwe - re Leibes oder Lebens-Straffe verdienet / mag man zu Beklagten Ver - hafftung und Gefaͤngniß ſchreiten / nicht aber wofern es nur Geld - Straffe oder Landes-Verweiſung nach ſich ziehet / es ſey denn wegenun -87Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. ungewiſſen Ausgang der Sache die Straffe noch zweiffelhafft und willkuͤhrlich / daß ſie zu Leib und Leben oder ſchweren Geld-Buſſen er - ſtrecket werden moͤchte / oder der Verwundete etwan noch nicht auſſer Lebens Gefahr / alsdann moͤgen Richter der Flucht des Beſchuldigten mit Verhafft zuvor kommen / auff daß nicht durch ihre Verſaͤumniß - Schuld des Gerichtes Lauff zerſtoͤrt und verſpottet werde; Ein Flucht-verdaͤchtiger Beklagter aber / auch in Geld-Buß faͤlligen La - ſtern / der keinen Buͤrgen hat / mag gefaͤnglich eingezogen werden / und ſo fern er ſich verſteckt / moͤgen ihn die Haͤſcher ergreiffen / auch in ſeinem Hauſe / gleich denen / die Armuth wegen Geld-Straffe meiden und am Leibe leiden.

  • Tot. Tit. ff. de cuſt. reor. L. 1. ff. & Auth. hodie Eod. L. 1. ff. an per alium cauſa appellat.

§. 16. So dann jemand einer Ubelthat durch gemeinen LeumuthLeumuths Ver - dacht und An - zeigen Recht. beruͤchtiget / oder andere genugſame verdaͤchtigen Argwohns Anzeigen vorhanden / alſo / und nicht widrigen Falls / mag er durch die Obrigkeit von Amts wegen ergriffen / angenommen und zur Gefaͤngniß gebracht werden. Auff daß dadurch niemanden an ſeinen Ehren Nachtheil ge - ſchehe / gilt auch Geſetzes Freyheit / wegen nicht Ausziehung des Be - klagten aus ſeinem Hauſe in keinen Verbrechen / daß jedoch mit ſol - chem Angriff etwa durch die Obrigkeit nicht allzugeſchwind und gar unbedachtſam gehandelt werde / welches ſich nicht geziemet; welche Anzeigungen aber zur ſonderbaren Nachforſchung genuͤgen / die moͤ -Verhafft und Nachfor - ſchungs guͤlti - ge Anzeigen. gen auch zur gefaͤnglichen Hafft guͤltig ſeyn / weilen dieſe zu jener das Vorſpiel und erſten Anfang zu machen pflegt. So gilt nun Anzeigung / Flucht / boͤſer Leumuth / Bedrohung / Feindſchafft / eines Mannes Zeug - niß / auſſergerichtliche Bekaͤntniß und dergleichen.

  • L. 1. §. ult. ff. de pœn. L. 2. & 3. C. de Exhib. reor. L. 18. ff. de in jus vocando. P. H O. art. 218.

§. 17. Wann nun jemand / einer Ubelthat wegen beſchreyet / mit der Flucht ſich berathet / ſo mag er freylich ungehindert ergriffen und ge - fangen genommen werden / zu dem Ende dann von jeder Obrigkeit die Bedienten mit offenen Steck-Brieffen an andern Orts Obrigkei -Steck-Brieffe Gebrauchs Recht. ten pflegen abgefertigt zu werden / allenthalben damit zu erſuchen / daß der fluͤchtige Thaͤter auff deren Zulaſſung / allwo er nur zu finden / moͤ - ge angegriffen werden / worinn billig wegen der Anzeigen Richters Willkuͤhr nicht auszuſchlieſſen / welcher ſo wohl der Perſonen als Ver -Richters Will - kuͤhr wegen Anzeigen. brechen Umſtaͤnde Beſchaffenheit und alle Muthmaſſungen mit Be - ſcheidenheit beſſer und reifflich erwegen kan.

§. 18. Wann88I. Buch / Cap. IX.
Urphede Bruchs Straffe.

§. 18. Wann ein Verwieſener aus Stadt - und Lands-Gebiet / oder Gerichts Botmaͤßigkeit / die geſchworne Urphede / nicht wieder da - hin zu kommen / bricht mit Thaten und Sachen / darum er ohne das ſein Leben verwuͤrcket / ſoll dieſer Todes-Straffe Folge geſchehen; ſo fern er aber den Tod nicht verdienet / ſoll er als ein Meineydiger mit Hand - oder Finger-Abhauung geſtrafft werden / oder muß Lebenslang in Ban - den arbeiten. Wer nun gar nicht weichen noch Urphede leiſten will /Scharff-Rich - ters Eyd - ſchwur in Ge - fangenen See - le. mag im Gefaͤngniß auff Waſſer und Brodt gezwungen / oder durch die Haͤſcher biß auff die Graͤntz-Scheidung hingefuͤhret werden / und ſoll der Scharff-Richter in des Gefangenen Seele ſchweren; Wer ſonſt auff ewig Lands verwieſen / und gegen Urphede wiederkommt / ſoll mit Staupenſchlag; wer aber nur zeitlich verjaget / mit Zeiten Verlaͤnge - rung auff mehr Jahre beſtraffet werden / jedoch ſoll er allemahl neuen Eyd der Urphede abſtatten.

L. 4. ff. de pœn.

Landes Ver - weiſung Straf fe Unterſcheid auff zeitlich uñ ewig / zum an - dern / dritten und vierdten mahl.

§. 19. Wann nun jemand auff eine Zeitlang Landes verwieſen / und zum andern mahl wiederkoͤmmt / wird er mit Staupenſchlag und ewigen Verweiſung geſtrafft. Wann er aber ewig verwieſen / und zum andernmahl wiederkoͤmmt / aus Argliſt und Boßheit ſchuldigen Muth / ſollen ihm die Finger / ſo er ausgereckt / und des Scharff-Richters Schwerdt auffgelegt / abgehauen werden; wann er aber zeitlich ver - wieſen / zum dritten mahl wiederkoͤmmt / hat er ſeine zween Finger ver - brochen / und das vierdtemahl wird er mit dem Schwerdt geſtrafft / deßgleichen wiederfaͤhret demjenigen / der ewig Landes verwieſen / und zum dritten mahl meineydig wird.

Gefangenen Recht wegen Fuͤrſprecher und Lebens - Mitteln.

§. 20. Wann jemand auff eines andern Anklage zur Gefaͤngniß gelieffert / und ſich ſelbſten keine Gerichts-Fuͤrſprecher anſchaffen kan aus ſeinen eigenen Mitteln / ſo iſt billig / daß ſolches auf Gegentheils Koſten geſchehe / nach deſſen Begehren er verhafftet worden / welchem auch die Laſt oblieget / beklagten Gefangenen zu ernehren / wofern er nicht ſelbſt bemittelt oder darzu vermoͤgend waͤre / ſich zu unterhalten /Diebes Recht uñ Pflicht / der aus Gefaͤng - niß loßkoͤmmt. Diebes Urphe - de Rechts Ge - wohnheit. und zwar ſoll ein Dieb / wann er aus Gefaͤngniß loßzulaſſen / gethane Zehrung an Eſſen und Trincken / auch da er ſo viel hat / denen Buͤt - teln die gewoͤhnliche Gebuͤhr fuͤr ihre Muͤhe und Fleiß zu entrichten / auch Friedens halben einige Urphede in beſter Form Rechtens abzu - legen ſchuldig ſeyn.

  • Gloſſ. L. fin. ad verb. agnoſcere, C. de Erog. milit. annon. L. un. C. pœn. fiſcal. credit. L. 17. ff. de jure fiſci.
§. 21. Wer89Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen.

§. 21. Wer beſchworne Urphede frevent - und fuͤrſetzlich bricht /Urphede Fried - Bruchs oder Bedraͤuungs Straffe. oder uͤber vorgeuͤbte / nachgelaſſene oder gerichtete Miſſethat andern Ubel anzuthun mit Worten oder Schrifften / jedoch ohne beſchwerliche Umſtaͤnde bedrohet / oder aus genungſamen Urſachen einer ſolchen Per - ſon nicht zu glauben oder zu trauen waͤre / ſondern thaͤtlich gewaltſame Beſchaͤdigung wider Recht und Billigkeit von ihr zu befuͤrchten / ſoCaution Recht fuͤr zukuͤnffti - gen Schaden. Gefaͤngniß wann Statt findet. mag man zu Recht erfundene nothduͤrfftige genugſame Caution und Verſicherung ſolchen kuͤnfftigen Schadens halber begehren / da inzwi - ſchen / biß zu dieſer Sicherheit Leiſtung / der boßhaffte Menſch im Ge - faͤngniß zu behalten / jedoch nicht leichtfertig ohne mercklichem Verdacht bevorſtehenden Unheils / und ſoll Beklagter / wofern er nicht ſich ſelbſt von eigenen Guͤtern / noch der Anklaͤger ihn zu erhalten vermag / mit Koſt und Buͤttels Wart-Geld von der Obrigkeit verſehen werden; ſoKoſt - und Buͤt - tel Wart-Geld Recht. auch ermeldeter Gefangene unter frembden Gerichts-Gebiet einige Guͤter haͤtte / davon ſeine Enthalt - und Verwahrungs-Koſten zum Theil oder alle geſchehen koͤnnen / dieſelbige ſollen / ohne ſolcher Obrig -Gefangenen Guͤter Recht unter fremdem Gebiet. keit Verhinderung / dazu gebraucht werden / und hierbey werden tuͤch - tige Buͤrgen erfordert / kan eydliche Verſicherung alſo keine Statt finden.

P. H. O. Art. 176.

§. 22. Jn peinlichen viel weniger buͤrgerlichen Gerichts-Orten muß auch kein Mißbrauch der Gefaͤngniß gefunden werden / daß nem - lich dieſelbe nicht zu Verwahrung / ſondern mehr zu Peinigung der ein - gelegt Gefangenen / unbilliger maſſen zugerichtet ſeynd. Vielmehr ſoll Gefaͤngniß nicht zur ſchweren Beſtraffung / ſondern zu derer Gefange - nen Erhaltung gemacht ſeyn; dahero ſolche Obrigkeiten als Moͤrder zu erachten / welche die armen Gefangene an unter Erd gegrabene Oer -Gefaͤngniß Orts Beſchaf - fenheit. ter verſchlieſſen / daß ſie weder Sonn noch Mond anſchauen / und zwar ſoll Orts Beſchaffenheit nach Perſonen Unterſcheid ſeyn / als nicht ſchwartz / finſter / ſondern ertraͤglich / hell - und gegen der Sonnen Licht uͤber; Wann aber etwa bey Nacht-Zeiten / um mehrer Sicherheit willen / jemand an einem dunckeln Ort zu verwahren / ſoll man ihn je - doch nach der Sonnen Auffgang an Tages Licht faͤhigen Ort wieder hinfuͤhren laſſen / daß er durch Sonnen Anblick erqvicket werde. Dero - wegen abſonderlich ein peinlicher Richter ſich bey Zeiten um ein tuͤch - tig wohl verwahrtes Gefaͤngniß bemuͤhen ſoll / daraus derer Gefan - genen Flucht nicht zu befuͤrchten / ſonſt moͤgen ſie mit eiſernen KettenKetten und Banden Recht und Banden / Hand - und Fuß-Schellen / jedoch ohne GrauſamkeitMund90I. Buch / Cap. IX. und Leibes Qvaal / wann ſie der That ſchier uͤberwunden / wohl bele - get werden.

P. H. O. art. 11. & 218. L. 8. §. 9. ff. de pœn. L. 1. C. de cuſtod. reor.

Klaͤgers Fug mit Gefaͤngniß wegen Ubel - thaͤter.

§. 23. So nun ein Klaͤger die Obrigkeit oder Richter anrufft / und jemanden / als einen Ubelthaͤter angebend / zu ſtrengen peinlichen Rech - ten in Gefaͤngniß zu legen begehret / ſoll er die That / ſamt deren redli - chen Argwohn und Verdacht / ſo peinliche Straffe auff ſich tragen / an - ſagen / ohn angeſehn / ob er / den Angeklagten auff ſein Recht gefaͤng -Anklaͤger Recht ſich ſelbſt bey Be - klagten Gefan - genen feſt ſetzẽ zu laſſen. lich einzulegen / oder ſich bey ihm feſt zu ſetzen bitten und anerbieten wuͤr - de / ohne im Fall der Flucht / alsdann muß Klaͤgers Angeben eigentlich auffgeſchrieben und Beklagter zur ungefaͤhrlichen Gefaͤngniß eingelegt werden; die gefangene Perſon aber iſt zu betrachten / ob ſie wegen Flucht verdaͤchtig / alt / jung / ſtarck / oder auch ſchwach von Leibe / ob ſie mit - ſchuldige Geſellen habe / welchen Falls man die Perſonen in gefaͤng - licher Behaltung von einander theilen muß / ohne Geſchlechts Unter -Gefangenen Recht ſie von einander zu trennen. ſchied / damit ſie ſich uͤber unwahrhaffte Ausſage nicht vereinigen / oder die Flucht zu nehmen / noch wie ſie ihre That beſchoͤnen wollen / unter - reden moͤgen / ſondern an verſchiedenen Orten behalten ſeyn.

Gefaͤngniß Oꝛt wann daruͤber zu klagen ver - goͤnnet.

§. 24. Wer nun in einem greulichen Gefaͤngniß / oder abſcheuli - chen Banden enthalten wird / mag ſich bey dem Oberrichter beklagen / und um Erleichterung bitten / oder deſſen Anverwandte moͤgen auch / ſolches zu beſehen / Commiſſarien begehren / welchen der Unterrichter /Krancken und Verwundeten Freyheit. Gefangene wann Buͤrgen zu vertrauen. nach beſchehener Commiſſion Eroͤffnung / des Orts Gelegenheit zu zeigen gehalten iſt / davon dieſe hernach Bericht abſtatten. Darum / ſo jemand an groſſer Kranckheit niederlieget / oder ſchwerlich verwundet iſt / ſoll man ihn nicht gefaͤnglich behalten / ſondern vielmehr Buͤrgen anvertrauen / oder zu Hauſe bewachen laſſen / auff daß er daſelbſt deſto beſſer geheilet werde; ſo fern aber ein Gefangener im Kercker verſtir -Gefangenen Recht / der im Kercker ver - ſtirbet. bet / iſt es harte Vermuthung gegen Richter und Waͤchter / darauff weiter zu erforſchen. So ſoll auch fuͤr Mann und Weibes Perſonen je - dern Geſchlechts abſonderliches Gefaͤngniß / bevorab in groſſen und ſchweren Verbrechen / gehalten werden / nemlich von Manns Geſell - ſchafft / die Weiber unter Buͤrgſchafft / oder ehrlichen Verwahrung / in ehrbarem Gemach oder richterlichem Zimmer.

L. 3. 6. & 12. C. de cuſtod. reor. L. 8. §. 9. ff. de pœn. L. 35. ff. Eod.

Zeitlichen und ewigen Ge - faͤngniß Straff Recht.

§. 25. Straffe zum Tode und ewigem Gefaͤngniß werden gleich gehalten / weilen dieſes eine ewige Dienſtbarkeit / ſo billig keinem frey - gebohrnen Menſchen auffzulegen / darum in buͤrgerlichen Rechten ſol -che91Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. che Art verboten / wie wohl dergleichen nach Geiſtlichem und Gewohn - heits Recht mit ewigem Kummer-Brod und Angſt-Waſſer / Buſſe zu thun / an Faͤlſchnern zu ſtraffen wohl zugelaſſen; wie auch / wann ei -Kummer Brod und Angſt - waſſer Straffe erlaubet. nem dadurch das Leben geſchenckt / ſo iſt ſolche Straffe etlichen Per - ſonen eine Begnadigung / wofern es nur nicht dem goͤttlichen Recht zu wieder / als in Tod-Schlags-Straffen. So kan nun ein Verbrecher mit zeitlichem Gefaͤngniß auff gewiſſe Tage / Monat und Jahre / bele - get werden / wobey wohl zu beobachten / ob er etwa lange Zeit vor demLangwieriges Gefaͤngniß lindert Straf - fe. Kriegs und andern Dienſte Vorrecht. Urtheil gefangen gehalten worden / ſolches thut viel darzu / daß hernach ferner Gefaͤngniß nicht zu weit ausgeſetzet werde / ſondern wird billig durch langwierige Gefaͤngniß die Straffe gelindert / vornehmlich wenn es eine geſchickte Perſon / ſo durch Krieges - oder andere Dienſte / gegen dem gemeinen Beſten / dergleichen Fehltritt wieder erſetzen kan.

  • L. 59. in fin. ff. de cond. & demonſtr. §. pen. inſtit. de jure Perſon. c. 27. in fin. Ext. de V. S. Arg. L. ſi diutino, ff. de pœn.

§. 26. Kraͤhmer und Kauffleute haben dieſe Freyheit / daß ſie nie -Jahrmaͤrckte Freyheit we - gen verbote - nen Arreſt oder Schuld - ners Gefaͤng - niß. mand zu Jahrmarckt-Zeiten unterm Schein einiger vorhin auſſerhalb gemachten Schulden an Leib und Gut arreſtiren / noch gefaͤnglich ein - ziehen laſſen mag / damit ſie an ihrem Gewerbe nicht verhindert / ſon - dern die Waaren in groͤſſerer Menge zugefuͤhret werden / es ſey denn beſchworne oder an ſelbigem Jahrmarckt gemachte Schuld / oder daß die Schuldner dieſer rechtlichen Freyheit abgeſaget haͤtten / maſſen ein jeder des ihm zu gut verordneten Vorrechts ſich freywillig verzei - hen und begeben kan.

  • L. 2. ff. de jure immunit. L. quod ſemel, ff. de decret. ab ordin. fac. L. 25. ff. de ju - dic. L. pactum, ff. de pact. L. 29. C. Eod. L. 1. & 2. ff. de nundin. L. unic. C. Eod. c. Roman. §. contrahentes, de for. comp. in 6.

§. 27. Wann ſonſt irgendwo bey groſſen Gerichts-Verwal - tung oder in Haupt-Staͤdten eine groſſe Menge Gefangener ſich be - findet / ſoll der Haupt Gefangenen Waͤchter dem peinlichen Richter - Amt alle Monat von deren Nahmen / Verbrechen / Gefaͤngniß -Waͤchter Straffe / ſo Ge - fangener ent - kommt. Alter und Ordnung / ein richtiges Verzeichniß einlieffern / damit der Richter keines Gefangenen vergeſſe / ſondern alle entweder bey Zeiten loßgeſprochen oder verurtheilet / noch mit langwierigen Gefangen - ſchafft zerplaget werden. So nun ein Gefangener durch Waͤchters Un - fleiß entkaͤme / iſt er nach geſtalter Sachen willkuͤhrlich zu ſtraffen; wann aber ein Huͤter der peinlichen Gefaͤngniß einem / der peinliche Straffe verwuͤrcket / aushilfft / der hat ſolche an des ausgelaſſenen Ubelthaͤters Statt verdienet / es waͤre denn / daß ein Weib den Mann /M 2oder92I. Buch / Cap. IX. oder ein Sohn dem Vater / mit verwechſelten Kleidern / ausgeholffen / und in deren Stellen verblieben / darinn gilt nicht ordentliche Straffe.

L. ult. C. de cuſtod. reor. P. H. O. art. 180. L. 4. C. de cuſtod. reor.

Urgicht Recht was ſeye.

§. 28. Urgicht iſt eines Beklagten auſſerhalb Peinigung auff vor - geſtellte Frage beſchehene Bekaͤntniß / maſſen er bey Tortur allein zu befragen / ob er bekennen will / und ſo er ſolches zu thun willens / ſoll erUrphede wozu nicht hilfft. auff Peinigung Nachlaſſung von jedern Punct umſtaͤndlich verhoͤret ſeyn; wann aber ein Richter jemanden wider Recht peiniget / ſoll ihn keine geleiſtete Urphede beſchuͤtzen / daß der Gepeinigte nicht ſeines Ey -Unfugſam Ge - peinigten Kla - ge Recht. des Erlaſſung von hoher Obrigkeit bitten / und wegen erlittenen Schmertzen / Schmach und Schande / auch Koſten halber mit Recht anſuchen koͤnne. Jedoch aller thaͤtlichen Handlungs Rachgier ausge - ſchloſſen / wie recht / ſonſt wuͤrde er billig als ein Meineydiger geſtrafft.

P. H. O. Art. 17. & 176.

Urphede Be - deutung.

§. 29. Urphede iſt Buͤrgſchafft oder eydliche Verſicherung / we - der ſelbſt / noch durch andere ſich an Feinden / noch Obrigkeit und Ge - richts-Bedienten / Kerckers wegen / es ſey mit Recht oder Unrecht / nicht zu raͤchen / oder wann jemand in - oder auſſerhalb Gericht wegen derEydlichen Be - weiß und Ver - ſicherungs Recht. vorhergehenden Draͤuungen / auf Anhalten der Parthey oder Richters Geheiß / nicht zu beleidigen Buͤrgen ſetzen muß / dafern es eine rechtliche und keine eitele Furcht waͤre / und mag Klaͤger ſo wohl die Draͤu - Worte eydlich zu erweiſen / als Beklagter zur geſchwornen Verſiche - rung / wann er ein gut Geruͤchte hat / zugelaſſen werden / oder die Be - leidigung wird ihm unter Straffe verboten / darinn der Verbrecher faͤllet.

L. 4. C. de his, qui ad Eccleſ.

[Li]egenden Guͤ - ter Buͤrgſchafft Recht.

§. 30. Wer im Streits Anfang liegende Guͤter hat / iſt zwar an - dern Buͤrgſchafft befreyet / wann er aber ſolche hernach verkaufft / muß er anderwaͤrtige Verſicherung thun; alſo auch / wer von ſolchen Guͤtern / ſo unbeweglich / wuͤrcklich die jaͤhrlichen Einkuͤnffte genieſſet / oder ſelbi - ge zu gewinnen in der That zu klagen befugt / wann nemlich der Streit mit einem dritten Mann vorgefallen / nicht aber mit Guts Eigenern / oderBuͤrgſchafft wer dazu tuͤch - tig. der gewiſſe Erb-Gelder zu gewarten / oder die ſtreitige Sache beſitzet / oder eine oͤffentliche Krahm-Lade von vielen Waaren hat / welche nicht ſo leicht zu erſchoͤpffen. Sonſt werden auch die mit Kindern ſtreitende Eltern von ſolcher Buͤrgſchafft / beym Gericht ſich zu ſtellen / nicht ent - ledigt; jedoch iſt genung / wann ſie ziemlich / wann nur der Buͤrge kein Soldat / oder Weib / noch Minderjaͤhriger iſt.

  • L. 10. §. 1. ff. qui ſatisd. cog. L. 15. §. 4. C. Eod. L. 4. ff. Prætor. ſtipul. L. 14. C. de SS. Eccel. L. 2. §. 2. & 4. ff. qui ſatisd.
§. 31. Jn93Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen.

§. 31. Jn allen zugelaſſenen Verpflichtungen / ohne wegen Mit -Mitgifft Recht gifft / moͤgen Buͤrgen genommen werden / welche alſo Verſicherung halber fuͤr einen andern verpflichtet / daß ſo wohl von ihnen alsBuͤrgen Erben rechtliche Ver - pflichtung. Principalen / was verſprochen / zu halten / auch nicht allein der Buͤrge / ſondern auch ſeine Erben um Buͤrgſchafft beſprochen werden moͤgen / ob gleich deren in Verſchreibung nicht gedacht / darum unnoͤthig in Buͤrge - Brieffen einzuſetzen / wann ein Buͤrge abſtuͤrbe / der Schuldner einen andern ſtellen ſoll / weilen der Buͤrgen Erben ohne das verhafftet ſeyn / es wuͤrden denn vermuthlich keine Erben hinterlaſſen / oder daß Ge - wohnheit entgegen oder anderwaͤrts verglichen waͤre.

  • L. ſi ſub impoſſ. ff. de fidejuſſ. §. in omnibus, inſtit. de fidejuſſ. L. 1. L. græce, §. 1. L. 16. §. 3. L. 56. L. cum ex. ff. Eod. Tot. tit. C. ne fidej. dot. Tot. tit. ff. C. & inſtit. de fidejuſſ. §. fid. juſſor. inſtit. de fidejuſſ. L. 4. §. fin. ff. Eod. L. 24. C. Eod. L. 8. C. Mand. L. ſi pactum, ff. de probat.

§. 32. Wann ein Beklagter ſolche groſſe Mißhandlung veruͤbet /Bey Ubeltha - ten gelten kei - ne Buͤrgen. darauff Leib oder Lebens-Straffe erfolget / ſoll er / ob ſchon tuͤchtigen / Buͤrgen nicht anvertraut / ſondern / auff daß er die Straffe nicht ver - ſpotte / in Gefaͤngniß gelegt werden / weilen Buͤrgen ihrer Glieder nicht maͤchtig fuͤr ſie zu leiden / ſo muß ein Anklaͤger Verbrechens gewiſſe Jahr-Monat-Tag - und Stunde-Zeit / auff Beklagten Begehren / ge - richtlich anzeigen.

  • L. de quibus cum ſeq. ff. de leg. L. 3. ff. de cuſtod. & Exhib. reor. L. 3. ff. de accuſ. c. fin. 2. q. 8. L. 13. ff. ad L. Aquil.

§. 33. Weiber koͤnnen nicht Buͤrge werden / dahero ſie auch alsBuͤrge wer nichtſeyn mag. Buͤrgen nicht zu bezahlen ſchuldig / es ſey denn / daß ſie ihren Rechts - Wohlthaten gerichtlich abgeſagt / oder etwas dafuͤr genommen / daß ſie Buͤrge worden / oder wann ſie fuͤr einen Brautſchatz gelobet haͤtten / oder daß ſolch Geld und Gut / dafuͤr ſich die Frau verſchrieben / in ihren eige -Weiber wann Buͤrgen ſeyn moͤgen. nen Nutzen kommen ſey; Wann auch eine Frau Kauffmanſchafft treibet / oder zu offenen Krahm-Laden und Marckt ſitzet / kan ſie ſich kraͤfftig verbinden / und keinen Auszug gebrauchen / damit die / ſo auff guten Glauben mit ihr handeln / nicht unbillig betrogen werden.

  • L. Fœminæ, ff. de R. J. Auth. ſi qua mulier. L. 12. L. fin. ad Vellej. SCt. Cod. L. 3. & 48. in princ. ff. de fidejuſſ. arg. c. cum contingat. c. ex Reſcripto, 9. de jurejur. L. 8. §. 10. L. 31. L. fin. §. pen. ff. ad SCt. Vellej. L. 23. C. Eod. §. fin. inſtit. de fidejuſſor. L. ſi pater, C. de ſponſal. L. 1. §. pen. ff. de Exercit. act. L. plene, L. 1. ff. pro ſoc. L. Eandem, ff. de duobus reis.

§. 34. Wann der Buͤrge ſich ſchlecht ohne Termins VorſchrifftBuͤrgen Zah - lungs Termin. verbunden / wird er durch Zeit Verlaͤngerung nicht ledig; wann Cre - ditor aber dem Schuldner die Zahlungs Zeit / darauff der Buͤrge gelo -M 3bet /94I. Buch / Cap. IX. bet / ohne deſſen Wiſſen weiter erſtrecket / ſo wird der Buͤrge erloͤſet / mit erſter Zeit Endigung / wofern er nicht etwas neues bewilliget.

  • L. ſi cum Hermes, C. Locat. c. conſtitutus, X. de fidejuſſ. L. idem quæritur §. qui impleto ff. Locat.
Buͤrgen Recht gegen Mit - buͤrgen.

§. 35. Wann ein Buͤrge allein bezahlet / ſind die andern befreyet / er ſoll ſich aber vom Glaͤubiger die Verſchreibung uͤbergeben laſſen / daß er ſeine Anforderung gegen einen der andern Buͤrgen wieder an - ſtellen kan / welches auch der Glaͤubiger thun / oder Bezahlung man - geln ſoll; ſo mag auch ein Buͤrge alles / was ein Schuldner kan / vorwen - den und begehren / daß der rechte Haupt-Schuldner erſt angefordert / und deſſen Guͤter angegriffen werden / wann er nicht abweſend oder unvermoͤgend.

  • §. 4. inſtit. de fidejuſſ. L. 76. & 95. §. 1. ff. de ſolut. L. 17. 36. & 39. ff. de fidejuſſ. L. 11. 14. & 21. & Auth. præſente C. c. 2. Ext. Eod. Novell. 4. c. 1. L. 19 ff. & L. 11. C. de Except. L. 32. & 49. ff. de fidejuſſ.
Buͤrgen Recht fuͤr Schulden Antheils Be - zahlung.

§. 36. Ob wohl Buͤrgſchafften erdacht / auff daß von Buͤrgen das uͤbrige erſtattet werde / was am Principalen abgehet / ſollen ſie doch nicht mehr denn dieſe verpflichtet ſeyn; wann nun viele fuͤr eine Sum - ma gelobet und ſchuldig / muß dennoch ein jeder allein ſein Antheil / und nicht die gantze Summa bezahlen / es waͤre denn / daß ſie ſich einer fuͤr alle / und alle fuͤr einen verſchrieben / und alſo ihrer rechtlichen Wohl - that begeben / oder daß die andern ſo arm waͤren / daß ſie ihr Theil nichtBuͤrgen Recht wegen Mit - Buͤrgen. bezahlen koͤnten / oder in anderm Lande abweſend ſeyn / in welchen beyden letzten Faͤllen die Mitbuͤrgen ſaͤmtlich fuͤr des nicht bezahlenden Theil / ein jeder was ihn betraͤgt / richtig bezahlen muß.

  • L. ſi teſtam. §. quæſitum, ff. de fidej. Auth. hoc ita C. de duobus reis. L. 3. & 10. §. 1. C. de fidejuſſ. §. ſi plures inſtit. Eod. L. 26. & 27. §. 1. ff. Eod. L. ſi contendat. ff. de fidejuſſ. L. ſi quis C. de Epiſc. & Cler. L. 18. 23. & pen. C. de pact. Nov. 99. c. 1. L. Creditor C. Eod. L. 28. C. de fidejuſſor.
Buͤrgen Recht wegen Schuld - ners Theilung.

§. 37. Wann auch ein Creditor von einem Buͤrgen ſein Antheil der Schuld nehme / und dabey nicht proteſtiret / daß er die Schuld da - durch nicht theilen wolte / kan er von einem hernach die gantze Summa nicht einfordern / weilen er ſie ſelbſten hat getheilt.

  • L. ſi ſtipulatus, ff. de uſur. L. ſi quando ff. de LL. L. ſi fidejuſſ. L. ſi pro ea, 10. C. Mand. §. ſi quid inſtit. de fidejuſſ.
Buͤrgen Recht der ſich als Hauptſchuld - ner veꝛbunden.

§. 38. Wann ein Buͤrge ſich als der Haupt-Schuldner verpflich - tet / die Schuld fuͤr ſeine eigene auffnimmt / ſo kan er beſprochen wer - den / ehe denn der Selbſt-Schuldner erſucht worden / ſonſt waͤre das An - geloͤbniß krafftloß; So koͤnnen auch Buͤrgen ihre Haupt-Schuldner nicht beklagen / ſie haben denn erſt bezahlt / oder es ſey ihnen bereits imRecht95Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. Recht zu bezahlen aufferlegt / oder ſo fern der Selbſt-Schuldner ſein Gut unnuͤtz verſchwendet.

§. 39. Wann beklagter Buͤrge / unberuffen ſeine Ausflucht fuͤr Ge -Buͤrgen recht - liche Beſchaf - fenheit. richt einzubringen / den Glaͤubiger einladet / muß er ſolche beweiſen; ſonſt ſollen Buͤrgen auch / anliegenden Gut vermoͤgend / fuͤr Gericht unſchwer zu belangen / und ſonſt beqvem oder geſchickte Leute ſeyn / nicht unter frembden Gericht / noch mit Freyheit begabt / oder zaͤnckiſch und der - gleichen; So koͤnnen Buͤrgen nicht denen Unmuͤndigen die Rechts Freyheit der Theilung vorwerffen / ohne wegen Vormuͤnder Perſon und Sachen / dafuͤr ſie etwan Buͤrge worden.

  • L. ſi contendat, ff. de Fidejuſſor. L. 6. & 7. ff. de fidejuſſ. L. fin. ff. Rem pupill. ſalv. fore.

§. 40. So haben nun Buͤrgen und Schuldner dreyerley Rechts -Buͤrgẽ Rechts Wohlthat we - gen Schulden Theilungs Freyheit. Freyheit und Wohlthaten / als wann ſich etliche zu Buͤrgen geſetzt ſamt und ſonders fuͤr eine Schuld / oder zuſammen ſchuldbar gemacht / je - doch nicht ein jeder fuͤr gantze Summa / hernach aber einer allein fuͤr voll angeſprochen wuͤrde / mag derſelbe begehren / daß die Schuld un - ter ihn und ſeine Mit-Buͤrgen nach Anzahl getheilt / und ein jeder nur zu ſeines Antheils Bezahlung verdammt werde / ſo fern die Mit - Schuldner beyhanden und zahlbar ſind; Wann aber dieſer Wohl - that abgeſagt / mag Glaͤubiger einen tauglichen Buͤrgen als Schuld - ner / welchen er will / fuͤr voll anſprechen.

  • §. ſi plures, inſtit. de fidejuſſ. L. ſi dubitet, §. ita demum, L. ſi plures, §. præterea, ff. Eod. Nov. 99. c. 1. L. 1. C. de duob. reis ſtipul. Auth. hoc ita C. Eod.
Buͤrge wege[n]Schul〈…〉〈…〉 Bezal〈…〉〈…〉 Vorz

§. 41. Alſo mag auch ein Buͤrge vorwenden / daß der Haupt - Schuldner erſt rechtlich erſucht und ernſtlich angeſtrenget werde / wo - fern er zur Stelle und zu bezahlen tuͤchtig; wann aber dieſer Freyheit abgeſagt / ſteht es beym Glaͤubiger / Buͤrgen oder Schuldner zu belan - gen.

Auth. præſente, C. de fidejuſſor. Nov. 4. c. 1.

§. 42. Deßgleichen wenn Buͤrge bezahlen ſoll und muß / hat erB〈…〉〈…〉 noch Macht vom Creditorn zu fordern / daß er ihm ſein Schuld-For - derungs-Recht an Principalen und ſeine Erben uͤbergebe / Falls er dieſes weigert / iſt Buͤrge frey von Bezahlung / dieſe Abtretung muß vor oder bey Bezahlung geſchehen / oder iſt nichtig.

L. 17. & 39. ff. & L. cum alter, C. de Fidejuſſ.

§. 43. Richters Urtheil ſoll des Klaͤgers rechtlichem Suchen muͤg -Richters Ur - theils Be - ſchaffenheit. lichſt gleichfoͤrmig ſeyn / auch mag er ſeines Ausſpruchs Urſachen bey - fuͤgen / um dadurch fernern Streits Gelegenheit wegzuraͤumen / undwann96I. Buch / Cap. IX. wann Urſachen zweiffelhafft / ſoll man die wahrhaffte nicht verber - gen / und alſo keine Veraͤnderung fuͤrchten.

  • L. 18. ff. comm. divid. arg. L. 13. §. illo, C. de judic. L. 19. §. ult. ad SCt. Vellej. L. ult. § 3. C. de furt.
Urſachen des Urtheils war - um von Rich - ter zu beneñen.

§. 44. Maſſen ja Partheyen und Advocaten / wofern ſie nicht gar von Erbar - und Einigkeit-Liebe entfernet / dabey geruhen werden / oder dafern ſie appelliren / jedoch alsdann nicht alle Puncten wieder - holen / ſondern nur ſolcher Urſachen wegen zancken und den Streit verringern moͤchten; So kan auch der Oberrichter beſſer und leichter des erſten Urtheils Stuͤtzen finden / da er ſonſt im Zweiffel nicht wiſſen kan / was darinn zu urtheilen / und was jenen dazu bewogen / ohne nach Acten Verleſung / woraus ſolches offt ſchwerlich zu erachten.

Urtheil muß ſeyn entweder zur Verdamm - oder Loßſpre - chung.

§. 45. Es muß aber jedes Urtheil alſo beſchaffen ſeyn / daß es mit klaren oder gleich lautenden Worten endliche Verdamniß oder Loß - ſprechung in ſich halte / jedoch wann verſchiedene Faͤlle in der Sache begriffen / mag Beklagter wohl in einem verdammt / im andern aber loßgezehlet werden; wann nun durch Uberwundenen Liſt oder Schuld die gebetene Sache veraͤrgert oder verdorben / wird er deroſelben recht - liche Schaͤtzung zu bezahlen verurtheilet.

  • L. 9. princ. ff. de condict. furt. L. 1. ff. de re judic. L. 1. §. 5. ff. quando appell. L. 5. §. 1. L. 59. pr. Eod. L. 37. ff. de Excuſ. tut. L. in hoc judicio, ff. famil. herciſc. L. 4. §. 3. ff. de Except. doli. L. 18. §. 1. ff. de dolo.
Urtheil ſoll nicht unendlich ſondern gewiß ſeyn.

§. 46. Deßgleichen ſoll jeder Ausſpruch gewiß ſeyn / und ſich auff vorgenannte Summa / Zeit / Ort / Urkunden und Klagſchrifft bezie - hen / es waͤre denn eine Sache von Natur alſo gethan / daß man dar - inn nichts gewiſſes zu erkennen vermag / als im Erbfall / Mitgifft und Vormundſchafft / oder derer Fruͤchte Genieß / Unkoſten und ſonſt / wo - fern etwa dem Beklagten das Wahlrecht zuſtaͤndig; wiedrigen FallsIntereſſe wann der Uberwun - dene bezahlen muß. muß das Urtheil endlich / unzweiffelhafft und ohne ungewiſſes Beding / ſo bald muͤglich zu erfuͤllen / abgefaſſet werden / und wenn der Uberwun - dene nicht gethan / was er geſollt haͤtte / mag er zum Intereſſe verurthei - let werden.

