I. A. Richter del.
C. F. Boetius ſeulps.
Denen ſaͤmtlichen allhier in Leipzig vorjezo lebenden Buchdruckerherren, Seinen inſonders Hochgeehrten Herren und Freunden.
Ew. Wohledlen uͤberreiche ich hiemit gegenwaͤrtige Blaͤtter zu einer guͤtigen Auf - nahm und Beurtheilung, welche wohl): (2niemandniemand leichtlich beſſer uͤber ſich zu neh - men faͤhig ſeyn wird, als wie Sie. Sie enthalten ja bey nahe alles dasje - nige in ſich, was man nur von derjeni - gen Kunſt ſagen kan, welcher Sie ſaͤmi - lich mit dem groͤßten Eifer ergeben ſind. Hier werden Sie kuͤrtzlich erzehlet fin - den, von wem und wenn unſere Kunſt zu allererſt erfunden worden ſey; Hier wer - den Sie gleichſam auf einem Blick die vornehmſten Befoͤrderer derſelben nach ihrer Erfindung uͤberſehen koͤnnen; Hier werden Sie, ſonder Zweifel mit Ver - gnuͤgen, das Leben unſerer Vorfahren allhier in Leipzig, ja Jhr eigenes Leben, kuͤrtzlich und aufrichtig beſchrieben an - treffen. Auſer dem aber hat man ſich bemuͤhet alles hinlaͤnglich und deutlich vor Augen zu legen, was nur zur Er - lernung und Ausuͤbung der Buchdru - ckerkunſt zu wiſſen noͤthig und nuͤtzlichiſt.iſt. Um mehrerer Deutlichkeit willen hat man nicht nur alle dazu gehoͤrige Stuͤcke kuͤrtzlich beſchrieben, ſondern auch im Kupfer vorgeſtellet. Sollten Sie dahero, Hochgcehrte Herren und Freunde, nicht die beſten Richter abgeben koͤnnen, ob man hierinnen den rechten Weg getroffen, oder denſelben verfehlet habe? Jedoch, es hat mich noch ein anderer Bewegungsgrund zu dieſem Entſchluß gebracht. Sie ſind diejenigen, welche mit mir einer Kunſt zugethan ſind: Sie ſind auch diejeni - gen, welche mir zum Theil allerhand Liebesdienſte und Gefaͤlligkeiten erwieſen haben. Wird es mir dahero nicht ver - goͤnnet ſeyn, Jhnen wiederum ein Kennzeichen meines danckbegiehrigen Gemuͤthes und Gegenliebe dadurch oͤf - fentlich an den Tag zu legen? So lange mir alſo nicht erwieſen ſeyn wird, daß): (3Gefaͤl -Gefaͤlligkeiten und Liebesdienſte gebuͤh - rend erkennen ein Verbrechen zu nennen ſey; So lange wird mir niemand mein Unternehmen veruͤbeln, oder ſolches tadeln koͤnnen. Endlich aber habe ich hiedurch gleichſam den Anfang machen wollen, bey Jhnen allerſeits das An - dencken der eꝛfundenen Buchdruckerkunſt zu erneuern, welches wir mit Freuden im nechſt folgenden Jahr, ſo es GOtt gefaͤllig, mit geſamten Kraͤften feyerlich begehen werden. Drey hundert Jahre ſind nunmehro bey nahe verfloſſen, ſeit dem man den Grund zu dieſer nuͤtzli - chen Kunſt geleget hat. Unſere Vor - fahren ſind uns hierinnen mit loͤblichen Beyſpielen vorgegangen, indem ſie alle hundert Jahr am Tage Johannis ein feyerliches Danck - und Freudenfeſt deß - wegen begangen haben. Nicht eine Stadt, nicht ein Land, ſondern bey naheallealle Buchdrucker in gantz Europa ſind gleichſam zuſammen getreten, und ha - ben GOtt mit Hertz und Mund vor dieſe große Wohlthat oͤffentlich gedan - cket. Sie haben uns, um mehrerer Auf - merckſamkeit willen, die bey dieſer Ge - legenheit gehaltenen Reden und verfer - tigte Schriften und Verſe gedruckt hin - terlaſſen, ihren Eifer und Danckbahr - keit daraus zu erkennen. Wird es da - hero nicht billig ſeyn, daß wir ihnen nach Vermoͤgen darinnen nachfolgen? Jch werde nicht irren, wenn ich glau - be, daß viele von unſern Vaͤtern auf dieſen Tag mit Verlangen werden ge - wartet haben, die aber der Tod dieſer Freude beraubet hat. Warum ſollte es mir alſo nicht erlaubt ſeyn, Sie alle zu dieſer Freude zu ermuntern, da wir ihr ſo nahe ſind? Werden Sie mir demnach die Gefaͤlligkeit erweiſen,undund gegenwaͤrtige Blaͤtter mit eben dem Gemuͤth an - und aufnehmen, als ich Jhnen ſolche uͤberreiche; So werde ich mich aͤuſerſt bemuͤhen auf alle Art und Weiſe mich Jhnen wiederum ge - faͤllig zu bezeugen. Der ich mich uͤbrigens Jhrer Freundſchaft und Wohlwollen ferner empfehle und ohnausgeſezt verharre
Ew. Wohledlen, Vorachtbahren und Kunſterfahrnen, Meinen Hochgeehrten Herren und Freunden, Dienſtbegieriger Chriſtian Friedrich Geßner.
Jch bin vor wenig Wochen erſuchet worden, dieſem Buch, welches anjetzo unter dem Titul: Die ſo noͤthig, als nuͤtzliche Buchdru - ckerkunſt ans Licht tritt, eine Vor - rede vorzuſetzen. Jch kan nicht in Abrede ſeyn, daß ich anfaͤnglich einiges Bedencken bey mir gehabt habe, dieſem Anſuchen Statt zu geben. Solte ich wohl, dachte ich bey mir ſelbſt, eine Vorrede zu einem Buch verferti - gen, von deſſen Einrichtung und Ausarbeitung ich nicht eher etwas gewuſt habe, als mir die gedruckten Bogen, nebſt einigen Kupfern, zu Geſicht kommen ſind? Jch hatte noch in allzufriſchem Andencken, daß, unge - achtet ich in der vor 6 Jahren von mir gefertigten, und(a)denenVorrede. denen Gundlingiſchen Diſcurſen uͤber des beruͤhmten Herrn D. Heumanns Conſpectum Reipubl. litterariæ vorgeſetzten Vorrede von der Hiſtorie, wie man ſol - che auf Schulen und Univerſitaͤten pragmatiſch zu treiben anfangen ſoll, p. 41. mit deutlichen Worten geſaget, daß ich weder an dem Werck ſelbſt, noch an deſſen Ausfuͤhrung den geringſten Antheil haͤt - te, und dahero mir nicht das geringſte zur Laſt legen ließe, ſondern alles demjenigen, der die Aus - gabe beſorget, uͤberlaſſen bliebe, dennoch im ver - wichenen Jahre der beruͤhmte Herr Trotz in ſeinen ſonſt gar gelehrten Anmerckungen uͤber Hermanni Hugonis Buch de prima ſcribendi origine p. 269. in - gleichen p. 583.*)Dieſes Buch iſt 1738. zu Utrecht in 8. herauskommen. die von dem Herrn Herausgeber zu den Gundlingiſchen Diſcurſ en geſetzten Anmer - ckungen mir zugeſchrieben habe. Allein, nach reiferer Uberlegung, ſind die bey mir aufgeſtandenen Zweifel weggefallen. Eine Vorrede iſt ja keine Schutzſchrift, und ein Vorredner, welcher mit dem Buch nichts zu thun gehabt hat, darff ja dasjenige nicht verantwor - ten, woran er keinen Antheil genommen. Er uͤber - laͤſſet ſolches dem Verfaſſer des Buches, welcher vor ſeine Arbeit zu ſtehen hat, und, wenn ſie wohl gerathen iſt, damit Ehre einleget, hingegen auch, wenn ſie nicht recht abgefaſſet iſt, ſich freylich auch beurtheilen laſſen muß. Jch habe auch zu Herrn Trotzen das Ver - trauen, daß wenn er meine Vorrede zu denen Gund - lingiſchen Diſcurſen anſehen wird, er mir die Billigkeit wiederfahren, und mich von dem Herausgeber derſel - ben unterſcheiden werde, wie ſolches in denen zu Am - ſterdam gedruckten Miſcellaneis Obſervationibus Criticis Vol. V. Tom. III. p. 131. ſehr wohl geſchehen iſt. Ungeachtet ich nun an dieſem Buch ſelbſt nichtdenVorrede. den gerinſten Antheil habe, und mir alſo nichts aus demſelben zuſchreiben laſſen werde: ſo habe ich doch die an mich geſchehene Bitte, eine Vorrede davor zu machen, nicht gantz abſchlagen koͤnnen. Das Buch handelt von der edlen Buchdruckerkunſt, einer Kunſt, welche als ein Goͤttliches Geſchenck anzuſehen iſt, einer Kunſt uͤber deren in Teutſchen Mauern geſchehenen Erfindung ein ieder Biedermann beſtaͤndig ſich hertzlich erfreuen muß; einer Kunſt, bey deren Erfindung auch in Anſehung der Zeit gewiß die Hand GOttes im Spiel geweſen iſt. Waͤre dieſe Kunſt nicht vor der geſegne - ten Kirchen-Reformation erfunden, und durch deren Huͤlffe die Heil. Schrifft, und andere Kirchen-Scri - benten vor derſelben ſo haͤuffig gedruckt geweſen, haͤtte dieſe Buchdruckerkunſt denen Verbeſſerern der Glau - bens-Lehre nicht zu Dienſten geſtanden: ſo wuͤrden dieſelben weder ihre Saͤtze mit ſo leichter Muͤhe aus der heiligen Schrifft erweiſen, noch dieſelben ſo bequem und ſchleunig durch gantz Europa bekannt machen koͤn - nen? Außerdem aber habe ich noch eine beſondere Liebe vor die edle Buchdruckerkunſt. Jch ſchreibe derſelben mit zu, daß ich der mir eingepflantzten groſ - ſen Begierde beſtaͤndig etwas zu leſen, ſo wohl und ſo beqvem ein Genuͤgen leiſten kan. Jch habe auch in mei - nen erſten Univerſitaͤts-Jahren durch Verbeſſerung ge - druckter Bogen einigen Zugang gehabt, und habe nun - mehro uͤber zwey und zwantzig Jahre ſo wohl anderer als meine eigene wenige Schrifften durch Huͤlffe der Preſſe bekannt gemacht, ſehe auch, daß, ſo lange mir GOtt Leben und Geſundheit ſchencken wird, ich jaͤhr - lich dieſer Kunſt mich zu bedienen nicht Umgang haben werde. Die Hiſtorie dieſer Kunſt habe ich mir ſchon vor vielen Jahren bekannt zu machen geſuchet, auch in collegiis litterariis ſolche andern wieder vorgetragen. (a) 2AlleinVorrede. Allein ungeachtet mir wohl nicht leicht ein Haupt - Scribent davon, von was von einer Nation er auch ſeyn mag, unbekannt, und von mir ungeleſen geblieben; ſo habe ich dennoch in der obangefuͤhrten Vorrede An. 1733. geklaget, daß wir noch keine rechte Hiſto - rie der Buchdruckerkunſt, nemlich der Kunſt ſel - ber haͤtten. Denn ungeachtet in dieſem Jahr - hundert allerhand nuͤtzliches hiervon von Herrn Maittaire, Orlandi, Schelhorn, Herrn D. Loeſchern geſchrieben und angemercket worden: ſo gienge doch daßelbe mehr auf die Hiſtorie der Buchdru - cker und gedruckten Buͤcher, als auf die Hiſtorie der Kunſt, die auch nicht ohne Zuziehung der erſten und aͤlteſten Exemplare, ohne Rath und Huͤlffe verſtaͤndiger Buchdrucker, Schrifftgießer, Holtzſchneider ꝛc. beſchrieben werden kan. Und die - ſer Meynung, die ich vor ſechs Jahren geheget habe, pflichte ich noch dieſe Stunde bey, freue mich aber, daß ſo wohl einige dieſer edlen Kunſt Verwandte, auch ſeit der Zeit, ihren Beytrag gethan, als daß auch verſchie - dene Gelehrte noch ietzo beſchaͤfftiget ſind, die Hiſtorie dieſer Kunſt, vollſtaͤndiger auszufuͤhren. Ein Engli - ſcher Buchdrucker S. Palmer ſtehet hier billig oben an, deſſen Werck mir unlaͤngſt zu Geſicht kommen iſt, und folgenden Titul fuͤhret: A general hiſtory of Printing, from the firſt invention of it in the city of Mentz, to its propagation and progreſs, thro’ moſt of the kingdoms in Europe: particularly the introduction and ſucceſs of it here in England. With the characteres of the moſt celebrated Prin - ters, from the firſt Inventors of this Art to theyearsVorrede. years 1520 and 1550. alſo an account of their Worcks, and of the conſiderable Improvements which they made during that Time. By S. Palmer, Printer. London 1733. 4. 2. Alph. 4 und einen halben Bogen. Wenn man aus demjenigen, was Herr Palmer von der Buchdruckerkunſt in Leipzig, und von den aͤlteſten Buchdruckern allhier vorgiebt, auf das gantze Werck einen Schluß machen wolte: ſo wuͤrde man ſich eben keinen vortheilhafften Begriff von dem - ſelben machen. Wir wollen den Engliſchen Buchdru - cker aus p. 249. ſelbſt anhoͤren: Leipſick, in Latin Lipſia, the capital of Saxony, and founded into an univerſity in 1404 by FREDERIC. I. Elector of that name, receiv’d the art of Printing in 1484; and tho’it pro - du’d but few impreſſions before the year 1500, and yet it is become one of the moſt famous cities in Ger - many for the numbers of books printed there. The firſt Printer who ſettled there was,
