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Teutſches Corpus juris
Oder Verfaſſung derer / des Heil. Roͤm. Reich[s]Teutſcher Nation Kaͤyſerl. Buͤrgerl. Peinlichen / Lehn / Geiſtlichen / See / Land - und Kriegs-Rechten;
Mit Einer deutlichen Anweiſung / wie in denen Gerichten von denen Richtern / Advocaten und Partheyen nach denenſelben ordentlich und gruͤndlich zu procediren / Wobey zugleich Einige Chur-Fürſtl. Braunſchw. Luͤneb. und Fuͤrſtl. Heßiſche Landes-CONSTITUTIONES enthalten /
HANNOVER /BeyNicolaus Foͤrſtern /1703.

Eingangs-Vorrede.

GLeichwie Gottesfurcht und Ge - rechtigkeit die zwey fuͤrnehm - ſten Stuͤtzen und Haupt-Poſten / mit welchen Land und Reiche in ihrem beſtaͤndigen Flor und Wohlſtand befeſtiget und erhalten werden / dar - um auch GOTT der Allmaͤchtige / durch An - zuͤndung des klaren Lichts ſeines heiligen Worts und Evangelii / welches offenbahr in der gan - tzen werthen Chriſtenheit hell leuchtet und ſchei - net / zur Beſtaͤrckung einer wahren und rechten Religion / ſo da beſteht in recht ſinn - und vernuͤnff - tiger Andacht / groſſe Anleitung zur Froͤmmig - keit verliehen und gegeben; Alſo iſt demnach in) (2allenallen Reich - und Landen hoch vonnoͤthen / Recht und Gerechtigkeit zu handhaben / und ſolche Ge - ſetze zu beſtellen und zu verordnen / dadurch die Gerechtigkeit fuͤr allem gewaltſamen Eingriff beſchirmet werden moͤge; da ſonſt / wann ein ie - der alſo rechtlich geſinnet waͤre / ſich am Seinigen begnuͤgen zu laſſen / das ihm mit Recht zukaͤme / und ſeines Nechſten Schaden nicht ſuchte / ſon - dern ihm ſolches Recht zufuͤgte / als er wolte / daß ihm ſelbſt wiederfuͤhre / ſo waͤren keine Geſetze noͤ - thig / welche aber dazu beſtellt werden / daß alle recht friedſam Geſinnete ihres Rechts genieſ - ſen / und denen Ungerechten nach Geſetzes ermeld - ter Straffe / iemand Unrecht zu thun / verwehret werden koͤnne; Welches dann ſtets von uhralten Zeiten hero alle Kaͤyſer / Koͤnige / Chur - und Fuͤr - ſten / auch andere hohe Landes-Obrigkeiten gruͤnd - lich zu erwegen wohl bedacht / und dienliche Geſetze verordnet haben; Ob nun zwar fuͤr Alters die meiſten Rechts-Gewohnheiten mehrentheils in deren Unterthanen Gedaͤchtniß beſtanden / hat man deñoch allgemachſam dergleichen Satzungeninin ein weitlaͤufftiges Geſetz-Buch / Corpus Ju - ris genannt / ſchrifftlich verfaſſen laſſen / darnach man ſich richten und alle Streitigkeiten geurthei - let werden ſolten; wann aber / deren Materie an verſchiedenen Orten auffzuſuchen / denen Rich - tern viel Muͤhe und Beſchwerlichkeit verurſacht / als bedarff es niemand ſo wunderſeltzam beduͤn - cken / daß ein bey Friedens-Zeiten ſonſt muͤßiger Soldat / iedoch nach wie vorhin der Muſen Freund / ſich unterſtehen wollen / nach vielen Aus - ſuchungen ein ſchier vollkommenen Geſetz-Buͤcher und Rechten Auszug zu verſamlen / und in muͤg - lichſter Ordnungs Verbeſſerung einzufuͤhren / wie hieraus nachfolgender Geſtalt mit mehrern wei - ter und umſtaͤndlicher zu erſehen; Derohalben nun / wann ſolche vieljaͤhrige Arbeit von der Hoch - Loͤblichen Juriſtiſchen Facultaͤt Heſſiſcher Hoch - Fuͤrſtlichen Univerſitaͤt uͤberſehen / approbirt und tuͤchtig erkannt / auch von Kaͤyſerlicher Ma - jeſtaͤt und Durchlaͤuchtigen Gnaͤdigen Landes - Fuͤrſten zum Druck privilegirt; ſo wolle ein ieder Hochgeneigter Leſer des Urhebers wohlge -mein -meinten Zweck ihm ſelbſt zu Nutz und iederman zur Luſt / Seinen allerſeits Gnaͤdigſten Landes - Herren aber zu Lob / und GOTT dem Allerhoͤch - ſten allein zur Ehre / ungetadelt annehmen und halten / dabey unvergeſſen zu ſeyn / daß in dieſer Welt / gar eigentlich zu ſagen / nichts mehr neues zu finden / das nicht ſchon zuvor geſehen wor - den. Der Hochgeneigte Leſer lebe wohl.

Das1

Das erſte Buch / Vom unparteyiſchen Richter.

Caput I.

Vom Recht und Rechts-Perſonen / auch Geſetz - geber und deſſen Gehorſam.

JUra Regalia, oder Ober-Herrſchafft und Re - genten hohe und beſondere ſich ſelbſt vorbehal - tene oder auch deren Unterthanen mitgetheilete geringere Vorrechte und Rechts-Freyheiten / ſind nach ieder Landes-Art und Orts Gewohn - heiten billig zu unterſcheiden / als Meer - und Waſſer - oder See-Recht und deſſen Ufer / auch Schiff - und Fiſch-reicher Fluͤſſe / Stroͤhme und Holtz-Floß-Gerechtigkeit: Item, Lehn / Fi - ſcherey / Tonnen und Bachen auszuſetzen / zur Seegelungs-Nach - richt / alſo auch Wind und Roß-Muͤhlen / deren Grund-Seulen auff Herrſchafftlichen Boden anhangend befeſtiget / zu vergoͤnnen und er - auben; Hieher gehoͤren alle und iede Schiff-Zwanck - und Waſſer - Muͤhlen / die an Bruͤcken / Pfaͤhlen und im Waſſer / durch Recht An - cker auszuwerffen / feſt gemachet werden: Item Strandt-Recht am Ufer / Bruͤcken und Schiff-Zoll; dem naͤchſt alle Wild-Bahnen / Jagt von hohen rothen und ſchwartzen Wildpret / Eichel-Maſt / Wald - und ander Forſtwerck / ſo dem Eigenthums-Grund-Herrn gebuͤhret / wie auch Wolffs-Jagt / Vogel und Schnabelweyde / da vornehm - lich bey zu rechnen wilder Obſt-Fruͤchte / Jagt-Stallung zu bauen / Zweighauungs-Recht; Item, bey Feſtungen / Artillerie, Geſchuͤtz / Mu - nition, Proviant; die vornehmſte Gewalt der hohen Obrigkeit iſt / Macht Geſetze zu geben / Freyheiten auszutheilen / Verbrechens Straf - fe nachzulaſſen / und ſonſt verbotenen Eheſtand / iedoch nicht gegen GOttes Wort oder Geſetzes Befehl / zu geſtatten; Item, Erlaub -Aniß2I. Buch / Cap. I. niß und Erſtattungs-Recht wegen unmuͤndigen Alters Schwach - heit / hohe Wuͤrde und Ehren-Aemter auszuſpendiren / hohe und freyer Kuͤnſte Schulen anzurichten / Jahr-Meſſen und Maͤrckte An - ſtellung zu vergoͤnſtigen; Religions-Vorſorge zu haben / Kirchen und Gottesdienſt Gebrauch verordnen und deren Ubung zu verbeſſern / widrig geſinnete zu verjagen / daß GOttes Wort nach wahrem Ver - ſtand geprediget / und / zu GOttes Lob / Friede und Einigkeit ohne Aer - gerniß erhalten werden; ja geiſt - und weltliche Verſamlungen / Land - und Reichs-Tage anzuſtellen / Ober-Mittel - und Nieder-Gerichtbar - keit / Prieſter Amt und Beruff mitzutheilen; deßgleichen Krieg und Friedens-Recht / Verbuͤndniß zu machen / Zeug - und Waffen-Haͤu - ſer / Muͤntz-Gerechtigkeit / auch Tributen anzukuͤndigen; Endlich Ge - leits gerechtſame Gewalt / auff Heer-Reichs und Land-Straſſen / durch dazu beſoldete Einſpaͤnniger und Geleits-Reuter / Reiſende und Kauffleute mit lebendig bewaͤhrter Hand durch zu begleiten / und vor feindlichen Angriffs-Gefahr Sicherung zu verſchaffen / dagegen die Reiſende fuͤr Geld ein Geleits-Zeichen ausloͤſen; Item Nothwerck / Fuhren und Frohndienſte / erledigte Guͤter einzunehmen / den Wah - ren Zoll auffzulegen / ordinari Poſten zu halten / Saltzſiedereyen und Bergwercke zu bauen / derer Zehenden und Silber-Kauff / item Erd - und Landes-Schatz / Schloͤſſer und Pallaͤſte in Land-Staͤdten zu haben.

Regierungs Macht. Richter / in ei - gener Sache verboten.

§. 1. Nach Kaͤyſer-Koͤnig-Chur - und Fuͤrſtlichen Geſetzen / gehoͤ - ret alles Recht / Regierung und Macht dem Landes Ober-Herrn zu / und iſt unbillig / daß jemand in ſeiner eigenen Sache Richter werde.

  • L. 1. ff. de conſtit. Princ. L. 1. §. 7. C. de vet. jur. enucl. L. 10. ff. de jurisdict. L. 17.
    Richters Frey - heit und Will - kuͤhr in Ver - brechen und andern Faͤllen. Geſetzes Voll - ziehungs Huͤlf - fe.
    ff. de judic.

§. 2. So moͤgen nun Richtere nach heutigem gewoͤhnlichen Recht / in allen groß und aͤrgerlichen Verbrechen / dadurch etwa die gemeine Ruhe verſtoͤret wird / und auff alles / was vom Geſetz verboten / oder ge - gen daſſelbige mißhandelt / wohl erforſchen / weilen die Geſetze der Vollenziehungs-Huͤlffe nicht beraubet / ſondern vielmehr / allwo keineSachen Er - kaͤntniß-Recht. Straffe ausgedruͤckt / des Richters freyem Willen heimzuſtellen / je - doch allezeit mit vorhergehender rechtmaͤſſigen Erkenntniß der Sa - chen. Lib. 3. Tit. 5. Cod.

Proceſſes Un - geſchicklichkeit Einwurff zu vermeiden.
  • L. ea quidem, C. de Accuſat. arg. L. 6. ff. de Accuſat. c. 21. X. de accuſat.

§. 3. Ein Richter muß nicht ſeiner Willkuͤhr / ſondern Gewohnheit und allgemeinen Geſetzen folgen / die allen gleichmaͤſſig in acht zu neh -men3Vom Recht / Rechts-Perſonen und Geſetzgebern. men obliegen ſollen / damit nicht Einwurff eines ungeſchickter Art abge - handelten Proceſſes geſchehen koͤnne.

  • Arg. L. 6. C. de accuſat. L. 3. C. de Legibus. arg. L. Libellorum, §. 1. ff. de accuſat.
Richters Pflicht. Proceß-Fuͤh - rungs Rechts - Art.

§. 4 Derohalben er / aus Chriſtlicher Liebe und Zuneigung mit vernuͤnfftig und Geſetz-maͤßigem Gemuͤth / ohne Leichtſinnigkeit / Haß / Beleidigung oder Ubereilung / den Proceß rechtlich fuͤhren ſoll / mit Nachforſchung des Haupt-Verbrechen / als ohne deſſen GewißheitUrſach zur Haupt-Ver - brechen Nach - forſchungs - Weiſe. man zu keiner ſchaͤrffern oder peinlichen Frage gelangen kan / ſintemah - len zur Haupt-Nachfrage genung iſt das allgemeine Geruͤcht / zur ſon - derbaren Erforſchung aber gehoͤret beſſere Laſters Gewißheit / noch groͤſ - ſere Anzeigen zur Folter / die allergroͤſſeſte Nachricht der Warheit zuFolter und peinliche An - zeigung. des Schuldigen Verdammung / und zwar nach Unterſcheid derer Tha - ten / die unfehlbare Nachſpur hinterlaſſen oder nicht / da man in dieſenNachſpur und Geruͤchte giebt Aꝛgwohn. Kindes unbe - wuſten Todes - Art Nachfrage Recht. letzten Verbrechen nur durch Argwohn und Muthmaſſung den Grund zu erforſchen vermag / gleichwie bey andern geheimen Ubelthaten; Als ſo man zweiffelt / ob eine That aus Betrug und Boßheit / oder durch andern Zufall / vollbracht ſey / da nemlich einer erſtochen / aber unbe - kandt / ob es von ihm ſelbſt / oder von andern geſchehen; deßgleichen / ein Kind todt gefunden / aber unbewuſt / ob es gewaltſam oder natuͤrlichenJm Brunn er - ſaͤufften Men - ſchen Erkundi - gungs-Art. Moͤrdlich er - ſtochnẽ Men - ſchens Nachfor - ſchungs Weiſe. Gifft Hinrich - tungs Umſtaͤn - de zu erwegen. Todes verſtorben; Item einer im Brunnen erſaͤufft / aber zweiffel - hafft / ob er ſich ſelbſt muthwillig hinein geſtuͤrtzet oder von ungefaͤhr hinein gefallen / oder von andern dergeſtalt umbracht worden; alſo auch ſo fern jemand durch Gifft hingerichtet / ſoll man die Umſtaͤnde er - wegen / ob der elende Menſch ſich ſelbſt oder von andern unwiſſend im Trunck vergeben durch wahrhafft-aͤuſſer - oder innerlich Gifft.

  • Can. 4. c. 3. q. 7. Can. 61. c. 11. q. 3. L. 5. ff. de calumniat. Eſ. 8. v. 7. L. 1. C. de Ex - ecu[t]. Rei judic. c. 77. c. 11. q. 3. L. 1. §. 24. L. 5. §. 2. ff. ad SCt. Syllan. L. 23. §. fin. ff. ad L. Aquil. L. 66. §. pen. ff. de furt. L. 6. princ. v. cæterum, ff. ad L. Corn. de falſ. L. 29. princ. verſ. verum, ff. de jure fiſci. L. 1. §. fin. ff. de quæſt.

Caput II.

Vom gehoͤrigen Gericht / Kriegs-Befeſtigung /Inquiſitions - Proceß gehoͤ - riger Richter. Schwerdt - Rechts gehoͤ - rig Gericht. Geld-Buſſe Gefaͤngniß - Straffe Ge - richt. Gegen-Klag und Auszuͤgen.

§. 1.

