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EXAMEN FORTIFICATORIUM oder Gruͤndlicher Unterricht von der THEORIA und PRAXI Der heutigen Kriegs-Bau - Kunſt /
Jn Fragen und Antwort verfaſſet / und in VII. beſondere Theile eingetheilet / Davon Der I. Theil handelt von der Re - chen-Kunſt / ſamt ihren fuͤrnehmſten Speciebus. II. Von der Geometrie und ihren nothwendigen Stuͤcken. III. Von dem Anfang / Fortgang und Unterſuchung unterſchied - licher Arten der Kriegs-Bau-Kunſt / wie auch von einigen general - und præliminar-Sachen / ſo bey derſelben zu wiſſen hoͤchſtnoͤthig ſind. IV. Von der Regular-Fortification und deren Maximen. V. Von der Irregular-Fortification und deren Maximen. VI. Von den Auſſenwercken und Feld-Schantzen. VII. Von der Praxi der Kriegs-Bau-Kunſt / oder Off - und Defenſiv-Fortification, und wie die Haupt-Feſtungen ceremonialiſch zu belagern / zu at - taquiren und zu defendiren ſind:
Leipzig /zu finden beyJoh. Herbord Kloßen. Anno1703.

Vorrede.

WEil es / nach Standes Gebuͤhr geehrter Leſer / auſſer allem Zweifel wahr iſt / daß keine Diſciplin ordentlicher / und deutlicher kan gelehret / leichter erlernet / noch beſſer behalten werden / als wenn man deren Fundamenta unter gewiſſe Titul und Capittel in Fragen und Antwort abfaſſet; ſo habe auch in Betracht deſſen / und weil in meinen andern Tractaͤtlein ein ſolches nicht obſerviret / die ma - terie auch von der Fortification nicht genung - ſam ausgefuͤhret worden / zu geſchweigen der vie - len Fehler und Jrrthuͤmer / ſo in Ermangelung eigener Druck-Reviſion ſich haͤuffig mit einge - ſchlichen / nicht unterlaſſen ſollen / gegenwaͤrtiges Wercklein unter dem Nahmen eines Examinis fortificatorii heraus zu geben / worinnen ich denn wo nicht alles / iedoch das meiſte / und was in der Kriegs-Bau-Kunſt zur Theorie und Praxi fuͤrnehmlichen zu wiſſen von noͤthen iſt /a 2nichtVorrede. nicht alleine in ordentlichen Fragen und Antwort gruͤndlich an - und ausgefuͤhret / ſondern auch ſol - ches gegen meine andere Schrifften um ein ziem - liches / ſo wohl was die wahren Principia dieſer herrlichen Diſciplin, als die nothwendigen Kupf - fer-Stuͤcke hierzu anbelanget / vermehret und verbeſſert / auch ſo viel moͤglichen von den vielen Druck - und andern Fehlern ſelbſt purgiret / und die uͤbrigen in erratis corrigiret. Die Haupt - und General-Eintheilung dieſes examinis wei - ſet das vorgedruckte Titul-Blat / zu Ende aber dieſer Vorrede werden die Capittel eines iedwedẽ Theils ſtatt eines Regiſters ſpecificiret / und an - gewieſen / wornach denn ein ieder ſich wird leicht finden und richten koͤnnen. Weil aber die Wiſ - ſenſchafft der Kriegs-Bau-Kunſt / ob wohl ſolche in ihren Erfindungen ſehr herrlich / in Aufferbau - ung ſehr koſtbar und real, und zur Beſchuͤtzung Land und Leute ſehr noͤthig und nuͤtzlich iſt / von einigen gantz verachtet und negligiret / von an - dern aber in ihren Linien / Winckeln und Funda - menten vielmahls ſehr verkuͤnſtelt / zerſtuͤmmelt und confundiret wird / ſo hoffe / es werde der ge - ehrte Leſer nicht ungleich deuten / wenn ich in die - ſer Vorrede folgende zwey Fragen auff das Ta - pet bringe / und einiger maſſen eroͤrtere / nemli - chen: Was fuͤr junge Leute die Fortificationbil -Vorrede. billig ſolten erlernen / und welche hingegen vor andern am capabelſten ſind / ſolche zu profitiren / und davon oͤffentlich zu ſchreiben? maſſen ich ſolches einem ieden zur guten Nachricht dienlich zu ſeyn erachtet. Was nun die erſte Frage an - belanget / welche junge Leute die Fortification billig erlernen ſolten? So iſt bekandt / daß dieſe Wiſſenſchafft auch ein beſonderer / und nicht ge - ringer Theil ſey des nobeln und herrlichen Studii Mathematici, daran viel groſſe Herren und Standes-Perſonen ihr ſonderliches Vergnuͤgen und Belieben haben: Wie aber nun die Mathe - ſis insgemein / und ſonderlich auch was die For - tification anreichet / ein ſehr koſtbares / ſcharffſin - niges und muͤhſames Studium iſt / welches viel Zeit und Experimenta haben will / wenn man anders darinnen gedencket etwas rechtſchaffenes zu præſtiren / ſo iſt leicht zu ſchlieſſen / daß keine dumme / langſame und ſchlaͤffrige / ſondern ha - bile und muntere ingenia ſich darzu alleine ſchi - cken / und die auch Mittel haben / ihr Deſſein voͤl - lig und ruͤhmlich auszufuͤhren; Grillenfaͤnger und capricioͤſe Leute aber ſollen ſich dieſer / und dergleichen edlen Scientien billig entſchlagen / damit ſie etwan heute oder Morgen mit ihren wunderlichen und naͤrriſchen Einfaͤllen vor der klugen Welt / und bey andern vernuͤnfftigen unda 3erfahr -Vorrede. erfahrnen Leuten ſich nicht proſtituiren moͤchten. Hierbey aber koͤnte mancher reicher und vorneh - mer junger Menſch / ſo dem ſtudiren ergeben / einwenden und gedencken / was gehet mich die Fortification an / ich will Jura, Politica und an - dere Diſciplinen ſtudiren / und begehre nicht in Krieg zu gehen / die Fortification gehoͤret nur vor Kriegs-Leute / ich aber gedencke einmahl mit der Zeit einen Politicum, Rath oder Hofmann bey einem groſſen Herrn abzugeben / oder auch nur vor mich auff meinen Guͤtern ein privat-Le - ben zu fuͤhren. Nun iſt es wohl an dem / daß ein Kriegs-Mann vor andern in der Fortifica - tion, als einem hoͤchſtnoͤthigen Theil der Scien - tiæ militaris, ſoll beſchlagen ſeyn / wie bald hievon mit mehren ſoll gemeldet werden; Weil aber ſonderlich ein junger Menſch / er mag auch wes Standes und condition ſeyn / was er wolle / vie - len Fatalitaͤten unterworffen iſt / und er nicht ge - wiß wiſſen kan / was kuͤnfftig ſeine fuͤrnehmſte Profeſſion ſeyn moͤchte / indem es heiſſet: Ho - mo quidem proponit, Deus diſponit, davon ein gewiſſer ehrlicher Mann auch viel ſagen koͤn - te / zu geſchweigen der wunderlichen Veraͤnde - rungen der Zeiten / welche kuͤnfftig noch erfolgen duͤrfften; ſo thut ein wohlhabender junger Menſch nicht uͤbel / wenn er nebſt ſeinen Haupt -Stu -Vorrede. Studiis ſich auch in andern realen Kuͤnſten und Wiſſenſchafften / ſonderlich aber in beyden Ar - chitecturen / ſo viel moͤglich / qualificiret machet / damit er mit der Zeit capable ſey / ſich von andern an Meriten mercklichen zu diſtinguiren / und al - len Falls mit einem Pinſel zwey Waͤnde zu be - ſtreichen. Geſetzt auch / es erlangete einer und ander junger und wohlhabender Menſch ſeinen finem, und haͤtte von einem groſſen Herrn ge - wiſſe Vertroͤſtung / ſeinen Studiis nach / welchen er einig und alleine obgelegen / accommodiret zu werden / es beruhete aber nur noch auff dieſen / daß er einige Zeit ſich zuvor moͤchte in fremden Laͤndern umſehen / weil man von einem unge - reiſten Politico, Hof - oder andern Welt-Mann zu dieſen Zeiten nicht viel pflege zu halten; ſo moͤchte ich nur wiſſen / mit was vor Nutzen und Vortheil ein ſolcher nur auff einen Sattel gerech - ter Menſch koͤnne die groſſen und vielen Civil - und Militar-Gebaͤude auff ſeiner Reiſe anſehen / worauff groſſe Potentaten zu ihrem ewigen Nach - Ruhm ſo viel Tonnen-Goldes und Millionen gewendet / auch noch wenden / und wenn er wie - der nacher Hauſe kommen / und nun ſeine charge angetreten / was er bey Gelegenheit des diſcur - ſes entweder im Beyſeyn ſeines Herrn ſelbſten / o - der anderer qualificirten Leute hiervon vernuͤnff -a 4tigVorrede. tig und kunſtmaͤßig diſcurriren / oder auch ſeinem Herrn ſelbſt hierunter fuͤr einen guten Rath mit - theilen koͤnne / wenn er dergleichen neue Gebaͤu - de auffzufuͤhren reſolviret waͤre. Jch bin ge - wiß verſichert / daß ein ſolcher wohlhabender Menſch uͤber ſeine Ignorantz in den Architectu - ren / deren man zu keinen Zeiten und Gelegenhei - ten entrathen kan / ſich recht ſchaͤmen wuͤrde / und gerne viel Geld auff der Stelle darum gaͤbe / wann er auff Univerſitaͤten / oder andern Orten nebſt ſeinen principal-Studiis auch darinnen nur etwas weniges gethan haͤtte / welches denn auch der jenige gleichfalls obſerviren ſoll / der einmahl gedencket nur privatim auff ſeinen Guͤtern zu le - ben / und in keine Dienſte zu gehen / will er an - ders als ein honéter und kluger Menſch in Com - pagnie ſich aufffuͤhren / und nicht ein bloſſer Bau - er-Placker ſeyn. Was die Kriegs-Bedienten anbetrifft / ſo iſt gar kein Zweiffel zu machen / daß ein junger Soldate und Officier, er mag gleich ſonſt ſtudiret haben oder nicht / wann er nur an - ders dem ingenio nach hierzu faͤhig iſt / auch ſonſt Mittel und Gelegenheit hat / ſich bey Zeiten in der Kriegs-Bau-Kunſt / gleichwie in andern Exercitiis informiren zu laſſen / und ſolche zu er - lernen: Denn es bleibet wohl darbey / daß die Kriegs-Wiſſenſchafft eine von den hoͤchſtenDiſci -Vorrede. Diſciplinen in der Welt iſt / welche nimmermehr kan ausgelernet werden / dahero es denn hoͤchſt noͤthig / daß ein ieder wohlhabender junger Menſch / ſo einmahl vom Kriege Profesſion zu machen gedencket / vorhero erſtlichen Juridica, Hiſtorica und Geographica, inſonderheit auch die Fortification und Artillerie wohl erlernete / ſich auch in Sprachen und fremden Laͤndern ziemlichen verſuchte / hernach aber ein oder zwey Campagnen unter Protection und Anfuͤhrung eines klugen und hohen Officiers als Voluntair thaͤte / und denn endlichen eine anſtaͤndige Char - ge wuͤrcklichen annehme / ſo koͤnte man wohl ver - ſichert ſeyn / daß aus einem ſolchen habilen Sub - jecto, wenn GOtt demſelben Leben und Ge - ſundheit verleihen ſolte / mit der Zeit ein groſſer / kluger / tapfferer und erfahrner General zu groſ - ſem Ruhm und Nutze ſeines Herrn / und gan - tzen Landes werden koͤnte. Weil aber ein ſolches von den Wohlhabenden mehrentheils unter - bleibet / andere aber / ſo da gerne wolten / keine Mittel haben / ihr wohlmeynend Abſehen zu voll - ziehen / die meiſten auch insgemein gedencken / ſie haben den Kriegs-Wiſſenſchafften ſchon eine Genuͤgen gethan / wenn ſie nur von unten auff in ihrer Jugend gedienet / und die ordinairen Kriegs-Exercitia nebſt andern gemeinen Ob -a 5ſer -Vorrede. ſervantzen verſtuͤnden / ſo iſt nicht zu verwun - dern / wann es auch bey der Miliz an qualifi - cirten und klugen Leuten / ſo man nicht alleine zur bloſſen Execution, ſondern auch zu heilſamen und erſprießlichen Conſiliis gebrauchen koͤnne / ein mercklicher Mangel zu nicht geringem Scha - den eines gantzen Landes fuͤrfallen will. Ja / es gedencken oͤffters die jungen Kriegs-Candida - ten / daß ſie noch Recht uͤberley haben / wenn ſie ſprechen: Schade vor die Fortification, ich be - gehre kein Ingenieur zu werden / ich will unter die Regimenter gehen / wie denn die jenigen ſon - derlich / ſo zu Pferde dienen wollen / oder wuͤrck - lichen ſchon dienen / ſich gantz verſichert einbilden / die Fortification waͤre ihnen nichts nuͤtze / ande - rer Wiſſenſchafften und Exercitia zu geſchwei - gen. Alleine ich will hoffen / es werde ein ieder junger Kriegs-Mann mit der Intention in Krieg gehen / nicht nur Zeit ſeines Lebens bey ſei - ner erſten Function und Charge zu verbleiben / ſondern mit GOtt kuͤnfftig weiter zu avanciren / und mit der Zeit ein Commendant, Obriſter und General zu werden / bey welchen vornehmen Chargen denn von ihme viele Wiſſenſchafften erfordert werden / ſonderlich aber die Wiſſen - ſchafft der Fortification und Artillerie, damit man nicht alleine bey Verſamlung eines groſſenKriegs -Vorrede. Kriegs-Raths geſtalten Sachen nach ein kluges Conſilium in allen Dingen von ſich geben / ſon - dern auch nach Gelegenheit bey Off - und Defen - ſion ſich tapffer und vorſichtig halten koͤnne / wo - durch denn hernach ein ſolcher Mann ſeinen hohẽ Character recht mainteniret / bey ſeinem Prin - cipal ſich wohl ſignaliſiret / und bey der gantzen Armée und dem Vaterlande ſich einen guten Ruhm und Renommée erwirbet. Wenn aber einer / der ſchon zu groſſen Dignitaͤten im Kriege gelanget iſt / entweder nur durch anderer Leute Augen / Ohren und Mund ſehen / hoͤren und re - den will / das iſt / wenn ein ſolcher uͤber die ordi - nairen Wiſſenſchafften und Exercitia im Kriege nichts mehr weiß / und bey fuͤrfallenden Gele - genheiten bey andern erſt ſich muß Raths erho - len / was bey der Sache zu thun / und wie er / als der commandirende Officier, darbey ſich ver - halten ſolle / der kan gar leicht ums Licht gefuͤh - ret / und ſehr betrogen werden / ja wohl gar um Ehre / Gut und Blut darbey kommen: Oder wenn ein ſolcher hoher Officier alsdenn erſt die Fundamenta einer und andern Kriegs-Wiſſen - ſchafften legen wolte / da er ſolche mit groſſem Verſtande und Vorſichtigkeit wuͤrcklichen exer - ciren ſolte / der wuͤrde viel zu langſam kommen / und ſein Intent nicht wohl erreichen / noch ſeinDe -Vorrede. Devoir recht abſtatten / weil dergleichen reale Scientzen / als die Fortification und Artillerie iſt / nicht ſo gleich in einem Jahre zu erlernen ſte - hen / ſondern viel Zeit / Muͤhe und Erfahrung allerdings erfordern; dahero es auch hoͤchſt - loͤblich / daß einige kluge Potentaten hierunter kein Geld anſehen / und ihre Caders / oder andere faͤhige junge Mannſchafft entweder in dero Re - ſidentzen / beſondern hierzu auffgerichteten Aca - demien, oder auch an andern Orten in erwehn - ten und andern Wiſſenſchafften und Exercitiis beſtmoͤglichſt informiren laſſen / ſintemahl ſotha - ne gnaͤdige Vorſorge in dero Landen und Ar - meen mit der Zeit groſſen Nutzen ſchaffen kan / und ſo viel ſey allhier genung geſaget von der er - ſten Frage bey dieſer Vorrede. Was nun auch die andere anlanget / nemlichen welche Leute am capabelſten ſind / die Fortification zu profitiren / und davon ſo wohl in Theoria als Praxi etwas tuͤchtiges und ſolides zu ſchreiben? So iſt zur Eroͤrterung ſothaner Frage zum Fundament und voraus wohl zu wiſſen / daß die Fortification nicht alleine eine ſcientia ſpeculativa und the - oretica, ſondern auch und fuͤrnehmlichen pra - ctica ſey / indem es nicht genung / hievon nur et - was auff das Papier auffzureiſſen / kleine Mo - dellen zu machen / oder wenns hoch koͤmmt inGaͤr -Vorrede. Gaͤrten oder auff Wieſen zur Luſt ein kleines Schaͤntzlein / oder ander Wercklein anzulegen / ſondern man muß in der Praxi ſelbſt wohl erfah - ren ſeyn / und im Ernſt darinnen nach vollkom - mener orthographiſchen Anweiſung des Pro - fils in den rechten proportionirten Hoͤhen / Tieffen / Breiten und Laͤngen / wie es die natuͤr - liche Landes-Gelegenheit vortheilhafftig erfor - dert und haben will / gearbeitet haben / worbey man denn erſt recht viel erlernet / davon man in der Theoria zuvor nichts gewuſt / noch wiſſen koͤnnen / indem die Begebenheiten ſich oͤffters hierbey ſo wunderlich erweiſen / daß man es ſich zuvor nicht einbilden koͤnnen: Deßgleichen muß man bey einem ſolchen koſtbaren Real-Bau auff die Menage und Erſpahrung groſſer und unnoͤ - thiger Unkoſten / wie auch auff die ſelbſt eigene / als feindliche Force und Tugend der Artillerie genaue Reflexion machen / damit man wegen unnoͤthiger Multiplicirung der Wercke nicht allzu groſſe Depencen verurſache / und man auch die Artillerie nebſt dem Hand-Geſchuͤtz in allen Linien / Puncten und Winckeln mit gutem Ef - fect und Nachdruck gebrauchen koͤnne / will man anders ſich den Nahmen eines rechtſchaffenen Ingenieurs erwerben / und capabel ſeyn in der Fortification etwas Tuͤchtiges und Ruͤhmliches /esVorrede. es ſey mit der Feder / oder Schauffel zu præſti - ren; denn eine gute Theorie koͤmmt aus der Praxi, und muß ſolche ſchlechter Dings aus der langen Erfahrenheit ihren Urſprung nehmen / weil ſonſt ihre Reguln aus bloſſer Einbildung koͤnten falſch und betruͤglichen ſeyn; in der Praxi aber alleine ohne gewiſſe Haupt-Reguln und Maximen kan man auch nicht fortkommen / weil man doch ein verſichertes Fundament ha - ben muß / wornach man ſich richten / und ſein Werck raiſonnabel in der That ausfuͤhren ſoll. Weil nun ein bloſſer Theoreticus, ſo nur Scien - tiam ſpeculativam in der Fortification hat / ob er gleich ſonſt gelehrt / und in der Geometrie wohl erfahren iſt; noch ein bloſſer Practicus, welcher niemahls nach den ordentlichen und wahren Maximen der Kriegs-Bau-Kunſt fun - damental unterwieſen worden / er mag ſonſt auch gleich ſtudiret haben / oder nicht / und die Geome - trie taliter, qualiter verſtehen / die Theorie und Praxin, als zwey Haupt - und eſſential - Stuͤcke der Fortification nicht mit einander zu - gleich beſitzen / und nicht verſtehen / ſo wird ein ieder / der nur eine geſunde Vernunfft hat / aus dieſem leicht ſchlieſſen / und recht urtheilen muͤſ - ſen / daß nur diejenigen am capabelſten ſind / die Fortification in allen ihren Stuͤcken zu profiti -ren /Vorrede. ren / und darvon etwas Tuͤchtiges und Verſi - chertes zu ſchreiben / ſo nicht alleine die Funda - menta unter kluger und redlicher Anfuͤhrung eines verſtaͤndigen und erfahrnen Mannes vorgaͤngig wohl geleget / auch viele Autores hiervon mit Verſtande und fleißiger Auffmer - ckung geleſen; ſondern auch hernach die The - orie mit der Praxi ſelbſt bey Gelegenheiten conjungiret / und alſo beyde Eſſential-Stuͤcke der Fortification im Friede und Kriege lange Zeit und Jahre mit groſſer Muͤhe / Arbeit und Gefahr exerciret haben. Denn ein bloſſer Theoreticus, er mag auch in den Fundamen - ten der Fortification ſo hoch erfahren / oder ſonſt ſo weiſe und gelehrt / auch was von Stand und Condition ſeyn / wie er wolle / ſo muß er dennoch bald in dieſem bald in jenem Stuͤcke / wenn er entweder Exercitii gratia ſich ſelbſt et - was opponiret / oder von einem andern ihme ein Einwurff gethan wuͤrde / zweifelhafftig ſeyn / welches eigentlich recht oder unrecht / und wel - ches man in der That wohl obſerviren / oder meiden muͤſſe / maſſen er ſeine Fundamenta, ſo theils veraͤnderlich ſind / aus der langen und unbetruͤglichen Erfahrung noch nicht erhaͤrtet / und dahero als ein Dubius nach der Juriſten Regul mit dem Errante in eine Claſſe, und auffbeineVorrede. eine Banck gehoͤret / auch hierbey inſonderheit das alte Spruͤchwort rechtſchaffen wahr blei - bet / welches ſaget / es taug nichts unverſucht. Deſſen ſich denn auch ein ieder rechtſchaffener Theoreticus ohne mein Erinnern wird wohl zu beſcheiden wiſſen / und ſich nicht unterfan - gen / auſſer einigen theoretiſchen Fundamen - ten und guten ſpecial-Erfindungen von der weitlaͤufftigen Diſciplin der Fortification in genere zu ſchreiben / noch viel weniger anderer ehrlichen Leute Schrifften zu cenſiren / weil er die voͤllige Wiſſenſchafft ſelbſt noch nicht beſi - tzet: Wiewohl nicht zu laͤugnen / daß ein guter Theoreticus, zumahl wann ſolcher ſtudiret und die Geomotrie wohl verſtehet / einem an - dern die Fundamenta der Fortification eher und beſſer beybringen kan / als ein bloſſer Pra - cticus, welcher keinen rechten Modum docen - di weiß / indem er ſelbſt nicht die Grund-Re - guln ordentlicher Weiſe erlernet / noch recht verſtehet. Wie nun ein bloſſer Theoreticus der gantzen Wiſſenſchafft der Fortification nicht gewachſen / alſo verhaͤlt es ſich auch auff gleiche Weiſe mit einem bloſſen Practico, wel - cher nicht gruͤndliche Manuduction und Unter - weiſung hat / ſondern entweder auff ſeiner ge - leiſteten Hand-Arbeit / oder durch Zuſehen / oderauchVorrede. auch aus confuſer und unrichtigen Unterrich - tung eines halbgelehrten Lehrmeiſters talem, qualem Scientiam in der Kriegs-Bau-Kunſt ſich erworben / geſtalt denn dergleichen Leute gemeiniglich von ſchlechter Extraction ſind / und nichts ſtudiret haben / ſondern in ihrer Ju - gend entweder ein Handwerck erlernet / und hernach in Krieg kommen / oder eines Wall - ſetzers / oder andern Werckmeiſters Sohn ſind / da ſie denn bey dergleichen Arbeit angefuͤhret werden / die Geometrie ein wenig erlernen / und ſich einiger maſſen auff das Reiſſen legen / hernach einige Riſſe in der Fortification abco - piren / und folgends als Conducteurs gebrau - chet werden. Wenn ſie nun ſolchen Verrich - tungen einige Jahre obgelegen / und ſich im Reiſſen ie mehr und mehr exerciret / ſo geſchie - het es zum oͤfftern / daß dergleichen Leute ent - weder aus Mangel anderer / oder auff nach - druͤckliche Recommendation hoher Patronen zu hoͤhern Chargen gelangen / und endlichen gar vor wuͤrckliche Ingenieurs declariret werden / GOtt gebe ſie moͤgen die Sachen recht gruͤnd - lich verſtehen / oder nicht. Dieſe Leute nun bilden ſich bey ihrer neuen Ehren-Stelle ge - meiniglich nicht wenig ein / ja ſie unterſtehen ſich auch wohl gleich andern rechtſchaffenen In -b 2ge -Vorrede. genieurs einen eigenen Modum fortificandi zu erwehlen / und ihre Meynung in Schrifften an Tag zu geben / ſo aber vielmahls Sachen ſind / die ein ander nicht naͤrriſcher und einfaͤl - tiger erdencken koͤnte / welches denn / wenn man ihren Zuſtand bedencket / nicht wohl an - ders ſeyn kan / indem ſie Zeit Lebens nichts gruͤndliches und ſolides erlernet / und alſo wohl haben lauten hoͤren / aber eigentlich nicht wiſ - ſen / wo die Glocken hangen / dahero ſie noth - wendiger Weiſe nur Stuͤmpler und Huͤmpler bleiben muͤſſen: Nichts deſto weniger geſchie - hets oͤffters / daß das blinde Gluͤcke der Albern Vormund wird / und ſolche Leute vor etwas beſonders gehalten / und im Lande wohl ac - commodiret werden / da es denn recht heiſſet / Mundus vult decipi. Ob nun wohl ein ſol - cher halbgelehrter Practicus nicht capabel iſt / die Fortification in ihren Fundamenten recht zu profitiren / noch ſonſt hievon etwas ſolides zu ſchreiben / oder viel ruͤhmliches zu erfinden; ſo iſt mir doch ein ſolcher Mann im Felde bey einer Expedition viel lieber / als etliche bloſſe Theoriſten mit allen ihren Concepten / weil ein Practicus der wuͤrcklichen Arbeit in Cam - pagne ſchon gewohnet / und einem andern noch ziemliche Dienſte leiſten kan / wenn er nur zu -vorVorrede. vor in allen wohl unterrichtet / und ihme des Landes Gelegenheit nebſt dem Profile der Fe - ſtung moͤglichſt eingebildet worden. Bleibet demnach unwiderſprechlich darbey / daß nie - mand capabler iſt / die Fortification in ihrer Theorie und Praxi zugleich und insgeſamt zu profitiren / davon viel zu ſchreiben / etwas neu - es und zuverlaͤßiges darinnen zu erfinden / die unterſchiedlichen und vielen Modos munien - di, iedoch tecto nomine, zu unterſuchen / und ſein beſcheiden und gruͤndliches Urtheil davon zu faͤllen / als der jenige / ſo ſeine wohlgelegten Fundamenta und Theorie mit der Praxi lan - ge Jahre umgeſetzet / die Artillerie auch zu - gleich verſtehet / in Campagne und ſonſt Profes - ſion darvon gemachet / und alſo ſich in allen / ſo viel nur Menſch - und moͤglichen / hierunter ha - bilitiret / maſſen er denn aus den vielen und wunderlichen Begebenheiten nothwendiger Weiſe hat erfahren und obſerviren muͤſſen / worinnen eigentlich cardo Architecturæ mili - taris, ſo wohl in Theoria als praxi, beſtehe / und was dieſer herrlichen und edlen Wiſſen - ſchafft in allen ihren Theilen und Stuͤcken am nuͤtzlichſten und bequemſten ſey; Uſus enim facit artificem, welches denn wohl wird wahr bleiben / ſo lange auch dieſes von niemand wirdb 3koͤn -Vorrede. koͤnnen umgeſtoſſen werden / daß die Praxis der Theorie beſte Lehrmeiſterin ſey. Mit weni - gem nun noch von meinem Examine zu geden - cken / kan ich den geehrten Leſer verſichern / daß mein eintziges Abſehen in dieſem Buche dahin gangen / wie ich nicht alleine einen leichten und verbeſſerten mechaniſchen Modum fortifican - di zum Auffreiſſen / Grundlegen und Abſtecken iedwedem præſentiren / ſondern auch nach dem - ſelben eine regulare oder irregulare Feſtung wuͤrcklich uñ in der That wohl erbauen moͤge uñ koͤñe / und zwar mit genauer Obſervirung dieſer drey Haupt-Cautelen / daß nemlich die Feſtung an und vor ſich ſelbſt ſtarck und dauerhafft ge - nung ſey / nicht vergebliche groſſe Unkoſten er - fordere / und ſo wohl mit Artillerie, als Hand - Geſchuͤtz aller Orten gar fuͤglich und nachdruͤck - lich ſich defendiren koͤnne. Jm uͤbrigen habe mich bey den Regular-Wercken der unnoͤthi - gen Auſſenwercke / des uͤberfluͤßigen detachi - rens / reterirens / revetirens und der irregu - laren Seconds-Flanquen enthalten / weil en - tia præter neceſſitatem nicht ſollen multipli - ciret werden / uͤber dieſes auch dergleichen Sa - chen nicht allezeit den verlangten Effect und Nutzen ſchaffen / gleichwohl aber viel Koſten erfordern / und billig nicht eher ſollen gebrau -chetVorrede. chet werden / als wo es bey Irregular-Wercken die hoͤchſte Noth erfordert / da ein kluger Inge - nieur ſich nach der wunderlichen Situation des Platzes allerdings und gar genau richten muß. Habe ich nun hiermit etwas nuͤtzliches und fruchtbarliches ausgerichtet / und mir hierin - nen rechtſchaffener und erfahrner Leute Ap - plauſum erworben / ſo dancke ich zufoͤrderſt GOtt / und Jhnen von Hertzen dafuͤr / nach andern naſeweiſen Cenſoren frage ich ſo viel als nichts / weil ſie entweder die gantze Sache nicht recht verſtehen / oder aus bloſſen Affecten nur davon urtheilen. Jnzwiſchen verſpreche auch den Liebhabern der Artillerie mit einem gleichmaͤßigen Examine von der gantzen Buͤch - ſenmeiſterey und dem Ernſt-Feuerwerck mit nechſten / ſo GOtt Leben und Geſundheit er - halten wird / à part auffzuwarten / damit ſie der vielen andern theuren und theils unbequemen Buͤchern gaͤntzlich koͤnnen uͤberhoben bleiben / hingegen aber ſolches zu Hauſe oder im Felde nuͤtzlichen und bequem gebrauchen. Die Er - rata und andere gemeine Druck-Fehler in Characteren und Diviſionen / ſo ſich uͤber Ver - hoffen mit eingeſchlichen / wolle der geehrte Le - ſer guͤtig pardonniren / und nach Beliebenb 4ohn -Vorrede. ohnſchwer ſelber corrigiren / auch im uͤbrigen dem Autori, als welcher ſich einem iedweden nach Standes Gebuͤhr beſtens recommen - diret / gewogen verbleiben / Vale!

Jm

Jm erſten Theil Von der Arithmetic ſind enthalten folgende Capittel / als

  • I. Von der Nomination.
  • II. Von der Addition.
  • III. Von der Subtraction.
  • IV. Von der Multiplication.
  • V. Von der Diviſion.
  • VI. Von der Regul de Tri.
  • VII. Von der Regul Quinque oder Dupla.
  • VIII. Von Ausziehung der Quadrat-Wur - tzel.
  • IX. Von Ausziehung der Cubic-Wurtzel.

Jm andern Theil Von der Geometrie ſind enthalten folgende Capittel / als

  • I. Von Benennung und Explicirung der Dinge / ſo in der Geometrie pflegen fuͤr - zukommen.
  • II. Von Auffreiſſen einiger Linien / Win - ckel / Figuren und Coͤrper. b 5III. Von
  • III. Von Ausmeſſung der Linien und Win - ckel nach ihren Hoͤhen / Tieffen / Laͤngen und Breiten.
  • IV. Von Ausmeſſen der Figuren nach ih - ren Ebenen / Flaͤchen und ſuperficialen Jnhalt.
  • V. Von Ausmeſſung der maſſiv und dichten Coͤrper nach ihren Laͤngen / Tieffen und Breiten.
  • VI. Von Ausmeſſung der hohlen Coͤrper nach ihren Laͤngen / Breiten / Tieffen und Hoͤhen.

Jm dritten Theil Von Præliminar - und General-Sa - chen der Fortification ſind enthal - ten folgende Capittel / als

  • I. Von Benennung und Explicirung der Fortifications - und Kriegs-Termino - rum.
  • II. Vom Urſprung / Fortgang und Unter - ſcheid der Fortification.
  • III. Von den Situationen der Feſtungen / und derer daher entſtehenden Maͤngel und Vortheile.
IV. Von
  • IV. Von Beſchaffenheit und Unterſcheid des Erdreichs.
  • V. Von Suchung und Befeſtigung der Fundamenta im Waſſer / und auff dem Lande.
  • VI. Von der Definition und Diviſion der For - tification.
  • VII. Von einigen General-Bau-Maximen der Fortification.
  • VIII. Von den Proportion-Tabellen, und wie eine Feſtung / und deren Profil ver - juͤngt auffzureiſſen.
  • IX. Von einer beſondern neuen / leichten und bequemen Manier der Fortifica - tion.

Jm vierten Theil Von der Regular-Fortification ſind enthalten folgende Capittel / als

  • I. Von dem Wall und deſſen Beſchaffen - heit.
  • II. Von der Bruſtwehr des Walles / und deren Beſchaffenheit.
  • III. Von den Streichen und Flanquen / und deren Beſchaffenheit.
IV. Von
  • IV. Von den Facen und Geſicht-Linien / und deren Beſchaffenheit.
  • V. Von der Courtine und deren Beſchaf - fenheit.
  • VI. Vom Unter-Wall oder Fauſſebraye, und der Berme oder Fuß des Walles / und de - ren Beſchaffenheit.
  • VII. Von den Haupt - und andern Graͤben / wie auch der Cuvette, und deren Beſchaf - fenheit.
  • VIII. Von der Contre-Scarpe oder bedecktem Weg / und deſſen Beſchaffenheit.
  • IX. Von Thoren / Sortien, Schutz - und an - dern Gattern / wie auch von Bruͤcken / und deren Beſchaffenheit.
  • X. Von Corps de garde, Schilder-Haͤuß - lein / Caſernen und Magazinen / und de - ren Beſchaffenheit.
  • XI. Von Straſſen und Gaſſen / item von Commun - und Privat-Haͤuſern / item von Brunnen uñ Canaͤlen in einer Feſtung / und derſelben Beſchaffenheiten.

Jm fuͤnfften Theil Von der Irregular-Fortification ſind folgende Capittel enthalten / als

I. Von
  • I. Von dem Gebrauch und General-Maxi - men der Irregular-Fortification.
  • II. Von Fortificirung alter erbauter Staͤd - te / Schloͤſſer und Citadellen auff Hoͤ - hen / Felſen und Ebenen / item an und in Moraͤſten und Waſſern.

Jm ſechſten Theil Von den Auſſenwercken und Feld - Schantzen ſind folgende Capit - tel enthalten / als

  • I. Von Auſſenwercken insgemein / deren Benennung und Gebrauch.
  • II. Von Structur und Unterſchied der Rave - line.
  • III. Von den halben Monden / und Contre - garden, und deren Gebrauch.
  • IV. Von den Horn-Wercken und deren Ge - brauch.
  • V. Von den Cron-Wercken und deren Ge - brauch.
  • VI. Von einfachen und doppelten Tenail - len, und deren Gebrauch.
VII. Von
  • VII. Von kleinen und groſſen Traverſen, und deren Gebrauch.
  • VIII. Von groſſen und kleinen Lunetten, und deren Gebrauch.
  • IX. Von halben und gantzen Caponnieren / und deren Gebrauch.
  • X. Von Redouten und Bonneten, und deren Gebrauch.
  • XI. Von Stern-Schantzen / und deren Stru - ctur.
  • XII. Von Feld-Schantzen mit halben Boll - wercken.
  • XIII. Von Feld-Schantzen mit gantzen Bollwercken.
  • XIV. Von dem Profil der Auſſenwercke / und Feld-Schantzen.

Jm ſiebenden Theil Von der Off - und Defenſiv-Fortifi - cation ſind enthalten folgende Capittel / als

  • I. Von der Behutſamkeit und den Requiſi -tistis vor und bey einer Belagerung / und was der attaquirende und defendirende Theil in acht zu nehmen.
  • II. Vom Berennen einer Feſtung / und was hierbey auch wegen einer Bloquade und Bombardirung einer Feſtung zu obſervi - ren.
  • III. Vom Volcke / groben Geſchuͤtz / Muni - tion und Proviant vor und in einer Fe - ſtung.
  • IV. Von Aprochen oder Ceremonial-Atta - quirung und Defendirung einer Fe - ſtung.
  • V. Von Beſtuͤrmung und Defendirung der Contreſcarpe.
  • VI. Von allerhand Arten der Blendungen / und deren Gebrauch.
  • VII. Von den Sappen, Paſſiren und Galleri - en in / uͤber und unter den Graͤben / und wie ſolchen zu wehren und fuͤrzukom - men.
  • VIII. Von Brech machen / und Defendirung einer Feſtung mit Canonen, und deren Gebrauch.
IX. Von
  • IX. Von Brech machen / und Defendirung einer Feſtung mit Minen, und deren Ge - brauch.
  • X. Von Beſtuͤrmung und Beſchuͤtzung der Brechen.
  • XI. Von Verfertigung / Attaquirung und Defendirung der innerlichen Abſchnit - te.
  • XII. Von Capitulation, und Eroberung ei - ner Feſtung mit Sturme.
[1]

Erſter Theil. Von der ARITHMETIC Oder Rechen-Kunſt Und deren fuͤrnemſten Speciebus.

[2]

Das I. Capitel. Von der Nomination, und was darbey zu obſerviren. (1.) Frage. Jſt die Rechen-Kunſt auch ſehr noͤ - thig bey der Fortification?

OB wohl die Rechen-Kunſt / und Geo - metrie vieler mathematiſchen und anderer Wiſſenſchafften Fundamen - te ſind / und dahero es noͤthig / ſol - che / wo nicht gaͤntzlich / jedoch deren fuͤrnehmſten Theile zu wiſſen / zu mal in einigen Stuͤcken / wo ſolche allerdings muͤſſen gebrauchet werden; So koͤnnen doch auch die meiſten Sachen in der Fortification nur durch mechaniſche Demonſtrationes, welche viel ſicherer und beſſer zu behalten ſind / als etwan die Arithmetiſchen / gemachet und erlernet werden. Damit aber bey bevorſtehenden Wercklein hie - runter auf keinerley Weiſe einiger Mangel ſich er - weiſen moͤge / ſo ſollen ſo wohl von der Arithmeticals3Das I. Capitel. Von der Nomination,als Geometrie die fuͤrnehmſten und practicable - ſten Species zum voraus in folgenden Capituln mit angefuͤhret werden.

(2.) Frage. Was iſt und lehret denn die Re - chen-Kunſt?

Die Arithmetica iſt eine Kunſt / ſo dadurch zah - len alle verwirrete Fragen / welche in kauffen und verkauffen / wie auch in Gewicht und Geo - metriſchen Ausmeſſen geſchehen und fuͤrgebracht werden / recht auszurechnen und eigentlich zu ent - ſcheiden lehret.

(3.) Frage. Welche Species der Rechen-Kunſt muß man nothwendig wiſſen bey der Fortification?

Wenn einer bey der Fortification und andern militariſchen Wiſſenſchafften ſich in allen wohl qvalificiret machen will / muß er die nachfolgenden Species der Rechen-Kunſt wohl verſtehen / als nemlichen die Nomination, Addition, Subtra - ction, Multiplication, Diviſion, die Regel de Tri, die Regel Qvinqve, die Radix qvadrata und Radix cubica.

(4.) Frage. Was iſt und lehret die Nomination?

Die Nomination oder das Numeriren iſt und,A 2lehret4und was darbey zu obſerviren. lehret / wie man eine jede Zieffer oder Zahl recht und ordentlich ſchreiben / bezeichnen und ausſpre - chen ſoll.

(5.) Frage. Was heiſt und bedeutet denn eine jede Zieffer oder Zahl in ihrer Ord - nung?

Eine jede Zieffer oder Zahl heiſſet und iſt eine Verſamlung vieler Unitaͤten / welche allen andern nachgeſetzten Zahlen ihre Subſtanz, Weſen und Anfang giebet; bedeutet demnach eine jegliche Zieffer oder Figur an der erſten Statt zur rechten Hand allezeit ſich ſelber / und behaͤlt ſeine natuͤrli - che Ausſprechung / als 1. eins. 2. zwey 3. drey ꝛc. an der andern Statt / nach der lincken Hand zu / gibt eine jede Zahl und Figur ſeine Bedeutung ſo viel 10. mal mehr / als die vorhergehende erſte Zahl; An der dritten Statt gibt die geſetzte Zahl ſo viel 100. mal mehr; An der vierdten Statt aber ſo viel 1000. mal mehr.

(6.) Frage. Wie muͤſſen denn die Zahlen recht ausgeſprochen werden / und was iſt darbey in acht zu nehmen?

Man muß die Ausſprechung der Zahlen alle - zeit anfangen von der lincken nach der rechten Seiten / und dennoch anzehlen von der rechtennach5Das I. Capitel von der Nomination,nach der lincken Hand / als zum Exempel in den 4. nachgeſetzten Zahlen.

Wird alſo obgeſetzte Zahl gebuͤhrend ausgeſpro - chen / dreytauſend / vierhundert und ſechs und funffzig.

(7.) Frage. Wie muͤſſen denn die Zahlen aus - geſprochen / und was muß darbey ob - ſerviret werden / wenn deren mehr als viere ſind?

Wenn mehr als vier Zahlen vorhanden / ſo ſetzt man auf iede vierdte Zahl von der rechten gegen die lincke Hand zu einen Punct / und faͤn - get wiederum von eben dieſer vierdten punctirten Zahl an zu zehlen / wie in voriger Qvæſtion gemel - det worden / nur muß man das Woͤrtlein mahl darzwiſchen auszuſprechen nicht vergeſſen / ſo viel als dergleichen Puͤnctlein uͤber den Zahlen moͤg - ten vorhanden ſeyn / als zum Exempel .. 3 7 6 8 9 4 1 3 2

Dieſes muß ausgeſprochen werden drey hun - dert ſechs und ſiebenzig tauſendmal tauſend / achtA 3hun -6und was darbey zu obſerviren. hundert vier und neuntzig tauſend / einhundert und zwey und dreyßig.

(8.) Frage. Wie muß eine Summe ausgeſpro - chen werden / wenn nicht lauter Zieffern / ſondern auch Nullen unter den - ſelben mit vorhanden?

Es moͤgen gleich lauter Zieffern / oder auch Nullen mit unter denſelben ſich befinden / ſo wird doch die Operation und das Ausſprechen gleicher Geſtalt verrichtet / wie in vorgehender Quæſtion berichtet worden / als zum Exempel .. 3 0 2 3 5 0 6.

Dieſes wird ausgeſprochen drey tauſendmahl tauſend / dꝛey und zwantzig tauſend / fuͤnffhundert und ſechs. Und ſo viel ſey genung geſaget von bloſen Numeriren und deſſen Ausſprechung.

(9.) Frage. Wie wird denn bey den Geometri - ſchen Meſſen die Bezeichnung der Zah - len gemachet und ſolche aus - geſprochen?

Bey den Geometriſchen Meſſen iſt die Bezeich - nung der Zahlen und deren Ausſprechung unter -[ſchiedlich] zum Exempel.

(10.)7Das I. Capitel. Von der Nomination,

(10.) Frage. Was wird eine Ruthe genennet / und woraus beſtehet ſolche?

Eine Ruthe wird bey den Geometriſchen Meſ - ſen ein gewiſſes Maaß von Holtz / Strick oder Ketten geheiſſen / welches aus gewiſſen Schuhen beſtehet / deren zehne / zwoͤlffe oder ſechzehen / nach Gelegenheit und eines ieden Orthes Obſor - vanz eine Ruthe ausmachen / wiewohl die zehen - ſchuͤhigen Ruthen am bequemſten ſind zum aus rechnen.

(11.) Frage. Was iſt und bedeutet denn ein Schuh / und woraus beſtehet ſolcher?

Ein Schuh iſt gleichfalls ein gewiſſes Maaß / welches insgemein aus zwoͤlff Zollen oder Dau - men breiten beſtehet / und werden ſolche in Rhein - laͤndiſche und Werckſchuh vertheilet: Die Rhein - laͤndiſchen Schuhe ſind allezeit etwas groͤſſer als die Werck Schuhe / und werden gemeinig - lich bey der Fortification gebrauchet; Die Werck - Schuhe aber / welche nach ieden Ortes Obſer - vanz unterſchiedlichen ſind / gebrauchet man ge - meiniglich bey der Civil Bau-Kunſt und der Ar - tillerie.

(12) Frage. Was iſt und bedeutet ein Zoll und woraus beſtehet ſolcher?

A 4Ein8und was darbey zu obſerviren.

Ein Zoll iſt gleichfalls ein gewiſſes Maaß / ſo aus einer Laͤnge / von zwoͤlff Linien beſtehet / deren iede eines Gerſten Korns breit von der andern iſt.

(13.) Frage. Hat man nicht auch noch andere Arten / welche bey dem Meſſen koͤnnen gebrauchet werden.

Man kan auch etwas ausmeſſen / nach der Ellen / gemeinen Schritt / Geometriſchen Schritt / und Klaffter oder Toiſe.

(14.) Frage. Was iſt eine Elle und woraus beſte - het ſolche?

Eine Elle iſt ein gewiſſes Maaß / welches fuͤr - nehmlich in Kauffen und verkauffen gebrauchet wird / und beſtehet ſolche / nachdem ſie groß oder klein / aus anderhalb oder zwey Schuh.

(15.) Frage. Was iſt und bedeutet ein gemeiner Schritt und woraus beſtehet ſolcher?

Ein gemeiner Schritt iſt gleichfalls ein gewiſ - ſes Maaß / deſſen man unvermerckt in Abmeſ - ſung einer Veſtung oder terrains bey ſpatzieren gehen oder ſonſt ſich bedienen kan / und beſtehet folcher gemeiniglich aus zwey oder meiſtensdritt -9Das I. Capitel von der Nomination,dritthalben Schuhen nach dem ein Mann weit oder enge Schritte thut.

(16.) Frage. Was iſt und bedeut et ein Geometri - ſcher Schritt / und woraus beſtehet ſolcher?

Ein Geometriſcher Schritt beſtehet insgemein aus fuͤnff Schuhen / wiewohl einige nur vier Schuhe auff ſolchen rechnen wollen / woran aber nichts gelegen / wenn nur ſolches bey dem Meſſen gebuͤhrend angedeutet wird / und wird mehren - theils ſolches Maaß gebrauchet / wenn die Schu - he gar zu kleine und ſubtil fallen wolten auf ei - nem verjuͤngten Maaßſtabe; oder und bey verfer - tigung der Landcharten nach ihren longitudinibus latitudinibus.

17. Frage. Was iſt und bedeutet eine Klaffter oder Toiſe?

Eine Klaffter oder Toiſe iſt insgemein eine iedwede halbe Ruthe von fuͤnff Sechs oder acht Schuhen / und bedienen ſich dieſes Maaßes gemeiniglich die Frantzoſen bey ihrer Fortifica - tion, da iede Toiſe auff 6. Schuhe gerechnet wird.

(18.) Frage. Wie wird denn ins gemein das Ge - wicht genennet und abgetheilet?

Das Gewicht wird insgemein abgetheilet in Centner / Pfund / Untzen und Loth. Was dieA 5Cent -10Das II. Capitel. Centner anlanget / varijren ſolche ſehr nach ihrem Gewichte / und muß man jedes Orts gewiſſe Nachfrage halten / wie viel man Pfund auf ſol - chen rechne: Nach der Nuͤrnberger Gewicht wird der Centner zu 100. Pfund gerechnet / und mehrentheils bey der Artillerie alſo gebrauchet / auch muͤſſen die andern Centner / welche entwe - der mehr oder weniger halten / mit ſolchen vergli - chen werden. Ein Pfund haͤlt insgemein 16. Untzen oder 32. Loth eine Untze aber 2. Loth. Wie - wohl ſonſt auch ein Unterſchied iſt unter den Cramer / Apothecker und andern Gewichte / wel - ches aber hieher nicht zu ziehen.

Das II. Cap. Von der Addition, und de - ren Probe / und was darbey zu mercken. (1.) Frage. Was iſt und lehret die Addition?

Die Addition oder Summirung lehret / wie man viele und mancherley Zahlen und Bezeich - nungen in eine Summam bringen ſoll / wozu den gehoͤren / zum allerwenigſten zwo Zahlen / oder 2. gleiche Zeichen / und muͤſſen die Zahlen und Zief - fer gleich unter einander / nemlichen die erſte un -ter11Von der Addition,ter die erſte / die andere unter die andere / die dritte unter die dritte; Jngleichen die Centner unter die Centner / die Pfunde unter die Pfunde / die Untzen unter die Untzen / die Loth unter die Lothe; Wie auch die Ruthen unter die Ruthen / die Schuhe unter die Schuhe / die Zolle unter die Zolle ordentlicher weiſe geſetzet werden / damit man im rechnen keinen Jrrthum begehe. Als zum Exem - pel.

〈…〉

(2.) Frage. Was iſt inſonderheit bey der Addi - tion in acht zu nehmen?

Bey der Addition iſt fuͤrnemlich zu mercken / daß wenn zwey Zahlen oder Figuren aus dem Addiren erwachſen / wie in vorigen Exempeln ge - ſchehen / man die Zahl / ſo an der erſten Statt ſte - het / gleich darunter allemahl ſchreibe / die andere oder mehr bedeutende Figur im Sinne behalte / die erſt nechſt folgende Figuren zuſammen auch addire, darnach die zuvor im Sinn behaltene Zahl zu der itzt addirten Summa ſetze / und die er - ſte Figur allemahl ſchreibe / ſo fern ſolche vorhan - den / auch mit allen andern Figuren auf gleiche weiſe verfahre / biß auf die letzte / welche man / ſo fern eine Zahl mit 2. Figuren entſpringet /gantz12Das II. Cap. gantz ausſchreiben muß / als zum Exem - pel: 〈…〉

(3.) Frage. Wie wird denn die Probe der Addi - tion gemachet?

Wenn man erfahren will / ob die gegebene Exempel und Zahlen bey der Summirung recht addiret und ſicher ausgezogen worden / muß man die Probe darauff machen / welches denn am al - lergewiſſeſten geſchiehet / wenn eine Species derandern13Von der Addition,Arithmetic mit der andern probiret wird / nemli - chen die Probe des Addirens wird probiret durch das Subtrahiren / in dem man eine Zahl nach der andern von der erwachſenen und entſtandenen Summa / Facit oder Product abziehet; Wenn nun alles / ſo addiret worden / abgezogen iſt / und nichts uͤbrig bleibet / ſo iſt die Addition recht ge - macht.

Das III. Cap. Von der Subtraction, derſel - ben Probe / und was inſonder - heit dabey zu mercken. (1.) Frage. Was iſt und lehret die Subtraction in der Rechen-Kunſt?

DJe Subtraction lehret / wie man eine kleine - re Zahl von der groͤſſeren abziehen ſoll / da - mit der Uberreſt davon an Tag komme / und muß man allezeit die kleinere Zahl unter die groͤſ - ſere / die erſte unter die erſte / die andere unter die andere / und ſo fort / ſetzen / hernach von der rechten Hand anfangen / eine Zieffer und Zahl von der andern abzuziehen / und den Uberreſt unter ei - ne gemachte Linien zu ſetzen / als zum Exem - pel.

Von41[14]Das III. Cap.

〈…〉

(2.) Frage. Was iſt denn bey der Subtraction in - ſonderheit in acht zu nehmen?

Bey der Subtraction iſt inſonderheit fuͤrnem - lich in acht zunehmen / daß / wenn die untere Figur oder Zahl von der oberen nicht mag gezogen wer - den / als wenn etwann oben eine 0. ſtehet / oder ſonſt eine kleinere Zieffer und Figur als die unte - re gefunden wird / man von der nechſten oberen Figur gegen der lincken Hand 10. entlehne / ziehet hernach die untere Zahl darvon ab / und laͤſſet 1. fallen bey der Figur / davon man zuvor geborget hat / als zum Exempel:

〈…〉

(3.) Frage. Wie wird die Probe des Subtrahirens gemachet?

Die Probe des Subtrahirens, wird verrichtetdurch15Das IV. Cap. durch das Addiren / in dem man die Zahl / ſo zuvor von der oberen groͤſſeren iſt Subtrahiret worden / zu dem Reſt / welcher von dem Subtrahiren uͤber - blieben / addiret; Kommt nun die oberſte groͤſſere Zahl / davon zuvor ſubtrahiret worden / wieder heraus / ſo iſt die Subtraction recht gema - chet.

Das IV. Cap. Von der Multiplication, derſelben Probe und was dar - bey inſonderheit in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Was iſt und lehret die Multiplication in der Rechen-Kunſt?

DJe Multiplication lehret / wie man eine Zahl mit einer andern / oder in ſich ſelbſt vermeh - ren ſolle / worbey man denn das Woͤrtlein Mal muß in Sinn nehmen / und das 1. mal. Eins wohl auswendig koͤnnen / wie folget:

Das16Das IV. Cap.

Das Einmahl Eins.

(3.) Fra -17Von der Multiplication,

(2.) Frage. Auf was weiſe wird die Multiplica - tion verrichtet?

Wenn man eine Zahl multipliciren will / muß man ſolche oben ſetzen / den multiplicanten aber oder die Zahl / durch welche die obere ſoll multipli - ciret werden / ordentlicher weiſe darunter bey der rechten Hand / und multipliciret hernach mit dem multiplicanten alle obere Zahlen; Entſtehet nun daraus eine Zahl nur mit einer Figur / ſo ſchreibet man ſie gleich darunter / wo aber aus der multipli - cation eine Zahl mit zwo Figuren entſpringet / ſo ſchreibet man nur allein die letzte darunter / und behaͤlt die andere im Sinn / darnach multipliciret man weiter die andere Zahl oder Figur der oberen Zeile / und addiret darzu die im Sinn be - haltene Zahl / wie folgende Exempel ſolches aus - weiſen 〈…〉

(3.) Frage. Was iſt weiter bey der Multiplicati - on in acht zu nehmen?

BWen18Das IV. Cap.

Wenn im multipliciren / wie zum oͤfftern zuge - ſchehen pfleget / unten Nullen zu multipliciren fuͤrfallen ſolten / ſo ſetzet man die Nullen alsbald im Anfang zu der oberen Zahl und multipliciret mit den andern bedeutlichen Zahlen / wie in vori - gen erwehnet und angezeiget worden / als zum Exempel: 506700. ſoll mit 300. multipliciret werden / ſtehet in der Regul alſo: 〈…〉

4. Frage. Wie wird die Multiplication / ob ſol - che recht gemachet / probiret?

Die Probe der Multiplication wird durch die Diviſion verrichtet / indem man das product mit dem multiplicanten dividiret; koͤmmt ſo denn die erſte anffgeſetzte Zahl wieder heraus / ſo hat man recht operiret und multipliciret.

Das V. Cap. Von der Diviſion, derſelben Probe und was inſonderheit darbey in acht zu nehmen.

1. Fra -19Von der Diviſion,

1. Frage. Was iſt und lehret die Diviſion in der Re - chen Kunſt?

DJe Diviſion lehret / wie man eine Zahl aus der andern ausziehen ſoll / damit erkant weꝛ - de / wie offt eine Zahl in der andern beſchloſſen ſey.

2. Frage. Wie viel Zahlen werden denn zum wenigſten zur Diviſion erfodert / und wie werden ſolche genennet?

Es werden zur Diviſion zum wenigſten zwey Zahlen erfordert / eine ſo getheilet werden ſoll / und oben ſtehet / die andere / dadurch die Theilung vollbracht wird / und nuten ſtehet / welche man denn den Theiler oder Diviſorem nennet.

(3.) Frage. Was iſt ferner wegen des Theilers in acht zunehmen / wenn viel Zahlen ſol - len dividiret werden / und wie pfle - get man darbey zu operi - ren?

Wenn man viel Zahlen dividiren will / ſetzet man wie geſagt den Theiler unter die erſte Zahl zur lincken Hand; im Fall aber der Theiler groͤſ - ſer als die obere Figur ſeyn ſolte / ſo muß man den Diviſorem nach der rechten Hand umb eine ZahlB 2fort20Das V. Capitel. fortruͤcken und unter die andere obere Zahl ſetzen / und als dann zu ſehen / wie offt man den Theiler in den beyden obern Zahlen haben koͤnne / welches man dann hinten zur rechten Hand in ein neben krum gezogenes Strichlein ſchreibet; darnach multipliciret man daßjenige product, was aus dem dividiren kommen iſt / mit dem Theiler / und nimt alsdann dieſes / ſo aus der Multiplication entſtanden / von der Summa / daß uͤberbleibende ſetzet man wieder uͤber die Zahl / davon man es ge - nommen hat / und ziehet allemahl im Reden oder nehmen ein Strichlein durch die Figur / davon man abgenommen hat / umb damit zuerkennen / daß ſolche Zahl und Figur nicht mehr gelte. Nach dieſem ruͤcket man den Theiler weiter unter die nechſte Figur nach der rechten Hand / forſchet abermals wie offt man ihn nehmen koͤnne / wel - ches dann zu der vorigen Figur in dem krum ge - zogenen Strichlein auch geſchrieben wird / und procediret alſo mit den andern Ziffern ferner biß zum Ende / wie itzo gemeldet worden.

(4.) Frage. Was zu thun / wann der Diviſor in der Mitten oder am Ende von der obern Zahl nicht kan genommen werden?

Wenn der Theiler in der Mitten oder am En - de von der obern Zahl nicht kan genommen wer -den21Von der Diviſion. den / ſo ſchreibet man in das krum gezogene Strichlein eine 0. wegen Erhaltung und Ver - mehrung der Staͤte / wie dieſe und vorige Quæ - ſtion aus folgenden Exempeln zu erſehen.

〈…〉

(5.) Frage. Was muß man ferner wegen des Theilers in acht nehmen / wann ſol - cher aus einigen Zahlen be - ſtehet?

Wenn viele Zahlen durch etliche Figuren / zwey / drey oder mehr ſollen dividiret werden / ſo ſchreibet man / wie vor erwehnet / den Theiler gleich unter die erſte Zahl zur lincken Hand / wann nur die obere Zahl groͤſſer iſt: Wie offt nun die erſte Zahl des Theilers in der obern Figur genommen wird / alſo offt und vielmahl ſollen und muͤſſen auch alle nachfolgende Figuren deſſelbi - gen Theilers genommen werden / den Quotienten aber ſchreibet man an ſeinem Ort in das krum gezogene Strichlein / das uͤberbleibende aber vor - ne uͤber die obere Ziffern / ruͤcket hernach umb eine Zahl den Theiler zur rechten Hand weiter fort / und procediret darmit / wie itzo gemeldet wor - den / als zum Exempel / 1 2 3 4. ſoll mit 56. B 3divi -22Das V. Cap. dividiret werden / ſtehet in der Regul al - ſo: 〈…〉

(6.) Frage Was zu thun / wenn bey der Thei - lung etwas uͤbrig bleibet / und nicht alles gleich aufgehet?

Wann bey der Diviſion zu letzt etwas uͤbrig bleibet / wie in vorigen Exempel geſchehen / ſo ſchreibet man daſſelbige mit einem untergezoge - nem Strichlein / darunter der Theiler geſetzet / hinten an zu letzt des products, welches man in der Rechen-Kunſt einen Bruch nennet / davon die Autores, in ſonderheit Hr. Johan Hemeling / ſo ex profeſſo von der Arithmetica geſchrieben / mit mehren koͤnnen nachgeſehen werden / wie darmit weiter zu procediren / und eingewiſſes Product heraus zu bringen ſey aus dem uͤbrigen kleinen Reſt.

(7.) Frage. Was zuthun wenn der Theiler aus einigen Nullen mit beſtuͤnde?

Wenn der Theiler einige Nullen hat; als 10. 100.23Von der Diviſion,100. oder 1000. ſo leget man ſo viel Figuren von der Zahl / ſo zu dividiren begehret wird / hin - weg / als Nullen bey dem Theiler vorhanden ſind / als zum Exempel / man wolte 12345. theilen mit 100. ſo ſtehet ſolches in der Regul al - ſo: 〈…〉

(8.) Frage. Wie wird denn das Dividiren probiret?

Das Dividiren wird probiret durch das Mul - tipliciren / indem der Theiler mit dem Product multipliciret wird; Jm Fall nun bey dem divi - diren etwas uͤbrig blieben / daſſelbige muß man zur rechten Hand darzu addiren; Komt alsdann die Zahl / ſo getheilet worden / wider heraus / ſo iſt die Diviſion recht verrichtet worden.

Das VI. Capitel. Von der Regul de Tri, drey Proba / und was ſonſt darbey in achtzunehmen.

B 4(1.) Fra -24Das VI. Cap.

(1.) Frage. Was iſt und lehret die Regul de Tri, und worinnen beſtehet ſolche?

DJe Regul de Tri beſtehet aus drey bekanten Saͤtzen oder Zahlen / dahero ſie auch ihren Namen fuͤhret / woraus die unbekante vierte Zahl ſoll erforſchet werden.

(2.) Frage. Wie werden die drey Saͤtze in der Regel de Tri eingerichtet / und wie wird damit operiret?

Unter den dreyen erkanten Saͤtzen muß alle - zeit eine gewiſſe Zahl die Frage ſeyn / ſo zuletzt in der Regul de Tri zu ſtehen komt / und wird ſolche mit der mittlern Zahl multipliciret / das productr aber / ſo da heraus koͤmmet / wird endlich mit der erſten Zahl / welche mit der letzten in Nahmen und Weſen allezeit gleich ſeyn muß / dividiret / was nun auff der diviſion heraus koͤmmet / daß iſt dasjenige unbekante vierte Ding / ſo man zu wiſſen verlanget / als zum Exempel / 1. Maaß Bier koſt etc 2. grund man wolte wiſſen wieviel 9. Maaß Bier am Gelde austruͤgen / ſolches wird nun alſo geſetzet / und auff folgende Weiſe ver - richtet.

Maaß -25Von der Regul de Tri.

Weil nun 18. mit 1. nicht kan dividiret werden / indem 1. nichts aͤndert / ſo machen 9. Maaß Bier 18. gr. wenn 1. Maaß 2. gr. koſtet.

(3.) Frage. Was zu thun / wenn die erſte Zahl in der Regul mit der letzten den Na - men nach nicht gleich were?

Wann in der Regul de Tri hinten Centner und vorne Pfunde oder Loth / oder hinten Gul - den oder Thaler / vorne aber Groſchen oder Pfennige ſtuͤnden / oder wie es ſonſt Namen ha - ben moͤgte / ſo muß man alsdenn allezeit das groͤſte in dem Werth des kleineſten und gering - ſten reſolvirẽ / alſo zum Exempel: 1. fuͤr 8. Pfen. wie theuer 1. Centner / weil nun vorne in der Regul Pfunde ſtehen / ſo muß der zu letzt geſetzte Centner auch erſt zu Pfunden gemachet / und das Exemplum regulæ alſo geſetzet werden / als:

Anders iſt es unmoͤglich zu ſolviren / man wol - te es dann durch den Sinn verrichten. Wann nun die 100. multipliciret werden / ſo bekoͤmtB 5man16[26]Das VI. Cap. man 800. Pfund / welche man hernach mit 12. Pfennig zu Groſchen / und mit 24. Groſchen zu Thalern dividiren kan.

(4.) Frage. Was zuthun / wenn in der Mitten / vorne oder hinten der Regul einige Nullen ſolten fuͤrhanden ſeyn?

Wann in der Mitten / vorne oder hin - ten in der Regul eine oder mehr Nullen zu multi - pliciren oder zu dividiren ſolten verhanden ſeyn / wird man nicht alleine aus den vorigen / ſondern auch aus nachgeſetzten Exempel vernommen ha - ben / und erſehen koͤnnen / wie es darmit muͤße ge - halten werden / als:

〈…〉

(5) Frage. Wie wird die operation der Regul de Tri probiret?

Wenn man probiren und verſichern will / ob die Exempel nach der Regul de Tri recht gema - chet / multipliciret und divitiret ſind / ſo umkehretman27Von der Regul de Triman die Saͤtze der Zahlen alſo / nemlich was vor - ne zu erſt geſtanden / ſetzet man hinten / und was vor hinten geſtandten / daßelbige ſetzet man vor / das Facit aber / ſo aus der Multiplication entſtan - den / in der Mitten; Koͤmt denn die Zahl / ſo zu erſt in der Mitten geſtandten wider heraus / ſo iſt das Exempel nach der Regul recht gemachet.

Das VII. Cap. Von der Regul Quinque o - der Dupla und was darbey zu obſerviren.

(1) Frage. Was iſt und lehret die Regul Quin - que, und worinnen beſtehet ſolche?

DJe Regul Quinque oder Dupla lehret / wie man durch fuͤnff oder mehr bekant gegebe - ne Zahlen die ſechſte oder mehr abgehende unbe - kante Zahl ſuchen und finden ſoll.

(2) Frage. Wie werden die fuͤnff Saͤtze in der Regul Quinque eingerichtet / und wie wird darmit operiret?

Ordentlicher Weiſe wird in den drey erſten Saͤtzen etwas gewiſſes angedeutet / worauß die zwey letzten Saͤtze / auch ein gewiſſes iedoch nochunbe -28Das VII. Cap. unbekandtes ſechſtes Stuͤck / ſo dem Mittlern den Namen und Weſen nach gleich ſeyn muß / ſchlieſ - ſen und erfinden wollen / als nemlich: Nein Mañ graben in drey Tagen ein und zwanzig Schacht Erden / wieviel Schacht koͤnnen denn fuͤnff und ſiebenzig Mann in neuntzig Tagen graben: Die Operation geſchiehet alſo; Der erſte Satz wird mit dem andern multipliciret / ingleichen auch der vierte Satz mit dem letzten; wenn nun das Facit dieſer zwey letzten Saͤtze gefunden / ſo wird ſolches mit dem mitlern Satz auch noch multipliciret / und ſolches facit hernach mit dem product, ſo aus dem erſten und andern Satz herkommen / dividiret / das Exemplum Regulæ ſtehet alſo: 〈…〉 Arbeiten alſo die 75. Mann in 90. Tagen 5250. Schacht.

3. Fra -29Regul Quinque oder Dupla

(3.) Frage. Kan den die Operation nicht auch auſ eine andere Weiſe verrichtet werden?

Es koͤnnen die Saͤtze ſo wohl in der Regel Quinque, als de Tri verkehrt geſetzet / und die hin - terſten an Stadt der vorderſten kommen / zumahl wenn man die Probe machen will: Dahero dann dieſe Reguln entweder directæ, und converſæ, inverſæ, und indirectæ genen - net werden; ſo kan man auch nach der Regul de Tri durch zwey oder mehr Saͤtze einen nach - dem andern alles verrichten / was man in der Re - gul Quinque durch fuͤnffe machen kan / wie davon die Aritmetici koͤnnen nachgeſehen werden.

Das VIII. Cap. Von Ausziehung der Qua - drat Wurtzel,

(1.) Frage. Was iſt die Quadrat Wurtzel?

DJe Radix Quadrata iſt eine Zahl / welche in ſich ſelbſt quadrate multipliciret wird / als wenn ich ſage Zwey mahl 2. iſt vier / oder 3. mal 3. iſt 9. wie ſolche neben der Cubic-Wurtzel / aus folgenden Taͤffelein kan erſehen werden.

Klei -30Das VIII. Capitel

Kleines Cubic-Taͤfelein lit. A

(2.) Frage. Wie wird die Quadrat Wurtzel ge - ſuchet / und von einer andern aus gezo - gen?

Die Wurtzel aus der Quadrat-Zahl / ſoll man alſo ausziehen / nemlichen: Man zeichnet die Zahlen mit Puͤnctlein / und faͤnget von der Er - ſten zur rechten Hand an / die andere uͤberſchrei - tet man / und machet wieder ein Puͤnctlein unter die dritte / alterniret alſo mit dem Puͤnctlein / wie folgendes Exempel weiſet: Lincke Hand / 133225. rechte Hand ...

Nun ſuchet man ober dem letzten Punct zur lincken Hand / eine Quadrat-Zahl / welche die an - dere Zahl aufs naͤchſte hinweg nehme / und das thut die Wurtzel 3. ſo man / wie bey der Diviſion, hinten in einem krum̃en Strich ſetzet / und ſtehet alſo: 133225 (3 ..

Die -31Von der Regul Quinque oder Dupla.

Dieſe gefundene Wurtzel muß man quadri - ren oder multipliciren in ſich ſelbſt / giebt 9 dieſe 9. ziehet man oben von den 13. ab / ſo bleiben 4. hernach durchſtreichet man 13. und ſchreibet 4. daruͤber / ſtehet alſo 〈…〉

Ferner multipliciret man die Wurtzel 3. mit 2. worunter wieder ein Puͤnctlein ſtehet / ſo kom - men 6. heraus / welches denn der Theiler iſt / ſo man auch Dupla nennet / dieſe 6. muß man einen Grad weiter ſetzen / nemlich unter die Zahl nach dem erſten Punct zur lincken Hand / welche 6. in 43. ſoll genommen werden / nemlich 6. mahl / und ſetzet den Quotienten / das iſt 6. ſo wohl hinten nach der Wurtzel 3. als auch unter den andern Punct alſo: 〈…〉

Hernach multipliciret man die untergeſetzte Zahl 66. mit 6. welche hinter der Wurtzel 3. ſte - het / ſo kommen 369. heraus / dieſe 369. ziehet man von der obern Zahl 342. ab / und ſtehet alſo:43632Das VIII. Cap. 〈…〉

Ferner multipliciret man mit 2. die 36. ſo hin - ten im Circul ſtehen / kommen 72. heraus / dieſe 72. ſind abermahl der Theiler / welche man unter 66. iedoch einen Grad weiter zur rechten Hand alſo ſetzen muß / wie folget: 〈…〉

Nun ſiehet man zu / wie offt dieſe 72. als das Duplat oder Theiler / in den oben uͤberbliebenen 362. moͤgen genommen werden / nemlichen 5. mahl / derohalben ſchreibet man die Zahl 5. nicht alleine hinter bey 36. in dem Circul, ſondern ſe - tzet auch ſolche 5. zu den 72. ſtehet in der Regul alſo: 〈…〉

Letztlich multipliciret man die 725. mit 5. ſo zu -letzt33Von Ausziehung der Quadrat-Wurtzel. letzt in Circul ſtehen / ſo kommet das Product nem - lichen 3625 heraus / welches man von der ober - ſten Zahl der 3625 abziehet / ſo bleibet 0. und iſt alſo die Quadrat-Zahl extrahiret / ſtehet in der Regul alſo: 〈…〉

Auf dieſe Weiſe mag man kleinere oder groͤſ - ſere Zahlen / ſo Quadrati ſind / extrahiren: Wenn aber es keine Quadrat-Zahlen ſeyn ſolten / ſo ex - trahiret man die Wurtzel / was uͤbrig bleibet / du - pliret man mit der Wurtzel / zum Duplat addiret man 1. und ſetzet das Duplat unter die 6. uͤberblie - bene Zahl / ſo giebt es einen Bruch zur gefunde - nen Radici gehoͤrig.

(3.) Frage. Wie wird die Extrahirung der Qua - drat-Wurtzel probiret?

CDie34Das VIII. Cap.

Die Probe auf die Extrahirung der Quadrat - Wurtzel geſchiehet alſo / indem man die gefunde - ne Quadrat-Wurtzel 365. in ſich ſelbſt multiplici - ret / koͤmmet denn die aufgeſchriebene Quadrat - Zahl wieder heraus / ſo iſt in allem recht operiret worden.

Das IX. Cap. Von der Cubic-Wurtzel / wie ſolche ausgezogen und probiret wird?

(1.) Frage. Wie muß die Cubic-Wurtzel aus einer Zahl geſuchet wer - den?

DJe Radix Cubica iſt noch muͤheſamer auszu - ziehen / als die Quadrata, und muß man wiſ - ſen / daß nicht alle Zahlen Cubic-Zahlen ſeyn / und Radicem Cubicam geben koͤnnen. Wenn man nun aus einer Zahl Radicem Cubicam ſu - chen will / ſo verzeichnet oder punctiret man aber - mahls die Zahl mit Puͤnctlein / und faͤnget beyder35Von der Cubic-Wurtzel. der erſten zur rechten Hand an; darnach unter - punctiret man wiederum die vierdte Zahl / und faͤhret alſo biß zum Ende fort / daß allemahl 2. Zahlen darzwiſchen unbezeichnet ledig ſtehen bleiben / und ſind dieſes Cubic-Zahlen / ſo in ſich ſelbſt zweymahl multipliciret werden / als wenn ich ſage / 2. mahl 2. iſt 4. und 2. mahl 4. iſt 8. o - der 3. mahl 3. iſt 9. und 3. mahl 9. iſt 27. wie im vorigen kleinen Cubic-Taffelein zu ſehen. Das Exempel der Cubic-Zahlen ſtehet in der Regul punctiret alſo: 279726264 ...

So viel Puncten nun vorhanden ſeyn / ſo viel Figuren hat der Radix, und iſt zu mercken / daß die Figuren bey der lincken Hand alle unter dem Punct gehoͤren / der nach der rechten Hand ſte - het / als itzt ſtehen unter dem erſten Punct 279. und ſuchet man einen Cubum, welcher dieſe Zahl aufs genaueſte hinweg nehme / das thut dann die Zahl 216 dieſe Subſtrahiret man von 279. ſo bleiben uͤbrig 63. dieſe nun gehoͤren zum folgenden Punct / und bleiben 63726. man muß aber des abgenommenen Cubi radicem, als hier 6. hinaus in einen Circul, an ſtatt eines Quotienten ſetzen / und ſtehet das exemplum regulæ alſo:C 263.63[36]Das IX. Capitel. 〈…〉

Ferner multipliciret man den gefundenen Ra - dicem 6. allemal in ſich qvadrate, kommen 36. heraus. Dieſe nun multipliciret man auch mit 3. kommen 108. heraus / welche man alſo ſetzen muß / daß die 8. unter die naͤchſte Figur nach dem erſten Punct / als hier unter 7. komme. Weiter tripliret man den Radicem 6. ſo kommen 18 her - aus / ſo man alſo in der Figur alſo ſetzen muß / daß ſie aber um eine Zahl weiter / und die 8. unter die 2. komme. Nun ſuchet man / wie offt die 108. in oberen Zahlen koͤnnen genommen werden / und kommen 5. heraus. Dieſelbe 5. ſetzet man / wie Quotienten / darnach ſchreibet man auch die 5. neben 108. und mit 25. die producte ſetzet man ge - rade drunter. Endlich nimmt man den Cubum der neu gefundenen Figur / als 125. den ſetzet man unter die zwey Producte alſo / daß die 5. un - ter den folgenden Puncten zu ſtehen kommen / darnach machet man eine Linie darunter / und ſummiret die Zahlen / was denn heraus kommt daſſelbige ſubtrahiret man von abgeſetzten 13726. oder von des andern Puncten Zahlen / und ſtehet nun alſo:27937Von der Cubic-Wurtzel. 〈…〉

Kommen demnach unter den letzten Puncten 5101264. darauff ſuchet man eine neue Figur mit Huͤlffe erfundenen radicis 65. gleichwie man mit Huͤlffe der erſten Figur die andere gefunden hat / nemlichen man quadriret 65. ſo kommen 4225 heraus / dieſe Zahl tripliret man / ſo thut das Triplat 12675 / welches man unter die naͤchſte Figur nach dem andern Punct / als die 5. unter die 2. ſetzet. Darnach tripliret man 65. und ſe - tzet das Trlplat aber mals eine neue Figur / die iſt 4. welche man neben 12675. ſetzet / und ihr Qua - drat neben 195. hernach multipliciret man wie zu - vor / und ſetzet letzlich den Cubum, ſo von der Zahl 4. erwachſen / als 64. auch darunter / ſummiret /C 3was38Das IX. Capitel. was denn koͤmmt / ſubtrahiret man von obgeſetz - ter Zahl / ſo bleibt nichts uͤbrig / iſt alſo Radix Cu - bica der vorgenom̃enen Zahl 654. und ſtehet alſo: 〈…〉

(2.) Frage. Wie wird die Ausziehung der Cubic - Wurtzel probiret?

Wenn39Von der Cubic-Wurtzel.

Wenn man probiren will ob die Radix Cubica auch recht extrahiret worden / ſo multipliciret man nur den Quotienten oder die gefundene Wurtzel / als hier 654. in ſich cubice; koͤm̃t ſo dann erſt ge - ſetzter numerus cubicus wider herauß / ſo hat man recht operiret / welches den alſo gemachet wird: 〈…〉

(3.) Frage. Hat man keine andere Invention leichter zur Extrahirung der Cubic-Wur - tzel zugelangen / als durch das be - ſchwerliche Rechnen.

Es haben einige fleißige Manner bereits groß - und kleine Cubic-Tafſelen verfertiget / und alles was zur Extrahirung der Radix Cubica dienlichen / auf das genaueſte ausgerechnet / welche man dañ an ſtatt des langweiligen und verdrießlichen Aus - rechnens gar wohl und ſicher kan gebrauchen / uñ daꝛmit gaꝛ leicht zu ſeine Zweck kom̃en / wie folgen - de kleine u. groſſe Cubic-Tafel bezeiget.

40

Kleine Cubic-Tafel. lit. B.

41

Große Cubic-Tafel. lit. C.

[42]
[43]

Und ſo viel ſey genung gemeldet von der Arith - metic bey dieſen Wercklein / weil man nicht ge - ſonnen geweſen alhier ex profeſſo hiervon zu han - deln; ſondern nur von einigen Stuͤcken und Speciebus derſelben / welche einem Kriegs - oder andern curioſen Man zur Erlernung einiger mathematiſchen Wiſſenſchafften von noͤthen ſind: Wer nun ein mehrers hiervon zu wiſſen begehret / derſelbe darff nur die Autores conſu - liren / ſo in allen Stuͤcken weitlaͤufftig und zur Gnuͤge von der Arithmetica geſchriebe / de - rer dann keine geringe Anzahl iſt / auch dieſelbe nicht unbekandt ſind.

An -[44]

Ander Theil. Von der Geometrie, Und deren nothwendig - ſten Stuͤcken zur FORTIFICATION.

45

Das I. Capitel. Von Benennung und Expli - cirung der Dinge / ſo insgemein in der Geometrie pflegen fuͤrzukom - men.

(1.) Frage. Was iſt und bedeutet ein Punct / und was ſoll man ſonſt darbey in achtnehmen.

EJn Punct oder Tuͤpffgen auf dem Pap - pier iſt eigentlich keine Quantitaͤt / ſon - dern nur ein Anfang derſelben / ſo ſubtil und klein / daß es unmoͤglichen ſolches in kleinere Theile zuvertheileilen, Wenn man nun einen gewiſſen Punct auf dem Felde abzeichnen und bemercken will / ſo geſchiehet ſolches mit einem Pfahl / Stabe / Steine / Baume oder Gebaͤu - de etc. welches man hernach mit dem Augen - Maaß faſſet. Sonſt wird der Mittel-Punct einer jeden Figur centrum genennet / davon an ſeinem Ort ſchon Meldung geſchehen ſoll.

(2.) Frage. Was wird eine Linie in der Geome - trie genennet / und wie vielerley iſt dieſelbe?

Eine46Das I. Capitel.

Eine Linie iſt ein Strich und Laͤnge einer Quantitaͤt oder Figur / und iſt ſolche mancherley / als Linea recta, curva vel circularis, mixta, perpen - dicularis, parallela, fundamenralis & diagona - lis.

(3.) Frage. Was iſt dann Linea recta, und wel - che wird alſo genennet?

Linea recta iſt eine gerade gleiche Linie / ſo zwi - ſchen zweyen Puncten oder andern Anmerckun - gen gezogen und gemachet wird / es geſchehe gleich auf was weiſe es wolle.

(4.) Frage. Welches wird Linea curva oder circularis geheiſſen?

Linea curva oder circularis iſt eine krumme / o - der nach der Rundung gezogene und gemachte Linie.

(5.) Frage. Was iſt Linea mixta?

Linea mixta iſt eine vermiſchte Linie / ſo theils gerade / theils krum oder rund gehet.

(6.) Frage. Welche Linia wird perpendicularis genennet?

Linea47Von Benennung u. Explicirung der Dinge.

Linea perpendicularis wird diejenige Linie ge - nennet / welche von der Bley - und Waſſer-Wa - ge zugleich gemachet wird / und dahero einen rech - ten Winckel von 90. gr. ſchlieſſet und formiret / wird ſonſt bey den recht winckligten Trianguln Cathetus geheiſſen.

(7.) Frage. Was iſt Linea parallelis?

Die Parellelis iſt eine Linie / ſo mit einer oder mehr andern Linien ingleicher Weite und Form uͤberall fortgehet.

(8.) Frage. Was iſt Linea fundamentalis?

Linea fundamentalis, wird ſonſt auch Baſis ge - nennet / iſt die Grund-Linie in einer ieden Figur / ſo mit der Waſſer-Wage / oder dem horizont pa - rallel lauffet.

(9.) Frage. Was iſt Linea diagonalis?

Linea diagonalis iſt eine Linie / welche iewede Figur uͤber Eck in zwey Theile zertheilet / wird in einem Circul chorda genennet weil ſolche nicht durch deſſen Centrum oder Mittel-Punct gehet / gehet ſie aber durch das centrum, ſo wird ſie der diamenter geheiſſen: Jn einem Triangul wird ſie gemeiniglich hypothenuſa, oder ſubtenſa, oder auch chorda genennet.

10.48Das I. Cap.

(10.) Frage. Was wird in der Geometrie angu - lus geheiſſen / und wie vielerley iſt derſelbe?

Angulus iſt in der Geometrie ein Winckel / Ort oder Ecke / da zwey oder mehr Linien in einem Punct zuſammen lauffen / und iſt ſolcher mancherley / als angulus planus, ſolidus, rectiline - us, curvilineus, mixtus, rectus, obliquus, acutus, & obtuſus.

(11.) Frage. Was iſt ein Angulus planus?

Angulus planus iſt ein falſcher Winckel ohne Hoͤhe oder Tieffe.

(12) Frage. Was iſt Augulus ſolidus?

Angulus ſolidus iſt ein Winckel mit einer gantzen Masſiven Spitze oder Ecke hoch und di - cke.

(13.) Frage. Was iſt Angulus rectilineus?

Angulus rectilineus iſt ein Winckel / ſo aus zwey geraden Linien beſtehet.

(10.)49Von Benennung u. Explicirung der Dinge.

(14.) Frage. Was iſt Angulus curvilineus?

Angulus curvilineus iſt ein Winckel / ſo von krummen oder Circul-Linien gemachet iſt.

(15.) Frage. Was iſt Angulus mixtus?

Angulus mixtus iſt ein Winckel / ſo theils aus einer geraden / theils aus einer krummen Linie beſtehet / oder deren Linie keine recht gera - de / auch keine recht nach dem Circul gekruͤmmet iſt.

(16.) Frage. Was iſt Angulus rectus?

Angulus rectus iſt ein rechter gerader Winckel ſo nach der Bley und Waſſer-Wage von 90. gr. geſchloſſen wird.

(17.) Frage Was iſt Angulus obliquus?

Angulus obliquus iſt eine ſchreger Winckel / welcher entweder weniger oder mehr Grad haͤlt / als der rechte Winckel / dahero er auch zweyerley iſt / als acutus und obtuſus.

(18.) Frage. Was iſt Angulus acutus?

Angelus acutus wird genennet derjenige Win -Dckel /50Das I. Cap. ckel / welcher ſchaͤrffer / ſpitziger / enger oder kleiner iſt / als ein rechter Winckel von 90. gr.

(19.) Frage. Was iſt Angulus obtuſus?

Angulus obtuſus iſt ein ſtumpffer Winckel / welcher weiter und groͤſſer iſt / auch mehr Grad hat / als ein rechter Winckel.

20. Frage. Was wird in der Geometria Figura geheiſſen und wie vielerley iſt ſolche?

Figurs iſt eine Form / Groͤße oder Platz / ſo aus vorbeſagten Linien oder Winckeln beſtehet / und ſind die Figuren fuͤrnemlichen wider zweyerley / als Figuræ planæ, & corporales.

(21.) Frage. Welche werden Figuræ planæ ge - heiſſen / und wie vielerley ſind der - ſelben?

Figuræ planæ ſind flache Figuren / ohne Hoͤhe o - der Tieffe und von mancherley Arten; Denn ei - nige beſtehen aus einer einigen recht runden Li - nie / als der Circulus; Etliche aber aus einer ab - laͤnglicht runden Linie / als die Ellipſis, oder Figu - ra elliptica & Ienticularis; etliche beſtehen aus zweyen Linien / welche entweder alle beyde / oder doch eine derſelben krummiſt / weil zwey geradeLinien[51]Von Benennung u. Explicirung derLinien keine voͤllige Figur / ſondern nur einen Winckel und Stuͤck einer Figur machen koͤnnen; Etliche beſtehen aus dreyen Linien / als die Trian - gul; etliche auß vier Linien / als die Figuræ qvadri - lateræ oder Vierſeitige / waß druͤber iſt / werden insgemein multi lateræ oder vielſeitlge Figuren genennet / und werden in Außrechnunge ihres ſu - perficialen Jnhaltes / wann nemlich ihre latera einander ungleich ſind / gemeiniglich auf Triangul und Quadrangel reduciret: Sonſten weñ alle Sei - ten und Winckel an einer Figur einander gleich ſindbekom̃en dergleichen Figuren den Namen von der Zahl ihre laterum, nehmlichen dryeck / viereck / fuͤnffeck / und ſo weiter.

(22.) Frage Was iſt Circulus?

Circulus iſt eine runde Flaͤche oder Umkreiß / welcher von einer einigen krummen Linie / die da aller Orten gleich weit von dem Mittel-Punct deſſelben abſtehet / beſchloſſen wird.

23. Frage. Jn wie viel Grad und Theile wird ein Circul in der Matheſi eingethei - let?

Alle Circuli, ſie moͤgen groß oder klein ſeyn / wer - den in der Matheſi in 360 Theile und Grade / ieder Grad in 60. Minuten / iede Minute in 60 ſecun - den etc, eingetheilet.

D 224. Fra -52Das I. Cap.

24. Frage. Welches ſind den die fuͤrnehmſten Stuͤcke eines Circuls / und wiewerden ſolche gebeiſſen?

Die fuͤrnehmſten Stuͤcke eines Circuls ſind das Centrum, peripheria oder Circumferentia, dia - meter, Semidiame ſet, quadrans, ſemicirculus, chor - da oder Polygone, ſegmentum circuli, ſector circuli & ſinus.

(25.) Frage. Was wird das Centrum eines Cir - euls geheiſſen?

Centrum iſt der Mittel-Punct in einem Cir - cul oder andern Figur / wie brreits in vorigen ge - meldet worden.

(26.) Frage. Was iſt Peripheria oder Circumfe - rentia Circuli?

Peripheria ſive Circumferentia, vel Perimeter eines Circuls iſt die krumme Linie / ſo umb deſſen Centrum gleich weit ab herumb gefuͤhret wird.

(27.) Frage. Was iſt der Diameter?

Der Diameter des Circuls iſt die gerade Linie / ſo mitten durch das Centrum gehet / die Circumfe -renz53Von Benennung u. Explicirung der Dinge. renz auff beyden Seiten beruͤhret / und alſo den gantzen Circul in zwey gleiche Theile zertheilet.

(28.) Frage. Was iſt der Semidiameter?

Der Semidiameter, oder Radius, oder auch Sinus totus iſt die Linie in dem Circul / welche von dem Centro biß an die Circum-ferentz ſich erſtre - cket.

(29.) Frage. Was wird Qvadrans bey einer Fi - gur oder Circul geheiſſen?

Qvadrans wird bey einer Figur oder Circul genennt ein Viertel von ſolchen / wann der Cir - cul durch ſein Centrum vermittelſt zweyen dia - metris in vier gleiche Theile / oder ſonſt nur an der Circumferentz alſo getheilet worden / und haͤlt iedes Viertel von einen Circul 90. Grad / und machet ſolches alſo einen rechten Winckel in der Mitten bey dem Centro.

30. Frage. Was iſt Semicirculus?

Semicirculus iſt ein halber Circul / ſo nicht in der voͤlligen Rundung beſchloſſen iſt.

(31. Frage. Was iſt Chorda?

D 3Chor -54Das I. Cap.

Chorda iſt / wie bereits gemeldet worden / eine Linie / ſo in dem Circulo von einem Punct des Um - kreiß zu dem andern gezogen wird / ohne daß ſolche durch das Centrum gehet / wird ſonſt bey der For - tification die Polygone geheiſſen.

(32.) Frage. Was iſt Segmentum Circuli?

Segmentum Circuli iſt ein Stuͤck eines Circuls welches beſchloſſen iſt vvn einem Theil der peri - pherie, und einer Linie / ſo nicht durch das Cen - trum gehet.

(33.) Frage. Was iſt Sector Circuli?

Sector Circuli iſt eine Figur / welche begrieffen iſt / von einem Theil der Circumterenz und von zweyen Semidiametris. welche von den Enden des Stuͤcks gegen das Centrum lauffen.

(34.) Frage. Was iſt Sinus?

Sinus iſt nichts anders / als die halbe Chorda, ſo unter ihren doppelten Winckel gezogen iſt / und iſt vornehmlich zweyerley / als Sinus totus und Sinus partialis.

(35) Frage. Was iſt Sinus totus?

Sinus totus iſt der Sinus ſo zu 90 Grad gehoͤretund55Von Beneunung u. Explicirung der Dingeund in ſich ſelbſt als der halbe Diameter eines Cir - culs iſt / von deſſen Bogen oder eingezeichneten Winckeln und Trianguln geredet wird / da man in Specie dieſe und folgende Terminos gebrauchet.

(36) Frage. Was iſt Sinus Partialis und wie wird ſolcher eingetheilet?

Sinus Partialis iſt / welcher zu Zeiten weniger / o - der auch bißweilen mehr als zu 90. Gr. gehaͤrig iſt / und iſt ſolcher wieder fuͤnfferley / als Sinus rectus, verſus, Complementi, tangens und Secaus.

37. Frage. Was iſt Sinus rectus?

Sinus rectus eines gegebenen Bogens iſt der hal - be Theil derjenigen Chorda, welcher noch ſo vielen Graden / unterzogen iſt / als der gegebene Bogen haͤlt; Oder es iſt die Linie / welche von dem obe - ren Punct des gegebenen Bogens Bleirecht auff den oberen Punct des gegebenen Bogens und ſectoris faͤllet: weil nun dieſer Sinus rectus zum oͤff - tern fuͤr koͤmmet / wird er gemeiniglich per eminen - tiam bloß nur Sinus genennet.

38. Frage. Was iſt Sinus verſus und wie wird ſolcher ſonſt geheiſſen?

Sinus verſus iſt ein Stuͤck des Diametri, welcherD 4die56Das I. Cap. die Chordam in zwey gleiche Theile theilet / wird ſonſt Sagitta genennet.

39. Frage. Was iſt Sinus Complementi:

Sinus Complementi iſt der Sinus rectus des - brigen Bogen-Stuͤcks / welches mit ſamt dem ge - gebenen Bogen ſo viel thut / als ein quadrans oder Viertel eines Circuls / nemlich 90 Grad.

40. Frage. Was iſt Sinus tangens?

Sinus tangens iſt die Linie / ſo einen Bogen bey der Baſi anruͤhret.

41. Frage. Was iſt Sinus ſecans?

Sinus ſecans iſt die Linie ſo den Bogen / von welchem geredet wird / von dem uͤbrigen gleich - ſam abſchneidet.

42. Frage. Was iſt Figura lenticularis, oder Elliptica oder Ellipſis?

Die Figuræ lenticulares ſind Oval Figuren / in welchen die Linien von dem Centro auff dem Um - kreiß gezogen / uͤber zwerg kuͤrtzer fallen / als nach der laͤnge / und zwar noch kuͤrtzer in der lenticulari als in der Elliptica, mit deren / helfftever -57Von Benennung u. Explicirung der Dinge. vergleichet ſich faſt die Hyperbole, nicht aber die Parabole.

43. Frage. Was iſt Hyperbole?

Hyperbole iſt die Flaͤche eines Kegel-Schnitts von oben herab zur Seiten nicht aber durch deſſen Spitze / gerade auff die Baſin zu genommen / wel - che mit der Baſi einen geraden Winckel machet.

44. Frage. Was iſt die Parabole

Die Parobole iſt die Flaͤche eines ſolchen Ke - gel-Schnitts / der gleichfalls oben von der Seiten des Kegels auff die Baſin zu / iedoch ſchrege genom - men iſt / dergeſtalt / daß ſolche entweder einen Angulum obtuſum oder acutum mit der Baſi mache.

45. Frage. Was iſt Triangelum und wie vieler - ley iſt ſolches?

Triangulum iſt eine Figur ſo aus dreyen Lini - en und Winckeln beſtehet / und iſt wieder entwe - der ein Triangulum æquilaterum, æquicrurum, ſcalenum, rectilineum, curvilineum, mixtum, rect - angulum und obliquangulum.

46. Frage. D 5Was58Das I. Cap. Was iſt Triangulum æquilaterum?

Triangulum æquilaterum iſt eine Figur aus dreyen Winckeln beſtehend / deren Winckel und Seiten einander gleich ſind / wird ſonſtlſopleuron genennet.

47. Frage. Was iſt Triangulum æquicur - rum?

Triangulum æquicurrum wird diejenige Figur oder Triangul geheiſſen / welcher nur zwo gleiche Seiten hat / wird ſonſt Iſoſceles genennt.

48. Frage. Was iſt Triangulum Scalenum?

Triangulum Scalenum iſt eine dreyeckigte Figur / daran alle drey Seiten einander un - gleich ſind.

49. Frage. Was iſt Triangulum rectili - neum?

Triangulum rectilineum iſt eine Figur von drey gleichen und geraden Linien zuſammen gezogen.

50. Frage. Was iſt Triangulum curvi-lineum

Triangulum curvilineum iſt eine dreyeckigteFigur59Von Benennung u - Explicirung der Dinge. Figur von krummen oder Circul-Linien gema - chet.

51. Frage. Was iſt Triangulum mixtum?

Triangulum mixtum iſt eine Figur / welche theils aus geraden / theils aus krumm gezogenen Linien beſtehet.

52. Frage. Was iſt Triangulum rectangulum

Triangulum rectangulum iſt eine dreyeckigte Figur / welche einen rechten und geraden Win - ckel von 90. Gr. hat.

53. Frage. Was iſt Triangulum obliquangu - lum, und wie vielerley iſt der - ſelbe

Triangulum obliquangulum iſt eine dreyeckig - te Figur / ſo keinen geraden Winckel hat / und kan ein ſolcher Triangul entweder obtuſ-angulum oder acut angulum ſeyn.

(54.) Frage. Was iſt Triangulum Obtuſ-angu - lum?

Triangulum obtuſangulum iſt ein Triangul ſo einen Stumpff und zwey Spitz Winckel hat.

55. Frage60Das I. Cap.

(55.) Frage. Was iſt Triangulum acutangulum?

Triangulum acutangulum iſt ein Triangul, ſo drey ſpitzige Winckel hat.

(56.) Frage. Was iſt wegen der Winckel bey den Trianguln in acht zunehmen?

Es iſt wohl zu mercken daß ein Triangul nicht mehr als einen geraden Winckel habe / vielweni - ger zwey obtuſos, oder einen obtuſum ſamt einem recto haben koͤnne; Sintemahl alle drey Win - ckel eines Trianguls, er mag auch ſeyn wie er will / nicht mehr noch weniger machen und austra - gen als zweene Angulos rectos von 180. Gr.

57. Frage. Was ſind Figuræ quadrilateræ, und wie werden ſolche eingetheilet?

Die Figuræ quadrilateræ, oder quadrangulæ ſind Figuren / ſo von vier Linien / und vier Win - ckeln beſchloſſen werden / und ſind insgemein zweyerley / als Parallelogrammum und Trapezi - um.

58. Frage. Was iſt Parallelogrammum, und wie vielerley iſt ſolches?

Paral -61Von Benennung u. Explicirung der Dinge.

Parallelogrammum iſt eine ſolche viereckigte Figur / da alle vier Seiten / eine jede gegen ihrer gegengeſetzten Parallel ſind / und in gleicher Di - ſtanz von einander abſtehen / alſo daß wenn man ſie gleich unendlich weit ferner hinaus zoͤge / ſie dennoch nimmermehr auf einen Winckel zu - ſammen lieffen / und ſind die Parallelogram - ma wieder vielerley als: Quadratum, quadra - tum oblongum, rhombus, rhomboides.

(59) Frage. Was iſt Qvadratum?

Qvadratum oder qvadrangulum iſt ein viereckig - te Figur / welche aus gleichen Linien und vier rech - ten Winckeln beſtehet.

60. Frage. Was iſt Quadratum oblongum?

Qvadratum oblongum iſt eine viereckgite Fi - gur / worinnen zwey gleich lange / und zwey gleich kurtze Linien / vier gleiche Winckelaber ſich befin - den.

61. Frage. Was iſt Rhombus?

Rhombus iſt eine viereckigte Figur / da die Sei - ten alle viere / unter den Wickeln je zwey uñ zwey / ſo gegen einander uͤberſtehen / einander gleich ſind / welche aber beyde an einem Winckel ſtehen /einan -62Das I. Capitel. einander ungleich ſind / wird ſonſt eine Rau - ten Fuͤhrung oder geſchoben Viereck genen - net.

62. Frage. Was iſt Rhomboides?

Rhomboides iſt eine Figur / da die zwo Seiten / wie auch die zwey Winckel / ſo gegen einander - ber ſtehen / einander gleich und Parrllel ſind / die aneinander aber ſtehende Latera und Winckel an einem Latere ungleich ſind / wird ſonſt einge - ſchobene ablaͤngigte Vierung genen liet.

63. Frage. Was iſt Trapezium?

Trapezium iſt eine viereckigte Figur / da entwe - der gar kein Latus gegen dem andern / oder doch nicht alle viere / ſondern nur zwey einander Paral - lel ſind / und da ſie weit genug fort gezogen wuͤr - den / endlich auf einen Winckel zuſammen lief - fen.

64. Frage. Wie vielerley ſind die Trapezia, oder Multilateræ Figuræ, und wie muß man ſolche ausrech - nen?

Die Trapezia, und Multilateræ Figuræ, ſo mehr als vier Winckel und Selten haben / ſind unend - licher Arten iedoch werden ſie alle / wie auch die Rhombi und Rhomboides, wenn man ſie ausrech -nen63Von Benennung u. Explicirung der Dinge. nen will / auf Triangul oder parallelogramma re - duciret.

65. Frage. Was / und wie vielerley iſt eine Figu - ra corporalis oder Corpus?

Figura corporalis oder ein Corpus wird in der Geometrie ein ſolches dickes Stuͤck oder Groͤſſe genennet / welches nach der Laͤnge / Breite / und Tieffe kan ausgemeſſen werden / und iſt wider mancherley / als Pyramis, Tetraedrum, Hexaé - drum, oder Cubus, Octaëdrum, Dodecaédrum, Jeo - ſaédrum, Cubus, Conus, Sphæra, Cylindrus und Priſma.

66. Frage. Was iſt ein Pyramis?

Pyramis iſt ein Corpus von drey oder vielen Trianguln, ſo eine Flaͤche zur Baſi haben / und dann oben in einem Punct zuſammen lauffen.

67. Frage. Was iſt ein Tetraëdrum?

Tetraëdrum iſt ein Corpus, ſo vier gleiche Tri - angul in ſich beſchlieſſet / oder von vier gleichen dreyeckigten Flaͤchen umſchloſſen iſt.

(68.) Frage. Was iſt ein Hexaëdrum oder Cubus?

Ein64Das I. Capitel

Ein Hexaëdrum oder Cubus iſt ein Wuͤrffel - Stuͤck oder Coͤrper / ſo von 6. gleich groſſen Qua - drat-Flaͤchen begriffen iſt.

(69.) Frage. Was iſt ein Octaëdrum?

Ein Octaédrum iſt ein Coͤrper / ſo von 8. gleich groſſen Ecken und Flaͤchen / beſchloſſen iſt.

(70.) Frage. Was iſt ein Dodecaëdrum?

Ein Dodecaedrum iſt ein Coͤrper / welcher von 12. gleich Seitigen / gleich winckligten / und gleich groſſen fuͤnff eckigten Flaͤchen begriffen iſt.

(71) Frage. Was iſt ein Jcoſaëdrum?

Jcoſaëdrum iſt ein Coͤrper / welcher von 20. gleich groſſen / und gleich winckeligten drey-eckig[-]ten Flaͤchen umbſchloſſen iſt.

NB. Dieſe fuͤnfferley Arten der Coͤrper we[r -]den die fuͤnff corpora platonica genennet / w[eil]ſie von dem Platone zu erſt erfunden worden.

(72.) Frage. Was iſt ein Cubus?

Cubus iſt ein Wirffel und Corpus von 6. gle[ich]groſſen vier Ecken.

([73.)]65Von Benennung u. Explicirung der Dinge.

(73.) Frage. Was iſt ein Conus?

Conus iſt ein Kegel oder Coͤrper / deſſen Baſis e[i]ne runde Cireul-Flaͤche iſt / und die euſſerſte bauchigte / Flaͤche ſich oben ſpitzig zuthuͤrmet.

74. Frage. Was iſt eine Sphæra oder Globus?

Sphæra oder Globus iſt eine Kugel oder Coͤrper / der von einer einigen bauchigten Flaͤche rings herumb alſo umbſchloſſen iſt / daß er uͤberall recht Circul rund iſt. Wenn nun durch deſſen Cen - trum eine Mittel-Linie oder Diameter gantz durch gehet / wird ſolche Linie Axis, und der A - xis ihre beyde euſſerſte Puncta die Poli genen - net.

75. Frage. Was iſt ein Cylinder?

Cylindrus iſt eine Ciicul-runde Saͤule / Waltze und Coͤrper deſſen oberſte und unterſte ſuperficies als zwey gleiche Baſes ſind.

76. Frage. Was iſt ein Priſma oder Pa - rallelopipedum?

Priſma oder Parallelopipedum iſt ein Coͤrper in geſtalt einer eckigten Saͤule / daran zwey gegenEeinan -66Das II. Capeinander uͤberſtehende Ecken einander ſtets gleich und parallel ſind. Es kan auch der - gleichen eckigt Corpus an einem Ende ſpitziger ſeyn als am andern / gleich wie ein abgekurtzter Pyramide, wenn nur die obere und untere Flaͤchen am Ecken einander parallel ſind / von gleicher Figur.

77. Frage. Was iſt ein Priſma pentaëdrum?

Prisma pentaëdrum iſt ein Coͤrper vor 3. paral - lelogrammis, mit rechten Winckeln / hat 2. gleich - ſeitige Triangul vor ſeine Baſes.

Das II. Cap. Von Auffreiſſen einiger Linien / Winckel / Figuren und Coͤrper / ſo zu wiſſen nuͤtzlich und noͤthig ſind.

1. Frage. Wie ſoll man einer gegebenen Linie eine Parallel ziehen?

WEnn eine Linie zu erſt gegeben worden / muß man auff derſelben zwey gewiſſe Puncte ſich demtrcken / und aus ſolchen mit glei -cher67Von auffreiſſen einlger Linien. cher Circul-Weite / oben oder unten zwey halbe Circul machen / und an den halben Circuln eine gleiche Linie ziehen / ſo wird ſolche in gleicher Di - ſtanz von der erſten abſtehen / und mit derſelben parallel lauffen. vid. Fig. 1.

Desgleichen muß man auch thun / wenn einem eine krumme Linie gegeben waͤre / und wolte eine Parallel darzu haben / jedoch muß man allezeit den einen Fuß des Circuls an einem gewiſſen Ort ſe - tzen / welcher gleichſam der Mittel Punct der krummen Linie iſt. vid. Fig. 2.

2. Frage. Wie ſoll man eine Perpendicular - Linie auf einen gewiſſen Punct / ſo auff ei - ner Linie gegeben worden / fallen laſſen?

Man muß den Circul von einer gewiſſen und beqvaͤmen Weite auffthun / und ſolche Weite aus dem gegebenen Punct lincks und rechts unver - ruͤckt auf die Linie tragen / hernach den Circul ſo weit auff machen / als die aͤuſſerſten Puncte von einander ſtehen / dann einen Fuß des Circuls in einem aͤuſſerſten Punct auff der Linie einſetzen / und mit dem andern Fuß des Circuls oben oder unter der Linie / wie man die Perpendicular ver - langet / einen Schnitt machen; Desgleichen muß man auch mit gleicher Weite des Circuls aus dem andern aͤuſſerſten Puncte auff der LinieE 2ver -68Das II. Cap. verrichten / und alſo durch den vorgemachten Schnitt einen andern Durchſchnitt machen / aus dem Mittel-Punct aber des durchſchnitts eine Linie ziehen auff den Punct der erſt gegebenen Linie / worauf man eine perpendicular haben wol - jen / vid. Fig. 3.

3. Frage. Wie ſoll man an einem Ende einer gegebenen Linie eine perpendicular auffziehen?

Wenn eine perpendienlar am Ende einer Lini - en ſoll aufgerichtet werden um alſo einen gleichen Winckel zu machen ſetzet man den einen Fuß des Circuls am Ende der Linie ein / oͤffnet den Circul nach belieben und machet alſo mit dieſer Weite einen halben Circul, alſo / daß ſolcher halbe Circul mit dieſer Weite auch an einen Ort die gegebene Linie beruͤhre; in dieſem Punct, wo die gegebene Linie mit dem halben Circul beruͤhret iſt / ſetze ich den einen Fuß des Circuls mit unverruͤckter Wei - te ein / und trage ſolche beyde auf den halb gemach - ten Circul zweymal auff / aus den zweyten Auff - trage machet man mit gleicher Weite / in der Hoͤhe Kreutz-Schnitte / und laͤſſet aus denen Mittel - Punct auf das Ende der Linie eine perpendicular fallen / wohin man ſie verlanget hat. vid. Fig. 4. oder man kan aus dem Ende der gegebenen Linie / worauff man eine perpendicular haben will / miteiner69Von auffreiſſen einiger Linien. einer gewiſſen Circuls Weite einen Punct auſſer der gegebenen Linie ſuchen / und aus ſolchen ge - machten Punct einen gantzen oder halben Circul machen / wolcher das Ende der gegebenen Linie worauff eine perpendicular fallen ſoll / Juſt durch ſchneide; wenn nun dieſes verrichtet / ziehet man aus dem Ende der gegebenen Linie durch das Centrum des gegebenen Circuls eine blinde Linie durch / biß an deſſen Circumferenz aus welchen durch Schnitt und Anruͤhren man hernach eine Perpendicular Linie auff das Ende der gegebenen Linie fallen laͤſſet / vid. Fig. 5.

(4.) Frage. Wie ſoll man auff die Mitte einer gegebenen Linie eine Perpendicular fallen / oder durch dieſelbe gantz durch gehen laſſen?

Wenn eine Linie gegebenen worden / auff de - ren Mitte / ſo durch keinen Punct angedeutet / man eine perpendicular haben wolte / muß man den Circul ſo weit auffmachen / als die gegehenen Li - nie lang iſt / darauff muß man mit dieſer unver - ruͤckten Weite aus beyden Extremitæten der Li - nie ober und unter der Linie Creutz-Schnitte ma - chen / und alſo die Creutzſchnitte durch das Mittel der gegebenen Linie mit einer Linie zuſammen ziehen / ſo bekommt man ober und unter der gege - benen Linie perpendicularen, und iſt die gegebeneE 3Linie70Das II. Cap. Linie in zwey gleiche Theile getheilet / und machet vier rechte Winckel. Wolte man aber eine perpen - dicular auff die unbekannte Mitte der gegebenen Linie nur fallen / und nicht gantz durch gehen laſ - ſen / muß man zu vor die gegebenen Linien in zwey gleiche Theile mit einem Punct zertheilen / hernach mit der Weite der gantzen Linie vermittelſt des Circuls oben einen Creutz-Schnitt machen und aus deſſen Centrum eine perpendicidar Linie auff die zertheilte Linie fallen laſſen / wodurch denn zwey rechte Winckel entſtehen / vid. Fig. 6,

(5.) Frage. Wie ſoll man eine gegebene Linie mit einer andern Linie durch ſchneiden / daß vier ungleiche Winckel heraus kommen?

Man darff nur durch die gegebene Linie und durch das Merckmahl / ſo etwan auff der ſelden angedeutet worden / eine Diagonal oder ſchrege Li - nie durch-ziehen / ſo wird die gegebene Linie in zwey ſtumpff und zwey ſpitz Winckel getheilet ſeyn / vid. Fig. 7.

(6.) Frage. Wie ſoll man eine Linie in ſo viel gleiche Theile zertheilen / als man will?

Man machet eine gerade Linie / und ſetzet ſo viel gleiche Theile auf dieſelbe / als man ſeine Liniewill71Von auffreiſſen einiger Linien. will eingetheilet haben / machet denn hernach mit der gantzen Weite der eingetheileten Linie in der Hoͤhe zwey Durchſchnitte / und ziehet aus deren Centro auf iede Extremitaͤt der unter getheilten Linie eine Linie / alſo / daß daraus ein gleichſeitiger Triangul formiret werde / hernach ziehet man aus den Theilen Linien in die Hoͤhe / ſo alle in den obe - ren Winckel auf einen Punct zuſammen lauffen. Wenn man nun ſeine Linie / ſo man noch nicht ab - getheilet / in ſo viel Theile auch theile will / alß man bereits die erſte Lienie getheilet / ſo muß man die gantz Weite der ungetheilten Linie mit den Cir - cul nehmen / und ſuchen / wo dieſe Weite ſich auff den Triangul gleich und parallel mit der unterſten Linie abſchneide / ſo hat man denn deren rechte Theilung gefunden. vid. Fig. 4.

7. Frage. Wie ſoll man einen Winckel in zwey oder mehr gleiche Theile verthei - len?

Man oͤffnet den Zirckel nach Belieben / ſetzer den einen Fuß deſſen in den Punct des Winckels und machet mit dem andern Fuß des Zirckels ei - nen Bogen durch beyde Linien des Winckels; hernach theilet man dieſen Vogen in ſo viel glei - che Theile / als man den Winckel zutheilen ge - ſonnen iſt / und ziehet aus dem Winckel durch die gemachte Eintheilungen auf dem Bogen Linien / vid. Fig. 9.

E 4(8.)72Das II. Capitel

(8.) Frage. Wie man auf einer gegebenen Linie einen Winckel machen ſoll / welcher ei - nem andern fuͤr gegebenen Win - ckel gleich ſey?

Man machet aus dem Centro des gegebenen Winckels mit willkuͤhrlicher Eroͤffnung des Zirckels einen Bogen durch deſſen beide Linien; Hernach machet man mit gleicher Weite / aus dem Ende der gegebenen Linie / worauf ein glei - cher Winckel mit dem andern ſoll formiret wer - den / auch einen Bogen; Miſſet darauf die Wei - te des Bogens des fuͤrgegebenen Winckels / und traͤget ſolche Weite auch aus dem gemachten Circul der fuͤrgegebenen Linie / endlichen ziehet man aus dem euſſerſten Punct dieſer Linie durch den Punct des gemachten Vogens / ſo hat man einen Winckel auf der fuͤrgegebenen Linie for - miret / welcher dem andern Winckel gantz gleich iſt / vid. Fig. 10.

9. Frage. Wie ſoll man einen gleichſeitigen Triangul machen?

Man ziehet eine gewiſſe Linie zur Baſi des Tri - anguls, machet mit der gantzen Weite dieſer Lini - en oben zwey Creutz-Schnitte / und ziehet aus de - ren Mittel-Punct Linien / biß an die Extremitaͤtender73Von auffreiſſen einiger Linien. der Baſis, ſo ſind alle drey Linien in gleicher Laͤnge / vid. Fig. 11.

(10.) Frage. Wie ſoll man das Centrum eines gleichſeitigen Trianguls fin - den?

Man ſuchet das Mittel von ieder Linie / und fuͤhret aus demſelben eine Linie nach dem gleich gegen uͤberſtehenden Winckel zu; Wo nun die - ſe Linien einander durchſchneiden / daſelbſt iſt auch das Centrum von dem Triangul, vid. Fig. 12.

10. Frage. Wie ſoll man in oder auſſerhalb ei - nes gleichſeitigen Trianguls einen Circul machen?

Wenn man das Centrum gefunden / wie be - reits in voriger Frage angedeutet worden / und man will den Circul inwendig des Trianguls ha - ben / ſetzet man den einen Fuß in das Centrum, und thut den andern ſo weit auf / biß er den Mit - tel-Punct einer Linie beruͤhre / und machet alſo ei - nen Circul inwendig des Trianguls: Wenn aber aber der Circul auswendig am Triangul herumb gehen ſoll / muß man den einen Fuß des Zirckels auch zu erſt in das gefundene Centrum des Trian - guls ſetzen / den andern Fuß aber ſo weit auf ma -E 5chen /74Das II. Cap. machen / biß er juſt einen Winckel vom Triangul beruͤhre / und machet alſo einen Circul / welcher dann von auſſen umb den Triangul gehet / vid. Fig. 13.

12. Frage. Wie ſoll man einen Winckel rechten Triangul machen?

Man giehet erſtlich eine Linie / und faͤllet auf ein Ende derſelben eine perpendicular, wie in vorigen gewieſen worden; Darnach theilet man dieſe perpendicular in 3. gleiche Theile / und die Baſin in 4. gleiche Theile mit einer Weite / ziehet ſo dann die euſſerſten Puncte mit einer Diagonal-Linie zuſammen / ſo hat man einen recht winckligten Triangul formiret / vid. Fig. 14.

13. Frage. Wie ſoll man ein gleichſeitiges und und rechtwinckligtes Quadrat machen?

Man ziehet erſtlich eine Linie nach Belieben zur Baſi, richtet an deren Ende einem eine per - pendicular auf von gleicher Laͤnge der Baſis, her - nach machet man den Circul ſo weit auf / als die Baſis lang iſt / und machet aus den euſſerſten Puncten der Baſis und der perpendicular einen Creutz Schnitt / ziehet hernach die Punete ins Gevierte zuſammen / ſo iſt das Winckel rechteund75Von aufreiſſen e[in]iger Linie. und gleichſeltige Quadrat formiret / vid Fig. 15.

14. Frage. Wie ſoll man in einem gleichſeitigen und Winckel rechten Quadrat das Centrum finden?

Man darff nur aus den 4. Winckeln zwey Diagonal-Linien ziehen / wo nun ſolche in der Fi - gur einander durchſchneiden / daſelbſt iſt auch das Centrum des Qvadrats, vid Fig. 16.

(15.) Frage. Wie ſoll man in oder auſſerhalb ei - ner Quadrats einen Circul ma - chen?

Wenn das Centrum auf vorige weiſe gefun - den worden / und man will den Circul inwendig des Quadrats haben / muß man zuerſt das Mit - tel von einer Seiten ſuchen; Wenn dieſes ge - funden / ſetzet man den einen Fuß des Circuls in das Centrum, und thut den andern ſo weit auf / biß an das Mittel einer Linie / und machet mit ſol - cher Weite alſo inwendig des Quadrats einen Circul: Soll aber der Circul auswendig umb das Quadrat herum gehen / muß der eine Fuß des Circuls in das gefundene Centrum des Qua - drats auch eingeſetzet / und der andere biß zu einen Winckel aufgethan werden / da man dann mitſol -76Das II. Cap. ſolcher Weite den Circul auswendig umb das Quadrat machen kan / vid. Fig. 17.

(16.) Frage. Wie ſoll man ein Quadratum oblon - gum machen / ſo Winckel recht iſt?

Man ziehet erſt eine lange Linie / und machet derſelben eine parallel, hernach fuͤhret man an den Enden perpendicularen auf / und ziehet ſo dann darmit als den kuͤrtzern Linien / die zwey laͤngern zuſammen / ſo iſt das quadratum oblon - gum fertig / vid. Fig. 18.

(17.) Frage Wie ſoll man einen Rhombum oder Rauten Vierung machen?

Man ziehet erſtlich eine Linie zur Baſi, von glei - cher Laͤnge der Baſis laͤſſet man eine ſchrege Linie auf ein Ende der Baſis gehen / nimt darauf die Laͤn - ge der Baſis mit dem Circul / und machet aus dem Ende der Baſis und der ſchregen Linie Creutz - Schnitte / ziehet darauf die Puncte alle in das Gevierte zuſammen / ſo bekomt man eingeſcho - ben 4. Eck / vid. Fig. 19.

(18.) Frage. Wie ſoll man einen Rhomboidem machen?

Die77Von aufreiſſen einiger Linie.

Die Operation iſt aus vorigen leicht abzuneh - men / wenn nur an Statt der kleinen perpendicu - lar Linien ſchrege Linien von einer Laͤnge gema - chet / und die langen Linien darmit ingleicher Laͤn - ge und Weite zuſammen gehenget werden / vid. Fig. 20.

(19.) Frage. Wie ſoll man das verlohrne Cen - trum eines gantzen Circuls wieder finden?

Wenn man einen gantzen Circul gemachet / und das Centrum deſſen verlohren hat / ſoll man nach Belieben eine Linie von einem Theil der Cir - cumferenz biß zur andern ziehen / und dieſer Linie eine andere parallel fuͤhren; Hernach das Mittel auf bey den Linien ſuchen / und eine Linie durch dieſe zwey Mittel gantz durch gehen laſſen / daß ſie auf beyden Seiten die Circumferenz des Circuls auch beruͤhre: Wo nun[d]as Mittel dieſer letzten Linie iſt / da iſt auch das verlohrne Centrum von dem gantzen Circul, vid Fig. 21. Oder Man kan nur eine Linie durch den Circul machen / das Mit - tel darauf ſuchen / und mit der Weite der Linie / wo ſie die Circumferenz beruͤhret / vermittelſt ei - nes Zirckuls in der Hoͤhe einen Creutz-Schnitt machen / und aus deſſen Centro durch das Mittel der Linie eine perpendicular durch den gantzen Circul durch gehen laſſen / bernach auf derDi -78Das II. Cap. Diſtanz, ſo weit ſolche den Circul auf beyden Sei - ten beruͤhret / das Mittel ſuchen / ſo hat man auch durch daſſelbige das Centrum gefunden von Cir - cul, vid. Fig. 22.

(20.) Frage - Wie ſoll man eines Circul-Stuͤcks Centrum finden / und daraus den gantzen Circul machen?

Wenn man ein Stuͤck von einen Circul hat / darbey aber das Centrum verlohren / daß man alſo das bekante Circul-Stuͤck nicht vollig in ſei - nem Circul herum fuͤhren und ſchlieſſen kan / ſo muß man an zwey Orten auf dem Circul-Stuͤck zwey kleine Boͤgen machen / ſo in wendig und aus wendig des Circul-Stuͤcks einander durch ſchnei - den, durch die Durchſchnitte nun / deren in allen viere ſind / ziehet man gerade Linien / ſo inwendig des Circul-Stuͤcks einander durchſchneiden muͤſ - ſen / wo nun dieſer Duꝛchſchnitt iſt / da iſt auch das Centrum zum Circul, und kan daraus das Circul - Stuͤck zu ſeiner voͤlligen Perfection gebracht wer - den / vid. Fig. 23.

(21.) Frage. Wie ſoll man drey gegebene Puncta in einem Circul zuſammen brin - gen?

Wenn drey blaſſe Puncta gegeben worden / ſol -che79Von auffreiſſen einiger Linie. che in einem Circul zuſam̃en zubringen / muß man mit den zweye Diſtanzen zwiſchen den drey Punetẽ aus wendig und inwendig Creutz-Schnitte ma - chen / hernach ſolche mit Linie zuſam̃en ziehen; Wo nun dieſe Linien einander durchſchneiden / da iſt das Centrum zu dieſen drey Puncten / ſolche in ei - nem Circul zuſammen zu ziehen / vid. Fig. 24.

(22.) Frage. Wie ſoll man einen Circul auf einer - ley Manier in ſo viel gleiche oder ungleiche Theile vertheilen / als einem beliebet?

Man hat ſonſt gantz unterſchiedliche und ab - ſonderliche Arten gehabt / einen Circul in ſo viel Theile und Polygonen zu theilen / als man belie - bet / welches aber ſehr muͤheſam / und nicht wohl zubehalten geweſen: Nun aber iſt nur ein eini - ger Modus bekant / wornach ieder Circul in ſo viel gleiche Theile kan eingetheilet werden / als einer Luſt hat / nemlichen ich ſetze man wolte ein ſieben Eck haben / oder einen Circul in ſieben gleiche Theile vertheilen / ſo ziehet man erſtlichen eine blinde Linie / und traͤget auf dieſelbe nach Belie - ben mit einem Circul ſieben gleiche Theile / dar - nach ſuchet man das Mittel der gantzen Linie von dieſen 7. Theilen / und machet daraus einen Circul / alſo / daß ſich die euſſerſten zwey Puncte von den ſieben Theilen darmit abſchneiden / undder80Das II. Cap. der Circul durch dieſelbe durchgehe: Nach die - ſem oͤffnet man den Circul ſo weit als die gantze Linie der 7. Theile / oder der gantze diameter des Circuls lang iſt / machet darmit aus beiden Enden der Linie oben in der Hoͤhe einen Creutz-Schnitt / leget das Lineal juſt auf den Punct dieſes Creutz - Schnittes / und auf dem andern Punct des an - dern ſieben theils auf der zuerſt gemachten blin - den Linie / wo nun das Lineal die Circum-ferentz des Circuls unten beruͤhret / daſelbſt durchſchnei - det man den Circul / ſo wird die Diſtantz zwiſchen dieſen Durchſchnitt biß zum erſten Punct der ſie - ben Theile auf der blinden Linie die juſte Weite ſeyn / darmit der Circul in ſeine ſieben gleiche Theile kan vertheilet werder; Es muß aber alles Haar ſcharff gemachet werden / und iſt dieſe Erfindung gantz richtig und unfehlbar / vid. Fig. 25.

(23.) Frage. Wie ſoll man mit leichter Manier einen ieden Circul in 360. gleiche Theile vertheilen?

Es iſt bekant / dsß nach der Matheſi ieder Cir - cul in 360. gleiche Grade und Theile muͤſſe verthei - let werden / dieſes nun mit leichter Manier zuver - richten geſchiehet alſo; Man machet nach belie - ben einen Circul, ziehet durch deſſen Centrum einen gantzen Diametrum, und laͤſſet durch dieMit -81Von auffreiſſen einiger Linien. Mitte deſſelben und durch das Centrum des Cir - culs eine perpendicular gehen nach vorigen Be - richt / alſo daß hirdurch der gantze Circul in 4. glei - che Theile / und ſeine Quadranten getheilet ſey. Hernach oͤffnet man den Circul ſo weit / als ein halber diameter des Circuls lang iſt / ſetzet einen Fuß des Circuls vice verſa und wechſels weiſe auf den Punct / wo die beyden diametri den Circul in ſeiner Circumferentz beruͤhren oder durchſchnei - den / ſo wird ieder Quadrante in drey gleiche Thei - le / und alſo der gantze Circul in zwoͤlff gleiche Thei - le vertheilet; Ein ſolches 12. Theil theilet man wider in andere drey gleiche Theile / ſo bekoͤmt man den gantzen Circul in 36. gleiche Theile ver - theilet; wenn nun alſo darmit weiter verfahren wird / ſo kan der gantze Circul gantz leichte und richtig in 360. Grade oder Theile vertheilet werden / ſo er anders groß genug iſt / daß man alle Theile inſonderheit darauf bezeichnen und ſehen kan; Sonſt muß man nur zu letzt die 5. Theile zwiſchen zehen bemercken / wann der Circul zu klein ſeyn ſolte / vid. Fig. 26.

24. Frage. Wie ſoll man einem Circul in einen gleichſeitigen Triangul verwan - deln?

Ob wohl dieſes Problema zu der Metamorpho[ſe]und Verwandelung der Figuren gehoͤret / welches ich / weil es mehr eine curioſitaͤt iſt / als einen ſon -Fder -82Das II. Capitel. derlichen Nutzen ſchaffet / in dieſem Wercklein weggelaſſen / ſo habe doch dieſes einige hie - bey mit andeuten wollen / maſſen in fol - genden dieſes proplematis vielmals gedacht wird; die Verwandelung aber eines Cir - culs in einen gleichſeitigen Triangul geſchie - het alſo / man ziehet durch den Circul und deſſen Centrum den gantzen diameter des Circuls, rich - tet an deſſen Ende einem eine perpendicular auf / und traͤget auf ſolche dreymahl die Weite des gantzen Diametri des Circuls; nach dieſen theilet man den Diametrum des Circuls in 7. gleiche Theile / und traͤget auch noch ein ſolch ſieben Theil zu den aufgetragenen dreyen diametris auf die perpendicular endlich laͤſſet man aus dem Ende der perpendicular eine Linie gehen biß auf das Centrum des Circuls, ſo hat man einen gleichſeiti - gen Triangul, und den Circul darein verwandelt / vid. fig. 27.

(25.) Frage. Wie ſoll man einen verdruckten Bo - gen machen zu den Gewoͤlbern ſo hoch oder niedrig iſt?

Man muß erſtlichen einen gleichſeitigen Trian - gul formiren mit einer Spitzen unterwarts / her - nach auf zweyen Seiten deſſelben von der unte - ren Ecke an eine gleiche Diſtantz bemercken / und durch ſolche Puncte eine gerade Linie ziehen / her - nach den Circul / ſo lang als eine Seite iſt / auff - machen / und damit einen runden Bogen fuͤhren /welcher83Von auffreiſſen einiger Linienwelcher die durchgehende Linie / ſo vormahls durch den Triangul gefuͤhret worden / abſchneide und beruͤhre / welcher Bogen denn / nach dem man den Circul weit oder enge auffmachet / niedrig o - der hoch kan gefuͤhret werden / als man das Ge - wolbe haben will / vid. Fig. 28.

(26.) Frage. Wie ſoll man den Spiel raum einer jeden eiſern Kugel finden bey denen metallenen Stuͤcken?

Man muß den gantzen Diametrum haben von der Muͤndung eines metallenen Stuͤckes / hernach ſuchet man das Mittel auff demſelben und machet aus demſelben einen Circul in der Weite des halben Diametri; Weiter muß der halbe Diameter wieder halb getheilet werden / und ſetzet man den einen Fuß des Circuls in einen Punct / wo der gantze Diameter die Circum-ferenz beruͤhret / und durch ſchneidet die Circum-ferenz auf beyden Seiten mit ſolcher Weite und vier - theils des gantzen Diametri, ziehet darauff dieſe beyden Durchſchnitte mit einer gleichen Linie zu - ſammen / ſo iſt als denn der vorige Diameter des Stuͤcks in etwas verkuͤrtzet / und iſt dieſer ver - kuͤrtzte Diameter der rechte Diameter der eiſſeren Kugel / ſo zu den metallenen Stuͤcken gehoͤret; Wenn man nun dieſen verkuͤrtzten diameter auch in ſeiner Rundung bringen will / muß man auffF 2den -84Das II. Cap. denſelben mit dem Circul a parte das Mittel ſu - chen / und alſo mit dieſer Weite aus dem Mittel einen Circul machen / ſo hat man auch die gantze Circum-ferenz der Kugel / vid. Fig. 29.

(27.) Frage. Wie ſoll man einen kurtzen und wei - ten Oval Circul machen?

Man ziehet erſtlich eine blinde Linie / und traͤget auff dieſelbe nach belieben drey gleiche Theile mit einem Circul / machet hernach aus den zweyen Mittel-Puncten der drey gleichen Theile / mit un - verruͤckter Circul weite zwey Circcul / ſo einander in ihren Centris durch ſchneiden / hernach machet man den Circul zwey Theile weit auff / ſetzet den einen Fuß des Circuls in die Durchſchnitte der Circul an einander / ſo koͤmmt ein kurtzes und weites Oval heraus / vid. Fig. 30.

(28.) Frage Wie ſoll man ein laͤngligtes Oval machen?

Man machet wieder eine blinde Linie / und ſe - tzet nach belieben vier gleiche Theile darauff / aus den drey mittlenen Puncten machet man mit un - verruckten Circul drey gleiche Circul / ſo einander durchſchneiden; hernach oͤffnet man den Circul zwey Theile weit / ſetzet einen Fuß in den andernund85Von auffreiſſen einiger Linien. und vierdten Punct der vier gleichen Theile / machet oben und unten Kreutz-Schnitte / hernach oͤffnet man den Circul ſo weit / als drey gleiche Theile lang ſind / und ziehet aus den Creutz - Schnitten die aͤuſſerſten zwey Circul oben und unten zuſammen / ſo hat man ein ablaͤngligtes Oval, vid. Fig. 31.

Mechanice koͤnnen dergleichen Oval Figuren laͤngligt oder kurtz / weit oder ſchmal gemachet werden / wenn man zwey Naͤgel in ſolcher Di - ſtanz von einander einſchlaͤget / als man das Oval lang haben will; Und hernach einen Bindfaden weit oder enge zuſammen gebunden darum ma - chet / und mit einem andern Nagel oder Bley - Stiff in wendig des Bindfadens / ſo in etwas an den Nageln muß erhoͤhet werden / herum faͤhret / alſo das der Bindfaden allezeit auff einer Seiten der Naͤgel feſte bleiben muß / ſo kan man auch oh - ne der Geometrie und dem Circul ein Oval machen.

(29.) Frage. Wie ſoll man eine Eyer-Rundung Geometrice machen?

Man machet erſtlich eine gleiche Linie / und traͤ - get auff dieſelbe mit einen Circul vier gleiche Thei - le nach belieben / laͤſſet hernach eine perpendicular Linie durch das Mittel der vorig gezogenen Linie durch gehen / und traͤget auff dieſelbe drey derglei - chen vier Theile / nemlich eines ober und zwey un -F 3ter86Das II. Cap. ter der erſt gezogenen Linie auff die perpendicular, hernach ſetzet man den einen Fuß des Circuls wie - der in die Mitte der zu erſt gezogenen Linie / und ziehet mit ſolcher Weite die zwey mittleren Thei - le uͤber der Linie mit einer Rundung zuſammen; Nach dieſem nimmt man mit den Circul die Helffte von einen Theile und machet damit unte auf die perpendicular Linie einen kleinen Circul / alſo / daß der unterſte dritte Theil der perpendicu - lar Linie in ſeinen gebuͤhrenden Circul eingeſchloſ - ſen werde: Wenn dieſes verrichtet muß man den Circul drey gantze Theile weit auff mache / als die gantze perpendicular Linie lang iſt / oder als drey Theile auff der zu erſt gemachten blinden Linie austragen / ſetzet darauff den einen Fuß des Cir - culs in die aͤuſſerſte Puncte der zu erſt gezogenen Linie / und ziehet damit die obere groſſe Weite und untere kleine und enge Rundung zuſammen / ſo hat man eine richtige Eyer-Rundung formiret / vid. Fig. 32.

30. Frage. Wie ſoll man nach der Geometrie, ein Hertze formiren?

Man ziehet eine blinde Linie / und traͤget auff dieſelbe nach belieben vier gleiche Theile / aus dem andern und vierdten Punct machet man ober der Linien mit unverruckter Circul-Weite zwey hal - be Boͤgen; hernach oͤffnet man den Circul ſoweit87Von auffreiſſen einiger Linien. weit als alle vier Theile austragen / ſetzet den ei - nen Fuß des Circuls in die aͤuſſerſten Puncte auff der Linie / und machet damit unterwaͤrts von ei - nem aͤuſſerſten Punct an auff beyden Seiten / Boͤgen / welche einander durch ſchneiden / ſo for - miren die zwey oberen Rundungen / und denn die unterſten zwey Boͤgen bey ihrem Durchſchnitt die Geſtalt eines Hertzens / vid. Fig. 33.

