PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Trutz Simplex: Oder Ausfuͤhrliche und wunderſeltzame Lebensbeſchreibung Der Ertzbetruͤgerin und Landſtoͤrtzerin Couraſche /
Wie ſie anfangs eine Rittmei - ſterin / hernach eine Hauptmaͤnnin / ferner eine Leutenantin / bald eine Marcketente - rin / Mußquetirerin / und letzlich eine Ziegeunerin abgegeben / Meiſter - lich agiret / und ausbuͤndig vorgeſtellet: Eben ſo luſtig / annemlich uñ nutz - lich zu betrachten als Simpliciſſi - mus ſelbſt.
Gedruckt in Utopia /bei Felix Stratiot.
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Erklaͤrung des Kupffers: Oder die Den geneigten Leſer anredende Courage.

OB ich der Thorheit Kram hier gleich herunter ſtreue /
So wirff ichs drum nicht weg / umb daß es mich gereue /
daß Jch Jhn hiebevor geliebet und gebraucht /
ſondern dieweil Er jetzt zu meinem Standt nichts taugt.
Haar-Puder brauch ich nicht / noch Schminck / noch Haar zukraͤuſen
mein gantzer Anſtrich iſt nur Salbe zu den Laͤuſen /
tracht ſonſten nur nach Gelt und mach mir das zu nutz
und was Jch moͤge thun dem Sym - plici zu Trutz.
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Kurtzer doch ausfuͤhrlicher Jnnhalt und Auszug Der Merckwuͤrdigſten Sachen eines jeden Capitels Dieſer Luſt und Lehrreichen Lebensbeſchreibung der Ertz - landſtoͤrtzerin und Zigen - nerin Courage.

  • Das I. Capitel. Gruͤndlicher und Nohtwendiger Vor - bericht / weme zu Liebe und Gefallen / und aus was dringenden Urſachen die alte Ertzbetruͤ - gerin / Landſtoͤrtzerin und Zigeunerin Courage ihren wundernswuͤrdigen und rechtſeltzamen Lebenslauf erzehlet / und der gantzen Welt vor die Augen ſtellet.
  • Das II. Cap. Jungfrau Lebuſchka (hernachmals genanndte Courage) kommt in den Krieg / und nennet ſich Janco, muß in demſelben eine Zeitlang einen Cammerdiener abgeben; dabey veꝛmeldet wird / wie ſie ſich verhalten / und was ſich verwunder - liches ferner mit ihr zugetragen. A ijDas III. 4Das III. Cap. Janco vertauſchet ſein Edles Jungferkraͤntzlein bey einem reſoluten Rittmeiſter um den Nah - men Couraſche.
  • Das IV. Cap. Courage wird darum eine Ehefrau und Ritt - meiſterin / weil ſie gleich darauf wieder zu einer Wittwe werden muſte / nach dem ſie vorhero den Eheſtand eine weile lediger Weiſe getrieben hatte.
  • Das V. Cap. Was die Rittmeiſter in Courage in ihrem Witt - wenſtand vor ein erbares und zuͤchtiges: wie auch verruchtes Gottloſes Leben gefuͤhret; wie ſie einem Grafen zu willen wird / einen Am - baſſador um ſeine Piſtolen bringet / und ſich andern mehr um reiche Beute zu erſchnappen willig unterwirft.
  • Das VI. Cap. Courage kommt durch wunderliche Schickung in die zweyte Ehe / und freyete einen Haupt - mann / mit dem ſie treflich gluͤckſelig und ver - gnuͤgt lebte.
  • Das VII. Cap. Courage ſchreitet zur dritten Ehe / und wird aus einer Haupmaͤnnin eine Leutenantin / trifts aber nicht ſo wol als vorhero / ſchlaͤgt ſich mit ihren Leutenant um die Hoſen mit Pruͤ - geln / und gewinnet ſolche durch ihre tapferereſolu -5reſolution und Courage; darauff ſich ihr Mañ unſichtbar macht / und ſie ſitzen laͤſſt.
  • Das VIII. Cap. Courage haͤlt ſich in einer Occaſion trefflich friſch / haut einem Soldaten den Kopff ab / bekommt einen Major gefangen / und erfaͤhrt daß ihr Leutenant als ein Meineydiger-Uber - lauffer gefangen und gehencket worden.
  • Das IX. Cap. Courage quittirt den Krieg / nach dem ihr kein Stern mehr leuchten will / und ſie faſt von je - derman vor einen Spott gehalten wird.
  • Das X. Cap. Courage erfaͤhret nach langem Verlangen / Wün - ſchen und Begehren wer ihre Eltern geweſen / und freyet darauff wiederumb einen Haupt - mann.
  • Das XI. Cap. Die Neue Hauptmaͤnnin Courage ziehet wieder in den Krieg / und bekam einen Rittmeiſter / Quartiermeiſter und gemeinen Reuter durch ihre Heldenmaͤſſige Tapfferkeit in einen bluti - gen Gefecht gefangen. Verleurt darauff ih - ren Mann und wird eine ungluͤckſelige Wittbe.
  • Das XII. Cap. Der Courage wird ihre treffliche Courage auch wieder trefflich von dem ehedeſſen von ihr ge - fangnen Major eingetraͤnckt / wird jedermans Hur / darauff nackend ausgezogen / und mußA iijeine6eine gar ſchaͤndliche Arbeit verrichten. Wird aber endlich von einem Rittmeiſter / den ſie auch vorhero gefangen bekommen / erbetten / daß ihr nicht etwas aͤrgers wiederfuhr; und darauff auff ein Schloß gefuͤhrt.
  • Das XIII. Cap. Courage wird als ein graͤfliches Fraͤulein auff ei - nem Schloß gehalten / von dem Rittmeiſter gar offt beſucht / und treflich bedienet / aber endlich auff Erfahrung der Eltern des liebha - benden Rittmeiſters durch zween Diener gar liſtig aus dem Schloß nacher Hamburg ge - bracht / und daſelbſt elendiglich verlaſſen.
  • Das XIV. Cap. Courage wirfft ihre Liebe auff einen jungen Reu - ter / der einen Corporal / ſo ihme Hoͤrner auff - ſetzen wolte / alſo zeichnete / daß er des Aufſte - hens vergas. Darauf wird ihr Liebſter har - quebuſirt / die Courage aber mit Steckenknech - ten vom Regiment geſchicket / die zweyen Reu - tern / ſo Gewalt an ſie legen wolten ziemlich uͤbel mitfuhre / da ihr ein Muſquetirer zu Huͤlf - fe kame.
  • Das XV. Cap. Courage haͤlt ſich bey einem Marcketenter auf; ein Muſquetirer verliebt ſich trefflich in ſie / dem ſie etliche gewiſſe Conditiones vorſchreibet / wie ſie den Eheſtand lediger weiſe mit ihme treiben moͤchte. Wird auch darauf eine Marcketenterin.
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  • Das XVI. Cap. Courage nennet ihren Courtiſan den Muſqueti - rer mit dem Nahmen Springinsfeld; dem ein Fenderich / auf der Courage Anſtalt / gar liſtig ein paar groſſer Hoͤrner aufſetzet / darzu der Courage vermeinte Mutter treulich hilfft / kurtz / ſie ziehet ihn trefflich bey der Naſen her - umb / und ſchicket ſich ſtattlich in den Handel.
  • Das XVII. Cap. Der Courage wiederfaͤhrt ein laͤcherlicher Poſſe / den ihr eine Kuͤrſchnerin auf Anſtifften einer Jtalianiſchen Putanin erwieſen / als ſie eben bey einem vornemen Herren beym Nachtim - biß war; ſie bezahlet aber ſo wol die Putanen als die Kuͤrſchnerin wieder redlich und aus - buͤndig / macht auch einem Apotecker ein wun - derliches Stuͤckchen.
  • Das XVIII. Cap. Die gewiſſenloſe Couraſche erkaufft von einem Muſquetirer einen Spiritum Familiarem em - pfindet darbey groſſes Gluͤck / und gehet ihr alles nach Wunſch und Willen von ſtatten.
  • Das XIX. Cap. Courage richtet ihren Springinsfeld zu allerley Schelmenſtuͤcklein trefflich ab / der ſich bey ei - ner vornemen Dame vor einen Schatzgraͤber ausgiebt / in den Keller gelaſſen wird / darauf etliche koſtbare Kleinodien liſtig erpracticirt / und bey Nacht von Courage aus dem Keller gezogen wird.
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  • Das XX. Cap. Courage nebenſt ihrem Springinsfeld beſtiehlt zween Meylaͤnder auf unerhoͤrte Weiſe / inde - me ſie dem einem / der ſehen wolte / was in ih - rer Huͤtten vor ein Gepolter war / und den Kopff zum Guckloch ausſteckte / mit ſcharffem Eſſig in die Augen ſpruͤtzte / dem andern aber den Weeg mit ſcharffen Dornen verlegte.
  • Das XXI. Cap. Courage wird von ihrem Springinsfeld im Schlaff mit Ohrfeigen angepacket / und uͤbel zugerichtet / der aber / nachdem er erwachet / ſie demiitig umb Gnade und Verzeihung bit - tet / welches doch nichts helffen will.
  • Das XXII. Cap. Courage wird von ihrem Springinsfeld im Schlaff aus dem Bett nur im Hembd gegen des Obriſten Wachtfeuer zugetragen / daruͤber ſie erwacht / und jaͤmmerlich zu ſchreyen begin - net / daß alle Officirer zulauffen / und des Poſ - ſens lachen; ſie ſchaffet ihn darauf von ſich / und giebt ihm das beſte Pferd / nebenſt 100. Ducaten und dem Spiritu Familiari.
  • Das XXIII. Cap. Courage heuratet wiederumb einen Hauptmañ / wird aber deſſen / ehe er kaum bey ihr erwar - met / wieder beraubet. Laͤſſet ſich darauf auf ihres erſten Hauptmanns Guͤter in Schwa - benland nieder / und treibt ihr Huren-Hand -werck9werck wie zuvor / doch gar vorſichtig mit den eingequartirten Soldaten.
  • Das XXIV. Cap. Courage bekommt eine unflaͤtige Kranckheit / reiſet darauf in den Sauerbronnen / und macht mit Simplicio Kundſchafft; als er ſie betreugt / betreugt ſie ihn redlich wieder / und laͤſſt ihm ihrer Magd neugebornes Kind vor ſeine Thuͤr legen / nebenſt Schrifftlichem Bericht / als ob es Courage mit ihm erzeugt haͤtte.
  • Das XXV. Cap. Courage treibet mit einem alten Suſannen - Mann in ihrem Garten ungebührliche Haͤn - del / als eben zween Muſquetierer auf einem Baum Birnen mauſeten / und der eine aus Unvorſichtigkeit die geraubten Birnen alle fal - len ließ. Darüber die Courage mit ihrem al - ten Liebhaber vertrieben / endlich offenbaret / und der Stadt verwieſen wird.
  • Das XXVI. Cap. Courage wird eine Muſquetiererin / ſchachert darbey mit Taback und Brandtewein. Jhr Mann wird verſchicket / welcher unterweegs einen toden Soldaten antrifft / den er auszie - het / und weil die Hoſen nicht herunter wol - ten / ihm die Schenckel abhaut / alles zuſam - men packet / und bey einem[Bauren] einkehret / die Schenckel zu Nachts hinterlaͤſſet / und Reißaus nimmt. Darauf ſich ein recht laͤcher - licher Poß zutraͤgt.
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  • Das XXVII. Cap. Nachdem der Courage Mann in einem Treffen geblieben / und Courage ſelbſt auf ihrem Maul - eſel entrunnen / trifft ſie eine Ziegeuner-Schaar an / unter welchen der Leutenant ſie zum Weib nimmt / ſie ſagt einem verliebten Fraͤulein Waar / entwendet ihr daruͤber alle Kleinodien / behaͤlt ſie aber nicht lang / ſondern muß ſolche wol abgepruͤgelt wieder zuſtellen.
  • Das XXVIII Cap. Couraſche kommt mit ihrer Compagnie in ein Dorff / darinnen Kirchweyh gehalten wird / rei - tzet einen jungen Ziegeuner an / eine Henne tod zu ſchieſſen; ihr Mann ſtellet ſich ſolchen aufhencken zu laſſen / wie nun jederman im Dorff hinaus lief dieſem Schauſpiel zuzuſe - hen / ſtahlen die Ziegeunerinnen alles Gebra - tens und Gebackens / und machen ſich ſamt ihrer gantzen Zunfft eiligſt und liſtig darvon.
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Das I. Capitel.

Gruͤndlicher und nohtwendiger Vorbericht / weme zu Liebe und Gefal - len / und aus was dringenden Urſachen die alte Ertzbetrügerin / Landſtürtzerin und Zigeunerin Courage ihren wundernswuͤrdigen und recht ſeltzamen Lebens-Lauff erzehlet / und der gantzen Welt vor die Augen ſtellet.

JA! (werdet ihr ſagen / ihr Her - ren!) wer ſolte wol gemeint ha - ben / daß ſich die alte Schell ein - mal unterſtehen wuͤrde dẽ kuͤnff - tigen Zorn Gottes zu entrinnen? Aber was wolt darvor ſeyn / ſie muß wol! dañ das Gumpen ihrer Jugend hat ſich ge - endigt! ihr Muhtwill und Vorwitz hat ſich gelegt / ihr beſchwertes und geaͤng - ſtigtes Gewiſſen iſt aufgewacht / und das verdroſſene Alter hat ſich bey ihr einge - ſtellt / welches ihre vorige uͤberhaͤuffte Thorheiten laͤnger zu treiben ſich ſchaͤ - met / und die begangene Stuͤck laͤnger im Hertzen verſchloſſen zu tragen ein Eckel und Abſcheu hat; Das alte Ra -A vjben -12benaaß faͤhet einmal an zu ſehen und zu fuͤhlen / daß der gewiſſe Tod naͤchſtens bey ihr anklopffen werde / ihr den letzten Abdruck abzunoͤhtigen / vermittelſt deſ - ſen ſie unumbgaͤnglich in ein andere Welt verreiſen / und von allem ihrem hieſigen Thun und Laſſen genaue Re - chenſchafft geben muß; darumb begin - net ſie im Angeſicht der gantzen Welt ih - ren alten Eſel vom uͤberhaͤuffter Laſt ſei - ner Beſchwerden zu entladen / ob ſie viel - leicht ſich umb ſo viel erleichtern moͤchte / daß ſie Hoffnung ſchoͤpffen koͤnnte noch endlich die himmliſche Barmhertzigkeit zu erlangen! Ja! (ihr liebe Herren!) das werdet ihr ſagen; Andere aber wer - den gedencken / ſolte ſich die Courage wol einbilden doͤrffen / ihre alte zuſammen gerumpelte Haut / die ſie in der Jugend mit Frantzoͤſiſcher Grindſalb / folgends mit allerhand Jtalian - und Spaniſcher Schmincke / und endlich mit Egyptiſcher Laͤusſalben und vielem Gaͤnsſchmaltz geſchmieret / beym Feuer ſchwartz geraͤu - chert / und ſo offt eine andere Farbe an -zuneh -13zunehmen gezwungen / widerumb weiß zu machen? Solte ſie wol vermeinen / ſie werde die eingewurtzelte Runtzeln ihrer Laſterhafften Stirn austilgen / und ſie widerumb in den glatten Stand ihrer erſten Unſchuld bringen / wann ſie der - geſtalt ihre Bubenſtuͤck und begangne Laſter Berichts weiß daher erzehlet von ihrem Hertzen zu raumen? ſolte wol die - ſe alte Vettel jetzt / da ſie alle beyde Fuͤſ - ſe bereits im Grab hat / wann ſie anders wuͤrdig iſt eines Grabs theilhafftig zu werden / dieſe Alte / (werdet ihr ſagen /) die ſich ihr Lebtag in allerhand Schand und Laſtern umbgeweltzt / und mit meh - rern Miſſethaten als Jahren / mit meh - ren Hurenſtuͤcken als Monaten / mit mehrern Diebsgriffen als Wochen / mit mehrern Tod-Suͤnden als Tagen / und mit mehrern gemeinen Suͤnden als Stunden beladen; die / deren / ſo alt ſie auch iſt / noch niemal keine Bekehrung in Sinn kommen / ſich unterſtehen mit Gott zu verſoͤhnen? Vermeinet ſie wol anjetzo noch zurecht zu kommen / da ſieA vijallbe -14allbereit in ihrem Gewiſſen anfaͤhet mehr hoͤlliſche Pein und Marter auszu - ſtehen / als ſie ihre Tage Wolluͤſte ge - noſſen und empfunden? Ja! wann die - ſe unnuͤtze abgelebte Laſt der Erden ne - ben ſolchen Wolluͤſten ſich nicht auch in andern allerhand Ertzlaſtern herumb ge - waͤltzt / Ja gar in der Bosheit allertieff - ſten Abgrund begeben und verſenckt haͤt - te / So moͤchte ſie noch wol ein wenig Hoffnung zu faſſen die Gnad haben koͤn - nen; Ja ihr Herren! das werdet ihr ſa - gen / das werdet ihr gedencken / und alſo werdet ihr euch uͤber mich verwundern / wann euch die Zeitung von dieſer meiner Haupt - oder General Beicht zu Ohren kommt; und wann ich ſolches erfahre / ſo werde ich meines Alters vergeſſen / und mich entweder wider jung / oder gar zu Stuͤcken lachen! Warumb das Coura - ge? warumb wirſt du alſo lachen? dar - umb / daß ihr vermeinet / ein altes Weib / die des Lebens ſo lange Zeit wol gewoh - net / und die ihr einbildet / die Seele ſeye ihr gleichſam angewachſen / gedencke andas15das Sterben / Eine ſolche / wie ihr wiſ - ſet daß ich bin und mein Lebtag geweſen / gedencke an die Bekehrung! und die je - nige ſo ihren gantzen Lebens-Lauff / wie mir die Pfaffen zu ſprechen / der Hoͤllen zugerichtet / gedencke nun erſt an den Himmel. Jch bekenne unverholen / daß ich mich auf ſolche Hinreis / wie mich die Pfaffen uͤberreden wollen / nicht ruͤſten / nachdeme / was mich ihrem Vorgeben nach verhindert / voͤllig zu reſignirn ent - ſchlieſſen koͤnnen; als worzu ich ein Stuͤck zu wenig / hingegen aber etlicher / vornemblich aber zweyer zu viel habe; das / ſo mir manglet / iſt die Reu / und was mir manglen ſolte / iſt der Geitz und der Neid; wann ich aber meinen Glum - pen Gold / den ich mit Gefahr Leib und Lebens / ja / wie mir geſagt wird / mit Verluſt der Seeligkeit zuſammen ge - raſpelt / ſo ſehr haſſe als ich meinen Ne - ben-Menſchen neide / und meinen Ne - ben-Menſchen ſo hoch liebte als mein Geld / ſo moͤchte vielleicht die himmli - ſche Gabe deꝛ Reue auch folgen; ich weißdie16die Art der unterſchiedlichen Alter eines jeden Weibsbilds / und beſtaͤttige mit meinem Exempel / daß alte Hund ſchwer - lich baͤndig zu machen; die Cholera hat ſich mit den Jahren bey mir vermehrt / und ich kan die Gall nicht heraus neh - men / ſolche wie der Metzger einen Saͤu - Magen umbzukehren und auszubu - tzen; wie wolte ich dann dem Zorn wi - derſtehen moͤgen? wer will mir die uͤber - haͤuffte Phlegmam evacuirn und mich al - ſo von der Traͤgheit curiren? Wer be - nimmt mir die Melancholiſche Feuch - tigkeit / und mit derſelbigen die Neigung zum Neid? Wer wird mich uͤberreden koͤnnen / die Ducaten zu haſſen / da ich doch aus langer Erfahrung weiß / das ſie aus Noͤhten erretten / und der einige Troſt meines Alters ſeyn koͤnnen / da - mal / damal / ihr Herrn Geiſtliche! wars Zeit / mich auf den jenigen Weeg zu wei - ſen / den ich euern Raht nach jetzt erſt antretten ſoll / als ich noch in der Bluͤt meiner Jugend / und in dem Stand meiner Unſchuld lebte; dann ob ich gleichda -17damals die gefaͤhrliche Zeit der kuͤtzel - hafften Anfechtung angieng / ſo waͤre mir doch leichter geweſen dem Sanguini - ſchen Antrieb / als jetzunder der uͤbrigen dreyen aͤrgſten Feuchtigkeiten gewaltſa - men Anlauff zugleich zuwiderſtehen; darumb gehet hin zu ſolcher Jugend / deren Hertzen noch nicht / wie der Cou - rage, mit andern Bildniſſen befleckt / und lehret / ermahnet / bittet / Ja beſchwe - ret ſie / daß ſie es aus Unbeſonnenheit nimmermehr ſo weit ſoll kommen laſſen / als die arme Courage gethan; Aber hoͤre Courage, wann du noch nicht im Sinn haſt dich zu bekehren / warumb wilſt du dann deinen Lebens-Lauff Beichtsweiß erzehlen / und aller Welt deine Laſter of - fen bahrn? Das thue ich dem Simpliciſ - ſimo zu Trutz! weil ich mich anderer Ge - ſtalt nicht an ihm raͤchen kan; dann nach dem dieſer ſchlimme Vocativus mich im Saurbrunnen geſchwaͤngert ſcilicet, uñ hernach durch einen ſpoͤttlichen Poſſen von ſich geſchafft / gehet er erſt hin / und rufft meine und ſeine eigne Schand / ver -mit -18mittelſt ſeiner ſchoͤnen Lebens-Beſchrei - bung vor aller Welt aus; aber ich will ihm jetzunder hingegen erzehlen / mit was vor einem erbarn Zobelgen er zu ſchaffen gehabt / damit er wiſſe / weſſen er ſich geruͤhmt; und vielleicht wuͤnſchet / daß er von unſerer Hiſtori allerdings ſtill geſchwiegen haͤtte; Woraus aber die gantze erbare Welt abzunehmen / daß gemeiniglich Gaul als Gurr: Hurn und Buben eins Gelichters: und keins umb ein Haar beſſer als das ander ſey; gleich und gleich geſellt ſich gern / ſprach der Teuffel zum Kohler / und die Suͤnden und Suͤnder werden widerumb gemei - niglich durch Suͤnden und Suͤn - der abgeſtrafft.

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Das II. Capitel.

Jungfrau Lebuſchka (hernach - mals genannte Courage) kommt in den Krieg / nennet ſich Janco / und muß in demſelben eine Zeitlang einen Cammerdiener abgeben; da - bey vermeldet wird / wie ſie ſich verhalten / und was ſich verwunderliches ferner mit ihr zugetragen.

DJe jenige / ſo da wiſſen / wie die Sclavoniſche Voͤlcker ihre Leib - eigne Unterthanen tractirn / doͤrff - ten wol vermeinen / ich waͤre von einem Boͤhmiſchen Edelmann und eines Bau - ren Tochter erzeugt und geboren wordẽ; Wiſſen und Meinen iſt aber zweyerley; ich vermeine auch viel Dings und weiß es doch nicht; wann ich ſagte / ich haͤtte gewuſt / wer meine Eltern geweſen / ſo wuͤrde ich luͤgen / und ſolches waͤre nicht das erſte mal; dieſes aber weiß ich wol / daß ich zu Bragoditz zaͤrtlich genug auf - erzogen / zur Schulen gehalten / und mehr als ein geringe Tochter zum Naͤ - hen / Stricken / Sticken und anderer dergleichen Frauenzimmer Arbeit ange -fuͤhrt20fuͤhrt worden bin; das Koſtgelt kam fleiſſig von meinem Vatter / ich wuſte aber drumb nicht woher / und meine Mutter ſchickte manchen Gruß / mit de - ren ich gleichwol mein Tage kein Wort geredet; als der Baͤyerfuͤrſt mit dem Bucquoy in Boͤhmen zog / den neuen Koͤnig widerumb zu verjagen / da war ich eben ein fuͤrwitzigs Ding von drey - zehen Jahren / welches anfieng nach zu - tichten / wo ich doch herkommen ſeyn moͤchte; und ſolches war mein groͤſtes Anligen; weil ich nicht fragen dorffte / und von mir ſelbſt nichts ergruͤnden koñ - te; ich wurde vor der Gemeinſchafft der Leut verwahrt wie ein ſchoͤnes Gemaͤhl vorm Staub; meine Coſtfrau behielte mich immer in den Augen / und weil ich mit andern Toͤchtern meines Alters kei - ne Geſpielſchafft machen dorffte / ſihe ſo vermehrten ſich meine Grillen und Dauben / die der Fuͤrwitz in meinem Hirn ausheckte / auſſer welchen ich mich auch mit ſonſt nichts bekuͤmmerte.

Als21

Als ſich nun der Hertzog aus Baͤyern vom Bucquoy ſeparirte, gieng der Baͤy - er vor Budweiß / dieſer aber vor Bra - goditz; Budweiß ergab ſich bey Zeiten / und thaͤt ſehr weißlich / Bragoditz aber erwartet und erfuhr den Gewalt der Kaͤiſerlichen Waffen / welche auch mit den Halsſtarrigen grauſam umbgien - gen; da nun meine Koſtfrau ſchmeckte / wo die Sach hinaus wolte / ſagte ſie zeitlich zu mir / Jungfrau Libuſchka / wann ihr eine Jungfrau bleiben wolt / ſo muͤſt ihr euch ſcheeren laſſen / und Manns-Kleider anlegen / wo nicht / ſo wolte ich euch keine Schnalle umb euer Ehre geben / die mir doch ſo hoch befoh - len worden zu beobachten; ich dachte / was vor frembde Reden ſeyn mir das? Sie aber kriegte eine Scheer / und ſchnit - te mir mein goldfarbes Haar auf der rechten Seiten hinweg / das auf der Lin - cken aber lieſſe ſie ſtehen / in aller Maß und Form / wie es die vornembſte Mañs - Perſonen damals trugen; ſo / mein Tochter! ſagte ſie / wann ihr dieſemBStrudel22Strudel mit Ehren entrinnet / ſo habt ihr noch Haar genug zur Zierd / und in einem Jahr kan euch das ander auch wider wachſen; ich lieſſe mich gern troͤ - ſten / dañ ich bin von Jugend auf gena - turt geweſen / am allerliebſten zu ſehen / wann es am allernaͤrriſchten hergieng; und als ſie mir auch Hoſen uñ Wambſt angezogen / lernte ſie mich weitere Schritte thun / und wie ich mich in den uͤbrigen Geberden verhalten ſolte; alſo erwarteten wir der Kaͤiſerlichen Voͤlcker Einbruch in die Stadt; meine Koſtfrau zwar mit Angſt und Zittern / ich aber mit groſſer Begierde / zu ſehen / was es doch vor eine neue ungewoͤhnliche Kuͤrbe ſe - tzen wuͤrde; ſolches wurde ich bald ge - wahr; ich will mich aber drumb nicht aufhalten mit Erzehlung / wie die Maͤn - ner in der eingenommenen Stadt von den Uberwindern gemetzelt: die Weibs - bilder genohtzuͤchtiget / und die Stadt ſelbſt gepluͤndert worden; ſintemal ſol - ches in dem verwichenen langwierigen Krieg ſo gemein und bekandt worden /daß23daß alle Welt genug darvon zu ſingen und zu ſagen weiß; diß bin ich ſchuldig zu melden / wann ich anders mein gantze Hiſtori erzehlen will / daß mich ein Teut - ſcher Reuter vor einen Jungen mit nahm / bey dem ich der Pferdte warten und forragirn: das iſt / ſtehlen helffen ſol - te; ich nennete mich Janco und koñte zim - lich Teutſch lallen / aber ich lieſſe michs / aller Boͤhmen Brauch nach / drumb nicht mercken; darneben war ich zart / ſchoͤn und Adelicher Geberden / und wer mir ſolches jetzt nicht glauben will / dem wolte ich wuͤnſchen / daß er mich vor 50. Jahren geſehen haͤtte / ſo wuͤrde er mir deſſentwegen ſchon ein ander gut Zeug - niß geben.

Als mich nun dieſer mein erſter Herr zur Compagnia brachte / fragte ihn ſein Rittmeiſter / welches in Warheit ein ſchoͤner junger tapfferer Cavallier war / was er mit mir machen wolte? Er ant - wortet / was andere Reuter mit ihren Jungen machen; Mauſen und der Pferdte warten / worzu die BoͤhmiſcheB ijArt /24Art / wie ich hoͤre / die beſte ſeyn ſoll; man ſagt vor gewiß / wo ein Boͤhm Kuder aus einem Haus trage / da werde gewiß - lich kein Teutſcher Flachs in finden; wie aber? antwortet der Rittmeiſter / wann er diß Boͤmiſch Handwerck an dir an - ſieng / und ritte dir zum Probſtuͤck deine Pferdt hinweg; ich will / ſagt der Reu - ter / ſchon Achtung auf ihn geben / bis ich ihn aus der Kuͤheweid bringe; die Bau - ren-Buben / antwortet der Rittmeiſter / die bey den Pferdten erzogen worden / geben viel beſſere Reuter-Jungen als die Burgers Soͤhne / die in den Staͤd - ten nicht lernen koͤnnen wie einem Pferd - te zu warten; zu dem dunckt mich / dieſer Jung ſey ehrlicher Leut Kind und viel zu haͤckel auferzogen worden / einem Reu - ter ſeine Pferd zu verſehen; ich ſpitzte die Ohren gewaltig / ohne daß ich derglei - chen gethan haͤtte / daß ich etwas von ih - rem Diſcurs verſtuͤnde / weil ſie Teutſch re - deten; meine groͤſte Sorg war / ich moͤch - te wider abgeſchafft / und nach dem ge - pluͤnderten Bragodiz zuruck gejagt wer -den /25den / weil ich die Trommeln und Pfeif - fen / das Geſchuͤtz / und die Trompeten / von welchem Schall mir das Hertz im Leib aufhupffte / noch nicht ſatt genug gehoͤrt hatte; zu letzt ſchickte ſichs / ich weiß nicht zu meinem Gluͤck oder Un - gluͤck / daß mich der Rittmeiſter ſelbſt be - hielte / daß ich ſeiner Perſon wie ein Pa - ge und Cammerdiener aufwarten ſolte; dem Reuter aber gab er einen andern Boͤhmiſchen Knollfincken zum Jungen / weil er ja einen Dieb aus unſerer Nati - on haben wolte;

Alſo ſchickte ich mich nun gar artlich in den Poſſen; ich wuſte meinem Ritt - meiſter ſo trefflich zu Fuchsſchwaͤntzen / ſeine Kleidungen ſo ſauber zu halten / ſein weiß leinen Zeug ſo nett zu accom - modirn, und ihm in allem ſo wol zu pfle - gen / daß er mich vor den Kern eines gu - ten Cammer dieners halten muſte; und weil ich auch einen groſſen Luſt zum Ge - wehr hatte / verſahe ich daſſelbe derge - ſtalten / daß ſich Herr und Knechte dar - auf verlaſſen durfften / und dannenheroB iijerhiel -26erhielte ich bald von ihm / daß er mir ei - nen Degen ſchenckte / und mich mit einer Maultaſche Wehrhafft machte; uͤber das / daß ich mich hierinn ſo friſch hielte / muſte ſich auch jederman uͤber mich ver - wundern / und vor die Anzeigung eines unvergleichlichen Verſtands halten / daß ich ſo bald Teutſch reden lernete / weil niemand wuſte / daß ichs bereits von Jugend auf lernen muͤſſen; darneben be - fliſſe ich mich aufs hoͤchſte / alle meine Weibliche Sitten auszumuſtern / und hingegen Mannliche anzunehmen; ich lernte mit Fleiß fluchen wie ein anderer Soldat / und darneben Sauffen wie ein Buͤrſtenbinder / ſoff Bruͤderſchafft mit denen / die ich vermeinte das ſie mei - nes Gleichens waͤren / und wann ich et - was zu beteuern hatte / ſo geſchahe es bey Dieb und Schelmen ſchelten / damit ja niemand mercken ſolte / warumb ich in meiner Geburt zu kurtz kommen / oder was ich ſonſt nicht mit - gebracht.

Das III. 27

Das III. Capitel.

Janco vertauſchet ſein Edles Jungſer-Kraͤntzlein bey einem reſolu - ten Rittmeiſter umb den Nahmen Conraſche.

MEin Rittmeiſter war / wie hiero - ben gemeldet / ein ſchoͤner junger Cavallier / ein guter Reuter / ein guter Fechter / ein guter Daͤntzer / ein Reuteriſcher Soldat / und uͤberaus ſehr auf das Jagen verbicht; ſonderlich mit Windhunden die Haaſen zu hetzen war ſein groͤſter Spaß; er hatte ſo viel Barts umbs Maul als ich / und wann er Frau - enzimmer-Kleider angehabt haͤtte / ſo haͤtte ihn der Tauſendſte vor eine ſchoͤne Jungfrau gehalten; aber wo komm ich hin? ich muß meine Hiſtori erzehlen; als Budweis und Bragodiz uͤber / gien - gen beyde Armeen vor Pilſen / welches ſich zwar tapffer wehrete / aber hernach auch mit jaͤmmerlichem Wuͤrgen und Aufhencken ſeine Straff empfieng; von dannen ruckten ſie auf Raconitz / allwoB iiijes28es die erſte Stoͤß im Feld ſetzte / die ich ſa - he; und damals wuͤnſchte ich ein Mann zu ſeyn / umb dem Krieg meine Tage nachzuhaͤngen; dann es gieng ſo luſtig her / daß mir das Hertz im Leib lachte; und ſolche Begierde vermehrte mir die Schlacht auf dem weiſſen Berg bey Prag / weil die unſere einen groſſen Sieg erhielten und wenig Volck einbuͤ - ſten; damals machte mein Rittmeiſter treffliche Beuten / ich aber lieſſe mich nicht wie ein Page oder Caͤmmerling / vielweniger als ein Maͤgdgen / ſondern wie ein Soldat gebrauchen / der an den Feind zu gehen geſchworen / und dar - von ſeine Beſoldung hat.

Nach dieſem Treffen marchirt der Hertzog aus Baͤyern in Oeſterreich / der Saͤchſiſche Churfuͤrſt in die Laußnitz / und unſer General Bucquoy in Maͤhren / des Kaͤiſers Rebellen widerumb in Ge - horſam zu bringen; und indem ſich die - ſer letztere an ſeiner bey Raconitz em - pfangenen Beſchaͤdigung curiren lieſſe; ſihe / da bekam ich mitten in derſelbigenRuhe /29Ruhe / ſo wir ſeinethalber genoſſen / eine Wunden in mein Hertz / welche mir mei - nes Rittmeiſters Liebwuͤrdigkeit hinein truckte; dann ich betrachtete nur die je - nige Qualitaͤten / die ich oben von ihm erzehlet / und achtete gar nicht / daß er we - der Leſen noch Schreiben konnte / und im uͤbrigen ſo ein roher Menſch war / daß ich bey meiner Treu ſchweren kan / ich haͤtte ihn niemahlen hoͤren oder ſehen be - ten; und wann ihn gleich der weiſe Koͤ - nig Alphonſus ſelbſt eine ſchoͤne Beſtia genannt haͤtte / ſo waͤre mein Liebes - Feur / das ich hegte / doch nicht darvon verloſchen / welches ich aber heimlich zu halten gedachte / weil mirs meine wenig uͤbrighabende Jungfraͤuliche Scham - hafftigkeit alſo riehte; es geſchahe aber mit ſolcher Ungedult / daß ich / unange - ſehen meiner Jugend / die noch keines Manns wehrt war / mir offt wuͤnſchte / der jenigen Stelle zu vertretten / die ich und andere Leute ihm zu Zeiten zu kup - pelten; ſo hemmte Anfaͤnglich auch nicht wenig den ungeſtuͤmmen und gefaͤhrli -B vchen30chen Ausbruch meiner Liebe / daß mein Liebſter von einem edlen und Namhaff - ten Geſchlecht geboren war / von dem ich mir einbilden muſte / daß er keine / die ihre Eltern nicht kennete / ehelichen wuͤr - de; und ſeine Matreſſe zu ſeyn / konnte ich mich nicht entſchlieſſen / weil ich taͤg - lich bey der Armee ſo viel Huren ſahe Preiß machen.

Ob nun gleich dieſer Krieg uñ Streit / den ich mit mir ſelber fuͤhrte / mich greu - lich quaͤlte / ſo war ich doch geil und aus - gelaſſen darbey / ja von einer ſolchen Natur / daß mir weder mein innerlichs Anliegen noch die aͤuſerliche Arbeit und Kriegs Unruhe etwas zu ſchaffen gab; ich hatte zwar nichts zu thun / als einzig meinem Rittmeiſter aufzuwarten; aber ſolches lernete mich die Liebe mit ſolchem Fleiß und Eifer verrichten / daß mein Herrtauſend Eid vor einen geſchworen haͤtte / es lebte kein treuerer Diener auf dem Erdboden; in allen occaſionen, ſie waͤren auch ſo ſcharff geweſen / als ſie immer wolten / kame ich ihme niemah -len31len vom Rucken oder der Seiten / wie - wol ichs gar nicht zu thun ſchuldig war / und uͤber das war ich allzeit willig / wo ich nur etwas zu thun wuſte / das ihm gefiele; ſo haͤtte er auch gar wol aus mei - nem Angeſicht leſen koͤnnen / wann ihn nur meine Kleider nicht betrogen / daß ich ihn weit mit einer anderen als eines gemeinen Dieners Andacht geehrt und angebetet; Jndeſſen wuchſe mir mein Buſen je laͤnger je groͤſſer / und druckte mich der Schu je laͤnger je hefftiger / der - geſtalt / daß ich weder von auſſen meine Bruͤſte: noch den innerlichen Brand im Hertzen laͤnger zu verbergen getraute.

Als wir Jylau beſtuͤrmet / Trebitz be - zwungen / Znaim zum Accord gebracht / Bruͤn und Olmuͤtz unter das Joch ge - worffen / und meiſten theils alle andere Staͤdte zum Gehorſam getrieben / ſeynd mir gute Beuten zugeſtanden / welche mir mein Rittmeiſter / meiner getreuen Dienſte wegen / alle ſchenckte; wormit ich mich trefflich mundirte / und ſelbſt zum allerbeſten beritten machte / meinenB vjeignen32eignen Beutel ſpickte / und zu Zeiten bey dem Marquedentern mit den Kerln ein Maas Wein tranck; einsmals machte ich mich mit etlichen luſtig / die mir aus Neid empfindliche Wort gaben / und ſonderlich war ein feindſeliger daꝛunter / der die Boͤhmiſche Nation gar zu ſehr ſchmaͤhete und verachtete; der Narr hiel - te mir vor / daß die Boͤhmen ein faulen Hund voller Maden vor ein ſtinckenden Kaͤß gefreſſen haͤtten / und foppte mich allerdings / als wann ich Perſoͤnlich darbey geweſen waͤre / derowegen kamen wir beyderſeits zu Scheltworten / von den Worten zu Naſenſtuͤbern / und von den Stoͤſſen zum Rupffen und Ringen / unter welcher Arbeit mir mein Gegen - theil mit der Hand in Schlitz wiſchte / mich bey dem jenigen Geſchirr zu erdap - pen / das ich doch nicht hatte / welcher zwar vergebliche / doch Moͤrderiſche Griff mich viel mehr verdroſſe / als wann er nicht leer abgangen waͤre / und eben darumb wurde ich deſto verbitterter / ja gleichſam halber unſinnig / alſo / daß ichaller33aller meiner Staͤrck und Geſchwindig - keit zuſammen gebotte / und mich mit Kratzen / Beiſſen / Schlagen und Tret - ten dergeſtalt wehrete / daß ich meinen Feind hinunter brachte / und ihn im An - geſicht alſo zurichtete / daß er mehr einer Teuffels-Larven als einem Menſchen gleich ſahe / ich haͤtte ihn auch gar er - wuͤrgt / wann mich die andere Geſell - ſchafft nicht von ihm geriſſen / und Fried gemacht haͤtte; ich kam mit einem blau - en Aug darvon / und konnte mir wol ein - bilden / daß der ſchlimme Kund gewahr worden / was Geſchlechts ich geweſen / und ich glaub auch / daß ers offenbahrt haͤtte / wann er nicht gefuͤrchtet / daß er entweder mehr Stoͤſſe bekommen / oder zu denen die eꝛ allbereit empfangen / aus - gelacht worden waͤre / umb daß er ſich von einem Maͤgdgen ſchlagen laſſen; uñ weil ich ſorgte / er moͤchte noch endlich ſchnellen / ſihe ſo drehete ich mich aus.