Wir wollen die erſten Worte ins Teutſche uͤberſetzen: Leipzig, Lateiniſch Lipſia, die Haupt Stadt in Sach - ſen, und worinnen Anno 1404. von Friedrich dem er - ſtrn Churfuͤrſten dieſes Nahmens, eine Univerſitat ge - ſtifftet worden, hat die Buchdruckerkunſt im Jahr 1484 bekommen, und ob ſie gleich ſehr wenig gedruckte Buͤcher vor 1500 geliefert hat: ſo iſt ſie doch eine der beruͤhmteſten Staͤdte Teutſchlandes, in Anſehung der daſelbſt gedruckten Buͤcher, worden. Ehe wir die Nah - men der erſten hieſigen Buchdrucker aus Herrn Pal - mers Buch anfuͤhren: ſo wollen wir ein paar Anmer - ckungen uͤber ſeinen Bericht von Leipzig machen. Er thut Leipzig zu viel Ehre an, daß er es zur Haupt - Stadt macht, indem es bekannt genung iſt, daß Dreßden die Haupt-Stadt in Meiſſen iſt. Die Uni - verſitaͤt iſt nicht 1404. ſondern 1409. von dem damah - ligen Hertzog, und nachmahligen Churfuͤrſten Friedrich dem Streitbahren geſtifftet, und die Buchdruckerkunſt nicht erſt 1484 ſondern ſchon wenigſtens um das Jahr 1480. allhier eingefuͤhret woeden, wie ſolches aus Hrn. Johann Jmmanuel Muͤllers Sendſchreiben von der Leipziger Buchdruckerkunſt, und aus dem auf dieſe Vorrede folgenden Bericht erhellet. Es ſind auch nicht ſo wenig Buͤcher allhier bis auf 1500 gedrucktworden,Vorrede. worden, wie Herr Palmer glaubet, und ſolches aus angefuͤhrter Schrifft zu erſehen, aber noch mehr zu er - ſehen ſeyn wird, woferne jemand alle in Leipzig bis zu Ausgang des funffzehenden Jahr-hunderts gedruckte Buͤcher ſam̃len, und eine Nachricht von denſelben erthei - len ſolte, dazu ihm hieſige Univerſitaͤts-Bibliotheck einen ſchoͤnen Vorrath an die Hand geben wuͤrde. Marcus Brand, Gregorius Bœtticher, Wolffgang Stöckel de Monaco oder Monacenſis, Jacob Thanner, An - dreas Friſner, haben allhier im funffzehenden Jahr - hundert die Buchdruckerkunſt ausgeuͤbet. Es ſind aber Mauritius Brandis, Martinus Lantzberg, Con - radus Kachelofen, Arnoldus de Colonia oder Coloni - enſis, und Melchior Lotther nicht auszulaſſen, und kan man von ihnen in Hrn. Muͤllers angefuͤhrten Schrifft, und in dem oben gemeldeten Bericht mehrere Nach - richt finden, und Herrn Palmers Nachricht in An - ſehung der von ihm benennten Buchdrucker verbeſ - ſern, und in Anſehung der weggelaſſenen ergaͤntzen. Jch will aber auch ein paar Anmerckungen mittheilen, davon die eine Andreas Friſner, die andere Melchior Lotther betrifft. Von Andreas Friſner giebt Herr Palmer unter dem Articul Nuͤrnberg gute Nachricht, darinnen aber irret er unter Nuͤrnberg und Leipzig, wenn er glaubt, daß Friſner die Hiſtoriam Longo - bardicam in Leipzig gedruckt habe. Die hiſtoria Longobardica iſt zu Nuͤrnberg gedruckt, und in dem in der Wonſiedeliſchen Bibliotheck befindlich geweſenen Exemplar zu Ende folgendes angemercket geweſen: Opus hiſtoriæ Lombardicæ A. D. 1476. 7. Calend. April in Nuremberga oppido Germaniæ celebratiſſimo explicitum ductu induſtrioſi impreſſoriæ artis magi - ſtri Joannis Senſenſchmidt civis Nuremberg. & An - dr. Friſner de Bunſidel artium Magiſtri. Jch ſetze noch ferner bey, daß dieſer Friſner nebſt andern ſchoͤ -(a) 4nenVorrede. nen Geſtifften 56 Buͤcher nach Wonſiedel in ſeine Va - ter-Stadt vermachet, und dadurch den Grund zu der ehemals daſelbſt befindlichen Bibliotheck geleget hat. Und obgleich dieſelbe vor einigen Jahren in der grau - ſamen Feuersbrunſt, welche die liebe Stadt Won - ſiedel betroffen hat, im Rauch aufgangen iſt: ſo ver - dienen doch die Teutſchen Reime aus dem von dem ietzigen gelehrten Rectore zu Neuſtadt an der Ayſch, Herrn Layritzen, auf mein Verlangen, mir ehemahls in MSto zugeſchickten Catalogo der Wonſideliſchen Bibliotheck, Herrn Friſner zum Andencken, allhier eingeruͤckt zu werden. Es hat dieſelbe ein Stadt - Schreiber zu Wonſiedel N. Zeidler gemacht, und lauten alſo:
Die andere Anmerckung betrifft Melchior Lot - ther. Es iſt bekannt, daß zwey Melchior Lotther, Va - ter und Sohn, in Leipzig gelebet haben. Einer hat unter andern An. 1520 eine Schrifft von dem beruͤhm - ten Petro Moſellano gedruckt, auf deren Titul ich als was ſonderbahres bemercke, daß dieſelbe mit des Durchlauchtigen Hertzog Georgens und des E. Hoch - weiſen Leipziger Raths Privilegio gedruckt worden ſey. Die Schrifft hat folgenden Titul: Petri Moſellani Protegenſis, Pædologia, jam quartum vna cum ſcho - liis in loco oppoſitis, edita. adiectis inſuper Dialogis duobus, quorum alter relegendæ prælectionis ratio - nem complectitur, alter de delectu Academiarum habendo diſſerit. Auf eben dieſem Titul ſtehen noch folgende Worte: Cum illuſtriſſ. principis noſtri GEORGII Saxoniæ Ducis &c. pariter & pru - dentiſſ. SENATVS Lipſenſis PRIVILEGIO, Ne quis hanc, aut quamvis aliam P. MOSE - LANI lucubrationem Lipſiæ, immo in tota hac di - tione citra authoris ipſius conſenſum, aut imprimat aut alibi impreſſam & importatam hic venditet: ſub pena, vt in tabulis. Die Zuſchrifft iſt am Tage des Apoſtels Matthaͤi 1516. unterſchrieben, und an Joan - nem Poliandrum, Ludimagiſtrum apud divum Tho -(a) 5mamVorrede. mam allhier gerichtet. Die gantze Schrifft beſtehet aus 6. Bogen, und zu Ende finden ſich folgende Worte: Lipſiæ ex officina Melchioris Lottheri A. D. M. D. XX. Jch kan nicht umhin aus dem letzten Dialogo, in quam potiſſimum Academiam ſtudioſo ſit commigran - dum, des groſſen Petri Moſellani Urtheil von den damahligen Univerſitaͤten, und daß man nicht mit ungewaſchenen Haͤnden die ſo genannten hoͤhern Wiſ - ſenſchafften anfangen ſoll, hier einzuſchalten, weil auch unſere Zeiten etwas daraus lernen koͤnnen. Hiero - nymus der Schuͤler fragt ſeinen Lehrmeiſter alſo: jam biennium te in hoc ludo docentem audivi, vtri - usque literaturæ prima rudimenta, tua ope, vtcum - que percepi. hortatur nunc me tum parens, tum etiam hæc mea ætas maturior, vt hinc in Acade - miam aliquam, ad vberiorem ingenii cultum capi - endum, me conferam. Hoc, vt felicius faciam, tuo conſilio opus eſt. Nam inter tot, vt vocant Vniver - ſitates, quot jam olim ſunt inſtitutæ, & hodie paſſim novæ exoriuntur, mihi ejusmodi rerum ignaro, dif - ficile plane eſt ejus, quæ omnium ſit inſtructiſſima, & meis ſtudiis accommodatiſſima, delectum habere. Hierauf antwortet der Lehrmeiſter alſo: Prudenter hic deliberas Hieronyme. Sunt Academiæ, eæque in Germania, quas vehementer probem. Sunt item, quas cupiam, vel omnino non eſſe, vel in totum immutari. Vt enim in re militari duci dux, & militi miles, vt in republica ſenator ſena -tori,Vorrede. tori, & civi civis, artifex artifici, vt denique homo homini, ſic ſchola ſcholæ, doctor doctori, magiſter ma - giſtro, præſtant. Quod diſcrimen qui non advertit, operam & oleum, vt ajunt, plerumque perdit. Ac, vt certum aliquid, quod hic ſequaris, habeas, in hac deliberatione ſpectandum erit, non quæ magnificis ædificiis; tametſi & hæc decoris aliquid addant: ſed optimis omnis generis præceptoribus ſit inſtructis - ſima. Primum, quæ trium linguarum profeſſores haheat, & doctos, & bonos. Hoc vt velint, illud vt poſſint, recte docere. Siquidem, latinam, græcam & hebraicam linguas in Chriſtianorum ſcholis doce - ri, Pontificiæ leges jubent, & veterum Thoologo - rum exempla ſuadent, ac denique Chriſtianæ reipu - blicæ vſus exigit. Habeat denique Theologos ſi non plures, vnum ſaltem aut alterum cum ſcripturarum intelligentia, tum vitæ ſanctimonia egregie proba - tos. Tum jure peritos, non minus prudentia, quam & facundia laudatos. Ad hæc medicos, quos natu - ralium rerum profunda cognitio, & curandi fides perſpecta commendet. Poſtremo philoſophos, non, qui ſophiſticam rixandi pertinaciam ex ineptis bar - barorum commentariis inculcent, ſed qui philoſo - phando Platonis majeſtatem, acumen Ariſtotelis, Theophraſti eloquentiam, proxime referant. Quan - quam autem Gymnaſium ejusmodi, minoris negotii eſt deſcribere, quam vsquam invenire, ad præſcriptam tamen imaginem, vtcunque accedunt hic in vicino ſitæ LIPSIA & WITTEBERGA. Nec ER -PHVR -Vorrede. PHVRDIA cuiquam eſt aſpernanda. Vt nec BASILEA Super omnes vero trium linguarum profeſſione floret LOVANIVM, ſehola vel hoc no - mine omnium feliciſſima, quod magnum illum & ſapientiæ & eloquentiæ principem habet ERAS - MVM. Et ſummum illud Eccleſiaſticæ dignita - tis ornamentum ALBERTVS Cardinalis, ma - gnum quiddam Moguntiæ ſuæ molitur. Quod ſi proceſſerit, erit, quo ſe Germania exteris homi - nibus venditet. Porro illud inprimis tibi caven - dum, ne ad ſublimes illas profeſſiones, quas vo - cant, illotis, vt aiunt, pedibus irrumpas. Quin modis omnibus curandum, vt vtriusque literaturæ mediocri cognitione præparatus accedas. Sic enim futurum, vt in diſciplinis his gravioribus citius & facilius, quo tendis, pervenias, & rectum in rebus omnibus judicium conſequaris. Hoc qui caret, fru - ſtra ſe aliquid feliciter diſcere ſperabit.
Jch muß aber wieder auf Herrn Palmers Hi - ſtorie der Buchdruckerkunſt kommen. Es iſt wahr, das Werck hat einige Verbeſſerungen und Ergaͤntzun - gen vonnoͤthen, aber dem ungeachtet, iſt es eine der beſten Schriften von der Buchdruckerkunſt. Unſer Buchdrucker Palmer berufft ſich auf zwey Buchdru - cker, die vor ihm von dieſer Kunſt geſchrieben haben, auf Herrn Vertel, Buchdrucker zu St. Omer, und Herrn Johann Andreas Endter in Nuͤrnberg. Er hat auch die vornehmſten Schrifften des Mallincrots,desVorrede. des Pater Orlandi, und des Herrn Maittaire geleſen, er hat einen Zugang zu des Graf Pembrocks, D. Meads, D. Rawlinſons, und Herrn Richardſons Bibliotheken gehabt, auch die Oxfurther und Cam - bridger Bibliotheck gebrauchet. Und obwohl Herr Palmer uͤber dieſem Werck verſtorben iſt, auch der von ihm ausgearbeitete Practiſche Theil von der Buch - druckerkunſt, den er in MSt. hinterlaſſen, noch nicht ge - druckt ſeyn mag; ſo verdiente doch dieſes Hiſtoriſche Werck von einem der Engliſchen Sprache wohl erfahr - nen Mann ins Teutſche uͤberſetzt, und durch einige Anmerckungen verbeſſert und ergaͤntzt zu werden. Es duͤrffte das gantze Werck einen Octav-Band ausma - chen, und wuͤrde gewiß unter den Teutſchen ſeine Lieb - haber finden. Jch zweifle im uͤbrigen auch nicht, daß gegenwaͤrtige ſo noͤthig als nuͤtzliche Buchdrucker - kunſt, die man einem Kunſtverwandten, Chriſtian Friedrich Geßner zu dancken hat, eine dergleichen ge - neigte Aufnahme ſich zu verſprechen haben werde. Es werden Gelehrte und der Gelehrſamkeit ergebene, es werden Buchhaͤndler, Buchdrucker und dieſer Kunſt Befließene allerhand nuͤtzliche und angenehme Nachrich - ten darinnen antreffen, alle aber von der Billigkeit ſeyn, und die mit untergelauffenen Fehler und Unvoll - kommenheiten uͤberſehen, wie wir bey des Engliſchen Buchdruckers Herrn Palmers Buch gethan haben. Dieſe Schrifft ſtellet ſich auch eben zu rechter Zeit ein. Denn es iſt bereits bekannt, daß die Herrn Buchdru - cker im kuͤnfftigen, GOtt gebe! gluͤcklich erſcheinenden1740tenVorrede. 1740ten Jahre, nach dem Exempel ihrer Vorfahrer, das dritte Jubelfeſt, wegen Erfindung ihrer Kunſt, begehen werden. Als das zweyte Jubelfeſt 1640 all - hier begangen wurde, hat der ſel. Profeſſor An - dreas Rivinus denen Leipzigern Buchdruckern die Ehre gethan, und ihnen folgende Schrift zugeeignet: L. Andreæ Rivini, Halis-Saxonis, Profeſſoris Lipſi - enſis, Hecotomba laudum & gratiarum, in ludis iterum ſecularihus, ob inventam in Germania ab - hinc annis CC Chalcographiam, ad aram ſupremi Numinis, artis omnis Datoris, inque honorem pri - mor. hujus authorum, nec non perpetuam rei me - moriam, publice prius in Tilieto ad Plisn-Elyſtrum immolata: cum in carminibus quibusdam & Epi - grammatis, tum vero præcipue in declamatiuncula ſolemni, artis Typographicæ commendationem a primis vſque cunabulis in declivem paulatim ſe - nectam Hiſtorice magis quam Rhetorice e variis ſcriptoribus celebrante. Lipſiæ 1640. 4to 5. Bogen. Es iſt auch nicht unbekannt, daß der beruͤhmte Herr Bernhard von Mallinkrot ſein ſchoͤnes Buch de ortu & progreſſu artis Typographicæ zu Coͤlln 1639. wie - der auflegen laſſen, und Herr Marcus Zuerius Box - hornius ſeine Diſſert. de typographicæ artis inven - tione & inventoribus 1640. zu Leyden herausgegeben habe. Und ich kan mir kaum bereden laſſen, daß un - ſere Zeiten dem vorigen Jahrhundert darinnen einen Vorzug laſſen, und bey dieſem dritten Jubelfeſt nicht, eben ſo wichtige Schrifften zu Erlaͤuterung der HiſtoriederVorrede. der Buchdruckerkunſt, ans Licht ſtellen ſolten. Ob aus des ſel. Hrn. Prof. Krauſens in Wittenberg Collectaneis, die er viele Jahre mit groſſem Fleiße hier von gemachet hat, etwas zu erwarten ſtehe, iſt mir unbekannt. So viel aber weiß ich, daß der beruͤhmte Herr Prof. Wolf in Hamburg uns eine Sammlung allerhand ſeltener und die Hiſtorie der Buchdruckerkunſt erlaͤuternder Schrif - ten liefern werde, auch der beruͤhmte Goͤttingiſche Prof. Herr Joh. David Koͤhler an einem von dem Ur - ſprunge der Buchdruckerey handelnden Schrifft arbei - te*)Siehe Herrn Trotzens Anmerckungen zu des P. Hugo Buch de prima ſcribendi origine, p. 581. allwo er ſich auf des beruͤhm - ten Herrn Schelhorns Amoenitates Litterarias Tom IV. beruffet. Annales typographici von Leipzig und andern Staͤdten Teutſchlandes fehlen auch noch, und wer eine Hiſtorie von dem Urſprung und Fortgang der Buͤ - cher Privilegiorum ſammlen, wer eine Hiſtorie der Buͤcher-Cenſur, wie ſolche faſt in den meiſten Laͤndern von Europa uͤblich iſt, zuſammen tragen wollte; wuͤr - de eine Arbeit uͤber ſich nehmen, die unter die Deſide - rata gehoͤret, und zu vielen nuͤtzlichen, und aus der Rechtsgelahrheit zu erlaͤuternden Abhandlungen Anlaß geben. Mein Wunſch gehet im uͤbrigen dahin, daß dieſe Kunſt auch in Teutſchland immer hoͤher und hoͤher ſteigen, und den Mißbraͤuchen derſelben nachdruͤcklich geſteuret werden moͤge. Es erneuere ſich in denen jetzo lebenden und kuͤnftigen dieſer edlen Kunſt Zugethanen der Eyfer ihrer Vorfahrer, den ſie in Erlernung derSpra -Vorrede. Sprachen, in Haltung geſchickter Correctorum etc. gehabt, taͤglich mehr und mehr, und endlich muͤſſe dieſe Kunſt, als ein goͤttliches Geſchenck, zur Ausbreitung des Goͤttlichen Worts, zur Fortpflantzung der wah - ren Religion, zum Flor der Gelehrſamkeit und zur Verbeſſerung der Sitten, biß an die letzten Tage der Welt beſtaͤndig dienen! Geſchrieben zu Leipzig, den 7. April. 1739.