  • L. 15. ff. de re judic. L. 6. §. 1. & L. 68. ff. de R. V. L. 2. C. de reſcind. vend. §. cura - re, inſtit. de act. L. 7. ff. ſin pars hæred. L. 3. pen. & ult. C. de ſent. quæ ſine. L. 7. §. pen. ff. de contrah. Emt. L. 3. C. de fruct. & Lit. impenſ. L. 10. §. fin. de jure dot.
Urtheil mit Beding wie gelten mag.

§. 48. So mag nun ein Urtheil alſo geſetzt werden / mit Beding / ſo fern Klaͤger ſeines Inſtruments Copie mit Original bekraͤfftiget / oder Beklagter wird in Unkoſten verurtheilet / wann dieſelben richtig liquidiret und erwieſen / jedoch nach richterlicher Er[m]aͤßigung / oderwuͤrde97Von Arreſten / Buͤrgen / Urtheilen und Straffen. wuͤrde Klaͤger ſchweren / item / wuͤrde Hoſpital oder Kirche den Ver - gleichs-Auszug beſſer / als in Acten geſchehen / erweiſen / ſo ergienge fer - ner was recht iſt / und kan / was im Urtheil enthalten / als Fruͤchte und Unkoſten Erſtattung / an ſelbigem Tage / da es gefaͤllet / vollenzogen wer - den / denn eben darum iſt der richterliche Proceß erfunden / daß ein jederRechtliche Nothdurfft wann fuͤr zu bringen. ſeine Nothdurfft vor dem Beſchluß oder in der Appellation fuͤrbrin - gen ſoll / damit die Jrrungen endlich einmahl mit Recht entſchieden / nicht ewig auff Fuͤrbehaͤltniß anſtehen moͤgen.

L. 42. ff. de Re judic. L. 35. §. 1. de R. V.

§. 48. Sonſt aber in etlichen Rechts zulaͤßigen Faͤllen wird derIntereſſe Lei - ſtung wann befreyet. Verurtheilte durch Leiſtung des Intereſſe befreyet / als in Klage wegen gethanen Schadens / oder ſo fern jemand zu einer That verdamm / oder die Sache nicht mehr vorhanden / oder der Streit beſchworen; ſo ſind auch etliche Faͤlle / in welchen das Urtheil / ob ſchon davon nicht appelli - ret / nicht zur Vollenziehung erwaͤchſt / als fuͤr und gegen Eheſtand - Sachen Suͤnde zu vermeiden oder da es geſprochen auff Rath eines Baumeiſters / Hebammen und Wund-Artztes / wegen der SachenUrtheil wann nicht zur Voll - ziehung er - waͤchſt. Ungewißheit / es waͤre denn ein Ertz-Kuͤnſtler und Baumeiſter; Und insgemein alle nichtige Ausſpruͤche / als etwa eine unſtaͤndige Schuld zu bezahlen; wo auch jemand innerhalb Menſchen Gedencken zum Gericht befugt / ſo iſt er beſtaͤndig dazu berechtiget.

  • C. 14. X. de probit c. 2. X. de purgat. c 7. X. de re judic. Nov. 7. c. 3. §. ſcire autem. L. ult. C. de ſent. ex brev. recit. L. 7. §. 1. ff. de compenſat.

§. 49. Keiner wegen ſoll man Geding und Vertrag wegen Ubel -Ubelthaten Vergleich ver - boten. that in deren Beſtraffung erwegen / ohne in Diebſtahl / allwo man des Beſtohlnen Schaden wohl anſehen mag; derowegen / ob ſich gleich Moͤrder oder Raͤuber mit des Beraubten oder Ermordeten Freunden heimlich oder oͤffentlich vertruͤgen / fichtet es dennoch die hohe Obrig -Obrigkeiten Recht wegen Privat-Ge - dinge. keit nichts an / ſondern bleibet ihr billich derſelben Thaͤter Verfolgung vorbehalten / wegen allgemeinen Weſens Nutzen / als deſſen Recht durch Privat-Bedinge nicht zum Nachtheil mag auffgehoben ſeyn / ob ſie ſich ſchon ſelbſt zum Schaden die Straffe nachlaſſen moͤgen; viel we -Straff-Linde - rung Vertrags halben verbo - boten. niger mag ſolchen Vergleichs halber die peinliche Straffe gelindert werden / ob ſchon der Beleidigte vergnuͤgt / ſonſt wuͤrden reiche Todt - ſchlaͤger die Hals-Straffe leicht vermeiden / und nur arme Ubelthaͤ - ter ſolche ausſtehen muͤſſen / welches ungerecht und unbarmhertzig.

L. 18. C. de transact. crim. L. 38. ff. de pact. L. pen. C. Eod.

§. 50. Ein Geding - und Vergleich / ſo auff das Verleumdung - undGeding und Vergleichs Gerechtigkeit. Falſchheit Laſter hinziehlet / wird wegen boßhafft begangener Ubelthat /Nes ſey98I. Buch / Cap. IX. es ſey mit Jrrthum / aus Furcht / Schrecken oder Liſt erzwungen / durch richterliches Amt ſo wohl wiederruffen und vernichtet / als ein ſolches Geding / darinn jemand uͤbermaͤßig mehr als die Helffte rechtmaͤßigen Werths oder Schaͤtzung verluſtig gemacht zu ſeyn erweiſet / ſo wohl bey Minderjaͤhrigen / als die vollen Alters uͤber fuͤnff und zwantzig Jahr ſind.

  • Tit. ff. de eo, quod met. cauſ. L. pen. C. Eod. L. 65. ff. de condict. indeb. L. 5. C. de dolo malo.
Privat-Haͤn - del Vergleichs Recht.

§. 51. Wer in Privat-Haͤndeln ſich vergleichen will nach Kriegs - Befeſtigung / ſcheinet das Laſter zu geſtehen / dahero billig uͤberwun - den zum Urtheil / es ſey denn nicht fuͤr Geld / ſondern auff Bitte und guter Freunde Zwiſchen-Rede geſchehen / daß einer Rechts-ſtreitigen Klage Erlaſſung gewonnen; wegen Laſter und Ubelthaten / darauff kei -Blut Gerichts Straff Ver - trag. ne Blut-Gericht-Straffe folget / mag man gegen Rechts-Geſetze kein Geding und Vertrag machen / weilen allhier Lebens-Gefahr auffhoͤ - ret / dahero ſolcher Vergleich nicht wohl zu endigen / ſondern gewinnet das Anſehen / als ob Beklagter Klaͤgern beſtechen wolte / ſo waͤre es auch dem Klaͤger ſchaͤndlich / durch Anklage-Gefahr Geld zu erpreſſen.

L. fin. ff. de prævaric. L. 4. ff. de jure fiſci.

Vertrags Recht / ſo ge - zwungen.

§. 52. Wann auch / oͤffentlichen Ruheſtands halben / oder um et - wan ein groͤſſer Ubel und Unheil zu vermeiden / ſtreitende Partheyen auf richterlichen Befehl ſich zu vertragen gezwungen / ſind ſie billig allen Hohn und Spott auch Argliſt befreyet / weilen ſolch Geheiß allzeit rechtmaͤßig zu vermuthen / und Beklagten der Straffe wegen entſchul - diget / ja ihre Schuldigkeit beyderſeits zu gehorſamen erfordert; EinStraff Anbie - tungs Freyheit mit Proteſti - rung. Erbe aber / der frembden Laſters halben Geding und Vergleich macht / iſt dafuͤr nicht ehrloß / weilen der Krieg nicht mit ihm befeſtiget / deß - gleichen / wann Beklagter die von Rechts wegen ſchuldige / oder in der Klage enthaltene Straffe fuͤrm Urtheil anbeut / mit Proteſtirung nicht aus Laſters boͤſem Gewiſſen / ſondern Streits Beſchwerden zu fliehen.

  • L. 9. C. de contr. ſtipul. L. 1. §. 1. & pen. C. de calumn. L. 1. ff. de confeſſ. L. ſervo, §. cum prætor, ff. ad SCt. Trebell. L. fin. ff. ne quid in loc. publ. C. quisque 23. X. de R. J. L. 167. §. quod juſſu, ff. de R. J. L. ſervus, ff. de infam. jur.

Caput X.

Von Nicht - oder guͤltigen Urtheils Appellation, Beſitz-Einnahm oder Einfuͤhrung / Execution und Vollenziehungs Auffſchub oder Ver - nichtung.

§. 1. Tag99Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung.

§. 1.

TAg und Stunde des abgeſprochenen Urtheils ſoll genau in ActenAppellations Fatal und end - lichen Termins Verlauff-Zeit. beſchrieben ſeyn / weiln die Friſt zu appelliren von Augenblick zu Augenblick verlaufft innerhalb zehen Tagen / von der Stunde des Ausſpruchs / biß zur ſelbigen des eilfften Tages / nicht aber dem Un - wiſſenden.

Nov. 23. c. 1. & 2. Auth. Hodie, C. de appellat.

§. 2. Wer nun in perſoͤnlichen Klagen Rechts verluſtig und nicht zu rechter Zeit appelliret / iſt zwar ohne Weigerung / Vergnuͤgen zuJn perſoͤnlichẽ Klage Verluſt bey Appellati - on Verſaͤum - niß Auffſchubs Friſt. thun ſchuldig / jedoch hat er von Rechts wegen noch vier Monat Zeit / darinn er ſich ohne weitere Anfechtung zur Bezahlung ſchicken mag / ja wann ſchon der Richter ihm die Zeit geſchmaͤhlert / gilt es nichts; wer aber dieſer rechtlichen Wohlthat abgeſagt / kan ohne fernern Auf - ſchub zur Bezahlung gezwungen werden.

L. 4. §. ſi quis ff. de re judic.

§. 3. Eine Parthey mag ſich rechtlichen Freyheits Wohlthat zumAppellation Rechts Wohl - thaten Ver - zicht. hoͤhern Gericht / als auch vom Schieds-Mann zur ordentlichen Obrig - keit hinzu beruffen / wie ſehr nuͤtzlich und billig es ſonſt iſt / gar woll ver - zeihen und begeben; bißweilen kan auch einer der Appellation binnen zehen Tagen / von erlangter Nachricht und Wiſſenſchafft anzurech - nen / ſich nur anhaͤngig erklaͤren / welches guͤltig iſt / wofern es dem Richter / von welchem appelliret / bekandt.

  • L. 1. §. 1. & L. fin. ff. de appellat. L. 1. & 3. §. 1. ff. de recept. arb. L. ſi ſocietas, ff. pro ſoc. L. vir bonus, ff. judic. ſolv. L. 137. §. cum ita, ff. de V. O.

§. 4. So muß man ſich ſtaffelweiſe zum hoͤhern Richter beruffen / es waͤre denn anders verguͤnſtigt worden / als von Commiſſarien zuAppellation wie und wann zu verrichten. dem / der ſie verordnet / und nicht zum Kammer - oder Hof-Gericht / und zwar geſchicht Appellation ſchrifft - oder muͤndlich von Zeit des Urtheils Wiſſenſchafft binnen zehen Tagen / welche Friſt auch ver - laufft in bedinglichen Urtheilen vom Tage des Spruchs und nicht Be - dings Ausgang / auch denen Armen wegen Unkoſten Erforderung / da -Appellation Recht fuͤr die Armen. her ſolche Armuth inzwiſchen anzumelden / und kan der Richter dem Gerichts-Advocaten befehlen / ſolche Parthey umſonſt zu bedienen; Allwo aber die Beſchwerunge beſtaͤndig erfolget / als im Gefaͤngniß / perſoͤnlichen Dienſtbarkeit und Ehren-Urtheil / nur die Schande abzu - wiſchen / hat allezeit Appellations-Recht Statt / wie auch wer zufaͤl -Appellation worinn ſtets veꝛgoͤnnet auch nach 10. Tagen liger Weiſe verhindert / in Ehe-Sachen aber gilt Appellation auch nach zehen Tagen.

  • Nov. 23. c. 3. & 4. c. 9. 15. 30. & 52. X. de appell. c. 27. §. pen. X. de offic. judic. deleg. c. 4. X. de foro compet. L. 1. ff. quis & à quo appell. L. 1. §. 3. L. 21. ff. de appell. c. 66. X. hoc tit.
N 2§. 5. Sonſt100I. Buch / Cap. X.
Appellation Recht vom Bey - und End - Urtheil.

§. 5. Sonſt aber mag man frey / ſo wohl von willkuͤhrlichen or - dentlichen Richters End - als Bey-Urtheil / ſo fern es End-Urtheils Krafft hat / oder einen unerſetzlichen Schaden bringt / ſich zum hoͤhern Gericht beruffen / als wenn der Sachen Entſchluß daran haͤnget / daß der Richter ſchweren heiſſet / oder uͤber Ungehorſam erkennet / oder Zeugen und andern Beweiß verwirfft / oder Argwohn fuͤr unguͤltig haͤlt / oder unmuͤglichen Beweiß erfordert / oder der Andere vom Eyd der Verlaͤumdung befreyet / oder Richters Verwerffung entſchlagen wird / oder allzu enger Termin angeſetzt / der Ort unſicher / oder oͤffentlichenAppellation Recht auff ſte - henden Fuß mit lebendiger Stimme. Verbots zerſtoͤrliche Gerichts Einladung ohne gerechte Urſachen ge - ſchehen / alsdann mag man ohne Schrifft ſtehenden Fuſſes mit le - bendiger Stimme ſich zu hoͤhern Richtern beruffen / darauff ſo bald oder kurtz hernach ein jeder ſeiner Beſchwerden Urſachen auszuwuͤrcken ſchuldig.

  • C. 51. & 60. X. de appellat. L. 2. ff. de appell. recip. c. 10. & 12. X. de appellat. c. 17.
    Beſchwerden Mangel hebt den Stꝛeit auf.
    & 59. X. & Clem. Appellante, hoc tit. L. quod juſſit, ff. de re judic.

§. 6. Nach geiſtlichem Recht iſt er den Richter zu fragen befugt / ob ihm derer Beſchwerden Wiederruff in der Sachen Beſchluß ſchaͤd - lich ſeyn ſoll / wo nicht / wird fernern Streits Gelegenheit auffgehoben; allwo keine Beſchwerden zu finden / auch dem Richter frey ſteht / dasAppellation wann unguͤl - tig. Bey-Urtheil allezeit zu verbeſſern / wann beyde Partheyen appelliren / ſo wird die letztere nicht gehoͤret / gegen Geiſtliche kan man auch nicht zum andern mahl ſich auff hoͤhers Gericht beruffen.

Appellanten Eydes Pflicht.

§. 7. Bey Einfuͤhrung des Appellations Proceſſes / wer dann appelliren will / muß als Appellante ſich zum Eyd erbieten / welchen er auch zu leiſten ſchuldig iſt / und muß er vorhero geloben und alſo ſchwe - ren / daß er gaͤntzlich glaube und dafuͤr halte / es ſey ihm Appellirens noth / indem er ſeines neuen gethanen Vorbringens vorhin keine Wiſ - ſenſchafft gehabt / oder ſolches nicht damahlen bey erſter Inſtanz ein - bringen koͤnnen / noch fuͤr noͤthig und dienſam erachtet / daß er aber nunmehro dafuͤr halte / ſolches alles zu ſeines Rechts Erhaltung noth - wendig und dienlich ſey / derowegen er ſolche Appellation nicht fre - ventlich / noch zu Auffenthalt und der Sache Verlaͤngerung gethan / folgends mag er ſolche beym Oberrichter anfuͤhren; die Zeit der Appel - lation Einfuͤhrung iſt im Recht ungewiß / und ſteht alſo in des Ober - Richters Willkuͤhr / beym Cammer-Gericht aber ſind es vier Monate.

Appellanten Recht vorige Gerichts Act auszuloͤſen.

Nov. 119. c. 4. Auth. ſi appellatione, C. de temp. appellat.

§. 8. Wann nun der appellirende Theil / vor Verflieſſung derer vom Tage beſchehener Appellation nechſt folgendẽ 30. Tage / vom Unter -richter101Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung. richter die vorigen Acten begehret / und ſelbige fertig waͤren / ſoll er ſie um die Gebuͤhr ausloͤſen / oder zum wenigſten ſolchen ſeines Begeh -Fatal Termin erſtẽ Gerichts Acten vorzu - legen. rens beglaubten Schein vorlegen / der Richter aber ſelbſt muß bald / und unerwartet des Zwang-Schreibens vom hoͤhern / dieſelbe gegen ziem - lichen Belohnung Verſicherung / nach erſter Muͤglichkeit / auszulieffern / nothwendig gebuͤhrende Anſtalt machen; wofern aber von ihm hierinn einig vorſetzlicher Auffzug verſpuͤhret wuͤrde / hat er 20. Marck Gol - des verbrochen / vielmehr ſoll er dabey zugleich ſeines Urtheils recht -Appellaten Recht wegen Appellanten Schrifften. liche Urſachen dem Obergericht verpitſchirt einſchicken / unter 2. Marck Goldes Straffe; So kan auch der appellirte Theil ſich nur auff vo - rige Acten beziehen / und bedarff auf des Appellanten Schrifften nicht zu antworten.

Tot. tit. ff. nihil pend. appell. L. ult. C. de Appellat.

§. 9. Solche Appellations Brieffe nun vom Richter an beſtim -Appellation wer abzuſagen ſcheinet. tem Tage zu empfangen / wer ſich nicht ſtellet oder erſcheinet / hat der Appellation gleichſam abgeſagt; Richters Abſchlags Handlung aber iſt hier nichtig / alſo daß der Appellirende ohne dem fortfahren mag /Appellation Brieffe Bitt - Verſaͤumniß. weilen ihm der Richter ſie ungebeten heraus zu geben ſchuldig / jedoch kan ihm dieſes nicht helffen in Appellations Verſaͤumniß / maſſen er ſie haͤtte ſollen bitten / nemlich innerhalb 30. Tage vom Urtheil an zu rechnen.

  • L. 1. C. de relat. L. fin. §. in refutatoriis, C. de appellat. L. un. ff. de libell. dimiſſ. Clem. 2. de appellat. L. 24. C. Eod. tit.

§. 10. Es muß aber der Appellations-Zettel keine SchmaͤhungAppellation Zettuls Be - ſchaffenheit. des Richters in ſich haben / und zeitig demſelben / davon man appelli - ret / eingelieffert werden; So fern nun der Richter aus gewaltſamer Ty - ranney ſich nicht finden laſſen will / oder abweſend waͤre / ſoll man nach fleißigem Anſuchen ſolches durch Notarien und Zeugen verrichten / und des Richters Straffe / der Appellation Zettul nicht annehmen will / iſt 30. Marck Goldes.

L. 1. §. ult. L. 7. & 8. ff. de appellat. Nov. 119. cap. 4. L. 21. C. de appellat.

§. 11. Wann auch die Appellation verworffen / mag man von ſol -Appellation Verwerffungs Recht. cher Verwerffung auffs neue appelliren / und muß der Unter-dem Ober - Richter deren Urſachen entdecken / auch der Parthey ſolchen Wider - legung-Schreibens Copie mittheilen / inzwiſchen nichts verneuern noch vollenziehen. Unnuͤtze Appellation iſt jedoch nicht zu geſtatten / ohne mitRechts Ver - weigerungs Anſuchen. Beſcheid / ſo weit ſolche Rechtens; wegen Gerechtigkeit Verweigerung mag man gleichfals den hoͤhern Richter erſuchen und anflehen. Son -N 3ſten102I. Buch / Cap. X. Appellation Summa wie viel ſey.ſten iſt Appellation rechtliche Summa zum Ober-Gericht drey hundert Guͤlden.

  • L. 5. §. 1. ff. de appell. recip. L. pen. ff. Eod. L. fin. §. in refutatoriis. L. 19. C. de ap - pellat. Nov. 15. c. 3. in fin. Auth. ſtatuimus, C. de Epiſcop.
Appellation Gericht was dazu gehoͤrig.

§. 12. Alles / was vorhero haͤtte verrichtet werden koͤnnen / ſolches wird beym Appellations-Gericht nicht zugelaſſen / und ſoll hinfuͤro zu Befoͤrderung des Proceſſes das weitlaͤufftige articulirte Klagen ab - geſtellet / und ein jeder Appellant ſeine Beſchwerden / jedes mahl Pun -Appellanten Pflicht / Be - ſchwerden zu melden. cten weiſe verfaſſet / gleichfalls mit der Supplication zu uͤbergeben ſchuldig ſeyn / auch darinn abſonderlich vermelden / worinn er ſich be - ſchwert erachtet / was er beſſer zu beweiſen / und von neuem vorzu - bringen gedencke / davon zuletzt denen Appellaten ſo viel beglaubte Co -Appellation Verfolgungs Friſt. pien zu inſinuiren / als citirte vorhanden ſind. Allwo nun keine Zeit an - geſetzet / die Appellation zu verfolgen / muß ſolches innerhalb Jahres Friſt geſchehen / es waͤre denn von Partheyen laͤnger bewilliget / oder der Richter von vielen Geſchaͤfften verhindert / oder der AppellirendeUrtheil wann zu vollziehen. verſtorben; ſo haben die Erben noch 4. Monat Zeit uͤbrig; Nach Verflieſſung zweyer Jahren aber wird das erſte Urtheil vollenzogen.

  • L. ult. §. ult. ff. & L. 7. C. de appellat. L. per hanc, C. de temp. appellat. L. ita demum C. de procurat. L. fin. C. quando prov. non eſt neceſſ. L. fin. §. 3. & fin. C. de temp. appellat. Clem. quamdiu, de appellat. L. ult. C. ſi pend. appell. mors c. 5. X. de appellat.
Appellant und Appellaten Recht wegen Ungehorſam.

§. 13. Wann auch der Appellate ungehorſam erkannt / mag der Appellante in der Haupt-Sache verfahren / und biß zum endlichen Urtheil ſeine Gerechtigkeit fuͤrbringen / Gegentheils ungehorſamen Ausbleibens unangeſehen / welches auch der Appellate uͤber ungezie - mende Verſaͤumniß Appellanten / wegen endlichen der Sachen Erkaͤnt -Appellation Recht ſo ver - laſſen und ver - fallen. niß / in ſeiner Abweſenheit begehren und Unkoſten zu erſtatten bitten mag / wann aber Appellation vor der Einfuͤhrung / als verlaſſen / ver - fallen / mag der Richter / von welchem appellirt iſt / daruͤber erkennen.

C. quamvis X. de appellat.

Luͤgenhafft - und zanckſuͤch - tiger Leute Straffe.

§. 14. Zanckſuͤchtiger Leute Boßheit zu ſteuren iſt nuͤtz und noͤthig / daß keiner / der einmahl auff Luͤgen betroffen / mit anderwaͤrtigem Ap - pellations-Vortheil ſich mehr behelffen moͤge; dahero in Gerichten Genungthuung und Verſicherung / den Streit ans Ende zu verfolgen /Caution we - gen Streits Unkoſten. auch wegen Unkoſten Erſtattung / Klaͤger leiſten muß / und wofern er frembd iſt / ſich an gewiſſen Ort fuͤr Gericht zu ſtellen / ja auch der Ge - genklage halber / wann er verlaͤumderiſchen Krieg angehoben / ob ſchon er den Eyd der Armuth abgeleget; Beklagter aber muß buͤrgen / daßer biß103Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung. er biß zum Urtheil bey demſelben Gericht verbleiben will / oder es wird auch Pfand zugelaſſen / weilen daran mehr Verſicherung als an der Perſon zu haben.

  • L. 22. §. fin. ff. noxal. act. L. 1. §. 15. ff. ſi quadrup. L. ult. ff. de R. V. Nov. 18. c. 8. & 10. L. ult. §. 1. ff. de compenſat. L. 22. §. 1. de re judic. §. fin. inſtit. ff. de fidei - comm. L. ſiquidem, C. de injur. §. 2. inſtit. de ſatisd. L. 25. ff. de R. J.

§. 15. Von ſolchen Richtern aber / die Freyheit / von ihnen nicht zuAppellation von etlichen verboten. appelliren / vom Fuͤrſten bekommen haben / kan niemand ſich beruffen / ſie waͤren denn gar verdaͤchtig / oder das Urtheil gantz nichtig / und dazu Wiedereinſetzung in vorigen Stand von noͤthen / wegen allzu kundba - ren Beſchwerden / wie auch nicht von einem uͤbel informirten Fuͤrſten zuSuppliquen Recht wegen Appellation. Injurien Ap - pellation Ge - richt. ihm ſelbſten / beſſern Unterrichtung halber / ohne mit deſſen Willen durch Supplique erhalten; So moͤgen Injurien-Sachen / darinn allein auff Wiederruff und Geld-Buß geklaget wird / fuͤr Appellation Gericht gerechtfertiget werden.

L. 30. C. de appell.

§. 16. Wann viele Mitgeſellen vorhanden / mag einer an StattAppellation Recht derer Mitgeſellen. aller rechtlich appelliren / ja weilen die Appellation eben keine wuͤrckliche Gerichts-Handlung zu nennen / mag ſie von Minderjaͤhri - gen wohl angeſucht / auch durch Procuratorn ohne Vollmacht zur erſten Inſtance Verfolgung gebeten werden. Wann aber ein Unterrichter denAppellation Abſagungs Schein. Appellanten in andern Sachen citirt / und dieſer ohne proteſtiren er - ſcheinet / oder ſelbſt etwas neues in der Sache anfaͤngt / hat er der Appel - lation dadurch abgeſagt / er waͤre denn liſtig darzu verfuͤhret.

  • L. 2. C. ſi unus ex pluribus. L. 10. §. 4. ff. de appellat. arg. L. 56. §. pen. ff. de furt. c. 42. & 54. X de appellat. c. gratum, de offic. judic. deleg.

§. 17. Ein Vormuͤnder kan und ſoll Appellations Recht fuͤr ſichVormuͤnder Recht wegen Appellation. Intereſſenten Appellation Fug. und ſeinen Muͤndling anſtellen und verfolgen / es waͤre denn verboten / ſo mag auch ein ander wegen ſeines Intereſſe in ſeinem Nahmen von einer Sache appelliren / ſo fern es in erweißlichen gewiſſen Hoffnung / und von des Principalen Recht nicht abgeſondert iſt / jedoch muß er ſei - ne Beſchwerden ausdruͤcken.

L. 11. C. de admin. tut. L. 5. & 27. ff. de appellat. L. 9. C. hoc tit.

§. 18. Alſo kan ein Buͤrge appelliren / wann der Principal verur -Appellation Recht fuͤr andere Leute. theilet; Ein Vater in Sohns / und Sohn in Vaters Sache / der Mann in Weibes und das Weib in Mannes-Rettungs-Streit; einer dem etwas vermacht iſt / wann der Erbe uͤberwunden / ein Fuͤrſt / wann Unterthanen verdammt / oder das Capitul von wegen eines Biſchoffs / item, der Glaͤubiger wegen des Pfand-Guts / wofern der Schuldnerver104I. Buch / Cap. X. verurtheilet / und der Verkaͤuffer ſeines verdammten Kaͤuffers halben / oder ein Herr ſeiner eigenen Leute halber / alſo der naͤchſte Verwandte in Lehn-Gut-Streit-Sachen.

  • L. 4. §. 3. & 4. & L. 5. ff. de appellat. L. 3. §. 2. ff. de liber. cauſ. Arg. c. 55. X. de appel - lat. L. ſæpe, ff. de re judic. Nov. 112. c. 1. arg. L. 44. ff. de re judic. L. 1. §. 1. ff. à quibus appell. non licet.
Appellation wann guͤltig oder nicht.

§. 19. Jn Ehe-Sachen iſt Appellation wohl zugelaſſen / in pein - lichen aber / oder kurtz-ſummariſch-augenblicklichen Beſitz-Streit / gilt keine Appellation, es waͤre denn der Beweiß ſchwer; in EigenthumsExecutions Verhinderung durch Appell. Klage und wo das Urtheil / wegen Beſitz-Recht / ewige Wuͤrckung haͤtte / ſo mag zur Executions Verhinderung appelliret werden / ſonſten kan jedoch von der geurtheilten Sache Vollenziehung nicht appelliret wer - den / ohne bey deren Ubertretung / als wenn der Exequirer groͤſſernExequirers Ubertetung verboten. Werths Pfand / als die Schuld ſelbſt iſt / ausnimmt / oder auch ſeinen Befehls Graͤntze uͤbergeht / und frembden Grundes Beſitz einweiſet.

L. unic. C. ſi de moment. poſſeſſ L. 5. princ. C. quor. appell. non recip. Nov. 123. c. 21.

Appellation Recht / ſo nach Einfuͤhrung verlaſſen.

§. 20. Wann nun die Appellation nach der Einfuͤhrung verlaſſen / muß der Oberrichter / an welchen appellirt / daruͤber ſprechen / und ſo fern der Appellante ſich wegen Ungehorſams nicht entſchuldigen kan / wird er auch dieſer Inſtanz Unkoſten / auff vorigen Richters Maͤßi - gung / zu erſtatten / ſchuldig geurtheilet / und Urtheils VollentziehungFreveln Appel - lanten Straffe. zu ſelbigem Unterrichter verwieſen / alſo daß wohl geſprochen / und uͤbel davon appelliret / jedoch zuweilen mit gewiſſer Erklaͤrung zu erken - nen. Eines freveln Appellanten Straffe kan ſich / nach der Sachen Be - ſchaffenheit / biß 50. Marck Goldes erſtrecken.

L. ult. §. 4. C. de temp. appell. c. 70. §. ille denique X Eod. L. 6. §. 4. C. de appell.

Appellation wegen Urtheils Nichtigkeit.

§. 21. So kan auch binnen 10. Tagen Appellanten Fuͤrbringen nach wegen Urtheils Nichtigkeit von oberrichterlichen Amts wegen zu Recht erkannt werden / daß in voriger Inſtanz nichtiglich gehandeltObergerichts Erkaͤntniß we - gen richtigen Urtheils. und geſprochen / alſo uͤberfluͤſſig davon appelliret / die Unkoſten aber aus bewegenden Urſachen compenſiret / und dafern die Partheyen in der Haupt-Sache Spruch und Forderung nicht erlaſſen wollen / ſoll es beym Obergericht geſchehen und gehoͤret werden / wann nemlich ein verworffener Richter fortfaͤhret in der Sache / oder ein Theil ſeine Perſon zum Gerichts faͤhigen Stande nicht legitimiret / oder Parthey nicht citirt.

Urtheils Nich - tigkeit erſt ein - zuwenden.

L. 5. §. fin. ff. Except. doli. L. 41. ff. famil. herciſc.

§. 22. Derowegen allezeit zu bitten / vorhero uͤber die Nichtigkeit des Urtheils zu erkennen / und wofern die nicht gegruͤndet befunden / als -denn105Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung. denn und nicht eher / auff die andere Klage der Ungerechtigkeit des vo -Supplications Mittel wann hilfft. rigen Spruchs zu urtheilen. Wann es nun eine oͤffentlich kundbare / aus Acten erhellende / alsbald erweißliche / unwiederruffliche und gefaͤhrliche Nichtigkeit / verhindert ſie Execution; Nach dreyen gleich maͤßigen Urtheilen aber gilt dieſer Vorwand nicht / alſo hilfft auch Supplica - tions Mittel innerhalb 10. Tagen eingebracht / anders wird das Ur - theil ohne genungſame Verſicherung vollendet.

  • Clem. 1. de ſent & re judic. L. 5. & auth. ſeq. C. de prec. imper. offer. Auth. quæ ſupplicatio, C. Eod.

§. 23. Endlich kan man auch bitten / das Huͤlffsmittel nochmahligenActen Reviſion Huͤlffsmittel / wann zu be - gehren. Uberſehung der Acten / welches binnen 4. Monat von abgeſprochenem Urtheil zu begehren / welches zwar die Execution nicht verweilet / jedoch muß Gegentheil Buͤrgſchafft leiſten / wegen Erſtattung im Fall Ver - luſts / wie auch Wieder-Einſetzung in vorigen Stand / wegen Alters /Reſtitutions - Mittel. Execution Auffſchubs Recht. Betrug oder Abweſen / ſo fern die wider das Urtheil eingewandte Be - ſchwerden nicht fuͤr unerheblich zu achten / es muß aber die Sache nicht von geringer Summa / auch Eyd dabey folgen / hier wird Execution auffgeſchoben / wann auch Urtheils Vollziehung wegen Falſchheit zu verſchieben / ſoll es der Unter-dem Oberrichter berichten.

  • Nov. 119. c. 5. L. 1. ff. de offic. præſ. prætor. L. 4. ff. & L. 2. C. de appellat. c. 12. X. de re judic. c. paſtoralis, §. præterea, X. de offic. judic. deleg.

§. 24. Wann die Summa geringer als 300. Guͤlden / oder ſonſtAppellation rechtliche Summa. nach jeden Orts Rechts uͤblichen Gewohnheiten / die nemlich hierinn ſtets zu beobachten / wann auch Urtheil wegen verlaſſener Appellations - Zeit gefaͤllet / mag man nicht davon appelliren / weilen ein Ungehorſa - mer ſolchen Rechts verluftig / und erſtes Urtheil zur Vollziehung er - wachſen / daß alſo dem Uberwinder dieſes ferner unſchaͤdlich / es ſey denn /Ungehoꝛſams Straffe iſt Rechts Ver - luſt. daß der ander Theil ſolches wichtigen Hinderungs Urſachen halber verlaͤugnet / kan alsdann der Richter ihm in annoch ſtreitiger Sache Appellation nicht weigern / wofern aber die Appellation verlaſſen / mag dennoch der Richter in der Sache nachforſchen / und gemeinen Nutzen Amts wegen jederzeit ſuchen / weilen der Parthey Unfleiß Richters Amte unnachtheilig ſeyn muß.

Clem. 6. de appell. L. 11. ff. de jurisdict. c. 45. X. de appell.

§. 25. So mag man auch nicht appelliren von ſolcher SachenAppellation worinn verbo - ten. Urtheil / die keinen Verzug leiden / und deren fruͤhzeitige Vollendung zu oͤffentlichem gemeinem Nutzen gehoͤrig / als Soldaten Unterhalt / ar - men Nahrung und Taglohn / Obrigkeiten Pflicht-Schulden / von Un - terthanen und ſonſt zu frommen Zwecks Erhaltung; Alſo auch / wannOdem106I. Buch / Cap. X. dem Glaͤubiger Pfands Euſſerung verſtattet / oder jemanden einige Straffe von Rechts wegen aufferleget / wird keine Appellation ange -Appellation wann nicht anzunehmen. nommen / es ſey denn die That gelaͤugnet / wie ebenmaͤßig von gar ge - ringen Sachen / die nach wahrhafftem Anſehen weniger Nutzen ſchaf - fen / als Unkoſten betragen / oder deren Beſchwerden leicht zu erſetzen.

  • L. ult. princ. & §. 1. ff. de appell. recip. L. 4. & ult. C. quor. appell. L. 244. ff. de V. S. L. 5. §. 2. ff. de jurejur.
Appellation wann ferner unguͤltig.

§. 26. Deßgleichen gilt keine Appellation, ſo fern das Urtheil aus gerichtlich geleiſtetem Eyds-Grunde verfaſſet / oder die Parthey ſol - ches Rechts ſich begeben / es waͤre denn eine neue Beſchwerung / deren vorhin nicht gedacht worden / als geraume Zeit zur Bezahlung erbit - ten / oder ſo jemand in der gantzen Sache / nicht zu erſcheinen / noch zu ant - worten / ungehorſam; ob ſchon er aber nicht ſchweren / Urkunden ausge - ben / noch Zeugen Verhoͤr und Urtheils Verfaſſung mit beyzuwohnen Willens / ſo mag er jedoch wohl appelliren / wie auch / dafern etwa eine Perſon wegen Alter / Geſchlecht und Bauer-Stands zu entſchuldigen / iſt Appellation ungeweigert / wer aber bekannt oder zweymahln appel - liret hat / der wird ferner nicht zugelaſſen.

  • L. 6. C. quor. appellat. non recip. L. 1. §. 3. ff. à quibus appell. non licet. L. 5. C. de re judic. L. un. C. liceat in ead. cauſ.

§. 27 Falls nun Appellation foͤrmlich / beſtaͤndig und zu gebuͤhrenderAppellations rechtl. Form / Materie An - nahm oder Verweiſungs Recht. Rechtfertigung anerwachſen / iſt ſolches aus Acten zu befinden / ſoll auch alles gerichtlich in Schrifften oder Klag Zuſpruͤch-Auszuͤge und Erklaͤrung vom Munde in die Feder verſetzet werden / und was die Materie betrifft / daß ſelbige nichtig und darinn fuͤr allen Dingen der Appellant mit ſeiner Verthaͤdigung zu hoͤren / ſoll die Sache angenom - men / eroͤrtert / oder an vorigen Richter zuruͤck gewieſen ſeyn.

§. 28. Wenn ein Urtheil zur Vollenziehung erwachſen / ſo iſt nichtsUrtheils Voll - ziehung wann erſchienen. mehr uͤbrig / als daß ſolche geſchehe / entweder durch Beſitz-Einnahm und Einfuͤhrung oder der zuerkanten Sachen Bezahlung / oder derſelben ſo wohl als anderer Guͤter Pfaͤndung.

L. 26. ff. de pignor. act.

Richters Amt von wegen Be - ſitz-Einnahm und Einfuͤh - rung.

§. 29. Beſitz Einnahms-Einfuͤhrung geſchicht durch angehoͤrigen Richter / dadurch Uberwinder das gerichtliche Pfand erlangt / ſo fern er wuͤrcklich zum Beſitz eingebracht / und nicht anders als durch bloſſe Einweiſung / welche das Pfand nicht auslieffert / es ſtuͤnde denn nicht bey der Parthey / oder waͤre Richters Unfleiß und Feinds Zeit halber daran verhindert worden / und ſolcher Einfuͤhrung Zeichen iſt ein Stuͤcklein Holtz aus der Thuͤr geſchnitten.

