PRIMS Full-text transcription (HTML)
Der Lieflaͤndiſchen Chronik Andrer Theil
von Liefland unter ſeinen Herren Meiſtern, welche die alte Geſchichte des Ordens und der benachbarten Voͤlker erleutert.
Sowol mit Zuziehung der gedruckten und ungedruckten Schriftſteller als fuͤrnemlich aus einer zalreichen Menge alter Documente im Original, beglaubten Copeien und andern Abſchriften zuſammen getragen: nebſt angehaͤngten Tabellen, worinne die Ramen der Erz - und Biſchoͤfe von Riga, Revel, Doͤrpt und Oeſel, die Sigille der Ordensgebietiger, die Wapen der lieflaͤndiſchen Staͤdte, das Verzeichnis aller ehemaligen Schloͤſſer, wie auch alle zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤgte auch noch vorhandene Muͤnzen aus den beruͤmteſten Cabinetten geſamlet ꝛc. beſchrieben worden
Halle im Magdeburgiſchen, gedruckt beyJohann Juſtinus Gebauer.1753.

Denen Hochverordneten Obrigkeiten und Haͤmtlichen Mitgliedern eines Hochanſehnlichen Ritterſtandes der zu der vormaligen hochberuͤmten lieflaͤndiſchen Ordensprovinz gehoͤrigen Herzogtuͤmer Lief-Eſth-und Curland wie auch der Provinz Oeſel widmet dieſen andern Theil der lieflaͤndiſchen Chronik in ſubmiſſem Gehorſam der Verfaſſer.

Hochwolgeborne Herren, Gnaͤdige Herren,

Ew. Hochwolgebornen geruhen der pflicht - maͤßigen Zuſchrift dieſes andern Theils der lief - laͤndiſchen Chronik deſto geneigtere Aufname zu ſchenken, je naͤher mich mein Beruf ans kaiſerliche Lyceum zur Hiſtorie, und ſonderlich zur einheimiſchen Geſchichte des Lan - des verbindet, und welcher wegen Kuͤrze unſrer nicht mehr um Geld feil ſtehenden Scribenten eine genauere Unterſuchung der alten Ordensverfaſſung von mir erfordert.

Die Anfechtung wurde im vorigen Jahrhundert manchem die erſte Lehrmeiſterin der Landesgeſchichte, und Liefland hatte die betruͤbte Erfarung damals in Haͤnden, was die Gleichguͤl - tigkeit oder Kaltſinnigkeit gegen dis edle Studium fuͤr uͤble Fol - gen nach ſich zoͤge. Der Mangel der Huͤlfsmittel aber trug Schuld, daß ein Cavalier nicht eher an die Hiſtorie ſeines Va - terlandes mit Ernſt denken konte, als bis er nach Niederlegung oͤffentlicher Aemter und Kriegesdienſte auf ſeinen Landguͤtern ein ruhig und unbeſchaͤftigt Alter abwartete. Nunmehr wer - den auch die juͤngern Gelegenheit haben, ihr Vaterland eigentli - cher zu kennen, und mit dieſer Kentnis die Reiſen in fremde Laͤn - der deſto nuͤtzlicher und fruchtbarer anzutreten.

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Die Verdienſte, Hochwolgeborne Herren, die theils Dero ruhmwuͤrdige Vorfahren und Anherren, theils Dero hohen Anverwandte durch das Regiment der Kirche und des Ordens ſich erworben, bleiben unvergeslich. Die Wirkungen derſelben liegen am Tage, ob uns gleich die Parteilichkeit oder Scheelſucht damaliger Geſchichtſchreiber viel namhafte Thaten verhelet, oder ſie auf der unrechten Seite vorgeſtellet. Haben nicht dieſe Helden der alten Zeit ein blindes und aberglaͤubi - ſches Volk von unterſchiedenen Sitten und Sprachen durch das Gluͤck der Waffen zur Annemung der geoffenbarten Reli - gion gebracht, und nach den Grundſaͤtzen ihrer Kirche durch noͤtige Zwangsmittel vor dem oft gewagten Ruͤckfal verwa - ret? Haben ſie nicht mit Verleugnung aller Gemaͤchlichkeit und Ruhe ſich an die Spitze der Heere geſtellet, wenn ſie ent - weder das Chriſtentum auszubreiten oder zu beſchuͤtzen hat - ten? Und wie gluͤcklich ſind nicht dieſe Unternemungen abge - laufen, bis die groſſe Vorſicht die Kriegesſchule aͤnderte, und ihnen unter der Anfuͤrung gekroͤnter Haͤupter andere Ritter - dienſte anwies?

So viel glorwuͤrdige Koͤnige der Pohlen und Schweden die einzelnen Theile des alten Lieflandes beherrſchet, ſo viel Ehrenbuͤhnen oͤfneten ſich dem lieflaͤndiſchen Adel, Uebungen eines ritterlichen Heldenmuts zu zeigen. Jch berufe mich auf das Vertrauen der groͤſten Potentaten zu der Pflicht und dem Wohlverhalten eingeborner Lieflaͤnder, die unter ihren Armeen Dienſte genommen, und auf dem Bette der Ehren ſichs zur Unſterblichkeit angerechnet, Blut und Leben fuͤr ihren Koͤnig, nicht ihre Treue zu verlieren. Wie wichtige Bedienungen des Staats, des Hofes und Landes in erlauchten Collegien und Regierungen haben nicht Dero an Wiſſenſchaft und Klugheit beruͤmte Vorfaren verwaltet, die entweder durch neue Ver - dienſte den alten Adel erhoͤhet, oder einen neuen auf ihre Nach - kommen fortgepflanzet? Hier verſchweige ich dieſe Namen, die in der fernern Folge der lieflaͤndiſchen Chronik eine anſehnliche Zierde geben, mit Ehrerbietung, aus Beiſorge bey ſo zalreicher Menge derſelben einige zu uͤbergehen.

Was ſol ich von jenen wohlverdienten Maͤnnern ſagen, welche das Gluͤck hatten, Zeugen der Siege eines unſterblich groſſen Petrus zu ſeyn; die dieſem nunmehr verewigten Helde in ſeinen Feldzuͤgen durch unuͤberſteigliche Gefaͤrlichkeiten nach - ſchritten, und von ſeiner allerhoͤchſten Perſon die Kriegeskunſt lernten; die er wuͤrdig fand, ſeiner hohen Weisheit in Rath - ſchlaͤgen theilhaftig zu machen, und ihnen nach wohlgepruͤf - ter Faͤhigkeit das Ruder des Regiments und Staats in Mili - tair - und Civilgeſchaͤften anzuvertrauen? Sie haben den Nach -ruhmruhm und Lohn rechtſchaffener Patrioten: und die jetzo von den - ſelben ſich noch am Leben befinden, werden ihre Verdienſte ums Reich und das Vaterland nach dem Wechſel der Zeit mit der Ewigkeit in der Hiſtorie unverweslich erhalten.

Die Ordnung der Gedanken fuͤret mich auf die gluͤckſe - lige Regierung der unvergleichlichen Eliſabeth, der glorwuͤr - digſten Kaiſerin und Selbſtherſcherin aller Ruſſen. Sie, Hochwolgeborne Herren, genieſſen die vorzuͤgliche Gna - de, der allergnaͤdigſten und ſanftmuͤtigſten Monarchin zur Hand zu ſeyn, ihren Laͤndern weislich zu rathen, ihre Befele zu befolgen, ihren Unterthanen Gerechtigkeit zu verſchaffen, und zum Theil unter ihren Siegesfahnen in Dienſten zu ſte - hen. Sie widmen nicht nur wackere Soͤhne fuͤr den Staat und die Heere unſerer allerhoͤchſten Souveraine, ſondern er - ziehen ſie auch zu dieſen Ehrenaͤmtern gelehrt und rittermaͤßig. Sie koͤnnen nicht ohne empfindliche Ruͤhrung und Dankbar - keit bleiben gegen die hoͤchſte Vorſicht GOttes und gegen ſei - ne Geſalbte, die eine an Verdienſten ſo glaͤnzende Ritterſchaft bey den theuer hergebrachten Privilegien nicht nur erhaͤlt, ſon - dern dieſe Freiheiten aufs grosmuͤtigſte vermeret; die den Wohlſtand des Landes mit ausnemender kaiſerlichen Huld ver - beſſert und uns den unſchaͤtzbaren Frieden erhaͤlt. Der al - maͤchtige Arm des Hoͤchſten unterſtuͤtze die Schultern, welche die Regierungslaſt ſo weitlaͤufiger Reiche und Provinzen tra - gen, mit auſſerordentlicher Kraft, und begluͤcke das allerhoͤch - ſte |kaiſerliche Haus mit alle dem Gute, was die von tiefſter Ehrfurcht und treueſter Liebe geruͤhrte Vaſallen und Untertha - nen vom Himmel erbitten. GOtt goͤnne auch unſern Nach - barn die Fruͤchte eines ſo geſegneten Regiments, und laſſe inſon - derheit Curland unter dem Scepter eines allerweiſeſten Auguſts bey dem Fette und der Fruchtbarkeit ſeiner Felder mit uns uͤber die Tage des ewigen Friedens vergnuͤgt und froͤlich ſeyn.

Die Betrachtung ſolcher Vorzuͤge, Hochwolgeborne Herren, beweget mich, dieſe wenigen Nachrichten, die Krieg, Brand, Verwuͤſtung und andere Ungluͤcksfaͤlle uns uͤbrig gelaſ - ſen, Denenſelben zu beſondrer Geneigtheit zu empfelen; weil ſie auſſer buͤrgerlichen Haͤndeln auch das Andenken Dero beſt - verdienten Vorfaren der Nachwelt aufheben. Nicht meine maͤßige Wiſſenſchaft, ſondern Dero edelmuͤtigen Befoͤrderung iſt es zuzuſchreiben, daß aus der Zeit des Ordens mehreres be - kant geworden, daß man einige lateiniſche Documente zum Nu - tzen der ſtudierenden Jugend auf behalten, und daß wir die be - ruͤmte rußiſche Nation, aus den Zeugniſſen vernuͤnftiger Ge - ſchichtſchreiber, in ihrer wahren hoͤchſt wuͤrdigen Geſtalt der) (2WeltWelt darſtellen koͤnnen. Es wuͤrde aber manches aus den alten Zeiten in groͤſſere Deutlichkeit geſetzet worden ſeyn, wenn eine ſo fuͤrtrefliche Ritterſchaft nach dem Exempel des uͤbrigen euro - paͤiſchen Adels Belieben faͤnde, Dero Geſchlechtsregiſter zum Gedaͤchtnis ſo hochberuͤhmter Vorfaren im Druck kund zu ma - chen. Was hier und da dem groſſen Univerſallexico einverlei - bet worden, iſt zu abgebrochen, und enthaͤlt zu wenig aufs Ganze, zu geſchweigen, daß dieſes weitlaͤuftige Werk in den Haͤnden der meiſten Praͤnumeranten ſich unvolſtaͤndig befin - det. Die andern Familiennachrichten kleinerer Buͤcher zeigen uns den lieflaͤndiſchen Zweig nur durchs Fernglas, oder beken - nen ihre Unwiſſenheit, weil ſie erſt aus Liefland den Zuſammen - hang erwarten.

Die Muͤnzen der Ordenszeit ſind von Liebhabern fleißig genug geſamlet. Da nun noch eine gute Anzal derſelben zer - ſtreuet, dieſe aber auſſer ihrer Ordnung und Zeitfolge wenig vorſtellen: ſo waͤre allerdings zu wuͤnſchen, daß ſie entweder aus vielen Haͤnden in ein Cabinet geriethen, oder daß eine hinlaͤngliche und nach den Jahren eingerichtete Samlung an einem oͤffentlichen Orte zum Beſehen aufgeſtellet, und durch dieſes Aufheben ihrer Vergeſſenheit und ihrem Untergang ent - riſſen wuͤrde. Sie ſind die unverwerflichſten Denkmale, daß Liefland wirklich das geweſen, wie es die Geſchichte be - ſchreiben.

Jch weis keine angenemere Belonung meiner eigenen Ar - beit, als Dero Beifal, den mir aufs zuverſichtlichſte ausbitte, und fuͤr den ich mit begierigſter Gegenerkentlichkeit bin,

Gnaͤdige Herren, Ew. Hochwolgebornen Riga, den 25ſten April 1753. unterthaͤniger und gehorſamſter Diener Johann Gottfried Arndt.

Vorrede.

Die Seltenheit unſerer Geſchichtſchreiber kan die Ausar - beitung einer neuen Ordensgeſchichte von Liefland zur Gnuͤge rechtfertigen, die bey ſo bewandten Um - ſtaͤnden keine unnoͤthige Arbeit ſeyn kan. Wenige Lieb - haber beſitzen die theuren Werke des Huitfelds, des Pontanus und Chytraͤus, welche Schriftſteller doch noch nicht einmal zur Hauptabſicht gehabt, die Haͤndel des lieflaͤndiſchen Ordens aus - fuͤhrlich zu erzehlen. Die Menge der pohlniſchen und preußiſchen Ge - ſchichtſchreiber treiben ſie gleichfals bey andern Materien nur als ein Ne - benwerk. Die ſo den Staat von Rusland beſchrieben, bleiben nur bey den neueſten lieflaͤndiſchen Begebenheiten. Unſere einheimiſchen Ge - ſchichtſchreiber, Ruſſow*)Von des revelſchen Paſtor Balthaſar Ruſſows platdeutſchen Chronik von Lief - land ſind 3 Ausgaben vorhanden. Die erſte iſt zu Roſtock 1578 in 4 gedruckt; die andere eben daſelbſt, in 8, noch in eben dem Jahr, doch mit einigen Zuſaͤtzen; die dritte zu Barth in Pommern in gros 4, durch Andreas Seitner, in der fuͤrſtlichen Druckerey, welche letztere die beſte und volſtaͤndigſte iſt. Er hat eine beiſſende Schreib - art, und mahlet die Laſter ſeiner Zeit ohne Anſehen der Perſon mit natuͤrlichen Farben. Da hingegen Salomon Hennigs Chronik von Lief - und Curland mit Chytraͤi Vorrede vielen parteiiſch vorkoͤmt, weil ſie mit noch lebenden Perſonen oder deren Haͤu - ſern zu thun gehabt. Sie ſamlet auch nur die Begebenheiten von 1554 bis 1590, wes - wegen man ſie beim Ruſſow zur Fortſetzung gebrauchen kan. Sie iſt ſo wol, als die Arbeit des Menius und Herrn von Ceumern, in den Nebenanmerkungen dieſes Theils beſchrieben worden, wo auch von unſern ungedruckten Geſchichtſchreibern Nach - richt zu finden iſt. und Kelch**)Der Paſtor zu St. Johannis in Jerwen, nachmaliger Praͤpoſitus, und zuletzt re - velſcher Oberpaſtor, Herr Chriſtian Relch, hat eine lieflaͤndiſche Krieges - und Friedensgeſchichte geſchrieben, die zu Rudolphſtadt 1695 in 4 gedruckt worden. Sie hat ihres ordentlichen Vortrages und ihrer Volſtaͤndigkeit halber durchgaͤngig Bei - fal erhalten, ohnerachtet dieſe Arbeit vor dem Druck wider des Verfaſſers Willen ei - ne oͤffentliche Durchſichtigung ausſtehen muͤſſen. Jn den lieflaͤndiſchen Hiſtorien, ſo in lateiniſcher, engliſcher, franzoͤſiſcher, ſchwediſcher und andern Sprachen geſchrieben ſind, hat man dieſes Werk theils ſtuͤckweiſe, theils voͤllig uͤberſetzet, auchhier, ſind bey uns ſo ſelten, daß ſie aufadenVorrede. den oͤffentlichen Buͤcherauctionen um 3 bis 4 Dukaten erſtanden werden; daher ſie ſchwerlich jungen Leuten in die Haͤnde gerathen; zu geſchweigen, daß ſie ſich bey den Zeiten des Ordens nur kurz aufgehalten. Die beiden Herren Schurtzfleiſche*)Dieſe beiden Herren Bruͤder haben das Ordensregiment, der Profeſſor nemlich Con - rad Samuel in einer hiſtoriſchen Diſſertation in 4, der Hofrath aber und Profeſſor der Hiſtorie, Heinrich Leonhard, in einem eigenen Tractat in 8 abgehandelt. Beide irren ſchon in dem Titel de ordine Enſiferorum, weil von dem Schwerdtbruͤderorden nur 2 Meiſter, die andern 46 aber ordinis Crucigerorum, oder wie ſie ſich ſelbſt ſchrei - ben, Teutonicorum in Livonia geweſen. Der letztere giebt unſern Schriftſtellern nach academiſcher Gewonheit ein lateiniſch Kleid. Seine Zuſaͤtze ſind Berichte des Duisburgers, Venators und Bredenbachs. Unter den auswaͤrtigen Geſchicht - ſchreibern nimt er Kojalowiczen mehrentheils als entſcheidend an, und unter denen, ſo ohne Documente geſchrieben, haͤlt man ſeine Arbeit fuͤr die gelehrteſte. in Wittenberg haben zwar die Ordensge - ſchichte eigentlich zu ihrem Zweck erwehlet**)Es liegen unter unſern Handſchriften auch einige, die ſich ausdruͤcklich fuͤr herrmei - ſterliche Chroniken ausgeben, deren Dicke noch keinen Finger breit ausmacht, und die oft recht wunderliche Geſchoͤpfe ſind. Zu allem Gluͤck haben ſich ihre Verfaſſer nicht nennen wollen.; allein die Huͤlfsmittel, de - ren ſie ſich bedienet, waren nicht von der Beſchaffenheit, daß ſie dieſelbe zu - verlaͤßig darnach abhandeln konten.

Nachdem der koͤnigliche grosbrittanniſche geheime Juſtizrath, Hi - ſtoriographus, und Bibliothekarius zu Hannover, Herr Daniel Gru - ber, durch ſeine Entdeckungen in den Originibus Liuoniae der Ordenshi - ſtorie von Liefland die Bahn gebrochen; ſo ſchien es nicht ganz unmoͤglich, dieſen Fuſtapfen nachzuſpuͤren, zumal da in dem ſchoͤnen gruberſchen Werke eine ganze Bibliothek zur lieflaͤndiſchen Hiſtorie angewieſen wor - den. Der Herr Rittmeiſter Otto Magnus von Aderkas auf Kuͤrbis bot auch gleich aus freien Stuͤcken durch Vorſchub gedruckter und unge - druckter Schriftſteller, die nur einiger maaſſen in die Geſchichte des Landes einzuſchlagen ſchienen, die erſte huͤlfreiche Hand dazu an. Wir haben eine ſo ruͤmliche Beihuͤlfe nicht obenhin angenommen, ſondern ſie zur Ermun - terung gebraucht, ſelbſt Hand ans Werk zu legen, und ſind aus mehr als einer Bibliothek mit den benoͤthigten, theils geſuchten, theils unge - ſuchten Huͤlfsmitteln verſehen, und alſo zur Ausarbeitung dieſes Theils gleichſam berufen worden.

Die Quellen, daraus die Geſchichte des Ordens geſchoͤpfet werden muſte, und worauf alles ankam, waren verſiegen, oder doch hinter ſolche Zaͤune verleget, zu denen der Zugang hoͤchſt ſchwer war. Man hatte unszwar**)hier und da mit ſinreichen Ausdruͤcken und eingeſtreueten Urtheilen verſchoͤnert. Bey verſchiedenen Begebenheiten des 16ten und 17ten Jahrhunderts hat er die hoͤchſte Glaub - wuͤrdigkeit, weil ihm das revelſche Archiv zu ſeinem Gebrauch offen geſtanden. Die Fortſetzung, welche dieſer Verfaſſer bis 1706 handſchriftlich hinterlaſſen, verdienet ſorg - faͤltig aufgehoben zu werden. Was ſeine perſoͤnlichen Umſtaͤnde betrift, ſo war er am 5ten December 1657 in der Stadt Greiffenhagen in Pommern geboren. Sein Vater Gottfried Relch war Prediger, ſein Grosvater aber Paul Kelch Buͤrgermeiſter in beſagter Stadt. Von ſeiner erſten Ehe finden wir weiter nichts, als daß er mit ſeinen noch uͤbrigen 3 Stief - toͤchtern Richtigkeit getroffen. Seine andere Ehe volzog er am 25ſten Nov. 1696 mit Jungfer Euphroſyna Coſtera, einer Tochter des Magiſter Caſpar Coſteri, Pa - ſtoris zu Haggers und Praͤpoſiti des oſtharriſchen Kreiſes, in welcher er 3 Toͤchter erzeuget, und einen einzigen Sohn, Chriſtian Relch, der den 23ſten April 1704 geboren, und jetzo Rathsherr und Kaufman in Doͤrpt iſt, welcher uns auf Verlangen dieſe wenige Nachricht von ſeinem ſeligen Herrn Vater mittheilen koͤnnen. Er ſo wol, als ſeine Frau ſtarben beide 1710; er nemlich in der groſſen Peſt zu Revel, nachdem die Stadt an die Ruſſen uͤbergegangen war, in dem Paſtorathauſe bey St. Nicolai, bey welcher Gemeine der ſelige Praͤpoſitus zum Oberpaſtor berufen geweſen.Vorrede. zwar dieſen und jenen Canal angewieſen: allein wie ſolten ſolche kleine Stroͤmgen das leere Meer der hiſtoriſchen Begebenheiten fuͤllen koͤnnen, welches durch gar zu ſtarke und oͤftere Ableitungen bis auf den Grund ausgetrocknet war? Der wichtigen und ſchon bekanten Zerſtoͤrung des al - ten erzbiſchoͤflichen Archivs zu Kokenhauſen nicht zu gedenken, ſo hat die buͤrgerliche Geſchichte durch den 1532 entſtandenen Brand in Riga und den Verluſt der Gildeſtubenbuͤcher einen anſehnlichen Abgang erlitten. Aus dem rigiſchen Archiv holten die Pohlen 1620 ein ſtark Packet Ori - ginale weg. Jm Jahr 1621 wurden aus Mitau durch die Schweden viele daſelbſt verwarte lief - und eſtlaͤndiſche Documente nach Stock - holm gebracht, dergleichen 1710 den oͤffentlichen Archiven der Regierung, des Burggerichts und des Conſiſtorii zu Revel ſo gar mit Wegnehmung aller hiſtoriſchen Privatſamlungen in Eſtland wiederfuhr. Jm Jahr 1674 den 9ten Febr. gerieth das Obertheil des rigiſchen Rathhauſes in Brand, wodurch die Protocolle bis 1660 zu Aſche wurden, welchen Ver - fal der Hr. Oberpaſtor, Mag. Brever in einer beweglichen Predigt uͤber Amos VII, v. 4. 5. 6 den Tag darauf beklagte. Laut des hard - tiſchen Verzeichniſſes giengen recht alte und wichtige lieflaͤndiſche Brief - ſchaften bey ploͤtzlicher Abbrennung des koͤniglichen Schloſſes zu Stock - holm 1697 in Rauch auf, die uns 3 Jahrhunderte hindurch Licht gege - ben haͤtten. Weil auch bey den unruhigen Kriegeszeiten das Ritterſchafts - archiv von Haus zu Haus, ja wol gar zu Lande herum wandern muͤſſen, ſo iſt manches ſchoͤne Original daruͤber verloren gegangen. Denn ob ſich wol dann und wann ein Ulyſſes nach langen Umſchweifen und zwar ganz unkentlich wieder zu Hauſe eingefunden; ſo haben doch viele durch die uͤble Haushaltung des Mars ihren Reſt, oder in den Briefladen der Privat - leute ein unrecht angewieſenes Quartier bekommen, und in ſolchem un - ſchuldig vermodern muͤſſen.

Dieſer Verluſt waͤre einigermaſſen zu verſchmerzen, wenn ſich die al - ten Aufſaͤtze der Pfaffen finden wolten, welche zur Zeit der Ordensregie - rung merkwuͤrdige Veraͤnderungen erlebet haben. Auch dieſen Papieren haben die Regenten das Garaus gemacht. Der culmiſche Kanzler Lu - cas David berichtet, daß der Orden alle preußiſche Chroniken auſſer den Duisburger und Jeroſchin verbrant habe. Der Hochmeiſter Mi - chael von Sternberg lies alle Chroniken vertilgen, weil ſie den Hußiten das Wort redeten, daher viele ihre Chroniken vermaurten. An Kettlern ſelbſt haben manche bemerken wollen, daß er keine Chroniken leiden koͤn - nen, weil die Moͤnche gemeiniglich der Cleriſey Recht gegeben.

Die Privilegien der Staͤdte, ſo die Vorſicht ihres Magiſtrats meh - rentheils in Urſchriften aufgehoben, gehen hie und da in Abſchriften durch die Haͤnde, und erlauben uns noch einige Blicke in die verloſchenen Zeiten des Alterthums. Doch liegen noch manche unter dem Namen der henſi - ſchen Vertraͤge, oder wolmerſcher und wendenſcher Receſſe, in ſtarken Stoͤſſen unaufgeloͤſt und unberuͤret. Sie werden auch in dieſer langen Ruhe ungeſtoͤrt bleiben. Jhre Schrift erfordert mehr als 2 Augen, und die Durchſicht derſelben eine Freiheit von andern oͤffentlichen Geſchaͤften. Da ſie keinen andern Gehalt als ein kleines Vergnuͤgen fuͤr die Neubegier - de gewaͤhren, ſo duͤrfte wol der Tag ihrer Auferweckung ſo bald noch nicht anbrechen.

Bey ſo oftmaliger Ausleerung der Archive koͤnnen die einheimiſchen Urkunden wenig Stof zur Hiſtorie ertheilen. Es iſt daher kein Wunder, wenn die zahlreiche Samlung unſerer Handſchriften nichts beſonders ent - haͤlt, und die Liebhaber der Hiſtorie die angewandten Schreibekoſten alsa 2einVorrede. ein anſtaͤndiges Almoſen anſehen muͤſſen. Wir berufen uns auf die Erfah - rung aller geſchickten Kenner, ob ſie in dergleichen Abſchriften was anders finden, als eine magere Geſchichte der alten Zeiten, die ihres gezerreten und uͤbel ausgedehnten Vortrags halber mit altvaͤteriſchen Formeln we - nig oder nichts ſagen, und einen lehrbegierigen Leſer von einem Blat zum andern auf ein leeres Jch weis nicht warten laſſen. Jn dem vorigen Jahrhundert, da das Chronikenſchreiben in Liefland recht zur epidemi - ſchen Krankheit geworden, haben die Verfaſſer nicht fuͤr die gelehrte Welt, ſondern zu ihrem Zeitvertreib geſchrieben, oder nur die Abſicht gehabt, die Begebenheiten ihrer Zeiten zu bemerken; daher ſie entweder die alte Hi - ſtorie fluͤchtig uͤberhuͤpfen, oder den alten Ruſſow und Henning bald ſtuͤck - weiſe, bald ganz ausſchreiben, nach dem einer vor dem andern was zuſam - menhaͤngendes liefern wollen. Selbſt Neuſtaͤdt bindet ſich im Anfang ſeiner Geſchichte an keine Ordnung, und Thomas Hiaͤrne*)Von dieſem arbeitſamen Manne iſt in der Vorrede des erſten Theils etwas erwehnet worden. Seine eigene Handſchrift mit Luftens Fortſetzung wird in Riga auf dem Ritterhauſe verwahret. Er wandte eine erſtaunliche Muͤhe auf die Hiſtorie des Lan - des, und ſein geſchriebenes Werk wurde ſo guͤltig aufgenommen, daß Oernhielm, Patkuͤl, Stralenberg und Nettelbladt in ihren gedruckten Werken ſich auf ihn be - rufen. Nichts deſto weniger erkennet ein vornehmes Urtheil ſeine Ordensgeſchichte fuͤr mager und trocken. Jndeſſen behaͤlt ſein Fleis einen ewigen Nachruhm. Sein| ſchon fertiges Werk bahnte ihm erſt den Weg zu Urkunden. Seine Collectanea zeigen, was von ihm zu hoffen geweſen. Er bediente ſich der oxenſtierniſchen Bibliothek auf Fyholm. Der ſchwediſche Reichskanzler Magnus Gabriel de la Gardie ertheilte ihm gegen einen eidlichen Revers vom 29ſten May 1676 die Freiheit, alle zur eſt - und lieflaͤndiſchen Hiſtorie gehoͤrige Sachen aus dem Reichsarchiv abzuſchreiben, doch alle Staatsgeheimniſſe zu verſchweigen. Hiaͤrne wuͤrde mit ſeiner Arbeit alle praleriſchen Menios uͤbertroffen haben, wenn nicht das Vorhaben, die lieflaͤndiſche Hiſtorie auf einmal und diplomatiſch in vielen Folianten ans Licht zu ſtellen, ihn ſo wie andere um Zeit und Leben gebracht haͤtte., der unſern Livius vorſtellet, bringt auſſer den kurzen Auszuͤgen aus der gruberi - ſchen Handſchrift und den daͤniſchen Geſchichtſchreibern wenig erhebli - ches von der Regierung der Erzbiſchoͤfe und des Ordens vor. Hierzu komt noch, daß ſeine Handſchrift in denen Documenten aus dem Huitfeld und Pontanus durch unlateiniſche Schreiber oft bis zur Unverſtaͤnd - lichkeit gemishandelt worden.

Solchen Hauptmaͤngeln der Handſchriften haben gelehrte und tuͤchti - ge Maͤnner durch Hervorſuchung der noch vorhandenen oder auswerts be - findlichen Urkunden abzuhelfen geſucht. Weil aber hierdurch die Hiſtorie ein geraumiges Feld bekommen, und die letzten Jahre von 1560 bis auf ihre Zeiten an Documenten ſehr fruchtbar ſind, ſie aber den ganzen Um - fang auf einmal durchzuarbeiten ſich vorgeſetzet; ſo hat ſie der Tod bey ſo weit geſtecktem Ziel ohne Uebereilung abholen koͤnnen.

Der gelehrte rigiſche Rathsherr, Herr Johan Witte**)Dieſer fertige Man ward wegen ſeiner ſiebenjaͤhrigen Treue und Sorgfalt, die er als Agent am koͤniglich ſchwediſchen Hofe in Staatsſachen bewieſen, 1648 als Archi - varius und in claſſe Secretariorum Rigenſ. gebraucht, wo er ſehr gute Dienſte gelei - ſtet, ſo dann 1654 am 27ſten October zum vogteilichen Gerichtsſecretarius, ernennet und 1656 in den Rath gezogen. Er bekleidete bis an ſein Abſterben, ſo am 25ſten Julii 1657 erfolget, die Wuͤrde eines Ober - Bau - und Waiſenherrn. Daß er 1654 auf die Empfelung des Grafen Erichs Oxenſtierna, Praͤſidentens des Cammercol - legii, der ihm alle ſeine Handſchriften gegeben, die Stelle eines koͤniglichen Hiſtorio -graphus, hat mit auſſerordentlichem Fleis und erſtaunlicher Arbeitſamkeit das Archiv derStadtVorrede. Stadt Riga durchſucht, und auſſer vielen herrlichen Huͤlfsmitteln, durch hohen Vorſchub aus Schweden einen ziemlichen Vorrath von Urkunden ſich abgeſchrieben, die doch mit ſeinem Abſterben der Nachwelt eben ſo bald durch Verſchlieſſung, als ſeine Perſon durch den Tod entzogen worden.

Der Vicepraͤſident des rußiſch-kaiſerlichen Juſtizcollegii, Herr Her - man von Brevern*)Dieſer groſſe Man war am 20ſten Jul. 1563 zu Riga geboren. Sein Vater war D. Joh. Brever, koͤniglicher Superintendent, die Mutter Frau Sophia von Dunten, und ſein Grosvater Herr Joh. Brever, graͤflich - mannsfeldiſcher Con - ſiſtorialſecretair. Seine noch auf Schulen verfertigte Reden, Diſputationen und Ver - ſe liegen der Welt im Druck vor Augen. Jm Jahr 1683 begab er ſich vom rigi - ſchen Gymnaſio nach Deutſchland, beſuchte die vornehmſten Hoͤfe, Handeleplaͤtze und Univerſitaͤten, und ſtudirte 3 Jahr in Altdorf, alwo ihn eine Diſputation de Sym - bolo heroico beruͤhmt machte. Er wandte ſich 1686 nach Jena, und nahm mehrere Reſidenzſtaͤdte von Deutſchland in Augenſchein. Von Wien nahm er ſeinen Weg nach Ungern, und kehrte von Ofen zuruͤck nach Augſpurg. Von da reiſete er nach Venedig, Florenz und Rom, beſichtigte die vaticaniſche Bibliothek, und nahm die Poſt nach Neapolis, wo ihm die tuͤrkiſchen Seeraͤuber den Pas nach Sici - lien unſicher machten. Hier beobachtete er die Flammen und Schluͤnde des Veſu - vius, und richtete ſeine Reiſe wieder uͤber Rom nach Mayland und Genua. So dann begab er ſich nach Turin, und ſo weiter von Geneve nach Paris und Ver - ſaille. Hiernaͤchſt wolte er die Niederlande durchreiſen; allein eine Krankheit, ſo ihn in Amſterdam das Bette zu huͤten noͤtigte, unterbrach ſein Vorhaben nach Eng - land zu ſchiffen. Er trat alſo auf Erinnerung ſeines Herrn Vaters 1691 die Ruͤck - reiſe durch Holſtein, Mecklenburg, Pommern und Preuſſen zu Lande an. Jm Jahr 1693 ward er Aſſeſſor des Landgerichts, 1694 am 5ten Octobr. in den Adel - ſtand erhoben, verheyrathete ſich darauf mit Catharine von Reutern, und nahm 1696 die Praͤſidentenſtelle in dem koͤniglichen Burggerichte zu Riga an. Gleich nach - her ernante ihn der Koͤnig zum ordentlichen Aſſeſſor des 1701 von Doͤrpt nach Riga verlegten Hofgerichts. Bey den vorwaltenden Kriegslaͤuften wandte er ſich mit ſeiner Familie nach Luͤbeck. Seine daſelbſt ausgearbeitete herrmeiſterliche Hiſtorie iſt uns nicht zu Geſicht gekommen. Mit dem Fruͤhjahr kam er wieder nach Riga, wo er ein halbes Jahr in Abweſenheit des Hrn. Statthalters von Strokirch der Landes - regierung vorgeſtanden. Hier noͤtigte ihn der Krieg zum andern mal nach Luͤbeck zu gehen. Alhier erhielt er das kaiſerlich rußiſche Patent als Vicepraͤſident des Hofgerichts, mit welchem er 1711 nach einer gefaͤhrlichen Reiſe im Herbſt zur See uͤber Liebau zu Riga ankam. Jm Jahr 1717 ward er zugleich Vicepraͤſident des erlauch - ten hohen Reichsjuſtizcollegii, und ſtand in Petersburg am kaiſerlichen Hofe in be - ſondern Gnaden. So maͤßig er auch lebte, und ſich vor allen heftigen Leidenſchaften huͤtete, ſo verurſachten ihm doch die Steinſchmerzen am 17ten Jun. 1721 ein ſchmerzli - ches Lager. Das Singgedicht, ſo er uͤber dieſen Stein in ſeinen Nieren mit eigner Hand aufgeſetzet, iſt ſo ſinreich, als beweglich; wie denn auch ſeine gedruckten Ge - dichte viel Schoͤnheiten und artige Gedanken enthalten. Er ſtarb am 3ten Jul. und ſeine Leiche ward von Petersburg nach Riga abgefuͤhret, wo ſie am 23ſten Febr. 1722 beerdiget worden. Unter ſeinen Handſchriften iſt die leſenswuͤrdige Unterſuchung von der Warhaftigkeit des Privilegii, ſo Sigismund Auguſt 1561 fer. 6 poſt Cathar. den Lieflaͤndern ertheilet hat, die bekanteſte; ſonſt finden ſich auch gelehrteAn -, ein Vater zweier hochverdienten Staatsminiſter,bbeſas**)graphus von Liefland vertreten, und dafuͤr aus den Licenten eine jaͤhrliche Penſion von 300 Thlr. Alberts gehoben, erhellet aus einer Birſchrift an den Koͤnig, in wel - cher er ſich ſeine Beſoldung aus dem rigiſchen Portorio ausbittet, weil die Licent - gelder ſehr unordentlich ausfielen. Sein Sohn, Herman Witte, ward am 19ten May 1698 von Carl den XIIten geadelt. Er ſchlos nebſt dem Rathsherrn Joh. von Reutern, und den Elterleuten beider Gilden, am 30ſten Jun. 1710 mit dem rußi - ſchen Generalfeldmarſchal Scheremetow die Capitulation der Stadt Riga, und ſtarb am 2ten Auguſt darauf. Sein Sohn Herman Claudius Witte von Nor - deck, der letzte im Rathe von ſeinem Geſchlecht, war Buͤrgermeiſter, und ſtarb am 19ten Auguſt 1736 auf Uxkuͤl in einem Alter von 53 Jahren.Vorrede. beſas den groſſen Geiſt, der ſich an die merkwuͤrdigſten Sachen des Alter - thums und an die Urkunden des Landes ohne Schwachheit wagen konte. Sein aufgeweckter und lebhafter Witz, der ſich ſchon in ſeinen kleinern Schriften zeiget, wuͤrde uns was ausnehmendes geliefert haben, wenn das oberſte Verhaͤngnis nicht ſeinem Leben ein enger Ziel als ſeinen Ab - ſichten haͤtte ſetzen wollen. Einige ſeiner durch Erbſchaften zerſtreueten Papiere ſind in Abſchriften der Vergeſſenheit gluͤcklich entzogen; dahinge - gen die uͤbrigen ſamt den rareſten Muͤnzen von ihren jetzigen Beſitzern aus ſonderlicher Liebe geheimer gehalten werden, als es der Hiſtorie zutraͤg - lich iſt.

Der Secretair des Generalgouvernements von Eſtland, Herr Bernhard Rieſemann, hatte ſich in den eſtlaͤndiſchen und revelſchen Documenten wohl umgeſehen. Er ſuchte bey ſeinem erfahrnen Alter, und in der nach vielen Amtsgeſchaͤften erbetenen Ruhe, ſein Vergnuͤgen darin, die Hiſtorie des Landes zu erweitern. Wir wuͤrden ſeinem freiwilligen Verſprechen zu Folge ſeine Beitraͤge mit erhalten haben, wenn ihn nicht nach einer kurzen Krankheit ein uns, nicht ihm, unerwarteter Tod den 11ten April 1750 die Feder haͤtte niederlegen heiſſen. Die Erben, welche ſeine Arbeit, die groͤſtentheils die Rechte und Privilegien von Eſtland be - trift, nicht zerſtreuen wollen, werden ſie mit der Zeit vielleicht der Welt mittheilen.

Unter denen, welche zur Ausfuͤhrung und Herbeiſchaffung der ver - lohrnen Hiſtorie von Liefland das meiſte beigetragen, macht der Land - rath und Praͤſident des lieflaͤndiſchen Oberconſiſtorii, Herr Carl Guſtav Clodt von Juͤrgensburg, die erſte Perſon aus. Die Veranlaſſung war folgende. Die Provinzen und Staͤdte des Koͤnigreichs Schweden mu - ſten bey dem Leichenbegaͤngnis des hoͤchſtſeligen Koͤnigs Carls des XIten und der damit verknuͤpften Gluͤckwuͤnſchung wegen der Thronfolge ſich. im Jahr 1697 durch ihre Abgeordneten in Stockholm einfinden. Das damals hochbedraͤngte Liefland hatte, auſſer andern politiſchen Anfechtun - gen, eine recht gefaͤhrliche Obſervation wegen des ſo genanten Biſchofszehnden von ſich abzulehnen. Eine Unterſuchung, die dem groͤſten Theil des Adels den Verluſt der Guͤter und den gaͤnzlichen Untergang drohete; weswegen derſelbe entſchloſſen war, durch eine beſondere Botſchaft nach Rom uͤber dieſen Zehnden eine naͤhere Belehrung einzuziehen, wenn es wegen Kuͤrze der Zeit und ohne Aufſehen geſchehen koͤnte. Die auf das Ausſchreiben des koͤniglichen Generalgouverneurs auf dem Landtage zu Wenden verſamlete Ritterſchaft bemuͤhete ſich um drey angeſehene Mit - glieder, die dieſen Verrichtungen am ſchwediſchen Hofe bey ſo gefaͤhrli - chen Umſtaͤnden gewachſen waͤren. Sie fiel mit einhelliger Stimme auf den Herrn Praͤſidenten Clodt von Juͤrgensburg und ernante ihn zu ihrem Abgeordneten, tanquam (wie die lateiniſchen Worte des deut - ſchen Receſſes lauten,) ad hunc actum maxime idoneum. Dieſer treue Patriote war fuͤr die algemeinen Angelegenheiten des Landes eben ſo be - muͤhet, als fuͤr die Ausfuͤhrung der ihm uͤbertragenen Staatsgeſchaͤfte. Allein das nach Schweden weggebrachte herrmeiſterliche Archiv, ſo Kettler in Mitau verwahret, und das Stilſchweigen der Hiſtorie mach - te der lieflaͤndiſchen Ritterſchaft den Hauptbeweis ſchwer, und ſo langeun -*)Anmerkungen uͤber alle Denkwuͤrdigkeiten von Liefland darunter. Der Prof. und Re - ctor des rigiſchen Gymnaſii, Herr Adam Gottfried Hoͤrnick, hat von dieſem unſern Polyhiſtor mehrere Lebensumſtaͤnde in ſeiner zu Riga gedruckten Gedaͤchtnis - Seule mitgetheilet.Vorrede. unmoͤglich, bis aus tuͤchtigen Urkunden der Grund oder Ungrund der vorgegebenen Frage klaͤrlich dargethan wuͤrde. Zu dem Ende wirkte der - ſelbige durch inſtaͤndiges und anhaltendes Bitten, den 15ten Merz 1698, an den damaligen Canzleyſecretair und Archivarius, Herrn Sven Ley - onmarck, den hohen koͤniglichen Befehl aus, vermoͤge deſſen er alle zu ſeinem Unterricht dienliche Urkunden aus dem Reichsarchiv zur Abſchrift erhielt, in welchem zugleich eine Menge eſtlaͤndiſcher, curlaͤndiſcher, preußiſcher und pohlniſcher Briefſchaften verwahret lagen. Der ge - ſchickte Altertumskundige in Stockholm, Herr Richard von der Hardt, beſorgte dieſe Abſchrift, und unſer redlicher Patriot ſchonete kei - ne Koſten und Geſchenke zur Vergeltung einer ſo vieler Sorgfalt benoͤ - tigten und weitlaͤufigen Arbeit. Dieſe Freigebigkeit aber ermunterte den Abſchreiber, auch einen ziemlichen Theil der vom Herrn Hiaͤrne abge - nommenen Documente wieder herbey zu ſchaffen, durch welche der alten und neuern Hiſtorie von Liefland konte aufgeholfen werden.

Der Sohn deſſelben, der Herr Kammerjunker Jacob Guſtav Clodt von Juͤrgensburg, war nicht nur der einzige Erbe dieſer Stoͤſſe von Schriften, ſondern beſas auch den patriotiſchen Trieb ſeines Herrn Vaters, dieſelben brauchbar und nuͤtzlich zu machen. Er lieferte ſelbige nach genommener deutlichen Abſchrift in das Archiv der Ritterſchaft ein, und vermehrte ſeinen Vorrath mit vielen andern Handſchriften. Wir finden bey ihm die Folge faſt aller gedruckten und ungedruckten Geſchicht - ſchreiber, die nur irgend in die lieflaͤndiſche Hiſtorie einſchlagen; inſon - derheit aber das wohlgeordnete Kabinet der alten lieflaͤndiſchen Muͤn - zen, ſo unſers Wiſſens das ordentlichſte und volſtaͤndigſte in ſeiner Art genennet zu werden verdienet. Der Freigebigkeit des Herrn Kammer - junkers haben wir hier oͤffentlichen Dank abzuſtatten, der ſo theuer an - geſchafte Schriften faſt allein und umſonſt hergegeben, die man zum Ge - brauch unſerer Leſer in dieſem Werke auszugsweiſe angefuͤhret, oder vol - ſtaͤndig mitgetheilet.

Den vortreflichen clodtiſchen Samlungen fuͤgen wir billig die aus - erleſenen Beitraͤge des Herrn Peter von Schievelbein, Obervogts der Stadt Riga, bey. Durch die ruͤhmliche Vorſorge dieſes in unſerer Ge - ſchichte wohl bewanderten Mannes haben wir manches ſeltene Origi - nal zu Geſichte, und manche alte Abſchrift in die Haͤnde bekommen. Da auch zur Zuſammenhaltung und Bergleichung einiger Abſchriften meh - rere Exemplare noͤthig geweſen, ſo hat der Staatsſecretair des kaiſerli - chen Generalgouvernements von Liefland, Herr D. Bernhard Theodor Hausdorf, nach ſeiner Liebe fuͤr die ſchoͤnen Wiſſenſchaften, dieſelben her - beizuſchaffen ſich Muͤhe gegeben. Eine gleiche Art der Beihuͤlfe iſt uns durch den muntern Fleis des Herrn Ernſt Wilhelm Rour, Secre - tairs der Stadt Mitau, zugefloſſen.

Was von buͤrgerlichen Sachen der Stadt unter den Briefſchaften der groſſen Gildenſtube verwahrlich aufgehoben worden, hat der Elte - ſte, Herr Bernhard von Huickelhaven, ſo wie die Doeumente der kleinen Gilde, derſelben Elterman Herr Johan Chriſtoph Kleeburg, uns mit vieler Willigkeit zu unſerm Gebrauch in der Geſchichte uͤberlaſſen wollen.

Aus dieſen allen hat man die ordensmeiſterliche Geſchichte zu Stan - de gebracht, viele Jahrzahlen verbeſſert, die verlornen Namen wiederb 2her -Vorrede. hergeſtellet, und alten Berichten ihre Gewisheit verſchaffet. Zwar iſt die alte Hiſtorie von Liefland fuͤr die Ehre eines Schriftſtellers gefaͤhr - lich genug; weil ſie ſelbſt in den Urkunden durch ſo viele Luͤcken ganzer Jahrzehnde durchbrochen iſt, zumal wenn unſere Leſer getrennete Bege - benheiten in einer anmuthigen Erzehlung und richtigem Zuſammenhang von uns verlangen ſolten. Allein da die witzigſten Einfaͤlle am leichte - ſten ſtraucheln koͤnnen, ſo hat man ſich derſelben mit gutem Bedacht enthalten, und lieber den Titel einer Chronik erwehlet, auch nicht den Text nach den Jahren, ſondern die Jahre nach dem Text eingerichtet, wenn gleich dadurch mehrere Luͤcken entſtanden. Denn Kauf - und Han - delsbriefe in die ledigen Stellen einzuſchieben, die die Jahre haͤtten zur Noth fuͤllen koͤnnen, wuͤrde ſo wol jedermans Erwartung als un - ſerm Endzweck zuwider geweſen ſeyn. Wir geben ſelbſt dieſe Materien fuͤr weiter nichts als einige vom algemeinen Schifbruch uͤbrige Truͤmmern aus. Verungluͤckte oder verſchlagene Leute ſehen ſich nach ein paar Bret - tern um, wenn ſie ihr altes Vaterland wieder finden wollen. Ein Haus aus alten Werkſtuͤcken komt der Natur am aͤhnſichſten. Die Kentnis der Knochen an einem Gerippe iſt eben ſo noͤthig, als die Kentnis der fleiſchichten und feſten Theile des Koͤrpers. Vielleicht finden ſich nach unſern Tagen Kuͤnſtler, welche uͤber dieſe Gebeine eine ſaubere Haut ziehen. Wir haben uns der vorhandenen Documente nicht weiter bedienet, als es unſere Abſicht, Faͤhigkeit, Kraͤfte und Nebenſtunden zu - gelaſſen. Manche gar beſondere Nachrichten ſind um des lieflaͤndiſchen Leſers willen unumgaͤnglich nothwendig geweſen.

So trocken die alte Hiſtorie an ausfuͤhrlichen Begebenheiten iſt; ſo fruchtbar wird ſie nach der Zeit des Ordens an Feldzuͤgen, Belagerun - gen, Streifereien, Scharmuͤtzeln, beruͤhmten Perſonen und merkwuͤr - digen Veraͤnderungen; nicht als ob es vorher an dergleichen Vorfaͤllen gefehlet, ſondern weil die Moͤnche zu gemaͤchlich und neidiſch geweſen, die haͤufigen Siege der Ordensherren und ihrer Ritterſchaft umſtaͤndlich und ruͤhmlich zu melden. Was auch von Moͤnchsarbeiten noch zu Papier ge - bracht worden, hat nicht immer Gedeihen gehabt. Vermuthlich iſt mancher Aufſatz von dem Orden unterdruͤckt, weil mehrentheils die Geiſt - lichen, als der beleidigte Theil, ihr Unrecht und die erlittenen Bedraͤngniſ - ſe zu lebhaft beklagten. Dazu komt noch, daß die Stadt Riga in den er - ſtern Zeiten wenig mit den Meiſtern zu thun gehabt. Es giengen 130 Jahr vorbey, ehe die Buͤrgerſchaft, der ſchon das ſanfte Regiment des Krumſtabs beſchwerlich fiel, auch noch uͤber dem das harte Joch des Kreuzes, wiewol nicht ohne Murren, auf ſich nahm, und dem Meiſter ſo wol als dem Erzbiſchof huldigen muſte. Daher auch die Zahl der Ordensmeiſter des dreizehnten Jahrhunderts ſo wenig, als ihre Na - men, von unſtreitiger Richtigkeit ſind, auch nicht aus dem Archiv der Stadt hergeſtellet werden koͤnnen.

Der Oberſte unter den Ordensgebietigern hies der Meiſter. Die Hoͤflichkeit der mitlern Zeiten ſetzte das Ehrenwort Herr davor, daher ſie Herrmeiſter Domini Magiſtri, keinesweges aber Heermeiſter, Duces exercitus, genennet worden. Jn dem 16ten Jahrhundert ſagte man auch Vorſtenmeiſter, nachdem Plettenberg die Fuͤrſtenwuͤrde erhalten. Wir haben ſie, um den harten und zweideutigen Ausdruck des Alter - thums zu vermeiden, Ordensmeiſter betiteln wollen. Hochmeiſter, Magiſtri generales, waren allein in Preuſſen zu ſuchen, welche ih -renVorrede. ren Landmeiſter unter ſich hatten, obgleich dieſer letztere Name auch in alten Zeiten dem Meiſter von Liefland beigeleget worden.

Die Eigenſchaften dieſer Helden ſind bey den alten Chronikenſchrei - bern durch die Beinamen eines alten, frommen, tapfern, beſcheidenen, erfahrnen und braven Mannes ausgedruckt. Der Herr Hofrath Schurzfleiſch ſchildert ſie gleichſam, wie ſie vor oder nach der Schlacht ausgeſehen, nachdem ſie gluͤcklich oder ungluͤcklich gefochten. Da dieſe al - gemeine Abbildungen zu ſchwach ſind, die meiſten ihre Rolle ſehr kurz ge - ſpielet, auch ihre Handlungen nicht im Zuſammenhang bekant geworden; ſo hat man lieber keine Charactere beibringen wollen. Geſichtsbildungen entwerfen, oder bey jeder Polizeiverordnung ihre Weisheit, Staatskunſt und Einſicht ruͤhmen, hieſſe in den Verſtand unſerer Leſer ein zu groſſes Mistrauen ſetzen, deren Nachdenken und Urtheil manches uͤberlaſſen werden muͤſſen.

Die Abhandlung dieſer Geſchichte beſtehet aus einer fortlaufenden Erzaͤhlung, die man ohne Anſtos fortleſen kan. Die Urkunden zum Be - weis oder zur Erlaͤuterung ſind in die Anmerkungen gebracht. Aus dieſen iſt manches in den Nebenanmerkungen erklaͤret worden, worin manche Urtheile uͤber unſere Geſchichtſchreiber mit vorkommen. Hier - durch hat dieſes Werk zufaͤlliger Weiſe eine Aehnlichkeit mit dem erſten Theil empfangen. Die wenigen Materien, ſo wider die Ordnung ein - geſtreuet und doch mit einem Sterngen bezeichnet worden, ohnerachtet ſie fuͤglicher in die Anmerkungen ſelbſt gehoͤret haͤtten, ſind Spaͤtlinge, mit welchen man wegen der ohnedem ſchon ſtark beſchriebenen Hand - ſchrift dem Drucker die Arbeit nicht noch verworrener machen durfte.

Die Urkunden der aͤlteſten Zeiten haben den Text lateiniſch, davon man einige, die zum Beweis gehoͤren, der ſtudirenden Jugend wegen beibehalten. Unter den deutſchen ſind wol auſſer einigen buͤrgerlichen Geſetzen die monheimiſchen Briefe an die Stadt Riga 1330 die er - ſten. Sie ſind alle in der platten Sprache abgefaſt, die man in etlichen in die hochdeutſche Mundart uͤberſetzet, doch ſo, daß man die alten Wort - fuͤgungen, ſo viel moͤglich, beibehalten wollen. Es war daher nicht noͤ - tig, denenſelben eine neue Ueberſetzung an die Seite zu ſetzen, wie der Herr Landrath von Ceumern bey dem ſylveſtriſchen Privilegio thun muͤſſen. Einige platteutſche hat man zwar zur Probe mit angebracht; wir bitten aber der Rechtſchreibung wegen um Verzeihung, weil eine ans hochdeutſche gewoͤhnte Hand mit ſolchen Abſchriften ungemein ſchwer zurechte komt. Die hochdeutſchen Urkunden fallen ſchon gelaͤufiger; von welchen der Ordensmeiſter Galen 1553 zu Wenden, Montags nach Catharinen, die erſte niederſchreiben laſſen, da die vorhergehenden von eben dem Jahr noch plattentſch abgefaſſet ſind. Doch unterzeichne - ten die Herren Meiſter die hochdeutſchen Briefſchaften noch platteutſch, als: Goͤddert Kedler, Meiſter, myn Handt, oder: Goͤddert, myn egen Handt.

Bey den Auszuͤgen der Urkunden haben wir auſſer dem Jahr und Tage hauptſaͤchlich auf den jedesmaligen Endzweck, die vornemſten Stuͤcke des Jnhalts, und auf die Zeugen geſehen. Damit aber bey der Menge ſo vieler Namen die oͤftere Wiederholung derſelben in den hintereinander folgenden Documenten kein Misvergnuͤgen erwecke, ſo hat man ſolche lieber weglaſſen, als zehnmal einerley Perſonen namhaft machen wol -clen;Vorrede. len; zumal da dieſe Sorgfalt hoͤchſtens nur zur Ausfuͤrlichkeit der Ge - ſchlechtsregiſter dienen koͤnnen. An einigen Stellen hat man die ſonder - baren feierlichen Ausdrucke, weil ſie was beſonders haben, mit unterlau - fen laſſen. Man erkennet ſie gleich an der Seltſamkeit oder an der ihren Zeiten ganz eigenen Einfalt.

Die angehengten fuͤnf Tabellen haben jede ihre beſondere Vorerinne - rung. Wir wuͤnſchten, die von den Muͤnzen und Sigillen durch Kupfer - ſtiche beleben zu koͤnnen. Was die Muͤnzen betrift, ſo koͤnte man Hof - nung haben, dieſelben durch die geneigte Bemuͤhung eines vornemen Goͤn - ners in Kupfer abgeſtochen zu ſehen, wenn diejenigen, ſo dieſe und mehre - re Arten beſitzen, durch Mittheilung der vorhandenen Stuͤcke dazu be - huͤlflich ſeyn wolten. Wie die Beſitzer dadurch ihres Schatzes nicht be - raubet werden, ſondern ihn in vieler Haͤnden vervielfaͤltiget wieder fin - den; ſo wollen wir alle diejenigen, welche ſolches ſchoͤne Vorhaben zu be - foͤrdern gedenken, hiemit aufs ergebenſte erſuchen, die bey ihnen vorraͤti - gen und hier nicht namhaft gemachten Muͤnzen an uns nach Riga einzu - ſenden; wofuͤr man auſſer der Erlegung des Werths ſich ihnen fuͤr ganz beſonders verpflichtet erkennen wird. Die Altertuͤmer der herrmeiſterli - chen Leichenſteine in der Domkirche zu Wenden, und dieſe Zeugen von der ehemaligen Ordensregierung, ſolten billig bey den Liebhabern oder den noch vorhandenen Familien in ſolchem Werth ſeyn, daß man ſie in natuͤrlichen Abbildungen dem ſo nahen Untergang entzoͤge. Wie vieles lieſſe ſich nicht dagegen an nuͤchternen und uͤbel ausgearbeiteten handſchrift - lichen Aufſaͤtzen erſparen?

GOTT wolle uͤbrigens auch dieſer Arbeit den zur Abſicht gehabten Nutzen in Gnaden angedeihen laſſen, deſſen Schirmwaltung wir un - ſere Leſer empfehlen. Geſchrieben zu Riga den 25ſten April 1753.

Der
[1]

Der erſte Ordensmeiſter der Ritterſchaft Chriſti oder des Schwerdtbruͤderordens in Lieflanda)Liefland, Livonia, heißt beym Ptolemaͤus auch Levonia, und bey einem unge - nanten preußiſchen Chronikenſchreiber Lyvonia. Ein angeſehener Gelehrter die - ſes Landes*)Dis iſt der in der Vorrede zum 6ten Theil der allgemeinen Welthiſtorie S. 38, und in der Vor - rede zum 9ten Theil angefuͤhrte lieflaͤndiſche Gelehrte, welcher einige ſchoͤne Anmerkungen und Beitraͤge zur allgemeinen Welthiſtorie, von den Gegenden unſers Reichs, eingeſandt, nemlich der Rußiſch Kaͤyſerl. Leibarzt und Doctor der Arzneykunſt, Herr Johann Bernhard von Fiſcher, der um das Aufnehmen gruͤndlicher Wiſſenſchaften und um die Befoͤrderung mediciniſcher heilſa - men Anſtalten, in unſerm Reiche ſich wohl verdient gemacht. Er lebt anietzo vor ſich bey Riga, auf ſeinem neu angelegten Hofe Hinterbergen, deſſen Winter - und Sommerluſt er in Verſen be - ſchrieben, und von den Anfangsbuchſtaben ſeines Namens, ſich den In Beruhigung Vnd Friede wohnenden Montan nennet, welchen Namen wir der Kuͤrze wegen beybehalten. Dieſe phyſiea - liſchen und moraliſchen Betrachtungen ſind 1745 zu Riga in 8vo gedruckt, hinten aber des Ver - faſſers Gedanken von dem Urſprunge des Namens der Stadt Riga, und der Provinzen Cur - und Liefland beygefuͤget, die eigentlich hieher gehoͤren. Dieſe kleine Schrift iſt in Leipzig in der Gleditſchiſchen Buchhandlung zu haben. Da wir nur kurz das Stammwort anzeigen ſo, wer - den neugierige Leſer wohl thun, wenn ſie die ganze Abhandlung mit den Beweiſen aus dem Werk - gen ſelbſt in Erwegung ziehen., welcher unter dem Namen Montan verborgen bleiben wollen, ſucht weit - laͤufig zu beweiſen, daß der Name Liefland von dem eſtniſchen und lettiſchen Worte Liv, ein klein Netz, herzuleiten ſey; weil die Liven zu den Venedis gehoͤret, die Ta - citus wie Schnaphaͤne und Raͤuber beſchreibet. Der Landesname Widduſemme, Mittelland, deſſen ſich die Curlaͤnder und Letten bedienen, ſol ſich nach ſeiner Mei - nung auf das feſte Land beziehen, indem es nur etliche Meilen breit an SemgallenAgren -2Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1208a)grenzet, ſondern auf die Lage deſſelben gegen die See, weil es nemlich nicht an der freien Oſtſee, ſondern an einem Mittelwaſſer, nemlich dem lieflaͤndiſchen Meerbuſen, liege, der - gleichen Waſſer die Daͤnen und Hollaͤnder Het Binne-Water zu nennen pflegen. Die Ruſſen nanten in ganz alten Zeiten das Land Livonskaja Semla, anjetzo aber nennen ſie es Lieflandie. Die Wenden*)Diejenigen, welche die Namen der Voͤlker gerne aus Stammwoͤrtern ableiten, ſo ihre Rauberel - en, Ueberfaͤlle und Gewaltthaͤtigkeiten anzeigen, finden in Guagnini rerum Polon. tom. I p. 16 das ſlavoniſche Wort Wenda oder Venda, das einen Fiſcherhamen bedeutet, und vielleicht den Wenden den Namen gegeben. Die Wenden aber in Liefland haben heutiges Tages vor an - dern Letten nicht das geringſte Unterſcheidungszeichen mehr uͤbrig. Daher ſind ſie ohne Zweifel dieſelbe Nation, die ehmals am Fluß Winda in Curland gewohnt, und den die Letten noch Wenda ausſprechen. und Letten, welche die Liven ver - drungen und ehmals von einander unterſchieden waren, haben uns jetzo keine Spur von ihrem vormaligen Unterſchiede uͤbrig gelaſſen. Es kan auch die Sprache dieſer ſlavoni - ſchen Voͤlker nicht ſehr unterſchieden geweſen ſeyn. Was fuͤr einen Commentarius koͤnte nicht ein Sprachkundiger hieruͤber verfertigen? Die Stadt Libau in Curland hat ihren Namen von Leepa, ſo auf curiſch und lettiſch den Lindenbaum bedeutet, den auch die Stadt in Wapen hat. Leepicz nent der Litthauer den beſten Meth, der aus dem von Lindenbluͤten geſamleten Honig gebrauet wird. Das ſchoͤne Leipzig in Sachſen hat von den Linden ſeinen Namen durch die Wenden erhalten. Mit dem Urſprung der Wenden wird Heinrich der Lette geſchwind fertig, vtpote a Wyn - dow repulſi. Es waͤre ja eben ſo kurz von den Liven geſchloſſen, Liui vtpote a Liva repulſi. Liwa iſt der alte Name des Stroms und der Stadt Liebau in Curland. Doch Guagnini tom. II p. 42 fuͤhret terram Liuenſem an, in der Liwo, eine hoͤlzerne Stadt mit einem ſteinern Schloſſe, am Fluß Liwiecz lieget. Zu dem in Leuen - klaus, Zeylers, Hennings, Waiſſels und andrer Schriften befindlichen Namen Eifland iſt es ganz unſchuldig gekommen. Man trift in unſern alten und neuen Do - cumenten kein Eifland an, ſondern der Buchdrucker hat das in einen Zug gebrachte L fuͤr ein E geleſen, weil die erſten Schriftſteller, nach der Einfuͤhrung der Buchdrucke - rey, wegen der Entlegenheit der Druckorte, die Durchſichtigung der Bogen nicht ſelbſt beſorgen koͤnnen, wie denn noch in einigen unſrer Handſchriften das zierliche Anfangs L, wegen des durchgehenden Zuges, als ein E geleſen werden kan**)Leuenclau in Pand. Turcicis tom. I part. III p. 181 nennet Eifland die hochdentſche Ausſpra - che, da hingegen die Sachſen Liefland ſagen. Entfernte Voͤlker verfehlen gemeiniglich des rech - ten Namens, den die Nachbarn oder ſolche Nationen, welche mit einem Lande Handel treiben, richtiger ſchreiben und ausſprechen. So geht es dem Athenienſer Laonicus Chalcocondylas, der in ſeinem 3ten Buche de rebus Turcicis auf ein Land Euphraſtaͤ oder Jnflaſtaͤ komt, deſſen Hauptſtadt er Ycra heiſſet. Es mag nun dieſer Grieche oder ſein Abſchreiber gefelet haben; ſo zeiget doch die Beſchreibung dieſer Seeſtadt, wohin die Deutſchen, Daͤnen, Franzoſen und Engellaͤnder handeln, und die ein ariſtocratiſch Regiment haben ſoll, daß ſie Ryca oder Riga, und das Land Liefland oder Eifland heiſſen muͤſſe, und man alſo nur die Buchſtaben verſetzen duͤrfe. Auf die Art wird man mit den verworrenen Namen auch eher fertig, als wenn man nach der Erklaͤrung des Franzoͤſiſchen Ueberſetzers, es auf die Stadt Nogarden deuten wolte. Chalcocondylas hat mehr ungewoͤhnliche Namen. Die deutſchen Ordensherren heiſſen bey ihm Nazaraͤer, weil ſie weiſſe Maͤntel trugen und Geluͤbde thaten. Leuenclau ſelbſt, der die Einwohner des Landes von den Juden ableitet, iſt vom Herrn Praͤpoſitus Kelch S. 13 gruͤnd - lich widerleget worden. Sein Joͤrru, Joͤrru Maſcolon, welches er von den Bauren ſingen hoͤren, und fuͤr ein Klagelied uͤber Jeruſalem und Damaskus haͤlt, iſt ein ordentlich Schaͤfer - liedgen, nicht aber wie Fabricius meinet, ein Ehrengeſang fuͤr die eſtniſchen Waldgoͤtzen. Wir hatten eine Provinz Jdumaͤa, wir haben noch ein Egypten, ein Bethlehem, ein Engeddi, aber keine Juden in denſelben. Dieſe bibliſchen Namen brauchten die Moͤnche, weil ſie darin eine beſondre Andacht ſetzten.. Wir wiſſen nicht, aus welchen Quellen Herr Franz Neuſtaͤdt***)Der ſelige Herr Franz Neuſtaͤdt oder Nieſtaͤdt, ehmaliger Buͤrgermeiſter in Riga, den ſchon Chytraͤus in Saxonia p. 805 wegen ſeiner ſonderbaren Klugheit, Gelaſſenheit und ſtandhaften Weſens ruͤhmet, hat eine handſchriftliche Nachricht von Liefland hinterlaſſen, die aber wenige Liebhaber vollſtaͤndig, ſondern nur in einem Auszuge, beſitzen. Jn der alten Hiſtorie iſt er andern kurz nachgegangen. Jn der neuern Geſchichte aber, ſonderlich vom Jahr 1558, hat er uns die doͤrptiſchen Veraͤnderungen am ordentlichſten beſchrieben, weil ihm ſein Aufenthalt in dem Hau - ſe ſeines Schwiegervaters, des Herrn Buͤrgermeiſter Meyers in Doͤrpt, vieles entdeckt, was unter dem gemeinen Mann entweder gar nicht, oder mit manchen erdichteten Zuſaͤtzen bekant ge - weſen; daher man auch in der doͤrptiſchen Geſchichte ſich faſt allein an ihn halten mus. Wir werden an gehoͤrigem Orte zeigen, daß Neuſtaͤdt unter den Lieflaͤndern von der rußiſchen Na - tion zuerſt unparteiiſche Begriffe geheget, weil er ſich als ein Kaufmann in Pleskow, Nogar - den und Moskau lange aufgehalten, und die Ruſſen naͤher kennen gelernet. Er ſchrieb ſeine Hiſtorie auf dem Landgute Sonzel, wohin er ſich in einem hohen Alter der Ruhe halber begebenhatte, ſeine ſo gar umſtaͤndlichen Nachrich -ten3Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Vinno. a)ten von der Entdeckung dieſes Landes geſchoͤpfet. Es ſcheinet, daß er zu leichtglaͤubig1208 geweſen, (denn zu eigenen Erdichtungen war er zu aufrichtig,) und ohne genugſame Pruͤ - fung ſich etwas zu weit in den Gebrauch der bremiſchen Scribenten eingelaſſen, die ihrem Vortrag durch genaue, ſonſt aber bey jeder Landeserfindung ſehr gewoͤhnliche Um - ſtaͤnde eine Farbe zu geben gewuſt. Seine Erzehlung laͤuft ohngefehr auf folgendes hinaus: Jm Jahr 1148 wolten die Bremer nach Wisby ſegeln, wurden aber durch einen Sturm aus Nordweſt nach Curland verſchlagen, von da ihnen eine Fiſcher - ſchuͤte den Weg nach der Duͤne zeigte. Als die Wilden ſich uͤber ein vorher nie geſehe - nes Schif ſehr verwunderten, ſetzten die Deutſchen zwey ledige Tonnen, mit Brod und andern Eswaren und Naſchwerk bedecket, ans Ufer, und bewirtheten die Heiden ſo wohl, daß dieſe ihre beſten Waaren herbey brachten, wofuͤr ſie von den Deutſchen unter - ſchiedliche Verehrungen erhielten. Hier beſchreibet Neuſtaͤdt den ganzen Bauerkram, als er ob dabey geweſen, und bezeichnet uns faſt die Minen, mit welchen die Liven den Bremern das deutſche Geld zuruͤck gegeben, weil ſie es nicht gekant, und lieber aus - laͤndiſche Waaren zu tauſchen begehret. Den Tag drauf komt ein armer Betler, wel - cher den Kaufleuten fuͤr ein Meſſer, ein Hutband und ein paar Stecknadeln, etliche Ey - er hinleget, bey vermerktem ungleichen Tauſch aber zwey Grauwerksohren mit kleinen ſilbernen Stiften beſtreuet aus dem Buſen ziehet, welche die Deutſchen begierig an - nemen, um die Muͤnze der Liven kennen zu lernen. Dieſe ſilbernen Buckeln, ſagt Neu - ſtaͤdt, haͤtten die Liven Nagat, die Deutſchen aber, von den Ohren eines Eichhoͤrn - gens, ein Oer geheiſſen. Damit nun dieſe Kaufleute die Sprache der Liven lernen moͤchten, ſo koͤrnten ſie einen jungen Menſchen taͤglich mit Zucker, Feigen und Roſinen, brachten auch deſſen Eltern dahin, daß ſie ihr Kind von 15 Jahren mit nach Bremen reiſen, daſelbſt taufen und die deutſche Sprache lernen lieſſen. Anno 1149 fuͤhrten die Bremen dieſen jungen Liven, als nunmehrigen Dolmetſcher, mit nach Liefland. Un - ter andern Handwerkern befand ſich auch ein Goldſchmidt auf dem Schiffe, uͤber wel - chen ſich die Heiden am meiſten verwunderten. Hier weis Neuſtaͤdt die Schifsla - dung wieder aufs umſtaͤndlichſte. Die Chriſten tractirten vor ihrer zweiten Abreiſe noch 30 Liven, ſchrieben ihre Namen auf, ſchloſſen Vergleiche, und namen viere von dieſen Leuten mit nach Deutſchland. Der bremiſche Erzbiſchof ſchickte endlich 1150 auf Philippi Jacobi den Prieſter Meinhard, ſamt ſeinem Chorſchuͤler, Johann Hartmann, und einem Kuͤſter, Thomas Steger dahin, welche am 24ſten May auf der Duͤne gluͤcklich ankamen. Jm Junius brachten noch 2 andere Schiffe einen Glaſer und Schmidt, mit Weib, Kind und Geſellen mit, die viele Keſſel bey ſich hatten ꝛc. So umſtaͤndlich auch dieſer Bericht des Herrn Buͤrgermeiſter Neuſtaͤdts gera - then, ſo gehet doch die Erdichtung des Dionyſ. Fabricius*)Dionyſius Fabricius, ein catholiſcher Geiſtlicher, ſchrieb in lateiniſcher Sprache ein ſo betiteltes Compendium hiſtoriae von Liefland, ſo noch hie und da in Abſchriften verwahret worden, und gehet bis aufs Jahr 1610. Etwas davon iſt verdeutſcht und an Laur. Muͤllers ſeptentrio - naliſche Hiſtorien als ein Supplement angehaͤngt worden. Es enthaͤlt nichts beſonders, als ei - nige ſeltſame Wunderwerke, z. E. daß man durch geweihetes Salz und Weihwaſſer Kranke ge - ſund gemacht. Unſre Bauren macht er zu erſchrecklichen Hexenmeiſtern, welche durch ihre Zau - berey mitten im Sommer Eis und Schnee hervorbringen, und das junge Rockengras mit den Spitzen ſo zur Erde drehen koͤnnen, daß es wie verworrene Haare gewachſen. Hiaͤrne hat die - ſen Schriftſteller im Anfang ſeiner Hiſtorie faſt von Wort zu Wort uͤberſetzt, weil er die Sitten des Landvolks am natuͤrlichſten zu ſchildern gewuſt. Daß es in dem alten Liefland Hexen die Menge gegeben, wird auſſer andern, durch zwey unverwerfliche Zeugen beſtaͤtiget. Der Supe - rintendent Hr. Mag. Hermann Samſonius ließ 1626 bey Gerhard Schroͤdern in Riga 9 auserleſene und wohlgegruͤndete Hexenpredigten drucken, ſo er in der Domkirche zu Riga gehal - ten, darinne der terminus Magiae nach den logicaliſchen Terminis richtig und kuͤrzlich aus GOt - tes Wort erklaͤret wird. Der Paſtor zu Riga, Hr. Roͤtger Becker, gab eben daſelbſt 1644ſein noch weiter. DieſerA 2Schrift -***)hatte, bis ins Jahr 1604. Wir haben auch von ihm geſchriebene Anmerkungen uͤber D. Lau - rent. Muͤllers ſeptentrionaliſche Hiſtorien, ſo zum erſtenmal in Fol. hernach in 4 gedruckt, und auch ins Schwediſche uͤberſetzt worden. Neuſtaͤdt beſchuldiget Muͤllern der Unwarheit, wenn er, Fol. 6, Pitſchur eine Meile von Pleskow entfernt, da es wol 8 Meilen davon liegt; wenn er Fol. 13 alle Thuͤrme zu Pleskow uͤberguldet, Fol. 14 dem Herzog Magnus die Erbauung des Schloſſes Neuenbaus zuſchreibt; Fol. 15 die Stadt Riga der vergebenen Freiheit beſchul - diget. Fol. 18 macht Neuſtaͤdt die berufene Erzehlung von der Freiheit der Bauren, welche ſie durch den poiniſchen Koͤnig Stephan empfangen ſolten und nicht wolten, zur Fabel, welche Erzehlung dennoch in die Schriften der gelehrteſten Maͤnner eingeſchlichen, und verwirft endlich auf demſelben Blat die Beſchreibung der ganzen undeutſchen Nation. Auch Henning S. 156 uͤber - fuͤhret Muͤllern einer Unrichtigkeit, wenn dieſer nach den Stiftshaͤndeln in Pilten dem Herzog Kettler vorwirft, der Herzog habe durch ſeine Abſchickung die Sequeſtration des Stifts Pilten geſucht oder begehret.4Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1208a)Schriftſteller will Nachricht haben, daß die bremiſchen Kaufleute bey ihrer vierten Ankunft auf der Duͤne den Koͤnig der Liven zu Gaſte geladen, und ihm unter andern Gerichten auch 2 Heringe vorgeſetzt. Der Koͤnig habe die Heringe auf die Nachricht, daß es Seefiſche waͤren, beym Schwanze zu zerlegen angefangen, welches die Deut - ſchen fuͤr ein gluͤckliches Zeichen gehalten; daher die lieflaͤndiſchen Bauern zu ſeiner Zeit noch einen Hering beym Schwanze angefaſſet. Gleich darauf verfaͤlt Fabricius auf die abgedroſchene Fabel von der carthaginienſiſchen Ochſenhaut, fuͤr welche die Deutſchen ſich ein Raͤumgen ausgebeten, und dadurch auf Martinſaare, das iſt auf dem Martinsholm, die erſte Kapelle, unter dem Namen Holme oder Jnſel aufge - bauet haben; welcher letztere Umſtand des Orts vielleicht allein ſeine Richtigkeit hat. Was Saxo Grammaticus lib. IX hiſt. Dan. p. 156, Crantz Dan. l. 2, c. 16, p. 68, Huitfeld in Danmarkis Rigis Kroͤnike part. I p. 14, Bering Flor. Dan. p. 130 und andere, von vier Bruͤdern aus dem Helleſpont melden, die Jarmerich zur See gefangen genommen, und unter denen ein lieflaͤndiſcher Prinz Bico*)Die Stelle beym Saxo erwehnet nicht nur eines koͤnigl. liviſchen Prinzen Bicco, deſſen Nach - kommen Brandis in der zu ſeiner Zeit bekanten bickerſchen Bauerfamilie geſucht, aber ungluͤck - lich gefunden hat; ſondern auch der Liven, welche ſamt den Slaven und Sachſen eine maͤchti - ge Flotte von 7000 Mann verſtaͤrket, ſo daß man fuͤr den ausgeſpanten Segeln den Himmel nicht ſehen koͤnnen. Eine andre Stelle des Saxo im IIXten Buch, fuͤhret der Heldin Hetha Leib - compagnie an, cuius (centuriae) primi fuerunt Grimar ac Grenzle: poſt hos Ger, Liuicus, Hama etc. Allein die daͤniſchen Ueberſetzer haben hierunter ſelbſt keinen Liven verſtanden. Denn gleichwie der aͤltere Dolmetſcher ſich einer andern Leſeart bedienet, und poſt Hosger liuidus durch Hosger den Schwarzen uͤberſetzet; ſo niacht hingegen der juͤngere noch eine Perſon daraus, und giebt es: Nach dieſen kam Ger, Livik, Hama. Die Liven des Adelmi Benedicti, oder nach andern, des Moͤnchs Adamari, deſſen fraͤnkiſche Jahrbuͤcher Marquardus Freherus ge - ſamlet, haben mit unſern Liven eben ſo wenig einige Verwandtſchaft als die, ſo in Eginhards Lebensbeſchreibung Carls des Groſſen vorkommen; weil Sagittarius diſp. de originibus et in - crementis Luneburgi cap. II §. VIII beweiſet, daß man ſtatt der Liuones, die Carl der Groſſe bezwungen haben ſoll, Linones, und fuͤr bellum Liuonicum, Linonicum leſen muͤſſe. Unſre al - ten Liven wohnten um Riga herum, laͤngſt der Duͤne bis Aſcherade, da ſchon Kokenhau - ſen rußiſch war, und erſtreckten ſich nach Lettland zu bis Treyden, und laͤngſt dem rigi - ſchen Meerbuſen nach Eſtland zu bis Salis, wo jetzo noch einige Ueberbleibſel ihrer Nachkom - men vorhanden ſind. am Hofe in groſſen Gnaden geſtanden, hat Menius in ſeinem noch ungedruckten Syntagmate wahrſcheinlich zu machen geſucht. Seiner Meinung nach ſollen die daͤniſchen Schrift - ſteller durch Griechenland, Rußland, durch den Helleſpont, den mit der Lado - gaſee verbundenen finniſchen Meerbuſen, und durch den Orient, alle Daͤnnemark gegen Morgen gelegene Provinzen, als Lief - und Eſtland gemeinet haben, wie denn auch in den Documenten die Oſtſee wuͤrklich Mare orientale genant wird. Fabricius ſetzt den Wohnſitz des liviſchen Koͤnigs, zwiſchen Kirchholm und Uxkuͤl; weil zu ſei - ner Zeit noch eine Bauerfamilie in derſelben Gegend den Namen Koͤnig gefuͤhret; den Koͤnig der Curlaͤnder aber verweiſet er in die Gegend von Grubin, alwo deſſen Nach - koͤmlinge den Herzogen weder gezinſet noch gearbeitet, ſondern nur zum Kriege ein Reuterpferd unterhalten. Die liviſchen Prinzeßinnen, ſchreibt er, haͤtten zum Zeug - niß ihrer koͤniglichen Herkunft, Kronen von meßingenem Blech, die gemeinen Maͤdgen aber nur gewundene Kraͤnze von gefaͤrbten Pferdehaaren getragen. Allein wie vorer - wehnte Bauren ihren Namen, Vorzug und Freiheit aus viel neuern Urſachen herzu - leiten haben, ſo bemerkt ſchon Herr Thomas Hiaͤrne, daß das Bisgen Flittergold in einem baͤuriſchen Hauptſchmuck ſo wenig als die Korallen ein koͤnigliches Gebluͤt anzei - ge, indem ſonſt ſo viel Koͤnigstoͤchter als Bauerdirnen in Liefland ſeyn muͤſten. Ueberhaupt iſt in der Benennung des| Baueradels und der Bauerkoͤnige etwas ſehr un - foͤrmliches; zumal da man nunmehro mit Gewisheit weiß, daß die maͤchtigſten von dieſer Nation ſich mit dem bloſſen Titel eines Elteſten beholfen. Eine der allerverwe - genſten und ungegruͤndeteſten Muthmaſſungen aber iſt die, daß ein gewiſſer ungenanter Verfaſſer vornehme und alte deutſche Geſchlechter, deren Zuname ſich mit kuͤl endi - get, aus ſolchen Familien herleitet, welche den alten liviſchen Adel auch nach einge - fuͤhrtem Chriſtenthum beybehalten. Daß inzwiſchen den Herren Bremern die Ehre der Entdeckung von Liefland gebuͤhre, ſolches berichten faſt alle Scribenten, denen wir noch Heinrich Wolters Zeugniß aus der bremiſchen Chronik beym Jahre 1159,in*)ſein Linteum exorciſticum oder Banntuch in Druck, welches 5 Predigten von der Zaubereyſuͤn - de enthaͤlt. Wir lernen aus dieſen Schriften fuͤr uns, daß Felliu die vornehmſte unter den 9 gemauerten Staͤdten in Liefland geweſen, davon ſchon damals keine Truͤmmer mehr vor - handen waren. Zu Thomaſii Zeiten hoͤrten die Schriften wider die Hexen auf, und iſt auch ſeit der Zeit keine mehr in Liefland verbrant worden.5Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. a)in des juͤngern Meiboms Samlung deutſcher Geſchichtſchreiber beifuͤgen, welcher1208 als einen Beweis davon anfuͤhret, daß die Bremer in Liefland gleich Leuten von ritterlichem Stande weiſſe Ordensmaͤntel tragen duͤrfen, und der Stadt Bremen in dem Gebete der Bruͤder namentlich ſey gedacht worden, dergleichen keiner andern Stadt wiederfahren. Die haͤufigen Marienbilder ſelbſt auf den Muͤnzen, und die Schluͤſſel bey dem Wapen der Stadt Riga beweiſen ein gleiches*)Es folget nicht, daß die Entdeckung von Liefland deswegen an einem Sonnabend geſchehen ſey, weil das Land der heil. Jungfrau Maria gewidmet worden, und ihr dieſer Tag geweihet war. Es komt viel natuͤrlicher heraus, wenn man annimt, daß die erſten Coloniſten das Wapen des Erzſtifts Bremen deswegen beybehalten, damit ſie ſich ihres Vaterlandes dabey erinnern moͤch - ten. Die Marienbilder ſind noch haͤufig in Liefland vorhanden. Auf der Gildenſtube hat der naͤchſte Nachfolger im Elteſtenamte blos ſeine Auctoritaͤt zu reden, wenn er unter dem Bilde der heil. Jungfrau oder der Docke ſtehet, davon er auch der Dockmann heiſſet. Jn der ſpaniſchen Hiſtoria de nueſtra Sennora de Guadalupe kommen eben dergleichen uͤbertriebene Lobeserhebun - gen von der Maria vor, wie ſie Heinrich der Lette im erſten Theil S. 169, § 2 anbringet... Vinnob)Dieſer Ordensmeiſter wird von etlichen Vinne, vom Herrn Paſtor und nachmaligen Praͤpoſitus Kelch, Winand von Rohrbach, von Strubyczen**)Matthias Strubycz, ein Lieflaͤnder und koͤnigl. polniſcher Secretair, brachte 1577 einen gar nuͤchternen Aufſatz zu Papier unter dem Titel: Breuis atque accurata Liuoniae ducatus de - ſcriptio hiſtorico-geographica, und widmete ihn in einer eigenen Zuſchrift dem Koͤnig Ste - phanus. Herr Mag. Diez ließ dieſes Werkgen von 4 Bogen zu Amſterdam 1727 drucken, und eignete es dem ſachſenherzoglichen Rath Hrn. Joh. Mich. Langguth zu. So klein die - ſe Schrift iſt, ſo vol iſt ſie von Fehlern in den Namen der Perſonen, Oerter, Fluͤſſe, in der Zeitrechnung und der Landesbeſchreibung. Eine Probe von ſeiner ſaubern Chronologie mag uns die 9te Seite geben, wo es heiſſet: Nach Alberts Tode, der 3 Jahr regieret, kam Nicolaus, welcher 22 Jahr Biſchof war, und ſtarb 1242. Albert der andre regierte 30 Jahr, und ſtarb 1282. Johannes von Luͤnen ſtarb 1289 und regierte 13 Jahr. Johannes der andere ſtarb nach 9 jaͤhrigem Regiment 1294. Wie muß hier der Verfaſſer gezehlet haben? Daß es keine Druckfehler ſeyn, bezeugen die mit Buchſtaben uͤberall ausgedruckten Jahre. Die Acta boruſſi - ca eccleſiaſtica, ciuilia et litteraria haben dieſer unbrauchbaren Geſchichte die Ehre gethan, und ſie in dem 5ten Stuͤck des 3ten Bandes von neuen mit allen Unrichtigkeiten abgedruckt, ohne die groben Schnitzer auch nur in einer Note anzuzeigen. Doch laͤſt ſich unter vielen Nieten noch dann und wann ein Treffer greiffen. gar Weimar ge - nant. Peter von Duisburg laͤßt ihn aus, und ſelbſt Arnold von Luͤbeck l. 8, c. 9 gibt deſſen Namen nicht einmal an. Vinno, an ſtatt Vinhold, iſt ein alter ſaͤchſi - ſcher Rittername. So ward ein gewiſſer Vinno, Abt zu Helmwardhauſen zu Kayſer Conrads des 2ten Zeiten 1033 nach dem heil. Grabe geſchickt. Es iſt aber auch nach unſern Documenten ein buͤrgerlicher Vorname. Die ſeiner Regierung mehr Jahre und Thaten unrichtig beylegen, brechen ſie ſeinem Nachfolger Volquin ab. Waiſſel und eine alte Ordenschronik ſetzen ſonſt die Stiftung dieſes Ordens in die Zeit, da Alexander der dritte den paͤpſtlichen Stul bekleidet, welches mit der Zeit - rechnung unmoͤglich beſtehen kan. Hartknoch, in ſeinen Anmerkungen uͤber den Duisburg S. 115 getrauet ſich nicht es auszumachen. Jnnocentius der IIIte ſoll im 16ten Jahr ſeiner Wuͤrde, welches das 1213 Jahr nach C. G. waͤre, an ihn geſchrieben haben, doch iſt der Name des Ordensmeiſters nicht genennet. Es bemerket aber Bernhard Juſtinian in ſeiner italiaͤniſchen Geſchichte der Ritterorden S. 568, daß das paͤpſtliche Breve beym Franciſcus Bosquet l. IV, reg. XVI, ep. 123 und beim Steph. Baluze lib. XVI in der Jahrzahl einen Druckfehler habe. Gewiſſer iſt das Schreiben beſagten Papſtes von 1210 an den folgenden Ordensmeiſter Wolcuin, das ſich in denen Briefſchaften Jnnocentii des IIIten, lib. XIII, ep. 141, p. 479 befindet, woraus die kurze Dauer der Regierung dieſes Vinno zugleich erhellet..