Johann Erhard Kapp, Prof. Eloqu. Publ. des großen Fuͤrſten-Collegii Collegiat, und der philoſophiſchen Facultaͤt d. z. Decanus.
ICh bin nicht geſonnen in gegenwaͤrtigen Blaͤttern der edlen Buchdruckerkunſt eine weitlaͤuftige Lobrede zu verfertigen Denn ich befuͤrchte, nicht ohne Grund man moͤgte mir dieſes eben ſo ſehr verar - gen, als wenn ich den vortreflichen Glanz der hellſcheinenden Sonne und derſelben ungemein. Nutzbarkeit mit vielen Worten herausſtreichen wollte Ein jeder, der nur den rechten Gebrauch ſeiner Sin - nen beſitzet, ſiehet ja ſelbſten wohl, ohne mein Erin nern, wie blitzend dieſer ſchoͤne Coͤrper ſeine glaͤntzende Strahlen von ſich wirft, und deſſelben angenehmAWaͤr -2Kurtzer EntwurfWaͤrme empfindet er ofters mit dem groͤßten Vergnuͤ - gen. Wuͤrde es dahero nicht eine vergebliche Arbeit ſeyn, wenn ich einem dieſes alles durch viele Beweis - gruͤnde erſt uͤberfuͤhren wollte, was er ſchon ſelbſten ſie - het und fuͤhlet? So, und nicht anders, iſt es auch mit der edlen Buchdruckerkunſt beſchaffen Der herrliche Nutzen dieſer preißwuͤrdigen Kunſt faͤllt jedermann der - geſtalt in die Augen, daß er denſelben ohnmoͤglich in Zweifel ziehen kan. Was hat der herrſchenden Fin - ſterniß in der geheiligten Religion mehr Abbruch ge - than, und was hat das aufgehende Licht derſelben, au - ſer goͤttlichem Beyſtand und muthiger Gelehrten Ge - ſchicklichkeit, mehr befoͤrdert, als dieſe Kunſt? Was hat die Geſetze der Gerechtigkeit mehr ausgebreitet, als dieſe Kunſt? Was hat die Geheimniſſe der Artzney - kunſt und die vernuͤnftigen Saͤtze der Weltweißheit be - kannter unter uns gemacht, als dieſe Kunſt? Kurtz, der Flohr aller Kuͤnſte und Wiſſenſchaften hat dieſer emſi - gen Dienerin ungemein viel zu dancken. Die Zeit wuͤrde mir dahero zu kurtz, und der beſtimmte Raum viel zu enge werden, wenn ich dieſer Kunſt eine gebuͤh - rende Lobrede allhier aufſezen wollte. Jch kan auch dieſer Muͤhe deſto eher uͤberhoben ſeyn, je unlaͤugbarer dieſe Wahrheit iſt, und je geſchicktere Maͤnner die ſchoͤn - ſten Lobſpruͤche der Buchdruckerey zu Ehren bereits ab - gefaſſet haben. Nur gaͤntzlich unwiſſenden koͤnnen dieſe herrlichen Zeugniſſe unbekannt ſeyn. Denn wer weiß nicht, daß Guido Panziroll,a)Siehe deſſen Rerum memorabilium iam olim deperdita - rum & recens ingenioſe inuentarum Lib II, Tit. XII, p. 578. ſqq. Edit. HENR. SALMVTHI, Amberg, 1599. & 1602. in 8. duob. Voll. ein beruͤhmter Jta -liaͤner,3von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. liaͤner, Michael Maier,b)Jn ſeinem artigen und ſehr raren Tractat, welcher fol - gende Uberſchrift hat: Verum inuentum, hoc eſt, mune - ra Germaniæ, ab ipſa primitus reperta, & reliquo orbi communicata, quæ tanta ſunt, vt plera que eorum muta - tionem mundo ſingularem attulerint, vniuerſa lon - ge vtiliſſima extiterint, Francofurti, 1619. 8. c. V, p. 116. ſqq. ein vortreflicher teutſcher Artzt, Georg Paſch,c)Jn ſeinen Nouis Inuentis C. VII, §. 66. p. 780. Edit. ſe - cundæ, Lipſiæ, 1720. 4. ein ehemaliger gelehrter oͤf - fentlicher Lehrer zu Kiel, und noch viel andere mehr,d)Hieher gehoͤret POLYDCRVS VERGILIVS de rerum inuentoribus L. II, c. 7. p. 132 Edit. 1590. 16. und alle diejenigen, ſo de arte typographica etwas ſchriftlich hinterlaſſen, welche ich aus Mangel des Raums mit Fleiß uͤbergehe. dieſe Kunſt billig unter die nuͤtzlichſten und merckwuͤr - digſten Erfindungen gezehlet haben, welche wir unſern Landsleuten, den Teutſchen, zu dancken haben. Der be - kannte Frantzoß Johann Bodinus,e)Jn ſeinem Methodo Hiſtoriæ C. VII, p. 323. Amſterdam, 1650. 12. Die lateiniſchen Worte heiſſen daſelbſt alſo: Vna typographia cum omnibus omnium veterum inuen. tis eertare facile poteſt. Jch muß hier ein vor allemal erinnern, daß ich alle Zeugniſſe in teutſcher Sprache an - fuͤhren werde, ſie moͤgen in einer Sprache aufgeſetzt ſeyn, in was vor einer ſie wollen. Und dieſes darum, dieweil meine Nachricht nicht ſo wohl vor Gelehrte, als viel - mehr vor die Kunſtverwandten der edlen Buchdrucke - rey aufgeſetzet iſt. So viel aber kan ich jederman heilig verſichern, daß ich die Stellen, ſo in einer fremden Sprache zuerſt abgefaßt ſind, treulich uͤberſetzt habe. ſchreibt nicht unrecht, daß ſich die Buchdruckerkunſt eintzig und allein mit allen Erfindungen der Alten in einenA 2Wett -4Kurtzer EntwurfWettſtreit einlaſſen koͤnne. Ja, der ſcharfſinnige Hieronymus Cardanusf)De Subtilitate Lib. XVII. behauptet ſo gar, daß die Buchdruckerey keiner Kunſt im geringſten etwas nachgebe, wenn man ſo wohl derſelben vortrefli - chen Nutzen, als auch die ſcharfſinnige Einrich - tung in Betrachtung zoͤge. Und hierinnen irret er nicht. Denn was den ungemeinen Nutzen derſelben anlanget, ſo wird wohl Niemand dem ehemals be - ruͤhmten Domherrn in Merſeburg Zachariaͤ von Beichlingeng)S. deſſen wahren Unterricht vom Urſprung, Fortgang, Lobe, Nothwendigkeit, Nutzen, Freyheit, Rechten und Gerechtigkeit der Buchdruckerey, oder derſelben Offi - cianten und Verwandten, Eisleben, 1669. in 4. D. 3. widerſprechen, wenn er davon alſo geurtheilet: „ Nunmehr kan ein jeder von denjenigen & q; Sachen reden und urtheilen, davon man zuvor nichts & q; wiſſen koͤnnen. Dieſe Kunſt lernet die Narren ken - & q; nen, machet die Hoffaͤrtigen offenbar, die Gelehrten & q; bekannt, nimmt die Unwiſſenheit hinweg, und erhebt & q; die Tugend und Wiſſenſchaft zum Leben. Denn & q; der gute und ehrliche Name gelehrter und tugendſa - & q; mer Leute wird hierdurch erhalten; Hierdurch werden & q; auch die Untuͤchtigen bekannt, daß man ſich vor ihnen & q; huͤte, und die ſchaͤdlichen bis in die unterſte Erde ver - & q; druͤcket; Hergegen aber die nuͤtzlichen Jngenia bis & q; an die Sterne erhoben. Jſt alſo dieſe Kunſt eine & q; Mutter, die alle Perſonen, ſo deſſen werth, bey Ehren & q; erhaͤlt, eine Herberge und Aufenthalt aller ehrlichen & q; und fuͤrtreflichen Jngenien, eine fleißige Dienerin & q; aller Politicorum, Theologorum., Philoſophorum, & q; Hiſtoricorum, eine Fortpflantzerin alles deſſen, ſo in& q; einer5von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. & q; einer Stadt, ja in der gantzen Welt, kan ehrlich, oder & q; loͤblich, genennet werden. ‟ So nutzbar aber dieſe Kunſt iſt; So ſcharfſinnig iſt ſie auch eingerichtet Ein jeder der nur derſelben bewundernswuͤrdige Einrich - tung etwas genauer betrachtet, wird ihr dieſen Ruhm ohnmoͤglich abſprechen koͤnnen. Zu mehrerer Uber - zeugung beliebe er nur das vorgeſetzte Kupfer anzuſe - hen, ſo wird er mir hierinnen ohne fernere Worte Bey - fall geben. Was iſt es demnach Wunder, daß viele gecroͤnte Haͤupter und vornehme Standsperſonen an dieſer Kunſt ein beſonders Vergnuͤgen gehabt und zu deſſen Aufnahm und Befoͤrderung ungemein viel bey - getragen haben? Die ſpateſten Nachkommen werden die groſe Gnade einiger Roͤmiſchen Kayſer und Fuͤr - ſten nicht genug ruͤhmen koͤnnen, welche ſie uͤberhaupt allen Gelehrten ſo mild erwieſen haben: Man ſollte ihnen aber ins beſondere ein immerwaͤhrendes Denck - mahl ſtiften, daß ſie vor das Aufnehmen der Buchdru - ckerkunſt ſo eifrig beſorgt geweſen. Es wird mir er - laubt ſeyn nur einige Namen davon mit der groͤßten Ehrerbiethung hieher zu ſetzen. Jch meyne nemlich Friedrich den III, Marimilian I, Carol V, und Fer - dinand I. Nicht weniger muß ich allhier den Koͤnig in Franckreich Franciſcum I. den Churfuͤrſten zu Sachſen Friedrich den Weiſen und deſſen Nachfol - ger den Churfuͤrſt Johann und den Herzog in Bayern Wilhelm anfuͤhren. Auch einige Paͤpſte haben ihre Huld dieſer edlen Kunſt nicht entzogen, abſonder - lich aber Nicolaus V, und Leo X. Welchen loͤbli - chen Beyſpielen der Cardinal Beſſarion gefolget. Daß ich der neuern Zeiten nicht einmal gedencke. Es erweiſen dieſes die herrlichen Privilegia, ſo ſie den Buchdruckern ertheilet, theils in Anſehung ihrer ge -A 3druck -6Kurtzer Entwurfdruckten Buͤcher, theils aber auch in Anſehung ihrer Perſon. Jch beruffe mich vorjezo alleine auf die Freyheiten, ſo Kayſer Friedrich III, denſelben gnaͤdigſt zugeſtanden. Es beſchreibt ſolche Siegmund von Bircken mit folgenden Worten:h)Jn ſeinem Spiegel der Ehren des Ertzhauſes Oeſterreich p. 529 Nuͤrnberg, 1668. fol.
„ Dannenhero wurden dieſer Kunſt Verwandte an - & q; fangs von jedermann beehret und bereichert; & q; Wie denn Kayſer Friedrich III, ſie, Gold zu - & q; tragen, auch ſonſten, dem Adel und Gelehrten & q; gleich, befreyet, und inſonderheit den Schriftſe - & q; tzern einen Adler, den Druckern aber einen & q; Greif mit dem Druckerballen in einer Klauen, & q; und beyde Wappen mit ofnem Helm verliehen.
Es wuͤrde mir leicht werden, noch eine groſſe An - zahl der Vortreflichſten Zeugniſſe vor die edle Buch - druckerey aufzuſuchen, wenn dieſes mein Endzweck waͤre. Meine Abſicht geht vielmehr dahin, meinen Leſern einen kurtzen, jedoch gruͤndlichen Entwurf von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt mit - zutheilen. Dabey will ich es aber noch nicht bewenden laſſen, ſondern ich will zugleich eine kurtze Nachricht von einigen beruͤhmten Maͤnnern uͤberhaupt, in - ſonderheit aber von denjenigen, welche ſich allhier zu Leipzig, vom Anfang bis hieher, in dieſer Kunſt hervor gethan haben, anfuͤgen.