§. 30. Gegen107Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung.

§. 30. Gegen zuerkanten Sachen Bezahlung aber gilt nichts / alsUrtheils Recht wegen erkann - ten Bezahlung dem Urtheil zu gehorſamen / darum auch demjenigen / ſo die Sache hat / und dennoch nicht wiedergeben will / dieſelbe von ihm zu nehmen durch bewaffnete Hand / aus des Richters Geheiß befugt ſeyn mag / wer es anklaget; Jn perſoͤnlichen Gerichts Sachen aber wird dem Verur - theilten 4. Monat Zeit gegeben / ohne darinn / wo gelehnt / hinterlegt / gekaufft oder verpfaͤndet Gut geſucht wird / es waͤre denn allbereits verbracht / daß zu deſſen Schaͤtzung geklagt wuͤrde.

  • §. & ſi in rem, inſtit. de offic. judic. L. qui reſtituere, ff. de R. V. L. fin. C. de uſur. rei judic.

§. 31. So geſchicht auch Execution auff Renthen und Haupt -Execution worinn ge - ſchehen ſoll. Summa / nicht aber wegen Unkoſten / ſie waͤren denn zuvor vom Rich - ter gemaͤßiget / und nachdem die Pfaͤnde einen Monats lang in des Ex - ecutoris Verwahrung geweſen / hernach wird Beklagter citirt / und ſolche Guͤter durch erfahrne Leute geſchaͤtzet / und binnen 14. Tage ver - kaufft / wann ſie nicht geloͤſet oder zur Bezahlung uͤbergeben.

L. 8. ff. de Diſtract. pign.

§. 32. Allwo nun keine Pfand-Verſchreibung zu finden / noch baarBeweglich Gut wann auszupfaͤn - den. Geld vorhanden / ſoll man beweglich Gut annehmen / welches auff ein halb Jahr / einen Monat / oder andere geraume Zeitlang / nach Orts gewoͤhnlichem Recht / im Gericht hinterlegt zu behalten / wann es als - dann nicht ausgeloͤſet wird / mag es hernach oͤffentlich auctioniret werden.

L. 31. & 15. §. 3. ff. de re judic.

§. 33. Wo ſich aber kein Kaͤuffer einfindet / wird es geſchaͤtzet / undBeweglichen Guts Schaͤ - tzungs Recht. Schuldners Guͤter Ver - zeichniß Pflicht. Execution Befoͤrderungs Mittel. dem Uberwinder an Bezahlung hingegeben / und zwar ſoll man an de - nen Geringſten den Anfang machen; wofern hernach keine bewegliche Sachen mehr zur Stelle ſind / muß der Schuldner richtige Verzeichniß aller ſeiner Guͤter ausgeben / und damit die Execution deſto leichter zu verrichten / iſt der Schuldner rechtlich gehalten / ſeiner Thuͤren / Kaſten und andern Behalts Schraͤncke / darinn man ſolche bewegliche Sa - chen zu verwahren pflegt / zu entdecken und deren Schloͤſſer zu eroͤffnen.

§. 34. Allwo demnechſt bewegliche Guͤter mangeln oder ſolcheUnbeweglich Gut was dazu gerechnet. vorhanden / welche ſo leicht keinen Kauffmann finden moͤgen / ſoll man zu unbeweglichen fortſchreiten / wobey jaͤhrliche Gefaͤlle / Jagt-Recht und Bauren-Dienſt gehoͤrig; So mag man um Schulden halber wohl auspfaͤnden / jedoch nicht ſelbſt / ſondern durch derer Obrigkeiten Huͤlffe / und ſoll man alsdenn erſtlich Geld nehmen allwo es verhan -O 2den /108I. Buch / Cap. X. den / wo aber kein Geld zu finden / ſoll man bewegliche Guͤter nehmen.

  • Tot. tit. ff. & C. de rei judic. Exec. L. 13. ff. quod metus cauſ. L. ſi quis, L. memi - nerint, C. unde vi. L. 12. §. fin. ff. de religioſ. L. 15. §. 11. cum ſeq. ff. de re judic. L. 2. § mutui, ff. ſi cert. pet. L. 1. ff. de contrah. Emt. arg. L. 2. C. de privil. dom. L. 15. §. 2. ff. de re judic. L. 15. §. 3. & 8. ff. Eod. L. 5. C. de Exec. rei judic.
Schuldners Schuldner Ex - ecution Recht.

§. 35. Wann nun durch verhandene bewegliche Guͤter die Schuld nicht kan bezahlet werden / ſoll man unbewegliche angreiffen / wofern auch endlich dieſe nicht genugſam / ſollen des Schuldners ausſtehende Schulden ergriffen werden / welche Schuldner die Obrigkeit fuͤr ſich fordern ſoll / und wann ſie die Schuld geſtehen / muͤſſen ſie dieſelbige an ihres Glaͤubigers Creditorn, ſo Schulden halber ausgepfaͤndet worden / hinweiſen zu bezahlen.

Schulden Ex - ecution Vor - zugs Recht.

§. 36. So muß nun alſo meines Schuldners Schuldner exequi - ret werden / wann nur die Schulden geſtaͤndig ſind; wann aber der Schuldner ſelbſt / vor unbeweglichen Guts Veraͤuſſerung / Execution auff ſeine Schulden begehret / iſt er aus Billigkeit zu hoͤren / wann ſelbi - ge geſtaͤndig und leicht zu gewinnen.

L. 15. §. 9. ff. de re judic.

Unbeweglichẽ Guts Einnah - me Recht.

§. 37. Bey unbeweglichen Guts Einnahme iſt zu beobachten / daß man ſolches erwehle / welches dem Schuldner am wenigſten noͤthig oder ſchaͤdlich ſey / davon jedoch dem Glaͤubiger vergnuͤgſame Be - zahlung geſchehen koͤnne / weilen man auch einer geringen Schuld hal -Renthen und Zinß-Guͤter Freyheit. ben nicht Guͤter von groͤſſerm Werth veraͤuſſern / oder liegende Bau - ren oder Zinß-Guͤter / davon gewiſſe Dienſte geleiſtet / ja Renten und Zinſen bezahlet werden / nicht zertheilen noch verwuͤſten laſſen muß.

L. 5. §. 9. ff. de rebus eorum, qui ſub tut.

Acker und Bauren Guts Hauß oder Schifs Gereit - ſchafft Recht. Handwercks Zeug-Bett und Haußge - raͤthe Freyheit bey Pfaͤndun - gen.

§. 38. Was zum Ackerbau / derer Bauren oder Land-Einwoh - ner Arbeit noͤthig / als Zieh-Roß / Ochſen / Pflug / Wagen und ſonſt andere Hauß oder Schiffs-Geſchirr / ſoll man nicht annehmen / noch auspfaͤnden / wie auch keine nothwendige derer Handwercks Leute und Kuͤnſtler Werckzeuge / noch Betten und ander hochbenoͤthigtes Hauß - geraͤthe / ohne bey vorfallendem Mangel anderer auch unbeweglichen Guͤter / ja man ſoll gar Ackers-Leuten auff kuͤnfftige Fruͤchte / nicht anders / als auff gewoͤhnlichen Preiß und Erndte Schlag / etwas leihen / ſo iſt auch nicht uͤber 5. Guͤlden Renthe von Hundert erlaubet.

  • L. 7. Executores, cum l. ſeq. Auth. Agri cultores, C. quæ res pign. oblig. poſſ. arg. L. 6. ff. de pign. Nov. 32. 33. & 34.
§. 39. So109Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung.

§. 39. So kan auch Execution verhindert werden durch RechtsExecution Verhinde - rungs Mittel. Wohlthat u. Freyheit / den Schuldner nicht weiter zu belangen / als wie viel er unſchwer thun kan / und dieſes koͤmmt denen zu ſtatten / ſo durch Krieg und Ungluͤck verarmet ſind; was nun in ſonderlichen Faͤllen ent - ſchloſſen / ſoll nicht zur jeden Nachfolge hingezogen / und ordentlich ge - halten ſeyn.

L. 16. & ſeqq. ff. de re judic.

§. 40. Sonſt aber in peinlichen Sachen iſt Urtheils ExecutionExecution des Urtheils wann nicht zu ver - ſchicken. nach Eroͤffnung und hoͤhern Obrigkeit Beſtaͤrckung nicht lange zu ver - ſchieben / ſondern eiligſt zu vollenden / auff daß Beklagter mit langwie - rigem Gefaͤngniß nicht geqvaͤlet / und / inzwiſchen die Straff-Rache ver - zogen / etwan Gelegenheit ſuchte / durch boͤſe Kuͤnſte / ſolche zu meiden.

L. 5. C. de cuſtod. reor. L. 18. C. de pœnis.

§. 41. Ob ſchon dem Cammer-Gericht ſein ſtarcker Lauff gelaſſen /Cammer Ge - richts Lauff nicht zu hin - dern. Receß und Vortraͤge Recht. und ihm alle Stunde die Partheyen gebuͤhrenden Gehorſam leiſten ſollen / ſo mag dennoch ein Oberrichter eine beym Untergericht anhan - gende Sache / eigenes Gefallens / oder auff Parthey Anhalten zu ſich beruffen / und darinn uetheilen. Vor Abfaſſung des Urtheils aber ſollen alle gerichtliche Fuͤrtraͤge vorgenommen / mit Fleiß erwogen / und ſo dann darauff uͤblichen Rechts berathen werden / ehe denn Execution geſchehen mag.

C. 96. X. de appellat. L. 58. ff. de judic. P. H. O. art. 92.

§. 42. Und iſt jederzeit zu mercken / daß niemand auff einige bloſſeAnzeig-Ver - muthung und Verdachts Recht zur peinlichẽ Fra. ge uñ Straffe. Anzeig - und Vermuthung / ohne Beweiß oder eigene Bekaͤntniß / zu peinlicher Straffe / ſondern nur auff genungſamen Verdacht und Arg - wohns Wahrzeichen / zur peinlichen Frage mag verurtheilet werden / als ſo jemand auslauffend irgend wo mit entbloͤſſetem Degen geſehen worden / daſelbſt ein Todter gefunden / kan es darum wohl ein ander / oder auch ſelbiger / aus Noth / ohne Schuld / gethan haben.

  • P. H. O. Art. 22. L. 5 ff. & L. 16. C. de pœn. L. 14. C. de accuſ. L. fin. C. de probat. L. 3. & 6. ff. de Confeſſ L. 25. in fin. ff. ad L. Aquil.

§. 43. Urtheils Execution mag jedoch verſchoben werden / wannUrtheils Exe - cution Ver - ſchub. etwan gegen Beklagten noch ferner eines andern ſchweren Verbrechens Nachforſchung anzuſtellen vorfiele / biß ſolche geendiget / damit kein Unſchuldiger darinn verwickelt werde; deßgleichen wann irgend ein Auffruhr daruͤber zu beſorgen / wiewohl dennoch allhier bißweilen / nachFuͤrſten Strengheit wie zu mil - dern. Richters klugem Ermeſſen derer Auffruͤhrer Gemuͤther zu brechen / fruͤhzeitigen Beſchleunigung von noͤthen; oder wann der Fuͤrſt ein uͤber -O 3natuͤr -110I. Buch / Cap. X. natuͤrlich geſtrenges Urtheil begehret / ſoll man binnen 30. Tagen ein anders erbitten.

Urtheils Exe - cution fernere Hinderungs Mittel.

§. 44. Item, wofern derer Zeugen Falfchheit entdecket / ob des Beklagten Unſchuld erſcheinen moͤchte / oder wann der Verurtheilte zu - vor ſeinem Herrn Rechnung thun muͤſte / welches vom Herrn zu befoͤr - dern / oder ſo fern noch mehr wegen derer Mitbeſchuldigten und Ver - brechens Geſellen zu erforſchen noͤthig. Falls man aber ſelbigen nicht habhafft werden mag / ſo iſt die Flucht und Verdammten Bekaͤntniß Anzeigung genung.

L. 1. C. de bonis proſcript. L. 20. C. de pœn. L. 29. ff. Eod.

Verurtheilten Perſonen Kranckheit o - der Weibes Schwanger - heit Recht.

§. 45. Oder wann die zur Leibes-nicht aber Lebens-Straffe ver - urtheite Perſon kranck waͤre / damit nicht durch Leibes-Qvaal der Todes-Fall befoͤrdert werden moͤge / oder ſo eine Weibes Perſon mit Leibes-Frucht ſchwanger / ſoll man ihre Straffe verziehen / daß die un - ſchuldige Geburt mit der ſchuldigen Mutter nicht vertilget werde / noch durch andere Leibes-Straffen Schaden bekomme / nemlich ſechs Wochen nach Geburt-Zeiten Verlauff / oder wann ſonſten einiger Unſchuld Grund zu mercken / oder ein Richter an gerechtem Urtheil zweiffelte / oder ſonſten eine Billigkeits Urſache Auffſchubs berathen moͤchte.

L. 3. ff. de pœn.

Draͤuungs halben Verſi - cherung iſt Ge - faͤngniß.

§. 46. Wie auch / ſo einer zur Geiſſel - oder Verweiſung verurthei - let / der Obrigkeit oder Stadt draͤuet / ſo mag er im Gefaͤngniß behal - ten werden / biß er deßfalls genungſame Verſicherung geleiſtet; es muß aber eine rechtſchaffene Furcht wegen Bedrohung ſeyn / daß die Per -Friedbruchs Straffe wer gehalten. ſon verdaͤchtig waͤre / darum auch offenen Friedbruchs Straffe gehal - ten / wer mit Fuͤrſatz oder bewaͤhrter Hand gefaͤhr - und freventlich ei - nes andern Recht verſchwaͤchet / und hat jede Obrigkeit Rechtens Huͤlff-Mittel ſich zu ſchuͤtzen / und ihren Gehorſam zu erzwingen / alsObrigkeiten rechtliche Zwangs Mit - tel. Pfaͤndung / Perſonen Arreſt und Gefaͤngniß / wie auch Guͤter Be - ſchlag / deren Beſitz-Einfuͤhrung / Geld-Buſſen und anderer Straffen Aufflagen.

P. H. O. Art. 176.

Execution Zeit-Raum / wann gar nicht zu vergoͤnnen.

§. 47. Wann auch jemand einer Ubelthat wegen belanget / oder die Sache zu leiſten alsbald vermag / und das Geld zur Hand hat / oder Gefahr beym Verzug verhanden / daß Nahrungs-Mittel begehret / oder Alters Gunſt und gemeiner Nutz Beſchleunigung erfordert / ſo wird einiger Zeit-Raum nicht verſtattet / jedoch ſoll verhero demSchuld -111Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung. Schuldner Ankuͤndigung geſchehen / in einer benannten Zeit zu bezah - len / oder Pfaͤndung-Dienſte Verbot - und Einweiſung gewaͤrtig zu ſeyn; alsdann bey Einnahme und Guts-Veraͤuſerung ſoll man erſt - lich zuſehen / ob der Uberwinder Pfand Verſchreibung habe / ſo mag in ſolchen Pfand-Guͤtern / nach Belieben / zufoͤrderſt exequiret werden.

L. 2. 15. & 31. ff. de re judic.

§. 48. Nachdem ſich auch zu Zeiten Proceß und Urtheils Nichtig -Proceß Nich - tigkeit Ver - folg. keit / an Untergerichten begangen / befinden / ſollen dieſelben / welche der - gleichen von voriger Rechtfertigung vorzuwenden geſinnet / ſolcher abgeſprochenen Urtheile vermeynte Beſchwerden und Ungerechtig - keiten mit einander zugleich alſo einbringen / und bitten daruͤber zu er - kennen / und ob die Nichtigkeit unbegruͤndet / alsdenn auff die andere Klage recht zu ſprechen / damit zwiefaltiger Rechtfertigung VerzugProceß wann Nichtigkeit halben nicht gar verworf - fen. ab geſchnitten / und Proceß-gefaͤhrliche Verlaͤngerung gemieden wer - de / ſondern ſo bald muͤglich / in der Haupt-Sache zu erkennen / Falls aber die angezogene Nichtigkeit der Parthey kein unwiederbringliches Unrecht zufuͤget / ſoll der Proceß / anderer Unfoͤrmlichkeit wegen / nicht verworffen ſeyn.

§. 49. Nichtigkeit des Urtheils Vorwand hebt deſſen Vollen -Urtheils Nich - tigkeit Vor - wandt Recht. ziehung auff / alſo auch untuͤchtigen Zeugen Verwerffung / deßgleichen 20. jaͤhrige Verjaͤhrungs-Friſt vernichtet aller Verbrechen Straffe ohne in Todtſchlags Sachen / maſſen das Erdreich allzeit vom Blut zu reinigen / und zwar laufft keine Verjaͤhrung waͤhrender Thaͤters Flucht; alſo Betrug oder andern Verbrechen Auszug waͤhret ewig / ſo faͤnget Verjaͤhrung an bey verborgenen Miſſethaten vom Tage / da ſie begangen / und nicht / da ſolche erſt bekandt worden / darum wenn Ver -Verjaͤhrungs - Friſt Recht in Verbrechen. jaͤhrung aus denen Acten erhellet / mag der Richter was Rechten ge - maͤß Amts wegen erfuͤllen / und einen / der ſein Verbrechen bekannt / Verjaͤhrungs-Friſt aber nicht vorgeſchuͤtzt / dennoch frey und loßſpre - chen.

  • Arg. L. libellorum §. 1. ff. de accuſ. L. 15. §. fin. ff. de adult. L. 1. ff. ſi menſ. falſ. mod. dix. L. 12. C. de falſ. L. 5. §. fin. de Except. doli. L. 3. §. 5. ff. quod quisq; juris. L. 11. §. 4. & arg. L. 29. §. 5. ff. de adult.

§. 50. So werden nun alle Verbrechen mit Todes-Fall abgebuͤſ -Execution Verbrechen Straff-Buſ - ſen. ſet / ausgenommen Ketzerey / welches nicht zu verſtehen von denen / die des Religion Friedens genieſſen / welche man nicht bey Lebzeiten we - niger im Tode verfolget. Alſo das Laſter beleidigten Majeſtaͤt und Ver - rath gegen einen Fuͤrſten verſtirbt nicht / wann der Todte deſſen ge - nugſam uͤberwieſen; deßgleichen wenn einer / wegen oͤffentlicher Ubel -that /112I. Buch / Cap. X. that / zu Guͤter Verluſt Straffe verurtheilet / wird ſolches nach des Be - klagten Tode zur Execution gebracht / wofern davon nicht appelliret;Verbrechen Recht / ſo mit Todesfall ge - buͤſſet oder nicht. alſo / wann das Urtheil Geld-Straffe anbelanget / oder nach Gewohn - heit durch Folgerey dahin gezogen / welches aber von Rechts wegen nicht zu geſchehen pfleget in peinlichen / wohl aber allzeit in buͤrgerlichen Klagen / wie auch in gottloſem verbotenem Wucher-Laſter.

  • L. 4. C. de Apoſt. L. fin. ff. ad L. Pomp. L. 19. §. 1. ff. de falſ. §. 1. inſtit. de perpet. & temp. act. L. 3. pen. & ult. C. ſi reus vel accuſ. mort. L. 1. princ. ff. de privat. delict. L. 4. §. 4. C. de ff. & Manich. L. fin. C. ad L. Jul. Maj. L. 20. ff. de ac - cuſat. L. un. C. ex del. def. L. 3. C. ſi pend. app. mors interv. Auth. bona damn. C. de bon. proſcr. L. 58. ff. de O. & A. L. 164. ff. de R. J. Nov. 12. c. 1. L. 2. de crim. Repet. L. fin. ff. ad L. Jul. pecul. c. 9. X. de uſur.
Erben Recht mit Proceß Verfolgung wegen Ver - ſtorbenen Un - ſchuld. Todten Coͤꝛper wann zu be - ſtraffen. Selbſtmoͤrder Leichnam Straffe. Exempel - Straffe zum Abſcheu.

§. 51. Wann in peinl. Sachen der Erbe Proceß Verfolgung begeh - ret / um des Verſtorbenen Unſchuld zu retten / mag es auch geſchehen in buͤrgerlichen ebenmaͤßig / ſonſten iſt es bey Verbrechen nur in Geld - Straffen zu verſtehen / maſſen der todte Coͤrper nicht leicht zu ſtraffen / es haͤtte denn der Verſtorbene ſelbſt die That bekennet / oder waͤre zur Gnuͤge uͤberwunden / alsdann / wann er Guͤter und Lebens verluſtig erkannt / und aus Furcht der Straffe ſich ſelbſten umbracht haͤtte / ſo iſt kein Zweiffel / daß Beklagten todter Leichnam nach der That Beſchaf - fenheit verbrandt oder auffgehenckt werden moͤge; wann aber Be - klagter natuͤrlichen Todes verblichen / ob ſchon er bekennet und uͤber - wieſen / wird an deſſen Leichnam nicht offt zum Abſcheu Exempel der Straffe fuͤrgeſtellet / ohne in greulichen Ubelthaten; wann auch nur Vermuthungen gegen ihn ſtreiten / waͤre er nicht zu verdammen.

L. fin. C. de probat.

Verſtorbenen Gedaͤchtniß Freyheit we - gen obrigkeit - lichen Anſpra - che.

§. 52. Endlich iſt zu mercken / daß Obrigkeit eines Verſtorbenen Gedaͤchtniß weder anklagen noch anders gegen ihn gerichtlich klagen mag / ohne binnen 5. Jahren / nach gemeinem Recht gilt auch Appella - tion, den Nachforſchungs-Proceß zu hemmen und auffzuhalten / alſo wann Beklagter den Richter verdaͤchtig haͤlt / jedoch muß er Argwohns Urſachen zeigen und erweiſen.

  • L. 2. C. de Apoſt. L. 6. ff. de Appell. L. 29. & ſeq. C. Eod. L. apertiſſimi C. de judic. c. 5. X. de Except.
Execution wer verrichten muß. Geiſt-uñ welt - lichen Richter Arms Huͤlffe.

§. 53. Jnsgemein wird Execution verrichtet vom Richter oder durch deſſen Geheiß / welcher das Urtheil abgeſprochen / auch bißweilen von abgeordneten Fuͤrſtl Commiſſarien / durch Gerichts-Diener / und wo es von noͤthen / mit andern Richters Huͤlffe / wegen ſolcher unter frembden Gericht gelegenen-Grund Guͤter / oder wann ein geiſtlicherRichter /113Von Urtheils Appellation, Execution und Vernichtung. Richter zu deſſen Vollenziehung weltlichen Rechts Arms beduͤrfftig /Urtheil ſonich - tig zur Execu - tion. und alſo im Gegentheil / ſo fern die weltliche Obrigkeit des geiſtlichen Arms Huͤlffe benoͤthiget; kein Richter aber ſoll gnaͤdiger verfahren / als das Recht vermag / weilen Urtheil gegen das Geſetz gefaͤllet von Rechts wegen nichtig zur Execution.

  • C. 7. 26. & 28. X. de offic. jud. deleg. L. 11. ff. de pœnis. L. 19. ff. de appellat. c. 1. X. de ſent. & re judic.

§. 54. Es mag auch kein exequirender Richter uͤber deren Ver -Execution Richter Amts Pflicht. urtheilten eingewandte Ausfluͤchte erkennen / dadurch etwa das Ur - theil angefochten wuͤrde / jedoch ſo fern ſie die Haupt-Sache nicht be - ruͤhren / ſondern nur der Executions Ordnung betreffen / oder einigen Vergeltung / Lebens-Mittel / nicht bezahlten Werths und Vertheilung halber / oder einigen Befehls Wuͤrckung / Klagen Abſtand / gottloſen Wucher / Rechnungs Jrrthum und andere Nichtigkeit angehen / mag er bey der Execution daruͤber urtheilen / und ſoll ein Richter bewieſener Warheit gemaͤß / und nicht nach Wiſſen oder Gewiſſen Urtheil ſpre - chen / ſondern viel lieber Gerichts ſich enthalten.

  • L. 6. & pen. C. de Exec. rei jud. L. 15. §. in venditione & §. 4. ff. de re judic. L. 11. C. de SCt. Maced. L. licet, C. de procurat.

§. 55. So geſchicht nun Urtheils Vollendung gegen den Ver -Execution o - der Urtheils Vollendung gegen wen ge - ſchicht. Execution Wiederſe - tzungs Recht wegen Inter - eſſe. Acten-maͤßi - ges Urtheil / da - gegen Boßheit zu vermuthen. dammten ſelbſt / auch gegen deſſen Guͤter und Erben / oder gerichtlichen Buͤrgen / welcher nach Urtheils Jnhalt zu bezahlen ſich verpflichtet / ge - gen Vormund und Fuͤrſprecher aber ergehet keine Execution, wie auch nicht gegen einen / der im Gericht unbekandt / es waͤre denn eines ſolchen dritten Manns Recht des Streitenden Gerechtigkeit anhaͤn - gig / oder ſo es einer ſtreitigen Sache Kaͤuffer angienge / dahero auch ein Dritter zwiſchen kommen / und ſich der gegen Verurtheilten angeſtell - ten Execution wegen ſeines Intereſſe widerſetzen kan / ſo fern er es einiger maſſen kuͤrtzlich erweiſen will / ſonſt aber bey Boßheit Ver - muthung wird er nicht gehoͤret / ſo fern es nemlich ein Recht und Acten - maͤßiges Urtheil.

  • L. 44. ff. de re judic. L. 29. §. 1. in fine ff. de probat. L. 4. §. 1. ff. de re judic. L. 4. & 14. ff. de Except. L. ſæpe, ff. de re judic. L. 2. C. de Litigios. L. 57. ff. de R. V. c. 6. de reſtit.

§. 56. Da ſich nun jemand beklagen wuͤrde / daß in peinlicher Lei -Unrechtmaͤßi - gen Urtheils Anklage. Proceß Nich - tigkeit Erſu - chen Recht. bes-Straffe belangenden Sachen er ungehoͤrt und unerfordert / alſo nichtiger maſſen wider natuͤrlichen Vernunfft Billigkeit gegen ihm gehandelt und verurtheilet / derohalben und fuͤrnemlich um Proceß - Nichtigkeit zu erſuchen genoͤthiget / ſo fern alsdann beruͤhrten Ange -Pklagten114I. Buch / Cap. XI. Rechtliche Huͤlffe wohin zu verweiſen.klagten Handlung / der Richter in Ausfuͤhrung der Sache / nach beſche - hener Ladung / alſo ungerecht erfunden / ſoll Beklagtem darauff rechtliche Huͤlffe mitgetheilet / und die Haupt-Sache an ordentliche Obrigkeit / rechtmaͤßig darinn zu erkennen / foͤrmlich wieder hin gewieſen werden.

Fiſcals ſum - mariſcheInqui - ſition wer an - zuſprechen be - fugt iſt.

§. 57. Auff daß nun Unterthanen ſpuͤhren moͤgen / daß niemand ungebuͤhrlich mit Straffe zu belegen gemeynet / Falls einer / wes Stan - des er ſey / ſtraffbar angegeben / ſich beduͤncken lieſſe / daß ihm durch Fiſcals ſummariſche Inquiſition zu viel geſchehen / und ſich alſo nicht ab - finden / ſondern ſeine Unſchuld ausfuͤhren wolte / ſoll ihm auff Begeh - ren ordentlicher Proceß / und unpartheyliche der Sachen Erkaͤntniß /Fiſcals Pflicht in Verantwor - tungs Proceß. dergeſtalt wie rechtlich angeſtellet werden / daß nemlich der Fiſcal ſei - ne Klage gerichtlich anbringen / darauff Beklagter gehoͤret / Beweiß und Gegenbeweiß gefuͤhret / oder nothduͤrfftige Erkundigung auffge - nommen / und endlich rechtmaͤßiger Ausſpruch daruͤber ergehen und folgen ſoll.

Caput XI.

Von Augenſchein und Graͤntz-Beſichtigung / Landmeſſern und Feldſcheidung.

§. 1. Provintz und Gebiets - Graͤntzen Recht.Aller Provintzen und Gebiets Graͤntzen ſind insgemein ewig und unbeweglich / als Fluͤſſe / Baͤche / Huͤgel / Berge / Felſen / Brun - nen und dergleichen / wer ſolche diebiſch veraͤndert / wird jedoch auſſer ordentlich geſtrafft / weilen ſie eigentlich der Nachbarn Eigenthum nicht ſind.

Land-Gꝛaͤntzen Anzeig-Recht.

§. 2. Land-Graͤntz-Wehr und Graben zeigen offt an / wie weit eines Landes Herrn Gerechtigkeit ergeht / welche durch unerdenckliche Gewohnheit / oder eintzige vom Gegentheil erlittene Handlung oder Steuer-Samlung / Befehl Verkuͤndigung / Lehns Verſtattung oder Erb-Nachfolge zu erweiſen / und dieſe laſſen ſich durch Waſſerfluthen vermehren / hieraus entſteht darnach Bruͤcken / Hafen und Fiſch - Waſſer / als Heringfangs Zollrecht / ſamt Faͤhr-Gelds Pflicht / wel - ches auffzubuͤrden / vermehren / oder gar zu mindern und davon befreyẽ / beym Landes-Herrn allein ſteht.

  • L. 3. §. 1. ff. de poſſeſſ. c. 14. de privileg. L. 5. ff. de jurisd. C. un. quæ ſint regal. L. 239. ff. de V. S. §. 20. inſtit. de rer. diviſ. §. 1. & §. Riparum inſtit. & L. 5. ff. de rer. diviſ. L. 14. ff. de injur. Nov. 56. L. 13. ff. comm. præd.
§. 3. Zur115Von Graͤntz-Beſichtig. Landmeſſern u. Feldſcheidung.

§. 3. Zur Graͤntzen Entſcheidung iſt augenſcheinliche Beſichti -Graͤntzen Ent - ſcheidung / Au - genſchein Be - ſichtigungs Recht. gung des Richters noͤthig / alſo verhaͤlt ſichs auch mit Gebaͤuden / wo - fern einer klagt / der ander hab ihn uͤberbauet / uͤberzaͤunet / uͤberackert oder uͤbermaͤdet / ſolches muß durch oͤffentliche Beſchauung und or - dentliche Kundſchafft eroͤrtert werden; wenn nun durch Brieffe und Siegel / oder lebendige Urkunden / die rechte Graͤntze bewieſen wird / ſo bleibt es dabey.

  • L. 8. §. 1. ff. fin. reg. C. cum cauſam Extr. de probat. L. cum aliquis, C. de jur. de - liber. L. 11. ff. fin. regund. Auth. quas actiones C. de SS. Eccleſ. §. quædam, in fin. inſtit. de action.

§. 4. So aber ſolche Zeugen oder Brieffe nicht vorhanden / mußZeugen oder Brieff Anzei - gungs Recht. man nach andern Anzeigungen ſich umſehen / und ſoll hernach alles / nach Befindung und Erkundigung / gerichtet und geſchlichtet / oder im Zweiffel die Partheyen durch guͤtliche Wege vertragen ſeyn / damit niemand verkuͤrtzet werde bey ſolchen nachbarlichen Jrrungen / darumAllgemeinen Geſchreyes Anzeigen. Augenſchein in gewiſſen Faͤllen / ebenfalls wie oͤffentlich oder gemeines Geſchrey / als auch ſtarcke glaubwuͤrdige Vermuthungen / klare An - zeigungen und Warheiten / zum Beweiß gebracht werden.

  • L. 2. 3. 4. §. ſi alter, ff. fin. regund. L. 1. §. inde quaritur, ff. de oper. nov. nunc. C. fin. Extr. de transact. L. quæ tutores §. 1. C. de adminiſtr. tut.

§. 5. Und ſolcher augenſcheinliche Beſichtigungs-Beweiß kanAugenſchein Beſichtigungs Beweiß Vor - recht. wegen ſeiner Vortrefflichkeit nach Zeugniß Eroͤffnung und Erfahrung / nach der Sachen Beſchluß / ja wohl gar nach allbereits geurtheiltem Streit / geſtattet werden / weilen daraus Zeugen und Schrifften Falſchheit / ſo wohl als Richters Jrrthum erhellet / auch ſolchem Be - weiß alle widrige Vermuthung weichen muß.

  • L. admonendi, ff. de jurejur. arg. C. fraternitatis, circa medium, Ext. de frig. & malef. L. 33. ff. de re judic. Tot. tit. C. ſi ex falſ. inſtrum. L. 137. §. 2. ff. de verb. obl. c. pen. X. de probat.

§. 6. Wann aber nicht aus bloſſer Geſchichten Erſcheinung / ſon -Augenſchein wann einzu - nehmen. dern auch mit Bauren Zeugniß einig Vorhaben zu erweiſen ſteht / ſo muß der Augenſchein vor der Sachen Beſchluß / Beſtechung und fal - ſchen Anſtifftungs-Furcht halber / eingenommen ſeyn / wie ebenmaͤſ -Augenſcheins Recht nach End-Urtheil. Steinhauffen Anzeig-Recht. Fußtapffen Spuhr-Recht. ſig nach der Sachen End-Urtheil keine Beſichtigung zugelaſſen / wann nicht aus derſelben allein / ſondern mit denen daraus entſtehenden Muthmaſſungen / etwas zu begruͤnden vorfaͤllt; als einen Steinhauf - fen mag man wohl ſehen / daß er aber Graͤntzſcheidung anzeiget / muß man von Zeugen vernehmen und lernen; So auch aus Gleichheit der Spuhren kan man nur wiſſen / daß ſie jemandes Schue oder Fußtapf - fen aͤhnlich ſind.

P 2§. 7. Wann116I. Buch / Cap. XI.

§. 7. Wann nun in Graͤntzen oder Gebiets-Scheidung oder neuenAugenſchein und Beſichti - gungs Termin Art uñ Weiſe. Wercks Ankuͤndigung / auch annoch nicht zugefuͤgeten Schadens Ver - ſicherung und andern deßgleichen ſtreitigen Sachen / als jemandes Schwach - und Unvermoͤgenheit darzu thun / oder ſo fern von nothwen - digen und nutzbaren Unkoſten Frage entſtanden / auch Grentz - und Mahl-Stein Auffſchrifften zu berichten / oder von Wunden Be - ſchaffenheit / Zeitigung der Geburt / Schwanger - und Jungferſchaff -Verſchiedene Augenſcheins Zufaͤlle. ten / von derer in Staͤdten oder Doͤrffern liegenden Guͤtern Dienſt - barkeit / hartem Gefaͤngniß / von Marck-Plaͤtzen / was etwa darauff zu verkauffen gebracht wird / von Mahl-Zeichen Beruͤhrung in HexereyCommiſſarien Beſtellung / Partheyen Ci - tirung uñ Zeu - gen Examen. Sachen / oder wofern eines an Graͤntzen begangenen Mords wegen angehoͤrigen Gerichts Streit vorgefallen / Augenſchein und Beſichti - gung einzuziehen / und dazu gewiſſe Commiſſarien beſtellt worden / ſo ſollen beyde Theile auff einen beſtimmten Tag dazu beruffen werden / ſamt denen Zeugen / ſo man dabey examiniren muß.

Augenſchein oder Beſichti - gungs Proceß / wie vorzuneh - men.

§. 8. Als wann von einem gewiſſen Baum Rede vorkoͤmmt / ob er zur Graͤntze gehoͤrig / ſo iſt am beſten / nach vorhero abgelegtem Eyd / die Zeugen zur gegenwaͤrtigen Sache hinzufuͤhren / und jedern abſon - derlich davon zu verhoͤren / um richtige Nachricht zu gewinnen / als -Commiſſarien oder Richter Amt. Schreiber Eyd und Pflicht bey Augenſchein Haͤndel. dann auch der / welcher Beweiß fuͤhret / ſtreitigen Orts Graͤntze zu erſt anweiſen muß / allwo aber Beſitzer es verweigern wollen / moͤgen Com - miſſarien oder Richter ſie mit Straff-Buſſen Befehl zwingen; End - lich und zuletzt muß alles / was daſelbſt verhandelt wird / durch dazu mitgenommene und beygefuͤhrte Schreiber / die deßfalls ſchweren ſol - len / getreu und redlich angezeichnet werden.

Partheyen Pflicht richti - gen Abriß bey Graͤntzſchei - dungen einzu - lieffern. Buͤrgerlichen Schad - oder Straff-Buß - Klage Unter - ſcheid. Peinliche Straffe was zu nennen.

§. 9. Wann ſonſt um Graͤntzen / Weidgang / Jagen und andere dergleichen Gerechtſamkeiten / Augenſchein zu nehmen von noͤthen thut / ſo ſoll / zu Richters beſſern Unterrichtung / jede Parthey inſonder - heit einen richtigen Abriß einzulieffern ſchuldig ſeyn / auff daß bey de - ren gegen einander Haltung leichtlich erſcheinen moͤge / worinn ſie einig oder zwieſpaltig / und was dahero einem oder andern Theil zu be - weiſen oblieget; wiewohl dabey auch ſonſt zu mercken iſt der Unter - ſcheid zwiſchen einer buͤrgerlichen Schad-Klage / dadurch der Parthey die Geld-Straffe nebſt Erſtattung verurſachten Schadens und Un - koſtens zuerkannt wird / und zwiſchen einer buͤrgerlichen Straffe oder Buß-Klage / dadurch der Obrigkeit / die Geld-Buſſe zugeeignet / heim - faͤllet / ſonſt iſt Leibes / Lebens oder Ehren-Straffe peinlich zu nen - nen.

§. 10. Land117Von Graͤntz-Beſichtig. Landmeſſern u. Feldſcheidung.