31. Frage. Wie ſoll man eine Regular Schne - cken / oder Schrauben Figur machen und auffreiſſen?

Man ziehet anfangs eine blinde Linie / und traͤ - get auff dieſelbe ſo viel gleiche Theile als einen be - liebet / jedoch muͤſſen dergleichen gleiche Theile nicht von gleichen / ſondern von ungleichen Zah - len ſeyn; Hernach ſuchet man auff dem mittle - ren Theile die Helffte / und machet darmit ober ſich einen halben Circul / als denn machet man den Circul ein gantzes Theil weit auff / ſetzet den einen Fuß des Circuls in den einen Punct zur lin - cken Hand des zuvor gemachten Circuls / und machet mit ſolcher Weite von der erſt gezogenen Linie an / unterwaͤrts einen Bogen biß wieder an die erſt gezogene Linie / und daß ſolcher Bogen dem andern Punct von dem erſten Theil auff ſolcher Linie beruͤhre; Hernach oͤffnet man den Circul ein und ein halbes Theil / ſetzet den einen Fuß desF 4Cir -88Das II. Cap. Circuls in das Centrũ des zu erſt gemachten halbé Circuls uñ machet mit ſolcher Weite / von der lin - cken zur rechten Hand oberwaͤrts der zur erſt ge - zogenen Linie wieder einen halben Circul / wel - cher den fuͤnfften Punct auff der Linie beruͤhre[t]: Weiter oͤffnet man den Circul ſo weit als zwey Theile austragen / ſetzet den einen Fuß des Cir - culs in den letzten Punct des andern Theils und faͤhret damit unterwaͤrts von der rechten Hand zur lincken biß an den erſten Punct der zur erſt gegebenen Linie: Endlichen oͤffnet man den Cir - cul zwey Theile und ein halbes weit / ſetzet den ei - nen Fuß in das Centrum des zu erſt gemachten halben Circuls und machet darmit oberwaͤrts der Linie von der lincken zur rechten Hand wie - der einen halben Bogen / welcher den ſechſten Punct auff der Linie beruͤhre / ſo hat man eine Re - gulare Schnecken Figur / und kan man alſo wei - ter nach Proportion und geſtalten Sachen proce - diren / und derglelchen Figuren ſo groß und weitlaͤufftig machen als einen beliebet / vid. Fig. 34.

(32.) Frage. Wie ſoll man eine Irregular-Schne - cken-Rundung machen / ſo in der Mitten enge iſt / und ſich immer nach der Weite weiter oͤffnet und auff - machet?

Man89Von auffreiſſen einiger Linien.

Man ziehet eine blinde Linie und traͤget nur et - wan zwey gleiche Theile nach belieben darauff / den andern Theil halbiret man wieder und muß der erſte halbe Theil von dem andern gantzen Theil nochmahls halbiret werden; Als denn ſe - tzet man den einen Fuß des Circuls auff die letzt gefundene Mitte und machet unter der zur erſt ge - zogenen Linie einen halben Circul von der rech - ten zur lincken Hand; Weiter oͤffnet man den Circul die Helffte von einem gantzen Theile / ſetzet den einen Fuß des Circuls in das Centrum des gantzen andern Theils und machet damit ober - waͤrts der Linie von der lincken zur rechten Hand einen halben Circul; Wenn dieſes geſchehen oͤff - net man den Circul ein gantzes Theil weit / ſetzet den einen Fuß des Circuls auff den andern Punct der Linie / und machet damit unterwaͤrts / von der rechten zur lincken einen halben Bogen; Endlichen oͤffnet man den Circul gantzer zwey Theile weit / ſetzet den einen Fuß des Circuls in den letzten Punct der zwey gegebenen Theile auff der Linie / und machet darmit oberwaͤrts / von der lincken zur rechten wieder einen halben Circul / welches man denn nach belieben mit behoriger Oeffnung des Circulsweiter continuiren kan / vid. Fig. 35.

F 523. Fra -90Das II. Cap.

(33.) Frage. Wie ſoll man das ſo genante Auge / als fundament zu dem Schnirckel der Joniſchen Saͤule machen?

Man ziehet erſtlich eine gerade Linie / und laͤſ - ſet durch das Mittel derſelben eine perpendicular fallen / ziehet darauf dieſe beyde Linien in ein gleichſeitiges Quadrat in zwey gleiche Theile / und ziehet ſolche Puncta abermals mit Linien Creutz - weitz wieder zuſammen: Wann dieſes geſchehen theilet man dieſe letzte zwey Creutz-Linien iede in 6. gleiche Theile wieder / ſo kommen in allen 12. gleiche Theile auf denſelben heraus / be - zeichnet dieſe Theile mit Ziffern / alſo / daß man - ber der zu erſt gezogenen Linie von der lincken Hand darmit anfaͤnget / zu euſſerſt an den Thei - lenherumb gehet / und einwaͤrts nach dem Ceutro in behoͤriger Ordnung continuiret / damit unter 1. die Zahlen 5. 9. unter 2. die Zahlen 6. 10. unter 3. die Zahlen 7. 11. unter 4. die Zahlen 8. 12. kom - men moͤgen / wornach der Schnirckel viertel weiß von Quadrat muß gezogen werden / wie in fol - gender Quæſtion zu vernehmen iſt / vid. Fig. 36.

(34.) Frage. Wie ſoll man den Schnirckel bey der Joniſchen Saͤule nach dem gemachten Auge gebuͤhr end ziehen und auf - reiſſen?

Wenn91Von auffreiſſen einiger Linien.

Wenn die aller erſten Creutz-Linien nach pro - portion des Capitaͤlls und deſſen Sims-Wercks der Joniſchen Saͤule gebuͤhrend ſind gezogen / und das Auge hierzu bey dem Durchſchnitte der er - ſten Linien recht gemachet worden / ſo oͤffnet man den Circul von den Punct des 1. Theils von Au - ge biß zu den aͤuſſerſten Punct des obern lei - ſtens / von welchen eine perpendicular Linie he - runter fallen / und die erſt zu unterſt aus dem Bauche gezogene Linie durch ſchneiden muß / und fuͤhret mit ſolcher Weite zu euſſert von oben an einen Viertel Circul zur rechten Hand zu; dar - nach ſetzet man den einen Fuß in den Punct des andern Theils / druͤcket ſolchen ein wenig zu / und continuiret den Circul unter ſich wider ein Vier - tel fort / und alſo immer weiter einwaͤrts / mit Fortſetzung des Circuls in die zwoͤlff Theile / als Centra des gantzen Schnirckels / welcher von wei - ten auswaͤrts muß angefangen / und nach ein - waͤrts immer enger zuſammen gezogen werden / iedoch kein mahl weiter / als allezeit nur ein Vier - tel von Circul / wie ſolches aus der Figur mit meh - ren wird zuerſehen und zu lernen ſeyn; Geſtalt dann auch die doppelten Linien des Schnirckels alſo muͤſſen gemachet und aufgeriſſen werden / vid. Fig. 37.

(35) Frage. Wie ſoll man einen Cylindrum aufreiſſen?

Die92Das II. Capitel.

Die Coͤrper / und inſonderheit ſeinen Cylinder aufzureiſſen / muß man eine blinde perpendicular auffuͤhren / und zu beiden Seiten derſelben in die Hoͤhe ein ablaͤnglicht gleichwincklicht Quadrat auffrichten / und mit deſſen halben Weite an ei - nem Ende einen Circul machen / umb die Dicke und ſoliditaͤt hierunter vorzuſtellen / an dem an - dern Ende aber ſolches Viereck mit einem halben Circul von auſſen beſchlieſſen / ſo iſt der Cylinder fertig / vid. Fig. 38.

(36.) Frage. Wie ſoll man einen Conum aufreiſſen?

Man ziehet unten eine blinde gleiche Linie / ſo breit als man den Conum haben will / laͤſſet auf die Mitten ſolcher Linie von oben eine blinde per - pendicular fallen / erwehlet oben auf beſagter per - pendicular einen Punct / ſo hoch als man den Co - num haben will / aus welchen man zu beiden Sei - ten auf die unterſte Linie / und zwar auf dero beide Enden Linien ziehet / machet endlichen mit einer gewiſſen Circul-Weite uͤber und unter die erſt gezogene Linie halbe Boͤgen / ſo einander an dem Enden ſolcher Linien beruͤhren / wodurch dan die untere Dicke des Coni abgebildet wird / ſo iſt der Conus fertig / vid. Fig. 39.

(37.) Fra -93Von aufreiſſen einiger Linie.

(37.) Frage Wie und von wie viel Ecken kan und ſoll man einen Pyramiden auf - reiſſen?

Man kan einen Pyramiden von 3. biß 12. Eck aufreiſſen und machen / wann nur allezeit das Fundament zu demſelben von ſo viel Ecken / als man ſolchen Verlanget / zu erſt angeleget iſt: Aus der mittelſten Ecken aber des Fundamentes muß man eine blinde perpendicular Linie laſſen in die Hoͤhe gehen / daran ſich auf einen gewiſſen Punct die vorder und Seiten-Linien alle ab - ſchneiden / und ausgezogen werden muͤſſen / ſo iſt der Pyramis fertig und aufgeriſſen / vid. Fig. 40.

(39) Frage. Wie ſoll man einen Cubum auf - reiſſen?

Wenn man einen Cubum aufreiſſen will / muß man zu erſt ein regulares, aber gleichſeitiges und recht winckligtes Viereck machen / uͤber das rechte Viereck machet man gegen die rechte Hand ein - ander geſchobenes Viereck oder Rhombum, und denn auch endlich neben den rechten Viereck zur rechten Hand noch einander geſchobenes Viereck / alſo daß alle Linien in einerley Laͤnge kommen / ziehet ſo dann die Winckel mit Linien zuſammen /ſo94Das II. Cap. ſo hat man einen Cubum recht verfertiget. Will man nun mit blinden Linien inwendig deſſelben noch einen andern Cubum andeuten / ſo koͤmt das rechte Quadrat zur rechten Hand oben / die zwey geſchobene aber unten und neben zur lincken Hand / vid. Fig. 41.

39. Frage. Wie ſoll man ein Priſma auf - reiſſen?

Man machet zu erſt in die Hoͤhe ein regulares ablaͤnglichtes Viereck oder parallelogrammum, uͤber / und neben daſſelbige zur rechten Hand ma - chet man ablaͤnglicht geſchobene 2. Vier Eck o - der Rhomboides, iedoch / daß das obere kleine das nebenſtehende aber an den langen Linien ſo lang iſt / als das rechte lange Vier-Eck / uñ ziehet darauf die Winckel mit Linien zuſammen. Will man nun noch ein ander Priſma oder Parallelopipe - dum in das rechte inwendig mit blinden Linien an - deuten / ſo koͤmmt das rechte Quodratum oblon - gum oben zur rechten / das klein geſchobene ab - laͤnglicht Viereck unten und das andere laͤnglicht geſchobenen auf die neben Seiten zur lincken Hand / vid. Fig. 42.

40. Frage. Wie ſoll man eine Patrone zu einem runden Feuer-Kugel-Sack auf - reiſſen?

Weil95Von auffreiſſen einiger Linien.

Weil dieſes in der Geometrie auch fein Funda - ment hat / ſo habe ich ſolches mit hieher ſetzen wollé / und ziehet man erſtlich eine blinde Linie in der Laͤn - ge des Diameters des Geſchuͤtzes / woraus die Ku - gel ſoll geſchoſſen oder geworffen werden / theilet ſolche in 4. gleiche Theile / oͤffnet den Circul 3. Theile weit / ſetzet den einen Fuß in den cuſſerſten Punct einen / und machet mit den andern durch den dritten Punct einen Bogen / welches gleich falß auf der andern Seiten auch geſchehen muß / alſo / daß die Boͤgen unten einander durch ſchnei - den / und giebet auf ieder Seiten dem Bogen noch ein Viertel Laͤnge von einem Theile zu zur Nad / oben aber muͤſſen die Boͤgen einander nicht durch ſchneiden / indem man die Patrone daſelbſt nicht ſpitzig / ſondern etwas breitligt formiren muß wegen der Lappen / darein die Kugul bey der Bereitung in gewiſſe Hacken eingehaͤckelt und feſte gemachet wird / und werden dergleichen Patronen 4. gebrauchet zu einer runden Feuer - Kugel / wornach der Zwillig muß geſchnitten und mit einer ſtarcken Nad zuſammen genaͤhet wer - den / vid. Fig. 43.

41. Frage. Wie ſoll man eine Patrone zu einer ablaͤnglicht runden Feuer-Ku - gel aufreiſſen?

Man muß abermahl zu Anfangs eine blindeLinie96Das II. Cap. Linie ziehen / und den Diametium des Geſchuͤtzes / worauß die Feuer-Kugel ſoll geſchoſſen oder ge - worffen werden / auff dieſelbige aufftragen / den Diametrum in 7. gleiche Theile vertheilen / den Circul 6. Theile weit auffmachen / und zu beiden Seiten des Diametri aus den euſerſten Puncten darmit Boͤgen machen / welche einan - der unten durchſchneiden oben aber wegen der Lappen wird darmit verfahren / wie in vorigen gemeldet worden / und muß man wegen der Nad bey ieden Bogen ein halbes Theil breit zugeben / ſo iſt auch dieſe Patrone verfertiget / deren man 3. brauchet / zu einem ablaͤnglichten Feuer-Kugel Sacke / wornach endlich der Zwillig muß ge - ſchnitten / und feſte zuſammen genaͤhet werden / davon bey dem Ernſt-Feuer-Werck mit mehren gehandelt wird / vid, Fig. 44.

Das III. Cap. Von der Geometria Practi - ca, und inſonderheit von der Eutime - tria, oder ausmeſſen der Linien und Win - ckel nach ihren Hoͤhen / Tieffen / Laͤngen und Breiten durch gewiſſe Iuſtrumenta, und was ſonſt darbey zu ob - ſerviren.

1. Fra -97Von der Geometria oder Eutimetra.

(1.) Frage. Was iſt und lehret die Eutimetria.

Die Eutimetrta iſt eine Meßkunſt / welche leh - ret / wie man vermittelſt gewiſſer Iuſtrumenta ſo wohl in der ferne als naͤhe alle Linien und Win - ckel nach ihren Hoͤhen / Tiefen / Breiten und Laͤn - gen außmeſſen kan und ſoll. Wenn dergleichen operation durch die Arithmetic geſchiehet / wird dieſe Wiſſenſchafft Trigonometria genennet.

(2.) Frage. Was und wie vielerley Inſtrumenta kan man im Felde hierzu gebrauchen?

Zu Außmeſſung der Linien und Winckel / zu - mahl in die ferne worzu man nicht kom̃en kan / kan man vielerley Inſtrumenta gebrauchen / als nemli - chendas Quadrat, das Pantometron den Jacobs - Stab / das aſtrolabium oder halben Circul / und andere / worunter aber der halbe Circulam be -[ſ]ten und am ſicherſten iſt / deſſen Gebrauch auch bey folgenden Quæſtionen ſoll angewieſen werden

3. Frag. Hat man nicht auch andere Inſtru - menta und modos die Linien und Winckel in der Naͤhe / und zu welchen mankommen kan / darmit außzumeſſen.

Die Linien koͤnnen in der Naͤhe / zu welche man fuͤglich kommen kan / entweder mit Meß-Ruthen, Meß-Ketten / oder mit Stricken und Leinen / wel - che ingewiſſe Schue und Ruthen mit einigerGZei98Das III. Cap. Zeichen eingetheilet ſind / ausgemeſſen werden: Die Winckel aber kan man durch ein bequemes Inſtrument, und einen halben Circul auff zwey zuſammen gemachten Linialen von 1. und halben oder 2. S. lang gar wohl erforſchen und ausmeſ - ſen; oder man kan in nachgeſetzter Tafel entwe - der die Winckel durch die Baſin, oder auch die ba - ſin vermittelſt der Winckel erfinden / nemlichen alſo: Man miſſet auff ieder Linien / ſo den Win - ckel machen und einſchlieſſen / 30. S. ab / und be - mercket daꝛauf denſelbe Oꝛt; Hernach ziehet Man eine Schnure die quere vor dem Winckel / ſtrecket ſolche wohl aus / und machet ſie an beyden Orten der abgezehlten 30. S. veſte / alsdann miſſet man dieſe Schnure / als die Baſin des Winckels / ſo viel nun ſolche an Schuen oder Zollen austraͤget / das ſuchet man in der Taffel unter der Colomnen der Baſium, ſo wird denn in der andern Colomnen man die Grade und Minuten finden / wie hoch ſich der zuwiſſen verlangte Winckel belauffe. O - der man wuͤſte ſchon den Jnhalt und Quantitaͤt des flachen Winckels / man wolte aber auch ger - ne die Laͤnge ſeiner Baſin wiſſen / ſo ſuchet man erſt die Grade und Minuten des Winckels / und ſie - het dann zur Seiten / wie viel Schue und Zoll die Laͤnge ſeiner Baſis haben moͤge: Worbey aber zu mercken / daß ſolches alles nur von 30. S. ſolle und muͤſſe verſtanden werden / welche man auff den Linien des Winckels juſt und wohl muß abmeſ - ein: die kleinern Zieffern bedeuten auff der Co - lumnen der Baſium Zolle / die groſſen aber Schue.

Taffel[99]

Taffel der Winckel welche alle - zeit durch zwo Seiten von 30. Schuhen begriffen ſind.

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(4.) Frage. Mit was vor Inſtrumenten ſoll man eine Figur nachdem verjuͤngten Maaßſtaab auffreißen?

Man kan eine abgemeſſene Figur vom Fel - de nach dem verluͤngten Maaß-Stab auftragen und zu Pappier bringen durch den Transporteur und einen kleinen Maaß-Staab nach belieben / oder auch ohne Transporteur, wenn man nem - lichen auff einen gewiſſen Maaß-Staab mit dem Circul 6. R. ergreiffet / und mit ſolcher wei - te auff das Pappier einen Circul machet / her - nach alle Weiten und Laͤngen nach R, und S. nach eben demſelben verjuͤngten Maaß-Stab mit dem Circul verzeichnet / und des Lineal bey den Linien allezeit an das Centrum des gemach - ten Circuls anleget / ſo wird man / wen die Win - ckel bekant / die Figur juſt in das kleine bringen /G 5und106Das III. Cap. und einen gewiſſen Plan und Grund-Riß ma - chen koͤnnen ohne ſondere Muͤhe.

5. Frage. Wie ſoll man eines Thurms oder andere Vertical-Hoͤhe meſſen / zu deſſen Fuß man kommen kan / und wieſoll man ſolches nach dem verjuͤng - ten Maaß-Staab zu Pap - piere bringen?

Man ziehet unten von dem Fuße des Thurmes eine gleiche Linie nach belieben von vielen Schu - hen lang / biß man an deren Ende die Hoͤhe des Thurms recht erſehen kan / ſtellet hernach auff den aͤuſſerſten Punct dieſer Linie das Inſtrument und Stativ recht perpendicular auf und in die Erde / jedoch alſo / daß der halbe Circul oben in die Hoͤhe komme / welches allezeit bey Ausmeſſung der Hoͤ - hen geſchehen muß; Damit man die Gradus, wenn man in die Hoͤhe ſiehet / darauff abſchnei - den koͤnne: Wenn nun dieſes geſchehen / ſo ſiehet man durch die unbeweglichen Dioptras nach dem Fuß des Thurms / hernach muß das Inſtrument an ſeiner Kugel feſte gemachet / und durch die be - weglichen Dioptras mit unverruckten Inſtrument auch nach der Hoͤhe des Thurms geſehen wer - den: Wenn nun dieſes geſchehen / zehlet man den Winckel auff dem Inſtrument, wie groß und weit derſelbe iſt / und bemercket alſo dieſe Zahlen. Die -107Von der Geometria oder Eutimetria. Dieſen erforſchten Winckel nun nach dem ver - juͤnckten Maaß-Staab auf Pappier zu bringen / reiſſet man eine gleiche Linie von ſo viel Schuhen und Ruthen / als die erſte Linie bey dem Abmeſſen iſt gemachet worden / leget den Transporteur auff das Ende derſelben / und machet auch einen ſo weiten Winckel / als bey der Abmeſſung ſolcher erforſchet worden; Endlichen fuͤhret man an dem andern Ende der Fundamental Linie eine per - pendicular auff / alſo / daß dieſe die andere Linie ſo den Winckel machet gantz durch-ſchneide; Miſ - ſet hernach dieſe Hoͤhe der perpendicular Linie biß an den Durchſchnitt auf dem verjuͤngten Maaß - Staab / und addiret noch dazu die Hoͤhe des Sto - ckes des Inſtruments, ſo bekommet man juſt die Hoͤhe des gantzen Thurms / oder einer andern Vertical-Hoͤhe / ſo man zuvor gemeſſen / vid. Fig. 45.

(6.) Frage Wie ſoll man eine Vertical-Hoͤhe meſſen und nach dem verjuͤngten Maaß - Staab auff Pappier auftragen / zu deren Fuß man nicht kom - men kan?

Wenn man zu dem Fuß und Baſi einer Verti - cal-Hoͤhe etwan wegen eines Fluſſes / Grabens oder Moraſtes nicht kommen kan / muß man in gleicher Gegend der Hoͤhe diſſeits des Fluſſesan -108Das III. Cap. anfangen und laͤngſt demſelben eine gleiche Linie ziehen von etlichen Schuhen lang: Bey dem An - fang nun dieſer Linie / nemlich dem Fuſſe der Hoͤ - he gleich uͤber ſtellet man das Inſtrument-Wage recht auff / und ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras nach dem End-Punct dieſer gezogenen Linie; Hernach ſiehet man auch durch die beweg - lichen Dioptras uͤber dem Fluß nach dem Fuß der verlangten Hoͤhe / zehlet dieſen Winckel auff dem Inſtrument, wie groß er iſt / und ſchreibet ſolchen auff. Wenn der erſte Winckel gefunden / ſtel - let man das Inſtrument auff dem andern End - Punct der zulaͤngſt des Fluſſes diſſeits gezoge - nen Linie / ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras nach dem Anfang dieſer Linie / wo zu vor das Sta - tiv geſtanden / und durch die bewegliche auch nach dem Fuß der Vertical-Hoͤhe / zehlet darauff auff den Inſtrument dieſen Winckel und ſchreibet ihn wieder auff. Endlichen werden dieſe Winckel und Linien nach dem Verjuͤngten Maaß-Staab und vermittelſt des Transporteurs auffgeriſſen / alſo daß ein Triangul in der Figur heraus kommt. Wenn man nun die Weite hat biß unten an den Fuß der verlangten Hoͤhe / kan man das uͤbri - ge durch vorhergehendes Problema leicht erfin - den / vid. fig. 46.

7. Fra -109Von der Ceometria oder Eutimetria.

(7.) Frage. Wie ſoll man eine Vertical oder perpendicular Hoͤhe eines Thurmes oder Hauſes / zu deſſen Fuß man kommen kan bey Sonnen - Schein mit einem Staabe nach den Schatten meſſen?

Man ſtecket perpendiculariter einen Stock in die Erden / welcher eines Fuſſes lang bleibet uͤber der Erden / und miſſet den Schatten ſo dieſer Staab ſonderlich zu Mittage im Sommer / da die Sonne am hoͤchſten iſt / machet und von ſich wirffet. Mit dieſem Schatten nun des Stocks miſſet man auch hernach den Schatten des Hau - ſes; So viel Schuhe nun der Schatten des Hau - ſes den Schatten des Stocks uͤbertrifft ſo viel Schuhe hoch wird auch das Hauß ſeyn / als zum Exempel: Der Schatten von Hauſe waͤre 24. mallgroͤſſer als der Schatten vom Stocke / ſo iſt auch das Hauß 24. Schuhe hoch.

(8.) Frage. Wie ſoll man den Abhang und glei - che Hoͤhe eines Berges meſſen / zu deſ - ſen Fuß man kommen kan?

Man ziehet von dem Fuß des Berges eine ge -rade110Das III. Cap. rade Linie von etlichen Schuhen lang / biß man von dem aͤuſſerſten Punct derſelben die Spitze des Berges erſehen kan; Setzet das Inſtrument auff dem Anfang der Linie an dem Fuß des Ber - ges / und ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras nach dem Endpunct ſolcher Linie welcher mit et - was muß bemercket ſeyn; Hernach ſiehet man auch durch die beweglichen Dioptras nach dem Gipffel oder Spitze des Berges / und mercket / wie hoch ſich ſolcher Winckel auff dem Inſtrument be - lauffe; Wenn dieſes geſchehen / ſtellet man auch das Inſtrument auf das andere Ende der zur erſt gezogenen Linie / ſiehet ruͤckwarts durch die unbe - weglichen Dioptras, nach dem Anfang der Li - nie und Fuße des Berges / durch die beweglichen Dioptras aber nach der Spitze des Berges / und notiret abermahls die Weite dieſes Winckels. Endlichen machet man nach einem verjuͤngten Maaß-Staab, vermittelſt eines Transporteurs, ingleicher Laͤnge der Linien und Weite der Win - ckel einen Triangul auff das Pappier / ſo wird die kuͤrtzeſte Schrege Linie des Trianguls den Abhang des Berges geben. Wenn man aber die unter Fundamental Linie uͤber den Punct des Berges Fuſſes laͤſſet fortgehen / und aus der oberen Spiße des Berges eine perpendicular ſal - len / ſo bekoͤmmet man die perpendicular Hoͤhe des Berges / es muß aber allezeit die Hoͤhe des Stativis auch darzu gerechnet werden / vid Fig. 47.

9. Fra -111Von der Geometria oder Eutimetria.

9. Frage. Wie ſoll man die Hoͤhe eines Thurms meſſen / und nach dem verjuͤngten Maaß-Staab auftragen / welcher auf einen Felſen oder Berge ſtehet?

Man ſuchet die ablange Hoͤhe des Felſens oder Berges durch vorhergehende Quæſtion, und verfertiget nach Laͤnge der Fundamental Li - nie und Weite derer Winckel / mit einem ver - juͤngten Maaß Stab und Transporteur einen Triangul. Auff der Ecke des Trianguls, ſo die Spitze des Berges machet / fuͤhret man eine Perpendlcular in die Hoͤhe nach belieben / miſſet hernach durch das Inſtrument gebuͤhrend auff den Felde den gantzen Winckel auff der erſt gezogenen Linie mit der Hoͤhe des Thurms / ſo auff der Spitze des Ber - ges ſtehet / ziehet die Linien recht zuſammen / wenn dieſer letzte Winckel nach dem verjuͤngten Maaß - Staab auf geriſſen worden / und miſſet die obe - re perpendicular Linie / welche denn die Hoͤhe des Thurms giebet / wenn die Hoͤhe des Stativs auch darzu gerechnet worden / vid. Fig. 48.

(10.) Frage. Wie ſoll man die Tieffe eines Brun - nes oder Grabens meſſen / und ſolche nach dem verjuͤngten Maaß - Staab auftragen?

Man112Das III. Cap.

Man muß das Inſtrument bey dem Brunnen oder Graben perpendiculariter in die Hoͤhe ſtellen / iedoch alſo ſolches in ſeiner Kugel umbdrehen / daß die Rundung unten komme / welches allezeit bey Ausmeſſung der Tieffen geſchehen muß; Her - nach ſiehet man durch die unbeweglichen Dioptras uͤber den Brun und Graben in gleicher Linie hin / durch die beweglichen aber in den Brun und Gra - ben biß an deſſen Boden an einer Seiten / und notiret den Winckel / welcher ſich alſo auf dem Inſtrument formiret: Endlich ziehet man nach - dem verjuͤngten Maaß-Staab eine gerade Li - nie auf das Pappier / ſo die bekante Breite des Brunnes oder Grabens iſt / und formiret auf ſol - cher vermittels des transporteurs einen Winckel / welcher dem vorigen gleich iſt / laͤſſet hernach am Ende der erſtgezogenen Linie eine perpendicular durch die andere Linie / ſo den Winckel formiret / durch gehen / miſſet die Laͤnge der perpendicular biß an dem Durchſchnitt / ſo wird ſolche die Tief - fe des Brunnes oder Grabens geben / vid. Fig. 49.

(11.) Frage. Wie ſoll man die Diſtanz zweyer Oerter meſſen und nach dem verjuͤngten Maaß-Staab aufreiſſen / zuwelchen bey - den oder nur deren einen Man kom - men kan?

Zum Exempel man ſtuͤndte bey einem Bau -me /113Von der Geometria oder Eutimetria. me / Thurme oder Hauße / und man wolte gerne durch das Inſtrument erfahren die Weite und Di - ſtanz, ſo man wohl meſſen koͤnte / zwiſchen einem andern Baume / Thurme oder Hauß / ſo vor einem in gerader Linie gleich weg ſtuͤndte; So muß man von dem Fuße des Baumes an / wo man ſtehet / rechts oder lincks eine gerade Linie ziehen nach be - lieben von etliche Schuen lang; Hernach ſtellet man das Stativ an dem Fuß des Baumes per - pendiculariter und Waſſer-Recht auf / ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras nach dem an - dern Ende der gezogenen Linie / und durch die be - weglichen nach dem andern vor ſich ſtehenden Baume / zehlet und bemercket dieſen Winckel: Hernach ſtellet man das Stativ auf das andere Ende der gezogenen Linie / ſiehet durch die unbe - weglichen Dioptras ruͤckwaͤrts nach dem Fuß des Baumes / wo zu erſt das Stativ geſtandten / und durch die beweglichen nach dem andern Baum / zehler und bemercket auch dieſen Winckel: End - lichen reiſſet man nach einen verjungten Maaß - Staab eine gleich lange Linie von ſo viel Schuen / als die vorige geweſen / auff dem Pappiere auf / und formiret auch zu gleich / vermittelſt eines Transporteurs, die zwey bekantẽ Winckel darauf / alſo / daß ein rechtwincklichter Triangul heraus koͤmmet / ſo wird die Perpendicular und Cathetus die Weite geben / ſo zwiſchen den beyden Baͤu - men iſt / welche operation dann auf gleiche weiſe kan verrichtet werden / wenn man zu dem andernHBaum114Das III. Cap. Baume / Thurme / oder Hauße wegen eines Gra - bens / Fluſſes oder Moraſtes nicht gehen kan / vid. Fig. 50.

12. Frage. Wie ſoll man die Diſtanz zweyer Oerter meſſen / und nach dem verjuͤngten Maaß-Staab aufreiſſen / zu deren keinen man kommen kan?

Zum Exempel: Man ſtuͤnde an dem Ufer ei - nes Fluſſes / man ſehe aber an der andern Sei - ten des Ufers zwey gewiſſe Baͤume oder andere Sachen von einander ſtehen / deren Diſtanz man gerne wiſſen wolte / ſo muß man diſſeits des Fluſ - ſes gerade gegen einem Baume uͤber anfangen eine Linie zu ziehen / biß man faſt die gleiche wider von dem andern Baume hat / und ſolche Linie ausmeſſen: Dann ſetzet man das Stativ-Wag recht auf dem Anfang der gezogenen Linie / und ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras nach dem erſten Baume / obſerviret den Winckel / und ſchreibet ſolchen auf; Hernach ſetzet man auch das Stativ-Wag recht auf das andere Ende der Linien / ſiehet durch die unbeweglichen Dioptras zu ruͤcke nach dem Anfang der Linie / wo zu erſt das Stativ geſtanden / und durch die beweglichen uͤber das Waſſer nach den andern Baume / ob - ſerviret auch dieſen Winckel und notiret ihn; Endlichen ziehet man nach dem verjuͤngten Maaß-Staab eine gerade Linie / ſo der vorigendem115Von der Geometria oder Eutimetria. dem Maaſſe nach gleich lang iſt / formiret ver - mittelſt eines transporteur die vier bekanten Win - ckel darauf / ziehet ſolche mit Linien ereutze weiß zuſammen / daß alſo 3. Triangul ſich præſentiren / ſo wird die leere weite zwiſchen den Ecken / welche mit einer Linie nicht zuſammen gezogen worden / die Diſtanz geben / welche zwiſchen den beyden Baͤumen ſich befindet / vid. Fig. 51.

13. Frage. Wie ſoll man die Breite eines Fluſ - ſes oder Grabens mit den halben Circul meſſen / und nach dem verjuͤngten Maaß-Staab aufreiſſen?

Man ziehet diſſeits des Waſſers laͤngſt / dem Ufer eine gleiche und gerade Linie von etlichen Schuen nach belieben / ſtellet das Stativ-Wag recht zu Anfangs dieſer Linie / ſiehet durch die un - beweglichen Dioptras nach dem Ende dieſer Linie / und durch die beweglichen nach einen gewiſſen Punct uͤber das Waſſer an dem Ufer / obſervi - ret dieſen Winckel und ſchreibet ihn auf; Her - nach ſtellet man das Inſtrument auf das andere Ende der zu erſt gezogenen Linie / ſiehet ruͤckwaͤrts durch die unbeweglichen Dioptras nach dem er - ſten Standt / und durch die beweglichen nach dem bekanten Punct uͤber das Waſſer an dem Ufer / und obſerviret auch dieſen Winckel: Endlichen ziehet man nach einem verjuͤngten Maaß-StaabH 2eine116Das III. Cap. eine gerade Linie auf das Pappier / welche ſo lang iſt / als die vorige / und formiret die bekanten zwey Winckel darauf / ſo wird man einen recht winckligten Triangul bekommen / ſo lang nun die Perpendicular oder Cathetus an demſelben Trian - gul ſeyn wird / ſo breit wird auch der Fluß oder Graben ſeyn / vid. Fig. 52.

14. Frage. Wie ſoll man die Breite eines Fluſ - ſes oder Grabens mit zwey Staͤben meſſen?

Man richtet diſſeits an dem Ufer eines Fluſſes einen Stab ohngefehr von 3. oder 4. S perpen - diculariter in die Hoͤhe / ſpaͤltet ſolchen Stab oben ein wenig auf / und ſtecket in die Spalte einen an - dern kleinen Stab etwan von 1. S. lang; Her - nach ſtellet man ſich hinter dieſen kleinen Stab / und richtet ſolchen in dem groſſen Stab ſo lang zu rechte / biß man uͤber demſelben das andere Ufer des Fluſſes ſehen kan. Nach dieſem laͤſſet man den kleinen Staab alſo unverruͤckt in dem groſ - ſen ſtecken / und drehet nur den groſſen auf eine Seite umb / daß man diſſeits des Fluß / laͤngſt dem Ufer uͤber den kleinen hingehen kan: Wo nun der Augen-Punct uͤber denſelben auf das Ufer hinfaͤllet / dieſelbige Weite muß man ausmeſſen von dem groſſen Stabe an / ſo giebet ſolched verlangte Breite des Fluſſes / oder GrabensSo117Von der Geometria oder Eutimetria. Solches kan auch mit einem Hude verrichtet werden.

Das IV. Capitel. Von der Planimetria und Ausmeſſung der Figuren nach ihren ebenen Flaͤchen / und ſuperficialen Jnhalt / ſo die Geometræ Aream nennen.

1. Frage. Was iſt und lehret die Planime - tria?

Die Planimetria iſt eine Wiſſenſchafft / welche lehret / wie man aller flachen Figuren ſuperficialen Jnhalt / ſo die Geametræ Aream nennen / ausmeſ - ſen ſoll.

2. Frage. Wie ſoll man die Flaͤche oder aream eines recht winckligten Trianguls ausrechnen?

Bey einem rechtwincklichten Triangul miſſet man erſt die Baſin, hernach die Perpendicular, oder auch die halbe Perpendicular, oder auch die halbe Baſin mit der gantzen Perpendicular, oder auch die halbe Perpendicular mit der gantzen Baſi, dieH 3Sum -118Das IV. Capitel. Summa und das Facit ſo heraus koͤmmet / giebt den verlangten ſuperfieial Jnhalt des rechtwirck - ligten Trianguls. Jm Fall aber ſo wohl die Baſis, als die perpendicular ungerade Zahlen haͤtten / und ſich nicht wohl halbieren lieſſen / ſo multiplici - ret man die gantzen zwo Linien mit einander / und halbiret hernach das Product, ſo koͤmt auch der Superficial-Jnhalt heraus.

3. Frage. Wie ſoll man eines ieden andern Trianguls aream ausmeſſen?

Bey den andern Stumpff oder ſpitz-wincklig - ten Trianguln, ſie moͤgen gleichſeitig oder nicht gleichſeitig ſeyn / muß man allezeit aus deren ober - ſten Ecke eine perpendicular auf die Baſin, fallen laſſen / damit man zwey recht winckligte Triangul bekomme / und dann ſolche / wie in voriger Quæ - ſtion gelehret worden / ausmeſſen.

NB. Bey einem ſtumpff-wincklichten Trian - gul iſt inſonderheit zu mercken / daß umb die per - pendicular zu finden / man die Baſin blind / ſo weit es noͤthig iſt / vorlaͤngern / und hernach die per - pendicular auf ſolche aus der obern Spitze fallen laſſen muͤſſe; im uͤbrigen aber damit weiter ver - fahren / wie bereits in vorigen gelehret wor - den.

4. Fra -119Von der Planimetria,

4. Frage. Wie ſoll man den Aream eines recht Winckligten / und gleichſeitigen re - gularen Vier-Ecks finden?

Eine Seite wird mit der andern multipliciret / oder eine Seite wiꝛd in ſich ſelbſt quadrate multipli - ret / was heraus koͤmmet / deutet die Zahl an / wel - che der verlangte Area in ſich haͤlt.

5. Frage. Wie ſoll man den Aream eines regularen Parallelogrammi und ab - laͤnglichten Vier-Eckes fin - den?

Man multipliciret eine kleine Seite mit einer langen / das Product giebt den Jnhalt des Areæ an Tag.

6. Frage. Wie ſoll man den Aream eines ieden ungleichſeitigen Vier-Ecks fin - den?

Man theilet iedes ungleichſeitiges Vier-Eck anfangs in zwey Triangul, hernach theilet man dieſe 2. Triangul wider in vier rechtwinckligte Tri - angul, wenn dieſes geſchehen / werden die Areas ge - ſuchet / wie bey der andern Quæſtion gewieſen worden; die herauskommende Summen addiretH 4man120Das IV. Capitel. man zuſammen / ſo den Aream und ſuperficialen Jnhalt der Figur geben.

7. Frage. Wie ſoll man den Aream einer ieden regular Figur finden?

Geſetzt / man habe ein regulares ſieben Eck / und man wolte deſſen Aream und ſuperficialen Jnhalt gerne wiſſen / ſo miſſet man nur eine Seite dar - von / und multipliciret dieſe Zahl mit 7. weil auch 7. Ecken in der Figur ſind / wodurch man dann die Laͤnge aller Seiten und Polygonen bekoͤmmet; Hernach ziehet man aus der Mitten einer Sei - ten eine Perpendicular, und multipliciret mit die - ſer Zahl die Summen aller Seiten / das Product, ſo heraus koͤmmet / deutet an den verlangten A - ream des Sieben-Ecks.

7. Frage. Wie ſoll man den ſuperficialen Jn - halt einer ieden irregular Figur oder Trapezii finden?

Man muß die gantze Figur in eitel recht winck - ligte Triangul theilen / und ihre areas ſuchen / wie in der ander Quæſtion gelehret worden / die gantze Summa nun / wenn ſolche zuſammen oddiret iſt / wird geben den Jnhalt der irregular Figur.

8. Fi -121Von der Planimetria,

8. Frage. Wie ſoll man den aream eines Rhombi und Rhomboidis finden?

Man laͤſſet oben aus den inwendigen Win - ckel der Figuren Perpendicularen fallen auff die Baſes: continuiret unten die Baſes mit blinden Lini - en / und laͤſſet gleichfalls von oben aus den euſſer - ſten Winckeln Perpendicularen fallen auf die blind continuirten Baſes, miſſet hernach der Per - pendicularen Hoͤhe und Laͤnge der Baſium, multi - pliciret ſolche Zahlen bey ieder Figur à part mit ei - nander / addiret das Product, ſo wird ſolches einer jeden Figur ſuperficialem Jnhalt an Tag ge - ben.

(9.) Frage. Wie ſoll man den Aream eines Tra - pezii finden / an welchen zwey Seiten einander parallel ſind?

Man miſſet die Laͤnge der zwey ungleichen Seiten / und addiret dieſe Zahl zuſammen / halbie - ret hernach die Summa / ſo bekoͤmmt man die Mit - tel-Linie oder æquation; Wenn nun aus den E - cken Perpendicularen auf die Baſin gezogen worden / werden ihre Hoͤhen auch gemeſſen / und wird iede Perpendicular mit der æquation multipli - ciret / und das Product zuſammen addiret / welches dann den Jnhalt der Figur giebet.

H 5(10.)122Das IV. Cap.

(10.) Frage. Wie ſoll man den Aream eines Circuls ſuchen?

Man machet aus dem Circul einen rechtwinck - ligten Triangul, welches geſchiehet / wenn man den Diameter des Circuls in 7. gleiche Theile / verthei - let; Hernach richtet man an einem Ende des Diametri eine Perpendicular auf / ſo $$\frac {22}{7}$$ Theil / des beſagten Diametri hoch ſeyn muß / die Baſis aber halb ſo breit als der Diameter; Wenn min der Triangul alſo recht winckligt formiret iſt / wie auch im 2. Capitel dieſes theils quæſt 24. gelehret worden / ſo verfaͤhre man mit demſelben / wie bey der andern Quæſtion gelehret worden / das Facit giebt den ſuperficialen Jnhalt des Circuls.

(11.) Frage. Wie ſoll man den Aream einer Oval-Figur finden?

Man theilet einen Oval-Circul in der Mitte mit zweyen Diametris Creutzweiß in vier gleiche Theile / hernach ſuchet man den proportionirten Diameter unter dieſen zweyen / auf folgende weiſe: Man ziehet eine blinde Linie / und ſetzet erſtlichen den langen Diameter des Ovals darauf / hernach auch den kurtzen Diameter, iedoch beyde von oben aus einem End-Punct / alſo / daß nur 3. Puncte auf der blinden Linie zu ſehen ſind: Wann die -ſes123Von der Planimetria,ſes verrichtet / wird die kuͤrtzſte Diſtanz zwiſchen dieſen dreyeu Puncten / wider halbiret / und kom - men ſo dann vier Puncte auf die blind gezogene Linie; Ein ſolches kleines Theil nun wird zu dem kurtzen Diameter des Ovals geſetzet / welches dann den proportionirten Diameter giebet; Dieſer Dia - meter wird endlichen wider à part geſetzet / halbi - ret / und aus deſſen Mittel-Punct umb denſelben mit der Heiffte ein Circul gemachet / welcher Cir - cul in einen gleichſeitigen Triangul, nach voriger Quæſtion, muß verwandelt / und weiter darmit procediret werden / wie albereit angewieſen wor - den / ſo wird das Facit geben dem ſuperficialen Jn - halt des Ovals.

(12.) Frage. Wie ſoll man den ſuperficialen Jn - halt eines gleichſeitigen Pyramiden finden?

Zum Exempel: Es haͤtte der Pyramide ein gleichſeitiges vier-Eck zu ſeiner Baſi, ſo ſuchet man den Aream dieſes vier-Ecks / wie in vorigen 4. Quæ - ſtion gewieſen worden; multipliciret hernach eine Seite von dieſem viereck und Baſi mit der Hoͤhe des Pyramiden, multipliciret auch das producte mit der Zahl der Ecken des Pyramiden, als all - hier mit 4. zu dieſer Summa addiret man endli - chen die Aream des vier Ecks / ſo zu erſtgeſuchet worden / ſo wird die General Summa geben den gantzen Aream des Pyramiden.

13. Fra -124Das IV. Cap.

13. Frage. Wie ſoll man den Aream der Ober - flaͤche eines recht Cylindriſchen Coͤr - pers ſuchen?

Man ziehet eine blinde Linie / und traͤget mit ei - nem Circul die Laͤnge des Cylinders darauff nach einem verjuͤngten Maaß-Stabe; Jngleichen traͤ - man auch den Diameter von der Baſi des Cylinders darauff aus einem End-Punct / alſo / daß nur 3. Puncte auff der blinden Linie zuſehen; Hernach theilet man die kleine Diſtanz als den proportio - nirten Diameter zwiſchen den drey Puncten in zwey gleiche Theile / und machet mit ſolcher Helf - te einen Circul / durch den Circul und deſſen Cen - trum ziehet man ſeinen Diameter, machet aus den Circul nach der 10. Quæſtion einen rechtwinck - ligten Triangul, ſuchet nach der 1. Quæſtion die Aream deſſelben / ſo die gantze Oberflaͤche des Cy - linders enthaͤlt: Wenn dieſe gefunden / muß man hernach die Areas der zwey Baſium ſuchen / in der halben weite ihrer Diametrorum einen Circul ma - chen / ſolchen auch in einem rechtwinckligten Tri - angul verwandeln / und das doppelte product, wel - ches heraus koͤmmet von den zwey Baſibus zu der erſten Summe addiren / da denn das general fa - cit geben wird / die Superficiem convexam des Cy - linders / mit ſamt ſeinen Fuͤſſen oder beyden Ba - ſibus.

14. Fra -125Von der Planimetria.

14. Frage. Wie ſoll man die Superficiem conve - xam oder die Oberflaͤche eines ordent - lichen Coni finden?

Man ziehet eine blinde Linie / und ſetzet auff die ſelbe die gantze Hoͤhe des Comi, hernach ſetzet man auch den halben Diameter des Coni Fußes oder Baſis darauff / iedech aus einem End-Punct / alſo / daß nur 3. Puncte auff der Linie ſind. Die laͤng - ſte Diſtanz auff der Linie zwiſchen den drey Pun - cten theilet man wieder in 2 Theile von dieſen 2. Theilen laͤſſet man eines weg / und machet in der Weite der uͤbrigẽ gantzẽ Linie einẽ Circul / welcher ohne die Baſis ſo groß ſeyn wird / als der Conus iſt. Dieſer Circul wird hernach nach der 10. Qvæſt. in einen ꝛecht winckligtẽ Triangul veꝛwandelt / u. nach der I. Quæſt. deſſen Area erkundiget; Endlich wird mit der Weite des halben Diametri der Baſis auch ein Circul gemachet / auch ſolcher in einen recht - winckligten Triangul verwandelt / und deſſen Jnhalt / wie zuvor / erkundiget / welche Sum - men / wenn ſie alle zuſammen addiret werden / die Superficiem convexam des Coni mit ſamt dem Fuße weiſen.

(15.) Frage. Wie ſoll Man eines Globi oder runden Kugels Superficiem con - vexam finden?

Man126Das VI. Cap.

Man mißet den gantzen Diameter der Kugel / ingleichen die Circumferentz derſelben / welche allezeit dreymahl / und ein ſieben Theil groͤßer iſt / als der Diameter; hernach wird der Diameter mit der Circumferentz multilpliciret / waß herauß koͤmt / giebt die ſuperficiem convexam oder gantze Oberflaͤche der Kugel.

(16.) Frage. Wie ſoll man Aream der Baſis eines runden Thurms finden / wenn man nur zu einem Theil deſſelben kommen kan?

Zum Exempel / der runde Thurm haͤtte an ei - ner Seite / zu welcher man kommen kan / ein Loch / ſo muß man die Linie des, Loches von Thurme nach dem verjuͤngten Maaßſtab auf eine blinde Linie auftragen / theilet hernach die Linie in die Helffte nur davon / und multipliciret eine Helffte mit der andern: Wenn dieſes geſchehen laͤſſet man aus der Helffte eine Perpendicular fallen / biß an die Circumferentz / ſo das offene Stuͤcke geben moͤgte / addiret auch die Laͤnge der Pendicular zu der vorigen Summa / ſo wird das facit den Dia - meter geben / die Baſin des Thurms gantz zu ma - chen. Dieſer Diameter wird in zwey gleiche Theile endlich getheilet / und umb denſelben ge - buͤhrender maßen ein Circul gefuͤhret / ſo die Area des Thuͤrmes iſt; wenn nun dieſer Circul in einenrecht -127Von der Planimetria. rechtwinckligten Triangul verwandelt / und recht ausgerechnet wird / ſo kan man hierdurch den Jnhalt der Baſis des Thurms erforſchen.

Das V. Cap. Von der Stereometria und Ausmeßung der Maſſiv und dich - ten Coͤrper nach ihren Laͤngen / Brei - ten Tieffen und Hoͤhen. (1.) Frage. Was iſt und lehret die Stereometria?

Die Stereometria iſt eine Wiſſenſchafft / welche lehret wie man das Solidum, daß iſt die Groͤße / Laͤnge / Breite und Dicke eines jeden Coͤrpers fin - den und ausmeſſen ſoll.

(2.) Frage. Wie ſoll man die Dicke einer Mau - er oder eines Walles / ingleichen die Soliditaͤt eines Parallelopipedi finden?

Man mißet die Hoͤhe oder Breite der Figur mit der Laͤnge / und multipliciret die Breite mit der Laͤnge nach der Planimetrie, das product, ſo herauskommt deutet den Aream der Baſis an; her - nach multipliciret man den Aream mit der Hoͤhe / das Facit deutet die Soliditaͤt des Coͤrpers / und di - cke der Mauer oder Walles an.

(3.) Fra -128Das V. Cap.

(3.) Frage. Wie ſoll man eines Cubi oder Pa - rallelogrammi, ingleichen eines Rhom - bi und Rhomboidis Soliditaͤt finden?

Wenn die Areæ der Baſium nach vorherge - gangenen Unterweiſungen bey der Planimetrie ge - ſuchet worden / wird das Product mit der Laͤnge eines jeden Coͤrpers multipliciret / was den her - auskoͤmmt / gibt die eigentliche Soliditaͤt des Coͤrpers.

(4.) Frage. Wie ſoll man eines Priſmatis und und Cylindri Soliditaͤt ſuchen?

Man ſuchet erſtlichen die Areas der Baſium, wie zuvor gewieſen worden / hernach mißet man die Hoͤhe der Coͤrper / multipliciret endlich die Baſes mie den Hoͤhen / ſo giebet die Summa die Solidi - taͤt der Coͤrper.

(5.) Frage. Wie ſoll man der Pyramiden, Te - traedrorum und Conorum Solidi - taͤt ſuchet?

Man miſſet ihre Hoͤhe / ſuchet nach den vori - gen Planimetriſchen Qvæſtionen die Areas ihrer Ba - ſium, multipliciret entweder die gantze Hoͤhe mitdem129Von der Stereometria. dem dritten Theil der Hoͤhe / das Product weiſet die Soliditaͤt ſo wohl der Pyramiden, Tetraëdro - rum, als auch Conorum.

NB. Bey den andern Platoniſchen Coͤrpern wird allezeit die Soliditaͤt eines Pyramiden geſuchet / und das Product mit der Vielheit der Pyramiden eines ieden Coͤrpers multipliciret / das Facit weiſet ſo dann die Soliditaͤt.

(6.) Frage. Wie ſoll man eines Globi, Sphæræ oder runden Kugel Soliditaͤt ſuchen?

Man multipliciret den halben Diameter mit der geſuchten Oberflaͤche des Globi nach dem vorigen Planimetriſchen Qvæſtionen; dividiret hernach das Product mit 3 / der Qvotus wird als denn die verlangte Soliditaͤt andeuten.

Das VI. Capitel. Von der Cœlometria - oder Ausmeßung der holen Coͤrper / nach ihren Laͤngen / Breiten und Hoͤhen.

(1.) Frage. Was iſt und lehret die Cœlometria.

JDi130Das VI. Cap.

Die Cœlometrie iſt eine Wiſſenſchafft / wel - che lehret / wie man die Capacitaͤt der holen Coͤr - per finden ſoll / oder auf was vor eine Art man die holen Coͤrper nach ihren Laͤngen / Breiten / und Tieffen oder Hoͤhen ausmeſſen ſoll / um zu wiſſen / wie viel ſolche in ſich halten.

(2.) Frage. Mit was vor einem Maaß-Staa - be muͤßen denn die Zohlen Coͤrper ausgemeſſen werden?

Die hohlen Coͤrper ſollen und muͤſſen nach - geſtalten Sachen mit zweyerley Maaß-Staͤben ausgemeßen werden / nemlichen die holen Cor - per / ſo eine runde Figur haben / werden mit dem Cylindriſchen Maaß-Staabe gemeiuiglich ge - meſſen / welche hohlen Coͤꝛper aber viereckigt ſind / und aus ſuperficiebus planis beſtehen / die werden mit dem Cubimetriſchen Maaß-Staab gemeßen.

(3.) Frage. Wie wird ein Cylindriſcher Maaß - Staab verfertiget?

Der Cylindriſche Maaß-Staab / wormit die holen und gemeiniglich runden Coͤrper / ſie moͤgen gleiche oder ungleiche Boͤden haben / ge - meſſen werden / wird alſo verfertiget / in dem man auf eine Seite die Hoͤhe und Laͤnge / auf der an - dern aber die Weite eines jedwederen Maaßesbe -131Von der Cœlometria. bezeichnet / womit man die Sachen / ſo in einem ho - len Coͤrper gethan werden / ordentlicher weiſe pfle - get zu meſſen / als nemlichen; Wenn man ein Bier Faß ausmeſſen will / wie viel Kannen Bier in daſſelbige gehen / muß man die Hoͤhe und Weite des Kannen Maaſſes von Biere des Ortes / wo man ſich befindet / bekannt haben / und darnach den Maaß-Staab gebuͤhrender Maſſen einrich - ten; Desgleichen muß man auch thun mit dem Wein-Maaße / wenn man ein Wein-Faß aus - meſſen will.

(4.) Frage. Wie wird dann ein Cubimetriſcher Maaß-Staab verfertiget?

Die Verfertigung eines ſolchen Maaß-Staa - bes / womit aller hohlen und anderer eckigten Coͤrper Dicke / Breite Hoͤhe und Tieffe muß aus - gemeſſen werden / wird entweder nach den Cubi - ſchen Haupt Umſchlaͤgen / als 1. 8. 27. 64. 125. 216. 343. 512. 729. und 1000. wie in dem vorigen klei - nen Cubic-Taͤffelein Sub lit. A. zu erſehen / gema - chet und auffgetragen / in dem der erſte Haupt - Umſchlag oder Diameter in 4. gleiche Theile ge - theilet wird / wenn nun 1. Theil von dieſen 4. Thei - len zu dem erſte Pfundte oder Maſſe geſetzet wird / ſo hat man das andere Pfund oder Maaß. Wenn das erſte Maaß in 6. Theile getheilet / und ein ſolch 6. Theil zum andern Maſſe geſetzetJ 2wird /132Das VI. Cap. wird / ſo hat man das dritte: Weiter wenn der Diameter des erſten Maſſes oder Pfundtes in 7. Theile getheilet / und zu dem diametro des dritten Pfundtes oder Maſſes geſetzet wird / ſo hat man das vierte; Wird der Diameter des erſten Pfun - des oder Maſſes in 8. Theile getheilet / und . zu dem vierdté Maße geſetzet / ſo hat man das fuͤnffte Pfundt oder Maß; Wird der Diameter des erſten Pfundes oder Maſſes in 9. Theile getheilet / und 1. Theil hiervon zu den fuͤnfften Diameter geſetzet / ſo hat man das ſechſte Pfundt oder Maaß; Thei - let man den Diameter des erſten Pfundtes in 11. Theile / und ſetzet 1. Theil hiervon zu dem Diameter von 6. Pfund oder Maſſen / ſo hat man 7. Pfund oder Maaß / das 8. Pfund oder Maaß iſt bereits mit dem andern Haupt-Umſchlag angedeutet. Oder man kan den Diameter eines Pfundes oder Maaſſes ſo vielmahl nach einander auftragen / als man will / und dann kan man ieden Diameter wider abſonderlich in 10. gleiche Theile vertheilen / und iedes 10. Theil à part wiederumb 10. andere Theiligen gelten laſſen / ſo iſt alſo ieder Diameter in 100. gleiche Theile vertheilet / ſchreibet her - nach bey dem erſten Diameter 100. bey dem an - dern 200. und ſo fort / ſo hat man die Fundamen - tal-Linie verfertiget; Wann man nun auch das andere Pfund und Maaß bemercken will / gehet man in die kleine Cubic-Tafel ſub lit. B. und ſie - het / was der Zahl 2. gegen uͤberſtehet / da findet man 125. dieſe letzten 35. Theiligen nimt man ausdem133Vonder Cœlometria. dem erſten Diameter, und ſetzet ſolche weite noch - ber demſelben auf eine andere gezogene Neben-Li - nie / auf welcher alle Pfunde und Maaße nach ei - nander muͤſſen richtig aufgetragen ſeyn / ſo hat man das andere Pfund oder Maaß / und alſo weiter.

(5.) Frage. Was koͤnnen denn unter den hoh - len und andern Coͤrpern vor aller - hand Sachen verſtanden werden?

Unter den hohlen und andern Coͤrpern koͤn - nen nicht alleine allerhand Faͤſſer / Kaͤſten / Schif - fe / Graͤben / Frucht-Boͤden / Keller / Gewoͤlber / Thuͤrme / Brunnen / ſondern auch Holtz / Steine / Ziegel-Steine / Stroh / Heu / Haber / Korn und alle andere Sachen verſtanden / welche man in einen Hauffen auffſchuͤtten / zu ſammen legen / o - der ſonſt zu einer Maſſa bringen kan.

(6.) Frage. Wie ſoll man eines holen Parallelo - pipedi Capacitaͤt ausmeſſen?

Es iſt zu wiſſen / daß unter dieſen Nahmen des Parallelopipedi alle viereckigte hole Coͤrper ver - ſtanden werden / welche man denn mit dem Cubi - metriſchen Maaß-Staab muß ausmeſſen / nach deren Laͤnge / Breite und Hoͤhe; Hernach multi - pliciret man die Laͤnge mit der Breite / und das Product wird wieder multipliciret mit der Hoͤhe;J 3End -134Das VI. Cap. Endlichen muß man ſehen / wie viel dieſe Zahl auf dem Maaß-Staab nach dem gewoͤhnlichen Maaß / womit die Materia ordentlicher weiſe pfle - get gemeſſen zu werden / austrage / welches denn die Capacitaͤt des holen eckigten Coͤrpers anzei - gen wird.

(7.) Frag. Wie ſoll man eines Grabens Capa - citaͤt finden?

Man miſſet des Grabens ober-Breite / un - ter-Breite / Tieffe und Laͤnge mit behoͤrigen Ru - then und Schuhen Maaße und multipliciret mit der Helffte des Products des Grabens Laͤnge / hernach wird dieſes Product mit des Grabens Tieffe wieder multipliciret / was heraus koͤmmt / giebet die verlangte Capalitaͤt des Grabens.

(8.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt holer Saͤulen / Thuͤrne und anderer Priſ - matum finden?

Man miſſet mit dem Cubimetriſchen Maaß - Staab die Hoͤhe / ſuchet Aream Baſis nach dem vorigen planimetriſchen Quæſtionen / multiplici - ret Aream mit der Hoͤhe / als den kommt die Capa - citaͤt heraus.

(9.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt eines ie - den regular Pyramiden finden?

Man135Von der Cœlometria.

Man ſuchet durch den Cubimctriſchen Maaß Staab die Aream Baſis, miſſet in gleichen die Hoͤ - he / multipliciret die Hoͤhe mit der Area dividiret endlichen dieſe Zahl mit 3. Was denn heraus kommt / weiſet die Capacitaͤt des Pyramiden.

(10.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt eines Coni finden?

Man ſuchet mit dem Cylindriſchen Maaß - Staab den Aream der Baſis, multipliciret dieſe Zahl mit dem dritten Theil der Hoͤhe / dividiret dieſes Product wiedet mit 3. was heraus kommt giebet die Capacitaͤt des Coni.

(11.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt eines Cylindri ſuchen?

Man ſuchet mit dem Cylindriſchen Maaß - Staab den Aream der Baſis, multipliciret den Aream mit der Hoͤhe / das Product giebet die Capa - citaͤt des Cylindri.

(12.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt eines Cylindri von ungleichen Baſibus finden?

Man ſuchet mit dem Cylindriſchen Maaß - Staab den Aream einer ieden Baſis, addiret dieſeJ 4zwey136Das VI. Cap. zwey Summen zuſammen / multipliciret mit der Helffte des Products die Hoͤhe des Cylindri, die die Zahl / ſo heraus koͤmmet / weiſet deſſen capaci - taͤt.

(13.) Frage. Wie ſoll man die Capacitaͤt eines Faſſes mit gleichen Boͤden fin - den?

Man muß in achtnehmen / daß der Cylindri - ſche Maaß-Staab / ſo man hirzugebrauchet / auf einer Seiten gezeichnet ſey mit den Theilen / ſo die Laͤnge der Faͤſſer von noͤthen haben / auf der an - dern aber muͤſſen diejenigen Theile ſeyn / welche man vor die Tieffe der Faͤſſer brauchet: Oder man faſſet auf das allergenaueſte ab den rechten Diameter der Maaß-Kanne ieden Ortes: Jnglei - chen auch die Hoͤhe derſelben / und traͤget auf die eine Seiten der Meß-Ruthe die Hoͤhe und Laͤn - ge / auf die andern aber die Weite und Breite der Maaß-Kanne / bezeichnet ſolche Theile mit Zif - fern / und theilet ſolche wieder in 10. und iedes 10. in 100. gleiche Theilgen / alſo / daß eine Seite das Tieffen-Maaß / die andere aber das Langen - Maaß des Faſſes kan genennet werden / wie in vorigen gemeldet worden; Darauf mifſet man den Aream eines Bodens / miſſet auch durch den Spund des Faſſes die Tieffe / und den mittlern Aream des Faſſes / addiret dieſe zwey Productazu -137Von der Cœlometria,zuſammen / und multipliciret darvon die Helffte mit des Faſſes Laͤnge / was dann heraus koͤmmet giebet die Capacitaͤt des Faſſes.

14. Frage. Wie ſoll man ein Faß mit unglei - chen Boͤden viſiren / und deſſen Capa - citaͤt erforſchen?

Man miſſet den Diameter des einen Bodens / und durch demſelben den Aream ſelbſten / hernach miſſet man auf gleiche Weiſe auch den andern Diameter und deſſen Aream, addiret die Summa dieſer zwey Areas zuſammen / ſuchet durch das Spund-Loch die Tieffe und den mittlern Aream des Faſſes / und addiret dieſen numerum zur Helffte der zwey Boͤden; Endlichen multiplici - ret man die Helffte des Products mit der Laͤnge des Faſſes / was dann heraus koͤmmet giebet die Capacitaͤt des Faſſes mit ungleichen Boͤden.

15. Frage. Wie ſoll man einen zuſammen ge - tragenen Hauffen von Heu / Stroh und dergleichen ausrechnen und ausmeſ - ſen / was und wie viel ſolcher in ſich halte?

Was das Heu oder Stroh anlanget / welches in einen groſſen Hauffen zuſammen bracht wor -J 5den /138Das VI. Cap. den / ſo iſt es mit denſelben ein ungewiſſes Meſ - ſen / ſo wohl wegen der irregularitaͤt des Hauf - fens / als auch der unterſchiedlichen Maaſſen und Gewichte / ſo man darzu gebrauchet. Wenn man aber durch die Multiplication gefunden / wie viel aufs allernechſte an Cubiſchen Schuen und Zollen 1. Pfund. oder 1. Bund etc. von Heu oder Stro halte / ſo tractiret man darnach die Figur des gantzen Stoſſes oder Hauffens / ſo gut man kan / und ſind dergleichen Hauffen ge - meiniglich Coniſch / oben etwas ſtumpff; Dero - halben man auch meiſtens nach derſelben Figur gehen / und in uͤbrigen ein gutes Judicium darbey gebrauchen muß.

(16.) Frage. Wie ſoll man einen Hauffen Korn oder Haber und dergleichen ausrech - nen und ausmeſſen?

Wenn das Korn oder Haber in Coniſcher oder Kegel Form auffgeſchuͤttet lieget / muß man damit ebener Maſſen procediren / wie in vorigen gedacht worden / wenn man nur weiß / wie viel eine Metze / Scheffel / Suͤmbra ꝛc. an Cubiſchen Maſſen halte. Hat man nun mit dem Cubime - triſchen Maaß-Staab durch die Multiplication gefunden wieviel der auffgeſchittete Conus von Korn nach demſelben Maſſe halte / ſo dividiretman139Von der Cœlometria. man eines in das andere / und koͤmmet endlich heraus wieviel Mezen / Scheffel oder Suͤmbea in dem Hauffen ſtecken: Waͤre aber das Korn oder ander Gedraͤytig in geradſeitigté Plaͤtzen zwiſchen auffgerichtete Bretter auffgeſchuͤttet / ſo darff man ſichs ſolches nur / ſo viel moͤglichen / ebenen laſſen / und tractiret alſo den gantzen Hauffen als Parallelopipeda oder Priſmata.

(17.) Frage. Wie ſoll man das zuſammen geleg - te Holtz / Qvader - und Ziegel-Steine / zuſammen aus rechnen und ausmeſſen?

Das Holtz / Quader - und Ziegel-Steine / wel - che ordentlicher weiſe auff einander geleget / ſind leichte auszumeſſen / maſſen ſolche alle als Paralle - lopipeda und Priſmata tractiret werden / deren Su - perficiem man ausrechnet / und hernach ſiehet / wie viel dergleichen Reyhen hinter einander ſtehen / als zum Exempel: Man haͤtte Holtz / daſſelbe lege 8. Klaffter Breit und zehen Klaffter hoch / multipliciret derohalben dieſe beyde Numeros, woraus 80. Kommen; Wenn nun etwan zwey Hoͤltzer durchgehends hinter einander legen / ſo multipliciret man voriges Product mit 2. Kommen alſo in allen 160. Klafftern heraus.

Und140

Und ſo viel ſey auch genug geſagt von der Geometria, ſo einer / der die Fortification erler - nen will / zu wiſſen von noͤthen hat: Wer hiervon ein mehrers zu wiſſen verlanget / inſon - derheit von der Geodæſia oder Land - und Feld - meſſen / der kan nur die Autores, ſo hiervon in groſſer Menge geſchrieben / ſelber conſuli - ren und nachleſen / ſintemahl mein Endzweck nicht iſt / allhier ex profeſſo und von allen Theilen der Geometria zu han - deln.

Drit -[141]

Dritter Theil. Von Nahmen und Erklaͤrung der in deutſcher und Frantzoͤſi - ſcher Sprache gebraͤuchlichen Kriegs - TERMINORUM, wie auch von Urſprung / Fortgang und Unterſuchung unterſchiedlicher Arten der Krigs - Bau-Kunſt / nebſt andern præliminar-Sachen / ſo vor denen Erlernung zuwiſſen noͤthig ſind.

142Das I. Cap.

Das I. Cap. Von Benennung und Expli - cirung einiger Formulen und Ter - minorum, ſo bey der Fortification und Militz in Frantzoͤſiſcher und Deutſcher Sprache pflegen fuͤr zu kommen / nach dem Alphabet.

A.

  • Armes, Waffen / Wappen.
  • Armée navale, Schiff-Flotte.
  • Armée volante, eine fluͤgende Armée.
  • Aile ſeynd die langen Seiten / mit welchen die Auſſenwerck beſchloſſen werden / als Horn - werck / Kronwerck ꝛc.
  • Ailes de l Armée ſeynd die Regimenter / die zur rechten und lincken Hand ſtehen / wenn die Ar - mee in der Schlacht-Ordnung ſtehet.
  • Anteſtature iſt eine kleine Verſchantzung mit Schantz-Koͤrben / umb das uͤbrige von dem ſchon angegriffenen Platz vollend einzuneh - men.
  • Anlage des Walles / oder einer Bruſt / iſt die Un - ter-Breite derſelbigen.
  • Auſſenwercke werden diejenigen Wercke genen - net / ſo theils in / theils auſſerhalb den Polygo - nen liegen und von dem Haupt-Wall detachi - ret ſind.
143Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Approches ſeynd allerhand Art Aufſenwerck und Lauff-Graͤben / vermittelſt welcher man zu einem belagerten Ort kommen kan.
  • Avantgarde iſt ein Theil der Armee, der vor dem gantzen Corpo hermarſchiret.
  • Arriergarde iſt ein Theil von der Armee, welcher dem gantzen Corpo nachfolgt / die Durchgaͤn - ger auffzuhalten / auch ſonſten zu wehren / daß der Armee kein Schade geſchiehet,
  • Arcenal, (Zeug-Hauß) iſt ein beqvemer Ort der gewidmet iſt ſo wohl zur Verfertigung / als auch Erhaltung derjenigen Sachen / ſo man in Angreiffung / wie auch Beſchuͤtzung eines Orts noͤthig hat.
  • Artillerie, ſeyn allerley Schieß-Waffen von Gro - ben-Geſchuͤtz.
  • Appel ſchlagen oder Vlaſen laſſen heiſſet und be - deutet eine Ruffung thun.
  • Aſſaut (Sturm) iſt / wenn ich mich mit Gewalt eines Poſtens bemaͤchtige.
  • Attaque iſt / alles was der Feind zu ſeinen Vortheil machen kan / nahe an die Veſtungs - Wercke zu kommen.
  • Attaque fauſſe iſt / wenn der Feind ſich ſtellet den Ort bald hier / bald da anzugreiffen / damit nur der Belagerte ſeine Soldaten zertheilen ſoll.
  • Attaqueren flanc iſt / wenn ich das Bollwerck auf beyden Seiten angreiffe.
  • Avant foſſé iſt ein Graben / welcher rings um das Glacis gehet.
Avan -144Das I. Capitel.
  • Avancer, voraus gehen / weiter marchiren.
  • Avantage, vortheil.
  • Avanturier, ein Wage-Halß.
  • Afront, Beſchimpffung / Betrug.
  • Aboucher, ſich muͤndlich beſprechen.
  • Abdachung vid. Talut.
  • Angle du Centre, iſt derjenige Winckel / welcher gemacht wird wenn man aus dem Centro rech - te Linien ziehet in die zwey naͤchſten Polygons Winckel.
  • Angle de la Circonference, iſt derjenige vermiſch - te Winckel / wenn man einen Bogen ziehet von einem Keel-Punct zum andern.
  • Angle de la Gorge, Keel-Winckel / welcher gemacht wird von zwey Keel-Linien.
  • Angle d Epaule, der Schulter-Winckel / welcher gemacht wird von eined Flanque und Face.
  • Angle du Baſtion oder Angle Flanqué oder Boll - wercks-Winckel / weicher von zwey Faces ge - macht wird.
  • Angle de la Courtine, iſt derjenige Winckel / wel - cher gemacht wird von einer Flanque und Co - urtine.
  • Angle flanquant ou de tenaille, der Schuͤtz-Win - ckel / ſo mitten vor der Courtine iſt / und von den Facen der Bollwercke kreutzweiß bey Auffrei - ſung einer Feſtung gezogen wird / welchen man aber bey Verfertigung der Fortification nicht ſiehet.
Ang -145Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Angle dufoſſé, iſt der Winckel welcher gemacht wird vor der Courtin, wo der Graben ſich ſcheidet.
  • Angle rentrant, iſt ein Winckel / welcher ſich gegen dem Platz zu auffthut.
  • Angle ſaillant iſt ein Winckel / der ſich gegen dem Feld zu auffthut.
  • Apparelles ſind Auffarthen fuͤr die Stuͤcke und andere Waͤgen auf die Wercke.
  • Affutes ſind Laveten fuͤr das Grobe-Geſchuͤtz.
  • Affuter, Schuͤfften.

B.

  • Bacule, ein Schlag-Bauml vor einem Thor oder Bruͤcken / und andere Eingaͤnge.
  • Banc oder Banquette iſt eine kleine Staffel unten an der Bruſtwehr / worauff die Soldaten ſteigen / wenn ſie vom Walle und uͤber die Bruſt Feuer geben wollen.
  • Barricade iſt eine Verſchrenckung und Verle - gung mit Holtze. Es kan auch das Wort Barricade eine Wagenburg heiſen.
  • Bollwerck / vid. Baſtion.
  • Boͤſchung vid. Talut.
  • Bride ein Zaum.
  • Brider, auffzaͤumen.
  • Barrieres oder Drehbaͤume / ſeynd groſſe Hoͤltzer / die auff einem Pfoſten Kreutzweiſe zuſammen gemacht ſind / und man nach belieben herumKdre -146Das I. Cap. drehen kan: Man kan auch die langen Baͤu - me alſo nennen / welche auf die Schaͤrffe und Winckel des Glacis und zu Conſervirung derer Bruſt / und Verwahrung der Ein - und Aus - gaͤnge gemacht werden; Jngleichen auch die Schlag-Baͤume.
  • Baſtions ein Bollwerck / ſo ordentlicher weiſe vor die Keel-Puncte mit Flanquen und Facen g[e]- machet werden.
  • Baſtion detaché iſt ein Bollwerck / ſo entweder im Haupt-Graben lieget / aber von dem Wall ab - geſchnitten iſt / oder ſo auf dem Glacis und Feld terrain ohne / oder mit einem Graben erbauet iſt.
  • Baſtion plat, iſt ein plattes Bollwerck / welches man auff die Courtine leget / wenn ſolche gar zu lang iſt / damit ſie genugſam von dieſem und den zwey andern Baſtions, die zur Seiten ſtehen kan beſtrichen werden.
  • Bataillon, iſt ein Hauffen Fuß-Volck von 3. biß 600. Mann in Schlacht-Ordnung geſtel - let.
  • Bataille, eine Schlacht Ordnung.
  • Batterie, iſt ein erhabener Ort / um Stuͤcke darauff zu pflantzen / wenn man nach dem Feind und deſſen Wercke ſchieſſen will.
  • Berme iſt der Fuß des Walles von 1. 2. 3. biß 6. Schuhe breit gegen den Graben und das Feld zu / um deſto beſſer die Erde vom Wall zu er - halten / daß ſie nicht in Graben falle.
Bre -147Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Breche iſt ein groſſes Loch / welches entweder die Mine oder das grobe Geſchuͤtz in dem Wall oder Mauer einer Feſtung gemachet / um ſolche mit Sturm einzunehmen.
  • Bedeckter Weg / vid. Chemin couvert.
  • Blendungen / ſind kleine bewegliche Wercke / umb den Feind damit das Geſichte zu neh - men / damit er nicht eigentlich ſehen koͤnne / was man vorhabe.
  • Bottes, Stiefeln:
  • Se Botter, die Stieffeln anziehen.
  • Brigade wird geheiſſen / wenn 2. 3. oder mehr Re - gimenter von einem Mann und Obriſten al - leine commandiret werden.
  • Brigadier alſo wird derjenige genennet / welch[er]2. oder 3. Regimenter zugleich comman[di -]ret.
  • Barbettes ſeynd erhabene Oerter oder Cavall[iers ,]worauff man das Geſchuͤtz ſtellet / und[uͤber]die Bruſt-Wehrẽ ohne Schieß-Schar[ten ]ber ſelbe weg ſchieſt.
  • Bombes ſeynd groſſe Granaden / welcher[man aus]Moͤrſern und Haubitzen pfleget[unter die]Feinde zu werffen / um damit ſie / i[hre Wercke]und Haͤuſer zu ruiniren.
  • Bombarder une place, einen Ort[mit Feuer ein -]werffen ruiniren.
  • Bloquer une place einen Ort[von weitem be -]ſchlieſſen / daß nichts au[s noch ein paſiren]kan.
K[Ble]148Das I. Capitel.
  • Bleſſer, verwunden.
  • Blindes ſind groſſe Balcken / die man der quere o - ben uͤber die Laͤuff-Graͤben leget / um die Fachi - nes zu erhalten / welche mit Erde angefuͤllet die Lauff-Graͤben damit oben zu bedecken.
  • Boulets rouches ſind gluende Kugel ſo man aus dem groben Geſchuͤtz ſchieſſet.
  • baudrier, ein lang Degen-Gehencke.
  • broder verbremen.
  • Briſure iſt ein Bruch von einer Linie, oder an - dern Sache.
  • boyeau iſt die Wurſt von Leinewand gemacht zu einem Lege-Feuer und Anzuͤndung der Mi - nen; Man nennet auch bißweilen eine lange Linie bey den Aprochen alſo / ſolche damit anei - nander zuhaͤngen.
  • baſe heiſt die Fundamental-Linie einer Figur und Werckes.
    • Battre, ſchlagen.
    • Battu, geſchlagen.

C.

  • Camp iſt ein flaches Feld / wo armeén ſich koͤn - nen auffhalten / entweder einen Ort zu be - lagern / oder dem Feind eine bataille zu liefern.
  • Colonel ein Obriſter.
  • Capitain ein Hauptman.
  • Capitane de Cavalerie ein Rittmeiſter.
  • Camp volant iſt eine fliegende Armée, ſo in 6. biß 10. Regimenter ſtarck von einer groſſen Ar - mée abgehet / hin und wieder das Land durch ſtreichet / einige Paͤſſe beſetzet und den Feind obſerviret.
Ca -149Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Caponieres iſt ein Weg von 6. biß 12. Schuhe breit / ſo 3. Schuhe in die Erde eingeſchnitten und 3. Schuhe hoch mit einer verpalliſadirten Bruſt-wehr zu beyden Seiten verſehen / und oben mit ſtarcken Bretern und auffgeſchuͤtte - ter Erden bedecket iſt / und kan man halbe und gantze Caponieres machen / die halben ſeynd auff einer Seiten offen / auff der andern aber / wie geſagt mit einer Bruſt bewah - ret.
  • Canon iſt eine Canone, Stuͤck und grobes Ge - ſchuͤtz.
  • Carcaſſe iſt eine gewiſſe Ernſt Feuer-Wercks Ku - gel / inwendig mit Hand-Granaden verſetzet.
  • Cavalier iſt ein erhobener Ort von Erden auff einer Baſtion oder Courtine um von denſelben die vorliegende Hoͤhe mit Stuͤcken koͤnnen zu beſtreichen / heiſt auch ſonſt eine Katze / it. ein Reiter.
  • Cartouche iſt ein rundes von Papier oder an - dern Sachen zuſammen gemachtes Gefaͤſſe / worein man entweder Pulver oder allerhand Kugeln und Stuͤck-Eiſen thun kan / um damit das Geſchuͤtz zu laden und unter den Feind zu ſchieſſen / welches man hernach Cartaͤtzſchen nennet.
  • Caſcanes oder Wall-Keller / ſeyn Gewoͤlber / de - ren eines tieffer als das andere / die man in der Abſchneidung der Bollwercke nechſt der Mauer macht / die Mine zu nichte zu machen /K 3ſo150Das I. Cap. ſo der Feind irgend eine gemacht haͤtte / um unter dem Graben an die Veſtung zu kom - men.
  • Caſemate oder Mord-Gruben Keller iſt ein abſonderlich Gewoͤlbe / das man nahe an der Courtin in den Flancken macht / und mit Mauren umbgiebt; Woraus man hernach dem Feind mit Feuer begegnet / wenn er ent - weder die Geſicht-Linien oder den Graben an - greifft.
  • Chandeliers ſeynd auff einem qver Holtze zwey auffgerichtete und oben zugeſpitzte Hoͤltzer / worein man Fachines pfleget zu legen / um dem Feind eine Blendung zu machen und vor ei - nem Mußqveten Schuß ſicher zu ſeyn / wenn man ſich zu des Feindes Wercken naͤhern will.
  • Chateau / ein Schloß oder kleine Veſtung / ſo ge - meiniglich auff einer Hoͤhe lieget / oder auch in Moraſt / Waſſer oder Ebne / und mit einem Graben / Wall oder Mauer umgeben iſt.
  • Chauſſes trappes oder Fuß-Angel / ſeynd 4. ſpitzig - te Eiſen / deren jedes 4. Zoll lang / und alſo zu - bereitet ſeyn / daß wie man ſie wirfft / ſtets ei - eines davon in die Hoͤhe gehet: Man bedient ſich derer / umb ſie in Graben und Brechen zu werffen / die Soldaten damit zu verlaͤhmen und auffzuhalten.
  • Cazernes ſeynd hinter dem Walle in einer lan - gen Linie auffgebauete Logements fuͤr die Sol -daten /151Von Benennung und Explicirung ꝛc. daten / worinnen ſie mit ihren Ober und Unter - Officiers zu logiren pflegen / um deſto beſſer ſol - che beyſammen in guter Diſciplin zu erhalten / und im Fall der Noth geſchwind auff den Wall zu kommen.
  • Chemin convert, der bedeckte Weg oder die ſoge - nannte Contreſcarpe iſt der Gang / welcher rings um den Graben einer Veſtung gegen das Feld zu gehet / er hat ſeine Bruſt und Baͤn - cke / und iſt ſolche Bruſt auch noch verpalliſadi - ret.
  • Chemin de Ronde iſt der Weg zwiſchen dem Ober - und Unter-Wall oder zwiſchen dem Wall und einer erhoͤheten Mauer / worinnen die Rondes des Nachts herum gehen / um den Wall und Mauer vor allen Thaͤtligkeiten zu - beſchuͤtzen.
  • Centre iſt der Mittel-Punct eines Circuls.
  • Cercle iſt ein Circkel.
  • Chamade ſchlagen laſſen / bedeutet eine Ruffung von Feinde mit der Trommel.
  • Citadelle iſt eine kleine Veſtung von 4. 5. biß 6. Vollwercken / ſo an einem vortheilhafftigen Orte einer groſſen Stadt geleget wird / umſel - bige dadurch im Zaum zu halten / und ſich da - raus tapfer zu defendiren / wenn die Stadt ſol - te etwan rebelliren / oder ſonſt vom Feind ein - genommen werden.
  • Circumvallation, iſt eine Umſchantzung einer gan - tzen Armee, ſo einen Ort und Veſtung bela -K 4gert /152Das I. Cap. gert / damit der Feind von auſſen die Belaͤgerer nicht unverhofft uͤberfallen und einigen Suc - curs in die Stadt bringen koͤnne / hat eine ſtar - cke Bruſt und einen ziemlichen Graben.
  • Contrayallation, iſt diejenige Verſchantzung / ſo die Belaͤgerer nach der Veſtung zu machen / da - mit der Feind nicht aus ſolcher ſie unverhofft in ihrem Lager uͤberfallen koͤnne.
  • Clayes, ſeynd in einander geflochtene Weyden / in Geſtalt eines langen viereck / man leget ſie entweder auff hole Gaͤnge / und werden mit Erden uͤberſchuͤttet / oder wirfft ſie auch an ſumpffigt Ort / damit einen gewiſſen Tritt zu haben.
  • Caiſſon des Bombes, iſt eine Art von hoͤltzern Ki - ſten / in welche man 3. biß 6. Bomben thut / und ſolche hernachmals unter einen gewiſſen Ort der Erden legt / damit man denſelben im Fall der Noth / ſo ſich der Feind deſſen bemaͤchtiget / in die Lufft ſprengen kan.
  • Chemiſe oder Mauer Mantel / iſt derjenige Per - pendicular-Strich der Mauer / welche vom Umbwurff biß an das Mauerband gehet.
  • Coffre iſt ein ausgehoͤlter Gang 6. biß 7. Schu - he tieff / und 15. biß 18. Schuhe breit welcher gantz uͤber einen trockenen Graben qver uͤber gehet / hat ſeine kleine Bruſt-Wehr von 2. Schuh hoch / welche mit Schieß-Loͤchern ver - ſehen / oben wird er zu gedeckt mit Weiden oder fachinen mit Erden uͤberſchuͤttet.
Con -15Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Contregardes Bollwerckswehre / ſeynd dreyeckigte Werck die in Geſtalt einer groſſen Bruſt - Wehr vor den Geſicht-Linien und Spitzen des Bollwercks aus dem Graben ſteigen und de - tachiret ſind / umb daſſelbe zu bewahren.
  • Capital Linie iſt die unſichtbare und blinde Linie / ſo von dem Keehl-Punct biß zu dem Boll - wercks-Punct gehet.
  • Contre mine iſt ein unter der Erden verborgener Gang / welchen der Belagerte macht / umb des Feindes Mine zu ſuchen / und das Pulver da - raus zu nehmen / damit ſie hernach keine Wuͤr - ckung mehr thun kan.
  • Convois iſt ein Geleit / mit welchen man der Ar - mée Victualien zufuͤhret.
  • Corbeilles, iſt eine Art von angefuͤllten Schantz - Koͤrben / welche man auff die Bruſtwehr ſetzet / den Feind zu beſchieſſen und doch nicht von demſelben geſehen werden.
  • Cordon das Mauerband / iſt ein runter ſteinener Ring welcher rings um eine Mauer herumge - het / wo ſich nemlich ſolche endiget / und ihr Bruſtwehr anfaͤngt.
  • Coridor, iſt der bedeckter Weg auff der Contre - ſcarpe zwiſchen dem Graben und den Palliſa - den / gehet gantz um einen Ort herumb.
  • Collet ein lederner Rock vor einem Reuter.
  • Caſaque ein Rock von Tuche.
  • Cornes, Hornwerck / ſeynd Auſſenwercke / welche weit ins Feld gehen / und haben fernen 2. halbeK 5Boll -154Das I. Cap. Bollwercke in geſtalt 2. Hoͤrner / welche ſie ge - gen dem Feinde halten.
  • Corps de bataille, iſt die voͤllige Armee, ſo auf dem March zwiſchen der vor und Nach-Wachte gehet / und in bataille zwiſchen den Fluͤgeln ſte - het.
  • Corps de garde ſeynd Soldaten / welche comman - diret ſeynd einen Ort zu bewachen / unter ei - nem oder mehr Officiers.
  • Corps de reſerve iſt ein Theil von der Armee, wel - che der General hinter oder neben / oder zwi - ſchen die Linien ſtellet / wenn die Schlacht an - gehet / umb damit den Schwaͤchſten zu Huͤlff zu kommen.
  • Cartel, ſchrifftliche Ausforderung / it. der Ver - gleich unter zwey Feinden / wie viel man Rantzion fuͤr die Gefangene einander geben ſoll.
  • Coté exterieur iſt diejenige Linie / die von ei - nem Bollwercks-Punck zum andern gehet.
  • Coté interieur iſt diejenige Linie / ſo von einem Keel-Winckel zum naͤheſten Keel-Winckel gehet.
  • Coucher au bivovac iſt / wenn man die gantze Nacht die Waffen nicht weg darff legen.
  • Couronnement iſt ein Auſſenwerck / nahe vor ei - nem Horn - oder andern Werck / die Feinde da - mit deſtoweiter von ſich zu halten.
  • Courtine iſt eine Linie / womit die Bollwercke an - einander pflegen gehenget zu werden.
Colon -155Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Colonne iſt ein Zug und Linie oder Treffen einer Armee, wenn ſie an den Feind marchiret.
  • Commendement heiſſet nicht alleine den Befehl und die Ordres, welche ein commandiren der Officier ſeinen unterhabenden Leuten giebet / ſondern es bedeutet auch ein Werck / welches 9. Schuh hoͤher als ein anders iſt.
  • Complement iſt der Uberreſt von der Defenſions - Linie / wenn man den Streich-Winckel weg thut.
  • Complement de la Courtine iſt der Reſt von der Cortine, wenn man deren Streich weg thut biß an den Keel. Winckel.
  • Caſquet eine eiſerne Sturm-Haube.
  • Cornette ein Cornet, ſo bey der cavalerie die Standarte fuͤhret.
  • Contr approches ſeynd allerley Wercke / die die Belagerte machen / umb den Feind die Appro - chen zu nicht zu machen.
  • Contr’-eſcarpe iſt die gegen Abdachung in den Graben des Theils und Linie nach dem Felde zu / und wird auch insgemein und abuſive der bedeckte Weg alſo geheiſſen.
  • Cronwerck / iſt ein langes Auſſenwerck mit 2. oder mehr courtinen / in der mitten mit einem oder mehr gantzen Bollwercken / und zu euſſerſt mit zwey halben.
  • Contreforts ſeynd gewiſſe Stuͤtzen und Theile der Mauer ſo 15. biß 16. Schuh weit von einan - der ſtehen / und ſo weit als es moͤglich in denWall156Das I. Cap. Wall hinein gehen / oben bey dem Mauer - Band gehen ſie Bogenweiß zuſammen den unter-Wall-Gang / und ein Theil vom Wall ſelbſten zu ſtuͤtzen / wie nicht weniger die Mauer und das Erdreich veſte zu machen.
  • Coupures du glacis ou ſorties ſind Ausgaͤnge wel - che in die Bruſt des bedeckten Weges umb deſſen Abdachung eingeſchnitten ſind ohnge - faͤhr 12. oder 15. Schuh breit / und werden ge - meiniglich an einen eingehenden Winckel der Bruſt des bedeckten Weges angeleget.
  • Casſiren abdancken oder abſchaffen.
  • Cuvettc, iſt ein kleiner Graben / welchen man in der Mitte eines groſſen trockenen Grabens machet / biß man Waſſer findet; Seine Wuͤrckung iſt des anfallenden Feindes Mini - ren zu nichte zu machen.
  • Corne à poudre ein Pulver-Horn.
  • Coudée iſt eine Laͤnge von anderthalb biß 2. Schuhen.
  • Chevaus de Friſe, ſind Spaniſche Reuter und ſechseckigte Baͤume mit Zwerg-Hoͤltzern oder Schweinfedern Creutzweiß durchzogen / ſo man in die Wege und Straſſen / in gleichen in die brechen leget / und fuͤr die infanterie ſtel - let / daß nicht der Feind weder zu Fuß / noch zu Pferdt ſo leicht einbrechen koͤnne.
  • Cheval ombragé ein ſcheues Pferdt.
  • Ceinturon, ein Leib-Gehencke.
  • Ceinture ein Guͤrtel.
D157Von Benennung und Explicirung ꝛc.

D.

  • Defenſes ſeynd allerley Streich-Wercke / um wel - che der Feind zuverderben ſich am erſten bemuͤ - het / ehe er den Graben beſteiget.
  • Docirung iſt die Abdachung des Walles oder ei - ner Bruſt-Wehr.
  • Se Debotter, die Stiefel ausziehen.
  • Defilée iſt ein enger Ort und Paß / wodurch die Soldaten und Armee entweder nur einer hin - ter den andern / oder doch in geringer Anzahl nach einander marchiren und alſo ihre vorge - machte Ordnung und Breite zertheilen muͤſ - ſen.
  • Dehors ſeynd allerhand abgeſonderte Auſſen - wercke / als Ravelin, halbe Mond / Gegen oder Bollwerckswehren / Horn - und Korn-wercke / Zangen ꝛc. ſie werden gemachet / damit der Platz deſtobeſſer verdeckt wird.
  • Demigorge, iſt die halbe Keel-Linie / ſo von einer Flanc angehet und ſich bey den innerlichen Po - lions-Winckel endet.
  • Demilune iſt ein halber Mond und ein klein Boll - werck mit Streichen / welches man vor ein ſchwaches Bollwerck zu legen pfleget / um ſol - ches deſto beſſer dadurch zu beſchuͤtzen: Die Frantzoſen nennen auch die Ravelines heute zu tage alſo / und iſt das Wort Raveline bey ih - nen gar nicht mehr gebraͤuchlich.
  • Deſcente wird geheiſſen / wenn mau von Waſſerauff158Das I. Cap. auff das feſte Land tritt / und das Volck von Schiffen ausſetzet: Es bedeutet auch einen gewiſſen verdeckten Gang / wodurch man un - terwaͤrts gehet / entweder in einen Graben oder zu den Minen zu kommen.
  • Detachement iſt eine gewiſſe Anzahl Officiers und Soldaten / ſo man von den Regimenteren ab - giebet / und zu einem gewiſſen Deſſein verſchi - cket und gebrauchet.
  • Diviſion ſind gemeiniglich 6. Glieder Soldaten wenn ein Bataillon und Regiment-Zug oder Diviſion weiſe marchiret.
  • Donjon iſt gemeiniglich ein erhabener Ort und Retraite in einer Veſtung / wohin man ſich im Fall der Noth retiriret / damit man deſto beſ - ſeren einen Aceord mit dem Feinde machen koͤnne.
  • Degrez, ſind die Grade auff einem Maaß-Sta - be oder Circkel.
  • Deſeller abſatteln.
  • Debrider abzaͤumen.
  • Deſangler aufguͤrten.
  • Diſtance du polygone iſt die Weite der innerli - chen oder aͤuſſerlichen Poligons Linie.
  • Deſſein ein Vorhaben / Anſchlag.
  • Delineation ein Grund-Riß mit einer Linie.

E.

  • Embarras heiſt nicht allein eine Verwirrung und Unordnung unter vielen Volcke / ſondernauch159Von Benennung und Explicirung ꝛc. auch allerhand Obſtacula, ſo einem koͤnnen vor - kommen und in Weg geleget werden / um wei - ter zu marchiren und das Deſſein auszufuͤhren / als Spaniſche Reiter / ꝛc.
  • Embraſſure iſt ein Schieß-Loch durch eine Mau - er / Holtz oder Wall / wodurch man mit klei - nem und groben Geſchuͤtz ſchieſſen kan.
  • Embuscade iſt ein Ort / allwo man ſich verſtecket / dem Feind an einen Paß unverſehens zu uͤber - fallen.
  • Etrier, ein Steigbuͤgel.
  • Eperon, ein Sporn.
  • Eperonner anſpornen.
  • Enceinte, iſt der gantze innerliche Umkreiß eines Orts / welcher mit Mauren oder Waͤllen und Graben fortificiret und umgeben iſt.
  • Enclouer le Canon ein Stuͤck vernageln / geſchie - het / wenn der Feind aus einer Veſtung faͤllet / oder ſonſt in Bataille der feindlichen Stuͤcke ſich bemaͤchtiget / ſolche aber nicht mit ſich fortbringen kan / ſondern ſtehen laſſen muß / ſo wird jedwedes Stuͤck durch das Zuͤnd-Loch mit einem ſtarcken Nagel alſo vernagelt / daß man es nicht brauchen kan.
  • Enfiler iſt / wenn man in gleicher und gerader Linie etwas der Laͤnge nach beſtreichen und beſchieſ - ſen kan.
  • Epaulement iſt das Orillon an der heutigen Frantzoͤſiſchen Fortification; Wird auch ſonſt eine Bruſt von 9. biß 12. Schuhe hoch ge -nen -160Das I. Cap. nennet / worhinten ſich die Cavallerie verdeckt auffhalten / und von den feindlichen Canonen beſchuͤtzet ſeyn kan.
  • Eſcalade iſt / wenn man mit Leitern eine Mauer o - der Wall beſteiget / um ſich dadurch des Ortes zu hemaͤchtigen.
  • Eſcarpe iſt die Abdachung des Grabens nach dem Walle und Veſtung zu / dahero die gegen uͤberſtehende Abdachung im Graben gegen das Feld Contr’-eſcappe genennet wird.
  • Etoile ein Sternwerck / welches nach Gelegen - heit des Orts tenaillen weiſe mit vielen Ge - ſichts-Linien / ſo einander beſtreichen konnen / formiret iſt.
  • Evolutions, ſind allerhand Veraͤnderungen und Figuren / ſo ein Regiment oder Bataillon bey den Exerciren machen muß.
  • Echelle heiſſet man einen verjuͤngten Maaß - Stab / wornach man pfleget einen Plan auffzureiſſen.
  • Ecluſes ſind Schleuſſen / welche in Waſſer-Graͤ - ben / und Canales pflegen gemachet zu werden / um die Menge des Waſſers dadurch zu ſtem - men und auffzuhalten / oder auch nach Gele - genheit abzulaſſen und einzunehmen.
  • Eſcadron iſt ein Hauffen Reuterey / ſo aus 2. oder 3. Compagnien beſtehet.
  • Escharpe eine Binde / Feld-Zeichen / oder Scharpe.
  • Etre en faction, auf der Schildwacht ſtehen / und das Commando abwarten.
Etre161Von Benennung und Explicirung ꝛc
  • Etre flanqué, von einer Seiten koͤnnen wohl de - fendiret werden.
  • Eſplanade iſt der leere Plaͤtz und Raum zwiſchen der Citadelle und der Stadt / wird auch ſonſt das glacis genennet.
  • Enſeigne ein Feindrich.

F.

  • Face oder Geſicht-Linie / iſt derjenige Theil des Bollwercks / ſo am weiteſten ins Feld gehet / und wird zu erſt angegriffen.
  • Faire feu iſt / wenn man immerzuſchieſt.
  • Faire halte iſt / weñ man etwas auf oder ſtille haͤlt.
  • Faire main baſſe iſt / wenn man alles nieder macht.
  • Faire la patrouille iſt / wenn man des Nachts he - rum gehet / um Unordnung und Haͤndel zu verhindern.
  • Fa re ron de iſt / wenn man des Nachts auff dem Wall um die Veſtung herum gehet / um zu vernehmen / ob nicht irgend von auſſen her et - was vorgehet / ſo dem Ort ſchaden kan / wie denn auch zu ſehen / ob die Schild-Wachen ih - re Wachten recht verſehen.
  • Faſcines ſeynd von Reiſe zuſammen gebundene Wellen / 2. Schuh breit und 4. 6. und mehr Schuh lang / oben und unten / wie auch in der mitten gebunden / man wirfft ſie in die Graͤbẽ ſo entweder trocken oder mitviel Waſſer an - gefuͤllet ſind / damit man dar uͤberlauffen und an die Mauren kommen kan.
LFauſſe162Das I. Capitel.
  • Fauſſe braye iſt der Unterwall / ſo ſeine Bruſtwehr und Banck hat / gehet um den gantzen Haupt - Wall herum / theils damit man den Feind beſ - ſer beſchieſſen kan / wenn er vom Haupt - Wall nicht mehr kan zuruͤck getrieben wer - den / theils aber auch damit die zerſchoſſene Er - de des Haupt-Walls nicht kan in den Graben fallen.
  • Fer à cheval iſt ein Werck / ſo bald rund / bald oval iſt / hat ſeine Bruſtwehr / wird gemacht / entwe - der ein Thor zu bedecken / oder die Defenſion zu verſtaͤrcken.
  • Force Gewalt.
  • Forcer zwingen.
  • Flanc oder Streich iſt derjenige Theil der Ve - ſtung / ſo die Courtine mit der Geſicht-Linie ver - einiget / wo von das naͤchſte Bollwerck ſeine Beſtreichung und Defenſion ſucht.
  • Flanc couvert iſt diejenige Streich-Linie / deren aͤuſſerſter Theil ſo weit hervor gehet / daß er den inneren bedecket / und wenn dieſer heraus - gehender Theil rund iſt / nennet man ihn Oril - lon.
  • Flanc Fichant iſt die bewegliche Streich-Linie / wel - che aus den Courtinen und Streich-Winckeln die Face des Bollwercks laͤngſt beſtreichen kan / und an den Bollwercks-Punct / ohne Beruͤh - rung der Face anlaͤufſt.
  • Flanc raſant iſt die beſtaͤndige Streich Linie / wel - che aus dem Bollwercks Punct vermittels derFa -163Von Benennung und Explicirung ꝛc. Face an den Cortinen und Flanc-Winckel in gerader Linie gezogen wird.
  • Flancquer, etwas beſtreichen und Seiten waͤrts defendiren koͤnnen.
  • Forts ſeynd allerhand Feld-Schantzen deren Streich-Winckel ungefaͤhr 60. Ruthen von einander ſtehen; Man machet dergleichen Wercke gemeiniglich nur auff eine Zeitlang / nemlichen wenn man willens iſt / entweder einen Paß oder andern gefaͤhrlichen Ort in et - was zu bewahren / und werden ſolche auch bey den Gircum - und Contravallation-Linien ge - brauchet.
  • Fossé oder Graben iſt eine Tieffe / nachdem es noͤ - thig iſt / welche um eine Veſtung gantz herum gehet / bald mit Waſſer angefuͤllet / bald aber trocken: Wird gemacht / um zu verhindern / daß der Feind nicht nach Willen in ein Ort kommen kan.
  • Fougade iſt ein kleiner Keſſel unter der Erden / ſo der Feind wegnehmë will / wird angefuͤllet mit etzlichë Pulver Saͤcken / in welche ein lauffend Feueꝛ zugericht iſt / damit man ſolches in einem andern Ort ohne Gefahr anzuͤnden koͤnne.
  • Fourneaux ſind groſſe und kleine Minen Ge - woͤlber / ſo durch verdeckte Gaͤnge gemeiniglich unter dem Glacis dem Feind ent - gegen gemachet werden.
  • Fournelles
  • Fortification, iſt die Kriegs-Bau-Kunſt.
  • Fundaments ſeynd die Grundſuchungen undL 2Grund -154Das I. Cap. Grundlegungen bey allen beyden Architectu - ren / ſo wohl der Civil als militar, und iſt darauff am meiſten mit zu ſehen und darbey alles wohl in acht zu nehmen / damit die mit groſſen Un - koſten aufferbauten Wercke dauerhafftig be - ſtehen koͤnnen.
  • Fraiſes ſind Sturm-Pfaͤhle / welche 7. biß 8. Schu - he lang und ohngefaͤhr einen halben Schuh dicke ſind / und unten zu Ende der Bruſt 4. Schuhe tieff in die Erde eingeleget und mit der Bruſt bedecket werden; Die heraus / ragende Ende ſind zugeſpitzet / und gehen etwas abhaͤn - gig nach den Feldte zu; Man bedienet ſich ſol - cher um zu verhuͤten / das niemand leicht uͤber den Wall oder einer Burſt. Wehr aus reißen / noch auch uͤber dieſelben einfallen kan.
  • Fuſil eine Flinte.
  • Fuſilier ein Soldate / ſo eine Flinte fuͤhret.

G.

  • Gabions ſind Schantz-Koͤrbe / ſo auff allerhand Arten groſſ und klein koͤnnen gemachet und geflochten werden; Man fuͤllet ſie mit bloſſer Erden ohne Steine aus / und ſetzet ſolche in Form eines Trianguls an einander / und dar - aus Batterien zu machen. Man ſetzet ſie auch bißweilen auff die Bruſt-Wehren oder ande - re Oerter / um dahinter ſicher zu ſeyn vor des Feindes ſchieſſen.
  • Ga’lerie wird gemeiniglich der bedeckte Gang ge -nen -165Von Benennung und Explicirung ꝛc. neñet / welcher uͤber einen Graben / ſo ſchon mit Fachinen oder andern Sachen angefuͤllet iſt / gefuͤhret wird / damit man die Mineurs unter ſicherer Bedeckung an ein Werck bringen / und ſie daſelbſt eine Mine machen und anle - gen koͤnnen: Wird oben und unten mit ſtar - cken Bretern beſchlagen / und allezeit oben / auch auff den Seiten / wo es noͤthig / mit etli - chen Schuhe hoch Erden beſchuͤttet. Es be - deuten auch die gemachten Gaͤnge / ſo bey einer Veſtung unter dem Wall herum gemacht ſind / und ſind ſolche kleine oder groſſe / enge o - der weite Gaͤnge / um dadurch das feindliche Miniren zu verkundſchaffen / und das Deſſein zu hinter treiben.
  • Gaſons ſind friſche ſtuͤcker Erden mit Graß - berwachſen ohngefaͤhr eines Schuhes lang und einen halben Schuh breit / in Form eines Keils ausgeſtochen / womit die Bruſt-Wehren von Erden inwendig und auswendig ver - ſetzet werden; Wenn der Wall auswendig nicht revetiret / bedienet man ſich dergleichen auff gleiche weiſe / inwendig aber den Wall damit zu begleiten iſt nicht noͤthig.
  • Glacis iſt die Abdachung der Bruſt-Wehre in dem bedeckten Wege / welche ſich immer nach und nach abhaͤngend in das Feld hinaus verlieret / und ſeynd die breiteſten die be - ſten.
  • Gorge die Keele / iſt der Eingang der Bollwercke /L 3wo166Das I. Cap. wo die innerlichen Polygons zuſammen ſtoſſen und einen Winckel machen.
  • Grenades ſeynd hole / groß und kleine Kugeln ge - meiniglich von Eiſen oder auch von Glaße / Bley / Metall / und wenn man ſie zur Luſt ge - brauchet / auch von Holtze; Werden mit gu - ten Pulver gefuͤllet / mit einer Brand-Roͤhre verſehen / angezuͤndet / und entweder aus dem groben Geſchuͤtz / wenn ſolche groß oder auch nur aus der Hand wenn ſie klein ſind / unter das Volck und andere Oerter geworffen / um damit etwas zu ruiniren und zu verbrennen. Die groſſen werden Bombes, die kleinen aber Hand-Granaden genennet.
  • Guerir heilen.
  • Gouverneur ein Regent in Kriegs-Sachen.
  • Gardes ſind Wachten / ſo von Fuß-Volck und Reuterey entweder zu Beſchuͤtzung eines gan - tzen Lagers oder nur einer und andern Per - ſon ausgeſtellet werden / und zwar entweder in eintzelen oder doppelten Perſonen / oder auch Troupp-weiſe / welches letzte denn gemei - niglich die groſſe Wachte genennet wird / die eintzelen / aber heiſſet man Schild-Wach - ten.
  • Guerite ein Schilder-Haͤußlein.
  • Guide ein Weg-Weiſer.
  • Guerre, der Krieg.
  • Guerrier, ein Kriegs-Man.
Gui -167Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Guichet iſt das kleine Thuͤrlein / welches in ein groſſes Thor eingeſchnitten iſt.

H.

  • Heriſſon, iſt ein mit ſtarcken und langen eiſernen Naͤgeln beſchlagener Balcken / welcher ſich auff einen Pfal oder Pfeiler herum drehen laͤſſet / um damit einen engen Gang und Paß zuverſperren / und gehen die Spitzen der Naͤ - gel alle auswaͤrts.
  • Herſe iſt ein Schutz-Gatter / ſo aus groſſen zuge - ſpitzten und an einander gemachten Balcken beſtehet welches gemeiniglich an die Thore auswendig gemachet / und oben an einen Wall-Baum mit Stricken oder Ketten ange - haͤnget wird / um in Fall der Noth ſolches koͤn - nen herunter zu laſſen und die Eingaͤnge um ſo viel mehr zuverſperren.
  • Haye des Soldats wird genennet / wenn die Sol - daten auff beyden Seiten einer Gaſſen oder ſonſt im Felde in gleichen Linien ſtehen und al - ſo eine Gaſſe machen / wodurch man pasſiren kan.
  • Halte vid, faire halte.
  • Hornwerck / iſt ein langes Auſſenwerck / ſo ſeine courtine, und 2. halbe Bollwercke hat.
  • Halber Mond / vid. demilune.
  • Harguebuſiren / todtſchieſſen.
  • Halebarde eine Hellebarde.
  • Haranguer, anreden / Rede fuͤhren.
L 4Har -168Das I. Cap.
  • Hardi Kuͤhne
  • Harnacher die Pferdte anſchirren.
  • Harquebuſe à croc ein Doppel-Hacke.
  • Harquebouſe à rouët ein Feuer-Rohr mit einem Rade.
  • Háter, eilen /
  • Haubert, ein Pantzer.
  • Haubois, eine Schalmeye.
  • Hautain, ſtoltz / hoffaͤrtig.
  • Hute, eine Huͤtte.
  • Humide, feucht / naß.
  • Hennir, Wihern / wie ein Pferdt.
  • Heraut ein Heroldt.
  • Houſſe, eine Pferdt-Decke.
  • Hazard, eine Gefahr.
  • Hazarder, es Wagen.
  • Heros, ein Held.
  • Honorable, ehrlich.
  • Honteux, ſchaͤndlich.
  • Horrible, ſchrecklich.

I.

  • Ingenieur ein Kriegs-Bauverſtaͤndiger.
  • Ichnographie ein Auffriß einer Beſtung mit al - len ihren Grund-Linien nach der Breite / Laͤn - ge / Tieffe und Hoͤhe / wie ſolches das Profit an - ordnet / und haben will.
  • Inſulter une place einen Ort auff eine ſonderbah - re Art angreiffen / von welchem man alle Kundſchafft oder Nachricht eingezogen.
Irregu -169Von Benennung und Explicirung. ꝛc.
  • Irregular Forme oder Werck iſt / wenn eine Ve - ſtung nicht uͤberall gleiche Linien und Winckel hat.
  • Injurien / beſchimpffen / Leid anthun.
  • Injurie eine Beſchuͤmpffung.
  • Inſtiguer anreitzen.
  • Innooent unſchuldig.
  • Jambieres, Bein-Harniſch.
  • Jambon, ein Schincke.
  • Imagination, Impresſion, Einbildung.
  • Immobila unbeweglich.
  • Immortaliſer, unſterblich machen.
  • Imparfait, unvollkommen.
  • Impatient, ungedultig.
  • S Impatroniſer ſich zu einem Beſitzer machen.
  • Imperatif, Befehlungs-weiſe.
  • Imperial Kaͤyſerlich.
  • Journal Tage-Buch.
  • Imperieux, herriſch.
  • Impertinent ungereimt.
  • Impieux unbarmhertzig.
  • Implorer, anruffen.
  • Important, wichtig daran vielgelegen.
  • Importuner, beſchwerlich fallen.
  • Impoſer auf legen.
  • Imposſible unmoͤglich.
  • Impoſt, Zoll / Auf-Lage.
  • àl Impourreu, unverſehener weiſen.
  • Imprudent, unvorſichtig.
  • Impudent, unverſchaͤmt.
L 5Im -170Das I. Cap.
  • Impugner, anfechten.
  • Imputer, zumeſſen.
  • Inaccesſible, unerſteiglich.
  • Incertain ungewiß.
  • Incident ein Zufall.
  • Incivil unhoͤfflich.
    • Irriter
    • Inciter
    anreitzen.
  • Inclus eingeſchloſſen.
  • Incommoder, verhindern.
  • Inconnu, unbekand.
  • Incomperable unvergleichlich.
  • Inconſtant, unbeſtaͤndig.
  • In expert unerfahren.
  • Indomptable, unbezwinglich.
  • Inegal ungleich.
  • Invincible, unuͤberwindlich.
  • Infidel treuloß.
  • Inveſtir in ein Gut ſetzen.
  • Infortuné ungluͤcklich.
  • Ingrat undanckbar.
  • Inviſible unſichtbar.
  • Inhabile ungeſchickt.
  • Inutile, unnuͤtzlich.
  • Injuſte unrecht.
  • Joüer, ſpielen.
  • Innoumerable unzehlbar.
  • Inopiné unverhofft.
  • Inſatiable unerſaͤttlich.
  • Inſenſible unempfindlich.
  • Irriſonoable unvernuͤnfftig.
Inſi -171Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Inſinuer, einſchmeicheln.
  • Inſolent, hoffaͤrtig / uͤbermuͤthig.
  • Inſtaller in ein Amt einſetzig.
  • Inſtruction Unterricht.
  • Inſupportable unertraͤglich.
  • Intendant Ober-Auffſeher.
  • Intercesſion Vorbitte.
  • Intrigue Verwirrung.
  • Intimer ankuͤndigen.
  • Invaſion, Anfall.
  • Intituler, Titul geben.
  • Inventaire Verzeichnuͤß
  • Intolerable unertraͤglich.
  • Inviter einladen.
  • Inquiſition gerichtliche Nachforſchung.
  • Jurisdiction Gerichts-Zwang.
  • Jurer, ſchweren.

L.

  • Ligne capitale iſt die Haupt-Linie / ſo von dem Keel-Punct biß zu dem Bollwercks-Punct gehet.
  • Ligne de Defenſe ſind die Linien / welche eine Muſ - qveten-Kugel in die Lufft machet / und uͤber 60. biß 70. Ruthen nicht ſoll lang ſeyn / wel - ches die gebuͤhrende Laͤnge eines wirckenden Schluſſes dieſes Gewehres iſt.
  • Ligne raſante iſt die beſtaͤndige Streich-Linie / wel - che von dem Bollweꝛcks-Punct auf / und durch die Face biß an den Winckel / welchen die Flanc und Courtine machet / gehet.
Ligne172Das I. Cap.
  • Ligne Fichante iſt die bewegliche Streich-Linie / welche aus dem Punct / wo die Courtine und Flanc zuſammen lauffen / biß zu dem Boll - wercks-Punct auſſerhalb neben der Face weg - gehet.
  • Lignes de l Armée werden die Treffen einer Ar - mée genennet / wenn ſie in ihrem Gewiſſen Li - nien und Schlacht-Ordnungen ſtehet.
  • Ligne de Communication iſt eine Ligne, welche die Wercke und Quartiyre pfleget an einander zu haͤngen / damit der Feind nicht zwiſchen durchpaſſiren koͤnne.
  • Lignes en dedans ſeynd Retrenchementer und Graͤben / ſo bey einer Belagerung gegen die Veſtung zu gehen / damit niemand koͤnne aus - reiſſen / noch vom Feinde aus der Veſtung den Belaͤgerern unverhofft Schaden thun; Wir ſonſt die Contravallations Ligne genennet.
  • Labourer arbeiten.
  • Lame eine Klinge.
  • Lance eine Lantze.
  • Lapider ſteinigen.
  • Larder ſpicken.
  • Larmer Traͤhen vergieſſen.
  • Ligne en dehors ſeynd Retrenchementer und Graͤber / ſo gegen das aͤuſſerſte Zeld zu um die Armée bey einer Belaͤgerung gemacht wer - den / damit der Feind nicht ſo leicht einen Suc - curs in die Veſtung bringen koͤnne / wird ſonſt circumvaleſcentions Linie geheiſſen.
  • Logement iſt eine Schuß freye Bedeckung / wel -che173Von Benennung und Explicirung ꝛc. che man an gefaͤhrliche Orter zu machen pfle - get / damit man vor allem Feindlichen Schieſ - ſen koͤnne ſicher und unverletzet ſeyn.
  • Lieutenant-Colonel ein Obriſt-Lieutenant.
  • Lunettes ſeynd gewiſſe Auſſenwercke / welche vor Baſtions oder andere Auſſenwercke / inſender - heit vor die Ravelines auf beyden Seiten pfle - gen gelegt zu werden / damit der Feind die in - nern Wercke nicht ſo leicht emportiren koͤnne / und werden dieſe Wercke die groſſen Lunettes genennet; die kleinen Lunettes nennet man diejenigen Wercklein / welche zu beyden Sel - ten der Ravelines nechſt dem Haupt - und Ra - velin-Graben / in Form kleiner Ravelines an - gelegt werden.
  • Larron ein Dieb.
  • Laſche ſchlecht / feig.
  • Laver waſchen.
  • Leger unbeſtaͤndig / leichtſinnig.
  • Legion ein Regiment Kriegs-Volck.
  • Leſte geſchwind.
  • Lettre ein Brieff.
  • Lever aufheben.
  • Liberal freygebig.
  • Lier binden.
  • Luxe Bracht / Schwelgerey.
  • Lanspaſſade ein Gefreyter.
  • Lozange iſt nichts anders als ein Rhombus, oder geſchobenen viereck und Rauteufuͤhrung.
  • Lieutenant d infanterie ein Leutenant zu Fuſſe.
Lieu -174Das I. Cap.
  • Lieutenant de cavalerie ein Leutenant zu Pferdte.
  • Lieutenant de dragons ein Dragoner Leutenant.

M.

  • Madrier iſt das Madril Bret / worauf die Petar - den aufgebunden werden / und koͤnnen derglei - chen Breter viereckigt oder laͤnglicht ſeyn / nachdẽm man vorhabens iſt mit der Petarde ein Deſſein auszufuͤhren / wenn nur anders die Breter vom dicken und ſtarcken Holtze / auch - ber das Creutz mit ſtarcken eiſernen Schienen beſchlagen ſind.
  • Manteau ein Mantel.
  • Mantelets ſind Blendungen / welche von ſtarcken Bretern zuſammen gemacht / uñd mit eiſernem Bleche von auſſen beſchlagen ſind / deren ſich die Mineurs ſonderlich bedienen / um vor dem Handgewehr bedeckt und Schuß-frey zu ſeyn / damit ſie die Oeffnung der Minen an behoͤri - gen Orten unverhindert machen koͤnnen.
  • Mine iſt ein hohler Gang und gemachte Kant - mer / worein man in offenen Saͤcken oder Faͤſ - ſern Pulver ſetzet / um die Wercke darmit zu ſprengen / und uͤber einen Hauffen zu ſtuͤrtzen.
  • Mineur ein Minirer, welcher nicht alleine die Mi - nen gebuͤhrend weiß anzugeben / ſondern auch ſolche ſelbſt zu machen und an zu zuͤnden.
  • Merlon bedeutet das Stuͤck der Bruſt-Wehre / ſo zwiſchen zweyen Schieß-Scharten inne lie - get / welches denn gemeiniglich 24. Schuhe lang iſt / damit ſolches nicht ſo leicht vom Fein -de175Von Benennung und Explicirung ꝛc. de koͤnne ruiniret und weggeſchoſſen werden.
  • Monter à l aſſaut zum Stnrm gehen.
  • Mortier iſt ein Moͤrſer / welcher ſo wohl zum Luſt - als Ernſt-Feuerwerck kan gebrauchet / und auf unterſchiedliche Manier von Metall oder Eiſen gegoſſen werden / um daraus allerhand Bomben, Grenaden / Feuer-Kugeln und Stei - ne weit oder nahe zu werffen mit einem oder zwey Feuern.
  • Moulinet, iſt ein hoͤltzern Creutz / welches nahe an einem Schlag-Baume auf einem beſondern Pfal kan herum gedrehet werden / damit man zu Fuſſe durch daſſelbe durchgehen koͤnne.
  • Major ein Obriſt-Wachtmeiſter.
  • Moyenneau iſt eine blatte Form / ſo man gemei - niglich auf die Mitten der Courtine zu legen pfleget / wenn ſie gar zu lang iſt / und von denen zwey nechſt anliegenden Bollwercken mit Muſqueten nicht gnugſam kan beſtrichen wer - den.
  • Mouſquet eine Muſquete.
  • Muſquetaire ein Soldat / ſo eine Muſquete fuͤhret.
  • Mouſquetades ſind Muſqueten Schuͤſſe.
  • Mouſqueton ein Hand-Geſchoß / ſo vorne weit iſt.
  • Marchiren fortziehen.
  • Maſſacriren niederhauen.
  • Matroſen Bots-Knechte / Schiff-Geſellen.
  • Mainteniren ver thaͤdigen oder erhalten.
  • Marquageux Moraſtig.
  • Meliren unter einander vermiſchen.
Mena -176Das I. Cap.
  • Menagiren ſparſam ſeyn / wohl Hauß halten.
  • Menaciren dreuen.
  • Meche Lunte.
  • Meurtieurs ein Loch uͤber einem Thor / da man kan Steine und Feuer herunter werffen / oder Waſſer herunter gieſſen.
  • Montaigneux bergigt.
  • Munition heiß Pulver / Kugel und Lunten / auch was ſonſt zum groſſen Geſchutz gehoͤret.
  • Mayazin ein Proviant oder Munition-Hauß.
  • Mutiniren Meuterey anrichten.
  • Muraille eine Mauer.
  • Marquiſe iſt ein beſonderer Uberzug uͤber ein Zelt / ſolches darmit vom Hitze und Regen zu bema - chen.
  • Maſſacre ein Blut-Bad.
  • Mener fuͤhren.
  • Mettre legen.
  • Maiſon ein Hauß.
  • Grand-Maitre Feldzeugmeiſter.
  • Malicieux boßhafftig.
  • Malade kranck.
  • Malheur Ungluͤck.
  • Manche Hefft oder Stiel / Ermel.
  • Manger eſſen.
  • Manifeſte offenbar.
  • Manuel Hand-Buch.
  • Maraude Bettler / fauler Menſch.
  • Marét Moraſt.
  • Marque ein Zeichen.
Mate -177Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Matebas Madratz.
  • Mirable Wunderwerck.
  • Martial Kriegeriſch.
  • Maxime Regel / Richtſchnur.
  • Meliorer verbeſſern.
  • Membre ein Glied.
  • Mentir luͤgen.
  • Mepriſer verachten.
  • Meſſager ein Bote zu Pferdte.
  • Metier Handwerck.
  • Meſurer meſſen.
  • Mignon ein Favorite.
  • Militer Krieg fuͤhren.
  • Miſerable armſelig.
  • Morfondre erfrieren / erkaͤlten.
  • Mourir ſterben.
  • Mortel ſterblich.
  • Myſtere Geheimnuͤß.

N.

  • Naufrage Schiffbruch.
  • Neutral unpartheyiſch.
  • Nettoyer les approches iſt / wenn man die Beſaͤ - tzung / Wachten und Arbeiter aus den Lauff - Graͤben verjaget / und ſolche wieder zufuͤllet.
  • Naviger zu Schiffe fahren.
  • Navire de combat, ou de guerre ein Kriegs - Schiff.
  • Nacelle ein klein Schifflein.
  • Nager ſchwimmen.
  • Naturel natuͤrlich.
MNa -178Das I. Cap.
  • Nation ein gewiſſes Volck und Nation.
  • Naulage Schiff-Lohn.
  • Nebuleux neblicht.
  • Neceſſaire nothwendig.
  • Neiger ſchneyen.
  • Niveau eine Richtſchnur / gleicher Horizont, Waſ - ſer-Paß.
  • Niveau de plamb eine Bley-Wage.
  • Niveler mit der Richtſchnur abmeſſen.
  • Nombreur in groſſer Anzahl.
  • Nompareil das ſeines gleichen nicht hat.
  • Nord der Nord.
  • Norme eine Regul oder Richtſchnur.
  • Notable merckwuͤrdig / ſcheinbarlich.
  • Notification Andeutung.
  • Notoire maͤnniglich bewuſt.
  • Nouveau neue.
  • Nouvelles neue Zeitung.
  • Nud nacket.

O.

  • Oecuper einnehmen.
  • Ouvrager â cornes, ein Horn-Werck.
  • Ouvrage couronné, oder couronne ein Cron-Werck
  • Ovale, laͤnglicht / rund.
  • Orgues ſind zugeſpitzte und mit Eiſen beſchlage - ne groſſe Fall-Baͤume / welche uͤber ein Thor / ſolches im Fall der Noth darmit zubedecken bedecken / an gewiſſe Kette / Stricke und Well - Baͤume angemachet ſind / und nach belieben herunter gelaſſen werden koͤnnen.
  • Orillon iſt eine kleine Runden an der Schulter -Ecken179Von Benennung und Explicirung ꝛc. Ecken einer Baſton, um die Streiche darmit ein wenig zubedecken.
  • Ouverture eine Oeffnung.
  • Obligation, Verſchreibung / verpflichtung.
  • Obſerver wahrnehmen / in acht nemen.
  • Obſtacle eine Verhinderung.
  • Obſtination Hartnaͤckigkeit.
  • Obtenir erhalten / erlangen was man begehr et.
  • Occaſſion die Gelegenheit.
  • Occuper einnehmen beſitzen.
  • Occupation Verrichtung / Einnehmung.
  • Offenſe die Beleidigung.
  • Offendre beleidigen.
  • Office ein Amt / Dienſt.
  • Officier ein Diener / Befehlshaber / Officier.
  • Ombrageux Schattig /
  • Opiniatre Halßſtarrig.
  • Oppoſſer entgegen ſehen.
  • Oppugnex, beſtreiten oder beſtuͤrmen.
  • Orageur ungeſtuͤm / boͤſe / windig / und Regen - Wetter.
    • Ordonnance
    • Ordre
    Befehl / Ordnung.
  • Ordonner anbefehlen / gebiethen / auferlegen / ſe - tzen / anordnen.
  • Ordre de bataille die Schlacht-Ordnung.
  • Original das Original oder der Urſprung.
  • Orthographie heiſt das Profil, oder die Hoͤhe / die Tieffe / Laͤnge und Breite einer Veſtung.
  • Ouvert offen / unbedeckt.
M 2Oeffnen180Das I. Cap.
  • Oeffnen die Campagne, das iſt / die Campagne nunmehro anfangen / und die Armée und Trouppen laſſen zu Felde gehen und campiren.
  • Oeffnen die Approchen, die Lauff-Graͤben an - fangen zu machen.

P.

  • Pacification Friedens-Handlung.
  • Paille Stroh.
  • Paillace ein Stroh-Sack.
  • Pain Brod.
  • Pair ein Paar.
  • Pais ein Land / Landſchafft.
  • Paiſible friedſam.
  • Palliſades zugeſpitzte kurtze oder lange Pfaͤhle.
  • Palliſader mit Palliſaden beſetzen und verpfaͤhlen.
  • Papier Pappier.
  • Par avant zuvor.
  • Par derriere von hinden zu.
  • Par deſſus von oben.
  • Par deſſous von unten.
  • Par ci, hier durch.
  • Par dort durch.
  • Par tout uͤberall.
  • Parade Eine Ziehrung / Bereitung.
  • Parapet die Bruſt-Wehr.
  • Paraſol Sonnen oder Regen-Schirm.
  • Piſte die Fußſtapffen eines Menſchen oder Thie - res.
  • Parc iſt ein befonderer Ort bey dem Campement einer Armée, wo die gantze Artillerie mit ihrerMuni -181Von Benennung und Explicirung ꝛc. Munition und andern Waͤgen alleine ſtehet.
  • Pattis iſt ein Hauffen Volcks / welches zu reco - gnoſciren / und den Feind aufzuſuchen ausge - ſchicket wird / es ſey zu Pferd oder Fuß.
  • Partiſan iſt der Officier oder Partigaͤnger / ſo der - gleichen ausgeſchickte kleine Trouppen com - mendiret.
  • Pardon die Verzeihung oder Vergebung.
  • Pardonner verzeihen / vergeben.
  • Parfait vollbracht / vollendet / it. vollkommen / deutlich.
  • Parole ein Wort / Loſungs-Wort / welches alle Abende im Felde oder Garniſon pfleget gege - ben zu werden / um darbey zuerkennen / wer Freund oder Feind iſt.
  • Partager theilen.
  • Partir von einem Ort ziehen.
  • Parvenir an einem Ort angelangen.
  • Paſſable da man leicht durchkommen kan.
  • Paſſage ein Paß oder durchgang.
  • Paſſer von einem Ort zum andern uͤbergehen.
  • En Paſſant im Vorbeygehen.
  • Paſſager vergaͤnglich.
  • Paſſepart ein Paßpart.
  • Paſſevolant ein entlehnter Mann und Soldat / ſo vor einem andern bey der Muſterung durchge - het / wird ſonſt ein Blin der geheiſſen.
  • Patapatapon der Trommel-Schlag.
  • Patent offenſtehend.
  • Patentes offene Brieffe der Obrigkeit.
M 3Pa -182Das I. Cap.
  • Patriot ein treuer Verthaͤdiger des Vaterlandes.
  • Patron Vorbild / Muſter / it. eine Patrone.
  • Patrociner beſchuͤtzen / beyſtehen.
  • Patrouille iſt die Wacht / ſo des Nachts in den Gaſſen und auf dem Lande herum gehen / um allerhand Ungelegenheiten zu unternehmen.
  • Pavillon ein Zeit mit einem runden Himmel.
  • Payement oder Paye Bezahlung.
  • Payer bezahlen.
  • Peage Zoll / Schiff oder Fuhr-Lohn.
  • Pendre hencken.
  • Peinible muͤhſam.
  • Penſion Dienſt-Geld / Rente / Zinß.
  • Perdre verliehren.
  • Perte der Verluſt / Schaden.
  • Perfection Vollkommenheit.
  • Perfectionner vollkommen machen.
  • Peril Gefahr.
  • Perilleux gefaͤhrlich.
  • Perir verderben / zu grund gehen.
  • Petard iſt eine von Metall oder Eiſen hole Machi - na, ſo faſt einem ſpitzigen hohen Hute gleich ſie - het / wird mit Pulver gefuͤllet / auf das Madril. Bret feſt angemachet / und an Thore / Mau - ren oder andere Sachen angehencket und an - gezuͤndet / um dadurch ein Loch zu machen.
  • Places d Armes iſt ein weiter Ort / als nemlichen die ausgehende Winckel in dem bedeckten Wege / und auch ſonſt inwendig in einer Ve - ſtung / worauf ſich bie Soldaten pflegen zuver -183Von Benennung und Explicirung ꝛc. verſammlen / um ſolche daſelbſt zu vertheilen / und an andert nothleidende Oerter zu ſchi - cken.
  • Place irreguliaire iſt eine Veſtung oder ander ver - ſchantzter Ort / woran die Winckel und Linien einander ungleich ſind.
  • Place reguliaire iſt ein fortificirter Ort / daran alle Winckel und Linien einander gleich ſind.
  • Polygone exterieur iſt die Weite von einem Boll - wercks-Punct zu dem andern.
  • Polygone interieur iſt die Weite von einem Keel - Punct zum andern.
  • Plan iſt der Grund-Riß u. Vorſtellung eines Orts nach ſeiner Circumferenz, Laͤnge und Breite.
  • Platte Forme iſt ein erhoben Werck / welches man entweder auf die langen Courtinen oder auch auf die Bollwercke laͤnglicht oder eckigt zu ſe - tzen pfleget / um von daraus uͤber die Bruſt - Wehre wegzuſchieſſen.
  • Pont de Jonc iſt eine Bruͤcke von groſſen zuſam - men gebundenen Binſen oder Schilff-Rohr / die in dem Moraſte wachſen / welche man ver - mitt elſt gewiſſer Stangen oder Breter zuſam - men bindet / und ſo man will / auch mit Bre - tern beleget / um damit uͤber einem breiten Waſſer Graben und Canal zu fahren / oder auf ſolche uͤber Moraſtige Oerter zu gehen / zu fah - ren und zu reiten.
  • Pont flottant iſt eine fliegende Bruͤcke / ſo von 2. Schiffen gemachet / und mit Bretern belegetM 4wird /184Das I. Cap. wird / welches alles denn feſt an einander muß verwahret werden / damit man allerhand Sachen vom Volck und Artillerie uͤber einen Fluß fuͤhren koͤnne.
  • Pont levis iſt eine Fall-Bruͤcke / welche man auf - und zuziehen / und auch ein Thor einiger maſſen damit bedecken kan.
  • Poterne iſt ein heimlicher Gang und Thuͤrlein / wodurch man aus einer Veſtung unvermerckt ausfallen / und den Feind unvermerckt uͤber - rumpeln kan.
  • Proſil iſt die Præſentirung eines Wercks bey der Orthographie nach ſeiner Laͤnge / Breite / Hoͤ - he und Tieffe.
  • Plumage ein Feder-Buſch.
  • Perſecuter verfolgen.
  • Perſeverant ſtandhafftig.
  • Perſvaſion eine Uberredung.
  • Perſvader bereden / uͤberreden.
  • Perturber zerſtoͤren / zerruͤcken / entruͤſten / betruͤben
  • Peuple das Volck / Leute.
  • Piece ein Stuͤck.
  • Pied ein Fuß.
  • Pied à Pied Fuß fuͤr Fuß.
  • Pierre ein Stein.
  • pierreux Steinigt.
  • Piller rauben / berauben.
  • Pillage der Raub.
  • Pilote ein Steyer-Mann oder der Schiff-Patron
  • Piquant. ſtehend / ſpitzig.
pi -185Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Piquer ſtechen / anſpornen.
  • Piquet Pfahl / iſt die Wacht bey dem Gewehr / ſo vor die Fronte an einem Pfahl zuſammen an - gelehnet iſt.
  • Piſtolet ein Piſtol.
  • Plaine eine ebene oder groſſe Flaͤche.
  • Plaiſir ein Gefallen / Wohlthat / Dienſt / it. Freude Wolluſt und Kurtzweil.
  • Planir gleich machen / eben.
  • Planter pflantzen.
  • Planter les eanons die Stuͤcke pflantzeeꝛ
  • Playe eine Wunde.
  • Plonger ins Waſſer tauchen.
  • Poignard ein Dolch.
  • Peloton ein kleiner Hauffen Kriegs-Volck it. ein Kneul.
  • Au Point du jour bey anbrechenden Tage
  • Pointu ſpitzig / ſcharff / geſchaͤrffet.
  • Poix Buch.
  • Poltron ein verzagter Menſch.
  • Portepée ein Degen und Leib Gehaͤng.
  • Porter tragen.
  • Poſer legen / niederlegen.
  • Poſſeter beſitzen.
  • Poſſible das moͤglich iſt.
  • Poſte die Poſt it. ein gewiſſer Ort in dem Kriege / woran viel gelegen.
  • Pouce ein Zoll oder Daumen breit.
  • Poudre à Canon Schieß-Pulver.
  • Poudreux ſtaubigt.
M 5pouſſer186Das I. Cap.
  • Pouſſer fortſtoſſen / forttreiben.
  • Pouppe das hinter Theil am Schiff.
  • Precipice ein gefaͤhrlicher und hoher Ort.
  • Precipiter herab ſtuͤrtzen.
  • Preferer vorziehen.
  • Prejudice Nachtheil.
  • Preparer bereiten / Zuruͤſten.
  • Preſence Gegenwart /
  • Preſenter anbieten zu ſtellen.
  • Preſerver vor Ungluͤck bewahren.
  • Preſſant dringend / noͤthig.
  • Preſſer dringen / zwingen.
  • Pretendre fuͤrgeben.
  • Prevenir vorkommen.
  • Preuve eine Probe.
  • Priſonnier ein gefangner.
  • Priſon das Gefaͤngniß.
  • Priver, berauben.
  • Privilege eine Freyheit.
  • Proceder fortfahren / fortgehen.
  • Probable glaublich / guͤltig.
  • Proche nahe.
  • Procurer verſorgen / verſchaffen.
  • Profitable nuͤtzlich.
  • Perfiter Nutzen ſchaffen.
  • Profond tieff.
  • Progreſſ groſſen Fortgang haben.
  • Prolenger verlaͤngern.
  • Promeſſè eine Zuſage.
  • Promettre zuſagen / verſprechen.
propor -187Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Proportion eine Gleichheit / Vergleichung.
  • Propos Gelegenheit oder Bequaͤmligkeit / it. Vor - nehmen / Vorſatz / Anſchlag.
  • Ptopre was einem eigen iſt.
  • Protection Beſchuͤtzung.
  • Proteger beſchuͤtzen / bedecken.
  • Province eine Landſchaft.
  • Proviſion Verſorgung / Vorrath.
  • Provoquer ausfodern / anreitzen.
  • Prouver beweiſen.
  • Publier oͤffentlich ausruffen / verkundigen.
  • Publique gemein.
  • Puiſſance Gewalt, Macht.
  • Puiſſamment moͤchtiglich.
  • Puiſſaut ſtarck / maͤchtig.
  • Pulverin eine Zuͤnd-Pulyer-Flaſche.
  • Pulveriſſer zu Pulver ſtoſſen.
  • Punir ſtraffen.
    • Purger
    • Purifier
    reinigen ſaubern.