Mein Rittmeiſter war nicht zu Haus / als ich in unſer Quartier kam / ſondern bey einer Geſellſchafft anderer Officier /B vijmit34mit denen er ſich luſtig machte / allwo er auch erfuhr was ich vor eine Schlacht gehalten / ehe ich zu ihm kam; er liebte mich als ein reſolutes junges Buͤrſchel / und eben darumb war mein Filtz deſto geringer / doch unterlieſſe er nicht mir deſſentwegen einen Verweiß zu geben; als aber die Predigt am allerbeſten war / und er mich fragte / warumb ich meinen Gegentheil ſo gar abſcheulich zugerich - tet haͤtte / antwortet ich / darumb / daß er mir nach der Courage gegriffen hat / wo - hin ſonſt noch keines Manns-Menſchen Haͤnde kommen ſeyn / (dann ich wolte es verzwicken / und nicht ſo grob nennen / wie die Schwaben ihre zuſammen ge - legte Meſſer / welche man / wann ich Meiſter waͤre / auch nicht mehr ſo un - hoͤfflich / ſondern unzuͤchtige Meſſer heiſ - ſen muͤſte /) und weil meine Jungfrau - ſchafft ohne das ſich in letzten Zuͤgen be - fand / zumalen ich wagen muſte / mein Gegentheil wuͤrde mich doch verrahten / ſihe / ſo entbloͤſte ich meinen ſchneeweiſ - ſen Buſen / und zeigte dem Rittmeiſtermeine35meine anziehende harte Bruͤſte; ſehet / Herr! ſagte ich / hie ſehet ihr eine Jung - frau / welche ſich zu Bragodiz verkleidet hat / ihre Ehr vor den Soldaten zu er - retten / und demnach ſie Gott und das Gluͤck in euere Haͤnde verfuͤgt / ſo bittet ſie / und hofft / ihr werdet ſie auch als ein ehrlicher Cavallier bey ſolcher ihrer her - gebrachten Ehr beſchuͤtzen; und als ich ſolches vorgebracht hatte / fieng ich ſo er - baͤrmlich an zu weinen / daß einer drauff geſtorben waͤre / es ſey mein gruͤndlicher Ernſt geweſen.

Der Rittmeiſter erſtaunete zwar vor Verwunderung / und muſte doch la - chen / daß ich mit einen neuen Nahmen viel Farben beſchrieben hatte / die mein Schild und Helm fuͤhrte; er troͤſtete mich gar freundlich / und verſprach mit gelehrten Worten meine Ehre wie ſein eigen Leben zu beſchuͤtzen / mit den Wer - cken aber bezeugte er alſobalden / daß er der Erſte waͤre / der meinem Kraͤntzlein nachſtellte / und ſein unzuͤchtig Gegrabel gefiele mir auch viel beſſer als ſein ehr -lichs36lichs Verſprechen; doch wehrete ich mich Ritterlich; nicht zwar / ihme zu entge - hen / oder ſeinen Begierden zu entrinnen / ſondern ihn recht zu hetzen und noch be - gieriger zu machen; allermaſſen mir der Poß ſo artlich angieng / daß ich nichts geſchehen lieſſe / bis er mir zuvor bey Teuffelholen verſprach mich zu eheli - chen / unangeſehen / ich mir wol einbil - den konnte / er wuͤrde ſolches ſo wenig im Sinn haben zu halten / als den Hals abzufallen. Und nun ſchaue / du guter Simplex! du doͤrffteſt dir hiebevor im Saurbrunnen vielleicht eingebildet ha - ben / du ſeyeſt der Erſte geweſen / der den ſuͤſſen Milchraum abgehoben; Ach nein du Tropff! du biſt betrogen / er war hin / ehe du vielleicht biſt geboren worden / darumb dir dann billich / weil du zu ſpat aufgeſtanden / nur der Zeiger ge - buͤhrt und vorbehalten worden; aber diß iſt nur Puppenwerck gegen dem zu - rechnen / wie ich dich ſonſt angeſeilt und betrogen habe / welches du an ſeinem Ort auch gar ordenlich von mir vernehmen ſolt.

Das IV. 37

Das IV. Capitel.

Courage wird darumb eine Ehe - frau und Rittmeiſterin / weil ſie gleich daranf wieder zu einer Wittbe werden mu - ſte / nachdem ſie vorhero den Eheſtand eine weile lediger Weiſe ge - trieben hatte.

ALſo lebte ich nun mit meinem Ritt - meiſter in heimlicher Liebe / uñ ver - ſahe ihm beydes die Stelle eines Cammerdieners und ſeines Eheweibs; ich quaͤlte ihn offt / daß er dermahlen eins ſein Verſprechen halten / und mich zur Kirchen fuͤhren ſolte / aber er hatte allzeit eine Ausrede / vermittelſt deren er die Sach auf die lange Banck ſchieben koñ - te / niemahlen konnte ich ihn beſſer zu Chor treiben / als wann ich eine gleich - ſam unſinnige Liebe gegen ihn bezeugte / und darneben meine Jungfrauſchafft wie des Jephthæ Tochter beweinte; wel - chen Verluſt ich doch nicht dreyer Heller wehrt ſchaͤtzte; ja ich war froh / daß mir ſolche als ein ſchwerer untraͤglicher Laſt entnommen war / weil mich nunmehr derFuͤrwitz38Fuͤrwitz verlaſſen; doch brachte ich mit meiner liebreitzenden Importunitaͤt ſo viel zu wegen / daß er mir zu Wien ein doll Kleid machen lieſſe / auf die neue Mode / wie es damahlen das Adeliche Frauen - zimmer in Jtalia trug / (ſo daß mir nichts anders manglete / als die Copulation / und daß man mich einmal Frau Ritt - meiſterin nennete /) wormit er mir eine groſſe Hoffnung machte / und mich wil - lig behielte; ich dorffte aber drumb daſ - ſelbig Kleid nicht tragen / noch mich vor ein Weibsbild / vielweniger aber vor ſei - ne Geſpons ausgeben; und was mich zum allermeiſten verdroſſe / war diß / daß er mich nicht mehr Janco / auch nicht Libuſchka ſondern Courage nannte; den - felben Nahmen aͤhmten andere nach / ohne daß ſie deſſen Urſprung wuſten / ſondern vermeinten mein Herr hieſſe mich deſſentwegen alſo / weil ich mit ei - ner ſonderbaren Refolution und unver - gleichlichen Courage in die alleraͤrgſte Feinds-Gefahrn zu gehen pflegte / und alſo muſte ich ſchlucken was ſchwer zuver -39verbauen war. Darumb O ihr lieben Maͤgdgen! die ihr noch euer Ehr und Jungfrauſchafft unverſehrt erhalten habt / ſeyd gewarnet / und laſſet euch ſol - che ſo liderlich nicht hinrauben / dann mit derſelbigen gehet zugleich euere Freyheit in Duckas / und ihr gerahtet in ein ſolche Marter und Sclaver ey / die ſchwerer zu erdulden iſt / als der Todt ſelbſten / ich habs erfahren und kan wol ein Liedlein darvon ſingen; Der Verluſt meines Kraͤntzleins thaͤt mir zwar nicht wehe / dann ich hab niemal kein Schloß dar - umb zu kauffen begehrt / aber dieſes gieng mir zu Hertzen / daß ich mich noch deswegen foppen laſſen / und noch gute Wort darzu geben muſte / wolte ich nicht in Sorgen leben / daß mein Rittmeiſter aus der Schul ſchwatzen / und mich al - ler Welt zu Spott und Schand darſtel - len moͤchte. Auch ihr Kerl / die ihr mit ſolcher betruͤglichen Schnapphanerey umbgehet / ſehet euch vor / daß ihr nicht den Lohn euerer Leicht fertigkeit von de - ren empfahet / die ihr zu billicher Rachbewee -40beweeget; wie man ein Exempel zu Pa - ris hat / allwo ein Cavallier / nachdem er eine Dame betrogen / und ſich fol - gents an ein andere verheuraten wolte / widerumb zum Beyſchlaff gelockt: des Nachts aber ermordet / elend zerſtuͤm - melt / und zum Fenſter hinaus auf die offene Straß geworffen wurde; ich muß von mir ſelbſt bekennen / wann mich mein Rittmeiſter nicht mit allerhand hertzli - chen Liebsbezeugungen unterhalten / und mir nicht ſtetig Hoffnung gemacht haͤt - te / mich noch entlich ohne allen Zweiffel zu ehelichen / daß ich ihm einmal unver - ſehens in einer Occaſion ein Kugel ge - ſchenckt haͤtte; Jndeſſen marchirten wir unter des Bucquoy Commando in Un - garn / und nahmen zum erſten Preß - burg ein / allwo wir auch unſere meiſte Bagage und beſte Sachen hinderlege - ten / weil ſich mein Rittmeiſter verſahe / wir wuͤrden mit dem Bethlen Gabor ei - ne Feldſchlacht wagen muͤſſen / von dan - nen giengen wir nach S. Georgi / Poſ - ſing / Moder und andere Ort / welcheerſtlich41erſtlich gepluͤndert und hernach ver - brendt wurden / Tirnau / Altenburg und faſt die gantze Jnſul nahmen wir ein / und vor Neuſoll: kriegten wir einige Stoͤſſe / allwo nicht allein mein Rittmei - ſter toͤdlich verwundet / ſondern auch unſer General der Graf Bucquoy ſelb - ſten nidergemacht wurde / welcher Tod dann verurſachte / daß wir anfiengen zu fliehen / und nicht aufhoͤreten / bis wir nach Preßburg kamen / daſelbſt pflegte ich meinem Rittmeiſter mit gantzen Fleiß / aber die Wundaͤrtzte prophecey - ten ihm den gewiſſen Tod / weil ihm die Lung verwundet war / derowegen wur - de er auch durch gute Leute erinnert und da hin bewoͤgt daß er ſich mit Gott ver - ſoͤhnet / dann unſer Regiments-Caplan war ein ſolcher eiferiger Seelenſorger / daß er ihm keine Ruhe ließ / bis er beich - tet und communicirte; Nach ſolchem wurde er beydes durch ſeinen Beicht - vatter und ſein eigen Gewiſſen ange - ſport und getrieben / daß er mich mit ihme im Bette copuliren lieſſe / welchesnicht42nicht ſeinem Leib / ſondern ſeiner See - len zum beſten angeſehen war / und ſol - ches gieng deſto ehender / weil ich ihn - berredet / daß ich mich von ihm ſchwan - ger befaͤnde; So verkehrt nun gehets in der Welt her / andere nehmen Weiber mit ihnen ehelich zu leben / dieſer aber ehelichte mich / weil er wuſte daß er ſolte ſterben! Aus dieſem Verlauff muſten die Leute nun glauben / daß ich ihn nicht als ein getreuer Diener / ſondern als ſei - ne Matreß bedient / und ſein Ungluͤck be - weinet hatte / das Kleid kam mir wol zu der Hochzeit-Ceremonien zu Paß / wel - ches er mir hiebevor machen laſſen / ich dorffte es aber nicht lang tragen / ſon - dern muſte ein ſchwartzes haben / weil er nach wenig Tagen mich zur Wittib machte / und damals gieng mirs aller - dings wie jenem Weib / die bey ihres Manns Begraͤbnis einem ihrer Be - freundten / der ihr das Leid klagte / zur Antwort gab; was einer zum liebſten hat / fuͤhrt einem der Teuffel zum erſten hin. Jch lieſſe ihn ſeinem Stand gemaͤßpraͤch -43praͤchtig genug begraben / dann er mir nicht allein ſchoͤne Pferdt / Gewehr und Kleider: ſondern auch ein ſchoͤn Stuͤck Gelt hinterlaſſen / und umb alle dieſe Begebenheit lieſſe ich mir von den Geiſt - lichen Schrifftlichen Urkund geben / der Hoffnung dardurch von ſeiner Eltern Verlaſſenſchafft noch etwas zu erha - ſchen / ich konnte abeꝛ auf fleiſſiges Nach - forſchen nichts anders erfahren / als daß er zwar gut Edel von Geburt: aber hin - gegen ſo blut-arm geweſen / daß er ſich elend behelffen muͤſſen / wann ihm die Boͤhmen keinen Krieg geſchickt oder zu - gericht haͤtten. Jch verlohre aber zu Preßburg nicht allein dieſen meinen Liebſten / ſondern wurde auch in ſelbiger Stadt vom Bethlen Gabor belaͤgert / dieweil aber zehen Compagnien Reuter und zwey Regiment zu Fuß aus Maͤh - ren durch ein Strategema die Stadt entſetzet / Bethlen an der Eroberung verzweiffelt und die Belaͤgerung aufge - hoben / habe ich mich mit einer guten Gelegenheit ſammt meinen Pferdten /Die -44Dienern und gantzer Pagage nach Wien begeben / umb von dannen wi - derumb in Boͤhmen zu kommen; zu ſe - hen / ob ich vielleicht meine Koſtfrau zu Bragodiz noch lebendig finden und von ihr erkundigen moͤchte / wer doch meine Eltern geweſen; ich kuͤtzelte mich da - mals mit keinen geringen Gedancken / was ich nemlich vor Ehr und Anſehens haben wuͤrde / wann ich wider nach Haus kaͤme / und ſo viel Pferdt und Diener mitbraͤchte / das ich alles laut meiner Urkund im Krieg redlich und ehrlich ge - wonnen.

Das45

Das V. Capitel.

Was die Rittmeiſterin Courage in ihrem Wittibſtand vor ein erbares zuͤchtiges / wie auch verruchtes Gottloſes Leben gefuͤhret / wie ſie einem Grafen zu Willen wird / einen Ambaſſador umb ſeine Piſtolen brin - get / und ſich andern mehr umb rei - che Beute zu erſchnappen wil - lig unterwirfft.

WEil ich meine vorhabende Reiſe Unſicherheit halber võ Wien aus nach Bragodiz ſo bald nicht ins Werck zu ſetzen getraute / zumalen es in den Wirthshaͤuſern grauſam theur zu zehren war / als verkauffte ich meine Pferdte und ſchaffte alle meine Diener ab / dingte mir aber hingegen eine Magd und bey einer Wittib eine Stube / Cam - mer und Kuchel / umb genau zu hauſen und Gelegenheit zu erwarten / mit de - ren ich ſicher nach Haus kommen koͤnn - te; Dieſelbe Wittib war ein rechtes Dauß-Es die nicht viel ihres Gleichen hatte; Jhre zwo Toͤchter aber waren unſers Volcks / und beydes bey derCHof -46Hofburſch und den Kriegs-Officiern wol bekandt / welche mich auch bey den - ſelben bald bekand machten; ſo / daß der - gleichen Schnapphanen in Kuͤrtze die groſſe Schoͤnheit der Rittmeiſterin / die ſich bey ihnen enthielte / untereinander zu ruͤhmen wuſten / gleich wie mir aber mein ſchwartzer Traur-Habit ein ſonder - bares Anſehen und erbare Gravitaͤt ver - liehe / zumalen meine Schoͤnheit deſto hoͤher herfuͤr leuchten machte / alſo hielte ich mich auch anfaͤnglich gar ſtill und ein - gezogen; meine Magd muſte ſpinnen / ich aber begab mich aufs Naͤhen / Wir - cken und andere Frauenzimmer-Arbeit / daß es die Leute ſahen / heimlich aber pflantzte ich meine Schoͤnheit auf / und konte offt ein gantze Stund vorm Spie - gel ſtehen / zu lernen und zu begreiffen / wie mir das Lachen / das Weinen / das Seufftzen und andere dergleichen veraͤn - derliche Sachen anſtunden; und dieſe Thorheit ſolte mir ein genugſame Anzei - gung meiner Leichtfertigkeit / und eine gewiſſe Propheceyung geweſen ſeyn /daß47daß ich meiner Wuͤrthin Toͤchtern bald nachaͤhmen wuͤrde; welche auch / damit ſolches bald geſchehe / ſammt der Alten anfiengen gute Kundſchafft mit mir zu machen / und mir die Zeit zu kuͤrtzen mich offt in meinem Zimmer beſuchten / da es dann ſolche Diſcurs ſetzte / die ſo jungen Dingern wie ich war / die Frommkeit zu - erhalten / gar ungeſund zu ſeyn pflegen; ſonderlich bey ſolchen Naturen wie die Meinige inclinirt geweſen; Sie wuſte mit weitlaͤuffigen Umbſchweiffen artlich herumb zu kommen / und lernete meine Magd Anfaͤnglich / wie ſie mich recht auf die neue Mode aufſetzen und ankleiden ſolte; Mich ſelbſt aber unterrichtet ſie wie ich meine weiſſe Haut noch weiſſer / und meine Goldfarbe Haar noch glaͤn - tzender machen ſolte / und wann ſie mich dann ſo gebutzt hatte / ſagte ſie / es waͤre immer Schad / daß ſo ein edele Creatur immerhin in einem ſchwartzen Sack ſte - cken / und wie ein Turteltaͤublein leben ſolte; das thaͤt mir dann trefflich kirr / und war Oehl zu dem ohne das bren -C ijnen -48nenden Feur meiner anreitzenden Be - gierden; Sie lehnete mir auch den Ama - dis die Zeit darinn zu vertreiben und Complimenten daraus zu ergreiffen / und was ſie ſonſt erdencken konnte / das zu Liebes-Luͤſten reitzen machte / das lieſſe ſie nicht unterwegen.

Jndeſſen hatten meine abgeſchaffte Diener ausgeſprengt und unter die Leu - te gebracht / was ich vor eine Rittmeiſte - rinn geweſen / und wie ich zu ſolchem Titul kommen / und weil ſie mich nicht anders zu nennen wuſten / verbliebe mir der Nahm Courage, auch fieng ich nach und nach an meines Rittmeiſters zu ver - geſſen / weil er mir nicht mehr warm gab / und in dem ich ſahe / daß meiner Wuͤr - thin Toͤchter ſo guten Zuſchlag hatten / wurde mir das Maul allgemach nach neuer Speiſe waͤſſerig / welche mir auch meine Wuͤrthin lieber als ihr ſelbſt gern gegoͤñt haͤtte; doch dorffte ſie mir / ſo lang ich die Traur nicht ablegte / noch nichts dergleichen ſo offentlich zumuhten / weil ſie ſahe / daß ich die Anwuͤrff / ſo hieraufzieh -49ziehleten / gar kaltſinnig annahm; gleich - wol unterlieſſen etliche vornehme Leute nicht / ihr taͤglich meinetwegen anzu - liegen / und umb ihr Haus herumb zu ſchwermen wie die Raub-Bienen umb ein Jm̃enfaß / unter dieſen war ein jun - ger Graf / der mich neulich in der Kir - chen geſehen / und ſich aufs aͤuſerſte ver - liebt hatte / dieſer ſpendirte trefflich / ei - nen Zutritt zu mir zu bekommen / und damit es ihm anderwaͤrts gelingen moͤchte / weil ihn meine Wuͤrthin noch zur Zeit nicht kecklich bey mir anzubrin - gen getraute / (die er deſſentwegen offt vergeblich erſucht /) erkundigte er von ei - nem meiner geweſenen Diener alle Be - ſchaffenheit des Regiments / darunter mein Rittmeiſter gelebt / und als er der Officier Nahmen wuſte / demuͤtigt er ſich mir aufzuwarten oder mich Perſoͤn - lich zu beſuchen umb ſeinen Bekandten nachzufragen / die er ſein Lebtag nicht ge - ſehen hatte / von dannen kam er auch auf meinen Rittmeiſter / von welchem er auffſchnitte / daß er in der Jugend nebenC iijihm50ihm ſtudirt und allzeit gute Kundſchafft und Vertreulichkeit mit ihm gehabt haͤt - te / beklagte auch ſeinen fruͤhezeitigen Ab - gang / und lamentirte damit zugleich - ber mein Ungluͤck / daß es mich in einer ſolchen zarten Jugend ſo bald zu einer Wittib gemacht / mit Anerbieten / da ich in irgend was ſeiner Huͤlffe beduͤrfftig waͤre / ꝛc. mit ſolchen und dergleichen Aufzuͤgen ſuchte der junge Herr ſein erſte Kundſchafft mit mir zu machen / die er auch bekam / und ob ich zwar greiffen konnte / das er im Reden irrete (dann mein Rittmeiſter hatte ja das geringſte nicht ſtudirt.) So lieſſe ich mir doch ſei - ne Weiſe wolgefallen / weil ſeine Mei - nung dahin gieng / des abgangnen Ritt - meiſters Stell bey mir zu erſetzen / doch ſtellte ich mich gar frembt uñ kaltſinnig / gab kurtzen Beſcheid und zwang ein zier - lichs Weinen daher / bedanckte mich ſei - nes Mittleidens und der anerbottenen Gnad / mit ſo beſchaffnen Complimen - ten / die genugſamb waren / ihme anzu - deuten / daß ſich ſeine Liebe vor dißmalmit51mit einem guten Anfang genuͤgen laſſen / er ſelbſt aber widerumb einen ehrlichen Abſcheid von mir nehmen ſolte.

Den andern Tag ſchickte er ſeinen Lacqueyen / zu vernehmen / ob er mir kein Ungelegenheit machte / wann er kaͤme mich zu beſuchen; Jch lieſſe ihm wider ſagen / er machte mir zwar keine Ungele - genheit / und ich moͤchte ſeine Gegenwart auch wol leiden / allein weil es wunderli - che Leute in der Welt gebe / denen alles verdaͤchtig vorkaͤme / ſo baͤte ich / er wolle meiner verſchonen / und mich in kein boͤs Geſchꝛey bringen. Dieſe unhoͤffliche Ant - wort machte den Grafen nicht allein nicht zornig / ſondern viel verliebter / er paſſirte Maulhenckoliſch bey dem Hau - ſe voruͤber / der Hoffnung / auffs wenigſt nur ſeine Augen zu weiden / wann er mich am Fenſter ſehe / aber vergeblich / ich wol - te meine Wahr recht theur an Mann bringen / und lieſſe mich nicht ſehen / in deſſen nun dieſer vor Liebe halber ver - gieng / legte ich meine Trauer ab / und prangte in meinem andern Kleid / darinnC iiijich52ich mich dorffte ſehen laſſen; da unter - lieſſe ich nichts das mich ziern moͤchte / und zohe damit die Augen und Hertzen vieler groſſen Leut an mich / welches aber nur geſchahe / wann ich zur Kirchen gieng / weil ich ſonſt nirgends hin kam / ich hatte taͤglich viel Gruͤſſe und Pott - ſchafften von dieſen und von jenen anzu - hoͤren / die alle in des Grafen Spital kranck lagen / aber ich beſtunde ſo unbe - woͤglich wie ein Felſen / bis gantz Wien nicht allein von dem Lob meiner unver - gleichlichen Schoͤnheit / ſondern auch von dem Ruhm meiner Keuſchheit und anderer ſeltenen Tugenden erfuͤllt ward; Da ich nun meine Sach ſo weit ge - bracht / daß man mich ſchier vor eine halbe Heiliginne hielte / dunckte mich Zeit ſeyn / meinen bisher bezwungenen Begierden den Zaum einmal ſchieſſen zu laſſen / und die Leute in ihrer guten von mir gefaſten Meinung zu betruͤgen. Der Graf war der Erſte / dem ich Gunſt bezeugte / und widerfahren lieſſe / weil er ſolche zu erlangen weder Muͤhe noch Un -coſten53coſten ſparete / er war zwar Liebens wehrt und liebte mich auch von Hertzen / und ich hielte ihn vor den Beſten unterm gantzen Hauffen / mir meine Begierden zu ſaͤttigen; Aber dannoch ſo waͤre er nicht darzu kommen / wann er mir nicht gleich nach abgelegter Traur ein Stuͤck Columbinen Adlaß mit aller Ausſtaffie - rung zu einem neuen Kleid geſchickt / und vor allen Dingen 100. Ducaten in mei - ne Haushaltung / umb daß ich mich uͤber meines Manns Verluſt deſto beſſer troͤ - ſten ſolte / verehrt haͤtte; Der Ander nach ihm war eines groſſen Potentaten Am - baſſador / welcher mir die erſte Nacht 60. Piſtolen zu verdienen gabe / nach die - ſen kamen auch andere / und zwar keine die nicht tapffer ſpendieren konnten / dañ was arm war / oder wenigſt nicht gar reich und hoch / das mochte entweder drauſſen bleiben / oder ſich mit meiner Wuͤrthin Toͤchtern behelffen / und ſol - cher Geſtalt richtete ichs dahin / daß mei - ne Muͤhle gleichſamb nie leer ſtunde / ich maltzerte auch ſo Meiſterlich / daß ich in -C vner54ner Monats Friſt uͤber 1000. Ducaten in ſpecie zu ſammen brachte / ohne das je - nige / was mir an Kleinodien / Ringen / Ketten / Armbaͤndern / Sammet / Sei - den und Leinen Gezeug (mit Struͤmpfen und Handſchuhen dorffte wol keiner aufziehen /) auch an Victualien, Wein und anderen Sachen verehrt wurde / uñ alſo gedachte ich mir meine Jugend fuͤr - derhin zu Nutz zu machen / weil ich wuſte daß es heiſt.

Ein jeder Tag bricht dir was ab /
Von deiner Schoͤnheit bis ins Grab.

Und es muͤſte mich auch noch auf die - ſe Stund reuen / wann ich weniger ge - than haͤtte; Endlich machte ichs ſo grob / daß die Leute anfiengen mit Fingern auf mich zu zeichen / und ich mir wol einbil - den koñte / die Sach wuͤrde ſo in die Laͤn - ge kein Gut thun / dann ich ſchlug zu letzt dem Geringen auch keine Reis ab / mei - ne Wuͤrthin war mir treulich beholffen / und hatte auch ihren ehrlichen Gewinn davon; Sie lernete mich allerhand fei - ne Kuͤnſte / die nicht nur leichtfertigeWeiber55Weiber koͤnnen / ſondern auch ſolche / da - mit ſich theils loſe Maͤnner ſchleppen / ſo gar / daß ich mich auch feſt machen / und einem jeden / wann ich nur wolte / ſeine Buͤchſen zubannen konnte / und ich glau - be / wann ich laͤnger bey ihr blieben waͤ - re / daß ich auch gar Hexen gelernt haͤtte; Demnach ich aber getreulich gewarnet wurde / daß die Obrigkeit unſer Neſt ausnehmen und zerſtoͤhren wuͤrde / kauff - te ich mir eine Caleſch und zwey Pferdt / dingte einen Knecht / und machte mich damit unverſehens aus dem Staub / weil ich eben gute Gelegenheit hatte ſi - cher nach Prag zu kommen.

Das VI. Capitel.

Courage kommt durch wunder - liche Schickung in die zweyte Ehe / und freyete einen Hauptmann / mit dem ſie treff - lich gluͤckſelig und vergnuͤgt lebte.

JCh haͤtte zu Prag feine Gelegen - heit gehabt / mein Handwerck fer - ners zu treiben / aber die Begierde meine Koſtfrau zu ſehen / und meine El - tern zuerkundigen / triebe mich auf Bra -C vjgodiz56godiz zu reiſen / welches ich / als in einem befriedeten Land ſicher zu thun getraute; aber potz Hertz / da ich an einem Abend allbereit den Ort vor mir liegen ſahe / da kamen eilff Mansfeldiſche Reuter / die ich / wie ſonſt jederman gethan hatte / vor Kaͤiſeriſch und Gutfreund anſahe / weil ſie mit roten Scharpen oder Feld - zeichen mundirt waren / dieſe packten mich an / und wanderten mit mir und meinem Caleſch dem Boͤhmer-Wald zu / als wann ſie der Teufel ſelbſt gejagt haͤtte / ich ſchrey zwar / als wann ich an einer Folter gehangen waͤre / aber ſie machten mich bald ſchweigen; umb Mitternacht kamen ſie in eine Meyerey die eintzig vorm Wald lag / allwo ſie an - fiengen zu fuͤtteꝛn / und mit mir umbzuge - hen / wie zu geſchehen pflegt / welches mir zwar der ſchlechteſte Kummer war / aber es wurde ihnen geſeegnet / wie dem Hund das Gras / dann in dem ſie ihre Viehiſche Begierden ſaͤttigten / wurden ſie von einem Hauptmann / der mit drey - ſig Tragonern eine Convoy nach Pil -ſen57ſen verrichtet hatte / uͤberfallen / und weil ſie durch falſche Feldzeichen ihren Her - ren verlaͤugnet / alle miteinander nieder - gemacht / das Meinige hatten die Mans - feldiſche nach nicht gepartet / und dem - nach ich Kaͤiſerl. Paß hatte / und noch nicht 24. Stund in Feinds Gewalt ge - weſen / hielte ich dem Hauptman vor / daß er mich und das Meinige vor keine rechtmaͤſſige Beuten halten und behal - ten koͤnnte; Er muſte es ſelbſt bekennen / aber gleichwol / ſagte er / waͤre ich ihm umb meiner Erloͤſung willen obligirt, er aber nicht zu verdencken / wann er einen ſolchen Schatz den er vom Feind erobert / nicht mehr aus Haͤnden zu laſſen gedaͤch - te / ſeye ich eine verwittibte Rittmeiſte - rinn / wie mein Paß auswieſe / ſo ſeye er ein verwittibter Hauptmann / wann mein Will darbey waͤre / ſo wuͤrde die Beut bald getheilt ſeyn / wo nicht / ſo werde er mich gleichwol mitnehmen / und hernach er erſt mit einem jedwedern di - ſputirn, ob die Beute rechtmaͤſſig ſey oder nicht / hiermit lieſſe er genugſamb ſchei -C vijnen /58nen / daß er allbereit den Narrn an mir gefreſſen / und damit er das Waſſer auf ſeine Muͤhl richtete / ſagte er / dieſen For - theil wolte er mir laſſen / daß ich erweh - len moͤchte / ob er die Beute unter ſeine gantze Burſch theilen ſolte / oder ob ich vermittelſt der Ehe ſambt dem Meini - gen allein ſein verbleiben wolte? Auf wel - chen Fall er ſeine bey ſich habende Leute ſchon bereden wolte / daß ich mit dem Meinigen keine rechtmaͤſſige Beute / ſondern ihme allein durch die Vereheli - gung zuſtaͤndig worden waͤre / ich ant - wortete / wann die Wahl bey mir ſtuͤn - de / ſo begehrte ich deren keins / ſondern meine Bitte waͤre / ſie wolten mich in meine Gewahrſam paſſiren laſſen / und damit fienge ich an zu weinen / als wann mirs ein gruͤndlicher Ernſt geweſen waͤ - re / nach den alten Reimen:

Die Weiber weinen offt mit Schmertzen /
Aber es geht ihn nicht von Hertzen /
Sie pflegen ſich nur ſo zu ſtellen /
Sie koͤnnen weinen wann ſie woͤllen.
Aber59

Aber es war meine Meinung / ihm hierdurch Urſach zu geben mich zu troͤ - ſten / ſich ſelbſt aber ſtaͤrcker zu verlieben / ſintemal mir wol bewuſt / daß ſich die Hertzen der Mannsbilder am allermei - ſten gegen dem weinenden und betruͤb - ten Frauenzimmer zu oͤffnen pflegen; der Poß gienge mir auch an / und indem er mir zuſprach / und mich ſeiner Liebe mit hohem Beteuren verſicherte / gab ich ihm das Jawort / doch mit dieſem aus - truͤcklichen Beding und Vorbehalt / daß er mich vor der Copulation im gering - ſten nicht beruͤhren ſolte / welches er bey - des verheiſſen und gehalten; bis wir in die Mansfeldiſche Befeſtigungen zu Weidhauſen ankahmen / welches eben damals dem Hertzogen aus Baͤyern vom Mannsfelder ſelbſt per Accord uͤber - geben worden / und demnach meines Serviteurs hefftige Liebe wegen unſers Hochzeit-Feſts keinen laͤngern Verzug gedulten mochte / lieſſe er ſich mit mir ehelich zuſammen geben / ehe er moͤchte erfahren / wormit die Courage ihr Geldverdie -60verdienet / welches kein geringe Sum - ma war; Jch war aber kaum einen Mo - nat bey der Armee geweſen / als ſich etli - che hohe Officierer fanden / die mich nicht allein zu Wien gekandt / ſondern auch gute Kundſchafft mit mir gehabt hat - ten; doch waren ſie ſo beſcheiden / daß ſie weder meine noch ihre Ehr offentlich ausſchriehen / es gieng zwar ſo ein klei - nes Gemurmel umb / daruͤber ich aber gleichwol keine ſonderliche Beſchwerung empfand / auſſer daß ich den Nahmen Courage wiederumb gedulden muſte.

Sonſt hatte ich einen guten gedulti - gen Mann / welcher ſich eben ſo hoch - ber meine gelbe Batzen / als wegen mei - ner Schoͤnheit erfreute / dieſe hielte er geſparſamer zuſammen als ich gerne ſa - he; gleich wie ich aber ſolches geduldete / alſo gab er auch zu / daß ich mit Reden und Geberden gegen jederman deſto freygebiger ſeyn dorffte / wann ihn dann jemands vexirte / daß er mit der Zeit wol Hoͤrner kriegen doͤrffte / antwortet er auch im Schertz / es ſeye ſein geringſtesAnlie -61Anliegen; dann ob ihm gleich einer uͤber ſein Weib komme / ſo laſſe ers jedoch bey dem / was ein ſolcher ausgerichtet / nicht verbleiben / ſondern nehme Zeit dieſelbe frembde Arbeit wider andeꝛs zu machen; Er hielte mir jederzeit ein trefflich Pferd mit ſchoͤnen Sattel und Zeug mondirt / ich ritte nicht wie andere Officiers-Frau - en in einem Weiber-Sattel / ſondern auf einen Manns-Sattel; und ob ich gleich uͤberzwergs ſaſſe / ſo fuͤhrte ich doch Piſtolen und einen Tuͤrckiſchen Sebel unter dem Schenckel / hatte auch jeder - zeit einen Stegreiff auf der andern Sei - ten hangen / und war im uͤbrigen mit Hoſen und einem duͤnnen daffeten Roͤck - lein daruͤber alſo verſehen / daß ich all Augenblick ſchrittling ſitzen und einen jungen Reutters Kerl prœſentirn konn - te; gab es dann eine Rencontra gegen dem Feinde / ſo war mir unmuͤglich a part nicht mit zu machen / ich ſagte viel - malen: eine Dame / die ſich gegen einem Mann zu Pferd zu wehren nicht wagen doͤrffte / ſolte auch kein Pluͤmage wie einMann62Mann tragen; und demnach mir es bey etlichen Betteltaͤntzen gluͤckte / daß ich Gefangne kriegte / die ſich keine Bern - heuter zu ſeyn duncken / wurde ich ſo kuͤhn / wann dergleichen Gefecht an - gieng / auch einen Carbiner / oder wie mans nennen will / ein Bandelier-Rohr an die Seite zu haͤngen / und neben dem Troupen auch zweyen zu begegnen / und ſolches deſto hartnaͤckiger / weil ich und mein Pferdt vermittelſt der Kunſt / die ich von vielgedachter meiner Wuͤrthin er - lernet / ſo hart war / daß mich keine Ku - gel oͤffnen konnte.

So giengs und ſo ſtund es damal mit mir / ich machte mehr Beuten als mancher geſchworner Soldat / welches auch Manchen und Manche verdroß; aber da fragte ich wenig nach / dann es gab mir Schmaltz auf meine Suppen / die Vertraͤulichkeit meines ſonſt (gegen meiner Natur zu rechnen /) gantz unver - moͤglichen Manns / verurſachte / daß ich ihm gleichwol Farb hielte / ob ſich gleich Hoͤhere als Haubtleute bey mir anmel -deten /63deten / die Stelle ſeines Leutenants zu vertretten / dann er lieſſe mir durchaus meinen Willen / hingegen war ich nichts deſtoweniger bey den Geſellſchafften lu - ſtig / in den Converſationen frech / aber auch gegen dem Feind ſo heroiſch / als ein Mann / im Feld ſo haͤußlich und zu - ſammen-hebig als immer ein Weib; in Beobachtung der Pferde beſſer als ein guter Stallmeiſter / und in den Quar - tiren von ſolcher Proſperitaͤt / daß mich mein Hauptmann nicht beſſer haͤtte wuͤnſchen moͤgen / und wann er mir zu Zeiten einzureden Urſach hatte / litte er gerne / daß ich ihm Widerpart hielte / und auf meinen Kopff hinaus fuhr / weil ſich unſer Geld ſo ſehr dardurch ver - mehrte / daß wir einen guten Particul darvon in eine vornehme Stadt zu ver - wahren geben muſten. Und alſo lebte ich trefflich gluͤckſelig und vergnuͤgt / haͤt - te mir auch meine Tage keinen anderen Handel gewuͤnſcht / wann nur mein Mann etwas beſſer beritten geweſt waͤ - re; Aber das Gluͤck oder mein Fatumlieſſe64lieſſe mich nicht lang in ſolchem Stand / dann nach dem mir mein Haubtmann bey Wißlach tod geſchoſſen wurde / ſihe / ſo ward ich widerumb in einer kurtzen Zeit zu einer Wittib.

Das VII. Capitel.

Courage ſchreitet zur dritten E - he / und wird aus einer Hauptmaͤnnin eine Leutenantin / triffts aber nicht ſo wol als vorhero / ſchlaͤgt ſich mit ihrem Leutenant umb die Hoſen mit Priigeln / und gewinnet ſolche durch ihre tapfere Reſolution und Courage; darauf ſich ihr Mann unſichtbar macht / und ſie ſitzen laͤſſt.

MEin Mann war kaum kalt und begraben / da hatte ich ſchon wi - derum ein gantz dutzent Freyer uñ die Wahl darunter / welchen ich aus ih - nen nehmen wolte / dann ich war nicht allein ſchoͤn und jung / ſondern hatte auch ſchoͤne Pferd und zimlich viel alt Geld / und ob ich mich gleich vernehmen lieſſe / daß ich meinem Haubtmann ſeel. zu Ehren noch ein halb Jahr traurenwolte /65wolte / ſo konnte ich jedoch die Jmpor - tune-Hummeln / die umb mich / wie umb einen fetten Honighafen / der keinen De - ckel hat / herumb ſchwermbten / nicht ab - treiben / der Obriſte verſprach mir bey dem Regiment Unterhalt und Quartier / bis ich mein Gelegenheit anders anſtell - te / hingegen lieſſe ich zween von meinen Knechten Herren-Dienſte verſehen / und wann es Gelegenheit gab / bey deren ich vor mein Perſon vom Feind etwas zu erſchnappen getraute / ſo ſparte ich mei - ne Haut ſo wenig als ein Soldat / aller - maſſen ich in dem anmutigen und faſt luſtigen Treffen bey Wimpffen einen Leutenant / und im Nachhauen unweit Heilbrunn einen Cornet ſammt ſeiner Standart gefangen bekommen / meine beyde Knechte aber haben bey Pluͤn - derung der Waͤgen zimliche Peuten an paarem Gelt gemacht / welche ſie unſe - rem Accord gemaͤß mit mir theilen mu - ſten; Nach dieſer Schlacht bekam ich mehr Liebhaber als zuvor / und demnach ich bey meinem vorigen Mann mehr gu -te Taͤge66te Taͤge als gute Naͤchte gehabt / zuma - len wider meinen Willen ſeit ſeinem Tod gefaſtet / ſihe / ſo gedachte ich durch mei - ne Wahl alle ſolche Verſaumnus wi - der einzubringen / und verſprach mich ei - nem Leutenant / der meinem Beduncken nach alle ſeine Mittbuhler beydes an Schoͤnheit / Jugend / Verſtand und Tapferkeit uͤbeꝛtraff; dieſer war von Ge - burt ein Jtalianer und zwar ſchwartz von Haaren / aber weiß von Haut / und in meinen Augen ſo ſchoͤn / daß ihn kein Mahler haͤtte ſchoͤner mahlen koͤnnen; Er bewieſe gegen mir faſt eine Hunds - Demut bis er mich erloͤffelt / und da er das Jawort hinweg hatte / ſtellte er ſich ſo Freuden voll / als wann Gott die gan - tze Welt beraubt / und ihn allein beſee - ligt haͤtte; wir wurden in der Pfaltz co - pulirt / und hatten die Ehre / daß der Obriſte ſelbſt neben den meinſten hohen Officiern des Regiments bey der Hoch - zeit erſchienen / die uns alle vergeblich viel Gluͤck in eine langwuͤrige Ehe wuͤnſchten.