§. 10. Land oder Geſamt-Guͤter Theilung zu begehren / gebuͤhretLand-Guͤter Theilungs Be - gehr wem zu - kommt. denen Eigenthums Herrn / nicht aber ihren Meyern / viel weniger de - nen / die ſolche bittweiſe oder heimlich beſitzen / es waͤre denn ein Stuͤck verdorben / oder nicht mehr allgemein / uͤber dasjenige aber / ſo dem Rich - ter vorgebracht wird / erſtrecket ſich deſſen Macht nicht / ſondern nur was ſtreitig iſt / ſoll er theilen / oder nach Landes Graͤntzen Abmeſſung einem jedern ſein gemeſſen Theil beſcheiden / oder was ſich nicht theilen laͤſt / Abwechſelungs Gebrauch / oder einem das Stuͤck / dem andern deſſen geſchaͤtzten Werth zuurtheilen / oder gleiches Recht dem Loß ver -Richters Amt bey Landguͤter Theilung. trauen / ja allen Schaden und Vortheil zu vergleichen ſuchen / wie auch aller Geſellen Thaten / Liſt oder Schuld und muthwillige Verſaͤum - niß beſtens zu verſuͤhnen.

  • L. 6. in princ. L. 11. ff. commun. divid. L. 4. §. hoc judicium. L. 7. §. 5. ff. Eod. L. 34. §. 1. C. de donat. L. fin. C. comm. de Legat. L. 20. ff. comm. divid. L. 9. §. fin. & L. 3. §. 2. ff. Eod.

§. 11. Frieden zu erhalten und Waffen-Streit unter NachbarnGraͤntz - und Feldſcheidñgs Gerechtigkeit. zu verhuͤten / iſt Graͤntz-Recht beſtellt / daß Feld und Aecker ihre Maaß / Ziel und Scheidung haben / dahero viel daran gelegen / auch in Gottes Geſetz verboten / ſolche nicht zu verruͤcken noch veraͤndern; Wann nun ein Landmeſſer / durch Betrugs Argliſt / faͤlſchlich beſche - hene Ankuͤndigung / falſche Meſſung anzeiget / ausgiebt und vorwendet /Richterliche Amts Huͤlffe wegen unge - rechten Land - meſſung. muß er alles Intereſſe bezahlen. Wofern er aber unerfahren oder ſaͤu - mig verfaͤhret / iſt er zwar ſicher / und wird die Schuld dem zugerech - net / der ihn dabey gefuͤhret / jedoch mag man richterliche Amts - Huͤlffe begehren / und klagend anſuchen / daß derer Meſſer und Schaͤ - tzer / die aus ihrer Kunſt-Erfahrenheit geſprochen / Urtheil-Meß - undLandmeſſungs Vernichtung und Wieder - ruff. Schaͤtzung / nach erwieſenem Unverſtand / noch fuͤr richterlichen Erkaͤnt - niß Ausſpruch moͤge vernichtet / zuruͤck gezogen und wiederruffen werden / damit niemand dadurch bevortheilet ſeyn moͤge.

Deut. XIX, 14. Deut. XXVII, 17 L 1. in fine, L. 2. & 5. ff. ſi menſ. falſ. mod. dix.

§. 12. Bey Graͤntz - und Feldſcheidungen ſoll man beobachten / obGraͤntzſchei - dungs Obſer - vance. Mahlſteine / Graben / alte Creutze an Baͤumen geſchnitten / alte La - chen und Waſſers-Stroͤhme / und dergleichen zu finden / welche eineGraͤntzen An - zeigen was ſeyn. Graͤntze anzeigen moͤchten; auch iſt dabey zu gedencken / wer an ſolchen Streitigkeiten / Plaͤtze / Aecker / Wieſen / Holtzung / Jagt und Fiſche - reyen / im Gebrauch habe oder beſitze / und wie lange es alſo geweſen / deßgleichen ob Pfaͤndung / Einreden oder andere Verhinderung ge - ſchehen / und wer obrigkeitlich Gericht daſelbſt habe? Ob ſich Faͤlle von Todtſchlaͤgen oder Verwundeten allda zugetragen / und wohinP 3gericht -118I. Buch / Cap. XI. gerichtlich eingezogen worden / allwo billig der Richter vorzuziehen / der zuvor kommen.

  • L. in finalibus & L. eos, ff. fin. regund. Gloſſ. in L. ſicut. 8. §. ſed ſi, in verb. poſſeſſ. in fin. ff. ſi ſerv. vind. L. 7. poſt gloſſ. ibid. L. cum in diverſis, ff. de relig. & ſumt. fun. L. Senatus. ff. de accuſat L. pen. ff. naut. caup. ſtabul. L. 4. inſtit. de action. §. de act. inſtir. fin. regund.
Graͤntzſchei - dung Veraͤn - derung Straf - fe.

§. 13. Wer nun boͤß und gefaͤhrlicher Weiſe eine Untermarckung / Abraͤumung / Mahlbaum oder Marckſtein verruckt / abthut / hinweg hauet und veraͤndert / ſoll darum nach Perſonen Gelegenheit / auch Groͤſſe / Geſtalt und Gefaͤhrlichkeit der Sachen / am Leibe peinlich ge - ſtrafft werden / es waͤre denn ohne Argliſt / aus Jrrthum und Unwiſ - ſenheit / ungefaͤhr / keine Gewalt noch Unrecht zu veruͤben / geſehehen. Alſo / wer ſolche Graͤntzen und Marckzeichen ausreißt / umackert / ver - kehrt / ausgraͤbet und verſetzet zu ſeinem Vortheil / oder Streit zu er - wecken / und das Recht zu verdunckeln.

L. 1. & 2. ff. de term. mot. L. 4. C. fin. regund. P. H. O. Art. 114.

Beſitz-Eigener Pflicht bey Landmeſſung / Guͤter zu mel - den.

§. 14. Bey Landmeſſungen ſoll ein jeder Beſitz-Eigener / und wer durch Argliſt Beſitz-Recht verlohren / ſeine angehoͤrige Guͤter ange - ben und ausweiſen in ſelbigem Stande / wie ſie geweſen / als das Ge - richt angefangen. Sonſt aber wird niemand gezwungen angehalten / ſeines Vermoͤgens Urſachen anzumelden / ſeine Gluͤcks-Gaben zu ent -Haab und Guͤ - ter Reichthum wer nicht ſchul dig anzudeutẽ. decken / und ſein Haab und Reichthum ungern bekandt zu machen. So muß nun allen Falls ein jeder Richter Betrugs Einwurff / eydlichen Vertrag / oder gerichtlichen Spruchs halber / urtheilen und erkennen / den Beſitzer zu befreyen oder verdammen / wegen Erſtattung aller genoſſe - nen Fruͤchte und geſchaͤtzt-verlohrnen Nutzungen / wie denn auch Klaͤ -Beklagten Un - gehorſams Ur - theil / nach be - ſchwornen Schaͤtzung des Klaͤgers. gers Koſten / an ſtreithaͤngigen Rechts-Ort die Sache vorzufuͤhren / noͤ - thig / ſie waͤre denn veraͤndert angeſtellt / durch Liſt mit Fleiß anders wohin gebracht / ſo kan Beklagter ungehorſam nach Klaͤgers beſchwor - nen Schaͤtzung gerichtlich verurtheilet werden.

  • L. 9. §. 4. ff. ad Exhibend. L. fin. C. de alim. præſt. pupill. L. 10. 11. 12. §. 2. ff ad Exhibend.
Landmeſſer Grad Raums Gerechtigkeit.

§. 15. Zwiſchen Feldſcheidungs Graͤntz-Aeckern ſoll man billig ei - nen Landmeſſer Grad / das iſt fuͤnff Fuß Raum / laſſen / da man ohne des andern Schaden und Ungemach gehen / ackern / Pflug wenden und umkehren kan / welcher Platz heut zu Tage in 30. Jahren ſich ein - nehmen und verjaͤhren laͤſt. Solche Graͤntzen aber werden durch Zaͤune oder Steine unterſchieden / oder ſonſt nachdencklich bemercket / dannen - hero / wann dergleichen veraͤndert oder verwirret / vom Gegentheil be -truͤglich119Von Graͤntz-Beſichtig. Landmeſſern u. Feldſcheidung. truͤglich umgeackert / oder durch Gewaͤſſer Ergieſſung und Zeit Alter verwuͤſtet / daß einige Streitigkeiten erhoben / ſo werden erfahrneAllgemeinen Fluſſes oder beſondern Ba - ches Strom - Unterſcheid. Landmeſſer befehlichet / die eine gewiſſe Richtſchnur und Gleichheit darinn treffen und abmeſſen muͤſſen / welches auch wegen Breite und Laͤnge derer Gaͤrten und Wieſen zu geſchehen pflegt / oder wann etwa ein allgemeiner Fluß oder oͤffentliche Land Straſſe dazwiſchen kommt; ſo fern es aber eines beſondern Baches Strohm waͤre / deſſen Zwi - ſchen-Fluß / als Ackers Antheil / iſt Graͤntze genung zu achten.

  • L. pen. & fin. ff. fin. regund. L. 3. ff. de term. mot. L. quinque pedum, & L. ult. C. Eod. L. 4. in princ. & §. fin. L. 5. L. 6. & 8. Item, L. 4. §. 9. ff. fin. regund.

§. 16. Wann nun jemand die Graͤntzſcheidung boßhafft verſchwaͤ -Richterliche Amts-Huͤlffe bey Graͤntz - ſcheidung. chet / die Alten verlaͤugnet / und andere fuͤrſchreibet / ſo mag man begeh - ren / daß die alten Graͤntzen durch richterliche Amts-Huͤlffe wieder er - ſtattet / oder / wofern ſie nicht mehr zu erkennen / neue moͤgen eingeſetzt ſeyn / dabey man Fruͤchte / Schaden und Unkoſten Erſetzung nach Krieges Befeſtigung anfordern mag / und zwar iſt Beweiß von beydenNeuer Graͤntzẽ Einſetzung Schaden und Unkoſten Er - ſetzung. Beſitzer Recht im Zweiffel. Theilen einzuhohlen / welches auch ein Pfandhabender Glaͤubiger / Mey - er oder Zinß-Mann begehren kan / und im Zweiffel mag man fuͤr den Beſitzer urtheilen / biß Gegentheil Eigenthum oder Graͤntzen erweiſet / durch alte Urkunden / Mahlſteine / Zaͤune / Graben / Baͤume oder vori - gen Zinſen Abtrag / item, allgemeines Geruͤchte / alten Beſitzer Zeug - niß und rechtliche Vermuthungen.

L. 3. C. fin. regund. c. in pari, de R. J. in 6. C. ex literis, X. de probat.

§. 17. Wann aber einige Graͤntzen unfugſam zu vertheilen / ſoll derGraͤntzſchei - dung Recht ſo uͤbel zutheilen. Richter / die alten gar dunckele Zwietrachten hinweg zu nehmen / nach Recht und Billigkeit neue Graͤntzen durch andere Laͤndereyen auff be - qvemſte Art und Weiſe auffzurichten / ſich befleißigen / derogeſtalt / daß derjenige / deſſen Grunde ein Stuͤck Erde zuerkannt worden / durch Graͤntzen Abmeſſung / auff frembden Aeckern / dafuͤr ein gewiſſes GeldGeſchwornen Landmeſſer Abfertigung vom Richter. dem andern / deſſen Feld aberkannt / zu geben verurtheilet werde; welches nun rechtmaͤßig zu bewerckſtelligen / erfordert Richters Pflicht / ſolche ſtreitige Graͤntz-Oerter augenſcheinlich zu beſichtigen / oder geſchworne Landmeſſer dahin abzufertigen / wofern er / mit andern Geſchaͤfften bela - den / nicht kommen koͤnte / die alsdann / in Gegenwart oder halsſtarri - gen Abweſenheit derer ſtreitigen Partheyen / die Sache unterſuchen /Graͤntzen Streits Eroͤr - terung. durch richterliche Meſſung Graͤntzen Maaß und Ziel ſetzen / und mit ſolcher Erklaͤrung die Streit-Frage eroͤrtern ſollen.

L. 2. 3. 4. §. 5. ff. fin. regund. L. 8. ff. & L. 3. & 4. C. Eod. L. 44. ff. de recept. arbitr.

§. 18. Wer120I. Buch / Cap. XI.
Eigenen Ge - walts Straffe in frembden Grundes Ge - brauch. Acker-Raͤuber Straffe.

§. 18. Wer nach angebrachter Klage richterlichen Ausſpruch nicht erwartet / ſondern ein Stuͤck frembden Grundes aus eigener Macht zu gebrauchen ſich erkuͤhnet / derſelbe verlieret nicht nur was er gebeten / ſondern auch noch ſo viel durch Meſſung dazu / als er dem an - dern abzunehmen ſich unterſtanden / ſo fern er nemlich wie ein Acker - Raͤuber gerichtlich uͤberwunden. Wer nun die einmahl geſetzte Graͤn - tzen und Feldſcheidung auſſerhalb ſeinen Acker verſetzt / muß vor jedern fuͤnfftzig Gold-Guͤlden Straffe erlegen wegen Betrugs; Ja nach Perſonen Stand und Thaͤters Gemuͤth / mag wohl gar peinliche Lei - bes-Straffe / als Verweiſung / Staupenſchlaͤge und Zuchthauſes er - folgen.

L. 2. & fin. ff. de term. mot.

Todtſchlags Recht an Graͤn tzen begangen.

§. 19. Wann eine Ubelthat abſonderlich Todtſchlag an Graͤntzen begangen / und man eigentlich nicht weiß / allwo die That veruͤbet / iſt richterliche Erkaͤntniß beyden im Zweiffel angehoͤrig / ſteht auch deren freyem Willen und rechtlicher Meynung zu uͤberlaſſen / welcher nach derer Umſtaͤnden Anzeig - und Vermuthung / ſo bey der That vorge - fallen / vornehmlich aus blutigen Erſcheinungen und andern des Er -Anzeige Ge - richts wo das Haupt gelegẽ. toͤdteten mehr als Thaͤters zu ermeſſen / darinn endlich urtheilen ſoll / und iſt deßfalls wenige Gewißheit von dem Ort / allda das Haupt ge - legen / abzunehmen; weiln ſich mancherley herum werffende Bewe - gungen derer Sterbenden alsdann zu begeben pflegen.

Richteꝛs Nach - laͤßigkeit in peinlichen Sa - chen zu tadeln.

§. 20. So iſt nun billig hierinn zu beſtraffen vieler Richter hoͤchſter Unfleiß und Nachlaͤßigkeit / maſſen ſie durch peinl. Gerichts-Verſaͤum - niß / es ſey wegen ihren Vorzugs rechtlichen Streit / oder ſonſt andern Urſachen halber / GOttes ſchweren Zorn reitzen / dafuͤr ſie ihm / als hoͤchſtem Richter / dort oben werden Rechenſchafft geben muͤſſen / indem ſie dadurch inzwiſchen die Gerechtigkeit uͤbel verwalten / und goͤttlichenGerechtigkeit uͤdeln Verwal - tung Straffe. Zorns Rache uͤber ſich haͤuffen / wenn alſo offtmahlen leicht geſchehen kan / daß lange Zeit hernach der Unſchuldige verurtheilet / und die Schuldigen ihrer wohl verdienten Straffe unzeitig entzogen werden; wann ſie nemlich / ſo offt ihnen eines mit Waffen oder Gifft ertoͤdte -Falſch beruͤch - teten Unſchuld wie zu retten. ten Menſchens Geruͤchte in ihren Ohren erſchallet / des todten Coͤrpers Beſichtigung und Thaͤters Nachſpuhr nicht anſtellen / aus geitziger darauff gehenden Unkoſten Erſpahrung / vielmehr ſollen ſie aͤuſſerſt ſich bemuͤhen / alſo der That Gewißheit heraus zu bringen / auch wohl eines dazu faͤlſchlich bey gemeinem Mann beruͤchtigten und verdaͤchti - gen Menſchens Unſchuld genungſam zu erfahren / dabey denn keinVerzug121Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht. Verzug zu machen / wann fuͤrnehmlich in warmen hitzigen Sommer -Unterrebung mit Krancken Artzt. Tagen Gefahr obhanden / wie denn rathſam / daß ein Richter zu wei - len mit des Krancken Artzt / der ihn geheilet / insgeheim rede / oder mit denen / die ihn beſucht haben / um die Anzeigungen zu bemercken.

§. 21. Wann nun die Klage an Leib oder zu Haupt und Haar ge -Leibzeichen Recht in Mordfaͤllen. het / daß der Richter daſſelbe hoch-noth-peinliche Halsgericht zu hegen und Leib-Zeichen fuͤrbringen zu laſſen befugt iſt / ſo mag Klaͤger ordent - lich zum Gericht an und abtreten / gemeinen Nutzen und oͤffentliche Rache / oder oͤffentliche Leibes und Geld-Straffe / hoͤhern Obrigkeit zum beſten / anſtellen und verfolgen / wann Beklagter ſchuldig / mag er nicht anders / dann um Gnade bitten.

  • P. H. O. Art. 90. §. 10. inſtit. de injur. L. 3. §. 7. L. 6. & L. fin. ff. de ſepulch. viol. L. 4. C. Eod.

§. 22. Sonſt ſoll man einem Beſchwert - und Angefochtenen nichtToll - und ſinn - loſer Leute Recht. mehr Leid anthun / darum / ſo fern ein Unvernuͤnfftiger und Sinnlo - ſer einen entleibet / Feuer anſtecket / oder andern Schaden thut / ſoll er nach Recht nicht geſtrafft werden / weilen er vorhin ſchon genug be - ſchweret / man ſoll aber ſolche Leute alſo verwahren / daß ſie gar keinen Schaden thun koͤnnen.

  • L. 13. §. 1. L. Dives. ff. de offic. præſ. L. tum dementis C. de Epiſc. Aud. L. 1. §. 1. L. 12. ff. ad L. Corn. de Sicar. C. aliquos, 15. q. 1. C. at ſi §. fin. de judic.

Caput XII.

Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht.

§. 2. LEhn zu beſchreiben / iſt ſolches eine frey-will-gut - und wohlthaͤtigeLehn-Guͤter Rechts Be - ſchreibung. Verleihung eines Guts / oder deſſen gleichguͤltigen Gerechtigkeit / mit Vorbehalt rechten Eigenthums und Vergoͤnnung nuͤtzlichen Ge - brauchs / ſamt angehaͤngter nuͤtzlicher Treu und Pflicht / auch des Lehn -Lehn-Guͤter Rechts Abthei - lungs Unter - ſcheid. manns erbaren Dienſt Erzeigung / da gegen ſolches Lehn / auff alle Mann - und weibliche Erben / nach Beding in abſteigender Linie hin - geht und bleibet.

§. 2. Regal-Lehn nennt man die Hertzog und Fuͤrſtenthuͤmer /Regal-Lehn. Perſoͤnl. Lehn. Marck - und Graffſchafften / Item, die ſo ewig und erblich perſoͤnlich Lehn iſt / daß mit Lehnsmanns Perſon abſtirbt / und nicht anerbet / oder jemanden von neuem geliehen / daß es nicht zu denen Seit-Erben / noch auff die Vettern / ob ſchon eines Geſchlecht / Nahmen und Wapens / oder nechſte Blut - und Stamm-Freunde / die in geſamter LehnſchafftOnicht122I. Buch / Cap. XII. Gnaden Lehn.nicht mit geſeſſen / ſondern denen Lehns-Herrn anheim fallen kan / alſo auch Gnaden-Lehn wegen Verdienſt ertheilet.

Adel-Lehn. Buͤrger oder Bauren Lehn ohne Obrig - keits Gewalt. Geiſt - und weltlich Lehn. Mann - und Weiber - oder Kunckel-Lehn. Alt-vaͤterlich Stamm-Lehn.

§. 3. Geadelt Lehn iſt / welches den Beſitzer Edel macht / oder deſſen / der Edel geweſen / Adel anzeiget / genannt Ritter-Guͤter. Ungeadelt Lehn iſt geringſchaͤtzig / ohne Adel oder Obrigkeits Gewalt / Buͤrgern oder Bauren verliehen / genannt Buͤrger oder Bauer Lehn.

§. 4. Geiſt - und weltlich Lehn / das von geiſt - oder weltlichen Perſonen geliehen oder empfangen wird. Maͤnn - oder weiblich Lehn / das auff ſolchen Nahmen und Stamm / jedoch dieſe mit Be - ding / gewidmet / genannt Kunckel-Lehn.

§. 5. Stamm-Alt-Vaͤterlich Lehn iſt von auffſteigender Linie / nemlich von Eltern oder Vaͤtern gehoͤrig anfallend erblich; Neu-Lehn / ſo durch den Beſitzer erſt erlangt / und in des belehnten Per -Neu Lehn. ſon Anfang gewinnet / alſo nicht angeerbt / ſondern erworben / er - kaufft / oder an ſich gebracht / ob ſchon es Verkaͤuffers vaͤterlich LehnLehn-Herrn Schutz. Neu Lehn was iſt. war. Item, es iſt Neu-Lehn / wenn einer ſein Erb - und Eigengut zu Lehn macht / wegen Lehn-Herrn Schutz gegen Wiederſacher. Neu Lehn heiſt auch / ſo einer verwuͤrcket und wieder damit belehnet worden / ob ſchon es zuvor Alt-vaͤterlich war.

Jrrlehns Recht. Scepter und Fahnen-Lehn. Frey-Erb - Zinß-Pfand Lehn.

§. 6. Jrr-Lehn eines ungewiſſen Dinges / wann es erledigt und aus gebetenen unverledigten Lehn-Gedings verſchriebenen Anwartung / es ſey geiſtlich / Scepter oder weltlich Fahn-Lehn / Frey-Erb-Pfand und Zinß - oder wiederkaͤufflich Oeffnungs-Lehn / mag man wuͤrcklich zum Beſitz einnehmen / wann es niemand inn hat / noch der Lehn-Herr ſich widerſetzet / aus eigener Macht und Gewalt / jedoch ohne Auffruhr.

Arg. L. 2. C. de acquir. poſſeſſ. L. 5 ff. Eod.

Lehn Empfang oder Verfalls Recht.

§. 7. Lehn-Gedings Empfahung ſoll nach Lehnmanns Tod / nicht aber fuͤr dem Fall / innerhalb Jahr und Tag zu rechnen / da die Lehns-Erben des Todes Falls gewahr worden / geſucht / und kan zu mehrern Vorſorge durch neue Brieffe beſtaͤtiget werden / ſonſt iſt Lehn verfallen / es waͤren denn Ehehaffte Verhinderungs Urſachen zwiſchen der Sache Verwandten Perſonen vorhanden geweſen / als Todes Fall / Krieg / ſterbliche Seuchen / ſchwere Feindſchafft / Ge - faͤngniß oder andere Gefahr / oder ſo der Lehnmann / jedoch ohne kund - bare grobe Unwiſſenheit / nicht gewuſt / daß ſein Gut Lehn war.

  • C. 1. in fin. 2. F. 3. §. Filia, 1. F. 8. §. hæc autem, 1. F. 1. c. 1. in pr. 1. F. 8. c. 1. §. & quia vidimus 1. F. 1. c. 1. §. novum, 2. F. 32. c. 1. 2. F. 12. & 14. §. moribus 2. F. 26. c. un. & 1. 1. Feud. 9. 3. & 5. c. 1. in pr. 2. F. 24. C. un. in pr. 2. F. 40. c. imperialem, §. præterea, 2. F. 55. c. 1. & fin. 2. F. 52. c. imperialis, in fin. 2. Feud. 52. c. un. 1. Feud. 22.
§. 8. Jtem /123Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht.

§. 8. Jtem / ſo die Lehnſchafft von zween oder mehr Herren ſtrei -Lehn Recht ſo ſtreitig. Lehn-Em - pfangs proteſt ohne præjudiz. tig / dennoch ſoll er proteſtiren / daß der Mangel nicht bey ihm ſtehe / alſo auch / wann ein Lehn-Herr im Gebrauch oder Beſitz iſt / mag der Lehn - mann wohl von ihm empfangen / mit der Proteſtirung / andern an ihrer Gerechtigkeit nichts zu præjudiciren.

  • Gloſſ. in C. imputari de R. J. in 6. L. 2. §. fin. ff. ſi quis caution. L. qui in alterius ff. de R. J. c. Vaſallus, 2. F. 26. c. ſi vero Ext. de jure Patron. L. ſi præluſorio, in fin. ff. de appellat.

§. 9. Lehn-Gedinge / von weltlichen Herrn gegeben / muͤſſen dieLehn-Geding Recht. Lehns-Erben halten / von geiſtlichen aber nicht / es waͤre denn der Fall bey des Biſchoffs und Prælaten Zeit geſchehen / ſonſt muͤſſen neue Ge - dinge erlangt werden / es habe denn das Capitul ſolche bewilliget; LehnLehn-Pflicht Eyd in Prin - cipalen Seel. mag man auch durch Vollmaͤchtigen empfangen / Lehns-Pflicht Eyd mag man auch mit ſonderlichem Befehl in des Principalen Seele ſchweren.

  • L. fin. arg. C. de pet. hæred. L. ordinata, ff. de liber cauſ. L. prætor ait, in princ. ff. de damn. infect. c. 1. 2. Feud. 38. 2. Feud. 3. §. 1. verb. perſonam & verb. poteſt. 2. Feud. 58. §. ſciendum. C. nullam, fin. de jur. calumn. in 6. c. 4. verb. pro - curator de procur. in 6.

§. 10. Lehn der Unmuͤndigen ſoll durch ihre Vormuͤnder empfan -Lehn-Recht de - rer Unmuͤndi - gen. Lehn-Pflicht wegen An - ſpruchs Ge - wehrſchafft. gen / die Lehn-Pflicht und Eyd aber biß zu deren Muͤndigen Jahren zu leiſten / verſchoben werden / alsdann haben ſie Macht / das Lehn-Gut nach Nutzen und Willen zu gebrauchen / und muß ihnen der Lehnherr Einſetzung ertheilen / auch / wie ſonſt einem Lehn-Mann / wegen Lehn Anſpruchs Vertretung und Gewehrſchafft thun.

C. 2. de teſt. in 6. C. 1. §. ſi minori, 2. F. 26. c. 1. §. 1. 2. F. 8. c. 1. §. fin. 2. F. 6.

§. 11. Wann der Lehnmann Lehn zu empfangen angeſucht hat /Lehn-Em - pfang Anſu - chung Recht. dreymahl in rechter Zeit / und der Lehnherr ihn in Jahr und Tag nicht belehnen will / auch dieſe Gerechtigkeits Verweigerung durch brieff - liche Urkunden von Notarien und Zeugen bewieſen wird / darff er dar - nach nicht mehr Lehns Empfahung ſuchen / noch Lehn-Dienſte thun /Lehnherrn Ei - genthums Verluſt. ſondern hat Lehns-Recht Verluſt Einwurff frey / und verliehrt der Lehns-Herr ſein Eigenthum.

  • Gloſſ. in C. 1. §. fin. 2. Feud. 3. §. Domino, 2. F. 26. L. 50. ff. de probat. arg. L. judi - cibus, C. de appell. L. 4. ff. de pignor. L. 4. de fide inſtrum. c. 1. in fin. de form. fidel. L. cum proponas, C. de pact. Gloſſ. in C. fin. per quos fiat inveſtit.

§. 12. So mag auch der Lehnmann deßfalls den Lehnherrn fuͤrLehnmanns Recht Lehn - herrn zu ver - klagen. anderm Lehngericht beklagen und Erkaͤntniß bitten / Jtem / ſo ihm ein Gut insgemein mit ſeiner Zugehoͤr verlehnet / mag er im Zweiffel vom Lehnherrn begehren / die Lehn-Stuͤcke / und deren rechte Feldmarcke /Q 2und124I. Buch / Cap. XII. und Anſtoͤſſer anzuzeigen / wann auch ein Lehn-Gut an zween verlehnt / ſo hat der den Vorzug / dem es eingeantwortet / ohngeachtet der ande - re aͤltere Verſchreibung haͤtte; ſonſt hat der Aeltere im GeſchlechtStamm-Hau - ſes Beſitz - Recht. Stamm-Hauſes Beſitz-Recht / welches eine perſoͤnliche Freyheit / ſo mit ihr abſtirbet.

  • C. un. §. ſi inter, 2. Feud. 39. §. fin. 2. Feud. 55. c. 1. §. aliud quoq; 2. Feud. 55. Arg. L. quoties, C. de Rei Vindic. §. 6. inſtir. de J. N. G. & C. L. 1. §. 2. ff. de conſt. princ. L. 7. ff. de recept. L. 12. & 13. ff. ſol. matr.
Lehnfaͤhige Sachen was ſind. Lehnfaͤhige Guͤter was ſeyn moͤgen.

§. 13. Lehnfaͤhige Sachen ſind unbewegliche Guͤter / jaͤhrliche Renten und Zinſen / Geld aus der Cammer oder andern Orten / wel - ches letztere aber mit des Lehnherrn Tode ſich endiget. Jtem / es moͤgen zu Lehn gethan werden Gericht und Rechte / Zoͤlle / Ungelder / Jagten / Fiſcherey und alles / was an Statt unbeweglicher Guͤter zu rechnen; Jtem / fallende Zehenden / wann ſelbige zuvor in Layen Hand geweſen / oder bey Menſchen Gedencken durch die Gerechtigkeit nicht gefordert worden / anders nicht.

  • C. 1. §. ſciendum 2. Feud. 1. C. un. de Feudi cognit. C. cum Apoſtolica, Extr. de iis quæ fiunt à prælat.
Lehnmanns Eydes Pflicht.

§. 14. Der Lehnmann muß ſeinem Lehnherrn zu Lehnpflicht ge - loben und ſchweren / daß er ihm wolle getreu und hold ſeyn / ſo viel an ihm iſt / ſeinen Nutzen foͤrdern / Schaden und Nachtheil verwehren / und ſich allewege gegen ihm / wie einem rechtſchaffenen Lehnmann ge -Lehnmann wo - zu nicht pflich - tig. buͤhret / verhalten / alſo daß er nimmer in einen dem Lehnherrn wi - drigen Rath willig ſeyn / auch dergleichen wo ers erfuͤhre / anzeigen wolle / ja mit deſſen Feinden keine Gemeinſchafft haben / noch ſchaͤd - liche Verbuͤndniß machen / ſondern wider jederman ihm helffen Land und Leute zu beſchuͤtzen / in rechtmaͤßigem Kriege dienen / auch auſſer Landes auff des Herrn Unkoſten folgen / es ſey denn anders vor be - dungen / dennoch nicht wider GOttes Wort / noch gegen ſeinen Va - ter und Vaterland.

  • Tot. Tit. 2. F. 5. 6. & C. un. 7. C. un. §. præterea, 2. Feud. 24. C. 1. 2. Feud 57. Arg. L. liberi, verſ. ſi tamen mater, C. de inoff. Teſtam. C. un. 2. Feud. 23. C. un. §. licet, 2. Feud. 26. §. firmiter, 2. F. 55. C. un. in princ. 2. F. 28. C. 1. quibus mod. feud. amitt. C. un. 2. Feud. 107. C. quæ contra mores, Diſt. 8.
Stamm Lehns Gerechtigkeit.

§. 15. Stamm-Lehn mag kein Lehnmann ohne ſeines Lehnherrn und derer Lehns-Erben Bewilligung verpfaͤnden / verkauffen / noch ſonſt veraͤndern / ſondern es kan ſolches der Sohn / ob ſchon veraͤuſſert / wieder einfordern / ſo fern er nur Kauff-Geld oder Pfand-Schilling wieder abſtattet; Bruder aber oder Vetter / als Lehn-Erbe / mages ohne125Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht. es ohne ſolche Erſtattung / weilen das Gut ſein eigen / wiederruf - fen.

  • C. 1. §. ſimiliter, 2. F. 34. C. imperialem, verſ. habito, 2. F. 55. C. imperialis, §. hortatu, 2. F. 52. C. alienatio, in princ. 2. Feud. 39. C. 1. §. hoc quoq; 1. Feud. 8. C. 1. §. ſed etiam, 2. Feud. 3. c. 1. §. porro, 2. F. 9. 2. Feud. 23. in fin. c. 1. §. è contrario, 2. Feud. 8. L. apud Celſum, §. de authoris, ff. de doli Ex - cept. L. ſin. ff. quibus ex cauſ. in poſſ. eat.

§. 16. Wann auch weitere Verwandten die Veraͤnderung be -Lehn-Guts Euſſer - und Veraͤnderung verboten. willigen / ſchadet es dem naͤhern eben ſo wenig / als den weitern / wo - fern der nechſte bewilliget / und fuͤr des Lehn Angefall ſtirbet / ſo gar auch iſt Veraͤuſſerung der Lehn-Guͤter verboten / daß ſie niemand weder um GOttes Willen zum Brandſchatz noch in Contracten oder Teſta - menten / denen Erben oder Lehnherrn zum Nachtheil / ja in aͤuſſerſter Noth nicht veraͤndern mag.

  • §. Titius §. Feudum 2. F. 26. c. 1. agnatis, 2. F. 39. L. ſæpe ff. de re judie. Tot. tit. C. res inter alios acta. L. non debet. ff. de R. J. L. id quod noſtrum ff. Eod. L. ult. ff. de pact.

§. 17. Des Lehn-Guts Frucht und Nutzung aber mag ein Lehn -Brautſchatz Vorrecht. mann ſeiner Tochter zum Braut-Schatz oder Schweſter und andern / ſo lang er lebet / hingeben / doch allerdings des Lehnherrn Gerechtigkeit ohne Schaden / ſo mag auch Bruder oder Vetter / bey des VeraͤnderersBluts-Freun - de Einſtand Recht. Leben / fuͤr das von andern dafuͤr ausgegebene Geld das Lehn nehmen / weilen in Lehn-Stuͤcken Bluts-Freunde Einſtand Recht haben / wel - chem der Verkaͤuffer Statt zu geben ſchuldig.

  • C. 1. §. donare, 2. F. 9. C. 1. in princ. 2. F. 52. L. 4. de L. Fab. de plag. L. 4. ff. de collat. bonor. L. 3. §. 5. de minor. L. 14. ff. ad L. Falcid. C. 1. verb. attenuantes, 2. Feud. 55. §. præterea 2. F. 56. C. 11. 1. Feud. 30. L. 1. C. ſi pign. dat. L. 2. in fin. C. de reſcind. Vend. L. qui Romæ, §. cohæreces pen. & ult. ff. de V. O.

§. 18. Man mag auch wohl ſeine eigenthuͤmliche Erb-Guͤter mitErb uñ Eigen - thums Guͤter moͤgen auch zur Lehn ge - macht ſeyn. Lehn Schutz u. Schirm Ver - wandtſchafft Gerechtigkeit. allem erkaufften Vermoͤgen / Schutz und Schirm / Verwandtſchafft Gerechtigkeit halber zu Lehn machen / es kan aber kein Lehn andern fuͤr Schuld vom Richter uͤbergeben werden / dennoch mag er die Glaͤubi - ger an die Nutzung hinweiſen / und muß Lehnmann mit rechtem Werth oder gleichguͤltigen Guͤtern gewehret / vergnuͤget ſeyn; So kan auch Lehn / wie Geſchenck / wegen hernach erziehleten Kinder wiederruf - fen werden.

L. ſi unquam, 8. C. de revoc. don.

§. 19. Der Lehnherr kan / ohne von aͤuſſerſter Noth gezwungen /Lehnmanns Recht Lehn - Herrn zu aͤn - dern. den Lehnmann wider ſeinen Willen nicht veraͤndern / auch mag er ihm keinen andern Herrn vermachen / wohl aber die woͤchent - oderQ 3jaͤhr -126I. Buch / Cap. XII. jaͤhrliche Lehn-Dienſte / unveraͤndert der Lehns-Gerechtigkeit / ſo kan kein Fuͤrſt eine Stadt des Fuͤrſtenthums ohne gemeinen Bewil -Fuͤrſten Ohn - macht Staͤdte zu veraͤuſſern. ligung der Buͤrgerſchafft verkauffen / wie hingegen kein Lehnmann Macht hat / dem Lehn-Gut / zu des Lehnherrn Schaden / ohne Bewilli - gung einige Dienſtbarkeit auffzulegen oder zu geſtatten.

  • C. 1. §. Ex Eadem, 2. F. 34. C. 1. §. præterea, in fin. 2. Feud. 55. C. un. 2. Feud. 6. arg. tot. tit. ff. de novat. & deleg. C. in generali, tit. fi de feud. controv. fuer. C. 1. §. rei, cum tribus verb. ſeqq. 2. Feud. 8. C. 1. §. quid ergo, 2. F. 8. C. 1. §. ſi vero, 1. Feud. 13.
Lehn-Recht wegen Kauff - oder Pfand - Geld.

§. 20. Wann das Lehn dem Herrn heimfaͤllt / iſt der Lehnherr dem Lehnmann Kauff oder Pfand-Geld zu erſtatten nicht ſchuldig / es ſey dann bewilliget / auch mit Vorbehalt / daß ſolche Bewilligung ſeinem Recht unſchaͤdlich / unverfaͤnglich und unnachtheilig ſey / ohne auff ge - wiſſe Pfand Zeit.

  • L. apud Celſum, §. quæſitum, ff. de dol. mal. & met. exeq. L. quoties, C. de fidei commiſſ. L. 4. & 8. §. 15. ff. quib. mod. pign. vel hypoth. ſolv.
Teſtaments Vortheil vom Vater.

§. 21. Ein Vater kan wohl in neuen / nicht aber uhr-alt-groß - oder vaͤterlichem Stamm-Lehn / einem Sohn fuͤr dem andern durch ſein Teſtament einigen Vortheil thun; Lehn faͤllt vom Vater auff den Sohn / nicht aber vom Sohn auff den Vater.

  • 1. Feud. 8. & 14. C. 1. 2. F. 39. §. 1. 2. Feud. 11. C. ſi capitanei, 1. Feud. 14. C. un. in princ. 2. F. 48. & 50.
Manns Lehns Recht.

