PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Anfangsgruͤnde der Phiſiologie des menſchlichen Koͤrpers.
Fuͤnfter Band,
Die aͤuſſerlichen und innerlichen Sinne.
Aus dem Lateiniſchen uͤberſezt von Johann Samuel Hallen, Profeſſoren des Koͤnigl. Preußiſchen Corps des Gadets in Berlin.
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Berlin und Leipzig,Jm VerlagChriſtian Friedrich Voß, 1772.
[II][III]
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Vorrede.

Mein Schikkſal verhaͤngt es, ge - neigter Leſer, ob ich gleich al - len Gelehrten wohl will, und ihren Namen, ſie moͤgen von mir halten, was ſie wollen, niemals zu verkleinern ſuche; und ob ich gleich auſſerdem keinen jemals, nur Coſchwizzen aus - genommen, angegriffen, ja auch die Entdekkung dieſes Mannes, da ich noch jung, und beinahe* 2nochIVVorrede. noch ein Kind war, in den Jahren 1725 und 1727, jedoch mit geziemender Beſcheidenheit widerlegt habe, daß ich demohngeachtet doch, bei dieſen meinen Geſinnungen, faſt Jahr vor Jahr bittre Schmaͤhſchriften wider mich erſcheinen ſehen mus. Und dennoch weis ein jeder, wie ich dem Ham - berger bei ſeinem Leben(1)Jn den 1754. zu Lauſanne herausgegebnen Opuſeulis. , und nach ſeinem Tode(2)Jn dem Mem. ſur la Reſpirat. zu Lauſanne 1758. edirt, und in den ohnlaͤngſt wieder aufgelegten Opuſculis, und in phiſiol. Element. T. III. , nachdem Haens Buch ſchon erſchienen, welches beinahe eben ſo bitter ſchreibt, geantwor - tet habe. Und es kann jedermann leicht entſchei - den, wie ich Gunzens Verdienſte gelobt, und Albins, ſowol vor ſeiner ſcharfen Cenſur, als nach derſelben Erwaͤhnung gethan habe.

Mein Entſchluß iſt keine leichte Sache. Jch eile, dieſes lange Werk zu Ende zu bringen, und bediene mich des Landlebens, welches nur allein im Stande iſt, mir Ruhe zu verſchaffen, wiewol ich jezzo einige oͤffentliche Geſchaͤfte weniger zu beſor -genVVorrede. gen habe(3)Directorium Rupénſe, et vices Gubernatoris Aquiljeæ. . Jch mag dieſe fuͤr mich angenehme Arbeit, welche mehr Nuzzen, als alles Gezaͤnke ſtiftet, nicht auf die Seite legen, um Schmaͤh - ſchriften zu zergliedern, und Knoten aufzuloͤſen, wodurch man deutliche Erfahrungen verwikkeln, und unterdruͤkken will.

Je mehr dieſe Verſuche von kundigen Maͤn - nern, die ſich der Vorfaͤlle in der Wundarznei - kunſt bedienen wollen, wiederholt werden, deſto beſſer werden ſie ihnen den Weg zeigen, die Zwei - fel der Unglaͤubigen zu entkraͤften. Vor kurzen hat Hunter, Camper, Caldan unſre Arbei - ten mit ſeinem Zeugniſſe beehrt; bei ſolchen Exem - peln laͤſt ſich ſchon auch was mehreres hoffen.

Doch Sie halten ſich, wenden mir meine Freunde ein, denen wie es ſcheint, meine Ehre, mehr, als mir ſelbſt am Herzen liegt, Sie halten ſich indeſſen ſo geruhig. Sie hoͤren die Schmaͤ - hungen an, und heiſſen ſie durch ihr Stillſchweigen gut; ſie ſtaͤrken Leute in ihrer Verwegenheit, und dieſe wagen alles, weil ſie ſich fuͤr nichts fuͤrchten.

* 2JnVIVorrede.

Jn der That haben ſie, wie ich an mir erfahre Recht, und dennoch bleibe ich bei dem obigen Ent - ſchluſſe. Jch ſchone mich lieber. Vielleicht koͤnn - te ich mich nicht enthalten, wenn ich auf ihre bit - tre Reden, und ungerechte Verleumdungen ant - worten wollte, die dem Menſchen angebohrne Empfindlichkeiten aufzuopfern, und vielleicht wuͤr - de meine Antwort einige Hizze verrathen. Nun - mehr iſt es mir ertraͤglicher, daß die Erbitterung meiner Feinde der Nachwelt in die Hand komme, als daß ſie meine Hizze leſen ſoll. Ein redlicher Mann zu ſein, der auch mit ſeinen Gegnern bil - lig verfaͤhrt, ſcheint mir mehr, als alle Ehre der Gelehrſamkeit werth zu ſein; und es iſt keine Schande, gar zu redlich zu ſein, wofern bei dieſer Tugend zugleich das Laſter Plazz finden kann. Den Feinden hart zu fallen, und ſich uͤbel verdienten Perſonen furchtbar zu machen, ſcheint mir eine leichte Rolle zu ſein, und es gehoͤrt kein groſſer Wizz dazu, daß man ſchimpfen kann, wenn wir von dem Widerwillen unterſtuͤzzt werden.

Jn -VIIVorrede.

Jndeſſen habe ich doch in der Haeniſchen(4)Vindiciæ &c. Viennæ. 1762. Schrift, dasjenige ſorgfaͤltig heraus geſucht, und auch meine Freunde haben es gethan, was die Sache ſelbſt einigermaaſſen naͤher angeht. Es trug dieſer beruͤhmte Mann keinen einzigen Ver - ſuch vor, wenn man nicht darunter dasjenige ver - ſtehen will, welches, wenn es gelten ſoll, offen - bar fuͤr mich iſt, daß er naͤmlich die Sehne eines Menſchen, ohne daß derſelbe Menſch davon Em - pfindung gehabt, mit den Fingern ergriffen(5)p. 112.. Er brachte zwar die Verſuche des Radnizki, ei - nes Arzneibefliſſnen, und des Vandelli, der ebenfalls noch kein Anatomicus iſt bei, auf dieſe aber hatte ich bereits zwei Jahre zuvor geantwor - tet. Doch es ſagte einer von meinen Freunden, dieſe Schatten abgelebter Feinde, wuͤrden gegen mich, als ob ſie noch lebten, aus dem Reiche der Schatten aufgerufen.

Da er mir uͤbrigens die Widerſpruͤche mehr - malen zur Laſt legt, die, wie er ſagt, uͤberall vor -* 4kom -VIIIVorrede. kommen, ſo will ich hier dieſe Anklage beantwor - ten, weil man darauf kuͤrzlich antworten kann.

Wenn ich die Verſuche mit den Folgerungen daraus, erwaͤge, ſo habe ich oft gefunden, daß dieſe jenen entgegen ſind. Jch gebe alſo beiden Partheien Gehoͤr, und ein Menſch, dem die Wahr - heit am Herzen liegt, kann ſich dieſes zu thun nie - mals entbrechen. Zum Exempel, Schlagadern ſcheinen, ihre groͤſte Staͤmme ausgenommen laut den Verſuchen weder reizzbar, noch geſchikkt zu ſein, ſich zuſammen zu ziehen; indeſſen ſcheinen ſie ſich doch, vermoͤge andrer Schluͤſſe, die nicht zu ver - werfen ſind, zuſammen ziehen zu koͤnnen. Folg - lich mus man geſtehen, daß Schlagadern unter dem Meſſer nicht reizbar, doch aber unter andern Umſtaͤnden es zu ſein ſcheinen.

Die Blutadern ſind uͤberhaupt nicht reizbar(6)pag. 204., ſie haben aber auch keine fleiſchige Haͤute be - kommen: doch hat die Holader in der Bruſt, die obere ſowol, als die untere, Faſern, ſie ziehet ſichzuſam -IXVorrede. zuſammen, und ſie iſt dem Reizze unterworfen. Jch lehre beides, und dadurch, widerſpreche ich mir auf ſolche Art ſelbſt, daß man meinen Ver - ſuchen keinen Glauben beimeſſen kann, und eben ſo wenig gefallen ihm auch meine uͤbrige Gruͤnde.

Sehnen ſind nicht reizbar(7)pag. 146., und ſie laſſen ſich weder von einer angebohrnen Kraft, noch durch die Nerven zuſammen ziehen. Und dennoch ziehen ſich Sehnen, auch lange nach dem Tode, noch von der todten Kraft zuſammen, und eben ſolche Beſchaffenheit hat es auch mit den Blut - aderklappen des Herzens. Dieſe Wahrheiten, dieſe jedermann bekannte Wahrheiten, meinet Haene, widerſprechen ſich einander auf das un - anſtaͤndigſte.

Man ſollte glauben, das Pericranium(8)pag. 48., habe nach der Analogie zu urtheilen, keine Em - pfindung, weil es von der Art des Knochenhaͤut - chens iſt; und dennoch ſcheinet es nach andern Verſuchen, zu empfinden. Es kriechen am Pe -* 5ricra -XVorrede. ricranio tiefe Nerven, welche man nothwendig mit zerſchneidet, wenn man das Pericranium be - ſchaͤdigt. Folglich ſind hier keine ſolche Verſuche, die die Liebhaber der Wahrheit uͤberzeugen koͤnnten.

Daher rede ich von der Empfindlichkeit des Pericranii in ſo fern, daß ich dennoch der Ana - logie der harten Gehirnhaut mehr Einfluß zu - ſchreibe. Und dennoch ruft der beruͤhmte Mann dieſe ſo einfaͤltigen Dinge, mit einer ſchmaͤhenden Mine, fuͤr Saͤzze, eines ſich widerſprechenden Menſchen aus.

Von dem Marke der Knochen(9)pag. 172., habe ich keinen eignen Verſuch, ich ſehe, daß dergleichen ſchwer zu machen iſt, und daß ihm gegenſeitige Verſuche im Wege ſtehen. Jch nehme alſo, ſo lange bis jemand auftreten wird, der einen Ner - ven nebſt der Schlagader, und einer ernaͤhrenden Blutader bis ins Mark verfolgen kann, den Sazz an, und will alsdann gerne zugeben, das Mark habe eben ſolche Empfindung, als ein NervehatXIVorrede. hat. Auch dieſes ſoll ſich wieder, meinem Geg - ner zu Folge widerſprechen.

Jch ſage(10)pag. 175. 177. &c. , das Herz habe ſo viele Nerven, daß ſie folglich zur Empfindung hinreichen koͤn - nen, ſie waͤren aber ſo klein, daß ſie zu einer ſehr ſcharfen Empfindung nicht hinlaͤnglich ſein koͤnn - ten. Jch geſtehe endlich, daß ſich die Nerven vom Meſſer in innerliche kleine Muſkelſtreife, die vom Blutaderblute blos durch ihre zarte Beklei - dung getrennt werden, zertheilen laſſen, oder we - nigſtens doch nicht zertheilt worden. Und den - noch ſcheine es gewis zu ſein, daß in dieſe Gegend des faſt nakkten Herzfleiſches, kleine Nerven hin - laufen, weil uͤberall im Koͤrper des Menſchen Ner - ven zu den Muſkelnſtreifen gehen; hier aber im Herzen dergleichen Muſkelſtreife vorkommen. Bil - lige Richter moͤgen urtheilen, wie ſich dieſe voll - kommne Wahrheiten einander zuwider ſein koͤnnen.

Jch habe eingeſtanden, daß ich in Thieren, durchs Reizzen keinen Huſten(11)pag. 180. hervorbringenkoͤnneXIIVorrede. koͤnne, auſſer einmal an einem Lamme, und nicht einmal voͤllig. Am Menſchen verurſacht eben dieſer Reizz, oder eben der angefuͤhrte Schwe - felrauch, leicht einen Huſten. Und dieſes iſt wirklich wieder, wie der beruͤhmte Mann will, ein abſcheulicher Widerſpruch.

Es iſt wider die Wahrheit, daß ſich das Herz blos an kalten Thieren ausleeren ſoll(12)pag. 228.. Es leeret ſich ganz augenſcheinlich, im Huͤhnchen im Eie aus, und ich habe es oft im Menſchen, doch nicht allezeit, leer gefunden. Jſt es nicht allezeit in todten Koͤrpern leer, ſo ſtekkt die Urſache in der zuſtoſſenden lezzten Schwachheit, welche nicht hinlaͤnglich iſt, daß das Herz die lezzten Blutklum - pe austreiben kann.

Daß das Herz(13)pag. 236. ſeq. lang und kurz werde, ob es ſich gleich nicht ausleert, folgt aus der allgemei - nen Natur der Faſern, welche wenn ſie von Wech - ſelrichtungen hin und her gezogen wird, zittert. DieſesXIIIVorrede. Dieſes iſt ſehr widerſprechend, ſagt Hacn, ob man gleich beide Phaͤnomena zuverlaͤßig geſehen.

So viel finde ich, herauszuziehen, und zu wi - derlegen. Alles uͤbrige thut zur Sache nichts, ob es gleich meinen guten Namen angeht. Doch ich glaube, daß ſich dieſer, ohne durch meine laſter - hafte Handlungen, nicht beflekken laͤſt.

Die einzige, und wie ich felbſt davor halte, verdiente Nachrede, trift die Citationen. Da, bei deren unendlichen Menge, meine alte Hand, wenn ich die Charactere ziehe, zittert, da ich von der Preſ - ſe entfernt lebe, da der Corrector oder Drukker leicht einen andern Zug, ſtatt des Vorgeſchriebnen, greifen kann, ſo kann mir dieſes, wenn ich die Blaͤtter aus der Preſſe nachſehe, nicht ſo ſehr ver - dacht werden, da ich in einem obrigkeitlichen Amte ſizze, und mit ernſthaften Sorgen beſchaͤf - tigt bin; ja ich glaube ſelbſt, daß hier Fehler mit untergelaufen, und ich bitte deswegen um Verge - bung. Doch halte ich nicht davor, daß man Drukfehler von Wichtigkeit bemerken werde. WaszurXIVVorrede. zur Beſtaͤttigung eines Sazzes gehoͤret, habe ich aus dem gegenwaͤrtigen Buche des Autors genom - men, oder dabei erinnert, wenn ich dieſes Buch nicht eben bei der Hand gehabt. Und dennoch wiederhole ich auch hier billig, daß ich die citirte Stellen nicht darum anfuͤhre, weil beruͤhmte Maͤnner mit mir einerlei Gedanken davon gehabt. Es iſt gewis, und geſchicht oft, daß Leute, was die Sache ſelbſt betrift, das Gegentheil behaup - ten, ſo oft ich die Namen der Schriftſteller nicht auf die Art anfuͤhren wollen, daß ich ſie widerleg - te, weil ich mich daran begnuͤgte, durch das An - fuͤhren derſelben zu zeigen, daß ich ihre Gruͤnde geleſen.

