PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Theorie der Gartenkunſt.
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Fuͤnfter Band.
Nebſt Regiſter.
Leipzig,beyM. G. Weidmanns Erben und Reich.1785.
[II][III]

Vorbericht.

Endlich gelingt es mir, den Freunden der ſchoͤnen Gartenkunſt hier den fuͤnften und letzten Band dieſes Werks zu uͤberreichen. So viele gluͤckliche Stunden ich bey der Ausarbeitung genoſſen, ſo wurden ſie doch oft von den mancherley Schwierigkeiten getruͤbt, womit ich zu kaͤmpfen hatte. Schon die Entfernung von den Zeichnern, den Ku - pferſtechern und dem Druckort hatte mancherley Unbequemlichkeit. Ich habe an meinem Wohnort nichts gehabt, was zur Befoͤrderung dieſes Werks haͤtte beytragen koͤnnen; alles mußte ich erſt aus der Ferne ſu - chen. Ich war daher genoͤthigt, nicht allein einen koſtbaren Briefwech - ſel zu unterhalten, ſondern auch manche theure und ſeltene Architectur - werke und Kupferſtiche anzukaufen; und außer den kleinern Reiſen, die ich in den Jahren der Ausgabe dieſer Theorie jeden Sommer machte, unternahm ich zuletzt noch eine durch ganz Deutſchland bis an die Graͤnze Helvetiens, um ſelbſt zu ſehen, wie weit es mit der Verbeſ - ſerung des Gartengeſchmacks gekommen ſey. Man wird durch dieſes ganze Werk, und beſonders in dem gegenwaͤrtigen Bande, die Fruͤchte dieſer Reiſen ſehen. Aber man ſieht nicht die betraͤchtlichen und uner - ſetzten Koſten, die ich aufgeopfert habe, um dieſe Theorie ſo vollkom - men zu liefern, als nur moͤglich war.

2IndeſſenIVVorbericht.

Indeſſen hat der rechtſchaffene Buchhaͤndler, der den Verlag dieſer Theorie beſorgte, von ſeiner Seite zur Befoͤrderung und Ver - zierung der Ausgabe nicht wenig beygetragen. Mit einer edlen und unverdroſſenen Bereitwilligkeit erfuͤllte er alle meine Wuͤnſche, die auf die Verſchoͤnerung dieſes Werks giengen, und woran Kunſtliebhaber und Kuͤnſtler vom erſten Range mit uns vereinigt gearbeitet haben. Die Erfindungen der Herren Weinlig, Brandt, Schuricht, Zingg und andrer hat Herr Geyſer, der als Kupferſtecher ſo vielen Antheil an den Verzierungen dieſes Buchs hat, auf eine Art ausgefuͤhrt, wo - durch ſie noch mehr ſchaͤtzbare Denkmaͤler der Kunſt und des Geſchmacks aus unſrer Zeit geworden ſind. Der Reichthum und die Mannichfal - tigkeit der Abbildungen von Gartenſcenen, Landhaͤuſern und Garten - gebaͤuden, die theils als wirkliche Ausfuͤhrungen faſt aus ganz Europa geſammelt, theils als ſchoͤne Ideale und Erfindungen von den beruͤhm - teſten Kuͤnſtlern vorgezeichnet ſind, enthalten eine betraͤchtliche Erwei - terung der Architectur, und ſind nicht weniger lehrreich fuͤr den jun - gen Architecten, als fuͤr den Gartenkuͤnſtler. Wenigſtens hat er hiet eine bequeme und ziemlich weite Ueberſicht ſowohl uͤber das Vorzuͤg - lichſte, was in allen Laͤndern in dieſem Fache vorhanden iſt, als auch uͤber eine Menge von neuen Erfindungen, wodurch die Kunſt noch er - weitert werden kann.

Verſchiedene Gartenkenner, die an ihrem Orte genannt ſind, haben durch eingeſchickte Beſchreibungen, Nachrichten und Zeichnun - gen ſich um die Vollſtaͤndigkeit dieſes Werks ſo verdient gemacht, daß ich ihnen hier oͤffentlich meinen verpflichteten Dank wiederhole. Die Aerndte iſt freylich nicht ſo reich ausgefallen, als ich erwartete; indeſ - ſen ſah ich auf meinen Reiſen ſelbſt, daß in ſehr vielen Provinzen gar nichts geſaͤet war, daß in andern die Saat erſt aufſproßte, und innochVVorbericht. noch andern die Fruͤchte nur eben anfiengen zu reifen. Doch giebt be - ſonders der zweyte Anhang dieſes Bandes eine faſt allgemeine Ausſicht uͤber alle betraͤchtliche Gaͤrten in Europa. Alle neue Beſchreibun - gen, womit dieſer Band am meiſten bereichert iſt, ſind von mir ſelbſt entworfen, wenn kein andrer Verfaſſer angefuͤhrt iſt.

Ich muß hiebey bemerken, daß die eingeruͤckten Beſchreibun - gen in der Zukunft nothwendig viel von ihrer Wahrheit verlieren muͤſſen; nothwendig, weil die Gaͤrten den beſtaͤndigen Veraͤnderungen der Zeit und des Menſchen unterworfen ſind. Schon an zwey bis drey Gaͤr - ten, die ſo reizend waren, kann ich jetzt nicht mehr ohne Wehmuth denken; verlaſſen und veraͤndert von neuen geſchmackloſen Beſitzern, denen ſie zufielen, trauern ſie ſchon ihrem Untergange entgegen. Man betrachte demnach die Beſchreibungen davon als Kopien von Gemaͤl - den, wovon die Originale ſich verloren haben, oder von der Hand der Zeit oder unwiſſender Ausbeſſerer unkenntlich geworden ſind.

Es ſcheint ein gluͤcklicher Zufall, daß dieſe Theorie gerade in ei - nem Zeitpunkt erſcheint, wo eine faſt allgemeine Liebe der Gaͤrten ſich durch Europa zu verbreiten angefangen hat. Der Geiſt der nuͤtz - lichen Gartenkultur belebt uͤberall die wahren Patrioten, und wenig - ſtens herrſcht die unbedingte Nachahmung der engliſchen Manier uͤberall da, wo man keine andere Anleitung kennt. Man kann mit Recht behaupten, daß faſt alles, was Deutſchland, Frankreich und Norden an guten Gartenanlagen aufzuweiſen haben, erſt in der letz - ten Haͤlfte dieſes Jahrhunderts entſtanden iſt. Es gehoͤrt bloß zur Geſchichte dieſer Theorie, zu bemerken, daß ſie ſeit ihrer Erſcheinung ſchon manche gluͤckliche Wirkung in verſchiedenen Laͤndern, wohin ſie zum Theil durch die franzoͤſiſche Ueberſetzung gebracht iſt, veran - laßt hat.

3ManVIVorbericht.

Man darf nun doch nicht ſagen, daß es an einer Anleitung zur Beurtheilung und Anlage der Gaͤrten und zu den mannichfaltigen Ar - ten der Verſchoͤnerung des Landes fehle. So lange die wahren Grund - ſaͤtze der Kunſt noch unentwickelt waren, ließ es ſich eher entſchuldigen, wenn man immer nach engliſchen Zeichnungen und Planen lief, immer kopirte, was man in dieſem oder jenem Garten fand, der in Ruf ſtand. Der Weg iſt wenigſtens gebahnt, worauf man nun durch Nachdenken und Studium der Natur weiter fortſchreiten kann.

Der ſchoͤnſte Garten iſt der, welcher in ſeiner Art ganz das iſt, was er ſeyn kann, nach dem Genius des Orts und der Gegend; der vollkommenſte Garten iſt der, welcher die wenigſten Fehler hat. Wenn inzwiſchen noch jetzt in den neuen Anlagen ſo manche Verirrungen des Geſchmacks erſcheinen, ſo darf man die Schuld nicht immer den Gaͤrt - nern oder den Anlegern beymeſſen. Ich habe es ſelbſt geſehen, wie es an ſo manchen Hoͤfen geht. Iſt der Liebling des Fuͤrſten oder der Gartendirector ein Ingenieur, ſo muß der Garten Waͤlle und Ver - ſchanzungen aufnehmen. Iſt er ein franzoͤſiſcher Marquis, ſo ſchlaͤgt er Labyrinthe, Theater und Tombeaux des Poëtes dramatiques vor. Kennt er nur Verſailles, Marly u. ſ. w., ſo muͤſſen die Baͤume und Gebuͤſche ſich in die kunſtreichſte Architectur umbilden laſſen. Hat er nur die neuen Anlagen um Paris geſehen, ſo wird der Bezirk mit chi - nefiſchen Thuͤrmchen, Moſcheen, Kiosken u. ſ. w. bunt genug ver - ziert werden. Leitet eine geiſtloſe Hofdame die Anordnung, ſo wird ſie die ſchoͤnſten Plaͤtze mit kleinen Spielwerken verderben. Bey allen dieſen Thorheiten und Kuͤnſteleyen iſt immer das Gewoͤhnliche auch das Schlimmſte, naͤmlich, daß aufgeklaͤrte Gartenkenner, die weit daruͤber hinausſehen, nicht gefragt oder doch nicht gehoͤrt werden. Der hirn - loſe Hofſchranze weiß ſie bald zu uͤberſchreyen. Dieß iſt auch die Ur -ſache,VIIVorbericht. ſache, daß im Ganzen betrachtet der Adel, der von dieſen Feſſeln frey iſt, weit beſſere Gaͤrten hat, als die Fuͤrſten. Es iſt ein ſchaͤdliches Vorurtheil, wenn man ſagt: ein Fuͤrſt koͤnne machen was er wolle; er habe zu befehlen; es koſte ihm ſein Geld. Nein, gnaͤdiger Hert, wuͤrde ich einem Prinzen ſagen, laſſen Sie dieſes Vorurtheil nicht gelten. Um einen Hoͤfling, der dieſe Meynung aͤußert, bekuͤmmert ſich die Welt nicht viel, aber wohl um den Fuͤrſten, der dieſer Meynung folgt. Sie duͤrfen nicht geradezu machen, was Ihnen einfaͤllt. Ihre Werke ſtehen oͤffentlich da; der Kenner, der Ihre Gebaͤude, Ihre Gaͤrten ſieht, beur - theilt ſie zugleich, und ein Urtheil, das ſich auf Kenntniß ſtuͤtzt, kann einem Fuͤrſten nicht gleichguͤltig ſeyn. Der Geſchmack Ihrer Werke geht mit in Ihre Geſchichte uͤber. Man nennt Ihren Namen wenn der Name Ihrer uͤbel unterrichteten Rathgeber laͤngſt vergeſſen iſt.

Jeder anſehnliche Hof ſollte billig einen aufgeklaͤrten Mann zum beſondern Gartendirector waͤhlen, der ganz allein ſeine Talente, Kraͤfte und Zeit dieſem Geſchaͤfte widmete, der Kenntniß, Geſchmack, Eifer, Verbindung und Anſehen genug haͤtte, um ſowohl die Ehre der Gaͤr - ten des Landes, als auch die Ausbreitung der nutzbaren Gartenkultur befoͤrdern zu koͤnnen. So lange ein ſo wichtiges Geſchaͤfte Perſonen aufgetragen wird, die entweder gar nicht die dazu noͤthigen Eigenſchaf - ten beſitzen, oder ſchon mit andern Arbeiten zu ſehr uͤberladen ſind, ſo lange darf man ſich wenig Fortgang fuͤr die wahre Kultur der Gaͤrten verſprechen. Man kann ein braver Officier, ein feiner Cavalier, ein guter Hofmarſchall ſeyn; man kann durch Witz und Verſtand glaͤnzen; und doch ein elender Gartendirector ſeyn. Wie wenige giebt es, die eben die Wiſſenſchaft, eben den Geſchmack, eben das Studium, eben die Beobachtung, eben die Uebung beſitzen, die gerade zu einem ſolchen Poſten erfordert werden!

UnſreVIIIVorbericht.

Unſre Zeit ſcheint ſich durch eine ſo große und ausgebreitete Re - volution in Anſehung der Gaͤrten auszuzeichnen, als noch niemals war. Ich werde die Fortgaͤnge der ſchoͤnen Gartenkunſt ſowohl, als auch alle Veraͤnderungen, die ſie betreffen, kuͤnftig im Gartenkalender be - richten; man wird darinn unter einem beſondern Abſchnitt Nachtraͤge zu dieſem Werke finden.

Einer der ſchaͤtzbarſten Vortheile, die ich dieſer Theorie verdanke, iſt die Ehre der Bekanntſchaft mit vielen Hoͤfen, mit vielen Perſonen vom erſten Stande, und von den erſten Verdienſten. Die mancher - ley Beweiſe des Wohlwollens und der Gefaͤlligkeit, womit man mich auf meinen Gartenreiſen uͤberall aufzunehmen gewuͤrdigt hat, verlan - gen hier noch meine ehrerbietigſte und waͤrmſte Dankbarkeit. Dieſe huldreiche und guͤtige Aufnahme bin ich freylich mehr dem Gegenſtande, der die Fuͤrſten, den Adel und alle Freunde der ſchoͤnen Natur ſo nahe intereſſirt, als der Behandlung ſchuldig; ſie hat indeſſen nicht wenig meinen Eifer belebt, um die Gartenkunſt ſo weit dem Ziel ihrer Aus - bildung entgegen zu fuͤhren, als es meine Kraͤfte und unſer Zeitalter verſtatten.

Theorie
[1]

Theorie der Gartenkunſt.

V Band. A[2][3]

Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen nach den Tageszeiten.

Die verſchiedenen Abſchnitte des Sommertages kuͤndigen ſich durch einen ver - ſchiedenen Charakter an. Heiterkeit und Lebhaftigkeit umſchweben den Mor - gen; Staͤrke des Lichts und Schwuͤle druͤckt den Mittag; Milde und Ruhe erfriſchet den Abend. Die Natur verbindet mit jedem Theil des Tages eine Menge von Er - ſcheinungen, die ihm eigenthuͤmlich zugehoͤren, und die Gegenſtaͤnde der Landſchaft zeigen ſich unter den Abwechſelungen der Beleuchtung in immer neuen Geſtalten. Es laſſen ſich demnach Scenen anordnen, wo die Eigenthuͤmlichkeiten von jedem Theil des Tages nicht blos wahrgenommen, ſondern auch, von ihren Beſchwerlich - keiten befreyet, unter einem erhoͤheten Reize genoſſen werden. Man kann bald aus beſonders geſtimmtem Geſchmack, bald nach der Lage der Gegend, die man bewohnt, bald aus Beduͤrfniß der Lebensart und der Geſchaͤfte ſich ſeinen Garten fuͤr den Mor - gen, oder fuͤr den Mittag, oder fuͤr den Abend bilden. Man kann ſelbſt dieſe ver - ſchiedenen Arten von Anlagen in einem ausgedehnten Park, als eben ſo viele beſon - dere Scenen, in eine harmoniſche Verbindung mit dem Ganzen bringen.

A 2I. Mor -4Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

I.

Morgengarten oder Morgenſcene.
Wie glaͤnzt die Morgenroͤthe Auf Berg und Wald,
Wo ſchon des Hirten Floͤte Ins Land erſchallt!
Die Huͤgel und die Weide Stehn aufgehellt;
Und Fruchtbarkeit und Freude Bebluͤmt das Feld.
Die Lerche ſteigt und ſchwirret Von Luſt erregt;
Die Taube lacht und girret, Die Wachtel ſchlaͤgt.
Der Schmelz der bunten Flaͤchen Glaͤnzt voller Pracht;
Und von den lauten Baͤchen Entweicht die Nacht.
*)Von Hagedorn.
*)

Dieſe liebliche Heiterkeit, dieſe friſche Anmuth, dieſe laute Wonne der erwa - chenden Natur, wie belebt und erweitert ſie jedes Herz! Alles iſt Freude und ruſt zur Freude.

Der Morgengarten eroͤffne ſich demnach, um die Freude des jungen Tages zu empfangen. Er verbreite ſich in einem bluͤhenden Thale, an deſſen Seite ſich ein Berg oder eine Felſenſpitze erhebt, auf welche die aufgehende Sonne ihren roͤthenden Glanz hinſtreue; oder er ſchmiege ſich uͤber ein huͤgeligtes Gefilde mit ſanften Ab - haͤngen hinab. Allezeit aber breite er ſeinen ganzen Bezirk vor dem oͤſtlichen Strahl hin, und gewaͤhre die ganze Pracht des Anblicks der aufſteigenden Sonne, mit tauſend zufaͤlligen Reizen begleitet. Noch erquicket das Licht, ohne zu beſchwe - ren; der Glanz, der ſich auf den Fluren zerſtreut, erheitert, ohne zu blenden. Tauſend flimmernde Lichter ſpielen, zur Ergoͤtzung des Auges, in dem Laube der Baͤume, auf den blumigten Wiefen, und auf dem vermiſchten Gruͤn der Felder; ein wunderbar entzuͤckendes Schauſpiel, das ſelbſt in gefuͤhlloſe Seelen ein ſtum - mes Erſtaunen ſtrahlt. Gruͤn iſt das Feyerkleid der Natur, die Seele der Gaͤr - ten, und die Entzuͤckung des Auges; aber Gruͤn iſt nirgends geſuchter, nirgends ſchoͤner, als unter den Malereyen des aufgehenden ſowohl als des untergehenden Lichts. Der Morgengarten waͤhle, wo er kann, ſeine Lage mit Ausſichten auf angraͤnzende Wieſen und Gebuͤſche.

Die5nach den Tageszeiten.

Die Helligkeit eines nahen Sees iſt ein wichtiger Umſtand fuͤr dieſen Charak - ter, und die mannichfaltigen verſchoͤnernden Schauſpiele des fruͤhen Lichts, die ſich auf ſeiner Flaͤche und an ſeinem Ufer umher malen, geben dem Auge eine Unter - haltung, wobey es gerne verweilt. Ein betraͤchtlicher Strom, der ſich vor dem Morgengarten voruͤber waͤlzt, gewaͤhrt eine noch groͤßere Lebhaftigkeit. Allein auch kleine Baͤche, die unter dem Spiel des Lichts, zwiſchen Gras und Blumen huͤ - pfen, oder mit einem hellen Geraͤuſch dahin ſprudeln, tragen nicht wenig zur Be - lebung der Scene bey, und ſind zugleich mehr in der Macht des Garten - kuͤnſtlers.

Die Gipfel der Hayne und Waͤlder, die Hoͤhen der Berge und die Spi - tzen der Felſen ſtellen in den Morgenſtunden zauberiſche Spiele des Lichts dar, das zuerſt an ihnen ſanft aufglimmt, ſie gelb und roͤthlich faͤrbt, und endlich mit einem ſtrahlenden Glanze uͤberſtroͤmt, der ſie in der ganzen Landſchaft ſtark heraushebt, indeſſen ſich an ihren Seiten lange Schatten hinſtrecken, und angenehme Ruheſtel - len fuͤr das Auge bilden. Selbſt ein Kirchthurm oder die Spitze eines andern an - ſehnlichen Gebaͤudes in der Naͤhe kann in dieſer Abſicht wichtig werden. Dieſe Gemaͤlde des Morgenlichts ſind ſo reizend, daß der Anleger ſie nicht uͤberſehen darf, wo er Gelegenheit hat, ſie zu gewinnen.

Der Morgengarten liebt viel freye Plaͤtze, Raſen und Blumen, dieſe lieb - lichen Bilder der Jugend, die ſich im Glanz des Thaues ſchoͤner heben. Die Freyheit iſt dem Auge, das von ſo vielen heitern Gegenſtaͤnden gerufen wird, hier doppelt angenehm. Sie iſt zugleich ein beſonderes Eigenthum dieſer Scene. Manche Gegenſtaͤnde gewinnen eine groͤßere und ſchoͤnere Wirkung, wenn ſie nicht gedraͤngt ſind, ſondern von einander mehr abgeſondert erſcheinen, ſich ganz uͤberſe - hen und an verſchiedenen Stellen einzeln betrachten laſſen. Wir athmen in dieſen Stunden ſo gern die Friſchheit der hereinſtreichenden Luft und die neuen Wohlge - ruͤche der Kraͤuter, wir lieben ſo ſehr die Milde des Lichts und die Freyheit der Aus - ſicht umher, daß wir jede Verſchließung, die uns einen dieſer Vortheile raubt, mit Recht anklagen.