BEy Inquiſitions Proceß, wofern er nicht ſoll nichtig ſeyn / iſt an - gehoͤriger Richter derjenige / welcher das Schwerdt Recht oder ander Gericht / darauff Geld-Buſſe / Gefaͤngniß und Verweiſungs - Straffe folget / hegen mag / und zwar des Beklagten Wohnungs /A 2nicht4I. Buch / Cap. II. Geburt - und Wohnungs - Orts Unter - ſcheid. Kriegs - und gelehrter Leu - te kein Unter - ſcheid / wegen Gerichts - Stand. Remiſſion de - rer Ubelthaͤter. Revers Ge - brauch / wegen Remiſſion. Remiſſions - Recht in Moꝛd und Diebſtahl Verbrechen. Gerichts - Zwangs-Vor - recht.nicht aber Geburt und Urſprungs-Ort / oder auch wo das Verbrechen geſchehen / welchen Gerichts-Stand in greulichen gemeinen Laſtern auch Kriegs und gelehrte Leute erkennen muͤſſen / weilen Ubelthat aller Ehren-Freyheit beraubet / oder / wo das Verbrechen angefangen / oder wo der Schuldige / wenn er fluͤchtig und umſchweiffend / zu finden. So fern es aber ein oͤffentliches Aergerniß / mag auch der / ſo nicht herum - ſchweiffig iſt / wo er gefunden / beſtraffet werden / und wird nicht ohn er - ſucht remittirt; ſonſt aber mag deſſen Wohnungs Ortes Richter wohl nachforſchen / weilen die remisſion nicht Statt hat / es waͤren dann Rich - ter unter einem Fuͤrſten oder Oberherrn / oder alſo Mit-Nachbarn / gegen revers verglichen; Jn peinlichen Gerichts-Sachen aber wegen Mordthat und Diebſtahl kan niemand gezwungen ſeyn / den Thaͤter abzufordern / ſondern bleibet wo er gegriffen.

  • Tot. Tit. C. ſi à non compet. jud. arg. L. 3. ff. de jurisdict. L. 3. princ. ff. de re milit. L. 1. C. ubi Senator. L. 1. C. ubi de Crim. L. 13. & L. 3. ff. de offic. judic.

§. 2. Der Klaͤger ſoll dem Beklagten in ſeinem Gerichts-Zwang / allwo er zu finden / insgemein nachfolgen; iſt alſo dieſes eine ſonderliche Rechts Freyheit / die jederman gebuͤhret / daß einer fuͤr ſeinem eigenem gehoͤrigen Gericht allein belanget und nirgend anders wohin gezogen werden moͤge / darum auch / wer nun dieſer Wohlthat abſagen will / ſich verpflichten muß / an allen Orten fuͤr Recht zu ſtehen / allwo er deſſen erſuchet wird an Wohnung-Handel - oder Verbrechens Orten.

  • L. juris ordin. C. de jurisd. omn. jud. C. cum ſit generale Ext. de for. comp. C. ſi clericus, Ext. Eccl. L. 2. & 4. C. de jurisd. omn. jud. C. 15. & ſeq. C. 11. q. 1.
Urtheils Krafft auſſer Gebiet. Revers benach - barten Landes - Herrn wegen Remiſſion. Remiſſions - Gewohnheit.

§. 3. Wer da / auſſer ſeinem Gebiet / einig Recht ſprechen will / dem leiſtet unſtraffbar gar keine Folge jederman.

  • L. 3. ff. de re milit. L. 20. ff. de jurisd.

§. 4. So pflegen nun insgemein benachbarte Landes-Herrn gegen oder ohne verſchriebene Verſicherung / daß es dem Remittirenden an ſeiner Gerichts-Hoheit / unnachtheilig ſey / wegen Miſſethaͤter Zuruͤck - ſendung ſich alſo zu vereinigen / daß ſie Raͤuber und andere Ubelthaͤter / die unter einem geſeſſen / unter dem andern aber gefangen / nicht vor ent - halten / ſondern vielmehr einander zukommen laſſen wollen / damitExecution - Recht ertappe - ter Ubelthaͤter. Remiſſions - Unkoſten wer ſtehet. wider ſolche allermaſſen mit rechtlicher Execution verfahren werde; wenn ſonſt der Beklagte / nach gegebenem Urtheil / entflohen und an - derswo ertappet wuͤrde / ſo iſt remiſſion billig. Und zwar muß eines Ubelthaͤters Zuruͤckſendung auff des Begehrenden Unkoſten geſche - hen / wann nemlich die That als veruͤbet bekandt / auch kein gering / ſon - dern groß und aͤrgerliches Laſter iſt / und dieſer Richter weiß / daß jener / daruͤber zu ſprechen / rechtlich befuget iſt.

§. 5. Wann5Vom gehoͤrigen Gerichte.

§. 5. Wann aber jemand in dieſem Gebiet das Verbrechen an -Ubelthaten Anfang und Vollendung Straffe. Richters Vor - zugs-Recht. gefangen und einen verwundet / im andern aber es durch Mordthat vol - lendet; oder hier eine Jungfrau gewaltſam entfuhret / und anderswo genothzuͤchtiget; oder in einer Provintz falſche Brieffe verfaſſet / und anderwaͤrts gebraucht / oder wer irgendswo gebunden / und am andern Orte beraubet waͤre / in ſolchen und dergleichen Faͤllen ſind beyderſeits angehoͤrige Richter / allwo die That angehoben und vollbracht worden /Peinl. Halsge - richts Geld - Straffe Recht. und gilt deſſen zuvorkommender Spruch fuͤr dem andern; Jedoch be - kuͤmmern ſich Richter nicht viel / um ſolche ſtreitige peinliche Halsge - richts-Sachen einander fuͤrzukommen / ohne wo ſich Geld-Straf - fe ereignet.

  • C. ult. X. de for. compet. L. un. C. de Rapt. Virg. L. 1. C. ubi de Crim. verb. com - miſſa vel inchoata L. 51. § 2. ff. ad L. Aquil.

§. 6. Wann auch einer an dieſem Ort eine Unthat befiehlet / derUbelthat-Be - fehlhaber und Geber Recht. Todtſchlag aber anderswo erfolget / ſo mag der Befehlgeber hier wohl verurtheilet / oder aus Beweißmangel anderwaͤrts auch belanget / der Befehlshaber irgendswo loßgeſprochen werden.

  • L. 17. §. pen. ff. de adult.

§. 7. Wann es nun zwar ein angehoͤriger Richter iſt / den Schul -Ubelthaͤter Recht auff frembdem Gebiete. Proceß-Ge - rechtigkeit we - gen Ubeltha - ten. digen aber nicht in ſeinem / ſondern auff fremdem Gebiet durch ſeine Diener gefangen / und des Orts Richter den Ubelthaͤter wieder fordert / ſo darff jener keinen Proceß fuͤhren; Wofern aber dieſer wegen ver - ſchwaͤchten Gerechtigkeit nicht klaget / noch den Gefangenen begehret / ſoll ihn jener nicht loß laſſen / ſondern uͤber deſſen Verbrechen erkennen.

§. 8. Wann auch einem Verbrechens-Gnade / an des Ver -Ubelthaͤter Be - gnadigungs - Recht. brechen Gerichts-Ort / wiederfahren / ſo kan von andern Richtern nicht gegen ihn gerichtlich gehandelt werden / derſelbe ſey dann einemProceß-Ver - bot auffs neue vorzunehmen. Zuvorkommen - den Richter - Freyheit. andern Landes-Herrn untergeben / ſo kan ihn eines fremden Herrn oder Richters Begnadigung an ſeinem Amt nicht verhindern; So fern aber der Schuldige loßgeſprochen oder verdammt / alsdenn gilt des zuvorkommenden Urtheil / und darff kein neuer Proceß fuͤrgenommen ſeyn / es waͤre dann Verdacht - oder Betrugs Argwohn bey vorigen geweſen / wer alſo von Richtern nachzuforſchen vorkoͤmmt / ſchlieſſet den andern aus.

§. 9. Wann aber von zween Richtern einer ſchrifftlich geladen /Zween Rich - ters Vorzugs - Unterſcheid. und der andere den Miſſethaͤter ergriffen / ſo hat dieſer Letztere den Vorzug / es haͤtte ſich denn Beklagter mit Fleiß in deſſen Haͤnde erge - ben / des andern Gericht durch Ungehorſam zu verachten / alsdann auffA 3Klage6I. Buch / Cap. II. Beklagten Ur - theil zu aut - worten oder nicht.Klage und darwieder eingewandt’-fuͤrgeſchuͤtzte Auszuͤge / und ferner rechtliches Einbringen wird zu Recht erkannt / daß Beklagter auff die gegen ihn angeſtellete und erhobene Klage fuͤr andern Gericht ſichOrdentlichen Richters Ge - richts-Zwang. Unkoſten Be - zahlungs - Recht. einzulaſſen nicht ſchuldig / ſondern von dieſem Gerichts-Zwang zu ent - binden und loßzuzehlen / Klaͤger aber mit ſeiner Anſprache fuͤr deſſen ordentlichen Richter zu verweiſen; oder auch / daß Beklagter ſeines Vorwendens ungeachtet / auff die wider ihn angefochtene Klage zu ſprechen / fuͤr dieſen Gericht ſtill zu ſtehen / und mit Kriegs-rechtlichen Befeſtigung zu antworten / und daß er es ietzo nicht gethan / die Unkoſten auff richterliche Ermaͤßigung zu erſtatten / ſchuldig ſey.

Wohnungs - Gerichts Ort - Recht.

§. 10. Wohnungs-Gerichts-Ort ſind untergeben alle Belehnte / die auff dem Lande oder in Staͤdten haͤußlich ſitzen / oder Feuer und Rauch darinnen halten / oder durch perſoͤnliches Anweſen / auch da ſie den beſt - und meiſten Theil ihrer Haab und Guͤter haben / ob ſieGeſaͤngniß - Geiſſelung und Geld-Buſſen Straff-Recht. Injurien und Ehren Sachen Gericht. Peinlichen Klage Zu - faͤlle. ſchon das gewoͤhnliche Buͤrger-Recht annoch nicht fuͤr ſich erlanget haͤtten; Sonſt gehoͤren allezeit zum peinlichen Richter Hals-Straffe und Geiſſelung / nicht aber Verweiſung / Gefaͤngniß und Geld-Buſ - ſen; So kan man auch beym Unterrichter wegen Diebſtahl / Injurien oder Ehren-Schaͤndungen / Gotteslaͤſterung / falſch ſchweren und vermaledeyen / Sabbaths-Entheiligung / aͤrgerlichen Geſellſchafften / und Verſammlungen / verbothenen Wucher und anderen Betrugs / auch Hurerey halber / peinlich anklagen.

Edel-Leute Freyheit / we - gen Gerichts - Stand.

§. 11. Wann ein Edelmann / der in Landes-Herrn Dienſt und ſtets am Hofe lebet / in einer Stadt eine Ubelthat begehet / ſo mag die Stadt-Obrigkeit in ſolcher Sache nicht nachforſchen / viel weniger die That beſtraffen / ſondern es gehoͤret Erkaͤntniß und Straffe dem Fuͤrſten zu maſſen; wofern eine Perſon einigen Gerichts-Standes be - freyet / genieſſet auch ſolche Freyheit deſſen familie; Jedoch / wenn der Edelmann nicht in derſelbigen Stadt / allwo der Fuͤrſt ſeine Geſchaͤffte treibet oder ſich auffhaͤlt / ſondern an einem andern Ort ſeiner eigenen Verrichtung halber ſich befindet / oder ſo fern er auſſer deſſen Dienſt nicht bey Hofe lebet / es ſey gleich in der Reſidenze oder einer andern Stadt / allwo er die Miſſethat veruͤbet / und ſelbige Stadt-ObrigkeitObrigkeiten Recht mit Edel-Leuten. Ober - und peinlichen Gerichte Recht hat / alsdann hat er ſich / durch ſein Verbrechen / deren Gerichtshaltung unterworffen / wann ſie ihn nemlich an Verbrechens-Ort gefangen nehmen koͤnnen; entfliehet er aber / ob ſchon er auff ſeinen Guͤtern wohnet / moͤgen ſie ihn nicht citi - ren / ſondern die Sache gehoͤret zum Fuͤrſten oder Landes-Herrn. Alſoiſt es7Vom gehoͤrigen Gerichte. iſt es auch mit Soldaten und geiſtlichen Perſonen / ſintemahl ein Be -Soldaten und Geiſtl. Recht. freyeter / der Ubels thut / an unbefreyeten Orten / nach deren Gewohn - heit Rechten / billig daſelbſt zu ſtraffen; ſonſt aber nach gemeinen aller Orten gewoͤhnlichen Rechten ſoll wider grobe Laſter keine adeliche oder andere einige Befreyung etwas gelten oder ſchaffen / ſondern deß - falls werden alle und iede / wie ſie mit Nahmen heiſſen / keine ausbeſchei -Adelichen Vorrecht und Freyheit Ver - luſt. den / gaͤntzlich auffgehoben / maſſen gemeinen Volcks Beſtes das hoͤch - ſte Geſetz ſeyn muß / auch keiner / der ſich mordens / ſtrauch-reitens / rau - bens und gewaltſamen ſtehlens befleiſſiget / einer Ritter-maͤſſigen oder Freyheit-faͤhigen Perſon / werth ſeyn kan.

  • Arg. L. un. C. ſi quacunque præditus poteſtate. Auth. qua provincia, C. ubi de Crim. L. 3. ff. de re milit. L. 1. C. ubi Senator.

§. 12. Jn peinlichen Hals-Gerichts-Thaten auff hohen Schu - len gehoͤret deren Erkaͤntniß / nach der Sachen Umſtand und Beſchaf - fenheit / dem Fuͤrſten der Academie oder Biſchoff zu; ſonſt aber iſt be - kandt / daß Studenten und hohen Schul Perſonen / in buͤrgerlichen Sa -Studenten Freyheit. chen / von Kaͤyſer Friderich Barbaroſſa, dieſe Freyheit haben / daß ſie nirgends / als fuͤr ihrem Magiſtro und Rectori, beklaget werden ſollen; jedoch kan dieſer Rechts-Wohlthat auch abgeſaget werden.

  • Auth. Habita, C. ne fil. pro patre.

§. 13. Weltlichen Standes Leute koͤnnen von geiſtlichen Richtern /Geiſt - und weltlichen Per - ſonen Rechts - Stand. Verzicht Rech - tens Einlieffe - rung. auſſer in Kirchen und geiſtlichen Sachen / nicht belanget noch geurthei - let werden / gleichwie in pein - und buͤrgerlichen Sachen geiſtliche Per - ſonen Freyheit haben / fuͤr keiner weltlichen Obrigkeit fuͤr Recht zu ſte - hen / es waͤre denn ihres Rechtens Verzeihung ſchrifftlich eingelieffert worden / oder das Verbrechen waͤre ſo grob / daß ſie ihrer Amts-Wuͤr -Conſiſtorial - Gerichts-Sa - chen. den zu entſetzen / alsdann gehoͤren ſie fuͤr das Conſiſtorium, ſo wohl als andere leichte Vrſehen / und geiſt - oder buͤrgerliche Sachen; wann ſie aber in groſſen Schand-Laſtern an Ort des Verbrechens auff derErgriffenen Thaͤter Recht. That ergriffen / gehoͤren ſie fuͤr des Orts weltlichen Richter.

  • C. cum non ab homine C. at ſi clerici. C. clerici, c. qualiter, X. de judic. C. ſi diligenti, C. 1. C. ſi quis C. cum contingat, & C. ſignificaſti. Ext. de for. comp.

§. 14. Wann auch einer peinlichen Gerichts Gerechtigkeit hat / nicht aber eben auff ſelbige Perſon wegen ihrer Freyheit und der Gefangene weiß / daß es nicht ſein gehoͤriger Richter / jedoch ihm ant - wortet / verſetzet er ſein Recht / er ſey dann vom Obern daran verhin -Rechts Verſe - tzuug in Ge - richts-Stand. dert / oder ſolche Verſetzung waͤre einem privilegirten Orden ſchimpff - lich; wann nun geiſtliche Perſonen auch in buͤrgerlichen Sachen etwas von einer That anders woher mehr / als von des beklagten oder beleidig -ten8I. Buch / Cap. II. Beicht-Be - kaͤntniß Zeu - gen-Sage. Beicht-Be - kaͤntniß Recht des Verſtor - benen.ten Theils Beicht-Bekaͤntniß wiſſen / moͤgen ſie / ihre Zeugenſage ab - zuſtatten / durch ihre geiſtliche Obrigkeit wohl angehalten werden.