Q.

  • Quaré viereckigt.
  • Queüe d Hyronde iſt ein gewiſſes Auſſenwerck / welches hinten enge und forne weit iſt / in Form einer einfachen.
  • Tenaille ſo man einen Schwalben-Schwantz heiſet.
  • Quartier du Roy oder General das Haupt - Quartier, wo der Hoff und General-Staab zu Logiren pfleget.
Quar -188Das I. Capitel.
  • Quartier d un Suge iſt das Lager / ſo man bey dem vornehmſten Paß eines belagerten Or - tes ſchlaͤget / damit alle Zufuhꝛ und Succurs den Belagerten abzuſchneiden.
  • Qualifier heiſſen oder nennen it. geſchickt und be - quaͤm machen.
  • Qualité Geſchickligkeit und gute Geſtaltniß it. Ehren - und Amts-Titul.
  • Quantire Groſſe / Vielheit / Maͤnge.
  • Quarer viereckigt machen.
  • Quart der vierte Theil.
  • Querelle Zanck / Hader / Uneinigkeit / Streit.
  • Quereller zancken / hadern.
  • Querir hohlen / ſuchen.
  • Queſtion eine Frage / it. Zanck und Streit.
  • Quintal ein Centner.
  • Quittance eine Quittung.
  • Quite loß und frey.
  • Quiter quittiren / ledig zehlen / loß laſſen / verlaſ - ſen.

R.

  • Ravelin iſt ein dreyeckigtes Auſſenwerck / ſo ins - gemein vor die Mitte der Courtin pfleget gele - get zu werden / um dieſelbe deſto beſſer zu be - decken.
  • Redans ſind gewiſſe Wercke / ſo als wie Saͤg - Zaͤhne ausſehen / indem ſie bald ſcharff / bald ſtumpff wincklicht gemacht werden / damit ein Theil den andern wohl beſtreichen koͤnne / undwerden189Von Benennung und Explicirung ꝛc. werden ſie gemeiniglich gemachet an die Waſ - ſer-Seiten / wo ein Fluß voruͤber gehet.
  • Redoute iſt eine viereckigte Verſchantzung / wel - che man gemeiniglich bey denen ausgehenden Winckeln der Approchen pfleget zu machen / oder auch ſonſt bey andern Linien / Hoͤhen und Retrenchementen hin und wieder anzubrin - gẽ / um daraus alles deſto beſſer zu beſtreichen.
  • rempart iſt der Erdwall von Courtinen und Bollwercken / ſo um eine gewiſſe Stadt gefuͤh - ret iſt.
  • Retirade oder retraite, eine innerliche verſchan - tzung in einer Veſtung / oder ein anderer ſicherer Ort im Felde / wohin man ſich im Fall der Noth ſalviren kan.
  • Die Retraite ſchlagen laſſen / daß iſt auff dem A - bend den Zapffen Streich thun / da - mit die Soldaten aus dem Wein und Bier - Haͤuſern nach ihren Quartiern ſich begeben moͤgen.
  • Retrenchement iſt eine Verſchantzung mit einer ſtarcken Bruſt und ziemlichen Graben umb ein Lager / Vor-Staͤdte oder andern Art / damit ſolcher von einen feindlichen Anfall in etwas moͤge bedecket ſeyn.
  • Revetir heiſt / wenn man einen Erdwall / Bruſt - Wehr oder Graben mit Steinen bekleidet / da - mit die Erde nicht mehr abſchieſſen koͤnne / und man auch weitern Raͤum bekomme.
  • Rideau iſt ein kleiner Wall im flachen Felde / ei - ner ziemlichen Laͤnge / dienet eigentlich denjeni -gen190Das I. Cap. gen zu groſſen Vortheil / ſo einen Oꝛt ohne weit - laͤufftige Approchen in der Naͤhe belagern wollen / um die Zeit zu gewinnen. Mit ſolchen chen Namen wird anch derjenige Ort benen - net / wodurch man verdeckt biß zum Fuß eines Bollwercks kommen kan.
  • Rondel iſt ein groſſes rundes Werck mit einer Mauer umbgeben / welches man vor alters ge - meiniglich fuͤꝛ die Thoꝛe und Ecken einer Stadt geleget / und ſich deſſen an Stadt eines Boll - wercks bedienen.
  • Rameaux ſind Gallerirn / und Gaͤnge unter den Wall oder Glacis zu den Minen.
  • Relais iſt ſo viel als die Perme oder Fuß des Wal - les damit die Erde nicht ſo gleich koͤnne im Graben fallen.
  • Rabotteux, uneben / rauch / item ſchaͤbig kraͤtzig.
  • Raccommoder wiederzurichten.
  • Raccorder wieder vereinigen.
  • Race, Geſchlchet / oder Ankunfft.
  • Racheter wiederkauffen.
    • Rachat
    • Rançon
    Loͤß-Geld / Rantzion / was man dem Feinde giebt / umb von der Gefangen - ſchafft wider frey zu werden.
  • Racourir zuruͤcklauffen.
  • Rade de mer iſt ein ſolcher Ort / welchen man Ret heiſſet / da die Schiffe zu nechſt bey dem Hafen vor Ancker liegen.
  • Raffiné ein arger und liſtiger Menſch.
  • Rafrechir erfriſchen / erneuern.
Ra -191Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Ragas d eau ein Waſſer-Guß.
  • Ragencer wider in Ordnung ſtellen.
  • Raggrandir weiter ergroͤſſern.
  • Railler Schertz mit einem treiben.
  • Par raillerie im Schimpff und Schertz.
  • Rais de roüe eine Speiche im Rade.
  • Raiſon Vernunfft / Urſache.
  • Raiſonable billigen.
  • Raiſonner uͤberlegen betrachten.
  • Rallier wider vereinigen.
  • Rallonger wider verlaͤngern.
  • Rallumer wider anzuͤnden.
  • Ramancher das Hefft wider anmachen.
  • Ramaſſer verſamlen / zuſammen bringen.
  • Rame ein Ruder an einer Galleer / oder andern kleinen Fahr-Zeuge.
  • Ramener widerherbringen.
  • Ramper klettern oder kriechen.
  • Rang Reiche / Ordnung.
  • Ranger in Ordnung ſtellen.
  • Ranimer ein Hertz wieder einſprechen.
  • Rapine der Raub.
  • Rapiner, rauben ſtehlen.
  • Rappeler wider ruffen.
  • Rapport, Erzehlung / was man gehoͤret und geſe - hen.
  • Rapporter widerbringen / it. etwas erzehlen.
  • Raquette eine Raquete.
  • Rare ſeltzam.
  • Raſer, ſcheren / glat abſchneiden / ſchleiffen.
Ras -192Das I. Cap.
  • Rassaſier erſaͤttigen.
  • Raſſembler wiederverſamlen.
  • Raſſurer von neuen verſichern.
  • Raſteau ein Rechen.
  • Raſteler zuſammen Rechen.
  • Ratifier bekraͤfftigen.
  • Ravage, Einfall / Landes-Streiffung.
  • Ravager verhehren / auspluͤndern / durchſtreiffen.
  • Ravegourer wieder ermundern / Krafft geben.
  • Ravir, Rauben / mit Gewalt nehmen.
  • Raviſer ſich wieder bedencken.
  • Raviver wider lebendig werden.
  • Ravitailler wieder mit Lebens-Mitteln verſe - hen.
  • Rayé gezogen / wie die Buͤchſen / womit man ſchieſ - ſet.
  • Rayer, auskratzen durchſtreichen.
  • Realement mit der That.
  • Rebelle wiederſpenſtig.
  • Rebeller ſich widerſperren / abfaͤllig werden.
  • Rebellion, Menterey / Abfall.
  • Rebours verkehrt / hinter ſich.
  • Rebuter ausmuſtern verwerffen.
  • Recapitulation der Schluß und Auffſatz / was man contrahiret.
  • Recapituler wiederholen / was man verſpro - chen.
  • Reception Auffnehmung.
  • Reciproquer wiedergelten.
  • Reclamation Wiederſprechung.
Re -193Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Reconnoitre erkennen / danckbar ſeyn.
  • Recommandable eine Sache die zu loben iſt.
  • Recommandation ein Gruß / oder Empfehlung.
  • Recommander befehlen / loben.
  • Recompenſer vergelten / belohnen.
  • Reconcilier verſohnen.
  • Reconvoyer das Geleit wiedergeben.
  • Recorder wieder gedencken.
  • Recourrir eine Zuflucht haben.
  • Recreer erluſtigen / erqvicken.
  • Recreation Ergetzung.
  • Recueil Verſamlung.
  • Recueillir wieder verſam̃len / freundlich empfan - gen.
  • Reculer zuruͤck gehen / zuruͤcke lauffen.
  • Reddition Wiedergebung.
  • Redevable der ſchuldig und verbunden iſt.
  • Redonner wiedergeben.
  • Redoubler etwas doppelt machen.
  • Redreſſer wiederauffrichten.
  • Reduire wieder zuruͤck oder zurechte bringen.
  • Reellement wuͤrcklich / in der That.
  • Refaire wieder machen.
  • Refermer wieder ſchlieſſen.
  • Reformer eine andere Geſtalt geben / in beſſere Ordnung.
  • Refrener zaͤumen / baͤndigen.
  • Refugier Zuflucht nehmen.
  • Refus Verweigerung.
  • Refuſer verweigern.
NRe -194Das I. Cap.
  • Regalgner wieder gewinnen.
  • Regaler herrlich beſchencken.
  • Regarder anſehen.
  • Region eine Landſchafft.
  • Regner regieren.
  • Regretter nach etwas groſſes verlangen haben.
  • Rejetter verwerffen.
  • Regler reguliren.
  • Relager nachlaſſen.
  • Relation Erzehlung.
  • Relegation Verweiſung.
  • Religion Gottes-Dienſt.
  • Remede ein Mittel.
  • Remedier helffen oder rathen.
  • Remercier bedancken.
  • Remettre wieder an ſeinen Ort ſetzen.
  • Remisſion Vergebung / Nachlaſſung.
  • Remonter wieder auffſteigen.
  • Remparer mit einem Wall um geben.
  • Remplir erfuͤllen.
  • Remporter darvon tragen.
  • Remuër bewegen.
  • Remunerer vergelten.
  • Rencontre eine Begegnung.
  • Recontrer einander entgegen kommen.
  • Rencourager wieder ein Hertz einſprechen.
  • Rendre wiedergeben.
  • Renegat ein abgefallener Mammeluck.
  • Renforcer wieder ſtaͤrcken.
  • Renfort eine Verſtaͤrckung.
Re -195Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Renommé der einen guten Nahmen hat.
  • Renoncer abkuͤndigen / ausſchlagen.
  • Renouveller verneuern.
  • Renverſer umwerffen / uͤber einen Hauffen werf - fen.
  • Reparer verbeſſern.
  • Reparation Verbeſſerung
  • Repaſſer wieder durch gehen.
  • Repeter wiederholen.
  • Repeupler wieder mit Volck beſetzen.
  • Repondre antworten.
  • Repoſer ausruhen.
  • Reprendre wieder nehmen.
  • Repreſenter fuͤr Augen ſtellen.
  • Reprimander ausfielſen / ſtraffen.
  • Reprimande eine Beſtraffung mit Worten.
  • Reproche Verweiſung.
  • Reprouver verwerffen / verweiſen.
  • Reputation Hochachtung / vornehmer Nahme.
  • Reſerrer einen enge einſperren.
  • Reſerve Vorbehalt / Hinterhalt.
  • Reſidence Sitz oder Wohnung eines groſſen Herrn.
  • Reſigner auffgeben.
  • Reſignation Auffſagung oder Ubergebung.
  • Reſiſtence Wiederſtand.
  • Reſiſter wiederſtehen.
  • Reſolution Entſchlieſſung / Vorſatz.
  • Reſoudre feſtiglich vornehmen.
  • Repondre antworten.
N 2Re -196Das I. Cap.
  • Retablir wiederordnen / wiederbeſtaͤtigen.
  • Reſte das uͤbrige.
  • Reſter uͤbrig bleiben.
  • Reſtituer wieder einſetzen / zurichten
  • Reſtitution Wiedergebung.
  • Reveille Auffwache / Tagwache.
  • Reveiller auffwecken.
  • Retarder verhindern / auffhalten.
  • Retenir hinter halten.
  • Retirer zuruͤck ziehen.
  • Retourner wieder um kehren.
  • Retracter ſein Wort wieder zuruͤck ruffen.
  • Retrencher abſchneiden.
  • Reveler offenbahren.
  • Revenir wiederkommen.
  • Revoir wiederſehen.
  • Revuẽ eine Beſehung / Beſchauung / Muſte - rung.
  • Reverence Ehrerbietung.
  • Revers ein Ruͤck-Streich umgewendete Seite.
  • Reunir wieder vereinigen.
  • Revolter von ſeinem Herrn abfallen / Meuterey machen.
  • Revoquer wiederruffen.
  • Rigoureux ſcharff / ungenaͤdig.
  • Roche ein Felß.
  • Rodomont ein Praler / Auffſchneider.
  • Rodomontade Auffſchneiderey / Pralerey.
  • Rompre zerbrechen.
  • Rond Rund.
Ron -197Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Ronder rund machen.
  • Rouë ein Rad.
  • Rougir roth machen.
  • Rouiller roſtig werden.
  • Rouler waͤltzen.
  • Royal Koͤniglich.
  • Rute rauch / hart / unfreundlich.
  • R eine Gaſſe.
  • Ruiner verderben / verſtoͤren.
  • Ruine Verfallung / Verwuͤſtung.

S.

  • Sac à Terre iſt ein Sack von groben Zwillig / oder Leinwand / in welchen man Erde oder Sand thut / um ſich damit auff dem Nothfall zuver - ſchantzen.
  • Sappe iſt ein verdeckter Gang / welcher zu aͤuſ - ſerſt der Bruſt auff dem Glacis eingegraben / und unter ſich gemachet wird / um dadurch unvermerckter weiſe in den Graben zukom - men.
  • Saigner un Foſſé iſt / wenn man einen Waſſer - Graben das Waſſer benehmen und abziehen kan.
  • Sauciſſe, iſt ein langer Sack von Bargent oder Leinwand gemacht / worein man Pulver thut um eine Mine von weitem dadurch an - zuzuͤnden / heiſſet ſonſt auch eine Brat - Wurſt.
  • Sauciſſons ſind groſſe Waͤllen von Baum-Aeſten gemacht / an den Enden und in der Mitten zu -N 3ſam -198Das I. Capitel. ſammen gebunden / welche man ſonſt Fachi - nen nennet / es bedeutet auch eine Knack - Wurſt.
  • Santinelle eine Schild-Wacht zu Fuß / welche man auff dem Wall / Thore / Bruͤcken und ſonſt im Felde ausſtellet / um Achtung zugeben und anzumelden / was pasſiret.
  • Sillon iſt eine Bruſt-Wehre unten im Graben / woraus man ſolchen wohl beſtreichen kan.
  • Sable Sand Sablon.
  • Sablonneux Sandig.
  • Sacacher eine Stadt aus pluͤndern.
  • Sacrilege Kirchen-Raub.
  • Saillir ausfallen / ausgehen.
  • Sain geſund. Saintement. heiliglich.
  • Saiſir einnehmen / angreiffen / bemaͤchtigen.
  • Salpetre oder Salnitre Salpeter.
  • Salve eine Salve und Loßſchieſſung der Buͤch - ſen.
  • Saluër gruͤſſen.
  • Sang Blut.
  • Sanglant blutig.
  • Sangler guͤrten
  • Sangle ein Pferdte-Gurt.
  • Santé Geſundheit.
  • Satisfaction Genugthuung.
  • Satisfaire bezahlen / genugthun.
  • Sauf friſch und geſund.
  • Saut ein Sprung.
  • Sauter ſpringen.
Sau -199Von Benennung und Explicirung. ꝛc.
  • Sauvage Wild.
  • Sauver bewahren / behalten / erretten.
  • Sçavoir wiſſen.
  • Scelerat ein boͤſewicht.
  • Sçenographie der perſpectiviſche Auffriß eines Wercks oder Gebaͤudes.
  • Science Kunſt oder Weißheit.
  • Scier ſaͤgen.
  • Seau ein Siegel / Pitſchier Rinck-Seel.
  • Secher drucken machen.
  • Secourir helffen / beyſtehen.
  • Secours Huͤlffe / Beyſtand.
  • Secret heimlich.
  • Sedieux auffruhriſch.
  • Sedition Auffruͤhrung / Empoͤrung.
  • Seduire verfuͤhren / betriegen.
  • Senſible empfindlich.
  • Sentence Meynung / Gerichts-Spruch.
  • Sentencier Ausſpruch thun.
  • Sentiment Meynung.
  • Sentir empfinden / riegen.
  • Separer unterſcheiden / abſondern.
  • Sergent ein Unter-Officier, Feldwebel.
  • Serieux ernſthafftig
  • Serment ein Eydſchwur.
  • Serrer zu ſchieſſen / zuſammen ruͤcken.
  • Service ein Dienſt.
  • Servir dienen.
  • Severe ernſthafftig / ſtreng.
  • Siege eine Belaͤgerung.
N 4Signal200Das I. Cap.
  • Signal ein Zeichen.
  • Signaler trefflich hervor thun / bemercken.
  • Signer unterzeichnen / unterſchreiben.
  • Signifier anzeigen / kund thun.
  • Silence das Stillſchweigen.
  • Simple ſchlecht / einfaͤltig.
  • Situation die Gegend und Gelegenheit eines Ortes.
  • Situer gelegen.
  • Soldat ein Kriegs-Mann.
  • Solde Beſoldung.
  • Solennel herrlich praͤchtig / oͤffentlich ſo jaͤhrlich einmahl geſchiehet.
  • Solennizer Feyerlich begeben.
  • Soliciter anliegen / begehren.
  • Solide gaͤntzlich / voͤllig / gruͤndlich /
  • Solitude Wuͤſteney Einſamkeit.
  • Solution Bezahlung.
  • Somme eine gewiſſe Summa.
  • Sommer auff-ordern / beruffen / zuſammen rech - nen / auffuͤhren.
  • Sonde Trompette Trompeten-Schall.
  • Sonder gruͤnden / it. erforſchen.
  • Songer Traͤumen oder gedencken.
  • Sonner lauten / klingen.
  • Sonner le Tambour die Trommel ſchlagen.
  • Sonner les tymbales die Paucken ſchlagen.
  • Sonner les trompetes die Trompeten blaßen.
  • Sonette eine Schelle.
  • Sort das Loß - oder Gluͤcke.
Sor -201Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Sorte Art und Weiſe.
  • Sortir ausgehen / ausziehen.
  • Soumetre unterwerffen.
  • Soumisſion Unterwerffung.
  • Soubſcrire unterſchreiben.
  • Subſcription Unterſchrifft.
  • Subſigner Unterzeichnen.
  • Soutenir unterſtuͤtzen / einen Sturm aushalten.
  • Soubterrain das unter der Erden iſt.
  • Souder Loͤten.
  • Soudre loͤſen / auffloͤſen.
  • Soufler blaſen.
  • Souffre Schweffel.
  • Soulier ein Schuch.
  • Soupçon / Argwohn.
  • Soupçvner Argwoͤhnen.
  • Souper zu Nacht-Eſſen.
  • Soupleſſe Weichigkeit / Geſchmeidigkeit it. Arge Luͤſt / luͤſtige Behaͤndigkeit zubetruͤgen.
  • Source ein Uhrſprung / Brunquelle.
  • Sourdine der Klarin einer Trompeten.
  • Soûlevement eine Auffhebung / it. Auffſtand / Auffruhr.
  • Soulever auff heben / it. aufflehnen / einen Auff - ſtand machen.
  • Sonvenance Gedaͤchtniß.
  • Souvenir eingedenck ſeyn.
  • Souvent offt.
  • Souverain ein Herr der niemand unterworffen iſt.
N 5Souve -202Das I. Cap.
  • Souveraineté die hoͤchſte Gewalt.
  • Spatieux raumlich / weit / breit.
  • Special beſonder.
  • Specification ſonderliche Benennung berechnung
  • Specifier abſonderlich von Stuͤck zu Stuͤck be - nennen und erzehlen.
  • Speculation Betrachtung.
  • Speculer fleißig nach ſinnen / nach dencken.
  • Squadron ein Troupp Reuterey.
  • Stabilité Beſtaͤndigkeit.
  • Stable beſtaͤndig feſt.
  • Station Stelle oder Ort / da die Schiffe oder Kriegs-Leute ſtehen.
  • Statue de fonte, bronze ein gegoſſen Bild.
  • Sterile unfruchtbar Land.
  • Sterilité Unfruchtbarkeit.
  • Stimuler ſtechen / anreitzen / anhetzen.
  • Stipendiare der von iemand unterhalten wird.
  • Strade Weg / Straſſe.
  • Stradiot. leichter Reuter / it. ein nichtswuͤrdiger - Kerl.
  • Stranguler erwuͤrgen / auffhecken.
  • Stratageme Kriegs-Liſt.
  • Structure Gebaͤu.
  • Subalterne der unter einem andern ſtehet.
  • Subdeleger einem andern anbefehlen aufftra - gen.
  • Subdelegation Anbefehlung / Ubergebung.
  • Subhaſter oͤffentlich feil biethen / ausruffen / ver - kauffen.
Sujet203Von Benennung und Explicirung ꝛc
  • Sujet unterthan / unterworffen / it. Urſache.
  • Subjection Unterthaͤnigkeit.
  • Subjuger unterthaͤnig machen.
  • Subjugation bezwingung / ſo durch Krieg geſchie - het.
  • Submis unterworffen.
  • Suborner einen heimlich unterrichten / was er thun oder ſagen ſoll.
  • Subroger an eines Stadt ſetzen.
  • Subſide Huͤlffe / Beyſtandt.
  • Subſidiaire Huͤlffs-Volcker.
  • Subſiſter beſtehen.
  • Subſtanze das Weſen.
  • Subſtantiel weſentlich.
  • Subſtituer an eines ander Platz ſtellen.
  • Subtil ſcharffſinnig / ſpitzig.
  • Subtilité Klugheit / Spitzfinnigkeit.
  • Subtiliſer kluͤgeln.
  • Subvenir zu Huͤlffe kommen.
  • Subvertir alles umkehren.
  • Subverſion eine gaͤntzliche verwuͤſtung.
  • Succeder an eines andern Statt kommen.
  • Succés fortgang.
  • Succeſſeur nachfolger.
  • Succesſion Erbſchafft / Nachkunft.
  • Succomber unten liegen.
  • Suée der Schweiß
  • Suer Schwitzen.
  • Suſſire genung ſeyn.
  • Suffiſamment genugſam.
Su -204Das I. Cap.
  • Suffiſanco genugen.
  • Suiſſe ein Schweitzer.
  • Suivre folgen.
  • Sulfureux ſchweſelicht.
  • Superflu oder Superabondant uͤberfluͤßig.
  • Superabonder uͤberfluͤßig ſeyn.
  • Superteur der oͤberſte.
  • Superiorité Oberhand.
  • Supernaturel uͤbernatuͤrlich.
  • Supleer Erſetzen / einbringen / bitten.
  • Supplier unterthaͤnig bitten.
  • Supplication eine unterthaͤnige Bitte / Supplica - tion.
  • Support Gunſt / Huͤlffe.
  • Supporter einem goͤnſtig ſeyn / it. dulten / vertra - gen.
  • Suppoſer unterſetzen / unterſtellen.
  • Suppreſſion Verſteckung / Vertuſchung / Ver - bergung.
  • Supprimer etwas verheelen / heimlich halten.
  • Sur-charge eine Uberlaſt.
  • Sur-charger uͤberladen.
  • Surfaire uͤberbiethen / zu theuer bieten.
  • Surhater uͤbereilen.
  • Sur intendant Ober Auffſeher / Verwalter.
    • Supaſſer
    • Sormonter
    uͤberſteichen / uͤberwinden / uͤber - treffen.
  • Surnom Zunahme.
  • Surnommer einen zunahmen geben.
Sur -205Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Surprendre unverhofft uͤberfallen / erhaſchen / - berrumpeln.
  • Surpriſe Uberrumpelung.
  • Survenir unverſehens darzukommen.
  • Surtout ein Ober-Rock.
  • Sur vivre uͤberleben.
  • Sur vivance das Uberleben / it. Anmerckung.
  • Suſciter erwecken.
  • Suſpert verdaͤchtig.
  • Suſpendre Entſetzen it. ruhen laſſen.
  • Suſpenſion Stillſtand der Waffen.
  • Suſtenter unterhalten.
  • Suſtentation Unterhaltung.
  • Sympathie gleiche Eigenſchafft.

T.

  • Talut Abdachung der Wercke / ſie ſeyn von Erde oder Mauer.
  • Tanaille eine Zange / ſo ein offen Werck iſt / u. kan ein ſolches Werck einfach mit einem eingebo - genen Winckel / oder doppelt mit zweyn ein / und einen außfahrenden Winckel ſeyn,
  • Terreplein der Wallgang / wo die Soldaten or - dentlich auff dem Wall gehen / und die Stuͤcke ſtehen.
  • Tour creuse iſt die runde Aushoͤlung bey der ſo genanten Frantzoͤſiſchen Fortification.
  • Tranchée ſind die approchen welche die Belaͤge - rer fuͤr einen belagerten Ort auffwerffen.
  • Traverſe iſt ein Zwerg-Wall mit ſeinem Gra - ben ſo gemeiniglich die Quere an enge Oerterund206Das I. Cap. und Taſſagen gemachet wird / damit man nicht durchkommen / und ſolchen Ort frey beſchieſ - ſen koͤnne.
  • Toiſe eine Klaffter / von 6. R. lang / deſſen ſich die Frantzoſen bey der Fortification bedienen.
  • Tour baſtionne ein ſtarcker Thurm welcher auff dem Keel-Winckel eines Bollwercks erbau - et iſt / und an Stadt eines Cavaliers und Maga - zins dienen kan.
  • Tabernacle ein Zelt.
  • Table Tiſch.
  • Table ouverte offene Tafel.
  • Tablettes Schreib-Taffel.
  • Tambour eine Trommel / Trommelſchlaͤger / it. ei - ne groſſe Reiſetaſche.
  • Tacite heimlig.
  • Taillade ein Schnitt.
  • Taillader mit groſſen und weiten Schnitten zer - ſchneiden.
  • Taillant die Schneide.
  • Taille Geſtald des Leibes / it. Schneidung it. Steuer Schatzung.
  • Tailler ſchneiden / hauen
  • Taire ſtillſchweigen.
  • Talon die Verſe am Fuße / der Abſatz am Schue.
  • Tappis Teppich.
  • tabuſſer mit Teppichten behaͤngen.
  • tapiſſerie Tapetzerey.
  • Tart ſpaͤt / langſam.
  • Tarter verziehen auffhalten.
Tartif207Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Tardif ein langſamer Menſch.
  • Tarelle ein Borer.
  • tartane eine gewiſſe Art kleiner Schiffe / wor - mit man geſchwind ſegeln kan.
  • Tas de gens ein hauffen Volcks.
  • Taſche ein Tagwerck.
  • tascher ſich bemuͤhen.
  • taſſe â boire eine Schale / daraus zut rincken.
  • Tater fuͤhlen / greiffen.
  • taverne eine Herberge,
  • taxe Schaͤtzung.
  • taxer Schaͤtzen / taxiren.
  • temeraire vermeſſen.
  • temperer men gen / maͤßigen.
  • tempéte Ungewitter.
  • tempeter toben / wuͤten / rumpeln / entruͤſten / Auffruhr machen.
  • tempetieux ungeſtuͤmm.
  • temple Kirche.
  • temporiſer ſich in die Zeit ſchicken.
  • Temporel zeitlich,
  • Temps die Zeit,
  • Tenaille Zange / eingewiſſes Auſſen-Werck bey der Fortification,
  • Tenailler un mal faiteur einen Ubelthaͤter mit gluͤ - enden Zangen zerreiſſen.
  • Tendre ſtrecken / Spannen / auffſpannen / darrei - reichen / geben / langen.
  • Tendre zart / Friſch.
  • Tenebreux dunckel / finſter.
tenir208Das I. Cap.
  • Tenir halten.
  • Tentation Verſuchung.
  • Tente ein Zelt.
  • Tenter verſuchen.
  • Terme Wort / Ziel / Zeit / Termin.
  • Terminer enden / vollbꝛingen.
  • Terraſſer zur Erden werffen.
  • Terre die Erde.
  • Terre ferme feſt Land / ſo keine Jnſul iſt.
  • Terreur ein Schrecken.
  • Terrible erſchrecklich.
  • Temoignage ein Zeugniß.
  • Temoin ein Zeuge,
  • Teſtament ein Teſtament / letzter Wille.
  • Tete das Haupt.
  • Teſtifier oͤffentlich bezeugen.
  • Teſtification bezeugung.
  • Teſtimonial Zeugend.
  • Tetter ſauger.
  • Theorie das Bedencken und ſpeculiren einer Kunſt.
  • Thresor ein Schatz.
  • Thresorier Schatzmeiſter / Zahlmeiſter.
  • Threſororie die Renterey.
  • Throne ein Thron.
  • Tiede laulicht.
  • Tiedir laulicht machen.
  • Tige de botte das Bein an einen Stiefel.
  • Tillet ein Lindenbaum.
  • Titre ein Titul.
Timide209Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Timide furchtſam.
  • Timon de chariot die Wagen deichſel.
  • Timon de navire das Steuer-Ruder.
  • Tintiner klingen oder ſchellen.
  • Tirer ziehen / zielen / ſchieſſen.
  • Tirebale ein Kugelzieher.
  • tireboutre ein Kretzer.
  • tirer d armes fechten.
  • tiſane Gerſtenwaſſer / ein gewiſſer Tranck.
  • tocſing Sturmglocke.
  • toiſer mit der Ruthe meſſen.
  • tolerable pertraͤglich.
  • tolerer leiden / vertragen.
  • toletance Vertraͤglichkeit.
  • Tomber fallen / kommen.
  • Ton ein Thon oder Laut.
  • Tondre ſcheren.
  • Tonneau ein Faß / Thonne.
  • Tonner donnern.
  • Torche eine Fackel.
  • Torcher fegen / abwiſchen.
  • Tordre kruͤmmen / buͤgen / draͤhen.
  • Torrent ein Regen oder Schneebach.
  • Tort unrecht.
    • Totalement
    • Total
    gaͤntzlich.
  • Toucher anruͤhren.
  • Toujours allezeit.
  • Tour ein loſer Fund / boͤſes Stuͤck / it. ein Thurn - Reiſe oder Weg.
Otour210Das I. Cap.
  • Tour à tour einer nach dem andern.
  • Tourmenter plagen / peinigen.
  • Tourner umkehren / umwenden / verdraͤhen / it. - berſetzen in eine andere Sprache / it. draͤhen / drechſeln.
  • Tout alles.
  • Tout de bon im rechten Ernſt.
  • Tout à fait gantz und gar.
  • Tout à point zu rechter Zeit.
  • Tout à coup auf einmahl.
  • Tout à l’aiſe gantz gemaͤchlich.
  • Traces die Fußſtapffen eines Menſchen.
  • Tracer nach ſpuͤhren / it. abzeichñen.
  • Trahir verrathen.
  • Trahiſon Verraͤtherey.
  • Traitre Verraͤther.
  • Trait ein Zug / Trunck / ein ſubtil Stuͤck.
  • Traitter handeln / tractiren / beſchreiben.
  • Train der Anhang / Nachfolge bey groſſen Herrn / it. die Spuhr eines Thiers.
  • Trainer ſchleppen / nachſchleiffen.
  • Tramer weben / rathſchlagen / anſtellen / anordnen.
  • Transferer verſetzen.
  • Transporter uͤberbringen / uͤbertragen.
  • Transformer in eine andere Geſtalt veraͤndern.
  • Transgreſſer uͤbertreten.
  • Transpercer durchſtechen.
  • Transmuer veraͤndern.
  • Transport Ubertragung / Uberſetzung der Voͤlcker auf dem Waſſer.
trans -211Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Transpoſer verſetzen / an einem andern Ort hinſe - tzen.
  • Trape Strick / Schlinge / Falle.
  • Travail Arbeit.
  • Travailler arbeiten.
  • Travers uͤberzwerg.
  • Traverſer durchgehen.
  • Travetir verkleiden.
  • Trebucher anſtoſſen / ſtraucheln / fallen.
  • Treillis ein Gitter.
  • Treilliſſer vergittern.
  • Trembler zittern.
  • Tremblement Zitterung.
  • Tremper weichen / waͤſſern / eintuncken / it. haͤrten.
    • Trenchée
    • Trenchement
    Lauffgraͤben.
  • Trencher ſchneiden / hauen.
  • Trépied ein Dreyfuß.
  • Trespaſſer abſterben.
  • Treſſer flechten.
  • Tribut Stuer / Schatzung / Anlag.
  • Tributaire zinßbar.
  • Trinquer trincken.
  • Triompher triumphiren.
  • Triomphant Sieghafft.
  • Trippes Gedaͤrme / die Kutteln.
  • Tripler dreyfaͤltigen.
    • Triſte
    • Triſtement
    traurig / betruͤbt.
  • Trois drey.
O 2trom -212Das I. Cap.
  • Tromper betruͤgen.
  • Trompeur Betruͤger.
  • Trompette eine Trompete / Trompeter.
  • Tronc d arbre der Stamm eines Baums.
  • Tronquer abſchneiden / kuͤrtzer machen / ſtuͤmmeln.
  • Trop zu viel.
  • Trop peu allzuwenig.
  • Trop toſt gar zu bald.
  • Trophée Siegszeichen.
  • Troquer tauſchen.
  • Trotter traben.
  • Trou ein Loch.
  • Trouer loͤchern / bohren.
  • Trouble Unruhe / Aufruhr / Empoͤhrung.
  • Troubler truͤbe machen / verwirren / verſtoͤhren.
  • Trouppe ein Hauffen Volcks.
  • Trouſſer aufſtuͤlpen / aufſchuͤrtzen / aufpacken.
  • Trouver finden.
  • Trucheman ein Tolmetſcher.
  • Tube ein Sprachrohr.
  • Tuër toͤden / wuͤrgen / umbringen.
  • Tumnlte Aufruhr / Tumult.
  • Tumultuer aufruͤhriſch ſeyn.
  • Turc ein Tuͤrcke.
  • Turque eine Tuͤrckin.
  • Turquesque Tuͤrckiſch.
  • Turquie Tuͤrckey.
  • Tyran ein Tyran.
  • Tyrannie Tyranney.
  • Tyrannique Tyranniſch.
tyran -213Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Tyranniſer Tyranney treiben.

U. V.

  • Vedette eine Schildwacht zu Pferde.
  • Ville cloſe eine verſchloſſene und mit Mauren umgebene Stadt.
  • Vacant ledig / feyrend.
  • Vache eine Kuhe.
  • Vacherie eine Heerde Kuͤhe.
  • Vaciller hin und her wancken / ungewiß ſtehen.
  • Vagabond Landſtreicher.
  • Vague eine Meereswelle.
  • Vaguer Wellen machen / flieſſen.
  • Vaillant tapffer / it. Vermoͤgen / Reichthum.
  • Vaillance Tapfferkeit / Mannhafftigkeit.
    • Vainement
    • En Vain
    vergebens.
  • Vanité Eitelkeit.
  • Vaincre uͤberwinden.
  • Vaincu uͤberwunden.
  • Vainqueur ein Uberwinder.
  • Vaiſſeau ein Faß / Geſchirr / it. ein Schiff.
  • Vaiſſelle allerley Geſchirr.
    • Val
    • Vallée
    ein Thal.
  • Valet ein Knecht / Diener.
  • Valeur der Werth oder Preiß.
  • Valenreur tapffer / mannhafftig.
  • Valeureuſement mannhafftiglich.
  • Valiſe ein Wattſack / Felleiſen.
  • Valoir gelten / nuͤtzen / werth ſeyn.
O 3Van -214Das I. Cap.
  • Vanger raͤchen / Rache nehmen.
  • Vanter ruͤhmen.
  • Vanteur ein Ruhmraͤthiger Menſch.
  • Vapeur Daͤmpff / Dunſt.
  • Vapereux daͤmpffig / voll Duͤnſte.
  • Variable veraͤnderlich / unbeſtaͤndig.
  • Variation Veraͤnderung.
  • Varier veraͤndern.
  • Varieté die Vielfaͤltigkeit.
  • Vaſte groß und weitlaͤufftig.
  • Vauneant oder Vaurien ein nichtswuͤrdiger Menſch.
  • Veau ein Kalb.
  • Vef ein Wittber.
  • Vefve eine Wittfrau.
  • Vehemence die Hefftigkeit.
  • Vehement hefftig / kraͤfftig.
  • Veille eine Wacht.
  • Veiller wachen.
  • Veillant wachend / emſig.
  • Veine eine Blutader.
  • Velocité ſchnelle.
  • Venaiſon Wildpraͤt.
  • Vendange Weinleſe.
  • Vendition Verkauffung.
  • Vendre verkauffen.
  • Venin Gifft.
  • Venir kommen.
  • Vent der Wind.
  • Venter Wind machen.
Ven -215Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Venteux windig.
  • Ventre der Bauch.
  • Voir ſehen.
  • Veuẽ das Geſicht.
  • Verbal mit Worten geſagt / ſchrifftlich aufgeſetzt.
  • Verd gruͤne.
  • Verifier bekraͤfftigen.
  • Veritable wahrhafftig.
  • Verité Wahrheit.
  • Verole Kinderbocken / Frantzoſen.
  • Verſer gieſſen / einſchencken / umwerffen.
  • Verſion eine Uberſetzung.
  • Vertu Tugend.
  • Vetir kleiden.
  • Viande Speiſe.
  • Vice Laſter / Gebrechen / Mangel.
  • Vicieux laſterhafftig.
  • Vicinité Nachbarſchafft.
  • Victoire der Sieg.
  • Victorieux ſieghafftig.
  • Vie das Leben.
  • Vieillard ein Alter.
  • Vieilleſſe das Alter.
  • Vieillir alt werden.
  • Vielle eine Leyer.
  • Vieller leyren.
  • Vierge eine Jungfrau.
  • Violer beleidigen / ſchaͤnden.
  • Vivement lebhafftig / nachdruͤcklich / ſcharff.
  • Vigilant ſorgfaͤltig / emſig / wachſam.
O 4Vigne216Das I. Cap.
  • Vigne Weinberg / it. Vignoble.
  • Vigueur Krafft.
  • Vigoureux friſch / geſund / ſtarck.
  • Vil unwerth.
  • Vilain unhoͤfflich / unflaͤtig / undanckbar / ein kar - ger Filß / ein Schelm / ein Bube / ein Bauer / ein grober Geſell.
  • Vilainement ſchaͤndlich.
  • Vilage ein Dorff.
  • Ville eine Stadt.
  • Vin Wein.
  • Vinaigre Eßig.
  • Vingt zwantzig.
  • Violence unbillige Gewalt / Nothzwang.
  • Violent gewaltig / ſtarck / hefftig.
  • Violon ein Geiger / ein Fidler / eine Geige.
  • Virilement maͤnnlich / tapffer / redlich.
  • Vis eine Schtaube.
  • Viſage das Geſicht.
  • Viſant zielend.
  • Viſer zielen.
  • Viſible ſichtbar.
  • Viſite eine Beſuchung.
  • Viſiter heimſuchen / beſuchen.
  • Vite, Vitement geſchwind / hurtig.
  • Vital lebhafftig.
  • Vivacité Lebhafftigkeit.
  • Vivre leben.
  • Ulcere ein Geſchwaͤr.
  • Unanime eintraͤchtig.
Una -217Von Benennung und Explicirung ꝛc.
  • Unaniment eintraͤchtiglich.
  • Unanimité die Eintraͤchtigkeit.
  • Union Einigkeit / Vereinigung.
  • Unique einig / allein.
  • Unir vereinigen / zuſammen fuͤgen.
  • Univerſel allgemein.
  • Uniforme gleichfoͤrmig.
  • Vocation die Beruffung.
  • Voguer rudern.
  • Voile ein Segel / it. der Schleyer eines Weibsbil - des.
  • Voicin Nachbar.
  • Voicinage Nachbarſchafft.
  • Voiture die Fuhr.
  • Voix die Stimme.
  • Volée der Flug.
  • Voler fliegen / it. berauben.
  • Voleur ein Rauber.
  • Volerie Rauberey / Pluͤnderung.
  • Volontiers gerne.
  • Volonté Wille / Meynung.
  • Volontaire ein Freywilliger.
  • Voltiger voltiſiren.
  • Vouloir wollen.
  • Vouté ein Gewoͤlbe.
  • Vouter woͤlben.
  • Voyager reiſen.
  • Voyage die Reiſe.
  • Vray ement wahrhafftiglich / glaubar / warlich.
  • Uſaye Gewohnheit / Gebrauch.
O 5Uſer218Das I. Cap.
  • Uſer gebrauchen / verſchlieſſen / abnuͤtzen.
  • Uſure Wucher.
  • Uſurper gebrauchen / ſich etwas zueignen / was ei - nem nicht gehoͤret.
  • Utenſiles allerley Haußrath / Ruderwerck.
  • Utile nuͤtzlich.
  • Utilité Nutzbarkeit.
  • Vuide leer.
  • Vuider leeren / ausleeren.
  • Vulgaire gemein.
  • Vulgairement gemeiniglich.

Y.

  • Yverner uͤberwinden.
  • Yver der Winder.
  • Yvoire Elffenbein.
  • Yvre truncken.
  • Yvrogne ein Trunckenbold.
  • S’Yvrogner ſich offt doll und voll ſauffen.
  • tvrognerie Trunckenheit.

Z.

  • Zele, Eyffer.
  • Zelé eiferig.
  • Zeler eiferig machen.
  • Zenit der Punct uͤber unſern Haupt an den Him - mel.
  • Zodiaque der Circul / worinnen die zwoͤlff himm - liſche Zeichen lauffen.
  • Zone ein Guͤrtel / it. ein Umkreiß am Himmel.
  • Zangen / vid. Tenaille.
Das219Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc.

Das II. Cap. Von dem Uhrſprung / und Fortgang der Fortification, auch derſelben unterſchiedlichen heutigen Manieren.

(1.) Frage. Auf was weiſe hat man ſich zu al - lererſt zuverſchantzen angefan - gen?

ALs die Leute erſtlichen angefangen in etwas beyſammen zu wohnen / haben ſie ihren Platz und Ort mit ſelbſt wachſenden Zaͤunen und He - cken verwahret / damit ſie nur einiger Maſſen vor den wilden Thieren haben koͤnnen geſichert ſeyn.

(2.) Frage. Was hat man nach den Hecken vor Fortification pflegen zu machen?

Weil die Hecken und Zaͤune ſo wohl von wil - den Thieren / als auch von einigen andern he - rum vagirenden Leuten / ſo mehrentheils Diebe und Raͤuber abgeben / leicht haben koͤnnen durch - loͤchert / verwuͤſtet und verbrand werden / und alſo die beyſammen wohnenden Leute darbey nicht recht ſicher geweſen / haben ſie Baͤume uͤberei - nander geleget / Palliſaden in die Erde eingeſe -tzet /220Das I. Cap. tzet / dañ Waͤnde von Eꝛden und Leimen gemachet / u. nachdem dieſes alles nicht recht verwahrlig hat zu langen wollen / haben ſie endlichen ihren wohn - hafften Ort mit einer bloſſen Mauer umbge - ben.

(3.) Frage. Wie iſt die erſte Fortification weiter verbeſſert worden?

Weil der Hochmuth unter den Leuten ſehr gewachſen / und andere diejenigen / ſo ſich mit der - gleichen bloſen Mauer verwahret / unter ihre Botmaͤßigkeit zubringen geſuchet / haben ſie bald Mittel erfunden die Mauern mit ihren Machinis und Boͤcken zu ruiniren und einzuſtoſ - ſen: Dahero es hernach kommen / daß man umb die bloſe Mauer einen Graben gefuͤhret / damit die Feinde nicht ſo gleich an dem Fuß derſelben kommen koͤnnen.

(4.) Frage. Wie hat ſich die Fortification noch ferner veraͤndert?

Ungeachtet man noch einen Graben umb die Mauer gefuͤhret / ſo haben ſich doch die Feinde da - rein geleget / und ſich dennoch mit ihren Machi - nis an dem Fuß der Mauer angehenget / worauff dann nicht alleine die Schieß-Loͤcher / oder viel - mehr die Einſchnitte / und ſo genante Zahn-Luͤ -cken221Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc. cken oben in die Mauer gemachet worden / um mit Pfeilen heraus auf den Feind zuſchieſſen; Sondern man hat auch Uberhaͤnge auf die Mau - er gemachet / ſo unten offen geweſen / wodurch man dann Steine und Feuer auf den Feind gleich unter geworffen / auch heiſes Waſſer auf denſelben goſſen / wenn er ſich an dem Fuß der Mauer logiret.

(5.) Frage. Wie iſt die Fortification noch hoͤher geſtiegen?

Weil die vorigen Verwahrungen nicht ge - nug geweſen / den Feind an ſeinem Vorhaben zuverhindern / maſſen er ſich mit ſeinen Schildern und andern Inventionen uͤber dem Haupte wohl bedecket / und alſo ſein Vorhaben ungehindert unten an der Mauer verbringen koͤnnen; Hat man angefangen an die Mauern / ſonderlich a - ber an die Winckel / von Diſtantzen zu Diſtantzen runde und viereckigte Thuͤrme zubauen / umb von daraus den Feind von den Seiten zu flanquiren / und ſo viel moͤglichen ihn von der Mauer abzu - treibẽ / wann er ſich an dieſelbe angeleget; welche Fortification denn ſo lange gedauret / da man nuꝛ mit Pfeilen / Steinen / Feuerwerffen und Boͤ - cken einander zu ataquiren / und ſich zu defendi - ren gewohnet geweſen / biß ſo lange das Schieß - Pulver / und das kleine und grobe Geſchuͤtz er - funden worden.

(6.) Fra -222Das II. Cap.

(6.) Frage. Wie hat man mit der Zeit die For - tification noch mehr verbeſſert?

Als man geſehen / daß dergleichen Defenſion der runden oder viereckigten Thurme nicht aller - dings capable geweſen / die Mauern und Thuͤrme recht zu beſchuͤtzen / immaſſen einiger Platz an den Thuͤrmen ohne Beſtreichung frey geblieben / und die Belaͤgerer alſo weder ſolchen Ort / noch ſonſt von der Mauer wohl haben koͤnnen abge - trieben werden; So hat Man an deren Statt zwo bloſe Facen an die Mauer pflegen zu ma - chen / in der Meynung / auf ſolche weiſe alle Linien und Winckel umb deſto beſſer zubeſtreichen.

(7.) Frage. Wie iſt die Fortification nachgehens noch beſſer corrigiret worden?

Nachdem die Erfahrung gelehret / daß auch dieſe Facen alleine nicht ſufficient geweſen / alle Li - nien uñ Winckel an der Mauer mit Nachdruck zu defendiren / hat man noch uͤber dieſelbe / und zwar erſtlich die kurtzen perpendicular Flanquen gema - chet / und alſo mit ſolchen und den zwo Facen die Bolwercke erfunden / umb nicht alleine die Mittel und Communications-Linie zwiſchen den Boll - wercken / ſo man nun Courtine pfleget zunennen / mit den Flanquen deſto beſſer zubeſtreichen / ſon -dern223Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc. dern auch aus den Facen den Land-Horizont uͤber den Graben umb ſo viel reiner zuhalten.

(8.) Frage. Haben dann dieſe kurtze perpendi - cular Flanquen viel Nutzen ſchaffen koͤn - nen / und hat man nicht etwan an de - ren Statt nachgehens etwas beſſers erfunden?

Weil vor alters die Bollwercke zimlichen klei - ne und weit von einander gemachet / auch die atta - quen gemeiniglich auf die Mitte der langen Cour - tinen / wo durch die Thore gangen / ſind gefuͤhret worden / haben zwar die kurtzen und einfachen perpendicular Flanquen / ſo viel moͤglichen / das ih - rige gethan / aber dennoch nicht die allzulange Courtine zur Gnuͤge beſtreichen / und den Feind mit Nachdruck davon abtreiben koͤnnen; Da - hero dann geſchehen / daß man die engen Boll - wercke an ihren Facen umb ein zimliches erwei - tert / ſolche erlaͤngert / und an ſtatt der einfachen kurtzen Flanqúen doppelte / und reterirte kurtze perpendicular Flanquen / und ſo genante Caſa - matten gemachet / ſo die Spanier ſollen erfunden haben / welche dann ein eckigt Stuͤck von den Facen an den Schulter-Ecken der Bollwercke be - decket / wodurch ſie alſo mehr Feuer bekommen / die langen Courtinen nebſt dem Graben / ſo wohl niedrig / als hoch in gerader Linie beſſer zu flanqui -ren /224Das II. Cap. ren / weil doch die groͤſte Force und ſtaͤrckſte De - fenſion aus den Flanquen hat muͤſſen geſuchet / und hergenommen werden; Jm uͤbrigen auch noch vor diejenige Courtinen Mauer eine niedri - ge andere gebauet / ſo man den Zwinger geheiſ - ſen / wodurch man auch den Graben in fronte horizontal beſſer und mit doppelten Feuer defen - diren koͤnnen.

(9.) Frage. Wie iſt dann die Fortification noch weiter verbeſſert / und wie ſind die Ataquen anders gefuͤhret worden?

Man hat an Statt der koſtbaren dicken Mau - ern nicht alleine die Erd-Waͤlle erfunden / und ſolche von auſſen nur mit Mauer-Werck reveti - ret / damit man aus dem Graben nicht ſo leicht auf den Wall kommen koͤnne; Sondern man hat auch die Bollwercke naͤher an einander geruͤ - cket / u. nicht mehr ſo weit von einander gelegt / da - hero es hernach auch kommen / daß die Attaquen / nicht mehr ſo gebraͤuchlich / als vor dieſen bey den langen Courtinen geſchehen / auf ſolche / ſon - dern viel mehr auf die Facen der Bollwercke / als welche an weiteſten ins Feld hinaus lauffen / und den Feind frey im Geſicht liegen / gefuͤhret / maſ - ſen die reterirten perpendicular Flanquen und Ca -ſamet -225Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc. ſamatten bey Beſtuͤrmung der langen Courtine in gerader Linie das ihrige wohlgethan / und der Feind wo er hierdurch nicht gaͤntzlich abgetrie - ben / doch ziemlichen warm gehalten worden.

10. Frage. Sind denn die perpendiaular-Flan - quen auch noch nuͤtzlichen oder an deren Statt keine andere erfunden worden / weil die ataquen heute zu Tage mehren - theils auf die Facen gefuͤhret werden?

Ohngeacht die ataquen ſo lange Zeit auf die Geſicht Linien der Bollwercke ſind gefuͤhret worden / ſo hat man doch nichts deſto weniger die perpendicular flanquen, ſie haben moͤgen ein - fach oder doppelt und reteriret geweſen ſeyn / be - halten, dahero es auch nicht anders ſeyn koͤnnen / daß viele belagerte Feſtungen vor der Zeit haben muͤßen uͤbergehen / weil ſie bey ihren ataquen kei - ne rechte und nachdruͤckliche Defenſion und Be - ſtreichung von ihren flanquen gehabt. Nachdem aber dieſer grobe Fehler von einigen iſt obſervi - ret worden / ſonderlich aber von einem Italiaͤni - ſchen Mathematico, davon Blondel gedencket in ſeinem Buch / l art de jetrer les Bombes lib. 1. cap. 4. welche die Courtinen Linie an ihren Enden etwas gebrochen / uñ hernach eingehende runde flanqven mit orillons gemachet / um darauf nicht nur allei - ne mehr Stuͤcke / als auf bloße perpendicular flan -Pquen226Das II. Cap. quen zuſtellen / ſondern auch daraus eines Theils den Feld Horizont, und andern Theils den Gra - ben und die Courtine zubeſtreichen; Andere haben die kurtzen perpendicular Flanquen etwas ſchrege und geſchoben gemachet / um ſo viel beſſer daraus die nothleidende Face des andern Bollwercks zu defendiren: Noch andere haben eines Theils die perpendicular Flanque zu nechſt der Face behal - ten / die Helffte aber davon zu nechſt der Courti - ne ſchrege gemachet / und alſo mit einem obtuſen Winckel eine ſecond Flanquen formiret / um mit jener den Graben / mit dieſer aber den Feld-Ho - rizont zu beſtreichen: Wie gute Meynungen a - ber dieſe Leute gefuͤhret / und die perpendicular Flanquen zu verbeſſern gedacht / ſo hat doch keiner darunter zu dem rechten Ziele geſchoſſen / wie bald aus folgenden wird zu vernehmen ſeyn.

(11.) Frage. Aus was Urſachen werden denn die vorigen Flanquen alle verworffen / und wie ſollen denn die Flanquen heute zu Ta - ge beſchaffen ſeyn / daß ſie ihr Devoir recht thun koͤnnen?

Weil die Ataqnen, wie gemeldet / heute zu Ta - ge gemeiniglich / auf die Facen der Bollwercke ge - fuͤhret werden / und aber aus den Flanquen, als den ſtaͤrckſten Theilen der Fortification, die groͤſte Force und Beſchuͤtzung muß hergenom̃en werden / maſſen ſechs Schuͤſſe in Flanque geſtalten Sachennach227Von dem Uhrſprung und Fortgang ꝛc. nach mehr ausrichten koͤnnen / als zwantzig in Fronte; ſo iſt es hoͤchſt noͤthig / daß man nicht al - leine die gantze Flanque gebuͤhrend ſchrege fuͤhre / weil die Defenſion ſich allerdings nach der Ataque richten muß; ſondern man muß auch ſolche in Anſehen der Facen alſo mit einander wohl pro - portioniren / daß eine Flanque der Face im Fall der Noth ſufficiente und zulaͤngliche Defenſion geben koͤnne. Weil nun die vorigen Flanquen theils nicht gantz ſchrege gefuͤhret / noch theils mit den Facen recht proportioniret werden / ſo iſt auch dahero leicht zu ſchlieſſen / daß ſie keines weges zu loben / ſondern vielmehr mit Rechte zu verwerffen ſind.

(12.) Frage. Jſt es denn nicht gut / wenn man ei - ne Flanque alſo ordonniret / daß man auf derſelben einige Stuͤcke verdeckt behalte / um darmit im Fall der Noth den Graben zu defendiren?

Nein / keines weges: Denn man muß wohl bey den Flanquen, ſo das principalſte Stuͤck einer Feſtung ſind / in acht nehmen / daß man aus den - ſelben eine hohe / und auch tiefe oder horizontal Defenſion haben moͤge: Die hohe Defenſion muß fuͤrnemlichen den bedeckten Weg und das Glacis, ſo wohl mit groben Baterie, als kleinen Handge - ſchuͤtz vollig beſtreichen koͤnnen / damit der Feind daſelbſt mit ſeinen Approchiren / Poſto faſſen /P 2und228Das II. Cap. und Baterien aufrichten ſein Deſſein entweder gar nicht / oder doch nach langer Zeit / groſſer Muͤhe und Gefahr erreichen koͤnne / welches denn ei - gentlich eine nothleidende Face defendiren heiſſet / damit ſolche nicht ſo bald von den feindlichen Ba - terien koͤnne ruiniret / und eine Breche zum Sturm darein gemachet werden. Es erfordert aber ſol - che hohe Defenſion alle Stuͤcke auf der Flanque, keines ausgeſchloſſen / ſintemal man auf ſolcher nicht Geſchuͤtz genug bringen kan / um den Feind in ſeinem gefaͤhrlichen Vorhaben zu verhindern. Die tieffe Defenſion der Flanque beſtehet ohnge - fehr aus 3. oder 4. kurtzen Stuͤcken auf Schiffla - veten / und zwar entweder durch die untere Wal - les-Gallerie, oder auch aus einer beſonderen aͤuſ - ſerlichen und bedeckten Caſamatte, ſo niedrig / als es ſich will thun laſſen / und koͤnnen die Stuͤcke mit Cartaͤtzſchen und Kugeln nach Gelegenheit gela - den / und darmit alle Linien und Winckel im Graben Horizontal wohl beſtrichen und defendi - ret werden / wenn der Feind auch in demſelben kommen / und entweder ſeinen Minen gedencket anzubringen / oder auch auf die gemachte Breche Sturm zulauffen. Kan man ſo denn auch aus einer Fauſſebraye Flanque, oder in Mangelung derſelben von der einigen hohen Walles Flanque etlicher maſſen und Secundario eine Grabens - Defenſion mitnehmen / deſto beſſer wird ſolcher beſchuͤtzet / und der Feind in ſeinem Vorhaben ge - hindert / davon an ſeinem Orte ſchon mit meh -rern229Von dem Uhrſprung und Fortgaug ꝛc. rern ſoll gemeldet werden; von einer hohen Wal - les Flanque aber / dafuͤr eine andere rechte Fauſſe - brayes Flanque iſt / kan und ſoll man keine Hori - zontal Beſchuͤtzung des Grabens ſuchen / weil ſol - che viel zu hoch darzu iſt.

(13.) Frage. Was iſt von der Manier zu halten / welche allzulange Flanquen, und gar zu kurtze Facen machet?

Gleich wie die Bollwercke / ſo allzulange Facon. und zu kurtze Flanquen haben nicht zu loben / alſo koͤnnen auch dieſe Bollwercke nicht approbiret werden / welche gar zu kurtze Facen, und hingegen gar zu lange Flanquen haben / weil auf beide Ma - niren in defectu & exceſſu pecticiret wird; Wie nun alle Sachen auf der Welt in ihren Rechten und gewiſſen Numero, Pondere und Menſura be - ſtehen ſollen / ſo muß man auch bey der Fortifica - tion in ihren Winckeln und Linien eine rechte und geſchickte Proportion erwehlen / damit keinem Theile weder zu viel noch zu wenig geſchehe. Denn ob es wohl gut / daß einer geſtalten Sachen nach lange uñ geſchobene Flanquen mache / ſo muͤſ - ſen doch auch die Facen ihre rechte Proportion dar - bey erhalten / und nicht gar zu kurtz werden; ſonſt wenn die Facen allzukurtz ſind / koͤnnen ſolche nicht alleine vom Feinde bald ruiniret werden / ſondern das Bollwerck wird auch vorne gar zu enge / daß man ſich mit der Artillerie nicht recht bethun / nochP 3ſolches230Das II. Cap. ſolches gebuͤhrend gegen dem Feld Horizont zu gebrauchen kan; Sind denn die Facen allzulang / und hingegen wider dero Flanquen zu kurtz / ſo koͤnnen dieſe Flanquen ihre lange Facen, als die ſchwaͤchſten Theile einiger Veſtung und ſo der feindlichen Gefahr am meiſten exponiret ſind / nicht zur Gnuͤge defendiren; dahero denn hernach viele unnoͤthige Auſſenwercke / mehr als ſonſt muͤſſen gemachet / und groſſe Unkoſten verurſa - chet werden / welches aber die meiſten nicht verſte - hen koͤnnen / oder wollen.

(14.) Frage. Was iſt von der Manier zu halten / nach welcher eine gantze Feſtung auf Te - naillen Art gebauet wird.

Ob wohl einer meynen ſolte / daß dieſe Inven - tion nicht zu verwerffen waͤre / weil man hierbey nicht alleine einen Ort ziemlichen befeſtigen / ſon - dern auch groſſe Unkoſten erſpahren koͤnte: allei - ne wer ſiehet nicht / daß bey dergleichen Tenaillen Art / ob auch ſchon Raveline darzwiſchen kommen ſolten / die Haupt-Defenſion an rechter Flanqui - rung allzuſehr ermangele / ohne welche denn ein Ort mit Nachdruck nicht kan beſchuͤtzet werden: Was die Bau-Unkoſten anbelanget / muß man wohl erwegen / welche hoͤchſt noͤthig ſind / und wel - che wohl koͤnnen unterlaſſen werden; bey den hoͤchſtnoͤthigen muß man keine Menage ſuchen / anders entſtehet bey einem ſo hoch wichtigenWercke23[231]Von dem Uhrſprung und Fortgang ꝛc. Wercke ein unverantwortlicher Schade / bey deſ - ſen Erſetzung man hernach wohl doppelte Unko - ſten aufwenden muß; Vergebliche und unnoͤthige Unkoſten aber muß man auch nicht verurſachen / ſondern nur dahin trachten / wie mit Wenigen / ſo viel als es moͤglich / etwas nuͤtzliches / gutes und beſtaͤndiges koͤnne gemachet werden / welches nach den rechten Kriegs Bau-Maximen, und ei - nes ieden Orts Gelegenheit keines weges zu ver - werffen oder zu peraͤndern waͤre.

(15.) Frage. Was iſt von der Manier zuhalten / ſo an ſtatt der Courtine eingehende Keſſel hat?

Dergleichen Manier koſtet nicht alleine ſehr viel zu bauen wegen ihrer allzuvielen Winckel / Linien und Bollwercke / ſondern ſie hat auch keine rechte flanquirung aus den Keſſeln / maſſen ſol - che viel zu wenig / und auch zu weit iſt / die gar zu - lange Facen ſattſam zu defendiren / und die feind - lichen Wercke und Baterien auf dem Glacis zu ruiniren; zu dem auch die Linien in den Keſſeln ſelbſt viel zu kurtz / und die Wercke zu hoch fallen / einander in der Hoͤhe und Tiefe gebuͤhrend zu defendiren / alſo / daß das grobe Geſchuͤtz bey ſotha - nen concentrirenden Linien und Winckeln ent - weder gar nicht / oder doch ohne ſonderlichen Effect kan gebrauchet werden / welches dann ei -P 4ner232Das II. Cap. ner von dem groͤſten Fehlern iſt / ſo bey einem Feſtungs-Bau kan begangen werden / weil an den rechten und bequemen Gebrauch der Artil - lerie ſo wohl bey de-als offenſion ſehr viel / ja das meiſte gelegen iſt / und dahero billig alle Manie - ren der fortification zu verwerffen ſind / wenn ei - niger Mangel hierunter an denſelben verſpuͤhret wird / ſie moͤgen ſonſt von neuen und beſondern inventionen ausgedacht / und ausgekuͤnſtelt ſeyn / wie ſie wollen.

(16.) Frage. Was iſt von den Facen zu halten / die vorne an der Bollwercks-Spitzen auf Te - naillen Art eingebogen / oder auf den gleichen Linien eingeſchnitten ſind?

Wenn man wegen Enge des Ortes nicht ge - zwungen iſt dergleichen eingebogene Facen zu - machen / ſoll man ſolche fuͤrnemlichen bey den Haupt-Wercken billig meiden / weil die Boll - wercke alſo in ihren Linien und Puncten von an - dern anliegenden Wercken und Flanquen nicht voͤllig koͤnnen beſtrichen und defendiret werden; ſo ſind auch dieſe eingebogene Linien an dem Bollwercks-Punct nicht capable vor ſich ſelbſt einander / zu mahl mit groben Geſchuͤtz zu beſtrei - chen / weil ſie allzu nahe an einander liegen / und uͤber dieſes auch viel zu hoch ſind: Man laͤſſet aber dergleichen eingebogene Facen an den ſpitzWin -233Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc. Winckeln bey kleinen andern irregular Wercken pashren / wo man das grobe Geſchuͤtz mehr in fronte, als flanque zugebrauchen gedencket / da denn dieſe Linien einander mit Hand Gewehr allen Falß defendiren muͤſſen. Die eingeſchnit - tene Facen aber auf ihren ſonſt gleichen Linien ſind mehr ſchaͤdlich / als nuͤtzlich / weil ſie dem Fein - de bey ſeiner ataque, ſo er heute zu Tage mehren theils auf die Facen fuͤhret / einiger maſſen ſchon eine breche geben / wodurch er die uͤbrige Face - Linie / zu mahl in den Ecken umb ſo viel eher und leichter ruiniren kan.

(17.) Frage. Was iſt von den detachirten Boll - wercken zuhalten / welche nicht an dem Haupt-Wall ange - henget ſind?

Man findet noch an einigen Orten / und an al - ten Feſtungen Bollwercke / ſo von dem Haupt - wall und Keel-Puncte durch einen beſondern revetirten Graben abgeſchnitten ſind / welche Manier aber aus folgenden Urſachen auch keines Weges zu loben iſt: Denn ob man gleich hierbey einwenden und ſagen wolte / daß man hierdurch bereits einen guten Abſchnitt / und gleich - ſam eine reterirte Feſtung gemachet / wann der - gleichen Bollwerck vom Feinde ſolte eingenom - men werden / uͤber dieſes auch ein ſolches Boll -werck234Das II. Cap. werck allezeit unterminiret ſeyn muͤſte / umb ſol - ches gleich zuſprengen / wann man gezwungen were es zuverlaſſen; So ſind doch dergleichen rationes nicht genung und ſufficient die Manier der detachirten Bollwercke in Haupt-Graben zu defendiren: den was erſtlich den Abſchnitt anbe - langet / iſt es beſſer / daß ſolcher in einem attachir - ten Bollwercke an die Courtinen / als in einem andern detachirten gemachet werde / weil man in einem geraumlichen Bollwercke / ohngeacht die Haupt-Flanquen auch nebſt dem Facen ſolten rui - niret ſeyn / bey dem Abſchnitt neue Flanquen hin - ter den ruinirten bald machen / und deren ſich hauptſaͤchlich bey Defendirung des Abſchnitts / als der Courtine bedienen kan / welche Flanqui - rung aber / woran am meiſten mit gelegen bey ver - gleichen Linien hinter einem detachirten Boll - wercke gantz wegfaͤllet / oder ſo noch einige à parte Flanquen als auf einer beſondern reterirten Ve - ſtung ſich befinden ſolten / ſind doch ſolches alles kleine Wercke / ſpitzige Winckel / und uͤbel pro - portionirte Linien / welche alle keine ſonderliche Staͤrcke haben der feindlichen Gewalt lange zu wider ſtehen. Zum andern kan man ſich in ei - nem attachirten Bollwercke / und in deſſen Ab - ſchnitten laͤnger und beſſer halten / als in einem detachirten / weil man in jenen mehr Raum und Platz / auch nach Gelegenheit mehr Erde haben kan. Was drittens die Unterminirung eines detachirten Bollwerckes anlanget / iſt ſolche auf gewiſſe Maſſe einem Feind mehr nuͤtzlich / alsſchaͤd -235Von dem Uhrſprung / und Fortgang ꝛc. ſchaͤdlich; Denn wenn man gleich ein ſolches ſprenget / indem der Feind darauf poſto gefaſſet / ſo iſt doch der Schaden vor dem Feind hierunter nicht ſo greß / wann er ſein darauf ſtehendes Volck verlieret / als hernach der Nutz / welchen er von den Ruinen hat / indem ein ſolch gantz ge - ſprengtes Bollwerck ihme nicht alleine eine gute Bedeckung / ſondern auch einen bequemen Auff - lauff giebet / die hintern Linien mit Sturme leicht zubeſteigen / zumahl wenn er noch einige faschinen mit einwuͤrffet / welches dann ſein Vorhaben umb ſo vielmehꝛ facilitiren hilffet. Zum vierten er - fordern dergleichen detachirte Wercke groſſe Un - koſten wegen ihrer abſonderlichen Revetirung im Ruͤcken / welche aber mit guten Nutze koͤnnen er - ſpahret werden / wenn das Bollwerck an die Co - urtinen angehenget iſt; ein anders iſt es mit den Revelinen vor den Courtinen / ſo nothwendiger weiſe von den Haupt-Linien muͤſſen detachiret ſeyn / zu Folge der Kriegs-Bau-Maximen / dahe - ro ſie auch Auſſenwercke genennet werden.

(18.) Frage. Was iſt von der Manier zuhalten / wenn man in große Bollwercke oder Ra - veline andere kleinere vermittelſt eines Abſchnittes und kleinen Gra - bens pfleget zu machen?

Die Curioſitaͤt der Ingenieurs in kluger Auffer -bauhung236Das II. Cap. bauhung der Feſtung hat manchsmahl ſich viel - mehr unnuͤtzlich / als nuͤtzlich erwieſen / und einer Feſtung mehr Schaden / als Vortheil zugezogen: Denn ob es wohl wahr iſt / daß man geſtalten Sachen nach ſich hinter vielen Abſchnitten laͤn - ger und beſſer defendiren koͤnne / als hinter weni - gen / oder wenn gar keine da ſind: So muß man doch dieſes nicht ziehen auff die realſten Wercke der Feſtung / ſo man auffer im Fall der Noth nicht ſo verſtimlen / und den Platz und Ort / worauff man viel Volck artillerie und ander gereitſchafft haben muß / gleich Anfangs zu enge und unbe - quem machen / weil allerdings hinzu ein groſſer Raum erfordert wird / will man anders einen nachdruͤckliche und Sufficiente defenſion fuͤhren / entweder vor ſich ſelbſt / oder zu Huͤlffe anderer Wercke. Uber dieſes der groſſen Unkoſten / wel - che bey dergleichen Abſchnitten mit Ausfuͤtterung der Graͤben muͤſſen angewendet werden / vor ietzo zugeſchweigen / ſo kan ein Feind / wenn er der euſſerlichen groſſen Linien einmahl maͤchtig / die innern kleinern Wercke auch bald uͤberkommen / wenn er in dieſelben viel Stein und Hand-Gra - naden einwuͤrffet / den zwiſchen Graben mit Fas - chinen ausfuͤllet / und mit einer ſtarcken Force dar - auff loß gehet / maſſen man ſich in kleinen u. engen Weꝛckẽ nicht wohl bethun / nicht viel Volck und an - dere defenſions Mittel darein bringen / uñ alſo da - hero gar eine ſchwache Gegenwehre thun kan / iſt demnach es viel beſſer / wenn man um alle Werckeeiner237Von dem Urſprung und Fortgang ꝛc. einer Veſtung einen weiten und bequenien Unter - wall mit ſeiner Bruſt fuͤhret / alle andere reterirte enge und detachirte Wercke weglaͤſſet / ſo kan man aller Orten eine genugſame defenſion fuͤh - ren / wie davon mit mehren ſchon wird gemeldet werden.

19. Frage. Was iſt von den Courtinen zuhal - ten / ſo nicht in gleicher Linie gemachet ſind?

Es werden die drey Eſſential-Linien / als Cour - tine, Flanc uñ Face, ingleichen die fuͤnff ordinairen Haupt-Winckel / als Centrums, Keel / Courtinen Schulter und Bollwercks Winckel von einigen ingenieurs dergeſtalt verkuͤnſtelt und uͤber Noth mit andern / ſo gar auch bey Regular Wercken / multipliciret / daß man nur aus den bloſen An - ſchauen ihres Entwurffes bald das Bauch-kruͤm - men bekommen moͤgte. Was nun auch die Or - donnirung der Courtine anlanget / wird ſolche gleichfalls auff wunderliche Weiſe auch gefuͤhret und angeleget / indem einige ſolche ein waͤꝛts / ande - re aber auswaͤrts in der mitten bauchigt: Eini - ge fuͤhr en ſolche wohl gleich und gerade / ſetzen a - ber auff die Mitte derſelben auswaͤrts ein bonnet auff; Einige ſchneiden in dieſelbe ein / oder brechen ſolche unterſchiedlichen an den Enden / in Mei - nung noch eine à parte und ſo genandte Second Flanc zumachen: einige laſſen die Courtine garweg /238Das II. Cap. weg / und machen an deren Statt Keſſel / oder bauen die gantze Veſtung auff tenaillen Art / wie im vorigen gedacht worden / und wer will alle die naͤrriſchen inventionen allhier erzehlen. Wie nun eine Unordnung die andere machet / alſo geſchiehet auch ſolches in der Kriegs-Bau-Kunſt: Denn wenn man bey regularen Wercken / und den drey eſſential Linien einen rechten modum For - tificandi gebrauchte / und die Facen mit dem Flan - quen wohl mit einander proportionirte / alſo / daß alle Linien ſufficient weren gegen einander ihre be - hoͤrige und zulaͤngliche defenſion zuthun / ſo haͤt - te man gar nicht noͤthig auff extra ordinaire Lini - en und Winckel zu gedencken / welche man nicht eher als im Fall der Noth / und nach Gelegenheit bey irregular Wercken nur gebrauchen ſoll / an - ders wird nur ein miſchmaſch bey der fortification unter der regular und irregular, und entſtehen da - hero ſo viele und unterſchiedliche Meynungẽ / wel - che aber in den wahren Bau-maximen der Kriegs Bau-Kunſt nicht gegruͤndet ſeynd. Es iſt aber dieſe Regul nicht eine von dem geringſten / welche ſaget und haben will / daß in einer polygone bey ei - nen Haupt-Werck alle Linien u. Winckel nicht al - leine einander mit Hand-Gewehr / ſondern auch und fuͤrnehmlich mit dem groben Geſchuͤtz / als woran das meiſte gelegen / defendiren und beſtrei - chen ſollen; Denn gleichwie die groͤſte Weite der Linien / welche einander beſchuͤtzen muͤſſen / nicht uͤber einen Musqueten oder Flinten Schuß / nem -lichen239Von dem Urſprung und Fortgang ꝛc. lichen 60. oder 70. Rheinlaͤudiſche Ruthen von einander liegen ſollen: Alſo duͤrffen auch die Lini - en und Winckel nicht allzunahe beyſammen ſte - hen / daß man wegen kuͤrtze der diſtanz, und Hoͤhe der Wercke die defenſion der artillerie nicht ge - buͤhrend gebrauchen koͤnne: Wann dieſes nun als eine Haupt-Maxim bey einen Feſtungs Bau nicht obſerviret wird / ſo entſtehet darinnen ein unverantwortlicher Fehler / ſo auch mit den groͤſten Unkoſten nicht ſo leicht kan wider erſetzet und verbeſſert werden / welches ein ieder wohl be - dencken ſolte.

20. Frage. Was iſt von der Manier zuhalten / welche a part doppelte Waͤlle und Graͤben machet?

Doppelte Haupt Waͤlle und doppelte Haupt-Graͤben ſind geſchwinde geſaget / auch bald auff das Pappier geriſſen / aber ſehr langſam u. mit groſſen Unkoſten auf den Felde auff gebanet und gebuͤhrend revetiret. Jch will einen ieden auch hierinnen bey ſeiner Meynung laſſen / nur iſt dieſe Regul nebſt andern gleich falls wohl in acht zunehmen / daß ein recht ſchaffener Bau-Meiſter / es ſey in der Civil oder militar architectur ſo viel moͤglichen / und nach dem es der Zuſtand eines ie - den Dinges und Ortes leiden will / mit wenigen Unkoſte / iedoch aber mit guter raiſon etwas taug - liches und beſtaͤndiges mache / groſſe unnoͤthigeUn -240Das II. Capitel. Unkoſten aber keines weges verurſachet. Mei - nes Orts lob ich nur einen rechten trockenen Haupt-Graben in der mitten mit einer Cuvette ſo beyde ihre gebuͤhrende Weite und Tieffe haben vor zwey andern Graͤben wann ſie nicht gar zu breit und tieff ſind / welche nur viel Unkoſte verur - ſachen / u. man doch keine bequeme horizontal de - fenſion an groben und Hand-Geſchuͤtz / welches allerdings / und nothwendiger weiſe ſeyn muß / da - rinnen fuͤhren kan. Jm uͤbrigen mache ich auch einen attachirten rechten Unter-Wall mit ſeiner Bruſt umb alle Linien des hohen Haupt-Walles mit einer revetirten Contreſcarpe wodurch ich ſehr viel Unkoſten erſpahre / und doch aller Orten gnungſame / raumliche und beqveme defenſion fuͤhre / und bekuͤmmere mich weiter umb andere nichts / ſie moͤgen ihre Winckel und Wercke bey der Regular Fortiſication gleich uͤber Noth multi - pliciren / reteriren / revetiren und viele unnoͤthige Auſſen-Wercke machen / wie ſie wollen / ein Ver - ſtaͤndiger wird doch wohl wiſſen / was hiervon mit Rechte zu urtheilen ſey.

(21.) Frage. Jſt es denn auch ſehr nuͤtzlich und noͤthig eine doppeite Defenſion auff den Wall zumachen / nemlichen eine aus - waͤrts wie gebraͤuchlichen / und eine inwaͤrts nach der Feſtung zu?

Ob241Von dem Urſprung und Fortgang ꝛc.

Ob wohl die Vorſichtigkeit der Kriegs-Bau - verſtaͤndigen einige dahin verleidet / daß ſie es vor gut und nuͤtzlich befunden / zwey Bruſtwehren auff einem Wall zu ſetzen / als eine nach dem Land Horizond zu / wie es ſich ordentlicher Weiſe ge - buͤhret / die andere aber nach der Stadt zu / nebſt einen innern Graben / damit man ſich auff den Walle ſo wohl gegen das umbliegende Feld / als innerliche Feſtung und Stadt zu / in Fall der Noth defendiren koͤnne / weñ entweder der Feind an einem Ort des Walles durch gebrochen / und in die Stadt Kommen were; oder wenn die Buͤrger - ſchafft ſelbſt rebelliten / und ihren hern untren werden wolte: ſo iſt doch ſolche innere Defenſion auf dem Wall alleine nicht capable genug / einer großen Gewalt dieſeits der Stadt in die Laͤnge zu wieder ſtehen / weil man doch alle Nothdurfften alleine nicht auf dem Walle in großer quantitaͤt haben kan / zudem man auch die nechſt anliegen - den hohen Haͤuſer bald ausfuͤllen / ſich darmit - ber den Wall erhoͤhen / und ſo wohl hievon / als von den Thuͤrmen das Hand-Geſchuͤtz mit groſ - ſen Nutz gebrauchen / den innern Graben ausfuͤl - len / und den Wall mit einer escalade erſteichen / und beſtuͤrmen kan. Dahero es den ſicherer und beſſer eine rechte Citadelle mit fuͤnff baſtionen zu - bauen / und ſolche mit allen Nothwendigkeiten zur Gnuͤge zu verfehen / indem ſolche nicht ſo leicht / als eine bloſſe Bruſt auf dem Wall kan uͤberhoͤ - het / erſtiegen und eingenommen werden / weil ei -Qne242Das II. Cap. ne Citadelle ſich ſo wohl gegen das Feld / als die Stadt zu viel beſſer und nachdruͤcklicher defendi - ren kan / maſſen alle〈…〉〈…〉 acula bey deren Aufer - bauung an allen Orten ſchon weggeraͤumet ſind.

(22.) Frage. Jſt es beſſer eine Feſtung nach der Circul-Runde / oder nach dem Quadrat zu bauen?

Es haben ſich Ingenieurs gefunden / welche be - haupten wollen / daß es zu Erſpahrung der Unko - ſten viel beſſer waͤre / wenn man eine Feſtung nach dem Quadrat in Form der Tenaillen und Stern-Schantzen / iedoch in der Mitten entwe - der mit einem gantzen groſſen Bollwercke / oder gar mit einer detachirten Citadelle von vier klei - nen Bollwercken / als nach der Circul-Rundung mit Courtinen und Bollwercken erbauete / indem man alſo einen Ort viel enger einſchlieſſen / weni - ge Bollwercke machen / und bey der Beſatzung viel erſpahren koͤnte. Weil man aber wegen der wunderlichen Situation des Terrains ſehr wenig regulare Feſtungen machen kan / zumahl wenn man ſchon erbaute alte Staͤdte fortificiren wolte / welche man zum oͤfftern mit groſſer Muͤhe und Geſchickligkeit kaum nach der irregularen Circul - Runde recht verwahren / und mit Bollwercken und Flanqui[r]ungen nach Gebuͤhr verſehen kan; uͤber dieſes auch nach des Inventoris ſelbſteige - nem Geſtaͤndniß die Tugend und Force der Ar -tille -243Von dem Urſprung und Fortgang ꝛc. tillerie bey ſothanen concentrirenden Linien / wie ich in vorigen ſchon gemeldet / nicht recht in Flan - que, ſo wohl als in Fronte kan gebrauchet wer - den / woran aber bey der gantzen Fortification das meiſte gelegen / ſo faͤllet eine ſolche beſondere neue Invention in der Praxi ſelbſt hinweg / zu geſchwei - gen / daß die vermeynte Menage bey einem ſolchen Real-Bau / da man entweder gar zu wenig Boll - wercke machet / und nicht eine noͤthige und zu - laͤngliche Flanquirung hat / gar nicht zu loben / ſon - dern vielmehr ſchaͤdlich iſt; oder auch / wenn man nach dem Quadrat alſo bauen / und auf die Mitte einer Linie eine detachirte Citadelle mit vier klei - nen Bollwercken ſetzen wolte / gar zu viel Boll - wercke machen / und alſo vielmehr Unkoſten auf - wenden wuͤrde als ſonſten / da man mit der Heff - te / und auch noch wohl mit wenigern zukommen koͤnte / fehlen alſo beyde Maniren auch in Defectu und Exceſſu der Bollwercke.

(23.) Frage. Welche Boͤllwercke ſind am beſten und bequemſten die hohlen oder Masſiven?

Daß die hohlen Bollwercke / welche nemlichen inwendig mit Erden nicht ausgefuͤllet / den Maſſi - ven, ſo gantz von Erden erbauet / auf einen glei - chen und ebenen Land-Horizont, wo keine gefaͤhr - liche und mehr ſchaͤdliche Hoͤhen fuͤrhanden / billig fuͤrzuziehen ſind / daran iſt nicht zu zweiffeln; undQ 2ob244Das II. Cap. ob gleich einige darwider einwenden moͤchten / daß man bey den hohlen in Zeit der Noth nicht ſo gute Abſchnitte und Retiraden machen koͤnte / als wie bey denen Maſſiven; ſo iſt doch zu wiſſen / daß / was dieſen Einwurff anbelanget / man das hohle Spacium der Bollwercke nicht ſo leer und bloß muͤſſe ſtehen / ſondern entweder mit einem ſtarcken runden Thurme / oder andern ſteinern Haͤuſſern von zwey Stockwercken bebauen laſ - ſen / um ſolche zu allerhand Magazinen und Bara - qven fuͤr die Soldaten zu gebrauchen / auch end - lichen im Fall der Noth innerliche Retrenchemen - te und Baterien daraus zu machen / und ſich auf ſolchen noch beſtens zu defendiren. So kan man auch in einem hohlen Bollwercke das feindliche miniren eher gewahr werden / und ſich darwider ſchuͤtzen / als bey denen Maſſiven, Bollwercken / da es bey dieſen ſehr muͤheſam und langſam / zu - gehet / ſich in dieſelbe biß auf dem Horizont einzu - graben / und den feindlichen Minen entgegen zu kommen / welches aber bey hohlen Bollwercken gar nicht zu befahren / auch endlich wohl bey bey - derley Bollwercken nicht / wenn ſolche unten auf dem Horizont des haupt Grabens mit einer wohl angelegten Gallerie durchaus verſehen ſind / wie es billig / und auch unter dem gantzen Wall um ei - ne Feſtung herum ſeyn ſoll. Wo aber an einer Fe - ſtung nahe ſchaͤdliche Hoͤhen fuͤrhanden / da muß man nothwendiger weiſe Maſſive Bollwercke machen / und Cavaliers drauf ſetzen / um die umlie -gen -245Von dem Urſprung und Fortgang ꝛc. genden Hoͤhen wohl zu entdecken und zu deſchieſ - ſen.

(24.) Frage. Jſt es denn auch nuͤtzlich einen Wall auf ſeinem Gange mit Baͤumen zu beſetzen / und Alleen darauf zu machen?

Es finden ſich einige / welche nicht billigen wol - len / daß man auf einen Wall / wenn nur anders unter demſelben keine groſſe Gallerien ſind / Baͤu - me pflantze / und Alleen mache / aus Urſachen / weil dergleichen erwachſene Baͤume bey einer Belagerung / wenn darauf mit Stuͤcken ſolte ge - ſchoſſen werden / groſſen Schaden mit dem Abfal - len der Aeſte / und anderer Stuͤcke verurſachen koͤnten; uͤber dieſes auch bey windigtem Wetter dieſelbe mit ihren Blaͤttern ein ſolches Rauſchen und Brauſen verurſachten / daß man vom Fein - de / und deſſen Vornehmen bey finſterer Nacht nichts obſerviren koͤnte: Alleine dieſe Raiſons hin - dern nichts / daß man das Contrarium nicht viel - mehr ſtatuire: denn wenn bey einer Belagerung dergleichen Schaden und Verhinderung die Baͤume cauſiren ſolten / ſo kan man ſolche gar ge - ſchwinde umhauen / und ſich davon befreyen; zu geſchweigen / daß die gepflantzte Baͤume an Statt der Contreforts mit ihren Wurtzeln einen Wall ſehr zuſammen halten und feſte machen; es geben auch in Friedens Zeiten die Alleen auf einemQ 3Walle246Das III. Cap. Walle ein liebliches Anſehen / und kan man ſich mit Spatzieren gehen darunter ſehr erluſtigen; Hat man im Fall der Noth Brennholtz oder Fa - ſchinen vonnoͤthen / kan man folche leicht umhau - en / und darzu gebrauchen / alſo daß man gleich - ſaͤm in einem Augenblick dasjenige abſchaffen kan / was einem hindert / zu deſſen Wachs thum aber viel Jahre erfordert werden. Sonſt gehoͤret es ſich nicht / daß man Baͤume pflaͤntze / ſie moͤgen fruchtbar oder wilde ſeyn / auf eine Bruſtwehr / bedeckten Weg und Glacis, auch ſonſt auf dem Wall / zumahl an deſſen aͤuſſertlichen Boͤſchung kein Geſtraͤuche leide / weil alles ſauber und rein an einer Fortification muß gehalten werden / da - mit man aller Orten ein frey Geſicht / und unver - hinderte Flanquirung haben koͤnne.

Das III. Cap. Von den Situationen der Fe - ſtungen / was fuͤr Vortheile und Maͤngel darbey zu obſerviren / und wohin man fuͤrnemlichen feſte Oerter erbauen ſolle / oder nicht.

(1.) Frage. Jſt denn an der Situation des Lan - des viel gelegen / und muß man ſolche wohl betrachten / wohin man eine Feſtung erbauen will?

ALlerdinges / denn weil an einem ſolchen BauLan -247Von den Situationen der Feſtungen / ꝛc. Land und Leuten / wegen ihrer Sicherheit viel gelegen / und auch hierzu ſehr groſſe Unkoſten er - fordert werden / ſo iſt es nicht mehr als billig / daß man zuvsrhero alles wohl und fleißig uͤberlege / wie und wohin man eine Feſtung am fuͤglichſten und beſten anlegen ſolle; auch muß man hierzu in Zeiten genungſame Geld-Mittel / und andere Vau-Materialien an Handẽ ſchaffen / damit man einen ſothanen koſtbaren Bau nicht nur wohl an - fangen / ſondern auch gluͤcklichen zu ſeiner Perfe - ction bringen / und den verlangten Vortheil dar - durch erlangen moͤge.

(2.) Frage. Was hat eine Feſtung fuͤr Vorthei - le und Maͤngel / ſo auf einem Berge lieget.

Die Vortheile / ſo eine Berg-Veſturg haben kan / ſind ohngefehr Folgende / nemlichen:

  • 1. Kan eine ſolche Feſtung nicht wohl untermini - ret / und durch Minen ruiniret werden.
  • 2. Hat ein Feind ſehr groſſe Muͤhe / das grobe Geſchuͤtz und Munition auf einen Berg zu bringen / und darmit eine ſolche Feſtung zu ruiniren.
  • 3. Kan man aus einer ſolchen Feſtung den Feind von weitem entdecken / alſo daß man bald dar - gegen kan gute Anſtalt machen / und den Feind in Zeiten abhalten / daß er nicht zu nahe kom̃e.
  • 4. Des Feindes Baterien koͤnnen von der HoͤheQ 4aus248Das III. Cap. aus der Veſtung ſehr entdecket und leichtlich ruiniret werden.
  • 5. Jſt auf der Hoͤhe allezeit beſſere und reinere Lufft / als in Thaͤlern und andern niedrigen Oertern.
  • 6. Werden dergleichen Berg Feſtungen gar ſel - ten von einer Armee belagert / und mit Sturm eingenommen.
    • Die Maͤngel hingegen einer ſolchen Feſtung ſind mehrentheils Nachfolgende:
  • 1. Gemeiniglich mangelt es ſolchen Berg Fe - ſtungen an Waſſer und Holtze.
  • 2. So muß man auch mit groſſer Muͤhe aller - hand Nothwendigkeiten an Proviant, Muni - tion, Geſchuͤtz / und andern Materialien auf dieſelben bringen.
  • 3. Jſt der Succurs auch nicht wohl auf ſolche hohe Oerter zu bringen.
  • 4. Haben die Stuͤcke nicht ſonderlichen Effect. weil ein Schuß von der Hoͤhe in die Tieffe nicht allein ſehr ungewiß / ſondern auch weni - ge Operation erweiſet.
    • Die Ausfaͤlle ſind aus ſolchen hohen Oertern ſehr gefaͤhrlich / weil ſie bald vom Feind koͤn - nen abgeſchnitten werden.
  • 6. Sind dergleichẽ Feſtungen an ihrem Bau ſehr gezwung / Irregular und enge / und koͤnnen dahero vom Feinde mit Bomben ſehr geaͤng - ſtiget v. ruiniret werden.
(3.) Fra -249Von den Sit u ationen der Feſtungen ꝛc.

(3.) Frage. Welche Meinung nun prævaliret denn bey dergleichen Berg-Feſtun - gen?

Es haben vor dieſen die Alten / ehe noch das Pulver erfunden worden / dergleichen Clauſen / Schloͤſſer und Berg-Feſtungen mit ſehr groſſer Muͤhe und Unkoſten gerne erbauet / weil ſie in denſelben vor Menſchen / Viehe und effecten gute Sicherheit gehabt: Nach dem aber man das grobe Geſchuͤtz und ſonderlich die Bomben angefangen zu brauchen / iſt die Wuͤrdigkeit der - gleichen Hohen Oerter heut zu tag ſehr wieder gefallen / ſintemahl man ſie darmit ſehr beaͤng - ſtigen / ruiniren und zu einer Aufgabe leichtlichen zwingen kan. Jedoch wenn man Holtz und Waſſer genug an ſolchen hohen-vortheil haffti - gen Oertern haben kan / und etwan an einer Paſ - ſage eines Fluſſes / oder groſſen gangbahren Land-Straſſe liegen / auch ſonſt mit allen zube - hoͤr und Nothwendigkeiten wohl verſehen ſind / ſind ſie nicht gaͤntzlichen zu verwerfen / und kan das umbliegende Landen bey ſo geſtalten Sa - chen in groſſe contribution geſetzt werden.

(4.) Frage. Was hat eine Feſtung vor vorthei - le und Maͤngel / ſo an einen Moraſti - gen Ort erbauet iſt?

Q 5Die250Das III. Cap.

Die Vortheile ſo dergleichen Feſtungen ha - ben / koͤnnen folgende ſeyn / nehmlichen:

  • 1.) Kan ein Feind ſolche nicht wohl belagern und gaͤntzlichen einſchlieſſen.
  • 2.) Man kan darvor keine Approchen machen und groſſe Baterien auffuͤhren.
  • 3.) Kan ein Moraſtiger Ort / mit wenig Unkoſt eu befeſtiget werden.
  • 4.) Hat man nicht noͤthig groſſe Beſatzung drein zu legen.

Die Maͤngel hingegen koͤnnen wieder folgende ſeyn nehmlichen:

  • 1.) Man kan einen ſolchen Ort mit Succurs und andern Nothwendigkeiten im Fall der Noth nicht wohl zu Huͤlffe kommen / weil gemeinigli - chẽ nuꝛ ein ſchmaleꝛ Weg und Damm zu deꝛſel - ben gehet / und vom Feinde zweiffels ohne oc - cupiret iſt.
  • 2.) Jſt die Lufft und Waſſer an ſolchen moraſti - gen Oertern ſehr ungeſund / daher denn viel Kranckheiten entſtehen und die Garniſon da - durch ſehr ruiniret werden kan.
  • 3.) Die Ausfaͤlle ſind bey dergleichen Oertern gemeiniglich vergebens / und kan man ſich hie - rinnen der Cavallerie nicht wohl bedienen.
  • 4.) Giebt es an ſolchen Oertern immer zu beſſern und zu bauen / weil meyrentheils alles mit Pfaͤhlen muß gemachet und unterſtuͤtzet wer - den / welche denn bald wieder verfaulen und wandelbahr werden.
5.) Kan251Von den Situationen der Feſtung ꝛc.
  • 5.) kan ein Feind ſolche Oerter zu Winters-Zeit wenn es hart gefrohren ohne groſſen Verluſt bald uͤberrumpeln und einnehmen.

(5.) Frage. Welche Meynung prævaliret denn bey dieſer Art Feſtungen.

Ob es wohl war iſt / und die Erfahrenheit ge - nug bezeiget / daß die moraſtigen Oerter viele Kranckheiten unter den Garniſonen erwecken / nichts deſto weniger muß man ſich dergleichen natuͤrlichen Avantagen bedienen / und wohl erbau - te Feſtungen dahin liegen / wenn ein ſolcher Ort einen Haupt-Paß / es ſey auf dem Waſſer oder Lande / Commandiren kan / welches denn noch heut zu tage obſerviret wird / und muß man zu ſe - hen wie die andern inconvenientien durch gute Mittel und Anſtalten koͤnnen unter-brochen wer - den.

(6.) Frage. Was hat eine Feſtung vor Vorthei - le und Maͤngel welche mitten im Waſſer erbauet iſt?

Die Vortheile einer Feſtung ſo mitten im Waſſer lieget / koͤnnen Nachfolgende ſeyn nehm - lichen.

  • 1.) Man kan einen ſolchen Ort nicht Minie - ren.
2.) Jſt252Das III. Cap.
  • 2.) Jſts nicht noͤthig hohe und groſſe Wercke zu machen.
  • 3.) Des Feindes Schuͤſſe ſind ungewiß und ſon - der groſſen Effect, weil das Waſſer ihnen die Krafft benimmet.
  • 4.) Koͤnnen die Belaͤgerten leichtlich des Feindes Schiff anzuͤnden / und ſolche mit Canonen rui - niren.

Die Maͤngel hingegen ſind wieder ohngefaͤhr dieſe / nehml.

  • 1.) Der Feind kan leichtlich alle Zufuhr und Suc - curs abſchneiten.
  • 2.) Man muß aus ſolchen Oertern nur allein mit Fahr-Zeuge ausfallen / welches denn ſparſam und langſam zu gehet in Anmarch und reteri - ren.
  • 3.) Sind dergleichen waͤſſerichte Oerter den Kranckheiten auch ziemlich unterworffen.

(7.) Frage. Welche Meynung prævalieret denn bey dieſer Art Feſtungen?

Wenn man den Feſtungen / ſo mitten im Waſſer liegen / das Waſſer auf keinerley weiſe benehmen kan / iſt gar leicht zu ſchlieſſen daß ſolche keines weges zu verwerffen / zu mahl wenn ſie ei - nen groſſen Fluß oder den Eingang eines Ha - fens defendiren und beſtreiten koͤnnen; Denn die Natur hat ſolche ſelbſt feſte gemacht / und ſindſie253Von den Situationen der Feſtungen ꝛc. ſie beſſer als eine von denen vorhergehen den Ve - ſtungen.

(8.) Frage. Was haben die Feſtungen ſo auf ebenen Lande erbauet ſind vor Vor - theile und Maͤngel?

Was die Fortheile dergleichen Veſtungen anbelanget koͤnnen ſolche folgende ſeyn: Nehm - lich.

  • 1.) Hat man Erde genung einen Wall und an - dere Wercke daraus zu machen.
  • 2.) Kan man mit den Stuͤcken auf ebenem Lande ziemlichen weit herum flanquiren / alſo daß ein Feind gezwungen iſt ſeine approchen von wei - ten anzufangen.
  • 3.) Fehlet es dergleichen Oertern faſt niemahlen an Waſſet.
  • 4.) Koͤnnen dieſe Veſtung auf ebenem Lande mehrentheils Regular erbauet werden.
  • 5.) Muß ein Feind ſolche Oerter mit einer groſ - ſen Armee gantz einſchlieſſen / wenn er ihnen al - le Zufuhr und Succurs benehmen will.

Die Maͤngel hingegen bey dergleichen Feſtun - gen koͤnnen ohngefehr folgende ſeyn.

  • 1.) Hat der Feind auch Erde genug ſeine Linien / Retrenchemente, und andere Wercke / ſo wohl gegen die Feſtung als dem Felde zu / zu machen um ſich damit wohl zu verſchantzen / und nach der Feſtung zu naͤhern.
2.) Kan254Das III. Cap.
  • 2.) Kan man ſolche Oerter gar wohl unter mini - ren, und bedarf man des langen Breche ſchieſ - ſens nicht / wenn nur andets die Erde nicht ſteinigt und ſandigt iſt.
  • 3.) Kan der Feind alle fourragen von Fruͤchten genieſſen / ſo auf dem guten Lande um die Feſtung herum zu wachſen pflegen.

(9.) Frage. Welche Meynung prævaliret denn bey dieſer Art Feſtungen?

Daß dieſe Art Feſtungen den andern / wovon bereits gedacht worden / billig vorzu-ziehen iſt / da - ran wird kein Kriegs-Bau verſtaͤndiger zweif - feln; Denn man hat nicht allein an ſolchen Oertern geſunde Lufft / ſondern man hat auch keinen Abgang an andern Nothwendigkeiten / welche man von allen Seiten leicht zufuͤhren kan.

(10.) Frage. Was haben die Oerter vor Vor - theile und Maͤngel / ſo an einem Schiff - reichen Fluß liegen?

Die Vortheile ſothaner Feſtungen ſind un - terſchiedlich / als nehmlichen:

  • 1.) Kan man leicht auf den Waſſern alles zufuͤh - ren / was zu Bauung und Erhaltung einer ſol - chen Feſtung von noͤthen iſt.
2.) Feh -255Von den Situationen der Feſtung ꝛc.
  • 2.) Fehlet es einem ſolchen Ort niemahls an Waſſer / indem ein Schiffreicher Fluß vom Feinde nicht wohl kan abgeleitet werden.
  • 3.) Brauchet man an der Waſſer-Seiten nicht hohe und ſtarcke Wercke / und kan man um ſo viel deſto mehr einen ſolchen Ort auf der Land-Seite mit tuͤchtigen und ſtarcken Wer - cken verſehen.
  • 4.) Kan man ſich nach geſtalten Sachen an der Waſſer-Seite der Schleiſſen bedienen / und das umliegende Land im fall der Noth unter Waſſer ſetzen.
  • 5.) Muß ein Feind eine ſtarcke Armee haben / ſol - chen Ort gantz einzuſchlieſſen / wenn er etwas Fruchtbarliches will ausrichten.
  • 6.) Wenn ein Feind einen ſolchen Ort nicht ſo wohl auf der Waſſer-als Land-Seite bela - gert / koͤnnen die Belagerten gar leicht Succurs und andere Nothwendigkeiten zu Waſſer ein - bringen.

Die Maͤngel und Nachtheile hingegen koͤnnen dieſe ſeyn.

  • 1.) Koͤmbt der Fluß den Belaͤgerern auch wohl zuſtatten alle Nothwendigkeiten mit leichter Muͤh und Unkoſten in das Lager zu brin - gen.
  • 2.) Kan der Feind den Fluß ober-und unterhalb der Feſtung mit Ketten verziehen / daß zeit waͤhrender Belagerung nichts auf denſel - ben kan in die Stadt gebracht werden.
11. Fra -256Das III. Cap.

(11.) Frage. Welche Meynung prævaliret bey dergleichen Feſtungen?

Daß dieſe Art der Feſtungen / ſo an einem groſ - ſen und Schiffreichen Fluſſe liegen / unter allen andern die bequemſten und beſten ſind / daran darff niemand zweiffeln; denn ſie koͤnnen nicht allein mit wenigen Unkoſten wohl fortificiret wer - den / ſondern man hat auch an andern Nothwen - digkeiten keinen Mangel darinnen / weil ſolche zu Waſſer mit leichten Unkoſten koͤnnen uͤberfluͤßig zugefuͤhret werden.

(12.) Frage. Wohin ſind denn die Feſtungen in in einem Lande fuͤrnemlich zu legen und aufzubauen?

Wenn ein groſſer Herr ſein Land zur Sicher - heit mit Feſtungen verſehen will / ſoll er ſolche mehrentheils an die vortheilhafftigſten Oerter und Graͤntzen / woraus man einen Paß / es ſey zu Waſſer oder Lande / wohl beſtreichen und defendi - ren kan / anlegen / um dem Feind dadurch allen Einfall zu verwehren / und capable zu ſeyn / eher ſolches in die anliegende Laͤnder ſelbſt zu verrich - ten / als in denen ſeinigen ſolches Ungluͤck zu er - fahren: dahero denn man auch der Jnſuln / ſo auf einem Schiffreichen Fluſſe liegen / wohl wahrneh - men / und ſolche fortificiren ſoll / um damit den Fluß zu commendiren / und einem Feinde darauf die Paſſagen zu disputiren.

13. Fra -257Von Beſchaffenheit und Unterſchied ꝛc.

(13.) Frage. Welche Oerter ſind unbequehm ei - ne Feſtung darauf zu bauen?

Man ſoll nicht leicht an den Abgang eines Ber - ges / noch viel weniger in einem Thal / ſo mit Berg und Huͤgeln umgeben / eine Feſtung anlegen / wenn nicht ſolches nothwendiger Weiſe zur Be - ſchuͤtzung eines Haupt-Paſſes zu Waſſer odeꝛ Lan - de / oder eines Sechafens geſchehen muß / wobey man denn ſonderlich dahin trachten ſoll / die nechſr anliegenden ſchaͤdlichen Hoͤhen entweder mit in die Feſtung einzuziehen / oder doch à parte Wer - cke darauf zu legen / damit ein Feind ſich ſolcher nicht gleich bemaͤchtigen / und der Feſtung in kur - tzer Zeit viel Schaden thun / oder ſolche gar einbe - kommen koͤnne: Auſſer dieſen ſoll man an ſolche unbequehme Oerter keinen ſo koſtbaren Bau auffuͤhren / weil das Geld / ſo man nuͤtzlicher haͤtte anwenden koͤnnen / nur luͤderlicher Weiſe ver - ſchwendet wird / und das Land mehr Schaden / als Nutzen davon hat.

Das IV. Cap. Von Beſchaffenheit und Un - terſchied des Erdreichs / und wie ſol - chen und den Mauren bey deren Auferbau - ung ihre gebuͤhrende Boͤſchung und Ab - dabung zu geben.

R(1.) Fra -258Das IV. Cap.

(1.) Frage. Jſt es denn anch noͤthig auf die Qua - litaͤt der Erde zu ſehen / wenn man an einem Ort eine Feſtung er - bauen will?

Es iſt nicht alleine genung nur die Gelegenheit des Landes wohl zu betrachten / ſondern man muß auch wohl den Boden / und die Erde deſſelben exa - miniren / ob ſolche bequem und tuͤchtig einen guten Wañ oder Bꝛuſt / und conſequenter eine beſtaͤndi - ge Feſtung daſelbſt mit Nutzen anzulegen u. zu er - bauen; denn weñ gleich eine bequeme Gelegenheit des Landes fuͤrhanden / die Erde waͤre aber darbey nicht viel nuͤtze / ſo muß ein groſſer Unterſchied in Auferbauung der Feſtungen bey guten und ſchlimmen Boden gemachet werden / will man anders etwas tuͤchtiges und beſtaͤndiges zu Wer - cke richten.

(2.) Frage. Was und wie vielerley iſt denn der Unterſchied der Erde?

Die Erde iſt gemeiniglich viererley Art / nem - lich ſteinigte / ſandigte / moraſtige und gute / ſchwartze / leimigte und fette Erde. Die ſteinigte Erde iſt unter allen die ſchlimſte / weil ſie ſich gar nicht ligiren / binden und zuſammen ſtoſſen laͤſſet / als etwan die andern; die ſandigte iſt nicht viel beſſer / indem ſie leicht aus einander faͤllet / und ſehr abrutſchet; die Moraſtige iſt zwar beſſer / alsdie259Von Beſchaffenheit und Unterſchied ꝛc. die zwey vorigen Arten / laͤſſet ſich auch ziemlichen binden / wenn ſie feichte iſt / alleine ſie ſetzet ſich auch ſehr / und faͤllet leicht von einander / wenn ſie trocken worden. Die fette und leimigte Erde iſt zur Fortification am allerbequemſten und beſtaͤn - digſten / und kan man daraus gute Waͤlle und Bruſtwehren bloß und alleine ohne einige Reve - tirung ſicher erbauen.

(3.) Frage. Was zu thun / wenn man an einem Orte aus gewiſſen Urſachen eine Fe - ſtung erbauen muͤſte / wo nur ſtei - nigte Erde waͤre?

Wenn mag gezwungen waͤre / auf einem ſol - chen ſteinigten Boden eine Feſtung aufzubauen / und man koͤnte in der naͤhe nicht gute Erde darzu haben / muͤſte man entweder deu gantzen Wall von ſolcher ſchlimmen Erde machen / und hernach zum wenigſten von auſſen mit Steinen wohl ein - faſſen und revetiren; oder man muͤſte nur gantze ſtaꝛcke Mauꝛen an Statt des Walles und andereꝛ Wercke auffuͤhren / und entweder die Bruſt von guter Erden darauf ſetzen / oder ſolche von ſchlim - mer Crde nur machen / und von auſſen und innen mit Ziegel-Steinen verkleiden / oder man muͤſte nur bloſſe Ziegel-Steine / keines weges aber Mauer oder Quader-Steine darzunehmen / weil dieſe groſſen Schaden verurſachen ſolten / im Fall der Feind ſie mit Canonen ruiniren wuͤrde / wel -R 2ches260Das IV. Cap. ches aber bey denen Ziegel-Steinen nicht ſo wohl zu beſorgen.

(4.) Frage. Was zu thun / wenn man an einem Orte / gewiſſer Urſachen halber / eine Fe - ſtung bauen muͤſte / wo nur ſandigte Erde waͤre?

Weil dieſe Erde von der vorigen nicht viel dif - feriret / ſo muß faſt eben damit auch procediret werden / wie ietzo nur gemeldet worden / im Fall keine andere gute Erde nahe dabey vorhanden / welche man nebſt dem alten Roß-Miſt ſonſt dar - unter vermiſchen muͤſte / und alſo / wo nicht den gantzen Wall / iedoch die Bruſtwehre nur unreve - tiret / und bloß mit innerlicher und aͤuſſerlicher Verſetzung laſſen und machen koͤnte.

(5.) Frage. Was zu thun / wenn man eine Fe - ſtung auf einen moraſtigen Boden erbauen muͤſte?

Ob wohl die moraſtigen Oerter etwas beſſer als die ſteinigten und ſandigten ſind / nichts deſto we - niger hat man groſſe Muͤhe an ſolche Oerter eine beſtaͤndige Feſtung aufzubauen; ſintemahl der Grund fuͤr allen Dingen muß wohl geleget und mit Pfaͤhlen befeſtiget werden / uͤber dieſes auch muß die Arbeit bey druckenem Sommer geſche - ben / weil die moraſtige Erde / wenn ſie duͤrre iſt / mehr Beſtand hat und ſich nicht ſo leicht ſetzet / alswenn261Von Beſchaffenheit und Unterſchied ꝛc. wenn man ſie naß arbeitet / da ſie gemeiniglich / wenn ſie wieder duͤrre worden / ſich ſehr ſetzet / auf - buͤrſtet / und nach Gelegenheit wohl gar wieder von einander faͤllet. Wenn man nun dergleichen Waͤlle von auſſen mit Steinen zu Erſpahrung der Unkoſten nicht revetiren will / muß man nur ſolche von auſſen / wie auch die Bruſt von auſſen und innen mit Waſen wohl verſetzen / und ieden Schuch hoch Erde wohl auf einander ſtampffen.

(6.) Frage. Was hat man in acht zu nehmen bey einer Feſtung / wenn man gute Erde dazu hat?

Wenn an einem Orte / allwo man eine Fe - ſtung erbauen will / gute / fette und leimigte Erde iſt / ſo kan man mit wenigern Unkoſten und gerin - gerer Muͤhe das Deſſein ausfuͤhren / als wenn man ſchlimme Erde hat; denn mankan aus der guten Erde alles machen / man darff ſie nicht ſo hart ſtoſſen und ſtampffen als die andere lockere / man kan ſie arbeiten / wenn ſie trocken und auch etwas naß iſt. Die Fundamenta darf man nicht mit Pfaͤhlen beſchlagen / die Waͤlle auch nicht eben revetiren oder mit Waſen verſetzen / wenn man nicht will / und der Sachen einen beſſern Beſtand und Anſehen geben / weil ſie ſich ohne dem wohl binden laͤſſet / und fuͤr ſich ſelbſt beſtaͤn - dig iſt.

R 3(7.) Fra -262Das IV. Cap.

(7.) Frage. Wie ſtarck wird denn die Abda - chung an denen Erd-Waͤllen ins ge - mein geinachet?

Weil bereits gedacht worden / daß die Erde un - terſchiedlichẽ ſey / alſo muß auch folgen / daß noth - wendig die Abdachung der groſſen Erd-Waͤlle auch unterſchiedlichen ſeyn muͤſſe: denn was die zwey ſchlimſten Arten der ſteinigten und ſandig - ten Erden anbelanget / muͤſſen ihre unrevetirten Waͤlle eine ſtaͤrckere Boͤſchung haben als die an - dern / ſo von der moraſtigen oder guten Erden ge - machet worden: Jnsgemein gibt man zur aͤuſſerli - chen Boͤſchung eines unrevetirten Walles ein Viertheil von der Hoͤhe des Walles ohne der Bruſtwehre: Bey moraſtiger Erden gibt man et - wan die Helffte von der Hoͤhe des Walles zur Boͤ - ſchung; bey ſand - und ſteinigter Erden aber muß man mehr als die Helffte von der Hoͤhe des Wal - les zur Boͤſehung geben / ſollen anders die Wercke noch ziemlichen beſtaͤndig bleiben / und nicht in Wetter oder ſonſt bey Attaquirung leicht abrut - ſchen und ſich ruiniren.

(8.) Frage. Was hat man bey dem Maurwer - cke / wegen der Boͤſchung / in acht zu nehmen?

Man muß einen Unterſchied machen unter dem Manrwercke bey der Civil und Militar Archite -ctur:263Von Beſchaffenheit und Unterſchied ꝛc. ctur: bey der Civil Architectur wird das Mauer - werck / wenn es nicht im Fundament oder in einem Graben iſt / auf dem[L]and Horizont perpendicula - riter in die Hoͤhe gefuͤhret; Bey der Kriegs-Bau - Kunſt aber wird ſolches nicht allein im Funda - ment und Graben / ſondern auch uͤber dem Land Horizont ſchraͤge biß an die Bruſt in die Hoͤhe ge - fuͤhret / es mag gleich eine bloſſe Mauer oder auch eine Revetier-Mauer ſeyn / um beſſern Stand zu halten / wenn dergleichen Wercke von einem Feinde mit Carthaunen ſolten beſchloſſen wer - den: wie nun die Erde unterſchiedlichen iſt / und nicht einerley Boͤſchung leiden will / alſo ſind auch die Steine nicht alle gleicher Art / und muͤſſen auch ihre beſondere Abdachung haben / und ſoll man ſich ſonderlich huͤten / daß man zur Fortification, noch ſonſt in der Hoͤhe Steine gebrauche / ſo von der Lufft zergehen / und verderben. Gemeiniglich aber brauchet man bey der Fortification groſſe Quader-Steine zu denen Fundamenten / Pfeilern und Ecken der Mauren / das andere Mauerwerck aber kan von andern Bruch-oder Back-Steinen gemachet werden. Was die Quader-Steine an - belanget / weil ſie ins gemein duͤcke und lang ſind / gibt man denn ſolchen gar eine geringe Boͤſchung von der Hoͤhe ihrer Mauer / wenn ſolche von lau - ter Quader-Steinen aufgefuͤhret worden / als nemlichen wenn die Mauer in allen 24. S. hoch iſt / kan die Boͤſchung hierzu ungefehr einen Schuch breit gegeben werden. Bey einer Mau -R 4er /264Das V. Cap. er / ſo von gleicher Hoͤhe aus Ziegel-Steinen gautz aufgefuͤhret worden / muß man etwas mehres nehmen; bey einer Mauer aber / ſo von Bruch - Steinen gemachet / und auch von gleicher Hoͤhe iſt / muß man der Boͤſchung noch mehr zu geben als bey den Ziegel-Steinen / weil dieſe wegen ih - rer ungleichen Form ſich nicht ſo wohl binden laſ - ſen als die andern / welche durchaus eine Gleiche haben.

Das V. Cap. Von Suchung und Befeſti - gung der Fundamenta, ſo wohl im Waſſer als auf dem Lande / auch wie darauf zu bauen.

(1.) Frage. Jſt denn an Suchung und Befeſti - gung der Fundamenta eines Ge - baͤndes auch viel gelegen?

WEil kein Gebaͤude weder bey der Civil, noch militar Architectur, ſo wohl im Waſſer als auf dem Lande kan beſtaͤndig ſeyn und fuͤr tuͤchtig erkant werden / weñ die Fundamenta inſonderheit darzu nicht wohl geſuchet und fleiſig befeſtiget ſind; So iſt es allerdings hoͤchſt noͤthig / daß ein kluger Bau-Meiſter ſich derſelben zu Anfangs wohl erkundige / und verſichere / damit nicht et -wan265Von Suchung und Befeſtigung der ꝛc. wan aus Ruin derſelben / die darauf aufgefuͤhrten koſtbahren Wercke moͤgen einigen Schaden leiden / und er zu groſſer Verantwortung des we - gen geſetzet werden.

(2.) Frage. Was iſt denn fuͤr ein Unterſchied bey bey denen Fundamenten / und was hat man insgemein bey denſelben in acht zu nehmen?

Gleichwie die obere Erde ſehr variret und un - terſchiedlichen iſt in kurtzen Diſtantzen / alſo ſind auch die Fundamenta, wenn man in die Erde ein graͤbet / nicht einerley Art: Denn ſie koͤnnen theils von Kieſe oder trockenem Sande / theils von Sumpffe oder Moraſte / theils gantz unter Waſſer / theils von guter fetter und leimigter Er - den ſeyn. Je ſchlimmer nun der Grund iſt / und nach dem auch ein hohes und ſtarckes Werck da - rauf ſoll aufgefuͤhret werden / ie tieffer muß er geſuchet und auch breiter angeleget werden.

(3.) Frage. Was zu thun wenn der Grund fel - ſigt und von harten Steinen iſt?

Wenn der Grund felſigt und von harten Steinen iſt / hat man gar keines eingrabens von - noͤthen / und darff derſelbe nur oben / und an derSei -266Das V. Cap. Seiten / ſo viel moͤglichen geebnet / iedoch ein - waͤrts gegen die Feſtung zu in etwas abhengend oder ein oder zwey Abſaͤtze an Statt der Verme auswaͤrts an den Enden gemachet werden / da - mit die darauf gefuͤhrte Erde und Gebaͤnde nicht auswaͤrts den Hang gewinuen koͤnnen / und ſie nun ſo viel deſto beſtaͤndiger bleiben / wenn man ſolche mit Canoniren zu Ruiniren ſuchte.

(4.) Frage. Was zu thun / wenn der Grund von Kieß und trockenem harten Sand iſt?

Wenn das Fundament aus Kieß oder trocke - nem harten Sande beſtehet / bedarf es auch kei - nes ſonderlichen eingrabens / und koͤnnen 3. biß 6. S. tief / nach dem das ober-Gebaͤude ſtarck oder ſchwach werden ſoll / ſchon hierbey genung ſeyn / Fals man nur verſichert iſt / daß unter ſol - chen Sand und Kieß nicht etwan noch ein Mo - raſt liege / welches aus des Bodens bebender Be - wegung leichtlich zu mercken / oder durch eingra - ben biß auf den harten Grund mit einer langen Stangen zu erfahren ſtehet / denn auf dieſen Fall muͤſte der Grund nothwendiger weiſe tiefer und biß auf die harte Erde geſuchet werden.

(5.) Frage. Was iſt zu thun / wenn der Grund Moraſtig iſt?

Bey267Von Suchung und Beveſtigung der ꝛc.

Bey dergleichen moraſtigen Oertern muß man ſich Anfangs wohl erkundigen / ob der Mo - raſt tief / oder nicht tief iſt / u. ob unter dem Moraſt ein feſter Boden ſich unten befinde / oder ob die obere Flaͤche des Erdreichs trocken und unten moraſtig iſt.

Was die Oerter anlanget ſo entweder von tieffen ſichtbahren Moraſt / oder oben trocken und unten moraſtig ſind / ſetzet man entweder auf dieſelben nach proportion und Form des Terrains von feſt in einander verbunden Eich-oder auch nur Tannen Baͤumen einen ſo genanten Roſt / ſchlaͤget zwiſchen die Spatia des Roſtes zu geſpitzte ſtarcke Pfaͤhle ein / vermittelſt eines groſſen Rammlers / fuͤllet die neben Loͤcher mit allerhand Steinen und groben Kieß aus / fuͤhret die aͤuſſer - liche Lage von Qvader-Steinen verbundsweiſe zu mahl an den Ecken mit Einruͤckung etlicher Zoll oder halben Schuhes auf dem Roſt in die Hoͤhe / beveſtiget auch ſolche Qvader-Steine mit Klammern / und mauret hernach den inwendi - gen Raum mit andern Steinen Masſiv aus / ſo iſt der Grund an einem ſolchen moraſtigen Ort wohl geleget / und kan man darauf ſicher bauen.

Oder man kan auch ohne einen Roſt in der Circumferenz als man bauen will / viel eichene / ſteinbuͤchne oder auch ſtarcke ellerne Pfaͤhle / ſo nahe als ſichs thun laͤſſet / neben einander / iedoch etwasſchraͤge und gegen die Feſtung und demGe -268Das V. Capitel. Gebaͤude hangend entſchlagen / dieſelben an de - nen Spitzen und von auſſen etwas brennen / und weil ſie noch warm / mit Pech und Lein-Oel be - ſtreichen / damit keine Faͤule daran hafften koͤn - ne.

Es muͤſſen aber dergleichen eingeſchlagene Pfaͤhle oben mit einem Richtſcheit oder Bley - Wage aufs beſte vergleichen / und zu mehrerer Befeſtigung mit ſtarcken Schwellen und Schlaͤudern Creutzweiß durch ein Zapffen oder Ausgraben befeſtiget werden / damit ſie nicht von einander weichen und nachgeben koͤnnen / und muß man die uͤbrigen Loͤcher darzwiſchen mit Steinen / Thon und Kalck wohl ausfuͤllen.

Wenn der Moraſt flach und nicht tieff iſt / auch unter ſich einen harten Boden hat / ſo man mit Einſteckung einer Stange leicht erforſchen kan / darf derſelbe nur ohn groſſes Abraͤumen mit groſſen Feld-Steinen / auch allerhand anderen zerbrochenen Dach-und Mauer-Steinen / wohl gebundenen Faſchinen und Reiß-Wellen ver - ſchrencket und mit Sand und Erden verglichen und geebnet werden / welches Fundament denn tuͤchtig genug ſeyn wird / einen ziemlichen Bau zu tragen / doch muͤſſen die Faſchienen mit Pfaͤh - len und Pfloͤcken feſt an einander gemachet / und auf ſolchen Fundament ein oder mehr Abſaͤtze und Bermes an Enden bey Auffuͤhrung des Gebaͤu - des darauf gelaſſen werden: Oder man kan auch nach Gelegenheit von Diſtantzen zu Diſton -tzen269Von Suchung und Befeſtigung der ꝛc. tzen Erd-Gewoͤlber mit Pfeilern machen / worauf man auch ſicher bauen kan. Wo ſich etwan im Fundament-Qvellen finden ſolten / muß man ſol - che mit kleinen Roͤhren und Canalen enge faſſen / damit ſie ihren richtigen Lauff haben / ſonſten hat das Fundament immer einen Anſtoß / und muß dann geflicket werden.

(6.) Frage. Was zu thun / wenn ein feſter Grund und Boden / da man hinzubauen geſonnen / gaͤntz voll Waſſer iſt?

Wenn man ein Gebaͤude / zum Exempel ſtei - nerne Pfeiler zu einer Bruͤcke oder ein ander ge - wiſſes Werck von Steinen in das Waſſer und einen Fluß auf erbauen wolte / muß man vor al - len Dingen die gantze Circumferentz / ſo zu dem Bau erfordert wird mit einem Damm oder ſo ge - nandten Waſſer-Stuben umbgeben / damit das Waſſer nicht ſo haͤuffig auf den beſtim̃ten Platz eindringen / und man darauf unverhindert bauen koͤnne.

Was den Damm anlanget muß ſolcher zum wenigſten 4. biß 6. Sch. breit ſeyn / waͤre aber das Waſſer ziemlichen tief / muß ſolcher noch breiter gemachet werden / die Verfertigung aber deſſen geſchiehet alſo; Man beſchlaͤget die gan - tze Cireumferentz / oder nur die Seite wo dasWaſ -270Das V. Cap. Waſſer vorbey / gehet von 6. Sch. zu 6. S. mit ziemlichen ſtarcken Pfaͤhlen / auſſerhalb aher der Pfaͤhle ſchlaͤget man ſtarcke oder doppelte Bre - ter an / des gleichen thut man auch auf der andern Seiten / nachdem der Dam̃ ſtarck und breit wer - den ſoll / den ſchuͤttet man zwiſchen die beſchlagene Pfoſten groben Kieß und Erde / ſo wird das ein - gefaſte Spatium, ſo viel moͤglichẽ / vor dem Einlauf des Waſſers befreyet ultrocken ſeyn / daꝛauf nach belieben zu bauen; Solte aber dennoch das Waſ - ſer ziemlichen eindringen / ſo muß man ſolches ſo wohl Nachts als Tages durch Pluinpẽ / Schepf - werck / einfache oder doppelte Schnecken und Waſſer-Schrauben mit gewiſſen hierzu beſtel - ten Leuten / ſo einander zu beſtimten Zeiten abloͤ - ſen / continuirlich heraus bringen / und als denn das gantze Fundament mit groſſen zuſammen ge - klammerten Qvader-Steinen / verbunds weiſe darauf legen / und damit / oder auch mit anderen groſſen Steinen continuiren und das Fundament auffuͤhren / biß man etliche Schuh hoch uͤber das Waſſer iſt / iedoch mit unterſchiedlichen Abſaͤtzen / welches wohl zu mercken iſt. Oder man kan auch zu Folge der Bau-Circumferentz ohne Waſ - ſer-Stube oder mehr Reihen ſtarcke Pfaͤhle ein - ſchlagen / an den aͤuſſerſten Enden und uͤber Zwerg mit ſo genanden Schlaͤudern und Schwellen an einander beveſtigen / die Luͤcken und Spatia mit allerhand Stein-Wercke / ungeleſchtem Kalck / Thon / Kieß / groben Sandund271Von Suchung und Beveſtigung der ꝛc. und dergleichen ausfuͤllen / und denn eine Mauer gantz ſicher darauf bauen. Hat man aber kei - ne groſſe Qvader oder andere Feld-Steine / und man kan auch aus Mangel des Holtzes oder Haͤrte des Bodens denſelben mit Pfaͤhlen / nicht beveſtigen / ſo muß man entweder alte Schiffe / oder mit fleiß hierzu gemachte ſtarcke und mit euſſern Baͤndern und Klammern wohl verwahrte und verpichte Kaͤſten / oder doppelt ge - flochtene Koͤrbe mit allerhand kleinen Steinen / Thon und ungeloͤſchtem Kalck aus gefuͤllet / und mit einer darauf gemachten Decke verwahret / damit die Steine nicht heraus fallen / nahe neben einander auf den Grund ſetzen / oder wenn Waſ - ſer vorhanden vermittels langer Straͤnge oder Stoß-Hacke aus Schiffen oder Barquen einſen - cken / die Fugen zwiſchen den Schiffen; Kaͤſten oder Koͤrben mit allerhand Steinen ausfuͤllen / durch Waſſer-Taucher mit Klammern und Ketten die eingeſenckten Sachen veſte laſſen an - einander machen / und damit in der Vreite und Hoͤhe uͤber das Waſſer alſo continuiren / daß man das vorhabende Gebaͤude darauf unverhin - dert recht bauen koͤnne.

(7.) Frage. Wie ſoll man einen Damm fuͤhren in einen groſſen Fluß / damit ſolcher das U - fer und die Felder nicht zerreiſſe / und einen neuen Gang ſuche?

Wenn272Das V. Cap.

Wenn man einen ſolchen Damm in einen ſtar - cken und tieffen Fluß machen will / ſoll man ſol - ches fuͤrnehmen / wenn der Fluß im Sommer am allerkleinſten iſt. Ehe man aber wuͤrcklichen zu dem Wercke ſchreitet / ſoll man etliche 1000. wohl gebundene Wuͤrſte verfertigen laſſen / und / wo moͤglichen / die Circumferenz des Dammes an - fangs mit eingeſchlagenen ſtarcken Pfaͤhlen be - feſtigen / ſo denn die Wuͤrſte alle ſchicht und Verbundsweiſe auf einander legen und anpfloͤ - cken / und zwiſchen iedes Schicht Kieß / Erde / Lei - men mit einſtampffen und einſchuͤtten / damit alles feſt an einander hangen und bleiben moͤge - Es muͤſſen aber die unterſten Schichte immer breiter und breiter / die obern aber immer ſchmaͤh - ler und ſchmaͤhler angeleget und mit Abſaͤtzen ge - machet werden / damit ſie auf keinerley Weiſe vom Waſſer koͤnnen ruiniret werden; fuͤrnemli - chen aber muß man auf die Seite des Dammes gegen dem Strohm zu / und bey der vorderſten E - cken ſtarcke und viele Pfaͤhle einſchlagen / und ei - nige Eißbaͤume einſetzen / damit der Damm diſ - ſeits / weil er daſelbſt am meiſten auszuſtehen hat / nicht ſo leicht wieder verderbet werde. So muß man auch bey ſo geſtalten Sachen nicht nur einen groſſen Damm etwan alleine / ſondern etliche Daͤmme nach einander in gewiſſen Diſtanzen machen laſſen / weil die Staͤrcke eines einigen Dammes nicht ſo wohl / als die Vielheit der Daͤm̃e capable iſt / einen groſſen Waſſer Schadenzu273Von Suchung und Befeſtigung der ꝛc. zu verhuͤten. Uber dieſes muß der erſte Damm / gegen dem Strohm zu / ſtarck genug / aber nicht zu lang ins Waſſer hinein gemachet und angele - get werden; die folgenden Daͤmme koͤnnen nach der Reihe immer etwas weiter in das Waſſer ge - hen / als die erſten / da ſich denn das Waſſer an ſol - chen Daͤmmen nach und nach abſtoſſen / und kei - nen Damm mit ſonderlicher Gewalt ſo ſehr ruini - ren wird / als wenn einer nur alleine waͤre / ob er ſchon ſtarck und breit genug angeleget / weil das Waſſer ſeine untern heimliche Gaͤnge hat / wel - ches / wenn es nicht an ſeinem voͤlligen Gange durch einiges Abſtoſſen verhindert wird / auch den groͤſten Damm gar leicht ruiniren kan. Was die ſo genannten Wuͤrſte betrifft / muͤſſen ſolche von ſtarcken Aeſten und Reiſig der Eichen und El - lern auf 30. biß 50. S. lang / und 1. S. dicke / ge - machet / und von Schuhen zu Schuhen mit Wei - den feſte zuſammen gebunden ſeyn. Das Anpfloͤ - cken derſelben / wie auch das Einſchuͤtten des Lei - mens / Thones / Kieſſes und der Steine muß man darbey nicht vergeſſen / weil er durch dergleichen Sachen um ſo viel feſter an einander haͤnget / und gleichſam zu einem Stuͤck wird.

(8.) Frage. Wie ſoll man einem Damm fuͤhren vor einen Seehafen / damit die Wellen nicht ſo einſchlagen / und die im Hafen ſte - henden Schiffe nicht beſchaͤdigen koͤnnen?

SWenn274Das V. Cap.

Wenn man einen Damm vor einen See-Ha - fen ins Meer legen will / muß man erſtlichen die Tiefe mit Einwerffen des Bleyes / hernach auch den Grund und Platz / wo ſolcher ſoll hingeleget werden / durch die Meer-Taucher recognoſciren laſſen / ob ſolcher ſehr tieff / eben / ſandig oder felſigt iſt.

Wenn der Boden ungleich und felſigt waͤre / muß man ſolchen mit Einſchuͤtten kleiner und an - derer zerbrochenen Steine in der beſten Som - mers-Zeit / als im Junio, Julio und Auguſto, da das Meer am ſtilſten iſt / ziemlichen in die Hoͤhe und Breite aus - ebnen: Wenn dieſes geſchchen / muß man groſſe / lange / breite und hohe / vonſtar - cken Eichen Baͤumen / mit groſſen eiſernen Naͤgeln und ſtarcken eiſernen Banden zuſammen geſchla - gene / eingezaͤpffte / und mit einigen Unterſchieden Creutzweiß gemachte / auch mit zuſammen ge - klammerten ordentlich eingelegten Quader-Stei - nen ausgefuͤllte und inwendig wohl ausgepichte Kaͤſten nach einander darauf ſetzen / die Taucher auch alles wohl laſſen recognoſciren / ob es or - dentlich beyſammen ſtehe / und wenn die erſten eingeſenckte Kaͤſten / nicht etliche Schuch uͤber das Waſſer gehen ſolten / muͤſſen noch andere / iedoch etwas ſchmaͤhler als die erſten / auf ſolche einge - ſencket / im uͤbrigen aber auf gleiche Manier / wie die vorigen gemacht und gefuͤllet worden / verfer - tiget werden / worauf denn hernach eine Mauer von Quader-Steinen wohl zuſammen geklam -mert275Von Suchung und Beveſtigung der ꝛc. mert kan gefuͤhret / und alſo ein beſtaͤndiger Damm auch in das Meer vor einen Hafen gele - get werden.

(9.) Frage. Wie groß und lang muͤſſen denn die Kaͤſten gemachet werden / und was hat man ſonſt noch mehr dabey zu obſer - viren?

Wenn wegen der Tiefe des Waſſers bey Ver - fertigung eines ſolchen Meer-Dammes zwey Kaͤſten muͤſſen auf einander geſetzet werden / koͤn - nen die obern 60. Sch. lang. 40. S. breit / und 20. S. hoch ſeyn. Den Sch. zu 10. Zoͤll gerechnet / und muͤſſen noch uͤber das Waſſer 5. Sch. heraus ge - hen / worauf noch die Mauer 25. Sch. hoch / und alſo der Damm uͤber dem Waſſer in allen 30. S. hoch verbleibe; die Mauer kan unten auf den Kaͤ - ſten 14. S. / oben aber nur 12. S. breit ſeyn / und muͤſſen die Spatia zwiſchen den Quader-Steinen ſo wohl in den Kaͤſten / als auch bey der Mauer mit gutem Kalck wohl eingeleget und ausgeebnet / auch alle mit eiſernen Klammern feſte zuſammen gebunden werden / damit es gleichſam nur einem einigen Stein gleichen / und ſich nicht leicht von einander geben moͤge. Die unterſten Kaͤſten muͤſ - ſen etliche Sch. laͤnger und breiter ſeyn als die o - bern / und ſoll man gegen das hohe Meer zu von auſſen allerhand groſſe eckigte / Feld - und andere Steine nahe an die Kaͤſten einwerffen / auch dar - mit biß uͤber das Waſſer und an die Mauer conti -S 2nui -276Das VI. Cap. nuiren / damit nicht alleine die Kaͤſten gegen die wilden Meeres Wellen etwas beſchuͤtzet / ſondern auch fuͤr die feindlichen Schiffe ſicher ſeyn moͤ - gen / daß ſie ſich nicht allzu nahe an ſolche machen duͤrffen / um ſich an ihnen nicht zu zerſchmettern.

Das VI. Cap. Von der Definition und Ein - theilung der Fortification.

(1.) Frage. Was iſt und lehret die Fortification?