Jch weiß wohl, daß bereits viele gelehrte Maͤn - neri)Wer hievon ein ausfuͤhrliches Verzeichniß leſen will, derdarf von der Erfindung der Buchdruckerkunſt inoͤffent -7von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. oͤffentlichen Schriften gehandelt haben; Jch weiß aber auch dieſes, und jedermann wird es mir zugeſte - hen muͤſſen, daß viele, wo nicht die meiſten, entweder aus Unwiſſenheit und Leichtglaubigkeit, oder aus Neid und Mißgunſt, hier und da einen Fehltrit begangen haben. Und dieſes iſt eben die fruchtbare Mutter, welche ſo verſchiedene Meynungen, in Anſehung des erſten Erfinders, des Orts und der Zeit, zur Welt ge - bracht hat; Es iſt aber auch eben dieſes der Bewe - gungsgrund, warum ich dieſe Unterſuchung wieder vor die Hand genommen habe. So oft ich bishero an dieſe Streitigkeiten gedacht habe; So iſt mir alle mal der Streit eingefallen, welchen man ehedeſſen wegen der Geburtsſtadt des beruͤhmten Griechiſchen Poe - ten Homeri gefuͤhret hat. Und in der That, ich finde hierinnen ſehr viel aͤhnliches. Denn gleichwie ehedeſ - ſen eine ziemliche Anzahl Staͤdte die Geburt des Ho - meri vermuthlich nur darum ſich anmaßten, weil ſie an deſſen Ruhm auch einen Antheil dadurch zu erlangen vermeynten; Alſo hat man bishero ebenfalls um den erſten Erfinder der Buchdruckerkunſt mit allem Eifer geſtritten, ob er in dieſer, oder jener, Stadt das Licht der Welt erblicket hat, damit man, ſonder Zweifel, mit deſſen Ruhm ſich groß machen koͤnne. Darf ich hie - von die Wahrheit bekennen; So heißt dieſes wohl nichts anders, als mit fremden Federn ſich ausſchmuͤ -A 4cken,i)darf nur Dan Georg Morhofs Polyhiſt. Litt. T. I, L. IV, c. 2. n. 6. p. 730. ſqq. Edit. recentiſſ. Joh. Albert Fa - bricii Bibliograph. Antiquar. c. XXI, §. 11. p. 630. Edit. 1716. 4. Burch. Gotth Struvens Introduct. ad Notit. Rei litt. C. XI. §. 2. Jac Friedr. Reimmans Hiſt. Litt. Vol. III, p. 204. ſq. und IO. STOHRII Diſſ. de ortu typo - graphiæ, 1666. nachſchlagen.8Kurtzer Entwurfcken, und die Ehre, die andern gebuͤhret, ſich unbillig anmaſſen wollen. Jch will dahero ohne alle Par - theylichkeit die verſchiedenen Meynungen kuͤrtzlich an - fuͤhren, beſcheiden pruͤfen und mich aufrichtig um den eigentlichen Ort dieſer Erfindung, um den Erfinder und um die Zeit bekuͤmmern. Weder ein ungezieh - mender Haß gegen andere Voͤlcker und Staͤdte, noch eine ſchmeichlende Liebe zu meinen Landsleuten ſoll mich von dem Weg der Wahrheit ableiten. Dieſe Vorurtheile ſollen mich nicht verblenden. Wuͤrde ich aber dennoch einen Fehler, wider mein Vermuthen, be - gehen; So werden mir meine Leſer ſolchen guͤtigſt zu vergeben belieben, indem ich mich doch aͤuſerſt bemuͤhet, die Wahrheit zu ſuchen.
Man hat nicht nur an vielen Orten in Europa um den Erfinder dieſer Kunſt geſtritten, ſondern es ha - ben auch einige in dem entlegenſten Koͤnigreich China denſelbigen geſuchet, und, wie ſie gemeynet, daſelbſt ge - funden Jedoch, ſie haben es nur gemeynet, in der That aber nicht erwieſen. Jch will von den letztern zu erſt handeln und alſo unterſuchen, ob man in China die Buchdruckerkunſt erfunden habe. Jch kan nicht laͤugnen, daß viele gelehrte Maͤnnerk)Wer die Namen dieſer Maͤnner wiſſen will, der leſe die be - reits angefuͤhrte Diſſ. des Herrn M. STOHRII c. I, §. 7. Es ſind aber unter andern folgende: IO. PETR. MAF - FEIVS Lib. VI, Hiſtor. Indic. p. 113. GARZIAS AB HORTO Lib. II, Aromat. ap. Indos naſcent. c. 38. IO. GONZAL. MENDOZA L. III, de la Hiſtoria del gran regno de la China PAVLLVS IOVIVS Hiſtor. Lib. XIV. NICOL. TRIGAVLTIVS de regno Chinæ L. I, c. 4. IO. HVGO LINSCOTANVS P. II, Ind. Orient. c. 26. und GVIDO PANCIROLLVS I. c. ſcheinet bey nahe dieſer Erzehlung beyzupflichten. ehemalsgeglau -9von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. geglaubet und oͤffentlich in die Welt hinein geſchrieben haben, daß die Buchdruckerkunſt zuerſt in China her - vorgebracht worden waͤre, und zwar etliche hundert Jahr noch vor Chriſti Geburt. Ja, ſie verſichern uns, ſie haͤtten verſchiedene Buͤcher geſehen, welche, noch lange vor der Bekanntmachung der Buchdruckerey in Europa, in China gedruckt geweſen waͤren. Andere wol - len uns gar weiß machen, daß ein teutſcher Kaufmann dieſe Kunſt in China geſehen und von dar mit nach Teutſchland zuruͤck gebracht haͤtte. Wenn man aber dieſer Leute Berichte etwas genauer anſiehet; So wird man finden, daß ſelbige keinen Beyfall verdienen. Meines Beduͤnckens muß ein Geſchichtſchreiber trifti - gere Gruͤnde, die Wahrheit zu beſtaͤrcken, angeben koͤnnnen, als man ſagt, es gehet die Rede, ſie ſpre - chen alſo und ich glaube es. Dieſes ſind der mei - ſten ihre buͤndige Beweisgruͤnde, womit man insge - mein behaupten will, daß die Buchdruckerey in China erfunden und von dar auf die Europaͤer fortgepflantzet worden waͤre. Jch will doch Gvid. Panzirollsl)An oben Not. a) angefuͤhrtem Orte. eigene Worte, jedoch in unſerer Sprache, hieher ſetzen. „ Die Buchdruckerey, ſchreibt er, iſt allerdings merck - & q; wuͤrdig, welche in Teutſchland A. 1440. erfunden & q; worden. Man hat ſich mit einer Meynung geſchlep - & q; pet, daß einer, welcher auf dem Teutſchen und Balthi - & q; ſchen Meer herumgeſchifft, in diejenige Landſchaft & q; von China geworffen worden, welche ehedeſſen Se - & q; res geheiſen; Eben dieſer habe wahrgenommen, daß & q; daſelbſt die Buchdruckerkunſt getrieben worden. & q; Nachdem er nun die Littern und Formen wohl in Au - & q; genſchein genommen, ſo haͤtte er eine dergleichen Dru -A 5& q; ckerey10Kurtzer Entwurf& q; ckerey in Teutſchland angerichtet. ‟ Panziroll giebt zwar Teutſchland die gebuͤhrende Ehre: Alleine er bringt doch dieſe Fabel, ohne ein Wort darwider zu ſagen, an, und verſichert uns am Ende ſeiner Erzehlung, er haͤtte dergleichen in China gedruckte Blaͤtter geſehen. Jch wer - de dieſe Erzehlung nicht unbillig eine Fabel genennet ha - ben. Denn wer war denn dieſer einer, und wenn iſt dieſes geſchehen? Wo hat dieſer einer eine ſolche Dru - ckerey angelegt, und wer hat dieſe Meynung zuerſt auf - gebracht? Auf dieſe Weiſe pflegt man bey uns die er - dichteten Fabeln zu erzehlen, mit dem unuͤberwindli - chen Beweis: es war ein mal einer ꝛc. Nicht beſſer beweißt Paulus Joviusm)l. c. ſeine Erzehlung. Dieſer hat es vom Hoͤrenſagen. „ Die Portugieſiſchen Kauf - & q; leute erzehlen, ſchreibt er, daß daſelbſt, nemlich in & q; China, Drucker waͤren, welche Buͤcher, Hiſtorien & q; und die Gebraͤuche ihrer Religion auf lange Blaͤtter & q; druckten, welche man im Heften viermal zuſammen & q; legen muͤßte. ‟ Und nachdem er uns berichtet, daß der Koͤnig in Portugall dem Papſt Leoni ein ſolches Buch zugeſchickt, welches er geſehen haben will; So faͤhrt er alſo fort: „ Dahero glaube ich, daß dieſes & q; Kunſtſtuͤck, ehe noch die Portugieſen nach Jndien ge - & q; fahren, von den Scythen und Moſcowitern, zu unge - & q; meiner Befoͤrderung der freyen Kuͤnſte, zu uns ge - & q; bracht worden ſey. ‟ Abermals ein treflicher Be - weis: Er hat es gehoͤret, und dahero glaubt er es auch. Wie aber, wenn ich es nicht glaube? Ey man hat noch mehr Zeugniſſe. Denn Johann Gonzalez Mendozan)An oben ſchon benamtem Orte. will uns dieſes auch uͤberreden, mit demſchoͤ -11von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. ſchoͤnen Beweis: Er habe dieſes von den Chineſern ſelbſt gehoͤret. Es muß dahero wohl wahr ſeyn, denn ſie ſagen es ja ſelbſt. Wer weiß aber nicht, wie ruhmraͤthig dieſes Volck iſt? Es iſt bekannt, daß die Chineſer das Spruͤchwort im Munde fuͤhren: ſie haͤt - ten zwey Augen, die Europaͤer eines und die uͤbrigen Nationen gar keines, iſt es deswegen wahr, weil ſie es ſelbſt ſagen? Jch ſollte es nicht meynen. Man kan ih - nen dahero ihr Vorgeben von der Buchdruckerey nicht ſo gerade zu glauben. Dieſes waͤre zu leichtglaͤu - big. Heut zu Tage glaubt man nicht mehr, als man richtig erwieſen ſiehet. Und dieſes von Rechts - wegen. Da nun die uͤbrigen Zeugniſſe meiſtentheils auf dergleichen Gruͤnden beruhen; So wird man mir erlauben, daß ich an der Wahrheit dieſer Erzehlung zweifele. Jch will aber nicht in Abrede ſeyn, daß die Chineſer gar keine Druckerey haͤtten. Das ſey ferne. Sie haben allerdings eine Art zu drucken. Jch ge - traue mir aber zu behaupten, daß ihre Druckerey von der unſrigen ſehr weit unterſchieden, und daß gar keine Wahrſcheinlichkeit vorhanden ſey, daß ſich der Urſprung derſelben von China herſchreibe. Jn China ſetzet man die Woͤrter nicht aus Buchſtaben zuſammen, ſondern ſie haben gewiſſe Zeichen und Figuren, womit ſie gan - tze Woͤrter ſelbſt ausdruͤcken. o)Alſo beſchreibt ANTONIVS PANTOGIA die Chine - ſiſche Buchdruckerey, welcher ſie ſelbſt geſehen. Deſſen Worte, wie wohl nur in lateiniſcher Sprache, fuͤhrt Georg Paſch l. c. p. 781. an. Eine Probe davon kan man auf unſerer Tab. p. 51. ſehenMit dieſer Figur 土 wollen ſie die Erde, hiemit 王 einen Koͤnig undwenn12Kurtzer Entwurfwenn noch ein Accent darzu kommt 王 ` einen Edelſtein anzeigen. Uberdiß, ſetzen ſie ihre Figuren nicht in ſol - che Zeilen, wie andere Voͤlcker, entweder von der lincken zur rechten, oder von der rechten zur lincken Hand, ſon - dern ſie fangen oben von der Seite des Blats an und ſetzen ſie Reihen weiß, eine Figur unter die andere, ge - rade herunter, und dergleichen Reihen ſo viel neben ei - nander, bis ſie die Breite des Blats damit anfuͤllen. Jedoch man kan es nicht ein mal ſetzen nennen. Denn ſie haben keine eintzelne gegoſſene, oder geſchnittene Fi - guren, die ſie zuſammen ſetzen koͤnnten, ſondern ſie gra - ben ihre Figuren auf Tafeln von Holtz, und wie einige ſchreiben, auch von Stein, welche Tafeln ſo gros ſind, als ſie das Format verfertigen wollen. Dahero wiſ - ſen ſie nichts von dem Zerlegen, oder Einwerffen der Formen. Jſt eine Tafel zu einer Seite gebraucht, ſo taugt ſie zu weiter nichts mehr. Dieſe Art der Chine - ſer Buͤcher zu drucken kommt bey nahe mit unſerer Art Leinewand und andere Zeuge zu drucken uͤberein, keines - weges aber mit unſerer Buchdruckerey. Und hieher gehoͤren alſo die Zeugniſſe der uͤbrigen Scribenten, wel - chen man nicht abſprechen kan, daß eine Art der Dru - ckerey in China uͤblich ſey. Jch gebe auch zu, daß man heut zu Tage dergleichen gedruckte Buͤcher in beruͤhm - ten Bibliothecken aufweiſen koͤnne; Alleine, hieraus folget ja nicht, daß die Europaͤer, und unter dieſen die Teutſchen, ihre Buchdruckerkunſt von den Chineſern nur abgeborgt haͤtten. Es iſt noch nicht erwieſen, daß dergleichen Buͤcher in Europa vor Erfindung unſerer Buchdruckerey, oder zu derſelben Zeit, bekannt gewe - ſen waͤren. Man iſt uns auch bis dieſe Stunde noch den Beweiß ſchuldig, daß die Europaͤer, und unter dieſen dieTeut -13von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. Teutſchen, mit den Chineſern zu der Zeit, da die Buch - druckerey erfunden worden, in einer genauen Bekannt - ſchaft geſtanden haben. Dahero bleibt wohl keine Wahrſcheinlichkeit, viel weniger eine Wahrheit, uͤbrig, daß die Teutſchen ihre Buchdruckerey den Chineſern zu dancken haben. Und ſo viel von der Chineſiſchen Buch - druckerey. Von gleichem Schrot und Korn iſt auch das Vorgeben, mit welchem Stephan Zamoſcius aufge - zogen kommt, da er die Scythen vor die Erflnder der Buchdruckerey angeben will. Er beruft ſich, nach Marci Zuerii Boxhornsp)Samoſcius in Antiquitat. Thraciæ c. 24. citante BOX - HORNIO in Hiſtoria Vniuerſali p. 181. Zeugniß, auf ein altes Buch, das mit Scythiſchen Buchſtaben gedruckt, und in der Bibliotheck des Großhertzogs von Toſcana auf - behalten werden ſoll. Ob er aber die Aſiatiſchen, oder Europaͤiſchen, Scythen verſtanden, kan ich nicht erra - then. Deßwegen habe ich auch ſeine Meynung hier vor - getragen. Es moͤgen dieſe, oder jene ſeyn, welchen Zamo - ſcius dieſe Ehre zuſchreiben will; So werden ſich nur diejenigen, welche die Art der Scythen zu leben nicht wiſſen, ſolches aufheften laſſen. Man wird es mir verge - ben, daß ich mich deswegen nicht weitlaͤuftig eingelaſſen habe. Weil es ohnehin bekannt genug zu ſeyn ſcheinet, daß man dergleichen Unternehmen von Scythen nicht einmal vermuthen, geſchweige denn glauben, koͤnne. Wenn nun auch ein Buch mit Scythiſchen Buchſta - ben, wer weiß aber, ob er nicht die Gothiſchen davor angeſehen, gedruckt waͤre, wird denn dieſes beweiſen, daß die Scythier Erfinder der Buchdruckerey waͤren? Auf dieſe Weiſe wollte ich die Hebraͤer, Syrier, Grie - chen, und andere Voͤlcker mehr, vor die Erfinder dieſer Kunſt angeben, Warum? Man hat Hebraͤiſche,Syri -14Kurtzer EntwurfSyriſche, u. ſ. f. gedruckte Buͤcher. Jedoch was iſt es noͤthig, viel Worte zu machen, da ein jeder leicht begrei - fen kan, wie viel auf dieſen Beweis, nemlich nichts, zu halten ſey.