Die Bepflanzung des Morgengartens folge dieſer Bemerkung. Sie waͤhle Baͤume von zarten, duͤnnen, gefiederten und leichten Blaͤttern, die einen gemilder - ten Schatten verſtreuen, wie

  • der Quitſchernbaum (Sorbus aucuparia, L.)
  • die Zitterpappel (Populus tremula, L.)
A 3die6Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen
  • die virginiſche Robinie (Robinia Pſeudo-acacia, L.)
  • die Gleditſia (Gleditſia triacanthos, L.)
  • die Amorpha (Amorpha fruticoſa, L.)
  • die Sophora (Sophora tetraptera, J. Miller.)

Einige dieſer Baͤume ſchicken ſich noch beſonders wegen des Hellgruͤnen ihrer Blaͤtter in eine Morgenſcene, als die virginiſche Robinie und die Amorpha; und nach dieſer Eigenſchaft koͤnnen auch

  • der virginiſche Ahorn (Acer negundo, L.)
  • der virginiſche Storaxbaum (Liquidambar Styraciflua, L.)

und noch einige andere dieſer Art dazu gewaͤhlt werden. Die Gruppen, aus die - fen Baͤumen zuſammengeſetzt, gewinnen ein uͤberaus gefaͤlliges Anfehen, wenn ſie nur klein und hin und her zerſireut ſind, um die ſanften Strahlen des Morgens durch ihre leichtere Belaubung freyer durchſpielen zu laſſen. Und wenn zwiſchen ihnen gruͤnende Raſen und freye Blumenfluren ſich herumwinden, und dieſe anmuthigen Plaͤtze noch von herumirrenden lautrieſelnden Baͤchen erfriſcht und hin und wieder von umherſchweifenden Lichtern und Schatten verſchoͤnert werden, ſo ſcheint die Anmuth dieſer Scene vollendet zu ſeyn.

Die Gebaͤude, die in Morgengaͤrten aufgefuͤhrt werden, muͤſſen mit ihrer Lebhaftigkeit, Ergoͤtzung und anmuthigen Geſchaͤftigkeit uͤbereinſtimmen. Wallet ein See neben dem Garten, ſtroͤmt ein Fluß vor ihm voruͤber, oder durchſtreicht er ſeinen Bezirk, ſo mag eine feine Fiſcherwohnung das Ufer zieren; denn die Geſchaͤfte des Fiſchfangs gehoͤren dem fruͤhen Tage. Liebt der Beſitzer den Umgang mit den Wiſſenſchaften, ſo mag auf ſchoͤnen Saͤulen ein Tempel, dem Apoll geheiligt, em - porſteigen, und vor dem Eingang die Statue des Vaters der Muſen, beglaͤnzt vom Morgenſtrahl, voll Entzuͤckung die Leyer zu ruͤhren ſcheinen. Allein auch außer die - ſen Beziehungen, koͤnnen wir dieſer Tageszeit*)S. dritten B. S. 76-77. einen Tempel weihen, der ganz ſeinem beſondern Charakter zuſtimmt. Man ſehe dieſen Tempel des Morgens.

Der7nach den Tageszeiten.
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8Fuͤnfter-Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

Der junge Phoͤbus ſteigt uͤber die Kupel, die als eine halbe Erdkugel in Bas - relief gearbeitet iſt, empor, und erleuchtet mit ſeiner Fackel ihre oͤſtliche Flaͤche; uͤber dem Eingang zeigt ſich der Kopf des Apoll, des Freundes der Mor - genſtunden.

Auch ein Vogelhaus iſt ein ſehr ſchickliches Gebaͤude in einem Morgen - garten, indem ihn die geſiederten Bewohner mit einem Concert von mannichfaltigen Stimmen beleben, das nie froher und muthiger iſt, als wenn ſie den aufſteigenden Tag begruͤßen. Man ſehe dieſen kleinen zum Theil verfallenen toſcaniſchen Tempel.

Er9nach den Tageszeiten.
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V Band. B10Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

Er ſteht auf einer Anhoͤhe, von welcher man die aufgehende Sonne den Horizont heraufſteigen ſieht. Die Vorhalle dieſes Tempels iſt mit Gitterwerk verwahrt, und dient einer Menge Geſangvoͤgel zum Aufenthalt. Ein daneben gelegenes Kabinet, das die Zelle des Tempels einnimmt, gewaͤhrt durch die nach der Vorhalle ebenfalls mit Gittern verſchloſſene Thuͤre den Genuß jener melodiſchen Nachbarſchaft. Der uͤber dem Kabinet beſindliche Raum unter dem Dache iſt zu einem ſichern Aufent - halt bey ungeſtuͤmem Wetter fuͤr die hier verſammelten Voͤgel beſtimmt. Ein an - genehmer Hayn, der ſich hinter dem Tempel ausbreitet, fuͤhrt durch verſchiedene ſchlaͤngelnde Wege zu dieſem dem Morgen geheiligten Monument.

Die Gebaͤude, die noch das Anſehen der Vollkommenheit haben, vertragen in einer Morgenſcene einen lebhaften Anſtrich; ſelbſt das voͤllige Weiße iſt hier ſchick - lich, indem es die Erleuchtung noch mehr erhebt. Auch die Kupeln, die kleinen Thuͤrme und uͤbrigen Spitzen dieſer Gebaͤude koͤnnen eine ſolche Stellung erlangen, daß ſie von dem glaͤnzenden Strahl, den ſie empfangen, uͤber den anliegenden Auf - tritt einen verſchoͤnernden Schimmer ausſtreuen. Die ſtarken Kontraſte von Licht und Schatten, die vornehmlich durch die Hoͤhen der Gegenſtaͤnde, durch Berge, Fels - ſpitzen, Waldgipfel und Gebaͤude veranlaßt werden, machen uͤberhaupt eine vorzuͤg - liche Schoͤnheit der Landſchaft in den Stunden des Morgens aus.

II. Mittagsgarten oder Mittagsſcene.

Der Mittag hat gegen die uͤbrigen Abſchnitte des Tages die wenigſte Anmuth. Die uͤber unferm Haupt ſtehende Sonne erfuͤllt alles mit einem Glanz, der das Auge blendet, und mit einem Feuer, das alle Munterkeit der thieriſchen Schoͤ - pfung verzehrt. Die dampfende Hitze der Luft ſcheint ſelbſt die Kraͤfte des Geiſtes zu erſticken; mit Muͤhe erhebt er ſich zu Arbeiten, die ihm ſonſt leicht und erfreulich ſind. Alles wird in eine matte Unthaͤtigkeit verſenkt. Die Blumen und Pflanzen laſſen entkraͤftet ihre Haͤupter ſinken; die Thiere ſtrecken ſich an Suͤmpfen und Ge - waͤſſern hin, und vergeſſen ihre Weide; die befiederten Saͤnger laſſen ihre melodiſchen Lieder verſtummen, und hangen traͤumend an laubreichen Zweigen; die Luft iſt ſtille, das Waſſer ſcheint in einen Spiegel gegoſſen, und unbewegt ruhen darauf die Schat - ten der Baͤume. Dies ſind die Stunden, wo Erquickung und Ruhe Beduͤrfniß der Natur werden.

Das11nach den Tageszeiten.

Das erſte, worauf der Anleger eines Mittagsgartens oder einer Mittagsſcene ſeine Aufmerkſamkeit zu richten hat, iſt die Anwendung der Mittel, um die Unbe - quemlichkeit der Tageszeit zu mildern. Wir ſuchen den Schatten und ſeine Kuͤh - lung. Dichte Lauben, ſtark belaubte Hayne und nicht zu ſehr verwilderte Dickigte bieten uns erwuͤnſchte Ruheplaͤtze an. Zur Pflanzung in dieſen Scenen empfehlen ſich verſchiedene Baͤume durch den Reichthum und die Groͤße des Laubwerks, als

  • die großblaͤttrige Linde,
  • die Roßkaſtanie,
  • der Ahorn, mit verſchiedenen Arten,
  • Die caroliniſche Pappel (Populus Heterophylla, L.)
  • die Katalpa (Biguonia Catalpa, L.)
  • der nordamericaniſche Platanus (Platanus occidentalis, L.)
  • der Tulpenbaum u. a.

Dieſe laubreichen Anpflanzungen befriedigen nicht blos das Beduͤrfniß der Kuͤhlung; ſie geben zugleich liebliche Plaͤtze zum Aufenthalt, zur Tafel, zum Leſen, zum Spiel, zum Schlaf; ſie gewaͤhren, indem man in ihnen verweilt, eine Folge von ſanften Em - pfindungen; ſie reizen ſelbſt in der Ferne durch die Vorſtellung der Erquickung, die ſie in ihrem Schooß enthalten. Allein die Pflanzungen duͤrfen doch nicht ſo dicht ſeyn, daß ſie der Luft allen Einzug verwehren; ſie koͤnnen demnach hin und wieder mit einigen luftigen Gruppen abwechſeln. Nichts iſt anmuthiger, als aus der tiefen Nacht der Belaubung zuweilen in eine mildere Daͤmmerung heruͤber zu irren, und hier bald das Auge an dem Spiel der durchfallenden Lichter, bald das Gefuͤhl unter den kuͤhlenden Athmungen der Luft zu beleben.

Außer den Anpflanzungen geben auch Grotten*)S. 3ten B. S. 84-96. in Felſen und an Waſſer - faͤllen angenehme Zufluchtsoͤrter vor der Hitze, und ſind einem Mittagsgarten ſehr angemeſſen.

Ein ausgebreiteter See iſt in dieſen Stunden zu blendend fuͤr das Auge, das, von dem Glanz des Tages belaͤſtigt, ſich gern in der erquickenden Dunkelheit des Schattens verbirgt. Maͤßige Waſſerguͤſſe, halb mit Geſtraͤuch verdeckt, erfriſchen die Einbildungskraft, wie die Scene. Selbſt Springwaſſer, die in den Gaͤrten der heißen Himmelsſtriche ihren Urſprung hatten, ſcheinen mit dem Charakter dieſerB 2Anlage12Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder ScenenAnlage vereinbar; ſie koͤnnen hie und da, z. B. vor einem Speiſeſaal, einen Grad der Schicklichkeit gewinnen, der ihnen ſonſt fehlt; und bey einem Ruhekabinet hat ſelbſt ihr monotoniſches Geplaͤtſcher einen geheimen Zauber, der zum Schlummer einladet. Allein ſtarke Waſſerfaͤlle und rauſchende Stroͤme haben zu viel Lebhaftig - keit, als daß ſie bey der allgemeinen Ruhe, die uͤber den Mittag ſchwebt, hier ſchick - lich ſcheinen koͤnnten.

In dieſer Art von Gaͤrten muͤſſen die Gebaͤude nicht frey ſtehen, ſondern ſich, wo nicht ganz, doch zum Theil, in Schatten verhuͤllen. Denn ihre Lage muß dazu beytragen, den allgemeinen Charakter der Scene, Sehnſucht nach Kuͤhlung, verbreiten zu helfen, und zugleich den Glanz zu verdunkeln, den ſie auf einer ſchattenfreyen Stelle zum Nachtheil des Auftritts zuruͤckwerfen wuͤrden. Eben dieſe Beſchattung verlangt auch außerdem noch die Beſtimmung der Ge - baͤude in einem Mittagsgarten. Sie koͤnnen faſt nur allein dem Ausruhen von der Ermattung in der Hitze, der Erholung an der Tafel und den Erfriſchungen des Bades gewidmet ſeyn. Man kann hier verſchiedene Tempel, bald der Ruhe, bald dem Bacchus, bald dem Comus geweihet, auffuͤhren, und ſie mit einem eigenen Charakter und Gepraͤge ihrer Beſtimmung bezeichnen: ein neues Feld zur Erfin - dung und zum Ruhm fuͤr den ſinnreichen Architecten.

Ein ſchoͤnes Beyſpiel von dieſem Verdienſt betrachte man hier.

Ein13nach den Tageszeiten.
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14Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

Ein freyſtehender mit Kabinetten umgebener cipicriniſcher Saal, dem Mittag und der Gaſtfreundſchaft geheiligt. Die nach den vier Weltgegenden gerichteten Eingaͤnge ſtehen jedem Weltbuͤrger offen, der mit reinen Haͤnden und Herzen erſcheint, wie die neben dem vordern und hintern Eingange ſich erhebenden Springbrunnen andeu - ten; die Chimaͤren mit Fruchtkoͤrben auf den Haͤuptern aber laden zum Genuß der Guͤter der Natur ein. Das Gebaͤude ſteht in der Mitte einer freyen Pflanzung von ſchoͤnen, geraden, edlen Fruchtbaͤumen, die ihre Schaͤtze zur Kuͤhlung der Sommer - hitze geben, und iſt inwendig nach Art der Oporotheken der Alten*)Varro de re ruſtica Lib. I. cap. 2 und 59. verziert. Eine ſolche von friſchem Obſt mit Geſchmack und Einſicht angeordnete Verzierung iſt eben ſo abwechſelnd als angenehm.

Nicht minder ergoͤtzend iſt es, entweder einige Zeit vor der Tafel, oder in den Stunden des Nachmittags, die gegen den Abend hinabfließen, ſich in einem kuͤhlen Bade zu erfriſchen. Ein Mittagsgarten kann daher in einem abgeſonderten beſchatte - ten Revier ein kleines Badhaus aufnehmen. Doch ſchoͤner noch iſt ein freyer Badort, den ſein Genius den Nymphen gewidmet zu haben ſcheint, die hier zuweilen unter dem Schutz einer Felſenwand den Guͤrtel loͤſen, um ihren Reiz der kryſtallenen Flut ſanfter Waſſerguͤſſe anzuvertrauen.

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III. Abend -15nach den Tageszeiten.

III. Abendgarten oder Abendſcene.

Wie reich der Sommerabend an ſanften Schoͤnheiten und maleriſchen Zufaͤlligkei - ten iſt, das ſagt uns ſo oft bey unverfaͤlſchter Empfindung der entzuͤckte An - blick, das ſagen uns tauſend ruͤhrende Nachbildungen der Dichter und der Landſchaft - maler. Wenn die Kuͤhle des Abends, bemerkt ein feiner Beobachter,*)Der Marquis von Girardin in der Compoſition des Payſages. jene lieb - liche und anmuthige Farbe verbreitet, welche die Stunden der Ruhe und des Ver - gnuͤgens ankuͤndigt, dann herrſcht in der ganzen Natur eine erhabene Harmonie der Farben. In folchen Augenblicken hat Claude Lorrain die ruͤhrenden Kolorite ſei - ner ruhigen Gemaͤlde gewaͤhlt, wo die Seele mit den Augen zugleich gefeſſelt wird; um dieſe Zeit weiden ſich unſere Blicke gern an einer großen Landſchaft. Die Maſ - ſen von Baͤumen, wo das Licht durchſchimmert, unter welchen das Auge einen ange - nehmen Spazierweg erblickt; große Flaͤchen von Wieſen, deren Gruͤn von den durch - fichtigen Schatten des Abends noch verſchoͤnert wird; das reine Kryſtall eines ruhigen Gewaͤſſers, worinn ſich die benachbarten Gegenſtaͤnde beſpiegeln; leichte Gruͤnde von lieblicher Geſtalt und dunſtiger Farbe: dies ſind uͤberhaupt die Gegenſtaͤnde, die ſich am beſten fuͤr die Abendſeite ſchicken. Es ſcheint in dieſen Augenblicken, als wenn die Sonne, bereit den Horizont zu verlaſſen, vor ihrem Abſchiede erſt gern die Erde mit dem Himmel vermaͤhle; auch gehoͤrt der groͤßte Theil von Abendgemaͤlden fuͤr den Himmel. Denn da betrachtet der fuͤhlende Menſch ſo gern dieſe unendliche Mannichfaltigkeit von reizenden und ruͤhrenden Nuͤancen, womit ſich der Himmel und die Fernen der Landſchaft verſchoͤnern; es ſind die koſtbaren Augenblicke der Ruhe und der Erholung.

In der That iſt es eine gewiſſe ruhige Milde und Lieblichkeit, eine unbeſchreib - liche Sanftheit, welche ſich des Abends uͤber alle Scenen der Natur ergießt, und den Charakter dieſer Tageszeit ausmacht. Alle Abendbilder der Dichter und der Land - ſchaftmaler, welche die Natur empfanden, ſind in dieſem Charakter.

Wenn des Abends Roſenfluͤgel
Kuͤhlend uͤber Thal und Huͤgel,
Ueber Wald und Wieſe ſchwebt;
Wenn der Thau die Baͤume traͤnket,
Sich in bunte Blumen ſenket,
Und an jungen Aehren bebt;
Wenn16Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen
Wenn im Schalle heller Glocken
Heimwaͤrts ſich die Schafe locken,
Und im Gehn das Laͤmmchen ſaugt;
Wenn die Erlen duftend ſaͤuſeln,
Wenn die Muͤcken Teiche kraͤuſeln,
Wenn der Froſch ſich quaͤkend blaͤht,
Wenn im Nachtigallenthale
Heſper mit verliebtem Strale
Heimlich meine Quelle kuͤßt;
Wenn das Geißblatt ſuͤße Duͤfte
In dem Wehen leiſer Luͤfte
Labend mir entgegen haucht;
Wenn der Fiſch im Waſſer huͤpfet,
Aus der kalten Tiefe ſchluͤpfet,
Und der Schwan zu Neſte geht;
Wenn, wie eine Braut erroͤthend,
Luna freundlich koͤmmt, und floͤtend
Philomele ſie begruͤßt
*)Fr. Leop. Graf zu Stolberg.
*)

Dies ſind die Augenblicke der lieblichſten Bilder und der ſuͤßeſten Empfindungen: eine frohe Erholung der erſchoͤpften Kraͤfte, ein gelaſſenes Nachſinnen, eine ſanfte Milde, die ſich uͤber alle unſere Gedanken, alle unſere Empfindungen verbreitet, ein Gefuͤhl von der Veraͤnderung und Verſchwindung der Scenen der Welt, das nicht ſchmerzhaft, nicht niederſchlagend iſt, ſondern das empfindſame Herz lehrreich unter - haͤlt. In dieſen Augenblicken fuͤhlen wir uns ſo geneigt zum Genuſſe jeder Art von gemilderter Empfindung, zu Ergießungen vertraulicher Zaͤrtlichkeit, zu ruhigen Un - terredungen uͤber den Werth des Lebens, uͤber ſeine Beſtimmung und ſeine Hoffnun - gen. **)Das Landleben 4te Aufl. 1776 vorletzte Betrachtung.Alle Veraͤnderungen, die jetzt in der Natur vorgehen, das allmaͤlige Ent - weichen der Sonne, die Verlaͤngerung der Schatten, die Verduͤſterung ganzer Flaͤ - chen, indeſſen nach und nach der noch an den Hoͤhen ſchwebende falbe Schein ver - liſcht, die verſtummende Geſchaͤftigkeit des Tages, die beginnende Ruhe aller Ge - ſchoͤpfe, das Aufgluͤhen des Mondes und die feyerliche Majeſtaͤt des ſich hie und da ſternenden Himmels, vereinigen ſich, dieſe Stimmung der Seele zu unterhalten. Wie beſeligend iſt nicht dieſer Selbſtgenuß in der Feyer des Abends, wenn lieb - liche Gefuͤhle und ſuͤße Phantaſien mit ernſten Betrachtungen wechſeln, bald in der Unterredung mit einem weiſen Freund, bald in der ſtummen Unterhaltung der Ein - ſamkeit! Wie manche ſanfte Seele findet nicht ihre Empfindung in dieſer Stelle wieder!

Wenns17nach den Tageszeiten.
Wenns in meiner Bruſt zu enge
Um die Abenddaͤmmrung wird,
Schleich ich weg aus dem Gedraͤnge,
Das am Tage mich umſchwirrt;
Athme in der Laube Kuͤhle
Hier der Bluͤthen Balſamduft,
Seh der Voͤgel letzte Spiele
In der ſtillen Abendluft;
Denk an alles, was auf Erden
Meines Lebens Wonne iſt,
Bis in Scenen, die einſt werden,
Ahndend ſich der Geiſt vergißt.