Dann67

Dann nach dem wir nach der erſten Nacht bey Aufgang der Sonnen bey - ſammen lagen zu faullentzen / und uns mit allerhand liebreichem und freundli - chẽ Geſpꝛaͤch unterhielten / ich auch eben aufzuſtehen vermeinte / da ruffte mein Leutenant ſeinem Jungen zu ſich vors Bette / und befahl ihm / daß er zween ſtarcke Pruͤgel herbey bringen ſolte; Er war gehorſamb / und ich bildete mir ein der arme Schelm wuͤrde dieſelbe am al - lererſten verſuchen muͤſſen; unterlieſſe derowegen nicht / vor den Jungen zu bit - ten / bis er beyde Pruͤgel brachte und auf empfangenen Befelch auf den Tiſch zum Nachtzeug legte; Als nun der Jung wi - der hinweg war / ſagte mein Hochzeiter zu mir; Ja! liebſte; ihr wiſt / daß jeder - man darvor gehalten und geglaubt / ihr haͤttet bey euers vorigen Manns Lebzei - ten die Hoſen getragen / welches ihme dann bey ehrlichen Geſellſchafften zu nicht geringerer Beſchimpffung nachge - redet worden; weil ich dann nicht unbil - lich zu beſorgen habe / ihr moͤchtet in ſol -cher68cher Gewonheit verharren / und auch die Meinige tragen wollen / welches mir a - ber zu leiden unmuͤglich / oder doch ſonſt ſchwer fallen wuͤrde; Sehet / ſo liegen ſie dorten auf dem Tiſche / und jene zween Pruͤgel zu dem Ende darbey / damit wir beyde uns / wann ihr ſie etwan wie vor dieſem euch zuſchreiben und behaubten woltet / zuvor darumb ſchlagen koͤnnten; ſintemal mein Schatz ſelbſt erachten kan / daß es beſſer gethan iſt / ſie fallen gleich jetzt im Anfang dem einen / oder andern Theil zu / als wann wir hernach in ſtehender Ehe taͤglich daꝛumb kriegen; Jch antwortete: mein Liebſter! (und da - mit gab ich ihm gar einen hertzlichen Kuß /) ich haͤtte vermeint gehabt / die je - nige Schlacht ſo wir einander vor diß - mal zu lieffern / ſeye allbereit gehalten; ſo hab ich auch niemalen in Sinn ge - nommen / euere Hoſen zu prætendirn; ſondern / gleich wie ich wol weiß / daß das Weib nicht aus des Manns Haubt / aber wol aus ſeiner Seiten genommen worden / alſo habe ich gehofft meinenHertz -69Hertzliebſten werde ſolches auch bekand ſeyn / und er werde derowegen ſich mei - nes Herkommens erinnern / und mich nicht / als wann ich von ſeinen Fußſoh - len genommen worden waͤre / vor ſein Fuß-Thuch / ſondern vor ſein Ehe-Ge - mahl halten / vornemblich; wann ich mich auch nicht unterſtuͤnde ihme auf den Kopff zu ſitzen / ſondern mich an ſei - ner Seiten behuͤlffe / mit demuͤtiger Bit - te / er wolte dieſe Abendteurliche Fecht - ſchul einſtellen; Ha ha! ſagte er / das ſeyn die rechte Weiber-Griffe / die Herr - ſchafft zu ſich zu reiſſen ehe mans gewahr wird; aber es muß zuvor darumb ge - fochten ſeyn / damit ich wiſſe / wer dem anderen kuͤnfftig zu gehorſammen ſchul - dig / und damit warffe er ſich aus meinen Armen wie ein anderer Narr / ich aber ſprang aus dem Bette / und legte mein Hembt und Schlaffhoſen an / erwiſchte den kuͤrtzten aber doch den ſtaͤrckſten Pꝛuͤ - gel / und ſagte / weil ihr mir je zu fechten befehlet / und dem obſiegenden Theil die Oberherrlichkeit (an die ich doch keineDAn -70Anſprach zu haben begehrt /) uͤber den Uberwundenen zuſprecht / ſo waͤre ich wol naͤrriſch / wann ich eine Gelegenheit aus Haͤnden lieſſe / etwas zu erhalten / daran ich ſonſt nicht gedencken doͤrffte; Er hingegen auch nicht faul / dann nach - dem ich alſo ſeiner wartete / und er ſeine Hoſen auch angelegt / eꝛdappete er dẽ an - dern Pruͤgel / und gedachte mich beym Kopff zu faſſen / umb mir alsdann den Buckel fein mit guter Muſſe abzurau - men / aber ich war ihm viel zu geſchwind / dann ehe er ſichs verſahe / hatte er eins am Kopff / davon er hinaus duͤrmelte / wie ein Ochs dem ein Streich worden; ich raffte die zween Stecken zuſammen / ſie zur Thuͤr hinaus zu werffen / und da ich ſolche oͤffnete / ſtunden etliche Officier darvor / die unſerem Handel zugehoͤret / und zum Theil durch einen Spalt zuge - ſehen hatten; dieſe lieſſe ich lachen ſo lang ſie mochten / ſchlug die Thuͤr vor ih - nen wider zu / warff meinen Rock umb mich / und brachte meinen Tropffen / mei - nen Hochzeiter wolte ich ſagen / mitWaſſer71Waſſer aus einem Lavor wider zu ſich ſelbſt / und da ich ihn zum Tiſche geſetzt / und mich ein wenig angekleidet hatte; lieſſe ich die Officier vor der Thuͤr auch zu uns ins Zimmer kommen.

Wie wir einander allerſeits angeſe - hen / mag jeder bey ſich ſelbſt erachten / ich merckte wol / daß mein Hochzeiter die - ſe Officier veranlaſt / daß ſie ſich umb dieſe Zeit vorn Zimmer einſtellen / und ſeiner Thorheit Zeugen ſeyn ſolten; dañ als ſie den Hegel gefoppet / er wuͤrde mir die Hoſen laſſen muͤſſen / hatte er ſich ge - gen ihnen geruͤhmt / daß er einen ſonder - bahren Vortheil wiſſe / welchen er den erſten Morgen ins Werck ſetzen / und mich dardurch ſo geſchmeidig machen wolte / daß ich zittern wuͤrde / wann er mich nur ſcheel anſehe; aber der gute Menſch haͤtte es gegen einer anderen als der Courage probirn moͤgen; Gegen mir hat er ſo viel ausgerichtet / daß er jeder - mans Geſpoͤtt worden / und ich haͤtte nicht mit ihm gehauſet / wann mirs nicht von Hoͤheren befohlen und auferlegtD ijwor -72worden waͤre; wie wir aber miteinander gelebet / kan ſich jeder leicht einbilden / nemblich wie Hund und Katzen. Als er ſich nun anderer Geſtalt an mir nicht re - vangirn, und auch das Geſpoͤtt der Leu - te nicht mehr gedulten konnte / rappelte er einsmals alle meine Paarſchafft zu - ſammen / und gieng mit den dreyen be - ſten Pferdten und einem Knecht zum Gegentheil.

Das VIII. Capitel.

Courage haͤlt ſich in einer Occa - ſion trefflich friſch / haut einem Solda - ten den Kopff ab / bekommt einen Major gefan - gen / und erfaͤhrt daß ihr Leutenant als ein Meineydiger Uberlauffer gefangen und gehencket worden.

ALſo wurde ich nun zu einer Halb - Wittib / welcher Stand viel elen - der iſt / als wann eine gar keinen Mann hat / etliche argwohneten / ich wuͤrde ihm folgen / und wir haͤtten un - ſere Flucht alſo miteinander angelegt / da ich aber den Obriſten umb Raht undBefelch73Befelch fragte / wie ich mich verhalten ſolte / ſagte er / ich moͤchte bey dem Regi - ment verbleiben / ſo wolte er mich ſo lang ich mich ehrlich hielte / wie andere Witt - weiber verpflegen laſſen / und damit be - nahme ich jederman den gedachten Arg - wohn; Jch muſte mich zimlich ſchmal behelffen / weil mein Paarſchafft ausge - flogen / und meine ſtattliche Soldaten - Pferd fort waren / auf denen ich auch manche ſtattliche Beut gemacht; doch lieſſe ich meine Armut nicht mercken / da - mit mir keine Verachtung zuwuͤchſe / meine beyde Knechte / die Herrn Dien - ſte verſahen / hatte ich noch ſambt einen Jungen und noch etlichen Schindmer - ren oder Pagage Pferden / davon und von meiner Maͤnner Bagage verſilberte ich was Geld galte / und machte mich wider trefflich beritten; Jch dorffte zwar als ein Weib auf keine Parthey reiten / aber unter den Fouragiren fande ſich nicht meines gleichen; Jch wuͤnſchte mir offt wider eine Battalia wie vor Wim - pfen / aber was halffs / ich muſte derD iijZeit74Zeit erwarten / weil man mir zu Gefal - len doch keine Schlacht gehalten / wann ichs gleich begehrt haͤtte; damit ich aber gleichwol auch widerumb zu Geld kom - men moͤchte / deſſen es auf dem Foura - giren ſelten ſetzte / lieſſe ich / (beydes umb ſolches zu verdienen und meinen Aus - reiſſer umb ſeine Untreu zu bezahlen) mich von denen Treffen / die ſpendierten) und alſo brachte ich mich durch / und dingte mir noch einen ſtarcken Jungen zum Knecht / der mir muſte helffen ſteh - len wann die andere beyde muſten wa - chen; das trieb ich ſo fort / bis wir den Braunſchweiger uͤber den Maͤyn jagten uñ viel der Seinigen darinn erſaͤufften / in welchem Treffen ich mich unter die Unſerige miſchte / und in meines Obri - ſten Gegenwart dergeſtalt erzeigte / daß er ſolche Tapfferkeit von keinem Manns - bild geglaubt haͤtte; dann ich nahme in der Caracolle einen Major vom Gegen - theil vor ſeinem Trouppen hinweg / als er die Charge redoupliren wolte / und als ihn einer von den Seinigen zu erret -ten75ten gedachte / und mir zu ſolchem Ende eine Piſtol an den Kopff loßbrennete / daß mir Hut und Federn darvon ſtobe / bezahlte ich ihn dergeſtalt mit meinem Sebel / daß er noch etliche Schritte oh - ne Kopff mit mir ritte / welches beydes verwunderlich und abſcheulich anzuſe - hen war; Nachdem nun dieſelbe Eſqua - dron getrennet und in die Flucht gewen - det worden / mir auch der Major einen zimlichen Stumpen Goldſorten ſambt einer guͤldenen Ketten und koſtbarlichen Ring vor ſein Leben gegeben hatte / lieſ - ſe ich meinen Jungen das Pferd mit ihm verdauſchen / und liefferte ihn den Unſerigen in Sicherheit; begab mich darauf an die zerbrochne Brucken / all - wo es in dem Waſſer an ein erbaͤrmlichs Erſauffen / und auf dem Land an ein grauſambs Nidermachen gieng; und alldieweil noch ein jeder bey ſeinem Tro - uppen bleiben muſte / ſo viel immer moͤg - lich / packte ich eine Gutſche mit ſechs ſchoͤnen Praͤunen an / auf welcher we - der Geld noch lebendige Perſonen / aberD iiijwol76wol zwo Kiſten mit koſtbaren Kleidern und weiſſen Zeug ſich befanden; Jch brachte ſie mit meines Knechts oder Jungen Huͤlff dahin / wo ich den Ma - jor gelaſſen hatte / welcher ſich ſchier zu Tod kraͤnckte / daß er von einem ſolchen jungen Weib gefangen worden; da er aber ſahe / daß ſo wol in meinen Hoſen - ſaͤcken als in den Halfftern Piſtolen ſta - cken die ich ſambt meinem Carbiner dort wider lude und fertig machte / auch hoͤ - rete / was ich hiebevor bey Wimpffen ausgerichtet / gab er ſich wider umb et - was zu frieden / und ſagte: der Teufel moͤchte mit ſo einer Hexen etwas zu ſchaffen haben. Jch gieng mit meinem Jungen / (den ich eben ſo feſt als mich und mein Pferd gemacht hatte) hin / noch mehr Beuten zu erſchnappen / fan - de aber den Obriſt-Leutenant von unſe - rem Regiment dort unter ſeinem Pferde liegen / der mich kannte / und umb Huͤlff anſchriehe; Jch packte ihn auf meines Jungen Pferd / und fuͤhrte ihn zu den Unſerigen in meine erſt eroberte Gutſche /allda77allda er meinem gefangnen Major Ge - ſellſchafft leiſten muſte. Es iſt nicht zu glauben / wie ich nach dieſer Schlacht ſo wol von meinen Neidern / als meinen Goͤnnern gelobt wurde / beyde Theil ſagten / ich waͤre der Teufel ſelber; und ebẽ damals war mein hoͤchſter Wunſch / daß ich nur kein Weibsbild waͤre; aber was wars drumb / es war Null und ver - himpelt. Jch gedachte offt mich vor ei - nen Hermaphroditen auszugeben / ob ich vielleicht dardurch erlangen moͤchte / offentlich Hoſen zu tragen / und vor ei - nen jungen Kerl zu paſſirn; hergegen hatte ich aber durch meine unmaͤſſige Begierdẽn ſo viel Kerl empfinden laſſen wer ich waͤre / daß ich das Hertz nicht hatte / ins Werck zu ſetzen / was ich ger - ne gewolt / dann ſo viel Zeugen wuͤrden ſonſt ein anders von mir geſagt und ver - urſacht haben / daß es dahin kommen waͤre / daß mich bey des Medici und Heb - ammen beſchauen muͤſten; behalffe mich derowegen wie ich konnte / und wann man mir viel verweiſen wolte / antwor -D vtet78tet ich / es waͤren wol ehe Amazones ge - weſen / die ſo Ritterlich als die Maͤnner gegen ihren Feinden gefochten haͤtten. Damit ich nun des Obriſten Gnad er - halten / und von ihme wider meine Miß - goͤnſtige beſchuͤtzt werden moͤchte / præ - ſentirte ich ihm neben dem Gefangnen auch meine Kutſche mit ſambt den Pfer - den / darvor er mir 200. Reichsthaler verehrete / welches Geld ich ſambt dem / was ich ſonſt auf ein Neues erſchnappt / und ſonſt verdienet hatte / ich aber - mal in einer Namhafften Stadt ver - wahrte.

Jn dem wir nun Mannheim einge - nommen und Franckenthal noch bela - gert hielten / und alſo den Meiſter in der Pfaltz ſpielten; ſihe / da ſchlugen Cor - duba und der von Anhalt abermal den Braunſchweiger und Mannsfelder bey Floreack / in welchem Treffen mein aus - geriſſener Mann der Leutenant gefan - gen / von den Unſerigen erkannt / und als ein Meineydiger Uberlaͤuffer mit ſei - nem allerbeſten Hals an einen Baumge -79geknuͤpfft worden; Wordurch ich zwar wider von meinem Mann erloͤſt / und zu einer Wittib ward; Jch bekam aber ſo ein hauffen Feinde / die da ſagten: die Strahl-Hex hat den armen Teufel umbs Leben gebracht / daß ich ihm das Leben gern laͤnger goͤnnen / und mich noch ein Weil mit ihm gedulden moͤgen / bis er gleichwol anderwaͤrts ins Gras gebiſſen / und einen ehrlichern Tod ge - nommen / wann es nur haͤtte ſeyn koͤn - nen.

Das IX. Capitel.

Courage quittirt den Krieg / nach dem ihr kein Stern mehr leuchten will / und ſie faſt von jedermann vor einen Spott gehalten wird.

ALſo kam es nach und nach dahin / daß ich mich je laͤnger je mehr leidẽ muſte / meine Knech - te wurden mir verfuͤhrt / weil zu ihnen geſagt wurde / pfui Teufel - wie moͤcht ihr Kerl einer ſolchenD vjVettel80Vettel dienen? Jch hoffte wider einen Mann zu bekommen / aber ein jeder ſagte / nimb du ſie / ich be - gehr ihrer nicht; was ehrlich ge - ſinnet war / ſchuͤttelt den Kopff uͤber mich / und alſo thaͤten auch bey nahe alle Officier; was aber geringe Leut und ſchlechte Poten - taten waren / die dorfften ſich nicht bey mir anmelden / ſo haͤtte ich ohne das auch keinen aus den - ſelbigen angeſehen; Jch empfan - de zwar nicht am Hals wie mein Mann / was unſer Naͤrriſch Fechten ausgerichtet; aber doch hatte ich laͤnger daran als er am Hencken zu verdauen; Jch waͤre gerne in eine andere Haut ge - ſchloffen / aber beydes die Ge - wonheit und meine taͤgliche Ge - ſellſchafften wolten mir keineBoſ -81Beſſerung zulaſſen / wie dann die allermeinſte Leute in Krieg viel eher aͤrger als froͤmmer zu wer - den pflegen; Jch butzte mich wie - der / und richtete dem einen und andern allerhand Netz uñ Strick / ob ich etwan dieſen oder jenen an - ſeilen und ins Garn bringen moͤchte / aber es halff nichts / ich war ſchon allbereit viel zu tief im Geſchrey; man kandte die Cou - rage ſchon allerdings bey der gantzen Armee / und wo ich bey den Regimentern voruͤber ritte / wurde mir meine Ehre durch viel tauſend Stimmen offentlich aus - geruffen / alſo / daß ich mich ſchier wie ein Nacht-Eule bey Tage nicht mehr dorffte ſehen laſſen; Jm Marchiren aͤuſerten mich ehrliche Weiber; das Lumpenge -D vijſindel82ſindel beym Troß ſchurrigelte mich ſonſt; und was etwan vor ledige Officier wegen ihrer Nacht - weid mich gern geſchuͤtzt haͤtten / muſten bey den Regimentern bleiben / bey welchen mir aber durch ihr ſchaͤndlichs Geſchrey mit der allerſchaͤrffſten Laugen aufgegoſſen ward; Alſo daß ich wol ſahe / daß meine Sach ſo in die Laͤnge kein Gut mehr thun werde; etliche Officier hatte ich noch zu Freunden / die aber nicht Meinen / ſondern Jhren Nutzen ſuchten; Theils ſuchten ihre Wol - luͤſte / Theils mein Geld / andere meine ſchoͤne Pferd; Sie alle a - ber machten mir Ungelegenheit mit Schmarotzen / und war doch keiner der mich zu heurahten be - gehrte; entweder daß ſie ſich mei -ner83ner ſchaͤmten / oder daß ſie mir eine ungluͤckliche Eigenſchafft zu - ſchrieben / die alle meinen Maͤn - nern ſchaͤdlich waͤre / oder aber daß ſie ſich ſonſt / ich weiß nicht warumb / vor mir foͤrchteten.

Derowegen beſchloſſe ich mit mir ſelbſten / nicht nur diß Regi - ment / ſondern auch die Arma - da / ja den gantzen Krieg zu quit - tirn / und konnte es auch umb ſo viel deſto leichter ins Werck ſetzen / weil die hohe Officier meiner vor - laͤngſt gern los geweſen waͤren; Ja ich kan mich auch nicht uͤber - reden laſſen zu glauben / daß ſich unter andern ehrlichen Leuten viel gefunden haben / die umb mei - ne Hinfahrt viel geweinet. Es ſeyen dann etliche wenige junge Schnapper ledigs Stands unterden84den mittelmaͤſſigen Officiern ge - weſt / denen ich zu Zeiten etwan ein paaꝛ Schlaffhoſen gewaſchen; der Obriſte hatte den Ruhm nicht gern / daß ſeine ſchoͤne Gut - ſche durch die Courage vom Feind erobert / und ihm verehrt worden ſeyn ſolte! Daß ich den verwun - deten Obriſt-Leutenant aus der Battalia und Tods-Gefahr er - rettet und zu den unſerigen ge - fuͤhrt / darvon ſchriebe er ihm ſo wenig Ehr zu / daß er mir mei - ner Muͤhe nicht allein mit Potz - Velten danckte / ſondern auch / wann er mich ſahe / mit Griß - grammenden Minen erroͤhtet / und mir / wie leicht zu gedencken / lauter Gluͤck und Heil an den Hals wuͤnſchte / das Frauenzim - mer oder die Officiers Weiberhaſſeten85haſſetẽ mich / weil ich weit ſchoͤner war / als eine unter dem gantzen Regiment / zumalen theils ihren Maͤnnern auch beſſer gefiele / und beydes hohe und nidere Solda - ten waren mir feind / umb daß ich / Trutz einem unter ihnen al - len / das Hertz hatte / etwas zu unterſtehen / und ins Werck zu ſe - tzen / das die groͤſte Tapferkeit und verwegneſte Hazarde erfor - dert / und daruͤber ſonſt man - chen das Kalte-Wehe angeſtoſſen haͤtte.

Gleich wie ich nun leicht merck - te / daß ich viel mehr Feinde als Freunde hatte / alſo konnte ich mir auch wol einbilden / es wuͤr - de ein jedwedere von meiner wi - derwertigen Gattung gar nicht unterlaſſen / mir auf ihre ſonder -bare86bare Manier eins an zumachen / wann ſich nur die Gelegenheit darzu ereignet; O Courage / ſag - te ich zu mir ſelbſt / wie wilſt du ſo vielen unterſchiedlichen Feinden entgehen koͤnnen? Von denen vielleicht ein jeder ſeinen beſon - deren Anſchlag auf dich hat; wann du ſonſt nichts haͤtteſt / als deine ſchoͤne Pferde / deine ſchoͤ - ne Kleider / dein ſchoͤnes Gewehr und den Glauben / daß du viel Geld bey dir habeſt / ſo waͤren es Feinde genug / einige Kerl anzu - hetzen / dich heimlich hinzurich - ten / wie? wann dich dergleichen Kerl ermordeten / oder in einer Occaſion nidermachten? was wuͤrde wol fuͤr ein Haan dar nach kraͤhen? wer wuͤrde deinen Tod raͤchen? was? ſolteſt du auch woldeinen87deinen eignen Knechten trauen doͤrffen? mit dergleichen Sorgen quaͤlte ich mich ſelbſt / und frag - te mich auch ſelbſt / was Rahts? weil ich ſonſt niemand hatte / ders treulich mit mir meinete; und eben deswegen muſte ich mir auch ſelbſt folgen.

Demnach ſprach ich den Obri - ſten umb einen Paß an in die nechſte Reichs-Stadt / die mir eben an der Hand ſtunde und wol - gelegen war / mich von dem Kriegs-Volck zu rettirirn, den er - langte ich nicht allein ohne groſſe Muͤhe / ſondern noch / an Statt eines Abſchieds / einen Urkund / daß ich einem Haubtmann von Regiment / (dann von meinem letzten Mann begehrte ich keinen Ruhm zu haben /) ehrlich ver -heu -88heurahtet geweſen / und als ich ſolchen vorm Feind verlohren / mich eine Zeitlang bey dem Regi - ment aufgehalten / und in ſolcher wehrenden Zeit alſo wol / fromm und ehrlich gehalten / wie einer rechtſchaffnen Ehr - und Tugend - liebenden Damen gebuͤhre und wol anſtaͤndig ſeye / mich dero - wegen jedermaͤnniglichen umb ſolchen meines untadelhafften Tugendlichen Wandels willen beſtens recommendirent; und ſol - che fette Luͤgen wurden mit ei - genhaͤndiger Subſcription und beygedrucktem Sigill in beſter Forin bekraͤfftigt; Solches laſſe ſich aber niemand wundern / dann je ſchlimmer ſich einer haͤlt / und je lieber man eines gerne los waͤre / je trefflicher wird der Ab -ſchied89ſchied ſeyn / den man einem ſol - chen mit auf den Weg gibt; ſon - derlich wann derſelbe zugleich ſein Lohn ſeyn muß; Einen Knecht und ein Pferd lieſſe ich dem O - briſten unter ſeiner Compagnie / welcher Trutz einem Officier mundirt war / umb meine Danck - barkeit darmit zu bezeugen / hin - gegen brachte ich einen Knecht / einen Jungen / eine Magd / ſechs ſchoͤne Pferd / (darunter das ei - ne 100. Ducaten wehrt gewe - ſen /) ſambt einem wolgeſpickten Wagen darvon; und kan ich bey meinem groſſen Gewiſſen / (etli - che nennen es ein weites Gewiſ - ſen /) nicht ſagen / mit welcher Fauſt ich alle dieſe Sachen er - obert und zuwegen gebracht ha - be.

Da90

Da ich nun mich und das Meinige in bemelde Stadt in Si - cherheit gebracht hatte / verſil - berte ich meine Pferd / und gab ſonſt alles hinweg / was Geld golte / und ich nicht gar noͤhtig brauchte; mein Geſind ſchaffte ich auch miteinander ab / einen geringen Coſten zu haben / gleich wie mirs aber zu Wien war gan - gen / alſo gieng mirs auch hier / ich konnte abermal des Nah - mens Courage nicht los werden / wiewol ich ihn unter allen meinen Sachen am allerwolfeilſten hin - weggeben haͤtte; dann meine al - te / oder vielmehr die junge Kun - den von der Armee ritten mir zu Gefallen in die Stadt / und frag - ten mir mit ſolchem Nahmen nach / welchen auch die Kinderauf91auf der Gaſſen ehender als das Vatter unſer lerneten / und eben darumb wieſe ich meinen Gala - nen die Feigen; Als aber hinge - gen dieſe den Stadt-Leuten er - zehlten / was ich vor ein Tauß - Es waͤre / ſo erwieſe ich hinwie - derumb denſelben ein anders mit Brief und Siegel / und beredet ſie / die Officier geben keiner an - deren Urſachen halber ſolche loſe Stuͤck von mir aus / als weil ich nicht beſchaffen ſeyn wolte / wie ſie mich gerne haͤtten; und derge - ſtalt biſſe ich mich zimlich heraus / und brachte vermittelſt meiner guten Schrifftlichen Zeugnis zu - wegen / daß mich die Stadt / bis ich meine Gelegenheit anders machen konnte / umb ein gerin - ges Schirm-Gelt in ihren Schutznahm;92nahm; allwo ich mich dann wi - der meinen Willen gar erbarlich / fromm / ſtill und eingezogen hiel - te / und meiner Schoͤnheit / die je laͤnger je mehr zunahm / aufs beſte pflegte / der Hoffnung / mit der Zeit wiederumb einen wackern Mann zu be - kommen.

Das X. 93

Das X. Capitel.

Courage erfaͤhrt / wer ihre Eltern ge - weſen / und bekommt wieder einen andern Mann.

ABer ich haͤtte lang harren muͤſſen / biß mir etwas rechts angebiſſen / dann die gute Geſchlechter verblieben bey ihres glei - chen / und was ſonſt reich war / konte auch ſonſt reiche und ſchoͤne / und vornemlich (welches man damahls noch in etwas beob - achtete) auch ehrliche Jungfrauen zu Wei - bern haben / alſo / daß ſie nicht bedorfften / ſich an eine verlaſſene Soldaten-Hur zu hencken; hingegen waren etliche / die entwe - der Banquerot gemacht / oder bald zu ma - chen gedachten / die wolten zwar mein Gelt / ich wolte aber darum ſie nicht; die Hand - wercksleut waren mir ohne das zu ſchlecht / und damit blieb ich ein gantz Jahr ſitzen / welches mir laͤnger zugedulten gar ſchwer / und gantz wider die Natur war / ſinte mahl ich von der guten Sache die ich genoſſe / gantz kuͤzelig wurde / dañ ich brauchte mein Gelt / ſo ich hie und dort in den groſſen Staͤdten hatte / den Kauff - und Wechſelher -Eren94ren zuzeiten beyzuſchteſſen / darauß ich ſo ein ehrlich Gewiñgen erhielte / daß ich ziemliche gute Tag davon habẽ konte / und nichts von der Haubtſum̃a verzehren dorffte; Weilen es mir dann an einem andern Ort mangel - te / uñ meine ſchwache Beine dieſe gute Sa - che nicht mehr ertragen koͤnten oder wolten. Machte ich mein Gelt per Wexel auf Prag / mich ſelbſt aber mit etlichen Kauff - herren hernach / uñ ſuchte Zuflucht bey mei - ner Koſtfrauen zu Bragodiz / ob mir viel - leicht alldortẽ ein beſſer Gluͤck anſtehẽ moͤch - te. Dieſelbe fande ich gar arm / weder ich ſie verlaſſen / dann der Krieg hatte ſie nit allein ſehr verderbt / ſondern ſie hatte auch allbereit vor dem Krieg mit mir / und ich nit mit ihr gezehret; Sie freuete ſich meiner Ankunfft gar ſehr / vornemlich als ſie ſahe / daß ich nicht mit leerer Hand angeſtochen kam; ihr erſtes will komm heiſſen aber / war doch lau - ter weinen; und indem ſie mich kuͤſſte / nen - nete ſie mich zugleich ein ungluͤckſeeliges Fraͤulin / welches ſeinem Herkommen Ge - maͤß / ſchwerlich wuͤrde ſein Leben uñ Stand fuͤhren moͤgen; Mit fernerem Anhang /daß95daß ſie mir fuͤrderhin nit mehr wie vordie - ſem zu helffen / zu rathen und vorzuſtehen wiſſe / weil meine beſte Freund und Ver - wandten entweder verjagt oder gar tod waͤ - ren; und uͤber das / ſagte ſie / wuͤrde ich mich ſchwerlich vor dem Kaͤyſerl. doͤrffen ſehen laſſen / wann ſie meinen Urſprung wiſſen wolten / und damit heulete ſie immer forth / alſo / daß ich mich in ihre Rede nicht richten noch begreiffen konte / ob es gehauen oder geſtochen: gebrand oder gebort waͤre; da ich ſie aber mit eſſen und trincken (dann die gute Troͤpffin muſte den jaͤmmerlichen Schmalhanſen in ihrem Quartier herber - gen) widerum gelabt und alſo zu recht ge - bracht / daß ſie ſchier ein Tummel hatte; er - zehlte ſie mir mein Herkommen gar offen - hertzig / und ſagte / daß mein natuͤrlicher Vatter ein Graff: und vor wenig Jahren der gewaltigſte Herr im gantzen Koͤnigreich geweſen: Nunmehr aber wegen ſeiner Re - bellion wider den Kaͤyſer des Lands vertrie - ben worden: Und wie die Zeitungen mitge - bracht / jetzunder an der tuͤrckiſchen Porten ſey; alda er auch ſo gar ſein Chriſtliche Re -E ijligion96ligion in die Tuͤrckiſche veraͤndert haben ſolle; Meine Mutter ſagte ſie / ſey zwar von ehrlichen Geſchlecht gebohren: aber eben ſo arm als ſchoͤn geweſen; Sie haͤtte ſich bey des gedachten Graffen Gemahlin vor eine Staads Jungfer aufgehalten / und indem ſie der Graͤffin aufgewartet / waͤre der Graff ſelbſt ihr leibeigener wor - den / und haͤtte ſolche Dienſte getrieben / biß er ſie auf einen Adelichen Sitz ver - ſchafft / da ſie mit mir niderkommen; und weilen eben damahls ſie / meine Koſtfrau / auch einen jungen Sohn ent - woͤhnet / dem ſie mit deſſelbigen Schloſ - ſes Edelmann erzeugt / haͤtte ſie meine Seugamme werden: und mich folgends zu Bragodiz Adelich auferziehen muͤſ - ſen / worzu dann beydes Vatter und Mutter genugſame Mittel und Unter - haltung hergeben; Jhr ſeyt zwar liebes Fraͤulin / ſagte ſie ferner / einem tapf - feren Edelmann von euerem Vatter verſprochen worden / derſelbe iſt aber bey Eroberung Pilſen gefangen / und als ein Maͤineydiger neben andern mehrdurch97durch die Kaͤyſerlichen aufgehaͤnckt wor - den;

Alſo erfuhr ich / was ich vor laͤngſt zu wiſſen gewuͤnſcht / und wuͤnſchte doch nun - mehr / daß ichs niemahl erfahren haͤtte; ſintemahl ich ſo ſchlechten Nutzen von mei - ner hohen Geburt zu hoffen; und weil ich keinen andern und beſſern Rath wuſte / ſo machte ich einen Accord mit meiner Saͤu - gamm / daß ſie hinfort meine Mutter / und ich ihre Tochter ſeyn ſolte; ſie war viel ſchlauer als ich / derowegen zog ich auch auf ihrem Rath mit ihr von Bragodiz auf Prag; nicht allein zwar / daß wir den Be - kandten aus den Augen kaͤmen / ſondern zu - ſehen / ob uns vielleicht alldorten ein an - ders Gluͤck anſcheinen moͤchte; Jm uͤbri - gen ſo waren wir recht vor einander; Nicht / daß ſie haͤtte Cupplen und ich Huren ſollen / ſondern weil ſie eine Er - naͤhrerin / ich aber eine getreue Perſon bedorffte / (gleich wie dieſe eine gewe - ſen) deren ich beydes Ehr und Gut ver - trauen konnte; Jch hatte ohne Kley - der und Geſchmuck bey 3000. Reichs -E iijthaler98thaler bahr Gelt beyeinander / und dannen - hero damahls keine Urſach / durch ſchaͤnd - lichen Gewinn meine Nahrung zu ſuchen! Meine neue Mutter kleidete ich wie eine er - bare alte Matron / hielte ſie ſelbſt in groſſen Ehren / und erzeigte ihr vor dem Leuten al - len Gehorſam; wir geben uns vor Leuthe aus / die auf der Teutſchen Graͤntz durch den Krieg vertrieben worden waͤren; ſuch - ten unſeren Gewinn mit naͤhen / auch Gold / Silber und Seydenſticken / und hiel - ten uns im uͤbrigen gar ſtill und eingezo - gen / meine Batzen genau zuſammen hal - tend / weil man ſolche zu verthun vflegt / ehe mans vermeynt / und deren keine andere kan gewinnen / wann man gern wolte.

Nun diß waͤre ein feines Leben geweſt / das wir fuͤhrten; Ja gleichſam ein Cloͤſter - liches / wann uns nur die Beſtaͤndigkeit nicht abgangen waͤre; Jch bekam bald Buhler: etliche ſuchten mich wie das Frau - enzimmer im Bordelt / und andere Tropf - fen / die mir meine Ehre nit zu bezahlen ge - trauten / ſagten mir viel vom heurathen; beyde Theil aber wolten mich bereden / ſiewuͤrden99wuͤrden durch die grauſame Liebe / die ſie zu mir truͤgen / zu ihren Begierden angeſparet; Jch haͤtte aber keinem geglaubt / wann ich ſelbſt ein keuſche Ader in mir gehabt / es gieng halt nach dem alten Sprichwort / gleich und gleich geſelt ſich geꝛn / dann gleich wie man ſagt / das Stroh in dem Schu - hen / ein Spindel im Sack / und eine Hur im Haus laͤſt ſich nicht verbergen / alſo wuͤr - de ich auch gleich bekand / und wegen mei - ner Schoͤnheit uͤberal beruͤhmt / dannen - hero bekamen wir viel zu ſtricken / und unter anderem einem Haubtmann ein Wehrge - henck / welche vorgebe / daß er vor Liebe in den letzten Zuͤgen lege; Hingegen wuſte ich ihm von der Keuſchheit ſo ein Hauffen aufzuſchneiden / daß er ſich ſtellte / als wolte er gar verzweiffeln / dann ich ermaſſe die Beſchaffenheit und das Vermoͤgen mei - ner Kunden nach der Regul meines Wirth / zum guldenen Loͤwen zu N. dieſer ſagte / wann mir ein Gaſt kommt / und gar zu unmaͤſſig viel hoͤflicher Complimenten macht / ſo iſt ein gewiſſe Anzeigung / daß er entweder nchit viel zum beſten: oder ſonſtE jvnicht100nicht im Sinn hat viel zu vergehen / kom̃t aber einer mit Trutzen / und nimmt die Einkehr bey mir gleichſam mit bochen und einer herriſchen Bottmaͤſſigkeit / ſo geden - cke ich / holla / dieſem Kerl iſt der Beutel geſchwollen / dem muſt du ſchrepffen / alſo tractire ich die Hoͤffliche mit Gegenhoͤfflich - keit / damit ſie mich und meine Herberg an - derwerts loben / die Schnarcher aber mit allem das ſie begehren / damit ich Urſach habe ihren Beutel rechtſchaffen zu actio - niren; Jndem ich nun dieſem meinem Haubtmann hielte / wie dieſer Wirth ſeine hoͤfliche Gaͤſt / als hielte er mich hingegen / wo nicht gar vor ein halben Engel / jedoch wenigſt vor ein Muſter und Ebenbild der Keuſchheit: Ja ſchier vor die Frommkeit ſelbſten; Jn Summa / er kam ſo weit daß er von der Verehligung mit mir anfieng zu ſchwetzen / und lieſe auch nicht nach / biß er das Jawort erhielte: die Heuraths - Puncten / waren dieſe / daß ich ihm 1000. Reichsthaler Pargelt zubringen / er aber hingegen mich in Teutſchland zu ſeinem Heimath um dieſelbige verſichern ſolte / da - mit / wann er vor mir ohne Erben ſterbenſolte /101ſolte / ich deren wideꝛ habhafft werden koͤnte; die uͤbrige 2000. Reichsthaler die ich noch haͤtte / ſolten an ein gewiß Ort auf Zinß ge - legt; und in ſtehender Ehe die Zinß von meinem Haubtmann genoſſen werden / das Capital aber ohnveraͤndert bleiben / biß wir Erben haͤtten / auch ſolte ich macht ha - ben / wañ ich ohne Erben ſterben ſolte / mein gantz Vermoͤgen / darunter auch die 1000. Reichsthaler verſtanden / die ich ihm zuge - bracht / hin zuverteſtiꝛen / wohin ich wolte / ꝛc. Dem nach wurde die Hochzeit gehalten / uñ als wir vermeynten zu Prag beyeinander / ſo lang der Krieg waͤhrete / in deꝛ Guarniſon gleich wie im Frieden / in Ruhe zu leben / ſi - he / da kam Ordre / daß wir nach Hollſtein in den Dennemaͤrck. Krieg marchirn muͤſten.

Das XI. Capitel.

Nach dem Courage anfaͤhet ſich from zu halten / wird ſie wieder unver - ſehens zu einer Wittib.

JCh ruͤſtete mich trefflich ins Feld / weil ich ſchon beſſer / als mein Haubt - mann / wuſte / was darzu gehoͤrete; und in dem ich mich aͤngſtigte / daß ichE vwider102wider dahin muſte / wo man die Courãge kennete / erzehlte ich meinem Mann mein gantzes gefuͤhrtes Leben / biß auf die Huren - ſtuͤcke / die ich hie und da begangen / und was ſich mit mir und dem Rittmeiſter zugetra - gen; vom Namen Courage uͤberredet ich ihn / daß er mir wegen meiner Tapfferkeit zugewachſen waͤre / wie dann ſonſt auch je - derman von mir glaubte; mit dieſer Erzeh - lung kam ich dem jenigen vor / die mir ſonſt etwan bey ihm einen boͤſen Rauch gemacht / wann ſie ihm vielleicht ſolches und noch mehr darzu / ja mehr als mir lieb geweſen / erzehlet haͤtten; und gleich wie er mir da - mahl ſchwerlich glaubte / wie ich mich in of - fenen Schlachten gegen dem Feind gehal - ten / biß es folgends andere Leut bey der Ar - mee bezeugten; alſo glaubte er nach gehends auch andern Leuten nicht / wann ſie ihn vor meinen ſchlimmen Stuͤcken aufſchnit - ten / weil ich ſolche laͤugnete; ſonſt war er in allen ſeinen Handlungen ſehr bedaͤchtig und vernuͤnfftig / anſehenlich von Perſon und einer von den behertzten; Alſo daß ich mich ſelbſt offt verwunderte / warum ermich103mich genommen / da ihm doch billicher et - was ehrliches gebuͤhrt haͤtte.

Meine Mutter nahm ich mit mir vor eine Haushalterin und Koͤchin / weil ſie nit zu ruck bleiben wolt; Jch verſahe unſe - ren Bagage Wagen / mit allem dem / was man erſinnen haͤtte moͤgen / das uns im Feld ſolt noͤtig geweſen ſeyn / und machte ei - ne ſolche Anſtalt unter dem Geſind / daß weder mein Mañ ſelbſt drum ſorgen: noch einen Hofmeiſter darzu bedorffte / mich ſelbſt aber mundirte ich wieder wie vor die - ſem / mit Pferd / Gewehr / Sattel und Zeug / und alſo ſtaffirt kamen wir bey den Haͤuſſern gleichen zu der Tilliſchen Armee / alwo ich bald erkant und von den mehriſten Spottvoͤgeln zuſammen geſchriehen wur - de; luſtig ihr Bruͤder / wir haben ein gut Omen kuͤnfftige Schlacht zu gewinnen! Warum? darum / die Courage iſt wieder bey uns ankommen; und zwar dieſe Lap - pen redeten nicht uͤbel von der Sach / dann das Volck mit dem ich kahm / war ein Succurs von drey Regimentern zu Pferd / und zweyen zu Fuß / welches nicht zu ver -E vjachten /104achten / ſondeꝛn der Armada Courage genug mitgebracht / wañ ich gleich nicht dabey ge - weſen waͤre.

Meines Behalts dem zweyten Tag nach / dieſer gluͤcklichen conjunction gerie - ten die unſerige dem Koͤnig von Deñemarck bey Lutter in die Haar / all wo ich fuͤrwahr nicht bey der Bagage bleiben mochte / ſon - dern als des Feinds erſte Hitze verloſchen / und die Unſerige das Treffen wieder tapf - fer erneuert: mich mitten ins Getraͤng miſchte / wo es am allerdickſten war; Jch mochte keine geringe Kerl gefangen neh - men / ſondern wolte meinem Mann gleich in der erſte weiſſen / daß mein Zunah - men an mir nicht uͤbel angelegt waͤre / noch er ſich deſſen zu ſchaͤmen haͤtte; Machte derowegen meinen edlen Hengſt / der ſeines gleichen in Prag nicht gehabt / mit dem Sebel Platz / biß ich einen Rittmeiſter von vornehmen Daͤniſchen Geſchlecht beym Kopff kriegte / und aus dem Gedraͤng zu meinem Bagage-Wagen brachte / ich und mein Pferd bekamen zwar ſtarcke Puͤff: wir lieſen aber keinen Tropffen Blut aufder105der Wahlſtatt / ſondern trugen nur etliche Maͤhler und Beuden darvon / weilen ich dann ſahe / daß es ſo gluͤcklich abgieng / machte ich mein Gewehr wider fertig / jagte hin / und holete noch einen Quartiermeiſter ſam̃t einem gemeinen Reuter welche nicht ehe gewahr wurden / daß ich ein Weibsbild war / als biß ich ſie zu obengedachten Ritt - meiſter und meinen Leuten brachte / ich be - ſuchte keinen von ihnen / weil jeder ſelbſt ſein Gelt uñ Gelts weꝛth heꝛaus gab / was eꝛ hat - te / vornemlich aber lieſe ich den Rittmeiſter faſt hoͤfflich tractirn und nit anruͤhren / viel weniger gar ausziehen; aber als ich mich mit Fleiß ein wenig beyſeits machte / ver - dauſchten meine Knecht mit den andern beyden ihre Kleider / weil ſie trefflich wohl Koͤllern mondirt waren; Jch haͤtte es zum dritten mahl gewagt / und fort geſchmidet / dieweil das Eiſen weich geweſen / und die Schlacht gewaͤhret / ſo mochte ich aber meinem guten Pferd nicht zu viel zu - muthen; Jndeſſen bekam mein Mann auch etwas wenigs an Beuthen von de - nen / die ſich aufs Schloß Lutter retirirt:E vijund106und ewiglich auf Gnad und Ungnad erge - ben hatten; Alſo / daß wir beyde in und nach dieſer Schlacht in allem und allem auf tauſerd Gulden werth / vom Feind ero - bert / welches wir gleich nach dem Treffen zugemacht / und ohnverweilt per Wechſel nacher Prag zu meinen alldortigen 2000. Reichsthalern uͤber ſchafft / weil wir deſſen im Feld nicht bedoͤrfftig / und taͤglich hofften noch mehr Beuten zu machen.