§. 22. Belehnungen und Lehns Verneuerungen / um Lehnſinnige Folge zu thun / geſchehen gemeiniglich einem vor ſich und ſeine maͤnn -Lehnfaͤhigen Perſonen Recht. liche Leibes-Lehn-Erben / bevorab iſt deren Benennung allezeit allein von Manns Erben / nicht aber von Toͤchtern / Schweſtern und andern Weibes-Bildern / welche nicht Lehns-faͤhig ſind / zu verſtehen / es ſtuͤnde denn in der Verſchreibung maͤnn - und weiblich Geſchlecht be - lehnet; Alſo / wann kein Manns-Erbe mehr vorhanden / oder daßToͤchter Recht vom Lehn - Stamm. Weibes-Perſonen mit Mannes - oder Mannes wie Weibes Leute er - erben / ſo folgen Toͤchter auch im Lehn / wo kein Sohn nachgelaſſen / ſonſten werden ſie ausgeſchloſſen; Alsdann aber treten ſie uͤber lang oder kurtz ins Lehn / jedoch wann ſie von deſſen Stamm / der das Lehn erlanget hat / herkommen / und erbet letzten Falls die Tochter ſo wohl als der Sohn.

  • C. 1. 2. Feud. 50. §. ſi clientibus, 1. F. 13. §. profecto, 2. F. 34. §. Filiæ, 1. F. 8. & 24. C. un. 2. Feud. 7. L. quoties, C. de ſuis & leg. liber. C. forum, de V. S. L. fin. C. de ſponſ. §. hoc autem, 1. F. 1. §. quin etiam & fin. 1. Feud. 6. §. ſi duo, in fin. 1. Feud. 14. §. hujus, 2. Feud. 23. C. un. in fin. 2. F. 18. 2. Feud. 11. in princ. c. 1. in princ. 2. Feud. 17. 30. verb. non enim 2. Feud. 17. c. ſi cui, §. item, 2. Feud. 104.
§. 23. Wann127Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht.

§. 23. Wann nun ſo viel Baarſchafften oder an Erb-Guͤter nichtToͤchter Recht vom Lehn-Gut auszuſtatten. Roß Dienſte Freyheit im Lehn. vorhanden / daß Toͤchtern und Schweſtern nach ihrem Stande moͤgen ausgeſtattet werden / ſo muß der Lehn-Erbe vom Lehn nach Gelegen - heit dazu geben / ſonſten aber giebt Lehn nichts / es ſey denn ohne Schwaͤchung der Roß-Dienſte.

  • L. Pomponius, ff. fam. herciſc. L. dedit, ff. de collat. bon. L. ſi quis, §. ſed & filius, ff. de liber. agnoſcend.

§. 24. Wann nun nach dieſer Weiber Lehn-Muthung / Muth -Weiber Lehn - Muthungs Recht. Schwangern Frauen Lehn - Recht. Toͤchter Kin - der gehoͤren nicht zum Wei - ber Lehn. Tochter und Sohn Lehns Erben Unter - ſcheid. Sohnſchlieſſet aus der Muter Schweſter Tochter. Sohn u. nicht Tochter erbet den Vater Bruder. Ehemann und Weibes ver - ſchiedenẽ Kin - der Lehn-Ge - dings Recht. Kunckel Lehn Ehegattẽ Erb - theils Recht. Zettul / und feſte Gelds-Lehn Waar oder Hand-Lehn entrichtet / einmahl eine Weibes Perſon im Lehn zugelaſſen / darff ſie es hernach gebohrnen Manns Erben nicht wieder abtreten / es haͤtte denn der Verſtorbene ſeine Frau ſchwanger hinterlaſſen / und ſelbige einen Sohn gebohren; durch Toͤchter als Lehns Erben werden keine Toͤch - ter Kinder verſtanden / weilen ſie aus frembdem Geſchlecht herkom̃en.

2. Feud. 17. & 51. §. ſimiliter.

§. 25. Wann ein Lehnmann zwey Toͤchter hat / deren erſte einen Sohn / die andere eine Tochter bekoͤmmt / und obige belehnete Toch - ter als Mutter verſtorben / ſo folget im Lehn derſelbe Sohn ſeiner Mutter / ſchlieſt auch aus die Tochter von der Mutter Schweſter. Wann auch ein Lehnmann zween Soͤhne nachlaͤßt / deren einem ein Sohn / dem andern eine Tochter gebohren wird / ſo erbet der Sohn ſeinen Vater Bruder und die Tochter wird nicht zugelaſſen.

1. Feud. 8. §. Filia. 2. Feud. 51. §. ſimiliter, verb. è contra ſi filius.

§. 26. Wann Ehemann und Weib zu einem benanntẽ oder unbe - nannten Lehn-Geding erkohren / nach ſich verlaſſen einen Sohn von einer andern Frauen und eine Tochter von zugleich belehnten Eltern / ſo ſchlieſſet der Sohn die Tochter im Vater-gleichwie dieſe ihn im Mutter-Theil aus; So aber beyde Sohn und Tochter aus einer Ehe / erbet der Sohn allein; wann Tochter allein uͤbrig im Kunckel Lehn / erbet ſie Mutter Theil. Vaters Theil aber gehoͤret dem Herrn zu / wie auch eines verſtorbenen Ehegatten Theil / der keinen Erben verlaſſen / ob ſchon in folgender Ehe Kinder gebohren.

2. Feud. 104. verb. in cæteris, maſculus & in fin.

§. 27. Weiber erben kein Lehn / das ihnen ausdruͤcklich zum MannMann Lehns Gerechtigkeit. Lehn ertheilet und auffgetragen worden. Neu erlangtes Lehn faͤllt nur auf Sohn und Sohns Soͤhne / nicht aber auff Bruder Vettern und andere Schwert-Magen / es ſey dann im Lehn geſetzt verſehen. WannNeuen Lehns Erbrecht. keine Soͤhne vorhanden / faͤllt das Lehn auff die Bruͤder / hernach der Bruͤder Soͤhne und naͤchſte Vettern.

1. Feud. 8.128I. Buch / Cap. XII.
  • 1. Feud. 8. §. fin. §. Filia, verſ. in alia, 1. Feud. 14. C. ſi duo, & 1. 2. Feud. 12. C. 1. in princ. 1. Feud. 20. C. un. verſ. his vero, 2. Feud. 11. C. 1. §. cum vero, 1. F. 1.
Bruͤder Recht von einem Va - ter.

§. 28. Bruͤder von einem Vater / und ſolche Halb-Bruͤder erben im Lehn mit vollen Bruͤdern einer auff den andern / weilen im Lehn - Recht Blut-Freundſchafft ohne Verwandniß angeſehen wird. Bruͤ - der aber allein von der Mutter koͤnnen Lehn auff ein ander nicht erben /Wapen Schild und Nahmen Recht. denn ſie ſind keine Stamm-Freunde / von einem Wapen / Schild und Nahmen.

  • C. 1. §. his vero, de grad. ſucceſſ. C. 1. §. hoc quoq́; de ſucceſſ. feud. C. 1. de nov. be - nef. inveſt. C. 1. §. ult. de feud. C. un. de his qui feud. dar. poſſ.
Zween Bruͤder Lehn Recht / de - ren einer ohne Erben verſtir - bet.

§. 29. Wann zween Bruͤder mit einem Lehn belehnet / und einer ohne Sohn ſtirbt / wird ſein Theil dem Lehnherrn entledigt / und faͤllt nicht auff ſeinen Bruder / es ſey denn im Lehn-Brieffe bedungen / oder ſie haben das Lehn in geſam̃ter Hand und Mitbelehnſchafft / oder beyde ſelbiges aus eigenem Gut mit des Lehnherrn Wiſſen gekaufft / oder im Krieg abverdienet gehabt.

C. 1. §. ſin autem. 1. Feud. 1. C. un. 1. Feud. 20.

Bruͤder und Bruͤder Soͤh - ne Erbrecht in Haͤupter oder auff Staͤmme.

§. 30. Bruͤder und verſtorbenen Bruders Soͤhne erben das Lehn auff Staͤmmen / ein Bruder nimmt ſo viel als alle Bruders Soͤhne; Bruder Kinder aber allein nachgelaſſen / erben auff Haͤupter / ſo viel Soͤhne / ſo viel Theile / ein jeder nimmt eins / nemlich eines verſtorbe - nen Bruders Sohn und des andern verſtorbenen Bruders zehen Soͤh - ne theilen in eilff Theile / alſo auch wird ein Lehn / das auff weitere Vettern faͤllt / in Haͤupter und nicht in Staͤmme getheilt.

  • Auth. in Succeſſione C. de ſuis & legit. Auth. ceſſante, C. de legit. hæred. Auth. ut fratrum filii, 9. L. fin. Eod. §. hoc etiam, inſtit. de legit. agnat. ſucc. L. pen. C. de legit. hæred. Auth. de hæred. ab inteſt. §. ſi igitur, verſ. ſed & ipſis, & §. ſi vero, neq́; §. cæterum cum §. §. ſeqq. Inſtit. de legit. agnat. Succeſſ.
Stam̃-Freun - de Erbnahme Recht.

§. 31. Nach Bruͤder und Bruͤders Kindern faͤllt das Lehn auff die naͤchſte Bluts-Freunde / dann der letzte Stamm-Freund iſt des erſten Erwerbers Erbnehme / wann aber kein ſolcher vorhanden / der vom Stamm herruͤhret / oder mit dem Verſtorbenen in geſamter Lehn ge - ſeſſen / faͤllt es dem Lehnherrn wieder heim; wann aber Enterbung ausTeſtamẽts An - ſpruch wegen Enterbung. gerechten Urſachen geſchehen / ſo jedoch nicht erwieſen / mag der Erbe das Teſtament anklagen / ausgenommen eines Soldaten Vermaͤchtniß in ſeinem Eigenthum kan niemand anfechten.

  • C. 1. 2. Feud. 50. C. 1. ad fin. de ſucceſſ. feud. C. 1. §. 1. de feud. §. fin. inſtit. de Uſufr. L. 3. §. fin. ff. quibus mod. uſusfr. amitt. L. 6. §. fin. ff. & L. 8. §. 3. L. fin. C. de Teſtam.
§. 32. Ein129Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht.

§. 32. Ein ungebohren / alſo unmuͤglich undanckbares Kind / magUngebohrnen Kindes Recht. nicht weder in Lehn-noch anderem Gut enterbet werden / ſonſten giebt Erbſchafft Nachfolge in des Verſtorbenen vollſtaͤndige Gerechtſamkei - ten. Stumme / Taube / Blinde und Kruͤppel von Natur / moͤgen Lehn nicht erben / weilen ſie keine Lehn-Dienſte thun koͤnnen / jedoch ſoll man ihnen nach Lehns-Gute beduͤrfftigen Unterhalt leiſten.

  • L. 33. §. 1. C. de in offic. Teſtam. L. 2. C. de poſth. hæred. L. 1. ff. de hæred. vel act. vend. C. un. 2. F. 36. §. mutus, 1. Feud. 6.

§. 33. Wann Lehngut durch Lehnmanns Tod verfallen / gehoͤrenLehn-Recht / ſo Todes wegen verfallen. Nutzungs Fruͤchte wem gebuͤhren. alle genoſſene Nutzbarkeits Fruͤchte denen Leibes-Erben zu / annoch ſtehende Fruͤchte aber ſo wohl natuͤrlich gewachſene / als durch Muͤhe und Arbeit verurſachete / gebuͤhren dem Herrn oder Lehnsfolger / wann der Lehnmann fuͤr den Mertz oder nach Auguſt-Monat verſtorben; wo - fern aber der Todes-Fall geſchehẽ nach dem erſten Mertz biß zum Auguſt Monat / oder zwiſchen erſten Mertz und erſten Herbſt-Monat / fallen ſieWeinleſe Fruͤchte Recht. denen Erben heim. Wie auch ſpaͤter Weinleſe Fruͤchte denen Erben zukommen / ob ſchon der Lehnmann nach dem Auguſt im Herbſt-Mo - nat geſtorben.

2. Feud. 8. §. his conſequenter.

§. 34. Falls nun der Lehnherr oder Verwandten Fruͤchte erheben /Lehnherr und Verwandten Pflicht und Unkoſten. Zinß u. Zehen - den wem gehoͤ - ren. Bau und Beſ - ſerungs Recht. ſollen ſie dennoch Erben die Unkoſten erſtatten / welche nach der Zeit ſolcher Erſtattung zu rechnen. Buͤrgerliche Fruͤchte auch / als Zinß und Zehenden / wann deren Zahlungs Tag bey Lehnmanns Leben ver - floſſen / gehoͤren denen Leibes-Erben / ſonſt aber ihnen uñ dem Herrn oder Lehnfolger. Gebaͤu und Beſſerung auff Lehn-Guͤtern bleibt beym Lehn / es falle auff den Lehnherrn oder Stamm / ob gleich andere Erbſchafft auff Bluts-Verwandten faͤllt.

  • Arg. 2. Feud. 28. § fi vaſallus. Arg. L. 7. ff. ſol. matrim. L. 26. ff. de Uſufr. §. ſi Va - ſallus, 2. Feud. 28.
Soͤhne ver - muthlichẽ oder folgenden Ehe Erb-Recht.

§. 35. Soͤhne durch folgende Ehe geehelichet / wie auch von einer Braut / die wegen Todes-Fall nicht prieſterlich eingeweihet / oder aus verbotenem Eheſtand / von Jrrthum angefangen / erzeuget und geboh - ren / moͤgen ſo wohl Lehn als andere Erb-Guͤter antreten und erben.

  • §. fin. inſtit. de nupt. C. tanta & c. ex tenore, Ext. qui filii ſint legit. C. per tuas, 12. Eod. §. nec non eos, inſtit. de hæred. quæ ab inteſt. Auth. quibus mod. nat. effic. legit. L. bonorum in fin. ff. rem ratam. L. qui contra C. de inceſt. nupt.
Lehn Empfãgs Friſt-Verluſt Recht. Lehns Aeuſſer - oder Veraͤnde - rung veꝛboten.

§. 36. Wer Lehn in Jahr und Tag nach dem Todes-Fall nicht empfangen / und dennoch recht beſitzet / iſt deſſen verluſtig. Wer Lehn ohne des Lehnherrn Willen und deren Lehns-Erben Wiſſen / nach geſchehener Uberantwortung / gantz oder ein Theil aͤuſſert oder ver -Raͤndert /130I. Buch / Cap. XII. aͤndert / verwuͤrcket auch daſſelbe gantz / oder verlieret einen Theil / und iſt es unkraͤfftig / es ſey denn / er habe nicht gewuſt / daß es Lehn waͤre / ſo ſteht er nur fuͤr Intereſſe Gewinn und Schadens dem Kaͤuffer.

  • In pr. 2. Feud. 24. & 40. Tot. Tit. 2. Feud. 52. & 55. L. traditionibus, C. de pact. L. ab Emptione, Eod. C. 1. in princ. 2. Feud. 38. L. Sancimus, C. de pœn. §. ſi Va - ſallus, 2. Feud. 26. C. 1. §. Callidis, 2. Feud. 55. C. 1. §. ſi quis vero, 2. Feud. 52.
Lehns-Pfand und Verkauff verboten. Lehn Verluſts Recht.

§. 37. Wer Lehn verkauffet oder verpfaͤndet / hat es verlohren / wofern er es nicht fuͤr Anklage wieder in ſeine Gewalt gebracht / oder mit Vorbehalt des Lehnsherrn und Lehnserben Recht ohne Betrug / Gefahr und Schadens / irgend eines feſten Stamm-Hauſes gethan.

  • 2. Feud. 44. L. id quod noſtrum, ff. de R. J. L. ſi qui poſſ. ff. de vi & viarm. L. nihil tam naturale & L. quicquid ff. de R. J.
Lehn Veꝛſaͤum - niß Recht.

§. 38. Lehn durch nicht Empfahung verſaͤumet / faͤllt dem Herrn zu; durch Veraͤuſſerung verluſtig Lehn aber / ſo neu / gehoͤrt dem Herꝛn. Alt-vaͤterliches kommt denen naͤchſten Freunden zu / des Veraͤnderers Soͤhne ausgeſchloſſen / es ſey denn / daß ſie Vaters Erbſchafft nicht haben wolten.

  • 2. Feud. 55. verb. præterea ſi quis. §. denique 3. in fin. 2. F. 37. C. 1. 2. Feud. 26. §. fin. 1. F.
    Lehns Ver - wuͤrckung. Lehn-Brieffe Verſehungs Recht. Lehnherr und Lehntraͤger Recht.
    21. & 2. Feud. 39. Nov. 48. princ. c. 1. 2. Feud. 30. & 45. C. 1. §. cum vero 1. Feud. 1.

§. 39. Lehn wird durch Miſſethat verwuͤrcket am Herrn / dem es alsdenn heimfaͤllt / es waͤre denn in Lehn-Brieffs Belehnungen aus - druͤcklich dagegen verſehen / daß es von einem auff den andern verfal - len ſolte. Als wenn der Lehn-Traͤger ein gemeiner Lehn-Rechts Fried - brecher / ſeinem Herrn feind wird / oder mit deſſen Feinden Freund - ſchafft und ſchaͤdliche Verbuͤndniß macht / ſo fern aber der Lehnherr ihm Gewalt thut / mag er ſich wehren.

  • C. 1. §. ſi Vaſallus. 2. Feud. 26. 2. Feud. 37. §. fin. 2. Feud. 24. C. un. 1. Feud. 5. c. un. §. 2. 2. Feud. 9. C. un. 2. Feud. 57. C. un. 2. Feud. 32. Gloſſ. in c. 1. §. 1. quibus mod. feud. amitt. c. 1. §. fin. 2. feud. 25. L. ut vim ff. de juſt. & jur.
Lehnmanns Untreu Straf - fe.

§. 40. Jtem / wenn er des Lehn-Herrn Frauen Unzucht anmu - thet / oder deſſen Tochter / Enckelin / Schweſter / oder Sohns Frau bey ihm im Hauſe beſchlaͤfft / oder mit ſeiner nahen Anverwandten ſich vermiſchet / es waͤre dann unwiſſend geſchehen zu ſeyn / eydlich bekraͤfftiget.

1. Feud. 5. verb. item ſi fidelis 2. Feud. 24. §. 2. verb. rurſus, c. un. 2. Feud. 56.

Lehn-Verluſts feꝛneres Recht.

§. 41. Jtem / wann der Lehnmann ſeinen Herrn aus Gefaͤngniß nicht erloͤſen will / ihn ſchmaͤhet / oder als Gerichts-Herr / ihm kein Recht geſtatten will; Jtem / wer in peinlichen / auſſer verletzten Ma - jeſtaͤt und Verraͤtherey Sachen / ſeinen Lehn-Herrn peinlich mit Schmaͤh-Klagen beleget / ohne daß ihn der Lehn-Herr ſelbſt belan -get /131Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht. get / oder auch ſolchen Falls wider ihn Zeugniß giebt / hat das Lehn verlohren.

  • §. atrox, inſtit. de injur. c. un. §. præterea 2. Feud. 24. c. un. §. porro, & §. illud, §. item 2. Feud. 24. c. 1. §. item ſi delator 2. Feud. 24. C. un. gloſſ. in verb. ſalva reverentla, 2. Feud. 22. un. verb. quomodo, 2. Feud. 23. §. ſimiliter pœn. 2. Feud. 33.

§. 42. Jtem / wer ſeinem Lehnherrn das Lehn wiſſentlich verleug -Lehn Rechts Verluſt Urſa - chen. net / und nicht geſtaͤndig iſt / oder gebuͤhrende Dienſte verweigert. Jt. wenn ein Vater ſeinen Sohn nicht ſtellet / oder von ſich thut / der ge - gen den Herrn groͤblich gehandelt; alſo auch / wann der Lehnmann ſei - nes Herrn Bruder / Bruders Sohn / ſein Weib / Kinder und nahe Freunde oder Schwaͤger umgebracht hat.

  • C. 1. §. Vaſallus, 3. 2. Feud. 26. C. 1. §. fin. 2. Feud. 34. verb. ſed non eſt alia 2. Feud. 24. Tot. tit. ff. de condict. cauſ. Tit. C. de donat. quæ ſub mod. C. 1. 2. Feud. 55. 1. Feud. 5. 2. F. 7. & 28. in fin. verb. item ſi fratrem, 2. Feud. 24. §. deniq́; verb. ſi vero, 2. Feud. 37.

§. 43. Jtem / wann er ſeines Lehnherrn Heimlichkeit vorſetzlich / ihm zum Schaden / offenbaret / oder auch wer ſeine Lehn-Guͤter miß - brauchet / fruchtbar und ander Gehoͤltze verwuͤſtet und Dienſt-Leute uͤber Gebuͤhr beſchweret / iſt deren verluſtig.

  • 2. Feud. 6. 1. Feud. 17. C. 1. 2. F. 6. & 7. C. ad apoſtolicæ, de re judic. in 6. §. quicun - que 2. F. 27. & 8. verb. meliorem, Auth. qui rem, C. de SS. Eccleſ.

§. 44. Endlich aus allen Urſachen / dadurch der Lehnmann ſeinTreu u. Glau - ben zwiſchen Lehnherrn und Lehnmann. Lehn verliehret / verwuͤrcket auch der Lehn-Herr ſein Eigenthums Recht / weilen beyde gleichen Rechts geachtet / auch Treu und Glau - ben zwiſchen ihnen umwechſelt / und der Lehnherr ſoll bey ſeiner Ge - rechtigkeit Verluſt den Lehnmann gegen jederman zu ſchuͤtzen / gefaͤhr -Lehn Schirm und Schutz - Recht. licher Weiſe / nicht unterlaſſen / es ſey denn das Lehn auffgeſagt / oder loßgekuͤndiget / und binnen Jahr fuͤr Werth nicht wiederruffen.

  • §. Domino, 2. Feud. 26. c. un. 2. Feud. 47. c. 1. in fin. 2. Feud. 6. 2. Feud. 26. §. Titius. 2. Feud. 3. §. 9. pen.

§. 45. Wann aber ein alt Lehn durch andere Ubelthaten / ſo nichtLehn Recht Verluſt alt oder neu. Selbſt Mord in Lehn-Faͤllen. wider des Lehnherrn Perſon / verwuͤrcket / faͤllt es an die Bluts-Ver - wandten / biß zum 4ten Grad / und naͤhere werden ausgeſchloſſen; Neu Lehn aber faͤllt zum Herrn; Wann ſich der Lehnmann ſelbſt um - bracht / faͤllt das Lehn denen Bluts-Verwandten heim.

  • §. fin. 2. Feud. 24. c. 1. in princ. 2. Feud. 37. c. 1. 2. Feud. 31. c. un. §. ſi Vaſallus cul - pam, 2. Feud. 26.

§. 46. Ein Lehnmann mag ſein Lehn einem andern ebenbuͤrtigenAffter Lehns Gerechtigkeit. wohl zum Affter-Lehn geben; Wann Lehn verwuͤrcket / muß es dochR 2zuvor132I. Buch / Cap. XII. Lehn Rechts Urtheil.zuvor dem Lehnmann gerichtlich zuerkannt werden / ehe dann es der Lehnherr zu ſich nehmen kan / auch muß er bey ſeinem Leben darum ſprechen / hernach kan es ſonſt der Erbe nicht thun / es waͤre dann dem Lehnherrn die Verwuͤrckung unwiſſend / oder in der That geſtrengen Rechts verlohren geweſen / oder haͤtte nicht fuͤglich klagen koͤnnen / als auch wann der Lehnmann vor der Anklage ſtirbt / kan deſſen Sohn her - nach nicht darum beklaget werden.

  • §. 1. 2. Feud. 3. & 26. §. beneficium, 2. F. 34. §. fimiliter, 2. Feud. 55. 1. Feud. 21. L. 176. ff. de R. J. Gloſſ. in C. un. §. porro, 2. Feud. 24. §. non autem, inſtit. de per - pet. & temp. act. L. 1. in princ. ff. de priv. del. §. fin. Eod. §. omnis autem, inſt. de noxal. act. L. qui dicitur. ff. de furt. L. Defuncto ff. de publ. judic.
Lehnmanns Untuͤchtigkeit.

§. 47. Das Lehn / ſo durch Lehnmanns Untuͤchtigkeit ledig iſt / als wenn derſelbe blind / taub / ſtumm oder lahm wird / faͤlt deſſen Erben zu / es ſey alt oder neu. Wer zween gegen einander ſtreitige Lehn -Lehn-Schuldẽ Recht. herrn hat / ſoll dem erſten wieder den andern helffen. Lehn-Schuld darff keiner bezahlen / wer nicht ſelbſt des Lehnmanns Erbe iſt / und waͤren die Schulden zur nuͤtzlichen Lehns-Beſſerung angewandt.

  • C. 1. §. fin. 2. Feud. 24. 2. Feud. 28. §. contra omnes in fin. §. ſatis bene, 2. Feud. 52. c. 1. 2. Feud. 45.
Witthums Recht oder Lehn Gedings Leibzucht Recht.

§. 48. Jtem / Witthum zu nuͤtzlichem Gebrauch eines Gutes oder Leib-Geding und Leib-Zucht / durch gewiſſe jaͤhrliche Gefaͤlle / dagegen Verſicherung und Fund-Zettul zu halten / auch Steuer von der Witt - wen auszugeben erfordert wird / ſo laͤſt ſich dieſe Leib-Zucht an keinem Gut von niemand verjahren / jedoch iſt bey deren Bezahlung noͤthigMitgifft wann einzubringen. zu erweiſen / daß Mitgifft eingebracht und zum Lehn angewandt / wel - ches nicht wohl nach Mannes Tode mit der Rente geſchehen kan / maſ - ſen wenn die Frau bey Mannes Lebzeiten die Mitgifft nicht einge - bracht / ſondern erſt nach deſſen Tode einbringen will / ſamt der Zinß und Rente und die Leibzucht zu begehren / ſolches iſt vielmehr zu RechtMitgifft Ehe - ſtands Buͤrde Erleichterung. unguͤltig / weilen alsdann Eheſtands Buͤrde verloſchen / daß keine Mitgifft / als deren Zweck und End-Urſach / den Wehe-Stand zu er - leichtern iſt / mehr Statt finden kan.

  • L. 3. §. 1. verſ. atq́; habent, cum Auth in donatione, C. de ſecund. nupt. L. 25. de uſurpat. & uſucap. C. ſine poſſeſſ. de R. J. in 6.
Lehn-Verjaͤh - rungs Recht.

§. 49. Wann der Lehnmann mit gutem Glauben das Lehn ver - laͤugnet / und deſſen Dienſt-Pflicht verſagt / dabey der Lehnherr 30. Jahr lang geruhig geweſen / iſt der Beſitz verjaͤhret. Wann des verſtorbenen Lehnmanns Erbe das Lehn fuͤr ein Erbgut unwiſſend annimmt und 30. Jahr beſitzet / wird des Lehnherrn allzuſpaͤte Klageals133Von Ritter - und adelichen Lehn-Guͤter Recht. als verjaͤhret verworffen. Wann auch ein Lehnmann das Lehn wiſſendLehn Rechts Verluſt. des erſten Herrn von einem andern empfaͤngt / erkennet / und ihm Dien - ſte leiſtet / welches der erſte Herr 30. Jahr lang geruhig erduldet / iſt er Lehns-Recht verluſtig.

Arg. L. 4. 7. 8. §. 2. C. de præſcript. 30. vel 40. ann.

§. 50. Wann Lehnmanns Erbe mit gutem Glauben das LehnLehn Veraͤnde - rungs Recht durch Kauff. wie Erbgut verkaufft / hat Verjaͤhrung Statt beym Kaͤuffer / wann er aber das Lehn verbotener Weiſe veraͤndert / und der andere nur mit gutem Glauben und freyem Gewiſſen es ſo lange Zeit geruhig beſitzet / verjaͤhrets nicht; Wann nun ohne verbotene Veraͤnderung jemandBeſitz Recht mit oder ohne gutẽ Glauben. eines andern rechtlichen Beſitz erlanget / und 30. Jahr lang vollfuͤhret / gewinnet er / und verliehret der andere das Lehn.

§. 51. Ob ſchon in etlichen Lehn-Veraͤnderungs-Faͤllen VerjaͤhrungIntereſſe Lehn - Kaͤuffer und Verkaͤuffer Recht. nicht Satt findet / ſo mag jedoch der Kaͤuffer den Verkaͤuffer wegẽ Kauff - geld und Intereſſe beklagen / Anklage aber uͤber Lehnmanns Verbre - chen verjahret / wann nicht geſchiehet vom Lehn-Herrn binnen 30. Jah - ren; wann auch ein Unterthan oder Lehnsmann gefangen geleget oderLehn-Verbre - chen Anklage Verjaͤhrung. in Verhafft gezogen / und alſo ihm thaͤtliche Schmach zugefuͤget wird / daß deſſen Ober - und Landes-Herr ſeiner Dienſte nicht gebrauchen kan / und ihm dadurch ſeine Botmaͤßigkeit zerſtoͤret wird / ſo mag er deßfalls Rache ſuchen und uͤben.

  • C. 1. § ſi quis per 30. annos, de præſcr. Domini contra Vaſallum & è contra. L. 2. §. fin. ff. ſi quis caut. L. item apud Labeonem §. quod adjicitur, ff. de injur.

§. 52. Wann ein Lehnmann gerichtlich offenbar citiret / und dennochLehn-Gerichts Recht. ausbleibt ungehorſam / wird der Lehnherr zum Beſitz eingewieſen; ſtellt er ſich aber ein binnen Jahres Friſt / wird ihm ſolcher Beſitz verlohr - nen Lehn-Guts wider eingeraͤumet / welches alſo hingegen vom Herrn auch zu halten.

  • 2. Feud. 22. L. 2. ff. quib. ex cauſ. in poſſ. eat. L. 8. §. pen. de præſcr. 30. ann. C. 3. & 5. X. ut lit. non cont.

§. 53. Jn Streit-Sachen zwiſchen Lehnherrn und Lehnmann /Lehn-Streits gehoͤrige Rich - ter. auch Lehnguͤter halber / ſollen andere Lehnmaͤnner richten; zwiſchen zween Lehnmaͤnnern aber iſt der Lehnherr Richter / auch wo Streit und Lehn iſt / ob es alt oder neu ſey / daſelbſt wird vermuthet / daß es ein alt-vaͤterlich Lehn ſey / wofern nicht beſonders gegruͤndete Anzeigun - gen darwieder vorhanden.

  • 1. Feud. 22. §. ſancimus 2. Feud. 16. pr. 2. Feud. 39. §. ſi inter. 2. F. 55. §. inſuper. L. 6. ff. de jurisd. omn. jud. L. un. ne quis in ſua. C. 1. §. fin. 2. F. 11. C. 1. princ. 2. F. 26. §. inſuper, verſ. præterea, 2. F. 55.
R 3§. 54. So134I. Buch / Cap. XII.
Lehn Richter wer ſeyn ſoll.

§. 54. So der Lehnherr den Lehnmann um Lehn-Guͤter beſpricht / ſoll er nach gethaner Anzeige ſo viel Lehnmaͤnner zu Richtern benen - nen / als der Lehnmann von ſeiner Seite bekommen kan; fuͤr des Lehn - herrn benannten Richtern allein aber / iſt der Lehnmann zu antworten nicht ſchuldig. So fern auch etwan dieſe Leute Rechtens unerfahren / moͤgen ſie ſich durch gelehrte Maͤnner belehren laſſen / alſo wird es auch mit gleichem Zuſatz der Lehn-Leute gehalten / wofern der Lehnmann beklagen will / dennoch ſteht es jeder Parthey zu appelliren frey.

  • 2. Feud. 16. verſ. ſi vero. L. 47. ff. de judic. L. 4. C. de ſent. ex brev. recit. L. 1. C. ne quis in ſua cauſ. Gloſſ. in C. 1. 2. Feud. 16. C. 1. 2. Feud. 20. C. 1. §. ſi inter 2. Feud. 39. C. 1. §. fin. 1. Feud. 22. L. imperatores, ff. de pact. C. 1. in fin. 2. Feud. 22.
Oberrichter Amt in Lehn - Streit. Lehn-Leute Eyd wie weit zu erlaſſen.

§. 55. Wann der Lehnherr keine Richter benennen will / kan der Lehnmann beym Oberrichter Recht ſuchen / daß er dazu angehalten werde; Die zu Richtern beruffene Lehnleute aber ſollen vom Lehn - herrn / ſo weit als zur Sache noͤthig / ihres Eydes erlaſſen / in der ſtrei - tigen Sache aber von neuem beeydiget werden / und wann ſie uneinig / gelten der meiſten Stimmen.

L. 27. §. 3. ff. de Recept.

Schmaͤh-Kla - ge wieder Lehn - herrn verboten

§. 56. Der Lehnmann ſoll jedoch wider ſeinen Lehnherrn keine Schmaͤh-Klage anſtrengen / noch uͤber gewaltſame Entſetzung gericht - lich handeln / ſondern buͤrgerlich gegen deſſen unfugſamen That Klage fuͤrbringen; Sonſt gehoͤret Streit zwiſchen Lehnmann und Fremb - den nicht fuͤr den Lehnherrn noch Lehnmaͤnnern / ſondern fuͤr des Be - klagten Richter; ſtreitige Guͤter werden auch fuͤr Erb oder Zinß - Guͤter gehalten / biß daß erwieſen / es Lehn-Guͤter ſeyn.

Mit-Belehn - ſchafft Klage Recht. Handſchrifft ſoll man erken - nen oder ver - laͤugnen.
  • 2. Feud. 33. verſ. ſimiliter. 2. Feud. 22. verſ. ſi vero. 2. Feud. 6. verſ. honeſtum. C. un. 1. Feud. 10. c. 1. §. præterea, in fin. 2. Feud. 55. 2. Feud. 26. §. inter filiam.

§. 57. Wann auch ein Klaͤger die angegebene Mitbelehnſchafft / wie recht und billich / beſcheinigen kan / ſo iſt Beklagter auff die wider ihn erhobene Klage ſich einzulaſſen und zu verfahren ſchuldig / auch im Fall einer vorgefuͤhrten Handſchrifft / ſelbige fuͤr guͤltig zu erkennen / oder eydlich zu verleugnen / pflichtig gehalten.

Beweiß im Lehn-Streit. Eyd im Lehn - Streit. Chur-Fuͤrſten - thuͤmer und Graffſchafften Lehn-Sachen Stꝛeit Richter.

§. 58. Wann ein Klaͤger ſonſt im Lehn-Streit nicht beweiſet / wird dennoch Beklagter nicht loßgeſprochen / ſondern er muß ſchweren / ja bißweilen wird ein Beſitzer in Lehn-Gerichts Streit-Gut zum Eyd gelaſſen / wenn nemlich Vermuthung fuͤr ihn verhanden iſt.

C. quoties, X. de purg. canon. C. ſciendum, de conſ. rect. feud.

§. 59. So auch etwan irgendswo Sachen vorfielen / die Fuͤrſten - thuͤmer und Graffſchafften belangend / ſo vom heil. Reich zu Lehn her -ruͤhren /135Von Religion und geiſtlicher Sachen Ubung. ruͤhren / und einem Theil endlich gantz abgeſprochen werden ſolten / ſolche ſind Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt und Roͤmiſchen Koͤniges ErkaͤntnißFahn-Lehn Recht bey teut - ſcher Nation. vorbehalten / ſamt derer Chur - und Fuͤrſten Fahnlehn-Streitigkeiten Vergleichniß / jedoch daß ſie nimmer auſſerhalb dem Reich der teut - ſchen Nation entzogen werden.

§. 60. Wann endlich in geiſtlichen Kirchen oder Pfarr-Lehn einJus Patronatus vom Kirchen - Bau. Lehnmann das Lehn-Gut durch neuen Kirchen-Bau verbeſſert / ſo gehoͤret nach geendigtem Lehnrecht dem Lehnherrn das Jus Patronatus zu / inzwiſchen mag jener mit dieſes Vorwiſſen Prediger beruffen / und iſt eines eintzigen Handels Ubung genugſam das Recht zu erhal - ten / wofern gethaner Vorſchlag nicht verworffen / ſondern wuͤrckli - che Einſetzung geſchehen.

Clem. fin. de jure Patron.

Das andere Buch / Vom gewiſſenhafften Biſchoff.

Caput I.

Von Religion und geiſtlicher Sachen Ubung.

§. 1. DEr Roͤmiſche Kaͤyſer muß unweigerlich denen Reichs-Hoff -Religions U - bung Freyheit an kaͤyſerlichen Hof-Lager. Agenten / Reſi - denten und Sol - licitanten Recht. Præceptorn uñ Prediger Hal - tungs Recht. Raͤthen / ingleichen derer Churfuͤrſten und Staͤnde Reſidenten / Agenten / Sollicitanten und andern Anweſenden / geſamt Raͤ - then und Dienern / auch deren Weibern / Wittwen / Kindern und Ge - ſinde / das Exercitium ihrer Religion an kaͤyſerlichem Hofflager ver - ſtatten / und daß ſie zur Information ihrer Kinder Præceptores, wie auch / zu predigen und Adminiſtrirung der heiligen Sacramenten und was dem Gottesdienſt weiter anhaͤngig / einen oder zween Prieſter halten moͤgen / ja daß ihnen zu ſolchen Amts-Verrichtungen / ſo wohl Copulationen als Begraͤbniſſen / ein beqvem - und ehrlicher Ort ange -Copulation uñ Begraͤbniß Freyheit. Abzugs Ent - gelds Freyheit. Paß-Brieffe Recht. wieſen werde; und dafern unter ob beruͤhrten Perſonen einige vom kaͤyſerlichen Hofe ſich anderswohin begeben wollen / dieſelbe keines Weges auffgehalten / ſondern frey / ſicher und ungehindert / ohne Ab - zugs Entgeld / oder Haab und Guͤter Vorenthalt fortgelaſſen und auff Begehren zu dem Ende gehoͤrige Paß-Brieffe ertheilet werden ſollen.

§. 2. Sonſten136II. Buch / Cap. I.

§. 2. Sonſten iſt auch beliebt worden / daß diejenige CatholiſcheCatholiſchen der Augſpurgi - ſchen Confeſſi - on Verwand - ten Freyheit. Unterthanen / ſo der Augſpurgiſchen Confeſſion zugethan oder ver - wandt / und nach Friedens Publication kein oͤffentlich oder Privat Re - ligions Exercitium gehabt / auch hinfort kuͤnfftig keine andere als des Landesherrn Religion zu uͤben und fuͤhren ſollen geduldet werden / mit freyen Gewiſſen in ihren Haͤuſern / auſſer Inquiſition und Turbi - rung ihrer Devotion abzuwarten.