Er war der erſte Grosmeiſter des vom Biſchof Albert in die -1201 ſem Jahre geſtifteten Ordens der Schwerdtbruͤder. Sei - ne Herkunft, Thaten und Regierung ſind von den Ge - ſchichtſchreibern, der damaligen Schwaͤche dieſes neuen Or - dens wegen, in wenige oder gar keine Betrachtung gekommen. Die Geſchichte ſeiner Ordensbruͤder, die er als ein tapfrer Vorgaͤnger angefuͤhret, und ſeinen gewaltſamen Tod haben wir unter dieſen Jah - ren im erſten Theil dieſer Chronik zu ſuchenc)Da der lundiſche Erzbiſchof Andreas und der Biſchof von Schleswig, Nico - laus, den Winter 1206 zu Riga mit aſcetiſchen Uebungen zubrachten, ſo haben unſere Verfaſſer, Herr Kelch und Menius***)Friedrich Menius ein Pommer, ehemaliger Prediger und nachmaliger Profeſſor der Geſchichte und Alterthuͤmer in Doͤrpt, ein Mann von groſſer Arbeitſamkeit, aber wunderlichen Einfaͤllen, erwehnet im hiſtoriſchen Prodromus S. I ſeiner bey Gerhard Schroͤder zu Riga 1630 gedruck - ten Jntrada, welche nur eine vorlaͤufige Ankuͤndigung ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland ent - haͤlt. Sie iſt von ihm zu Riga, da er noch Paſtor der Kirchen zu Neuermuͤhlen, Duͤne - muͤnde, Czernichow und Rodenpois war, in einer etwas ſtachlichten Schreibart aufgeſetzet, die er hier und da mit des Traianus Boccalini Relation vom Parnas noch beiſſender gemacht. Weil dieſe kleine Schrift von etwan 4 Bogen bey uns faſt unſichtbar geworden, ſo wollen wir unſern Leſern den Entwurf ſeiner Univerſalhiſtorie aus einer Abſchrift vorlegen, damit ſie urthei - len koͤnnen, ob Menius mit manchen nichtsbedeutenden Kleinigkeiten, ſeltſamen Gedanken,aber - entweder den Aufenthalt dieſer Praͤlaten mitBder6Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1208c)der Ankunft des in Liefland ſo beliebten Biſchofs von Modena, Wilhelms, in der Geſchichte verwechſelt; oder es muß die Urkunde dieſes paͤpſtlichen Geſandten, welche eine Landeseintheilung von 21 Artikeln enthalten ſol, in das Jahr 1226 fallen. Denn.

***)aberglaͤubiſchen Meinungen und offenbaren Unrichtigkeiten ſeine groſſen Verſprechungen zu erfuͤl - len im Stande geweſen, oder nicht.

Der Anfang dieſes weitlaͤufigen Werks ſol mit der Cosmographie geſchehen, und die Polhoͤhe, das Clima, die Zone und Tages - und Nachtlaͤnge in Winter und Sommer bezeichnen. Hier - auf folget die Aſtronomie, unter welchen Zeichen und Planeten Liefland liege, um welche Stunde und Minute Sonne und Mond aufgehe, und welches Zeichen alle Augenblicke uͤber jedem Orte ſtehe. Die geographiſche Abhandlung ſol uns das feſte Land, die Jnſeln, die Seen, Haͤfen, Fluͤſſe, Stroͤme, Edelhoͤfe, Kreiſe, Schloͤſſer, Staͤdte, Kirchen, freien Paͤſſe, Handel und Wan - del, Wege und Stege, Wirthshaͤuſer und Herbergen, und wer weis was ſonſt noch, und zwar nach der Reihe, entdecken. Jn der Topographie wird die Lage des Orts, die Beſchaffenheit der Grenzprovinzen, wie auch das beſondere jedes Kreiſes vorgetragen. Die pragmatiſche Be - ſchreibung erſtrecket ſich erſtlich auf den Feldbau, und handelt von den 4 Jahreszeiten, den ge - meinſten Winden, der Luft, Natur der Erde, Fruchtbarkeit der Felder, von Heuſchlaͤgen, Gaͤr - ten, Holzungen, Obſtbaͤumen, Wurzeln, Blumen, Bergen, Erzten, Brunnen, Baͤchen, Fi - ſchen, Gewaͤſſern, zahmen und wilden Thieren, Voͤgeln, Gewuͤrmen, Alterthuͤmern, Ueber - flus und Mangel des Landes; zum andern auf die Schiffart, ob ein Waſſer ſalzig oder ſuͤs ſey, wo Grundſand, Reffe, blinde Klippen liegen, ob kleine oder groſſe Schiffe zu gebrauchen ſeyn; drittens, auf die Policey, da die Menge der Einwohner, ihre verſchiedenen Sprachen, Haus - haltungsart, Kleidertracht, Gemuͤthsart, Nahrung, Gewerbe, Jahrmaͤrkte, Muͤnzen, Maas, Gewichte, Regierungsform, Richter, Privilegien, Zoll, Tribut, Tapferkeit, Gaſte - reien, Hochzeit - und Begraͤbnisceremonien beſchrieben werden; und viertens auf die Kirchenſa - chen, die Schulen und Lehrer im Lande, auf die vorige und jetzige Religion, die gottesdienſtli - chen Gebraͤuche, auf die Prediger, auf deren Beſoldung, auf die Conſiſtoria und das Miniſte - rium. Endlich macht die Abhandlung vom Alterthum des Landes, von den Geſchichtſchreibern, den erſten Stiftern, dem Erbauungsjahr und Namendeutung jedes Ortes, den Wapen, erſten Einwohnern, Urſprung der Geſchlechter, den obrigkeitlichen Perſonen, beruͤhmten Maͤnnern und vielen andern Merkwuͤrdigkeiten den Beſchlus. Dieſes alles ſolte den erſten Band aus - machen.

Jm andern Theile folget die ordentliche Geſchichte in 3 Buͤchern, nemlich 1) von den Zeiten der Ordensherren, 2) von der ſchwediſchen und polniſchen Regierung zugleich, und 3) von dem ſchwediſchen Regiment alleine. Dabey verſpricht der Verfaſſer alle Misgeburten, Wun - derzeichen, Kaͤlte und Hitze, Feuer, Blitz, Brand, Ungewitter, Hagel, Erdbeben, Waſſers - noth, theure Zeit, Ungeziefer, Peſt, Sterben, Krieg, Friede, Tumult und hundert andre ent - ſetzliche Begebenheiten nicht zu vergeſſen.

Vom erſten Theile, glaubt Menius, wuͤrden die Herren Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker und alle Hausvaͤter auſſerordentlichen Nutzen haben, wenn ſie die Polhoͤhe, die Tages - und Nachtlaͤnge, der Sonnen Auf - und Untergang, den Grad der Sonne, des Mondes, und der Planeten aus der von GOtt verordneten geheimen Naturkunſt verſtuͤnden. Kraͤuter ſamlen, Arzneyen gebrauchen, Waſſer diſtilliren, durch Charactere heilen und Schaͤtze graben, alles dieſes wuͤrde weit beſſer gehen, wenn dieſes Werk ans Licht treten ſolte.

Bey Gelegenheit der Bergwerke berichtet der Verfaſſer, daß man den Duͤneſtrom hinauf, Eiſen, Kupfer, Wismuth, und Galmey gegraben, welches aber der Krieg unterbrochen; daß er ſelbſt aus dem kleinern Bache in ſeinem Kirchenſprengel reine, klare und groſſe Perlen ſamlen ſehen, auch davon einige beſitze, dergleichen Perlenfiſcherey an manchen Orten in Lief - und Eſtland angetroffen werde; die meiſten aber fallen ſehr unreif.

Jn Unterſuchung der alten Geſchlechtsnamen ſcheinet Menius einen Fehlſchus |zu thun, wenn er hieſigen Familien unvermuthete auswaͤrtige Erbſchaften zeigen will, und die Herren von Koß - kuͤl, vermuthlich von dem Worte Kooſt, ſo nach der oeſelſchen Mundart einen Loͤffel bedeutet, zu Herren von Loͤffelsdorf machet; da doch der Name ſolcher Gegenden von Koſk, einem Waſ - ſerfall oder Damm herzuleiten, von deſſen Laͤnge oder Hoͤhe die Bauren gar viele Oerter in Eſt - Finn - und Jngermannland benennet haben. Etwas gluͤcklicher gehet es doch den Herrn v. Uxkuͤl, die er nach ſeiner etymologiſchen Kunſt bis auf einen Buchſtaben getroffen und ſie Her - ren v. Eindorff nennet, da ſie doch v. Meindorf heiſſen, welcher Name richtig aus Nieder - ſachſen und nicht aus Uxkuͤl herzuholen war.

Weiter raͤth dieſer Verfaſſer, daß man die Jahre und Zeiten am Himmel, Erde, Menſchen und Vieh, Hitze, Kaͤlte und Miswachs in genaue Obacht nehmen und die darauf erfolgten Ver - aͤnderungen in den 3 Hauptſtaͤnden bemerken ſolle; weil ſeiner Meinung nach dieſe vorgemeldete Wunderzeichen die nuͤzlichſten Lehrmeiſter auf die kuͤnftigen Begebenheiten abgeben.

Hierauf beweiſet er die Unzulaͤnglichkeit der ruſſowiſchen Chronick, und beſchuldiget den cur - laͤndiſchen Rath, Salomon Henningen, einer unfoͤrmlichen Ordnung, daß er keine weitere Nach - richten, als aus ſeines Vaters Archiv beſeſſen, den Wohlſtand der Hiſtorie bey Seite geſetzt und mehr um Einſchiebung ſeines Adelbriefes, als noͤthige Nachrichten bekuͤmmert geweſen, dafuͤr er ihm aus dem Boccalini eine derbe Lection lieſet, und verſpricht aus ſeiner eigenen Feder am Ende ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland eine unpartheiiſche Critik uͤber unſre Schriftſteller zu liefern.

Nachher begegnet er dem Einwurfe, als verſtuͤnde ein Prediger, wie Ruſſow und er, keine Geſchichte abzufaſſen; zeiget aber, daß die bisherigen Staatsleute, die von Liefland ſchreiben wollen, eben auch nicht ſonderlich Mazariniſch gedacht, noch gar zu politiſch geſchrieben haben.

Zu -
***)7Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Der groſſe Biſchof Albert ſparte keine Klugheit, die neue Republik in Flor1208 zu bringen, und das wichtige Werk der Heidenbekehrung zu erleichtern. Er ſorgte zuerſt fuͤr die Schiffart, um viele Buͤrger nach Riga zu ziehen; ſo wie er bisher der Ritterſchaft und der Cleriſey viele Freiheiten zugeſtanden. Um die neue Stadt volkreicher zu machen, und ſie mit allen Beduͤrfniſſen zu verſehen, findet ſich folgende Verordnung von ihm (dabey aber ſowol der lateiniſchen Ur - ſchrift als der altdeutſchen Ueberſetzung die Jahrzahl fehlet): Alle Kaufleute, ſonderlich die gothlaͤndiſchen (Gutlenſes) beſchiffen die Duͤne Zolfrey. Al - le Hafen in Liefland werden zu Freyhafen erklaͤret. Kein Buͤrger oder Deut - ſcher traͤget das gluͤende Eiſen, oder hat noͤthig ſich in einen Zweikampf einzulaſ - ſen. Die ſchifbruͤchigen Guͤter darf niemand ihnen abnehmen. Keine Gil - de (Gilda) darf ohne biſchoͤfl. Auctoritaͤt angeleget werden. Vier und eine halbe Mark an Denarien machen eine gothlaͤndiſche Mark Silber aus. Zwey Oer davon bekomt der Muͤnzer. So viel ſollen auch die rigiſchen Pfennige (dena - rii) gelten, und an Gewichte, doch nicht an Geſtalt, den gothlaͤndiſchen gleich ſeyn. Ein Todtſchlaͤger erleget ohne Unterſchied 40 Mark an Denarien. Dieſe Ordnung iſt von dem Biſchof Bartholomaͤus zu Paderborn, dem Biſchof Peter zu Ratzeburg, Bruder Bernhard Graf von der Lippe, Heinrich Graf von Pleſſe, Alexander von Luͤneborch, Daniel dem Prieſter, Ru - dolph Lange (Longus), Philip Joh. Travemann, Weſſel Born - ſchatte, Engelbert Enervorn und andern mehr unterſiegelt.

Denn die zwiſchen der Geiſtlichkeit und den Rittern obwaltenden Grenzſtreitigkeiten legte Jnnocentius der IIIte ſelbſt bey, wie ſeine Briefe bezeugen, worin kein Biſchof von Modena ſtehet. Honorius der IIIte aber ſandte zuerſt dieſen brauchbaren Mann ums Jahr 1224 nach Liefland, wie die paͤpſtlichen und andere Schriftſteller auf das einmuͤthigſte berichten.
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***)Zuletzt werden die Herren Gelehrten unter langen Ehrentiteln erſuchet, aus einem Verzeichniß von 66 Buͤchern, welche dem Verfaſſer fehlen, die vorhandenen geneigt einzuſenden. Da nun Menius zur Ausfuͤhrung eines ſo weitlaͤufigen Werks, noch erſt das ganze Land durchzureiſen geſonnen war, ſelbige Reiſe aber, der dazu erforderlichen betraͤchtlichen Unkoſten wegen, nicht zu Stande gekommen; ſo kan die groͤſſere Hiſtorie dieſes muͤhſamen und recht eigenen Mannes, auf deren Abſchrift ſich einige beziehen, unmoͤglich alle Stuͤcke dieſer Jntrada, ſon - dern vielleicht nur die Ausfuͤhrung einzelner Materien, oder auch die Samlung der lieflaͤndi - ſchen Rechte enthalten; wovon uns deſſen 1633 zu Doͤrpt herausgegebener Prodromus vorlaͤu - fig benachrichtiget, den aber der Herr Vicepraͤſident von Brevern mit Recht einen Prodro - mum vieler Pralereien zu nennen pflegte. Sein Lebenswandel erhellet aus dem beim damaligen doͤrptiſchen Hofgerichte am 19ten Febr. 1638 gefaͤlletem Urtheil, darinne er in puncto atrocis diffamationis gegen des Prieſters Caſpar Pegius nachgelaſſene Witwe, eine geborne Chriſtina Pauli, in die Reichsacht und als ein in ſchwediſchen Reichen banniſirter Vogelfrey erklaͤret wird. Ja ein Jahr vorher, ward er von dem Oberfiſcal wegen begangenen criminis bigamiae belanget. Von ſeinen beſondern| Meinungen in der Religion, die er, unter dem ſymboliſchen Namen Sa - lomon Majus, mit alchymiſtiſchen Erklaͤrungen der 3 erſten Kapitel Moſis, in dem Tractat: Conſenſus Hermetico-Moſaicus entdecket, weswegen er den 11ten April 1645 vor dem ſtockhol - miſchen Conſiſtorio verhoͤret und nach gethanem Wiederruf abgeſetzet worden, |iſt Nettelbladts 5tes Stuͤck der ſchwediſchen Bibliotheck S. 125 nachzuſehen. Jm Jahr darauf ſchrieb er eine Nachricht von ſeinen verlornen Sachen, durch deren Verluſt ohne Zweifel ſein unter Haͤnden habendes hiſtoriſches Werk den groͤſten Stos bekommen, welches Verzeichnis man vielleicht kuͤnf - tig dem Leſer mittheilen wird, weil es noch in der Handſchrift verdeckt liegt. Witte in diario biographico meldet, daß er zuletzt Verwalter der Kupferbergwerke in Schwe - den geworden, wozu ihn die Achtung fuͤr die Chymie vielleicht befoͤrdert hat. Er hat Diatribam criticam de maris Balthici nominibus et oſtiis herausgegeben, ingleichen in deutſcher Sprache eine Probe von der letzten Zeit und dem juͤngſten Gerichte wieder Joh. Doͤling. Er gab auch relationem de inauguratione Academiae Guſtauianae Dorpatenſis die 15 Octobr. 1632 facta in Druck. Sein Ende faͤllt in den September des 1659ſten Jahrs.

B 2Der8Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,

Der zweite Ordensmeiſter der Schwerdtbruͤder in Liefland, Volquina)Volquin heiſt beim Strubicz Andreas, beim Kelch hingegen Schenke von Winter - ſtaͤdt, ſeinem Herkommen nach ein Schwabe. Spangenberg laͤſt dieſen Ordens - meiſter gar weg. Andreas Mendo im Buche von Ritterorden q. 2 §. 14 nent ihn unrich - tig den erſten. Pfeffinger in Inſtitution. p. I, l. 1, tit. 21 und Horner verwirren die Per - ſonen noch wunderlicher und ſetzen den letzten zuerſt. Beſiehe Schurzfleiſchen S. 187..

1208
23

Ein in ſeinen Unternehmungen gluͤcklicher Herr, weil er die im Kriege ſo noͤthige Beobachtung des rechten Zeitpunkts niemals aus der Acht lies. Seine Reiſe nach Rom der Theilung Lief - und Lettlands halber, ſein Widerſtand gegen die Litthauer, ſein doppelter Einfal in Harrien, ſein Feldzug nach Jerwen, ſei - ne Streitigkeiten wegen Eſtland, die Verjagung der Eſten aus den lettiſchen Grenzen, ſein bey Winterszeit unternommener Feldzug uͤber das Eis nach Oeſel, und mehrere Umſtaͤnde von ihm befinden ſich ſchon in unſerm erſten Theile.

1211
23

Nachdem der Biſchof Albert allen Buͤrgern ſeiner neuen Stadt Riga die Plaͤtze zu ihren Haͤuſern angewieſen, und ſich einen neuen Platz zur Domkirche gewaͤlet, ſo gieng er am Tage des Apoſtels Jacobi in voͤlligem Ornat, mit den Reliquien, Kreutzen, und der geſamten Proceßion der Geiſtlichen und Laien auſ - ſerhalb der Stadtmauer hinaus, und weihete den Raum, wo die Liven wohn - ten, zur Anlage eines Kloſters und der Kapitelshaͤuſer zur Ehre der heil. Jung - frau und zum Dienſt der Domkirche ein; zu welchem Platz alles gehoͤrte, was zwiſchen der Mauer, der Duͤne und dem Graben lag. Die daſelbſt ſtehenden Haͤuſer der Deutſchen und Liven kaufte er an ſich, oder wies ihnen andre Woh - nungen an und legte einen ſchweren Fluch auf die, ſo dem Kapitel dieſen Platz ſtreitig machen wuͤrden. Die deshalb ausgefertigte Urkunde iſt vom 25ſten Jul. unterzeichnet*)Hieraus folget, daß der Brand, welcher im erſten Theile 1213 erſt angegeben wird, ſchon die er - ſte Domkirche innerhalb den Stadtmauren ruiniret habe. Siehe unten die Note beym Jahre 1547..

1214
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Zur Zeit der Meiſterſchaft dieſes Volquins, wolte der Biſchof Philip von Ratzeburg mit dem eſtlaͤndiſchen Biſchof Dietrich die Kirchenverſam - lung zu Rom beſuchen. Sie ſegelten beide von Riga ab, kamen aber auf Oeſel in Gefahr, woraus ſie durch Vorſchub ihres Schiffersb)Wir nehmen dieſe Stelle aus dem erſten Theil deswegen mit, damit wir die neuere Muthmaſſung des Herrn Grubers**)Der ſelige geh. Juſtizrath und koͤnigl. Hiſtoriographus, Herr Gruber, hat ſich die Muͤhe gefal - len laſſen, in einem lateiniſchen ſehr verbindlichen Briefe vom 3ten Nov. 1747 einige Anmer - kungen und Verbeſſerungen ſeiner lieflaͤndiſchen Chronik auf unſre Bitte einzuſenden. Die Be - ſitzer des lateiniſchen Exemplars werden nicht ungerne ſehen, wenn ſie nach dem Sinn des Herrn Grubers, einige Stellen darinne aͤndern oder verbeſſern koͤnnen. Wir wollen ſie nach der Ordnung mittheilen: Correctiones et dilucidationes chronici latini. Pag. 1 Raab et Babylonis. Pſalm. 87 v. 4. pag. 8 r) Sunt verba Sulpicii Seueri ad Baſſulam ſocrum de obitu beati Martini. p. 13 h) pro videntes lege vident. p. 15 a) Parentum vocabu - lo pro conſanguineis primus vſus eſt Curtius VI 10. 30, et poſt eum hiſtoriae Auguſtae ſcri - ptores paſſim. Virum parentatum Suetonius in Othon. c. I dixit multarum et magnarum propinquitatum. p. 20 a) adde teſtimonium Wolteri apud Meibom. t. 2, p. 55, p. 23 d) lege: exurunt. p. 26 lin. 27 pro videtur lege vident. p. 28 c) lege: adueniens aduehensque cibaria. p. 29 lin. 4 leg. mouent, lin. 7 nomine, ſupple: ſubſtitit ante portam b) lege vicerimus p. 30 d) lege Iuuenis, deleto quem, p. 32 lin. 16 in ſe, lege, inter ſe. p. 35 lin. 16 proquam, auf die ihn Arnold von Luͤbek l. 6, c. 20,n. 1 errettet wurden. Doch9Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. Doch konte Philip Rom ſelbſt nicht erreichen, ſondern ſtarb unterweges zu1214 Veronac)Dieſes Verona will Herr Gruber ganz und gar nicht gelten laſſen. Seine Worte in dem Briefe lauten ſo: Veronia aeque incognita eſt atque Neronia. Neque enim Vironia Wirland eſſe poteſt, multo minus Verona Venetorum. Jch wuͤnſchte hiebey, dieſer gelehrte Geſchichtkundige haͤtte nur die geringſte Urſach angegeben, warum das dem Zuſammenhang ſo gemaͤſſe Verona nicht angenommen werden koͤnne, zumal da bekant ge - nug iſt, daß die Moͤnche, oder ihre Abſchreiber, mit der Endigung a oder ia in der Erdbe - ſchreibung der mitlern Zeiten nicht allzugewiſſenhaft umgegangen. Jndeſſen hat dieſer Einwurf mich begierig gemacht dreierley Handſchriften nachzuſchlagen. Die eine iſt von dem etwas weitlaͤuftig gerathenen Auszuge des Hrn. David Werners, unter der Aufſchrift: Anales antiqui Liuoniae, welchen bisher viele fuͤr den wahren Text Hein - richs des Letten gehalten, und ſich daher um das groͤſſere Werk nicht bekuͤmmert. Weil dieſer Auszug ſich in vielen Abſchriften verbreitet, ſo ſind wir gleichfals durch die Aufſchrift verleitet worden, in der Vorrede des erſten Theils zu glauben, daß der Haupttext, wie ihn Herr Gruber herausgegeben, ſo gar ſelten nicht ſey; wovon wir doch nachher das Gegentheil erfahren, und ihn unter den Samlungen unſerer beruͤhm - teſten Liebhaber gar nicht, oder mit vieler Muͤhe antreffen koͤnnen. Jn dieſem Auszu - ge meldet Werner, daß der Grundtext oder das wahre Original von Heinrichs des Letten Chronik, in dem koͤnigl. ſchwediſchen Archiv zu Stockholm verwahret wer - de, und Philip von Ratzeburg in einem Kloſter auf Gothland begraben liege, deſ - ſen Namen er uns verſcheiget; ob ich ſchon nicht einſehe, was die Alpen bey Gothland vorſtellen ſollen, wo keine hohe Gebirge zum Vorſchein kommen. Die andre Hand - ſchrift hat die wittiſche Feder von einem Exemplar der ſchoͤnen Bibliothek des Herrn Johann Axel, Grafens von Oxenſtierna genommen, welches mit der hannoͤveri - ſchen Abſchrift auch in Kleinigkeiten uͤbereinkomt, und ebenfals Neronia und Neronien - ſis beibehalten. Dieſes alles vermehrte meinen Zweifel, der ſich auch aus der zu Ba - ſel 1573 in 12 gedruckten Nauigatio maris Arctoi i. e. Balthici et Sinus Codani de -ſcri -.

CEſt -
b)n. 1 geholfen, anbringen koͤnnen, nach welcher er, ſtatt des im Lateiniſchen befindli - chen Worts Stucuanta, lieber Sarcianta leſen wil. Die Handſchriften, von denen wir gleich ein mehreres ſagen wollen, behalten dieſes ungerathene Wort, deſſen Anfang aber nicht mit St ſondern Sl geſchrieben wird, wie auch meine vorige revelſche Handſchrift hatte. Der eine Text erklaͤrte es in einer Randgloſſe: Sluckhuarda noſter, gleichſam, unſer Kellermeiſter, davon ein guter Schlucker herkommen ſoll. Die andre Abſchrift liefert uns ein Wort mit alten verzogenen Muͤnchszuͤgen, die uns keinen Zweifel uͤbrig laſſen, daß nicht im Grundtext: Et ait Albertus Sluk. nauta noſter, geſtanden, wie Huit - feld einen Rubert von Sluk, ehemaligen Beſitzer der Doͤrfer Obwald, Ruts und Sammitkertel im Revelſchen, unterm Jahre 1249 p. 221 anfuͤhret. Ein Minori - tenbruder Namens Albert Sluck, erſcheinet in den Friedenstractaten mit den Lit - thauern von 1323.
b)

**)quam ocyus, lege, quantocyus p. 37 lin. 14 pro dilatauerunt leg. dilaniauerunt; lin. 33 lege: ubi cum plurimum profeciſſet, p. 39 lin. 2 tantorum i. e. tot hominum, phraſi Tertulliano familiari. h) ad exemplum Vincentii Bellovac. ſpec. hiſtor. lib. 31 c. 83, 84, Cogones Colo - nienſium: cogones, galeae, etc. p. 76 h) lege omen et eiice, ſenſum; p. 81 n) promtualibus leg. pro victualibus vt n. I; p. 97 c) Papp Eſtonibus, Pop Slauis eſt ſacerdos teſte Io. Herbi - nio de eryptis Kiov. c. 14, 8 p. 101 a) Chronicon Kiouienſe ſiue Theodoſii ſiue Neſtoris ante omnia conſulendum; p. 160 b) Alphonſi verum nomen Raphael Sauanarola, p. 182 lin. 29 leg. vitia, dans. Jn der deutſchen Ueberſetzung entdecket der Herr geh. Juſtizrath uns fol - gende wirkliche Fehler: S. 19 f) ſollen Inſcriptiones facti die Protokolle heiſſen. S. 87 e) bedeu - tet Legatus imperii einen Reichsverweſer; S. 90 k) muß Sirmond den Vornamen Jacob be - kommen. S. 147 a) in ſin. ſol id quod eſt in principio ſo viel ſeyn, als eine Petitio principii, wenn man das zum Beweis gebraucht was noch ſelbſt erſt mus erwieſen werden. Noch eine gruberſche Anmerkung nebſt unſern eigenen Verbeſſerungen uͤber den erſten Theil, ſollen weiter unten folgen. Vor der gruberſchen Ausgabe hat man den Werth der alten Annales nicht zu ſchaͤtzen ge - wuſt, obgleich einige Gelehrte ſie auch in gedruckten Schriften angezogen. Selbſt der gelehrte Verfaſſer des andern Aufſatzes in dem 3ten Theil der Liuonic. S. 130, welche 1700 ohne Benen - nung des Orts ans Licht getreten, fuͤhrt daraus Meinhards Antheil an dem ſchwediſchen Einfal in Curland, und die dadurch veranlaßte Verwuͤſtung in Wirland an, nennet aber den Chro - nikenſchreiber Herman von Heldrungen.

10Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1215
29

Eſtlandd)Eſtland heiſt in den lateiniſchen Briefen Jnnocentii des IIIten Eſtia, welche Schreibart die aͤlteſte zu ſeyn ſcheinet, dahingegen andre Eſtonia ſetzen. Tacitus, Solinus und Jornandes nennen die Nation Aeſtier, Eginhard zu Carls des groſſen Zeiten Aiſten, und Caßiodorus Haͤſten, wo andre Aeſten leſen, Saxo der See - laͤnder aber Eſtones. Diejenigen welche auf den Namensurſprung der Provinz ſe - hen, ſchreiben Oeſtland; der Ausſprache nach hoͤret man Eeſten und Eeſtland. Hermelin*)Olaus Hermelin, Profeſſor der Beredſamkeit und Poeſie zu Doͤrpt, koͤnigl. ſchwediſcher Hi - ſtoriographus, und endlich geheimer Kanzleyrath, ein Mann von ausnehmenden Gaben und ei - ner weitläufigen Gelehrſamkeit, blieb, in Begleitung des Koͤnigs auf ſeinen Feldzuͤgen, bey Pul - tawa am 27ſten Jan. 1709, wo ihm die Coſaken den Reſt gaben. Wir haben uns ſeiner Di - ſputation de Origine Liuonorum in 4 bedienet, wie ſie Guſtav Adolph Humble aus Joͤn - koͤping in Schweden vertheidiget, und Joh. Brendeken 1693 in Doͤrpt gedruckt. Mag. Caſpari hat ſie zu Leipzig 1717 in 8 wieder auflegen laſſen. macht es S. 14 u. f. de Origine Linonorum warſcheinlich, daß die aus - gebreitete Nation der Eſten von Oſten ihren Namen fuͤre. Nur laͤſt ſich hiebey fragen: ob ein Volk ſeine urſpruͤngliche Benennung fahren laſſen, und den ihm von ſeinen Nachbarn beigelegten Namen, als ſeinen eigenen, gebrauchen werde? Der Finne nent ſich Some-mees einen Moraſtkerl, der Live Liwe-mees einen Sandmann, bei - de von der natuͤrlichen Beſchaffenheit ihres Landes; und dieſe machen mit den Eſten ei - ne Nation aus. Von den Finnen beweiſets die noch lebende Sprache. Was aber die Ueberbleibſel der alten Liven in der ſo genanten liviſchen Wacke am Salisſtrom betrift, welche ihre alte Sprache noch unter ſich gebrauchen; ſo hat der Herr Paſtor Joh. Conrad Burchard zu Salis auf unſer Anſuchen uns ſolche Proben zuge - ſchickt, die offenbar erhaͤrten, daß die liviſche Sprache ein gebrochener doͤrptiſcher Dialect ſey. Und da dieſe Liven ſich beim Gottesdienſt der lettiſchen Sprache bedie - nen, ſo zeigen die unter ihre Hausſprache mit untergemengten lettiſchen Woͤrter, daß ſie ihre alte Sprache nicht einmal mehr zu reden verſtehen, wie ſie ſelbige auchnicht ſol nach dem Zeugniß des rothen Buchs in Revel ſein erſtes ſchriftliches Lehnrecht vom Koͤnig Waldemar dem Zweiten in Daͤnnemark erhal - ten haben. Es beſteht aus 53 Puncten, und erſtreckt ſich auf alle angeſeſſene Maͤn - ner in Riga, Doͤrpt, Oeſel und in den Bruderlaͤndern. Die Guͤterfolgebleibtc)ſcriptio per Nicolaum Widemannum nicht heben lies, weil es gleich in die Augen faͤlt, daß Neringa daſelbſt die friſche Nehrung bezeichne. Zuletzt half mir die recht ſaube - re Handſchrift des Herrn Paſtor Skodaiski zu Riga, welche an dieſem Orte Vero - nia und gleich darauf gar Veronenſis quidam hatte. Warum ſolte wol Verona nicht der Begraͤbnisort dieſes ratzeburgiſchen Biſchofs ſeyn koͤnnen? Doch da Herr Gruber ſeinen Widerſpruch nicht ſo ausdruͤcklich gemacht haben wuͤrde, wenn er durch die Staͤrke ſeiner Gegengruͤnde nicht geſichert waͤre, ſo wollen wir Leſern, die ſcharfſichtiger ſind als wir, eine zu Nerona datirte Urkunde darlegen, ob ſie vielleicht gluͤcklicher ſind, dieſen Ort aus den darin vorkommenden Umſtaͤnden herauszubringen. Qualiter Domnus Marquardus Brede, Miles, poſt mortem regis Danorum Chriſtophori, reſignat ordini Liuonienſi caſtra Eſtthoniae. Actum Anno 1334. Vniuerſis Chriſti fidelibus, ad quos praeſentes litterae peruenerint, Iacobus Dei gratia, Oſilienſis eccleſiae Epiſcopus ſalutem in Domino ſempiternam. Teno - re praeſentium publice proteſtamur, quod defuncto illuſtri principe, Domino Chri - ſtophero quondam rege Daciae, dum Dominus Marquardus Breyde, Miles, caſtra, quae eiusdem regis nomine tenuerat in Eſtonia, reſignaret, compoſitionem cum fratribus Theutonicis Liuoniac in hunc modum iniuit, ſcilicet quod ipſe Dominus Marquardus promiſit dictis fratribus data ſide, quod nunquam vllo tempore malum ſeu damnum eorum vel ordinis eorundem ſcire aut procurare deberet, ſed ipſos diligere ſemper et honorare et fideliter in omnibus promouere. Et illud idem di - cto Domino Marquardo per fratrem Reynerum Mumme tunc Aduocatum Ierviae extiterat repromiſſum, ex parte fratrum et ordinis praedictorum. Et quia eidem compoſitioni praeſentialiter interfuimus, ſigillum noſtrum praeſentibus duximus ap - ponendum in maiorem euidentiam praemiſſorum. Dat. Neronae anno Domini MCCCXXXIIII ſeria ſecunda ante natiuitatem beatae Mariae virginis, celebrato ge - nerali inibi parlamento. 11Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. bleibt bey dem maͤnnlichen Geſchlecht in abſteigender Linie, nach welcher ungetheil -1215 te Bruͤder einer auf den andern erben. Das Lehngut faͤlt, im Fall keine maͤnnliche Erben vorhanden ſind, an den Lehnsherren zuruͤck, ohne deſſen Einwilligung es nicht veraͤuſſert werden kane)Dieſes Lehnrecht iſt das erſte in dem ſo genanten rothen Buche zu Revel*)Jm Jahr 1546 lieſſen die eſtlaͤndiſchen Herren Landraͤthe, namentlich Joh. Taube zu Marth, Bruns Wettberg, Herman Anrep, Reinhold von Roſen, und Claas Mecks, als Raͤ - the in Harrien, und Jacob von Loͤwenwolde, Thube Bremen, Herman Lode zu Aſ - ſery, Peter von Tiſenhauſen, Otto Taube zu Kochtel, und Robert von Gilſen, RaͤtheinDer.

Des -
d)nicht im taͤgl. Umgang brauchen, auſſer wenn ſie mit Eſtlaͤndern ſprechen muͤſſen. Es muß alſo noch der Grund unterſuchet werden, warum der Eſte in ſeiner Sprache ſich ſelbſt einen Eſten und ſein Land Eeſti-ma benennet. Wir haben ſonſt eine ge - ſchriebene Nachricht vom Fuͤrſtenthum Eſten, welche wegen ihrer Kuͤrze und magern Jnhalts hier kaum erwehnet zu werden verdienet. Da die Sprache der Eſten in weit - laͤufigem Verſtande was beſonders, Eſtland aber geſchickte Maͤnner hat, ſo waͤre zu wuͤnſchen, daß einmal ein Kunſtrichter, dem es weder an einer gehoͤrigen Staͤrke in der Sprachkunde, noch an regelmaͤßigem Witz fehlete, ſich an eine ſolche Materie machte. Die europaͤiſchen Sprachen verrathen ihre ehmalige Verſchwiſterung wenigſtens in Zahlwoͤrtern; der Eſte aber faͤngt, vom Salisſtrom bis gar weit nach Norden und Nordoſten hinauf, die Zahlen mit einem gar ungewohnten uͤks, kaks, kolm, nelli an, welcher Umſtand wohl einer genauern Unterſuchung werth waͤre. Es haben ſchon verſchiedene bemerken wollen, daß die Eſten durchgaͤngig etwas ſtaͤrker vom Leibe und laͤnger von Statur ſeyn als die Letten, wie ſich denn auch dieſe Nationen in der Tracht unterſcheiden. Doch mus man dieſe letztern nicht zu ausgehunger - ten Zwergen machen. Der Dichtkunſt wollen wirs zu gute halten, wenn Piſtorius die Letten nicht in allen Zeilen richtig getroffen. Er ſchreibt nemlich ſo:
Vix homines dicas hos, ſi gens culta videres.
Corpora ſunt illis attenuata fame,
Et breuia, aſſiduo multum ſuppreſſa labore,
Artubus et iuſta pro ratione carent.
His potus lympha eſt, panis de furfure co -
ctus.
Pro plumis ceruix mollibus vrget humum.
Et bene conueniens veſtitus iungitur illis,
Calceus eſt cortex, cetera lana tegit;
Quae tamen haud magna contexta cohae -
reat arte,
Velleribus ſimilis tergoribusque boum.
Atque premunt humiles infirmo corpore
mannos,
His equitant ſimili foemina virque modo.
Man vergleiche hiemit Paul Einhorns Hiſtoria Lettica, die bey Joh. Vogeln zu Doͤrpt 1649 in 4 gedruckt und dem Herzog Jacob von Curland und Semgallen zugeſchrieben iſt. Mehrere Nachrichten findet man in den beckeriſchen zu Witten - berg gehaltenen Diſputationen von lieflaͤndiſchen Voͤlkern, deren Sprache und Ge - braͤuchen, beim Rumpaͤus in der Nachricht vom curiſchen Glauben, Hartknoch in diſſert. de Curonorum et Semgallorum republica und Joh. Menecius im libro de ſacrificiis et Idololatria veterum Curonum, Regiomont. 1551. Jn ganz Curland und Lettland gilt die lettiſche Sprache, in Eſtland und auf Oeſel die eſtniſche. An manchen Orten in dieſen Provinzen findet man eigene Worte und eine geaͤnderte Ausſprache; wo - durch in dieſen zweien Sprachen nur unterſchiedliche Mundarten entſtehen, die man deswegen gar nicht fuͤr eine eigene Sprache ausgeben kan, wenn auch die Mundart et - was unterſchieden iſt. Es komt wol natuͤrlicher heraus, wenn man die Namen der Laͤnder von ihren Be - wonern herfuͤhret, als von der Beſchaffenheit des Landes. Der Eſte und Finne nent Finnland Some-ma, das iſt: der Somen Land, obgleich einige es erklaͤren wollen ſe omma-ma das iſt unſer Land, welches nur der Finne ſagen koͤnte. Der Eſte und Finne ſpricht: Rootſi-ma der Rootzen Land, von den Einwohnern der Provinz Roslagen, und verſteht das Koͤnigreich Schweden darunter, weil ehmals die alten Roxolanen da gewohnt haben. Er ſagt Leto-ma d. i. Litthauen, oder der Leten Land; Wenne-ma, Rußland, entweder der Wenden Land, die zum Theil rußiſche Vaſallen waren, oder auch Bruͤderland, wie die Roͤmer ſagten Germania. Saxa-ma Deutſchland, das iſt der Sachſen Land.
d)C 2Ver -12Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter
1219
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Desgleichen ſoll Koͤnig Waldemar einen lundiſchen Geiſtlichen, Na - mens Ernemod nach Curland geſchickt haben, welcher das Schlos Pilten angelegt, und in der neubekehrten Lande den erſten Biſchof abgegeben. DieſerBe -e)Verfaſſer der kurzen Nachricht von der wahren Beſchaffenheit der Landguͤter in Eſt - land, Liefland und auf Oeſel*)Dieſe nicht gar weitlaͤufige Schrift iſt 1720 ohne Namen des Orts und des Verfaſſers in Deutſch - land gedruckt worden. Die Muthmaſſung derer iſt am gegruͤndeſten, welche den Herrn Land - und Regierungsrath Richter fuͤr den Urheber beſagten Tractaͤtgens angeben. ziehet dieſen Freibrief auch auf die Erbguͤter, und derſelben Veraͤuſſerung, weil daraus nicht dargethan werden koͤnne, daß Waldemar alle eſtlaͤndiſche Guͤter zu Mannlehnen gemacht, uͤberdem Erichs Privilegium von 1252 dieſem Lehnrechte das erbliche oder Landrecht entgegen ſetze, auch die Ceßions - acte der Provinz Eſtland an den Ritterorden erweiſe, daß auſſer den Lehnguͤtern auch wahre Allodia ſich daſelbſt befinden. So richtig die Sache ſelbſt iſt, ſo unrichtig ſind hingegen die Jahrzahlen, und zwar in ſolchen Buͤchern, auf welche bey dem Beweiſe am meiſten ankomt. Denn Waldemar konte nicht 1215 dem Lande Geſetze geben und es erſt 3 Jahr nachher erobern, vielweniger uͤber Doͤrpt befehlen, welches noch uͤber 8 Jahr in heidniſchen Haͤnden war. So geht es auch mit der Jahrzahl des an - dern Privilegii, nach welcher Erich, zwey Jahr nach ſeiner Enthauptung, ohne Kopf Eſtland beherſchet haben muͤſte. Die Vorrede, welche Erich vor das woldemar - ſche Lehnrecht geſetzet, zeiget deutlich an, daß Woldemar ehemals mit Zuziehung ſei - ner Staͤnde Eſtland ein Lehnrecht verliehen, welches Erich, des vielen Misbrauchs wegen, wieder in Gang zu bringen geſucht, worauf er auch ein damals uͤbliches Land - oder Allodialrecht beſtaͤtiget. Weil Erich in dem 1248 Jahre ſich perſoͤnlich in Eſt - land aufgehalten, und in ſelbigem Jahre der Stadt Revel unterm 11ten May das luͤbiſche Recht verliehen, welches die folgenden Koͤnige von Daͤnnemark ſo oft wie - derholt, beſtaͤtiget und erweitert haben; ſo duͤrfte ſich zu den erſten Rechten von Eſtland nicht leicht eine andere Jahrzahl als 1248 ſchicken. Menius S. 8 raͤth fuͤr das wol - demarſche Mannlehnsrecht aufs Jahr 1238, fuͤr Erichs Confirmation aber auf 1251; wel - ches erſtere ungewiß, das letztere aus obigen Urſachen falſch iſt. Doch der revelſche Com - thur, Rembert von Scharenberg, bezeuget in ſeinem Transſumt etlicher Privilegien, daß dieſer Beſtaͤtigung des Koͤnigs Erich der 2te Octob. 1252 beigeſchrieben ſtehe. Un - ſre Abſchrift eines Briefes vom Koͤnig Erich an die gelinden und guten Maͤnner in Revel und Weſenberg, worin ihnen zugeſtanden wird, daß ſie ihre Guͤter nach Erb - rechte, welches in gemeiner Sprache Landrecht heiſſet, erben koͤnnen, iſt verfiegelt zu Leonnigas 1252 des andern Tages vor dem 1ſten October. Wenn dieſe Jahrzahlen ihre Richtigkeit haͤtten, ſo muͤſten die Daͤnen die Regierung ihres Koͤnigs Abel ſpaͤter als gewoͤhnlich anſetzen. Unter einige merkwuͤrdige Stellen des woldemariſchen Lehnrechts ſind folgende zu rechnen: §. 11. Stirbet ein Mann, der Erben hat, Soͤhne oder Toͤchter, und ſind die Kinder zu ihren Jahren nicht kommen, der nechſte Schwertmage ſol Vormund ſeyn, ob er des Koͤnigs Mann ſey; iſt da kein Schwertmage, der Koͤnig ſol ihr Vor - mund ſeyn; §. 18, Stirbet der Mann ohne Erben, ſo bleibt die Frau in ihres Man - nes Gut Jahr und Tag, das iſt 6 Wochen und ein Jahr, und ſol helfen ſeine Schul - den guͤten und pflegen ſeiner Seele; §. 42, Jſt ein Mann auſſer Landes beſeſſen, ſo entbeut man ihm ſein Gut, komt er denn nicht, ſo bricht er 3 Wedden, das ſind ſechzig Schillinge; §. 49, Wer ein unrecht Urtel findet, das iſt zwo Pfund, und wer ein recht Urtel beſchilt, das iſt 3 Pfund. Da dieſes Lehnrecht 1315, nach Huitfeld S. 385, von Erich dem VIIten ſehr verbeſſert worden; ſo hat ſich wol der Abſchreiber des rothen Buchs mit der Jahrzahl 15 geirret, und dieſelbe bey Woldemars Lehnrecht un - richtig angebracht. Billig ſolte es keine Jahrzahl haben, weil ſich aus keiner Geſchich - te erweiſen laͤſt, daß die Daͤnen den Bruͤderlaͤndern, den Staͤdten Riga und Doͤrpt Geſetze geben koͤnnen.*)in Wirland, mit Bewilligung ihres kurz vorher mit Tode abgegangenen zwoͤlften Stallbruders, Lorenz Ferſen, durch ihren Secretaͤr, Wolfgang Scheffel, im Hoͤfe zu Engedes am 4ten Sept. Sonnabends nach Egidii die koͤnigl. daͤniſchen, hochmeiſterl. preußiſchen, und meiſterl. lieflaͤndiſchen Privilegien aus den Hauptbriefen in ein Buch zuſammen tragen, welches von ſeiner rothen Pergamentſchale den Namen des rothen Buchs fuͤhret. Der Herr Mannrichter von Lode hat ſich deſſen zu ſeiner Hiſtorie wohl zu bedienen gewuſt.13Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. Bericht der daͤniſchen Geſchichtſchreiber ſtimmet ebenfals mit der wahren Hiſto -1219 rie nicht uͤbereinf)Wie Huitfeld S. 185 und Pontanus S. 307 das Biſtum Pilten ebenfals zu fruͤh, wie das doͤrptiſche, ſtiften, ſo fehlen ſie dabey in der Namenserklaͤrung des Schloſ - ſes Pilten, ſonſt Danipils genant. Der Koͤnig fragte nemlich den Biſchof, wo er das Schlos anlegen wolte, dieſer antwortete: Ther ſom Pilten ſtaͤaͤr, da wo der Junge ſteht. So gleich hieß der Ort Pilten. Natuͤrlicher laͤſts ja, weil die Curen und Letten jede Burg Pils nennen, daß ſie dieſe neue Feſtung Danipils, der Daͤ - nen Burg geheiſſen, und auch nur ſchlecht weg die Burg. Der Eſte ſagt Lin, daher Revel Lindaniſſe, Danilin, kuͤrzer Tallin und auch auf lettiſch Dampils heiſſet. Die Letten heiſſen die Stadt Wenden Zehf ſo ebenfals einen feſten Ort an - zeiget. Unſere Geſchichtſchreiber legen dem Biſchof Albert die Errichtung des Bi - ſtums Pilten beim Jahre 1229 bey, welches, der Handlung und Zeit nach, richtiger be - ſtehen koͤnte, als das Zeugniß der daͤniſchen Scribenten. Heinrich der Lette wuͤrde eine ſo nahe und wichtige Anſtalt beim J. 1220 uns wol beſchrieben haben. Allein am ſi - cherſten iſt es, daß man nicht fruͤher in Curland Biſtuͤmer ſtifte, ehe das Land erobert und bekehret worden; zumal da um dieſe Zeit das ſemgalliſche noch keine gewiſſe Reſidenz hatte..

Der Graf Adolph von Daſſel begab ſich auf die Ruͤckreiſe nach Deutſch -1220 land. Unter den ankommenden Pilgrimen hingegen befand ſich auch ein edler Herr Bodo von Hohenborgg)Dieſe Namen ſind nach der Vorſchrift des Herrn geh. Juſtizr. Grubers verbeſſert, weil ſie in dem erſten Theil S. 168 unrichtig angegeben worden. Ob nun gleich die damit verglichenen Handſchriften nicht Dasle ſondern Dalle, und Rodo von Hoenberg leſen, ſo wird doch die gruberiſche Muthmaſſung in Abſicht des letzten Namens, durch eine Urkunde beſchoͤniget, welche mit 3 Siegeln, wiewol ohne Meldung der Jahr - zahl, verſehen iſt. Wir glauben, daß ſie aus mehr als einer Urſache aufgehoben und mitgetheilet zu werden verdiene. Hier iſt ſie: In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti, Amen! Albertvs Dei dignatione Rigenſis Epiſcopus omnibus Chriſti fidelibus tam na - tis quam naſcituris in perpetuum ſalutem! Cum Rigenſis ciuitas ad inhabitatio - nem ſui plus libertatis gratia, quam praediorum circumiacentium ſertilitate*)Die ungehenre Menge der Sandberge um die Stadt, laͤſt keine andre als gekuͤnſtelte Fruchtbarkeit zu; daher man mit Recht die Gegend um die Stadt die Sandbuͤchſe von Liefland nennen moͤchte. fideles alliceret, erat quaedam grauis importunitas et frequens periculum transeuntibus ſta - gnum, quod a villa Rodenpois denominabatur. Vnde de conſilio et conſenſu Do - mini volqvini, magiſtri militum Chriſti, et fratrum ſuorum ob publicam trans - euntium vtilitatem placuit, trans ſtagnum ipſum pontem praeparari, hac cautione praemiſſa, conſcripta et ſigillata, vt nihil vnquam a transeuntibus telonii nomine exigeretur, et tam in transeundo quam in piſcando in ipſo ſtagno libertas fidelibus in perpetuum permaneret. Nos ergo Peregrinis anni illius, videlicet Domino bo - doni de hoenborg**)Andre Abſchriften leſen von Homborg. et ceteris hoc in remiſſionem omnium peccatorum ſuorum et expeditionis iniunximus, vt ipſum pontem***)Die See Rodenpois fuͤhrt jetzo den Namen der jegelſchen See, und vereiniget ſich bey Neu - ermuͤhlen mit der Stintſee. Um der Heerſtraſſe willen nach Lief-Eſt - und Rußland bediente man ſich in mitlern Zeiten einer Prame, dafuͤr die Stadt Riga jetzo eine ſtarke hoͤlzerne Bruͤcke unterhaͤlt. in perpetuam ipſorum memoriam elaborarent; quod et ſtudioſe perficere curauerunt. Statuimus ergo et ſub intermi - natione Anathematis inhibemus, ne vlli vnquam hominum liceat transeuntes alicuius exactionis moleſtia ſollicitare, neque ipſum pontem turpis lucri cauſſa diſſipare. Huic tam neceſſariae rei pro fauore conſentit Robertus, Abbas de Dunemünde, Io - hannes praepoſitus Stae Mariae, Volquinus magiſter militiae Chriſti cum fratribus ſuis, Daniel de Lenewarde, Conradus de Ykeskole, Theodoricus de Raupena, Iohan - nes de Dolen****)Wir verbittens noch einmal, daß niemand dieſe aufrichtig deutſchen Familien der Herren von Bannerow, von Meindorf, von Roſen, wegen des von ihrem Lehngute angenommenen Na -Dmens cum omnibus inhabitantibus terram. , welcher nebſt andern Fremden eine Bruͤckeuͤber14Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1220uͤber die rodenpoiſiſche See ſchlagen muſte. Weil ihnen der Biſchof Albert, mit Einwilligung des Ordensmeiſters, dieſe Arbeit als eine Bedingung der Ver - gebung der Suͤnden aufgetragen, ſo verbot auch ſelbiger bey Strafe des Bannes, keinem von den Uebergehenden das Bruͤckengeld abzufordern.

Der Biſchof ſtiftete in dieſem Jahr das Hoſpital St. Juͤrgen. Jn dem Stiftungsbriefe wird zwar der Gottesdienſt im Hauſe verſtattet, nur ſol aus der Kapelle keine Pfarrkirche gemacht, noch ein Gottesacker dabey angeleget werden.

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Der rigiſche Biſchof Albert ſowol als ſein Bruder Herman, Biſchof zu Doͤrpt, erhielten vom roͤmiſchen Koͤnig Heinrich ihre Jnveſtiturh)Wir haben im erſten Theil S. 209 den Grund angezeigt, warum der Hr. geh. Juſtiz - rath dieſe Urkunden in Verdacht gezogen. Der Beweis iſt auſſer dem Zuſammenhan - ge in der That ſcheinbar, weil niemand ſo leicht einer Sache halber um Erlaubnis bittet, die er ſchon vor 24 Jahren volbracht hat. Allein da ſo alte und oft durch die Muſterung gegangene Abſchriften, und zwar in den Hauptarchiven, davon vorhanden ſind, ſo gehet man ſehr unſicher, wenn man eine Begebenheit von der Art durch einen Schluß a priori leugnen wil. Der Orden hatte von dem der Cleriſey zugethanen paͤpſtl. Hofe ſchon manches Reſcript erhalten, das Maͤnnern von ausgebreiteten Ver - dienſten alzuenge Grenzen der Belohnung anwies, und ſuchte daher ſich mit dem welt - lichen Arme zu ſtaͤrken. Albert merkte dieſes. Solte ihn nicht die Staatsklugheit, deren er volkommen kundig war, haben antreiben koͤnnen, dem Orden zuvor zukom - men, und dasjenige von Heinrich ſich beſtaͤtigen zu laſſen, wozu er ſchon vor langen Jahren paͤpſtl. Volmacht gehabt. Der damals regierende Kaiſer Friedrich war ein Pfaffenfeind und half lieber den Rittern, denen er auch anſehnliche Freiheiten ertheilet, weswegen der Biſchof vielleicht Bedenken trug ſich an denſelben zu wenden. Daß Herr Schurzfleiſch die Abſchrift bey Herrn Ceumern S. 133 wegen der neuern deut - ſchen Sprache verdaͤchtig zu machen geſucht, iſt aus einem Misverſtaͤndnis gekommen, weil Ceumern zu melden vergeſſen, daß er nur ſeine deutſche Ueberſetzung davon liefere. Wir haben ſelbſt S. 209 die mitlere Urkunde von Hermans Jnveſtitur bey Wim - pfen aus den Geſetzen der Rechtſchreibung verworfen, die doch niemals bey Abſchrif - ten einen rechtsbeſtaͤndigen Richter abgeben kan, wenn man nicht die Fehler des Ab - ſchreibers dem wirklichen Verfaſſer aufbuͤrden wil, bey welchem letztern ſelbſt dieſer Um - ſtand nicht einmal von algemeiner Kraft zu beweiſen iſt. Daß Albert die Muͤnzfrei - heit ungenuzt liegen laſſen, iſt von ſeiner Regentenklugheit nicht zu vermuthen. Der roͤmiſche Kaiſer Carl der IVte hat das rigiſche Diploma ſowol als das doͤrptiſche auf des Erzbiſchofß Fromholds Anſuchen 1356 in einem Tranſſumt beſtaͤtigen laſſen. Sie wurden beide in den oliviſchen Friedenstractaten fuͤr guͤltig erkant, und ſind im Diario Europaeo tom. VIII append. p. 47 ſqq. abgedruckt. Wem dieſes noch kein Gnuͤgen thun ſolte, der darf nur den Grundſatz der damaligen catholiſchen Kirche zu Huͤlfeneh - nebſtder****)mens, zu Abkoͤmlingen alter liviſcher Koͤnige mache. Die koͤnigl. Wuͤrde unter dieſen Voͤlkern beſtand nur in dem Seniorat. Der Name Veſceke von Kukenois heiſt nichts anders als Ael - teſter von Kokenhauſen. Die ukrainiſchen und donniſchen Coſaken nennen noch denjenigen Starſchin, d. i. Aelteſten, welchen die ſlavoniſchen Voͤlker Staroſt oder Staraſt nennen, mit welchem Namen nur der Aufſeher uͤber die Bauren bezeichnet wird, weil ihn gemeiniglich das Alter dazu erhebet. Dem letzten Johann von Dolen ſprach der Legat Wilhelm das Schlos Dolen ab, weil er das daͤniſche Wirland, ohne des Legaten Vorwiſſen wegnahm, ſich auch ein eigen Schlos anmaſte, daher er als ein praedo periurus, und vielfach Verbanneter ſeines Lehns verlu - ſtig erklaͤret ward, ſtat deſſen es Wilhelm der Stadt zuſchlaͤgt, am 23ſten May in Duͤnemuͤnde. Zuletzt melden wir uns ſelbſt, und bitten unſre Leſer um Verzeihung, daß wir uns S. 166 durch unſere revelſche Handſchrift verleiten laſſen, dem Biſchof Albert einen neuen Bruder zu geben, indem die andern Abſchriften den Text ſo liefern: Miſerunt etiam fratres Epiſcopi Rigenſis, Sa - lomonem ſacerdotem in Rotaliam. Die uͤbrigen Abweichungen von dem neuen Texte ſind von keiner Erheblichkeit, und beſtehen oft nur in Abkuͤrzungen. Doch waͤre folgendes etwa noch zu aͤndern: S. 172 Z. 32 exactionibus an ſtat actionibus. S. 174 Z. 9 Cagethe an ſtat Coggelſe. S. 176 Z. 6 cum mercibus ſuis an ſtat mercatoribus ſuis. Z. 29 a cinitate an ſtat in ciuitate, nicht weit von der Stadt Nogardien. Und das waͤren die Verbeſſungen des erſten Theils. Die durch eilfertige Umdruckung etlicher Bogen eingeſchlichenen Druckfehler, werden billige Leſer weder dem Fleis des geſchickten Herrn Correctors noch unſerm Willen zurechnen. Es iſt ein Gluͤck, daß ſie deutlich in die Augen fallen. Nur bey der 27ſten Seite e) iſt noch zu erinnern, daß wer den Spruch nachſchlagen will, denſelben nicht im Evangelio Johannis, ſondern im Buch Joſua k. 15 v. 19 aufſuchen muͤſſe. Jn der Zueignungsſchrift ſol unter andern gleich in der 5ten Zeile der dritten Seite ſtehen: Wir beugen Herz und Knie mit.15Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. der voͤlligen Gewalt, in der rigiſchen Gegend und an andern Orten eine Stadt1224 anzulegen und Muͤnzen zu praͤgeni)Daß in Finnland ſowol als in Eſtland perſiſche, tuͤrkiſche, griechiſche, roͤmi - ſche, engliſche, gothiſche und runiſche Muͤnzen von einem 7 bis 800 jaͤhrigen Alter aus der Erde gegraben worden, bezeuget Hiaͤrne und anderer Geſchichtſchreiber ungedruckte Denkmale. Herr Neuſtaͤdt wil gar vom Biſchof Meinhard in Lief - land einen Pfennig beſeſſen haben, auf deſſen einer Seite das Marienbild, auf der andern die Kirche zu Holme zu ſehen geweſen. Von Albert weiſet man auch eine ſilberne Muͤnze auf. Der in unſern Alterthuͤmern erfahrne Herr Vicepraͤſident von Brevern haͤlt ſie fuͤr die erſte bekante Muͤnze von Liefland, und hat ſie mit eigner Feder in einem Schreiben an ſeinen guten Freund abgeriſſen. Ein ruſchendorfiſcher Bauer ſahe im Brachmonat 1698 beim Pfluͤgen eine Feldratze, die etwas Glaͤnzen - des in der Schnauze trug, und ging ihr bis zu ihrem Loche nach, wo er etwan einen halben Stof, oder ein deutſches Noͤſſel vol alte ſilbernen Muͤnzen entdeckte, worun - ter viele engliſche und runiſche Waren. Unter denſelben war auch die vom Hrn. v. Brevern abgeriſſene, in der Groͤſſe eines alten deutſchen Groſchens, auf deren einer Seite das biſchoͤfl. Hauptbild mit einer hohen biſchoͤflichen Muͤtze und ſtarkem Barte, auf der andern aber 2 Stadtthuͤrme mit dem Kreuz abgebildet waren, zwiſchen welchen ein Loͤwenkopf hervor zu gucken ſcheinet. Sie iſt nur in der Mitte gepraͤget, und hat den Rand leer. Unter den liefl. Muͤnzen wuͤrde ihr keine das Alterthum ſtreitig ma - chen, wenn ſie gewiß eine lieflaͤndiſche waͤre. So aber ſcheinet ſie noch aͤlter, und der Loͤwenkopf mit ſeinen Haaren komt dem Bilde eines menſchlichen Geſichts aͤhnli - cher, zu geſchweigen, daß das Stadtwapen der damaligen Zeit noch keinen Loͤwenkopf aufzeigen kan..

Der Biſchof belehnte hinwieder den Ordensmeiſter Volquin und ſeine Or - densverwandten fuͤr ihre treuen Dienſte mit den Laͤndern Sotakele, Leale, Hanhele, Lodhe, Rotalewien, der ganzen Wyk, und der voͤlligen geiſtli - chen und weltlichen Gerichtsbarkeit uͤber dieſe Laͤnder. Jhre Namen haben unter - ſchrieben Johann, Probſt zu Riga, und ſein Kapitel; Albert, Prior von Duͤnemuͤnde, Rothmar, des Biſchofs leibl. Bruder, Thomas, Pfarrer von Luͤneburg, Graf Burchard von Altenburg, Daniel von Lennewar - de, Conrad von Ykeskole, Joh. von Dahlen, Walther Truchſes, Wilhelm von Pnoch, Didrich von Eſcherd, Ludgert von Hardorpe, Advocat der Pilger. Helmold von Luͤneborch, Heinrich von Lith, Joh. v. Bikishovede, Engelbert von Tiſenhauſen; Jacob von Stade, (de vrbe) Bernhard von Deventer und Albert uth Norden unſere Buͤrger. Der Biſchof nennet den Rothmar und Herman von Doͤrpt germanos ſuos. Der Orden verbindet ſich noch weiter fuͤr die Aufnahme der Kirche GOttes zu fechten. Geſchehen am 24ſten Julius.

Der doͤrptiſche Biſchof Hermann verlegte mit Genehmhaltung des paͤpſt - lichen Legaten, Wilhelms, ſeines Vorfahren Dietrichs Sitz von Leal nach Doͤrpt, bey welcher Gelegenheit er auf Anrathen des rigiſchen Biſchofs und ſeines Kapitels, nach Einwilligung der Pilger und Buͤrger zu Riga, mit den Bruͤ - dern der Ritterſchaft einen Vertrag machte, daß ſie mit ihren Nachkommen bey. nahe die Helfte ſeines Landes mit Kirchen, Zehenden und allen zeitlichen Nutzungen zu ewigen Beſitz inne haben und gebrauchen ſolten, nemlich Saccala, Nurme - gunde, Mocke, Alumbus, und Waigele, doch den geiſtlichen Rechten unbe - ſchadet. Als Zeugen waren dabey der Biſchof Albrecht, Johann der Propſt, und andre mehr, Rothmar der Propſt und das ganze doͤrptiſche Domkapi - telk)Dieſe Urkunde iſt in einigen Abſchriften mit der Jahrzahl 1234 bezeichnet. Dieſes ſchadet nichts, wenn nur das Tranſſumt, dem kein Jahr beigeſchrieben iſt, von derVor -. Gregorius der IXte beſtaͤtigte dieſen Vergleich zu Perugia am 2tenD 2Novemberh)nehmen, nach welchen dem Kalſer ein gewiſſes Schirmrecht uͤber alle denen Heiden durch die Chriſten abgenommene Laͤnder zukam, da es denn gleich viel war, ob die kaiſerliche Genehmhaltung voraus gieng, oder einige Zeit nachher drauf erfolgte.16Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1224November 1229 im 3ten Jahr ſeiner Regierung, und wurde Uggenois, (Ungan - nien) Otela und Sobolit noch dazu dem Orten abgetreten. Die Ritter - ſchaft ſtellet dem Biſchof die Geiſtl. zur Jnveſtitur vor. Sie erhielten auch den freien Flus Emmajoͤggi und das halbe Fiſchwehr, das ſonſt dem Koͤnige gehoͤret. Dagegen mus ſie den Biſchof und ſein Land ſchuͤtzen, ihm auch in geiſtlichen Din - gen unterthan ſeyn.

Der
k)Vor - und Nachrede wohl unterſchieden wird. Unſre Schriftſteller, die alles in eins gezogen, und gleichwol einen Biſchof Albert als Zeugen angefuͤhret ſehen, haben des - wegen den Biſchof Nicolaus 18 Jahr zu fruͤh tod geſchrieben und Albert den er - ſten in den andern verwandelt, wie es auch Hiaͤrne macht; da doch Albert der andre um dieſelbe Zeit noch Biſchof zu Armagh in Jrrland war. In nomine Sanctae et indiuiduae Trinitatis. Hermannus Dei gratia Tarbatenſis Epiſcopus omnibus hoc ſcriptum legentibus Salutem in eo, qui eſt Salus fide - lium. Natura et conditionibus rerum mutatis neceſſe eſt quandoque nomina com - mutari. Cum igitur anteceſſor noſter Dietericus ſecundum tempus ſuum voluerit ſi - bi ſedem eligere in loco Leal et regionibus illis quibusdam neceſſitatibus et vtilitati - bus interuenientibus renunciauerim, etiam infra ſcriptae dioeceſis nomen eccleſiae et Sedi Epiſcopali impoſui de conſilio voluntate et auctoritate Venerabilis Patris Will - helmi Epiſcopi, Mutinenſis qui erat tunc Apoſtolicae ſedis Legatus. Ne igitur pro - pter mutationem huius nominis inter Nos et Fratres militiae Chriſti ſuper concordia, quae inter nos et ipſos facta eſt, prout ex illis litteris ſub nomine Lealenſis Epiſcopi factis apparet, aliqua in poſterum dubitatio oriretur de voluntate, conſilio et aucto - ritate praedicti Legati, vt et Praepoſiti et Capituli Tarbatenſis praedictam concor - diam in quibusdam etiam articulis declarantes renouamus et modis omnibus con - firmamus tenorem praedictae concordiae praeſentibus teſtibus annotatum, qui ta - lis erat: In nomine Sanctae et Indiuiduae Trinitatis: Hermannus Dei gratia Lealenſis Epiſcopus omnibus hoc ſcriptum cernentibus Salutem in eo, qui eſt Salus omni - bus. Notum eſſe volumus, tam praeſentibus quam futuris, quod de conſilio Venerabilis fratris Noſtri Alberti, Rigenſis Epiſcopi et Eccleſiae ſuae, peregri - norum quoque ac ciuium Rigenſium cum fratribus Militiae Chriſti iuxta quod in authentico ipſorum continetur, talem fecimus compoſitionem, vt videlicet a no - bis et noſtris ſucceſſoribus ipſi teneant mediam circiter regionem Epiſcopatus no - ſtri iurisdictione ciuili perpetuo poſſidendam cum Eccleſiis, Decimis et omni emolumento temporali terram videlicet Saccale, Nurmigunde, Mogeke, Alumbus, dimidiumque Waigele cum attinentiis ſuis, ſaluo in omnibus iure ſpirituali. In il - lis igitur terris pro eccleſiis ſuis perſonas idoneas inſtituant et eas inueſtiendas no - bis praeſentent. Pro eis autem terris nullum nobis temporale ſeruitium aliud ex - hibebunt, niſi quod pro epiſcopatu noſtro contra incurſus hoſtium iugiter decer - tabunt, et in ſpiritualibus nobis obedient, et cum ratione officii Epiſcopalis eccle - ſias eorum viſitabimus, expenſas nobis neceſſarias miniſtrabunt. Fluuium Em - majöggi liberum relinquemus, vel gurguſtium regis dimidium eis dimittemus. No quis autem eis ſuper hac noſtra conceſſione malitioſum inferat impedimentum, ſub anathematis interminatione prohibemus, et, vt actum noſtrum robur perpetuum obtineat, hanc chartam inde conſcribi et ſigillo noſtro et Domini Rigenſis Epiſco - pi et Eccleſiae ſuae muniri fecimus. Huius actionis teſtes ſunt Dn. Albertus Rigen - ſis Epiſcopus, Iohannes Praepoſitus, et ceteri teſtes. Verbum autem Gurguſtii

*)Weil in den lieflaͤndiſchen Urkunden die Gurguſtia oder Fiſchwehren, die von ihrem Schlupfloch den la - teiniſchen Namen haben, haͤufig vorkommen; ſo wollen wir doch dem geneigten Leſer eine Beſchreibung davon ertheilen, und zwar nach der Art, wie die Lachswehren in unſrer Duͤne errichtet werden. Zuerſt ſtellen die Fiſcher Waſteln oder Boͤcke, ſo breit der Strom iſt, faſt in einem halben Cirkel neben einander, dergeſtalt daß die Ruͤndung gegen den Strom zu ſtehen komt. Dieſe Boͤcke, deren Fuͤſſe unten weit, oben in einen ſpitzigen Windel zuſammen gehen, werden durch draufgelegte und angebunde Stangen beveſtiget, und mit groſſen Steinen beſchweret, damit das Waſſer ſie nicht aufheben noch der Strom fortreiſſen koͤnne. Fuͤrs andre werden die Decken oder ſo genantenPa -

ſupra dicti ſic terminabimus vt fratres militiae Chriſti dimidium gurguſtium regis, ſicut medio poſitum eſt, perpetuo poſſidendum habeant,ita
k)17Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Der modeneſiſche Biſchof Wilhelm war etliche Jahr im Lande. Sei -1225 ne Geſchaͤfte, welche er mit Volmacht und im Namen des Papſts gluͤcklich und zum Beſten von Liefland ausrichtete, beſtanden auſſer andern erbaulichen Ar - beiten auch in Beilegung der Grenzſtreitigkeiten, wobey er der Stadt Riga durch Anweiſung einer richtigen Mark und Grenze beſondere Dienſte gethan, weil ſie in allen folgenden Grenzirrungen fuͤr entſcheidend angenommen wor - den. Jn der Jacobi Kirche entſchied er den Streit zwiſchen dem Biſchof und Meiſter uͤber die Worte: Mit aller weltlichen und geiſtlichen Gerichtbarkeit alſo: der Meiſter hat das Gericht uͤber die Bruͤder und deren Geiſtliche in weltlichen Haͤn - deln: im Geiſtlichen ſtehen alle, ja der Meiſter ſelbſt, unter dem Biſchof, an welchen auch die Apellation ergehet. Als Zeugen davon waren zugegen Albert Biſch. z. Riga, Lambert B. z. Semgallen, Mag. Ludolph, Domherr zu Luͤbeck, Siegfried Domherr zu Hildesheim, Arnold, Kapellan des Bi - ſchof Alberts, im Auguſt in der 13 Jndiction.

Am 8ten April ſprach er Volquin das Jus patronatus auf die damals1226 in der Vorſtadt gelegene Jacobskirche ab, weil der Biſchof dieſes Recht durch beſondere Briefe des Papſts erhalten. Den Bruͤdern wird die Juͤrgenskirche angewieſen, doch ohne eine Parochie dabey zu haben. Auſſer den vorhin gedach - ten war noch Hr. Dietrich Abt zu Duͤnemuͤnde zugegenl)Er beſtaͤtigte nicht nur die biſchoͤflichen Vertraͤge mit den Ordensbruͤdern, z. E. daß man von dem Urteil des Meiſters ſich auf den Biſchof berufen koͤnne; ſondern ſtiftete auch einen Vergleich zwiſchen dem ſemgalliſchen Biſchof Lambert, und zwiſchen dem Syndicus und der rigiſchen Buͤrgerſchaft wegen des Schloſſes Babat, das auch der heil. Marie Schlos heiſſet. Von der Vereinigung der Babat mit der ſemgalliſchen Aa an bis nach der See, gehoͤret der halbe Strom und das ganze diſ - ſeitige Ufer der Buͤrgerſchaft, welche eben ſo wie der Biſchof ſelbſt, die Freyheit hat, auf dem biſchoͤflichen Theil Gras zu hauen, Heu zu machen, Holz zu faͤllen, und ein ewiges Recht in der Babat zu fiſchen behaͤlt. Jm Jahr 1226 ſchlichtete er die Verdrieslichkeiten, die ſich zwiſchen dem Abt und den Moͤnchen in Duͤnemuͤnde, und zwiſchen der Stadt entſponnen. Er verordnete dazu die Comißarien, Lambert, ei -nen.

Wie
k)ita quoque flumen ſit liberum et apertum, vt nulli quocunque genere piſcationis li - ceat piſcari ab ipſo gurguſtio, infra vsque ad locum a dextris in deſcenſu, vbi via Ruthenorum. Haec autem libertas et apertio aquae permaneat omnibus temporibus, quibus Dnus Epiſcopus vel praedicti fratres piſcari voluerint, in gurgnſtio ſupra di - cto. Ad maiorem euidentiam termini praecipimus ab vtroque latere crucem adpo - ni, a praedicto autem termino vsque ad ſtagnum nulli facere vel habere liceat gur - guſtium, quod teneat vltra dimidium aquae. Huius igitur actionis teſtes ſunt Rothmarus Praepoſitus Tarbatenſis et eius con - uentus ac ceteri teſtes. Datum anno Domini 1224.
k)

*)Palaggen verfertiget. Man bindet duͤnne Stoͤcke von Graͤnen oder Tannen, deren Dicke im Durchſchnit 1 oder anderthalb Zolle betraͤget, und welche die Fiſcher Tharen nennen, mit Baſt an drey Stangen, die anderthalb bis 2 Faden lang ſind und eine Elle weit von einander liegen, ganz dichte zuſammen. Der Palaggen aber liegen 60, 80 bis 100 Stuͤck nach der Breite des Stroms neben einander, werden gegen den Strom vor die Boͤcke bis auf den Grund geſetzet, und an die Boͤcke mit Baſt oder Witzen, das iſt zuſammen geflochtenen jungen Birken, ange - bunden. Jn den Palaggen wird eine Oefnung gelaſſen, vor welche die eigentliche Lachskammer zu liegen komt. Dieſe Lachskammern, deren wol 5 bis 7 in einer Wehren liegen, ſind viereckigt und haben vorne einen weiten Eingang, worein der Lachs, der aus der See gegen den Strom gehet, den Strich nimt, hinten aber ſich durch eine Oefnung von etwan 4 bis 5 Zoll drengen und durcharbeiten mus. Weil nun der Fiſch ſich gleich auf die Seite wendet, und in der geraumen Kammer den Eingang nicht wieder findet, ſo heben die Fiſcher ihren Gefangenen mit einem groſ - ſen ſo genanten Keſſel heraus, und keulen ihn auf den Kopf, daß er davon das Ausreiſſen ver - giſt. Die Lachswehren werden im Anfang des Maymonats geſchlagen, gleichwie die Neunau - genwehren im September. Dieſe letzten haben eben dieſelbe Zuſammenſetzung, nur daß an ſtatt der Kammern Koͤrbe von feinem Weidenſtrauch angeſetzet werden, die den gewoͤhnlichen Fiſch - reuſen aͤhnlich ſehen. Jn kleinern Fluͤſſen ſind die Gurguſtia oder Kaſten kleiner und mit einem Gloͤcklein verſehen, welches bey dem Einſchlupfen des Lachſes oder eines andern groſſen Fiſches klingeln mus. Auch die Aale muͤſſen dieſen Weg mehrentheils wandern.