Mit dieſem Abſchiede, empfehle ich, unſre Arbeit, geneigter Leſer, Deinem Wohlwollen, den 11. April 1763.

Des[1]

Des eilften Buches der Anfangsgruͤnde der Phiſiologie Zweeter Abſchnitt, Die Erſcheinungen in der Muſkel - Bewegung.

§. 1. Die Kraft, ſich zuſammenzuziehen, uͤberhaupt betrachtet.

Es erſtrekker ſich diejenige Kraft, vermoͤge welcher ſich die Grundſtoffe einer Faſer einander naͤhern, nicht nur uͤber das thieriſche Reich allein, ſondern auch eben ſo wohl uͤber das Reich der Pflanzen(a)Es iſt der elaſtiſche tonus in den Pflanzen groͤſſer. BOSE ſecr. hum. plant. p. IX. . Dieſe Kraft ſcheinet nicht nur uͤberhaupt die Urſache desZu -H. Phiſiol. 5. B. A2Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Zuſammenhaͤngens zu ſein, ſondern ſie laͤſt ſich auch durch eine leichte Erfarung deutlich machen, wenn man eine Faſer, der Laͤnge nach, aus einander zieht, wieder los laͤſt, und beobachtet, wie ſie in wenig Augenblikken ihre erſte Kuͤrze wieder bekoͤmmt, und dieſe Beſtrebung, wodurch ſie ſich zu verkuͤrzen ſucht, nie verliert, ſon - dern ſo lange anſtrengt, bis ſie ihre erſte Kuͤrze wieder gewonnen hat(b)BOERHAAVE de viri - bus medieament. p. 66.. Dieſe Bewandnis hat es mit dem Hanfe, dem Flachſe, der Feder, den Haren, mit den Membranen, mit den Zellfaſern, mit einem abgeſtorbnen Muſkel, mit den Darmſaiten aus Thieren; ja hiervon iſt nicht einmal der aus(c)B. LANGRISCH muſc. mot p. 48. 49. vergl. SCHREI - BER almageſt. p. 89. A. Franc. PAWLOWSKY de fibra de - bili. Thieren oder Pflanzentheilen gemachte Leim ſelbſt ausgenommen.

Sie iſt in den kleinſten Theilgen ſtaͤrker, als in den groſſen, weil von den einzeln losgezerrten zarten Faͤden(d)Es beſizzen die zaͤrteſte Sei - denfaͤdengen eine Kraft, welche ſich zur Schweinsborſte verhaͤlt, wie 33915 zu 7970, das iſt, eine viermal groͤſſere. MVSSCHEN - BROECK de cohaeſ. corporum. Es wird die Elaſticitaͤt einer thie - riſchen Faſer durch die Waͤrme ge - ſchwaͤcht. MUSSCHENBR. in - ſtit. p. 440. mehr Gewicht, als von ihnen zuſammengenommen, getra - gen wird. Es koͤmmt auch dieſe Kraft nicht von dem Gewebe, oder einiger Verdrehung her, indem dieſe Ver - kuͤrzungskraft an einer geraden und einfachen Faſer groͤſ - ſer iſt, und hingegen durch ein Zuſammendrehen vermin - dert wird(e)Eben der, daſ. p. 509. ſeq. WALLERIUS act. reg. ſoc. Suec. 1739. Trim. I. n. 7. NOL - LET leçons de phyſique. Tom. III. p. 158.. Andre groſſe Maͤnner, die man ſelbſt nachſchlagen kann(f)BELLIN de villo con - tract. Prop. 52. SANTORIN de fibra in edit. oper. BAGLI - VIANORUM p. 761. 762., erklaͤren den Faſerbau nach dem Sinne ihrer Hipoteſe.

Doch3II. Abſchnitt. Erſcheinungen.

Doch es hat das Anſehn, daß ſich dieſe Kraft um ſo viel ſtaͤrker aͤuſſere, je groͤſſer die Gewalt iſt, welche eine Faſer hervorbringt, ſo wie eine muſikaliſche Saite an ſich haͤrter iſt, und ſich mit einer groͤſſern Gewalt zuſammen - zieht, wenn ſie hundert Pfunde traͤgt, als ſie ſich ſonſt zuſammenziehen wuͤrde, wenn man ſie blos mit zehn Pfunden ausſpannen wollte. Sie bedarf alſo, da ſie von einem ſo groſſen Gewicht ausgedehnt worden, wenn man ſie weiter ausſpannen will, einer groͤſſern Kraft, und ſpringt daher, wenn man ſie los laͤſt, auch viel ſtaͤrker und geſchwinder wieder zuruͤkke. Es erfordert die Menſchen - haut(g)SAUVAGES phyſiol. p. 16. Theor. tumor. p. 7. VARENNE in theſi: Ergo uieri contractio praecipua partus cauſa. , wenn ſie noch einmal ſo lang ausgedehnt wer - den ſoll, eine zehnmal groͤſſere, und wenn ſie ſechsmal laͤnger gemacht werden ſoll, zwanzigmal mehr Kraft(h)SAUVAGES theor. tu - mor. p. 7.. Man hat einen Hautriemen durch ein einfaches Gewicht auf vier Linien, durch ein gedoppelt Gewichte bis ſieben, durch ein dreifaches Gewicht, bis auf neun Linien ausge - ſpannt(i)Idem ibid. . Jndeſſen hat doch auch dieſe Gewalt ihr be - ſtimmtes Maas, und wenn man eine Faſer uͤber ihr Ver - moͤgen verlaͤngert, ſo zernichtet ſich dieſe Kraft voͤllig, und leidet von der Zerrung dergeſtalt, daß ſich die Grund - ſtoffe von einander trennen, und eine Tonſaite zerſprin - gen mus.

Eben ſo ſcheint auch dieſe natuͤrliche Verkuͤrzungskraft, gegenſeitig in dem Beruͤhrungspunkte ſtille zu ſtehen, wenn ſich naͤmlich die Grundſtoffe einander ſo nahe bringen laſſen, daß man ſie nicht naͤher bringen kann. Sie ſuchen ſich einander ſelbſt ſo nahe zu kommen, als es ihre Natur und die Freiheit verſtattet. Es zerris ein Hautrieme, als man ihn von drei bis ſechs Zoll ausſpannte, und ſeine Enden waren wieder, zuſammengenommen, drei Zoll lang, und wie Abſchnitte einer gezerrten Schlagader anzuſehen(k)ibid. p. 8.. A 2Jn -4Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Jndeſſen iſt es doch warſcheinlich, daß auch alsdenn noch eine geheime Verkuͤrzungskraft ruͤkkſtaͤndig ſei, wel - che ſich kuͤnftig aͤuſſern kann, wofern man die Hinderniſſe aus dem Wege zu raͤumen vermag, welche dem Beruͤren der Grundſtoffe hinderlich ſind. Wir kennen naͤmlich kein koͤrperliches Weſen, welches nicht ſeine Poros und Raͤume zwiſchen den Grundſtoffen haͤtte, durch welche ſich die Grundſtoffe einander naͤhern koͤnnen.

§. 2. Jn welchen Theilen dieſe Verkuͤrzungskraft angetroffen werde.

Vielleicht iſt kein einziger Theil im menſchlichen Koͤr - per von dieſer Gewalt voͤllig ausgeſchloſſen. Sie offen - baret ſich indeſſen am deutlichſten an den Muskeln, und naͤchſt dieſen an den Membranen, an der Ribbenhaut, dem Knochenhaͤutchen, dem Mittelfelle, wie auch an den Sehnen, Baͤndern, und am Zellgewebe. Wenn ſie ja mangelt, ſo mangelt ſie den ungemein weichen Theilen, dergleichen das Mark, die Markrinde im Gehirne, oder das Nezhaͤutchen im Auge iſt; oder ſie felet auch den ganz harten Theilen, als den Knochen und Zaͤhnen.

Alle die Theile, welche ſich wieder zuſammenziehen, geben alle nach, wenn man ſie durch Gewichter ausdehnt, ſie werden laͤnger, behalten aber immer noch das Beſtre - ben, ſich, ſobald ſie koͤnnen, wieder in ihre erſte Kuͤrze zuruͤkke zu ziehen. Man kann leicht begreifen, daß ver - ſchiedne Theile auch eine verſchiedne Staͤrke beſizzen. Un - ter allen ſcheinen die Muskeln darunter die ſchwaͤchſten zu ſein, und dieſen folgen die Muſkelnſtreifen an der Mem - bran oder Harnblaſe, am Magen, welche doch an den Schlagadern noch etwas haͤrter ſind(k*)Phyſiolog. die ohnlaͤngſt in hollaͤndiſcher Sprache heraus - gekommen, und mir viel zu ſpaͤtzu Haͤnden gekommen, als ein kur - zer Begriff der albiniſchen Vor - leſungen. p. 384.. Staͤrker ſinddie5II. Abſchnitt. Erſcheinungen. die Membranen, als die harte Gehirnhaut, das Weſen der Schlagadern, das Knochenhaͤutchen, die Haut, Sehne und das Band. Jch will von jedem beſonders einige Verſuche melden.

Jch weis nicht, ob das Kopfhaar nicht, wenn man deſſen Zaͤhigkeit in Betrachtung zieht, alles uͤbrige darinnen, nebſt der Seide, deren Faͤden, weil ſie zaͤrter, auch zum Wiederſtehen am geſchikkſten und ſtaͤrkſten iſt, uͤbertreffe.

Es traͤgt ein Faden von der Seidenraupe, ehe er zer - reiſt, 85 Gran(l)MVSSCHENBROECK de cohaeſione corporum p. 521.. Ein Spinnenfaden haͤlt 15 Gran aus(m)p. 522.. Ein Kopfhaar, welches ſieben und funfzigmal dik - ker, als ein Seidenfaden war, vertrug 2069 Gran(n)p. 521.. Ein Pferdshaar, das ſiebenmal dikker iſt, zerris erſt von 7970(o)p. 522. bis 7920 Gran. Eine muſikaliſche Saite ſtand ein dreimal groͤſſeres Gewichte aus(p)p. 524.. Ein Riemen aus Leder geſchnitten, der $$\frac{4}{10}$$ Zoll breit und $$\frac{18}{100}$$ dikk war, hielte 380 Pfunde(q)ibid. , und in einem andern Ver - ſuche hielt ein ſolcher Riemen, der eine Linie im Quadrat war, 200 Pfunde aus(r)SAUVAGES theor. tu - mor. p. 5.. Die ſogenannte Achilles oder Sprungſehne trozzte dem ſchwerſten Gewichte(s)LOUIS diſc. hiſt. critic. p. 23. und die Sehne des dunnen Schienbeinsmuſkels, die doch nicht viel dikker, als zwo Linien iſt, ſtand den Druck von achtzig Pfunden aus(t)CROONE p. 11.. Man hat ohnlaͤngſt in Frankreich angefangen, zu den Trageriemen an den Kutſchen Thierſehnen zu gebrauchen, weil ſie ſtaͤrker als Riemen befunden worden(t*)Hiſt. de l Acad 1755. p. 145.. Es haben blos die Kap - ſelbaͤnder an einem Kalbsfuſſe(u)Inſtep Anglis. 119 Pfunde getragen(x)HALES haemaſtat. p. 170., ſo wie blos das Knochenhaͤutchen 431 Pfunde(y)p. 171.,A 3und6Thieriſche Bewegung. XI. Buch. und da es einen Zoll gros war, 100 Pfunde ausgehal - ten(z)HALES haemaſt. p. 172.. Das Band an der Fuswurzel(a)Hock joint. zerris erſt bei 830 Pfunden(b)p. 172..

Hingegen iſt der Muſkel ſchon viel ſchwaͤcher. Es laͤſt ſich naͤmlich ein, aus der Haut geſchnittner Riemen, drei - mal laͤnger ausdehnen(c)SAUVAGES l. c. p. 5.. Hingegen laͤſt ſich eine Magen - faſer nur bis zum ſiebenten Theil ihrer Laͤnge ausſpannen, da ſie denn zerreiſt, und das thut eine Blaſenfaſer(d)SAUVAGES phyſiol. p. 20. noch viel eher(e)ibid. , und noch eher die Faſer von der Karotis(f)ibid. .

Es iſt dieſe Kraft, ſich zuſammen zu ziehen, welche man blos durch die Anziehungskraft der Grundſtoffe gegen einander beſtimmen koͤnnte, und die den Thieren mit den Metallen gemein iſt, ein wenig von unſrer eigentlichen Abſicht entfernt, und wir naͤhern uns alſo derſelben wieder.

§. 3. Daß ſich die todte Faſer eines Thieres noch zuſammenziehe.

Es koͤmmt dasjenige Zuſammenziehen, welches ſich an einer thieriſchen Faſer beſtaͤndig und ſo lange das Thier lebt, aͤuſſert, um ſich zu verkuͤrzen(g)bei dem VANDERMONDE 1757. Janu. , und welches eben ſowohl, an einem feuchten Leichname noch fortdauret, hingegen mit der Trokkenheit allmaͤhlich verſchwindet, ſchon den Urſachen der Muſkelbewegung naͤher. Es iſt das Maas dieſes Zuſammmenziehens derjenige Raum, welchen eine von den Nebenfaſern abgeſonderte Faſer, um ſich kuͤrzer zu machen, durchlaͤuft. Es pflegt naͤmlich jede Membran, wenn man ſie durchſchneidet, die Wunde immer groͤſſer und groͤſſer dadurch zu machen, daß ſie ihre Faſern gegen den noch feſten und unbeſchaͤdigten Theil zu - ruͤcke zieht. Man kann dieſe Kraft an den Wunden(h)SAUVAGES theor. tu - mor. p. 9. lebendiger Thiere deutlich ſehen, indem ſie die Lefzen derWunde7II. Abſchnitt. Erſcheinungen. Wunde von einander zerret, und aus einer einfachen Spalte eine weite Oefnung macht. Sie bezeugt ſich an dem Mittelfelle(i)PERRAULT T. III. p. 74. LORRY beim VANDER - MONDE. 1757. Janv. , der Ribbenhaut(i*)LORRY bei dem VANDERM. loc. cit. dem Darmfelle, der Haut(k)SAUVAGES l. c. p. 9., dem Zellgewebe(l)v. GEUNS de vita p. 17. und an der Sehne(m)Denn es gehen die zer - ſchnittnen Theile derſelben aus - einander. PAGANI und BO - NIOLI. p. 158.. Sie iſt am Zellgewebe ſo gros, daß ich blos von dieſer in Krankheiten zugenommenen Kraft am Unterleibe und der Huͤfte eine offenbare Haͤrte wargenommen, davon die Huͤfte, ohne allen Feler der Muſkeln zuſammengezogen und gebogen war(m*)Opuspatholog. obſ. 52.. Von dieſer Art war diejenige alte Kruͤmmung des Kniees, welche man durch Baͤder heilte(m**)MA - LOET hiſt. de l’Acad. 1728.. Es aͤuſſert ſich dieſe Kraft an den Muſ - keln noch deutlicher und verſchwindet am getrokkneten Flei - ſche faſt ganz und gar. Es ziehet naͤmlich ein Muſkel, deſſen Bauch man mitten durchſchneidet, ſeine Fleiſchfa - ſern mit Gewalt gegen die Enden zuruͤkke(m***)GALEN. de motu muſc. T. I. p. 623., da - von auch in todten Koͤrpern ein groſſer Zwiſchenraum ent - ſteht. Schneidet man ſeine beiden Enden von den Kno - chen los, ſo ziehet ſich der Muſkel gegen die Mitte ſeines Bauches zuſammen(n)VESAL pag. 519. FA - BRIC. ab AQVAP. de act. muſc. p. 88.. Trokknes Fleiſch behaͤlt hinge - gen wenig von dieſer Kraft uͤbrig. Wenn man eine Schlagader, die in dieſem Stuͤkke mit den Muſkeln viel Aenlichkeit hat, an beiden Enden bindet, und ſie alsdenn dies und jenſeits von dem uͤbrigen Stamme losſchneidet, ſo verkuͤrzt ſie ſich ebener maaßen, und ſie wird uͤberhaupt um die Helfte kuͤrzer(o)STVART loc. cit. p. 40. und SAUVAGES phyſiol. p. 23.; iſt ſie hingegen ſchon ſteif, ſo zieht ſie ſich weniger und langſamer zuruͤkke.

