Naͤchſt; da der Phoſphorus ſchon durch die Wolcken
brach /
Und dieſe dunckle Welt mit ſeinem Licht beſtrahlte;
Da Titans guͤldner Schein von ferne allgemach /
Auf der bethanten Au wie Diamanten prahlte.
Da ſuchte Seladon zu ſeinem Zeit-Vertreib /
Jm Garten ſeine Luſt; in den belaubten Aeſten /
Schlug hier ein Vogel an / dort lockte ihn das Weib;
Der ſuͤſſe Morgen-Wind / die ſanffte Lufft von Weſten.
Bließ ihm von Roßmarin ambrirten Odem an /
Der Floren bunte Schooß von ſchoͤnen Blumen glaͤntzte /
Mit mehr denn Koͤnigs-Pracht geziemend angethan /
Der Tulpen hohes Haupt ein ſchoͤner Krantz bekraͤntzte /
Die Hyacinthe ſtund in ihrer vollen Pracht /
Die Nelcken lieſſen ſich hoch-auffgebruͤſtet ſehen /
Die Lilje prahlete / wie ſie ſo ſchoͤn gemacht /
Die Roſe zeigte an / daß es mit recht geſchehen /
Da ſie zur Koͤniginn der Blumen ſey ernennt /
Narciſſus ließ alldort die weiſſen Locken hangen /
AUnd2Und ſchien aus Ubermuht noch in ſich ſelbſt entbrennt /
So ſah er ſeine Luſt an ihrem ſtoltzen Prangen /
Und ging mit ſanfften Schritt durch das Saphirne Gras /
Zu einem Manlbeer-Baum und deſſen kuͤhlen Schatten /
Allwo die Lieblichkeit in vollem Schmucke ſaß /
Die Ruhe nahm ihn auf in die bekleeten Matten.
Kaum aber hatt’ er ſich aufs weiche Gras gelegt /
Als ihm ein ſuͤſſer Schlaff die matten Augen ſchloſſe /
Da doch ſein Geiſt in ihm von hoͤhern Trieb erregt /
Recht ungemeine Luſt in dieſem Schlaff genoſſe.
Denn es erſchiene ihm der kleine Liebes Gott /
Und ſprach: wenn Seladon will meine Schaͤtze ſchauen?
So folge er mir nach in jene dunckle Grott /
Wenn er mir folgen will / und meinen Worten trauen?
So zeigt ihm meine Gunſt der Liebe Auffenthalt.
Der Antrag mugte gleich dem Seladon behagen /
Drum ging er Amorn nach / gelangte auch gar bald
Mit ihm daſelbſten an / wo deſſen ſchaͤtze lagen.
Der Grotten Finſterniß im Augenblick verſchwand /
Er ſah durch einem Blitz viel Fackeln angezuͤndet /
Und wuſte nicht wer ſie ſo ſchleunig angebrandt /
Dis ſind die Schaͤtze all / die man von Gold hier findet:
Hub Amor lieblich an / doch iſt der beſte Schatz
Jn jenem Cabinet dir noch verborgen blieben /
Verwunder dich des nicht / iſts gleich ein enger Platz /
Wo dieſer Schatz jetzt liegt / ſo muſt du ihn doch lieben.
Cupido zog hiemit ein duͤnnes Tuch bey ſeit /
Und zeigte ihm daſelbſt ein ſchoͤn geputztes Bette /
Darinnen lag ein Menſch mit Roſen uͤberſtreut /
Sonſt ward er nichts gewahr im gantzem Cabinette,
Und doch ſolt’ Amors Schatz daſelbſt verborgen ſeyn /
Da ſolten Cypripors koſtbahrſte Schaͤtze liegen!
Wo man kein Silber ſah / kein Gold / noch Demant-Stein /
Er dachte kleiner Schalck / du ſolt mich nicht betriegen /
Wie du im Sinne haſt; hier ſiehe Seladon:
Hub Amor zornig an mit harter Stimm zu ſprechen /
Verdammter Spoͤtter Geiſt / jetzt ſoll die Schoͤnheits-Sonn
Nach kurtzer Zauderung aus dunckeln Wolcken brechen.
Jn[-]3Jndem er dis geſagt / war auch das Bett’ entdeckt /
Er ſah ein Weibes-Bild / ſo gantz der Venus glieche /
Das hatte vorwerts ſich gantz nackend ausgeſtreckt /
Vor deren Schoͤnheits Glantz Helenens Schein erblieche.
Jhr gold entflammtes Haar / die Alabaſter Stirn /
Der blauen Augen Blitz / und die ſo ſchoͤnen Wangen
Wie Minch und Milch vermiſcht / verruͤckten ſein Gehirn /
Der wohl-formirte Mund ließ die Rubinen prangen /
So die Natur dahin zu unſer Luſt geſetzt /
Das Kinn war zugeſpitzt / der Hals als Marmor ſchiene /
So kuͤnſtlich als wenn ihn Pygmalion gemetzt.
