PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Verliebte-Galante / Sinn-Vermiſchte und Grab - Gedichte.
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Hamburg und Leipzig /BeyChriſtian Liebezeit /Anno 1716.

Vorrede.

Geneigter Leſer!

WEil zuſagen Schuld machet / ſo habe mit der Herausgebung dieſer Gedichte mein in der Vorrede des verliebten Studen - tens gethanes Ver - ſprechen erfuͤllen wollen / ich geſtehe aber gleich anfangs / daß ich mich dadurch zu keinen Poeten zu machen ſuche; ich er - kenne meine Schwachheit / und mag mich nicht mit dem Icaro uͤberheben / weil ich ſonſt gleichen Zufall mit ihm erfahren wuͤr - de. Der Nahme Poet / iſt zwar leicht auszuſprechen / aber ſchwer zu erlangen / und ſolchen mit Recht ſich zuzueignen / iſt kein geringes / ich laſſe derowegen denen) (2dieVorrededie Ehre / welche von aller Welt vor recht - ſchaffene Poeten gehalten werden; wie dann ſolche denen Herꝛn von Lohenſtein / von Hoffmannswaldau / von Abſchatz / von Canitz / von Beſſer / Opitz / beiden Gryphiis / Muͤhlpford / Menantes / Philander von der Linden / Amaranthes / Neukirch und Neumeiſtern niemand abſprechen wird.

Es iſt zwar nicht ohne / daß ſich noch viel andere leſens-wuͤrdige Poeten finden / weil man aber nicht geſonnen iſt / einen gantzen Catalogum davon anzufuͤhren / ſo wird man ſie ſtillſchweigend uͤbergehen / ſie muͤſſen aber nicht meinen / daß ſolches aus Verachtung geſchehe / denn weil man ſich vor keinen Meiſter in der Poeſie aus - giebt / ſo folget daraus / daß man nicht ge - ſonnen / diejenigen zu verkleinern / welche der Welt durch ihre Schrifften ſchon ge - zeiget / daß ſie Poeten heiſſen.

Die Zuneigung / welche ich von Jugend auf zu der Poeſie gehabt / nahm immer mit den Jahren zu / und endlich wurde ich ſo kuͤhne / daß ich einige Gedichte auf - ſetzte / das Gefallen / ſo man zu ſeinen eige - nen Sachen hat / uͤberredete mich / daß ich eben nicht unrecht handeln wuͤrde /wennVorrede. wenn ich meinen natuͤrlichen Triebe fol - gete / und mich in der Dichtkunſt zu ver - beſſern ſuchete. Dieſem nach / war in muͤßigen Stunden die edle Poeſie meine Beluſtigung / wodurch ich auch manchen verdrießlichen Zufall erleichtert: Zuwei - len bin ich auch von guten Freunden um ein Gedichte angeſprochen worden / denen ich ſolches nicht verſagen koͤnnen / noch wol - len. Auf ſolche Art ſind nun dieſe Gedich - te gebohren worden; ihre Geburth geſcha - he ohne Schmertzen / die Federn durfften nicht aus Ungedult zerſtoſſen / noch die Oh - ren aus Mißvergnuͤgen gekratzet werden / und es ging alles ſo leichte zu / daß ich dahe - ro ſelber muthmaſſe / ſie duͤrfften wegen ihrer leichten Geburth eben von keiner ſon - derlichen Wichtigkeit ſeyn.

Wenn ſie nun ſchon daher einigen miß - fallen ſolten / ſo werden ſie doch andern ge - fallen / weil ſie in der erſten Jugend und uͤberdem in muͤßigen Stunden erzeuget worden / die Fehler ſo darinnen zufinden / muͤſſen nicht alle mir / ſondern der freyen Jugend / zugeſchrieben werden. Ein ernſt - haffter Seneca ſchreibet eingezogener / als ein feuriger Ovidius und dem Catoni wil) (3dieVorrede. die Aufffuͤhrung der jungen Welt nicht gefallen.

Meine Dreiſtigkeit weiter zu entſchul - digen / achte ich unnoͤthig zu ſeyn / denn ich weiß ſchon vorher daß ich damit alle uͤbele Vorurtheile und Scoptiſche critiquen mo - röſer und widriggeſinnter Gemuͤther nicht hindern und heben kan. Jch ſuche nichts mehr / als daß ein jeder Verſtaͤndi - ger mit einer leidlichen Cenſur ſelbige durchſehen / und geringe Fehler nicht hoch - aufmutzen moͤge. Es iſt keiner ohne Feh - ler / und wenn man alle Dinge ſcharff un - terſuchen will / ſo wird man mehr tadel - hafftes als ruhmwuͤrdiges antreffen; Denn die Vollkommenheit iſt eine Sache ſo nur in der Einbildung und einen guͤti - gem Urtheile des Leſers und Autoris be - ſtehen / ſonſt aber iſt ſie nirgends anzu - treffen. Es ſolte zwar nichts unvollkom - menes geſchrieben werden / wenn man aber ſchlechterdings darauf gehen wolte / ſo wuͤrde man wenig oder nichts in denen Buchlaͤden antreffen. Jch will meine Ge - dichte nicht ſelber ruͤhmen / aber auch nicht verachten / denn wenn ſie ja keinem gefal - len ſolten / ſo haben ſie doch die Vergnuͤ -gung /Vorrede. gung / daß ſie mir und andern ſchon vor mehr denn 12. Jahren gefallen.

Jch lobe und verachte ſie demnach nicht / weil beydes ſtraffwuͤrdig / ſondern uͤberge - be ſie dir mein Leſer / ein unpartheyiſches Urtheil davon zu faͤllen / du findeſt darin - nen Weltliche / Freuden - und Trauer-Ge - dichte / derſelben bediene dich nach deinem Gefallen / und wenn du etwan einen paſſio - nirten Tadeler antreffen ſolteſt / ſo habe die Guͤte / und weiſe Jhn zu vernuͤnfftiger Betrachtung ſeiner eigenen Fehler.

Fuͤr dieſe Hoͤflichkeit bin ich mit gezie - menden reípect

Geneigter Leſer

Dein Dienſt-ergebenſter Celander.

An den Herꝛn Autorem.

WO reine Liebes-Glut den holden Scepter fuͤhret /
Da iſt die Tichterey ein treuer Unterthan /
Und wo dieſelbe erſt nur das Clavier beruͤhret /
Da giebet jene gleich den Thon vernehmlich an.
Ein Cato wird hierbey gar eifrig Splitter richten /
Weil ſeine Leber Eyß / das Hertze eiſern iſt
Ein Plato aber faͤngt wol ſelbſten an zu dichten /
Wenn er ein ſchoͤnes Weib nur erſt einmahl gekuͤſſt.
Mein Freund / es zeugt dein Buch von Lieben und von Wiſſen /
Apollo ruͤhmt den Fleiß / er kennt dein Wiſſen wol.
Die Venus iſt hierbey zu deinem Danck befliſſen /
Daß dich vor deine Maͤh ein jeder lieben ſoll.

Hiemit legte bey Herausgebung dieſer Gedichte bey dem Hn. Autore ſeine Obligation an den Tag Deſſen Aufrichtiger Freund und Diener Copiantes.

An

An die Splitter-Richter.

JHr / die ihr alles wolt nach euren Urtheil richten /
Und alles fort verwerſſt / was euch nicht Probe haͤlt /
Gedencket richten iſt vielleichter als was dichten /
Und daß des Him̃els Thun nicht allen gleich gefaͤlt.
Gedenckt wer allzu kuͤhn den Richter-Stuhl beſteiget /
Der richtet ſich ſelbſt mit / und zeiget klaͤhrlich an /
Wie weit er es verſteht / wozu ſein Hertz geneiget /
So wie man an dem Knall ein Stuͤck erkennen kan.

Dieſes ſchrieb zur Bezeugung ſeiner Ergeben - heit des Autoris nicht unbekannter Freund und Diener Polidor.

Verzeichniß einiger Buͤcher welche von Chriſtian Liebezeit / verleget worden.

  • Allatii Leonis apes urbanæ S. de viris illuſtribus qui ab anno 1630 per totum 1632 Romæ ad - fuerunt ac typis aliquid evulgarunt, & Joannis Imperialis muſæum hiſtoricum virorum li - teris ill. elogia, vitas eor. compl. cum præf. Jo. Alb. Fabricii 8. 1711.
  • Arie ſcelte del opera d Henrico IV. R. di Caſti - glia da Giovanni Matheſon f. 1711.
  • Caſauboniana S. Iſ. Caſauboni judicia varia de ſcriptoribus & libris, obſervationes ſacræ ut & animadverſiones in Card. Baron. annales eccleſ. J. C. Wolfius edidit. 8. 1710.
  • Catalogus bibliothecæ Thuanæ a Petro & Jaco - bo Puteano ordine alphabetico primum di - ſtributus, tum a Iſm. Bullialdo ſecundum ſcientias & artes digeſtus, denique a Joſepbo Quesnel Paris Bibl. editus cum indice fol. & 8 1704
  • Colomeſii Pauli Presb. Eccl. Angl. & Bibl. Lamb. cur. opera ſc. gallia orientalis, varia opuſcu - la, bibliotheque choiſie, Epiſtolæ Sel. Cl. vi - rorum, obſervationes in varia ſ. ſcr. loca, pa - ralipomena ad Cavei Carthophilacem de ſcript. eccleſ., rome proteſtante, Icon Pres - byterianorum parallele de Ia pratique del egliſe ancienne & de celle des proteſtans de France, Lettre au Mr. Juſtel ſuͤr l hiſtoire critique du V. T. Melanges hiſtoriques, ca -talo -talogus MSC. codicum Iſ. Voſſii. D. Jo. Alb. Fabricius omnia edidit 4. 1709.
  • Daſſovii Theod. de pura doctrina ſanctiſſime cu - ſtodienda 4. 1713
  • Ejusd. juſta animadverſio in cordati evangelici inanem loquacitate temere effuſam 4. 1716.
  • Electa rei nummariæ ſ. ſelectæ diſſertationes de rarioribus nummis antiquis tam græcis quam latinis cum fig. 4. 1709
  • Fabricii D. Joh. Alb. bibliotheca græca ſ. notitia ſcriptorum vet. græcorum 7. Volumina 4.
  • Ejusd. memoriæ Hamburgenſes S. virorum Hamb. bene meritorum elogia & vitæ 4. vo - lumina 8. 1710. 1715.
  • Ejusd. Iſagoge in notitiam ſcriptorum hiſtoriæ gallicæ, qua contin. Andr. du Cheſne biblio - theca chron. ſcriptorum ab originibus R. Francici ad ſua usque tempora. C. Gryphii Script. ſæculi XVII. de rebus gallicis, & H. D. Meibomii diſſertatio degallicæ hiſtoriæ pe - riodis & ſcript. 8. 1708.
  • Ejusd. collectio obſervationum ſelect. in varia loca N. Teſt. S. R. Ramireſii de Parado pente contarchus, A Mori notæ in novum fœdus, & P. Poſſini ſpicilegium evangelicum 8. 1712
  • Ejusd. menologium. ſ. de menſibus 8. 1712
  • Ejusd. bibliographia antiquaria ſ. introductio in notitiam ſcriptorum qui antiquitates he - bracias, græcas, romanas & chriſtianas ſcri - ptis illuſtraverunt 4. 1716
  • Ejusd. vita Procli a Marino Neapolitano ſcripta gr. cum verſione latina & notis 4. 1700.
Ejusd.
  • Ejusd. de vita & morte Moſis libri III. autoris Rabb. cum obſervat. G. Gaulmini, accedunt pſeudo Dorothei, Tyrii & aliorum veterum apoſpaſmatia de vita prophetatrum apoſto - lor. & LXX. diſcip. Chriſti gr. & lat. Benſira & aliorum ſententiæ a Fagio & Druſio pri - dem edita, Nic. Calliſti menologium breve eccleſiaſticum 8. 1714.
  • Ejusd. centuria Fabriciorum ſcriptis clarorum 8. 1708
  • Ejusd. ſupplementa & obſervationes ad Voſſi - um de hiſtoricis græcis & latinis, qu. cont. Bern. a Mallincrot paralypomenon de hi - ſtoricis græcis, Lud. Nogarolæ de viris illu - ſtribus qui grace ſcripſerunt, Chr. Sandii no - in Voſſii libros de hiſt. latinis & Jo. Hal - lervordii ſpicilegium de hiſtoricis latinis. 8. Hamb. 1709.
  • Behmeni der liebliche und doch kriegeriſche Cupi - do in unterſchiedenen niederſaͤchſiſchen Liebes - Geſchichten vorgeſtellet 8. 1712.
  • Celanders verliebter Student / in einigen annehm - lichen und warhafftigen Liebes-Geſchichten / wel - che ſich in Deutſchland zugetragen vorgeſtellet 3. Theilie 8. 1710.
  • Ejusd. Hiſtoriſche Luſt-Grotte / in ſich haltend 100. Hiſtorien aus denen neueſten Scribenten zuſam - men geſetzet 8. 1710.
  • Ejusd. Die ungluͤckliche Princeßin Barſine aus Armenien in einer angenehmen Liebes - und Helden-Geſchichte vorgeſtellet 8. 1713
  • Ejusd. Der ſchwermende und doch geſcheite Cupi - do in einem luſtigen Roman. 8. 1715.
  • Funckens Chriſtian poetiſche Andachten uͤber die Kern - und Denckſpruͤche welche in denen Evan - gelien und Epiſteln enthalten / 8. 1713
  • Liebes-Geſchichte des Spaniſchen Marcheſen Don Roderigo und Prinzeßin Donna Sylvia Man - cadada, von Philopatore 8. 1707
  • -- -- -- Lyſanders und Caliſtens 8.
  • Menanders poetiſirende Welt / in auserleſenen Gedichten 8. 1705
  • Selamintes die gluͤckliche und ungluͤckliche Liebe / oder der Unterſchied der menſchlichen Gemuͤther / 8. 1711.
  • Elrindo Emblematiſche vermiſchte Gedancken uͤber mancherley curieuſe Sachen der alten und neuen Welt / in 26. Sinnbildern und Kupffern fuͤrgeſtellet / 4. 1709.
  • Thaler-collection oder continuation derer in de - nen Hiſtoriſchen remarques der Welt mitge - theilten Reichs - und anderer Thaler 1. biß 6te Scatola / 4. 1709
  • Weg zur Gluͤckſeligkeit aus dem Frantzoͤſiſchen des Herꝛn Formentin uͤberſetzet / 8. 1709
  • Wolterecks Chriſt. geiſt - und weltliche Cantaten / Oden / und Arien nebſt einen Anhang einiger andern Gedichte / 8. 1713
  • Wuͤrtzers / Hern. Harmonia Evangelico-Bibli - ca, oder Ubereinſtimmung der Heil. Schrifft im Evangelio. Worin / nach den Sonn - und Feſt-Tags Evangelien / die gantze Bibel homi - letiſch durchgangen / eines jeden Buchs Autor und Jnhalt / nach der Ordnung / gezeiget / und ſo dann der fuͤrkommende Evangeliſ. Text aus demſelben Buch erklaͤhret wird. 4. 1716.
[1]

I. Verliebte und Galante Gedichte.

Amors Schaͤtze.