Jch und mein Mann bekamen ein ander je laͤnger je lieber / uñ ſchetzte ſich als das eine gluͤckſeelig / weil es das andere zum Ehe ge - macht hatte / und wañ wir uns nit beyde ge - ſchaͤmt haͤttẽ / ſo glaub ich / ich waͤre Tag und Nacht in den Lauffgraͤben auf der Wacht und in allen occaſionen niemahl von ſeineꝛ Seiten kommen; wir vermachten einan - der alles unſer Vermoͤgen / alſo / daß das letzt-lebende (wir bekaͤmen gleich Erben odeꝛ nicht) das Verſtorbene erben: Meine Saͤugame oder Mutter aber / gleichwohl auch ernehren ſolte / ſo lang ſie lebte / als wel - che uns groſſen Fleiß und Treu bezeugte; Solche Vermaͤchtnuß hinderlaͤgten wir /weil107weil wirs in Duplo ausgefertigt / eine zu Prag hinter dem Senat und die ander in meines Mom̃s Heimath hin / Hochteutſch - land / ſo damahls noch in ſeinem beſten Flor ſtunde / und von dem Kriegsweſen das ge - ringſte nicht erlitten.

Nach dieſem lutteriſchem Treffen / nah - men wir Steinbruck / Nerden / Langen - wedel / Rotenburg / Ottersberg und Hoya ein / in welchem letzt-genannten Schloß Hoya / mein Mann mit etlichen Comman - dirten Voͤlckern ohne Bagage muſte liegen vrrbleiben; Gleichwie mich aber ſonſt nir - gends keine Gefahr von meinem Mann be - halten konte / alſo wolte ich ihn auch auf dieſem Schloß nit allein laſſen / aus Furcht / die Laͤuſe moͤchten mir ihn freſſen / weil kei - ne Weibsbilder da waren / ſo die Soldateſca geſaͤubert haͤtte; unſere Bagage aber / ver - blieb bey dem Regiment / welches hingieng die Winter-Quartier zugenieſſen / bey wel - cher ich auch verbleiben / und ſolchen Genuß haͤtte einziehen ſollen.

So bald nun ſolches bey angehendem Winter geſchehen / und Tilly dergeſtalt ſei -ne Voͤl -108ne Voͤlcker zertheilet / ſihe da kam der Koͤ - nig in Dennemarck mit einer Armee / und wolte im Winter wider gewinnen / was er im Sommer verlohren; er ſtellte ſich Nerden einzunehmen / weil ihm aber die Nuß zu hart zu beiſſen war / lieſſe er ſel - bige Stadt liegen / und ſeinem Zorn am Schloß Hoya aus; welches er in 7. Tagen mit mehr als tauſend Canon-Schuͤſſen durchloͤchert / darunter auch einer meinen lieben Mann traff / und mich zu einer un - gluͤckſeeligen Wittib machte.

Das XII. Capitel.

Der Courage wird ihr treffliche Courage auch trefflich eingetraͤnckt.

ALs nun die Unſerige das Schloß / aus Forcht es moͤchte einfallen / und uns alle bedecken / dem Koͤnig uͤbergaben / und herauszogen / ich auch alſo gantz betruͤbt und weynend mit marchirte / ſahe mich zu allem Ungluͤck der jenige Major / den ich hiebevor von den Braunſchweigiſchen bey dem Mainſtrom gefangen bekommen / er erkundiget alſobalden die Gewißheit mei -ner109ner Perſon von den Unſerigen / und als er auch meinen damahligen Stand erfuhre / daß ich nemlich allererſt zu einer Wittib worden waͤre / da nahme er die Gelegenheit in acht / und zwackte mich ohnverſehens von den Trouppẽ hinweg; Du Blut-Hex! ſagte er / jetzt will ich dir den Spott wider vergelten / den du mir vor Jahren bey Hoͤgſt bewieſen haſt / und dich lehren / daß du hin - fort weder Wehr noch Waffen mehr fuͤh - ren: noch dich weiters unterſtehen ſolleſt / ei - nen Cavallier gefangen zu nehmen; Er ſahe ſo graͤßlich aus / daß ich mich auch nur vor ſeinem Anblick entſetzte; waͤre ich aber auf meinem Rappen geſeſſen / und haͤtte ihn allein fuͤr mir im Feld gehabt / ſo haͤtte ich getraut ihn eine andere Sprache reden zu lernen; indeſſen fuͤhrte er mich mitten unter einen Trouppen Reuter und gab mich den Fahnen-Juncker in Verwahrung / wel - cher alles was ich mit dem Obriſt Leute - nant (dann er hatte ſeither dieſe Stell be - kom̃en) zu thun hatte / von mir erkundigt; der erzehlte mir hingegen / daß er bey nahe damahls als ich ihn gefangen bekommen /ſchier110ſchier den Kopff / oder wenigſt ſein Major Stell verlohren haͤtte / um daß er ſich von ei - nem Weibsbild vor der Brigaden hinweg fangen laſſen / und dardurch dem Troup - pen eine Unordnung und gaͤntzliche Zer - trennung verurſacht / wofern er nicht ſich damit ausgeredet / daß ihn die Jenige ſo ihn hinweg genommen / durch Zauberey verblendet; zu letzt haͤtte er doch aus Scham reſignirt / und Daͤniſche Dienſt angenom - men.

Die folgende Nacht logirten wir in ei - nem Quartier / darinn wenig zum beſten war / allwo mich der Obriſt Leut. zwang / zu revange ſeiner Schmach / wie ers nen - nete / ſeine viehiſche Begierden zu vollbrin - gen / worbey doch (pfuy der ſchaͤndlichen Thorheit) weder Luſt noch Freud ſeyn kon - te / in dem er mir an ſtatt der Kuͤß / ob ich mich gleich nit ſonderlich ſperret / nur dich - te Ohrfeigen gab; den andern Tag riſſen ſie unverſehens aus wie die fluͤchtige Haa - ſen / hinter denen die Windhund herſtrei - chen / alſo daß ich mir nichts anders einbil - den konnte / als daß ſie der Tilly jagte / wie -wohl111wohl ſie nur flohen / aus Forcht gejagt zu werden; die zweyte Nacht fanden ſie Quar - tier / da der Bauer den Tiſch deckte / da lude mein tapfferer Held von Officiern ſeines Gelichters zu Gaſt / die ſich durch mich mit ihm verſchwaͤgern muſten / alſo daß meine ſonſt ohnerſaͤttliche fleiſchliche Begierden dermahlen genugſam contentirt wurden; die dritte Nacht / als ſie den gantzen Tag abermahl geloffen waren / als wann ſie der Teuffel ſelbſt gejagt / gieng es mir gar nit beſſer / ſondern viel aͤrger; dañ nachdem ich dieſelbe kuͤmmerlich uͤberſtanden / und alle dieſe Hengſte ſich muͤd gerammelt hatten / (pfuy ich ſchaͤmte michs bey nahe zu ſagen / wann ichs dir Simpliciſſime nit zu Ehren und Gefallen thaͤte) muſte ich auch vor der Herren Angeſicht mich von den Knechten treffen laſſen; Jch hatte bißher alles mit Gedult gelitten / und gedacht / ich haͤtte es hiebevor verſchuldet / aber da es hierzu kam / war mirs ein abſcheulicher Greuel / alſo daß ich anfieng zu lamentiren / zu ſchmaͤlen / und Gott um Huͤlff und Rach anzuruffen; aber ich fande keine Barmhertzigkeit bey die -ſem112ſen Viehiſchen Unmenſchen / welche aller Scham / und Chriſtlichen Erbarkeit ver - geſſen mich zu erſt nackend auszohen / wie ich auf dieſe Welt kommen / und ein paar Handvoll Erbſen auf die Erden ſchuͤtten / die ich aufleſen muſte / worzu ſie mich dann mit Spißruthen noͤthigten; ja ſie wuͤrtzten mich mit Saltz uñ Pfeffer / daß ich gumpen und plitzen muſte wie ein Eſel / dem man ein Handvoll Dorn oder Neſſeln unter den Schweiff gebunden; und ich glaube / wann es nicht Winterszeit geweſen waͤre / daß ſie mich auch mit Brenneſſeln gegeiſſelt haͤttẽ.

Hierauf hielten ſie Rath / ob ſie mich den Jungen preiß geben; oder mir als einer Zauberin den Proceß durch den Hencker machen laſſen woltẽ / das letzte bedunckte ſie / gereiche ihnen allen zu ſchlechter Ehr / weil ſie ſich meines Leibs theilhafftig gemacht; zudem ſagten die Verſtaͤndigſte (wann an - ders dieſe Beſtien auch noch ein Fuͤncklein des menſchlichen Verſtand gehabt haben) wañ man ein ſolche procedur mit mir haͤtte vornehmen wollen / ſo ſolte mich der Oberſt Leutenant gleich anfangs unberuͤhrt gelaſ -ſen /113ſen / und in die Haͤnde der Juſtitz geliefert haben; Alſo kam das Urthel heraus / daß man mich den Nachmittag / (dann ſie la - gen denſelben Tag in ihrer Sicherheit ſtill) den Reuter-Jungens Preiß geben ſolte; Als ſie ſich nun des elenden Spectaculs / des Erbſen aufleſens ſatt geſehen / dorffte ich meine Kleider wieder anziehen / und da ich allerdings damit fertig / begehrte ein Ca - vallier mit den Obriſt Leutenant zu ſpre - chen / und das war eben der jenige Rittmei - ſter / den ich vor Lutter gefangen bekommen der hart von meiner Gefangenſchafft ge - hoͤrt; Als dieſer den Obriſt Leutenant nach mir fragte / und zugleich ſagte / er verlange mich zu ſehen / weil ich ihn vor Lutter gefan - gen; fuͤhrete ihn der Obriſt Leut. gleich bey der Hand in das Zimmer / und ſagte / da ſitzt die Karania / ich will ſie jetzt ſtrack den Jungen Preiß geben; dann er nicht an - ders vermeinte / als der Rittmeiſter wuͤr - de ſo wohl als er ein grauſame Rach an mir uͤben wollen; aber der ehrliche Caval - lier war gantz anders geſinnet / er ſahe mich kaum ſo klaͤglich dort ſitzen / als er anfiengmit114mit einem Seuffzen den Kopff zu ſchuͤtteln: Jch merckte gleich ſein Mitleiden / fiele de - rowegen auf die Knie nider / und bat ihn um aller ſeiner adelichen Tugenden willen / daß er ſich uͤber mich elende Dame erbar - men: und mich vor mehrerer Schand be - ſchirmen wolte; Er hub mich bey der Hand auf und ſagte zu dem Oberſten Leutenant und ſeinen Cammerrathen / ach / ihr recht - ſchaffene Bruͤder! was habt ihr mit dieſer Damen angefangen? der Oberſte Leute - nant ſo ſich bereits halber bierſchellig geſof - fen / fiele ihm in die Red und ſagte / was? ſie iſt eine Zauberin; ach mein Herr / verzei - he mir / antwortet der Rittmeiſter / ſo viel ich von ihr weiß / ſo bedunckt mich / ſie ſey des tapffern alten Grauen von T. ſeine leibli - chen Frauen Tochter: welcher rechtſchaf - fene Held bey dem gemeinen Weſen Leib und Leben / ja / Land und Leut aufgeſetzt / alſo daß mein gnaͤdigſter Koͤnig nicht gut heiſ - ſen wird / wann man deſſen Kinder ſo tra - ctirt / ob ſie gleich ein paar Officier von uns auf die Kaͤyſerl. Seiten gefangen bekom̃en! Ja ich doͤrffte glauben / ihr Herr Vatterrichtet115richtet auf dieſe Stunde in Ungarn noch mehr wider den Kaͤyſer aus / als mancher thun mag / der eine fliegende Armada gegen ihn zu Felde fuͤhret; Ha! antwortet der Flegelhafftige Oberſt Leutenant: was hab ich gewuſt? warum hat ſie das Maul nicht aufgethan? die andere Officier / welche den Rittmeiſter wohl kanten / und wuſten / daß er nicht allein von einen hohen Daͤniſchen Geſchlecht: ſondern auch bey dem Koͤnig in hoͤchſten Gnaden war / baten gar demuͤ - thig / der Rittmeiſter wolte diß uͤberſehen / als eine geſchehene Sach / zum beſten rich - ten / und vermittlen / daß ſie hier durch in kei - ne Ungelegenheit kaͤmen; dahingegen ob - ligirten ſie ſich / ihme auf alle begebende Ge - legenheit mit Darſetzung Guts und Bluts bedient zu ſeyn; Sie bathen mich auch alle auf den Knien um Verzeihung / ich konte ihnen aber nur mit weinen vergeben; und alſo kam ich / zwar uͤbel geſchaͤnd / aus dieſer Beſtien Gewalt in des Rittmeiſters Haͤn - de / welcher mich weit hoͤflicher zu tractiren wuſte; dann er ſchickte mich alſobalden / oh - ne / daß er mich einmahl beruͤhrt hatte /durch116durch einen Diener und einen Reuter von ſeiner Compagnia in Dennemarck auf ein Adelich Haus / das ihm kuͤrtzlich von ſeiner Mutter Schweſter erblich zu gefallen war / allwo ich wie ein Princeſſin unterhalten wurde; welche unverſehene Erloͤſung ich beydes meiner Schoͤnheit und meiner Seugamme zu dancken / als die ohne mein Wiſſen und Willen dem Rittmeiſter mein Herkommen vertraͤulich erzehlt hatte.

Das XIII. Capitel.

Was vor gute Taͤge und Naͤchte die Graͤffl. Fraͤulin im Schloß genoſſe / und wie ſie ſelbige wieder ver - lohren.

JCh pflegte meiner Geſundheit und baͤ - hete mich aus / wie einer der halb erfro - ren / aus einem kalten Waſſer hinter einem Stubenofen oder zum Feuer kommt; dann ich hatte damahls auf der Welt ſonſt nichts zu thun / als auf der Streu zu liegen / und mich wie ein Streit-Pferd im Winter - Quartier aus zumaͤſten / und auf den kuͤnff - tigen Sommer im Feld deſto geruheter zuerſchei -117erſcheinen / und mich in den vorfallenden occaſionen deſto friſcher gebrauchen zu laſ - ſen; davon wurde ich in Baͤlde wider gantz heil / glathaͤrig / und meines Cavalliers be - gierig! der ſtellte ſich auch bey mir ein / ehe die laͤngſte Naͤcht gar vergiengen / weil er der lieblichen Fruͤhlingszeit ſo wenig als ich mit Gedult erwarten konte;

Er kame mit vier Dienern / da er mich beſuchte / davon mich doch nur der eine ſe - hen dorffte / nemlich der jenige / der mich auch hingebracht hatte; es iſt nicht zu glau - ben / mit was vor hertzbrechenden Worten er ſein Mitleiden / das er mit mir trug / be - zeugete / um daß ich in den leidigen Wittib - ſtand geſetzt worden; mit was vor groſſen Verheiſſungen er mich ſeiner getreuen Dienſte verſicherte; und mit was vor Hoͤfflichkeit er mir klagte / daß er beydes mit Leib und Seel vor Lutter mein Gefangner worden waͤre; Hoch geborne ſchoͤnſte Dam / ſagte er / dem Leib nach hat mich mein fatum zwar gleich wieder ledig gemacht / und mich doch in uͤbrigen gantz und gar eueren Scla - ven bleiben laſſen / welcher jetzt nichts an -Fders118ders begehrt und darum hieher kommen / als aus ihrem Munde dem Sententz zum Tod oder zum Leben anzuhoͤren; zum Leben zwar / wann ihr euch uͤber eueren elenden Gefangenen erbarmet: Jhn in ſeinem ſchweren Gefaͤngnus der Liebe mit troͤſtli - chem Mitleiden troͤſtet / und vom Tod erret - tet; oder zum Tod / wann ich ihrer Gnad und Gegenliebe nicht theilhafftig werden / oder ſolcher euerer Liebe unwuͤrdig geſchaͤtzt werden ſolte: Jch ſchaͤtzte mich gluͤckſeelig / da ſie mich wie ein andere ritterliche Penthaſi - lea mitten aus der Schlacht gefangen hin - weg gefuͤhrt hatte / und da mir durch aͤuſſer - liche Lediglaſſung meiner Perſon meine vermeintliche Freyheit wieder zugeſtellt wurde / hube ſich allererſt mein Jam̃er an / weil ich die jenige nicht mehr ſehen konte / die mein Hertz noch gefangen hielte / zumah - len auch kein Hoffnung machen konte / die - ſelbe wegen beyderſeits widereinander ſtre - benden Kriegswaffen jemahls widerum ins Geſicht zu bekommen; ſolchen meinen bißherigen elenden Jammer / bezeugen viel tauſent Seuffzer / die ich ſeithero zu meinerlieb -119liebwuͤrdigen Feindin geſendet / und weil ſol - che alle vergeblich in die leere Lufft giengen / geriehte ich allgemach zur Verzweiffelung / und waͤre auch / ꝛc. Solche und dergleichen Sachen brachte der Schloßherr vor / mich zu dem jenigen zu perſuadirn, wornach ich ohne das ſo ſehr als er ſelbſt verlangte; Weil ich aber mehr in dergleichen Schulen gewe - ſen / und wohl wuſte / daß man das jenige / was einem leicht ankom̃t / auch gering ach - tet / als ſtellte ich mich gar weit von ſeiner Meynung entfernet zu ſeyn / und klagte hin - gegen / daß ich im Werck befande / daß ich ſein Gefangner waͤre / ſintemahl ich meines Leibs nit maͤchtig / ſondern in ſeinen Gewalt aufgehalten wuͤrde; Jch muͤſte zwar beken - nen / daß ich ich ihm vor allen andern Ca - valliren in der gantzen Welt zum allerge - naueſten verbunden / weilen er mich von meinen Ehrenſchaͤndern errettet; erkennete auch / daß meine Schuldigkeit ſeye / ſolche ehrliche und lobwuͤrdige Rath wider gegen ihm mit hoͤchſter Danckbarkeit zu beſchul - den; wann aber ſolche meine Schuldig - keit und dem Deckmantel der Liebe mitF ijVer -120Verluſt meiner Ehr abgelegt werden muͤ - ſte / und daß ich eben zu ſolchem Ende in die - ſes Ort gebracht worden waͤre / ſo koͤnte ich nicht ſehen / was er bey der erbarn Welt vor die beſchehene ruhmwuͤrdige Erloͤſung vor Ehv / und bey mir vor einen Danck zu ge - warten / mit demuͤthiger Bitte / er wolle ſich durch eine That die ihn vielleicht bald wie - der reuen wuͤrde / keinen Schandflecken an - hencken / noch dem hohen Ruhm eines ehr - liebenden Cavalliers den Nachklang zu freyen / daß er ein armes verlaſſenes Weibsbild in ſeinem Hauſe wider ihren Willen / ꝛc. und damit fieng ich an zu wei - nen / als wann mirs ein lauterer gruͤndli - cher Ernſt geweſen waͤre / nach dem alten Reumen:

Die Weiber weinen oſſt mit Schmertzen / gleich
als gieng es ihn von Hertzen /
Sie pfiegen ſich nur ſo zu ſtellen / und koͤnnen wei -
nen wann ſie woͤllen.

Ja damit er mich noch hoͤher æſtimiren ſolte / botte ich ihm 1000. Reichsthaler vor meine Rantzion an / wann er mich unbe - ruͤhrt laſſen / und widerum zu den Meinigen ſicher paſſiren laſſen wolte; aber er antwor -tet /121tet: Seine Liebe gegen mir ſey ſo beſchaffen / daß er mich nicht vor das gantze Koͤnigreich Boͤhmen verwechſeln koͤnte; zu dem ſeye er ſeines Herkommens und Standes halber / mir gar nit ungleich / daß es eben etwan wegen eine Heurath zwiſchen uns beeden viel difficulteten brauchen ſolte; Es hatte mit uns beyden natuͤrlich ein Anſehen / als wann ein Taͤubler irgend einen Tauber und eine Taͤubin zu ſammen ſperret / daß ſie ſich paaren ſollen / welche ſich anfaͤnglich lang genug abmatten / biß ſie des Handels endlich eins werden; eben alſo machten wirs auch / dann nachdem mich Zeit ſeyn bedunckte / ich haͤtte mich lang genug wider - ſetzt / wuͤrde ich gegen dieſem jungen Buh - ler welcher noch nicht uͤber zwey und zwan - tzig Jahr auf ſich hatte / ſo zahm und ge - ſchmeidig / das ich auf ſeine guͤldene Pro - meſſen in alles einwilligte / was er begehrte / ich ſchlug ihm auch ſo wohl zu / daß er einen gantzen Monat bey mir bliebe / doch wuſte niemand / warum / als obgemeldter einiger Diener / und eine alte Haushofmeiſterin / die mich in ihrer Pfleg hatte / und E. Graͤfl. F 3tituli -122tituliren muſte; da hielte ich mich wie das al - te Sprichwort lautet:

Ein Schneider auf eim Roß / ein Hur aufm
Schloß /
Ein Lauß auf dem Grind / ſeynd drey ſtoltzer Hof -
geſind.

Mein Liebhaber beſuchte mich demſelben Winter gar offt / und wann er ſich nicht ge - ſchaͤmt haͤtte / ſo glaub ich / er haͤtte den Degen gar an einen Nagel gehenckt / aber er mu - ſte beydes ſeinen Herrn Vattern und dem Koͤnig ſelbſt ſcheuen / als der ſich dem Krieg / wiewohl mit ſchlechtem Gluͤck / ernſt - lich angelegen ſeyn lieſe; doch macht ers mit ſeinem Beſuchen ſo grob / und kam ſo offt / daß es endlich ſein alter Herr Vatter und Frau Mutter mercken / und auf fleiſſiges Nachforſchen erfuhren / was er vor einen Magnet in ſeinem Schloß heimlich aufhiel - te / der ſeine Waffen ſo offt aus dem Krieg an ſich zoge; derowegen erkundigten ſie die Beſchaffenheit meiner Perſon gar eigentlich / und trugen groſſe Sorge fuͤr ih - ren Sohn / daß er ſich villeicht mit mir ver - plempern und hangen bleiben moͤchte / an einer / davon ihr hohes Hauſe wenig Ehrhaben123haben konte; derowegen wolten ſie ein ſol - che Ehe beyzeiten zerſtoͤren / und doch ſo be - hutſam damit umgehen / daß ſie ſich auch nicht an mir vergriffen / noch meine Ver - wandte vor dem Kopff ſtieſſen / wann ich et - wan / wie ſie von der Haushofmeiſterin vernommen / von einem Graͤflichen Ge - ſchlecht geboren ſeyn / und ihr Sohn auch mir allbereit die Ehe verſprochen haben ſolte.

Der allererſte Angriff zu dieſem Handel war dieſer / daß mich die alte Haushofmei - ſterin gar vertraͤulich warnete / es haͤttẽ mei - nes Liebſten Eltern erfahren / daß ihr Herr Sohn eine Liebhaberin heimlich enthielte / mit derer er ſich wider ihrer der Eltern Wil - len zu verehlichen gedaͤchte / ſo ſie aber durch - aus nicht zu geben koͤnten / die weil ſie ihn all - bereit an ein faſt hohes Haus zu verheura - then verſprochen; waͤren derowegen geſin - net / mich beym Korff nehmen zu laſſen / was ſie aber weiters mit miꝛ zu thun entſchloſſen / ſeye ihr noch verborgen; hiermit erſchreckte mich zwar die Alte / ich lieſe aber meine Angſt nicht allein nicht mercken / ſondern ſtell[t]e mich darzu ſo freudig / als wann michF jvder124der groſſe Moger aus Jndia wo nit beſchuͤ - tzen / doch wenigſt revangirn wuͤrde / ſinte - mahl ich mich auf meines Liebhabers groſ - ſe Liebe und ſtattliche Verheiſſung / verlaſ - ſen / von welchem ich auch gleichſam alle acht Tage nit nur bloſſe liebreiche Schrei - ben: ſondern auch jedesmahl anſehenliche Verehrungen empfieng / dargegen beklag - te ich mich / in Widerantwort gegen ihm / weß ich von deꝛ Haußhofmeiſterin verſtan - den / mit Bitt / er wolte mich aus dieſer Ge - fahr erledigen und verhindern / daß mir uñ meinem Geſchlecht kein Spott widerfuͤhre; das End ſolcher Correſpondenz war / daß zu letzt zween Diener in meines Liebhabers Lieberey gekleidet / angeſtochen kamen / wel - che mir Schreiben brachten / daß ich mich alſobalden mit ihnen verfuͤgen ſolte / um mich nacher Hamburg zu bringen / allda er mich / es waͤre ſeinen Eltern gleich lieb oder leid / oͤffentlich zur Kirchen fuͤhren wolte; wann alsdann ſolches geſchehen waͤre / ſo wuͤrden beydes Vatter und Mutter wohl Ja ſagen: und als zu einer geſchehenen Sach das Beſte reden muͤſſen; Jch wargleich125gleich fix und fertig wie ein alt Feuerſchloß / und lieſe mich ſo Tags ſo Nachts / erſtlich auf Wißmar: und von dañen auf gedach - tes Hamburg fuͤhren / allda ſich meine zween Diener abſtohlen / und mich ſo lang nach einem Cavallier aus Dennemarck umſehen lieſſe / der mich heurathen wuͤrde / als ich immer wolte; da wurde ich allererſt gewahr / daß der Hagel geſchlagen / und die Betruͤgerin betrogen worden waͤre; Ja miꝛ wurde geſagt / ich moͤchte mit ſtill ſchweigen - der Patientz verlieb nehmen / und GOtt dancken / daß die vornehme Braut unter - wegs nicht in der See ertraͤnckt worden waͤ - re / oder man ſey auf des Hochzeiters Seiten noch ſtarck genug / mir auch mitten in einer Stadt / da ich mir vielleicht ein vergebliche Sicherheit einbilde / einen Sprung zu wei - ſen / der einer ſolchen gebuͤhre / worvon man wuͤſte / daß ich zu halten ſey; was ſolt ich machen? mein Hochzeitherey / meine Hoff - nung; meine Einbildungen und alles wor - auf ich geſpañet / war dahin / uñ mitteinandeꝛ zu Grund gefallẽ; die vertreuliche liebreiche Schreiben / die ich an meinen Liebſten vonF veiner126einer Zeit zur andern abgehen laſſen / waren ſeinen Eltern eingeloffen / und die jeweilige Widerantwortbrieffe / die ich empfangen / hatten ſie abgeben / mich an dem Ort zu brin - gen / da ich jetzt ſaſſe / und allgemach anfienge mit dem Schmalhanſen zu conferirn der mich leichtlich uͤberredete / mein taͤglich Maulfutter mit meiner naͤchtlichen Hand - arbeit zu gewinnen.

Das XIV. Capitel.

Was Courage ferners anfieng / und wie ſie nach zweyer Reuter Tod / ſich einem Mußquetierer theilhafftig machte.

JCh weiß nit wie es meinem Liebhaber gefallen / als er mich nicht wieder in ſeinem Schloß angetroffen / ob er gelacht oder geweynt habe / mir wars leid / daß ich ſeiner nicht mehr zu genieſſen hatte / und ich glaub / daß er auch gern noch laͤn - ger mit mir vorlieb genommen haͤtte / wann ihm nur feine Eltern das Fleiſch nicht ſo ſchnell aus dem Zaͤhnen gezogen; um dieſe Zeit uͤberſchwaͤm̃te der Wallenſteiner / derTilly127Tilly und der Graf Schlick / gantz Holſtein und andere Daͤniſche Laͤnder mit einem Hauffen Kaͤyſerlicher Voͤlcker wie mit ei - ner Suͤndfluth / deren die Hamburger ſo wol als andere Ort / mit Proviant und Munitzion aushelffen muſten; dannenhero gab es viel Aus - und Einreutens und bey mir zimliche Kunden Arbeit; endlich erfuh - re ich / daß meine angenommene Mutter ſich zwar noch bey der Armee aufenthielte / hin - gegen aber alle meine Bagage biß auf ein paar Pferde verlohren / welches mir den Compaß gewaltig verruckte; Es ſchlug mir in Hamburg zwar wohl zu / und ich haͤt - te mir mein Lebtage kein beſſere Haͤndel ge - wuͤnſcht / weil aber ſolche fortuna nicht laͤn - ger beſtehen konte / als ſo lang das Kriegs - volck im Land lag / ſo muſte ich bedacht ſeyn / meine Sach auch anders zu karten; Es be - ſuchte mich ein junger Reuter / der bedeuchte mich faſt liebwuͤrdig / reſolut und bey Gelt - mitteln zu ſeyn / gegen dieſem richtet ich alle meine Netz / und unterlieſe kein Jaͤ - ger-Stuͤcklein / biß ich ihn in meine Strick brachte / und ſo verliebt machte / daß erF vjmir128mir Salat aus der Fauſt eſſen moͤgen ohne einigen Eckel; dieſer verſprach mir bey Teuffel holen / die Ehe / und haͤtte mich auch gleich in Hamburg zur Kirchen ge - fuͤhrt / wann er nicht zuvor ſeines Ritt - meiſters conſens hierzu haͤtte erbitten muͤſ - ſen; welchen er auch ohnſchwer erhielte / da er mich zum Regiment brachte / alſo daß er nur auf Zeit und Gelegenheit wartete / die copulation wuͤrcklich zu vollziehen laſſen; Jndeſſen verwunderten ſich ſeine Cam̃er - rathen / woher ihm das Gluͤck / ſo eine ſchoͤne junge Maiſtreſſe zugeſchickt unter welchen die allermeiſte gern ſeine Schwaͤger haͤtten werden moͤgen; dann damahls waren die Voͤlcker bey dieſer ſieghafften Armee we - gen langwuͤrigen gluͤcklichen Wolergehens und vieler gemachten Beuten / durch Uber - fluß aller Dinge dergeſtalt fett und ausge - fuͤllt / daß der groͤſte Theil durch Kuͤtzel des Fleiſches angetrieben / mehr ihrer Wolluſt nachzuhaͤngẽ / und ſolchen abzuwarten / als um Beuten zu ſchauen / oder nach Brod und Fourage zu trachten / gewohnt war; und ſon - derlich ſo war meines Hochzeiters Corporalein129ein ſolcher Schnaphan / der auf dergleichen Naſcherey am allermeiſtẽ verpicht war / als welcher gleichſam eine Profeſſion daraus machte / anderen die Hoͤrner aufzuſetzen / und ſichs vor eine groſſe Schand gerechnet haͤtte / wann er ſolches irgends unterſtan - den / und nicht werckſtellig machen moͤgen; wir lagen damahls in Stormaren welches noch niemahls gewuſt / was Krieg gewe - ſen / dannenhero war es noch voll von Uber - fluß / und reich an Nahrung / woruͤber wir uns Herren nannten / und dem Landmann vor unſere Knechte / Koͤch und Tafeldecker hielten / da waͤhrete Tag und Nacht das Panquediren und lude je ein Reuter den andern auf ſeines Haußwirths Speiß und Tranck zu Gaſt / dieſen modum hielte mein Hochzeiter auch / worauf angevegter Cor - poral ſein Anſchlag machte / mir hinter die Haut zu kommen; dann als mein beſagter Hochzeiteꝛ ſich mit zweyen von ſeinen Cam - merrathen (ſo aber gleichwol auch des Cor - porals Creaturen geweſen) in ſeinem Quartier luſtig machte / kam der Corporal und commandirte ihn zu der StandartenF 7auf130auf die Wacht / damit / wann mein Hochzei - ter fort waͤre / er ſich ſelbſt mit nur er - goͤtzen koͤnte; weil aber mein Hochzeiter den Poſſen bald merckte / und ungern lei - den wolte / daß ein anderer ſeine Stell ver - tretten / (oder daß ichs fein teutſch gebe) daß ihn der Corporal zum Gauch machen ſolte; ſihe / da ſagte er ihm / daß noch etliche waͤ - ren / denen vor ihm gebuͤhrte ſolche Wacht zu verſehen; der Corporal hingegen ſagte ihn / er ſolte nicht viel diſputirn / ſondern ſeinen Commando parirn / oder er wolte ihm Fuͤſſe machen; dann er wolte dieſe feine Gelegenheit meiner theilhafftig zu werden / einmahl nicht aus Handen laſſen; demnach ihm aber ſolche mein Liebſter nicht zu goͤnnen gedachte / widerſetzte er ſich dem Corporal ſo lang / biß er von Lederzog / und ihn auf die Wachtnoͤtigen / oder in Kraffthabenden Gewalts ſo exemplariſch zeichnen wolte / daß ein andermahl ein anderer wiſſe / wie weit ein Untergebener ſeinem Vorgeſetzten zu gehorſamen ſchuldig waͤre; aber ach / mein lieber Stern verſtund den Handel leyder uͤbel / dann er eben ſo bald mit ſei -nem131nem Degen fertig / und verdingte dem Corporal eine ſolche Wunden in Kopff / die ihn des unkeuſchen und erhitzten Ge - bluͤts alſobald entledigte / und allen Kitzel dergeſtalt vertriebe / daß ich wohl ſicher vor ihm ſeyn konte; die beyde Gaͤſt giengen ih - rem Corporal auf ſein Zuſchreyen zu Huͤlff / und mit ihren Fochteln auch auf meinen Hochzeiter loß / davon er den einen alſobal - den durchſtach / und den andern zum Haus hinaus jagte / welcher aber gleich wieder kam / und nit allein den Feldſcherer vor die Verwundte ſondern auch etliche Kerl brachte / die meinen Liebſten und mich zum Profoſen fuͤhrten / allwo er an Haͤnd und Fuͤſſen in Band und Ketten geſchloſſen wurde; Man machts gar kurtz mit ihm / dann den andern Tag ward Standrecht uͤber ihn gehalten / und ob zwar Soñenklar an Tag kam / daß der Corporal ihn keiner andern Urſachen halbeꝛ auf die Wacht com - mandirt / als ſelbige Nacht an Statt ſeineꝛ zu ſchlaffen; ſo wuͤrde doch erkant / um den Ge - horſam gegen den Officiern zu erhaltẽ / daß mein Hochzeiter aufgehenckt: Jch aber mit Ruthen ausgehauen werden ſolte;weil132weil ich an ſolcher That ein Urſaͤcherin ge - weſen; Jedoch wurden wir beyde ſo weit erbetten / daß mein Hochzeiter Harquebu - ſirt: Jch aber mit dem Steckenknecht vom Regiment geſchickt wurde / welches mir gaꝛ ein abgeſchmackte Reiß war.

So ſauer kam mich aber dieſe Reiß nicht an / ſo fanden ſich doch zween Reuter in un - ſern Quartier / die mir und ihnen ſolche ver - ſuͤſſen wolten / dañ ich war kaum ein Stund gehend hinweg / da ſaſſen dieſe beyde in ei - nem Buſch / dardurch ich muſte paſſiren / mich willkommen zu heiſſen! Jch bin zwar / wann ich die Warheit bekennen muß / mei - ne Tage niemahl ſo hechel geweſen / einem guten Kerl eine Fahrt abzuſchlagen / wañ ihn die Noth begriffen; aber da dieſe zween Haluncken mitten in meinem Elend eben das jenige von mir mit Gewalt begehrten / weſſentwegen ich verjagt: und mein Aus - erwehlter tod geſchoſſen worden / widerſetzte ich mich mit Gewalt; dann ich konte mir wohl einbilden / wann ſie ihren Willen er - langt und vollbracht / daß ſie mich auch erſt gepluͤndert haͤtten / als welches Vorhabenich133ich ihnen gleichſam aus den Augen und von der Stirnen ableſen konte; ſintemahl ſie ſich nicht ſchaͤmten mit entbloͤſten De - gen / auf mich / wie auf ihrem Feinde loß zu gehen / beydes mich zu erſchrecken / und zu dem / was ſie ſuchten / zu noͤthigen; weil ich aber wuſte / daß ihre ſcharffe Klingen mei - ner Haut weniger als zwo Spißgerten ab - haben wuͤrden / ſihe / da waff nete ich mich mit meinen beyden Meſſern / von denen ich in jede Hand eins nahm / und ihnen derge - ſtalt begegnete / daß der eine eins davon im Hertzen ſtecken hatte / ehe er ſichs verſahe; der ander war ſtaͤrcker und vorſichtiger als der erſte / weſſentwegen ich ihme dann ſo wenig als er mir an den Leib kommen kon - te; wir hatten unter waͤhrendem Gefecht ein wildes Geſchrey; er hieſe mich eine Hur / eine Vettel / eine Hex / und gar einen Teuf - fel; hingegen nannte ich ihn einen Schel - men einen Ehrendieb / und was mir mehr von ſolchen erbarn Tituln ins Maul kam / welches Balgen einen Mußquetier er uͤber - zwergs durch den Buſch zu uns lockte / der lang ſtunde / und uns zuſahe / was wir vorſeltzame134ſeltzame Spruͤng gegeneinander veruͤb - ten / nicht wiſſend / welchen Theil er un - ter uns beyſtehen oder Huͤlffe leiſten ſolte; und als wir ihn erblickten / begehrte ein je - des / er wolte es von dem andern erretten / da kan nun ein jeder wohl gedencken / daß Mars der Vener viel lieber als dem Vulcano bey - geſtanden / vornemlich als ich ihn gleich guͤl - dene Berg verſprach / und ihn meine aus - buͤndige Schoͤnheit blendet und bezwang; Er paſſte auf / und ſchlug auf den Reuter an / und brachte ihn mit Bedrohung dahin / daß er mir nicht allein den Rucken wendet / ſondern auch anfieng darvon zu lauffen / daß ihm die Schuchſohlen haͤtten herunter fallen moͤgen / ſeinen entſeelten Cammerra - then ſich in ſeinem Blut waltzend / hinter - laſſend;

Als nun der Reuter ſeines Wegs war / und wir uns allein beyſam̃en befanden / er - ſtummte dieſer junge Mußquetierer gleich - ſam uͤber meiner Schoͤnheit / und hatte nit das Hertz / etwas anders mit mir zu reden / als daß er mich fragte / durch was vor ein Geſchick ich ſo gar allein zu dieſem Reuterkom -135kommen waͤre? darauf erzehlte ich ihm al - les Haarklein / was ſich mit meinem gehab - ten Hochzeiter / item / mit dem Corporal und dann auch mit mir zugetragen; ſo dann / daß mich dieſe beyde Reuter / nemlich der ge - genwaͤrtige Tode und der Entloffene als ein armes verlaſſenes Weibsbild mit Gewalt ſchaͤnden wollen / deren ich mich aber bißher / wie er ſelbſt zum Theil wohl geſehen / ritter - lich erwehrt; mit Bitt / er wolte als mein Nohthelffer und Ehrenretter mich ferner beſchuͤtzen helffen / biß ich irgendshin zu ehr - lichen Leuten wieder in Sicherheit kaͤme / verſicherte ihn auch ferner / daß ich ihme vor ſolche ſeine erwieſene Huͤlffe und Beyſtand mit einen ehrlichen recompens zu begegnen nicht er manglen wuͤrde; er beſuchte darauf den Toden / und nahme zu ſich was er ſchaͤtzbarliches bey ſich hatte / welches ihm ſeine Muͤhe zimlich belohnte; dar - auf machten wir uns beyde bald aus dem Staub / und indem wir unſeren Fuͤſ - ſen gleichſam uͤber Vermoͤgen zuſpra - chen / kamen wir deſto ehender durch den Boſch / und erreichten denſelbenAbend136Abend noch des Mußquetierers Regiment / welches fertig ſtunde / mit dem Colalto, Altrinniger und Gallas in Jtalia zu gehen.

Das XV. Capitel.

Mit was vor Conditionen ſie den Eheſtand lediger Weiß zu treiben ein - ander verſprochen.