§. 15. Wann ſonſt ein Geiſtlicher / wegen Beichtſtuhls-Bekaͤnt - niß / des Entleibten oder Verſtorbenen zu ſeines Gewiſſens Erleichte - rung / in Gottes oder Prieſters Hauſe geſchehen / zu offenbahren belangt wird / abſonderlich in Blut-Gerichts Sachen / darauff Blut-Straf -Miſſethaͤter Blut iſt ein Opffer Gottes. fe erfolget / waͤre es eine Phariſaͤiſche Heucheley / ihm Zeugniß zu ver - bieten / eben als wenn der Gerechtigkeit Verwaltung etwas ſuͤndliches an ſich haͤtte / vielmehr kan ja GOtt dem HErrn kein angenehmer Opffer als des Miſſethaͤters Blut geopffert werden / welches bey Ev - angeliſchen und Proteſtanten mehr als Catholiſchen geuͤbet wird.

Hurerey und Ehebruchs - Sachen Hurerey / Ehe - bruch und Nothzuͤchti - gungs-Sachen Recht.

§. 16. Schlechte Hurerey und Ehebruchs-Sachen mag man auch beym Untergericht nachzuforſchen begehren / weilen deren Straffe heut zu Tage willkuͤhrlich zu denen Erb - und Nieder-Gerichten gehoͤ - rig / da ſie aber Umſtaͤnde wegen mit Verweiſung und dergleichen Straffen zu belegen / werden ſie billich zum Obergericht hingezogen; Alſo gehoͤret Nothzuͤchtigungs-Verbrechen zum peinlichen Recht; Jſt auch ſonſt in Ehe-Sachen der Beklagte ſchuldig fuͤr frembden geiſtli - chen Richtern zu antworten.

  • C. cauſa matrimonii, Ext. de conſang. & affin. C. 16. X. de offic & poteſt. jud.
Ubelthat Straffe an frembden Ort. Injurien Ge - richts-Ort.

§. 17. Wer nun Frevel oder Ubelthat unter frembder Herrſchafft begehet / kan ſich auff ſeine Obrigkeit nicht beruffen / ſondern muß an ſel - bigem Ort zu Recht ſtehen. So ſoll auch in Ehrenſchaͤndung und Schmaͤh-Klagen der Ehren-Schaͤnder / dem Gerichte des Geſchmaͤ - heten zu folgen / ſchuldig ſeyn.

  • L. 38 ff. de judic. C. ſane, C. licet, X. de for. compet. L. diffamari C. de ingen. manumitt. L. 1. c. ubi de crimin.
Liegenden Guts Gericht.

§. 18. Wann der Beklagte unter eines fremden Richters Gebiet liegende Guͤter hat / muß er daſelbſt / allwo ſie gelegen / gerichtlich zu ant - worten ſich gar nicht entziehen / wenn er auch ſchon eine geiſtliche Perſon waͤre / weiln der Streit allhier nicht die Perſon / ſondern die Sache an - gehet fuͤr weltlichem Gericht.

  • L. 16. C. de præd. min. L. fin. C. de præſcript. long. temp. C. 5. X. de for. comp. L. 2. 3. & fin. C. ubi in rem act. Exerc. Auth. Clericus C. de Epiſcop. §. omni -
    Contracten - Gericht.
    um inſt. de act.

§. 19. Contract-Haͤndel geben auch gehoͤrigen Gerichts-Stand / es wuͤrde dann dagegen fuͤrgewandt die Ausflucht oder Begebs-Recht / wegen nicht alſo gemachten Handels-Vergleich / daß die Sache nicht alſo gethan und beſchaffen / wie abgeredt / ja anders geſchrieben / alsgeſagt /9Vom gehoͤrigen Gericht. geſagt / und alſo im Gegentheil; damit kan mancher auffgerichteterUrkunden Vernichtungs - Recht. Handel vernichtet / auch wohl Urkunden umgeſtoſſen werden / weilen man der Warheit mehr als ſchrifftlichen Schein in Rechten Statt ge - ben ſoll / damit man nun dafuͤr ſicher ſeye / ſoll man dieſem Vortheil aus - druͤcklichen abſagen laſſen.

  • L. 19. §. 1. ff. de jud. L. 20. & 36. §. ult. Item L. 45. ff. Eod.

§. 20. Wann der Beklagte fuͤr frembden Richter den Krieg be - feſtiget / ſo hat er ſchon bewilliget / ſeine Sache allda auszufuͤhren / esKriegs-Befe - ſtigungs - Recht. Einladung uñ Stillſtandes - Friſt. ſey geiſt - oder weltlich Gericht / weilen durch Beklagten Erſcheinung der Ladung Fehler auffgehoben / darum auch einer / der gegenwaͤrtig iſt / und alſobald antworten will / einzuladen unnoͤthig; jedoch kan man ihn zur Antwort nicht zwingen ohne gegebenen Stillſtand / dazwiſchen ſich zu ruͤſten / alſo gilt dieſe Ermahnung / an ſtatt Einladung; So wirdGeꝛichts-Ver - jaͤhrungs-Zeit. Beklagten Verſicherung. auch Gerichts-Hegungs-Recht durch Gewohnheit und 10. 20. 30. biß 40. jaͤhrigen Brauchs-Verjaͤhrung erlangt; erſte kurtze Friſt unter ge - genwaͤrtigen / letztere bey Abweſenden.

  • L. 5. ff. de jurisdict. L. 19. ff. de judic. L. 1. ff. Eod. L. fin. C. de præſcr. long. temp. L. 1. §. 1. ff. de Feriis.

§. 21. Wann eines beweglichen Guts halber Streit vorfaͤlt / mußBeweglichen Streit-Guts Recht. Beklagter Verſicherung geben / ſolches nicht zu veraͤuſern / noch zu verſchwenden / ſondern gehoͤrig auszuhaͤndigen / oder beym Gerichts - Amt in Verwahrung niederzulegen.

  • L. 16. in fin. ff. de offic. præſ. §. 3. &. 4. inſtit. de ſatisd. L. 17. C. de procurat.

§. 22. Gegen-Klage wuͤrcket / daß / wofern der Vorklaͤger ſeine Vorklage nicht qvittiren / noch dem Nachklaͤger antworten will / ihm Verhoͤr zu weigern / ohne in Wahl-Beylage-Unterhalt-Raub - Vollmacht-Ehe-Lehn - und geiſtlichen Sachen. So muß auch Gegen - klage des Vorklaͤgers Sache anhaͤngig ſeyn / und daraus herflieſſen / oder dieſelbe auff einige Weiſe betreffen / und zwar fuͤr Beklagten Gericht geſchehen / alſo daß Nachklaͤger ſeinen Beweiß ſtuͤndlich in zweyfachen Schrifften bey Handen habe / daß beyde Proceſſe zugleichGegen-Klage Recht. zum End-Urtheil gereichen moͤgen / ſolche gilt aber nicht fuͤr Commiſſa - rien Schieds - und Appellations-Richter / ohne in Bey-Urtheil / wie auch nicht in peinlichen oder andern privilegirten Sachen.

  • L. pen. ff. de compenſ. arg. L. 4. C. de pact. Auth. qui ſemel, C. quom. & quand. jud. L. 24. C. de Sentent. interlocut. c. 1. & 2. X. de mut. pet. c. 6. X. de arbitr. C. paſtoralis, X. de offic. ordin. C. ut dilectus, X. de appellat. L. 5. ff. de publ. judic. L. 1. & 19. C. de accuſat. arg. L. fin. C. de ordin. judic.
B§. 23. Jn10I. Buch / Cap. II.

§. 23. Jn peinlichen Sachen mag einer / wo er mißhandelt / geſtraf - fet werden / er gehoͤre auch zu Hauſe wo er wolle; Nicht aber mag ein Ubelthaͤter allzeit gezuͤchtiget werden / allwo er angetroffen / ſondern wird bißweilen an ſeinen gehoͤrigen Gerichts-Ort zuruͤck geſandt / wann aber des Orts / wo der Thaͤter ergriffen / ein Klaͤger verhanden / ſo mag daſelbſt die Obrigkeit den Verbrecher von Amts wegen ſtraf - fen. Wer nun peinlich anklagt / muß ſeine Klage auszufuͤhren / oder Beklagten fuͤr Schimpff und Schaden zu antworten Verſicherung thun; Eydliche Verſicherung aber hat allhier nicht Statt / ohne daß Klaͤger wegen Armuth ſonſt nicht buͤrgen mag / ſo muß auch in dieſen Sachen gantz hell und klarer Beweiß oder eigene Bekaͤntniß ſeyn / ſonſt ſoll darinn niemand richten. Wo aber eine Sache zweiffelhafft / ſoll man allezeit das Mittlere thun und verſtehen / weiln es beſſer den Schuldigen zu befreyen / als Unſchuldigen zu ſtraffen.

  • Nov. 134. c. 5. C. 24. Ecce, q. 3. C. ſi quid. diſt. 86. C. ſi peccaverit, 2. q. 1. L. 13. ff. de offic. præſ. L. 4. §. 1. ff. ad L. jul. pec. L. item, §. ſi quis, ff. de injur. L. ſi cui, in pr. ff. de accuſat. L. qui crimen, in pr. C. qui accuſ. non pot. L. 1. 4. & fin. ff. de cuſtod. reor. L. 16. C. de pœn. L. ult. C. de probat C. ſciant, 2. q. 8. C. Epiphan. 5. q. 6. L. ſingul. C. de accuſ. L. cum reis, C. de pœn. L. addictos, C. de appell. L. 32. & 42. ff. de min. c. at ſi, Ext. de judic. L. perinde, ff. ad L. Aquil. L. 2. C. quor. appell. non. L. 22. C. ad L. Corn. de falſ. L. 1. C. ubi de crim.
Verbrechen Gericht.

§. 24. Ausflucht einig Gericht zu vermeiden muß man vor Kriegs - Befeſtigung einwenden als wegen nicht angehoͤrigen Gerichts / oder welcher Richter allbereit zuvor kommen / wenn Beklagter mehr als ein Gerichte hat / oder in Schmaͤh-Klagen / allwo Klaͤger die Wahl hat / den Schuldigen zu belangen nach Belieben wo er will / wie auch durchInjurien Ge - richts Wahl - Recht. Supplique zum Fuͤrſten / oder der Auszug / wegen irgends wo ſchon an - gehaͤngt - und noch waͤhrenden Rechts-Streit / oder eines verdaͤchtigen und ungeſchickten Richters Verwerffung / welcher Auszug auch her -Auszugs Ver - jaͤhrung und Proceß-Nich - tigkeit. nach frey ſteht vorzubringen / wenn des Verdachts Urſachen erhellet oder zu erſt bekandt worden / alsdann mag der Richter ohne offenbahre Nichtigkeit im Proceß nicht fortfahren / ſonſt mag keinem Auszug einige Verjaͤhrung entgegen geſetzt werden.

  • L. pen. & ult. C. de Except. L. 5. pr. ff. de judic. L. 7. 30. & 72. ff. Eod. L. ſin. C. ubi in rem act. c. 13. 17. & 19. X. de foro compet. L. 1. C. quando lib. princ. Clem. fin. ut lite pend. L. 16. & fin. C. de judic. c. 25. X. de offic. deleg. L. 32. §. 14. ff. de arbitr. c. 4. X. de Except. L. 8. C. quom. & quand. jud. L. pure, §. fin. ff. de dot. Exceſ t.
Zeugen Ver - hoͤr-Gerichts Stand.

§. 25. Zeugen Verhoͤr giebt auch gehoͤrigen Gerichts-Ort / weiln der Widerpart / gegen welchen die Zeugen gefuͤhret werden / dazu be -ruffen11Vom gehoͤrigen Gerichte. ruffen ſeyn muß / ob er etwas dagegen einzuwenden / anders waͤre das Verhoͤr nichtig / ohne bey Inquiſitions-Faͤllen und wofern Gefahr beym Verzug / als wegen Schaden an entferneten Orten geſchehen / oder wegen langwieriger Abweſenheit / oder Todes Zufall / oder auch ausbuͤndig glaubhaffter Zeuge zu verhoͤren / oder es geſchehe mit Par -Zeugen Vor - recht / der aus - buͤndig glaub - hafft. they Bewilligung / ſo muͤſſen dennoch der Zeugen Nahmen Gegentheil ebenmaͤßig kund gemacht werden.

  • L. ſi quando, C. de Teſt. L. 1. C. de naufrag.

§. 26. Wann Beklagter abweſend ſich nicht einfinden will / magBeklagten ab weſenden Recht. er binnen 30. Tagen dreymahl oder ein fuͤr alle mahl mit dieſer Bedro - hung geladen werden / daß auff ſein Ausbleiben nichts deſtoweniger ergehen ſoll was recht iſt / und ſo fern der Citirt - und Beklagte ebenmaͤſ - ſig wie der Klaͤger erſcheinet / ſoll er am erſten Termin deutlich kurtz und verſtaͤndig / klar und unterſchiedlich / ob und worinn die That anders als vom Klaͤger vorbracht / und wie es ſich eigentlich verhalte / ſpecificiren / und auff jeden Punct nach allen ſeinen Umſtaͤnden Antwort anzeigen /Thats-Pun - cten richtige Antwort. wie auch / was er dabey fuͤr nahmentliche Auszuͤge einzuwenden haben moͤchte / alles auff einmahl bey Rechte Verluſt-Straffe einzubringen.

  • Tot. Tit. ff. & C. de requir. reis.

Caput III.

Wann und wo Gericht zu halten / und was allda wegen Feyertag und Ausfluͤchte zu handeln.

§. 1.

ZU heiligen Feyertagen / zur Erndten / Jahrmaͤrckten und Wein -Gerichts Fey - ertage Recht. leſe / auch Fuͤrſten zu Ehren / item, wegen Peſt-Seuche / Auff - ruhr und Feindes-Noth-Zeiten / ausgenommen guͤtlichen Vergleich der Partheyen / darff man nicht zu Recht ſtehen / wann man nicht ſol - cher Freyheit / wie gewoͤhnlich / ſich ſchrifftlich verziehen; jedoch mag man GOttes heiligen / als auch andern aus obliegender Noth gebote - nen Feyertagen nicht ſich begeben / ſondern ſolche entſchuldigen denFeyertage Proceß nichtig. nicht erſcheinenden / ja die Rechts-Handlung iſt gantz null und nichtig / auch fuͤr einem Schieds-Richter / es ſey gleich mit Partheyen Bewilli - gung oder ſtreitige Gerichts-Hegung.

  • Tit. ff. & C. de Fer. L. 2. & ult. C. Eod. L. 36. ff. de arbitr.

§. 2. Wer nun auff einen Feyertag zu erſcheinen geladen / iſt fol - gendes Tages ſich einzufinden gehalten; So mag auch an heiligen Feyertagen keine Citation jemand eingelieffert ſeyn; Erndte-Feyer -B 2Zeiten12I. Buch / Cap. III. Zeiten gehen nur Acker - und Bauers-Leute an / gelehrte Leute und ho -Erndt - und Jahrmaͤrckte Feyer-Zeiten. her Schul-Perſonen aber nicht / jedoch koͤnnen ſie dafuͤr als auch unge - horſam nicht verurtheilet werden; Jahrmaͤrckte Feyertage gehoͤren auch Gewerb und Handels wegen Kauffer und Verkauffern / es waͤ - re denn daſelbſt Contract gemacht / oder jemand als verbannet deſſen unwuͤrdig / oder ſonſt wegen der Flucht verdaͤchtig.