Es zog ſich eine Fleiſchfaſer um etwas hurtiger, bis auf ein Drittheil ihrer Laͤnge zuſammen(p)SAUVAGES l. c. .

A 4Es8Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Es ſcheint dieſe Kraft in thieriſchen Theilen beſtaͤndig zu wirken, ob man ihre Wirkungen gleich nicht allemal gewar wird. Es ſcheint naͤmlich das, einem jeden Theil - chen eigene Zuſammenziehen, von dem gegenſeitigen Zu - ſammenziehen zweener benachbarten Grundſtoffe beſtritten und gezerrt zu werden, indem beide nicht kuͤrzer werden koͤnnen, ohne den mittlern Theil aus einander zu ziehen. Jndem nun dieſes in allen geſchieht, ſo ſcheint daraus eine Ruhe zu entſtehen, welches die Summe der gegenſeitigen und ſich einander zerſtoͤrenden Kraͤfte iſt. Sobald aber ein Theilchen von den Nebentheilen durch eine Verwun - dung| abgeſondert wird, ſo wird alsdenn die Lefze oder Wunde frei, und da ſie nicht mehr von der Gegengewalt feſte gehalten wird, ſo ziehet ſie ſich gegen das benachbarte Theilchen, von dem ſie gezerrt wird, oder gegen den noch ganzen Theil der verlezzten Membran zuruͤkke.

Uebrigens hat dieſe Kraft mit dem Leben nichts zu thun(q)vergl. SAUVAGES theor. tumor. p. 7.. Denn ob ſie ſich gleich an einer feuchten und biegſamen thieriſchen Materie deutlicher aͤuſſert, ſo ver - haͤlt ſie ſich doch nach voͤlligem Tode, an ausgeſchnittnen Gliedmaaßen, Muſkeln und Membranen noch lange.

Jch rechne zu dieſer Kraft auch diejenige Art einer ab - geſtorbnen Reizbarkeit, welche ſich nach den chemiſchen Giften in allen Theilen des menſchlichen Koͤrpers, beſon - ders aber nach dem rauchenden Nitergeiſte, Vitrioloele, Spiesglasbutter, und andern dergleichen wieder aͤuſſert. Es pflegen naͤmlich dieſe ſo hizzige Fluͤſſigkeiten, das Zell - gewebe(r)ZIMMERMAN. Exp. 62., die Haut(s)memoir. ſur les part. irrit. et ſenſib. p. 397. ZIMMERM. Exp. 63. 64., die aus dem Zellgewebe beſte - henden Membranen(t)Meninges BIKKER. nat. hum. p. 47. Die Membranen im Schafe. BIKKER. Das Ge - kroͤſe. LORRY Journ. de med. 1756. Dec. , den Mutterkuchen(u)BIKKER. natur. hum. p. 47. LVPS. de. irritab. p. 34., die Ein -ge -9II. Abſchnitt. Erſcheinungen. geweide(x)LORRY 1757. Janv. prem. mem. &c. p. 53. 397. ZIM - MERMAN. Exp. 60. 61., Schlagadern(y)Mem. ſur les part. irrit. p. 56. Exp. 267. 268. 280. 565. ſeqq. PAGANI et BONIOLI p. 177. BIANCHI. apud VAN - DERMONDE. pag. 171. 172. ZIMMERM. Exp. 67. 68. 69., Blutadern(z)Mem. ſur les part. irrit. p. 58. Exp. 286. 288. 289. 291. 292. 565. ſeqq. PAGANI et BON - IOLII. ZIMMERM. Exp. 70. ſqq. , Milchge - faͤſſe(a)memoir. ſur les part. irrit. p. 58. Exp. 293. 295. 296. 298., Auswurfsgaͤnge(b)Der Gallengang. PAGA - NI et BONIOL. p. 193. me - moir. ſur les part. irrit. p. 59. Exp. 314. ZIMMERM. Exp. 59. URETER. Mem. loc. c. Exp. 333. 336. ZIMMERMAN. Exp. 56. URETER ibid. ZIMMERM. Exp. 57., die Harnſaͤkkchen(c)PAGANI etc. Es iſt aber ſolches ein wirklicher Muſkel., Gallenbehaͤlter(d)Mem. ſur les part. irrit. p. 59. Exp. 299 300. 303. 304. 308. 310. 311. 313. FELIX. Exp 6. PAGANI. p. 193. ZIMMERM. Exp. 58., die Nerven(e)BIANCHI p. 173. Exp. noſt. 565. 566. 567. ZIMMERM. Exp. 74. 75. 76., Sehnen(f)Exp. noſtr. 565. 566. 567. ZIMMERMAN. Exp. 65. 66., ſelbſt die Muſkeln und das Herz, wenn ſie gedachte Theile be - ruͤren, zu veranlaſſen, daß ſie ſich in ihrer Laͤnge verkuͤr - zen muͤſſen. Von ihnen wird das Zellgewebe, nebſt dem Fette ſelbſt benagt und verzehrt; alles uͤbrige, was eine groͤſſere Feſtigkeit hat, zieht ſich blos zuſammen, bekoͤmmt tiefe Furchen(g)Exp. 300. 377. 407. 486 etc. , verengert ſich, wenn es hole Behaͤlt - niſſe ſind, und ziehet ſich zu einer Kruͤmme zuſammen; wenn es hingegen lange und gerade Schnuͤre ſind(h)prem. mem. ſur les part. irrit. p. 52., ſo krichen ſie ein.

Wir nehmen dieſes Zuſammenziehen mit dem obge - dachten zuſammen, weil eben ſo wohl alle Theile des Menſchenkoͤrpers von den Giften zuſammen ſchrumfen, welche, wie wir gleich melden werden, kein andrer Reiz noͤthigt, ſich zuſammen zu ziehen; ferner weil ſich auch lange nach dem Tode noch die Gifte an dieſen Theilen durch das Benagen und Zuſammenziehen eben ſo, und ſo lange aͤuſſern als dieſe Theile feucht und biegſam ſind,A 5an10Thieriſche Bewegung. XI. Buch. an denen die Erfarung gemacht wird; ſie moͤgen noch am thieriſchen Koͤrper feſte ſein, oder laͤngſt ſchon davon abgeſchnitten ſein, und zwar ſeit vielen Stunden, und gan - zen Tagen, und wenn keine Spur von Empfindlichkeit mehr vorhanden iſt, oder ſich keine Bewegung von gereiz - ten Nerven mehr dazu miſchen kann.

Den Giften koͤmmt das Erfrieren ſehr nahe, denn vom Froſte werden ebenfalls alle thieriſchen Theile(i)BIRCH. T. IV. pag. 254. Lebloſe Koͤrper werden vom Froſte welk. ſteif oder ſtarre gemacht, und die Kaͤlte ziehet eine belebte Haut(k)BIANCHI pag. 173. KRAUSE von der Reizbarkeit. KüHN de nonnullis motu muſc. momentis p. 13. 14. VANDEN - BOS. de viv. corp. hum. ſol. 39. bald mit Runzeln zuſammen.

Es mag uͤbrigens das Zuſammenziehen ſeinen Sizz, in welchem thieriſchen Theile es will, ſeinen Sizz haben, ſo geſchicht es doch ebenfalls und allezeit(l)BICKER p. 50. reſponſe a M. WHYTT p. 117. ohne ein wechſel - weiſes Nachlaſſen, und zwar vermoͤge ein fortgeſezztes und gemeiniglich langſames Annaͤhern der Faſer gegen einan - der durch dieſes Merkmal unterſcheidet es ſich offenbar von der Verkuͤrzungskraft der mereſten Muſkeln.

§. 4. Die den Muſkeln angeborne Kraft, ſich zuſammen zu ziehen.

Es iſt faſt kein einziger Theil eines belebten Koͤrpers vorhanden, welcher nicht die beſchriebne Gewalt ausuͤben ſollte, wenn man nicht vielleicht die Knochen, die Zaͤhne und das breiartige Weſen des Gehirns ausnehmen will. Die folgende Kraft, welche ſich ſchon wirkſamer bezeugt, iſt allein den Muſkeln eigen.

Man wird naͤmlich an dem Muſkelfleiſche eines leben - den oder auch vor kurzem geſtorbnen Thieres, oft von ſelbſt eine Bewegung gewar, welche ſich zuſammenzieht,ſchnell11II. Abſchnitt. Erſcheinungen. ſchnell, lebhaft erfolgt, vermoͤge der ſich die Muſkelſtreifen wechſelsweiſe gegen die Mitte des Bauches zuſammenzie - hen und ſich wieder(m)LAWRENCE mot. muſc. p. 66. de TOPPIS apud PACCHIONEUM pag. 61. WOODWARD p. 94. de HEYDE de mytul. p. 384. PA - GANI. BONIOLI. pag. 184. HOFMANN. de vi elaſtica p. 8. ANDREAE p. 25. Und in un - ſern haͤufigen Verſuchen. An den cirrhis des mytuli. A. de HEY - DE mytul. p. 46. Am pannicu - lus carnoſus. STENONIVS myolog. ſpec. p. 58. von dieſer Mitte entfernen, denn ich mag hier keine Erſcheinungen mehr erzaͤlen, indem ſolche an ihrem gehoͤrigen Orte vorkommen ſollen.

Es haben vorlaͤngſt(n)SWAMMERDAM. bibl. p. 845. Daß ein Muſkel an le -bendigen Thieren niemals gaͤnzlich ruhig ſei. und noch vor kurzem beruͤmte Maͤnner(o)ROGER de perpetua fi - bra muſcul. palp. I. C. n. 1. ſqq. von dieſer Bewegung behauptet, daß ſie von einer Muſkelfaſer beſtaͤndig hervorgebracht werde, indem dieſe Faſer niemals gaͤnzlich ruhen, und ſo gar aus dem Sauſen der Ohren, wenn wir die Hand ans Ohr halten, erwieſen werden ſoll(p)ROGER. n. 2..

Nun erhellt es noch zur Zeit aus dem Augenſcheine nicht, daß ſich abgeloͤſte, und entbloͤßte Muſkeln an einem lebenden Thiere, beſtaͤndig wechſelsweiſe zuſammenziehen und wieder nachlaſſen. Es ſcheinen ſelbſt die Gedaͤrme oft ganz ruhig zu ſein(q)Premier mem. p. 70. FE - LIX. de motu periſtalt. n. 11. BROKLESBY loc. cit. p. 244. CALDAN. p. 138. Unſre Aus - gabe., ſo bald man den Bauch oͤfnet, und es haͤtten beruͤmte Maͤnner die Darmbewegung nicht unter widernatuͤrliche Erſcheinungen rechnen koͤnnen, wenn ſie ſelbige beſtaͤndig an allen lebendigen Thieren ge - ſehen haͤtten, die ſie aufgeſchnitten(q*)vergleichet unter - deſſen praelect. BOERHAAV. T. I. p. 379..

Doch ich habe oft genung mit Augen geſehen, daß dieſe Bewegung ohne eine aͤuſſere Kraft erfolgt iſt, und zwar an verſchiednen Muſkeln am Magen(r)Exp. 345. 347. 361., am Her - zen(s)Exp. 54. et, an der Gebaͤrmutter(s*)daß ſie ſich wechſels -weiſe, an den Muſkeln derSchen -12Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Schenkel, der Schlaͤfe, der Bruſt, an den geraden Muſ - keln des Unterleibes, an dem Hebemuſkel der Hoden, des Bruſtbeins und der Ribben, den Schliesmuſkeln(t)Sieh. Premier. mem. p. 61. Exp. 226. 233. 235. 236. 237. 241., an der Gebaermutter und es war dieſe Kraft an dem Fleiſche des Bruſtbeins und der Ribben(u)Ibid. et exp. 240. 242. auch STRENONIUS l. c. p. 58. ſo gar vermoͤgend, in Wechſelzeiten die Knorpel der Ribben zu kruͤmmen, und ſolche wieder zuruͤkke ſpringen zu laſſen.