WAnn eine ehrliche Ader in meinem Lei - be geweſen waͤre / ſo haͤtte ich damahls meine Sach anders anſtellen: und auf ei - nen ehrlichern Weg richten koͤnnen; dann meine angenom̃ene Mutter mit noch zwey - en von meinen Pferden und etwas an paa - rem Gelt erkundigt mich / und gab mir den Raht / ich ſolte mich aus den Krieg zu mei - nem Gelt auf Prag: oder auf meines Hauptmans Guͤtter thun / und mich im Frieden Haußhaͤblich und geruhlich ernaͤh - ren, aber ich lieſe meiner unbeſonnenẽ Ju - gend weder Weißheit noch Vernunfft ein - reden / ſondern je toller das Bier gebrauet wurde / je beſſer es mir ſchmeckte / ich und ge - dachte meine Mutter / hielten ſich bey einemMar -137Marquedenter unter dem jenigen Regi - ment / darunter mein Mann der zu Hoya umkommen / Hauptmann geweſen / alwo man mich ſeinetwegen zimlich reſpectirte; uñ ich glaub auch / daß ich wieder einen wa - ckern Officier zum Mann bekommen haͤt - te / wann wir geruhig geweſt / und irgends in einem Quartier gelegen waͤren. Aber dieweil unſere Kriegsmacht von 20000. Mannen in drey Herren beſtehend / ſchnell auf Jtalia marchirte / und durch Grau - buͤnden / das viel Verhinderungen ge - macht / brechen muſte / ſihe / da gedachten we - nig witzige an das Freyen / und dannenhero verbliebe ich auch deſto laͤnger eine Wittib; uͤber das hatten auch etliche nicht das Hertz / andere aber ſonſt ihr Bedencken / mich um die Verehligung anzureden; und ſonſt mir extra oder neben her etwas zuzumuthẽ / dar - zu hielten ſie mich voꝛ viel zu ehrlich / weil ich mich bey meinem vorigen Mann gehalten / daß mich maͤnniglich vor ehrlich hielte als ich geweſen. Gleichwie mir aber mit einer langwierigen Faſten wenig gedienet / alſo hatte ſich hingegen der jenige Mußquetier /ſo mir138ſo mir in der Occaſion, die ich mit obenge - dachter beyden Ruthen gehabt / zu Huͤlffe kommen / dergeſtalt an mir vergafft und vernarret / daß er Tag und Nacht keine Ruhe hatte / ſondern mir manchen Trab - ſchenckte / wann er nur Zeit haben und ab - kom̃en konte. Jch ſahe wol was mit ihn um - gieng / und wo ihn der Schuch druckte / weil er aber die courage nicht hatte / ſein Anlie - gen der Courage zu entdecken / war bey mir die Verachtung ſo groß / als das Mitlei - den; doch aͤnderte ich nach und nach mei - nenſtoltzen Sinn / der Anfangs nuꝛ gedach - te eine Officirerin zu ſeyn; dann als ich des Marquedenters Gewerb und Handthie - rung betrachtete / und taͤglich vor Augen ſahe / was ihm immerzu vor Gewinn zu - gieng / und daß hingegen mancher praver Officier mit dem Schmalhanſen Taffel halten muſte / fieng ich an darauf zu geden - cken / wie ich auch eine ſolche Marquedente - rey aufrichten / und ins Werck ſtellen moͤch - te; ich machte den Uberſchlag mit meinen bey mir habenden Vermoͤgen / und fande ſolches weil ich noch ein zimliche Quanti -taͤt139taͤt Goldſtuͤcker in meiner Bruſt vernehet wuſte / gar wohl paſtand zu ſeyn; Nur die Ehr oder Schand lag mir noch im Weg / daß ich nemlich aus einer Hauptmaͤnnin ein Marquedenterin werden ſolte; als ich mich aber erinnerte / daß ich damahls keine mehr war / auch wohl vielleicht keine mehr werden wuͤrde / ſihe / da war der Wuͤrffel ſchon geworffen! und ich fieng bereits an in meinem Sinn / Wein und Bier um dop - pelt Gelt auszuzapffen / uñ aͤrger zu Schin - den und zu Schachern / als ein Jud von 50. oder 60. Jahren thun mag.

Eben um dieſe Zeit / als wir nemlich mit unſeren dreyfachen Kaͤyſerlichen Heer uͤber die Alpes oder das hohe Gebuͤrg in Italiam gelangt / war es mit meines Galanen Liebe aufs hoͤchſte kommen / ohne daß er noch das geringſte Wort darvon mit mir geſprochen; Er kam einsmahls unter dem Vorwant ein Maß Wein zu trincken / zu meines Mar - quedenters Zelt / und ſahe ſo bleich und troſt - loß aus / als wann er kuͤrtzlich ein Kind bekommen / und keinem Vatter / Meel noch Milch darzu gehabt oder gewuͤſthaͤtte;140haͤtte; ſeine traurige Blick und ſeine ſehnli - che Seuffzer waren ſeine beſte Sprach / die er mit mir redet / und da ich ihn um ſein An - liegen fragte / erkuͤhnete er gleichwol alſo zu antworten: ach / meine allerliebſte Frau Hauptmaͤnnin! (dann Courage dorffte er mich nicht nennen) wann ich ihr mein An - liegen erzehlen ſolte / ſo wuͤrde ich ſie entwe - der erzoͤrnen / daß ſie eine ihre holdſeelige Gegenwart gleich wider entzuckt / und mich in Ewigkeit ihres Anſchauens nicht mehr wuͤrdigt; oder ich wuͤrde einen Verweiß meines Frevels von ihr empfangen / deren eins von dieſem beyden genugſam waͤren / mich dem Tod vollends aufzuopffern; und darauf ſchwiege er wider ſtock ſtill; ich ant - wortet / wann euch deren eins kan umbrin - gen / ſo kan euch auch ein jedes davon erqui - cken; und weil ich euch deſſentwegen ver - bunden bin / daß ihr mich / als wir in den vier Landen zwiſchen Hamburg und Luͤbeck lagen / von meinen Ehrenſchaͤnderen erret - tet ſo goͤnne ich euch hertzlich gern / daß ihr euch geſund und ſatt an mir ſehen moͤget; Ach mein hoch geehrte Frau! antwortet er /es be -141es befindet ſich hierinn gantz das Wider - ſpiel / dann da ich ſie damahls das erſte mahl anſahe / fieng auch meine Kranckheit an / welche mir aber dem Tod bringen wird / wann ich ſie nicht mehr ſehen ſolte! Ein wunderbarlicher und ſeltzamer Zuſtand! der mir zum recompens widerfahren / die - weil ich mein Hochehrende Frau aus ihrer Gefaͤhrlichkeit errettete! Jch ſagte / ſo muͤſte ich einer groſſen Untreu zu beſchuldigen ſeyn / wann ich dergeſtalt Gutes mit Boͤſem vergolten haͤtte? das ſag ich nicht / antwor - tet mein Mußquetierer / ich replicirte / was habt ihr dann zu klagen? uͤber mich / uͤber meine Ungluͤck ſeeligkeit (antwortet er) und uͤber meine Verhaͤngnus; oder vielleicht uͤber meinen Vorwitz / uͤber meine Einbil - dung / oder ich weiß ſelbſt nicht uͤber was! Jch kan nicht ſagen / daß die Frau Haupt - maͤnnin und danck bar ſey / dann um der ge - ringen Muͤhe willen / die ich ich anlegte / als ich den noch lebenden Reuter verjagte / der ihrer Ehr zuſetzte / bezahlte mich deſſen Ver - laſſenſchafft genugſam / welche mein Hoch - ehrende Frau zuvor des Lebens hochruͤhm -Glich142lich beraubte / damit er ſie ihrer Ehr nicht ſchaͤndlich berauben ſolte: Meine Frau Ge - bieterin: (ſagte er ferner) Jch bin in einem ſolchen verwirrten Stand / der mich ſo ver - wirret / daß ich auch weder meine Verwir - rung / noch mein Anliegen / noch mein oder ihre Beſchuldigung / weniger meine Un - ſchuld / oder ſo etwas erleutern moͤchte / dar - durch mir geholffen werden koͤnte; Sehet / allerſchoͤnſte Dam! ich ſterbe / weil mir das Gluͤck und mein geringer Stand nicht goͤn - net / ihrer Hoheit zu erweiſen / wie gluͤckſee - lig ich mich erkennete / ihr geringſter Diener zu ſeyn; Jch ſtunde da wie eine Naͤrrin / weil ich von einen geringen und noch ſehr jungen Mußquetierer / ſolche / wiewohl un - tereinander / und wie er ſelbſt ſagte / aus ei - nem verwirrten Gemuͤth-lauffende Reden hoͤrete; doch kamen ſie mir vor / als wann ſie mir nichts deſtoweniger einen muntern Geiſt und Sinnreichen Verſtand anzeig - ten / der einer Gegenlieb wuͤrdig / und mir nicht uͤbel anſtaͤndig ſey / mich deſſen zu mei - ner Marquedenterey / mit welcher ich da - mahls groß ſchwanger gieng / rechtſchaf -fen143fen zu bedienen; derowegen machte ichs mit dem Tropffen gar turtz / und ſagte zu ihm / mein Freund / ihr nennet mich fuͤrs 1. euer Gebietherin / fuͤrs 2. euch ſelbſt meinen Diener / wann thrs nur ſeyn koͤn - tet; furs 3. klagt ihr / daß ihr ohne meine Gegenwart ſterben muͤſt; daraus nun er - kenne ich eine groſſe Liebe / die ihr viel - leicht zu mir traget; Jetzt ſagt mir nur / wormit ich ſolche Liebe erwidern moͤge? dann ich will gegen einen ſolchen / der mich von meinen Ehrenſchaͤndern erret - tet / nicht undanckbar erfunden werden; Mit Gegenlieb / ſagte mein Galan; und wann ich dann wuͤrdig waͤre; ſo wolte ich mich vor den allergluͤckſeeligſten Menſchen in der gantzen Welt ſchaͤtzen. Jch antwor - tet / ihr habt allererſt ſelbſt bekennet / daß eu - er Stand zu gering ſey / bey mir zu ſeyn / den ihr zu ſeyn wuͤnſchet / und was ihr ge - gen mir mit weitlaͤufftigen Worten wei - ters zu verſtehen gegeben habt; was Raths aber? damit euch geholffen / und ich von al - ler Bezuͤchtigung der Undanckbarkeit undG ijUn -144Untreu: Jhr aber euers Leidens entuͤbrigt werden moͤchtet? Er antwortet / ſeines Theils ſey mir alles heimgeſtellt / ſintemahl er mich mehr vor eine Goͤttin als vor eine irrdiſche Creatur halte / von deren er auch jederzeit entweder den Sententz des Todes oder des Lebens: die Servitut oder Freyheit / ja alles gern añehmẽ wolte / was mir nur zu befehlen beliebte; und ſolches bezeugte er mit ſolchen Geberden / daß ich wol erachten kon - te / ich haͤtte einen Narren am Strick / der eher in ſeiner Dienſtbarkeit mir zu Gefallen erworgen: als in ſeiner libertet ohne mich leben wuͤrde.

Jch verfolgte das / was ich angefangen / und unteꝛſtunde zu fiſchen / dieweil das Waſ - ſer truͤb war; und warum wolte ichs nicht gethan haben / da doch der Teuffel ſelbſt die jenige die er in ſolchem Stand findet / wie ſich mein Leffler befande / vollends in ſeine Netze zu bringen unterſtehet? Jch ſage dieß nicht / daß ein ehrlicher Chriſten-Menſch / den Wercken dieſes ſeines abgefaͤimten boͤ - ſen Feindes zu folgen / an mir ein Exempel nehmen ſoll / weil ich ihm damahls nach -amte /145amte / ſondern daß Simplicius, dem ich die - ſen meinen Lebenslauff allein zueigne / ſe - he / was er vor eine Dame an mir geliebt; und hoͤre nur zu Simplex, ſo wirſt du erfah - ren / daß ich dir das jenige Stuͤcklein / ſo du mir im Sauerbrunnen erwieſen / dergeſtalt wider eingetraͤnckt / daß du vor ein Pfund ſo du ausgebẽ / wider ein Centner eingenom - men; Aber dieſen meinen Galanen brachte ich ſo weit / daß er mir folgende Puncten ein - gieng und zu halten verſprach.

Erſtlich / ſolte er ſich von ſeinem Regi - ment loß wuͤrcken / weil er anderer Geſtalt mein Diener nicht ſeyn koͤnte / ich aber keine Mußquetiererin ſeyn moͤchte.

Alsdann ſolte er zweytens bey mir woh - nen / und mir wie ein anderer Ehemann al - le Lieb und Treu ſeiner Ehefrauen zu erwei - ſen pflege / eben desgleichen zu thun ſchuldig ſeyn / und ich ihme hinwiderum.

Jedoch ſolte ſolche Verehligung drittens vor der Chriſtlichen Kirchen nicht ehe be - ſtaͤttigt werden / ich befaͤnde mich dann zuvoꝛ von ihm befruchtet.

Biß dahin ſolte ich viertens die Meiſter -G iijſchafft146ſchafft nicht allein uͤber die Nahrung / ſon - dern auch uͤber meinen Leib / ja auch uͤber meinen Serviteur ſelbſten haben und behal - ten / in aller Maß und Form / wie ſonſt ein Mann das Gebieth uͤber ſein Weib habe.

Krafft deſſen / ſolte er fuͤnfftens nicht Macht haben / mich zu verhindern / noch ab - zuwehren / viel weniger ſauer zu ſehen / wañ ich mit andern Mannsbildern converſire, oder etwas dergleichen unterſtuͤnde / das ſonſt Ehemaͤnner zum eyffern verurſachte.

Und weil ich ſechſtens geſinnet ſey / eine Marquetenterin abzugeben / ſolte er zwar in ſolchem Geſchaͤffte das Haubt ſeyn / und der Handelſchafft wie ein getreuer und fleiſſi - ger Hauswirth / ſo Tags / ſo Nachts / emſig vorſtehen / mir aber das Ober-Commando / ſonderlich uͤber das Gelt / und ihn ſelbſten laſſen / und gehorſamlich gedulten / ja aͤn - dern und verbeſſern / wann ich ihne wegen einiger ſeiner Saumſal corrigirn wuͤrde; Jn Summa / er ſolte von maͤnniglich vor den Herrn zwar gehalten und angeſehen werden / auch ſolchen Namen und Ehre haben / aber gegen mir obenangeregteSchul -147Schuldigkeit in allweg in Acht nehmen. Und ſolches alles verſchrieben wiꝛ einander.

Damit er auch ſolcher Schuldigkeit ſich allezeit erinnern moͤge / ſolte er zum ſibenden gedulten / daß ich ihn mit einem ſonderbah - ren Namen nennete / welcher Nahm aus den erſten Woͤrtern des Befehls genom - men werden ſolte / wormit ich ihn das erſte mahl etwas zu thun heiſſen wuͤrde;

Als er mir nun alle dieſe Puncten ein - gangen und zu halten geſchworen / beſtaͤt - tigte ich ſolches mit einem Kuß / lieſe ihn abeꝛ vor dißmahl nicht weiter kommen; darauf brachte er bald ſein Abſcheid / ich hingegen griffe mich an / und brachte unter einem andern Regiment zu Fuß zu wegen / alles was ein Marquedenter haben ſolte / und fieng an mit dem Judenſpieß zu lauffen / als wann ich das Handwerck mein Lebtag ge - trieben haͤtte.

Das XVI. Capitel.

Wie Spring-ins-felt und Courage miteinander hauſeten.

MEin junger Mann lieſe ſich trefflich wohl an / in allem dem jenigen wor -G jvzu ich148zu ich ihn angenommen und zu brauchen hatte; ſo hielte er auch oben vermelte Arti - cul ſo nett / und erzeigte ſich ſo gehorſam / daß ich die geringſte Urſach nicht hatte / mich uͤber ihn zu beſchweren; Ja / wann er miꝛ an - ſehen konte / was mein Will war / ſo war er ſchon bereit ſolchen zu vollbringen; dann er war in meiner Liebe ſo gar erſoffen / daß er mit hoͤrenden Ohren nit hoͤrete / noch mit ſe - henden Augen nit ſahe / was er an mir / und ich an ihm hatte / ſondern er vermeinete viel - mehr / er haͤtte die allerfroͤmſte / getreueſte / verſtaͤndigſte und keuſcheſte Liebſte auf Er - den / worzu mir und ihm dann meine ange - nommene Mutter / die er meinetwegen auch in groſſen Ehren hielte / trefflich zu helffen wuſte; dieſe war viel liſtiger als eine Fuͤchſ - ſin / viel geitziger als eine Woͤlffin / und ich kan nicht ſagen / ob ſie in der Kunſt Gelt zu gewinnen oder zu cupplen am vortrefflich - ſten geweſen ſey; Wann ich ein loß Stuͤck - lein in dergleichen Sachen im Sinn hatte / und ich mich um etwas ſcheuete (dann ich wolte vor gar fromm und ſchamhafftig an - geſehen ſeyn) ſo dorffte ichs ihr nur anver -trauen149trauen / und war damit ſo viel als verſichert / daß mein Verlangen ins Werck geſtellt wuͤrde; dann ihr Gewiſſen war weiter als des Rhodiſer Coloſſi Schenckel auseinan - der geſpannet / zwiſchen welchen die groͤſte Schiff ohne Segelſtreichung durch paſſi - ren koͤnnen; einmahl hatte ich groſſe Be - gierden / eines jungen von Adel theilhafftig zu ſeyn / der ſelbiger Zeit noch Fendrich waꝛ / und mir ſeine Liebe vorlaͤngſten zu verſtehen gegeben / wir haͤtten eben damahls / als mich dieſe Luſt ankam / das Laͤger bey einem Fle - cken geſchlagen / weſſentwegen ſo wohl mein Geſind als ander Volck / um Holtz und Waſſer aus war; mein Marquedenter aber gieng beym Wagen herum Niſſteln / als er mir eben mein Zelt auf geſchlagen / und die Pferd zu naͤchſt bey uns zu andern auf die Waͤid lauffen laſſen; Weil ich nun mein Anliegen meiner Mutter eroͤffnet / ſchaffte ſie mir denſelben Fendrich / wiewohl zur Un - zeit an die Hand / und als er kam / war das erſte Wort / das ich ihn in Gegenwart / mei - nes Manns fragte / ob er Gelt haͤtte / und da er mit ja antwortet: dann er vermeynteG vich150ich fragte albereit um S. V. den Huren - Lohn: ſagte ich zu meinem Marquedenter / Spring-ins-felt / und fange unſern Schre - cken / der Herr Fendrich wolte ihn gern be - reuten / und uns demſelben abhandlen / und gleich paar bezahlen; Jndeſſen nun mein guter Marquedenter gehorſamlich hin - gieng / meinen erſtẽ Befelch zu vollbringen / hielte die alte Schildwacht / dieweil wir den Kauff miteinander machten / und auch ein - ander ritterlich bezahlten; demnach ſich aber das Pferd nicht von meinem Marqueden - ter ſo leichtlich / wie ſeine Marquedenterin vom Fendrich fangen laſſen wolte / kam er gantz ermuͤthet widerum zum Zelt / eben ſo ungedultig / als ſich der Fendrich wegen ſeines langen Wartens ſtellet; Dieſer Ge - ſchichten halber hat beſagter Fendrich / nach - gehends ein Lied gemacht / der Scheck ge - nant / anfahend / ach was fuͤr unausſprech - liche Pein / ꝛc. mit welchem ſich in folgen - der Zeit gantz Teutſchland etliche Jahr ge - ſchleppt / da doch niemand wuſte / woher es ſeinen Urſprung hatte / mein Marquedenter aber bekam hierdurch / Krafft unſerer Heu -rats -151raths-Notal den Namen Spring-ins-felt / und diß iſt eben der Spring-ins-felt / den du Simpliciſſime in deiner Lebens-Be - ſchreibung offtermahl vor einen guten Kerl ruͤhmeſt; du muſt auch wiſſen / daß er alle die jenige Stuͤcklein / die er und du / beydes in Weſtphalen und zu Philippsburg veruͤbet / und ſonſt noch vielmehr darzu / von ſonſt niemand / als von mir und meiner alten Mutter gelernet; dann als ich mich mit ihm paaret / war er einfaͤltiger als ein Schaaf / und kam wider abgefaͤimbter von uns / als ein Luchs und Kern-Eſſig ſeyn mag.

Aber die Warheit zu bekennen / ſo ſind ihm ſolche ſeine Wiſſenſchafften nicht um - ſonſt ankommen / ſondern er hat mir das Lehr-Gelt zuvor genug bezahlen muͤſſen; Einsmahls da er noch in ſeiner erſten Ein - falt war / diſcurirten / er / ich und meine Mut - ter von Betrug und Boßheit der Wei - ber / und er entbloͤdete ſich zu ruͤhmen / daß ihn kein Weibsbild betruͤgen ſolte / ſie waͤre auch ſo ſchlau als ſie immer wol - te; Gleichwie er nun ſeine Einfalt hiermitG vjgenug -152genugſam an den Tag legte / alſo bedauchte mich hingegen / ſolches waͤre meiner und al - ler verſtaͤndigen Weiber dexteritaͤt viel zu nahe / und nachtheilig geredet; ſagte ihm de - rowegen unveꝛholen / ich wolte ihn neunmal vor der Morgenſuppe betꝛuͤgen koͤnnen / wañ ichs nur thun wolte; er hingegen vermaß ſich zu ſagen / wann ich ſolches koͤnte / ſo wolte er ſein Lebtag mein Leibeigner Sclave ſeyn / und trutzte mich noch darzu / wann ich ſol - ches zu thun mich nicht unterſtuͤnde; doch mit dem Geding / wann ich in ſolcher Zeit gar keinen Betrug von den neunen bey ihm anbraͤchte / daß ich mich alsdann zur Kir - chen fuͤhren: und mit ihm ehrlich copuliren laſſen ſollte; Nachdem wir nun ſolcher Ge - ſtalt der Wettung eins worden / kam ich des Morgens fruͤhe mit der Suppenſchuͤſſel / darinn das Brod lag / und hatte in der an - dern Hand das Meſſer ſamt einem Wetz - ſtein / mit Begehren er ſollte mir das Meſ - ſer ein wenig ſchaͤrpffen / damit ich die Sup - pe einſchneiden koͤnte; er nahm Meſſer und Stein von mir / weil er aber kein Waſſer hatte / leckte er den Wetzſtein mit der Zunge /um153um ſelbigen zu befeuchtigen / da ſagte ich / nun das walt GOtt / das iſt ſchon zwey mahl! Er befremdet ſich und fragte / was ich mit dieſer Rede vermeyne? hingegen frag - te ich ihn / ob er ſich dann unſerer geſtrigen Wettung nicht mehr zuerinnern wiſſe? Er antwortet ja; und fragte / ob und womit ich ihn dann ſchon betrogen? Jch antwortet / erſtlich machte ich das Meſſer ſtumpff / da - mit du es wieder ſchaͤrffer wetzen muͤſſteſt; zweitens / zog ich den Wetzſtein durch ein Ort / das du dir leicht einbilden kanſt / und gab dir ſolchen mit der Zung zu ſchlaͤcken / oho! ſagte er / iſts um dieſe Zeit / ſo ſchweig nur ſtill / und hoͤre auf / ich gib dir gern ge - wonnen / und begehre die reſtirende Mahl nit zu erfahren.

Alſo hatte ich nun an meinem Spring - ins-feld einen Leibaͤignen; bey Nacht / wañ ich ſonſt nichts beſſers hatte / war er mein Mann; bey Tag mein Knecht / und wann es die Leute ſahen / mein Herr und Meiſter uͤberall: Er konte ſich auch ſo artlich in den Handel und in meinen humor zu ſchicken / daß ich mir die Tage meines Lebens keinenG vijbeſſern154beſſeren Mann haͤtte wuͤnſchen moͤgen / und ich haͤtte ihn auch mehr als gern geehlicht / wann ich nicht beſorget / er wuͤrde dardurch den Zaum des Gehorſams verlieren / und in Behaubtung der billichen Oberherrlich - keit / die ihm alsdann gebuͤhren wuͤrde / mir hundertfaͤltig wideꝛum eintraͤncken / was ich ihm etwan ohnverehlicht zu wider gethan / und er ohnzweiffel mit groſſen Verdruß zu zeiten verſchmertzen muͤſſen; Jndeſſen leb - ten wir bey und miteinander / ſo einig / aber nicht ſo heilig als wie die liebe Engel; Mein Mutter verſahe die Stelle einer Marque - denterin an meiner Stadt / ich den Stand einer ſchoͤnen Koͤchin oder Kellerin / die ein Wirth darum auf der Streu haͤlt / damit er viel Gaͤſt bekom̃en moͤge; Mein Spring - ins-felt aber / war Herr und Knecht / und was ich ſonſt haben wolte / das er ſeyn ſolte; Er muſte miꝛ glatt parirn und meineꝛ Mut - ter Gutachten folgen / ſonſt war ihm alles mein Geſind gehorſam als ihrem Herrn / deſſen ich mehr hielte / als mancher Haubt - mann; dann wir hatten liderliche Commiß - Metzger bey dem Regiment / welche lieberGelt155Gelt zu verſauffen / als zu gewinnen ge - wohnt waren / darum trang ich mich durch Schmiralia in ihre profeſſion, und hielte zween Metzger-Knecht vor einen / alſo daß ich das Præ allein behielte / und jene nach uñ nach Caput ſpielte / weil ich einem jeden Gaſt / er waͤre auch herkommen woheꝛ er im - mer wolte / mit einem Stuͤck von allerhand Gattung Fleiſch zu Huͤlff kommen koͤnnte; ob er es gleich rohe / geſotten / gebraten oder lebendig haben wollen; gieng es dann an ein Stelen / Rauben und Pluͤndeꝛn (wie es dañ in den vollen und reichen Italia treffliche Beuten ſetzt) ſo muſten nit nur Spring - insfelt ſamt meinem Geſind / ihre Haͤlſe daran wagen / etwas einzuholen / ſondern die Courage ſelbſt fieng ihre vorige Gattung zu leben / die ſie in Teutſchland getrieben / widerum an / und indem ich der geſtalt gegen dem Feind mit Soldaten-Gewehr / gegen den Freunden aber im Lager und in den Quartiern mit dem Judenſpieß fochte / auch wo man mir in aller Freundlichkeit offenſivè begegnen wolte / den Schild vorzuſetzen wuſte / wuchſe mein Beutelſo groß156ſo groß darvon / daß ich bey nahe alle Mo - nat einen Wexel von 1000. Cronen nach Prag zu uͤbermachen hatte / und litte ſamt den Meinigen doch niemahls keinen Man - gel; dann ich befliſſe mich dahin / daß mein Mutter mein Spring-ins-felt / mein uͤbrig Geſind und vornemlich meine Pferde / zu jederzeit ihr Eſſen / Trincken / Kleid und Fuͤtterung hatten / und haͤtte ich gleich ſelbſt Hunger leiden / nackend gehen / und Tag und Nacht unter dem freyen Himmel mich behelffen ſollen; hingegen aber muſten ſie ſich auch befleiſſen einzutragen / und in ſol - cher Arbeit weder Tag noch Nacht zu fey - ern / und ſolten ſie Halß und Kopff daruͤber verlohren haben.

Das XVII. Capitel.

Was der Courage vor ein laͤcherli - cher Poß widerfuhre / und wie ſie ſich deßwegen wieder raͤchete.

SChaue mein Simplice! alſo war ich be - reits deines Cammerrathen Spring - ins-felds Matreſſe und Lehrmeiſterin / da du villeicht deinem Knan noch der Schweinhuͤte -157huͤteteſt / und ehe du geſchickt genug wareſt / anderer Leute Narr zu ſeyn; uñ haſt dir doch einbilden doͤrffen / du habeſt mich im Saur - brunnen betrogen! Nach der erſten Man - tuaniſchen Belaͤgerung / bekamen wiꝛ unſer Winter-Quartier in einem luſtigen Stadt - lein; allwo es bey mir anfieng zimlich Kun - den Arbeit zu geben / da vergieng kein Ga - ſterey oder Schmauß / dabey ſich nicht die Courage fand / und wo ſie ſich einſtellete / da galten die Jtaliaͤniſche Putani wohl nichts! dann bey den Jtaliaͤnern war ich Wildbret und etwas fremds / bey den Teutſchen kon - te ich die Sprach / und gegen beyden Natio - nen war ich viel zu freundlich / darneben noch trefflich ſchoͤn; ſo war ich auch nicht ſo gar hoffaͤrtig und theuer / und hatte ſich niemands keines Betrug von mir zu beſor - gen / dem aber die Jtaliaͤnerinnen dichte voll ſtacken: Solche meine Beſchaffenheiten verurſachten / daß ich den welſchen Huren viel gute Kerl abſpannete die jene verlieſen und mich hingegen beſuchten / welches bey ihnen kein gut Gebluͤt gegen mir ſetzte; eins - mahls lube mich ein vornehmer Herr zumNacht -158Nachteſſen / der zuvor die beruͤhmteſte Puta - na bedient: Sie aber auch meinetwegen ver - laſſen hatte; ſolches Fleiſch gedachte mir je - ne widerum zu entziehen / und brachte mir derowegẽ widerum durch eine Kirſchnerin / bey demſelben Nacht-Jm-biß etwas bey / davon ſich mein Bauch blaͤhete / als ob er haͤtte zerſpringen wollen / ja die Leibsduͤnſte traͤngten mich dergeſtalt / daß ſie endlich den Ausgang mit Gewalt oͤffneten / und eine ſolche liebliche Stimm uͤber Tafel hoͤren lieſen / daß ich mich deren ſchaͤmen muſte / und ſo bald ſie die Thuͤr einmahl gefunden / paſſtrten ſie mit einer ſolchen Ungeſtumm nacheinander heraus / daß es daher don - nerte / als ob etliche Regimenter eine Salve geben haͤtten; als ich nun deſ - ſentwegen vom Tiſch aufſtunde / um hinweg zu lauffen / gieng es bey ſol - cher Leibsbewegung allererſt rechtſchaffen an; alle Tritt entwiſchte mir aufs wenigſt einer oder zehen! wiewohl ſie ſo geſchwind aufeinander folgten / daß ſie niemand zehlen konte; und ich glaube / wann ich ſie alle wol anlegen: oder der Gebuͤhr nach fein or -dentlich159dentlich austheilen koͤnten / daß ich zwo gan - tzer geſchlagener Glockenſtund / trutz dem beſten tambour, den Zapffenſtreich darmit haͤtte / verrichten moͤgen; Es wehrete aber ungefehr nur eine halbe Stund / in welcher Zeit beides Gaͤſt und Auffwarter mehr Qual von dem Lachen als ich von dem con - tinuirlichen Trompeten erlitten.

Dieſen Poſſen rechnete ich mir vor ei - nen groſſen Schimpff / und wolte vor Scham und Unmuth außreiſſen / eben alſo thaͤt auch mein Gaſt-Herr als der mich zu etwas anders als dieſe ſchoͤne Muſic zuhal - ten / zu ſich kommen laſſen / hoch und theuer ſchwerrent / daß er dieſen affront raͤchen wol - te; Wann er nur erfahren koͤnte / durch was vor Pfeffer-Koͤrner: und Ameyſſen-Eyer - Koͤch dieſe Harmonia angeſtimmt worden waͤre; weil ich aber daran zweiffelt / ob nicht er vielleicht ſelbſt den gantzen Handel ange - ſtellt / ſihe / ſo ſaſſe ich dort zu protzen / als wañ ich mit den plitzenden Strahlen meiner zor - nigen Augen alles haͤtte toͤden wollen / biß ich endlich von einem beyſitzenden erfuhr / daß obengedachte Kuͤrſchnerin damit umgehenkoͤnte /160koͤnte / und weil er ſie unten im Hauſe geſe - hen / muͤſte er gedencken / daß ſie irgends von einer eifferſichtigen Damen gedinget worden / mich einem oder andern Cavallier durch dieſen Poſſen zu verlaͤiten; maſſen man von ihr wuͤſte / daß ſie eben dergleichen einem reichen Kauffherrn gethan / der durch eine ſolche Muſic ſeiner Liebſten Gunſt ver - lohren / weil er ſie in ihrer und ander ehrli - chen Leute Gegenwart hoͤren laſſen; darauf gab ich mich zu Frieden / und bedachte mich auf eine ſchleunige Rach / die ich aber weder offentlich noch grauſam ins Werck ſetzen dorffte / weil wir in den Quartirn (ohnange - ſehen / wie das Land dem Feind abgenom - men) gute Ordre halten muſten.

Demnach ich nun die Waꝛheit erfahren / daß es nemlich nit anderſt hergangen / als wie obengedachter Tiſchgenoß geargwoh - net; als erkundigt ich der jenigen Damen / die mir den Poſſen hatt zugerichtet / Han - del und Wandel / Thun und Laſſen / auf das genaueſte / als ich immer konte - und als mir ein Fenſter gewieſen wurde / dar - aus ſie bey Nacht / denen / ſo zu ihr wolten /Audi -161Audientz zu geben pflegte / offenbahrt ich meinen auf ſie habenden Grollen zweyen Officiern die muſten mir / wolten ſie anders meiner noch fuͤrderhin genieſſen / die Rach zu vollziehen verſprechen; und zwar auf ſol - che und kein andere Weiß als wie ich ihnen vorſchriebe; dann mich deuchte / es waͤre bil - lich / weil ſie mich nuꝛ mit dem Dunſt vexirt / daß ich ſie mit nichts anders als mit dem Dreck ſelbſt belohnen ſolte; und ſolches ge - ſchahe folgender Geſtalt; ich lieſe eine rin - derne Blaſen mit dem aͤrgſten Unrath fuͤl - len / der in den unterſichgehenden Caminen durch M. Aßmuſſen deren Seuberern zu finden; ſolche ward an eine Stange oder Schwinggerten / damit man die Nuͤß her - under ſchlaͤgt / oder die Rauch-Camin zu ſaͤubern pflegt / angebunden und von dem ei - nen bey finſterer Nacht: Als der ander mit der Putanen leffelte / welche oben an ihrem gewoͤhnlichen Audientz-Fenſter lag / ihr mit ſolcher Gewalt in das Angeſicht geſchlagen / daß die Blaſe zerſprang / und ihn der Speck beydes / Naſen / Augen / Maul / und ihren Buſen ſamt allen Zierden und Cleinodienbeſu -162beſudelte; Nach welchem Streich ſo wohl der Leffler als executor daran lieffen / und die Hur am Fenſter lamentiren lieſ - ſen / ſo lang ſie wolte. Die Kuͤrſchnerin bezahlte ich alſo; Jhr Mann war gewoh - net alle Haar und ſolten ſie auch von dem Katzen geweſen ſeyn / ſo genau zuſammen zu halten / als wann er ſie von dem guͤl - denen Widerfell auß der Jnſul Colchis abgeſchoren haͤtte / ſo gar / daß er auch kein Abſchroͤdlin von dem Beltzflecklin hinwarff oder in die Dung kommen lieſ - ſe: Es waͤre gleich vom Biber / Haſen oder dem Lam̃ geweſen: Er haͤtte ſolches dann zuvor ſeiner Haar oder Woll Plutt hinweg beraubt gehabt! und wann er dann ſo ein paar Pfund beyſammen hat - te / gab ihm der Hutmacher Gelt darum / welches ihm auch etwas zu Broͤßlen ins Hauß verſchaffte / und wann es gleich langſam und gering kam; ſo kam es doch wohl zu ſeiner Zeit; ſolches wurde ich von einem andern Kuͤrſchner innen / der mir denſelben Winter einen Beltz fuͤt - terte; derowegen bekam ich von derglei -chen163chen Woll und Haaren ſo viel / als genug war / und macht eitel Schermeſſer darauß; als ſolche fertig / oder beſſer zu er - laͤutern / als mit ihrer Materi wie der Quackſalber ihre Buͤxlin verſehen oder beſalbet waren / lieſſe ich ſie einem von meinen jungen dem Kuͤrſchner unden um ſein Secret herum ſtreuen / als welches zimlich weit hinauff offen ſtunde; da nun der Erbßenzehleriſcher Haußhalter dieſe Klumpen Haar und voll ſonder liegen ſahe / und ſie vor die Seinige hielte / kon - te er ſich nicht anderſt einbilden / als ſein Weib muſte ſie der Geſtalt verunehrt und zu Schanden gemacht haben / fien - gen derowegen an mit ihr zu kollern gleich - ſam als wann ſie albereit Mantua und Caſal verwahrloſet und verlohren haͤt - te / und weil ſie ja ſo beſtaͤndig als eine Hex leugnete und noch darzu trutzige Wort gab / ſchlug er ſie ſo lederweich / als gelind er ſonſt anderer wilder und biſſiger Thieren Felle bereiten konte / der Heimiſchen Katzenbalg zu geſchwei - gen; Welches mich ſo wohl conten -tirte /164tirte / daß ich keinen dutzent Cronen darvor genommen haben wolte.

Nun war der Apotecker noch uͤbrig / der meines Vermuthens das recept verfertigt hatte / dardurch ich aus der Nidere ein ſo variable Stimme erheben muͤſten; dann er hielte Sing-Voͤgel / die ſolche Sachen zur Speiſe genoſſen / ſo die Wuͤrckungen haben ſollen / einen Lermen zu erregen / wie ich aller - erſt einen erzehlet; Weil er aber bey hohen und niedern Officiern wohl dran war / zu - mahln wir ihn taͤglich bey unſeren Kran - cken / die den Jtaliaͤniſchen Lufft nicht wohl vertragen konten / brauchen muſten; ich auch ſelbſt zu ſorgen / ich moͤchte ihm etwan heut oder morgen in die Cur kommen; als dorffte ich mich nicht kecklich an ihn reiben; gleich wohl wolte und konte ich ſo viel Lufft Kerls die zwar vorlaͤngſt wider in der Lufft zerſtoben waren / ohngerochen ni cht vertau - en / obwohl ſie auch andere riechen muͤſſten / da gleichwohl ſie ſelbſt ſchon vertauet wa - ren; er hatte einen kleinen gewelbten Ne - ben-Keller unter ſeinem Hauſe / darinn er allerhand Wahr enthielte / die zu ihrer Auf -enthal -165enthaltung einen ſolchen Ort erforderten / dahinein richtete ich das Waſſer aus dem Rohrbrunnen / der auf dem Platz zu naͤchſt dabey ſtunde / durch einen langen Ochſen - Darm / den ich am Brunnen-Roͤhrn an - bande / mit dem andern Ende aber / zum Kellerloch hinein hencken / und alſo / das Brunnenwaſſer die gantze lange Winter - nacht ſo ordentlich hineinſauffen lieſe / daß der Keller am Morgen geſchwappelt voll Waſſer war / da ſchwammen etliche Faͤß - lein Malvaſier / Spanniſcher Wein / und was ſonſt leicht war / was aber nit ſchwim - men konte / lag Manns tieff unter dem Waſ - ſer zu verderben; und demnach ich den Darm vor Tags wider hinweg nehmen lieſe / vermeinte jederman des Morgens / es waͤre entweder im Keller eine Quell ent - ſprungen / oder dieſer Poſſe ſeye dem Apo - tecker durch Zauberey zugerichtet worden Jch aber wuſte es zum beſten / und weil ich alles ſo wohl ausgerichtet / lachte ich in die Faͤuſte / als der Apotecker um ſeine ver - derbte Materialia lamentirte: Und da - mahls war mirs geſund / daß der Nah -Hme /166me Courage bey mir ſo tieff eingewurtzelt geweſen / dann ſonſt haͤtten mich die unnutze Burſch ohne Zweiffel die General-Far - tzern genannt / weil ichs beſſer als andere ge - koͤnnt.

Das XIIX. Capitel.

Gar zu uͤbermachte Goͤttloſſigkeit der gewiſſenloſen Courage

DEr Gewinn / der mir ſo mancherley Handthierungen zugieng / thaͤt mir ſo ſanfft / daß ich deſſen je laͤnger je mehr be - gehrte; und gleich / wie es mir allbereit eines Dings war / ob es mit Ehren oder Unehren geſchehe; Alſo fieng ichs auch an nicht zu achten / ob es mit GOttes oder des Mam - mons Huͤlff beſſer proſequirt werdẽ moͤgte; Einmal es galte mir endlich gleich / mit was fuͤr Voͤrtheilen / mit was fuͤr Griffen: mit was fuͤr einem Gewiſſen und mit was fuͤr Handthierungen ich proſperirte / wann ich nur reich werden moͤchte; Mein Spring - ins-felt muſte einen Roßtaͤuſcher abgeben / und was er nit wuſte / das muſt er von mir leꝛnen / in welcheꝛ Profeſſion ich mich tauſen - terley Schelmſtuͤcke / Diebsgriff und Betruͤ -gege -167gebrauchte; Keine Wahr / weder von Gold / Silber / Edelgeſteinen / geſchweige des Zins / Kupffers / Getuͤchs der Kleidung / und was es ſonſt ſeyn moͤgen / es waͤre gleich rechtmaͤſſig erbeuthet / geraubet / oder gar geſtohlen geweſen / war mir zu koͤſtlich oder zu gering / daß ich nicht daran ſtunde / ſolches zuerhandeln; und wann einer nicht wuſte wohin mit dem jenigen / das er zuver - ſilbern / er haͤtte es gewonnen wie er wolte / ſo hatte er einen ſichern Zutritt zu mir / wie zu einem Juden / die den Dieben getreuer ſeyn / ſie zu conſervirn, als threr Obrigkeit ſelbige zu ſtraffen; Dannenhero waren meine beyde Waͤgen mehr einem materialiſten Kram gleich / als daß man nur koſtbare Victualia bey mir haͤtte finden ſollen / und eben deßwegen konnte ich hinwiederum auch einen jedwedern Soldaten / er waͤre gleich hoch oder nieder geweſt / mit dem jeni - gen ums Gelt helffen / deſſen er benoͤthigt war; hingegen muſte ich auch ſpendiren und ſchmieren um mich und meine Hand - thierungen zu beſchuͤtzen; der Profoß war mein Vatter / ſeine alte Merr / (ſeineH ijalte168alte Frau wolt ich ſagen / meine Mutter; die Obriſtin / meine gnaͤdige Frau; und der Obriſt ſelbſt / mein gnaͤdiger Herr / welche mich alle vor allem dem jenigen ſicherten / dardurch ich und mein Anhang oder auch meine Handelſchafft einbuͤſſen moͤgen.