  • C. cum dilecti, X. de dol. & contum. L. ult. C. de Dil. & Fer. arg. à contrario ſenſu, L. 1. C. de agric. & Cenſ. L. 1. §. fin. & L. 4. ff. de Fer. L. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. & L. ult. C. Eod. L. un. C. de nund. L. 26. §. ſi feriæ, ff. Ex quib. cauſ. maj.
Caleuder Ge - brauch / wie zu deobachten.

§. 3. Wann aber die Calender hierinn veraͤnderlich gelten / beyder Zeiten / oder am meiſten des gehoͤrigen Gerichts-Orts Tage / allwo aber Procuratores beſtellet ſind / die moͤgen / wofern Gericht an ſolchem irr - diſchen Feyertag gehalten wird / wohl ſich allda einfinden und gericht -Appellation Freyheit. lich handeln; Appellation aber mag an allen Feyertagen wohl anhaͤn - gig gemacht werden / weilen ſolcher Friſt keinen Verzug leiden will / oder der Rechts-Stand geht verlohren.

Auszuͤge Recht die zerſtoͤrlich.

§. 4. Zerſtoͤrliche Auszuͤge ſoll man alsbald der Kriegs-Befeſti - gung anhaͤngen / deren Beweiß aber geſchicht hernacher; So moͤgen auch etliche vorhero ſich klagloß zu machen eingewendet werden / als daß die Sache ſchon geurtheilet / verglichen oder durch Eyd geendiget; ja einige kan man nach dem Urtheil nuͤtzlich gebrauchen / als die / ſo hernach entſtanden oder das Gericht vernichtet / wie in Ehe-Sachen wegen Blut-Verwandſchafft / oder wofern ſie dem Urtheil nicht wie - derſprechen / dennoch deſſen Vollendung maͤßigen / als frembden nicht angehoͤrigen Gerichts-Stand / Klagen Abtretung und nicht bezahleten Werths halber / oder welche anzeigen / daß die Verpflichtung noch nicht angefangen oder rechtlich verſchwunden / wie Ausflucht geſchehener Bezahlung / Vergeltung-Beylage / Liſt / Falſchheit / Verjahren und nicht erfuͤlleten Handlung wegen / oder wann das Urtheil durch Erſtat - tung gehoben / oder durch Appellation auffgehalten wird / oder auch / ſo fern die Perſon und Auszug ſelbſt ſonderlich dazu privilegiret / als Schuld von Weib und Kindern gemacht; oder ſo man ſtuͤndlich er - weiſen kan / daß Klaͤgern nichts an der Sache gelegen / ſondern unge -Eines dritten Rechts Ein - wurffs Krafft. Verlaͤngung - Auszugs Recht. buͤhr und freventlich klaget / welchen Falls eines dritten Rechts Ein - wurff wohl gelten mag / oder wegen gleichen Grads und naͤhern Erb - folgers-Recht; Wann nun der Auszug in der Verlaͤugnung beſtehet / ſo muß der Beweiß dem Klaͤger und nicht Beklagten obliegen; Alſo auch wann Beklagter zwar die Verheiſſung geſtehet / aber mit Bedingauff13Von der Zeit und dem Orte der Gerichten. auff gewiſſe Art und Weiſe geſchehen zu ſeyn vorgiebt / muß Klaͤger das Gegentheil gruͤndlich darthun.

  • L. 2. C. ſent. reſcind. non poſſ. L. 8. & 9. C. de Except. L. 2. §. ult. & L. ſeq. Eod. L. 2. C. de pedan. jud L 9. C. de præſcr. long. temp. L. 1. C. de re judic. L. 11. §. 4. ff. de Except. rei judic. L. 1. C. de jur. & fact. ignor. L. 11. ff. ad SCt. Maced. C. 1. X. de lit. cont. L. ult. C. de Rei vind. L. 6. C. de ſerv. fugit. L. 13. §. 8. ff. de act. Emt. arg. L. 14. C. de non numer. pecun. L. 213. ff. de V. S. Gloſſ. in L. ſiquidem, verb. ſed contra, C. de Except.

§. 5. Uber zweyte Schrifft ſoll man nicht leicht fuͤr Gericht verſtat -Schrifften Vielheit ver - boten. ten / vielmehr diejenigen / ſo freveln Auszug machen / mit Geld-Straffe belegen; ja allwo Streits-Verzoͤgerungs Verdacht verhanden / werden alle unverſchaͤmt - und boßhaffte Ausfluͤchte verworffen / ſonſt aber ſol - len ſolche ſchrifftliche Behelffe zwiefach eingelieffert werden / daß man deren Copie ohne Verzug mittheilen koͤnne; So mag auch ſtrengen Rechts / nicht aber Billigkeit halber / ein Fuͤrſt jemand eine Sache zu ſchlichten befehlen / ohne Ausflucht zu beobachten / daß nemlich Be - klagten die vorher eingewandte und die Sache ſelbſt mehr beruͤhrende Auszuͤge / auch Kriegs-Befeſtigung zerſtoͤrlich zu gebrauchen / auch moͤ - gen vorbehalten werden; inzwiſchen aber / vorgeſchuͤtzten Vergleichs - Ausflucht ungeachtet / iſt er den Krieg rechtlich zu befeſtigen ſchuldig / welches im Bey-Urtheil vom Richter ausgedruͤckt und verworffen ſeyn ſoll; So mag einer auch an ſolchen Ort beklaget werden / allwo er Rechnung ablegen ſoll.

  • Arg. Clem. ſæpe de V. S. c. 13. X. de offic. jud. deleg. L. 2. C. de ord. cognit. L. ult. C. de ord. jud. L. 6. §. fin. ff. de compenſat. L. fin. C. ubi de ratiocin.

§. 6. Niemand kan ſeines gleichen oder hoͤhern Leuten ohne deren Willen Urtheil und Recht ſprechen / wann auch die Sache einen drit - ten Mann angienge / daß zwiſchen ſtreitigen Partheyen einiger Falſch - heit-Verdacht obhanden / oder derſelbe einem Theil wegen ſein eigen Intereſſe beyſtehen muͤſte / ſo kan er waͤhrend oder nach geendigten Krieg Urtheils Vollziehung zu hindern zwiſchen kommen und ſein RechtZwiſchen kom - menden dritten Recht. vertreten / als wegen einer ſtreitigen Sache Vermaͤchtniß / oder wo - fern der Fiſcal auff buͤrgerliche Sachen wegen Straffe anſpricht / oder wann jemand eine Erbſchafft im Teſtament bekommen / die ſchon ein ander hat alſo gewonnen / muß ſie dem erſten verbleiben / welcher dem andern Buͤrgſchafft leiſten ſoll; So ferne aber irgend einſeitiger Betrug zu vermuthen / mag man dem zwiſchen kommenden Klaͤger den Eyd der Boßheit aufflegen / und dieſes gilt in allen / auch geiſtlichenB 3Sa -14I. Buch / Cap. III. Sachen; Unmuͤndige aber / Unſinnige / Taube und Stumme moͤgen nicht Klaͤger ſeyn.

  • L. 3. §. fin. & L. 4. ff. de recept. qui arbitr. L. 14. ff. de jurisdict. Nov. 112. §. 1. Auth. nunc ſi hæres, C. de Litigioſis. L. 29. ff. de inoffic. Teſtam. L. pen. ff. de pet. - red. C. 15. X. de offic. jud. deleg. Tot. Tit. ff. de poſtul. Tot. Tit. C. qui legit. perſ. L. 40. & 124. §. 1. ff. de R. J.

§. 7. Alſo in Raubs-Klage / wann der Beraubte Erſtattung be - gehret / Beklagter aber das Eigenthum erweiſen will / wird ErſtattungMitgiſſts Vor - recht. ſo lang auffgehalten / biß des zwiſchen-kommenden Recht eroͤrtert; Oder wann fuͤr Mannes Schulden in Heyraths-Guͤtern das Urtheil vollenzogen wuͤrde / mag die Frau rechtlich ſich entgegen ſetzen und zwi - ſchen treten / ſo ſoll Mitgifft wieder gegeben werden / wo der Mann wohnet und nicht allwo ſie verſprochen.

  • L. bona fide, §. 1. ff. Depoſiti. L. 15. §. 4. ff. de re judic. L. 29. C. de jur. dot. L. 65. ff. de judic.
Appellation - Vorrecht.

§. 8. Desgleichen mag jemand in Appellations-Fall zwiſchen kommen / ob ſchon die Partheyen mit ihrem Urtheil vergnuͤget ſeyn / und Klaͤgern oder Beklagten eigenen Nutzes halber auszuſchlieſſen und binnen zehen Tagen eingefuͤhrte Appellation feſt anzuhaͤngen und ſel - bige vor ſich zu verfolgen / dabey aber muß ein ſolcher dritter Mann ſei - ne Beſchwerungs-Urſachen gebuͤhrend anfuͤhren / weilen auch der Sa - chen unvermeidliche Anhangs-Verwandſchafft angehoͤrig Gericht macht.

  • L. 4. & 5. §. 2. ff. de Appellat. L. 3. & 10. C. de judic. L. 3. C. de ordin. jud.

§. 9. Wann ſonſt des zwiſchenkommenden Klaͤgers Vorhaben von groſſer Wichtigkeit / der Erſte aber ſeine Sache geſchwinder be - ſchlieſſen will / mag jener das Gericht nicht auffhalten / ſondern es wird das Urtheil gegen der Sache Verſicherung vollendet; Wann auch einer Verbrechens halber eingezogen und wieder ihn procediret / er aber rechtlich ausfuͤhren wolte / daß ihm Unrecht geſchehen / mag er Erſtat - tung ſuchen.

  • L. 57. ff. de Rei Vind.

§. 10. Wann Beklagter an vielen Orten Wohnungs-Recht hat / mag Klaͤger erwehlen / wo er ihn gerichtlich belangen will; Ein zwi -Zwiſchen kom - menden Klaͤ - gers Recht. ſchenkommender Klaͤger aber muß auch den Streit daſelbſt antreten / in welchem Stande er ihn gefunden / dahero er keine neue Zeugen-Sage vorfuͤhren kan / bevorab wenn er vom Zeugen-Verhoͤr gewuſt und ſelbi - ges eroͤffnen laſſen / wegen einigen Betrugs Argwohn.

  • L. 2. §. 3. & L. 4. ff. de eo quod cert. loc. pet. C. ult. X. ult. lit. pend.
§. 11. Alſo15Von der Zeit und dem Orte der Gerichten.

§. 11. Alſo ſchadet auch vorigen Streits Wiſſenſchafft einemSchuldners Recht wegen Pfands-Ver - thaͤdigung Cre - ditoris. Schuldner / der ſeines Wiſſens den Creditor das Pfand verfechten laͤſſet / wofern dieſer untenlieget; ſonſt aber wo der Richter Boßheit vermuthet / mag er den zwiſchenkommenden Klaͤger wohl abweiſen / jedoch ſeiner Anſprache nichts benommen / und mag ein Schuldner an Ort und Enden / allwo Bezahlung verſprochen / ſo fern er daſelbſt ge - funden wird / beklaget werden.

  • L. 63. ff. de re judic. L. 23. ff de obl. & Act. L. 100. in fin. ff. ſolut.

§. 12. Nach Kriegs-Befeſtigung wird auch der Procurator StreitsVeꝛpflichtungs Recht mit Be - ding. Herr / daß hernach keine Luͤgen mag wiederruffen werden / wer nun in buͤrgerlichen Sachen alſo den Krieg befeſtiget / daß er zwar die Schuld aber mit Beding geſtehet / alsdenn muß Klaͤger beweiſen / daß Beklag - ter ſchlecht ſich verpflichtet; in peinlichen Sachen aber wer Mordthat bekennet / und dabey ſagt / daß es zur Nothwehr geſchehen / muß als Beklagter dieſes gruͤndlich darthun.

  • L. 22. C. de Procurat. L. 26. §. 5. ff. de noxal. act.

§. 13. So waͤre auch Proceß zu verkuͤrtzen gar dienlich / daß Kriegs-Befeſtigung auffs Richters Anordnung der Beklagte ſelbſtenProceß Ver - kuͤꝛtzungs-Mit - tel. und nicht die Procuratorn auch nicht ſchrifft-ſondern muͤndlich zu ver - richten angehalten wuͤrden / welches hernach aus deſſen Mund zur Fe - der im Gerichts-Buch eingefuͤhret ſeyn ſoll / alsdenn wird alle Zeit - und Jaͤhrliche Klage dadurch verewiget ohne Klagen wegen Betrug. Item, Straff-Buß-Klagen werden damit auff Erben verſetzt / und Verjahrungs-Friſt wie durch Ladung unterbrochen.

  • Arg. L. ult. C. de Procur. L. ult. in fin. C. de fidej. tut. L. ult de præſcript. 30. ann. L. fin. C. de dolo. L. 139. & 164. ff. de R. J. L. 26. C. de Rei Vind. L. 2. C. de an - nal. Except.

Caput IV.

Von Citation oder Gerichts-Einladung / Item, von Dilation oder Auffſchubs-Friſt und Un - gehorſam.

§. 1.

WEr zum Gericht geladen mit einiger Freyheit begabt / iſt ſolchesGerichts La - dungs-Wuͤr - ckung. anzufuͤhren und zu erſcheinen pflichtig; Gerichts-Ladung ver - hindert die ſonſt gehaͤſſige wegen Beſitzers Nachlaͤßigkeit eingefuͤhrte 30. jaͤhrige Verjaͤhrung.

  • L. 2. ff. ſi quis in jus vocat. L. 5. ff. de judic. L. 3. §. quæ ergo, & L 7. princ. ff. de præſcr. 30. ann.
§. 2. Ge -16I. Buch / Cap. IV.

§. 2. Gerichts-Ladung geſchiehet entweder durch Boten oder ſchrifftlich / wann Beklagter unter anderm Gericht ſtehet / mit deſſen Richters Huͤlffe wegen Contracts, Verbrechen und wo das ſtreitig Gut gelegen / welches kan beſchlagen werden / auff daß Klaͤger nicht zu deſ - ſen Beſitz eingefuͤhret oder durch oͤffentliches Edict, wann BeklagterCitation bey Zeugniß und Confrontati - ons-Fall. herumſchweiffend an keinem gewiſſen Ort zu finden; frembden Rich - ters Gerichts huͤlffliche Ladung geſchicht auch wegen Zeugniß abzuſtat - ten / oder in Confrontations-Fall mit Beklagten einer Ubelthat halben. Ein Fluͤchtiger / der nach Jahr und Tag erſcheinet / bekommt ſein Gut wieder / darum von ſolchen Guͤtern keiner Obrigkeit etwas zu nehmen und zu ihrem Nutzen anzuwenden eꝛlaubt ſeyn ſoll / es kan auch uͤber Ver - weiſungs Straffe keinem Abweſenden mehr zuerkannt werden.

  • Clem. 1. §. volumus, de foro compet. C. 1. §. contrahentes, de for. comp. in 6. Clem. 1. de judic. Clem. 2. de Paſtoralis, de ſent. & re judic. L. 1. & 2. C. de re - quir. reis. L. 5. ff. de pœnis. L. 5. §. 13. ff. de rebus eorum. c. 19. X. de appell. L. 8. C. quom. & quand. L. 10. §. 16. quæ in fraud. credit. L. 47. ff. de re judic.