Die Fortification oder Kriegs - Bau-Kunſt iſt eine Wiſſenſchafft / welche lehret / wie man alle Oerter und Plaͤtze mit Mauren oder Waͤllen / Bruſtwehren / Graͤben / bedecktem Weg / Auſſen - wercken und Glacis nicht allein wohl und mit Vor - theil befeſtigen / und ſolche bey einer Belaͤgerung und Beſtuͤrmung mit wenig Mannſchafft / ver - mittelſt kleinen und groben Geſchuͤtzes / zu groſſem Verluſt des Feindes tapffer defendiren / ſondern auch / wie man im Gegentheil alle feſte Oerter mit guter Vorſichtigkeit und Avantage belagern / At - taquiren / Ruiniren und ſolcher ſich bemaͤchtigen ſolle.

(2.) Frage. Wie vielerley iſt denn die Forti - fication?

Die277Von der Definition und Eintheilung ꝛc.

Die Fortification iſt ſehr unterſchiedlich und mancherley / als eine natuͤrliche und kuͤnſtliche / ei - ne regulare und irregulare, eine beſtaͤndige oder unbeſtaͤndige / eine kleine / mittelmaͤßige oder groß royal, und dann endlichen eine off - und defenſiv Fortification.

(3.) Frage. Was nennet man eine natuͤrliche Fortification?

Die natuͤrliche Fortification wird diejenige geheiſſen / wenn eine Situation und Art mit ho - hen / unerſteiglichen Gebuͤrgen / Felſen und Thaͤ - lern oder unpasſirlichen Waſſern und Moraͤſten von Natur gleichſam ſelbſt befeſtiget und umb - geben iſt.

(4.) Frage. Was nennet man denn eine kuͤnſtli - che Fortification?

Die kuͤnſtliche Fortification iſt diejenige / wenn man entweder der Natur eines Ortes mit kuͤnſt - cher Anlegung gebuͤhren der Wercke huͤlffet / und ſolche verbeſſert / oder aber ohne einigen Vortheil der Natur alleine durch klugen und vorſichtigen Menſchen Verſtand befeſtiget / und mit Waͤllen oder Mauren umbgiebet.

(5.) Frage. Welches wird denn eine Regular - Fortification genennet?

S 3Eine278Das VI. Cap.

Eine Regular-Fortification iſt / wenn alle Pun - cta, Linien und Winckel / vermittelſt welchen die Fortification muß gemachet werden / umb die gan - tze Feſtung einander gleich ſind / ſo aber wegen der wunderlichen und mancherley Situation gar wenig kan gemachet werden.

(6.) Frage. Was nennet man denn eine Irregular Fortification?

Eine Irregular Fortification wird diejenige ge - heiſſen / wenn die meiſten Linien und Winckel ei - ner Feſtung ein ander ungleich ſind / welche Art den der Fortification mehr Practicable iſt als die vorige / weil man mehr irregulare als regulare Plaͤtze zu fortificiren hat.

(9.] Frage. Was nennet man denn eine beſtaͤn - ge oder unbeſtaͤndige Fortification?

Eine beſtaͤndige Fortification nennet man die - jenige / wenn ein gewiſſer Ort oder Gegend mit Fortifications-Wercken ſoll umbgeben / und da - mit beſtaͤndig befeſtiget bleiben / und auſſer des Feindes Gewalt nicht wieder ruiniret und unbe - feſtiget gelaſſen werden.

Eine unbeſtaͤndige Fortification aber / nennet man diejenigen Wercke / ſo man gemeiniglichen zu Kriegs-Zeiten an gewiſſe Oerter in geſchwin -der279Von der Definition und Eintheilung ꝛc. der Eil pfleget aufzuwerffen / damit man ſich hin - ter denſelben im fall der Noth / einiger maſſen de - fendiren koͤnne: So bald aber der Friede wie - der erfolget / werden ſolche Wercke wieder demo - liret und geſchleiffet / und der Platz zu ſeinen vo - rigen natuͤrlichen Stand und Gebrauch ge - bracht.

(8.) Frage. Was nennet man denn eine kleine / Mittelmaͤßige und groſſe Royal For - fication?

Die Groß-Royal Feſtungen werden diejeni - gen genennet / deren aͤuſſerliche Polygone 100. R. lang / und 10. 12. oder mehr Baſtionen haben / auch die beſtaͤndige Defens-Linie niemaln unter 60. auch nicht viel uͤber 70. R. lang iſt / welches dann eine rechte Diſtantz iſt vor einem Mußqueten oder Flinten-Schuß / ſo mit guten Effect und Nach - druck kan gethan werden.

Die kleinen Royal-Feſtungen ſind dieſe / deren auſſerliche Polygone 60. R. nur lang iſt / und et - wan 4. oder 5. Baſtionen haben / als wie gemei - niglich die Citadellen.

Die Mittel Royal-Feſtungen ſind die / deren aͤuſſerliche Polygone eine Zahl zwiſchen den vor - beſagten R. betrifft / und 6. biß 9. Baſtionen ha - ben; Was nun unter dieſer Anzahl R. bey der Fortification erbauet wird nennet / man gemeini - glich nur Auſſenwercke oder Feld-Schantzen / und keine Royal-Wercke.

(9.)280Das VII. Cap.

(9.) Frage. Was nennet man dann die off-[und >] defenſiv Fortification?

Die Offenſiv-Forrification wird dasjenige alles geheiſſen / was man von retrenchementen / ap - prochen, baterien Keſſeln / redouten, Feld-Schan - tzen / und andern Wercken machet / wenn man ei - ne Feſtung belagern / oder ſich ſonſt wegen eines Feindes in ſeinem Lager oder einem Paß ver - ſchantzen will / damit man einiger Maſſen koͤnne ſicher ſeyn / auch ſonſt ſein Deſſein wohl bedeckt erreigen.

Die Defenſiv-Fortification nennet man alle diejenigen Wercke und Abſchnitte / welche ſo wohl beſtaͤndig als unbeſtaͤndig ſind / wenn man ſich nur hinter denſelben im Fall der Noth bey ei - ner Attaque und Belagerung gegen den Feind defentiren kan.

Das VII. Cap. Von einigen General-Maxi - men ſo bey Aufferbauung einer Fe - ſtung / wegen der fuͤrnehmſten Lienien und Winckel durch gaͤngig in acht zu neh - men ſind.

1. Fra -281Von einigen General-Maximen.

1. Frage. Woraus beſtehet eine gantze Fe - ſtung / und was iſt darbey insgemein zu mercken?

EJne gantze Feſtung beſtehet aus 3. Haupt und Fundamental-Linien / nehmlichen aus der Courtine, Flanque und face welche dem her - nach bey ihrem zuſammenlauff abſonderliche Winckel und Puncta verurſachen; wobey denn zu mercken / daß kein Punct-Winckel oder Linie in einer Polygone an einer wohlerbauten Feſtung ſich finden muͤſſe / welche nicht von einem andern koͤnne gantz beſehen oder entdecket und beſtrichen werden / und dieſes zwar zum weitſten in einer Diſtanz von 60. biß 70. R. welches ein rechter Muſqueten Schuß iſt / ſo man mit gutem effect thun kan / und muß man nicht nur die diſtanz be - trachten / wie weit ungefehr eine mittelmaͤßige Canone in ihrer geraden Linie reichen koͤnne / ſon - dern man muß fuͤrnehmlichen die defenſion des Hand Geſchuͤtzes in acht nehmẽ / weil ſolche viel frequenter geſchehen kan / und muß alſo eine Fe - ſtung mit Hand und groben Geſchuͤtz bey allen Winckeln und Linien mit guten effect koͤnnen beſtrichen und wohl defendiret werden / anders werden bey einem ſo koſtbaren Bau groſſe Haupt-Fehler begangen.

S 52. Fra -282Das VII. Cap.

2. Frage. Welche Fortification, nehmlich die regular oder irregular ſoll der andern billig vorgezogen werden?

Die regular fortification ſoll allezeit der irre - gular, ſo viel als es nur die Gelegenheit des Terra - ins leiden und zugeben will / vorgezogen und obſer - viret werden / weil die regularitaͤt in allen Stuͤ - cken eine gleichere diſtanz und defenſion haͤlt / als die Irregularitaͤt / wie wohl man auch ſolche alſo an - legen kan und ſoll / daß an der defenſion kein Mangel zuſpuͤren ſey / davon an ſeinem Ort ſchon mit mehren ſoll gehandelt werden. Jm uͤbrigen iſt bey der regular fortification zu behalten / daß man nicht leicht uͤber 12. Eck. ſchreiten / ſondern lieber zwey Feſtungen anlegen ſoll / um beſſere defenſion und geſchickte Linien und Winckel zu haben.

3. Frage. Was iſt von den Bollwercks-Win - ckel in acht zunehmen.

Der Vollwercks-Winckel ſoll niemahls viel groͤſſer als 100. auch niemahls kleiner als 60. Gr. ſeyn; Denn iſt ſolcher groͤſſer / ſo kan die Geſichts-Linie / zumahl von einer kleinen Flan - que nicht wohl beſtreichen werden / und iſt das Bollwerck uͤber dieſes auch vorne gar zu weit / alſo daß es gar leicht von auſſen kan ruiniret werden:Jſt283Von einigen General-Maximen. iſt aber der Vollwercks-Winckel gar zu klein / ſo faͤllen die Facen gar zuſpitzig / alſo daß ſolche nicht alleine vom Feinde koͤnnen leicht ruiniꝛet weꝛden / ſondern man auch ſonſt ſich nicht wegen der En - ge mit der Artillerie und ander Sachen darinnen wohl bethun kan.

4. Frage. Wie ſoll der Kehl Winckel an ei - ner Feſtung recht beſchaffen ſeyn?

Der Kehl Winckel ſoll niemahls kleiner als 90. Gr. auch nicht viel groͤſſer als 100. Gr. ſeyn; Denn iſt derſelbe groͤſſer / wird ſolcher vom Fein - de gar zu ſehr entdecket / iſt er aber kleiner kan er die gegen uͤberſtehende Face nicht wohl beſtrei - chen: Derohalben kan kein Spitz-Winckel mit einer gantzen Baſtion recht beleget und fortifici - ret werden / weil beyde Winckel / ſo wohl der Boll - wercks als der Kehl-Winckel unter die behoͤrige Weite faͤllen / und muß man den Spitz-Winckel abſchneiten / und ſolchen in Form entweder einer einfachen oder doppelten Tenaille, oder auch nach gelegenheit in Form eines Horn-Wercks fortifi - ciren / und wenn man will auch ein klein ravelin davor legen.

(5.) Frage. Welche Kehl Linien ſind am beſten / die langen / oder die kurtzer?

Die großẽ und langẽ Kehl-Linien / wenn ſie nurnicht284Das VII. Cap. nicht anders aus ihrer rechten proportion ſchrei - ten / ſind den kleinen und kurtzen billig fuͤr zu zie - hen; denn man hat bey den ſelben auf dem Boll - werck viel beſſern Platz ſich zu defendiren, und im Fall der Noth ſich auff demſelben zu retrenche - mendiren, als bey den kleinen und kurtzen.

(6.) Frage. Was hat man bey der Courtine, wegen ihrer rechten Proportion in acht zu nehmen?

Die Courtine ſoll bey einer regularen Royal - Feſtung niemahls kuͤrtzer als 30 R., noch bey einer irregularen laͤnger als 50. R. ſeyn / damit die beſtaͤndigen Streich-Linien ihre rechte pro - portion an der Laͤnge bekommen moͤgen: Solte aber bey genoͤthigten langen Courtine die defen - ſion aus den Flanquen und andern Linie mit gutem effect nicht koͤñen ſattſam genom̃en werden / muß man auch die Mitte deꝛſelbe eine Platte Form oder Cavallieur auf ſetzen / damit man die noͤthige Be - ſtreichung aller Orten haben koͤnne.

(7.) Frage. Wie ſollen die Flanqven proportioni - ret ſeyn / und was iſt bey denſelben zu obſerviren?

Weil aus den Flanqven die beſte und ſtaͤrckſte Defenſion vor allen andern Linien herkommet /wel -285Von einigen General-Maximen. welches niemand leugnen kan / weil 6. Schuͤße in Flanqve nach geſtalten Sachen mehr præſtiren konnen / als 20. Schuͤſſe in Fronte / ſo iſt dahero leicht zn ſchluͤße / das ordinarie die langen Flanqven den kurtzern / ſie moͤgen auch gemacht ſeyn wie ſie wollẽ / billig fuͤrzuziehẽ ſind / iedoch alles nach rech - ter ungezwungener Proportion, davon an ſeinen Orte ſchon mit mehren ſoll gehandelt werden; Wiewohl bey den Berg-Feſtungen dieſes wegen der Flanquen nicht allezeit kan obſerviret werden / wegen der engen und wunderlichen Situation, daͤ man offt gezwungen iſt / kurtze iedoch reterirte Flanqven und Caſematten zu machen / ſo man aber heut zu Tage ſonſt ohne Noth nicht gebrauchen ſoll / wie bereits gedacht worden.

(8.) Frage. Was iſt bey den Facen, wegen ihrer Proportion in acht zu nehmen?

Weil die Facen oder Geſicht Linien an einer Feſtung die aller ſchwaͤchſten Theile ſind / in dem ſie am weiteſten in das Feld hinaus gehen / vom Feinde am erſten attaqviret werden / und weder ſich oder andern Linien groß beſtreichen koͤnnen - ſo muß ein rechter Kriegs-Bau verſtaͤndiger ſich wohl in achtnehmen / das er ſolche weder zu lang / noch zu kurtz mache; denn ſind ſolche gar zu lang und viel laͤnger als die Flanqven, koͤnnen ſolche von den kurtzen Flanqen ihre rechte Defenſion und zulaͤnglichte Beſtreichung nicht habẽ; dahero deñge -186[286]Das VII. Cap. geſchiehet / daß man nun ſolchen Mangel zu er - ſetzen / vielerley Auſſenwercke vor die Cour - tinen hernach machen / und groſſe Unkoſten / wo fuͤr ſich ein rechtſchaffener ingenieur fleißig huͤtten ſoll / verurſachen muß / welche doch / wen die gebuͤh - rende Proportion der Facen gleich anfangs waͤre recht in acht genommen worden / mehrentheils haͤtte koͤnnen uͤberhoben bleiben. Sind aber die Facen gar zu kurtz / kaͤunen ſolche nicht alleine vom Feinde bald ruiniret werden / und ſie auch ſelbſt wenig defendiren / ſondern das Baſtion wird vorne gar zu enge / alſo / das maͤn ſich auf den ſelben mit der Atillerie und andern Sachen nicht wohl be - thun kan.

(9.) Frage. Was iſt wegen der Proportion der beſtaͤndigen Defens Linien in acht zuneh - men?

Es iſt im vorigen ſchon gemeldet worden / daß man beyeinem koſtbaren Fortifications-Bau vor allen dingen auf die Defenſion und Beſtreichung gute acht geben muͤſſe / ſoll anders eine Feſtung ſich lange halten und defendiren koͤnnen. Es muß aber die Defenſion nicht alleine nach denen Diſtan - zen der Canonen / ſonder viel mehr nach der Weite eines Mußqueten Schutzes von 60. biß 70. R. proportioniret werden / damit man auch das Hand-Gewehr / welches um ſoviel frequenter ge -ſchehen287Von einigen General-Maximen. ſchehen kan / mit Nutzen und effect gebrauchen koͤnne.

(10.) Frage. Wie muͤſſen denn die Linien und Winckel bey den Auſſenwercken be - ſchaffen ſeyn / und was iſt ſonſt darbey inachtzuneh - men?

Die Linien und Winckel bey den Auſſenwer - cken ſind gemeiniglich nicht ſo groß und lang / als wie bey den innern Hauptwercken / nichts deſto - weniger muͤſſen ſie auch untereinander ihre ge - buͤhrende proportion haben / und ſich nach der Gelegenheit des Landes und der Hoͤhen / umb wel - cher willen ſie vor die Haupt-Wercke geleget wer - den / richten / u. ſoll man ſo viel moͤglichen allezeit die euſerſten Wercke niedriger machen als die innern / damit man von innen heraus ſolche wohl be - ſtreichen / und im Fall der Noth / ſo viel moͤglichen defentiren koͤnne / davon an ſeinem Ort ſchon mit mehren wird gehandelt werden.

Das VIII. Cap. Von den Proportion Ta - bellen und wie eine Feſtung nach ih - ren Theilen und profil ver - juͤngt auff zureißen / und im Felde abzuſtecken iſt?

1. Fra288Das VIII. Cap.

(1.) Frage. Was iſt dann von den Proportion Tabellen zuhalten / welche ſonderlich die Alten wegen der Linien und Win - ckel bey den Royal-Wercken gemachet / und obſer - viret haben?

ES iſt bekant daß die alten Mathematici und Ingenieurs kleine und groſſe Proportion-Ta - bellen herausgegeben / und ſich ſehr ſorgfaͤltig er - wieſen bey den regular Wercken der Fortification die drey Haupt und Fundamental-Linien / Courti - ne, Flanqve und Face / wie auch anderern Theilen nach Vielheit der Ecken ſo wohl an ihrer Laͤnge / als Dicke in eine beſtaͤndige Proportion zu brin - gen / alſo das die Courtine das laͤngſte / die Face das mittlere / und die Flanqve das kleinere Theil einer Feſtung haben formiren und ausmachen muͤſſen / davon viele Autores koͤnnen nach geſehen werden / inſonderheit aber der Schild-Knecht welcher ge - wiſſe Proportional-Linial des wegen erfunden / und von ſeiner Schraff ſinnigkeit hierinnen ſelbſt viel ruͤhmens gemachet / da doch hierinnen die Proportional-Circul vor Jhm ſchon ſind bekand geweſen / wornach er leicht ſein Deſſein hat aus fuͤhren koͤnnen: Wie ſehr nun die guten Leute ver - meynet / der Kriegs Bau-Kunſt hirunter eine große Huͤlffe zu thun / und allen Liebhabern hievon einſon -289Von den Proportion-Tabellen. ſonderliches Vortheil an Handen zu geben / ſo iſt doch dieſes alles viel mehr eine Mathematiſche Sub - tilitaͤt und Curioſitaͤt geweſen / als daß es einen rechſchaffenen Nutzen und guten effect der Forti - fication haͤtte an Tag geleget; denn wer will zweif - feln / das man vor einen 5. und 6. Ecke an feind - licher Seiten bey einer Belagerung nicht eben ſolche Force von Canonen und Minen gebrauche / als etwan vor einen 12. und mehreren Ecke: dahero iſt nun ſicher zu ſchlieſſen / das man bey Auffer - baung einer Feſtung / ſie mag groß oder klein ſeyn / fuͤr allen dingen dahin ſehen muͤſſe / wie ſie an ih - Wercken ſtarck genung angeleget / und mit ſuſſi - cienten Flanqvirungẽ / woran am meiſten aller din - ges gelegen / verſehen werde / ohngeacht vorer - wehnte Geometriſche demonſtrationes ein anders beſagen moͤchten. Solte aber dennoch von eini - gen / ſo dergleichen Proportion Tabellen zur zeit nicht verwerffen wolten / eingewendet werden / daß man aus einem groſſen Graben mehr Erde nehme / als aus einem kleinen / welche man doch zu den Wercken nicht alle gebrauchen koͤnne / ſo iſt zu antworten / daß man hierunter / wegen der Propor - tion der Erde / ſo aus dem Graben genommen wird / und wegen der Hoͤhe und Breite der Wercke nicht ſo genau judiciren koͤnne und muͤſſe: Denn wenn gleich noch einige Erde uͤber die gebuͤhrende Aufrichtung der Wercke bey Ver - fertigung des Grabens uͤbrig verbleiben ſolte / kan man ſolche gar wohl bey den Glacis und deſſenTBruſt290Das VIII. Cap. Bruſt employren / welches denn gar viel Erde er - fordert / wenn man ſolches recht breit machen will / wie es allerdings ſeyn ſoll. Keine Erde aber muß bey Auffrichtung den Wercke fehlen / weil der Graben niemahls zu breit / noch zu tieff kan gemachet werden. Ubrigens iſt nicht zuleug - nen / daß man noch biß dato bey der Kriegs Bau - Kunſt / eine gebuͤhrende proportion in ihren Thei - len / nicht aber nur nach Vielheit der Ecken obſer - viren muͤſſe / davon mit mehren ſchon iſt / und wei - ter ſoll gehandelt werden.

(2.) Frage. Nach wie vielerley Art und Weiſe kan das Plan einer Feſtung verjuͤngte auff geriſſen werden?

Es ſind vielerley Theile einer Feſtung / nach welcher ſolche kanverjuͤnget auffgeriſſen werden / als nehmlichen die Delineation, die Ichnographia die Orthographia und die Scenographia.

(3.) Frage. Wie wird denn eine Feſtung nach der Delineation verjuͤnget auffgeriſ - ſen / und im Felde gebuͤhrend abgeſtecket?

Wen man das Plan einer Feſtung nach der Delineation fuͤrſtellen will / muß ſolches nach der eußerlichen Anlage und Laͤnge aller Linien und Winckel nur mit einer Linie / ſo man hernach den Grundriß heiſet / aufgerißen und abgeſtecket wer - den.

4.[F]ra -291Von den Proportion-Tabellen.

(4.) Frage. Wie wird denn eine Feſtung nach der Ichnographi[e]verjuͤngt auf - geriſſen und im Felde gebuͤh - rend abgeſtecket?

Wenn man nach der Ichnographia etwas auf reiſſen und abſtecken will / muß man alle eußerli - che und innerliche Anlagen mit ihren Linien und Winckeln aufreißen und abſtecken / wodurch man denn nicht allein die Laͤnge aller Linien / ſondern auch die breite oder Anlage der Wercke beraͤndt bekoͤmmt.

(5.) Frage. Wie ſoll man nach deꝛ Orthographia ein Werck abreiſſen und abſtecken?

Bey der Orthographia wird nicht alleine die Laͤnge der Linien / und die Breite der Anlage der Wercke / ſondern auch die Hoͤhe der ſelben / an dem ſo genandten proh aufgeriſſen und ſur gebildet / welches hernach mit Stangen bey dem Abſtecken auch muß obſerviret werden.

(6.) Frage. Wie wird denn ein Profil gebuͤhrend aufgeriſſen?

Weil an Aufreiſſung eines Profils ſehr viel ge -T 2legen292Das VIII. Cap. legen / indem man daraus nicht allein den gantzen Zuſtand / ſondern auch die Unkoſten einer Feſtung ziemlicher maſſen judiciren kan / als habe folgende Nachricht hiervon andeutẽ wollen / nemlichẽ: man ziehet erſtlichen eine blinde lange Linie auf dem Pappier / und traͤget die gantze Anlage des Wal - les / vermittelſt eines Circuls darauf / aus dieſen 2. Puncten laͤſſet man zwey blinde Perpendicular-Li - nien in die Hoͤhe gehen / traͤget die Hoͤhe des Wal - es auf ſolche auf / und ziehet die Puncta mit blinden Linien zuſammen / ſo hat man alſo ein Quadratum oblongum formiret; hernach formiret man die in - nerliche Boͤſchung des Walles / wie breit ſolche auf der Grund Linia ſeyn ſoll / und ziehet auch ſol - che aus dem obern Punct der innern Perpendicu - lar-Linien zuſammen; Nach dieſen formiret man die Anlage der[Bruſtwehre] / an dem andern und aͤuſſerſten Ende oben auf dem Quadrato oblongo vermittelſt zweyer Puncta, aus welchen Puncten man denn wieder 2. kleine Perpendicular-Linien muß aufrichten / um die innerliche und aͤuſſerliche Hoͤhe der Bruſtwehre / auf derſelbigen mit Pun - cten anzudeuten / und ſolche zuſammen zu ziehen; Endlichen deutet man auch auf der Grund-Linien die Anlage der aͤuſſerlichen Boͤſchung an / welche denn von dem aͤuſſerſten oberſten Punct der Bruſtwehre durch den aͤuſſerſten obern Punct des zu erſt gemachten Quadrati oblongi zuſam - men gezogen / und alſo continuiret wird / biß auf die Horizont-Linie. Die innerliche Boͤſchung derBruſt -293Von den Proportion-Tabellen. Bruſtwehre zu ſamt der Hoͤhe und Breite der Banck wird zuletzt auch angedeutet / ſo iſt das Profil des obern Haupt-Walles nach ſeiner Laͤn - ge / Breite und Hoͤhe gaͤntzlich fuͤrgeſtellet: Wenn nun auch ein Unter-Wall / oder ſo genannte Faus - ſe-Braye ſoll gemachet und angeleget werden / wird darbey nach geſtalten Sachen auf der Grund-Linie mit deren Laͤnge / Breite und Hoͤhe auch operiret / wie im vorigen bey dem Haupt - Wall gemeldet worden. Nach der Fauſſe-Braye deutet man auf der Grund-Linie die Berme an / hernach die Ober-Breite des Haupt-Grabens / aus welchen zwey Puncten man unterwaͤrts 2. Perpendicular-Linien fallen laͤſſet / und auf dieſel - ben die Tieffe des Haupt-Graben andeutet / wel - che Tieffe denn mit einer Linien muß wieder zu - ſammen gezogen werden; auf dieſer untern Linien wird Scarpe und Contreſcarpe nach ihre Breite an - gewieſen / und aus den obern Puncten der Ober - Breite des Grabens zuſammen gezogen. Wenn nun in dem Haupt-Graben noch ein kleiner fal - ſcher Graben / oder ſo genannte Cuvette ſoll gema - chet werden / muß man erſtlichen das Mittel von dem Haupt-Graben untenſuchen / hernach die halbe Ober-Breite der Cuvette lincks und rechts des Mittel Puncts auftragen / aus dieſer Ober - Breite des kleinen Grabens laͤſſet man aber - mahls zwey Perpendicularen unter ſich fallen / be - zeichnet die Tiefe deſſelben darauf / ziehet ſolche zu - ſammen / und bemercket auch die Breite der ScarpeT 3und294Das VIII. Cap. und Contreſcarpe der Cuvette darauf / und ziehet ſolche von ihrer Ober-Breite zuſammen. Wenn nun hinter die Cuvette diſſetts der Feſtung / wie es hoͤchſtnoͤthig iſt / eine Bruſtwehr oder ander Werck in dem Haupt-Graben zu deſſen Horizon - tal-Beſtreichung vor Hand - und grobes Geſchuͤtz ſoll angeleget werden / muß man ſolches alles mit behoͤrigen Linien nach der Laͤnge / Breite und Hoͤhe gleichfalls andeuten. Endlichen bemercket man oben auf der Land-Horizont-Linie von dem letzten Punct der Ober-Breite des Haupt Grabens an die Breite des bedeckten Weges / giebt ſolcher ihre Innerliche Boͤſchung / und eine oder mehr Baͤncke / nachdem dieſe Bruſt hoch ſeyn ſoll / bemercket auch die Breite des Glacis auf der Horizont Linte / und ziehet ſolche aus dem Ober-Punct der Bruſtwehr des bedeckten Weges mit einer Linie zuſammen / ſo iſt das gantze Profil mit ſeinen Linien und Win - ckeln nach der Laͤnge / Breite und Hoͤhe gebuͤhrend nach dem verjuͤngten Maaß-Staab aufgeriſſen und fuͤrgeſtellet: Wolte man aber uͤber die ordi - nare aͤuſſerliche Bruſt des bedeckten Weges noch eine innerliche machen nach meiner Manier auf der Contreſcarpe, muß man ſolche mit dem Ein - ſchnitt auf dem bedeckten Wege an der Contre - ſcarpe nach ihrer Hoͤhe und Breite bey dem Profil auch mit andeuten / wie in meinen Riſſen zu ſehen. Dergleichen Aufriß eines Profils muß man allezeit nebeſt dem Grund-Riß und Deſſein der Feſtung / ſo da ſoll auferbauet werden / verfertiget halten /und295Von den Proportion-Tabellen. und fuͤrweiſen koͤnnen / weil man hier aus ſo wohl / was die Art und Weiſe der neuen Fortification ſelbſt anlanget / als auch einiger maſſen die behoͤ - rigen Unkoſten hierzu / urtheilen / auch alle Linien und Winckel darnach leicht im Felde abſtecken kan.

(7.) Frage. Wie wird eine Feſtung nach der Sce - nographie verjuͤngt auffgeriſſen und fuͤrgeſtellet?

Man muß wiſſen / daß die Scenographie, oder die perſpectiviſche Vorſtellung eines Gebaͤudes auf zweyerley weiſe pfleget gemachet und einge - theilet zu werden / nemlichen auf eine nicht ſchwe - re ſo genante Cavaliriſche / und dann auf eine ſchwere und kunſtreiche mahleriſche Manier. Die ſo genante Cavaliriſche Perſpectiv wird mehren - theils nur bey der Kriegs-Bau-Kunſt gebrau - chet / weil ſie eine Feſtung an ihrem Lager und Form nicht ſo veraͤndert / als wie die andere mit ihren gewoͤhnlichen zwey Puncten / nemlichen dem Aug - und Diſtantz-Punct / ſo gemeiniglich nur bey der Civil Bau-Kunſt in derſelben Abreiſſung und perſpectiviſchen Vorſtellung pfleget gebrau - chet zu werden: Jedoch ſtehet es einem Cavalier, Kriegs-Man und ſonderlich einem ingenieur gar wohl an / wann er auch dieſe ſchwere Manier nebſt der andern leichten verſtehet / und uͤber deinT 4ein -296Daß VIII. Cap. einfachen Grund-Riß und Plan einer Feſtung / nach Gelegenheit auch einen zierlichen und an - nehmlichen Proſpect zu gleich darvon machen kan / weil ſolche Wiſſenſchafft und alles Reiſſen bey groſſen Herrn einen ſehr recommendiren und auch ein junger Menſch ſein Gluͤcke dadurch eher und beſſer pousſiren und ſtabiliren kan. Von der rechten und ſchweren Perſpectiv koͤnnen die Autores, ſo hiervon geſchrieben / conſuliret werden worunter Pater Potz / und Albrech Dürer die fuͤr - nemſten ſind: Was aber die leichte perſpectivi - ſche Manier anlanget / kan ſolche von einem ie - den / welcher nur capable iſt einen Grund-Riß zu verfertigen / gar bald gemachet werden / nemli - chen: Wann der Grund-Riß einer Feſtung nur nach der Delineation mit einer einfachen Linie ver - juͤngt auffgeriſſen worden / darff man nur gleich vor ſich aus den Puncten und Winckeln des Grund-Riſſes blinde perpendicnlaren unter ſich fallen laſſen / und entweder nachdem Maaß - Staab / oder nur nach Belieben / iedoch mit Diſ - cretion uñ zimlicher Proportion des gantzen Wer - ckes darauf eine unveraͤnderliche Hoͤhe durchge - hens auftragen / und ſolche mit Linien zuſammen ziehen / ſo hat man nach dieſer leichten Manier und Soenographie eine Feſtung verjuͤngt aufge - riſſen / worbey denn die Wercke an ihrem Linien und Winckeln gar keine weitere Veraͤnderung leiden / ſondern bekommen hierdurch umb ſo viel mehr ein lieblichers Anſehen / zu mahl wann diebe -297Von einer neuen Manier zu fortificiren. behoͤrige Schattirung von Touche oder Waſſer Farben darbey gefuͤget wird: An den Orten a - ber / und aus den Winckeln / wo man keine bloſſe perpendicularen ohne Beruͤhrung anderer Linien kan fallen laſſen / muß die Delinetion ohne Per - ſpectiv nur alleine bleiden / und kan die Scenogra - phie daſelbſt nicht appliciret werden.

Das IX. Cap. Von einer neuen Manier zu fortificiren / welche ſo wohl quo ad modum & forman ſehr leichte / be - qvem und vortheilhafftig iſt.

(1.) Frage. Welche Manier iſt wohl am leichte - ſten und bequemſten / deren man bey Auff - erbauung einer Feſtung heute zu Tage ſich wohl bedienen kan?

ALhier moͤgte einer wohl ſagen / ſo viel Koͤpf - fe / ſo viel Sinn / ſo viel ingenieurs ſo viel be - ſondere modi fortificandi; Man muß ſich aber die differente Meinung der Leute von den wahren Gruͤnden der Kriegs-Bau-Kunſt nicht verfuͤhren laſſen / und weil ich in vorigen andere Capitel die -T 5ſes298Das XI. Cap. ſes dritten Theils unterſchiedliche Manieren an - gefuͤhret / deren Fundamenta ich unterſuchet / und aus erheblichen Urſachen widerleget / gleich wohl aber Land und Leuten an einem rechten / dauer - hafften und beſtaͤndigen Feſtungs-Bau viel gele - gen / ſo wird mir Niemand verargen / daß ich hie - runter auch meine unvorgreiffliche Meinung / von mir gebe / und gleich andern ingenieurs mein Deſſein offenbahre / welches ich vor gut / leichte und bequeme befinde / mit ausdruͤcklicher Prote - ſtation, daß ich hierzu Niemand obligiren / noch dieſen modum vor den aller beſten eben ausgeben will / wie wohl ich verſichert / daß ein rechtſchaf - fener und erfahrner Mann / ſo die Sache funda - mentaliter verſtehet / und ſonſt unpasſioniret da - von urtheilen will / nicht viel haupſaͤchliche Urſa - chen findẽ wiꝛd / von meineꝛ Meinung zu diſſentiꝛe / weil ich hierunter nichts gekuͤnſtelts und gruͤllen - faͤngeriſch nur auf dem Pappier / ſondern was wuͤrcklichen in der That mit Nutzen und Avan - tage auf dem Felde kan erbauet werden / geſuchet. Es will mir aber keine Manier beſſer gefallen / als derjenige leichte und beqveme mechaniſche Modus, ſo in der directiv-fortification zu finden / wenn man nemlichen bey real Wercken die in - nerliche Polygone in fuͤnff gleiche Theile verthei - let / und davon ein Theil zu einer Kehl-Lienie / zwey Theil aber zur Capital nimmet / und Flanc und Face auf den blind gezognen Streich Linien mit einander vergleichet: Jedoch iſt folgendesbey299Von einer neuen Manier zu Fortificiren. bey dieſer Art Feſtung-Baues wohl in acht zu - nehmen / daß man bey einem Vier-Eck nur . Theil zur Haupt-Linie nehme / damit der Voll - wercks-Winckel nicht gar zu enge und ſpitzig fal - le / ſonſt kan man in uͤbrigen allezeit zwey fuͤnff - Theil zur Capital-Linie behalten und gebrauchen. Hernach muß man auch dieſes darbey obiervi - ren / daß weil das Bollwerck auf beſagte Manier aufgeriſſen bey dem Kehl-Winckel etwas enger / als bey den Schulter-Winckeln faͤllet / man eine gerade blinde Linie von einem Schulter-Winckel zum andern ziehẽ / u. die Helffte der Weite hiervon zu einer Kehl-Linie durchgaͤngig gebrauchen muͤſ - ſe / ſo bekoͤmt man ein recht geſchicktes und wohl proportionirtes Bollwerck in ſeinen Winckeln und Linien fallen auch die flanquen in etwas ſchreger und laͤnger / als wenn man bloß bey der erſten Erfindung nur bleiben wolte / und hat man ſolcher geſtalt alle behoͤrige und zu laͤngliche hohe principal Defenſion des Glacis und bedeckten We - ges ſich von ſolchen zu verſichern; Denn was die eigentliche und recht raſirende Beſtreichung des Grabens anlanget / muß ſolche von einer abſon - derlichen horizontal Defenſion, ſo wohl des gro - ben / als kleinen Hand-Geſchuͤtzes / primario und fuͤrnemlichen aus der Flanc unten hergenommen werden / ſecundario aber ſo viel moͤglichen auch aus der obern Flanque, zu mahl wann eine Fauſ - ſebrage fuͤrhanden iſt / weil die hohen Defenſion der Flanquen, nur in tantum, die niedrige aberin300Das IX. Cap. in totum den Graben recht flanquiren und be - ſchuͤtzen koͤnnen. Was die Courtinen-Linie an - belanget / wormit die Bollwercke an einander ge - haͤnget / und der zwiſchen Raum beſchloſſen wird / muß man ſolche nach vorigen General Maximen bey Regular-Wercken nicht unter 30. auch nicht uͤber 50. R. lang machen / damit die innerliche Polygone nicht ihre gebuͤhrende Laͤnge uͤberſchrei - te / ſonderti allezeit bey den Haupt-Wercken 50. biß 70. R. lang bleibe. Und ſo viel ſey alhier genug geſaget von der Manier und Form, wie eine Feſtung heute zu Tage nach ihren drey eſſen - tial - und Haupt-Linien koͤnne leicht und beqvem aufgeriſſen und erbauet werden; Von andern Stuͤcken der Fortification, wie ſolche gleichfalls wohl anzulegen / und was darbey in acht zu neh - men / ſoll im folgenden Theile bey der regular For - tification alles Specialiter und ausfuͤrlichen ge - meldet werden.

(2.) Frage. Jſt es beſſer die Haupt-Wercke ei - ner Feſtung eher nach der euſſerlichen / oder nach der innerlichen Polygone am - fangs zu traſiren und abzuſte - cken?

Ob wohl viele unter den Kriegs-Bau werſtaͤn - digen die Haupt-Wercke einer Feſtung / von auſ - ſen nach inwendig hinein pflegen anzrifangen / und abzuſtecken / ſo halte ich doch meines Ortsvor301Von einer neuen Manier zu Fortificiren. vor viel beqvemerer und ſicherer / wenn man ei - nen modum fortificandi hat / wornach man von innen nach auſſen anfangen kan abzu ſtecken und zu fortificiren. Denn ich muß mich doch darnach richten / wie groß ungefehr der inwendige Platz zur Feſtung werden oder bleiben ſoll / zu - mahl wann ich eine alte Stadt fortificiren will / da ich ohne Noth und rechtmaͤßige Urſachen eini - ge ſchon erbauete Haͤußer / Thuͤrme oder Mau - ern nicht gleich darnieder reiſſen / ſondern viel - mehr zuſehen muß / ob ſolche der neuen Fortificati - on nicht ſchaden oder hindern / oder auch wohl zu traͤglichen ſeyn / weil dergleichen Sachen viel Geld gekoſtet. Hernach iſt auch die innerliche Polygone viel kuͤrtzer als die euſſerliche / und kan ich ſolche den behoͤrigen Diſtantzen nach eher finden und abſolviren als die andere / wenn man nur darbey wohl in acht nimmet / daß man die Kehl-Puncte recht und wohl placiret / damit her - nach die Bollwercke nach des Landes Situation recht vortheil hafftig koͤñen angeleget und erbau - et werden. Bey einer regular Fortification muß ich mich auch anfangs nach dem innern Haupt Centro richten / und dem Umkreiß zur Stadt mit den innerlichen Polygonen eher aufreifſen / als die aͤuſſerlichen / weil ſich der uͤbrige gleiche Feld - horizont nach mir / ich mich aber nicht nach ihme richten muß; Ein anders iſt es / bey irrugular - Wercken / und wenn des Landes Gelegenheit un - gleich / oder ſonſt mit Moraͤſten angefuͤlletwere /304[302]Das IX. Capitel. were / da ich mich mit der extenſion und dem mo - do fortificandi wohl in achtnehmen muß / wie weit ich darmit gehen / und ſolchen recht anlegen ſoll. Jngleichen werden auch die Auſſenwercke meh - rentheils von auſſen nach innen hinein angefan - gen zu traciren / weil ſich ſolche nach der aͤuſſerli - chen Gelenheit des terrains, umb welcher willen ſie auch uͤber die Haupt-Wercke angeleget wer - den / nothwendiger weiſe richten / und alſo dahe - ro ihren Anfang nehmen muͤſſen.

(3.) Frage. Wie werden dann die Kehl-Puncte recht placiret / die Bollwercks-Puncte ge - funden / die Capital Linie gezogen / und die Abſteckung im Felde verrichtet?

Hierinnen beruhet eines rechtſchaffenen inge - nieurs groͤſte Kunſt und Erfahrenheit / daß er wiſſe / wie er nach der Situation des Ortes / und deſſen umbligenden Landes die Kehl-Punete und Winckel an rechte Orten und Stelle / inglei - chen in behoͤrigen Diſtantzen an und von einan - der legen ſolle / damit die Bollwercke hernach ge - gen die ſchaͤdlichſten Hoͤhen / Fluͤſſe / enge Paͤſſe und Land-Straſſen des Feld Terrains zufallen moͤgen / wohin man die noͤthige Defenſion zu thun hat / und ein Feind deren ſich nicht zu ſeinem Vortheil bediene / poſto darauff faſſen / und einerFe -303Von einer neuen Manier zu Fortificiren. Feſtung deſto ſchaͤrffer zuſetze. Die Boll - wercks-Puncte und Capital-Linien koͤnnen im Felde alſo gefunden werden / wenn man an den aͤuſſerſten zwey Kehl-Puncten zwey gleich lange Leinen anmachet / und ſolche mit bey - den andern Enden zuſammen gefaſſet gleich in das Feld hinaus ſtrecket / hernach eine andere lange Lelne an dem mittel-Kehl-Puncte an ma - chet / und ſolche durch den Ort und Punct wo die zwey Ende auf der Erden zuſammen angetroffen / gerade durchgehen laͤſſet / ſo hat man die Capnal - Linie / und kan auf ſolche zu Folge des Deſſeins den Bollwercks-Punct darauf anmercken. Das Abſteckert im Felde geſchiehet mit langen gleichen Stangen bey allem Haupt-Winckeln und Punc - ten / und werden die zwiſchen Diſtentzen und Linien mit Stricken zuſammen gezogen / und die Dresſi - rung mit einem Graͤblein bemercket / daß man ſich wegen der Gerade und Gleiche bey Auffuͤhrung des Walles oder einer Mauer darnach richten koͤnne.

Vierd -[304]

Vierdter Theil. Von der Regular Fortification und allen ihren Theilen / auch was ſonſt darbey inſonderheit in acht zu neh - men.

Das305Von dem Wall und Beſchaffenheit.

Das I. Cap. Von dem Wall und deſſen Beſchaffenheit / was die Hoͤhe / Breite / Aushoͤlung / Abdachung / und Revetirung anlanget.

(1.) Frage. Wie breit und hoch ſoll denn ein Wall angeleget und gefuͤhret wer - den?

WEil ein Wall das Fundament iſt aller an - dern Wercke bey der Fortification, und auch einer Feſtung die meiſte und ſtaͤrckſte Be - deckung geben muß / ſo iſt es noͤthig / daß ſolcher nach des Orts Gelegenheit und Qualitaͤt der Er - den auch ſeine rechte Breite / Hoͤhe und Abdach - ung habe. Was nun die Anlage oder Unter - breite des Walles anlanget / kan ſolche bey allen royal Wercken ohne die innerliche und aͤuſſerliche Boͤſchung 54. S. breit ſeyn / daß alſo zu der An - lage der Bruſt-Wehr auf demſelben 24. S. und zu dem Wallgang 30. S. kommen und - berbleiben. Nachdem nun die Erde darzu gut oder ſchlim iſt / und der Wall weder von auſſen / noch iñen mit einer Futter Mauer ſoll eingefaſſet werden / ſo muß man noch uͤber die gemelde Anla - ge etwan 18. biß 20. S. rechnen / wegen der in -Uner -306Das I. Cap. nerlichen geſtampfften Erde natuͤrlicher weiſe ſelbſt fallen / und alſo ungezwungen ſeyn / will man anders dieſelbe fuͤr Regen und Schnee / ſo viel moͤglich / beſtaͤndig erhalten / die innerliche a - ber kan nach belieben ſo ſtarck gegeben werden / als einer will. Wenn ein Wall auswendig mit Mauer-Steinen an den gleichen Linien / und mit Qvater-Steinen an den Ecken und Win - ckeln verbunſt weiſe revetiret wird / ſtehet ſolches nicht alleine reine und ſchoͤne / ſondern der Wall iſt viel dauerhafftiger / man bekoͤmt inwendig und auswendig mehr Raum / und brauchet auch nicht ſo viel Erde uͤber die ordinaire Anlange / weil die Boͤſchung der Mauer gar gering iſt / davon in vorigen bereits gemeldet worden. Solte aber ein Wall / oder vielmehr nur deſſen Bruſtwehr mit ausgeſtochenen aſen / Woder auch nur mit Quecken eingefaſſet und verſetzet werden / muß die Boͤſchung viel ſtaͤrcker / als bey einer Mauer / und auch geringer / als bey einem gantz unbeklei - deten Walle ſeyn; Wie wohl ein bloſſer Erd - Wall von innen nicht leicht als wie von auſſen mit Waſen / ſondern entweder gar nicht / oder nur mit Queckẽ pfleget beſetzet zu werdẽ. Deſſẽ[Bruſt -] wehr aber wird gemeiniglich von auſſẽ u. iñen mit Waſen allein nur veꝛſetzet. Die Hoͤhe des Walles betreffend / muß ſich ſolche nach der Gegend u. Ge - legenheit des Landes richten / u. machet man ſolche gemeiniglich von 12. biß 24. S. hoch / damit ein Wall / wañ er noch hoͤher / u. von auſſen nicht ſoltereve -307Von dem Wall und Beſchaffenheit. revetiret werden / von der naturlichen Erd-Boͤ - ſchung nicht gar zu ſchrege falle / dem Feinde eine leichte Auffſteigung gebe / auch von Regen und Schnee nicht ſo groſſen Schaden leide / als bey ei - ner Boͤſchung / die nicht gar zu breit und ſchrege iſt: Solte aber auch die hoͤchſte Hoͤhe eines Walles von 24. S. nicht zu reichen wollen / alle nahe und ſchaͤdliche umbliegende Gegenden unb Hoͤhen umb eine Feſtung wohl zu entdecken / ſo muß man auf denſelben / und zu foͤrderſt auf die Masſiven Vollwercke / oder wo es ſonſt die Noth erfordert / Cavaliers aufſetzen / und ſolche ſo hoch machen / daß man von denſelben die gantze umb - liegende Gegend wohl beſehen / und mit Geſchuͤtz beſtreichen koͤnne.

(2.) Frage. Wenn ſoll man bey einer Feſtung hohle / oder masſive Bollwercke machen?

Wenn die nahe umliegende Gelegenleit einer Feſtung gleich und eben / auch ſonſt kein quellend Waſſer oder Moraſt fuͤrhanden iſt / ſo iſt es beſſer und nuͤtzlicher / daß man nur hohle Bollwercke mache; denn man darff nicht alleine bey ſolchen ſo viel Erde / als wie bey den Maſſiven, wodurch man einige Unkoſten erſpahret / ſondern man kan den innern leeren Raum wohl nuͤtzen / und entwe - der ſtarcke Magazin-Haͤuſer / oder Baraquen fuͤr die Soldaten / oder auch runde ſtarcke Pulver -U 2Thuͤr -308Das I. Cap. Thuͤrme darein aufbauen laſſen / damit man al - les nahe an der Hand haben / auch ſich im Fall der Noth auf ſolchen Gebaͤuden / wenn ſie nach Gelegenheit mit Erden ausgefuͤllet Statt in - nerlichen Retrenchementen wohl wehren / und darauf gute Baterien bauen kan. So koͤnnen auch des Feindes Minen bey hohlen Bollwercken eher gefunden / und obſerviret werden / als bey Maſſi - ven. Wenn aber der Land-Horizont um eine Fe - ſtung ungleich / und nahe ſchaͤdliche Hoͤhen fuͤr - handen waͤren / ſo muͤſſen nothwendiger Weiſe die dahin liegende Bollwercke maſſiv gemachet / und biß an den Keel-Punct mit Erde gantz aus gefuͤllet werden / weil ſo denn man auf ſolche Cavalters ſe - tzen muß / um alle nahe anliegende Hoͤhen wohl zu uͤberſehen / und mit groben Geſchuͤtz zu beſtreichen.

(3.) Frage. Wie breit ſoll denn insgemein der Haupt-Wallgang ſeyn?

Weil man auf dem Wall / ſonderlich bey deſ - ſen Defenſion, und im Fall der Noth / an Stuͤcken und Munition viel Gereitſchafft haben muß / die Soldaten auch zu ihrem Auf - und Abmarchiren genungſamen Raum und Platz haben wollen / ſo iſt es noͤthig / daß der Wallgang eines Hauptwer - ckes lieber zu breit / als zu ſchmahl ſey / und ſoll man zum hohen Wallgange aufs wenigſte 30. S. neh - men / zu einem Fauſſebraye Gange kan etwas weni - ger ſeyn / iedoch nicht viel / damit man ſich in allendar -309Von dem Wall und Beſchaffenheit. darauf wohl bethue / und Raum genung haben koͤnne.

(4.) Frage. Was werden dann fuͤr Leute erfor - dert zu Verfertigung eines Walles / und was hat man wegen der Abdachung / und ſonſt weiters hierbey in acht zu nehmen?

Wenn man ein Hauptwerck von Erden auf - fuͤhren will / ſoll derjenige Ingenieur, ſo davon den Riß gemachet / und zugleich die Aufſicht darauf hat / vor allen Dingen dahin bedacht ſeyn / wie er einen guten Conducteur, oder Wercknieiſter / und ein oder ein Paar gute Wallſetzer bekomme / wenn dergleichen Leute nicht vorhanden waͤren / die ſolche Arbeit / und was darzu gehoͤret / wohl verſtehen / und er ſich auf ſolche hierunter verlaſ - ſen koͤnne. Denn einem Ingenieur koͤmmt nicht zu / daß er bey Auffuͤhrung eines Walles oder andern Werckes ſelber mit Hand anlege / und arbeiten helffe / ſondern es iſt genug / wenn er von dem Deſſein mit Verſtande den Riß / und das hierzu be - hoͤrige Profil gemachet / hernach auch das Werck mit Huͤlffe anderer im Felde voͤllig mit Stangen abgeſtecket / wornach ſich denn fuͤrnemlichen die Wallſetzer mit ihren Arbeitern bey Verfertigung des Wercks allerdings richten muͤſſen / der Ingeni - eur aber darff nur dann und wann gute Aufſicht halten / daß alles nach deſſen Riſſe / Profil und Ab -U 3ſtecken310Das I. Cap. ſtecken recht und tuchtig gemachet werde / weßwe - gen denn uͤber die Wallſetzer noch ein Conducteur oder Werckmeiſter bey den Arbeitern continuirli - chen bleiben / und ſolche zur Arbeit zu Folge deſſen Inſtruction fleißig anhalten muß. Jnſonder heit iſt bey Auffuͤhrung eines Walles wohl in acht zu nehmen / daß die Erde / wenn ſie 1. S. hoch aufge - ſchuͤttet worden / fein gleich zerthellet / und etliche Zoll mit gewoͤhnlichen Erdſetzern allezeit wieder nieder geſtampffet werde / damit der Wall nach - gehends ſich von ſelber nicht etwan ſetzen / und die rechte Form wegen der Hoͤhe und Breite veraͤn - dern koͤnne. Deßgleichen muß auch ein Ingenienr wohl obſerviren / daß die aͤuſſerliche Boͤſchung des Walles / welche er nach deſſen Hoͤhe und Qua - litaͤt der Erde wohl und genau uͤberleget / recht nach ſeinem Riſſe gemachet werde / wenn nemlich der Wall von auſſen mit Raſen nur verbunds - weiſe ſoll verſetzet werden / maſſen hieran wegen Abſchieſſung der Erde / Regens und Schnees viel gelegen / und ſoll man ſo wohl bey innerlicher / als aͤuſſerlicher Boͤſchung deſſelben Heu und andere Saamen allezeit Schichtweiſe mit einſtreuen / und es fleißig begieſſen / damit ſich alles wohl be - raſe und feſte zuſammen halte; Viel junge Rei - ſer aber von Weiden oder andern Baͤumen mit einzulegen / daß ſich ſolche bewurtzeln / und den Wall von auſſen zumahl deſto beſſer zuſammen haltẽ ſollẽ / iſt nicht rathſam / weil man ſolche / weñ ſie erwachſen / nothwendiger Weiſe allezeit wie -der311Von dem Wall und Beſchaffenheit. der abputzen muß / um den Wall ſauber / und reine zu haben / welches denn ſo leicht nicht abgehet / daß man nicht bey dem Abhauen einige Loͤcher in den Wall machen ſolte / wenn man gleich / wie ge - braͤuchlichen / darzu Lettern gebrauchet / worein ſich hernach das Waſſer von Regen nur ſetzet / und den Wall nach und nach zerreiſſet.

(5.) Frage. Was iſt dann in acht zu nehmen / wenn ein Wall und Graben mit einer Fut - ter-Mauer ſoll revetiret werden?

Man muß zu dergleichen Futter-Mauern im Graben / ſo wohl an der Contreſearpe, als Scarpe nicht allein 3. auch mehr S. tief / nach Gelegenheit / zum Fundament eingraben / ſondern auch die Mauer unten 5. biß 6. dicke machen / und ſonder - lich an der Scarpe, weñ der Wall ziemlichẽ hoch / u. die Erde ſchlimm iſt / von R. zu R. Contreforts mit anlegen / auch eine rechte Boͤſchung geben / damit ſolche allen Falls koͤnne Beſtand haben / und auch vom Feinde nicht ſo leicht ruiniret und durch bro - chẽ werdẽ; oben aber in der Hoͤhe kan von der un - tern dicke / zumahl an der Contreſcarpe etwas ab - gehen / weil ſich keines Eingrabens der Minen, oder Sappe wegen daſelbſt zu befahren / iedoch muß ſol - che oben auch an der Scarpe ſtarck genug bleiben / damit der Wall von den feindlichen Canonen nicht ſo leicht koͤnne ruiniret werden / und wird ge - meiniglich zu oberſt der Mauer an der Scarpe einU 4Wulſt312Das I. Cap. Wulſt von ausgehauenen Quader-Steinen auf - geſetzet / etwan 1. S. breit Raum zu einer Berme gelaſſen / damit die Erde von der Bruſtwehr nicht ſo gleich in Graben fallen moͤge. Solte aber auch die Bruſtwehr wegen der ſchlimmen Erde muͤſſen revetiret werden / muß man hierzu Ziegel-Steine verbundsweiſe gebrauchen / weil ſolche keine ſo groſſen Loͤcher geben / als die gemeinen Mauer - Steine / wenn mit Stuͤck-Kugeln darwider ge - ſchoſſen wird / an den Ecken aber muß man auch wie ſonſt bey den Mauern Quader-Steine neh - men / und mit ſtarcken eingegoſſenen Klammern feſte zuſammen machen / damit alles wohl ver - wahret ſey / und nicht ſo leicht koͤnne zertrennet und ruiniret werden. Die Berme kan bey einer revetirten Bruſtwehr gar weg bleiben / und iſt ſchon genug / wenn der Wulſt auf der Futter - Mauer nur ſo viel / als ſeine Rundung iſt / hervor gehet / iedoch ſoll die revetirte Bruſtwehr nicht perpendicular, ſondern auch etwas ſchraͤge in die Hoͤhe gefuͤhret werden.

(6.) Frage. Jſt es dann auch nuͤtzlichen / daß man unter einem Wall Gallerien mache / und was hat man hier - bey in acht zu nehmen?

Es iſt allerdings hoͤchſt noͤthig und nuͤtzlich / daß / wo nicht der gantze Wall / iedoch zum wenig - ſten die Bollwercke und Raveline unten hohl / undmit313Von dem Wall und Beſchaffenheit. mit Gallerien oder andern Fourneaux und Gewoͤl - bern gemachet ſind / und dieſes ſo wohl wegen Er - kundigung und Verwahrung des feindlichen Mi - nirens / als auch wegen Erhaltung und Conſervi - rung der beſten beweglichen Guͤter bey einer Bombardirung / wie nicht weniger wegen einer Horizontal - Beſtreichung eines Waſſergra - bens / oder wenn in einem trockenen keine aͤuſſerli - che Horizontal-Wercke fuͤrhanden waͤren / die den Graben ſo wohl mit groben als Hand-Geſchuͤtz defendirten. Es iſt aber wegen der Hoͤhe der Galle - rien in acht zunehmen / daß man ſolche von Hori - zont des Grabens nicht viel uͤber 10. biß 12. S. hoch mache / damit ein Feind ſolche von auſſen mit ſeinen Canonen nicht faſſen und ruinirenckoͤnne / die Schießſchartten und Loͤcher aber koͤnnen von dem Horizont 8. biß 9. S. hoch kommen. Die Breite der Gallerien iſt unterſchiedlich / indem man ſolche von 4. biß 12. S. nach Gelegenheit breit machen kan. Wenn ein Wall von auſſen revetiret / koͤnnen die Gallerien von der Futter - Mauer an einwaͤrts unter die Erde gefuͤhret wer - den; Waͤre aber ſolcher bloß von Erden unrevetiret / und man wolte gleichwohl Gallerien darunter ma - chen / muß man mit ſolchen unter den Wall wohl einruͤcken / damit man von auſſen auf ein Paar R. breit Erde behalte / um ſolche darmit zu bede - cken.

U 5(7.)314Das II. Cap.

(7.) Frage. Wie muͤſſen dann die Eingaͤnge und Lufftloͤcher in die Gallerien gemachet werden?

Wenn die Voll - und andern Wercke hohl / koͤn - nen die Eingaͤnge mit leichter Muͤhe zu beyden Seiten an den Flanquen unter ſich in den Wall ge - machet werden; waͤren aber die Wercke maſſiv, iſt es nicht noͤthig / daß man auch ſolche dadurch / oder von dem Keel-Punct aus nach dem Bollwercks - Punct zu / mache / ſondern man kan ſie durch die Courtine nechſt der Flanque inwendig einfuͤhren / und allezeit an Statt der à parten Gaͤnge zu den Ausfaͤllen zugleich gebrauchen / welche ſonſt eini - ge von oben hinunter durch das Baſtion machen / ſo aber nicht zu loben iſt / well ſie von Waſſer und Regen koͤnnen ſehr ruiniret werden. Man muß aber die Eingaͤnge ſo wohl / als die Gallerien ſelbſt gantz ausmauern und woͤlben von 4. biß 6. S. di - cke / damit alles recht beſtaͤndig bleibe / nicht aber ſolche mit Bretern und Pfoſten ausfuͤttern und unterſtuͤtzen / weil dieſe Sachen unter der Erden in der Laͤnge keinen Beſtand haben / ſondern bald an - fangen zu faulen / dahero man hernach immer zu beſſern / und viele Unkoſten aufzuwenden hat. Die Lufftloͤcher in die Gallerien muͤſſen nothwen - dig ſeyn / ſo wohl wegen der Lufft / als auch etwas Licht darinnen zu haben / und koͤnnen ſolche ohn - gefehr 1. S. in Quadrat groß gemachet / und entwe - der durch die Berme, oder inwendig auf demWall -315Von der Anlage ꝛc. Wallgang nahe der Bruſtwehr eingeſchnitten werden / wie es dißfalls die Gelegen heit des Wal - les an Hand geben moͤchte; Jedoch muͤſſen ſolche auſſer dem Gebrauch der Gallerien oben mit ei - nem Stein bedecket ſeyn / damit der Regen und das Waſſer in die Gallerien mit einlauffen und ſol - che verderben koͤnne.

Das II. Cap. Von der Anlage / Hoͤhe und Boͤſchung der Bruſtwehre / auch was ſonſt wegen der Banck und Schieß - Schartten in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Wie breit und hoch muß denn eine Bruſt-Wehr anf dem Wall gemachet werden?

Die Anlage einer Bruſtwehre iſt unterſchied - lichen / nach dem das Werck und der Wall groß oder ſtarck iſt. Bey einẽ groſſen Haup-Wercke iſt die breiteſte Anlage einer Bruſtwehre 21 biß 24. S. bey einen mittelmaͤßinen oder auſſen Wercke 15. biß 18 Sch. bey einem kleinen Wercke aber oder Feld-Schantzen 9. biß 12. Schuhe: uͤber 24 Schu - he ſoll man auch hey dem aller groͤſtẽ Wercke nichtgehen316Das V. Cap. gehen / weil es ſonſt die Oberbreite der Bruſt weh - re gar zu breit machte / und man uͤber ſolche mit dem Handgewehre nicht wohl dem Graben und den bedeckten Weg unter ſich beſchieſſen koͤnte. Was die Hoͤhe einer Bruſt wehre anbelanget / wird ſolche ins gemein und ordinarie durchgaͤngig inwendig 6. S. hoch / auswendig aber 4. S. hoch mit einer Vanck alleine gemachet / und ſolches we - gen beſtreichung des Grabens und des bedeckten Weges, Sonſt kan auch eine Bruſtwehre die von auſſen und innen hoͤher gemachet und mit 3. 4. und mehr Baͤncken verſehen werden / nach dem es die Gelegenheit und Nothdurfft erfordert.

(2.) Frage. Wie wird denn einer Bruſtwehre die Boͤſchung gegeben / und inwendig an dieſelbe die Banck ange - leget?

Die Boͤſchung einer Bruſtwehre iſt auch zweyerley wie bey einem Walle / nehmlich eine in - nerliche und aͤußerliche. Die innerliche Boͤ - ſchung iſt nur Ordinaire bey groß und kleinen Wercken 1. S. breit; in dem bedeckten Wege aber / kan man bey der Bruſt eine ſtaͤrckere Boͤ - ſchung geben / damit die Erde / weil vielmahl aus Unvorſichtigkeit daſelbſt gegangen wird / nicht ſo leicht einſchieſſe / und uͤber dieſes auch dergleichen Bruſtwehren billig verpalliſadiret ſeyn ſol - len. Die euſerliche Boͤſchung der Bruſt - wehren iſt gemeiniglich 2. S. breit / undmuß317Von der Anlage ꝛc. muß mit der aͤußerlichen Boͤſchung eines unreve - tirten Walles in eine ſchraͤge Linie fallen biß auf die horizont Linie des Walles. Beyde Boͤſchungen nun der Bruſtwehre / muͤſſen inwendig und aus - wendig ordinarie mit Waſen wohl verſetzet wer - den / und ſoll man ſonſt die beſte Erde / worinnen gantz keine Steine ſind / zu den Bruſtwehren neh - men / damit ſolche der Gewalt der Feindlichen Canonen koͤnne wiederſtehen / und nicht ſo leicht ruiniret werden / auch den hinterſtehenden Leuten von Steinen kein Schade geſchehe.

3. Frage. Jſt es denn auch gut eine Bruſt von innen und auſſen mit Steinen oder andern Sachen zu revetiren / o - der einzufaſſen?

Wenn man gute Erde zu einer Bruſtwehre hat / wie es allerdings ſeyn ſoll / ſoll man ſolche we - der inwendig noch außwendig mit etwas einfaſ - ſen / ſondern nur mit bloſen Waſen verſetzen: Waͤre aber die Erde ſehr Sandig und gering / daß man ſie nothwendig von innen und auſſen revetiren muͤſte / ſoll man vor allen andern Stei - nen die Ziegel-Steine darzu gebrauchen / weil ſel - bige durch ihr zerſchellern keinen ſo groſſen Scha - den verurſachen / als die harten Mauer-Steine; Ubrigens auch nicht ein ſo groß Loch machen und ſo leicht zu ruiniren ſind / als die andern Steine /wenn318Das II. Cap. wenn mit Canonen daran geſchoſſen wird. Sonſt aber iſt nicht zu loben / wenn man eine Bruſt von guteꝛ Eꝛdẽ haͤtte / u. man wolte ſolche inwendig mit Brettern ausfuͤttern / daß ſolche um ſo viel mehr beſtaͤndiger und reiner bliebe / weil der Regen ſich gemeiniglich zwiſchen dergleichen Einfaße ſetzet / die Bꝛuſt an ihrer innerlichen Boͤſchung nach und nach ruiniret / auch die abgeſchoſſenen Breter im Fall einer Attaque den dahinter ſtehenden Leuten leicht Schaden thun koͤnnen.

(4.) Frage. Wie breit und hoch werden insge - mein die Baͤncke an die Bruſtweh - ren geleget?

Wenn man eine Bruſtwehre inwendig nur 6. S. hoch iſt / wie ſie denn auch ordentlicher Wei - ſe ſeyn ſoll / ſo wird nur eine Banck fuͤr dieſelbe ge - leget / worauff denn die Soldaten zum Abfeuren ihrer Hand-Gewehr zu treten pflegen / und wird gemeiniglich eine ſolche Banck 3. S. breit und 1. ½ S. hoch gemachet; Waͤre aber die Bruſtwehre inwendig hoͤher als 6. Schu - he / ſo muͤſſen auch mehr Baͤncke nach Pro - protion der Hoͤhe der Bruſt angeleget und ge - machet werden / iedoch alſo / das die oberſte Banck allezeit 3. Schuhe bꝛeit veꝛbleibe / u. ein ieder Abſatz oder Staffel von der Banck einen Sch. hoch / und ohngefehr Sch. breit ſey / auch die Bruſtwehre -319Von der Anlage ꝛc. wehre innerlich uͤber die Baͤncke 4 ½ Schuh Hoͤ - he behalten. An den Baͤncken kan man ſowohl der Hoͤhe als der Breite auch eine geringe Boͤ - ſchung geben / damit der Regen deſto beſſer ab - ſchießen koͤnne.

(5.) Frage. Wie muͤſſen deñ die Schiß-Schart - ten in eine Bruſtwehre eingeſchnitten und gemachet werden?

Obwohl einige gar keine Schiß-Schaꝛtẽ in die Bruſtwehren machen wollen / und ſolche alſo gantz behalten / umb die dahinter ſtehende Solda - ten ſo viel beſſer zu bedecken / hingegen aber an de - ren Statt einige Erhoͤhungen auf den Wall machen / daß man die Stuͤcke darauf fuͤhren / und uͤber die Bruſt mit ſolchen hinſchießen koͤnne; ſo iſt doch dieſe Art nicht zu loben / weil man mit erhoͤheten Stuͤcken nicht ſo gewiß und mit Nach - druck unter ſich ſchießen kan / als wenn ſolche gleich und niedrig ſtehen; uͤber dieſes ſind die Stuͤ - cke bey dem uͤber Banck ſchieſſen nicht ſo wohl be - decket / als wie in denen ordentlichen Schießſchar - ten / ob man gleich auff die Bruſt zu beiden Sei - ten des Stuͤckes Schantz-Koͤrbe ſetzen wolte / weil ſolche leicht zu ruiniren ſind. Jſt derohal - ben beſſer / man ſtelle die Stuͤcke auf den ordentli - chen Wallgang / und mache gebuͤhrende Schieß - Scharten in der Hoͤhe und Weite / wie es insge - mein gebraͤuchlichen. Die innwendige Hoͤheeiner320Das II. Cap. einer Schieß-Scharte von dem Wallgang an iſt ordinarie 3. S. und muß vor die Schießſcharte keine Banck angeleget werden / in der Weite un - gefehr von 7. S. damit die Raͤder des Stuͤckes al - ſo Raum haben moͤgen. Die innerliche weite einer Schiffſcharte / richtet ſich nach dem Stuͤcke / welches darein zuſtehen kommen ſoll / gemeiniglich aber wird die innerliche Weite von 2. biß 3. S. auffs hoͤchſte ſeyn / die aͤuſerliche aber kan von 6. bitz 9. S. ſeyn / damit man nach Gelegenheit das Stuͤck wenden / und damit ſchieſen koͤnne wohin man wolle; wiewohl die engen Schießſcharten nicht ſo leicht zu ruiniren ſind / alſo die weiten / Die Conſtabel auch hinter jenen viel ſicherer ſte - hen als hinter dieſen / dahero ſich ohne Noth von den weiten Schießſcharten zu huͤten. Die untere Flaͤche des Einſcheits von der Schieß-Scharte ſoll auch auswerts etwas abhangend gehen / da - mit man das Stuͤck etwas ſencken / und darmit umb ſoviel beſſer auch unterwaͤrts ſchieſſen koͤnne. Der Einſchnitt der Schieß-Scharte wird bey guter Erde mit Waſen auffgeſetzet; Waͤre aber die Erde nicht zum beſtẽ / ſoll man ſolche mit Flecht - Werck von Reißig ohne Blaͤtter und Laubwerck einfaſſen / nicht aber mit Steinen revetiren / wel - che darinnen gar nicht gut ſind / ob es auch gleich Ziegel-Steine waͤren / weil ſolche ſo wohl dem Stuͤcke / als den Conſtablern leicht Schaden ver - urſachen koͤnnen. Es muͤſſen aber die Schieß-Scharten gleich zu Anfangs der Feſtungmit321Von der Anlage ꝛc. gemachet werden / damit das Erdreich ſich recht zuſammen ſetzen / und ſolche umb ſo viel beſtaͤndi - ger bleiben moͤgen / und kan man ſie zu Winters Zeit oben mit einen Dach bedecken / daß der Schnee ſich in ſolche nicht ſo einlegen / und bey deſ - ſẽ Zerſchmeltzung ſie leicht ruiniren koͤñe / weil dieſe Vorſicht gar nicht zulobẽ / wie einige wollẽ / weñ ſie deßwegen nicht eher in eine Bruſtwehr die Schieß Scharten einſchneiden wollen / man habe ſich deñ wuͤrcklichen einer ataqve zubefahren / ſintemal der gleichen neu gemachte und verſetzte Schießſchar - ten anfangs gar leicht wieder zu ruiniren ſind / und hat man hernach daran immer zubeſſern zu der Zeit / da man ſolcher wohl gebrauchen muß / wel - ches dann uͤber dem Schaden die Defenſion auch ſehr verhindert.

(6.) Frage. Wie weit muͤſſen den die Schieß - Scharten von einander gemachet werden?

Gleichwie der Wall die eigentliche Bedeckung der Haͤuſſer einer Stadt iſt / alſo ſind auch die Bruſtwehren eine ordinaire Bedeckung der Sol - daͤten / ſo auff dem Walle ſtehen / und ſolchen de - fendiren muͤſſen / dahero es dann nicht gut / wenn eine Bruſtwehr unnoͤthiger weiſe mit den Schieß Schartten zu ſehr zerreiſſen / und gar zu Zahn - luͤckigt gemachet wird. Die ſicherſte weiſe iſt /Xdaß322Das II. Cap. daß man 20. biß 24. S. allezeit zwiſchen den Schieß-Schartten / Diſtantz und die Bruſtwehr gantz laſſe / ſo bleiben alſo die merlons ſtarck ge - nung / koͤnnen von Feinde nicht ſo leicht ruiniret werden / und kan ſich die infanterie in zimlicher Anzahl darhinter ſicher aufhalten. Muͤſte man aber an einem Ort / aus gewiſſen Urſachen / viel Stuͤcke haben / und ſolche naͤher beyſammen ſtel - len / ſo iſt es beſſen man ſchneide gewiſſe Schieß - Scharten auf 24. S. weit von einander in die Bruſt ein / und ſchieſſe mit den andern zwiſchen ſtehenden Stuͤcken uͤber Banck / und ſetze darne - ben auf die Bruſt mittelmaͤßige Schantz-Koͤrbe zur Bedeckung / ſo wird doch die Bruſtwehr nicht allzuſehr durchloͤchert / kan auch ſonſt von Feinde nicht ſo bald ruiniret werden / als wenn ſie allzu - ſehr und zu nahe durchſchnitten were.

(7.] Frage. Muͤſſen den alle Bruſtwehren nur von Erden gemachet werden?

Was zuvor geſaget worden / daß die Bruſt - wehren von guter / fetter und leimigter Erde ohne Steine / ſollen gemachet werden / das iſt ordinaire von den Hauptwercken einer Feſtung zu verſte - hen / wenn man die gute Erde alſo haben kan. Jm Fall der Noth aber / und zumahl bey kleinen / und nur auf eine zeitlang ſtehend bleibenden Wercken / als Feld-Schantzen / approchen / re -tren -323Von der Anlage ꝛc. trenchementen / Baterien und dergleichen / kan man die Bruſtwehr entweder bloß von guter Er - de / oder Erde und faschinen / Sand und Woll - Saͤcken / Schantz-Koͤrben mit Erde / Sand o - der Miſt ausgefuͤlten Faͤſſern und Sturm-Kaͤ - ſten / 2. oder 3. fach eingeſchlagenen Palliſaden / zuſammen getragenen Bretern / Bauhoͤltzern und andern Baͤumen / leimigten Waͤnden / und Mauern von allerhand Steinen / zuſammen ge - ſchlepten toden Coͤrpern von Menſchen und Vie - he / an einander geſchobenen Waͤgen und Kar - ren / zu Winterszeit auf ſtarcken Eiße / oder ſonſt auf der Erden / da man in dieſelbe nicht eingra - ben / noch etwas anders zur Bedeckung haben kan / von zuſammen gemachten / mit Stroh und Miſt unter miſchten / und mit Waſſer begoſſenen Schnee / Eiß-Schollen / und was ſonſt auch die Gelegenheit der Natur und Vernunfft nur kan in geſchwinder Eil an Hand geben / machen / maſ - ſen die Nothwendigkeit kein Geſetze hat / wann nur anders ein guter Vortheil dadurch zur zeit der Noth erlanget wird. Sonſt wenn man zu ſtarcker Winters-Zeit nicht in die Er - de eingraben kan / ſoll man heiß Waſſer an den Ort gieſen und hernach den Boden auf - hacken.

X 2(8.)324Das II. Cap.

(8.) Frage. Darff man dann auch auf die Bruſtwehren Baͤume pflantzen / wie etwan ſonſt auf den Wallgang?

Es iſt in vorigen gemeldet worden / daß es nicht undienlichen / wenn man auf die Wall-Gaͤnge der Haupt-Wercke ordentliche Gaͤnge und Gal - lerien mache von Baͤumen; ſolches aber muß kei - nes weges etwan auf die Brnſtwehren gezogen werden / in der Meinung / dahinter umb ſo viel deſto ſicherer zu feyn in Zeit einer ataque, weil man dieſer Orten das Geſichte gantz frey und unverhindert haben muß / umb alles genau zu ob - ſerviren / und zu defendiren / wie denn auch deßwe - gen auf keinen Gang zugeſchweigen einer Bruſt / aller andern aͤuſſerlichen Wercke / es moͤge gleich ſeyn die fauſſe braye, ein Auſſenwerck / der bedeck - te Weg oder das Glaeis man zu keiner zeit Baͤu - me ſetzen und pflantzen ſoll / weil dieſes wieder die Kriegs-Bau-Maximen iſt / auch ſonſt der Gra - ben von dem Abfallen der Blaͤtter nur unreine gemachet wird / welcher doch ſo wohl von Schilf - fe / Rohr / Graße und allen andern Dingen rei - ne und ſauber ſoll gehalten werden / damit man auch die geringſte Bedeckung und Blendung nicht haben koͤnne.

Das325Von den Streichen und Flanquen.

Das III. Cap. Von den Streichen und Flan - quen, derſelben groſſen Nutzbarkeit / und unterſchiedlichen Structur und Defenſion.

(1.) Frage. Wie viel Haupt-Theile ſind an einer Real-Feſtung / und welche koͤnnen denen andern die beſte und ſtaͤrckſte Defenſion geben?

ES iſt im vorigen ſchon gemeldet worden / daß alle Real-Feſtungen fuͤrnehmlichen von 3. Haupt-Linien beſchloſſen werden / nehm - lichen von der Courtine, Flanqve und Face, wel - ches alles hier zu wiederhohlen unnoͤthig iſt. Nach einhelliger Meinung aber aller Kriegs - Bau-Verſtaͤndigen / werden die Flanquen voꝛ die ſtaͤrckſten Wercke gehalten / weil ſie im Fall der Noth ſo wohl die Courtine als die Face nachdruͤck - lich beſtreichen u. defendiren koͤñ en u. ſollen. Nun iſt bey den Artilleri-Verſtaͤndigen bekandt / u. gibt es die Erfahrung / daß wenig Schuͤſſe in Flanque gemeiniglich mehr thũ als viele Schuͤſſe in Fronte, ſintemahl das Flanqviren mehrere u. gewiſſeꝛe Ge - legenheit hat Schadẽ zu thũ / als das perpendicu -X 3lar326Daß III. Cap. lar ſchieſſen: Dahero denn recht und billig insgemein ſtatuiret wird daß man die noͤthigſte und beſte Defenſion bey Defendirung einer Fe - ſtung von dem Flanqven erwarten muͤſſe.

(2.) Frage. Wie ſoll denn eine rechte Flanque bey einem Haupt-Wercke erbauet ſeyn / wenn man vorbeſagte Defenſion daraus haben will?

Daß die Flanquen auf unterſchiedliche Mani - ren zu alten Zeiten ſind erbauet worden / auch noch heut zu tage zum Præjudiz ihrer rechten De - fenſion, auf mancherley weiſe erbauet werden / davon iſt gleichfals im vorigen Meldung geſche - hen. Wie nun bey dieſem Wercke mein Vorhaben nicht iſt / alle andere Meynungen anzufuͤhren / und ſolche entweder zu Mainteniren / zu diſputiren oder gar zu verwerffen; So will ich nur das jenige bey Verfertigung einer Flan - que behaupten / was mir vor allen andern Mey - nungen am raiſonableſten ſcheinet. Zum vor - aus deſſen nun muß man wiſſen / daß heut zu Ta - ge die Ataqven gemeiniglich auf die Facen / als welche dem Feinde am nechſten im Geſichte lie - gen / weil die Courtinen auch nicht mehr ſo lang ſeyn als vor dieſem / gefuͤhret werden; Weil nun die Courtine ſolche nicht / den Feld-horizont aber nur in fronte beſtreichen kan / ſo muß noth - wendig die Linie der Flanque alſo ſchraͤg und lang gefuͤhret werden / daß ſie capable ſey / die gantzeFace327Von den Streichen und Flanqven,Face und den darum liegenden Feld-Horizont, als wohin der Feind ſeine Batterien zur Freche pfleget anzulege und zu erbauen / nachdruͤcklichen und mit guten Effect zu flanquiren und zu ruini - ren. Wie nun alles auf der Welt in rechten numero, pondere & menſura beſtehen ſoll / ſo muß man auch die Flanque wieder proportion der an - dern Linien nicht alzu groß noch alzu klein ma - chen / weil der Defect und Exceſſ in keinem Din - ge nichts nuͤtzet: Denn wenn die Flanqven alzu groß ſind / muß nothwendig ein ungeſchicktes Bollwerck erfolgen / ob man auch gleich kleine Facen machen wolte / weil auch dieſe nichts tau - gen / wie im folgendẽ ſoll berichtet werden: Wolte man aber die Flanqven zu klein machen / oder ſonſt auf andere Manir verkuͤnſteln / es geſchehe nun durch die Rundirung / oder das reteriren derſel - ben / ſo wird man den verlangten Effect, und zuͤ was Ende die Flanqven fuͤrnehmlich gemachet werden / nicht erreichen / auch alſo eine Feſtung bey einer ſehr ſcharffen Belagerung nicht recht defendiren koͤnnen. Dahero deñ gar keines weges zu loben / uñ in dem fuͤrnemſten u. principal Punc - ten der Kriegs-Bau-Kunſt ſehr gefehlet wird / weñ man noch heut zu tage entweder die Flanqven ſehe kurtz / u. die Facen hingegen allzulang machet / oder die Flanqven nach ſchon laͤngſt bekanter Manir / ſo man doch vor neue ausgeben will / alſo verſtuͤmmelt und verkuͤnſtelt / daß man die da - rauf ſtehenden Stuͤcke nicht an allen behoͤrigenX 4Or -328Das III. Cap. Orten ſonderlich aber zur Beſtreichung des Land - Horizontes, gebrauchen kan / welches doch noth - wendiger weiſe geſchehen ſolte. Diejenigen ſind auslachens werth / welche ihre Stuͤcke vor dem feindlichen enfiliren auf der Flanque mit ein Stuͤck-Walles gedencken zu bedecken / und koͤn - nen doch der Gebuͤhr nach die andern nothleiden - den Linien nicht damit beſtreichen. Jch ſehe nicht was man bey einer geſchobenen Flanque, welche mit einer guten und ſtarcken Bruſtweh - re verſehen / und auch auf der Seiten von einer guten Face-Bruſt bedecket iſt / vor dem feindli - chen enfiliren zu befuͤrchten habe; Denn wenn dieſes waͤre / daß die Stuͤcke welche doch niedriger ſtehen als die Menſchen / auf einer Baſtion dafuͤr nicht ſicher waͤren / ſo koͤnte und duͤrfte auch gar kein Menſch auf demſelben bleiben und ausdau - ren; Dahero denn die vermeinte Bedeckung der Stuͤcke von ſelbſt wegfaͤllet / und keinen Nu - tzen / ſondern vielmehr Schaden hat; Sinte - mahl ſich keine Canone auf einer Flanque befinden muß / welche nicht tapffer die nothleidende Face, oder die Courtine zu ſamt dem bedeckten Weg und Glacis beſtreichen koͤñe / welches Beſtreichen denn man die hohe Defenſion nennet / und an ſolcher weder an der rechten Structur der Flanque, noch auch an der Nutzbarkeit der darauf ſtehen - den Stuͤcke etwas muß abgehen / ſoll anders ei - ne Feſtung ſich lange halten / und die Linien und Winckel daran einander recht defendiren. Wasdie329Von den Streichen und Flanqven,die Defenſion des Grabens anbelanget / muß man ſolche aus einer untern und horizontal Beſtrei - chung der Flanqve hernehmen / alſo / daß noth - wendiger weiſe zwey Haupt-Defenſiones, zu mahl was das grobe Geſchuͤtz anbelangt / aus ei - ner Flanque muͤſſen genommen werden / nehmli - chen eine hohe und obere Beſtreichung / da viel Stuͤcke darzu erfordert werden / und keines ohne Nutz ſeyn muß die oberen nothleidenden Wercke aller Orten zu defendiren / des Feindes Baterien zu verwehren und zu ruiniren / und eine untere Flanquirung / die entweder aus den unten gemach - ten Gewoͤlbern / oder in einen truckenen Graben aus einer vorgelegten u. bedeckten Bruſt / vermit - telſt 2. oder 3. kurtzen Stuͤcken auf Schiff-Lave - ten geſchehen muß / umb dem Feinde die paſſage - ber dem Graben zuverwehren / und dem Fuß des Walles und Grabens zu beſtreichen. Nach meiner Manier vergleiche ich Face und Flanque anfangs aus dem Bollwercks - und Courtin - Winckel auf den beſtaͤndigen Streich-Linien / hernach meſſe ich die Weite von einer Schulter zur andern / und nehme die Helffte hiervon zu ei - ner Kehl-Linie / ſo bekomme ich nicht alleine eine geſchickte Baſtion und eine geſchobene Flanque, ſo ſich nach der Defenſion der gegen uͤberliegenden Facen und des Glacis richtet / ſondern die Flanqve wird auch lang genug / 6. biß 7. Baterie und Haupt-Stuͤcke zur hohẽ Defenſion in raumlicherX 5Di -330Das III. Cap. Diſtantz zu pflantzen / und alle andringende Ge - fahr moͤglichſt abzuwenden.

(3.) Frage. Was heiſt man dann eine Second Flanc, wie wird ſolche gemachet / und was iſt davon zuhalten?

Es pflegen die ingenieurs daßjenige eine Se - cond Flanc zu nennen / wenn man aus der Courtinen uͤber die ordinaren Flanqven noch eine andere Beſtreichung ſuchet / und wer - den ſolche auf unterſchiedliche Maniren ge - machet / nemlichen / einige formiren wohl eine gleiche Courtinen Linie / fuͤhren aber auff deren Bruſt-wehr zu nechſt den Haupt-Flanquen eini - ge gantz ſchrege Schieß-Schartten / in Meynung die nothleidenden Facen der Bollwercke hier durch umb ſo vielmehr und beſſer helffen zu de - fendiren: Weil aber dieſe Art der Secons Flan - quen ſchon laͤngſt verworffen worden / indem der - gleichen allzuſchrege Schiß-Schartten nur die Bruſtwehr ſchwaͤchen / und doch wenig rechten Nutzen ſchaffen / ſo brechen andere einwaͤrts die - ſes Stuͤck der Courtine nechſt der Flanque, damit die Schiß-Schartten darauff nicht duͤrffen ſo ſchrege gefuͤhret / und alſo die Bruſtwehr ge - ſchwaͤchet werden; Einige ſchneiden auf der Co - urtine auf unterſchiedliche Manier ein / oder fuͤh - ren die gantze Courtine einwaͤrts bauchigt; ande -re331Von den Streich und Flanqven,re machen ſie auswaͤrts bauchigt / oder ſetzen auf deren Mitten ein Bonnet, oder gar ein kleines Bollwerck auff / und was dergleichen Manieren von den Second Flanque mehr iſt. Alleine es moͤchten diejenigen / ſo ſolche pasſionirte Second - Flanquer weren / wohl betrachten / daß dieſe Defen - ſion und Flanquirung ſehr gezwungen und extra - ordinaire waͤre / welche nicht eher als im Fall der Noth bey irregular Wercken / wenn die ordinaires Flanquer ihre gebuͤhrende Proportion und Laͤnge wegen Enge des Orts nicht haben koͤnnen / ſolten gebrauchet werden; Aber wie bey den meiſten kein rechter modus fortificandi & proportionandi in acht genommen wird / auch die Linien und Winckel ſo gar bey den regular Wercken ohne Noth verkuͤnſtelt / und verſtimmelt werden / ſo ge - ſchiehets auch daß man ordinaires und extraordi - naires, oder regulare und irregulare Sachen in - different gebrauchet und einen rechten Miſch - maſch in der edlen Kriegs-Bau-Kunſt daraus machet / ja mancher wohl gedencket / was er Sinn - und kunſtreiches bey den Seconds Flan - quen erfunden / gleich wohl aber darbey nicht be - dencket / daß die Artillerie bey den allzuſehr con - centriren den Linien nicht koͤnne recht gegen einan - der gebrauchet werden / ob ſie wohl andere weit entlegene Linien einiger maſſen koͤñen beſtreichen / woruͤber ſich aber nicht zu verwundern / indem die wahren Maximen der Fortification insgemein aus Unverſtandt negligiret / auch die wenigſte in -gem -332Das III. Cap. genieurs die Tugend und Force der Artillerie nicht verſtehen / dahero dann hernach auf dem Pappie - re nur etwas Martzipan und Paſteten Beckers / ich wolte ſagen / mit vielen uͤberfluͤßigen Win - ckeln und Linien entweder gar zu klein / oder zu groß / oder in einem zu groß / in andern wider zu klein / auffgeriſſen / und manchesmahl gar im Felde practiciret wird / ſo aber keines weges zu lo - ben ſtehet. Jſt alſo viel beſſer / man mache gleich Anfangs bey Regular-Wercken eine rechtſchaf - fene proportionirte Flanque, darauf man 6. oder 7. Baterie Stuͤcke gar fuͤglich ſtellen kan / und laſſe die Courtine in ihrer behoͤrigen gleichen Li - nie von einen Bollwerck zum andern fortgehen / ſo erſpahret man ſehr viel Unkoſten / und hat aller Orten Defenſion und Beſtreichung genug / bey irregular Wercken hat es damit ſeine geweiſte Wege. Jch bringe bey meinem modo Fortifi - candi alleine auf den zwey Flanquen und Facen / mit dem Unter-Wall / und einer Seiten des Ra - velins, ohne Zehlung einigẽ Stuͤckes auf deꝛ Cour - tine etliche dreyßig in hohe Defenſion, wodurch ich den bedeckten Weg / Glacis und Land-horizont zur Gnuͤge zu beſchuͤtzen und zu beſtreichen / auch die groͤſten feindlichen Baterien zu ruiniren ca - pable bin.

Das333Von den Facen oder Geſicht-Linien.

Das IV. Cap. Von den Facen oder Beſicht - Linien / wie ſolche recht zu propor - tioniren / und was ſonſt darbey in achtzunehmen.

(1.) Frage. Wie ſoll man dann bey einem regu - laren Haupt-Wercke eine recht Face proportioniren und anle - gen?

WEil die Facen auch ein Eſſential-Stuͤck ſind bey einer Feſtung / ſo iſts noͤthig / daß man auf ſolche gleichfalls / wie auf andere / genaue Refle - xion mache / wie ſie behoͤriger maſſen ſollen ange - leget werdẽ. Jch will allhier nicht widerholẽ / was ſchon im vorigẽ bereits vielmals gemeldet wordẽ / nemlich / daß weder der Defect, noch Exceſs in keinẽ Dinge zu loben ſey / und dahero billig aller derje - nigen Meynung zu verwerffen iſt / welche die Facen entweder gar zu lang / oder gar zu kurtz machen / o - der ſonſt auf unterſchiedliche Weiſe verkuͤnſteln und verſtimmeln: Denn werden ſolche gar zu lang gemachet / muß ſich der Bollwercks-Winckel nicht allein gar zu ſehr oͤffnetz / welches denn wegen beſorgender Enfilirung des Feindes nicht gut iſt / ſondern man muß auch nothwendiger Weiſe ſol -cher334Das IV. Cap. cher geſtalt die Flanquen kurtz machen / oder ſonſt mit Einbiegung ſolche verkuͤnſteln / will man an - ders einiger maſſen ein geſchicktes Baſtion bekom - men / welches nicht gar zu weit auch an dem Keel - Punct offen ſtehe; Weil aber dergleichen kurtze Flanquen die allzu langen Facen, als welche heut zu Tage mehrentheils attaquiret werden / nicht zur Genuͤge beſtreichen koͤnnen / und aber ſolches nothwendiger Weiſe doch geſchehen muß / wenn eine Feſtung recht ſoll defendiret werden / ſo ma - chen dergleichen Leute hernach vor die Courtine - ber die Raveline noch andere unnoͤthige Auſſen - wercke / um dadurch ihr Intent der Defenſion hal - ber zu erreichen / und verurſachen alſo groſſe Unko - ſten / welche gar wohl haͤtten unterbleiben koͤn - nen / wenn die Haupt-Linien Anfangs waͤren recht proportioniret und angeleget worden. Diejenigen nun / ſo die Facen ſehr kurtz machen / und hingegen die Flanquen allzulang / begehen gleichfalls einen groſſen Fehler / ohngeachtet ihre Meynung gut / daß ſie die Defenſion aus der Flanque vor die beſte und nachdruͤcklichſte halten: Denn auf ſolche Weiſe wird das Boll werck forne gar zu ſchwach und enge / alſo daß es vom Feinde daſelbſt bald kan ruiniret werden / weil man ſich im gegentheil wegen der Kuͤrtze und Enge nicht genug und wohl defendiren kan / und bekoͤmmt man im uͤbrigen ein ſehr ungeſchicktes und uͤbel formirtes Bollwerck / welches zwar lang genug iſt / aber inwendig ſehr wenigen Raum hat / ſich mit allen Bereitſchafftenzu -335Von den Facen oder Geſicht-Linien. zumahl bey den Facen darauf recht zu bethun. Jſt demnach am ſicherſten und beſten / daß man auch hier unter das Mittel halte / und Flanc - und Face gegen einander recht proportionire / welches denn gar leicht geſchehen kan / wenn man beyde aus dem Courtin - und Bollwercks-Puncten auf den beſtaͤndigen Streich-Linien / ſo viel moͤglichen / vergleichet / ohngeacht die Facen ein wenig kuͤrtzer als die Flanquen fallen ſolten / ſo bekoͤmmt man nicht allein ein recht geſchicktes Bollwerck / wel - ches an keinem Ort weder zu enge / noch zu weit iſt / und koͤnnen auch die Linien / welche gleichfalls weder zu lang noch zu kurtz ſind / einander der Ge - buͤhr nach recht defendiren und beſtreichen.

(2.) Frage. Jſt es noͤthig / daß man bey rechten proportionirten Facen inwendig des Bollwercks ein Bonnet mache / um da - durch mehrere Bedeckung zu haben?

Wenn die Facen mit den Flanquen recht pro - portioniret ſind / ſo iſt es nicht noͤthig / daß man in - wendig an dieſelbe noch ein ander Werck zur Be - deckung anhaͤnge / weil dadurch das Bollwerck an ſeinem Raum ſehr verſchmaͤhlert wird / zu - mahl was die Artillerie anlanget / mit welcher man ſich nicht recht wird bethun / und ſolche aller Orten gebrauchen koͤnnen. Wolte man aber mit der ordinaren Hoͤhe der Bruſtwehre wegen des feindlichen Einſtreichens bey den Facen nicht zufrie -336Das V. Cap. frieden ſeyn / koͤnnen ſolche von Schulter-Win - ckel an biß zu dem Bollwercks-Punct einiger maſſen ſchroͤge und verlohren erhoͤhet / und mit mehreren Baͤncken daſelbſt verſehen werden. Wie ſonſt der Bollwercks-Winckel recht zu ſchlieſſen und zu machen / iſt bey denen General - Maximen bereits mit mehreren angedeutet worden.

Das V. Cap. Von der Courtine, derſelben rechten Geſtalt und Proportion, auch was ſonſt darbey in acht zu neh - men?

(1.) Frage. Wie ſoll man eine rechte proportio - nirte Courtine machen / damit die Defenſi - on aller Orten gebuͤhrend geſchehen koͤnne?

WEil die Courtine, welche ſonſt die Commu - nications-Linie der Bollwercke kan genen - net werdẽ / das 3. Haupt-Stuͤcke iſt einer Real-Fe - ſtung / ſo iſt es auch hoͤchſtnoͤthig / daß man auf de - ren Structur und Proportion wohl Achtung gebe / ſoll anders eine gute Harmonie unter den 3. Haupt-Linien der Defenſion wegen ſeyn und ver - bleiben. Was nun die Structur der Courtine an - belanget / iſt gleichfalls im vorigen gemeldet wor - den / wie ſolche von vielen auf unterſchiedliche Ma -nier337Von der Courtine, derſelben rechten ꝛc. nier mehr zum Schaden als zum Vortheil erbau - et werde. Jch meines Orts halte dafuͤr / daß es am ſicherſten und beſten / wenn man die gantze Courtine bey Regular-Wercken ohne einige Briſu - re an deren Enden / oder ohne einiges Aus - und Einfahren in der Mitte derſelben gantz gleich und gerade biß an die Flanquen fort und anfuͤhre: Denn je weniger Winckel eine rechte Feſtung auf den drey Haupt-Linie der Conrtine, Flanc - und Fa - ce hat / ie beſſer kan ſolche ſo wohl von groben / als kleinen Geſchuͤtz defendiret und beſtriechen wer - den; die drey Haupt-Winckel aber / als der Boll - wercks / Schulter und Courtinen-Winckel muͤſ - ſen allerdings bleiben / was aber noch daruͤber von Winckeln an dieſe Linien gemachet wird / iſt nicht allein uͤberfluͤßig / ſondern auch vielmahls ſchaͤd - lich / weil man das grobe Geſchuͤtz wegen ihrer En - ge nicht allezeit darbey gebrauchen kan / welches doch allerdings ſeyn muß: Ein anders iſt es bey Irregular-Wercken / und wenn man manches - mahl aus Noth etwas thun muß / ſo daher gar nicht zu ziehen.

(2.) Frage. Wie lang ſoll denn eine rechte glei - che Courtine ſeyn?

Eine gleiche Courtine ſoll unter 30. / auch nicht uͤber 50. R. ordinarie gemachet werden / damit die beſtaͤndige Defens-Linie nicht uͤber 60. biß 70. R. kommme / welches ein rechter Muſqueten-SchußYiſt /338Das VI. Cap. iſt / ſo mit gutem Effect von dem Bollwercks - und Schulter-Punct an biß zu dem Courtinen - Winckel kan gethan werden-ſolte aber ſolche eine uͤbrige Diſtanz des Muſqueten-Schuſſes verurſa - chen / muß man auf deren Mitte eine platte Form oder Cavalier legen / damit man das Hand-Ge - ſchuͤtz bey allen Puncten und Linien wohl gebrau - chen koͤnne / maſſen es nicht genug / eine Feſtung nur mit groben Geſchuͤtz zu defendiren und zu be - ſtreichen / ſondern es muß auch ſolches geſchehen koͤnnen mit dem Hand-Gewehr / weil dieſes viel frequenter, und mit wenigern Unkoſten / auch mit gutem Nutzen und Effect verrichtet werden kan / als jenes / alſo / daß alles beydes Geſchuͤtz zu einer recht vollkommenen Defenſion einer Real-Fe - ſtung billig und nothwendig erfordert wird / und irret derjenige im Fundament der Kriegs-Bau - Kunſt ſehr / wer dieſes nicht wohl in acht nimmt / und eine Defenſion mangeln laͤſſet an einem Punct / Winckel und Linie der gantzen Feſtung.

Das VI. Cap. Von dem Unterwall / und ſo genannten Fauſſe-Braye, deren Ein - und Ausgaͤnge / wie auch von der Berme o - der Fuß des Walles / deren Beſchaffenheit und Structur, auch was ſonſt darbey in acht zu nehmen.

(1.339Von dem Unterwall / und ſo ꝛc.

(1.) Frage. Jſt denn auch ein Unterwall ſehr noͤ - thig / und wie muß ſolcher recht angeleget und aufgefuͤhret werden?

ES wird Niemand von denen Kriegs-Ver - ſtaͤndigen in Zweiffel ziehen / daß man hinter einer recht gemachten doppelten Bruſt und Wall ſich beſſer als hinter einen einfachen wehren koͤñe / dahero deñ leicht zu ſchlieſſen / daß eine wohl ange - legte Feſtung / wenn ſie noch uͤber ihrem Haupt - Wall einen rechten Unter Wall hat / umb ſoviel ſtaͤrcker / und nicht ſo leicht einzunehmen ſey / als wenn ſolche nur mit einen einigen Wall verſehen waͤre. Ob nun wohl einige wunderliche Koͤpffe unter denen ingenieurs die Fauſſebraye entweder gar verwerffen und improbiren / einige aber ſolche diſputiren / und wegen der Struckur nicht einig ſind / die meiſten aber ſolche approbiren / ſo will ich einem iedweden gern bey ſeiner Meynung laſſen / iedoch muß ich ſagen / daß biß dato die Fauſſebraye von keinen-noch erbauet worden / wie es billig haͤt - te ſeyn ſollen / wẽnn man anders eine gute defen - ſion von ſolcher ſo wohl als von den Haupt-Wall ſelbſt haben wolle. Diejenigen ſo die Fauſſebraye gantz improbiren / fuͤhren zur behauptung ihrer Meynung an / daß dieſelbe an ihrer Bruſt mit dem groben Geſchuͤtz gar leicht zu ruiniren waͤre / und wenn denn die Erde davon in den Haupt -Y 2Gra -340Das VI. Cap. Graben gefallen / ſo gebe ſolche nur eine deſto leichtere Aufſteigung nicht allein auf dieſelbe ſon - dern auch gar auff dem Haupt-Wall zukom̃en / zu dem ſo ſtuͤnden die Soldaten darinnen ſehr ge - faͤhrlich wegen des abgeſchoſſenen Erdreichs von den Ober-Wall / indem die Fauſſebraye dadurch nicht alleine bald koͤnte ausgefuͤllet uñ unbrauch - bar gemachet / ſondern auch die Soldaten darin - nen und alles Geſchuͤtz davon leicht bedecket wer - den. Die andern welche bey der Structur der Fauſſebraye ihr ſoderliches Bedencken haben / in - dem ſie ſolche biß an die Schulter-Ecken / und nicht umb die Facen gantz herum wollen gehen laſſen / fuͤhren zum Grunde an / daß weil die Facen des Haupt-Walles ohne dem am weiteſten in Anſe - hung aller andern Linien von der Fortification in das Feld hinaus legen / dem Feind am meiſten im Geſichte ſtuͤnden / auch dahero die heutigen Ata - quen gemeiniglich auff ſolche gefuͤhret wuͤrden / ſo waͤre es nicht rathſam / ſondern vielmehr ſchaͤd - lich / wenn man noch mehr Linien ohne Noth die - ſer Gefahr exponiren wolte; Weil die Defenſi - on in Fronte bey weiten nicht ſo ſtarck als in Flan - que, und waͤre ſchon genung / wenn die einfache Face aus einer doppelten Flanque, tapffer beſtri - chen und defentiret wuͤrde / zu geſchweigen der Un - koſten / ſo dadurch verhuͤtet und der Gefahr / ſo da - mit abgewendet wuͤrden / weil ſolche niedrich und fuͤr den Grenaden und andern Feuer-Kugeln nicht bedecket waͤre, Dieſem aber ungeachtet thundie -341Von dem Unterwall / und ſo ꝛc. diejenigen viel beſſer / welche die Fauſſebraye nicht improbiren oder ſonſt diſputiren / und ſie um die gantze Feſtung herum gehen laſſen / und zwar ſol - ches aus folgenden Urſachen / nehmlichen / daß der Unter-Wall / wenn er anders recht angeleget und gemachet worden / eine vollkommene andere Fe - ſtung repræſentire / deſſen Linien ein Feind ſo wahl auch beſondern beſchießen und ataquiren muͤſſe / alsdenn Haupt-Wall ſelbſt. Es comman - diren auch der Fauſſebraye, Facen und Flanqnen mit Artillerie und infanterie uͤber die Auſſen-Wercke den bedeckten Weg und Campagne, und ſtellen alſo den Feindliche Linien und Baterien zwey ſtarcke reſiſtiren de Fronten und Flanquen entgegen / und wird die Face des Oberen-Walles in ſo weit von der untern verſichert / daß ſie nicht koͤnne ein - genommen werden / ſo wohl in Furioͤſen Anfaͤllen als langſamen ceremonial Ataquen, biß ſo lange die Fauſſebraye nicht gantz ruiniret und erobert worden / worzu denn viel Zeit und Muͤhe auch er - fordert wird. So iſt auch ſonſt die Fauſſebraye ſehr beqvehm / daß die Runden des Nachts dar - innen gar wohl koͤnnen verrichtet werden / weil der Unter-Wall viel niedriger als der obere iſt / und man von jenem beſſer als von dieſem in den Graben ſehen kan. Nur dieſes iſt allhier wohl zu mercken / daß der Haupt-Mangel einer Fauſſe - braye dariñen beruhe / weil ſie bißhero nicht recht / wie ein andern Wall mit ſeinem Gange und Bruſtwehr angeleget und gemachet worden / undY 3da -342Das VI. Cap. dahero ſolche / weil ſie nur aus einer bloßen Bruſt - wehr beſtanden / auch dero Gang gantz enge gewe - ſen / man vor unnoͤthig und unnuͤtzlich halten wol - len / indem ſie alſo einer belagerten Feſtung nicht eine nachdruͤckliche und zu laͤngliche defenſion ge - ben koͤnnen. Wenn aber ein rechter Unter - Wall / wie er den Nahmen fuͤhret / mit ſeiner Bruſt gemachet wird / ſo kan man ſich in denſel - ben mit der Artillerie in Fall der Noth / und wenn die Bruſt gantz ruiniret waͤre / ein ſchneiden / u. dar - auß ſo wohl das Land / als den Graben noch nach - druͤcklich beſtriechen / u. alſo des Fauſſebraye Walls Statt einer Bruſt ſich bedienen. Jch nehme zu der gantzen Anlage meiner Fauſſebraye 57. Schuh in allen / davon gebe ich 6. S. breit einem Gang oder Berme an den Haupt-Wall auff dem bloſ - ſen Land Horyzont; Hernach mache ich die gan - tze Anlage der fauſſebraye 51. S. breit und 6. S. hoch / welches der rechte untere Wall iſt / auf die - ſem Unterm-Wall mache ich die Anlage zur Bruſt 21. S. breit / und formire im uͤbrigen die Bruſt - wehre nach der Hoͤhe / Boͤſchungen / Banck und Schießſcharten wie es ſich gebuͤhret / auff dieſe Manier bekoͤmmet man eine ſtarcke Untere-Fe - ſtung / welche weit und hoch genung iſt / darinnen mit allen Geſchuͤtz und Volck zu agiren / wie auff dem Haupt-Wall / alſo daß ein Feind wiꝛd Muͤhe u. Zeit genug haben muͤſſen / dergleichen wohl ange - legte fauſſebraye zu ruiniren / weil er ſo wohl aus dieſer / als von dem Oberen Wall groſſe reſitentzvon343Von dem Unterwall / und ſo ꝛc. von allerhand groben und kleinen Geſchuͤtz wieder ſich finden und antreffen wird / uͤber dieſes auch die detachirten Contregardes, reterirten flanqueu und Bonneten gantz unterbleiben koͤnnen. Bey den Ravelinen aber ſind die fauſſebrayes nichts nuͤ - tze / weil alle Auſſenwercke billig unter miniret und im Fall der Noth geſprenget werden ſollen / wie an ſeinem Orte wird gemeldet werden.

(2.) Frage. Worzu nuͤtzet denn der auff dem bloſſen Horyzont gelaſſene Gang und wie kan man ſich deſſen im Fall der Noth bedienen?

Nicht aus beſondern Urſachen laſſe ich einen a parten Gang von 6. S. breit auff dem natuͤr - lichen Land Horyzont zwiſchen dem Ober - und Unter-Wall: Denn dieſer Gang dienet nicht al - lein an Statt einer Berme des Obern-Walles / wenn ſolcher ſolte beſchoſſen werden / und davon die Erde abfallen / indem alſo die abgeſchoſſene Erde die Fauſſebraye gar nicht unbrauchbar ma - chen / noch ſonſt einen Schaden darinnen verurſa - chen kan / weil ſie nicht auf dem Wallgang der Fauſſebraye fallë / auch nach Gelegenheit bald wie - der weggeſchaffet werden kan: hernach iſt dieſer Gang auch gut bey den Orten der ataqve an Satt eines innerlichen Abſchnits / und einer halben Capennire zu gebrauchen / wenn ſolcher gegen dieY 4Fauſ -344Das VI. Cap. fauſſebraye zu verpalliſadiret / und oben wohl be - decket wird / im Fall der Noth ſo die fauſſebraye ſolte ruiniret und beſtuͤrmet werden. Solte der Feind auch / wie gemeiniglich zu geſchehen pfleget Grenaden und Bomben in die fauſſebraye werf - fen / umb die Leute daraus zu vertreiben und die Stuͤcke darinnen zu ruiniren / ſo koͤñen ſolche leicht in dieſen tiefen Gang geworffen und geſtoßen werden / worinnen ſie denn ohne Schaden der Fauſ - ſebraye crepiren / zu mahl wenn man noch à parte gewiſſe Loͤcher in den Land-horizont hierzu ein - ſchneiten wolte / da die Grenaden bey ihren crepiren noch weniger Schaden veruͤben wuͤrden.

(3.) Frage. Weil zwey Waͤlle bey einer ſtar - cken Feſtung beliebet werden / iſt es dann nicht noͤthig / das man auch zwey Graͤben mache?

Ob man gleich bey einer ſtarcken Feſtung zwey Waͤlle zu haben verlangen kan / ſo iſt doch deswe - gen nicht die Folge / daß man auch gleich zwey Graͤben machen muͤſſe: Denn ein weiter und zu gleich tieffer Graben / welcher auch auff ſeinen Horizont mit guter Defenſion von groben und Hand-Geſchuͤtz gleichfalls verſehen / wie im folgen - den ſoll gemeldet werden / iſt viel nuͤtzlicher und beſ - ſer / deñ etwan zwey ſchmale Graͤben / worein man keine ſonderliche Horizontal-Defenſion wegen der enge des Platzes machen / auch ſonſt ſolchen leichtaus -345Von dem Unterwall / und ſo ꝛc. ausfuͤllen und paſſiren kan / zugeſchweigen der groſſen Unkoſten / ſo bey revetirung der vielen Scar - pen und Contreſcarpen wuͤrden muͤſſen aufgewen - det werden / ſolte anders das Werck einen rechten - den Beſtandt und eine rechte Tuͤge haben / welches man aber bey einen tieffen und breiten Graben nicht zu befahren und zu gewarten hat / auch ſol - cher ſonſt dem Feinde ſchwer genung wird zu paſ - ſiren ſeyn / weil man darinnen ziemlich ſo wohl mit groben / als kleinen Geſchuͤtz herum Flanquiren / und dem Feinde ſeine gallerien und Bedeckungen mit guten effect gar balde ruiniren kan.

(4.) Frage. Was heiſſet man bey der Fortificati - on die Berme / worzu nutzet ſolche / und wie wird ſie angeleget?

Die Berme iſt nichts anders als der Fuß eines Walles / er mag gleich groß oder klein ſeyn und dienet ſolche darzu / das der Wall nicht alleine in ſeiner eußerlichen Boͤſchung beſtaͤndiger ſey / als wenn gar kein berme da waͤre / weil ſo dann die Schrege allzugroß und hoch ſeyn wuͤrde / ſondern auch und fuͤrnehmlichen das die abgeſchoſſene Erde von einem Wall nicht ſo leicht in Graben fallen / und ſolchen ausfuͤllen koͤnne / wenn der Feind eine Breche zu ſchießen ſolte reſolviret ſeyn / damit die im Graben gefallene Erde ihme nicht einen ſo leichten Aufflauff bey dem Sturme geben moͤchte. Waß nun die Breite einer Berme anlanget / ſo wird ſol - che / nach dem das Werck groß oder klein iſt / vonY 51. biß346Das VI. Cap. 1. biß 6. S. incluſive gemachet. Bey einen groſſen Haup-Werck gibt man 6. S. zur Breite der Bre - me / bey einem Mittlern Wercke 3 / biß 4. S. nach - dem die Erde gut oder boͤſe iſt / bey einem kleinen Werck und Felde Schantze giebt man nach Gele - genheit nur 1. S. zur Berme / und wenn nur eine Bruſt auffgeworffen worden / wird offmahls ſolche gar abſcarpiret / welche aber Anfangs alle - zeit auch bey den Bruſtwehren nur ſoll gemachet werden / damit die euſſerliche Boͤſchung der auf - gefuͤhrten Bruſt mit der Boͤſchung des Grabens diſſeits recht in eine / und nicht gaꝛ zu præcitant falle / welche einem Wercke / zumahl wo die Erde nicht ſehr gut iſt / leicht von ſich ſelbſt Schaden und ruin verurſachen kan; ſonſt wenn der Wall und Graben revetiret / wird zu obeꝛſt der Maueꝛ von groſſen brei - ten Qvater-Steinen eine Wulſt gemachet / und die Bruſt darauf von Erden geſetzet / wo ſelbſt man uͤber 1. S. breit nicht mehr zur Berme giebt auch bey dem groͤſten Haup-Wercke.

(5.) Frage. Wie muͤſſen den die Aus - und Ein - gaͤnge durch den ober Wall in den Untern gemachet werden?

Die Aus - und Eingaͤnge von dem Obern in den Unter-Wall ſind zweyerley / nemlichen brei - te / wodurch man nebſt den Soldaten auch Stuͤ - cke und ander Gereitſchafft in die Fanffebraye bringen und fuͤhren kan / und dann ſchmale / wo -durch34[347]Von dem Unter-Wall und ſo ꝛc. durch nur allein ein Mañ nach dem andern etwas gebuͤckt gehen kan. Die breiten Eingaͤnge muͤſ - ſen zum wenigſten 7. S. breit und hoch ſeyn / und werden ſolche gemeiniglich durch die mitten der Courtine des Haupt-Walles in die Fauſſebraye gemachet / wañ ſonſt kein Haupt-Thor durch die - ſelbe gehet; Solte aber ein recht Haupt-Thor daſelbſt ſchon dadurch gehen / ſo kan auſſer dem - ſelben zu beiden Seiten der Fauſſebraye ein breiter Eingang gemachet werden / um das grobe Ge - ſchuͤtz Ein - und Aus - zu bringen: Die ſchmahlen Aus - und Eingaͤnge in die Fauſſebraye koͤnnen am Ende der Flanque nahe dem Courtinen-Winckel 3. S. breit und 5. S. hoch durch den Haupt - Wall gemachet werden / damit man aller Orten auf dem Nothfall mit Mannſchafft und andern behoͤrigen Gereitſchafften ein und aus kommen / und Communication haben koͤnne.

Das VII. Cap. Von den Haupt - und andern Graͤben / wie auch von der Cuvette, deren Breite und Tieffe / und was ſonſt darbey in acht zu neh - men.

(1.) Fra -348Das VII. Cap.

(1.) Frage. Was ſind vor unterſchiedliche Meynungen wegen der Graͤben / und welche ſind der Hoͤhe und Tieffe nach die beſten?

DJe Meynungen der Ingenieurs wegen der Breite und Tieffe des Haupt-Grabens iſt wieder unterſchiedlich / denn einige belieben lie - ber tieffe und ſchmale Graͤben / andere hingegen Breite und flache Graͤben; Einige ziehen die Waſſer-Graͤben denen trockenen vor / andere a - ber ſtatuiren vielmehr das Gegentheil; Einige fuͤhren die Graͤben mit den facen parallel, andere aber nicht; Die Meynung nun eines iedweden anzufuͤhren / oder nach Gelegenheit mit Gegen - Gruͤnden umbzuſtoſſen / wuͤrde viel zu weitlaͤuff - tig ſeyn allhier aus zufuͤhren. Es iſt im vorigen ſchon gemeldet worden / daß ein breiter und tieffer Graben beſſer ſey / als zwey ſchmale und tieffe / weil ein Feind mehr Gefahr und Zeit muß haben ſolchen aus zu fuͤllen und zu pasſiren / als ein oder zwey ſchmale und tieffe andere Graͤben / maſſen man in einem breiten Graben allerhand Hori - zontal-Defenſion fuͤglich anlegen / und ſo wohl mit groben als kleinen Hand-Geſchuͤtz ſolchen tapffer beſtreichen kan. Daß nun wohl dieſe Meynung unter allen andern die beſte ſey / wird keiner leicht negiren / der bey einer und andernAction349Von den Haupt - und andern Graͤben. Action geweſen / wo es einiger maſſen ſcharff her - gangen; uͤber dieſes werden auch bey einem ei - nem einigen wohl angelegten Graben viel Unko - ſten erſparet / welche ſonſt bey doppelten Graͤben nothwendiger weiſe mehr wegen der Rovetirung muͤſten angewendet werden.

(2.) Frage. Welche Graͤben ſind denn einander vor zu ziehen / die trockenen oder die Waſſer-Graͤben?

Es wird hieruͤber von denen Kriegs-Bau - Verſtaͤndigen viel diſputiret / ob die trockene de - nen Waſſer-Graͤben / oder dieſe hingegen denen andern fuͤr zu ziehen ſind / und gehen die meiſten dahin / daß man bey groſſen Feſtungen lieber tro - ckene Graͤben / bey kleinen Feſtungen aber lieber Waſſer-Graͤben machen ſolle / aus den Urſachen weil in groſſen Feſtungen nothwendig auch groſ - ſe Garniſonen ſeyn muͤſte / welche denn bey Belaͤ - gerung pflegten vielmahl aus zu fallen / dahero es deñ ſicherer / wenn ſie ſich uͤber einen trockenen Graben auch bald wieder reteriren koͤnten; Bey kleinen Feſtungen aber / worinnen auch eine ge - ringe Garniſon waͤre / thaͤte man nicht ſo viel Aus - Faͤlle / und haͤtte dieſe Paſſage uͤber den Graben nicht ſo ſehr von noͤthen / ſo waͤre es auch dem Feinde viel beſchwerlicher uͤber einen Waſſer - Graben zu pasſiren / und das miniren anzubrin - gen / als bey einen trockenen. Dieſen allen aberohn -350Das VII. Cap. ohngeachtet iſt billig dafuͤr zu halten / daß ſo wohl bey kleinen als groſſen Feſtungen die trockene Graͤben den andern Waſſer-Graͤben fuͤr zu zie - hen ſind / weil man nicht allein in denſelben / wel - ches zwar in den Waſſer-Graͤben auch geſche - hen kan eine Cuvette von 15. und mehr S. breit und von 12. und mehr S. tieff / ſondern auch al - lerhand andere Defenſiones anlegen kan / ſolche im Fall der Noth nachdruͤcklichen zu defendiren und dem Feinde die Paſſage zu verwehren / da man im Gegentheil bey den Waſſer-Graͤben zu Win - ters Zeit wenn Feindes Gefahr ob handen / im̃er zu thun hat / und ſolche fleißig eiſen muß / auch kan man ſie wenn nur ſtehend Waſſer darinnen / bald ausfuͤllen und pasſiren. Was mich anlan - get bin ich der Meynung daß es gut gethan heiſſe / wenn man in der Mitte eines trockenen Grabens nicht allein eine Breite und Tieffe Cuvette durch gaͤngig machet / und ſolche revetiret / ſondern auch uͤber dieſelbe nach der Feſtung zu eine Bruſtweh - re von 6. S. breit und 6. S. hoch anleget / ſolche innerlich verpalliſadiret / daß nur die Spitzen der Palliſaden einen S. hoch vorgehen / und etwan ei - nen S. breit bey der Cuvette zur Berme laͤſ - ſet / ſo wird der Graben mit dem Hand-Gewehr horizontal genug defendiret werden koͤnnen. Was die Artillerie andetrifft / welche auch an der untern Horizontal-Defenſion in Graben nicht ermangeln darff / es ſey der Graben gleich trocken oder voll Waſſer / muß man in die Gallerien un -ten351Von den Haupt und andern Graͤben. ten bey den Flanqven ohngefehr 8. S. hoch ſolche Gewoͤlber anlegen / und 2. oder 3. ſchieß Loͤcher durch die Futter-Mauer durch brechen / oder aber alleine bey einem trockenen Graben eine Bruſt von 8. S. hoch / und ohngefehr 2. R. lang / auch 6. S. breit iedoch daß der innere Raum 12. S. breit bleibe / unten an der Flanquen von auſſen bey dem Courtinen-Winckel anlegen / auch ſolche oben wohl bedecken / damit man darinnen ſicher mit 2. kurtzen Stuͤcken auf Schiff-Laveten agi - ren und den Graben aller Orten uͤber die untere Bruſt beſtreichen koͤnne.

(3.) Frage. Jſt es beſſer daß der Graben mit der Face parallel lauffe oder nicht?

Diejenigen ſo kurtze und reterirte Flanqven, Ca - ſematten oder Orillons machen und belieben / die fuͤhren gemeiniglich den Graben Parallel mit den Facen, weil ihre Flanqven nicht lang und wohl proportioniret ſind mit den andern Theilen der Feſtung: Diejenigen aber ſo rechte proportio - nirte lange Flanqven machen / um eine nachdruͤck - liche hohe Defenſion auf dem Land-Horizont hin - aus zu haben / muͤſſen auch nothwendiger weiſe den Graben nach der Courtine zu wei - ter fuͤhren / als er etwan vorne bey der Boll - wercks-Spitze iſt / damit ſie auf den Nothfall auch ſolchen von der hohen Defenſion einiger maſ -ſen352Das VII. Cap. ſen beſchieſſen koͤnnen. Was mich anlanget gebe ich der Breite des Grabens in der Mitte vor der Courtine die Laͤnge von einer Haupt-Face o - der flanqve aus den Schuͤtzen-Punct anzurech - nen / vorne aber an der Bollwercks-Spitze nehme ich zur Breite des Haupt-Grabens 80. S. und zur Tieffe 24. S. ſo iſt der Graben an allen Or - ten nicht allein breit und tief genug / ſonder er - laͤuffet auch nicht mit den facen parallel, und kan alſo von der obern und untern Defenſion der flan - qven wohl beſtreichen und defendiret werden.

(4.) Frage. Wie muͤſſen denn die Graͤben der Auſſen-Wercke beſchaffen ſeyn / und iſt es beſſer daß ſolche mit den Haupt-Gra - ben auf einen gleichem Horizont fortgehen oder nicht?

Es muͤſſen die Auſſen-Wercke einer Feſtung ſo wohl auch ihre beſondere Graͤben ha - ben / als die Haupt-Wercke / ob wohl nicht ſo breit als die Haupt-Graͤben / weil die Auſſen - Wercke auch nicht ſo ſtarck und groß pflegen an - geleget zu werden als die inneren Wercke. Ge - meiniglich nimmet man die Helffte von dem Haupt-Graben / nehmlichen bey den Facen forne an der Bollwercks-Spitze / zur Breite der Graͤ - ben vor die Auſſen-Wercke welche Breite denn bey den Auſſen-Wercken mit allen Linien Pa - rallel laͤuffet / aus genommen wenn gantze und halbe Baſtions, als wie bey den Cron und Horn -Wer -353Von den Haupt und andern Graͤben. Wercken vorhanden ſind / ſo wird auch dieſer Graben vor der Courtine, in ſo weit von dem Schuͤtz-Punct an eine Flanque lang breit gefuͤh - ret / daß die Flanqven ſolchen aller Orten unver - hindert beſtreichen koͤnnen. Was ſonſt die Tieffe des Grabens vor den Auſſen-Wercken anbelanget / iſt es ſicherer und beſſer / daß ſolcher in gleichem Horizont mit dem Haupt-Graben fortgehe / als daß er etwan einen Abſatz habe von etlichen S. hoch / und nicht ſo tief gefuͤhret werde als der Haupt-Graben / denn ſonſt kan er von der angelegten Horizontal-Defonſion im Haupt - Graben nicht beſtrichen werden / und wuͤrde eine ſolche gelaſſene Hoͤhe / ſo wohl vor ſich ſelbſt / als auch dem Haupt-Graben nur ſchaͤdlichen ſeyn.

(5.) Frage. Was zu thun / wenn eine Feſtung nicht auf einen gleichen Horizont erbauet / und der Graben auch am Horizont ungleich iſt?

Wenn der Horizont eines Haupt-Grabens ungleich iſt / ſo muß man wiſſen / ob der Graben trocken iſt / oder ob er Waſſer hat; Jn einem tro - ckenẽ ungleichẽ Graben muß man entweder ſolchẽ verlohren aus ebnen / oder aber zumahl an den Schulter-Winckeln Abſaͤtze und Caponnieren drein machen / und ſolche verpalliſatiren / damit man aus ſolchen den Graben vor den Facen Hori -Zzon -354Das VII. Cap. zontal beſtreichen koͤnne: Waͤre aber der unglei - che Graben voll Waſſers / ſo muß man nothwen - dig vor denen Bollwercks-Spitzen gute ſteinerne Traverſen und ſo genannte Baͤre machen / damit der Ablauff des Waſſers koͤnne gehemmet / und auch durch dieſelben vermittelſt eines Lochs ge - buͤhrend ausgefuͤhret werden.

(6.) Frage. Wie muͤſſen denn dergleichen Tra - verſen, Daͤmme und Baͤre in die unglei - chen Waſſer-Graͤben angeleget und gemachet werden?

Wenn man die Bau-Unkoſten erſparen / und keine ſteinerne Baͤren in die ungleichen Waſſer - Graͤben machen will / kan man nur lange und ho - he Kaͤſten / ſo breit und hoch der Graben und das Waſſer iſt / von ungefehr 12. S. breit aus zuſam - men geſchlagenem Zimmer-Holtze verfertigen / ſol - che inwendig und auswendig wohl verpichen / und den inwendigen Raum mit Thon oder Lettig einſtampffen und ausfuͤllen laſſen: Jn der Mitte dieſes Dammes muß ein viereckigter hoͤltzerner Canal von eines halben S. breit und hoch zum Em - pfang und Ablauff des Waſſers von der Hoͤhe nach der Tieffe des Grabens gefuͤhret / und endli - chen oben in Form eines Daches / ſo mit Bretern beſchlagen / zugemachet / auch mit einem hoͤltzer - nen oder eiſernen Gatter oben in der Mitten ver - wahret werden / damit Niemand auf demſelbenweder355Von den Haupt - nnd andern Graͤben. weder an die Feſtung kommen / oder von ſolcher ausſteigen koͤnne. Ob nun wohl dergleichen Daͤmme nicht zu verwerffen / ſie auch nicht ſo viel Unkoſten verurſachen / als die ſteinernen ſo ge - nannten Baͤren / ſo dauren ſie auch hingegen nicht ſo lange als dieſe / und hat man ſonſt daran im - mer zu beſſern / die ſteinerne Baͤren koͤnnen auch von 8. biß 12. S. breit angeleget / und die auswen - digen Seiten mit zuſammen geklammerten Qua - der-Steinen gemachet werden; Jn der Mitten muß gleichfalls ein Abfall zum Waſſer ſeyn / in - gleichen auch ein Maſſiv-runder Thurm von 5. o - der 6. S. nach dem Diameter breit / und 6. S. hoch / welcher zu oberſt in der Mitte auf dem Baͤren / ſo auch ſcharff / wie ein Dach oben formiret / kommen muß / damit uͤber demſelben Niemand weder ein / noch ausſteigen koͤnne.

(7.) Frage. Was iſt ſonſt wegen des Auf - und Abkommens in dem Graben ſo wohl fuͤr Infanterie, als Cavalerie, wie auch vor das grobe Geſchuͤtz und andere Waͤgen in acht zu nehmen?

Wenn man eine Feſtung in allen Stuͤcken wohl anlegen will / muß man ſonderlich auch auf die Ausfaͤlle und Retiraden wohl Achtung geben / damit hierunter kein einiger Mangel und Verſe - hens vorgehen moͤge / indem zur Zeit einer Bela - gerung daran ſehr viel mit gelegen iſt. Man mußZ 2aber356Das VII. Cap. aber nicht alleine Aparelles und Auffarten von 8. biß 10. S. breit vor die Cavalerie oder grobes Ge - ſchuͤtz und andere Waͤgen / darmit von den Maſſi - ven Ravelinen bey den Haupt-Bruͤcken in dem Graben / und aus demſelben bey den eingehenden Winckeln in den bedeckten Weg zu kommen; ſon - dern auch ſchmahle Sorties und Retiraden vor die Infanterie haben / damit keines zur Zeit der Noth das andere hindern moͤge. Die Aparelles und Auffarten nun gebuͤhrend zu machen und anzu - bringen / muß ſolches / wie geſagt / bey allen ein - lauffenden Winckeln der Contreſcarpe, und von den Haupt-Bruͤcken geſchehen / und kan man bey dem Ein - und Ausgange ſolche mit einem ſtarcken Gatter vermachen / damit nicht ein iedweder auf denſelben ein - und ausreiten und gehen / und ſol - che einiger maſſen damit ruiniren moͤge. Die Sor - ties hingegen fuͤr das Fuß-Volck muß man bey de - nen ausgehenden Winckeln der Contreſcarpe fuͤr den Bollwercken anbringen / und weil der Haupt - Graben mit Steinen billig ſoll revetiret ſeyn / ſo koͤnnen auch einfache oder doppelte ſchmahle ſtei - nerne Treppen daſelbſt angeleget und aufgefuͤh - ret werden / dergeſtalt / daß fuͤglich ein Mann nach dem andern auf ſolchen auf - und abſteigen koͤnne. Wenn ſonſt zwey Graͤben vor einer Feſtung ſol - ten angeleget ſeyn / muß die Communication von einem in den andern entweder aus der Mitte der Courtine, oder an beyden Enden derſelben nahe an den Flanquen gefuͤhret werden.

Das357Von dem bedeckten Weg / deſſen Breite.

Das VIII. Cap. Von dem bedeckten Weg / deſ - ſen Breite und Beſchaffenheit / wie auch von der Bruſtwehr in demſelben / und dem Glacis.

(1.) Frage. Jſt denn der bedeckte Weg eine nuͤtz - liche Sache bey einer Feſtung?

D der bedeckte Weg bey einer wohl erbau - ten Feſtung ein hoͤchſtnoͤthiges und nuͤtzli - ches Werck ſey / wird Niemand von denen Kriegs - Verſtaͤndigen leugnen koͤnnen / weil aus ſolchen das Glacis horizontal muß beſtrichen / und des Feindes Annaͤherung durch die Lauff-Graͤben / ſo viel moͤglich / verwehret und aufgehalten werden; Dahero viele eine belagerte Feſtung wollen ſchon halb verlohren geben / wenn der bedeckte Weg vom Feinde eingenommen worden: Jn Betracht deſſen nun ſind einige von denen Kriegs-Bau - Verſtaͤndigen auf die Gedancken gerathen / daß / um mehrere Zeit zu gewinnen / den Feind aufzu - halten / man lieber zwey bedeckte Wege und Gla - cis um eine Feſtung machen ſolte / als nur einen ei - nigen: Weil aber dieſes ein ſehr weitlaͤufftiges Werck ſeyn wuͤrde / welches ſich nicht allezeit we - gen des wunderlichen Terrains duͤrffte thun laſ - ſen / ſo iſt es beſſer / daß man nur einen recht guten bedeckten Weg vor eine Feſtung mache / und das Glacis daraus tapffer defendire.

Z 3(2.)358Das VIII. Cap.

(2.) Frage. Wie ſoll denn ein rechter bedeckter Weg gemachet und angeleget werden?

Es iſt gewiß / daß bey Verfertigung der bedeck - ten Weges von denen Ingenieurs bißhero groſſe Fauten fuͤrgangen ſeyn / indem ſie nicht allein ſol - chen viel zu ſchmahl und nicht breit genug gema - chet / auch deſſen Bruſt / und Places d armes nicht wohl angeleget und verwahret / welches ich all - hier weitlaͤufftig auszufuͤhren nicht vor noͤthig achte / und gerne einen iedweden bey ſeiner Mey - nung deßwegen laſſen will. Was mich anlanget / mache ich um eine Haupt-Feſtung / wo Platz und Terrain genug iſt / den bedeckten Weg in allen 60. S. breit / ſo kan man ſich auf den ſelben in allen mit auf / ab / contremarchiren und chargiren recht be - thun / und muß der Feind viel Zeit und Muͤhe ha - ben / ehe er unter ſolchen ſeine Sappe verfertiget: Auf dem ſelben aber ſchneite ich zur nechſt der Contreſcarpe 6. S. tieff und 10. S. breit / einen Gang ein / ſo bekomme ich alſo in der Kuͤrtze und Enge ohne groſſe Unkoſten gleichſam zwey be - deckte Wege / nemlich einen aͤuſſerlichen / welcher das Glacis defendiret / und einen innerlichen / wel - cher eigentlich den rechten bedeckten Weg und deſſen Bruſt beſtreichet. Beyde Bruſtwehren nun dieſes bedeckten Weges / muͤſſen ihre gebuͤh - rende Boͤſchung / Vorſetzung mit Waaſen / Ver -palli -359Von dem bedeckten Weg / deſſen Breite. palliſadirung und Baͤncke haben / auch koͤnnen ſol - che beyde zur Zeit der Noth an den Orten / wo die Ataquen zu vermuthen und geſchehen / oben als halbe Caponnieres fuͤr den Hand-Grenaden bede - cket werden. Die Bruſtwehre auf dem aͤuſſerſten bedeckten Weg kan einige S. hoͤher ſeyn als ordinaͤre / ingleichen muß man auch vor allen Bollwercks-Winckeln eine Traverſe von 6. S. breit / und ſo viel hoch auf die Breite des bedeck - ten Weges anlegen / damit der Feind / ſolchen / weil er ziemlich breit iſt / weder in Fronte, noch in Flanque von weitem beſtreichen und enfiliren koͤnne.

(3.) Frage. Jſt es denn nicht noͤthig / daß man bey den eingehenden Winckeln auch Tra - verſen, und in die ausgehende Winckel Bonnets mache / die langen Linien mit aus - geſetzten Flanquen verſehe / und dop - pelte Verpalliſadirung mache?