Nachdem ich nun den Urſprung unſerer Buch - druckerey weder in China, noch bey den Scythen, gefun - den habe; So wende ich mich zu den Europaͤern. Hier geraͤth man erſt recht in ein Labyrinth. Einige wollen dieſe Ehre den Frantzoſen, andere den Jtaliaͤnern, und wieder andere den Hollaͤndern, oder den Teutſchen zuſchreiben: Auch die Teutſchen ſelbſt ſind mit ei - nander nicht einig. Hilf Himmel, was vor verwirrte Erzehlungen trift man hier nicht an? Bald ſoll Harlem, bald Straßburg, bald aber Mayntz die Geburtsſtadt dieſer loͤblichen Kunſt ſeyn. Und eben daher hat man ſo viele und verſchiedene Erfinder ausgekuͤnſtelt. Damit ich aber aller Verwirrung vorbauen moͤge; So will ich jede Meynung beſonders etwas genauer anfuͤhren und pruͤfen.
Jch mache alſo den Anfang von den Frantzoſen, und will ſehen ob ich bey dieſer Nation die Erfindung der Buchdruckerey antreffen koͤnne. Man pflegt ins - gemein zwey gelehrte Maͤnner anzufuͤhren, welche ſich vor Franckreich hierinnen erklaͤret haͤtten. Der eine iſt Johann Antonius Campanus und der andere Omnibonus. Beyde ſind gebohrne Jtaliaͤner und beruͤhmte Correctoresq)Campani Leben hat eben deßwegen einen Platz in Joh. Conrad Zeltners Theatro virorum erudit. qui typo - graph. operam præſtiterunt p. 101. gefunden. Warum aber OMNIBONVS uͤbergangen worden, kan ichnicht geweſen: Campanus beydem15von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. dem bekannten Buchdrucker zu Rom Vlrich Han, ſonſten auch Galius genannt; Omnibonus aber bey Nicolao Jenſon zu Venedig. Und dahero glaubt man, daß dieſe beyde, ſonſt gelehrte, Maͤnner nach den bekannten Spruͤchwort ſich gerichtet haͤtten: Deß Brod ich eſſe, deß Lied ich ſinge. Auſer dem haͤt - ten ſie ja ohnmoͤglich ihre Buchdrucker vor die Erfinder ausgeben koͤnnen. Campano giebt man Schuld, er habe einen doppelten Fehltritt auf einmal begangen, indem er Vlrich Han vor dem Erfinder der Buchdru - ckerkunſt, hernach aber vor einen Frantzoſen ausgege - ben haͤtte. Der Erfinder konnte freylich Vlrich Han nicht geweſen ſeyn, weil man erſt von 1468. gedruckte Buͤcher von ihm anzufuͤhren weiß, da man doch zum wenigſten ſchon 10. Jahre vorhero in Teutſchland, und zu gleicher Zeit, nemlich 1468. zu Rom, ja noch ein Jahr vorher 1467. von Conrad Schweynheim und Arnold Pannartz gedruckte Buͤcher aufweiſen kan. r)Siehe Mich. Maittaire Annales Typograph. Tom. I. P. I. p. 270. ſq. 277. ſq. p. 280. Edit. Amſtelod, 1733. 4.Es iſt auch dieſer Han kein gebohrner Frantzoſe, ſondern ein Teutſcher und zwar von Wien geweſen, welcher nach dem Gebrauch der damaligen Zeiten ſeinen teutſchen Namen dann und wann latei - teiniſch ausgedruͤcket. Michael Maittaires)l. c. p. 18. fuͤhrt unterſchiedliche Buͤcher an, bey welchen am Ende aus - druͤcklich ſtehet: Impreſſ. per Vlricum Han de Viena, oder per Vdalricum Gallum Almannum. Jch kan mir alſo nicht vorſtellen, daß Campanus ſo unver - ſchaͤmt wider die Wahrheit geſchrieben, oder aus Un -wiſſen -q)nicht ſagen; So viel iſt gewiß, daß er unter die erſtern Correctores gehoͤre.16Kurtzer Entwurfwiſſenheit dieſen Fehler begangen habe, weil dieſe Buͤ - cher um ſelbige Zeit gedruckt worden, worinnen ſich Han von Wien geſchrieben hat; Daß er es aber aus Schmeicheley gethan habe, will mir auch nicht im Kopf. Jch vermuthe dahero man habe Campano zur Ungebuͤhr etwas angedichtet, indem man ihn nicht recht verſtanden. Denn die Jnnſchrift, ſo er auf Ul - rich Han verfertiget, und insgemein vor den Beweis angegeben wird, beweißt wohl nichts wenigers, als die - ſes. Jch muß ſie doch herſetzen.
‘Anſer Tarpeii cuſtos Iouis, vnde, quod alis Conſtreperes, Gallus decidit; vltor adeſt Vlricus Gallus: ne quem poſcantur in vſum Edocuit pennis nil opus eſſe tuis. ’ ()Hierinnen kan ich nicht finden, daß er ſeinen Han, oder Gallum, vor den Erfinder der Buchdruckerey an - gegeben haͤtte; Jch ſehe auch nicht ein, wo ein Fran - tzoß heraus kommt. So viel begreife ich wohl, daß er mit dem Wort Gallus ein ſinnreiches Wortſpiel hat anbringen wollen. Hieraus gewinnen alſo die Fran - tzoſen nichts, ſondern ſie muͤſſen dieſe Ehre einer andern Nation uͤberlaſſen. Nunmehro will ich Omniboni Zeugniß unterſuchen. Ob man dieſem Mann nicht ebenfalls aus Unverſtand etwas angedichtet, moͤgen andere unterſcheiden. Er ſchreibt aber von ſeinem Ni - colao Jenſon, einem Frantzoſen von Geburt, alſo:t)In Epiſtola ad Epiſcopum Bellunenſem, welche der Aus - gabe Quintiliani Venedig, 1471. f. per Nic. Jenſon, vor - geſetzt iſt. Maittaire fuͤhrt ſelbige l. c. p. 6. au. Accede -bant„ Er17von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. „ Er war, daß ich die Wahrheit bekenne, ein anderer & q; Daͤdalus, welcher, als ein bewundernswuͤrdiger Er - & q; finder der Buchdruckerey, auf eine kuͤnſtliche Art zu & q; erſt gewieſen, wie man recht nett und ſauber drucken & q; koͤnne, als wenn es in Edelſtein geſtochen waͤre. ‟ Nimmt man dieſes Zeugniß an, daß Jenſon einer von den erſtern Buchdruckern zu Venedig mit geweſen, ſo kommt es der Wahrheit ziemlich nahe. Weil auſſer Johanne de Spira zuvor noch kein Buchdrucker von Venedig bekannt iſt. Von Johanne de Spira iſt das erſte Buch, ſo viel man weiß, 1469. und von Jen - ſon 1470.v)Siehe Maittaire l. c. p. 282. und p. 285. gedruckt fertig worden. Koͤnnen ſie nicht beyde zugleich angefangen, jener aber ſein Buch eher zu Ende gebracht haben, als dieſer: Verſtehet man aber Omniboni Worte alſo, daß Jenſon zuerſt die Kunſt in Venedig recht nett und ſauber zu drucken aus - gekuͤnſtelt habe, ſo iſt es gar wahr. Denn Maittai - rex)l. c. p. 7. weiß deſſen Druck kaum genug zu preiſen. Wo ich nicht irre, ſo wollen dieſes Omniboni Worte ſagen. Hieraus folget aber keinesweges, daß Omnibonus ſeinen Jenſon zu den erſten Erfinder, der Buchdrucke - rey uͤberhaupt, ſondern nur zu Venedig mache. UndBdie -t)bant, heißt es daſelbſt, iuſtæ preces Nic. Jenſon Gallici alterius, vt vere dicam, Dædali, qui librariæ artis mirabi - lis inuentor, non vt ſeribantur calamo libri, ſed veluti gemma imprimantur ac prope ſigillo, primus omnium ingenioſe monſtrauit: Vt huic viro, qui de re litteraria tam bene meruit, nemo ſit, qui non fauere ſummopere debeat. Id circo non difficulter impetrauit, vt non ſolum hoe opus, (Quintilianum) verum etiam vtramque Cice - ronis artem corrigerem. 18Kurtzer Entwurfdieſes kan man ihm wohl einraͤumen. Wollte man aber aus Omniboni Worten behaupten, als wenn er ſeinem Jenſon die Ehre der Erfindung uͤberhaupt zu - ſchriebe; So waͤre es allerdings ein Fehler, welcher die Unwiſſenheit, oder Schmeicheley, zur Mutter haͤtte. Da man in Teutſchland, und zwar zu Mayntz von 1457. ſqq. zu Augſpurg von 1466. ſqq ingleichen von Rom, 1467.y)Siehe Maittairs Annales l. c. p. 270. 277. 280. und alſo 13. Jahr vor Jenſon, ge - druckte Buͤcher nahmhaft machen kan. Dahero abermals erhellet, daß man die Erfindung der Buch - druckerey nicht bey den Frantzoſen zu ſuchen habe. Es maſſen ſich auch die vernuͤnftigen Frantzoſen heut zu Tage dieſe Ehre nicht an, weil ſie ſelbſten wohl einſehen, daß ſie ihnen nicht gehoͤret.
Bey ſo geſtalten Sachen muß ich meinen Fuß weiter fortſetzen und mich bey den Jtaliaͤnern um die Erfindung der Buchdruckerey erkundigen. Jch befuͤrchte aber ſchon zum voraus, daß ich bey ihnen eben ſo wenig, als bey den Frantzoſen, den Urheber dieſer Kunſt finden werde. Weil mir bekannt iſt, daß die gelehrteſten Jtaliaͤner ſelbſt unſern Teutſchen dieſe Eh - re freywillig zugeſtehen. z)Als MARCVS ANTONIVS COCCIVS SA - BELLICVS Enned. X. Lib. 6. BAPTISTA FVL - GOSVS, ſonſt Fregoſo, oder Campofregoſo, de dictis factisque memorabilibus, Lib. VIII, c. 11. OCTA - VIVS FERRARIVS in Orat. de laudibus Germa - niæ, welche Chriſtian Weiß beſonders drucken laſſen, Weiſſenfelß, 1677. 4. B. 2. b. Unterdeſſen haben ſich doch einige gefunden, welche kein Bedencken getragen haben, den Jtaliaͤnern die Erfindung der Buch - druckerey zuzuſchreiben. Es ſind ſolche der nicht unbe -kannte19von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. kannte Pomponius Laͤtus und Gilbert Cogna - tus. (a)Citante IO. STOHRIO in Diſſ. iam dicta c. l. §. 7.Beyde ſtimmen darinnen mit einander uͤberein, daß Saturnus in Jtalien die Kunſt, Buch - ſtaben zu ſtechen, und die Muͤntzen damit zu bezeichnen, gelehret habe, woraus ſie alsdenn ſchlieſen wollen, daß die Jtaliaͤner die erſten Erfinder der Buchdruckerey waͤren. Sie beruffen ſich dabey auf eine Stelle des alten Kirchenlehrers Cyprians. (b)De idolis. Alleine, die lie - ben Leute haben Cyprians Stelle nicht recht angeſehen. Denn es iſt daſelbſt die Rede nicht von der Buchdru - ckerey, ſondern von der Eingrabung der Buchſta - ben auf Stahl und Muͤntzen. Wenn dieſes ge - druckt hieſe; So getrauete ich mir die Erfindung der Buchdruckerey gar von Moſe herzuleiten. Denn von dieſem berichtet uns die heilige Schrift, daß er die Ge - bothe GOttes auf Stein geſchrieben, oder gegraben habe. Wer ſiehet aber nicht, wie wenig dieſes Stich halten wuͤrde? Jch werde dahero ſo lange zweifeln, daß die Jtaliaͤner Erfinder der Buchdruckerey gewe - ſen, bis erwieſen ſeyn wird, daß Buchſtaben in Stein, oder Stahl, graben, ſo viel, als drucken ſey Meines wenigen Erachtens iſt hierunter ein ſolcher groſſer Un - terſchied, daß man mir den Beweiß ewig ſchuldig blei - ben wird. Jedoch was halte ich mich hiebey lange auf, da bereits Conrad Peutinger(c)In Antiquitatibus Germ. Quæ Refutatio etiam habetur apud SERARIVM in rebus Moguntiacis Lib. I, c. 37. dieſen Einfall hinlaͤnglich widerlegt hat. Was ich alſo befuͤrchtet habe, das hat eingetroffen, daß ich nemlich bey den Jtaliaͤnern die Erfindung der Buchdruckerey vergeb -B 2lich20Kurtzer Entwurflich geſuchet habe. Jch weiß zwar, daß ſich auch in neuern Zeiten ein Patron Antonius del Cerno(d)In Memoriis Hiſtor. Feltrienſis, vti nos certiores red - dit Diarium Eruditorum, Pariſ. 1712. T. II. p. 470. vor die Jtaliaͤner eingefunden und Philipp Caſtal - dum, einen Ritter von Feltrien, vor den Erfinder aus - gegebenhabe, welcher Joh. Fauſten hernach die Kunſt gelernet haͤtte; Es iſt ihm aber eben ſo wenig Glauben beyzumeſſen, als ſeinen Vorgaͤngern. Weil er keine beſſere Beweißgruͤnde anzufuͤhren weiß.