§. 3. Derjenige / welchen die Klage angehet / und alle die dadurch koͤnnen beleidiget werden / muͤſſen citiret ſeyn / und dieſe Citation wird ins Geſicht vermeldet oder zur Wohnung eingebracht; wann deren Be - klagten mehr ſind / ſoll jedern eine Copie uͤberlaſſen werden / und wofernGerichts-La - dungs Art und Bericht. die Haußgenoſſen ſolche nicht annehmen wollen / mag der Bote ſie de - ren Thuͤr-Poſten oder Fluͤgeln anbefeſtigen / und etlichen Nachbarn es bekandt machen / welche Art der Haupt-Ladung muß eingeſchrieben ſeyn / auch im Gerichts-Protocoll auff gethanen Bericht anzufuͤhren / welche Boten Nachricht nothwendig geſchehen muß / auch ſoll es ver - ſiegelt werden / ob ſie ihm oder andern uͤberlieffert / was der Geladene geantwortet / ſolchem Bericht dann billig Glauben beyzuſtellen / weilen zu vermuthen / daß ein beeydigter Gerichts-Diener alles richterlichen Befehl gemaͤß verrichtet habe / in peinlichen Sachen aber wird der Beklagte thaͤtlich wie ein Fluͤchtiger ergriffen.

  • L. 39. ff. de Adopt. L. 13. §. 1. ff. de Excuſat. tut.
Gerichts-Bo - ten Pflicht und Gerechtig - keit.

§. 4. Von ſolchen Cantzley Hoff - oder Gerichts-Knechten / Stadt - Dienern / Pedellen / geſchwornen Frohn-Boten iſt zu wiſſen / daß ſolche Gerichts-Boten-Laͤuffer ſollen alle Einladungen und Proceß - Handlungen verkuͤndigen / exequiren und davon Bericht abſtatten / auch / im Fall eine Parthey nicht erſcheinen wuͤrde / wieder von neuen auff ſein ſelbſt Koſten ohne Parthey Nachtheil zu thun angehalten werden / vermittelſt beydes gegen gewiſſe Beſoldung / wann ſie aber untreu und nachlaͤßig / werden ſie mit Gefaͤngniß-Thurn / ihres Amts Entſetzung undin an -17Von der gerichtlichen Citation und Dilation. in andere Wege ernſtlich abgeſtrafft; wer aber ſolchen ſich widerſetzet / ihnen Gewalt und Unrecht zufuͤget / da ihnen jemanden von Amts we - gen zu fahen gebuͤhret / verbricht gegen die Obrigkeit ſelbſten / und mag im Fall der Nothwehr gar getoͤdtet werden / da ſie nur in ihren Schran - cken bleiben / nicht gewinnſuͤchtig / noch argliſtig jemanden beſchaͤdigenRechts Wie - derſetzlichkeit Straffe. mit Unfug / ſonſt waͤren ſie gleich andern Ubelthaͤtern zu ſtraffen; die hartnaͤckichte Wiederſtreber aber / wann ſie daruͤber verwundet / ha - ben es ihnen ſelbſt beyzumeſſen / und werden dazu willkuͤhrlich noch ge - zuͤchtiget.

  • L. 33. §. 5. C. de Epiſc. L. 13. §. 2. C. de judic. L. 12. C. de prox. ſacr. ſcrin. Nov. 82. §. his qui lites. L. 9. C. de cohortat. L. 1. & ſeq. C. de lucr. Advoc. Tit. C. de fruct. & lit. expenſ. P. H. O. art. 150. C. 11. §. notarium, in verb. officium, de re - ſcript. in 6. c 97. cauſ. 11. q. 3. arg. L. 1. §. 3. ff. de injur. arg. L 4. C. de his qui ad Eccleſ. conf. L. 29. §. fin. ff. ad L. Aquil. L. 3. §. 1. ff. quod met. cauſ. arg. L. 32. ff. de injur. Tot. Tit. C. de Apparit.

§. 5. Wann Beklagter ein Mieths-Mann oder ſonſt jemand in eines andern Nahmen im Beſitz waͤre / mag er bey der gerichtlichen Einladung / es ſeye beweg - oder unbeweglichen Guts halber / ſich ent - ſchuldigen und ſeinen rechten Beſitzer oder Eigener benennen / welche Benennung der Richter alsbald dem Benannten kund thun ſoll; SoRechten Eige - ner oder Beſi[-]tzers Benen - nungs Recht. fern er aber ſolches fuͤr Kriegs Befeſtigung nicht thut und vorher ande - re nichtige Ausflucht geſucht / kan er ohne bewieſenen Jrrthum ſich mit ſolcher Benennung hernach nicht behelffen; wie auch kein Lehnmann Pfand oder Nutzungs-Einhaber / ohne im Streit wegen Eigenthum.

  • L. 2. C. ubi in rem act. C. fin. §. fin. X. ut lit. non conteſt. L. 13. §. 13. ff. de petit. hæred.

§. 6. So wohl bey Niedern Obrigkeit als Obern Botmaͤßigkei -Citation-Jnn halt der ſtreiti - gen Sache. ten / wie auch fuͤr Dorffs-Richter und Schoͤppen muß ins beſondere einer Citation oder gerichtlichen Ladung die Sache / ſo ſtreitig / einver - leibet werden / wofern ſie nicht fuͤr unbeſcheiden und betruͤglich ſoll ge - halten ſeyn / es waͤre dann / daß der Beklagte wohl bewehret und geruͤ -Dilation - Rechts Wuͤr - ckung. ſtet kommen koͤnne / daß keine vergebliche Dilation vorzuſchuͤtzen / ſon - dern der Proceß muͤglichſt zu verkuͤrtzen / maſſen ſonſt Auffſchubsmittel nur in dem Punct / daruͤber es verſtattet / zu Nutz kommt / es haͤtte denn einer dem Beweiß abgeſagt / oder waͤre Ungleichheit erſchienen / oder gar einiger Zeugen Verdacht verhanden / weilen waͤhrender Dilation vom Richter keine Neuerung vorzunehmen; Sonſt wird angehoͤrigen Gerichts freventliche Entziehung mit Gelde oder Sachen Verluſt ge - ſtraffet.

  • L. 3. C. de Dilat. L. 5. §. 1. C. de jurisd. omn. jud.
C§. 7. Wann18I. Buch / Cap. IV.
Falſchen Ur - hebers Benen - nungs Straffe.

§. 7. Wann jemand ſeinen rechten Eigenthums-Herrn nicht be - nennet / ſondern einen falſchen Urheber anzeiget / verliehret er ſein Be - ſitz-Recht / ſonſten wird er vor ſeine Perſon klagloß geſtellet / Gerichts - Termin aber verlaufft von Zeit der Einladung Anſchlags.

  • L. ult. ff. de Rei Vind.
Urheber Be - klagten und Klaͤger-Beſitz - Streits Recht.

§. 8. Weilen auch die Beklagte bißweilen einen abweſenden Ei - gener des ſtreitigen Gutes zu nennen pflegen / oder einen maͤchtigern Be - ſitzer angeben / als in deſſen Nahmen ſie es gebrauchen / kan man ihnen zur Sicherheit den Eyd der Boßheit aufftragen / ſo ſtehets auch Klaͤ - gern frey / Beklagten zu uͤberweiſen / daß er es in ſeinen eigenen und nicht eines andern Nahmen beſitzet / alsdann wird er des Guts entſetzet und Klaͤger zum Beſitz eingewieſen; jedoch mit Vorbehalt des Eigen - thumers Recht ohne Nachtheil des Abweſenden. Wenn nun der Au - tor benannt / auch es ihm kund gethan / und dennoch nicht erſcheinet / wird der Krieg fuͤr befeſtiget gehalten / die Verjaͤhrung zu unterbrechen und zu verhindern.

  • L. fin. ff. de Rei Vind.
Creditoris Recht / wegen Schuldners Guͤter Arreſt. Hoher Bedien - ten und Raͤthe Gericht.

§. 9. Wann Creditor Schuldners bewegliche Guͤter arreſtirt und gegen ihn oder dritten Beſitzer Klage anſtellet / ſo mag deren keiner ſagen / daß der Ort des Arreſts ihr gehoͤrig Gericht nicht ſey; Ober und Unterrichter aber / auch Raͤthe uñ hohe Bediente wegen ihrer und Cam - mer-Guͤter / warten Rechts-Verfolg fuͤrm Ober-Hoff-Gericht.

§. 10. Gegen Auffſchubs-Auszug und Einwurff iſt das beſte Mit - tel einen endlichen Termin zu ſetzen / an welchem ſie alle vorzubringen /Dilation Ver - hinderungs - Mittel. wann nun ſolcher verfloſſen / wird Beklagter nicht mehr gehoͤret / er beſchwoͤre denn / daß es ihm hernach erſt kundbar worden / ſo iſt Be - klagter fuͤr ſeiner Exception-Eroͤrterung in der Haupt-Sache ſich einzulaſſen nicht verbunden.

Urphede Recht einer geringen fluͤchtigen Per - ſon.
  • C. 4. Ext. de Except. C. 14. X. de offic. jud. deleg.

§. 11. Ein Fluͤchtling oder geringe Standes-Perſon / die Urphede nach Landes-Verweiſung leiſten ſoll / muß dazu ernſtlich eingeladen ſeyn / weilen viel daran gelegen / daß ſie gegenwaͤrtig ſey und zu dem Ge - loͤbniß angehalten werde / maſſen ſie dadurch / wofern ſie hernach wie -Richters Vor - ſichtigkeit mit gefaͤnglichen Hafft eines verdaͤchtigen Ubelthaͤters. der kommet / zu groͤſſern Straffen ſich anſtrengend verbindet.

§. 12. Wann in peinlichen Faͤllen alſo ſchwache Anzeigungen zu fin - den / daß / von gefaͤnglicher Hafft den Anfang zu machen / dem Richter annoch ungewiß erſcheinet / mag er dißfalls Beklagten durch Gerichts - Diener muͤndlich zu ſich beruffen und citiren laſſen / von der Ubelthatbefragen19Von der gerichtlichen Citation und Dilation. befragen und deſſen Antwort fleißig anzeichnen / wofern er nun nicht erſcheinen will / oder ſeine Rede veraͤndert und zweiffelhafft vorbringt / und ſich dadurch verdaͤchtig macht / mehr als zuvorn / ſo kan er zum Kercker hingebracht werden / vermag ſich auch nicht zu entſchuldigenCitirungs Ur - ſache / wann un - noͤthig zu mel - den. wegen ſeines Ausbleibens / daß ihm keine Citirungs-Urſache vermel - det / weilen es hierinn unnoͤthig / ein jeder aber ſeinen Oberherrn gehor - ſame Folge zu leiſten pflichtig / oder es werden ſolche / ohne erhebliche Urſache / halsſtarrige Rechts-Veraͤchter zu erſcheinen gezwungen.

§. 13. Wann peinlich Beklagter zur Antwort Dilation oder Auff -Dilation wann zu geſtatten. ſchubs-Friſt begehret / ſtehet es in Richters Willkuͤhr / in deſſen eigenen Geſchichten / oder wann die That friſch oder alt / ob Beklagter ſelbige bald vergeſſen moͤgen oder nicht / ſolches wohl zu erwegen; So ſoll manMeineyd ſoll man verhuͤten. ihn auch eydlich zu antworten nicht anſtrengen / dann ſo offt irgend Meineyd zu befahren / ſoll man niemanden Eyd anbiethen / wer es aber jedennoch thut / iſt mehr als ein Todtſchlaͤger.

  • c. 5. cauſ. 22. q. 5.

§. 14. Nachdem auch offtmahls ſich zutraͤgt / daß diejenigen / ſo in dieſem Amt - und Gericht verbrochen / fluͤchtig werden / oder gar aus den Banden entwuͤrcken / und bey andern Unterthanen wieder zur Hafft ge -Obrigkeiten Revers wegen Remiſſion der Ubelthaͤter. bracht ſind / als ſollen auff gethanes Anſuchen und auff einen Revers oder Gegen-Bekaͤntniß / bittweiſe / wegen Freund-nachbarlichen guten Willens / alle Gerichtshabere dieſelbigen Ubelthaͤter zu ſolchem Ge - richts-Amts / darinn Verbrechen geſchehen / auff deren Unkoſten ohne Weigerung zur gebuͤhrlichen Rechtfertigung wiederum abfolgen laſ - ſen / welches allen und jeden an ihren Gerechtigkeiten unnachtheilig ſeyn ſoll / daſelbſt denn andern zum Exempel ſolche Miſſethaͤter nach gemei - nen Land-laͤufftigen Rechten ſollen geſtrafft und mit ihnen verfahren werden.

§. 15. Wann Klaͤger einmahl einen Gerichts-Ort erwehlet / muß er dabey bleiben / es ſey Wohnungs-Ort / oder wo die Sache gelegen /Citation Huͤlff - Richters Pflicht. ſo muß auch Klaͤger eydlich erhalten / daß er dritte oder vierdte Auff - ſchubs-Friſt aus keinem Betrug / Argliſt oder Gefaͤhrde / noch boßhafft zur Sachen Verſchleiffung / ſondern allein zu ſeiner Kundſchafft Vol - lendung geſucht / wann dann erſuchter Huͤlff-Richter Beklagten nicht laden will / mag ihn dieſer laden / als waͤre er in ſeinem Gericht-Zwang geſeſſen.

  • L. 30. ff. de judic. L. 10. & ſeq. ff. de R. V.

§. 16. Dilation und Rechten Auffſchub in buͤrgerlichen Sachen ſoll man nur auff einmahl geſtatten / ohne ſo jemand durch unverſehenenC 2Fall20I. Buch / Cap. IV. Fall und ohne Schuld verhindert / daß er ſeine Pflicht nicht thun kan / als Geſundheit / Ungewitter / Feindes Gewalt / Abweſenheit deſſen / der die Brieffe zur Beylage verwahret gehabt / oder Nachfolgers Unwiſ - ſenheit und Advocaten rechtliche Abweſenheit / ſo mag zum andern und dritten mahl Dilation, jedoch nicht ohne der Sachen richterliche Er - kaͤntniß / da er ſeinen Gerichts-Stuhl Platz beſitzet / gegeben werden.

  • L. ult. ff. de Dilat. L. 1. & 4. C. Eod. L 2. §. 3. ff. ſi quis caut. L. 7. ff. de Edendo. L. 36. ff. de judic. L. 7. ff. de Fer. L. 41. ff. ad L. Jul. de adult.
Dilation Ter - min wie viel zu goͤnnen.

§. 17. Jn peinlichen Sachen werden drey Auffſchubs-Termine vergoͤnnet dem Beklagten / und Klaͤgern nur zwey / ausgenommen in oͤffentlichem Fried-Bruchs-Laſter / deſſen Proceß kurtz und ſummariſch abzuhandeln / deßgleichen in Ehebruchs-Sachen / worinn Verbrechens Groͤſſe das Gegentheil erfordert / es waͤre denn Zeit noͤthig / die Perſo - nen herbey zu ſchaffen / ja wenn Beweißthum auſſer Schuld mangelt / wird vierdte Friſt gegeben / ſo fern nur der Begehrende beſchweret / daß es ohne Boßheit geſchehen; wo aber Falſchheit dabey / wird die Par - they zu Unkoſten verdammet / auch ihr ſo wohl als Advocaten willkuͤhr - liche groͤſſere Beſtraffung aufferleget.

  • Nov. 90. c. 4. & c. pen. X. de Teſt.
Dilation Fꝛey - heit.

§. 18. Dilations-Zeit kan nicht gelten / als verfloſſen gerechnet zu werden / wofern der Beweiß durch Gegentheil verhindert oder beym Commiſſario ſteht / oder etwan einigen Zufalls wegen der Oberherr zuKlaͤgers Pflicht und Beklagten Recht. berathen / wann ſich aber Klaͤger ſonſt in Anfuͤhrung ſeines verſtatteten Beweißthums verſaͤumet / iſt Beklagter von der Klage frey zuſprechen.