E18Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1226
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Als die Deutſchen auf Oeſel mit der groſſen Heidenbekehrung zu thun hatten, ſo paſſeten die Semgaller ihre Zeit ab, und gaben bey der ſchoͤnen Winterbahn den Rigiſchen in ihrer Abweſenheit einen unangenehmen Beſuch. Sie zerſtoͤrten das duͤnemuͤndiſche Kloſter, den Clausberg, machten die Pfaf - fen nieder, und veruͤbten allen Muthwillen. Volquin hatte alſo nicht Zeit,dasl)nen Scholaſtikus von Stendel, Ludolph von Hanover Domherren zu Luͤbeck und Luder Humbrecht von Soeſt, welche die Fiſcherey beiden Theilen gemein - ſchaftlich zuſprachen, die Anlegung einer Muͤhle aber an dem kleinen Bache, der aus der See Rodenpois gehet, nur den Moͤnchen verſtatteten. Auch die Holzung blieb gemeinſchaftlich, nur ſolten die Eichen fuͤr die Moͤnche unbeſchaͤdigt erhalten werden, vom 1ſten April. Die Jnſel Ramesholm gehoͤret den Bruͤdern. Wir lernen hieraus eine See Laghen, einen Flus Pele, und noch einen, die Modizze, kennen. Als der Biſchof und Meiſter zu weit in die buͤrgerlichen Rechte griffen, ſprach er die neuen Laͤndereien der Selen der Stadt zu. Etliche geſchworne von der Buͤrgerſchaft ſolten jedes - mal die Frage entſcheiden, welches alte oder neue Aecker ſeyn; die von Duͤnemuͤnde ſolten diſſeits der Duͤne keine gebauete noch ungebauete Felder haben, vom 7ten May. Weil Joh. von Dohlen wieder Willen des Biſchofs das buͤrgerliche Land angegrif - fen, wird ihm alle Begnadigung verſaget, und das Schlos Dohlen ſamt allen ge - baueten Lande den rigiſchen Buͤrgern ertheilet, vom 1ſten Jun. Die Volziehung dieſer Befehle wird unter Bedrohung des kleinen Bannes den ſtreitenden Parteien eingeſchaͤrft*)Gleich Anfangs hat die Stadt Riga ihre Mark und Grenzen mit vielem Eifer verfochten, worin ihr Albert und Wilhelm recht vaͤterlich beigeſtanden. Jn folgenden Zeiten wurden ſie durch den Geitz der Pfaffen hie und da beeintraͤchtiget, allein ſie gewan immer den Rechtshandel. Da nach der evangeliſchen Reformation die Cleriſey ein eigen Regiment anzufangen drohete, behauptete ſich die Stadt auch in dem Beſitz der Kirchenguͤter, und erhandelte einige vom Erzbiſchof Wilhelm, ſo ſehr auch die Pfaffen ſich dawider ſtreubten. Sigism. Auguſt half anfaͤnglich den Pfaffen uͤber, und lies uͤberaus harte Reſcripte an die Stadt ergehen. Siehe unter deſſelben lateiniſchen Briefen den 185 und 186. Allein die Grosmuth des Koͤnigs Stephani befeſtigte ſie in dem Beſitz aller Stiftsguͤter, als curiae archiepiſcopalis, aedium Canonicorum et Capitularium cum vniuerſo iure, dominio et proprietate unterm 7ten April 1582 zu Riga, ſo nachher in eben dem Jahr am 16ten Octobr. zu Warſchau auf dem Reichstage beſtaͤtiget worden.. Der Papſt Gregorius der IXte ſchickte 1234 dieſen geſchickten und wohlverdienten Mann mit einer Volmacht eines paͤpſtlichen Legaten wieder nach Lief - land, wo er mit vielem Nachdruck die fernern Grenzſtreitigkeiten auf alten Fus ent - ſchied, und die mehreſten der vorigen Urkunden beſtaͤtigte. Jn Raynalds Kirchen - geſchichte ſtehen unterſchiedliche apoſtoliſche Verhaltungsbefehle an dieſem Wilhelm, als vom Jahre 1236, worin ihm der Papſt auftraͤget, dahin zu ſehen, daß Liefland nicht zum Salzfelde**)Dieſe aus der lateiniſchen Bibel hergenommene Redensart, Pſalm 107 v. 34, bedeutet eine Ge - gend wo Salzquellen ſind und nichts Fruchtbares wachſen wil. Die Vulgate und die Moͤnche, welche dieſelbe faſt auswendig lernen, folgen dem hebraͤiſchen Texte. Dahin gehoͤret der im 1ten Theil vorkommende Ausdruck in millibus ſuis, der nichts anders ſagen wil, als in ihrer ganzen Menge mit allen ihren Landsleuten; die deutſche Bibel hat Mich. 5 v. 1 dieſe Tauſend in faſt gleichem Verſtande beibehalten. werde und zu dem Ende heilſame Anſtalten zu machen, den Neube - kehrten geziemende Freyheit zu laſſen, den Kirchenzehnd zu erhalten, keine neue Lan - destheilung vorzunehmen, den Pilgern unter die Arme zu greifen, und ſie wenigſtens ein Jahr in Kriegsdienſten zu brauchen; Rayn. t. 13, p. 445, n. 62. So ſchenkte er auch dem neuen Biſchof auf Oeſel das dritte Theil des Landes, welches die Buͤrger zu Riga dem Legaten uͤberlaſſen. Papſt Alexander der IVte beſtaͤtigte es zu Viterbo am 13ten Merz 1257. 1240 fuͤhrte Wilhelm den ehloſen Stand der Geiſtlichen in Schweden ein, der doch erſt 8 Jahr nachher auf der ſchoͤningiſchen Kirchenver - ſamlung zum Geſetz wurde***)Der Legat hatte dabey die Abſicht, die Kirchenmobilien zu erhalten, welche mehrentheils von den Kindern unter dem Titel der Erbſchaft entwandt, da auch die Guͤter mit angegriffen wurden, wo - durch die Kirchen verarmten. Er verfiel aber auf den greulichen Abweg die Ehe der Geiſtlichen fuͤr eine Todſuͤnde zu erklaͤren. Jnnerhalb einem Jahre muſten ſich alle Ehefrauen der Cleriſey wegpacken bey Strafe des haͤrteſten Bannes. Prieſter und ihre Frauen, die beide uͤber 50 Jahr alt waren, konten beiſammen bleiben, muſten aber eine ſchwere Geldbuſſe erlegen, und angeloben, niemals unter einem Dache oder in einem Hauſe zu ſchlafen. Der Papſt Alexander der IVte er - lies den Bann, und gab dem Erzbiſchof zu Upſal Volmacht, den verehelichten Geiſtlichen eine andere heilſame Buſſe aufzulegen. Schwediſcher Bibliothek zweites Stuͤck S. 124.. Er hatte vorher ſchon die Biſtuͤmer in Erme - land, Culm, Samland und Pomeſanien eingerichtet. Huitfeld S. 204. Jn19Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. das Schworbiſche von Oeſel, wo die Seeraͤuber recht ihr Neſt hatten, zu1226 erobern, ſondern eilte nach Hauſe, alwo er die Seinigen erſt ausruhen lies und ſo dann in Semgallen den Gegenbeſuch abſtattete, wo er bey 1600 Feinde er - ſchlug, und viel Beute machte, aber auch 300 Mann ſchwaͤcher in Riga an - kam. Albert von Stade meldet die Begebenheit, da die Moͤnche zu Duͤne - muͤnde von den Heiden zu Maͤrtyrern gemacht worden, zwey Jahre ſpaͤter.

So bald die See wider aufgegangen war, gieng der Herzog Barmm von Pommern und der Graf von Arnſtein nebſt einer zahlreichen Pilgergeſel - ſchaft wieder nach Deutſchland. Hierauf hatte ſich der Semgaller Aelteſte, Weſthard, geſpitzet. Er verband ſich alſo mit den Litthauern, uͤberfiel Aſcherade, und verheerte die ganze Gegend. Der Schlosvogt, Marquard von Buͤhrbach, ein braver und geſetzter Mann, nahm ſo viel Lieflaͤnder und Letten, als er aufbringen konte, ſetzte dieſen Freibeutern des Morgens nach, jagte ihnen den Raub ab, und ſtreckte bey 500 ins Gras. Weſthard, der eben beim Fruͤſtuͤcken uͤberrumpelt wurde, nahm gleich einen Brand aus dem Feuer, und ſchlug den Schlosvogt damit ſo derb ins Geſicht, daß ihm die Zaͤhne aus dem Munde fielen. Hierdurch bekam er Zeit zu entwiſchen. Die von Aſche - rade gewonnen das Feld und lieſſen 200 Mann im Stiche. Volquin gab auf erhaltene Nachricht von dieſem vortheilhaften Scharmuͤtzel Weſtharden noch weiter das Geleite, holte auch die Semgaller ein, erbeutete uͤber 1500 Pferde und erlegte 2000 Feinde. Doch koſtete ihm dieſer Sieg gleichfals 600 von den Seinigen.

Jn eben dem Jahr ſandte der Ordensmeiſter einen luͤbiſchen Domherren, Joh. Volckarſon, und die Buͤrger zu Luͤbeck, Wilhelm Bertholſon, und Joh. von Bremen an den Kaiſer Fridrich den IIten, um denſelben im Namen der Bruͤder vorzutragen, wie noͤthig es dem Orden zur Beſchuͤtzung der neuen Republic ſey, daß ihm alle Guͤter und Rechte, ſo ihnen die Biſchoͤfe von Liefland und Leal auf eine rechtsbeſtaͤndige Weiſe ertheilet oder noch kuͤnftig ertheilen moͤchten, beſtaͤtiget, und alles Metal in und uͤber der Erde, das ſonſt zur kaiſerl. Kammer gehoͤre, zugeſprochen wuͤrde. Der Kaiſer wilfahrete dem Orden in Betrachtung des Todeskampfes, welchen die Bruͤder taͤglich auszuſtehen haͤtten, und verbot durchs ganze roͤmiſche Reich bey 50 Mark reines Goldes, daß niemand ſie in ihren Grenzen beunruhigen ſolte. Der Urbrief davon iſt bey Parma im Maymonat des 14ten Jndictionsjahrs unterzeichnet. Als Zeu - gen waren dabey gegenwaͤrtig die Erzbiſchoͤfe, Albert von Magdeburg, von Meiland und der von Jvrea, der Biſchof von Chur und Abt zu St. Gal - len, die Biſchoͤfe zu Zeitz, Hildesheim, Jacob von Turin und M. von Ymola, der Hochmeiſter Herman Landgraf von Thuͤringen, Herzog zu Sachſen, Renald Herzog von Spoleto, ein Graf von Wien, von Queurenberch, von Evreſteen, deſſen Bruͤder und andre mehrm)Noch gefaͤlliger lauteten die Freiheitsbriefe dieſes Friedrichs, die er dem deutſchen Orden verliehen, und an dem die Lieflaͤnder nach der Ordensvereinigung Theil nah - men: als, eine vom April 1221 zu Tarent, von dem alten Beſitz der Schloͤſſer, Dorf - ſchaften (caſalia*)Caſalia ſind bey Doͤrfern die Edelhoͤfe, Landguͤter und ſo genanten Luſthoͤfgen, die Friedrich der IIte als Koͤnig von Sicilien nach der ſicilianiſchen Landſprache ſo benennet. Hugo Fulcandus, ein ſicilianiſcher Schriftſteller, braucht das Wort in eben der Bedeutung. Gewoͤhnlich nennendie) Menſchen und Guͤter, von dem freien Gebrauch des Waſſers, Graſes,Hol -.

E 2Der
l)Jn den folgenden Jahren bedient er ſich in oͤffentlichen Schriften des Titels eines Biſchofs von Sabina. Aus den Documenten ſeiner Zeit bemerken wir, daß der vornehmſte Adel, auch graͤfl. und fuͤrſtl. Perſonen ſich an den Biſchof gehalten, weil ſie als Pilger und Freiwillige in Liefland dienten. Der Ordensmeiſter Volquin hat in Verſiegelungen und Unterſchriften ſeinen Rang nach dem Propſte zu Riga: doch folgen auch in vielen die Grafen und Vaſallen der Kirche erſt nach ihm.
l)20Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1226
61

Der paͤpſtliche Legate Wilhelm endigte die Streitigkeiten zwiſchen der Cle - riſey, dem Orden und der Stadt durch eine neue Verordnung, die wir der vielen darin feſtgeſetzten Stuͤcke wegen ganz beibringen wollenn)Wilhelmus miſeratione diuina Mutinenſis Epiſcopus, Apoſtolicae ſedis Legatus, omnibus praeſentes litteras inſpecturis in vero Salutari ſalutem! Cum ea, quae in - ter habitatores Liuoniae Teutonicos ſuper diuiſione terrarum acquirendarum annis ſin - gulis oriebatur, diſcordia odii fomitem et inuidiae generaret, ex qua radice peſſima graue impedimentum ad conuerſionem gentium euidentiſſime naſcebatur, ſicut et fama publica et facti euidentia comprobat; placuit Nobis et Viris praedictis, tempe - ſtiue tanto morbo ſalubriter obuiare. Deducta itaque in praedicto articulo hora diei non modica, tandem Dominus Albertus Epiſcopus, Iohannes Praepoſitus, Frater V fratrum Militiae Chriſti, Comes Borcardus, Vaſalli Eccleſiae et Ciues Rigenſes totum negotium commiſerunt noſtro arbitrio terminandum, promittentes, quod, quamcunque faceremus in terris ſupradictis diuiſionem, et diuiſa quibuscunque par - tiremur, ratum haberent, et inuiolabiliter obſeruarent, ſicut ipſorum Sigilla appenſa inferius teſtantur. Nos ergo ſtatum terrae attendentes, qualitate perſonarum et vtilitate perſpecta, vidimus expedire, vt hi conſolationem reciperent, qui in expeditionibus faciendis et rebus praeualent et perſonis, vt ſpe releuante laborem contra inimicos Eccleſiae Chriſti intendant efficaciter vniuerſi. Terrarum ergo, quae omnimodo auxilio Dei et praedictorum labore fuerint ad cultum fidei conuerlae, partem vnam Epiſcopo Rigenſi et Eccleſiae ſuae, aliam Magiſtro et Fratribus Militiae Chriſti, et tertiam par - tem Ciuibus Rigenſibus adſignamus, in his duntaxat, quae ad Dominium pertinent temporale. Decimam enim et vniuerſa ſpiritualia creandis ibidem Epiſcopis reſer - uamus*****)Daß dieſer Zehnd zum Unterhalt der Domkirchen gewidmet geweſen, niemals aber von den Vaſallen, ſondern der Bauerſchaft entrichtet worden, beweiſen viele Urkunden, ſonderlich diejeni - gen, welche bey Austheilung des Landes den Ordensbruͤdern die Kirchen ſamt den Zehnden zum Unterhalt des Pfarrers zuſprachen, welcher auch noch dafuͤr eine Gerechtſame zu heben hat. Jn den Jahren 1695 drohete dieſe hervor geſuchte Urkunde mit ihrer zu weit gedehnten Erklaͤrung der lieflaͤndiſchen Ritterſchaft gefaͤrliche Folgen, welche deswegen alle Muͤhe anwandte, den rechten Verſtand derſelben zu erlaͤutern. Sie erwies, daß von den ſchon errichteten Biſtuͤmern Riga und Doͤrpt nicht die Rede ſey, weil da ſchon creati epiſcopi ſaͤſſen, der Biſchofszehnde aber fuͤr die Creandos ausgemacht werde. Sie bezog flch auf die Verordnung des Biſchof Alberts, wel - che 1537 vermehrt in Druck gekommen, und derer 2 und 167 Kap. womit die paͤpſtl. Briefſchaf - ten uͤbereinſtimmen Hauptſaͤchlich ſchuͤtzte ſie ſich mit dem Beweis, daß die Ciſtercienſer, Tem - pelherren und Hoſpitalbruͤder, nach dem Jure canonico c. 10; von ihren Guͤtern keinen Zehn -den. Epiſcopi etiam in quocunque loco conuenientem elegerint manſio -nem,.

Noch
m)Holzes, von Erlaſſung des Bruͤcken - und Seezols, des Geleites, des Pfalgeldes (falangaticum) und zwar durchs ganze roͤmiſche Reich. Wer ſie aus ihren Guͤtern jagen wil, ſol 100 Mark reines Gold zur Strafe erlegen (componat*)Componere, ein juriſtiſches Wort aus dem fraͤnkiſchen Rechte, heiſt eine Geldbuſſe an den Fiſcus, oder den beleidigten Theil erlegen.. Eine an - dre vom Merz 1226 zu Rimini, da der Kaiſer zur Aufnahme des Ordens der Bruͤ - derſchaft die Freiheit giebt, Durchzugsgelder (paſſagia**)Paſſagia der Zoll fuͤr die oͤffentliche Landſtraſſe, das Geleite. Beim Duisburger part. II c. 5, bedeutet es den Kreuzzug ſelbſt nach dem gelobten Lande. und Zoͤlle anzuordnen, Maͤrk - te und Meſſen einzufuͤren, Muͤnzen zu praͤgen, Steuren (talliam) und andre Gerecht - ſame aufzulegen, alle Gold-Silber-Eiſen-Salz - und andre Metalgruben, die ſich in ihren Laͤndern hervorthun wuͤrden, auf ewig zu beſitzen, wie auch loͤbliche Geſetze und Landtagsverordnungen (aſſiſſias***)Aſſiſſa, Aſſiſſia, ein von den Normaͤnnern nach Sicilien und Britannien gebachtes Wort, deſſen ſich der alte britanniſche Rechtsgelehrte Jleta lib. I c. 17 bedienet, das aber in den ſici - lianiſchen Edicten deſto haͤufiger vorkomt, bedeutet nicht nur die Landtage, fondern auch die auf ſelbigem gemachten Receſſe. abzufaſſen****)Fridericum II Imperatorem cunctis in Septentrione gentibus, vtpote Liuis, Eſtiis, Curiis et Semgallis ad Chriſtianorum ſacra tranſituris libertatem publice conceſſiſſe, Goldaſtus Collect. Conſtitut. Imperial. tom. II, p. 77, auctor eſt. Ipſum libertatis diploma Celeber. Schurz - fleiſchius operi ſuo de ordine Enſiferorum ſubiecit. .
m)
*)die Jtaliaͤner einen ſolchen Hof Villagio. Johannes der XXIIſte ſetzt in einem Schreiben die Erzbiſchoͤfe von Coͤln und Magdeburg und den Biſchof von Utrecht zu Schirmherren uͤber die Eccleſias, Georgia, caſtra caſalia etc. des lieflaͤndiſchen Ordens vom Jahr 1316.
*)21Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Noch eine neue Grenzeinrichtung von dieſem Legaten, in Abſicht der Stadt -1227 mark, verdienet hier aufgehoben zu werden. Sie iſt zwar vom 13 Merz unter - ſchrieben. Doch hat ſie der Papſt Honorius der IIIte in einer eigenen Bulle aufbehalten; und da die Urkunde des Legaten, ſo in hieſigen Archiven mit 5 Sie - geln bekraͤftiget lieget, im geringſten nicht volſtaͤndiger iſt, ob ſich gleich der Papſt darauf beziehet, ſo mag zur Abwechſelung die paͤpſtliche Bulle ihre Stelle vertreten. o)Honorius Epiſcopus, Seruus Seruorum Dei, dilectis filiis Communitatis Rigenſis Sa - lutem et Apoſtolicam benedictionem! Ea, quae judicio vel concordia terminantur, firma debent et illibata perſiſtere, et ne in recidiuae contentionis ſcrupulum relaban - tur, conuenit Apoſtolico praeſidio communiri. Significaſtis ſiquidem Nobis, quod, cum inter vos ex parte vna et venerabilem fratrem noſtrum Epiſcopum, Praepoſi - tum et Magiſtrum Militiae Chriſti Rigenſis ex altera ſuper terminis Marchiae ciuita - tis noſtrae coram Venerabili fratre noſtro Mutinenſi Epiſcopo, Apoſtolicae ſedis legato, quaeſtio verteretur, vos et pars altera ipſius Legati vos arbitrio commiſiſtis, promittentes| ad inuicem, quod, quicquid ſuper hoc ordinaretur ab ipſo, ratum hinc inde perpetuo haberetur, prout littere noſtro et partis alterius ſigillis munitae teſtan - tur. Praedictus vero Legatus rerum, locorum et perſonarum qualitatibus circum - ſpectis, et debita deliberatione praehabita, ordinauit, vt Marchia Ciuitatis Rigenſis citra Dunam incipiat a Rumbula in ipſo angulo lapidee ripe fluminis, vbi ripa incipit altius conſcendere relicto ſuperius prato; Et de illo angulo procedatur contra ſtagnum Rodepois recta linea vsque ad pontem riuuli, qui Pitcorga*)Pitcorga heiſt an andern Orten die Putkeraa, davon Putkermuͤnde herkomt. vulgariter nuncupatur; de ponte vero recta linea vsque prope caput ſtagni ad locum, vbi dicitur Lingua, cui adiacet ſtagnum ex vna parte, ac ab alia aqua, quae dicitur Skilagius, et ſic citra ſtag num vsque ad Dunemundenſem terminum deſcendendo; inter praedictos autem fines comprehendantur prata facta vel facienda, quae ſunt inter pontem de Rodepoiset

Der
n)nem ibidem quilibet ad ſuam manſionem de terra viciniori XVIII incultos et duos cultos manſos ab omni onere obtineant expeditos. Epiſcopus etiam unusquisque in Caſtris ſingulis, in ſua dioeceſi conſtitutis, ſi voluerit aream ad habitandum, habeat competentem. Unicuique etiam Eccleſiae cathedrali de terra viciniori culta centum vnci, et X manſi de inculta ſine cenſu et decimatione ab omni prouentu libere re - ſeruentur. Coloni quoque praedictorum agrorum a vectigalibus et exactionibus quibuslibet, nec non ab expeditionis onere ſint immunes. Eccleſiae vero parochiales tam in agris quam in annona dotentur, ſicut per Liuoniam eccleſiae ſunt dotatae. De peregrinis autem de voluntate praedictorum taliter ordinamus, vt, poſtquam ad Dunemundam peregrinorum adplicuerint primae naues, infra decem dies liceat praeeligere Domino Epiſcopo decem de voluntariis ab his peregrinis ad vſus ſuos et caſtrorum ſuorum. Poſt decem vero dies liceat tam Praepoſito quam Magiſtro et Ciuibus accipere voluntarios peregrinos in obſequium in caſtris et operibus ſuis, nec liceat hoc alicui prohibere. Si autem contigerit, vnum vel duos de praedictis portionariis velle aliquam paganorum terram expugnare et ſubiicere cultui |Chri - ſtiano, faciant hoc communicato conſilio praedictorum trium; quod ſi vnus vel duo noluerint, ſecundum quod poterunt ad hoc laborare, ille, vel illi ſoli obti - neant, qui laborant, ſi terra fuerit conquiſita. Datum in Riga, anno Domini MCCXXVI. III Idus Aprilis. Quinque Sigilla adpenſa.
n)

*****)den entrichten, welchen Titel der Tempelherren auch der lieflaͤndiſche Orden bekommen. S. das Cor - pus Juris Canon. Lib. V, Decretat. tit. 35 c. 3. Arnoldus Lubec. Hiſt. Slav. lib. VII, c. 9, Pontanus l. 6, p. 317, Ziegler in notis ad Lancelotti inſtit. Juris Canon. l. II, t. 26, der Bul - len Johannis XXII und Benedicti XII zugeſchweigen. Sie berief ſich auf die Freiheit der be - nachbarten Preuſſen; Henneberg S. 282 u. f. Schütz fol. 65; weil die Kirchen ſtat des Zehn - den mit andern Mitteln verſehen worden. Sie fuͤhrte aus der Geſchichte an, daß die Geiſtlich - keit viel geringere Beſchwerden wider den Orden bey den Paͤpſten angebracht, niemals aber uͤber den Abbruch des Zehnden geklaget, wie denn kein einzig Erempel vorkomme, daß der Orden dem Biſchof den Zehnden entrichten muͤſſen, auch in keinen geiſtlichen Stiftungen deſſelben gedacht werde. Hierzu komt noch das Praͤjudicat der Polen, die als Glieder der catholiſchen Kirche, die Vorrechte der Biſchoͤfe am beſten kanten, aber niemals eines Zehnden, weder in den Subjections - tractaten noch weiter hin, erwehnen. Weil dieſe Gruͤnde an ſich erweiſen, was ſie ſollen, ſo ha - ben wir die uͤbrigen, weil ſie mehr beweiſen als ſie ſollen, weggelaſſen.

F22Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1228
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Der roͤmiſche Koͤnig, Heinrich VII, ſchenkte die Stadt und das Schlos Re - vel nebſt den Provinzen Jerwen, Harrien und Wirland, als ihm und dem Reich zuſtaͤndige Laͤnder, dem Meiſter und Ordensbruͤdern in Liefland, zum Loͤſegelde fuͤr die Seelen ſeiner durchlauchtigſten Vorfahren. Bey dieſem Schenkungs -briefe,o)et illos duos montes prope pontem, qui ſe mutuo reſpiciunt contra ſtagnum, quo - rum ulterior Naba vocatur propter riuulum Naba, qui ei noſcitur adjacere, citerior vero vocatur Mons aquilae, pro eo quod ibi nidificare aquila conſueuit. Gurgu - ſtium autem Fratrum Militiae, quod eſt ibi, eisdem fratribus perpetuo conſeruetur. Ipſi vero dimittant ab vna parte ſpacium competens propter naues, nec faciant ca - pturam in adſcenſu piſcium ſed tantummodo in deſcenſu. Vltra Dunam vero a praedicto loco Rumbulae procedatur vſque ad aquam, quae dicitur Meiſſae recta li - nea, vnde ad aquam citius peruenitur, et deinde ad locum, vbi flumen Semigal - lorum jungitur ad Babat, et ſic per medium fluminis vsque ad mare et per terram vsque ad fratrum Dunemundenſium terminos procedatur. Ad haec memoratus Lega - tus illud de praedicta Marchia, quod eſt inter Babat et flumen Semigallorum, et omnia gramina riparum ejusdem fluminis, quae a Venerabili fratre noſtro, Epiſco - po Semigalliae redemiſtis, nec non omnia gramina quae ſunt vel poſſunt eſſe in ſtagno Rodepois in citeriori ripa ejus vsque ad riuulum Pitcorga, et omnia gramina culta vel inculta vallis ipſius riuuli ad communes vſus tantum ciuium, peregrinorum et mercatorum non vero Epiſcopi, Praepoſiti vel Magiſtri ſpecialiter reſeruauit, ad - jiciens, vt piſcatio Rodepois communis ſit omnibus, gurguſtio fratrum ſaluo. To - ta vero alia Marchia omnibus tam Clericis quam Laicis in piſcationibus, paſcuis lignis caedendis, argilla fodienda, lateribus et calce coquendis, fornace propter haec habenda, et ea quae ſunt tectis neceſſaria. Ita tamen, quod poſt haec loca huius - modi (talia) remaneant in communi, nec non in graminibus colligendis ad herbam; et in fodiendis alueariis apum de lignis, quae ſunt in myricis, et ad omnem vtilita - tem aliam ſint communia. Idem quoque Legatus ea, quae ſunt culta in ſupra dicta Marchia ſiue in agris, ſiue in pratis ſeu in arboribus, nec non molendina cum riuulis, ex quibus molunt, et vetera gurguſtia omnibus tam Clericis quam Laicis et Dunemundenſibus fratribus, ſicut poſſident, integra conſeruans et libera, ſtatuit, vt noua gurguſtia aut molendina inter dictos terminos ſine communi conſenſu non fiant. Si qui vero ſunt Selones, vel alii intra Marchiam cenſum Magiſtro reddentes, ad communem vtilitatem reſpondeant Ciuitati, Inſula, quae Omeſera (Osmeſara) di - citur, Eccleſiae ſanctae Mariae integre reſeruata. Sin autem infra dictam Mar - chiam alicubi dubitatio fuerit, vtrum ſit locus ille cultus vel incultus, et vbi ſunt ar - bores, vtrum ſint agri vel ſiluae incultae, ac de gurguſtiis, utrum ſint noua vel vetera, hoc totum trium juratorum ciuium arbitrio terminetur, qui eligantur a praedictis Epiſcopo, Praepoſito et Magiſtro. Adiicit etiam legatus praedictus, vt ſingulis noſtris conciuibus de inculta Marchia liceat colere vbi et quantum volunt, ita quod octo annis integre ac libere percipiant inde fructus, et poſtmodum ad communem vſum redeant, ſi poſſunt eſſe bona paſcua ſiue prata. Quod ſi eſſe ne - quiuerint, ſed agri potius, reddant cenſum exinde ciuitati, ſi vere dubitetur, vtrum paſcua eſſe poſſint, vel ſi plures forſan contenderent in eodem colere loco volentes, praedictorum trium ciuium arbitrio terminetur. De ſupra dicta vero Marchia inte - ger manſus Hoſpitali Sancti Spiritus et ponterio de Rodenpois dimidius eorundem trium ciuium arbitrio aſſignetur, qui ſi fuerint in praemiſſis quandoque diſcordes, duorum arbitrium obſeruetur. Cum autem conciues veſtri ob praedictas cauſſas laborauerint, ab his, quorum interfuerit, expenſas recipiant moderatas. Quod enim de fornace et tectis ad opus laterum eſt praedictum, ſi de loco fuerit conten - tio, inter plures, vel quod non videatur ſorſitan opportunus, ſaepe dictorum trium ciuium ſententia decidatur, prout praemiſſa omnia in litteris ſupradicti Legati exinde confectis perſpeximus plenius contineri. Veſtris itaque ſupplicationibus in - clinati, quod per eundem Legatum ſuper his rite ac proinde actum eſt, auctoritate Apoſtolica confirmamus. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam no - ſtrae Confirmationis infringere, vel ei auſu temerario contraire. Si quis autem hoc attentare praeſumſerit, indignationem omnipotentis Dei et Beatorum Petri et Pauli Apoſtolorum eius ſe nouerit incurſurum. Datum Laterani III Idus Decembris Pontificatus noſtri anno undecimo. Sigillum penſile Honorii Pont. P. 23Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. briefe, der bey Nuͤrnberg vom 1 Jul. im erſten Jndictionsjahre unterſchrieben1228 worden, ſtunden als Zeugen, der hochwuͤrdige Biſchof Herman von Wuͤrtz - burg, Conrad Burggraf von Nuͤrnberg, Fridrich von Brahendingen, von Tannenrode, Eberhard Truchſes von Waldpurg, Conrad Schenke von Winterſtaͤdt, Ulrich von Truchtelingen, 4 Bruͤder und Rit - ter von Grindelahe, genant Rindesmule, Cunrad von Bergen und andre mehr.

Jn dieſem Jahre erhielt die Stadt Riga inrußiſcher und lateiniſcher Spra - ein herlich Handelsprivilegium, welches des Koͤnigs David in Smolensko Sohn Mcislaus im Namen der Koͤnige von Polocz und der Rußen in Wi - tebeck unterzeichnet hatte.

Der Biſchof Albert richtete nach Masgebung der ſaͤchſiſchen Rechte das erſte und aͤlteſte Ritter - und Landrecht ein, deßen 67 Artikel die Biſtuͤmer Ri - ga, Doͤrpt, Oeſel, Curland und die Ordenslaͤnder angiengen. p)Dieſes aͤlteſte Lehnrecht in Liefland befindet ſich gemeiniglich hinter der brandiſiſchen Handſchrift, und erſtreckt ſich auf obgemeldete Provinzen, ausgenommen Harrien und Wierland, die ſich des woldemariſchen Lehnrechts bedienten. Wem der Sach - ſenſpiegel bekant iſt, kan des Abdrucks von dieſem Lehnrecht entraten. Man hat ſonſt eine erweiterte Abſchrift davon in 3 Buͤchern, deren erſtes 33 Kapitel, das andre 40 und das 3te 28 Kap. enthaͤlt. Am vollſtaͤndigſten iſt es, vermutlich bey Ludwig Dietz zu Roſtock, unter dem Titel in Druck gekommen: De gemenen Stichtiſchen Rechte im Stichte van Riga, geheten dat Ridderrecht mit der Eininge unde Uthanwerdinge der Buren dorch den Hochwerdigen unde Grothmechtigen Foͤrſten unde Heren, Heren Michaelem, Erzbiſchop tho Ryga unde Wol - thern van Plattenborch Meiſter Duͤdeſches Ordens tho Lyfland gemaket und verſegelt. MDXXXVII. Das ganze Buch in 4 beſtehet aus 249 Kap. Hinten iſt angedruckt: Formulare Procuratorum, Proces unde Rechtes ordeninge, Rechter arth unde Wiſe der Ridderrechte yn Lifflande, So wol yn den Stifften, alſe yn Harrien unde Wirlande unde gemennichliken ym Gebruke aver gantzem Lyflande. Mutatis mutandis. Dith bock ys yn viff Dele ge - delet, unde leret fyn, wo me ſaken, ym rechten anvangen, middelen unde endigen, Klage unde Antwerde, unde alle andere noͤdige Dinge ym rechten ſchicken, formeren unde ſtellen ſchoͤlle, unde ys ym xxxiij jare angevangen unde ym xxxviij geendiget, unde ſe thor Prente, den Lifflaͤndiſchen Jun - ckern, Armen unde Riken, ok andern des Rechten, nodtrofftig, thom be - ſten uthgeſandt, GOtt geve ſyne Gnade, dat recht, recht gefordert unde gerichtet werde, darup de name des Heren gepriſet unde ewich gebenediet werde. Amen. Auf dem letzten Blat lieſet man: Gedruͤcker unde vollendet yn dem MDXXXIX yare am doͤrteinden Dage des Herueſtmaens. Die unge - mein groſſe Seltenheit dieſes gedruckten Werkgens, hat uns den ganzen Titel abzufor - dern geſchienen, indem es an oͤffentlichen Orten und bey den ſorgfaͤltigſten Liebhabern gar nicht oder hoͤchſtſelten zu finden, die ſich daher mit bloßen Abſchriften behelfen muͤſſen. Der Verfaſſer dieſes Formulare Procuratorum iſt der bey uns beruͤmt geweſene Rechtsgelehrte Dionyſius Fabri aus Pommern, den man mit dem oban - gefuͤhrten Dionyſ. Fabricius nicht verwechſeln mus. Der bekante David Hil - chen*)Da dieſer Mann, zur Zeit der koͤniglich polniſchen Regierung, bey der Stadt Riga ſowol als dem Lande eine wichtige und verdiente Perſon vorſtellet, ſo wird es nicht undienlich ſeyn, wenn wir hier einige perſoͤnliche Umſtaͤnde deſſelben zum voraus bemerken. David Hilchen war eines Buͤr - gers Sohn aus Riga. S. Caſelii Briefe S. 234. Jn dem ſigismundiſchen Diploma uͤber ſeinen Adel, heiſt ſein Vater Thomas Hilchen, Tribunus, d. i. Eltermann; die Muter Catherine Ralb, und ſein Bruder Johannes, der Philoſophie und Arzeneikunſt Doctor. Nach zuruͤckgelegten Studien begab er ſich von auswaͤrtigen Univerſitaͤten zu dem beruͤmten Groskanzler und Generalfeldherrn der Kron Polen, Johann Zamoiski von Zamoscie, der ihm 1585 nach Riga zum Oberſecretariat half, wo er nach 4 Jahren Syndicus der Stadt wur - de. Hier lies er ſich unter andern ruͤmlichen Bemuͤhungen ſehr angelegen ſeyn, im Conſiſto - rio eine beſſere Einrichtung zu treffen, die Schulen in Aufnahme zu bringen, und auf eigne Ko - ſten die erſte Buchdruckerey in der Stadt anzulegen, worin er die Vormuͤnder-Ordnungim hat uns von der ziemlich unverſtaͤndlichen platdeutſchen Urſchrift des letzteneineEs wird ihmF 2auch24Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,p)eine hochdeutſche doch ungedruckte Uberſetzung nachgelaſſen. Doch die kuͤrzere ſowol als die erweiterte Abſchrift, wie auch des Fabri gedrucktes Stiftiſche Recht war fuͤr ein lieflaͤndiſches Ritter - und | Landrecht unzulaͤnglich,*)Nicht nur unzulaͤnglich, ſondern es war auch theils ungerecht, theils und hauptſaͤchlich aber auf neue Zeiten nicht anzuwenden. Unter die vielen Merkwuͤrdigkeiten deſſelben gehoͤret Lib. II tit. 17, daß der Adel das Halsgericht habe, und tit. 44 der ſonderliche Wiederruf: Was ich geredet, hab ich gelogen wie ein Hund. weswegen Hilchen es| un - ter polniſcher Regierung auf beſſern Fuß ſetzte, der Herr Vicepraͤſident Engelbrecht von Mengden**)Dieſer Engelbrecht iſt von dem Generalmajor, Landrath und Obriſten der lieflaͤndiſchen Ritterfahne, Herrn Guſtav von Mengden, zu unterſcheiden. Letzterer muſte ſich 1679 wegen einer ungluͤcklichen Begebenheit verborgen halten, in welcher Einſamkeit er uns die ſchoͤnen Sontagsgedanken eines Chriſten, ſo ſich an GOtt VerMiethet, und den verfolgten, erretteten und lobſingenden David in deutſche Verſe gebracht. Das erſtere ſind Lieder uͤber die Evangelia, das andere einewohlge - aber unter ſchwediſcher Regierung anſehnlich vermehrte. Al -lein*)im Jahr 1591 zum Druck befoͤrdert. Der erſte Buchdrucker zu Riga hies Nicolaus Mollin - und das erſte Werk, ſo er ums Jahr 1588 gedruckt, war die platdeutſche Kirchenordnung, oder eigentlich die Ordnung des Kirchendienſts in Singen und Beten, wie ſie D. Brisman aus Roͤ - nigsberg aufgeſetzet. Bey der Druckerey beſorgte Hilchen zugleich die Anlegung eines Buchla - dens. Auf ſein Zureden vermachte ein Lieflaͤndiſcher von Adel, Johann Overlack, am 23 December 1596 zu Ruſtjerwe, der kurz vorher zu Riga geſtifteten Stadtbibliothek 300 Mark rigiſch, mit der Bedingung, daß auf alle Buͤcher, die von dieſem Gelde wuͤrden gekauft wer - den, des Teſtatoris Overlacks Name zum ewigen Gedaͤchtnis gedrucket werde. Hier uͤber ward Hilchen zum Teſtamentarius verordnet. Der Koͤnig von Polen, der die Geſchicklichkeit dieſes Syndici erkante, gab ihm den Titel ſeines Secretarii, brauchte ihn in Geſandſchaften, und ernennete ihn zum Landſchreiber des wendenſchen Diſtrikts, wie er denn auch als Mitcom - miſſarius und Sekretair der groſſen Commißion in Liefland 1599 zur Reviſion der Guter bei - wohnte. Er erhielt ſchon 1591 am 2 Jeuner fuͤr ſich, ſeine Eltern und Bruder das Adelsdiplo - ma, worinne ihm das Zamosciſche Wapen, nemlich drey goldene Lanzen oder Spieſſe im rothen Felde, verliehen wurden, worunter 2 kreuzweis liegen und die Spitzen in die Hoͤhe kehren, der dritte aber mit niedergeſenkter Spitze mitten hindurch gehet. Der Koͤnig ſchenkte ihm aus beſon - drer Gnade auf dieſen Schild noch einen gekroͤnten ofnen Ritterhelm, worauf ſich ein Pfauen - ſchwanz in ſeinen natuͤrlichen Farben ausbreitet. Solche Huld bey ſeinem Koͤnige muſte nothwendig bey einigen Verdacht und Misgunſt erwecken. Das handſchriftliche Tagebuch der vorer - wehnten groſſen Commißion fuͤhret unter dem 24 April eine artige Begebenheit an. Ein gewiſ - ſer Paul Spancke hatte Hilchen in einem Gedicht Sacro-Sanctum Regis Poloniæ legatum beti - telt. Hilchens Feinde gaben vor, der Dichter habe dieſen Titel auf ſeines Gonners Begehren ſo hinſchreiben muͤſſen. Spancke wurde vor die Commißion gefordert, da er jenen entſchuldigte, und ſich auf das Geſandtenrecht berief, nach welchem alle Geſandten ſacro-ſancti waͤren. Jn Riga war der Burgemeiſter Nicolaus Eeck das Haupt einer Gegenparthey, zu der ſich auch der Viceſyndicus, Jacob Godeman, ſchlug, ob er gleich ſeine Erhebung zu dieſem wichtigen Po - ſten Hilchens Empfelung zu danken hatte. Als Hilchen einsmals dieſem Godeman in der Vorburg zu Pferde begegnete, hieb er mit der Spitzgerte nach demſelben. Dieſe Hitze zerſtorete nicht allein Hilchens eigenes Gluͤck, ſondern auch ſeines Schwiegervaters, des Herrn Burgemeiſter Franz Neuſtaͤdts. Jn Riga brachte man 15 Klagpunkte zuſammen, nach welchen Hilchen die Ma - jeſtatem Senatus rigenſis (ſo war der eigentliche Ausdruck), die Privilegien der Stadt und das gemeine Weſen beleidiget hatte. Weil ſich Hilchen nach Polen gewandt, ſo wurde er aufm Rath - hauſe pro contumaci erklaͤret, ihm der Hals abgeſprochen, und er fuͤr vogelfrey erklaͤret. Auch der Scharfrichter muſte in Hilchens Namen dem Syndico Godeman Abbitte thun, und ſich aufs Maul ſchlagen. Die Speciem facti von der ganzen Sache lies Hilchen 1605 zu Cracau in 4, in einer flieſſenden und beſcheidenen lateiniſchen Schreibart der Welt im Druck vorlegen. Die Urſchrift hat die Aufſchrift: Clypeus innocentiae et veritatis; die deutſche Uberſetzung aber: Gegenwehr der Unſchuld und Warheit wider Jae. Godeman ꝛc. Da man ſich in Riga alle Muͤhe gab, dieſe Blaͤter zu unterdruͤcken, ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie ungemein ſelten und beinahe unſichtbar geworden. Man ſuchte in Polen dieſen Haͤndeln abzuhelfen, allein mit ſchlechtem Fortgang. Simon Staravolski fuͤhret Hilchen mit unter den Elogiis et vitis centum illuſtrium Poloniae Scriptorum an, meldet aber deſſen Tod ein Jahr zu fruͤh. Chy - traͤus hat von ihm viel lieflaͤndiſche Nachrichten zur Verbeſſerung ſeiner neuern Ausgaben erhal - ten, ihm auch das 30 Buch ſeiner Hiſtorien zugeeignet. Sein feuriges Temperament erſiehet man uͤber dem aus einem alten Tagebuche, da er am 22 October 1589 Niclas Fickens Frau auf oͤffentlicher Gaſſe die Muͤtze vom Kopfe herunter geſchlagen. Es iſt auch um ſeinetwillen Mat - thias Treiden am 12 Junii 1591 von dem Bedienten des doͤrptiſchen Caſtellans Lenieck erſchoſ - ſen worden, als Treiden nach Hilchen zu ſchieſſen gedrohet hatte. Nach vielem Kummer und Verdrus, den auch ſein Schwiegervater Herr Neuſtaͤdt mit empfinden muſte, weil ihm als Buͤrgen das Seinige ſequeſtriret und der Rathsſtuhl verboten wor, ſchafte ihm der Tod 1609 im 49 Jahre ſeines Alters auf einmal Ruhe. Er ſchrieb und ſprach fertig Latein, in welcher Sprache er auch, bey ſeiner Durchreiſe durch Roſtock, an die daſelbſt ſtudirende Lieflaͤnder eine wolgeſetzte Rede auf des Chytraͤus Catheder gehalten, und ſie zum Fleis in ihren Studien ver - manet und aufgemuntert. Seiner Geſchicklichkeit halber wurde ihm 1599 von der groſſen Com - mißion das Landrecht zu verfaſſen aufgetragen. Vid. Diarium Commiſſionis Manuſcript p. 88, it. Relation. p. 7.25Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. p)lein beide Verbeſſerungen ſind noch nicht zu der Reife und Vollkommenheit gediehen,1228 daß ſie in oͤffentlichen Druck haͤtten erſcheinen koͤnnen. Zur Befriedigung der Neu - begierde, unſrer Leſer wollen wir einige merkwuͤrdige Stellen aus der mitlern Abſchrift hier beibringen, weil ſelbige ſo gar von Fabri das landlaͤufige Recht genant wird. Wobey wir das alte gebrochene Niederdeutſch ſo viel als thunlich, mit neuern deut - ſchen Worten zu beſſerer Verſtaͤndlichkeit ausdrucken. Auszug der merkwuͤrdigen Stellen aus des dritten Biſchofs Alberts Lieflaͤndiſchem Ritterrechte nach der volſtaͤndigern Abſchrift. Das erſte Buch. Wenn ein Biſchof erkoren oder beſtaͤtiget wird, auch der Lande und Schloͤſſer1 Kapitel. maͤchtig iſt, und darein komt, ſo iſt ein jeder von Adel und Eingeſeſſener des Stifts pflichtig, ſein Lehn zu empfahen, innerhalb Jahr und Tag, das iſt 1 Jahr und 6 Wochen, ſo ferne es ihm wiſſentlich iſt. Nachdem das Chriſtenthum in Liefland gelegen innerhalb der Heidenſchaft der2 Kap. Reuſſen, Littauer und Carelen, und der Adel und Eingeſeſſene des Stifts wehren und beſchuͤtzen ſollen, auf ihre eigene Koſt; werden ſie gefangen, ſie muͤſſen ſich ſelbſt loͤſen; verlieren ſie ihre Habe, ſie tragen den Schaden. Wenn ein Stiftmann geſinnet iſt, ſein Gut zu empfangen von ſeinem Herrn, ſo3 Kap. ſpricht er alſo: Gnaͤdiger Herr, ich geſinne an Ew. Gnaden ſolchen Gutes meines vaͤterlichen Erbes oder gekauften Kaufes, als ich an Ew. Gnaden gebracht habe, und bitte Ew. Gnaden zum erſten, andern und drittenmale daſſelbe mir und meinen Erben zu verleihen. Enthaͤlt die Rechte der geſamten Hand. 7 u. 8 Kap.Hat eine Frau ein Kind, daß ſie bezeugen mag ſelbſt dritte, daß es die 4 Waͤnde9 Kap. beſchrien, ſo iſt alle Wiedergabe, das iſt die Morgengabe, todt. Die Erben moͤgen ſowol bewerben an der Witfrauen Gut vor dem Mondfeſt, da -13 Kap. mit bewehret werde, daß nichts verloren werde, das Jhnen anfallen mag; mit Jh - rem Rath ſoll auch die Witfrau Begraͤbnis und Mondfeſt begehen, anders ſollen aber die Erben keine Gewalt haben bis an das Mondfeſt. Ritter Heerweide iſt das beſte Pferd mit dem Sattel, zweier Knechte Pferde mit14 Kap. den Satteln und Zaͤumen, und alles was man pfleget darauf zu fuͤhren, auch alle die Waffen, die der Ritter pflegte an ſeinem Leibe zu fuͤren. Wo 2 oder 3 Mann zur Heerweide geboren ſind, der aͤlteſte nimt das Schwerd zuvor, das andre theilen ſie gleich unter ſich. Nach der Heerweide ſoll man die Muß theilen. Zum Mußtheil gehoͤren alle Speiſen,15 Kap. die der Mann in ſeiner Gewehr hat, oder einig Mann von ſeinetwegen im Haus und Hofe, nemlich Fleiſch, gruͤn oder treuge Schmeer, Schmalz, alles gebackene Brod, allerley Getraͤnke, alle Kuͤchenſpeiſe, als Erbſen, Bohnen, Gruͤtze, Senf, deutſche Heringe, Buͤcklinge, Stockfiſch, Butter, Eyer, Kaͤſe, alle Molken, Oele, Zwie - beln, Knoblauch, Ruͤben, alles gebrochene Obſt, alle Kraͤuter gemalen oder gebrochen, Honig, Lactuaria, Feigen, Roſinen, Mandeln, Reiß und alles was manlich eſſen oder trinken mag, roh oder gar, das man nicht aus der Erden graben darf, oder von den Baͤumen pfluͤcken, und darneben gehoͤren dazu alle Maſtſchweine, nicht mehr ge - hoͤret zum Mußtheil. Wird ein Man mit Recht von ſeinem Weibe geſchieden, ſo ſollen ſie zu Recht thei -17 Kap. len, was ſie haben halb und halb, und da ſie ohne Untugend von ihrem Manne geſchie - den wuͤrde, ſo behaͤlt ſie, was ſie zu ihm gebracht hat, und er behaͤlt das ſeine, und wenn ſie getheilet iſt von ihrem Manne, oder nach ihres Mannes Tode, ſo mag ihr kein Lehnsgut mehr anfallen. Daſſelbe geſchicht auch einem Pfaffen, wenn der von ſeinen Bruͤdern abgetheilet iſt. GAlles**)wohlgerathene Ueberſetzung aller Pſalmen Davids, wo uͤber etlichen eine eigene Singart in No - ten ſtehet. Dieſe Poeſien ſind voller Andacht und beweglicher Ausdruͤcke, die Gedanken lebhaft, die Reime rein, das Sylbenmas und die Wortfuͤgung nach ihrer Zeit beſſer als man vermuthen ſolte. Beide ſind zu Riga bey Georg Matthias Noͤllern, 1686 in 8 zuſammen gedruckt.26Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,p)Alles gewonnene Gut und fahrende Haabe mag ein Mann vergeben, ohne ſeiner21 Kap. Erben Volwort, dieweil er ſo maͤchtig iſt, daß er auf ein Pferd ſitzen mag von einem Stein oder Stoke, der Knies hoch iſt, daß man ihm das Pferd und den Steigriemen halte, wenn er aber daſſelbe nicht mehr thun kan, ſo mag er weder vergeben, noch verlaſſen oder lehnen. 22 Kap.Ohne des Herrn Urlaub mag ein Mann vergeben oder verkaufen oder verlehnen ſein Gut, wenn er nur behaͤlt einen halben Hacken Landes und ſo viel Hofes, da man einen Wagen innen kehren mag, davon er ſeinem Herren moͤge Eides pflegen, der ſo vermoͤgen iſt, daß er mit guter Leute Huͤlfe auf ein Pferd ſitzen moͤge und reiten, wo - hin er Gewerbe hat. 25 Kap.Leibzucht kan den Frauen noch Jungfrauen noch Pfaffen kein Mann brechen, kein Vetter, noch geborner Freund oder Erbe, noch einig Mann, darauf das Gut verſtir - bet, ſie verbrechens denn ſelber, alſo daß ſie die Obſtbaͤume oder Maulbeerbaͤume*)Maulbeerbaͤume ſind nicht Mori, noch auch diejenige Art von Erdbeeren, welche bei uns Maulbee - ren heiſſen, und auf der Erde wachſen, ſondern Obſtbaͤume. Mori ſind nicht in Liefland. abhieben, oder Mahlſteine verduͤrben, oder Leute vom Gute verwieſen, die zum Gute geboren ſeyn, oder in welche Weiſe ſie ihre Leibzucht nicht in ihrer Wuͤrde lieſſen. 27 Kap.Der Pfaf theilet mit den Kindern und nicht der Moͤnch, der unter ſeinen Jahren in die Kappen kommen iſt, auch mag der Moͤnch kein Lehngut beſitzen. 30 Kap.Will der Biſchof ſeinen Mann verklagen um Lehngut, und iſt der Mann zur Ant - wort, er gewinnet 6 Wochen Zeit, verklaget er ihn aber um andre Sachen, ſo muß er alſobald antworten, iſt auch ein Mann nicht zur Antwort, ſo leget man ihm ſeine Ta - ge zu 3 malen und 14 Naͤchte, ob er im Stifte wonhaftig iſt, und zu entbieten ihm die Tage in fein Haus mit wahren Worten zu zeugen; wohnet er aber auſſerhalb des Stifts, ſo lege man ihm 6 Wochen zu 3 malen, und entbiete ihm die Tage in ſein Haus oder Gut, komt er denn nicht, ſo bricht er drey Wetten oder Bruͤche, das ſind 60 Schilling. 31 Kap.Wettet oder bricht ein Mann vor Gerichte, das ſoll er bezahlen bei ſcheinender Sonnen, thut er das nicht, ſo ſteige die Wette oder Bruche 3 Tage, den erſten Tag 2 Pfund, den andern Tag 4 Pf. den 3ten Tag 8 Pf. und nicht hoͤher, ſo leget ihn der Richter 3 mal uͤber 14 Nacht, entrichtet er denn nicht, ſo pfaͤndet der Richter aus ſei - nem Hofe und Gut, und wo er des ſeinen etwas findet. Wer ein unrecht Urtheil fin - det, das iſt 1 Pf. und wer ein recht Urtheil ſchilt, das ſind 2 Pf. Das andre Buch. 1 Kap.Wird ein Kind geboren ſtum, blind, Handlos oder Fußlos, das iſt wol Erbe zu Rechte, hat auch ein Mannslehn empfangen, ehe er dieſe Gebrechen gehabt, ſein Lehn verleuret er damit nicht, aber auf den ausſaͤtzigen Mann ſtirbet noch Lehn noch Erbe. Hat er aber das Lehn vor ſolcher Krankheit empfangen, und wird darnach krank, er verleuret es damit nicht. Der Pfaf nimt gleiches Theil mit den Bruͤdern und Schweſtern in Erb und eigen, es iſt aber keiner ein Pfaf, er ſey denn gelehrt und geordneter Thumbpfaf. 5 Kap.Der mit Diebſtal oder Raub, mit Morden, mit Kirchenbrechen, mit Verraͤtherey oder mit Gift und Zauberey einmal vor Gerichte verklaget und uͤberwunden worden, und dafuͤr gebuͤſſet hat, wird er darnach anderswo ſolcher Laſter beſchuldiget, er mag mit ſeinem Eide nicht unſchuldig werden. 6 Kap.Wer den andern wundet oder toͤdtet, und ihn gefangen vor Gericht fuͤret, und fuͤr einen Friedbrecher bereden wil, mag er das nicht volfuͤren, ſo iſt er ſelbſt des Unge - richts, ſo er hat an ihm gethan, uͤberwunden, und obgleich der Mann ein Spill - mann oder Unrechtgeborner ſey, ſo iſt er darum kein Raͤuber oder Diebsgenos. 15 Kap.Welcher Mann nicht alſobald und unverwandtes Fuſſes ein Urtheil, das ihm an - trift, ſchilt, wenn mans ausſpricht vor Gerichte, des Urtheil mus ſtets bleiben. Vier Sachen ſind die echte Noth heiſſen: 1) Gefaͤngnis, 2) Krankheit, 3) Ver - dienſtung ſeines Gutes und 4) auſſer Landes. 26 Kap.Wer ein Weib unwiſſend nimt, die ihm nicht gebuͤret mit Recht, oder haben muß nach Rechte, und haben Kinder zuſammen, werden ſie darnach geſchieden mit Recht, es ſchadet den Kindern an ihrem Rechte nicht, die geboren ſind vor der Scheidung, ſowol auch dem, das die Mutter traͤget. Wo zweene Maͤnner ein Erbe aufnehmen, und aufboͤhren ſollen, das ſol der aͤlte - ſte legen und der juͤngſte kieſen. Sind ihrer aber mehr als zween, ſo theilen ſie nach dem Loos. Wer27Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquins. p)Wer Schuld fordert vor Gericht auf einen Mann der nicht zahlen noch Buͤrge ſetzen kan, der Richter ſol dem Klaͤger den Mann ausantworten, fuͤr das Geld, den28 Kap. ſol er halten gleich ſeinem Geſinde mit Speiſe und Arbeit. Wil er ihn in eine Helde, das mag er thun, anders aber mag er ihn nicht peinigen. Singende oder kruͤmmende Staͤgelwiede, Jachthunde, Bracken mag man gelten30 Kap. mit einem ihres gleichen, die ſo gut ſeyn als die andern, ob man es bey ſeinem Eide erhaͤlt. Haben zwey zankende Doͤrfer wegen ihrer Scheidung gleich rechte Gewehr an der36 Kap zwiſtigen Scheidung, ſo frage man das Eiſen drauf, wem es denn GOtt giebt, der behalte es; bleiben ſie aber beide unſchamfieret, ſo theile man das Land, brennen ſie aber beide, ſo ſol man auch das Land theilen. Kriegt ein Mann in der Gemeinheit Eigenthum zu ſich, und vernehme, daß dieje -37 Kap. nigen, ſo zu der Gemeinheit gehoͤren, ſie ſeyn naͤher ihre Gemeinheit zu behalten mit 7 geſchwornen Eiden, denn der andre, wil aber derienige das heiſſe Eiſen tragen, das mag er thun, gewinnet ers, die 7 geben ihm 1 Mark Silbers. Das dritte Buch. Ein Dieb der eines Ferdinges werth, (das iſt 4 Mark,) ſtielt, den ſol man hen -1 Kap. ken; ſtielt er aber unter eines Ferdinges werth, man ſol ihn zeichnen in den Backen mit einem heiſſen Eiſen, ein Ohr abſchneiden oder zur Staupe ſchlagen, er buͤſſe es denn mit 6 Mark Landguts. Stielt einer auf einer Burg, oder in einer Kirchen, in einer Muͤhlen, oder in einer Badſtuben, das ein Loth Silbers werth iſt, das iſt der Galgen. Wird einer zum drittenmale Diebſtals belanget vor Gerichte, und hat ſich erſt zweimal losgeſchworen, ſo muß er ſich reinigen mit heiſſem Eiſen, aber der Klaͤger ſol es mit ſeinem Eide bekraͤftigen, daß es nicht geſchehe durch Haß oder andrer Sa - chen willen, ſondern allein durch Verluſt ſeines Gutes. Brennet er ſich, man ſol ihn henken, bleibet er aber unverletzt, der Klaͤger ſol ihm geben ein Mark Silbers fuͤr ſein Ungemach. Daſſelbe Recht geht auch uͤber unrechte Maſſe, unrecht Gewicht und unrecht Kauf, ob man ſolches bey ihm findet, denn ſie ſind Diebe allen Leuten. Jtem alle Moͤrder, und die den Pflug, Muͤhlen, Kirchen oder Kirchhoͤfe berau - ben, auch Verraͤter, Mordbrenner, und die in Botſchaften ihres Herrn ihren From - men werben, und nicht ihres Herrn, die ſol man alle raͤdern. Jſt es aber ein Pfaf, der ſolche Laſter begangen, den ſol man verbrennen. Welch Chriſtenmann unglaͤubig iſt, oder mit Zauberey umgehet, oder mit Gift,2 Kap. und wird des uͤberwunden, den ſol man auf einem Heerde brennen. Schlaͤget ein Stiftsmann den andern tod, er ſol welchen Jahr und Tag aus dem4 Kap. Stifte, ſo gebe er dem Biſchof 13 Ferding und 4 Oehr, und lege die Sache ab, ſo er mag, mag er aber nicht, ſo trage er die Fetzde. Der Biſchof mag ſeine weltliche Mannen nicht bannen um weltliche Sachen, er verfolge denn die Sache mit weltlichem Rechte, weil er das weltliche mit im Geiſtli - chen hat. Wenn ein Mann an ſeinem Maul, Naſen, Ohren, Zunge oder an ſeiner Mann -6 Kap. heit, Hand oder Fuß beſchaͤdiget wird, das ſol man beſſern mit einer halben Mann Buſſe. Wer dem andern den Daumen abſchlaͤgt, der ſol geben 6 Mark Landsgut, fuͤr den Finger nechſt dem Daumen 5 Mark, fuͤr den mittelſten Finger 4 Mark, fuͤr den Finger nechſt dem, 3 Mark, fuͤr den kleinſten Finger 2 Mark. Daſſelbe Recht haben die Zaͤhne auch, nemlich wer dem andern eine Kuſe oder Bakenzahn ausſchlaͤgt, der ſol ihm geben 6 Mark Landguts, fuͤr der foͤrderſten einen 3 Mark. Welch Mann einen andern wundet, daß man Knochen findet, der ſol fuͤr das erſte, das daraus wuͤrde gezogen, 6 Mark Landguts, und fuͤr das andre 7 Mark, und ſo fort bis auf 10 Mark geben, und nicht hoͤher. Welch Mann herberget oder ſpeiſet oͤffentlich einen friedloſen Mann, der iſt fried -8 Kap. los gleich ihm. Man mag auch keinen friedloſen Mann uͤberwinden in einem andern Gerichte. Wer einen Friedbrecher toͤdtet oder wundet, der bleibet des ohne Wandel, ob er10 Kap. das ſelb 7 bezeugen kan, daß es auf der Flucht geſchehen ſey. Man ſol kein Weib richten, das ein lebendig Kind traͤget, hoͤher denn zu Haut12 Kap. und Haren; auch rechte Thoren und ſinloſe Leute ſol man nicht richten, wenn ſie Schaden thun, oder jemand beſchaͤdigen, ihre Vormuͤnder aber ſollens gelten. G 2Wer28Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1228auch die Verfauſſng des weltlichen Bauerrechts zugeſchrieben, wie ſolches von den aͤlteſten Liven fuͤr Burgrecht gehalten wordenq)Von dieſem Rechte der alten Liven, theilen wir in voriger Schreibart hier die ganze Abſchrift mit. Das weltliche Bauerrecht, wie es von den aͤlteſten Liven vor Burgrecht gehalten, und von den Biſchoͤfen in Liefland beſtaͤtiget und genehmiget worden. Wenn einer dem andern ein Auge ausſchlaͤget aus dem Haupte, derſelbige Schlaͤ -ger hat im Rechten verbohret 20 Mark ſtiftiſcher Muͤnze.Eine Hand ab 20 Ein Fuß ab 20 Ein Daumen ab iſt 5 Den. Zu welcher Zeit aber das altegeſchrie -p)13 Kap.Wer da faͤhret uͤber eines Mannes Acker, der beſaͤet iſt, oder Wieſe, die unge - mehet iſt, der ſol geben fuͤr ein jeglich Rad ein Oehr, das iſt 3 Schilling, reitet er aber, eine Oertning, das iſt noch ſo viel. Wehrt er ſich, ob man ihn pfaͤnden wolte, das ſol er beſſern mit einer Mark Landesgut. Wer Holz hauet, Gras maͤhet, oder fiſchet in eines andern Waſſer, ein ieder wage ſeine Bruͤche, iſt ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fiſchet er aber Teiche, die gegraben ſeyn, oder hauet Holz, das geſetzet iſt, oder Baͤume, die Fruͤchte tragen, oder bricht ſein Obſt, oder hauet er Maulbeerbaͤume ab, oder graͤbet er aus, die zu Markſteinen geſetzet ſeyn, oder hauet Honigbaͤume ab; er mus 9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten. 17 Kap.Ob iemand ſchieſſet oder wirft einen Menſchen oder Vieh, als er ſchieſſet oder rah - met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man ſeinen Leib nicht, noch ſeine Geſundheit, ob der Menſch gleich ſtirbet, aber er mus den Menſchen oder das Vieh gelten, als ſein Wehrgeld iſt. 23 Kap.Haͤnget der Hopfen uͤber den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum Zaune aufs hoͤchſte er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das iſt ſein, was nachbleibet, das iſt ſeines nechſten Nachbarn. 25 Kap.Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als ſelb 7te vor Gerichte kommen, und die ſollen keine andre Waffen bey ſich haben denn Schwerter. Schlaͤgt ein Mann ein Kind tod, er ſol ſein vol Wehrgeld geben. Schlaͤgt aber ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch ſeine Miſſethat, er bleibt des ohne Wandel, ſo fern ers halten wil mit ſeinem Eide, daß ers nicht anders um Miſſethat geſchlagen. 26 Kap.Welch Mann einen Hund hat, der glupende beiſſet, einen zamen Baͤren, Wolf oder Fuchs, was die Schaden thun, das ſol er gelten. 28 Kap.Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, ſoll niemand andre Waffen fuͤhren, denn alleine Schwerter, und daſſelbe nur ſeine Dienſtmanne. Alle, die daruͤber Waffen fuͤhren, ſollen wetten auf die hoͤchſte Wette; Waffen ſol man wol fuͤhren, wenn man dem Gerufte folgt; und demſelben folgen von rechtswegen alle, die zu ihren Jahren kommen ſeyn, ſo ferne, daß ſie ein Schwert fuͤhren moͤgen, es entſchuldige ſie denn rechte Noth. Obſervat. I. Da in der aͤlteſten Abſchrift §. 10 dem Biſchof das naͤhere Recht in den Guͤtern der ge - ſamten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver - kaufen oder zu verſetzen befugt iſt; dieſe Einſchraͤnkung aber in der neuen Ausgabe dieſer Rechte von dem Erzbiſchof Michael und dem Heermeiſter Plattenberg weggelaſſen worden, ſo iſt die Veraͤn - ſerung der Lehnsguͤter in Liefland ohne Zweifel in freye Wilkuͤhr geſtellet worden. Aus dem 67 oder letzten § ſiehet man auch, daß die im erſten Theil beim Jahr 1222 not e) und *) vorkom - mende Waypen oder Decken ein deutſches Wort ſey, das die Eſten nur angenommen, im Deut - ſchen aber Wepen heiſſe und zum Heergeweide gerechnet werde. Obſervat. II. Die in vorigen Geſetzen beniemten Strafgelder haben nach Ausſage der aͤlteſten Brief - ſchaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbuſſe fuͤr einen unvor - ſetzlichen Todſchlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten, davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nechſten Anver - wandten des Entleibten zufiel. Unter Deutſchen und Freileuten ward das Soͤhnegeld verdoppelt und 160 Loth Silber erleget. Die Ritterſchaft hat nie eine Taxe gehabt, ſondern jeder hat ſeine Manbuſſe zur Verſoͤnung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen muͤſſen. Als mit der Zeit die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, iſt dieſe Geſetzordnung vielen Misbraͤuchen unterworfen geweſen, welchen die nachherigen Landesverfaſſungen endlich abgeholfen.29Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquinq)Den mittelſten Finger ab iſt 4 Mark ſtiftiſcher Muͤnze.Den 4ten Finger ab 3 Den 5ten und kleinſten Finger 3 Wer einen Todſchlag gethan, hat im Rechten verbohret 40 ſo ferne er zu der Verſoͤnung mag kommen.So ein Mann den andern vor einen Dieb anſpricht, derjenige der angeſprochen wird, mag ſich des entgehen mit ſeinem Eide, ſo er ihm das uͤbergehen wil, der ſol ihm das uͤberzeugen mit 3 glaubwuͤrdigen unberuͤchtigten Maͤnnern.Wer den andern verwundet mit einem Stock oder mit einem Meſſer, der hat verbohret 3 Mit einem Schwerte 2 Mit einem Brodmeſſer 6 Mit einem Speer 3 Mit einem Beil 1 Wer einer Frauen Namen ſchwaͤchet, daß ſie bezeugen kan mit 3 glaubwuͤrdigen Maͤnnern, iſt den Hals ab.Wer ſeinem Herrn den Zehnden ſtielt, verbohret 20 ſonſt iſt auch der Hals ab.So einer des andern Roͤhde faͤllet, hat verbohret 9 Wer des andern Peener oder Miſtacker umhacket 9 Wenn einer einen Peener zum Feldacker hacket 9 Wer dem Herrn die Scheidung ſtielt, iſt Hals abSchieſſet der eine des andern Queck, oder wird es ihm ge - nommen aus ſeinem Stalle, ſo iſt es 9 wird es ihm genommen aus ſeinem Hofe 6 Wenn ein Mann das Queck vom Acker gebracht hat, wird es ihm denn entwaͤltiget, iſt 9 Wird ihm das Queck entwaͤltiget auf ſeinem Acker, iſt 18 Eine Wunde im Antlitz iſt 6 und das dritte Theil komt der Herſchaft zuEine Blaue auſer den Haaren im Antlitz, iſt 3 Wer den andern beiſſet, er mag beiſſen mit vier Zaͤhnen, einen jeglichen Zahn ſol er loͤſen mit 4 oder man ſol ihm die Zaͤhne ausſchlagen.Eine blaue Wunde, die gedeckt iſt unter den Kleidern, 4 Eine Blutwunde unter den Kleidern iſt 1 Eine blaue auf dem Haupte iſt 1 Wer den andern ermordet, ſol aufs Rad.Einen Ketzer und Zauberer ſol man brennen.Wer des Herrn Gebot verſitzet, iſt die Staupe oder der Hals.Wer den andern beleugt, und kan es ihm nicht wahr ma - chen, iſt die Staupe.Wer den andern hilft zeugen von Gewonheit wegen, und das nicht volbringen kan, iſt 1 Es ſey denn Sache, daß ers mit ſeinem Eide und Recht erhalten wil, als ſichs gehoͤret.Wer unrechte Klage vorbringet, und einem andern Schaden thun wil, iſt 1 Wer der Herrſchaft ein Fuder Heu ſtielt, das ſol er bezahlen, und daruͤber der Herrſchaft geben, als viel er geſtolen 3 Wer den andern beraubet auf dem Wege auf ſechs Pfennig werth, der ſol bezahlen und wiedergeben 40 Jn der Stube und in der Kirche iſt desgleichen, ſonſt iſt der Hals ab.Ein Ding, das eins vertragen und gerichtet iſt, komts zum andernmal vor die Herrſchaft, iſts 1 Ziehet der Miethknecht vor der Zeit von ſeinem Herrn, ſo ſol er ſeinen Lohn verlohren haben, und ſol nichts ſeyn die Zeit, die er ſeinem Herrn gedienet hat.HDes -30Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter. 1228geſchriebene Stadtrechtr)Das alte geſchriebene Stadtrecht iſt in 11 Buͤchern verfaſſet, deren Rubrik Menius S. 6 richtig angiebt. Es| war auch in der Stadt Doͤrpt eingefuͤret, iſt aber niemals in Druck gekommen, auſer daß das 7 Buch, unter dem Titel einer Vormuͤnder-Ord - nung in 60 Artikeln, etwas erweitert bey Nic. Mollin 1591 gedruckt ans Licht ge - treten, und zum andernmal 1687 zu Riga durch Noͤllern wieder abgedruckt worden, bey welcher andern Auflage man doch die Vorrede vermiſſet. Um der Hiſtorie willen, wollen wir unſern Leſern aus den uͤbrigen 10 Buͤchern etliche Artikel ausſuchen, die fuͤr andern etwas Seltenes an ſich haben. 1 Buch, 17 Kap.Wenn ein Mann einen Kauf ſchließt, und einen Gottespfennig darauf giebet, und wird der Kauf nicht wiederrufen deſſelben Tages, und behaͤlt den Got - tespfennig uͤber Nacht, ſo ſol der Kauf ſtets bleiben zu beiden Seiten. Es ſey denn, daß ein Pferd ſtaar - blind oder hauptſichtig ſey, alsdenn mags ein Mann wol wiedergeben innerhalb 8 Tagen. 26 Kap.So einem Rathmanne geboten wird von dem Buͤrgermeiſter zu Botſchaften oder zu andern Sa - chen, als gen Duͤnemuͤnde oder dergleichen, binnen der Stadtsmarke, und thut er das nicht, ſo ſol er das beſ - ſern mit 3 Mark Silbers. In emtione ſi arrhæ per noctem retineantur, poe - nitere non licet, exceptis equis vitioſis, qui intra octiduum reſtituantur. Senatores a Conſulibus vocati obtemperent. 2 Buch, 3 Kap.Ein Vorſprach ſol haben 6 Oehr, daß er einen Mann an ſeinem Leibe ſpricht, und 4 an ſeiner Geſundheit, und von einer ſchlechten Klage 4 Pfennige Luͤbiſch. Wird aber ein Urtel beſcholten aufs Haus, davon ſol er haben ein Oehr. 3 Buch, 8 Kap.Es mag ſich niemand entſchuldigen um Klage mit den Leuten, die mit am Flooke und am Farde wehren; es mag auf den andern niemand zeugen, auf einige Handſache von Schuld, mit dem, der ſein Compan daran iſt, oder dem die Sache mit angehet. 5 Buch, 19 Kap.So ein Mann oder Weibsperſon in ein geiſtlich Leben gegeben wird, und Gehorſam thut, die mag kein Erbe aufboͤhren, oder fahrende Habe, es waͤre ihm denn gegeben mit Willen. Ein eingefuͤhret ſey, laͤſt ſich ſo wenig mit Gewisheit ſagen,alsq)Desgleichen iſts auch mit der Dienſtmagd zu halten. Was man fuͤr einen Todſchlag und Wunde giebt, iſt dasdritte Theil der Herrſchaft, und zwey Theile dem Klaͤ - ger, dem die Sache angehet. Was man beſſert fuͤr Gewalt und Richtigkeit, iſt der Herr - ſchaft. Von dieſen Geſetzen hat man mancherley Abſchriften, die aber der Ordnung, den Strafgeldern, und den Ausdruͤcken nach ſich unterſcheiden. Wir haben dieſe aus einem oͤffentlichen Orte; die aͤlteſten haben ſo unleſerlich und unverſtaͤndlich deutſch, daß wir eine neue Uberſetzung hinzu fuͤgen muͤſten. Die Marken machen in noch nicht ſehr alten Berechnungen viele Schwierigkeiten, indem ſie in dem 16 und 17 Jahrh. von 3 bis gegen 40 auf einen Reichsthaler geſprungen. Doch muͤſſen die aͤlteſten Marke an Silber ein gut Pfund gehalten haben, weil die Oeſeringe, die einer halben Mark gleich kamen, das ſind die groſſen aus dichtem Silber verfertigten runden Schnallen, womit die reichen Baͤuerinnen ihre Wepen auf der Bruſt feſt machen, und nun ſchon ziemlich zur altvaͤteriſchen Tracht gehoͤren, ein halb Pfund und mehr an Gewichte betragen. Jn einer bey dem Archiv befindlichen weitlaͤuftigen Nachricht von der alten lief - laͤndiſchen Muͤnzvaleur, aus der der Herr Landrath v. Ceumern einen Auszug bey ſein Theatridion drucken laſſen, findet ſich noch am Ende dieſer Werth:1 Mark Goldes iſt nach alter rigiſcher Gewonheit1 Mark Silber 1 Oehr 1 Nagat 1 Oertgen*)Daß dieſe Oertgen die ehmals ſogenanten Artte oder Artige ſeyn, hat ſchon Herr Caſpar von Ceu - mern S. 137 aus alten Berechnungen erwieſen.*) 3 Pfennige machen einen Schilling.8 Mark Rigiſch oder 8 Rthlr.4 4 3 ßl. 2 1 Der groſſen Gilde in Riga Morgengabe iſt 60 Mark loͤthig á 4 Rthlr. 240 Rthlr. kleinen Gilde 40 á 4 Rthlr. 160 Rthlr.31Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin. r)Ein Knecht oder Magd mag ihres verdienten Lohns einen Ferding auf die1228 Heiligen behalten, von ihren Herren oder Frauen, koͤnnen ſie ihnen beweiſen, daß ſie6 Buch, 8 Kap. ihnen wol gedienet haben. So ein Mann begriffen wird mit falſcher Muͤnze, das ſich erſtrecket auf 2 Oehr8 Buch, 1 Kap. oder mehr, der ſol der Stadt geben 1 Mark Silber. Jſt des falſchen ein Ferding, ſo verleuret der Faͤlſcher ſeine Hand, oder die mag er loͤſen mit 5 Mark Silber. Jſt aber des Falſchen uͤber ein Ferding, ſo ſol man ihn ſieden in einer Pfannen. Wem das rigiſche Gut befohlen wird, der ſol die Mark alſo gieſſen, daß ſie2 Kap. loͤthig ſey bey 1 Loth, und ſo jemand druͤber thut, daß ers aͤrger macht zweyer ſchwar - zen Pfennige,*)Zwey ſchwarze Pfennige halten ein halb Quentlein. der ſol der Stadt geben 3 Mark Silber. Macht er es aber aͤrger eines Quentleins, denn es ſich gehoͤret, ſo verleurt er ſeine Hand, oder mag ſie loͤſen mit 5 Mark Silbers. Macht er es aber noch aͤrger ein Loth, denn es ſich gehoͤret, und zu Rechte ſeyn ſol, ſo verleuret er ſeinen Leib. Wer mit der Elle umgehet, der ſol geben einem jeglichen Recht. Jſt ſeine Elle4 Kap. zu kurz eines Fingers breit, ſo ſol er ſeinen Hals verlohren haben, oder er mag den loͤſen mit 10 Mark. Und iſt die Elle zu kurz einen halben Finger breit, das ſol er buͤſſen mit ſeiner Hand, und die mag er loͤſen mit 5 Mark Silbers. Schlaͤget ein Mann den andern ohne eckhafte Waffen blau oder blutig, oder ſtehet9 Buch, 16 Kap. ihm an ſeiner Ehre, als Dieb, Moͤrder, Raͤuber, Hurenſohn und dergleichen, das ſol er buͤſſen dem Sachwalter mit 1 Mark Silber, und dem Vogt 3 Oehre, und der Stadt 1 Mark Silber. Ein Dieb, der geſtolen hat einen Ferding oder druͤber, den ſol man henken. So10 Buch 2 Kap. jemand geſtolen hat einen halben Ferding oder druͤber, den ſol man zu den Zehnen brennen oder ein Ohr abſchneiden, und laſſen die Stadt verſchweren und verloben bey ſeinem Halſe, hat er auch drunter geſtolen, man ſol ihn zu der Staupe ſchlagen und die Stadt verbieten bey ſeinem Leibe. Wenn Schiffe, ein oder mehr in die Duͤne kommen, alſo, daß ſie von Noth we -1 Buch, 8 Kap. gen des Eiſes in die Rieſing nicht kommen moͤgen; was denn das Schif koſtet in die Rieſing zu bringen, das ſol gelten das Schif das vierte Theil, und das Gut, das drinnen iſt, 3 Theile. Das Gut ſol man rechnen nach Zahl der Laſten. Ein Schifman, der ein Schif heuret, giebt Windelgeld von der Laſt Korns 4 Ar -9 Kap. tige, und von der Laſt Salz 4 Artige, von der Laſt Heringe 1 Oehr, von der Laſt Wachs 4 Artige, von dem Pfund 4 Pfennige Luͤbiſch, von dem Faß Wein unter fuͤnf Ahmen 4 Artige. Ein jeglicher unſrer Buͤrger, der Schiffe zur Seewerts fuͤhret, der ſol fuͤhren ein14 Kap. weiſſes Kreuz an einem ſchwarzen Fluͤgel, er lege es denn ab von Noth wegen. Wer das nicht thut, der ſol buͤſſen der Stadt ein Mark Silber. Dis waͤre der Jnhalt der Geſetze, die man Gothlaͤndiſch verbeſſert Recht nent. Es wurden auch die ſchwediſchen Geſetze in neuern Zeiten aufs Tapet ge - bracht, allein die Stadt Riga fand ſelbige fuͤr ſich ganz unbrauchbar. Dieſes iſt das alte ſchwediſche Recht, ſo Koͤnig Karl IX beſtaͤtiget, und 1608 bekant machen laſſen. **)Karl muthete ſchon als Herzog 1601 zu Revel den Lieflaͤndern den Gebrauch und die Einfuͤh - rung des ſchwediſchen Rechts an, in ſo weit ſolches zu bewerkſtelligen waͤre, welches aber demuͤthig abgelehnet ward, weil Liefland ſchon ſein eigenes Recht hatte. Karl der XI lies an einem andern Rechte arbeiten, davon die Ritterſchaft zwar gute Hofnung hatte; doch durch den Krieg kam dieſe Sache ins Stecken. Die Stadt zog ihre 11 Buͤcher auf 6 Buͤcher zuſammen, welche ſie der ſchwediſchen Commißion 1662 nach Stockholm uͤberſandte, die es auch bey allen Para - graphis der Statuten bleiben lies. Sie wurden nachher im nieſtaͤdtiſchen und aboiſchen Friedens - ſchluſſe von den allerdurchlauchtigſten Oberhaͤuptern dieſer Lande beſtaͤtiget, und bey allen Richter - ſtuͤhlen gebrauchet und beibehalten.Es kam auch 1643 zu Stockholm bey Heinrich Kayſern in ſchwediſcher Sprache in Druck unter dem Titel: Sweriges Rijkes Landz-och Stadz-Lagh, ſamt Uplandz, Oſtgoͤtha, Helſinge Laghen. Der beruͤmte Loccenius gab es lateiniſch zu Stockholm bey Nicolaus Wankiif 1672 in Folio heraus. Zwey geſchick - te Mitglieder des erlauchten Hofgerichts uͤberſetzten dieſe Rechte ins Deutſche und widmeten ſie dem Koͤnige Karl dem XIIten. Dieſes Werk ward 1709 in 4to zu Frankfurt und Leipzig wieder aufgeleget, und iſt in Noͤllers Verlag, oder bey deſſen Schwiegerſohn Herrn Froͤlich in Riga zu finden. Jn den Tiufwa-Bal - cker oder Geſetzen vom Diebſtal heiſt es: Es mag niemand haͤngen um weniger als eine halbe Mark, auch muͤſſen die Haͤnde nicht auf dem Ruͤcken, ſondern vorwaͤrts ge - bunden werden. Stielt ein Man 2 Rundſtuͤck, oder minder als 3 Rundſtuͤck, der miſſe die Haut und das eine Ohr. Er ſol uͤberwieſen werden mit 6 Maͤnnern. Wird32Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter. 1228als man von dem in Gerichte eingefuͤhrten Eide der alten Letten,ſ)Nachſtehendes Formular des alten lettiſchen Bauereides entdecket uns die vor alten Zeiten uͤblich geweſenen Ceremonien beym Schwoͤren. Die erſte Zeile enthaͤlt den alten Text, die andre die Schreibart und Ausſprache der neuern Zeiten. Kenner, welche der alten deutſchen Sprache kundig ſind, koͤnnen aus dieſer Probe ſehen, ob die lettiſche Sprache ihren Urſprung aus Griechenland oder Deutſchland habe, wo ſie nicht vielmehr mit der deutſchen von einer Mutter herſtammet. Es N. runna un ſwaͤre pi Deewe, ka es uhs tho, ko man no Es N. runnaju un ſwehru pee Deewa, ka es us to, kas man no Jch N. rede und ſchwere bey GOtt, daß ich auf das, was mir vom zeenige Tees kluist waizat, un kas man ſinnams gir, ta tire zeenigas Teeſas kluhs waizahts, un kas man ſinnams irr, to tihru Ehrwuͤrdigen Gerichte wird werden gefragt, und was mir wiſſend iſt, die reine taisnibe, ne wenem per lab, ne otrem per liaun, ne daawne ne taiſnibu, ne weenam par labb, ne ohtram par launu, ne dahwanas ne Warheit, nicht einem zu gut, noch dem andern zum boͤſen, nicht Geſchenks noch breesmibe paͤts, grib iſsadzit un ne neke ſlaͤhpt. Un jo es ta tire breeſmibas pehz, gribbu isſazziht un ne neeka ſlehpt. Un ja es to tihru Gefahr halber, wil ausſagen und nicht etwas verbergen. Und wenn ich die reine taisnibe ne iſsak, tad dood Dees ka es tik mels palleck ka tas taiſnibu ne isſakku, tad dohd Deews ka es tik melns paleeku ka tahs Warheit nicht ausſage, ſo gebe GOtt daß ich alſo ſchwarz bleibe als dieſe ogles, tik isnikuſch ka ta ſemme, tik zeets ka tas akmens, tik ohgles, tik isnihzis ka ta ſemme, tik zeets ka tas akmins, tik Kohlen, ſo vernichtiget wie dieſe Erde, ſo hart wie dieſer Stein, ſo iskaltuſch ka tas kooks; un ſodi man manne Sewe, mannes Baͤrnes, iskaltis ka tas kohks; un ſohdi man mannu Seewu, mannus Behrnus, verdorrt wie dieſer Stock; und ſtrafe mich mein Weib, meine Kinder, man lope un wiſs man augle, ſcheit laidzigue un tur mugi - mannus lohpus un wiſſus mannus auglus, ſcheit laizigi un tur muhſchi - mein Vieh und alle meine Feldfruͤchte, hier zeitlich und dort ewig - gue beſs gal, Amen. gi bes galla, Amen. lich ohne Ende, Amen. Als die Zeiten des dicken Aberglaubens aufhoͤrten, ward der letzte Theil geaͤndert, und der Schlus ſo eingerichtet: Tik teeſcham ka man Dees pallidzas pi mees un dwaͤſsel, ſcheit laid - Tik teeſcham ka man Deews palihdſehs pee meeſas un dwehſeles, ſcheit lai - So wahr als mir GOtt helfe, am Leibe und Seele, hier zeit - zige un tur mugigue beſs gal, Amen. zigi un tur muhſchigi bes galla, Amen. lich und dort ewiglich ohne Ende, Amen. Jn einer andern Eidesformul ſchwoͤren die Bauren bey dem Untergang ihrer Wol - fart bis ins 9te Glied. Wobey zu merken iſt, daß dieſe Nation durch kein ander Zwangsmittel in Furcht geſetzet werden koͤnnen, als durch die Eidesleiſtung, daher die Letten auch in alten Zeiten einen ſolchen, der den Eid ablegen muͤſſen, verabſcheuet nnd kaum unter ſich leiden wollen. den eigentlichen Zeitpunkt beſtimmen kan.