Jch verlaſſe demnach die Frantzoſen und Jtaliaͤ - ner und wende mich nach Holland. Harlem iſt derjenige Ort, wo ich mich etwas aufhalten muß. Es verleiten mich dazu die Nachrichten einiger beruͤhmten und ge - lehrten Maͤnner. Wenn mich das Anſehen beruͤhmter Leute bewegen koͤnte, etwas blindlings zu glauben; So wuͤrde ich ohne Widerrede die Erfindung der Buch - druckerey dieſer Stadt zugeſtehen muͤſſen. Jch habe aber ſchon oben geſtanden, daß ich nicht eher etwas vor wahr annehme, als bis ich durch buͤndige Beweißgruͤn - de uͤberfuͤhret werde. Und bey dieſem Vorſatz werde ich bleiben, weil ich mich gantz ſicher dabey zu befinden hoffe. Dahero iſt es aber noͤthig, daß ich die Erzeh - lungen dieſer gelehrten Maͤnner etwas genauer unterſu - che. Drey wohlbekannte Maͤnner, nemlich Hadr. Ju - nius,(e)In Batauiæ Hiſtoria C. XVII, p. 255. Lugd. Bat. 1558. 4. Peter Schriver(f)Siehe deſſen Laurekrans voor Laurence Coſter van Harlem, van de Bœckdruckerey, 1628. und Marcus Zuerius Boxhorn(g)In Diſſ. de Typographicæ artis Inuentione & Inuento - ribus, Lugd. Bat. 1640. 4. haben ſich ins beſondere, als Vertheidi - ger vor Harlem, aufgeworffen. Wenn man es aber beym Lichte beſieht; So haben die beyden letztern ab -ſon -21von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. ſonderlich auf des erſtern Erzehlung ihre Nachrichten gebauet. Faͤllt dieſe Stuͤtze, ſo fallen die beyden letz - tern von freyen Stuͤcken mit um. Jch will alſo aus Junii weitlaͤuftiger Erzehlung einen kurtzen Auszug aufrichtig mittheilen, hernach aber meine Gedancken daruͤber eroͤffnen, und ſolche einem jeden Wahrheit liebenden Leſer zur Beurtheilung uͤberlaſſen.
„ Vor hundert und acht und zwantzig Jahr, & q; ſchreibt Junius,(h)Man kan IVNII Worte auch bey Georg Paſchen in deſſen Inuentis Nou-antiquis, p. 793. ſqq. leſen. hat Lorentz Johann Kuͤſter, & q; oder Coſter, zu Harlem in einem anſehnlichen Hauß & q; auf dem Marckt gewohnet, wie ſolches die bis dieſe & q; Stunde daſelbſt befindliche Druckerey bezeuget. Er & q; wurde deßwegen Kuͤſter genannt, weil ſeine Familie & q; dieſes Amt gleichſam erblich beſeſſen und verwaltet & q; hatte. Dieſer Mann verdienet billig einen Lorber - & q; crantz wegen der erfundenen Buchdruckerey, ob ſich & q; gleich andere dieſe Ehre unbillig angemaſſet haben. & q; Als er einsmals in dem bey der Stadt gelegenen Luſt - & q; wald ſpatzieren gieng; So ſchnitte er auf buͤchene & q; Rinden einige Buchſtaben, druckte ſolche hernach um - & q; gekehrt auf Pappier, und verfertigte alſo ſeinen En - & q; ckeln zum Beſten einige Verſe. Es gieng ihm die - & q; ſes gluͤcklich von ſtatten, dahero dachte er der Sachen & q; weiter nach. Vor allen Dingen ſahe er ſich genoͤthiget & q; eine dickere und zaͤhere Dinte ausfuͤndig zu machen, & q; weil ihm die ordentliche Schreibdinte zu fluͤßig war & q; und viele Mackel verurſachte. Er hat auch ſolche mit & q; ſeinem Eydam Thomas Peter erfunden. Hierauf & q; ſchnitte er gantze Columnen auf hoͤltzerne Tafeln, und & q; druckte ſelbige auf Pappier ab, jedoch nur auf eineB 3& q; Sei -22Kurtzer Entwurf& q; Seite des Blats, die andere bliebe ledig, welche er & q; alsdenn zuſammen pappte. Jch habe, faͤhrt er fort, ein & q; dergleichen von ihm gedrucktes Buch geſehen, welches & q; von einem ungenannten Verfaſſer in Hollaͤndiſcher & q; Sprach verfertiget war und folgenden Titul hatte: & q; Speculum noſtræ Salutis. Dieſe hoͤltzerne Figuren & q; und Littern verwandelte er hernach in bleyerne und & q; zinnerne, wie dieſes ſeine Statue beweißt, ſo noch & q; an dem Kuͤſteriſchen Hauß zu ſehen. Dieſe neue & q; Kunſt fand viele Liebhaber, dahero auch ſeine Waa - & q; re viele Kaͤufer. Derowegen muſte er ſich einige & q; Leute annehmen, welche ihm an die Hand giengen. & q; Unter dieſen war auch einer mit Namen Johannes, & q; und zwar, wie man muthmaſſet, Johann Fauſt. Es & q; liegt mir aber nicht viel daran ob es dieſer, oder ein & q; anderer geweſen. Ein jeder, der mit an dieſer Kunſt & q; arbeiten half, muſte ſchwoͤren, daß er dieſelbe nicht aus - & q; plaudern wollte. Nachdem nun dieſer Johann eben - & q; falls den Eyd der Treue und Verſchwiegenheit gelei - & q; ſtet und alles, was zur Druckerey noͤthig war, geler - & q; net hatte; So ſahe er ſich eine gelegene Zeit aus, & q; packte alle Littern und die zur Druckerey gehoͤrigen & q; Jnſtrumente ein und gieng in der Chriſtnacht, mit & q; noch einem andern Dieb, auf und davon; Erſtlich & q; gieng er nach Amſterdam, von dar auf Coͤlln und end - & q; lich nach Mayntz, allwo er die Fruͤchte von ſeinem & q; Diebſtahl ſicher eingeerndet hat. Wie es denn eine & q; ausgemachte Sache iſt, daß daſelbſt in einem Jahr & q; darauf, nemlich 1442. des Alexandri Galli Doctrina - & q; le, oder Grammatica mit Petri Hiſpani Tractatibus & q; mit eben dergleichen Littern, als ſich Kuͤſter vorhero & q; bedienet, zum Vorſchein gekommen iſt. Und dieſes iſt & q; es ohngefehr, was ich von einigen glaubwuͤrdigen& q; Maͤn -23von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. & q; Maͤnnern gehoͤret habe, welche dieſe Erzehlung im - & q; mer einer auf den andern alſo fortgepflantzet haben. & q; Ja, ich erinnere mich auch, wie mir mein Lehrmeiſter & q; Nicolàus Galius, ein mit gutem Gedaͤchtniß begabter & q; Mann, erzehlet hat, daß er in ſeiner Jugend dieſe Sa - & q; che eben alſo von einem alten Buchbinder, mit Na - & q; men Cornelius, gehoͤret habe, welcher es niemals & q; ohne Thraͤnen erzehlen koͤnnen, weil er ſich uͤber den & q; begangenen Diebſtahl ſo ſehr geaͤrgert, und die & q; Naͤchte allemal verfluchet habe, die er ehedeſſen etli - & q; che Monat lang mit dem angegebenen Dieb in ei - & q; nem Bette zugebracht hatte. Und dieſe Nachricht & q; kommt mit derjenigen bey nahe uͤberein, welche mir & q; der Buͤrgermeiſter Qvirinus Taleſius erzehlet, & q; welcher ſolche ebenfalls von dieſem alten Buchbinder & q; gehoͤret hat. ‟ Und dieſes waͤre ein aufrichtiger Aus - zug aus Junii Erzehlung.
Es klingt dieſes Zeugniß dem erſten Anſehen nach ungemein gut vor Harlem und gantz fein vor Lo - rentz Kuͤſter, als den angegebenen Erfinder der Buchdruckerey, wenn es nur auch mit der Wahrheit uͤberein kaͤme, und durch anderer glaubwuͤrdigen Ge - ſchichtſchreiber Beyfall unterſtuͤtzt werden koͤnnte. Wenn ich aber alles dabey anmercken wollte, welches man darwider mit Grund einwenden koͤnnte; So wuͤrde ich viel zu weitlaͤuftig ſeyn muͤſſen. Jch will aber doch die vornehmſten Stuͤcke kuͤrtzlich beruͤhren, welche mich abhalten, dieſem Zeugniß Beyfall zu ge - ben. Es kommt mir ſehr verdaͤchtig vor, daß 1) Ha - drian Junius, als ein Hollaͤnder, vor Holland, und zwar vor Harlem, wo er ſein Brod eine Zeitlang ge - habt, erſt 128. Jahr hernach, als ſich die Sache zuge - tragen haben ſoll, ein ſolches Zeugniß ableget, wovonB 4aͤltere24Kurtzer Entwurfaͤltere glaubwuͤrdige Geſchichtſchreiber entweder gar nichts wiſſen, oder das Gegentheil behaupten. Warum haͤtten ſelbige dieſes verſchwiegen, oder uns anders berichtet, wenn ſich die Sache alſo befunden haͤtte? Man wird viele gegenſeitige unverwerfliche Zeugniſſe weiter unten antreffen, wenn ich von Mayntz reden werde, allwo ſie, als an ihrem Ort vorkommen muͤſſen. Mein Verdacht waͤchßt um ein merckliches, wenn ich bedencke, daß 2) Junius ſeine Erzehlung auf das bloſe Hoͤrenſagen einiger alten gemeinen Maͤnner gebauet. Warum hat ſich Junius nicht auch auf das Hoͤrenſagen einiger alten Weiber beruf - fen? Wenn man den fliegenden Erzehlungen der ge - meinen Leute Beyfall geben wollte, welche ſie oͤfters von dem Ruhm ihrer Vorfahren uns vorzuſagen pfle - gen; So wuͤrde man bald ein groſes Helden-oder Hei - ligen-Lexicon verfertigen koͤnnen, worinnen lauter Fa - beln vor Wahrheiten ſtehen wuͤrden. Jch kan 3) nicht zuſammen reimen, woher es doch komme, daß dieſe Leute unter ſich ſelbſt nicht mit einander uͤbereinſtim - men bey was vor einer Gelegenheit dieſe Kunſt erfunden worden. Junius ſpricht: Kuͤſter waͤre beym Spa - tzierengehen darauf verfallen; Johann Walch(i)In Decade Fahularum humani generis fortem adum - brantium, Straßburg, 1609. 4. p. 180. be - richtet uns, daß ihm Heinrich Schorus, ein Nieder - laͤnder und Probſt zu Surburg, erzehlet habe, es haͤt - ten die Patricii zu Harlem einsmals einen Kupferſtich uͤber Tiſch betrachtet, und dabey die Anmerckung ge - macht, ob es nicht angehen ſollte, daß man auf gleiche Weiſe gantze Woͤrter und Seiten ſtechen und abdru - cken koͤnnte? Ein Diener von ihnen haͤtte dieſes mit an -gehoͤ -25von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. gehoͤret, und ſolches ins Werck zu richten angefangen, ob nun Kuͤſter, oder ein anderer, dieſer Diener gewe - ſen, getrauet er ſich nicht zu ſagen. Wem ſoll man nun Glauben Junio oder Walchen? Beyde haben ſich ſolches erzehlen laſſen. Wenn ich 4) die Leichtglau - bigkeit Hadrians Junii uͤberlege, da er ſich viele Din - ge aufheften laſſen, welche wider alle Wahrſcheinlich - keit ſtreiten; So kan ich ihm ohnmoͤglich beyfallen. Wie wanckend redet er nicht von demjenigen, welcher Kuͤſtern ſeine Kunſt abgeſtohlen haben ſoll? Er weiß nicht, ob es Johann Fauſt, oder ein anderer Hannß, geweſen iſt. Jſt es wohl wahrſcheinlich, daß ſein lie - ber Herr Buchbinder nicht gewußt haben ſollte, daß dieſer Dieb Johann Fauſt, oder ein anderer, geweſen ſey, indem er bey ihm etliche Monate lang geſchlafen haben wollte? Hierbey gerathe ich 5) aufs neue in Zweifel. Junius will behaupten, Kuͤſter habe die bleyerne und zinnerne Littern erfunden, und hierauf ſchreibt er, dieſer unbekannte Hannß, und noch ein an - derer Dieb haͤtten Kuͤſtern alle Littern und zur Dru - ckerey gehoͤrige Werckzeuge davon getragen. Waͤre es wahr, daß Kuͤſters Druckerey aus bleyernen Lit - tern beſtanden, ſo kan ich ohnmoͤglich begreifen, wenn es mir auch zehen alte Buchbinder, und vier und zwan - tzig andere alte Maͤnner erzehlten, und noch 50. alte Weiber uͤberreden wollten, wie zwey Perſonen alle Littern einer Druckerey nebſt dem dazu gehoͤrigen Werckzeugen bey ſich ungehindert davon tragen koͤnn - ten. Es muͤſte denn erwieſen ſeyn, daß dieſe zwey Menſchen Enackskinder geweſen waͤren, welche etliche Centner, als etwas leichtes, und eine Buchdrucker Preſſe, als etwas kleines, in Schubſack geſtecket haͤt - ten. Jch ziehe alſo beydes in Zweifel, daß KuͤſterB 5bleyerne26Kurtzer Entwurfbleyerne Littern erfunden, und daß ihm der unbekannte Hannß ſolche entwendet habe. Es fehlt uͤberhaupt der Beweiß von den bleyernen Littern. Es iſt noch nicht genug bewieſen, Kuͤſters Bild hat einen derglei - chen in Metall geſchnittenen Buchſtaben in der Hand, welchen man ihm viele Jahre nach ſeinem Tod alſo hin - ein geſtecket, derowegen hat er ſie auch erfunden. Wa - rum weiß Junius kein Buch(k)Das Wort Buch erinnert mich noch eine offenbahre Unwahrheit anzumercken, welche ſich in Junii Erzeh - lung befindet. Er ſagt uns nemlich, daß 1440. zu Mayntz ALEXANDRI GALLI Doctrinale, oder Grammatica