Naͤchſt; da der Phoſphorus ſchon durch die Wolcken
brach /
Und dieſe dunckle Welt mit ſeinem Licht beſtrahlte;
Da Titans guͤldner Schein von ferne allgemach /
Auf der bethanten Au wie Diamanten prahlte.
Da ſuchte Seladon zu ſeinem Zeit-Vertreib /
Jm Garten ſeine Luſt; in den belaubten Aeſten /
Schlug hier ein Vogel an / dort lockte ihn das Weib;
Der ſuͤſſe Morgen-Wind / die ſanffte Lufft von Weſten.
Bließ ihm von Roßmarin ambrirten Odem an /
Der Floren bunte Schooß von ſchoͤnen Blumen glaͤntzte /
Mit mehr denn Koͤnigs-Pracht geziemend angethan /
Der Tulpen hohes Haupt ein ſchoͤner Krantz bekraͤntzte /
Die Hyacinthe ſtund in ihrer vollen Pracht /
Die Nelcken lieſſen ſich hoch-auffgebruͤſtet ſehen /
Die Lilje prahlete / wie ſie ſo ſchoͤn gemacht /
Die Roſe zeigte an / daß es mit recht geſchehen /
Da ſie zur Koͤniginn der Blumen ſey ernennt /
Narciſſus ließ alldort die weiſſen Locken hangen /
AUnd2Verliebte und galante Gedichte.
Und ſchien aus Ubermuht noch in ſich ſelbſt entbrennt /
So ſah er ſeine Luſt an ihrem ſtoltzen Prangen /
Und ging mit ſanfften Schritt durch das Saphirne Gras /
Zu einem Manlbeer-Baum und deſſen kuͤhlen Schatten /
Allwo die Lieblichkeit in vollem Schmucke ſaß /
Die Ruhe nahm ihn auf in die bekleeten Matten.
Kaum aber hatt er ſich aufs weiche Gras gelegt /
Als ihm ein ſuͤſſer Schlaff die matten Augen ſchloſſe /
Da doch ſein Geiſt in ihm von hoͤhern Trieb erregt /
Recht ungemeine Luſt in dieſem Schlaff genoſſe.
Denn es erſchiene ihm der kleine Liebes Gott /
Und ſprach: wenn Seladon will meine Schaͤtze ſchauen?
So folge er mir nach in jene dunckle Grott /
Wenn er mir folgen will / und meinen Worten trauen?
So zeigt ihm meine Gunſt der Liebe Auffenthalt.
Der Antrag mugte gleich dem Seladon behagen /
Drum ging er Amorn nach / gelangte auch gar bald
Mit ihm daſelbſten an / wo deſſen ſchaͤtze lagen.
Der Grotten Finſterniß im Augenblick verſchwand /
Er ſah durch einem Blitz viel Fackeln angezuͤndet /
Und wuſte nicht wer ſie ſo ſchleunig angebrandt /
Dis ſind die Schaͤtze all / die man von Gold hier findet:
Hub Amor lieblich an / doch iſt der beſte Schatz
Jn jenem Cabinet dir noch verborgen blieben /
Verwunder dich des nicht / iſts gleich ein enger Platz /
Wo dieſer Schatz jetzt liegt / ſo muſt du ihn doch lieben.
Cupido zog hiemit ein duͤnnes Tuch bey ſeit /
Und zeigte ihm daſelbſt ein ſchoͤn geputztes Bette /
Darinnen lag ein Menſch mit Roſen uͤberſtreut /
Sonſt ward er nichts gewahr im gantzem Cabinette,
Und doch ſolt Amors Schatz daſelbſt verborgen ſeyn /
Da ſolten Cypripors koſtbahrſte Schaͤtze liegen!
Wo man kein Silber ſah / kein Gold / noch Demant-Stein /
Er dachte kleiner Schalck / du ſolt mich nicht betriegen /
Wie du im Sinne haſt; hier ſiehe Seladon:
Hub Amor zornig an mit harter Stimm zu ſprechen /
Verdammter Spoͤtter Geiſt / jetzt ſoll die Schoͤnheits-Sonn
Nach kurtzer Zauderung aus dunckeln Wolcken brechen.
Jn[-]3Verliebte und galante Gedichte.
Jndem er dis geſagt / war auch das Bett entdeckt /
Er ſah ein Weibes-Bild / ſo gantz der Venus glieche /
Das hatte vorwerts ſich gantz nackend ausgeſtreckt /
Vor deren Schoͤnheits Glantz Helenens Schein erblieche.
Jhr gold entflammtes Haar / die Alabaſter Stirn /
Der blauen Augen Blitz / und die ſo ſchoͤnen Wangen
Wie Minch und Milch vermiſcht / verruͤckten ſein Gehirn /
Der wohl-formirte Mund ließ die Rubinen prangen /
So die Natur dahin zu unſer Luſt geſetzt /
Das Kinn war zugeſpitzt / der Hals als Marmor ſchiene /
So kuͤnſtlich als wenn ihn Pygmalion gemetzt.
Die Bruͤſte zeigten ſich wie eine Liljen Buͤhne.
Bald wie ein Marmor Meer / da Amors Winde wehn /
Es ließ dis ſtille Meer nur ſanffte Wellen ſpielen /
Des Bulgen Alabaſt darauf Corallen ſtehen.
Die Schiffer duͤrffen da kein Ungewitter fuͤhlen /
Weil der erwuͤnſchte Port ſchon in der Naͤhe iſt /
Der Wollen-weiche Bauch / der prangte mit Turckoſen /
Die ihre weiſſe Haut in ſchoͤnſter Zierde kuͤſt.
Die Huͤfften zeigten ſich wie weiſſe Anmuhts-Roſen /
Darzwiſchen die Natur ein ſchoͤnes Schloß gebaut.
Da ragte es hervor mit ſeinen Marmor Spitzen /
Darnach ein jedes Schiff als ſeinen Pharos ſchaut.
Liegt man in dieſem Port / ſo lacht man zu den Blitzen /
Kein rauher Sturm verdirbt der Wolluſt Lagerſtadt /
Da iſt der Sammel-Platz der allerſuͤßten Luͤſte /
Und Amor ſeinen Sitz in dieſer Gegend hat.
Dis iſt der ſchoͤne Wald und die beliebte Wuͤſte /
Der Liebe Paradies / der Luͤſte Canaan:
Wohin einjeder wuͤnſcht und unſer Reitzung ſtrebet /
Der Venus Muſchel-Schloß / Cupidens Luſt-Altaan /
Der ſeine Gegend ziert / und ihren Pracht erhebet.
Rubinen kroͤneten den Alabaſter Thron /
Zu welchem Koͤnige ſich auch in Demuht beugen /
Und vor ihm niederſtreun Hertz / Scepter / Reich und Kron /
Die da von ihrer Treu als Geiſſel muͤſſen zeugen.
Des Leibes Untertheil war auch wol werth zu ſehn /
Die Helffenbeinern Knie / die Spiegel-glatten Beine /
A 2Der4Verliebte und galante Gedichte.
Der wohlgemachte Fuß / und die galanten Zeen /
Die ſchienen faſt geſchnitzt aus weiſſen Marmor Steine /
Hier ſiel die Decke zu / die Kurtzweil war vorbey /
Ohn daß er dieſes Bild demuͤhtig koͤnnen gruͤſſen /
Das Amor ihm gezeigt / daß es das ſchoͤnſte ſey.
Drauf muſt er ſeine Luſt mit herben Schmertzen buͤſſen /
Als der erzuͤrnte Gott ihn in das Hertze ſchoß /
Und ſprach: ſo muß ich dich / verruchter Spoͤtter lohnen /
Weil du entweyhet haſt Dionens Anmuhts-Schloß /
Fort packe dich dahin / wo Plutons Geiſter wohnen.
Hierauf verſchwand er ihm / die Fackeln gingen aus /
Er war mit groſſer Furcht mit herber Angſt umgeben /
Er tapte an der Wand / er fand kein Grotten-Haus /
Und ſah ein Jrwiſch-Licht mit ſchrecken um ihm ſchweben.
Demſelben folgte er zu ſeinem Schaden nach /
(Weil deſſen falſcher Schein auch Wachende bethoͤret)
Biß daß er endlich kam an einen groſſen Bach;
Wie nun ſein Ohr den Strohm und deſſen Brauſen hoͤret.
Da hatt er ſeinen Fuß ſchon in dem Fluß geſetzt.
Er lieff in Eyl zuruͤck / und floh des Jrwiſchs Schatten /
Weil er den Folgenden durch ſeinem Schein verletzt.
Doch ſah er ihn vor ſich mit vielen andern gatten /
Bis daß er endlich gar im Augenblick verſchwand.
Drauf war das gantze Feld mit Finſterniß bedecket /
Und er verharrete an dem bemooßten Strand.
Hier wurde er aus Noht / aus Furcht und Schlaff erwecket /
Denn ſeine Lesbia, die ſchenckte einen Kuß /
Dem treuem Seladon auf die erblaßten Wangen.
Er ſprung geſchwinde auf / fiel Lesbien zu Fuß /
Und ſprach: wohin mein Licht / mein eintziges Verlangen?
Cupido ſoll dennoch von mir geaͤffet ſeyn;
Sein Zorn iſt Kinder-Spiel / ſein Pfeil der wird verlachet /
Er darff zu unſer Luſt nicht bitter Wermuht ſtreun /
Weil ihr galantes Kind vor euren Liebſten wachet.
Die Worte hatte er im Schlaffe weggeredt /
Und nicht darauf geacht / daß Lesbia entwichen.
Die Falſche hatte ſich freywillig abgedreht /
Und weil die Liebe todt / die Treu dazu verblichen /
So5Verliebte und galante Gedichte.
So ſolte Seladon der Falſchheit Opffer ſeyn;
Es ſolte ihm der Kuß zur letzten Oehlung dienen /
Und ihrer Lippen-Gifft vermehren ſeine Pein.
Sie ſagte bey ſich ſelbſt: nun iſt| der Tag erſchienen /
An welchem Seladon aus Kummer ſterben muß.
Allein / ob Amor ihn durch ihren Haß gleich beuget /
So lebt und lebet er dennoch ihr zum Verdruß /
Er ehrt das ſchoͤne Bild / das Amor ihm gezeiget /
Und bannet Lesbien auf wuͤſte Jnſuln hin /
Wo Loͤw und Tyger-Thier bey Baſilisken wohnen.
Es ſcheint ſein gluͤckes Stern / und lencket ſeinen Sinn /
Daß er die Falſche muß mit gleicher Muͤntze lohnen.
Verlaͤſt ihn Lesbia, ſo flieht er ihren Gang /
Spielt ſie mit ihrer Tren / ſo lacht er ſeiner Schwuͤre /
Zuͤrnt Cupido mit ihm / ſo ſagt er ihm doch Danck /
Wie er den Liebes-Brand nicht in der Seelen ſpuͤhre /
Den gegen Lesbien er ſonſt bey ſich gehegt.
Er nehrt die keuſche Brunſt / die ſein Gemuͤht er quicket /
So Amourettens - Bild daſelbſten angelegt;
Nachdem ihn Cypripor durch ihren Leib beruͤcket /
So zuͤndet ihr ſein Geiſt gebuͤhrend Weyrauch an /
Er ſchaͤtzet ihre Schooß mehr als der Heyden Goͤtter /
Weil ſie diejenigen zu Sclaven machen kan.
Vor dieſem beugen ſich auch die verruchſten Spoͤtter /
Und ſtreun dem Schooß-Altar den beſten Weyrauch auf.
Jm Felde prahlet Mars, hier muß er doch erliegen /
Die Venus zaͤhmet ihn / und hemmet ſeinen Lauff;
Siegt er gleich Fuͤrſten an / ſie kan er nicht beſiegen /
Er ſencket ſich erhitzt in ihre hole Schooß /
Und kuͤhlet bey ihr ab die heiſſen Liebes Flammen /
Die Venus ſpannt als dann den Anmuhts-Guͤrtel loß /
Und fuͤhret alle Luſt in dieſem Kreyß zuſammen /
Woher die Liebe ſelbſt den erſten Urſprung hat /
Wo ſie des Tages-Schein zum erſten hat genoſſen /
Als ſich ihr Muſchel-Schloß in bittrer See auffthat.
Die Reitzung iſt daſelbſt mit ihr zugleich entſproſſen /
Drum ſehnet jedes Schiff nach dieſem Haven hin /
Hier wuͤnſchet jede Jagd den Ancker auszuwerffen /
A 3Der6Verliebte und galante Gedichte.
Der Schiffmann ſpricht: Nun ich in dieſem Haven bin /
Muß Jupiter umſonſt die Donner-Keile ſchaͤrffen /
Sein gelb-geflammter Strahl wird hier nicht mehr geacht /
Er ſelbſten wurd ein Schwaan um Ledens Schooß zu kuͤſſen /
Europa wurd von ihm in Stiers Geſtalt gebracht
Nach Creta, wo er ſie in Ruhe kunnt genieſſen /
Hier zeigte Jupiter durch ſein Exempel an /
Daß ſeine Staͤrcke muß vor Cypris Krafft entweichen /
Was keine Creatur von ihm erhalten kan /
Kan Acidalie mit leichter Muͤh erreichen.
Kein Wunder / daß der Menſch ſich nach dem Gute ſehnt /
Was ſelbſt der Goͤtter Zunfft / ſo ſehnlich hat begehret /
Wozu uns die Natur von Kindheit angewehnt /
Davon kein Uberfluß die Liebenden beſchweret.
Nun hatte Seladon der Lesbis abgeſagt /
Er wolte ihre Pracht hinfuͤhro nicht mehr ehren /
Weil aber noch ſein Hertz von Liebe ward geplagt /
So ließ er dieſem Spruch auf ſeinem Ruͤck-Weg hoͤren.
Cupido, der du mich durch deinen Schein beruͤckt /
Und in ein Schatten-Bild den luͤſtern Geiſt en tzuͤndet /
Mach ander Orten mich durch deine Gunſt begluͤckt /
Daß Lesbiens Verluſt die Bruſt nicht mehr empfindet.
Weis mir ein Maͤdgen an / das Amouretten gleicht /
Jn deſſen Angeſicht ſichSchoͤn - und Keuſchheit kuͤſſen.
Wo von dem Wangen-Feld die Roſe niemahls weicht /
Und ſolche Bruͤſte hat / den Liljen weichen muͤſſen.
Das Hertze laß wie Sammt / nicht Stahl und Eiſen ſeyn /
So daß ich ohne Quaal ihr Hertze mag gewinnen /
Und ſie mich mitder Zeit nimmt in die Muſchel ein /
Wo Seel in Seele ruht / und Geiſt-in Geiſter rinnen.

Die unvollkommene Schoͤnheit.