Der
r)Wird er deſſen uͤberwieſen und nicht dabey ergriffen, entledige er ſich mit 9 Manseiden, oder bezahle wieder, was er ſtahl, und dazu 6 Mark in 3 Theile. Wir haben eine Anmerkung in einer alten Handſchrift gefunden, welche aus den aͤlteſten Receſſen be - weiſet, daß eine Mark ſchwediſch 3 Speciesthaler gegolten, das ſind 8 Oer, oder 24 Oertige, wofuͤr man damals 6 Tonnen Rocken kaufen koͤnnen.
r)33Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Der Biſchof Albert ſtarb nach einer 31 jaͤhrigen gluͤcklichen Regierung, wel -1229 cher ſeiner wichtigen Dienſte halber unter den geiſtlichen Oberhaͤuptern von Lief - land, ſo wie Plettenberg unter den Ordensmeiſtern, den Beinamen des Groſ - ſen verdienet haͤtte, wie ſie denn ihr Regiment am gluͤcklichſten verwaltet. Sein Leichnam ward in die von ihm erbauete Domkirche beigeſetzet. Der toͤdliche Hin - trit dieſes klugen Mannes war eine mit von den Urſachen, welche den Volquin bewogen, die Vereinbarung des Schwerdtbruͤderordens mit dem in dem benach - barten Preuſſen in Aufnam gekommenen deutſchen Orden zu ſuchen. Er fer - tigte alſo an den Hochmeiſter Herman von Salze, welcher ſich damals in Ve - nedig aufhielt, eine Botſchaft ab. Allein es ſey nun, daß demſelben die Lieflaͤn - der ſchlecht abgemahlet worden, oder daß er geglaubet, man muͤſſe ſich bey einem ſo wichtigen Werk nicht uͤbereilen, deſſen Bereuung beiden Theilen zu ſchlechtem Ruh - me gereichen duͤrfe; ſo verzog er eine geraume Zeit, ſich deshalb zu erklaͤren.

Eine andere Folge von dem Abſterben des Biſchofs war der Vergleich, den1230 die rigiſche Kirche mit den heidniſchen Curlaͤndern eingehen muſte, worin denſelben die bisherige jaͤhrliche Abgabe gemildert ward.

Nicolaus von Magdeburg erhielt die biſchoͤfliche Wuͤrde durch die ein -1231 ſtimmige Wahl des Domkapitels in Riga, welches des Widerſpruchs, den der bremiſche Erzbiſchof Gerhard der IIte dagegen machte, ohnerachtet, den Pro - ces am paͤpſtlichen Hofe gewan; und empfing von Gregorius dem IXten die Be - ſtaͤtigung daruͤber. Er hat ſich bey der Stadt den Nachruhm eines guͤtigen und verſtaͤndigen Regenten erworben, die ihn auch laͤnger in ihren Mauren herſchen geſehen, als verſchiedene von unſern Geſchichtſchreibern melden. Die Buͤrger - ſchaft machte er ſich durch viele Wohlthaten, ſonderlich durch Ertheilung des gothlaͤndiſchen Rechts und durch die Losſprechung von dem zu errichtenden Zehnden verbindlicht)Die Wahlſtreitigkeit des rigiſchen Domkapitels mit dem bremiſchen Erzſtift iſt in unſerm erſten Theil S. 216 ſchon beruͤhret worden. Auſſer den daſelbſt benanten Ur - kunden errichtete Nicolaus noch 1231 zwiſchen den Buͤrgern zu Riga und den Kaufleu - ten einen beſondern Theilungstractact wegen des von den Heiden eroberben Landes*)Weil die Buͤrgerſchaft den dritten Theil von Curland bekam, ſo nahm Nicolaus den Theil diſ - ſeits der Winda fuͤr ſein Stift, den Kaufleuten wies er jenſeit der Winda mit dem Schlos Me - derothe ihren Theil an, das uͤbrige empfiengen die andern Buͤrger. Von der Kaufman - ſchaft muſten 71 Mann allezeit ſich marſchfertig halten, doch durften ſie nicht ihre eigene Fah - ne fuͤhren, ſondern muſten der Stadtfahne folgen. Der Biſchof fertigte daruͤber am 1ſten Merz 1232 eine eigene Urkunde aus, welche unter andern die Pilger und Ritter Herr Albert, Edler von Arnesheim, Johann von Gatersleben und Hilmer Frocke zu Riga unterzeichnet. Der ſemgalliſche Biſchof Balduin belehnte als paͤpſtl. Legat am 1ſten April 1234 zu Riga mit dieſem Drittel 56 Buͤrger, jeden mit 25 Hacken, und wies ihnen die Gegend deutlicher an, nem - lich das dritte Theil diſſeits der Winda, und das 6te Theil jenſeit des Fluſſes. Des Herzogs von Sachſen Truchſes und Procurator gab hierzu ſeine beſondere Einwilligung. Die Aebte von Duͤnemuͤnde und Valkena ſetzten ihr Siegel mit bey.. Er ſcheinet mit dem Lande wenig zu thun gehabt zu haben. Wir finden noch von ihm einen Freiheitsbrief, unterm Jahre 1250, in welchem er der rigiſchen Buͤrgerſchaft, und den ankommenden und einheimiſchen Kaufleuten den freien Durchzug zu Lande auf der Duͤ - ne, oder ſonſt hin und her zu reiſen erlaubet, wie ſie ſein Vorgaͤnger Albert zugeſtan - den. Das gothlaͤndiſche Recht iſt ſonſt bey uns unter dem Titel bekant: Water - Recht, dat de Koopluͤde unde Schippers gemaket hebben tho Wisby. Man nent es auch Wisby-Sioͤret, das iſt, der Stadt Wisby Seerecht, das an - dern Nationen zum Grunde ihrer Seerechte dienen, und daher in die ſchwediſche, franzoͤſiſche, engliſche, hollaͤndiſche und andere Sprachen uͤberſetzet werden muͤſ - ſen. Jndeſſen da viele Documente eines gothlaͤndiſchen Rechts erwehnen, deſſen ſich die Stadt zur Entſcheidung der Grenzen und Stadtmark bedienet, ſo mus wol ſol - ches nicht das ungedruckte Stadtrecht, ſondern eine Verordnung von Wilhelm ſeyn, da er die rigiſchen Buͤrger durchgaͤngig mit denen zu Wisby auf gleich Recht ſe -tzet,, welche Urkunde die Stadt treflich zu gebrauchen wuſte,Jals34Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1231als ſie in den neuern Zeiten, wegen unterlaſſenen Abtrages des Biſchofszehnden, ſich zu erklaͤren hatte, dahingegen die Ritterſchaft ihren Beweis nicht ſo klar fuͤhren konte.

1232
98

Herzog Albert von Sachſen begnadigte die ganze Gemeine der rigiſchen Kaufleute mit eben dem Recht und Freiheiten in ſeinen Laͤndern, welche ſie zur Zeit der Biſchoͤfe Alberts und Wilhelms von Modena genoſſen; und ſprach ſie auch von allen Ungeldern (Ungeldo), Zoͤllen und Strandgeldern frey. Alle vom Schifbruch gerettete Guͤter ſollen ihnen wieder ausgeliefert werden.

Die vom paͤpſtlichen Geſandten zur Grenzeinrichtung der Stadt verordne - ten Schiedsmaͤnner, Dietrich von Berenwig, und Johann von Huren - huſen, ſprechen den neuen Anbauern in Riga gewiſſe Haken Landes zu, die ſie 8 Jahr lang, ohne alle Abgaben, beſitzen ſollen. Nach deren Verlauf zahlen ſie fuͤr jeden Haken jaͤhrlich einen halben Ferding (dimidium Tertonem) und fuͤr ei - nen halben Haken ein Loth, dagegen ſie es ihren Kindern und Freunden erblich uͤbergeben, im Fal des Verkaufs aber weder an Pilger noch Kloſterleute, ſon - dern nur an Mitbuͤrger ablaſſen koͤnnen. Nicolaus beſtaͤtigte dieſes zu Riga; und ſteht Helenwick, ein Schiffer (nauta) als Zeuge beigeſchrieben. Jn eben dem Jahr zog der Biſchof nach Wisby, weil die rigiſchen Buͤrger ohne Ein - willigung derer zu Wisby keine Synodalzeugen waͤhlen wolten, und verſiegelte daſelbſt in der Marienkirche am 6ten May mit den daſigen Buͤrgermeiſtern die eingeholte Bewilligung, doch mit der Bedingung, daß der Stadt Riga im Sy - nodalgerichte kein Nachtheil (nulla Vara) daraus zuwachſen ſolle.

1233
98

Der doͤrptiſche Biſchof Herman, erbauete das Dominicanerkloſter Falkenaw an der Embach, damit die Bruͤder immer Fiſche haben koͤnten. Da dieſes Kloſter bey wenigem Einkommen viele Baͤuche fuͤllen muſte, ſo ſchickten die Moͤnche 2 aus ihrem Mittel an Se. paͤpſtl. Heiligkeit, um bey derſelben eine Ver - guͤnſtigung auszuwuͤrken, vermoͤge welcher ihnen der Biſchof einen fettern Unterhalt ausmachen ſolte. Dieſe erzehlten dem Papſt, ſie bekaͤmen nichts anders als den ekeln Jas, (ein weiſſer langer und niedlicher weicher Fiſch, welcher haͤufig bey Doͤrpt gefangen, und lieber gebraten als geſotten wird) und grobes Brod zu eſſen, und Gerſtenbier mit Wermuth zu trinken, zu geſchweigen wie ſie woͤchentlich ih - ren Leib caſteyen muͤſten. Der Papſt ſchickte einen Jtaliaͤner mit, der von dieſer ſtrengen Lebensart warhaften Bericht einſenden ſolte. Man ſetzte dieſem einfaͤltigen Kloſterbeſichtiger lauter gedoͤrten Jas und Bier vor, in welches Bors, ein bitteres Waldkraut, an ſtat des Hopfens geleget war, ſo dem auswertigem Ge - ſchmack ziemlich fremd vorkam. Des Sonnabends fuͤhrten ſie den neuen Gaſt in ihre Badſtube, goſſen zur Verſtaͤrkung der Hitze haͤufig Waſſer auf die gluͤhenden Steine, nahmen groſſe Quaſten, goſſen auch wol kalt Waſſer zu, und peitſch - ten auf den von Schweis geſamleten Unflat ganz unbarmherzig los. Wie bey dieſer Zucht die Reihe den zaͤrtlichen Jtaliaͤner treffen ſolte, ſo lief er aus dem Bade weg, und ſchrie: Proh Deum! auſtera nimis haec vere eſt vitae regula, vix audita ab hominibus! Mein GOtt! das iſt eine unerhoͤrte und unertraͤgliche Diſciplin! brachte es auch bey dem Papſt ſo weit, daß das Kloſter mit mehrern Guͤtern verſorget wurdeu)Wir haben dieſe poßirliche Erzehlung aus dem Fabricius, einem eiſrigen Catholiken, ausgeſchrieben. Fabricius fuͤgt hinzu, daß der Biſchof Herman kurz darauf nach Rom gezogen, bald wieder gekommen, 1245 vor Alter blind geworden, ſodann Alex - andern zu ſeinem Nachfolger beſtimmet, und im Kloſter Falkenaw ſein Leben be - ſchloſſen habe..

Nach Alberts von Stade Bericht, ſol in dieſem Jahr in Liefland eine ſogroſſet)tzet, nur daß ſie ſich keinen Prieſter, wie die auf Gothland, erwehlen durften, weil der Biſchof ſich dieſes Recht vorbehielt, nach der Urkunde des Legaten vom December 1225. Sonſt bauete dieſer Biſchof ein Kloſter Bernhardinerordens in Riga, welches, wie Fabricius klaget, zu ſeiner Zeit zu einem Speicher gemacht worden.35Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin. groſſe Hungersnoth geweſen ſeyn, daß ein Menſch den andern gefreſſen, und der1233 Diebe am Galgen nicht geſchonet worden.

Der ſemgalliſche Biſchof Balduin bezeuget, daß im vorhergehenden1234 Jahr der Vogt, die Buͤrgermeiſter und ganze Buͤrgerſchaft zu Riga ihm ihr An - theil und Recht auf Curland und Semgallen ſamt 70 ihrer Lehnsleute abge - treten, dagegen er ihnen auf erhaltene paͤpſtl. Volmacht, auf den Fus des mit dem vorigen Biſchof Lambert in Semgallen getroffenen Vergleichs, die Grenzen ihrer Stadt anſehnlich erweitert.

Auf Anſuchen der Schwerdtritterw)Dieſe Einverleibung des Schwerdtraͤgerordens in den deutſchen Orden, war deſto noͤthiger, je fruͤhzeitiger die Herſchſucht und der Eigennutz die neuen Eroberer Lieflan - des*)Liefland begreift im weitern Verſtande Eſtland mit in ſich, in welcher Bedeutung es die Auslaͤn - der oft gebrauchen, als Raynald t. 13, p. 445: Arcis Reualiae in Liuonia ſitae. Zur Zeit des Ordens gehoͤrte Curland mit dazu, welches die Meiſter ſo wenig in ihrem Titel benanten, als Eſtland, indem ſie unter dem Namen eines Meiſters von Liefland, das ganze Curland und Eſtland mit begriffen. Jn dieſem Verſtande rechnen auch noch die polniſchen Reviſionsherren 1599 Liefland von Narva an bis an Memel auf 100 Meilen. Heutiges Tages begreift es den rigiſchen, wendenſchen, pernauiſchen und doͤrptiſchen Kreis in ſich, in deren beiden erſten die lettiſche, in den beiden andern aber die eſtniſche Sprache geredet wird. Das alte Ug - gannien, oder das Doͤrptiſche nennen die Letten Jggaune Semme. Es faͤlt jetzo den Ohren unertraͤglich Reualia-Liuenus zu ſchreiben; ob es gleich nicht ungeſchickt iſt, die in dieſen bei - den Provinzen befindlichen Auslaͤnder und Deutſche Livonos zu betiteln, da die Nation des Landes Liuones und Eſthones heiſſen, wie man etwan Liven, Eſten und Letten ſpricht, durch Lieflaͤnder aber nur diejenigen verſtehet, welche ſonderlich aus Deutſchland als Coloni - ſten Liefland beſetzet, und ſich einen Pflanzort, durch den Degen oder andre Mittel, zu wege ge - bracht. in der Eintracht und Vertraͤglichkeit ſtoͤrte. Arnold von Luͤbeck, welcher doch ſchon 1209 ſeine Hiſtorie endiget, beſchreibet uns Chron. Slav. lib. VII, c. IX, §. 11 den innerlichen Grol und das wunderliche Gezaͤnke, da die Bruͤder uͤber das dritte Theil des bezwungenen Heidenthums ſich einen Biſchof ausgebeten, mit welchem Geſuch ſie aber bey dem Biſchof Albert ſowol, als am paͤpſtlichen Hofe, abgewieſen worden. Was hatte Papſt Jnnocentius nicht immer zu ermahnen, daß die Ordensbruͤder der Geiſtlichkeit nicht Verdrus machten, und die Waffen ihrer Ritterſchaft nicht gegen Chriſtum, das iſt, den Biſchof brauchen ſolten? Er erinnert ſie, die Kriege des HErrn in der Macht goͤtlicher Staͤrke zu fuͤhren, mit Bedeuten, der Papſt werde es an ſeiner Huͤlfe nicht fehlen laſſen, wenn GOtt und er ſehen wuͤrden, was ihnen noͤthig ſey. Siehe Innocent. libr. XIV, epiſt. 149, t. 2, p. 580. Ja die Schwaͤche der neuen Republic ſchien dieſe Verbindung mit einem maͤchtigern Orden zu erfordern. Die Be - gierde um eines kahlen Ablasbriefes wegen zu fechten, verlor ſich almaͤlig; und wer in Deutſchland Vergebung der Suͤnden und ein fettes Landgut hatte, blieb lieber zu Hau - ſe, als daß er ſich in Liefland von den Heiden oder in Palaͤſtina von den Sarace - nen tod ſchlagen lies. Dieſe Wenigkeit der ankommenden Pilger, unter denen ſich der Biſchof doch immer die beſten auslas, reichte nicht zu, Liefland gegen die Daͤ - nen, Ruſſen, Litthauer, ja wol gar kuͤnftig gegen den benachbarten deutſchen Orden zu ſchuͤtzen. Ueber dem reitzten die anſehnlichen Vorrechte des deutſchen Or - dens, die ſie vom Kaiſer| Friedrich erhalten, die Lieflaͤnder ſtark; wozu man des klu - gen Biſchof Alberts Tod auch mit rechnen kan, wodurch der Orden gleichſam zum Waiſen geworden. Wer dieſe Urſachen erweget, wird leicht die Nothwendigkeit gewahr wer - den, warum die Lieflaͤnder dieſe maͤchtige Verbindung ſuchen muͤſſen. ſandte endlich der Hochmeiſter Her -1235 man von Salze, 2 deutſche Ordensritter nach Liefland, nemlich den Comtur zu Altenburg, Ehrenfried von Neuenburg, und den Comtur zu Negelſtaͤdt, Arnold von Dorf oder Neuendorf, die von dem Verhalten der Schwerdtbruͤder naͤhere Nachricht einziehen ſolten. Die Geſandten muſten wegen des fruͤhen Winters ihre Ruͤckreiſe bis aufs Fruͤhjahr verſchieben.

Sie reiſeten ſo dann, ſo bald das Waſſer aufgegangen, ab, und der Ordens -1236 meiſter Volquin gab ihnen 3 von ſeinen Ordensbruͤdern mit, nemlich den Vogt zu Wenden, Erdmund oder Reimund; den Ordensmarſchal Joh. Sa - linger und Joh. von Meydeburg. Der Vicemeiſter, Ludwig von Oet - tingen, nahm ſie zu Marpurg in Empfang, bey welchem erſten Gehoͤr ſich 70J 2deut -36Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1236deutſche Ordensbruͤder gegenwaͤrtig befanden: doch konten die Lieflaͤnder mit dem Hochmeiſter ſelbſt nicht zur Unterredung kommen, weil derſelbe eine Reiſe an den kaiſerl. und paͤpſtl. Hof unternehmen muͤſſen. Man machte ihnen mit Fleis die Aufnahme ſchwer, damit dieſelbe als eine hohe und wichtige Wohlthat angeſe - hen werden moͤchte. Man erkundigte ſich nach ihren Ordensgeſetzen, nach ihren Vorrechten, nach ihren Laͤndern, nach ihrem Leben, und lies den beiden zuruͤck - gekommenen Geſandten Bericht abſtatten, wie ſie es in Liefland gefunden haͤtten.

Der Bruder Ehrenfried war nicht am beſten auf die Bruͤder der Ritter - ſchaft Chriſti in Liefland zu ſprechen. Es ſind ſagte er, eigenſinnige nnd muth - willige Koͤpfe, die ſich nicht gern an die Ordensregeln binden. Sie begehen ſelt - ſame Dinge, und ſehen mehr auf ihren Eigennutz als auf die gemeine Wohlfarth. Dabey wies er vor dem Vicemeiſter auf 2 von den lieflaͤndiſchen Abgeordneten mit dem Finger, und fuͤgte hinzu: dieſe nebſt 4 andern, welche ich kenne, ſind die alleraͤrgſten. Dieſe ſchoͤne Empfelung begleitete der zweite Geſandte, Arnold, mit einem neuen Lobſpruch: Alles, fieng er an, was dieſer mein Reiſegefaͤhrte hier vorgebracht, hat ſeine Richtigkeit. Da aber die Schwerdtbruͤder unſern Orden annehmen und allen Misbrauch fahren laſſen; ſo wollen wir das Beſte hoffen. Jndeſſen wollen wir ihnen durch unſern Wandel ein Muſter der Nach - folge vorſtellen.

Der Vicemeiſter fragte nach der Reihe herum, was die deutſchen Bruͤder zu dieſer Vereinigung gedaͤchten. Alle Anweſende gaben dem Bruder Ehrenfried Beifal, und wiederriethen ſie als die gefaͤhrlichſte Sache. Ganz zuletzt kam das Wort an einen damals noch jungen Bruder, aber nachmaligen Hochmeiſter, Herman von Heldrungen, der dieſen kuͤtzlichen Handel bis zur Ruͤckkunft des Hochmeiſters auszuſetzen rieth. Arnold von Neuendorf ergrif dieſen Vor - ſchlag, und bat die Bruͤderſchaft, auf die Stimme dieſes jungen Ritters Acht zu geben. Man beſchlos alſo das Anbringen der lieflaͤndiſchen Geſandſchaft un - eroͤrtert zu laſſen, bis der Hochmeiſter in Perſon zugegen waͤre. Der Vogt zu Wenden, Erdmund, und der Ordensmarſchal Joh. Salinger, beur - laubten ſich hierauf bey dem Vicemeiſter, Ludwig von Oettingen, und zo - gen wieder nach Hauſe, von denen doch der Ordensmarſchal unterwegens ſtarb. Der dritte Schwerdtbruder Joh. von Meydeburg ſolte inzwiſchen die Ankunft des Hochmeiſter Hermans mit Geduld abwarten.

Der Vicemeiſter ward beim Auſſenbleiben ſeines Principals, zumal, da ihn der lieflaͤndiſche Abgeordnete faſt taͤglich uͤberlief, auch ungedultig, und reiſete ſelbſt an den kaiſerl. Hof, wohin er den Abgeordneten mit nahm, und vom deutſchen Orden die Bruͤder Ulrich von Doͤre, Wichmannen von Wuͤrz - burg und Hermannen von Heldrungen zur Begleitung bey ſich hatte. Sie fanden den Hochmeiſter ziemlich willig. Doch wolte er alles auf die paͤpſtl. Ein - willigung ankommen laſſen; da denn um dieſelbe einzuholen, der Hochmeiſter mit dem Abgeordneten Herman von Heldrungen ſich zum Papſt Gregorius dem IXten verfuͤgte, der zu Viterbo, nicht aber zu Salerno, oder gar, wie Waiſ - ſel ſchreibt, zu Lucern, ſeine Hofſtadt aufgeſchlagen.

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Am paͤpſtl. Hofe machte der daͤniſche Geſandte viele Schwierigkeiten, weil Waldemar der IIte weder Muͤhe noch Koſten ſparen lies, den Papſt dahin zu vermoͤgen, daß derſelbe das Schlos Revel dem Koͤnig zuſprechen ſoltex)Daß Volquin Revel eingenommen, und die Eſten, welche die Daͤnen daraus ver - jaget, mit eignen Kraͤften des Ordens, wieder zu Paaren getrieben bezeuget, Raynald annal. eccl. t. 13, p. 445, n. 65, beim Jahre 1236. Der Papſt ſchrieb aus Viterbo den 11ten May 1237 an ſeinen Botſchafter, den Cardinal Wilhelm von Modena, ſich alle erſinliche Muͤhe zu geben, damit Waldemar ſein Revel, die Bruͤder aber die Unkoſten der Eroberung wieder bekaͤmen. Eine andre Jnſtruction bekam Wil -helm. DerPapſt37Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin. Papſt ſchrieb auch an ſeinen Botſchafter nach Liefland, er ſolte dieſes Geſchaͤfte1237 zu Stande zu bringen ſuchen; wogegen der Orden durch ihren Abgeordneten an - haltend proteſtirte. Doch die ungluͤckliche Niederlage, in welcher Volquin mit manchem braven Streiter ins Gras beiſſen muſte, machte den Lieflaͤndern die Tractaten leichter; daher ſie einen andern Bruder, Gerlach Fuchsy)Der Bruder Gerlach war eines Pfarrherrn Sohn aus Holzhauſen, weil den Geiſtli - chen damals die Ehe noch nicht verboten war. Sein Beiname heiſt im Lateiniſchen Rufus, welches wir durch Fuchs, Brandis aber durch Rothe uͤberſetzet; andre le - ſen Rectus, oder Rade und heiſſen ihn alſo Gerlach den Geraden. Brandis hat die Geſchichte der Ordensvereinigung aus Waiſſeln am weitlaͤufigſten ausgeputzet, und wil ſie aus Hermans von Heldrungen eignem Aufſatz nachgeſchrieben haben, welche Handſchrift uns nie vor Augen gekommen, auch wol nie in der Welt gewe - ſen iſt. Jndeſſen muͤſſen wir uns mit dem brandiſiſchen Bericht dismal behelfen., nach Viterbo abſchickten, die Vereinigung beider Orden inſtaͤndiger zu ſuchen, die Abtretung Eſtlandes an Daͤnnemark beſtmoͤglichſt zu hintertreiben, und fuͤr den groſſen Verluſt ſo braver Maͤnner Troſt zu ſuchenz)Die alte Herrmeiſter Chronike*)Jn dieſer alten Herrmeiſter Chronik S. 669 wil Montan den Schreibefehler bemerken, daß die Ruſſen Keenen genennet worden, die ſonſt Krewen heiſſen, auch von den Letten und Curen ſo genennet werden. Jn der Hiſtorie ſind die Krewitzen oder Kriwitzen, oder Ruſſen, welche die Duͤne hoͤher hinauf gewohnet haben, noch bekant. Daß die Ruſſen nicht nur Nachbaren ſon - dern auch Herren der Preuſſen geweſen, beweiſet Hartknoch diſſ. III, de Orig. gent. Pruſſ. bey Ant. Matthaei, annal. t. 5, p. 699 meldet §. 151 folgendes: Daer nae quam int lant den Grave van Danenberch, ende Heer Iohan Haſel - dorpe mit veel pelgrims, die mitten Meyſter ſtreden tegen die Lettawen, ende Meyſter Volquyn bleeff mit XLVIII, broeders van der Oirden doot, ende die Gra - ve mit veel goeder mannen mit hem. Hy hadde Meiſter geweeſt XV jaer lanck, veel goets gedaen, ende veel tribulation gehadt. Nach dem Albert von Stade ge - ſchahe dieſes ungluͤckliche Ttreffen am St. Moritztag 1236.. Der Hochmeiſter ſahe als ein ſtaatsverſtaͤndiger Kopf wol ein, daß der Papſt dem Koͤnig von Daͤnne - mark in ſeinen Anſpruͤchen auf Revel nicht entgegen ſeyn, ſondern dadurch die - ſen Herrn deſto mehr an die Vortheile der Kirche binden wolte. Er merkre aber auch, daß wenn er den Lieflaͤndern die paͤpſtl. Abſichten entdeckte, der ganze heilſame Vereinigungshandel, woran uͤber 6 Jahr vergeblich gearbeitet worden, krebs - gaͤngig werden, und Muͤhe und Koſten vergeblich ſeyn duͤrften. Um aber doch dieſes gute Werk zu befoͤrdern, ſagte er den Abgeordneten viel angenehme Dinge vor, in Hofnung, er wuͤrde die Lieflaͤnder bedeuten koͤnnen, nach getroffener Vereinigung, ſich gegen Daͤnnemark nicht zu ſperren, ſondern dieſer Krone, wenn ſie die Kriegeskoſten dem Orden erleget, in dem weitlaͤuftigen Lieflande einen feſten Fus zu goͤnnen.

Er ſuchte demnach Gehoͤr beim Papſt, welches ihm auch, wiewol oh - ne Gepraͤnge, zugeſtanden wurde. Es befanden ſich nur 4 Perſonen um Se. Heiligkeit, nemlich der antiocheniſche Patriarch; der Biſchof von Bari; Conrad von Strasburg, ein Bruder vom deutſchen Orden und Marſchal des Papſts; und der paͤpſtliche Kaͤmmerling, ein Johanniter -Kritter. helm Anno 1238, dahin zu ſehen, daß den Neugetauften, in Betrachtung ihrer erlang - ten Wuͤrde, etwas von ihrer Frohnarbeit erlaſſen, und dem Gottesdienſt beizuwohnen erlaubet wuͤrde. Er ſolte nicht leiden, daß die Ordensbruͤder der heil. Mariaͤ der Deutſchen freie Leute, die ſich zu Chriſten geſelleten, zu ihren Sclaven machten. Ob nun gleich der Orden bey dieſer Vereinigung etwas zu verlieren ſchien, ſo traf der Papſt doch eine Milderung, und unterwarf die preußiſchen Biſchoͤfe von Werme - land, Culm, Pomeſan und Samland dem kuͤnftigen Erzbiſchof Albert zu Riga. Pontanus begehet S. 318 einen ziemlichen Fehler, wenn er die Biſchoͤfe von Revel, Doͤrpt, Oeſel und Curland unter den Erzbiſchof von Lunden zwinget, die doch von dem zu Riga abhiengen, auſſer daß der Koͤnig von Daͤnnemark und der lun - diſche Erzbiſchof ſich einige mal das Oberrecht uͤber Revel angemaſſet, und mit Recht anmaſſen koͤnnen.38Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1237ritter. Die beiden Lieflaͤnder traten hierauf ins Audienzzimmer, und erhielten vom Papſt das Jawort, welcher ſie auch vor ſeinem Stuhl niederknieen hies. Er ertheilte ihnen Vergebung aller ihrer Suͤnden, ſprach ſie von dem Eid und den Regeln ihres Ordens los, ermahnte ſie zur|Tapferkeit und ertheilte ihnen nebſt den neuen Ordensregeln den paͤpſtl. Segen mit der Jnveſtitur. Sie legten ihre vorigen Maͤntel mit dem Schwerdte ab, und lieſſen ſich die neuen weiſſen mit dem ſchwarzen Kreuz umhaͤngen. Die Lieflaͤnder wechſelten anfaͤnglich einige Wor - te mit dem Kaͤmmerling, welcher die Ceremonien verrichtete, und wolten die al - ten Maͤntel mit nach Hauſe nehmen. Allein der paͤpſtl. Marſchal bedeutete den Bruder Gerlach, daß ſie dem Kaͤmmerling mit Rechte verfallen waͤren, daß er alſo ſeinen geliebten Mantel fahren laſſen muſte.

Nach volbrachter Jnveſtitur begleiteten die neu aufgenommenen Ritter den Hochmeiſter nach Hauſe, und erhielten des Papſts Befehle, welcher fuͤr gut ange - ſehen, daß die Lieflaͤnder Revel an Daͤnnemark wieder abtreten, dagegen aber die Unkoſten ausgezahlt bekommen ſolten, die ſie darauf gewandt, die aufruͤ - rigen Eſten aus Revel zu vertreiben. Dieſes Anmuthen war fuͤr die Lieflaͤn - der ein Donnerſchlag. Der Abgeordnete und neue Ordensbruder Gerlach, ſchlug fuͤr Eifer an die Bruſt, und brach gegen den deutſchen Ordensbruder, Herman von Heldrungen in die Worte aus: Waͤre es nicht geſchehen, es geſchaͤhe nun und nimmermehr, das ſage ich, warlich! Doch es ſtund nicht mehr zu aͤndern, und die Abgeordneten muſten wieder Willen mit des Hochmeiſters Erklaͤrung zu frieden ſeyn.

Der Hochmeiſter fertigte dieſen Herman und Gerlach gleich an den Vi - cemeiſter Ludwig nach Marpurg ab, mit Befehl, in der Eil 60 Ritter zu weh - len, und die Stellen der erſchlagenen in Liefland damit zu beſetzen. Er ſelbſt reiſete mit Joh. von Meydeburg an den kaiſerl. Hof Friedrichs und ſtattete von ſeiner wohl abgelaufenen Verrichtung Bericht ab, wo ihm der Kaiſer 60 Mk. Goldes, oder nach Waiſſeln 1500 Mk. mit gab, um ſelbige den lieflaͤndi - ſchen Ordensbruͤdern zur Beiſteuer zu verehren.

Nachdem der Hochmeiſter in Marpurg angekommen, brachte er ein Ka - pitel zuſammen und machte Anſtalt, die erwehlten 60 Ritter mit einer andern Anzahl Reuterey nach Liefland abzufertigen, ernante auch Dietrich von Gruͤ - ningen zum Meiſter von Liefland. Als aber das Kapitel vorſtelte, daß es nicht rathſam ſey, ſolchen tapfern und verſuchten Maͤnnern in Liefland einen ſo jungen Ritter zum Haupte zu geben; ſo bedachte er ſich anders, und ernante an deſſen ſtat Herman Balken, ein altes redliches und beruͤhmtes Mitglied des deutſchen Ordens, der ſchon vorher in Preuſſen Landmeiſter oder Proviſor des Ordens geweſen, und welcher alſo der dritte unter den Ordensmeiſtern in Liefland, vom deutſchen Orden aber der erſte iſta)Die Stiftung des marianer oder deutſchen Ordens ſetzt man am richtigſten in das Jahr 1191, da Heinrich Walpot nach Eroberung der Stadt Akers im gelobten Lan - de 31 Bruͤder annahm, welche der Kranken in Hoſpitaͤlern pflegen ſolten, daher ſie auch Hoſpitalarii hieſſen. Sie muſten auch die Chriſten gegen die Feinde des Kreuzes mit dem Schwerdte ſchuͤtzen. Sie lebten unter der Regel Auguſtini und waren ver -bun - Und damit ward die Jncorporationsacte volzogenb)Da wegen des Jahrs der Ordensvereinigung viel Ungewisheit bey den Geſchichtſchreibern herrſcht auch ſelbſt die beiden Manuſcripte*)Dis ſind die beiden Handſchriften, welche wir bereits mehrmals angefuͤret haben. Sie haben wunder - liche Namen und Jahre. Die eine hat Meiſter Joh. Buͤlow 1525 geſchrieben. Die andre faͤngt mit der Entdeckung des Landes 1160 an, und geht bis 1558, wobey die im Lande geſchrie - bene Rechte, das alte Landrecht und rigiſche Stadtrecht angehaͤnget ſind. Die erſten Stellen er - weiſen gleich ihre Unbrauchbarkeit. Wyne oder Wynrich regierte 1235. Jhm folget Wolquin 1253, dieſem ſuccediret Hermann Falko 1268. Verdienen ſolche Papiere wol den ſchoͤnen Titel der Herrmeiſterlichen Chroniken? von den Herrnmeiſtern eine unrichtige Jahr - zahl anfuͤhren, ſo wird es dem Leſer nicht misfallen, wenn wir die ganze Urkunde davon bei - bringen, die vom Jahr 1237 unterzeichnet iſt; dahingegen Nauclerus Vol. III, gen. XLII, das Jahr 1239 unrichtig annimt. Die lateiniſche Beſtaͤtigungsacte dieſer Ordensvereinigung findet man beim Raynald um dieſes Jahr §. 64 ſqq. libr. II, ep. 64, davon wir hier die Ueberſetzung mittheilen. Gregorius ꝛc. denen Biſchoͤffen von Riga, Doͤrpt, und Oeſel ꝛc. Nachdem der angenehme Geruch unſers geliebten Sohns des Hochmeiſters, und der deut - ſchen Bruͤder der heil. Maria, ſich uͤber die Gegenden der Erden ausgebreitet, ſo iſts der Gnade des Erloͤſers zuzuſchreiben, daß ſelbiger bey dem apoſtoliſchen Stule nicht weniger werth, als bey der Menge glaͤubiger Voͤlker beliebt iſt. Dis iſt die Urſache, warum unſer lieber Sohn, der Gebietiger (Praͤceptor) und die Bruͤder der Ritter - ſchaft Chriſti aus Liefland, als ſie aus deutlichen Proben oberwehnter Hoſpitalgeſelſchaft vielfaͤltigen Eifer gegen die Tugenden erſehen, zu mehrern malen, wie uns berichtet worden, durch Botſchaften und ausdruͤckliche Briefe dieſen Hochmeiſter herzlich undK 2ange -*)Sonſt hat fich dieſes Jahr, durch den grauſamen Abfal der Finnen in Tavaſt, merkwuͤrdig gemacht. Raynald fuͤhrt davon des Papſts Gregorius des IXten Brief an den Erzbiſchof von Upſala an, den er ermahnet, die Catholiſchen im Reich und den benachbarten Jnſeln gegen dieſe wil - den Schweine, die den Weinberg GOttes durchwuͤhlten, aufzubieten. Die Tavaſter werden beſchuldiget, daß ſie die Kinder nach der Taufe geſchlachtet, denen Erwachſenen das Eingeweide ausgeriſſen, ſie den Goͤtzen geopfert, andre um die abgoͤttiſchen Baͤume herumgetrieben, bis ih - nen die Seele druͤber ausgefahren, etlichen Prieſtern die Augen ausgeſtochen, einigen Haͤnde und Glieder zerſtuͤmmelt, andre mit Stroh umwunden, und ſo angezuͤndet. Dieſer Abfal gab Ge - legenheit, daß Birger Jerl der IIte im Jahr 1250 mit einem Heer hinzog und Tavaſthus er - bauete. Das paͤpſtl. Schreiben iſt vom 9ten September 1237 unterzeichnet.. 39Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin. a)bunden, ſtat der Horaͤ, alle Tage einige mal das Vater unſer, das apoſtoliſche Glau - bensbekentnis und das Ave Maria zu beten. Sie hatten ein fuͤnffaches Geluͤbde auf ſich, des Gehorſams, der Keuſchheit oder des eheloſen Standes, der wilkuͤhrlichen Armuth, der Vertheidigung der Armen, und der Freiwilligkeit gegen den Tuͤrken zu fechten, zu welchem letzten ſie durch den zu Speier 1542 errichteten Reichsreces auch angehalten worden. Daher ſie ſich einige mal beim Kaiſer angeboten, etliche Veſtungen in Un - garn zu beſetzen, wenn die Chriſtenheit von den Tuͤrken bedrohet wuͤrde. Caͤſar Ba - ronius ſchreibt tom. XII, Annal. eccel. beim Jahr 1198, daß der Papſt Caͤleſtinus der IIIte auf Erſuchen des Kaiſers Heinrichs dieſe heiligen Feldzuͤger mit dem weiſſen Kleide (veſte alba) oder Mantel und dem ſchwarzen Kreuz beſchenket habe. Der Herr Profeſſor Liebhard zu Bareyth hat uns in ſeiner kleinen Schrift de incluto Teuto - nicorum ſiue Marianorum Equitum ordine 1672 in 4to aus einem Manuſcript die Um - ſtaͤnde aufbehalten, mit welchen Herr Wolfgang Erhard von Muckenthal 1587 in dieſen Orden aufgenommen worden. Der Adminiſtrator des Hochmeiſterthums in Preuſſen, Erzherzog Maximilian zu Oeſterreich, bekennet, daß der Herr von Mu - ckenthal ſeiner Vernunft und Glieder maͤchtig und geſchickt, am Leibe ganz unge - brechlich, auch zum wenigſten von ſeinen 4 Ahnen edels und rittermaͤßigen Geſchlechs geboren ſey, ſich auch aufs hoͤchſte verpflichte, die Tage ſeines Lebens in ſolchem rit - terlichen Orden gehorſamlich zu bleiben. Wenn der Candidat ſeine ehrliche deutſche Herkunft erwieſen, die Geluͤbde und Ordensſtatute beſchworen, ſpricht der Ordensgebieti - ger zu ihm: Wir ſagen euch Waſſer und Brod zu, und des genug; dazu eine geringe Kleidung euer Lebenlang. Wirds beſſer, ſo habt Jhrs auch. Mehr ſind wir euch nicht ſchuldig. Der Ordensprieſter haͤngt hierauf dem neuen Ritter den Mantel um mit dieſen Worten: Dis Kleid und Kreuz geben wir Euch, und ſo Jhr thut, was Jhr gelobt habt, verſprechen wir Euch das ewige Leben. Der Ordensgebietiger nimt das bloſſe Schwerdt des neuen Ritters, ſchlaͤgt damit 2 mal auf deſſen Schild und ſagt: Hie beſſer Ritter denn Knecht. Den dritten Schlag bekomt der Ritter auf ſeinen Ruͤcken, und wird ihm zugerufen: Den vertrag, und keinen mehr. Mehrere Gebraͤu - che meldet Sebaſtian Franke in Chron. p. 223. Bey der Aufnahme der Schwerdt - bruͤder, die ſich nicht gern lange hudeln lieſſen, fand weder der Papſt noch der Hoch - meiſter noͤthig, viele Ceremonien vorzunehmen. Herr Juͤrgen Helms fuͤhret aus ei - ner geſchriebenen preußiſchen Chronik an, daß der Hochmeiſter in alten Zeiten deni Herrnmeiſter in Liefland einen Ring an den Finger geſteckt, und ihn auf den Stuhl Seiner Herrlichkeit geſetzt; welche Ceremonie ſtat der paͤpſtl. und kaiſerl. Confirmation war. Jn neuern Zeiten wehlten die Lieflaͤnder ſich ihr Ordenshaupt ſelbſt, und lieſ - ſen nur die Wahl vom Hochmeiſter und Kaiſer beſtaͤtigen..

Der
40Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,

Der dritte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens. Herman Balckea)So unterſchreibt ſich der Meiſter ſelbſt unter den Privilegien, ſo zur culmiſchen Handfeſte gehoͤren. Peter von Duisburg nennet ihn auch Balcke, und das Di - ploma des cujaviſchen Herzogs Caſimirs, Balko. Walke, Falcke, Valleke ſind unrichtige Namen. Michov. B. III, k. 35, macht aus ihm und dem Hochmeiſter Herman von Saltza eine Perſon, da ſie in doch Anſehung der Geburt, Wuͤrde und Vaterſtadt ganz unterſchieden ſind. Waͤrend ſeiner 7 jaͤhrigen Landmeiſterſchaft in Preuſſen ſchrieb er ſich nicht Landmeiſter, ſondern Proviſor von Preuſſen, in - dem er dem Orden als Vicemeiſter mit vorgeſtanden..

1238
113

Er brachte vor allen Dingen am koͤnigl. daͤniſchen Hofe die Ceßions - acte wegen Eſtland zu Stande, welche der Koͤnig Waldemar am 7ten Jun. zu Stenby ausfertigen laſſen. Der Koͤnig be - ſchweret ſich, daß der Urteilsſpruch des Papſtes und der ganzen Cardinalverſamlung, worin man ſein Recht auf das Schlos und die Stadt Re - vel, Jerven, Wirland und Harrien fuͤr guͤltig erkant, ſeit 2 Jahren her nicht zur Volziehung gekommen, und er daher genoͤthiget worden, zu einem aͤrgerli - chen und ſeelenverderblichen Kriege, eine Flotte auszuruͤſten, und ſich ſelbſt Recht zu ſchaffen. Doch habe er, auf Vermittelung des Legaten Wilhelms und des lieflaͤndiſchen Gebietigers Hermans, nachſtehende Punkte beliebet, deren unverbruͤchliche Volziehung, mit gegebenem Handſchlag, gemeinſchaftlich verſichert worden. Zum erſten, der Orden ſol dem Koͤnig die Heiden bezwingen helfen, da - gegen behaͤlt der Orden den dritten Theil des Eroberten auf gemeinſchaftliche Un - koſten. Zum zweiten, der Orden raͤumet ſo gleich das Schlos Revel, und ziehet mit Haab und Gut davon, ohne das Geringſte nachzulaſſen, dafuͤr der Koͤnig das Land Jerwen dem Orden abtrit, mit beigefuͤgter Bedingung, daß der Orden darin keine Veſtung ohne koͤnigl. Einwilligung anlege, und deſto williger den Koͤ - nig in ſeine Fuͤrbitte zu GOtt einſchlieſſe. Zum dritten, der Erzbiſchof von Lunduͤber -bangelegentlich erſuchet, ſie ſeinem Orden einzuverleiben. Dieſes haben ſie auch endlich an uns gelangen laſſen, nach dem der betruͤbte Fal erfolget, den ſie durch die Niederlage ihres Herrmeiſters, und 50 Bruͤder von derſelben Ritterſchaft, nebſt vielen Pilgern, durch Wuth und Untreue neulichſt erlitten haben, und bitten es zugleich nebſt euch fle - hentlich und mit klaͤglichen Briefen. Sie leben der guten Hofnung, da beſagter Mei - ſter und die Bruͤder eine tapfere und beruͤhmte Ritterſchaft in ihrem Hauſe haben, die es theurer als einen Schatz halten, wenn ſie ihr Leben fuͤr denjenigen dahin geben, der das ſeinige, wie bekant, fuͤr die Erloͤſung der Glaͤubigen gelaſſen, es werde unter goͤttl. Beiſtand dazu kommen, daß ſie untereinander, wenn ſie eine Heerde geworden, gar bald mit triumphirenden Haͤnden die Gegenpartey aufreiben, und dem Sohn des ewigen Vaters da verherrlichen koͤnnen, wo eine unzehlbare Menge Seelen verloren gegangen, die nun unter den h. Engeln ſchweben. Wir, die wir nichts lieber ſehen, als die Ausbreitung des catholiſchen Glaubens, und gerne wollen, daß ihres Meiſters und der Bruͤder gottſeliges Verlangen, bald zur erwuͤnſchten Erfuͤllung gelange, ſind alſo voͤllig uͤberzeuget, daß der HErr den Bruͤdern beſagten Hoſpitals in Liefland ta - pfere Maͤnner wird finden laſſen, die er durch ſeine Macht in den Gegenden von Preuſ - ſen zum Siege wird ausruͤſten. Wir finden demnach fuͤr gut, obgedachten Meiſter und Bruder auf Beirathen unſerer Bruͤder mit ihrem Orden zu vereinigen, und be - ſchlieſſen bey dem Anſehen unſers apoſtoliſchen Stuhls, mit allen rechtſchaffenen unter ihnen, daß ſie und die uͤbrigen Bruͤder des ſchon beruͤhrten Hoſpitals der heil. Ma - ria fuͤr die Deutſchen, die jetzo in Liefland ſeyn moͤgen, unter der Gerichtbarkeit ih - rer Biſchoͤfe und anderer Praͤlaten, wie bisher, ſtehen bleiben ꝛc. Gegeben zu Viterbo am 14ten May im 11ten Jahr unſers paͤpſtl. Regiments.41Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens. uͤberlaͤſt dem Orden das geiſtl. Recht uͤber Jerwen, wie es ſonſt die Biſchoͤfe1238 von Eſtland haben. Zum vierten, der Koͤnig wil den Orden in der Wyck und auf Oeſel nicht beunruhigen. Zum fuͤnften, beide Theile unterwerfen ſich in den Grenzſtreitigkeiten den Ausſpruͤchen der Biſchoͤfe von Liefland von Eſtland frei - willig. Zum ſechſten, dem Orden wird zuletzt die Auszahlung aller bisher gehobenen Einkuͤnfte aus Eſtland im weltlichen und geiſtlichen erlaſſenb)Dieſen Vertrag, welchen Huitfeld S. 201 ausfuͤhrlicher als Pontanus S. 318 lie - fert, kennen wir aus einer Abſchrift, welche die Biſchoͤfe Dieterich von Doͤrpt und Conrad zu Oeſel 1304 zu Weiſſenſtein davon genommen. Weil Hiaͤrne und an - dre die Ordensvereinigung weiter hinausſetzen, ſo koͤnnen ſie freilich nicht begreifen, wie Balcke in einem Jahre ſo vielerley Geſchaͤfte in Deutſchland, Jtalien, Daͤn - nemark und Liefland beſorgen koͤnnen. Die Daͤnen datiren die Urkunde vom 9ten May. Wir folgen der unſrigen, nach welcher der Koͤnig Waldemar, ſein Thronfol - ger Erich und ſeine andern Prinzen, die Herzoge Abel und Chriſtoph, ingleichen Herr Uffo, Erzbiſchof zu Lund, Wilhelm paͤpſtl. Legate, Peter zu Aarhus, Nicolaus zu Rotſchild, Johann zu Borclum, Biſchoͤfe, Johann, Arn - frid, Bonin Predigerordens, Reynard und Albert, Minoriten, die Grafen Albrecht und Ernſt von Gleichen, der Gebietiger oder Ordensmeiſter Herman, und die beſten des Koͤnigreichs Dacien dabey zugegen geweſen. Der Papſt Jnno - centius der IVte beſtaͤtigte dieſen Vertrag zu Anagni am 24ſten September 1243..

Die anwachſende Macht der Schwerdtbruͤder wolte den herſchſuͤchtigen Geiſt - lichen nicht laͤnger anſtehen. Der Ausgang hat gewieſen, daß die Biſchoͤfe mit dem deutſchen Orden noch ſchlimmer angekommen. Die erſten ſind es aber, uͤber wel - che der Biſchof Heinrich von Oeſel, ſich in einem Briefe unterm 1ſten Merz be - ſchweret, daß ſeine Vaſallen die Kirchenguͤter mit Gewalt an ſich riſſen und ſich aus dem Ban der Kirche nichts mehr machten. Er meinet auch, der Unfug dieſer Leute koͤnne nicht beſſer gezaͤhmet, noch der Kirche eher geholfen werden, als durch die Ma - rienbruͤder vom deutſchen Hauſe, daher er, auf erhaltene Volmacht von dem apoſtoliſchen Legaten Wilhelm, mit dem Ordensmeiſter Herman den Vertrag gemacht, daß deſſen Ordensbruͤder den 4ten Theil von der Wyk inne haben ſolten, nemlich 7 Kilegunden, und 50 Haken, mit allen Zehnden und Gerechtſamen; nur daß der Biſchof ſich die geiſtliche Obergewalt daruͤber vorbehaͤlt. 300 Haken werden zur Stiftung einer Domkirche beſtimmet, deren Einkuͤnfte 3 Jahr lang auf die Er - bauung eines Schloſſes, Steenberg genant, verwendet werden. Fuͤr dieſe Gefaͤl - ligkeit ſchenken die Bruͤder den 4ten Theil von Mone an den Biſchof. Obbeſagtes Schlos mit ſeiner Vorſtadt wird auf gemeine Koſten erbauet und gleich getheilet. Je - der Theil haͤlt wenigſtens 10 Mann zur Beſatzung darin. Den Thurm und das Schlosthor beſetzt der Biſchof mit ſeinen Leuten, ohne deſſen Einwilligung die Bruͤder auf ihrer Seite keinen Thurm anlegen duͤrfen. Die Ordensbruͤder geloben an, die un - rechtmaͤßig entzogenen Kirchenguͤter in Jahr und Tag denen Verbanneten wieder ab - zunehmen und den Biſchof in allem zu ſchuͤtzen. Papſt Clemens der IVte beſtaͤtig - te dieſes den 28ſten May 1625 zu Viterbo.

Jn dieſem Jahr ſprengeten 2 lieflaͤndiſche Schiffe mit ausgeſpanten Segeln die ſtarke Kette, welche der Koͤnig von Daͤnnemark vor der Muͤndung der Trave ziehen laſſen, als er mit dem Grafen Adolph von Holſtein die Stadt Luͤbeck ein - ſperrete. Die Lieflaͤnder zogen dadurch in ihrer Handlung von der Stadt viele Vortheile. Cranz lib. VII, c. 12 haͤlt dieſes fuͤr luͤbiſche Schiffe, die nur aus Lief - land gekommen, weil die neuangelegten Staͤdte Revel und Riga noch zu ſchwach ge - weſen, eigene Schiffe zu halten. Allein Luͤbeck war auch ſo alt nicht. Zur Zeit des Ordens aber hat die Stadt Riga gar ihre eigene Kriegesſchiffe ausgeruͤſtet, warum ſolte ſie denn nicht auch Kaufmansſchiffe haben halten koͤnnen? Ob aber die Stadt Riga mit dem daͤniſchen und holſteiniſchen Hofe es der Handlung wegen ver - derben wollen, iſt eine andre Frage.

Unter den vornehmen Feldzuͤgern in Liefland befand ſich dieſes Jahr auch, nach Alberts von Stade Zeugnis, der Graf Adolph von Schauenburg. Er hatte, wie der Dominikanermoͤnch, Herman von Leerbach, in der Chro -Lnik42Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1239nik der Grafen von Schauenburg berichtet, ſeine Gemahlin Helwig, eine Toch - ter Hermans Grafen von der Lippe, zur Reiſegefaͤrtin. Jm folgenden Jahr gieng er wieder nach Hauſe, und zog am 13ten Aug. am Tage Hippolyti die Franciskanerkutte an.

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Der Koͤnig Woldemar befahl allen Lehnsleuten in Eſt - und Wirland unterm 14ten Jul. von Wartinsborg, von allen Zehnden, welche die Eſten erlegen muͤſten, wieder den Zehnden dem revelſchen Biſchof ins Haus zu ſchi - cken. Er beſtimte auch dem Torchill zum Nutzen des revelſchen Stifts 80 Haken im Revelſchen, und 40 Haken in Wirland, welche letztern doch, ſo bald Wir - land einen eigenen Biſchof bekommen wuͤrde, ſo gleich wieder an das wirlaͤndi - ſche Stift fallen ſolten. Gegeben zu Eresborg am 16ten September.

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Die oeſelſchen Bauren hatten das Joch des Chriſtenthums abgeſchuͤttelt, wurden aber von Andreas von Velven bald wieder gedemuͤthigetc)Recognitio Fratris Andreae de Velven, Magiſtri Liuoniae et per abſentiam Domini Henrici Epiſcopi Oſilienſis in eadem dioeceſi Vicegerentis, qua fatetur Apoſtatas Oſilienſes, qui profectui Chriſtianorum illius viciniae multum incommodarunt, con - ditionibus ab iisdem propoſitis, quae hic inſeruntur, in gremium matris Eccleſiae et ad vnitatem fidei ſe recepiſſe, ſaluo in omnibus iure dioeceſiano Epiſc. 1241. In N. D. noſtri Ieſu Chriſti, Amen. Anno Dominicae Incarnationis MCCXLI Venerabili Domino H. Epiſcopo Oſiliae et Maritimae*)Da die oeſelſchen Biſchoͤfe um dieſe Zeit den Vornamen H. im Original haben, ſo ſetzt es in den Abſchriften groſſe Unordnung in Abſicht der Zeitrechnung indem dieſelben bald Herman bald Heinrich daraus machen. 1256 war ein H. Epicopus Oſiliæ etMarimae zu Luͤbeck, wo er allen Kaufleuten freie Handlung nach Oeſel und der Wyk erlaubte, ſie auch mit der Sicherheit ihrer Guͤter im Fal des Schifsbruchs begnadigte. pro ſuis agendis ad ſedem Apoſtolicam vergente, qui negotia Epiſcopatus ſui Magiſtro et Fratribus Domus Teutonicorum in Liuonia plene commiſerat et deuote, accidunt ea quae ſunt inferius adnotata. Ego Frater Andreas de velven Domus Teutonicorum ſratr. Magi - ſter**)Hier haͤtten wir einen neuen Meiſter, der bisher nicht in unſerm Verzeichnis der Herrrmeiſter be - kant geworden. Zwey Urſachen ſtunden im Wege, warum man ihn nicht mit in das Verzeich - nis derſelben bringen wollen; einmal weil ſein Name ungewis lautet, und in dem Original Andreas von Noͤtken geleſen werden kan. Zum andern hat ſich auch weiter nichts auſſer dieſem Document von ihm finden wollen. Ein mehrers ſiehe beim Jahr 1245 in den Anmerkungen. in Liuonia, cum eſſem in maritima, Oſiliani apoſtatae, qui Chriſtianis nimis infeſti et nociui exiſtunt, in mari, terris et inſulis cismarinis, ordinatione diuinae gratiae nuncios ſuos pro attemptanda compoſitione in Maritimam transmiſerunt. Multis itaque placitis et interlocutoriis hinc inde habitis, praedicti apoſtatae in hoc tandem uniuerſaliter et finaliter conueniuut; Quod ſi Eccleſia ſubſcriptam formam ſine omni permutatione violenta in perpetuum ab ipſis acceptare dignaretur, vellent redire deuoto animo et prompta voluntate ad Catholicae fidei, a qua diabolico inſtin - ctu receſſerant, vnitatem. Forma autem talis erat. Pro cenſu dimidiam menſuram ſiliginis quod vulgariter dicitur, Punt, de quolibet vnco dare promiſerunt et in cog - gam inferre, quam Epiſcopus eorum ſeu Magiſter Rigenſis ipſius ſumptibus procu - rabunt. Si vero coggam habere non potuerint; Naues et Gubernatores in ipſa ter - ra conducent, quae ab ipſis Oſilianis in Rigam ſeu Maritimam deducentur. Aduo - catum ad ſecularia iudicia ſemel in anno, eo ſcil. tempore quo cenſus colligitur, recipient, qui de ſeniorum terrae conſilio iudicabit, quae fuerint iudicanda. Pro occiſione pueri 3 Oſeringh***)Vide quae ad Liuonorum iura circa annum 1228 adnotauimus. ad poenam dabunt, et mater ipſa quoque diebus do - minicis nuda in Coemeterio recipiet diſciplinas. Interim ſi quis ritu gentili immo - lauit et qui immolari fecit, vterque dimidiam Marcam argenti dabit; ipſe autem qui ſic immolat 3 diebus dominicis nudus in Coemeterio vapulabit. Si quis in 6ta HR vel quadrageſima, Vigiliis Apoſtolorum ſeu quatuor temporibus carnes comedit, di - midiam marcam argenti perſoluet. Si homicidium inter ipſos et homines alterius terrae contigit, X Marcis argenti redimet. Clericis Parochianis et Eccleſiis prae - bendam dabunt, quam ante Apoſtaſiam dare conſueuerant, cum reſtitutione omnium ablatorum. Cognito ergo, quod praedicti Oſiliani fidelibus in Circuitu ſuo poſitis minus fuerant opportuni, quod proficientiam et incrementum fidei in partibus Liuoniae ve - hementer impediebat; Ego praedictus frater A. Magiſter Rigenſis de Conſilio fra - trum meorum et Clericorum Vaſallorum et de Maritima et multorum aliorum fide -lium, und muſtenſich43Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens. ſich ihrem Biſchof Heinrich unter ſchweren Bedingungen aufs neue unterwerfen. 1241Doch die Ordensbruͤder thaten dabey das Beſte; und dafuͤr vermachte ihnen der Bi - ſchof Heinrich den Strich Serwen*)Serw nent der Eſte eigentlich ein Horn, dafuͤr der Lette Ragg gebrauchet. Beides bedeute eine Sandbank, davon bey Riga der Kruſe-Ragg, und der Kenge-Ragg, bey Juͤtland aber der Schagge-Ragg bekant ſind. Das Serw oder die groſſe Sanddank auf Oeſel nennen die Schiffer und Deutſchen Schworben, welcher Name faſt dem halben ſuͤdlichen Theil des Lan - des beigeleget worden. Eine Erdzunge, die lang und ſchmal in die See gehet, heiſt bey den Ruſſen Nos, und bey allen gothiſchen Voͤlkern Nes, welches die Schiffer mit Ort ausdrucken. Auf Oeſel kommen auſſer vielen vor: Pamme-Nes, das iſt Pammerort, und Schworber - ort iſt der Hafen Zerelhamn beruͤhmt, den alle Schiffer, ſo den rigiſchen Meerbuſen beſchif - fen, beſuchen muͤſſen; er hat ſeinen Namen von dem an den Herrn Landrath Joh. Guſtav von der Oſten genant Sacken gehoͤrigem Hauptgute Zerel, und hat einen Feuerthurm, der dem zu Domesnes befindlichen faſt gegenuͤber ſteht. Wyk iſt ein Meerbuſen. An der weſtlichen Kuͤ - ſte von Eſtland iſt eine groſſe Wyk, die zugleich dem feſten Lande den Namen gegeben. Der Eſte heiſt das Land Laͤne-ma, das iſt terra fluctuum, oder nach lateiniſcher Art: Maritima. Weil das Stift Hapſal in demſelben gelegen, ſo pflegten die alten Biſchoͤfe von Oeſel ſich Epiſcopi hapſalienſes, auch wol Wykiae, zu ſchreiben. So wird auch ein Strich Landes auf Oeſel, wo die See eintrit, und das Land niedrig iſt, Wyk genant. zu ihrem Antheil auf Oeſel, mit der Bedingung, daß der daſige Hafen fuͤr jederman frey und offen bleiben ſolte, eben ſo wie alle Hafen in der Wyk. Er ſchenkte ihnen auch die Helfte des Dorfs Lo - de, nicht weit vom biſchoͤfl. Schloſſe.

Der Koͤnig von Daͤnnemark, Erich der Vte, genant Plogpenning,1242 errichtete mit dem Biſchof zu Revel den Vergleich, daß der revelſche, nach dem Beiſpiel des doͤrptiſchen Biſchofs, von 20 Haken Landes zwey gewogene Schifpfund Korn, halb an Rocken, halb an Gerſte, ſowol von den Kron - als Lehnguͤtern zu empfangen habe: gegeben zu Nachſchouf am 22ſten Jun.d)Der doͤrptiſche Biſchof Herman hatte nemlich nach Revel an Torchill geſchrieben, daß er allezeit von 2 Haken ein Kuͤlmet Rocken, von 4 Haken ein Kuͤlmet Weitzen, von einem Haken ein Kuͤlmet Haber von 2 Haken ein junges Huhn, von zwan - zigen ein Fuder Heu, den Zins aber in Fleiſchwerk oder andern Nothwendigkeiten ent - richtet bekaͤme. Huitfeld S. 210. Die Groͤſſe der Haken in alten Zeiten wird nicht nach einerley Berechnung angegeben, und nach einigen Documenten ſcheinet es als wenn manſus nur eine Hufe, vncus aber noch ein groͤſſerer Strich Ackerlandes ge - weſen. Wir wollen folgende Nachricht davon mittheilen: Jn den Jahren 1232 enthielt ein Hacken Landes 30 Morgen Landes, ein Morgen Lan - des aber 40 Ruthen in die Laͤnge und 10 Ruthen in die Breite. Nach einer Com - mißionsverordnung von 1262 ſol die Ruthe 16 Fus halten. Nach dieſer Zeit hatte man von den lieflaͤndiſchen Hacken ein dreifaches Maas. Das groͤſte berechnete ei - nen Hacken in der Laͤnge und Breite zu 99 Baſten, und jegliche Baſte zu 99 Faden, wel - ches Maas im rigiſchen Kreiſe gaͤnge war; das mittelſte, ſo der Landhacken genennet wurde, zu 77 Baſten, jede zu 77 Faden; das kleineſte zu 66 Baſten, jede zu 66 Faden, welches letztere Plettenberg in einem Privilegio 1518 zu Burtnick anzeiget. Zu den Zeiten dieſes Herrmeiſters legte man auch eine Schnur von 260 rigiſchen El - len 4 mal in die Breite und 5 mal in die Laͤnge, welches ohngefaͤhr mit 2 preußiſchen Hufen uͤberein komt. Aus dem herzogl. curlaͤndiſchen Archiv iſt zu erſehen, daß eine lieflaͤndiſche Ba - ſte, deren 66 einen Hacken ausmachen, 66 Faden und uͤberdem eine Laͤnge, 6 mal umden.

L 2Erich
c)lium Theutonicorum et Eſtonum, neceſſitate vrgente, et vtilitate permaxima ſuadente, praedictam formam ſaluo iure dioeceſano Epiſcopi in omnibus acceptaui, Prae - ſentes literas ſuper ratificatione et confirmatione praedictorum conuentus noſtri Si - gilli munimine perpetuo roborando. Teſtes ſunt Dominus Nicolaus, qui tunc gere - bat vices Epiſcopi; Waltherus Sacerdos, Commendator in Maritima, tunc diocoeſis praepoſitus; Frater Friedericus Stultus, Marſchalcus; Frater Ioh. Camerarius Pleba - nus, et alii fratres de Domo Theutonica. Fundam, Frater Ordinis praedicatorum. Conradus, Theodericus, Fratres de Ordine Nudipedum. Vaſalli Eccleſiae Iohannes de Bardewich, Heinricus de Beckeshofwede, Henricus de Braehl, Gerbertus, Frater Iohannes de Huxaria; Diedericus de Pallele, Diedrich Ezzecke, et ſeniores de Eſto - nibus Maritimae et alii quam plures.
c)44Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1243
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Erich der Vte vermachte dem revelſchen Biſtum noch 14 Haken, zu Lund, ohne beigefuͤgte Zeitbeſtimmung. Gegen die Ruſſen war Balcke gluͤck -lich,den Kopf und 6 mal um den Daumen, in ſich begreiffen; welche letztere Laͤnge auch 2 Faden betraͤget, daß alſo die Baſte 68 ordentliche Faden enthaͤlt, jeden Faden zu drey und eine halbe rigiſche Elle gerechnet. Hierein ſaͤet man 12 Laſt rigiſch zu 42 Lof. Die Heuſchlaͤge und unfruchtbaren Oerter ſind mit hierin begriffen. Auf den Guͤtern kehrte man ſich an dieſe Landmeſſerrechnung nicht, ſondern berech - nete die Hacken nach der Menge der Ausſaat; doch auch darnach ſind die Hacken drei - fach unterſchieden. Ein deutſcher Hacken erforderte zur Ausſaat 30 Tonnen, ein herrmeiſterlicher 60 Tonnen, ein polniſcher 120 Tonnen; alles nach rigiſchem Maas, und ſo eingetheilet, daß 2 Drittel jaͤhrlich beſaͤet werden, das dritte aber Brache lie - gen mus. Zu einem Lof Ausſaat nahm man in herrmeiſterlichen Zeiten 231 $$\frac {2} {5}$$ Quadratruthen, je - de zu 7 Ellen gerechnet, zu ſchwediſchen Zeiten aber eine Baſte Landes von 29 Qua - dratfaden. Die Herren Reviſores geben von den lieflaͤndiſchen Hacken ſelbſt keine beſtaͤndige Ausrechnung an, indem etliche als Herr Benedict. Protovius in Feldlaͤndern 40 Lof, und in Buſchlaͤndern 80 Lof, zuſammen 120 Lof Ausſaat auf einen Hacken angeben, andere ihn aber zu 60 Linien*)Dieſe Groͤſſe ſol vermoͤge des lieflaͤndiſchen Ritterrechts ein Hacken in Harrien und Wirland haben, und wuͤrde alſo aus 216000 Faden beſtehen. Weil dieſes zu uͤbertrieben ſeyn wuͤrde, ſo hat man den Satz ſo verbeſſern wollen: Ein Baſt hat 60 Faden, 60 Faden eine Linie, 60 Li - nien einen Hacken, damit alſo 1 Baſt gleich einer Linie, und 60 Linien gleich einem Hacken waͤ - re. Da aber dieſer Hacken 6 oder 8 Baſt kleiner ſeyn wuͤrde, als ein herrmeiſterlicher; ſo ſiehet man wohl, daß die alte Hackenberechnung immer ihren Schwierigkeiten unterworfen bleibe, wenn man nicht Zeit und Ort genau unterſcheidet. Ein Faden heiſt auch Filum, Baſten oder Stricke nennen die Pohlen Reſtes in lateiniſchen Documenten. Vielleicht bedeutet corda auch eine Baſt; die altdeutſchen Ueberſetzungen geben es durch Reepen. in die Laͤnge und Breite beſtimmen. Jede Linie macht 60 Baſten, jede Baſte aber 60 Faden aus. Gemeinem Landbrauche nach, miſt man jeden Hacken von 66 Baſten ordentlich nach 11 Baſt in die Laͤnge und 6 Baſt in die Breite, einen halben zu 6 Baſt in die Laͤnge und 5 und einen halben in die Breite, einen halben zu 6 Baſt in die Laͤnge und 5 und einen halben in die Breite, einen viertel Hacken zu 5 und einen halben Baſt in die Laͤnge und 3 Baſt in die Breite. Der Herr Rath Heinrich von Tiſenhauſen erzehlet unterm 7ten Jenner 1592, er habe nach vorigem Fus einen halben Hacken ſo gros gefunden, daß er 4 Laſt Rocken, und alſo auf dem ganzen Hacken 8 Laſt ausgeſaͤet, daß auf eine deutſche Meile un - gefaͤhr 40 ſolche Hacken Landes zu liegen kaͤmen. Nach der Mesart des Herrn Joh. Timotheus Happach, Geometraͤ, 1632 vom 9ten Merz, machen 15 preußiſchraſeburgiſche Schuh eine Ruthe; 10 Ruthen in die Breite und 30 in die Laͤnge einen Morgen, worin man etwan 3 rigiſche Lof ſaͤet; 30 Morgen eine preußiſche Hufe, 2 Hufen einen Hacken, der 4 Laſt und 12 Lof rigi - ſche Ausſaat faſſen kan. Doch ſind hierin Heuſchlaͤge, Moraͤſte, Holzung und ander unbrauchbar Land nicht mit begriffen. Unter dem 7ten Febr. 1627 meldet der revelſche Herr Buͤrgermeiſter Ramm, daß ein Hacken in welchen 12 Tonnen Korn geſaͤet werden ſollen, 54 Stangen lang und 36 Stangen breit ſey, und alſo 1944 Stangen ins Gevierte betrage, jede Stange zu 6 revelſchen Ellen gerechnet. Jn Jerven hielt ein Hacken Landes in die Laͤnge 62 Baſt, jede Baſt 62 Faden in die Laͤnge und 62 Faden in die Breite, worin**)Daß in vorigen Zeiten das Getreide gewogen worden, erhellet nicht allein aus den ehmaligen Schenkungsbriefen, darin die talenta naualia das Maas beſtimmen, und aus alten Kaufbriefen da 1547 Simon Anrep an Fromhold von Tieſenhanſen zu Doͤrpt einen Erbbauer um 110 Mk. und 114 Pf. Haber verhandelte; ſondern es ſind noch jetzo die Spuren davon in den ſo genan - ten Kleinen Kornwagen uͤbrig, nach deren Anzeige die Guͤte und Schwere des Korns im Groſſen beurtheilet wird. Noch heutiges Tages werden 5 Lieſpfund Mehl gewogen und fuͤr einen Lof ver - kauft. Mehrere Beweisthuͤmer kommen in dieſem Theil vor. 12 Pf. jerviſch geſaͤet werden kan. Auf die Baſt rechnete man 30 Tonnen jerviſch Maas, in der Wyk aber machte ein Hacken Landes 3942 Quadratfaden aus. Nach einer anderweitigen Beſtimmung nimt man zu einem lieflaͤndiſchen Hacken, in dem 30 Tonnen geſaͤet werden, 1844 Faden in die Laͤnge und 961 Faden in die Breite. Das45Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Hermans Balcke. lich, und erlegte ihrer in einem Treffen bey Jſebursky, 2 Meilen von Pit -1243 ſchuer, 600 Mann, verband ſich hierauf mit dem doͤrptiſchen Biſchof, ruͤck - te vor die Stadt Pleskow, und verſahe ſie mit guter Beſatzung, weil der ruſ - ſiſche Czaar Gerpold kapituliret hatte und mit ſeiner Beſatzung abgezogen war. Albert der Abt berichtet, daß Graf Adolph von Holſtein den Lieflaͤndern damals mit einer ziemlichen Macht beigeſtanden habe.

Des Alters und der Ruhe halben begab ſich dieſer Meiſter nach Deutſch - land, wo er 2 Jahr nachher geſtorben und begraben wordene)Der preußiſche Moͤnch Simon Grunow, Predigerordens, ſetzt ſeinen Todestag ins Jahr 1238, und giebt das damals noch nicht angelegte Zantir zu ſeinem Begraͤbnis - ort an; worin ihm Schurzfleiſch ein doppeltes Verſehen Schuld giebt. Wir fol - gen dem Duisburger S. 61 und 114, nach deſſen Zeugnis Balcke nicht voͤllig 6 Jahr Meiſter geweſen. Unſre Geſchichtſchreiber wiſſen von ſeiner Abdankung nichts, und verwechſeln alſo ſein Abſchiedsjahr 1243 mit dem Jahre ſeines Todes, den faſt alle ins Jahr 1245 ſetzen. Jndeſſen iſt man nicht in Abrede, daß dieſes Meiſters Regierung gemeiniglich noch gar zu lang angegeben werde, da ſelbſt manche preußiſche Schrift - ſteller von ihm nichts wiſſen wollen, ſondern Diedrich von Gruͤneck zum erſten Meiſter angeben. Unſre Documente zeigen uns einen Meiſter von Liefland, Namens An - dreas von Velven oder Noͤtken, der ſich lange Zeit mit den abtruͤnnig gewordenen Oeſelern herum getummelt, und im Jahr 1241 mit ihnen einen Vergleich errichtet, den wir bey dieſem Jahre beigebracht. Den preußiſchen Ordensherren ſtanden die Beſchwerden in Liefland nicht wol an, daher ſie bald wieder nach Hauſe giengen oder die Ruhe ſuchten. Vielleicht waren ſie den Lieflaͤndern ſelbſt nicht angenehm, die der alten Freiheit gewohnt waren, und gerne Vorſteher aus ihrem Mittel hatten. Daß aber dieſer Andreas von Velven nicht Promagiſter oder Vicemeiſter, ſondern wirklicher Ordensmeiſter geweſen, bezeuget ein andrer Vergleich von 27 Aug. 1255, in welchem Andreas von Stuckland den Oeſelern ihre Freiheit vermehret, um dieſe armen Leute nicht zur Verzweifelung zu bringen, ſondern ihnen das Chriſtenthum er - traͤglich zu machen. Er beziehet ſich ganz ausdruͤcklich auf den Vertrag, der von ſei - nem Vorfahren, Magiſtro Andrea Domus St. Mariae Teutonicorum in Riga, mit den Oeſelern geſtiftet ſey: und damit ſich dieſe Aufruͤrer nicht wieder an der heil. Ma - ria verſuͤndigen moͤchten, ſo begnadiget er ſie mit 7 Artikeln, und darunter auch mit dem Erbſchaftsrechte; daß, wo ſich jemand, auf Eingebung des Teufels, die Kehle abge - ſchnitten, die Erben nicht mehr um des Selbſtmoͤrders Verlaſſenſchaft kommen, noch die Erbſchaft dem Landesherrn zufallen, ſondern den nechſten Verwandten zu Theil wer - den ſolle, die auch alle ſo gleich ihr Recht vor Gericht erhalten ſollen. Fuͤr dieſe Wohl - that muͤſſen ſie dem Orden im Winter zu Pferde und im Sommer mit Schiffen wi - der die Feinde dienen. Auſſer denen lieflaͤndiſchen Comturen, zu welchen auch der Comtur zur Memelburg, Bernhard, und ein Vogt, Ludwig Balcke, gerechnet wird, ſind bey dieſer Handlung viele oeſelſche Bauren gegenwaͤrtig geweſen, deren Aelteſten ſich unterzeichnet Ylle, Culle, Emme, Murhedene, Tawete, Valde, Meſe - te, Cake. Dieſe Leute haben ein unkentlich Siegel in weis Wachs darunter gedruckt, von welchem nur die Umſchrift: Oſilianorum munimentum zu kennen..

Das Jus prouinciale Liuonic. lib. III, c. 26 ſchaͤtzet einen beſetzten Haken Landes auf 200 Ruthen. Der Herr Reviſor Roſenberg bezeuget 1744, daß einem Bauer, der ein Viertelhaͤ - ker heiſſe, gemeiniglich eine Stelle von 15 Lof rigiſch an Ausſaat angewieſen werde. Von 1683 und in folgenden Jahren ſey eine Tonne Landes von 2 Lof rigiſch zu 14000 ſchwediſchen Ellen, die 350 $$\frac{35}{36}$$ Quadratruthen rheinlaͤndiſch betragen, jede Ruthe zu 611 $$\frac{9}{6}$$ ſchwediſchen Ellen gerechnet: Bey der Stadt Riga bediene man ſich des rheinlaͤndiſchen Maaſſes zur Ausrechnung der Haus - und Gartenplaͤtze, welches auch oft bey Landmeſſungen zur Parallele der ſchwediſchen Ellen gebrauchet werde. Allen dieſen Ungewisheiten abzuhelfen, hat die hohe Krone die Abgaben der Guͤter nicht nach der Hakenzahl, ſondern nach ihren Einkuͤnften und Vortheilen be - ſtimmet, weil nicht alle Guͤter nach der Anzahl ihrer Haken dieſelben auch beſetzt haben.
127
MDer46Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,

Der vierdte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens. Heinrich von Heimburga)Beim Horner heiſt er von Hanenberg, beim Strubicz, Friderich von Henne - berg, in der Handſchrift von Herrmeiſtern Hindrich von Henneberg, bey andern von Hemberg oder Hemborch. H. L. Schurzfleiſch verdenket es dem Ruſſov ohne Grund, daß er dieſen Meiſter in die Zeit des 4ten Biſchofs Nicolaus ſetzet..

1244
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Seine ſchwaͤchliche Leibesbeſchaffenheit ſowol, als die verworrenen Um - ſtaͤnde in dem unruhigen Deutſchland, erhielten dieſen ſonſt wuͤr - digen Regenten in ſtillen Friedensgedanken, deswegen von ſeinen Thaten nichts in die Geſchichtbuͤcher gekommen.

Der Groskoͤnig von Nogarden, Alexander, ruͤckte vor Pleskow, in welchem Ort er, trotz aller Gegenwehr, 70 Ordensbruͤder und manchen Deut - ſchen niedermachte, 6 aber, die er lebendig bekam, uͤber die Klinge ſpringen lies.

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Der Orden fertigte nach dieſem Verluſt eine Botſchaft nach Daͤnnemark ab, in Begleitung des koͤnigl. Statthalters von Eſtland. Der Koͤnig brachte auch ſchon zu Yſtaͤdt eine maͤchtige Flotte zuſammen, nach Eſtland zu ſegeln, und uͤbertrug ſeinem Bruder Abel die Anfuͤrung derſelben, weil er ihn im Rei - che nicht ohne Furcht zuruͤck laſſen konte. Doch der Koͤnig und ſein Bruder ſtel - ten auf die andre Botſchaft, daß Alexander ſich zuruͤck gezogen, die Reiſe ein, und begnuͤgten ſich, einige Truppen zur Verſtaͤrkung der Beſatzung in die Grenz - veſtungen nach Eſtland zu ſchicken.

Der ehemals modeneſiſche und damals ſabiniſche Biſchof, Wilhelm, machte am 7ten Febr. im 2ten Jahr der Regierung Jnnocentius des IVten zu Lyonb)Unter der Regierung dieſes Papſts kam der Orden in ziemlichen Flor. Denn etwan ein Jahr darauf ward den Rittern durch Petern von Alba, dieſem ſabiniſchen Bi - ſchof Wilhelm und dem Cardinal Johannes, auſſer zwey Theilen in Curland auch noch der dritte Theil von Seingallien zugeſprochen; welchen Ausſpruch auch Jnnocentius der IVte zu Lyon im 8ten Jahre ſeiner paͤpſtlichen Wuͤrde am 14 Merz beſtaͤtigte, und dem rigiſchen Biſchof 200 Haken von Donegange u. Thargele in Cur - land anwies. Die paͤpſtliche Beſtaͤtigung iſt deswegen merkwuͤrdig, weil ſie dem Erz - biſchof von Liefland, Preuſſen und Eſtland, dem Biſchof von Riga und dem von Curland zugeſchicket worden. Der paͤpſtliche Geſandte Wilhelm nennet Curland partem veteris Pruſſiae, Wegen des biſchoͤflichen dritten Theils in Curland verſchrieb ſich der Hochmeiſter Wilhelm von Urenbach*)Den Namen dieſes Hochmeiſters von Urenbach ſucht man in den Geſchichtbuͤchern vergebens; wie denn auch Hartknoch die Unvolſtaͤndigkeit in dem Regiſter dieſer Regenten zugiebt. Die Urkun - de ſtehet in des Herrn Nettelbladts Faſcic. rer. Curland. S. 148, doch mit einer unrichtigen Jahrzahl: zu Venedig 1223, die wenigſtens 1246 heiſſen mus. Denn|| Urenbach beziehet ſich auf den curiſchen Biſchof Herman, welcher den Bruͤdern ſchon einen Theil, und auf den Biſchoſ Heinrich von Littlenburg, welcher den andern Theil von Curland dem Orden in Beſitz ein - gegeben habe, da doch der letzte erſt 1245 ſein Biſtum Semgallien mit dem Biſtum Curland verwechſelte., daß weder er noch ſeine Nachkom - men was daruͤber zu ſprechen haben wolten. 2 Theile von Curland dem Orden, und dem Biſchof den dritten aus, wobey man die in Preuſſen getroffene Einrichtung zum Muſter anfuͤrete, weil die Vorrechte des deutſchen Ordens, durch der Schwerdtbruͤder Vereinigung, mit auf die Lieflaͤnder gekommen ſeyn. Der Orden hatte nicht nur Curland wieder erobert, nachdem die abgefallenen Curen ihren Biſchof Engelbert umge - bracht; ſondern auch das Schlos, ſo ehmals Goldingen, anjetzo aber Jeſus - bore heiſt, daſelbſt erbauet.

Jn47Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Heinrichs v. Heimburg.

Jn demſelben Jahre vermachte der rechtmaͤßige Erbe des Fuͤrſtententhums1254 Pleskow, Jaroslaw, den halben Theil ſeines Landes an die Kirche zu Doͤrptc)Die Bewegungsurſache dieſer Stiftung iſt unbekant. Die Meinung, daß die Ruſ - ſen den chriſtlichen Glauben angenommen, findet nicht Stat; weil dieſe ſchon laͤngſt Chriſten waren, welches auch Hiaͤrne eingeſehen. Vielleicht entdeckt uns Raynald annal. eccleſ. t. 13, p. 559 n. 29 die Urſache. Jnnocentius der IVte ſchreibt von Lyon am 3ten May, im dritten Jahre ſeiner Regierung, 1246 an einige Czaaren in Rusland, daß er ſeinen Botſchafter Albert, Erzbiſchof von Preuſſen, Lief - und Eſtland an ſie abfertigen wolle, weil er von ihrem Zutrit zur roͤmiſch - catholiſchen Kirche benachrichtiget ſey. Der Papſt befehligte auch Albert unterm 7 September nach Rusland, die Botſchaft an den durchlauchtigen Koͤnig Daniel anzutreten, und deſſen Beitrit zur roͤmiſchen Kirche in den benachbarten Gegenden bekant zu machen. Allein der doͤrptiſche Biſchof Bernhard wuſte ſich mit dieſer Schenkung nicht gar ſicher, indem er 1247 mit des Legaten Bewilligung die ganze Donation dem Orden ab - trat, mit beigefuͤgter Bedingung, daß die Bruͤder daſſelbe Land gegen die feindlichen Anfaͤlle in eigner Perſon, zur Erhaltung der Kirche zu Doͤrpt, ſchuͤtzen und vertheidigen ſolten..