Man hat uͤbrigens Urſache genung zu glauben, daß dieſe Kraft ohne Unterlaß wirke, ob man ſie gleich nicht gewar wird, und dieſes iſt auch die Meinung vieler Phi - ſiologiſten geweſen(x)SCHARBOROUGH. bei dem CROONE p. 2. B. LANGRISCH muſc. mot. p. 14. 51. BATTIER. princip. anim. p. 37. KRUGER l. c. p. 15. Von den Schliesmuſkeln. SIMSON. muſc. mot. pag. 10.. Beſonders bringen uns die Er - ſcheinungen an den Gegenmuſkeln (Antagoniſten) auf dieſe Gedanken. Man gibt dieſen Namen ſolchen Muſkeln, deren wiedrige Wirkungen einander aufzuheben ſuchen. Es iſt aber gewis, daß wenn einer dieſer Gegenmuſkeln durchſchnitten(y)VIEUSSENS du Cœur. p. 129. B. LANGRISCH l. c. GALENUS mot. muſo. pag 622. Am Schlaͤfenmuſkel. HARDER. obſ. 26. (doch von ihm leugnet es ROUHAULT P. S. playes de la tete p. 94. da der rechte vom linken ein Gehuͤlfe und kein Antagoniſt iſt) An der Hand GALENUS. Die Hand blieb ausgeſtrek, und konnte nicht aeſchloſſen werden, als man den Biegemuſkel derſelben zerſchnitten hatte. SANCTORIUS in ſen. Aric. p. 14., oder geſchwaͤcht wird, der andre ſo gleich augenſcheinlich zu wirken anfange, und daß ein Glied, wenn deſſen Ausſtrekker nachlaͤſſet, den Augenblikk, auch wieder des Menſchen Willen, gebogen werde, daß die Muſkeln das verrenkte Glied mit Heftigkeit und Gefar wieder an Ort und Stelle zu ziehen anfangen, ſobald es nur ſeiner Knochenpfanne gerade uͤber gebracht iſt, daß es in dieſelbe einfallen kann, ob dieſe Bewegung gleich ohne alle Beyhuͤlfe des Willens unternommen wird. Nunlaͤſt(s*)weiſe bewegt, beweiſt BVZOS. der gewis allen Glauben verdient, in ſeinem Tr. dec. acouch. p. 160.13II. Abſchnitt. Erſcheinungen. laͤſt ſich dieſer Vorfall gar nicht auf die Art erklaͤren, daß man glauben koͤnnte, der Muſkel bekomme von der Zer - ſtoͤrung des Gegenmuſkels eine neue Kraft. Man ſiehet deutlich, da noch beide Gegenmuſkeln unverlezzt und ganz waren, daß ein jeder derſelben das Glied auf ſeine Seite gezogen hat, und daß ſich dieſe von der Natur abgemeſſ - ne Kraͤfte, einander zerſtoͤrt haben(z)Es nannte dieſes ſchon mo - tum tonicum ſelbſt der GALE - NUS, de motu muſc. T. I. p. 625. et. und deſſen fleiſſiger Leſer RIOLANUS. , um ein Gleichge - wicht herauszubringen. Da nun alſo die eine Kraft ver - nichtet iſt, ſo mus diejenige nothwendig allein ſpielen, welche allein noch da iſt. Und daher koͤmmt es denn auch, weil faſt uͤberall die Muſkelbieger ſtaͤrker, als die Ausſtrekker ſind(z*)Am Ellbogen der Hand, Schienbein. RIOLANVS, p. 363. und den meiſten Schenkel - gelenken. Jn der colica pictonum werden die Ausſtrekker der Hand unnuͤzzlich, und es ziehen ſich die Beugemuſkeln mehr und mehr zu - ſammen. Journal med. 1762. WATSON electr. der Hals bog ſich in einer Laͤhmung zu einem ſehr ſpizzen Winkel. com. litt. nor. 1737., und die Gelenke merentheils etwas wenig gebogen ſind(a)BORELL. prop. 129., daß ſich die Knochen gegen die Seite hin kruͤmmen(b)PETIT mal des os T. II. p. 503. Mem. de l’Acad. 1722. p. 31. GOOCH faits. PROT - TENIUS. act. HAFN. V. I. III. obſ. 24. COURTIAL des os - p. 43. MERY Mem. de l’Acad. 1706. HILDAN. L. VI. obſ. 74. Der Koͤrper wurde davon bis auf 62 Zoll verkleinert. GOOCH erzaͤhlt dieſes; und dergleichen hat auch MERY. PROTTE - NIUS. SPON. voy. de Dalmat. T. II. p. 293., wo ſie die uͤberwichtige Staͤrke der Biegemuſkeln hinzieht, daher werden ſie zuerſt weich, und gehorchen alſo der Gewalt der Muſkeln. Daher kruͤmmen ſich die Gliedmaaßen in der Laͤmung, welche die Kraft der Nerven zerſtoͤrt und die angeborne Kraft ohne Verlezzung uͤbrig laͤſt, nach der Weiſe der gewoͤnli - ſchen Biegung(b*)de hemi - plegia. des HAIS. .

§. 5.14Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

§. 5. Der Reiz.

Ob ſich aber gleich nicht allemal, von freien Stuͤkken, die dem Muſkel eingepflanzte Kraft aͤuſſern will, ſo kann ſolche doch in der That dadurch in Bewegung geſezzt wer - den, daß man den Muſkel dazu anreizet. Es dienen aber viele Dinge zu einem ſolchen Reizmittel, dergleichen das ebenberuͤrte chimiſche Gift iſt(c)GLISSON de ventric. et inteſt c. 7. n. 3. p. 149. ZIM - MERMANN. p. 19 etc. Exp. 45. 46. 47 48. 49. 50. 51. 52. 53. LORRY 1757. Jan. CROONE p. 30. Am Muſkel der Huͤfte eines Menſchen. p. 72. SVPPRIAN. p. 72. BERMOND. mem. de 1739. p. 746. PAGANI p. 184. Am Herzen. Prem. mem. p. 73. Exped. 520. Am Gedaͤrme. Exp. 408. 418. 424. 425. SVPPRIAN. p. 72., wiewohl dieſes keine ge - nau beſtimmte Bewegungen hervorbringt(d)Exp. 498. 514. prem. mem. p. 74. HOUSSETT pag. 408. OEDER. Exp. 10.. Man kann ferner ein Muſkelfleiſch mit Nachdrukk reizen, wenn man es mit Salze(e)OEDER p. 2., reinem Weingeiſte(f)An den Gedaͤrmen, pre - mier mem. p. 70. Exped. 443. T. IV. Exp. 3. An dem Zwerch - felle, Exp. 239., mit kaltem Waſſer(g)VATER. phyſiol. p. 18., mit groſſer Waͤrme(h)WOODWARD. p. 74. Eine durchgaͤngige Erſtarrung vomOpio ward durchs Elektriſiren ge - heilt. WATSON. wie auch die Laͤhmung, mem. de l’Acad. 1755. PIVATI. refl. Journ. med. 1762. Eine ſchadhafte Zunge und Spei - chelfluß des HAIS. Jm Schlage JALLABERT. WHYTT nov. edit. phyſ. Holl. matſchap. T. VI. , vornaͤmlich aber mit Zerfaſern oder Zerreiſſen(i)Exp. 233. 317. 344. p. 274. T. IV. Exp. 1. ZIMMERM. p. 19. etc. Exped. 45. CAL - DANI Epiſt. I. obſ. 36., das durch das Schaben mit einem Metalle geſchicht. Endlich iſt unter allen Reizmit - teln der aus einem Muſkel herausgelokkte elektriſche Fun - ken(k)VANDENBOS. Exp. 9. CALDANI. Epiſt. I. Exp. 60. 61. 63. 70. 71. SPENGLER. de curat. electric. p. 53. FON - TANA. Ep. p. 205. JALLA - BERT p. 79. Le ROI mem. de l’Acad. 1755. p. 65. Auch ohne elektriſchen Funken. CALDAN. p. 145., welcher oft eine Bewegung erwekkt, wenn bereits alle Reize zu ohnmaͤchtig ſind, das allerwirkſamſte(l)CALDAN. vide Ep. 1. Exp. 70. und noch mehr Exp. 71. FON -. Es15II. Abſchnitt. Erſcheinungen. Es pfleget aber dieſe Kraft des Lebens, und zwar ganz anders als ſie an der todten Reizbarkeit wargenommen wird, gleich nach der erſten Beruͤrung eines jeden, und beſonders des ſcharfen Reizmittels, zu erfolgen, aber lan - ge Zeit und dergeſtalt fortzudauren, daß eine ordentliche vollſtaͤndige und gewechſelte Reihe von Zuſammenziehun - gen und Nachlaſſungen auf einander folgt, indem ſich an dieſem Muſkel die Faſern ziemlich lange Zeit an einander ſchliſſen, und die nahe Beruͤrungspunkte wieder fahren laſſen(m)Premier mem. p. 64. 73. STENONIUS p. 58. mem. de 1749. p. 35.. Doch werden die Schwingungen allmaͤlich immer matter(n)Ibid. WHYTT. p. 18., bis endlich eine voͤllige Ruhe erfolgt.

Es unterſcheiden ſich die mereſten holen Muſkeln in ſo fern von den uͤbrigen, daß ſie ſich, wenn man ſie reizt, vermittelſt eines beſtaͤndigen Zuſammenziehens, immer enger zu machen beſtreben, ohne daß ſie wechſelweiſe nach - laſſen oder erſchlaffen. Und ſo habe ich die Sache an der Harnblaſe bemerkt(o)Premier mem. p. 64. Exp. 315. 316. 318.. Eben ſo ziehen ſich auch die Ge - daͤrme, wenn man ihre Nerven beruͤrt, ohne ein gewech - ſeltes Nachlaſſen blos zuſammen(p)Exp. 406. 407. 420. 422. Denn es iſt dieſes einerlei Verſuch in dem Exp. 424. 425. 433. 437. 459. T. IV. Exp. 3. ZIMMER - MANN. Exp. 50.. Folglich laͤſt ſich das wechſelweiſe Erſchlaffen von der Bewegung eines Muſkels trennen(q)WHYTT. on vital mot. p. 243 348..

Eben dieſe hole Muſkeln laſſen ſich vom Aufblaſen mit Luft, ſehr gut reizen(r)Exp. 483. 496. 498. 499. 500. 504. 520. 538. 539. pag. 388. 389. Tom. IV. 2. 3. HOUSSET p. 407. ZIMMERM. Exped. 42. 44., welches auch von allerlei Fluͤſſigkeiten, vom Blute, Waſſer (in dem Beiſpiele der Harnblaſe) von harten Koͤrpern, dergleichen der Kot iſt, und von der Frucht geſchicht.

§. 6.

(l)FONTANA. p. 205. auch an einem geſtorbnen Thiere. de Re - ſpir. Exp. 140. ob es gleich un - billig leugnet ROI loc. cit.

16Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

§. 6. Dieſe Kraft iſt von der todten Kraft verſchieden.

Es haben viele Schriftſteller dieſe lebendige Kraft(s)BIANCH. LORY. Jm Tagebuch des VANDERMON - DE. M. 1756. Dec. 1757. M. Jan - vier. mit der todten, eben beſchriebnen Kraft verbunden, und ſie halten beide vor eins, indem ſie blos in lebendigen Thieren etwas beſſer als in todten wirken ſoll. Damit man aber wiſſe, ob ſie einerlei oder verſchieden ſei(s*)Von der Elaſtici - taͤt unterſcheidet dieſe Kraft der beruͤhmte WHYTT, weil ſich die gereizte Kraft des Stals nicht zu - ſammenzieht, und elaſtiſche Koͤrper keinen Reiz emfinden; ſiehe des ber. WHYTT tract. vital mot. p. 231., ſo mus man nach den Zeichen urteilen, woran man wiſ - ſen kann, was beiderlei Bewegungen gemein oder ver - ſchieden an ſich haben.

Anfangs koͤnnte es das Anſehn haben, als ob beide Kraͤfte einerlei waͤren, indem alle beide noch nach dem Tode fortdauren. Selbſt die alten Dichter haben dieſe Zuͤkkungen des Fleiſches an eben getoͤdteten Thieren nicht uͤberſehen, die an Thieren von warmen Blute war nicht ſo lange, aber doch viele Stunden(t)HOUSSET p. 359. 407. ANDREÆ. p. 25. Am Fleiſch - felle. Und am abgelederten Ochſen. PARSONS. mot. muſc. p. 68., und faſt ſo lange noch waͤhren, ſo lange noch einige Waͤrme zu ſpuͤren iſt(u)Second. mem. p 341. OE - DER. p. 64. HOUSSET. p. 344. 408. WOODWARD. p. 73. CALDAN. racolta p. 318., indem der lezte Zeitpunkt dieſer Bewegung die wirk - liche Kaͤlte iſt, kraft welcher ein Fett gerinnt, und mit eben dieſer Zeit endigt ſich auch das Vermoͤgen eines Muſ - kels, gereizt und wieder ermuntert zu werden(x)WOODWARD. CAL - DAN. .

Man koͤnnte hieruͤber viele Schriftſteller anfuͤhren, ich will mich aber nur bey wenigen begnuͤgen, welche(y)HIGHMOR. pag. 137. CROONE. pag. 10. B. LAN - GRISCH. l. c. p. 51. WOOD - WARD. l. c. p. 74. 75. 76. MA - ZIN. mechan. med. p. 13. PAR - SONS. de mot. muſc. pag. 68. LAWRENCE mot. muſc. p. 66. OEDER. p. 3. SCHWENKE - mitAugen17II. Abſchnitt. Erſcheinungen. Augen geſehen, wie die Muſkeln geklopft, ſich nach dem Zerſchneiden zuruͤcke gezogen(z)B. LANGRISCH. , durch Reizmittel wieder aufgewekkt worden(a)WOODWARD pag. 76. ZIMMERMANN. Exp. 45. und ſich bisweilen von freien Stuͤ - cken wieder in Bewegung geſezzet haben, und daß dieſe Bewegungen am Herzen(b)obſ. ſur le poulet. obſ. 226. und zwar viele Stunden lang, wie auch T. IV. Exp. 2. 3., an den Gedaͤrmen(b*)T. IV. Exp. 2. noch fortgedauret haben, wenn gleich der uͤbrige thieriſche Koͤrper ſchon voͤllig kalt geweſen.

An Thieren von kaltem Blute zeigt ſich dieſer Trieb zur Bewegung noch etwas beſtaͤndiger(c)PARSONS. SCHWENKE. OEDER. Exp. 9. HOUSSET. p. 342. Eine bleiche Faſer bewegt ſich laͤnger als eine rothe. HART - LEY. p. 97. Es beſtimmt dieſe Sache der HEUERMANN ſo, daß er dieſen Vorzug einer blaſſen Thierfaſer der groͤſſern MengeRuͤkkenmarkes zuſchreibt. Be - ſiehe davon dieſes beruͤmten Man - nes T. III. p. 155. und des AN - DREÆ p. 4..