Einsmahls brachte mir ein alter Huͤner - faͤnger / ich wolte ſagen / ſo ein alter Soldat / der lang vor dem Boͤhmiſchen Unweſen ei - ne Mußquet getragen hatte / ſo etwas in ei - nem verſchloſſenen Glaͤßlein / welches nicht recht einer Spinnen und auch nicht recht einem Scorpion gleich ſahe; ich hielte es vor keine Inſect oder lebendige Creatur / weil das Glaß keinen Lufft hat / dardurch das be - ſchloſſene Ding ſein Leben haͤtte erhalten moͤgen / ſondern vermeinte / es waͤre irgends ein Kunſt-Stuck eines vortrefflichen Mei - ſters / der ſolches zugerichtet / um dardurch ein Gleichnus / ich weiß nit von was vor ei - ner ewigwaͤhrenden Bewegung vorzuſtel - len / weil ſich daſſelbe ohn Unterlaß im Glaß regte und herum grabelte; ich ſchaͤtzte es hoch / und weil mirs der alte zuverkauffen anbotte / fragte ich / wie theuer? Er bottemir169mir den Bettel um zwo Cronen / die ich ihm auch alſobalden darzahlte / und wolte ihm noch ein Feltmaß Wein darzu ſchencken / er aber ſagte / die Bezahlung ſeye allbereit zu Genuͤgen geſchehen; welches mich an ei - nen ſolchen alten Weinbeiſſer verwunderte / und verurſachte / ihn zu fragen / warum er einen Trunck ausſchluͤge / dann ich doch ei - nem jeden im Kauff zu geben pflegte / der mir nur das geringſte verhandelte? Ach Frau Courage antwortet er / es iſt hiermit nicht wie mit anderer Wahr beſchaffen / ſie hat ihren gewiſſen Kauff und Verkauff / vermoͤg deſſen / die Frau zu ſehen mag / wann ſie diß Kleinod wider hingibt / daß ſie es nemlich wolfeiler verkauffe / als ſie es ſelb - ſten erkaufft hat; Jch ſagte / ſo wuͤrde ich auf ſolche Weiß wenig daran gewinnen! Er antwortet / darum laſſe ich ſie ſorgen; was mich anbelangt / ſo hab ichs allbereit bey 30. oder mehr Jahren in Haͤnden / und noch kei - nen Verluſt dabey gehabt / wiewohl ichs um 3. Cronen kaufft / und um 2. wider hin - geben / diß Ding war mir ein Geſaͤg / darein ich mich nicht richten konte / oder vielleichtH iijauch170auch nicht richten wolte: dann weil ich ein ſatten Rauſch zu gewarten hatte / ich wuͤrde etliche Abgeſante der Venere abzu - fertigen kriegen / war mirs eine deſto gerin - gere Bekuͤmmernuß; oder (lieber Leſer / ſag mir ſelbſt / wie ich ſagen ſoll) ich wuͤſte nit / was ich mit dem alten Kracher machen ſolte; Er deuchte mich nicht Manns ge - nug zu ſeyn / die Courage zu betruͤgen / und die Gewonheit / daß mir andere / die ein beſſer Anſehen als dieſer hatte / offt etwas um ein Ducaten hingeben / das deren hundert werth war / machte mich ſo ſicher / daß ich mein erkaufften Schatz ein - ſteckte;

Des Morgens / da ich meinen Rauſch verſchlaffen / fande ich meinen Kauffmañ - Schatz in meinem Hoſenſack (dann man muß wiſſen / daß ich allzeit Hoſen und mei - nen Rock trug) ich erinnerte mich gleich welcher Geſtalt ich das Ding kaufft hatte / legte es derowegen zu andern meinen raren und lieben Sachen / als Ringen / Cleinodien / und dergleichen / um ſolches aufzuheben / biß mir etwan ein Kunſt-Ver -ſtaͤn -172ſtaͤndiger an die Hand kaͤme / der mich um ſeine Beſchaffenheit berichtete; als ich aber ungefehr unter Tags wieder in meinen Sack griffe / fande ich daſſelbe nicht / wohin ichs aufgehoben / ſondern wieder in mei - nem Hoſenſack / welches mich mehr ver - wunderte / als erſchreckte / und mein Fuͤr - witz zu wiſſen / was es doch eigentlich waͤre / machte / daß ich mich fleiſſig nach deſſen Verkaͤuffer umſahe / und als derſelbe mir aufſtieſe / fragte ich ihn / was er mir zu kauf - fen gegeben haͤtte? Erzehlte ihm darneben / was vor ein Wunderwerck ſich damit zuge - tragen / und bat ihn / er wolte mir doch deſſelben Weſen / Krafft / Wuͤrckung / Kuͤnſte / und wie es umſtaͤndlich damit beſchaffen / nicht verhalten; Er antwor - tet: Frau Courage! es iſt ein dienender Geiſt / welcher dem jenigen Menſchen / der ihn erkaufft / und bey ſich hat / groß Gluͤck zu wegen bringt; Er gibt zu erkennen / wo verborgene Sachen liegen; Er ver - ſchafft zu jedwederer Handelſchafft ge - nugſame Kauffleute und vermehret die proſperitaͤt: Er macht daß ſeine Beſi -H jvtzer172tzer von ſeinen Freunden geliebt: und von ſeinen Feinden gefoͤrchtet werden; ein jeder der ihn hat / und ſich auf ihn verlaͤſt / den macht er ſo feſt als Stahl / und behuͤtet ihn vor Gefaͤngniß; Er gibt Gluͤck / Sieg und Uberwindung wider die Feinde / und bringt zu wegen / daß ſeinen Beſitzer faſt alle Welt lieben muß; Jn Summa / der alte Lauer ſchnitte mir ſo einen Hauffen daher / daß ich mich gluͤckſeeliger zu ſeyn dauchte / als For - tunatus mit ſeinem Seckel und Wuͤnſch - huͤtel! Weil ich mir aber wohl einbilden koͤnnen / daß der ſo genannte dienende Geiſt dieſe Gaben nit umſonſt geben wuͤrde; So fragte ich den Alten / was ich hingegen dem Ding zu Gefallen thun muͤſte? dann ich haͤtte gehoͤret / daß die jenige Zauberer / wel - che andere Leute in Geſtalt eines Galgen - maͤnnels beſtehlen / das ſo genañte Galgen - maͤnnel mit wochentlicher gewiſſer Bad - Ordnung und anderer Pfleg verehren muͤſten; Der Alte antwortet / es doͤrffte des Dings hier gar nicht; Es ſey viel ein an - ders mit einem ſolchen Maͤnnel / als mit einẽ ſolchen Ding / das ich von ihm gekauffthaͤtte;173haͤtte; Jch ſagte / es wird ohne Zweiffel mein Diener und Narr nicht umſonſt ſeyn wollen; Er ſolte mir nur kecklich und ver - traͤulich offenbahren / ob ichs ſo gar ohne Gefahr / und auch ſo gar ohne Belohnung haben: uñ ſolcher ſeineꝛ anſehenlichen Dien - ſte ohne andere Verbindung und Gegen - dienſte genieſſen koͤnte? Frau Courage ant - wortet der Alte: Jhr wuͤſt bereits genug / daß ihrs nemlich um geringern Preiß hin - geben ſollt (wann ihr deſſen Dienſten muͤd ſeyd) als ihrs ſelbſten erkaufft habt / wel - ches ich euch gleich damahls als ihr mirs abgehandelt nicht verhalten habe; Die Urſach zwar / warum? mag die Frau von andern erfahren; und damit gieng der Al - te ſeines Wegs.

Meine Boͤhmiſche Mutter war damals mein innerſter Rath / mein Beicht-Vat - ter / mein favorit mein beſter Freund / und mein Sabud Salomonis, ihr vertrauet ich alles / und alſo auch / was mir mit dem er - kaufften Marckſchatz begegnet waͤre; he / antwortet ſie / es iſt ein Stirpitus flammi - liarum, der alles das jenige leiſtet / wasH veuch174euch der Verkauffer von ihm erzehlet / allein wer ihn hat / biß er ſtirbt / der muß / wie mir geſagt worden / mit ihm in die an - der Welt reiſſen / welches ohne Zweiffel ſei - nen Nahmen nach / die Hoͤll ſeyn wird / all - wo es voller Feuer und Flammen ſeyn ſoll; und eben deswegen laͤſt er ſich nicht anderſt als je laͤnger je wolfeiler verkauffen / damit ihm endlich der letzte Kauffer zu Theil wer - den muͤſſe; und ihr liebe Tochter! ſtehet in groſſer Gefahr / weil ihr ihn zum allerletzten zu verkauffen habt; dañ welcher Narꝛ wird ihn von euch kauffen / wann er ihn nit mehr verkauffen darff / ſondern eigentlich weiß / daß er ſeine Verdammnuß von euch erhan - delt? Jch konte leichtlich erachten / daß mein Handel ſchlimm genug beſtellt war / doch machte mein leichter Sinn / meine bluͤ - hende Jugend / die Hoffnung eines lan - gen Lebens: und die gemeine Gottloſigkeit der Welt / daß ich alles auf die leichte Achſel nahm; ich gedachte / du wilſt dieſer Huͤlffe: Dieſes Beyſtands und dieſer gluͤckſeeligen accantage genieſſen / ſo lang du kanſt; Jn - deſſen findeſt du wol einen leichtfertigen Ge -ſellen175ſellen in der Welt / der entweder beym ſchwe - ren Trunck / oder aus Armuth / deſperation, blinder Hoffnung / groſſen Gluͤckes / oder aus Geitz / Unkeuſchheit / Zorn / Neid / Rachgier / oder etwas dergleichen dieſen Gaſt wieder von dir um die Gebuͤhr an - nimmt!

Dieſen nach / gebrauchte ich mich deſſen Huͤlff / in aller Maß und Form / wie er mir beydes von dem alten Verkaͤuffer / als auch meiner Koſtfrauẽ oder angenom̃enen Boͤh - miſchen Mutter beſchrieben worden; Jch verſpuͤhrte auch ſeine Wuͤrckung taͤglich; dann wo ein Marquedenter ein Faß Weins auszapffte / vertrieb ich deren drey oder vier; wo ein Gaſt einmahl meinen Tranck oder meine Speiſſe koſtete / ſo bliebe er das ander - mal nit aus! welchen ich anſahe / uñ wuͤnſch - te ſeiner zu genieſſen; derſelbe war gleich fix und fertig / mir in der allerunterthaͤnigſten Andacht aufzuwarten / ja mich faſt wie eine Goͤttin zu ehren; kam ich in ein Quartier / da der Haußwirth entflohẽ: oder daß es ſon - ſten ein Herberg oder verlaſſene Wohnung war / dariñ ſonſt niemand wohnẽ konte (maſ -H vjſen176ſen man die Marquedenter und Commiß - Metzger in keinem Pallaſt zu logiren pfle - get) ſo fande ich gleich / wo das Meſſeꝛ ſteckte / und weiß nit durch was vor ein innerliches Einſprechen / ſolche Schaͤtze zu finden / die in vielen / villeicht 100. Jahren keine Sonne beſchienen ꝛc. Hingegen kan ich nicht leug - nen / daß auch etliche waͤren / die der Courage nichts nachfragten / ſondern ſie vielmehr verachten: Ja verfolgten / als ehreten; ohne Zweiffel darum / weil ſie von einem groͤſſeren lumen erleuchtet: als ich von meinem flamine bethoͤrt geweſen; ſol - ches machte mich zwar witzig / und lernete mich durch allerhand Nachdencken Philo - ſophien / und betrachten / wit / was / und der - gleichen! Jch war aber allbereit in der Ge - winnſichtigkeit / und allen ihren nachge - henden Laſtern dermaſſen ertraͤnckt / daß ichs bleiben lieſe / wie es war / und nichts zum Fundament zu raumen gedachte / darauf meine Seeligkeit beſtuude / wie auch noch; diß Simplice, ſage ich dir zum Uberfluß / dein Lob zu bekroͤnen / weil du dich in deiner Lebens-Beſchreibung geruͤhmt haſt / ei -ner177ner Damen im Saurbrunen genoſſen zu haben / die du doch noch nicht einmahl kanteſt.

Jndeſſen wurde mein Gelthauffen je laͤnger / je groͤſſer / ja ſo groß! daß ich mich auch bey meinem Vermoͤgen fuͤrch - tete.

Hoͤre Simplice, ich muß dich wieder et - was erinnern; waͤreſt du etwas nutz ge - weſt / als wir miteinander im Sauerbrun - nen das Verkehren ſpielten / ſo waͤreſt du mir weniger ins Netze gerathen / als die jenige / die im Schutz GOttes waren / da ich den Spirit. famil. hatte.

Das XIX. Capitel.

Was Spring-ins-felt vor einen Lehrmeiſter gehabt / biß er zu ſeiner perfection kommen.

VNd noch ein anders muſt du auch wiſ - ſen Simplice! nicht nur / ich gieng den obenerzehlten Weg; ſondern auch mein Spring-ins-felt / (den du allerdings vorH vijdeinen178deinen beſten Cammerathen / und vor ei - nen praven Kerl in deiner Lebens-Be - ſchreibung geruͤhmt haſt) muſte mir auch folgen! und was wolts gehindert haben / oder vor ein groſſes Meerwunder gewe - ſen ſeyn? Sintemahl andere meines glei - chen loſe Weiber / ihre liderliche Maͤnner (wann ich anders Maͤnner ſagen darff / ich haͤtte aber ſchier fromme Maͤnner geſagt) eben zu dergleichen loſen Stuͤ - cken Vermoͤgen (ich will nicht ſagen / zwingen;) ob ſie gleich bey ihrer Vermaͤh - lung keinen ſolchen Accord eingangen / wie Spring-ins-felt gethan; Hoͤre die Hiſtori:

Als wir vor dem beruͤhmten Caſal la - gen / fuhren ich und Spring-ins-felt / in eine benachbarte Graͤntzſtatt die neutral war / Victualia einzukauffen / und in unſer Laͤger zu bringen; gleichwie nun aber ich in dergleichen Faͤllen nicht allein aus - gieng / als ein Nachkoͤmmling der Hie - roſolymitaniſchen Buͤrger zu ſchachern / ſondern auch / als ein Cyprianiſche Jung - frau meinen Gewinn zu ſuchen; Alſo hat -te ich179te ich mich auch wie eine Jeſebell heraus ge - butzt / und galte mir gleich / ob ich einen Ahab oder Jehu verfuͤhren moͤchte; Zu ſolchem Ende gieng ich in eine Kirche / weil ich mir ſagen laſſen / die meinſte Bul - ſchafften wuͤrden in Jtalia an ſolchen hei - ligen Oertern geſtifftet und zu Faden ge - ſchlagen; aus Urſach / daß man die ſchoͤ - ne Weiber daſelbſten ſo liebeswurdig zu ſeyn ſcheinen / ſonſt nirgends hinkommen laſſe; ich kam neben eine junge Dame zu ſtehen / mit deren Schoͤnheit und Schmuck ich zugleich eifferte; weil mich der jenige nicht anſahe / der ihr ſo man - chen liebreichenden Blick ſchenckte; Jch geſtehe es / daß mich im Hertzen ver - droß / daß ſie mir vorgezogen / und ich vor einem Leimſtaͤngler gegen ihr / wie ich mir einbildete / verachtet werden ſol - te! Solcher Verdruß / und daß ich mich zugleich auf eine Rache bedacht / war meine groͤſte Andacht unter dem gantzen Gottesdienſt; ehe nun ſolcher gar geendigt war / ſtellte ſich mein Spring-ins-felt auch ein; Jch weißaber180aber darum nit / warum? kan auch ſchwer - lich glauben / daß ihn die Gottesfurcht da - hin getrieben / dann ich hatte ihn nicht dar - zu gewoͤhnet; ſo wars ihm auch weder an - gebohrn / noch aus Leſung der heiligen Schrifften / oder Hoͤrung der Predigten eingepflantzt; nichts deſtoweniger ſtellte er ſich neben mich / und kriegte den Be - fehl von mir in ein Ohr / daß er Achtung geben ſolte / wo gemelte Dame ihre Woh - nung haͤtte / damit ich des uͤber außſchoͤnen Smaragds den ſie am Hals hatte / hab - hafft werden moͤchte.

Er thaͤt ſeinem ſchuldigen Gehorſam Gemaͤß / wie ein treuer Diener / und hinder - brachte mir / daß ſie eine vornehme Frau / eines reichen Herrn waͤre / der ſein Pala - tium an den Marckt ſtehen haͤtte; ich hin - gegen ſagte ihm austruͤcklich / daß er fuͤr - derhin weder meiner Huld laͤnger genieſ - ſen / noch meinen Leib einigmahl mehr beruͤhren ſolte / es waͤre dann Sach / daß er mir zuvor ihren Smaragd einhaͤndig - te / worzu ich ihn aber ſichere Anſchlaͤg / Mittel und Gelegenheit an die Hand ge -ben181ben wolte. Er kratzte ſich zwar hinder den Ohren / und entſetzte ſich vor meinem Zumuthen / als wie vor einer unmuͤgli - chen Sach; aber da es lang herum gieng / erklaͤrt er ſich meinetwegen in Tod zu ge - hen.

Solcher Geſtalt / Simplice! hab ich dei - nen Spring-ins-felt / gleichſam wie ei - nen jungen Wachtelhund abgerichtet; Er hatte auch die Art darzu / und vielleicht beſſer als du / waͤre aber nimmermehr von ihm ſelbſten zu einem ſolchen Aus - bund worden / wann ich ihn nicht in mei - ner Schul gehabt haͤtte.

Eben damahls muſte ich mir wieder ei - nen neuen Stihl in meinen Fauſtham - mer machen laſſen / welchen ich beydes vor ein Gewehr und einen Schluͤſſel brauchte / der Bauren Troͤg oder Kaͤſten zu oͤffnen / wo ich zukommen konte; ich lieſe denſel - ben Stihl inwendig hol drehen / in ge - meſſener Weite / daß ich entweder Duca - ten / oder eine Schiedmuͤntz in ſelbiger Groͤſe hinein packen moͤchte / dann weil ich ſel - bigen Hammer jederzeit bey mir zu habenpfleg -182pflegte (indem ich weder ein Degen dorffte / oder ein paar Piſtolen mehr fuͤhren wolte) ſo gedachte ich ihn inwendig mit Ducaten zu ſpicken / die ich auf alle Gluͤcks / oder Un - gluͤcks-Faͤll (deren es unterſchiedliche im Krieg obgibt) bey der Hand hatte; da er fertig / probierte ich ſeine Weite mit etlichen Lucern / die ich zu mir genommen / ſolche um ander Gelt zu veralienieren; die Hole mei - nes Stabs hatte eben die Weite ihres Be - ziercks / doch alſo eng und beſchnitten / daß ich ſie die Lucer um etwas hinein noͤthigen muſte / doch bey Wettem nicht ſo ſtarck / als wann man eine halbe Carthaunen laden thut; Jch konnte aber den Stihl nicht da - mit ausfuͤllen / weil ihrer zu wenig waren / dahero kams gar artlich / daß / wann die Lu - cer gegen dem Hammer lagen / und ich das Eiſſen in der Hand hatte / mich des Stihls an ſtatt eines Steckens zu gebrauchen / daß zuweilen / wann ich mich darauf ſteuerte / et - lich Lucer herunter gegen der Handhaben klunckerten / und ein duͤnſteres Geklingel machten / welches ſeltzam und verwunder - lich genug lautet / weil niemand wuſte /woher183woher das Gethoͤn ruͤhrete; Was darffs vieler weitlaͤufftigen Beſchreibung? Jch gab meinen Spring-ins-felt den Fauſt - Hammer / mit einer richtigen Inſtructi - on, welcher Geſtalt er mir den Smaragd damit erhandeln ſolte.

Darauf verkleidet ſich mein Spring - ins-felt / ſetzt eine Paruͤcke auf / wickelt ſich in einem entlehnten ſchwartzen Mantel / und thaͤt zween gantzer Tag nicht anders / als daß er gegen der Damen Palatio hinuͤ - ber ſtunde / und das Haus vom Funda - ment an / biß uͤbers Dach hinaus beſchaue - te / gleichſam als ob ers haͤtte kauffen wol - len; So hatte ich auch einen Tambour im Taglohn beſtellt / welcher ein ſolcher Ertzeſſig war / mit dem man andere Eſſig haͤtte ſauer machen koͤnnen / der dorffte auch ſonſt im geringſten nichts thun / als auf den Platz herum vagieren / und auf mei - nen Spring-ins-felt Achtung zu geben / wann er etwann ſeiner nothwendig bedoͤrff - te / dañ der Vogel redete ſo gut Jtaliaͤniſch / als Teutſch / welches aber jener nicht konte;Jch184konte; Jch ſelbſten aber hatte ein Waſſer / hier ohnnoͤthig zu nehmen / durch einen Alchimiſten zu wegen gebracht / daß in we - nig Stunden alle Metalla durchfriſt / und muͤrb macht / oder wohl gar auch zu Waſ - ſer reſolvirt; mit demſelben beſtrich ich ein ſtarck Gegitter vor einem Kellerloch; Als nun dem dritten Tag Spring-ins-felt noch nit ablieſe / das Haus anzugaffen wie die Katz ein neu Scheuer-Thor / ſihe / da ſchick - te angeregte Dame hin / und lieſe fragen / um die Urſach ſeines continuirlichen Da - ſtehens / und was er an ihrem Haus aus - zukundſchafften haͤtte? Spring-ins-felt hingegen lieſe bemelten Tambour kommen / und Dolmetſchen / daß ein ſolcher Schatz im Hauſe verborgen lege / den er nicht al - lein zu erheben: ſondern auch eine gantze Stadt damit reich zu machen getrauete; Hierauf lieſe die Dame beydes den Spring-ins-felt und den Tambour zu ſich ins Hauſe kommen / und nach dem ſie wieder von dem verborgenen Schatz Spring-ins-felts Luͤgen angehoͤrt / undgroſſe185groſſe Begierten geſchoͤpfft / ſolchen zu ho - len / fragte ſie den Tambour / was dieſer vor einer waͤre / ob er ein Soldat ſey / und der - gleichen / ꝛc. Nein / antwortet der Tauſend - Schelm / er iſt ein halber Schwartzkuͤnſtler / wie man ſagt / und haͤlt ſich nur zu dem En - de bey der Armee auf / damit er verborge - ne Sachen findt / hat auch / wie ich ge - hoͤret / in Teutſchland auf alten Schloͤſſern gantze eiſſerne Troͤg und Kaͤſten voll Gelt gefunden / und zu wegen gebracht; Jm uͤbrigen aber / ſeye er Spring-ins-felt ih - me Tambour gar nicht bekant.

Jn Summa / nach langem Diſcurs / wurde die Glock gegoſſen und beſchloſſen / daß Spring-ins-felt den Schatz ſuchen ſol - te; Er begehrte zwey geweyhte Wachs - liechter / er ſelbſt aber zuͤndete das dritte an / welches er bey ſich hatte / und vermit - telſt eines meſſenen Drahts / der durch die Kertze gieng / ausleſchen konte / wann er wolte; mit dieſen dreyen Liechtern / gien - gen die Dame / zween ihrer Diener Spring-ins-felt / und der Tambour / im Haus herum zu leuchten / weil eben derHerr186Herr nicht zu Hauß war / dann Spring - ins-felt hatte ſie uͤberredet / wo der Schatz lege / da wuͤrde ſeine Kertzen von ſich ſelbſt ausgehen; da ſie nun viel Winckel alſo Proceſſions-Weiß durchſtrichen / und Spring-ins-felt an allen Orten da ſie hingeleuchtet / wunderbarliche Woͤrter ge - brummelt / kamen ſie endlich in den Keller / alwo ich das eiſſeꝛne Gegitteꝛ mit meinem A. R. befeuchtet hatte / da ſtunde Spring-ins - felt vor einer Mauer / und indem er ſeine ge - woͤhnliche Ceremonien machte / zuckte er ſein Liecht aus: Da! da! lieſe er durch den Tambour ſagen / ligt der Schatz einge - mauret! brummelte darauf noch etliche naͤrriſche Woͤrter / und ſchlug etlichmahl mit meinem Fauſthammer an die Mauer / davon die Lutzer nach und nach ſo manchen Streich er an die Mauer thaͤt / herunter rollten / und ihr gewoͤhnliches Gethoͤn machten; hoͤret ihr / ſagte er darauf / der Schatz hat abermahl verbluͤhet / welches alle ſieben Jahr einmahl geſchiehet; Er iſt zeitig und muß ausgenommen wer -den187den / dieweil die Sonne noch im Jgel ge - het / ſonſt wirds kuͤnfftig vor Verflieſ - ſung anderer ſieben Jahr / umſonſt ſeyn; Weil nun die Dame und ihre beyde Die - ner / 1000 Ayd geſchworen haͤtten / das Geklingel waͤre in der Mauer geweſen / als ſtelten ſie meinem Spring-ins-felt voͤlligen Glauben zu / und die Dame be - gehrte an ihn / er wolte um die Gebuͤhr den Schatz erheben / wolte auch gleich um ein gewiſſes mit ihm accordirn / als er ſich aber hoͤren lieſe / er pflege in der - gleichen Faͤllen nichts zu heiſchen noch zu nehmen / als was man ihm mit gutem Willen gebe / lieſe es die Dame auch da - bey bewenden / mit Verſicherung / daß ſie ihn dergeſtalt contentirn wolte / daß er da - mit zu frieden ſeyn wuͤrde.

Dem nach begehrte er 17. erleſene Koͤr - ner Weyrauch / vier gewaͤichte Wax-Ker - tzen / acht Ellen vom beſten Scharlach / ei - nen Diamant / einen Smaragd / einen Ru - bin / und einen Saphir / welche Cleinodien einen Weibsbild beydes in ihrem Jung -fraͤu -188fraͤulichen und freulichen Stand am Halſe getragen haͤtte / zweyt ns / ſolte er alleinig in den Keller geſchloſſen oder verſperrt / und von der Damen ſelbſt der Schluͤſſel zur Hand genommen werden / damit ſie ſo wol um ihre Edelgeſtein und den Scharlach verſichert ſeyn / als auch er / biß er den Schatz gluͤcklich zur Hand gebracht / unverhindert und ohnbeſchrien verbleiben moͤchte; hier - auf gab man ihm und dem Tambour eine Collation / und ihme Tambour wegen ſei - nes Dolmetſchens ein Trinckgelt; Jndeſ - ſen wurden die begehrte Zugehoͤrungen her - beygeſchafft / nach ſolchen Spring-ins-feld in Keller verſchloſſen / woraus unmuͤglich ſchiene / einen Kerl zu entrinnen / dann das Fenſter oder Tagelicht / ſo auf die Gaſſe o - der den Platz gieng / war hoch und noch dar - zu mit gedachtem eiſernen Gegitter wohl verwahret / der Dolmetſch aber ward fort - gelaſſen / welcher gleich zu mir kam / und mich allen Verlauff berichtete.

Weder ich noch Spring-ins-feld ver - ſchlieffen die rechte Zeit / darinn die Leute am haͤrteſten zu ſchlaffen pflegen / ſondernnach189nachdem ich das Gegitter ſo leicht als einen Ruͤbſchnitz hinweg gebrochen / lieſe ich ein Seil hinunder zu meinem Spring - ins-felt in Keller / und zoge ihn daran ſamt aller Zugehoͤr zu mir herauf / da ich dann auch den verlangten ſchoͤnen Smaragd fande.

Die Beuth erfreuete mich bey weitem nicht ſo ſehr / als das Schelmſtuͤck / welches mir ſo wohl abgangen war; der Tambour hatte ſich bereits den Abend zuvor ſchon aus der Stadt gemacht / mein Spring - ins-felt aber ſpatzterte den Tag nach voll - brachter Schatzerhebung mit andern in der Stadt herum die Sach uͤber den liſti - gen Dieb verwunderten / eben als man unter den Thoren Anſtalt machte / ſolchen zu erhaſchen; und nun ſihe Simplice ſol - cher Geſtalt iſt deines Spring-ins-felts dexteritaͤt durch mich zu wegen gebracht und ausgeubet worden; Jch erzaͤhle dir auch dieſes nur zum Exempel / dann wann ich dir alle Buben - und Schelmenſtuͤck ſa - gen ſollte / die er mir zugefallen werckſtellig machen muͤſten; ſo dorffte ich wetten / esJwuͤrde190wuͤrde mir und dir / wiewol es luſtige Schoſ - ſen ſeynd / die Zeit zu lang werden; Ja / wann man alles beſchreiben ſolte / wie du deine Narxenpoſſen beſchrieben haſt / ſo wuͤr - de es ein groͤſſer und luſtiger Buch abgeben / als deine gantze Lebens-Beſchreibung; doch will ich dich noch ein kleines laſſen hoͤ - ren.

Das XX. Capitel.

Welcher Geſtalt Spring-ins-felt und Courage zween Jtaliaͤner beſtohlen.

ALs wir uns verſahen / wir wuͤrden noch lang vor Caſal liegen bleiben muͤſſen / lachen wir nit nur in Zelten / ſondern ihrer viel bautten ihnen auch ſonſt Huͤtten aus andern Materialien / ſich deſto beſſer in die Laͤnge zu behelffen; unter anderen Scha - cherern befanden ſich zween Meylaͤnder im Lager / die hatten ihnen eine Huͤtte von Brettern zugerichtet / ihre Kauff manns - Wahren deſto ſicherer darinn zu verwah -ren /191ren / welche da beſtunde in Schuhen / Stif - feln / Kollern / Hemdern und ſonſt aller - hand Kleidungen / beydes vor. Officirer und gemeine Soldaten zu Roß und Fuß; dieſe thaͤten mir meines Bedunckens viel Abtrag und Schaden / indem ſie nemlich von den Kriegs-Leuten allerhand Beu - then von Silbergeſchmeid und Jubeln um den halben: ja den vierten Theil ihres Werths an ſich erhandelten / welcher Gewiñ mir zum Theil zukommen ware / wann ſie nit vorhanden geweſen; Solches nun ge - dachte ich an ihnen aufs wenigſt zu wu - chern / weil in meiner Macht nit ſtunde / ih - nen das Handwerck gar niederzulegen.

Unten in der Huͤtten war die Behaltnus ihrer Wahr / und daſſelbige war auch zu - gleich ihr Gaden / oben auf dem Boden aber unter dem Dach war ihr Liegerſtatt / allwo ſie ſchlieffen; wohinauf ungefehr ſieben oder acht Staffeln giengen; und durch den Boden hatten ſie ein offenes Loch gelaſſen / und dadurch nicht allein deſto beſ - ſer zu hoͤren / wann etwan Mauſer ein - braͤchen / ſie zu beſtehlen / ſondern auch ſolcheJ ijDiebe192Diebe mit Piſtolen zubewill kommen / mit welchen ſie trefflich verſehen waren; Als ich nun ſelbſt wahrgenomen / wie die Thuͤr ohne ſonderlichen Rumor aufzumachen waͤre / machte ich meinen Anſchlag gar ge - ring; Mein Spring-ins-felt muſte mir ei - ne Welle ſcharpffer Doͤrner in Manns - Laͤnge zuwegen bringen / woran auch bey - nahe ein Mann zu tragen hatte / und ich fuͤl - lete eine meſſene Spritze / die eine Feldmaß hielte / mit ſcharpffem Eſſig; alſo verſehen / giengen wir beyde an die gedachte Huͤtte / als jedermann im beſten Schlaff war; die Thuͤr in der Stille zu oͤffnen / war mir gar keine Kunſt / weil ich zuvor alles fleiſſig abgeſehen; und da ſolches vollbracht und geſchehen / ſtackte Spring-ins-felt die Dorn - Well vor die Stiegen / als welche vor ſich ſelbſt keine Thuͤr hatte / von welchem Ge - raͤuſch beyde Jtaliaͤner erwachten / und zu rumpeln anfiengen; wir konnten uns wohl einbilden / daß ſie zum erſten zu obigen Loch herunter ſchauen wuͤrden / als - dann auch geſchahe / ich aber ſpritzte dem ei - nen die Augen alſobald ſo voller Eſſig / daßihm193ihm ſeine Vorſichtigkeit in einem Augen - blick vergieng / der ander aber lieffe im Hembd und Schlaffhoſen die Stiegen hin - unter / und wurde von der Dornwell ſo unfreundlich empfangen / daß er / gleichwie auch ſein Cammerrath / in ſolcher unver - ſehenen Begebenheit und groſſem Schre - cken ſich nichts anders einbilden konnten / alſo / es waͤre eitel Zauberey und Teuffels - Geſpenſt vorhanden; Jndeſſen hatte Spring-ins-felt ein dutzet zuſam̃en gebun - dene Reuter Koller erwiſcht / und ſich da - mit fort gemacht / ich aber lieſſe mich mit ei - nem Stuͤck Leinwath genuͤgen / drehete mich damit aus / und ſchlug die Thuͤr hinter mir wieder zu; die beyde Welſche alſo in ihrer Anfechtung hinterlaſſen / wovon der eine ohne Zweiffel die Augen noch gewiſcht: der ander aber noch mit ſeiner Dornwell zu handeln gehabt haben wird.

Schaue Simplice, ſo konnte ichs! und alſo habe ich den Spring-ins-felt nach und nach abgerichtet; Jch ſtahle / wie gehoͤret / nicht aus Noth oder Mangel / ſondern meh -J iijren -194rentheils darum / damit ich mich an mei - nen Widerwaͤrtigen revangiren moͤchte / Spring-ins-felt aber lernete in deſſen die Kunſt und kam ſo meiſterlich in die Griff / daß er ſich unterſtanden haͤtte / alles zu mauſſen / es waͤre dann gar mit Ketten an das Firmament gehaͤfftet geweſen / und ich lieſſe ihn ſolches auch treulich genieſſen / dann ich goͤnnete ihm / daß er einen eigenen Saͤckel haben: und mit dem halben geſtoh - lenen Gut (maſſen wir ſolche Eroberungen miteinander theilen / thun und handeln doͤrffte / was er wolte; Weil er aber treff - lich auf das Spielen verpicht war / ſo kam er ſelten zu groſſem Gelt / und wann er gleich zu Zeiten den Anfang zu einer ziemli - chen Summa zu wegen brachte / ſo verblieb er jedoch die Laͤnge nicht in Poſſeſſion, ſinte - mal ihm ſein unbeſtaͤndig Gluͤck das Fun - dament zum Reichthum durch den unbe - ſtaͤndigen Wuͤrffel jederzeit wieder hinweg zwackte; Jm uͤbrigen verblieb er mir gantz getreu und gehorſam / alſo / daß ich mir auch keinen beſſeren Sclaven in der gantzen Welt zu finden getrauet haͤtte; Jetzt hoͤre auchwas195was er damit verdienet / wie ich ihm geloh - net / und wie ich mich endlich wieder von ihm geſchieden.

Das XXI. Capitel.

Erzaͤhlung eines Treffens / welches im Schlaff vorgangen.

KUrtz zuvor / ehe Mantua von den Un - ſrigen eingenommen wurde / muſte un - ſer Regiment von Caſal hinweg (und auch in die Mantuaniſche Belaͤgerung / daſelb - ſten lieffe mir mehr Waſſer auf meine Muͤhl / als in dem vorigen Laͤger / dann gleich wie alldorten mehr Volck war / ſon - derlich Teutſche / alſo bekame ich auch mehr Kunden und Kunden-Arbeit / davon ſich mein Gelt-Hauffen wieder ein merck - liches geſchwinder vergroͤſſerte; So / daß ich etlichmal Wexel nach Prag und an - derswohin in die Teutſche Reichs-Staͤdte uͤbermachte; bey welcher gluͤcklichen Pro - ſperitaͤt: groſſen taͤglichen Gewinn undJ jvgenug -196genugſamen Uberfluß / deſſen ich und mein Geſindel genoſſen / da ſonſt mancher Hun - ger und Mangel leiden muſte / mein Spring-ins-felt anfienge / allerdings das Junckern Handwerck zutreiben; Er wol - te eine taͤgliche Gewonheit daraus machen / nur zu freſſen und zu ſauffen / zu ſpielen und zu ſpatzieren zu gehen und zu faullentzen und lieſſe allerdings die Handelſchafft der Mar - quedenterey: und die Gelegenheiten ſon - ſten irgends etwas zuerſchnappen / ein gut Jahr haben / uͤber das hatte er auch etliche ungerathene und verſchwenderiſche Cam - merrathen an ſich gehenckt / die ihn verfuͤhr - ten / und zu allem dem jenigen untuͤchtig machten / worzu ich ihn zu mir genommen / und auf allerley Art und Weiſe abgefuͤh - ret hatte; Ha! ſagten ſie / biſt du ein Mañ / und laͤſſt deine Hur beydes uͤber dich und das Deinige Meiſter ſeyn? Es waͤre noch genug / wann du ein boͤſes Eheweib haͤtteſt / von deren du dergleichen leiden muͤſteſt; Wann ich in deinem Hembd verborgen ſtaͤcke / ſo ſchlaͤg ich ſie / biß ſie mir parirte / odeꝛ jagte ſie vor aller Teuffel hinweg / ꝛc. Sol -ches197ches alles vernahm ich bey Zeiten / mit groſſem Unwillen und Verdruß / und ge - dacht auf Mittel und Weg / wie ich meinen Spring-ins-felt moͤchte ins Feld ſpringen machen / ohne daß ich mich im geringſten etwas dergleichen gegen ihm oder ſeinem Anhang haͤtte vermercken laſſen; Mein Geſind (darunter ich auch vier ſtarcke Tre - mel zu Knechten hatte) war mir getreu und auf meiner Seiten; alle Officierer des Regiments waren mir uͤbel gewogen! der Obriſt ſelbſt wolte mir wohl und die Obriſtin noch viel beſſer / und ich verbande mir alles noch mehrers mehrers mit Ver - ehrungen wo ich vermeinte / daß ich Huͤlff zu meinem kuͤnfftigen Haußkrieg zu hoffen haͤtte / deſſen Ankuͤndigung ich ſtuͤndlich von meinem Spring-ins-felt gewaͤrtig war.

Jch wuſte wol / daß der Mann / welchen mir Spring-ins-felt aber nur pro forma repræſentiren muſte (das Haubt meiner Marquedenterey darſtellte / und daß ich un - ter dem Schatten ſeiner Perſon in meiner Handelſchafft agirte; auch daß ich bald ausgemarguedentert haben wuͤrde / wannJ vein198ein ſolches Haupt mir mangelte / derohal - ben gieng ich gar behutſam; Jch gab ihm taͤglich Gelt / beydes zu ſpielen und zu pan - quetiren / nicht / daß ich die Beſtandigkeit ſeiner vorigen Verhaltung beſtaͤttigen wol - len / ſondeꝛn ihn deſto kirrer / verwegener und ausgelaſſener gegen mir zu machen / damit er ſich dardurch verplumpen: und durch ein rechtſchaffenes grobianiſches Stuͤckel dem Beſitz meiner und des Meinigen ſich unwuͤrdig machen / mit einem Wort / daß er mir Urſach geben ſolte / mich von ihme zu ſcheiden; dann ich hatte allbereit ſchon ſo viel zuſammen geſchunden und verdie - net / zumahlen auch anderwertshin in Sicherheit gebracht / daß ich mich weder um ihn noch die Marquedenterey; ja um den gantzen Krieg und was ich noch dariñ kriegen und hinweg nehmen konte / wenig mehr bekuͤmmerte.

Aber ich weiß nicht / ob Spring-ins-felt das Hertz nicht hatte / ſeinen Cammerathen zu folgen / um die Oberherrſchafft offentlich von mir zu begehren / oder ob er ſonſt in er - zehltem ſeinem liederlichen Leben unacht -ſamer199ſamer Weiß fortfuhre? Dann er ſtellte ſich gar freundlich und demuͤtig / und gab mir niemalen kein ſauern Blick / geſchweige ein boͤſes Wort! Jch wuſte ſein Anliegen wohl / worzu ihn ſeine Cammerrathen verhetzt hat - ten. Jch konte aber aus ſeinen Wer - cken nicht ſpuͤren / daß er etwas dergleichen wider mich zu unterſtehen bedacht geweſen waͤre; doch ſchickte ſichs endlich wunder - barlich / daß er mich offendirte / weſſentwe - gen wir dañ / es ſey ihm nun gleich lieb oder leid geweſen / von einander kamen.