Ob gleich die Lilien mit ſtoltzem Silber prangen /
Sieht man doch manchen Fleck an ihrem Marmor hangen /
Der ihrer Wunder-Zier den groͤßten Glantz beraubt /
Und ihrer Blaͤtter Pracht mit dunckler Nacht behaubt.
Die Krone / und die Zier des angenehmen Lentzen /
Der Blumen Koͤniginn mit ihren Purpur-Kraͤntzen /
Prangt7Verliebte und galante Gedichte.
Prangt zwar im ſtoltzem Schmuck / doch weil ſie Dornen hegt /
So kommt es / daß man offt vor Roſen Abſcheu traͤgt.
Der bluͤhende Saphier, die Herrſcherinn des Gruͤnen /
Das koͤſtliche Gewaͤchs die praͤchtigen Jesminen,
Die prangen an dem Strauch / und bluͤhen maͤchtig ſchoͤn /
Doch iſt bey dieſer Pracht offtmahls ein Wurm zu ſehn.
Der Seiden reiche Sammt iſt nicht ohn alle Fehler /
Der Dafft und theurer Stoff zeigt ungerade Thaͤler /
Der ſchoͤnſte Diamant iſt nicht von Mackeln rein /
Den Perlen fehlt etwas bey ihrem klahren Schein.
Das Auge dieſer Welt zeigt auch verſchiedne Flecken /
Die ihm bald hie bald dort das reine Feur bedecken
Des Monden ſilber Licht iſt nicht von Maͤngeln rein /
Die ihm bey ſeiner Pracht mit eingeſaͤmet ſeyn.
Ja bey dem Kunſt-Gebaͤu / den hellen Himmels Buͤhnen /
Jſt die geſchmuͤckte Pracht mit Mangel auch erſchienen /
Jndem das Sternen-Heer / ſo luſtig Wache haͤlt /
Sich nicht vollkommen ſchoͤn in ſeinem Schmuck darſtelt.
Der weiſſe Marmor-Stein / der glatte Alabaſter /
Hegt Mackels mancher Art in ſeinem ſtlber Pflaſter /
Rubinen und Schmaragd / den Tuͤrckiß und Saphier,
Die findet man befleckt bey ihrer netten Zier.
Des Meeres Wunder-Wald / die aͤſtigten Corallen /
Der Erden Demant-Glaß die klahren Berg-Cryſtallen /
Und was von dieſen mehr die gantze Ruͤndung hegt /
Jſt nicht gantz ſchoͤn da es auch Maͤngels an ſich traͤgt.
So auch die kleine Welt / das artige Geſchlechte /
Das in die Banden legt / und uns heiſt ihre Knechte /
Das ſchoͤne Jungfern Volck / der unſchaͤtzbahre Schatz /
Der giebt bey ſeiner Pracht verſchiednen Maͤngeln Platz.
Die Haare / ſo als Gold / als lichte Perlen prahlen /
Die muͤſſen / ob gleich ſpaht / die alte Schuld bezahlen /
Und ſagen / daß ſie nicht von allem Mangel frey /
Die andern fallen auch derſelben Meynung bey.
Die glatte Marmor-Stirn / der Alabaſter Huͤgel /
Hengt / wie ein Pfau / beſchaͤmmt die ſonſt gerichten Fluͤgel /
Wenn ſie den Silber-Schein nicht gantz vollkommen ſieht /
Und ihre Himmels-Burg / ein Mangel Dufft bezieht.
A 4Die8Verliebte und galante Gedichte.
Die Sternen des Geſichts / die Sonnen gleichen Augen /
Die muͤſſen offt Verdruß aus ihrem Fehler ſaugen /
Daß ihnen Perlen gleich das Zaͤhren-Saltz abrinnt /
So ihren hellen Schein mit Trauer-roht entzuͤndt.
Die Roſen / ſo in Milch geſetzet auf den Wangen /
Wie Purpur und Scarlat im ſtoltzem Schmucke prangen /
Beziehet auch gar bald ein bleicher Todes-Schein /
Und zeiget / daß ihr Glantz nicht kan beſtaͤndig ſeyn.
Der ſchoͤne Zucker-Mund / und die Zinnober Lippen
Beſchaͤmen den Rubin / und die Corallen Klippen /
Doch ſetzt ein kurtzes Nu den rohten Schein in Eyß /
Und faͤrbet den Rubin mit ſeinem Kalcke weiß.
Das glatte Marmor-Kinn / der ſchoͤne Hals / die Kaͤhle /
Die trotzen dem Cryſtall / als wenn nichts ihnen fehle /
Allein / ſie ziehen bald die ſtoltze Pfeiffe ein /
Und zeigen / daß ſie gleich den andern ſchadhafft ſeyn.
Bald aber darff ich nicht die ſchoͤne Bruſt verachten /
Wohin ein jeder wuͤnſcht / wohin wir alle trachten /
Wo ſich die ſuͤſſe Luſt in Schwanen eingekleidt /
Und ſtets ein neues Was auf unſer Geiſter ſtreut.
Allwo die Lieblichkeit ihr Wohn-Zelt auffgeſchlagen /
Dahin die Gratien als zarte Bienen tragen /
Das Zucker unſrer Luſt / der Seelen Honig Seim /
Der Geiſt zu Geiſtern fuͤgt durch zaͤhen Liebes Leim.
Wo Aphrodite, wo die Liebes - Goͤtter wohnen /
Da man die Wolluſt ſieht auf ſuͤſſer Anmuht Thronen /
Wo Edens - Garten uns den frohen Eingang zeigt /
Da ſich ein Balſams-Strauch zu unſern Dienſten reicht.
Doch dieſes alles macht die Bruͤſte nicht vollkommen /
Es wird dem ſchoͤnen Paar auch Glantz und Luſt benommen /
Wie Marmor fleckig iſt / das Sonnen-Licht nicht rein /
So kan auch deren Pracht nicht uͤber-irrdiſch ſeyn.
Der rund-gewoͤlbte Bauch prahlt wie ein heller Spiegel /
Jn deſſen Mitten ſteht des Nabels runder Huͤgel /
Der weiſſer als Albaſt / und glaͤtter noch als Eyß /
Jndem er in ſich haͤlt der Wolluſt Zauber Kreyß.
Durch einem Blick kan er den Geiſt in Flammeu ſetzen /
Und ob ihm ſchon was fehlt / wil er uns doch ergoͤtzen.
Er9Verliebte und galante Gedichte.
Er pochet gar darauf / daß er den Wolcken gleicht /
Und denckt nicht / daß der Schmuck im Augenblick entweicht.
Allein / wer will die Schooß / die ſchoͤne Schooß beſchaͤmen?
Woher wir unſer Licht / und unſer Leben nehmen /
Wo die Gedancken hin / und jeder Wuͤnſchen geht /
Woher was koͤmmt und wird in Leib und Seel beſteht.
Den Sammel-Platz der Luſt / den Ebenbild des Leben /
Das jene erſte Welt veraͤchtlich hingegeben /
Und unſer Wohl verſpielt / verlachet jene Luſt /
Daß uns im Schatten-Werck nur wird die Luſt bewuſt.
Das ſchoͤne Morgenland / die rechte Gluͤckes Jnſuli
Dionens Wunder-Schloß; allein hier fehlt der Pinſul /
Zu mahlen ſeine Pracht / die alles uͤbertrifft /
Weil Liebreitz und Cyther es ſelbſten angeſtifft:
Rubinen und Albaſt / die dieſe Grotte zieren /
Und uns in einem Gang voll ſuͤſſer Fruͤchte fuͤhren /
Sind nicht von Sodom her / nicht falſcher Augen Schein /
Dieweil ſie von dem Baum des erſten Garten ſeyn.
Wer will / kan dieſer Pracht nur ihre Fehler zeigen /
Jch halte ſchon den Mund und werde davon ſchweigen.
Jch zaͤhme meine Hand / und zwinge meinen Kiel /
Wenn er zu deſſen Schimpff nur etwas ſchreiben will.
Mit jenem Mahler will ich mich mit Schweigen decken /
Und Schweigend uͤbergehn was ſelben kan beflecken /
Jch ſage nichts von Luſt / von Pracht / noch deſſen Zier /
Und werffe vor dem Fehl die Schweigens-Decke fuͤr.

Antwort einer Comœdiantinn / auf eines Barons Liebes-Declaration.

Baron!
wenn eure Hand die Slaven Ketten traͤget /
Und wenn eur Hertz ſo ſpricht als eure Feder ſchreibt?
So ſpuͤhr ich / daß mein Hertz ein ſolcher Trieb beweget /
Denn die erfreute Bruſt den Sternen ein verleibt. A 5Al -10Verliebte und galante Gedichte.
Allein! bald kan ich nicht den ſuͤſſen Worten trauen /
Und meine Hoffnung faͤlt / die mich ſo ſehr ergoͤtzt.
Wie! wenn ein Adler kan nur in die Sonne ſchauen /
So iſt der Unterſcheid ſchon zwiſchen uns geſetzt.
Erweg ich euren Stand / ſo kan ich euch nicht gleichen /
Und muß als eine Magd vor eurem Anſehn weichen.
Der Fuͤrſte des Metals miſcht ſich mit keinem Eiſen /
Das Silber machet ſich mit Stahle nicht gemein;
Der Eiſen Stein will nur des Nord-Winds Gegend weiſen /
Und ein geſchliffen Glas hoͤrt nicht zum Demant Stein.
Das niedrige Geſchlecht daraus ich bin gezeuget /
Und eure Trefflichkeit die ſcheelen gar zu viel;
Des Jcars Hochmuth wird durch ſeinem Fall gebeuget /
Wenn er ſich allzu nah der Sonnen machen will.
Die Semele verbrennt / wenn ſie den Zeus will lieben /
Und wird an ſtatt der Luſt in Flammen auffgerieben.
Jedoch die Liebe heiſt mir viel ein Anders hoffen /
Jch nehme ihren Troſt mir zum Vergnuͤgen an:
Was am Geſchlecht und Stand bey mir nicht eingetroffen /
Ein dienſt-ergebnes Hertz gantz wohl erſetzen kan.
Es haben Koͤnige diejenigen geliebet /
Die das / was ich jetzo / vor dem geweſen ſind.
Der Teutſchen fuͤnffter Carl verliebte Blicke giebet /
Wenn ſeinen Helden-Geiſt ein ſpiel lend Weib entzuͤndt.
Der Franckreich uͤberwand / und ſeinen Koͤnig bindet /
Bey der Blumbergerin die Sclaven Ketten findet.
Die Gabrielle zwingt der Frantzen groſſen Koͤnig /
Der in der Herrſcher-Zahl der vierte Heinrich hieß /
Es iſt ſein Helden-Muht vor ihrer Macht zu wenig /
Jhr angenehmer Strahl ihm ſeine Schwachheit wies. Hiſpanjens Philipp faͤlt vor einer Calderone,
Jhr Schau-Platz iſt der Platz / wo er das Feld verlohr.
So macht die Liebe gleich Schau-Plaͤtze und die Throne /
Und zieht ein ſpielend Weib offt hohen Damen vor. Die11Verliebte und galante Gedichte.
Die Liebe machet gleich was Cron und Purpur traͤget /
Und was mit groben Tuch und Lumpen iſt beleget.
Jch lege nun die Furcht in meinem Hertzen nieder /
Jch glaube was ihr ſchreibt / und liebe / weil ihr liebt /
Hat euren Geiſt beſtrickt? die Schoͤnheit meiner Glieder /
So wiſſet / daß eur Stand mir gleiche Banden giebt.
Jch will Dianen nicht in dieſem Stuͤcke gleichen /
Wenn ſie dem Acteon ſein Todes-Urtheil ſpricht.
Sie ſoll an Freundlichkeit und Liebes-Brunſt mir weichen /
Wenn ſie den heiſſen Sinn nach Latmus Spitzen richt.
Jhr ſollt Endymion, ich will Diane heiſſen /
Kan meine Bruſt ſchon nicht als ihr Planete gleiſſen.
Jhr ſeyd kein Mahomed, der die Irene toͤdtet /
Die ihm vor kurtzer Zeit ſein Abgott muſte ſeyn.
Und iſt der Falſchheit-Kraut in euch gantz ausgegaͤttet?
So nehm ich ohne Sturm den ſchoͤnen Krieger ein.
Muß Conſtantinens - Burg in Flammen untergehen /
Weil es der Tuͤrcken Macht nicht widerſtehen kan?
So ſoll kein Widerſtand in meiner Bruſt geſchehen /
Vielleicht ſieht eure Macht die Demuht gnaͤdig an.
Auf meinen Thuͤrmen weht ſchon die Ergebungs Fahne /
Und der Accord iſt nur: liebt immer die Diane.

Gedancken uͤber die Liebe der Heydni - ſchen Goͤtter / nach dem Lateiniſchen des Herrn Stigelii.

Wenn das ein Fehler iſt / daß ich verliebet bin /
So muͤſt ihr Goͤtter doch hier durch die Finger ſehen /
Weil Amor ebenfals bezwungen euren Sinn /
Und ſeinen ſcharffen Pfeil in euch hat laſſen gehen.
Es12Verliebte und galante Gedichte.
Es muſte Jupiter der Liebe dienſtbahr ſeyn /
Umſonſt nennt man ihn nicht Stier / Widder / Schwaan
und Regen /
Er kleidete darum ſich in ſolch Weſen ein /
Damit nach Hertzens-Wunſch der Lieb er koͤnte pflegen.
Neptun hat in der Fluht offt lichter loh gebrennt /
Sein Hertze iſt entzuͤndt durch heiſſe Gluht geweſen.
Auf daß ein ſchoͤnes Kind von ihme wuͤrd erkennt /
So ließ zum Schaͤffer ſich der Phœbus auserleſen.
Die Goͤttin / ſo der Welt die ſuͤſſen Schmertzen macht /
Hat offt ihr eigen Schwerdt auf ihre Bruſt gewetzet.
Jhr lahmer Ehe-Mann iſt offt von ihr verlacht /
Wenn mit dem tapffern Mars ſie ihre Bruſt ergoͤtzet.
Jndem ſie einſt mit ihm die ſuͤſſe Wolluſt treibt /
So wird ſie vom Vulcan im Ehe-Bruch erfunden.
Man redete ſonſt nichts / als daß er ſchlimm beweibt /
Und ſeiner ward gedacht / wo nur zwo Goͤtter ſtunden.
Selbſt Juno, der die Lieb ein Dorn im Auge war /
Hat mehr denn einmahl ſich im Eh-Bruch laſſen kuͤſſen!
So reiſt mich Amor auch zu ſeinen Brand-Altar /
Und der / der alles zwingt / hat mich auch zwingen muͤſſen.

Als man einem Frauen-Zimmer einge Galanterien uͤberſandte.

Sonnet.

Wenn dort Cleopatra, das Wunder ihrer Zeit /
Den feurigen Anton mit ihrer Gunſt erfreut /
Und dieſer ſolche Huld mit Dancke will erkennen;
So muß ein Koͤnigreich ſie ſeine Goͤttinn nennen.
Gantz Cappadocien ihr ſuͤſſen Weyrauch ſtreut /
Und Syrien wird ihr zum Tempel eingeweiht;
Man ſiehet uͤberall viel tauſend Opffer brennen /
Nichts als der Todt ſoll ihn von ihrer Liebe trennen.
Jch / der ich gleiche Gunſt von eurer Huld empfangen /
Will / ob ich ſchon nicht kan mit Kron und Scepter prangen /
Und13Verliebte und galante Gedichte.
Und kein Monarche bin / euch auch erkenntlich ſeyn /
Mein Hertze will ich euch zu einem Tempel ſchencken /
So an der Probe Gold / an| Treue Demant Stein /
Nebſt etwas Weniges zu einem Angedencken.