  • L. 26. §. 4. in fin. ff. ex quib. cauſ. major. L. 2. & ult. C. h. tit.

§. 19. Wann die Sache alſo weitlaͤufftig und wichtig / daß Beklag -Termins Ver - zoͤgerung. ter ſo bald nicht antworten kan / mag ihm wohl Termins-Verzoͤgerung geſtattet ſeyn / widrigen Falls kan auch fernere Verhoͤrs Verweige - rung ſtatt finden; wofern er aber ungehorſam / muthwillig / aus Argliſt nicht erſcheinet / auff endliche vom gehoͤrigen Richter beſchehene kundAusbleibens Ehehaffte Ur - ſachen. gemachte Einladung ohne Ehehaffte Urſachen / als Kranckheit / Reiſe / Orts Unſicherheit / hoͤhern Verbot / Gefaͤngniß / Gewaͤſſers-Ergieſ - ſung / Kriegs-Erregung / rechtlichen Furcht / Kindes-Noth / Schwan - gerheit und dergleichen / wird geſtꝛafft mit Geld-Buſſe / zum Richter / leib - lichen Gefaͤngniß / Pfaͤndung / Guͤter Beſitz-Einnahm / zu deren Veꝛwah - rung und ſeiner Sicherheit ohne Fruchtfenieſſung / ſo dem Hrn. gehoͤrig / dafern er ſich ſtellet und Koſten bezahlet / ſonſt aber werden ſie Klaͤgerneigen -21Von der gerichtlichen Citation und Dilation. eigenthuͤmlich zuerkant / nach Streits Werth / eydlich iſt auch Rechtens - Wohlthat zu appelliren beraubet.

  • L. 2. §. 1. ff. ſi quis in jus vocat. Princ. Tit. ff. ſi quis jus dicent. L. 8. C. quom. & quando jud. L. 5. §. 10. ff. de agnoſcend. liber. L. 9. C. de bon. auth. jud. poſſ. Auth. Ei qui jurat, C. eod. Nov. 34. c. 4. c. fin. §. in aliis X. ut lit. non cont. L. 9. §. 6. ff. de reb. auth. jud. L. 5. §. 21. ut in poſſ. legat. Auth. qui ſemel, C. quom. & quando judex. L. 73. §. ult. ff. de appellat. L. 23. §. ult. ff. de judic.

§. 20. Klaͤgers Ungehorſam wird geſtrafft / daß der BeklagteKlaͤgers Unge - horſam Straffe klagloß geſtellet / Unkoſten erſtattet und Verſicherung gethan werde / Gerichts-Stand zu halten; nach Kriegs-Befeſtigung bey Klaͤgers Aus - bleiben mag auff beſchehenes Ruffen Beklagter Beweißthums-Buͤrde auff ſich nehmen / ſeine Verlaͤugnung begruͤnden / darauff loßgeſprochen ſeyn / und bezahlet Klaͤger beſchworne Unkoſten; Nach Geiſtlichem und Cammer-Recht erfolgt auch offt auff Ungehorſam und obrigkeitliche Verachtung die Straffe des Banns oder Acht wegen Fried-Bruchs / welches Recht niemand verleihen kan / auſſer dem Landes-Herrn.

  • L 53. ff. de re judic. L. 13. §. 2. C. de judic. C. 3. X. de dol. & contum. Gloſſ. fin. C. 1. de dol. & cont. in 6. L. 19. ff. de probat. C. 1. 3. & fin. X. ut lit. non cont. L. 7. ff. de in integr. reſtit. L. 7. §. ult. ff. de ſuſpect. tut.

§. 21. Wann aber Klaͤgern nichts daran gelegen / noch deſſen Recht durch Beklagten Ungehorſam veraͤrgert / ſondern die Sache in unverletztem Stande geblieben / oder er ſelbſt nicht erſchienen / oder der Richter beſchaͤfftiget geweſen / oder daß Beklagter gemeinen Nutzes halber in oͤffentlichen Amts-Geſchaͤfften abweſend begriffen oder Ge - richts-Tag durch Advocaten und Procuratoren Verzug oder Saͤum - niß gehindert / uñ die Parthey nicht ſo gar geſchwinde einen andern dazuBeklagten Un - gehorſams Entſchuldi - gungen. geſchickten bey der Hand hat haben moͤgen; So iſt billig / daß ſolcher Auszug helffe / weilen keine Schuld dabey zu ermeſſen / darum ſo wohl Beklagter als Buͤrge loß zu ſprechen / maſſen hierbey wohl zu mercken / daß niemand / ſo lange er keinen tuͤchtigen Advocaten haben mag / wegen Ungehorſam verurtheilet werden kan.

  • L. 2. & 8. ff. ſi quis Caut. in jud. Gloſſ. in c. 4. X. de dol. & contum. L. 1. 9. & 10. Ex quib. cauf. major. L. 60. ff. de re judic. L. 2. §. ſi quis L. 4. princ. & §. fin. L 6. ff. ſi quis caut. in jud. C. 1. X. ut lit. non conteſt. ad verb. Advocati, ubi gloſſ. ---- L. 4. C. de poſtul. c. prout. X. de dol. & contum.

§. 22. Denen Partheyen aber / die nicht ungehorſam / ſondern gut - willig auch an weltlichen Rechts Feyertage zeitlich fuͤr Gericht erſchei - nen / mag man fuͤglich Recht ſprechen; ſo gelten auch keine Feyertage in Wercken der Barmhertzigkeit / oder in Dingen / die keinen Verzug leiden / als Mordthaͤters Nachſpur / oder die zu verrichten nuͤtzlich undC 3noͤthig /22I. Buch / Cap. V. [F]eyertage worinn nicht gelten.noͤthig / oder auffzuhalten ſchaͤdlich / als Kriegs-Zucht / Gefaͤngniß und Wachten / die verordnet ſind zu ſelbiger Feyertage Beſchirmung / oder noͤthigen Waaren Zufuhr / deren man nicht entrathen mag.

  • L. 1. in. fin. ff. de Fer. L. 6. ff. & L. 8. C. Eod. L. 2. 3. & pen. ff. Eod. L. 5. 9 10. & pen. C. Eod.

Caput V.

Von Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit.

§. 1.

Rechts Spruch im Zweiffel.

JM Zweiffel beyder Partheyen Recht ſoll man fuͤr Beklagten er - kennen / und ihn loßſprechen.

  • C. cum ſint, de R. J. in 6. L. 167. ff. de R. J.

§. 2. Richter ſollen in allen Sachen nicht allein vor der Kriegs - Befeſtigung / ſondern auch in allen Gerichts-Theilen durch alle dien - liche Mittel und ſchiedliche Erinnerungs-Wege / denen Partheyen / auff ihr Erſcheinen / die Guͤte vorzuſchlagen / und ſie von einander zu ſe -Guͤtlichen Vergleichs Recht. tzen ſich befleißigen durch guͤtliche Verhoͤr / um dadurch alle weitlaͤuff - tige Koſten und zwieſpaltige Rechtfertigung beſtens zu verhuͤten. Ja / wo Aergerniß zu fuͤrchten / moͤgen ſie zur Einigkeit und Vertrag zwin - gen / weilen jederman / Streit zu vermeiden / daran gelegen; Haußge - noſſen aber und Bluts-Verwandten / die unter ſich Streit haben / ſollenHaußgenoſſen Streit-Recht. billig unter ihren vier Waͤnden beſonders ſich zu vergleichen trachten.

  • L. inter plures, ff. de re judic. C. finem litibus, Ext. de dol. & cont. L. 21. in fin. ff. de reb. cred. L. congruentibus C. de patr. poteſt.

§. 3. Wann Beklagter ſaget / daß ihm der Richter verdaͤchtig / ſoVerdaͤchtigen Richters Pflicht. kan er in der Sache nicht erkennen / oder muß ihm zum wenigſten einen oͤffentlichen Schreiber beygeben laſſen ohne dem Gerichts-Schrei - ber / nemlich auff Begehren / welches er nicht weigern mag / ohne ver - kehrten Zuneigung oder Feindſchafft Argwohn.

§. 4. Wann ein Richter durch ungerechten Ausſpruch den Streit auff ſich ſelbſten hinziehet / wird er in ſo weit / als dem Oberrichter gut - duͤncket / und ſo viel er vermag / verurtheilet; wofern er aber mit Liſt un - recht handelt / muß er alles wieder erſetzen. So auch ein Richter / Geld oder Geſchencks Verheiſſung angenommen zu haben / uͤberwunden / muß er in Geld-Sachen dreyfach was er empfangen / und zwiefach deſſen / was ihm verheiſſen / an die Obrigkeit bezahlen / und hat ſeines Amts -Partheylichen Richters Straffe. Wuͤrde verbrochen; in peinlichen Sachen aber werden ſeine Guͤter eingezogen / und er ſelbſt ins Elend verjaget; So fern auch die Par - they-Richters Unpflicht nicht erwieſen / dieſer aber beſchworen / daß ernichts23Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. nichts empfangen / ſoll derſelbe / ſo die Beſtechung angefuͤhret / der Obrig - keit geſchaͤtzten Streits Werth bezahlen in buͤrgerlichen Sachen / in peinlichen aber werden deren Guͤter eingezogen / welche Klage gegen den Richter ſolchen Falls auff deren Partheyen Intereſſe Verluſt rechtlich anzuſtellen.

  • L. ult. ff. de Extraordin. cognit. Princ. Inſt. de Oblig. ex quaſi del. L. 15. princ. ff. de jud. L. 12. C. de Dignit. Auth. novo jure, C. de pœn. judic. Nov. 124. c. 2.

§. 5. Ein Richter ſoll auch vom Begehren der Armen ſich nicht entziehen / noch der Wittwen Augen betruͤben / Beraubten von Freve -Richters Amt mit armen Wittwen und Waͤyſen. lers Hand zu erretten; Denn alſo ſagt GOtt der HErr: Lernet gutes thun / trachtet nach Recht / helfft den Verdruͤckten / ſchafft den Waͤy - ſen Recht / und helfft der Wittwen Sachen.

  • Eſ. 1. v. 17. Jer. 5. v. 28. Item c. 22. v. 3.

§. 6. So mag auch kein Richter einem Ubelthaͤter die geſetzte Straffe nachlaſſen / maſſen Begnadigung allein dem Landes-Herrn zukoͤmmt / derowegen ein ſolcher dadurch Ehr-loß wird / auch ſelbiger Straffe unterworffen / die der Schuldige haͤtte leiden muͤſſen / weilenBegnadigungs Recht wem ge - buͤhret. Straff-Verfolg Geſetz und Oberherrn freyer Macht vorbehalten / deſ - ſen rechtlichen Zwang / ohn erhebliche Urſach / kein Urtheil-Sprecher auſſerordentlich lindern kan.

  • L. 8. §. ult. C. ad L. Jul. de vi publ. L. fin. in fin. C. ne ſanct. bapt. iter. L. 1. §. 4. ad SCt. Turpill. L. 1. ff. de conſt. princ.

§. 7. Richter ſollen dahin ſehen / daß alle Proceß-Sachen im pein -Proceß wie lang waͤhren ſoll. lichen Streit / vom Tage der Kriegs-Befeſtigung anzufangen geachtet / binnen zwey; buͤrgerliche Sachen aber innerhalb drey Jahren geendi - get werden. Jn Obrigkeits und Schatzungs-Sachen hat man ſechs Monat Zeit / in geiſtlichen Sachen aber nur zwey Monate / und ſchadet in Appellations-Faͤllen keinem Theil des Richters Verzug / vielmehr mag er ſich uͤber ihn beklagen / wann er in Anſehung einiger Macht oder Schwachheit abweſend / oder andrer Urſachen halber mit vielen Geſchaͤfften beladen / oder wegen vielen vergeblich ertheilten Auffſchubs-Friſt / ihm ſein Recht verzoͤgert / kan er wieder Auffrichtung begehren zum Huͤlffs-Mittel / auch zur Obrigkeit Verwaltung / Befoͤr -Reſtitutions - Mittel wann noͤthig. derungs-Brieffe von hoͤherer Obrigkeit auswuͤrcken / welche alſofort ohne ferneres Anſuchen man uͤbergeben mag / alsdann muß der Richter allen Schaden erſetzen / deßgleichen mag eine Parthey ihren AdvocatenAdvocaten Straffe. Unkoſten Er - ſtattung. fuͤr das Intereſſe ſeiner Nachlaͤſſigkeit halber anſuchen. Jm Fall aber Beklagter wegen ſeines Auszugs unterliegt / wird er in deſſelben Puncts Unkoſten verdammt / wie dann alle Dilations Ausfluͤchte vor Kriegs -Befe -24I. Buch / Cap. V. Befeſtigung einzubringen / hernach werden ſie nicht angenommen / ſo mag auch eine Sache ohne Appellation vom Oberrichter beruffen ſeyn.

  • L. ult. C. ut intra cert. temp. crim. quæſt. L. Properandum, C. de judic. L. ult. C. de jure fiſci. Nov. 83. L. 13. C. de Mand. L. pen. C. de ſumt. & lit. Expenſ. L. ita de - mum, ubi gloſſ. C. de procur. L. 58. ff. de judic.
Ober und Un - ter-Richters Amts-Pflicht.

§. 8. Ober und Unter-Richter / als Stiffts-Amt-Leute / Befehls - haber / Land-Voͤgte / oder Provintz-Vorſteher und Præſidenten Pflicht iſt: die Landſchafft bey gutem Friede und Ruhe zu erhalten / von boß - hafften Leuten zu befreyen und zu reinigen / keine verbotene Erpreſſung und Zwang zu leiden / die Armen fuͤr Schmaͤhung und Uberlaſt zu be - ſchuͤtzen / fuͤr ſeinen eigenen Laͤſterern die Ohren zu verſtopffen / einem jedern zulaͤßiges Gewerbe zu verſtatten / ſchaͤdlichen Handel aber nie - manden zu vergoͤnnen / ſich ſelbſt bey derer Unterthanen Zutritt / weder gar zu rauch und hart oder ſchwuͤrig / noch durch unziemliche Gemein - ſchafft veraͤchtlich zu machen / noch einigen Gemuͤths-Fehler im Ge - ſicht zu entdecken / ſondern ſeiner Wuͤrde Anſehen mit Vernunfft zu mehren / gegen die Boͤſen weder ſich zu erzuͤrnen / noch durch derer Schmaͤh-Voͤgel bitten und flehen zu Mitleiden bewegen laſſen / noch Geſchenck anzunehmen / es waͤren dann geringe - oder Trinck-Wah - ren / die er innerhalb den naͤchſten Tagen verzehren koͤnne; Endlich / daß er ſeines Gebiets Graͤntzen nicht uͤbergehen und in eigenen Sachen gar ſelten und ſparſamlich urtheile / abſonderlich auch zwiſchen Herrn und Unterthanen / Verwandten / Wittwen und Muͤndling angehenden Sachen / allezeit erſtlich die Guͤte verſuchen / und fuͤr allen Dingen zwi - ſchen Partheyen billigen Vergleich vornehmen / und ſie beyderſeits darzu auff einen gewiſſen Termin vorladen. Jn Entſtehung deſſenRechts Huͤlffe wann noͤthig. aber / da guͤtliche Mittel nichts verfangen wollen / ſoll niemand Rechts huͤlffloß gelaſſen / ſondern jederman gehorſam zu antworten ſchuldig ſeyn.