Um uns dieſe Vortheile zu geben, breite ſich der Abendgarten nach der Gegend hin, wo die Seele die Feyer der untergehenden Sonne, alle maleriſche Geſtalten, wo[r]inn der Himmel, das Waſſer und die Landſchaft erſcheinen, tauſend bezaubernde Zufaͤlligkeiten, die das ſinkende Licht bildet, genießen kann. Iſt die Pracht dieſes Schauſpiels geendigt, ſo verſchwindet der blendende Glanz; eine liebliche Beleuch - tung, ſchoͤner als der Tag gab, fließt uͤber die Landfchaft hin; der Schimmer, der hin und wieder von den wachſenden Schatten der Berge, der Baͤume und Gebaͤude begraͤnzt wird, finkt immer mehr in die Daͤmmerung herab; ein ſtill aufwallender Dunſt uͤberſchleyert die Waͤlder und ſelbſt die Gewaͤſſer mit einem duͤnnen Flor; alle Scenen der Natur wechſeln mit jedem Augenblicke ihre Geſtalt.

Eine Miſchung von kleinen Huͤgeln und Thaͤlern, ein großer gruͤner Abhang gegen Weſten, mit einer Ansſicht auf benachbarte Waͤlder und Berge, auf Ge - birge und andere praͤchtige Fernen der Landſchaft, ſcheint die vortheilhafteſte Lage fuͤr den Abendgarten darzubieten. Gewaͤſſer ſind beſonders fuͤr dieſe Art der Anlage wichtig; ſie vervielſaͤltigen die Schoͤnheit der untergehenden Sonne, und verlaͤngern die letzten Augenblicke des Tages. Ein angraͤuzender oder doch nicht zu entfernter See, wovon eine anſehnliche Flaͤche dem Auge uͤberſehbar iſt, ſtimmt ſowohl der Anmuth, als auch beſonders der Ruhe des Abendgartens ſo ſehr zu, daß man ihn ungern vermißt. Sind ſeine Ufer mit Hoͤhen und Wald verſchoͤnert, ſo[ſtellen] ſie durch ſanfte Wiederſcheine, die ſie auf der hellen Fluth bilden, und durch tauſend Zufaͤlle von Licht und Schatten einen wunderbar entzuͤckenden Anblick dar. Ein wildrauſchender Strom ſchickt ſich nicht zu der Stille der Scene; allein ein maͤßi - ger Waſſerfall, halb von Buͤſchen uͤberſchattet, und halb von den Strahlen derV Band. CAbend -18Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder ScenenAbendſonne vergoldet, vertraͤgt ſich ungemein mit dem Auftritt, indem er ihn et - was belebt, ohne die Ruhe zu unterbrechen, die zu ſeinem Charakter gehoͤrt. Aus dieſem Grunde iſt uns des Abends die, ſuͤße Schwermuth erregende, Muſik der Wald - hoͤrner ſo angenehm, wenn wir ſie aus der Ferne ſchwaͤcher heruͤbertoͤnen hoͤren.

Die ganze Einrichtung des Abendgartens ahme den Charakter des Sanften und Ruhigen nach, womit die Natur dieſen Theil des Tages bezeichnet. Daher ſchi - cken ſich ſehr wohl fuͤr ihn, wie ſchon ein großer Kenner bemerkt hat,*)Whately in Obſervations on modern Gardening. dunkelfarbigte Gebaͤude; obgleich die, welche einen lebhaften Anſtrich haben, durch eine beſondere Wirkung der untergehenden Sonne nicht ſelten angenehm ins Auge fallen. Man kann ſich ſelbſt der hellern Farbe oft bedienen, um die Einfoͤrmigkeit der Daͤmmerung zu unterbrechen. Zwar kann kein Kontraſt des Lichts und des Schattens mehr erzeugt werden. Allein, wenn die Pflanzungen, die durch ihre Dichtheit am erſten anfangen, die Daͤmmerung aufzunehmen, zugleich vom dunkelſten Gruͤn ſind, wenn die nach der Abendſeite ſtehenden Gebaͤude eine lichtere Farbe haben, und wenn die Flur und das Waſſer dieſer Abſicht gemaͤß eingerichtet werden: ſo laͤßt ſich, wenn ſchon lange die groͤßern Wirkungen verſchwunden ſind, noch eine abwechſelnde Schattirung gewinnen.

Einzelne, hohe und ſchattenreiche Waldbaͤume, worunter bequeme Sitze angelegt ſind, erfreuen, wo die Natur ſie ſchenket, den Freund des Abendgartens. Sie bieten uͤberaus anmuthige Ruheplaͤtze an, indem ihre Gipfel ſich in der Abendroͤthe ſchoͤner heben, und außerdem uͤber den benachbarten Bezirk verlaͤngerte Schatten ausbreiten. Tiefe Dickigte verbieten den ſanften Wirkungen der untergehenden Sonne den Ein - gang. Allein zerſtreute Gruppen und luftige Hayne nehmen gern zu ihrer Verſchoͤne - rung die lieblichen Gemaͤlde des Abendlichts auf. Kleine Gebuͤſche, die in ihre Schat - ten die Nachtigall locken, um hier ihre zaͤrtlichen Melodien durch die Abendſtille freyer dahin fließen zu laſſen, vermehren nicht wenig die Wolluſt dieſer Scene.

Zu den Pflanzungen im Abendgarten ſind uͤberhaupt ſolche bluͤhende Straͤucher und Blumen zu waͤhlen, die vornehmlich des Abends ihre Wohlgeruͤche reicher zu verſpenden pflegen, als

  • die Syringen,
  • das Geißblatt mit ſeinen verſchiedenen Arten,
  • die Coronilla (Coronilla glauca, L.)
die19nach den Tageszeiten.
  • die Nachtviole (Heſperis triſtis, L.)
  • der Storchſchnabel (Geranium gibboſum, L.)
  • die Asphodillilie (Hemerocallis flava, L.)
  • die wohlriechende Reſede (Reſeda odorata, L.)
  • die Jalappa (Mirabilis Jalappa, L.) und verſchiedene andere.

Auch in Ruͤckſicht auf die angenehmen Ausduͤnſtungen ſind Waͤlder und Wieſen in der Naͤhe des Abendgartens uͤberaus erfriſchend.

Fuͤr dieſe Art von Gaͤrten kann der erfindende Architect nicht weniger Gebaͤude beſtimmen, die ganz zu ihrem Charakter gehoͤren. So iſt dieſer Tempel des Abends.

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C 2An20Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

An den Waͤnden, die aͤußerſt einfach gehalten ſind, haͤngen Mohnzweige; uͤber dem Eingange ſteht der Abendmond; auf dem meiſt flachen Dache ruhet Phoͤbus, nach vollbrachter Arbeit, mit umgekehrter Fackel; alles eilt, den Charakter des Ge - baͤudes zu vollenden, das der Lieblingsaufenthalt eines Weiſen zu ſeyn ſcheint, der nach den Geſchaͤften des Tages gern einſam ſeinen Abend unter dem erquickenden Schatten der Betrachtung feyert.

Von einer andern nicht weniger gluͤcklichen Erfindung iſt dieſer Pavillon, dem Abend und der Freundſchaft im engern Verſtande gewidmet.

Er21nach den Tageszeiten.
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22Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen

Er ruhet am Ende eines Parks, wo ihn der Ankommende erſt erblickt, wenn er ihm nahe iſt. Zu dem offenen Porticus gelangt man aus dem hinter ihm gelegenen Ge - ſellſchaftszimmer, von außen aber gar nicht. Zwo zu beyden Seiten abwaͤrts ge - hende breite Treppen fuͤhren in einen hinter dem Gebaͤude im Thal liegenden Platz, der mit Blumen und Orangeriebaͤumen beſetzt iſt. Der Unbekannte gelangt in die - ſen und wieder zuruͤck, ohne in das Gebaͤude ſelbſt zu kommen; der Freund aber kennt eine zur Rechten gelegene, verborgene, bequeme Treppe, und dieſe fuͤhrt ihn in ein klei - nes Apartement, das aus einem Vorzimmer, einem Saal, und zweyen einander folgenden Kabinetten beſteht. Das letztere von dieſen liegt an den zum Bade be - ſtimmten Gemaͤchern. Das zweyte Stockwerk enthaͤlt die zur Erwaͤrmung des Bad - waſſers und andern Bequemlichkeiten erforderlichen Behaͤltniſſe.

Die Nacht, welche die Natur zur Ruhe aller Geſchoͤpfe beſtimmte, ſcheint zwar von dem Vorrecht der Tageszeiten, einen ihnen gewidmeten Garten zu haben, ausgeſchloſſen zu ſeyn. Wie gern entziehen wir indeſſen nicht zuweilen dem Schlafe einige Stunden der Sommernacht, um uns an ihren ſanften Annehmlichkeiten zu la - ben! Und mit wie vielem Rechte beſchaͤftigt nicht der Weiſe, waͤhrend dieſer heiligen Feyer der Natur, ſeinen Geiſt mit der Betrachtung der Welten, die uͤber ſeinem Haupte leuchten!

Fuͤr das Auge ſind die bluͤhenden Schoͤnheiten der Erde verſchwunden. Aber der dunſtfreye Himmel zeigt, wenn der Mond in feyerlicher Pracht an ihm herauf - ſteigt, ein Schauſpiel, das die Erde wieder mit einem neuen Reize verſchoͤnert. Ein breites ſchweigendes Gewaͤſſer, oder ein See, worinn das Licht der Nacht in ſanftem Abglanz zerfließt; murmelnde Baͤche oder kleine Waſſerguͤſſe mit maͤßigem Geraͤuſch und regelmaͤßigem Fall; Gruppen, Hayne und Waͤlder, worinn der ſtille Silber - ſchimmer umher ſchleicht, und ſich in tauſend erheiterte Stellen zerſtreut; ein ruhiges Thal, von erfriſchten Kraͤutern, oder gemaͤhetem Klee duftend; Pflanzungen von wohl - riechenden Blumen und Straͤuchern alles dies ſcheint zum wolluͤſtigen Genuß ei - ner ſchoͤnen Sommernacht zu gehoͤren. In einer Gegend, mit dieſen Annehmlichkeiten bereichert, iſt ein Schlafkabinet nicht blos eine ſchickliche Verzierung der Scene, ſon - dern es kann auch zum anmuthigen Gebrauch eingerichtet werden, wie ſchon an ei - nem andern Ort gezeiget iſt. *)S. 3ten B. S. 37.Seine Beſtimmung kann durch die Form, durchdie23nach den Tageszeiten. die aͤußere und innere Verzierung mit Bildhauerarbeit und Gemaͤlden, und ſelbſt durch eine kurze Inſchrift deutlicher bezeichnet werden. Eine ſanfte Einladung zur Ruhe empfange den Muͤden beym Eintritt.

Frey von des Tags unruhigem Getuͤmmel
Entſchlummert die Natur;
Die ſtille Racht ſenkt ſich herab vom Himmel
Auf Wald und Flur.
Der Abendwind kuͤhlt ſanft die ſchwuͤlen Luͤfte,
Und Wieſe, Hayn und Au
Streun ringsumher balſamiſchſuͤße Duͤfte,
Erfriſcht vom Thau.
Schon winket mir der Schlummer, und ſchon ſinken
Die muͤden Augen zu;
Kaum ſeh ich noch den Abendſtern dort blinken;
O! ſuͤße Ruh!

Allein der ſchlaffliehende Forſcher der Geſtirne findet in einer ſolchen Gegend gerne auf einer Anhoͤhe ein Gebaͤude, das, wie dieſes, der Mitternacht und der Sternkunde gewidmet iſt.

Es24Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen
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25nach den Tageszeiten.

Es ſtellt einen Windthurm nach der Beſchreibung des Vitruv*)Lib. I. cap. 6. vor. Der Triton auf dem Gipfel zeigt mit einer Ruthe die verſchiedenen Wendungen des Win - des. Acht Hauptwinde ſind auf der Frieſe abgebildet; dieſe achte aber ſind wieder, durch die an den obern Rinnleiſten angebrachten Koͤpfe und die muſchelfoͤrmigen Rip - pen des Dachs in vier und zwanzig, die zwiſchen jenen liegen, abgetheilt. Das obere Stockwerk enthaͤlt einen zu aſtronomiſchen Beobachtungen eingerichteten großen Saal, mit weiten Oeffnungen nach allen Seiten.

V Band. DSechster26Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Sechster Abſchnitt. Gaͤrten nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

I. Koͤnigliche und fuͤrſtliche Gaͤrten; Parks der erſten Groͤße oder in einem praͤchtigen Styl.

Bey allen Nationen unterſcheiden ſich die Koͤnige und Fuͤrſten des Volks, auch durch die Art ihrer Wohnung, von ihren Unterthanen und von den uͤbrigen Staͤmmen. Selbſt der Anfuͤhrer einer wilden Horde wohnet in einem groͤßern Zelt oder in einer hoͤher gelegenen Huͤtte. Es geſchah nicht blos aus einem Gefuͤhl der Verehrung, daß rohe Voͤlker ihren Fuͤrſten den Vorzug einer edlern Wohnung ga - ben; auch die Begriffe von Schicklichkeit und Wuͤrde, die ſich in geſellſchaftlichen Verbindungen ſo fruͤh entwickeln, forderten ihn. Und auf die Wahrheit dieſer Be - griffe haben alle aufgeklaͤrte Architekturlehrer das Geſetz gegruͤndet, daß ein Fuͤrſt an - ders, als ſein Unterthan, wohnen, und daß Wuͤrde, Pracht und Groͤße ſein Schloß von der Einfalt und Beſcheidenheit eines Privathauſes unterſcheiden muͤſſe.

Eben dieſer Unterſchied der Wohnung breitet ſich mit Recht auch uͤber die Gaͤr - ten aus. Sie duͤrfen dem Charakter ihrer Beſitzer folgen, und ſind nicht weniger, als die Gebaͤude,*)S. 3ten Band S. 16-17. den allgemeinen Regeln der Schicklichkeit unterworfen. Man ſucht in dem Park eines Luſtſchloſſes doch etwas anders zu ſehen, als in dem Gar - ten einer Privatwohnung.

Durch Groͤße und Pracht muͤſſen ſich die Gaͤrten der Koͤnige und Fuͤrſten aus - zeichnen. Man ſchien die Wahrheit dieſer Forderung ſchon ehemals zu empfinden; allein man ſuchte ihre Befriedigung, wo ſie nicht ganz zu finden war. Man uͤber - haͤufte die Gaͤrten der Fuͤrſten mit einer groͤßern Menge von Waſſerkuͤnſten, von Sta - tuen, Buͤſten, Vaſen, Triumphboͤgen, Obelisken und andern Prachtwerken der Kunſt. Man vergaß aber, daß Pracht und Groͤße auch in der Natur und vor allen in ihr zu ſuchen ſind.

Dieſen Geſichtspunkt ſcheint ſelbſt ein vortrefflicher Dichter in einem Lehrge - dichte von claſſiſchem Werth**)Les Jardins. Poeme par M. l’Abbé Delille. Paris 1782. Cant. 1. p. 8. uͤberſehen zu haben. Indem er die verſchiedeneManier27nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. Manier des Kent und le Notre einander entgegenſtellt, ſo ſagt er von dieſer, daß ſie in den Gaͤrten der Großen doch ihren Platz verdiene.

L’un eſt fait pour briller chez les grands & les rois;
Les rois ſont condamnés à la magnificence.
On attend autour d’eux l’effort de la puiſſance;
On y veut admirer, enivrer ſes regards
Des prodiges du luxe & du faſte des arts.
L’art peut donc ſubjuguer la nature rebelle.

Indeſſen ſetzt er eine mehr uͤberlegte Einſchraͤnkung hinzu:

Mais c’eſt toujours en grand qu’il doit triompher d’elle:
Son éclat fait ſes droits; c’eſt un uſurpateur
Qui doit obtenir grace, à force de grandeur.

So moͤgen Verſailles und Sans-Souci, als Muſter zu dieſer Vorſchrift, durch die Wunder der Kunſt glaͤnzen. Aber ſollen denn die Koͤnige auch nicht die Wunder der Natur ſehen? Sollen ſie denn ſelbſt in ihren Gaͤrten noch immer von der blendenden, oft ſo leeren Pracht, die ſie am Thron umgiebt, verfolgt werden?

Es giebt eine Groͤße in der Natur, die alle Macht der Kunſt nicht hervor - bringen kann. Eine Lage ganz nahe am Meer, oder auf einer Anhoͤhe, von welcher der Blick weite Landſchaften uͤberſchaut, die in ferne Gebirge hinausdaͤmmern, oder in eine Reihe praͤchtiger Waͤlder hinſtreift, hinter deren Schatten der unermeßliche Ocean hervorglaͤnzt, hat ohnſtreitig eine Erhabenheit, die jede Kuͤhnheit des menſch - lichen Geiſtes uͤberſteigt. Gebt hier den Koͤnigen ihre Sommerſchloͤſſer, wie ſie Daͤnnemarks Koͤnige zu Friedrichsberg,*)S. 3ten B. S. 217. zu Sophienberg,**)S. 214. zu Ma - rienluſt***)S. 210. haben. Laßt die Wellen des Meeres unter der Staͤrke ihrer Flotten ſich ſchmiegen, oder die reichen Handlungsſchiffe ihrer Voͤlker ſanft in friedfertige Haͤfen fuͤhren. Laßt ſie in ihren weit gedehnten und geſegneten Provinzen die Staͤdte uͤberſchauen, wo der Fleiß bey der Kunſt wohnt, die Landhuͤtten, wo Zufriedenheit ſich der Arbeit zugeſellt, die Huͤgel, die mit ungezaͤhlten Heerden bedeckt ſind, dieD 2Fluren,28Sechster Abſchnitt. GaͤrtenFluren, deren reiche Saaten in die Ferne hinwallen. Iſt dieſer Anblick nicht erhe - bend, nicht edler, als der Anblick von koſtbaren unnuͤtzen Waſſerkuͤnſten, oder coloſ - ſaliſchen Statuen, oft ungluͤcklich genug bis zur Unkenntlichkeit nachgeformt?

Nach der Groͤße der Lage fordern die Gaͤrten der Koͤnige und der Fuͤrſten einen weitern Umfang, als andere Gaͤrten, ſowohl nach den Begriffen der Wuͤrde, als auch, weil ſie dem Gefolge des Hofes, oft auch dem Volke zum Spaziergang offen ſtehen. Es muß Platz zum Ausweichen ſeyn. Allein es muß auch eine Gegend oder vielmehr eine Folge von Gegenden ſeyn, die nichts Duͤrftiges, nichts Gemeines zeigen, ſondern geſchickt ſind, durch Bepflanzung und Auszierung zu einer großen Wirkung eingerichtet zu werden. Alles, was dieſe Wirkung hervorbringt und un - terſtuͤtzt, gehoͤrt in den Plan der Anlage; jeder Zuſatz, der einen Geiſt der Kleinig - keit verraͤth, jedes kunſtreiche Spielwerk, jede gewitzelte Taͤndeley, ſo ſehr auch alles dies nach dem jetzigen Geſchmack der Hoͤfe ſeyn moͤchte, die in ihren oͤffentlichen Wer - ken ſo oft ihre Wuͤrde vergeſſen, alles dies iſt hier zu verbannen.

Praͤchtige Waͤlder und majeſtaͤtiſche Maſſen von Gruppen, weite Oeffnungen und Zwiſchenraͤume mit Raſen und Gebaͤuden erheitert, große helle Seen mit ſchoͤn umkraͤnzten Ufern, lebhafte Fluͤſſe und ſtarke Waſſerfaͤlle, Ausſichten in reiche Land - ſchaften, edle Tempel auf Anhoͤhen und wichtige Monumente machen, mit Weisheit angeordnet, eine Wirkung, die mit der Erwartung von koͤniglichen und fuͤrſtlichen Gaͤrten zutrifft. Jeder Theil hebe ſich durch Groͤße und edle Schoͤnheit; und in der Verbindung aller Theile, in der Uebereinſtimmung der fernen und nahen Maſſen, leuchte ein Geiſt der Anordnung hervor, der ein Gefuͤhl von Wonne vermiſcht mit Bewunderung erregt. Alles ſey lebhaft und glaͤnzend. Die Gebaͤude muͤſſen wohl gewaͤhlt, und ihre Beſtimmung nicht allein den Scenen, ſondern auch der Wuͤrde dieſer Gattung angemeſſen ſeyn. Einſiedlerwohnungen, ſo oft man ſie auch findet, ſcheinen hier unſchicklich. Der Fuͤrſt mag zuweilen die Erquickung der Einſamkeit ſuchen, er darf ſich nur nicht in einen Waldbruder verkriechen; ſein Volk verlangt ihn unter ſich zu ſehen, um Licht und Waͤrme von ihm zu empfangen. Aber Tem - pel von edlen Formen und Beſtimmungen zieren mit Recht ſeinen Garten. Er mag ſie der Weisheit, dem Apoll, den Muſen, der Wohlthaͤtigkeit, der Großmuth, der Vaterlandsliebe, dem Frieden widmen; wer huldigt nicht gern dem Fuͤrſten, der dieſen Gottheiten oder Tugenden auch an dem Ort ſeines Vergnuͤgens huldigt? Al - lein dieſe Gebaͤude muͤſſen nach dem, was ihre Beſtimmung fordert, ſich durch einen reichen, glaͤnzenden und doch edlen Geſchmack hervorheben; und ſelbſt ihr aͤußeres An - ſehen, ſelbſt ihr Anſtrich, kuͤndige dem Auge an, was es bewundern ſoll.