An die Nacht / als ihm ſeine Maitreſſe eine 2Nacht-Luſt verheiſſen.

Du mir verhaßte Nacht / und ihr furchtſamen Schatten /
Wie lange ſoll eur Flor die Erde uͤberziehn?
Wenn wollet ihr doch weg vor Titans Strahlen fliehn?
Wenn kuͤhlt Aurorens Thau die bund-geſtickten Matten?
Wie lange waͤhrt es noch mit euch ihr blaſſen Sternen?
Wenn ſoll eur ſilber Licht / Diana, untergehn?
Und warum muͤſſet ihr ſo lang am Himmel ſtehn?
Ach / koͤnnt ihr euch denn nicht auf mein Geheiß entfernen!
Beliebter Tag brich an / geht auf ihr guͤldnen Strahlen /
Vertreibt die Finſterniß / die uns umſchloſſen haͤlt / Matuta zeige dich doch der betruͤbten Welt /
Und laß dein Purpur-Kleid die Wolcken feurig mahlen.
Verwegner / hoͤre ich ſchon in der Lufft erſchallen /
Entſieht ſich nicht dein Stoltz / Herr der Natur zu ſeyn?
Ja! willigten wir ſchon in dein Begehren ein /
So iſt uns unbewuſt / warum wir dir gefallen.
Sag an / warum du wilt / daß es ſoll helle werden?
Vielleicht kan es geſchehn / daß du erhoͤret wirſt /
Daß Cynthius ſich zeigt / und daß der Sternen-Fuͤrſt
Von hinnen weichen muß mit traurigen Gebaͤrden.
Hoͤrt denn die Urſach an / ihr angenehmen Luͤffte /
Sprach mein erfreuter Mund / die mich dazu bewegt / Caliſte, die mich ſonſt hart zu begegnen pflegt /
Bey der ich um den Port als ein Verlaßner ſchiffte;
Hat mir die ſuͤſſe Luſt auf Morgen nun verſprochen /
Es iſt ihr ſchoͤner Schooß zu meiner Luſt bereit /
Der Schooß / wo tauſend Luſt die Liebe ausgeſtreut.
Ach waͤre doch der Tag nur erſtlich angebrochen!
Der14Verliebte und galante Gedichte.
Der angenehme Tag / der ſo viel ſuͤſſer Luͤſte /
Und tauſend Lieblichkeit im Geiſte mir verſpricht /
Von der / der an Geſtalt und Zierde nichts gebricht;
Die noch beliebter macht das Paar der ſchoͤnen Bruͤſte.
Wenn aber ich dis Bild ſoll deutlicher beſchreiben /
So wird das Eben-Holtz den Haaren beygeſetzt /
Das ſchwartze Augen-Paar erquicket und verletzt /
Die Majeſtaͤt laͤſt ſich nicht von der Stirnen treiben.
Die Wangen ſind der Ort / wo eine Hochzeit machen /
Der Liljen weiſſe Pracht und ſchoͤner Roſen-Bluͤth /
Ein heller Purpur auf den ſchoͤnen Lippen gluͤth /
Bey dem die Gratien mit ſammt der Anmuht wachen.
Der angenehme Schmuck der weiſſen Marmor-Wellen /
Stellt eine Gegend vor die Cypripor beſchifft /
Weil ihn kein harter Sturm auf dieſer Fahrt betrifft /
Die Winde dieſes Meer zu keiner Zeit verſtellen.
Da liegt das Vor-Gebuͤrg wo gute Hoffnung wohnet /
Ein Pharos leuchtet da bey Tage als bey Nacht /
Allwo Cytherea das Feuer angemacht /
Daran kein Marmor-Stein noch Zieraht iſt geſchonet.
Darauf zeigt ſich der Port / die angenehme Stelle /
Allwo die Lieblichkeit in lauter Roſen ſitzt /
Ein ſchoͤner Myrthen-Wald den Ort der Anfuhrt ſchuͤtzt.
Da iſt der kalte Brunn / und feuer-reiche Quelle /
Daraus wir Gluht und Fluht nach Willen ſchoͤpffen koͤnnen /
Daſelbſt was Staͤhlern war wie weiches Wachs zerrinnt /
Und das / was weich und ſchlap dem Eiſen abgewinnt /
Wenns in die Eſſe koͤmmt da Venus Kohlen brennen.
Was ſonſt an Koſtbarkeit und Anmuht da verborgen /
Soll mir zu Dienſte ſtehn / ich ſchmecke ſchon die Luſt /
Die mir ihr Schooß verſpricht / es freut ſich meine Bruſt /
Und wuͤnſchet immerfort / ach waͤr es doch erſt Morgen.
Er15Verliebte und galante Gedichte.

Er giebt ihr ſeine Liebe zu verſtehen.

Ringel-Gedichte.

Jch bin verliebt / mein Hertze iſt entzuͤndet /
Durch deine Pracht / die mehr als menſchlich iſt:
Weil nun bey dir ſich auch Erbarmniß findet /
So gieb / daß mich gewuͤnſchte Huͤlffe kuͤſt /
Eh Eros mich dem Tode uͤbergiebt.
Jch bin verliebt.
Der Augen Pracht / dein angenehmes Weſen /
Und was noch ſonſt dir Venus mitgetheilt /
Macht / wenn ich todt / mich wiederum geneſen:
Ein ſuͤſſer Kuß der Seelen-Wunde heilt /
Der Krancke jauchzt / wenn troͤſtlich ihn anlacht /
Der Augen Pracht.

Er iſt zu fromm.

Jch bin zu fromm / zu fromm beym Frauen-Zimmer /
Man klagt mich ſtets als allzufurchtſam an /
Das Jungfern-Volck / das ſaget je und immer /
Mit meiner Gunſt waͤr ihnen nichts gethan.
Jch ehrte zwar das Juͤngferlich Geſchlechte /
Und meine Pflicht / die truͤge reichlich ein;
Doch hielt ich mich nicht nach der Venus Rechte /
Und meine Hand wolt niemahls dreifte ſeyn.
Die Finger ſich nicht zu den Bruͤſten machten /
Auch kaͤhm ich nicht vor das Gelobte-Land.
Jch ließ den Mund bey ſuͤſſer Koſt verſchmachten /
Und waͤre nur den Nahmen nach bekandt.
Mein Gut-ſeyn ließ mich ihre Gunſt verſchertzen /
Jch machte ſelbſt mein Gluͤck zuruͤcke gehn /
Nicht das Geſchenck / das Taſten und das Hertzen /
Das lieſſe nur vor einen Mann beſtehn.
Die Klage muß ich aller Orten hoͤren /
Sie haſſen mich ob meiner Guͤtigkeit;
Doch kan ich mich an ihrem Wunſch nicht kehren /
Macht gleich mein Fleiſch mir unterweilen Streit.
Jch16Verliebte und galante Gedichte.
Jch will ſtets keuſch in meinem Weſem bleiben /
Bannt man mich gleich zum Thor und Stadt hinaus;
Jch wil mich nicht an ihre Dinger reiben /
So ſtoß ich nicht die Fenſter-Scheiben aus.

Die ungleiche Verwandelung.

Pygmalion ſein Bild / daß er aus Helffenbein
Mit ungemeiner Kunſt zur Goͤttinn ausgehauet /
Auf ſeinen Wunſch alsbald ſo ſchoͤn belebet ſchauet /
Als er es ſelbſt gemacht; zur Lindrung ſeiner Pein.
Hingegen wird dein Hertz / da jenes weich ward / hart /
Und haͤuffet meine Pein / die mir mein Lieben machet /
Dein Schoͤn-ſeyn mir vor Luſt nur Schmertzen verurſachet /
Durch die Verwandelung der gantz ungleichen Art.
Das unbelebte Bild fing gleich der Liebe Gluht;
So bald die Kunſt-Gebuhrt erlangte Geiſt und Leben /
Ließ ſie der Liebe Zinß gern ihrem Meiſter heben /
Und im Umarmen gab ſie ihm ihr beſtes Gut.
Du / die du biſt belebt / wilt kalt und lieb-loß ſeyn /
Dein Hertz / das fleiſchern iſt / wilt du verhelffen beinern /
Ja es iſt ſchon ſo hart / und haͤrter noch als ſteinern /
Mein klaͤglichs Seufftzen giebt dir noch mehr Straͤnge ein.

Daß der Bruͤſte Kuß annehmlicher als der Lippen ſey.

Ob zarte Lippen ſchon mit Honig-Thaue trieffen /
So ſchaffet doch mehr Luſt mit ſeiner Lippen-Kahn /
Der Bruͤſte Marmor-Meer im Ambra zu beſchiffen /
Denn / wenn man Mund und Bruſt zu kuͤſſen bietet an;
So buͤckt man ſich zur Bruſt / und laͤſt die Lippen fahren /
Weil auf dem Schnee-Gebuͤrg des Indianers Rohr /
Hymettens Bienen-Safft ſich mit der Anmuht paaren;
Dis Luſt-Gefilde bringt des Hyblens Klee hervor.
Man koſtet Ambra Fladen /
Und ſuͤſſe Marmeladen.
Wann17Verliebte und galante Gedichte.
Wann man die zarte Bruſt an ſeine Lippen druͤckt /
Und mit der Limonad den matten Geiſt erquickt.
Prahlt gleich der Mund Rubin mit ſeiner Purpur Farbe /
So muß er doch dem Schnee der Liljen Bruͤſte weichen;
Kuͤſt einer gleich den Mund / ſagt er doch / daß er darbe /
Wenn er die Bruſt nicht kan zur Kuͤhlung mit erreichen.
Hier ſetzt man Kirſchen bloß dem heiſſen Munde vor /
Dort quilt gekroͤnte Frucht in groͤßrer Zier empor.
Die Kirſchen muß man zwar aus Hoch muht nicht verachten /
Doch der Granate macht / daß wir nach ſelben trachten.

An Salinden.

Sonnet.

Jch will wie Hercules der Hoͤllen Riegel brechen /
Jch will / wenn Mouſon weht / nach Siams Graͤntzen gehn /
(a)
(a)
Jch will wie Mutius in Feur und Flammen ſtehn.
Jch will mit Zemblens Eyß die nackten Glieder ſchwaͤchen.
Jch will den Goliath an Davids Aſchen raͤchen /
Durch mich ſoll Babilon den Thurm gebauet ſehn /
Des Himmels Stuͤrmung ſoll von meiner Hand geſchehn.
Jch will in Wein verkehrn das Waſſer in den Baͤchen.
Jch will Napell und Gifft wie Zucker-Roſen eſſen /
Jch will den groſſen Weg zur blauem Hoͤhe meſſen.
Jch will das weite Meer in einem Eymer fuͤllen /
Jch will den heiſſen Durſt mit warmen Ertze ſtillen.
Dis alles / und noch mehr ſoll meine Arbeit ſeyn /
Wenn mich Salinde nimmt in ihre Muſchel ein.
aMouſon heiſſet bey denen Seefahrenden derjenige Wind / wel - cher ein halb Jahr wehet / und unter waͤhrender Zeit kein Schiff aus Holland nach Siam ſeegeln laͤſſet.
a

Er klaget uͤber die Haͤrtigkeit ſeiner Schoͤnen.

Verworffner Unbeſtand! im Lieben und im Waͤhlen /
Wenn laͤſt dein falſcher Schein die frohe Stunde zaͤhlen? BDa18Verliebte und galante Gedichte.
Da auf der Liebſten Mund /
Nach ſchmertzlichem Verdruß / und Gallen-reichen quaͤlen /
Jch mich von neuem kan mit ſuͤſſer Koſt beſeelen.
Wenn wird dein Zorn Comet in Venus ſich verkehren /
Und vor gewoͤlckte Lufft mir heitern Schein verehren /
Wenn wird ihr Augen-Glantz
Mit ſeiner Freundlichkeit / und ſanfften Strahlen lehren?
Daß kein verſteckter Blitz mich Armen ſoll verzehren.
Doch! es ſchafft wenig Luſt ſich mit der Hoffnung ſpeiſen?
Und die ſchon reiffe Frucht nur bloß den Augen weiſen /
Die man nicht koſten darff.
Denn kan man wol die Frucht / und ihre Guͤte preiſen?
Wenn die Granaten man nicht wuͤrcklich darf zerbeiſſen.
Was hilfft ein groſſer Schatz? den man nicht darff genieſſen /
Den man mit Sorgen muß behuͤten und verſchlieſſen /
Daß nicht durch frembde Hand
Er werde aus der Huht mit Liſt hinweggeriſſen /
Und wir ſtatt wahrer Luſt den leeren Schatten kuͤſſen.
Hat die Natur darum dir ſolchen Schatz gegeben?
Daß du damit vor dich ſolt in der Stille leben.
Ach nein! du irreſt ſehr;
Es laͤſt ihr Gnaden-Schein dich hier auf Erden ſchweben /
Damit die Liebenden nach deinem Gute ſtreben.
Du aber widerſtehſt den Himmliſchen Geſetzen /
Und ſtelſt in einſahm-ſeyn dein eintziges Ergoͤtzen /
Du fliehſt den ſtarcken Trieb /
Wodurch der Goͤtter Macht die Sterblichen verletzen /
Und gleich-geſinnten Geiſt in beyde Hertzen aͤtzen.
Du ziehſt den Ancker auf / der meine Hoffnung ſtuͤtzte /
Und mich vor Æols Wuht durch ſeine Krafft beſchuͤtzte /Bis19Verliebte und galante Gedichte.
Bis daß ein kuͤhler Weſt /
Jn meine Segel bließ / und keine Wolcke blitzte.
Noch ein vergrelter Sturm den Himmel mehr erhitzte.
Nun treibt mein morſches Schiff in ungeſtuͤhmen Wellen /
Jhm dreuet jede Fluht / es gaͤntzlich zu zerſchellen.
Kein Pharos ſcheinet mir.
Es fehlet der Compas das Steur darnach zu ſtellen /
Es dreuet Syrt und Sand den ſchwachen Kahn zu faͤllen.
Jch muß mein Canaan nur in der ferne ſchauen /
Und auf des Nebons Hoͤh ein Grab-Mahl mir erbauen /
Jch darff den Honig-Strand
Des Landes nicht beſehn noch ſeine Milchern Auen
Und muß in Paran mich der Erden anvertrauen.

Als die ſchoͤne Tuͤrckin / da er mit ihr bekand worden / kurtz darauf wegzog.