Nach einer zweijaͤhrigen Regierung noͤthigte den Ordensmeiſter ſeine Unpaͤs - lichkeit nach Deutſchland zu gehen, und der Ruhe zu genieſſen.

Der fuͤnfte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens. Dietrich von Gruͤningen. a)Chytraͤus giebt ihm keinen Zunamen; Strubicz nennet ihn Dirick von Griningen. Kajalowitz ſchreibat ſchlechtweg Meiſter Diedrich, andre Theodor von Groningen, und von Gronen. Noch andre Meiſter von Gruneck oder blos Heinrich. Horner ſetzt ihn gleich nach Balcken, andre noch wunderlicher nach Volquinen. Mit der Zeitrech - nung hat es hier folgende Bewandnis. Die Urkunde, welche Herr Gruber aus Nettelbladts Samlung anfuͤhret, und die vom 11ten Maͤrz im dritten Jahr der paͤpſtlichen Regierung datiret iſt, meldet uns dieſen Ordensmeiſter zuerſt. Bey dieſem Jnſtrument aber findet die am Rande beygeſchriebene Jahrzahl 1245 nicht ſtat, weil beim Raynald, in dem Schreiben des Papſts an einige rußiſche Czaren, der 11te May 1246 nicht ins dritte Jahr des Jnnocentius IV, fallen kan. Wir haben alſo das Jahr 1246 ihm geben muͤſſen. Jnnocentius nahm ſich ſeiner beſonders an, und lies zu Lyon durch Peter, Biſchof von Alba, und Wilhelm, nunmehrigen Biſchof von Sabina, wie auch durch den Cardinalprieſter Johann, den Erzbiſchof zu Ri - ga, Albert, ermahnen, die Freyheiten des Ordens nicht zu kraͤnken, den Verord - nungen des Legaten von Modena nicht entgegen zu handeln, ſonderlich derjenigen, in welcher den Bruͤdern zwey Theile von Curland mit dem Zehnden ausgemacht ſein; auch ſolle der Erzbiſchof weder mit Chriſten noch Heiden gegen den Orden ein Buͤndnis eingehen. Geſchrieben zu Lyon, am 24 Februar, 1251.

Er brachte den groͤſten Theil ſeiner Regierung mit den unruhigen Curen1246 zu. Dieſen Leuten wolte es nicht recht in den Kopf, mit der Taufe zugleich die Knechtſchaft der Deutſchen anzutreten, und hiengen ſich daher an die Litthauer, welche auch unter ihrem Grosfuͤrſten Myndow aufbrachen, und Curland von der fremden Re - gierung erloͤſen wolten. Am 25 May verſtattete Johann, Herr von Meck - lenburg, den rigiſchen Buͤrgern zu Wismar und in andern Oertern ſeines Gebietes, eben die Freiheit, welche die Luͤbecker genieſſen. Herr Gottfried Buͤlow, Herr Johann ſein Bruder, Herr Bernhard von Walie, Herr Dietrich Clawe, Herr Ulrich ſein Bruder, Ludecke von Ham, Zolein - nehmer, Heinrich von Dortmund, Buͤrgermeiſter, Dittmar von Buco -M 2we,48Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1246we, Ulrich und Niclaus von Cusveld, Wizzel Kleine (Paruus) Hin - rich von Bucow, Hildebrand von Pole; rigiſche Buͤrger, waren Zeugen.

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Auf eingelaufene Nachricht, daß die Curen und Litthauer mit einem Heer von 30000 Man Ampoten belagert, machte ſich der Ordensmeiſter in Perſon auf, uͤberrumpelte die Belagerer, und jagte ſie nach einem Verluſt von 500 Mann nach Hauſe, doch blieben beim Entſatz vier Ordensritter und 10 andre Lieflaͤnder. Der Ordensmarſchal Berwart ſol dieſer Unternehmung mit beigewohnet haben. Dietrich drang hierauf in Litthauen ein, wo er ſengte und brente, aber auch manchen Kopf verlor.

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Der daͤniſche Koͤnig Erich beſtaͤtigte zu Rotſchild dem Ciſtercienſer - kloſter Gudwall in dem Biſtum Linkoͤping,b)Nach Arrild Huitfelds Bericht war Gudwal, das erſte Kloſter in Liefland, Ci - ſtercienſerordens. Was hat aber Huitfeld durch dieſen mangelhaften Bericht unſern un - gedruckten Geſchichtſchreibern nicht zu rathen aufgegeben? Herr Thomas Hiaͤrne gab ſich viel Muͤhe dieſes Kloſter zu finden, konte aber mit allem Nachſuchen weiter nichts heraus bringen, als daß einige Guͤter in Harrien und Wirland dazu gehoͤret haben, deren Namen er doch aus dem Huitfeld abgſchrieben zu haben ſcheinet. Einige haben daher dieſes Kloſter in Walck geſucht. Jn der aus dem Huitfeld genommenen Er - zehlung begehet Herr Hiaͤrne auch einen Fehler, indem er des lundiſchen Erzbiſchofs Eskill Erbgut und geſtiftetes Kloſter Eſſerum fuͤr einen Moͤnch Namens Eſſerus, angeſehen, den Waldemar I nach Eſtland geſchickt habe; da doch der daͤniſche Geſchichtſchreiber ſich ſo ausdrucket, daß das Kloſter Eſſerum (Eſcheraum) dem Kloſter Gutwal Moͤnche uͤberlaſſen, und ſelbige dahin geſchickt. Der Papſt weis uns dieſes ſo lange vergeblich geſuchte Kloſter beſſer anzuweiſen. Benedictus der XIte beſchweret ſich in einem Schreiben an den Stathalter des Koͤnigreichs Daͤn - nemark und des Herzogthums Eſtland, daß der Hoͤchſte durch den Druck der Geiſtli - chen und ſonderlich der Ordensleute ſehr beleidiget werde, daß man den Eifer der Ci - ſtercienſer unterdruͤcke, den Moͤnchen viel Herzleid zufuͤge, ihre Guͤter einziehe, und ſie ſelbſt im Gefaͤngnis halte, da doch alle Geiſtliche frey ſeyn muͤſten. Er verlanget alſo, daß der Stathalter die Steuer der 400 Mark rigiſch den Ciſtercienſerkloͤſtern Valckena, Padis und Guthwal erlaſſe, damit die Kirchenfreiheit nicht zu Grun - de gehe. Gegeben zu Avignon, am 9ten Febr. Ein andrer Brief vom 20 April wiederholet ein gleiches, ſetzet den Orden zum Schirmherrn dieſer drey Kloͤſter, und ſpricht alle Kloͤſter in Eſtland von Schoß[und] Abgaben frey. Jn beiden paͤpſtlichen Schreiben werden beſagte Kloͤſter in die Biſtuͤmer Doͤrpt, Revel und Linkioͤping verleget. Nach dem andern, ſo an den Ordensmeiſter in Liefland gerichtet iſt, gehoͤret Padis zu Eſtland, in welcher Provinz die beiden andern Kloͤſter einen groſſen Theil ihrer Guͤter haben. Nun wil ſich das 7te Jahr der paͤbſtlichen Regierung und der Ort Avignon mit der dieſen Briefen beygeſetzten Jahrzahl 1305 nicht wol reimen, wenn anders die gemeine Zeitrechnung der Paͤpſte um dieſe Zeit richtig iſt. die vom Herzog Cnut er - haltenen Privilegien, und erhandelte zum Nutzen deſſelben von den Deutſchen in Eſt - und Wirland die Doͤrfer Kale, Xalemachi, Ugri, Culmias, Sicudal, Adalica, Kallis, Wonei, und Perniſpaͤ. Doch muſten die Bauren auf das Schlos nach Revel froͤnen, und in Kriegszeiten ſich wie Sol - daten gebrauchen laſſen. Er ſegelte auch ſelbſt nach Eſtland, beſorgte die noͤ - thigſten Anſtalten im Geiſtlichen und Weltlichen, machte allerhand geiſtliche Stif - tungen und ſchenkte, als er wieder nach Lund kam, am 8ten April dem eſtlaͤndi - ſchen Biſchof Torchill 14 Haken im Dorfe Kawwel, ſo Ulrich Schuͤ - tzen gehoͤrte, beſtaͤtigte auch das gottſelige Vermaͤchtnis, in welchem ſein Vater vor 9 Jahren das Biſtum Revel ſo reichlich beſchenket hatte, geſchehen zu War - tinsborg, am 11 Septemberc)Wenn die Daͤnen uns die eſtniſchen Namen nicht ſo ſehr radebrechten, ſo koͤnten wir die an das Biſtum Revel geſchenkte 80 Hacken in den Doͤrfern Obwald, Ruts, Sammitkertel, die ſonſt Robert von Sluck gehoͤrten, und in den Doͤr - fern Chokere, Peſack, Carris und Waimel ſuchen, die ein gewiſſer Luttgard ehemals beſeſſen. Die 40 Hacken, welche dem Biſtum Wirland zugeſchlagen wer -den Dem Orden in Preuſſen und Lieflandaber49B. Nicolaus. zur Zeit der Reg. Dietrichs v. Gruͤningen. aber unterſagte er in einem eigenen Schreibenden Eingrif in die koͤniglichen Guͤter1249 in Eſtland.

Nach einigen Verdrieslichkeiten mit dem Erzbiſchof Albert, dankte Die -1250 trich ab, und begab ſich nach Lyon, wo er fuͤr den Orden manches Gute aus - richtete. Der Papſt Jnnocentius der Iſte lies durch die Biſchoͤfe, Peter von Alba und Wilhelm von Sabina zwiſchen ihm und dem Erzbiſchof einen Vergleich ſtiften, der auch im folgenden Jahre am 24 Febr. zu Stande kam, darin alle Beleidigungen gegen einander aufgehoben werden. Der Erzbiſchof ſol das Kreutz und Glaubensgeſchaͤfte durch Predigen und Rathen befoͤrdern, die Ordensprivilegien unangefochten laſſen, ſich nach des modeneſiſchen Biſchofs Urtheil mit einem Theil in Preuſſen und Curland begnuͤgen laſſen, den Or - densbruͤdern das Loͤſegeld von den Geluͤbden abgeben, ihnen nichts zu Leide thun, oder thun laſſen, ſich weder mit Chriſten noch Heiden gegen den Orden verbinden, dagegen die Bruͤder dem Erzbiſchof ſeinen gebuͤhrenden Reſpect geben, keine Ver - bannten in Schutz nehmen und alle Neubekehrten freundlich und gelinde halten muͤſſen.

Jhm wird ſonſt die Erbauung der Schloͤſſer Ampoten und Curlandd)Curland, ein altes Schlos nach dem Namen des Landes. Die erſte Erwehnung der Curen findet man bey dem hamburgiſchen Erzbiſchof Rembert im Leben des heili - gen Ansgarius, k. 27, worinne dieſe Nation Chori heiſſen, welche der hiſtoriſche Dichter Gualdo eben ſo benennet. Aus dem Rembert hat der Canonicus Adam von Bremen dieſe Benennung entlehnet, in ſeinem Buch von der Lage Daͤnnemarks, Kap. 223. Saxo der Seelaͤnder nennt ſie Curetes, doch laſſen ſich des Ptolomaͤi Caryones nicht dahin rechnen. Paul Einhorn hat in ſeiner lettiſchen Hiſtorie S. 11, den alten Sitz der Cureten weder richtig geſucht noch richtig gefunden. Da Rembert ſowol als Adam auf bloſſes Hoͤrenſagen geſchrieben, und Curland, wenn es nicht Oeſel bedeuten ſol, eben ſo wie Eſtland, zur Jnſel machen; ſo laͤſt ſich aus ihnen ſo wenig der alte Zuſtand beider Provinzen erweiſen*)Der Text Adams von Bremen heiſt im ganzen ſo: Quarum (inſularum Sinus Balthici) maxima eſt illa, quae Curland dicitur, iter octo dierum habens; gens crudeliſſima propter nimium Idololatriae cultum fugitur ab omnibus: aurum ibi plurimum, equi opti - mi, diuinis auguribus atque necromanticis omnes domus ſunt plenae, qui etiam veſtitu mo - nachico induti ſunt. A toto orbe ibi reſponſa petuntur, maxime ab Hiſpanis et Graecis. Herr Gruber verſtand darunter die Jnſel Oeſel, davon doch auſſer dem Namen nichts zutreffen wil. Hielte mans auch fuͤr eine von den Moͤnchen in der lateiniſchen Bibel beibehaltene hebraͤi -ſche als aus dem Snorro Sturlon - ſon, wo der Lagman von Upland, Thorgnyr an Koͤnig Olaus III von groſſen Schloͤſſern und Veſtungen pralet, welche der Koͤnig zu Upſal, Erich Eimund, in dieſen Oſtlaͤndern angeleget haben ſol. Man vergleiche damit Seite 128 in den Liuo - nicis, oder einiger zu mehrern Erleuterung der mit Anfang des 1700 Jahrs in Liefland entſtandenen Unruhe dienlicher Stuͤcke und actorum publicorum faſciculum tertium. Das Chronicon Kiouienſe nennt Curland Corſia. Montan fuͤhrt den Namen des Landes von dem lettiſch - und curiſchen Worte Jure, das Meer, welches wie Chure geleſen worden, und von Semme, das Land her; daher Oeſel die Be - nennung Chureſaͤare d. i. die Meerinſel erhalten. Cluverius ſetzt die Scyren zwiſchen die Weichſel und Duͤne, woraus Montan die Churen macht, weil y und u leicht verwechſelt werden, als σϰύτος Scutica, ϰϱυςαλλος auf rußiſch Chruſtal, Yyrge auf rußiſch Yurge, ſo auch Thyle und Thule. Unter den Hirren mag man ent - weder die Wirics, Wirlaͤnder, oder die Harrier um Revel verſtehen, weil ſie eſt - niſche Voͤlker ſeyn ſollen, und man ſie daher nicht in Curland zu ſuchen hat. Die Sprache in Curland iſt die lettiſche. 1251 zugeſchrieben.

Der
c)den ſollen, liegen unter dem Gute Salgalle. Es iſt gar kein Wunder, wenn ſolche Schreibfehler ſich durch viel Jahrhunderte hindurch erhalten. Die Lieflaͤnder mu - ſten ſchon 1375 eine Vereinigung uͤber gewiſſe Namen von ſolchen Doͤrfern ſchlieſſen, die in den Specialbullen nicht richtig getroffen waren, weil die paͤpſtl. und kaiſerlichen Kanzleien die eigenthuͤmlichen Benennungen der Oerter ſehr ungeſtalt und unkentlich ausgedrucket hatten.
c)
N50Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,

Der ſechſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens. Andreas von Stuckland. a)Horner nennet ihn von Stockland, Waiſſel hingegen von Staverland. Die Urheber der neueſten Beſchreibung der Ritterorden, von Strickland, Stru - bicz, von Seeland. Er heiſt auch Anno in dem deutſchen Briefe von 1255, nach welchem die rigiſchen Buͤrger in der See Kanijerwe fiſchen koͤnnen.

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Die Grafen Johann und Gerhard von Holſtein, Wagrien und Stormarn gaben den Buͤrgern und Kaufleuten zu Riga die Freiheit unterm 7. Aug. daß, wenn ſie nach Hamburg oder ſonſt in ihre Lande kaͤmen, ſelbige von Zoll und Unpflichten ewig und gaͤnzlich los ſeyn ſolten. Der Brief iſt unterzeichnet vom Bruder Adolph, ihrem Vater, Gervaſius dem Kapellan, den Rittern Vrowin, ih - rem Lehnsmanne Otto von Luͤneborch, Albrecht von Medebeke und an - dern mehr. An der Urkunde henget an einer gelben ſeidenen Schnur von gemei - nem Wachs ein Siegel, in deſſen Mitte das Bild eines geharniſchten Reuters, der in der Rechten den bloſſen Sebel, mit der Linken hingegen den Zaum des Pfer - des haͤlt: umher ſtehet die Umſchrift: S. Iohannis Comitis Stormarie, Wagrie et Holtzatie. Das andre Siegel haͤlt eine rothe ſeidene Schnur, mit einem Schilde in Geſtalt eines gezackten Neſſelblats, nebſt den Buchſtaben am Rande: S. Johannis et Gerhardi Comitum de Schowenburg. Dieſer Freiheitsbrief iſt etlichemal, und unter andern vom Erzbiſchof Sylveſter, in Abſchrift genommen worden. Der Koͤnig von Daͤnnemark, Abel, uͤbertrug dem Biſchof Her - man von Oeſel und der Wyck den ewigen freien und voͤlligen Beſitz des oͤſel - ſchen und wyckiſchen Biſtums, entſagte ſich aller Anſpruͤche darauf, und der Koſten, welche der Biſchof dem Koͤnige nach gewonnenen paͤpſtlichen Ur - theil auszahlen muͤſſen. b)Die koͤnigliche Ceßion an den Biſchof liefert Huitfeld S. 230 und Pontanus S. 340. Die an den Meiſter aber kennen wir aus oͤffentlichen Abſchriften, die mit der erſten faſt gleichen Jnhalts ſind. Beyde ſind zu Nyborg am 8 Aug. von dem ſchwediſchen Primas Uffo, Erzbiſchof zu Lund, den Biſchoͤfen Eſchil zu Schles - wig, Jacob zu Rothſchild, Esger zu Rypen, Jacob zu Odenſee, dem koͤ - niglichen Bruder Chriſtoph, dem Grafen Ernſt von Gleichen, dem Grafen Jo - hann und Gerhard von Holſtein, dem Ritter Gerbert von Stoltenborch, dem Kaͤmmerer Tycho Hoſt, Andreas Peterſon, Johann Nilſon, Saxo Peter - ſon und andern mehr unterſchrieben. Der Koͤnig fuͤhret darin an, daß ſein Vater Woldemar und ſein Bruder Erich dem Biſchof wider Abels Willen am paͤpſtlichen Hofe zu viel gethan. Die daͤniſchen Geſchichten beſchreiben uns dieſen Her - man als ehmaligen Kanzler bey Abeln, welcher um ſeines Herren willen manches gewaget, und daher von Abeln bey deſſelben Gelangung zum Thron, mit dieſem Freibriefe begnadiget, aber auch von deſſen Vorfahren gegen die Verſicherung von 1238 ſey beeintraͤchtiget worden. Eine alte Grenzſcheidung zwiſchen der Wyck und Harrien, worin eines Abts von Padis Erwehnung geſchicht, nennet dieſen Her - mann einen Herrn von Buxthoͤveden, Biſchof von Oeſel und Beſitzer des Kloſters zu Leal, in den Zeiten da Bruder Ruſſe ſein Vogt zu Leal, und Leetgas Haupt -mannGleichfals trat Abel dieſem Ordensmeiſter Andreasſein*)ſche Redensart, und verſtuͤnde durch eine Jnſel nur ein an der See gelegenes Land, oder das eigentliche Curland; ſo wird ſich doch die uͤbrige Beſchreibung, ohne groſſe Leichtglaͤubigkeit, ſchwerlich auf das feſte Land deuten laſſen. Des Sieges uͤber die Curen ruͤhmt ſich der kluge und groſſe Starcather in folgenden Verſen an Hatherum beym Saxo, S. 152. Hinc mecum egregiis congreſſum viribus Hamam Enecui, mox cum Rino duce, Flebace nato, Obtriui Curios (Cranz lieſt Kyrios) vel quas alit Eſtia gentes, Et populos, Semgalla, tuos. 51B. Nicolaus. zur Zeit der Reg. Andreaͤ v. Stuckland. ſein ganzes Recht auf Gerwen, Alenpoys, Normegunde, Moche und1251 Waigele ab, damit das Reich GOttes durch Einigkeit erbauet wuͤrde zur Ver - gebung ſeiner Suͤnden. c)Dieſe freywillige Schenkung beſtaͤtigte der Papſt Martin der IV am erſten Septemb. 1282 zu Monte Fiaſcone, der revelſche Biſchof Heinrich aber verſahe ſie 1307 mit ſeinem Vidimus.

Die Litthauer verſuchten ihr Heil durch eine neue Streiferey in Liefland,1252 wurden aber mit blutigen Koͤpfen nach Hauſe begleitet. Die Lieflaͤnder hinge - gen ruͤckten gar in Samogitien, und zogen durch Semgallien, nachdem ſie in beyden Laͤndern fette Beute geſamlet, wieder nach Hauſe. Der Koͤnig Min - dow in Litthauen bekam hiedurch Friedensgedanken, ſtellte ſich auch auf der Deutſchen Einladung zu einer Unterredung ein, in der er ſeine Neigung zum Chriſtenthum entdeckte, welches dem Papſt Jnnocentius dem IVten hinter - bracht wurde. Der Papſt ſandte zwey Kronen, oder lies ſie auch in Riga ver - fertigen, die der lieflaͤndiſche Erzbiſchof an ſeinen Bruder Heinrich, Biſchof zu Culm, in Begleitung des Ordensmeiſters nach dem koͤniglichen Wohnſitz in Litthauen ſchickte, wo Heinrich den Mindow nebſt ſeiner Gemahlin, wel - che in der Taufe Martha genennet wurde, nach geſchehener Taufhandlung zum Koͤnig und zur Koͤnigin von Litthauen kroͤnete. Der Biſchof belehnte auch den Mindow im Namen des Papſts mit Litthauen; da denn dieſe feierliche Handlung bey allen Hofleuten einen ſolchen Eindruck machte, daß uͤber 600 vor - nehme Litthauer ſich mit taufen lieſſen, obgleich die uͤbrigen Unterthanen auf dieſe Unterwerfung ſchlecht zu ſprechen waren. d)Es iſt bey unſern Schriftſtellern noch nicht ausgemacht, welcher Papſt den Mindow in den Schoos aufgenommen. Ruſſow giebt Jnnocentium dem IVten und Kelch Alexandern dem IVten zu ſeinem geiſtlichen Vater an. Ruſſow hat Recht, weil ihm Kojalowicz P. I, lib. 4 nicht entgegen iſt, Michow, Guagnini und unſre Ur - kunden aber beiſtimmen. H. Spodanus ſchlieſt es aus det Fortſetzung der Jahrbuͤ - buͤcher des Baronius. Am unwiederſprechlichſten bezeugen es Myndows eigene Briefſchaften, unterm Jahr 1257. Einige gehen in manchen Umſtaͤnden etwas von ihm ab; nemlich weil der Fuͤrſt von Polocz, Theophilus, von ſeinem Bruder Mindow bekrieget wurde, hieng er ſich, unter Vorwand des Beitrits zur roͤmiſchen Kirche, an den Ordensmeiſter, daher ihm Mindow den Streich ſpielte, und beim Erzbiſchof ebenfals um die Taufe anhielt, welches ſich dieſer fuͤr ſeinen Kopf nicht zu bewilligen getrauete, bis ihn der Papſt dazu Erlaubnis ertheilte. Der Rath und die Geiſtlichkeit in Riga haben eine eigene Acte in dieſer Heidenbekehrung ausgeſtellet, daß der Koͤnig Mindow nach ſeiner Kroͤnung unb Salbung Geiſtliche und Moͤnche in ſein Land genommen. Die Herren Polen und andre ſchreiben dieſen Namen Men - doc, Mendego, Mendolph, Mende, Mendogunus und Mindog, welches alles gegen die Urkunden iſt, und machen ihn, wiewol faͤlſchlich, gleich nach einemJahre

N 2Der
b)mann zu Revel war. Alſo ſaͤumte Hermann nicht, die Grenze auf eine ſehr um - ſtaͤndliche und beſtimte Art mit dem daͤniſchen Statthalter zwiſchen ſeinem Stifte und dem koͤniglichen Lande in Richtigkeit zu bringen. Sie faͤngt ſich an vom Dorfe Walckle in Harrien, bey einem groſſen Baum vorbey, worein ein Biſchofsſtab ge - hauen iſt, und gehet uͤber den Bach Kellamecki bis in den Buſch Aitepaͤh, wo der Stiftsbauer Magdis zu Komedy wohnet. Hier ſetzt es Noth in unſern Hand - ſchriften, die dieſen Grenzbrief, der keine Jahrzahl hat, weder mit den Jahren 1224 noch 1334 vergleichen koͤnnen, in welchen Hermanne regieret haben. Weil die letzte Jahrzahl zu neu, indem Oeſel und Leal ſchon laͤngſt eingegraͤnzet geweſen, und der andre Hermann den Beinamen von Osnabruͤg gefuͤhret, die erſtere aber des Kloſters und Abts zu Paids halber zu alt iſt; ſo muͤſſen wir wol aus den daͤniſchen Schriftſtellern und unſern Urkunden einen mitlern Biſchof Hermann annehmen, und wer weis ob dieſer angegebene Herr von Buxthoͤveden nicht Schuld daran iſt, daß man dem Biſchof Albert, als Bruder des erſten Hermanns, den ſonſt vornehmen Namen derer von Buxthoͤveden beigeleget. Dieſer Hermann faͤllt in die Jahre 1277, und nicht, wie Huitfeld ſchreibt, ins Jahr 1251, indem ſelbſt in Urkunden noch lange nachher Heinriche vorkommen.
b)52Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
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Der Ordensmeiſter Andreas unterſiegelte nebſt dem Biſchof Heiden - reich in Preuſſen und dem rigiſchen Dompropſt Hezelin, den andern Tag nach Lucaͤ des Evangeliſten, auf dem Schloſſe zu Goldingen 1252 einen Ver - trag, in welchem der Biſchof Heinrich von Curland und der Ordensgebietiger Eberhard von Seine, auf Anſuchen des rigiſchen Propſts die Worte eines Briefes: daß ohne Genemhaltung des Biſchofs und der Bruͤder keine Staͤdte in Curland angeleget werden, die Bruͤder hingegen zwey Theile und der Biſchof ei - nen Theil haben ſolle, blos von der Stadt Memelburg wollen verſtanden wiſ - ſen, welche Stadt zwiſchen der Memel und Daughe liege. Die Muͤnze, ſo zu Memel gepraͤget iſt, wird durch ganz Curland fuͤr guͤltig erklaͤret.

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Der lieflaͤndiſche Erzbiſchof Albert, der bis jetzo noch Diener der Kirche zu Luͤbeck war, ſandte einen Bannbrief herein wider die Strandkaper, die ſich die Schiffe, welche zwiſchen Luͤbeck, Gothland und die Duͤne hinauf, oder nach Lief - und Eſtland ſegelten, nach der Strandung zu pluͤndern unter - ſtehen wuͤrden, vermoͤge deſſen auch andere, ſo durch kaͤufliche Erſtehung, Ein - tauſchung oder Bergung etwas von dem Geſtrandeten an ſich gebracht, als muth - willige Todtſchlaͤger angeſehen, und ſo lange von der Kirchengemeinſchaft ausge - ſchloſſen wurden, bis ſie das Geraubete doppelt erſetzet. Luͤbeck im Monat Junius. e)Weil dieſe Urkunde verſchiedene bisher unbekante Umſtaͤnde entdecket, ſo haben wir ſie hier nicht weglaſſen koͤnnen. Daß das Biſtum Revel mit unter den rigiſchen Kir - chenſprengel gehoͤre, iſt ſchon aus andern Zeugniſſen bekant. Albertus miſeratione diuina Archiepiſcopus Liuoniae, Eſthoniae et Pruſſiae, miniſter Eccleſiae Lubecenſis: Omnibus Sanctae Matris Eccleſiae fidelibus, ad quos prae - ſens ſcriptum peruenerit, ſalutem et benedictionem a Domino. Chriſtiani nomi - nis religio hoc requirit, vt ſuper afflictos pia geſtent viſcera, quae ſibi volunt in ſuis neceſſitatibus ſubueniri, et hoc idem perſuadet lex et ratio naturalis, vt, quaecun - que volumus nobis fieri, eadem et nos proximis noſtris maxime, neceſſitatis tempo - re, faciamus. Cum itaque neceſſitas non modica, imo vna de maximis et de prae - cipuis reputetur, vt, cum ſideles quique mercatores in licitis negotiationibus res et perſonas ſuas exponant diſcrimini, et tempeſtatis periculo ingruente quaſi nihil aliud niſi mortem ante oculos videant incumbentem, et parum reputant res omnes deper - dere, ſola vita contenti, miramur et mirari non ſufficimus, quomodo inueniri poſ - ſet quisquam tam perditus et prophanus, qui manus ſuas ſacrilegas praeſumat exten - dere ad res illorum, qui de naufragio et maris periculo per ſolam Dei clementiam ſint ſaluati, quod omnium raptorum et praedonum crudelitatem excedit, vnde | vo - lentes cum Dei adiutorio tanto ſceleri congruis remediis obuiare; tale duximus prouidendum, vt ſecundum ſanctiones canonum et imperialia decreta maiorum omnes huiusmodi ſceleratiſſimos praedones vno animo perſequamur, decernentes inprimis, vt omnes ſupra dictos fideles, qui mare navigant inter Lubecam et Gotlan - diam, et inter Dunam fluuium *) adſcendendo, nec non ad omnes partes Liuoniae et Eſthoniae ſub Apoſtolica ſede et noſtra protectione conſiſtant, nec quisquam eos contra juſtitiam audeat perturbare, et tam perturbatores, quam participes eorum, ſeu tutores ac defenſores excommunicationis vinculo fint adſtricti, et quicunque de rebus ſic ablatis in emtione, permutatione vcl conſeruatione aliquid participare prae - ſumſerit, donec ablata in duplum reſtituat, tam diu ab ingreſſu eccleſiae ſit ſuſpen - ſus, ac ſi voluntarium homicidium perpetraſſet. Iudices autem ſeculares huiusmodi latrocinia poteſtate ſibi tradita, tanta diligentia perſequantur, vt ipſos non oporteat rationem reddere de neglectu, quod non turbare peruerſos nihil aliud ſit quam fo - uere. In parochia vero illa, vbi talis rapinae facinus perpetratur, ſtatim ceſſent di - uina officia, et ſignificetur Epiſcopo loci et judici ſeculari, quod propter talem cauſam diuina ceſſauerint, et vterque opponet remedium ſalutare antequam fiat reſumtio di -uinorumDer littauiſche Koͤnig Myndowe gab den rigiſchen Kaufleuten ein anſehnlich Handelsprivilegium in ſeinen Landen.

Nachdem
d)Jahre zum Mammelucken. Er ſtelte im Jahr 1253 der Stadt Riga den Freiheits - brief aus, durch ſein ganzes Land zu handeln, worinne er umſtaͤndlich bekennet, daß er durch den Dienſt des culmiſchen Biſchofs H. zum Koͤnig von Litthauen geſal - bet worden.
d)53Erzbiſch. Albert. zur Zeit der Reg. Andr. v. Stuckland.

Nachdem der letzte rigiſche Biſchof Nicolaus die Augen zugethan, ſuchte1254 ſich das Domkapitel, dem der Orden ſchon zu Haupte gewachſen, einen bey dem Papſt beliebten Mann aus, und fiel mit einmuͤthiger Wahl auf den um Liefland ſehr verdienten Albert,f)Bequemer laͤſt ſich das Jahr, da dieſer Erzbiſchof ſeine Wuͤrde angetreten, nicht be - ſtimmen, als daß wir das Jahr 1254 dazu machen; weil er 1253 noch in Luͤbeck Bi - ſchof, 1255 aber, im Jenner, ſchon in Riga Erzbiſchof war. Jnnocentius der IVte ruͤhmet ihn in dem Brife an etliche rußiſche Czaren, als einen Mann nach ſeinem Her - zen, den ein frommer Wandel, eine feine Gelehrſamkeit und reife Erfahrung ziere. Als Biſchof zu Luͤbeck muſte er, nach dem Lindenbrog in Scriptor. Septembr. p. 173, am 29 Novemb. 1247 dem bremiſchen Erzbiſchof, Gerhard dem IIten, einen doppelten Eid ſchwoͤren, erſtlich die luͤbiſche Kirche in allem ſchadlos zu halten, und zweytens, ſich niemals von der Unterwuͤrfigkeit unter dem Erzſtift loszureiſſen, und endlich noch, wie Herr Gruber anmerket, als apoſtoliſcher Legate verſprechen, die Biſchoͤfe von Liefland, Eſtland und Preuſſen dem erzbiſchoͤflichen Kirchenſprengel auf ſeine Ko - ſten zu unterwerfen. Dabey iſt merkwuͤrdig, daß dieſer letzte Artickel nicht beſchworen worden. Waͤre er aber auch beſchworen geweſen, ſo blieb doch noch die Frage uͤbrig: ob der Eid, wozu der bremiſche Erzbiſchof einen paͤpſtlichen Geſandten ohne Vorwiſ - ſen ſeines Herrn gezwungen, ſeine Verbindlichkeit behalten? Albert haͤtte mehr dem Papſt, als dem Erzbiſchof gehorchen muͤſſen. Der Ausgang hat gewieſen, daß Albert das Letzte, nicht ohne Vorbehalt in ſeinem Herzen, angelobet. Denn weil er ſchon lange den erzbiſchoͤflichen Titel fuͤhrte, ſo fand er keine bequemere Stelle offen, als das ri - giſche Biſtum, das ſich am natuͤrlichſten zu ſeiner Legatenwuͤrde ſchickte, und wo eine erzbiſchoͤfliche Mutterkirche angeleget werden konte. Er begruͤſte deswegen Gerhar - den zu Bremen mit keinem Worte darum, ſondern zog ohne Abſchied zu nehmen nach Riga, machte ſich ſelbſt zum Primas, und fieng ſo gar bis Litthauen an um ſich zu greiffen, wo er den vom Biſchof Albert geſetzten Biſchof den Eid eines Suffragans ablegen lies. Alexander der IVte aber, wie Raynald beim Jahre 1254 n. 27 er - zehlet, erklaͤrte dieſen Eid fuͤr unguͤltig und verwarf das ganze Unternehmen, weil er ſelbſt Luſt hatte, die Litthauer unmittelbar unter den paͤpſtlichen Stuhl zu ziehen. welcher um ſeiner wichtigen Aemter willen, vom Papſt1255 Alexander dem IVten zu Neapolis am 20 Jenner die Volmacht erhielt, in welcher das bisherige Biſtum zu Riga in ein Erzbiſtum verwandelt wurde. g)Die Volmacht, worin Riga zu einem erzbiſchoͤflichen Sitz erklaͤret wird, hat uns Raynald in ſeiner Kirchengeſchichte Th. 14, S. 13 und 64 volſtaͤndig aufgehoben. Sie iſt zu Neapolis vom 23 Jenner 1255 unterzeichnet. Alexander der IVte bezieht ſich darin auf ſeinen Vorgaͤnger Jnnocentius den IVten, welcher Albert den IIten zum Erzbiſchof uͤber Preuſſen, Lief - und Eſtland ernennet.Der Papſt giebt ihm nun den Titel von einem gewiſſen Sitze als rigiſchen Erz - biſchof, nachdem er vorher nur Erzbiſchof uͤber Lief-Eſtland und Preuſſen geheiſſen. *)Dieſer Umſtand iſt in der Geſchichte wohl zu bemerken. Das Erzbiſtum Liefland iſt aͤlter als das rigiſche Erzbiſtum, ob es gleich eine Dioͤces iſt. Es ſtand Albert nemlich frey, eine von beſagten drey Provinzen zu erwehlen, und in einer biſchoͤflichen Stadt das Erzbiſtum anzulegen, weildieWeil ſich Albert mit dem bloſſen Beifal ſeiner Suffraganenzume)uinorum, et ſi remedium neglexerit adhibere judex eccleſiaſticus, ipſo facto ab in - greſſu eccleſiae ſit ſuſpenſus, judex vero ſecularis judiciaria careat poteſtate, et ſi ipſum praeuenit, poenae ſimili ſubjacebit. Nullus autem omnium praedictorum, niſi perfecte poenituerit et reſtituerit ante mortem, eccleſiaſticam habeat ſepulturam, quin potius ſi in tali ſtatu diſceſſerit inconfeſſus, cadauer eius in mare projectum ibi dignam recipiat vltionem, et ſit aliis in exemplum vbi contra terrae marisque Domi - num et Confideles ipſius flagitia perpetrauit. Praecipimus autem vt haec litera Ec - cleſiis parochialibus, et maxime in locis maritimis in quatuor anni temporibus et poſtmodo ſemel in anno ſolemniter publicetur, ſaluis aliis remediis, quae dante Do - mino et Conſilio Epiſcoporum et aliorum fidelium, cum ad partes illorum veneri - mus, apponemus. Summa in neceſſitate noſtra haec ſit, vt pax Dei, quae exſu - perat omnem ſenſum, ingrediatur nobiscum ad terras illas ad quas proficiſcimur propter Deum, vt per pacem temporis ad pacem pectoris et demum ad pacem aeter - nitatis concomitante diuina clementia veniamus. Dat. Lubecae Ao. Dni. 1253 Men - ſe Iunio. O54Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1255zum Erzbiſchof von Riga gemacht, ſo bedinget der Papſt ordentlich dabey aus, daß dergleichen inskuͤnftige weder den Vorrechten der roͤmiſchen Kirche, noch ſeinen lieben Soͤhnen, dem Meiſter und ſeinen Bruͤdern zum Nachtheil gereichen ſolle. der Ordensmeiſter hatte ſich mitlerweile mit den Oeſelern herum zu tum - meln, die er auch gluͤcklich zu Paaren trieb.

Der ſiebente Ordensmeiſter deutſchen Ordens in Liefland Eberhard von Seine. a)Andre ſchreiben ſeinen Namen von Sein, von Seina, von Sayne, von Stein - Strubicz laͤſt ihn gar weg. Er war erſt Landmeiſter von Preuſſen. Jn dem Trans - ſumt des culmiſchen Privilegii von 1251 ſchreibt er ſich nicht comes, ſondern dictus de Seine. So leicht faͤlt es Geſchichtſchreibern, jemand in den Grafenſtand zu erhe - ben. Siehe ein gleiches im erſten Theil S. 200 not. i). Vor ſeiner Meiſterſchaft in Liefland unterzeichnete er ſich 1252 auf dem Schloſſe Goldingen mit dieſem Titel: Frater Eberhar dus dictus de Seine, praeceptor fratrum Teutonicorum per Alemanniam ac vices Magiſtri Generalis gerens per Liuoniam, welcher Titel mit dem im culmi - ſchen Transſumt faſt einerley iſt. Er ſtiftete auch 1253 zwiſchen dem oͤſelſchen Bi - ſchof und dem Orden einen Vergleich, als Statthalter von Liefland und Meiſter in Deutſchland.

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Seine kurze Regierung hat ihn nicht ſonderlich beruͤhmt werden laſſen; doch ſcheinet der Orden unter ihm in ziemlichen Anſehen geſtanden zu haben. Alexander der 4te beſtaͤtigte am 15ten May im La - teran ſeinen lieben Soͤhnen, den Buͤrgern in Riga, alle ihre eh - maligen Freiheiten, nahm ſie in ſeinen und des heiligen Peters beſondern Schutz, ſprach ſie auch ihrer Buͤrgerſchaft halber von Entrichtung des Zehnden frey, und ſchlichtete das Jahr darauf verſchiedene Haͤndel, die zwiſchen dem Erzbiſchof und der Stadt vorgefallen. Der Erzbiſchof Albert ſelbſt verordnete zur mehrern Aufnahme der Buͤrgerſchaft, daß der Orden kein Haus an ſich bringen, ſondern nur den Werth des Vermaͤchtniſſes heben koͤnte, Grund und Boden aber unter dem weltlichen Richter ſtehen ſolten. Er verglich ſich auch mit dem Orden, wegen des dritten Theils des Schloſſes Gercike deſſen Grenzen er beſtimmte. b)Jn folgendem Document wird uns nicht nur die Gegend der Burg Gercike, welche doch nie wieder aufgebauet worden, ſondern auch ein neuer Meiſter, Ludwig von Queden*)Ludouicus a Queden enarrante Hartknochio p. 281 Magiſter generalis ſpartam ob nobilium ſtu - dia in Henricum Holacheum dedignatus, ſua Pruſſiae prouiſoris ſorte coepit viuere contentus, quo titulo Culmenſium immunitatibus 1251 ſubſcripſit. Sex fere poſt annos Liuoniae eum praefuiſſe, hoc ipſo tempore documenta noſtra demonſtrant. gezeiget, daher wir es der Mittheilung werth achten. Albertus Miſeratione diuina ſanctae Rigenſis Eccleſiae Archi Epiſcopus H. Praepoſitus D. Prior, Totumque eiusdem Eccleſiae Capitulum, Omnibus Chriſti fidelibus ad quos praeſens ſcriptum peruenerit in ſalutis auctore ſalutem! Vt omnis controuerſia et queſtio inter nos ex parte vna, et dilectos Magiſtrum Ludowicum Praeceptorem et Fratres Hoſp. S. M. de domo Theutonica in Rigenſi dioeceſi commorantes ex altera parte, penitus conquieſcat, praeſentibus literis confitemur, quod ſuper his, de quibus erat quaeſtio, amicabiliter conuenimus cum eisdem fratribus ſub hac forma, ita vi -delicet

Bra -

*)die Praͤlaten ihren Titel nicht von dem Lande, ſondern von ihrem Wohnſitz fuͤreten. Da Riga durch Nicolai Tod erledigt worden, erwehlte Albert dieſe Stadt zu ſeinem Sitze, und gab ihm den Titel des rigiſchen Erzbiſtums, welche Benennung ihm der Papſt beſtaͤtigte, und Riga zur Metropolitankirche erhob. Die rigiſche Dioͤces war die groͤſte, wie Revel das kleinſte Biſtum, Curland das luſtigſte, Oeſel das reichſte, und Doͤrpt das maͤchtigſte.

55Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Eberh. v. Seine.

Barwin, Herr von Roſtock, gab am 17 Junius den rigiſchen Buͤrgern1257 in ſeinen Haͤfen die Zolfreiheit, mit dem Vorbehalt, alle Jahr fuͤr ihn gegen die Heiden einen gewapneten Mann ins Feld zu ſtellen, wie ſie fuͤr die Seele ſeines Vaters und Grosvaters bisher zu thun gewohnt geweſen. c)Daß dieſe Herzoge in eigner Perſon in Liefland Dienſte gethan, davon erzehlet uns Cranz, Wandal. c. 45 L. VII eine merkwuͤrdige Begebenheit, ohne doch das Jahr in welcher ſie geſchehen, zu melden. Der Herzog Heinrich von Mecklenburg war in der tuͤrkiſchen Gefangenſchaft grau geworden, als ihn ſein Herr, der Sultan fragte: Wilt du wol zur Ehre deines Chriſti, deſſen Geburtsfeſt die Chriſtenheit mor - gen feiren wird, frey ſeyn. Es ſtehet in deiner Hand, o Herr, antwortete der Her - zog, mit deinem Knecht zu machen was du wilt. Wer ſolte mich aber wol zu den Meinigen ſchaffen? Meine Gemahlin und meine Kinder haben mich ſchon lange unter die Todten gerechnet. Es iſt nicht an dem, verſetzte der Sultan. Jch vernehme von deinen Landesleuten, daß den Deinigen ſehnlich nach dir verlanget. Damit du aber ſehen ſolt, daß ich von deiner Herkunft und deinen Umſtaͤnden wiſſe, ſo wirſt du dich erinnern, daß zu der Zeit, da du unter deinem Vater in Liefland zu Felde giengeſt, ein gewiſſer Zeugmeiſter (machinarum magiſter) demſelben gegen die Feinde trefliche Dienſte gethan. Jch bin derſelbe; ich bekam nachher unter den Tattern eine vorneh - me Stelle, und unter dieſer Nation bin ich noch hoͤher geſtiegen. Jch ſpreche dich frey, und gebe dir unſerer vorigen Spiesgeſelſchaft wegen noch dieſen Reiſepfennig; worauf er ihn reichlich beſchenkte, und vergnuͤgt nach ſeinem Vaterlande befoͤrderte.

Der Biſchof von Wirland Diedrichd)Dieſer wiriſche Biſchof folgte auf den Oſtrad, einen Daͤnen, und lebte mehren - theils in Deutſchland. Zu Goslar ertheilte er am Tage Georgii 1261 dem Non - nenkloſter der heiligen Maria Magdalena in Frankenberg, mit Genemhaltung des Biſchofs zu Hildesheim, die Macht die Suͤnden des vierten Gebots, die Mein - eide, und Entheiligung der Feſttage, zu vergeben, zur Verbeſſerung ihrer Ein - kuͤnfte. Siehe die frankenbergiſche Chronik S. 28. Jn Schatens Annal. Paderborn. t. 2. p. 109 hat er ſich noch 1265 zu Hannover als Zeugen unterſchrieben. SeinBiſtum ernannte einige Domherren zu Hildesheim, ſeinen letzten Willen zu volziehen, und mit ſeiner VerlaſſenſchaftO 2ſob)delicet quod locus caſtri in Gerſike pro tertia parte cum terra, decimis et omni jure temporali ſit eorum, ſpirituali iure nobis tantum relicto. Similiter debet intelligi et eodem modo de tertia parte terrae quae Selonia nuncupatur hoc adiecto, quod terra illa, quae adiacet caſtro dicto Aſerad in tertiam partem eiusdem Caſtri cedet. Et duae partes, quae ſunt ſitae contra caſtrum Kukenois, iam dicto caſtro aſſignentur. Ita tamen quod inter has diuiſiones fratrum videlicet, noſtra terra ſuper Dunam con - tinens milliare in longitudinem et latitudiuem Abbatiſſae et Conuentui Sancti Iacobi relinquatur. De cenſu autem et decimis Caſtrorum Segewald, Wenden et omnium bonorum ſuorum per totam dioeceſim Rigenſem quae inter nos et ipſos in queſtione fuerunt, omni actioni ceſſimus quam habuimus contra ipſos, non obſtantibus priui - legiis ex vtraque parte ſuper his omnibus habitis aut habendis. In cuius rei Com - penſationem relinquunt nobis Allodium et terram in Blomendal cum ſuis pertinen - tiis et omnes agros quos in Stenholma habuerunt, cum pratis ab Archiepiſcopo perpetuo poſſidenda. Nobis autem praepoſito et capitulo reliquerunt in Semi - gallia in Villa quae Feſtene vocatur, VIII vncos cum omni iure ſuo. Item ſuper bonis noſtris in Curonia in Donedange et Targele nobiscum taliter conuenerunt, vt praedicta bona cum terminis ſuis in littore maris quod adiacet -- libere nobis ab eisdem fratribus cum omni iure in perpetuum relinquantur. Ceſſimus etiam actioni quam habuimus contra eosdem fratres in cenſu et decimis de ter - ra, quae Calue dicitur, hoc conſcientiis eorum relinquentes, ſaluo tamen iure ſpirituali Eccleſiae Rigenſis. Terra in Warkunde ad ipſos fratres perti - nebit, ita ſane quod Epiſcopo et hominibus eorum in piſcariis nullum ex hoc praeiudicium generetur, ſed cuilibet ius ſuum, vt hactenus poſſederit, relinquatur. Vt autem haec omnia robur perpetuae firmitatis obtineant, praeſentem literam ſuper hoc confectam noſtro et Eccleſiae noſtrae nec non et fratrum ſigillis fecimus robora - ri, mediante Fratre Alberto quondam Gardiano, praeſentibus fratribus Praedicatoribus et Minoribus, et ipſorum ſigillis roborata. Datum in Riga Anno Domini 1256.56Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1257ſo umzugehen, wie ſie es fuͤr der ſtrengen Unterſuchung des ewigen GOttes zu ver - antworten gedaͤchten. Er ſpricht dem Biſchof von Paderborn und dem Abt von Corbey das Recht uͤber ſein Vermoͤgen ab, weil ers nicht durch ſein Biſtum, noch von den Kirchenguͤtern, ſondern durch Beitrag redlicher Leute und durch Schenkung der Adelichen fuͤr ſeine Arbeit und Dienſte geſamlet. Gegeben am Sonntage Oculi.

Der litthauiſche Koͤnig Myndow vermachte aus Erkentlichkeit dem Or - den ein anſehnliches Stuͤck ſeiner Laͤnder, weil ſelbiger dem Koͤnig gegen ſeine auf - ruͤhrigen Unterthanen getreue und nachbarſchaftliche Huͤlfe geleiſtete)Die acta boruſſica liefern uns S. 734 aus dem XIten Buch der Hiſtorie des ehmaligen culmiſchen Kanzlers und herzoglichen Raths, Lucas Davids, drey alte Documente, in deren erſtem Myndowe von GOttes Gnaden Koͤnig in Litthauen, (Lettauiac rex) bekennet, daß er aus goͤttlicher Erbarmung, auf Rath des Meiſters und der Bruͤder in Liefland, von der Finſternis zum Licht gebracht, getauft, und von dem allerheiligſten Vater und Herrn Jnnocentius dem IVten zum Koͤnig von Litthauen gekroͤnet ſey, welcher ſeine Perſon ſamt dem Reich und Guͤtern in Schutz genommen. Ob nun gleich der Orden fuͤr die ihm verſprochene Huͤlfe die ewige Seligkeit davon tra - ge, ſo uͤbergebe er doch demſelben als eine Anfriſchung zum neuen Beiſtande das halbe Raſſeyen, halb Lonkow, ganz Kulen, ganz Niderow, Craſſe, Weicze, noch ein ander Weizze und Wanghe. Dieſe Stiftung iſt bezeichnet 1257. Die beiden andern wollen wir gleich anfuͤhren.

Das unvermoͤgende hohe Alter noͤthigte den Ordensmeiſter nach Deutſch - land zu gehen, nachdem er nur 3 Jahr in Liefland zugebracht.

Der achte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Anno von Sangerhauſen. a)Der Name Anno iſt altdeutſch, und heiſt in lateiniſchen Schriften Andreas, daher ihn der lateiniſche Verfaſſer einer preußiſchen Chronik unrecht Haymo, andre noch unrichtiger Hanno, das iſt Johannes, nennen. Wie etliche von unſern Schrift - ſtellern ſeinen Vorgaͤnger zu einem Grafen von Sayn machen, ſo zehlen ſie auch un - ſern Anno mit Hennebergern unter die Herzoge von Braunſchweig, ſangerhaͤu - ſiſcher Linie, welches ſowol gegen die pragmatiſche Schreibart als die welfiſchen Stamregiſter ſtreitet. Die aus Albini meißniſcher und Buͤntings braunſchwei - giſcher Chronik angebrachten Zeugniſſe erweiſen nicht was ſie ſollen, die 3 Loͤwen aber, die ſich auf des Anno Grabſtein im Wapen befinden, beweiſens gleichfals nicht; weil oft groſſe Herren ihr Wapen den Vaſallen zu fuͤhren erlaubet. Simon Grunow tract. IX, fol. 133. meldet bey Ausfuͤhrung ſeiner Geſchlechtsfolge, daß er ſeine MutterJuta

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Er hatte ebenfals mit den Litthauern und Samogiten und Cu - ren vieles zu thun, um den Myndow aufm Throne zu erhal - ten, mit deſſen Chriſtenthum nicht alle Unterthanen zufrieden wa - ren. Die Feldzuͤge giengen auf Seiten der Deutſchen nicht ſo gar trocken ab. Doch erwies ſich Myndow bey dem Verluſt des Ordens, durch Schenkung ſeiner Laͤnder, wieder dankbar.

Am
d)Biſtum ſcheinet nicht viel abgeworfen zu haben, daher es auch nachher mit dem revel - ſchen verbunden worden. Eine andre Frage iſt, wo dieſe Biſchoͤfe ihren Sitz gehabt? Vermutlich in Revel, gleichwie der zu Semgallen zu Riga ſein eigen Haus hatte; denn Tolsburg war noch nicht erbauet. Die Benennung nach einem Lande, und ihr Aufenthalt in der Fremde zeiget an, daß dieſe Wuͤrde ein Titel von geringen Ein - kuͤnften, die Dioͤces aber mit keiner Domkirche und Reſidenz verſehen geweſen.
d)57Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung des Anno v. Sangerhauſen.

Am 7. Auguſt vermehrte alſo Myndow die vorige Schenkung, damit der1529 Orden ihn und ſeine rechtmaͤßigen Erben beym Reiche ſchuͤtzen moͤchte. Er ver - machte uͤber dis ganz Denow, ſo auch einige Jecweſin*)Jecweſin iſt eine littauiſche Landſchaft, deren Voͤlker Jaczwingi heiſſen. Dlugoß verlegt ſie in Preuſſen. Cromer de origine et rebus geſtis Pelonorum lib. 9 wil, daß ſie BoleslausPudicus nennen, an denſel - ben, doch behielt der Koͤnig Sentane, Dernen, Croſinen, den Hof Gri - bunthin, und drey andre Doͤrfer in Weltzow fuͤr ſich: weiter verſchenkte er ganz Schalowen, ganz Samoythen, auſſer was im letztern Lande dem Bi - ſchof von Litthauen gehoͤret, beſtaͤtigte auch dem Orden den kuͤnftigen Beſitz aller beweglichen und unbeweglichen Guͤter, die ſeine Erben einmal ganz, oder zum Theil, den Bruͤdern vermachen wuͤrden.

Jn Betrachtung der von dem Orden auf ſein Reich gewandten Unkoſten,1260 vermachte Myndow, im Fall er ohne Erben abgehen ſolte, ſein ganzes Koͤnig - reich Litthauen nebſt allen herumliegenden Laͤndern, mit Genehmhaltung ſeiner Erben und edlen Maͤnner, an den Orden in Liefland, doch ohne Nachtheil der biſchoͤflichen Laͤnder und Rechte. Gegeben auf dem koͤniglichen Schloſſe Lit - thauen mitten im Junius. Als Zeugen ſind angefuͤhret der Biſchof von Culm, Meiſter Andreas und ſeine Bruͤder, Langutin, des Koͤnigs Schweſtermann, Lygeike, Schabbe, Bie, Bune, deſſen Barone und Blutsverwandte, Parbuſe von Neraͤ, Gerdine von Nailſaͤ, Vege, Veſegele und Parbu - ſe der juͤngere. Von den Predigermoͤnchen, Bruder Snideram, von den Minoriten, Bruder Adolph, ſeine Gehuͤlfen und andere Redliche mehr.

Jm dritten Jahre ſeiner Meiſterſchaft ward er nach Preuſſen an die Stelle des alten Pappo von Oſterna zum Hochmeiſter berufen, wobey er noch groſſen Ruhm erworben. b)Strubicz wil, daß er auf ſeinem Ruͤckzuge aus Samogitien erſchlagen worden, da er doch noch lange in Preuſſen regieret. Jn Abſicht des Jahrs, in welchem er aus Liefland gezogen, ſind die Nachrichten ſehr widerſprechend. Ruſſov und Kelch melden es beym Jahr 1261, obgleich Schurtzfleiſch aus Uebereilung Kelchen die Jahrzahl 1258 zuſchreibet. Henneberger nimt 1263 an, und daher fuͤhrt Hart - knoch S. 289 im alt und neuen Preuſſen ihn im Jahr 1263 nach Preuſſen, und giebt ſeinem Amtsfolger mit dem Duisburger, eine Seite vorher, ſchon 1258 Abſchied, welches gegen die Urkunden ſtreitet.

Der neunte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Burchard von Hornhauſena)Thytr. nent ihn Barchard v. Lorhuſen, die Handſchr. von den Herrmeiſt. v. Orhuſen, Michov l. 3, c. 55, Heinr. v. Hornſnuzzen, Guagnini v. Hornshuſen, KojalowiczBurgard.

Dieſen Herrn mahlet uns Pet. v. Duisburg als einen ſehr leutſeligen1261 und bey jederman beliebten Man ab, dem es aber andre als eine Verwegenheit auslegen, daß er ſich 3 wilde Nationen, die Semgallier, Litthauer und Samogiten auf einmal aufdena)Juta nach Preuſſen kommen laſſen, die ſich aber von der Beſchuldigung einer unkeu - ſchen That mit Tragung eines gluͤenden Dreifuſſes befreien muͤſſen, worauf ſie die Kranken gewartet, und weil ihr Chriſtus etliche mal erſchienen, als eine Heilige geehret worden ſey. Siehe Hartknoch uͤber den Duisburger S. 212. Andreas von Stuckland ſchreibt ſich auch in lateiniſchen und deutſchen Documenten Frater Anno Magiſter, zum Beweis, daß Anno ein eigener Vorname geweſen.P58Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1261den Hals gezogen. Er war erſtlich Comthur zu Koͤnigsberg, und bauete auf gemeinſchaftliche Koſten der Preuſſen und Lieflaͤnder ein Schlos auf dem Berge des heiligen Georgs, im Carſauiſchen Gebiete in Curland,b)Dieſes Schlos auf dem St. Juͤrgensberge lag in der Gegend von Dobeln, und iſt uns wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schriftſteller bekant geworden. Weil es in Carſow gelegen, ſo hat es wol auch das Schlos Kerſaw heiſſen koͤnnen, welcher Name beim Ruſſow vorkommt. Doch Kerſaw wurde bald zerſtoͤhret. wel - ches auch nachher eine Gelegenheit zu ſeinem Tode geworden.

Seine erſte Beſichtigung der Schloͤſſer in Curland, wohin er ſich mit 40 Ordensbruͤdern und 500 Reutern begeben hatte, lief ſehr mislich ab, indem ihm die verſteckten Litthauer und Samogiten aufpaſten; worauf er nach einem hitzigen Gefechte, mit Verluſt von 20 Bruͤdern, ſelbſt ſtark verwundet, ſeine Zuflucht nach Memel nahm. Er befeligte hierauf Bernhard von Zewen, mit der ganzen lieflaͤndiſchen Macht aufzubrechen, welcher auch ſchon auf dem Schlachtfelde ſtand, als eben durch Vermittelung des rigiſchen Erzbiſchofs Albert ein zwei - jaͤhriger Stilſtand ausgerufen wurde, indem Albert fuͤr ſein neuerbautes Ron - neburg ſo wol, als Myndows fetter Schenkung halber bange war, und dem Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute.

Der Erzbiſchof Albert uͤberlies der Stadt Riga das an der Rodenpoy - ſer See gelegene Haus, ſo die Buͤrger bisher im Bau erhalten: doch ſol die of - fentliche Glocke darinne abgeſchaffet werden. Die 3 beeideten Perſonen, ſo die ri - giſche Stadtmark beſorgen, legen und beſſern die Bruͤcke, und haben uͤber die daran ſtoſſenden Aecker und Wieſen die Aufſicht.

Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemeinſchaft - liches Anſuchen der Parochialien bey St. Jacob die Freyheit, eine Mauer gerade durchs Kloſter, durch alle alte Gebaͤude zu ziehen, und die Fenſter bequemer an - zulegen, nur an der Loͤbe (Lobia) und Thuͤren mus nichts geaͤndert werden, da - fuͤr ſie die alten Gebaͤude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzuſchaf - fen verſprechen. Riga am 14 Auguſt.

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Peter von Duisburg meldet uns bey dieſem Jahre einen Handel mit den Samlaͤndern. Die koͤnigsbergiſchen Ordensbruͤder getraueten ſich nicht al - lein die Gegend von Bethen anzugreifen. Denn es wohnten wilde Menſchen da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmeiſter in Liefland, gemeinſchaftliche Sache mit ihnen zu machen, beſtimten ihm auch Tag und Ort zum Treffen. Die Koͤnigsberger kamen, ſahen aber keine Lief - laͤnder. Sie wurden daher uͤbermannet nnd zum Weichen genoͤthiget. Eben da es ans Laufen gehen ſolte, ruͤckte das Heer der lieflaͤndiſchen Bruͤder an, die alle groſſe und ſchoͤne Sattelpferde bey ſich hatten. Hierauf wandten ſich die Koͤnigsberger, erlegten alle Manſchaft mit der Schaͤrfe des Schwerdts, nah - men Weib und Kinder gefangen, und ſteckten Doͤrfer und Huͤtten in Brand.

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Wilhelm, Abt in Duͤnemuͤnde, Ciſtercienſerordens, macht ſich anheiſchig, die Stelle ſeines Kloſters und deſſen Laͤnder von der Semgallen Aa an, bis an den Flus Thoraida,*)Thoraida heiſt hier derjenige Flus, den die Letten Gauje, die Liven Thoraida, die Deut - ſchen Aa nennen. Die alte heidniſche Burg hies auch Thoraida, das Schlos der deutſchen Treyden, dafuͤr die Bauren noch Turreda ſprechen. Thoraida bedeutet ebenfals Thor hilf, als Tharawita. Es wird aber deswegen niemand die alten Liven fuͤr Gallier halten, wenn Aita aider, Kuck coq, Mois, meiſa, maiſon und dergleichen mit einander verwandt zu ſeyn ſcheinen. ohne des rigiſchen Magiſtrats Vor - wiſſen niemals weder durch Tauſch noch Verkauf zu veraͤuſſern, noch auch in die -ſena)Burgard Horsnuſen. Sein Antritsjahr geben die Geſchichtſchreiber eben ſo ver - worren an, als das Abdankungsjahr ſeines Vorgaͤngers.*)Pudicus faſt vertilget habe. Michov lib. II c. 14 beſchreibet ſie als Barbaren, die ihre eigene Sprache gebraucht, und an den littauiſchen Grenzen neben Mazovien gewohnet. Nach Cro - mern iſt dieſe wilde Nation, weil ſie keine Begnadigung annehmen wollen, gaͤnzlich aufgerieben, doch ſollen an der Theis in Ungern zu ſeiner Zeit noch einige Ueberbleibſel von ihnen vorhanden geweſen ſeyn.59Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Burchards v. Hornhauſen. ſen Grenzen Haͤuſer zu errichten, welche der Stadt Eintrag thun koͤnten. Zeu -1263 gen waren Herman der Prior, Gottfried der Kellermeiſter, Dietrich der Cantor, Heinrich der Unterprior, Johann der Kuͤſter, Gerhard der Spit - ler, Engelbert der Gaſtwirth, Winand der Krankenwaͤrter, Conrad Yſen - bat, Johann Meiſter der Novitien, Conrad, Ulrich der Kaͤmmerer.

Als die Bruͤder von Liefland und Preuſſen, unter einer ſtarken Bede - ckung, den Bruͤdern auf der neuen Juͤrgensburg Lebensmittel zufuͤhren wolten, lief die Nachricht ein, daß 4000 Litthauer in Curland eingefallen, viel Chri - ſtenblut vergoſſen, und Weiber und Kinder in die Gefangenſchaft weggefuͤhret. Wie nun der Ordensmarſchal Heinrich Botel, einen edlen Pomeſanier, Macto, Pipins Sohn fragte, wie man den Feind angreiffen muͤſte, antworte - te dieſer: Wir wollen unſre Pferde eine gute Ecke von uns weg anbinden, und auf den Schwarm zu Fuſſe losgehen, ſo wird man deſto eher Stand halten. Al - lein die Daͤnen aus Revel wandten ein, ſie koͤnten es in der ſchweren Ruͤſtung ohne Pferd nicht aushalten. Die Curen baten um Rettung ihrer entfuͤhrten Weiber, erhielten aber zur Antwort, daß man mit ihnen nach Kriegsgebrauch umgehen werde, weil ihre treuloſe Maͤnner auf die Chriſten von hinten zu ge - hauen, wenn dieſe von forne her von den Litthauern Stoͤſſe bekommen. Ein edler Samlaͤnder aber von Quedenow, Namens Sclodo, Nalubs Vater, ermunterte ſeine nechſten Freunde zur Schlacht, da es denn zum Hand - gemenge kam; und obgleich die Deutſchen wie die Maccabaͤer fochten, ſo wurden ſie doch am Fluſſe Durbin uͤbermannet, daß am Margaretentage der Ordensmeiſter Burchard, der preußiſche Marſchal nebſt 150 Bruͤdern auf der Wahlſtadt blieben, auſer einer ziemlichen Anzahl Gemeiner. Die Furcht und Beſtuͤrzung war unter den Chriſten ſo gros, daß 3 oder 4 verwegene Kerls wol 100 auf der Flucht niedermachten, oder zum Ausreiſſen brachten. Andre fuͤgen hinzu, daß die Feinde von den gefangenen 14 Rittern 8 ihren Goͤtzen geopfert, den uͤbrigen Arme und Beine abgehauen, und den Leib gevier - theilet. c)Jn den Umſtaͤnden gehen die Geſchichtſchreiber von einander ab. Strubicz redet von 180, andre von 172 erlegten Ordensrittern. Wir folgen dem Duisburger, doch in der Jahrzahl 1260 nicht. Dieſer Schriftſteller macht die Niederlage des Ordens durch etliche, nach der Einfalt ſeiner Zeiten eingerichtete Hiſtoͤrchen, noch merkwuͤrdiger. Zum Exempel, dem Bruder Herman, mit dem fuͤrchterlichen Zunamen der Saracene ſey Maria erſchienen, und habe ihm zugerufen: Herman ich bitte dich bey meinem Sohne zur Mahlzeit, daher er auch bey ſeinem Abſchiede aus Koͤnigsberg geſagt: Lebt wohl, non nun an werdet ihr mich nicht ſehen, denn die Mutter GOttes hat mich zur ewigen Freude eingeladen. Conrads von Feuchtwangen Schweſter, eine Non - ne, ſahe in Deutſchland die Seelen der erſchlagenen Bruͤder von den Engeln genHimmel

Der zehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens. Juͤrgen von Aichſtaͤdt,

Ehmaliger Comthur zu Sygewalde, hatte gegen die Litthauer und1264 Samogiten auch kein beſonder Gluͤck; doch kam er dem preußi - ſchen Orden noch zu rechter Zeit zu Huͤlfe, welcher im Treffen mit den Samlaͤndern zum Weichen genoͤthiget worden, weil er der Lieflaͤn - der verzoͤgerte Ankunft nicht abwarten wolte. Daher fing man die Schlacht vonP 2neuen60Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1264neuen an, und bauete nach geſaͤubertem Lande, die Feſtungen Tapiaw und Loch - ſtedt den Samlaͤndern zur Brille auf die Naſe.

Der Papſt Clemens der IVte beklaget in einem aus Perugia an den Bi - ſchof zu Marienwerder in Pomerellien abgelaſſenen Schreiben mit Thraͤnen die ungluͤckliche Zeitung von den in Liefland, Curland und Preuſſen erſchla - genen 500 Ordensbruͤdern, beſtimmet auch fuͤr dieſe 3 Laͤnder die ſonſt nach dem gelobten Lande reiſenden Pilger aus Boͤhmen, Daͤnnemark, Norwegen, Schweden, Friesland, Polen, Pommern, Gotland und der Pro - vinz Bremen, welche der Biſchof zur Reiſe nach Liefland ermuntern ſolte. Wer unter dieſen den Kreuzbruͤderorden traͤgt, aus Schwachheit oder Armuth aber nicht in Perſon die Reiſe antreten kan, iſt zwar von dem Geluͤbde des Kreuzes losgeſprochen, mus aber von ſeinen Guͤtern, nach Vermoͤgen, eine verhaͤltnismaͤßi - ge Beiſteuer entrichten. Alle Guͤter derer, ſo tuͤchtige Krieger auf ihre Unkoſten dahin gefuͤhret, bleiben ſo lange unter genauem apoſtoliſchem Schutz, bis gewiſſe Nachricht von ihrem Tode oder ihrer Ruͤckkunft eingelaufen. Die, ſo auf fremde Koſten dahin gegangen, mitſſen wenigſtens ein Jahr Dienſte thun; denen aber, ſo die Reiſe in Perſon thun, werden an der aufgelegten Buſſe 40 Tage erlaſſen.

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Die Koͤnigin Margaretha Sambiria in Daͤnnemark ſchrieb unter dem 13ten Auguſt, bey noch waͤhrender Minderjaͤhrigkeit ihres Kronprinzen Erichs des VIten, an die Herren Odward von Lode, und an die beiden Bruͤ - der Hohenreich und Egbert von Beſchoneck, daß ſie mit Zuziehung des Schloshauptmanns und einiger andern von Adel, die Wieſen und Heuſchlaͤge der Stadt Revel und der Kronguͤter mit Grenzſteinen bezeichnen ſolten, damit weder die Stadt noch das Schlos etwas leiden duͤrfte. Sie ertheilte auch in dem - ſelben Jahre der Stadt die Muͤnzgerechtigkeit, mit angehengtem Befehl, aus einer Mark reines Silbers 6 Mark und 2 Oer an Denarien zu praͤgen. a)Dieſe Oere an Groſchen ſind in Liefland lange gebraͤuchlich geweſen. Jn des Erzbi - ſchofs Johannis des Vten Privilegio an die kleine Gilde zu Riga von 1441 werden den verarmten Bruͤdern oder Schweſtern im erſten und andern Jahre 4 orae denario - rum ausgemacht.Kein koͤ - niglicher Advocat oder Vogt ſoll ſich mit dem Stadtweſen befaſſen, die Muͤnzver - faͤlſcher aber nach dem luͤbiſchen Rechte geurtheilet werden.

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Die unruhigen Oeſeler trieb dieſer Ordensmeiſter in der gluͤcklichen Schlacht bey Carmel wieder zu Paaren, daß ſie zum Kreuze kriechen und die ge - woͤhnliche Gerechtigkeit wieder erlegen muſten. Nach dieſem dankte er ab, und genos der Ruhe, nachdem er das Schlos Helmet erbauet, und ſeinem Amte ins dritte Jahr vorgeſtanden.

Der eilfte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Werner von Breithauſen. a)Andre, als Waiſſel und Spangenberg, heiſſen ihn von Fritzhauſen. Es geſchicht dieſem Manne in der zuſammengezogenen kurzen Hiſtorie, welche Herr Schurtzfleiſch an -fuͤhret,

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Dieſer Regent hatte mit den Litthauern und deren Bundsgenoſſen verdriesliche Haͤndel. Der litthauiſche Koͤnig Myndow hatte ſeine uͤbertriebene Freigebigkeit an den Orden, ſeit einiger Zeit, ſchon heimlich bereuet, war aber von ſeiner Gemalin, Mar -thac)Himmel tragen; welcher Erſcheinung auch ein einfaͤltiger Bauer in Preuſſen gewuͤrdi - get worden, der das ganze Gefechte am Himmel erblickte, und die Jungfrau Maria, die heiligen Jungfern und Engel mit dieſen Seelen nach den Wolken ziehend zu Ge - ſichte bekam. Des Saracenen und eines Bruders Gleisbergs Seelen hatten vor andern das ſchoͤnſte Anſehen. Eine davon ſol verloren gegangen ſeyn. Warum ſie verdammet worden, ſchreibt dieſer Geiſtliche S. 189, weis ich nicht, GOtt weis es.61Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Werners v. Breithauſen. tha bisher noch zufrieden geſprochen worden. Nun kam der Samogiten An -1267 fuͤhrer Tramate darzu, und verwies ihm ſeine Dumheit nachdruͤcklich, daß er als ein freigeborner Herr ſein Erbreich vom Papſt und dem Orden zum Lehn ge - nommen, und ſelbiges ſeinem nechſten Erben entwandt haͤtte. Myndow brach hierauf los, lies alle Chriſten in ſeinem Lande niedermachen, und verband ſich mit dem Czaar von Rusland wider alle Lieflaͤnder, ruͤckte auch vor Wenden, wo beide Heere, der genommenen Abrede gemaͤs, zuſammen ſtoſſen ſolten: als aber die Ruſſen nicht zu rechter Zeit eintrafen, verwuͤſtete er das ganze Land, und lies die Fuſtapfen einer Grauſamkeit nach, die ein abgeſchworner Feind des chriſt - lichen Namens nur veruͤben konte.

Nach Abzug der Litthauer ſtelten ſich die Ruſſen ein, die im Ruͤckwege Doͤrpt in Brand ſteckten, und mit reicher Beute wieder nach Hauſe giengen. Werner holte ſie noch ein, nahm ihnen die Beute ab, und drang mitten in Rusland, wo ſeine Leute es nicht beſſer als die Ruſſen im Doͤrptiſchen machten. Eine Unpaͤslichkeit noͤthigte ihn hierauf nach Hauſe zu gehen.

Unterdeſſen hatte Tramate mit ſeinen Samogiten einen Einfal in die1268 Wyck unternommen, das alte Pernau zerſtoͤret, und den Einwohnern nicht gerin - gen Schaden zugefuͤget. Werner lauerte ihnen alſo mit den Bruͤdern und Buͤrgern in Riga auf dem Heimwege auf, ertapte ſie des Nachts beim Klo - ſter zu Duͤnemuͤnde und richtete bey hellem Mondſchein ein entſetzliches Blut - bad unter ihnen an. Tramate flohe nach Litthauen, die Deutſchen aber verloren 9 Bruͤder und einige Buͤrgerknechte.

Der Erzbiſchof und Ordensmeiſter verglichen im December die Stadt und das Kapitel uͤber gewiſſe Stuͤcke, unter andern, daß beide Theile die entſtandenen Zwiſtigkeiten durch den ordentlichen Richter, oder einen beliebig erwehlten Schiedsmann entſcheiden laſſen wollen, ohne bey einem Fuͤrſten oder am paͤpſt - lichen Hofe ein Urtheil zu erſchleichen, und zu beider Theile Schaden zu erringen. Auch ſolle das Kapitel keinen Fuͤrſten oder Herrn, der maͤchtig (potens) ſey, ins Land verſchreiben, uͤbrigens aber die canoniſche Wahl ungeſtoͤhrt behalten. Eine bedenk - liche und fruͤhzeitige Behutſamkeit!

Werner bekriegte die abtruͤnnigen Curen, denen er drey Veſtungen und1269 darunter Durbin zerſtoͤrte; bey anhaltender Leibesſchwaͤchlichkeit aber beurlaubte er ſich vom Amte und zog nach Deutſchland.

Der zwoͤlfte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens. Conrad von Medena)Horner nennet ihn von Wundern; Waiſſel von Meden,*)Daß dieſer Name der richtigſte ſey, hat der curlaͤndiſche Superintendent, Herr Graͤwen, in der Fun - dationsrede des neuen Schloſſes zu Mitaw 1739 erwieſen, indem ſich der eigentliche Name Con - rad von Meden auf der Grundplatte gefunden. Strubicz von Manderen, Praͤtorius und die deutſche Beſchreibung der Ritterorden, vonWan -.

Er verlohr in einem Gefecht mit den moscoviſchen und novogo -1270 rodiſchen Ruſſen, Samogiten und Litthauern uͤber 600 Mann und 20 Ordensbruͤder. Ein andermal kam er ſelbſt in Gefahr, und buͤſte 10 Ritter ein. Den Semgallen legte er das Handwerk, in dem Rigiſchen zu ſtreifen, und verſahe die Grenzen mit tuͤchtigen Veſtungen.

Der
fuͤhret, offenbar unrecht, wenn ihn deren Verfaſſer der Verſaͤumnis des Regiments beſchuldiget, und ihm bey hohem Alter die Weichlichkeit und den Muͤßiggang vorwirft.
174Q62Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1270
174

Der Koͤnig in Daͤnnemark, Erich der VIteb)Erich der VIte mit dem Zunamen Glipping, heiſt auch bey einigen Geſchichtſchrei - bern der VIIte, daher ihn Hiaͤrne den Beinamen Meenwed unrichtig beilegt, wel - chen Erich der VIIte fuͤhrte, der aber erſt 1287 zur Regierung gelanget. ſandte den Revelſchen ſeinen Reichsdroſten Matthias zu Huͤlfe, welcher den uͤber die Ruſſen und ih - re Bundsgenoſſen erfochtenen Sieg mit dem Leben bezahlen und auf der Wahlſtat bleiben muſte.

1271
175

Myndow ward von ſeines Bruders Sohn Tramaten auf dem Bette ermordet, und von ſeinen Erben kein einziger am Leben gelaſſen. c)Myndow hinterlies 3 Prinzen, davon Ruclius und Rupica ſamt ihrem Vater vom Tramate oder Troynate ermordet wurden, der ſich daher zum Herrn uͤber Litthauen aufwarf. Der dritte Prinz, Volſtinicz oder Voyſielck, war als Geiſſel und Buͤrge in Rusland. Als ſein Vater ein Mammelucke geworden, dieſen Sohn aber auch da - zu machen wolte, nahm derſelbe in Rusland den geiſtlichen Orden an, und begab ſich in ein Kloſter. Tramate ſchafte ſich noch einen Mitwerber vom Halſe, der ein naher Blutsfreund vom Myndow war, und brachte ihn meuchelmoͤrderiſcher Weiſe um, muſte aber ſelbſt eben ſo liederlich umkommen. Die Staͤnde von Litthauen fielen ſodann mit ihrer Wahl auf den dritten Prinz Volſtinicz, nahmen ihn aus dem Kloſter und ſetzten ihn auf den Thron. Allein der rußiſche Czaar Leo lies ihn bald hinterliſtiger Weiſe ums Leben bringen. Dergeſtalt kam Litthauen wieder an die alte Regenten - familie, S. Kojalowicz hiſt. lit. part. I. l. 4 et l. 5. Die Stammtafel dieſer Czaare hat Nicolaus Rittershuſen ſehr muͤhſam und gut ausgearbeitet. Chytraͤus faͤngt mit dem Vithenes ſeine Geſchichte von Litthauen an, laͤſt aber vieles aus, ſo aus den litthauiſchen Jahrbuͤchern zu ergaͤnzen iſt. Guagnini und andre melden uns Myndows Hinrichtung 7 Jahr fruͤher.Der Ordens - meiſter befand nicht vor gut, deſſen ehmaliges Teſtament zu volziehen, ſondern er - wehlte das Privatleben, und gieng nach Deutſchland. Es war aber auch nie - mand, der etwas heraus zu geben geſonnen war.

Der Koͤnig Waldemar in Schweden beſtaͤtigte der Stadt Riga die von ſeinen Vorfahren ihr ertheilten Vorrechte, daß ſie ohne Durchzugsgelder (ſine pedagio) Zoll und Abgaben frey handeln und wandeln koͤnten, weil die Schweden in Riga gleiches Recht genoͤſſen. Zur Verhuͤtung des Unter - ſchleifs ſolten die Buͤrger das aͤchte Siegel ihres Erzbiſchofs bey ſich haben. Nach vier Jahren beſtaͤtigte dieſes der Koͤnig Magnus zu Lincoͤping.

Der dreizehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens. Otto von Rodenſtein. a)Spangenberg heiſt ihn von Rotenſtein Horner und die Urkunden laſſen ſeinen Namen gar weg.

1272
177

Sein Feldzug wider die Ruſſen lief nicht zum gluͤcklichſten ab. Denn ob er gleich das Feld behielt, und 5000 von den Feinden niedermachte, ſo ließ er doch auch an 1350 Mann von ſeinen Leuten ſitzen. Der Biſchof Ale - xander von Doͤrpt hatte ſeinen Hirtenſtab ſo lange abgeleget und das Schwert dafuͤr um ſich geguͤrtet, welcher unbedungene Beruf aber ihm das Leben koſtete.

Jn
a)Wandern. Die alten Documente nennen ihn Cuno. Das Privilegium, nach Riga an die Stadt zu appelliren, ſo dieſer Conrad der Stadt Embeck, das iſt, Pernau, ertheilet, iſt ſchon vom 5ten April 1265 unterzeichnet.
a)63Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. des Otto v. Rodenſtein.

Jn Riga gieng der Erzbiſchof Albert mit Tode ab, und ward in die Dom -1272 kirche unter dem hohen Altar begraben. b)Den Urkunden nach mus Albert eher geſtorben ſeyn. Denn 1271 am 27 Auguſt uͤber - trug ſchon der Erzbiſchof Johan dem Orden das Kapitelsſchlos Dohlen oder Spar - nene, wenn derſelbe das Schlos Therwetere und Semgallen bauen und die Heiden bekehren wolte.Vor ſeinem Ende ſchenkte er der rigi - ſchen Buͤrgerſchaft das Land von Ekowemuͤnde bey der Semgallen Aa, wie auch das Land zwiſchen dieſer Aa, dem Waſſer Ekow und dem Waſſer Miſne bis an die Grenzen des Herrn Joh. v. Dalen. Jhm folgte Johannes von Luͤnen, der doch erſt nach zwey Jahren den Stuhl beſetzte.

Der Ordensmeiſter ſtreifte mit 18000 Mann, und noch etlichen Tauſenden,1273 die auf Schuͤten uͤber die Peipus ſetzten, in Rusland, verbrante Jſenburg, und beſtuͤrmete Plescow mit geſamter Macht; doch auf Vermittelung des Groskoͤniges von Nogarden ward die Belagerung nach getroffenem guͤtlichen Vergleich aufgehoben. welchen der Knees Jerian bewirken helfen.

Otto gab der Stadt die Verſicherung, daß die angelegten Veſtungen ihr nicht zur Hindernis ſondern zur Befoͤrderung gereichen, und die Buͤrger in dem Ordensgebiete, wie zu Volquins Zeiten, frey Gewerbe treiben ſollen. Andre ſchreiben dis richtiger Woltern von Nordeck zu.