mit eben dergleichen Littern, wie Kuͤſter gehabt haͤtte, gedruckt worden waͤre. Hievon weiß auſer IVNIO kein Menſch etwas. Er muſte es aber alſo erzehlen, damit er doch einen Schein haben moͤgte, Johann Fauſt haͤtte mit Kuͤſters Littern, welche er ihm geſtohlen, zu Mayntz gedrucket. nahmhaft zu machen, welches von Kuͤſter mit dergleichen Littern gedruckt worden? Jedoch er will ein Buch geſehen haben, wel - ches Kuͤſter, wie er es nennet, gedruckt haben ſoll Jch weiß wohl, daß man dieſes Speculum ſalutis vor Kuͤ - ſters Arbeit ausgiebt; Alleine man ſtreitet noch da - rum, ja es iſt nur eine bloſe und noch nie erwieſens Muthmaſſung. Andere Leute haben dieſes Speculum auch geſehen, welches zu Harlem aufbehalten wird, und dabey gehoͤret, Kuͤſter haͤtte es verfertiget: Alleine ſie haben weder Kuͤſters Namen, noch ſonſten etwas darauf gefunden, woraus man beweiſen koͤnnte, daß es Kuͤſter verfertiget habe. Zacharias Conrad von Vffenbach(l)Der beruͤhmte Johann Georg Schelhorn hat uns in ſeinen Amœnitatibus Litt. T. IX, p. 969. VffenbachsBrief hat es ehemals zu verſchiedenen Zeitengenau27von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. genau beſehen, und keinen Buchdrucker, oder Holtz - ſchneider, darauf bemerckt, wohl aber darzu geſchrieben gefunden, und zwar von einer weit juͤngern Hand, wel - che er vor Peter Schrivers Schreibart gehalten, daß es Lorentz Kuͤſter in Holtz geſchnitten haͤtte. Ge - ſetzt aber, es waͤre richtig erwieſen, welches ich doch kei - nesweges behaupten will, Lorentz Kuͤſter haͤtte die - ſes Speculum in Holtz geſchnitten, wuͤrde denn daraus folgen, daß er der erſte Erfinder der Buchdruckerey ge - weſen waͤre? Jn Holtz ſchneiden heißt noch lange nichtdru -(l)Brief mitgetheilet, worinnen er ihm berichtet, er haͤtte zu Harlem dieſes Speculum verſchiedene mal geſehen. Man haͤtte daſelbſt mehr, als ein Exemplar, davon. Eines in Hollaͤndiſcher, und etliche in Lateiniſcher Spra - che. Bey dem Hollaͤndiſchen waͤre folgendes darzu ge - ſchrieben, weil es keinen beſondern Titel haͤtte: Liber Tabularum ligno incifarum a LAVRENTIO COSTERO Circa annum ſalutis MCCCCXXVIII. Ein lateiniſches haͤtte zwar dieſen Titel: Lib. cuius no - men & titulus eſt ſpeculi humane ſaluationis; Es waͤre aber ebenfalls dazu geſchrieben: LIBER Cuius nomen & titulus SPECVLVM HVMANÆ SALVTIS HARLEMI Ex officina Laurentii Ioannis Coſteri Anno 1440. Hieraus ſieht man alſo deutlich, daß Kuͤſters Namen gar nicht in Holtz mit eingeſchnitten, ſondern nur dar - zu geſchrieben iſt. Sollte wohl Kuͤſter ſeinen Namen weggelaſſen haben, wenn er es verfertiget haͤtte?28Kurtzer Entwurfdrucken. Der Unterſchied iſt gar zu mercklich. Man muͤſte blind ſeyn, wenn man dieſes nicht einſehen woll - te. So viel wuͤrde man alſo behaupten koͤnnen, wenn es wahr iſt, daß Kuͤſter zu allererſt ein Buch in Holtz geſchnitten hat; So muß man ihm nachruͤhmen, daß er dadurch vielleicht Gelegenheit gegeben habe die edle Buchdruckerkunſt, wie ſie heut zu Tage iſt, zu erfinden. Mehr kan man ihm nicht einraͤumen. Und dieſes moͤgte wider Hadrian Junii Zeugniß ge - nug geſagt ſeyn. Peter Schriver und Marcus Zuerius Boxhorn beweiſen es nicht beſſer, ja ſie gruͤn - den ſich meiſtens auf Junium. Auſer dieſem aber vermeynt Boxhorn(m)In Hiſtoria vniuerſali p. 950. & ſeq. noch einen unverwerflichen Grund aus Mariangeli Accurſii Worten, welche er auf das erſte Blat ſeines auf Pergament gedruckten Donats geſchrieben hat, zu finden. Jch will ſolche meinen Leſern mittheilen, damit ſie doch urtheilen koͤn - nen, wie viel auf dieſes Zeugnis vor Kuͤſtern, als den angegebenen Erfinder der Buchdruckerey, zu halten ſey. Es ſind aber folgende:(n)Mariangelus Accurſius hat ſie lateiniſch abgefaßt: Ioannes Fauſt, ciuis moguntinus, auus maternus Ioan - nis Schœffer, primus excogitauit imprimendi artem ty - pis æreis: quos deinde plumbeos inuenit, multaque ad poliendam artem addidit eius filius, Petrus Schœffer. Impreſſus eſt autem hic Donatus & Confeſſionalia primo omnium anno ⅽⅼↄⅽⅽ ⅽⅽl. Admonitus certe fuit ex Donato Hollandiæ, prius impreſſo in tabula inciſa. Georg Paſch fuͤhrt ſolche aus ANGELI ROCHÆ Bibliotheca Vaticana an, welcher ſie ſelbſten in Augen - ſchein genommen hat. Siehe deſſen Inuenta Nou-an - tiqua, C. VII, p. 787. „ Johann Fauſt, ein & q; Buͤrger von Mayntz und Großvater Johannis& q; Schoi -29von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. & q; Schoifers, muͤtterliche Seite, hat die Kunſt mit & q; Buchſtaben von Metall zu drucken zuerſt erfunden, & q; welche metallene Buchſtaben hernach ſein Sohn Pe - & q; ter Schoifer in bleyerne verwandelt und vieles & q; zur Verbeſſerung dieſer Kunſt beygetragen hat. & q; Dieſer Donat und Confeßionalia ſind zu allererſt im & q; Jahr 1450. gedruckt worden, nachdem Fauſten der & q; in Holtz geſchnittene Donat darzu Gelegenheit gege - & q; ben hat. ‟ Hierinnen finde ich keinen Buchdrucker der Lorentz Kuͤſter heißt, vielweniger, daß er die Buchdruckerkunſt erfunden hat. Holtzſchnitte ma - chen iſt nicht drucken. Es wird aber auch dieſes nicht einmal von Kuͤſtern behauptet. Denn es ſtehet ja nur da: Der in Holland auf Holtz geſchnittene Donat habe Fauſten zur Erfindung Gelegenheit gegeben, und nicht Kuͤſters in Holtz geſchnitte - ner Donat. Boxhorn beruft ſich auf eine Stelle ei - ner Coͤllniſchen Chronick, ich muß aber bekennen, daß ich wiederum nichts darinnen finden kan, welches auch nur mit einem Schein vor Kuͤſtern, als den erſten Er - finder der Buchdruckerkunſt koͤnnte angeſehen wer - den. Denn nachdem daſelbſt erzehlet worden, daß zu Mayntz die Buchdruckerey 1440. erfunden worden waͤre; So heißt es darauf(o)Dieſe Worte ſind eigentlich in Niderteutſcher Spra - che abgefaßt. Jch bedauere, daß ich ſelbige aus dem Original nicht anfuͤhren kan. Die Uberſchrift von dieſem Buch heißt: Die Cronica van der hilliger ſtadt von Coelln. Am Ende dieſes Wercks ſollen folgende Worte ſtehen: ind hait gedruckt mit groiſſem ernſt en Fliß Johann Koelhoff burger in Coelln, und vollendet up Sent Bartholomaeus avend des hilligen Apoſtelsanno: „ Ob nun gleich dieBuch -30Kurtzer Entwurf& q; Buchdruckerey, wie man ſie heut zu Tag hat, zu & q; Mayntz erfunden worden iſt; So ſind doch die in & q; Holland gedruckten Donate, als eine Vorbildung & q; von dieſer Kunſt, anzuſehen, welche zur Erfindung & q; der Buchdruckerey gleichſam den Grund geleget ha - & q; ben. ‟ Hieraus folgt ja abermals weiter nichts, als daß dieſe Holtzſchnitte zur Erfindung der Buchdru - ckerkunſt die Bahn gleichſam gebrochen haben. Wo bleibt demnach Kuͤſter, als der Erfinder der Buchdru - ckerey? Er wird unſichtbar. Jch wollte ihm die Ehre gerne eingeſtehen, wenn es nur bewieſen werden koͤnnte. Denn damit bin ich noch nicht zufrieden, daß ihm ſeine Landsleute ohne Grund davor ausgegeben haben. Und wenn auch die Harlemer noch zehen Bild - niſſe(p)Jnsgemein giebt man vor, man haͤtte Kuͤſtern zu Eh - ren eine Statue zu Harlem an ſeinem Hauſe geſetzt, und uͤber die Thuͤre geſchrieben:MEMO. von ihm mit den ſchoͤnſten Jnſchriften auf -richten(o)anno vurß 1489. God have lov tzo allertzyt und ewi - clich. Der gelehrte Herr von Vffenbach hat ſelbiges ehedeſſen ſelbſten zu Harlem geſehen, und pag. 311. ſqq. dieſe angefuͤhrten Worte daſelbſt gefunden. Siehe Schelhorns Amœnitat. Lit. T. IX. p. 982. lateiniſch uͤberſetzt findet man ſelbige bey Boxhorn p 950. ſqq. bey Wilh. Ernſt Tentzeln in ſeinen Monatlichen Unter - redungen aufs Jahr 1692. p. 687. und bey Georg Pa - ſchen in ſeinen Inuentis Nou. antiquis C. VII. p. 786. allwo ſie alſo lauten: „ Quamuis autem, vt præmittitur, & q; Moguntiæ ars hæc inuenta fuerit eo modo, qui nunc & q; temporis communiter vſurpatur, prima tamen eius & q; prœfiguratio, ſeu ſimulacrum, ex Donatis Hollandiæ & q; reperta & deſumta fuit, qui ibi ante id tempus excuſi & q; fuere; eque illis principium prædictæ artis deprom - & q; tum eſt. 31von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. richten lieſen; So werde ich mir doch die Freyheit ausbitten, ſo lange zu zweifeln, bis es erſt beſſer er - wieſen ſeyn wird. Darauf kommt es nicht an, daß Lorentz Kuͤſtern ein Buchdrucker aus Harlem, Ha - drian Roman, in Kupfer(q)Es ſtehet dieſes Kupfer vor Daniel Dycke Ses Evan - geliſche Hiſtorien, welche Hadrian Roman zu Straß - burg An. 1630. gedruckt hat. Willhelm Ernſt Tenzel hat es zu dem Monat Auguſt ſeiner Monatlichen Unterre - dungen 1693, wieder nachſtechen laſſen. ſtechen laͤßt, und ihm aus blinden Vorurtheil zum Erfinder der Buchdru - ckerey macht, wenn er ihm die prahleriſche Jnſchrift in die lincke Hand giebt.
‘M. S. Viro conſulari LAVRENTIO COSTERO HARLEMENSI Alteri Cadmo & artis Typographicæ circa Annum Domini M CCCC XXX. Inuentori primo Bene de litteris ac toto orbe merenti Hanc Q. L. C. Q. ſta - tuam quia aeream non’ ()habuit(p)MEMORIÆ. SACRVM. TYPOGRAPHIA. ARS. ARTIVM. CONSERVATRIX. HIC. PRIMVM. INVENTA. CIRCA. AN. ⅽⅼↄⅽⅽⅽⅽxl. Wie dieſes MISSON in Itin. Tom. I, Epiſt. II, p. 24. und Benthem in ſeinem Hollaͤndiſchen Kirchen - und Schul-Staat im II. Theil p. 567. berichten; Alleine der Herr von Vffenbach hat ſolche daſelbſt geſuchet, aber weiter nichts, als Kuͤſters Bildniß auf Holtz gemahlt an dem ſogenannten Kuͤſteriſchen Hauß gefunden. Siehe Schelhorns Amœnit. T. IX. p. 983.
32Kurtzer Entwurf‘habuit pro monumen - to poſuit ciuis gratiſs. ADRIANVS ROMANVS Typographus A. M D C XXX. ’ ()Damit es doch dem Anſehen nach noch einen Schein bekommen moͤgte; So hat dieſer Buchdrucker ſeinem Cadmo auch einen von Metall gegoſſenen Buchſtaben A. in die lincke Hand geben laſſen, zum unuͤberwindli - chen Beweiß, daß er Erfinder davon waͤre. Wenn ich noch alles verdauen koͤnnte, ſo wuͤrde mir dieſes zu ſchwer fallen Man uͤberlege einmal im Jahr 1430. ſoll Kuͤſter ſchon etwas von gegoſſenen Buchſtaben ge - wußt haben? Jedoch ich will mich an Kuͤſtern nicht weiter vergreifen, weil mich ſonſten die unter ſein Bild - niß geſetzten Verſe:
‘Vana quid archetypos & præla MOGVNTIA iactas? HARLEMI archetypos prælaque nata ſcias. Extulit hic Monſtrante Deo LAVRENTIVS artem, Diſſimulare virum hunc, diſſimulare Deum eſt. ’ ()Gar unter die Rolle der Atheiſten bringen duͤrften. Es iſt drohend genug, aber auch verwegen genug, geſchrie - ben. Jch freue mich aber, daß dergleichen Droh - worte heut zu Tage, zumal, wenn ſie aus blindem Ei - fer entſtanden, nicht mehr geachtet werden. Jch willſie33von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. ſie nicht nach der Schaͤrfe beurtheilen, weil ich ohne - hin befuͤrchte, es moͤgten einige von meinen Leſern den Verfertiger dieſer Verſe wohl gar unter die Ab - goͤtter rechnen, in dem er ja ſeinen Kuͤſter und GOtt in eine Reihe ſetzet. So weit koͤnnen die Vorurtheile die Menſchen verblenden, daß ſie Menſchen GOtt gleich achten! Doch genug hievon. Denn dieſe ſich ſo feſt eingebildete Wahrheit iſt auf den ſandigten Grund gebauet, welchen ich ſchon vorhero uͤbern Hauffen ge - worffen habe.