Es waren naͤmlich an einer Schildkroͤte nach ihrem Tode die Schwanzmuſkeln ſo heftig geſpannt, daß man ſie kaum von zwo ſtarken Perſonen umbiegen laſſen konnte(d)PERRAULT. mov. peri - ſtalt. p. 170., es bewegen ſich die Theile dieſes Thieres, wenn man ſie nach dem Tode reizt, noch lange Zeit(e)Phil. Tranſ. n. 36., und ganzer 3 Tage lang(e*)HEUERMANN. l. c. . Wenn man den Nattern die Haut ab - zieht, ſo leben ſie noch zwoͤlf Stunden und nach ausge - nommenem Eingeweide ganzer 24 Stunden(e**)SEVERIN. Viper. Pyth. p. 118. 119.. Man hat von den Nattern angemerkt, daß, wenn ſie gleich voͤllig todt ſind, und man dieſe Thiere in Faͤßchen zuſammen - pakkt, noch der bloſſe Kopf gefaͤrliche Biſſe verurſacht(f)vergleicht damit REDUM degl. anim. viv. p. 8. 9. 10. de vipera. p. 58. Epiſt. T. II. p. 106. VALISNER. opuſc. filol. T. III. p. 208. Dieſes war die Todesart, an der KNIPSMACOPPE, ein beruͤmter Profeſſor ſterben mu - ſte. RHOD. Gent. M. obſ. 89. SEVERINVS l. c. ,und(y)hæmatol. p. 28. ROGER p. 13. Exper. noſtra 226. 227. 228. 229. 230. 231. 233. 234. 235. 236. 237. 239. 240. 241. 243.H. Phiſiol. 5. B. B18Thieriſche Bewegung. XI. Buch. und zwar bis nach dreien Tagen(g)ANDREÆ ibid. , ja bis acht und zwoͤlfe noch(h)REDI. degl. anim. viv. p. 9., ihre ganze Koͤrper ziehen ſich nach eben ſo langer Zeit noch bei der Beruͤrung zuſammen(i)BOYLE de util. phil. Exp. 114., und wenn gleich das Herz nicht mehr ſchlaͤgt, ſo iſt doch noch bisweilen einige Reizbarkeit am Koͤrper zu ſpuͤren(k)WOODWARD. p. 87. ſeqq. lege 82.. Man weis, daß der zuſammengezogne Kinnbakken eines todten Krokodils, jemanden der ihm unvorſichtiger Weiſe zu nahe kam, den Finger abgebiſſen(l)THEVENOT Itiner. T. I. c. 72..

Man lieſet, daß die vom Koͤrper abgeſonderten Schwaͤnze der Eidechſen, wiewohl nicht ſo lange als der Kopf, lebendig bleiben(m)VANDELI. Ep. II. p. 243. conf. hiſt. natur. des anim. T. II. P. 2. p. 199.. Wenn man die Theile eines Aales zwo Stunden nach dem Tode beruͤrt, ſo aͤuſſern ſie noch einige Zitterungen(n)BRADLEY mat. med. p. 151.. Ja es machen noch die Koͤpfe von Fiſchen, welche ich oft zerſchnitten, viel Stunden nach der Abloͤſung des Kopfes Erſchuͤtterungen, ſo bald man die Nerven beruͤrt. Daß Jnſekten lange nach dem Tode noch ein Leben haben(o)Journ. de ſavans 1683. n. 3., und ſich ſo gar einige Tage nach ab - geſchnittnem Kopfe(p)SWAMMERDAM bibl. p. 855. noch bewegen, wiederhole ich im Vorbeigehen, indem bey dieſen Thierchen der Kopf zur Erhaltung des Lebens keinen ſonderlichen Vorzug zu haben ſcheint(q)LYONNET theol. T. II. p. 84. 85.. Es hat Antonius von Heyde das Schla - gen der Faſern an den Faſern der Fliegen(q*)Epiſt. phyſiolog. p. 119., der Bie - nen(q**)p. 120. und Muͤkken(q***)p. 188., wie auch einige Tage nach dem Tode, das wechſelweiſe Zuſammenziehen und Erweitern der Faſern an der Keilmuſchel angemerkt(q****)de mytulo. p. 46..

§. 7.19II. Abſchnitt. Erſcheinungen.

§. 7. Ein Einwurf, nebſt andern Verſuchen.

Es wenden dagegen beruͤmte Maͤnner, und Anbaͤnger der Stahliſchen Lehrart ein, daß die Merkmale des To - des an ſich ſehr unſicher ſind(r)WINSLOW in dem be - ruͤmten Sazze: Ergo ſigna mor - tis incerta funt. Es blieb noch drei Tage nach dem Tode ein Hundskrampf uͤbrig. de HAEN rat. med. VI. MORGAGNI ſed. cauſ. I. p. 33., und daß diejenigen Thiere, welche wir vor todt angeben, ohngeachtet ſich noch einige von ihren Muſkeln bewegt haͤtten(s)SAUVAGES de anim. imper. in cor. p. 19. und bei dem VANDERMONDE T. III. WHYTT on vital mot. p. 367. 369., zu der Zeit noch gelebt haben koͤnnen, und daß dieſe Bewegung von den Lebenskraͤften, gleichſam aus dem Quelle des Lebens nachgefloſſen, da wir dieſelbe hingegen vor ein ruͤkkſtaͤn - diges Leben anſehen. Folglich muͤſſen wir auch dieſem Einwurfe unter die Augen treten.

Man hat naͤmlich ſchon vor langer Zeit, und mit Zuverlaͤßigkeit bemerkt, daß ein vom uͤbrigen Koͤrper losgeriſſener Muſkel entweder von freien Stuͤkken(t)ZIMMERMANN. p. 199. CALDAN. p. 191. BAGLIV. p. 278. BATTIE princip. anim. p 75., oder doch nach einem Reize in Bewegung gerate(u)CROONE p. 30. ZIM - MERM. Exp. 46.. Wir haben viele ſolche Beiſpiele vom Herzen ange - fuͤhrt(x)L. IV. p. 470. ſeqq. .

Endlich ſo iſt auch das nichts neues mehr, daß ſich an Thieren das zerſchnittne Herz(y)ibid. p. 472. VANDEN - BOS. Exp. 9. PAGANI, BONIOLI, p. 178. auch am Hunde. oder andre Theile, noch bewegen, zuſammenziehen, und erweitern. Man findet dieſes ſonderlich an Jnſekten, indem ſich deren los - gebrochne Beine lange Zeit verkuͤrzen, und wieder aus - ſtrekken(z)WOODWARD pag. |94. an den Spinnen..

B 2Wenn20Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Wenn man einer Biene den Stachel ausreiſt, ſo be - muͤhet ſich dieſer noch, von den Muſkelfaſern gereizt, in die Haut einzudringen(a)SWAMMERDAM p. 464., und es bewegt ſich noch der Schnekkenruͤſſel der Sommervoͤgel, wenn man ihn vom Kopfe trennt, drei oder vier Stunden lang(b)de GEER. p. 77..

Man kann auch die verwundernswuͤrdige Bewegung der Saamenfaſern an den Needhamiſchen Polipen hieherziehen, welche noch lange nach dem Tode fortfaͤhret, und die ſich wieder von neuem erwekken laͤſt(c)Microſcop. obſ. . Man ſiehet, wie ſich die Reizbarkeit an dem abgeſchnittnen Fuſſe der Schnekke ohne Haus aͤuſſert(d)ANDREÆ. p. 5.. Es iſt an den Eidechſen ſchon was altes, daß ſie ſich, wenn man ſie in Stuͤkke zerſchneidet, 12 bis 15 Stunden noch regen(e)LABAT. voy. d’Ital. T. V. p. 230., welches auch von den Nattern oder Schlangen gilt(f)An der geringelten Natter, ſiehe WOODWARD pag 82. An einer zerſchnittnen Blindſchlei -che zween Tage lang, ANDREÆ pag. 5.. Ein aalfoͤrmig Thierchen (Waſſeraal)(g)Der beruͤmte SCHÆFFER vom Waſſeraale, p. 87. laͤſt ſich ebenfalls zerſtuͤkken, ohne die Bewegung zu verlieren, wie man auch, nach des beruͤmten Abraham Trembley Ver - ſuchen, von dem Polipus dieſes uͤberall eingeſteht. Eben dieſes Vorrecht geniſſen, wenigſtens eine Stunde lang, auch die Aale(h)ANDREÆ. pag. 4..

Es bewegen ſich auch die, ſo gar aus warmen Thie - ren, herausgeriſſene Gedaͤrme(i)WOODWARD. p. 80. Experim. noſtra, 412. 459. T. IV. Exp. 3. BROKLENSBY. p. 227. noch mit ziemlicher Leb - haftigkeit, und zwar noch heftiger als im Koͤrper ſelbſt(k)FELIX n. 11.. Jch habe dieſen Verſuch bis dahin erweitert, daß ich aus einem Thiere von warmen Blute, das Gedaͤrme heraus - gezogen, und darauf in vier Theile zerſchnitten. Es kro - chen in dieſer Geſtalt noch alle Theile wie Wuͤrmer undvon21II. Abſchnitt. Erſcheinungen. von ſelbſt herum(l)Exp. 460. 461. 462. 463. SPROEGEL Exp. 53. p. 110., wenn man ſie aber reizte, ſo veren - gerten ſie ſich, wie es lebendige Muſkeln zu thun pfle - gen(m)Exp. 460..

Es hat endlich, doch auf einerlei Schlag und vor andern, der Ehrwuͤrdige Vater Felix Fontana, aus einer Menge von Verſuchen, die Erfarung gelernt(n)Jn dem Sendſchreiben an den HALLER. p. 153. et CAL - DANUS. Exp. 35., daß ſich erſt alsdenn die Gedaͤrme in eine heftige Bewe - gung ſezzen, wenn das Thier vor kurzem geſtorben, und daß dieſe Gedaͤrme, wenn man ſie nach dem Tode des Thieres zu reizen anfange, eine viel lebhaftere Empfindung aͤuſſern, als ſie damals hatten, da das Thier noch am Le - ben war(o)pag. 154.. Jch habe dieſe Anmerkung oͤfters nachge - macht, und ich ſehe, daß ſich das Fleiſch an geoͤfneten, aber noch lebenden Thieren viel traͤger bewege, als wenn man es ausſchneidet, aufhaͤngt, und auſſer allen Ver - dacht der Empfindung ſezzt. Man weis auch mehr als zu wohl, daß ein ſterbendes Thier, und beſonders ein ſolches, welches zu heftige Ausleerungen gelitten, an kramfhaften Bewegungen ſterbe(o*)PECH - LIN. obſ. 1. n. 55. wo derſelbe von der Wade redet, welche ich bei galliger Schaͤrfe, vom uͤberfluͤßigenGurkeneſſen ebenfalls Kraͤmpfe lei - den geſehen habe. BATTIE princip. anim. p. 124. BAGLIV. p. 101. Ein toͤdtlicher Krampf vom Safte der Nieſewurzel, beim HIPPOCR. aph. V. n. 1. und vom Bluten, n. 2..

Es erlangt endlich ein Muſkel, der doch bereits ſeine Reizbarkeit verloren, ſolche dadurch wieder, wenn man ihn in Stuͤkke zerſchneidet(p)F. FONTANA. Ep. p. 205..

Nun ſcheint es gar nicht mit der Vernunft uͤbereinzu - ſtimmen, daß dieſe Bewegung von dem Leben herruͤhre, indem dieſe Bewegung erſt alsdenn recht deutlich wird, wenn das Leben voͤllig zerſtoͤrt worden.

B 3Doch22Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Doch es haben es auch beredte Schriftſteller nicht ein - mal bei dieſen Verſuchen bewenden laſſen wollen. Sie wol - len naͤmlich, daß die Seele dieſe zerſtuͤkkte Thiertheile noch bewohnen ſoll, und behaupten nach ihren Lehrſaͤzzen, daß die Seele gleichſam in jede Theile des abgeriſſenen Ge - daͤrmes, Pflanzvoͤlker abſenden ſoll, um ſelbige zu regie - ren, und in Bewegung zu bringen(q)L. IV. pag. 467. premier mem. pag. 51. Reſponſ. a M. WHYTT p. 121.. Wir haben aber auf dieſe Einwendungen bei andrer Gelegenheit geantwor - tet, und ſehen, daß wir beruͤmten Maͤnnern oder Jour - naliſten ein Gnuͤgen geleiſtet haben.

Jndeſſen iſt doch auch in dieſen Verſuchen die Zuſam - menziehungskraft des Lebens, von eben dieſer todten Kraft, gar ſehr unterſchieden. Jene dauret naͤmlich nur wenige Stunden, oder Tage nach dem Tode fort, und ſie findet ſich nicht an getrokkneten thieriſchen Theilen; ſie iſt an keinem Muſkel mehr zu finden, welcher kalt und ſteif ge - worden. Hingegen wird die Zuſammenziehungskraft nach dem Tode noch groͤſſer, wenn man die Saite getrokknet hat. Sie iſt ſtaͤrker, und es ziehet ſich eine geſponnene muſikaliſche Saite mit groͤſſerer Kraft zuruͤkke, als ſich der Darm der Kazze zu verkuͤrzen pflegte, woraus der Kuͤnſtler dieſe Saite gedreht hat.

§. 8. Die Verkuͤrzungskraft unterſcheidet ſich nach den Stellen, wo man ſie antrift.

Doch es ſind auch alle beide Kraͤfte, der Gegend nach, ſehr von einander verſchieden. So iſt die todte Zuſam - menziehungskraft einer jeden thieriſchen Faſer weſentlich; hingegen eben dieſe lebendige Kraft nur dem Muſkel eigen. Dieſes mus ich hier mit Sorgfalt entwikkeln, weil viele beruͤmte Maͤnner(r)GLISSON. c. 7. BIRCH. T. IV. 537. GOURAIGNEde, ſowohl vor Zeiten, als inunſern23II. Abſchnitt. Erſcheinungen. unſern Tagen, andre Gedanken hiervon hegen, und eine jede thieriſche Faſer mit der Kraft ſich zu verkuͤrzen, nicht mit der todten, ſondern mit der lebendigen, welche mit der unſrigen einerley iſt, aufs freigebigſte beſchenken.

Sie haben ſich auch durch gewiſſe Verſuche verſchan - zen, und durch die Einſchrumpfungen, der nicht muſku - loͤſen Theile(s)LORRY, Journ. de Med. 1757. Janv. , durch die Schwankungen der Membra - nen(t)ASTRUC. des tumeurs. p 58. und durch die ſo genannte motus tonicos (Span - nungskraͤfte des Lebens)(u)KüHN. nonnull. mot. muſc. mom. p. 9., wie auch durch das Zuruͤkk - ziehen der zerſchnittnen Theile rechtfertigen wollen(x)LORRY 1756. M. Dec. Am Gekroͤſe; an den Eingeweiden, 1757. Jan. am Mittelfelle, ibid. an der Haut, 1756. Dec. , wozu ſie auch die Kraͤfte der Gifte zu Huͤlfe genommen. Und daher folgerten ſie endlich, daß auch die Haut(y)BIANCHI. etc. , der Mutterkuchen(z)BIKKER. p. 50. CAAR - RERE fedus animi et corp. p. 18., das Zellgewebe(a)BIKKER. nat. hum. p. 50. v. GEUNS. p. 20., die Dekken der Gehirnmaſſe(b)BIKKER. ibid. BAR - THES. in duodecim quæſt. p. 28. Es glaubt der beruͤhmte Mann, der Einwurf ſei vergebens, daß man ſagt, daß ſowol die harte Gehirn - haut, als das Knochenhaͤutgen an den Knochen feſte ſizze, und er ver - muthet, ob ſie gleich unbeweglich ſind, daß ſie dennoch von kramf - haften Bewegungen angegriffen werden koͤnnen., die Membranen im Eie(c)BIKKER. ibid. , und die Nerven reizbar(d)GAUBIUS p. 268. v. GEUNS. p. 19. BIANCHI Ep. I. p. 173. edit. VANDER - MONDE. ſein muͤſſen.