Die29nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

Die Natur ſcheint einige Baͤume und Gewaͤchſe, durch die Pracht ihrer Hoͤhe und ihres Anſehens, fuͤr die Gaͤrten der Fuͤrſten beſonders auszuzeichnen. Verſchie - dene Arten von Ahorn, als

  • d〈…〉〈…〉 le〈…〉〈…〉 e (Acer Platanoides, L.)
  • der Zuckerahorn (Acer Saccharinum, L.)
  • der italiaͤniſche Ahorn (Acer Opalus, L.)
  • der abendlaͤndiſche Platanus,
  • der Tulpenbaum,
  • die italiaͤniſche und caroliniſche Pappel,
  • die caroliniſche Linde,
  • die große amerikaniſche Eiche,
  • die Weyhmouthsfuhre,
  • die weiße Ceder (Cupreſſus Thyoides, L.)
  • die virginiſche Cypreſſe (Cupreſſus diſticha, L.)
  • die Balſamtanne (Pinus balſamea, L.)
  • der Lerchenbaum

dieſe und ihnen aͤhnliche Baͤume von einem ſtolzen Wuchs oder einer vorzuͤglichen Seltenheit empfehlen ſich mit Recht zur Bildung der Hayne und Gruppen in die - fen Gaͤrten. Der Kuͤnſtler, der ſie in ſeinen Pflanzungen gehoͤrig zu verbinden weiß, kann ſehr große Wirkungen gewinnen. Noch mehr wird er gewinnen, wenn er Beurtheilung genug beſitzt, mit ihnen ſolche Stauden und Blumengewaͤchſe ge - ſchickt zu vereinigen, die ſich durch ihren hohen Wuchs, durch die Groͤße, die Leb - haftigkeit, den Glanz und die Mannichfaltigkeit ihrer Blumen auszeichnen. Große Gruppen von ſolchen Gewaͤchſen, wohl gepflanzt und unterhalten, erheben ſowohl auf freyen Raſen, als auch in Haynen und zwiſchen Baumgruppen zerſtreut, ſehr fuͤhlbar die Pracht der Scenen. Hiebey haͤngt nicht wenig von der Wahl der Ge - genden ab. Ein Hayn oder eine Sammlung von Gruppen, die einen praͤchtigen Auftritt darſtellen ſollen, darf nicht in der Tiefe, kaum einmal auf einer Ebene, an - gepflanzt werden. Ein Berg oder eine maͤßige Anhoͤhe giebt eine dieſem Charakter mehr angemeſſene Lage. Eine Pflanzung, die ſich allmaͤlig aufſteigend auf einer Hoͤhe hebt, gewinnt nicht blos einen Schein von Groͤße, ſondern faͤllt auch edler ins Auge.

Fuͤrſtengaͤrten bey Reſidenzen ſcheinen ſchon mehr Ausdehnung und Pracht zu erfordern. Sie muͤſſen Raum haben fuͤr die groͤßern Verſammlungen des Volks,D 3nicht30Sechster Abſchnitt. Gaͤrtennicht allein zu Spaziergaͤngen, ſondern auch zu den oͤffentlichen Feſten, die hier zu - weilen zu halten ſind. Unter dieſen Feſten verſtehen wir nicht die eben ſo ſchnell ver - praſſelnden als unnuͤtzen Feuerwerke, wodurch oft an Einem Abend die Einkuͤnfte einer ganzen Provinz, dem Landmann, den Kuͤnſten, den Krankenhaͤuſern entriſſen, in die Luft fliegen; nicht jene tobenden Ergoͤtzlichkeiten, unter welchen der Donner der Kanonen die Pflanzungen zittern macht, und ihre geſangreichen Bewohner ver - ſcheucht. Es giebt ſanftere und edlere Gartenfeſte, Feſte zum Andenken gluͤcklicher Begebenheiten des Landes, wo der Fuͤrſt ſeinen Unterthanen die Freuden der Muſik und des Tanzes vor ſeinen Augen erlaubt; Feſte der Verbindungen armer Dorfmaͤd - chen auf Koſten des Staats mit tugendhaften Juͤnglingen; Feſte des Fruͤhlings und der Aerndte, belebt durch feyerliche Geſaͤnge; verfeinerte Nachahmungen arcadiſcher Beluſtigungen durch Spiel und Handlung; ſo manche Arten von noch wenig einge - fuͤhrten, noch unerkannten Ergoͤtzungen der Prinzen, wobey ihre Wohlthaͤtigkeit die Unſchuld und die Luſt laͤndlicher Scenen begleiten koͤnnte.

Auch mag ſelbſt in ſolchen Luſtſchloͤſſern, die der gewoͤhnlichen Reſidenz ſehr nahe ſind, mehr Groͤße und Glanz der Architektur erſcheinen, wie in dieſen bey - den Gebaͤuden. *)Die innere Einrichtung dieſer Gebaͤude ſehe man hinten in dem Verzeichniß der Kupferverzierungen.

Je31nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
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32Sechster Abſchnitt. Gaͤrten
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Je weiter ſich die Luſtſchloͤſſer der Koͤnige und Fuͤrſten von ihren Reſidenzſtaͤd - ten entfernen, deſto mehr ſcheinen ſie auch den Charakter einer gemaͤßigten Groͤße und Hoheit annehmen zu duͤrfen, doch ohne der Wuͤrde ihrer Bewohner etwas zu entziehen. *)Man vergleiche 3ten B. S. 16.Die Vorſtellungen von Luſtſchloͤſſern, die hier folgen, geben, mit den vorigen Gebaͤuden verglichen, hieruͤber ſogleich dem Auge des Beurtheilers eine Aufklaͤrung.

So33nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
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V Band. E34Sechster Abſchnitt. Gaͤrten
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35nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

So darf ein fuͤrſtlicher Park, dem Charakter dieſer Luſtſchloͤſſer zuſtimmend, in der Entfernung von der Reſidenz, ſchon weniger Umfang, weniger Reichthum und Pracht haben. Er darf mehr von der ungeſchmuͤckten Natur, weniger von den Be - ſtrebungen der Kunſt zeigen. Er darf ſelbſt, als ein Ort der Erholung von den Geſchaͤften der Regierung und den Unruhen des Hofes, durch die Einſamkeit ſeiner Lage, durch die Stille der Waͤlder, durch die ſanfte geraͤuſchloſe Laͤndlichkeit ſeiner Ausſichten ſich auszeichnen. Manche Fuͤrſten liebten mit Recht ſolche entferntere Gegenden; ſie gaben hier ihren Schloͤſſern mit ihrem Namen auch den Namen der Ruhe, die ſie ſuchten.

Dieſer ſchaͤtzbare Geſchmack der Prinzen an der Ruhe des Landlebens ſcheint ſich unter ihnen in unſern Tagen mehr auszubreiten; und der neue Geiſt der Gaͤr - ten kann ihn unſtreitig mehr naͤhren, als die alte ekelhafte Symmetrie. Gluͤckliche Fuͤrſten, die ſchon in ihrer Jugend lernten, ſich an den ſanften Erholungen im Arm der Natur zu begnuͤgen! Denn der Geſchmack an der Natur verfeinert den Geiſt und veredelt die Empfindungen; er beſaͤnftigt jede ungeſtuͤme Leidenſchaft; er erweckt den edlern Ehrgeiz, die Erde zu verſchoͤnern, nicht ſie zu verheeren; er beſeligt das Herz der Prinzen mit der vielleicht noch zu ſeltenen Erfahrung:

Nicht im Getuͤmmel, nein, im Schooße der Natur,
Am Silberbach, in unbelauſchten Schatten,
Beſuchet uns die wahre Freude nur;
Und uͤberraſcht uns oft auf einer Spur,
Wo wir ſie nicht vermuthet hatten.
*)Wieland.
*)
E 2II. Gaͤr -36Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

II. Gaͤrten fuͤr den Adel und fuͤr Perſonen vom Stande; Parks in einem edlen Styl.

Die Gaͤrten der Fuͤrſten, wenn ſie nach den eben angefuͤhrten Bemerkungen ange - legt werden, machen mit ihren Gebaͤuden unſtreitig Parks der erſten Groͤße, Parks in einem praͤchtigen Styl aus. Sie heben ſich als die anſehnlichſte Gat - tung von Gaͤrten, durch Umfang, durch Erhabenheit und Glanz. Sie machen aber immer nur eine beſondere und beſtimmte Gattung aus; denn Park und Garten koͤnnen durch keinen weſentlichen Unterſchied getrennt werden, obgleich die gemeine Meynung unter jenem uͤberhaupt mehr Ausdehnung der Gegenden, mehr freye land - ſchaftliche Natur, mehr Mannichfaltigkeit der Scenen zu begreifen pflegt.

Die Landhaͤuſer des Adels duͤrfen keine Majeſtaͤt oder Hoheit zeigen; Wuͤrde, mit einer gewiſſen gemilderten Pracht vereinigt, iſt ihr anſtaͤndiger Charakter. *)S. 3ten B. S. 16-17.

Und37nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
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38Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Und dieſer Charakter muß auch ihre Parks auszeichnen. Sie duͤrfen ſchon weniger Umfang in der Landſchaft einnehmen; die Pflanzungen duͤrfen weniger aus gewaͤhl - ten und ſeltenen Gewaͤchſen zuſammengeſetzt ſeyn; die kuͤnſtlichen Anlagen duͤrfen we - niger Aufwand, beſonders die Gebaͤude weniger Glanz und Pracht zeigen.

Dennoch findet in den Parks dieſer Gattung, die naͤher an die Natur als an die Kunſt ſich halten, eine Wuͤrde, ein Reichthum, eine Mannichfaltigkeit von Scenen Platz, die ſowohl dem Anſehen der Beſitzer zuſtimmen, als auch von einer unerſchoͤpflichen Unterhaltung ſind.

Feyerliche, große und praͤchtige Scenen und Ausſichten, als die Nachbarſchaft des Meeres, oder uͤber einander aufgethuͤrmte Gebirge, ſind nicht von dieſen Parks ausgeſchloſſen; ſie koͤnnen vielmehr als zufaͤllige Theile ſehr willkommen und fuͤr das Ganze der uͤbrigen dieſer Klaſſe zugehoͤrigen Auftritte von einer trefflichen Wirkung ſeyn. Allein man darf ſie hier nicht als ein nothwendiges Zubehoͤr dieſer Gat - tung anſehen.

Alles aber, was die Natur in der Bildung ihrer Gegenden und Ausſichten, in Waͤldern, in Haynen und Gruppen, in Raſen, in Pflanzen und Blumen, in Seen und Waſſerfaͤllen, in Baͤchen und Fluͤſſen Edles und Reizendes hat, und ein - zeln bereits entwickelt iſt;*)S. 2ten B. was der Geſchmack hierinn durch Anordnung, Ver - bindung und Bearbeitung erhoͤhen, was die Kuͤnſte der Bepflanzung, der Bebauung und Auszierung**)S. 3ten B. zur Beſtimmung und Verſtaͤrkung der Wirkungen mit Recht hinzufuͤgen duͤrfen; das gehoͤrt in die Parks dieſer Klaſſe. Sie verſtatten, nach der Verſchiedenheit der Gegenden, alle Arten von laͤndlichen Scenen, und Pflanzungen, von der feinſten Strauchgruppe an, die auf einem Raſen bluͤht, bis zu der kuͤhlen Daͤmmerung des bejahrten Buchwaldes; doch unter dieſem Geſetze, daß uͤberall, wo keine Ueberraſchung Statt hat, Verbindung und ſchicklicher Uebergang ſey. Sie nehmen alle Gattungen von Gebaͤuden auf, von der dunkeln Waldhuͤtte bis zu dem heiterſten Tempel, von dem Muſikhauſe bis zu der Todtenkapelle. Sie koͤnnen daher, in einem ſehr ausgebreiteten Umkreiſe, gleichſam eine Folge von verſchiedenen klei - nen Gaͤrten oder bearbeiteten Gegenden, eine Gallerie von ausgewaͤhlten reizenden Gemaͤlden, welche die Natur entwarf und der Geſchmack vollendete, in ſich faſſen. In ausgedehnten Parks koͤnnen ſelbſt kleine Kirchen oder Kapellen, zum gottesdienſt - lichen Gebrauche beſtimmt, Platz finden. Sie muͤſſen zu dieſer Abſicht von demLand -39nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. Landhauſe etwas entfernt ſeyn, in einer ſtillen, feyerlichen oder ernſten Lage, in eini - ger Dunkelheit, von alten Eichen oder edlen emporſtrebenden Platanen umſchattet; nichts Glaͤnzendes oder Ueppiges in der Naͤhe. In ihrer Bauart muß ſich mit der Einfalt Wuͤrde vereinigen und ein edles aͤußeres Gepraͤge, das ihre Beſtimmung an - kuͤndigt. Hier ſind zwo Vorſtellungen dieſer Art.

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Obgleich40Sechster Abſchnitt. Gaͤrten
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Obgleich ſolche Gebaͤude zu wichtig ſind, als daß ſie blos als Gegenſtaͤnde zur Mit - wirkung bey den Eindruͤcken der uͤbrigen Scenen angelegt werden ſollten, und obgleich auch ihre Lage eben keinen Genuß ihres Anſehens aus einer betraͤchtlichen Ferne ver - ſtattet: ſo duͤrfen doch ihre Wirkungen, wo ſie zufaͤllig eintreffen und zum Vortheil ſich anbieten, nicht vernachlaͤßigt werden; denn dieſe Wirkungen haͤngen ihnen ſo ei - genthuͤmlich an, daß ſie von keinem andern Werke der Architektur leicht zu gewin - nen ſind.

Die Parks dieſer Klaſſe ſtellen verſchoͤnerte Gegenden oder einen ausgeſchmuͤck - ten Theil der Landſchaft dar, worinn der Adel ſeine Beſitzungen hat. Dennoch koͤnnendarinn41nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. darinn ganze Reviere dem Nuͤtzlichen gewidmet bleiben. Man darf keine frucht - baren und fetten Striche blos dem Vergnuͤgen aufopfern. *)S. 4ten B. S. 11-13.Die Getreidefluren, die Waͤlder, die Wieſen duͤrfen ſich nicht allein den Anlagen naͤhern, oder ſie um - kraͤnzen; ſie koͤnnen ſelbſt, wenn ſie nicht zu ausgedehnt von Umfange ſind, als laͤnd - liche Scenen und als anmuthige Unterbrechungen in dem Bezirk eines betraͤchtlichen Parks erſcheinen. Die Viehweiden, beſonders der Schafe und Rinder, ſtellen ſehr frohe und belebende Auftritte dar, die eben ſo wenig aus dem Bezirk laͤndlicher Luſt - plaͤtze auszuſchließen ſind, als ein kluger Landwirth ſie von ſeinem Anblick verban - nen wird.

Bey allen einzelnen Theilen, die in die Bildung eines ſolchen Parks kommen koͤnnen, iſt allerdings die Auswahl und die Verbindung zu einem beſtimmten Gan - zen die vornehmſte Kunſt; und hiebey koͤmmt nicht wenig auf die weiſe Abſonderung alles Unſchicklichen, auf die Vereinigung der innern Anlage mit den umliegenden Auftritten, auf die Einrichtung der Graͤnzen, und auf die Benutzung der Ausſichten in die Landſchaft an. Es iſt uͤber alle dieſe Gegenſtaͤnde ſchon hin und wieder viel in dieſem Werke geſagt. Auch ſind darinn bereits ſo manche edle Parks, beſonders der Britten, beſchrieben. Und dieſe Beſchreibungen, die weit mehr den Geſchmack leiten, als eine Reihe von Regeln, und zugleich die Einbildungskraft mit ſo mannich - faltigen Bildern bereichern, ſind unſtreitig ſehr vortheilhaft fuͤr das Genie des Kuͤnſt - lers, wenn es ſich dabey von einer geſunden Beurtheilung unterſtuͤtzen laͤßt. Auch ohne die Erinnerung an dieſe Vortheile, wuͤrde man wohl die folgende Sammlung von kurzen Entwuͤrfen engliſcher Parks, die zu der edlern Gattung gehoͤren, mit Vergnuͤgen durchlaufen.

Stourton oder Stourhead. **)In Dortſetſhire.

In dieſem angenehmen und reich verzierten Park gelangt man zuerſt auf einen großen Raſenplatz, worauf die Statue des Apoll, eine Kopie von der zu Belvedere in Rom, ſteht. Am Ende des Raſens fuͤhrt ein ſchattigter ſchlaͤngelnder Gang zu einer ſchoͤnen Allee von Kiefern, die auf einen ſehr hohen Obelisk ſtoͤßt, der ſich aber außer der Graͤnze des Parks erhebt. Von hier waͤhlt man einen kurzen Weg durch ein Waldſtuͤck hinab, bis zu einem großen Zelte im morgenlaͤndiſchen Geſchmack. Aus dieſem genießt man einen reizenden Proſpect uͤber den See, das Pantheon, den Sonnentempel, einen herabhaͤngenden Wald, u. ſ. w. welches eine ſehr verſchoͤnerte Landſchaft darſtellt.

ManV Band. F42Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Man geht von hier auf die eine Seite des Sees hinab, und, mittelſt einer hoͤl - zernen Bruͤcke von einem weit geſpannten Bogen im Geſchmack des Palladio, uͤber einen Arm deſſelben, in den erwaͤhnten haͤngenden Wald, worinn hingeſetzte Steine den Weg nach einer Grotte zeigen. Ihr mit Epheu bewachſenes Dach und der mit Kieſeln gepflaſterte Fußboden deuten an, daß es die Wohnung der Natur iſt. Das Licht faͤllt von oben durch eine runde Oeffnung im Dach hinein; durch die hinabhaͤn - genden zarten Zweige ſieht man einen Theil des Sees. In einem Winkel der Grotte erſcheint ein marmornes Gefaͤß zum kalten Bade; das Waſſer dazu koͤmmt aus einer klaren Quelle, die bey einer ſchlafenden Nymphe, die hinten in der Grotte liegt, lang - ſam herablaͤuft.

Nicht weit davon iſt eine kleinere Grotte, die charakteriſtiſch verziert und der Aufenthalt eines Flußgottes iſt, der ſich auf eine Urne lehnt. Das herauslaufende klare Waſſer iſt wirklich die Quelle des Fluſſes Stour, der ſich daraus ergießt und ſodann in den See faͤllt. Von dieſem angenehmen Ort ſteigt man einige Stufen von unbearbeiteten Steinen hinauf, und geht, durch das Gehoͤlze uͤber der Grotte, wieder zum gruͤnen Ufer des Sees hinab, zum Pantheon.

Von dem Gange vor dieſem Gebaͤude ſieht man uͤber den See nach der Anhoͤhe zuruͤck, auf deren Abhange das gedachte Zelt ſteht. Dies Pantheon iſt nach dem roͤmiſchen eingerichtet, und nach dem Tempel der Eintracht zu Stowe wohl das edelſte Gartengebaͤude in England. Die Rotunde hat 36 Fuß im Durchmeſſer, und wird durch eine Oeffnung von oben her erleuchtet. In den Niſchen ſtehen Sta - tuen und uͤber ihnen Basreliefs, die auf ſie Beziehung haben.