Weil das Geſicht aller Orten einer Feſtung uͤber die noͤthige Defenſion frey ſoll verbleiben / da - mit man alles wohl entdecken / und der Feind keine Bedeckung finden koͤnne / ſo iſt gar nicht zu loben / daß man auf dem bedeckten Weg / zumahl / wenn er nicht recht breit iſt / viel vermeynte Defenſions - Wercke anlege / welche vielmahl ſchaͤdlicher / als nuͤtzlicher ſeyn; Denn was erſtlichen den verpal -Z 4liſa -360Das VIII. Cap. liſatirden Gang nahe der Bruſtwehre in dem be - deckten Weg anlanget / iſt ſolcher vielmehr den Belaͤgerten ſelbſt ſchaͤdlicher / als nuͤtzlicher; Weil ſie darein eingeſperret / und bey Beſtuͤrmung des bedeckten Weges groſſen Verluſt ausſtehen / auch ſich mit groͤſter Confuſion und langſam re - teriren muͤſſen / und waͤre einiger maſſen ſolcher verpalliſatirder Gang noch wohl zu loben / wenn er nur oben auch fuͤr den feindlichen Hand-Grena - den bedecket waͤre / als welche bey deren Einwerf - fen / in ſolchem zugemachten Gange dem Feinde groſſen Abbruch thun / zu geſchweigen der vielen Palliſaden / ſo alſo unnuͤtzlicher Weiſe enployret werden. Die Bonnets vor den Bollwercks-Win - ckeln geben einem Feinde mehr Bedeckung / als daß man gute Defenſion davon nehmen kan / weil hinter ſolchen gemeiniglich wenig Raum fuͤrhan - den / und das Volck vom Feinde davon kan leicht abgetrieben werden / wenn er nur mit Hand-Gre - naden tapffer darein ſpielen laͤſſet; Hat ſich denn der Feind ſolcher einmahl impatroniret / ſo hat er vor ſich eine gute Bedeckung / woraus er hernach deſto eher den Graben recognoſciren und in ſol - chen kommen kan. Viel Traverſen auch in dem bedeckten Weg zu machen / beſondern zu beyden Seiten der eingehenden Winckel / giebt zur De - fenſion wenig Vortheil / dem Feinde aber nach Gelegenheit abermahls viel Bedeckung; Denn gleich wie der Feind / wenn er den bedeckten Weg beſtuͤrmet / nicht etwan uͤber die Palliſaden in den -ſelben361Von dem bedeckten Weg / deſſen Breite. ſelben einſpringet / auf dieſen hermarchiret / und ſolchen inwendig Fuß fuͤr Fuß ſuchet zu gewin - nen / ſondern in einer breiten Fronte auf dem Gla - cis alleine biß an die Bruſt deſſelben avanciret / und ſich daſelbſt verſchantzet und eingraͤbet / um von daraus den bedeckten Weg vor ſich reine zu behal - ten und zu beſtreichen; Als ſind dergleichen Tra - verſen ohne Noth gantz unnoͤthig und unnuͤtzlich / weil ſie von Seiten des Glacis gantz koͤnnen enfili - ret werden: Ein anders waͤre es / wenn der Land - Horizont um die Feſtung bergigt und uneben waͤre / und man den bedeckten Weg von einer Hoͤ - he wohl entdecken und beſtreichen koͤnte / auf ſol - chem Fall iſt es allerdings noͤthig / daß man von gewiſſen R. zu R. einige Traverſen, auf alle Winckel und Linien des bedeckten Weges anlege. Nach meiner Manir aber / da der bedeckte Weg ſehr breit iſt / muß man allezeit eine Traverſe in dem auslauffenden Winckel vor die Bollwercks - Spitzen legen / damit ſolche fuͤr dem feindlichen Einſtreichen um ſo viel mehr bedecket ſeyn. Was die bloſen ausgeſetzten Flanquen, zumahl / wenn ſie Perpendicular ſind / auf dem bedeckten Weg an - langet / ſind ſolche gantz nichts nuͤtze / weil ſie von der Seiten und von hinten zu enfiliret ſeyn bey Beſtuͤrmung der Contreſcarpe, dahero es beſſer / wenn lange Facen an einer Feſtung fuͤrhanden / da auch nothwendig lange Linien in dem bedeckten Wege folgen muͤſſen / daß man auf ſolche uͤber die Places d armes noch zwey Facen oder Bonnet auf -Z 5ſetze /362Das VIII. Cap. ſetze / und alſo ſolche daraus beſſer verdeckt beſtrei - che: Wenn aber die Facen mit den Flanquen wohl proportioniret / und die Places d armes groß und weit genug angeleget ſind / hat man weder der ausgeſetzten Facen noch Flanquen auch in dem be - deckten Wege weiter gar nicht noͤthig / weil die zwiſchen liegenden Linien von den groſſen Places d armes zur Genuͤge koͤnnen beſtriechen wer - den.

(4.) Frage. Was iſt und heiſt man das Glacis und wie breit ſoll man ſolches ma - chen umb eine Haupt-Fe - ſtung?

Das Glacis iſt nichts anders als die Abda - chung der Bruſt des bedeckten Weges / auf wel - ches der Feind durch ſeine approchen ſich bemuͤhet zu kommen / und hernach wenn er ungefehr noch 80. biß 100. gemeiner Schritte / oder auch noch weniger von dem bedeckten Wege iſt / ſolchen mit einer Furie beſtuͤrmet; Dahero es denn noͤthig iſt und insgemein von allen Kriegs-Bau Ver - ſtaͤndigen approbiret wird / wenn man das Glacis, ſo viel als es moͤglichen iſt / und es die Gelegenheit des umliegenden Landes zu laſſen will / weit und breit allmaͤhlig abhangend in das Feld hinaus fuͤhre / da mit man den Feind auf ſolchen von wei - ten wohl entdecken / und ihn obligiren koͤnne / daßer363Von dem bedeckten Weg deſſen Breite. er ſeine Lauff-Graͤben um ſo viel weiter anfan - gen und fuͤhren muͤſſe / wodurch denn die Bela - gerten bey einer Ataqve viel Zeit gewinnen / der Feind aber hingegen ſolche zu ſeinem Nachtheil verliehren / auch groſſe Unkoſten auf wenden muß. Wenn es anders ſeyn kan / ſoll man un - ter hundert gemeiner Schritte zu der Breite des Glacis nicht nehmen / wohl aber daruͤber gehen / und ſolches breiter machen / weil die breiten den ſchmalen aus ob angefuͤhrten Urſachen billig fuͤr zu ziehen ſind.

(5.) Frage. Was iſt davon zu halten / wenn man am Ende des Glacis einen kleinen Graben fuͤhret / damit das Glacis von Reiten und Fahren nicht ruiniret werde?

Das an der Conſervation des Glacis, ſo wohl als anderer Wercke viel gelegen / damit ſolche in ihrem rechtem Stand verbleiben / und nicht rui - niret werden moͤgen / iſt nicht zu leugnen; Daß aber hingegen einige Ingenieurs einen aparten Graben deßwegen um das Glacis gantz herum fuͤhren wollen / iſt nicht zu billigen / ſintemahl bey einer Belagerung ein ſolcher Graben dem Fein - de eine gute Bedeckung gibt / woraus er mit gu - ten Effect ſeine approchen gegen die Feſtung fuͤh - ren kan; Jſt dahero am beſten / wenn man zuFrie -364Das IX. Cap. Friedens-Zeiten zur converſation des Glacis, an Statt eines ſchaͤdlichen Grabens / welchen man im Fall der Noth nicht gleich wieder ausfuͤllen kan / ein Gelaͤnder von bloſſem Bau-Holtze da - rum machet / oder doch zum wenigſten auf die Hoͤ - hen und Schaͤrffen des Glacis bey denen aus und eingehenden Winckeln / ſo lange Barrieren ſetzet / als das Glacis breit iſt / in Kriegs-Zeiten aber ſol - che gleich wieder weg nimmet / damit man das Geſicht frey habe / und der Feind den geringſten Vortheil auch nicht haben moͤge.

Das IX. Cap. Von dem Thoren / Sortien und Ausfaͤllen / ingleichen von Schutz oder Fall-Gattern und Baͤumen / wie auch von dem Fall - und andern Bruͤ - cken / deren Hoͤhe und Breite / auch was ſonſt dabey in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Soll man auch in eine Feſtung viel Haupt-Thore und andere Ausgaͤnge machen?

?? MAn ſoll in eine rechte Feſtung / die von groſ - ſer Importans und ſonſt keine Handel -Stadt365Von dem Thoren / Sortien und Ausfaͤllen. Stadt iſt / ohne Noth und Nutzen nicht viel Haupt-Thore und Ausgaͤnge machen / weil der Wall nicht alleine dadurch ſehr geſchwaͤchet wird / ſondern man auch hierzu groſſe Unkoſten aufwenden / viel corps de garde machen / und eine ſtarcke Garniſon zur Beſatzung der vielen Wach - ten halber halten muß / und iſt es ſchon genug / wenn allezeit uͤber drey Bollwercke ein Haupt - Thor auf das feſte Land zu gemachet wird / es waͤren denn nothdringende Urſachen verhan - den / daß man gezwungen waͤre / dergleichen mehr anzulegen. Weñ die Feſtung nahe an einer Seite einen ſtarcken Fluß hat / ſo koͤnnen daſelbſt nach Gelegenheit und Nutzen etliche Thore in kurtzen Diſtantzen von einander angeleget werden / weil gemeiniglich ſolche nahe Waſſer-Seiten der Fe - ſtung nicht mit einem Haupt-Walle / ſondern nur mit einer ſtarcken Bruſt pflegen bedecket zu werden / davon an ſeinem Orte ſchon mit meh - rern ſoll gehandelt werden.

(2.) Frage. Um welche Gegend der Feſtung ſol - len denn die Thore durch gefuͤhret / auch ihrer Hoͤhe / Breite / und anderer Be - ſchaffenheit nach gemachet wer - den?

Wenn man eine gantz neue Feſtung anlegen / und in ſelbige eine Stadt anbauen will / ſoll manordent -366Daß IX. Cap. ordentlicher weiſe die Haupt-Thore aus der Mit - te der Courtine, durch den Wall durch etwas ſchraͤge fuͤhren / weil die Durchgrabung des Walles daſelbſten in ſeiner Deſenſion gar nicht geſchwaͤchet / der Graben auch alda am breiteſten iſt / und ſo wohl die Bruͤcke als das Thor dieſer Gegend von beiterſeits anliegenden Bollwercks Flanqven am beſten koͤnnen beſtreichen und von einem Ravelin bedecket werden: Solte man a - ber ſchon erbaute alte Staͤdte mit einer Fortifi - cation umbgeben muͤſſen / und es ſich nicht allezeit wegen fuͤrſichtiger Anlegung der Bollwercke ſchi - cken wolte / daß man die Thore durch die Mitte der Courtine wie billig fuͤhren koͤnte / weil die Haupt-Straſſen und Gaſſen / der zuvor laͤngſt erbauten Stadt nicht darauf Correſpondirten / ſo ſoll man doch dahin bedacht ſeyn / wie man fuͤg - lich an einem Orte durch die Courtine, nicht aber durch ein Bollwerck / die Thore ausfuͤhre / weil das Bollwerck und deſſen Linien hierdurch ſehr geſchwaͤchet werden / und iſt es beſſer die Boll - wercke etwas naͤher oder weiter an und von ei - nander zu legen / und durch die Courtine nahe an einer Flanque ein Thor zu machen / als etwan bey Anlegung der Bollwercke an eine ſo geringe Di - ſtantz / als ein Thor ſeiner Breite nach aus tra - gen moͤchten / ſich ſo ſehr zu binden / und das Thor entweder durch die Flanquen, oder gar durch die Facen der Bollwercke / welches am allerſchaͤd - ligſten iſt / durch zu brechen / weil heut zu tage ge -mein367Von dem Thoren / Sortien und Ausfaͤllen. meiniglich und mehren Theils die Ataqven auf derſelben Facen gefuͤhret werden / da dann der Feind an dergleichen Wercken / und bey ſo geſtal - ten Sachen ſchon eine zimliche Breche in das Bollwerck ſindet / deſſen Bruſtwehr er hernach umb ſo viel eher ruiniren und faͤllen kan; Wie wohl auch nicht zu laͤugnen / daß man die Gewoͤl - ber der Thore unter dem Walle dergeſtalt mit langen Eichbaͤumen / Erde / Miſt / Steine / Sturm-Kaͤſten und andern Sachen alſo ver - daͤmmen und verbauen kan / daß dadurch nicht ſo leicht eine Breche oder Paſſage zu machen / wie man ſichs wohl einbilden duͤrffte / der obere Bogen a - ber / und Wall nebſt der Bruſtwehr koͤnnen den - noch eher gefaͤllet und ruiniret werden / als wann der Wall gantz Masſiv woͤre. Die Breite der Haupt-Thore kan von 14. biß 16. S. die Hoͤhe aber von 16. biß 18. S. ſeyn; Die Breite des in wendigen Gewoͤlbes unter dem Wall kan ohn - gefehr 18. die Hoͤhe aber 20. S. ſeyn; Das Gewoͤl - be oben an ſich ſelber kan etwan 4. oder 6. S. von Steinen dicke gemachet werden / worauf hernach der uͤbrige Wall und die Bruſtwehr kommen muß: Dieſer Gang kan auch durch den Wall mit einem Winckel gefuͤhret werden / damit allen Falls eine Stuͤck-Kugel nicht gleich durch kan geſchoſſen werden. Wenn der Gang lang und ſehr fuͤnſter iſt / kan man oben durch den Wall Gang in der Mitten ein rundes oder viereckigt Loch / welches mit einem ſtarcken eiſern Gatterauff368Das IX. Cap. auff dem Wall-Gange muß verſehen ſeyn / ohn gefehr in Diameter 2. biß 2. ½. S. weit machen / damit man Licht und Lufft in ſolchen gewoͤlbten Gang bekomme. Kan ſolcher Gang etwan aus Mangel der Steine bey einem kleinem Wercke nicht gewoͤlbet werden / muß man ſolchen mit ſtarck eichenen Pfoſten und Bretern nur ausfuͤttern / bey einem groſſen Haupt-Werck a - ber ſoll er billig mit Steinen gewoͤlbet ſeyn / da - mit er eine ewige Dauer haben moͤge.

(3.) Frage. Wie ſollen denn die Portale an die Statt-Thore / inglelchen die hoͤltzerne Th[]- und Thore gemachet werden / und was iſt von den eingeſchnittenen kleinen Pfoͤrtlein zu halten?

Die Haup-Thore an einer Satt und Feſtung ſollen ſo wohl von innen / als auſſen / umb mehres Anſehens halber mit ſtarcken ſteineren Portalen àla ruſtica / und uͤber dem Bogen oben mit des Landes Herrn / oder Statt / Wappen / ingleichen mit U - berſchrifften / wañ ſolche erbauet / oder erobeꝛt woꝛ - den / gezieret werden. Am Fuße des Portals muͤſſen allezeit groſſe Steine mit ſtarcken euſern Schinen geleget / ſo 1 ½ biß 2. S. herfuͤrgehen / oder ſonſt alte euſerne Stuͤcke in die Hoͤhe / doch etwas ſchrege geſetzet werden / damit das Portal durch das Ein - und Ausfahren / keinen Schaden leide. Das Holtz -Werck369Von den Thoren / Sortien und Ausfaͤllen. Werck zu dem Thoren und Thuͤren ſoll von Ei - chen ſeyn / und muͤſſen ſolche mit 2. oder 3. ſtarcken Bretern / vermittelſt ſtarcker eiſerner Baͤnde und groſſer Naͤgel / welche ſtarcke erhobene Kuppen ha - ben / nach ordenlichen Reichen feſte zuſammen geſchlagen / oder wohl gar die euſſerſte Seit mit ſtarcken eiſſern Blechen uͤberzogen werden / da - mit ſolche fuͤr Feuer und Muſqueten ſicher und Schuß frey ſeyn moͤgen. Die kleinen Pfoͤrtlein / ſo in die groſſen Thore eingeſchnitten worden / ſind nicht zu loben / maſen ſolche nur die groſſen Haupt - Thore ſchwaͤchen / dahero pfleget man an deren Stadt heut zu Tage neben Gaͤnge zumachen / mit einer beſonderen kleinen Fall-Bruͤcken / zum Ein - und Auslaſſen der Poſten / wenn die groſſen allbe - reit geſchloſſen ſind / und werden ſolche ungefehr 6. biß 7. S. hoch und 3. oder 4. weit gemachet. Alle Thuͤre und Thore muͤſſen mit ſtarcken eißernen Angeln / Baͤndern und Schloͤßern wohl verſehen werden / damit hirunter im geringſten kein Man - gel fuͤrfallen moͤge.

(4) Frage. Was nennet man denn die Schutz - Gatter und Fall Baͤume / und wie werden ſolche appliciret und ge - brauchet?

Die Schutz-Gatter und Fall-Baͤume ſeynd gewiſſe Machinen / welche man zu eußerſt der in -A awen -370Das X. Cap. wendig Thore gemeiniglich pfleget anzumachen / und ſolche in die Hoͤhe an gewiſſe Ketten und Wall-Baͤume inwendig aufzuziehen / damit man ſolche im Fall der Noth koͤnne wieder zu mehrerer Beſchuͤtzung der Thore herunter fallen laßen. Die Schutz-Gatter koͤnnen nicht alleine von einge - ſchnittenen und zuſammen gefuͤgten eichenem Holtze ſeyn / ſondern man kan ſie auch in Form ei - nes Gatters von gantzen Eißen machen. Die Fall - Baͤume werden nur neben einander oben und un - ten durch Qver-Hoͤltzer feſt angemachet / deren Ende unten / wie auch bey den Gattern ſpitzig ſeyn / und mit Eißen / beſchlagen werden. Dergleichen Machinen nun haben ſich die Alten zur verwah - rung ihrer Thore / weil mehrentheils die Ataqven darauf gefuͤhr[e]t / und die petarden daran ange - henget worden / ſehr bedienet? heut zu tage aber kommen ſolche in keinen ſonderlichen Gebr auch mehr / weil der Feind nicht vor gut befindet bey heutiger neuen Art-Feſtung Baues / die Ataqven auf die Thore zufuͤhren / es geſchehe den ſolches et - wan heimlichen in der Nacht bey einer Uber - rumpelung und concertirten Verraͤtherey mit gewiſſen Spionen und corrumpirten Leuten in der Feſtung.

(5.) Frage. Wohin und wie ſollen denn die Sor - tinen und Ausfaͤlle einer Feſtung ge - machet werden?

Die371Von den Thoren / Sortien und Ausfaͤllen.

Die Sortien und Ausfaͤlle werden ungefehr 7. biß 8. S. hoch von dem Horizont des Haupt-Gra - bens entwedeꝛ durch die Courtine nechſt der Flanqve oder durch die Flanque nechſt der Courtine / zumahl wenn die Bollwercke hohl ſind / und eine inwendige Gallerie haben / wie es billig ſeyn ſoll / gemachet / ie - doch alſo / dz der inwendige Gang unter dem Wal - le 4. S. Breit und 6. S. hoch ſey / die Thuͤr aber des Ausfalls durch die futter-Mauer / weñ deꝛ Gꝛaben revetiret iſt / muß nur 3. S. breit u. 4. [S.]hoch gelaßen werdẽ / damit nur ein man gebuͤckt dadurch genau gehen koͤnne / und muͤſſen die Tuͤhren davor auch von ſtarcken eichenen Holtze doppelt oder drey - fach gemachet / mit ſtarckem eißernen Bleche uͤber - zogen / und inwendig mit Baͤndern und Riegeln wohl verwahret werden. Wenn eine eußerliche Bruſt an den Flanqven unten in den Graben zu ei - ner horizontal Defenſion fuͤr die Artilleie vorhan - den / kan man die Auß - und Eingaͤnge durch dieſel - be machen / damit man nicht von noͤthen habe den Wall mit einer beſondere Sortie allzuſehr durch zu graben / wodurch er nur geſchwaͤchet wird / und muß man ſich bey dem Auß - und Einſteigen einer kleiner Leiter bedienen / in dem man nicht gerne fuͤr ſolche einige beſtaͤndige Treppen pfleget anzule - gen / weil ſie dem Feinde einiger Maßen koͤnten ei - nige Bedeckung und Vortheil geben.

A a 2(6.)372Das IX. Cap.

(6.) Frage. Auf Was weiſe und in was vor ei - ner Breite ſollen denn die Haup-Bruͤcken fuͤr denen Haup-Thoren / in gleichen auch die bey Bruͤcken angeleget und gemachet werden?

Nach dem die Haupt-Thore aus gewiſſen Ur - ſachen und an gewiſſen Orten durch den Wall ei - ner Feſtung gefuͤhret worden / davon im vorigen Meldung geſchehen / nach dem muͤſſen auch die Bruͤcken davor angeleget werden: Wenn die Tho - re durch die Mitte der Courtine gemachet worden / wie es billig ſeyn ſoll / werden die Bruͤcken dafuͤr uͤber den Graben auf das ſtumpffe Eck und ein - lauffenden Winckel der Contreſcarpe / oder wenn / wie billig / ein Ravelin davor lieget / gerade auf deſſen Kehl Punct zu gefuͤhret / ledoch al - ſo / daß ſie / ſo viel als es ſich leiden will / niedrig und geſenckt gemachet werden / damit ſie deſto mehr auſſer des Feindrs Geſicht und Geſchoß ſeyn moͤgen. Die Breite derſelben kan von 14. biß 18. S. ſeyn / die Laͤnge richtet ſich nach des Grabens Ober Weite / iſt nun die Bruͤcke ziemlich lang / werden auf ſolche zwey andere Fall-Bruͤcken gemachet / als nemlichen eine hart am Thore der Feſtung / und etwan eine in der Mitte der Bruͤcken / we - ſelbſt auch ein ſtarckes Gatter mit einẽ Uberhange muß verfertiget werden. Zu euſſerſt der Bruͤckenoder373Von den Thoren / Sortien und Ausfaͤllen. oder bey dem Duꝛchſchnitt des Glacis werden ſtaꝛ - cke Schlag der Zieh-Baͤume nebſt einem andern niedrigen Gatter gemachet / damit alles wohl verwahret ſey. Die Pfeiler zu den Haupt-Bruͤ - cken koͤnnen unten im Graben entweder von ſtar - cken eichenen Pfoſten / und auf einen ſteinern Mauren Fuß geſetzet / oder gar von Steinen ge - machet ſeyn; iedoch muͤſſen die ſteinern Pfeiler in der Mitte nicht durchbrochen / ſondern gantz und Masſiv ſeyn / auch alſo angeleget werden / daß man ſolche aus den Flanqven wohl beſtreichen / und der Feind keine Bedeckung dahinter finden koͤnne. Der Gang der Bruͤcken ſoll von ſtaꝛcken Holtze be - leget / mit Steinen darauf gepflaſter / und mit ei - nem Gelaͤnder an den Seiten verſehen ſeyn / damit alles beſtaͤndig und dauerhafftig verbleiben moͤge; Wenn man ſie nicht pflaſtern will / muͤſſen doch in der Mitte derſelben / wo gefahren wird 9. biß. 6. S. breite ſtarcke á parte Bretter oder Baͤume in die Qvere geleget werden / damit die Bruͤcke nicht bald ruiniret werde / keine gantz ſteinerne Bruͤcken aber mit Gewoͤlbern und Boͤgen ſoll man uͤber den Graben einer Feſtung machen / weil ein Feind ſich nur darunter verdecken / und man auch der - gleichen Bruͤcken in Nothfall nicht ſo leicht auff - raͤumen und einreiſſen kan / als die Hoͤltzernen: Ein anders waͤre es wenn ein ſtarcker Fluß durch - eine Feſtung ginge / oder zwey Feſtungen von ein - ander ſchiede / woruͤber man gar wohl eine ſtarcke ſteinerne Bruͤcke mit behoͤrigen ſtarcken PfeilernA a 3anlegen374Das X. Cap. anlegen kan und ſoll / iedoch muß man ſonderlich auff die Mitte derſelben / wenn ſie zumahl lang iſt / entweder nur zwey Facen ausſetzen / oder ein Blockhauß oder Baum / oder gar einen ſtumpffen Thurm mit einem Thor darauff bauen / damit man die Bruͤcke und den Fluß im Fall der Noth mit Stuͤcken und Hand-Gewehr auff und ab - waͤrts beſtreichen und defendiren koͤnne. Die Neben - und Bey-Bruͤcken auff die andern Rave - line, wohin keine Haupt-Bruͤcke gefuͤhret wird / muͤſſen uͤber einen Graben aus der Mitten der Courtine durch einen niedrigen und von ungefehr 8. oder 9. S. breiten Außgang von Holtze auch ſo breit und ſtarck werden / damit man ein ziemliches Stuͤck auff ſeiner laveten nach dem Ravelin brin - gen koͤnne. Jn einem trockenen Graben aber unterbleiben dergleichen Bruͤcken gaͤntzlich / weil man von dem Haupt-Bruͤcken allerhand gereit - ſchafften auff die Raveline bringen kan. Uber eine Cuvette kan man vor der Mitte der Courtine nur ein paar ſtarcke Bretter zuſammen ſchlagen und ſolche nebſt einen engen Ausgange durch die niedrige Bruſt im Graben an Statt einer Lauff - Bruͤcke gebrauchen / ſo man aber durch einen Strick muß koͤnnen auff und ablaſſen.

(7.) Frage. Wie werden denn die groß und klei - ne Fall - oder Aufzug-Bruͤcken gemachet?

Die375Von den Thoren Sortien und Ausfaͤllen.

Die groſſen Zug-Bruͤcken werden auf man - cherley Art verfertiget / indem man ſolche durch ein gewiſſes groſſes Rad auf den Seiten des Thors kan aufziehen oder ablaſſen / oder auch ſol - ches durch ein verborgenes. Gewicht verrichten / welches in eine hierzu à parte gemachte / und ſo ge - nante Wolffs-Grube unter dem Thore ſich nie - der laͤſſet; Gemeiniglich aber gebrauchet man darzu zween Zieh-Baͤume / die zweymahl laͤnger ſind / als das Thor hoch iſt / davor die Zug Bruͤcke angeleget / und muͤſſen dieſe Baͤume an einem En - de viel ſtaͤrcker ſeyn / als am andern / damit ſie das Gegengewicht der Zug-Bruͤcken recht geben koͤn - nen: Sie werden in der Hoͤhe / als ohngefehr die Bruͤcke lang iſt / mit einer Axe zu beyden Seiten an ſtarcke Pfoſten / Pfeiler / oder durchbrochene Mauer angemachet / und ſoll die Axe / worin die Armee gehen 14. biß 16. Daumen dicke ſeyn / wel - ches auch an der Bruͤcke ſelbſt muß obſerviret werden. Die Armee aber koͤnnen 6. oder 8. Zoll un - gefehr in der Dicke ſeyn; An die dicken Enden der Zich-Vaͤume werden zwey eiſerne Ringe ange - machet / und koͤmmt ein ſtarckes Creutz von Holtz darzwiſchen / welches die Baͤume in ihrer rechten Diſtantz nicht allein zuſammen haͤlt / ſondern auch um ſo viel beſſer das Gegen-Gewichte giebet / wenn man die Bruͤcke auf - und niederlaſſen will. Die dinnen Ende dieſer Baͤume muͤſſen ſo lang ſeyn als die Zug-Bruͤcke an ſich ſelber iſt / woran ſie auch mit Ketten angemachet werden / damitA a 4ma376Das X. Cap. man die Bruͤcke an den andern dicken Enden / woran auch zwey kurtze Ketten mit Ringen oder Stricke gemachet ſind / kan auf - und niederlaſſen. Die groſſen Fall-Bruͤcken muͤſſen von doppelten ſtarcken Bretern gemachet / und mit eiſernen Schienen in die Qvere ſtarck beleget werden / da - mit ſolche durch das Fahren nicht ſo leicht ruiniret werde. Die kleinen Fall-Bruͤcken bey denen Ne - ben-Thuͤren / werden nur von bloſſen ſtarcken einfachen oder doppelten Bretern gemachet / ſo breit und hoch / als ungefehr die Thuͤr ſelber iſt / und vermittelſt eines ſtarcken Seils und ange - machten Rolle in der Hoͤhe an einer Seiten auf - und abgelaſſen / auch zu beyden Seiten wegen be - ſorglicher Gefahr des Fallens mit einem Gelaͤnder verſehen / ſo man nach Belieben auflegen und wie - der wegthun kan.

Das X. Cap. Von Schilder oder Macht - Haͤußlein / Corps de garde, Caſernen, Magazinen / Pulver-Thuͤrmen und Zeug-Haͤuſern.

(1.) Frage. Wohin und wie ſollen denn die Schilder und Wacht-Haͤußlein angeleget und gemachet werden?

Die377Von Schilder oder Wacht-Haͤußlein /

DJe Schilder oder Wacht-Haͤußlein ſollen / wo nicht auf ieden Winckel der Boll - und an - dern Wercke / iedoch auf die Bollwercks - und Fa - cen-Winckel / item bey dem Aus - und Eingang der Thoren / Bruͤcken und Schlag-Baͤume / ent - weder von Steinen oder Holtze gebauet ſeyn / und zwar ſoll man die vom Holtze alſo machen / daß ſie ſich auf einen ſtarcken Zapffen in einem feſten in der Erde eingemachten hoͤltzern Creutze / umdre - hen koͤnnen / wohin man wolle. Gemeiniglich werden ſie 7. biß 8. S. hoch / und 3. biß 4. S. in Dia - meter weit gemachet; Oben werden ſie mit einem runden Dache bedecket / und mit einer engen offe - nen Thuͤr zum Eingang / ingleichen mit drey Loͤ - chern von einem halben S. hoch und breit zum Ausſehen verſehen / damit die Schildwachte aller Orten / wenn es windigt und Regen-Wetter iſt / daraus obſerviren koͤnne / was auf den anliegen - den Wercken und in Graͤben paſſire; Die Form an ſich ſelbſt kan rund / vier oder mehr eckigt ſeyn.

(2.) Frage. Wohin und wie werden denn die Corps de garden gemachet und erbauet?

Die Corps de garde werden inwendig der Haupt-Thore / ingleichen in die Bollwercke / in die Raveline, auf dem bedeckten Weg an die einge - hende Winckel / und anderer leeren Plaͤtze derA a 5Stadt378Das X. Cap. Stadt gemachet und angeleget. Die Weite und Laͤnge der Corps de garden, kan unterſchiedlich gemachet werden / nachdem auf einer iedern Poſt viel oder wenig Soldaten zur Wacht pflegen aufzuziehen / und rechnet man gemeiniglich auf ei - nen Mann in ſeinem Lager 3. S. in die Breite und 7. biß 8. Sch. in die Laͤnge / wornach man denn die Groͤſſe der Corps de garde proportioniren muß / ie - doch ungerechnet der Perſonen / ſo zu gewiſſen Stunden davon auf ihren Poſten ſtehen muͤſſen. Die Corps de garden, ſo inwendig der Feſtung an den Thoren und Ausgaͤngen vor oder in dem Wall / ingleichen diejenigen / ſo in die Bollwer - cke erbauet ſind / koͤnnen gantz von Steinen gema - chet und nach geſtalten Sachen gewoͤlbet wer - den; Die andern aber kan man nur von Bau - Holtze machen / und mit Ziegel-Steinen ausmau - ren / oder auch ſolche nur von Bretern auffuͤhren / zumahl auf den eingehenden Winckeln des be - deckten Weges / damit man ſolche gleich wieder einreiſſen koͤnne / wenn es noͤthig iſt; Nechſt dem hat man dieſes wohl darbey zu mercken / daß man allezeit in die groͤſten Corps de garden zwey à par - tements mit einem Unterſchiede / ein kleines vor die Officiers, und ein groſſes vor die Gemeinen mache / iedoch alſo / daß ein Ofen mit einer einigen Feuer-Mauer zu Winters-Zeit beyde heitze; An die Corps de garde auf dem bedeckten Weg kan man auch einen Beſchlag vor die Pferdte ma - chen / damit die Cavalerie ſich allezeit auch daſelbſtauff379Von Schildern und Wacht-Haͤußlein. auf halten koͤnne / wenn es noͤthig iſt. Man muß auch nicht vergeſſen / entweder in oder nahe an die - ſelben ein Secret anzulegen / damit die Wercke von allem Geſtanck und Unſoubrigkeiten moͤgen rein bleiben. Jn die Apartements muͤſſen auch gebuͤh - rende kleine Fenſter / Tiſch / Baͤncke und Pritſchen gemachet werden / damit man ſich ſolcher nach Gelegenheit bedienen koͤnne. Die Pritſchen wer - den in der Laͤnge des Gebaͤudes hinten an einer Wand 4. S. hoch von der Erden / forne aber nur 3. S. hoch ſchroͤge erbauet / und 7. biß 8. S. breit ge - machet / damit die abgeloͤſte Wachte in ihren Klei - dern darauf etwas ruhen kan. Die Fenſter und Thuͤren der Corps de garden muͤſſen auf die Paſſa - ge zu gehen / damit die Wachte alles beſehen / und nach Gelegenheit gleich ins Gewehr heraus treten koͤnne; Vor denſelben aber ſoll ein Gang von 4. S. breit frey gelaſſen werden / welcher oben von dem Dache der Corps de garde zugleich mit bede - cket ſey / damit zu Winters-Zeit oder im Som - mer bey ſtuͤrmiſchen und regnichten Wetter die Wachte ihr Gewehr in guter Ordnung darunter anlehnen / oder aufhaͤngen koͤnne.

(3.) Frage. Wohin und wie ſollen denn die Caſernen gemachet und erbauet werden?

Die Caſernes und Baraquen ſollen entweder nechſt / oder an den Wall inwendig der Feſtungvon380Das X. Cap. von Steinen oder Holtze erbauet werden / damit nicht allein die Buͤrgerſchafft der Feſtung in ihren Haͤuſern von der Einquartirungs-Laſt der Garni - ſon wegen befreyet / ſondern auch die Soldgten in beſſerer Diſciplin beyſammen gehalten / auch im Noth-Fall gar leicht bereit ſeyn / den Wall zu be - ſetzen und zu defendiren. Nach dem nun Platz und Gelegenheit fuͤrhanden / auch die ordinare Garni - ſon groß oder klein iſt / nach dem muͤſſen auch die Caſernes lang / hoch und breit erbauet werden. Gemeiniglich werden ſolche von zwey Stock - Wercken hoch erbauet / es moͤge Cavallerie oder Infanterie darinnen liegen; Vor die Cavallerie muͤſſen im unterſten Stock-Wercke Staͤlle ge - machet werden vor iede Compagnie, oben darauf aber Zimmer vor die Soldaten; Vor die Infante - rie kommen unten und oben Zimmer / ausgenom - men wenige Stallung vor die Pferde der Ober - Officirer. Jedes Zimmer ſoll ſo groß ſeyn / daß 4. Soldaten geraͤumlich darinnen logiren koͤnnen / von ungefehr 12. S. lang und breit. Den Ober - Officirern werden die Eck - und Seiten-Zimmer eingeraͤumet / und bekoͤmmt ein iedweder Capitain ſein Zimmer alleine / zwey Leutenants und zwey Fendriche oder Cornets muͤſſen in einem Zimmer Paarweiß beyſammen wohnen; Sonſt ſollen die Oefen bey denen Zimmern der Gemeinen alle alſo angeleget werden / daß ein Ofen mit einer Eße zwey Zimmer heitze. Hat man Gelegenheit und Platz den Ober-Officirern / auch eine à parte Kam -mer381Von Schilder - oder Wacht-Haͤußlein. mer und kleines Kuͤchlein zu geben / deſto bequeh - mer wird es fuͤr ſolche ſeyn; Vor die Gemeinen aber muß man entweder bey dem Ofen-Loch ein kleines Heerdlein mit aufrichten / oder aber eine à parte groſſe Kuͤche machen / damit ſie ſelber vor ſich etwas kochen koͤmmen / wenn keine beſondere Marquetaͤnder in dergleichen Caſernen fuͤrhan - den waͤren / welches aber billig ſeyn ſoll / damit man keine Feuers-Gefahr noch andere Ungele - genheit ſo groß zu beſorgen habe; Endlich muß man auch dahin bedacht ſeyn / daß kein Waſſer in der Naͤhe der Caſernen fehle / weil man deſſen zu vielen Sachen ſtets benoͤthiget iſt; Jngleichen muͤſſen auch viele Treppen / Fenſter und Secreta gemachet / und wohl angebracht werden.

(4.) Frage. Wohin und wie ſollen denn die Ma - gazinen und Proviant-Haͤuſer gema - chet und erbauet werden?

Dergleichen Magazinen und Proviant-Haͤuſer vor Menſchen und Viehe / ſollen auch zu nechſt au dem Wall / oder in die hohlen Bollwercke von ſtar - cken Mauren und Gewoͤlbern wohl und Maſſiv er - bauet werden / damit ſoche fuͤr Feuers-Gefahr koͤnnen ſicher / und die eingebrachten Sachen dar - innen wohl verwahret ſeyn; Sondern auch / daß man ſie zur Zeit der Noth koͤnne ausfuͤllen / und an Statt der innern Abſchnitte und Retrenche - mente gebrauchen. Die Fenſter muͤſſen in die Ma - gazin-Haͤuſer nicht groß und weit / ſondernſchmahl382Das X. Cap. ſchmahl nnd kleine gemachet / und mit eiſerm Drath / Staͤben und Laͤden verſehen ſeyn / damit man der Lufft wegen ſolche oͤffnen nnd zumachen koͤnne nach belieben. Die Thore / Thuͤre und Treppen in dergleichen Proviant-Haͤuſer muͤſſen auch bequehm und geraumlich angeleget werden / damit man Platz und Licht genug haben moͤge / ſich darinnen zu bethun / und alle Nothdurfft ein - und auszubringen. Wenn in der Hoͤhe keine Gewoͤl - ber gemachet worden / welchet aber in dem unter - ſten Srock-Wercke nicht ermangeln ſollen / muͤſſen die Boͤden mit doppelten zuſammen geſponnen ſtarcken Bretern gemachet / auch mit Pfeilern und Saͤulen wohl unterſtuͤtzet ſeyn / damit alles wohl und feſte zuſammen halte / und die darauf geſchuͤtte und angefuͤllte Laſt nicht einigen Scha - den verurſache. Jngleichen muß auch das Dach und das Geſparre mit Srebe und Quer-Balcken wohl verbunden / mit gebuͤhrenden Kapp-Fen - ſtern verſehen / und mit guten Ziegeln bedecket ſeyn / damit ſolches im Wetter / Wind und Regen ſicher nnd beſtaͤndig ſeyn moͤge. Andere gute An - ordnungen / ſo bey dergleichen Commun-Gebaͤu - den nach Gelegenheit zu obſerviren / und ſonder - lich wenn man etwan groſſe Keller darunter ma - chen und anlegen wolte / wird ein rechter Bau - Verſtaͤndiger von ſich ſelbſt wohl wiſſen in acht zu nehmen.

(5.)383Von Schilder oder Wacht-Haͤußlein.

(5.) Frage. Wie und wohin ſoll man dann die Pulver Magaziren und Thuͤrme / inglei - chen die Laboratoria zu den Feuer - Wercken machen und anle gen?

Weil dergleichen Gebaͤuden wegen des Pul - vers und anderer brennenden Materien ſo darin - nen pflegen verwahret zu werden / groſſe Gefahr zu befuͤrchten / ſo iſt es billig und noͤthig / daß man bey deren Aufferbauung und Einrichtung groſſe Fuͤrſichtigkeit anwende und gebrauche. Es iſt aber wegen Verwahrung des Pulvers ſonder - lich in achtzunehmen / daß man deſſen nicht zu viel an einem Ort alleine ſondern an unterſchied - liche / nicht in ſo gar groſſer Quantitaͤt verwahre / auch lieber ſolches in erhabene Oerter und Ge - woͤlber thun / als etwan unter die Erde / von deren Feichtigkeit das Pulver ohne dem kan leicht ver - derben / auch bey deſſen Entzuͤndung groſſen Schaden gaͤntzer Staͤdte verurſachen: Jn der Hoͤhe aber liegt es nicht alleine beſſer und trock - ner wegen der durchſtꝛeichen dẽ Lufft / ſondern weñ auch ſolches von Wetter oder ſonſt liederlicher oder leichtfertiger weiſe ſolte entzuͤndet werden / kan es auch keinen ſonderlichen groſſen Schaden verurſachen / weil alles gleich uͤber ſich gehet / und nichts mehr als das Behaͤltnuͤß darbey am groͤſtẽScha -384Das VI. Cap. Schaden leiden kan. Die Mauern und Gewoͤlber nun zu dieſen Pulver-Magazinen und Thuͤrmen ſollen dicke und ſtarck genug angeleget und ge - machet werden / daß man weder fuͤr feindlichen Schieſſen / und Einwerffen der Bomben / noch auch fuͤr dem Wetter ſich etwas zubefahren ha - be. Sonderlich aber ſoll das Gewoͤlbe 8. biß 10. S. dicke / auch mit ſo hoch Erde beſchuͤttet / und mit einem flachen leichten Dach verwahret ſeyn / damit nicht ſo leicht von oben / welches am mei - ſten wegen des Wetters und der Bomben zu be - fuͤrchten / eine Entzuͤndung und Ruinirung ent - ſtehen koͤnne. Die Thuͤre und Fenſter-Laͤden in die Pulver-Gewoͤlber und Thuͤrme ſollen von ſtarcken eichenen Holtze / und von auſſen mit ei - ſern Blechen beſchlagen / und gantz uͤberzogen ſeyn. Die Fenſter an ſich ſelber muß man enge und niedrig machen / und mit dichten zuſammen geflochtenem Drate / und mit eißernen Staͤben wohl verwahren / damit auch nicht die kleinſte Mauß durch kriegen koͤnne / weil man in Erfah - rung bracht / daß man wohl ehe den Maͤuſen an die Schwaͤntze eine brennende Lunte angebun - den / ſolche in die Pulver-Magazinen ein kriegen laſſen / und damit groſſen Schaden veruͤbet. Dergleichen Gebaͤude an ſich ſelber wie auch Laboratoria ſollen an beſonderen Orten ſtehen entweder von andern Haͤuſern abgeſondert / oder mit einer eigenen à parten Mauer umbge - ben / bey deren Eingange Nachts und Tageseine385Von Schilder - oder Wacht-Haͤußlein. eine Wachte ſtehen / und auf alles wohl acht geben ſoll / damit man alle Gefahr abwende.

(6.) Frage. Wie und wohin ſoll man die Zeug - Haͤuſer bauen und anlegen?

Die Arſenals und Zeug-Haͤuſer ſollen nicht weit von dem Haupt-Walle inwendig der Fe - ſtung erbauet ſeyn / damit man im Fall der Noth die Stuͤcke aus denſelben bald zu Walle brin - gen / und von denſelben wieder abfuͤhren koͤnne. Sie koͤnnen ohngefehr von zwey Stockwercken hoch auf gefuͤhret werden / worunter der unterſte mit ſeinen Pfeilern / Gewoͤlbern und Gallerien ſtarck und Masſiv muß gemachet werden / worein das grobe Geſchuͤtz in rechter Ordnung nach ie - der Sorten und Calibern auf ſeinen Laveten und ſtarcken unterlegten Fuß-Bretern geſtellet wird; in dem andern Stockwerck welcher nicht eben darf gewoͤlbet ſeyn / zu mahl wenn die Seiten Mauren und das Fundament derſelben nicht ſtarck genug angeleget und auf gefuͤhret waͤren / welches doch allerdings billig ſeyn ſoll / koͤnnen die die Harniſche und Cüraſſe, und alles was dazu ge - hoͤret / ingleichen allerley Hand-Gewehr / auch Fahnen / Trommeln und Paucken / item Rarit - ten von alten Schildern / aus geſtopfften Pfer - den und andern Sachen / an den Waͤnden und langen Tafeln in rechter Ordnung und einge - theilten Gaͤngen verwahret und gezeiget werden. B bUn -386Das X. Cap. Unter dem Dache uͤber dem andern Stockwerck kan man mit behoͤrigen Kapp-Fenſtern auch ge - wiſſe Kammern machen / und darinnen allerhand Sachen in gewiſſen Gaͤngen von Eißen Werck / als Schippen / Hauen / Aexten / Saͤulern / Saͤ - gen / Ketten und dergleichen / item was zum Ge - ſchirr der Reit - und Zug Pferde von noͤthen / als Zaͤume / Saͤttel / Halfftern / Kumbte / wie auch Lonten / Struͤck und Saͤule ordentlich verwah - ren. Wenn das Arſenal an und fuͤr ſich ſelbſt inwendig einen Hof hat / oder aber von Auſſen mit einer Mauer umbgeben iſt / kan man in ſolche leere Plaͤtze allerhand Kugeln und Grenaden / ingleichen Stuͤcker Bley ordentlich auf einan - der Pyramiden weiß aufthuͤrmen / iedoch muͤſſen die Grenaͤden mit ihren Mindungen dabey alle unter ſich gekehret werden / damit unter bloſſen Himmel nach Gelegenheit der Zeit weder Schnee / noch Waſſer darein kommen und ſol - che befeuchten koͤnne / maſſen man ſolche naſſe Grenaden im Fall der Noth nicht gleich gebrau - chen / ſondern erſt wieder bey einem Feuer trock - nen muß. Was die Structur der Zeug-Haͤuſer an ſich ſelbſt belanget / koͤnnen ſolche / nach dem der Platz iſt / laͤnglicht oder viereckigt erbauet werden; Jedoch iſt dabey zu behalten / daß man in ſolche Haͤuſer / welche nicht eigentlich zum Zier - rath und Wohnung eines groſſen Herrn / ſon - dern nur zum behaͤltniß und Verwahrung ſeiner Artillerie, gemachet ſind / zu mahl in dem unter -ſten387Von Schilder oder Wacht-Haͤußlein. ſten Stockwerck / nicht ſo hoch und groſſe Fenſter machen / als wie man bey denen andern Wohn - Pallaͤſten zu thun pfleget / weil ein groſſer Unter - ſchied des Nutzens halber unter dieſen Gebaͤuden iſt / und muͤſſen die unterſten Fenſter alſo nicht alleine kleiner ſeyn als die oberen im andern Stockwercke / ſondern auch von der Erden ziem - lichen weit in die Hoͤhe durch die Mauer einge - brochen mit Scheiben / geflochtenem Drat / eißer - nen Staͤben / und wenn man will mit Laͤden ver - ſehen ſeyn / damit auch der allerlaͤngſte Menſch von auſſen nicht koͤnne hinein ſehen und etwan ſeine boͤſe Meſures darnach nehmen. Der Thore und Eingaͤnge in ſolche Haͤuſer koͤnnen mehr als eines ſeyn / nach dem es die Gelegenheit des Gebaͤudes zur beqvehmen Aus - und Einfahrt der Stuͤcke an Hand gibet / und ſollen die Portale an die Thore und Thuͤre ala ruſtica und mit der geringſten Ordnung der Saͤulen / wenn man will / erbauet werden; Viel Sinnswerck aber und andere Ordnung der zaͤrteren Seulen bey ſolchen Haͤuſern zu machen / iſt wieder die Ord - nung und Fundamenta der Civil Bau Kunſt / welche in ihren. Maximen nur confundiret wird / wenn man in Aufbauungder Kirchen / Pallaͤſte / und andern Commun Gebaͤnden / ſo nur zu ver - ſicherter Verwahrung zu gewiſſen Sachen die - nen / keinen Unterſchied zu machen weiß. Wenn die Fundamenta zu ſolchen Haͤuſern gut und ſtarckB b 2genug388Das X. Cap. genug angeleget worden / wie es allerdings ſeyn muß / kan man auch unter die Erde Keller ma - chen / und ſolche mit ſtarcken Gewoͤlbern / auch vielen Pfeilern verſehen / und ſoll kein Pfeiler ſo wohl unter als ober der Erden / wo Gewoͤlber da - rauf ſollen geſchloſſen werden / uͤber 24. biß 26. S. von einander ſtehen / damit nach Gelegenheit uͤber der Erden darinnen 3. Stuͤcke neben einan - der koͤnnen Raum haben / und alles dauerhafft und beſtaͤndig ſey. Wolte man aber dennoch in dem unterſten Stock der Zeug-Haͤuſer / wieder Manier der Civil Bau-Kunſt auch groſſe Fenſter macher / ſo muß man entweder eine à parte Mau - er / oder doch zum wenigſten ein ſtarckes Gelaͤn - der von Holtzwerck darumb fuͤhren / damit nicht ein iedweder an die unterſten Fenſter gleich koͤm - men / dadurch ſehen / oder ſonſt einen Schaden verurſachen moͤge. Nahe der Zeug-Haͤuſſer koͤn - nen auch das Gieß-Hauß / und andere Haͤußer vor die Handwercks Leute erbauet werden / ſo mit der Artillerie zu thun haben.

Das389Von denen Srraſſen und Gaſſen.

Das XI. Cap. Von denen Straſſen und Gaſſen / ingleichen von andern Com / mun - und Privat-Haͤuſern / item von Ca - naͤlen Zieh - und andern Brunnen / wie und wohin ſolches alles in einer Feſtung der Beqvehmligkeit und Nutzens halber ſoll angeleget und gema - chet werden?

(1.) Frage. Welcher geſtalt und wie breit ſollen denn die Haupt-Straſſen und queer Gaͤßlein / in einer neuen regularen Feſtung angeleget und gema - chet werden?

DJe Haupt-Stꝛaſſen und Gaſſen bey einer re - gular Feſtung ſolle alle alſo angeleget werden / daß ſie auff die Mitte der Courtine, und auf den Kehl-Punct der Bollwercke in gerader Linia zu gehen / u. dieſes daꝛum / daß man ſo wohl zu Kꝛiegs - und andern Zeiten bald auf die Bollwercke kom - men / und durch die Haupt-Thore in der Mitte der Courtine, beqvehm ein und aus pasfiren koͤñe. Die Haupt-Straſſen ſollen 50. biß 60. S breit ſeyn / damit alles rumlich fahren / gehen und rei -B b 3ten390Das XI. Cap. ten Platz genug haben / und einander wohl aus weichen koͤnne. Wenn die Gaſſe 50. S. breit / ſoll man zu beiden Seiten der Haͤuſer iedes mahl 10. S. breit nehmen / und ſolchen Platz von Haͤuſern an etwas abhengend fuͤhre u. pflaſtern / den mitt - lern Platz aber / welcher alſo 30. S. breit bleibet / ſoll man in der Mitte erhoͤhen / auf beiden Seiten aber etwas wieder abhangend machen und auch pflaſtern / ſo bekoͤmmt man nicht allein auf den Seiten zwey offene Canaͤle / wodurch das Regen - Waſſer zu folge einer gebuͤhrenden Ableitung / verſchieſſen kan / ſondern es werden auch drey à parte Plaͤtze / als nehmlichen zwey an den Haͤu - ſern zum gehen / und der groſſe in der Mitte zum fahren und reiten alſo formiret, welche denn in der Wochen an gewiſſen Tagen muͤſſen ſauber gefeget und gereiniget werden / damit keine Un - reinigkeit auf denſelben verbleiben moͤge / geſtalt denn die Stadt Obrigkeit deßwegen gewiſſe Ordnungen machen muß / damit die zuſammen gekehrten Unſauberkeiten entweder durch Bau - en / oder gewiſſe Karren an gewiſſe Oerter und Stellen allezeit abgefuͤhret werden. Der klei - nen Queer Gaͤßlein ſoll man uͤber Noth nicht zu viel machen / weil ſie nur den inwendigen Platz verſchmaͤlern / und verurſachen / daß man weni - ger Haͤuſer als ſonſt auf bauen kan. Sie muͤſ - ſen aber nothwendig auch ihre gebuͤhrende Wei - te haben / und zum wenigſten 18. biß 24. S. breit ſeyn / damit allen Falls zwey Waͤgen einanderaus -391Von denen Straſſen nnd Gaſſen. ausweichen koͤnnen / und man ſich darinnen / wenn Feuers-Gefahr verhanden / mit denen Feuer-Spritzen bethuen / und den Brand bald wieder loͤſchen koͤnne. Jn dieſe Qveer-Gaͤß - lein nun ſoll man zur Abfuͤhrung des Regens / o - der eines ander durchgehenden Baches / entwe - der in der Mitte einen verdeckten raumlichen Ca - nal von ausgeſetzten / Qvater-Steinen und in die Qveer mit ſtarcken Holtz beleget verfertigen / oder aber auf ieder Seiten der Haͤuſer von 3. biß 5. S. breit gleich den groſſen Straſſen wieder einen Abhang machen / und den zwiſchen Raum in der Mitte erhoͤhen / auf den Seiten aber wie - der ablauffen laſſen / damit man zwey offene Ca - naͤle auch in ſolchen Gaͤßlein bekommen koͤnne; Der offenen Canaͤle aber in der Mitten / ſo wohl der groſſen / als abſonderlich der kleinen Gaſſen / ſoll man ſich billig enthalten / weil die nicht allein einen uͤbeln Weg und Pflaſter geben / zum gehen / reiten und fahren / ſondern auch nur confuſion erwecken / daß man bey der Wan - delung zwiſchen Menſchen und Vieh keinen ge - wiſſen Unterſchied machen kan. An alle Aus - und Eingaͤnge der Gaſſen ſoll man unten ohnge - fehr 4. S. hoch von der Erden angemachte ſtaͤrcke Ketten haben / um bey entſtandenen Tumult und Alarm / die Gaſſen damit zu verſperren; Jnglei - chen ſoll man bey den Anfang des ander Stock - wercks vermittels eißernen Stangen Pech - Pfannen anmachen / damit man im Fall derB b 4Noth392Das XI Cap. Noth zu finſterer Nacht an allen Orten wohl ſehen koͤnne.

(2.) Frage. Wie und auff was Weiſe ſollen deñ die Haͤuſer in einer Feſtung erbaue[t]und angeleget werden?

Die Haͤuſer ſollen in einer rechten Feſtung uͤber 3. biß 4. Geſchoß hoch nicht gemachet weꝛden / damit ſolche nicht zu ſehr bey einer Belagerung der Gefahr der Canonen exponiret ſeyn moͤgen. Die Haͤuſer ſollen auch alle ingleicher Linie mit einer ſteinern Mauer in Fronte und hinterwaͤrts auffgebauet ſeyn / auch ihre neben und ſtarcke Brand-Mauren haben biß zu euſſeꝛſt des Gibels. Das Dach ſoll uͤber drey Boͤden nicht hoch ſeyn / weil die alzu hohen Daͤcher nicht allein ein Hauß ehr beſchweren / ſondern auch bey Feuers-Gefahr eher und mehr ruiniret werden / als die niedrigen. Jn dem unterſten Stockwercke ſollen die Ein - und Aus-Gaͤnge zum Fahren nnd Gehen in der Mitte des gantzen Hauſes / zu beiden Seiten a - ber Gram - und andere Gewoͤlber gemachet / und alſo der untere Stock durch-aus gantz gewoͤlbet ſeyn. Unter der Erden ſoll man auch einen ſtarck gewoͤlbten Keller / oder andere Gewoͤlber haben / damit man in Fundament der Haͤuſer fuͤr Feuers-Gefahr und einer feindlichen Bombardi - ung vor ſich und ſeine beſte Sachen allen Fallsſicher393Von denen Straſſen und Gaſſen. ſicher ſeyn koͤnne. Die groſſen Ercker aber / in gleichen auch die Thuͤrmlein auf den Daͤchern ſoll man nicht verſtatten zu bauen / weil nicht al - lein die groſſen Ercker und Aus-Laden das eigene Hauß ſehr beſchwerẽ / ſondeꝛn auch den Nachtbaꝛ das Seiten-Geſichte benehmen; Gleichfalls be - ſchweren die Thuͤrmer auf denen Daͤchern nicht allein ſehr die Haͤuſer / ſondern ſie ſeynd auch Ca - pable die umbgreiffende Feuer-Flamme bald an - zunehmen / wenn ein groſſer Brand entſtanden / ſo nicht geſchwinde wieder kan geloͤſchet werden. Wenn Vorſtaͤdte vor einer Feſtung / welches zwar ſich nicht gebuͤhret / etwan in der Naͤhe noch ſolten angeleget werden / muͤſſen die Haͤuſer uͤber ihrer richtigen Ordnung und Linia nur zwey Stockwercke hoch von Holtze ohne einigen Keller wegen des feindlichen beſorglichen minirens angeleget und erbauet werden / und kan man auch allen Falls in dergleichen Vorſtaͤdte Scheu - ren erbauen / ſolche aber in einer Feſtung wegen Feuers-Gefahr durch aus nicht dulten. Der - gleichen Vorſtaͤdte nun und andere erbaute Garten-Haͤuſer und Blanqven, weil man nahe der Feſtung gantz keinen Keller und Mauer lei - den ſoll / muͤſſen zu der Zeit / da man eine gewiſſe Belagerung vermuthen / von den Belagerten ſelbſt zu Grunde ruiniret / verbrand / und einge - riſſen werden / damit der Feind hinter denſelbi - gen keine Bedeckung finden koͤnne: Muͤſte man aber dennoch wegen des Ortes Zuſtandes undB b 5Viel -394Daß XI. Cap. Vielheit des Volcks groſſe Vorſtaͤdte um die Feſtung mit Mauren und Kellern erbauen / ſo muß man ſolche tauſend gemeiner Schritte von der Feſtung ablegen / damit man ein rechtes Gla - cis behalte / der Feind ſeine ordentlichen Aprochen fuͤhren / und von der weit entlegenen Vorſtadt aus nichts ſonderliches mit Effect gegen die Fe - ſtung wuͤrcken koͤnne davon an ſeinem Ort ſchon mit mehren ſoll gemeldet werden.

(3.) Frage. Wie weit ſollen denn die aͤuſſerſten Haͤuſer einer Feſtung vom Wall abſte - hen / und wie muß der Mittel - und Haupt-Platz der Stadt ange - leget ſeyn?

Bey einer regularen Feſtung muͤſſen die Haͤu - ſer und zwar die letzten / an den Wall nicht zu nahe erbauet werden / ſondern zum wenigſten von dem - ſelben etliche Ruthen abſtehen / damit man ſich bey allen Begebenheiten an ſolchen Orten mit allem wohl bethuen / und ohne Verhinderung auf und von dem Wall abmarchiren und fahren koͤnne. Der mittlere Haupt-Platz der Fe - ſtung ſoll in gleicher Form mit den Polygonen der Feſtung angelegt ſeyn / damit man von de Centro deſſelben auf alle Thore und Baſteyen durch die wohl ordinirten Straſſen ſehen koͤnne. Jſt nun die Feſtung groß und brauchet zu ihrer Defenſioneine395Von denen Straſſen und Gaſſen. eine ſtarcke Garniſon, ſo muͤſſen auch noch andere groſſe leere Plaͤtze in der Stadt zur Verſam - lung und Parade der Buͤrgerſchafft und Garniſon gelaſſen / und darauf Corps de garde zur Haupt und andern Wachten erbauet werden.

(4.) Frage. Wie und wohin ſollen denn andere Commun Haͤuſer / ingleichen die Zieh - und andere Brunnen angeleget und erbauet werden?

Die uͤbꝛigen commun Haͤuſeꝛ / ſo nicht eigentlich zur Defenſion der Feſtung erbauet / koͤnnen nach eines ieglichen Nutzen / Gebrauch und Zierrath an beqveme Oerter nach belieben geleget werden / wenn man nur die Haupt-Paſſagen dadurch nicht etwan verſperret / auch ſonſt die Haͤuſer und Thuͤrme nicht allzu hoch bauet damit ſolche bey ei - ner Belagerung nicht allzu großen Schaden ver - urſachen moͤgen / wenn ſie vom Feinde ſolten rui - niret werden / wie es denn gemeniglich ſolchen ho - hen Haͤuſern und Thuͤrmen zum aller erſten zu ergehen pfleget / damit man aus denſelben nicht in die Weite herumb ſchauen und des Feindes Acti - ones obſerviren koͤnne. Zu dergleichen Comun - Gebaͤuden koͤnnen nun gerechnet werden / Kirchen / Schulẽ / Rath-Haͤuſer / Kauff - u. Gewand-Haͤu - ſer / Muͤhlen / zimmer Hoͤfe / Fleiſch-Baͤncke / Laza - rete, Manefactur-Haͤuſer / Zucht-Findel-Spinn -und396Das VII. Cap. und Toll-Haͤußer / uñ was von ſolchen Gebaͤuden noch mehr ſeyn kan / wovon denn die Civil Bau - Kunſt zu handeln pfleget / wie und wohin die Com - mun und privat Haͤußer in einer wohl regulirten Stadt ſollen angeleget werden. Was die Zieh und andere offene Brunnen belanget / umb nicht alleine zu dem taͤglichen Gebrauch friſch und rein Waſſer zu haben / ſondernauch bey entſtandener Feuers-Brunſt ſich deſſen ſufficient koͤnnen zu bedienen / ſoll man deren an die Ecken der Gaſſen / nicht aber auf die Mitte derſelben / und anderer Plaͤtze alſo anlegen / das ſie der Paſſage an keinen Orte hinderlich ſeyn moͤgen. Die Zieh Brunnen ſoll man billig mit einem Gelaͤnder einfaſten und oben bedecken / damit ſolche nicht alleine rein blei - ben / ſondern auch Niemand mit einſtuͤrtzen in die - ſelben einigen Schaden nehmen moͤge; auch ſollen ſie alſo mit zieh Eimern oder Blump-Werck ver - ſehen ſeyn / das man daß Waſſer ohne ſonderliche groſſe Muͤhe leicht heraus bringen koͤnne. Die andern groſſen und weiten Brunnen koͤnnen oben wohl offen bleiben / muͤſſen aber mit ſtarckem Holtz / oder beſſer mit Qvater-Steinen alſo eingefaſſet und erhoͤhet werden / damit ſie be - ſtaͤndig ſeyn / und Niemand leicht einen Schaden dabey nehmen moͤge; Die Roͤhren zu dergleichen Brunnen werden gemelniglich von außen in die Stadt gefuͤhret / da entweder eine gewiſſe Qvelle / Bach oder Fluß iſt / welcher entweder von Natur ſeinen Fall hat / oder durch Kunſt der Zug und durckWercke397Von denen Straſſen und Gaſſen. Wercke durch die ſo genandẽ Waſſer-Kuͤnſte muß in die Stadt gebracht werden. Die Roͤhren an ſie ſelber muͤſſen uͤber den Graben der Feſtung etwas tief u. geſenckt / oder an der Contre Scarpe uñ Scar - pe des Grabens gar ab - und aufſteigend anleget werden / damit ſolche der Feind zur Zeit einer Ata - qve mit ſeinen Canonen oder ſonſt auf andere Weiſe ſo leicht nicht ruiniren koͤnne. Die Waſſer - Kuͤnſte auſſerhalb der Feſtung muͤſſen auch alſo erbauet werden / daß ſie nicht allein der Feſtung nicht koͤnnen ſchaden / ſondern man ſie auch aus der Feſtung fuͤr der Feindl. Gewalt und Ruin mit Ca - nonen und andern Gewehr wohl beſtreichen koͤn - ne. Andere gute Ordnung und Anſtalten wird ein kluger Herr durch ſeinen Commendanten und Statt-Rath ſelbſt wiſſen anzugeben.

Fuͤnff -[398]

Fuͤnffter Theil. Von der Irregular Fortification Und was wegen der un - geſchickten Linien und Min - ckel / auch ſonſt darbey weiters in achtzuneh - men iſt.

399

Das I. Cap. Von dem Gebrauch der Irre - gular-Fortification und einigen Ge - neral-Maximen, ſo bey derſel - ben inſonderheit noͤthig zu ob - ſerviren ſind.

(1.) Frage. Jſt denn die Irregular-Fortification auch ſehr gebraͤuchlich / und was nen - net man eine Irregulare - Feſtung?

WEil die Gelegenheit des Landes / wohin man aus gewiſſen Urſachen eine Feſtung erbauen muß / nicht allezeit gleich und eben / oder ſonſt mit Fluͤſſen und Huͤgeln natuͤrlicher Weiſe untermenget und umgeben iſt / alſo das man nach Anleitung der Situation keine regulare Feſtung machen kan / ſo iſt gewiß / des die irregular Forti - fieation vielmehr in Gebrauch koͤmpt als die regu - lare / zumahl auch wenn man ſchon alte erbaute Staͤdte mit einer Fortification ſoll ein ſchließen / wobey man denn zum oͤfftern gezwungen iſt we -[g]en der vielen erbauten Haͤußer von der regularFor -400Das I. Cap. Fortification abzuſchreiten / und eine irregular zu - ergreiffen / damit ſo viel moͤglichen der Platz nach ſeinen wunderlichen Linien und Winckeln mit Waͤllen nnd Paſteyen zu ſeiner Verſicherung und Defenſion moͤge umgeben werdẽ. Es wird aber ei - ne irregulare Feſtung diejenige geheißen / woran alle Linien und Winckel einander nicht gleich / ſon - dern gantz ungleich ſind / dahero denn auch die Wercke und Paſteyen nicht von einerley Groͤße / ſondern bald klein und enge / bald groß und weit muͤſſen gemachet / und nicht alles nach der Circul Runde eingetheilet werden / weil die natuͤrliche Stituation ſich nicht nach der Fortification / ſondern dieſe nachjener ſich richten muß / und gar wenig Oerter auf der Welt zu finden / wo man eine regu - lare Feſtung mit Nutz und Beqvemligkeit kan anlegen.

(2.) Frage. Was fuͤr Maximen ſoll man denn bey einer irregular Fortification ins ge - mein in acht nehmen?

Die fuͤrnehmeſten Maximen / ſo bey einer ir - regular Fortification in acht zu nehmen ſind / koͤnnen folgende ſeyn / nehmlichen / das alle irregulure Plaͤ - tze nach der regularen Form / ſo viel es immer moͤg - lichen ſeyn will / ſoll eingerichtet werden / dahero es den auch hoͤchſt noͤthig iſt / wie es denn auch bey der regularen Fortification allezelt geſchehen muß / daßman401Von dem Gebrauch der Irregular. ꝛc. man die gantze Gelegenheit des Landes nach dem verjuͤngten Maaß-Stab zu Pappire bringe / und dabey wohl uͤberlege / wohin die Bollwercke am beſten und beqvemeſten zu erbauen ſind / damit kei - nes von dem andern weder zu nahe / noch zu weit liege / und ſich unter einander wohl Defendiren und beſtreichen koͤnnen / welches denn die groͤſte Kunſt und fuͤrnehmſte Wiſſenſchafft iſt eines rechtſchaffenen und wohl erfahrnen Ingenieurs, wenn er alle Vortheile / ſo wohl der Natur / als der Kunſt bey einem ſo koſtbahren und importanten Bauweiß in acht zu nehmen. Mann ſoll auch bey der irregularen Fortification zu mahl an deren Haupt-Wercken die halbe Paſteyen ſo viel moͤg - lichen veꝛmeiden / und weglaßen / weil ſie nicht eine ſo vollkommene Defenſion geben koͤnnen als die gantzen / iedoch ſoll man auch wohl zu ſehen / daß man auch die gantzẽ Boll-Wercke nach Gelegen - heit weder allzu klein / noch allzu groß mache / weil weder der Exceſs / noch der Defect zu loben iſt / und muß man vor allen dingen dahin trachtẽ / daß auch bey einer irregularen Fortification die gebuͤhrende Flanqvirung in ihrer behoͤrigen Diſtanz an keinen Wercke ermangele / weil daran bey der gantzen Fortification am meiſten gelegen iſt.

C c(3.)402Das I. Cap.

(3.) Frage. Was hat man bey den Oertern / ſo geſchickte Linien und Winckel haben forti - ficiret zu werden / in acht zu nehmen / welche nennet man alſo / und wie vielerley ſind die Winckel in der Forti - fication?

Geſchickte Linien und Winckel werden bey der Fortification diejenigen genennet / wenn ein Win - ckel nicht unter 90. Gr. iſt / und die Linien / ſo die ſen Winckel machen und einſchlieſſen / nicht unter 36. R. ſind / welcher Winckel mit ſeinen Linien / denn ſo viel moͤglich / nach der regularen Fortification pfleget erbauet zu werden; Weil aber die Win - ckel bey den irregularen Plaͤtzen koͤnnen zweyerley ſeyn / als eingehende und aus lauffende Winckel / ſo muß man hierunter ſehr behutſam gehen / und die irregular-Fortification alſo anzulegen wiſſen / daß ſie eine tuͤchtige Defenſion in allen Linien und Winckeln geben koͤnne; Dahero es denn hoͤchſt - noͤthig / daß man alle Linien und Winckel An - fangs wohl ausmeſſe / ehe und bevor man Anfan - ge ſolche zu fortificiren. Bey denen auslauffen - den Winckeln / wenn dahin muͤſſen Bollwercke an - geleget werden / muß man die Vergleichung der Kehl-Winckel und Haupt-Linien ſothaner Boll - wercke / welche auf ungleiche auslauffende Win - ckel muͤſſen geleget werden / ſonderlich wohl in acht nehmen / damit man / ſo viel moͤglich / eine gute Pro -por -403Von dem Gebrauch der irregular. ꝛc. portion und Defenſion unter denſelben haben moͤ - ge / geſtalt man denn die kleineren Keel-Linien von den groͤſſern / und die kuͤrtzeren Haupt-Linien von denen laͤngeren / wenn nach meiner Manir die in - nerliche Polygone in fuͤnff gleiche Theile gethei - let / ein fuͤnff-Theil und etwas mehr zur Keel-Linie / und zur Haupt-Linie genommen wird / von einander abziehen / und die Helffte von den uͤbrigen Reſt der laͤngeren Linien einer innerli - chen Polygone zu den andern kleinern Linien der andern kleinern Polygone ſchlagen muß / ſo findet ſich denn zwiſchen dieſen beyden ungleichen inner - lichen Polygonen, eine proportionire Haupt - und Keel-Linie / alſo / daß daraus ein bequehmes Boll - werck entſtehet / welches capable iſt / auf beyden Seiten ſeine Polygonen zur Genuͤge zu beſtrei - chen: Solte aber ein Platz / welcher eingebogene Linien und Winckel haͤtte / fortificiret werden / muß man darbey in acht nehmen / ob die zwey ein - gehende Linien / iede zwiſchen 40. und 60. R. lang / der Winckel aber zwiſchen 75. und 90. Gr. halte / welcher Winckel denn nur mit zwey ausge - ſetzten Facen ohne Flanquen kan fortificiret wer - den: Jſt der Winckel aber groͤſſer / und zwiſchen 90. und 120. Gr. / kan man fuͤr denſeben ein Rave - lin legen; Waͤre denn der Winckel noch groͤſſer / ſo muß man auf denſelben ein Baſtion aufrichten / deſſen Winckel 90. Gr. haben ſoll.

C c 2(4.)404Das II. Cap.

(4.) Frage. Was iſt bey denen Oertern / ſo unge - ſchickte Linien und Winckel haben / in acht zu nehmen?

Was die Oerter und Plaͤtze / ſo ungeſchickte Li - nien und Winckel zu fortificiren haben / und den - noch aus gewiſſen Urſachen fortificiret werden muͤſſen / anlanget / kan man hierunter keine gewiſſe Regulen geben / ſondern muß ſich am meiſten nach des Orts Gelegenheit und denen General-Maxi - men der Fortification richten / und ſich hierbey alle - zeit mehr der Regular, als Irregular-Fortification naͤhern. Geſetzt nun es præſentirte ſich ein aus - lauffender Winckel von 85. biß 90. Gr. / ſo kan man ein kleines Bollwerck auf demſelben anle - gen / ſolte aber der Winckel noch geringer und ſpi - tziger ſeyn / muͤſte man der Figur entweder mit Zu - geben oder Abnehmen helffen; Koͤnte aber auch dieſes um gewiſſer Urſachen nicht geſchehen / muͤ - ſte man zwey halbe platte Bollwercke in der Form einer Tenaille oder Horn-Wercks / und fuͤr denſelben nach Gelegenheit ein Ravelin anlegen / auch zu ieder Keel und Haupt-Linie der halben platten Bollwercke 20. R. / und zu den Flanquen halb ſo viel nehmen. Ein Spitz-Winckel und ſo genannte Erd-Zunge aber kan nicht beſſer fortifi - ciret werden / als daß man etliche R. weit einruͤ - cke / und ſolchen entweder in Form einer einfachen oder doppelten Tenaille, oder eines Horn -Wercks405Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. Wercks befeſtige / auch nach Gelegenheit dafuͤr ein klein Ravelin lege. Was nun die ungeſchickten Linien anlanget / iſt zu wiſſen / daß man fuͤr ſolche / wenn ſie 72. biß 78. R. lang ſind / einige bequehme Auſſenwercke mache; Waͤren ſie aber noch laͤn - ger von 125. biß 150. R. muß man ſolche mit einem platten Bollwercke fortificiren / und die Haupt-Li - nie hierzu von 30. biß 35. R. / die Keel-Linie aber von 17. biß 20. R. lang machen: Waͤren denn die zwey zuſammen lauffende Linien gar zu klein / ſo hat man nicht Urſache auf deren Winckel etwas zu legen / weil die Linien an Statt zweyer ausgeſetz - ten Facen dienen koͤnnen.

Das II. Cap. Von Fortificirung alter er - bauter Staͤdte / ſo mit einer oder doppelten Ring-Mauer umgeben / oder ſonſt in oder an einem Moraſt liegen / und was darbey in acht zu nehmen?

(1.) Frage. Wie ſoll man die alten Staͤdte / ſo mit einer Ring-Mauer und alten Thuͤr - men nach heutiger Manier mit Waͤllen und Baſtionen fortificiren und befeſtigen?

WEnn man bey Fortificirung ſothaner altenC c 3Staͤdte /406Das II. Cap. Staͤdte / welche nur mit einer einigen Ring - Mauer umgeben ſind / einigen Nutzen ſu - chen will / muß man wohl obſerviren / ob ein tieffer und breiter Graben / oder nur ein ſchlechter und verfallener fuͤrhanden ſey: Wenn nur ein ſchlechter Graben fuͤr einem ſolchen Orte iſt / ſoll man kein Bedencken tragen / den neuen Wall biß an die Ring-Mauer zu fuͤhren / alſo / daß die alte Ring-Mauer / an Statt einer innerlichen Reveti - rung bey dem neuen Wall dienen koͤnne; Dem Wall aber ſamt denen Baſteyen / neuen Graͤben und andern Auſſenwen alſo anlegen / daß ſie ſaͤmt - lich bey einer Belagerung und Ataque gegen ein - ander die gebuͤhrende Defenſion verrichten koͤn - nen: Waͤre aber der alte Graben ziemlichen weit und tieff / und alſo noch in einem guten Stande / daß man ſich darinnen wohl defendiren koͤnte / ſo iſt es beſſer / daß man uͤber denſelben in das Feld hinaus die neue Fortification vortheilhafftig anle - ge mit ihren Waͤllen / Baſteyen / neuen Graden und Auſſenwercken / als daß man den alten innerlichen Graben / ſo noch ziemlichen gut iſt / ausfuͤllen und verſchuͤtten / auch den neuen Wall darauf bauen wolte / weil man hierzu aus den neuen Graben - ber die groſſen Unkoſten / welche man dabey auf - wenden muͤſte / nicht wuͤrde Erde genug haben / und kan auch allen Falls die innerliche alte Ring - Mauer und Graben an Statt eines guten Ab - ſcheits und Retirade dienen / wenn zumahl die Mauer oder vielmehr derſelben Thuͤrme alſo zu -gerich -407Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. gerichtet worden / daß man auch einige Stuͤcke darauf dringen kan. Sonſt ſoll man bey derglei - chen Fortification keine nahe umliegend Gebaͤude oder Gaͤrten verſchonen / und deßwegen etwan die Fortification nicht gebuͤhrend ausfuͤhren / weil doch das Publicum dem Privato billig und noth - wendig fuͤrzuziehen iſt / auch Land und Leuten dar - an gelegen / daß eine Feſtung recht vortheilhafftig angeleget werde / um bey Kriegs-Zeiten / ſich und das ihrige darinnen zu ſalviren / zu geſchweigen der groſſen Unkoſten / ſo bey einem ſolchen Gebaͤu - de erfordert werden / und alle gleichſam wuͤrden umſonſt oder uͤbel angewendet ſeyn / wenn man eine Feſtung ihrer Defenſion nach nicht recht an - geleget und erbauet haͤtte.

(2.) Frage. Wie ſoll man die alten Staͤdte mit Wall und Erden fortificiren / ſo mit einer doppelten Mauer / und ſo genannten Zwinger umgeben ſind?

Die Alten haben gemeiniglich ihre Staͤdte pflegen zu befeſtigen mit einer Mauer an den E - cken mit Rundelen, in der Mitten aber mit kleinen viereckigten Thuͤrmen / und wenn die Fortificati - on noch ſtaͤrcker hat ſeyn ſollen / haben ſie auſſer - halb der Mauer einen ziemlichen breiten Gang ge - laſſen / um denſelben noch eine niedrigere Mauer gefuͤhret / und denn den Graben gemachet: Weil aber dergleichen Fortification zu unſern Zeiten / daC c 4das408Das II. Cap. das grobe Geſchuͤtz in Gebrauch kommen / bey ei - ner Ataque nicht beſtehen kan / und aber viel dar - an gelegen / daß ein und andere Stadt wohl befe - ſtiget werde / denen heutigen Ataquen gebuͤhrend zuwider ſtehen / ſo ſoll ein kluger Ingenieur fuͤr - nemlich dahin bedacht ſeyn / wie er einen ſolchen koſtbaren Bau / ſo viel moͤglich / ohne groſſe Unko - ſten machen und ausfuͤhren moͤge. Sind nun die Mauren bey ſolchen Staͤdten noch ziemlichen gut / und der Zwinger auch ziemlichen weit / ſo hat man nicht noͤthig / daß man uͤber den alten Graben eine à parte neue Feſtung anlege / ſondern man darff nur den Zwinger mit Erde ausſchuͤtten / die innerliche Mauer ſo hoch / als der Wall werden ſoll / abbrechen / die Zwinger-Mauer hingegen biß an des neuen Walles Bruſt erhoͤhen / ſo kan man / was die Courtinen anbelanget / bey Auferbauung einer ſolchen Feſtung viel Geld erſpahren. Wo nun die Bollwercke ihres Nutzen und Defenſion halber muͤſſen hingeleget werden / da darff man keine Unkoſten anſehen / und muͤſſen die alten Mauern und Rundele / wenn ſie nicht wohl hierzu zu aptiren ſind / eingeriſſen und zu rechten Baſtey - en gemachet werden. Die Erde zu dem Wall und Bruſtwehre muß man theils aus dem Graben ausheben / wenn ſolcher nicht recht breit und tieff genug waͤre / theils auch ſonſt von auſſenher zu fuͤhren. Wenn nun / wie ſich gebuͤhret / eine durch - gaͤngige groſſe Gallerie oder andere Gewoͤlber un - ter den Wall zu einer gewiſſen Verſicherung fuͤrFeu -409Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. Feuers-Gefahr und andern Schaden ſolten ge - machet werden / hat man der Erden auch nicht ſo viel von noͤthen / als wenn der gantze Wall Maſſiv waͤre; Nichts deſto weniger bekoͤmmt man alſo mit leichten Unkoſten einen inwendig und aus - wendig revetirten Wall / worauf man ſich mit Stuͤcken und Volcke recht bethun und defendi - ren kan / welches ſonſt bey den bloſſen Mauern nicht ſo gut geſchehen kan. Auf ſolche Weiſe koͤn - nen dergleichen alte Staͤdte mit doppelten Mau - ern aufs kuͤrtzeſte u. beſte befeſtiget werdẽ; Wolte man aber die Stadt gerne etwas erweitern / oder muͤſte ſonſt an einem u. anderm eingebogenẽ Or - te / um beſſerer Defenſion halber ausfahrẽ / ſo muß man ſolches gar wohl u. kluͤglich uͤberlegen / damit die Defenſion nicht etwan allzu weitlaͤufftig u. zu ungeſchickt kommen moͤge / welche hernach wohl mehrmahlẽ / als man die Fauten dabey in acht ge - nommen / haben muͤſſen wieder eingeriſſen wer - den: Die Vor-Staͤdte aber / wenn ſie zumahl in einer einigen Gaſſe und langen Linien weit in das Feld hinaus lauffen / ſoll man in die Haupt-Fe - ſtung nicht ſuchen einzuſchlieſſen / weil dieſes viel zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde / ſondern / wenn ſolche nicht gleich bey einer Belagerung ſollen abgebro - chen werden / ſoll man ſolche mit einem ziemlichen Retrenchement umgeben / den Feind bey dem er - ſten Anlauff in etwas dabey aufzuhalten. Wenn die Vor-Staͤdte ſehr groß und Volckreich / auch an einander ſehr gebauet / ſoll man ſolche durch ei -C c 5ne410Das II. Cap. ne à parte Fortification befeſtigen / und nach Gele - genheit mit an die Feſtung anhaͤngen. Am ſicher - ſten iſts aber / daß man lieber die Feſtung anfangs etwas erweitere / und die Leute / ſo in denen Vor - Staͤdten gewohnet / an gewiſſe Plaͤtze anweiſe / daſelbſt aufzubauen / und ihre vorige Haͤuſer und Stellen in den Vor-Staͤdten gaͤntzlich zu quitti - ren / oder aber / daß man die Vor-Staͤdte von ei - ner Feſtung auf 1000. gemeiner Schritte abbaue / und ſolche gantz unfortificiret / zumahl gegen die Feſtung zu ſtehen laſſe.

(3.) Frage. Wie ſoll man eine neue oder alte Stadt / ſo an einem moraſtigen Ort gelegen / fortificiren und er - bauen?

Man muß alhier einen Unterſchied machen unter einem Ort / welcher entweder gantz mit ei - nem Moraſt umbgeben iſt / und einen andern / ſo nur auf einer Seiten von Natur damit bedecket worden. Wenn ein Ort mit einen ziemlichen weitlaͤufftigen Moraſt gantz umb ſchloſſen iſt / hat man nicht noͤthig groſſe und hohe Waͤlle da - ſelbſt aufzufuͤheren / iedoch muß man bey derglei - chen Oertern nothwendiger weiſe die Fundamen - ta mit Roͤſten / Pfaͤhlen und Qvater-Steinen wohl verwahren / damit die darauf gefuͤhrten Wercke einigen Beſtand haben koͤnnen: So hat man auch nicht nothig viel Thore und Zu -gaͤn -411Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. gaͤnge in eine ſolche Feſtung zu machen / weil man gemeiniglich an einem Ort allein einen ziem - lichen Damm nicht ohne ſonder groſſe Unko - ſten mit einigen verpalliſadirten Abſchnitten pfle - get anzulegen / und ſich deſſen insgemein bey dem Aus - und Eingehen zu bedienen. Ob nun wohl die Waͤlle bey moraſtigen Feſtungen / wo der Ho - rizont eben iſt / nicht duͤrfften hoch gefuͤhret wer - den / ſo muͤſſen doch hingegen die Graͤben um ſo viel weiter / auch ſo viel es moͤglich / tieffer werden als die anderen / damit ein Feind zur Zeit einer Ataqve ſolche nicht ſo leicht ausfuͤllen und pasſi - ren koͤnne. Jm Winter / wenn Kriegs-Gefahr vorhanden / ſoll man alle Waſſer-Graͤben fleißig laſſen eiſſen / und in der Mitte darinnen ſtarcke Baͤume laſſen hin und wieder ziehen / damit ſie nicht zuſammen frieren und dem Feinde eine Ge - legenheit geben moͤgen / die Feſtung unvermuth - licher weiſe zu uͤberrumpeln man ſoll auch an Statt der Auſſen-Wercke / und zu mahl wenn man keinen bedeckten Weg um dergleichen Fe - ſtung fuͤhren kan / einige Block-Haͤuſer von Hol - tze hin nnd wieder in dem Moraſt alſo aufrich - ten / daß ſie eine gute Beſtreichung ſo wohl von groben eiſſern Geſchuͤtz / als von Hand-Gewehre unter ſich ſelbſt und auf das Land haben moͤgen. Kein Schilff Rohr und ander Buſchwerck ſoll man bey denen Feſtungen in den Graͤben leiden / weil ſolches dem Feinde nur einige Bedeckung geben kan / und muß man nicht allein dergleichenGraͤ -412Das II. Cap. Graͤben mit Flechwerck / und doppelten Bretern / oder auch welches am beſten iſt / mit Steinen wohl ausfuͤttern / auch im letzten Vierthel des Braach und Herbſt-Monats das darinnen ge - wachſene Rohr und Schilff unter dem Waſſer abhauen laſſen / damit ſolches ſich nicht weiter be - ſaͤmen und wachſen koͤnne / maſſen denn zu dieſer Zeit das Rohr reiff und zeitig / auch inwendig of - fen und hohl iſt / da denn das Waſſer bey deſſen Abmeyung in das uͤbrige Rohr fallen / und die Wurtzel davon in Grunde verderben kan. Wenn eine Stadt nur anf einer Seiten mit ei - nem Moraſt bedecket iſt / hat man an dieſer Seite nur daßjenige wohl zu bedencken / was bißhero ge - ſaget worden / und kan man der Block-Haͤuſer / und verpalliſadirten Abſchnitte in dem Moraſte hin und wieder ſo viel machen / darbey aber die Sortien und Retraiten nicht vergeſſen / als es nur fuͤglich und mit Nutze geſchehen kan: auf die Land-Seite aber muß ein ſtarcker Wall nach des Landes-Gelegenheit mit ſeinen Vaſteyen / Graͤben und gebuͤhrenden Auſſen-Wercken auf gefuͤhret werden / daß die Feſtung diſſeits Capa - ble ſey / bey allen feindlichen Ataqven ſich gebuͤh - rend zu defendiren / und zuerhalten.

(4.) Fra -413Von Fortificirung alter erbauter ꝛc.

(4.) Frage. Wie ſoll man die Oerter und alten Staͤdte befeſtigen / ſo auf einer Sei - ten an einem ziemlichen Fluß liegen?

Daß dergleichen Oerter und Plaͤtze / ſo zu mahl an einem ſchiffreichen Fluſſe liegen / und anders keine hohe Berge in der Naͤhe fuͤrhanden / zu einer Feſtung ſehr beqvehm und fuͤr andern Oertern einen groſſen Vortheil haben / iſt im vorigen ſchon mit mehren gemeldet worden. So viel nun die Fortification betrifft / muß man dabey in achtnehmen / ob der Ort und die Stadt einen gu - ten Muſqveten-Schuß von dem Waſſer abliege oder nicht; Lieget dieſelbe einen Muſqveten - Schuß / nehmlichen 60. biß 70. R. lang oder druͤ - ber vom Waſſer ab / muß dieſe Seite gegen das Waſſer zu mit Haupt-Wercken eben ſo ſtarck fortificiret werden / als die andere Seite gegen das Land zu / und kan man die Gegend des Waſſers an dem Ufer entweder mit einer à parten Bruſt / oder nur mit einer und andern Redouten verſehen / damit ſich Niemand dem U - fer ſo bald nahen koͤnne: Laͤge aber die Stadt keinen Muſqveten Schuß vom Waſſer ab / und ginge das Waſſer gar nahe an ſolcher vorbey / ſo muß man die Waſſer-Seite nur mit einer ſtarcken Bruſtwehre / ſo von auſſen mit Qvater - Steinen wohl revetiret / befeſtigen / iedochalſo414Das II. Cap. alſo daß ſolche ſo wohl gegen / als abwaͤrttz den Strom von Diſtantzen zu Diſtantzen ihre gebuͤh - rende Flanquirung habe / welches die Frantzoſen Redans zu nennen pflegen. An den Enden dieſer Bruſt ſollen billig bequehme Baterien angeleget werden / ſo den Fluß wohl beſtreichen koͤnnen; Jſt nun dieſe Waſſer-Seite ziemlich lang / muͤſſen dergleichen Baterien auch noch mehr als eine in der Mitte mit aus geſetzten Facen angeleget wer - den: So kan man auch ſtarcke Block-Haͤuſer nach Gelegenheit an einer ſolchen Waſſer - Seite aufrichten / und einige lange Stuͤcke da - rauf fuͤhren. Uber das Waſſer wird entweder eine gantz ſteinerne Bruͤcke / oder auch nur eine hoͤltzerne / oder wenn der Strohm gar zu breit und ſtarck / eine ſtehende ober fluͤgende Schiff-Bruͤ - cke gemachet: Bey denen zwey erſten Bruͤcken ſoll man nicht unterlaſſen auf beiden Seiten hin und wieder kleine ausgeſetzte Flanqven oder Facen zu machen / um ſo wohl die Bruͤcke / als den Fluß deſto beſſer zu beſtreichen: Bey denen ſtehenden Schiff-Bruͤcken muß man zu Kriegs-Zeiten an - der kleines verbollwercktes Fahr-Zeug mit An - ckern hin und wieder vor die Bruͤcke auf den Fluß legen / damit ſich weder von oben hierunter / noch von unten hinauff etwas feindliches an die Bruͤcke hengen und ſolche ruiniren moͤge; Wie - wohl dergleichen Bruͤcken bey einer Belagerung mehrentheils zernommen und abgebrochen wer - den. Uber das Waſſer werden die angelegtenBruͤ -415Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. Bruͤcken mit einer guten und ſtarcken Schantze verſehen / worinnen Tag und Nacht ſtaꝛcke Wach - te ſeyn muß / damit weder zu Kriegs-noch Frie - dens-Zeiten der Bruͤcken einiger Schade wieder - fahren moͤge. Uber dieſes kan auch der Strom an den Enden der Fortification mit ſtarcken Ket - ten verzogen werden / daß Niemand mit Fahr - Zeuge auf dem Strohm weder auf / noch abkom - men koͤnne. Das verziehen aber mit den Ketten geſchiehet alſo / nehmlichen man muß ſtaꝛcke lange Ketten wohl zu ſammen machen laſſen / ſo breit als der Strohm ohngefehr ſeyn moͤchte / hernach aber die Ketten durch hoͤltzerne ſtarck aus gebohrte Roͤhren an einander durch ziehen / biß der Fluß damit gar bedecket / an den Enden aber zu beiden Seiten des Ufers muß die Kette mit ſtarcken Ancker / oder ſonſt mit Pfaͤhlen feſte in Erde eingemachet / mit einer kleinen Schantze verſehen / und mit einer guten Wacht beſetzet werden / damit die Kette vom Feinde nicht ſo leicht koͤnne ruiniret und abgenommen werden: Auf der andern Seiten gegen das Land zu muß die Stadt mit ihren gebuͤhrenden Waͤllen und Ba - ſteyen nach iedes Ortes Gelegenheit wohl for - tificiret / und mit Aus - und Eingaͤngen / ſo wohl auch als bey dem Waſſer verſehen wer - den.

(5.) Fra -416Das II. Cvp.

(5.) Frage. Wie ſoll man denn die Oerter forti - ficiren / ſo mitten in einem Waſſer liegen?

Wenn das Waſſer ziemlichen breit und groß / und vom Feinde nicht kan abgenommen werden / worinnen eine Stadt erbauet iſt / ſo hat man nicht noͤthig / daß man eine allzu groſſe Fortificati - on bey ſolchen Oertern auffuͤhre / weil die Na - tur ſelbſt ſolche damit verſehen / iedoch ſoll man nicht unterlaſſen / entweder eine ſtarcke Mauer / welche nicht gar zu hoch / oder eine ſtarcke Bruſt von Erden / ſo von auſſen mit Qvater-Steinen revetiret iſt / darumb zu machen / und muß man der Flanquirung darbey nicht vergeſſen / es geſche - he nun ſolches entweder mit kleinen Bollwercken / oder mit bloſſen aus geſetzten Facen und Streich - Linien / damit man das Waſſer aller Orten ſo wohl mit groben als kleinen Geſchuͤtz nachdruͤck - lich beſtreichen koͤnne. Solte nun etwan in ei - nem Waſſer / es mag flieſſend oder ſtehend ſeyn / einige Jnſulen ſich befinden / ſo muß man aller - dinges auch ſolche ſuchen zu fortificiren / wie es die Gelegenheit moͤge an die Hand geben / um damit alle Paſſage auf dem Waſſer zu verwehren / ſie mag herkommen oder hingehen wo ſie wolle.

(6.) Fra -417Von Fortificirung alter erbauter ꝛc.

(6.) Frage. Wie ſoll man die Ein - und Ausgaͤn - ge der Fluͤſſe oder Canaͤle verwahren / und wie muͤſſen dieſe durch eine Feſtung gefuͤhret werden?

Wenn ein Fluß oder anderer Bach durch eine alte erbaute Stadt / welche da ſoll fortificiret wer - den / laͤuffet / muß man die Ein - und Aus-Gaͤnge vermittelſt gewiſſer Schleiſſen / eiſſern Raſtellen / oder Rechen / ingleichen mit eißernen Fall-Gat - tern aufs beſte verwahren / damit Niemand ſich dieſer Ein-Gaͤnge / zum Nachtheil oder Schaden der Stadt / zu keiner zeit bedienen koͤnne. Von Rechtswegen ſoll man aber zu ſehen / daß man dieſelben / wo nicht in der Mitte der Courtine, doch zum wenigſtẽ an einer Seite / derſelben unter dem Wall vermittels eines ſtarcken Gewoͤlbes durch fuͤhre / damit allen Falls die Aperturen des Walles von den anliegenden Flanqven koͤñen wohl beſtri - chẽ werdẽ; Keines weges aber muͤſſen ſolche durch ein gantz Bollwerck gehen / wil ſo denn der Fluß ſolches nur ſchwaͤchte / und auch ſonſt nicht recht koͤnte beſtrichen werden / es waͤre denn Sache / daß man jen - und diſſeits des Fluſſes nur halbe Baſtionen machen muͤſte / wenn es die Gelegen - heit nicht anders leiden wolte. Weil nun ein ſolcher Fluß die Stadt zertheilet / muß man wegen der Communication auf die breiten Gaſ - ſen und Plaͤtze zu einige Bruͤcken fuͤhren / wel - ches denn auch zu verſtehen iſt von ſtehenden Ca -D dnaͤlen /418Das II. Cap. naͤlen / wenn ſolche durch die Feſtung und Stadt gemachet ſind. Wenn nur ein Bach durch ei - ne Feſtung laͤuffet / muß man ſolchen in einem hoͤltzern verpichteten Canal / oder ausgehauenen groſſen Qvater-Steinen durch leiten / und ſo wohl die kleinen als groſſen apperturen / wie be - reits geſagt / mit eiſſern Gattern und andern Sachen mehr als einfach verwahren. Was bißhero von dem Ein - und Auslauff eines reinen Baches geſaget worden / muß man auch von den Abzugten / welche mehrmahls durch eine Stadt / zur Sauberung derſelben auf einen Abhang o - der Fluß gefuͤhret werden / geſtalten Sachen nach verſtehen / und die Oeffnungen derſelben mit eiſ - ſernen Staͤben aufs beſte etliche mahl verwah - ren / damit niemand durch ſolche weder aus noch ein kommen und durch brechen koͤnne. Ubri - gens aber muß die Fortification, nach reiffer U - berlegung wohl und tuͤchtig gefuͤhret werden / da - mit ſie eine gute Defenſion zur Zeit einer Ataqve an allen Orten præſtiren koͤnne.

(7.) Frage. Was ſoll man bey einem See - oder oder andern Hafen in acht nehmen / und wie iſt ſolcher zu fortificiren?

An einem guten See-Hafen iſt bey denen See - und Handels-Staͤdten ſehr viel gelegen / und wenn die Natur ſolchen von ſich ſelbſt nicht etwan wohl gemachet und befeſtiget / ſoll man da - hin bedacht ſeyn / einen bequehmen und nahen Ortbey419Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. bey einer Kruͤmme hiezu zu erwehlen / und ſolchen aufs beſte mit niedriger Fortification ſuchen zu befeſtigen / damit nicht alleine die einlauffenden Schiffe bey ſtuͤrmigem Wetter fuͤr den wuͤten - den Meeres-Wellen koͤnnen unbeſchaͤdiget / ſon - dern auch zu Kriegs-Zeiten fuͤr den feindtichen Schiffen darinnen ſicher und beſchuͤtzet ſeyn. Der Eingang eines Ports ſoll nicht allzuweit ſeyn / wenn nur anders eines von den groͤſten Schiffen geraumlich aus - und einlauffen kan / auch ſoll ein See-Hafen nicht ſo weit von den Haupt-Wer - cken der Feſtung entfernet ſeyn / damit er von ſol - chen auch uͤber ſeine eigene Defenſion wohl koͤnne defendiret werden; Gienge aber eine lange Ave - nuë zu den Hafen / ſo muß auch ſolche zu beiten Seiten mit einer Bruſt / und an den aͤuſſerſten Enden mit einer ſtarcken Schantze derwahret ſeyn / damit nichts aus - noch einpaſſiren koͤnne / was nicht mit Willen geſchiehet. Wie man ſonſt einen See-Hafen / welcher weit gegen das Meer offen / mit einem Damm gegen die wuͤtenden Wellen verwahren ſolle / iſt im vorigen bey Befe - ſtigung der Fundamente mit mehren gemeldet worden / welches denn hieher kan wiederhohlet werden. Bey einem Schiffreichen und ſtarcken Fluſſe / ſo an einer Feſtung hinlaͤuffet / kan man entweder in dem Haupt-Graben / oder an einem andern fuͤglichen Orte / auſſerhalb iedoch nahe der Feſtung / einen bequehmen Ort aptiren / da alles Fahr-Zeug zu Winters-Zeit ſicher beyſammenD d 2ſtehen420Das II. Cap. ſtehen kan / und muͤſſen die Eingaͤnge hierzu alſo gemachet und verwahret werden / daß weder das Eiß vom Haupt-Strohme / noch auch ſonſt das groſſe Waſſer dem Behaͤlter und den Schiffen in denſelben etwan Schaden thun koͤnne / geſtalt denn die Schleiſſen hierzu am bequehmſten ſind / veil man ſo viel Waſſer durch dieſelbe geſtalten Sachen nach ein - und auslaſſen kan / ſo viel man will.

(8.) Frage. Wie ſoll man denn die Oerter und Schloͤſſer / ſo auf Bergen liegen / fortificiren?

Es iſt bekant / daß die Alten zu ihren Zeiten / wo nicht gantze Staͤdte / iedoch viele Schloͤſſer und Clauſen auf hohe Berge mit ſehr groſſen Unkoſten erbauet / und allda vor ſich und ihre beſten Sachẽ zu Kriegs-Zeiten ihre Retirade geſuchet haben; Ob nun wohl dazumahl / ehe und bevor noch das grobe Geſchuͤtz recht in Gebrauch kommen / ſie ihr Intent ziemlicher maſſen erreichen koͤnnen / ſo wird doch heut zu Tage von ſolchen Berg-Feſtungen gar wenig mehr gehalten / weil ſolche nicht allein viel zu erbauen koſten / ſondern auch dergleichen Oerter in wendig ziemlich enge ſind / welche man denn durch das heutige Bombardiren ſehr be - aͤngſtigen und ruiniren kan. Solte es aber den - noch geſchehen / daß man einen und andern Berg - Ort aus gewiſſen Urſachen / wenn er etwa an ei - nem Paſſe, oder ſonſt mitten im Lande gelegen /for -421Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. fortificiren muͤſte / ſo ſoll man wohl zuſehen / daß man die Feſtungs-Theile alle alſo anlegen und machen moͤge / wie es der Zuſtand und Gelegen - heit des Ortes erfordere / und muß man ſich hier - bey an keine Regular Fortification ſo ſehr binden / weil ſie wegen der Enge und Irregularitaͤt des Or - tes nicht allezeit wohl anzubringen iſt / ſondern man muß nur zuſehen / wie mit Ab - und Zugeben der Wercke und Linien einer guten Irregular-For - tification koͤnne geholffen / und der Ort damit be - ſchloſſen werden. Jnsgemein kan man auf denen Berg-Feſtungen / zumahl wo Felſen vorhanden / keine weite Graͤben machen / und iſt ſchon genug / wenn der Haupt-Graben nur tieff gemachet / und in den Stein-Felſen eingebrant und gehauen wird / ob er gleich nicht allzu breit iſt. Man darff auch nicht die Baſtions, ſonderlich die Flanquen an denſelben zu groß und lang machen / weil es die Gelegenheit des Ortes / wie auch die Enge des Grabens nicht zulaſſen wird. Die reterirten Flan - quen und Caſematten ſind bey denen Berg-Feſtun - gẽ nicht undienlichẽ / weil kein groͤſſer Feld Terrain in der Hoͤhe berum lieget / worauf der Feind poſtò faſſen / und die Belaͤgerte ſolchen ſtarck beſtrel - chen muͤſten; Jedoch ſoll man wohl zuſehen / daß man keine nahe Hoͤhe auf eben dieſen / oder auf ei - nen andern nechſt anliegenden Berge / leide / oder unbebauet laſſe / welche der Feſtung einiger maſ - ſen koͤnte ſchaͤdlich ſeyn. Fuͤr allen Dingen ſoll man bey einer ſolchen Berg-Feſtung zuſeher / daßD d 3es422Das II. Cap. es weder am Waſſer / noch Holtze mangele / weil - ber die behoͤrige Beſatzung / Munition und Provi - ant, dergleichen Sachen zum taͤglichen Gebrauch nothwendig erfordert werden. Kan man keine Zich-Brunnen darinnen haben / ſo muß man der ſteinernen Cyſternen ſich bedienen / um das Re - gen-Waſſer darinnen aufzufangen / und im Fall der Noth deſſen zu gebrauchen. Starcke Gewoͤl - ber und Keller ſeyn in ſolchen Berg-Feſtungen ſehr nuͤtzlich und noͤthig / damit man fuͤr die ein - dringenden Bomben zuſamt denen darauf ge - pflichteten Sachen koͤnne ſicher ſeyn; Man kan auch auf ſolchen Berg-Feſtungen an unterſchied - lichen Orten heimliche Ausgaͤnge haben / und dem Feinde / wenn er ſich in dieſer Gegend nahe befin - den ſolte / undermutheter Weiſe ziemlichen Ab - bruch thun / auch ſonſt das nahe anliegende feind - liche Land in groſſe Contribution ſetzen. Den Weg ſoll man auf ſolche hohe Feſtungen / ſo es an - ders moͤglichen ſeyn kan / Schlangen Weiß und rund herum fuͤhren; Die Seiten aber gegen das Land zu mit einer Bruſt wohl bedecken / damit man auf und ab unvermerckt kommen koͤnne; Den Eingang unten auf dem Land Horizont ſoll man / ſo viel moͤglich / mit einer ziemlichen Schan - tze verwahren / den Weg auch an ſich ſelber an ei - nigen Orten / zumahl an denen Ecken / und wo Kruͤmmen ſeyn / mit Abſchnitten verſehen / und / wo moͤglich / ſo breit machen / daß man mit einem Wagen darauf fahren / oder doch zum wenigſtenmit423Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. mit Laſtbaren Thieren alle Nothdurfften darauf bringen / und ſich allen Falls auch auf den ſelben wohl defendiren koͤnne.

(9.) Frage. Wie ſoll man denn die Oerter und Pæſſe in einem Thale / wodurch eine Haupt-Paſſage gehet / fortificiren und verwahren?

Man findet an einigen Orten groſſe Defileen / zwiſchen zweyen hohen Bergen und Felſen / welche theils mit einem fremden Lande / Graͤntzen / oder doch ſonſt durch dieſelbe eine Haupt-Paſſage ge - het / dahero es denn noͤthig / daß man ſolche Ave - nuͤen / welche natuͤrlicher Weiſe ſchon ziemlichen fortificiret / noch mehr befeſtige / indem an ſolchen Haupt-Poſten ſehr viel gelegen iſt. Gemeiniglich iſt in einem ſolchen engen Thale entweder ein Fluß oder ſtarcker Bach dabey / ſo entweder aus gewiſ - ſen Quellen der anliegenden Berge / oder ſonſt von dem Regen-Waſſer ſich verſammlet; Jnglei - chen gibt es auch gemeiniglich an einigen Orten in einem ſolchen Thale gantz enge / und auch ge - kruͤmmte Paſſagen. Dieſer natuͤrliche Vortheile nun muß man ſich / bey Auferbauung eines Forts und Schantzen wohl bedienen / und die Defenſion alſo anlegen / daß ſie nicht alleine nicht viel koſten / ſondern auch die Paſſage von weiten wohl beſtrei - chen moͤge: Weil man nun bey dergleichen Gele - gen heiten / zwiſchen Bergen und Felſen wenig Er -D d 4de424Das II. Cap. de hat / ſo muß die Fortification mehrentheils aus ſtarcken und hohen Mauern gemachet werden / daß ſie die Paſſage gantz einnehme / und Niemand weder zu Fuß noch zu Pferde / dieſer Gegend vor - bey gehen koͤnne / er paſſire denn durch dieſe Schantze und Clauſe. Solten die Berge an den Seiten nicht recht præcipitant, ſondern etwas ſchraͤge herab gehen / alſo daß man beſorgen muͤ - ſte / man koͤnne auch einiger maſſen uͤber dieſelbe fort kommen / ſo muß man entweder ſolche recht abſcarpiren / oder aber zum wenigſten eine ziemli - che hohe Mauer an dieſelbe hinauf biß an die Hoͤ - he / allwo es unmuͤglich iſt / zu paſſiren / auffuͤhren laſſen / damit ein ſolcher Paſs aller Orten recht ver - wahret ſey / welcher denn mit wenigem Volcke und geringer Unterhaltung kan mainteniret und defendiret werden / weil die Natur das beſte hier - bey gethan / und man ſolchen wegen Enge der Paſ - ſage nicht wohl beykommen kan.

(10.) Frage. Wie ſoll man die Oerter befeſtigen / welche wohl auff ebenen Lande erbauet ſind / iedoch aber einige nahe anliegen - de Hoͤhen / oder eine innerli - che groſſe Hoͤhe bey ſich haben?

Zum oͤfftern findet man ſolche alte erbaute Staͤdte welche nahe und ſchaͤdliche Hoͤhen umbſich425Von Fortificirung alter erbauter / ꝛc. ſich liegend haben / und dahero nach der regular - Fortification nicht koͤnnen befeſtiget werden; Bey dergleichen Oertern nun muß man wohl zuſehen / ob die umliegende Hoͤhen uͤber einen ſtarcken Mußqveten-Schuß von der Stadt abliegen / o - der nicht; Wenn die Hoͤhen uͤber einen ſtarcken Mußqueten Schuß von der Stadt abliegen / ſo ſoll man ſolche durch â parte Feld und Stern - Schantzen befeſtigen / damit ein Feind ſich ſolcher nicht gleich bemaͤchtigen und der Haupt-Feſtung naͤhern koͤnne / und iſt es gut / wenn man bey ſo geſtalten Sachen einen heimlichen Gang unter - der Erden aus der Feſtung in ſolche Oerter fuͤh - ren und haben kan / damit man ſie im Fall der Noth um ſo viel beſſer und laͤngeꝛ defendiren koͤn - ne / wenn man alle Nothdurfften darein ſicher bringen kan: Laͤgen aber dergleichen Hoͤhen nicht uͤber einen Mußqueten-Schuß von der Stadt / o - der befaͤnden ſich auch gar in derſelben / ſo muß man ſolche nicht alleine nothwendiger Weiſe in die Stadt mit ein / oder mit behoͤrigen Auſſen - wercken mit anſchlieſſen / ſondern ſie auch à part in der Hoͤhe mit einer Fortification als eine citadelle oder ſo genannden Donjon nach Gelegenheit des Orts befeſtigen. Gegen die auſſen liegende Hoͤ - hen / muß man die Bollwercke der Stadt noth - wendiger Weiſe zufuͤhren / und auff ſolche ſo ge - nandte Cavalliers oder Katzen ſo hoch anlegen / daß man von denſelben die nechſt anliegendeſchaͤdli -426Das II. Cap. ſchaͤdliche Hoͤhe wohl entdecken und beſter ma - ſen beſtreichen koͤnne. Solten auch gar zu lan - ge Polygonen fallen / oder ſonſt einige Hohe fuͤr derſelben liegen / muß man eine platte Form oder einen Cavalier in der Mitte der Courtine anlegen / iedoch aber daß der gantzen Defenſion der Cour - tine hiedurch nichts benommen werde / daß man alſo in der Weite und Hoͤhe auch bey einer Cour - tine Beſtreichung genung haben koͤnne. Eine platte Form aber wird in der Kriegß Bau-Kunſt dasjenige Werck genennet / welches laͤnglicht viereckigt iſt / alſo daß es unterſchieden iſt von ei - nen platten Bollwerck / weil es ſeineracen und flan - quen hat / und in Bollwercks - und Kehl-Winckel ſehr weitlaͤufftig und groß iſt.

(11.) Frage. Auff wie vielerley Weiſe und an wel - chen Orten koͤnnen den die Cavaliers angeleget werden.

Die Cavaliers koͤnnen auff unterſchiedliche Manier und auch an unterſchiedlichen Orten an - geleget und erbauet werden. Was die Structur anlanget / koͤnnen ſolche gleich ſeyn mit der plat - ten Form / ſie koͤnnen auch als ein Triangel / in gleichen in der Runde als ein Thurm / und endli - chen wie es insgemein zugeſchehen pfleget / als ein Baſtions erbauet werden. Jhr ordinarer Platziſt427Von Fortifieirung alter erbauter / ꝛc. iſt auff denen Bollwercken / wie ſolche / wie gemel - det von rechtswegen nach denen anliegenden Hohen zu gehen ſollen / und zwar wenn ſie erbau - et werden als wie ein Thurm ſo ſtehen ſolche nahe an den Kehl-Winckeln an; Werden ſie aber als wie ein Baſtions erbauet / ſo lauffen ſie mit Flanq - und Face ingleichen parallel Linien / iedoch alſo / daß der Wallgang des Baſtions allenthalben 30. S. breit und leer bleibe / damit durch den auffge - ſetzten Cavalier demſelben an ſeiner Defenſion kei - ne Verhinderungen geſchehe / welchẽs den gleich - falls bey einem runden Cavalier auch muß in acht genommen werden / damit der ordentliche Wall - gang ſeine rechte breite aller Orten behalte. Auff die Courtuine koͤnnen auch die Cavaliers geſetzet werden / entweder in die Mitte oder auff einer Seiten derſelben / nachdem es die Gelegenheit des umliegen den Landes erfordert / und muß auch bey ſolchen des Wallgangs der Courtine, wo nicht gaͤntzlich / iedoch zum wenigſten auff die Helffte geſchonet werden / damit man umb die gantze Fe - ſtung auff dem Wallgang eine freye Paſſage ha - ben moͤge; Denn die Cavaliers werden nur einig und alleine des wegen auff die inneren Haupt - Wercke geſetzet / daß man die nechſt anliegenden Hoͤhen / ſo nicht uͤber einen Mußqueten-Schuß von der Feſtung abliegen / wohl endtecken / und ſo wohl mit klein / als groben Geſchuͤtz beſtreichen koͤnne; Die untern Wercke aber muͤſſen denordi -428Das II. Cap. ordinaren Land-Horyzont defendiren / damit der Feind auff demſelben ſich der Feſtung nicht allzu - nahemachen koͤnne. Wenn aber gar zu große und weitlaͤufftige Hohen vor einer Feſtung ſolten voꝛ - handen ſeyn / ſo muͤſſen ſolche mit Auſſenwercken befeſtiget werden / davon an ſeinem Ort mehrere Meldung geſchehen ſoll.

(12.) Frage. Aus was Urſachen / wie und wohin ſollen denn die Feſtung erbauet werden?

Die Citadellen werden fuͤrnehmlich deßwe - wegen an eine Feſtung erbauet / damit man ſol - che / und die Jnwohner darinnen koͤnne in be - ſtaͤndigen Gehorſam behalten / oder auch / wenn die Stadt von einem Feinde belagert und einge - nommen worden / man ſich den noch auf der Ci - tadelle taper wehren / und den Feind wieder aus der Stadt-treiben koͤnne. Geineiniglich aber wird eine rechte Citadelle von fuͤnff Bollwercken erbauet / wie wohl man auch dergleichen hat / ſo nur aus vieren / und auch wohl gar aus ſechſen be - ſtehẽ. Weñ man nun eine fuͤnffeckigte Citadelle an einer Feſtung anlegen will / ſo muß man anfangs die gantze Feſtung mit der umbliegenden Gegend nach dem verjuͤngten Maaß-Stab in Grund le - gen / damit man recht ſehen und urthoilen koͤñe / wie die Bollwercke der Citadelle gebuͤhrender maſſen kommen muͤſſen / ſintemahl zwey Baſtions da von nach der Stadt / die uͤbrigen 3. aber auf dasumb429Von Fortificirung alter erbauter ꝛc. umbliegende Land zu gehen muͤſſen. Es ſoll auch zwiſchen der Stadt und Citadelle ein Platz gantz leer bleiben / von 20. biß 30. R. lang / damit das Caſtell ſein gebuͤhrend Glacis oder viel mehr Esplanade haben moͤge / umb die Gegend / ſo wohl nach dem Lande / als nach der Stadt zu zu be - ſchieſſen. Wenn nahe an einer Feſtung ein Paſſ - Hoͤhe oder Fluß fuͤrhanden / muß man nothwen - diger weiſe die Citadelle diſſeits der Feſtung anle - gen / damit ſolche dieſes alles wohl Commandiren / und man zur Zeit der Noth Volck / Geſchuͤtz / Pro - viant und Munition in dieſelbe à part und unge - hindert ein und aus bringen / auch der Feind ſich der natuͤrlichen Gelegenheit und Vortheil nicht bedienen koͤnne. Nechſt dieſen muͤſſen die nechſt anliegenden Theile des Walles von der Feſtung alſo angeleget werden / daß ſie der Citadelle kei - nen Nachtheil und Gefahr bringen / wohl aber von derſelben koͤnnen entdecket und beſtrichen werden; Geſtalt denn die Face des nechſt anlie - genden Bollwercks von der Feſtung ohne Flan - qve muß auf die Mitte der Courtirie des Caſtels zugezogen werden / alſo / daß ſolches capable iſt / nicht alleine dieſe / ſondern auch das gantze Boll - werck voͤllig zu beſtreichen. Sonſt werden ge - meiniglich in die Citadellen kleine Kirchen und Capellen zum Gottes-Dienſt / in gleichen des Commendanten-Hauß / ein Zeug-Munition und Proviant-Hauß / ein Lazareth und Caſſernes fuͤrdie430Das II. Cap. die gemeine und gantzen Garniſon erbauet / den uͤbrigen Platz aber in derſelben ſoll man zur Para - de und andern militariſchen Gereitſchafften leer laſſen / und nicht etwan groſſe Luſt-Gaͤrten / Scheuren und uͤberfluͤßige Staͤlle darein ma - chen / weil ſolches alles wieder die Fundamenta der Kriegs-Bau-Kunſt laͤuffet / und auch ſonſt der Citadelle kan ſchaͤdlichen ſeyn.

Sech -[431]

Sechſter Theil. Von den Auſſen-Wercken / deren Unterſchied und Benennung / auch wie und wohin ſolche ſollen angeleget und erbauet / auf geriſſen und abgeſtecket werden.

432

Das I. Cap. Von denen Auſſen-Wercken insgemein und wie ſie pflegen genennet und gebrauchet zu werden.

(1.) Frage. Wie vielerley Auſſen-Wercke pfle - get man heut zu Tage zu gebrau - chen / und ſolche zu nen - nen?

DEr Auſſen-Wercke / ſo man noch heut zu ta - ge / und zwar ſonderlich bey denen irregula - ren Feſtungen pfleget zu gebrauchen / ſeynd un - terſchiedliche Arten / nehmlichen: Raveline, wel - ches die Frantzoſen nach heutiger Manir Demi - lune nennen / halbe Monden / Contregardes, Hornwercke / Cronwercke / eine fache uud doppel - te Tenaillen / Pfaffen-Muͤtzen / Schwalben - Schwaͤntze / klein und groſſe Lunettes, Traverſen / Caponnieures und dergleichen / von deren ieden inſonderheit gebuͤhrende Meldung geſchehen ſoll / wie und wohin ſolche zu gebrauchen / und anzule - gen.

(2.)431[433]Von denen Auſſen-Wercken.

(2.) Frage. Haben denn die Auſſen-Wercke auch einen ſonderlichen Nutzen / und kan man nicht an deren Statt etwas beſ - ſers erfinden?

Ob wohl einige den Gebrauch der Auſſen - Wercke gaͤntzlich wollen verwerffen / aus den Ur - ſachen / weil ein Feind ſolche fuͤr einer Feſtung leicht erobern / und hernach nur zu ſeiner Bede - ckung und Vortheil deſto mehr gebrauchen koͤn - ne / ſo ſind doch ſolche wegen ihres vielfaͤltigen Nutzes halber / und ſonderlich / wenn fuͤr einer Fe - ſtung breite und lange Hoͤhen fuͤrhanden / bloſſer - dings nicht zu verwerffen / iedoch ſoll man auch deren ohne Noth und Rarſon der Fortification fuͤr einem Ort nicht zu viel machen / damit man keine vergebliche Unkoſten verurſache und eine ſtaͤrcke - re Garniſon in den Platz legen muͤſte / welches ſonſt nicht waͤre von noͤthen geweſen: Wenn man a - ber deren nicht entrathen kan / muͤſſen ſolche alle alſo angeleget werden / daß man ſie von den haupt Wercken wohl entdecken und beſtreichen koͤnne; Geſtalt denn alle Auſſen-Wercke viel niedriger ſeyn muͤſſen / als die andere Haupt und innerli - chen Wercke; Jngleichen muͤſſen ſie nach der Feſtung zu gantz offen ſeyn / damit der Feind / wenn er ja ſolche ein bekommen ſolte / keinen ſon - derlichen Vortheil hierdurch bekaͤme / ſondern ſichE ezu432[434]Das I. Cap. zu erſt von neuen verſchantzen muͤſte / wenn er aus denen eroberten Auſſen-Wercken gegen die Feſtung etwas tentiren wolte; Waͤren aber ſol - che unterminiret / wie es billig ſeyn ſoll / ſo koͤn - nen ſolche mit ſamt den darauf poſtirten Feind geſprenget werden. An ſtatt der Auſſen-Wer - cke und des bedeckten Weges / pflegen einige auf das Glacis detachirte und revetirte Bollwercke / welche alle hohl und unterminiret ſind / zu gebꝛau - chen / auch ſolche in Form eines Triangels von ei - nander zu ſetzen / damit ſie gute Defenſion gegen einander fuͤhren koͤnnen. Umb dieſe detachirte Bollwercke machen ſie keinen Graben / noch be - deckten Weg / ſondern ſetzen nur auf den bloſſen Horizont zu geſpitzte Palliſaden / nicht in gleicher Hoͤhe / ſondern ſchrege gegen das Feld zu auf den halben man hoch ein; Dieſes ſind aber gar ſehr koſtbahre Wercke / und ſind allenfalls der Fe - ſtung ſelbſt ſchaͤdlich / wenn ſie muͤſſen geſprenget werden / weil ein Feind dahinter gute Bedeckung findet / dem Graben ſich naͤhert / und alſo die Sappe gar leicht in den Graben hinter ſolche hernach machen kan. Jch meines Orts lobe einen guten rechten bedeckten Weg / mit zweyen Bruſt - Wehren auf meine Manier / oder doch andere niedrige und wohl angelegte Auſſen-Wercke / - ber welche man oben hin / und auf den Seiten ſie und das Feld wohl beſtreichen kan / und ſoll man nicht unterlaſſen um alle Auſſen-Wercke einen guten Graben zu fuͤhren / auch ſolchen in der Mit -te433[435]Von denen Auſſen-Wercken. te mit einfachen oder doppelten Palliſaden zu beſe - tzen / zu mahl wenn die Graͤben trocken ſind / an deren Ecken und Winckel man auch nach Gele - genheit gantze und halbe Caponnietes kan anle - gen / um ſolche deſto beſſer verdeckt und horizon - tal zu defendiren.

Das II. Cap. Von der Structur und Un - terſchied der Raveline, wie und wohin ſolche muͤſſen geleget und erbauet werden.

(1.) Frage. Wie und wohin ſoll man denn die Raveline an legen und er - bauen?

DJe Raveline ſeynd unter allen Auſſen - Wercken das allergebrauchlichſte / ſo wohl bey der regular, als irregular Fortification, unan - geſehen ob der Terrain und die umbliegende Ge - legenheit des Landes eben oder bergigt iſt / weil ſie mehr zur Bedeckung der Courtinenen / und Flan - quirung der anliegenden Facen, als zu Beſtrei - thung der anliegenden Hoͤhen erbauet werden. Was die Structur, der Raveline anbelanget / koͤn -E e 2nen434[436]Daß II. Cap. nen ſolche auf unterſchiedliche Manier gemachet und angeleget werden / wie wohl man ſie bey einer Feſtung an keinen andern Ort hinleget / als nur vor die Mitte der Courtine; Jnsgemein aber kan man die Raveline auf fuͤnfferley Art machen / nehmlich man nimbt.

(1.) Wenn die Feſtung nach dem verjuͤng - ten Maaß-Stab zu Pappier gebracht / mit ei - einem Circul die gantze Laͤnge der Courtine des haupt-Walles / machet damit aus den bei - den Courtinen-Winckeln zwey Creutz-Boͤgen uͤber den Graben / der Mittel-Punct deſſen wei - ſet an die euſſerſte Spitze und den Punct des Ra - velins; Wenn nun von dieſem Punct / vermit - telſt eines Lineals / gegen die beiden Schulter-E - cken der nechſt anſtoſſenden Bollwercke biß an den Graben der Feſtung-Linien gezogen werden / ſo geben ſich die zwey Facen des Ravelins von ſelbſt / und iſt ſolches nach ſeiner Grund-Linie auf die erſte Manier fertig.

(2.) Theilet man die zwey nechſten Kehl-Lini - en der Bollwercke in zwey gleiche Theile / und ziehet aus ſolchen Puncten durch die Schulter - Ecken uͤber den Graben zwey blinde Linien / wo dieſelben einander durch-ſchneiden / da faͤllet des Ravelins euſſerſte Spitze hin / und geben ſich die zwo Facen von ſelbſten.

(3.) Man ziehet aus dem Mittel-Punct der Courtine durch den Punct / da die beyden aͤuſſer - ſten Seiten des Grabens zuſammen ſtoſſen / eineblinde435[437]Von denen Auſſen-Wercken. blinde perpendicular-Linie uͤber den Graben / ſchneidet auf derſelben von den gedachten Punct des Grabens drey Viertheil von der Laͤnge der Facen eines anſtoſſenden Bollwercks zu des Ra - velins Haupt-Linie ab / leget darauf das Linial an dieſem Punct / und beeden anſtoſſender Bollwer - cke Schulter-Ecken oder halben Kehl-Linie an / ſo finden ſich auch die zwey Facen. Dieſe drey Manieren nun werden gemeiniglich bey groſſen Royal-Wercken / ſo perpendicular Flanquen auf die alte Art haben / fuͤr die Thore / Bruͤcken / Schleiſſen / Baͤhren ꝛc. wo es von noͤthen / ge - brauchet. Bey kleinen Wercke will ſichs nicht wohl thun laſſen / die Raveline aus denen Schul - ter-Ecken zu ziehen / ſonder man muß dieſelben aus dem Drittheil oder ein Viertheil der Facen des Haupt-Walles nechſt den flanqven fuͤhren / damit die Raveline nicht zu enge werden.

(4.) Richtet man aus dem Mittel-Punct der Courtine uͤber den Graben eine Perpendicular auf / ſchneidet auf derſelben von Graben an 18. R. lang zu der Haupt-Linie des Ravelins ab / und nimbt den Winckel von 90. Gr. mit Huͤlffe ei - nes Transporteurs, ſo geben ſich die facen des Ra - velins auf den eingetheilten Facen des Haupt - Werckes von ſelbſt.

(5.) Findet man auch bey einigen irregular - Feſtungen Raveline mit flanquen / und werden dieſelben auf folgende weiſe verfertiget: Man ziehet aus dem Mittel-Punct der Courtine uͤber den Graben eine blinde perpendicular. Linie inE e 3das436[438]Das I. Cap. das Feld hinaus / ſchneidet darauf zu des Ravelins Haupt-Linie 22. R. in gleichen auf euſſerſten Linie des Grabens die beiden Kehl-Linien / iede von 2. und ein halb R. Denn hernach die Flanqven und Facen in einer Laͤnge. Sonſt a - ber ſoll man keine Fauſſebraye an ein Ravelin o - der ander Auſſen-Werck machen / wie etwan an dem Haupt-Wall weil dergleichen Wercke / wie gedacht alle ſollen unterminiret / und im Fall der Noth geſprenget werden / wo durch denn die viele Erde nur den Graben beſſer fuͤllen wuͤrde.

(2.) Frage. Was iſt von ſolchen Ravelien zu halten / ſo Flanqven haben?

Von den Ravelinen mit Flanqen iſt des wegen nicht viel zu halten / weil ſie gemeinglich bey den Fa - cen ſehr enge kommen / alſo daß man ſich mit allen Gereitſchafften bey einer Belagerung nicht wohl bethuen kan / der Feind auch uͤber dieſes, wenn er ſolche unterminiret einbekom̃ẽ / gegen die Feſtung zu / da ſie nicht weit offen / ſich darinnen bald ver - ſchantzen / und hernach in Front und Flanqve den Feſtung-Wercken groſſen Schaden thun kan. Jſt demnach ſicherer und beſſer / das man durch - gaͤngig alle Raveline / ſie moͤgen vor einem Haupt - Wercke oder Auſſen-Wercke liegen / bloß mit zweyen Facen ohne Flanqven mache / damit ein Feind ſich nicht darinn ſo leicht bedecken / undman437[439]Von denen Auſſən-Wercke. man ſelbige von hinten wohl beſtreichen koͤnne.

(3.) Frage. Welche Raveline ſind denn einander vorzuziehen / die kleinen oder die groſſen / und wie ſoll man ein Ravelin nach meiner Manir anlegen?

Das die groſſen Raveline den kleinen billig vor - zuziehen ſind / daran iſt gar keinen Zweiffel / weil man in einem groſſen mehr Raum und Platz hat / ſich beſſer und laͤnger zu Defendiren / als in einen kleinen. Die ienigen ſo wieder die rechten Funda - menta der Kriegs-Bau-Kunſt allzulange Facen und kurtze Flanqven bey den Haupt-Bollwercken machen / muͤſſen nothwendiger Weiſe auch enge und ſpitzige Raveline anlegen und erbauen / wel - ches aber aus mehr erwehnten Urſachen keines Weges zu loben iſt. Was mich anlanget / nehme ich die Haupt-Linie der Raveline ſo lang als eine Face oder Flanqve meines Bollwercks iſt / indem ich erſtlich den Graben vor der Courtine aus dem Schuͤtzen-Punct von gleicher Breite mache / und hernach auch gedachte Capital zu dem Raveline al - ſo lang abſtecke; Die Facen hierzu laß ich auf die Schulter Ecken der Bollwercke anlauffen / ſo be - komme ich ein weites und groſſes Ravelin / wel - ches nicht alleine die Courtine wohl bedecket / ſon - dern auch in Anſehung der Bollwercke mit den - ſelben wohl proportioniret iſt / und die Noth lei -E e 4dende438[440]Das XI. Cap. dende Face des Bollwercks wohlbeſtreichen kan mit Hand und groben Geſchuͤtz.

(4) Frage. Was iſt von der jenigen Manier zu halten / welche kleine Raveline mit ei nem beſonderen Graben in ein groſſes zu ſetzen pfle - get?

Es finden ſich einige unter denen Kriegs Bau - verſtaͤndigẽ / welche nicht alleine in die Bollwercke einander keines mit einem Graben machen / ſon - dern auch dergleichen bey denen Außen-Wercken und ſonderlich bey denen Ravelinen thun / indem ſie gedencken hiedurch einen beſtaͤndigen Ab - ſchnitt zu haben / und ſich allen Falls in demſel - ben wohl zu defendiren; Allein es iſt zu wiſſen / daß dieſes weder bey denen Bollwercken noch viel weniger bey denen Auſſen-Wercken zu loben iſt / weil der Platz / welcher doch aller dings weit und raumlich genug verbleiben ſolte / hierdurch ſehr verſchmaͤlert wird / zu geſchweigen der groſſen Unkoſten / welche auf das Revetiren der eingeſchnit - tenen kleinen Graͤben noͤthiger Weile muͤſ - ſen gemachet werden. Zu dem kan man ſich in ſol - chen kleinen und engen Wercken nicht wohl de - fendiren weil man wenig Volck und andere Noth - wendigkeiten darein bringen kan / dahero es einemFeind439[441]Von denen Auſſen-Wercken. Feind gar leicht iſt / ſolche einzunehmen / wenn er nun anders den kleinen Graben mit Faſchinen aus fuͤllet / und in die enge Wercke tapffer mit Hand Granaten einſpielen laͤſſet. Sonſt ſoll von den Abſchnitten und wie ſolche recht zu machen / ſchon anſeinen Orte mit mehren gemeldet werden.

(5.) Frage. Wie ſollen denn die Aus - und Ein - gaͤnge durch ein Ravelin ge - fuͤhret werden?

Bey einem Raveline mit Flanqven / wodurch ei - ne Haupt-Straße gehen ſoll / muß der Durchbruch hierzu durch die Flanqve geſchehen / und nicht durch die Facen; hat aber das Ravelin keine Flanqven, wie es auch ſeyn ſoll / ſo kan entweder ein Stuͤck Face nechſt dem Haupt Graben vom gantzen Walle des Ravelins wegelaſſen / oder auch durch daſſelbe eben an dieſem Orte unten durch gebrochen / und der Wollgang nebſt der Bruſt oben in der Hoͤhe biß an den Haupt-Graben continuiret werden / welche Aushoͤhlung aber man nicht ausmauren / ſondern nur mit ſtarcken Brettern und Pfoſten unterbauen muß / damit ſolche im Fall der Noth / oder wenn / der Feind das Ravelin einbekommen / koͤnne bald wieder ruiniret werden und der Fẽind darinnen keine ſonderliche Bedeckung finden.

E e 56. Fra -440[442]Das II. Cap.

(6.) Frage. Wie werden denn die Raveline im Felde abgeſtecket?

Gleich wie die Haupt-Wercke nach ihren Haupt-Puncten / als nemlichen entweder An - fangs nach dem Bollwercks-Punct / oder welches beſſer und kurtzer / nach dem Kehl-Punct / und denn nach dem Courtinen u. Schulter-Punct im Felde durch lange Stangen muͤſſen abgeſtecket / und die Linien vermittels einer Schnur gleich gezogen / und an derſelben mit einem kleinen Graͤbelein bemercket werden; Alſo muͤſſen auch alle Auſſen - Wercke in ihren Puncten und Linien nach den ge - gebenen Profilen im Felde mit Stangen abge - ſtecket werden / und zwar was das Ravelin belan - get / wird ſolches zuerſt mit ſeiner Capital Linie / und hernach auch mit ſeinen Facen an den Haupt - Graben angeſtecket / welches alles denn kein wei - des Bedencken brauchet / und im uͤbrigen nach dem Profil die Hoͤhe und Breite muß abgeſtecket uud bemercket werden / dovon am Ende dieſes Theiles die beygefuͤgten Profile ſo wohl von Auſ - ſen-Wercken / als Feld-Schantzen und Retrenhe - menten koͤnnen nachgeſehen werden.

Das441[443]Von denen halben Monten.

Das III. Cap. Von denen halben Monden und Contregardes, wie / und wohin ſolche zu machen / auffzureiſſen und im Felde abzuſtecken?

(1.) Frage. Wie und wohin werden denn die hal - ben Monden geleget und aufer - bauet?

DJe halben Monden werden ordentlicher wei - ſe fuͤr die Bollwercke geleget / und bekom - men ihre flanquirende Defenſion von denen anlie - genden Ravelinen / oder andern Auſſen-Wercken und kan man ſolche auf unterſchiedliche Manier formiren / nehmlichen (1.) verlaͤngert man die Haupt-Linie des Bollwercks blind uͤber den Graben hinaus / und reiſſet an den aͤuſſerſten Rand des Grabens / welcher ohne deme allezeit ſoll rondiret werden / einen Cireul-Bogen gleich einẽ halbẽ Mond nach der Breite des Grabens / in dem man eine Spitze des Circuls auf die aͤuſſerſte Spitze der Berme ſetzet / mit der andern aber den Circul machet; darnach nimt man von den Mittel - Punct des Circul-Bogens die Paupt-Linie des halben Monden etwan drey Vortheil der Facedes442[444]Das III. Cap. des Bollwercks / nach meiner Art aber die Laͤnge der Haupt Flanqve / und ziehet aus dem Kehl - Punct der von beyden Seiten anſtoſſenden Rave - line / oder aus dem vierten-Theil der Face des Ravelins nechſt dem Graben eine blinde Linie biß zu der aͤuſſerſten Spitze des halben Monden / ſo bekomt man die beeden Facen / leget ferner das Lineal auf den Flanq oder Courtinen Punct der beiden anſtoſſenden Bollwercke / daß es die facen der fauſſebarye / wenn eine fuͤꝛhanden / auf beiden Seiten beruhre / und ziehet die beiden Fluͤgel / wel - che ich nach meiner Manier halb ſo lang mache / als die Haupt Flanqven / oder nach Gelegenheit etwas weniger / ſo iſt der halbẽ Mond nach dieſer Art fertig. (2) Reiſſet man wieder / wie zu vor / ein Stuͤck von einem Circul / ingleichen auch gibet man die Laͤnge zur Haupt-Linie / darnach theilet man die zwey flanqen an den nechſt anliegenden Boll - wercken in 2. Theile / leget das Lineal auf dieſen / und auf der Haupt-Linie aͤuſſerſten Punct an / und ziehet alſo des halben Monden Facen. Ferner leget man das Lineal auf die Facen der fauſſebraye, oder Mangelung derſelben / auf die Haupt Facen der Bollwercke / und verlaͤngert ſolche auf beiden Seiten uͤber den Graben hinaus / ſo ſchneiden ſich die Fluͤgel auch ab. (3) Man verfaͤhret mit dem Circul Bogen / und der Haupt-Linie wie zu vor; theilet darauf die zwo Kehl-Linien der nechſt an - liegenden Bollwercke mit Perpendicular Flanqven in 2. gleiche Theile / leget das Lineal auf ſolchenMit -443[445]Von denen halben Monden. Mittel-Punct / und auf den aͤuſſerſten Punct der Haupt-Linie an / und ziehet die beiden Facen zu - ſammen; endlich richtet man von dem Bollwercks Punct der Fauſſebraye / wenn eine fuͤrhanden / ei - ne Perpendicular Linie auf / ſo gebenſich die Flan - qven des halben Monden von ſelbſten. Zu mei - nen halben Monden / weñ ich einige machen ſolte / nehme ich zur Laͤnge der Capital Linie die Laͤnge einer Face oder Flanque / zur flanqve aber des hal - ben Mondens / nehme ich zur Laͤnge die Breite des Haupt-Grabens / vorne bey der Bollwercks Spitze / nehmlichen 80. S; wiewohl die halbe Monden heute zu Tage nicht ſondern mehr ge - brauchet werden / weil ſie gar zu ſehr in das Feld hinaus gehen und doch keine groſſe Bedeckung geben / auch ſonſt wegen ihrer flanqven einige Gefahr zu beſorgen iſt; dahero man an deꝛen Statt lieber die Contregardes machet / wie in folgenden zu vernehmen iſt.