Doch ich halte dieſes fuͤr viel zu uͤbertrieben, nach - dem man die Verſuche daruͤber wiederholt hat. Es be - wegt ſich naͤmlich weder von ſelbſt, noch nach dem Reize,B 4das(r)de febribus. MORGAN. p. 139. KRüGER. diff. elat. et toni. WINTER. orat. inaug. p. 86. LORRY des Alimens. T. I p 27. BIKKER. pag. 44. 45. 46. 47. v. GEUNS. p. 20.24Thieriſche Bewegung. XI. Buch. das Zellgewebe(e)prem. mem. p. 53. ZIM - MERM. Exp. 1. ANDREÆ p. 8. HOUSSET p. 334. von dem Nezze. TOSSETTI T. I. Epiſt. 2. Exp. 2 Exp. 18., die Membran(f)Ueberhaupt. Piemier me - moir. p 54. HOUSSET 334. ANDREÆ p. 10., die Ribbenhaut(g)ZIMMERMANN p. 4. 5. Exp. 6. Dieſe Haut ward weder durch Meſſer, noch durch Vitriol - oel gereizt., das Darmfell(h)ZIMMERMANN Exp. 8. LORRY 1756. Dec. , die harte Gehirnhaut(i)ZIMMERM. LORRY. ANDREÆ, p. 10. Man ver - gleiche damit Exp. de irrit. , der Herzbeutel(k)ZIMMERMANN Exp. 7. LORRY. , das Mittelfell, der Regenbogen(k*)prem. mem. p. 64. 65. Exp. 250. 254. 257 261. CALDAN. p. 143. 368. MüL - LER. in diſput. Baſil. die da han - delt, de irrit. et irrid. . Eben ſo wenig ſind die Haut(l)Premier mem. pag. 45. HOUSSET. , die nervigen Membra - nen des Speiſeweges, die mit der Haut in eins fortlau - fenden Membranen, das Knochenhaͤutchen, die Baͤnder, die Ausfuͤhrungsgaͤnge, die Gallenwege(m)prem. mem. p. 59., die Harn - gaͤnge(n)Exp. 336., die Eingeweide als die Leber(o)ZIMMERM. Exp. 61. HOUSSET p. 335. CAL - DAN. p. 65. prem. mem. p. 53. TOSETTI l. c. , die Lunge(p)CALDAN. Ex. 65. ZIM - MERM. Exp. 60. prem. mem. TOSETTI Ep. II. , die Milz(q)ZIMMERM. Exp. 61. HOUSSET p. 335. CAL - DAN. ibid. TOSETTI ibid. , der Mutterkuchen, und die Ne[r]ven, welche auch in der Muſkelbewegung vollkommen ruhig ſind, reiz - bar(r)HOUSSET p. 335. 379. CALDAN. Exp. 68. et p. 455. 458. Confer. L. X. p. 195., ja dieſes gilt auch von den Sehnen(s)prem. mem. p. 54. Exp. 8. 10. 232. CALDAN. 334. ANDREÆ pag. 10. HOUS - SET pag. 335. Journ. de Med. 1756. Dec. Nicht einmal am Zwerchfelle. Sie ruhen bei der Bewegung. WILLIS. p. 118. Daß von verletzten Sehnen keine Bewegung erfolge, THOM - SON. p. 140., welche doch ſo gar eine Fortſezzung der Muſkeln, und bisweilen gar zu Knochen geworden ſind(t)An den Krebsſcheren, HOO - CKE beim BIRCH. T. III. p. 396. conferat. L. X. p. 275.. Jch rede aber von einer, und zwar augenſcheinlichen Bewegung, welche ſich durch Verſuche erweislich machen laͤſt, und nicht von einer ſolchen, welche man ſich etwa nur einbildet(u)Rep. gener. pag. 90..

Folg -25II. Abſchnitt. Erſcheinungen.

Folglich iſt die Muſkelfaſer blos der einzige Theil(x)VESALIUS pag. 264. LAURENTIUS p. 182. WIL - LIS mot. muſc. p. 110. CIGNA. diſſ. cit. n. 4. BIRCH. T. III. pag. 396. ANDREÆ pag. 8. HOUSSET p. 379. 408., welcher ſich an lebendigen Thieren von ſelbſt in Bewe - gung ſezzt, und von der Ruhe wieder durch Reizmittel und Eiſen, zur Bewegung erwekkt wird. Zu den Muſ - keln gehoͤren das Herz(y)L. IV. p. 465. ſeqq. , die Gedaͤrme(z)Second. mem. Sect. 16., der Ma - gen(a)Sect. 15., der Schlund(b)CALDAN. p. 139. 140. Sect. 15. p. 310. ſeqq. , die Harnblaſe(c)Exp. 315. 317. 318. 327. 328. 329. HOUSSET. p. 335. CAL - DANI p. 115. TOSETTI Ep. II. Exp. 18., die Ge - baermutter(d)PUZOS. l. c. prem. mem. p. 60. Exp. 337. 338. 339. 340. 341. 342. CALDANI p. 117., und ein Theil der Schlageadern(e)L. II. pag. 71. 72. L. IV. p. 435. 440. L. VI. p. 206. ſeqq. . Von der Gallenblaſe hat man noch keine voͤllige Gewis - heit(f)Daß ſolche nicht reizbar ſei, zeigt premier mem. p. 59. Exp. 313. daß ſie ſich zuſammen ziehe, HOUSSET. p. 105., und man koͤnnte es von den Blutadern vielmehr verneinen als bejahen(g)L. II. pag. 126.. Aus den Verſuchen, welche man an lebendigen Menſchen angeſtellt, ſcheinet zu erhel - len, daß auch die Schleimſinus, und die Druͤſen an der Reizbarkeit Theil nehmen(h)L. VII. p. 438 prem. mem. pag. 59. HARTLEY 174..

Hingegen laſſen ſich diejenigen Bewegungen, welche von den ſchaͤrfſten Giften hervorgebracht werden, ſo lange noch nach dem Tode, ſo ſehr in trokknen und kalten Mem - branen wieder herſtellen(i)prem. mem. p. 45. 397. ſqq. réſponſe générale, p. 90. Die Gifte erweiſen hier nichts, beſiehe davon den ANDREÆ pag. 8. BORDENAVE p. 250., und ſie werden mit ſo groſſer Zuverlaͤßigkeit in denjenigen Theilen erregt, denen Nie - mand eine wirkliche und eigentuͤmliche Bewegung jemals zuſchreiben kann, daß man alſo dieſe Bewegungen zu kei - ner lebendigen Kraft mitzaͤlen darf.

B 5Wenn26Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Wenn man endlich das vorhergehende wiederholt, ſo erſieht man daraus, daß die todte Kraft eine Fortſez - zung, hingegen die lebendige eine Abwechſelung ſei, und daß auch dieſe ein groͤſſeres Zuſammenziehen hervorbringe, weil ſie eine Faſer uͤber ihren Zuſtand der Ruhe verkuͤrzt(k)SCHULZE de tono part. p. 13..

Da folglich nicht einmal die Geſezze der Bewegung, in beiderlei Kraͤften einerlei ſind, und beide weder in der Dauer, noch in der Gegend uͤbereinſtimmig ſind, ſo mus man die lebendige Kraft allerdings von der todten abſondern(l)Damit ſtimmen uͤberein SCHREIBER almageſt. p. 90. SAUVAGES de convulſ. p. 13. PAGANI et BONIOLI p. 173. Der Verfaſſer der hiſt. de l’Ame, p. 147. Elem. de Phy - ſiol. p. 188. ſeqq. LAWREN - CE de mot. muſc. p. 75. etc. .

Dieſe lebendige Kraft einer Muſkelfaſer ſelbſt ſcheint das einzige Merkmal herzugeben, wodurch ſie ſich von den Zellfaͤden unterſcheiden laͤſt(m)prem. mem. p. 53..

Ein beruͤmter Mann hat, ſo ſonnenklaren Gegenver - ſuchen zuwieder, dennoch zu behaupten Luſt gehabt, daß weder das Herz, noch die Blaſe eine Emfindung haben(m*)de HAEN difficult. p. 141. etc. .

§. 9. Ob dieſe Kraft, mit dem Vermoͤgen zu empfin - den, einerlei ſei.

So bald unſre Verſuche, ich weis ſelbſt nicht wie, die Menſchen darauf gebracht, an das reizbare Weſen einer Faſer zu gedenken, ſo haben die meiſten diejenige Kraft, vermoͤge der ſich ein Muſkel von freien Stuͤkken bewegt, mit der Kraft zu empfinden vermengt(n)WHYTT aller Orten. Eſſays p. 154. LORRY allent - halben. BRUNING. de ſin - gultu p. 5. und vor kurzem der beruͤhmte BARTHES. in der letzten Theſi duodecim theſ. ;an -27II. Abſchnitt. Erſcheinungen. andre hingegen, wenn ſie nicht eben beide Weſen, das empfindende Weſen und das bewegende vermengen, ſo glauben ſie doch, daß der Nerve reizbar ſei(o)WINTER p. 84. 85., daß dieſes reizbare Weſen im Nerven von der Empfindung herruͤhre, und daß, ohne Empfindung, keine Reizbar - keit ſei(p)BIKKER p. 59. AN - DREÆ p. 35.. Es ſei der Grundſtoff zur ſelbigen die Zartheit(q)SAUVAGES patholog. pag. 61. und Spannung der Nervenfaſern, und es verhalte ſich die Kraft der Reizbarkeit, wie die Menge der Nerven(r)ANDREÆ pag. 36..

Sie haben auch zum Beweiſe ihrer Meinung Verſu - che aufgewieſen, daß alle reizbare Theile, oder die mit einer lebendigen Kraft begabt ſind, Empfindungen haben, daß ſie nach Proportion reizbar ſind, wie ſie empfindlich ſind(s)WHYTT Eſſays p. 189. 196., daß die Theile, welche maͤßig reizbar ſind, wenn ſie durch Entzuͤndung oder auf andre Art empfind - lich gemacht worden, nunmehr ſtaͤrkere Kraͤmfe leiden(t)Eſſays p. 191. 195. nach dem Exempel des Schlukkens, welcher ſich bei entzuͤndetem Ma - gen einſtellt. ANDREÆ p. 38., daß junge Thiere empfindlicher ſind(u)ANDREÆ pag. 4. 36. CIGNA p. 24. MANITIUS de irritabil. WHYTT p. 189. BATTIE princ. anim. p. 34. TOSETTI Epiſt. II. obſ. 12. und ein groͤſſeres Gehirn haben, und viel reizbarer ſind, daß Hunde, wel - che durch den Kaiſerſchnitt zur Welt gebracht worden, ſehr reizbar werden(x)ANDREÆ p. 36., daß das klopfende Voͤgelchen im Eie groſſe Empfindlichkeit aͤuſſere(y)HARVEI gener. anim. p. 52. Daß die Bewegung vom Beruͤhren beſchleunigt werde., und daß diejeni - gen Theile, welche in einem neugebornen Thiere reizbar waren, mit den Jahren ſo wohl unempfindlicher(z)WHYTT p. 184., als zur Bewegung traͤger werden, daß, wenn die Empfindung abnimmt, auch die Reizbarkeit abnehme, und wenn jene aufhoͤrt, auch dieſe zugleich mit aufhoͤre(a)ANDREÆ p 38.,(b)WHYTT p. 195., daß dasOpium28Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Opium die zuſammenziehende Kraft des Herzens(c)WHYTT. vit. mot. p. 371 372. phyſ. obſſ. p. 206. 213. et in T. II. eſſays and obſ. phy - ſiol. and. litter. read before a So - ciety at Edimb. art. 20., und der Gedaͤrme(d)Second. mem. Exp. 368. 372. 373. 444. 446. 451. 452. 453. 458. 528. 529. 531. vernichte, daß der gereizte Muſkel eines ſterbenden Thieres nur ſchwache Schwankungen hervor - bringe(e)ANDREÆ. p. 41., daß ſich die Bewegung einer Muſkelfaſer wie das Reizmittel(f)BELLIN. de ſtimul. L. II. und die Schaͤrfe verhalte, von der ſie ihren Urſprung bekaͤme, oder ſich auch wie die Ent - bloͤſung des Nerven verhalte(g)BOERHAAVE. de vi - rib. med. p. 126..

§. 10. Sie iſt mit der Empfindungskraft nicht einerlei.

Es iſt zwar unter dieſen Einwendungen manche War - heit mit begriffen, wir koͤnnen aber dennoch auf keinerlei Weiſe einzuſehen beredet werden, daß die Kraft, womit wir empfinden, und die Kraft, welche ſich bei den Reiz - mitteln durch neu entſtandne Bewegung verraͤth, einerlei ſein ſoll, indem die Kluft, welche beide von einander trennt, viel zu gros iſt. Sie ſind demnach vors erſte dem Orte nach von einander unterſchieden. Es wird blos eine Muſkelfaſer von der lebendigen Kraft zuſammengezo - gen(h)p. 455., es empfindet blos der Nerve, und diejenigen thieriſchen Theile, zu denen Nerven hingehen(i)L. X. p. 269. etc. . Es empfinden alſo ſehr viel Theile, welche doch nicht reizbar ſind, und das thut vor allen andern der Nerve, der, da er unter allen Theilen die ſtaͤrkſte Empfindung hat, nicht das mindeſte von der zuſammenziehenden Kraft be - ſizzt, diejenige todte Kraft ausgenommen(k)L. X. p. 195., welche von Giften in Bewegung geſezzt wird. Es gilt eben dieſes auch von dem Marke des Gehirns und dem Marke desNezz -29II. Abſchnitt. Erſcheinungen. Nezzhaͤutchens im Auge. Es iſt aber weit gefehlt, daß die Kraft, welche empfindet, und die, von der die Lebensbe - wegungen erwekkt werden, einerlei ſei, und daß demohn - geachtet doch dieſe Lebenskraft in dem Orte und dem Quelle der Empfindungskraft aufhoͤren ſollte. Es hat dagegen das Herz, welches doch vor allen andern Theilen des Koͤrpers zu Bewegungen am geſchikktſten iſt, uͤberhaupt eine ſo ſtumfe Empfindung(l)prem. mem. pag. 46. Elem. phyſ. L. IV. p. 489. LORRY Journ. de med. 1756. pag. 405. CARRERE. de federe anim. et corp. p. 29., daß es Gegner gibt, welche ihm die Empfindung abſprechen(m)de HAEN. in diffic. .