  • L. 13. L. congruit. ff. de offic. præſ prov. L. illicitas, §. 4 h. t. Auth de mandat. princ. L. un. C. Eod. L. obſervandum, & L. 12. ff. hoc. tit. C. 1. X. de mutuis petit. c. 15. verb. cauſam, X. de Simon. C. fin. X. de transact. C. 5. X. de offic. ordin.
Richters Ur - theils Beſchaf - ſenheit.

§. 9. Commiſſarien ſollen ebenfalls muͤglichen Fleiß anwenden / die Partheyen guͤtl. zu vergleichen / ſonſt aber ſollen die Richter allezeit nach Rechts Geſetzen und Orts Gewohnheit ein gewiſſes in Geld und an - dern Sachen / Klag und Acten gemaͤß foͤrmliches Urtheil ausgeben / oder ſie werden willkuͤhrlich mit Streits Schaͤtzungs Unkoſten beſtrafft und ehrloß gehalten / wann ſie mit Argliſt ſich verſehen und etwa beſto - chen ſind / darum ein ſolch gegen das Recht abgefaſtes Urtheil von ſelb -ſten25Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. ſten Rechts wegen nichtig iſt / maſſen insgemein allen Richtern und Beamten / die oͤffentlichen Beſtallungs-Lohn haben / jederzeit Gab - oder Geſchenck anzunehmen verboten.

  • C. 19. X. de Teſtibus. L. 32. & 37. ff. de LL. arg. L. 3. §. 4. verſ. hoc. ita, ff. quod vi aut clam. L. fin. ff. de conſt. princ. L. 12. C. de Pact. §. 32. inſtit. de act. Tot. Tit. ff. & C. de ſent. quæ ſine appell. L. 17. ff. Commun. divid. L. fin. C. de fideic. libert. L. 15. §. 1. ff. de judic. L. fin. C. de pœn. judic. qui male. L. 19. ff. de Appellat. L. 25. & 32. ff. de re judic.

§. 10. Ein Richter mag von allgemeinem Wahn und Meynung /Richters Ge - wiſſens Recht. wann Jrrthum dabey zu erkennen / wohl abgehen; ſo ſoll er auch gegen ſelbſt eigen beſſeres Gewiſſen / da er in ſeinem Gemuͤth ein Ding anders ſicher weiß / nicht urtheilen / wofern er nicht zur Hoͤllen begehret. Derowe - gen / ſo einer aus deren Acten Beweiß gegen Richters wiſſen unſchul - dig zu verdammen / ſoll er ſich viel lieber des Gerichts enthalten / und die Sache an den Oberherrn berichten.

  • L. 1. §. 6. C. de vet. jur. enucl. C. 1. X. de conſtit. c. 8. verſ. adeo, Diſt. 18. Exod. 23. v. 7. Levit. 19. v. 15. C. 1. de ſent. & re judic. in 6. Clem. 1. §. verum de hæret. L. 79. §. 1. ff. de judic. L. 3. §. 1. ff. de Teſt. L. 4. ff. de eo, quod certo loco. L. 8. & 14. C. de judic.

§. 11. Deßgleichen muß ein Unterrichter in ausgedruckten Rechts -Richters Ge - lindigkeit Recht. Faͤllen nicht gelinder verfahren / als das Geſetz mit ſich bringet / in ausge - laſſenen Faͤllen aber kan er nach Billigkeit deren Geſetze Mangel er - fuͤllen; Endlich ſoll er im Zweiffel nicht fuͤr ſeinen Freund urtheilen / ſondern die Sache vergleichen / oder dem Fuͤrſten berichten; ja es kan einRichters Amt im Zweiffel. Richter / der eines Dinges aus den Acten gewiß / ob ſchon Partheyen ſich nicht darauff bezogen / derer Advocaten Fehler verbeſſern / und erkann - ten Mangel Amts halber erfuͤllen / Beweiß - oder Entſchuldigungs - Eyd gebieten.

  • Auth. hodie C. Eod. L. 12 §. 1. ff. qui & à quib. man. Novell. 82. c. 10. L. 1. & fin. §. 1. C. de LL. L. 1. C. de relat. c. 31. verſ. ut igitur, X. de ſent. Excomm. L. 1. ff. de J. & J. L. 12. & 18. ff. de LL. L. 14. § 13. ff. de relig. L. 90. ff. de R. J. L. 84. §. fin. ff. de Legat. 1. L. un. C. ut quæ deſunt advoc. part. jud. ſuppl.

§. 12. Richtere und Obrigkeiten ſollen nicht natuͤrlich taub oderRichters Qva - litaͤt. harthoͤrig / noch ſtets unſinnig oder minder jaͤhrig ſeyn / ein Blinder aber in ſolchen Faͤllen / darinn Richters Anſehen nicht erfordert wird / oder wer uͤber achtzehen Jahr alt / wird von ſolchem Amt nicht vertrieben; jedoch ein vom Rath ſchaͤndlich Entſetzter oder Geſetz und Rechts-Uner - fahrner / er habe denn gelehrte Beyſitzer / und jener ſey in ſeinen Stand wieder eingeſetzet / oder der Verurtheilung Zeit verfloſſen / mag nicht dazu gelaſſen werden / es waͤre denn die Sache alſo beſchaffen / daß erDderen26I. Buch / Cap. V. deren Erfahrung kundig / als ein Soldat in Krieges-ein Bauersmann in Ackerbau - oder ein Kauff und Handwercks-Mann in ſolchen zur Kunſt und Handlung gehoͤrigen Streits-Sachen.

  • L. 12. §. 2. & L. 6. ff. de judic. L. 57. ff. de re judic. L. 1. §. ſecund. loc. ff. de Nov. 82. poſtul. L. 2. ff. de Senat. L. 8. ff. de poſtul. L. 3. C. ex quib. cauſ. inf. irrog. L. 14. in verb. legum, C. de judic. L. 13. C. de ſent. & interloc. L. 17. C. de judic. L. ult. & pen. C. de jurisd. omn. jud. L. ult. C. de re milit. L. 32. §. 4. ff. de recept. qui arbitr. L. 23. C. de Teſtam. L. 2. & 32. ff. de R. J.

§. 13. Prieſtern und geiſtlichen Perſonen iſt in weltlichen Dingen zu richten verboten; alſo moͤgen unehrliche und verarmete Leute auch nicht darzu kommen / ſie waͤren dann auffrichtig und redlichen Wan - dels gefliſſen / damit ſie nicht jemand zu rauben und zu befehden Ge - legenheit nehmen moͤgen / ohne daß ſie vom Fuͤrſten wiſſentlich dazu verordnet ſeyn / deßgleichen nach geiſtlichem Recht Ketzer und Verban - nete / endlich Leib-eigene Knechte und Weiber ſollen nicht Richter ſeyn.

  • C. 11. X. de Exceſſ. præl. L. 33. C. de Epiſc. & Cler. L. pen. in princ. ff. de vacat. mun. Tot. Tit. X. ne cler. vel mon. L. 6. in pr. ff. de mun. & hon. L. 5. in pr. ff. de re milit. L. 8. ff. de ſuſpect. tut. L. 11. §. 1. C. de advoc. diverſ. L. 1. 2. C. de Dignit. C. 1. cauſ. 3. q. 7. c. 13 §. credentes, X. de hæret. c. 24. X. de ſent. & re judic.
Richter-Amts Verwaltung.

§. 14. Ein jeder Richter ſoll mit gleich durchgehender Gerechtig - keit Verwaltung ſich dermaſſen redlich / auffrichtig / fleißig und un - partheyiſch erweiſen / daß ers gegen GOtt / ſein ſelbſt eigenes Gewiſſen / dem Landes-Herrn und deſſen Ober-Befehlshabern / deren Auffſicht halber verantworten / und im gegentheiligen Fall zu andern Verord - nungen keine Urſach geben moͤge.

§. 15. Ein Richter kan als verdaͤchtig gehalten ſeyn / wann er in ſeiner eigenen Sache will Richter ſeyn / oder ſo er einem Theil mit Blut-Freund - und Schwaͤgerſchafft verwand oder zugethan iſt; es waͤre dann ein treu - und glaubfeſter anſehnlicher Mann / der ſolchen Verdachts unfaͤhig; oder ſo er mit einem Theil groſſe Gemeinſchafft gehalten / oder wann der Richter mit jemands anders einen gleichmaͤſ - ſigen Streit-Handel haͤtte / oder waͤre in ſelbiger Sache FuͤrſprecherVerdaͤchtigen Richters Ver - werffung. geweſen; item, ſo er eines Theils gewiſſer Feind waͤre / oder wann der Richter einer Parthey Feinds Unterthan / Lehns-Mann oder Stadt - halter iſt. Wann nun ſolchen Verdachts Urſache erwieſen / wird die Sache zum Oberrichter heimgefordert / und darff der verworffene Richter nichts weiter darinn vornehmen / oder es waͤre nichtig; wo -fern27Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheitfern aber der Argwohn nicht bewieſen / mag die Parthey mit Schmaͤh - Klage belanget werden.

  • L. 10. & 17. ff. de jurisdict. L. 17. ff. de judic. L. un. C. ne quis in ſua. L. ult. §. pen. verſ. ſciant, C. ubi Senat. c. 36. X. de appell. c. 2. X. ut lite non conteſt. c. 25. verſ. & ipſe fam. X. de offic. & pot. jud. c. 18. X. de judic. L. 9. ff. de liber. cauſ. c. 4. X. ut lit. non conteſt. c. 61. X. de appell.

§. 16. Jn Summa / ein Richter ſoll ſeyn ein frommer Mann / einRichterlichen Amts Tugend. guter Chriſt / eines gottsfuͤrchtigen Lebens und Wandels / unparthey - iſch / nicht furchtſam / gehaͤßig / noch geitzig / von rechtmaͤßigem Ernſt / nicht grauſam und ſchrecklich / noch von eiteler Guͤtigkeit allzugelinde und ſchaͤdlich / daß er nicht etwas zu harte und ſtrenge noch gar zu nach - laͤßiges ſchaffen moͤge / dann gleichwie Barmhertzigkeit zu GOtt er - hebet / alſo ſtuͤrtzet Tyranney zur Hoͤllen / darum ſoll er redlich / war - hafftig / gottesfuͤrchtig und dem Geitz feind ſeyn / GOtt bitten mit Sa - lomon: Gieb / HErr / deinem Knecht ein verſtaͤndig Hertz zu richten / Gutes und Boͤſes zu unterſcheiden.

  • C. quatuor, c. 11. q. 3. L. Reſpiciendum. ff. de pœn. 1. Reg. III, 9.

§. 17. Ja / ein Chriſtlicher Richter ſoll eines frommen Vaters Amt verrichten / der Gottloſigkeit alſo ſteuren / daß er in ſchweren Suͤnden - Faͤllen keine uͤbermaͤßige Begierde zur Rache veruͤbe / ſondern die La - ſter-Wunden nur zu heilen willig ſey; er muß nicht vor Liebe weich / noch vor Strengigkeit verbittert ſeyn / nicht ohne Maſſe von Eyffer wuͤtend / an Gottſeligkeit nicht ſparſam. Dann / wann Richtere inRichters Pflicht Be - ſchaffenheit. Verdammung ruhmſuͤchtig und blutduͤrſtig / werden ſie Moͤrder / ob ſchon ſie einen Schuldigen verurtheilen / darum ein Richter ſoll ſeyn klug und gelehrt / dann allwo groſſe Gefahr / da iſt auch groſſe Klugheit von noͤthen / maſſen eines Richters grobe Unwiſſenheit insgemein iſt des Unſchuldigen Truͤbſal / dahero es kein Unerfahrner noch gemeiner Bauersmann ſeyn muß.

§. 18. Richter ſollen bedencken / daß der Weißheit Geiſt in keineRichters Got - tesfurcht. ſuͤndhaffte Seele komme / noch wohne in Laſter-vollem Leibe; vornehm - lich in peinlichen Sachen muͤſſen ſie wohl erwegen / was Joſaphat Koͤ - nig in Juda ſagte: Sehet zu was ihr thut / dann ihr haltet das Ge -2. Chron. XIX, 6. & ſeqq. richt nicht fuͤr Menſchen / ſondern fuͤr GOtt / welcher Jehova mit im Gericht / deſſen Furcht euch beherrſche. Dann die Furcht des HErrn iſt der Weißheit Anfang / und bey dem GOtt iſt kein Unrecht / noch Anſehen der Perſon / noch Annehmung einigen Geſchencks.

§. 19. Derowegen ſollen nun Richter und Beyſitzer / ein jeder / eheRichters und Beyſitzers Eyd. und bevor er auffgenommen wird / ihres Eydes ſich ſtets erinnern / denD 2ſie alſo28I. Buch / Cap. V. ſie alſo zu GOtt ſchweren muͤſſen / daß ſie nemlich zu Recht getreu und fleißig daruͤber ſeyn / nach hoͤchſtem Verſtaͤndniß / nach Reichs gemei - nen Abſchieds-Rechten / auch bewilligt - und auffgerichtetem Frieden gemaͤß / in Religion und andern Sachen / nach Land uͤblichen ehrbaren Ordnungen / derer Fuͤrſtenthuͤmer und Herrſchafften gerichtlichen Gewohnheiten / die ihnen vorgebracht wuͤrden / dem Hohen und Nie - dern gleichmaͤßig ſchlichten / ſprechen / thun und handeln wollen / auch kein Ding in der Welt / ſolches zu unterlaſſen / ſich bewegen laſſen / viel - weniger von denen Partheyen einer Sache halber / die im Gericht haͤn - get oder hangen wuͤrde / weder aus Liebe / um Neid / Freundſchafft oder einerley Nutzens willen / inſonderheit keine Gabe oder Geſchenck wiſ - ſentlich gewaͤrtig ſeyn / noch durch ſich ſelbſt oder andere / wie es Men - ſchen Sinn erdencken moͤchte / zu nehmen oder nehmen laſſen / noch kei - ner Parthey / ſonderlich im Gericht / Anhang oder Zufall im Urtheil zu machen und ſuchen; ja allenthalben ſich in deren Unterthanen und ſonſt fuͤrkommenden Sachen keinem Theil zu rathen / ſchreiben und warnen / gefliſſen enthalten / niemanden vor oder nach Urtheil Rathſchlaͤge er - oͤffnen / keine Sache aus boͤſer Meynung auffhalten oder verziehen / endlich auſſerhalb Fiſcaliſchen / ſo er darzu geordnet / deren Sachen / darinn ihm von Rechts wegen zu urtheilen nicht geziemet / und die er ohne das abzutreten ſchuldig / keine annehmen noch darinn Rath geben / auch bey reiner Lehr und Chriſt-Evangeliſchem Bekaͤntniß beſtaͤndig und ohne falſch verharren / oder ſo er und andere Gerichts Verwand - te ſich abwenden wolten / ſolches zu offenbaren / an welchen Eyds-Pun - cten keine andere Buͤndniß-Pflicht ſie verhindern ſoll / alles ohne Ge - faͤhrde.

§. 20. Ein Richter ſoll nimmer nach Beyſpiel - oder Exempeln / ſondern denen Geſetzen gemaͤß richten / darum auch Richters willkuͤhr -Richterlichen Urtheils will - kuͤhrliche Wahlſtraffe. liche Wahlſtraffe mag nicht uͤber Staupenſchlagen und Landes-Ver - weiſung ſich erſtrecken / es waͤre denn ein ſolch greuliches Laſter / wel - ches boͤſer Nachfolge halber / nicht anders / als mit Tode / andern zum Abſcheu gebuͤſſet werden muͤſte / als in groben Falſchheits Verbrechen und andern ſchaͤndlichen unbenannten Faͤllen.