Die Bruͤſte zeigten ſich wie eine Liljen Buͤhne.
Bald wie ein Marmor Meer / da Amors Winde wehn /
Es ließ dis ſtille Meer nur ſanffte Wellen ſpielen /
Des Bulgen Alabaſt darauf Corallen ſtehen.
Die Schiffer duͤrffen da kein Ungewitter fuͤhlen /
Weil der erwuͤnſchte Port ſchon in der Naͤhe iſt /
Der Wollen-weiche Bauch / der prangte mit Turckoſen /
Die ihre weiſſe Haut in ſchoͤnſter Zierde kuͤſt.
Die Huͤfften zeigten ſich wie weiſſe Anmuhts-Roſen /
Darzwiſchen die Natur ein ſchoͤnes Schloß gebaut.
Da ragte es hervor mit ſeinen Marmor Spitzen /
Darnach ein jedes Schiff als ſeinen Pharos ſchaut.
Liegt man in dieſem Port / ſo lacht man zu den Blitzen /
Kein rauher Sturm verdirbt der Wolluſt Lagerſtadt /
Da iſt der Sammel-Platz der allerſuͤßten Luͤſte /
Und Amor ſeinen Sitz in dieſer Gegend hat.
Dis iſt der ſchoͤne Wald und die beliebte Wuͤſte /
Der Liebe Paradies / der Luͤſte Canaan:
Wohin einjeder wuͤnſcht und unſer Reitzung ſtrebet /
Der Venus Muſchel-Schloß / Cupidens Luſt-Altaan /
Der ſeine Gegend ziert / und ihren Pracht erhebet.
Rubinen kroͤneten den Alabaſter Thron /
Zu welchem Koͤnige ſich auch in Demuht beugen /
Und vor ihm niederſtreun Hertz / Scepter / Reich und Kron /
Die da von ihrer Treu als Geiſſel muͤſſen zeugen.
Des Leibes Untertheil war auch wol werth zu ſehn /
Die Helffenbeinern Knie / die Spiegel-glatten Beine /
A 2Der4Der wohlgemachte Fuß / und die galanten Zeen /
Die ſchienen faſt geſchnitzt aus weiſſen Marmor Steine /
Hier ſiel die Decke zu / die Kurtzweil war vorbey /
Ohn daß er dieſes Bild demuͤhtig koͤnnen gruͤſſen /
Das Amor ihm gezeigt / daß es das ſchoͤnſte ſey.
Drauf muſt’ er ſeine Luſt mit herben Schmertzen buͤſſen /
Als der erzuͤrnte Gott ihn in das Hertze ſchoß /
Und ſprach: ſo muß ich dich / verruchter Spoͤtter lohnen /
Weil du entweyhet haſt Dionens Anmuhts-Schloß /
Fort packe dich dahin / wo Plutons Geiſter wohnen.
Hierauf verſchwand er ihm / die Fackeln gingen aus /
Er war mit groſſer Furcht mit herber Angſt umgeben /
Er tapte an der Wand / er fand kein Grotten-Haus /
Und ſah ein Jrwiſch-Licht mit ſchrecken um ihm ſchweben.
Demſelben folgte er zu ſeinem Schaden nach /
(Weil deſſen falſcher Schein auch Wachende bethoͤret)
Biß daß er endlich kam an einen groſſen Bach;
Wie nun ſein Ohr den Strohm und deſſen Brauſen hoͤret.
Da hatt’ er ſeinen Fuß ſchon in dem Fluß geſetzt.
Er lieff in Eyl zuruͤck / und floh des Jrwiſchs Schatten /
Weil er den Folgenden durch ſeinem Schein verletzt.
Doch ſah’ er ihn vor ſich mit vielen andern gatten /
Bis daß er endlich gar im Augenblick verſchwand.
Drauf war das gantze Feld mit Finſterniß bedecket /
Und er verharrete an dem bemooßten Strand.
Hier wurde er aus Noht / aus Furcht und Schlaff erwecket /
Denn ſeine Lesbia, die ſchenckte einen Kuß /
Dem treuem Seladon auf die erblaßten Wangen.
Er ſprung geſchwinde auf / fiel Lesbien zu Fuß /
Und ſprach: wohin mein Licht / mein eintziges Verlangen?
Cupido ſoll dennoch von mir geaͤffet ſeyn;
Sein Zorn iſt Kinder-Spiel / ſein Pfeil der wird verlachet /
Er darff zu unſer Luſt nicht bitter Wermuht ſtreun /
Weil ihr galantes Kind vor euren Liebſten wachet.
Die Worte hatte er im Schlaffe weggeredt /
Und nicht darauf geacht / daß Lesbia entwichen.
Die Falſche hatte ſich freywillig abgedreht /
Und weil die Liebe todt / die Treu dazu verblichen /
So5So ſolte Seladon der Falſchheit Opffer ſeyn;
Es ſolte ihm der Kuß zur letzten Oehlung dienen /
Und ihrer Lippen-Gifft vermehren ſeine Pein.