Es erſtrekkt ſich aber auch die zuſammenziehende Kraft viel weiter, als die Gewalt der Nerven. Es beſizzen die Polipen(n)Phil. tranſ. n. 469. TREM - BLEY. p. 27., und was ſich unter den Waſſerinſekkten un - foͤrmliches, und des Kopfes und der Nerven beraubtes finden laͤſt, dennoch eine ſehr ſcharfe Verkuͤrzungskraft, und die ihnen demohngeachtet doch einen Kopf, oder der - gleichen was zugeſtehen(o)FONTANA p. 208. 209., nehmen ſich in der Naturhi - ſtorie in der That zu viel Freiheit(p)WHYTT Eſſays p. 164. LAGHIUS. p. 464. bei dem CALDAN. , indem ſie ſo was behaupten, welches doch wieder allen Augenſchein ſtreitet. Endlich ſo trift man ſogar in Pflanzen etwas an, welches einer reizbaren Kraft nicht ſo gar unaͤnlich iſt(q)v. GEUNS p. 28. LUPS. pag. 24. TISSOT. Epiſt. ad ZIMMERMANNUM p. 59..

Wenn man an einem lebenden Thiere(r)prem. mem. p. 48. Exp. 243. 245. 246. 247. 248. de BRUNN. p. 18. 19. 20. um den Nerven eine Schnur wirft, ſo hebt dieſe die Kraft zu em - finden auf, ſie hebt aber, unſern vielfachen Verſuchen gemaͤs, durchaus nicht die von ſelbſt wirkſame, oder durch Reizze wieder zu erwekkende Zuſammenziehungskraft auf, ob ſich gleich an einem Muſkel, der viele Stunden lang einen Nerven im Bande feſte haͤlt, die Zuſammenzie - hungskraft vermindert(s)du BOIS. de fluido ner - veo. JAUSSERAND. p. 13. Daß.

Eben30Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Eben dieſe Beſtaͤndigkeit aͤuſſert ſich auch an der Zu - ſammenziehungskraft eines Muſkels, deſſen Nerven man zerſchneidet(t)prem. mem. p. 46. 47. Exp. 244. STENON. Myolog. ſpec. 59.. Ein durch die Kaͤlte geſchwaͤchter Muſ - kel gerieth in ein Zittern(t*)HOUSSETT p. 347.. An einem gelaͤmten be - kam der Muſkel von der Beruͤrung eines elektriſirten Ei - ſens, ſeine vorige Bewegung wieder(u)de HAIS. hemipleg per electric. ſan. p. 10. le ROI l. c. mem. de l’Acad. 1749. pag. 32. JALLABEAT. und es geſchicht eben dergleichen an einem durchſchnittnen Muſkel(x)HOUSSET. pag. 372. und an einem abgeſtorbnen Thiere(x*)Exp 140. de reſpir. .

Man weis ferner, daß ſich an einem unterbundnen(x**)THOMSON p. 140. RO - BINSON Oecon. anim. p. 90. le ROI in Mem. de l’Acad. 1755. und durchſchnittnen(y)ROGER. p. 18. KAAUW. impet. fac. no. 288. Daß dieſe Bewegung vom Nerven nicht her - komme, ſagt ROGER. 23. 24. confer. CARRERE. pag. 21. GEUNS. p. 28. Nerven diejenige Bewe - gung verſtaͤrken laͤſt(z)ROGER. p. 25., welche der Muſkel von Natur beſizzt, und daß ein ſterbendes Thier von kramfhaften Zuͤkkungen angegriffen werde(a)p. 452..

Eben ſo dauret auch dieſe reizbare Kraft noch an Thie - ren fort, denen man den Kopf bereits abgeſchlagen(b)L. X. p. 353.; an Muſkeln, welche man aus dem Koͤrper eher ausreiſt(c)pag. 451. und an Gliedmaßen, oder andern koͤrperlichen Thei - len, welche man von dem Koͤrper abſondert(d)pag. 451. 152.; und es kann dieſe Kraft nach voͤlligem Tode, und wenn kein wei - terer Verdacht einiger Empfindung mehr ſtatt findet(e)pag. 450.,den -(s)Daß ein Muſkel ſchneller abſterbe, und in 26 Stunden, wenn der Nerve gebunden iſt, ſpaͤter und in 27 Stunden, wenn nichts veraͤn - dert worden. Davon hat man nur einen einzigen Verſuch. Es iſt auch die Sache wohl glaublich, weil von der Wegſchaffung des Nerven dem Muſkel was abgehen kann. Denn durch ſchmerzhaftes Reizen bekoͤmmt ein Muſkel eine ſtaͤrkere Bewegung, wenn er matt geworden. Blaſenziehende Sal - ben, ans Heiligbein aufgelegt ho - ben den Urinfluß. Med. obſ. at Lond. 31II. Abſchnitt. Erſcheinungen. dennoch von neuem wieder erwekkt werden, wenn man den, nach dem Tode unbeweglich gewordnen, Muſkel in Stuͤkke zerſchneidet(f)pag. 453. Die nach dem Tode noch daurende Kraft koͤmmt nicht von den Nerven her. Denn der Nerve des achten Paares gibt, auſſer dem Magen, noch vielen Theilen die Bewegung. Doch hat das der Magen allein voraus, daß er ſich nach dem Tode zuſammen - zieht. LEVELING. pylor. pag 19..

Endlich ſo gehoͤret vieles, was beruͤmte Maͤnner vor wahr angegeben, zu derjenigen Bewegung, welche uͤber - haupt von den Nerven in die Muſkelfaͤſer uͤbergetragen wird, und welche nach aufgehobner Gemeinſchaft mit den Nerven von ſelbſten wegfaͤllt und aufhoͤrt. Man gibt aber diejenige Bewegung, welche wir ſogleich beſchreiben wollen, nach der Zuſammenziehungskraft als eine Zugabe zu, da doch die zuſammenziehende Kraft ohne alle Huͤlfe der Nerven fortdauren kann.

Es heben ferner Dinge, welche die Reizbarkeit auf - heben, dennoch nicht eben die Empfindung auf. Es hem - met der beizende Rauch die Reizbarkeit(g)CALDANI II. p. 369. VANDENBOS. Exp. 13. BIK - KER. p. 40., da doch der - gleichen Daͤmfe vielmehr den Schmerz rege machen. Schwaͤchliche Koͤrper empfinden ſtaͤrker, ſtarke hingegen wemger(h)BATTIE. princip. p. 153..

Es mindert das Opium das Empfindungsvermoͤgen, und es zerſtoͤrt die zuſammenziehende Kraft, oder den To - nus des Magens, der Gedaͤrmen, und des Regenbogens im Auge. Es ſchadet aber uͤbrigens dem Herzen nicht, indem das Leben fortdauret(i)SPROEGEL. Exp. 15. 17. 21. 24. Second. mem. Exp. 528. 529. 531., indeſſen daß die uͤbrigen gedachte Bewegungen aufgehoben werden, und ſich viel - mehr der Umlauf des Gebluͤtes, nach dem Gebrauche des Opium, noch verſtaͤrket(k)VOUNGE. tr. on Opium p. 161. TRALLES. Opii uſus ſalubris et noxius, T. I. pag 89. 194..

Was32Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Was ſonſt von der groͤſſern Gewalt dieſes Giftes, der beruͤmte Robert Whytt(l)Eſſays and obſervations phy - ſical and literary T. II. art. 20. meldet, als ob das Opium die reizbare Kraft um deſto beſſer vernichte, wenn das Nervenſiſtem noch in ſeinem vollkommnen Zuſtande iſt, hingegen traͤger wirke, wenn man dem Thiere den Kopf abreiſt und das Nervengebaͤude zerſtoͤrt, alles dieſes iſt nicht nur ein wenig zu fein ausgedacht, ſondern es laͤſt ſich auch durch beſſere Verſuche wiederlegen. Jch ſage, zu fein ausgedacht, weil dieſer beruͤmte Mann dem Thiere ungeheure Wunden beibringt, den Kopf abſchlaͤgt, den Bauch oͤffnet(m)l. c. et Eſſays O. 210. 211., ſolglich laͤſt ſich bei einer ſolchen Mar - terbank ſchwerlich urtheilen, was das Opium zu dem ohnedem toͤdlichen Wunden, entweder beitrage, oder an denſelben mildere. Ferner ſo ſind es wirkliche Unwarhei - ten, da man uͤberhaupt gezeigt hat, daß Opium den Nerven nicht die Kraft Muſkeln zu reizen, raube(n)FONTANA Exp. 44. 45 54. CALDANI. reflex. XXXV. , wenn man es, wie Whytt gethan, von auſſen an die Nerven bringt.

Es ſtehet ferner die Zuſammenziehungskraft, und die Empfindungskraft nicht in einerlei Verhaͤltniſſe gegen ein - ander(n*)Dieſes geſtehet aus andern Gruͤnden zu angefuͤhrter BARTHES. l. c. pag. 40., indem ſich die erſtere nach der Groͤſſe und Bloͤſſe der Nerven richtet, die leztere hingegen ſich nach der Menge der Faſern bequemt(o)Auch die Dauer der Bewe - gung richtet ſich nach der Anzal der Faſern. Beſiehe davon den HOUSSET. p. 406. Eine angeborne Kraft nehmen an LOE - SECKE phyſiol. p. 258. MAR - TIN. neurol. GERHARD. triga diſſ. und SIEGWARD. dynam. Spec. IV. p. 25., welche dem Reize ausgeſezzt werden, und es ſcheint dieſes eben die Urſache zu ſein, warum der elektriſche Funke kraͤftiger, als ein jedes andre Reizmittel iſt, indem derſelben uͤber alle andre Reize durchdringend iſt, und ſich in das innerſte der Fa -ſern33II. Abſchnitt. Erſcheinungen. ſern einſchleicht(p)FONTANA p. 206.. Und daher laͤſt ſich auch begreifen, warum ſich ein durchſchnittner Muſkel ſo heftig zuſam - menziehe(q)Idem ibid. .

Es laͤuft ferner gegen die Warheit, daß ſich das Zu - ſammenziehen, wie die Schaͤrfe der Reizmittel verhalte, und folglich nicht, wie die vom Reize entſtandne Empfin - dung beſchaffen ſei(r)v. GEUNS p. 40.. Wir haben gezeigt, daß ſich das Herz viel beſſer von dem Einblaſen der Luft, als von ſau - ren Geiſtern reizen, und in Bewegung bringen laſſe. Es erregt ein elektriſcher Strudel an den Muſkeln Bewegun - gen, oͤhne denſelben Schmerzen zu erwekken. Es gibt Reize, welche Kraͤmfe nach ſich ziehen, wie man an der Nieſewurzel ein Exempel hat, da doch andre, und viel ſchaͤrfere Dinge, nichts von dergleichen Dingen verurſa - chen(r*)G. A. MüLLER. Ne - benſtunden p. 116.. Es entſtehen oft auch in hiſteriſchen Bewe - gungen ſehr gewaltige Kraͤmfe, ohne daß eine Frauens - perſon, welche ihrer nicht bewuſt iſt, dabei Schmerzen und Empfindungen(s)Idem p. 115. verſpuͤren ſollte. Es geſchicht eben das in Thieren, deren Muſkeln man entbloͤſt, indem ſel - bige auch ohne einige Klagen wirkſam ſind(t)HOUSSETT p. 375.. Dahin - gegen ſind die allerheftigſten Schmerzen des Krebſes und des Steines faſt ohne alle beigemiſchte Bewegungen(u)MüLLER, p. 117. Phil. tranſ. 1755. p. 244. WEPFER, de cicut. anim. , und ſo ſchmerzen auch ſelbſt die gelaͤmten Glieder ſehr ſelten(x)MüLLER. .

Folglich bewegt ſich auch das Unempfindliche, und es empfindet, was ohne Bewegung iſt(y)BATTIE. princ. anim. p. 125., und man mus demnach das Empfinden von der Kraft ſich zuſammen zu ziehen abſondern(z)v. GEUNS. p. 43. 44..

UndH. Phyſiol. 5. B. C34Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Und ſo haben beruͤmte Maͤnner(a)HOUSSET p. 347. 354. 355. 369. CIGNA p. 274. von der Empfindung unterſcheidet ſie auch FRANC GLISSON et BAGLIVIUS de fibra motrice et morboſa, p. 12. et FRID. WINTER p. 86. recht, wenn ſie die Emfindlichkeit von der Reizbarkeit unterſcheiden.

§. 11. Man hat dieſer Kraft, ſich zuſammen zu ziehen, den Namen der Reizbarkeit beigelegt.

Da alſo dieſe Kraft ſo wohl von der Elaſticitaet, als auch von der, allen Faſern gemeinen todten Zuſam - menziehungskraft, unterſchieden iſt, ſo ſcheinet ſelbige uͤberhaupt eine beſondre Kraft auszumachen, welche einer thieriſchen Faſer eigen iſt, und den Karakter einer ſolchen Faſer zu beſtimmen, das Anſehn hat, daß man alſo ſagen kann, es ſei eine jede Muſkelſaſer reizbar, und dagegen, was reizbar iſt, iſt auch eine Muſkelfaſer(b)A. KüHN l. c. p. 12. etc. . Sie iſt aber eine fuͤr ſich ganz eigne Kraft(c)prem. mem. p. 78. GAU - BIUS p. 66., welche ſich von einer jeden andern Kraft unterſcheidet, und die man unter die Quellen der Bewegungen zaͤlen mus, ob man ihre innere Urſache gleich nicht kennt. Sie iſt den Faſern angeboren und weſentlich(d)v. GEUNS. pag. 30. 38. Daß ſie von einem zarten Fluͤſſigen herruͤhre. GAUBIUS p. 78., und ſtroͤ - met nicht von anders woher in ſie. Dieſe Kraft hat verſchiedne Namen erhalten, und iſt zur Zeit in ſo weit bekannt geworden, daß man ſie einiger maaßen feſtgeſtellt, und beſtimmt hat. Es hat Franz Gliſſon, der den geſammten Elementen der Koͤrper eine Bewe - gungskraft(e)de Vita naturæ. beilegt, auch unſre Kraft Reizbarkeit(f)de ventriculo et inteſtin. C. 7. p. 147. edit. Angl. 4. genannt, nicht aus der Urſache, weil ſie niemals ohne eine Anreizung geſehen wird, ſondern darum; weil ſie nach einer Reizung gewis erfolgt. Jndeſſen behauptet dieſerbe -35II. Abſchnitt. Erſcheinungen. beruͤmte Mann doch, daß dieſe Kraft theils von einer natuͤrlichen Empfindung(f*)l. c. p. 147. 148. 169. und theils von dem aͤuſſern Gefuͤle(f**)pag. 148., wie auch von dem Reize des Blutes im Herzen herruͤhren ſoll. Er theilt ſelbige allen Theilen des menſchlichen Koͤrpers mit, und laͤſt ſo gar die Knochen(g)C. 9. p. 170. und unſre Saͤfte reizbar ſein. Folglich ver - bindet er offenbar alle Arten des todten Zuſammenziehens mit unſrer, unter Haͤnden habenden Kraft. Doch hat er recht, wenn er ſie von der Nervenbewegung(h)C. 8. p. 157. eqq. 169., die von der Einbildungskraft entſteht, unterſcheidet. Er hat mit Augen geſehen, wie dieſelbe uͤbermaͤßig werden koͤnne, und es hat dieſes Uebermaas Boerhaave nach gedach - tem Schriftſteller die Rraft des Jukkens(i)pag. 173. genannt. Walther Charleton gibt von ihr keine unebene Beſchrei - bung, wenn er ſie eine natuͤrliche Empfindung, ſich bei verdrieslichen Beruͤhrungen zuſammenzuziehen, nennt(k)pag. 148. 149..