Waͤhrender Zeit, da die Lieflaͤnder in Rusland ſtunden, hatten die1274 Litthauer und Semgallen einen Streif bis ganz nach Oeſel unternommen, daher ſich Otto mit dem koͤniglich daͤniſchen Statthalter in Revel, Sig - frid, wie auch mit den Biſchoͤfen Friedrich in Doͤrpt und Herman auf Oeſel verband, und ihnen bey Karkus auf dem Eiſe aufpaſte. Allein den Feinden waren die Haͤnde nicht gefroren, ſondern ſie ſtreckten den Ordensmeiſter nebſt 52 Bruͤdern und 600 Deutſchen auf dem ſchluͤpfrigen und glatten Schlacht - felde nieder. Nach Huitfelds Bericht blieb der Biſchof Herman von Oeſel auch, oder ward vielmehr halb verblutet nach Hauſe getragen. c)Etliche geben nur 42 Ritter an, deſto mehr aber von gemeinen Soldaten. S. Koja - lowicz B. 5. Horner nent es bellum moſchovitanum, weil die Litthauer mehren - theils Ruſſen ſeyn und ſich der rußiſchen Sprache bedienen; S. Hartknochs alt und neu Preuſſen, S. 3. Strubicz berichtet, er ſey bey Kokenhauſen in dem Gefechte mit den Litthauern erſchlagen worden. Der Biſchof Herman von Oeſel, ein Buxthoͤveder von Geburt, wil in unſern Urkunden noch lange nicht ſterben.

Der vierzehnte Ordensmeiſter deutſchen Ordens in Liefland, Andreas von Weſtphalen. a)Kojalowicz und Kelch geben ihm dieſen Beinamen, die alten handſchriftlichen Chro - nicken machen ihn zum Herrn von Witten oder von Weiß. Sonſt ſind noch itzo die Herrn von Weſtphalen im Weſtphaͤliſchen beruͤmt. S. Sibmacher de armis gentilitiis, oper. German. part. I, p. 190.

Sein Gluͤck wolte ihm nicht aus Preuſſen mit folgen, wo er als Or - densmarſchal ſchoͤne Proben der Tapferkeit abgeleget. Die Lit - thauer und deren Bundsgenoſſen machten ihn und 20 ſeiner Bruͤ - der zum Ziel ihrer Pfeile, welcher Schaden doch einigermaſſen von dem preußiſchen Hochmeiſter Anno von Sangerhauſen durch drey erfochte - ne Hauptſiege bey Chriſtburg, Kreuzburg und Brandenburg erſetzet ward.

Der doͤrptiſche Biſchof Friedrichb)Dieſer Friedrich verliehe zu Goslar 1268 am Magdalenentage, als Biſchof vonCapolia ertheilte den Kaufleuten in Lief - undQ 2Eſt -64Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1274Eſtland ein Privilegium, vermoͤge deſſen alle auf der Peipus verungluͤckte Waaren, nach Entrichtung der Bergegelder, ihren Eigenthuͤmern oder deren Erben abgefolget werden. Alle Schiffe ſind zolfrey; das Holz wird am Peipus - ſtrande zur Ausbeſſerung der Schiffe ohne Entgeld gefaͤllet. Doͤrpt, vom 3ten April.

Der funfzehnte Ordensmeiſter in Liefland deut - ſchen Ordens, Wolther von Nordeck. a)Strubicz nennet ihn von Mordekou, beim Ceumern heiſt er von Wordeke, mit dem Beinamen der Sieghafte. Jn den Documenten der Stadt erſcheinet er ſchon 1273. Die Regierungsjahre der Ordensmeiſter ſind in der Hiſtorie ſehr unrichtig um dieſe Zeiten.

1275
183

Er bezwang die Samogiten und Semgallen, zerſtoͤrte Tarweyte und Meſoythen, und ſchenkte die Helfte von ſeinen Eroberungen der rigiſchen Geiſtlichkeit.

Der Erzbiſchof bewilligte, daß der gewoͤhnliche Advocat in Ri - ga oder zeitliche Richter ſich ſelbſt einen Subſtituten ſetzen koͤnne, damit der neue Nachfolger die Jnveſtitur nicht von neuen zu ſuchen noͤthig habe.

1276
183

Desgleichen vermehrte er im dritten Jahr ſeiner Regierung den 8ten Nov. die Stadtmark mit der ganzen Gegend von dem Ort, wo die Naba von Babat in den Flus der Semgallen faͤlt, den Strom hinauf bis an das Dorf Putule - ne. Der Koͤnig von Schweden, Magnus, aber beſtaͤtigte den Rigiſchen die freie Handlung auf dem Fus, wie ſie Gothland und Luͤbeck hat. Aarhus, im erſten Jahr ſeiner Regierung.

1277
183

Erich der VIte, Koͤnig von Daͤnnemark, erklaͤrte die Buͤrger von Riga in ſeinem Reiche fuͤr zollfrey, auſſer auf dem ſchoniſchen Markte; die Guͤter der Schifbruͤchigen werden dem Eigenthuͤmer zuerkannt. Gegeben zu Nykioͤping, am Tage Johannis des Apoſtels und Evangeliſten.

Die Koͤnigin Margarethab)Dieſe Margaretha ſchrieb ſich Frau von Eſtland, gleichwie ſich die Koͤnige Herren von dieſer Provinz nanten. Die folgenden aber bedienten ſich des herzoglichen Titels von Eſtland. Der Herr Praͤpoſ. Kelch mutmaſſet ganz richtig, daß ſich das Ka - pitel der freien Biſchofswahl nicht bedienen koͤnnen. Zwar findet ſich eine Urkunde von Erich dem VIten zu Wyburg 1280, worinne er dieſes dem Domkapitel von ſeiner Mutter zugeſtandene Wahlrecht von neuen beſtaͤtiget, und eine andre zu War - tinsborg unterm Jahr 1289, in welcher es Erich der VIIte ausdruͤcklich wiederholet; doch muſte das Kapitel aus Zwang der daͤniſchen Geiſtlichkeit 1294 ſolcher Freiheit entſagen., als Frau von Eſtland, gab am erſten Septemb. zu Wardingsburg den revelſchen Domherren die Freiheit, ſich ſelbſt einen Biſchof zu wehlen, und fuͤr ſeinen Unterhalt anſtaͤndige Sorge zu tragen.

Die Abhaͤnglichkeit der revelſchen Kirche von der Metropolitankirche zu Lunden ward aufgehoben, dem Biſchof und Kapitel die Gemeinheit der Felder, Waͤlder und Heuſchlaͤge, die Erlaſſung aller Steuern und Ungelder zugeſtanden, bis es ihr Sohn der Koͤnig beſtaͤtigen wuͤrde.

Wolther gieng nach getroffenen guten Anſtalten nach Preuſſen und legte im dritten Jahre ſeine Regierung nieder. Eine ſeiner Urkunden haben verſiegeltBru -b)Capolia und Poſtulirter von Doͤrpt, den Nonnen zu Franckenberg einen Jndul - genzbrief, von gleichem Jnhalt als ſie von dem wirlaͤndiſchen Biſchof Diedrich erhalten. Man findet ihn im Chron. Mont. Franc. p. 36.65Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. Ernſts v. Ratzeburg. Bruder Joh. von Magedeborch, Comtur zu Riga, Bruder Heinrich von1277 Arnesberch, Bruder Heinrich Sturmann, und Bruder Rembold.

Der ſechzehnte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens. Ernſt von Ratzeburg,a)Chytraͤus nennet ihn Rasborch, Horner laͤſt den Zunamen weg, beim Waiſſel heiſt er Raſuburg, in einer Handſchrift von den Herrmeiſtern, von Roſenberg, beim Ceumern, Rosborg; beim Spangenberg, Raſperg; Pet. v. Duisburg giebt ihm | den Vornamen Orneſt. Nach den Urk[u] nden muͤſſen wir ihn ein Jahr weiter hinauf ſetzen, als unſre Chronikenſchreiber. Jn einigen Documenten der Stadt ſteht er ſchon 1275 und 1276, gleichwie ſein Vorgaͤnger noch bis 1277 vorkomt.

Ein witziger und arbeitſamer, aber nicht gar gluͤcklicher Regent. 1277Der rigiſche Erzbiſchof Johan, der oͤſeliſche Biſchof Her - man und dieſer Meiſter ertheilten am Oſtertage allen, ſo nach Liefland handeln, die Erlaſſung von Zol und Ungeldern, nebſt folgenden Vortheilen: Die auf der See oder in der Duͤne verungluͤckten Guͤter werden nach Erlegung des Bergegeldes frey verabfolget, Hafen und Ufer in bequemen Stand geſetzet; die Weide fuͤr die von auswaͤrts eingekommenen Pferde iſt offen, nur daß ſie kein Kornfeld oder Heuwachs verderben. Holz zum Brennen und zur Ausbeſſerung der Schiffe duͤrfen ſie frey faͤllen; wer aber zum Bau neuer Schiffe Holz haben wil, mus der Obern Einwilligung ſuchen. Jn Strand - und Seezwiſtigkeiten wehlen ſich die Parteien einen Richter, der nach gothlaͤndiſchem Rechte ſchlichtet. Haben die Fremden mit den Buͤrgern Verdrus, ſo verſchaft ihnen der Aelterman nach rigiſchem Rechte Genugthuung, oder es ſollen beſondere Gevolmaͤchtigte geſetzet werden, Fremde gegen die Buͤrger zu ſchuͤtzenb)Jn des Herrn D. Johan Peter Willebrandts Vorbereitung zur hanſiſchen Chro - nik, Luͤbeck 1747 in fol. S. 11 findet man die Nachricht, daß die verbundenen Staͤd - te (Luͤbeck und Hamburg) 1276 die Zolfreiheit und Sicherheit der ſchifbruͤchigen Guͤter bey dem Erzbiſchof und Ordensmeiſter geſuchet, auch um einen eigenen Rich - ter zu Riga und in andern lieflaͤndiſchen Staͤdten angehalten; auf welches Geſuch ohne Zweifel die obige Verordnung abgefaſſet worden.. Der Erzbiſchof belehnte ſeiner Schweſter Man Johan von Lu - nen und deſſen Erben mit den Doͤrfern Viderſele, Cauſele und Morikas, nach Lehnsrechte. Zeugen waren Heinrich von Wrangel, Johan von Tie - ſenhauſen, Otto und Helmold, Bruͤder, genant von Luͤneborch, Ale - xander, Rodolph von Ungern, (de Ungaria) Johan von Adrikas, Hinrich von Pickever, Vaſallen der Kirche. Weil des Erzbiſchofs Schwa - ger den Beinamen von Luͤnen gefuͤhret, ſo ſind einige auf den Zweifel gefallen, ob auch der Erzbiſchof wuͤrklich ein Herr von Luͤnen ſeyn koͤnnen.

Die Litthauer und Samogiten droheten das von Ernſten neu ange -1278 legte Duͤneburg zu ſchleifen, welches den Ordensmeiſter noͤthigte, mit dem koͤ - niglichen Statthalter in Revel, Elert, ſich zu verbinden, und mit lieflaͤndi - ſchen und daͤniſchen Truppen in Litthauen einzuruͤcken. Dieſe ſiegenden Voͤlker wolten nicht gerne mit leeren Haͤnden nach Hauſe gehen, und ſchlepten alſo mit, was ſich fortbringen lies, lockten aber eben daher die Litthauer mit ſich nach Liefland, die wie die Barbaren Haus hielten, und ſich fuͤr ihren Schaden be - zahlt machten. Sie ruͤckten im erſten Schrecken vor Aſcherade, wo es den1279Son -R66Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1279Sontag nach Laͤtare zum Handgemenge kam, und worin dieſe erbitterten Feinde alles zertraten nnd niederſebelten. Ernſt verlohr nebſt 71 Ordensrittern und vielen Gemeinen das Leben. Die uͤbrigen machten ſich auf die Flucht, als ſie durch den Fal des tapfern Heinrichs von Tieſenhauſen die Marienfahne, in welcher das Bild der Mutter GOttes ſehr koſtbar geſticket war, in die feind - lichen Haͤnde gerathen ſahen. Elert wolte zwar mit ſeinen Leuten die Fahne wie - der erobern, wurde aber von ihnen im Gedraͤnge gelaſſen, und muſte alſo, nach - dem ihm ſein Pferd unterm Leibe getoͤdtet worden, mit vielen Wunden uͤbel zuge - richtet, den Seinigen nacheilen. c)Dieſe merkwuͤrdige Schlacht geſchahe am 9ten Merz 1279. Kojalowicz in ſeiner Hiſt. Lituan. S. 1 Z. 5, nennet dieſen Herrn, welcher bey der Fahne ſein heldenmuͤ - tiges Leben einbuͤſte, nach der polniſchen Schreibart Tyzenhauzen, mit welchem, auſſer dem Ordensmeiſter Ernſt, auch der Graf Gilard und 67 andre Ritter geblie - ben. Die einheimiſchen Chroniken haben 71, andre auch mehr als 70. Gilard iſt nicht der holſteiniſche Graf Gerhard, als der nicht beim Treffen geweſen, und auch die daͤniſchen Truppen nicht angefuͤhret.

Unter ſeiner Regierung ward den eſtniſchen Bauern zuerſt auferleget, von ihren Feldern ſtatt des Tributs ein gewiſſes Maas Getreide zu entrichten, wel - ches in ihrer Sprache Kuͤlmetd)Kuͤlmet iſt in Eſtland der ſechſte Theil eines Lofs oder Scheffels, bey den Lieflaͤn - dern aber der dritte Theil, und hat vermutlich ſeine Benennung von kuͤllima, ſaͤen, weil ſie dieſes gleichſam dem Hofe zur Ausſaat entrichten muſten. genennet wurde.

Der ſiebzehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſches Ordenn, Conrad von Feuchtwangena)Horner nennet ihn von Utwengen, Strubicz von Wythwangen, Ruſſow von Fuchtewangen, Peter von Duisburg ſchreibt Wuchwangen, und meldet beim Jahr 1280, daß er zu gleicher Zeit Landmeiſter in Preuſſen und Liefland ge - weſen, um der doppelten Laſt willen aber das erſtere Amt nach einem Jahre fahren laſſen; Strubicz giebt unrichtig vor, daß ihn die Semgaller erſchlagen, da er doch zu Prag geſtorben und zu Trebniz 1297 begraben worden. Die kurz gefaſten Nach - richten belaͤſtigen ihn mit einem ſchlechten Nachruhm, und wollen wiſſen, daß die Semgallen unter ſeiner Regierung das Schlos Feſte niedergeriſſen, wobey ſie 15 Rit - ter mit ihren Bedienten erſchlagen, die chriſtliche Religion aber aus ganz Semgallen verbannet..

Die Semgallen machten ihm groſſes Herzeleid, nachdem ſie ihm und dem Erzbiſchof den Tribut aufgekuͤndiget, daher dieſe beide Regenten ihre Kraͤfte vereinigten, und dieſen trotzigen Feinden eins beibrachten, aber auch eben keine Seide dabey ſponnen. 1281Er wurde des Handels bald uͤberdruͤßig und gieng nach Preuſſen, wo ihm die hohe Wuͤrde des Hochmeiſterthums zu Theile ward.

Der67Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. Wilhelms v. Schauerburg.

Der achtzehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Wilhelm von Schauerburg,a)Beim Chytraͤus heiſt er von Endorf, beim Strubicz von Enderpen. Andre ſchreiben Emsdorf, Schurborch, Syersburg; Schuͤtze nennet ihn Willeke oder Wilm von Schuͤrborch, die alte Handſchrift von den Herrmeiſtern macht aus Wilhelm von Schurborg und Wilhelm von Eindorf zwey Perſonen, die un - mittelbar auf einander gefolgt. Andre ſchreiben gar Widekind von Schierburg.

Ward ſeiner bekanten Tapferkeit halber von den Rittern auf dem zu Vel -1281 lyn gehaltenem Landtage erwehlet, und ſetzte ſich gegen die feindliche Macht, durch Werbung neuer Voͤlker, gleich anfangs in gute Ver - faſſung.

Der rigiſche Fuͤrſt Wiczlaus verſtattete den rigiſchen Kaufleuten, die1282 in den Grenzen ſeiner Herrſchaft anlanden wuͤrden, von allen ihren Guͤtern die Angaria und Perangaria, die Freiheit von Zol und von der Schepwracke; beſtaͤ - tigte ihnen auch die Privilegien ſeiner Vorfahren. Unterzeichnet zu Riga am 19ten April.

Der Koͤnig Erich beſtimte am Sontag Trinitatis zu Lunden der revel -1283 ſchen Kirche 60 Haken Landes von den Hoͤfen Wartel und Kadjal, und be - fahl dem eſtlaͤndiſchen Adel, von jedem Haken zwey Kuͤlmet Getreide nach der alten Gewonheit zu entrichten, deſſen ſich die Ritterſchaft bisher entſchuͤttet hatte.

Der Ordensmeiſter war gegen die Semgallen anfaͤnglich ziemlich gluͤcklich,1284 und wies ihnen einen Huͤgel, auf dem er ein Crucifix ſetzte, zur gottesdienſtlichen Verſamlung an, bey welchem das Volk ſeine Andacht haben, die Predigt hoͤren und Betſtunden halten konte, und den man nachher Heiligenberg nante. Bey den Streitigkeiten zwiſchen dem Koͤnig Erich in Norwegen, und den Staͤdten an der Oſtſee, Lybikh, Roczſtok, Vismarh, Stralaſund, Grips - woldh, Riga und den Deutſchen in Wisby, 1285, ſetzte der Koͤnig Magnus von Schweden um Michaelis zu Calmar vier Commiſſarien nieder, von ieder Seite zwey, daruͤber er ſich jedoch die endliche Entſcheidung vorbe - hielt. Der Erzbiſchof erbaute unterdeſſen die beruͤhmte Kirche zu Wenden; nach deren Vollendung er aus dieſer Welt Abſchied nahm, und im rigiſchen Dom vor dem Catharinenaltar begraben wurde. An ſeine Stelle kam Jo -1286 hann von Fechten.

Dieſer Ordensmeiſter ſahe ſich uͤbrigens genoͤthiget, mit den Litthauern,1287 Samogiten und den unruhigen Semgalliern zu ſchlagen, deren Heerfuͤhrer auch das Leben verlohr. Er wurde aber von der uͤberlegenen Macht der Feinde umzingelt, und ſtandhaft entleibet, nachdem von ſeinen Rittern 33 erſchlagen, und 16 gefangen worden, die man theils nacket auf Pferde band, und mit Knuͤt - teln zu Tode pruͤgelte, theils auf hoͤlzernen Roſten uͤber dem Feuer langſam briet. b)Hartknoch ſchreibet in ſeinen Anmerkungen uͤber den Duisburger beim Jahre 1283, daß ſich der Hochmeiſter Winrich von Kniprode von dem mit den Litthauern und Samogiten 85 Jahr lang gefuͤhrten Kriege ein Verzeichnis vorzeigen laſſen, nach welchem der Orden uͤber 168000 von dieſer Nation theils erſchlagen, theils gefangen genommen, dabey aber 49 Ordensbruͤder, 28 andre vornehme Ritter, 4000 Buͤrger, 11000 von Adel, 8000 Gemeine und 15000 Pilger eingebuͤſſet habe. Der ehrlicheBuͤrger,

R 2Der68Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1287
192

Der neunzehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Conrad von Herzogenſtein. a)Chytraͤus nennet ihn von Hertogenſtein, Horner, Cono von Schnickenſchot, und Strubicz laͤſt ihn gar aus.

Die uͤbermuͤthigen Feinde verfolgten ihren Sieg bis in Liefland, er beſchnit ihnen aber die Fluͤgel, und nahm ihnen Doblin, Ra - ten und Sidropien weg. Die Litthauer verlohren bey der Niederlage der Semgallen ihren Muth dergeſtalt, daß ſich keiner ſich zu regen getraute. Ruſſov haͤlt ihn daher fuͤr gluͤcklich, daß er die Semgaller voͤllig bezwungen, gegen welche alle ſeine Vorfahren ver - geblich zu Felde gelegen. Es bemerket aber Hartknoch aus dem Duisburger, daß die Semgallen noch fernere Unruhen erregt.

1288
193

Er gieng nach einer zweijaͤhrigen Regierung aus der Welt, und wurde von vielen, ſeiner ruͤmlichen Amtsfuͤhrung wegen, bedauret. b)Bey dieſem Jahre meldet Strelow S. 145 u. f. in ſeiner gothlaͤndiſchen Chronik, daß die Buͤrger zu Wisby mit dem Adel wegen Anlegung eines neuen Zols zerfallen. Die eſt - und curlaͤndiſche Ritterſchaft halfen dem gothlaͤndiſchen Adel, die Han - ſeeſtaͤdte aber der Buͤrgerſchaft; doch wurde dieſer einheimiſche Krieg durch die Ver - mittelung des Herrn Odward von Lode beigeleget.

Der
b)Buͤrger, Herr Juͤrgen Helms*)Juͤrgen Helms ward mit ſeiner Chronik 1628 fertig. Beſage der Vorrede ergrif er die Feder und ſchrieb, weil er bey dem ruinirten Commercienweſen wenig zu thun hatte, und bey dem Muͤßiggehen befuͤrchtete, in ſchwere Schande und Laſter zu gerathen, davon er aus der Bibel ein ganz Regiſter anfuͤhret. Er ſchreibet Ruſſoven und Henningen von Wort zu Wort gaͤnzlich aus, und wo dieſer aufhoͤret, beſchreibet Helms die Sachen ſeiner Zeit. An vielen Orten beruft er ſich auf eine uralte preußiſche geſchriebene Chronik, aus der er die Riſſe der Veſtungen nach - gemahlet, davon auch einige der Lage nach richtig getroffen ſind. Z. E. wenn er das alte Duͤ - nemuͤnde von Riga aus zur rechten Seite der Duͤne angiebt, wo es auch eigentlich lag, da hingegen das neue an dem linken Ufer aufgefuͤhret iſt. Er beſchreibet uns auch die alten Waffen der Heiden, als Schwerter, Senſen, halbe Monde, Spieſſe, hoͤlzerne Keulen von Eichenholz, Aexte mit langen Stielen, Baͤrenſpieſſe, Streithaͤmmer, Handbogen, Schleudern, Balken, Steine, ſiedend heiſſes Theer und dergleichen. Nur dies klingt in der preußiſchen Chronik einfaͤltig, wenn ſie auf dem 96 Blat noch lange vor dem Gebrauch des Schiespulvers und des Ge - wehrs in Liefland erzehlet, daß die Heiden von Buͤchſen oder Roͤhren nichts gewuſt, bis ſie einmal die Chriſten aus dem Felde geſchlagen, und ein geladen Rohr mit aufgeſpantem Hahn ge - funden. Ein Heide henkt ſich dieſes um den Hals, als er aber im Fortgehen es beſichtigen wil, und bey der Feder ruͤhret, ſo geht die Flinte los, und nimt ſeinem Spiesgeſellen die Naſe vorm Kopf weg, der auch gleich wie todt zur Erden faͤlt. Solte man hier nicht auch fragen, was die - ſen armen Kerl eigentlich um die Naſe gebracht, der Schuß oder die Erzehlung? hat ſich die Muͤhe genommen, die Summe von denen, ſo in den lieflaͤndiſchen Kriegen umgekommen, ſo wie ſie Ruſſow angege - ben, zu uͤberrechnen, wovon die Anzahl von den Jahren 1198 bis 1557 in dieſem Ver - zeichnis enthalten iſt.
  • Biſchoͤfe, 2
  • Moͤnche, 28
  • Ordensbruͤder, 622
  • Chriſten, 117691
  • Heiden, 212012
  • in allem 330355 Seelen.
b)
69Erzb. Joh. v. Fechten. zur Zeit der Reg. des Bodo v. Hohenbach.

Der zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Bodo von Hohenbach. a)Der Herr Landrath von Ceumern und der Herr Praͤpoſ. Kelch ſchreiben ſeinen Na - men Otto, beim Chytraͤus heiſt er Botho, beim Horner und Ruſſow Boltho, wie ſich denn noch jetzo eine gewiſſe Familie dieſes Zunamens bedienet. Strubicz nennet ihn Heltus, und die mehrgedachte Handſchrift von Herrmeiſtern, Boltho von Ha - neburg, andre Bodo, dafuͤr einige aus den Urkunden B. Otto, d. i. beatus Otto, le - ſen wollen. Spangenberg nennet ihn Herold von Hombach, andre von Hegen - bach. Der wunderliche Name Heltus, den Strubicz hier anbringet, iſt werth in Betrachtung gezogen zu werden. Unter den oͤſelſchen Briefſchaften entdecket uns ein Auszug einer Urkunde, daß 1293 Meiſter Halt, Meiſter zu Liefland, gewiſſer Zwi - ſtigkeiten wegen mit dem Biſchof Heinrich auf Oeſel eine Vereinigung getroffen. Weiter findet man von dem Ordensmeiſter Halte nichts aufgezeichnet.

Unter demſelben giengen bey der Ruhe von auswaͤrtigen Feinden die innerlichen Haͤndel an, woruͤber die Gemuͤther der Weltlichen ſo wol als der Geiſtlichen gegen einander erbittert wurden, und bei - de einander weit auſſehende Abſichten vorwarfen. b)Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß der Orden ſich an die fetten Einkuͤnfte der Geiſtlichen geſtoſſen, indem man ihre Guͤter als verſtopfte Quellen anſahe, aus deren Eroͤfnung der Republik noch manche Beihuͤlfe zuflieſſen konte. Cranz und die Hiſtoria contracta ſprechen den Ordensmeiſter von dieſer Gewaltthaͤtigkeit frey, beſchuldigen aber die Or - densherren, daß ſie den Biſchoͤfen das Jhrige abzwacken wollen; da hingegen andre dem Haupte die Schuld beimeſſen. Viele ſuchen den Knoten in dem Stolz und Geitz des Erzbiſchofs und ſeiner Cleriſey. Wem die einſeitige Beſchuldigung zu parteiiſch vorkomt, der thut am ſicherſten, wenn er beiderley Klagen zuſammen nimt. Die Stadt lies ſich vom Propſt und dem Kapitel ein Zeugnis von der Verſicherung dieſes Herrn ausſtellen, daß ihr die Schloͤſſer und Veſtungen des Ordens nicht nachtheilig fallen ſollen, vom Jahr 1292.

Der curiſche Biſchof Emund uͤberlies ihm das Schlos1290 Memel und eine dabey gelegene Muͤhle; doch durfte an dieſem Bach keine neue Muͤhle angeleget werden. Die Kirche dabey laͤſt - darin ohne Entgeld mahlen und giebt auch nicht die Metze (ſine moletro, quod vulgo Methe dicitur).

Der Koͤnig Erich der VIIte verliehe den Bruͤdern in Duͤnemuͤnde alle1291 Guͤter des Dorfs Arrenkuͤlle, welche ſie von Peter Saxen rechtmaͤßig erkauft, mit eben dem Lehnrecht, wie ſie der erſte Beſitzer vom Koͤnig empfangen. Als Zeugen haben ſich unterſchrieben, Peter Jndeß, ehmaliger Droſt, Skielm Stigh, dermaliger wirklicher Droſt, Otto von Roſen, Nicolaus Abſo - lonsſohn und Odward von Revel. Die Urkunde iſt deswegen merkwuͤrdig, weil der Koͤnig ſie am vierten Tage vor Mariaͤ Magdalenaͤ zu Revel in Ge - genwart ſeiner geliebten Mutter unterzeichnet, von deren damaligem Aufenthalt in Eſtland die daͤniſchen Geſchichtſchreiber nichts erwehnen. Der Erzbiſchof lies zur Anlegung der St. Nicolaikirche zu Penninckholm eine Collecte ſam - len, und erlies denen, ſo einen willigen Beitrag dazu thaten, 40 Tage und einen Faſttag an der Buſſe. Zu Riga in der Oſterwoche.

Der in der Stadt Riga entſtandene Brand veranlaſte die erſte Bauord -1293 nung von 10 Artikeln, deren Vorrede alſo lautet: Dat ſy witlick alle, de nu ſyn vnde thokamende, dat na Bort unſes Heren 1293 in Suͤnte Martens Nacht brande de Stad tho Riga, do wilkoͤrde de Raht vnd de Menen Boͤrgere deſe Ding holdende, de hirna beſchreven ſtat.

PhilipS70Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
1293
198

Philip der IVte, Koͤnig in Frankreich, gab der Stadt Riga nebſt 8 an - dern Staͤdten die Handelsfreiheit in ſeinen Haͤfen, nach der ſie nichts mehr, als den gewoͤnlichen Zol entrichten durfte.

Die Haͤndel zwiſchen dem Ordensmeiſter und Erzbiſchof gediehen endlich ſo weit, daß dieſer einen langwierigen Arreſt bekam, wozu die Ritterſchaft des Erz - ſtifts das Jhrige mit beitrug, die an dieſen Praͤlaten bisher eine mehrere Nei - gung gegen die Pfaffen, als gegen die Ritterſchaft bemerkt haben wolte. Doch der Tod trente dieſe Partheien, und ſchafte den Meiſter in der beſten Arbeit zur Ruhe.

Der ein und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Heinrich von Dumpeshagena)Horner nennet ihn von Dumpſagen, Strubicz, von Durenſchlagk, eine Hand - ſchrift von den Herrmeiſtern, von Dingſchalen, eine andere, Hinrich von Ding - ſchlagen. Jn einem Document vom 11ten Jul. 1295 heiſt er Hinrich von Din - celaghe. Jn ſelbigem ſpricht er der Stadt dasjenige Stuͤck der Mauer zu, ſo hinter den Fleiſchſcharren (infra apothecam carnium) und ſeinem Wohnſitze Wittenſteen weggehet, und von dem St. Peters Kirchhof bis an den St. Juͤrgens Thurm ſich erſtrecket. Nur muͤſſen keine Rennen von der Mauer in den Hof Wittenſteen gehen, und er Freiheit behalten, die Balken ſeines Hofes in die Mauer, doch ohne Schaden derſelben, einzulegen..

1294
199

Er ſchafte ſich gleich den doͤrptiſchen Biſchof Bernhard durch einen guͤtlichen Vergleich vom Halfe, welches den einſamen Erzbiſchof ver - anlaſte, ſich hinter die Litthauer zu ſtecken, und gewiſſe Betſtun - den anzuordnen, in welchen er den Ordensmeiſter und ſeine Ritter - ſchaft wolte zu Tode beten laſſen. Der Tod aber faſte zuerſt den Erzbiſchof beim Mantel, und wanderte im folgenden Jahr mit ihm aus der Welt.

Das revelſche Kapitel muſte ſeine Domherren, Peter Degen, Jacob Cimeterraͤ, Johan Terristerraͤ und Johan von Ymbria nach Roth - ſchild abfertigen, wo ſie in Gegenwart des daſigen Biſchofs Johannes das Bekentnis ablegten, daß weder ſie, noch ihre Vorfahren ſich der freien Biſchofs - wahl bedienet. Sie verſprachen auch, weil es ein Regale waͤre, in dergleichen Faͤllen nie etwas gegen die koͤnigl. Vorrechte zu wagen. Rothſchild am 25ten Julii.

1295
199

Die Kapitelsherren in Curland umzogen Pilten mit einer Mauer, weil ſich deutſche Kaufleute daſelbſt niedergelaſſen. Der Orden aber bezog das Ha - kelwerk vor dem Schloſſe Neu - Pernau, welches eine alte preußiſche Chro - nike ein Jahr vorher meldet.

Der Meiſter folgte dem Erzbiſchof Johan von Fechten bald nach, und ſtarb.

Der zwey und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Bruno. a)Sein Zuname findet ſich weder bey auswaͤrtigen noch einheimiſchen Schriftſtellern. Stru -

1296
200

Der neue Erzbiſchof, Johannes Graf von Schwerin, ſetzte das Buͤndnis mit den Litthauern gegen den Orden fort, auf welche Gelegenheit der Grosfuͤrſt Vitenes laͤngſt gewartet hatte. Um aber die Buͤrgerſchaft mit in ſeine Vortheile einzuflechten, bekraͤftigte er allevon71Erzb. Joh. v. Schwerin. zur Zeit der Reg. Gottfrieds v. Rogga. von ſeinen Vorfahren ihnen ertheilte Freiheiten, mit dem Zuſatz, daß der Stadt -1296 vogt ſich einen Nachfolger ernennen koͤnne, ohne daß derſelbe die Jnveſtitur zu ſuchen noͤthig habe. Zu Riga im April.

Die Kaufleute zu Wisby kamen bey dem Koͤnig in Daͤnnemark, Erich, klagbar ein, daß ihnen die Eſtlaͤnder einige Kaufmansguͤter vorenthalten, worauf derſelbe an ſeinen Stadthalter in Revel, Nils Axelſon, und an die Raͤthe uͤber Eſtland, die Herren Henrich von Lode, Herman von Bux - thoͤveden, Woldemar Roſen und Helmold von Lode, Befehl ſtelte, die - ſen Buͤrgern zu ihrem Rechte zu verhelfen, wodurch die Zwiſtigkeiten gehoben wurden. S. Strelovs gothlaͤndiſche Chronik Bl. 147.

Bruno zerfiel mit den Buͤrgern zu Riga einer Bruͤcke halber, welchen1297 Streit der Erzbiſchof und der Biſchof Bernhard von Doͤrpt ſo ſchlichteten, daß die Buͤrger zwar am Bau zum gemeinen Beſten nicht gehindert werden, aber auch keine Muͤhlen und Wehren (gurguſtia) ohne Einwilligung des Ordens an - legen ſollen.

Der litthauiſche Grosfuͤrſt Vithenes ruͤckte indeſſen mit ſeinem Heere in Liefland ein, da der Erzbiſchof und die Buͤrgerſchaft das Rauhe heraus kehr - ten, und mit dem Orden in anderthalb Jahren 9 Schlachten wagten. Die letzte bey Treyder-Aa am erſten Junius war entſcheidend, und Bruno ſamt 60 Rittern und vielen Gemeinen blieben in derſelben. Die Sieger machten ſich hierauf an die Belagerung des Ordensſchloſſes Neuermuͤhlen,b)Neuermuͤhlen, auf lettiſch Adaſch, ein altes herrmeiſterlichs Schlos, lag 11 Wer - ſte von Riga; nicht weit davon iſt die erſte Poſtſtation nach Pernau, Revel, Doͤrpt und Petersburg. Peter von Duisburg K. 262 nent es caſtrum molendini noui, Horner, noua mola. Kojalowitz ſchreibt auf eine ganz ſeltſame Art, nouem ly - num, ſo ohne Zweifel nouum molendinum heiſſen ſollen. Peter von Duisburg erzehlet, Bruno habe dem litthauiſchen Koͤnig Vithenus nachgeſetzet, weil dieſer im Schloſſe Carthuſen 4 Bruͤder mit ihrem Volke gefangen genommen, und das Schlos zerſtoͤret. Er habe ihn auch endlich bey der Treyderaamuͤnde oder Gowmunde angetroffen, 3000 Chriſten aus ſeinen Haͤnden errettet, 800 Unglaͤubige erſchlagen, wobey doch Bruno ſelbſt mit 22 Bruͤdern und 1500 Chriſten ins Gras beiſſen muͤſſen. hatten aber auch faſt 3000 Chriſten aus ihren Haͤnden reiſſen, und von ihren eigenen Leuten 800, oder wie andre leſen, 1800 ſitzen laſſen muͤſſen.

Der drey und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Gottfried von Roggaa)Die mehreſten von unſern Geſchichtſchreibern laſſen den Zunamen weg. Horner nent ihn Gottfried Rugo. Strubicz, Andreas Gottfried; die eine Handſchrift, Gottfried Roſus; die zweyte Curt Fridow genant Ruge; andre, Roge und Roggaa. .

Er erhielt aus Preuſſen noch zu rechter Zeit eine gute Anzahl neu -1298 geworbener Soldaten, welche der tapfere Berthold von Oe - ſterreich, mit dem Zunamen Bruͤhan, anfuͤhrete. Sie ruͤck - ten miteinander zum Entſatz vor Neuermuͤhlen an, und fielenS 2ama)Strubicz ſchreibt Brunau. Peter von Duisburg K. 262 heiſt ihn ſchlechtweg Meiſter Bruno. Spangenberg laͤſt ihn mit andern Ordensmeiſtern aus. Jn - zwiſchen iſt es falſch, daß die Ritter bey Annehmung des Ordens ihre Namen geaͤn - dert, wie Simon Grunov meinet. Cranz Vandal. lib. VII, c. 46 giebt die Suc - ceßion der rigiſchen Erzbiſchoͤfe ganz unrecht an. Seinem Bericht nach folgte auf Al - berten gleich der Graf Johan von Schwerin, den er Helmolds Bruder nennet Auf dieſem folgte 1304 Johannes Brand, ein rigiſcher Domherr; welches den Documenten entgegen iſt.72Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1298am Tage Petri und Pauli mit ſolcher Verbitterung auf die Belagerer, daß uͤber 4000 theils in den Strom geſprenget, theils durchs Schwert niedergemacht wurden.

Jnzwiſchen ſuchten die Litthauer den Bruͤhan aus Liefland zu ziehen, und thaten deshalb einen Einfal in Preuſſen, wo ſie gar ſeltſam wirthſchafteten. Doch Bruͤhanb)Dieſer Man war Befelshaber in Koͤnigsberg, oder wie man damals redete, Com - thur. Beim Michow lib. III, c. 66 heiſt er von Brunhaim, beim Kojalowitz p. I, l. 6, Brunheim. Peter von Duisburg erzehlet S. 310 von ihm eine ſeltſa - me Probe und Uebung ſeines Geluͤbdes der Keuſchheit. Der Entſatz bey Neuer - muͤhlen geſchahe 1298 am Tage Petri und Pauli, und ſollen die Rigiſchen und Litthauer uͤber 4000 Mann davor haben ſitzen laſſen. Ein Preuſſe aus Samland focht ſo ſtandhaft, daß ſeine Haͤnde kraftlos wurden, und ihm das Schwerdt in den Faͤuſten erſtarrte. kam ihnen unvermuthet auf den Hals, und wies dieſen frem - den Gaͤſten nach etlichen Scharmuͤtzeln den Ruͤckweg.

Der Erzbiſchof hatte ſich muͤſſen gefangen geben. Als aber die Buͤrgerſchaft nach Bruͤhans Abzuge Luft bekommen, ſengte und brente ſie ſo lange in dem Gebiete des Ordens, bis der Erzbiſchof auf freien Fus geſetzt wurde.

Erich der VIIte Koͤnig in Daͤnnemark erklaͤrte, daß wer ſich ihm gefaͤllig erweiſen wolte, die Buͤrger zu Riga in - und auſerhalb des Reichs, guͤnſtig auf - nehmen, guͤtlich bewirthen, und ihre Abſichten befoͤrdern moͤchte. Kein Rich - ter (Aduocatus) oder Unterthan ſolte ihnen etwas in den Weg legen, bey koͤnig - licher Ungnade[und] Ahndung an ihren| Guͤtern oder Perſonen. Worthingburg, am Tage vor Antonii des Bekenners.

1299
204

So bald der Erzbiſchof ſich in Freiheit ſahe, war ſeine erſte Verrichtung eine Reiſe nach Rom, ſein Aufenthalt aber daſelbſt ziemlich kurz, indem ihn das Jahr darauf der Tod aus der Welt forderte. Der Papſt Bonifacius der IIXte ſandte hierauf ſeinen Kapellan, den Prior des Auguſtinerkloſters zu Bene - vent, Namens Jſarnusc)Wir kennen dieſen Man aus der paͤpſtlichen Beſtaͤtigung, die ihm Bonifacius der IIXte im Lateran, im 6ten Jahr ſeiner Regierung am 19 Dec. ausgefertiget. Die Daͤnen nennen ihn Jſarnus, und Jſernus, andre Jſaurus, Strubicz Aßverus e Dania, die Biſchofschronik*)Die Biſchofschronik iſt eine Handſchrift, von etlichen 10 Bogen, die zur Nachahmung der huit - feldiſchen Biſpers Kroenicke aufgeſetzet zu ſeyn ſcheinet. Sie enthaͤlt einen magern Auszug aus der Chronik Heinrichs des Letten und der Geſchichte der rigiſchen Erzbiſchoͤſe, dabey aber man che unerweisliche und nicht gnugſam eingeſchraͤnkte Saͤtze befindlich ſind. Z. E. von dem 4jaͤhrigen Re - giment des Biſchofs Nicolaus, von der drauf erfolgten Bekehrung der Ruſſen in Plescow, die doch ſchon lange zuvor Chriſten waren; von Jnnocentii Befehl, das Sacrament des Altars un - ter beiderley Geſtalt zu reichen; von Honorii Verbot, daß die Bauren nicht mehr das gluͤende Eiſen tragen ſolten. Letzteres iſt wol ein Misverſtand einer Stelle beim Raynald, wo Hono - rius bey den Neubekehrten, und zwar in nichtsbedeutenden Faͤllen, es abgeſchaffet: denn daß es zu Plettenbergs Zeiten noch im Gebrauch geweſen, beweiſen dieſes Fuͤrſten Geſetze, die 1539 in Druck gekommen, wiewol einige aus der darin beibehaltenen Gewonheit des gluͤenden Eiſens, dieſe ungemein rare Samlung der alten lieflaͤndiſchen Geſetze fuͤr eine eigene Erfindung Diony - ſii Fabri halten, die in Liefland von denen Regenten nie uͤberſehen, ſondern nur als eine Pro - be etwan zu Roſtock bey Johan Ballhorn, in wenig Exemplaren gedrucket worden; daher es ungemeiu rar iſt. Doch dieſe Urſache iſt nicht hinlaͤnglich; indem Plettenberg in der Einigung der Bauren von 1509 das gluͤende Eiſen zu tragen anbefolen. Man hat noch eine Beſchrei - bung aller Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe des Erzſtifts Riga aus alten Schriften zuſammen getragen, im Manuſcript, von Gerhard Kuͤrich Roſenſtrauch; davon die erſten Proben ziemlich ſchlecht gerathen, und nicht des Aufhebens werth ſind. Erasmus, Chytraͤus S. 19, Jvarus. Seines Vaterlandes halben koͤnnen ſich die Geſchichtſchreiber auch noch nicht vertragen, indem ſie ihn bald zu einem Franzoſen, bald zu einem Daͤnen machen, da er doch ein Jtaliaͤner von Geburt war: welcher Meinung auch Magnus Matthias im Verzeichnis der lun - diſchen Biſchoͤfe beypflichtet. Huitfeld, Pontanus und der Papſt nennen ihn einen paͤpſtlichen Kapellan. Er ward endlich von Lunden weg, und zum Erzbiſtum Sa - lerno berufen, wo er ohngefehr 1310 mit Tode abgieng. Jn der ſchwediſchen Bi - bliothek Tom. III p. 190. wird der Monat October 1310 beibehalten, doch ſol Jſarnusauch, nach Liefland, und beſtaͤtigte ihm das rigiſcheErz -73Erzb. Jſarnus. zur Zeit der Reg. Gottfr. v. Rogga. Erzbiſtum. Allein er hatte ein zu redliches Herz, als daß er dieſem ewigen Ge - zaͤnke lange zuſehen konte; daher ihn der Papſt zum Erzbiſchof von Lunden er - nante, dem lundenſchen aber, Johannes Grand, das rigiſche Erzbiſtum auftrug. Doch Johannes bedankte ſich fuͤr dieſe unruhige Ehrenſtelle, und Jſarnus muſte in Daͤnnemark noch eine kleine Zeit unter dem Namen eines paͤpſtlichen Legaten warten, bis die lundenſche Stelle erlediget wurde.

Den heiligen Abend vor Jacobi lies dieſer Gottfried den Luͤbeckern, aus Dankbarkeit fuͤr ihre Bemuͤhungen, zum Aufkommen des Ordens alle An - ſtalten vorzukehren, ein gar ſchoͤnes Handelsprivilegium ausfertigen, in welchem den luͤbiſchen Kaufleuten zugeſtanden wird, auch in Kriegszeiten mit den Ruſ - ſen zu handeln, ja ihren Handel zu Lande bis Preuſſen zu treiben, ohne von den Lieflaͤndern geſtoͤret zu werden. Jn See - und Hafenverbrechen ſollen die Schuldigen nach luͤbiſchem Rechte, in Stadtſachen aber durch den zeitigen Ael - termann (Oldermannum) gerichtet werden. d)Die Abſchrift, welche wir haben, lies Johan Tideman, Dechant, Matthaͤus Richard, Senior, und das Domkapitel zu Luͤbeck durch den geſchwornen Notarius Lorenz Walter am 11ten Jun. 1551 von dem weitlaͤuftigen Original nehmen. Die Worte des angefuͤhrten Artikels lauten ſo: Si praeterea inter nos, fautores et coope - ratores noſtros ex vna et Ruthenos ſeu Paganos ex altera vel eorum fautores con - junctim vel diuiſim ſubortae fuerint inimicitiae ſeu cauſſae qualescunque, ciues ta - men Lubecenſes eo non obſtante cum bonis ſuis in noſtra protectione et in ſua ipſo - rum propria fortuna procedent et pergent per terras noſtras et extra eas, quorſum - cunque ipſorum fuerit voluntatis, ſecuri prae omnibus, qui noſtris obedire adſtricti ſunt mandatis. Hierauf bezogen ſich die Herren Luͤbecker an den Kaiſer Ferdinand, als ihnen die Lieflaͤnder 1559 den Handel mit den Ruſſen auf Narva legen wolten. Siehe beim Chytraͤus S. 612.

Jſarnus kam nach Liefland, wo er 6 Tage vor Reminiſcere die alten1300 obſchwebenden Zwiſtigkeiten auf dieſen Fus abthat: Der Erzbiſchof und der Or - den heben die Koſten gegen einander auf. Wolmar von Roſen erhaͤlt ſein Schlos wieder. Der Orden braucht die St. Juͤrgenskirche zu Riga zum Gottesdienſt, nur daß niemals uͤber 10 Bruͤder in der Stadt bleiben, noch viele Bediente bey ſich haben, oder oͤffentliche und heimliche Zuſammenkuͤnfte halten, keine Thuͤrme oder Schanzen in der Stadtmark oder Grenze anlegen. Die Or - densſchiffe haben durch die Bruͤcke der Buͤrger freie Durchfahrt. Das ganze Land gehoͤret dem Papſt, und iſt den Bruͤdern nur zur Fortpflazung des chriſtli - chen Glaubens verliehen; daher duͤrfen keine neue Zoͤlle eingefuͤhret werden. Uber die Guͤter, ſo die Buͤrger dem Orden im Stadtgebiete abgezwacket, und welche der Orden der Buͤrgerſchaft zu Riga in Lief - und Curland weggenom - men, wird der Papſt den Ausſpruch thun. Das Kirchenregiment beruhet allein anf dem Erzbiſchof und ſeinen Nachfolgern. Biſchof Heinrich von Revel,Esgerc)auch in Lunden geſtorben, und daſelbſt in hypogaeo der Kirche des H. Lauren - tii begraben ſeyn. Weil Thomas Hiaͤrne bey den Nachrichten von den Verrichtun - gen dieſes Mannes viel widerſprechendes gefunden; ſo iſt ihm Jſarni erzbiſchoͤfliche Wuͤrde in Riga verdaͤchtig: er wil ihn daher beym Jahr 1306 nur zum Legaten des Papſts, nicht aber zum Erzbiſchof von Lunden machen. Doch dieſem Zweifel waͤre noch abzuhelfen, nemlich im Jahr 1302 am Tage vor Himmelfahrt war er in Duͤne - muͤnde, wo er vermutlich zu Schiffe gehen wolte. Der Herrmeiſter Gottfried gab ihm das Geleite, und der Erzbiſchof unterzeichnete noch daſelbſt zum Abſchiede das Privilegium uͤber Altenwogen. Was das folgende Jahr 1303 betrift, ſo beweiſet die paͤpſtliche Beſtaͤtigung |des folgenden Erzbiſchofs Friedrichs von Benedict dem XIten daß Jſarnus in demſelben nach Lunden gegangen, um mit Johan Gran - dis einen Tauſch zu treffen, wofuͤr ſich aber der zu Lunden bedankte: Johannes kam endlich 1307 auf Martini des Vten Volmacht, nach dem Erzbiſtum Bremen. Wer weis aber, ob nicht Jſarnus, da er den Sitz nicht gleich ledig fand, unter dem anſehnlichen Kirchentitel eines paͤpſtlichen Legaten, unterdeſſen eine und die andre Reiſe in die benachbarten Laͤnder anſtellen koͤnnen?T74Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,Esger Jul, Domherr zu Rypen, Bernhard Virolettus, Biſchof zu Karkes, Heinrich von Lubeke, Canonicus zu Rypen, Porrius von Cuſa, Jacob von Caſulis, Pero von St. Benedicto, Rechtsgelehrte und Advocaten des roͤmiſchen Hofes nebſt andern mehr,e)Bey dieſem Jahre melden uns die daͤniſchen Geſchichtſchreiber, Huitfeld S. 315, und deſſen Uberſetzer Pontanus, S. 389, doch ohne Jahrzahl, Tag und Zeugen, aus einem Stuͤck von einem lateiniſchen Jnſtrumente, daß der neue Erzbiſchof Friedrich aus Mangel anderer Auswege ſich[und] ſein Erzſtift dem Koͤnig von Daͤn - nemark Erich dem VIIten auf folgende Bedingungen ergeben: Weil die Verfolgung, welche der Orden den Geiſtlichen anthue, in Semgallen, Valez und Gerze uner - ſetzlichen Schaden angerichtet, ſo ſuche der Erzbiſchof beim weltlichen Arm Huͤlfe, und uͤbertrage mit Genemhaltung der rigiſchen Buͤrgerſchaft dem Koͤnige das Recht zu den entledigten Guͤtern des Erſtifts die Perſonen vorzuſchlagen, welche vom Erz - biſchof die Lehne erhalten ſollen. Gleichergeſtalt verhaͤlt ſichs mit den Guͤtern, welche der Orden der Kirche abgedrungen, wenn ſie durch koͤnigliche oder erzbiſchoͤfliche Macht wieder ans Erzſtift gebracht werden. Die Stadt Riga und die geiſtlichen Guͤ - ter ſtehen des Koͤnigs Advocaten und ſeinen Maͤnnern allezeit offen, ohne deren Vor - wiſſen der Erzbiſchof mit ſeinen Feinden keinerley Vergleich eingehen wil. Dieſe Ur - kunde, worinne Friedrich den Ordensbruͤdern gewis keine Lobrede haͤlt, verdiente hier ganz uͤberſetzet zu werden, wenn nicht zwey Hauptumſtaͤnde den Jnhalt derſelben wankend machten. Einmal, daß von ſo vielen Urkunden, die wir von dieſem Erzbi - ſchof uͤbrig haben, nicht eine einzige mit der daͤniſchen Nachricht uͤbereinſtimt; und zweitens, daß Friedrich erſt von Bencdict dem XIten im erſten Jahr ſeiner paͤpſtli - chen Regierung zum Erzbiſchof ernennet worden. Denn ſo heiſt es in der 1303 am 19ten Maͤrz aus dem Lateran ergangenen paͤpſtlichen Beſtaͤtigung deſſelben: weil Bo - nifacius der IIXte den rigiſchen Erzbiſchof zur lundenſchen Kirche, den lunden - ſchen Erzbiſchof Johan aber zur rigiſchen Kirche berufen; letzterer aber dieſen Tauſch nicht antreten wollen, ſo uͤbertrage er dem Minoriten Bruder Friedrich das Erzſtift, und ermahne die rigiſche Kirche, ihn als ihren Vater und Seelenhirten ehr - erbietig aufzunehmen. Siehe auch Pontan, S. 391. Friedrich brachte es beim Papſt dahin, daß er den Orden vom Banne losſprach, wohin derſelbe ſo wol wegen Gefangennehmung des vorigen Erzbiſchofs, als wegen der Bedraͤngungen der Biſchoͤfe von Oeſel belegt worden. haben ſich dabey unter - ſchrieben.

Die eſtlaͤndiſche Ritterſchaft verſamlete ſich zu Weſenberg, wo ſie in einer Schrift mit 31 angehengten Siegeln an Erich den VIIten berichtet, daß ſie zwar Eſtland dem revelſchen Biſchof Heinrich zugeeignet, doch unter der Bedingung, daß es nie von der Krone Daͤnnemark veraͤuſſert werde.

1301
209

Drr Ordensmeiſter ſahe ſich gezwungen, die aufruͤhrigen Oeſeler zu demuͤ - thigen, welches der Biſchof fuͤr einen Eingrif in fremde Rechte anſahe. Gott - fried lies ſich daher von der Nothwendigkeit dieſes Krieges von etlichen Rittern und Hofleuten des Stifts Doͤrpt, wie auch von dem Ritter des Stifts Oeſel, Johan von Yxkul, ein Zeugnis ertheilen, womit er dem oͤſelſchen Biſchof Conrad den Mund ſtopfte, daß ſelbiger mit ſeiner Klage beim Papſt kein Ge - hoͤr fand. Conrad erhielt indeſſen keine ſonderliche Genugthuung, und am paͤpſtlichen Hofe war man gegen alles taub. Zuletzt ernante der Papſt Bene - dictus der XIte einen Minoritenmoͤnch, Namens Friedrich, einen gebornen1302 boͤmiſchen Bannerherrn, zum Erzbiſchof von Riga, welcher den Streit zwi - ſchen dem Orden und dem oͤſelſchen Biſchof beilegte. f)Damit wir mit den oeſelſchen Begebenheiten die Geſchichte nicht zu ſehr unterbrechen, ſo bemerken wir nur, daß dieſelbe kurz ſo zuſammen haͤngen: 1302 wiederrief der Biſchof Conrad auf Oeſel, ſeine Verbindungen gegen den Orden, und ſchwur auf das heilige Evangelium, demſelben gegen die Ruſſen und andre Feinde beizuſtehen. 1304 vereinigten ſich der Biſchof von Oeſel, der zu Doͤrpt, der Orden und des Koͤ - nigs von Daͤnnemark Hofleute in Harrien und Wirland. 1305 quitirt der Bi - ſchof den Orden wegen des geſamten Schadens, den er im letzten Kriege gelitten. 1320 beſchwert ſich der Biſchof bey dem Cardinal zu Rom, daß ein Ordensherr einen oͤſel -ſchen

Erich75Erzb. Friedrich. zur Zeit der Reg. Gottfr. v. Rogga.

Erich der VIIte belehnte ſeinen Bruder den Herzog Chriſtoph auf 61303 Jahr mit Eſtland, um ſolches vor den Unglaͤubigen unter koͤniglichem Beiſtand zu ſchuͤtzen, wogegen der Herzog verſpricht, ein getreuer Lehnsman zu ſeyn, und dem Koͤnig im Nothfal mit 50 bewehrten Leuten zu dienen.

Jm Maͤrzmonat verſamlete ſich der Meiſter, der Landmarſchal und alle Be -1304 fehlshaber des Ordens zu Doͤrpt, wobey ſich die daͤniſchen Vaſallen von der eſtlaͤndiſchen Ritterſchaft mit einfanden, und ſchloſſen dieſes ewige Buͤndnis, daß ſie keine daͤniſche Vaſallen abſpenſtig machen wolten, weil dieſelben noch vom Heidenthum her zu dieſer Krone gehoͤret, ingleichen daß keiner ohne den an - dern eine Verbindung errichten ſolte. Die Biſchoͤfe von Doͤrpt und Oeſel ſollen mit dem Ordensmeiſter den rigiſchen Erzbiſchof bereden, gemeinſchaftliche Sache zu machen. Welcher Ort nun zwiſchen der Duͤne und Narve ſich dieſem Bunde nicht unterwerfen wuͤrde, dem ſolle feindſelig begegnet werden. Wer das Land unter fremde Herrſchaft zu bringen trachtet, mit einem ſolchen wird als ei - nem Verraͤther umgegangen. Wenn obgemeldte Biſchoͤfe und der Orden mit den Ruſſen in Verdrieslichkeit gerathen, ſo giebt eine Commißion den Aus - ſchlag, worin 3 von Riga, 3 von Oeſel, 6 von Doͤrpt, 6 koͤnigliche Lehnsmaͤnner und 6 Ordensbruͤder ſitzen. Werden dieſe Verbundene unter ſich uneins, ſo thun 6 Commiſſarien von Doͤrpt und Oeſel, 6 koͤnigliche Lehns - maͤnner und 6 Ordensbruͤder den Ausſpruch, wobey es ſein Bewenden haben mus. Thut jemand den Ruſſen zu viel, und wil nach ſeinem Kopfe mit ihnen anbinden, der ſol ohne Beiſtand bleiben und ſeine Gefahr ſteheng)Pontanus S. 394 bemerket, daß der daͤniſche Stadthalter Johan Saxeſon uͤber das Verfahren der Herren Leo Orgies und Johan Waigithe ſich bey dem Koͤnig beſchweret, daß ſie als Lehnsmaͤnner ohne koͤnigliches Vorwiſſen ſich in dis Buͤndnis eingelaſſen. Huitfeld gehet in einigen Umſtaͤnden von uns ab..

Der lundenſche Erzbiſchof Jſarnus legte in dieſem Jahr die zwiſchen dem Orden und der Stadt noch obwaltenden Zwiſtigkeiten bey.

Der Erzbiſchof Friedrich aber beſtaͤtigte am 9ten October der letztern alle1305 Rechte und Freiheiten, insbeſondre das gothiſche Recht, nebſt der Befreiung vom Kampfſchlagen, vom Zol, vom gluͤenden Eiſen und den Strandungsko - ſten. Zum gothiſchen Rechte wird gerechnet, daß ſich die Buͤrger einen Stadtrichter wehlen, den erwehlten aber dem Erzbiſchof zur Jnveſtitur vorſtellen ſollen. Dieſer Stadtrichter entſcheidet alle weltliche Sachen, doch iſt kein ſtifti - ſcher Lehnsman an dieſes Gericht gebunden. Der Erzbiſchof behaͤlt die Muͤnzge - rechtigkeit, die Buͤrger hingegen ſind frey vom Zehnden und andern Abgaben. Alle die in die Stadt kommen, ſind des Buͤrgerrechts faͤhig, und mit der Dar - ſtellung des Stadtvogts wird es ſo genau nicht genommen. Unterſchrieben ſind: Bruder Bernhard, Unterprior der Predigermoͤnche, Bruder Johannes vonT 2Oeſel,f)ſchen Canonicus zu Riga in ſeines Vaters Hauſe erſchlagen habe, welche Klage auch weiter an den Papſt gelangte, in welcher der Entleibte ein Dumherr von Hapſall heiſ - ſet. 1324 hetzte der curiſche Biſchof den von Oeſel auf, mit dem Orden anzubinden, und verſprach in eigner Perſon nach Rom zu ziehen, das Verfahren des oͤſelſchen Biſchofs zu verantworten. 1328 verglich ſich der Orden mit dem Biſchof Jacob uͤber den vierten Theil von der Verlaſſenſchaft guter Maͤnner, die ohne Erben ſterben; der Biſchof giebt dem Orden dafuͤr 36 Hacken Landes und 30 Mark. 1365 richtete der Orden mit dem Biſchof eine Beliebung auf, was man fuͤr die Ueberfahrt uͤber beyde Sunde und Moon erlegen ſolle. 1441 muſte Johan Claſen, Dechant zu Doͤrpt und Oeſel, und beider Kirchen Domherr, jaͤhrlich 30 Mark verzinſen, zum Behuf der St. Johannis Baptiſtaͤ Vicarie. 1446 befahl Eugenius der IVte dem Orden, den Biſchof Johannes wider Ludolphen in den Beſitz der Kirche zu Oeſel zu ſetzen. Von dem ehmaligen Zuſtande der Stadt und des Schloſſes Arens - burg hat Simon Heinrici in ſeinem zu Roſtock 1634 in 4 gedruckten Buche, Ci - uis Chriſtianus, eine weitlaͤufige Beſchreibung hinterlaſſen, die wir aber nie zu Geſicht be - kommen koͤnnen.76Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,Oeſel, von eben dem Orden in Riga, Bruder Friedrich, Vicegardian der Minoriten in Riga, Bruder Johan von Pohlen, Leſer, Bruder Wen - ceslaus, Bruder Gerhard, ebenfals Minoriten. Herr Gerlach, Herr Lambert, Johan von Oſtinghuſen und Magiſter Marcus von St. Ger - mano.

1306
212

Als die Stadt den St. Juͤrgenshof zerſtoͤret, und in eine Strafe von 1000 Mark verfallen war, weil es bisher die ordensmeiſterliche Reſidenz geweſen; ſo erlegte ſie fuͤr allen Schaden uͤberhaupt 800 Mark, woruͤber ſie der Meiſter Gottfrid, ſein Marſchal Cono, und der wendenſche Comtur Albert, ge - nant Pladere, in der Octave Petri und Pauli voͤllig quitiret.

Der Biſchof Conrad von Oeſel hatte die rigiſchen Buͤrger zu Beſchu - tzern ſeiner nach Riga gefluͤchteten Leute und Guͤter beſtellet. Da aber ein ver - ungluͤcktes Schif auf den oͤſelſchen Kuͤſten wider den Freiheitsbrief keine Sicher - heit genos, ward die Stadt erbittert, nnd nahm was ihr im Weg kam, erſchlug auch einige Bedienten des Biſchofs. Doch das Jahr drauf ward zu Leal am Tage Philippi u. Jacobi die Sache verglichen. Beide Theile genieſſen in des an - dern Grenzen Sicherheit, und die Rigiſchen liefern die genommenen Pferde und Waffen zu Neuermuͤhlen oder Duͤnemuͤnde aus. Ueber den Todſchlag iſt der Erzbiſchof Richter. Als Mitler waren zugegen, Bruder Cuno von Ol - denborch, Comtur zu Leal, Bruder Ravo, daſiger Prieſter, Bruder Jo - han, genant Holſathen, Vogt in der Wyck, Herr Wal, Ritter, genant von Wranghel; Herr Gerlach, genant Reiſe, Herr Lambert, genant Seyme, Burgermeiſter der Stadt Riga.

Am 26 Maͤrz traten die eſtlaͤndiſchen Landraͤthe mit der Ritterſchaft zu - ſammen, machten eine naͤhere Landesordnung, deren Handhabung ſie auch be - ſchworen, und uͤbergaben ſie dem revelſchen Biſchof Heinrich zur Beſtaͤtigung, der ſie auch auf zwey Jahr bis zur koͤniglichen Genehmigung beſtaͤtigte. Die Namen derer, ſo dabey zugegen geweſen, ſind: Wolmar Roſen, Heinrich von Lode, Diedrich Thoys, Diedrich Kiwel, Bruno von Dolle, Ludolph Fahrensbach, Johan von Loͤwenwolde, Johan Uxkuͤl, Woldemar Wrangel, Johan Waigithe, Leo Orgies, Johan Wa - ckolt, Nicolaus Askerſon, Johan Weſenberg, Otto von Kiwel, Nicolaus von Haffwesforde, Odoard von Revel, Conrad Soͤge, Heinrich von Lechtes, Albert und Nicolaus von Dohlen.

Am St. Moriztage uͤbertrugen vorerwehnte Herren Landraͤthe und Rit - ter auf einem Landtage zu Weſenberg dem Biſchof Heinrich in des Koͤnigs Na - men ganz Eſtland. Der Biſchof ſandte die Reſignation dem Koͤnig zu, und legte die ſchoͤnen Zeugniſſe bey, worin der Adel des Biſchofs Treue und Eifer ge - gen den Koͤnig ungemein geruͤhmet hatte. Jnsbeſondre war mit ausbedungen worden, daß Eſtland auf keinerley Weiſe von Daͤnnemark veraͤuſſert werden ſolle. h)Auſer den vorigen erſchienen auf dieſem Landtage noch zur Unterſchrift: Herman von Lode, Odward von Dohlen, Friedrich von Wrangel, Peter von Huds, Jacob Fahrensbach, Berthold und Hans von Lechtes, Albrecht von Al - wen, Johann von Vorkel, Gottfried, Daniel und Hinrich Brakel, Wil - helm von Embach; Gerhard von Herke und Johan Tiſer, Ritter. Weil die daͤniſchen Schriftſteller uns viele von dieſen Namen verdorben, ſo haben wir ſie aus den beſten Abſchriften verbeſſert.

Der77Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.

Der vier und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens. Gerdt von Jocke. a)Dieſen Vornamen haben wir aus den Documenten geaͤndert, die ihn alle Gerdt, und auf lateiniſch Gerhardus nennen, wofuͤr unſre Chroniken Cordt und Conra - dus, ingleichen Bernhardt geleſen. Huitfeld ſchreibt von Jorke, Strubicz, Gotthard von Jorigk. Andre nennen ihn Joke. Spangenberg rechnet ihn nicht mit, und Chytraͤus getrauet ſich nicht den Zunamen zu melden. Die eine Handſchrift von Herrmeiſtern nennet ihn Cordt von Hocke, die andre Gerhard von Docke, noch andre, Cordt von Hacke, oder noch ſeltſamer, Gerdt von Doͤ - rigk. Oernhielm mus ein Blat in unſern Geſchichtſchreibern zu weit umgeſchlagen haben, wenn er im Leben des Pontus de la Gardie S. 81 ſchreibt, daß dieſer Con - rad bey Treiden erſchlagen worden, da dieſes doch ſeinen Vorfahren Bruno be - troffen.

Er erhielt unter der Anfuͤhrung des tapfern Conrad Keſſelhuts, Schatzmeiſters und nachmaligen Landmarſchals, eine ziemliche Verſtaͤrkung von preußiſchen Ordenstruppen, mit welchen er Plescow eroberte, und die Ruſſen zum Frieden noͤthigte. Hieauf gieng er dem Biſchof von Oeſel zu Leibe, und nahm im erſten Schrecken Hapſal, Lode, Leal und die ganze Wyck weg, weil die Litthauer als der Geiſtlichen Bundesgenoſſen nicht abkommen konten, indem ſie in Preuſſen alle Haͤnde vol zu thun hatten. Doch kam es bald zum Vergleich, und muſte die nach Riga entfuͤhrte Beute, oder der Werth derſelben, zu Neuermuͤhlen oder zu Duͤnemuͤnde wieder ausgeliefert werden.

Der Koͤnig von Daͤnnemark ſandte Johan Kanen nach Revel, unter1310 welchem die Mauren der Stadt auf der Nord - und Oſtſeite erweitert, erhoͤhet, und mit Thuͤrmen, Schanzen und Graben beveſtiget werden ſolten. Hierdurch kam das beruͤhmte Nonnenkloſter St. Michaelisb)Das Michaeliskloſter war Ciſtercienſerordens. Der vorgegebene alte Urſprung deſſelben aber iſt fabelhaft und von 1093 her unerweislich, indem derſelbe ſich weder mit der Zeitrechnung, noch der Thronfolge der daͤniſchen Koͤnige reimet, ob gleich Brandis es aus der letzten Aebtißin Munde gehoͤret, und die Privilegien ſelbſt gele - ſen zu haben vorgiebt. Er iſt deswegen vom Herrn Mannrichter von Lode widerlegt worden. Siehe den erſten Theil S. 18 in der Anmerkung. Die Namen der Aeb - tißinnen dieſes Kloſters hat uns der ehemals beim revelſchen Gymnaſio beruͤhmte Herr Profeſſor Jſaac Aulinus vom Anfange des 14ten Jahrhunderts her aus den alten Briefſchaften aufbehalen. Sie folgen in folgender Ordnung auf einander:Chriſtina 1310Margaretha von Bycke*)Wir legen dieſer Aebtißin zwey Jahrzahlen bey, weil es ungewis iſt, ob es auch eine und eben dieſelbe Perſon geweſen, die 1348 der Stadt beſcheiniget, daß ihr Kloſter kein Recht an den bey Revel gelegenen Jnſeln Nargoͤ, Wulfſoͤ und Carel, habe, indem ihr Zuname nicht ausge - druckt worden, welcher ſich in einem Verlasbrief der Kloſtermuͤhle an die Stadt befindet.*) 1348 und 1354Eliſabeth 1392Eliſabeth von Lechtis 1419Eliſabeth von Luggenhuſen 1433Adelheit Wacke 1484Margaretha Stakelberg 1486Eliſabeth Brinck 1497Sophia Schwarzhof 1513Eliſabeth Taube 1534Eliſabeth Zoͤge 1540 mit in den Bezirk der Stadt; die Nonnen aber erhielten Erlaubnis, ſo nahe an die Stadtmauer zu bauen, als ihr Grund gienge.

DerU78Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
1311
216

Der Erzbiſchof ertheilte der Stadt die Erlaubnis, die Pforte und alle Thuͤren auf dem Stiftshofe zu vermauren, und verbot den Domherren, kein Thor, kein Fenſter oder ſonſt eine Oefnung in die Mauer zu brechen, weil es die Stadt - mauer ſey; widrigenfals waͤre die Stadt berechtiget, ſolche ungehindert zuzumau - ren. Riga vom 15 Dec. *)Dieſe lebte noch 1618 und ſtarb vor 1629. Johan Koch nent ſie in ſeinem Hausbuche ſeine leibliche Mutterſchweſter.

1313
217

Das Kapitel, der Erzvoigt und die Burgemeiſter zu Riga trafen einen Vergleich wegen der eine Zeitlang verſchloſſen gehaltenen Kapitelpforte. Die Schluͤſſel werden den Herren Burgemeiſtern eingehaͤndiget, doch ſo, daß im Nothfal das Kapitel ſelbige gebrauchen koͤnne. Wenn auf erforderndem Fal an - dre Stadtthore zu verſchlieſſen ſind, und das Kapitel zaudert, ſo koͤnnen die Bur - gemeiſter auch dieſe Kapitelpforte ſchlieſſen.

Nachdem der koͤnigliche Stadthalter zu Revel, Johan Waigithe in Un - gnade gefallen, und deſſen Nachfolger Age Saxeſon entweder geſtorben oder nach Hauſe gezogen war; ſo kam Heinrich Pernawer zur revelſchen Stadt -hal -b)Gerdrut Maydell 1554Gerdrut Zoͤge 1568Eliſabeth Lode 1580Catharina Kudlen oder Kudling**)Nach dieſer Zeit verſchwindet der Erzbiſchof Friedrich in den oͤffentlichen Urkunden, woraus unſre Geſchichtſchreiber unrichtig folgern, daß er gar nicht nach Liefland gekommen, ſondern ſich in Rom und Avignon aufgehalten habe. Die Stadt Riga muſte jetzo beide Augen aufthun, um in ihren Rechten weder von der Cleriſey noch dem Orden beeintraͤchtiget zu werden. Es kamen aber oft Leute von Anſehen in dieſem Gedraͤnge um, weswegen die Stadt ſich zu mancher Genug - thuung verſtehen muſte. So befriedigte ſie z. E. 1311 Johan Kallen, damit er ſeines Bruders Tod nicht raͤchen moͤchte, 1314 die Buͤrger aus Wenden, wegen der in letzten Kriege abgenom - menen Guͤter, die aber den Vergleich nicht annahmen; 1315 Holken v. Buxthoͤvoͤden zu Doͤrpt, damit er den des Todes ſeiner Anverwandten halber gegen die Stadt gefaſten Widerwillen fah - ren laſſen moͤchte; 1317 den duͤnemuͤndiſchen Comtur Rycholph Wackerbarth, um ſeines erſchlagenen Bruders und Vetters nicht mehr zu gedenken; 1317 die ſchwediſchen Herzoge Erich und Waldemar, um ihren Grol gegen die Buͤrgerſchaft aus aufrichtigem Herzen zu vergeſſen; 1319 Johan von Buxthoͤveden, um den Tod ſeiner Freunde und andrer zu Riga erſchlagenen nicht weiter zu ruͤgen. Dieſer letzte Vergleich wuͤrde am Tage Vitus zu Leal durch Vermittelung des oͤſelſchen Biſchofs Harthung geſchloſſen, kam aber der Stadt am theuerſten, weil ſie zum Heil ſo vieler Erſchlagenen viele Unkoſten beſtreiten muſte; Die Namen der Getoͤdteten machen ein ganz Regiſter aus, davon die erſten mit dem Herrn Johan von Buxthoͤveden ſo wol als mit dem Biſchof Conrad verwandt waren, nemlich Herr Wedekind, ehmaliger Probſt zu Ri - ga und Herr Henrich von Luͤbeke, daſige Domherren; Mauritius von Hude, Heinrich Greve, (Comes) Heinrich des Caͤmmerer Ludolphs Sohn, Johann Wackerbart, Mat - thias, Moͤnch, (Monachus) Hyl. von Braunſchweig, Hyl. genant Sigteich, Marguard Weis, (Albus) Heinrich von St. Egidien; Ludwig von Riga; Johan, genant Beſeworm; Johan von Luͤbeke, Morizens Diener, Heinrich von Konde, Arnold Koch, (Coqus) Mondewaſt von Aarhos, Herdar und Ludekin Schweſterſoͤhne des Bruder, Harders, und Hennikin genant durch den Buſch. Fuͤr die Seelen dieſer Erſchlagenen muſte die Stadt eine Vicarie in der Domkirche St. Johannis auf Oeſel ſtiften, und dazu von den Lehnguͤtern des Herrn Johan von Buxthoͤveden, nemlich vom Dorfe Kauniver 8 Hacken, und von Sallaver 4 Hacken erkaufen. Jn der Kirche, worunter die Mordthat geſchehen, wie auch bey den Majoriten und Minoriten ſol die Stadt 3 Altaͤre erwehlen, woran taͤglich Meſſe gehalten wird. Auch mus ſie ein Jahr lang in allen Kloͤſtern zwiſchen der Duͤne und Narwe, auf Gothland und Wisby, zu Bremen, Stade, Hamburg, Luͤbeck, Wismar, Roſtock, Stralſund und Greifswalde, von Michaelis an 1000 Meſſen und 1000 Seelmeſſen halten laſſen, daneben noch am Johannestage in allen ihren Kirchen einen Sarg mit den Leichentuͤ - chern, als wenn die Leichen gegenwaͤrtig waͤren, hinſtellen, und ihnen mit Vigilien und Meſſen unter dem Gelaͤute der Glocken Ehre anthun. Mit unterſiegelt haben Johan Wachholt, Heinrich von Northen. Buͤrgen waren Wolmer von Wrangel, Nicolai Aſſeri Sohn; Kerſten von Scherenbeke, Bartholomaͤus von Vellyn, und die Burgemeiſter von Doͤrpt, Gerhard von Mynden und Weſſel Schilling. Zeugen ſind angefuͤhret, Conrad von Luͤbe - ke, Heinrich Jagemann, Domherren zu Oeſel, Herr Allexius, Ritter, Johan von Ru - den, Vogt des oͤſelſchen Biſchofs, und Herrman ſein Kaͤmmerer.**). 1598Nach beigelegten Zwiſtigkeiten, welche ſich uͤber dis Kloſter zwiſchen der Ritter - ſchaft und der Stadt entſponnen hatten, legte der Koͤnig Guſtav Adolph 1631 das beruͤhmte Gymnaſium von 4 Profeſſoren an, wobey M. Sigismundus Evenius der erſte Rector geworden, dem M. Pet. Gottſchenius gefolget, welchen Herr Kelch aus Verſehen den erſten nennet.79Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke. halterſchaft. Jhm wird die Verordnung mit zugeſchrieben, daß, wenn ein an -1313 beerbter ſeine Guͤter verkaufe, um anderwerts ſich nieder zu laſſen, unterdeſſen aber vom Tode uͤbereilet werde, der Kaufſchilling an den koͤniglichen Fiſcus ver - fallen ſeyn ſolle.

Am Tage Viti und Modeſti nahm der Koͤnig mit dem Ordensmeiſter die1314 Verabredung, daß die Grenzſtreitigkeiten zwiſchen den koͤniglichen und Ordens - unterthanen durch den revelſchen Befehlshaber, vermittelſt drey koͤniglicher Lehnsmaͤnner und vier Ordensbruͤder, entſchieden werden ſolten. Bey der Ge - legenheit erhielt die harriſche Ritterſchaft die Beſtaͤtigung ihrer Briefſchaften, und die Cleriſey auf ihre angebrachte Klage den Troſt, daß ihr jeder den Zehenden nach dem alten groͤſſern Maas entrichten muͤſſe, wer nicht als ein Verfaͤlſcher des Maaſſes beſtrafet ſeyn wolte. Ueber das letzte ward drey Tage vor Matthaͤi zu Stenloß ein eigener Befehl ausgefertiget.

Der Koͤnig Erich der VIIte beſtaͤtigte der revelſchen Buͤrgerſchaft ihre1315 Freiheiten, die ſie Zeit ſeiner Minderjaͤhrigkeit erhalten, und vergab ihnen alle Beleidigungen. Nur die Stadtmauren ſolten, im Fal ſie dem Schloſſe nachtheilig fielen, eingeriſſen werden. Waldemars des IIten Ritterrechte fuͤr das Herzogthum Eſtland wurden gleichfals wohl verbeſſert.

Papſt Johannes der XXIIte zu Avignon, machte die Erzbiſchoͤfe von1316 Coͤln und Magdeburg, nebſt dem Biſchof zu Utrecht, zu Beſchirmern des deutſchen Ordens in Liefland. Die Schirmherren koͤnnen den weltlichen Arm gegen die Beleidiger des Ordens zu Huͤlfe rufen, ohne ſich an Bonifacius des IIXten Bulle zu kehren. d)Der Ciſtercienſerorden in Liefland, erhielt vom Papſt Alexander dem IVten herr - liche Freiheiten. Jn Duͤnemuͤnde hatten ſie ihre erſte Abtey. Als dieſe Moͤnche ſich mehr ausbreiteten, kauften ſie ſich das Gut Padis, und legten daſelbſt 1254 eine Kapelle an. Den Bruͤdern des Ritterordens, ja ſelbſt den Geiſtlichen Anguſtiner - ordens, fiel dieſer Anwachs ungelegen; ſie ſuchten daher die Ciſtercienſer beim Papſt heslich anzuſchwaͤrzen, gegen welche Verleumdungen ſich Gregorius der Xte ihrer annimt, und ihre Vorrechte vermehret. Der Biſchof zu Revel, Johan, machte der Zaͤnkereyen, welche die Moͤnche zu Duͤnemuͤnde mit ſeinem Vorfaͤhren Thurgot gehabt, ein Ende, und ſchlug 1281 am 23ten Maͤrz die Kapelle Padis zu der Mutterkirche zu Hertele, woran aber die Ciſtercienſer ungern giengen. Sie wieſen einen Freibrief von Jnnocentius dem IVten auf, den derſelbe im 11ten Jahr ſeiner Regierung ertheilet, und in welchem alle Aebte und Mitaͤbte des Ciſtercienſer - ordens vor dem Bann aller Praͤlaten geſichert werden; welchen Johan, Biſchof zu Luͤbeck, am 27ten Maͤrz 1275 zu Reinfeld transſumiret hatte. Der revelſche Com - tur, Bruder Heinrich von Appenhus, machte 1276 eine neue Grenzbeſtimmung, auf den Fus, wie ſie der koͤnigliche Stathalter Saxe 1257 eingerichtet, weil Heinrich von Kiwel und ſeine Leute auf Atle der Fiſcherey wegen mit ihnen in Streit geriethen. Der Biſchof Thiederich von Revel ſprach 1250 auf des revelſchen Hanptmans Sa - xens Forderung die Muͤhle Sagentaken dem duͤnemuͤndiſchen Abt Conrad zu, doch mit dem Vorbehalt, daß die Bauren am Bach Sagentake und die von Voſeke nach dem alten Herkommeu freie Fiſchwehren ſetzen koͤnnen, welche Abtretung der Comtur zu Witten ſtein, Bruder Reymer 1314 beſtaͤtigte, wie aus dem Transſumt erhellet, ſo der Comtur Helmich Depenbrock und der Prior der Predigermoͤnche zu Revel, Heinrich, 1364 ausgeſtellet. Der Ordensmeiſter Jocke und Arnold von Vietinghoff beſchenkten das Kloſter mit gewiſſen Doͤrfern: 1345 verkaufte es ſeine Jnſel Daghoe: 1389 wur - den ſeine Grenzen auf der Weſtſeite bis mitten in den Bach Sagentake beſtimmet, dahingegen

Der Koͤnig von Daͤnnemark Erich der VIIte, erlaubte am fuͤnften Ta -1317 ge nach Trinitatis dem Abt und Convent zu Stolpe, das Ciſtercienſerklo - ſter Padisc)Man hat dieſen Brief in einem Transſumt des Erzbiſchofs Friedrichs zu Coͤln, in welchem er zu Gudberg vom 23ten Auguſt 1386 unterſchrieben iſt. Der Erzbiſchof entſchuldigte ſich damals mit ſeinen vielen Geſchaͤften, und uͤbertrug das Amt ſeinen Herren Gehuͤlfen. Es wurde auch den Biſchoͤfen von Wermeland und Havelberg, ingleichen dem Propſt zu Grypswalde, caminiſcher Dioͤces, davon Bericht ertheilet. in Eſtland, GOtt und der heiligen Jungfrau zu Ehren vonU 2Stei -80Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1317Steinen aufzufuͤhren. Die Mauren ſollen 4 Ellen hoch und dicke ſeyn. Der Abt kan mit den Nonnen zu Leal 30 Hacken Land, die ihm gelegener fallen, um - tauſchen, ſol aber die paͤpſtliche Beſtaͤtigung deshalb einholen. Jm Fal das Kloſter dem Lande Eintrag thut, mus ſelbiges an die Krone wieder zuruͤck fallen. Die Aebte des Kloſters Johan, Michel und Juͤrgen, ſchwuren dem revel - ſchen Biſchof Nicolaus den Eid der Unterthaͤnigkeit, welchen Huitfeld S. 396 und Pontan S. 419 lateiniſch liefern. e)Sonſt faͤlt in dieſe drey Jahr von 1315 bis 1317 die ſtarke Peſt und Hungersnoth in Liefland, wovon unſre Geſchichtſchreiber die Nachrichten aus des danziget Secre - tairs, Herr Caſpar Schuͤtzens preußiſcher Chronik entlehnen. Jn dem jerwi - ſchen Dorfe Pugger wolte ein Kerl ſeinen leiblichen Vater auffreſſen, den man des - wegen hart am Leben ſtrafte. Das Getreide ſchlug nachher ab von 18 zu 3 Mark. Hier wuͤrde uns Menius in ſeiner groſſen Hiſtorie ein paar hundert unnatuͤrliche Spei - ſen beſchrieben haben, wie er bey den Jahren 1601 und 1602 zu thun verſprochen, da -fern

Er
d)hingegen die Grenzen gegen Oſten dem Biſchof zugeſprochen werden. 1478 Freitags nach Allerheiligen verhandelte Hinrich von Braseck ſein halbes Schlos Caſti an den Abt Erdman mit dem ganzen Hofe Raykuͤl im Kirchſpiel Merjema vor 9500 Mark rigiſch, Goswin von Doͤnhof aber verpfaͤndet das ganze Dorf zu Rappel und das ganze Dorf zu Hole, im Kirchſpiel zu Rappel, dem Kloſter um 44 Mark rigiſch. 1488 nahm der Orden, bey dem damaligen Lermen mit den Biſchoͤfen, das Kloſter ein, und trat es das Jahr drauf wieder ab. 1499 verglich ſich der Abt Michael mit dem Abt Jo - han in Revel, und dieſer letzte verſpricht das Licht auf dem Domhofe nicht zu verbauen, wobey Herr. Diedrich Hagen, Herr Johan Gruther, Rathmaͤnner, Herman Ha - gen, Lambert Oetting, Mitbuͤrger, als Zeugen angefuͤhret ſtehen. 1504 beſchenkte der Abt Gisbert das Kloſter mit drey Haͤuptern von den 11000 Jungfrauen. 1543 bekam es von dem revelſchen Comtur die Freiheit, ſeine Verbrecher durch eigne Unterſaſſen zu rich - ten, weil bisher manche entronnen, ehe man die weltlichen Richter verſchreiben koͤnnen. 1545 bevolmaͤchtigte es Hinrich Boſemannen und Johan Volckerſamen in Revel, die ausſtehenden Schulden einzufordern. 1554 ſtrandete ein Schif von Enkhuyſen, deſſen Guͤter der Abt bergen lies, wofuͤr er von den Rhedern in Revel 5 Laſt Salz bekam, und ein Zeugnis empfing, daß er der Eignerin des Schifs, einer Witwe, kein Unrecht gethan. Auſſer dem, was ſonſt von dieſem Kloſter angefuͤhret worden, be - merken wir noch die demſelben vorgeſetzten Aebte, ſo viel ſich in den Urkunden haben finden wollen. Die erſtern wohnten noch in Duͤnemuͤnde, unter welchen 1250 ein Conrad vorkomt. Sie hielten in Padis nur einen Prior, der aber wie die nachmali - gen Aebte jederzeit unter der revelſchen Dioͤces ſtand. Die eigentlichen Aebte von Padis ſind folgende:
  • 1320 Johannes
  • 1341 Nicolaus
  • 1364 Nicol. Riſebyter
  • 1383 Bertholdus
  • 1393 Johan
  • 1428 Georg
  • 1448 Johann Greves
  • 1478 Erdman
  • 1499 Michael
  • 1502 Nicolaus
  • 1504 Gisbert
  • 1525 Eberhard Sanenſchein
    *)Fuͤr Sanenſchein leſen einige unrichtig Sauenſchein. Man findet auch Suͤnnenſchyn. Das Wapen iſt eine ſtralende Sonne.
    *)
  • 1547 Ludwig Duchſcherer
  • Anton Dreyer, ſonſt Tor - neator.
  • 1554 Georg Conradi.
Es gehoͤret demnach mit unter die fabelhaften Erzehlungen, wenn Huitfeld S. 220 beim Jahr 1248 uns eine Erſcheinung meldet, die dem Koͤnig bey ſeinem Aufenthalt in Eſtland wiederfahren ſeyn ſol. Der heilige Wenceslaus trat vor den ſchlummernden Koͤnig hin, und prophezeiete ihm den Maͤrterertod; welchen Betrug nach ſeinem und Pontans Zeugnis ein liſtiger Moͤnch ſpielte. Hiedurch kam der Koͤ - nig auf andre Gedanken, gab die Zuruͤſtungen gegen die Ruſſen auf, und befahl das Kloſter Padis zu bauen. Wir wiſſen nun aus den Documenten die Anlegung dieſes Kloſters durch die Ciſtercienſer von Duͤnemuͤnde richtiger. Da dieſes Kloſter noth - wendig viel Honig und Fiſche brauchte, ſo hat es mit ſeinen Nachbarn, ſonderlich mit einem Heinrich von Kiwel viel Grenzſtreitigkeiten angefangen. Die Gurguſtia oder Fiſchwehren, deren Weite im Strom nach Faden (filum) beſtimmet werden, und die arbores melligerae ſind in dieſen Zaͤnkereien immer das Hauptſtuͤck.
d)81Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.