Sie ſagte bey ſich ſelbſt: nun iſt| der Tag erſchienen /
An welchem Seladon aus Kummer ſterben muß.
Allein / ob Amor ihn durch ihren Haß gleich beuget /
So lebt und lebet er dennoch ihr zum Verdruß /
Er ehrt das ſchoͤne Bild / das Amor ihm gezeiget /
Und bannet Lesbien auf wuͤſte Jnſuln hin /
Wo Loͤw und Tyger-Thier bey Baſilisken wohnen.
Es ſcheint ſein gluͤckes Stern / und lencket ſeinen Sinn /
Daß er die Falſche muß mit gleicher Muͤntze lohnen.
Verlaͤſt ihn Lesbia, ſo flieht er ihren Gang /
Spielt ſie mit ihrer Tren / ſo lacht er ſeiner Schwuͤre /
Zuͤrnt Cupido mit ihm / ſo ſagt er ihm doch Danck /
Wie er den Liebes-Brand nicht in der Seelen ſpuͤhre /
Den gegen Lesbien er ſonſt bey ſich gehegt.
Er nehrt die keuſche Brunſt / die ſein Gemuͤht er quicket /
So Amourettens - Bild daſelbſten angelegt;
Nachdem ihn Cypripor durch ihren Leib beruͤcket /
So zuͤndet ihr ſein Geiſt gebuͤhrend Weyrauch an /
Er ſchaͤtzet ihre Schooß mehr als der Heyden Goͤtter /
Weil ſie diejenigen zu Sclaven machen kan.
Vor dieſem beugen ſich auch die verruchſten Spoͤtter /
Und ſtreun dem Schooß-Altar den beſten Weyrauch auf.
Jm Felde prahlet Mars, hier muß er doch erliegen /
Die Venus zaͤhmet ihn / und hemmet ſeinen Lauff;
Siegt er gleich Fuͤrſten an / ſie kan er nicht beſiegen /
Er ſencket ſich erhitzt in ihre hole Schooß /
Und kuͤhlet bey ihr ab die heiſſen Liebes Flammen /
Die Venus ſpannt als dann den Anmuhts-Guͤrtel loß /
Und fuͤhret alle Luſt in dieſem Kreyß zuſammen /
Woher die Liebe ſelbſt den erſten Urſprung hat /
Wo ſie des Tages-Schein zum erſten hat genoſſen /
Als ſich ihr Muſchel-Schloß in bittrer See auffthat.
Die Reitzung iſt daſelbſt mit ihr zugleich entſproſſen /
Drum ſehnet jedes Schiff nach dieſem Haven hin /
Hier wuͤnſchet jede Jagd den Ancker auszuwerffen /
A 3Der6Der Schiffmann ſpricht: Nun ich in dieſem Haven bin /
Muß Jupiter umſonſt die Donner-Keile ſchaͤrffen /
Sein gelb-geflammter Strahl wird hier nicht mehr geacht /
Er ſelbſten wurd’ ein Schwaan um Ledens Schooß zu kuͤſſen /
Europa wurd von ihm in Stiers Geſtalt gebracht
Nach Creta, wo er ſie in Ruhe kunnt genieſſen /
Hier zeigte Jupiter durch ſein Exempel an /
Daß ſeine Staͤrcke muß vor Cypris Krafft entweichen /
Was keine Creatur von ihm erhalten kan /
Kan Acidalie mit leichter Muͤh’ erreichen.
Kein Wunder / daß der Menſch ſich nach dem Gute ſehnt /
Was ſelbſt der Goͤtter Zunfft / ſo ſehnlich hat begehret /
Wozu uns die Natur von Kindheit angewehnt /
Davon kein Uberfluß die Liebenden beſchweret.
Nun hatte Seladon der Lesbis abgeſagt /
Er wolte ihre Pracht hinfuͤhro nicht mehr ehren /
Weil aber noch ſein Hertz von Liebe ward geplagt /
So ließ er dieſem Spruch auf ſeinem Ruͤck-Weg hoͤren.
Cupido, der du mich durch deinen Schein beruͤckt /
Und in ein Schatten-Bild den luͤſtern Geiſt en tzuͤndet /
Mach’ ander Orten mich durch deine Gunſt begluͤckt /
Daß Lesbiens Verluſt die Bruſt nicht mehr empfindet.
Weis mir ein Maͤdgen an / das Amouretten gleicht /
Wo von dem Wangen-Feld die Roſe niemahls weicht /
Und ſolche Bruͤſte hat / den Liljen weichen muͤſſen.
Das Hertze laß wie Sammt / nicht Stahl und Eiſen ſeyn /
So daß ich ohne Quaal ihr Hertze mag gewinnen /
Und ſie mich mitder Zeit nimmt in die Muſchel ein /
Wo Seel’ in Seele ruht / und Geiſt-in Geiſter rinnen.