Von dieſem Tempel wendet man ſich rechts, und wird durch eine praͤchtige Kaſcade uͤberraſcht, die in ein rauhes Thal außerhalb des Gartens hinabſtuͤrzt. Der Weg fuͤhrt durch ein kleines Gebuͤſch uͤber eine wild angelegte Treppe. Jetzt befindet man ſich auf einmal in einem andern Theil dieſer Anlage; man ſteigt einen Huͤgel hinan, dem die ſteile Hoͤhe durch einen in die Laͤnge gezogenen Fußſteig benommen iſt, und erreicht einen dick gepflanzten Hayn mit einer aus Baumwurzeln verfertigten Ein - fiedeley, worinn ein Todtenkopf und ein Stundenglas die ernſthafte Geſellſchaft des Einſiedlers ſind.

Wenn man von hier auf der Seite des Huͤgels fortwandert, zieht der Tempel der Sonne die Aufmerkſamkeit auf ſich. Aus dieſem ſchoͤnen Gebaͤude uͤberſieht man nicht nur die bisher angefuͤhrten Gegenſtaͤnde, ſondern auch die umliegende Gegend und den Alfredsthurm. Man geht von hier einen Abhang von ſeinem Raſen hinab, und durch eine unterirrdiſche Grotte unter dem Weg hindurch, uͤber den man zuvor vermittelſt des rauhen Bogens weggegangen war. Auf einmal befindet man ſichwieder43nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. wieder bey einer ſteinernen Bruͤcke von drey Bogen, die uͤber einen Arm des Sees gebaut iſt. Von dieſer Bruͤcke und etwas weiter linker Hand ſieht man eine Menge naher und ferner Gegenſtaͤnde, die des Pinſels eines Claude Lorraine wuͤrdig ſind. Von hier geht man am Raude des Gehoͤlzes bey dem Tempel der Ceres von dori - ſcher Ordnung, deſſen Saͤulengang gegen den See liegt, vorbey, durch einen be - deckten Gang nach einem kleinen laͤndlichen Orangeriehauſe, mit Blumenfluren und wohlriechenden Straͤuchern vor dem Eingang; und von hier fuͤhrt ein Fußſteig wie - der nach dem Thorweg, durch den man in dieſe Anlage gekommen war.

Man faͤhrt durch den Park, um den Alfredsthurm zu ſehen. Dies Gebaͤude iſt zum Andenken eines Sieges errichtet, den dieſer große Koͤnig hier erfochten haben ſoll. Man gelangt zuerſt an ein kleines Gebaͤude im gothiſchen Geſchmack, das Kloſter genannt, das eine romantiſche Lage hat. Man koͤmmt weiter, auf einem ſich ſchlaͤngelnden Wege, auf eine ſehr lange Terraſſe, von welcher ſich dem Auge eine ungemein weite Ausſicht uͤber die umliegende Gegend darſtellt. Am Ende der - ſelben ſteht der Alfredsthurm, auf einer vorſpringenden mit Kiefern bepflanzten An - hoͤhe. Es iſt ein großes dreyeckigtes Gebaͤude von weißen Ziegelſteinen, 155 Fuß hoch. Auf jeder Ecke iſt ein Thurm, und in einem eine Windeltreppe, die zu dem oben befindlichen kleinen Zimmer fuͤhrt, das groß genug iſt, um Teleſcope darinn zu haben. Man muß uͤber den weiten Umfang des Laudes, das ſich in der Ausſicht verbreitet, erſtaunen. Inwendig iſt das Gebaͤude oben offen. Sein Hauptzweck iſt, daß es einen Geſichtspunkt abgeben ſoll, und dieſer iſt in der That ſehr edel. Es hat gar keine Verzierungen, ausgenommen Alfreds Statue in einer Niſche uͤber dem Eingang, und beſteht aus nichts als hohen Mauern mit den hervorſpringenden Thuͤrmen. Die Verhaͤltniſſe ſind aber ſo gut, daß man nicht leicht ein Gebaͤude ſehen wird, worinn ſo viel Simplicitaͤt mit wahrer Groͤße verbunden iſt.

Donnington-Caſtle. *)In Berkſhire.

Der Platz um das Wohnhaus iſt mit vielem Geſchmack eingerichtet. Es liegt auf einer Anhoͤhe und hat hinter ſich einen Huͤgel mit Waldung. Um das Haus herum iſt ein ſchoͤner großer Raſenplatz, der ſich zum Waſſer hinabſenkt. Ein be - traͤchtlicher durch die Kunſt noch breiter gemachter Fluß laͤuft darneben mit ſanfter Kruͤmmung vorbey. In ihm liegen drey bis vier Inſeln, wovon eine dick mit Buſch - werk bepflanzt, und der Aufenthalt von Schwaͤnen und allerley wildem Waſſergefluͤ -F 2gel44Sechster Abſchnitt. Gaͤrtengel iſt, die das Waſſer beleben. Jenſeit des Waſſers ſieht man ſanft aufſteigende Kornfelder. Der Raſenplatz iſt mit vielem Geſchmack theils mit einzelnen Baͤumen, theils mit Klumpen beſetzt. Zuletzt iſt das Waſſer an beyden Seiten mit Wald um - geben, und ſchließt die Ausſicht auf eine angenehme Art. Durch beyde Waͤlder ſchlaͤngelt ſich ein Gang laͤngs dem Ufer des Fluſſes, und giebt den Genuß von man - cherley abwechſelnden Ausſichten. An einer Stelle ſteht ein wohlgebauter gothiſcher Tempel von Kieſeln, bey einem Waſſerfall, den der Fluß bildet, indem er eine na - tuͤrliche Reihe von Steinen herabfaͤllt. Donnington-Caſtle muß den Liebhabern der alten engliſchen Dichtkunſt verehrungswuͤrdig ſeyn, weil es der Aufenthalt ihres Vaters, des Geoffrey Chaucer, war. Man zeigt noch den Ort einer großen Eiche, die Chaucers Eiche hieß, worunter der Dichter zu ſitzen und zu dich - ten pflegte.

Summer-Caſtle. *)In Lincolnſhire.

Der Proſpect von Summer-Caſtle iſt ungemein reizend. Das Thal iſt reich mit Holz beſetzt, und der See ſo angelegt, daß er ſich auf eine gluͤckliche Art mit der Waldung verbindet. Das Waſſer thut eine gute Wirkung; es iſt eine halbe (engl.) Meile lang, ſehr breit, und hat die ſchoͤnſten Ufer. Kleine Hayne, einzelne Baͤume und Einzaͤunungen wechſeln auf das angenehmſte mit einander ab. Hier liegt das Dorf an einem ſanften Abhange, und manche Haͤuſer ſtecken zwiſchen den Gebuͤſchen; dort ſchmiegen ſich die Kornfelder zum Waſſer hinab; alles dies verbrei - tet ſo mancherley Abwechſelungen, als man nicht uͤberall bey Waſſerſtuͤcken findet. Seen, die ſich durch ein Thal fortkruͤmmen, und an den Seiten mit großen gruͤnen Plaͤtzen und dicken Waͤldern umgeben ſind, nennt man nordamerikaniſche Scenen, und dieſe ſind jetzt in den Parks ſo haͤufig anzutreffen, daß eine ſolche Abwechſelung von Erſcheinungen, die dem Auge allerley landwirthſchaftliche Geſchaͤfte darſtellen, nicht anders als gefallen kann. Sie thun uͤbrigens die Wirkung, daß das Waſſer dadurch groͤßer ſcheint, als wenn es von einer großen gruͤnen Raſenflaͤche umgeben iſt.

Formark. **)In Derbiſhire.

Dieſer Landſitz liegt einige (engl.) Meilen von Derby, am ſuͤdlichen Ufer der Trent. Das ſchoͤne neue Wohnhaus hat eine weite herrliche Ausſicht uͤber das Thal, wodurch der Fluß laͤuft. Von der Hinterſeite uͤberſieht man verſchiedene Huͤ - gel mit jungen Pflanzungen. Vom Hauſe fuͤhrt ein Gang mit vielen Kruͤmmungendurch45nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. durch einen angenehmen Wald von Eichen ins Thal zur Trent hinab, und lenket ſich wieder auf einen mit Holz beſetzten Felſen, der unter das Sonderbarſte in dieſer Gegend gehoͤrt. Der Fluß hat nirgends ein ſo romantiſches Ufer. Die Felſen ſte - hen ziemlich hoch und ſenkrecht; an einigen Stellen haͤngen die Baͤume von den Spi - tzen auf eine etwas fuͤrchterliche Art herab, und uͤberſchatten das Waſſer. Der Gang laͤuft vom Rande dieſes Abgrundes fort, und man ſieht auf eine maleriſche Weiſe durch die Baͤume auf den unten ſich fortkruͤmmenden Fluß hinab. Hin und wieder ſind natuͤrliche Durchſichten durch die Baͤume, wodurch man die Landſchaft mit den darinn abwechſelnd liegenden Doͤrfern erblickt. Der Gang laͤuft laͤngs dieſem jaͤhen Abhange, und durch ein Thal fort, deſſen Ende mit dicker Waldung beſetzt iſt. Man ſteigt darauf einen ſteilen Huͤgel ohne Felſen hinan, der dick genug bepflanzt iſt, um den Anblick des Waſſers ſo lange zu verbergen, bis man die Spitze erreicht, und aus dem Schatten in einen Tempel tritt, wo einer der herrlichſten Proſpecte auf einmal hervorbricht. In einer großen Tiefe ſieht man die Trent ſich in kuͤhnen Wendun - gen durch das Thal kruͤmmen, das aus eingezaͤunten Wieſen von dem ſchoͤnſten Gruͤn beſteht. Zur Linken laͤuft ſie nach einem Dorfe, aus deſſen Mitte ſich eine weiße Kirche erhebt, und hinter den Haͤuſern ſchleicht ſie ſich wieder durch Umzaͤunungen von Hecken und einzelnen Baͤumen fort. Hinterwaͤrts erblickt man den vorher ge - dachten Felſen, und geht durch verſchiedene mit einander verbundene Pflanzungen zuruͤck.

Sandbec. *)In Yorkſhire. Das Landhaus ſteht im 4ten B. S. 13.

Dieſer Park iſt mit großem Geſchmack angelegt. Ein mit Waſſer verſehenes Thal iſt mit verſchiedenen Abhaͤngen umgeben, die ſich ſanft ſenken und oben mit einem dicken Walde bepflanzt ſind. Rings herum geht ein mit Kies befahrner Weg durch ein großes Raſenſtuͤck, das durch die neuen Anpflanzungen viele Abwechſelungen be - kommen hat. An einigen Orten ſtehen die Baͤume in Klumpen, an andern einzeln zerſtreut. Die Schattirungen ſind durch die Pflanzung der Baͤume am rechten Ort abwechſelnd und mit Geſchmack angebracht. An einigen Stellen zeigt ſich das Waſ - ſer in breiten Flaͤchen, an andern wird es durch die ſich hineinſtreckenden Raſenſtuͤcke unterbrochen, und dadurch ſcheinen Fluͤſſe nach verſchiedenen Richtungen zu entſte - hen. Kleine Meerbuſen verlieren ſich zuletzt in den Wald. Zuweilen iſt das Ufer mit einzelnen Baͤumen beſetzt, durch deren Zweige man das Waſſer ſieht; zuweilen ſtehen ſie ſo dick, daß ſie einen ſchwarzen Schatten auf das Waſſer werfen; mit einem Worte, man uͤberſieht ein ſchoͤnes mit Baͤumen beſetztes Ufer.

F 3Der46Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Der Weg fuͤhrt zu einem Huͤgel, von dem man einen herrlichen Proſpect des Hauſes, des Parks, des Sees und der Waldungen hat. Das weiße Gebaͤude mit einem Walde von fuͤnfhundert Ackern macht hier eine ſchoͤne Wirkung, und nicht weniger zeigt ſich auch das Waſſer mit den offenen gruͤnen Plaͤtzen aus einem vortheil - haften Geſichtspunkt. Die maleriſchen Ruinen dieſes Parks ſind ſchon an einem an - dern Orte beſchrieben. *)S. 3ten B. S. 116-117. Die erſte dieſer Beſchreibungen iſt aus Volkmanns, die uͤbrigen ſind aus Youngs Reiſen durch England. Zu den in dieſer Theorie bereits angefuͤhrten Quellen, woraus man die Parks der Englaͤnder kennen lernen kann, moͤgen, außer verſchiedenen einzelnen Be - ſchreibungen, noch dieſe gerechnet werden: Peep into the principal Seats and Gar - dens in and about Twickenham with a fuitable companion for thoſe who wishto viſit Windſor or Hampton-Court. By a Lady of diſtinction in the Republic of Lettres. kl. 8. London 1775. Dieſe kleine Schrift von wenigen Bogen giebt zwar nur kurze Nachrichten, iſt aber als Ta - ſchenbuch fuͤr Reiſende bequem. Meiſt in dem Geſchmack iſt: Sketch of a Tour into Derbyshire and Yorkshire, including part of Buckingham, Warwick, Leiceſter, Not - tingham, Northampton, Bedford, and Hertford-shires. 8. London 1778. und: A new pocket companion for Oxford. 1778.

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III. Pri -47nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

III. Privatgaͤrten; buͤrgerliche Gaͤrten; Blumengaͤrten.

1.

Dieſe Gattung iſt ſehr zahlreich; man findet ſie faſt bey allen wohlangebauten, ſtark bewohnten und ſich gut naͤhrenden Staͤdten; am meiſten rings um reiche Handelsplaͤtze. Die Geſchaͤfte ihrer Beſitzer verſtatten ſelten, daß Gaͤrten dieſer Klaſſe in betraͤchtlicher Entfernung von den Staͤdten angetroffen werden, fondern for - dern faſt immer, daß ſie in ihrer Nachbarſchaft umher liegen. Wer indeſſen die Ruhe eines gluͤcklichen Privatlebens, das mit keinen oͤffentlichen Geſchaͤften fuͤr den Staat und fuͤr ſeinen Mitbuͤrger belaſtet iſt, mit aller Freyheit genießen kann, der verbirgt ſich lieber in den Schatten des Landes, ferne von der Stadt, als daß er in ihrer Naͤhe verweilen ſollte.

Die
*)1778. hat, als einen Anhang, Beſchreibun - gen der Landſitze Blenheim, Ditchley, Hey - thorp, Nuneham und Stowe. Zu den Be - fchreibungen, die mit Abbildungen beglei - tet ſind, gehoͤren folgende Werke. A new Display of the beauties of England, or a deſcription of the moſt elegant public Edifices, Royal Palaces, Noblemen’s and Gentlemen’s Seats &c. 3te Edit. London. 8. 1776. 2 Baͤnde, enthaͤlt unter andern ei - ne Menge von Beſchreibungen und ſchoͤnen Abbildungen der vornehmſten Landſitze und Parks. The modern univerſal British Tra - veller, or a new complete and accurate Tour trough England &c. Fol. London 1779. mit 100 Kupfern. Die Proſpecte von Landſitzen ſind faſt dieſelben, wie in dem oben angefuͤhrten Werke, und groͤßer, aber nicht ſo ſauber. Ein neues vortreff - liches Werk iſt: A Collection of one Hun - dred and Fifty ſelect views in England, Scotland and Ireland, Drawn by P. Sand - by Eſqu. R. A. Vol. 2. Printed for John Boydell. London 1781. Außer den Ab - teyen, alten Schloͤſſern, Ruinen, und man -cherley herrlichen und romantiſchen Pro - ſpecten, trifft man hier verſchiedene uͤber - aus feine Vorſtellungen von Landhaͤuſern des Adels und Scenen aus den Parks an. Zur beſondern Kenntniß alter Schloͤſſer und Ruinen von Kloͤſtern und Abteyen in maleriſchen Ausſichten, dienen dieſe zwey Werke: England illuſtrated, or a compen - dium of the Natural Hiſtory, Geography, Topography and Antiquities of England and Wales. 4. London. 2 Vol. 1764. und folgendes. The Antiquities of England and Wales, by Francis Groſe. 4. London. 4 Vol. 1773. Nach den ſchon angefuͤhrten Beſchreibungen und Abbildungen von Sto - we (1ſter B. S. 69. 3ter B. S. 135.) verdient noch dieſe bemerkt zu werden: Sixteen perſpective views together with a General Plan of the magnificent Buil - dings and Gardens at Stow. Fol. London. 1752. Die Kupfer, die freylich viel beſſer feyn ſollten, ſtellen verſchiedene Theile des Parks, die Gebaͤnde und uͤbrigen Werke der Kunſt doch deutlicher vor, als die kleinern Handbuͤcher von dieſem Garten.
*)48Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Die Parks des Adels verſchoͤnern die Landſchaft, und die Gaͤrten der Buͤrger die Nachbarſchaft der Staͤdte. Sehr viele anſehnliche und beruͤhmte Staͤdte gewin - nen von den umliegenden Gaͤrten und Sommerhaͤuſern eine Lebhaftigkeit, einen Glanz, ein ſo reiches Gemaͤlde von Wohlſtand und Ergoͤtzung, daß alle empfindſame Reiſen - de davon bis zu einem hohen Grade entzuͤckt und geruͤhrt werden, wenn gleich dies Gefuͤhl bey den Einwohnern ſelbſt durch den Einfluß der Gewohnheit ſchwaͤcher wird. So iſt das reizende Arnothal, in deſſen Mitte die Stadt Florenz liegt, auf allen Seiten von einem Amphitheater fruchtbarer Huͤgel umkraͤnzt, die mit Landhaͤuſern und Gaͤrten bedeckt ſind; nirgends in Italien, das doch von Villen ſo ſehr verſchoͤ - nert iſt,*)S. 1ſten B. S. 31. erblickt man an einem Orte eine ſo reiche Sammlung von anmuthigen Landſitzen, die Privatperſonen gehoͤren, als in der Nachbarſchaft von dieſer Stadt. So iſt Marſeille mit einer ſolchen Menge von Gaͤrten und Sommerhaͤuſern gleich - ſam umhuͤllt, daß man ihre Anzahl auf ohngefaͤhr fuͤnftauſend angiebt. **)Papons Reiſe durch die Provence. Aus dem Franz. 1783. S. 149.Wenn man bis auf eine Meile gegen die Stadt koͤmmt, ſo faͤhrt man beſtaͤndig von der Hoͤhe herunter, unter dem Genuß der praͤchtigſten Ausſicht; denn Marſeille iſt auf zwey Drittheile ihres Umkreiſes an der oͤſtlichen und nordoͤſtlichen Seite mit hohen Bergen und einer Menge kleiner Huͤgel umgeben, und dieſe Huͤgel ſind ſo mit Landhaͤuſern bebaut, daß die Gegend von einem Umkreis von etlichen Meilen in der Ferne einer unermeßlichen Vorſtadt von Wohnungen und Gaͤrten gleich ſieht. ***)Sulzers Reiſe durch die mittaͤgli - chen Laͤnder von Europa ꝛc. S. 113.So ſind außer verſchiedenen andern Staͤdten der Schweiz,†)S. 1ſten Band S. 34-35. Zuͤrch, Bern, Lauſanne und Genf rings umher auf ihren Hoͤhen mit Landſitzen und Sommerhaͤuſern um - kraͤnzt. Auch in Deutſchland giebt es wenige große und mittlere Staͤdte, deren benachbarter Bezirk nicht mit Gaͤrten und Landhaͤuſern belebt waͤre. Auch geringere Plaͤtze gewinnen von umliegenden kleinen Gartenhaͤuſern ein Anſehen von Groͤße und Wohlſtand. Ich bin verſchiedenemale durch die hannoͤveriſche Stadt Muͤnden auf der Straße zwiſchen Goͤttingen und Caſſel gereiſet, und immer von der bezau - bernden Schoͤnheit ihrer Lage ſo ſehr entzuͤckt worden, daß ich mich kaum ihrem An - ſchauen wieder entreißen konnte. Das große reizende Thal nahe vor der Stadt, der Zuſammenfluß der Fulde und der Werre, die hier zuſammenſtoßen, um die We - ſer zu bilden, die ſchoͤnen mit Waldungen bekleideten Berge auf beyden Seiten, zwi - ſchen ihnen die weite gruͤne Ebene, durch welche der erſte Fluß auf der jenſeitigen heſſiſchen Graͤnze ſich herabwindet, an den Abhaͤngen umher die vielen kleinen Som -merhaͤu -49nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. merhaͤuſer, die von der Bauart nichts Schoͤnes haben, aber durch ihre ſanfte Lage, zwiſchen Gaͤrtchen und Gebuͤſchen halb verſteckt, intereſſant werden, alles dies macht zuſammen eine der anmuthigſten Landſchaften in Deutſchland aus, die in England lange ſchon einen Zeichner gefunden haͤtte, und bey uns kaum noch einen Beſchrei - ber hat.