Wil meine Sonne ſchon die ſchwartzen Schatten kuͤſſen /
Und huͤlt ſie ihren Glantz in dunckle Wolcken ein?
Muß die verhaßte Nacht mit ihren Finſterniſſen /
Auf einem kurtzen Tag ſo bald verhanden ſeyn?
Ja! Goſen will mir jetzt zu Memphis Gegend werden /
Die ſchwartze Finſterniß verdunckelt ſeine Lufft /
Die Sonne meiner Luſt / die ziehet um die Erden /
Und durch entwandtem Schein ſtoͤſt ſie mich in die Grufft.
Jch ſehe mit Verdruß den Freuden-Stern verſincken /
Die kummer-volle Nacht mit Traum-Geſpenſten dreut /
Es laͤſt ein Jrwiſch-Licht der Traurigkeit ſich blincken:
Und ein Cometen-Stern die Flammen von ſich ſtreut.
Mein Lotus muß ſein Haupt betruͤbt zu Grunde neigen.
(b)
(b)
Es kuͤßt mit Cynthius die auffgeſchwollne See.
Jch muß wie Clytie der Seelen-Kummer zeigen /
Nun meine Sonne fort / ich ſterbend untergeh.
Barlottens Abzug raubt der Seelen ihre Freude /
Mein klahrer Himmel wird zu einer Trauer-Lufft /
B 2Jch20Verliebte und galante Gedichte.
Jch gehe jetzt im Boy an ſtatt der gruͤnen Seide /
Und mein Geſicht umgiebt ein Sorgen-voller Dufft.
Der Zembler lange Nacht beginnet anzuheben /
Wer weiß / ob ich mein Licht jemahlen wieder ſeh?
Jch muß vor Angſt entſelt in langen Naͤchten leben /
Es zeigt ſich ſonſt kein Licht als der Gedancken-Schnee.
Mein mattes Hertze muß verderben und erfrieren /
Der kalte Winter greiffts mit vieler Unluſt an.
Jch muß / ach herber Schmertz! Diejenige verliehren /
Von der ich nur allein das Leben haben kan.
Wie! wenn des Winters Grim̃ der Sonnen-Strahlen mindert
Das bunte Blumen-Feld ein Todten-Kleid anzieht /
So hat auch dein Verluſt die Sommer-Zeit verhindert /
Die Liebe iſt erſtarrt / die Hoffnung ſteht verbluͤht.
Zwar laͤſt die Liebe ſich abweſend wol ernehren /
Doch es iſt nur ein Traum / ſie kan nicht lange ſtehn /
Wenn man den Gegen-Stand nicht taͤglich kan verehren /
So muß die Liebes-Glut ohn Nahrungs-Oehl vergehn.
Die Zeit verkehret viel ſie aͤndert die Geſtalten /
Ein weit entferntes Hertz der Meiſterin vergißt /
Mit der Abweſenheit muß Lieb und Gunſt erkalten /
Sie macht / daß deren Glut nicht immerwaͤhrend iſt.
Jch fuͤrchte nicht umſonſt annehmliche Barlotte,
Daß meine Liebes-Glut ſich in ſich ſelbſt verzehrt;
Und daß die ſchnelle Zeit die Neigungen ausrotte /
Weil man abweſend nicht der Liebſten Pracht verehrt.
Die Wurtzel iſt nicht veſt ins Hertze eingeſencket /
Die Liebe Pflantze nur die erſten Keumen traͤgt;
Wenn nur ein kleiner Froſt ſie zu verderben dencket /
So wird ſie ohne Frucht ins dunckle Grab gelegt.
Ein Garten / der verdirbt / wenn ihm der Gaͤrtner fehlet /
Die Pflantzen gehen ein / die allzuweichlich ſind.
Dein Abzug meine Lieb entkraͤfftet und entſeelet /
Weil ſie ins kuͤnfftige nicht ihre Nahrung findt.
Jch kan die Flammen nicht aus deinen Augen ſaugen /
Wenn mir ein ferner Ort derſelben Glantz entzieht;
Was nuͤtzet uns der Schein der uns entzognen Augen?
Nichts! weil man ſie von fern / und in Gedancken ſieht.
Du21Verliebte und galante Gedichte.
Du aber ſeelger Ort / und hoch-geprieſnes Staͤdgen
Schließ dieſes ſchoͤne Kind auf ewig bey dir ein /
Es iſt recht liebens werth / und ein galantes Maͤdgen /
Es wird dein beſter Schmuck und ſchoͤnſte Zierde ſeyn.
Die Nymphen werden ſich alsbald zu ihr geſellen /
Sie wird geehret ſeyn / ſie iſt der Liebe werth /
Jhr muͤſſet / ihr zur Luſt das Blumen-Feſt anſtellen /
Damit ihr nach Gebuͤhr die ander Flora ehrt.
Die Schaͤffer ſeh ich ſchon zu ihren Dienſten ſtehen /
Jedweder iſt bemuͤht / daß er ihr Liebſter ſey /
Hing egen muß ich mich entfernt und traurig ſehen /
Mein Gegen-Stand iſt fort / mein Sommer iſt vorbey.
(b)Lorus iſt eine Egyptiſche Pflantze / gleich denen Liljen / waͤchſe / haͤuffig in dem Nil-Strohme / hat dieſe wunderliche Eigen - ſchafft an ſich / daß es mit der Sonnen Untergang ſich in das Waſſer verbirget / und bey deren Auffgang wieder hervor ſtei - get. Proſper. Alpinus de plantis Ægypt. cap. 4. pag. 103.
(b)

Liebes-Brief an ſeine Maitreſſe.

Jch ſchreibe / ſchoͤnſtes Kind / von Fleiſch und Blut getrieben /
Vergib / wo dieſer Brief zu frey gerahten iſt!
Es heiſſet die Natur uns alle beyde lieben /
Jch weis / daß du mit mir von gleicher Regung biſt.
Du darfft daruͤber dir gar kein Gewiſſen nehmen /
Was bildeſt du dir mehr als ander Menſchen ein?
Weswegen wilt du dich vor deinem Schatten ſchaͤmen?
Wie lange wilt du ſelbſt auf dich tyranniſch ſeyn?
Du weiſt es Grauſahmſte / daß ich als Sclave lebe /
Und gleichwol legſt du mir erſt ſchwere Ketten an /
Was ſoll die Jungfrauſchafft / das leichte Spinn-Gewebe /
Das Ding / das jeder ſucht / und niemand finden kan?
Laß deine Roſen bald im erſten Fruͤhling pfluͤcken /
Gedencke / daß ſie nicht auf kaltem Eiſe bluͤhn /
Die Liebe wil ſich nicht zum ſpaͤhten Alter ſchicken /
Es pflegt ihr nackend Kind im Winter weg zu ziehn.
Das Cloſter glaub es mir hat allzuſtrenge Lehren /
Dis iſt kein Leben nicht / das mich und dich vergnuͤgt /
B 3Die22Verliebte und galante Gedichte.
Die Schoͤnheit wird veracht / die keiner darf verehren /
Sie iſt ein Goͤtzen Bild / das in den Winckeln liegt.
Weswegen zeigſt du mir die rundgewoͤlbten Bruͤſte?
Sie laden meinen Mund / und meine Finger ein /
Warum erhitzt du mich / und reitzeſt meine Luͤſte?
Wer kan ein Tantalus bey ſolchen Aepffeln ſeyn?
Wie offt betracht ich nicht die wunder ſchoͤnen Gaben /
Und dencke bey mir ſelbſt / dis ſiehet alle Welt /
Was muß nicht dieſes Kind vor andre Sachen haben /
Die ſie nicht zeigen will / und mir verborgen haͤlt?
Du wirſt dis Heiligthum doch ewig nicht verſtecken /
Sonſt geht die Suͤßigkeit mit deiner Jugend hin /
Und biſt du es geſinnt vor einem auffzudecken /
So glaub ich / daß ich hier der allernaͤchſte bin.
Du darffſt die Jungferſchafft nicht mit zu Grabe tragen /
Jhr ſeyd von unſerm Fleiſch / und unſerm Bein gemacht /
Doch ſolt es deine Schaam bey Tage mir verſagen /
So goͤnne mir die Luſt bey Schatten reicher Nacht.
Jch will mein Paradieß auch nicht im fiuſtern fehlen /
Der angenehme Weg iſt mir nicht unbekannt /
Jndeſſen ſolt ich nicht die rechte Straſſe waͤhlen /
So ſey du Fuͤhrerin / ich folge deiner Hand.

Er verlaͤſt die Mannon.

Aus dem Frantzoͤſiſchen.

Jch lache eurer Strengigkeiten / mir gefaͤllt eur ſtellen nicht /
Dieſe Worte recht im Ernſte / Mannon, meine Zunge ſpricht:
Gegen euch aus Lieb und Gunſt meine Geiſter nicht mehr
brennen /
Weil ſie mehr als allzuwol euren boͤſen Mißbrauch kennen.
Liebet welchen / den ihr wollet / meinentwegen iſts verguͤnt /
Jch verlange von euch nichtes / der ich lang geweſen blind.
Jhr ſeyd meine Herrſcherin / Mannon, lang genug geweſen /
Endlich muß der krancke Geiſt von dem Fieber doch geneſen.
Adjeu Mannon, Gluͤck zur Reiſe / meine vormahls veſte Treu
Jſt verblichen und verloſchen / und die Schwuͤre ſind vorbey /
Mein23Verliebte und galante Gedichte.
Mein Hertz / daß ſich endlich hat euren Ketten noch entriſſen /
Soll forthin in ſtiller Ruh ſeine Zeit vor ſich beſchlieſſen.

Als er Urona verlaſſen muſte.

Du Sam̃el-Platz der Luſt / du Wohn-Haus groſſer Freuden /
Mein Schickſahl zwinget mich von deiner Pracht zu
ſcheiden /
Es rafft ein Unfall mich von deinem Feſte hin /
Das mit beliebter Luſt erquicket Hertz und Sinn.
Ob gleich die Chloris jetzt die Blumen eingeleget /
Und ein Atlaſſen Kleid von Schnee und Eyſe traͤget /
So laͤſt die Luſtbarkeit dich doch nicht oͤde ſeyn /
Und was Vergnuͤgen heiſt geht nicht im Winter ein.
Es kan die Schlitten-Fahrt die Garten-Luſt erſetzen /
Die Maſquerade zinſt ein Koͤniglich Ergoͤtzen.
Es laͤſt die Anmuht uns auf Zucker-Roſen gehn /
Und ſuͤſſe Mandeln-Milch in guͤldnen Schaalen ſtehn.
Die Blumen deiner Luſt beſtricken Aug und Hertzen /
Jhr lieblich Angeſicht vertreibet alle Schmertzen /
Und ihrer Schoͤnheits-Pracht nichts irrdſches uͤberwiegt /
Sie ſind der ſchoͤnſte Theil von dem was uns vergnuͤgt.
Die holden Kindergens den ſchoͤnſten Engeln gleichen /
Dian und Venus muß vor ihren Blicken weichen:
Die Glieder ſind wie Schnee / wie Wolle zart und weiß /
Sie ſind dein beſter Schatz / der Schoͤnheit Ehren-Preiß.
Die Wangen ſind annoch im erſten Fruͤhlings-Jahren /
Auf welchen Milch und Blut in ſchoͤnſter Luſt ſich paaren /
Der Augen helles Licht den lichten Tag gebiehrt /
Und dich / du ſchoͤner Ort / mit vielen Sternen ziert.
Jhr ſchoͤnes Antlitzt iſt ein koſtbahr Eden-Garten /
Darinnen Roſ und Lilg ſich durch einander karten /
Die Lippen croͤnt Corall / den Zucker-Mund Rubin /
Jhr Athen uͤberſteigt den Ambra und Jeſmin.
Der wohl-gewoͤlbten Bruſt ihr Spiegel glattes Pflaſter
An Klarheit macht beſchaͤmt den weißten Alabaſter;
Granaten bluͤhn im Schnee den blauer Tuͤrcks durchflicht
Es gleicht des Himmels Glantz den netten Gliedern nicht.
B 4Sie24Verliebte und galante Gedichte
Sie ſind der Sorgen-Peſt / der Luſt Gebaͤhrerinnen
Es laͤſt ihr holder Mund des Loutens Zucker rinnen /
Jhr ſchoͤnes Weſen zeugt ſtets neue Lieblichkeit /
Die bitter Wermuth wird nie in die Luſt geſtreut.
Dis alles zwinget mich mein Schickſahl zu verlaſſen /
Es ſchenckt / vor ſuͤſſen Moſt / mir Galle in die Taſſen:
An ſtatt des wahren Lichts reicht es den Schatten dar /
Und macht / ein ſolches Spiel / mir gleich zum Neuen-Jahr.

Er hat zu Elida keine Vergnuͤgung.