(2.) Frage. Wie und wohin werden denn die Contre-Gardes angeleget und gemachet?

Die Contregardes ſeyn keine neue Inventio - nes, ſondern von langen Zeiten her an Statt der halben Monde vor die Bollwercke / und auch vor die Raveline geleget worden. Man kan zu deren Haupt-Linie ohngefehr 100. S. nehmen / und wer - den die langen Facen, wenn die Contregardes voreinem444[446]Das III. Cap. einem Bollwerck liegen / biß an den Graben der anliegenden Ravelines gezogen / welche denn am Ende halb ſo breit ſind / als die Capital-Linie lang iſt. Nach meiner Art nehme ich zu der Capital-Li - nie einer Contregarde zwey Drittheil von einer Haupt-Flanque oder Face; und macht auch die Enden davon ein 3. Theil breit. Wenn man die Contregardes vor der Ravelinen-Spitze abſchnei - det / und nicht gantz zuſammen lauffen laͤſſet / nen - net man ſolches nach Franzoͤiſcher Manier die groſſen Lunettes, davon an ſeinem Ort auch ſchon mehrere Meldung geſchehen ſoll.

(3.) Frage. Wie werden denn die halbe Monde und Contregardes nach dem verjuͤngſten Maß-Stabe aufgeriſſen / und im Fel - de abgeſtecket?

Wenn man einen halben Mond vor einem Bollwercke aufreiſſen will / muß man Anfangs die Capital-Linie des Bollwercks uͤber den Gra - ben blind fort lauffen laſſen in gerader Linie / und die Laͤnge der Capital-Linie zu dem halben Mond darauf verzeichnen / wenn zuvor der Haupt-Gra - ben vor der Bollwercks-Spitze von 80. S. weit vermittelſt eines Circuls nach dem verjuͤngſten Maß-Stabe iſt rondiret worden; hernach laͤſſet man auch die Facen des Bollwercks blindlings - ber den Graben Creutzweiß in gerader Linie fort lauffen / und bemercket auf ſolchen Linien auchdie445[447]Von denen halben Monden. die Laͤnge der Flanquen darauf; Wenn dieſes ge - ſchehen / werden die Puncte zuſammen gezogen / und hat der halbe Mond nach der aͤuſſerſten Grund-Linie ſeine Richtigkeit. Was das Aufreiſ - ſen der Contregardes anlanget / iſt ſolches aus dem vorigen leicht auch nachzumachen / indem der Graben / wo vor die Contregardes ſollen geleget werden / bey der Spitze auch nothwendig muß rundiret ſeyn / und werden die Capital - und andere Linien nach dem gegebenen Profil, und vor er - wehnten Laͤnge nach Belieben abgeſtochen / und die Puncta zuſammen gezogen. Das Abſtecken im Felde geſchiehet auf gleiche Manier / wie bey dem Aufreiſſen beyder Wercke itzt berichtet worden / und werden die Stangen in die Haupt - und End - Puncte eingeſtecket / die Linien abeꝛ mit Leinen ver - zogen / und nach deren Anleitung ein Graͤblein ge - machet / damit man die Gerade aller Linien ſehen und behalten koͤnne. Die Rundirung im Felde geſchiehet / wie gedacht / alſo: Man machet einen langen Pflock bey der Spitze der Berme des Haupt-Walles in die Erde feſte / und bindet an ſolchen eine Leine von 80. S. lang an / welche juſt die Weite des Grabens forne bey den Facen aus - traͤget; An das andere Ende dieſer Leine machet man einen ſpitzigen Pflock an / und faͤhret alſo mit ausgeſtreckter Leine vor der Bollwercks-Spitzen auf beyden Seiten der Facen herum / ſo wird ſich ein halb-runder Circul formiren / wornach denn der Graben in ſeiner rechten Weite muß rondiretwerden.446[448]Das IV. Cap. werden. Was nun dißfalls von denen Bollwer - cken und Haupt-Graben geſaget worden / muß auch von denen andern Auſſenwercken und deren Graben an ihren Spitzen obſerviret werden.

Das IV. Cap. Von denen Horn-Wercken / wie und wohin ſolche zu machen / aufzureiſſen und im Felde abzuſtecken / auch was ſonſt dabey in acht zn nehmen?

(1.) Frage. Wie und wohin ſollen denn die Horn-Wercke geleget und gemachet werden?

BEy der Kriegs-Bau-Kunſt pfleget man die Wercke / ſo vorne zwey halbe Bollwercke haben / Horn-Wercke zu nennen / und koͤnnen ſol - che ſo wohl vor die Courtinen / als Bollwercke / in - gleichen an die Graͤntzen / Fluͤſſe und Paͤſſe / wie auch auf die Hoͤhen und Abhaͤge eines Landes / ent - weder vor ſich alleine / oder mit Einſchlieſſung an - derer Haupt - und Auſſen-Wercke / nachdem es die Gelegenheit erfordert und haben will / geleger werden. Wenn ſolche fuͤr eine Courtine kommen ſollen / muß man aus beyden Schulter-Ecken der anliegenden Bollwercke / oder auch der Fauſſe - braye, wenn eine fuͤrhanden / zwey gleich lauffen -de447[449]Von denen Horn-Wercken. de Parallel-Linien / uͤber den Graben in das Feld hinaus 60. R. lang / zu verſtehen von den Schul - ter-Ecken an / lauffen laſſen / und dieſe Diſtanz dar - auf mit Puncten bemercken; Wenn dieſes geſche - hen / werden die Puncte zuſammen gezogen / und hat man ſo denn die aͤuſſerſte Polygone zu dem Horn-Wercke. Worbey zu mercken / daß man bey denen meiſten und groͤſten Auſſenwercken von auſſen einwaͤrts hinein fortificiren muͤſſe / weil man gemeiniglich und ordentlicher Weiſe die aͤuſ - ſerſte Polygone eher pfleget zu machen / als die in - nerliche; Bey denen Haupt-Wercken aber iſt es ſicherer und beſſer / daß man zu erſt die innerliche Polygone mache / als die aͤuſſerliche / und von in - nen anfange auswaͤrts zu operiren / ohngeacht Einige hierbey das Gegentheil obſerviren. Soll denn ein Horn-Werck vor ein Bollwerck geleget werden / muͤſſen aus beyden Schulter-Ecken zwey lange Linien von 60. R. lang wieder in das Feld hinaus gezogen werden / und ſchadet ſo denn nichts / wenn ſie gleich nicht zuſammen Parallel lauffen / und vorne etwas breiter / als hinten kom - men / weil die aͤuſſerliche Polygone 40. biß 60. R. lang ſeyn kan. Wenn die langen Seiten-Linien des Horn-Wercks vor einem Bollwercke hinten zu enge kommen ſolten / kan man nur die beyde Diſtanzen von 60. R. aus denen Schulter-Ecken aus mit einer blinden Quer-Linie bemercken / die aͤuſſerſte Polygone, nach erforderter Nothwen - digkeit zwiſchen 40. und 60. R. lang darauf ma -F fchen /448[450]Das IV. Cap. chen / und ſo denn die aͤuſſerſte Seiten-Linien des Horn-Wercks / von den aͤuſſerſten Puncten der aͤuſſerlichen Polygone einwarts gegen die Cour - tine biß an den Graben zulauffen laſſen / wie es ungefehr die Gelegenheit erfordern moͤchte.

(2.) Frage. Wie wird denn die innerliche Poly - gone gefunden / wie werden beyde Polygo - nen eingetheilet / und wie wird das Horn - Werck nach der erſten Grund-Linie aufgeriſſen?

Wenn die zwey aͤuſſerſten Seiten-Linien / wie ingleichen die aͤuſſerſte Polygone blind gezogen / w[i]rd ſolche / nachdem ſie lang oder kurtz in vier o - der 3. Theile eingetheilet. Nach meiner Manier theile ich ſolche allezeit in 4. gleiche Theile ein / und ſetze ein ſolches Viertheil von denen aͤuſſerſten Puncten der aͤuſſerſten Polygone einwarts auf die aͤuſſerſten lang gezogenen Linien / und ziehe dieſe beyden Puncte zuſammen / ſo habe ich die innerliche Polygone: Dieſe nun theile ich gleich wieder / wie die aͤuſſerliche / in 4. gleiche Theile / die aͤuſſerſten zwey Theile bleiben die Keel-Linien zu denen halben Bollwercken / ziehe demnach die be - ſtaͤndigen Defens-Linien auf ſolche Puncte aus beyden aͤuſſerſten Puncten der aͤuſſerſten Polygo - ne Creutzweiſe zuſammen / vergleiche Face und Flanque auf ſolche / ſo bekomme ich zwey halbe Bollwercke mit geſchobenen Flanquen und der be -hoͤri -449[451]Von denen Horn-Wercken. hoͤrigen Courtine, und iſt alſo das gantze Horn - Werck / nach der erſten Grund-Linie verfertiget.

(3.) Frage. Was zu thun / wenn die aͤuſſerſten langen Seiten-Linien etwas laͤnger werden muͤſſen als 60. R.?

Es kan ſich bißweilen zutragen / daß die aͤuſſer - ſten langen Seiten-Linien an einem Auſſenwercke wegen Gelegenheit der Hoͤhe oder anderer Urſa - chen halber / laͤnger als 60. R. welches doch ordi - nar geſchehen ſoll / muͤſſen gemachet werden / wenn nun dergleichen Begebenheiten ſich ereignen ſol - ten / muß man von der aͤuſſerlichen Polygone an / einwarts nach der Feſtung zu / 50. oder 60. R. ab - meſſen / und ſo denn auf die langen Linien eine Flanquirung von zwey oder 3. R. aufſetzen / damit man die voͤrdere Linie mit Hand-Geſchuͤtz von die - ſer Flanque aus wohl beſtreichen koͤnne / der uͤbri - ge Theil aber von derſelben aus der Feſtung moͤ - ge defendiret werden.

(4.) Frage. Was zu thun / wenn die Hoͤhen fuͤr einer Feſtung gar zu lang und breit / und mit einem Horn - oder andern Auſſen - Wercke allein nicht koͤnnen be - decket werden?

Wenn die Hoͤhen fuͤr einer Feſtung / welcheF f 2man450[452]Das V. Cap. man doch gerne mit an dieſelben fortificiret an - haͤngen will / gar zu lang und weit ſind / daß ein Horn-Werck alleine nicht zureichen wolte zur Bedeckung / kan man noch fuͤr die Horn-Wercke ein Cron-Werck legen / und muß man ſo denn aus der Mitte der Courtine des Horn-Wercks eine blinde Perpendicular-Linie von 60. R. lang zie - hen / und mit dieſer Weite aus dem Mittel-Punct der Courtine des Horn-Wercks einen halben Cir - cul auswaͤrts machen / und ſo denn ferner operi - ren / wie im folgenden Capitel mit mehrem ſchon ſoll gelehret werden.

(5.) Frage. Kan man denn in ein Horn-Werck auch Abſchnitte machen / und vor daſſel - bige ein Ravelin legen?

Jn alle lange Auſſen-Wercke koͤnnen gar fuͤg - lich ein oder zwey Abſchnitte auf Tenaillen oder andere Art gemachet werden / welches aber bey kurtzen Auſſenwercken / als zum Exempel bey Ra - velinen und halben Monden / nicht wohl geſchehen kan / maſſen alles viel zu kurtz und zu enge fallen wuͤrde. Was die Raveline belanget / kan man ſol - che auch fuͤr die Courtine der Horn-Wercke le - gen / wenn es noͤthig / und zwar auf gleiche Weiſe nach meiner Manier / wie bereits im vorigen ge - meldet worden. Das Profil zu den Horn-Wer - cken wird faſt ſo ſtarck / als das Profi der Raveli - ne, wenn ſolche anders beſtaͤndig bleiben ſollen /ſonſt451[453]Von den Cron-Wercken. ſonſt aber wird ſolches nur gleich den Profilen der Trencheen / wenn die Horn-Wercke im Fall der Noth nur angeleget werden. Das Abſtecken der Horn-Wercke auf dem Felde iſt leicht zu machen / wenn nur die Principal-Puncta darbey wohl ob - ſerviret werden.

Das V. Cap. Von den Cron-Wercken / wie und wohin ſolche zu machen / aufzu - reiſſen / und im Felde abzuſtecken.

(1.) Frage. Wie und wohin ſind denn die Cron - Wercke anzulegen und zu machen?

UNter allen Auſſenwercken / zumahlen unter denjenigen ſo weit ins Feld hinaus gehen / ſind die Cron-Wercke die allerſtaͤrckeſten und fuͤr - nehmſten / darnach folgen die Horn-Wercke / als denn die doppelten Tenaillen und Pfaffen-Muͤ - tzen / und endlichen die einfachen Tenaillen und Schwalben Schwaͤntze. Es werden aber die Cron-Wercke fuͤrnehmlichen gebrauchet / wenn groſſe und weite Hoͤhen fuͤr einer Feſtung liegen / ſo da ſollen an dieſelbe angehaͤnget werden. Sie haben eigentlich keinen gewiſſen Ort / wohin man ſie anlegen muß; Denn nachdem es die Gelegen - heit des Landes erfordert / koͤnnen ſolche vor die Courtine, oder auch fuͤr ein Bollwerck alleine / o -F f 3der452[454]Das V. Cvp. der vor ein Bollwerck / und Courtine zugleich / wie auch fuͤr andere Auſſenwercke geleget werden / und hat ein Cron-Werck ordinarie zu aͤuſſerſt zwey halbe / und in der Mitten ein gantzes Boll - werck. Die Structur eines Cron-Wercks fuͤr ei - nem Bollwercke wird alſo gemachet / nehmlich: Man verlaͤngert aus dem Bollwercks-Punct / o - der der Fauſſebraye, wenn eine fuͤrhanden / die Haupt-Linie auf 60. R. lang / in das Feld hinaus. Wenn ein Cron-Werck fuͤr eine Courtine ſoll ge - fuͤhret werden / muß aus der Mitten derſelben eine Perpendicular uͤber den Graben ins Feld von 95. R. lang nach meiner Manier kommen / und ma - chet mit ſolcher Weite durch die Puncten auf den beſagten Linien einen Bogen / und traͤget aus den Puncten / ſo auf denen Linien bemercket werden / mit dem Circul lincks und rechts die aͤuſſerlichen Polygonen auf zwiſchen 40. und 60. R. lang. Von den aͤuſſerſten Puncten der aͤuſſerlichen Polygone laͤſſet man lange Linien auf die Schulter-Ecken der anliegenden Bollwercke zugehen / ſo ſich an dem Haupt-Graben abſchneiden / und hinten en - ger zuſammen kommen als vorne; Darauf thei - let man iede aͤuſſerliche Polygone, nach meiner Art / in 4. gleiche Theile / davon denn ein Theil ein - waͤrts / gegen die Feſtung zu / auf alle Linien des Cronwercks getragen / und alles mit Linien zu - ſammen gezogen wird; So hat man auch die in - nerliche Polygone; Dieſe wird wieder in 4. glei - che Theile getheilet / ohngeacht ſie etwas kuͤrtzer /als453[455]Von den Cron-Wercken. als die aͤuſſerliche Polygone iſt / indem das Cron - Werck hinten enger als vorne faͤllet / und wird da - von ein Viertheil zu den Keel-Linien genommen; Endlichen machet man auf den blind gezogenen Strichen Flanq und Face gleich / und ſchadet nicht / wenn die Facen bey dem mittleren Bollwercke gleich etwas laͤnger / als die Flanquen kommen ſolten / wenn nur ſonſten das gantze mittlere Boll - werck eine rechte Form und Geſchicke bekoͤmmt.

(2.) Frage. Was zu thun / wenn eine Hoͤhe und Breite fuͤr einer Feſtung mit einem or - dentlichen Cron-Wercke / ſo an der Mitte nur ein gantzes / auf beiden Seiten aber zwey halbe Bollwercke hat / nicht koͤnte eingeſchloſſen werden?

Wenn die Hoͤhen alſo beſchaffen / daß ſie von keinem ordinaren Cron-Wercke koͤnnen einge - ſchloſſen werden / muß man in der Mitten der zwey aͤuſſerſten halben Bollwercke mehr / als ein gantzes Bollwerck machen / und alſo das Cron - Werck mit mehren als zwey Polygonen extendi - ren / welches denn auf folgende Weiſe fuͤglichen geſchehen kan / nehmlichen: Man ſuche einwaͤrts gegen die Feſtung zu / nachdem ſolche mit der gan - tzen umliegenden Gegend / nach dem verjuͤngten Maß-Stab zu Pappire bracht worden / mit Auf - und Zuthuung des Circuls dergeſtalt ein Cen - trum vermittelſt dreyer Puncte / daß aus demſel -F f 4ben454[456]Das VI. Cap. ben mit einem Circul-Bogen die gantze Hoͤhe und Breite wohl koͤnne eingefaſſet und beſchloſſen werden; Hernach theile man den Umkreiß in ſo viel gleiche Theile / ſo offt man die aͤuſſerliche Po - lygone zwiſchen 40. biß 60. R. lang darauf haben kan / und operire als denn ferner / wie zuvor gemel - det worden. Geſtalt man ſich bey ſolcher Begeben - heit zn der Regular-Fortification ziemlichen halten kan / und muß man auf die Defenſion der aͤuſſer - ſten halben Bollwercke ſonderlich wohl Achtung geben / weil ſolche mehrentheils aus der Feſtung ſelbſt / oder auch von dem bedeckten Wege / wenn er nicht gantz um die Auſſenwercke mit herum ge - het / muß genommen werden.

(3.) Frage. Wie ſtarck wird denn ein Cron - Werck gemachet / und im Felde ab - geſtecket?

Es kan ein Cron-Werck / welches auch von al - len andern Auſſenwercken ſoll verſtanden wer - den / ſtarck oder ſchwach / nachdem es die Gelegen - heit und Nothdurfft erfordert / angeleget und ge - machet werden / wie man denn hierzu bald das Profil der Raveline, bald das Profil auch der Tren - cheen, davon am Ende dieſes Theils gehandelt wird / nehmen kan. Das Abſtecken geſchiehet von auſſen einwaͤrts hinein durch die Haupt-Puncta, wie bereits gemeldet worden / welches denn nach dem Context gantz keine Schwuͤhrigkeiten hat.

Das455[457]Von denen einfachen nnd doppelten ꝛc.

Das VI. Cap. Von denen einfachen und dop - pelten Tenaillen / ingleichen von de - nen Schwalben Schwaͤntzen / und Pfaffen - Muͤtzen / wie und wohin ſolche zu ma - chen / aufzureiſſen und abzu - ſtecken?

(1.) Frage. Wie und wohin wird eine einfache Tenaille, ingleichen ein Schwalben Schwantz gemachet?

WEnn man fuͤr ein Baſtion oder Courtine kein Horn-Werck / noch weniger ein Cron - Werck der Koſtbarkeit oder anderer Urſach halber anlegen / dennoch aber gleich wohl die nahe befind - liche Hoͤhe mit einem langen Auſſenwercke ohne ſondere Unkoſten und Muͤhe / an die Haupt-Fe - ſtung mit anhaͤngen will / ſo kan man eine einfache Tenaille oder Schwalben Schwantz / welche die geringſten Wercke ſind unter den langen Auſſen - wercken / gebrauchen und anlegen. Es ſind aber der Tenaillen zweyerley Arten / nehmlichen eine einfache und eine doppelte: Die einfache / wenn ſie vor eine Courtine kommen ſoll / wird alſo ge - machet / man laͤſſet aus denen beyden anliegenden Schulter-Ecken zwey Parallel-Linien in das Feld hinaus lauffen / deren iede 60. biß 70. R. von demF f 5Schul -456[458]Das VI. Cap. Schulter-Ecken lang iſt; Aus der Mitte der Cour - tine laͤſſet man gleichfalls eine blinde Perpendicu - lar-Linie in das Feld hinaus gehen / ziehet ſo denn die aͤuſſerſten Puncte auf den beyden langen Lini - en der Tenaille zuſammen / ſo hat man die aͤuſſer - liche Polygone derſelben. Dieſe Polygone nun theilet man in 4. gleiche Theile / und ſetzet ein ſolch Viertheil von der aͤuſſerlichen Polygone der Te - naille einwaͤrts auf die blind gezogene Mittel-Li - nie / ziehet darauf dieſe drey Puncte mit Linien zu - ſammen / ſo hat man die aͤuſſerſte Grund-Linie der gantzen einfachen Tenaille. Vor ein Boll - werck kan man gleichfalls eine einfache Tenaille legen / es muͤſſen aber die langen Seiten-Linien einander Parallel lauffen / ſonſt / wenn dieſe Linien vorne weiter von einander / als hinten kommen ſolten / und darnach das Werck / im uͤbrigen in Form einer einfachen Tenaille gemachet wuͤrde / verliehret ſolches den Nahmen einer einfachen Tenaille, und wird ein Schwalben Schwantz ge - nennet / welches denn der eigentliche Unterſchied iſt / zwiſchen dieſen beyden Wercken; Jm uͤbrigen aber wird darbey vorne auf gleiche Weiſe operi - ret / wie bereits gemeldet worden.

(2.) Frage. Wie wird ein Ravelin vor eine einfa - che Tenaille oder Schwalben Schwantz geleget?

Wenn ein Ravelin vor eine einfache Tenaille / o - der Schwalben Schwantz kommen ſoll / mußman457[459]Von denen einfachen und doppelten ꝛc. man eine von den eingehenden Linien vorne an der Spitzen in zwey gleiche Theile theilen / und fuͤr allen Dingen eine blinde Mittel-Linie entweder aus der Mitte der Courtine, oder aus dem Boll - wercks-Punct / nachdem das Werck angeleget worden / durch ſolche durchgehen laſſen; Ein ſol - ches Theil nun der getheilten eingehenden Linie / ſe - tzet man vorne auf die Mittel-Linie von der aͤuſſer - lichen Polygone an in das Feld hinaus / ſo hat man die Capital zu dem Raveline, die Facen des Ravelins laͤſſet man auf die Mitte der eingehen - den Linie zulauffen / welche ſich denn an dem behoͤ - rigen Graben endigen und abſchneiden / ſo hat man auf ſolche Weiſe / auch ein Ravelin nach der erſten Grund-Linie vor einer einfachen Tenaille, und ſo genannten Schwalben Schwantz. Wenn man das Ravelin groͤſſer haben will / muß man aus der Mitte der zwey eingehenden Facen in der Weite dieſer zwey Puncte gegen das Feld zu einen Creutz-Schnitt machen / ſo hat man den aͤuſſer - ſten Punct des Ravelins / und werden im uͤbrigen die beyden Facen auf die Mitte der eingehenden Linie bey der Tenaille zugezogen.

(3.) Frage. Wie und wohin ſoll eine doppelte Tenaille, und ſo genannte Pfaffen - Muͤtze gemachet werden?

Es kan eine doppelte Tenaille, gleich wie die einfache / ſo wohl voꝛ ein Bollwerck / als eine Cour -tine458[460]Das VI. Cap. tine geleget werden. Wenn ſolche vor eine Cour - tine kommen ſoll / ziehet man aus beyden anlie - genden Schulter-Ecken der Bollwercke in das Feld hinaus lange Linien / und bemercket auf ieder 60. biß 70. R. von einem Schulter-Eck an / welche zwey Puncte denn man zuſammen ziehet / ſo hat man die aͤuſſerliche Polygone. Aus der Mitte der Courtine nun ziehet man eine gleiche blinde Linie mitten durch dieſe aͤuſſerſte Polygone der doppel - ten Tenaille, ſo iſt die Polygone in zwey gleiche Theile getheilet / bernach theilet man iedes Theil noch einmahl in die Helffte / ſo iſt die Polygone, auch wie bey der einfachen Tenaille in 4. gleiche Theile getheilet. Ein ſolches Viertheil ſetzet man einwaͤrts auf die blind gezogene Mittel-Linie von der Polygone an / und ziehet auf ſolchen einwaͤrts geſetzten Punct von beyden aͤuſſerſten Puncten der Polygone zwey eingehende Facen, dieſe Facen theilet man wieder in die Helffte / und ziehet von daraus wieder zwey Linien auswaͤrts nach dem Mittel-Punct der aͤuſſerſten Polygone zuſam - men / ſo iſt die doppelte Tenaille nach ihrer erſten Grund-Linie fertig. Wenn eine doppelte Tenail - le auch fuͤr ein Bollwerck ſoll geleget werden / muͤſ - ſen die zwey aͤuſſerſten Linien mit einander Paral - lel lauffen / welches denn bey den Zangen allezeit muß in acht genommen werden; Solten aber die Linien hinten enger fallen / als vorne / ſo wird der Nahme der doppelten Zangen auch veraͤndert / und das Auſſenwerck eine Pfaffen-Muͤtze ge - heiſſen.

(4.)459[461]Von denen einfachen und doppelten ꝛc.

(4.) Frage. Kan man denn auch vor die dop - pelten Tenaillen, als wie bey den einfa - chen / Ravelinen anlegen?

Vor die doppelten Tenaillen leget man keine Raveline an / als wie bey denen einfachen / weil die zwey mittlere ausgeſetzte Facen an Statt eines Ravelins dienen muͤſſen / und waͤre alſo unnoͤthig / wenn man noch ein ander kleines Auſſenwerck vor die doppelten Tenaillen legen wolte; Ein an - ders waͤre es / wenn lange und weitlaͤufftige Hoͤ - hen vorhanden / daß man noch ein langes Auſſen - werck davor legen muͤſte / welches gar wohl nach Gelegenheit ſich thun laͤſſet.

(5.) Frage. Wie ſtarck wird eine doppelte Te - naille verfertiget / und im Felde abgeſtecket?

Was wegen des Profils bey der einfachen Te - naille erwehnet worden / das kan auch hieher zu der doppelten Tenaille gezogen werden / weil hier - unter nichts weiters zu erinnern iſt: Das Abſte - cken iſt aus vorhergehendem Context auch leicht zu machen / wenn nur die Haupt-Puncte der er - ſten Grund-Linie obſerviret / und dah in gebuͤhren - de lange Stangen geſtecket werden.

Das460[462]Das VII. Cap.

Das VII. Cap. Von den kleinen und groſſen Traverſen oder Zwerg-Linien / wie und wohin ſolche zu machen / aufzureiſ - ſen und abzuſtecken.

(1.) Frage. Welche Wercke werden denn Tra - verſen genennet / und worzu werden ſolche gebrauchet?

VOn denen Traverſen iſt insgemein zu wiſ - ſen / daß man ſolche zu Bedeckung der Paſſa - gen, Defileen, Daͤmme / Thore und gantzer Graͤn - tzen pflege zu gebrauchen / und werden alle Linien alſo genennet / ſie moͤgen gleich lang oder kurtz ſeyn / wenn ſie nicht die rechte Form eines Auſſen - wercks haben.

(2.) Frage. Wie werden denn die kurtzen Traver - ſen mehrentheils gemachet?

Was die kurtzen Traverſen anlanget / ſo an en - ge Oerter geleget werden / wird die Breite nach Gelegenheit des Orts gemeiniglich allezeit in 6. kleine Theile getheilet / und werden entweder aus den Puncten des andern und 4ten Theils Perpen - dicular-Linien in die Hoͤhe von der Laͤnge eines 6. Theils aufgerichtet / und die vier mittelſten Thei - le mit doppelten ausgeſetzten Facen und Punctender461[463]Von den kleinen und groſſen Traverſen. der Perpendicular Linien zuſammen gezogen / und alſo iſt die Travers in Form einer doppelten Zan - ge verfertiget / und pfleget man allezeit an beyden Enden der Courtine, oder dieſer Zwerg-Linien auch ein Sechs-Theil lang einwaͤrts gegen die Feſtung zu zu fortificiren. Oder / man theilet abermadl die gantze Breite in 6. gleiche Theile / ſu - chet auf derſelben das Mittel / und richtet daraus eine Perpendicular-Linie von einem Sechs-Theil auf / und ziehet von dieſem Punct biß zu den Pun - cten der zu beyden Seiten nechſt gelegenen Theile zwey Facen, ſo iſt die andere Travers auch richtig. Oder / wenn die Linie in 6. Theil getheilet / und der Mittel-Punct darauf geſuchet worden / kan man aus den ſelben von zwey Sechs-Theilen eine Per - pendicular zur Haupt-Linie eines Bollwercks auf - richten / und zu denen Keel-Linien und Flanquen auch ein Sechs-Theil nehmen / ſo geben ſich denn auch die Facen. Oder / es wird die Linie wiederum in 6. gleiche Theile getheilet / und aus dem erſten und fuͤnfften Punct Perpendicular-Linien von einem Sechs-Theil aufgerichtet / dergleichen auch aus dem Mittel geſchiehet von zwey Sechstel - Theilen; Darnach werden von denen zwey aͤuſſer - ſten Perpendicular-Linien / auf die zu beyden Sei - ten anſtoſſende Theilungs-Puncte / Facen gezo - gen / dieſe beyde innerliche Facen werden wieder in 2. gleiche Theile getheilet / und von dieſen Puncten biß zu dem Punct der Mittel-Perpendicular-Facen gezogen / ſo iſt dieſe Travers auch fertig. Auf ſolcheMani -462[464]Das VII. Cap. Maniren nun werden gemeiniglich die kleinen Traverſen verfertiget / wenn Platz genug da iſt / daß ſie in 6. gleiche Theile koͤnnen getheilet wer - den / wie wohl es auch nach Gelegenheit kuͤrtzere / und etwas laͤngere giebet / ſo in weniger oder mehr gleiche Theile / um die Flanquirung deſto beſſer zu haben / koͤnnen eingetheilet werden:

(3.) Frage. Wie und wohin werden denn die langen Traverſen gema - chet?

Mit den langen Traverſ-Linien werden gemei - niglich die aͤuſſerſten Graͤntzen eines Landes und vornehmſten Paſſagen oder Defileen, es ſey zwi - ſchen Berg / Moraͤſten oder Waſſer fuͤr einen feindlichen Einfall verwahret und fortificiret; Bey dergleichen Begebenheiten nun muß man fuͤrnehmlich dahin ſehen / ob nicht die Natur und Eigenſchafft des Landes ſo wohl zum Anfang u. Ende / als auch zur Continuation der Liniẽ Gele - genheit u. Anlaß gebe / ſolche mit leichtere Muͤhe und Unkoſten wohl anzufangen / zu continuiren und zu endigen / es ſey nun ein gewiſſer Bach - Graben / Huͤgel / Moraſt / Fluß / Holtz oder Fel - ſen. Waͤren dergleichen natuͤrlichen Begeben - heiten nicht vorhanden / muß man ſehen / ob man nicht etwan / wenn ja nicht continue, doch bißwei - len und zum oͤfftern / rudera von alten Haͤuſern /Graͤ -463[465]Von den kleinen und groſſen Traverſen. Graben / Mauren und Thuͤrmen finden moͤchte / ſolche bey Continuation der Linie mit einzuziehen / zuſammen zu haͤngen / uñ eine durchgaͤngige Ver - ſchantzung mit Vortheil zu machen. Wenn aber auch dergleichen nicht anzutreffen / muß man die Linien ein und auswaͤrts alſo fuͤhren und einrich - ten / damit ſolche gute Defenſion gegen einander haben / und keine Flanquirung auſſer eines Muſ - queten Schußes von der andern ſeyn moͤge / im - brigen aber die Linien mit Redouten / Ravelinen und andern Fortifications Wercklein verſehen / auch verdeckte Ein - und Aus-Gaͤnge fuͤe die In - fanterie und Cavallerie darein machen / und die Linien an einigen Orten wo es noͤthig / gar ver - doppeln / daß ein ſolcher Paſſ, woran Land und Leuten gelegen / wohl und feſte verwahret ſey.

(4.) Frage. Wie ſtarck werden denn die kleinen und groſſen Traverſen den Profilen nach gemachet / und im Felde abgeſtecket?

Die kleinen Traverſen kommen nicht ſo ſtarck als die groſſen und langen / und werden ſolchege - meiniglich nur von einer ziemlichen Bruſt gema - chet / dahero auch das Profil der Trencheen hierzu kan genug ſeyn; zu denen langen Traverſen aber wird ein ſtaͤrckeres profil erfordert / und zwar ge -G gmei -464[466]Das IIX. Cap. meiniglich das Profil der Auſſenwercke / weil ſo - thane Linien von Feinde pflegẽ ſtaꝛck attaquiret zu werdẽ / ſo wol von Attillerie, als der Mannſchafft. Das Abſtecken aller Traverſen belangend / iſt ſol - ches im Felde nach dem Project leicht zu machen / wenn nur allezeit die Principal Puncte der Linien und Winckel obſerviret werden.

Das IIX. Cap. Von den groſſen nnd kleinen Lunettes, wie und wohin ſolche zu machen / Auffzureiſſen / und abzuſtecken.

(1.) Frage. Wie und wohin werden denn die groſſen Lunettes gemachet und angeleget?

Die groſſen Lunettes, welche auch ſehr alte in - ventiones ſind / werden ordentlicher Weiſe nur fuͤr die Raveline / gleich wie die Contregardes ordinarie vor die Bollwercke geleget; Man iſt aber hieran nicht eigentlich gebunden / und kan man die groſ - ſen Lunettes auch vor die Bollwercke / und die Con - tregardes vor die Raveline zur Bedeckung legen. Wie nun die Contregardes an ihꝛen Winckel gantz zuſammen lauffen / und an einander ſtehen / alſoſind465[467]Von den groſſen und kleinen Lunettes. ſind die groſſen Lunertes vor der Spitze des Wer - ckes / dafuͤr ſie geleget werden / diſſuniret / und zer - brochen / geſtalt denn die Facen des Wercks / wo - fuͤr ſolche liegen / blind uͤber den Graben fort ge - fuͤhret werden / und wird die ober Breite der groſ - ſen Lunettes, welche gemeiniglich ſo groß genom - men wird / als die Helffte der Facen des Werckes / wofuͤr die Lunettes liegen / lang ſind / darauf auf getragen; die andere Breite der Lunettes ſchnei - d[e]t ſich an dem Haupt-Graben ſelber ab / und iſt ohngefehr die Helffte breit von der oberen.

(2.) Frage. Kan denn auch zur Bedeckung der groſſen Lunettes vorne an der Fronte, allwo ſie offen / ein ander Auſſenwerck zur Bedeckung dafuͤr geleget werden?

Wenn man will / und es die Gelegenheit er - fordert / ſo kan man auch noch vor die groſſen Lun - ettes ein kleines Ravelin der Geſtalt anlegen / daß die Ravelins. Facen auf die Mitte der groſſen Lun - ettes vorne an der Fronte zulauffen / und alſo das Ravelin in gleicher Weite der Lunettes mit ſeiner aͤuſſerſten Spitzen in das Feld hinaus gehen; wie wohl von ſo vielen kleinen Wercklein und Ab - ſchnittẽ nicht gar viel zu halten / weil man ſich doch wenig darinne defendiren kan / gleich wohl aberG g 2viel469[468]Das VIII. Cap. viel Geld und Unkoſten verurſachen / uñ es viel beſ - ſer und ſicherer / wenn zu Anfang ein recht Haupt Ravelin gemachet worden / daß man ſich darauf mit Nachdruck wohl defendiren kan.

(3.) Frage. Wie und wohin werden denn die klei - nen Lunettes gemachet;

Die kleinen Lunettes kommen zu beiten Sei - en des Ravelins, und ſeynd nichts anders als klei - ne Raveline / deren Capital Linie ungefehr halb ſo lang iſt als die Capital des groſſen Ravelins / und ſchneiden ſich die kleinen Lunettes an ihren Kehl-Puncten bey dem Haupt-Grabenab. Es iſt aber von ſolchen Kindiſchen und allen kleinen Wercken nichts zu halten / weil ſolche klei - ne Sachen / wie in vorigen bereits gemeldet wor - werden / nur viel Unkoſten zu erbauen erfordern / in der That aber wegen ihrer Kleinigkeit wenig Dienſte leiſten / auch vom Feinde gar leicht eingenommen werden koͤnnen.

Das IX. Cap. Von halben und gantzen Ca - ponnieren / wie und wohinſol - che zu machen und mit nu - tzen zu gebrauchen?

(1. Fra -467[469]Von halben und gantzen Caponnieren.

(1.) Frage. Was werden bey der Kriegs Bau - Kunſt Caponnieren genennet / und wie werden ſolche eingethei - let?

Caponnieren werden bey der Fortification ge - nennet die bedeckten Gaͤnge bey einer Feſtung unter dem freyen Himmel / alſo / daß der Feind mit ſeinen Hand-Grenaden der darein verdeckten Infanterie keinen Schaden Thun kan; ja wenn ſie recht ſtarck in der Hoͤhe bedecket werden / kan man auch vor allen groſſen Granaten und Einwerffen der Bomben dariñen ſicher ſeyn. Es werden aber die Canponniren in halbe und gantze getheilet.

(2.) Frage. Wie und wohin werden denn die gantzen Caponnieren gemachet und angeleget?

Die gantzen Caponnieren koͤnnen zu Beſtreich - ung eines Horizonts an unterſchiedliche Oerter angeleget werden / fuͤr nehmlichen aber pfleget man ſolche in die Haupt-Graͤben zu machen / wenn ſonſt keine andere Horizontal-Defenſion daſelbſt erbauet iſt / und zwar gemeiniglich vor die Bollwercks-Spitzen / und denn auch zu beiden Seiten des Ravelins bey dem Eingang ſeines Gra - bens in den groſſen; wodurch denn aller Orten der Graben Horizontal kan beſtrichen / und die FeindG g 3liche468[470]Das IX. Cap. liche Paſſage in ſo viel verhindert und verwehret werden. Dergleichen verdeckte Gaͤnge nun ſie moͤgen halb oder gantz ſeyn / kan man auch an an - dern Orten in den Auſſen-Wercken / u. wo etwan eine groſſe Hoͤhe fuͤrhanden / anlegen / und ſich ſol - cher nicht allein zu Beſtreichung des Horizonts / ſondern auch als retraiten u. Außfaͤlle / ſich darin - verdeckter Weiſe nach geſtalten Sachen zu rete - riren oder zu avanciren / bedienen. Die Structur der gantzen Caponnieren iſt folgende / nehmlichen: man ſchneidet ſich wenn es ſeyn kan 3. S. tief in die Erde ein / und machet alſo einen Gang aufs hoͤchſte von 12. S. breit / die aus gegrabene Erde wird zu beiten Seiten des Grabens an Statt einer Bruſt auf geworffen / ungefehr von 3. biß 4. S. hoch; in wendig in dem Gange werden zu bei - den Seiten Palliſa den geſetzet / welche einen Schuh hoch uͤber diẽ Bruſt herfuͤr gehen: nach dem nun die beiden Bruſt-Wehren dieſes Ganges hoch ge - machet / nachdem muß man ein oder 2. Baͤncke in wendig an Palliſaden anlegen / damit die Sol - daten darinnen beqvemlich den Horizont zu bei - den Seiten beſtreichen koͤnnen. Die Bedeckung der gantzen Caponnieren geſchiehet mit einem flachen Dache / welches in der Mitte etwas erho - ben iſt / geſtalt denn ſolches mit ſtarcken Pfoſten in der Mitte muß unterbauet / und hernach das Dach an ſich ſelbſt von ſtarcken doppelten euche - nen-Brettern / oder welches ſicherer u. beſſer / mit ſtarcken andern Baͤumen gemachet und feſte ver -wahret469[471]Von halben und gantzen Caponnieren. wahret werden / worauf man denn hernach die uͤbrige Erde aus der Caponniere auf das Dach aufſchuͤttet / und ſolches mit Eꝛde ſo hoch bedecket / daß auch eine Bombe ſolchen nicht ſchaden kan. An Statt eines hoͤltzernen Daches kan man auch gewoͤlbte Caponnieren machen / wenn ſie allezeit beſtaͤndig ſeyn ſollen; das Gewoͤlb aber muß an ſich ſelber zum wenigſten 3. oder 4. S. duͤcke ſeyn / und mit Erden wohl beſchuͤttet wer - den / welches denn viel dauerhafftiger und beſtaͤn - diger iſt / als die andere Bedeckung / ſo von Holtze gemachet werden.

(3.) Frage. Wie und wohin werden deñ die hal - ben Caponnieres anleget?

Die halben Caponnieres kan man ſonderlich wohl gebrauchen / bey der Bruſt des bedeckten Weges / zumal nach meiner Manier / auch bey der inneren Bruſtwehre der Contreſcarpe / weil man durch ſolche oben wohl bedecket / und fuͤr den Ein - werffen der feindlichen Hand-Granaden alſo ſicher iſt. Man kan ſie auch an andere Oerter / es ſey in Graͤben / oder auf gleichem Land Horizont, nach Gelegenheit / wenn man nur anders in Ruͤ - cken ſicher iſt / anlegen / wie man ſolche vor nuͤtzlich und noͤthig halten mag / iedoch ſoll man die Be - deckung nicht breiter machen als ungefehr 6. S. austragen moͤchten / weil ſonſt / wenn die Caponi -G g 4eren470[472]Das IX. Cap. eren ihre geordnete breite uͤberſchreiten / welche doch zu nichts nuͤtzet / die Bedeckung auch noth - wentiger Weiſe muß uͤber Gebuͤhr breiter ge - machet / und alſo den feindlichen Granaten mehr exponiret ſeyn / als eine ſchmale Bedeckung. Die halben Caponnieres koͤnnen auch entweder in die Erde 3. S. tief eingeſchnitten / oder auf bloſ - ſen Horizont gleich erbauet werden / wenn nur die Bruſt / woruͤber die Defenſion geſchehen ſoll / zum wenigſten 6, S. hoch / inwendig verpalliſa - diret / uñ daran eine Banck anleget iſt. Das Dach und Bedeckung wird nur allezeit von Holtze Baͤu - men und ſtarcken Bretern gemachet / mit Pfof - ten wohl unterſtuͤtzet / und mit Erden bedecket / weil ſolche mehrentheils nur auf eine gewiſſe Zeit gemachet und dahero nicht gemauret werden.

Das X. Cap. Von Redouten und Bonet - ten / wie und wohin ſolche anzu - legen / aufzureiſſen und ab - zuſtecken ſind.

(1.) Frage. Wie und wohin werden denn die Redouten gemachet?

DJe Redouten ſind viereckigte Feld-Schan - tzen / welche gemeiniglich bey einer Belage -rung471[473]Von Redouten und Bonetten. rung / und den Approchen und retrenchemnnten ſehr gebrauchet werden; Man leget ſolche auch auff gewiſſe Hoͤhen / ingleichen an Paͤſſe und Fluͤſſe / ſolche damit zu bedecken: Bey den Tra - verſen und andern Linien werden ſolche auch ſehr gebrauchet / und iſt eine Redoute die gemeineſte Feld-Schantze eine mit / ſo vor dieſem / als auch noch heut zu Tage am uͤbligſten iſt. Es koͤnnen aber die Redouten auf zweyerley Weiſe gema - chet werden / nehmlichen recht viereckigt / daß eine Seite im Quadrat ſo lang iſt / als die andere / und denn ablaͤnglicht viereckigt / daran 2. lange / und 2. kurtze Linien ſich befinden.

(2.) Frage. Wie werden denn die viereckigte und ablaͤnglichte Redouten verfertiget / und was iſt ſonſt mehr dabey in acht zu nehmen?

Die kleinſten Redouten in Quadrat ſollen zu ie - der Seiten zum wenigſten 4. R. lang haben / man kan ſie aber auch groͤſſer machen / daß eine 6. 7. biß 8. R. lang iſt, Die andern Redouten, von einem langen Viereck / werden alſo gebauet / daß die 2. langen Seiten von 12. biß 20. R. die 2. kurtzen Sei - ten aber zum allerwenigſten 2. R. lang ſeyn. Es werden aber die Redouten insgemein nur mit ei - ner Bruſt mit 1. 2. oder 3. Banquettes und einem Graben verfertiget / und ſollen ſolche mit Sturm - Pfaͤhlen wohl verſehen / auch zu Winters-ZeitG g 5mit472[474]Das X. Cap. mit kaltem Waſſer begoſſen werden / da - mit die Bruſt mit Eiße uͤberzogen / und ſo leicht vom Feinde nicht koͤnne erſtiegen werden. Wenn kein Waſſer in deren Graben / muͤſſen in die Mit - ten deſſelben Palliſaden / um beſſerer Defenſions - halber / geſetzet / die Bruſt mit Sturm-Pfaͤhlen verwahret / und uͤber dem Graben abgehauen / ſtarcke Baͤume mit abgeſtumpfften langen Aeſten herum geleget werden. Durch die Bruſt muß an dem ſicherſten Ort ein Eingan / entweder nur von 2. oder 3. S. breit / wenn kein Stuͤcke in die Redou - ten kommen ſoll / oder 7. S. breit gelaſſen werden / wenn darein ſoll Attillerie gefuͤhret werden; Die Paſſage uͤber den Graben ſoll man mit einer ziehm - lichen ſtarcken Auf-Zug-Bruͤcken verſehen / wel - che hernach an Statt des Thors fuͤr dem Eingang dienen kan / damit die gantze Redoute geſchloſſen ſey.

(3.) Frage. Kan man denn auch in einer Redou - te, eine Baterie aufrichten / und aus - waͤrts der ſelben einige Minen anlegen?

Nachdem es die Noth er fodert / und die Redou - te auch groß genug iſt / kan man in dieſelbige gar wohl eine Batterie aufrichten / ſo ſich nach der Front und auf den Seiten an den Banquertes ab - ſchneidet / um 2. oder 3. kleine Feld-Stuͤcke oder Feld-Schlangen darauf zu pflantzen / und denLand -473[475]Von Redouten und Bonnetten. Land-Horizont damit wohl zu beſtreichen. Um die Redoute von auſſen / kan man auch einige Flo - der-Minen anlegen / und ſolche bey ereignetem Sturm durch ein heimliches Lege-Feuer anzuͤn - den / dem Feind alſo die Paſſage uͤber den Graben unſicher und ſchwer zu machen.

(4.) Frage. Wie wird denn eine viereckigte Re - doute im Felde abgeſtecket / und welches iſt das Profil darzu?

Das Abſtecken einer viereckigten Redoute im Felde wird gemeiniglich alſo verrichtet / nehmli - chen man nimmt erſtlichen eine Leine / ſo in etliche R. getheilet / und einen Strick von 1. R. lang / wel - chen man in 12. gleiche Theile oder S. abtheilet / und machet alſo nach des Pythagoræ Invention ei - nen rechten Winckel / indem man die eine Linie / als die Perpendicular und Cathetum 3. R. / die an - dere Linie und Baſin 4. R. und die dritte Linie Hy - pothenuſam oder Protenſam 5. R. lang nimmt. Darnach ſtecket man in dem Punct des rechten Winckels einen Stab / und verlaͤngert beyde Li - nien / welche den rechten Winckel einſchlieſſen / ſo lang / als eine Seite der Schantze ſeyn ſoll / ſtecket abermahls an dieſe beyde Oerter 2. Staͤbe / wor - auf denn die vierdte Seite mit einer gleich langen Linie bald zu finden / und auf den bereits gezoge - nen Seiten abzuſchneiden / ſo iſt alſo die viereckig - te Redoute nach der erſten Grund-Linie verferti -get.474[476]Das X. Cap. get. Das Abſtecken einer laͤnglichten Redouten iſt auch gantz leichte / wenn man nur weiß / wie lang eine iede Seite werden / und wie weit eine lange Linie von der andern ſtehen ſoll. Das Profil zu denen Redouten und andern Feld-Schantzen iſt am Ende dieſes Theils mit angefuͤget / welches denn nach Belieben kan vergroͤſſert / oder auch verringert werden / wie es etwan die Gele - genheit des Landes und andere Umſtaͤnde erfor - dern moͤchten.

(5.) Frage. Wie und wohin werden denn die Bonnettes gemachet?

Die Bonnettes ſind nichts anders / als die hal - ben viereckigten Redouten, wenn ſolche uͤber - zwerch mit einer Diagonal-Linien durchgeſchnit - ten worden / und werden ſonſt auch zwey ausge - ſetzte Facen geheiſſen / deren Structur gantz leicht - iſt / indem man die Linie / worauf ſolche ſollen geſe - tzet werden / in 2. gleiche Theile theilet / aus dem Mittel-Punct eine Perpendicular aufrichtet / in der Laͤnge eines Theils der Linie / und ziehet ſolche mit Linien zuſammen. Sie werden bey den Tren - cheen und Circumvallations-Linien ſehr gebrau - chet / auch ſonſt hin und wieder in die Winckel ei - ner Feſtung geſetzet / iedoch iſt davon nicht viel zu halten / wenn ſie auf dem bedeckten Wege ſtehen / davon bereits vorne gedacht worden.

Das475[477]Von Stern-Schantzen.

Das IX. Cap. Von Stern-Schantzen / wie ſolche zu machen / und wohin ſie zu legen.

(1.) Frage. Jſt denn ein Unterſchied zwiſchen den Stern-Schantzen und Redouten?

DJe Stern-Schantzen differiren von denen Redouten, was den Gebrauch anlanget / gantz nicht / der Form und Nutzen aber nach / ſind ſie anders und von beſſerer Defenſion und Flan - quirung als die Redouten, und koͤnnen mit 4. 5. und 6. Ecken gemachet werden.

(2.) Frage. Wie wird denn eine viereckigte Stern-Schantze gemachet?

Eine viereckigte Stern-Schantze wird folgen - der Geſtalt aufgeriſſen / nehmlichen: Man ma - chet ein Quadrat, wie zuvor gemeldet / von blinden Linien / an welchem iede Seite von 4. 5. 6. 7. biß 8. R. lang iſt / theilet hernach iede Seite in acht glei - che Theile / laͤſſet aus der Mitten einwaͤrts ein acht Theil lang eine blinde Perpendicular-Linie fallen / ziehet ſo dann von dieſem Punct auf beyde Ecken der gantzen Seiten / und verfaͤhret mit denen uͤbri - gen Seiten auf gleiche Manier / ſo iſt die vier -eck[i]gte476[478]Das XII. Cap. eckigte Stern-Schantze nach der erſten Grund - Linie fertig.

(3.) Frage. Wie wird denn eine fuͤnffeckigte Stern-Schantze gemachet?

Wenn man eine fuͤnffeckigte Stern-Schantze machen will / muß man erſt ein Fuͤnff-Eck formi - ren / ſo groß / als man es haben will / und ſeyn muß / hernach theilet man eine iede Seite in 6. Theile / und laͤſſet aus der Mitten einwaͤrts ein Sechſtel - Theil lang eine Perpendicular-Linie fallen / ver - faͤhret damit weiter / wie bereits bey der viereckig - ten gedacht worden / ſo iſt auch ſolche / nach der Grund-Linie zur Perfection.

(4.) Frage. Wie werden denn die ſechseckigte Stern-Schantzen gemachet?

Die ſechseckigten Stern-Schantzen kommen ſelten fuͤr / und kan eine Seite auch in ſechs Theile getheilet / und im uͤbrigen damit verfahren wer - den / wie ſchon angedeutet worden.

Das XII. Cap. Von denen Feld-Schantzen mit halben Bollwercken / wie und wohin ſie angeleget werden?

(1.)477[479]Von denen Feld-Schantzen.

(1.) Frage. Wohin werden denn die Feld - Schantzen mit halben Bollwercken gele - get und gebrauchet?

DJe Feld-Schantzen mit halben Bollwercken / werden mehrentheils gebrauchet / an ſolche Oerter / die ſich wegen einer Hoͤhe / Moraſt / Waſ - ſer oder Tieffe abſchneiden / an welche Seiten die halben Bollwercke ordentlicher Weiſe pflegen geleget zu werden: Wie wohl man ſie auch an - ders wohin fuͤglichen gebrauchen kan / ob ſchon dergleichen Paͤſſe und Abſchnitte nicht vorhanden ſind / wenn nur anders die Flanquirung an ſol - chen Wercken gut gemachet iſt / damit ſolche zu Defendirung der langen Linien ſufficient ſeyn moͤ - gen. Es werden aber dergleichen Schantzen ge - meiniglich mit 3. oder 4. halben Bollwercken ge - machet / und wird zu einer Seiten nicht gerne uͤber 6. R. genommen.

(2.) Frage. Wie wird denn eine drey - oder vier - eckigte Feld-Schantze mit halben Boll - wercken gemachet?

Eine dreyeckigte Feld-Schantze mit halben Bollwercken wird auf folgende Weiſe aufgeriſ - ſen: Man machet einen gleichſeitigen Triangel / und theilet iede Seite in 3. gleiche Theile / nimmt hernach ein Drittheil zur Haupt-Linie / und ſetzet ſolches auſſer dem Triangel auf einer blind fortgefuͤhr -478[480]Das XIII. Cap. gefuͤhrten Linie deſſelben / nimmt auch ſo viel zur Keel-Linie; Die Flanquen ſetzet man perpendicu - lariter ſo lang auf / als man ſie haben will / und zie - het vom aͤuſſerſten Punct der Bollwercks-Spitze / biß zu ſolchem Flanquen-Punct / ſo hat man auch die Facen; Mit einer viereckigten Feld-Schantze / von halben Baſtionen wird auf gleiche Weiſe ver - fahren / wie bey der vorigen / wenn man nur an Statt des Trianguls ein rechtes Quadrat machet. Das Abſtecken dieſer und vorigen Feld-Schan - tzen iſt aus dem Context gar leicht in acht zu neh - men / wenn man nur die Haupt-Puncte der er - ſten Grund-Linie / und denn die Ordinance der Pro - file dabey in acht nimmt.

Das XII. Cap. Von den 4. 5. und 6. eckigten Feld-Schantzen mit gantzen Bollwercken / wie und wohin ſolche zu machen und anzulegen.

(1.) Frage Wie wird denn im Felde eine vier - eckigte Schantze mit gantzen Boll - wercken in geſchwinder Eil gemachet?

Man machet erſtlich ein rechtes Qvadrat / wie zuvor gelehret worden / hernach ziehet man mit denLini -479[481]Von den 4. 5. und 6. eckigten Feld-Sch. Linien durch die 4. gegen einander ſtehende Win - ckel 2. Diagonal-Linien / verlaͤngert ſolche uͤber die Winckel hinaus / ſo lang als die Haupt-Linie ſeyn ſoll / und verfaͤhret hernach mit Eintheilung weiter damit nach meiner Mechaniſchen Art / wie mehr mahlen gezeiget worden.

(2.) Frage Wie wird denn eine regulare Feld - Schantze von 5. gantzen Bollwercken im Felde mit geſchwinder Eil an - geleget?

Man reiſſet erſtlich ein regula 5. Eck auf Pap - pier theilet deſſen eine Seite in ſo viel R. als ſolche im Felde lang werden ſoll / und verfaͤhret mit dem Aufreiſſen weiter / wie es ſich gebuͤhret. Das Ab - ſtecken im Felde wird alſo verrichtet / nehmlichen: Wenn man zu dem Centro des Platzes kommen kan / ſo ſtrecket man einem Struͤck aus demſelben nach der Laͤnge des halben Diameters an dem Ort und Kehl-Punct / da ein Bollwerck zu liegen kom - men ſoll / ſtecket daſelbſt einen Stab ein / muͤſſet mit der Linie weiter die innerlichen Polygone eine nach der andern / biß die Figur in allen ſich recht ſchlieſſe / kan man aber nicht zum Centro kommen / ſo muͤſſet man nur von einem Kehl-Punct zum andern die Figur / wie der Riſſ nach dem verjuͤng - ten Maaß-Stab ausweiſet.

H h(3.)480[482]Das XIII. Cap.

(3.) Frage. Wie wird denn eine 6. eckigte Feld - Schantze mit gantzen Bollwercken in geſchwinder Eil verfertiget?

Eine gantze 6. Eckigte-Schantze mit gantzen Auswercken wird im Felde gar ſelten oder gar nicht / ſondern nur eine halbe 6. Eckigte mit zwey gantzen / und zwey halben Bollwercken in ge - ſchwinder Eil gemachet / nemlich man muß zu An - fangs den Grund-Riſſ hirzu nach dem verjuͤngten Maaß-Stab zu Pappier bringen / damit man er - fahꝛe wie lang iede Linie / u. wie groß ieder Winckel recht ſeyn muͤſſe; hernach wird auf den Felde mit Huͤlffe einer Leine / welche ſo lang ſeyn muß / als der Semidiameter auf den verjuͤngten Maaß - Stab den Ruthen nach befunden wordẽ / aus den Mittel-Punct und Centro des Orts / wohin der - gleichẽ Schantze ſoll geleget werden / es ſey nun ein Paß / Bruͤcke / oder waß anders / ein halber Circul in Umkreiſſe des Platzes gemachet / welcher Cir - cul denn in 3. gleiche Theile duꝛch den ſemidiameter getheilet wird / wodurch man die innerlichen Poly - gonen bekoͤmmet. Wenn nun dieſes verrichtet / ſo wird die Operation mit Formirung der Boll - wercke verbracht / wie bereit ſchon angewieſe wor - den / und werden die 2. gantzen Bollwercke auß - waͤrts gegen das Feld zu / die 2. halben aber ein - waͤrts gegen den Fluß / Bruͤcke oder Paß zu al - lerzeit angeleget / und nachdem Profil verfor - tiget.

(4.)481[483]Von den 4. 5. und 6. eckigten Feld-Sch.

(4.) Frage. Werden dann ſonſt keine andere Feld-Schantzen der Form, nach mehr gemachet / als nur diejenigun / ſo bißhero angewieſen worden?

Gleich wie die Gelegenheit des terrains / es ſey auf einer Ebene / an einem Fluſſe / Moraſte oder andern Paſſe / oder auch auf einem Huͤgel oder Berge ſehr unterſchiedlich iſt / alſo koͤnnen auch auf unterſchirdliche Formen und Arten die Feld - Schantzen erbauet werden / weil ſie ſich alle nach der Gelegenheit des Platzes nothwendiger Wei - ſe richten muͤſſen / damit er vortheilhafftig mit einer Fortification beleget und eingeſchloſſen wer - de / und kan hirunter einem nichts gewiſſes vor - geſchreiben werden / maſſen ein leder ingenieur nach ſeinem beſten Veſtand die Sache anordnen und außfuͤhren muß.

Das XIV. Cap. Von dem Profi der Auſſen - wercke / groß und kleinen Feld - Schantzen / und Trencheen oder andern Linien?

(1.) Frage. Was iſt denn ins gemein von den Profil der Auſſenwercke / und aller Feld-Schantzen in acht zunehmen?

H h 2Das482[484]Das XIV. Cap.

Das Profil zu dergleichen Wercken kan un - terſchiedlich ſeyn / nach dem es die Gelegenheit und Eigenſchafft der Situation / und die Nothwendig - keit es erfordert / weil manchesmahl ein kleiner Wall mit einer Bruſt / oder ohne Wall eine hohe und ſtarcke Bruſt mit vielen banqvetten / oder auch nur eine ordinare Bruſt kan und muß ge - machet werden / welches man alles zu vorhero wohl uͤberlegen / und hernach das Profil darnach einrichten muß / weßwegen / auch der Inventor da - fuͤr Rede und Antwort geben ſoll / wan etwas nicht recht gemachet / und nach den Fundamenten der Kriegs-Bau-Kunſt recht angeleget worden.

(2.) Frage. Welches ſind den ohngefehr die Pro - file zu den Auſſenwercken und groſ - ſen Feld-Schantzen?

Breite483[485]Von dem Profil, &c.

(3.) Frage. Welches ſind den die geringeren Pro - file zu dem Wercken nur mit einer Bruſt?

Sie -[486]

Siebender Theil. Von der PRAXI, oder Off - und Defenſiv-For - tification, auch was ſo wohl der eine Theil / der eine Feſtung gedencket zu belagern / und ſeine Ar - mée mit retrenchementen zu umb - geben; Als auch der andere Theil der eine belagerte Feſtung geden - dencket zu defendiren darbey insgemein und ſpecialiter in achtzuneh - men / und ſich zuver - halten.

485[487]

Das I. Cap. Von der Behudſamkeit und Fuͤrſichtigkeit / wie auch von noͤthi - gen requiſitis ſo voꝛ eineꝛ Belageꝛung und defendirung einer Feſtung wohl in achtzuneh - men.

(1.) Frage. Was hat derjenige Theil beſonders in ſeinen Kriegs-Conſiliis in acht zu neh - men / welcher kuͤnfftig eine gewiſſe feindli - che Feſtung gedencker zu belagern?

ES iſt gewiß / daß das Belagern und Ataqui - ren einer Feſtung ein Werck von groſſer Wichtigkeit und unerſchoͤpfflichen Unkoſten ſey / maſſen hierzu gar zu viel er fordert wird / und kan ein Kriegs-Heer nirgend mehr ruiniret und ſtra - paziret werden / als bey Belagerung einer wohl erbauten / mit einem tapffern und erfahrnen Com - mendanten nebſt einer guten und zulaͤnglichen Garniſon beſetzten / mit behoͤriger Artillerie beſtell - ten / und mit genugſamer Munition und Proviant, auch ſonſt mit allerhand nothwendigen Defenſi - ons-Mitteln auf beſte verſehenen Feſtung; Da - hero derjenige / ſo einen dergleichen Haupt-OrtH h 4Willens486[488]Das I. Cap. Willens iſt zu belagern / nicht alleine ein ſolch im - portantes Vorhaben lange Zeit zu vorhero in gute und reiffe Berathſchlagung / iedoch in aller Stille und hoͤchſtem Geheim ziehen / und des Feindes Macht und Staͤrcke darbey wohl erwaͤgen / ſon - dern auch Mine machen / und der Welt einbilden muß / als ob man gantz etwas anders fuͤrzuneh - men willens / um den / wo nicht bereits wuͤrckli - chen / doch kuͤnfftigen Feind dadurch ſicher zu ma - chen / daß er im Gegentheil ſich in Zeiten in keine gute Defenſions-Verfaſſung ſetze.

(2.) Frage. Was ſoll einer weiter zu ſeiner Fuͤr - ſichtigkeit in acht nehmen / welcher kuͤnfftig eine gewiße Feſtung gedencket zu belagern?

Es muß derjenige / ſo eine Feſtung belagern willens iſt / ſich auch angelegen ſeyn laſſen / von des deſtinirten feindlichen Orts und Feſtung ei - gentlichen Beſchaffenheit / ſo wohl / was die Situa - tion und Auferbauung der Feſtung an ihr ſelber / als auch ihre innerliche Defenſions-Mittel anbe - langet / heimliche und ſichere Kundſchafft einzuzie - hen / und zwar ſolches entweder durch einen mit Gelde corrumpirten und klugen Correſponden - ten darinnen / oder in Mangelung deſſen ſelbſt ei - nige verſtaͤndige Officiers und erfahrnen Inge - nieurs unvermerckter Weiſe / wenn es ſeyn kan / und es ſich will practiciren laſſen / oder unter eineman -487[489]Von der Behutſamkeie und Fuͤrſichtigk. andern Prætext in veraͤnderten Kleidern / als et - wan eines Geiſtlichen / Kauffmanns / Trompe - ters / Tambours / Bauern / Weibes-Bildes und dergleichen dahin abfertigen / welche alle Gelegen - heit der Fortification mit Fleiß betrachten / die De - fecten und Vortheile der Feſtung ſo wohl aͤuſſer - lich / als innerlich in gute Obacht nehmen / den Grund-Riß / ſo viel moͤglichen / davon bringen / auch ſich der Defenſions-Mittel zugleich wohl er - kundigen / was vor ein Commedant darinnen / ob ſolcher tapffer und von guter Reſolution, auch ob er die Fortification und Artillerie wohl verſtehe / wie ſtarck die Beſatzung und Buͤrgerſchafft ſey / ob ſolche wohl mit einander ſich vernehmen oder nicht / wohin die Buͤrgerſchafft inſonderheit incli - nire / ob tuͤchtige und zulaͤngliche Artillerie, Muni - tion, Proviant und andere Nothwendigkeiten fuͤr - handen / oder einiger Mangel daran zu finden / und was dergleichen mehr iſt / deſſen man ſich nach Befinden der Sachen Umſtaͤnde wohl vorhero informiren ſoll.

(3.) Frage. Was fuͤr nothwendige Reqviſita ſoll derjenige bey zeiten an Handen ſchaffen / welcher eine importante Belagerung mit nechſten gedencket fuͤr zu - mehmen?

Es iſt nicht genug / daß derjenige / ſo einen fe - ſten und groſſen Ort gedencket zubelagern / fleißigH h 5da -488[490]Das I. Cap. daruͤber vorhero conſulire, uud ſo wohl des Fein - des als der Feſtung Zuſtandtes ſich auf das ge - nauſte erkundige / ſondern er muß auch dahin be - dacht ſeyn / wie er die behoͤrige nothwendige Mit - tel und reqviſita in zeiten / ſo wohl in qvalitate, als quantitate herbey und zuſammen ſchaffe / damit er nicht alleine ſein Deſſein moͤge wohl anfangen / ſondern auch ſolches ohne einigen Mangel gluͤck - lichen continuiren und ausfuͤhren: Dahero weil ein ſolches groſſes Werck auch groſſe Sumtus und Unkoſte taͤglichẽ er fordert / muß er fuͤr allen Din - gen einengewiſſen Font erklecklicher und zu laͤng - lichter Geld-Mittel / als den nervum gerendarum rerum herbey ſchaffen / daß imgeringſten hieran kein Mangel geſpuͤret werde / umb alle Nothwen - digkeiten hiervon einzukauffen / und die Armee, als welche bey dergleichen occaſionen ſehr defati - giret wird / richtig zubezahlen / die travaillen, Muͤ - he und Gefahr zu verſuͤſſen / und die Soldaten umb ſo viel behertzter zu machen: Weiter muß ein groſſer Potentate ſich umb tapffere und wohler - fahrne Officiers bewerben / welche capable ſind mit Rath und That der Sachen fuͤrzuſtehen / und auf welche er ſich bey allen Begebenheiten ſicher verlaſſen kan: Jngl. muß man eine wohl eingerichte und ſtarcke Armeé von infanteri als Cavalerie auf den Beinen haben / welche nicht al - leine aus tapffern und manhafften Leuten / ſon - dern auch aus wohl diſciplinirten und exercirten Trouppen beſtehen ſoll: Nechſt dieſem wird zuder -489[491]Von der Behutſamkeit / und Fuͤrſtichtigk. dergleichen Deſſein inſonderheit eine wohl einge - richtete Artillerie, meiſtens von halben Carthau - nen / und 18. pfuͤndigen. Feld-Schlangen / als Bat - terie Stuͤcken / nebſt andern groben Geſchuͤtz von 12. und wenigen Pfundten erfordert / umb ſich de - ren nach Gelegen auf kleinen Baterien hin und wider zu bedienen: Jngleichen muͤſſen auch eine gute Anzahl groſſer und mittel Moͤrſer fuͤrhan - den ſeyn / umb daraus nach Erforderung der Sa - chen Zuſtandt allerhand Arten Feuer-Werck auf die Wercke der Feſtung / und gar in die Stadt zuwerffen. Zu dergleichen wohl formirten Ar - mée nun gehoͤret nechſt dem richtigen Solde fuͤr - nemlichen auch genungſames Proviant und Mu - nition; ingleichen genungſames Schantz-Zeug von allerhand Arten / gute und erfahrne ingeni - eurs, mineurs und Feuer-Wercker / als welche der Armée den Eingang in die Feſtung eroͤffnen / und bey einer Belagerung das meiſte thun muͤßen / an welchen capablen Leuten dann / weil ſie bey ſchweren Ataqven zimlichen duͤnne pflegen gemachet zu werden / ſehr viel gelegen iſt / und an ſolchen im geringſten kein Abgang muß geſpuͤhret werden / will man anders einen erwuͤnſchten Aus - gang ſeines unternommenen groſſen Wercks er - warten und erlangen / anderer Nothwendigkei - ten und Ataqvirungs-Mittel zugeſchweigen / wel - che ein erfahrner Kriegs-Verſtaͤndiger ſchon von ſelbſt in Zeiten wiſſen wird herbey zu ſchaffen / und zuveranſtalten.

(4.) Fra -490[492]Das I. Cap.

(4.) Frage. Was hat derjenige groſſe Potenta - te zu obſerviren / wann die benachbarte Po - tenz ſich ſo maͤchtig ruͤſtet / und entweder mit derſelben ſchon in einem Krieg begrif - fen / oder ſich doch nichts gutes / ſondern ei - nes Einbruches und Belagerung von ihme zuverſehen?

Der andere Theil / wann er entweder allbe - reit mit ſeinem maͤchtigen Nachtbar in einem Krieg verwickelt / oder ſonſt in Erfahrung bracht / daß derſelbe ſeine Armée und Trouppen uͤber Noth ſehr verſtaͤrcke / auch ſonſt groſſe unge - woͤhnliche Kriegs-Apparatus mache / woraus et - was ſonderliches und haupſaͤchliches zu vermu - then / zumahl wo nur die allergeringſte Suſpicion fuͤrhanden / daß es ſeinem angrentzende Lande / oder einer dem Feinde wohl gelegenen Feſtung gelten moͤchte / ſoll kein Geld nicht ſchonen / ſich darmit unter des benachbarten Bedienten einige treue Correſpondenten zu machen / und auf ſeine Seiten zu bringen / oder aber in Mangelung der - ſelben entweder unter einem gewiſſen Prætext, o - der gantz unvermerckter weiſe in verſtelten Per - ſohnen einige hirzu geſchickte treue Leute an dem Hoff und Ort / wo ſich die benachbarte Potenz wuͤrcklichen auf haͤlt / abzuſenden / damit er inge - heim alle Nachricht / Diſcourſe, vorhaben / Ge -walt /491[493]Von der Behutſamkeit / und Fuͤrſichtigk. walt / Thun und laſſen verkundſchafften / ſich in Zeiten darnach richten / und in noͤthige Defen - ſions-Poſitur an den Grentzen / in allen Feſtungen / und dem gantzen Lande ſetzen / oder wo moͤglichen / dem Contrepart ſelbſt in ſeinem Lande zuvor kom - men / und entweder eine Ravage darinnen thun / oder einen ſichern feſten Ort unvermutheter wei - ſe mit Uberrumpelung in Eil wegnehmen / und alſo des benachbarten Concept, wo nicht gaͤntz - lich / iedoch zimlichen verruͤcken / und Statum belli in deſſen Land formiren moͤge; Dergleichen Raiſonnements gehoͤren zwahr eigentlich zu der Kriegs-Politic, welches aber hier Incidenter muß mit berieret werden.

(5.) Frage. Was hat derjenige Theil / ſo einer Belagerung ſich zu vermuthen / weiters in acht zu nehmen / und was ſoll er hingegen auf ſeiner Seiten fuͤr Anſtalten machen?

Wenn ein groſſer Herr und Potentate ſeinen maͤchtigen Nachbar / von welchẽ er ſich nichts gu - tes zu vermuthen / ſiehet ſtarck werben / und andere groſſe Kriegs-Præparatoria machen / ſoll er ſolchen darumb durch einen klugen abgeordneten laſſen begruͤſſen / und vernehmen / zu was En - de er ſolche groſſe Kriegs-Verfaſſungen mache / und weſſen er ſich deßwegen zu ihme zu -ver -492[494]Das I. Cap. verſehen / wenn er noch nicht wuͤrcklichen im Krieg mit ihme verwickelt: Bekoͤmt nun er eine cathegoriſche reſolution darauf / daß er guter Nachbarſchafft und fernerer Freundſchafft ver - ſichert wird / ſo ſoll der doch allerdings nicht recht trauen / ſondern ſich ſo viel moͤglichen unter der Hand in gute Poſtur ſetzen / mit andern Poten - tzen Buͤndnuͤſſe ſchlieſſen / und in allen Dingen ein wachend Auge haben: Bekoͤmt er aber eine zweydeutige / dunckele und keine richtige Ant - wort / ſo ſoll er gantz nicht trauen / zu mahl wann einige Streitigkeiten uͤber einige Prætenſiones oder anderer Urſachen wegen unter ihnen fuͤr - handen / ſondern ſoll gleichfalß unter einem dun - ckelen Prætext ſtarck werben laſſen / die feſten Plaͤ - tze / ſonderlich diejenigen / welche dem vermeinten Feind am nechſten und beqvemſten g[el]egen / mit fleiß ſelbſt beſichtigen / ſolche wo es noͤthig / laſſen repariren / nach Gelegenheit mit einigen Auſſen - wercken in zeiten laſſen verbeſſern / die Jnwohner freundlich und gnaͤdig tractiren / die Garniſon an Infanterie, und Cavalerie verſtaͤrcken / die gantze Feſtung mit groben und andern Geſchuͤtz / Muni - tion, Proviant und allerhand andern Nothwen - digkeiten aufs beſte und zum Uberfluß laſſen ver - ſehen / die Buͤrgerſchafft ſich auf ein Jahr lang zu proviantiren anbefehlen / einen groſſen Vor - rath von allerley Schantz-Zeich in Bereitſchafft haben / eine groſſe qvantitaͤt Faſchinen / Palliſaden Sturm-Kaͤſten / Spaniſche Reuter / Sturm -Pfaͤh -493[495]Von der Behutſamkeit / und Fuͤrſichtigk. Pfaͤhle Schantz-Koͤrbe / Feuer Spritzen / und und Eimer laſſen verfertigen / auch ſonſt in allen Magazinen Apothecken / Lazarethen und wegen der Muͤhlen und Brunnen ſolche Anſtalt ma - chen / damit hernach bey einer unverhofften Bela - gerung / da dergleichen Sachen und Succurs nicht wohl / oder gar nicht / oder doch mit groſſer Gefahr einzubringen / und zu machen ſind / kein Mangel moͤge fuͤrfallen / und die Feſtung dieſer wegen vor der Zeit muͤſſe uͤbergeben werden.

(6.) Frage Was ſoll ein Commendante thun / wann er ſich einer Belagerung zuvermuͤ - then / und umb die Feſtung groſſe oder kleine unfortificirte Vorſtaͤdte ſich befinden?

Wenn groſſe Vorſtaͤdte nahe umb die Feſt - ung erbauet ſind / welches zwar wider alle Funda - menta der Fordification lauffet / und aber der Lands-Herr und Commendante derſelbigen Fe - tung ſich gewiß einer kuͤnfftigen Belagerung zu vermuthen / ſoll er in Zeiten die groſſen Vorſtaͤdte / als welche man Anfangs nicht leichte ſelbſt zu ruiniren pfleget / entweder mit einer à parten For - tification umbgeben / und ſelbige andte Haupt - Feſtung mit Anhaͤngen / wann es anders die Zeit / Gelegenheit / und das Wetter leiden wollen / oder doch zum wenigſten ſolche mit ſtarcken Re - trenchementen einſchlieſſen / der Jnwohner beſteSachen494[496]Das I. Cap. Sachen aber laſſen in die Feſtung bringen / und ſich auf begebenden Fall darinnen mit den ge - worbenen Soldaten ſo gut anfaͤnglichen Defen - diren / als es moͤglich iſt: Solten aber nur eine und andere Gaſſen und kleine Vorſtaͤdte ſich nahe umb eine Feſtung befinden / ſoll ein Commendan - te kein Bedencken tragen / ſolche gleich Anfangs bey einer wuͤrcklichẽ Belagerung ſelbſt in Brand zu ſtecken / ingleichen auch die groſſen Vorſtaͤdte / wann ihre Fortifications-Wercke vom Feinde allbereit erobert worden / und gar nicht dulten / das einig Garten - oder ander Hauß / Scheine / Mauer / Blancke / Zaͤume / Baͤume / Geſtaͤudte / Keller / Gewoͤlber / und was nur dem Feinde zu einiger Bedeckung dienen koͤnne / ſtehen bleibe / ſondern aus dem Grund hinweg geraͤumet / die Grubẽ ausgefuͤllet und der Horizont gantz gleich gemachet werde / damit man die gantze plaine, wo nicht auf einen Canonen, iedoch Mußqveten - Schuß lang umb die Feſtung entdeckung und be - ſchießen koͤnne.

(7.) Frage Was ſoll ein fuͤrſichtiger Commen - dante thun / der ſich einer Belagerung / zuͤvermuthen / wenn entweder durch die Feſtung / oder nahe an derſelben ein Fluß gehet / und die Graͤben alle voll Waſſers ſind?

Wenn495[497]Von der Behutſamkeit und Fuͤrſichtigk.

Wenn durch die Feſtung ein Fluß gehet / muß ein kluger Commendante wohl zuſehen / daß deſ - ſen Ein und Ausgaͤnge mit eiſern ſtarcken Fall - Gattern / Ketten und Schleiſſen nicht alleine wohl verwahret / ſondern auch von Horizontal - Defenſion allerhand Geſchuͤtzes wohl koͤnnen be - ſtrichen und defendiret werden. Wenn ein Fluß nahe an der Feſtung vorbey gehet / muß die Waſſer Seite der Feſtung mit einer ſtarcken Bruſt und einigen niedrigen Baterien alles Flan - qven weiſe wohl verſehen / auch einige Schan - tzen und Auſſen-Wercken diſſeits ober und unter der Feſtung angeleget werden / damit der Feind ſich keines Vortheils zuerfreyen habe. Gehet eine Bruͤcke uͤber den Flüß / muß jenſeits die Bruͤcke auch mit einer Schantze auffs beſte verwahret werden. Befinden ſich Jnſuln auff dem Fluße / und zwar unweit der Feſtung / es ſey ober oder unter derſelben / muͤſſen ſolche auch fortificiret werden / damit ein Feind auff dem Fluße keine Paſſage haben moͤge / welches man denn auff dem feſten Lande bey engen Paſſagen und avenuͤen / in - gleichen bey den nahe gelegenen Hoͤhen gleichfals wohl obſerviren / und ſolche mit Redouten, Traver - ſen und andern Werckẽ belegen muß. Die Waſ - ſer-Graͤben umb eine Feſtung muͤſſen nicht allei - ne in Sommer von dem Schilffrohre und al - en andern Hinderungen geſaubert / ſondern auch zu Winterszeit Nacht und Tag geeiſet und of - fen behalten worden / welches dann mit conti -J inu -496[498]Das II. Cap. nuirlichen hin undwieder ziehen einiger Bau - und anderer Hoͤltzer geſchehen kan / damit das Waſſer in ſteter Bewegung bleibe / nicht zufriere / und ein Feind die Feſtung nicht uͤberrumpeln koͤnne / wie bereits in vorigen ſchon gemeldet worden.

Das II. Cap. Von Berennung einer Fe - ſtung / wie das Lager zu ſchlagen / und mit Retrenchementen zu umgeben / oder die Feſtung zu bloquiren und zu bom - bardirẽ / auch wie im Gegentheil der Com - mendante in der Feſtung ſich weiter zu verhalten / und was beyde Theile wohl in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Wie ſoll ein groſſer Potentate oder General, der ſich einen Haupt-Ort zu be - lagern fuͤrgenommen / ſolchen anfans recht berennen / und mit ſeiner Armée einſchlieſſen?

WEnn an einem Theile es feſtiglich beſchloſ - ſen worden / eines andern Herrn groſſe Fe - ſtung ceremonialiſch zu belagern und zu ſtuͤrmen / muß man wegen Berennung derſelben wohl in acht nehmen / daß man mit der geſamten Armée ſich / ſo viel moͤglichen / anfangs der Feſtung zu Nacht naͤhere / die Campagne aber in Fruͤh-Jahre antrete / wenn ſchon Fuͤtterung im Felde fuͤrhan -den;497[499]Von Berennung einer Feſtung. den; Hernach muß man den folgenden Morgen darauf ohne Verzug die Cavalerie zu erſt avanci - ren laſſen / und nach Gelegenheit alle Ein - und Zu - gaͤnge der Feſtung damit beſetzen / worauf denn gleich die Infanterie folgen ſoll / und muß die gan - tze umliegende Gegend des Orts ordentlich mit Cavalerie und Infanterie durch einander und Re - gimenter weiſe / oder wie es am beſten der Sa - chen Zuſtand erfordern moͤchte einen Canonen - Schuß weit zu Lande und Waſſer / wenn deſſen fuͤrhandẽ / beſchloſſe werdẽ / ſo / daß nichts von dem Feinde weder aus / noch in die Feſtung kommen und paſſiren koͤnne. Die ſaͤmtliche Bagage koͤmmt hinter ihre Regimenter zu ſtehen / fuͤr die Artillerie aber wird ein ſicherer Ort zu ihrem Parc und Lager angewieſen / wo ſelbſt ſie mit ihrer Munition und andern Sachen wohl beſtehen koͤnne / beßgleichen auch bey Proviant und andern Aemtern muß in acht genommen werden. Solte aber aus ge - wiſſen Urſachen ſich eine groſſe Armée zertheilet haben / oder andere Auxiliar-Trouppen erwar - ten / muß fleißige Correſpondenz zwiſchen ihnen gefuͤhret werden / damit auf einem Tage und zu einer Zeit die Feſtung an allen Orten moͤge be - ſchloſſen und belagert werden / und nicht etwan nur ein Theil der Armée, zumahl wenn es ſchwach waͤre / zu bald komme / und Gefahr lauffe vom Feinde ataquiret / und geſchlagen zu werden / ehe noch der andere Theil der Armée herbey kom -J i 2men.498[500]Das II. Cvp. men. Eine Haupt-Feſtung aber nur an einem und andern Orte belagern / und ſolche doch beſtuͤrmen wollen / ohngeacht der Feind darinnen einige Tho - re frey behaͤlt / wodurch er nach Gefallen ohnege - fehr ein - und ausmarchiren kan / das iſt gar nicht zu rathen / weil man dafuͤr eine Armee gaͤntzlich ruiniren / und doch nichts fruchtbarliches ausrich - ten wird / auf ſolchen Fall iſt es beſſer / einen Haupt-Ort nur zu bloquirẽ / zu bombardiren / und mit Feuer zu aͤngſtigen / auch nach Gelegenheit ſich wieder zu reteriren.

(2.) Frage. Wie ſoll das Campement einer Ar - mée fuͤr einer Feſtung eigentlich geſchla - gen / und andere Cautelen darbey in acht genommen werden?

Das Campement einer Armée fuͤr einer Fe - ſtung muß nicht alleine ordentlich / ſondern auch wohl bedaͤchtig und fuͤrſichtiglich nach des Orts und Landes Gelegenheit alſo geſchlagen werden / daß die Fronte der Belagerer nicht gegen die Stadt / ſondern das herumliegende Feld zugehe / hingegen aber ſo weit von der Feſtung entfernet ſey / daß man mit dem groben Geſchuͤtz aus der Feſtung darein nicht ſpielen / und einigen Scha - den verurſachen koͤnne. Wenn fuͤr der Feſtung ei - nige Gruͤnde und Thaͤler fuͤrhanden / ſo aus der Stadt nicht zu entdecken / noch derſelben allzu na -he499[501]Von Berennung einer Feſtung. he ſind / kan man ſich darhinter wohl logiren / maſ - ſen die Bogen-Schuͤſſe der Armée wenig Scha - den thun koͤnnen. Wenn Defileen und Hoͤhen nicht allzuweit vor einer Feſtung ſind / ſollen die Belagerer ſolche mit Feld-Schantzen wohl bele - gen / und darinnen poſto faſſen. Muß die Armée um die Feſtung herum wegen eines Fluſſes oder Moraſtes in etwas zertheilet liegen / muß man - ber ſolche Bruͤcken machen / um die Communica - tion fuͤglich zu haben / auch einander im Fall der Noth beſtens zu ſecundiren. Gehet ein Fluß durch / oder nahe an der Feſtung weg / muß man ober und unter derſelben auf einen Canonen - Schuß Bruͤcken machen / vor dieſelbe Ketten zie - hen / bey deren Befeſtigung am Lande verpalliſa - dirte kleine Redouten, und andeꝛe Schantzen nach Gelegenheit zu dero Bedeckung aufwerffen / auf dem Fluß aber hin und wieder Trianguls weiſe kleine Fahr-Zeuge mit Volcke ausſetzen / mit An - ckern im Waſſer feſte machẽ / und ſolche auch mit einer ſtarcken breternen Bruſt / wodurch kleine Schieß-Loͤcher gehen muͤſſen / verſehen / damit al - ler Orten gute Wacht koͤnne gehalten werden / und alſo nichts auf dem Fluſſe aus oder in die Fe - ſtung kommen / noch den gemachten Bruͤcken / auf was Art es auch ſey / einigen Schaden zu fuͤgen / und ſolche ruiniren moͤge. Wenn die Feſtung an einem nahen Fluß lieget / muß man die Waſſer Seiten gegen uͤber diſſeits des Fluſſes auf feſtem Lande auch einige tauſend Mann und Regimen -J i 3ter500[502]Das II. Cap. ter legẽ / damit die gantze Rivier um die Feſtung al - ler Orten recht beſchloſſen ſey / weñ man eine Cere - monial-Ataque gedencket vorzunehmen / oder ſonſt einen Ort bloquiret halten / um ſolchen aus - zuhungern / da man einen ſolchen Platz nach Laͤn - ge der Zeit nur Quartier weiſe wohl verſchantzet machen kan.

(3.) Frage. Wie muͤſſen die Circum - und Contra - vallations-Linien um ein Campement vor einer belagerten Feſtung recht gemachet und gefuͤhret / auch eines und das andere darbey in acht genommen werden?

Wenn das Campement durch die Gerieralitaͤt / und abſonderlich durch den General-Quartier - Meiſter allen Regimentern / ſo wohl von Cavale - rie als Infanterie, und ſonderlich auch der Artil - lerie an ſichere und bequeme Oerter / damit alles trocken ſtehe / und bey Regen-Wetter nichts leicht koͤnne uͤberſchwemmet werden / angewieſen / und die noͤthigen Feld-Wachten vor / neben und hin - ter der Armee ausgeſetzet worden / muß die gantze campirende Armee gegen das Feld / und auch der Feſtung zu mit Retrenchementen umgeben / und hierdurch fuͤr allem feindlichen Einfall verwahret werden / welches denn mehrentheils alſo verrich - tet wird / nemlichen es recognoſciret das com - mandirende Chef nebſt andern Generalen und In -genieurs501[503]Von Berennung einer Feſtung. genieurs unter einer guten Eſcorte die umliegen[d]e Gegend ſelbſt / und wird mit ſaͤmtlicher fuͤrſich[t]i - gen Berathſchlagung der Schluß gefaſſet / wie ſo - thane Linien zur Sicherheit des Campements am beſten zu ziehen / und mit noͤthigen kleinen und groſſen Wercken / auch mit gebuͤhrenden engen und weiten Auß - und Eingaͤngẽ vor Cavalerie, In - fanterie und Wagens anzulegen und zu machen: Die Paſſagen muͤſſen zwiſchen zwey guten Flan - cken inne liegen / damit auf dem Noth-Fall ſolche wohl koͤnnen beſtrichen werden. Die groͤſten For - tifications-Wercke bey den Linien kommen gemel - niglich auf die Winckel / Hoͤhen und Defileen, da - mit ſolche capable ſind die Linien lincks / rechts und in fronte wohl zu defendiren; Die kleinern wer - den auf die gleiche Linien geſetzet / iedoch alſo / daß ſie uͤber einen Mußqueten-Schuß nicht von ein - ander kommen moͤgen / damit alles wohl koͤnne flanquiret und beſtrichen werden. Die Circum - vallations-Linie wird zu erſt gemachet / und wird ſolche diejenige geheiſſen / ſo nach dem herum lie - genden offenen Felde zu gehet / weil man ſich eher eines feindlichen Succurſes und Einfalls von auſ - ſen / als einen Ausfall von innen aus der Feſtung beraus zu befuͤrchten hat. Das Profil hierzu muß etwas ſtarck gegeben werden / ſo wohl wegen An - legung und Hoͤhe der Bruſt / als auch wegen der Breite und Tieffe des Grabens / damit man ſich wohl hinter ſothanen Retrenchement, als welches bißweilen ſehr furioͤs vom Feinde pfleget angefal -J i 4len502[504]Das II. Cap. len / und uͤberrumpelt zu werden / defendiren koͤn - ne. Zwiſchen der Fronte der campirenden Armée und der Circumvallations-Linie muß ein leerer Platz bleiben etwan von 100. Schritten breit / da - mit im Fall der Noth die Armée fuͤglichen ausruͤ - cken / und einen raumlichen Parade und Lerm - Platz haben moͤge. Die Contravallations-Linie / welche nach der Feſtung zu gemachet wird / wird von der Circumvallations-Linie auf 300. R. weit ungefehr angeleget und wohl bedaͤchtig gefuͤhret. Beyde Linien werden insgemein von guten zu - ſammen gebundenen Faſchinen und Erden gema - chet / und wird die Arbeit unter die Regimenter zu Fuß / und die Ingenieurs gebuͤhrender maſſen ein - getheilet / die Cavalerie aber muß auf den Pferdten die Faſchinen herzubringen / ſo durch gewiſſe Com - mandirte in dem nechſten Buſch-Wercke pflegen gemachet zu werden. Welches alles Abends zu - vor bey der Parole anbefohlen wird / wie es in / oder auſſerhalb des Lagers mit den Wachten / Arbei - ten und andern Kriegs-Gebraͤuchen ſolle und muͤſ - ſe gehalten werden / welcher Ordre man dann in allen genau nachleben muß. Zur Verfertigung der Trenchementen und aller andern Arbeit im Felde muß die Artillerie den behoͤrigen Schantz - Zeug hierzu hergeben / an Aexten / Betlen / Hauen / Schuͤppen und Spaden. Zu Fortbringung der Erden brauchet man in Campagne gemeiniglich Sand-Saͤcke / davon eine wohl eingerichtete Ar -til -503[505]Von Berennung einer Feſtung. tillerie nach Proportion der Armée von allerhand Sachen eine ziemliche Quantitaͤt mit ſich fuͤhren / und allen Abgang hiervon bey Zeiten erſetzen muß / damit kein Mangel hierunter fuͤrfallen / und die noͤthige Arbeit ins Stecken gerathen moͤge zu groſſem Schaden und Nachtheil der gantzen Ar - mée. Der Zeug-Schreiber bey der Artillerie haͤlt uͤber alles ein richtig Inventarium, und notiret auf alles / was / u. an wem er etwas auf Befehl ſeines Oberſten u. Commendant ausgiebet / welches deñ zu ſeiner Zeit ihme muß auch wieder uͤberliefert werden / ohne was zu Schaden gangen / an deſſen Statt wieder neues gleich muß herbey geſchaffet werdẽ. Kan man zu Verfertigung der Retrenche - menter Bauern und ander Land-Volck haben / deſto weniger werden die Soldaten ſtrapazziret / welche doch hernach ohne deme genug mit den Wachten und andern Kriegs-Commandi zu ver - richten haben. Falls aber eine Armée nicht gar zu ſtarck waͤre / und koͤnte zumahl die weite Circum - vallations-Linie nach der Gebuͤhr nicht beſetzen / und aller Orten bey einer feindlichen Ataque de - fendiren / ſo muß man die Armée Quartier-Weiſe campiren laſſen / und ſolche in unterſchiedliche Cor - pora von 2. biß 6000. Mann ſtarck vertheilen / die Quartiere mit einer Communications-Linien an einander haͤngen / raumlich anlegen / und reine halten / iedoch muͤſſen die Quartiere alle gegen ein - ander alſo gefuͤhret und beſchaffen ſeyn / daß aufJ i 5dem504[506]Das II. Cap. dem Noth-Fall ſich alle einander wohl ſecundi -[r]en / und leicht zuſammen kommen koͤnnen / wel - ches letztere auch bey einer Bloquirung wohl kan in acht genommen werden. Jn die Circumvalla - tions-Linie / oder andere verſchantzte Particulier - Quartiere ſoll das Feld-Geſchuͤtz mit allem Zube - hoͤr hin und wieder gebuͤhrend ausgetheilet und aufgefuͤhret werden / damit man ſich deſſen zu ie - der Zeit gleich bedienen koͤnne. Vor die Retren -[c]hementer auf 2. biß 300. Schritte werden auf lange Stangen Strohwiſche ausgeſtecket / und Gruben gemachet / worein die Soldaten ihre Nothdurfft verrichten / damit das Lager von aller Unſauberkeit und Geſtanck reine verbleibe / wie denn auch die Marquetender und Schlaͤchter den Koth und andere Unreinigkeiten von dem ge - ſchlachten Viehe gleich in die Erde eingraben und verſcharren muͤſſen.

(4.) Frage. Was hat dann hingegen ein kluger und fuͤrſichtiger Commendant zuthun / wann er ſeine untergebene Feſtung alſo von Feinde berennet und belagert ſiehet?

Wenn ein kluger und erfahrneꝛ Commendante ſeine ihme anvertraute Feſtung alſo umrennet und belagert ſiehet / ſoll er die gantze Garniſon zu Fuſſe aus der Stadt laſſen in dem bedeckten Weg ausmarchiren / ſie in gewiſſe Poſten daſelbſtver -505[507]Von Berennung einer Feſtung. vertheilen / inzwiſchen muß aus dem Zeug-Hauſe die Artillerie nebſt allem Zubehoͤr auf die Waͤlle aller Orten auch aufgefuͤhret / und inſonderheit die langen Feld-Schlangen auf die hoͤchſte Wer - cke / als Cavaliers, Donjons und Thuͤrme geſtellet / und darmit zuweilen unter die feindlichen nahen Trouppen, zumahl aber auf diejenigen / ſo die Fe - ſtung und deren Wercke geꝛne recognoſciren wol - len / tapffer Feuer gegeben werden / damit der Feind ſich von der Feſtung um ſo viel weiter muͤſ - ſe ablegen / und das nahe Recognoſciren bleiben laſſen. Die Buͤrgerſchafft und andere junge Leute von Studenten / Kuͤnſtlern und Handwerckern ſoll ein Commendant alle aufzeichnen laſſen / ſolche in gewiſſe Compagnien und Troppen mit ihren Fahnen und Officiers eintheilen / und auf ihre ge - wiſſe aſſignirte Poſten auf dem hohen Wall zu gleicher Zeit ziehen laſſen. Die befindindliche Ca - valerie bey der Garniſon muß unter deſſen auch auf dem Glacis unter den Stuͤcken herum bravi - ren / mit den feindlichen einzelen Trouppen nach Gelegenheit ein Charmuͤtzel wagen / ſich iedoch bald wieder reteriren / um dem Feinde alſo zu zei - gen / daß man ſtarck und behertzt genug ſey / ſich tapffer zu defendiren / und eine ſcharffe Belage - rung auszuſtehen. Sind einige Bedeckungen als Defileen, Haͤuſer / Huͤgel und dergleichen nahe vor der Feſtung / ſoll ein Comendant ſolche An - fangs gleich mit Volcke beſetzen / mit Bruſtweh -ren /506[508]Das II. Cap. ren / Graͤben und Palliſaden verwahren / auch nach geſtalten Sachen mit einem bedeckten Weg an die Feſtung zur Sicherheit des Ein - nnd Aus - marchirens anhaͤngen / damit die umliegende Ge - gend um ſo viel beſſer und mehr durch Horizontal - Defenſion moͤge beſtrichen / und der Feind ge - zwungen werden / ſeine kuͤnfftige Aprochen deſto weiter anzufangen. Kan man in dergleichen aͤuſ - ſerliche Poſten / wie ſonſt in dem ordenlichen be - deckten Weg / auch einige kleine Feld-Stuͤcke / eiſer - ne Falconete und Moͤrſer bringen / um ſo viel mehr wird das Terrain dem Feinde unſicher / und das Recognoſciren einzeler Trouppen und Aprochi - ren ſchwer gemachet werden; Von dem hohen Wall aber mit groſſen Stuͤcken allzu viel auf die feindlichen Trouppen, zumahl wenn ſolche von der Feſtung ziemlichen entfernet marchiren oder cam - piren / canoniren / iſt nicht rathſam / weil man nur darbey die Munition verſchwendet / die Stuͤcke er - hitzet / ausbrennet / und vor der Zeit verderbet / und doch dem Feinde geringen Schaden thut: Dahe - ro ein Commendant das viele Canoniren aus groſſem Gefchuͤtz zu Anfangs einer Belagerung unterlaſſen / hingegen aber ſolches tapffer gebrau - chen ſoll / wenn er den Feind etwan im Marchiren / auf Abloͤſen der Wachten / oder ſonſt damit wohl erreigen kan / ingleichen / wenn etwas vom Feinde zu ſeiner Bedeckung oder Baterien erbauet / und Faſchinen zur Arbeit getragen / die Contreſcarpe o -der507[509]Von Berennung einer Feſtung. der andere Auſſenwercke von ihme beſtuͤrmet / die Graͤben paſſiret / und General-Sturm ſoll gelauf - fen werden. Damit aber die Garniſon und ander Volck in der Feſtung nicht gleich Anfangs mit Wachten allzu ſehr ſtrapazziret werden / ſoll ein kluger Commendant die Garniſon und ſaͤmtliche Buͤrgerſchafft / was tuͤchtig iſt / Gewehr zu tra - gen / wieder abmarchiren laſſen / und es alſo unter denſelben veranſtalten / daß allezeit der dritte Theil darvon die Wachten auf dem hohen Walle und in dem bedeckten Weg wohl beſtellen und verſehen koͤnnen / biß auf weitere Ordre, oder wenn der Feind allzu nahe avanciret / und mit nechſten ein Sturm von demſelben ſich zu be - fuͤrchten / da denn alles gleich zu Walle und auf die Wercke / und behoͤrige angewieſene Poſten marchiren muß / wie es dißfalls angeordnet / und iedem Regimente und Compagnie anbefohlen worden: Jedoch iſt es am ſicherſten / daß die ge - worbenen Soldaten alle zuſammen von Infante - rie und Cavalerie gleich zu Anfangs in dem bedeck - ten Weg und andere Auſſenwercke verleget / und daſelbſt zu campiren und ordentlich zu wachen commendiret werden / damit ſie allen Falls gleich parat ſeyn / und alle Gefahr tapffer abwenden koͤn - nen. Alles unnuͤtz Geſindel / und was ſich auſſer der Garniſon nicht erhalten kan / auch ſonſt inca - pale iſt in der Feſtung auf allem Noth-Fall Dien - ſte zu thun / die ſoll ein Commendante auch gleich zu Anfangs der Belagerung ausjagen / damit erum508[510]Das II. Cap. um ſo viel beſſer mit dem befindlichen Proviant bey einer langen Belagerung zureichen koͤnne.

(5.) Frage. Was ſoll ein kluger Commendant, der ſeinem Herrn gedencket treu zu ſeyn / und ſich recht tapffer zu wehren / noch weiters in acht nehmen?

Weil auch bey Belagerungen eine Feſtung der Bomben / gluͤenden und andern Ernſt-Feuer - wercks-Kugeln Gefahr meiſtentheils mit unter - worffen / als iſt es hoͤchſt noͤthig / daß ein kluger Commendante mit den andern Befehlichs-Ha - bern der Buͤrgerſchafft eine gute Feuer-Ordnung abfaſſe und einrichte / damit die Feſtung auch an den innern Haͤuſern und Gebaͤuden allen Falls koͤnne erhalten und beſchuͤtzet werden. Hierzu muß man nur am meiſten employiren die Schor - ſtein-Feger / Schiffer-Decker / Zimmer-Leute / Maͤurer und dergleichen / wie auch die Buͤrger und Jnwohner von Manns - und Weibes-Perſo - nen / welche nicht capable ſeyn Gewehr zu fuͤhren / geſtalt man ſolche auch zu anderer Arbeit / als zum Schantzen / Bewahrung der Brunnen / damit nichts unreines hinein kommen moͤge / gebrauchen kan / nachdem es die Nothdurfft erfordert / weil Niemand bey gemeiner Gefahr ſich entſchuldigen ſoll. Alles Lauten der Klocken und der Schlag - Uhren muß eingeſtellet / und wehrender Zeit derBela -509[511]Von Berennung einer Feſtung. Belagerung nicht gebrauchet werden / damit ein Feind ſich nicht darnach richten / oder ſolche deſto eher zu rniniren ſuchen moͤge. Alles Proviant in den Magazinen und Buͤrger-Haͤuſern muß unter - ſuehet / aufgezeichnet / der Uberſchlag davon auf ein Jahr nach Proportion der Jnwohner und gan - tzen Garniſon gemachet / und gewiſſe Leute daruͤ - ber zur taͤglichen Ausgabe beſtellet werden / damit hierunter im geringſten kein Mangel fuͤrfallen moͤge. Am Gelde zur Bezahlung der Soldaten muß gleichfalls kein Abgang ſeyn / damit nicht al - leine ein ieder alle Monath ſeine richtige Gage zie - hen / und die Tapfferſten bey ihrem Wohlverhal - ten vor andern recompenſiret / auch die andern zu gleichem Wohlverhalten animiret werden moͤ - gen. Die gefaͤhrlichſten Thore ſoll man inwendig mit ſtarcken ausgefuͤllten Sturm-Kaͤſten verſe - tzen / mit langen und dicken Bau - Holtze verſtaͤm - men / und mit Erde und Miſt durch einander ver - ſchuͤtten / daß der Feind mit keiner Canonen-Kugel durchſchieſſen / oder ſonſt auf ſolche mit Spren - gung einen Einfall mit Vortheil thun koͤnne. Jſt es noͤthig / ſoll ein kluger Commendant bey einer Bombardirung das Pflaſter auf den Gaſſen laſ - ſen aufheben / die hoͤchſten Daͤcher der Haͤuſer und Kirchen abtragen / ſolche / wenn ſie nahe am Walle gelegen / und man ſich diſſeits einer Ataque befuͤrchtet / laſſen ausfuͤllen / um ſich derer im Fall der Noth als Baterien zu bedienen. Die hohenCa -510[512]Das II. Cap. Camine und Thurme / welche den Canonen - Schuͤſſen nicht widerſtehen koͤnnen / kan er auch nach geſtalten Sachen in Zeiten laſſen einreiſſen / und abbrechen / damit ſolche hernach keinen Schaden thun / und die Paſſagen mit ihren Ruinen nicht veꝛſchuͤttẽ moͤgẽ. Sonderlich ſoll ein Com̃en - dant auf die Brunnen und Muͤhlen gute Acht ha - ben / damit er allezeit zur taͤglichen Nothdurfft gut und friſch Waſſer behalte / auch im uͤbrigen kein Mangel am Mehl und Brode fuͤrfalle. Wenn der Buͤrgerſchafft nicht wohl zu trauen / und die Garniſon ſtarck genug iſt / muß ein Com - mendant ſolche bey Zeiten diſarmiren laſſen / und nicht zugeben / daß ſie einige Verſammlung un - ter einander haben / noch des Nachts auf den Gaſſen und Straſſen ſich finden laſſen. Wenn die Buͤrgerſchafft ihre beſte Effecten in Kellern und Gewoͤlbern nicht genug verwahren koͤnnen fuͤr beſorgender Feuers-Gefahr / muß ein Commen - dant hin und wieder in die Erde hierzu Gruben machen / und ſolche oben wohl bedecken laſſen. Jn Summa es muß ein rechtſchaffener Com - mendante auch in allen andern Sachen / ſo zu gu - ter Defenſion einer belagerten Feſtung nach Be - ſchaffenheit der Urſachẽ und Gelegenheit der Ge - gend und des Platzes einigen Nutzen ſchaffen koͤn - nen /[ſehr] fuͤrſichtig und ſorgfaͤltig ſeyn / ſonderlich / wenn er wegen keines Abgangs der behoͤrigen De - fenſions-Mittel kan / und ſich gedencket biß aufden511[513]Von Verennung einer Feſtung. den letzten Mann tapffer zu wehren / ſoll er auch wegen der innerlichen Abſchnitte / und Communi - cation durch die Haͤuſer / gegen welche Orten die feindlichen Ataquen moͤchten gefuͤhret werden / in Zeiten gute Anſtalt maͤchen und Vorſehung thun / damit er ſein Devoir recht in acht nehmen / und ſei - ne ihme anvertraute Feſtung / ſo viel nur menſch - und moͤglichen / beſchuͤtzen und erhalten moͤge.

Das III. Cap. Von dem Volcke nnd groben Geſchuͤtz / ſamt dem Proviant, Muni - tion und Schantz-Zeug / wie viel deren ſo wohl zur Belagerung / als Defendirung ei - ner realen Feſtung anzuwenden / recht zu gebrauchen / und was ſonſt darbey wohl in acht zu nehmen.

(1.) Frage Wie ſtarck muß wohl eine Armée von Infanterie, Cavalerie und Artillerie ſeyn / welche eine Haupt-Feſtung zu bela - gern / zu ataquiren / und zu emportiren ge - dencket?

ES iſt bereits im vorigen ſchon gemeldet wor - den / daß das Belagern einer Feſtung eine ſehr importante Sache ſey / welche man zuvorheroK kwohl512[514]Das III. Cap. wohl und reifflich uͤberlegen ſoll / weil ſie groſſe Unkoſten / und eine ſtarcke Armée mit allem Zube - hoͤr erfordere. Wenn nun eine formale und Cere - monial-Ataque mit Breche machen / es ſey mit Miniren oder Canoniren bey einer Haupt-Fe - ſtung / ſo mit allen Defenſions-Mitteln wohl ver - ſehen iſt / ſoll fuͤrgenommen / und auf allen Seiten recht eingeſchloſſen werden / ſo gehoͤret hierzu eine Armée zum wenigſten von 50. biß 60. tauſend Mann; Denn von rechts wegen gehoͤren ſich fuͤr ieder groſſer Feſtung zwey Haupt-Ataquen zu fuͤhren / will man anders was fruchtbarliches ausrichten / und ſein Deſſein bald erreichen / ſonſt wird man das Volck und die Zeit nur verliehren / und mit Schimpff und Schande die Belagerung wieder aufheben / und mit groſſem Schaden ab - ziehen muͤſſen. Wenn nun der Contrepart auch ein maͤchtiger Potentate / und eine ſtarcke Armée aufbringen kan / oder ſchon auf den Beinen hat / die Feſtung auch der Situation nach alſo beſchaf - fen iſt / daß der Eigenthums-Herr aller Orten mit ſeiner Armée zu ſolcher ſich nahen / und in ſelbige auf Verlangen einen ſtarcken Renfort und Suc - curs einbringen kan / ſo muß ſolche von den Bela - gerern auf allen Seiten mit dem Volcke recht ein - geſchloſſen / und alſo mit Retrenchementen um - geben werden / daß nichts weder ein noch aus vom Feinde paſſiren koͤnnne / zu welcher gaͤntzlichen Einſchlieſſung nun eine ſtarcke Armée auch fuͤr ei -ner513[515]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. ner groſſen Haupt-Feſtung gehoͤret / um nicht al - lein die angefangenen Ataquen zu pouſſiren / ſon - dern auch die umzogenen Linien zu defendiren / und den ankommenden Feind zu repouſſiren. Waͤre aber die Situation der Ferſtung / und des herum liegenden Terrains alſo beſchaffen / daß man etwan nur durch einen gewiſſen Paß und Defi[l]ée zu derſelben fuͤglichen kommen koͤnne / als wenn ſolche etwan auf einem Berge / im Moraſte oder im Waſſer lege / ſo muß man fuͤr derſelben ſo viel Volcks zu zwey Ataquen laſſen / als es moͤge genug ſeyn / mit dem uͤbrigen Reſt aber der Armée ſich vor und an dem Paß ſetzen / um den ankom - mende[n]Succurs die Spitze zu biethen / daß er durch denſelben nicht durchdringen / und der noth - leidenden Feſtung Aſſiſtenz leiſten koͤnne. Zu ieder Ceremonial-Ataque aber gehoͤren nach geſtalten Sachen 10. biß 12. tauſend Mann / als 7. biß 8. tau - ſend von Infanterie, und 3. biß 4. tauſend von Ca - valerie, ohne Rechnung der Artillerie mit ihrem Zubehoͤr / Ingenieurs und Mineurs, weil die Bela - gerer ſehr fatiguiret / und taͤglich an ihrer Zahl ver - ringert werden. Wenn nun ein ſolch groſſes De - tachement zur Belagerung von einer Armée von 50. biß 60. tauſend Mann abgehet / ſo bleiben et - wan 30. tauſend in allem uͤbrig / ſo den feindlichen Succurs und Armée obſerviren und die Belaͤgerer bedecken muͤſſen / welche Armée denn nicht allzu ſtarck iſt / zumahl wenn der Feind mit einer Staͤr -K k 2ckerern514[516]Das III. Cap. ckerern ankommen ſolte / da die kleinere zu thun genug bekommen wird / wenn ſie ſich gleich ver - ſchantzet / wie es billig / den Feind in ſeinem Vorha - ben zu hindern und abzuhalten / welches alles denn bey dergleichen Entrepriſon muß wohl in acht genommen / des Feindes Macht uͤberleget / und der Feſtung Zuſtand ponderiret werden / ſo hernach bey Gelegenheit zu vermehren / und zu mindern ſtehet.

(2.) Frage. Wie viel Volcks / ſo wohl von Cava - lerie als Infanterie, wird wohl zur Beſa - tzung und Garniſon einer Feſtung gerech - net / daß ſie ohne weitern Succurs capable ſey bey einer ſchweren Belagerung ſich recht zu defen - diren?

Wenn gleich eine Feſtung von Natur noch ſo wohl lege / oder durch Kunſt nach den Fundamen - ten der Fortification noch ſo wohl erbauet waͤre / ſo wird ſie dennoch nicht capable ſeyn / ohne zu - laͤngliche und behoͤrige Defenſions-Mittel ſich lange zu halten / und eine harte Belage - rung in die Laͤnge auszuſtehen; Dahero es denn hoͤchſt noͤthig / eine Haupt-Feſtung / woran Land und Leuten ſehr viel gelegen / mit allen Requiſitis aufs beſte zu verſehen / ſo zu einer Defenſion und tapffern Gegenwehr im Fall der Noth erfordert werden / weil man ſolche nicht allezeit / zumahl /wenn515[517]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. wenn ſie von einem maͤchtigen Feinde ſchon be - rennet und belagert / in dieſelbe bringen kan. Wie ſtarck aber eigentl ich eine Garniſon an Mann - ſchafft in allem ſeyn muͤſſe / ſolches wird unter den Herrn Ingenieurs ziemlichen disputiret; Denn einige wollen behaupten / man muͤſſe die Garniſon nach der gantzen Circumferenz des hohen Walles reguliren / und auf iedem gemeinen Schritt einen Mann rechnen; Geſchehe nun ſolches nur mit ei - ner Linie / ſo waͤre dieſes vor eine kleine Garniſon zu halten; Wuͤrde aber die Linie verdoppelt / ſo wuͤrde folches eine mittel maͤßige Garniſon ſeyn; Wenn man aber eine rechte ſtarcke Garniſon ha - ben wolte / muͤſte man den Haupt-Wall und deſ - ſen Circumferenz alſo drey doppelt beſetzen. An - dere rechnen auf iede 10. Mann des Feindes und der Belagerer 1. Mann hinter dem Wall und in der Feſtung zu deren Beſatzung. Einige propor - tioniren die Garniſon nach Vielheit der Baſtionen auf dem Haupt-Wall / und zwar alſo / daß ſie bey einer groſſen Feſtung 300. bey einer mittlern 400. und bey einer kleinern 500. Mann rechnen. An - dere richten die Beſatzung ein nach Anzahl der A -〈…〉〈…〉 aquen, und der Orten / ſo am ſchwaͤchſten / und vom Feinde koͤnnen angegriffen werden. Alleine man darff ſich an dergleichen Eintheilungen nicht allezeit halten / und muß man hierinnen fuͤrnemli - chen anſehen / ob die Feſtung der natuͤrlichen Ge - legenheit nach recht vortheilhafftig erbauet / undK k 3mit516[518]Das III. Cap. mit guten Flanquirungen verſehen / auch ob viel Buͤrgerſchafft in derſelben fuͤrhanden / und wie ſolche mit ihren Landes-Herrn / und Commendan - ten der Feſtung ſtehe: Sind dieſe Sachen alle richtig / und hat man ſich dieſer wegen nichts boͤſes zu beſorgen / ſo iſt nicht noͤthig / daß eine gar zu ſtarcke Carniſon darein geleget werde / inmaſſen ſolche zum oͤfftern Hungers-Noth / graßirende Seuchen / Empoͤhrungen und ander Unheil mehr verurſachen kan. Jch meines wenigen Orts halte dafuͤr / daß man die Gatniſons ſtarck genug formi - re / wenn man in groſſe / weitlaͤufftige Haupt-Fe - ſtungen / wo eine ſtarcke und treue Buͤrgerſchafft innen iſt / 8. biß 10. tauſend Mann an Infanterie und Cavalerie lege; in eine mittelmaͤßige Feſtung 6. biß 8. tauſend / und in eine kleine 4. biß 6. tauſend / und zwar dieſes alles ſtehet zu vermindern und zu vermehren nach Befindung der Sachen Umſtaͤn - de / nnd erheiſchender Nothdurfft; duͤrffte man a - ber der Buͤrgerſchafft / ſo in groſſer Anzahl ſich in der Feſtung beſindet / nicht wohl trauen / ſo muß man ſolche / wie beꝛeits gemeldet / nicht alleine des - armiren / ſondern man muß auch die Garniſon zum wenigſten ſo ſtarck / als die Buͤrgerſchafft an Menſchen iſt / oder nach Gelegenheit etwas ſtaͤr - cker darein legen / um auf allen Fall der malcon - tenten Buͤrgerſchafft gewachſen zu ſeyn / und ſol - che in Zaum zu halten. Befindet ſich denn an ei - ner Feſtung eine à parte Citadelle, muß man auchin517[519]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. in ſolche zum wenigſten 15. hundert / biß 2. tauſend geworbener Soldaten rechnen / nachdem ſolche groß oder klein iſt. Auf iede tauſend Mann Fuß - Volck zur Garniſon kan man 100. Mann von Ca - valerie rechnen / wenn zumahl die Feſtung auf ei - ner Plaine lieget / und darinnen ſonſt Fourage ge - nug fuͤrhanden: Lege aber ſolche im Waſſer / Moraſte oder auf einem Berge / oder waͤre ſonſt in derſelben wenig Fuͤtterung fuͤrhanden und zu bekommen / ſo muß man entweder gar keine / oder doch nach Proportion der Infanterie gar wenig Ca - valerie hinein legen / ſo zum noͤthigen Recognoſci - ren von weiten nur einiger maſſen koͤnne genug und dienlich ſeyn.

(3.) Frage. Was hat ſonderlich ein Commen - dante in einer belagerten Feſtung wegen ſeiner unterhabenden Soldaten / als auch der Buͤrgerſchafft wohl in acht zu nehmen / damit er ſolche bey ihren Devoir erhalten moͤge?

Weil in eine belagerte Feſtung man nicht alle - zeit Volck und neuen Succurs nach Belieben und erheiſchender Nothdurfft einbringen kan / anderer Defenſions-Mittel voritzo zu geſchweigen / ſo muß ein kluger Commendante folgende Stuͤcke wohl in acht nehmen / nemlichen / daß er zufoͤr - derſt unter der Buͤrgerſchafft und Soldateſca / ſoK k 4viel518[520]Das III. Cap. viel nur immer moͤglichen / ein gutes Vertrauen und Harmonie erhalte / damit keine innerliche Re - bellion und Aufruhr entſtehen moͤge. So muß er auch beyder Gemuͤther durch kluges Zureden alſo gewinnen / daß ſie ſich alle einmuͤthigſich entſchlieſ - ſen / bey ihme Zeit wehrender Belagerung Gut und Blut aufzuſetzen / und die bedraͤngte Feſtung moͤglichſter maſſen helffen zu defendiren. Das Leben und die Geſundheit / zumahl der ar - men Soldaten ſoll er ihme ſehr angele - gen ſeyn laſſen / und deßwegen auf dem Haupt - Wall / und in andern Auſſenwercken gute und be - queme Corps de garde und Schilder-Haͤußlein haben / damit die Soldaten / ſo wohl vor der groſ - ſen Sonnen-Hitze / als auch vor dem Regen und Nacht-Froſte / welche leicht Kranckheit erwecken koͤnnen / verſichert ſeyn moͤgen. Er ſoll ſich gegen ſolche allezeit wie ein Vater und treuer Ober - Herr / nicht aber wie ein Tyrann auffuͤhren / ihre Klagen und Noth gerne anhoͤren / ſie mit Klei - dern / Speiß und Tranck / inſonderheit aber die Krancken und Verwunden mit guten Artzeneyen und fleißiger Verpflegung verſehen laſſen / ſie auch zu Zeiten ſelbſt beſuchen / daß ſie nicht das Hertz und die Staͤrcke nebſt dem guten Willen und Vermoͤgen verllehren / ſondern vielmehr durch ſolche gute Unterhaltung ihrer ungluͤckhaff - ten Cameraden angetrieben / aller Gefahr ſich de - ſto williger unterwerffen / und ihre Schuldigkeit mit Freuden verrichten moͤgen / ſintemahl kein C -lend519[521]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. lend ſo groß / welches man einem rechtſchaffenen Soldaten mit ſuͤſſen Worten / und guten Wer - cken nicht ſolte ertraͤglichen und leicht machen koͤn - nen. Er ſoll uͤber Noth die Soldaten und Buͤrger - ſchafft mit Wachen nnd Arbeiten nicht zu ſehr ſtrapazziren / ſondern die Eintheilung hierunter alſo machen / daß ein ieder / wenn es ſeyn kan / zwey Tage zu ſeiner Ruhe und Abwarſung frey haben moͤge. Er ſoll ſie auch alle zum Gehorſam anhalten / und daß ſo wohl durch ernſthaffte Be - ſtraffung ihrer Fehler / als auch durch milde Be - lohnung ihres Wohlverhaltens; Denn die Furcht der Straffe / und der Geld-Geitz finden ſich gemeiniglich bey geringen Leuten / diejenigen aber / an welchen etwas Ehr-Geitz verſpuͤhret wird / muß er ſuchen durch Ehrerbiethung zu ge - winnen / weil die Ehre die einige Belohnung iſt heroiſcher Tugend. Diejenigen / ſo an Brechen, Minen und Retrenchementen arbeiten / ſoll ein Commendant fleißig dezahlen / denn in dem Kriege oͤffters die Pickel und Schauffeln mehr thun / als der Degen und das Geſchoß. Er ſoll auch der Gar - niſon und Buͤrgerſchafft niemahls flatiren / und ihnen Hoffnung machen / daß ſie einen Entſatz / o - der gute Capitulation zu erwarten haben / weil man die Soldaten und Jnwohner dadurch nur heilloß und nachlaͤßig machet / und wenn der Suc - curs ausbleiben ſolte / wuͤrden ſie ei[n]en Commen - danten bey einer harten Belagerung zur Uberga -K k 5be520[522]Das III. Cap. be endlichen zwingen wollen / und iſt hierinnen das beſte / daß er ihnen gleich anfangs der Bela - gerung zu verſtehen gebe / wie ihre gantze Hoff - nung nechſt GOtt auf ihrer Tapfferkeit / und die Erhaltung der Feſtung auf einer guten Defenſion beſtehe; Jedoch ſoll er ſelbige nicht laſſen gantze Naͤchte durch ohne groſſe Noth Feuer geben / da - mit ſie nicht allzu ſehr ermuͤdet / und bald ver - droſſen gemachet werden / maſſeu auch ein ſolch groß und continuirlich Feuer nirgends zu dienet / als nur die Munition unnuͤtzlich zu verſchwenden / des Feindes Aprochen auch hierdurch gar nicht verwehret / und jehr wenig verhindert werden koͤnnen: Derohalben es rathſamer / die Solda - ten und den groͤſten Theil der Munition anfangs in etwas zu menagiren / und ſolche zu rechter Zeit / als zu Beſchirmung der Graͤben / Brechen, Ab - ſchnitte / und Abſchlagung der Stuͤtme zu gebrau - chen. Es ſoll auch ein Commendant den Solda - ten und allen andern verbiethen / daß keiner unter ihnen mit dem Feinde im Vorpoſten, oder uͤber andere Wercke anfange zu diſcuriren / es moͤge auch antreffen / was es im̃er wolle / ſondern ſie viel - mehr mit guter Ordre u. Beſcheidenheit zu ihrem Devoir anhalten / damit die Garniſon u. der Feind deſtomehr gegen einander verbittert werden. Es ſoll ein kluger Commendant / wann der Feind noch ziemlich entfernet / die Garniſon niemals in groſ - ſer Anzahl zu dem Ausfaͤllen gebrauchen / ſondernalle -521[523]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. allezeit kleine Ausfaͤlle / und nicht anders / als um nahmhaffter Urſachen willen / ſolche thun laſſen Denn die groſſen Außfaͤlle ſind bey noch ſo ge - ſtalten Sachen den Belagerten allezeit ſchaͤdlich; Hingegen die kleinen / wenn ſie zumahl wohl und unvermerckt angeſtellet werden / allezeit nuͤtzlich; Und obgleich von den Außfallen den wenig auff dem Platze bleiben / ſo iſt es doch ein unwieder - bringlicher Schade der Feſtung ſo weder durch die Anzahl derjenigen / welche dem Feinde in den trencheen erſchlagen / noch durch andern Vor - theil kan erſetzet werden. Es ſoll auch endlich ein Commendante bey ſeiner importanten Charge wohl zuſehen / daß er ſich nicht zuviel unterſtehe / und alles laſſe auf das letzte und aͤuſerſte ankom - men / ſondern nach Beſchaffenheit der Feſtung / und der ſaͤmtlichen Defenſions-Mittel mit hoͤch - ſter Fuͤrſichtigkeit hierinnen verfahre / anders moͤchte ihme ſolches fuͤr keine Tapfferkeit und Tugend / ſondern fuͤr eine Halßſtarrigkeit / Ver - wegenheit und Laſter zugerechnet / und ſchwere Verantwortung von ihme gefordert werden / zu - mahl wenn die Feſtung mit Sturme endlich - bergehen ſolte. Was nun bißhero wegen Tracti - rung der Garniſon von einem Commendanten ge - meldet worden / das kan auch auf gewiſſe Maſſe von allen andern Generalen auſſerhalb einer Fe - ſtung bey Belagerung und Bataillen / oder andern Actionen verſtanden werden / maſſen von demChef522[524]Das III. Cap. Chef einer Armée alle Verantwortung ſeines Thuns und Laſſens gefordert wird / und daher ſelbiger nicht behutſam und ſorgfaͤltig genug ſich erweiſen kan / damit er von ſeinen Thaten guten Ruhm und Nach-Lob erlangen / auch ſeine Re - nommee ungeſchmaͤhlert erhalten moͤge.

(4.) Frage. Wie viel / und was fuͤr grobes Ge - ſchuͤtz ſoll eine Armée mit ins Feld fuͤh - ren / welche entweder eine Belagerung gedencket fuͤr zunehmen / oder auch keine / und was iſt darbey mehr in acht zu nehmen?

Wenn eine Armée zu Felde gehet / und nicht willens iſt eine Belagerung zu thun / ſo darff ſolche ſo viel und großes grobes Geſchuͤtz nicht mit ſich fuͤhren / als eine andere / welche einen importanten feindlichen Ort zu ataqviren ge - ſonnen iſt / weil hierdurch wegen der Anſpan - ne und anderer Sachen halber viel Unkoſten koͤnnen erſpahret / und auch mit kleinen Feld - Stuͤcken etwas fruchtharliches ausgerichtet werden / ſolt man gleich eine harte Battaille wagen und thun muͤßen. Bey dergleichen Arméen nun / ſo nur den Feinde im Felde ob - ſerviren / und nach Gelegenheit ſich mit ihme ſchlagen / keinen feſten und importanten Ort a - ber belagern wollen / ſoll man uͤber viertel Carthaunen nicht mit ſich fuͤhren / maßen aufwei -523[525]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. weiten und vielen Maͤrchen die all zu großen Canonen in tiefen und engen Wegen beſchwer - lich ſort zubringen / die Wege und Bruͤcken verderben / und die Armée vielmahls an einem guten Deſſein verhindern und retardiren. Die Falconete / und kurtze Feld-Stuͤcke von 3. 4.36. und mehr Pfundten woraus nachgelegenheit Cartaͤtzſchen Ketten und Stangen-Kugeln un - ter Volck koͤnnen geſchoſſen werden / ſind hier - zu am beqvemſten mit. Befindet man es fuͤr gut / kan man auch einige wenige Haubitze und Moͤrſer von einen kleinen caliber zugleich mit zunehmen / umb bey creigneter occaſion etwas Cartaͤtzſchen und Bomben darauß zuſchießen und zuwerffen. Man rechnet aber gemeinig - lich bey einer ſolchen herumbſchweiffenden Ar - mée auf tauſend Mann 1. Feld Stuͤck / und nach Gelegenheit auch weniger oder mehr / wie man es der Wege und des Vorhabens halber am rathſamſten und dienſtligſten urtheilet. Wenn aber eine Armée zu Felde gehet / mit dem gewiſſen Vorhaben / ſich an einem Orte lange aufzuhalten / und eine Feſtung zu belagern / alsdann muͤßen hierzu / was die Artillerie und Feuerwerckerey anbelanget / nicht alleine große Anſtalten und præparatoria vorhero gemachet / ſondern auch groſſe baterie Stuͤcke von 18 biß 24, Pfund nebſt vielen Moͤrſern und haubitzen von mancherley Calibern in zulaͤnglichter qvan - titaͤt mit allen Zubehoͤr zu Lande und Waſſer / ſoes524[526]Das III. Cap. es ſeyn kan / mit und nachgefuͤhret werden / da - mit man zu zwey Ataqven nicht alleine in allen genug Vorrath / ſondern auch etwas in reſet - ve habe / wann ein und ander grobes Geſchuͤtz von Feinde oder von den vielen Schieſen ſolte beſchaͤdiget und unbrauchbar gemacht werden. Nechſt dieſen baterie Stuͤcken muß man auch noch einige Viertels Carthaunen u. 6. Pfundter haben / umb mit ſolchen hin und wieder auf des Feindes Wall die Schießſchartzen unſicher zu - machen / und wo es noͤthig / herumb zu flanqvi - ren. Gantze oder drey Viertel Carthaunen aber einer Armée, ob ſolche gleich eine Feſtung zu belagern gedencket / nach zufuͤhren / iſt nicht rathſam / zumahl wann es auf der Axe geſchehen muß / weil ſolches große Unkoſten erfordert lang - ſam hergehet / und doch nicht einen allzugroßen Nutzen ſchaffet / maßen zwey halbe Carthaunen Schuͤße mehr effectuiren koͤnnen / als ein Schuße aus einer gantzen Carthaune. Nachdem man nur einen feſten Ort vor ſich hat / oder nicht / nachdem muß man auch die Baterien dafuͤr groß oder klein und alſo anlegen / daß man in dieſelben aus der Feſtung nicht Flanquiren kan. Muͤſſen nun die Haupt-Baterien zum Brech-Schieſſen / wenn die feindlichen Wercke anders mit Cano - nen ſollen gefaͤllet werden / groß gemachet werdẽ / ſo gehoͤren auch viel Baterie-Stuͤcke darein / und werden ſolche gemeiniglich 24. biß 18. Sch. vonein -525[527]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. einander geſtellet / die groſten von 24. Pfund in die Mitten / die 18. Pfuͤndigen Schlangen aber auff beyde Seiten; Wiewohl man auch nach Gelegenheit bißweilen viertel Carthaunen auch zu euſſerſt auff die Seiten ſtellen kan. Die ge - ringſte Haupt-Baterie muß zum wenigſten 10. o - der 12 Haupt Baterie Stuͤcke haben. Die groͤ - ſten Baterien aber koͤnnen mit 30. und mehr Bate - rie Stuͤcken beſetzet werden. Die Haubitze die - nen vor einer Feſtung nicht ſonderlich / es waͤre dann / daß man ſolche bedeckt gegen den ausfal - lenden oder ſonſten ankommen Feind mit Car - taͤtzſchen geladen gebrauchen / oder gewiſſe Wall - Granaten aus denſelben in die Wercke ſchteſſen wolte. Die Moͤrſer ſind vor einer Feſtung ſehr noͤthig / umb nicht alleine dann und wann in die Haͤuſer der Feſtung Bomben oder andere Brand-Kugeln zu werffen / und der Buͤrger - ſchafft / wann ſolche ſich mit der Garniſon wohl vernimmt / und die Feſtung beſtens defendi - ren hilfft / mit Feuer loͤſchen etwas zu thun zu - machen; ſondern man muß auch fuͤrneml[i]chen aus denſelben viele bomben auf die Paſteyen und feindlichen Wercke werffen / damit ſo wohl das Volck duͤnne zu machen / als auch das gro - be Geſchuͤtz zuſamten Laveten nnd Munition zu ruiniren / wie man dann auch hiermit fleißig ſuchen ſoll / des Feindes Pulver und andere Ma - gazin-Haͤuſer bald im Brand zubringen / und ihn zu einer baldigen Ubergabe der Feſtung zuobli -526[528]Das III. Cap. obligiren / maßen ſolcher ohne Munition ſich nicht laͤnger halten kan.

(5.) Frage. Wieviel und was fuͤr grobes Ge - ſchuͤtz ſoll man zu defendirung einer Feſtung haben?