Treu uñ Glau - ben / Chriſten Kenzeichen Ke - tzern zu halten. Hiſtorie von Bund-bruͤchi - gen Koͤnige Uladislao. Tuͤrckiſchen Kaͤyſers Amu - rathis Gebet.

§. 3. Ein wahres Kennzeichen der Chriſtlichen Religion iſt in - ſonderheit Treu und Glauben / welche man auch Ketzern halten ſoll; Ja / wann kein Glaube in der gantzen Welt zu finden / ſoll er beym Kaͤy - ſer unbefleckt bleiben / ſagte Carolus V. Derohalben der Tuͤrckiſche Kaͤyſer Amurathes gegen den bundbruͤchigen Koͤnig Uladislaum alſo ausgeſchryen hat: JEſu CHriſte! ſiehe / das iſt der Bund / welchen deine Chriſten in deinem Nahmen geſchworen / mit mir dennoch gebro - chen / und alſo durch ihren Meineyd dich ihren GOtt verlaͤugnet / dar - um ſo du GOtt biſt / wie jene ſagen / ſo wolleſt du dieſe mir und deinem heiligen Nahmen angethane Schmach raͤchen; darauff Uladislaus elendig verjaget worden.

Heuchleriſchen Chriſtenthums Urſachen. Juden / Heidẽ / Tuͤrcken und Tartarn Froͤm - migkeit Vor - zug. Falſch Glaͤubi - gen Richters Vorrecht gegẽ Chriſten.

§. 4. Bey Chriſtlichen Religions Brauch waͤre ferner einem Chriſten hochnoͤthig zu betrachten / was eigentlich bey uns unter andern die rechte Urſache des heuchleriſchen / ſchalen / todten und faulen Chri - ſtenthums ſey / nemlich daß die meiſten gute Evangeliſche Chriſten ſeyn wollen / und dennoch in Fleiſches-Luſt und Uppigkeit / Si - cherheit und Unbußfertigkeit wider Glauben und Gewiſſen dahin le - ben / welche die Erb-Suͤnde noch nicht recht erkannt haben / daß alſo wohl Juden und Heyden / oder Tuͤrcken und Tartern gegen ſolche Chriſten fromm zu erachten; Ebener maſſen duͤrffen wir leider unſers Lebens und Wandels halber fuͤr denen Falſchglaͤubigen keinen Vor - zugs-Ruhm zu ſuchen gedencken / ſondern es iſt beym groͤſten Hauffen mehr ruchloß und epicuriſches Weſen / als bey andern zu finden / aber Trotz dem / der es ſagen will.

Ca -137Vom Jure Patronatus in Kirchen-Sachen.

Caput II.

Vom Jure Patronatus, oder Kirchen Pfarr-Satz Lehn und Prieſter Amt Beruff / Beſtellungs Vorſchlag oder Præſentirungs Gerechtigkeit / wer predigen und wie dazu eingeweihet ſeyn mag.

§. 1.

WAnn nun ein welt-vielmehr aber geiſtlich Amt zu vergeben / ſollAemter Aus - theilungs Pflicht. man am meiſten auff Gottesfurcht und wahres Chriſtenthum ſehen / alſo daß billig ein frommer Mann einem Gelehrten und mit vielen Gaben Begabten oͤffters vorzuziehen waͤre / maſſen durch Chriſt - lichen Wandel bißweilen mehr Zuhoͤrer zu gewinnen / als mit praͤch - tig und anſehnlichen Lehre / dann wohl reden und uͤbel leben heiſt ſich ſelbſt verdammen / und wie kan derjenige / ſo ſich ſelbſt nicht zwingen und ſeiner Seele wahrnehmen will / andere zu regieren und zu verſor - gen wiſſen / maſſen billig ein Prieſter ſoll der Heerde Beyſpiel ſeynPrieſter ſoll der Heerde Beyſpiel ſeyn. im Wandel / Liebe / Geiſt / Glauben / Keuſchheit / auch von allen Leu - ten ein gut Zeugniß haben.

  • Nov. 123. c. 1. & 13. ad Titum c. I. v. 6. ſeq. 1. Timoth. III, 2. & ſeqq. Item, c. IV. v. 7. & 12.

§. 2. Der Pabſt / als Petri Stadthalter und Nachfolger / hatPabſtes falſchẽ Vorzugs Schein. nicht mehr Recht noch Macht uͤber weltliche Herren und Kirchen / als Petrus an Hoheit und Oberhand gehabt; Nun iſt aber bekandt / daß dieſer vor andern Apoſteln keinen Vorzug / ſondern gleiche Gewalt bekommen / und was ſie gethan / iſt insgemein als von Bruͤdern geſche - hen / denen ſaͤmtlich befohlen das Evangelium zu predigen / auch ha - ben ſie alle Gebot und Befehl ausgehen laſſen / wie auch das Wort / du biſt Petrus / auff dieſen Felſen / gleichſam zur gantzen Kirchen; und dieſes: Was du auff Erden binden wirſt / zu allen Apoſteln geſaget und gerichtet war.

Act. VIII. XV. XVI. Gal. II. Matth. XX. & ult.

§. 3. Geiſtliche Leute ſollen dem Volck Heiligkeits Beyſpiel ab -Geiſtlichen Heiligkeits Beyſpiel. Prieſter Wahl - Recht. geben / ihre Schaafe weiden mit GOttes Wort und der heil. Sacra - menten Brauch; Solche Prieſter nun zu erwehlen / ſtunde vor Zeiten bey der gantzen Gemeinde; mit der Zeit Nachfolge aber iſt das gemei - ne Volck von dieſer Wahl ausgeſchloſſen / und wird ein Erwehlt - oder Beruffener vom Conſiſtorio examiniret und gut geheiſſen. EigentlichConſiſtorii Examen. aber gehoͤret zur Einweihungs Beſtaͤtigung des Fuͤrſten und Ober-Lan -Sdes -138II. Buch / Cap. II. des-Herrn Macht und Einwilligung / alſo / daß nunmehro dieſes Recht / einen zum Prediger vorzuſchlagen / keinem auch frembder Religion zu - gethanem Fuͤrſten verweigert wird.

Præſentation Gerechtigkeit.

§. 4. Kirchen-Amts Beruffes Beſtellung / Pfarr-Satz-Lehn oder das Vorſchlagungs Recht gehoͤret zwar auch denen Patronen zu / ſo die Kirche geſtifftet / oder deren Diener beſolden / jedoch mit Ober - herrn rechtlichem Vorbehalt / die erwehlte Perſon gut zu thun oderJus Patronat9. zu verwerffen; Dahero Jus Patronatus ein geiſtlich Recht iſt / ohne welt - lichen Gerichts Anhang / welches jedennoch ſo wohl welt-als geiſtli -Jus Patronatus wie weit ſich nicht erſtreckt. chen Perſonen zukommen kan; Es erſtreckt ſich aber nicht auff Kir - chen Biſchoͤffe und Auffſeher zu beruffen zu andern Kirchen / welches Recht nemlich allein obern Gewalts halben dem Landes-Herrn zu - koͤmmt / deßgleichen gehet es zuweilen nicht weiter / als auff Haupt - und Mutter / ohne derer Neben-Kirchen Anſehen.

L. 47. C. de Epiſc. & Cler. Nov. 123. c. 1. & 18. Nov. 127. c. 2. C. un. de Capell.

Kirchen Auff - ſeher Recht in Staͤdten.

§. 5. Denen Kirchen Auffſehern in Staͤdten iſt nicht zu geſtatten / ſich uͤber den Rath als ihre Patronen / und jedern Orts ordentliche Obrigkeit zu erheben / oder Juris Patronatus ungebuͤhrend anzumaſſen;Patronen und Collatoren Recht. allwo aber Patroni und Collatores, welche die Prediger zu beruffen und zu præſentiren / auch ſelbige wieder zu beurlauben / hergebracht haben / ſoll es dabey nachmahls gelaſſen werden / maſſen bekandt / daß wider Obern Schutz und Schirm gilt keine Unter-Obrigkeit.

Beruffs Rechts Beſitz / wie zu erwei - ſen. Præſentirungs Verjaͤhrung. Glaͤubigers Recht in Guͤ - ter Beſitz. Juris Patrena - tus Muthmaſ - ſungen Buch - ſtaben und Wapen Be - weiß.

§. 6. Jm Zweiffel hat derjenige ſolchen Rechts Beſitz / der am letzten die juͤngſte Beruffungs Verhandlung geuͤbet / ob ſchon ein an - der viele dergleichen vorher begangen / auch wird ſolches ſo wohl von geiſt-als weltlichen Patronen durch 30. oder 40. jaͤhrige Verjaͤhrung erlangt / gewonnen und erworben / auch mag jener binnen halben Jah - res Friſt zum Beruff præſentiren; Alſo wann ein Glaͤubiger in Guͤ - ter Beſitz eingewieſen / hat er gleichfalls ſolchen Rechts Ubung / weiln es denen Grund-Guͤtern anhaͤngig iſt. So wird auch das Jus Patrona - tus durch Muthmaſſungen / als alten in Stein gegrabenen Buchſta - ben / Wapen und Kirchthuͤren / offt erwieſen / ſo wohl als auff andere Art und Weiſe / durch Gerechtigkeit und Anordnungs Haͤndel Ubun - gen Prieſter einzuſetzen.

  • C. 27. X. de jur. Patron. L. 47. C. de Epiſc. & Cler. Nov. 123. c. 1. 30. & 18. Nov. 127. c. 2.
Prieſter Ein - ſetzung Han - dels Ubung.

§. 7. Wann nun Prieſter vom Biſchoff zu einer Kirche eingeſetzt ohne Patroni Vorwiſſen / ſolcher Handel iſt nichtig / wofern es eineKirche /139Vom Jure Patronatus in Kirchen Sachen. Kirche / die Juri Patronatus unterworffen / welches durch Stifftung oder Grundes Anweiſung zum Kirchen-Bau der Stiffter und Urhe - ber ſich erwerben kan / ob ſchon er ihm ſolches nicht vorbehalten / esStiffter Mit - genoſſen Recht waͤren denn Mitgenoſſen zu der Kirchen Recht / ſo wird ausdruͤcklicher Vorbehalt erfordert; Dahero gewiß iſt / daß Kirchen Grundlegungs Erbauung das Jus Patronatus nicht anders mit ſich bringet / als mitConſiſtorii Recht. Ober-Biſchoffs Einwilligung / oder Conſiſtorii Verſtattung.

  • Nov. 123. c. 30. & 33. cauſ. 16. q. 7. L. 98. §. 8. ff. de ſolut. C. cura, & c. 25. X. de jure Patron. C. nemo 9. de conſecr. Diſt. 1. Nov. 131. cap. 7.

§. 8. Alſo aber im Gegentheil erlanget einer das Recht / der dieJuris Patrona - tus Erwer - bungs Recht. Jus Patronatus wann zweene haben zugleich. Kirche zu erſt gebauet / oder / da ſie verfallen / wieder auffrichtet / oder dieſelbe mit genugſamen Renthen und jaͤhrlichen Zinß-Gefaͤllen ver - ſiehet und begabet. Darum / wann einer bauet / der andere beſchencket eine Kirche / ſo haben die beyde das Recht zuſammen / wird auch deſſen Beſitz gleichſam nur durch eine erfolgete Handlung / wie auch durch - berlaſſene Freyheit vom Landesherrn erworben; Bloſſe Kirchen Ver -Kirchen Bau und Beſſe - rungs Recht. beſſerung aber pfleget das Jus Patronatus weder zu ſchwaͤchen noch zu mehren.

L. 21. ff. quib. mod. uſusfr. amitt. C. 19. & 25. X. de jure Patron.

§. 9. Allwo nun viel Mit-Patronen ſelbigen Rechts Genoſſen ſind /Mit-Patronẽ Vielheit Be - ruffs Recht. Conſiſtorii Entſchei - dungs Pflicht. Patronen Un - enigkeit wie zu ſchlichten wegen Stim - men. Oberherrn Verordnungs Recht. ſollen ſie mit Beruffungs Pflicht umwechſeln / oder Wahl und Looß gebrauchen / oder ins geſamt die Beruffs-Brieffe ausſtatten laſſen; So offt nun viele Patronen wegen Beruffung uneinig / nicht uͤberein - ſtimmen koͤnnen / wird die Sache vom Conſiſtorio entſchieden / oder Superintendenten Stimme und des Orts Obrigkeit Beyſeyn in des Fuͤrſten Nahmen dazu gefordert / oder nach uͤblicher Gewohnheit wird der vorgezogen / ſo von meiſten Stimmen vorgeſchlagen; Falls nun Patroni unter ſich ſo gar uneins / daß keiner derer Vorgeſchla - genen ohne Aergerniß mag angenommen werden / ſo kan der Ober - Herr ſich zwiſchen mengen / und einen verordnen.

C. 6 & 7. X. de jur. Patron. C. 14. de præbend. & dignit. in 6.

§. 10. Wer nun eine Perſon zu einem geiſt - oder auch weltlichenAmts Beruff Vorſchlags Pflicht. Conſiſtorial - Examinis Verwerff - und Verſchonung. Amt vorſchlagen will / muß dahin ſehen / daß dieſelbe geſchickt dazu ſey / ſonſt mag ſie der Ober-Biſchoff oder das Conſiſtorium, wofern ſie in ihrem Examine nicht beſtehen kan / verwerffen; wann ſie aber von ei - ner gantzen Univerſitaͤt oder hohen Schul uñ allgemeiner freyer Kuͤnſte Geſellſchafft vorgeſtellt wird / pfleget man ſie mit Verhoͤr zu verſcho - nen.

C. quicunque C. Decernimus, cauſ. 16. q. 7.

S 2§. 11. Jus140II. Buch / Cap. II.
Juris Patrona - tus Ubungs Recht. Exceptance wie verboten. Pfarr Dienſt wie und wann zu beſetzen o - der nicht.

§. 11. Jus Patronatus kan nicht / ohne bey ledigem Kirchen - und Schul-Amt / geuͤbet werden / darum bey noch lebend und anweſenden Prieſter kein ander zu erwehlen noch Anwartung auszugeben / viel weniger in der That ein ander zu beſtellen / es ſey denn im Nothfall / daß der lebende Pfarrherr nicht mehr ſeinem Amt genuͤge thun kan / ſo mag es mit Hoffnung der Nachfolge geſchehen / oder Falls ein ander dazu kaͤme / er dennoch zu einem andern Kirchen-Amt ſolle befoͤrdert oder mit Lebens-Mitteln Beſoldung verſehen werden / der Prediger ſelbſt aber hat kein Recht / ihm einen andern nach zu verordnen.

Patronen ſchrifftlichen Vorſchlags Recht. Mit-Patronẽ Freyheit.

§. 12. Der Patronus mag wohl durch Schreiben vorſtellen / die beruffene Perſon aber muß ſich ſelbſt an gehoͤrigem Ort einfinden; deßgleichen mag auſſer Zweiffel ein Patron ſeinen Sohn zum Prieſter - Amt vorſchlagen / ſich ſelbſt aber kan man nicht præſentiren / ohne es geſchehe von Mit-Patronen; So hat auch Patronus die Ehre der Oberhand Vorgangs und oͤffentlichen Kirchen-Gebets.

C. dilecto, X. de præbend.

Pfarr-Satz - Lehn Præſenti - rung Zeit - Raum. Ort Gewohn - heits Brauch Recht. Conſiſtorii Erinnerungs Pflicht und Macht Pfarr - Dienſte zu be - ſetzen.

§. 13. Præſentir - und Beruffung Zeit-Raum iſt zu geſchehen be - ſtimmt / wann es ein weltlicher Patron / innerhalb 4. Monat / einem geiſtlichen Patron aber auff 6. Monat von Zeit ledigen Beruffs Wiſ - ſenſchafft anzurechnen; jedoch noch jedern Orts ſonderlichem Gewohn - heits Brauch wird dieſes eben nicht angeſehen / ſondern wann nach verfloſſenen halben Gnaden-Jahrs Friſt / darinn des verſtorbenen Prieſters Wittwe und Erben Frucht-Nutzungs Gebrauch verſtat - tet / kein Nachfolger erwehlet iſt / ſo wird der Patron vom Conſiſtorio erinnert / binnen gewiſſen endlichen als 14. taͤgigen Termin einen vorzuſchlagen / mit angehaͤngter Verwarnung / daß in deſſen Verblei - bung die Pfarre Amts wegen vor diß mahl / und ſonſten dem Patron an ſeinem Jure Patronatus unbeſchadet / erſetzt werden ſolle.

C. decernimus, 32. de jur. Patron.

Patronen Streit wie zu ſchlichten. Zween gleich geſchickten Præſentirungs Recht.

§. 14. Wann Streit unter Patronen wegen Beruffs Recht / ſo wird inzwiſchen vom Biſchoff jemand verordnet / biß ſolcher geendiget / und ſollen die Ober-Herrn dahin ſehen / daß kein Amt uͤber ſechs Monat ledig bleibe. Wann ein weltlicher Patron zween gleich ge - ſchickte nach einander vorgeſchlagen / wird es ordentlicher Wahl heimgeſtelt / von einer geiſtlichen Perſon aber gehet vor derjenige / ſo zu erſt kommen nach der Zeit.

  • C. cum propter, C. cum te decet, X. de jure patron. C. ſi autem, & C. quod au - tem. & C. conſultationibus. X. Eod.
§. 15. Wann141Vom Jure Patronatus in Kirchen-Sachen.

§. 15. Wann der Biſchoff einen Vorgeſchlagenen nicht will zu -Vorgeſchlage - nen Perſonen Vorzugs Recht. Biſchofs Boß - heit und Arg - liſt Straffe. Præſentirten Perſon Recht. laſſen / daß inzwiſchen ein ander vorgeſchlagen / der den Beſitz vom Pa - tron erlangt hat / ſo geht dieſer dem erſten fuͤr. Wann aber ein Bi - ſchoff den vom Patron zu erſt præſentirten boßhafft vorbey gehet / und den andern einſetzet / muß er den erſten / dafern er geſchickt iſt / mit einem andern Amt verſorgen. Wer nun einmahl eingeſetzt / auff deſſen Vor - ſchlag / der damahlen das Recht dazu gehabt / od ſchon es ihm hernach ſtreitig gemacht und abgewonnen waͤre / derſelbe bleibet dennoch in des vorgeſchlagenen Amts Beruffung Beſitz-Recht.

C. Paſtoralis 29. X. de jure patr. C. quicunque & C. quoniam. de jure patron.

§. 16. Weilen auch zwiſchen Prieſter und Kirch-Kindern gleich -Prieſter und Kirch-Kinder Recht. ſam ein Eheſtands Recht zu finden / als ſoll deren beyderſeits Wille frey ohne argliſtige Kuͤnſte erzwungen ſeyn; wie nicht weniger mit derer Capellanen Wahl. Der Patronus aber / ſo ſelbſt einen PredigerBannes Fluch Straffe. oder Mithelffer einſetzet / wird mit Banns Fluch geſtrafft; Wann nun ein Patronus abweſend / oder rechtlich verhindert / ob ſchon er weiß / daß ein Beruff ledig iſt / ſo ſchadet ihm jedennoch angeſetzten Friſt vonAbweſenden Patroni Recht. 4. oder 6. Monat Verſaͤumniß im geringſten nichts an ſeinem Recht / wofern er nur nicht die Pfarr-Dienſte feil haͤlt / und an meiſt biethen - den verkaufft.

  • C. 14. X. de ſponſal. L. 3. ff. ex quib. cauſ. major. c. 4. c. 26. & C. relatum, X. de jure Patron. c. 25. in fin. h. tit. Arg. L. 53. §. 2. ff. de re judic. c. 5. X. de rer. permut. c. 9. X. de transact.

§. 17. So iſt nun Gifft / Gabe / Geſchenck oder Geld fuͤr geiſt - oderGabe u. Geld - Geſchencke fuͤr Ehren Aemter verboten. weltlichen Obrigkeits Aemter zu nehmen oder andere Ehren-Beſtal - lungen zu verkauffen / aller Ungerechtigkeit und Boßheit Anfang und Ende / ja allwo Ehren-Dienſte und Aemter zu Kauff ſind / daſelbſt iſt kein Wunder / daß auch hernach Pflicht und Rechtens Verwaltung feil gehalten werde / welches ſonſt mit Ehren-Verluſt und hundert Guͤlden Straffe zu ruͤgen. Derowegen ſoll man billig jederzeit ſolche mit Unrecht angebotene Geld-Gaben nicht annehmen oder gar ſchimpf - lich zuruͤck geben.

  • L. 31. C. de Epiſcop. & Cler. Nov. 8. ut judic. ſine quoquo ſuffrag. C. 1. & 21. X. de ſimonia. C. nulla, de conc. prob. Act. VIII. v. 20. Nov. 113. c. 3. L. unic. ff. & C. ad L. Jul. de ambitu. L. 3. 4. L. 5. 6. 7. in pr. & fin. ff. ad L Jul. repetund.

§. 18. Deßgleichen ſoll man auff keiner geiſtlichen Wohlthat Ge -Expectance u. Anwartungs Gnadẽ Brieffe ſuͤndhafften Wunſch Ur - ſach. nuß / Recht / noch auff andern Beruffs Aemter einige Gnaden An - wartung ertheilen / weilen ſolches eines andern Todes ſuͤndhafftbegie - rigen Wunſch gegen rechtliches Verbot einfuͤhret und verurſachet /S 3darum142II. Buch / Cap. II. Fuͤrſten Frey - heit in Amts Beſtellungen.darum auch ſonſt alle zum Betrug Rechtens gegen einen / der von Rechts wegen billiger zu beruffen / ausgegebene Expectanz-Brieffe recht - lich nicht beſtaͤndig ſind / jedoch kan ein Fuͤrſt einen vorhero Benann - ten wuͤrcklich zum Amt beſtellen.

Art und Weiſe Prieſter zu be - ruffen. Prob-Predigt Recht.

§. 19. Die Art und Weiſe Prieſter zu beruffen / beſtehet auch dar - inn / daß der Beruffene von Lehr und Leben gut Zeugniß habe / auch der Patron oder ſonſt ein ander / bey welchem das Wahlrecht ſtehet / wegen deſſen Beſchaffenheit rathſchlagen und ihn auff der Cantzel / um zu ſehen und zu hoͤren / dem Volck darſtelle / ſeine Prob - oder Beweiß-Predigt zu thun; So mag wohl einer mit dem Beding erkohren ſeyn / wann erPrieſter Witt - wen u. Toͤchter Vorrecht. eines verſtorbenen Prieſters Wittwe oder Tochter zum Weibe nim̃t / weilen man auf dem Lande der Prieſter Weib u. Kindern kaum anders rathen kan / wofern ſonſt der Wille frey und die Perſon zum Lehren geſchickt waͤre / und ſolte billig keiner zum Prediger erwehlet werden / er habe denn zuvor der Schulen-Arbeit vorgeſtanden.

C. 14. X. de jure Patron.

Wittwen und Waͤyſen Wohl thats Recht / ohne Zwang / Mißbrauch.

§. 20. Wann aber eine Wittwe zu alt / daß ſie der Geſtalt Bluͤ - te verlohren / ſo iſts kein Zwangs-Recht-Mittel ſolche zu heyrathen / vielweniger ſoll dieſer Gebrauch ſich erſtrecken zu des Patrons Toch - ter / Magd / Neh-Spinn - oder Waͤſcherin / dann es nur Wittwen und Waͤyſen zu gute vergoͤnnet; Sonſt wird keiner verordnet / der nicht zuDanckbarkeit oder Erkaͤnt - niß Gabe Re - vers verboten. einem gewiſſen Kirchen-Amt beruffen / ſo iſt auch eine Danckbarkeits oder Erkaͤntniß-Gabe Beruffs wegen zwar rechtlich zugelaſſen / jedoch ſoll kein Patronus deßfalls unzulaͤßigen Revers oder geſchriebene Verpflichtung fordern.

Prob-Predigt Handlungs Recht.

§. 21. Die Handlung der Probe-Predigt iſt nichtig und zu wieder - hohlen / wofern ein Patron den Beruffenen ohne des Superintenden - ten Bewilligung zugelaſſen / welcher ſolche Macht vom Conſiſtorio er - langt hat / und iſt dieſer Predigt Zweck / des Kirchen-Amts und Pfarr -Pfarr-Kinder Stim̃en Recht. Kinder Stimmen einzuſammlen / oder nach des Beruffenen Lehr und Lebens-Sitten zu forſchen / darum auch deſſen Nahmen und Geburt einen Monat oder 8. Tage Zeit vorhero von der Cantzel abzukuͤndigen /Gemeinde Be - willigungs Stim̃en Ein - ſammlungs Recht. daß ſie ſich befragen moͤgen / alsdann wird vom Superintendenten oder Patrono nicht eben Mann fuͤr Mann / ſondern insgemein die Fuͤrnehm - ſten des Volcks gefragt / es iſt auch ſtillſchweigende Bewilligung genug / und darff man kahle frevele Urſachen nicht anſehen / ja dieſe Predigt iſt nimmer zu unterlaſſen / der Gemeinde Willen einzuhohlen / undwann143Vom Jure Patronatus in Kirchen-Sachen. wann dieſelbe verſaͤumt iſt / wird der Beruffene zur Verordnung nicht gelaſſen / er ſey dann ſelbſt vom Volck geruffen.

1. Tim. III. 10. ad Tit. I, 7. L. 31. & 42. C. de Epiſc. & Cler. Nov. 123. & 137. cap. 1.

§. 22. Jus Patronatus, oder Kirchen und Pfarr-Lehn / das einerKirchen Lehns Erbrecht. vom Landes Herrn bekommen / mag auch fortgehen auff maͤnn - und weibliche Erben / alſo / daß eines Patroni Erben fuͤr eine Perſon gehal - ten werden / abſonderlich aber wird es nicht verſchenckt / es waͤre dennJuris Patrona - tus Kauff-Ga - be und Tauſch Recht. von geſammt Gut ausgenommen / oder es kaͤme an geiſtlichen Herrn; So iſt auch die Gerechtigkeit / bey Kirchen Prieſter zu beruffen / zu verkauffen rechtlich verboten / weilen etwas vom goͤttlichen Recht dar - unter vermiſcht / welches fuͤr Geld nicht zu gewinnen / es wuͤrden denn etliche dieſem Recht beygethane geſammt liegende Guͤter veraͤuſſert; Gabe aber und Geſchenck oder Tauſch dieſer Gerechtigkeit wird zuge - laſſen.

  • C. 1. X. de jure Patron. C. fin. X. de conceſſ. præbend. C. ex literis, C. de jure, C. cum ſeculum, X. de jure patron. C. 113. C. 1. q. 1. C. 36. Diſt. 63. C. ex inſi - nuat. Eod. C. nemini, 36. q. 7.

§. 23. So gehet nun Jus Patronatus mit geſammten Guͤter Ver -Juris Patrona - tus Verkauff Recht. kauffung auch uͤber zum Kaͤuffer / gleichwie andere geheiligte Sa - chen / und alſo kan es einem langwierigen Verpachter zur feſten Heure uͤberlaſſen werden / maſſen es ſich heut zu Tage fuͤr gewiſſen Preiß ſchaͤtzen laͤſſet / ſo kan es auch von hoher Obrigkeit eingezogen werden; Ja / ein Mann kan deſſen Frucht Nuͤtzung / ſo einem Mitgiffts Grund - Gut anhaͤngig / recht und wohl genieſſen / jedoch kan es nimmer an die Glaͤubiger heimfallen / ob ſchon ein Schuldner von ſeinen Guͤtern ab - geht / ſondern es bleibet bey dieſem / wegen der Beruffung Jrrthum zu vermeiden / weilen er ſeine Guͤter einzuloͤſen rechtlich ſtets befugt; des - gleichen ſoll man keinem Glaͤubiger noch Pfands Jnhaber Juris Patro -Creditorn und Pfands Ein - haber Recht. natus Beſitzungs Recht zuerkennen / ob ſchon ſie aller Guͤter Gerecht - und Herrlich - auch Nutzbarkeiten ſich haͤtten verſchreiben laſſen / ja gar eines Prieſters Einſetzungs Handel veruͤbet / ſo fern jedoch dieſes wie - derſprochen.

  • L. 24. ff. de contrah. Emt. L. 62. ff. de acquir. R. D. L. 1. C. de jur. Emphyt. L. 20. C. de jure dot. L. 3. C. de pign. act. C. ex literis X. de jure patron. C cum Bartholus 18. X. de fent. & re judic.

§. 24. Sonſt aber wird Jus Patronatus bey ausgeſtellten Obliga -Juris Patrona - tus Obligati - on auch Zinß und Capital Rechnungs Gerechtigkeit. tion nicht mit uͤbertragen / ſondern es muͤſſen alle Pfandhaber die jaͤhrli - che Nutzungen in Rechnung zu bringen / von ihren Zinſen und hernach - mahlen vom Capital abzurechnen gehalten ſeyn / woraus zu ſchlieſſen /daß144II. Buch / Cap. II. daß ihnen nur angetragen dasjenige / ſo zur Berechnung gebracht wer - den kan; und ſoll dieſe Rechnung in Gegenwart des Patroni dem Bi - ſchoff geſchehen / damit ſie beyderſeits wohl zuſehen / daß der Kirchen Uberſchuß behalten bleibe.

Præſentirten Einfuͤhrungs Recht.

§. 25. Falls nun einem rechtlich Beruffnen keine Streitigkeiten zu machen vorfallen / ſoll man ihn dem Conſiſtorio darſtellen / welches mit fernerm Verhoͤr und Einfuͤhrung zu verfahren; inzwiſchen wannPrieſter Witt - wen Pflicht. ein Amt ledig / wird deſſen Verwaltung denen benachbarten Dorff - Prieſtern / oder in Staͤdten Capellanen befohlen / welchen die Wittwe billig eine Verehrung thun ſoll / und dahero pflegen ſie offt ſolche Prie - ſter zum Eſſen zu noͤthigen / abſonderlich wann ſie den Gottes-Dienſt das letzte mahl verwalten.

C. 5. c. nulla, X. de conceſſ. prob. C. un. §. verum, de jur. patr. in 6.

Juris Patrona - tus Wuͤrckun - gen.

§. 26. Juris Patronatus Wuͤrckung iſt Kirchẽ Rechts Beſchuͤtzung / Ge - baͤues Vorſorge / den Patron ſchuldige Ehrerbietung / nicht aber Kirchen - Guts Verwalt - und Anordnung / ſondern nur Kirchen-Rechnung Auff - nahme / zugleich mit Kirchen Auffſehern; und haben alſo Patroni von dieſem Recht keine andere Nutzbarkeit zu gewarten / als daß ſie ſamt ihren Soͤhnen / wofern ſie in Armuth gerathen / jedoch maͤßig / ohne Perſon Anſehen / nach richterlichem Erkaͤntniß / muͤſſen unterhalten werden / welchen Nutzen aber man niemanden abtreten mag.

C. 15. de Elect. in 6.

Patronen Pflicht bey Kirchen - Rechnung.

§. 27. Dannenhero weilen dem Patrono daran gelegen / daß Kir - chen-Gefaͤlle erhalten werden / ſoll er bey Rechnungs Ablegung ſich finden / der Kirchen vorſtehen zur aͤuſſerlichen Erhaltung / und Sorge tragen / daß ihre Guͤter nicht verſchwendet / ſondern deren Diener ver - pflegt werden / daß ſie nicht Hunger leiden und ihr Amt mit Seuffzen thun moͤgen.

Patronen Recht wegen Betrug.

§. 28. Wann ſonſt etwas zu eines Patrons Betrug geſchehen / oder zu deſſen rechtlichen Antheils Verringerung argliſtig Todes halben oder nicht veraͤuſſert / ſolches wird allerdings wiederruffen / dann gleichwie Vermaͤchtniß erſt nach aller Schulden Abzug zu be - zahlen / alſo auch verhaͤlt ſichs mit allen rechtlichem Erbtheil und was man Patronen ſchuldig; Dahero gegen guten oder boͤſen Glaubniß Beſitzer die Wiedererſtattungs Klage ſamt Fruͤchten und Unkoſten gar wohl Statt findet.

  • L. 1. §. dolum, §. ſi libertus, §. ſi pluribus. §. quamvis, §. ult. cum 11. ſeqq. ff. ſi quid in fraud. patr. L. 1. §. pen. ff. ad SCt. Trebell. L. fin. §. licentia. C. de jure de - liber. L. ſi patronus, ff. de donat. L. Papin. §. ſi quid, ff. de inoffic. Teſt.
§. 29. So145Vom Jure Patronatus in Kirchen-Sachen.

§. 29. So mag aber ein Patronus dieſes Rechts Ubung fuͤrPatronen Rechts Ver - luſt Urſachen. ein oder allemahl beraubt ſeyn / wann er einen Unwuͤrdigen vorſchlaͤ - get / oder die rechte Zeit zu beruffen vorbey gehen laͤſt; oder er ver - lieret ſein Recht gar / wann er eine Kirche nicht in guter Bau-Ver - beſſerung halten will; oder Kirchen Einkommen hinweg nimmt / oder durch Urtheil / oder Kirchen-Diener und geiſtlicher Perſonen Mordthat / oder unerdenckliche Verjaͤhrung / aller Guͤter Einziehung / Abkuͤndi - gung / groſſen betruͤglichen Mißbrauch / und mit verwilligten Kirchen - Vereinigung nach Sachen Erkaͤntniß.

C. 22. & 27. X. de jure Patron. C. 12. X. de pœnis. C. 11. X. de præſcript.

§. 30. Wer ſonſt einer geiſtlichen Perſon wuͤrckliche SchmachGeiſtlicher Perſonen Schmach - Rache. anleget / Handthat an ihnen veruͤbet / und ſie mit Schlaͤgen tractiret / in der Kirchen oder auff Kirchhoͤfen / indem ſie Gottes-Dienſt verrich - ten / dadurch ſolch heiliges Werck zerſtoͤret wird / der hat die gantze Kirche geſchaͤndet / ſo wohl als das heilige Predigt-Amt beſchimpffet /Obrigkeiten und Biſchoffs Recht. daher nicht allein der Biſchoff ſolche Prieſter-Schmaͤhungen zu raͤchen befugt / ſondern es mag auch die Obrigkeit Amts halben darnach for - ſchen / und ſolch Laſter beſtraffen / als waͤre es gegen GOtt ſelbſt zur Verachtung begangen / jedoch muß man hier nur ſtreng und ſchwe - re Straffe erſinnen / wofern augenſcheinliche Argliſt dabey zu vermer -Predigten Wiederſpre - cher Straffe. cken / daß es boßhafftig geſchehen / alsdann erfolget billig darauff des Kirchen-Banns oder auch oͤffentliche Lebens-Straffe; deren Straffe aber / welche Predigern bey oͤffentlicher Predigt widerſprechen / er - ſtreckt ſich willkuͤhrlich biß auff zeitliche Landes-Verweiſung.

  • L. 10. C. de Epiſc. & Cler. Auth. ſed novo jure Eod. C. ſi quis ſvadente, c. 17. q. 4. Nov. 123. c. 31. L. 4. C. de injur.

§. 31. Das Recht / Predigten zu geſtatten oder verbieten / wozuPredigten wer nicht anord - nen noch ver - bieten kan. auch offt die unverordnete geiſtliche Perſonen gelaſſen werden / ſtehet nicht bey Kirchen-Patronen / wann ſchon jemand dazu geſchickt iſt / aus - genom̃en an hochheiligen Feyertagen und bey Leich-Begaͤngniſſen; ſo ſteht auch nicht in Pfarrers Willkuͤhr / Predigten von neuen anzuſtellen / zu unterlaſſen oder zu verlaͤngern.

1. Cor. XIV. v. 31. 34.

§. 32. Geiſtlich ſtudirenden Jugend Ubung im Predigen iſt zwarStudenten wann pꝛedigen moͤgen. vergoͤnnet auch auff oͤffentlicher Cantzel bey Gemeinde Verſamlun - gen / jedoch ſoll es nicht ohne rechtmaͤßige Urſach zugelaſſen ſeyn vom ordentlichen Prieſter / ſondern zur auſſerordentlichen Zeit / nicht oͤff - ters / noch ohne Probſt oder Biſchoffs und Kirchen-Auffſeher Willen geſchehen / ſonſt moͤchte es dem Pfarrer zur Faulheit gerechnet werden /Twann146II. Buch / Cap. III. wann er ſolches an Sonn - und Feſt-Tagen ohne Noth geſtatten wol -Streitigkeiten wer nicht mag abhandeln. te / dafuͤr er GOtt dermahleins wird Rechenſchafft thun muͤſſen; Zu dem wird es zuweilen ſolchen Studenten erlaubet / die gerne Streitig - keiten abhandeln wollen / deren Zweck ſie ſelbſt nicht verſtehen / unter - deſſen aber das Gegentheil nur ſchmaͤhen und laͤſtern / dadurch ſie mehr Aergerniß als Erbauung geben / und die Zuhoͤrer verwirren.

Prieſter Ein - weyh - und Ein - weiſungs Ver - ordnung.

§. 33. Die Art und Weiſe zu verordnen geſchiehet durch Einweyh - und Hand-Aufflegung mit Gebet und Segen / dadurch ihm die Macht zu lehren und zu verwalten von der Kirchen verliehen und gegeben wird / auch bezahlt die Kirche darzu benoͤthigte Unkoſten / bey ihrer Unvermoͤ - genheit aber muß die Gemeinde zur Huͤlffe beyſteuren. Darauff folget ferner ordentl. Amts Einweiſung / nach geleiſtetem Eyde gebuͤhren - der Huld und Treue / welcher Handlung der Superintendens und Pa - tronus oder Erbherr ſamt des Orts Amtmann gehoͤrig beywohnen ſollen / an dazu vorhin geſetztem Tage / im Beyſeyn etlicher Prieſter als Zeugen / mit ernſtlicher Erinnerung des Pfarrers und Pfarr-Kinder Pflichten / deßfalls fuͤr ſie zu GOtt gebeten wird / weilen die Kirche Chriſti Braut iſt.