Er ſchrieb auch an die Ordensherren nach Liefland, ſie moͤchten in ihren1318 Zaͤnkereien mit dem Erzbiſchof nicht ſo weit gehen, daß Eſtland davon Scha - den haͤtte. Sonſt nahmen viele eſtlaͤndiſche Herren zu Coldingen ihre Erb - guͤter von ihm zu Lehen, nemlich: Engelbrecht, Wolmar, Niclas und Thile von Dolen, Johan von Weſenberg, Gottſchalck Preen, Hincko Raliken, Simon Nilsſon, Floͤrike und Henrich Balcke, Gott - ſchalck Capelle, Adeke Hansſon, Henrich von Aruſel, Johan Goͤdi - cke von Oerzen, Luder von Brunswich, Lambert Birckhahn, Hen - rich Witte, Wolmer, Niclas und Helmold von Lode, Conrad Soͤ - ge, Wilhelm Fahrensbach, Gerdt Hohenbeck, Otto Roſen, Her - man Orgies, Thile von Kiwele, Otto Bikishovde, Bertram und Conrad Fahrensbach, Johan Orgies, Thile Mekis, Johan Hah - ne, Evert Mekis, Thile Valderſen, Henrich Lechtis, Thile Thoys, Uldelempe von Guldene, nebſt den Herren von Luͤdinghauſen, Vorkele, Hildenſen, Risbyten, Racheln, Sorſevere, Pekelen, Wacke, As - ſen, Tanckes, Nattemuͤhlen, Alven, Roſenheim, von Moer, und Wolmer von Dolen.

Eben dieſer Koͤnig legte den Grund zu einem Gymnaſio der Stadt Revel,1319 ſchafte die Winkelſchulen ab, und befahl den Einwohnern bey Strafe von 10 Mark Silber, ihre Kinder in keine andre Schule zu ſchicken; welche Strafgel - der innerhalb 14 Tagen erleget werden muſten, nemlich 4 Mark zum Schlos - 3 Mark zum Kirchen - und 3 Mark zum Maurenbau, uͤber welche Verordnung der Biſchof, der Statthalter und der geſamte Magiſtrat halten ſolten.

Die ſchwediſche Herzogin Jngeburg, Herzog Erichs Witwe, ſprach1320 in ihrem, des Reichs und ihres Sohnes Magni, Koͤnigs von Schweden und Norwegen, Namen die rigiſchen Buͤrger, weil ſie mit Korn bezahlet, von Lieferung des Pelzwerks frey, welches ſie ihrem ſeligen Gemahl dem Herzog Erich zu liefern ſich verbindlich gemacht. Bagenhuus, 4 Tage nach Mi - chaelis. Der oͤſelſche Biſchof Hartwig und ſeine Canonici ſchickten ihren Scholaren Gottfried von Memel an den Papſt, um von dem Orden fuͤr allen erlittenen Schaden Genugthuung zu fordern. Die Volmacht, welche die bitterſten Klagen, wiewol nur in algemeinen Ausdruͤcken, enthaͤlt, iſt unter - zeichnet in der dritten Jndiction, am 23 Auguſt, zu Hapſal (Hapizalis). Hingegen erwies er den Ciſtercienſern zu Padis deſto mehr Liebe, und ver - ehrte ihnen, zum Bau ihres Kloſters, die Doͤrfer | Karrinemme und Metzen - kuͤlle, wofuͤr er kuͤnftig als der Stifter des Orts angeſehen ſeyn wil. Er ver - kaufte ihnen zugleich die Doͤrfer Normes, Tragereverre, Wattele und Ho - veſelle, die alle, wie die vorigen, im lealſchen Gebiete liegen, und zwar um 500 Mark rigiſches Silbers. Beſchloſſen zu Duͤnemuͤnde, am Sabbath in der Octave der Himmelfart Chriſti.

Der Koͤnig in Daͤnnemark, Chriſtoph der IIte, beſchied die edlen1321 Maͤnner, Ritter und Wapener in Eſtland, durch ihre Abgeordnete, Herrn Friedrich von Wrangel, Karſten von Scharenberg, Johan von Saſ - ſure und Bartholomaͤus von Vellyn, innerhalb Jahr und Tag das Lehn auf ihre Guͤter zu ſuchen, es waͤre denn, daß der Ruſſen Einfal ihre Reiſe hin - derte. Wartinsborg, Dienſtags in Pfingſten. Doch die eſtlaͤndiſche Rit - terſchaft ward dieſer weiten Reiſe uͤberhoben, indem der Koͤnig ganz Eſtland mit allen Staͤdten und Schloͤſſern dem Herzog von Halland und Samſoe,XNa -ferne ers mit ſeinen Pralereien haͤtte ins Werk richten koͤnnen. Von einem harten Winter ſchreibt Cranz beim Jahre 1322, daß die gefrorne Oſtſee 7 Wochen lang von Deutſchland nach Duͤnemuͤnde und Preuſſen mit Schlitten habe befahren werden koͤnnen, und man auf dem Eiſe ordentliche Wirthshaͤuſer, zur Bequemlichkeit der Reiſenden, angeleget habe. Peter von Duisburg ſchreibt, alle Obſtbaͤume in Liefland und Preuſſen ſeyn erfroren, und man habe den Feldzug wider die Lit - thauer einſtellen muͤſſen.82Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1321Namens Cnutf)Dieſes iſt ein denkwuͤrdiger Umſtand, daß Eſtland einen eignen Herzog erhalten ſolte. Wir kennen dieſen Cnut Porſe aus den daͤniſchen Geſchichtſchreibern; und er war weiter nichts als ein bloſſer Edelmann ans Halland, welchen der Koͤnig um ſeiner Verdienſte willen, wie es hies, zum Herzog machte, und ihm das ſuͤdliche Halland, die Jnſel Samſoe und das Amt Holbeck ſchenkte. Er lies ſich gegen Chriſtophern in eine Verſchwoͤrung ein, jagte den Prinz Erich aus dem Lande, und drohete auch den Koͤnig vom Thron zu ſtoſſen. Woldemar ſchenkte ihm das nordliche Hal - land nebſt Callenburg darzu, unter der Bedingung, wenn ſein Bruder Graf Ger - hard von Holſtein dieſe Schenkung genehmigte. Porſe hatte des Koͤnigs Magni in Schweden und Norwegen Mutter zur Ehe, konte ſich aber mit Magno nicht vertragen. Er ſtarb 1330, und hinterlies 2 Soͤhne, Canut und Haquin, die ih - rem Vater bald im Tode folgten. Bey denen damaligen Unruhen in Daͤnnemark blieb er immer das Haupt einer anſehnlichen Partey, und ſcheinet ſich um Eſtland wenig bekuͤmmert zu haben. So ſchwer wir dran gehen, deutſche Schriften mit la - teiniſchen Brocken auszuputzen, ſo koͤnnen wir uns doch nicht enthalten, bey dem Stilſchweigen der Daͤnen, und wegen der Seltenheit dieſer Nachricht die ganze Ceſ - ſionsacte anzufuͤhren. Donatio Chriſtophori Regis Danorum cuidam Principi Hallandiae facta ſuper terra Eſthoniae et Reualiae Ao. 1321. CHRISTOPHORVS DEI gratia Danorum Sclauorumque Rex, omnibus praeſens ſcri - ptum cernentibus ſalutem in Domino IESV CHRISTO. Tenore praeſentium conſtare volumus vniuerſis praeſentibus et futuris, quod Anno Domini Milleſimo trecenteſimo XX primo, Ringſtad in die beati Martini Epiſcopi inter nos et liberos noſtros vna parte ac principem nobilem D. Canutum, Ducem Hallandiae et Samſoe, liberos ſuos, Conſanguineos et fautores ex altera, ſub ſufficienti literarum et pro - miſſionum cautione, in modum, qui ſequitur, placitatum exſtitit, et quidem ita, quod omnes exceſſus, rancores, inimicitiae et diſſenſionum materiae quaecunque inter ipſos in praeſentem diem ventilati, ſint in perpetuum annihilati, ex corde no - ſtro radicitus exſtirpati, nec vnquam ad vindictam de caetero reducendi. Nos in - terim praelibati Rex Chriſtophorus et liberi noſtri. ex vnanimi conſilio noſtro et aſ - ſenſu, ipſi Domino Duci Canuto, et haeredibus ſuis poſt ipſum, Ducatum Eſthoniae, prout eum vnquam liberius a Corona Regni noſtri poſſedimus, cum omnibus et ſin - gulis Caſtris, munitionibus, Ciuitatibus, villis forenſibus, Reualia, Waeſenbaergh et Narua ac omnibus aliis Regalibus, bonis, cauſis, libertatibus et juribus ibidem emergentibus, donamus ac omni jure feudali asſignamus perpetuis futuris tempori - bus poſſidendum ipſi, quod et haeredes ſuos poſt ipſum in corporalem poſſeſſionem ipſius Ducatus Eſthoniae, jurium ſuorum et omnium bonorum praedictorum ex par - te noſtra et liberorum noſtrorum introducimus, transferentes in eosdem plenum proprietatis Ius et poſſeſſionis dominium, ipſum Ducatum cum adiacentiis ſuis omni - bus, ab impetitione omnium diſ brigatum,*)Disbrigare, inclinatae latinitatis vocabulum, eſt ab inſidiis liberare. Briga enim ſpeculatorum inſidias notat. Conf. Hartknochium ad ſupplem. incerti auctoris not. d) p. 445. liberrime retinendi, ablata a nobis et liberis noſtris penitus omni facultate et poſſe, ipſum Ducatum cum Attinentiis ſuis prius dictis a dicto Domino Duce Canuto et haeredibus ſuis nullo vnquam adinventio - nis ingenio reuocandi. In ſuper obligamus nos et omnes liberos noſtros ad mandandum et informandum finaliter omnes et ſingulos ipſius Ducatus incolas, vt dicto Domino Duci Canuto et haeredibus fuis ſincerae fidelitatis homagium faciant, reddituri ſe ipſi tanquam vero ſuo Principi et Domino obſequioſos et benignos ad ſtandum ſuis per omnia requiſitionibus et mandatis. Promittimus inſuper bona fide media, quod di - lectus et fidelis nobis Dominus Henricus, dictus ſpecialiter miles, ipſi Domino Duci Canuto vel haeredibus ſuis, ſeu ipſorum certis Nuntiis praenotatum Ducatum Eſtho - nienſem cum dictis adiacentiis ſuis infra proximum feſtum Pentecoſtes libere reſigna - bit tam ex parte noſtra quam noſtrorum liberorum. Contingente autem, quod idem dominus Henricus in reſignando ipſum Ducatum Eſthoniae eo forſan tempore ineuitabilibus praepedimentis impediatur, ex tunc ſaepedictis Domino Duci Canuto et haeredibus ſuis ſeu ipſorum certis nuntiis praenominatum Ducatum Eſthoniae in -fra in einem feierlichen offenen Briefe, als ein freiwilliges Ge - ſchenk uͤbertrug. Geſchehen zu Ringſtadt am Martinstage.

Die83Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.

Die Litthauer ſtreiften bis Eſtland, und erſchlugen im Biſtum Doͤrpt1322 5000 Chriſten, und ſchlepten auch viele als Gefangene mit. g)So heiſts beim Duisburger S. 393. Alexander Guagnini meldet S. 317 die Begebenheit, daß der litthauiſche Hauptman, David, vom Schloſſe Gardin in dem haͤrteſten Winter bis Revel geſtreifet, die Kirchen eingeaͤſchert, die heiligen Ge - faͤſſe entfuͤhret, und nach dieſer fetten Beute mit 6000 Gefangenen den Ruͤckweg ge - nommen habe. Schuͤtze wil, daß der Orden indeſſen in Litthauen Reprefſalien gebraucht, die Feſtung Gardin zerſtoͤret, 38 Gefangene, 100 Pferde, viel Vieh und alle Koſtbarkeiten, die in vielen Jahren aus Liefland und Preuſſen nach Litthauen geſchleppet worden, wieder erbeutet, der grimmigen Kaͤlte wegen aber eine weitere Verwuͤſtung unterlaſſen, womit Peter von Duisburg uͤbereinſtimmet. An dieſem Unheil ſol der Erzbiſchof mit ſeiner Cleriſey Schuld geweſen ſeyn, wie die Ordensher - ren bezeugen, auch dem Papſt daruͤber die Briefe des Erzbiſchofs und der Rigiſchen an den litthauiſchen Feldherrn vorgewieſen haben ſollen. Es iſt uͤbrigens ſehr unwar - ſcheinlich, was die daͤniſchen Geſchichtſchreiber melden, daß der Orden aus Furcht fuͤr den Litthauern ſich in den Schutz des Koͤnigs von Daͤnnemark begeben, da doch nur die eſtlaͤndiſche Ritterſchaft dem Koͤnig eine gewiſſe Summe zur Erhaltung groͤſſerer Privilegien zugeſtanden.

Der koͤnigliche Stadthalter Johan Kanna in Revel, verſprach, auf be -1323 ſondern Befehl des Koͤnigs in Daͤnnemark, allen, die nach Nogarden han - deln wuͤrden, voͤllige Sicherheit, ſo lange die nogardiſchen Buͤrger mit den Chriſten Freundſchaft halten wuͤrden. Die Schifbruͤchigen koͤnnen ihre Guͤter in des Koͤnigs Land in Sicherheit bringen. Am Tage Mariaͤ Geburt.

X 2Der
f)fra proximum et immediate ſubſequens feſtum natiuitatis beati Iohannis Baptiſtæ ſine omni impedimento et dilatione vlteriori faciemus finaliter aſſignari. Caeterum etiam nos fide media per praeſentes aſtringimus, quod, poſtquam vltra paſſagium Belteſund, ſcilicet in Feonia et Iutia in Regem recepti fuerimus, et ibidem pro Rege et Domino reputati, praedicto domino Duci Canuto et ſuis haeredibus, pro praemiſ - ſis omnibus et ſingulis, quae inter nos et ipſos placitata ſunt, inuiolabiliter obſeruan - dis, cautionem conſimilem ſub ſigillis Dominorum Archiepiſcopi et aliorum Epiſco - porum omnium et ſuorum Capitulorum infra*)Hac particula medii aeui ſcriptores mirum in modum delectantur, et pro intra adhibere ſo - lent. Quae obſeruatio facere videtur ad an. 1214 §. 6, tom. I. Ad annum 1217 τὸ ſuper pro ad ſeculum ſapit, et quemadmodum Galli Francfort ſur l oder, ſic monachi Curia ſa - cerdotis ſuper Raupam dicunt. Caterizare non eſt catechizare, ſed a ϰαϑαϱίζω deriuandum, quod denotat ex vſu eccleſiaſtico, aqua luſtrali adſpergere, qui ritus Ruſſis eſt ſolemnis ma - xime. Cubbeſele idem quod Pagus Cauponis et Wiſſewald late - regem ruſſice ſignificant. Sele Ruſſis pagus dicitur. Nagg, vnde Nagatae, vnguis digitorum eſt, qua forma Ruſſo - rum nummi minores gaudent. Lettgalli dicuntur Letti in finibus Lettiae colentes. Ruſſi Daniam et hodie Daciam adpellitant. Haec leui brachio in gratiam lectoris latini tetigimus. Regnum Daciae, nec non et ſub ſigillis quadraginta nobilium noſtrorum, viginti videlicet a parte occidentali Belteſund, ſcilicet in Feonia et Iutia, et viginti a parte orientali, ſcilicet in Schania commorantium et Siaelandia ſine omni contradictione debeamus procurare. Vt autem omnia et ſingula praedicta huic praeſenti placitationi inſerta robnr habeant firmitatis, nec in aliquo futuris temporibus videantur diminuta, non ſolum Nos, verum etiam magnificos prin - cipes et dominos, milites etiam et armigeros infra ſcriptos per praeſentes firmiſſime obligamus, videlicet Ericum et Ottonem, filios noſtros dilectos, Iohannem et Heni - chinum dominos de Werle, fratrem noſtrum Iohannem comitem Holtſatiae et Storma - riae, Albertum Domicellum Magnopolenſem, Henricum Moltozan, Thetluum de Bo - kuald, Pinechinum de Vonsflet, Nicolaum de Sanſou, Henricum Mordare, Heyne de Retſow, Conradum Moltike, Ficconem de Lobecke, Hermannum de Cremmin, Henricum Nortmann, Vipertum Lutſoghu, Hinricum de Barnaecowe, Iohannem de Plaeſſe, Marquardum Stacke, Marquardum, Henricum et Nicolaum de Brochthorp, milites, Conradum Preen, Ficonem Moltike, Nicolaum de Lobeke, Henichinum Mol - tike, Eggardum Brochthorp, et Gothfridum de Molendino, Armigeros, qui omnes et ſinguli ſuper obſeruatione praemiſſorum omnium et ſingulorum vna nobiscum in ſolidum, bona fide media, promiſerunt. In cuius rei teſtimonium Sigillum noſtrum vna cum ſigillis praeſcriptorum Principum, militum et Armigerorum praeſentibus lit - teris duximus apponendum. Actum et datum Anno, die et loco ſupradictis.
f)84Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1323
230

Der fuͤr die Stadt ſo noͤthige Friede mit den Litthauern kam zu Vilna, Sontags nach Michaelis zur Verſiegelung. Der Koͤnig Gedimin erlaubt freien Handel, und liefert die Entlaufenen wieder aus, laͤſt auch den Lieflaͤn - dern in ſeinem Reiche das rigiſche Recht genieſſen. Die nach Vilna abgefer - tigten Boten waren Herr Arnold Stoyver, des Biſchofs Vicarius, Herr Woldemer von Roſen, von Seiten des Kapitels; Herr Johan Muͤhlen, (Molendinum) und Herr Thomas, von Seiten des oͤſelſchen Stifts; Herr Barth. von Vellyn und Herr Ludolf von dem Vitenhawe, Domherr von Hapſal; Herman Lange von Seiten des doͤrptiſchen Stifts; Arnold, Prior von Revel, und Herr Hinrich von Parenbeke, von Seiten des Koͤ - nigs von Daͤnnemark; Von dem Meiſter der Bruͤder, Johan von Leu - wenbroke, der Comtur von der Mitau, und Bruder Otto Bramhorn; von Seiten der Stadt auſſer den Burgemeiſtern auch noch Bruder Weſſel, der Prediger Prior, und Albert Sluk, Minoritenbruͤder.

1324
230

Der Koͤnig Chriſtoph vermaͤhlte ſeine Prinzeßin Tochter Margarethag)Margaretha war Chriſtoph des IIten dritte Prinzeßin von der Euphemia, die ei - nige, wie Pontanus S. 451 ſchreibet, unrecht fuͤr eine Eſtlaͤnderin angeben, da ſie Alberts von Brandenburg Tochter geweſen. Der Koͤnig hatte ſeinem Schwieger - ſohn Harrien und Wirland verpfaͤndet, und Ludwig machte ſich deswegen verbind - lich, was dieſe Provinzen uͤber 12000 Mark am Silber abwuͤrfen, ſeiner Gemahlin zum Leibgedinge zuzuſchlagen. Der baieriſche Kanzler Herwart beziehet ſich gegen Bzovium auf 2 Briefe im baieriſchen Archiv von den J. 1323 und 1324. Den dritten vom folgenden Jahre an das Cardinalscollegium bringet Pontanus S. 346 gleichfals bey. mit dem Marggrafen von Brandenburg, Ludwig, einem Sohn Kaiſer Ludwigs von Bayern, und verſchrieb ihm 12000 Mark zum Brautſchatz, welche aus gewiſſen Guͤtern in Eſtland gehoben werden ſolten; die nachher ſein Sohn Woldemar wieder ausloͤſete.

Bey dieſem Jahr meldet Peter von Duisburg, daß der Papſt Johan der XXIIſte zwey angeſehene Praͤlaten nach Liefland abgeſchickt, weil der Erzbi - ſchof und die Buͤrger zu Riga in ganz Europa ausgeſprenget, der Koͤnig der Litthauer wolle ſich taufen laſſen. Die Praͤlaten kamen zu Riga am Tage Matthaͤi des Apoſtels und Evangeliſten an, und brachten den Frieden zwiſchen den Litthauern und dem Orden zu Stande. Sie ſchaͤrften den Litthauern ein, wer den Frieden braͤche, ſolte ſich in Zeit von einem Vierteljahre zu Rom demuͤthigen. Sie lieſſen auch durch ausdruͤcklich dazu abgefertigte Perſonen den Koͤnig Gedimin zur Taufe einladen, der ſich aber anders bedachte, und weg - blieb. h)Der Erzbiſchof Friedrich und ſeine Vorfahren lebten mit den Litthauern in gutem Verſtaͤndnis. Der Orden aber widerſetzte ſich demſelben mit ganzer Macht, und be - hauptete die Schaͤndlichkeit dieſes Buͤndniſſes aus dem Grunde, weil GOtt ſeinem Volk verboten, ſich mit den Heiden zu verbinden. Allein die Cleriſey bewies, daß die Litthauer theils Chriſten waͤren, theils werden wolten. Schon 1298 am 26ten Maͤrz wurde daruͤber ein Jnſtrument mit neun Siegeln ausgefertiget, worin der Rath, die Gemeine der Stadt Riga, der Prior des Stadtkloſters, der Abt zu Duͤnemuͤn - de, die Kioſterbruͤder und der Capitain der Pilger bezeugen, daß nicht nur ehmals der Koͤnig Mindow gekroͤnet und getauft ſey, ſondern auch viele Litthauer den Goͤtzen - dienſt verlaſſen, ſich mit den Glaͤubigen verheirathet, und ſtandhaft uͤber dem Glau - ben zu halten verſprochen. Sie klagen dabey erſchrecklich uͤber die Bruͤder der Ritter - ſchaft, welche die Boten der Litthauer, die doch ungebeten gekommen, und um das Geheimnis des Glaubens und um den Bund des Friedens angehalten, weggeſchnappet, ſo, daß manche mit groſſer Lebensgefahr ſich mit dieſer Botſchaft in Riga einſchlei - chen muͤſſen. Doch die Bruͤder wuſtens zum voraus, daß es den Litthauern nicht um Annehmung der chriſtlichen Lehre zu thun war, obgleich die Boten von der baldi - gen Bekehrung ihres damaligen Koͤnigs viel Ruͤhmens machten. Der Erzbiſchof Friedrich bekam auch gleich den Glauben in die Hand, daß er den Litthauern, undwer

Den85Erzb. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.

Den dritten Tag nach dem Fronleichnamsfeſte machte ſich die eſtlaͤndiſche1325 Ritterſchaft anheiſchig, dem Koͤnig Chriſtoph in Daͤnnemark und ſeinem Prinz Erich 2000 Mark Silber zu zahlen, welche ſie ſeinem Vater dem Koͤnig Erich abzutragen angelobet. Unterzeichnet ſtehen aus Harrien: Johan und Hennike Risbyt, Johan von Lemed, Hennike von Napale, Role von Herkula, Thilo von Kirkuta, Thilo von Hoppanima, Hennike von Sylkula, Hincke von Rokula, Palno Tuveſoen, Henneke von Hunkimpa, Henneke von Sagemuͤle, Eylard von Eiſenberg, Ever - hard von Engila, Hennike Raffven, Lippold von Altenthorn, Hen - neke von Hemſebeck, Bysle von Orgyle, Hennike von Kirkuta, Hen - nike von Waras; Aus Wirland: Wilke von Embeke, Ridder, Hinke von Revel, Berthold von Lechtes, Henneke von Brakel, Goͤdeke von Brakel, Floͤrke von Hafvesforde, Hincke Moer, Gerhard Skye, Hennike von Knudes, Hennike von Roſenhagen, Odward von Refel, Thilo von Poll, Hennike von Ylſen, Andreas von Poll, Hennike von Walck, Simon Moer, Hinrich Hafvesforde, Berthold von Wirks, und Conrad von Hyrmen. i)Ohnerachtet ſich in Eſtland viele Abſchriften von ſolchen Documenten finden, deren Jnhalt die daͤniſchen Schriftſteller uns liefern, ſo haben wir doch dieſe nebſt einigen andern blos aus erwehnten Geſchichtſchreibern nehmen muͤſſen, wie Herr Hiaͤrne und Herr Mannrichter von Lode vor uns gethan. Die Daͤnen machen zwar die Namen der Deutſchen ſehr unkentlich; es laͤſt ſich aber doch aus dieſer und andern Urkunden of - fenbar abnehmen, daß die Auslaͤnder den Namen ihres Geburtsorts und Geſchlechts oft verſchwiegen, und einen neuen Namen von ihrem Lehn - oder Erbgute angenommen. Wie es in Liefland gieng, ſo war es auch in Eſtland. Die Zunamen von Patkuͤl, Paykuͤl, Herrakuͤl, Orrekuͤl, Roſtijerwe, Hoppanima, Rokuͤlo, Sylku - la, Hunkimpaͤ, Zagemula und ſo weiter, ſind von den Guͤtern entlehnet: wer wolte aber deswegen dieſe Herren fuͤr gebohrne Eſten ausgeben? Jndeſſen iſt nicht unwarſcheinlich, daß einige Geſchlechter daruͤber den Namen ihres deutſchen Stamm - hauſes vergeſſen, daher auch einige Auctores, obgleich mit ſchlechtem Gluͤck daran ge - kuͤnſtelt, den verlornen Namen wieder zu finden. *)Von alten revelſchen Familien, welche mit adlichen Wapen verſehen, und ſo wol hier als auswaͤrts ihre adliche Verwandten haben, aus Liebe zur Kaufmanſchaft aber, oder aus andern Bewegungs - gruͤnden das Buͤrgerrecht angenommen, hat uns der Herr Staatsſecretair Riſemann folgendes Verzeichnis zugeſendet:AusgeſtorbenevonCorbmacherDerentbalFegeſackGoldbergendie thor Harendie zur HoͤgenHoͤvelnHuͤnerjaͤgerKettlerLohnenRecken. von welchen Familien doch noch einige in Liefland bluͤhen.Noch LebendevonBrockhauſen oder BruckhauſenBuchauBurchardiClayhillisGiehnHanenHauſen oder Huſenzur Muͤhlen oder thor Moͤhlena oder de RentelnSchotenSchwanenbachThierenWehren oder WernenWillenWitten, und andre mehr.Einige hat die Ungeduld uͤberdieſer

Den
h)wer weis, aus was fuͤr Abſichten, zu viel getrauet. Cranz B. VIII, K. 9. Wan - dal. meldet, es habe der Erzbiſchof dem Papſt Johan dem XXIIten zu Avignon zu - geſchrieben, Seine Heiligkeit moͤchten doch den Litthauern auf ihr Geſuch einen Bi - ſchof und Abt zuſenden, weil dieſelben unter paͤpſtlichem Anſehen Kirchen errichten, und Kloͤſter ſtiften laſſen wolten. Der Papſt war gleich fertig. Die Geſandſchaft kam an. Der litthauiſche Koͤnig antwortete auf ihren Antrag kurz und gut: Von eurem Papſt weis ich nichts, und begehre ihn auch nicht zu kennen. Meine vaͤterliche Religion werde ich verfechten bis aufs Blut. Die Geſandten ſchlugen hiebey die Augen nieder, giengen beſchaͤmt zuruͤck, und hatten eine ſo gefaͤhrliche und beſchwerliche Reiſe umſonſt gethan.
h)Y86Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1326
235

Den Tag nach Mariaͤ Himmelfahrt verſprach der Koͤnig und ſein Kronprinz, die Kirche unſrer lieben Frauen auf dem Schloſſe zu Revel, ſamt dem Biſchof und Kapitel bey ihren vorigen Freiheiten zu erhalten.

Der Burgermeiſter und etliche Buͤrger aus Riga fanden an einem Morgen die Kapitelspforte offen, und weil die Buͤrgerſchaft eine Verraͤtherey beſorgte, ſo verſchuͤtteten ſie das Thor mit Steinen, und verlangten, daß ſolches durchaus nicht wieder geoͤfnet wuͤrde. Dieſes gab Gelegenheit zu langwierigem Gezaͤnke. Die Unterſuchung ward den Herren Johan Brelo, Domherrn zu Oeſel, Volquin von Oſtinghuſen, Domherrn zu Doͤrpt, Arnold Stoyvern, Pfarherrn der Kirche St. Paul zu Kokenhauſen, den Rittern Wolmern von Roſen, Rudolph von Ungern nnd Barthol. von Vellyn aufgetragen. Da nach vielem Beſchicken das Kapitel nicht nachgeben wolte, bediente ſich die Stadt der Appellation; daruͤber im Notariatsinſtrument unter andern ein Her - man Molling, Pfarrer zu Papendorp in der rigiſchen Dioͤces, als Zeuge angegeben wird. Dieſes wurde am 12ten Febr. etwan um 3 Uhr errichtet. Doch der Biſchof Engelbert zu Doͤrpt lies den Handel durch Diedrich Schwar - zen (Niger) ſeinen Domherrn, durch Conrad Kruſen (Criſpus) ſeinen Lehns - man, und durch den doͤrptiſchen Burgemeiſter Heinrich Schelen dergeſtalt beilegen, daß die Mitler die Steine wegwelzen laſſen, und die Schluͤſſel dem Probſt ehrerbietig ausliefern, der ſie dem Burgemeiſter und Buͤrgern geneigt zu - ruͤck giebt, bis auf die Ankunft des Erzbiſchofs. Geſchehen am Sontag Qua - ſimodogeniti. Dieſe Kapitelspforte oder das ietzige Stifthor hat mit ſeiner groſ - ſen und kleinen Thuͤre beſtaͤndigen Lerm zwiſchen der Stadt und den Pfaffen ver - anlaſſet.

1327
235

Vier Tage nach Oſtern verglich der Biſchof zu Doͤrpt, Engelbert, als Mitler, den Biſchof Jacob zu Oeſel, und den Ordensmeiſter, welcher das vierte Theil von der Wyk hatte, daß ſelbiges durch vier gute Maͤnner beſichtiget werden ſolte. Der Vertrag iſt auf dem Schloſſe Leal unterzeichnet. k)Hier bemerken wir, daß ein bisher unbekanter Meiſter, Namens Phrimer, oder nach einigen Abſchriften Reimer, in den Jahren 1327 und 1338 mit dem oͤſelſchen Biſchof Jacob zu Leal ſowol als zu Pernau gewiſſe Vertraͤge eingegangen.

Nach allerhand uͤberſtandenen Widerwaͤrtigkeiten legte ſich der Ordensmeiſter Gerdt nieder und ſtarb, im 21ſten Jahr ſeiner Regierung.

i)dieſer vergeblichen Arbeit ergriffen, die uns deswegen ohne allen Beweis manchen braven Ritter aus eſtniſchem und liviſchem Gebluͤt herleiten. Ja es ſcheinet, daß etliche ange - ſehene Haͤuſer dieſen Urſprung ſich gefallen laſſen, wie denn Henneberger, und aus ſel - bigem Hartknoch S. 444 viele urſpruͤnglich preußiſche Familien angeben, die viel - leicht eben ſo unſchuldig zu dieſer Anverwandſchaft gekommen, als die Lieflaͤnder. Es iſt ſchon eine kuͤhne Muthmaſſung, welche ein ungenanter, aber vornehmer Verfaſ - ſer in ſeiner Critik von dem lieflaͤndiſchen Adel anbringt, als ob ſelbiger gezwungen geweſen, in Ermangelung deutſches Frauenzimmers ſich Gemahlinnen aus der Nation des Landes zu erwehlen. Denn dieſes iſt weder aus der alten Geſchichte, noch aus alten Documenten erweislich, und ob gleich die polniſche Reviſion von 1599 manchen Na - men den Ehrentitel genuinus Liuo beileget, ſo geben doch die uͤbrigen Ausdruͤcke zu er - kennen, daß damit uralte deutſche Familien bezeichnet werden, nur, weil ſie in Lief - land von ſpaͤten Zeiten her angeſeſſen geweſen. Die hohe Familie der Herren von Liwen iſt unſers Erachtens in Lief - und Curland die einzige, die ihre Nachkom - menſchaft von dem alten liviſchen Koͤnig Caupo herfuͤhret, und ſich zum Andenken davon der ſieben Nordſterne bedienet, welche Caupo bey ſeinem Aufenthalt zu Rom vom Papſt in ſein Wapen verehret erhalten. Unter den Nachrichten des freiherlichen Hauſes von Ungern Sternberg, erſcheinet ein Johannes, der des Caupo Toch - ter Hedwig ſol geheiratet, und von Meiſter Vinno den Syſegalliſchen Diſtrikt erblich bekommen haben.
i)
Der87Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. Eberhard v. Monheim.

Der fuͤnf und zwanzigſte Ordensmeiſter in1328 Liefland, deutſchen Ordens. Eberhard von Monheim. a)Horner nennet ihn von Welheim, Strubicz von Wolheim, die eine Handſchrift von den Herrmeiſtern, von Volheim, die andere Emradt von Wolheim, Spangenberg, von Neuenheim, Neuſtaͤdt, von Moͤnchen, andere Elverd von Munchheim, der Berfaſſer der neueſten Beſchreibung der Ritterorden, von Mannheim. Er war goldingiſcher Comtur, und hat das Zeugnis eines frommen, aufrichtigen und ernſt - haften Regenten.

Nach dem Tode ſeines Vorgaͤngers fertigte der Orden ihn als gol - dingiſchen Comtur an den Landmarſchal Johan von Ungna - de, und Dirik Bock an den Hochmeiſter Werner von Orze - la ab, um demſelben das Schlos und Gebiete Memelb)Die Abtretung des Landes Memel hat Goswin von Herike am Tage Eliſabeth noch einmal beſtaͤtiget. zu uͤbertragen; weil es den Lieflaͤndern zur Beſchuͤtzung etwas zu weit abgelegen waͤre. Dafuͤr erklaͤret der Hochmeiſter den goldingiſchen Comtur Eberhard von Monheim zum Meiſter in Liefland, und uͤbernimt das Land nach dieſer Grenzmeſſung: Von der Muͤndung der heiligen Aa bis an ihre Quelle, von da nach der Quelle Emme, von da nach der Emmebach bis an eine See, wo die Meme einflieſt. Weiter die Meme herauf bis an das Land Letthowie, an eine See, die aus der Meme komt, Haſenpot genant. Das ganze Land der Carſowiten gehoͤret alſo mit Memel zu Preuſſen. Damit aber das Schlos Goldingen an Fiſchen keinen Mangel leide, ſo muͤſſen die Fiſcher zu Memel ein gros Schock und eine Geſpe von eingeſalzenen Streckfoͤten (Sternipedes) um 3 Mark preußiſcher Pfennige, und das hundert Hechte fuͤr 2 Mark verkaufen, welche die in Goldingen mit eigenem Salze einpoͤckeln muͤſſen. Geſchehen zu Elbingen, am Tage Urbani. Er wohnte auch der algemeinen Ordensverſam - lung zu Marienburg in Preuſſen bey, deren Statuta uns Waiſſel S. 105 aufgezeichnet hinterlaſſen.

Am Tage Matthiaͤ des Apoſtels bezeuget Chriſtoph der IIte in einem1329 Schreiben, daß Eſtland mit allen ſeinen Staͤdten, Schloͤſſern, und was wei - ter dazu gehoͤret, weder durch ihn noch durch ſeine Nachfolger verkauft, verpfaͤn - det, vertauſcht, oder auf einige Weiſe iemals von der Krone veraͤuſſert werden ſolte. Jn ſelbigem Briefe verleihet er aus Hochachtung gegen die Jungfrau Ma - ria und um ſeiner Seelen Seligkeit willen den Toͤchtern in Eſtland das Recht von ihren Eltern zu erben, doch faͤlt nach deren Tode die Erbſchaft an den Koͤnig oder deſſen Nachfolger. Der nechſte Blutsfreund iſt Vormund der nachgebliebe - nen unmuͤndigen Soͤhne. Die Herren Landraͤthe bleiben im vorigen Anſehen und in der Gewalt Gerichte zu halten, wie ſie ehmals zu thun pflegen, ohne daß an hoͤhern Ort appelliret werde Den koͤniglichen Befehlshabern wird genau verbo - ten, dagegen zu handeln. Der Biſchof Olaus unterzeichnete es zu Copenha - gen in Gegenwart der koͤniglichen Raͤthe. c)Dieſe Nachricht geben Huitfeld und Pontan, beide auf der 450 Seite. Das rothe Buch in Revel enthaͤlt die deutſche Ueberſetzung davon.

Dieſes Jahr war fuͤr die Stadt Riga insbeſondre ungluͤcklich, indem ſie1330 mit dem Ordensmeiſter einen nachtheiligen Tractat eingehen muſte. Die Buͤrger - ſchaft ſahe, wie ſchlecht der Orden ſein dem oͤſelſchen Biſchof gegebenes Wort gehalten, woruͤber die noch nicht voͤllig geheilte Wunde der vorigen BeleidigungY 2von88Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1330von neuen aufbrach. Sie faſten alſo einen Anſchlag auf Dunemuͤnde, wur - den aber zuruͤck getrieben. Eberhard lies es bey dem Entſatz nicht bewenden, ſondern ruͤckte vor die Stadt Riga ſelbſt, der er auch auf allen Seiten faſt ein Jahr lang die Zufuhr abſchnit, und ſie nicht eher zu beſtuͤrmen auf hoͤrte, als bis er ihr auf Vermittelung des Landmarſchals gewiſſe Stuͤcke eines Vergleichs zugeſtand. Denn weil ſich keine Litthauer zur Huͤlfe einfanden, und der Ordensmeiſter vor - her kein Thor zum Einzuge erhalten konte, muſte ſie 30 Faden von der Stadt - mauer einreiſſen, um die Straſſe recht breit zu machen. d)Ruſſov und andre gedenken bey dieſer Unterwerfung eines Fusfals, welchen die Stadt thun muͤſſen, welcher Umſtand nur in der wolmerſchen Abſprache von 1491 befindlich, in den oͤffentlichen Vertragsbriefen aber ſonſt nirgends geleſen wird. Von Einreiſſung der Mauren gedenken unſre Documente ebenfals nichts, nur meldet der Fortſetzer des Duisburgers, daß der Ordensmeiſter nicht eher einziehen wollen, bis die Mauer 30 Klaftern in die Laͤnge eingeriſſen worden. Er beziehet ſich noch auf die Spoͤtterey eines rigiſchen Frauenzimmers, welches geſagt habe: Vtique iſte Magiſter groſſus eſt in corpore, qui requirit tantum ſpatium, et non intrat per alias portas, ſicut ceteri homines Chriſtiani. d. i. Warlich, dieſer Meiſter mus einen dicken Bauch haben, daß er ſo viel Raum braucht, und nicht zum Thoren eingehen kan, wie andre Chri - ſtenmenſchen. Wir haben drey Briefſchaften hiervon, und weil ſie den Schluͤſſel zum vorhergehenden und zu den folgenden Begebenheiten abgeben, ſo iſt noͤthig, daß wir ſie hier volſtaͤndig mittheilen. Der Sonebrieff. Jn Gadeß Nahmen, Amen! Allen Gelovigen in Gade, de ſehen edder hoͤren deſſen ie - genwerdigen Brieff, de Vaget, de Borger Meiſter de Radt vnd de Gemenen Bor - ger der Stadt van der Rige wuͤnſchen Heil vnd Gruth van Gade; Wy bekennen vnd betuͤgen in deſſen apenbaren Breve, dat ſodane Orloge vnd Twedrachting, de lei - der ſin geweſen, van unß up de ene Syde de Chriſtenheit, den Meiſtern vnd den Broͤdern van Lyfflande, up ander Syde frundtlick vnd loͤfflick van Gnaden des hil - ligen Geſteß ſindt hengeleht, vnd geſoͤnet, vnd wene de Chriſtenheet de Meiſter vnd de Broͤdere vorgenoͤhmet van vns vnd van der Heidenſchap, de vnſe Huͤlpere weren in den Tyden vnſer Orloge vndrechtlick Schaden, vele Bedroͤffinge vnd ſchware Vervoͤ - linge hebben entfangen, vnd genamen in den Worden, dat doch ichts icht hirvor ge - ſchehen vnd ock damet alle Twedrachtinge vnd Schade genzlick uth den Herten kame, vnd werde van ehnen vergeten. So wylle wy williglik den Meiſter vnd den Orden des Dudſchen Huſes tho Lyfflande verbunden ſin, in deſſen Stuͤcke, de hirna geſchre - ven ſtan: Tho dem Erſten, wente de Hof van Sunte Juͤrjens, van vns Bor - gern in dem erſten Orloge ward thobracken, vnd ock up dat van vns vnd ock van vnſen Nachkamling gehne Verbindung mit der Heidenſchap mehr werden moͤge. So hebben wy ehn gegeven den hilligen Geeſt mit dem Rume alſe alß ehn dat uthbe - wiſet is, ein Huß darup tho buwende nah eren Willen; vndt tho Nutten deſſulven Huſes hebben wy gelaten, dat Rum, dat beſchlaten is, binnen den nyen Graven, de dar geit by dem Steinwege uth der Stadtgraven van Sunte Jacobs Porten tho der Veheweide in dem Twer - Graven, de dar geit in Tegel - Lake mit dem Holleme Kog - genlage ganz mit allen, dat darinne licht, bet in de Dune; doch ſall de Vehweide ge - meen ſyn, in der Wiſe, alſe geweſt iſt van Olders, vnd de Beke, de de Mohlen drifft by dem Spittale mit allen Beken, de men darin leiden mach, ſchoͤllen hebben eren fryen Gang tho dammende vnd Water tho ſtowende vnd Moͤlen tho buwende, wor de Mei - ſter will, und ehm gut duncket, tho der Nut deſſulven Huſes, Sunder twe Windt - Mohlen hebben wy tho Nutten vnſer Stadt beholden. Vort mehr, alle de Ackere de vnſen Borgern tho behorden up den Rigeholme vnd up Lockeſare mit dem Have, de Her Gerlach Roſen was, mit alle dem dat dartho gehort in Ackern Weide vndt Weeſen, late wy en tho Nutte des Huſes; dartho ſolle wy geven demſulven Huſe alle Jahr 100 Mark 36 ßl. Luͤbſch vor de Mark, half up Oſtern und half up Sunte Michaelis Dag; Ock ſollen unſe Fiſchere ehn geven van al - len Fiſchen de ſe fangen den teinden Fiſch tho Nutte des Huſes, dartho wor wy Rechtes hadden in dem Wehre tho der Mitowe, laten wy freye demſelben Huſe. Vort mehr alle de Arwen vnd Wuͤrde, de dem Orden thogehort, ſallen fry weſen van Schates wegen, vnd alſe ſindt van Olders geweſen; doch de gennen, de darinnen wahnen, ſol -lenSie ergab ſich amGer -89Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Eberhard v. Monheim. Gertrudentage, und lies keine Gelegenheit aus den Haͤnden, den ihr ſo1330 nachtheiligen Soͤhnebrief almaͤlig in ſeinen haͤrteſten Punkten todt zu machen, zu tilgen oder den Stachel zu benehmen.

Die
d)len glik thon den andern Boͤrgern. Vort mehr ſo hebbe wy ehme gelaten, dem Mei - ſter vnd dem Orden half alle Gerichte unſer Stadt, welken Broder, dat de Meiſter bevelet, de ſall ſitten mit unſern Vageden tho richtende nah unſe Stadt Rechte, alle Broͤke vnd Pene tho Nutten beider Parth. Wer et, dat de ſulve edder en ander Broder van ſinetwegen dar niht by ſyn moͤhte, noh en wolde, wat denner gerichtet werdt, dat ſall hebben fulle Macht, deſuͤlve Bro - der ſall ſitten vnd weſen in unſem Rade tho allen Tyden eben he will vndt geplegen magh, ock wenn en nye Rahtmann gekaren werdt, de ſall dem Meiſter vnd dem Orden Truwe ſchweren, alſe der Stadt. Dat ſulven ſollen dohn de andern Borgere, van den men dat eſchet, dartho ſollen wy helpen dem Meiſter vnd dem Orden mit Rade vnd mit Dade tegen alle, de ſe anfechten, beholden dem Erzbiſchope vnd ſiner Kerken ehres Rechten. Und ock wen de Meiſter ſulven reiſet, edder ein Her in dat Land kumt, ſo ſollen wy ehm helpen mit all unſer Macht, nah ſinen Willen. Wen aver de Land - Marſchalck mit den van der Dune vnd mit den Rechten tho Wenden vnd tho Sege - wolde reiſet, ſo ſolle wy ehme ſenden 30 reiſige Mann tho Perde. Vortmehr tho ewigen Daͤchtnuſſe vnd Saͤlichkeit der Selen alle dergennen, de er - ſchlagen ſyn, in dem Orloge an beiden Syden, ſcholle wy maken Vyf Vicarien, wo ſe de Meiſter hebben will, ihlik van 6 Marck Rigiſch Suͤlvers, de Gilde half up Wy - nachten vff tho gevende und half up Sunte Johannis Dag Baptiſte alle Jare, deſe ſulve Vicarien ſall de Meiſter verlohnen, wem he will nah ſinen Willen. Wer et ock, dat iemand in ſynem Teſtament edder andre Wyſe den Orden niht wolde geven, deß ſall he ungehindert weſen van uns, vndt fulle Macht hebben. Vortmehr, wante wy alle Privilegia, de wy van den Orden hebben, deme Mei - ſter wedder hebben geandwortet, weret dat hernah etlike Privilegia gefunden woͤrden, de weder deſſem Breve ſanderlinges van dem Orden uns wurden gegeven, de ſollen ge - ne Macht hebben. Vortmehr, wer et, dat deme Meiſter effte dem Orden van gemande Anſprake ed - der Hindernuſſe upſtunde, an alle deſſen vargeſchreven Saken, da ſolle wy ſe afnehmen vnd fryen mit erer Hulpe vnd mit eren Rade. Up dat alle deſſe Stucke vndt deſſe Soͤne vaſt ſyn, vnd ewig bliven, ſo is an deſſen gegenwerdigen Breff unſer Stadt Jngeſegel gehangen. Deß vnd deſſen vorgeſchreven Dinge ſind Getuͤge vndt bethuͤgen de Erbaren Luͤde und Rahtmanne Her Werner van der Rope, de Vaget, Her Johann van Vellyn, Her Hinrich Meye de Borger - Meiſter, Her Johann van Warendorpe, Her Hinrich van der Mitowe, Her Volquin van Oſtenhuſen, Her Hinrick Bornes, Her Herman Roſe, Her Hinrick Reſe, Her Hinrich Kruſe, Her Johann van der Rothporten, Her Andreß de Stadtſchryver vnd andre Rathmenne vnd Boͤrger mit velen andern iegen - werdigen guden Luͤden. Deſe Dinge ſind geſcheen vndt verliket vndt deſſe iegenwerdige Breff is geſchreven an dem Frydage vor Palmen vor der Stadt tho Rige des Jahreß in der Gebordt unſers Herrn 1330 Jahr. Der nakende Bref. Allen Chriſtgeloͤvigen Mynſchen de duſſen gegenwertigen Bref ſehen edder hoͤren, de Vaget, de Vorgermeiſter, de Rath, de Gemeinheit der Stadt Rige ewig Heil in Gade. Wy don Kundt undt bekennen apenbar, dat in den Jahren unſers Herrn MCCC vnd in dem XXX Jahre des Diengſtages nach dem Sontage, als man ſinget in dem Anbeginn der Miſſe Laͤtare, Sy wy thoſammede geweſen mit den Gebedigern undt Brodern des Ordens Duͤtſchen Huſes van Jeruſalem in Lyfflandt de in der Jegente geheten Molengrave van der Schickinge der Hilligen Drevaldighet de Olde Schellinge und Twidracht twiſchen unß wart gelegert. Wy befehlen und undergeven unß undt Vnſe Statt Gade undt der Hilligen Jungfrauen, ſyner Moder und der Gna - de deß Gebedigers undt Brodere Vorbenombt mit alle unſen Guͤdern undt Fryheiten, beholden de Sundheit unſer Live

*)Zu dieſer ſauren Capitulation, woruͤber die Cleriſey heimlich frolockte, entſchlos ſich die Stadt am 17ten Merz, Abends um 6 Uhr, und lies durch den kaiſerl. Notarius in dem Refectorio derZDom -

. Undt darumb dat de Gebediger undt Brodervor -
d)90Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1330
243

Die rigiſchen Buͤrgermeiſter verkauften am St. Stephanstage dem Prior und ganzem Convent der Predigermoͤnche einen Platz innerhalb der Stadt und St. Juͤrgenshof fuͤr 6 Mark, jede Mark zu 48 Oer gerechnet, und er -laub -d)vorbenamet nicht genogſam enen were an unſern Schlichten worden, So hebben wy eme Gelaten, und mit guten fryen Willen in ehre Hende gegeven twe Torne in unſerStatt.*)Domherren ein Jnſtrument niederſchreiben. Der Rath und die Buͤrger erſuchten 3 mal das Ka - pitel um Rath und Huͤlfe: es lies ſich aber weder Domherr noch Prior finden. Wie ſie die Verraͤtherey merkten, fieng der Erzvogt Hr. Heinrich Meye mit vielen Thraͤnen an: Jhr Her - ren, und beſcheidenen Maͤnner, geiſtliche und weltliche, ſeyd hier beiſammen, euch in dieſem klaͤgl. Elend einer den andern zu troͤſten. Hier konte er vor Weinen kein Wort mehr hervor bringen. Sein Gehuͤlfe Hr. Joh. von Vellin fuhr hierauf fort: Ehrbare Maͤnner, wir ſind in Noth, und von allen verlaſſen. Glaubet nicht, daß wir was dabey verſehen haben. Wir haben uns gegen den Papſt und ſeine Cardinaͤle demuͤthig genug herausgelaſſen. Wir haben die Seeſtaͤdte, die Regenten, die Landſtaͤdte vielfaͤltig um Huͤlfe erſuchet. Keiner hat uns geantwortet oder Troſt verſprochen. Alle Lebensmittel ſind aufgezehret. GOtt iſt Zeuge, daß bey der Buͤrgerſchaft uͤberhaupt nicht mehr als 4 Laſt Mehl liegen. Manche ſind weggegangen, manche haben verhungern muͤſſen, und es komt ſchon ſo weit, daß einer den andern todſchlagen wil. Ob wir gleich uͤber den Muͤhl - gaben mit dem Meiſter tractiren wollen, ſo wil ſich doch ſelbiger unter keinen andern, als uns unertraͤglichen Bedingungen zum Vergleich verſtehen. Wer unter euch Brod hat, der gebe es her, und fordere dafuͤr nach Belieben. Die Armen ſollen euch mit der Zeit Gerechtigkeit wie - derfahren laſſen. Auf dieſe Rede antworteten alle, ſie haͤtten vom Groͤſten bis zum Kleinſten kei - nen Biſſen Brod. Joh. von Vellin, der alte Vogt fieng noch einmal an zu weinen und ſprach unter vielen Schluchſen: O HErr GOtt, wie wil es mit uns Armen in dieſer Angſt werden - Sie antworteten einmuͤthig, ſo wie es auf der Stube von Soeſt abgemacht worden: Wir wollen uns ergeben, der Meiſter verlange auch von uns, was er wolle. Und damit giengen die Tractaten an, in welchen die halbe Stadt unter den Orden gerieth. Ob nun gleich Riga fuͤr den Erzbiſchof ſchon kein angenehmer Aufenthalt war, ſo fand ſich ſelbiger doch noch mehr durch dieſe Mitregentſchaft des Meiſters beleidiget. Es iſt daher kein Wunder, wenn auf dieſes Un - gewitter durch das Stuͤrmen des Erzbiſchofs am paͤpſtl. Hofe ein ſtarker Donnerſchlag folgte. Benedict der XIIte ſtelte dem doͤrptiſchen Biſchof Engelbert dieſe Gewaltthaͤtigkeit wider die erzbiſchoͤfl. Stadt Riga vor, und ſchickte ihm aus der paͤpſtl. Kanzley alle Privilegien zu, nach welchen der Erzbiſchof allein Herr, der Orden aber nur Diener war. Sein Vorgaͤnger Johan - nes der XXIIſte las dem Orden einen harten Text, als derſelbe Duͤnemuͤnde geſperret und ſich zugeeignet hatte. Der jetzige Papſt aber brach mit dem hohen Banne los, da ſeine Kinder, die rigiſchen Buͤrger, ſich muſten einſperren und zu Tode hungern laſſen, verlangte auch inſtaͤndigſt, daß alle eingezogene Guͤter der Geiſtlichen und der Stadt ohne Widerrede frey gegeben und alles in vorigen Stand geſetzet wuͤrde. Er klagt nicht nur uͤber das Gefaͤngnis, Angriffe und Ermor - dung der Erz - und Biſchoͤffe, Proͤbſte, Dechanten, Praͤlaten und andrer geiſtlichen Perſonen, ſondern auch uͤber den Ungehorſam des Ordens gegen ſeine Herren und obern Beſchuͤtzer, und erklaͤret alle ihre Privilegien fuͤr nul und nichtig. Gegeben zu Avignon am 12ten Febr. 1336. Der doͤrptiſche Biſchof lies ſolches im Chor ſeiner Domkirche in Beiſeyn des Hrn. Herman, Abts von Valckena, aller Domherren, und der Ritter, Gottfrieds von Vyfhuſen und Diedrichs von Dalen und der verſamleten ganzen Stadt oͤffentlich verleſen. Die ſaͤmtlichen paͤpſtlichen Urkun - den wurden von den Domherren Johan von Muͤhlen (de Molendino) als Official, Johan Brelo, Cuſtos, Herman von Sobeliſſe aus dem hapſalſchen Biſtum, und Joh. Ronne aus dem doͤrptiſchen, wie auch Thiederich von Wittinge aus dem Biſtum Halberſtadt, die alle oͤffentliche Notarien waren, regiſtriret. Der kaiſerliche Notarius Kerſten, genant Leyſeke von Pernaw, lies alle dieſe Acten 1393 am 22ſten Sept. zu Luͤbeck durch den bremiſchen, ver - diſchen und luͤbiſchen Notarius in Abſchrift nehmen. Die Stadt aber machte ſich den Schutz - brief des Papſtes vortreflich zu Nutze, und nahm nicht undeutlich zum Wahlſpruch an: man mus dem Papſt mehr gehorchen, denn dem Orden. Die Stadt ſelbſt erkante nur den Erzbiſchof als Oberherren in geiſtlichen Sachen, weil der Buͤrgerſchaft von den alten Biſchoͤfen unumſchraͤnkte Freiheit gelaſſen war, damit die Anzahl der Buͤrger zunaͤme. Dieſes muſte ein muͤnſteriſcher Geiſtlicher, Peter von Bethune, 1343 auf Befehl des Papſts Clemens des VIten in Gegen - wart der beſtaͤndigen Vicarien des rigiſchen Schloſſes, Heinrichs von Mansvelde, Jacobs von Weuden und Heinrich Saxens, unterſuchen, der denn zur Antwort erhielt, daß die Stadt den Erzbiſchof in geiſtlichen Stuͤcken allein fuͤr ihren Landesherren halte, ihm den Vogt zur Be - ſtaͤtigung vorſtelle, und ſein Bild auf der Muͤnze fuͤhre, die aber doch von gothlaͤndiſchen Korn und Schrot ſeyn muͤſſe. Riga vom 10ten November. Mit der Zeit ſchienen die Erzbiſchoͤfe der Mitregentſchaft des Ordens gewohnt zu werden, oder konten es auch am paͤpſtl. Hofe nicht weiter bringen. Der rigiſche Buͤrgermeiſter, Gerhard Meye, proteſtirte in Gegenwart des doͤrptiſchen Biſchofs gegen alles, was wider die Freiheiten der Stadt und die Statute des modeneſiſchen Legaten Wilhelms lief, woruͤber der kaiſerl. Notarius, Johannes Lupi, ein luͤbiſcher Clericus 1360 am 18ten Aug. um 6 Uhr ein Jnſtrument errichtete. Worauf der Bi - ſchof von Doͤrpt an die Bruſt ſchlug, und bey GOtt ſchwur, daß der Erzbiſchof noch alle Muͤhe anwende, ſie frey zu machen. Als Zeugen waren hiebey der doͤrptiſche Domherr, Albert Molenſtraten, und der Ritter Bartholoͤmaͤus von Tieſenhauſen, Vogt zu Thoreida. 91Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Eberhard v. Monheim. laubten ihnen die Stadtmauer zwiſchen dem Kloſter und Juͤrgenshoſpital (infir -1330 maria*)Das Juͤrgenshoſpital wurde nachher vor die Stadt hinaus gebauet, 1700 aber in der ſaͤchſiſchen Belagerung ſamt der Kirche geſchleift; doch iſt es in dieſem 1751ſten Jahr innerhalb der Stadt recht gut wieder aufgebauet. Stat der St. Juͤrgenskirche iſt die Gertrudenkirche angeleget. Die Jeſus - kirche liegt gleichfals in der Vorſtadt, in welchen beiden Kirchen der Gottesdienſt in deutſcher und lettiſcher Sprache abwechſelt. Jn der Stadt Riga ſelbſt iſt der ſchoͤne Dom oder die Ma - rienkirche; doch iſt ſeit der Reformation die Peterskirche zur Hauptpfarre geworden. Die St. Jacobskirche gehoͤret der hohen Krone; die St. Johanniskirche iſt blos zum lettiſchen Gottes - dienſt beſtimmet; die St. Marien Magdalenenkirche iſt zum Gebrauch der rußiſchen Beſa - tzung, welche noch in der Citadelle ſowol als in |der Vorſtadt eigene Kirchen haben. So iſt auch die reformirte Kirche kein uneben Gebaͤude. Die Catholiken haben bisher in einem Hauſe, gleich - wie die fremden Litthauer und Ruſſen, ſich mit einer kleinen Kapelle an der Duͤne beholfen. Die St. Catharinenkirche war ehmals in dem Bezirk des heil. Geiſtſtifts. Sie lag gegen dem campenhauſiſchen Elend uͤber. Vor 30 Jahren ſahe man noch ihre Truͤmmern und den ſteiner - nen Altar; jetzo iſt ſie zu einem Speicher gemacht. Hieraus koͤnnen unſere Leſer das ceumern - ſche Verzeichnis von den Kirchen S. 23 aͤndern und auch vermehren; die landiſchen daſelbſt er - zehlten Kirchſpiele haben zu unſern Zeiten ebenfals einige andere Benennungen angenommen. Zu den Zeiten der Reformation wandten die reichſten Buͤrger in Riga einen Theil ihres zeitlichen Segens zum Dienſte des HErrn an, und ſorgten mit froͤlichem Herzen fuͤr das Elend der Ar - men. Es ruͤhren davon unterſchiedliche Stifte her, die man miſerias oder Elende nante. Auſ - ſer dem wohl eingerichteten Waiſenhauſe ſind noch bekant das Elend bey der St. Johanniskirche jetzo Ekens-Convent, wo arme Witwen verpfleget werden; das zimmermanniſche oder Pelegri - nen Elend; das burmanniſche oder Nieſtaͤdts-Convent; das geismeriſche; das ſchoͤne cam - penhuſiſche; das Joh. von coͤlniſche; das durcopiſche und Caſpar rombergiſche Elend: welche alle von der Frucht des Evangelii in Riga zeugen. nach eigenem Gefallen zu gebrauchen, nur daß ſie keine niedrigere Mau -erd)Statt. Eine geheten de Sandtorne mit ſyner Porten, undt mit dem Nyen Vor - wercke darſolveſt gebauet mit der Porten. Undt de Ander geheten is deß Hilligen Geiſtes Torne mit ſyner Porten undt Maarſtalle daby belegen, tho beholdende undt tho hebbende undt tho bewahrende, ſo lange dat Se under ſick bedacht undt uthgeſpra - cken hebben in wat Recht undt Gnade ſe uns undt unſer Statt geven willen. Tho der aller Tuͤchnuͤſſe iſt unſer Stadt Jnſeegell hir unden angehangen. Gegeven tho Riga in den vorgeſchrevenen Datum Frydages nach Judica. JGodes Namen, Amen. Allen Gelovigen, de ſehen edder hoͤren deſen gegenwor - digen Breff, Broder Eberhard von Munheim, Meeſter der Broͤder vom Duͤſchen Huſe ower Lyffland, Commendure, Vagete, undt de gemenen Broͤder deſſuͤlven Landes wuͤnſchen Heyl undt Grote in Gade. Wy bekennen undt betygen apenbar, dat ſo gethane Tweydrachteng, de leider man - nich Jahr ſchwerlik geweſt iſt, van uns uf eene Sydt, undt van de Stadt van Ri - ge uf ander Sydt van der Gnaden unſes Herren fruͤndlich iſt hengelegt undt verſoͤnet. Und uf dat deſe Soͤne ewichlichen ſtede bliwe, ſo gewe wy denſuͤlven Boͤrgeren van ſunderliken Gnaden undt Fruͤndſchap: Thom erſten, alle de Garden, de wy hadden oͤfwer de Rige, ohne den de Bredi - ker Broͤder nu beſitten. Ok gewe wy eme de Kalwerholmen medh enem Stuͤcke Landes, dat dar legt by dem Vorwerck unſe Frauwen alſo, alſſe en dar bewyſet , ock late wy em wedder dat Ruhm, da de Fleſchſcharn hadde geſtan, alſe en vor tho gehoͤret hadde. Dartho la - te wy em Fryheet to fiſchen in allen unſe Watern, alſe ſe van Olders hadden. Sun - derliken gewe wy en ok Fryheet, Holt to howen, beider Sydt de Semgaller Aa up, van der See bit tho den Wateren der Birſe, undt de Birſe up twe Mylen ſunder Tymmerholt, dat ſall ſtan tho unſem Gnaden. Ok gewe wy em ſunderlike um den Kanijerwe eene halfe Myle Borch undt Baſt to riten. Vortmehr de Vehweide vor der Stadt tall nemandt ſyn gemeene, ſunder den ge - nen, den ſy van Olders tho gehoͤrt hatt. Ok were dat, dat een Man van den Unſen in der Stadt breke, den ſall man rich - ten nah Stadts-Rechte, da de Broͤke geſchehn were. Vortmehr, ſo wylle wy plichtig ſin, ſe to beſchermende, undt to huͤlpende in allen Dingen, glik den Unſer Boͤrgern, kegen den de ſe met Unrecht anfechten. Vortmehr were idt, dat unſe Vagt edder en ander Broder ſinetwegen by dem Rich - te nicht ſyn wolle, wat denn van der Stadt Vagt werd gerichtet, dat ſall hebben vulle Macht; ſuͤnder wat an Hals edder Hand geht, ſo ſoll unſe Vagt edder een Broder oͤwer weſen. Z 2Ere92Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1330er ziehen, ſondern eine Loͤbe oder Altan darauf bauen ſolten. Dahingegen ver - ſtattet das Kloſter den Herren Buͤrgermeiſtern den St. Thomasaltar in ihrer Kirche zu etlichen Seelmeſſen. Damit ſol der Zank gehoben ſeyn.

1333
247

Otto von GOttes Gnaden, Kronprinz von Daͤnnemark (Danorum Domicellus)*)Das Wort Domicellus erklaͤret uns Carpentrier in der Hiſtoire de Cambrai, nebſt andern aͤnlichen Woͤrtern. Aus des Freiherrn Ludwigs von Holberg vermiſchter Briefe zweitem Theil, Co - penhagen und Leipzig 1750, dem 82ten Briefe lernen wir, daß der aͤlteſte Prinz des Koͤnigs von Daͤnnemark den Namen Adelin, d. i. Domicellus inſonderheit gefuͤhret habe. Herzog von Eſt - und Laland, trat nach erhaltener Einwilli - gung ſeines Bruders Woldemars, dem Marggrafen Ludwig von Bran - denburg, als ſeinem Schweſtermanne, in Anſehung ſeiner Heirath das ganze Land Revel, das Recht, einen Biſchof vorzuſchlagen, alles Antheil an dieſem Bi - ſtum, alle Veſtungen im Lande, und was ſonſt dazu gehoͤret, auf ewig ab; der - geſtalt, daß der Marggraf gleiche Gewalt daruͤber haben ſolte, als vormals die Koͤnige von Daͤnnemark beſeſſen, auch daſſelbe Land frey und ungehindert ver - kaufen, verſchenken oder vertauſchen koͤnne, auch ſolle es niemals wieder an Daͤn - nemark kommen, wo nicht Ludwig oder deſſen rechte Erben aus gutem Willen es dieſer Krone wieder verkaufen wollen; doch duͤrfe aus dieſer Verſchenkung ſei - ner lieben Schweſter Margaretha kein Nachtheil zuwachſen. Als Zeugen ſte - hen dabey angefuͤhret, Herr Lorenz Johanſon, Reichsdroſt, Herr Conrad Preyn, Ritter, Herr Gerlach, Propſt der Lande Errien und Thosland, Sigfried genant von Orreby, Hofmarſchal, Boetius genant Valcke, Johan genant Becker, Advocat in Laland. Gegeben zu Saxekioͤping am 4ten Tage vor Dioniſii und der andern Maͤrterer.

1334
248

Da dieſe Schenkung die ſo oft wiederholten Verſicherungen der Koͤnige von Daͤnnemark uͤbern Haufen warf, ſo war dieſelbe ſo wenig nach dem Geſchmack der Eſtlaͤnder, als diejenige Abtretungsacte, worin der revelſche Stadthal - ter, Herr Marquard Breyde, ſich gemuͤßiget ſahe, nach Koͤnig Chriſtof - fers Tode, bey den damaligen weitauſſehenden Unruhen in der daͤniſchen ſieben - jaͤhrigen Thronerledigung, Eſtland den lieflaͤndiſchen Ordensherren zu uͤber - geben, weil er daſſelbe nicht laͤnger behaupten konte. Die Urkunde davon iſt ſchon oben bey Nerona angefuͤhret. Alſo blieb Eſtland eine Zeitlang ohne Koͤnig, Herzog und Stadthalter; vielweniger bequemte es ſich den Ordensmei - ſter Eberhard fuͤr ſein Haupt zu erkennen, ſondern wurde durch ſeine Landraͤ - the unumſchraͤnkt beherſcht.

Der Ordensmeiſter Eberhard gedachte dem Orden in Preuſſen Luft zu machen, gegen welchen der litthauiſche Grosfuͤrſt Gedimin mit ſeinem Bun - desgenoſſen, dem rußiſchen Grosfuͤrſten Satates, zu Felde lag. Er brach alſo in Rusland ein. Doch dieſe vereinigten Maͤchte beſuchten Liefland indeſſen, da - her Eberhard umkehrte und ſie auch dergeſtalt in die Enge trieb, daß ſie um gut Wetter bitten muſten. Er ruͤckte hierauf wieder in Rusland, und brachtePlescowd)Ere Privilegia, undt ere Fryheet undt Recht wille wy van uns und van de Unſen unthobroken beholden, de unſen Rechten und den Brefwen nehne Vorfang ſyn, da - rup deſſe nye Soͤne gegewen. Tho enem ewigen Gedaͤchtnuͤſſe undt Faſtigheet ſo hebbe wy unſe medh enem Dhele unſe Gebedigere Jngeſegele an den gegenwerdigen Bref gehangen. Broder Emeke Hack de Landmarſchalk, Broder Herman von Neſſen Comter tho Vellyn, Bro - der Reiner Mumme Commendur undt Vagd to Wittenſtehn, Broder Johann Ungnade, Commendur tho Wenden, Broder Goddert van Bentheim, Com - mendur tho Duͤnemuͤnde. Deß undt deſſer Ding ſin ock Tyge andere Gebedegere undt Broͤder medh veel andern thegenwaͤrdigen guden Lyden. Duͤſſe Ding ſind geſchehn, undt deſſe thegenwordige Bref gegewen to Dunemunde des Jahrs nach Bort un - ſes Herren Duſent, Drehundert undt dertig Jahr, des andern Dages der Hochtyd der Hemmelfardh unſe Fruwen. Mit 6 Siegeln. 93Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. Eberhards v. Monheim. Plescow zum Gehorſam, wobey ihm der Graf von Arensborge)Dieſer Graf von Arensborg ſcheint ſich eine Zeitlang in Liefland mit ſeinen Leuten aufgehalten zu haben. Aus dem Synchroniſmus ergiebt ſichs, daß man das Schlos Arensborch auf Oeſel, und die Stadt nach ſeinen Namen genennet, der er auch ſein Wapen, nemlich einen ſilbernen Adler im blauen Felde, verliehen. Jn der Fahne der Provinz Oeſel iſt die Farbe des Feldes zwar jetzo beibehalten, der ſilberne Adler aber in einen dunkelbrauen oder natuͤrlichen verwandelt worden, weil niemand deſſelben Farbe ſicher angeben koͤnnen. mit etlichen1334 preußiſchen Rittern huͤlfliche Hand leiſtete. Die vom Kriege abgemuͤßigte Zeit wandte er aufs Bauen, wie denn unter ihm auſſer dem rigiſchen Schloſſe auch das dobblenſche und mitauiſche in Semgallen zu Stande kam.

Bisher hatte Eſtland noch keinen andern Oberherrn als ſeine Landraͤthe. 1339Nunmehr aber ſchrieb der Kaiſer Ludwig an den preußiſchen Hochmeiſter Dietrich von Aldenburg, daß ſelbiger mit ſeinen Mitbrudern und Untertha - nen das Land und Biſtum Revel und die Provinz Eſtland angreifen, wegneh - men und wieder unter den Gehorſam des Koͤnigs Waldemarsf)Woldemar der IIIte, genant Atterdag, war noch nicht erwehlter Koͤnig in Daͤn - nemark, ob ihn gleich der Kaiſer zum voraus ſo nennet, und ſo nennen konte, weil er als aͤlteſter Prinz der nechſte Kronerbe war. Der Kaiſer nennet den Hochmeiſter Nobilem et Religioſum virum, Ordinis fratrum Theutonicorum Magiſtrum genera - lem, principem ſuum deuotum, und in der Schrift, Deuotionem Tuam, den lief - laͤndiſchen Orden aber nur Religioſos Viros, Magiſtrum Ordinis Theutonicorum in Liuonia, ac eius ſubditos et confratres, doch iſt im Context: Deuotionem veſtram, und fideles deuotos. Die Zeitrechnung der preußiſchen Hochmeiſter bey dem Herrn Praͤp. Kelch S. 119 iſt hieraus zu verbeſſern. in Daͤnne - mark bringen, es auch ohne Wiederſpruch auf kaiſerl. oder koͤnigl. Befehl auslie - fern ſolte, wobey dem Hochmeiſter die Kriegeskoſten erſtattet werden ſolten. An den lieflaͤndiſchdeutſchen Orden ergieng ein anderes Schreiben von gleichem Jnhalt. Das dritte Schreiben, auch an den Orden in Liefland, enthaͤlt den Be - fehl, daß Eſtland, wenn es eingenommen ſey, keinem andern, als dem Koͤnig Waldemar oder dem kaiſerl. erſtgebornen Sohn, dem Marggraf Ludwig von Brandenburg uͤberlaſſen, und deren Gevolmaͤchtigten abgetreten werden ſolle, weil dem letztern die Morgengabe von Seiten ſeiner Gemahlin (conthora - lis) aus Eſtland zukomme, wogegen der Kaiſer nach Vermoͤgen ſeine Erkent - lichkeit verſichert. Alle 3 Briefe hat der Kaiſer zu Frankfurt 3 Tage vor Judi - ca im 25ſten Jahr ſeiner Regierung und im 12ten ſeines Kaiſerthums unter - zeichnet.

Waldemar, erwehlter Koͤnig von Daͤnnemark verſchrieb ſeinem Schwa -1340 ger Ludwig, Marggrafen zu Brandenburg, das ganze Herzogthum Eſt - land, das iſt, das Biſtum, Schlos und Stadt Revel, das Schlos und die Stadt Weſenberg, das Schlos und die Stadt Narva, ſamt den Provinzen Harrien, Wierland und Allentaken mit allen Weichbilden, Vorwerken, Doͤrfern, Lehnguͤtern, Frohndienſten, Weiden, Wieſen, Heuſchlaͤgen, Waͤl - dern, Heiden, Buͤſchen, Aeckern, Gold - Silber - Kupfer - und andern Metal - gruben, die jetzo oder kuͤnftig moͤchten gefunden werden, wie auch allen Wildbah - nen, Waſſern, Fluͤſſen, Muͤhlen, Bruͤchen, Fiſchereien, Zoͤllen, Muͤnzfrei - heit, Steuren und Renten auf immer und ewig; verſpricht auch, ſo bald die koͤ - nigl. Kroͤnung werde vor ſich gegangen ſeyn, in einem feierlichen Briefe ſolchen Handel von neuen zu beſtaͤtigen. Geſchehen zu Spandow am Sontage Oculi. Zugegen waren Sveno Biſchof von Aarhus, Graf Guͤnther von Schwarzburg, Heinrich von Reiſchach Haushofmeiſter, Hr. Joh. von Buch, Stadthalter, Beringer Helo Marſchalk, die Ritter Gerike Wolf, Haſſo der aͤltere von Wedel, nebſt andern glaubwuͤrdigen Maͤnnern.

DerA a94Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1340
251

Der roͤmiſche Kaiſer Ludwig, ertheilte zu Landshut ſeinem Sohn, dem Marggrafen Ludwig, die Volmacht, mit dem deutſchen Orden um das Land zu Ryvel (Revel) zu handeln und zu dingen, am Sontage Laͤtareg)Dieſe in altdeutſcher Sprache aufgeſetzte Volmacht zeiget an, daß der Marggraf Ludwig, vielleicht um der Entlegenheit des Landes willen, mit dem deutſchen Orden, der ſchon auf die Beſetzung und Wegnehmung Eſtlandes Gelder vorgeſchoſſen, einen Kaufhandel einzugehen berechtiget worden; wie denn Menius im Prodrom. S. 10, einen ſolchen Vertrag anfuͤhret, nach welchem der Marggraf dem Hochmeiſter Hein - rich Duſemer, um 6000 Mk. Goldes am Tage Matthaͤi 1341 zu Tangermuͤnde Eſtland abtrit, wogegen der Koͤnig Woldemar das Vorkaufsrecht gebrauchte, und die bedungene Summe ſeinem Schwager auszahlte, wodurch dismal Eſtland wieder an Daͤnnemark zuruͤck fiel. Dieſer letzte Umſtand verdienet bemerket zu werden, weil Daͤnnemark bis 1346 die Regalien gehabt, und man ſonſt aus dieſen verwirten Haͤndeln weder die Jnterimsacten noch die voͤllige Ceßion beurtheilen koͤnte..

Der Erzbiſchof Friedrich ſtarb am paͤpſtl. Hofe zu Avignon; Benedi - ctus der XIIte beſtaͤtigte den bisherigen Biſchof zu Doͤrpt, Engelbert von Dahlenb), in dem rigiſchen Erzbiſtum, welcher aber die rigiſche Luft nicht lange vertragen konte.

Sontags nach Jacobi brachte der revelſche Hauptman, Conrad Pfreen, einen Vergleich zwiſchen der Ritter - und Buͤrgerſchaft wegen gemeinſchaftlicher Heuſchlaͤge, von der See Jerwekuͤlle und Mullen an, bis an die Salzſee zu ſtande. Der Hauptm. Cordt Pfrein, Herm. von Thoys, Otto von Ro - ſen, Bartholom. von Vellyn, Helmich von Zoͤge, Heinr. und Joh. Fahrensbeke, Claus Riſebyter, Barthel von Lechtes, Ritter; Be - rend von Thoys, Robekin von Alven, und Aſſerie von Niehawen, achtbare Maͤnner, haben ſich dabey unterſchrieben. Der Brief iſt von dem Abt Berthold zu Padis am Michaelistage 1383, durchſichtiget und beſtaͤtiget.

Der Ordensmeiſter Eberhard dankte endlich ab, und gieng nach Deutſch - land. Die Ordensritterſchaft verlor an ihm einen tapfern Vorfechter.

Der ſechs und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Burchard von Dreylewena)Horner nennet ihn von Drogeloven; Funck giebt ihm den Vornamen Heinrich. Andre leſen, von 3 Loͤwen. .

1341
254

Er ſuchte gleich nach angetretenem Amt den ſtreifenden Ruſſen durch Anlegung der Schloͤſſer Marienburg und Frauenburg in Liefland den Weg zu verſperren, welches dieſen Nachbarn dergeſtalt empfindlich fiel, daß ſie vor Marienburg ruͤckten, und die Beſatzung mit Schmauch und Dampf zu verjagen trachteten, aber auch 28 Man davor einbuͤſten. Der nachmalige tapfere Comthur, Arnold von Vie - tinghoff, kam mit ihnen endlich zu rechte, weswegen ſie ſich zur Ruhe be - quemten.

Hein -
h)Dieſer Engelbert hielt ſich etliche Jahr vorher als doͤrptiſcher Biſchof in Schwe - den auf. Cranz Sveciae lib. V, c. 28 berichtet, daß ihn die Geiſtlichkeit in Schwe - den mit vielen Ehrenbezeugungen aufgenommen, und weil eben der neue Thronfolger Albert von Meklenburg mit ſeiner Gemahlin Euphemia von der Koͤnigin einge - holet worden, ihn erſuchet die hohe Meſſe zu halten, und die koͤnigl. Salbung und Kroͤnung zu verrichten, woruͤber alle Anweſende ihre Freude bezeuget haͤtten.
h)95Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Buchards v. Dreylewen.

Heinrich, Biſchof von Oeſel, verſtattete allen Schiffen in den Haͤfen ſei -1341 ner Dioͤces die Zolfreiheit, und die Erlaubnis am nechſten Ufer zur Ausbeſſe - rung der Schiffe Holz zu ſchlagen. Alle geſtrandete Guͤter, ſo innerhalb Jah - resfriſt abgefordert werden, kommen ohne Vorbehalt an die rechtmaͤßigen Erben.