Was die Vielheit und Anzahl des groben Geſchuͤtzes / welches man zu Defendirung einer Feſtung von noͤthen / auch anlanget / ſo ſind die Herrn Ingenieurs abermals ungleicher Mei - nung / und wird hierinnen von den allerwenig - ſten der rechte Zweck getroffen / woruͤber ſich a - ber nicht zu verwundern / weil die meiſten die Artillerie und ihre force nicht verſtehen / und da - hero davon reden / als ein Blinder von der Far - be / welches aber ein großer Mangel ihrer Wiſ - ſenſchafft iſt / und allerdings ſeyn will nebſt der Fortification auch die Artillerie im fundament zu verſtehen / will man anders ſich ſignaliſiren / und nach Gelegenheit von allen mit Verſtan - de raiſonniren. Die unterſchiedliche Sentimen - te hier anzufuͤhren / iſt unnoͤthig: Die meiſten gehen dahin und meinen / weil auch die allergroͤ - ſten Arméen auf einmahl mehr nicht als zwo Ataqven thun und fuͤhrnehmen koͤnnen / und zwar ſolches nicht allein in Anſehen der Plaͤtze / als auch fuͤrnehmlichen wegen ihrer eigenen Unmoͤglichkeit / ſo muͤße man die Anzahl der Stuͤcke alleine nach den zwey Ataqven, nichtaber527[529]Von dem Volcke nnd groben Geſchuͤtz. aber der Vielheit der Bolwercke in der Feſtung ein richten / und waͤre dahero ſchon genung / wann mann bey zwey Ataqven zwey Flanqven mit 30. Baterie-Stuͤcken von 24. Pfund beſetzen / die - brigen Linien aber mit andern wenigen geringern Stuͤcken auf dem Noth-Fall zu ſamt der infan - trie im Feuer halten koͤnne. Welcher artillerie und Kriegs-Verſtaͤndiger ſiehet aber nicht / daß ſolche Anzahl der Stuͤcke in eine Feſtung viel zu wenig ſey / weil der Feind / will er anders etwas Fruchtbarliches ausrichten / bey zwey Ataqven nicht alleine zwey / ſondern wohl vier Flanquen an der Feſtung ruiniren muß / dahero es dann noͤthig / das ſolche vier Sreich-Linien / als die ſtaͤrckſten Theile einer Feſtung / mit guten Baterien-Stuͤckẽ / der Facen zugeſchweigen / muͤſſen beſetzet werden. Jch will die Anzahl der Stuͤcke nicht propor - tioniren nach Vielheit der Ataqven / oder Baſ - tionen, wie manche gethan / da ſie 6 / biß 8. Stuͤcke auf iede Paſtey gerechnet / ſondern ich halte da - fuͤr / daß / wenn man einmahl reſolviret A. zu - ſagen / und eine Feſtung erbauet / ſie mag nun groß oder klein / mit oder ohne Citadelle ſeyn / man auch B. ſagen / und in derſelben alle noͤthige Defenſions. Mittel / ſonderlich aber ein wohl ge - ſpicktes Zeug-Hauß von allerhand Sorten klein oder groben Geſchuͤtzes / Carthaunen / Schlangen / Haubitzen und Moͤrſen haben / und alſo auch dieſe Unkoſten nicht anſehen muͤſſe / widrigen Falls hilfft eine erbauete FeſtungL leinem528[530]Das III. Cap. einem Lande nicht viel / ja ſie iſt vielmehr ſchaͤdlich / wenn ſolche aus Mangel der behorigen Pertinenz - Stuͤcke einem Feind vor der Zeit muß uͤbergeben werden / welcher ſolche hernach mit allem ſchon beſſer verſehen / und zu ſeinem groſſen Vortheil gebrauchen wird. Andern ihre Opinion zu laſſen / halte ich dafuͤr / daß man bey einer kleinen Fe - ſtung von 6. biß 7. Baſtions ohn gefehr hundert Stuͤck grobes Geſchuͤtz ordonniren muͤſſe / wor - unter 40. biß 50. metallene Baterie-Stuͤcke an halben Carthaunen und gantzen Feld Schlan - gen von 18. Pfund ſeyn ſollen / die an - dern kleinern Stuͤcke von 1. biß 12. Pfund incluſive koͤnnen nach Belieben von Metall oder Eiſen ſeyn / iedoch ſind die erſten am bequemſten und dauerhaffſten. Deßgleichen ſoll man auch in eine ſolche Feſtung zum wenigſten 6. Moͤrſer von 60. biß 300. Pfund / und 6. Haubitze von 20. biß 50. Pfund haben / um ſich deren nach Gelegen heit wohl bedienen zu koͤnnen. Bey mit - telmaͤßigen Feſtungen von 8. biß 10. Ecken / koͤn - nen 150. Stuͤck grobes Geſchuͤtzes wohl emploi - ret werden / und muͤſſen darunter 50. biß 60. Bate - rie-Stuͤcke ſeyn / ingleichen 8. biß 9. oder 10. Moͤr - ſer und Haubitze von unterſchiedlichen Calibern. Jn groſſen Feſtungen muß man an die zwey hun - dert Stuͤck grobes Geſchuͤtz haben / darunter 60. biß 70. Baterie-Stuͤcke ſeyn ſollen / ingleichen 12. Moͤrſer von 60. biß 600. Pfund / auch 12. Haubitze von 20. biß 50. Pfund. Jſt an groſſenFe -529[531]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. Feſtungen noch eine Citadelle, ſo muß ſolche / gleich wie bey der Garniſon gedacht / auch mit à parten groben Geſchuͤtz an die 50. biß 60. Stuͤcke / nachdem ſie groß oder klein iſt / verſehen ſeyn / und ſoll man allezeit lieber zu viel / als zu wenig an al - len gebuͤhrenden Defenſions-Mitteln in einer Fe - ſtung haben / weil daran leicht Schaden und ein Abgang kan geſpuͤhret werden. Uber halbe Car - thaunen aber ſoll man in einer Feſtung nicht ha - ben oder gebrauchen / maſſen das allzu groſſe Ge - ſchuͤtz bey deren Loßbrennen nur die Waͤlle und Mauern erſchuͤttern; Viele Falckonette aber und Doppelhacken ſind ſehr nuͤtzlichen / um dar - mit manchen Prahler und Recognoſcirer in der Weite von Pferdte und Vrodte zu helffen / und das allzu nahe Recognoſciren deſto unſicherer zu machen. Mit dem groben Geſchuͤtz muß man vor allen Dingen und fuͤrnemlichen ſuchen des Fein - des Baterien zu ruiniren / und mit Ernſt Feuer - wercks-Kugeln zu verbrennen / wenn man ſolche in gleicher Linie damit erlangen kan / ingleichen auch alles Verſchantzen und Eingraben in dem Haupt-Graben zu verwehren. Die Haubitzen koͤnnen bey Beſtuͤrmungen in Graben / oder auch ſonſt mit Carthaͤtzſchen Miracul thun; Aus den Moͤrſern aber ſoll ein Commendant in die nahen Aprochen viele Steine unaufhoͤrlichen / inglei - chen auch auf die Baterien und Keſſel-Bomben werffen laſſen / um darmit dem Feinde in allem einen groſſen Abbruch zu thun.

L l 26.)530[532]Das III. Cap.

(6.) Frage. Wie viel Munition pfleget man auf iedes grobes und kleines Geſchuͤtz Zeit einer Belagerung / oder auch ein Jahr lang in ei - ner Feſtung gemeiniglich zu rechnen / und was iſt darbey zu obſerviren?

Auf iedes grobes Geſchuͤtz wird in Zeit einer Belagerung 600. Schuͤſſe Munition, und auf ie - den Soldaten des Tages 8. biß 10. Schuͤſſe gemei - niglich gerechnet. Auf ieden Moͤrſer und Haubi[tz]kan man die gantze Zeit uͤber mehr als 1000. Schuͤſſe rechnen / ohne der munition, wel - che man ſonſt zum Feuerwercks Sachen ver - brauchet / ſo man leicht uͤberſchlagen / und dar - nach die Anſtalt auf ein odeꝛ mehꝛ Jahr deꝛ noͤthi - gen munition halber / am Pulver / Kugeln / Lunten Schwefel / Salpeter / Kohlen / Pech / und andern dergleichen zubehoͤr machen kan. Ein Uber - ſchuß und guter Vorrath hierinnen iſt allezeit zu loben / und ſoll man die Munition, ſonderlich aber das Pulver wie ingleichen das proviant nicht an einem oder zwey Oerter nur alleine / ſondern ſol - che hin und wieder an vielen Oertern der Fe - ſtung wohl verwahret halten / maſſen darzu ſo wohl aus eigener Unvorſichtigkeit / als auch und ſonderlich wegen des Feuer einwerffens von Fein - de / leicht Schadengeſchehen kan / welcher Abgangdann531[533]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. dann nicht gleich wider zuerſetzen iſt / und gerei - chet ſocher einer Feſtung zum hoͤchſten Schaden und præjudiz.

(7.) Frage Mit wie viel Proviant, und allerhand Victualien ſoll man eine Feſtung / zu mahl in Krieges Zeiten verſehen / und was iſt ſonſt darbey in acht zu nehmen?

Nach dem eine Feſtung groß oder klein / und alſo die Garniſon ſtarck oder ſchwach ſeyn muß / nachdem muß man auch viel oder wenig Proviant haben; wie wohl es beſſer iſt / daß man auch hier - innen lieber mit zu vielen / als zuͤ wenigen verſe - hen iſt / weil dergleichen Sachen zum taͤglichen / gebrauch nothwendig erfordert werden / und kan man eher das Geld / als die Victualien entrathenn wenn ja eines unter dieſen zwey Stuͤcken etwan mangeln ſolte. Man muß aber des Proviants in einer Feſtung zum wenigſten ſo viel haben / als man einen Sommer hindurch / oder ſo lang ſich ein Feind im Felde zuhalten vermag / be - darff. Gemeiniglich rechnet man anf ieden Soldaten des Tages 2. Pfund Brods / 2. Maaß Bier / oder ein Maaß Wein / und 1. Pfund Fleiſch: eine Pferdt portion iſt taͤglich 7. Pfund Haber / 8. Pfund Heu / und woͤchentlich 2. Bun - Stroh. Welches alles man dann nach propor tion der Garniſon uͤberſchlagen und ausrechnenL l 3kan532[534]Das III. Cap. kan / wie viel man auff ein oder mehr Jahre zu noͤthiger und nothduͤrfftiger Unterhaltung der Menſchen und des Viehes haben muͤſſe. Der Buͤrgerſchafft wird gemeiniglich von Commen - danten / oder dem Lands-Herrn ſelber anbefoh - len / daß ſie ſich auff 1. Jahr lang zum wenigſten mit allen proviantiren / und verſehen muß / und wer dann ſolches wegen Armuth nicht anſchaffen kan / der muß ſich in Zeiten aus der Feſtung ma - chen mit ſeiner Familie, zumahl wann er nicht mehr capable iſt / das Gewehr zufuͤhren / ehe der Ort noch vom Feinde berennet nnd wuͤrcklichen belagert wird. Solte aber eine Feſtung welche nicht recht proviantiret waͤre / unverhofft vom Feinde uͤberrumpelt / belagert oder ataquiret wer - den / alſo / daß man dieſen proviants Mangel auff keinerley Weiſe erſetzen koͤnte / ſo muß ein kluger Commendant den Vorrath an Victualien in der gantzen Stadt / und unter der Buͤrgerſchafft flei - ßig laſſen auffverzeichnen / gewiſſe Ausgeber da - ruͤber beſtellen / die ſolches ſowohl unter der Garni - ſon, und nothleidenden Buͤrgern taͤglich austhei - len / damit beyde Theile nothduͤrfftig koͤnnen er - halten / und zu defendirung der Feſtung gebrau - chet werden / weil die Nothwendigkeit kein Geſe - tze hat / iedoch muß man nach ausgeſtandner Gefahr demjenigen / wie billig / der Schade erſetzet werden / ſo einigen Vorſchuß an Victualien dem Communi bono zum beſten / und alſo zu Erhal -tung533[535]Von dem Volcke und groben Geſchuͤtz. tung der Feſiung in Zeit der Noth hergegeben / und fuͤrgeſchoſſen hat.

(8.) Frage. Mit was / und vielerley Sorten Schantz-Zeug ſoll eine Feſtung verſehen ſeyn?

Es iſt im vorigen ſchon gemeldet worden / wie alle Magazinen mit guten und zulaͤnglichten Vor - rath in einer Feſtung ſollen verſehen und angefuͤl - let ſeyn / desgleichen dann auch von Holtz und Zim - mer-Hoͤfen zuverſtehen / darinnen es am Brenn - Bau - und andern Holtze zu Pfoſten / Bohlen / und Bretern / ſo man zu Unterbauung der Gallerien und anderer Wercke vonnoͤthen hat / keinen Man - gel haben muß. So muß man auch in einer Fe - ſtung einen groſſen Vorrath haben an allerhand Schantz-Zeug / als da ſind Hauen / Schauffeln / Pickel-Brech-Eiſen / Aexte / Beile / Saͤgen / Haͤmmer / Schlegel / Schieb-Karren / Rade - bergen / Koͤrbe und Saͤcke zum einfaſſen und Tra - gen der Erde / und was nur einigermaſſen zur Ar - beit und Beſchuͤtzung einer Feſtung kan nuͤtzlich ſeyn; und obwohl nur die Helffte einer Garniſon zum hoͤchſten zur Arbeit emploiret wird / und da - hero man etwan von ieder Sorte ſo viel rechnen wolte / als die halbe Garniſon an Manſchafft auß - truge; ſo muß man doch bedencken / daß viel Schantz-Zeug bey der Arbeit zerbricht und rui -L l 4niret534[536]Das IV. Cap. niret wird / zugeſchweigen der Buͤrgerſchafft / ſo zu dieſer zeit / auch das Frauen-Volck nicht ausge - nommen / alle mit arbeiten und helffen muͤſſen / wann die Noth an den Mann gehet / alſo daß es hoͤchſtnoͤthig iſt des Schantz-Zeuges auch eine gute Qvantitæt in Zeiten herbey zuſchaffen / und hiriñen lieber einen Uberfluß / als einen Mangel zuhaben; andere gute Anſtalten wird ein kluger erfahrner Commendant ſelbſt wiſſen zu ver Anſtalten nach der Sachen Gelegenheit und etheiſchender Nothwendigkeit. Der Feind aber vor einer Fe - ſtung ſo das Land offen hat / kan durch zufuhre / wenn anders ihme ſolche vonſeinem Contrepatt nicht unſicher gemachet / oder gar abgeſchnitten wird / den Abgang ſeiner ataqvirungs Mittel in allen leicht eꝛſetzen von zeiten zu zeiten / welches abeꝛ ein eingeſchloſſener Ort nicht thun kan / und dahero gleich Anfangs auf aller hand genugſame Defen - dirungs Mittel muß bedacht ſeyn / um ſolche wuͤrck - lichen in Zeiten herbey ſchafften.

Das535[537]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend.

Das IV. Cap. Von Ceremonial-Ataqvi - rung und Defendirung einer Feſtung / von Verfertigung und De - fendirung der Aprochen Redouten und Baterien ingleichen von Contre-Apro - chen Contre-Baterien und Außfallen / auch was ſonſt darbey vor Anſtalt zu ma - chen und in acht zunehmen iſt.

(1.) Frage. Was iſt von den Ataqven zu halten / ſo nicht cermonialiſch ſind / das iſt / wo man keine Aprochen und Baterien machet ſondern mit den Degen in der Hand in der Furie einen Ort uͤberrumpelt / und was iſt davon zuhal - ten?

Ehe und bevor man zu Erklerung und Jnhalt dieſes Capitels ſchreitet / wird es noͤthig ſeyn dieſe erſte Frage zueroͤrten / und darauf zu antworten / nemlichen / obman wohl koͤnte vorgeben / daß durch eine ſchleinige und furioͤſe Uberrumpelung mit dem Degen in der Fauſt / man eher ſeine Inten - tion koͤnne erreigen / die Zeit und Unkoſten er -L l 5ſpah -536[538]Das IV. Cap. ſpahren / und ſo viel Volck / als bey den langſamen aprochiren gemeiniglich zugeſchehen pfleget / nicht verliehren / auch ſonſt auf dergleichen Manier ei - nige Oerter gluͤcklichen emportiret worden; So iſt doch ſolches eine ſehr gefaͤhrliche und deſperate Sache / worzu kein vernuͤnfftiger General vor ei - ner importanten Haupt Feſtung ohne Verletz - ung ſeines Gewiſſens rathen kan / noch wird. Man laͤſſet zwar gelten / das einige kleine Oerter und geringe Feſtungen ohne ſonderliche Contre - ſcarpen wie auch die Feld-Schantzen / Trencheen und andere Linien alſo koͤnnen uͤberrumpelt wer - den / und auch wuͤrcklich erobert worden / ſo iſt doch hiraus keine Folge zumachen / und dieſe Manier keines Weges auf eine Belagerung vor einer realen Feſtung zu ziehen; denn / wenn es gleich ei - nem gelingen koͤnte / ſich durch Liſt oder Gewalt einer wohl angelegten Contreſcarpe dergeſtalt zu nahen / und hernach darauf Poſto zu faßen / ſo iſt es ſich doch darauf nicht alle mahl ſicher zu verlaßen indem wann es mißlingen ſolte / das Volck in der Retirate auf freyen Felde alſo unbedeckt von der Feſtung aus Stuͤcken und Handgewehr uͤbel wuͤrde zugerichtet / und bẽgleidet werden: Geſetzt aber / es ginge in einer finſtern Nacht ſo thaner desperater Handel und Furioͤſe action an / ſo darff doch am Tage ſich auf dem bloſen Glacis und Land Horizont Niemand ſehen u. blicken laſſen / u. kan alſo der Feind / ob er ſich gleich eingeſchantzet / undeini -537[539]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. einiger Maſſen poſto gefaſſet / durch einen ſtar - cken und Furioͤſen Ausfall leicht wider zu ruͤck - getriben / und aus ſeinen vermeithen Vortheil repousſiret werden / weil er aus dem Lager nicht wohl zu ſecundiren iſt. Derohalben es am rath - ſamſten und ſicherſten iſt / wenn man mit Blute nicht will beſprenget ſeyn / keinen Scheu zu trage / auch Zeit und Arbeit nicht anzuſehen / mit Erden beſtaubet zu werden / und die langſamen aprochen zueroͤffnen / indem es verantwortlicher / einen Freund das Leben zuerhalten / als 10. Feinden das ihre zunehme / ja es iſt beſſer in einer ſo impor - tanten Sache mit Verluſt mehrerer Unkoſte / und einer laͤngern Zeit gewiß zugehen / als ſich in der Geſchwindigkeit den zweifelhafften Gluͤcke an zu vertrauen / und in der gantzen Haup-Sache fehl zuſtreichen.

(2.) Frage. Wie viel Ataquen koͤnnen vor einer Feſtung auf einmahl zugleich fuͤrgenom - men werden / und was iſt darbey ſonſt in acht zu nehmen?

Man muß vor allen Dingen allhier einen Un - terſchied machen / ob die Feſtung groß / mittelmaͤſ - ſig oder klein ſey / und ob eine Citadelle an der Feſtung fuͤrhanden / ſo kan alsdenn dieſe Frage am beſten beantwortet werden: Jſt die Feſtung groß / wohl fortificiret / und mit einer guten Gar -niſon538[540]Das IV. Cap. niſon nebſt einer Zahl-reichen treuen Buͤrger - ſchafft verſehen / ſo iſt es unſtreitig / daß man noth - wendiger Weiſe ſolche an zwey beſondern Orten mit Ernſt ataquiren muͤſſe / die Brechen moͤgen gleich mit Untergrabung und Minen / oder nur bloß mit Canonen gemachet werden / nachdem es die Gelegenheit des Ortes am beſten erfordern wird; Denn mit einer Ataquen wuͤrde man fuͤr einer ſolchen Feſtung gar wenig ausrichten / und mehr rechte Ataquen als zwey zufuͤhren / wuͤrde viel zu koſtbar / nicht wohl moͤglichen / und gar ſchaͤdlichen ſeyn / weil man ſo denn entweder gar kleine Ataquen von wenigem Geſchuͤtz auf iedem Ort machen muͤſte / oder ſo es doch geſchehen koͤn - te / alle behoͤrige Ataquirungs-Mittel in groſſer Quantitaͤt etwan fuͤglichen auf einem Strohm zu - zufuͤhren / ſo koͤnte doch aus ſo vielen Ataquen uͤber die Feſtung weg durch die Canonen und Bomben einander ſelbſt leicht Schaden zugefuͤget werden; Dahero es denn am ſicherſten und beſten vor ei - nen groſſen Ort rechte zwey beſondere Haupt - Ataquen zu fuͤhren / alſo daß iede Haupt-Baterie etliche 20. 30. und mehr Baterie-Stuͤcke fuͤhre / ſo kan man in kurtzer Zeit etwas rechtes voll bringen / und einen Feind / wenn er denn Ernſt ſiehet / bald zu andern Gedancken bringen / maſſen er ſeine in - nerliche Force nicht alleine allezeit muß zertheilen / ſondern auch Nachts und Tages ſolche Anſtalten machen / damit er der aͤuſerlichen Gewalt einiger maſſen widerſtehen moͤge / wodurch aber die Gar -niſon539[541]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. niſon und innerliche Mannſchafft ſehr entkraͤfftet wird. Vor einer guten und wohl beſtelten mittel - maͤßigen Feſtung / wenn man auch nicht 2. ziemli - che Ataquen an beſondern Orten aus gewiſſen Motiven fuͤhren will / ſo aber billich ſeyn ſoll / kan man entweder eine gantze Polygone, und alſo zwey Baſtions zugleich in einer Linie ataquiren; o - der aber / wenn ſolches aus erheblichen Urſachen nicht koͤnte bewerckſtelliger werden / zwey Ataquen an beſondern Orten fuͤhren / doch alſo / daß eine darunter eine rechte groſſe Haupt-Ataque von vielen Baterie-Stuͤcken / die andere aber nur eine Fauſſe Ataque ſey / um den Feind in der Feſtung zu verfuͤhren / damit er ſeine Force zertheilen / und al - ler Orten ein wachtſames Auge haben muͤſte / weil er nicht die Intention des Contreparts wiſſen kan / wodurch denn eine Garniſon nicht wenig kan fatiguiret werden. Vor einer kleinen Feſtung kan eine ernſthaffte Ataque auch genug ſeyn / iedoch muß ſolche / wie ingleichen alle andere Feſtungen dergeſtalt aus allen Seiten eingeſchloſſen ſeyn / auch wohl nach Gelegenheit darbey eine Fauſſe A - taque gefuͤhret werden / damit der Feind in der Fe - ſtung recht geaͤngſtiget werde / und keines Succur - ſes oder andern Zufuhre ſich erfreuen koͤnne. Waͤre aber einer groſſen oder mittelmaͤßigen F - ſtung eine Citadelle beygefuͤget / ſo muß man wohl erwaͤgen / ob die Citadelle eben ſo leicht / als die Stadt ſelbſt koͤnne belagert und erobert werden /oder540[542]Das IV. Cap. oder nicht; Wenn die Citadelle leicht zu belagern und wohl zu ataquiren iſt / ſo kan man ſolche An - fangs nur alleine ohne die Stadt ataquiren / dar - bey aber / ſo viel moͤglichen / verhindern / daß ſie weiters mit der à parten Feſtung keine Communi - cation haben moͤge; Denn erobert man auf ſol - che Weiſe die Citadelle zu erſt / welche meiſten - theils viel beſſer und ſeſter erbauet ſind / als die Stadt ſelbſten / ſo kan man hernach auch der Stadt bald Meiſter werden / indem eine rechte Citadelle die Stadt allezeit commandiren / und mit Vortheil beſchieſſen muß / welches aber bey Eroberung einer Stadt gegen die noch freye Ci - tadelle nicht ſo wohl geſchehen kan: Auf dem an - dern Fall aber muß man Stadt und Citadelle zu - gleich belagern und ataquiren / oder aber ſehen / daß man der groſſen Stadt und Feſtung zu erſt ſich bemeiſtere / und alsdenn verſuchen / die a parte Citadelle, Donjons, oder andere innerlich erbaue - te Wercke auf Hoͤhen und Felſen gaͤntzlich einzu - ſchlieſſen / und mit Canonen oder Bomben unauf - hoͤrlichen zu beaͤnſtigen / und alſo zur Ubergabe auch zu zwingen. Was bey dergleichen Begeben - heiten mehr wird in acht zu nehmen ſeyn / wird ein kluger und verſtaͤndiger General ſelbſt wiſſen an - zuordnen / maſſen die Gelegenheit / Zeit und ande - re Umſtaͤnde wohl muͤſſen erwogen werden.

(3.)541[543]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend.

(3.) Frage. Wie und gegen welche Feſtungs - Theile und Wercke ſollen denn die Ata - quen heut zu Tage recht gefuͤhret wer - den / und was iſt ſonſt darbey in acht zu nehmen?

Ehe man zum Eroͤffnen der Aprochen ſchreitet / muß man vorhero nothwendig wiſſen / welche Wercke und Oerter der Feſtung am beſten und vortheilhaffſten zu ataquiren / damit man hernach deſto deſſer poſto faſſen / die Aprochen wohl an - fangen / und auch gluͤcklich fortfuͤhren koͤnne. All - hier gilt es aber Kunſt / und erfordert ſolches eine gruͤndliche Wiſſenſchafft und lange Praxin der Fortiſication, wenn man den eigentlichen Zweck nach dem aͤuſſerlichen Augenſchein nur in einer ſo hochwichtigen Sache wohl treffen will. Hat aber man einen gewiſſen Grund-Riß der gantzen Fe - ſtung ſo iſt ſolches ſehr gut / und kan man ſo denn ohne groſſes Recognoſciren die Sache in Gegen - wart der ſaͤmtlichen Generalitaͤt / und allen Kriegs-Bau-Verſtaͤndigen / oder auch nach Gele - genheit nur mit den Fuͤrnehmſten und E[r]fahrne - ſten uͤberlegen / ſo fern man nur auch des aͤuſſer - lichen herum liegenden Terrains verſichert / wie ſolches beſchaffen / worzu die Ataquen mit Vor - theil kuͤnfftig zu fuͤhren ſind: Hat man aber ent - weder gar keinen / oder doch keinen zuverlaͤßigen Grund-Riß von der Feſtung / ſo ſoll man auf ge -wiſſe /542[544]Das IV. Cap. wiſſe / ſichere und kluge Spionen bedacht ſeyn / wel - che capable ſind / dem ataquirenden Theile zu ſei - nem Vortheil alle gute Nachricht zu geben / wo die Feſtung am ſtaͤrckſten und am ſchwaͤchſten / auch was ſonſt in derſelben notables paſſire / da - mit man ſich hierinnen darnach richten / und ſeine Sachen am beſten anſtellen koͤnne. Waͤre aber kein verſicherter Grund-Riß von der Feſtung zu haben / noch auch kluge und gewiſſe Spionen zu er - langen / welche von der Feſtungs Zuſtand einen ausfuͤhrlichen Vericht geben koͤnten / ſo muß man ſolche auf allen Seiten mehr als einmahl fuͤrſich - tiglich recognoſciren / und die Ingenieurs bey der Armée einen Grund-Riß hiervon / ſo gut als es nur ſeyn kan / machen laſſen. Es iſt aber nicht al - leine genug die Wercke der Feſtung wohl zu beo - bachten / wo ſolche ſchwach oder ſtarck / klein oder groß / und geringe oder gute Flanquirungen ha - ben / ſondern man muß auch fuͤrnehmlichen dar - bey die aͤuſſerliche Situation und das Terrain be - trachten / ob ſolches hoch oder niedrig / ſandigt / ſteinigt / ſumpffigt / oder von guter Erdẽ iſt / oder ob es gar im Waſſer lieget / wornach man ſich auch ſehr viel richten muß / und wird man gemeiniglich die Wercke an einer Feſtung ſchwach befinden / vor welchen man auf dem Land-Horizont und Glacis nicht wohl aprochiren kan; Da hingegen die Wercke einer Feſtung ſtarck ſind / wo guter Woden um dieſelbe zu finden iſt. Die ſandigten /fel -543[545]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. felſigten / moraſtigten und waͤſſerigten Reviren ſoll man / ſo viel moͤglichen / meiden / und wenn nun zuvorhero wohl recognoſciret / der Grund-Riß gemachet / und alle Umſtaͤnde darbey reifflich - berleget worden / ſo wird denn endlichen der Schluß gefaſſet / gegen welche Theile und Wercke der Feſtung die Ataquen ſollen gefuͤhret / und dar - auf die Aprochen gemachet werden. Es iſt aber zu wiſſen / daß die heutigen Ataquen, nicht wie vor Alters auf die langen Courtinen, ſondern / weil ſolche zu unſerer Zeit viel kuͤrtzer gemachet wer - den / gemeiniglich auf die Facen der Bollwercke zugehen ſollen / damit man ſich nicht zwiſchen zweyen Flanquen einlege / und alſo doppelt Feuer von denſelben auszuſtehen habe / es waͤre denn / daß die Nothwendigkeit und die Gelegenheit des Landes ein anders erfordere und haben wolle / wornach man ſich denn allerdings richten muß / und gedencken / daß Nothwendigkeit kein Geſetz habe. Der Ort und die Feſtung man nun liegen und erbauet ſeyn / wie ſie wolle / ſo ſoll man doch gegen die Facen einer Baſtion nicht zwey Ataquen fuͤhren / ſintemahl die Diſtanz hierzu viel zuklein / auch der Effect der Breche ſehr geringe waͤre vor eine maͤchtige Armée, ſo einen groſſen Ort bela - gert haͤtte / zugeſchweigen der andern Motiven / um welcher willen ſothane Ataquen nicht zu billi - gen: Deßgleichen ſoll man auch nicht zwey Ata - quen fuͤhren auf zwey beſondere Paſteyen / ſo ein - ander diametraliter gegen uͤberliegen / maſſen manM mleicht544[546]Das IV. Cap. leicht einander Schaden thun / und groſſe Confu - ſion unter ſich ſelbſt anrichten koͤnte. Ob nun wohl einige vor ſehr Profitable halten / daß man die in einer Polygone befindliche zwey Facen mit zwey Ataquen zugleich angehen ſolle / weil die bey - den ataquen alſo mit einander koͤnten eine gute Correſpondenz haben / man koͤnte auch das Feuer der Feſtung beſſer daͤmpffen / den Ausfaͤllen der Fe - ſtung koͤnte man gewaltſamer den Kopff biethen / man haͤtte weniger Volck und Geſchuͤtz vonnoͤ - then / man fiele ſich ſelbſt mit Canoniren und Bom - bardiren nicht moleſtirlich / man gelangte mit der Arbeit eher zum Ende / ja man noͤthigte die Gar - niſon, daß ſie ihre General-Retraiten von einem groſſen Bezirck anlegẽ muͤſten / u. koͤntẽ ſolche nicht zu rechter Zeit im Stand und zur Perfection brin - gen; So laͤſſet man zwar dieſes alles an ſeinem Ort geſtellet ſeyn / iedoch wird auch Niemand leugnen koͤnnen / daß auf ſolche Weiſe die Feſtung an allen Orten nicht wohl eingeſchloſſen / und daß man alſo Succurs, Correſpondenz und andere Nothwendigkeiten in dieſelben leicht bringen koͤnne / zu geſchweigen / daß auf ſolche Weiſe die Garniſon ſich nicht groß und weitlaͤufftig zu zer - theilen / und alſo ſich nicht gar zu ſehr defatiguiren duͤrffte; Derohalben es am rathſamſten iſt / eine groſſe Feſtung auf zwey beſondern Seiten und Baſtionen zu ataquiren / wo die Wercke am ſchwaͤchſten / und der Land. Horizont einiger maſ -ſen545[547]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. ſen nur bequem iſt / ſich in demſelben einzuſchnei - den / und alſo verdeckt fortzugehen / die zwiſchen Diſtanzen aber / wie ingleichen die Hoͤhen / Jnſuln / Fluͤſſe / Paͤſſe und Avenuͤen / ſo nahe vor einer Fe - ſtung liegen / und zu ſolcher fuͤhren / mit Volcke und ſtarcken Wachten wohl beſetzen / und nach Gelegenheiten mit Redouten oder andern Linien verwahren / damit nichts in die Feſtung weder ein noch aus ohne groſſe Gefahr paſſiren koͤnne / wel - ches denn den Belagerten leicht eine groſſe Furcht und Schrecken einjagen kan.

(4.) Frage. Wie und auf was Weiſe ſoll man fuͤr einer Feſtung Poſto faſſen / und was iſt hierbey wohl in acht zu nehmen?

Wenn man ein mahl eine Feſtung belagert / ſoll man nicht lange vergebliche Verzoͤgerung ma - chen / zu den Ataquen wuͤrcklichen zu ſchreiten / und der Zeit und des Wetters ſich wohl zu bedienen / weil es noch ſeyn kan / inmaſſen ohne dem wohl noch groſſe Verhinderungen bey der Belagerung und Arbeit darzwiſchen kommen koͤnnen / welche einem bey ſeinem Avanciren ziemlichen bißweilen pflegen aufzuhalten. Fuͤrnemlichen aber muß man bey dem Poſto faſſen wohl in acht nehmen / daß man aller natuͤrlichen / oder andern erbaueten Vortheile ſich bediene / als da ſind: Vorſtaͤdte / Hoͤhen / Huͤgel / Hecken / Zaͤune / Mauern / Kloͤ -M m 2ſter /546[548]Das IV. Cap. ſter / Capellen / Haͤuſer / Thaͤler / Keller und der - gleichen / auch ſo nahe / als es nur ſeyn kan / ſich mit denſelben zur Feſtung begebe; Sind ſolche natuͤr - liche oder andere Gelegenheiten und Bedeckun - gen zum Poſto faſſen nicht fuͤrhanden / muß man bey finſterer Nacht an gewiſſen hierzu ausgeſe - henen Orten einige hohe Bedeckungen und E - paulements zugleich machen und auſwerffen / ohn - gefehr von 10. oder 12. S. hoch und breit / damit das Volck / und ſonderlich die Cavalerie, ſo zum Poſto faſſen commandiret worden / fuͤr den feind - lichen Canonen koͤnnen ſicher und bedecket ſtehen - Dergleichen Linien nun werden bey einem glei - chen Horizont uͤber 300. R. oder 1000. gemeiner Schritt gemeiniglich von der Feſtung ab gema - chet an unterſchiedlichen Orten / und zwar / daß die groͤſten Linien hiervon den Polygonen der Feſtung gerade uͤberliegen / und anderer Neben-Linien a - ber alſo vortheilhafftig gefuͤhret werden / damit der Feind ſolche weder von Seiten / noch von hin - den beſtreichen koͤnne. Was die Trouppen anlan - get / ſo zu erſt Poſto faſſen ſollen / iſt zu obſerviren / daß ſolche nicht ſchwach / ſondern lieber etwas ſtarck ſeyn ſollen / und zwar ohngefehr halb ſo ſtarck / als die Garniſon etwan in der Feſtung ſeyn moͤchte / damit / wenn ſolche an einem Ort ſtarck ausfallen ſolte / welches denn uͤber die Helffte der Beſatzung nicht leicht geſchiehet / man ſo denn ca - pable waͤre / ſich gegen ſolche nicht alleine wohl zudefen -547[549]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. defendiren / ſondern auch ſie zu einer baldigen Re - tirade zu zwingen. Es muß aber die Mannſchafft / ſo Poſto faſſet / Anfangs mehr in Cavalerie, als In - fanterie beſtehen / weil die Belagerte in ſo weiter Diſtanz von der Feſtung keine Ausfaͤlle zu Fuſſe leicht wagen werden / wegen Gefaͤhrlichkeit und Langſamkeit des Reterirens / ſondern mehren - theils zu Pferdte / und dahero nicht rathſam waͤre die ausgefallene Cavalerie mit Infanterie alleine zu repouſſiren und zu verfolgen. Die Infanterie, ſo Poſto faſſet / muß nebſt dem Gewehr zugleich auch Schantz-Zeug haben / die Cavalerie aber auf den Pferdten faſchinen / und andere Nothwendigkei - ten herzu bringen / damit die Verſchantzungen um ſo viel geſchwinder in guten Stand koͤnnen gebracht / und allen Falls mainteniret werden / maſſen hieran ſehr viel gelegen iſt.

(5.) Frage. Wie die Aprochen auf unterſchied - liche Manier zu machen / zu fuͤhren / zu mainteniren / und was ſonſt darbey in acht zu nehmen?

Wenn nun zu den Ataquen in einer Nacht Poſto gefaſſet worden / ſo werden die folgende Nacht darauf die Trenchéen eroͤffnet / und die A - prochen zu machen angefangen. Es ſind aber die Aprochen gewiſſe Graͤben / Wege oder Bede - ckungen / in oder hinter welchen man ſich den feindlichen Wercken der Feſtung ſicher nahen /M m 3und548[550]Das IV. Cap. und fuͤr das verletzliche Schieſſen befreyet ſeyn kan / dergleichen nun ſind dreyerley / als halb tie - fe / gantz tiefe / und denn gantz hohe. Die halb tie - fen ſind die gebraͤuchlichſten / werden bey einem guten oder ſandigten Boden gemachet / und 3. o - der 4. S. tief in den Land-Horizont eingeſchnit - ten / die Breite kan von 4. biß 9. S. ſeyn / wenn et - wan durch dieſelben kleine Feld-Stuͤcklein ſollen durchgefuͤhret werden. Die Bruſtwehr dieſer Aprochen wird gegen der Feſtung zu aufgeworf - fen / kan auch 3. biß 4. S. auf dem Land-Horizont hoch / und ſo dicke ſeyn / als wie die Erde natuͤrli - cher Weiſe von ſelbſt fallen moͤchte / es waͤre denn / daß man die ſandigte Erde zwiſchen zwey niedri - gen Zaͤunen einſchuͤtten / oder mit kleinen Sand - Saͤcken und Schantz-Koͤrben bauen / oder ſonſt die Bruſt mit Faſchinen und Erde durch einander mit geringen Pfloͤcken / wie es gemeiniglich zu ge - ſchehen pfleget / 4. biß 6. S. dicke machen / und mit einer oder mehr Banquetten verſehen wolte; Die Steine aber ſollen fleißig aus allen Bruſtwehren ausgeleſen / und weggethan werden / damit ſie bey den feindlichen Schieſſen auf dieſelben keinen Schaden dem Volcke in aprochen oder ſonſten thun koͤnnen. Die gantz tiefen aprochen werden gemeiniglich 6. S. tief in die Erde / wo kein Waſ - ſer iſt / eingeſchnitten / und wird die Erde aus den - ſelben nahe zu beyden Seiten auf dem Land-Ho - rizont nur ausgeworffen / wie ſie natuͤrlicherWeiſe549[551]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. Weiſe fallen moͤchte / weil der Land-und Feld-Ho - rizont ſelbſt die rechte Bruſtwehr iſt; Deralei - chen gantz tiefe aprochen ſind die allerbeſten und ſtaͤrckeſten / und werden gemeiniglich gemachet / wenn die Belaͤgerten die halb tiefen aprochen, und dero Bruſtwehren mit vielen Canonen / Schuͤſſen gedencken zu ruiniren / oder wenn man ſehr nahe zur Feſtung koͤmmet / oder wenn conti - nuirlichen ſtarcke Ausfaͤlle vom Feinde geſchehen / oder wenn die aprochen, ſo man aus gewiſſen Urſachen nicht anders machen kan / vom Feinde koͤnnen beſtrichen und flanquiret werden / da man denn Schuß-freye Traverſen in ſolche hin und wie - der machen / auch ſolche oben / zumahl bey den Creutzen und Winckeln mit ſtarcken Bretern / Balcken und Faſchinen / ſo mit Erde einige Schue dicke muͤſſen beſchuͤttet werden / bedecken muß. Die gantz hohen aprochen werden uͤber den Land - Horizont, wenn ſolcher moraſtig / waͤſſerig oder ſteinigt iſt / 6. oder mehr S. hoch / und 10. oder 12. S. breit von Faſchinen / Faͤſſern / Kaͤſten / groſſen Wolle oder Sand-Saͤcken aufgefuͤhret / und mit behoͤrigen Banquettes verſehen. Bey ſteinigten und felſigten Boden / wenn ſolcher gleich und eben iſt / kan man ſonderlich die Trenchées roulantes gebrauchen / welche vom Holtze zuſammen ge - ſchlagene ſtarcke Sturm-Kaͤſten ſind / ſo man auf vier niedrigen gantzen Schiff-Raͤdern leer fort - ſchieben / und hernach inwendig mit kleinen ange -M m 4fuͤl -550[552]Das IV. Cap. fuͤlten Sand-Saͤcken ausfuͤllen kan; Derglei - chen hohe aprochen nun ſind unter allen die ſchwaͤchſten und gefaͤhrlichſten / maſſen man denn einen ſolchen uͤbe[r]n Horizont, wenn es anders ſeyn kan / meiden / und die feindlichen Wercke auf einer beſſern Erde ataquiren ſoll. Es koͤnnen aber die aprochen bey einer ataque in einfacher oder doppelten Tour oder Linien / zum wenigſten 6. R. weit von einander / entweder gleich oder ſchrege / und alſo Schlangen weiſe von einer Seiten zur andern / wie es die Gelegenheit und Raiſon der Kriegs-Bau-Kunſt erfordert / gefuͤhret / und mit noͤthigen Traverſen und Bedeckungen verſehen werden. Eine Linie aber von den Schlangenweiß gefuͤhrten Aprochen, ſo man gemeiniglich bey gleichem und gutem Horizont pfleget zu machen / muß von 10. biß uͤber 40. R. nicht lang ſeyn / damit man mit dem Hand-Geſchuͤtz die Linien alle mit gutem Effect defendiren koͤnne / und muß der Be - ſchluß einer ſolchen Nacht-Arbeit in Verferti - gung dieſer ſchregen Aprochen allezeit ein Win - ckel oder Creutze ſeyn / wo ſich bey folgender Nacht eine neue und andere Linie anfangen ſoll / an wel - che Ecken und Winckel denn man pfleget Redou - ten oder andere Lermen-Plaͤtze zu machen / worin - nen man die andern gleichen Linien bey den Aus - faͤllen aus der Feſtung tapffer beſchuͤtzen und de - fendiren kan. Die gleichen Linien der aprochen werden gemeiniglich gebrauchet / wenn man durch enge Wege und avenuͤen / ſo zwiſchen Ber -gen /552[553]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. gen / Felſen / Moraͤſten oder Waſſer liegen / apro - chiren muß / da mann denn dergleichen gleiche Li - nien nicht alleine tief genug / wie im vorigen ge - dacht worden / machen / ſondern auch ſolche mit guten Bedeckungen in der Hoͤhe verſehen / Traver - ſen in dieſelbige hin und wieder legen / und an den langen Linien zu aͤuſſerſt auf das Land zu in behoͤ - rigen Diſtanzen Bonnettes, Redouten oder andere Lermen-Plaͤtze zu deren Defendirung machen muß. Die Anlagen der aprochen muͤſſen von den Ingenieurs mit Lunte oder Falchinen traſiret und abgeſtecket werden / wenn der Entwurff derſelben von dem Haupt / ſo die Ataque fuͤhret / bereits ge - machet und communiciret worden / worbey denn fuͤrnehmlichen wohl in acht zu nehmen / daß man die halb tiefen und ſchrege aprochen alſo anfange und continuire gegen die Feſtungs-Theile und Polygonen-Winckel / damit ſelbige vom Feinde nicht koͤnnen enfiliret und beſtrichen werden / wor - innen aber vielmahls groſſe Fauten pflegen fuͤrzu - gehen / und kan einer hierbey / der die ataquen fuͤh - ret zu Schande und Suͤnden gemachet / auch Ehr und Reputation verliehren. Wenn die Linien zum Aprochen den Officiers von den Arbeitern des A - bends angewieſen worden / welches denn eine Ziemlich gefaͤhrliche Sache iſt / muͤſſen dieſelben / und zumahl der fuͤrnehmſte unter ihnen die com - mandirten Arbeiter bey der Nacht fleißig anhal - ten / daß ſie die Aprochen von der Tiefe und Brei - te tuͤchtig verfertigen / wie es ſichs gebuͤhret; koͤn -M m 5nen552[554]Das IV. Cap. nen aber ſelbige des Nachts uͤber / etwan wegen ſchlimmen Bodens / nicht gantz in gebuͤhrenden Stand gebracht werden / muß man ſolche des Tages uͤber nach beſchehener fruͤhezeitigen Viſiti - rung des Ingenieurs voͤllig vertiefen / erhoͤhen / er - weitern und die Bruſtwehren tuͤchtig verferti - gen. Trifft man im Avanciren der Aprochen nach Anleitung des Projects hohle Wege / Gewoͤlber / Keller oder andere natuͤrliche Gelegenheiten an / ſo einem koͤnnen zur Bedeckung dienen / und zur Feſtung leiten / ſoll man darbey alſobald eine Re - doute, oder andern Lermen-Platz bauen / um dar - aus alles zu beherrſchen / was etwan den Bela - gerten zu Contre-Aprochen oder andern Vor - theil dienen moͤchte. Damit aber die commandir - ten Arbeiter zu den Aprochen bey ihrer Arbeit um ſo viel ſicherer ſey moͤgen / ſoll man ſolche nebſt dem ausgetheilten Schantz-Zeug nicht alleine mit ihrem Ober - und Unter-Gewehr laſſen auf - ziehen / ſondern auch ſolche von vorne / und auf den Seiten gegen dem Feind zu mit einigen Fuſeliers bedecken / und auf allen Fall zu dero Beſchuͤtzung eine gute und ſtarcke Reſerve und Hinterhalt in der Naͤhe an einem ſichern Ort haben / damit ſie ihre Arbeit um ſo viel ſicherer und beſſer fuͤr allem feindlichen Anlauff fortſetzen / auch allen Falls ſich zu ihrem Gewehr reteriren / und nebſt den an - dern defendiren koͤnnen. Wenn die Naͤchte dun - ckel und finſter ſind / brauchet man weder bey denArbei -553[555]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. Arbeitern zu Anfangs / noch bey den Bedeckern / welche ſich nur duͤrffen auf dem Bauch platt nie - der liegen / Blendungen und Chandeliers, waͤren aber die Naͤchte helle und Monden-Schein / ſollen die Arbeiter groſſe Schantz-Koͤrbe mit Faſchinen gefuͤllet fuͤr ſich uud zur Seiten / wo es am gefaͤhr - lichſten / herrollen / und dahinter zu arbeiten an - fangen / biß ſie ſich ziemlicher maſſen eingegra - ben; Deßgleichen ſollen auch die Bedecker thun / und / ſo viel moͤglichen / ſich einiger Blendungen bedienen / welche vor Hand-Gewehr und Falcko - netten Schuß-frey ſind; Die in der Reſerve ſte - hende koͤnnen ſich entweder in einer hintern ver - fertigten Redouten, oder anderer ſichern Bede - ckung aufhalten / auf dem Noth-Fall aber gleich herfuͤr ruͤcken / und ihr gebuͤhrend Devoir tapffer verrichten / damit der Feind ſich wieder zu reteri - ren gezwungen werde / und die bereits verfertigte Arbeit nicht gleich wieder ruiniren koͤnne. Solte auch der Feind bey finſtern Naͤchten aus der Fe - ſtung einige Licht-Kugeln werffen / wie es gemei - niglich zugeſchehen pfleget / damit erſehen koͤnne was und wo gearbeitet werde / ſo muß man ſolche entweder in eine hierzu gemachte Gruben mit Er - de verſcharrẽ / oder mit den Aꝛbeits-Hauen / zerreiſ - ſen / ins Waſſer wenn eines nahe beyhanden / ſtoſ - ſen / oder mit Aſchen wohl bedecken / damit ſol - che nicht leichten / und der Feind ſeyn intent errei - chen koͤnne / ohngeacht ſolcher hiebey tapffer aus der Feſtung pfleget zuſchieſſen. Wenn man mi[t]dem554[556]Das IV. Cap. dem Approchiren etwan 100 R. weit zur Feſtung avanciret / ſoll man die beyden doppelten Touren und euſſerſten Linien einer ataque, oder auch alle zwey Ataquen, wann ſolche nicht allzuweit von einander liegen / vermittelſt einer Communica - tions-Linie / welche mit / oder ohne traverſen / wie ei - ne gemeine Aproche kan gemachet werden / anein - ander haͤngen / um das zwiſchen inliegende Terrain dadurch in Sicherheit zu ſetzen / u. fuͤr den feindli - che An - u. Ausfaͤllen zu bewahrẽ. Dergleichẽ Com - munications-Linien ſollen uͤber alle Hoͤhen / wenn einige fuͤrhanden / gezogen / mit Redouten und Keſ - ſeln zu den Moͤrſern verſehen / auch mit einer ſtar - cken Wacht allezeit beſetzet werden. Wenn man nun etwan 80. biß 100. R. von dem bedeckten Wege oder Haupt-Graben der Feſtung mit den Aprochen entfernet iſt / und die erſten Commu - nications-Linien ohngefehr 20 / biß 30. R. weit von einander gefuͤhret worden / von den feindli - chen Stuͤcken aber aus der Feſtung ſehr incom - mod[i]ret wird / es ſey bey dem Ein-oder Abmarchi - ren aus den aprochen / oder auch die Beſatzung in denſelben / ſoll man nach gut befinden hinter die andere Communications-Linie eine Baterie bauen ſolche mit langen Feld-Schlangen wohl beſetzen / und ſuchen des Feindes artillerie auff den Waͤl - len und andern Orten damit zu demondiren / und deſſen Schieß ſcharten zu ruiniren und unſicher zumachen / auff daß die Arbeiter mit den Apro -chen555[557]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. chen und andern Wercken deſto ſicherer biß et - wan auff 10. R. von bedeckten Wege ab avanci - ren / und ſolche in einem perfecten Standt zuꝛ Be - deckung bringen koͤnnen: Jnzwiſchen ſoll man auch den groͤſten Vorrath der Moͤrſer gebraut chen / und die Feſtung mit Feuer auff den Baſtio - nen und in Haͤuſern / wann es anders noͤthig und nuͤtzlich iſt / aͤngſtigen / damit die Belagerte von ihrer Defenſion in etwas abgehalten / und zu an - derer Arbeit angeſtrenget werden. So ſollen auch die Redonten oder Lermen-Plaͤtze an den Winckeln der aprochen / ſonderlich diejenigen / welche der Feſtung am nechſten liegen / mit wohl munitionirten fuſiliers und Granadiers nebſt ei - nigen kleinen Regiment-Stuͤcken beſetzet und verſehen werden / weil von ſolchen fuͤrnemlichen dependiret die Erhaltung der Baterien / Keſſel / Communications-Linien und Aprochen, geſtalt ſolche alle gegen einander alſo liegen muͤſſen / daß ſie ſich und andere anliegende Wercke beherſchen u. defendiren koͤñen / auch in dem Ruͤcken fꝛey ſeyn moͤgen. Den Baterien und Keſſeln muß man eine à parte Wacht von 20. biß 50. Mann / nachdem ſolche groß oder klein / geben / welche ſich auff der Seiten in der Communications-Linie poſtiren; Zur munition aber werden nur Schildwachten mit Spring-Stoͤcken und halben Piquen / und mit keinem Hand-Geſchuß geſtellet / ſo da wohl achtung geben muͤſſen / das niemand mit Feuer / brennender Lunte / Toback-Pfeiffen / oder ſonſtein556[558]Das IV. Cap. ein fremder / ſo auf der Baterie und im Keſſel nichts zuverrichtẽ / ſich hierzu nahen / oder mit heimlichen Lege-Feuern / und andern Leichtfertigkeiten einen Schaden verurſachen moͤge. Ob nun wohl ei - nige in den Approchen keine Beſatzung leiden wollẽ / mit dem Voꝛgeben / als koͤnte ſie den feindli - chen An - und Ausfaͤllen darñien nicht recht Wie - derſtand thun / deßwegen ſie nun verlohrne Schildwachten / darein ordonniren / welche wann es Noth / nur muͤſſen Lermen / unter weilen auch falſche Lermen machen / damit die Soldaten in den Redouteu und andern Poſten allezeit Allart bleiben moͤgen; ſo iſt es doch viel ſicherer und beſ - ſer / wenn man auch die zwey oder drey vorderſten Linien der Aprochen gegen die Feſtung zu mit Volcke beſetzet / und die Bruſt mit zuſammen ge - henckten Spaniſchen Reitern fuͤr allen feindli - chen Einſpringen bedecket / um dadurch zuver - wehren / daß der Feind die mit groſſer Gefahr und Muͤhe gemachte Aprochen nicht nach Belie - ben ohne Wiederſtand ruiniren / die Zeit hier - durch gewinnen / und die Arbeit deſto ſchwerer und doppelt machen koͤnne. Zum Uberfluß kan man auch die Durchſchnitte und Creutz-Linien der Aprochen tieff / weit / und oben bedecket zuma - chen / daß ſie mit den Feld-Horizont eine gleiche haben / worunter hernach / als in einer Corps de garde 15. biß 20. Mann allert ſtehen / und beyden Ausfaͤllen den Horizont der Aprochen mit muſ - quetonen tapffer defendiren kuͤnnen / zumahl weñ ſolche auch voꝛ ſich eine Bedeckung habẽ. Wienun557[559]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. nun von Tage zu Tage die Attaquen u. Aprochen gegen die Feſtung zu avancirẽ muͤſſen / alſo folgen auch meiſtentheils die ausgeſtellten Wachten / u. Beſatzungen / u. bleiben die hinterſten Poſten am Volcke ziemlichen leer / welche man deñ hernach fuͤglichen gebrauchẽ kan / die Schantz-Materiali zur Fortſetzung der Ataquen darein in Verwah - rung zulegen; Jngleichen dienen ſie auch vor den Stand und Auffenthalt der Marquetender und Feldſcherer / damit die Soldaten / ſo von noͤthen haben / erquicket u. verbunden zu werdẽ / nicht erſt ins Lager gehen oder getragen werden duͤrffen / woruͤber mancher crepiret / der ſonſt noch wohl haͤtte koͤñen erhalten werdẽ / welches deñ eine un - verantwortliche Sache iſt. Ob man nun wohl Anfangs der Ataque, zumahl zum poſto faſſen / mehr Cavalerie, als infanterie von noͤthen gehabt / wie in vorigẽ bereits gemeldet woꝛdẽ / ſo muß man in Gegentheil / wenn das Feld im̃er naͤher zur Fe - ſtung gewoñen wird / die Wachtẽ an Fuß-Volcke ie mehr und mehr verſtaͤrcken / die Wachten aber an Cavalerie alsdann einiger maſen vermindern / maſſen zu ſolcher Zeit die Cavaliere nicht ſo wohl / als die Infanterie / mit Nutz zugebrauchẽ iſt. Es iſt aber nicht allemahl rathſam / daß die Infanterie, wann ſie ſich gleich mit dem ausgefallenen Feinde meliren ſolte / ihn bey ſeiner Retirade weit veꝛfolge / weil ſie ſich hierdurch in groſſe Gefahr begiebet / keinen Succurs hat / undbey der Zuruͤckkehrung uͤbel kan zugerichtet werden / die Cavalerie aber ſoll ſol - ches vielmehr thun / indem ſich geſchwinde aus demFe -558[560]Das IV. Cap. Feſtungs-Feur / wann es von noͤthẽ / ziehe kan: Je - doch ſoll man / wan deꝛ Außfall bey nachts geſchie - het oder ſonſt bey einen ſtarcke Nebel oder Dem̃e - rung / denſelben bey ſeinen reteriren nicht allzu - weit verfolgẽ / weil bißweilen ein heimlicher Hin - terhalt darunter kan verborgen ſtecken / zumahl wenn der Feind einige natuͤrliche oder andere na - he Gelegenheiten zu ſeinen Vortheil wohl beſetzet und verwahret hat. Jngleichen ſoll man ſich in acht nehmen / daß bey falſchen / Alarm, welchen die Belagerten dann und wann pflegen zu machen / man ſich nicht allzuhitzig aus ſeinen Vortheil be - gebe / und hernach von dem Feſtungs Feuer / wel - ches expreſſ darauff lauret / unverhofft uͤbel em - pfangen werde. Auch ſoll ſich niemand ſonder Befehl des Commandirenten Officiers von ſei - nem Poſten weg begeben / ob gleich anderer Orten ein Alarm und Getuͤmmel ſolte gehoͤret werden / ſintemahl die Belagerte ſich zum oͤfftern ſtellen und Finte machen / diejenigen Wercke zu uͤber - rumpeln / wo es am wenigſten angeſehen iſt nur daß die Mannſchafft von dem Ort / worauff der Uberfall in der That geſchehen ſoll / moͤgte einiger maſſen weggezogen werden. Wann der Feind allzuſtarck aus der Feſtung ausfallen ſolte / daß die Beſatzung in den aprochen / Redouten und an - dern Linien und Lerm-Plaͤtzen nicht capable waͤre einander recht zu defendiren / ſo muß der Ge - neral-Major, an dem der Tag und Commendante von der gantzen Ataque iſt / nicht allein die zuruͤck -liegende559[561]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. liegende Manſchafft uud Reſerven von ihren Po - ſten geſchwinde laſſen abfordern und avanciren; ſondern auch / wenn die Noth ſolte gar zu groß ſeyn / ſolches alſobald an das commandirende Chef, von der Armée durch einen Adjudanten laſ - ſen berichten / und friſche Trouppen und Succurs aus dem Lager eilfertigſt verlangen / damit allen fernerern Unordnungen in Zeiten koͤnne vorge - bogen werden.

(6.) Frage. Was hat dann ein Commendant in einer belagerten Feſtung zuthun / wann er ſiehet / wie der Feind auf gewiſſe Wercke ſeine Ataqven und Aprochen anfaͤnget und fortfuͤhret / und wie hat er ſich ſo wohl wegen der Ausfaͤlle / als an - deren Defenſion ge - buͤhrend zu ver - halten?

Es iſt bereits im vorigen gedacht worden / das ein kinger und erfahrner Commendant / wann er zumahl eine ſtarcke Garniſon hat / und an der Be - ſatzung ihme nichts abgehet / ſoll er / wann die Fe - ſtung belagert wird / ſich gleich Anfangs aller natuͤrlichen und anderer Gelegenheiten / ſo nechſt der Feſtung liegen / und mit Canonen von Waͤl - len / als auch aus dem bedeckten Wege mit Hand - Gewehr koͤnnen beſtrichen und erlanget werden /N nzu560[562]Das IV. Cap. zu ſeinem Vortheil bedienen / damit der Feind hierdurch umb ſo vielmehr gemuͤſſiget werde / von weiten die Schantzen ſeine Aprochen anzufan - gen / viel Zeit und Volck darbey zu verlieren / und endlich mit Schimpff und Schaden wiederabzu - ziehen. Wenn aber deſſen ungeachtet die Belage - rer in ihren Vorhaben fortfahren / poſto faſſen / die Trencheen eroͤffnen / nnd mit den Aprochen ſich der Feſtung naͤhern / ſo muß ein Commendante ſon - derlich auf den Wercken und Facen / gegen welche der Feind ſeine Ataqven fuͤhret / nicht alleine die Manſchafften verſtaͤrcken / und mehr Stuͤcke und / andere Nothwendigkeiten dahin bringen laſſen umb dieſes alles bey Gelegenheiten und wann es noͤthig von Waͤllen und auch aus den bedeckten Weg mit Nachdruck zu gebrauchen / ſondern er muß auch zu Zeiten / und umb namhaffter Urſachẽ Willen mit Ausfaͤllen ſein Heil verſuchen / den Feind in ſeinem Vorhaben zu hindern / zu repous - ſiren / und dadurch die Zeit zugewinnen / dem Fein - de aber mercklichen Abbiuch zuthun / und groſſe Muͤhe und Unkoſten zuverurſachen. Jſt nun eine ſtarcke Garniſon von 9. biß 12. tauſend-Mann in der belagertẽ Feſtung, ſo ſol ein Commendante nach ei - ner ungeſtuͤmen und naſſen Nacht entweder bey anbrechenden Tage / oder an hellen Mittage uͤber Eſſen einen jaͤhlingen / und furioͤſen Ausfall mit 2. biß 4 tauſend Mann zu Pferde und Fuß / unter Anfuͤhrung tapfferer Officiers auf des Feindes Wercke und Aprochen thun / mit vielen Hand -Gra -561[563]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. Granaden ihn daraus verjagen / ſolche ruiniren / anzuͤnden / oder raſiren / das grobe Geſchuͤß verna - geln / die Munition und andere Ataqvirungs Mittel verbrennen / und nach verrichten Sachen ſich bald in guter Ordnung wider zuruͤck nach den Vor - poſten / und unter die Stuͤcke der Feſtung ziehen laſſen. Solte der Feind den Außfall verfolgen / und zuruͤcke treiben / auch die ruinirten Wercke und Aprochen gleich wider repariren wollen / muß ein Commendante aus den nechſten und gelegneſten Feſtungs Facen / und dem bedeckten Weg ſo wohl auf den Feind / als deſſen Wercke tapffer Feuer geben laſſen / damit er die ruinirten Wercke nicht gleich wider in guten Standt bringen koͤnne / und auch ſonſt von ſeinem repouſſiren ablaſſen muͤſſe; worbey dann inacht zunehmen / das die ausgefal - lene zu zeiten ſich mit Fleiß von Feinde ſollen zuruͤck treiben laſſen / immittelſt aber ihn auf ei - nen Hinterfall locken / umb entweder ſolchen gar von den ſeinigen abzuſchneiden / oder doch der Ge - ſtalt zuempfangen / das er gezwungen iſt / mit groſſer Verluſt ſich ingeſchwinder Eil wider zu - ruͤck zu ziehen / welches dann alles mit guter Vor - ſicht unter gewiſſen Feld-Zeichen muß angeſtellet / und einander abgeredet werden / damit die eigene / Leute einander nicht ſelbſt Schaden thun moͤgen. Eine mittelmaͤßige Garniſon von 6. biß 9. tauſend Mann ſoll gedachte ſtarcke Ausfaͤlle unter wegen laſſen / hingegen den Feld-Terrain und Glacis mi Contre-aprochen, Contre-Baterien, und VeꝛſchanN n 2tzen562[564]Das IV Cap. tzten Vorpoſten und Retiraden Fuß fuͤr Fuß ver - fechten / und im Fall die Belagerten aus einem Auſſen Wercke vertrieben / entweder durch wohl geordnete / und bedeckte Anfaͤlle des verlohrnen Poſten ſich wieder bemaͤchtigen / oder durch eine zu vor gemachte Mine ſolchen uͤber einen Hauffen ſtuͤrtzen / damit der Feind ſich deſſen nicht zu ſeinem Vortheil bedienẽ koͤnne / wo durch dann ſein avan - ciren ihme ſehr muͤheſam und ſchwer gemachet werden kan. Es werden aber die Contre-Aprochen alſo verfertiget / wenn man von den Auſſen-Wer - cken und entlegneſten Vorpoſten / oder in Man - gelung derſelben aus dem bedeckten Wege an tra - verſen / und andere Linien Wechſelß-Weiſe in einfacher oder doppelten Tour gegen des Fein - des Aprochen alſo fuͤhret und continuiret / daß man aus den eigenen in des Feindes Linien und Aprochen Streich-Schuͤſſe thun koͤnne / dem Feinde aber in die Contre-Aprochen desgleichen zuthun / und ſolche zu enfiliren unmoͤglich ſey; Nechſt dieſem muͤſſen auch die Contre-Aprochen gegen die Feſtung zu / woraus ſie ihre beſte Defen - ſion haben / offen ſeyn / u. in einer Streiche ſtehen / damit wenn der Feind ſolche ein bekommen ſolte / ſie ihme kein ſonderlich Vortheil geben koͤnten. Die Contre-Baterien koͤnnen in allen Winckeln und Linien des Haupt-Walles / Fauſſebraye / und bedeckten Weg angebracht werden / es geſchehe nun ſoches / daß man entweder die Wallgaͤnge mit Erde / oder einer hoͤltzernen Pritſchen biß andie563[565]Von Ceremonial-Ataquirung und Defend. die Helffte der Bruſtwehr erhoͤhet / auf die Bruſt Schantz-Korbe ſetzet / und zwiſchen diſelbe oben uͤber der Bruſt Weg mit den Canonen ins freye Feld ſchieſſet. Die kleinen Canonen von 2. biß 4. tauſend Mann koͤnnen weder ſonderliche Auß - ſaͤlle thun / doch ſich auf denn Glacis groß verſchan - tzen / weil ein Commendante als dann das Volck ſehr menagiren / und zu andern noͤthigen Ver - richtungen anwenden muß / iedoch ſoll er mit Schießen aus Schlangen und Falconeten dem Feind das Feld ſtrittig machen / damit er gezwun - gen ſey / ſich voͤllig unter halb dem Feld-Horizont einzuſchneiden / oder aber auf Stuͤck-Proben ſeine Bedeckung oberhalb dem Erd-Horizont zufuͤh - ren / und bey ein und anderer Begebenheit in eine langwuͤrige Arbeit und Verdruͤßligkeit gezogen werde. Jm uͤbrigen ſoll ein Commendant des Nachts aus Haubitzen oder kleinen Moͤrſern vie - le Licht - und Feuer-Kugeln nach dem Orten ins Feld werffen laſſen / wo man hoͤret oder ver - muthet / das der Feind ſchon arbeitet / oder arbeitẽ weꝛde / umb ſein Thun und Laſſen damit zuerkundi - gen und ihn mit Canonen und Hand-Geſchuͤtz daran deſto beſſer zuverhindern. Wenn ein Com - mendant des Tages oder Nachts einiger aus - geſtelten Blendungen gewahr wird / ſoll er aus dem groben Geſchuͤtz mit Ketten und Stangen - Kugeln darauf loßſchieſſen laſſen / damit ſolche niedergeriſſen / und unbrauchbar gemachet wer - den und man ſehen koͤnne / ob der Feind recognos -N n 3ciren564[566]Das IV. Cap. ciren / ſich verſchantzen / oder ſonſt ein Werck auff - erbauen wolle. So bald ein Commendant mit den Stuͤcken auf den Facen die feindlichen Ba - terien und Keſſel erreichen kan / ſoll er ſo wohl Nachts als Tages darauf canoniren laſſen / da - mit des Feindes Vorhaben wo nicht gaͤntzlich ruiniret / und verbrennet / doch zum wenigſten mit groſſer Verluſt der Zeit / des Volcks / Muͤhe und Unkoſten auf die lange Banck gezogen werde. Deßgleichen ſoll ein Commendant auch aus vielen Moͤrſern / Bomben / Carcaſſen, Hand-Granaden / und ſonderlich viele Steine in des Feindes Re - douten, Lermen-Plaͤtze / Baterien / Keſſel und Apro - chen unauf hoͤrlich werffen laſſen / damit alles ru - iniret, verbrennet und zerſchmertert / auch alles Volck bleſſiret und getoͤdet werde. Wenn dann der Feind deſſen allen ungeachtet ſeine Wercke als aprochen, Redouten, Baterien, und Keſſel nach ſeinen Gefallen endlichen in Standt bringet / ſich mit ſolchen der Feſtung zimlichen genaͤhret / ihr an Macht des Feuers der Canonen uͤberlegen / auch die Geſicht-Linien / als die ſchwaͤchſten und euſerſten Theile der Haupt-Wercke und Baſti - onen zimlich ruiniret, ſoll ein Commendant die ſchwere Canonen von des Walles-Facen oder Ge - ſicht-Linien bey zeiten wider zuruͤck ziehen / und ſolche in die Flanqven und uͤbrigen unbeſchaͤdigte Linien ſtellen laſſen / damit ſelbige nicht alleine moͤgen conſerviret bleiben / ſondern auch hinfuͤhre zu Beſchuͤtzung des bedeckten Weges / des Gra -ben565[567]Von Ceremonial-Attaquirung und Defend. bens / der Brechen und des Haupt-Walles auch zu mehrerer Ruinirung der feindlichen Baterien koͤn - nen gebrauchet werden.

Das V. Cap. Von Beſtuͤrmung und De - fendirung des bedeckten Weges oder ſo genannten Contreſcarpe, von Suchung und Defendirung der Contreminen, von Verfertigung der Baterien und Kaͤſten / und was auf beyden Theilen darbey wohl in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Wenn und wie muͤſſen die Contre - minen von dem ataquirenden Theile geſu - chet / und von dem defendirenden Thei - le defendiret wer - den?

WEnn die Belaͤgerer mit den Aprochen an dem bedeckten Weg oder ſo genannte Contreſcarpe biß auf 60. 80. oder auch nach Gele - genheit biß auf 100. und mehr gemeine Schritte kommen und avanciret / und man vermuthend iſt / oder ſonſt gewiſſe Nachricht hat / daß einige Con - treminen die Belagerten unter das Glacis gema - chet / ſo wird alsdenn mit dem Aprochiren inne ge - halt en / und muß man an den Orten herum / woN n 4man566[568]Das V. Cap. man gedencket den bedeckten Weg zu beſtuͤrmen / durch tiefes und weites Eingraben die Contremi - nen fleißig ſuchen: Finden ſich nun welche / ſo wird der Feind / wenn er darinnen auflauren ſol - te / entweder mit Gewalt der Waffen oder des Waſſers / oder auf andere Weiſe durch Feuer / Rauch oder Geſtanck daraus vertrieben / oder wenn er ſich in ſolchen Gaͤngen nicht aufhaͤlt / wird nur aus den Minen-Cammern das Pulver her - aus genommen / und das Lauff-Feuer zum Anzuͤn - den ruiniret / alſo daß dergleichen Contreminen im Fall der Noth den Belagerern bey Beſtuͤr - mung des bedeckten Weges keinen Schaden thun koͤnnen / geſtalt ſie ſich denn in ſolche Minen-Gaͤn - ge hernach ſicher koͤnnen begeben / den Graben aus denſelben wohl recognoſciren / ja ſolche wohl gar an Statt einer Sappe brauchen. Hingegen ſoll ein Commendant der Feſtung / um welche unter dem Glacis einige Contreminen fuͤrhanden / ſolche ſteiſ - ſig obſerviren und bewachen laſſen / zumahl vorne bey der Pulver-Cammer / wenn er ſiehet / daß der Feind mit ſeinen Aprochen biß dahin bald gelan - get iſt / damit / wenn er eingraben / und die Contre - minen ſuchen ſolte / man ſo denn geſchwinde der Wurſt Feuer geben / und dem Feind hierdurch ziemlichen Schaden verurſachen koͤnte. Wie - wohl ich meines Orts von ſolchen Contreminen unter dem Glacis nicht viel halte / und lieber einige Floderminen nahe der Bruſt des bedeckten We -ges /567[569]Von Beſtuͤrmung und Defendirug des ꝛc. ges / oder ſonſt hin und wieder einige Caiſſons de bombe auf dem Glacis anordnen wolte / als der - gleichen Contreminen, maſſen deren Effect ſehr wenig thut / dem Feinde auch hernach nur eine gu - te Bedeckung / und einen Eingang zur Sappe ge - ben / auch ſonſt viel zu unterhalten koſten / zumahl wenn die Minen-Gaͤnge mit Pfoſten und Bretern unterbauet ſind / weil daran immer etwas zu ma - chen und zu beſſern iſt / und das Holtzwerck unter der Erden ſehr verfaulet. Muͤſten aber ſolche Contreminen dennoch unter dem Glacis etwan gemachet / und beſtaͤndig erhalten werden / ſo iſt es beſſer / daß man ſolche gleich Anfangs ausmanret und woͤlbet / die Gaͤnge nicht uͤber 3. S. breit im Lichte / auch nicht uͤber 4. S. hoch machet / damit nur ein Mann nach dem andern darinnen gebuͤ - cket gehen koͤnne; Auch ſoll man deren Eingaͤnge nicht auf dem Horizont des Grabens / ſondern et - wan 12. S. daruͤber anfangen / ſolche hernach im - mer ſchrege in die Hoͤhe / iedoch wincklicht fortfuͤh - ren / biß man etwan noch ein 6. S. Erden uͤber ſich hat auf dem Glacis, woſelbſt man die Pulver - Cammer 1. oder . S. uͤber dem Gang erhoͤhet machen / und wohl im Eingange verſtaͤmmen und verſetzen muß. Solte nun ein Feind nach Spie - lung ſothaner Cammer ſich in die Minen-Gaͤnge einlogiren / daraus eine Sappe machen / oder ſanſt den Gꝛabẽ recognoſciꝛen wollen / muß man ſolche Gaͤnge / zumahl an den Wendungen und EckenN n 5wohl568[570]Das V. Cap. wohl laſſen verbauen / und ein klein Loch dadurch laſſen / daß man mit einem Muſqueton, ſo mit vie - len Lauff-Kugeln muß geladen ſeyn / durch ſchieſ - ſen / und den Feind in ſeinem Vorhaben abhalten koͤnne.

(2.) Frage. Wie und zu welcher Zeit muß der bedeckte Weg oder ſo genannte Contreſcar - pe beſtuͤrmet / und dieſe Poſt mainteniret werden?

Wenn keine Contreminen auf dem Glacis vor - handen / oder geſetzt / man koͤnte ſolche durch Ein - graben und Nachſuchen nicht finden / muß der ata - quirende Theil die Zeit und Gelegenheit nicht ver - abſaͤumen / ſondern balde zu dem Sturm des be - deckten Weges ſchreiten / welcher Sturm denn auf allen Ataquen zugleich muß fuͤr genommen werden / ob ſchon bey der Action einige Contremi - nen ſpringen ſolten / weil ſie doch keinen ſonderli - chen Schaden thun. Es muß aber ſothaner Sturm gegen den Abend angefangen werden / auf einige gewiſſe Loſungs-Schuͤſſe oder ander Zeichen / damit die bald kommende Nacht den Feind in der Feſtung an ſeiner Defenſion des be - deckten Weges verhindere / und alſo aus der Fe - ſtung nicht recht Feuer geben duͤrffe / aus Furcht ſeine eigene Leute an der Bruſt des bedeckten We - ges / wenn daſelbſt noch einige ſolten vorhanden ſeyn / zu toͤdten und zu bleſſiren. Die commandir -ten569[571]Von Beſtuͤrmung und Defendirung ꝛc. ten Leute zu ſolchem Sturm muͤſſen in den vorder - ſten Linien der Aprochen nebſt deren Beſatzung ſich ſtille aufhalten / ſobald aber das Zeichen zum Sturm gegeben worden / aus den Aprochen zu - gleich heraus ſpringen / mit einer furioͤſen Ataque, iedoch in guter Ordnung auf die aͤuſſerſte Bruſt des bedeckten Weges avanciren / daſelbſt ſich hin - ter den Palliſaden arretiren / den Feind mit Mus - quetonen und Hand-Granaden von ſeinen Po - ſten abtreiben / und alſo ſich des bedeckten Weges gantz bemeiſtern. Weil aber dem Feinde hieran viel gelegen / und er ſuchen wird aller Moͤglichkeit nach ſolchen zu defendiren / muͤſſen nicht alleine allen Falls andere neue Trouppen die vorigen Be - ſtuͤrmer ſecundiren / ſondern es muͤſſen noch à part andere Commandirte fuͤrhanden ſeyn / ſo da aus den nechſten hintern Linien und Wercken / die im Vorrath liegende Hand-Granaden / Faſchinen / Huͤrten / Schantz-Koͤrbe / Erd - und Woll-Saͤcke / Faͤſſer / Blendungen / Hauen / Schaufeln / und dergleichen in geſchwinder Eil herbey bringen / da - mit die Beſtuͤrmer ſich gleich einiger maſſen bey der Bruſt des beoeckten Weges fuͤr dem feindli - chen Schieſſen koͤnnen bedecken und eingraben / und ſolche importante Poſt endlichen mainteniren / ſintemahl / wenn die Contreſcarpe gewonnen / man die Feſtung ſchon halb erobert hat. Mittlereꝛ Weile des Gefechtes aber muͤſſen die zuruͤck lie - genden Linien mit dem Hand Gewehr zu ſchieſſen inne halten / die Stuͤcke aber auf den hin und wie -der570[572]Das V. Cap. der gemachten Baterien / ingleichen die Moͤrſer in den Keſſeln tapffer auf die Waͤlle und Stadt ſpie - len /[da]mit die Feſtung aller Orten zugleich moͤge geaͤngſtiget / und von den Waͤllen nicht ſehr ſtarck gefeuert werden. Koͤnnen denn die hi[n]tern Linten auf den Seiten der Beſtuͤrmer aus dem Hand-Gewehr den Wall mit gutem Effect auch erreichen / ſo ſollen ſie nicht unterlaſſen continuir - lich Feuer zu geben / um das Schieſſen von den Waͤllen um ſo viel unſicherer zu machen. Bey dergleichen Sturm / wo es ſehr hitzig pfleget her - zugehen / ſind zumahl die Ober-Officiers nicht zu verdencken / wenn ſie von den Curaſſiern ihre Bruſt-Stuͤcke / und Caſquete entlehnen / um ſich einiger maſſen beſſer hiermit zu conſerviren. Wenn nun endlichen die Belagerte aus Macht des Feuers gezwungen werden / den bedeckten Weg voͤllig zu verlaſſen / ziehen ſich die meiſten von den Commandirteu zum Sturme des Nachts wieder zuruͤcke in die nechſt gelegene Poſten / und bleiben in guter Bereitſchafft darinnen / biß ſich die vorderſten an der Bruſt des bedeckten Weges ohngefehr 3. S. tief in die Erden eingeſchnitten / voͤllig wohl verſchantzet und bedecket haben / ſo wohl oben / als auf den Seiten mit Redouten. Wenn es nun mit der Eroberung des bedeckten Weges ſeine Bewendung hat / muͤſſen ſo fort hin - ter ſolchen letzten Bedeckung auf dem Land-Hori - zont die Haupt-Baterien und Keſſel vortheilhaff -tig571[573]Von Beſtuͤrmnng und Defendirung ꝛc. tig angeleget / wohl erbauet / und mit behoͤrigen Baterie-Stuͤcken / und andern groben Geſchuͤtz ge - buͤhrend verſehen werden / woraus denn hernach auf die Facen und Flanquen muß Breche geſchoſ - ſen / die Bruſt des Walles ruiniret / und alſo zum weitern Sturm / wenn ſich der Ort hartnaͤckigt defendiret / der Weg gebahnet werden. Alle vor - dere Linien und Bedeckungen aber muͤſſen alſo durch Ecken und Winckel an einander angeſchloſ - ſen / und mit Palliſaden verſehen werden / daß ſol - che auf dem Noth-Fall einander wohl defendi - ren / und ſich und die Baterien wohl beſchuͤtzen koͤn - nen / ſonderlichen muß man wohl achtung geben / daß der Feind auf keiner Seiten die Linien oder Baterien flanquiren koͤnne / ſonſt wuͤrde man uͤbel gewartet werden. Jſt vor der Feſtung kein be - deckter Weg fuͤrhanden / ruͤcket man auf gleiche Weiſe auf die eigentliche Contreſcarpe des Gra - bens / und bedecket ſich alldar / ſo gut man kan. Sind Gaſſen und Vor-Staͤdte fuͤrhanden / die biß an dem Graben und Contreſcarpe erbauet ſind / ſo hat man zu beyden Seiten ſchon zur Ge - nuͤge ſeine Bedeckung / und muß man ſich darmit nur von vorne wohl verwahren. Geſetzt aber / es koͤnte der ataquirende Theil die Contreſcarpe oder den bedeckten Weg weder durch Sturm / noch durch ſonſt einige Bedeckung ſich ſolchen naͤhern und erobern / ſo muß man das Erdreich biß an die Bruſt des bedeckten Weges / oder in Mangelung derſelben / biß an die Contreſcarpe des GrabensFuß572[574]Das V. Cap. Fuß fuͤr Fuß erobern / und mit Graben / Schieſſen und Sprengen / ſo wohl Tages als Nachts un[er]- muͤdet fortfahren / biß man endlichen den End - Zweck erreichet / auch die Contreſcarpe an Statt einer Sappe durch hierzu gemachte Fournellen gantz uͤber einen Hauffen in Graben geſtuͤrtzet / und einen weiten Eingang in demſelben gema - chet habe. Damit man aber dieſe Arbeit um ſo viel geſchwinder / und ſonder groſſe Gefahr der feindlichen Granaden fortſetzen koͤnne / ſoll man die Arbeiter alle 6. oder 8. Stunden laſſen abloͤſen / und fuͤr ſich her groſſe Woll-Saͤcke von 6. S. di - cke / und 9. S. lang waͤltzen / zur rechten und lincken Hand Faͤſſer oder groſſe Schantz-Koͤrbe ſtellen / ſelbige mit bloſer Erden ohne Steine fuͤllen / von Ruthen zu Ruthen Traverſen in die Gaͤnge anlt - gen / die Woll-Saͤcke mit naſſer Erden fuͤr den Brand bedecken / die Aprochen auch obenher mit Faſchinen und Erd-Saͤcken vor den Steinen und Granaten vermachen / und alſo auf ſolche Weiſe immer weiter gehen / biß die Logementer an den Orten verfertiget / wo man gedencket Poſto zu faſ - ſen / und die Sappe, oder andere Minen Cammern zu machen. Bey dergleichen Begebenheiten nun wuͤrde es ſehr nuͤtzlichen und dienlichen ſeyn / wenn drey Trencheen und Aprochen neben einander in der Diſtanz von ungefehr 6. oder mehr R. gema - chet wuͤrden / ſo blieben die Aprochen und Beſa - tzung in der Mitten um ſo viel mehr von allen feindlichen Anfaͤllen unmoleſtiret / und koͤnte manauch573[575]Von Beſtuͤrmung und Defendirung des ꝛc. auch darinnen einigen Voirath von Schantz-Ma - terialien fuͤglichen aufbehalten / um die Arbeit de - ſto beſſer zu beſtreiten und zu beſchleinigen.

(3.) Frage. Wie und auf was Weiſe ſoll ein Commendant von einer belagerten Fe - ſtung die ataquirte Contreſcarpe und bedeckten Weg defen - diren?

Weil es ohnſtreitig / daß an dem Ubergang / o - der Erhaltung des bedeckten Weges allzuviel ge - legen / ſo ſoll ein Commedant den ataquirenden Feind aus ſelbigen mit Horizontal-Defenſion ſo wohl mit kleinen Stuͤcken und Carthaͤtztſchen / als auch mit dem Hand-Gewehr / und ſonderlich mit Muſquetonen bey ſeinem Avanciren ziemlichen laſſen empfangen und warm halten / auch auf dem Glacis nahe der Bruſtwehr des bedeckten Weges Floder-Minen liegend / und ſonſt hin und wieder unter dem Glacis caiſſons de bombes ver - borgẽ ſtehend haben / um ſolche bey Gelegenheit zu zuͤnden durch ein Lauff-Feuer. Wenn eine ſtarcke Garniſon in der Feſtung ſich befindet / ſoll ein Com - mendant den bedeckten Weg / zumahl / wenn er recht breit gemachet / mit vielen Soldaten bele - gen / daß ſie recht Gliederweiß koͤnnen chargiren / auch ſolche mit allerhand ander Gewehr / als Pi - quen / Spring-Stoͤcken / Helleparten / Sturm - Senſen und Hand-Granaden zur Genuͤge laſſenver -574[576]Das V. Cap. verſehen / damit ſie ſich tapffer koͤnnen wehren / und dem Feind einen mercklichen Abbruch thun. Jſt die Bruſtwehr des vedeckten Weges an den Orten / wo die Ataquen geſchehen / als eine halbe Caponniere von oben wohl bedecket / und mit Erde oben beſchuͤttet / deſto weniger koͤnnen die feindli - chen Hand-Granaden ihren Effect erreichen / und deſto laͤnger koͤnnen die Belagerte ſolchen bedeck - ten Weg mainteniren und defendiren; Waͤre a - ber dieſes von einem Commendanten nicht in acht genommen / ſondern nur etwan Bonnettes in die Lermen-Plaͤtze daſelbſt gemachet worden / ſo wird ſich eine Garniſon nicht gar zu lange aufhalten duͤrffen / will ſie anders nicht endlichen mit groſſen Schaden abziehen / weil ſolche / wie ſtarck ſie auch ſey / der feindlichen Gewalt nicht reſiſtiren kan: Jmmittelſt aber muͤſſen alle Linien von der Fe - ſtung / ſo viel als es nur immer moͤglichen ſeyn kan / mit Hand - und groben Geſchuͤtz ſich tapffer hoͤren laſſen / und ſonderlichen trachten den Be - ſtuͤrmern der Contreſcarpe, ehe ſie ſich noch recht bedecket / und weil es noch Tag iſt / Feuer und Ku - geln genug zuzuſchicken. Jſt aber noch eine ande - re Bruſt nach meiner angewieſenen Manier auf der eigentlichen Contreſcarpe, und als eine halbe Caponiere bedecket / ſo iſt es nicht noͤthig / daß auch eine ſtarcke Garniſon bey der aͤuſerſten Bruſt des bedeckten Weges die Extrema abwarte / ſondern ſie kan / zumahl / wenn / wie geſagt / die Bruſt nichtrecht575[577]Von Beſtuͤrmung und Defendirung des ꝛc. recht bedecket / nach einem ziemlichen Gefechte al - len Falls lincks und rechts durch die Aparelles und Treppen in Graben ſich reteriren / und die uͤbrige Defenſion der andern verdeckten Bruſt und Linie uͤberlaſſen / welche denn auch mit gutem Effect das ihrige ohne ſonderlichen Verluſt thun koͤn - nen / zumahl / wenn auch einige kleine Stuͤcke mit Cartaͤſchen und Stangen-Kugeln geladen in den Ler〈…〉〈…〉 nen-Plaͤtzen daſelbſt ſich ſinden / ſo dem Feinde viel Schadens thun koͤnnen. Eine mittelmaͤßige und kleine Garniſon ſoll die Beſtuͤrmer des bedeck - ten Weges bey deſſen eigentlichen Bruſt mit eini - gen guten Salven aus Hand-Gewehr und Mus - quetonen empfangen / auch viele Hand-Grang - den unter dieſelbe auf das Glacis werffen / ſich a - ber in ein langweiliges Gefechte nicht einlaſſen / ſondern ſich in Zeiten reteriren / damit ſie an Mannſchafft nicht zuſehr geſchwaͤchet werde; Hingegen ſoll aus der andern Bruſt auf der Con - treſcarpe, wenn eine fuͤrhanden / und von allen Li - nien der Feſtung mit Infanterie und Artillerie continuirlich Feuer gegeben / und dem Feinde / ſo viel nur moͤglichen / Schaden zugefuͤget / auch von ſeinem Vorhaben abgehalten werden; Solte derſelbe aber dennoch dieſen Poſten mainteniren / und ſich verſchantzen / muß man aus Moͤrſern mit Bomben / Hand-Granaden und vielen Steinen / auch nach Gelegenheit mit andern Brand-und Feuer-Kugeln ihn ſehr aͤngſtigen / um ſeine ge -O omachte576[578]Das VI. Cap. machte Arbeit von Holtzwerck und Erde zu ruini - ren und zu verbrennen / auch deſſen Sappen und Minen durch Untergraben zu nichte zu machen / und uͤber einen Hauffen zu ſtuͤrtzen.

Das VI. Cap. Von allerhand Arten der Blendungen / wie ſolche zu machen / und hin und wieder zu gebrauchen.

(1.) Frage. Was ſind die Blendungen / und auf wie vielerley Art und Manier koͤnnen denn ſolche gemachet und verfertiget werden?

WEil der Blendungen bishero mehrmalen gedacht worden / ſo iſt noͤthig / daß man wiſ - ſe / was ſolche fuͤr Wercke bey der Fortication ſeyn / und auf wie vielerley Art ſie koͤnnen gemachet werden. Es ſind aber / was das erſte anlanget die Blendungen mehrentheils Schußfrey kleine be - wegliche von 6. biß 7. S. hoch Wercke fuͤr dem Handgewehr / ſo gemeiniglich der ataqvirende Feind auf dem Land und andern Horizont pfleget zugebrauchen / wann er in der Naͤhe der Feſtung entweder etwas recognosciren / oder ſonſt zu ſei - nem Behuff erbauen will / damit der Contre - part ſeine Verrichtung nicht gleich koͤnne gewahrwer -577[579]Von aller hand Arten und Blendungen ꝛcwerden / ſondern durch ſothane vorgeſetzte kleine Wercke einiger Maßen verblendet werde / dahero ſie auch ihren Namen fuͤhren. Dergleichen Blen[-]dung nun koͤnnen / was das andere betrifft / au - unterſchiedliche Manieren gemachet werde / nem[h]lich von Faſchinen / von ſtarcken Bretern / von Schantz-Koͤrben / von Woll und Sand-Saͤcken / von Faͤſſern / von gebundenen Schilffe / und was ſolcher leicht tragenden und fortbringinden Sach - chen mehr ſeyn moͤgen. Die Blendungen von Faſ - chinen und Schilffe verfertiget man alſo / nem - lichen man bindet von ieder Materie Wuͤrſte / ſo ohngefehr 12. oder mehr S. lang / und 1. biß 2. S. in Diameter dicke ſind / ſothane Wuͤrſte aber muͤſ - ſen an verſchiedenen Orten von Schuhen zu Schuen feſte zuſammen gebunden / und hernach zwiſchen zwey auf geſetzten ſpitzigen Pfaͤhlen / ſo man auf einen ſtarcken Qver-Holtze unten feſte anmachet / und Chandeliers zu nennen pfiget / ein - geleget werden an beiden Enden / und alſo da rmit continuiren / biß ſie ohngefehr 5. oder 6. S. hoch ſeyn / damit ein auf gerichter man hinter denſel - ben koͤnnen verdecket ſtehen / die Wuͤrſte und chan - deliers / deren allezeit 2. zu einer Blendung ſeyn muͤſ - ſen / werden bey der Nacht ápart an die Oerteꝛ gantz ſtille getragẽ / wo man die Blendungen darvon auf ſetzen und gebrauchen will. Die Blendungen von Schantz Koͤrben oder Faͤſſern / werden entweder alſo bloß gebrauchet / nachdem man ſolche in die Hoͤhe am behoͤrigen Ort in ihrer Ordnung auffO o 2gerich552[580]Das IV. Cap. gerichtet / wann ſie zu vor dahin geweltzet worden oder man kan ſolche auch mit bloſer Erden / oder kleinen gefuͤlten Sand-Saͤcken aus ſuͤllen / wenn man ſolche will recht Schuff frey haben / und lange an einem Ort ſtehen laſſen; Es muͤſſen aber ſo wohl die Faͤſſer / als Schantz-Koͤrbe 5. biß 6. S. hoch / und 3. oder mehr Schue dicke ſeyn: Von Bretern koͤnnen die Blendungen auf mancher - ley Art gemachet werden / und zwar wenn man entweder auf die Breter Wall oder Seiler auf machet / oder zwiſchen doppelte Reihen Breter Erde einſchuͤttet und ſolche damit ausfuͤllet. Die Breter / woꝛauf auf einer Seiten ſollẽ Woll-Saͤ - cke oder Seiler kom̃en / muͤſſen nicht alleine ſtarck / ſondern auch auf 10 oder 12. S. lang ſeyn / und werden dieſe Blendungen alſo gemachet / nem - lichen man muß die Breter qver uͤber einander an 2. Pfoſten / ſo unten〈…〉〈…〉 S. vorgehen und ſpitzig ſind / zu beide Seiten feſte añ ageln / daß ſie von 5. biß 6. S. eine Hoͤhe austragen / hernach machet man auf dieſer Seiten der Pfoſten zwey paar ſtarcke Tage-Riemen an / das 2. Perſohnen die Blen - dungen auf den Ruͤcken tragen koͤnnen / wohin man ſolche verlanget; zwiſchen den Trage Riemen muß eine ſtarcke zugeſpitzte Stuͤtz / ſo man nach Gefallen aus und ein wenden kan auch an ge - machet werden / umb dadurch die Blendung et - was ſchrege auf die Erde zuſetzen / das ſie nicht ſo bald uͤber einen Hauffen falle; auf der andern Sei - ten aber werden en[t]weder Woll-Saͤcke in derLaͤn -579[581]Das VI. Cap. Laͤnge der Breter von 1. S. etwan in Diametro dicke feſte angebunden / oder aber ſtarcke Seiler in der Runde auf die Breter mit ſtarcken Rade-Na - geln angeſchlagen / damit keine Kugel von einem Hand-Gewehr in der Naͤhe durchgehen koͤnne; Die zwey Pfoſten und Mittel-Stuͤcke kan man unten an ihren Spitzen mit ſtarckem eiſern Blech / oder mit purem Eiſen ſpitzig beſchlagen laſſen / um ſo viel beſſer werden hernach ſolche dauren koͤnnen. Man kan auch ſtarcke Breter auf beyden Seiten zweyer Pfoſten / ſo etwan einen halben S. dicke ſind / alſo in die Hoͤhe annageln / und den inwendigen Raum mit Erden wohl aus - fuͤllen; Die Pfoſten aber muͤſſen unten auf 2. ſtarcke Quer-Hoͤltzer feſte angemachet und einge - zapſſet ſeyn / ſo koͤnnen zwey Perſonen an den Trage-Baͤndern dergleichen Blendungen auch hintragen / wo ſie wollen und ſollen. Will man a - ber dieſe Art von zweyen Waͤnden und Bede - ckungen machen / muͤſſen zu unterſt der drey Pfo - ſten ſtarcke / iedoch niedrige gantze Raͤder kom - men / wie man ſie bey den Schiff-Laveten gebrau - chet / damit man ſolche darauf fortſchieben und wenden koͤnne / als es von noͤthen iſt. Man kan auch Blendungen nur von bloſſen gꝛuͤnen Reißig / und ſonſt auf mancherley Weiſe machen / nach - dem es die Gelegenheit und Umſtaͤnde erfordern und an Hand geben.

O o 3(2.)580[582]Das VI Cap.

(2.) Frage. Wie und wenn ſollen denn die Blen - dungen recht appliciret und gebrau - chet werden?

Die Blendungen hat der ataquirende Theil am meiſten zu gebrauchen / und zwar gegen die Oerter und Flaquirungen / von welchen er ſich des groͤſten Schadens bey ſeinem Avanciren zu be - fuͤrchten / es ſey gleich in Fronte, oder auf den Sei - ten / wo es wolle / und muß er ſich deſſen bedienen / wenn er mehrentheils unter die feindlichen Stuͤ - cke gelanget / daß ſolche von dem groben Geſchuͤtz nicht leicht koͤnnen ruiniret / und uͤber einen Hauf - fen geworffen werden / anders wuͤrden ſie eine ſchlechte Bedeckung geben / und waͤre es beſſer / daß man entweder Traverſen von Faſchinen und Erden etwan 6. S. dicke und hoch machte / oder Aproches roulantes gebrauchte / davon im vorigen gemeldet worden / als daß man bey einer ſolchen Gefahr nur Blendungen gebrauchen wolte / ſo al - leine fuͤr dem Hand-Gewehr Schuß-frey waͤren. Wenn man bey der Bruſt des bedeckten Weges Poſto gefaſſet / die Sappe gemachet / und nun in Graben gehen und denſelben paſſiren will / koͤnnen die Blendungen am beſten gebrauchet werden / wenn nur anders keine Horizontal-Artillerie in dem Graben fuͤrhanden iſt; Auf dem Glacis koͤn - nen die Bedeckter der Arbeiter auch ſolche ge - brauchen / wenn finſtere und dunckele Naͤchteſind /581[583]Von allerhand Arten der Blendungen. ſind / und muß man ſich hier innen allezeit darnach richten / wie es die Zeit und Gelegenheit erfordern und leiden moͤchte.

Das. VII. Cap. Von Verferdigung der Sap - pen / der Gallerien uͤber uud unter den Graben / was der ataqvirende Theil dabey inacht zunehmen / und wie ein Com - mendante in der Feſtung hinge - gen ſich dawider am beſten De - fendiren ſolle.

(1.) Frage. Was heiſt dann bey der Fortifica - tion eine Sappe / und wie ſoll der ataqviren - de Theil bey einem trockenen Graben or - dentlicher Weiſe eine Sappe ma - chen und die Contre-Scarpe in dem Graben durch brechen?

Wenn der ataqvirende Theil an der Bruſt des bedeckten Weges wuͤrcklichen poſto gefaſſet / und ſich alda ein logiret / und wohl bedecket hat / muß er / umb keine Zeit zu verlieren / auch den Aufang zu der Sappe machen / damit er balde in und uͤber den Graben paſſiren koͤnne / wann entweder mit Canonen ſchon Breche gemachet worden / oder der Wall kuͤnfftig ſoll unter miniret und geſpren -O o 4get582[584]Das VII. Cap. get werden. Es wird aber die Hoͤhe und Weite eineꝛ Sappe / welches nichts andeꝛs iſt / als ein veꝛ - borgener und verdeckter Gang unter dem be - deckten Weg an den Fuß der Contre-Scarpe / und Horizont des Grabens / ohngefehr von 8. oder 9. S. gemachet / alſo das drey Mañ neben einander aufgericht raumlich darinnen ab und aufwaͤrts gehen koͤnnen: Wenn nun bey dem Eingraben / ſo gleich hinter der Bedeckung auf der Glacis bey der Bruſt des bedeckten Weges geſchiehet / gute fette und dicke Exde gefunden wird / muß ſolche in der Hehe des Ganges nur halb rund ausge - hauen / und weder daßelbſt / noch auf den Seiten mit Bretern und Pfoſten aus gefuͤttert werden; Waͤre aber die Erde boͤſe und ſchlim / alſo / daß man ſich eines Einfallens befuͤrchte / muß der Gang oben und auf den Seiten wohl verwahret werden. Wenn nun die Sappe alſo fuͤr ſich biß an dem Fuß der Futter-Mauer verfertiget / muß ferner durch ſolche der Durbruch / und die Oeff - nung zu Abends-Zeit im dem Graben geſchehen / welches dann entweder / wie es dann bey einer ge - machten Sappe gemeiniglich geſchiehet / mit ei - ner Pet〈…〉〈…〉 rte am ſicherſten verrichtet wird / oder es kann die Durchbrechung der Contre Scarpe auch druch eine Mine geſchehen / welche zwar einen groſſen Bruch in die Contre-Scarpe machet / und ſolche gar uͤber einen Hauffen ſtoͤſſet / daß man mit zimlicher Fronte in dem Graben kommen kan; Aber es iſt dergleichen Druchbruch auch ſehr ge -faͤhr -583[585]Von Verfertigung der Sappen ꝛc. faͤhrlich / eines Theils / daß die Mine / wann ſolche in ihrer Cammer aufs beſte nicht verwahret / leicht kan zu ruͤcke ſchlagen / und die Futter-Mau - er umbeſchaͤdiget laſſen / andern Theils wann ſolche gleich ihren rechten Effect erweiſet / kan ſie doch den ataqvirenden Theil in ſeinen eigenen Poſten durch die in die Hoͤhe geſprengte Steine und Erden groſſen Schaden thun / welches dann billig in Conſideration zu ziehe / u. man ſich bey der - gleichen Faͤllen wohl inacht zunehmen hat. Weñ der Druchbruch druch die Futter-Mauer mit ei - ner Petarde geſchehen ſoll / muß ein ſehr ſtarckes und mit Eiſen-Creutze weiß wohl beſchlagenes viereckigt Matrill-Bret hirzu genommen / die Pe - tarde daran in dem Gang der Sappe wohl an - geſpreitzet / und der Gang an ſich ſelber zuletzt ſtarck außgefuͤttert werden / damit ſolcheꝛ von dem Schlage der Petarde nicht verfalle; Es ſoll auch die Petarde an ſich ſelber eine lange Brandroͤhre haben damit man Zeit genug habe / ſich zu rete - riren. So bald nun der Schlag der Petarde geſche - hen / und ein guter Bruch durch die Contre-Scar - pe gemachet worden / muͤſſen hirzu gewiſſe Com - mandirte in dem Graben eindringen / welche dann weil es bey dergleichen Action ſehr warm pfleget herzugehen / mit Ruͤck - und Bruft-Stuͤcken / in - gleichen auch mit Caſqveten nebſt dem bẽhoͤrigen Gewehr / als Musqvetonen / Hand-Granaden / Morgenſtern / Sturm-Spitzen / Senſſen und dergleichen / ſollen verſehen ſeyn / damit ſie denO o 5au -584[586]Das VII. Cap. auf laurenden Feind koͤnnen mit Force repouſſi - ren / und alſo den neuen Poſten mainteniren: Dar - nach folgen gleich andere Commandirte mit Hau - en / Schaffeln / Faschinen / Blendungen / Schantz - Koͤrben / Sand und Woll-Saͤcken / damit man ſich bald in Fronte und Flanqve auf dem Horizont des Grabens bedecken und einſchneiden koͤnne: So muͤſſen auch nach dem Schlag der Petarde alle Linien und Baterien auf die feindliche Wer - cke continuirlichen Feuer geben / biß man ſich in dem Graben recht feſte geſetzet / wohl bedecket / und nach Gelegenheit gallerien gemachet / damit der Feind den eigedrungenen in dem Graben nicht ſonderlichen koͤnne Schaden thun / oder ſol - che gar nicht wider zu ruͤck treiben koͤnne. Geſtalt dann vor der paſſirung in Graben alle feindliche Defenſiones / und ſonderlich alle Flanqven ſo viel nur immer moͤglichen / muͤſſen ruiniret / und un - brauchbar gemachet werden. Falls aber die Pe - tarde keinen ſonderlichen Bruch und Oeffnug in die Contre-Scarpe gethan haͤtte / muß man mit Eiſen und andern hirzu beqvemen Inſtrumenten die Oeffnung groͤſſer machen / damit man fuͤg - lich in dem Graben kommen und mit Hauſſen ein dringen koͤnne.

(2.)585[587]Von Verfertigung der Sappen ꝛc.

(2.) Frage. Was zuthun und wie ſoll man uͤber die Graͤben paſſiren / wenn die Brechen mit Minen muͤſſen gemachet wer - den / und die Graͤben gantz voll Waſſer ſind?

Wenn der Haupt-Graben ganß voll Waſſer iſt / und die Breche gewiſſer Urſachen halber noth - wendig muß mit Minen gemacher werden / da von in folgenden mehrere Meldung geſchehen ſoll / muß man zuſehen / ob man das Waſſer im Gra - ben / es mag fließend oder ſtehend ſeyn / durch Ab - graben trockẽ mache koͤñe / Gehet nun der Handel an / daß der Graben trocken wird / und iſt ſonſt kei - ne Horizontal-Defenſion am artillerie in denſel - ben / ſoll man drey Sappen und Gallerien neben einander indem Graben fuͤhren / ſolche als capon - niren uͤber dem Boden des Grabens unter guter und ſtarcker Bedeckung oben und auf den Sei - ten biß an die Mitten der Bollwercks-Facen fort - ſetzen / worunter die mittlere Gallerie vor die Sicherheit der Mineurs mit ihren Inſtrumenten dienen ſoll / in den andern aber zu beiten Seiten muͤſſen Commandirte Leute ſeyn / ſo die Mineurs fuͤr allen feindlichen Ausfaͤllen beſtens beſchuͤtzen ſollen: Waͤre aber in einem ſolchen abgezapfften Graben Horizontal-Defenſion an Artillerie fuͤr - handen / ſo iſt es ſicherer / das man nur eine Sap - pe und Gallerie unter der Erden wohl unterbauetbiß586[588]Das VII. Cap. biß an die Facen der Bollwercke fortfuͤhre / mit Bruch-Zeiche / wann die Scarpe gemauret / ein - breche / und ſo viel moglichen zur Mine eine Oef - fnung mache. Kan aber der Waſſer Graben nicht trocken gemachet werden / muß man ent - weder durch eine Sappe und Gallerie auch unter der Erden im Graben wohl unterſtuͤtzet und tief genug biß an die Wercke der Feſtung fortgehen / oder / wenn das Waſſer im Graben ſtehend und nicht ſehr tief iſt / der Graben auch nicht gar zu breit / muß man mit Einwerffen allerhand Sachen / als Faſchinen / Faͤſſer / Schantz-Koͤrbe / gefuͤlte Saͤcke und dergleichen einen Damm uͤber denſelben von ohngefehr 24. S. breit / und etwan 2. oder 3. S. hoch uͤber das Waſſer machen / und auf demſelden / und zwar auf der Seiten / wo von man mit Canonen kan beſchoſſen werden / eine von 7. S. hoch Schußfreye Bruſt und Gall erie biß an die Facen fortfuͤhren / wann nur ſolche auf der andern Seiten / wo keine ſonderliche Gefahr zubefuͤrchten / mit ſtarcken doppelten Bretern und Blendungen / in der Hoͤhe aber mit ſtarcken Bal - cken wohl bedecket iſt. So kan man auch auf dem Damm eine gantz hoͤltzerne Gallerie machen / es muͤſſen aber die Joch und Gebuͤnde zu vorhero von den Zimmer Leuten alſo zugerichtet / und alle Stuͤ - cke wohl bezeichnet ſeyn / das man hernach bey fin - ſtere Nacht ohne Weitlaufftigkeit und groſſes Gepoltere ſolche zuſammen bringen koͤnne zu ei - nem ieden Joch nun gehoͤren 5. Stuͤcke / als 2. Staͤndte /587[589]Von Verfertigung der Sappen ꝛc. Staͤndte / 2. Unter-Balcke / 2. Ober-Balcke / u. 4. Zwerch-Hoͤltzer oder Baͤnde. Die Bande ſind et - wã 7. S. hoch / von welchẽ hernach untẽ in die Un - ter-Blacken ein halber S[.]eingezapffet wird. Die Ober-Balcken / welche 6. oder 7. Z. dicke ſeyn muͤſ - ſen / weꝛden am Ende auf beiden Seiten zur Helffte ausgehauen / etwan auf einen halben S. lang / damit die Staͤndte eingezapffet werden koͤnnen / iedoch muß ſolches ohne Zwang geſchehen / damit es / wie geſaget / bey der Nacht / ohne klopffen und Schlangen ſtille zu gehen moͤge. Die Laͤnge der Zwerch-Hoͤltzer kan etwan 10. S. ſeyn / nach dem man die Gallerie weit oder enge haben will / darnach muß man auch eine gute qvantitætſtar - cker doppelter Breter im Vorrath haben von 5 biß 6. Ellen lang / das ſie einen halben S. laͤnger ſind / als die Joch von einander ſtehen / damit ſie an beiden Enden auf die Joch koͤnnen ange - bohret werden / in welchen Fall man ſich allent - halben nur eines einigen Bohres alleine / und alſo einerley Hoͤltzerner Naͤgel bed enen ſoll / umb beſſerer Bequemlichkeit willen: Mit dergleichen Bretern nun wird die Gallerieauf den Seiten beſchlagen / und oben beleget ohne ſonderliche Befeſtigung / daß ſie nuꝛ nicht abglitſchen koͤnnen. Wenn ein Joch aufgerichtet / und mit Bretern beſchlagen iſt / ſo bewirfft man die Seiten ſo dick mit Erden / oder ſetzet ausgefuͤlte Santz-Koͤrbe herumb / damit ſolche fuͤr einen zunlichen Cano - nen Schuß moͤge frey ſeyn. Oben auf die Deckewird588[590]Das VII. Cap. wird auch etwan 3. S. hoch Erden geworffen / damit die Granaden und ander Feuer-Werck nicht ſo leicht darauf hafften koͤnnen: Dieſen be - deckten Gang nun continuiret man den geraden Weg auf dem gemachten Damm biß an die Fa - cen, damit man hernach ohne ſondere Gefahr zu dem Miniren kommen / und den Anfang machen koͤnne; Wie wohl / die Wahrheit zu ſagen / man ſich dergleichen hoͤltzern Gallerien heute zu Tage wenig mehr bedienet / weil es darmit nicht alleine etwas langſam / ſondern auch gefaͤhrlich zugehet / dahero es mit der erſten Manier am meiſten zu halten iſt. Wenn aber das Waſſer im Graben flie ſſend / oder auch der Graben voll ſtehend Waſ - ſer gar ſehr breit und tief iſt / ſoll man die Mineurs mit wohl bedecktem Fahr-Zeug und ſchwimmen - den Bruͤcken uͤber den Graben bey Nachts ſetzen / ihnen allerhand Nothdurfften und Bedeckungen gleich mitgeben / damit ſie ihr Deſſein um ſo viel beſſerer und ſicherer verrichten koͤnnen: Worbey zu mercken / daß / wenn die Scarpe gemauert / man vor dem Uberſetzen der Mineurs ſolche mit gro - ben Geſchuͤtz / um die Gegend / wo zur Mine ſoll eingebrochen werden / eine ziemliche Oeffnung / ſo viel moͤglichen / machen ſolle / damit alles leichter und geſchwinder hernach zugehen moͤge / auch muͤſſen die Auſſenwercke und Raveline zuvor ero - bert oder gantz ruiniret ſeyn / damit der Feind die Paſſage uͤber dem Graben nicht wohl mehr ver - hindern koͤnne.

(3.)589[591]Von Verfertigung der Sappen ꝛc.

(3.) Frage. Was zu thun / und wie ſoll man - ber einen Graben paſſiren / welcher ſehr breit und trocken iſt / in der Mitten aber ei - ne tiefe Cuvette mit Waſſer hat / auch ſonſt an Horizon-Defenſion von Artillerie und Infanterie hinter einer Bruſt wohl verſehen iſt?

Bey dergleichen Graͤben / ſo nach meiner Mey - nung gemachet ſeyn / iſt es ſchwer eine particular Paſſirung fuͤrzunehmen / und ſind auch die Minen uͤbel anzubringen / dahero die Brechen nothwen - diger Weiſe mit Canonen muͤſſen gemachet wer - den. Was die Sappe anbelanget / darff man nur eine machen / man gehet aber von ſelbiger aus unter dem bedeckten Weg lincks und rechts in das Erdreich / und leget nahe an die Futter-Mau - er zwey Minen-Cammern an / deren Effect ſeyn muß / die Contreſcarpe auf eine ziemliche Diſtanz, ob es gleich gefaͤhrlich / voͤllig in den Graben zu ſtuͤrtzen / damit die Sturm-Lauffer / wenn bereits auch an den Haupt-Wercken groſſe Breche ge - machet worden / mit breiter Fronte und groſſem Nachdruck zugleich koͤnnen in Graben einlauffen / die Cuvette, wenn ſolche von der Mine nicht er - ſchuͤttet / mit Faſchinen vollends ausfuͤllen / die nie - drige Bruſt im Graben gleich erſteigen / die Garni - ſon daſelbſt nieder machen / und denn den Sturm mit gutem Effect uͤber die Haupt-Breche fortſe -tzen /590[592]Das VII. Cap. tzen / und darauf Poſto faſſen; Und dieſes alles muß mit einer nachdruͤcklichen und furioͤſen Ata - que mit dem Degen in der Fauſt geſchehen / weil es viel Blut ſonſt koſten wuͤrde / wenn ſich der Feind erhohlen / und auf ſeinen vortheilhafften Poſten in Graben mainteniren ſolte; Dahero bey ſo geſtalten Sachen es beſſer / etwas an Mann - ſchafft in geſchwinder Eil verliehren / und doch zu ſeine Zweck kom̃en / als langſame u. muͤheſelige A - taquen fuͤhren / und doch wohl endlichen in der Haupt-Sache nach Wunſch nicht reuſſiren. Jn zwiſchen muͤſſen die andern Linien und Baterien auf dem Glacis, weil die Beſtuͤrmer noch unten im Graben ſind / tapffer Feuer geben auf alle hohe Li - nien und Wercke der Feſtung / auch nach Gelegen - heit Bomben und andere Feuer-Kugeln in die Stadt werffen / damit die Garniſon diſtrahiret / und von nachdruͤcklicher Defendirung des Gra - bens abgehalten werde; So bald aber die Be - ſtuͤrmer auf die Breche des hohen Walles kom - men / muͤſſen die zuruͤck gelegenen Linien und Bate - rien mit Schieſſen inne halten / damit ſie nicht ihre eigene Leute bleſſiren und toͤdten; Unter deſſen muß bey dem Sturm Force auf Force gebrauchet werden / damit man den erſtiegenen Poſten main - teniren / und weiter gluͤckliche Progreſſen machen koͤnne / davon im Folgenden ſchon mit mehrem wird gehandelt werden.

(4.)591[593]Von Verfertigung der Sappen ꝛc.

(4.) Frage. Was hat in Gegentheil ein Com - mendant zu thun / und wie ſoll er einen Waſſer Graben defendiren / wann der Feind ſolchen auff was Weiſe es auch ſey paſſiren will?

Es iſt gewiß / daß ein Waſſer Graben nicht ſo wohl zu defendiren iſt / als ein trockener / und kan ſolcher von einer groſſen Garniſon nicht gewalt - ſamer defendiret werden / als von einer kleinen / weil keine infanterie indem Graben kan gefuͤhret / und daſelbſt bedecket werden / aus dem Hand - Gewehr gute Horizontal-Defenſion zuthun / wel - che doch bey verwahrung der Paſſage ſehr noͤthig waͤre / und vielmehr ausrichten wurde / als wenn die Garniſon alleine auff den Waͤllen bleiben / und von der Hoͤhe den Graben defendiren muß: Jſt nun keine wohlgeordnete Horizontal-Defenſion an A[r]tillerie auch fuͤrhanden / umb ſo viel deſtowe - niger kan ein ſolcher Waſſer-Graben recht be - ſtrichen / und von den Uberſetzen des ataquirenten Feindes mit guten Effect beſchuͤtzet werden; da - hero denn bey dergleichen Graͤben ſonderlich wohl zu obſerviren iſt / daß man ſo wohl in der Courtine als Flanque inwendige Gallerien anlege / umb aus denſelben nach Gelegenheit und im Fall der Noth mit Infanterie, als Artillerie ſolche tapffer koͤnnen zu beſtreichen / und des Fein des Arbeit zu ruiniren / wenn er etwan Daͤmme und Gallerien in dieſelbeP pzu592[594]Das VII. Cap. zu ſeiner Paſſage machen wolte / geſtalt man denn auch von dem hohen Wall Brand - und andere Feuer-Kugeln auf ſelbige werffen / und / ſo viel moͤglichen / ſie verbrennen ſoll / und muß man durch ausgeſteckte brennende Pech-Pfannen die gantze Nacht durch an allen Winckeln der Wer - cke Feuer haben / damit man ſonderlich im Gra - ben allezeit ſehen koͤnne / was des Feindes Vorha - ben und Uuternehmen ſey; Jngleichen ſoll ein Commendant die Artillerie und Infanterie ſo nie - drig bringen / als es ſich will thun laſſen / weil es einmahl gewiß und die Erfahrung gnugſam be - zeuget / daß eine durchgaͤngige Horizontal Defenſi - on zu Beſchuͤtzung der Graͤben groſſes Wun - der thut.

(5.) Frage. Wie ſoll dann ein Commandant ei - nen gantz trockenen Graben / oder auch denjenigen / worinnen in der Mitten eine Waſſer Volle luvette iſt am beſten defendiren

Wenn der Graben bey einer belagerten Fe - ſtung trocken iſt / ſoll ein Commendante in die Ge - gend herum / wo die feindliche Ataque gefuͤhret wird / unten im Graben an der Contreſcarpe eini - ge Gruben und Puits von ohngefehr 12. oder mehr S. tief laſſen m[a]chen / und darein ſo wohl Tags / als Nachts Wachten beſtellen / welche gute Auf - merckung haben ſollen / um welche Gegend derFeind593[595]Von Verfertigung der Sappen ꝛc. Feind ſeine Sappen oder Minen mache / und ver - hoffentlich durch die Futter-Mauer gedencke durchzubrechen; Wenn nun die Gegend erfor - ſchet / wo der Feind unter dem bedeckten Wege ar - beite / ſoll man von oben durch denſelben bey mei - ner andern Bruft / eine geringe Oeffnung und endlichen ein Loch mit einem Erd-Bohrer ma - chen / darein continuirlich Waſſer / oder andere ſtinckende Sachen bringen / damit der Feind ſich weiter darinnen nicht halten / noch ſein Deſſein ſo bald ausfuͤhren koͤnne: Die Unter-Grabung der Sappe, oder der feindlich gemachten Minen unter dem bedeckten Weg / wodurch man ſolche gaͤntz - lich ruiniren / und uͤber einen Hauffen werffen koͤnte / iſt nicht wohl zu rathen / weil man nur hier - durch dem Feinde ſelbſt eine Breche machte / deren er ſich zu Ausfuͤhrung ſeiner Ataque hernach mit Vortheil wohl bedienen koͤnte / maſſen er das we - nige Volck / ſo er hierbey verlohren / nichts wuͤrde achten / und nur um ſo viel behertzter und ſtaͤrcker ſich erweiſen / ſein Vorhaben mit Nachdruck aus - zufuͤhren / welches denn ihme gar nicht zu ſchwer fallen wuͤrde / wenn man gleich ſolche Breche wie - der alſobald bewerffen und verdecken wolte / maſ - ſen er ſich nunmehro wuͤrcklichen auf der Bruſt des bedeckten Weges / und alſo in der Naͤhe einlo - giret / und Poſto gefaſſet hat. Koͤnte man aber dem Feinde das Durchbrechen durch die Contre - ſcarpe auf keinerley Weiſe verwehren / oder waͤreP p 2ſchon594[596]Das VII. Cap. ſchon bereits im Graben eingangen / und wolte nun anfangen ſich in demſelben zu verſchantzen / ſo muß eine ſtarcke Garniſon mit 1. biß 2000. Mann zu beyden Seiten einen Ausfall in dem Graben thun / die feindliche Bedeckungen einreiſ - ſen / an brennen / und den Feind / ſo viel nur moͤgli - chen / repouſſiren / die Sappe und den Durchdruch wider vermachen / und daſelbſt Tags und Nachts ein wachend Auge haben / welches Unterfangen denn man mit wenigem Volcke nicht fuͤrnehmen ſoll / damit man nicht den Kuͤrtzern ziehe / der Feind allzu geſchwind die Haupt-Wercke erreiche / und ſelbige entweder mit den Minen zum Sturm oͤeff - ne / oder wenn ſchon mit den Canonen Breche ge - ſchoſſen / die ſelbe nicht gleich erſteige / und darauf Poſto faſſe. Eine mittelmaͤßige Garniſon kan im Boden des Grabens mit verdeckten Abſchnitten Fuß fuͤr Fuß an den Feind ſich halten / ſeine Paſſage mit Feuer geben / und Granaden werffen ober der Erden und mit minen unter der Erden zuruͤck ſtel - len / die Arbeiter unverhofft uͤberfallen / ermor - den / verjagen / und endlichen die Arbeit wieder einreiſſen / verbrennen / und die Sappe aufs beſte vermachen. Eine kleine Garniſon, wie auch die andern alle / kan die Paſſage dem Feinde uͤber einen trockenen Graben nicht beſſer verwehren / als wenn ſie an dem Ort / wo der Feind uͤberſetzen will / eine Cuvette oder falſchen Graben / wenn ſol - cher auf meine Manier nicht etwan ſchon fuͤrhan -den /595[597]Von Verfertignug der Sappen ꝛc. den / in der Mitten des Haupt-Grabens und hin - ter demſelben eine verpalliſadirte Bruſt machet / ſolche oben in Form halber Caponnieren fuͤr den Hand-Granaden bedecket / und daraus den Gra - ben nebſt wohl angelegter Horizontal-Artillerie in Flanc und Fronte tapffer beſchuͤtzet und beſtrei - chet. Oder wenn dieſes nicht koͤnte ins Werck ge - ſetzet werden / muß eine kleine Garniſon viel Stein-Hauffen hin und wieder in dem Graben legen / ſolche oben mit Erden bedecken / und denn / wenn der Feind daſelbſt etwas tentiren / und uͤber dem Graben paſſiren wolte / darauf mit Stuͤcken tapffer loß ſchieſſen / damit die Steine in groſſer Quantitaͤt herum ſpringen / und mercklichen Schaden thun moͤgen. Deßgleichen ſoll keine ein - tzige Garniſon bey Gelegenheit / und wenn es die Noth erfordert / unterlaſſen / viele Bomben / Hand-Granaden / und andere Feuer-Kugeln con - tinulrlichen in dem Graben zu werffen / Cartaͤtz - ſchen zu ſchieſſen / und Sturm-Pfloͤcke und Faͤſſer von dem Wall ablauffen zu laſſen / damit man den Feind / ſo viel moͤglichen / vertreiben / von fer - nerm Sturm abhalten / und ſeine gemachte Ar - belt ruiniren moͤge / wodurch denn die Zeit gewon - nen / und viel Unkoſten und Gefahr dem Feinde aufs neue gemachet / auch ein Ort alſo laͤnger er - halten / und wohl gar von aller Noth wieder be - freyet wird.

P p 3Das596[598]Das VIII Cap.

Das VIII. Cap. Von Brech machen mit Ca - nonen und Granaden, was hierbey der ataquirende Theil in acht zu nehmen / und wie hingegen ein Commendant ſol - ches Brech machen verwehren / und ſich darwider beſtens defendi - ren ſolle.

(1.) Frage. Auf wie vielerley Weiſe werden die Brechen gemachet / und bey was fuͤr Wercken werden ſolche recht angebracht?

DAs Brech machen kan auf dreyerley Weiſe geſchehen / nemlichen mit Canonen, mit Wall-Granaden / und mit Minen: Die erſte Ma - nier iſt die gemeineſte / und auch die ſicherſte / wie - wohl es etwas langſam damit zugehet / und wird gemeiniglich gebrauchet / wenn die feindlichen Wercke von ſteinigten und ſandigten Boden er - bauet / außwendig mit Steinen revetiret / oder auch unrevetiret ſind / und eine geringe Boͤſchung haben / auch ſonſt wegen des Waſſers / Moraſtes oder Felſen die Wercke mit Minen nicht koͤnnen geſprenget / oder ſolche ſonſt wegen groſſer Ge - fahr / der befindlichen Gallerien, Contreminen, und hohlen Bollwercken / und anderer Urſachenhalber597[599]Von Brech machen mit Canonen ꝛc. halber nicht wohl angebracht werden. Mit Gra - naden aus Haubitzen und Canonen koͤnnen die feindlichen Wercke geſprenget werden / wenn ſie von auſſen nicht revetiret ſind / gute Erde und eine ſtarcke Boͤſchung haben / worbey man aber die rechten Minen nicht wohl anbringen kan. Die mi - nen machen in kurtzer Zeit eine groſſe Breche ohne ſondere Unkoſten / nur daß Anfangs eine groſſe Ge - fahr darbey / ehe die mineurs ſich koͤnnen an die feindlichen Wercke anhaͤngen / u. darein ein wenig zu ihrer Bedeckung ſich eingraben / werden gemei - niglich gebrauchet / wenn die feindlichen Wercke von guter Erde erbauet / Maſſiv, und nicht unten gewoͤlbet ſind / und auch ſonſt keine ſonderliche Verhinderniß oder Urſache fuͤrhanden / ſolche an - zubringen / wovon im Folgenden ſchon mit meh - ren und weitlaͤufftig ſoll gehandelt werden. Sonſt wenn man groſſe Kauff - und Handels - Staͤdte / die wohl befeſtiget ſeyn / mit einer Cere - monial-Ataque nicht wohl einſchlieſſen / und mit gutem Effect Breche machen kan / muß der ataqui - rende Theil deren Zugaͤnge von weiten nur wohl bloquiren / die Stadt aber an ſich ſelbſten mit Feuer und Bomben Tag und Nacht beaͤngſtigen / damit die ſchoͤnen groſſen Haͤuſer und beſten Effe - cte im Feuer und Rauche aufgehen / ſo werden die reichen Jnwohner bald zur Raiſon gebracht / zu - mahl wenn keine ſonderliche Garniſon in denſel - ben fuͤrhanden / und das Ober-Commando nurP p 4bey598[600]Das VIII. Cap. bey den fuͤrnehmſten Buͤrgern beſtehet / auch ſich ſonſt keines ſonderlichen und gewiſſen Succurſes zu getroͤſten haben.

(2.) Frage. An welchen Wercken und Oertern einer Feſtung ſoll man denn heute zu Tage die Brechen machen?

Vor Alters ſind die Brechen mehrentheils ge - machet worden auf die Mitten der uͤberlaͤngten Courtinen und Thore / ſo zu beyden Seiten gerin - ge Flanquirungen gehabt: Heute zu Tage aber / da die Courtinen viel kuͤrtzer / und die Flanquen der Bollwercke auch groͤſſer und ſtaͤrcker ſind als ſonſt / ſo werden die Brechen gemeiniglich an den Facen der Bollwercke gemachet / weil ſolche am meiſten in das Feld heraus gehen / und nicht ſo wohl in der Naͤhe / als die Courtinen von den Flan - quen koͤnnen beſtrichen und defendiret werden; Wie wohl ſolches auch nicht allezeit heute zu Ta - ge geſchehen darff / denn wenn die Baſtionen ziem - lichen groß und ſtarck / auch inwendig mit andern Wercken und Abſchnitten wohl verſehen ſind / al - ſo / daß ſie gar zu viel Zeit und Volck zu erobern ko - ſten moͤchten / ſo kan auf ſolchen Fall auch noch wohl zu dieſer Zeit die Courtine, ob ſie wohl kurtz und klein iſt / angegriffen / und in ſolche Naͤhe bey der Flanque eines Boͤllwercks Breche gemachet / beyde anliegende Flanquen aber zuvor ruiniret / o - der doch gegen die weit entlegneſte bey demSturm599[601]Von Brech machen mit Canonen ꝛc. Sturm ein ſtarcker Damm und Bruſt gemachet / und alſo die Breche gluͤcklichen beſtiegen / und ero - bert werden / welches alles / als eine Sache von groſſer Wichtigkeit zu vorhero muß wohl uͤberle - get / und hernach mit Nachdruck effectuiret wer - den / damit man von dem Unternehmen keinen Schimpff und Schaden haben moͤge.

(3.) Frage. Wie ſollen dann die feindlichen Mauren und revetirten Wercke von ge - ringer Erde mit Canonen beſchoſſen und gefuͤllet werden?

Ob wohl die Eroͤrterung ſolcher Frage hieher nicht eigentlich / ſodern viemehr zu der Buͤchſen - meiſtrey gehoͤret / ſo habe doch nicht unterlaſſen wollen / auch hirvon in dieſen Buch einigen Be - richt zu theilen / weil daran ſehr viel gelegen / und im uͤbrigen die Fortification mit der Wiſ - ſenſchafft der artillerie ſo ſehr verwand iſt / das ei - ne ohne die andere nicht wohl ſeyn kan / will man anders etwas fruchtbarliches ausrichten. Wann demnach ein Wall von ſteinigter oder ſandigter Erden erbauet / und von auſſen revetiret iſt / wie ſolches nothwendiger Weiſe ſeyn muß / ſoll man das Mauer-Werck entweder in der Mitten der Facen perpendiculariter mit Canonen beſchieſſen / maſſen dergleichen Schuͤſſe die Mauern am nachdruͤcklichſten antaſten und erſchuͤttern / und zwar ſolches in der Mitten zuerſt ſuchen zu durch -P p 5loͤchern /600[602]Das VIII. Cap. loͤchern / damit die obere Laſt zu ſamt der Bruſt - wehr deſto eher nachfalle / oder man kan die Spitze des Bollwercks nur in der Mitten mit Canonen ruiniren / ſo die ſteinigte oder ſandigt Erde bald nach ruͤtzſchen / und in den Strum einen bequemen Aufgang zur Breche machen / welches dann nicht alleine bey revetirten ſandigten Wercken / ſon - dern auch bey bloſſen Mauern ohne Crde muß in achtgenommen / und ſolche in der Mitten / oder wohl gar nach Gelegenheit am Fuſſe angegriffen werden: Denn die Mauern von harten Bruch - Steinen ſind an einer Feſtung am leichteſten zu - faͤllen / in dem ſie ſich geſchwinde von einander loß - geben / und gantze Steine bey den Schießen da - raus wegſpringen / und ſo bald nur ein klein Loch in die Mauer gebrochen iſt / ſo ſind die andern Steine auch bald zufaͤllen. Die Mauern ſo von weichen Werck-Stuͤcken gebauet / ſind uͤbel zu - beſchieſſen / dann man kan ihnen weder mit Ort / noch Creutz-Schuͤſſen etwas thun / ſonderlichen wann die Ecken mit eiſern Klammern zuſam - men verbunden ſind / will man aber etwas an ihnẽ faͤllen / ſo muß man alles mit groſſen Haupt - Stuͤcken thun / und mit vielen Schuͤſſen ent - weder zugleich / oder continuirlich auf einander ſolches verrichten. Die Mauern und Bruſt - wehren / ſo von ſtarcken Ziegel-Steinen gemachet / ſind am uͤbelſten Zufaͤllen / indem die Stuͤck - Kugln kein ſonderlich Loch dareln machen / auchdieſe601[603]Von Brech machen mit Canonen ꝛc. dieſe Steine nicht wie die andern ausſpringen / dahero man dergleichen Mauern von beyden Sei - ten gar Schrege mit Feld-Stuͤcken und viertel Carthaunen zuſammen ſchießen / und dann von vorne gerade und perpendiculariter mit halben Carthaunen und ſchweren Baterie Stuͤcken an - greiffen muß. Wenn in den Mauern / Geboͤlber und Gallerien ſind / ſo man mit Stuͤcken umb diſe Gegend beſchieſſen kan / ſoll man etliche ſchwere Stuͤcke zugleich auf ein Centrum allein richten / und ſolche zu einer zeit und moment abbrennen / ſo muß die Mauer / ſie mag auch von was vor Steinen erbauet ſeyn / bald ein Loch bekommen / und das Gewoͤlbe uͤber einen Hauffen fallen.

(4.) Frage. Wie ſollen dann die revetirten oder unrevetirten Wercke von guter Erden / ſie moͤgen eine geringe oder ſtarcke Boͤſchung haben / mit Canonen beſchoſſen / und mit Granaden geſprenget werden?

Wenn ein Bollwerck / ſo von guter Erden er - bauet / und auswendig revetiret iſt / mit Ca - nonen ſoll beſchoſſen werden / muß man von bei - den Seiten die Schaͤrffe und Ecken der Boll - wercke faſſen / und die Schuͤſſe neben einander richten / ſo kan man großen Schaden thun / dann mit geraden ein Schießen richtet man bey ſol - chen Wercken nicht viel auß. Einen Wall von bloſ -ſer602[604]Das VIII. Cap. ſer guter Erde / und ſo darbey eine gute Boͤſchung hat / muß man in der Hoͤhe nach und nach von der Bruſt angreiffen und mit continuirlichen ſcharf - fen Schießen faͤllen / oder auch ſolchen aus Hau - bitzen mit großen Granaden ſprengen; Wie wohl die Bollwercke / ſo von Erden und Faſchinen zu - gleich erbauet ſind / mit Granaten beſſer und eher / als mit Canonen zu ruiniren ſind / / maßen eine Granade in der Erden mehr Effect thut / als 10. andere Stuͤck-Kugeln / es waͤꝛe dann daß deꝛ Wall eine geringe Boͤſchung habe / oder mit Faſchinen und Plack-Werck gaͤhling in die Hoͤhe gefuͤhret waͤre / auf ſolche Weiſelkan man auch mit Canonen Schießen alleine dergleichen Wall faͤllen / zumahl wenn man dafuͤr drey Baterien anleget / da die Mittlere die groͤſte iſt / und die ſchwerſten Stuͤcke hat / auch den Wall perpendiculariter beſchießen kan / die zwey neben Baterien aber nicht groß ſind / auch keine ſchwere Stuͤcke fuͤhren / woraus der Brech-Punct nur Seiten waͤrts beſchoſſen / und die durch die mittlere Baterie erſchuͤtrerte Eꝛde her - aus geriſſen wird.

(5.) Frage Wie ſoll man dann die Courtinen / Cavalier und Caſematen beſchieſſen und ruiniren?

Die Courtinen wohl zubeſchieſſen / muß man zu erſt an der Bruſt anfangen / ſonderlich aberbey603[605]Von Brech machen mit Canonen ꝛc. bey den Schieß-Scharten / und ſo weiter unter ſich gehen / weil man ſolchen mit den Streich - Schuͤſſen wegen der anliegenden Bollwerck-E - cken nicht recht beykommen kan. Die Cava - liers muͤſſen nicht zu niedrig / ſondern etwan in der Mitten an den Ecken mit Creutz-Schuͤſſen beſchoſſen werden / ſonſt wenn man ſie nur auf einer Seiten faſſen will / wird man ſolche ſchwer - lich faͤllen. Die Caſematen zu ruiniren muß man kurtz vor dieſelbe an die Courtinen-Mauer anſchieſſen / ſo gellet die Kugel in die Caſematte, als wenn man das Stuͤcke mit fleiß darein ge - richtet haͤtte; Wie wohl es am ſicherſten und be - ſten iſt / daß man ſolche gemauerte enge Wercke mit Bomben und Granaden ſuche zu ruini - ren / weil dieſe den groͤſten Schaden thun koͤn - nen.

(6.) Frage. Wie ſoll man dann die runden oder andern eckigten Thuͤrme mit Cano - nen beſchieſſen?

Bey allen Thuͤrmen und hohen Wercken insgemein / welche da ſollen ruiniret / und niderge - ſchoſſen werden / ſoll man fuͤr allen dingen ſehen / daß man zu erſt ihre Bruͤſtwehren und Schieß - Scharten zu nichte / und unſicher mache / damit man keiner ſonderlichen Gefahr ſich dahero auf einigerley weiſe zu befuͤrchten haͤbe. Nach die -ſem604[606]Das VIII. Cap. ſem wenn man einen viereckigten Thurm / ſo frey ſtehet mit Canonen ruiniren will / ſoll man ſolchen mit Creutz-Schuͤſſen an den Ecken wohl faſſen / weil darinnen des Thurms meiſte Force beſte - het / und nach deren Ruinirung ſich leicht von ei - nander begiebet. Einen runden Thurm muß man zwiſchen den Schieß-Loͤchern angreiffen / oder in der mitten an einem Fenſter gegen einan - der brechen / oder ſolchem mit Circular-Schuͤſſen unten beſchieſſen. Einen Thurm / ſo halb in der Ring-Mauer ſtehet / muß man zu beiden Seiten an den Winckeln / wo der Thurm und die Mau - ern zuſammen ſtoſſen / ergreiffen und faͤllen / wie wohl es langſam daher gehet. Wenn die Be - lagerte an die Thuͤrme und Mauern groſſe Woll - und Hopffen-Saͤcke / mit Heu oder Wolle angefuͤllet / oder Miſt und Holtzwerck haͤngen und machen ſolten / umb hierdurch die Schuͤſſe an ihren Wuͤrckungen zuverhindern / muß man nur mit gluͤenden Kugeln darnach ſchieſſen / umb ſolche ſo viel moͤglichen zu verbrennen und anzu - zuͤnden.

(7.) Frage. Wie ſind die Palliſaden / hoͤltzerne Bruͤcken / und Gallerien Staqveten / Spa - niſche Reuter / Gelaͤnder und Sturm - Pfaͤhle mit Canonen am beſten zu ruiniren?

Die605[607]Von Brech machen mit Canonen ꝛc.

Die Palliſaden / hoͤltzerne Bruͤcken und Galle - rien Staqueten / Spaniſche Reuter und Gelaͤn - der werden am beſten aus den Stuͤcken mit Stangen und Ketten Kugeln ruiniret und zuſam - men geſchoſſen; Die Sturm-Pfaͤhle koͤnnen auch alſo ruiniret werden / wie wohl ſolches beſſer mit Granaten aus Stuͤcken und Haubitzen ge - ſchehen kan.

(8.) Frage. Wie ſoll dann ein Commende dem Feinde das Brech-Schieſſen verwehren / und ſeine Stuͤcke und Baterien demontiren und ruini - ren?