Jch lag einsmals neben ihm und ſchlieff ohne alle Sorg / als er eben mit einem Rauſch heimkommen war; Sihe / da ſchlug er mich mit der Fauſt von allem Kraͤfften ins Angeſicht / daß ich nicht allein darvon erwachte / ſondern das Blut lieffe mir auch haͤuffig zum Maul und der Naſen heraus / und wurde mir von ſelbigem Straͤich ſo toͤrmiſch im Kopff / daß mich noch wunder gibt / daß er mir nit alle Zaͤn in Hals geſchla - gen; da kan man nun wohl erachten und abnehmen / was ich ihm vor eine andaͤchtigeJ vjLete -200Leteney vorbetete / ich hieſſe ihn einẽ Moͤrder und was mir ſonſt noch mehr von derglei - chen erbaren Titul ins Maul kommen; Er hingegen ſagte / du Hundsf. warum laͤſſeſt du mir mein Gelt nicht? Jch hab es ja red - lich gewonnen! und wolte noch immer mehr Stoͤſſe hergeben / alſo / daß ich zu ſchaf - fen hatte / mich deren zuerwehren / maſſen wir beede im Bette aufrecht zuſitzen kamen / und gleichſam anfiengen miteinander zu ringen; und weil er noch fort und fort Gelt von mir haben wolte / gabe ich ihm eine kraͤf - tige Ohrfeigen: die ihn wieder niderlegte; ich aber wiſcht zum Zelt hinaus / und hatte ein ſolches Lamentiren / daß nit nur meine Mutter und uͤbriges Geſind: ſondern auch unſere Nachbaren davon erwachten / und aus ihren Huͤtten und Gezelten hervor kro - chen / und zuſehen / was da zuthun oder ſonſt vorgangen waͤre / daſſelbe waren lauter Perſonen vom Stab / als welche gemei - niglich hinter die Regimenter zu den Mar - quedenter logirt / werden nemlich der Ca - plan Regiments-Schultheiß / Regiments - Quartiermeiſter / Proviantmeiſter / Pro -voß201voß / Hencker / Hurenwaͤibel und derglei - chen / denen erzehlet ich ein langs und ein breits / und der Augenſchein gab auch / wie mich mein ſchoͤner Mann / ohne einige Schuld und Urſach tractirt; mein ange - hender Milchweiſſer Buſem / war uͤberall mit Blut beſprengt / und des Spring-ins - felts unbarmhertzige Fauſt / hatte mein An - geſicht / welches man ſonſt niemahlen ohne luſtreitzende Lieblichkeiten geſehen / mit einem eintzigen Streich ſo abſcheulich zugerichtet / daß man die Courage ſonſt nirgends bey / als an ihrer erbaͤrmlichen Stimme kenne - te / ahnangeſehen niemands vorhanden war / der ſie anderwerts jemahlen haͤtte kla - gen hoͤren; man fragte mich um die Urſach unſerer Uneinigkeit und daraus erfolgten Schlacht / weil ich nun allen Verlauff er - zehlte / vermeynte der gantze Umſtand / Spring-ins-felt muͤſte unſinnig worden ſeyn: Jch aber glaubte / er habe dieſes Spiel aus Anſtifftung ſeineꝛ Cammerrathen und Sauffbruͤder angefangen / um mir erſtlich hinter die Hoſen: zweytens hinter die Ober - herrlichkeit / und letzlich hinter meines vie -J vijlen202len Gelts zu kommen; Jndem wir nun ſo miteinander bappelten / und etliche Weiber umgiengen / mir das Blut zu ſtellen / gra - belte Spring-ins-felt auch aus unſerem Zelt; Er kam zu uns zum Wacht-Feuer / das bey des Obriſten Bagage brande / und wuſte bey nahe nicht Wort genug zu erſin - nen und vorzubringen / mich und jeder - man wegen ſeines begangenen Fehlers um Verzeihung zu bitten; es mangelte we - nig / daß er nicht vor mir auf die Knie nie - derfiel / um Vergebung und die vorige Huld und Gnad wieder von mir zu erlan - gen / aber ich verſtopffte die Ohren / und wol - te ihn weder wiſſen noch hoͤren / biß endlich unſer Obriſt Leutenant von der Rund dar - zu kam / gegen welchen er ſich erbotten / ei - nen leiblichen Ayd zu ſchweren / daß ihm getraͤumt haͤtte / er waͤre auf dem Spielplatz geſeſſen / allwo ihm einer um eine zimliche Schantz auf dem Spiel geſtandenen Gelts unrecht thun wollen / gegen welchem er deßwegen geſchlagen / und wider ſeinen Willen und Meynung / ſeine liebe un - ſchuldige Frau im Schlaaf getroffen: DerObriſt203Obriſt Leutenant war ein Cavallier / der mich und alle Huren wie die Peſt haſſte / hingegen aber / meinem Spring-ins-felt nit ohngewogen war / derowegen ſagte er zu mir / ich ſolte mich wieder mit ihm alſobald in die Zelt packen / und das Maul hal - ten / oder er wolte mich zum Provoſen ſe - tzen / und wohl gar / wie ich vorlaͤng - ſten verdient / mit Ruthen aushauen laſſen.

Potz Blech / das iſt ein herber Sententz / dieſer Richter nicht viel / (gedachte ich bey mir ſelber) aber es ſchadet nichts; biſt du gleich Obriſt Leutenant / und beydes vor meiner Schoͤnheit und meinen Verehrun - gen Schußfrey / ſo ſeynd doch andere / und zwar deren mehr / als deiner / die ſich gar gern dadurch beruͤcken laſſen / mir Recht zu geben; Jch ſchwieg ſo ſtill / wie ein Meu - ſel / mein Spring-ins-felt aber auch; Als dem er ſagte / wann er noch mehr - mahl ſo kommen wuͤrde / ſo wolte er ihn bey Tag auf einmahl dergeſtalt ſtraffen / um das was er bey Nacht zu zweyen mahlengegen204gegen mir geſuͤndigt / daß er gewißlich das dritte mahl nicht wieder kommen wuͤrde; uns beyden zugleich aber / ſagte er / wir ſolten den Frieden machen / ehe die Sonne aufgieng / da mit er den kuͤnfftigen Morgen kein Urſach haͤtte / uns einen Taͤtigsmann zu geben / aber uͤber deſſen procedere wir uns hinter den Ohren zu kratzen / wuͤrden Urſachen haben. Alſo giengen wir wieder miteinander zu Bette und hatten beydeꝛſeits unſere Stoͤſſe / maſſen ich dem Spring-ins - felt ſo wenig gefeyret / als er mir; Er be - kraͤfftigt noch als ſeinen gehabten Traum mit groſſen Schwuͤren / ich aber behauptete / daß alle Traͤume falſch waͤren / derentwe - gen ich aber nichts deſtoweniger keine fal - ſche Maulſchelle bekommen; Er wolte mit den Wercken ſeine Liebe bezeugen / aber der empfangene Streich / oder vielmehr / daß ich ſeiner gern loß geweſt waͤre / entzogen ihm bey mir alle Willfaͤhrigkeit; Ja ich gab ihm auch den andern Tag nicht allein kein Gelt mehr zum Spielen / ſondern auch zum Sauffen / und ſonſt wenig guter Wort / und damit er mir nicht hinder die Batzenkaͤme /205kaͤme / die ich noch bey mir behalten / unſer Handelſchafft damit zu treiben / verbarg ich ſolche hinter meine Mutter / welche ſolche ſo Tags ſo Naches wohl eingenaͤhet / auf ihrem bloſen Leib tragen muſte.

Das XXII. Capitel.

Aus was Urſachen Spring-ins-felt und Courage ſich geſcheiden / und woꝛ - mit ſie ihn zur Letze begabt.

GLeich nach dieſer unſerer naͤchtlichen Schlacht / ſtunde es wenig Zeit an / daß Mantua mit einem Kriegs-Poſſen eingenommen wurde / ja der Fried ſelbſt zwiſchen den Roͤm. Kaͤyſerl. und Frantzo - ſen: zwiſchen den Hertzogen von Sophoia und Nivers folgte ohnlaͤngſt hernach; gleichſam als wann der welſche Krieg mit unſern Treffen haͤtte geendigt werden muͤſ - ſen; und eben deswegen giengen die Fran - tzoſen / aus Savoya und ſtuͤrmeten wieder in Franckreich / die Kaͤyſerl. Voͤlcker aber in Teutſchland / zuſehen was der Schwedmachte;206machte; mit denen ich dann ſo wohl fort - ſchlendern muſte / als wann ich auch ein Soldat geweſen waͤre; Mir murrten / uns entweder zu erfriſchen / oder weil die ro - the Ruhr und die Peſt ſelbſt unter uns re - gierte / an einem Ort in den Kaͤyſerlichen Erblanden / etliche Wochen an die Thonau ins freye Feld mit unſerem Regiment lo - girt / da es mir bey weitem nicht ſolche Be - quemlichkeiten ſetzte / wie in dem edlen Jta - lia! doch behalffe ich mich ſo gut als ich konte / und hatte mit meinem Spring - ins-felt / (weil er mehr als eine Hunds - Demuth gegen mir verſpuͤhren lieſe) den Frieden wiederum / doch nur pro forma, geſchloſſen; dann ich laurete taͤglich auf Gelegenheit / vermittelſt deren ich ſeiner loß werden moͤchte.

Solcher mein inniglicher Wunſch wie - derfuhre mir folgender Geſtalt / welche Be - gebenheit genugſam bezeuget / daß ein vorſichtiger / verſtaͤndiger / ja unſchuldi - ger Mann / dem wachend und nuͤchtern / weder Weib / Welt / noch der Teuffel ſelbſt nicht zukommen kan / gar leichtlich durchſeine207ſeine eigene bloͤde Gebrechlichkeit / ſchlaff - und weintrunckener Weiß / in alles Unheil und Ungluͤck geſtuͤrtzt: und alſo um alles ſein Gluͤck und Wohlfarth gebracht wer - den mag.

Gleichwie nun aber ich in meinem Ge - muͤth / auch um die allergeringſte Schmach und vermeinte zugefuͤgte Unbillichkeit / gantz rachgierig und unverſoͤhnlich war / als erzeigte ſich auch mein Leib / wann er im geringſten verletzt wuͤrde / gleichſam gantz unheilſam; nicht weiß ich / ob derſel - be dem Gemuͤth nachaͤhmte / oder ob die Zaͤr - te meiner Haut und ſonderbahren comple - xion, ſo grobe Stoͤfe / wie ein Saltzburger Holtzbauer nicht ertragen koñte; einmahl / ich hatte meine blaue Fenſter / und von Spring-ins-felts Fauſt / die Waarzeichen noch in meinem ſonſt zarten Angeſicht / die er mir im Lager vor Mantua einge - traͤnckt / da er mich in obbemelten Lager an der Thonau / als ich abermahl mit - ten im beſten Schlaff lag / bey der Mit - ten kriegte / auf die Achſel nahm / mit mir alſo im Hembd / wie er mich erdapptgehabt /208gehabt / gegen des Obriſten Wachtfeuer zulieffe / und mich allen Anſehen nach / hinweg werffen wolte; Jch wuſte / nach - dem ich erwachte / zwar nicht wie mir ge - ſchahe / aber gleichwohl merckte ich meine Gefahr / da ich mich gantz nackend befan - de / und den Spring-ins-felt mit mir ſo ſchnell gegen dem Feuer zueilen ſahe; dero - wegen fienge ich an zu ſchreyen / als wann ich mitten unter die Moͤrder gefallen waͤre / davon erwachte alles im Laͤger / ja der Obriſt ſelbſt / ſprang mit ſeiner Partiſon aus ſeiner Zelten / und andere Officier mehr / welche kamen / der Meynung / ei - nen entſtandenen groſſen Lermen zu ſtil - len (dann wir hatten damahls gantz kei - ne Feinds-Gefahr) ſondern aber nichts anders als ein ſchoͤnes laͤcherliches Einſe - hen / und naͤrriſches Spectacul / ich glau - be auch / daß es recht artlich und kurtzwei - lig anzuſehen geweſen ſeyn muß; die Wacht empfinge dem Spring-ins-felt mit ſeiner unwilligen und ſchreyenten Laſt / ehe er dieſelbige ins Feuer werffen konte / und als ſie ſolche nackend ſahen / und vor ſeine Cou -rage209rage erkanten; war der Corporal ſo ehelie - bend / mir einen Mantel um den Leib zu werffen; Jndeſſen kriegten wir einen Um - ſtand von allerhand hohen und niedern Of - ficiern / der ſich ſchier zu tod lachen wolte / und welchem nicht allein der Obriſt ſelbſt / ſondern auch der Obriſte Leutenant gegen - waͤrtig war / der allererſt neulich den Frie - den zwiſchen mir und dem Spring-ins-felt durch Drohung geſtifftet hatte

Als indeſſen Spring-ins-felt ſich wieder witzig ſtellte / oder (ich weis ſelbſt ſchier nit / wie es ihm ums Hertz war) als er wieder zu ſeinen ſieben Sinnen kommen; fragte ihn der Obriſte / was er mit dieſer Gugelfuhr gemeint haͤtte? da antwortet er / ihm haͤtte getraͤumt / ſeine Courage waͤre uͤberall mit gifftigen Schlangen umgeben geweſen / derowegen er ſie ſeinem Einfall nach / zu erretten und davon ſich befreyen / ent - weder in ein Feuer oder Waſſer zu tragen / vors beſte gehalten / haͤtte ſie auch zu ſolchem Ende aufgepackt / und waͤre / wie ſie alle vor andern ſehen / alſo mit ihr da - her kommen / welches ihm mehr als vonGrund210Grund ſeines Hertzens leid ſeye; Aber bey - des der Obriſt ſelbſt / und der Obriſt Leute - nant / der ihn vor Mantua beygeſtanden / ſchuͤtteln die Koͤpff daruͤber / und lieſen ihn / weil ſich ſchon jederman ſatt genug gelacht hatte / vor die lange Weil zum Profoſen fuͤhren / mich aber in mein Gezelt gehen / vol - lents auszuſchlaffen.

Dem folgenden Morgen gieng unſer Proceß an / und ſolte auch gleich ausge - hen / weil ſie im Krieg nicht ſo lang zu wehren pflegen / als an einigen Orten im Frieden; Jederman wuſte zuvor wohl / daß ich Spring-ins-felts Ehefrau nicht war / ſondern nur ſeine Matreß / und deſ - ſentwegen bedorfften wir auch vor kein conſiſtorium zu kommen / um uns ſcheiden zu laſſen / welches ich begehrte / weil ich im Bette meines Lebens bey ihm nicht ſicher war / und eben deſſentwegen hatte ich einen Beyfall ſchier von allen aſſeſſori - bus, die davor hielten / daß ein ſolche Urſach / auch eine rechte Ehe ſcheiden koͤnte; der Obriſt Leutenant ſo vor Mantua gantz auf Spring-ins-felts Seiten geweſen / warjetzt211jetzt gantz wider ihn / und die uͤbrige vom Regiment ſchier alle auf meiner Seiten: Demnach ich aber mit meinem Contract ſchrifftlich hervor kam / was Geſtalt wir beyſammen zu wohnen / einander verſpra - chen / biß zur ehrlichen Copulation / zu - mahlen meine Lebens-Gefahr die ich kuͤnff - tig bey einem ſolchen Ehegatten zn ſorgen haͤtte / trefflich aufzumutzen und vorzuſchuͤ - tzen wuſte / fiel endlich der Beſcheid / daß wir bey gewiſſer Straffe voneinander ge - ſcheiden: und doch verbunden ſeyn ſolten / uns um das jenig ſo wir miteinander er - rungen und gewonnen / zuvergleichen; Jch replicirte hingegen / daß ſolches letzte wi - der den Accord unſerer erſten Zuſammen - Fuͤgung lauffe / und daß Spring-ins-felt ſeyt er mich bey ihm haͤtte / oder teutſcher zu reden / ſeyt ich ihn zu mir genommen und die Marquedenterey angefangen / mehr verthan als gewonnen haͤtte / welches ich dann mit dem gantzen Regiment beweiſen und darthun koͤnte; Endlich hieſe es / wann der Vergleich nach Billigkeit ſolcher Umſtaͤnde zwiſchen uns beeden ſelbſt nichtguͤtlich212guͤtlich getroffen werden koͤnte / daß als - dann nach befindenden Dingen von dem Regiment ein Urthel geſprochen werden ſolte.

Jch lieſe mich mit dieſem Beſcheid mehr als gern genuͤgen / und Spring-ins-felt lie - ſe ſich auch gern mit einem geringen beſchla - gen / dann weil ich ihn und mein Geſind nach dem eingehenden Gewinn: und alſo nit mehr wie in Jtalia tractirte / alſo daß es ſchiene / als ob der Schmalhans bey uns anklopffen wolte; vermeinte der Geck / es waͤre mit meinen Gelt auf der Neige / und bey weitem nicht mehr ſo viel verhanden / als ich noch hatte / und er nicht wuſte! und es war billich / daß ers nicht wuſte / dann er wuſte ja auch nicht / warum ich damit ſo halsſtarrig zu ruck hielte.

Eben damals / Simplice, wurde das Re - giment Tragoner / darunter du etwan zu Soeſt dein a. b. c. gelernet haſt / durch al - lerhand junge Burſch / die ſich hin und wieder bey den Officiern der Regimenter zu Fuß befanden / und nun erwachſenwaren /213waren / aber keine Mußquetierer werden wolten / verſtaͤrckt; welches eine Gelegen - heit vor den Spring-ins-felt war / weſſent - wegen er ſich auch mit mir in einen deſto leidenlichern Accord einlieſe; den wir auch allein miteinander getroffen; ſolcher Ge - ſtalt; Jch gab ihm das beſte Pferd das ich hatte / ſamt Sattel und Zeug; Jtem / einhun - dert Ducatẽ paar Gelt / und das dutzet Reu - ter-Koller / ſo er in Jtalia durch meine An - ſtalt geſtohlen; dann wir hatten uns biß - her nicht doͤrffen ſehen laſſen; damit wurde auch eingedingt / daß er mir zugleich mei - nen Spiritus famil, um eine Cron abkauſ - fen ſolte / welches auch geſchahe; und in ſolcher Maaß habe ich den Spring - ins-felt abgeſchafft und ausgeſteuret / jetzt wirſt du auch bald hoͤren / mit was vor ei - ner feinen Gab ich dich ſelbſt beſeeligt: und deiner Thorheit im Sauerbrunnen belohnet hab; habe nur eine kleine Ge - dult / und vernimm zuvor / wie es dem Spring-ins-felt mit ſeinen Ding im Glaß gangen.

KSo bald214

So bald er ſolches hatte / bekam er Wuͤrm uͤber Wuͤrm / im Kopff; wann er nur einen Kerl anſahe / der ihme ſein Tage niemahl nichts Leids gethan / ſo haͤtte er ihn gleich an Hals ſchlagen moͤ - gen; und er ſpielte auch in allen ſeinen Du - ellen dem Meiſter! Er wuſte alle verborge - ne Schaͤtze zu finden; und andere Heimlich - keiten mehr / hier ohnnoͤthig zu melden; Demnach er aber erfuhre / was vor einen gefaͤhrlichen Gaſt er herbergte / trachtet er ſeiner loß zu werden / er konte ihn aber drum nicht wieder verkauffen / weil der Satz oder der Schlag ſeines Kauffſchil - lings aufs Ende kommen war / ehe er nun ſelbſt Haar laſſen wolte / gedachte er mir denſelbigen wiedeꝛ anzuhencken / und zu ruck zu geben / wie er mir ihn dann auch auf dem General Rendevous, als wir vor Re - genſpurg ziehen wolten / vor die Fuͤſſe warff / ich aber lachte ihn nur aus / und ſolches zwar nicht darum vergebens / dann ich hube ihn nicht allein nicht auf / ſondern da Spring-ins-felt wieder in ſein Quar - tier kam / da fande er ihn wieder inſeinen215ſeinem Schubſack; ich hab mir ſagen laſ - ſen / er habe den Bettel etlichmahl in die Thonau geworffen / ihn aber alleweg wie - der in ſeinem Sack geſunden; diß er endlich denſelbigen in einen Bachofen ge - worffen / und alſo ſeiner loß worden; Jn - deſſen er ſich nun ſo hiermit ſchleppte / wurde mir gantz ungeheuer bey der Sach / derowegen verſilberte ich was ich hatte / ſchaffte mein Geſind ab / und ſetzte mich mit meiner Boͤhmiſchen Mutter nach Paſ - ſau / vermittelſt meines vielen Gelts des Kriegs Ausgang zu erwarten; ſintemahl ich zu ſorgen hatte / wann Spring-ins - felt ſolches Kauffs und Verkauffs hal - ber / uͤber mich klagen wuͤrde / daß mir alsdann als einer Zauberin / der Proceß gemacht werden doͤrffte.

K ijDas216

Das XXIII. Capitel.

Wie Courage abermahl einen Mañ verlohren / und ſich darnach gehal - ten habe.

ZU Paſſau ſchlug es mir bey weitem nicht ſo wohl zu / als ich mich verſehen hate / es war mir gar zu Pfaͤffiſch / und zu andaͤchtig / ich haͤtte lieber an Statt der Nonnen / Soldaten: oder an Statt der Moͤnche / einige Hoffburſch dort ſehen moͤ - gen / und gleichwohl verharrete ich daſelb - ſten / weil damahls nicht nur Boͤhmen / ſon - dern auch faſt alle Provintzen des Teutſch - landes mit Krieg uͤberſchwaͤmt waren; Jndem ich nun ſahe / daß alles der Got - tesforcht daſelbſt zugethan zu ſeyn ſchiene; accommodirte ich mich gleichfalls aufs wenigſt aͤuſſerlich nach ihrer Weiß und Ge - wonheit; und was mehr iſt / ſo hatte mei - ne Boͤhmiſche Mutter oder Coſtfrau / das Gluͤck / daß ſie an dieſem andaͤchtigen Ort und der Glantz der angenommenen Gottſe -lig -217ligkeit / und den Weg aller Welt gieng / welche ich dann auch anſehenlicher begra - ben lieſe / als wann ſie zu Prag / bey S. Ja - cobs Thor geſtorben waͤre. Jch hielte es vor ein Omen meiner kuͤnfftigen Ungluͤck - ſeeligkeit / weil ich nunmehr niemanden auf der Welt mehr hatte / dann ich mich und das Meinige rechtſchaffen haͤtte ver - trauen moͤgen; und derentwegen haſſte ich den unſchuldigen Ort / darinn ich meiner beſten Freundin / Seugammen und Aufer - zieherin war beraubt worden; doch patien - tirt ich mich daſelbſt / biß ich Zeitung bekam / daß der Wallenſteiner Prag / die Haubt - Stadt meines Vatteꝛlands eingenommen / und wiederum in des Roͤm. Kaͤyſers Ge - walt gebraͤcht; dann auf ſolche erlangte Zeitung / und weil der Schwed zu Moͤn - chen und in gantz Baͤyern dominirt / zu - mahlen in Paſſau ſeinetwegen groſſe Forcht war / machte ich mich wieder in be - ſagtes Prag / wo ich mein meiſtes Gelt lie - gen hatte.

Jch war aber kaum dort eingeniſtelt / ja ich hatte mich noch nicht recht daſelbſtK iijgeſetzt /218geſetzt / mein zuſammengeſchundenes Gelt und Gut im Frieden: und meinem Be - duncken nach in einer ſo groſſen und dan - nenhero auch meinem Vermuthen nach / ſehr ſichern Statt / wolluſtbarlich zu ge - nieſſen; ſihe / da ſchlug der Arnheim die Kaͤyſerl bey Lignitz / und nachdem er da - ſelbſt 53 Faͤhnlin erobert / kam er Prag zu aͤngſtigen; Aber der Allerdurchleuch - tigſt dritte Ferdinand / ſchickte ſeiner Stadt (als er ſelbſten Regenſpurg zuſetz - te) den Gallas zu Huͤlffe / durch welchen Succurs die Feinde nicht allein Prag / ſondern auch gantz Boͤhmen widerum zu zu verlaſſen / genoͤthigt wurden.

Damahl ſahe ich daß weder die groſſe und gewaltige Staͤdte nach ihrer Wahl Thuͤrn / Mauren und Graͤben / mich und das Meinige vor der Kriegs-Macht der jenigen die nur im freyen Feld / in Huͤt - ten und ſolten logiren / und von einem Ort zum andern ſchweiffen / beſchuͤtzen koͤnte; de - rowegen trachtet ich dahin / wie ich mich wiederum einem ſolchen Kriegsheer bey - fuͤgen moͤchte.

Jch219

Jch war damahl noch zimlich glatt und annemlich / aber gleichwohl doch bey wei - tem nicht mehr ſo ſchoͤn als vor etlich Jah - ren; Dannoch brachte mein Fleiß und Erfahrenheit mir abermahl aus dem Gal - laſchiſchen Succurs einen Haubtmann zu wegen / der mich ehelichte / gleichſam / als wann es der Stadt Prag Schuldig - keit oder ſonſt ihr aͤigne Art geweſt waͤre / mich auf allen Fall / mit Maͤnnern / und zwar mit Haubtleuten zu verſehen; unſere Hochzeit wurde gleichſam Graͤfflich ge - halten / und ſolche war kaum voruͤber / als wir Ordre kriegten / uns zu der Kaͤyſerli - chen Armada vor Noͤrdlingen zu begeben / die ſich kurtz zuvor mit dem Hiſpaniſchen Ferdinand / Cardinal Infant conjungirt: Donawerth eingenommen / und Noͤrd - lingen belagert hatte; dieſe nun kamen / der Fuͤrſt von Weimar / und Guſtavus Horn zu entſetzen / woruͤber es zu einer blutigen Schlacht geriethe / deren Ver - lauff und darauf erfolgte Veraͤnderung nicht vergeſſen werden wird / ſo lang die Welt ſtehet! Gleichwie ſie aber aufK jvunſerer220unſerer Seiten uͤberal gluͤcklich ablieffe / alſo war ſie mir gleichſam allein ſchaͤdlich und ungluͤckhafft / indem ſie mich meines Manns / der noch kaum bey mir erwar - met / im erſten Angriff beraubte; uͤber das / ſo hatte ich nicht das Gluͤck / wie mir etwan hiebevor in anderen Schlach - ten widerfahren / vor mich ſelbſten / und mit meiner Hand Beuthen zu machen / weil ich wegen anderer / die mir vorgien - gen / ſo dann auch wegen meines Manns allzufruͤhen Tod / nirgends zukommen konte; ſolches bedunckten mich eitel vor Bedeutungen meines kuͤnfftigen Verder - bens zu ſeyn / welches dann die erſte Me - lancholia / die ich mein Tage rechtſchaffen empfunden / in meinem Gemuͤth verur - ſachte.

Nach dem Treffen zertheilte ſich das ſieghaffte Heer / in unterſchiedliche Trop - pen / die verlohrne teutſche Provintze wie - der zu gewinnen / welche aber mehr rui - nirt als eingenommen und behauptet wor - den; Jch folgte mit dem Regiment / dar - under mein Mann gedienet / dem jenigenCorpo221Corpo das ſich des Bodenſees und Wit - tenberger Landes bemaͤchtigt / und ergriffe dardurch Gelegenheit in meines erſten Hauptmanns (der mir hiebevor Parg auch gegeben / Hoya aber wieder genom - men) Vatterland zu kommen / und nach ſeiner Verlaſſenſchafft zu ſehen; Allwo mir daſſelbe Patrimonium und des Orts Gele - genheit ſo wohl gefiehle / daß ich mir dieſel - bige Reichs-Stadt gleich zu einer Woh - nung erwaͤhlete / vornemlich darum / weil die Feinde des Ertzhauſes Oeſterreich / zum Theil biß uͤber den Rhein: und an - derwerts / ich weiß als nit wohin / verjagt und zerſtreuet waren; alſo daß ich mir nichts gewiſſers einbildete / dann ich wuͤr - de ihrentwegen mein Lebtage dort ſicher wohnen; ſo mochte ich ohne das nicht wie - der in Krieg / weil nach dieſer nahmhaff - ten Noͤrdlinger Schlacht / uͤberall alles der - geſtalt aufgemauſet wurde / daß die Kaͤyſerlichen wenige rechtſchaffene Beu - ten / meiner Muthmaſſung nach / zu hoffen.

K vDero -222

Derowegen fienge ich an auf gut Baͤu - riſch zu hauſen; ich kauffte Viehe und lie - gende Guͤter / ich dingte Knecht und Maͤgd / und ſchickte mich nit anderſt / als wann der Krieg durch dieſe Schlacht allerdings geendigt: oder als ob ſonſt der Friede vollkommen beſchloſſen worden waͤ - re; und zu ſolchem Ende lieſe ich alles mein Gelt / das ich zu Prag und ſonſt in groſſen Staͤdten liegen hatte / herzu kom - men; und verwendete das meiſte hierzu an; und nun ſihe Simplice, dergeſtalt ſeind wir meiner Rechnung und deiner Le - bens-Beſchreibung nach / zu einer Zeit zu Narren worden / ich zwar bey den Schwaben / du aber zu Hanau; ich ver - thaͤt mein Gelt unnuͤtzlich / du aber dei - ne Jugend / du aber kameſt zu einem ſchlechten Krieg / ich aber bildet mir ver - geblich eine Friedens-Zeit ein / die noch in weitem Feld ſtunde; dann ehe ich recht eingewurtzelt war / da kamen Durchzuͤg und Winter-Quartier / die doch die be - ſchwerliche Contributiones mit nichten aufhuben; und wann die Menge meinesGeles223Gelts nicht zimlich groß: oder ich nicht ſo witzig geweſen waͤre / deſſen Beſitzung weißlich zu verbergen / ſo waͤre ich zeitlich caput worden; dann niemand in der Stadt ware mir hold / auch meines ge - weſenen Manns Freunde nicht / weil ich deſſen hinterlaſſene Guͤter genoſſe / die ſonſt ihnen erblich zugefallen waͤren / wann mich / wie ſie ſagten / der Hagel nicht hingeſchlagen haͤtte; dannenhero wurde ich mit ſtarcken Geltern belegt / und nichts deſtoweniger auch mit Einqnartierungen nicht verſchonet; Es gieng mir halt wie den Wittiben / die von jederman verlaſ - ſen ſeyn; aber ſolches erzehle ich dir dar - um nicht klagender Weiß; begehre auch deſſentwegen weder Troſt / Huͤlff / noch Mitleiden von dir / ſondern ich ſage dirs darum / daß du wiſſen ſolteſt / daß ich mich gleichwohl nicht viel deswegen bekuͤmmerte / noch betruͤbte / ſondern daß ich mich noch darzu freuete! wann wir ei - nem Regiment muſten Winter-Quartier geben; dann ſo bald ſolches geſchahe /K vjmachte224machte ich mich bey den Officiern zutaͤp - piſch / da war Tag und Nacht nichts als Freſſen und Sauffen / Huren und Buben in meinem Hauſe / ich lieſe mich gegen ihnen an / wie ſie wolten / und ſie muſten ſich auch hinwiderum / wann ſie nur einmahl angebiſſen hatten / gegen mir anlaſſen / wie ichs haben wolte / alſo daß ſie wenig Gelt mit ſich aus dem Quartier ins Feld trugen; Worzu ich dann mehr als tauſenderley Foͤrtel zu gebrauchen wuſte / und trutz jederman / der damahls etwas darwieder geſagt haͤtte; Jch hielte allezeit ein paar Maͤgd / die kein Haar beſſer waren als ich / gienge aber ſo ſicher / kluͤglich und behutſam damit um / daß auch der Magiſtrat meine damahlige liebe Obrigkeit / ſelbſten mehr Urſach hat - te / durch die Finger zu ſehen / als mich deßwegen zu ſtraffen / ſintemahl ihre Weiber und Toͤchter / ſo lang ich vor - handen war / und mein Netz ausſpan - nen doͤrffte / nur deſto laͤnger from ver - blieben; dieß Leben fuͤhrete ich etlicheJahr /225Jahr / ehe ich mich uͤbel dabey befande / zu welcher Zeit ich Jaͤhrlich gegen dem Som - mer / wann Mars wieder zu Felde gieng / meinen Uberſchlag und Rechnung machte / was mich denſelbigen Winter der Krieg gekoſtet / da ich dann gemeiniglich fande / daß meine Proſperitaͤt und einnahm die Ausgab meiner ſchuldigen Kriegs-Koſten uͤbertroffen; aber Simplice, jetzt iſts an dem / daß ich dir auch ſage / mit was vor ei - ner Laugen ich dir gezwaget; Will derowe - gen jetzt nicht mehr mit dir / ſondern mit dem Laſter reden; du magſt aber wohl auch zuhoͤren / und wann du vermeineſt / daß ich luͤge / mir ohngehindert in die Rede fal - len.

Das XXIV. Capitel.

Wie Simpliciſſimus und Courage Kundſchafft zuſammen bekommen und einander betrogen.

WJr muſten in unſerer Stadt eine ſtar - cke Beſatzung gedulten / als die Chur - Baͤyriſche und Frantzoͤſiſche / Weymari -K vijſche /226ſche in der Schwaͤbiſchen Graͤntze einander in den Haaren lagen / und ſich zwackten; uneer denſelbigen waren die meiſte Officie - rer trefflich geneigt auf das jenige / was ich ihnen gern um die Gebuͤhr mitzutheilen pflegte / demnach ichs aber beydes aus groſ - ſer Begierde des Gelts wider damit gewon - nen / als meiner eigenen unerſaͤttlichen Na - tur halber gar zu grob machte / und bey na - he ohne Unterſchied zulieffe / wer nur wolte; Sihe / da bekam ich das jenige / was mir bereits vor zwoͤlff oder funffzehen Jahren rechtmaͤſſiger Weiſe gebuͤhret haͤtte / nem - lich die liebe Frantzoſen mit wohlgeneigter Gunſt? Dieſe ſchlugen aus / und begun - ten mich mit Rubinen zu zieren / als der lu - ſtige und froͤliche Fruͤhlig den gantzen Erd - boden mit allerhand ſchoͤnen wohlgezierten Blumen beſetzte; geſund war mirs / daß ich Mittel genug hatte / mich wiederum dar - von curirn zu laſſen / welches dann in ei - ner Stadt am Bodenſee geſchahe; Weil mir aber meines Medici Vorgeben nach / das Gebluͤt noch nicht vollkommen gerei - nigt geweſen / da riethe er mir / ich ſollte dieSaur -227Saurbrunnen-Cur brauchen / und alſo meine vorige Geſundheit deſtovoͤlliger wie - derum erholen; ſolchem zufolge / ruͤſtet ich mich aufs beſte aus / mit einem ſchoͤnen Ca - leſch / zweyen Pferden / einem Knecht / und einer Magd / die mit mir vier Hoſen eines Tuchs war / auſſer / daß ſie die obengemelte luſtige Kranckheit noch nicht am Hals ge - habt.

Jch war kaum acht Tag in Saurbrun - nen geweſen / als Herr Simplicius Kund - ſchafft zu mir machte; dann gleich und gleich geſellt ſich gern / ſprach der Teuffel zum Kohler; Jch trug mich gantz adelich / und weil Simplicius ſo toll aufzoge und viel Diener hatte / hielte ich ihnen auch vor einen dapffern Edelmann / und gedachte / ob ich ihm vielleicht das Seil uͤber die Hoͤr - ner werffen und ihn (wie ich ſchon zum oͤff - tern mehr practicirt) zu meinem Ehe - Mann kriegen konte; Er kam meinem Wunſch nach mit voͤlligem Wind in den gefaͤhrlichen Port meiner ſattſamen Begierden angeſeegelt / und ich tractirte ihn / wie etwann die Circe den irrendenUlyſ -228Uliſſem〈…〉〈…〉 und alſobald faſſte ich eine gewiſ - ſe Zuverſicht / ich haͤtte ihn ſchon gewiß an der Schnur / aber der loſe Vogel riſſe ſolche entzwey / vermittelſt eines Funds / dar - durch er mir ſeine groſſe Undanckbarkeit zu meinen Spott und einen eigenen Scha - den bezeugte; Sintemal er durch einen blinden Piſtolen-Schuß und einer Waſſer - Spritze voll Blut / das er mir durch ein Se - cret beybrachte / mich glauben machte / ich waͤre verwundet / weſſentwegen mich nicht nur der Balbierer / der mich verbinden ſol - te / ſondern auch faſt alles Volck in Saur - brunnen hinten und fornen beſchauete / die nachgehends alle mit Fingern auf mich zeigten / ein Lied darvon ſangen / und mich dergeſtalt aushoͤneten / daß ich den Spott nicht mehr vertragen und erleiden konnte / ſondern ich die Chur gar vollendet / den Saur-Brunnen mit ſamt dem Bad quit - tirte.

Der Troff Simplex nennet mich in ſeiner Lebens-Erzaͤhlung im 5. 3. Buch an 6. 4. Capitel leichtfertig / Jtem / ſagt er /ich229ich ſey mehr mobilis als nobilis geweſen / ich gebe beydes zu / wann er ſelbſt aber nobel oder ſonſt ein gut Haar an ihm geweſen waͤre / ſo haͤtte er ſich an ſo keine leichtfertige und unverſchaͤmte Dirne / wie er mich vor eine gehalten / nicht gehaͤnckt / vielweniger ſeine eigene Unehr / und meine Schand alſo vor der gantzen Welt ausgebreitet und ausgeſchrien; Lieber Leſer! was hat er jetzt vor Ehr und Ruhm darvon / daß er (da - mit ſeine eigene Wort gebrauche) in kurtzer Zeit einen freyen Zutritt und alle Ver - gnuͤgung / die er begehren und wuͤnſchen moͤgen / von einer Weibs-Perſon erhalten / vor deren Leichtfertigkeit er ein Abſcheuen bekommen? Ja von deren / die noch kaum der Holtz-Cur entronnen? Der arme Teuffel hat eine gewaltige Ehre darvon / ſich deſſen zu ruͤhmen / welches er mit beſſe - ren Ehren billich haͤtte verſchweigen ſol - len; Aber es gehet dergleichen Hengſten nicht anderſt / die / wie das unvernuͤnfftige Viehe / einem jedwedern geſchleyerten Thier wie der Jaͤger jeden einem Stuͤck Wild nachſetzen; Er ſagt / ich ſeye glatt -haͤrig230haͤrig geweſen! da muß er aber wiſſen / daß ich damals den ſiebenzehenden Theil meiner vorigen Schoͤnheit bey weitem nicht mehr hatte / ſonderlich behalffe mich allbereit mit allerhand Anſtrich und Schmincke / deren er mir nicht we - nig / ſondern einer groſſen Menge ab - geleckt; Aber genug hiervon / Narren ſoll man mit Kolben lauſen / das war noch ein gerings / jetzt vernehme der Leſer / wormit ich ihn endlich bezahlet / ich ver - lieſſe den Sauerbrunnen mit groſſem Verdruß und Unwillen / alſo bedachte mich auf eine Rach / weil ich vom Sim - plicio beydes beſchimpfft und verachtet worden; und meine Magd hatte ſich daſelbſten eben ſo friſch gehalten als ich / und (weil die arme Troͤpffin keinen Schertz verſtehen konnte / ein junges Soͤhnlein vor ein Trinckgelt aufgebuͤn - delt / welches ſie auch auf meinem Mey - er-Hof / auſſer der Stadt / gluͤcklich zur Welt gebracht / daſſelbe muſte ſie den Nah - men Simplicium nennen laſſen / wie - wohl ſie Simplicius ſein Tage niemahlsberuͤhr -231beruͤhrte; So bald ich nun erfahren / daß ſich Simplicius mit einer Bauren Tochter vermaͤhlet / muſte meine Magd ihr Kind entwoͤhnen und daſſelbige / nach dem ichs mit zarten Windeln / ja / ſeidenen Decken und Wickelbinden ausſtaffiret / um mei - nem Betrug eine beſſere Geſtalt und Zierde zu geben / in Bekleidung meines Meyers - Knecht zu Simplici Haus tragen / daß ſie es dann bey Naͤchtlicherweile vor ſeine Thuͤr gelegt / mit einem beygelegtẽ Schrifft - lichen Bericht / daß er ſolches mit mir er - zeugt haͤtte. Es iſt nicht zu glauben / wie hertzlich mich dieſer betrug / erfreuete / ſon - derlich da ich hoͤrete / daß er deſſentwegen von ſeiner Obrigkeit ſo trefflich zur Straff gezogen worden / und daß ihm dieſen Fund ſein Weib alle Tag mit Merrettig und Senff auf dem Brod zu eſſen gab; Jtem / daß ich den Simpeln guten Glau - ben gemacht / die Unfruchtbare haͤtte geboh - ren! da ich doch / wann ich der Art geweſt waͤre / nicht auf ihn gewartet: ſondern in meiner Jugend verrichtet habẽ wuͤrde / waser in232er in meinem herzunahenden Alter von mir glaubte; dann ich hatte damals allbe - reit ſchier viertzig Jahr erlebt; und war ei - nes ſchlimmen Kerls nicht wuͤrdig / als Simplicius einer geweſen.

Das XXV. Capitel.

Courage wird uͤber ihren Ubelthaten erwiſcht / und der Stadt ver - wieſen.

JEtzt ſollte ich zwar abbrechen und auf - hoͤren von meinem fernern Lebenslauf zuerzehlen / weilen genugſam verſtanden worden / was vor eine Dame Simplicius - berdoͤlpelt zu haben ſich geruͤhmet; gleichwie ihr aber von deme / was allbereit geſagt worden / ohne Zweiffel faſt nichts als Spott und Schand haben wird; alſo wirds ihm auch wenig Ehr bringen / was ich nach fuͤr - ters anzeigen werde.