Jch baue mir ein Haus von kummer-vollen Neſſeln /
Wo Einſamkeit und Gram mir ſtets zur Seiten ſtehn:
Die Traurigkeit will mich mit todten Schatten feſſeln /
So daß kein Freuden-Stern in meiner Bruſt zu ſehn.
Der ſuͤſſe Marcipan wird mir zu herben Pillen /
Mir ſtinckt des Zuckers Safft als bitter Wermuth an /
Und mein Verhaͤngniß laͤſt nur ſaure Galle quillen /
Die keine Luſtbarkeit allhier verzuckern kan.
Mit Thraͤnen wird mein Tranck nur allzu offt vermiſchet /
Mir wird ein ſchwartzes Brodt das liebliche Confect,
Mein Luſt-Wald iſt ein Ort / wo Unck und Schlange ziſchet /
Ein Schwantz-Stern ſticht hinweg den guͤnſtigen Aſpect.
Vor die genoßne Luſt empfind ich herben Schmertzen /
Die Einſamkeit ſchenckt mir Allaun und Wermuth ein /
Die Traurigkeit beſtuͤrmt die Thore zu dem Hertzen /
Es ſoll mein Sinnen-Bau ihr ſteter Wohn-Platz ſeyn.
Doch unterweilen labt mich noch ein Angedencken /
Und die gehabte Luſt dem matten Geiſt erquickt /
Wenn aber ich zu weit wil Zaum und Zuͤgel lencken /
So wird die Froͤlichkeit mit dem Kapzaum beſtrickt.
Und alſo muß mein Geiſt in ſtetem Kummer ſchweben /
Weil hier zu Elida gar wenig Anmuth iſt;
Hir muß ich als ein Muͤnch in engen Clauſen leben /
Dazu Urona mich ſtets holde Luſt gekuͤßt.
Hier kan ich nicht mit Luſt dich / meinen Engel / ſchauen /
Jn deſſen Angeſicht Cupido Wache haͤlt:
Hier25Verliebte und galante Gedichte.
Hier find ich meine Luſt in den bekleeten Augen /
Wenn drauf im ſuͤſſen Thau Aurorens Weinen faͤlt.
Mit dieſer Luſtbarkeit muß ich mich hier vergnuͤgen;
Jetzt muß ich ſeyn ein Knecht in der Egypter Land /
Bis nach verloffner Zeit die Luſt mich ein wird wiegen
Jn jenem Canaan bey dem beliebten Strand.
Jndeſſen lebe wohl / dein Gluͤcke muß ſtets bluͤhen /
Dein Auge ſchaue nichts als lauter Wohlergehn /
Die Segens-Wolcke ſoll auf deine Scheitel ziehen /
Und was behaglich iſt / muß dir zur Seiten ſtehn.
Es mehre ſich die Pracht der angenehmen Glieder /
Gruͤn wie ein Cedern-Baum am Berge Libanon,
Daß / wann ich dermahleinſt komm aus der Wuͤſten wieder /
Jch gegen deine Pracht verachte Thron und Kron.
Du aber Solime, du Stern und Kern von allen /
Dein Angedencken macht / daß ich noch lebend bin /
Dein Bild verwehret mir in Ohnmacht hinzufallen /
Sonſt fiel der matte Leib / wie zarte Blumen / hin.
Liebes-Geſpraͤch zwiſchen unſern erſten Eltern.
Adam.
Welch unbekannte Brunſt beſeelet meine Bruſt?
Was vor ein him̃liſch Feur erwaͤrmet meine Glieder?
Jn meinem Hertzen glimmt ein Zunder fremder Luſt /
Mein Ohr / das hoͤret nichts als lauter Liebes-Lieder.
Der Vogel lockt das Weib mit halb erſtorbner Stimm /
Die Fiſche in dem Meer in Luſt zuſammen ſchertzen /
Der Leue wird ein Lamm / er heget keinen Grimm /
Die Thiere dieſer Welt ſich in die Wette hertzen.
Nur ich / ich aller Herr was dieſer Erd-Kreyß hegt /
Muß in der ſtummen Glut ohn einzig Labſahl brennen /
Jch finde kein Geſchoͤpff zu dem mein Sinn ſich legt /
Gehuͤlffen kan ich nicht zu meiner Kuͤhlung kennen.
Doch was beklag ich mich? da ich zur Stillung hab
Die Eva, die mir iſt von meinem Fleiſch genommen /
B 5Die26Verliebte und galante Gedichte.
Die mir des Schoͤpffers Hand zur Mitgeſellin gab /
Bey der ich / wann ich will / die Ruhe kan bekommen.
Wie! daß ich denn ſo gar vor groſſer Liebe blind /
Und meinen Engel nicht zur Seiten ſehe ſtehen?
Was wilden Thieren iſt zu ihrer Luſt verguͤnt /
Kan mir zu groͤßrer Luſt von Even auch geſchehen.
Eva.
Mein Adam ſiehſt du nicht wie jeder Vogel liebt?
Wie ſich ein jedes Thier zu ſeines gleichen ſtellet?
Was iſt es? daß in dir zur Zaudrung Anlaß gibt?
Wie / daß ſich deine Brunſt nicht gleich zu mir geſellet?
Mein Weſen groͤſſer Luſt und Anmuth in ſich haͤlt /
Als alles / ſo die Welt in ihren Graͤntzen heget:
Umſonſt iſt dieſer Schmuck mir ja nicht zugeſtelt /
Wie! daß dein Wunſch ſich nicht zu meinem Wollen leget.
Sieh meiner Glieder-Pracht / die wohl-gewoͤlbte Bruſt /
Wie ſie aus heiſſer Brunſt nach Adams Feur ſich ſehnet /
Schau jener Gegend Zier / den Wohn-Platz aller Luſt /
Woran uns die Natur durch ihren Trieb gewehnet.
Wie ſtehſt du als entzuͤckt / verblendet dich die Pracht
Der angenehmen Bruſt und Perlen voller Glieder?
Wie / daß dein Sehnen nicht zu meiner Bruſt ſich macht /
Und ſich erhitzet legt in meinem Schooſſe nieder?
Komm kuͤhle dich mein Kind / und ſtille deine Brunſt /
Was uns ergoͤtzen kan iſt gleich entbrandter Wille /
Der Thiere Schertzen iſt bey unſer Liebe Dunſt;
Komm eilend liebſter Schatz mein Feur der Sehnſucht ſtille.
Adam.
Dein ſchoͤnes Weſen nimmt mir meine Geiſter ein /
Es zwinget mich der Schmuck von deinem ſchoͤnen Leibe /
Es wuͤnſchet meine Brunſt in dir gekuͤhlt zu ſeyn /
Mach Eva, daß ich nicht in ſteten Flammen bleibe.
Kuͤhl meine Gluhten ab mit Julep ſuͤſſer Luſt /
Laß mir die Zucker-Koſt des Paradieſes ſchmecken /
Berauſche meinen Geiſt mit deines Schooſes Moſt /
Laß uns ins kuͤhle Gras die heiſſen Sinnen ſtrecken.
Eva. 27Verliebte und galante Gedichte.
Eva.
Jch warte deiner ſchon / ich brenne mit Begier /
Laß uns das ſuͤſſe Werck nicht laͤnger mehr verſchieben /
Mein Hertze / Seel und Sinn die laͤchtzen ſtarck nach dir /
Laß uns in ſtiller Ruh die hoͤchſte Luſt veruͤben.
Jch bin dazu bereit / der Vogel lockt mich an /
Und ſingt mit holder Stimm die ſchoͤnſten Hochzeit-Lieder.
Adam.
Mein Geiſt geht mit der Luſt ſchon auf der Roſen-Bahn /
Vereinige mit mir die Schoͤnheit deiner Glieder.
Eva.
Mein alles geb ich dir mein liebſter Adam hin.
Adam.
Es bleibet Adam dir / mein Engel / auch ergeben!
Es ehret deine Pracht mein heiß entbrannter Sinn /
Und wuͤnſcht durch deine Gunſt in voller Luſt zu ſchweben.
ARIA. Adam.
Vollkommene Schoͤne / du Wunder der Erden /
Laß Adam begluͤcket
Und kraͤfftig erquicket /
Durch deine beperlete Glieder jetzt werden.
Vermaͤhle die Hertzen
Mit Luſt und Schertzen /
Und tiſche der Seelen ein Zucker-Brodt auf.
Eva.
Jch opffer dir / ſchoͤnſter mein Hertze und Bruſt /
Die Quelle der Luſt /
Komm koſte und ſchmecke die Engliſche Koſt /
Genieſſe der Seelen entzuͤckendes Moſt.
Jch tiſche dir Liebſter ein Zucker-Brodt auf.
Beyde.
So ſpielen die Hertzen in Himmliſchen Flammen /
Und ſchmecken / was ihnen Ergoͤtzlichkeit macht /
So flieſſen die Seelen in Anmuth zuſammen /
Weil ihnen ein ſuͤſſes Vergnuͤgen anlacht.
Als28Verliebte und galante Gedichte.

Als er ihre Bruͤſte kuͤßte.

Blondine deiner Bruͤſte Kuß /
Hegt mehr von ſuͤſſen Uberfluß
Als tauſend Zucker-Fladen
Und theure Marmeladen.
Mehr Suͤſſigkeit quilt aus dem Schnee
Der Bruͤſte / als aus Hyblens Klee /
Die Feige wird zur Schleen
Kein Honig kan beſtehen /
Daß nicht zu Gall und Wermuth wird
Wenn es der Bruſt wird beygefuͤhrt.
Der Wein wird ſchlechte Pfuͤtze
Das Manna Haber Gruͤtze /
Dem Ambroſin und Nectar Safft
Benimmt dein Buſen alle Krafft /
Dein unbefleckte Bruͤſte
Die Zinſen Himmels-Luͤſte.

Uber ihre Bruͤſte.

Beſchaͤmte Roſen flieht / weicht Liljen und Narciſſen:
Semirens Buſen laͤſt mich beßre Blumen kuͤſſen /
Den Roſen / ſo ihr ſeht auf ihren Huͤgeln bluͤhn /
Hat Aphroditens Blut den ſtoltzen Schmuck verliehn.
Den Liljen / die ſo ſchoͤn ſich auf zu blaͤhen wiſſen /
Hat ſelbſt der Juno Milch zum Urſprung dienen muͤſſen.
Die Wolluſt wil mit Macht ſich recht darauf bemuͤhn /
Daß dieſer Wunder-Platz den Lippen vorzuziehn.
Hier kan ein kuͤſſend Mund mehr Suͤſſigkeiten haben /
Als Sternen an der Burg des blauen Himmels ſtehn /
Hymettens Bienen-Safft ein Honig von Athen
Verkehrt ſich in Allaun bey dieſen ſchoͤnen Gaben.
Die Seelen eſſen hier den Zucker wahrer Luſt /
Und ſchaͤtzen ſich begluͤckt bey einer ſchoͤnen Bruſt.
Die29Verliebte und galante Gedichte.

Die Suͤſſigkeit des Kuſſes.

Wenn Ambroſin und Nectar Moſt
Der Bienen ſuͤſſe Honig Koſt /
Des Zuckers / und des Ambra-Safft /
Die Specerey / ſo Ceilon ſchafft /
Canarie-Sect und Spaniſch Wein /
Der edle Reben-Safft vom Rhein /
Was Gallien von dieſem zahlt /
Womit Pannonien ſo prahlt /
Was da Guinée von Palmen giebt /
Der Schiras, den der Perſer liebt /
Vergliechen wird mit einem Kuß /
So iſts ein coloquinten Muß.
Denn ſchoͤner Lippen reines Meth
Jn groͤßrer Lieblichkeit beſteht.

Er beklaget ihre Grauſamkeit.

Madrigal.

Felſen zerſpringen /
Eiſen wird weich /
Diamanten laſſen vom Blute ſich zwingen;
Und Perlen in Wein.
Jhr aber mein Leben / ſeyd keinem nicht gleich /
Jhr wollet noch haͤrter als ſelbige ſeyn.
Die Augen / die reichen euch Thraͤnen und Fluht /
Die Adern / die zinſen mein eigenes Blut /
Von euch zu erlangen Liebe und Gunſt /
Ach! aber umſonſt.

Printz Monoſes wil aus Ehr-Furcht ſeine Liebe nur ihrem Ebenbilde zu erkennen geben.

Lebloſes Bild / das ſelbſt die Goͤtter ehren /
Weil die Geſtalt der Schoͤnheit-Muſter zeigt /
Sieh wie ein Knecht um gnaͤdiges Erhoͤren /
Jn ſeiner Quaal ſich kniend vor dir neigt.
Er30Verliebte und galante Gedichte.
Er liebt die Pracht der Himmliſchen Barſinen,
Doch darf er nicht eroͤffnen was ihm fehlt /
Wenn Ixion die Juno will bedienen /
So wird ſein Stoltz mit ſteter Augſt gequaͤlt.
Ein Knecht darf nicht an Koͤniginnen dencken /
Was Cronen traͤgt kommt keinem Printzen zu /
Der Zinß und Schoß muß Ober-Herren ſchencken /
Damit er nur erhaͤlt ſein Land in Ruh.
Weil ich nun nicht die Liebe darf entdecken /
Die mein Gemuͤht zu der Barſinen traͤgt /
So muſt du Bild mir dieſen Troſt erwecken
Daß keinen Zorn mein Lieben dir erregt.
Drum wil ich auch die Hertzens-Quaal verſchweigen /
Und dich mein Bild demuͤhtig behten an;
Vielleicht wird ſich noch wol die Stunde zeigen /
Daß auch ein Knecht ein Koͤnig werden kan.

Artabanus freuet ſich uͤber ſein guͤtiges Schickſahl.

Dreut offte ſchon das Meer mit Sturm und Wellen /
Mit Blitz und Wind die Donner-ſchwangre Lufft
Ein morſches Schiff gantz grimmig zu zerſchellen /
Doch reiſt das Gluͤck es oͤffters aus der Grufft /
Daß es gewuͤnſcht den frohen Port kan finden /
Ob Hoffnung ſchon den Ancker laſſen ſchwinden.
Und ſtelt ſich ſchon das Schickſahl ſo zu Zeiten /
Als wolte es nicht nach Wunſche und Begehr /
Der Seelen Wunſch zu unſer Ruh begleiten /
So fuͤhrt es doch denſelben endlich her /
Und iſt bereit der Seelen aͤngſtigs Sehnen
Mit gutem Gluͤck vor die Gedult zu kroͤhnen.
So wil auch nicht die Venus gleich bewirthen
Die Liebenden mit angenehmer Luſt
Die Myrrhen erſt / hernach die Liebes-Myrthen
Die ſetzet ſie zur Tafel auf zur Koſt. Wer31Verliebte und galante Gedichte.
Wer erſt die Gall der Unluſt hat geſchmecket /
Dem wird zuletzt ein Zucker zugeſtecket.
So wolte auch die himmliſche Barſinc,
Nicht gleich mein Hertz zum Opffer nehmen an;
Sie ſtraffte mich / denn ich war allzukuͤhne Monoſes war bey ihr kein Artaban.
Jch muſte erſt der Liebe Plagen fuͤhlen /
Eh ſieghafft ich kunt mit der Krone ſpielen.
Doch jetzo kan ich als ein Sieger prangen /
Der Koͤnig gibt die Palmen mir zur Hand / Barſine liebt mein embſiges Verlangen
Der erſte Sturm hat ſich ſchon umgewandt. Barſine wird durch gleiche Gluht getrieben
Den Artaban, ſo wie er wuͤnſcht / zu lieben.

Klage des ungedultigen Koͤnigs Altamiro.

Der im zerſchmoltznen Ertz und heiſſen Oehl muß kochen /
Dem das Genicke wird mit einem Strang gebrochen /
Der unter tauſend Angſt auf Folter-Baͤncken liegt /
Dem wird nicht ſolche Quaal / als mir jetzt zugefuͤgt:
Sein Martern wird zuletzt durch ſeinen Tod geendet
Mir aber wird kein Troſt kein Labſahl zugewendet.
Mein mattes Hertze bricht / und kan doch nicht zerſtuͤcken /
Die Liebe foltert es und wil durch ihr Beruͤcken /
Und einer Grauſahmkeit mich zu dem Tode ziehn;
Sie heiſt mich auf dem Platz / wo ich vergehn ſoll / knien /
Und wil zu groͤßrer Pein mich laſſen denn nicht ſterben /
Halb hoffend / halb verzagt ſoll ich mich ſelbſt verderben.
So bin ich lebend todt / weil meine Schoͤne ſchweiget /
Und keinen holden Blick auf mein Bekaͤnntniß zeiget /
Was aber nun vor Raht? ich wil / ich muß zu ihr /
Mein hertze ſchwillet auf von reitzender Begier /Und32Verliebte und galante Gedichte.
Und heiſt / als Koͤnig / mir / Gewaltſamkeit veruͤben /
Wo nichts verfangen wil / Beſcheidenheit im Lieben.
Habt doch ihr Goͤtter ſelbſt eur ſehnliches Vergnuͤgen /
Durch oͤfftere Gewalt im Lieben muͤſſen kriegen;
Wer wehret es denn mir? der ich ein Gott hie bin /
Was haͤlt mich davon ab / wer ſtraffet meinen Sinn?
Scheint Mariamne ſchon zur Juno mir zu werden /
Geh ich als Jupiter dennoch zur Jo auf Erden.

Eine von ihrer Fuͤrſtin verſtoſſene Kam̃er - Jungfer bittet ihren Galan um Beyſtand.