So iſt demnach auch in Harlem die Buchdru - ckerkunſt nicht erfunden worden: Deßwegen ſehe ich mich genothiget nach Teutſchland mich zu wenden. So viel iſt unſtreitig wahr, daß in Teutſchland dieſe Kunſt empfangen und gebohren worden: Nur darinnen ſind die Geſchichtſchreiber nicht voͤllig einig, ob es in Straß - burg, oder in Mayntz, geſchehen ſey. Vor Straß - burg(r)Es erzehlen ſelbige Georg Paſch in ſeinen Inuentis Nou - antiquis I. c. p. 790. D. Val. Ernſt Loͤſcher in Stromateo Sect. VII, p. 139. Lipſ. 1727. 4. edito. STOHRIVS in Diſſ. ſæpius cit. c. II. der ſich auch ſelbſten, als ein neuer Patron, vor Straßburg aufgeworffen, und dieſe Fabel vor wahr angenommen hat, weil es DOMINVS BOECLERVS geſagt hat. haben ſich ebenfalls viele gelehrte Maͤnner aufgeworffen, welche ſich alle Muͤhe gegeben haben, vor dieſe Stadt den Ruhm zu erjagen. Die Vor - nehmſten darunter ſind: Johann Heinrich Boͤck - ler,(s)Vide Oration. & Program. illius Academ. Orat. XI, p. 217. Argent. 1705. 4. Johann Adam Schragius,(t)Jn ſeinem Bericht von Erfindung der Buchdruckerey zu Straßburg, ibid. 1640. 4. C und JohannSchmidt,34Kurtzer EntwurfSchmidt,(v)S. deſſelben drey chriſtliche Danckpredigten wegen der 1440. zu Straßburg erfundenen Buchdruckerkunſt, Straßburg, 1641. 4. nebſt einigen andern mehr. Joh. Maͤn - telin, oder Mentel, ein Buͤrger aus Straßburg, ſoll nach dieſer Maͤnner Ausſage der ruhmwuͤrdige Vater der Buchdruckerkunſt geweſen ſeyn. Ehe ich ihre Be - weißgruͤnde genauer pruͤfe, muß ich noch erſt ein aͤl - teres Zeugniß anfuͤhren, worauf man ſich auch zu be - ruffen pflegt. Jacob Wimpheling, welcher 1449. gebohren war, ſoll auch geglaubt haben, daß Johann Maͤntelin der Erfinder der Buchdruckerey geweſen waͤre. Es ſchreibt aber ſelbiger alſo:(x)In Epitome Rerum Germ. c. 65. in SCHARDII Script. Rerum Germ. T. I, p. 396. Anno Chriſti 1440. Fride - rico III, Romanorum Imperatore regente magnum quod - dam ac pæne diuinum beneficium collatum eſt vniuerſo terrarum orbi a IO. GVTTENBERG, Argentinenſi, nouo ſcribendi genere reperto. Is enim primum artem impreſſoriam, quam latiniores excuſoriam vocant, in vr - be Argentinenſi inuenit. Inde Moguntiam veniens can - dem feliciter compleuit. Interea IO. MENTEL id opificii genus inceptans, multa volumina caſtigate & po - lite Argentinæ imprimendo factus eſt breui opulentiſſimus. „ Jm Jahr & q; Chriſti 1440. hat J. Guttenberg, ein Straßburger, & q; unter der Regierung Kayſer Friedrichs III, der gan - & q; tzen Welt eine groſſe, ja bey nahe goͤttliche Wohlthat & q; durch ſeine neuerfundene Schreibart erwieſen. & q; Denn dieſer hat zu erſt in Straßburg die Buch - & q; druckerkunſt erdacht, welche er hernach zu Mayntz & q; gluͤcklich zur Vollkommenheit gebracht hat. Unter - & q; deſſen hat ſich Johann Maͤntel in kurtzer Zeit & q; groſſen Reichthum erworben, nachdem er zu Straß - & q; burg dieſe Kunſt angefangen und viele Wercke ſehr& q; ſauber35von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt& q; ſauber abgedruckt hat. ‟ Nach meiner wenigen Einſicht wird dieſes Zeugniß den Straßburgern we - nig helfen. Denn es wird ja deutlich darinnen be - hauptet, daß Guttenberg zu Mayntz die Buchdru - ckerkunſt erſt voͤllig zu Stande gebracht habe, ob er gleich zu Straßburg auf den Einfall gerathen ſeyn mag. Mentel wird gar nicht vor den Erfinder an - gegeben, ſondern es heißt nur, er habe ſich viel Geld verdienet, nachdem er in Straßburg angefangen Buͤ - cher zu drucken. Es ſtehet alſo nicht da, wenn er an - gefangen, vielweniger daß er die Buchdruckerkunſt er - funden habe. Und gleichwohl wollen uus dieſes die Straßburger uͤberreden. Sie beruffen ſich auſer dem auf ihre Chronicken, welche ſie in ihrer Cantzley in Manuſcript haben. Sie haben derſelben zwey; Von der erſten wiſſen ſie keinen Verfaſſer anzuge - ben, es ſollen aber folgende Worte darinnen ſtehen:y)Es fuͤhrt uns dieſe Willhelm Ernſt Tentzel in ſeinem Diſcours von Erfindung der loͤblichen Buchdruckerkunſt an, p. 56. ſqq. „ Anno 1440. als zum drittenmal von der Kuͤffer - & q; Zunft zum Ammeiſter erwehlet worden, Herr Claus & q; Schanlitt, und Stattmeiſter geweſen ſind, Walter & q; Spiegel, Burckhard von Muͤllenheim, Cuno zum & q; Treubel, Hanß Balthaſar von Endingen, iſt die & q; herrliche und ſehr nuͤtzliche Kunſt der Buchdrucke - & q; rey erſtlich offenbahr, und zwar allhie zu Straßburg & q; an Tag gebracht, und erfunden worden, durch & q; IOANN MENTELIN, welcher am Fronhof & q; zum Thier-Garten wohnete, der hatte einen Die - & q; ner, mit Namen Hannß Genßfleiſch, von Mentz & q; buͤrtig, dieſem vertrauete er ſeine neue Jnvention,C 2& q; weil36Kurtzer Entwurf& q; weil er ihn ſehr anſchlaͤgig, und ſcharfſinnig befand, & q; verhoffend durch ihn noch weiters zu kommen: Er & q; wurde aber von ihm ſchaͤndlich betrogen, dann dieſer & q; jetztgemeldte Genßfleiſch mit Johann Guttenberg & q; Kundſchafft machte, ſo ein anſehnlicher reicher Mann & q; war, und auch etwas Wiſſenſchaft um des Mente - & q; lins Kunſt hatte, dem offenbahrte er alle Heimlichkeit, & q; und weil ſie in Hoffnung ſtunden, mit dieſer Kunſt & q; groß Geld und Guth zu erwerben, und aber allhie in & q; Straßburg vor dem Mentelin die Sach nicht wohl & q; wuͤrden koͤnnen ins Werck richten, ſchlugen ſie an, & q; ſich von dannen gen Mentz zu begeben, als dann & q; auch geſchehen. = = = Aber GOtt der keine Untreu & q; ungeſtraft laͤßt hingehen, ſtrief endlich den Genß - & q; fleiſch alſo, daß er ſeines Geſichts beraubet und blind & q; wurde. ‟ Und ſo viel aus der erſten, ich will doch auch gleich das Zeugniß aus der andern hieher ſetzen, und alsdenn von beyden zugleich meine Gedancken er - oͤffnen. Daniel Specklin, ein Baumeiſter aus Straßburg, hat folgenden Bericht hinterlaſſen:z)S. Johann Schmidts Predigten p. 5. und Tentzels Di - ſcours p. 58. „ Anno 1440. Damahlen ward die herrliche Kunſt, & q; die Buchdruckerey zu Straßburg erfunden, durch & q; Johann Mentele am Fronhof zum Thier-Garten, & q; ſein Schwager Peter Scheffer und Martin Flach & q; & q; verlegten ſolches, aber ſein Diener Johann Genß - & q; fleiſch, als er ihme die Kunſt hatte genugſam abge - & q; ſtohlen, flohe er in ſein Heimath gen Mayntz, da & q; hat er ſolches durch den Guttenberger, welcher reich & q; war, alles beſſer in Ordnung bracht, uͤber deſſen & q; Untreu bekuͤmmert ſich der Mentele ſo hart, daß erſtarb37von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. & q; ſtarb vor Leyd, ward zu Ehren der Kunſt ins Muͤn - & q; ſter begraben, und eine Druckerpreß auf ſeinen & q; Grabſtein gehauen, hernach ſtrieffe GOtt ſeinen & q; Diener den Genßfleiſch auch, daß er bis an ſein End & q; iſt blind worden, ich habe die erſte Preß, auch die & q; Buchſtaben geſehen, waren von Holtz geſchnitten, & q; auch gantze Woͤrter Syllaben, hatten Loͤchle, und faßt & q; man ſie an ein Schnur nach einander mit einer Nadel, & q; zoge ſie darnach den Zeilen in die Laͤnge, es iſt ſchad, & q; daß man ſolches Werck, welches das allererſte in der & q; Welt geweſen iſt, hat laſſen verlohren werden. ‟ Und hiemit endiget ſich auch dieſes Zeugnis. Lieſet man nun Joh. Schmidts,a)Jn ſeinen bereits angefuͤhrten Predigten p. 5. die Worte heiſen daſelbſt alſo: „ Waun man aber die alte gantz ohn - & q; partheyiſche Monumenta, Annales und Schriften, ſo & q; bey hieſiger Stadt wollbeſtellter Cantzley befindlich, (die & q; lang zuvor ehe Jemand von dieſer Frage diſputirt, durch & q; redliche Leute zuſammen getragen worden, und welche & q; daher vielleicht kein Privat-Scribent vermeſſentlich wi - & q; derſprechen, oder ſie einiges falſches und Unwahrheit be - & q; zuͤchtigen wird, unterſteht ſichs Jemand, ſo iſt er ver - & q; bunden nicht aus ungegruͤnderen Narrationibus, oder & q; zweifelhaften Muthmaſſungen, ſondern mit andern un - & q; widertreiblichen Fundamenten ſeine Meynung zu be - & q; haupten) mit Fleiß durchſiehet, und in allen Umſtaͤnden & q; aufrichtig, allein um der Wahrheit willen, erwieget, ſo & q; kommt ſo viel heraus -- daß in dieſer Stadt Straßburg & q; und von einem Straßburgiſchen Buͤrger die edle Dru - & q; ckerkunſt erſtmals durch goͤttliche Erleuchtung erfunden & q; worden. ‟ Worauf alsdenn die Worte aus dem Mann ſcript ſelbſten folgen. Es iſt doch gut, daß Herr Schmidt geſetzet: Vielleicht wird dieſer Wahrheit Niemand wi - derſprechen. Vielleicht wird ihr aber auch Jemand wi -C 3derſpre - eines ehemals in Straßburgoͤffent -38Kurtzer Entwurfoͤffentlichen Lehrers, Urtheil hieruͤber, ſo hat die Sache ſeine Richtigkeit; Straßburg iſt der Geburtsort und Maͤntelin der Vater von der Buchdruckerkunſt. Darf ich aber ein freyes Bekaͤnntnis davon ablegen; So muß ich geſtehen, daß mir dieſe Erzehlungen, gar nicht im geringſten wahrſcheinlich, vielweniger wahr vorkommen. Folgende Zweifelsknoten will ich mei - nen Leſern mittheilen.
Es ſcheinet allerdings eine Verwegenheit zu ſeyn, dieſen Chronicken den Glauben abzuſprechen, weil die Herren Straßburger ſolche als oͤffentliche Zeugniſſe der Wahrheit in ihrem Archiv aufbehalten: Und in der That, wenn dieſe Schriften, als oͤffentli - che Zeugniſſe koͤnnten angeſehen werden: So wuͤrde ich Bedencken tragen ein Wort darwider einzuwenden. Jch gebe gerne zu, daß man ſelbige heut zu Tag in dem Archiy aufbehalte, daß aber ſelbige auf oͤffentli - chem Befehl, und vornemlich zu der Zeit, da ſich die Sache zugetragen, oder kurtz hernach, von ſolchen Leuten waͤren aufgeſetzet worden, welche die Wahr - heit haͤtten ſchreiben koͤnnen und wollen, ſcheinet mir noch nicht erwieſen zu ſeyn. Die oͤffentliche Ver - wahrung macht die Sache noch nicht aus. Das waͤ - re eben ſo buͤndig geſchloſſen, als ich neulich eine ehrliche Matrone ihrer Nachbarin beweiſen hoͤrte, daß es wuͤrcklich ein Reich der Todten gaͤbe, worinnen die be - kannten Geſpraͤche gehalten wuͤrden. Denn, da es ihre Nachbarin nicht glauben wollte, ſo fuhr ſie in vol -lema)derſprechen, und zwar nicht aus ungegruͤndeten Narra - tionibus und zweifelhaften Muthmaſſungen, ſondern aus unwidertreiblichen Fundamenten. Jedoch hievon hernach.39von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. len Eifer heraus, es muß wohl wahr ſeyn, denn ſon - ſten wuͤrden die Geſpraͤche nicht oͤffentlich gedruckt davon zu haben ſeyn. Die Nachbarin, welche mir etwas kluͤger ſchiene, erwiederte, man druckt auch er - dichtete Dinge, ja wohl gar offenbahre Unwahrhei - ten. Sollte man nicht auch erdichtete Erzehlungen, zumal von dem Ruhm ſeiner Vorfahren, in oͤffent - lichen Stellen aufbehalten? Jch finde mehr Urſachen ſolches von den Straßburgiſchen Chronicken zu beja - hen, als zu verneinen. Woher will man mir erwei - ſen, daß dieſe Chronicken auf oͤffentlichem Befehl ge - ſchrieben worden waͤren? Man weiß ja nicht einmal wer die erſte verfertiget, von der andern weiß man zwar den Verfaſſer, alleine die Zeit, wenn dieſer Herr Baumeiſter Specklin gelebet, und ſeine Chronick verfertiget, iſt wiederum unbekannt. Aus Specklins eigenen Worten ſollte man freylich die Zeiten bey na - he errathen koͤnnen, wenn er gelebet; Denn er will ja Mentelins erſte Preſſe und die Art zu drucken geſe - hen haben, dahero er nicht lange nach Mentelins Tod, oder vielleicht gar bey ſeinem Leben, gelebt zu haben ſcheinet. Alleine, dieſen Schein verdunckelt ſeine Schreibart wiederum gaͤntzlich. Es erreichet ſolche keineswegs diejenigen Zeiten, um welche Mentelin gelebet haben ſoll, nemlich 1440. Dazumal war die teutſche Sprache noch viel rauher, als Specklins ſeine. Dieſe iſt weit juͤnger. Je juͤnger ſie aber iſt, deſto weniger beweißt ſie etwas. Komme ich erſt auf die Erzehlung ſelbſten, ſo gerathe ich voͤllig auf die Gedancken, daß beyde Chronicken mit erdichteten, oder gaͤntzlich verwirrten, Nachrichten angefuͤllet ſind. Mentelin