Die Herren von Scherenbeck ſetzten am 28ſten May in Beiſeyn des Wapners, Herman Risbyters, dem Abt Nieolaus zu Padis die Doͤrfer Puggete und Yarnſelle zu Grenzen ſeines Kloſters an, von welchem Briefe der Anfang merkwuͤrdig ſcheinet, wenn ſich dieſe Grenzrichter Nos Chriſtianus, mi - les, et Willekinus armiger, fratres Domini de Scherenbecke ſchreiben. Es ge - ſchiehet darin Erwehnung eines Grabens Lambivaha cayvanda, eines Hofes Taghe, eines Orts Tycderden Mecke kako, einer See Karjawomees und eines Schloſſes Lepoyo.

1343
255

Freitags vor Mariaͤ Geburt fertigte Koͤnig Magnus von Schweden und Norwegen die eſtlaͤndiſchen Abgeordneten Joh. von Wieder, Hein - rich von Loden und Heinrich Lucasb)Der Herr Mannrichter von Lode lieſet die Namen aus dem Originalbriefe anders: die edlen Maͤnner Joh. von Weiden, Hinrich Lode und Hinrich Lykes, Wa - pentraͤger und vornehmer Rathsherr zu Revel. , Wapentraͤger, und von Seiten der Stadt Wennemar Kahtern zu Revel, mit einer Amneſtie wegen dem was zwiſchen ſeiner Stadt Wieborg und der koͤnigl. Stadt Reval vorgegangen, zuruͤck, und verlangte dagegen, daß, wenn die Revelſchen und Wiburgiſchen mit einander Haͤndel haͤtten, jeder Partey in des andern Lande innerhalb Monats - friſt Recht verſchaffet werden moͤchte.

Dieſes und das folgende Jahr iſt wegen des algemeinen Baurentumults recht denkwuͤrdig. Die Bauren in Harrien machten den Anfang, und erſchlu - gen in der St. Juͤrgens Nacht uͤber 1800 daͤniſche und deutſche Herren. Die Bauerſchaft in der Wyck und in Wirland folgten dieſem ungluͤcklichen Beiſpiel nach, und ermordeten ohne Unterſchied des Alters und Geſchlechs alles, was nur einen deutſchen Othem hatte. Manche entſprungen noch, und fluͤch - teten nackend und blos nach Revel oder Weiſſenſtein, wo ſie unterwegens zum Theil vor Hunger ſturben. Jm Kloſter Padis wurden allein 28 Moͤnche ge - toͤdtet. Die oeſelſchen Bauren machten ſich um Jacobi mit uͤber ihre Her - ſchaften her, und ſchlugen erſt alle Auslaͤnder todt, und darauf auch den Or - densvogt, ſamt allen Kloſtermoͤnchen zu Peude, denen ſie in der Belagerung zwar freien Abzug verſprochen hatten, ihr Wort aber als Barbaren hielten. Sie vereinigten ſich hierauf mit denen in der Wyck, wo ſie etliche vor Hapſal ruͤcken lieſſen, den Biſchof mit ſeinen Leuten einzuſperren. Die andern zogen weiter und brachten unterwegens einen Schwarm von etwa 10000 Man zuſammen, die das Schlos Revel umringten, und durch eine Botſchaft den Biſchoͤfen zu Abo und Wiborg verſicherten, die Stadt den Schweden in die Haͤnde zu ſpielen, wenn ſie ihnen Huͤlfsvoͤlker zuſchicken wolten. Der Ordensmeiſter Burchard eilte hierauf zum Entſatz herbey, zerſtreute dieſes aufruͤrige Geſindel, von denen die wenigſten ihre Heimat wieder zu ſehen bekamen, ob ſie gleich angeloben lieſſen, dem lieflaͤndiſchen Orden ſich gutwillig zu ergeben, wenn ſie nur nicht Sclaven der Edelleute ſeyn duͤrftenc)Horner berichtet, daß zu dieſem algemeinen Baurenkriege der Comthur zu Vellyn Anlas gegeben. Die Bauren ſelbſt ſuchten dieſen Aufſtand mit den unbarmherzigen Auflagen des Adels zu beſchoͤnigen, davon Cranz Vandal. lib. XIII, c. 21, nachzuleſen. Venator beſchuldiget Cranzen der Parteilichkeit, als ob er gegen den Orden einen Grol gefaſt, und keine Gelegenheit vorbeigelaſſen, den Bruͤdern der Ritterſchaft eins anzubringen. Wenn die mehreſten Stimmen gelten, ſo iſt freilich dieſen zur Verzwei - felung gebrachten Bauren zu viel geſchehen. S. Nic. Leutinger de March. Bran - denb. l. III, p. 54. Oernhielm ſchrieb noch im vorigen Jahrhundert, daß man die Bauren zur ewigen Arbeit unaufhoͤrlich verdamme und ſie wie die Hunde halte. Ein -A a 2hei -. Er legte alſo Goswinen von Herike nebſt etlichenRittern96Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1343Rittern und Kriegesleuten in das revelſche Schlos zur Beſatzung, und machte auf ſeinem Ruͤckzuge dem in Hapſal belagerten Biſchof Luft, durch welche Ret - tung Burchard dem deutſchen Orden die Zuneigung der Eſtlaͤnder zu wege brachte. Als indeſſen die finniſchen Schuͤten in den revelſchen Hafen einliefen, die Stadt in Empfang zu nehmen, ſo war niemand mehr da, der ihnen die Reiſe bezahlte. Denn die Raͤdelsfuͤhrer waren ſchon nach Verdienſt belohnet, die Entwiſchten aber ſtacken in den Waͤldern und Moraͤſten verborgen, wo ſie ih - ren Hunger mit Wurzeln und Baumrinden ſtilten, weil keiner ſich auf oͤffentli - cher Straſſe zeigen durfte. Das ganze Protocol von dieſem Baurenkriege iſt im Brande zu Stockholm drauf gegangen.

1344
257

Bey dieſem Lerm der abtruͤnnigen Bauerſchaft ſahe ſich Eſtland nicht mehr im Stande ſich ohne Schutzherren zu behelfen. Alſo traten Joh. von Sorſe - vere, Herm. von Thoys, Otto von Roſen, Heinr. und Joh. von Fah - rensbeck, Heinr. von Wirks, Heinr. von Lode, Dietr. Toltz, Ritter, Joh. von Mekes, Joh. Wacke, Robert von Alwen, Chriſtian von Scharenbecke, Aſſverus von Neuenhoff, Tilo von Sorſevere Hinr. von Bikirhovede, Wapener und Raͤthe des Koͤnigs und der Krone Daͤnne - mark, wie auch Heinr. Lechtes, Joh. von Fahrensbeke, Bernhard von Thoreyde, Heinemann Risbyter, Lippold von Aydes nebſt allen koͤ - nigl. Vaſallen, zuſammen, und unterzeichneten zu Revel am Tage vor Chriſti Himmelfart einen Vertrag, laut deſſen ſie dem Ordensmeiſter Revel und We - ſenberg zur Vormundſchaft uͤbergeben, um dieſe Plaͤtze der Krone Daͤnne - mark zum Beſten zu erhalten. Sie berufen ſich auf ihr gut Gewiſſen, und be - zeugen bey dem Worte der Warheit daß ſie hiebey im geringſten nicht gewilliget ſeyn, Daͤnnemark nachtheilig zu fallen, ſondern daß ſie es nur darum thun, damit das Land nicht auf ewig Daͤnnemark entriſſen werde. Wenn ſie es einhellig wiederfordern, ſol es der Orden in Monatsfriſt wieder raͤumen. Heinrich von Bikshoͤveden, die Ritterſchaft und revelſchen Buͤrgermeiſter wiederholen dieſes am Tage vor Simonis und Judaͤ noch einmal, und bezeugen zugleich, daß ſie nach dieſer entſetzlichen Empoͤrung, von der ſie allein uͤbrig geblieben, und durch welche die Neubekehrten im Glauben wankend geworden, aus Noth ſich an den Ordensmeiſter in Liefland gewand, und obbeſagte Laͤnder ihm in Schutz gegeben.

Dem Koͤnig von Daͤnnemark war mit dieſer fremden Beſatzung in Revel wenig gedienet. Er ſchrieb daher am Johannistage dem Orden in Liefland, daß er ſich zwar fuͤr ihre Treue und Gehorſam bedanke, die ſie jederzeit ihm und ſeinen Vorfahren erwieſen, insbeſondere daß ſie in der groſſen Gefahr ſeine Schloͤſſer in Schutz genommen; aber weil ſie oft verſichert, auf das erſte Erfor - dern dem Koͤnig ſie wieder auszuliefern, ſo ſchicke er ſeinen Rath und Ritter Hr. Stigot Anderſſon als Stathalter nach Revel, in deſſen Haͤnde die Ueberga - be geſchehen ſolle. Geſchrieben zu Aalburgd)Jn Eſtland kam dieſes Schreiben in keine ſonderliche Betrachtung, und weil keine Flotte mit Huͤlfsvoͤlkern nachkam, muſten die eſtlaͤndiſchen Raͤthe auch Narva den Lieflaͤndern verpfaͤnden. Alſo lies Daͤnnemark ſeine Vaſallen im Stiche, der Or - den aber machte ſich durch behende und nachbarliche Huͤlfe immer mehr bey ihnen be - liebter. Die Ausdruͤcke im Schlus des koͤnigl. Briefes ſcheinen wol nicht nach dem Geſchmack der Lieflaͤnder zu ſeyn. Sie lauten alſo: Tenemini etiam familiarius et vltra alios nobis et coronae Dacianae fidelitatis obſequia impendere, ad quod vos inducat non ſolum veſtra praeexperta fidelitas, verum etiam debita nobis reuerentia. Eſtis enim ad hoc nobis, ſi vultis advertere, obligati. Ohne Zweifel zielte Wolde - mar auf den Beiſtand, welchen die Lieflaͤnder von ſeinen Vorfahren zur Bezwin - gung des Landes genoſſen, und verweiſet ſie zu einer dankbarlichen Erkentlichkeit..

Nichts
c)heimiſche Geſchichtſchreiber ſind hier nicht einmal anzufuͤhren, weil Ruſſov noch viel zu verantworten hat. GOtt lob! daß in unſern Tagen ein ſo ſchmaͤlicher Vorwurf Liefland nicht treffen kan.
c)97Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Burchards v. Dreylewen.

Nichts deſto weniger ſahen ſich obgenante eſtlaͤndiſche Raͤthe gedrungen,1345 auch das Schlos Narva gegen ein Darlehn von 1423 Mark rigiſchen Silbers dem lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter zu verſchreiben. Weil die unglaͤubigen und abtruͤnnigen Eſten ihren Verwandten und Blutsfreunden unmenſchliche Marter angethan, und ihre Guͤter und faſt ganz Harrien verwuͤſtet, ihre Kraͤfte aber zum Widerſtande nicht zureichen, und noch mehr Unruhe zu befuͤrchten ſeyn duͤrfte; ſo behaͤlt der Orden das Schlos 1 Jahr in Verwahrung fuͤr den Koͤnig von Daͤnnemark. Bleibet die Zahlung aus, ſo erſcheinen die Unterſchriebenen in Vellin und machen da Richtigkeit, ſtehen aber fuͤr keine Ausbeſſerungskoſten. Gezeichnet in Revel am Tage Pauli Bekehrung.

Dieſes alles noͤthigte Woldemarn in eigner Perſon nach Eſtland aufzu - brechene)Ob gleich beim Huitfeld S. 494, Pontanus S. 474 und Meurſius lib. 4, die koͤ - nigl. Urkunden um ein Jahr ſpaͤter unterzeichnet ſind, ſo beweiſet doch Hiaͤrne aus den einheimiſchen Briefſchaften von 1345 den koͤnigl. Aufenthalt in Revel. Jn der einen belehnet Woldemar einen Herrn Woldemar von Roſen, nebſt deſſen Soͤhnen und Sohnsſohn, mit unterſchiedenen Hoͤfen und Dorfſchaften in Harrien, Wierland und Allentaken; wobey Stigot Anderſon als Ritter, Rath und Hauptman uͤber Eſt - land zum Zeugen angefuͤhret wird. Der Koͤnig tituliret ſie perdilecti Domini et milties. Der andre Brief, in welchem er dem Biſchof Olaus den Hof Kilpaner verkauft, iſt vom 2ten Jenner 1346, 8 Tage nach Joh. des Evangel. und Apoſtels; und der dritte, worin er der revelſchen Domkirche zu ſeiner, ſeiner lieben Helwig und ſeiner Vor - fahren Seligkeit die Kirche St. Simon und Judaͤ in Karkuͤl einverleibet, vom 2ten May, Tages nach Philippi und Jacobi. Alle 3 Briefe ſind zu Revel unterzeichnet; der 4te aber ſchon zu Rotſchild auf Urbani, d. i. am 25ſten May 1346, als der Koͤnig ſchon wieder in ſeinen Erblaͤndern angelanget, in welchem er das Jus patrona - tus uͤber 2 revelſche Pfarkirchen dem Domkapitel zu Revel ſchenkt, damit der Bi - ſchof jaͤhrlich fuͤr ihn, ſeine Gemahlin Helwig, und ſeine Vorfahren 2 Seelmeſſen halten und Spende austheilen ſollen., und ſeine Unterthanen durch ſeine Gegenwart zu troͤſten, wo er auch den Winter uͤber zubrachte, die Einkuͤnfte des Kapitels vergroͤſſerte, Kirchen und Kapellen anlegte, den Staͤdten ihre Priviligien beſtaͤtigte und auf dem Schloſſe zu Revel die Kirche unſrer lieben Frauen ſtiftete. Er ſorgte auch fuͤr die Stadt Narva, und gab ihrer Kirche, die wenig Einkuͤnfte hatte, und von den Ruſ - ſen etliche mal abgebrant worden, am Mariaͤreinigungstage in Stigot An - derſons Gegenwart den Gnadenbrief, daß der Oberrichter (Advocatus) oder Befelshaber, den Pfarrherrn, nebſt ſeinem Kapellan und Scholaren an ſeinen Tiſch nehmen, ihnen alle Jahr einen Rock von ſchoͤnem Tuche, alle 2 Jahr einen Prie - ſterrock nebſt andern Nothwendigkeiten, wie auch Heu und Haber auf 2 Pferde zum Beſuch der Neubekehrten geben, und ihnen bey koͤnigl. Ungnade nichts davon abbrechen ſolle. Das daran befindliche Siegel iſt in weiſſem Wachs in einer waͤch - ſernen Kapſel (preſſula), und ſtelt auf einer Seite den Koͤnig auf dem Thron mit dem Scepter und Reichsapfel ſitzend vor, mit der Umſchrift: Woldemarus Dei G. Danorum Slavorumque Rex et Dux Eſtoniæ. Auf der andern Seite ſtehen 3 Leoparden, einer groͤſſer als der andre; am Rande lieſet man: Clypeus Woldemari, D. Sq; R. et D. E.

Die narviſche Buͤrgerſchaftf)Den erſten Gnadenbrief fuͤr die narviſche Kirche hat der revelſche Dechant Hein - rich von Beke 1425 vom Biſchof Heinrich in Abſchrift nehmen laſſen, und zwar auf Anſuchen Herrn Heinrich Bremers, Pfarrherrn und Rectors zu Narva, der ihn dem Ordensmeiſter vorzuweiſen hatte, und beſorgte, er duͤrfte einmal von Handen kommen. Den andern fuͤr die Stadt Narva haben die Herren Buͤrgermeiſter in Re - vel 1365 am ſechſten Tage vor Petri und Pauli mit ihrem Stadtſiegel erneuert. Bei - de aber beweiſen das Daſeyn des Koͤnigs in dieſem Jahre. nahm er am Tage Jacobi gleichfals in ſeinen genauern Schutz, beſtaͤtigte ihre von ſeinem Grosvater Erich erhaltene Vorrechte, ſo wie ſeine revelſchen Buͤrger ſich derſelben frey bedienet, ſchuͤtzte ſiebeyB b98Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1345bey ihren Grenzen, Aeckern, Wieſen, Heuſchlaͤgen, Holzungen, Waſſern und Fiſchfang ober - und unterhalb des Schloſſes, vornemlich bey dem Verkauf der Aale. Kein Kaufman darf uͤber dem Waſſer Lauke Handel treiben, wenn er ſich nicht unter den Schutz der Krone und der Stadt begiebt. Solte die Stadt von den Ruſſen zerſtoͤret werden, ſo begeben ſich die Einwohner nach dem Schloſſe, bauen ſich da Buden und Haͤuſer auf, und handeln ſo lange auſſerhalb der Stadt nach aller Freiheit, worinne ſie kein koͤnigl. Richter ſtoͤren ſol. Beide Briefe hat der Koͤnig zu Revel unterzeichnet.

Die harriſchen und doͤrptiſchen Bauren ſaſſen noch nicht ſtille, ſondern hetzten die Ruſſen auf, denen Burchard bey Odenpeh nach einem ziemlichen Verluſt den Weg verlegte, dabey aber nebſt einigen Rittern den tapfern Joh. von Loͤwenwolde einbuͤſte. Die Bauren machten hierauf einen Anſchlag Vel - lin zu uͤberrumpeln, und da ſie am Thomasabend ihre Gebuͤren abtragen ſolten, ſo ſteckten ſie in jeden Kornſack einen vierſchroͤtigen verwegenen Kerl. Doch ein altes Muͤttergen, die ihren Sohn gern verſchonet wiſſen wolte, entdeckte dem Comthur den ganzen Handel, bat fuͤr ſein Leben, und gab das Zeichen an, in welchem Sacke der Junge laͤge. Die Deutſchen hielten ſich indeſſen bereit, die - ſe lebendige Gebuͤren mit langen Spieſſen auszumeſſen, wodurch den uͤbrigen der Kitzel vergieng, die vor der deutſchen Heimſuchung gern in die Erde gekrochen waͤren. Doch dieſes half nichts, das Joch wurde ſchwerer und die Reihe kam nun auch an die oͤſelſchen Bauren. Die Ordensvoͤlker ſchlugen ihr Lager zu Karris auf, durchſtreiften die Jnſel, und muſten bey 9000 uͤber die Klinge ſprin - gen. Jhr abgenommenes Gewehr ward nach Leal gebracht. Diejenigen ſo um Leben ihr baten, muſten ſich ſelbſt zur Strafe das Schlos Sonneburgg)Nun wuͤſten wir alſo, daß Suͤhneburg, Suͤnneburg, oder ietzo Sonneburg ſeinen Namen von Soͤhnen oder Verſoͤnen haͤtte, wie es auch Oernhielm S. 83 er - klaͤret, wenn es nicht warſcheinlicher heraus kaͤme, daß ſowol der alte als neue Name von Sonne herzuleiten waͤre, und man ja ſowol ein Schlos Sonneburg auf Oeſel, als in Deutſchland bauen koͤnnen, wie gar viele Geſchlechter ihrem Gute einen deutſchen Namen gegeben, welchen das Stamgut in Deutſchland gefuͤhret. Herr Buͤrgerm. Neuſtaͤdt erzehlet uns von der Urſache dieſes Baues ein ander Hiſtoͤrchen. Die oeſelſchen Bauren wolten ihren Strand bereichern, und einen von den Daͤnen geſetz - ten hoͤlzernen Feuerthurm in die See ziehen. Der Anſpan war wunderlich. Sie hat - ten ein groſſes Tau um die Spitze des Thurms herum geſchlungen, unten aber einen Haufen Ochſen mit den Hoͤrnern daran geſchnuͤret. Da die voͤrderſten Ochſen anzie - hen, werden die hinterſten empor gehoben, bis endlich die Bauren riefen, Oteh, Oteh, Jſſa, haͤrged laͤhhewad taewaſſe, das iſt: Halt, halt! Vater, die Och - ſen gehn gen Himmel. Und zur Strafe baueten ſie Suͤhneburg. Heutiges Tages ſind auſſer einigen dunkeln und engen Kellergaͤngen und einem faſt der Erde gleichen kleinem Wall kaum noch die Spuren eines Schloſſes davon uͤbrig. Dieſe letzte An - merkung iſt noͤthiger, um der neuen Geographie willen, da dieſes Sonneburg noch immer eine ziemliche Stadt oder ein treflich Schlos heiſſet. zum Kapzaum aufbauen.

Der Abt Nicolaus zu Padis verkaufte an Peter Roͤver, Harald Roͤdeger, Hinko Rudolph, Haquin Chriſtiani, Simon Clementis und ihre rechte Erben die Jnſel Daghoe nach ſchwaͤbiſchem Rechte um 34 Mark Silber, doch behaͤlt ſich das Kloſter das Recht Bandholz zu faͤllen, allein vor. Fuͤnf Tage nach Cantate.

Die Litthauer und Samogiten verſalzten dem Orden dieſe Freude. Dieſes unruhige Volk fiel gegen die Faſtenzeit in Semgallien ein, eroberten nach vielen Grauſamkeiten das Schlos Tarweten am Sontage Reminiſcere, ermordeten darin 7 Ritter nebſt einer Beſatzung von 160 Man. Von da zogen ſie vor Mitau, nahmen die Vorburg weg, ſteckten die Palliſaden in Brand, davon das Schlos Feuer fieng, daß 600 Man nebſt manchem braven Ritter im Rauche erſtickten. Sie zogen neben Riga vorbey, beſetzten Neuermuͤhlen,giengen99Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike. giengen auf Segewolde zu, ſchliefen 2 Naͤchte zu Walck, und ſchlepten uͤber1345 1200 Menſchen mit Vieh und Guͤtern in die Gefangenſchaftb)Eines Ungenanten handſchriftliche lettiſche Chronik meldet hier, daß die Litthauer jenſeit der Duͤne eine Muͤhle pluͤndern wollen, allein ſie haͤtten, der umliegenden Mauer wegen, beim Gerenne einkriechen muͤſſen. Die Beckerknechte haͤtten mit groſſen Muͤhl - aͤxten einen nach den andern in der Stille bewilkommet, bis ſie ihrer an die 70 derge - ſtalt hingerichtet, da endlich das mit Blut gefaͤrbte Waſſer den andern ſchnelle Fuͤſſe gemacht, wofuͤr dieſe Geſellen im Dom eine ſchoͤne Freiheit erlanget, die aber mit der Zeit wieder eingegangen. Es war inzwiſchen ein Eigenſin von dem preußiſchen Hochmeiſter Ludolph Koͤnig, daß er in Litthauen einfiel, um den Lieflaͤndern Luft zu machen, da er doch den Feinden gerade uͤber die Duͤne haͤtte folgen ſollen. Ueber dieſen unzeitigen Einfal trenten ſich die Koͤnige Ludwig von Ungern, Jo - han von Boͤhmen und mehrere deutſche Fuͤrſten mit ihren Huͤlfsvoͤlkern von den Ordensvoͤlkern. Koͤnig erkante ſein Verſehen auf der Engelsburg in Rom, wo er einen hoͤflichen Arreſt hatte, zu ſpaͤt, und verfiel in eine ſtarke Tiefſinnigkeit. Siehe Hartknochs Altes und Neues Preuſſen S. 302. Doch der Hochmeiſter Hinrich Duſemer bezahlte dieſen Streich den Litthauern in ihrem Lande ſo nachdruͤcklich, daß ſie auf eine gute Zeit damit zufrieden ſeyn konten..

Die eſtniſche Ritterſchaft in Harrien und Wierland machte am 5ten1346 Tage nach Quaſimodogeniti mit den revelſchen den Vergleich, daß wer auf ſeine Einkuͤnfte 10 Mark Silber ſchuldig ſey, einen Haken Landes nebſt den dazu gehoͤrigen Pferden und Ochſen zum Pfande verſchreiben muͤſſe. Der Ritter und Statthalter Stigot Anderſon, die Ritter Heinrich Lode, Heinr. Lechtes, Diedr. Tolck, Chriſtian Scharenbeke, Gottfr. von Fahrensbeke, die koͤnigl. Raͤthe Joh. Mekes, Joh. Wakke, Diedr. Wirks, Heinr. Ha - veſforde, Aſſverus von Neuem Hofe, Tidemann Kele, Herm. Ris - byter, Joh. Wolderſo, Hartekin Kirkotoy, Odward Sorſevere, Nicl. Minnekrop, und Didrich Wrangel, der Vogt, die Buͤrgermeiſter und Rathsherren der Stadt Revel, Herm. Moremann, Reineking Ko - wel und Wennemar Hollogher haben ſich unterſchrieben. Der Koͤnig Wol - demar beſtaͤtigte nachher dieſen Vertrag. Nach des Herrn von Lode Zeugnis liegt dieſe Urkunde mit dem koͤnigl. Jnſiegel in dem revelſchen Stadtarchiv. Jn dieſem Jahr gieng der Ordensmeiſter mit Tode ab, und folgte ihm

Der ſieben und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen Ordens, Goßwin von Herikea).

Seine erſte Unternehmung war, daß er dem preußiſchen Orden Huͤlfs -1347 voͤlker zufuͤhrte und in Litthauen einbrach. Der litthauiſche Grosfuͤrſt Olgerd, Gedimins Sohn ruͤckte unter Beiſtand der Ruſſen von Smolensko, Polocz und Witepski auch ins Feld, wo es am 2ten Febr. zum Treffen kam, in welchem der Orden ſiegte, und nach Auſſage der preußiſchen Geſchichtſchreiber 22000 Feinde erlegte, welche Zahl Michov auf 18000, Guagnini aber auf 10000 herunter ſetzet. DenB b 2Sa -c)Chytraͤus nennet ihn von Erk; Horner, Dasquin von Erke, die eine Hand - ſchrift von den Herrmeiſtern, Goswien von Eveke; die andere, Goswien von Ecke; Kelch, von Eich; andre, von Erch. Der Herr Landrath von Ceumern verwech - ſelt ihn aus Verſehen mit einem ganz andern Ordensmeiſter Robin von Eltzen, welcher ſpaͤter regierte. Etliche Abſchriften haben Flerike, welches aber den Urſchriften zu - wider iſt, wo ein deutliches h ſtehet.100Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1347Samogiten wurden die Veſtungen Kylabeſyne, Dobbeſyne und Ze - la zerſtoͤret.

Jm Sommer zog der Koͤnig von Daͤnnemark Woldemar der IIIte uͤber Luͤbeck nach Preuſſen, um einen Zug gegen die unglaͤubigen Litthauer zu thun, fand aber den Krieg ſchon beigeleget. Er gieng hierauf nach dem gelobten Lande, zu welcher Walfarth er einen ſtarken Reiſepfennig brauchte. Er brachte daher mit Einwilligung ſeiner Getreuen die ſchon laͤngſt entworfene Acte zu Stan - de, in welcher er dem Hochmeiſter Henrich Duſemer das ganze Herzogthum Eſtland mit allen Zubehoͤrigen und Einkuͤnften um 19000 Mark reines Silbers coͤlniſchen Gewichts kaͤuflich uͤberlaͤſt, und den Unterthanen entdecket, daß ſein aͤlteſter Bruder, Junker Otto, um ſeiner Seelen Seligkeit willen, und um ſich GOtt zu opfern und zu heiligen, in den deutſchen Orden zu treten ſich ent - ſchloſſen habe. Der Ritter Stigot Anderſſon, Hauptman des Landes Re - vel, und Friedrich von Lochen, geweſener Marſchal, haben als Zeugen ihr Siegel beigedruckt. Geſchehen zu Marienburg am Tage der Enthauptung Johannis des Taͤufers, durch Veranſtaltung des wartinsborgiſchen Kirch - herrns Hinrich Luneborchs, ſeines Kanzlers, der Ritter Hinrich Lode von Lechtis, Goedekens von Fahrensbeck, des Wapeners, Thilo Soerſe - vers, Arnolds von Coͤlln und Wieckenhauſen und vieler andrer Wuͤr - digen des Glaubens. Der Papſt Clemens der VIIte beſtaͤtigte den Kauf noch in demſelben Jahr, der Hochmeiſter lies aber Eſtland gar bald wieder an Goswin von Heriken kaͤuflich uͤber, der auch des vorigen Ordensmeiſters ſeinen Vetter, Burchard von Dreylewen, zum Comthur auf Revel verordnete. Die Beſitznehmung des Ordens geſchahe am Tage Aller Heiligen, und das daͤni - ſche Regiment uͤber Eſtland, ſo von Waldemar dem IIten bis Woldemar dem IIIten beherrſchet worden, nahm ſolcher geſtalt ſein Endeb)Dieſe Verhandlung des Landes, an welcher lange gekuͤnſtelt worden, gieng nun auf einmal vor ſich, ob ſie gleich den koͤnigl. Verſiegelungen und dem Eide der Ritterſchaft entgegen lief, ihr auch Anno 1300 und 1329 von den Eſtlaͤndern vorgebeuget worden war. Jn der Jahrzahl und in dem Preiſe weichen unſre Verfaſſer von einander ab. Huitfeld datiret ſeine Urkunde von 1346 zu Marienburg, und redet von 19000 Pf. loͤthigen Silbers, da Pontanus und andre nur 18000 angeben. Menius redet von 30000 Mark Goldes, die er endlich bis auf 19000 behandelt. Hiaͤrne datiret den Kauf - brief zu Koͤnigsberg 1346, und wil auch Abſchriften davon geſehen haben. Jn der daͤniſchen Urkunde in welcher Waldemar an ſaͤmtliche Raͤthe, Hauptleute, Man - ſchaft und Unterthanen des Herzogthums Eſtland berichtet, daß ſein allerliebſter Bru - der, der Junker Otto, in den deutſchen Orden getreten, und der Koͤnig Eſtland mit allen ſeinen Schloͤſſern, Staͤdten und Doͤrfern dem Orden zugeſaget, weswegen alle dem Hochmeiſter huldigen und Gehorſam leiſten, ihres Eides aber gegen den Koͤnig entledigt ſeyn ſollen, mus wol ſtat ⅽⅼↄⅽⅽⅽXLIV ⅽⅼↄⅽⅽⅽXLVI geleſen werden. Dieſer Brief iſt gegeben am Tage Mariaͤ Himmelfart zu Copenhagen (Hafenis, aus wel - chen lateiniſchen Worte die Geſchichtſchreiber uns ich weis nicht was fuͤr ein Hufeis machen). Die daͤniſchen Schriftſteller finden groſſe Bedenklichkeiten darin, daß kein koͤnigl. Rath als nur Stigot Anderſon unterſchrieben; ja ſie ſtellen ſich an, als ha - be die Krone Daͤnnemark von dieſem Handel nichts gewuſt, bis der polniſche Ge - ſandte auf dem ſtettiniſchen Friedensſchluſſe 1570 die Acte zuerſt ans Licht gebracht, davon uns Huitfeld eine Abſchrift in daͤniſcher Sprache liefert. Da der beruͤhmte Herr Baron von Holberg in ſeiner daͤniſchen Reichshiſtorie es ebenfals bey der Er - zehlung des Huitfeld und Pontanus bewenden laſſen; ſo wollen wir aus den geſam - ten Briefſchaften einen kurzen Auszug ertheilen, und zwar nach ſolchen Abſchriften, die am 27ſten April 1697 mit der im ſchwediſchen Archiv befindlichen Urſchrift getreu - lich verglichen worden. Es ſind aber noch folgende davon vorhanden. 1. Ein Schenkungs-Verkauf, Uebergebungs - und Abſagebrief am Matthiastage 1346 zu Tangermuͤnde. Ludwig, Marggraf zu Brandenburg und der Laus - nitz, Pfalzgraf am Rhein, von Bayern und Caͤrnthen Herzog, Graf von Tyrol und Goͤrz, Vogt der brixiſchen, aquilejiſchen und tridentiniſchen Kirchen, desh. R..

Tuſmer101Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike.

Tuſmer beſtaͤtigte alle daͤniſche Privilegien ingleichen das Succeßionsrecht1347 fuͤr die Fraͤuleins in Eſtland, nach deren Abgang die Guͤter erſt an den Ordenfallen.b)h. R. Erzkaͤmmerer, ꝛc. uͤbertraͤget dem Hochmeiſter Heinrich Tusmer und ſeinen Ordensbruͤdern ganz unwiederruflich das Herzogthum Arrien oder Eſtland, das Schlos und die Stadt Revel, nebſt den Rechten aufs Stift; das Schlos und die Stadt Weſenberg, alle Weichbilde, Vorwerke ꝛc. um 6000 Mk. rein Silber coͤl - niſches Gewichts, wenn es auch nachher mehr gelten ſolte. Als Zeugen ſind ange - fuͤhret Joh. Burggraf von Nuͤrnberg, Albert von Wulfrein, Friedrich von Lochen, Wilhelm von Predt, Schenke, Bernger Helo Marſchak, und andre. 2. Dergleichen vom Koͤnig Woldemar am Tage Johannis Enthauptung 1346 zu Marienburg. Der Koͤnig rechnet die Stadt und das Schlos Narva mit zu Eſtland, und verkauft es um 19000 Mk. Dieſer Brief iſt lateiniſch geſchrieben, und Huitfeld hat ihn ins Daͤniſche uͤberſetzet, unterzeichnet ihn aber vom Johannis - tage. 3. Waldemars Quitung ſo er zu Rotſchild 1346 am Tage der 11000 Jungfern an den Hochmeiſter Tusmer auf 200 Mk. Coͤlniſch, die er durch Otto Schenck Herrn von Schenkendorf empfangen, ausgefertiget. 4. Stigots Contract mit Tusmern, zu Wittenſtein 1346 am Tage Aller Heili - gen, welcher in Begleitung des Ritters Friderich von Lochen den Kaufhandel mit Tusmern zum Schluſſe bringet, daß auf nechſtkommenden Johannis das Geld zu Luͤbeck ohne weitern Anſtand geliefert, und jede Mark mit 45 Schillingen (Solidis) in guͤltigen Groſchen bezahlet, in deren Ermangelung aber mit fuͤnf und einen halbem Fl. die gebe ſeyn (datiuos), oder an deren ſtatt mit vier und einem halben Goldſtuͤcke (ſcu - tatos ſeu clypeos aureos) jede Mark entrichtet werde: doch werden durchaus keine luͤ - biſche Florenen angenommen. 5. Ein Schein, womit Sigfrid von Bruͤgge (de Ponte), Bertram Hoy - deby, Heinrich Pape und, Niclaus Schencke, Buͤrgermeiſter der Stadt Luͤ - beck bezeugen, daß der Hochmeiſter Tusmer durch den Bruder Heinrich von Rech - ter, Vicecomtur zu Danzig, Bruder Adam, Comtur von Wismar, und Bru - der Ludolph Hacke, Comtur des Schloſſes Buͤcowe, an den daͤniſchen Kanzler Heinrich von Luͤneburg an ſtat 1100 Mk. coͤlniſches Gewichts 6050 Florenen nach vollem Gewichte bezahlet habe: zu Luͤbeck 3 Tage vor Thomaͤ. Am Tage vor Petri und Pauli aber quitiret der Koͤnig den Preuſſen und Lieflaͤndern auf 6000 Mark, die an Gold und Silber ausgezahlt worden, und welche er in dem Hauſe der luͤbiſchen Buͤrgermeiſter durch ſeine Gevolmaͤchtigten von Diedrich von Stocken Comtur in Vellyn, und Heinrich Morneweck, Comtur in Segewalde, zu ſei - nem Gebrauch heben laſſen. Ein gleiches bezeugen der Proconſul Heinrich Pape und Herman von Wichede, daß das Silber mit luͤbiſchen Schillingen, das Gold aber in flaͤmiſchen Florenen ausgezahlet worden; am Sontage vor Margarethen. 6. Eine Quitung, welche der Marggraf Ludwig von Brandenburg an Tus - mern uͤber 6000 Mark ausſtellet, die an Wolfart von Saxenhofen und Ber - thold von Ebenhuſen, des Marggrafs Kuͤchenmeiſter, abgetragen ſeyn. Marien - burg 1347 am Tage Priſcaͤ. 7. Eine andere, nach welcher Tusmer an des Koͤnigs Kapellan, Heinrich von Luͤneburg, und an den Waffentraͤger Nicolaus Hane 3000 weniger 100 Mark ausgezahlet, Marienburg am 3ten Tage nach Eſto mihi 1247; auf welchem Schloſſe der Ritter Frider. von Lochen ſchon 2 Tage nach Reminiſcere fuͤr ſeinen Koͤnig 900 Mark und uͤber dem 1000 goldene Florenen laut Quitung empfangen. 8. Ein Auftrag, Marienburg in der Frohnleichnamsoctave 1347, da Goswin von Herike von Tusmern die Verſchreibung des Landes Revel erhaͤlt, im Beiſeyn der Comture Joh. von Weddin zu Vellin, Arnolds von Vitinghove zu Gol - dingen, Willeken von Yſtede zu Duͤnemuͤnde und Herman Gudakers zu Per - nau. So bald der Orden in Preuſſen es zuruͤcke haben wil, mus ſelbiger 20000 Mark bezahlen. Wolfram von Nellenburg Gebietiger in Deutſchland hat es mit beſiegelt. 9. Des Koͤnigs Waldemar Bericht an den Papſt Clemens den VIten, am Jo - hannistage 1347 aus Copenhagen (Haffnis), in welchem zur Urſach dieſes Verkaufs das Geluͤbde ſeines Bruders Otto an GOtt und die heil. Maria angegeben wird, welcher den deutſchen Orden anzunehmen geſonnen ſey. Den Ueberſchus ſchenkt derC cKoͤnig102Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1347fallen. Der nechſte Blutsfreund iſt aller Muͤndel Vormund, und die Landraͤthe behalten das vorige Anſehen. Marienburg im groſſen Kapitel, in der Octave des Fronleichnamsfeſts 1347.

Durch den Beſitz von Eſtland gewan der Ordensmeiſter ein groͤſſeres An - ſehen, und die erzbiſchoͤfliche Hoheit wurde auch in Riga zu einer altvaͤteriſchen Sache. Der Erzbiſchof Engelbert hatte ſich lange genug zu Avignon aufge - halten, und fuͤr ſich und ſeine Praͤlaten gefochten. Er fand aber den Papſt Clemens den VIten ſo parteiiſch, daß er ſich fuͤr Aergernis niederlegte und ſtarb. Jhm folgte Fromhold von Fyfhuſen. Die Stadt Riga erlegte an das Schlos Riga damals jaͤhrlich 100 Mark, wie Goswins Quitungen daruͤber ausweiſen. Am Sontag nach Philippi und Jacobic)Es findet ſich hieruͤber ein ganzes Regiſter von der halben Stadt und ihren Straſſen ſo dieſes Geld erlegten, woraus wir nur zur Neuigkeit und um der Muͤnze willen dieſen Auszug anfuͤhren; Ju der Schmiedeſtraſſe giebt Joh. Copenhaven 3 Ferding und einen halber Settin. Joh. Ribenitz eine halbe Mark weniger 1 Settin. Kuͤhne der Klein -ſchmid.

Zwey
Koͤnig dem Orden, und bittet den Papſt, ſich von misguͤnſtigen Leuten daruͤber keine Bedenklichkeiten machen zu laſſen. Clemens nahm den 8ten Febr. im 6ten Jahr ſei - nes Regiments zu Avignon das Tranſſumt von dem koͤnigl. Briefe, fuͤhret aber in der Vorrede deſſelben an, daß der Werth, ſo uͤber 19000 Mark gehe, ihm und dem Or - den vom Koͤnig geſchenket ſey, dafuͤr der Koͤnig Vergebung der Suͤnden erlanget. 10. Ein Ausſchreiben, Wenden 1347 Sontags vor Lucaͤ des Evangeliſten. Gos - win von Herike meldet, daß ihm von Tuſmern das Land Revel mit allem Zubehoͤr abgetreten ſey, zu deſſen Wiedereinloͤſung der preußiſche Orden ihm die ausgelegten und vorgeſchoſſenen 20000 Mark erſtatten muͤſſe, wenn es deſſen Nachfolger ranzioni - ren wollen. Auſſer dem Meiſter haben ſich Bernhard von Oldendorp, Landmar - ſchall, Joh. von Weddin, Comtur zu Vellin, Tymo von Mekede, Vogt zu Jer - wen. Arnold von Vitinghof in Goldingen, Ernbert in Riga Comture. Hil - debrand von Lende Vogt zu Wenden. Die Comture Wilken von Yſtede in Duͤnemuͤnde, Ernſt von Yſtede in Segewolde, Herm. Gudaker in Pernaw, Heinrich von Hannover in Leal, Andreas von Sternberg in Windaw und Wilhelm von Sunnenberg in Mitau. Die Voͤgte Wilhelm von Capelle in Oberpal, Gerd von Holſtein in Peyde, Tidemann von Warensdorf in Kar - kus, und Joh. von Lechtes in Saccala, unterſiegelt. 11. Eine Obligation vom vorigen Datum, in der die Lieflaͤnder verſprechen, dem Orden in Preuſſen nach 14000 Mark auszuzahlen, und von dieſer Summe jaͤhrlich auf Johannistag 1000 Mark zu Luͤbeck und Bruͤgge abzutragen. Wenden, mit vorigen Siegeln. 12. Die algemeine Beſtaͤtigung aller Privilegien der Eſtlaͤnder von Tuſmern und ſeinen Ordensgebietigern zu Marienburg 1349 am Tage Franciſci des Be - kenners. 13. Woldemars letzte Quittung uͤber 3000 Goldflorenen, und 100 Mark Silber, worin der Orden von aller Bezahlung losgeſprochen, und ihm Eſtland nochmals uͤber - geben wird, am 3ten Tage Martini des Bekenners 1352. 14. Eine Samlung der Briefe, welche Tuſmer an Heriken auf die neuerkaufte Provinz Eſtland gegeben, bey deren Niederſchreibung auſſer einigen obbenanten Rodolph Folck Comtur in Vellin, Arnold von Vitinghove in Revel, Ger - lach von Haren in Goldingen, Hildebrand von Luthen in Mitau, Comture und Bruder Otto Stake, in Oberpalen, Vogt, zugegen waren. Weil Ceumern S. 134 jede Mark zu 16 Loth Silber rechnet, die Summe aber zu Luͤbeck ausgezahlet worden, ſo moͤchte ſich der ganze Werth nach unſerm Gelde auf 150000 Thlr. Species belaufen, das doch jetzo mehr als 4 mal hoͤher zu berechnen waͤre. Doch koͤnnen es nicht luͤbiſche Mark geweſen ſeyn. Denn im Jahr 1339 wur - de Puͤrkel fuͤr 330 Mark Silber verkauſt, und ſolten 36 luͤbiſche Schillinge auf die Mark gerechnet werden. Nun meldet Heins in der Schatzkammer-Kaufman-Rech - nung S. 234 aus Sluͤtern, daß 1325 eine luͤbiſche Mark nur 5 Loth 1 Gran; 1350 aber 1 Mark oder 16 Schilling luͤbiſch, 4 Loth, 1 Gran betrage. Alſo mus eine Mark reines Silbers, oder eine coͤlniſche Mark um dieſe Zeit viel mehr gegolten haben.
269103Erzbiſch. Fromhold. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike.

Zwey Urkunden von dieſem Ordensmeiſter verdienen alhier mitgetheilet zu1349 werden. Die lateiniſche iſt ein Freiheitsbrief fuͤr Eſtland,d)In Nomine Domini. Frater goswinvs de herike, Ordinis Hoſpitalis Beatae Mariae Domus Teutonicae Ieruſolymitanae Magiſter per Liuoniam, et Capitaneus terrae Reualienſis Omnibus praeſens Scriptum cernentibus, Salutem in Domino Sempiternam. Ea quae a no - bis fiunt bona voluntate et Iuſtitia mediante, ne per ſucceſſores noſtros de - leantur, teſtimonio litterarum conſueuimus roborare. Noſcant igitur tam praeſen - tes, quam futuri, quod nos cum Conſilio et Conſenſu diſcretorum Fratrum noſtrorum et totius noſtri Capituli annuentes votis fidelium ac dilectorum nobis Conſulum, Ciuium, et totius communitatis Ciuitatis Reualienſis, Eosdem ab omni expeditione verſus Lithouiam et Ruſſiam facienda liberos perpetuo dimittimus et ſolutos. Item de malewa*)Ita ſe habent litterarum dnctus, vt Malwiam et Malewam legere poſſis. Quod vocabulum cum rarius occurrat, in tomo I. vbi agmen militantium ſigniſicat, haerebam dubius, qua ex lingua originem peterem. Feci periculum in eſtonica aeque ac lettica, quae tamen utraque me in ſcopulos deduxit, tantum abeſt, vt eunti in nominis ἔτυμον adſpiraſſet. Nihil nunc longius perueſtiganti obſtat, quo minus germanicae linguae vocem iſtam vindicem, poſt - quam vernacula documenta me certiorem fecerunt, malvam tenere idem eſſe, quod fi - nes praesidiis tveri. Sic occurrit in conuentione Aeſthoniae nobilium per Harriam at - que Wironiam cum Reualienſibus 1346, feria 5 poſt Domin. Quaſimod. Idem ſtatutum de ciuibus Reualienſibus propter cuſtodiam ciuitatis, quod Ciues, quibus vnci ſunt oppigno - rati, nullo modo tenentur ad Malwam ſ. expeditionem faciendam, ſed Aeſtones etc. Paul - lo infra: Prout ſui proprii Aeſtones in malvam et in expeditionem ſequentur. Adde Henningium in Chronico p. 27 Der Vogt von Jerwen hat von Altings her ſtets die Malva in der Nerva halten muͤſſen. Jtem S. 13. Der Vogt von Roſiten ſolte in dem Hofe zu Setzen mit mehr anderu die Malve halten. Quae loca Paraphraſis Kelthiana p. 217 et p. 225 ita cir - cumſcribit, vt noſtram ſententiam de Malwa tenenda egregie confirment. tenenda. Praedictos etiam noſtros Conſules, Ciues et communitatem volumus habere ſupportatos penitus et exemptos, niſi quod abſit, ſi exercitus noſtras partes hoſtiliter intraret, tunc nobis intra Naruam et Lugediam ad reſiſtendum ejus hoſtilitati, ſecundum poſſe ipſorum cooperari tenentur fideliter ac diligenter, ſaluo hoc, quod ipſorum bona permaneant cuſtodita. Praeterea, ſi quis de praedictis noſtris Conſulibus vel Ciuibus a nobis fuerit infeudatus, illum noli - mus frui hujusmodi Libertate, ex parte feudi ſui, ſed facere tenentur tam ad expe - ditiones, quam ad maleuam, ſicut caeteri Vaſalli noſtri de feudo ſuo facere conſue - uerunt. Item ſi Nauigio nos expeditionem facere contingat, tunc ſaepe dicti no - ſtri Conſules et Ciues nec non communitas nobis in adjutorium XXV viros bene ar - matos cum vna Naue tenentur, quandocunque neceſſe fuerit, defendere; pro quibus omnibus et ſingulis praemiſſis memorati noſtri Conſules et Ciues et Com - munitas nobis et ordini noſtro quandam partem marchiae Ciuitatis eorum vendide - runt et aſſignarunt, ſitam juxta Caſtrum Reualienſe et Ducentas Marcas argenti pro reparatione et melioratione ejusdem caſtri, ſicut in eorum literis deſuper confictis plenius continetur. In quorum omnium perpetuam et inuiolabilem firmitatem et euidentiam Sigillum noſtrum vna cum Sigillis infra Scriptorum Noſtrorum Conpraeceptorum videlicet: Fratrum Bernhardi de Oldendorp, Landtmarſchalk, Rodolphus Tolck iu Vellin, Ar - noldt de Vitinghoffe in Reualia Commendatorum, Timmonis de Meſchede AduocatiIerue die deutſche ein Vergleich zwiſchen der Stadt und zwiſchen ſeinen Liven von Kirchholm,C c 2wegenc)ſchmid eine halbe Mark und 1 Loth. Wasmuth der Schmidt eine Mark und 8 Oehr. Heidenreich 3 Ferding weniger ein Loth. Jn der Heiligen Geiſtſtraſſe, Heideke Fi - ſcher ein halb Mark, die Mark zu 36 Schillinge luͤbiſch. Jn der Sandſtraſſe, Heinrich Brockhuſen 8 Oer. Jn der Schuſtergaſſe, Claus Dene, eine halbe Mark. Jn der Kaufſtraſſe, Johan Grote 1 Ferding. Jn den Kraͤmerbuden, (Bodis in - ſtitorum) Johan Buſch anderthalb Mark. Sifert Schroͤeder, achtehalb Fer - ding. Gerken der Hoͤcker ſiebenthalb Ferding. Jn der rigemuͤnder Straſſe, Gerdt von Bremen 20 Oer. Jn der lateiniſchen Urſchrift kommen marcae, fer - tones, lothones, orae et ſetini vor. Der Zuname Schroͤder, iſt ſtets durch Sar - tor und der Hoͤker mit Peneſticus ausgedruckt. Weil die Stadt dem Ordensmeiſter Morings Haus von Schalpforte, und Leffard von Lutens Land ſchenkte, ſpricht er ſie von der im Soͤnebrief uͤbernommenen Auszahlung von 100 Mark jaͤhrlicher Zinſe frey.104Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,wegen etlicher Honigbaͤume. e)Alle gelovige Lude, de deſſen gegenwerdigen Breef ſehen edder horen leſen, de don wy Broder Goswin von Hericke, Meſter der Brodere deß Orden Unſer Fruwen Sun - the Marien van deme Dudeſchen Huſe tho Jeruſalem over Lyflandt groeten in unſerm Heren Godde. Wy don wittlick openbare in deſem jegenwerdigen Breve, dat Twydracht geweſen hefft twiſchen der Stadt von der Ryge van ener Part, vnd un - ſen Lyven van Kerckholme van ander Siet umme Honigboͤme de binnen deß Stades Marcke gelegen ſyn. De Lyven ſpreken, dat weren olde Honigboͤme, de ſe van Ol - ders hedden gehat, vnde de Borgere ſpreken, de olden Boͤme weren vergan vnde dat weren nye Boͤme, de ſe tho gemaket hedden, dat hebben wy up beiden Siden frundtliken vnd leeffliken vorenet in deſſer Wyſe: Dat van dem Valle tho Romele,*)Der Rummel iſt kein Flus, und muß daher im erſten Theile S. 27 §. 3 nicht durch Einlauf ſondern Fall der Rummel uͤberſetzet werden. Jhr ſchneller Fal iſt bey den Merkwuͤrdigkeiten des Duͤneſtroms bemerket. Dieſen Namen fuͤhren auch die Waſſerfaͤlle in einigen andern Fluͤſſen. de Dune nedder, wente an den Borne tho Blomendahl vnde vort vam Blomendahle wente in den Wegh, de van Blomendahl tho der nyen Moͤlen werth geit, den Wege ſchall men falgen, wente tho ener Brugge, de aver dat Water geit, dat de Molen drivet hir var der Stadt vnde vort van der Bruggen up dat negſte Broke, vort van wente in de Elveriches Beke, vnde den Elveriks Beke vart nedder, wente in de Roden - peuſer See, vnde de See vort umme, wente tho der Putkermunde vnde deſelven Putkermunde up, wente baven unſen Damm an de Schedinge, de twiſchen uns vnde de Stades Mark, vnde na derſelven Schedinge vort wente wedder an den Vall, tho Romele, dat alle de Honigboͤme de binnen deſſen benomendeß Terme ſtat, ſe ſyn olt edder nye, vnde alle, de ſe tho maken moͤgen, de ſcholen unſe Lyven vanne Kerckholm beſitten Kundeß Kunde tho Erwene, mit alſe danen Underſcheide, dat de vorbenombden Liven ſchollen geven der Stadt van der Ryge den drutten Deel, dat van alle dene Honigbomen velt, ſe ſien old edder nie thogemakt, edder de ſe thomaken moͤgen in thokamender Tydt, de binnen deſer vorbenombde Terme ſien. Vortmehr ſo ſcholen de Lyven des Honigs niht ſtigen in de Stadt, en hebbe ere Boden darmede. Tho Betuchnuſſe deſſer Dinge ſo hebbe wy unſe Jngeſegel gehengt an deſſen Bref vnde is geſchreven Na Unſes Heren Borth duſendt Jahr, drehundert Jahr in dem Negen vnde fertigſten Jahre im Sunte Michaelis Dage. (Siegel des Herrmei - ſters.) (Der Stadt Jnſiegel.) Beyde koͤnnen zur Erlaͤuterung der Geſchichte et - was beitragen.

1350
274

Am 6ten Septembr. verliehe der Erzbiſchof Fromhold den fremden Kauf - leuten das Vorrecht, daß ihre Rechtshaͤndel zwar von einheimiſchen Richtern, aber doch nach dem Jure patriae geſchlichtet werden ſollen.

1351
274

Magnus Koͤnig von Schweden und Norwegen, Herr von Hal - land und Schonen gab der rigiſchen Kaufmanſchaft einen anſehnlichen Schutzbrief, und verſprach ihnen in Anſehung ihrer Perſonen und Guͤter allen Vorſchub in ſeinen Landen, wenn ſie nur einen Pas vom Ordensmeiſter oder von dem Comtur des Schloſſes Duͤnemuͤnde bey ſich haͤtten. Riga, (alwo ſich Magnus damals aufhielt) am 20 Febr.

1352
274

Der Ordensmeiſter Goswin verkaufte der Stadt die heutigen beiden Gil - denſtuben, die groſſe, das Haus von Muͤnſter, und die kleine, das Haus von Soͤſt genant. Der daruͤber ausgefertigte Brief iſt am St. Eliſabeth Abend unterſchrieben. Auch in dieſem Namen hat uns die rigiſche Buͤrgerſchaft ihre erſte Heimat entdecken wollen. Zugleich aber dienen dieſelben zur Erklaͤ - rung einiger Stellen in den buͤrgerlichen Privilegien, und belehren uns, wo wir den Oldermann van Muͤnſter, und den Oldermann van Soeſt zu ſu - chen haben. Doch iſt die Stube von Muͤnſter und die von Soeſt viel aͤlter als dieſe Kapellen, davon die eine der Jungfrau Maria, die andre dem heiligenJo -Ierue et Gerlaci de Hove Commendatoris in Golding praeſenti Scripto eſt appenſum. Datum Wendae Anno Domini MCCCXLVIII. in profeſto beati Dionyſii et So - ciorum ejus. 105Erzb. Fromhold. zur Zeit der Reg. des Arnold v. Vietinghof. Johannes gewidmet war. Sie wurden erſt das Jahr nachher am Tage der Reinigung Mariaͤ abgetreten, weil der Meiſter ſie fuͤr eine andre Schuld ver - pfaͤndet hielt. Jm lateiniſchen heiſſen ſie Stubae de Monaſterio et de Zoſato. Ganz nahe an dem erſten lag das Moͤnchskloſter zu St. Catharinen.

Am Dienſtage nach Jubilate brachte der Ordensmeiſter die Grenzſchei -1355 dung der Stadt Goldingen zu Stande.

Der Erzbiſchof Fromhold hatte durch Verpfaͤndung der beiden Schloͤſſer1356 Pebalgen und Serben an den Ritter und Stiftsvogt zu Treyden, Herrn Berthold von Tieſenhauſen, ſich Geld geſchaft, mit welchem er an den paͤpſt - lichen Hof nach Avignon zog, und ein ſo geneigtes Gehoͤr fand, daß der Papſt Jnnocentius der VIte den Orden in nicht gar zu guͤnſtigen Ausdruͤcken vor ſich lud. Er wandte ſich auch an den Kaiſer Carl den IVten, der ihm das Diploma der Biſchoͤfe Alberts zu Riga, und Hermanns zu Doͤrpt, welches ſie 1224 vom Kaiſer Heinrich dem VIIten als Reichsfuͤrſten erhalten, beſtaͤtigte, ihn und ſeine Nachkommen dabey zu ſchuͤtzen verſprach, und die Koͤnige von Daͤnne - mark und Pohlen zu Schutzherren ernante. Hierdurch fiel dem Erzbiſchof die Hoheit uͤber die Stadt Riga wieder zu, welche ſich der Orden eine Zeitlang allein angemaſſet hatte. Der Biſchof Johan von Doͤrpt genos davon auch ſeine Vortheile, und zog den Ordensbruͤdern in ſeinem Stifte etwas engere Grenzen.

Der Duͤneſtrom drang durch Daͤmme und Thore in die Stadt, und das1358 Waſſer ſtund uͤber Mannes hoch im Kreutzgange des Doms, wo noch lange ein eiſern Kreuz mit der Jahrzahl zu ſehen geweſen.

H. Rebdorf berichtet uns bey dieſem Jahre, daß der Koͤnig des heidni - ſchen Lieflandes im Julius durch ſeinen Bruder dem Kaiſer Carl dem IVten nach Nuͤrnberg melden laſſen, daß er ein Chriſt werden und die Taufe anneh - men wolle. Der Kaiſer habe den Erzbiſchof von Prag und den Hochmeiſter an ihn abgeſchickt, welchen der Koͤnig verſprochen, ſich auf Weinachten in Breslau einzufinden, wo ſich auch der Kaiſer hinbegeben, dieſer Handlung beizuwohnen. Endlich habe der Koͤnig Geſandten geſchickt und melden laſſen, daß er nicht eher kommen wuͤrde, bis ihm der preußiſche Orden die entzogenen Laͤnder wieder ab - getreten. Der Kaiſer ſey alſo unverrichteter Sache wieder nach Hauſe gegangen. Darin begehet aber Rebdorf einen Fehler, daß er aus dem Koͤnig von Lit - thauen einen Koͤnig im heidniſchen Liefland macht.

Goswin dankte endlich ſeine Ordensmeiſterwuͤrde ab, und hat ſich den1360 Nachruhm eines klugen, tapfern und wohlverdienten Regenten erworben, dem viele Staͤdte ihre Privilegien zu danken haben.

Der acht und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Arnold von Vietinghof,a)Chytraͤus nennet ihn von Vitinghoff; Strubicz, Arnold von Wittichove; die zweite Handſchrift von den Herrmeiſtern, Arndt von Fietinghoff; Ruſſow, von Vitinckhave; Venator ſchreibt Vittinghove; Chytraͤus laͤßt den Zunamen weg.

Ehmaliger Comthur auf Marienburg, ein braver und geſchickter Regent,1360 welcher dem gemeinen Weſen mit algemeinem Beifal vorſtand. Er muſte zur Huͤlfe des preußiſchen Ordens im Winter einen Feldzug wider die Litthauer vornehmen, in welchem er den unruhigen Grosfuͤrſten Kieyſtut, das iſt, Conſtantin, gefangen bekam, undD dnach106Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1361nach Marienburg ſchafte, nachdem er 2000 Feinde erleget. Doch Kieyſtut fand ein Mittel, die deutſche Wache zu blenden, und langte in verkapter Klei - dung nach dreitaͤgigem Herumſchweifen in Litthauen an, wo er ſeine Leute wieder zuſammen rafte, mit denſelben in Preuſſen einfiel, das Land verwuͤſtete, ſich aber bey den Abſchiedscomplimenten ſo lange aufhielt, daß ihn Cuno von Bartenſtein und Raſtenberg zum andernmal beim Kopf nahm und gefangen ſetzte. b)Kieyſtuts Sohn, Patrick, wolte ſchon den Vater in dem Treffen retten, ſtuͤrzte aber vom Pferde, und waͤre in Stuͤcken zerhauen worden, wenn er ſich nicht ſo lange gewehret, bis etliche Litthauer zu ſeiner Rettung herbey geſprungen. Viermal hatte Kieyſtut das Gluͤck, aus ſeinem Gefaͤngnis zu entwiſchen, obgleich Kojalowicz und andre nur von einer doppelten Gefangenſchaft deſſelben ſchreiben, Th. I, B. 8, S. 324 u. f. Aus der erſten entkam er durch Verwechſelung ſeiner Kleider, aus der an - dern durch Mitleiden eines getauften Litthauers, aus der dritten durch Geld, aus der vierten, welche der Ordnung nach die erſte iſt, im polniſchen Kriege, durch ſeine Liſt. Er lies ſich zuletzt in Koͤnigsberg taufen, nahm den Namen Hinrich an, und ward vom Kaiſer Carl dem IVten zum Grosfuͤrſten und Herzog von Litthauen er - klaͤret.

Der Stadt Goldingen erlaubte er, die Gerichtbarkeit uͤber die neue cu - riſche Stadt, ſo wie uͤber die alte zu gebrauchen; verordnete auch, daß kein Todſchlaͤger weiter Sicherheit finden ſolte, als allein auf dem Kirchhofe, derſel - ben Stadt, oder in der Vorburg und in dem Schloſſe. Gegeben Freitags vor Vocem Jucunditatis.

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Der Ordensmeiſter drang bey dem Gluͤck des preußiſchen Ordens immer weiter in Litthauen ein, und nahm das feſte Schlos Canen ein, nachdem er Kieyſtuts Bruder Olgerden, der zum Entſatz angeruͤckt war, aus dem Felde geſchlagen. Kieyſtuts juͤngſter Prinz, Woidat, und 36 vornehme Lit - thauer muſten ſich gefangen geben, die uͤbrigen von der Beſatzung lieſſen ſich zu Tode ſchmauchen und verbrennen.

1363
277

Nach den Geſchlechtsnachrichten der Grafen von Brahe ſol dieſes Jahr Jſrael Birgerſon, Reichsrath in Schweden, Lagmann von Upland und ernenter Koͤnig von Schweden zu Riga geſtorben, und ſeine Leiche nach Upſal gebracht worden ſeyn.

1364
277

Die Haͤndel mit der uͤbermuͤthigen litthauiſchen Nation waren ſo weit ausſehend, daß Arnold, ehe es noch zum Frieden kam, bey einem alzuhitzigen Anfal auf die Feinde, ſein Leben in Gefahr ſetzte, und nach einer kurzen Regie - rung das Amt ſeinem Nachfolger hinterlies. c)Wir koͤnnen hier dem Leſer fuͤr das Todesjahr dieſes Herrn keine Gewaͤhr leiſten. Kelch giebt das Jahr 1363 dafuͤr an, Chytraͤus 1364, Lode 1372. Die lieflaͤndi - ſchen Nachrichten werden um dieſe Jahre ſehr mager, und die litthauiſchen Jahr - buͤcher ungemein verworren. Man koͤnte ſich aus dem Supplement beim Duisbur - ger hierbey Raths erholen, wenn deſſen Verfaſſer in Erzehlung ſeiner Hochmeiſter nicht ſelbſt gar zu groſſe Luͤcken haͤtte. Nach unſern Documenten ſas er 1365 noch ruhig in Wenden ſtille, hielt am St. Juͤrgenstage Kapitel, und ſchenkte dem Kloſter Pa - dis 3 Doͤrfer im Revelſchen, nemlich Herreme, Karjeleppe und Wallenkuͤlle. Alſo mus der litthauiſche Krieg ſpaͤter fallen.

De107Erzb. Fromhold. zur Zeit der Reg. Wilhelms v. Freymerſen.

Der neun und zwanzigſte Ordensmeiſter in1364 Liefland, deutſchen Ordens, Wilhelm von Freymerſen. a)Chytraͤus nennet ihn von Frimerſen; Strubicz, Holtus; die erſte Handſchrift von den Herrmeiſtern, von Freymerchen; Ruſſow, von Frymerſen; andre, von Freymersheim; Henning, von Frimenſen.

Er ſetzte den Krieg wider die Litthauer ſo lange fort, bis die Feinde den Frieden ſuchten. Er ſprach auch den Ruſſen und Semgal - len zu, die er nach einem ſauren und beſchwerlichen Zuge zur Ruhe zwang. Nur mit der Cleriſey konte er nicht fertig werden. Der Erzbiſchof Fromholdb)Einige nennen dieſen Erzbiſchof Fromhild, und ſchreiben ihn von Fiſchhauſen. Das letztere thut auch Strubicz, welcher uns oft wunderliche Namen ſchmiedet, und den folgenden Suſcripidus von Bleimbergk nennet. Ein Fromold von Vifhu - ſen war 1173 Buͤrgermeiſter in Luͤbeck, wo er den Brief mit unterſchrieben, in wel - chem die Stadt Luͤbeck die von Salzwedel in die Wisbyſche Handelsgeſelſchaft auf - nimt. Beſiehe Jul. Conrad Rudemans Palaeo-Marchica t. I, p. 61. Ein Arnold von Vyfhauſen war 1326 kaiſerlicher Notarius, und Reinhold Vyfhauſen war 1529 Aſſeſſor. hatte ſeine Bittte auch bey dem Papſt Urbanus dem Vten ſo fein eingefaͤdelt, daß dem Orden die lan - desherrliche Gewalt uͤber die Stadt Riga gleichfals abgeſprochen wurde, doch gieng es mit Volziehung dieſes Urtheils in Liefland langſamer als die Geiſtlichkeit wuͤnſchte.

Als Woldemar, Koͤnig in Daͤnnemark, mit den Hanſeeſtaͤdten einen1365 Waffenſtilſtand getroffen; ſo machte ſich der Magiſtrat zu Riga, Wenden und Wolmer anheiſchig, uͤber dieſe Vereinigung zu halten, und die Buͤrgſchaft uͤber ſich zu nehmen. Am Palmſontage.

Wratislaus der Vte, Fuͤrſt des Landes Pommern, verehrte der Com - pagnie der ſchwarzen Haͤupter*)Die ſchwarzen Haͤupter fuͤhren einen Mohrenkopf im Wapen, und wurden[nur] diejenigen jungen Kaufleute in dieſe Geſelſchaft aufgenommen, welche ſich gegen die Unglaͤubigen in Schlachten rit - terlich gehalten. Man nante ſie in gewiſſen Staͤdten die St. Juͤrgen-Bruͤderſchaft, weil ſie den heiligen Ritter George zum Patron hatten. Da man dem heiligen Georgius ſonderlich zur Zeit der heiligen Kriege viel Geluͤbde gethan, und Kirchen und Bruͤderſchaften gewidmet, ſo hat man die Mode auch mit nach Liefland gebracht. Jhr Verſamlungsort hies der Arthushof, welchen Namen, auſſer dem neuen Hauſe zu Riga, auch der Junkernhof in Danzig, das neue Haus in Stralſund, und das Haus in Revel fuͤhrte. Die Urſache dieſer Benennung laͤſt ſich einigermaaſſen aus Schottels Abhandlung von der deutſchen Sprache B. V. S. 1139 erſe - hen, nach welchem der brittiſche Koͤnig Avthus oder Arthurus alle Vornehme des Occidents an ſeinem Hofe in ritterlichen Uebungen exerciren und reichlich tractiren lies. Die ſchwarzen Haͤupter ſind nicht nur noch in Riga und Revel, ſondern auch ehmals in Wenden, Wolmer und Doͤrpt geweſen. Nach Bekehrung der Heiden brauchten die Rigiſchen ihr Haus gleich einer Boͤrſe, und zum Vergnuͤgen der Fremden zu einem Gaſthauſe; wie denn auch noch vor 2 Jah - ren eine ſehr ſtark beſetzte muſicaliſche Geſelſchaft daſelbſt des Freytags zuſammen kam, welches der Stadt recht eine Zierde gab, zu geſchweigen, wie ſonſt dieſes Haus wegen ſeines geraumigen und wohlgelegenen Saales zu andern Abſichten genutzet worden. Jm Jahr 1354 bekam die Com - pagnie ihre Schragen, die mit der Zeit geaͤndert und verbeſſert worden. 1484 erhielt ſie, durch ein Privilegium des Raths unter der Stadt groͤſſerm Jnſiegel, eine Vicarie in der Peterskirche an der Suͤderſeite gegen dem Lostraͤgeraltar uͤber aufzurichten, ſamt dem Jmpatronatsrecht, eigne Prieſter dabey zu verordnen, welches der Erzbiſchof Jaſper confirmiret; doch zur Zeit der Refor - mation 1524 am 10 Merz iſt der Altar aus der Kirche weggenommen, und in der Belagerung 1710 ſo wol als das neue Haus mit dem Uhrwerk ſamt ſeinem immerwaͤhrenden Kalender, mit dem Compasſtern und Ritter St. Juͤrgen durch die Bomben zerſchmettert worden. Es ſind noch ietzo artige Sachen daſelbſt zu ſehen. Auſſer den Trinkreimen von 1522, welche bey dem Aufgange ins Haus unter dem Bilde des Ritters und der heiligen Marie in Meßing mit alter erhabner Moͤnchsſchrift geleſen werden, ſind dieſe auf der ſchwarzen Tafel werth aufbehalten zu werden. Wol in Riga die Rippe eines zu Uſedom gefangnenD 2groſ -108Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,groſſen Walfiſches, welche noch jetzo auf dem Hofe des neuen Hauſes bey der Mauer an Ketten aufgehaͤnget iſt. Aus dieſer Seebeſtie wurden 300 Tonnen Speck gehauen und zu Tran geſotten, einige uͤbrige Rippen aber ſchickten die Her - zoge als eine Seltenheit nach Wittenberg, Stettin und Stralſund.

1366
281

Am 7ten May muſte ſich endlich der deutſche Orden, der zu Danzig verſamlet war, der Gerichtbarkeit auf die Stadt Riga foͤrmlich entſagen, doch behielt er ſich laut des Suͤhnebriefes die Dienſte der Heerfahrt vor, doch ſo, daß jederzeit die erzbiſchoͤfliche Einwilligung daruͤber eingeholet wuͤrde. Fromhold begab ſich dagegen aus gutem Willen, wie es heiſt, aller Anforderung auf die Schloͤſſer und Veſtungen, welche der Orden bisher in Beſitz gehabt, wolte auch von dem Ordensmeiſter den Huldigungseid nicht weiter annehmen. Der Hoch - meiſter Kniprode hoͤrte das Urteil in Danzig ſehr gelaſſen vorleſen, und weil gegen Carls des VIten kaiſerlichen Ausſpruch kein Appelliren half, muſte ſich Wilhelm in die Zeit ſchicken.

1368
281

Die lieflaͤndiſchen Hanſeeſtaͤdte, Riga, Doͤrpt, Revel und Vernaw erhielten nach beigelegter Unruhe von dem Koͤnig der Schweden und Gothen, als Herrn des Landes Schonen, mit Genehmigung der Biſchoͤfe und Reichsraͤ - the ein anſehnliches Handelsprivilegium.

Am 3ten Auguſt ſtelten Johan Barſowen, Secretair, und Diedrich Vrygenſteen, Rectores der Kirche zu St. Jacob in Riga, dem Erzbiſchof Fromhold, ihren neuerwehlten Propſt Didrich von Freden zur Beſtaͤtigung vor; woruͤber das Kapitel durch ſeinen oͤffentlichen Notarius, Johan von Biſcopenrode, einem mindenſchen Geiſtlichen in Beiſeyn Sigfrid The - keneborchs und Heinrich Luchowens, ein Jnſtrument errichtete, und es Fromholden nach Rom zuſchickte. Der Erzbiſchof heiſt: Reuerendiſſimus in Chriſto pater, gratioſiſſimus Dominus, und im Context: Reuerendiſſima paternitas Veſtra. Den Rathmaͤnnern in Goldingen gab Wilhelm Mon - tags nach Allerheiligen zu Wenden die Volmacht, von ihren Buͤrgern einen Schoß zu heben.

1369
281

Der Erzbiſchof Fromhold ward von dem Orden nicht ſonderlich genoͤ - thiget nach Riga zu kommen, ſo daß ihn daruͤber der Tod zu Rom ſchlafen legte, alwo er auch jenſeit der Tiber in der Kirche unſrer lieben Frauen beige - ſetzt ward. Sein Nachfolger war Sigfrid von Blomberg.

1370
281

Obbeſagte Hanſeeſtaͤdte in Liefland ſchickten ihre Gevolmaͤchtigten nach Stralſund, alwo der Koͤnig Woldemar durch ſeine Raͤthe am Tage nach Chriſti Himmelfahrt allen Hanſeeſtaͤdten verſichern lies, daß er ihnen zur Wie - dererſetzung ihres vielfaͤltigen Schadens faſt ganz Schonen zum Pfande gebe, welches ſie nach 16 Jahren wieder ausliefern, indeſſen aber der freien Schif - fart auf alle ſeine Laͤnder genieſſen ſollen. c)Wir fuͤhren dieſes aus des Herrn D. Johan Peter Willebrandts Vorbereitung zu der hanſiſchen Chronik des gelehrten Buͤrgermeiſters in Luͤbeck Herrn D. Anton Co -lerus

Der

*)Wol. up. dußen. Konynck. Artus. Hoff. wyll. gaen. De. ſchall. dat. nycht. under. wegen. laen. Syn. Proven. unde. Penninckdrucke. ſchall. be. betalen. Sunſt. ſchall. men. en. up. dut. Bret. malen. Ofte. be. ſchall. alltyd. de. Geſelſchop. und. Hof. vormyden. De. Kumpany. kan ſodaen. man. alltyt. nycht lyden. Jnt. Jar. 1549. Jm Jahr 1503 um Faſtnacht lieſſen die Elterleute und Elteſten der Compagnie der ſchwarzen Haͤupter den groſſen ſilbernen St. Juͤrgen von 26 Mark und 5 Loth machen, wozu die gemeinen Bruͤder auch mit einen Beitrag thaten. 1562 lies die Compagnie zum Schutz und Zierde der Stadt eine Feldſchlange gieſſen von 5770 Pfund fuͤr 926 Rthlr. zu 4 Mark. 1566 ein klein Falconetſtuͤck von 1014 Pf. fuͤr 134 Rthlr. zu viertehalb Mark. 1576 zwey Quartierſchlangen von 2749 Pf. fuͤr 401 Rthlr. zu fuͤnftehalb Mark. 1594 ſchickke ſie dem Rector Stephan Ten - tborn 10 Rthlr. fuͤr ſeine Comoͤdie, die in der St. Johanniskirche geſpielet wurde. Das Wa - pen der Wendiſchen und uͤberhaupt aller Siegel iſt der Mohrenkopf. Von der St. Georgens Bruͤderſchaft handelt Suden im andern Theil des gelehrten Criticus mit mehrern.

109Erzb. Siegfr. v. Blomb. zur Zeit der Reg. Wilh. v. Freymerſen.

Der Orden gerieth in eine neue Verbitterung gegen die Cleriſey, als der1371 Erzbiſchof Sigfried und ſeine Domherren beim Papſt Gregorius dem XIten mit ihrem Geſuch durchdrangen, und ihren bisherigen Praͤmonſtratenſerhabit mit den Ordenskleidern der Auguſtinermoͤnche vertauſchen durften. Dieſe Neue - rung ſchien dem Ordensmeiſter Wilhelm gefaͤhrlich zu ſeyn; und weil er die Geiſtlichen bey einer mit dem Orden gleichfoͤrmigen Tracht erhalten wolte, ſo mu - ſten die erzſtiftiſchen Guͤter uͤber der Duͤne in Semgallen und Oliva herhal - ten, davon er die Einkuͤnfte in die Ordenskaſſe nahm. Sigfried gieng nach Avignon, konte aber daſelbſt nichts ausrichten. Endlich nahm ihm der Tod den neuen Ordenskittel zugleich mit dem Leben, da er denn daſelbſt bey den Prediger -1373 moͤnchen begraben wurde. Jhm folgte Johan von Sinten. Der Ordensmei -1374 ſter legte ſich faſt zu gleicher Zeit nieder und ſtarb.

Der dreyßigſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen Ordens, Robin von Eltzena)Chytraͤus nennet ihn Job von Ulſen; Horner, Lobbe von Elſen; Strubicz, Robius von Elven; die eine Handſchrift von den Herrmeiſtern, Robbert von Oel - ſen; die andre, Robbert von Ultzen; Ruſſow, Lobbe von Ulſen; andre von Hulſen, oder gar Hiob von Huͤlſe. Eine Sophia von Huͤlſen, Juͤrgen Huͤl - ſens Tochter, der ein Bruderſohn des Herrmeiſters Lobbe von Huͤlſen geweſen, vermaͤhlte ſich mit einem Johan Tork, Stammherrn der Aſpur - und Zerxtiſchen, der Althoͤfſchen und Sathiſchen Haͤuſer in Curland. Wir folgen den mehreſten Briefſchaften, in welchen die polniſchen Reviſionsherren dieſen Namen ſo geleſen, obgleich die Urkunden der Stadt und gewiſſer Familien, Lobbe von Ulſen und Huͤlſen ſchreiben. Wir koͤnnen auch in der That keine andre Urſache von dem hier beibehaltenen Namen angeben, als weil er uns aus dem Reviſionsprotokol ſo zuerſt bekant geworden, und auch in den Privilegien mancher Staͤdte ſo geleſen wird. Sein Antritsjahr wird von etlichen bis 1382 hinaus geſetzet, weil die polniſchen Scribenten ſeinen Vorgaͤnger mit in die Haͤndel einflechten, die Jagello mit ſeinem Vetter Kieyſtut auszumachen hatte. Chytraͤus und Ceumern wiſſen bey der hier mangelhaften Zeitrechnung keine Jahrzahl anzugeben, wobey ſie am ſicherſten zu Wer - ke gegangen..

Unter ihm brachte der Rath zu Riga die ſogenante Buurſpracheb)Wir merken aus dieſer Buurſprache an: Art. I: Es gebeut ein Ehrbarer Rath dieſer Stadt einem jeglichen, daß er einen hoͤffiſchen Mund habe auf Herren und Fuͤrſten, Frauen und Jungfrauen, auf Rath und Stadt, daß einer mit ſeinem Munde nicht ſpreche, das er mit ſeinem Leibe und Gute nach unſerm Recht entgelte. Art. 20: Wer Korn kauft, das oben beſſer iſt denn unten, der ſol daſſelbe behalten, was gemeſſen iſt, und mag das andre wiedergeben. Art. 39: Jtem welche Frau beruͤchtiget iſt, die ſol weder Farben noch Geſchmeide tragen, oder man ſol ihr das nehmen. Art. 42: Auchſol1376 zum Beſten der Stadt zu Stande. Dieſe wilkuͤhrlichen Geſetze des Raths heiſſen auch die Bauerſprache, oder Buͤrgerſprache, auf lateiniſch Ciuiloquium, und beſtehen aus 96, oder nach Menii prodrom. S. 6, aus 100 Artikeln, deren Anzahl nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde manchmal vermehret oder vermindert worden. Sie werden noch alle Jahr am Sonntage vor Michaelis nach geendigter Fruͤhpredigt mit eini -genc)lerus an. Pontanus S. 499 giebt nur 15 Jahre an, und meldet, daß allen Daͤ - nen auf die hanſiſchen Hafen die freie Handlung ausgemacht worden, wogegen ſie nach ihrer Landesart Richter und Obrigkeit in den ſchoniſchen Plaͤtzen haͤtten ſetzen koͤnnen. Nach unſern Documenten iſt die koͤnigliche Pfandverſchreibung unterzeichnet am Andreastage 1369.E e110Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,1376gen uͤblichen Ceremonien durch den Herrn Oberſecretair der Stadt aus dem Fen -ſterb)ſol niemand Miſt, Gruus und andern Unflat um die Stadt her, noch in die Riſing*)Montan zeigt ſehr gruͤndlich, daß die Stadt Riga von dem Waſſer Rige ihren Namen bekom - men, daher ſie in alten Briefſchaften nur die Stadt zu der Rige genennet worden, wie denn auch in oͤffentlichen Schriften der Rigemuͤnde und der Rigemuͤnderſtraſſe, das iſt, der Pei - tauſtraſſe Erwehnung geſchiehet. Die Rige umflos die ſogenante Altſtadt, oder das alte Riga, und vereinigte ſich nachher mit der Duͤne. Sie entſprang anderthalb Meilen von der Stadt in einer quellreichen Gegend, die bey hohem Waſſer der Duͤne leicht uͤberſtroͤmet wurde, und daher von Heinrich dem Letten lacus Rige genant wird. Jn der Stadt liefen die Schiffe da ein, welche daſelbſt ein vor dem Eisgang geſichertes Winterlager hielten. Nachdem die Schweden 1621 Riga erobert, ward ſie durch die Veſtungswerke und den Graben mit in die Stadt gezo - gen, wodurch ihr Waſſer abnahm und bey heiſſen Tagen einen uͤblen Geruch verurſachte. Aus dieſer Urſache ward ſie 1733 ganz zugeſchuͤtet, und hat Montan uͤber dieſe ihre Beerdigung eine Grabſchrift verfertiget. Da faſt ein jeder noch ſo kleiner Flus in dieſen Gegenden einem dabey lie - gende Orte ſeinen Namen mitgetheilet, ſo iſt allerdings zu verwundern, wie alle Scribenten dieſen Bach aus der Obacht gelaſſen, und fuͤr den Namen der Stadt einen gezwungenen Ur - ſprung ausgekuͤnſtelt haben, blos weil ſich dieſer kleine Strom unter dem Namen der Riſing ver - loren, bis uns der gelehrte Herr Verfaſſer beſſer als Piſtorius gewieſen, daß Riſing das Dimi - nutiv von Rige ſey, dergleichen die lettiſche Sprache ungemein liebet. Nur ſetzet Montan voraus, daß die Deutſchen den Strom etwa nach einem portugieſiſchen und ſpaniſchen Rio benennet, weil ihn die Letten ſonſt Uppe, den Bach, benennet haben wuͤrden; da es doch aus - gemacht iſt, daß die Liven um Riga herum gewohnt, die ſich von den Eſten nicht ſo wol der Sprache, als dem Lande nach unterſchieden. Alle eigenthuͤmliche Namen laſſen ſich nicht erklaͤren, weil die Bauren faſt jedem merkwuͤrdigen Baume und Steine, und alſo noch vielmehr jedem Fluſſe und Berge, als Grenzzeichen einen eigenen Unterſcheidungsnamen geben. Jndeſſen hat ſchon M. Rutger Piſtorius, Weſſalienſis in ſeinem lateiniſchen Leichengedichte auf den rigi - ſchen Superintendenten Jacob Battus, ſo zu Luͤbeck bey Georg Richolff am 2ten Jul. 1548 gedruckt iſt, und ſich ungemein ſelten gemacht, uns dieſe und die gruberſche Muthmaſſung von dem Namen der Stadt Rige als etwas altes gemeldet, obgleich keiner von benanten Herrn Verfaſſern des Piſtorius Schrift geſehen. Aſt alii Rigam dicunt de nomine Rige Exigui riui practereuntis eam Aut<