  • Act. XIII, 2. & 14. 2. Cor. VIII, 19. Act. VI, 6. 1. Cor. III, 10. C. 22. Diſt. 70. 1. Tim. IV, 14. 2. Tim. I, 6 L. 3. §. 4. C. de SS. Trinit. cauſ. 1. q. 2. Can. cum cleric. Diſt. 81. C. un. X. de inſtit. C. transmiſſum, C. quod ſicut, in 6. X. de Elect. C. 1. diſt. 23. Matth. IX, 15. 2. Cor. XI, 2.

Caput III.

Vom Prieſter-Amt mit Kirchen - und Gottes - dienſt / Predigen / heiliger Sacramenten Ausſpendung / ſtillen Beichte und Jugend Unterweiſung / auch Kirchen-Gebeten.

§. 1.

Prediger Amt auff der Can - tzel.

Alle Prediger ſollen dem Volck von der Cantzel wohl zuſprechen und erklaͤren / welcher maſſen GOtt der Allmaͤchtige offt der Menſchen Suͤnde mit derer Feinden Schwerdt ſchwerlich geſtrafft / und ſie darum zur Lebens Beſſerung ermahnen / daß ſie zu ſolcher verſchul - deten Straffe Abwendung und dabey um gnaͤdigen Sieg wider Got - tes unſers Heylandes Chriſti argen Feind emſig und demuͤthig bitten ſollen / in welchem allein unſer Heil und ewige Wohlfahrt beruhet.

§. 2. So147Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen.

§. 2. So ſollen ſie auch alle Sonntage das Volck fleißig warnen /Vermahnung von Gotteslaͤ - ſterung / Flu - chen uñ ſchwe - ren. daß ſie die Gotteslaͤſterung bey Chriſti Nahmen / heiligen Marter / Wunden / Krafft / Macht und dergleichen freventliche Fluch - und Schwuͤre gaͤntzlich vermeiden und ſich deren enthalten / auch GOtt bitten / daß er ſolch groß Ubel von Chriſtlicher Gemeinde gnaͤdig ab - wenden wolle.

§. 3. Ja / ſie ſollen in gottſeligem Eyffer das Jhrige thun / ſich nichtsPrieſter ſollen hertzhaffte Maͤnner ſeyn im Predigen. abſchrecken laſſen / von einem Tage zum andern nicht zaudern / noch gar verzweiffeln / viel weniger dencken / die Unordnung iſt allzu tieff eingewurtzelt / es ſtecken viel groſſe Leute darunter / es wird gewaltige Widerſprache abgeben / darum lieber nicht angefangen / als mit Schanden abgelaſſen / ſondern ſollen wie Eßra GOtt vertrauen / zulaͤßi - ge dennoch ſcharffe Mittel / nach Art der Kranckheit / gebrauchen / die boͤſen Gewiſſen vom Anfang erſchrecken / und ſie in der Boßheit nicht wieder zu kraͤfften kommen laſſen / vielmehr ihnen eine kurtze Friſt an - ſetzen / daß ſie neue ſchlimme Haͤndel auszuſinnen / oder Auffſtand zu machen nicht Zeit haben moͤgen. Fuͤrnehmlich ſollen Prediger in ihren Predigten vermeiden und unterlaſſen / was zu Bewegung des gemei -Prieſter ſollen nichts melden zum Auffſtand gegen Obrig - keit. nen Mannes wider die Obrigkeit Urſach geben moͤchte / auff ein je - des Schaaf ſollen ſie abſonderliche Auffſicht haben / fuͤr GOtt lieber wuͤnſchen der geringſte Hirte / als der beruͤhmteſte Lehrer zu ſeyn; Ja ein rechtſchaffener Prieſter ſoll es fuͤr das allergewiſſeſte halten / daß / ſo lang er noch ein einig Mittel uͤbrig hat / dadurch des Jrrenden und Gefallenen Seele kan und mag geſuchet werden / er fuͤr GOtt mit ſeinen Gerichten nimmer entſchuldiget ſeyn kan / er nehme denn daſ - ſelbige auffs aͤuſſerſte zur Hand / und verſuche damit ſein Beſtes / alſo daß an ihm mit gutem Wiſſen und Willen nichts ermangele.

§. 4. Alle auff der Cantzel diſputir ſuchtige Prieſter ſind oͤfftersDiſputir - Sucht gehaͤſ - ſig. ſelbſt Leute ohne Geiſt und Glauben / mit fleiſchlicher Weißheit / ob wohl aus der Schrifft / erfuͤllet / allerdings aber von GOtt nicht ge - lehret / dann auch alle Wiſſenſchafft / die wir aus eigenen natuͤrlichen Kraͤfften und bloſſen menſchlichem Fleiß / ohne des Heil. Geiſtes Licht / aus der heil. Schrifft faſſen / iſt eine fleiſchliche Weißheit; oder wir muͤſſen ſagen / daß die Vernunfft der goͤttlichen Weißheit faͤhig ſey. Was iſt denn von ſolchen zu hoffen? alſo bringt man frembd Feuer in des HErrn Heiligthum / das iſt eine frembde Abſicht / nicht auf GOt - tes ſondern eigene Ehre / daruͤber denn ſolche Opffer GOtt nicht ge - fallen / ſeinen Fluch herzu ziehen / und mit ſolchem Wort-GezaͤnckeT 2gar148II. Buch / Cap. III. gar nichts ausgerichtet wird; weilen mehrentheils deſſen Behauptung / was man einmahl feſt geſetzet / nur ſeyn muß der Ruhm eines ſubtilenWiederſacher Bekehrungs Verhinderung Verſtandes oder Scharffſinnigkeit und Gegeners Uberwindung / ſie moͤge geſchehen / wie ſie wolle / oder vielmehr eine Regul / nach welcher man gehet / als Erhalt - und Unterſuchung der Warheit / dadurch als - dann etwan der Widerſacher dero Geſtalt geaͤrgert wird / daß / ob er wohl nicht zu antworten vermag / dennoch die erkannte Art / womit man gegen ihn verfahren / die gefuͤhrte fleiſchliche Gemuͤths-Zuneigungẽ / ein - genommene Scheltwort und dergleichen Dinge / ſo nach menſchlicher Schwachheit ſchmecken / ihn an einer ſonſt gehofften Bekehrung ver - hindern; ſolte man auch vieles diſputiren erforſchen / ſo wuͤrde man bald dieſen bald jenen Mangel finden / welches auch die Urſach / daß man nicht erhaͤlt / was etwan zu verlangen / und dahero den meiſten ſolches hernach gar verhaſt wird / daß ſie fernern Streit lieber meiden / als mißbrauchen wollen.

Lehr-Wahl der Heyden wie zu beant - worten.

§. 5. Was kan ein Chriſt doch den Heyden antworten / wann ſie kommen und ſagen / wir wolten gerne Chriſten werden / wiſſen aber nicht / wem wir ſollen beyfallen / weilen unter euch ſo viel Streit / Auff - ruhr / Gezaͤnck und Widerwaͤrtigkeit / welche Lehre der andern vorzu - ziehen und zu erwehlen; Ein jeder ſagt / wir folgen der Warheit / wem nun zu glaͤuben / iſt uns unbewuſt / maſſen die Schrifft / deren wir un - wiſſend / ein jeder zum Schutz vorwendet; darauff nun denen Heyden zur Antwort dienen kan / weilen die Schrifft / und nicht die Vernunfft /Chriſtẽ Richt - ſchnur was iſt. Gewiſſens Fragen Recht. der Chriſten Richtſchnur / als iſt leicht zu urtheilen / wem ihr nachzu - folgen / dann wer mit heiliger Schrifft nicht uͤbereinkoͤmmt / iſt kein Chriſt zu nennen; ſolche aber iſt in heiliger ſchlechten Einfalt ohne Warheit-Verfaͤlſchung in allen Gewiſſens-Fragen / ſo fern ſie zur Seeligkeit noͤthig / wohl zu verſtehen.

Ertz-Hirten Chriſti Exem - pel.

§. 6. Alle Prediger / die wahre Hirten und nicht Miedlinge ſeyn wollen / muͤſſen nach dem Exempel des Ertzhirtens Chriſti ihre Schaͤf - leln alle mit Nahmen kennen und ruffen koͤnnen; alle ihrer Gemeinde einverleibte Buͤrger / Bauren / Weiber / Kinder / Lehrjungen / Ge -Pfarrer allge - meine und ſon - derl. Pflicht. ſellen / Studenten / Jungfrauen / Maͤgde / Knechte / Soldaten / Tag - loͤhner / Bettler und alle Pfarr-Kinder insgemein / muͤſſen ſie kennen / auff ſie alle und auff einen jeden inſonderheit gute Auffſicht halten / maſſen ein jeder Pfarrer wiſſen ſoll / daß er ſo wohl auff eine jede Per - ſon ſeiner Gemeinde / als auff die gantze Kirche von GOtt beſtellet iſt / und derohalben ein Gefallener in ſeiner Pflege / Auffſicht und Seelen -Sorge149Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. Sorge nicht allein unter allgemeinem Hauffen / ſondern auch fuͤr ſich ab - ſonderlich gehoͤret / derowegen er ſeinem Beruffs-Amt nimmermehr ge - nug thun kan / wofern er nicht dieſes einigen Seele inſonderheit / als der gantzen Kirchen und Gemeine zuſammen / getreulich wartet; dann es heiſſet / habt Achtung auff die gantze Heerde. Aber leider die meiſten geben kaum auff die halbe / ja nicht auff den zehenden Theil Achtung / wie ſichs gebuͤhret / ſondern je groͤſſer die Gemeine / je groͤſſer iſt auch vieler Prieſter Unwiſſenheit / die wenigſten kennen ſie alsdann von Perſon / geſchweige nach ihrem Leben / predigen ihnen alſo nur ins ge - mein dahin ohne Perſon Nachfrage / da doch GOtt die gantze Heer - de und ein jedes Schaͤflein abſonderlich mit ſeinem Blut theuer er - kaufft hat / wer aber nun GOttes Zorn-Gericht zur ewigen Ver -Wer nicht zu GOttes Tiſch zu laſſen. dammniß entfliehen will / und dagegen gern in GOttes Gnaden zur Seeligkeit begehret erhalten zu ſeyn / der muß GOtt und einem jedern Beicht-Kinde von gantzem Hertzen getreu bleiben / auch ſich mehr um Schulen bekuͤmmern / damit niemand zu GOttes Tiſch gelaſſen werde / er habe denn zuvor leſen / ſchreiben und ſeinen Catechiſmum wohl geler - net; ja ein Prediger ſoll mit groſſem Ernſt allen Fleiß thun / und ihm nicht leicht einbilden / daß er ſich hier oder damit fuͤr GOtt wohl ent - ſchuldigen koͤnne.

Luc. XV. Joh. XX, 2. Act. XX, 28.

§. 7. Ein Prediger ſoll auff der Cantzel nichts reden / was nichtHiſtorien und Fabeln auff Cantzeln ver - boten. zu Fortpflantzung GOttes Ehre gereichet / er ſoll nicht ſuchen die Oh - ren zu juͤcken / ſondern Seelen fertig zu machen / keine Eulenſpiegel Poſſen / hiſtoriſche Auffzuͤge / oder andere nichtige Fabeln vorbringen / die da mehr zum Lachen zwingen / als zum Hertzen dringen / maſſen GOttes Wort uͤberfluͤßige Materie zur Hand giebt / nuͤtz und noͤthige hertzruͤhrende Dinge fuͤrzutragen / ſo zur Seelen Heil erbaulich ſeyn; Nach geendigter Predigt / moͤgen auch weltliche Dinge vom Predigt - ſtuhl verkuͤndiget ſeyn / nicht aber untergemiſchter Weiſe / es waͤre denn der Kirchen ſelbſt daran gelegen.

§. 8. Denen Predigern ſoll obliegen / auff der Cantzel GOttesWeltliche Sa - chen wann und wie vom Pre - digſtuhl zu verkuͤndigen. Wort rein zu predigen / alle Privat-Haͤndel und Affecten davon zu laſſen / denn an Statt Chriſti ſein eigen Wort zur oͤffentlichen Predigt zu reden / iſt unverantwortlich / erbauet nichts / urſachet Verbitterung / erwecket bey ſchweren Erdruͤckungen Haß und Auffruhr; wann aber ein Prieſter an ſeinen Zuhoͤrern etwas in ſpecie zu tadeln / ſoll er vor - geſchriebenen Ermahnungs-Mittel Stuffen gebrauchen und nicht ſein eigen Richter ſeyn.

T 3§. 9. Sonſt150II. Buch / Cap. III.
Gottesdienſt Pflichten wor - inn beſtehen.

§. 9. Sonſt beſteht aller Gottes-Dienſt im Gebet / Lobgeſang / Predigten des Worts GOttes und heil. Sacramenten Verwaltung / auch Allmoſen Ausſpendung / deßgleichen an Wercktage Bet-Stun - den / Kinder-Lehren / Danck-Feſten / Faſt-Buß - und Bet-Tagen / wieMutter Spra - che bey Gottes dienſt wie zu behalten. nicht weniger in Geluͤbden / Eyden / Haußkirchen / jedoch alles in ver - ſtaͤndlicher Mutter-Sprache; bey denen Paͤbſtlichen hat man auch Braut - und Seelen-Meſſen / ſamt denen Wallfahrten. Durch Auff - ruhr / Getuͤmmel / Unfug auff denen Kirchhoͤfen / vor Predigt Endung ohne Noth aus der Kirchen lauffen / plaudern und dergleichen wird Gottesdienſt zerſtoͤret; Dorff-Kirchmeſſen zu jedern Orts-Kirchen Stifftungs Gedaͤchtniß / ohne Praſſen und Schwelgen Mißbrauch / ſind nicht verboten; Gottes-Dienſt Veraͤchter aber werden geſtrafftGottes Ver - aͤchter Straffe. mit Kirchen-Buſſe / Gefaͤngniß / Geldſtraffe / Geiſſeln / Verweiſung / Pranger. Wer aber an Kirchen-Diener bey Amts-Ubung Hand legt / verdient peinliche Zuͤchtigung.

  • Act. XIII, 1. 2. 3. 1. Cor. IX, 13. Rom. XV, 27. 2. Cor. IX, 12. L. 10. C. de Epiſc. c. 1. X. de fer.

§. 10. Ferner ſoll hier ein Pfarrer wiſſen / daß ihm alle SeelenPfarrern ab - ſonderliche Pflicht mit al - ler und jeder Kirch-Kinder Seel-Sorge. der Gemeinde auff ſeine Seele und Gewiſſen anbefohlen / nicht allein insgemein / ihnen allerſeits auff oͤffentlicher Cantzel das Wort GOt - tes rein und lauter / vor zu tragen und die heiligen Sacramenta nach Chriſti Einſetzung zu verwalten / ſondern auch einen jeden abſonder - lich mit Troſt / Lehr und Unterricht / Vermahn - und Warnung zu ver - ſehen / und ſo viel immer Menſch und muͤglich zu verſorgen / ſeine Muͤ - he und Arbeit auff eines jedern Seel Sorge und Amts Pflege / worin - nen es von noͤthen / anzurichten / nemlich nur nicht auff Buͤrger / Bau - ren / Ackerleute / Kothſaſſen / Dorffs-Huͤffner und Halbhuͤffner / oder die eingepfarrte Herrn und Frauen / wie ſie in dieſer und jener Gaſſen wohnen / hauſen und herbergen / ſondern auch ihre Kinder / klein und groß / Soͤhne und Toͤchter / ihre Geſinde / Knecht und Maͤgde / denen allen ſaͤmtlich und jeden inſonderheit ſoll und muß man geheim und oͤffentlich allen Rath GOttes von ihrer Seeligkeit in den Predigten ankuͤndigen und fuͤrſtellen / auch / ſchuldigen Amts gebuͤhrender Pflicht nach / erinnern und vermahnen / daß Kinder und Geſinde zur wahren Gottesfurcht gehalten / darinn geuͤbet / am Glauben und Leben frucht -Prieſter Ver - antwortung und Verſaͤum - niß Gefahr. barlich erbauet werden moͤgen.

2. Cor. XI. v. 28.

§. 11. So nun hier ein Beicht-Vater etwas unterlaͤſt / das ſeiner Amts-Sorge zuſteht / wird er ſchuldig an des Kindes / Knabens / Maͤgd -leins /151Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. leins / Jungfer / Handwerck-Jungen oder Geſellen / Acker-Knechts oder Dienſt-Magd Verſaͤumniß / grundloſen baufaͤlligen Chriſten - thums und daher entſtehenden Gefahr / auch Leibes und der Seelen Verderben / ja wann ein Prieſter nachlaͤßig / Zeit und Beſchwer ſich verdrieſſen laͤſt / auff aller und jeder ſeines Kirchſpiels Perſonen Seelen Achtung zu geben / derſelbe lebt als ein Verfluchter unter GOttes aller - greulichſtem Zorn / ſo lang er in ſolcher vorſetzlichen Untreu verbleibet.

§. 12. Gewiß und fuͤrwahr / die armen unſeligen und verwarloſetenUnſeliger Men ſchen Wehkla - ge uͤber Prie - ſter. Menſchen werden am juͤngſten Tage erbaͤrmlich uͤber ihn wehklagen / und mit erſchrecklichem Ach ausruffen: Du biſt unſer Lehrer / du biſt uns zum Seel-Sorger geſetzt geweſen / darum haben wir dir unſere Seelen vertrauet / ſind zu dem Ende zu dir kommen / daß du uns wohl lehren und gute Achtung auff unſre Seligkeit haben ſolteſt / aber ach du haſt unſre Seelen nicht gemeynet / Weh und Zeter uͤber dich in alle Ewigkeit. Darum alle Prediger nach dem Apoſtoliſchen Exempel nicht allein insgemein oͤffentlich / ſondern auch wohl inſonderheit einen je -Prieſter ſollen nicht ſtumm ſeyn. den aus der Gemeine in ihren Haͤuſern fuͤrzunehmen / zu lehren und fragen / zu berichten und unterweiſen ſchuldig / ja auſſerhalb ordentlichen Gottesdienſt nicht ſtumm ſeyn ſollen.

Act. XX. v. 20.

§. 13. Anlangend der heiligen Tauffe Ceremonien / mag man hier -Gebet an Statt der Tauff-Be - ſchwerung o - der Exorciſmi. bey erſehen / wie unmaßgeblich die Beſchwerungs-Art durch andern Schrifft-maͤſſigen Wort-Verſtands Gebet / deſſen die Chriſtliche Kirche ohne Gewiſſen-Sorge ſicher gebrauchen koͤnte / ſanfftmuͤthig zu lindern waͤre / als folgender Geſtalt: Wir dancken dir lieber HErr GOtt himmliſcher Vater / daß du uns nicht allein deinen lie - ben Sohn / unſern HErrn und Heyland JEſum CHriſtum / der uns von allen Suͤnden / vom Tode und von der Gewalt des Teuffels erloͤ - ſet hat / in deinem heilig-geoffenbarten Wort zu erkennen gegeben / ſondern auch die heil. Tauffe / die ein gewiſſes Zeichen und Siegel der Gerechtigkeit und ewigen Lebens iſt / fuͤr Alte und Junge eingeſetzt haſt; denn ob wohl auch derer Glaͤubigen Kindern des Bundes Verheiſſung geſchehen iſt / ſo koͤnnen ſie doch ohne die Tauffe nicht anders ordentli - cher Weiſe auff und angenommen werden zu deiner heiligen Gnade / noch ſich deren getroͤſten / weilen ſie alle von Natur / gleichwie wir Kin - der des Zorns / Fleiſch vom Fleiſch gebohren / auſſer Chriſto ſind und mangeln des Ruhms / den ſie fuͤr GOtt haben ſollen. Darum bitten wir dich / du wolleſt das Kind zu Gnaden annehmen / daſſelbe durchs Waſ -ſer -152II. Buch / Cap. III. ſerbad im Wort von Suͤnden reinigen und abwaſchen / auch in Chri - ſto mit ihm dich vereinigen in Ewigkeit. HErr JEſu Chriſte / du ewi - ger Sohn GOttes / in dir allein ſteht unſer Heil / das iſt dein Nahme / du haſt des Teuffels Werck zerſtoͤret / und durch deinen Tod ihm und der Suͤnden die Macht genom̃en / zu verdammen und zu herrſchen; wir bringen zu dir dieſes in Suͤnden empfangen und gebohrne Kindlein / welches der Satan ohne deine ſonderbare Gnade im Suͤnden-Reich gefangen haͤlt; laß deiner heiligen Tauffe Krafft durchs Wort in ihm maͤchtig ſeyn / daß der boͤſe Feind und hoͤlliſche Geiſt hinfuͤro keinen Raum bey ihm finden / ſondern daß du in ſeinem Hertzen wohneſt / und es in dein Gnaden Reich verſetzt werde. HErr GOtt Heiliger Geiſt / ohne dich kan niemand JEſum einen HErrn nennen und zu ihm kom - men / du allein machſt uns angenehm fuͤr GOtt durchs Wort und Sacrament im Glauben / diß Kind iſt todt in Suͤnden / und von Mut - ter-Leibe an unrein / mache es lebendig zur neuen Creatur in Chriſto / waſche und reinige es durch die heil. Tauffe / welche nach deinem Nah - men heiſſet ein Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geiſtes / laß es dir ſamt Vater und Sohn kuͤnfftig ein Tempel und heilige Wohnung ſeyn / regiere und fuͤhre es auff ebener Bahn / daß es nach GOttes Willen und Wohlgefallen thue und wandele / recht glaͤu - ben / Chriſtlich leben / ſelig ſterben / und alſo zu der Auserwehlten Ge - meinſchafft gelangen moͤge / Amen!

Eltern Ver - mahnung we - gen Kinder Tauffe nicht zu verſaͤumen.

§. 14. Seyd nun billig ermahnet ihr Eltern / daß ihr euren Kin - dern das hohe Gut der heil. Tauffe nicht muthwillig entziehet / man eilet ja mit denen Schweinen zur Schwaͤmme / wann ſie unrein ſind / die Kindlein aber laͤſt man offt biß zum vierdten Tag und druͤber im Suͤnden-Stand liegen / entweder daß hernach der Pracht deſto groͤſ - ſer werde / oder weilen man eben nicht noͤthig erachtet / damit zu eilen / und alſo GOttes Befehl veraͤchtlich hindan ſetzet / dahero manches Kind ohne Tauffe dahin faͤhret / welche zwar niemand rechtlich ver - dammen kan / maſſen der grundguͤtige GOtt nach ſeiner Erbarmung mit ihnen handeln wird / was ſind aber ſolche Eltern anders als Die - be / die ihre Kinder des edleſten Schatzes berauben / wann nun dieſesPracht und Gepraͤnge bey der Tauffe ver - boten. mit Vorſatz geſchiehet und nicht bereuet wird / ſo muß deren Gewiſſen ſie kraͤncken in der letzten Todes-Stunde. Jederman eilet ja mit dem Aaß zum Grabe / ſo eilet nun auch mit denen Kindern zur Tauffe / wo - ſelbſt das Suͤnden-Aaß begraben wird / meidet nur alles Gepraͤnge / das ſonſt die Welt treibet / das heiſt die Tauffe nicht verſtehen / oderauch153Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. auch verſpotten / wenn man die Kinder dem alamodiſchen Pracht zu der Stunde auffopffert / da ſie dem Teuffel und ſeinem Weſen entſa - gen ſolten / vielmehr muͤſte man dieſelben mit Furcht und Andacht GOtt kniend und ſeuffzend zubringen; darnach / wann das Kindlein in ſolcher eitelen Hoffarts-Tracht getaufft / fallen die Leute zum Tiſch offt ohne Gebet / wie die Saͤu zu Traͤbern / ſchuͤtten Kragen und Ma - gen voll / da iſt des armen Kindes bald vergeſſen / welches jedoch am juͤngſten Tage denen Eltern groſſe Verantwortung geben wird / wannTauff-Ver - ſaumniß Ge - fahr und Ver - antwortung. die jungen Kindlein diejenigen zur Hoͤllen weiſen / die ſich lauter Him - mel traͤumen laſſen; Ja was muß der groſſe GOtt wohl fuͤr Greuel an ſolchen boͤſen Chriſten haben? der ſich dennoch der armen Kinder nach ſeiner groſſen Guͤte erbarmet / und ſelbige um Chriſti willen zu Gnaden annim̃t / daß ſie nicht allezeit auffgeblaſene ſchwulſtige Hoch - muths-Geiſter werden.

§. 15. Wie macht es aber der HErr Chriſtus? Er leget die Haͤn -Chriſti Tauff - Ceremonien. de auff die Kindlein / und betet uͤber ſie / ja er hertzet und ſegnete alle / die man zu ihm brachte; GOtt aber ſey uns gnaͤdig! wie mancher tritt zum Tauff-Stein / legt in Kindes Nahmen ſein Glaubens-Zeugniß ab / und verſtehet offt ſelbſt nicht / weſſen er gefraget wird. Er ſaget zwar dabey: Jch glaͤube an GOtt Vater / Sohn und Heil. Geiſt; hat aber keine Ubung noch Erfahrung des ſeligmachenden Glaubens / ſon - dern dienet mehr dem Teuffel in ſeinen Wercken und Weſen / als GOtt dem himmliſchen Vater.

§. 16. Diejenigen nun / ſo in Bekaͤntniß der heil. DreyeinigkeitKetzer Tauffe verwerfflich. und Verdienſt JEſu Chriſti nicht mit unſerm Glauben uͤbereinkom - men / haben auch keine rechte Tauffe / darum derer Ketzer Kinder zur Bekehrung noch einmahl moͤgen getaufft werden / ſonſt mag man derTauff Wieder - hohlung ver - boten. heil. Tauffe Handlung / wann ſie Gebrauch - und rechtmaͤßig geſche - hen / nicht wiederholen. Wer ſich aber wiſſentlich / aus Ketzerey und Aberglauben eine Kranckheit zu heilen / oder Gewinſt halben zweymahl tauffen laͤſt / iſt ſcharffen Kirchen-Zucht unterworffen / und welcher es thut / wird ſeines Amts entſetzet.

Diſt. 4. c. 117. & 118. de conſecr.

§. 17. Weilen dann eine rechtmaͤßige Tauffe nicht zu wiederho -Heil. Sacra - ments Miß - brauch Straf - fe. len / ob ſchon ſie ein Ketzer verrichtet haͤtte / ſo werden billig wegen des heil. Sacraments Mißbrauch mit Staupenſchlag und ewigen Lan - des-Verweiſung geſtrafft alle ſolche Landſtreicher / die ihre ſchon ein - mahl getauffte Kinder nur um Geld von neuen / und viele GevatternUzu er -154II. Buch / Cap. III. zu erlangẽ / Tauff und Paten-Geſchencks wegen zwey oder mehrmahls tauffen laſſen / maſſen ſie dadurch grobe Falſchheit und Gotteslaͤſte - rung an verſchiedenen Orten begehen.

Diſt. 4. c. 23. 24. 28. 29. & 36. de conſecrat. Tot. Tit. C. ne Sanct. bapt. iter.

Zigeuner Kin - der Tauff ver - boten. Mißgeburt Recht zu tauf - fen.

§. 18. Darum auch aller Zigeuner Kinder zu tauffen verboten werden / es waͤre dann gewiß / daß ſie erſt neulich friſch gebohren und annoch bey Geburts Ort gefunden werden / jedoch muß ein Kind gantz und vollkommen lebendig nicht aber todt / oder zum Theil gebohren ſeyn; Wann auch ungeheure Mißgeburt Menſchen Geſtalt hat / mag ſie wohl getaufft werden.

Diſt. 4. c. 30. 37. 64. & 83. & ſeqq. de conſecrat.

Noth-Tauffe recht.

§. 19. Jm Nothfall und zur Noth-Tauffe / wann ein Kind in To - des-Gefahr / und kein Prieſter zeitig zur Hand zu bekommen / ſo mag wohl nach Roͤmiſch - und Lutheriſcher Kirchen-Ordnung / das Werck der heil. Tauffe zu verrichten / einer weltlichen Perſon / als einem jedernNoth-Tauffe ſtreitig. Chriſten / Weibe / Hebammen / ja Kindes Vater erlaubet ſeyn / welches zwar von viel hundert Jahren alſo uͤblich geſchehen / jedoch bey Refor - mirten ſtreitig / ſich ſelbſt aber kan und mag niemand tauffen.

Can. 19. &. 21. de conſecrat. Diſt. 4. c. 30. q. 1. c. 7. Diſt. 4. c. 34. & 114. de conſecr.

Wer mag ge - taufft werden.

§. 20. Alle diejenigen nun / ſo zur Kirchen auff - und angenommen ſeyn wollen / ſoll man tauffen / ſie ſeyn erwachſen / daß ſie reden koͤnnen / oder nicht / als Unmuͤndige / Krancke / Taube / Stumme / Beſeſſene und Unſinnige; Es ſoll aber bey erwachſenen Leuten / welche zwey Jahr lang zu unterrichten / die Lehre vor der Tauffe hergehen / daß ſie zuvor im Chriſtlichen Glauben unterwieſen / die Ketzerey vergeſſen ler - nen. Juden aber pfleget man 8. Monat lang zu unterrichten / ja deren Kinder / wann ſie in der Kirchen Gewalt kommen / ſollen von ihren ob ſchon bekehrten Eltern abgeſondert / und bey gebohrnen Chriſten unterwieſen werden; Endlich auch Heyden / wann ſie in letzten Zuͤgen begehren getaufft zu werden / ſoll man es ihnen nicht verſagen / ob ſchon ſie vorher nicht gelehret.

  • C. majores, X de Baptiſm. Diſt. 4. c. 94. de conſecr. Matth. XXVIII. v. 19. Act. VIII. v. 37.
Gevattern uñ Tauffzeugen Recht.

§. 21. Nach Kirchen-Gebrauch werden zur Tauffe Gevattern und Zeugen erſuchet / daß ſie fuͤr das getauffte Kind beten und ſorgen / daß es in wahrem Glauben aufferzogen werde / und zwar pflegt man etli - cher Orten einen / zween oder mehr zu nehmen / die auch wohl gar da - durch alſobald das Vormuͤnder-Amt auff ſich zu nehmen genoͤthigetſind /155Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. ſind / nach geiſtlichem Recht aber ſoll man nur einen Haupt-Gevatter haben / jedoch gilt hierinn Gewohnheit.

Diſt. 4. c. 100. & 101. Deut. 19. v. 15. 2. Cor. 13. v. 1. Eſai 8. v. 2.

§. 22. Es ſollen aber Gevattern from und ehrliche Leute ſeyn / zuGevattern uñ Zeugen Be - ſchaffenheit. denen man ſich verſehe / daß ſie die Sache mit Ernſt und rechtem Glau - ben handeln / Gottloſe aber und Ketzer ſollen vorhero ermahnet ſeyn / Minderjaͤhrigen Stelle ſollen Eltern und Vormuͤnder vertreten / wer ſich aber ohne rechtmaͤßige Urſachen dieſer Pflicht weigert / wird mit Geld-Buſſe oder Gefaͤngniß und oͤffentlichen Abbitte geſtrafft; ſon - ſten gehoͤret Tauff-Paten Geſchenck oder Gevattern Gabe dem Kin - de zu / und ſind ihm Vaters Guͤter heimlich dafuͤr verpfaͤndet / an etli - chen Orten iſt dieſes gemaͤßiget oder auch gaͤntzlich verboten.

  • Diſt. 4. de conſecr. c. 7. 33 & 138. L. 18 C. de jure deliber. L. 20. C. de admin. tut. L 6. § ult. C. de bon. quæ liber.

§. 23. Ein bekandter gott - und ruchloſer Menſch / Wucherer /Gevatter wer nicht ſeyn mag. Gotteslaͤſterer - oder oͤffentlicher Veraͤchter des heil. Nachtmahls ſoll unter andern Gevattern nicht zugelaſſen werden / dahero dieſer Ge - brauch loͤblich / daß man dem Prieſter vor der heil. Tauffe derer Ge - vattern Nahmen ſchrifftlich anmeldet / um daraus zu ſehen / ob er ſie mit gutem Gewiſſen zu ſolchem heil. Werck verſtatten koͤnne oder nicht / damit er alsdann des Kindes Vater / ſeinen Rathſchluß zu aͤndern / er - mahnen kan.

§. 24. Wann auch einer Gaſterey und Sauffgelaches halber zuGevattern Pflicht wann man verſagen kan. Gevattern gebeten zu ſeyn mercket / mag er dieſe Pflicht wohl abſchla - gen / abſonderlich da er weiß / daß mehr Zeugen vorhanden / ſonſt aber nicht / weiln der Dienſt mehr dem Kinde als Vater geſchiehet / darum auch einer wohl von ſeinem Feinde dazu erbeten ſeyn / und mit andern Feinden zugleich Gevattern ſtehen mag / da ihm deßwegen an ſeiner Schmaͤh-Klage nichts benommen iſt / der beleidigte bittende Vater aber begiebt ſich Rechtens zum buͤrgerlichen Intereſſe.

Can. 101. de conſecr. Diſt. 4.

§. 25. Der innerliche Tauff-Zweck und Endurſach iſt VergebungTauffzweck iſt Kirchen Buͤr - ger-Recht. der Suͤnden; der euſſerliche aber ein Chriſtlicher Nahme / dadurch man in der Kirchen das Buͤrgerrecht und uͤbrigen Glieder Vereini - gung erwerben kan durch heil. Dreyeinigkeits Anruffung / dahero ein Getauffter / zum geiſtlichen Gericht gehoͤrig / Chriſtlichen Glauben zu beobachten kan gezwungen werden / deßgleichen iſt er verbunden unter Unglaͤubigen wider Chriſten nimmer zu kriegen. Eine ſonderlicheU 2Wuͤr -156II. Buch / Cap. III. Wuͤrckung der Tauffe iſt auch Nachlaß und buͤrgerlichen Straffe Linderung wegen etwa vorhin begangenen Ubelthat.

1. Cor. 12. v. 13. Epheſ. 4. v. 4. Diſt. 4. de conſecr. c. 106. C. un. Clem. de conſecr.

Tauffe wo ge - ſchehen muß.

§. 26. Jnsgemein und von Rechts wegen ſoll die Tauffe in der Kirchen geſchehen / ohne Nothfall / daß nicht etwan ein Kind oder er - wachſener krancker Menſch ungetaufft dahin ſterbe / oder auch vorneh - mer und adelicher Leute Kinder moͤgen im Hauſe getaufft werden / je - doch ſollen allenthalben Kindel-Biere verboten ſeyn / und muͤſſen viel - mehr Prieſter und Kuͤſter ſolche Geſellſchafften vermeiden.

Diſt. 4. c. 54. & 93. c. ægrotantes. Diſt. 48. c. quoniam. Nov. 144. c. 2.

Tod-Suͤnde Wuͤrckung.

§. 27. Alle Menſchen nun / die nach der heil. Tauffe Tod-Suͤnde begehen / wie dann wenige und vielleicht niemand hierinn unſchuldig iſt / verliehren zwar die Heiligkeit / nicht aber das Sacrament. So moͤ - gen auch im Nothfall auff Jnſuln / in See - oder Schiffbruchs Ge - fahr Chriſten-Leute wohl eine andere ehrbare Perſon zur Ausſpen - dung der heil. Sacramenten erwehlen / ja es kan ein weltlicher Mann auch das Beichte-Recht uͤben / und moͤgen ſich alle Chriſten alsdann unter einander dieſen heil. Brauch mittheilen / niemand kan ſich aber ſelbſt abſolviren und loßzehlen.

  • Can. 36. Diſt. 4. de conſecrat. Gal. ult. 1. Jac. V, 16. Diſt. 1. de pœnit. c. 88. Diſt. 6. c. 1. C. ult. X. de pœnit.
Prieſter Recht zu Beichten u. communicir&re;.

§. 28. Darum / wann ein Prieſter keinen Mithelffer und Amts - Geſellen hat / ſoll ihn ſein Nachbar mit Abſolution und Beicht bedie - nen; viel weniger ſoll ein Pfarrer / aus Haß gegen ſeinen Amts-Ge - huͤlffen / noch ſonſten ohne Nothfall / abgelegenen Orts wegen ihm ſelbſtPatronẽ Vor - recht wegen Beicht-Vater. das heil. Nachtmahl darreichen; Ein Patronus vieler Kirchen aber hat Rechts Freyheit / bey welcher ihm gefaͤllig iſt / ſeinen Beicht-Vater zu erwehlen.

Diſt. 93. c. pervenit.

Beicht-Kin - der Pflicht.

§. 29. Allen bißher in Beichtſtuͤhlen vorgegangenen Unordnungen und Verſaͤumniſſen deſto beſſer fuͤrzukom̃en / ſo ſollen Kinder / Maͤgde / Jungen oder Handwercks-Geſellen / ohne Unterſcheid / wann ſie in einer Gemeine das erſtemahl zur Beichte kommen wollen / ſie moͤgen frembd oder einheimiſche ſeyn / ſich bey den Beicht-Vaͤtern vorher an - geben und examiniren laſſen / deren Nahmen auch zu verzeichnen / wie dann ein jeder mit ſeinem Haußgeſinde und Kindern dieſer noͤthi - gen Auffſicht halben bey derjenigen Kirche / dahin ſie gewidmet / bleiben / und von keinem Prediger aus einem andern Kirchſpiel ohne ſpecial-Verordnung angenommen werden muß.

§. 30. Fra -157Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen.