Vornehmlich ſind es reiche Handelsplaͤtze, um welche ſich dieſe Gattung von Gaͤrten zu haͤufen pflegt. Der Ueberfluß oder Wohlſtand, den das Gluͤck des Han - dels erzeugt, erregen ſehr bald die Begierde, ſich durch einen groͤßern Aufwand in Wohnungen und Gaͤrten, ſo wie in Geſellſchaften und Gaſtmalen, auszuzeichnen. Auch ſuchte der Mann, der von der Laſt der Geſchaͤfte und dem Gewuͤhl des Handels ermuͤdet war, einen Ort, wo er an ruhigen Tagen ſich wieder erholen, freyer ath - men, ſich ſelbſt und ſeine Familie genießen konnte; er baute ein Landhaus in der Naͤhe der Stadt, und pflanzte ſich einen Garten. So entſtanden, nicht weniger aus Beduͤrfniß als aus Prachtſucht, die meiſten Gaͤrten um anſehnliche Handels - ſtaͤdte, vornehmlich in Holland und in verſchiedenen Provinzen von Deutſchland.

Allein dieſe Gaͤrten fiengen auch hier am erſten an, auszuarten. Der gute Geſchmack iſt nur ſelten im Gefolge des Reichthums. Der Hang zum Aufwand und zum Pomp handelt wenig mit Ueberlegung, und ſucht ſich bald durch jedes Mittel zu befriedigen, das er auf ſeinem Weg erhaſchen kann. Er will Aufſehen und Bewun - derung erregen; er will durchaus glaͤnzen und uͤbertreffen. Die Thorheit der Nach - ahmung geſellte ſich zu ihm. Dieſe rieth ihm, die Gaͤrten der Fuͤrſten zu kopiren, und der Kraͤmer blaͤhete ſich, wenn er, gleich ihnen, auf Waſſerkuͤnſte und Sta - tuen zeigen konnte. Der Genius des Orts raͤchte ſich an der verwegenen Nachaͤffung. Der eingeſchraͤnkte Bezirk des Platzes machte die Unbeſonnenheit nur deſto ſichtbarer. Was in einem ausgedehnten Garten ſchicklich oder ertraͤglich war, ward hier laͤcher - lich. Man eilte darauf von einer Thorheit zu der andern. Man bemalte den Bo - den mit Steinen und Muſcheln, die Thuͤren mit Springwaſſern, und die bretterne Wand mit wilden Thieren; man ſchnitt aus Taxus Kanapees, und aus den Linden Faͤchel. So wurden viele hollaͤndiſche, ſo manche deutſche Gaͤrten bey den nie - derſaͤchſiſchen und andern Reichsſtaͤdten verunſtaltet. Man verſchwendete koſtbare Spielwerke, und glaͤnzte im Prunk laͤcherlicher Verzierungen; und uͤberall ſtand zwi - ſchen dem Reichthum und dem Aufwand, die hier erſchienen, ein Zeuge, der die Ab - weſenheit des Geſchmacks anklagte. Dieſen Bemerkungen, an deren Wahrheit kein Zweifel graͤnzt, darf ich hier noch wohl das Urtheil eines einſichtsvollen Schrift -V Band. Gſtellers50Sechster Abſchnitt. Gaͤrtenſtellers*)Falconers Bemerkungen uͤber den Einfluß des Himmelsſtrichs, der Lage u. ſ. w. aus dem Engl. 8. 1782. S. 542-543. beyfuͤgen. Der Handel, ſagt er, iſt gewiſſen Producten des Geſchmacks gar nicht guͤnſtig. Werke der Dichtkunſt trifft man kaum bey irgend einer handelnden Nation an, und die Geſchichte iſt hier wenig mehr, als eine trockene Erzaͤhlung ein - zelner Thatſachen und Begebenheiten. Andere Theile der Gelehrſamkeit hingegen, die bey einem ausgebreiteten Nutzen fuͤr die Geſellſchaft wenig Unterhaltung gewaͤhren, hat man hier mit großem Gluͤck bearbeitet. Die Hollaͤnder z. B. haben uns meh - rere treffliche Werke uͤber das buͤrgerliche und natuͤrliche Recht gegeben, und die Heil - kunſt danket ihnen einige der wichtigſten Erweiterungen. Allein zu ſolchen Kuͤnſten, wo es auf Geſchmack oder auf die Faͤhigkeit ankoͤmmt, die Schoͤnheit wahrzunehmen, und zu empfinden, hat man bey ſolchen Nationen insgemein wenig Talente bemerkt. Dieſer Mangel am Gefuͤhl des Schoͤnen zeigt ſich an Gebaͤuden, Hausrath, und Anlegung der Gaͤrten. Uebertuͤnchte Bildſaͤulen, nach geraden Linien oder in Zirkeln gepflanzte Baͤume, viereckig oder kugelfoͤrmig geſchnittene, auch wohl in die Geſtalten von Voͤgeln, Baͤren und Menſchen gezwungene Taxus, und kleine Springbrunnen bezeichnen hier den Geſchmack des reichen Staͤdters, der uͤberall nichts an der Natur bewundert, als die Bereitwilligkeit, womit ſie ſo mannichfaltige Geſtalten von der Kuͤnſteley annimmt, und dem alles ſchoͤn iſt, was in die Augen faͤllt, Aufwand er - fordert, und, weil es ſich von dem gewoͤhnlichen Lauf der Natur entfernt, bey dem Unwiſſenden Bewunderung erregt. Was von einigen Schriftſtellern, ſetzt Falconer hinzu, von dem richtigen Geſchmack der Chineſer in Gaͤrten behauptet wird, verdient keinen Beyfall. Eine neuere Schrift macht uns von den Kunſtwerken dieſer Nation eine Vorſtellung, nach welcher man vermuthen moͤchte, ihr Verfaſſer, Chambers, habe nur im Scherz geſchrieben. Andere glaubwuͤrdige Schriftſteller hingegen ſagen uns, daß Werke des Geſchmacks bey den Chineſern, eben ſo wie bey andern han - delnden Nationen, ſchwerfaͤllig, ſchimmernd, mit Flitterſtaat uͤberladen, und mit einem geſuchten unnuͤtzen Aufwand verbunden ſind. Die Pracht eines chineſiſchen Gebaͤu - des beſteht in der Groͤße der Balken und Pfeiler, die von dem koſtbarſten Holz gear - beitet ſind, und in dem Schnitzwerke an den Thoren. Gaͤrten haben ſie nur, um Kuͤchengewaͤchſe darinn zu erziehen. **)Eine Beſtaͤtigung deſſen, was ich zu - erſt gegen Chambers uͤber die thineſiſchenGaͤrten geſagt. 1ſter B. S. 81-103. Ein anderes ſehr wichtiges Zeugniß gegen ihn giebt ein neuer beruͤhmter und unpartheyi - ſcher Reiſender, Herr Sonnerat (Reiſe nach Oſtindien und China in den Jahren1774

2. Um51nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
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**)1774 bis 1781. Zuͤrch 1783. 2ter Band. S. 21.). Man verſteht in China, ſagt er, nicht einmal die Kunſt, Baͤume zu verpflan - zen, ſie zu beſchneiden und zu pfropfen. Ih - re Gaͤrten ſehen gar nichts aͤhnlich; ſie haben nicht einmal Fruchtbaͤume darinn, wenn die Natur ſie nicht hineinpflanzt. Man hoffe ja nicht darinn, wie in den eu - ropaͤiſchen, Pflanzen aus allen vier Welt - theilen zu finden; ein erkuͤnſtelter Fels, ei - ne kleine Bruͤcke, ein Belveder, und eini - ge Irrgaͤnge ſind die ganze Verzierung da - von. Der ſo hoch beruͤhmte Ackerbau be -ſteht in der Pflanzung des Reis, den ein bis an die Knie im Waſſer ſtehender elender Kerl in die am Ufer der Fluͤſſe gemachten Loͤcher vertheilt. Die Chineſer haben nicht einen einzigen Maler; ſie wiſſen weder Zeichnung noch Stellung in ihre Stuͤcke zu bringen, und haben keinen Begriff von der Perſpective. Man findet uͤberall keinen Baumverſtaͤndigen. Selbſt die Tempel, die in allen uͤbrigen Laͤndern durch ihre Pracht Ehrfurcht einfloͤßen, haben in China nichts von Majeſtaͤt an ſich.
**)
52Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

2.

Um dem wahren Charakter, der dieſer Gattung von Landwohnungen und Gaͤr - ten zukoͤmmt, uns mehr zu naͤhern, verdient zuvoͤrderſt bemerkt zu werden, daß ſehr viel von ihrer Lage abhaͤngt, wenn ſie einen vortheilhaften Proſpect nicht allein zur Verſchoͤnerung einer Gegend verbreiten, ſondern auch ſelbſt genießen ſollen. Eine ungemein friſche Lage geben die Ufer eines Fluſſes, noch mehr eines Sees. Hier ver - doppeln die Gebaͤude in dem Wiederſchein den Reiz ihres Anſchauens aus der Ferne, und empfangen ſelbſt von dem Licht und der ſpielenden Bewegung des Waſſers eine neue Heiterkeit. Auf Anhoͤhen, zwiſchen wellenfoͤrmig ſich dahin ſchmiegenden Huͤgeln, an ſanften Abhaͤngen hoher Berge, gewinnen kleine Sommerhaͤuſer mit ihren Gaͤr - ten ein maleriſch reizendes Anſehen. Noch ſchoͤner, wenn gleich an den Fuß der Hoͤ - hen, von welchen ſie herabhaͤngen, das Meer ſeine Wogen hinwaͤlzt, wie an dem ſeelaͤndiſchen Ufer zwiſchen Kopenhagen und Helſingoͤr, oder heitere Landſeen, wie um Genf und Neuſchatel, ihre leichtern Wellen ſanft hinſpielen laſſen. Nicht weniger traͤgt zur Schoͤnheit der Lage bey, wenn rings umher die Gegend um die Sommerhaͤuſer viel Gebuͤſch und Pflanzung zeigt, aus deren dunklem Gruͤn die weiſ - ſen Vorderſeiten hervorſchimmern.

Alle dieſe Lagen gewaͤhren den Vortheil einer anmuthig unterhaltenden Aus - ſicht. Dieſer Vortheil iſt hier um ſo wichtiger, weil dieſe Gaͤrten nicht allemal einen ſo weiten Bezirk umfaſſen, daß darinn eine betraͤchtliche Mannichfaltigkeit von innern Scenen Platz finden koͤnnte. Die Ausſicht in die Landſchaft, die uͤberhaupt bey jeder Anlage vom heitern Charakter unentbehrlich iſt, verguͤtet hier die Einſchraͤnkung des Beſitzes und den Mangel vieler Auftritte und Veraͤnderungen in dem innern Vezirk. Ein kleiner Platz kann durch die Ausſicht hoͤchſt intereſſant werden, wie man beſonders in ſo vielen Gaͤrten der Schweiz ſieht. Und dieſe Lebhaftigkeit, dieſe Groͤße, die - ſer Reichthum, dieſe Mannichfaltigkeit, dieſer Zauber in landſchaftlichen Ausſich - ten, die[oft] aus einem engen Winkel genoſſen werden, wird, wo die Natur ſie ver - ſagt, von keiner Macht der Kunſt fuͤr weite Anlagen hervorgerufen.

Eben der engere Raum, der gemeiniglich nur dieſer Gattung von Gaͤrten ver - ſtattet iſt, erlaubt keinen Reichthum von Scenen, der ihn bald zu ſehr uͤberladen und verſtellen wuͤrde. Die Gegend iſt meiſtens nur von einem gewiſſen beſtimmten, aber einfachen Charakter. Und dieſe Einfachheit muß auch bey allem, was Kunſt und Geſchmack bey einem ſolchen Platz vornehmen, beybehalten werden. Alle Verſchoͤ - nerungen muͤſſen nach dem natuͤrlichen Charakter der Gegend ſich richten.

Wird53nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

Wird nur dieſes Geſetz beobachtet, ſo kann der Beſitzer ſeinen Platz nach ſei - nem Geſchmack einrichten, er mag das Bebauete oder das Wilde, das Romantiſche oder das Anmuthige, das Muntere oder das Ernſthafte, das Zierliche oder das Nachlaͤßige, das Verſchloſſene oder das Offene lieben. Er hat Freyheit in der Wahl ſeiner Gewaͤchſe und ſeiner Auszierungen, nur darf er nicht die Empfehlung einer be - ſcheidenen Maͤßigung vergeſſen. Das Wohlfeile und das Nutzbare iſt hier weit ſchicklicher, als das Koſtbare und weniger Nuͤtzliche. Viele edle Fruchtarten ver - dienen hier das Recht des Vorzugs vor blos ſeltenen Pflanzen. In jeder Anpflan - zung und Einrichtung herrſche Geſchmack, in jeder Verzierung Beſcheidenheit. Die Laube oder das freyere Gebuͤſch mag ſich mit der Buͤſte eines Freundes des Beſitzers, oder mit der Statue eines Patrioten ſeines Vaterlandes ſchmuͤcken; von ihren ſchoͤ - nen Kindern umringt, mag Flora ſich hier einen Kranz winden. Allein ſolche Werke der Kunſt muͤſſen ſich in Anlagen dieſer Art nur ſehr ſelten zeigen. Viel Gruͤn der Pflanzungen hingegen, viel Schatten, viel anmuthige und duftende Gewaͤchſe, mit nuͤtzlichen Arten vermiſcht, ein reiner Bach oder ein kleiner Waſſerfall, wo es die Gegend verſtattet, freye und beſchattete Spaziergaͤnge, ruhige Sitze unter Bedeckun - gen des Laubes fordert dieſe Gattung. Die ganze Anordnung muß anziehend und unterhaltend ſeyn, und dazu gehoͤrt beſonders auch eine kluge Wahl der landſchaftli - chen Ausſichten, zumal, wenn der Bezirk an Einſchraͤnkung und an einer gewiſſen Duͤrftigkeit leidet. Doch kann die Anordnung ſich hier nicht immer einer freyen Manier uͤberlaſſen; die Symmetrie wird zuweilen zulaͤßig. *)S. 1ſten B. S. 140.Es iſt nichts ſo ſchwer, als einen Garten natuͤrlich einzurichten, wo die Natur ſelbſt ihren Beyſtand dazu verſagt; und dies iſt nicht ſelten der Fall auf den Plaͤtzen, wo kleine buͤrgerliche Gaͤrten bey Staͤdten angelegt werden.

Ein beſonderer Unterſchied dieſer Gattung ſcheint darinn zu beſtehen, daß ſie mehr das Bearbeitete, das Verſeinerte, das Geſchmuͤckte in einzelnen Theilen ver - goͤnnt, das die Parks bey ihrem Umfang und bey der Groͤße ihres Charakters nicht uͤberall ſo vollenden koͤnnen, noch duͤrfen. Weil die Theile kleiner, weniger verviel - faͤltigt und verwickelt, dem Auge mehr uͤberſehbar ſind, und oͤfter erſcheinen: ſo fal - len ihre Maͤngel leichter auf, und deſto geſchaͤftiger iſt daher der Fleiß der Ergaͤn - zung und der Politur. Demnach kann die Zierlichkeit ſich in buͤrgerlichen Gaͤrten mit einigem Vorrecht auszeichnen.

Dagegen, was ein Eigenthum ausgebreiteter und zuſammengeſetzter Gegen - den iſt, die Wirkung ſtarker Contraſte und ſchneller Uebergaͤnge, der Eindruck derG 3Wildniſſe,54Sechster Abſchnitt. GaͤrtenWildniſſe, der Gebirge, der Felſen, alles dies iſt, in ſo fern es nicht leicht in dem Bezirk dieſer Gattung Platz hat, von ihr ausgeſchloſſen. Sie liebt aber das Feine der Umriſſe, das Liebliche der Formen, das Sanfte der Verbindung, das Allmaͤ - lige der Uebergaͤnge, das Heitere der Farben, und das Lachende der Ausſichten.

Selbſt mit dem Theil, der ganz allein ein Eigenthum des Nuͤtzlichen zu ſeyn ſcheint, kann ſich eine gewiſſe Anmuth verbinden. Plaͤtze, mit edlen Fruchtbaͤumen bepflanzt, gehoͤren allerdings in Privatgaͤrten. Allein der gute Geſchmack kann hier eine freye Pflanzung waͤhlen, die ſteifen Linien, welche die Natur nicht kennt, verwerfen, und den nuͤtzlichen Obſtbaum in anmuthigen Gruppen ziehen; er kann an den Fruchtbaum den Weinſtock binden, ihn von Stamm zu Stamm in Kraͤnzen lei - ten, oder unter den nutzbaren Zweigen ſich zugleich eine Laube woͤlben; er kann in den Zwiſchenraͤumen ſchoͤne Grasplaͤtze, kleine Vertiefungen und Erhoͤhungen bilden, und in ihrem Bezirk ſich Pfade umherwinden laſſen; er kann hier Baͤche vertheilen, ſie zwiſchen den Staͤmmen in dem gruͤnen Boden lieblich dahin ſpielen oder in plaͤt - ſchernde Waſſerguͤſſe abfallen laſſen; er kann bequeme Sitze anlegen, wo der Eigen - thuͤmer mit ſeinen Freunden gerne in ſuͤßen Gefuͤhlen und Unterredungen unter dem geliebten Schatten ſelbſtgepflanzter Obſtbaͤume ruht. In der That uͤberall kann der geſunde Geſchmack ſeine Verſchoͤnerungen verbreiten, ohne dem Nuͤtzlichen etwas von ſeinem Vorrechte zu entziehen.

Weil es nirgends ſo leicht iſt, als in dieſer Gattung, die Natur zu verfehlen, ſo muß man ſich ſowohl vor der Unſchicklichkeit, als vor dem Ueberfluß der Verzie - rungen huͤten. Nichts iſt gewoͤhnlicher, als hier Dinge aufgeſtellt zu ſehen, die weder mit der Scene ſelbſt, noch mit einem Garten uͤberhaupt die geringſte Verbin - dung noch Wahrſcheinlichkeit haben. Solche Auftritte, ſo ſehr ſie auch dem gemei - nen Vorurtheil gefallen, beweiſen doch allemal eine duͤrftige oder verirrte Einbildungs - kraft und eine gaͤnzliche Unwiſſenheit in den Grundſaͤtzen der Kunſt. Man glaubt einen Garten geſchaffen zu haben, und hat nichts als ein Gemengſel von unharmoni - ſchen und fremden Theilen, eine bloße Decoration, bunt genug, aber ohne Geſchmack und Intereſſe. So wirft man Statuen und Muͤhlen, Thuͤrme und Huͤtten, Kir - chen und chineſiſche Luſthaͤuſer, Einſiedeleyen und Baͤder, Tempel und Kloſterrui - nen oft in einen Umkreis von hundert Schritten zuſammen, und glaubt ein herrliches Werk von Gartenkunſt geſchaffen zu haben. Der ſicherſte Weg, dieſen Ungereimt - heiten zu entfliehen, iſt der, daß man ſich an die Natur haͤlt, und nach ihrer Anlei - tung vornehmlich Baͤumen, Straͤuchern, Blumen, Raſen und Waſſer, womit ſieihre55nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. ihre Landſchaften malt, den Vorrang giebt. Sollten dieſe kraftvollen natuͤrlichen Gegenſtaͤnde nicht immer in einem Garten ruͤhren und gefallen, wie in der Land - ſchaft? Wenn ſie dieſe Wirkung verfehlen, ſo liegt es nicht an ihnen, ſondern an dem Kuͤnſtler, der ohne Geſchmack und Einbildungskraft ſie nicht auszubilden, nicht zu verbinden, nicht zu einem beſtimmten Charakter anzuordnen weiß, der arm an Erfindung nur das Gemeine aufſtellt, nur wiederholt, was er anderwaͤrts geſehen hat, der nicht das wahre Eigenthum jeder Gattung kennt, noch den Umſtaͤnden und Situationen ihre Vortheile abzugewinnen verſteht.