Jch hatte hinter meinem Hauſe einen Garten in der Stadt / beydes von Obsge - waͤchß / Kraͤuter und Blumen / der ſichdorffte239dorffte ſehen laſſen / und alle andere trutzte; und neben mir wohnete ein alter Mechabe - ris oder Suſannen Mann / welcher ein Weib hatte / die viel aͤlter war als er ſelb - ſten / dieſe wurde zeitlich innen / von was vor einer Gattung ich war / und ich ſchlug auch nicht ab in Nothfall mich ſeiner Huͤlff zu bedienen / weſſentwegen wir dann offt in beſagtem Garten zuſammen kamen und gleichſam im Raub und hoͤchſter Eil Blu - men brachen / darmit es ſein eiferſuͤchtige Al - te nit gewahr wuͤrde / wie wir dann auch nirgends ſo ſicher als in dieſem Garten zu - ſammen kommen konten / als da das gruͤne Laub und die verdeckte Gaͤng / unſerer Mei - nung nach vor dem Menſchen aber nicht vor den Augen GOttes unſere Schand und Laſter bedeckten; gewiſſenhaffte Leut werden darvor halten / unſer Suͤn - denmaß ſeye damal entweder voll und - berhaͤufft geweſen / oder die Guͤte GOttes haͤtte uns zur Beſſerung und Buſſe beruf - fen wollen; Wir hatten einander im An - fang des Septembris Loſung gegeben / den -ſelben240ſelbigen lieblichen Abend im Garten unter einem Birnbaum zuſammen zukommen / eben als zween Muſquetierer aus unſerer Quarmſon ein Anſchlag gemacht hatten / ſelbigen Abend ihren Part von meinen Birrn zu ſtehlen; Wie ſie auch den Baum beſtiegen und zu brechen anfiengen / ehe ich und oder der Alte in Garten kommen; Es war ziemlich finſter / und mein Buhler ſtellte ſich ehender ein / als ich / bey dem ich mich aber auch gar bald befande / und das jenige Werck mit ihm angienge / daß wir ehmahlen miteinander zu treiben gewohnt waren; Potzhertz! ich weiß nicht wie es gienge / der eine Soldat regte ſich auf dem Baum / um unſerer Gauckelfuhr beſſer wahrzunehmen / und war ſo unvorſichtig / daß er alle ſeine Birren / die er gebrochen hatte / verſchuͤttelt / und als ſelbige auf den Boden fielen / bildeten ich und der Alte ſich nichts anders ein / als es waͤre etwann ein ſtarckes Erdbiden von GOtt geſendet und verhaͤngt / uns von unſern ſchandlichen Suͤnden abzuſchrecken; wie wir dañ einan - der auch ſolches mit Worten zuverſtehengaben241gaben / und beyde in Angſt und Schrecken voneinander lieffen; die auf dem Baum aber konten ſich des Lachens nicht enthal - ten / welches uns noch groͤſſere Furcht ein - jagte / ſonderlich dem Alten / der da vermein - te / es waͤre ein Geſpenſt / das uns plagte; derowegen begab ſich ein jedes von uns / in ſeine Gewahrſam.

Den andern Tag kam ich kaum auf dem Marckt / da ſchrie ein Mußquetierer / ich weiß was! Ein anderer fragte ihn mit vollem Halß / was weiſt du dann? Jener antwortet / es hat heut Birnen geerdbid - met; diß Geſchrey kam je laͤnger je ſtaͤrcker / alſo daß ich gleich merckte / was die Glo - cke geſchlagen / und mich in Angeſicht an - roͤthete / wiewohl ich mich ſonſt zu ſchaͤ - men nit gewohnet war; Jch machte mir gleich die Rechnung / daß ich eine Hatz ausſtehen muͤſte / gedachte aber nicht / daß es ſo grob hergehen wuͤrde / wie ich hernach erfuhr; dann nachdem die Kin - der auf der Gaſſen / von unſerer Ge - ſchicht zu ſagen wuſten / konte der Magiſtratnichts242nichts anders thun / als daß er mich und den Alten beym Kopff nehmen / und jedwe - ders beſonders gefangen ſetzen lieſe; wir laͤugneten aber beyde wie die Hexen / ob man uns gleich mit dem Hencker und der Tor - tur dreuete.

Man inventirt und verpetſchirt das Meinige / und examinirt mein Hausge - ſind / bey dem Eid / deren Ausſag aber widereinander lieffe / weil ſie nit alle von meinen loſen Stuͤcken wuſten / und mir die Maͤgd getreu waren; endlich verſchnapte ich den Handel ſelbſt / als nemlich der Schultheiß / welcher mich Frau Baß nennete / offt zu mir in das Gefaͤngniß kam / und groſſes Mitleiden vorwante / in Warheit aber mehr ein Freund der Gerechtigkeit / als mein Vetter war; Dann nachdem er mich in aller falſchen Vertraͤu - lichkeit uͤberredet / mein Alter haͤtte den be - gangenen und offtmahls widerholten Ehe - bruch geſtanden / fuhre ich unverſehens her - aus / und ſagte / ſo ſchlag ihm der Hagel ins Maul / weils der alte Scheuſſer nicht hat -hal -243halten koͤnnen; bate demnach meinen ver - meinten Freund / er wolte mir doch getreu - lich dadurch helffen / Er aber hingegen machte mir eine ſcharffe Predigt daher / thaͤt die Thuͤr auf / und wieſe mir einen Notarium und beyſichhabende Zeugen / die alle meine und ſeine Reden und Gegen - Reden angehoͤrt und aufgemerckt hatten.

Darauf gieng es wunderlich her / die meiſte Rathsherꝛn hielten darvor / man ſolte mich an die Folter werffen / ſo wuͤrde ich vielmehr dergleichen Stuͤcke bekennen / und alsdañ nach befindenden Dingen als eine uñuͤtze Laſt der Eꝛden / um eines Kopfs kuͤrtzer zu machen ſeyn / welcher Sentenz mir auch weitlaͤufftig notificirt wurde; Jch hingegen lieſſe mich vernehmen / man ſuche nicht ſo ſehr / der lieben Gerechtigkeit und den Geſetzen ein Genuͤgen zu thun / als mein Gelt und Gut zu confiſciren; Wuͤr - de man ſo ſtreng mit mir procedirn / ſo wuͤrden noch viel / die vor ehrliche Burger gehalten werden / mit mir zur Leiche ge - hen / oder mir das Geleit geben muͤſſen; Jch konte ſchwaͤtzen wie ein Rechtsgelehr -Lter /244ter / und meine Wort und proteſtationes fielen ſo ſcharpff und ſchlau / daß ſich Ver - ſtaͤndige darvor entſetzten / zuletzt kam es dahin / daß ich auf eine Urphet die Stadt quittiren: und / zu mehr als wohlverdien - ter Straffe / alle meine Mobilia und ligen - de Guͤter dahinden laſſen muſte / darun - ter ſich gleichwohl mehr als uͤber 1000. Reichsthaler paar Geld befande; Meine Kleidungen / und was zu meinem Leib ge - hoͤrte / wurde mir gefolgt / auſſer etliche Kleinodien / die einer hier / der ander dort zu ſich zwackte; Jn Summa / was wolte ich thun? Jch hatte wohl groͤſſers verdie - net / wann man ſtrenger mit mir haͤtte procediren wollen; aber es war halt im Krieg / und danckte jedermaͤnniglich dem guͤtigen Himmel (ich ſolte geſagt haben jeder weiberlich) daß die Stadt mei - ner ſo taliter qualiter loß worden.

Das245

Das XXVI. Capitel.

Courage wird eine Mußquetiere - rin / ſchachert dabey mit Taback und Brandtewein. Jhr Mann wird verſchicket / wel - cher unter Wegs einen todten Soldaten antrifft / den er ausziehet / und weil die Hoſen nicht herun - ter wolten / ihm die Schenckel abhaut / alles zu - ſammen packet / und bey einem Bauren einkeh - ret / die Schenckel zu Nachts hinterlaͤſſet / und Reißaus nim̃t. Darauf ſich ein recht laͤcherlicher Poß zutraͤgt.

DAmahls lagen weit herumb keine Kaͤyſerl. Voͤlcker oder Armeen / zu welchen ich mich wiedeꝛ zu begeben im Siñ hatte; Weil mirs dann nun an ſolchen mangelte / ſo gedachte ich mich zu den Weymariſchen oder Heſſen zu machen / welche damahl im Kintzger Thal und der Orten herumb ſich befanden; umb zu ſe - hen / ob ich etwann wieder einen Soldaten zum Mann bekommen koͤnnte; Aber ach! die erſte Bluͤte meiner ohnvergleichlichen Schoͤnheit war fort / und wie eine Fruͤh - lings-Blum verwelcket / wie mich dann auch mein neulicher Unfall und darausL ijentſtan -246entſtandene Bekuͤmmernus nicht wenig verſtellet; So war auch mein Reichthumb hin / der offt die alte Weiber wieder an Maͤnner bringet. Jch verkauffte von mei - nen Kleidern und Geſchmuck / ſo mir noch gelaſſen worden / was Geld golte / und brachte etwan zweyhundert Gulden zuwe - gen / mit denen machte ich mich / ſambt ei - nen Boten / auf den Weg / umb mein Gluͤck zu ſuchen / wo ichs finden moͤchte / Jch traffe aber nichts als Ungluͤck an / dann ehe ich Schiltach erlangte / kriegte uns eine Weymariſche Parthey Mußque - tirer / welche den Boten abpruͤgelten / pluͤnderten / und wieder von ſich jagten / mich aber mit ſich in ihr Quartier ſchlep - peten; Jch gab mich vor ein Kaͤyſerl - Soldaten-Weib aus / deren Mann vor Freyburg in Preißgau todt blieben waͤre / und uͤberredet die Kerl / daß ich in meines Mañes Heimath geweſen / nunmehr aber Willens ſey / mich ins Elſaß nach Hauß zu begeben; Jch war / wie obgedacht / bey weitem nicht mehr ſo ſchoͤn / als vor die - ſem / gleichwohl aber doch noch von ſolcherBeſchaf -247Beſchaffenheit / die einen Mußquetirer aus der Parthey ſo verliebt machte / daß er meiner zum Weib begehrte. Was wol - te oder ſolte ich thun? Jch wolte lieber die - ſem eintzigen mit gutem Willen goͤnnen / als von der gantzen Parthey mit Gewalt zu dem jenigen gezwungen werden / was dieſer aus Lieb ſuchte; Jn Summa / ich wurde eine Frau Mußquetirerin / ehe mich der Caplan copulirte; Jch hatte im Sinn wieder / wie zu Springinsfelds Zei - ten / eine Marquetennerin abzugeben / aber mein Beutel befand ſich viel zu leicht ſolches ins Werck zu ſetzen; So mangel - te mir auch meine Boͤhmiſche Mutter / und uͤber das bedunckte mich / mein Mañ waͤre viel zu ſchlecht und liederlich zu ſol - chen Handel / doch finge ich an mit Taback und Brandtewein zu ſchachern / gleichſam als ob ich wieder halb Batzen weiß haͤtte gewinnen wollen / was ich kuͤrtzlich bey tau - ſenden verlohren; Es kam mich Blut - ſauer an / ſo zu Fuß daher zu marchiren / und noch darzu einen ſchweren Pack zu tragen / neben dem / daß es auch zu ZeitenL iijſchmal248ſchmal eſſen und trincken ſetzte / welches unange - nehmlichen Dings ich mein Lebtag nicht ver - ſucht / viel weniger gewohnet hatte; Zuletzt brachte ich einen trefflichen Maul Eſel zuwegen / der nicht allein ſchwehr tragen / ſondern auch ſchneller lauffen konte / als manch gutes Pferd; Gleich wie ich nun dergeſtalt zween Eſel zuſam - men brachte / alſo verpflegte ich ſie auch beſten Fleiſſes / damit ein jeder ſeine Dienſte deſto beſ - ſer verſehen koͤnnte; Solcher Geſtalt nun / weil ich und meine Bagage getragen wurde / konte ich mich auch um etwas beſſer patientirn / und verzoͤgerte alſo mein Leben / biß uns der von Mer - cy / in Anfang des Mayen / bey Herbſt-Zeiten / treffliche Stoͤße gab; Ehe ich aber fortfahre / ſol - chen meinen Lebens-Lauf weiters hinaus zu er - zehlen / ſo will ich dem Leſer zuvor ein artliches Stuͤckel eroͤffnen / das mein damahliger Mann wider ſeinem Willen ins Werck ſetzte / als wir noch im Kintzger Thal lagen.

Er gieng ein / auf ſeiner Officier Zumuthen / und mein Gutbefindung / ſich in alte Lumpen zu verkleiden / nnd mit einer Axt auf der Achſel / in Geſtalt eines armen exulirenden Zimmermañs / einige Brieff an Ort und Ende zu tragen / dahin ſonſt jemand zu ſchicken / wegen der Kaͤyſerl. Par - theyen / welcher wegen es unſicher war; Solche Brieffe betraffen die Conjunction etlicher Voͤl - cker und anderer Kriegs-Anſchlaͤg. Es ware da - mals von grimmiger Kaͤlte gleichſam Stein undBein249Bein zuſammen gefroren / ſo / daß mich das ar - me Schaf auf ſeiner Reiſe ſchier getauret haͤtte / doch muſte es ſeyn / weil ein zimlich Stuͤck Gelt zu verdienen war / und er verrichtet auch alles ſehr gluͤcklich; Unterwegs aber fande er einen todten Coͤrper in ſeinen Abwegen / die er der Enden wol wuſte / welcher ohne Zweiffel eines Officiers ge - weſen ſeyn muß / weil er ein paar rother Schar - lachener Hoſen mit ſilbern Galaunen verbraͤmt anhatte / welcherley Gattung damal die Officier zu tragen pflegten / ſo war ſein Koͤller ſamt Stif - feln und Sporen / auch den Hoſen gemaͤß; Er be - ſahe den Fund / nnd konte nicht erſinnen / ob der Kerl erfroren / vder von den Schwartzwaͤldern todtgeſchlagen worden waͤre / doch galte es ihm gleich / welches Tods er geſtorben / das Koller ge - fiele ihm ſo wohl / daß ers ihm auszog / und da er daſſelbige hatte / geluͤſtet ihn auch nach den Ho - ſen / welche zu bekommen / er zuvor die Stiffel ab - ziehen muſte / ſolches gluͤckte ihm auch; Als er aber die Hoſen herab ſtreiffte / wolten ſolche nicht hotten / weil die Feuchtigkeit des allbereit ver - weſenden Coͤrpers ſich unter den Knien herum / allwo man dazumal die Hoſenbaͤndel zu binden pflegte / ſich beydes in das Futter und den Uber - zug geſetzt hatte / und dannenhero Schenckel und Hoſen wie ein Stein zuſammen gefroren waren; Er hingegen wolte dieſe Hoſen nicht dahinden laſſen / und weil der Tropff ſonſt kein ander Mit - tel in der Eil ſahe / eins vom andern zu ledigen /L iiijhiebe250hiebe er dem Corpo mit ſeiner Axt die Fuͤſſe ab / packte ſolche / ſamt Hoſen und Koller zuſammen / und fande mit ſeinem Buͤndel bey einem Bauren eraſolche Gnad / daß er bey ihme hintern warmen Stuben-Ofen uͤbernachten dorffte.

Dieſelbe Nacht kaͤlbert dem Bauern zu allem Ungluͤck eine Kuhe / welches Kalb ſeine Magd / wegen der groſſen Kaͤlte in die Stuben trug / und zu naͤchſt bey meinem Mann auf eine halbe Well Stro zum Stuben-Ofen ſetzte; Jndeſſen war es gegen Tag / und meines Manns eroberte Hoſen allbereit von den Schenckeln aufgetauet / dero - wegen zog er ſeine Lumpen zum Theil aus / und hingegen das Koͤller und die Hoſen / die er um - kehrte oder letz machte /) an / ließe ſein altes Ge - luͤmp ſamt den Schenckeln beym Kalb liegen / ſtie - ge zum Fenſter hin aus / und kam wieder gluͤck - lich in unſer Quartier.

Des Morgens fruͤhe kam die Magd wieder - um / dem Kalb Rath zu ſchaffen / als ſie aber die beyde Schenckel / ſamt meines Mannes alten Lumpen und Schurtzfell darbey ligen ſahe / und meinen Mann nicht ſande / fienge ſie an zu ſchrei - en / als wann ſie mitten nnter die Moͤrder gefal - len waͤre; Sie lieffe zur Stuben hinaus / und ſchlug die Thuͤr hinter ihr zu / als wann ſie der Teuffel gejagt haͤtte / von welchem Lermen dann nicht allein der Bauer / ſondern auch die gantze Nachbarſchafft er wachte / und ſich einbildete / es waͤren Krieger vorhanden / weſſenwegen ein Theilaus -251ausriſſe / das ander aber ſich in die Wehr ſchick - te; Der Bauer ſelbſt vernahm von der Magd / welche vor Forcht und Schrecken zitterte / die Urſach ihres Geſchreys / daß nemlich das Kalb dem armen Zimmermann den ſie uͤber Nacht ge - herbergt / biß auf die Fuͤſſe gefreſſen / und ein ſol - ches greßliches Geſicht gegen ihr gemacht haͤtte / daß ſie glaube / wann ſie ſich nicht aus dem Staub gemacht / daß es auch an ſie geſprungen waͤre; der Bauer wolte das Kalb mit ſeinem Knebelſpieß nidermachen / aber ſein Weib wolte ihn in ſolche Gefahr nicht wagen / noch in die Stub laſſen / ſondern vermittelte / daß er den Schultheiſſen um Huͤlff anſuchte / der lieffe alſobald der Ge - mein zufammen leuten / um das Hauß geſamter Hand zu ſtuͤrmen / und dieſen gemeinen Feind des menſchlichen Geſchlechts / ehe er gar zu einer Kuhe aufwuͤchſe / bey Zeiten auszureuten; Da ſahe man nun ein artliches Spectackel / wie die Baͤurin ihre Kinder / und den Haußrath / zum Kammer-Laden nacheinander heraus langte / hingegen die Bauren zu den Stuben-Fenſtern hinein guckten / und den ſchroͤcklichen Wurm / ſamt bey ſich liegenden Schenckeln anſchaueten / welches ihnen genugſame Zeugnuͤß einer groſſen Grauſamkeit einbildete; Der Schultheiß gebo - te das Hauß zu ſtuͤrmen / und dieſes greuliche Wunder-Thier niderzumachen / aber es ſchonete ein jeder ſeiner Haut; Jeder ſagte: Was hat mein Weib und Kind darvon / wann ich umkaͤ -me:252me: Endlich wurde aus eines alten Bauren Rath beſchloſſen / daß man das Hauß mit ſamt dem Kalb / deſſen Mutter vielleicht von einem Lindwurm oder Drachen beſprungen worden / hinweg brennen / und dem Bauern ſelbſt aus ge - meinem Seckel eine Ergoͤtzung und Huͤlffe thun ſolte / ein anders zu bauen; Solches wurde froͤ - lich ins Werck geſetzet / dann ſie ſich damit troͤ - ſteten / ſie muͤſten gedencken / es haͤtten ſolches die Diebs Krieger hinweg gebrandt.

Dieſe Geſchichte machte mich glauben / mein Mann wuͤrde trefflich Gluͤck zu dergleichen Stuͤ - cken haben / weil ihm dieſes ungefehr begegnet / ich gedachte / was wuͤrde er erſt ins Werck ſetzen / wann ich ihn wie hievor den Springinsfeld ab - richte? aber der Tropff war viel zu Eſelhafftig und hundsklinckeriſch darzu / uͤber das iſt er mir auch bald hernach in dem Treffen vor Herbſthau - ſen todt geblieben / weil er keinen ſolchen Schertz verſtehen konte.

Das XXVII. Capitel.

Nachdem der Courage Mann in einem Treffen geblieben / und Courage ſelbſt auf ihrem Maul Eſel entrunnen / trifft ſie ei - ne Ziegeuner-Schaar an / unter welchen der Leu - tenant ſie zum Weib nimmt / ſie ſagt einem ver - liebten Fraͤulein Waar / entwendet ihr daruͤber alle Kleinodien / behaͤlt ſie aber nicht lang / ſondern muß ſolche wol abgepruͤgelt wieder zuſtellen.

Jn253

JN erſtgemeltem Treffen kame ich vermit - telſt meines guten Mauleſels darvon / nach dem ich zuvor meine Zelt und ſchlechteſte Baga - ge hinweg geworffen / retterirte mich auch mit dem Reſt der uͤbrig gebliebenen Armee / ſo wohl als der Touraine ſelbſten biß nach Caſſel; und demnach mein Mann todt geblieben / und ich niemand mehr hatte / zu dem ich mich haͤtte geſel - len moͤgen / oder der ſich meiner angenommen / nahme ich endlich meine Zuflucht zu den Ziegeu - nern / die ſich von der Schwediſchen Haubt-Ar - mada bey den Koͤnigsmarckiſchen Voͤlckern be - fanden / welche ſich mit uns bey Wartburg con - jungirt / und in dem ich bey ihnen einen Leutenant antraffe / der gleich meiner guten Qualitaͤten und trefflichen Hand zum ſtehlen / wie auch etwas Geldes hinter mir wahr nam / ſamt andern mehr Tugenden / deren ſich dieſe Art Leuth gebrauchen; Siehe! ſo wurde ich gleich ſein Weib / und hat - te dieſen Vortheil / daß ich weder Oleum Talci noch ander Schmirſel mehr bedorffte / mich weiß und ſchoͤn zu machen / weil ſo wohl mein Stand ſelbſten als mein Mann die jenige Coleur von mir erforderte / die man des Teuffels Leibfarb nennet; Derowegen finge ich an / mich mit Gaͤnß-Schmaltz / Laͤußſalbe und andern Haar - ferbenden Ungventen alſo fleiſſig zu beſchmiren / daß ich in kurtzer Zeit ſo Hoͤll-rigleriſch ausſahe / als wann ich mitten in Aegypten geboren wor - den waͤre; Jch muſte offt ſelbſt meiner lachen /L vjund254und mich uͤber meine vielfaͤltige Veraͤnderung verwundern; Nichts deſto weniger fchickte ſich das Ziegeuner-Leben ſo wol zu meinem Humor / daß ich es auch mit keiner Obriſtin vertauſcht haben wolte; Jch lernete in kurtzer Zeit von ei - ner alten Aegyptiſchen Großmutter wahrſagen; luͤgen und ſtehlen aber kunte ich zuvor / auſſer daß ich der Ziegeuner gewoͤhnliche Handgriff noch nicht wuſte / aber was darffs viel Weſens? ich wurde in Kuͤrtze ſo perfect / daß ich auch vor eine Generalin aller Ziegeunerinnen haͤtte paſſiren moͤgen.

Gleichwol aber war ich ſo ſchlau nicht / daß es mir uͤberal ohne Gefahr / ja ohne Stoͤſſe ab - gangen waͤre / wiewohl ich mehr einheimbſchte / und meinem Mann zu verſchlemmen / zubrachte / als ſonſt meiner zehne: Hoͤret! wie mirs eins - mals ſo uͤbel gelungen; Wir lagen uͤber Nacht und ein Tag ohnweit von einer Freunds-Stadt im vorbey marchiren / da jederman hinein dorf - te / um ſeinen Pfenning einzukauffen / was er wol - te. Jch machte mich auch hinein / mehr einzu - nehmen und zu ſtehlen / als Geld auszugeben / oder etwas zu kauffen / weil ich ſonſt nichts zu erkauffen gedachte / als was ich mit fuͤnff Fin - gern / oder ſonſt einem kuͤnſtlichen Griff zu er - handeln verhoffte; Jch war nicht weit die Stadt hinein paſſirt / als mir eine Madamoiſelle eine Magd zuſchickte, und mir ſagen lieſſe / ich ſolte kommen / ihrer Fraͤulein warzuſagen / und vondieſem255dieſem Boten ſelbſten vernahm ich gar von wei - ten / und gleichſam uͤber hundert Meilen her / daß ihrer Fraͤulin Liebhaber rebelliſch worden / und ſich an ein andere gehenckt; Solches machte ich mir nun trefflich zu Nutz / dann da ich zu der Da - men kame / trafe ich mit meiner Wahrſagung ſo nett zu / daß ſie auch alle Calendermacherey / ja der elenden Madamoiſellen Meynung nach / alle Propheten / ſamt ihren Prophezeyhungen uͤber - traffe; Sie klagte mir endlich ihre Noht / und begehrte zu vernehmen / ob ich kein Mittel wiſſe / den variablen Liebhaber zu bannen / und wider in das gerechte Glaiß zu bringen? Freylich / da - pfere Dame! ſagte ich / er muß wieder um - kehren / und ſich zu eurem Gehorſam einſtellen / und ſollte er gleich einen Harniſch anhaben / wie der groſſe Goliath; Nichts angenehmers haͤtte dieſe verliebte Troͤpffin hoͤren moͤgen / als eben diß / und begehrte auch nichts anders / als daß meine Kunſt alſobald ins Werck geſetzt wuͤrden; Jch ſagte: wir muͤſſen allein ſeyn / und es muͤſte alles unbeſchriehen zugehen / darauf wurden ihre Maͤgd abgeſchafft / und ihnen das Stillſchwei - gen auferlegt / ich aber gieng mit der Madamoi - ſellen in ihr Schlaffkammer / ich begehrte von ihr einen Trauer-Schleyer / den ſie gebraucht / als ſie um ihren Vatter Leyd getragen / item / zwey Ohrgehaͤng / ein koͤſtlich Halsgehaͤng / das ſie eben anhatte / ihren Guͤrtel und liebſten Ring. Als ich dieſe Kleinedien hatte / wickelt ich ſie zu -L vijſammen /256ſammen in den Schleyer / machte etliche Knoͤpff daran / murmelte unterſchiedliche naͤrriſche Woͤr - ter darzu / und legte alles zuſammen in der Ver - liebten Bette / hernach ſagte ich / wir muͤſſen mit - einander in Keller; da wir hinkamen / uͤberredet ich ſie / daß ſie ſich auszoͤge / biß aufs Hembd / und unterdeſſen / als ſolches geſchahe / machte ich et - liche wunderbare Characteres an den Boden ei - nes groſſen Faſſes voll Wein / zoge endlich den Zapffen heraus / und befahl der Damen ihren Finger vorzuhalten / biß ich die Kunſt mit dem Zapffen droben im Hauſe auch der Gebuͤhr nach verrichtet haͤtte; Da ich nun das einfaͤltige Ding dergeſtalten gleichſam angebunden / gieng ich hin / und holete die Kleinodien aus ihrem Bet - te / mit welchen ich mich ohnverweilt aus der Stadt machte.

Aber entweder wurde dieſer fromme leicht - glaubige verliebte ſamt den Seinigen vom guͤti - gen Himmel beſchuͤtzt / oder ihre Kleinodia wa - ren mir ſonſt nicht beſcheret / dann ehe ich unſer Lager mit meiner Beute gar erreichte / erdappte mich ein vornehmer Officier aus der Guarniſon der ſolche wieder von mir fordert; Jch laugne - te zwar / er wieſe mir aber was anders / doch kan ich nicht ſagen / daß er mich gepruͤgelt: hin - gegen aber ſchweren / daß er mich rechtſchaffen gedegelt habe; Dann nach dem er ſeinen Diener abſteigen laſſen / um mich zu beſuchen / ich aber demſelbigen mit meinem ſchroͤcklichen Ziegeuner -Meſſer257Meſſer begegnet / mich deſſen zu erwehren / ſihe! da zog er von Leder / und machte mir nicht allein den Kopff voller Beulen / ſondern faͤrbte mir auch Arm / Lenden und Achſeln ſo blau / daß ich wol 4. Wochen daran zu ſalben / und zu verblauen hatte; Jch glaube auch / der Teuffel haͤtte biß auf dieſe Stund noch nicht aufgehoͤret zuzuſchla - gen / wann ich ihm meine Beuth nicht wieder hin - geworffen. Und dieſes war vor dißmal der Lohn beydes meiner artlichen Erfindung / und des kuͤnſtlichen Betrugs ſelbſten.

Das XXVIII. Capitel.

Couraſche kommt mit ihrer Com - pagnie in ein Dorff / darinnen Kirch - weyh gehalten wird / reitzet einen jungen Ziegeu - ner an / eine Henne tod zu ſchieſſen; ihr Mann ſtellet ſich ſolchen aufhencken zu laſſen / wie nun jederman im Dorff hinaus lieff / dieſem Schau - ſpiel zuzuſehen / ſtahlen die Ziegeunerinnen alles Gebratens und Gebackens / und machten ſich ſamt ihrer gantzen Zunfft eiligſt und liſtig darvon.

UNlaͤngſt nach dieſem uͤberſtandenen Strauß kam unſere Ziegeuneriſche Rott von den Koͤnigsmarckiſchen Voͤlckern wieder zu der Schwediſchen Haubt-Armee / die damals Tor - ſtenſohn commandirt / und in Boͤhmen gefuͤhrt / allwo dann beyde Heer zuſammen kamen; Jch verbliebe ſamt meinem Mauleſel nicht allein bißnach258nach dem Friedenſchluß bey dieſer Armada / ſon - dern verlieſe auch die Ziegeuner nicht / da es be - reits Frieden worden war / weil ich mir das ſteh - len nicht mehr abzugewoͤhnen getrauete; Und demnach ich ſehe / daß mein Schreiber noch ein weiß Blat Papier uͤbrig hat / Alſo will ich noch zu guter lezt oder zum Valete ein Stuͤcklein er - zehlen / und darauf ſetzen laſſen / welches mir erſt neulich eingefallen / und alſobalden probirt und practicirt hat werden muͤſſen / bey welchen der Leſer abnehmen kan / was ich ſonſt moͤchte ausge - richtet haben / und wie artlich ich mich zu den Ziegeunern ſchicke.

Wir kamen in Lothringiſchen Gebiet eins - mals gegen Abend vor einen groſſen Flecken / dar - innen eben Kuͤrbe war / welcher Urſachen wegen und weil wir einen zimlichen ſtarcken Troppen von Maͤnnern / Weibern / Kindern und Pferden hatten / uns das Nachtlaͤger rund abgeſchlagen wurde; Aber mein Mann / der ſich vor den Ob - riſt Leutenant ausgab / verſprach bey ſeinen Ade - lichen Worten / daß er gut vor allen Schaden ſeyn / und weme etwas verderbt oder entwendet wuͤrde / ſolches aus dem ſeinigen bezahlen / und noch darzu den Thaͤter an Leib und Leben ſtraf - fen wolte. Wormit er dann endlich nach langer Muͤhe erhielte / daß wir aufgenommen wurden. Es roche uͤberall im Flecken ſo wol nach dem Kuͤrbe-Gebratens und Gebackens / daß ich gleich auch einen Luſt darzu bekam / und einen Ver -druß259druß empfande / daß die Bauern allein ſolches freſſen ſolten; erfand auch gleich folgenden Vor - theil / wie wir deſſen theilhafftig werden koͤnten; Jch lieſſe einen wackern jungen Kerl aus den Unſerigen eine Henne vor dem Wirthshauſe todſchieſſen / woruͤber ſich alſobald bey meinem Mann eine groſſe Klage uͤber den Thaͤter erhu - be; Mein Mann ſtellte ſich ſchroͤcklich erzoͤrnet / und lieſſe gleich einen / den wir vor einen Trom - peter bey uns hatten / die Unſerigen zuſammen blaſen / in deme nun ſolches geſchahe / und ſich beydes Bauren und Ziegeuner auf dem Platz verſammleten / ſagte ich etlichen auf unſere Diebs-Sprach / was mein Anſchlag waͤre / und daß ſich ein jedes Weib zum zugreiffen gefaſt machen ſolte. Alſo hielte mein Mann uͤber den Thaͤter ein kurtzes Standrecht / und verdammte ihn zum Strang / weil er ſeines Obriſt Leute - nanten Befelch uͤbergangen / darauf erſcholle alſobald im gantzen Flecken das Geſchrey / daß der Obriſt Leutenant einen Ziegeuner nur wegen einer Hennen wolte hencken laſſen; etlichen be - dunckte ſolche Procedur zu rigoroſe / andere lob - ten uns / daß wir ſo gute Ordre hielten / einer aus uns muſte den Hencker agiren / welcher auch alſobalden dem Malefieanten die Haͤnde auf den Rucken hande / hingegen thaͤt ſich eine junge Zie - geunerin vor deſſen Weib aus / entlehnte von an - dern drey Kinder / und kam damit auf den Platz geloffen / ſie bath um ihres Manns Leben / unddaß260daß man ihre kleine Kinder bedencken wolte / ſtel - te ſich darneben ſo klaͤglich / als wann ſie haͤtte verzweiffeln wollen / mein Mann aber wollte ſie weder ſehen noch hoͤren / ſondern ließe den Ubel - thaͤter hinaus gegen einen Wald fuͤhren / an ihm das Urtheil exequiren zu laſſen / eben als er ver - meinte / der gantze Flecken haͤtte ſich nunmehr verſammlet / den armen Suͤnder hencken zu ſe - hen; wie ſich dann auch zu ſolchem Ende faſt al - le Jnnwohner / jung und alt / Weib und Mann / Knecht und Maͤgd / Kind und Kegel mit uns hinaus begab / hingegen ließe gedachte junge Ziegennerin mit ihren dreyen entlehnten Kin - dern nicht ab / zu heulen zu ſchreyen / und zu bit - ten / und da man an den Wald und zu einem Baum kam / daran der Hennen-Moͤrder dem Anſehen nach geknuͤpfft werden ſolte / ſtellte ſie ſich ſo erbaͤrmlich / daß erſtlich die Bauren-Wei - ber / und endlich die Bauren ſelbſt anfiengen vor den Mißthaͤter zu bitten / auch nicht aufhoͤreten / biß ſich mein Mann erweichen lieſſe / dem armen Suͤnder ihrentwegen das Leben zu ſchencken. Jn deſſen wir nun auſſerhalb dem Dorff dieſe Comoͤdi agirten / mauſten unſere Weiber im Fle - cken nach Wunſch / und weil ſie nicht nur die Bratſpieß uud Fleiſch-Haͤfen leereten / ſondern auch hie und da namhaffte Beuthen aus den Waͤgen gefiſcht hatten / verlieſſen ſie den Flecken und kamen uns entgegen / ſich nicht anders ſtel - lend / als wann ſie ihre Maͤnner zur Rebellionwider261wider mich und meinen Mann verhetzten / um daß er einer kahlen Hennen halber einen ſo wa - ckern Menſchen haͤtte aufhencken laſſen wollen / dardurch ſein armes Weib zu einer verlaſſenen Wittib / nnd drey unſchuldige junge Kinder zu armen Waͤiſen gemacht waͤren worden; auf un - ſere Sprache aber ſagten ſie / daß ſie gute Beu - then erſchnappt haͤtten / mit welchen ſich bey Zei - ten aus dem Staub zu machen ſeye / ehe die Bau - ren ihren Verluſt innen wuͤrden / darauf ſchriehe ich den Unſerigen zu / welche ſich rebelliſch ſtellen und ſich dem Flecken zu entfernen / in den Wald hinein ausreiſſen ſolten / denen ſetzte mein Mann und was noch bey ihm war / mit bloſem Degen nach / ja ſie gaben auch Feuer drauf / und jene hinwiederum / doch gar nicht der Meynung je - mand zu treffen; das Bauers Volck entſetzte ſich vor der bevorſtehenden Blutvergießung / wolte derowegen wieder nach Hauß / wir aber verfolgten einander mit ſtetigem Schieſſen / biß tieff in Wald hinein / worinn die Unſern alle Weg und Steg wuſten; Jn Summa / wir mar - chirten die gantze Nacht / theilten am Morgen fruͤhe nicht allein unſere Beuthen / ſondern ſon - derten uns auch ſelbſten voneinander in gerin - gere Geſellſchafften / wordurch wir dann aller Gefahr / und den Bauern mit unſerer Beuth entgangen.

Mit dieſen Leuten habe ich gleichſam alle Winckel Europœ ſeithero unterſchiedlichmaldurch -262durchſtrichen und ſehr viel Schelmenſtuͤck und Diebsgriffe erſonnen / angeſtellt / und ins Werck gerichtet / daß man ein gantz rieß Papier haben muͤſte / wann man ſolche alle miteinander be - ſchreiben wolte / Ja ich glaube nicht / daß man genug damit haͤtte; und eben deſſentwegen habe ich mich mein Lebtag uͤber nichts mehrers ver - wundert / als daß man uns in den Laͤndern gedultet / Sintemahl wir weder Gott noch den Menſchen nichts nuͤtzen noch zudienen begehren / ſondern uns nur mit Luͤgen / Betriegen und Stehlen genaͤhret; beydes zu ſchaden des Land - Mans als der groſſen Herren ſelbſt / denen wir manches ſtuͤck Wild verzehren; Jch mus aber hieꝛvon ſchweigen / damit ich uns nicht ſelbſt einẽ boͤſen Rauch mache / uñ vermeine nunmehr ohne - das dem Simpliciſſimo zu ewigen Spott ge - nugſam geoffenbahrt zuhaben / von waſerley haaren ſeine Beyſchlaͤfferin im Sauerbrunnen geweſſen / deren Er ſich vor aller Welt ſo herr - lich geruͤhmet / glaube auch wol daß Er an an - dern orthen mehr / wann Er vermeint / Er habe eines ſchoͤnen Frauen-Zimmers genoſſen / mit dergleichen Frantzaͤſiſchen Huren: oder wohl gar mit Gabel-Reuͤterinnen betrogen: und alſo gar des Teuͤffels Schwager worden ſey.

Zu -263

Zugab des Autors.

Darum dann nun Jhr zuͤchtige Juͤngling / ihr ehrliche Wittwer und auch ihr verehlichte Maͤn - ner / die ihr euch noch bißhero vor dieſen gefaͤhr - lichen Chimeris vorgeſehen / denen ſchroͤcklichen Meduſen entgangen / die Ohren vor dieſen ver - fluchten Sirenen verſtopfft / und dieſen uner - gruͤndlichen und Bodenloſen Belidibus abge - ſagt / oder wenigſt mit der Flucht widerſtanden ſeyt / laſſet euch auch fuͤrterhin dieſe Lupas nicht bethoͤren / dann einmal mehr als gewiß iſt / daß bey Huren-Lieb nichts anders zu gewarten / als allerhand Unreinigkeit / Schand / Spott / Ar - muth und Elend / und was das meiſte iſt / auch ein boͤß Gewiſſen; Da wird man erſt gewahr / aber zu ſpat / was man an ihnen gehabt / wie unſtaͤtig / wie ſchaͤndlich / lauſſig / gruͤndig / un - rein / ſtinckend / beydes am Athem / und am gan - tzen Leib / wie ſie inwendig ſo voll Frantzoſen / und auswendig voller Blattern geweſen / daß man ſich endlich deſſen bey ſich ſelbſten ſchaͤ - men muß / und offtermals viel zu ſpat beklagt.

ENDE.

War -264

Warhafftige Urſach und kurtzge - faſter Jnhalt dieſes Tractaͤtleins.

DEmnach die Ziegeunerin Courage aus Simpliciſſimi Lebens-Beſchreibung lib. 5. cap. 6. vernimmt / daß er ihrer mit ſchlechtem Lob gedenckt; wird ſie dermaſſen uͤber ihn erbit - tert / daß ſie ihm zu Spott / ihr ſelbſten aber zu eigner Schand / (worum ſie ſich aber wenig be - kuͤmmert / weil ſie allererſt unter den Ziegeunern aller Ehr und Tugend ſelbſt abgeſagt /) ihren ganzen liederlich-gefuͤhrten Lebens-Lauff an Tag gibt / um vor der gantzen Welt gedachten Sim - pliciſſimum zu Schanden zu machen; weiln er ſich mit einer ſo leichten Vettel / wie ſie ſich eine zu ſeyn bekennet / auch in Warheit eine geweſen / zu beſudeln kein Abſcheuen getragen / und noch darzu ſich ſeiner Leichtfertigkeit und Boßheit be - ruͤhmet; maſſen daraus zu ſchlieſſen / daß Gaul als Gur / Bub als Hur / und kein Theil um ein Haar beſſer ſey / als das ander; Reibet ihm dar - neben trefflich ein / wie meiſterlich ſie ihn hingegen bezahlt / und betro - gen habe.

[259]

About this transcription

TextTrutz Simplex: Oder Ausführliche und wunderseltzame Lebensbeschreibung Der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche/ Wie sie anfangs eine Rittmeisterin/ hernach eine Hauptmännin/ ferner eine Leutenantin/ bald eine Marcketenterin/ Mußquetirerin/ und letzlich eine Ziegeunerin abgegeben
Author Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Extent261 images; 39270 tokens; 7705 types; 265901 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTrutz Simplex: Oder Ausführliche und wunderseltzame Lebensbeschreibung Der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche/ Wie sie anfangs eine Rittmeisterin/ hernach eine Hauptmännin/ ferner eine Leutenantin/ bald eine Marcketenterin/ Mußquetirerin/ und letzlich eine Ziegeunerin abgegeben Meisterlich agiret/ und ausbündig vorgestellet: Eben so lustig/ annemlich und nutzlich zu betrachten als Simplicissimus selbst Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen. . [1] gef. Bl., 264 [i.e. 258] S. FelseckerNürnberg1670.

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SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 FAB VI, 1755 (1) RARA

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Prosa; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:00Z
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ShelfmarkSUB Göttingen, 8 FAB VI, 1755 (1) RARA
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