Mein werther Hertzens-Freund! mit gantz erſchrocknen Haͤnden /
Jſt dieſe ſchlechte Schrifft aufs weiſſe Blatt geſtellt /
Du darfſt nicht groſſen Fleiß auf ihre Deutung wenden /
Weil ſie dir alſofort in deine Augen faͤlt /
Mit zitterndem Gemuͤht muß ich / mein Liebſter / ſchreiben /
Wozu mich Angſt und Noht in dieſen Stunden treiben.
Ein feindliches Geſchick / das unſer treuen Liebe /
Und unſer Leidenſchafft ſo gar zu widern iſt /
Macht / daß die Fuͤrſtin weiß was ich mit dir veruͤbe /
Sie weiß / daß ich dein Schatz / und du mein Engel biſt /
Was wir allein gemacht / was zwiſchen uns geſchehen /
Das weiß ſie ſo genau als wann ſie es geſehen.
Weil ich nun ihr Geboht / ſo als ſie es befohlen /
Und wie ſie es gewolt / in allen nicht vollbracht /
So muſte ich den Lohn des Ungehorſahms hohlen /
Mein Urtheil wurde mir im Augenblick gemacht /
Jch muſte alſo fort aus ihrem Pallaſt weichen /
Mein Flehen kunte nicht ein gnaͤdigs Ohr erreichen.
So hat mich jene Gunſt / die ich zu dir getragen /
Jn dieſes Ungeluͤck / in dieſe Noht geſtuͤrtzt /
Jch muß mein Ungemach mit dieſem Spruch beklagen /
Mit Elend wird mein Brodt / und Waſſer angewuͤrtzt /Wenn33Verliebte und galante Gedichte.
Wenn du mein Hertzens-Schatz / mein Engel / mein Verlangen /
Nicht macheſt / daß ich kan mit Unterhaltung prangen.
Bin ich nun die vor dem dein Engels-Kind geweſen?
Bin ich diejenige / ſo deinen Geiſt beſtrickt /
Bin ichs / durch deren Gunſt / du vormahls biſt geneſen /
So mache mich anjetzt auch wiederum begluͤckt /
Wenn du jetzt guͤtig biſt / ſo kan ich klaͤrlich mercken /
Daß du auffrichtig liebſt in Worten und in Wercken.
So viel als an mir iſt / ſo ſolt du dieſes wiſſen /
Daß keine auf der Welt dich mehr / als ich / verehrt /
Ja! waͤre mir ein Loch in meine Bruſt geriſſen /
Und wuͤrde es dem Licht der Augen nicht verwehrt /
Mir in das Hertz zu ſehn; ſo wuͤrdeſt du erkennen /
Daß ich mich nur allein mag deine Sclavin nennen.
Allein! was ſoll die Pracht der Worte jetzo nuͤtzen /
Du weiſt es mehr als wohl / daß ich dein eigen bin /
Und dieſe Zu verſicht will mich anjetzo ſchuͤtzen /
Daß ich nicht zweiffeln darf es liebe mich dein Sinn /
Du wirſt zu keiner Zeit mich ohne Troſt verlaſſen /
Jch werde dich mein Schatz als meinen Schutz umfaſſen.
Ob ich ſchon dieſen Troſt in meinem Hertzen hege /
So wird mein Flehen doch allzeit beſtaͤndig ſeyn /
Damit ſich deſto ehr die frohe Huͤlffe regel
Je mehr mein Hertze laͤchtzt nach deiner Gnaden-Schein /
Jnzwiſchen lebe wohl / du wirſt mich ſtets ſo finden /
Daß du kanſt guͤnſtig ſeyn der willigen Salinden.

Als er bey ihr ſchlieffe.

Ein angenehmes Kind ſchleuſt mich in ſeine Arme /
Daß ſich mein matter Geiſt auf ihrer Bruſt erwarme /
Auf ihrer Schwaanen-Bruſt der angenehmen Hoͤh
Allwo ein weicher Sammt beleget iſt mit Schnee /
Daraus ein Liebes-Feur als einem Æthna ſteiget /
Das durch geheimen Zug die Hertzen zu ſich neiget /
CUnd34Verliebte und galante Gedichte.
Und ihnen ſolche Luſt in ihre Sinnen floͤßt /
Daß man ein Centner Gold aus ſolcher Wahre loͤßt.
Ja was ein Centner Gold? was ſoll die gelbe Erde?
Verdienet ſie doch nicht / daß ſie verglichen werde /
Der ſtoltzen Lieblichkeit / und angenehmen Luſt /
Die mir / mein Engel / macht jetzt deine Schwaanen-Bruſt.

Als er in ihrem Buſen griffe / und ſie ihn mit der Nadel ſtach.

Sonnet.

Jch lache Silvia ob deiner Tyranney /
Stich immer wie du kanſt / ja ſtich mit beyden Haͤnden /
Dein Stechen ſoll mich doch von dieſer Koſt nicht wenden /
Wer Honig koſten will den macht kein Stachel ſcheu /
Es mehrt den Appetit, und lockt zur Rauberey.
Allein! was zuͤrneſt du ein Griff der kan nicht ſchaͤnden /
Die Kohle meiner Hand kan deinen Schein nicht blaͤnden /
Bedencke / daß die Bruſt des Brandes Urſprung ſey.
Doch ſtich nur immer zu / und mach die Haͤnde wund /
Bey Roſen geben ſich die ſchaͤrffſten Dornen kund.
Der Ort / wo Honig liegt / hegt viele Stachel-Bienen /
So ſoll auch deiner Bruſt der Nadel-Spitze dienen:
Wer auf der Liebſten Bruſt will Zucker-Roſen brechen
Der lachet / ſolten ihn gleich tauſend Nadeln ſtechen.

Er entſaget der Liebe.

Entweiche falſches Kind / du blinder Bogen-Schuͤtze /
Laß meinen Geiſt in Ruh verkenne fort mein Hertz /
Dein Lachen hecket Leid / dein Schertzen zinſet Schmertz /
Und dein Ambroſer Wein ſchmeckt als die ſchlimſte Pfuͤtze.
Du liſt’ge Jdalis laß mich in ſtoltzen Frieden
Jns kuͤnfftige befreyt von deinen Banden ſeyn:
Denn bey der Liebe geht Verſtand und Klugheit ein /
Und Zanck und Eyfer-Sucht ſind nie von dir geſchieden.
Drum35Verliebte und galante Gedichte.
Drum Liebe gute Nacht / ich meide deinen Haven /
Und mag die Frucht nicht ſehn / die ſcharff verboten iſt /
Weil ſich ein Bitter-ſeyn mit deinem Zucker kuͤßt /
Und du die Geiſter machſt zur Wolluſt ſtete Sclaven.

Liebes-Brief an Silvien.

Nimmt Silvia den Brief an mit geneigten Haͤnden?
Darinn enthalten iſt / was meine Sinnen kraͤnckt /
Und was dem Geiſt befiehlt ſich zu ihr hinzuwenden /
So weiß ich / daß ſie ſchon viel Guts von mir gedenckt.
Zwar was hier heimlich iſt / ſind ihr bekannte Sachen /
Sie weiß / daß ſie mein Hertz durch ihren Blick entzuͤndt /
Jhr laͤchelnd Auge will die Flammen groͤſſer machen /
Die mehr denn allzugroß / ja unausloͤſch lich ſind.
Es kan mein ſchwacher Mund nicht alle Seuffzer zaͤhlen /
Die ihre Artigkeit in meiner Bruſt erregt;
Und ob ſie es ſchon weiß / will ich doch nicht verhehlen
Wer in dem Hertzen erſt das Feur hat angelegt.
Der ſchoͤnen Augen-Licht / das gleich den Sternen blitzet /
Bringt mir die Liebes-Gluht / ihr die Vollkommenheit;
Vollkommen iſt die Pracht / die das Geſicht beſitzet /
Wer iſt? der tadeln kan der Mienen Trefflichkeit.
Mit Schnee und Purpur ſind die Wangen ausgezieret /
Da ſieht man den Jesmin bey ſchoͤnen Roſen ſtehn /
Die Stirne iſt der Thron worauf den Scepter fuͤhret
Die holde Freundlichkeit geſchmuͤckt mit tauſend Schoͤn.
Die Lippen ſind Rubin davon ein Nectar flieſſet /
Der Athem uͤberſteigt des beſten Balſams Krafft /
Gluͤckſelig / wer die Luſt noch dermahleins genieſſet
Daß ihm der ſuͤſſe Mund ein ſolches Labſahl ſchafft.
Der Cedern glatte Hals wie aus Albaſt geſchnitzet /
Der ſiegt den Liljen an / die Juno Milch gezeugt /
Das Haar / ſo als ein Wall den ſchoͤnen Ort beſchuͤtzet /
Der Berenicen Schein an Schoͤnheit uͤberſteigt.
Der Bruͤſte Perlen Pracht iſt ein entzuͤckends Weſen /
Aus ihrer Roſen Spitz die holde Anmuth lacht /
C 2Die36Verliebte und galante Gedichte.
Die Schoͤnheit hat dabey den Wohn-Platz auserleſen /
Und die Natur daran ihr Meiſter-Stuͤck gemacht.
Den noch verdeckten Schatz und ander Koſtbarkeiten /
Die will ich als verdeckt mit Schweigen uͤbergehn.
Wer iſt der gegen ſie und ihre Pracht will ſtreiten?
Der nicht durch ihre Macht ſich muß bezwungen ſehn.
Mit Freuden hoͤre ich wie meine Feſſel klingen /
Jch behte ſie mein Licht als meine Goͤttin an /
Jhr Auge / ſo mein Hertz zur Liebe koͤnnen zwingen /
Mit einem ſanfften Blick die Schmertzen lindern kan.
Erblickt galantes Kind den angeſchloſſnen Sclaven /
Den Brand / den ihr erregt / laſt euch gefaͤllig ſeyn /
Nehmt mein verirrtes Schiff in den gewuͤnſchten Haven /
Stellt eure Sproͤdigkeit / und eur Verſtellen ein.
Jhr Hart-ſeyn gegen mich verkehre ſich in Liebe /
Jhr Nebel werde mir zu einem Sonnenſchein /
Jhr Eyß verwandel ſich in heiſſe Liebes-Triebe /
Jhr Hertze werde Wachs das jetzund Kieſelſtein.
Ach! ſchencket mir ein Wort das ſuͤſſe Wolluſt heget /
Die Sylbe / ſo der Pein ein frohes Ende macht /
Ein Ja / das allen Schmertz / und alles Leiden leget /
Und das die Loſung iſt / daß mir ihr Hertze lacht.

Uber die Nacht-Luſt bey Chloris.

Jhr hellen Sterne / die ihr jetzt ſo feurig ſpielet /
Du ſilber-weiſſer Mond / des Schimmer auf mich zielet /
Du blaſſe Cynthia, die Phœbus muß beſtrahlen /
Miß goͤnnet mir die Luſt / die mir die Chloris ſchencket /
Ums Himmels Willen nicht.
Umhuͤll dich Mond mit Flor / laß braunen Schatten mahlen
Den gantzen Erden-Kreys mit ſchwartzer Farbe an /
Verſtecke dich ins Meer / dein Schein ſey gantz verdunckelt /
Die Chloris iſt bey mir / die da viel heller funckelt
Als aller Sternen Glantz.
Jch ſehe / daß der Mond ſich ſchon zum Abzug lencket /
Weil er der Chloris Schein nicht mehr vertragen kan /
Die37Verliebte und galante Gedichte.
Die Sterne weichen auch / nun iſt es vollends Nacht /
Doch Chloris heller Schein benimmt ihr alle Macht
Und macht was finſter Licht.
Jch ſpuͤhre keine Nacht in meiner Chloris Armen /
Jch fuͤhle keinen Froſt / ſie kan mich wohl erwarmen
Sie druͤckt mich an die Bruſt / und liege ich gleich bloß
Empſind ich keinem Froſt weil meiner Chloris Schooß
Feur hegt im Myrthen Krantz.

An einiges Viſurgipoliſches Frauen-Zim̃er.

Es will mein kuͤhner Kiel anjtzo etwas ſchreiben
Davon der ſchwache Sinn ſo viel als nichts verſteht /
Ein ruͤder Bootsmann laͤſt ſein Schiff ſo lange treiben
Jn ungeſtuͤhmer Fluht bis es zu Truͤmmern geht /
UndVor - und Hinter-Theil ſich von einander trennet /
Wenn er aus Unverſtand an eine Klippen rennet.
Jch bin der ruͤde Knecht / die Feder gleicht dem Schiffe /
Die ſchreibet was mein Sinn ihr auffzuzeichnen heiſt /
Und ob ein Blinder gleich nach Diamanten grieffe /
So kan er doch nicht ſehn; ſo wenig an man ſchleuſt /
Daß dieſe Verſe gut / weil ſie auf eure Pracht
Vortreffliches Geſchlecht der Erden ſind gemacht.
Jhr Sonnen dieſer Zeit / ihr artigen Jungfrauen /
Eur Knecht / den eure Pracht zu dieſer Schrifft bewegt /
Laͤſt ſeine Schuldigkeit in dieſen Zeilen ſchauen /
Die er vor euren Thron in hoͤchſter Demuht legt /
Und damit dieſes zeigt / daß man in frembden Luͤfften
Auch eurer Schoͤnheit muß Altar und Tempel ſtifften.
Denn was die Fama kan Verwunderliches weiſen /
Wie ſich die Hoͤfflichkeit bey euch mit Klugheit paart /
Das muß die Wahrheit ſelbſt an euch vollkommen preiſen /
Und ſagen / daß ihr ſeyd galant, klug / nett und zart;
Nur dieſes tadelt ſie / daß ihr zu ſproͤde ſeyd
Wann ein verliebter Mund euch einen Kuß aubeut.
C 3Die38Verliebte und galante Gedichte.
Die Mode leget ab ihr angenehmen Dinger /
Gebt euren ſuͤſſen Mund nur unterweilen frey /
Es macht ein leichter Kuß den Schmuck ja nicht geringer /
Gedencket / daß er nicht vor euch gemachet ſey.
Der Himmel ſchencket euch die angenehmen Gaben
Damit den Gegen-Stand wenn es ſich ſchickt zu laben.
Jhr Vonus Meiſter-Stuͤck / ihr Kern und Preiß der Schoͤnen /
Verzeihet meiner Hand / daß ſie ſo dreiſte ſchreibt /
Verzeiht / man zwinget ſie des Kuͤſſens zu erwehnen /
Einander hat die Schuld / daß ſich dieſelbe reibt
An euren ſchoͤnen Mund / und dem Geſetze giebt /
Den jedermann verehrt / und uͤber alles liebt.
Euch wird an jeden Ort der Weyrauch auffgeſtreuet /
Eur Himmliſch Antlitz iſt ein Paradies der Luſt /
Das keine Zeit verdirbt / das taͤglich ſich verneuet /
Eur Hals iſt Marmor-Stein / aus Alabaſt die Bruſt.
Man muß mit Fug und Recht euch Erd-Goͤttinnen nennen /
Kein bloͤdes Auge kan die Schaͤtzbarkeit erkennen.
Jhr Kalten / die ihr nur galante Buͤcher heget /
Die ihr das Frauen-Volck als Lew und Tyger flieht /
Zuͤrnt nur / daß meine Schrifft ihn ſolchen Ruhm beyleget /
Den es mit recht verdient / ſeht wie ihr liebreiz zieht /
Den Stahl kan kein Magnet ſo emſig an ſich ziehn /
Als wie ein ſchoͤner Mund ein Hertz reiſt zu ſich hin.

Amor ein Tyranne.