Das Landhaus oder Wohngebaͤude muß mit dem Garten ein Verhaͤltniß ha - ben. Sein Charakter fuͤr einen Privatmann vom Stande ſoll in Anmuth, in Zier - lichkeit und Feinheit beſtehen;*)S. 3ten B. S. 17. fuͤr einen Buͤrger in einer beſcheidenen Maͤßigkeit mit Nettigkeit und Geſchmack vereinigt; in beyden darf keine Pracht, keine Ueppig - keit, keine Begierde, mit Reichthum zu ſchimmern, erſcheinen. Die innere Ein - richtung iſt ſowohl von den Beduͤrfniſſen des Beſitzers und ſeiner Familie, als auch von dem Gebrauch abhaͤngig. Wird das Haus das ganze Jahr hindurch bewohnt, ſo fordert es mehr Bequemlichkeit, als wenn es nur kurzen Beſuchen auf einige Wo - chen oder Tage eroͤffnet wird. Seine Groͤße muß ſich nicht allein nach dem Charak - ter ſeines Bewohners richten, ſondern auch zum Theil nach dem Umfang der Beſi - tzung. Nach dieſem Unterſchiede giebt es manche Abſtufungen. Hier ſind drey Muſter von Landhaͤuſern dieſer Klaſſe, in der Folge, wie ſie von dem Kleinern zu dem Groͤßern, oder von dem blos Bequemen und Anſtaͤndigen zu dem Zierlichen und Edlern hinaufſteigen.

Die56Sechster Abſchnitt. Gaͤrten
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57nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
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V Band. H58Sechster Abſchnitt. Gaͤrten
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59nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

Die kleinern Gartengebaͤude und einzelnen Luſtkabinette, die dieſe Gattung zu - laͤßt, muͤſſen uͤberhaupt von einer leichten, gefaͤlligen, zierlichen, feinen und geſchmack - vollen Bauart ſeyn. Hat der Garten ſchon ein ſchoͤnes Landhaus, ſo darf in ſeinem Bezirk ein Gebaͤude, das blos der Verzierung, dem Vergnuͤgen, oder einer beſondern gartenmaͤßigen Beſtimmung*)S. 3ten B. S. 36-39. gewidmet iſt, durch keine ſich erhebende Vorzuͤge ſich auszeichnen. Herrſcht aber ein ſolches Gebaͤude allein in ſeinem Umkreis, ſo mag es auch mehr Groͤße, mehr anziehende Schoͤnheit annehmen. In kleinern Gaͤrten ma - chen die Gebaͤude am meiſten Eindruck, indem ſie ſich als wichtige Gegenſtaͤnde dem Auge weit freyer und geſchwinder ankuͤndigen, als unter den mannichfaltigen Natur - ſcenen eines ausgebreiteten Parks; ſie reizen gemeiniglich in der Ferne mehr den Blick des Anſchauers, als der umliegende Platz. Sie ſcheinen daher in einem klei - nern Bezirk mit einem doppelten Rechte ein zierliches und feines Anſehen zu fordern. Aber ihre Vervielfaͤltigung wuͤrde hier die erſten Grundſaͤtze des Geſchmacks beleidi - gen. Das Landhaus oder das Luſthaus muß nicht allein die vortheilhafteſte Lage fuͤr die Ausſicht, ſondern auch durch Umkraͤnzung mit Blumen, Raſen und Straͤuchern eine genaue Verbindung mit dem Garten haben.

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H 23. Zu60Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

3.

Zu dieſer Gattung koͤnnen am bequemſten die Blumengaͤrten*)S. 1ſten B. S. 76. u. ſ. w. gerechnet werden. Obgleich Gruppen und andere Anordnungen von Blumen in großen Gaͤr - ten zuweilen als faſt unentbehrliche Theile anzuſehen, und beſonders ein Eigenthum des angenehmen und heitern Charakters ſind;**)S. 77. ſo werden ſie doch da mehr wie Mittel zur Belebung und Verſchoͤnerung betrachtet, als Anlagen, die fuͤr ſich ein Ganzes machen. Auf einen rauhen verwilderten Bezirk kann auf einmal eine ge - ſchmuͤckte Blumenflur erſcheinen, als ein lebhafter Contraſt. Allein die feinern und edlern Toͤchter der Flora gehoͤren mehr in den geſchmuͤckten Theil des Gartens, als in die Wildniß; denn ſie fordern mehr das Auge ihres Freundes zum Genuß ihrer Schoͤnheit und ſeine Hand zu ihrer Pflege. Der Privatmann, der Buͤrger, der nicht Land genug zu einem ausgedehnten Garten beſitzt, beluſtigt ſich daher gern an einem Blumengarten. Dieſe Gattung begnuͤgt ſich nicht allein mit einem geringern Raum; ſie ſchickt ſich auch vortrefflich zur Bepflanzung der Plaͤtze in der Naͤhe um die Wohngebaͤude her und hinter ihnen. Hier ſind Blumengaͤrten nicht mehr beſon - dere Theile, nicht mehr bloße Mittel zur Verſchoͤnerung; ſie machen vielmehr ein Ganzes, eine eigene fuͤr ſich beſtehende Gattung aus.

Die Beſtimmung der Blumengaͤrten iſt Beluſtigung des Auges durch Man - nichfaltigkeit und Schoͤnheit der Farben, vereinigt mit der Ergoͤtzung des Geruchs. Daher wird der Beſitzer zuvoͤrderſt ſowohl fuͤr die Beſtaͤndigkeit der Flor, als auch fuͤr eine ſolche Anordnung und Verbindung der Blumengewaͤchſe nach Groͤße und Farbe ſorgen, daß dadurch eine anziehende Malerey hervorgebracht werde. Eine abgezirkelte Flur, wo die Blumen nur nach Geſchlechtern, nach Arten und Varietaͤ - ten geordnet ſind, iſt dieſer Wirkung wenig vortheilhaft. Weit mehr guͤnſtig iſt dazu eine mit kleinen Huͤgeln und ſanften Vertiefungen unterbrochene, ſich wellenfoͤr - mig dahin ſchmiegende Gegend, und dabey eine Lage gegen das liebliche Licht des Morgens, das den von Thau glaͤnzenden Pflanzen einen neuen Reiz entgegen ſtreckt. Neigt ſich außerdem der Boden ſonſt zu einem klaren Wafſerſtuͤck oder zu einem Bach herab, der zwiſchen den kleinen Vertiefungen umherirrt, bald ruhig mit dem Bilde der nachbarlichen Blumen dahin gleitet, bald muthwillig zwiſchen Kieſeln umherhuͤpft, bald in murmelnden Faͤllen ſich jagt, und an ſeinen Spielen ſelbſt ſich zu ergoͤtzen ſcheint; ſo wird die Situation friſcher, und das Gemaͤlde lebendiger. Noch mehr gewinnt die Scene an Reiz, wenn hin und wieder bluͤhende Straͤucherdie61nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. die Einfaſſung bilden, oder die kleinen Huͤgel bekraͤnzen, und in die Malerey der niedrigen Blumenpflanzen mehr Schattirung und Abwechſelung miſchen. Ihre zufaͤlligen Verſchoͤnerungen beſtehen in den kleinen eben ſo fluͤchtigen als lieblichen Wirkungen, welche die Beleuchtung, beſonders das Streiflicht des Morgens und Abends, ſchenkt; und in den Spielen umhergaukelnder Schmetterlinge, die den Tag uͤber zwiſchen den farbigten Schoͤnen mit eiferſuͤchtigen Liebkoſungen flattern, und erſt am Abend die Geliebte waͤhlen, in deren Arm ſie unter dem ſuͤßen Athmen der Liebe einſchlummern, und die Kuͤhle der Nacht bis ſpaͤt nach dem Aufglimmern der Morgenroͤthe vertraͤumen. In dieſen Scenen moͤgen die Bilder der Grazien und der Liebesgoͤtter die Dauer ſuͤßer Empfindungen unterhalten; ein helles Spring - waſſer mag, ohne gekuͤnſtelte Verzierung, die Lebhaftigkeit des Auftritts vergroͤſ - fern; uͤberſchattete ſeine Ruheplaͤtze umher, und Lauben von Jasmin und Roſen moͤgen zum Genuß dieſer Wolluſt oder zum leichten Schlummer einladen, den nichts, als etwa nur das Saͤuſeln der geſchaͤftigen Biene ſtoͤrt. Wie wohl iſt dem Empfindenden in dieſem Luſtrevier! Wie gluͤcklich, indem er hier, zwiſchen Unſchuld und Frieden, ſeine Sommertage dahin wallen ſieht, bald unter weiſen Betrachtun - gen, bald unter holden Empfindungen oder Erinnerungen, womit er ſich in die Freu - den ſeiner verbluͤhten Jugend zuruͤcktraͤumt. Harmloſer Fruͤhling meiner Tage! Suͤße Bluͤthe meines Lebens! Noch ruͤhrt mich hier dein immer truͤber zuruͤckkom - mendes Bild, einſt die Wonne des Genuſſes, nun die Wehmuth der Erinnerung! Sanfte voruͤberſchimmernde Sommertage, da ich als Knabe unter den Blumen meines Vaters ſpielte, in dem laͤndlichen friedvollen Thale, nah und fern von ruhi - gen Waͤldern und Hoͤhen umkraͤnzt, zwiſchen welchen blos ein hervorglaͤnzender See die Daͤmmerung des weiten Hintergrundes erheiterte! Wie waret ihr damals ſo ſchoͤn, ſanfte voruͤberſchimmernde Sommertage! Wie lieblich war es, an jedem Geſchaͤfte im Garten Antheil zu ſuchen, den Pflanzen in kleinen Eimern Waſſer zu bringen, der Nachtigall nachzufloͤten, und der glaͤnzenden Abendroͤthe entgegen zu huͤpfen! Kein anderer Schmerz, als wenn mich eine Biene ſtach, die ich muthwil - lig von den Blumen jagte, oder ein Dorn im Roſengebuͤſch verwundete; keine an - dere Sorge, als fuͤr die Verlaͤngerung des Genuſſes; denn alles war Genuß des Gegenwaͤrtigen, nichts war ruhloſe Erwartung von der Zukunft. Ihr Staͤdte, ihr Hoͤfe, ihr Ergoͤtzungen und Unruhen und Geſchaͤfte der großen Welt, was waret ihr damals dem, der, nur von ſeiner Geſpielinn, der laͤndlichen Freude, begleitet, kein anderes Gluͤ〈…〉〈…〉 kannte, als ihr zu gehoͤren! Doch das Leben iſt nichts anders, als eine Blumenſcene; alles iſt in Bewegung, aufzugruͤnen, zu bluͤhen, zu welken, und wieder aufzuſprießen. Auch der ſpaͤtere Sommer, ſelbſt der Herbſt unſers Lebens,H 3haben62Sechster Abſchnitt. Gaͤrtenhaben noch ihre Blumen; ſie bluͤhen ſtaͤrker, ſie bluͤhen laͤnger, als die fluͤchtigen Kin - der des Fruͤhlings. Gluͤcklich iſt der, welcher in jeder Jahreszeit des Lebens ihre Blumen zu finden weiß! Gluͤcklich der Mann, der, ſicher vor den Stuͤrmen der Welt, ſeinen Abend im ruhigen Blumengarten genießt, und durch Weisheit wieder belebt, was die allmaͤlig verbluͤhende Phantaſie welken ließ!

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Blumengaͤrten machen nicht blos das Vergnuͤgen der Jugend; ſie ſind auch ein geliebter Aufenthalt der Zaͤrtlichkeit. Perſonen von einem ſanften und milden Charakter, und demnach das andere Geſchlecht, pflegen ſich am meiſten in dieſen klei - nen Scenen der ſtillen Schoͤnheit und beſcheidenen Anmuth zu unterhalten. Faſt nirgends vereinigt die Natur mehr ihre Lieblichkeiten, als hier. Das Reine und Sanfte Einer Farbe, wie in der Hyacinthe, der Balſamine, der Lupine, der Lava - tera; ihre feinen Schattirungen, wie in den mannichfaltigen Arten der Nelken; die Miſchungen und Verſchmelzungen mehrerer milden Farben, wie bey einigen Tulpen; das Suͤße, das Feine, das Liebkoſende, das Erquickende, das Begeiſternde des Wohlgeruchs bey ſo vielen Blumengattungen; alles dieſes erzeugt und unterhaͤlt die Empfindung des Lieblichen, welche die ganze Seele mit einem Wohlbehagen, mit einer Vergnuͤglichkeit, mit einer ſo zauberiſchen Wolluſt fuͤllt, daß die Sprache fuͤr ſie keinen Ausdruck zu haben ſcheint.

Unſtreitig63nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

Unſtreitig kann der Geſchmack die holden Wirkungen eines Blumengartens un - gemein erhoͤhen. Blos bunte Scenen, die gewoͤhnlichſten, ſind fuͤr das gemeine Auge, das nur geblendet, nur zerſtreut ſeyn will; blos einfaͤrbige Scenen geben bald Langeweile und Ermuͤdung. Das Maleriſche allein hat das Vorrecht, zu unter - halten. Dahin gehoͤrt zunaͤchſt, daß die Ordnung der Pflanzung nicht mehr den Regeln der Symmetrie folge, ſondern in Gruppirungen erſcheine, und in ſolchen Zu - ſammenſetzungen und Miſchungen, woraus eine verſtaͤndige Malerey der Blumen - farben entſpringt. *)S. 2ten B. S. 79. Bey dieſer Art von Gemaͤlden koͤmmt es ſowohl auf har - moniſche Verbindung, als auf Contraſt der Farben an. Sehr gluͤcklich verbindet ſich das Weiße mit dem Blaßgelben, dieſes mit dem Fleiſchfarbigen, das Roſenfar - bige und das Himmelblaue mit dem Weißen, das Dunkelblaue mit dem Purpur - farbigen, das Dunkeltsthe mit dem Braunen, das Brandgelbe mit dem Hochro - then, das Graue mit dem Dunkelblauen. Das Weiße verbindet ſich uͤberall, mit dem Gelben, dem Rothen, dem Blauen; es macht Milderungen, die dem Auge ſo lieblich ſchmeicheln; dem Hellgelben, dem Fleiſchfarbigen, dem Roſenfarbigen, dem Hellblauen iſt eine uͤberaus einnehmende Sanſtheit eigen. Die Mittelfarben ma - chen das Gemaͤlde harmoniſch. Zwiſchen dem Gelben und Rothen ſteht das Brand - gelbe, zwiſchen dem Rothen und Blauen das Violet, zwiſchen dem Blauen und Gelben das Gruͤn; dieſe Farben koͤnnen in einander gezogen werden, ohne ſich zu be - leidigen. Die aufſteigende Fortſchreitung geht vom Weißen zum Weißgelben, Gel - ben, Roͤthlichgelben, Brandgelben, Brandgelbrothen, Rothen, Roͤthlichblauen, Violetten, Blaurothen, Blauen, Grauen, bis zum ganz Dunklen und Schwaͤrz - lichen, das entweder dunkelgelb, oder dunkelroth, oder dunkelblau iſt; die herab - ſteigende vom Blauen zum Gruͤnen, zum Gruͤngelben, zum Gelben, zum Weiß - gelben, zum Weißen. Dieſe natuͤrlichen Fortſchreitungen der Farben muͤſſen das Auge des Kuͤnſtlers in der Malerey ſeiner Blumenſcenen leiten. Eine der vornehm - ſten Regeln iſt dieſe, daß die hellern Farben voranſtehen, und ſich dem Auge, das den Umfang eines harmoniſch fortgehenden Gemaͤldes uͤberſchauen ſoll, zunaͤchſt zei - gen. Im Contraſt ſteht das Brandgelbe mit dem Weißen, das Purpurfarbige mit dem Hellgruͤnen, das Hellblaue mit dem Dunkelrothen. Die hellern Farben gewinnen in der Natur und in der Malerey durch die Gegenftellung der dunklen. Dieſe Kunſt, mit den Farben der bluͤhenden Gewaͤchſe intereſſante Gemaͤlde zu ſchaf - fen, eine Kunſt, die fuͤr das Genie ein neues und weites Feld eroͤffnet, kann mehr in dem Blumengarten herrſchen, als in den Zuſammenſetzungen der Bluͤthen - ſtraͤucher. Denn bey dieſen machen faſt immer die Art ihres Wuchſes und ihre Blaͤtter wichtige Eigenſchaften, die das Auge an ſich reißen; bey den Blumenpflan -zen64Sechster Abſchnitt. Gaͤrtenzen hingegen ſind es faſt nur die Blumen. Sie kommen hier gemeiniglich haͤu - figer, groͤßer und anziehender zum Vorſchein, als die Blaͤtter, oder zeigen doch eine reichere Mannichfaltigkeit von Farbenmiſchungen.

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IV. Land -65nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

IV. Landgaͤrten; laͤndliche Gaͤrten.

Der laͤndliche Garten iſt unter allen Gattungen der einfachſte, und am meiſten entfernt von Schmuck und Kunſt. Er iſt indeſſen doch von den gemeinen Gaͤrten des Landmanns unterſchieden, die nichts als Kuͤchengewaͤchſe und einige Obſt - baͤume zeigen, und von fruchttragenden Straͤuchern umwildert ſind. Auch iſt der laͤndliche Garten nicht blos in die Doͤrfer verwieſen; der Buͤrger, der anſehnliche Privatmann kann ihn aus Geſchmack waͤhlen, und um ſein bequemes Wohnhaus anpflanzen.

Seine Lage kann auf einem allmaͤligen Abhange, in einem gekruͤmmten Thal, und ſelbſt in der Ebene ſeyn; ſie verlangt keine großen, praͤchtigen, uͤberraſchenden Ausſichten. Kleine Erhoͤhungen umher, wodurch der Proſpect ins Weite verſperrt wird, ein ſchattenreicher Wald, eine friſche Wieſe, ein ruhiges Gewaͤſſer, oder ein Fiſchteich, Viehtriſten in der Naͤhe und ſelbſt in dem Bezirk, ſcheinen dem Cha - rakter dieſer Lage am meiſten angemeſſen; und als zufaͤllige Belebung viel Geſang der Voͤgel, und in den Tagen des Fruͤhlings das einfoͤrmige Getoͤne des Kukuks und das Gequaͤk der Froͤſche.

Die Anlage des laͤndlichen Gartens, er mag klein ſeyn, oder ſein Bezirk ſich etwas erweitern, iſt auf Einfachheit und eine angenehme Nachlaͤßigkeit eingeſchraͤnket. Er verſtattet keine mannichfaltigen und reichen Gegenſtaͤnde; er liebt die blos einfaͤl - tigen Scenen der Natur, und er zeigt ſie ohne viel Wahl und Anordnung. Seine Pflanzungen beſtehen aus gewoͤhnlichen Baͤumen des Landes; er iſt zufrieden, wenn ſie ihm Schatten und Fruͤchte geben. Man erblicket zwiſchen Weiden, Linden und Ulmen Aepfel - und Birnbaͤume; dieſe wechſeln mit Kirſchen, Nuͤſſen, Quitten, Miſpeln und Pflaumen ab; und findet ſich eine hohe Eiche oder eine bejahrte Buche auf dem Platz, ſo wird ihre wohlthaͤtige Beſchattung genutzt, und eine Bank unter ihren Laubdecken aufgeſtellt. Keine Allee, keine kuͤnſtliche Anordnung der Baͤume; ſie erſcheinen hin und wieder in freyen Gruppen, bald groͤßer, bald kleiner, bald mehr, bald weniger von einander entfernt. Die Gaͤnge, bequem und rein, winden ſich neben dieſen Gruppen, und zuweilen zwiſchen ihren Staͤmmen durch, und fuͤhren hier zu dunkeln Schatten, dort zu einem freyen Platz voll friſchen Graſes hin. Sie ſind bald mit einem Roſengebuͤſch, bald mit Johannisbeeren, Stachelbeeren, Berberi - tzen, Hanebutten und andern Straͤuchern, die eßbare Fruͤchte tragen, eingefaßt. V Band. JZwiſchen66Sechster Abſchnitt. GaͤrtenZwiſchen den Baͤumen und Gebuͤſchen, an den Gaͤngen und neben den Ruhebaͤnken, die hin und wieder an ſchattigten Plaͤtzen ſtehen, erſcheinen Pflanzen, die dem Cha - rakter des Ganzen beyſtimmen, als Maͤrzviolen, Mayblumen, Schluͤſſelblumen, Marienbluͤmchen mit Krauſemuͤnze, Majoran, Thymian, Salvey und Lavendel un - termiſcht. Ein anliegender Grasplatz, worauf einige Kuͤhe umher irren, oder im Winkel die kleinen gelbhaarigten Kinder der Gans ſich zu dem Gefieder ihrer Mutter draͤngen; ein Bach, der vom Springbrunnen, welcher im Vorhof plaͤtſchert, ab - fließt, ſich mit maͤßigem Geraͤuſch durch die Pflanzung ſchlaͤngelt, und ſich in eine niedrige Wieſe, oder in einen von Enten belebten Teich verliert; eine haͤusliche Fa - milie von Tauben, die zwiſchen Schwalben, die nahe bey ihnen unter dem Schutz des Gaſtrechts wohnen, oft den Garten uͤberflattert; in der Ecke einige Bienenkoͤrbe ſind dieſem Charakter ſehr angemeſſene Auszierungen.