§. 30. Fraget jemand / woher es komme / daß aus ſo vielen Beich -Buß und Be - kehrungs Mangel wor - inn beſtehet. ten keine Buſſe und Beſſerung entſtehe? der ſoll wiſſen / weilen im Beichtſtuhl alles geloͤſet und nichts gebunden wird / ſo findet man we - nig derer / die in JEſu Chriſti Lehr - und Lebens-Schrancken einherge - hen wollen / macht alſo das viele loͤſen viele loſe Leute / und uͤberall ein wildes loſes Leben. Rechte Buſſe aber ſoll man durch friedfertigesVielen abſol - virens Frucht - loſigkeit. GOtt wohlgefaͤlliges Leben und Wandel beweiſen / von aller Ruch - loſigkeit und ſichern Gewohnheit zu ſuͤndigen abſtehen / und eines wah - ren Chriſtenthums rechten Ernſt verſpuͤren laſſen / wofern der BannWegen Bañs Straffe Suͤn - de zu meiden. nicht vorgenommen ſeyn ſoll; darum zu derer Unterrichtung / wann es noͤthig / auch Vor - und Nachmittages ein und andere Stunden moͤgen angewandt werden.

§. 31. Derowegen Prieſter und Capellan inſonderheit anzumah -Prieſter und Beicht-Kin - der Pflicht we - gen Abſoluti - on und heil. Nachtmahls. nen / ihre Beicht-Kinder ohn Unterſchied im Beichtſtuhle / wann ſie nicht vorhero wiſſen / daß ſie wohl unterrichtet / zu erforſchen / ob ſie ſo viel von Chriſtlicher Lehre verſtehen / daß ſie ſich im Glauben / Buß und gutem Vorſatz recht pruͤfen koͤnnen; wiedrigen Falls ſoll die Abſo - lution und das heil. Abendmahl mit ſolchen Unwiſſenden daſſelbige mahl auffgeſchoben und ſie erſt zu Hauſe fleißig von Beicht-Vaͤtern unterwieſen werden / biß ſie / was einem Einfaͤltigen zur Seligkeit noͤ - thig iſt / verſtehen / damit ſie nicht unwuͤrdig und zu ihrem Gerichte wiſ - ſentlich dazu verſtattet werden / vielmehr ſollen ſie folgends dieſen Unterricht offt wiederholen / und allen Beicht-Kindern treulich vor - halten / zu was Ende ſie zu dieſem heil. Brauch begehren / wie hochnoͤ - thig die wahre Buſſe ſey / und wie ſie dazu gelangen moͤchten.

§. 32. Auff daß nun das gemeine Volck / Geſinde und Dienſt -Beicht-Kin - der Examen Gerechtigkeit. boten / Handwercks-Jungen / Arbeiter und Tageloͤhner vor dem Beichtſtuhl nicht ſo ſehr uͤbel beſtehen / und ſo gar nichts von denen Haupt-Stuͤcken der heiligen Chriſtlichen Lehre gefaßt / moͤgen unwiſ - ſend erſcheinen / ſo ſollen ſie vorhero wohl examiniret werden / damit ihnen die Prieſter nicht mit betruͤbtem Hertzen die Haͤnde aufflegen muͤſ - ſen / und etwa Beyſorge tragen / es wuͤrden ſolche Leute gar ſchlechten Nutzen von der Nieſſung des heil. Abendmahls haben / wann ſie ſo gar wenig davon wiſſen / und ſich keines weges recht pruͤfen koͤn - nen / wie Paulus von allen denen / ſo das heil. Nachtmahl zu ihrer Se - ligkeit / und nicht zum Gericht empfangen wollen / erfordert.

§. 33. Damit auch das Zudringen des Volcks an die Beichtſtuͤh -Gedraͤnge zu Beichtſtuͤhlen verboten. le nicht ſo ſehr geſchehe / ſoll deßwegen von der Cantzel Ermahnung er -U 3gehen /158II. Buch / Cap. III. gehen / und eine gewiſſe Straffe auff die Unbeſcheidenen / denen Kaſten zum beſten / angeſetzet werden / auch haben Diaconi Macht / ſolche ſelbſt abzuweiſen / krancke / ſchwach und alte Perſonen aber vorzuziehen; ſo ſollen ſie zur Abſolution nicht etliche zuſammen ſparen / jedoch hingegen ſich aller nachdencklichen Kuͤrtze befleißigen / und ſollen die Kirchen -Prieſter ſollen Beicht-Kinder nicht ausfra - gen. Diener nicht vorwitziger Weiſe von ihren Beicht-Kindern fragen / was ihnen nicht gebeichtet / weilen die Beichte keine Nachforſchung der geheimen verborgenen Suͤnden ſeyn ſoll / vielweniger moͤgen ſie allda ihre eigene Sachen vorbringen / oder ſich ſonſt mit denen Beicht - Kindern im Beichtſtuhl uͤberwerffen / ja Beicht-Geld ſoll man zu derBeicht-Geld wie verboten. Zeit / um ſeine Andacht nicht zu hindern / keinem Prediger geben / her - nach aber mag einer freygebig ſeyn / jedoch kan es niemand fordern / es mag auch kein Prieſter Beichtſtuhls Gefaͤlle verpachten / weder mit / noch ohne Pabſtes Willen.

C. ſacerdos, Diſt. 6 de pœnitent.

Abſolution uñ Beichte wann nicht genung.

§. 34. Wann durch eine veruͤbte That die Kirche oder gemeines Weſen Schaden nimmt / oder ſo / wenn dieſelbe ungeſtrafft bliebe / GOtt wohl ein gantzes Land heimſuchen moͤchte / als Meineyd; alsdann iſt Beicht und Abſolution nicht genung / ſondern es muß das boͤſe Vorhaben unterlaſſen / oder das begangene Ubel geſtrafft ſeyn / da - mit GOttes Rache abgewendet / und gemeinen Weſens Untergang verhuͤtet werde / darum auch die Ubelthat der Obrigkeit zu bekennen / und buͤrgerlichen Straffe zu untergeben; Ein Prieſter kan jedoch alsPrieſter Recht Beicht-Be - kaͤntniß zu ver - ſchweigen. Zeuge / es waͤre denn ihm etwas nur vertraut / aber nicht gebeichtet / geheimes Beicht-Bekaͤntniß zu offenbaren / auch ſelbſt vom Pabſt nicht gezwungen werden / weilen er die Beichte verhoͤret an GOttes Statt / und antwortet alſo ohne Luͤgen / daß er nichts wiſſe / wie ein Menſch /Unperſoͤnliche Entdeckung wann gilt. maſſen nicht ſo wohl ihm als Chriſto Beichte geſchehen / ohne wann die boͤſe That noch nicht geſchehen / und eines andern Lebens-Gefahr dabey / ſo gilt unperſoͤnliche Entdeckung.

  • C. dilect. s, X. de Exceſſ. prælat. Diſt. 6. c. 2. de pœnit. Diſtinct. 6. C. Sacerdos, de pœnit.
Abſolution wem wann uñ wie zu verwei - gern oder nicht.

§. 35. So ſollen auch die Prieſter mit der Abſolution vernuͤnfftig und mit Beſcheidenheit umgehen / dann daß oͤffentlichen unbußferti - gen Suͤndern / Gotteslaͤſterern / Hurern / Wucherern / Trunckenbol - den und dergleichen / die Abſolution nach Befindung und vorhergehen - den treuhertzigen / beſondern und oͤffentlichen Warnung / denen Un - bußfertigen ſelbſt zum Beſten / und andern zum Abſcheu geſperret und auffgehalten werde / ſolches iſt nicht unbillig / jedoch muͤſſen nicht alleindie159Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. die Verbrechen / ſondern auch die Unbußfertigkeit bekandt ſeyn; ſon -Conſiſtorii Erkaͤntniß wozu noͤthig. ſten aber iſt keinem ohne erhebliche Urſachen und Conſiſtorii Erkaͤnt - niß / viel weniger aus ſonderbarer Rach oder wiedrigen Zuneigung / wie es offtmahls aus liederlichen Urſachen auff Doͤrffern geſchiehet / ſolche Abſolution zu verweigern.

  • Can Sacmmenta, 49. Diſt. 1. c. 54. Diſt. 2. de conſecr. c. 21. 28. 36. 58. & 64. Diſt. 2. 1. Cor. 7. v. 5. arg. c. in Dominicis, 4. c. 9. q. 2.

§. 36. Wann ein Ubelthaͤter / zum Tode verdammt / gar nicht beich -Unbußfeꝛtigen Ubelthaͤter uñ Boͤſewichts Straffe. ten noch ſich bekehren will / ſoll man die Straffe eine Zeit lang verzie - hen und ſich bemuͤhen ihn zu beſſern; wo alsdann keine Hoffnung / wird Urtheil vollbracht / ja wegen Gotteslaͤſterung und Unbußfertigkeit mag ein ſolcher Boͤſewicht haͤrter geſtrafft werden. Wann aber der Miſſe - thaͤter ſonſt ſeinen Geſellen oder Helffern / durch letzten Wiederruff / zu gute handeln vermuthlich gedaͤchte / ſoll ein Fleiß-verſtaͤndigerMiſſethaͤter Bekaͤntniß Unterſcheid. Richter ſelbſt bedencken / welche Umſtaͤnde vorhin guͤtlich erzehlet wahr ſeyn; wann aber ein Suͤnder beichtet am letzten / er habe zwar bekennet / weitere Marter zu meiden / wolte lieber ſterben / und GOtt ſeine Unſchuld befehlen / ſolches muß der Prieſter offenbaren dem Rich - ter / um beſſer nachzuforſchen.

L. 19. ff. de pœnis. L. 23. pr. C. de nupt.

§. 37. Allhier ſoll kein Beicht-Vater ſeine Freyheit mißbrauchen /Beicht-Vaͤter Freyheit Miß - brauch verbo - ten. die armen Suͤnder in der Beichte zu unterweiſen / daß ſie ihre einmahl mit Warheit gethane Ausſage am letzten wiederruffen ſollen / ſondern man muß vielmehr ſolchem Unheil fuͤrkommen / weil niemanden gezie - met / wider gemeinen Nutzen derer Ubelthaͤter Boßheit bedecken zu helffen / die etwan unſchuldigen Leuten zum Nachtheil kommen mag; So man nun jemanden mit endlicher peinlichen Rechtfertigung ſtraf -Armen Suͤn - der Beicht und Communion Recht. fen muß / ſoll es ihm drey Tage zuvor angeſagt werden / daß er ſeine Suͤnde zu rechter Zeit bedencken / beklagen und beichten moͤge / und ſo er das heil. Sacrament zu empfahen begehret / ſoll man es ihm ohne Weigerung zu reichen ſchuldig ſeyn / wie auch hernach ihm ſolche geiſt - liche Perſonen im Gefaͤngniß zu verordnen / die ihn zu guten ſeligen Dingen vermahnen / und vor oder beym Ausfuͤhren nicht viel zu trin - cken geben / dadurch ſeine Vernunfft gemindert werde / und dererMiſſethaͤter letzten Truncks Recht. Prieſter Vermahnungen ſich biß ans Ende getroͤſten moͤge / ſintemahl bußfertigen Suͤndern GOtt taͤglich verzeihen will; Leichten Ablaß U - berredung aber reitzet zur Suͤnde.

P. H. O. Art. 31. 79. & 103. C. 13. X. de vita & honeſt.

§. 38. Wie160II. Buch / Cap. III.
Das H. Abend mahl wie offt zu gebrauchen.

§. 38. Wie offt nun eigentlich ein Chriſt das heil. Sacrament gebrauchen ſoll / iſt zwar in GOttes Wort nicht ausgedruͤckt / wer aber weiter Vorſatz zu ſuͤndigen hat / dem iſt das H. Nachtmahl mehr ſchaͤdlich als nutzbar / darum ſoll man in wahrer Buſſe jaͤhrlich drey oder 4. mahl zum wenigſten ſich deſſen gebrauchen / wofern man Chriſt - lichen Nahmens wuͤrdig ſeyn will / ob ſchon man zu Recht ſtreitige Sachen haͤtte / wann nur Perſonen Haß abgeleget / wer ſonſt in Kir - chen-Zucht ungehorſam verſtirbet / iſt ehrlichen Begraͤbniß unwuͤrdig.

H. Nachtmals Mißbrauch verboten.

§. 39. Niemand ſoll das heil. Nachtmahl mißbrauchen an Eydes Statt / zur buͤrgerlichen Vergleichs Befeſtigung Treu und Glauben halben / oder ſich beſchuldigten Laſters zu befreyen / viel weniger zu boͤ - ſen Zauber-Kuͤnſten / ja wer aus ſchweren Anzeigen eines Laſter ſchul - dig geweſen / und ſich durch Eyd oder Peinigung entſchuldiget / mag wohl abſolviret werden / er waͤre dann mit neuem Argwohn beladen / alsdann iſt er zur Bekaͤntniß zu ermahnen; wer aber dem Richter eine Ubelthat bekennet / und ſelbige in der Beichte wiederrufft / kan nicht loßgeſprochen werden / er habe es dann auch fuͤr Gericht wieder - ruffen.

Krancken und Ubelthaͤter Recht wegen Abſolution der Beichte.

§. 40. Wann ein krancker grauſamen Schwachheit halben Beich - te abzuſtatten unvermoͤgend / ſoll er dennoch loßgeſprochen werden; alſo auch wer Betrug / Raub und Dieberey bekennet / ob ſchon noch keine Wiedererſtattung geſchehen / wofern ſie nur zugeſagt und annoch muͤglich zu leiſten. Das heil. Nachtmahl aber ſoll man keinem bußfer - tigen Sterbenden / ob ſchon er vorhin abtruͤnnig und verbannt gewe - ſen / verſagen; frembden Pfarr-Kindern ſoll es aber kein Prieſter geben / es waͤren dann Reiſende Krancke / die wohl befraget oder mit ihres Pfarrers Zeugniß verſehen; derer ſichtbaren Zeichen / als Brod - und Wein / Koſten muß die Kirche hergeben.

Communican - ten Pflicht uñ Verſehen Straffe.

§. 41. So ſoll nun ein Chriſt mit Thraͤnen und Gebet Suͤnde mei - den / auch GOttes Erbarmung wegen der Suͤnden Vergebung ver - trauen / alsdann nuͤchtern hinzugehen / jedoch Alten / Krancken und Schwangeꝛn wird dieſes nachgelaſſen; uͤber das ſollẽ Eheleute mit bey - der Bewilligung ihrer ehel. Beyſchlaffs Pflicht ſich etliche Tage ent - halten / wie auch ein jeder im Eſſen und Trincken ſich maͤßigen ſoll / dann wer aus Fraß - und Trunckenheit das heil. Brod und Wein ausſpey - et / ſoll 40. Tage Buſſe thun / derowegen Communicanten ſollen nuͤch - tern ohne vorigen Rauſch Kopff-Beſchwerung / zuͤchtig und maͤßig in Kleidung / mit gebuͤhrender Ordnung hinzugehen / deſſelben Tagsſo wohl161Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. ſo wohl als darnach aller Leichtſinnigkeit und uͤbermaͤßigen Truncks enthalten / wer auch nach gehaltener Beichte zuruͤckt bleibt / verdienet willkuͤhrliche Straffe; wofern aber jemand aus gerechten Urſachen daran verhindert / mag wohl hernach ohne neue Beichte zugelaſſen werden.

Diſt. 4. C. omnis homo. Diſt. 2. C. ſi per negligentiam.

§. 42. Wer aber in Suͤnden verharret / ohne Vorſatz vom boͤſenVom heiligen Nachtmahls Gebrauch wer abzuweiſen. Leben und Wandel abzuſtehen / ob er ſchon ſonſt GOttes Wort gern hoͤren moͤchte / wie Herodes / einem ſolchen das heil. Abendmahl mit - zutheilen / dazu kan kein Prieſter von weltlicher Obrigkeit gezwungen werden / ohne der Sachen wahren Erkaͤntniß. So werden auch billig alle Ubelthaͤter / welche der Kirchen oͤffentliches Aergerniß gegeben / wann ſie mit ihr nicht wieder verſoͤhnet / abgehalten / ohne Nothfall in Todes oder Sterb-Zeiten. Wer aber die That verlaͤugnet / iſt mit ernſtlicher Vermahnung auch waͤhrenden Streits nicht auszuſchlieſſen / ja Ta - ſchen - und Gauckel-Spieler / die liederliche Spiel-Kunſt treiben / werden nach geiſtlichem Recht vom heil. Nachtmahls-Gebrauch ab - gewieſen.

  • L. 4. C. ſi contra jus vel util. publ. Arg. L. 16. C. de pœnis. C. pro dilectione, 95. Diſt. 2. de conſecr. Can. quotidie, 13. Eod.

§. 43. So ſoll nun unſer Leben eine ſtets waͤhrende Buſſe ſeyn /Wahren Ren und Buſſe Be - ſchaffenheit. dadurch man das begangene Ubel bereuet und nicht mehr thut / gehei - me Verbrechen ſoll man insgeheim auch buͤſſen / derowegen finden ſich bey wahrer Buſſe drey Stuͤcke / als im Hertzen Zerknirſchung / im Munde Bekaͤntniß und im Werck des Glaubens Gnugthuung / maſ - ſen niemand kan wahre Reue bezeugen / der keine Vergebung hoffet / und heiſſe Thraͤnen waſchen grober Suͤnden Unflath rein ab. Oeffent -Geheimen und offenbaren Suͤnden Beicht Unter - ſcheid. liche Laſter ſoll man durch oͤffentliche Bekaͤntniß verſuͤhnen / verborge - ne Suͤnden aber iſt unnoͤthig dem Prieſter zu beichten / wohl aber GOtt allein. Wann auch jemand fuͤr weltlichem Gericht allbereits ſeine Straffe ausgeſtanden / muß er nichts deſto weniger Abbitte thun der Kirchen und gemeinem Weſen / zur gnuͤge das Ubel zu buͤſſen und Aer - gerniß auffzuheben / ohne bey Straffe der Verweiſung ins Elend / all - wo die Perſon den Ort raͤumet.

  • Can. 39. Diſt. 1. de Pœnit. C. 1. & 6. Diſt. 3. Can. 9. ibid. Can. 87. Diſt. 1. c. 40. Diſt. 1. de Pœnit. c. 50. Eod. Can. 8. Diſt. 3. Can. 42. Eod. de pœnit. c. 28. Eod. c. 2. Diſt. 1. c. 78. Eod. c. 38. & ult. de pœnit. Diſt. 1.

§. 44. Damit auch die Leute auff den Doͤrffern von allem ſuͤnd - lichen Weſen deſto beſſer abgehalten / und im Chriſtenthum mehr un -Xterrich -162II. Buch / Cap. III. Sonntag Nachmittags Kinder-Lehr und Alten Exa - men. terrichtet werden / ſo ſollen die Prediger auff dem Lande / zumahlen die / ſo den Sonntag nur einmahl zu predigen haben / ihre Zuhoͤrer Nach - mittags in die Kirche kommen laſſen / die jungen ſo wohl als alten Leu - te hoͤren und vernehmen / was ſie aus der Predigt behalten / und wie ſie ſonſt in ihrem Glauben gegruͤndet ſeyn / darauff ſie ihnen dann in allem nach Befinden noͤthigen Unterricht geben / und Chriſtliche Ver - mahnungen thun ſollen. Geſtalt dann auch ein jeder Chriſtlicher Haußvater in ſeinem Hauſe dergleichen mit ſeinen Kindern und Ge - ſinde fuͤrzunehmen / ſelbige zum Gottesdienſt und Chriſtlichen Lebens Ubung mit guten Ermahnungs Beyſpiel anzureitzen ſchuldig ſeyn ſoll / dadurch dem hoͤchſten GOtt in die Ruthe zu fallen / ſo iſt kein Zweiffel / daß er diejenigen / ſo ihm im Geiſt und in der Warheit dienen / als ſeine getreue Knechte wieder in Gnaden anſehen werde.

Oeffentliche Verbrecher vom heiligen Nachtmahl auszuſchlieſ - ſen.

§. 45. Ja weilen auch alle / die mit oͤffentl. Aergerniß verbrochen / ſo lang vom H. Nachtmahls Gebrauch ausgeſchloſſen werden / biß ſie oͤf - fentliche Buſſe u. Abbitte gethan / ob ſchon ihnen zeitliche Straffe nach - gelaſſen / es waͤre dann im Nothfall und ſchnellen Todes Gefahr hal - ben; ſo iſt abſonderlich zu erinnern / daß alle in Glaubens Sachen un - erfahrne und muthwillige Verbrecher beſſer unterrichtet / und alſo mit dem gemeinen Volck ſo wohl Jungen als Alten in der Kirchen die Lehre des Catechiſmi / wie ob gedacht / fleißig getrieben werde.

1. Tim. V, 22. Cauſ. 26. & 14. q. 6. Epheſ. IV, 28. Luc. XIX, 8. c. 9. & fin. X. de pœn.

Erwachſenen und unmuͤndi - gen Kinder Un - terſcheid zum H. Nachtmal.

§. 46. Dahero ferner die heran wachſende Kinder / nach geſchehe - ner genungſamen Unterrichtung / zufoͤrderſt vom Pfarrherr bey oͤffent - licher Predigt der Gemeine ſollen dargeſtellet / und hierauff zum heil. Abendmahl verſtattet werden; unmuͤndige Kinder aber ſind billig ſo lang davon abzuhalten / biß ſie zu ihren verſtaͤndigen Jahren kommen / welches in jedern Beicht-Vaters willkuͤhrlichem Urtheil ſtehet.

Catechiſmi Lehr-Brauch mit Familien wie und wo zu uͤben.

§. 47. Und ſollen zu ſolcher Anzahl gerechnet ſeyn Kinder im Hauſe von 6. Jahren und daruͤber / alle Haußgenoſſen / Mieth-Geſin - de / Handels - oder Lehr-Jungen / da denn aus jederm Hauſe der Vater / Mutter oder Præceptor, ſo fern einer vorhanden / ſich jedes mahl / zum wenigſten eine Perſon von denen / an ſelbiger Kirchen Ort / da ſolchen Familien der Catechiſmus erklaͤret wird / angeben ſoll / um dabey zu ſeyn und anzuhoͤren / wie das Geſinde / Kinder oder Schuͤ - ler beſtehen. Der Ort des Examinis ſoll ſeyn die Sacriſtey, Bibliothec oder Beichthauß / darinn die Prediger als Examinatores ſich einſtellen muͤſſen / wohin alsdann eine Familie nach der andern durch den Kuͤ -ſter163Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. ſter mag eingefordert / und ſonderliches Examen mit ihnen gepflogen werden / damit ja nicht eins fuͤr dem andern ſich zu ſcheuen Urſach habe.

§. 48. Zuletzt im examiniren wird ſich ein Pfarrer aller Gelindig -Examinis Ge - lindigkeit wie beſchaffen ſeyn ſoll. keit zu gebrauchen wiſſen / und das Verhoͤr mit aller freundlichen Zu - ſprache anſtellen / auch gegen Schwache / Einfaͤltige und Unwiſſende ſich vaͤterlich erzeigen / uñ vors erſte mahl mit ziemlicher Antwort zu frie - den ſeyn / dabey aber alles / was noͤthig iſt / ihnen weiter erklaͤren / ſo weit ſie es nicht recht verſtehen oder nicht wohl fuͤrbringen koͤnnen.

§. 49. Ja / es ſaget D. Luther: Vater und Mutter ſollen ſeyn inEltern Pflicht mit Kindern und Geſinde in Haͤuſern. ihren Haͤuſern Pabſt / Doctor, Biſchoff / Kaͤyſer / Fuͤrſten und Herren / darum ſoll ein Vater ſein Kind wie ein Richter ſtraffen / wie ein Do - ctor lehren / wie ein Biſchoff oder Pfarrer ihm fuͤrpredigen / wann er das thut / ſo kan er fuͤr GOtt beſtehen / wo nicht / wird er ſeinen Lohn von ihm zu ſeiner Zeit wohl bekommen / maſſen Eltern / Vater und Mutter koͤnnen an ihren Kindern das Himmelreich / alſo wie auch hin - wiederum nicht leichter die Hoͤlle verdienen / wann ſie dieſelben in ih - rem eigenem Hauſe zu lehren verſaͤumen.

§. 50. Damit nun ferner niemand / weder Frembdlinge und Aus -Vorberei - tungs Pflicht zum heiligen Nachtmahl. laͤnder / die ſich irgendwo auffhalten / noch Einheimiſche zu des HErrn Tiſch komme und gelaſſen werde / er ſey denn zuvor tuͤchtig darzu er - kannt / daß er verſtehe und wiſſe / was ſeiner Seligkeit Grund ſey / ja damit ſich nicht offt befinden moͤge / daß kaum der Hundert - ja Tau - ſende nicht an wahre Buſſe / hertz - und gruͤndliche Reue aller Gewiſ - ſens Ruhe / viel weniger an Zaͤhmen und Caſteyen des Fleiſches geden - cket / ſondern daß die Vorbereitung zum heil. Nachtmahl beym groͤ -Chriſtliche Liebe und Ei - nigkeit wozu erfordert. ſten Hauffen nur eine laͤſterliche Beichte / Buß - und Gebets-Ubung ſeyn / ſo ſoll endlich ein jeder wiſſen / daß auch Chriſtliche Liebe und Einigkeit zu ſolchen heil. Wercks Verrichtung abſonderlich erfordert werde / ſonſt waͤre es zum Zeugniß wider den Communicanten ſelbſt / und zwar ſoll ein jeder in ſeiner Pfarr-Kirche unter gewiſſen Beicht - Vaters Seel-Sorge bleiben / weiln der Ertzhirte JEſus CHriſtus alle und jede Hirten fragen wird / nicht allein wie ſie gelebet / ſondern auch / wie ſeine Schaafe und Laͤmmer von ihnen geweidet.

§. 51. Ob nun zwar durch GOttes Gnade noch viele MenſchenAntichriſtiſchẽ Jrrthums Er - rettung. aus denen Antichriſtiſchen Jrrthuͤmern vor ihrem Ende wieder bekeh - ret werden / wann ſie in ihrer Todes-Noth allein auff Chriſtum und ſein Verdienſt ſich verlaſſen / ſo ſollen nichts deſtoweniger wir Chri - ſten fuͤr einander bitten / daß GOtt wolle unſern Feinden / VerfolgernX 2und164II. Buch / Cap. III. Kirchen Gebet Mißbrauch wie verboten.und Laͤſtern vergeben und ſie bekehren / derowegen auch bey allem Vorfall fuͤr gemeinen Weſens Wohlfahrt von hoher Obrigkeit Kirchen-Gebet vorgeſchrieben wird / welche Kirchen Vorbitte unſtraff - bar niemand mißbrauchen ſoll.

Kirchen Fuͤr - bitte ſoll keine Pracht-Cere - monie ſeyn.

§. 52. So ſind nun billig hart zu beſtraffen etliche Leute / welche alſo geartet ſind / daß ſie das Kirchen-Gebet und Fuͤrbitte fuͤr eine Pracht-Ceremonie halten / ſo bald ihnen das geringſte vorſtoͤſt und wiederfaͤhret / daß ſie ſich etwa am Finger geſchnitten / ein Bein ver - treten / oder ihnen ein Zahn wehe thut / oder auff ein paar Meilwe - ges nur uͤber Land zu reiſen / ſo muß alſo fort ein Zettul nach der Kir - chen geſchickt werden / daß ein Chriſtliches Gebet zu begehren / da wird mancher todt-kranck und ſterbe-ſiech gemacht / ſo man aber bey ihm zu Hauſe koͤmmt / und will ihn aus Chriſtlichem Mitleiden beſuchen / ſitzet er wohl am Tiſche / iſt luſtig und guter Dinge / gebraucht nur das Spie - gelfechten / die Gemeine zu aͤffen.

Fuͤrbitt-Zet - tuls Miß - brauch der ſchwangern Frauen.

§. 53. Deßgleichen laſſen offt die ſtoltzen Frauen allzu zeitlich vor ſich bitten / als waͤren ſie ſchwanger / und wenn nun ein halb Jahr der Bitt-Zettul von der Cantzel abgeleſen / laͤufft es aus in lami, endlich verlieret ſich die Hoffnung ſamt dem Zettul / wann ſich etwan ein zar - tes Fraͤulein bethoͤret mit Einbildungen / da ſie doch nie recht ſchwan - ger geweſen.

Kindbetterin - nen Einfuͤh - rungs Ge - wohnheit zur Kirchen.

§. 54. Hieher gehoͤret auch die Gewohnheit / Kindbetterinnen zur Kirche einzuweihen / dabey man oͤffentlich GOtt dancket fuͤr Mut - ter und Kindes Leben und Geſundheit / und gleichſam von anweſender Mutter im Nahmen des Kindes bey der heil. Tauffe gethanen Ge - luͤbdes Wiederhohlung / allwo ſie gebraͤuchlich / mag man ſie behalten / von neuen einzufuͤhren iſt unnoͤthig / nach geiſtlichem Recht iſt eine Kindbetterin an gewiſſe Wochen nicht verbunden / insgemein halten ſie 5. biß 6. Wochen. C. un. X. de purificat.

Caput165Von der Prieſter Pflicht gegen Arme / Krancke / ꝛc.

Caput IV.

Vom Prieſter-Amt mit Vorſorge der Armen / Allmoſen / Krancken / Hoſpitahl und Haußbeſuchungen / auch wegen Verlobt - und Eheleuten / ſamt Kirchen-Gewalt und Buß-Zucht / endlich mit Leich-Predigt und Chriſten Geluͤbde Auffſicht.

§. 1.

EJn Pfarrer ſoll ſeyn ein vortrefflich Grund-gelehrt rechtglaͤubi -Pfarrers Tu - gend Beſchaf - fenheit. ger Mann / von rechtmaͤßiger Geburt und Alter / bey dem Leh - rer Unterweiſung und grauen Haar Umgang / ſeiner vorigen Jugend vollkommene Erziehung / mit ſcharffſinnigem Gemuͤth verbeſſert; kein Geiſtlicher aber ſoll weltlich Gericht haben / wegen ſeines Amts Na - tur / maſſen ja Aarons Stab und Nimrods Schwerdt uͤbel mit ei -Aarons Stab und Nimrods Schwerdt Recht. ner Hand regieret werden / und iſt gar ſchaͤndlich / daß Prieſter derer Welt Sachen ſich kundig erzeigen / darum ſie auch denen Ubelthaͤtern / die etwa zur Kirchen hinfliehen / und dadurch von ordentlicher Straffe befreyet / zur Geld-Buſſe zu gelangen vermeynen / kein Freyheits Recht zu vergonnen befugt / weiln ſolches denen Moͤrdern / Nacht-Dieben und Kirchen-Raͤubern vorzuſchuͤtzen nicht gehoͤret / ja auch die Kirche von GOtt ſelbſt verordnete Todes-Straffe nicht zu aͤndern vermag / ſo wuͤrde nur damit zu vielem Verbrechen ein Weg gebahnet.

  • Tit. ne Cler. vel mon. Secul. ſe immiſc. C. 6. X. de immunit. Eccleſ. C. 1. & fin. X. de homicid.

§. 2. Hingegen ſoll billig ein Pfarrer nebſt dem Seelen-auch einPfarrers Pflicht wegen Hauß-Armen. Hauß-Armen Regiſter haben von elenden Wittwen und Waͤiſen / und dafern ſie bey den Krancken in Haͤufern groſſe Armuth / Hunger oder ander Gebrechen an noͤthigen Dingen verſpuͤren werden / ſollen ſie dieſelbe den Vorſtehern des Kirchen-Kaſtens anzeigen / daß ſolchen heimlich armen Leuten / die ihre Nothdurfft aus Scheu niemanden klagen duͤrffen / gerathen und geholffen werde; auch ſollen ſie die wohl - habenden Buͤrger und Buͤrgerinnen inſonderheit anſprechen / und Chriſtlich vermahnen / daß ſie ſolchen armen Leuten die huͤlff - und wartloß ſind / mit Labungen / Speiſen / Geld / Leinen-Geraͤthe uñ andern behuͤlfflich ſeyn; Zu dem findet man viel redliche Leute / die ihre Noth in ſolchem Anliegen lieber leiden / als klagen / derowegen die Reichen ih - nen zu helffen ſchuldig / welches eben das Werck / dabey man ChriſtenX 3erken -166II. Buch / Cap. IV. erkennet / darum ſie dazu von Prieſtern auff der Cantzel zu erinnern / daß ſie willig zur Armen Kaſten geben / ſo ſollen auch die Pfarrer mit Fleiß darauff ſehen / daß ſolches nicht nach Gunſt / ſondern eines jedenKirchen Ein - kom̃en Eigen - nutz verboten. Nothdurfft gemaͤß ausgetheilet / und mit Kirchen-Einkommen kein Eigennutz geſucht / ſondern zu Kirchen-Diener und Gebaͤu / auch Ar - men Unterhalt und Befoͤrderung / angewandt werde.

Hauß-Armen Leute Recht.

§. 3. Solche Haußarme Leute / und diejenigen / ſo anderer Leute milden Allmoſen recht wohl beduͤrffen / werden offt ihrer ſelbſt eigenen Bloͤdigkeit halben auffgehalten und abgeſchreckt / daß ſie ſich ſcheuen die Gemeinde und ſonſt gottſelige Leute um Huͤlff und Steuer zu bit - ten / ſie ſchweigen aber ſtille und freſſen ihr Armuth / damit ſie beſchwe - ret ſind / in ſich / lauffen auch nicht umher im Lande / ſondern leiden ihr Jammer und Elend mit Gedult / und dieſe bloͤde und gedultige arme Leute / welche offtmahls das Brod nicht zu eſſen haben / ſoll man vor - nehmlich fuͤr andern unterhalten und ernehren.

Allmoſen wie man zu ſamm - len pfleget.

§. 4. Sonſt pfleget man Allmoſen / dadurch GOttes Worts Diener und nothduͤrfftige Mit-Bruͤder unterhalten werden / einzu - ſamlen / entweder von jedern inſonderheit / oder mit des Orts Gerichts - Herrn oͤffentlichem Vorbewuſt / bißweilen auch fuͤr arme Heyden oder andern Glaubensgenoſſen / an Geld / Korn / Wein / Brod und der - gleichen / von Hauß zu Hauß / Mann fuͤr Mann / durch Klingbeutel / oder mit denen fuͤr Kirchen-Thuͤren ausgeſetzten Schuͤſſeln. Hieher gehoͤret auch derer Pfarr-Wittwen und Waͤiſen Kaſten Gerechtig - keit / darinn zu ihrer Nothdurfft uñ Nahrung Chriſtl. Allmoſen-Steu - er geſamlet wird / gleichwie ſonſt zu Kirchen / Rathhaͤuſern / Bruͤcken / Damm - und Mauren-Bau.

Act. XI, 29. 1. Cor. ult. v. 3. Phil. ult. v. 15. 1. Tim. V, 16.

Zehenden Ge - brauchs Nutzẽ wie anzuwen - den.

§. 5. So werden auch wohl zu armen und elenden Perſonen Un - terhalt und Nahrung / als zu Tempel-Bau / Kirchen-Die - ner Auffenthalt und andern gottſeligen Urſachen / die Zehenden ge - braucht / derowegen man dieſelbe zu weltlichem Nutzen nicht anwenden ſoll / maſſen ſie derer armen Seelen Speiſe / Steuer und Allmoſen zu nennen / welche nicht ohne Biſchoffs ſonderbarem Urlaub als nur von einer Kirchen zur andern moͤgen verlehnet / noch an weltliche Leute ver - aͤuſſert und uͤberſetzt werden / es ſey durch Rechts Urtheil / Gabe und Geſchenck / oder Vergleich / Tauſch und Verjaͤhrung / es waͤre dann in geiſtlicher Perſonen Beſitz.

C. 15. 23. & 26. X. de Decim. L. ſemel-de R. J. in 6. L. 23. C. de SS. Eccleſ.

§. 6. Wer167Von der Prieſter Pflicht gegen Arme / Krancke / ꝛc.

§. 6. Wer nun Kirchen-Zehenden zu denen Armen gewidmet nichtZehenden Be - zahlungs Pflicht. bezahlet / iſt ſo viel Todtſchlaͤge ſchuldig / als Armen von Hunger geſtor - ben / weilen er eine Sache / von GOtt ſelbſt denen Armen vermacht / zu ſeinem Nutzen innbehaͤlt / ſaget Auguſtinus. Und Hieronymus ſpricht: Es ſey des Biſchoffs Ruhm / derer Armen Guͤter zu verſorgen; des Prieſters Schande aber / eigenen Reichthums ſich befleißigen. Das - jenige / ſo denẽ hungerigen Armen auszutheilen / vorenthalten / oder ihnen etwas davon entziehen / iſt ein offenbares Laſter und ſchaͤndliches Bu - ben-Stuͤck / das aller Raͤuber Grauſamkeit uͤbertrifft / welcher RaubKirchen Raub und Diebſtahl was zu neñen. vor allen Dingen erſtattet ſeyn muß / und wird der Raͤuber fuͤr einen Armen-Moͤrder gehalten. Wer ſich auch von andern Haab und Guͤ - tern Unterhalt zu ſchaffen vermag / und dennoch / was den Armen zuge - hoͤret / annimmt / der begehet gleichfalls Kirchen-Diebſtahl.

Can. 10. 16. q. 1. Can. gloria, 12. q. 2. C. 1. q. 1. c. ult.

§. 7. Weilen aber hier nicht genung iſt Armuth vorgeben / ſon -Armuth wie zu erweiſen / ſteht in Richters Erkaͤntniß. dern gehoͤrig darzuthun noͤthig / als kan ſie vornehmlich durch offen - bar Obrigkeitliches oder anderer glaubwuͤrdiger Leute / als Bluts - Verwandten und Nachbarn / Zeugniß erwieſen werden / maſſen Nach - barn dafuͤr gehalten werden / daß ſie ihres naͤheſten Nachbarn Thun und Laſſen wohl wiſſen. Wer nun eigentlich fuͤr arm zu halten / ſtehet in richterlichem Erkaͤntniß / wann nemlich einer nichts fuͤr ſich ſelbſt / noch beguͤterte und reiche Verwandten hat.

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