Vertrau dich Amorn nicht / er iſt ein ertz Tyranne /
Kommt er gleich ſchmeichelnd an / und ſcheint dir Moſt
zu ſeyn /
So ſchencket er zuletzt doch Gall vor Honig ein /
Er ruhet eher nicht / bis daß dich in die Pfanne
Haut Gram und Eyverſucht;
Und39Verliebte und galante Gedichte.
Und bis der blaſſe Tod dein armes Leben endet /
Wenn man nun in das Grab den ſtarren Leichnam ſenckt /
Alsdann er ſich gar offt / doch viel zu ſpaͤht / bedenckt /
Und ſeinen harten Grimm in eine Liebe wendet;
Drum eile mit der Flucht /
Daß dich das blinde Kind im Fluge nicht ereile /
Und an ein Felſen Hertz mit ſeiner Wehr anpfeile /
Wenn du ihm wirſt entgehn / wird dir die Nach-Welt ſetzen
Ein praͤchtig Ehren-Mahl / und dieſe Schrifft dran aͤtzen:
Steh Leſer! dieſer Menſch iſt nie verliebt gemacht /
Cupiden hat er ſtets mit ſeiner Luſt veracht.

Liebes-Brief an Bellandren.

Darf ein verwehnter Kiehl die Schwelle uͤberſchreiten?
Woſelbſt Diane wohnt / und Tugend Hof-Statt haͤlt /
Wo man Dionen haßt ſammt ihren Koſtbarkeiten /
Wo des Cupidens Pfeil auf Alabaſt zerſchelt.
Allwo verbannet ſind die ſuͤßten Schmeichelungen /
Wo man verborgen Gifft nicht in Granaten bringt /
Wo man wies Hertze ſpricht / eroͤffnet durch die Zungen /
Wo die Sirene nicht entzuͤckte Lieder ſingt.
Wo nichts denn Keuſchheit bluͤht / und reiner Ehre Liljen /
Die / ob gleich Zeit und Neid ſich wie die Kroͤten blaͤhn /
Kein gifftger Laͤſter-Biß iſt maͤchtig zu vertilgen /
Wo an der Tugend-Fels der Neid muß untergehn.
Denn wie der Monden lacht wenn tolle Hunde raſen /
So lacht die Tugend auch / ob gleich der Neid ſie dreut /
Sein Nebel wird gar bald durch einen Wind verblaſen /
Der ſeine Laͤſterung wie leichtes Spreu zerſtreut.
Darf / wo der Pallas Sitz / ein heiſſes Blat ſich zeigen?
Das tauſend Seuffzer hegt / ſo die entflammte Bruſt
Laͤſt als ein Weyrauch-Feur zu ihrer Gottheit ſteigen /
Aus dem die Goͤtter ziehn die allergroͤßte Luſt.
Es bringt nicht Seuffzer bloß / mein Hertz ſich ſelber ſtellet
Zum Opffer vors Altar / wo ihre Gottheit ſitzt /
Wo ihr Dionc weicht / weil ſie mehr Hertzen faͤllet /
Wenn ſie nur lieblich ſtrahlt / als wann die Cypris blitzt.
C 4Dis40Verliebte und galante Gedichte.
Dis zeig ich ſelber an mit eigenem Exempel /
Denn da noch nie kein Menſch mich ſonft verliebt gemacht /
So neig ich mich doch hier vor ihren Ehren-Tempel /
Allwo mit Flammen ſpielt der Augen ſchwartze Nacht.
Welch Sterblicher kan wol bey ihrer Allmacht pochen?
Der nicht / wenn ſie ſich zeigt / muß lauter Flammen ſeyn /
Dem nicht ſein Stor-Kopff wird durch ihre Macht gebrochen /
Daß er gezwungen muß ihr Weyrauch-Koͤrner ſireun.
Kan nun kein Sterblicher vor ihrer Macht beſtehen
Was Wunder iſt es dann / daß auch mein Hertze brennt /
An dem ja Fleiſch und Blut als andern iſt zu ſehen /
Das / zuͤrnt ſie / Schoͤnſte / gleich / ſich doch ihr Sclave nennt.

Er kan ohne Aſterien nicht leben.

Die Sonnen-Wende folgt der Sonnen Strahlen nach /
Der Palm-Baum liebet ſehr den Cryſtallinen-Bach /
Dem Eiſen-Stein beliebt der Nord zum Angel-Sterne /
Der Ulm und Reben ſind einander ſelten ferne
Das Ephen kuͤßt die Maur / der Agtſtein leichtes Stroh /
Jmgleichen iſt mein Geiſt auch recht beſonders froh /
Wenn er ſein Seelen-Licht kan in der Naͤhe ſchauen /
Und ihren Augen-Schein darf als der Sonnen trauen /
Wenn ihm der ſuͤſſe Mund die Anmuths Quellen reicht /
Und die erhoͤhte Bruſt ſich als den Nord-Pol zeigt;
Wenn der galante Leib / als wie der Ulm den Reben
Jhm einen Unterhalt und Maure ab-will geben:
Wenn ihn der Glieder-Agt wie Stroh wird an ſich ziehn /
Und ihr Magnet-Stein nicht ſein Eiſen denckt zu fliehn.
Wann aber ihr Geſicht ein ſchwartzer Zorn verduͤſtert /
So ſind die Sonnen-Blum’n und er genau verſchwiſtert /
Wenn ihrer Lippen-Bach ihm auch entzogen wird /
So wird dem Palm und ihm des Lebens-Safft entfuͤhrt.
Wenn nun der Articus des Buſens ſich verſtecket /
Alsdenn ſein Liebs-Magnet ſich mit Betruͤbniß decket.
Wenn er den zarten Leib nicht kan zum Ulmen ſehn /
So muß er wie der Ranck verlaſſen untergehn.
Wenn41Verliebte und galante Gedichte.
Wenn ihm die Maure wird der zarten Bruſt entriſſen /
So muß das Winter-Gruͤn / und er die Erde kuͤſſen;
Wenn ihn der Glieder-Agt wie Stroh nicht zu ſich reißt /
Und ihr Magnet als Feind ſein Eiſen von ſich ſchmeiſt
(c)
(c)
Alsdann ſo muß ich mich dem Sterben uͤbergeben /
Weil ohn Aſterien ich nicht vermag zu leben.
(c)Erasmus Francisci berichtet / daß in Jndien eine Art Magneten zu finden ſey / welche dem Eiſen feind / und es von ſich ſtoßt.
(c)

Almidor an die ſich zornig ſtellende Selinde.

Selinde ſiehe doch / und lencke jene Strahlen
Der ſchoͤnen Augen her auf dieſes Blat Papier /
Ließ es nur obenhin / denn wirff es weg von dir /
Wenn es den Augen kan die Muͤhe nicht bezahlen /
Daß ſie es angeſehn.
Wann aber / ſchoͤnſtes Kind / die Worte dir gefallen /
So ließ ſie gaͤntzlich durch / dein Zuͤrnen ſtelle ein /
Und laß ſie zwiſchen uns die Friedens-Stiffter ſeyn;
Hernach ſo ſtecke es zu deinen Marmor-Ballen
Wie ſonſten wol geſchehn.
Wenn eine treue Hand der Liebſten etwas ſchicket /
Das / weil es heimlich iſt / nicht jeder darf beſehn /
So muß der Buſen ihm zur Frey-Stadt offen ſtehn /
Eh denn das liebe Blat ihr wird hinweg geruͤcket
Von dem / der Huͤter iſt.
Jſt nun das Blat verſteckt / ſo darf dein Ohr nicht hoͤren
Das Laͤſtern / ſo der Mund der Mutter ſonſt ausſpeit /
Die auf dich Achtung giebt bey Nacht und Tages-Zeit /
Und als ein Argus mir den Zutritt will verwehren
Zu dir / die ich erkießt.
Sie aber wird von uns argliſtiglich betrogen /
Wenn du / mein Kind / und ich nur eines Sinnes ſind;
Sie wolte Argus ſeyn / und war doch ſtarre blind /
Als dein Almidor ward durchs Fenſter auffgezogen /
Und in dein Bette kahm.
Da hat dein Enge-Land ihn inniglich ergoͤtzet /
Mit mehr als Ambroſin und Goͤtter Nectar Moſt /
C 5Jhn42Verliebte und galante Gedichte.
Jhn hat das ſuͤſſe Safft der Lippen Honig-Koſt
Entzuͤcket / und die Luſt an jenen Ort geſetzet /
Wo Amor Hofſtadt nahm.
Bey der Jesminen-Bluͤth der aufgeſchwollnen Bruͤſte /
Da fandt er ſich vergnuͤgt als eine Biene ein /
Ach! moͤchte dieſe Luſt mir bald erlaubet ſeyn /
Und daß ich jenen Zorn / mein Kind / verbannet wuͤſte /
Der mir ein Ungeluͤck.
Dis hat Almidor ſelbſt an dich / mem Kind / geſchrieben /
Zu ſehen ob dein Zorn ſich noch nicht hat geſtillt /
Und ob du / Engels-Kind / mich ewig haſſen wilt /
Wenn du Almidorn wilt inskuͤnfftige noch lieben?
So ſchreibe doch zuruͤck.

Selindens Antwort an Almidorn.

Du ſchreibſt Almidor dreiſt / und etwas laͤcherlich /
Doch mir gefaͤlt dein Brief / die Worte kitzeln mich /
Selinde iſt mit dir / Almidor, ſchon verſoͤhnet /
Sie denckt nicht mehr daran / daß du ſie haſt verhoͤhnet /
Dein Brief iſt laͤcherlich.
Nun ſtell dich dieſe Nacht ja bey Selinden ein /
Es ſoll ihr weicher Leib dein Unter-Bette ſeyn /
Da will ich meinen Schimpff an dich gar ſuͤſſe raͤchen /
Da wollen wir die Frucht der ſchoͤnſten Zweige brechen /
Die Worte kitzeln mich.
Ob gleich die Mutter wacht / ob ſie ſchon Achtung giebt /
Dennoch Selinde ſich mit dir im Lieben uͤbt /
Sie huͤte wie ſie will / ſie wache alle Stunden /
Du ſolt doch / wehrtes Kind / verbinden meine Wunden.
Dein Brief iſt laͤcherlich.
So bald der blaſſe Mond mit ſeinem Heer auffgeht /
Alsdann Selinde ſchon vor ihren Fenſter ſteht /
So nach Almidorn ſchaut / daß ſie dich mag umarmen /
Und in dem Feder-Grab kan neben dich erwarmeu.
Die Worte kitzeln mich.
Drum ſtell dich dieſe Nacht ja bey Selinden ein /
So bald Dianens Horn auslaͤſſet ſeinen Schein /
Daß43Verliebte und galante Gedichte.
Daß dich Selinde kan recht nach der Mode kuͤſſen /
Und dein gehabtes Leid mit einer Straffe buͤſſen.
Dein Brief iſt laͤcherlich
Dis ſchreibt mit eigner Hand die laͤchtzende Selind
Ach! ſtelle dich ja ein / Almidor Hertzens-Kind /
Und lehre meine Bruſt wie ſie ſoll bruͤnſtig lieben /
Selinde hat zwar ſo noch nicht an dich geſchrieben;
Was ſchadts? es kitzelt mich.

Uber ſein Maͤdgen.

Mein Maͤdgen iſt recht ſchoͤn;
Wenn ich die Lippen kuͤſſe /
Kan ich nicht gnug erhoͤhn
Die Luſt / ſo ich genieſſe.
Wenn ich die weiſſe Bruſt
An meine Lippen druͤcke /
Alsdenn mit Goͤtter Luſt
Jch meinen Geiſt erquicke.
Ja! wenn denn ſeine Gunſt
Mir noch was beſſers ſchencket /
So brauchts die groͤſte Kunſt
Daß er zuruͤcke dencket.

Die ſchoͤne Saline.

Fuͤngſt da Dianens Glantz durch dunckle Wolcken brach /
Da ſich das Sternen-Heer ſchon allbereits zur Wach
Auf ſeinem Sammel-Platz dem blauen Himmel zeigte /
Und Phœbus jener Welt die guͤldnen Strahlen reichte.
Da ſahe ich ein Kind von Engliſcher Statur,
An deſſen Ausbildung die guͤtige Natur
All ihre Krafft gewandt es goͤttlich auszuzieren;
Vor ihn muß Helena der Schoͤnheits-Pracht verliehren.
Die blaue Pallas weicht vor deſſen Augen-Licht /
Der Venus Guͤrtel hilfft auch dieſer Goͤttin nicht /
Die Juno muß vor ihn die trotzen Segel ſtreichen /
Calliope muß ihm an heller Stimme weichen.
Era -44Verliebte und galante Gedichte.
Eratens leichte Hand ſpielt kein ſo nett Clavier
Als dieſe Nymphe ſchlug / die in der ſchoͤnſten Zier
Sich vor denſelben wies mit ſchwartz geputzten Haaren /
Die auf der weiſſen Haut ſich mit Zinnober paaren /
Das auf dem Liljen-Feld der Wangen ſich geſetzt.
Der Bruͤſte Schnee Gebuͤrg mit Muſcus angenetzt
Wie weiſſer Marmor ſchien / darinn Turckoſen glaͤntzen /
Hier kan der ſchwache Kiehl das Wunder nicht ergaͤntzen;
Da meine ruͤde Fauſt ſchon allzuweit gepfluͤgt;
Gnug / daß ihr hoher Strahl ein ſteinern Hertz beſiegt /
Gnug / daß der Saͤyten-Schall den frohen Geiſt entzuͤcket /
Gnug / daß die holde Stimm der Freyheit Gold entruͤcket /
Und an unzaͤhligen die Sclaven-Feſſeln legt /
Die ſtatt der Unluſt-Laſt nur ſuͤſſe Luſt erregt /
Weil man vor Sclaven Koſt die pure Wolluſt iſſet /
Wenn ſich ihr holder Blick mit unſern Augen kuͤſſet.

An Dulcinden.

Dieweil mein Auge nicht die Strahlen an-kan ſchauen /
Die deiner Augen-Sonn mit ſtarcken Flammen ſcheußt /
So muß ich meine Quaal der Feder anvertrauen /
Daß ſie in weiß und ſchwartz die ſchuldge Ehr-furcht weißt.
Was aber ſoll Papier der Gluht ſich widerſetzen?
Vor der gewoͤlbt Cryſtall nicht einſt beſtehen kan /
Wird nicht dein ſtrenger Blitz es mit Gewalt verletzen
Eh deine ſchoͤne Hand das Siegel auffgethan?
Wann aber ſchoͤnſtes Kind das blitzen ſich geleget /
So glaub / daß Ehr und Furcht die keuſche Brunſt erhaͤlt /
Daß keine Geilheit wird in meiner Bruſt geheget /
Und daß kein Fall-Brett iſt dem Hermelin geſtellt /
Das eh den Tod begehrt / eh es ſein Fell betruͤbet
Jn den verſchantzten Koth ſo rein nun deſſen Haut /
So keuſch iſt mein Gemuͤht / dem Redlichkeit beliebet /
Nicht groſſe Schmeichelung von Zucker auffgebaut /
Worunter Kroͤten-Gifft der falſchen Geilheit ſtecket /
So bittre Wermuth zeugt / und Baſtlisken nehrt /
Mit45