  • L. 13. C. de ſentent. & interloc. omn. judic. L. 18. ff. de offic. præſ. P. H. O. art. 105. & 112.
Miſſethat Straffe.

§. 21. Wann iemand nach allgemeinen beſchriebenen Rechten das Leben durch eine Mißhandlung verwuͤrcket hat / ſoll man nach gu - ter Gewohnheit / oder Rechts verſtaͤndigen Richters Anordnung / derUbel -29Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. Ubelthaten Aergerniß und Gelegenheit ermeſſen / Toͤdtungs Art und Weiſe zu erkennen; Jn Faͤllen aber / darinn keinerley Todes-Straf - fe geſetzt / ſondern die Rechte am Leib oder Gliedern peinliche StraffeLeibes fuͤr Le - bens-Straffe wann guͤltig. zulaſſen / daß die Geſtraffte beym Leben bleiben / ſolche mag man nach Landes-Art und Gebraͤuchen / auch richterlichen Willkuͤhr aus Liebe der Gerechtigkeit zu gemeinen Nutzes Beſten verhaͤngen / und niemand wider rechtliche Gewohnheit zum Tode verurtheilen / noch Ehr-Leib -Straff Veraͤn - derungs Recht. und Lebens-Straffe vermehren / ja wenn Beklagter die in Rechten verordnete Straffe nicht auszuſtehen vermag / kan ſolche vom Richter fuͤglich veraͤndert werden.

  • P. H. O. art. 104. & 138. L. 1. C. quæ ſit longa conſvetudo. L. 8. §. 2. C. ad L. jud. de vi publ. L. 12. §. 4. ff. de accuſat.

§. 22. Bey Straff-Linderungs Faͤllen iſt genung / daß ein RichterStraff Linde - rungs Urſa - chen. im Urtheil insgemein alſo ausdruͤcklich meldet / vorkommenden Um - ſtaͤnden bey ſo geſtalten Sachen / oder deßfalls / nach Gelegenheit aus erheblich-bewegenden Urſachen / welche ſeyn koͤnnen Liebe / Vielheit der Kinder / minder jaͤhrig oder hohes Alter / wahre Reue / Buß und Bekehrung / gutwillige Bekaͤntniß / Unſinn - oder Traurigkeit / Trun - cken - oder Unwiſſenheit / Vielheit der Thaͤter / oder deren groſſe Kunſt und Eheſtand / worinn allezeit die Billigkeit ſtrengem Recht vorgehet / jedoch / daß Ubelthaten nicht gar ungeſtrafft bleiben / ſondern die Straf - fe dem Recht und Verbrechen gemaͤß ſeye; Sonſt mag ein Richter / als Geſetzes Diener / nicht leicht aus deſſen Graͤntzen ſchreiten.

  • §. 1. inſtit de orig jur.

§. 23. Weilen auch alle Verbrechen durch Umſtaͤnde veraͤndert /Verbrechen Umſtaͤnde Recht. entweder gehaͤſſiger oder mehr zu entſchuldigen ſind / und dann aller - ley Beſchaffenheit in Rechts-Geſetzen zu begreiffen unmuͤglich / ſo dennoch nicht ſtets zu verachten / als kan ein Chriſtlich gewiſſenhaffter Richter wohl kluͤglich darinn verfahren / und nach geringſten Umſtaͤn - den Straffe maͤßigen; Jn groben und ſchweren Verbrechen aber gebuͤhret dem Richter nicht Gelindigkeit / ſondern Schaͤrffe zu gebrau -Richters Ge - lindigkeit Straffe. chen / und niemahlen witziger zu ſeyn als das Recht / ſonſt doͤrffte ihm gleiche Straffe wiederfahren / ſo Thaͤter verdienet / oder wuͤrde auch nach andern Zwangs-Mitteln Ehrloß.

  • C. ſicut, in princ. X. de homicid. L. Grachus, C. ad L. Jul. de adult. L. 4. ff. de præſcr. verb. L. 12. & ſeqq. ff. de LL. L. 11. in princ. L. 16. ff. & L. Sancimus, C. de pœn. L. 28. §. 15. ff. Eod. C. ut clericorum, X. de vit. & honeſt. Cler. Nov. 82. c. 10. L. 1. §. 1. ff. ad SCt. Turpill. L. 14. C. de pœn. L. 8. §. 2. ff. ad L. Jul. de vi publ.
D 3§. 24. Rich -30I. Buch / Cap. V.
Richters Ho - heit Zwang Recht.

§. 24. Richters Hoheit zu handhaben und Gehorſam zu erzwin - gen / iſt mancherley Art und Weiſe / als Arreſt und Auspfaͤndung des Ungehorſamen / Gefaͤngniß / Verhoͤrs Verweigerung / Gerechtigkeits Abſchlag / Beſitz-Einnahm und gerichtlicher Beſchlag deſſen Guͤter oder Abnutzungs Fruͤchte / der Sachen Abnahme biß zum Gehorſam / desgleichen Schadens Zufuͤgung / Verthaͤdigung oder Verbot durchGerichts-Die - ner Pflicht. Kriegs-Leute und willkuͤhrliche Geld-Buſſe / oder peinliche Straffe; Jedoch ſollen bey dieſem Zwang-Recht Stadt und Gerichts-Diener fuͤr ſich ſelbſt die ausgepfaͤndete Guͤter nicht fuͤr geringerern Werth betrieglich ausgeben.

  • §. fin. inſtit. de ſatisdat. L. conſentaneum, ubi gloſſ. ad verb. cogendum, C. quomod. & quand. jud. L. 26. §. 4. ff. ex quib. cauſ. maj. L. 1. §. jubet, ff. de Collat. bon. c. 1. X. de probat. L. 2. ff. ſi quis in jus. L. 50. ff. de Evict.
Urtheils Recht zwiſchen an - dern.

§. 25. Ein vom Richter zwiſchen andern ertheilter Ausſpruch kan andern nicht ſchaden / die abweſend geweſen / es waͤre dann ein Pfand - habender Glaͤubiger / Ehemann oder Kaͤuffer / welcher ſeinen Schuldner / Schwaͤher oder Verkaͤuffer gerichtlich haͤtte handeln laſſen / oder deſſen Recht vom Klaͤger herruͤhrig / oder wann der Richter durch falſche Zeugniß und Brieffe betrogen / alsdann wieder Auffrichtung Statt findet.

  • L. 2. C. quibus res judic. non noc. L. 63. ff. de re judic. L 33. ff. Eod. Tot. Tit. C. ſi ex falſ. inſtrum.

§. 26. Ein Unterrichter muß es auch dabey beruhen laſſen / wann Klaͤger / wie billig / Beklagten vorhero auſſer gerichtlich anſpricht / ehe denn er ihn fuͤr dem Richter belanget / welches ſo viel wuͤrcket / daß erKlaͤgers Pflicht Beklagten auſ - ſer gerichtlich zu belangen. ſaͤumig zu achten / und jener desfalls alle Procuratoren und Schrifften Unkoſten wieder erlangen kan / ob ſchon Beklagter eingeladen / hernach die Bezahlung anbeut; wenn aber in Verſchreibung ein gewiſſer Tag angeſetzet / beſpricht derſelbe an Klaͤgers Statt / iſt auch Klaͤger ſchul - dig ſeiner verneinenden Klage Grund zu erweiſen.

  • L. magnam, C. de ſtipul. L. Debitores. C. de pign. L. 13. princ. ff. de ſerv. urban. præd. L. 24. ff. quando dies leg. ced. L. 8. §. ſi quis caut. & L. 23 24. & 49. §. fin. ff. de verb. oblig. c. 5. X. de dol. & cont.

§. 27. Wann nun Klaͤger fuͤrm Richter ſein Anbringen erwieſen / der Beklagte aber nach erbetenen Still-Standes Friſt ſeinen Aus - zug darzuthun ermangelt / ſo wird er alsbald zu denen Unkoſten erkant / darum ſo wohl in Bey-als End-Urtheil ſolche zuerkant werden zuUnkoſten Be - zahlungs - Pflicht. bezahlen / ehe denn ferner Verhoͤr verſtattet wird / wegen Proceß-Ver - laͤngerung oder freveln Streit-Erhebung um deren Zaͤncker Boßheit zu bezaͤhmen / dahero der Uberwinder die Unkoſten einbringt / der Rich -ter31Von des Richters Pflicht und Eydes Beſchaffenheit. ter ſie maͤſſiget und der Uberwundene bezahlet / nemlich nach beyder Partheyen Standes Betrachtung in auſſer gerichtlichen Unkoſten / die gerichtliche Koſten aber muͤſſen auff einen Heller bezahlet ſeyn.

  • L. 21. C. de probat. L. 13. & 15. §. 2. C. de judic. Auth. poſt jusjur. C. Eod. L. 79. ff. Eod.

§. 28. Ein Richter muß ſonderlich bey peinlichen Inquiſitions-Faͤl -Richters Amt in peinlichen Sachen. len vor ſeine Perſon fuͤr allen Dingen goͤttliche Huͤlffe anflehen / wei - len GOtt allein den Klugen Weißheit / und den Weiſen Verſtand giebt / auch geheim und verborgene Dinge offenbaret / als der da weiß / was im Dunckeln iſt / und Licht wohnet bey ihm; alsdann wird er gleich - wie in einem hellen Spiegel leicht erſehen / was in der Sache zu beruͤh - ren / zu thun und laſſen / den Proceß zu vollenden. Worinn ſonſt ferner das richterliche Amt und deſſen unverweißliche Gebuͤhr beſtehe / ſoll ſich ein jeder aus GOttes Wort / beſchriebenen Rechten und ſeinen dazu ge - leiſteten Pflichten / ohne weitlaͤufftige Erinnerung ſelbſt beſcheiden.

§. 29. Jedoch ſollen alle diejenigen Richter / ſo verliehene Gerich - te beſitzen / mit Fleiß dahin ſehen / ſich zu bearbeiten / damit nicht leicht / ohne Unterſcheid / die zwiſchen den Partheyen entſtandene Jrrungen / vornehmlich bey Schmaͤh-Klage Sachen im Rechts langwierigen Proceß gewieſen / ſondern ſo viel immer moͤglich zuvor verſucht wer -Injurien Pro - ceß Vergleichs Recht. de / ob ſie entweder auff billige maſſe in Guͤte zu vergleichen / oder zum wenigſten mit beyder Bewilligung / einen Schieds-Richter zu erweh - len / eingezogen ſeyn moͤgen / um vergebliche Zeit und Geld zu erſparen / und unnoͤthige Weiterung zu verhuͤten / auff daß alſo ein jeder zu ſeiner Befugniß deſto eher gelangen koͤnne / zumahlen / wann die Sache von keiner Wichtigkeit / oder zu Proceß-Koſten unvermoͤgende Perſonen be - trifft / oder wofern den Richter die Rechtfertigung zu hemmen / andere Umſtaͤnde / ſo viel an ihm iſt / bewegen moͤchten.

Caput VI.

Von Partheyen Klag-Beweiß / Verthaͤdigung / Bekaͤntniß / Kundſchafft / Muthmaſſung und Eyd fuͤr Gericht.

§. 1.

BEweiß und Kundſchafft iſt eine gewiſſe Anzeigung und EroͤffnungBeweiß und Kundſchafft Recht. eines unbekandten zweiffelhafften Dinges / wann Beklagter ver - neinet. Wer nun klagen will / ſoll gewiſſen Beweiß haben / wo nicht / ſo wird der Beklagte frey und ledig erkant / ob ſchon er ſelber nichts dar -thut /32I. Buch / Cap. VI. thut / jedoch mag der Klaͤger / wann er ſein Recht nicht genung erwie - ſen / und einige Vermuthung fuͤr ſich hat / den Eyd zu thun anbieten / oder dem Beklagten die Sache ins Gewiſſen verſchieben. Der Eyd aber zu halben Beweiſes Erfuͤllung hat in peinlichen Handlungen / deß - gleichen in Sachen / die Ehr und Glimpff betreffen / gar nicht Statt; ob aber / wann oder wie ſonſt und welcher Parthey der Eyd auffzulegen / ſte - het in richterlichem Willkuͤhr / welcher alle Umſtaͤnde / Verdacht und Anſehen / auch Ehre / Treu und Glauben / von jeder Parthey wohl er - wegen und in Acht haben ſoll; Alſo kan und mag ein halber Beweiß mit Eyd erfuͤllet werden in allen Klag und Geld Sachen.

  • L. 1. §. fin. & gloſſ. ff. de dot. præleg. C. Evidentia, X de probat. L. qui accuſare, C. de Edendo. L. ingenium, ff. de ſtat. hom. L. matrem, L. Actor. & L. fin. C. de probat. C. fin. X. de jurejur. L. dolum, C. de dol. mal. L. 2. L. verius, L. ab ea parte. L. in Exceptionibus, ff. de probat. L. ſive, C. Eod. C. is qui, X. de ſponſal. L. in illa & L. ſtipulatus, ff. de V. O. C. fin. X. de teſt. L. in bonæ fidei, h. t. L. generaliter, §. ſed juramento, C. de reb. cred. & jurejur. L. admonendi, ff. de jurejur.

§. 2. Deßgleichen kan auch in beſchwornen Guͤtern Regiſter und beeydigten Handverleugnung Klaͤger von Beklagten begehren / zuEyd der Ge - fehrde Schalck und Boßheit. Vermeidung Buͤrgeſchafften und Verſicherungs-Streit / alsbald Anfangs zu beſchweren / daß er nichts aus Gefehrde und boͤſer Mey - nung noch zum Auffſchub und Verlaͤngerung der Sachen / ſondern al - lein zur Nothdurfft vorbringen wolle / ja daß ſie eine gerechte Sache zu haben glauben / derowegen keine Warheit verhehlen wollen / ſondern auff Gegentheils Geſchicht-Erzehlung uͤmſtaͤndlich zu antworten erboͤ -Advocaten Ey - des Zugehoͤr. tig; auch muͤſſen Advocaten hinbeyfuͤgen / ſo bald ſie aus deren Be - weißthuͤmern / oder ſonſt im Fortgang der Sachen befinden wuͤrden / daß ſie eine unrechte Sache haͤtten / davon abgehen und ſich deren gaͤntzlich entſchlagen wollen / deßfalls auch Procuratores in ihre und Principalen Seele ſchweren moͤgen / auff ſonderlichen Befehl / welchen Eyd ſo wohl als andere dennoch beſſer waͤre / daß die Partheyen ſelbſt an Gerichts o - der Wohnungs-Ort leiſten muͤſten / weilen ein jeder mehr um ſeiner eige - nen Seelen Heil bekuͤmmert iſt / noch ſo leicht zum Eyd willig / wann er ſelbſt ſchweren ſoll / auch der Richter davon abmahnen kan / wofern er aus ſchwerendem Geſicht meineydigen Willen vermercket.

  • L. 3. §. quæcunque L. 34. pr. & §. 4. ff. de jurejur. L. 8. §. 5. ff. qui ſatisd. L. 14. ff. de nov. oper. nunc. L. pen. C. quemadm. Teſtam. aper. L. 20. C. de fide inſtru - ment. L. 15. ff. ad Exhib. c. 2. §. 1. X. de jur. calumn. L. 1. & L. 2. §. 3. C. hoc tit.
Urkunden Be - weiß.

§. 3. Zu Klaͤgers Beweiß koͤnnen auch dienen Brieffe und In - ſtrument-Urkunden / welche ſind uhralt oder neue Brieffſchafften /als33Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. als uhrbare Koͤnig - oder Fuͤrſtl. Saal - oder Lager-Buͤcher / Stadt und Gerichts-Protocollen oder aus denen Archiven fuͤrgezogeneInſtrumenten Verfaͤlſchung Straffe