Es beſchreibt Lorenz Bellin die Zuſammenziehungs - kraft weitleuftig, welche von ſcharfen Dingen erwekkt wird, ſich von den Urſachen der Beſchwerlichkeit loszuma - chen ſucht, zu dem Ende die Muſkeln in Bewegung ſezzt, den Zulauf des Blutes beſchleunigt, eine Entzuͤndung, Ableitung, und Ausleerung vornimmt, und dieſes alles laͤſt derſelbe, der Hipoteſe gemaͤs, ganz mechaniſch, aber ohne Verſuche geſchehen(l)de ſtimulis et de ſanguinis miſſione. . Auſſerdem ſcheinet ſowohl dieſer beruͤmte Mann als deſſen Nachfolger, die lebendige Kraft des Zuſammenziehens von der todten, und dieſe von der, von den Nerven abhaͤngenden, nicht hinlaͤng - lich genung zu unterſcheiden.

Solchergeſtalt hat es auch das Anſehn, daß des Stahls ſein Tonus gar artig zu der Reizbarkeit gezogen werden koͤnne, da er mit Grunde ſchreibt, daß dieſe Ton -C 2bewe -36Thieriſche Bewegung. XI. Buch. bewegung, von der obenein hinzukommenden Nervenbe - wegung, verſtaͤrkt und groͤſſer gemacht werde(m)pag. 548. Dieſes iſt auch beinahe die Meinung des beruͤmten KRüGERI diff. elat. et toni, pag. 15.. Dem - ohngeachtet ſchreibt doch dieſer Arzt ſeinen Tonus nicht nur allen und jeden Theilen in einem Thiere, ſondern auch inſonderheit den Pareuchimatibus (Mittelſubſtanzen, zwiſchen Fleiſch und Blut) zu, ja, er lehret auſſerdem, daß derſelbe von der Seele beherrſcht und die Faſern von der Seele geſpannt, oder nachgelaſſen werden.

Faſt eben dieſes iſt auch die Lebenskraft des Sorters(n)de motu vitali. , welche ebenfalls allen Faſern gemein ſein ſoll. Die Oſcillation (Schwingung), wie ſie Boerhaave(o)de viribus medicam. p. 140. nennt, weicht nicht ſehr von unſrer Kraft ab, nur daß dieſer vortrefliche Mann, die Kraft der Nerven, an kei - nem Orte von der Muſkelkraft abſondert. So nennt auch Friederich Winter(p)Orat. inaug. p. 80. 82. 85. die Reizbarkeit ein Princi - pium der Bewegung, und er geht in ſo fern von uns ab, daß er lehrt, ſie habe ihren Sizz in den Nerven, und werde von dem Reize des Geiſtes zur Bewegung veranlaſt.

Als hierauf meine Verſuche bekannt wurden, ſo ge - wann die Reizbarkeit ploͤtzlich ein ſo groſſes Anſehn, daß man von derſelben im menſchlichen Koͤrper uͤberhaupt alle Bewegungen des Lebens, und die unwillkuͤrliche Bewe - gungen(q)Idem ibid. p. 88. 89. PAR - SONS muſc. mot. pag. 64. 65. ZIMMERM add. BIKKER. p. 60. CIGNA n. 2. p. 272. v. GEUNS p. 36. ANDREÆ p. 45. J. Vinc. PETRINI inpræf. n. 304. Die Reizbarkeit iſt die Natur ſelbſt BIKKER p. 47. 48. J. MAN. de natura ho - min. p. 10. Eſt ευορμουν GAU - BIUS p. 75. 76. 77. oder wenigftens doch die mereſten darunter(r)Die unwillkuͤrlichen, und die Bewegungen des Lebens, WHYTT p. 325. KRüGER etc. , ſonderlich die Schlaͤge des Herzens(s)CARRERE p. 14. KRü - GER Grundriß ꝛc. n. 20. PAR - SONS I. C. Die Bewegung der Holader haͤngt von ſelbiger ab. CARRERE p. 12. herleitete.

So -37II. Abſchnitt. Erſcheinungen.

Sobald ich mich aber, fuͤr meine Perſon, an die Ver - ſuche ſelbſt machte(t)Von dem reizbaren Weſen habe ich zuerſt gehandelt im Jahr 1739. in Comm. ad BOERHAAV. n. 187. p. 1. 2. nach dieſer Zeit aber im Jahr 1743. in eben dem - ſelben Comm. T. IV. p. 586. und noch umſtaͤndlicher in primis phy - ſiologiæ lineis anno 1747., glaubte ich nicht nur etwas weiter, als man bisher gekommen, darinnen gehen, ſondern auch diejenigen Verſuche etwas naͤher einſchraͤnken zu koͤnnen, mit welcher ſich beruͤmte Maͤnner etwas zu gute gethan hatten. Jch trennte naͤmlich das reizbare Weſen, einer Seits von der todten Kraft, andrer Seits von der Kraft der Nerven, und von der Herrſchaft der Seele, und ich zeigte, daß von ihr die Bewegung des Her - zens(u)L. IV. p. 465. und die reizbare Natur der Gedaͤrme einzig und allein abhinge. Jch ſchraͤnkte ſie blos auf die Muſkelfaſer ein, und in dieſem Stuͤkke hegen die hol - laͤndiſchen Phiſiologiſten nicht mit uns einerlei Gedan - ken; ſie werden aber, wie ich verhoffe, meines Sinnes werden, wofern es ihnen beliebt, von der einem Muſkel eignen reizbaren Natur, die Zuſammenziehungskraft ab - zuſondern, welche einer thieriſchen Faſer gemein iſt. Jch zeigte ferner, daß zwar dieſe Kraft beſtaͤndig, als eine lebendige Kraft zugegen ſei, und oft, ſo viel wir wenig - ſtens begreifen koͤnnen, keinen aͤuſſerlichen Reiz vonnoͤthen habe, um in eine wirkliche Bewegung auszubrechen(x)pag. 446. 447., daß ſie aber demohngeachtet doch ungemein leicht, ſo oft ſie gleichſam einſchlafe, von Reizmitteln wieder erwekkt werden koͤnne. Jch unterſcheide in dieſer Bewegung(y)L. IV. p. 505. tum. illuſt. GAUBIUS pag. 72. 73. auſſer daß er noch das Empfinden hinzu - fuͤgt, wie ſolches auch GLIS - SONIUS thut. den Reiz, der nur klein ſein darf, und die von dieſem Reize hervorgebrachte Bewegung, welche ungemein gros ſein kann. Blos in dieſer Anmerkung ſtekkt ſchon die Antwort, auf die Einwendungen einiger beruͤmten An - haͤnger der Stahliſchen Theorie, welche ſich die SacheC 3ſo38Thieriſche Bewegung. XI. Buch. ſo einbilden, daß man von der Seele die Urſache zur Be - wegung hernehmen muͤſſe, weil der Koͤrper keine andre, als eine von ihr erborgte Bewegung hervor zu bringen vermoͤgend ſei(z)Davon ſoll an einem andern Orte weitlaͤuftiger gehandelt wer - den, ſiehe SAUVAGES diſp. cit. . Allein dieſe Ordnung ſteht den leich - teſten Erfahrungen(a)FONTANA p. 239. im Wege, aus denen man lernt, wie von dem Schlage einer Lanzette, deſſen Gewicht man leicht berechnen koͤnnte, ein Kramf in unzaͤlbaren Muſ - keln auch ſo gar an todten Thieren, und eine Gewalt her - vorgebracht werde, welche tauſend Pfunde uͤber den Hau - fen werfen koͤnnte.

Jch machte auch den Anfang, an dieſer Gewalt einige Grade feſte zu ſezzen, und zu zeigen, daß unter den Muſkeln das Herz(b)L. IV. p. 466. prem. mem. p. 69. 78. du poulet. Exp. 268. 269. 270. T. IV. Exp. 1. ſecond. mem p 385. ZIMMERMAN. p. 38. Exp. 43. Ob dieſes gleich nach unſren Erfarungen nicht ſehr ungewoͤnlich oder ſeltſam iſt; wie auch nach den Verſuchen des AN - DREÆ p. 25. daß manche Muſ - keln eine laͤngere Bewegung als das Herz ſelbſt gehabt haben; in - deſſen hat doch hierinnen das Herz und in kalten Thieren faſt allezeit den Vorzug. Da bei einem allge - meinen Kramfe, tetanus genannt, alles ſteif und unbeweglich war,konnte der Kranke doch noch ſchlin - gen und Atemholen. Med. Muf. T. II. n. 1. Einer, der vom Stein - kolendampfe ohne Gefuͤl war, und an dem keine Muſkeln ihr Amt verrichteten, konnte noch Atem holen, Phil. trans. Vol. L. II. P. 2. Alle Gelenke waren zuſammen - gewachſen, und nur die Ribben, wegen beſtaͤndiger Bewegung, ſrei. COLUMBUS de re anat. p. 264. mit den Herzohren die allerſtaͤrkſte Reizbarkeit beſizze, daß auf dieſes die Gedaͤrme zu folgen ſcheinen(c)prem. mem. p. 387. Se - cond. mem. p. 340. Es ſchreibt ſolches allein der bloſſen Waͤrme zu, ZIMMERMANN. l. c. OEDER Exp. 5., und daß gemeiniglich die uͤbrigen Muſkeln viel ehe einſchlafen, als das Herz oder das Gedaͤrme. Jch mutmaße, daß das Zwerchfell uͤber alle andre Muſ - keln einige Vorzuͤge beſizze(d)Prem. mem. p. 65. L. VIII. pag. 84. Second. mem. pag. 387. OEDER Exp. 1. ZIMMERM. diſp. p. 19. ANDREÆ p. 25.. Und daraus glaube ich, begreiflich machen zu koͤnnen, warum die Lebenstheile, das Herz und das Gedaͤrme(e)prem. mem. p. 77., auch ſogar im Schlafe, ſeineBe -39II. Abſchnitt. Erſcheinungen. Bewegungen in eins fortſetzen, indem gedachte Theile nicht nur aͤuſſerſt reizbar an ſich ſelbſt ſind, ſondern auch beſtaͤndig gereizt werden. Es ſcheinet naͤmlich der ein - faͤltigſte Grund, warum andre Muſkeln, die unter den Befelen des Willens ſtehen, nicht von ſelbſt Bewegungen machen, dieſer zu ſein, weil ſie weniger reizbar ſind; denn wenn ſich auch dieſe Muſkeln bewegen, ſo bald man einen groͤſſern Reiz an ſie bringt, es mag ſelbiger entwe - der von einer aͤuſſerlichen reizenden Urſache, wodurch der Kramf erwekkt wird, oder von dem Willen der Seele, auf den der Strom des reizenden Nervenſaftes bis zu den Muſkeln zu folgen ſcheinet, herruͤhren, ſo laͤſt ſich uͤber - haupt ſehr warſcheinlich daraus ſchlieſſen, daß ſolche Muſ - keln darum von den geringern Reizen des menſchlichen Lebens, und von der leichten Beruͤhrung der benachbar - ten Schlagadern nicht zur Bewegung ermuntert werden, weil dieſe Reize viel zu ſchwach, und nicht geſchickt ſind, die traͤge Reizkraft bis zu einem voͤlligen Zuſammenziehen zu vermoͤgen.

Man kann es alſo dieſen unſern Arbeiten zuſchreiben, daß der alte Name Reizbarkeit(f)TISSOT in præf. PE - TRINI p. 293. CALDANUS Lett. III. p. 13. FONTANA p. 241. CIGNA. hin und wieder zu - gleich mit meinem Namen wiederholet, und von groſſen Maͤnnern dieſe Kraft, als was neues, unter die Erfindun - gen der Deutſchen mit eingeruͤkkt wird(g)Comes de ROEDER in hiſt. de l’Acad. de Berlin T. XI. . Doch ich nehme mir deswegen nichts vor andern voraus(h)Rep. a M. WHYTT p. 124., indem ich die Arbeiten andrer Maͤnner vor mir mit Danke der meinigen vorziehe(i)Ibid. , und mich gern beſcheide, daß ich von dem voͤlligen Lichte der Warheit noch weit genung entfernt bin. Einige beruͤmte Maͤnner unter den Neuern nennen ſie lieber die Lebenskraft(k)GAUBIUS pag. 75. allein dieſer Na - me gefaͤllt mir nicht ſo gut, weil unſre Kraft, die KraftC 4des40Thieriſche Bewegung. XI. Buch. des Lebens noch ein wenig uͤberlebt. Folglich wuͤrde ich ſie lieber die angeborne, weſentliche, oder eigene Kraft des Muſkels nennen.

§. 12. Ob dieſe Kraft in dem thieriſchen Leime ſtekke.

Man erlaube mir, dieſem noch etwas weniges beizufuͤ - gen, welches ſeinen Grund in der Mutmaßung hat. Da es uͤberhaupt in allen menſchlichen Faſern zwei Grund - ſtoffe gibt(l)L. I. p. 2. 4., naͤmlich eine Erde, und ein bindender Leim, ſo laͤſt ſich fragen, in welchem von beiden Elemen - ten dieſe dem Muſkel weſentliche Kraft eigentlich befind - lich ſei. Jch habe mich geaͤuſſert(m)prem. mem. p. 79. 80., daß ſelbige vor - naͤmlich in dem Leime verborgen liege. Es zieht ſich naͤm - lich der Leim ſelbſt, vermoͤge ſeiner todten Kraft, und es iſt dieſes gleichſam der allererſte Grad der Materie, welche auf das Zuſammenziehen Anſpruch macht. Bringt man hingegen die Erde in ihre Anfaͤnge, ſo iſt ſie zerreiblich, ohne allen Zuſammenhang, und gelangt, wenn man ihr den verlornen Leim wiedergibt, zu der vorigen Zaͤhigkeit. Alle Metalle bekommen ihre Strekkbarkeit unter dem Ham - mer, die aufs genaueſte mit der anziehenden Kraft ihrer Theile verbunden iſt, wenn ſie ſolche verloren, von Fet - tigkeiten wieder, wenn man ſolche unter die ſchmelzende Metalle miſchet