Gleichwie ein kluger Commendant wegen das Anhengen der Mineurs an die Haupt-Wercke / wann ſolche von Feinde ſollen unterminiret / und mit Minen eine Breche gemachet werden / ſich wachtſam und tapffer halten ſoll / damit der Feind ſein Deſſein nicht leicht anfangen / weniger aber fortſetzen und ausfuͤhren koͤnne; Alſo und gleicher geſtalt ſoll ein Commendant bey Auffer - bauung der feindlichen Baterlen ſich mit groſſen Geſchuͤtz gleich anfangs tapffer hoͤren laſſen / damit er ſolches ſo viel moͤglichen verwehren / o - der doch auf einige Zeit verzoͤgern moͤge / weil das Brech machen an den Haupt-Wercken / es geſchehe ſolches mit Minen / oder Canonen / den Feſtungen mehr entheils den Halß bricht / daß ſieſich606[608]Das VIII. Cap. ſich bald darauf ergeben muͤſſen. Die feindli - chen Baterien nun am beſten zu ruiniren muß ge - ſchehen mit vielen und den groͤbſten Geſchuͤtz in einer Feſtung / und zwahr nicht alleine in Fronto aus den Facen und Courtinen / ſondern auch nothwendiger weiſe in Flanqve, weil dieſe Schuͤſ - ſe einer Baterie, ſie mag in gerader Linie / oder wie ein halber Mond / oder wie zwey ausgeſetzte Facen gebauet ſeyn / am meiſten von hinten und auf den Seiten zu Schaden thun koͤnnen / dahe - ro dann mit der groͤſten Raiſon alle diejenigen Flanqven an einer Haupt-Feſtung billig zuver - werffen ſind / welche entweder perpendiculariter noch erbauet / oder wenn ſie gleich geſchoben doch allzukurtz / die Facen aber allzulang ſind / oder wann die Flanqve mit Caſematten auf ihrer o - bern Defenſion abgeſchnitten / oder reteriret und geſencket oder in einer Rundung gebauet ſind / da nicht alle Stuͤcke zu Ruinirung der feindlichen Baterien auf dem Glacis oder ſonſt koͤnnen ge - brauchet werden / worinnen doch die groͤſte De - fenſion einer Feſtung mit beſtehet / und auch der hohen Flanqven fuͤr nemſter Zweck und Abſehen ſeyn ſoll / weil die Beſtreichung der Graͤben nur ſecundario aus den hohen Flanqven / primario a - ber ſolche aus einer Horizontal-Defenſion von artillerie und Hand-Geſchuͤtz herkommen ſoll und muß / will man anders ſich gebuͤhrender maſ - ſen und mit Nachdruck gegen die feindliche Ge - walt defendiren / und das Brechmachen mit Ca -nonen607[609]Von Brech machen mit Canonen ꝛc. nonen dem Feinde verwehren. Solten aber die einfachen Linien an den Facen und Flanqven der Bollwercke nicht zu langen wollen / ſo viel Geſchuͤtz zubegreiffen / damit des Feindes Bate - rien koͤnten entweder verwehret / oder wenn ſie erbauet / wider ruiniret und uͤber einen Hauffen geworffen werden / muß ein Commendant noch Contrebaterien hinter der Bruſt das Walles auffwerffen / und alſo gegen dem Feiad doppelte Baterien fuͤhren / damit er capable ſey Gewalt mit Gewalt recht zu vertreiben. So muß man auch viele und groſſe Moͤrſer an dem Ort der ataqve in einer Feſtung bringen / umb daraus viele Steine und Bomben auf die Baterien und Keſſel des Feindes zu werffen / und damit deſſen Wercke und grobes Geſchuͤtz zu ruiniren / und zu fernern Gebrauch untuͤchtig zu machen; Dann bey deſſen ſehr gefaͤhrlichen Zuſtandt muß an munition in der Feſtung nichts erſpahret wer - den / und ſoll man wohl zuſehen / daß man die Bruſtwehr und Schieß-Schartten / ſo viel moͤg - chen / gantz behalte / oder doch ſolche mit ſtarcken wohl ausgefuͤlten Schantz-Koͤrben beſetze / damit man das grobe Geſchuͤtz aufs beſte conſerviren / und ſich darmit in Fronte und Flanqve lange und tapffer wehren koͤnne zu einem mercklichen Schaden der Feinde.

Q qDas608[610]

Das IX. Cap. Von Miniren und Contre - miniren / was darbey ſo wohl der a - taquirende / als defendirende Theil in acht zu nehmen / und auf wie vielerley. weiſe nach Gelegenheit das miniren koͤnne verrichtet und gemachet / die Minen hinge - gen geſuchet / und mit guten Effect geſprenget werden.

(1.) Frage. Was iſt wegen der Perſohnen / ſo bey den miniren ſollen gebrauchet werden / in acht zu neh - men?

WEil das Miniren im Kriege und ſon - derlich bey Belagerungen ſehr gebrau - chet wird / und man darmit ohne weniger Unko - ſten in kuͤrtzerer zeit zu ſeinen Entzweck gelanget / als mit den Canoniren / ſo iſt es hoͤchſt noͤthig hier - von etwas weitlaͤnfftig zuhandeln / und von allen Stuͤcken und Begebenheiten ausfuͤhrlich Be - richt zu thun / indem man ſonſt wenig findet / die von dieſer wichtigen Materia etwas rechtes ge - ſchrieben. Was nun fuͤrnemlich die Perſonen anlanget / ſo man zu dergleichen importantenVer -609[611]Von Miniren und Contreminiren /Berrichtungen muß gebrauchen / maſſen dieſe gantze Kunſt in der Hand-Arbeit beſtehet / ſo iſt es loͤblich / wann bey groſſen Arméen gantze Com - pagnien Mineurs mit ihren Haupt-Leuten und andern Officiers gehalten und gebuͤhrend ver - pfleget werden / und dienen hierzu die Bergleute / Teich-Graͤber / Zimmerleute und Maurer am beſten: Hat man aber zu mahl bey kleinen Ar - méen keine gewiſſe Mineurs in Beſtallung / ſo muß man bey deren Beduͤrffnuͤß unter den Regi - mentern laſſen ausruffen / wer ſich zu dergleichen Arbeit freywillig will gebrauchen laſſen / mit dem Verſprechen nach eines ieden capacitaͤt und Dienſte gute Belohnung und Beforderung zu geben; Zu einer ieden Mine aber werden zum wenigſten 24. gemeine erfordert / ſintemahl es eine groſſe Strapazzo iſt unter der Erden zu arbeiten / und kan ein Mañ darunter an einem Stuͤck nach einander uͤber 8. Stundten nicht dauren / dahero drey partien unter den Arbeitern muͤſſen gema - chet werden / welche in 24. Stundten alle 8. Stundten einander abloͤſen / und alſo iede partio 16. Stundten ausruhen / und ſich wider erhohlen koͤnne / zugeſchweigen der Gefahr / ſo dergleichen Leute alle Augenblick unterworffen ſind. Man ſoll aber die Leute zu ſothaner muͤheſamen Arbeit nicht mit Gewalt zwingen / weil ſie dadurch nur verdroſſen / unluſtig / untreu und deſperat wer - den / auch endlichen gar uͤberlaͤuffer abgeben / wo - durch dann Verraͤtherey und HintertreibungQ q 2alles610[612]Das IX. Cap. alles heimlichen Vornehmens entſtehen kan[.]Vielmehr ſoll man die Leute hierzu mit guten Worten bringen / und ihnen eine gute und richti - ge Bezahlung geben / zu mahl wenn ſie in wuͤrck - licher Arbeit ſind / da man ſie nicht gantze Mona - the auf ihre Beſoldung ſoll warten laſſen / weil das Feld und Campagne keine Stadt u. ein Auf - fenthalt ihrer Bekanten iſt / von denen ſie aus Freundſchafft / und auf Credit einige Lebens - Mittel erhalten koͤnnen / ſo laͤſſet ſich auch der - gleichen ſchwere Arbeit nicht bey einem unver - ſorgten Magen / noch etwan bey Waſſer und Brot nur verrichten / weil die Kraͤffte und Luſt hierzu einem bald vergehen ſolten. Uber dieſes muͤſſen auch die Mineurs mit gebuͤhrenden In - ſtrumenten / und behoͤrigen Werckzeug / welches ſchmeidig und wohl geſtahlt ſeyn muß / verſehen ſeyn / damit ſolcher nicht alleine bey der Arbeit wohl daure und aushalte / ſondern auch ohne groſſes Gepoltere die Mauern koͤnnen durchbre - chen / und die Erde heraus gebracht werden / wel - ches letztere dann gemeiniglich durch lederne Ei - mer oder Schlaͤuche / oder mit Sand-Saͤcken und Koͤrben geſchlehet.

(2.) Fr61[613]Von Miniren und Contreminiren ꝛc.

(2.) Frage. Wie ſollen die Minen dem Grund - Riß nach insgemein wohl angeleget / und das Centrum zur Minen-Cammer recht geſuchet und getroffen werden?

Man muß zuvorhero die Situation der Feſtung und qvalitaͤt der Wercke / welche da ſollen unter - miniret und geſprenget werden / wohl betrachten / und ſich fuͤrſichtiglich entſchlieſſen / wie die Mi - nen / oder vielmehr das Centrum zu der Minen - Cammer recht zu treffen und anzulegen ſind / maſ - ſen hieran ſehr viel gelegen / damit die Mine ihren erwuͤnſchten und verlangten Effect thun / und Zeit / Muͤhe und Unkoſten nicht moͤgen vergeblich ſeyn; Dahero es am ſicherſten / daß man die gantze Mine mit ihrer Cammer und Gange nach dem verjuͤngten Maaß-Stab auf Pappier auf - reiſſe / ſolches auf ein Bretlein aufklebe / und ſich bey dem Eingraben unter der Erden in Laͤnge und Breite darnach richte / wie das Project ausweiſet / worbey man dann das Grundlegen und Ausſte - cken wohl verſtehen muß: Solte man aber das Vorhaben nachdem Abriß wegen ein und an - derer Urſacher / oder des Feindes Gallerien und Gegen-Minen / welches man durch Einbohren mit einem Erdbohrer von ohngefehr 6 S. lang / leicht erfahren kan / nicht koͤnnen fortſetzen / mußQ q 3man612[614]Das IX. Cap. man die Mine auf eine andere Manier zu vor in Grund legen / und ſich hernach mit dem Abſtecken darnach richten / und wird der Eingang zur Mi - nen gemeiniglich in der Mitten einer Facen ge - machet. Andere gebrauchen bey Verfertigung der Minen den Compaſſ und Magnet-Nadel / welches aber nicht allemahl recht zutreffen will / weil dieſelbe durch unerforſchliche Accidentien ſich unter der Erden bißweilen anders lencket / als uͤber derſelben.

(3.) Frage. Wo und wie ſollen dann die Mi - nen-Gaͤnge abwaͤrts und in gleicher Linie gemachet und gefuͤhret werden / und was iſt hierbey beſonders wohl in achtzu - nehmen?

Nachdem das Abſehen und Vornehmen iſt / die Minen anzulegen / auch der Horizont und die Gelegenheit der Wercke es erfordern / nachdem koͤnnen die Minen-Gaͤnge abwaͤrts / gerade / oder uͤber ſich gemachet und gefuͤhret werden: Wenn die Minen-Gaͤnge muͤſſen abwaͤrts ge - fuͤhret werden / als wie in einer Feſtung bey den groſſen Gallerien in den masſiven Bollwercken / koͤnnen ſolche in gerader Linie ſchrege abwaͤrts biß an die Bollwerck-Spitze unter der Erden ge - fuͤhret werden: Dergleichen ſchreger abwaͤrts Gang kan man auch bey der Sappe, oder wenn die Contreſcarpe von auſſen ſoll unterminiret wer -den613[615]Von Minen und Contreminiren ꝛc. den / alſo verfertigen / oder man kan zu erſt oben auf dem Glacis ein rundes Loch / von 9. S. weit in Diameter, und 3. S. tief perpendiculariter in die Erden / dann in der Mitten deſſelben obern Loches ein ander rundes von 6. S. in Diametro weit / und wider 3. S. tief in die Erden gleich un - ter ſich / und endlich abermahl ein ander rundes Loch in das vorige von 3. S. in Diametro weit / uñ 3. S. tief machen / ſo ſtehet man in allen 9. S. tief perpendiculariter in der Erden / welche Abſaͤtze dañ zum Ab - und Auffſteigen dienen koͤnnen / und brauchet man hierbey keiner Unterbauung. Wenn nun die Contreſcarpe, oder ein ander Werck nicht hoͤher oder tiefer als 9. S. were / ſo darff man den Minen-Gang nur in gerader Li - nie von dem perpendicular Eingraben an gantz Waſſer recht unter der Erden fortſetzen; Were aber die Contreſcarpe noch tiefer / muß man den Minen-Gang Berg ableiten biß an die Grund - feſt und dem Fuß der Contreſcarpe. Dieſer Mi - nen-Gang nun / wenn er alſo abwaͤrts muß in einem Wercke gefuͤhret werden / darff weiter nicht als 3. S. noch hoͤher als 5. S. ſeyn. Jſt nun die Erde nicht die beſte / muß ſolcher Gang mit Pfoſten und ſtarcken Bretern von Stand Zuſtand ohngefehr einer Klaffter lang wohl un - ter bauet werden / damit ſolcher nicht von ſich ſelbſt einfalle / die Arbeiter erſchlage / und die Muͤ - he und Unkoſten verdopple; Jſt aber die ErdeQ q 4gut614[616]Das IX. Cap. gut und feſte / als wie die leimichte und thonigte / ſo brauchet es hierbey kein Unterbauens / und koͤn - nen die Gaͤnge in der Hoͤhe etwas rundlicht for - miret werden / weil ſie beſſer als die flachen De - cken halten. Will man in einer hohlen Paſtey groſſe Gallerien und Contre-Minen anlegen / darff man nur auf dem inwendigen Horizont den Minen-Gang wag recht fortfuͤhren / und darmit weder auf noch abwaͤrts ſteigen / auch darbey in acht nehmen / daß man / wann das Vollwerck von auſſen revetiret iſt / biß an die Mauer des Voll - wercks-Punets fortlauffe / hernach lincks und rechts an ſolcher bey den Facen fortgehe / und die Gallerie oder Contre-Minen formire; waͤre aber das Baſtion nicht eingefaſſet / ſoll man mit den Minen Gange nach der Bollwercks-Spitze ſo weit avanciren / daß ohngefehr 3. Klafftern von Erden außwendig uͤbrig bleiben / auch kan man den Anfang und Eintritt in wendig zum Minen - Gange 2. S. weit und 3. S. hoch / auch alſo 3. S. lang machen damit allen falls ein Feind nicht alſobald mit Hauffen in die Feſtung eindringen koͤnne / ob er gleich der Gallerie und Minen ſich be - maͤchtiget / den uͤbrigen. Minen-Gang aber kan man 4. S. weit und 5. S. hoch machen / damit man Platz genung habe / die Arbeit beſtens zuver - fertigen / auch im Fall der Noth ſich darinnen mit Muſqvetonen und andern Gewehr / wie inglei - ſchen mit traverſen und Abſchnitten beſt moͤglichſt zu defendiren.

(4.)615[617]Von Miniren und Contreminiren ꝛc.

(4.) Frage. Wo und wie ſoll man denn die Mi - nen-Gaͤnge aufwaͤrts gerade und winck - licht fuͤhren / und was iſt ſonſt hier - bey zu obſerviren?

Wenn man von auſſen einen Berg und Baſti - on unterminiren will / muß man den minen Gang auffwaͤrts leiten / iedoch alles nach Propor - tion und Hoͤhe der Wercke / ſo da ſollen geſpren - get werden; Bißweilen geſchiehet es auch daß man den minen Gang Wage recht fuͤhret / die minen Haͤlße aber nothwendiger Weiſe allezeit auffwaͤrts / wann nemlichen das Werck von kei - ner ſonderlichē Hoͤhe iſt / oder auch andeꝛe Gegen - Urſachen obhanden ſind. Wenn man ein hohles unrevetirtes Bollwerck von auſſen miniren will / muß man mit den Minen Gange / wann die Mi - neurs an die Scarpe angebracht / nicht weiter als die Docirung des Walles mit ſeinem Fuße ſich erſtrecket auffwaͤrts avanciren / welches dann auffs hoͤchſte etwan 3. Klafftern ſeyn werden / und zwar vor ſich in gerader Linie; Bey einen Ma - ſiven und unrevetirten Bollwercke kan der Mi - nen Gang aufwaͤrts entweder auch gerade / oder welches ſicherer und beſſer iſt / Schlangen Wei - ſe und winckligt / von einer Seiten zur andern biß unter das Mittel der Bruſtwehr des Wal - les gefuͤhret werden / auch kan ſolcher Gang nach Gelegenheit 4. oder 5. S. breit / und 5. oder 6. S. Q q 5hoch616[618]Das IX. Cap. hoch ſeyn / damit zwey Maͤnner neben einander arbeiten / die Minen umb ſo viel eher in Standt kommen / und die Arbeiter und Lampen zum O - them hohlen u. brennen beſſere Lufft haben koͤn - nen. Wann es aber in einen winckligten Mi - nen Gange an der Lufft mangeln ſolte / kan man entweder durch einen Erdbohrer / zumahl bey den Berg-Veſtungen / ſonſten aber nicht / von oben ein Loch bohren / oder die ſcharffen und rechten Winckel der Linien / woran ſich die Lufft im Gan - ge ſtoͤſſetund nicht weiter ſchleichen kan / mit ei - nem feſte Vorſchlag von Bretern verſtumpffen / oder aber in den Gang einen Ledern Schlaug mit ſich fuͤhren / an deſſen Ende bey dem Eingan - ge der Minen ein ziemlicher großer Blaſebalg ſol befeſtiget ſeyn / durch welchen man die Lufft trei - ben muß in den Minen-Gang biß an das andere Ende bey dem Arbeitern / woſelbſt er geoͤffnet ſeyn ſoll / damit die Lufft ihren Ausgang nehmen kan: durch dieſes Mittel kan man allezeit auch in einer felſichten Erden / wo keine uͤber ſich ſteigende Duͤnſte welche Lufft machen befinden / Lufft ge - nug haben und Othem hohlen / auch die Lampen brennend erhalten. Die Paſtey / ſo da von auſ - ſen ſoll unterminiret werden / mag nun hohl oder maſſiv ſeyn / ſo muß man in beiden Faͤllen wohl be - trachten / ob der Graben trocken / oder voll Waſ - ſer und Moraſtes iſt. Jſt ſolcher trocken / ſo muß man den Minen Gang tieff genug unter der Grund-Feſte der Baterie anfangen / damitman617[619]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. man nicht etwan den Feind unter ſich behalte / und durch eine Contre-Mine moͤge in die Hoͤhe geſchuͤpffet u. erſticket werden / dann wer den an - dern hierinnē zuvorkom̃et / der iſt allezeit Meiſter Jſt aber der Graben voll Waſſer oder Moraſt / ſo darff man nur 2. S. auffs Hoͤchſte uͤber dem Waſſer-Horizont im Graben ſich mit dem Mi - nen-Gange in die Baretio ſetzen / weil bey ſo ge - ſtalten Sachen die Belagerten tiefer nicht / als die Belagerer gehen und ſtehen koͤnnen. Wann es noͤthig kan der Gang 4. oder mehr S. auff - waͤrts geleidet werden / damit die Belagerten we - der mit Dampff noch Waſſer die Arbeiter ver - treiben koͤnnen / welches dann die Officiers von den Mineurs, oder in deren Ermangelung die in - genieurs obſerviren ſollen / auch mit Klaffter lan - gen Erd-Bohrern den Grund fuͤr ſich / uͤber ſich / und zu beiden Seiden wohl recognoſciren / ob die Erde felſigt / oder gut / oder ob vieleicht die Bela - gerten mit Contreminen vorpaſſen. Sonſt muß man insgemein / ehe man anfaͤnget von auſ - ſen zu miniren / ohne unterlaß gegen die Feſtung Canoniren und Bombardiren laſſen / auff daß die Belagerten weniger vermeꝛcken koͤnnen / wo man miniret. Hingegen ſollen ſich die Arbeiter gantz ſtille halten / und die Erde wo es noͤthig / fleißig unterſtuͤtzen / damit ſelbige nicht einfalle / und Schaden verurſache. Viel Leute aber ſoll man zum Ausbringen der Erde aus den Minen auff einmahl nicht gebrauchen / damit ſolche einandernich618[620]Das IX. Cap. nicht ſelbſt hindern / und ſind 4. oder 6. Mann genug hierzu; Wie man dann auch Niemand Fremdes aus Vorwitz in die Minen ſoll gehen laſſen / als nur diejenigen / ſo darzu beſtellet ſeyn / umb allen Verdacht und Schaden zuverhuͤten. Wann ein Bollwerck / ſo von auſſen revetiret iſt / ſoll unter miniret werden / darf man keine Minen - Gang machen / ſondern nur einen Minen halß von 9. S ohne gefehr lang / welchen man parallel mit der Face nechſt der Mauer wohl auffwaͤrts fuͤhret und zuletzt eine Cammer machet.

(5.) Frage. Wie ſollen denn die Minen Haͤlße gemachet und gefuͤhret wer - den?

Wenn der Minen-Gang zu einer Mine gema - chet / wendet man ſich zu Ende deſſelben lincks und rechts mit zwey andern Gaͤngen / ſo Minen - nen-Haͤlße genennet werden / unter der Bruſt - wehr des Walles parallel mit den Facen fort biß 19. oder 12. S: lang / es duͤrffen aber dieſe Haͤlßt nicht uͤber dritthalb S. hoch / und dritthalb weit ſeyn / daß nur ein Mann zur Arbeit darinnen ſich wenden / ein Faͤßlein Pulver da durchbringen / und die Verſpeꝛrung deꝛ Mine deſto beſſer gefche - hen koͤnne; Auch muͤſſen ſolche aufwaͤrts ohn - gefehr 3. oder 4. S. von dem groſſen Minen - Gange / wenn einer fuͤrhanden gefuͤhret werden / damit das Pulver in der Minen-Kammer weni -ger619[621]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. ger eine falſche Wuͤrckung thue / oder zuruͤckſtoſſe / muͤſſen auch im uͤbrigen wohl unterbauet ſeyn / ohngeacht der Grund / welchen nicht zutrauen / gut zu ſeyn ſcheinen moͤgte.

(6) Frage. Wie ſollen dann die Minen-Kam - mern und Oefen angeleget und ge - machet werden?

Zu Ende vorbeſagter Minen-Haͤlße werden wieder etwas hoͤher uͤber dieſelben die Minen - Kammern und Oefen / wie ein hohler cubus, oder auf eine laͤnglichte Art / nachdem das Werck be - ſchaffen iſt / groß oder klein gemachet / mit wei - chen Daͤnnen-Holtze wohl unterſtuͤtzet / und auff allen Seitē ausgefuͤttert / zumahl wañ das Pul - ver daꝛein bald muß geſetzet / die Mine aber ſo bald nicht geſprenget werden / und muß man das Pul - ver darein entweder in Saͤcken oder Faͤſſern ne - ben einander ſtellen / die Faͤſſer und Saͤcke oben auffmachen / und daruͤber 4. Zoll hoch fein Pul - verſtreuen / damit wann ſolches durch ein Lauff - Feuer angezuͤndet wird / alles in der Minen geſetz - te Pulver zugleich in Flamme kommen und ſei - nen Effect thun moͤge. Der Einganglin die Minen-Kammer muß ſehr klein ſeyn / daß man mit genauer Muͤhe nur eine Tonne Pulver dar - einbringen / und ein Menſch ſehr gezwungen dar - ein kriegen koͤnne / die Kammer aber an ſich ſelder muß 3. mahl koͤnnen ſo viel Pulver faſſen / als ei -gent -620[622]Das IX. Cap. gentlich hinein gehoͤret / damit das Pulver Raum und Platz habe ſich in Dunſt zuverwandeln / und deſto groͤſſere Wuͤrckung zuthun. So muͤſ - ſen auch bey eine[r]Ataque zum wenigſten 2. Kam - mern feyn / damit / wenn eine etwan mißlingen ſolte / oder ſonſt von Feinde untauchlich gemachet wuͤrde / dennoch die andere den verlangten effect erweiſen moͤge. Wenn der Graben einer Fe - ſtung voll Moraſt oder Waſſeꝛ iſt / muß die Kam - mer uͤber 7. biß 8. S. uͤber den Waſſer-Hori - zont des Grabens nicht kommen / damit die ge - ſprengten Ruinen von Walle zulangen moͤgen den Waſſer-Graben von Grund auszufuͤllen. Sind die Graben aber trocken / ſo muͤſſen die die Kammern ohngefehr in dem untern drittel von des Walles hoͤhe angerechnet von Horizont des Grabens geordnet werden / damit der Wall nach ſeinem Abfall einen unverhinderlichen und bequemen Aufflauff geben moͤge. Wann ein revetirtes Werck ſoll unterminiret werden / kan man die Kammer zur minen zum Theil mit in die Mauer ein ſetzen / wenn nur die Mauer gegen das Feld zu noch 5. biß 6. dicke verbleibet / und muß die Kam̃er von ſolcher groͤſſe ſeyn / daß darein etliche Centner Pulver koͤnnen geſetzet werden.

(7.) Frage. Wie viel Pulver muß den ohngefehr in eine Minen-Kammer unter einen Erd-Wall gethan wer - den?

Die -621[623]Von Miniren und Contreminiren ꝛc.

Dieſes kan alſo bloſer Dinge nicht beantwor - tet werden / denn nachdem das Werck groß oder klein / die Erde auch gut oder boͤſe iſt / nach dem muß man auch viel oder wenig Pulver gebrau - chen / und hat man obſerviret / daß gar zu viel Pul - ver unter einem ſchwachen Wall nur ein Loch o - ben ausbreche / und denſelben nicht ſtuͤrtze / zu we - nig Pulver aber wider einen ſtarcken Wall ſchre - cke denſelben nur in etwas von einander / und daͤmpffe darnach aus; Hingegen wird ein feſter Grund mit wenig Pulver beſſer gehoben / als mit vielen / und bedarff eine luckeres Erdreich mehr Pulver / als ein dichtes. So hat auch die Erfah - rung bezeuget / daß 1. Tonne oder 20. Pfund Pul - ver Wiener Gewichte / koͤnne eine cubiſche Klaff - ter guter Erden heben. Wenn demnach eine Bre - che ſoll weit werden in Fronte 6. Klaffter / tieff 4. Klaffter / und daß die Walles-Hoͤhe von Boden des Grabens anzurechnen 4. Klafftern austrage / ſo hat man von noͤthen zu 2. Cammern 1920. Pfund Pulver. Einen Wall von 6. oder mehr Rheinlaͤndiſchen R. dicke zu ſprengen / muß man 12. biß 1500. Pfund Pulver haben. Die Spitze o - der Schulter Ecke eines revetirten Bollwercks kan man mit tauſend Pfund Pulver ſchon ſpren - gen. Jm uͤbrigen iſt zu wiſſen / daß das Pulver / ſo in eine Cammer alleine zuſammen gethan wird / beſſer operire / und mehr Effect erweiſe / als wenn es in drey beſondern Cammern geſetzet und ver - theilet wird.

(8.)622[624]Das IX. Cap.

(8.) Frage. Wie und an welchen Ort der Cam - mer muß denn das Pulver geſetzet / und der uͤbrige Raum der Cammer verbauet werden / wenn die Mine recht ſchlagen ſoll?

Es iſt im vorigen bereits gemeldet worden / daß die Minen-Cammer dreymahl ſo viel Pulver faſ - ſen ſolle / als von Rechts wegen darein gehoͤret / welches denn ob angefuͤhrter Urſachen allerdin - ges ſeyn muß. Wenn nun die Mine nach Verlan - gen den rechten Effect thun / und an den Ort / wo man es gerne haben will / operiren ſoll / ſo muß ſol - cher nach geſtalten Sachen entweder gar nicht / o - der doch ſchwach unterbauet ſeyn / auch alles be - hoͤrige und proportionirte Pulver in der Minen - Cammer an die Seite / und unter den Platz or - dentlicher Weiſe / wie bereits erinnert worden / ge - ſtellet werden / welchen man in die Hoͤhe oder auf die Seiten ſprengen und umſtuͤrtzen will; Der andere und uͤbrige Raum aber der Cammer / wo die Mine nicht wuͤrcken ſoll / wird um ſo viel mehr und ſtaͤrcker mit Pfoſten und Bretern unterſtuͤtzet und gantz vermachet / daß bey Zuͤndung der Mine das Pulver nothwendig an den ſchwaͤchſten Ort der Cammer operiren / und nach Wunſche wuͤr - cken muß / welches / wenn es nicht recht besbachtet wird / einen groſſen Schaden / neue Muͤhe und Un - koſten / ja wohl gar einen ſchimpfflichen Abzug voreiner623[625]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. einer Feſtung verurſachen kan / zumahl / wenn es ſchon weit in Herbſt hinein iſt / und das naſſe und kalte Wetter anfaͤnget / da man in Campagne nicht mehr dauren kan.

(9.) Frage. Wie wird denn das Lauff-Feuer in die Cammer gefuͤhret / und zubereitet / um damit die Mine anzu - zuͤnden?

Wenn es mit dem Minen Gange / Halſe und Cammer in allen ſeine Richtigkeit hat / wird auch ein Lauff-Feuer in die Cammer zu dem Pulver ge - fuͤhret / welches gemeiniglich auf folgend Weiſe geſchiehet / nemlichen: man machet von ſtarcker luͤfftiger Leinwad einen Schlauch von 1. Z. weit / und etliche S. lang / daß er aus der Cammer biß an dem Eingang des Minen-Ganges vorge - he / fuͤllet hernach ſolchen mit feinem Pulver / und machet an das Ende / welches auswaͤrts ge - het / eine mit langſamen Satz geſchlagene Brand - Roͤhre an / welche denn ohne einigen Schaden / wenn es noth iſt / kan gezuͤndet werden. Wenn man keine Brand-Roͤhre alſo anmachen und ge - brauchen will / kan man durch das Lauff-Feuer entweder einen oder mehr Schwefel-Faden zie - hen / und ſelbige zum Anzuͤnden ſo weit aus ſol - chem hervor gehen laſſen / als man ohngefehr Zeit begehret ſich zu reteriren; Oder man kan an die - ſes Ende der Wurſt eine abgepaſte Lunte anbin -R rden /624[626]Das IX. Cap. den / und alſo das Lege-Feuer auch anzuͤnden / wel - ches gewißlich nicht mißlingen wird / wenn nur anders dieſe Sachen recht gemachet / und fuͤr Naͤſſe wohl verwahret werden: Das andere En - de nun der Wurſt zu dieſem Lauff-Feuer wird o - ben an den offenen Saͤcken oder Faͤſſern / worauf ander gut Pulver herum geſtreuet / feſte angema - chet / und hernach der gantze Schlauch an einem Winckel der Minen-Cammer und deren Halſes durch den groſſen Minen-Gang in einem hoͤltzern zugemachten Canal biß zum Eingange heraus ge - fuͤhret / um dadurch zu verhindern / daß bey der Verſperrung der Minen-Cammer und deren Halſes keine Laſt auf das Lege-Feuer immediate komme / oder das Pulver im Schlauche nnd Cana - le auf einigerley Weiſe befeuchtet / und an ſeiner Wuͤrckung interrumpiret werde.

(10.) Frage. Wie ſoll denn der Eingang in die Minen-Cammer / ingleichen auch der Minen-Halß recht verſperret nnd zugemachet werden?

Das Verſperren der minen-Cammer und des minen-Halſes iſt eines mit von den fuͤrnehmſten Stuͤcken / welche bey Verfertigung der minen muͤſſen in acht genommen werden / ſoll anders die mine mit Contento ihren Effect thun / nicht zuruͤck ſchlagen / und wohl gar den Minen-Gang einreiſ - ſen und verderben / daß man aus demſelben keineandere625[627]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. andere mine mehr anlegen kan; Worzu hernach auch weiter hilfft / wenn die minen-Cammer et - wan nicht uͤber den minen-Halß erhoͤhet / ſondern demſelben gleich / oder wohl gar tiefer geſetzet worden / dahero auch nothwendig das Operiren der Mine muß uͤbel ablauffen. Damit man aber bey der Verſperrung der Minen-Cammer und de - ren Halſes keinen unerſetzlichen Fehler begehren moͤge / ſo iſt zu obſerviꝛen / daß man zuerſt den Ein - gang in die minen-Cammer mit einer Reihe Schue dicken / und vier-ſeitigten Travers-Balcken beſchlieſſe / nachmals den minen-Halß mit Erde / Miſt und Steinen gantz ausfuͤlle und verſtampf - fe / und endlichen in den minen-Gang gerade dem minen-Halſe uͤber ſo viel Schue lange und dicke runde Balcken neben und uͤber einander lege und feſte anſtaͤmme / als der Platz und Weite des Gan - ges ſolches haben und zugeben wollen.

(11.) Frage. Wie ſoll denn endlichen der Sturm recht angeſtellet und gefuͤhret werden / wenn die Mine den verlangten Effect gethan / und was iſt darbey weiter in acht zu nehmen?

Ehe und bevor der mine an einem Haupt - Wercke und Baſtion Feuer gegeben wird / wel - ches gemeiniglich bey anbrechendem Tage ge - ſchiehet / damit / wenn die mine recht geſpielet / man Zeit habe am hellen Tage den Sturm wohl anzu -R r 2fan -626[628]Das IX. Cap. fangen / ohne Confuſion fortzu ſetzen / und den Poſto oder die Breche einzunehmen und zu mainteniren / muͤſſen des Abends zu vorhero bey der Parole, oder in der Nacht von allen Regimentern zu Fuſſe ge - wiſſe Mannſchafft von Officiers und Gemeinen zum Sturm / und zur Reſerve zu Fuſſe und Pferdte commendiret werden / welche ſich bey dunckeler Zeit unvermerckt muͤſſen an die nechſten Poſten der Feſtung ziehen / um nach Spielung der mine u. gemachten Breche gleich parat zu ſeyn / ſolche zuer - ſteigen / einzunehmen und zu beſchuͤtzen; Damit a - ber die commandirten Beſtuͤrmer zu Fuſſe deſto beſſer avanciren / und uͤber alle Obſtacula, minen o - der Graͤben / wie auch auf die Breche leichter kom - men koͤnnen / ſo muͤſſen von den 2. erſten Partien ieder 2. gute gebundene Faſchine nebſt dem Gewehr mit ſich fuͤhrē / ſolche in der Hoͤhe vor dem Leibe fuͤr ſich tragen / um ſich nicht alleine dadurch einiger maſſen zu bedecken / ſondern auch / wo es noͤthig / die Paſſage zu facilitiren u. gleich zu mache / die andern aber koͤnnen einige Sturm-Lettern bey ſich habẽ. Auf daß nun bey dem Sturm keine Confuſion entſtehe / ſondern alles ordentlich / wie es im Kꝛlege ſeynmuß / zugehen moͤge / wird gemeiniglich zu erſt / ein Sergeante mit 20. Mann zum Anlauffen com - mendiret / darauf folget gleich ein Lieutenant mit andern 30. Gemeinen / ſo die erſten Beſtuͤrmer / welche ziemlichen warm gehalten werden / ſecun - diren muß / denn folget ein Hauptmann mit 50. andern / denn ein major oder Obriſt-Lieutenant o -der627[629]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. der Obriſter mit etlichen hundert genwinen und behoͤrigen Officiern, welche alle gleich nach einan - der avanciren / auf die breche ſteigen / und zum Feind eindringen / denſelben ermorden / und von der breche wegjagen / ſich aber derſelben und des Walles um dieſer Gegend und des ruinirten baſti - ons impatroniren muͤſſen. Sind nun andere feind - liche Abſchnitte hinter der breche nach der Stadt zu noch fuͤrhanden / muß man ſich ſo lange auf der breche erhalten / biß man ſich alldar ein wenig ver - decket / und dann hernach auch die innern Ab - ſchnitte / wie im Folgenden ſoll gemeldet werden / ataquiren und erobern: Waͤren aber hinter der breche keine andere feindlichen Wercke verbor - gen / ſo muͤſſen immer friſche Trouppen in ziemli - cher Quantitaͤt, und alſo Force auf Force auf ein - ander folgen / in die Stadt weiter eindringen / und ſich der nechſt gelegenen Thore und Plaͤtze be - maͤchtigen / die Breche aber und den Wall darbey keines Weges verlaſſen / diß man endlichen der gantzen Feſtung ſich bemeiſtert / und die gantze Garniſon entweder zu Kriegs-Gefangeneu gema - chet / wenn ſie das Gewehr nieder geleget / und um Quartier gebeten / oder ſolche gaͤntzlichen erleget / wenn ſie ſich halßſtarriger Weiſe biß auf den letz - ten Mann gewehret. Worbey denn uͤber dieſes zu obſerviren / daß ſo bald die Beſtuͤrmer die Breche erſtiegen / und ſich des eroberten Werckes Meiſter gemachet / ſie alſobald die daſelbſt befindlichenR r 3Stuͤcke628[630]Das IX. Cap. Stuͤcke gegen die Stadt zu umkehren / und auf den reterirten Feind / oder deſſen innere gemachte Wercke richten ſollen / damit ſie um ſo viel deſto mehr auf ihren obtinirten Poſten ſicher ſeyn koͤn - nen; Jn wehrendem Sturm aber / wenn ſolcher ein Haupt - und General-Sturm iſt / muß die gan - tze Armée allert und im Gewehr ſtehen / um ſo wohl auf einen feindlichen Succurs, als auch auf einen Ausfall / wenn die Beſtuͤrmer von der bre - che ſolten wieder abgetrieben ſeyn / ein wachend Auge zu haben / und parat zu ſeyn / allen Unheil vorzubuͤgen / den Feind zuruͤcke zu treiben / und das vorhabende Deſſein gluͤcklichen und mit Ruhm auszufuͤhren / welches denn alles von dem Com - mando und Anſtalt eines klugen / erfahrnen und fuͤr ſichtigen Generals, ſo an Chef commandiret / auf vorhero gehaltenen groſſen Krieges-Rath / be - ruhet / und auf das genaueſte muß exequiret wer - den.

(12.) Frage. Wie ſoll man denn ein Werck an ei - ner Feſtung / es mag revetiret und unreve - tiret ſeyn / mit Minen ſprengen und ruini - ren / wenn in demſelbigen Contreminen oder Gallerien vorhanden ſind?

Jn dieſer und folgenden Fragen ſollen eine und andere Special-Caſus fuͤrgebracht werden / wie man ſich des minirens vortheilhafftig allezeit be -dienen629[631]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. dienen ſolle. Wenn nun die Belagerte in ihre Wercke und Paſteyen Contreminen und Galle - rien unten auf dem Horizont des Grabens gema - chet / ſoll man an einem unrevetirten Bollwercke nur kleine minen oder Fournelles von auſſen hin - ein anlegen / daß ſie bey deren Sprengung nur die Walles-Docirung wegwerffen / eine mittelmaͤßi - ge Breche geben / und die mineurs bedeckt hinein zu logiren geſtatten / wodurch man denn die Contre - minen verderben / und von daraus eine Real-mine anfangen kan / indem ſolche in den Grund und fe - ſte Erde der baſtion kan getrieben / und die ver - langte Wuͤrckung erhalten werden. Wenn aber die Paſtey mit Steinen von auſſen revetiret waͤre / und inwendig eine Gallerie haͤtte / ſoll man zu glei - cher Zeit drey halbe minen oder Fournelles in eine Face machen / damit ſelbige nur die Gallerie ſpren - gen und ruiniren moͤgen / welches denn auch mit Hand-Arbeit oder einer Perarde geſchehen kan; Oder aber man ſoll in die Gallerie durch die Mauer an drey unterſchiedlichen Orten einbre - chen / ſich an die aͤuſſerſten Oerter in der Gallerie einlegen / und wider den Feind mit einer Traverſe ſich verbauen / in der mittlerern Oeffnung aber die mineurs ſicher einlogiren / damit ſie ihr Vorhaben deſto beſſer verrichten koͤnnen. Oder wenn man wegen groſſer Gefahr und anderer Urſachen hal - ber ſolches uͤber dem Horizont des Grabens nicht verrichten koͤnte / muß man durch gewiſſe Minen -R r 4Gaͤnge630[632]Das IX. Cap. Gaͤnge unter der Erden / wenn kein Waſſer oder andere groſſe Obſtacula vorhanden / verborgen fortgehen / und unter die Gallerie kommen / her - nach darein einbrechen / den Feind mit Muſqueto - nen daraus verjagen / und den Poſto durch Ab - ſchnitte und Traverſen mainteniren: Solten a - ber die Belagerte contraminiren / muß man an die eigenen Minen-Gaͤnge Corps de garde haͤngen / ſo unter einander gute Correſpondenz-Linien ha - ben / entweder dadurch die Belagerten unter der Erden von ihrer Arbeit abzuhalten / oder / wenn man von dem Principal minen-Gang aus nicht fuͤglich eine mine anlegen koͤnte / daß man ſolches alsdenn aus einer Correſpondenz-Linie zu thun vermoͤchte.

(13.) Frage. Wie ſoll dann eine Baſtion oder an - der Werck mit Minen geſprenget und ru - iniret werden / wann ſolches aus Stein-Felſen beſtuͤndte?

Wenn ein Baſtion / ander Werck oder Berg / ſo mit Minen ſoll geſprenget werden / aus Stein-Felſen beſtehet / ſo muß man zuſehen / ob an dem Ort / wo die Mine ſoll angeleget werden / ei - nige Stein Adern zu finden ſind / oder nicht. Sind einige nun fuͤr handen / ſo muß man des natuͤrlichẽ Vortheils ſich hirunter / ſo viel moͤglichen / bedie - nen / und in dieſelben eine ſolche Anzahl Minen Cammern von 60. biß 100. Pfund Pulver zu - richten / daß ſolche / wann ſie auf einmahl mit ein -ander631[633]Von Miniren und Contremi niren ꝛc. ander gezuͤndet werden / capable ſeyn moͤgen / nach Verlangen guten Effect zuthun; weren aber der / gleichen Adern nicht zn finden / ſo muß man den Felßen Stuͤck vor Stuͤck zerſprengeu / und die minen-Cammern hierzu folgender Maßen ver - fertigen / nemlichen: Mann muß die Gegend / wo die Cammern in den Felßen kommen ſollen / erſt - lich einen Schuh weit im quadart laßen ebenen / hernach in dem Mittel dieſer Flaͤche durch einen wohlgeſtalten Maͤiſel ein Loch von etlichen Zollen tief / und auch ſo weit machen / umb darinnen mit dem Bohrer das Centrum der Cammer zunehmẽ. Dieſen Bohrer nun / welcher gleich dem Maͤiſel unten von guten Stahl ſeyn ſoll / recht zu applici - ren / iſt zu mercken / daß man gedachtes Centrum nicht uͤber 2. S. / und alſo nach dem ordentlichen Stand und zwiſchen Weite der Fuͤſſe nehme / hernach dem Centro gegen uͤber zwey hoͤltzerne Boͤcke ſetze in einer ſolchen Hoͤhe / daß / wenn der Bohrer uͤber ſie geleget wird / ſolcher das Cen - trum accurat beruͤhre. Jnnerhalb den zwey Boͤckẽ uͤber ſchreitet ein Man den Bohrer alſo / das er ihn zwiſchen die Beine habe / umb deſſen Nacken aber muß ein ſtarcker Riemen hangen / welcher zugleich den Bohreꝛ hebet / weñ ſich deꝛ Mann auf - richtet / u. muß er denſelbē im Aufheben alſo oft an einer Handhabe mit den Haͤndẽ umdrehen / ſo offt andere zwey Maͤnner einer umb den an - dern mit ihren eiſern Haͤmmern dem Boh - rer hinten bey dem einen Bocke einen Schlag ge -R r 5ben /632[634]Das IX. Cap. ben / welches dann in ſo weit Continuiret wird / biß der Bohrer 7. S. tief in den Felſen eingedrungen / und iſt dieſes Loch die minen-Cammer. Worbey dann inacht zunehmen / daß man gedachte Minen - Camme / wo moͤglich / umb 1. S. aufwaͤrts fuͤhrẽ und bohren ſolle / wegen ſicherer Wuͤrckung der Minen, und daß auch der Grund leichter koͤnne aus dem Loche geraumet werden: Jm Fall man aber nicht aufwaͤrts mit der Minen-Cammer kommen koͤnte / ſondern man muͤſſe ſich eher etwas niederwaͤrts halten / ſo muß dieſelbe umb ſo viel ſtaͤrcker verſperret werden. Zum Ausraͤumen des durch den Bohrer geloͤſten Grundesaus der Mi - nen-Cammer kan man ſich bedienen eines eiſern halbrunden Kruͤckleins / welches auf der andern Seite des Stiels / ſo auch gantz von Eiſen / und etwan ſo dicke / als ein ſtarcker Feder-Kiel ſeyn muß / ein Schaufflein haben ſoll. Wann nun die Cammer darmit bereits ausgeraumet worden / thut man darein das Pulver in einer nach des Lochs Diametro proportionireten Wurſt von Leinwand / oder langen Cartuſchen von ſtarcken Pappier. Geſetzt nun eine Cammer waͤre in allen 8. S. tief und lang / ſo muß die Wurſt oder Car - tuſche mit Pulver 6. S. lang gefuͤllet ſeyn / damit alſo noch 2. S. lang uͤbrigen bleiben zur Verſper - rung des Hoͤltzern Zapffens. Durch das Pulver in der Wurſt oder Cartuſche muß entweder 2 oder 3. lange Faden von gezogenen Schweffel gehen /und633[635]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. und am Ende der Cartuſche angebunden ſeyn / alſo das ſolche in allen 8. ½ S. lang bleiben / und durch die Mittel Hoͤhlung des Spundes gantz durchgehen / umb von vorne koͤnnen anzuͤndet zu werden. Oder man durchſticht oder oͤffnet die ein - gebrachte Wurſt oder Cartuſche vorne gegen dem Eingang der Cammer zu / ſchuͤttet Mehl Pulver darauf / und verfaͤhret mit der Verſper - rung der Cammer auf ſolgende Weiſe / nemlichē: Man hoͤhlet die zu vor gedachte viereckigte 1. S. weite Ebene von 1 / biß 6. und mehr Zoll aus zu der eiſernen Platten / welche vor dem Spunt der Cammer muß ſtarck fuͤrgeſpreitzet werden; Je ſtaͤrcker und laͤnger nun die minen-Cammer iſt / ie tiefer die Außhoͤhlung ſeyn / und ie ſtaͤrcker und dicker auch die Platte von etlichen Zollen / iedoch muß die Außhoͤhlung nun etliche Zoll tiefer ſeyn / weder die Platte dicke iſt / damit die Platte umb ſo viel feſter hernach mit Balcken in ſothaner Hoͤblung koͤnne angeſtaͤm̃et werden / ohne das die Balcken ſich verruͤcken oder außweigen koͤnnen / wie in folgenden weitere Meldung geſchehen ſoll. Der hoͤltzerne Spund / wormit die Cammer in - wendig verſchloſſen wird / muß ſich in die Laͤnge / Runde u. Staͤrcke alſo in die Cam̃er ſchickē / daß er den vieꝛtē Theil von deꝛ Cam̃er lang ſey / u. mit ziml. Gewalt gantz in dieſelbe koͤñen geſchlagē werden. Der Diameter der Cam̃er kan biß 2. Z. ſeyn / die Aushoͤlũg des Spunds in deꝛ Mittẽ zum Bꝛãdſatz /wenn634[636]Das IX Cap. wenn einer darein kommen ſoll / kan ein Viertel Zoll weit ſeyn. Bey Eintreibung des Spundes muß man ſich wohl in acht nehmen / daß zwiſchen den Schlag kein Steinlein ſo ungluͤckſeelig ge - troffen werde / welches dem Pulverſatz Feuer ge - ben / und die Minen-Cammer wieder alles verhof - fen ploͤtzlich anzuͤnden koͤnne / und kan man ſich hirdey gantz ſicher eines Stuͤck Holtzes bedienen / ſo man auf den Spund ſetzet / und hernach mit ei - nem ſtarcken hoͤltzern Schlegel nicht gleich auf dem Spund / ſondern auf das zwiſchen Holtz / wie bey dem Eintreiben der groſſen Brand-Roͤhren in die Bomben geſchiehet / ſchlage: Es muß aber gedachter Spund degeſtalt in die Cammer ge - trieben werden / das er ſich mit der 1. S. weiten E - bene vor der Cammer gantz vergleiche: Wann dieſes geſchehen / muß man in Bereitſchafft ha - ben eine eiſerne Platte von 1. S. in das gevierte groß / alſo daß ſie ſich in die von 1. S. weit aus ge - woͤlte Ebene gehebe ſchicke / und muß die Platte etliche Zoll dicke ſeyn / nachdem die Minen-Cam - mer groß oder klein iſt / und einer ſtarcker oder ſchwachen Verſperrung vonnoͤthen hat. Durch das Centrum ermelder Platten muß ein Loch ge - hen / in der Weite eines kleinen Fingers dicke / ver - mittelſt deſſen man dem Spunde / und folgendlich der Minen-Cammer Feuer geben muß / weß - wegen die centra der Platten und des Spundes gleich aufeinander treffen muͤſſen. Jm Fall a -ber635[637]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. ber der Spund etwas zu tief in die Minen-Cam - der eingetrieben were / daß zwiſchen ſelbigen und der Platten noch einiger leerer zwiſchen Raum ſich befinde / ſo muß man ſolchen Raum mit Filtz oder Leder / welches in Mitten muß rund aus ge - geſchnitten ſeyn / / wohl aus fuͤllen / ſonſt wuͤrde der Spund / ſo bald das Pulver entzuͤndet / die Platte eher zertruͤmmern / als den Felſen zer - ſprengen / von wegen daß er Lufft finde / eine Ge - walt an der Platten zu veruͤben. Die Platte muß mit Klaffter langen und halb S. dicken Bal - cken an die Minen-Cammer wohl und ſtarck ver - ſperret werden. Wenn die Minen-Cammer groß / ſo hat man dergleichen Balcken 2. biß 3. von noͤthen / deren 2. oben neben einander an die Plat - te / einer aber gleich in der Mitten darunter kan ge - ſtellet werden: Oder man kan auch an Statt des dritten Balckens einen ſtarcken hoͤltzern Cy - linder oder Klotz perpendiculariter den 2. obern Balcken unterſetzen. Hinten muͤſſen gedachte Balcken in dem Felſen einen halben S. tief ein - geſencket / feſte verkeilet / und dann oben mit groſ - ſen Steinen zum beßern Widerhalt beſchweret werden / wodurch die Platte allerſeits gleich ſtarck an die minen-Cammer wird gehalten / damit die mine nicht zuruͤck / ſondern nach Gebuͤhr ihre Wuͤrckung verrichten koͤnne.

(14.)636[638]Das IX. Cap.

(14.) Frage. Wie ſoll man dann die Cavaliers von Erde auf den Maſſiven Paſteyen mit Minen ſprengen und ruiniren?

Wenn man die Cavalters von Crde auf den Maſſiven Paſteyen mit Minen ſprengen will / ſo iſt nicht noͤthig / daß man den gantzen Cavalier mit der Bruſt / ſondern nur ſein Terrain / wo das Ge - ſchuͤtz und Volck ſtehet / ruinire damit die Erde / Wann ſie in die Hoͤhe geworffen worden / ſich wieder an ihre vorige Stellen gutẽn Theils ſetze / und alſo dienen koͤnne durch ihre Conduite uͤber die Retrenchementer in der Stadt / und auf dē be - nachbarten Waͤllen zu commandiren / weßwegen dann die minen alſo muͤſſen angeleget werden / das ſie nur alleine uͤber ſich hinauß operiren / wel - ches dann alſo geſchiehet: Man machet die Cammer 6. S. hoch / und 5. S. breit ins qvadrat; Mitten in dieſer Cammer ſetzet man einen Ka - ſten von 3. S. bꝛeit / lang u. hoch / alſo das 400. biß 500. Pfund Pulver hinein gehen / welches dann uͤberfluͤßig genug iſt / ungeacht man biß 15. S. hoch Erden uͤber ſich haͤtte; hernach befeſtiget man den Kaſten uͤberall zur Seiten aufs beſte / ſo hoch er iſt / mit Holtze / Erde / Miſt und Steinen; Wann der Kaſten dann mit Pulver gefuͤllet iſt / ſo muß man ihn nur obenher verſchließen mit ei - nem ſtarcken Deckel / als dann muß man in derMinen -637[639]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. minen-Cammer / oberhalb des Deckels / einen Ca - min uͤber ſich in die Erde fuͤhren / ohngefehr 2. S. weit ins Gevierte / und 3. biß 6. S. in die Hoͤhe: Je weniger Pulver man nun zur Ladung will anwen - den / je hoͤher muß man den Camin fuͤhren: Wenn dieſes geſchehen / ſo werden zwey Creutze zugerich - tet von ſtarcken vierſeitigten Balcken / ſo lang als der Deckel in der Diagonal-Linie uͤber Eck iſt / dieſe werden uͤber einander geſtuͤtzet mit 5. andern Balcken / deren ieglicher dicke iſt 6. Zoll / und ſo lang / als die Hoͤhe von Kaſten biß an dem Camin erfordert / alsdenn iſt alles zum Sprengen fertig / und wird die Mine ihre Wuͤrckung / nach dero ſtarcken Verſperrung / zum Camin hindurch ge - rade uͤber ſich verrichten.

(15.) Frage. Wie ſoll man ein mit Erden ange - fuͤlltes Rondel und innere Abſchnitte auf den Paſteyen unterminiren und ſprengen?

Wenn man ein Rondel / ſo mit Erden gefuͤllet iſt / aus einander ſprengen will / muß man ober - halb der Grund-Feſte mitten in Centro des Ron - dels eine Cammer weit und groß genug und hoch von 5. S. anlegen. Das Pulver wird eingefaſſet in einem ſtarcken Kaſten / welcher 2. S. hoch ſeyn muß / uͤber dieſen Kaſten leget man nachge - hends ſtarcke Balcken feſte neben einander / und derſelben ſo viel / biß die obern 3. S. uͤber den Ka -ſten638[640]Das IX. Cap. ſten gantz gefuͤllet ſind: Wenn nun alles verrich - tet / und das Lauff-Feuer angezuͤndet wird / ſo wird das Pulver ſeitwaͤrts ſeine Wuͤrckung ver - richten / das Rondel aus einander reiſſen / die obe - re Laſt nach Verlangen zerruͤtteln / und die be - gehrte Breche machen. Mit dergleichen Minen koͤnnen auch die Retrenchementer und Abſchnitte in den Paſteyen wohl gefaſſet / und umgeſtuͤrtzet werden.

(16.) Frage. Wie ſoll man denn eine revetirte Contreſcarpe mit einer Mine in dem Graben ſtuͤrtzen?

Wenn eine gemauerte Contreſoarpe mit einer Mine ſoll in Graben geſtuͤrtzet werden / muß man die minen-Cammer darunter alſo anlegen / daß - ber derſelben die Erde zum wenigſten noch 5. S. dicke bleibe / und machet man bey ſo geſtalten Sa - chen die minen-Cammer laͤnglicht cubiſch / ſo daß 200. biß 400. Pfund Pulver darein in Saͤcken koͤnnen geſetzet / und mit einem Lauff-Feuer nach gewoͤhnlicher Art angezuͤndet werden; Wenn a - ber nicht 5. S. dicke Erden uͤber der minen-Cam - mer verbleiben ſolten / ſo wird die Gewalt des Pulvers durch die Schwaͤche der Erden nur oben hinaus ſeine Wuͤrckung thun / die Contreſcarpe Mauer aber / zumahl / wenn ſolche ein wenig ſtarck / zum oͤfftern ſtehen laſſen; Dahero iſt von noͤthen / uͤber die ſchwache Erde oben eine ziemli -che639[641]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. che aſt von gefuͤlte Sand-Saͤcken u. Holtzwerck zu legen / wenn die obere Erde der minen Gewalt widerſtehen / u. ſie allein die Contreſcarpe-Mauer faͤllen ſoll: Wenn nun dergleichen Laſt-Aufle - gung fuͤglich u. ohne Gefahr geſchehen kan / wird die Minen-Cam̃er zugerichtet u. geladen / wie zu - vor gedacht worden / wobey noch dieſes zu behal - ten / und bey allen andern dergleichen Faͤllen wohl zu obſerviren iſt / daß / weñ die Contreſcarp. Mau - er in ihrem Fundament ſo dick waͤre / daß die Cam - mer entweder gaͤntzlichen / oder doch zum Theil in dieſelbe koͤnte eingeſchnitten werden / u. der uͤbrige Reſt der Mauer noch 4. S. etwan dicke bliebe / mã ſolches niemals unterlaſſen ſoll / maſſen dieſes viel / ja das meiſte zu Stuͤrtzung einer Mauer contri - buiret / und kan man auf ſolche Weiſe zuſamt der Contreſcarp-Mauer auch eine groſſe Quantitaͤt / Faſchinen und Sand-Saͤcke auf einmahl mit in dem Graben zu deſſen mehrerer Fuͤllung einwerf - fen. Solte man aber wegen allzu groſſer feindli - cher Gefahr die Erde mit einiger Laſt oben nicht beſchweren koͤnnen / muͤſte man laͤngſt der Cam - mer uͤbereck S. dicke vierſeitigte Balcken neben einander legen / alſo / daß gedachte Bal - cken oben in der Contreſcarp-Mauer halb S. tief eingeſchnitten legen / in untern gegen uͤberſtehen - den Winckel der Erden aber ſich anſtaͤmmeten / alsdenn muͤſte man den leeren Raum oberhalb den Balcken mit Erden / den untern Raum aber mit Pulver in Saͤcken ausfuͤllen / und der minen behoͤriger maſſen Feuer geben / ſo wird ſelbige un -S sgezweif -640[642]Das IX. Cap. gezweiffelt die Contreſcarp-Mauer in den Gra - ben werffen.

(17.) Frage. Wie ſoll man eine Reihe Palliſaden mit Minen ſprengen / um dadurch eine Paſſage zu haben?

Wenn man Rethen Palliſaden mit minen ſprengen will / um eine Paſſage dadurch zu oͤffnen / ſo muß man den Minen-Gang unter der Erden ſo weit fortſetzen / biß man unter die Linie der Palli - ſaden gelanget / und deroſelben unterſtes Theil - ber etliche S. nicht mehr von einem ſey: Nach die - ſem formiret man die Minen-Cammer laͤngſt un - ter die Linie der Palliſaden hin / und zwar in einer ſolchen Laͤnge / als man gedencket viel Palliſaden auf einmahl in die Lufft zu ſchicken: Was die Weite und Hoͤhe der Cammer anreichet / koͤnnen ſolche 3. S. ſeyn / es muß aber die Minen-Cammer ohne Minen-Halß gegen dem Minen-Gang per - pendiculariter gerichtet / und uͤber ſolchen erhoͤhet ſeyn; Wenn dieſes geſchehen / muß man etliche Kaͤſten von 1. S. weit und 3. S. lang / auch deren ſo viel haben / als man allemahl 3. Palliſaden zu - gleich ſprengen will. Dieſe Kaͤſten nun / wenn das Lauff-Feuer vermittelſt einer Wurſt durch die be - hoͤrige Loͤcher durchgezogen / fuͤllet man mit Pul - ver / und ſtellet ſie in die minen-Cammer juſt unter die Palliſaden neben einander in einer Reihe fort / vermachet ſie oben mit einem ſtarckern breternDeckel /641[643]Von Miniren und Contreminiren ꝛc. Deckel / und leget auf denſelben einen Schuhe di - cken Balcken dergeſtalt / daß ſolcher das unterſte Theil der Palliſaden beruͤhre / alßdenn iſt die mi - nen-Cammer geladen. Dieſelbe nun anzuzuͤn - den / muß man eine Wurſt von Leinewad machen in ſolcher Weite / daß man ohngefehr ein Huͤner - Ey durch ſchieben moͤge / welche man denn mit gu - tem Pulver-Staub fuͤllen / und mit einem Ende zuletzt in der Pulver-Cammer auf dem Grund und Boden der Kaͤſten / befeſtigen muß. So weit nun die Wurſt durchs Pulver gehet / muß man in derſelben von einer Spann zur andern Oeffnung machen / damit ſich die Pulver-Cammer auf ein - mahl entzuͤnden moͤge: So bald aber gedachte Wurſt aus der Pulver-Cammer heraus gehet / muß ſie in einem bretern Canal ihren Ausgang nehmen biß vor die Verſperrung hinaus / allda ſie durch einen angebundenen Schwefel-Faden kan angezuͤndet werden. Einige pflegen zur Wurſt Leder zu nehmen / aber das Pulver hat darinnen nicht ſo gute Lufft das Feuer zu empfangen / und biß in die Cammer fortzufuͤhren / als in einer weit - ſchiedigen Leinwad. Sonſt iſt noch zu obſerviren / daß der Raum zwiſchen den Kaͤſten und der Er - den gantz muß ausgefuͤllet werden mit Erden / und / wenn man zwo minen-Cammern anleget zu beyden Seiten des minen-Gangs / muß man die Wurſt der einen und andern Pulver-Eammer nicht in Linea recta einander entgegen / ſondern zum Minen-Gange gekruͤmmt hinaus fuͤhren / an -S s 2derer642[644]Das IX. Cap. derer Geſtalt wuͤrde die Pulver-Cammer / welche am erſten Feuer faſſete / die andere daͤmpffen / und ihre Wuͤrckung zum oͤfftern verhindern / welches denn generaliter bey allen dergleichen minen in acht zu nehmen iſt.

(18.) Frage. Wie ſoll man freyſtehende Stadt - oder andere Mauren / ingleichen Erd - leere Ronde / Thuͤrne und Pfeiler un - terminiren und ſprengen?

Wenn man freyſtehende Stadt oder andere Mauren mit minen ſprengen und niederwerffen will / muß man die Pulver-Cammer 5. S. hoch / und auch ſo viel breit machen / auch ſolche gerade unter die Grund-Feſte der Mauern fuͤhren / wie die minen-Cammern unter das unterſte Theil der Palliſaden ſollen gefuͤhret werden. Was nun die Zurichtung und Ladung dergleichen minen - Cammer anreichet / muß man ſolche oben gegen dem Mittel-Punct der Grund-Feſte zuſpitzen mit 4. ſeitigen Schuh-dicken Balcken neben einander geleget / ieden 6. S. lang / dergeſtalt / daß ſie auf beyden Seiten der Cammer unten in den Win - ckeln des Bodens anſtehen / und ungefehr einen kleinen halben S. weit in die Grund-Feſte einge - ſpreitzet ſind: Die zwey obere Triangul-Spatia - ber den Balcken fuͤllet man mit Erden / Stein und Holtze aus / damit die Balcken bey Entzuͤndung der mine nicht koͤnnen nachgeben; Den leerengroſſen643[645]Von miniren und Contreminiren ꝛc. groſſen Triangul, welchen die beyderſeits uͤber Eck angeſpritzten Balcken auf dem Boden der minen - Cammer formiren / fuͤllet man aus mit Pulver in Saͤcken / ſtellet ſolche neben einander / oͤffnet und uͤberſtreuet ſie nachgehend mit etlichen Zolln ho - hen Pulver / welches denn von einer Wurſt Feuer faͤnget / und alle Pulver-Saͤcke zugleich anzuͤn - det / wodurch denn die Mauer unfehlbar uͤber ei - nen Hauffen geſtuͤrtzet wird. Auf dieſe Weiſe koͤnnen auch die Erdleeren Rondele / Thuͤrne und Pfeiler geſprenget werden.

(19.) Frage. Wie ſoll man denn die Schiffe / Schiff - und andere niedrige Bruͤcken / in - gleichen ſteinerne Mauern und Pfeiler unter dem Waſſer ſprengen und ruiniren?

Bißhero iſt in unterſchiedlichen Fragen abge - handelt worden / wie man eine und andere Wer - cke / ſo uͤber der Erden auf feſten Boden ſtehen / un - terminiren und uͤber einen Hauffen ſtuͤrtzen ſoll / nun iſt noch uͤbrig mit wenigen zu gedencken / wie man die Sachen auf oder unter dem Waſſer mit Feuer-Werck unvermerckt ſprengen ſoll: Wenn man nun Schiffe / Schiff - und andere niedrige Bruͤcken verborgener Weiſe ſprengen und ruini - ren will / kan man in einem von innen und auſſen pegulirten Kaſten 6. groſſe Bomben ohne Brand - Roͤhren in zweyen Reihen neben einander einſe -S s 3tzen /644[646]Das IX. Cap. tzen / den zwiſchen Raum mit Feuerwerck Satz ausfuͤllen / uͤber die Granaden gut Pulver ſtreuen / immediate aber uͤber das Pulver etwas von Eiſen Blech legen / auf ſolches Eiſen hernach 2. Theil le - bendigen pulveriſirten Kalck / und wenn man will 1. Theil pulveriſirten lebendigen Schweffel durch einander ſchuͤtten / biß der Kaſten ausgefuͤllet / den Kaſten hernach mit auch einem von innen und auſſen pegulirtẽn ſtarcken Deckel / wodurch etwan 3. oder 4. Ritze gehen / vermachen / dem Kaſten ſei - ne gebuͤhrende Senckung im Waſſer ohngefehr . oder 2. S. tief geben / ſolchen des Nachts an Ort und Stelle verborgener Weiſe bringen / oder an dem Kaſten einige Hacken oder lange Stange Creutz weiß anmachen / damit er den Strohm ab - waͤrts ſchwimmend fuͤr ſich ſelber an den Wer - cken / ſo da ſollen ruiniret werden / hangend bleibe / von Waſſer aber durch die Ritze des Deckels ent - zuͤndet werde / und alſo ſeinen Effect erweiſe. Dergleichen Kaͤſten koͤnnen bey Sprengung ſtei - nerner Mauern und Pfeiler unter dem Waſſer gebrauchet werden / wenn zuvor das Waſſer ge - ſchuͤtzet / und eine Waſſer-Cammer um die Pfei - ler gemachet / hernach aber eine ziemliche Hoͤh - lung darein gebrochen / und ein Kaſten darein ge - ſetzet wird / man muß aber an Statt der Ritze durch den Deckel ein Loch machen / eine Roͤhre von Bleche oder pegulirten Canal mit Pulver gefuͤl - let / darein fuͤhren / ſo aber uͤber dem Waſſer muß heraus gehen / und daſelbſt / wenn es Zeit iſt / gezuͤn -det645[647]Von miniren und Contreminiren ꝛc. det werden / wie bereits von dem Lege-Feuer ge - dacht worden.

(20.) Frage. Wie ſoll dann bey Aufferbauung einer Feſtung bey den Haupt-Wercken und Graben gute Vorſehung gethan wer - den / damit bey deren Belagetung ein Feind ſolcher mit Minen keinen Schaden thun koͤnne?

Daß das Miniren einer Feſtung mehr Scha - den thue / und in wenigerer Zeit / auch ohne gerin - gere Unkoſten koͤnne verrichtet werden / als das Brech machen mit Canonen / davon iſt bereits im vorigen gnugſame Meldung geſchehen / weil nun ſolches ſich alſo in der That und Warheit verhaͤlt ſo thut ein groſſer Potentat wohl / und iſt die Vorſichtigkeit eines Ingenieurs hierunter hoͤchſt zu ruͤhmen / wann bey Aufferbauung der Haupt-Wercke / und ſonderlich der Baſtionen entweder groſſe zuſammen verklammerte Qva - terſteine / oder lange und ſtarcke eigene Baͤume und Kloͤtze in groſſer qvantitaͤt im Fundament und auch einige Schue daruͤber geleget werden / wel - che dann verhindern koͤnnen / daß kein Mineur darein leicht einbrechen / und ſeine Mine mit ihrem Gaͤngen / Haͤlßen und Cammern wird anbrin - gen koͤnnen. Oder man thut auch wohl / wann entweder unter den gantzen Wall herumb / oderS s 4doch646[648]Das IX. Cap. doch nur unter die Baſtionen groſſe Gallerien in continuo gemachet / oder nur von Diſtantzen zu Di - ſtantzen ohngefehr 1. R. weit Minen-Gaͤnge ein - geſchnitten und ausgemauert werden / woraus man das feindliche miniren kan balde gewahr werden / und ſich darwieder mit guten Vortheil ſetzen / wie im folgenden hiervon mehr Bericht ſoll erſtattet werden. Oder man kan in dem Haupt - Graben / zu mahl wann er trocken / eine tiefe Cu - vette in der mitten anlegen welche dann verhin - dert wird / daß der Feind mit ſeinen verborgenen Minen-Gaͤngen und Gallerien unter dem Hori - zont des Grabens zu Anbringung ſeiner vorha - benden Minen nicht wird fortkommen koͤnnen / ſondern dadurch leicht entdecket / und von ſeinem Vorhaben abgehalten werden. Oder man ſoll doch zum wenigſten bey Haupt-Feſtungen gute Horizontal-Defenſion am Artillerie in dem Gra - ben habẽ / doch unbeſchadet deꝛ obeꝛn Artillerie auf ihren langen Flanqven / damit man dem Feind bey offener Pasſirung des Grabens / er mag trocken oder voll Waſſer ſeyn / tapffer bewillkom - men / und die Linien der Facen wohl beſtreichen koͤnne / alſo und dergeſtalt / daß kein Mineur an die Wercke ſich anhaͤngen duͤrffe / weßwegen dann ein Commendante bey ſo geſtalten Sachen die gantze Nacht durch auf den Wercken / und ſon - derlich im Graben viel Feuer - und Pech-Pfan - nen brennond haben ſoll / damit er den Feind an ſeinen Vorhaben / welches gemeiniglich bey fin -ſte -647[649]Von Miniren und Contreminiren. ſterer Nacht pfleget vorgenommen zu werden / mit guter Vorſicht und Nachdruck verhindern moͤge.

(21.) Frage. Wie ſoll denn ein Commendant, wenn er ſiehet / oder ſich vermuthet / daß der Feind minire / ſeine Minen ſuchen / und den unterminirten Ort erkundigen?

Die feindlichen minen, ſo der ataquirende Theil bey einer belagerten Feſtung anzubringen / und ſolche darmit zu ruiniren geſonnen / koͤnnen auf unterſchiedliche Weiſe geſuchet und erfor - ſchet werden: Einige ſtellen an die Oerter / ſo man verdaͤchtig haͤlt / etliche Becken mit Waſſer / oder binden Zimbeln an / uud vermeynen durch des Waſſers Bewegung / und der Zimbeln Klang / wenn anders kein Wind darzu koͤmmt / zu erfah - ren / an welchen Ort der Feind unter der Erden ar - beite / und minire: Etliche legen auf eine Trom - mel Erbſen / Bohnen oder Wuͤrffel / und geden - cken dadurch zu vernehmen / wo etwan unter dem Horizont gehacket und gearbeitet werde. Andere machen zumahl im Graben nahe an der Contre - ſcarpe an unterſchiedlichen Orten puits und tiefe Loͤcher / um hierinnen das ſeindliche Eingraben zu erforſchen: Die meiſten aber gebrauchen zu Su - chung der feindlichen minen 6. S. lange Erd - Bohrer / mit welchen ſie nach Gelegenheit ober o -S s 5der648[650]Das IX. Cap. der unter ſich / oder zu beyden Seiten einbohren / legen hernach ein Ohre auf das Loch / und zu ver - nehmen / wo der Feind eigentlich arbeite und gra - be / welche letztere Manier auch unter allen andern das ſicherſte und gewiſſeſte Mittel iſt.

(22.) Frage. Was ſoll denn ein Commendant thun / wenn er keine ſchon bereitete Con - treminen oder Gallerien unter den Wercken hat / wo er hoͤret / da der Feind miniret?

Wenn ein Commendant in ſeiner Feſtung er - forſchet / wo der Feind von auſſen hinein minire / und aber an dieſem Ort noch keine Contreminen oder Gallerien fuͤrhanden / muß er gleich ohne ei - nigen Verzug an bewuſten Ort dem Feinde laſſen entgegen miniren / ſolchem vorzukommen verſu - chen / und die Schiede-Wand zwiſchen den bey - den minen-Gaͤngen / ſie mag oben / unten / oder auf den Seiten ſeyn / wenn ſolche noch etwan 6. S. di - cke iſt / mit einer Petarde gegen dem Feind zu ein - ſtoſſen / und daſelbſt hinter guten Traverſen mit Muſquetonen und Hand-Granaden des Feindes Wiederkunfft weiter erwarten. Wenn aber nichts deſto weniger der Feind die Belagerten aus ihren Gallerien und Contreminen vertreiben / und ſich darein ſetzen ſolte / muß man ſtinckend Waſſer / oder andere ſtinckende Materien conti - nuirlichen in die Contreminen einrinnen laſſen /auch649[651]Von miniren und Contreminiren ꝛc. auch nach Verliehrung der Fauſſebraye, wenn ei - ne fuͤrhanden / von hohen Wall Bomben / Hand - Granaden und andere Feuer-Kugeln in dieſelbe oder in Ermangelung ſolcher in dem Graben ab - rollen / damit der Feind gezwungen werde / die Fauſſebraye und den Graben wieder zu verlaſſen / und von ſeinem Vorhaben abzuſtehen.

(23.) Frage. Wie ſoll denn ein Commendant bey dem feindlichen Miniren und Einbrechen ſeiner gemachten Gallerien und Contre - minen unter den Wercken zu ſeinem Vortheil ſich bedienen?

Wenn die Baſtionen, oder wohl auch der gan - tze Wall herum groſſe Gallerien und Contreminen haben / welche gleich Anfangs bey Auferbauung der Feſtung mitgemachet ſind / und der Feind in - tentiret in die Wercke einzugraben / und ſolche mit Minen zu ſprengen / ſoll man zu beyden Seiten der Gallerien gegen den Ort / wo der Feind durchzu - brechen gedencket / 3. oder 4. S. dicke Traverſen an - legen / und ihn bey ſeinem Eintritt in die Contre - minen und Gallerien mit Hand-Granaden und Muſquetonen tapffer empfangen / ſolchen mit Nachdruck repouſſiren / und die gemachten Ein - bruͤche gaͤntzlichen inwendig mit Miſte / ſtarcken Quer-Hoͤltzern / Erde / Faſchinen und Steinen wieder verbauen / damit er von neuen ſich anders wo einzugraben gezwungen werde / welches dennſehr650[652]Das X. Cap. ehr gefaͤhrlich vor ihme ſeyn wird / auch ſonſt viel Muͤhe und Zeit erfordert / und doch wohl endli - chen von ſeinem Vorhaben wieder abſtehen muß / wenn er gebuͤhrenden Widerſtand befindet / wie bereits gemeldet worden.

Das X. Cap. Von Beſtuͤrmung und Er - ſteichen der Brechen, und wie die Ra - veline und Hauptwercke ſollen erodert und eingenommen / hingegen wieder von dem Commendanten beſtens defendiret / und auf allem Noth-Fall beſchuͤtzet wer - den / auch was ſonſt hierbey beyde der ataquirende / als defendirende Theil in acht zu nehmen.

(1.) Frage. Wie ſoll denn der ataquirende Theil der Raveline und anderer Auſſenwer - cke vor einer Feſtung ſich bemaͤchtigen und ſolche einnehmen?

WEnn vor den Feſtungs-Polygonen Raveli - ne, oder andere Auſſenwercke und Schan - tzen ſich befinden / welche den ataquirenden Theil entweder verhindern / das Corpus der Feſtung mit Minen und Breche machen anzugreiffen / oder im Gegentheil groſſen Vortheil geben / die Ataquen mit deſto beſſerm Succes gegen die Hauptwerckefort -651[653]Von Beſtuͤrmung und Erſteichen ꝛc. fortzuſetzen / ſoll man ſolche allezeit zu erſt einneh - men: Worbey denn in acht zu nehmen / daß / wenn das Ravelin oder ander Auſſenwerck klein iſt / und leichtlich kan uͤberſtiegen werden / man dafuͤr / iedoch hinter einer Blendung / eine Baterie von etlichen Stuͤcken auffuͤhren / nach deren Ver - fertigung des Nachts die Blendung wegthun / das Ravelin unaufhoͤrlich beſchieſſen / deſſen Bruſt u. Wall / ſo viel moͤglich / ruiniren / den Gra - ben mit Faſchinen ausfuͤllen / oder auch einige Sturm-Lettern gebrauchen / und in einem furioſen Sturm mit dem Degen in der Fauſt das Werck uͤberrumpeln ſolle; Es muͤſſen aber die commandirte Sturm-Laͤuffer hierzu billig mit Caſqueten / Ruͤck und Bruſt-Stuͤcken zu ihrer Beſchuͤtzung und Verwahrung verſehen ſeyn / weil es bey dergleichen deſperaten Actionen ziem - lichen warm pfleget herzugehen: Waͤre aber das Ravelin groß und ſtarck / und ſonſt wegen guter Vorſehung nicht anders als Fuß fuͤr Fuß zu ge - winnen / ſoll man deſſen Graben ceremonialiſch / wie vor einem Hauptwerck / uͤberpaſſiren / die Pointen und Facen mit Minen ſuchen zu ſprengen / und nach deſſen Erfolg mit hitzigem Sturm ein - lauffen / die Brechen erſteigen / und ſolche / ſo viel moͤglichen / mainteniren.

(2.)652[654]Das X. Cap.

(2.) Frage. Was ſol der ataqvirende Theil thun / wann er das Ravelin erſtiegen / und auf denſelben einiger Abſchnitte gewahr worden?

Wenn das Ravelin mit Strum erſtiegen wor - den / und der Feind ſich mit Abſchnitten allen Falls auf demſelben verſehen / muͤſſen die Be - ſtuͤrmer in der erſten Furie noch mit Einwerffung vieler Hand-Granaden trachten / die gemachten Abſchnitte nebſt dem Ravelin taͤglich zuerobern / und ſich wo moͤglichen hinein zu logiren / welches auch bey Eroberung der Haupt-Wercke kan in achtgenommen werden; Behaupten aber die Belagerte ihre innere retrenchemente auf den Ravelin / ſo muß man die erſte Nacht nur auf der gemachten Breche logiren / ſich nach Moͤglichkeit wohl bedencken / die Minirer aber gleich des Nachts an dem Abſchnitt bringen / und ſelbige ſuchen / ie eher lebeſſer zu ſprengen / auch nach Ge - legenheit gantz zuſchleiffen / damit die Belagerte / wann ſie uͤber verhoffen wider auf das Ravelin kommen ſolten / ſich darinnen nicht lange halten koͤnnen. Bewaͤlchtiget man nun das Ravelin voͤllig / und treibet den Feind gantz darvon ab / muß man gleich auf die Kehl-Linien gegen die Feſtung zu eine gute Bruſtwehr und Graben machen / damit die Belagerte das Ravelin nicht uͤberrumpeln koͤnnen / zu mehrerer Vorſorge deſ -ſen653[655]Von Beſtuͤrmung und Erſteichen ꝛc. ſen kan man auf den Seiten und ruͤckwaͤrts be - deckte Linien ziehen / daß im Fall der Feind die vor - derſten logimenter angreiffen ſolte / ſelbige doch von den hinterſten koͤnten ſecundiret werden.

(3.) Frage Wie ſoll dann der ataqvirende Theil die gemachte Breche auf den Haupt - Wercken durch Sturm beſteigen / ſich darauf mainteniren / und weitere Veranſtaltung machen?

Wann die Geſicht-Linien an dem Haupt - Wall durch eine Breche / es ſey mit Canonen oder Minen ſind geoͤffnet und ruiniret worden / muß entweder durch einen geharniſchten ingenieur unter Begleitung etlicher commandirten / und auch geharniſchten Fuſiliers die Brechezu vor be - ſichtiget werden / ob ſolche zum Sturm und An - lauffe beqvem / oder nicht / und was ſonſt fuͤr Hin - dernuͤfſe noch im Weg ſeyn moͤchten / ſo vor dem Sturm wegzuſchaffe waͤrẽ; Oder aber / meñ man dergleichẽ Beſichtigung der Zeit u. Gefahr halber nicht vor rathſã urtheilet / ſollẽ die erſtẽ 2. Parti / ſo zũ Sturm com̃andirt / allzeit in die Laͤnge Faſchin vor ſich zur Bedeckung tragẽ / ſolche bey dem An - lauff / wo es noͤhig / einwerffẽ / u. im uͤbrigẽ ihr De - voir nach aller Moͤglichkeit erweiſẽ. Auf der Con - treſcarpe, wo man zuvor Poſto gefaſſet / ſoll man auch inzwiſchē der Breche gegẽ uͤber etliche Canon pflantzen / welche auf dem obern Theil der Breche,zumahl /654[656]Das X. Cap. zumahl / wenn ſolche mit Palliſaden / Spaniſchen Reitern oder Schantz-Koͤrben verſetzet und ver - bauet / mit Ketten / Stangen und andern Kugeln vor dem Aufſteigen der Sturm-Laͤuffer continu - irlichen Feuer geben muͤſſen / um alle Obſtacula aus dem Wege zu raͤumen / und die Paſſage frey zu machen. Jngleichen ſoll man auch aus den nech - ſten Keſſeln am Graben eine groſſe Menge Stei - ne und Hand-Granaden hinter die Breche gleich einwerffen / damit die Belagerte nicht alleine ver - hindert werden die gemachte Breche zu verbau - en / ſondern auch im Fall der Noth zu defendiren. Wenn nun zum Sturm alles parat iſt / und der Feind die Feſtung durch accord nicht ergeben / ſondern ſolche biß auf den letzten Mann defendi - ren will / ſo muß man in guter und behoͤriger Ord - nung / wie bereits im vorigen gemeldet worden / darauf loß gehen / und ihme den Meiſter zeigen; Wenn man ſich nun auf dem Haupt-Wall durch Sturm alſo poſtiret hat / und hinter der Breche Abſchnitte ſiehet / muß man vor allen Dingen die Wege ruͤckwaͤrts uͤber die Graͤben und Waͤlle bequem / und in genugſamer Breite zurichten / damit / wenn wider Verhoffen / man ſolte von dem Wall und Breche heraus getrieben werden / man mit groſſer Macht und ſtarcker Fronte abermahls die verlohrne Poſten von neu - en gleich wieder einnehmen koͤnne.

(4.)655[657]Von Beſtuͤrmung und Erſteichen ꝛc.

(4.) Frage. Wie ſoll denn ein Commendante bey Beſtuͤrmung der Raveline und Haupt - wercke ſolche defendiren / und was hat er ſonſt bey dergleichen letzten Actionen wohl in acht zu neh - men?

Es ſoll ein Commendante / welcher ſich geden - cket / odeꝛ Befehl hat ſich biß auf den letzten Mann wehren / ſo bald die Contreſcarpe beſturinet und erobert worden / uͤber die viele und groſſe Feu - er in dem Graben / und die brennende Pech - Pfannen auf den Wercken / davon im vorigen gedacht worden / die nechſt gelegenen hohe und ſteinerne Haͤuſer an den Wall mit Erden nicht alleine laſſen ausfullen / um deren ſich hernach bey dem feindlichen Brach Schieſſen als Contrebate - rien nebſt andern Wercken koͤnnen zu bedienen / ſondern auch in die fuͤrnehmſten Gaſſen Traver - ſen anlegen / und durch die Haͤuſer Communica - tion machen / damit er ſich auch noch zuletzt in der Stadt ſelber allen Falls defendiren / und ſich ſi - cher reteriren koͤnne. Auf dem Haupt - und groſſen Auſſenwercken aber ſoll er fuͤrnemlichen gleich Anfangs der Ataque, wenn er ſichet / gegen wel - che Wercke ſolche gefuͤhret werde / gute und ſtar - cke innerliche Abſchnitte machen / und Contremi - nen anlegen laſſen / damit er bey Beſtuͤrmung die Wercke nicht ſo gleich gaͤntzlichen verlaſſen / ſon -T tdern656[658]Das X. Cap. dern ſich auf denſelben noch ziemlichen defendi - ren koͤnne. Jn die kleinen und ſchmahlen Auſſen - wercke / wo keine Abſchnitte koͤnnen fuͤglichen ge - machet werden / muß man nur Minen-Cammern anlegen / um ſolche Wercke / wenn ſie mit Sturm vom Feinde erobert worden / nebſt den darauf be - findlichen Leuten koͤnnen in die Lufft zuſchicken. Wenn auch die Waͤlle und Bruſtwehren an den Wercken mit Minen oder Canon-Schuͤſſen von Feinde ziemlichen waͤren ruiniret worden / muß ein Commendant die Brechen in der Hoͤhe mit ausgefuͤllten Schantz-Koͤrben verſetzen / mit ſtar - cken Palliſaden und Spaniſchen Reitern verbau - en / mit Erd und Faſchinen bewerffen / und mit Reiſig / Stroh und Miſt belegen / auch dieſe letzte - re Materien in Zeit der Noth anzuͤnden / damit ſol - che den anſtuͤrmenden Feind mit ihrem Feuer / Geſtanck und Dampff vertreiben / und er ſonſt keinen feſten Fuß / noch freye Paſſage haben koͤnne. Man kan auch unter die Breche eine oder zwey geladene Minen-Cammern und Fourneaux legen / und ſolche in Zeit der Noth ſpielen laſſen. Jn dem Abhang der Breche kan man viele Fuß-Angel werffen / oder umgekehrte eiſerne Egen legen / wel - che den Feind im Anlauffen ſehr verhindern / und in die Fuͤſſe bleſſiren. Zur Zeit des Sturms kan man oben von der Breche ablauffen laſſen / offene Faͤſſer mit geraͤderten ungeloͤſchten Kalck / und gedoͤrter Aſchen / welche den Feind in den Anlauf - fen blenden und erſticken; Jngleichen muß manauch657[659]Von Beſtuͤrmung und Erſteichen ꝛc. auch in wehrenden Sturm allerhand andere Defenſions-Mittel gebrauchen / als Sturm - Senſen / Morgen-Sterne / Tromben und der - gleichen; Man muß auch unter die Beſtuͤrmer werffen und laſſen Wall ablauffen / Hand-Gra - naden / Bomben / Pech-Kraͤntze / Brand-Kugeln mit Mord-Schlaͤgen / Sturm-Ploͤcker / angezuͤn - dete Tonnen mit Pech / Hartz / Schwefel und Pulver durch einander angefuͤllet / welche ſehr brennen und groſſen Schaden thun; So kan man auch ſiedend heiß Waſſer auf die Beſtuͤr - mer gieſſen / und gluͤende Steine unter ſolche werffen / welches denn alles zum Schaden der Feinde und Erhaltung der Feſtung in Zeit der Noth dienen muß. Die ruinirten hohen Flanquen und Linten an den Wercken / ſo die Breche beſtrei - chen koͤnnen / muß man ſuchen mit groſſen Schantz-Koͤrben oder Baterie-Kaͤſten / ſo viel moͤglichen / wieder zu verſetzen / Stuͤcke darauf bringen / ſolche mit Cartaͤtzſchen laden / und in wehrenden Sturm Creutzweiß nebſt der Infan - terie unaufhoͤrlichen ſpielen lafſen: Jngleichen ſoll die Horizontal-Artillerie im Graben das ih - rige auch thun / wenn der Feind ſolchen pasſiren will / worauf denn ein kluger Commendant fuͤr - nehmlichen mit ſehen ſoll / daß eine ſolche hoͤchſt - noͤthige Horizontal-Defenſion recht moͤge ange - leget und beſtellet ſeyn / weil der Feind ſolche am wenigſten zu ruiniren vermag / und ſie dahero ſol -T t 2chen658[660]Das X. Cap. chen bey dem Beſtuͤrmen am meiſten Abbruch mit thun kan / es muß aber der Graben von der abge - ſchoſſenen Erden des Walles wohl gereiniget ſeyn / damit an ſolcher Horizontal-Defenſion kei - ne Verhinderung vorfallen koͤnnen; Solte aber der Feind viel Faſchinen in Graben werffen / um darmit die Horizontal-Defonſion zu ruiniren / und ſich einen bequemen und ſichern Gang zu ma - chen / ſo muß man viel brennend Feuerwerck auf ſolche werffen / um ſie darmit anzuzuͤnden / und des Feindes Unternehmen zu verwehren. So muß auch endlichen ein Commendant zumahl bey Beſtuͤrmung der Hauptwercke Force auf Force ſetzen / den Sturm allezeit tapffer abſchlagen / auch nach Gelegenheit darauf bald einen ſtar - cken und furioͤſen Ausfall thun / um den Feind in Confuſion zu ſetzen / ſeine Wercke und Baterien zu ruiniren / der beaͤngſtigten Feſtung einige Lufft zu machen / und die Zeit zu gewinnen. Andere noͤthi - ge Anſtalten wird bey dergleichen Begebenheiten ein kluger und erfahrner Commendante ſelbſt wiſſen zu machen / davon auch ſchon hin und wie - der gehandelt worden.

Das659[661]Von Verfertigung / Ataquirung und ꝛc.

Das. XI. Cap. Von Verfertigung / Ataqui - rung und Eroberung der innerlichen Abſchnitte; Jngleichen von Defendi - rung und Maintenirung derſelben.

(1.) Frage. Was ſoll der ataquirende Theil thun / wenn er durch Sturm die Breche er - ſtiegen / und ſich von derſelben Meiſter ge - machet / gleich wohl aber den Feind in ſei - nen Abſchnitten noch trotzig und unverzagt ſehen muß?

WEnn der ataquirende Theil die Breche end - lich erſtiegen und gluͤcklichen mainteniret / ſoll er die erbeutete Artillerie auf dem Walle gleich nach der Stadt zu umkehren / oder in Er - mangelung derſelben / wenn der Feind ſolche in ſeine gemachte Abſchnitte etwan ſchon haͤtte zu - ruͤck gezogen / ſeine eigene Canonen von 12. oder weniger Pfundten auf dem Wall laſſen bringen / und anfangen des Feindes Retiraden damit tapf - fer zu begruͤſſen. Wenn nun die eroberte Paſtey oder ander Werck mit innerlichen ſtarcken Re - trenchementen verſehen iſt / muß man ſelbige / wenn es nicht anders ſeyn kan / Fuß fuͤr Fuß auch ſuchen zu bewaͤltigen / allermaſſen wie bey derT t 3Con -660[662]Das XI. Cap. Contreſcarpe und dem Ravelin gemeldet worden. Solte denn die reterirte Garniſon unter der ver - lohrnen Poſt-Minen gemachet / und ſolche bey der Eroberung des ataquienden Theils ſpringen laſ - ſen / um denſelben wieder aus ſeinem Vortheil darmit zu treiben / ſo muß man alſo bald den rui - nirten Poſto mit dem Degen in der Fauſt wieder einnehmen / ſolchen repariren / und unter demſel - ben eine Contremine fuͤhren / um zu verhindern / daß der Feind aus ſeinen gemachten Abſchnitten unter der Erden mit Miniren nichts weiters ten - diren koͤnne: Hingegen muß man dran ſeyn / der Belagerten innerliche Retrenchemente mit Mi - nen zu ſprengen / oder mit Canonen deren Bruſt - wehr uͤber einen Hauffen zu werffen / die Graͤben mit Faſchinen auszufuͤllen / und den Feind mit fu - rioͤſen Veſtuͤrmen und Hand-Granaden von ei - nem Ort in den andern zu jagen / biß er entweder in ſeinem letzten Abſchnitt und Retraide ſich ge - zwungen ſiehet zu capituliren / oder auch den letz - ten Sturm aus Hartnaͤckigkeit abzuwarten / welches aber ein deſperater Handel iſt / wovon im folgenden mehrere Meldung geſchehen ſoll.

(2.) Frage. Was ſoll der defendirende Theil thun / wann der Feind die Breche erſteiget / und ſich darauff logiret / ohngeacht man ihme allen Wieder - ſtandt thut?

Es661[663]Von Verfertigung / Ataquirung / und ꝛc.

Es ſoll ein Commendant, wann erſiehet / daß ungeachtet allen Wiederſtand der Feind ſich dennoch auff der Breche des Haupt-Walles po - ſtiren werden / noch in Zeiten die groͤſten und be - ſten Stuͤcke in ſeine letzten Abſchnitte aufden ho - hen Wercken abfuͤhren / und darmit die Beſtuͤr - mer auff den Wall gleich Anfangs in Fronte und Flanque tapffer empfangen / ehe ſie ſich noch ein wenig bedecket. Es muͤſſen abeꝛ die letztē Abſchnit - te auf den Walle etwas hoͤher ſeyn / als die erſten / damit man uͤber ſolche mit den Canonẽ wegſchieſ - ſen / u. die andern Retrenchemente dadurch einiger maßen defendiren koͤnne / maſen nicht zu rathen daß man dasgrobe Geſchuͤtze nur in die erſten Re - trenchementer bringe / weil doch ſelbige ſo wohl als andere Wercke koͤnnen auch erobert / und die Garniſon alſo leicht umb die Canonen gebracht werden / welche doch ihrer beſter Schutz aller - dings ſeyn muͤſſen. Greiffet nun der Feind den erſten Abſchnitt an / muß man ſich darinnen mit Muſquetonen und Hand-Granaten wehren / ſo gut man kan; Wird man aber genoͤthiget den Abſchnitt zu verlaſſen / muß man ſolchen mit ei - ner Mine ſprengen / und den Feind dadurch in confuſion ſetzen / bey welcher man denn zugleich einen furioͤſen Außfall aus den hintern Abſchnit - ten unter den Feind thun ſoll / umb ſolchen mit tollkuͤhner Fauſt / ſo viel moͤglichen / wegzujagen / und von ſeinen fernern Progreſſen abzuhalten / wo durch man dann nach geſtalten Sachen ſichT t 4ſtal -662[664]Das XI. Cap. langwierig halten / den Feind dadurch abmatten / daß naſſe u. kalte Wetter ihn uͤber den Halß zie - hen / einen General Suecurs erwaꝛten / u. endlichen entweder einen reputirlich Accord erlangen / oder die Feſtung von deꝛ voͤlligẽ Belagerung befreyen.

(3.) Frage. Wie vielerley ſind dann die Ab - Abſchnitte / und wie ſollen ſolche ge - machet werden?

Der Abſchnitte koͤnnen zweyerley Arten ſeyn / als General / und particular: Die General Ab - ſchnitte werden diejenigen bey der Fortification genennet / wenn hinter einer verlohrnen innerli - chen Polygone eine gantz neue Polygone mit gan - tzen oder halben Bollwercken und ihrer Courtine nebſt einen weiten Graben / hohen Walle und Bruſtwehre fortificiret / u. an die andern annoch unverlohrnen Hauptwercke angeſchloſſen wird / alſo / daß ein Feind / ob er gleich die euſerſte gantze Polygone erobert / dennoch hinter derſelben eine andere reterirte Feſtung wieder erbauet findet / welche ihme eben ſo viel / als die erſte verurſachet / zuerlangen machen wird: Particulir Abſchnitte aber nennet man diejenigen Retranchemente, ſo nur auff einen und den andern Wercke / welches an deſſen Bruſt und Facen ziemlich ruiniret iſt / machet / und eigentlich die innerlichen Abſchnitte genennet werden. Dieſe aber ſollen gleichwohlmit663[665]Von Verfertigung / Ataquirung / und ꝛc. mit ihren gebuͤhrenden Graben umbgeben / mit Communication, mit Flanquen und Facen, ſoviel moͤglichen verſehen / und mit Bruſtwehren / Sturmpfaͤhlen und Palliſaden verwahret ſeyn / daß ein Feind auch groſſe Muͤhe und Gefahr an - wenden muß ſolche einzubekommen. Jnsge - mein aber ſollen alle retrenchementer ſo wohl als andere Haupt und Auſſenwercke ihre Gallerien u. Minen-Kam̃ern / oder doch nur zum wenigſten Fougaden und Floder-Minen haben / damit man ſolche in Zeit der Noth ſpielen laſſen / und den Feind bey ſeinen Stuͤrmen einen ziemlichen Ab - bruch thun koͤnne. Wie nun die Haupt-Wer - cke uͤber alle andere vorgelegene und Auſſenwer - cke muͤſſen hinflanquiren / und ſolche nachgeſtal - ten Sachen mit Canonen beſchuͤtzen / alſo ſollen auch die hinterſten und letzten Abſchnitte auff ei - nem Walle und Paſtey hoͤher / als die vorderſten ſeyn / weil darein die Canonen zu ihrer Sicher - heit muͤſſen gebracht / und daraus zu Beſchuͤtzung der andern vorliegenden Abſchnitte mit guten Ef - fect gebrauchet werden / davon in vorigen bereits Meldung geſchehen. Dergleichen particulir Ab - ſchnitte koͤnnen nun auff den Haupt und andern Auſſenwercken / ingleichen in den Gaſſen der Stadt / wie bereits gemeldel / angebracht werden: Auf den Haupt-Wercken / als auff einer Baſtion ſo ataquiret wird / kan man ſolche entweder aus der helffte der Facen. oder aus den Schulter-E - cken / oder auch nach Gelegenheit aus den Flan -T t 5quen664[666]Das XI. Cap. quen und Kehl-Linien anfangen / und in Form / wie gemeiniglich geſchiehet / einer einfachen oder doppelten Tenaillen machen / wie es der vordere Ruin des Wercks etwan am beſten moͤgte anhan - den geben u. haben wollen. Jn den ruinirten Auſ - ſenwercken / zumahl in den langen / als Cron - und Horn-Wercken / einfachen und doppelten te - naillen konnen ſolche am beſten entweder nach Art des Werckes / oder zum wenigſten wie eine einfache und doppelte Zange angeleget werden; Auf den ruinirten groſſen Ravelinen werden ſol - che gemeiniglich aus der mitte der Facen wie eine ein fache Zange formiret / in den kleinen Ravelinen laſſen ſich die Abſchnitte nicht wohl machen / we - gen Mangelung der Erden und Euge des Pla - tzes / und iſt es beſſer / daß man ſolche kleine Wer - cke nach deren Eroberung nur ſprenge / und gaͤntzlich ruinire / damit der Feind keinen ſonder - lichen Vortheil davon habe.

Das XII. Cap. Von Capitulation einer Fe - ſtung / ingleichen von Eroberung deꝛ - ſelben mit einen General-Sturm / uñ wie ſich beyde / ſo wohl der defendirende / als ataquirende Theil darbey zuver - halten haben.

1. Fra -665[667]Von Capitulation einer Feſtung /

(1.) Frage. Wie und auf wieviel mahl pfleget man wohl nach Kriegs Gebrauch eine be - lagerte real-Feſtung auffzufordern / und ihr Capitulation und Ac - cord anzubiethen?

Weil bey allen importanten Sachen ein jeder ſehr fuͤr ſichtig und beſcheiden ſich verhalten ſoll / und aber im Kriege eine Ceremonial Belagerung vor einer real-Feſtung ein Werck von groſſer Wichtigkeit iſt / wobey man in allen Dingen nicht kluͤglich und fuͤrſichtig genug handeln kan / ſo iſt zumahl unter den Chriſten / nach Kriegs - Gebrauch eingefuͤhret worden / daß der ataquiren - de Theil die belagerte Feſtung zu unterſchiedlichẽ mahlen wegen derſelben Ubergabe laſſe aufor - dern / um nicht ſo viel Chriſten Blut zuvergießen / ehe und bevor er den endlichen General-Sturm auff ſolche thue / und ſie mit Gewalt bezwinge und einnehme: dergleichen Aufforderungẽ koͤñen nun geſchehen zum meiſten viermahl / nemlichen zum erſtenmahl / wann eine real-Feſtung von ei - ner maͤchtigen Armée mit allen behoͤrigen Kriegs Zubereitungen umbſchloſſen / und belagert wird / ehe noch andere feindliche Thaͤtligkeiten von der - ſelben veruͤbet werden: Die andere Aufforde - rung kan geſchehen / wann der ataquirende Theildie666[668]Das XII Cap. die Contreſcarpe, und andere Auſſenwercke be - ſtuͤrmet / und von denſelben Meiſter worden / die dritte Aufforderung kan geſcheben / wenn man die Haupt baterien verfertiget / und alle ſchwere Stuͤcke zum Brech ſchieſſen darauff auffgefuͤh - ret / oder wenn man die Sappe gemachet / uͤber den Graben pasſiret / ſich an die Wercke angehaͤn - get / und die Minen verfertiget / alſo / daß nun leicht die Breche kan gemachet / und darauff geſtuͤrmet werden; Die vierte Aufforderung kan geſche - hen / wenn man von der gemachten Bteche auff den Haupt wercken Meiſcer worden / und auf ſel - bigen poſto gefaſſet / der Feind aber noch viele in - nerliche / oder nur einen real-Abſchnitt / innerli - che Feſtung und Donjon hat / wohin er ſich ſicher retiriren / und eine zeitlang halten kan. Die Aufforderung an ihr ſelber aber kan geſchehen entweder durch einen Trompeter oder durch ei - nen Tambour / wenn ſolche den Apel blaſen oder ſchlagen; durch einen Trompeter pfleget ſolches zugeſchehen / wann der ataquirende Theil die Fe - ſtung nur belagert hat / da ein Trompeter gantz alleine pfleget abgeordnet zu werden / und die Fe - ſtung zur Ubergabe und Accord auff zufordern / in dem er ſich blaſſend nahe an die Contreſcarpe, oder ausgeſetzte vorwachten begiebet / worauf er dann durch einen unter einen Unter-Officier und wenig Reitern pfleget eingehohlet / ihme die Au - gen verbunden / in die nechſte Poſt / und dann end - lich nach des Gouverneurs oder Commendanten Hauß alſo gebracht zu werden / da er dann ſeineOrdre667[669]Von Capitularion eine FeſtungOrdre entweder muͤndlich oder ſchrifftlich muß vortragen und uͤbergeben / auch darauff die Antwort erwarten / und ſolche auff ſolche Weiſe wie er eingehohlet / auch wieder uͤberbringen / wornach ſich dann ieder Theil pfleget zurichten / und ſein beſtes zu obſerviren. Durch einen Tambour kan die Auforderung geſchehen / wann der ataquirende Theil bereits die ſo genannte Contreſcarpe erobert / wo ſelbſt ein Tambour auff Befehl der Generalitaͤt pfleget Apel zuſchla - gen / welches dann der Feind leicht hoͤren und vernehmen kan / und wann ſolcher Beliebung hat ſich in eine Unterredung mit ſeinem Contre - part einzulaſſen / laͤſſet er gleichfalls durch einen Tambour auff dem Haupt-Wall antworten / worauff dann beyde Theile mit Schieſſen innen - halten / die Tambour frey und ſicher gegeneinan - der herfuͤrtreten / und wird den erſten der Ort angeſaget / wo er ſich hin begeben / und in die Fe - ſtung eingelaſſen werden ſoll / da er dann heꝛnach mit verbundenen Augen zum Haupt der Beſa - tzung gefuͤhret / und auff ſein Anbringen wieder verabſchiedet wird. Die letzten zwey Auffor - derungen koͤñen gleichfalls durch einen Tambour geſchehen / weil es in der Naͤhe iſt / da man alles hoͤren und vernehmen kan.

2. Fra -668[670]Das XII. Cap.

(2.) Frage. Wenn ſoll ein Commendante in ei - belagerten Orte capituliren / und die Fe - ſtung uͤbergeben / damit er hernach bey ſeinem Printipal deßwe - gen keine Verantwor - tung haben?

Dieſe Frage recht zubeantworten iſt eine Sa - che von groſſer Importantz / und werden die we - nigſten Commendanten / zumahl wenn ſie nur Soldaten von execution, und von keinen ſonder - lichen conſiliis ſind / indem ſie die Fortification und Artillerie / auch andere zum Kriegs-weſen noͤ - thige Wiſſenſchafften entweder gar nicht / oder doch nicht recht / und voͤllig erlernet / erfahren un̄ practiciret / hierunter das rechte temperament zutreffen wißen / wenn und wie ſie capituliren / und einen Ort uͤbergeben ſollen / daß ſie davon keine Verantwortung / Schimpff oder Schande haben / oder der Sache zu viel thun moͤgen. Da - mit man aber hierunter ſich auff etwas gewiſſes gruͤnden koͤnne / ſoll ein Commendante zu einer Belagerten Feſtung folgende Erinnerung wohl in achtnehmen / und zwar ſo iſt zuwiſſen / daß ob - gleich ein Feind bey Berennung und Einſchlieſ - ſung eines Orts ſolchen auch zugleich auffordern laſſen / umb ſich zu uͤber geben / und eine gute Ca - pitulation und Vortheilhafften Accord zuſchlieſ -ſen669[671]Von Capitulation einer Feſtung /ſen / ſo verſtehet ſich doch nimmermehr ein recht - ſchaffener Commendant darzu / wenn auch gleich groſſe Bedrohungen dem Auffordern ſolten mit bey gefuͤget werden / es were dann / daß die Sol - daten und Buͤrgerſchafft / wegen ein und ande - rer Urſachen zuſammen rebellirten / und den Com - mendanten zwingten die Stadt und Feſtung / ehe noch einige weitere Feindſeeligkeit veruͤbet wuͤr - den / zu uͤbergeben: Wiewohl bey dergleichen de - ſperaten Begebenheiten ein Commendant beſſer und ſicher thut / wañ er nach allen gethanen Ver - mahnungen / guͤtlichen Zuredungen / und Erinne - rung eines ieden geſchwornen Treu / ſo aber nichts verfangen wollen / ſich wegen Verweige - rung der allzufruͤhzeitigen Ubergabe von ſeiner eigenen Garniſon u. ſaͤmtlichen Vuͤrgerſchafft laͤſ - ſet in verhafft nehmen / oder ſich wohl gar von ih - nen den Todt anthun / alſo daß ein anderer an ſei - ner Stelle capituliren muͤſſe. Wenn der Feind die Conteſcarpe eꝛobert / wiꝛd insgemein dafuͤr gehal - tē / daß die Feſtung halb u. guten Theils ſchon ver - lohren gangen / bey dieſem Fall muß ein Commen - dant wohl in achtnehmen / ob er von ſeinem Prin - cipal Ordre und Befehl habe / die Feſtung zu - bergeben / und zu capituliren / oder ob er noch ei - nen General Sturm auff die Hauptwercke ab - warten ſolle. Auf beyde Faͤlle muß ein Commen - dant ſeines Herrn Befehl ſtricte nachleben / es waͤre denn / daß / was den erſten Punct anlanget /kei -670[672]Das XII. Cap. keine Munition und Proviant mehr in der Feſtung / oder wenn die Helffte von der Garniſon kranck und untuͤchtig zu fechten / oder rebellirte deßwe - gen die Buͤrgerſchafft wider den Commendan - ten und Garniſon, welche viel ſtaͤrcker waͤre als dieſe / und koͤnte der Commendant mit ſeiner Gar - niſon auch nicht in einem á parten feſten Ort und Citadelle der Stadt ſich reteriren und einſchlieſ - ſen. Bey dergleichen Umſtaͤndten und Motiven kan auch wider des Herrn Befehl capituliret werden / geſtalt ein Commendant ohne Noth und Ordre ſich nicht zwar ſoll ergeben / hingegen auch nicht die Extrema erwarten / wenn er die Unmoͤg - lichkeit zu ſubſiſtiren / und ſich ferner zu defendi - ren vor Augen ſiehet / welches denn mehr eine de - ſperate / als ruhmwuͤrdige That ſeyn wuͤrde / und deßwegen auch billig bernach von ſeinem Princi - pal kan zu Rede geſetzet werden / maſſen es bey dergleichen Actionen ohne groſſen Schaden und Nachtheil niemahls pfleget abzugehen. Hat aber ein Commendant ſeines Herrn Befehl vor ſich / daß er die Feſtung / ob gleich ſolche mit Volcke / Munition, Proviant und andern Nothwendigkei - ten zur Genuͤge verſehen / auch ſonſt unter der Gar - niſon und Buͤrgerſchafft gute Inclination, Corre - ſpondenz, Standhafftigkeit und Treue verſpuͤh - ret werde / an den Feind cediren / und einen guten Actord treffen ſolle / ſo iſt er gleichfalls obligiret / auch dieſem Befehl nachzukommen / und die Fe -ſtung673Von Capituliren einer Feſtung. ſtung vermittelſt eines vortheilhafften Accords ohne ferneres Blut-Vergieſſen zu uͤbergeben. Haͤtte aber ein Commendant von ſeinem Princi - pal auf keinerley Weiſe einen Speial-Befehl / ſon - dern die Feſtung waͤre ihm auf ſeine Treue / Tapfferkeit und gut befinden bey allen Gelegen - heiten damit zu ſchalten und zu walten generali - ter anvertrauet worden / es koͤnte auch der Com - mendante wegen genauer Einſchlieſſung mit ſei - nem Principalen keine Correſpondenz haben / ſich Raths zu erhohlen / und einen Special-Befehl zu uͤberkommen / ſo muß derſelbe / wenn ihm keine De - fenſions-Mittel abgehen / fuͤrnehmlichen wohl uͤberlegen / ob er die Feſtung an den Orten der Ataquen mit guten / ſtarcken und genugſamen in - nern Retrenchementen verſehen laſſen / oder ob ſonſt noch einige innerliche fortificirte Plaͤtze / als Citadelle, Donjon, und Hoͤhen vorhanden / wor - auf er ſich im Noth-Fall mit den Seinigen reteri - ren / und allezeit noch einen raiſonnablen Accord treffen und erhalten koͤnne; Auf ſolchen Fall kan ein Commendant noch ohne Gefahr den Gene - ral-Sturm auff die Hauptwercke abwarten / und wann er zuweigen gezwungen worden / ſich noch einige Zeit aus ſeinen innern Abſchnitten und retiraden wehren. Wenn aber endlichen ein Commendant in ſeinen innern Abſchnitten zum vierten mahl ſolte auffgefordert werden / o - der ſeine retraiten von keiner ſonderlichen impor - tantz weren / ſich in die Laͤnge darinnen zu defen -U udi -674Das XII. Cap. diren / oder es entgingen ihm einige Nothwenthig - keiten an Volcke / Munition, oder Lebens-Mitteln haͤtte auch darbey ſich keines Succurſes, noch Cor - reſpondentz zugetroͤſten / ſo kan er ohne weiteres Bedencken ſich bequemen zu capituliren / und auch vor ſich wenn der Feind nahe / die Chiamata laſſen zuſchlagẽ / oder wenn er ferne weiſe Fahnen aus zuſtecken / umb Geißel zu bitten / und einen re - putirlichen Accord zumachen und zu erhalten.

(3.) Frage. Was fuͤr Accords-Puncte hat ſich dann ein Commendante bey ſeinem ver - halten und capituliren geſtalten Sachen nach zugetroͤſten / und wie pfleget dann der Auszug und ubergabe der Feſtung zugeſchehen?

Nachdem der ataquirende Theil vor einer Fe - ſtung mit ſeinen Ataquen weit avanciret oder nicht / auch viele oder wenige Unkoſten / Zeit und Volck angewendet uñ ruiniret hat / nachdeñ iſt ſol - cher auch incliniret den Belagerten einen guten oder ſchlechten Accord zu geben / es waͤre denn / daß er ſich vor der Feſtung / Zeit waͤhrender Be - lagerung / ſo ſehr entkraͤfftet / auch die Jahres - Zeit / und das boͤſe Wetter ihn obligirten / daß er des weitern Belagerns ſelbſt uͤberdruͤßig / und der Sachen gerne ein Ende ſehe. Gemeiniglich aber kan ein Commendant von einer Real-Fe - ſtung den beſten Accord erhalten / wenn er an -faͤn -675Von Capitulation einer Feſtung. faͤnget zu capituliren / nachdem die Contreſcarpe vom Feinde erobert worden / da man denn mit Sack und Pack / klingenden Spiel / fliegenden Fahnen / brennenden Lunten / Kugel im Munde und allen / oder nur etlichen und den beſten Stuͤ - cken und groben Geſchuͤtz darff abziehen / worzu denn vom Feinde etliche bundert Wagen und Pferdte zur Vorſpanne und Fortbringen der Sachen muͤſſen von dem umliegenden Lande her - bey geſchaffet / und an einem beſtimten Ort / durch den nechſten und rechten / aber keinen Jrr - Weg unter einer guten Eſcorde ſicher begleitet werden / und margiret die Bagage mit untermiſch - ten Garden und einigen Officiern zuerſt aus / her - nach das grobe Geſchuͤtze / denn die Infanterie, darauf die Cavalerie, und endlich der geweſene Commendant noch mit wenig Cavalerie begleitet / welcher denn an dem aͤuſſerſten Thore der Fe - ſtung dem daſelbſt befindlichen Chef von der Be - lagerung vermoͤge des getroffenen Accords in Nahmen ſeines Principalen die Feſtung uͤberlie - fert / darzu gratuliret / und ſich an ſeinem Ort vor die guten Conditiones der Capitulation bedan - cket; Worauf denn von der andern Seite wider ein Gegen-Compliment gemachet / auch nach Ge - legenheit der geweſene Commendante / wenn er ſich tapffer gehalten / und darbey raiſonnable auf - gefuͤhret / mit einem koſtbaren Geſchencke / gemel - niglich einem guͤldenen Degen / verehret wird /U u 2maſen676Das XII. Cap. maſſen die Tugend auch bey dem Feinde zu loben iſt. Wenn ein Commendante mit dem Capituliren anſtehet / biß der Feind alles parat hat gemachet zu einem General-Sturm auf die Hauptwercke / wodurch er ſchon einen ſehr groſſen Vortheil zu ſeinem Deſſein erhalten / ſo darff es den Belager - ten nicht befremdten / wenn ſie nicht die beſten Conditiones eines Accords uͤberkommen / und mit Sack und Pack / ſondern nur was etwan ein Mann tragen kan ohne ſondere Kriegs-Ceremo - nien und wenig Stuͤcken duͤrffen ausziehen. Noch geringere Accords-Puncte werden denje - nigen Commendanten fuͤrgeleget / welcher einen General-Stürm auf die Hauptwercke abgewar - tet / und ſich endlichen in ſeine innere Retrenche - mente reteriret hat / welche doch von keiner ſonder - lichen Importanz ſeyn; Oder wenn ein Commen - dant in einem geringen Orte / Schloß oder Stadt / ſo keine Real-Feſtung iſt / ſich gegen eine vorlie - gende Armée allzu hartnaͤckigt defendiret / und alles auf die Extremitaͤt laͤſſet ankommen / da ſich denn ein ſolcher nach Ausſteckung einer weiſen Fahnen mit ſeiner Garniſon als Kriegs-Gefan - gene auf Gnade und Ungnade ohne ſonderliche Auswaͤchſelung der Geiſſeln / und gemachten Ac - cords-Puncte ergeben muß / welche denn hernach von dem victoriſirenden Theil koͤñen niedergema - chet / ausgepluͤndert / diſatmiret / untergeſtecket / oder zur Auswaͤchſelung gefangen behalten wer - den. So geſchiehet es auch bißweilen / daß die Gar -niſon677Von Capitulation einer Feſtung. niſon in einem geringen Ratten-Neſte / wofuͤr man doch viel Volck verlohren / oder ſonſt mit Blo - quirung groſſe Ungelegenheit ausſtehen und ma - chen muͤſſen / gar ſchimpfflich und nur mit weiſen Staͤben ohne Gewehr und Bagage ausziehen muß / welche denn auch hernach meiſtentheils entweder unterſtecket / oder gar nieder gemachet wird. Dahero denn billig zu ſchlieſ - ſen / daß es nicht allezeit gut und nuͤtzlich iſt / ſich in einem Orte / zumahl / wenn er ſchlecht verſehen iſt / und ſich doch endlichen nothwendiger Weiſe er - geben muß / allzulange und biß auf das aͤuſſerſte ſich zudefendiꝛen / ſondern man muß als ein kluger Kriegs-Mann alles wohl uͤberlegen / und nicht alles tollkuͤhne ohne Raiſon auf das bloſſe Gluͤck hinein wagen.

(4.) Frage. Wie ſoll denn endlich der ataquiren - de Theil einen General-Sturm recht an - ordnen / fortſetzen / und gluͤcklich hinaus - fuͤhren / und die Feſtung mit Gewalt ein - nehmen / wenn der Feind von keinem Accord nicht hoͤren will?

Wenn der ataquirende Theil eine ziemliche Breche in die Hauptwercke / es ſey mit Canonen o - der Minen gemachet / und die Belagerte wollen ſich noch nicht ergeben / ſo muß man zu einem Haupt - und General-Sturm behoͤrige AnſtaltU u 3machen /678Das XII. Cap. machen / auch darmit nach gemachter Breche ſo lange anhalten / und Force auf Force unaufhoͤr - lichen ſetzen / biß die Garniſon ermuͤdet / erleget / und die Feſtung in die voͤllige Gewalt der Belage - rer gebracht worden. Es ſoll aber ein general - und Haupt-Sturm auf die Hauptwercke Vormitta - ge fuͤrgenommen / und angefangen werden / da - mit ein ieder ſein Devoir beſſer verrichten / die Unordnungen verhuͤten / und das Schieſſen von hinten zu die vordern eigene Leute nicht verletzen koͤnnen. Soͤ kan auch der ataquirende Theil Mine machen / ob wolle er zugleich an einem andern Or - te / da etwan eine Fauſſe Ataque gefuͤhret worden / die Feſtung mit einer Eſcalade uͤberſteigen / damit alſo die Force der Garniſon ſich zertheile / und dar - bey confundire. Solten nun etwan die Belager - ten in dem Graben Hauffen Steine geleget / nnd mit Erden bedecket haben / oder ſonſt die Ruinen von der gemachten Breche ſteinigt ſeyn / und man ſich beſorgen muͤſte / daß der Feind bey dem Sturm auf ſolche offene oder verdeckte Steine mit verborgenen und Horizontal-Canonen dar - auf ſchieſſen / und die anlauffende Trouppen in Confuſion und groſſen Schaden bringen moͤchte / ſo muͤſſen die vorderſten Beſtuͤrmer allezeit Fa - ſchinen in die Laͤnge vor ſich mittragen / um ſich ſo wohl einiger maſſen hiermit zu beſchuͤtzen / als den Stein-Grund darmit zu bedecken / damit man um ſo viel ſicherer und bequemer fortkommenkoͤnne /679Von Capitulation einer Feſtung. koͤnne / welches denn auch zu practiciren ſtehet / wenn die Breche ſehr ſandigt iſt / daß man darauf mit keinem feſten Fuß ſtehen kan; Jngleichen wenn der Feind Fuß-Angel oder eiſerne umge - kehrte Egen in die Breche geworffen / welche denn mit Faſchinen und Huͤrten koͤnnen bedecket und verworffen werden / daß man dieſen allen unge - acht den Sturm weiter fortſetzen koͤnne. Was die commandirte Trouppen zum Sturm anlan - get / koͤnnen ſolche fuͤglichen in drey Corpora ein - getheilet werden / damit durch das erſte in guter Ordnung von dem Sergeanten an biß zum Obri - ſten / nach dem Rang der Officiers, oder wie es die Generalitaͤt hierinnen vor gut befindet und an - ordnet / der Angriff geſchehe / und in der erſten Fu - rie alles aus dem Wege geraͤumet und maſſacri - ret werde: Das andere Corpus muß das erſte ſouteniren / und wenn dieſes in die Stadt avanci - ret / muß das andere ſich in die Haupt-Gaſſen / Thore / Laͤrmen-Plaͤtze / bey den Bruͤcken / und auf die Waͤlle in Bataille ſtellen / und / wo moͤglich / zu - gleich die Zeug-Haͤuſer und andere Magazinen in Beſitz nehmen: Das dritte Corpus ſoll wehren - dem Sturm auf der Contreſcarpe bey der Ataque bleiben / damit / wenn die eingedrungene Troup - pen ſolten uͤber Verhoffen wieder repouſſiret und zuruͤck geſchlagen werden / ſolche gleich entſetzen / und allerhand andere ſchaͤdliche Zufaͤlle in Zeiten abwenden koͤnne; Geſtalt denn auch der UberreſtU u 4der680Das XII. Cap. der Armée aus dem Lager zugleich ausruͤcken / und alles in voͤlliger Bataille ſtehen ſoll / um ſo wohl auf die beſtuͤrmte Feſtung / als auch auf das Feld we - gen eines unverhofften Succurſes ein wachtſa - mes Auge zu haben. Das erſte Corpus ſoll billig mit Caſqueten / Ruͤck und Bruſt-Stuͤcken verſe - hen ſeyn / weil es die groͤſte feindliche Gewalt em - pfinden muß / und wenn ſolches biß in die Stadt kommen / ſoll es ſich darinnen / weil es noch ſchwach iſt / nicht allzu weit wagen / es ſey gleich im Verfolgen der Feinde / oder wenn es auch gleich Niemand anſichtig wird / weil vielmahls hierunter ein verborgener Hinterhalt kan beſtel - let ſeyn / ſo das erſte Corpus von dem andern ab - ſchneiden / und folgendlich maſſacriren ſoll. So ſoll auch das erſte eingedrungene Corpus die gan - tze Breite einer Gaſſen und Straſſen im Avanci - ren einnehmen / damit ſolches eine breite Fronte mache; Waͤre aber das erſte Corpus hierzu nicht ſtarck genug / muß das andere gleich zu dem erſten ſtoſſen / inzwiſchen aber das dritte ſich auf die Breche, Waͤlle und Eingaͤnge des Platzes ver - theilen / und ſolche ſtarck verwachen / die in Ge - wehr ſtehende Armée aber / oder zum wenigſten einige commandirte Trouppen ſich um ſo viel mehr der Feſtung naͤhern / und die aͤuſſerſten Po - ſten wohl verwahren. Jm Fall aber die Stadt ziemlichen groß waͤre / oder ſonſt an einem groſſen Waſſer und Meere laͤge / daß ſolche von allenSeiten681Von Capitulation einer Feſtung. Seiten nicht haͤtte koͤnnen fuͤglich eingeſchloſſen werden / oder ſonſt etwan friſchen Succurs em - pfangen haͤtte / muͤſſen die erſten eingedrungene Trouppen gleich Anfangs eines gewiſſen Thores ſich bemaͤchtigen / ſolches eroͤffnen / und dadurch auch Cavalerie einruͤcken laſſen / welche mit ihrem Geſchwinden herum ſpringeu auf den Gaſſen den Jnwohnern und der Garniſon verwehren koͤn - nen / ſich zu recolligiren / und in Bataille zuſtellen. Wenn nun endlichen die Garniſon entweder in ihren Waffen gantz erleget / oder diſarmiret / ge - fangen genommen / und an einem gewiſſen Ort zuſammen eingefchloſſen worden / auch man ſich aller Thore / Bruͤcken / Corps de garde und Laͤr - men-Plaͤtze bemaͤchtiget und beſetzet / ſo koͤnnen die vornehmſten Haͤuſer darinnen fuͤr die Gene - ralitaͤt aſſigniret / mit Wachten beſtellet / das Pluͤndern auf eine gewiſſe Zeit der Soldateſca zugelaſſen / oder auch alle Beute zuſammen ge - bracht werden / damit ein ieder an der Victorie einen Theil haben moͤge. Nach dieſem wird gleich ein neuer Commendant uͤber die eroberte Feſtung ernennet / die Garniſon darinnen formi - ret / die Aprochen durch Land-Volck / und Solda - ten wieder eingeriſſen / das Feld ausgeebnet / die Ataquen und Brechen, ſo viel moͤglichen / in ge - ſchwinder Eil repariret / und die gantze Fortificati - on nebſt andern guten Anordnungen der Defen -U u 5ſion682Das XII. Cap. ſion und anderer Nothwendigkeiten halber in kurtzer Zeit in ſolchen Stand geſetzet / daß man ſich vor nichts zu fuͤrchten Urſach habe: Wormit ich auch unter Goͤttlicher Danckſagung dieſem letzten Theile und gantzen Buche mache ſein

ENDE.

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ERRATA. So ſich uͤber verhoffen mit einge - ſchlichen / und koͤnnen ſolche auff folgende Wei - ſe nebſt den andern gemeinen Druckfeh - lern corrigiret werden.

  • Pag. 6. zuletzt muß in der mitten zwiſchen den zwey Virguln und Zeichen das Wort bedeutet eingeſetzet werden. pag. 9. lin. 15. longitudinibus latutidinibus leg. longitudinibus und latitutini - bus pag. 10. lin. 4. nach der lege nachdem. ead. pag. lin. ult. Ziffer / leg. Ziffern. pag. 24. lin. auf - lege aus. pag. 25. lin 19. alſo / leg. als. pag. 31. lin. ult. 342, lege 432. pag. 36. lin. 10. del. ein - mahl alſo. Ead. pag. lin - 14 - pro wie leg. in. pag. 37. lin. 10. Trlplat, leg. Triplat. pag. 45. lin. 14. zuvertheileilen leg. zuvertheilen / pag. 46. lin. 4. fundamenralis, leg. fundamentalis. pag. 47. lin 9. parellelis, leg. parallelis. ead. pag, lin. 14. fundamentblis, leg. fundamentalis. pag 48. lin. 13. falfcher / leg. flacher. pag. 49. lin. ult. Ange - lus, lege Angulus. pag. 51. lin. 7. Außrechnun - ge / leg. Ausrechnungen. pag. 52. lin 7. ſemidi - amcſet, leg. ſemidiameter. lin. 14. brreits leg. bereits, pag. 53. lin 14. vermittelſt / leg. mit. pag, 55. lin. 〈…〉〈…〉. in ſich ſelbſt als / leg. an ſich ſelbſt nichts als / ead. pag. lin. 9. gehaͤrig / leg. gehoͤrig. ead. pag. lin. 15. Chorda, leg. Chordæ. pag. 57. lin. 11. Parobole. leg. Parabole. lin. 14. ſolche / lege ſolcher. lin. 18. Triangelum, lege Triangulum. Pag. 62. lin. 8. Parrll, lege parallel. Pag. 68. lin. 11. perpendicular, lege perpendicular. pag. 69. lin. [684]ERRATA. lin. 4. wolcher / leg. welcher / pag. 79. lin. 10. in ſo viel gleiche oder ungleiche / dele oder ungleiche. pag. 82. lin. 4. proplematis, leg. problematis. pag. 90. lin. 8. gleichſeitiges Quadrat in zwey gleiche Theile / leg. gleichſeitiges Quadrat zu - ſammen / theilet auch iede Linie in zwey gleiche Theile. pag. 92. lin. 1. ſeinen / leg. einen. pag. 94. lin. 16. iſ / leg. ſey. pag. 97. lin. ult. einiger / leg. ei - nigen. pag. 98. lin. antepen. abmeſ. ein / leg. ab - meſſen. pag. 113. lin. 10. Waſſer-Recht / leg. Wa - ge-Recht. pag. 116. lin. 23. des Fluß / leg. des Fluſ - ſes. lin. ſeq. hingehen / leg. hinſehen. pag. 122. lin. 13. verfaͤhre / leg. verfaͤhret. pag. 125. lin. 6. Comi, leg. Coni. pag. 133. lin. 16. verſtandten / leg. ver - ſtandten werden. pag. 141. lin. 12. denen / leg. de - ren. pag. 257. lin. 4. Abgang / leg. Abhang. pag. 263. lin. 11. beſchloſſen / leg. beſchoſſen. pag. 268. lin. 1. entſchlagen / leg. einſchlagen. pag. 279. lin. 25. Waſſer-Staͤbe oder mehr Reihen / leg. Waſſer-Stube doppelte und dreyfache oder mehr Reihen. pag. 284. lin. 20. Cavallieur, leg. Cavalier. pag. 286. lin. 1. nun / leg. einen. pag. 287. lin. 16. dele, ſo viel moͤglichen. pag. 290. lin. 16. vielerley / leg. viererley. pag. 295. lin. ult. uͤber dein / leg. uͤber den. pag. 306. lin. 1. innerlichen ge - ſtampfften Erde / leg. innerlichen und aͤuſſerli - chen Boͤſchung / welche muͤſſen bey der nider ge - ſtampfften Erde. lin. 17. aſen / woder / leg. Wa - ſen / oder. pag. 310. lin. 18. Raſen / leg. Waſen. pag. 313. lin. 3. Verwahrung / leg. Verwehrung. pag. [685]ERRATA. pag. 316. lin. 10. del. die. pag. 318. lin. 15. del. man. pag. 319. lin. 2. behalten / leg. behalte. pag. 321. lin. 24. der Soldaten / ſo / leg. der Soldaten und Stuͤcke / ſo. pag. 332. lin. 1. dele. nicht. pag. 346. lin. 12. præcitant, leg. præcipitant. pag. 354. lin. 24. Waſſers von / leg. Waſſers in die Quere von. pag. 356. lin. 3. dele masſiven. pag. 374. lin. 4 dele oder Baum. pag. 375. lin. 3. Rad auff / leg. Rad oder zwey Rollen oben auff. lin. 20. Armee leg. Arme. pag. 378. lin. 27. Feuer-Mauer / leg. Feuer Meyer. pag. 382. lin. 18. Srebe / leg. Strebe. p. 383. lin. 7. weil dergleichen / leg. weil bey dergleichen. p. 386. lin. 5. dele Saulern. p. 418. lin. 4. verpich - teten / leg. verpichten. p. 423. lin. 11. Lande Graͤntzen / leg. Lande grentzen. p. 427. lin. 1. wie ſolche / leg. weil ſolche. p. 428. lin. 10. Fe - ſtung / leg Cidadellen an die Feſtungen. p. 436 lin. 2. Haupt-Linie 22. N. ingleichen auff euſ - ſerſten / leg. Haupt-Linie 22. N. ab / ingleichen auf der euſſerſten. p. 442. lin 23. oder Mange - lung / leg. oder in Mangelung. p. 443. lin. 13. nicht ſonder mehr / leg. nicht ſonderlich mehr. p. 468. lin. 21. an Palliſaden / leg. an die Pal - liſaden p. 480, lin. 6. Auswerck / leg. Boll - werck. p. 483. lin. 1. Breite der Banck 1. leg. 3. it. Hoͤhe der Banck 3. ½ leg. 1. ½. p. 488. lin. 1. conſulire, leg. conſultire. p. 515. lin. 21. groſ - ſen / leg. kleinen. it. lin. 22. kleinern / leg groſſen. p. 534. lin. ult. ſchafften / leg. zuſchaffen. p. 560lin. [686]ERRATA. lin. 3. die Schantzen ſeine / leg. die Schantzen und ſeine. p. 561. lin. 19. Hinterfall / leg. Hinter - halt. p. 593. lin. 4. Canonen, leg. Garniſonen. p. 545. lin. 9. Kaͤſten leg. Keſſel p. 583. lin. 29. Sturm-Spitzen / leg. Sturm-Spießen. p. 587. lin. 11. Schlangen / leg. Schlagen. p. 589. lin. ult. Haupt-Breche fortſetzen / leg. Haupt-Brech[e]ohne oder mit einer eſcalade fortſetzen p. 600. lin. 4. ſo die / leg. ſo wird die. pag. 602. lin. 14. Canonen-Schieſen / leg. Canonen-Schuͤſſen. p. 605. lin. 10. Commende. leg. Commendant. p. 616. lin. 22. befinden / leg. zubefinden / p. 627. lin. 1. genwinen / leg. gemeinen. p. 633. lin. 4. anzuͤndet. leg. gezuͤndet. p. 642. lin. 9. Ronde / leg. Rondele. p. 643. lin. 2. angeſpritzten / leg. angeſpreitzten. p. 646. lin. 11. verhindert / leg. verhindern. p. 650. lin. 1. ehr / leg. ſehr. p. 652. lin. 11. taͤglich / leg. zugleich. it. lin. 18. bedencken / leg. bedecken. p. 655. lin. 8. welcher ſich gedencket / leg. welcher gedencket. ead. pag. lin. 10. wehren / leg. zuwehren. p. 660. lin. 4. ataquiende / leg. ataquirenden. 662. lin. 5. befreuen / leg. befreyen kan. p. 666. lin. 27. durch einen Unter einen Unter-Officier. leg. durch einen Unter-Officier. p. 277. lin. 20. Kuͤnſtchen / leg. Kuͤnſtlichen. p. 229. lin. 15. pecticiret / leg. pecci - ret.
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About this transcription

TextExamen Fortificatorium oder Gründlicher Unterricht von der Theoria und Praxi Der heutigen Kriegs-Bau-Kunst
Author Johann Sebastian Gruber
Extent767 images; 122275 tokens; 14017 types; 854546 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationExamen Fortificatorium oder Gründlicher Unterricht von der Theoria und Praxi Der heutigen Kriegs-Bau-Kunst Jn Fragen und Antwort verfasset/ und in VII. besondere Theile eingetheilet Johann Sebastian Gruber. . [15] Bl., 682 S., [2] Bl., [5 Faltbl.]. KloßLeipzig1703.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 ARS MIL 544/7

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Militär; Wissenschaft; Militär; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:05Z
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Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.

Holding LibrarySUB Göttingen
ShelfmarkSUB Göttingen, 8 ARS MIL 544/7
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