Keine Pracht, keine Koſtbarkeit vertraͤgt ſich mit ihm; Nuͤtzlichkeit, Bequem - lichkeit, Reinlichkeit und eine beſcheidene Zierde ſind ſein Eigenthum. Daher keine Statue, keine Vaſen, keine glaͤnzenden Werke der Kunſt in einem laͤndlichen Garten; auch keine edlen, noch weniger praͤchtigen Gebaͤude. Ein reicher Pavillon wuͤrde hier eben ſo uͤbel ſtehen, als eine Grotte oder Einſiedeley. Eine Laube von Ligu - ſtrum, von Roſen, oder ſpaniſchem Hollunder, Geißblatt und Jasmin geflochten, oder von den Aeſten einer Linde gewoͤlbt; ein Waldhaus von Baumrinde zuſammen - geſchlagen und mit Moos uͤberzogen; ein einfaches Bauerhaͤuschen mit Stroh oder Schilf gedeckt; am Teiche eine Fiſcherhuͤtte; oder auf einer kleinen Erhoͤhung ein Sonnenweiſer, dies ſind allein die Werke der Baukunſt, die dieſe Gattung vertraͤgt. Und doch duͤrfen hier Gebaͤude voll Einfalt nur einzeln, niemals zu haͤufig, erſchei - nen; denn der Charakter des Laͤndlichen ſchließt zugleich eine gewiſſe Einſamkeit in ſich, die durch die Mehrheit dieſer Werke verletzt wuͤrde. Ruhe, haͤusliche Einge - zogenheit, ſtille Genuͤgſamkeit, die

im eignen Schatten, durch den Weſt gekuͤhlet, ihr Leben fuͤhlet,*)v. Kleiſt.

und eine nur von friedſamen Geſchaͤften begleitete Behagung an den einfaͤltigen Reizen der Natur, ſind die Vorſtellungen und Empfindungen, die der laͤndliche Garten er - regen ſoll. Er gefaͤllt durch das Sanfte und das Ruhige; ſeine Eindruͤcke ſind nicht ſtark, aber einſchmeichelnd; ſie verſchwinden vor einem Herzen, das voll Leidenſchaft brennt, das nur nach rauſchenden Ergoͤtzungen ſtrebt; aber ſie ruͤhren jede Seele, die noch nicht von der Welt verſtimmt ward, die noch fuͤr das Gefuͤhl des Friedens undder67nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. der Unſchuld offen iſt. Nur eine ſolche Seele empfindet ganz dieſen ſanftruͤhrenden Auftritt an einem heitern Morgen im laͤndlichen Garten:

Das Bild der Anmuth, die Hausfrau, In jener Laube von Reben, pflanzt Stauden und Blumen auf Leinwand, Die Freude laͤchelt aus ihr; ein Kind, der Grazien Liebling, Verhindert ſie ſchmeichelnd, am Halſe mit zarten Armen ihr hangend; Ein anderes taͤndelt im Klee, ſinnt nach, und ſtammelt Gedanken. *)Ebenderſelbe.
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J 2Siebenter68Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter von beſondern Beſtim - mungen abhaͤngig iſt.

I. Volksgaͤrten.

1.

Man wird, bey den Fortſchritten der Polizey in den neuern Zeiten, nicht leicht eine betraͤchtliche Stadt finden, die nicht in ihrem Umkreis, oder in ihrer Nachbarſchaft einen Platz des oͤffentlichen Spazierganges haͤtte; wenigſtens dienen die bepflanzten Zugaͤnge zugleich zu dieſem Gebrauch. Eine anfehnliche Stadt muß in ihrem Umfang einen oder mehrere große offene Plaͤtze haben, wo ſich das Volk in gewiſſen Zeitpunkten der Freude oder der Noth verſammeln und ſich ausbreiten kann, wo eine freye und geſunde Luft athmet, und die Schoͤnheit des Himmels und der Land - ſchaft ſich wieder zum Genuß eroͤffnet. Dieſe Plaͤtze machen eine vorzuͤgliche Zierde der Staͤdte, wenn ſie mit Raſen, mit Springbrunnen, mit Bildſaͤulen geſchmuͤckt, und von Baumpflanzungen und den ſchoͤnern Gebaͤuden umkraͤnzt ſind. Sie locken den Fremden durch die Heiterkeit ihres Anfehens an, und unterhalten den Spazier - gaͤnger in einer gewiſſen Lebhaftigkeit der Empfindung.

Allein außer dieſen Plaͤtzen kann eine weiſe Polizey bald in dem Bezirk der Stadt, bald nahe vor ihren Thoren beſondere Oerter fuͤr den Spaziergang des Volks einrichten. Bewegung, Genuß der freyen Luft, Erholung von Geſchaͤften, geſel - lige Unterhaltung iſt die Beſtimmung ſolcher Oerter, und nach dieſer Beſtimmung muß ihre Einrichtung und Bepflanzung abgemeſſen ſeyn. Dieſe Volksgaͤrten ſind, nach vernuͤnftigen Grundſaͤtzen der Polizey, als ein wichtiges Beduͤrfniß des Stadt - bewohners zu betrachten. Denn ſie erquicken ihn nicht allein nach der Muͤhe des Ta - ges mit anmuthigen Bildern und Empfindungen; ſie ziehen ihn auch, indem ſie ihn auf die Schauplaͤtze der Natur locken, unmerklich von den unedlen und koſtbaren Ar - ten der ſtaͤdtiſchen Zeitverkuͤrzungen ab, und gewoͤhnen ihn allmaͤlig an das wohlfeile Vergnuͤgen, an die ſanftere Geſelligkeit, an ein geſpraͤchiges und umgaͤngliches We - ſen. Die verſchiedenen Staͤnde gewinnen, indem ſie ſich hier mehr einander naͤhern,auf69von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. auf der einen Seite an anſtaͤndiger Sittſamkeit und ſcheuloſer Beſcheidenheit, und auf der andern an herablaſſender Freundlichkeit und mittheilender Geſaͤlligkeit. Alle gelangen hier ungehindert zu ihrem Rechte, ſich an der Natur zu freuen.

Die Lage der Volksgaͤrten muß, ſo viel als moͤglich, Freyheit der Luft und Heiterkeit der Ausſichten haben. Naͤchſtdem iſt der Schatten hier in allen Stunden des Tages Beduͤrfniß, obgleich der Abend am meiſten den Buͤrger zum Spazier - gang einladet. Denn dieſe Oerter muͤſſen zugleich dem Fremden, dem Siechen, dem Brunnentrinker, dem Mann ohne Geſchaͤfte, dem Geſelligen, der einen Freund auf - ſucht, in jeder Stunde offen ſtehen. Zu der Bepflanzung ſchicken ſich vornehmlich Baͤume, die mit der Groͤße ihres Laubes einen reichen Schatten verbreiten und ein dichtes Obdach woͤlben. Liegt ein Wald nahe an der Stadt, ſo iſt es leicht, darinn oͤffentliche Spaziergaͤnge voll Schatten anzuordnen. Die Gaͤnge muͤſſen breit, be - quem, vielfaͤltig und ausweichend ſeyn. Gerade Alleen ſind hier nicht allein zulaͤßig, ſondern verdienen ſelbſt einen Vorzug, indem ſie die Aufſicht der Polizey, die an ſol - chen Plaͤtzen oft unentbehrlich iſt, erleichtern. Die Anordnung iſt hier von der be - ſondern Beſtimmung des Orts abhaͤngig. Man will ſich finden, ſich ſehen, mit ein - ander umherwandeln, ſich unterhalten. Bequeme Gaͤnge in einer geraden Linie ſtim - men dieſen Abſichten mehr zu, als lauter ſchmale ſich immer kruͤmmende Pfade. Doch kann ein Volksgarten von einem betraͤchtlichen Umfang, außer ſeinen geraden Wegen, auch ſchlaͤngelnde Gaͤnge in Waldſtuͤcken und angelegten Luſtgebuͤſchen ent - halten, und er bedarf ihrer ſelbſt zur Abwechſelung. Die Bequemlichkeit und ſelbſt die Sicherheit erfordert, daß die Wege fuͤr Fahrende und Reitende von den Pfaden der Fußgaͤnger abgeſondert werden.

Baͤnke und Ruheſitze muͤſſen nicht blos unter dem Schatten der Gebuͤſche und Baͤume, und an Stellen, wo ſich anmuthige Ausſichten eroͤffnen, ſondern auch nach dem Verhaͤltniß der Menge der Spaziergaͤnger in der noͤthigen Anzahl und in beque - men Entfernungen angelegt werden. Auch gruͤne ſchattigte Lauben und bedeckte Schirmhaͤuſer, wohin man bey einem Ueberfall von Regen und Gewitter ſeine Zu - flucht nehmen kann, gehoͤren in die Anlage eines Volksgartens. Gebaͤude dieſer Art muͤſſen abwechſelnd an Form, von leichter und einfacher Architektur ſeyn. Volks - gaͤrten bey großen Staͤdten, zumal wenn ſie von dieſen in einiger Abgelegenheit lie - gen, erfordern noch Haͤuſer, wo Erfriſchungen gereicht werden, und dieſe koͤnnen zu - gleich durch ihre Bauart anmuthige Gegenſtaͤnde fuͤr das Auge werden.

Alles dies gehoͤrt mehr zur Bequemlichkeit dieſer Gattung. Allein auch An - ſtalten zum Vergnuͤgen duͤrfen hier nicht fehlen. Liegt der Garten an einem See, oder ſtroͤmt ein Fluß oder ein anderes laufendes Gewaͤſſer durch ſeinen Bezirk, ſoJ 3moͤgen70Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charaktermoͤgen Boͤte und andere Fahrzeuge zu Luſtfahrten und zum Fiſchfang einladen. Die Muſik in einem Gehoͤlz iſt nicht wenig reizend, und die zum wolluͤſtigen Gefuͤhl be - rauſchenden Toͤne des Waldhorns geben einem heitern Sommerabend einen neuen Zauber. Man kann hier Muſikhaͤuſer anlegen, deren Architektur zugleich die Scene ziert.

Koſtbare Kunſtwerke, feine Verzierungen und ſeltene Gewaͤchſe, die Vorſorge erfordern, gehoͤren nicht in Anlagen dieſer Klaſſe. Doch laſſen ſich hier Werke auf - ſtellen, die nuͤtzliche Eindruͤcke auf die Menge verbreiten. Hier ſcheint der Ort zu ſeyn, wo man leicht dem Volk mitten auf den Weg ſeiner Vergnuͤgungen eine gute Lehre hinſtreuen und ſeine Aufmerkſamkeit durch wichtige Erinnerungen anhalten kann. Gebaͤude mit intereſſanten Gemaͤlden aus der Geſchichte der Nation, Bild - ſaͤulen ihrer verſtorbenen Wohlthaͤter, Denkmaͤler von wichtigen Vorfaͤllen und Be - gebenheiten mit lehrreichen Inſchriften koͤnnen hier mit Geſchmack an ſchicklichen Plaͤ - tzen zu ſehr vortheilhaften Wirkungen angeordnet werden. Nur keine Urne, noch andere Monumente des Schmerzes gehoͤren in dieſe Gaͤrten. Jene Gebaͤude, jene Statuen, Buͤſten und andere Denkmaͤler, die das Volk an ſein einheimiſches Ver - dienſt, an die Wohlthaͤtigkeit ſeiner Patrioten, an das Gluͤck ſeiner Nationalbege - benheiten erinnern, ſind ſie nicht an Wuͤrde und Kraft weit mehr, als die Bildſaͤule eines Faun? Einer der oͤffentlichen Spaziergaͤnge in Athen war eine bedeckte Saͤu - lenlaube, die mit Abbildungen der Thaten der verdienteſten Buͤrger angefuͤllt war. Wie wenig hat man noch in unſern Zeiten daran gedacht, nach dem Beyſpiele der Alten, die faſt auf allen Spaziergaͤngen durch Denkmaͤler der buͤrgerlichen Tugend zur Tugend ermunterten, die Oerter des oͤffentlichen Vergnuͤgens mit Werken der Kunſt zu zieren, die an das nuͤtzliche Verdienſt erinnern! Aber auch das ſchoͤne Ver - dienſt kann hier ſeine Monumente fordern. Die Statue, die Buͤſte oder die Denk - ſaͤule des malenden Dichters, und des dichtenden Malers, des Lehrers der Naturſchoͤn - heit und ihres Nachbilders ſind intereſſante Vorſtellungen in Volksgaͤrten. Wie leicht waͤre es, daß jede Stadt an dem Ort ihrer oͤffentlichen Spaziergaͤnge, dem verdien - teſten Manne, der in ihrem Schooß geboren ward, oder deſſen Talente ſie erleuchte - ten, ein Denkmal ſetzte, und mit dieſem Denkmal ihre Mitbuͤrger erwaͤrmte und ihre Nachkommen unterrichtete! Bey großen Reſidenzſtaͤdten ließe ſich ſelbſt eine Art von oͤffentlichen Nationalgaͤrten anlegen, worinn den Dichtern, den Kuͤnſtlern, den ſchoͤ - nen Geiſtern, den Philoſophen beſondere heilige Hayne gewidmet, und dieſe mit ih - ren Monumenten in dazu angeordneten Scenen, die ihrem Charakter zuſtimmten, ausgeſchmuͤckt wuͤrden. Ein neues und fruchtbares Feld fuͤr die patriotiſche Gar - tenkunſt!

2. So71von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

2.

So lange indeſſen die Volksgaͤrten noch nicht ganz die Wuͤrde haben, deren ſie faͤhig ſind, ſo lange muͤſſen ſie ſich mit der Einrichtung begnuͤgen, die ihnen bisher zugetheilet ward. Inzwiſchen giebt es Anlagen dieſer Gattung, die ſich durch Be - quemlichkeit, Anmuth, und reiche Schoͤnheiten der Natur auszeichnen. Die oͤffent - lichen Spaziergaͤnge zu London und Paris ſind beruͤhmt genug, obgleich keine Muſter. Auch Deutſchland hat bey ſeinen anſehnlichſten Staͤdten Gaͤrten dieſer Art, die eine Empfehlung verdienen.

Der Prater bey Wien liegt eine Viertelſtunde vom Stadtthor auf einer groſ - ſen Inſel der Donau und erſtreckt ſich auf eine halbe Meile. Er iſt mit dicken Wal - dungen bewachſen, die mit gruͤnenden Auen und Wieſen untermengt ſind. Eine vier - fach gepflanzte Reihe Kaſtanienbaͤume vermehrt die ungekuͤnſtelte Anmuth dieſer In - ſel. Sie ſtand vormals nur den Kutſchen des Adels offen; allein Joſephs edle Menſchenliebe eroͤffnete hier allen Menſchen, Gehenden, Reitenden und Fahrenden, den Eingang. Sogleich wurden die Auen mit Zelten, Huͤtten, Sommerhaͤuſern zu Erfriſchungen, Ringelrennen, Kegelſchieben und andern Ergoͤtzungen beſaͤet. Dieſe Huͤtten und Sommerhaͤuſer im Walde verſchoͤnerten ſich bey dem Zulauf der Men - ſchen von Jahr zu Jahr. Auch fehlt es nicht an Muſik.

Ein anderer Volksgarten bey Wien iſt der Augarten auf der Donaninſel, welche die Leopoldsſtadt einnimmt. Er war ehemals der Garten des kaiſerlichen Som - merpalaſtes, die alte Favorite genannt, der 1683 von den Tuͤrken verwuͤſtet ward. Von der Zeit an diente der Garten zu einem oͤffentlichen Spaziergange, ward aber ganz vernachlaͤßigt. Endlich uͤbernahm der Kaiſer Joſeph ſelbſt die Verſchoͤne - rung des Platzes. Er ließ ihn erweitern, mit neuen Alleen von verſchiedenen Arten von Baͤumen und nach verſchiedenen Richtungen bepflanzen, Terraſſen zum Genuß der reizenden Ausſichten der umliegenden Gegenden anlegen, Gebaͤude auffuͤhren, be - ſonders ein ſchoͤnes Landhaus, das viele Zimmer enthaͤlt, und nicht nur zum Spiel und Tanz, ſondern auch zum Speiſen Mittags und Abends eingerichtet iſt. Dieſer Beluſtigungsort, der halb eine angenehme Wildniß der Natur und halb gartenmaͤßig eingerichtet iſt, und hinten von der praͤchtigen Donau beſpuͤlt wird, ward ebenfalls, ſobald er verbeſſert war, vom Kaiſer 1775 fuͤr alle Menſchen ohne Unterſchied des Standes eroͤffnet. Die Inſchrift bey dem Eingang: Beluſtigungsort fuͤr alle Men - ſchen, gewidmet von ihrem Freund, kuͤndigt es an, und iſt zugleich ein Denkmal der Gute des Stifters. Seitdem iſt der Augarten, wo den ganzen Tag eine Menge von Spazierenden wimmelt, auf mancherley Art verſchoͤnert. Der menſchenfreund - liche Kaiſer ſteht hier und im Prater oft mitten unter ſeinem Volke, ohne Gefolge,blos72Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterblos von der Liebe ſeiner Unterthanen umgeben, und ſieht mit edler theilnehmender Empfindung, wie ſie ſich frey in große und kleine Haufen zerſtreuen, doch alle ver - eint in der Freude uͤber ihren Wohlthaͤter, der, gleich dem allbelebenden Geiſte der Natur, mit freundlicher Waͤrme uͤber ſie hinſtrahlt.

Berlin hat verſchiedene anmuthige oͤffentliche Spaziergaͤnge*)Man ſehe Hrn. Nicolai muſterhafte Beſchreibung der koͤniglichen ReſidenzſtaͤdteBerlin und Potsdam. Neue Aufl. 8. Ber - lin 1779. 2ter B. S. 708. u. ſ. w. ſowohl in der Stadt ſelbſt, als auch nahe vor dem Thore. Viele Plaͤtze ſind mit Alleen bepflanzt. Der Wald nach Treptow hat die ſchoͤnſten Spazierwege. Die Kaſtanienallee im Luſtgarten iſt ein angenehmer Abendſpaziergang. Der Weidendamm, der mit un - gewoͤhnlich hohen und ſtarken Weidenbaͤumen bepflanzt iſt, gewinnt, ob er gleich mitten in der Stadt liegt, durch die Ausſicht auf Gaͤrten und Wieſen und die mit Schiffen belebte Spree ein reizendes Anſehen. Vornehmlich aber iſt der koͤnigliche Thiergarten oder Park hier merkwuͤrdig. Seine verbeſſerte Anlage und groͤßte Schoͤn - heit verdankt er dem jetzt regierenden Koͤnig, der ihn mit vielen Baumpflanzungen, Spaziergaͤngen und Luſtplaͤtzen erweitern ließ. Dieſer große Park enthaͤlt einige hun - dert Alleen, die ſich auf eine mannichfaltige Art durchkreuzen und durchſchlaͤngeln, und eine reizende Mannichfaltigkeit von Baͤumen und Straͤuchern, die gluͤcklich mit ein - ander vermiſcht ſind, und eine Menge angenehmer Parthien bilden, die den Spazie - renden, der ſie alle aufſuchen will, einige Wochen beſchaͤftigen koͤnnen. In den brei - ten Alleen darf man fahren und reiten; die ſchmalen aber ſind blos zum Gehen. Auf der Seite nach der Spree iſt den ganzen Sommer eine Anzahl von Zelten und Huͤt - ten aufgeſchlagen, worinn Erfriſchungen verkauft werden. An ſchoͤnen Sommer - nachmittagen, beſonders an Sonntagen und Feyertagen, pflegen ſich hier einige tau - ſend Spazierende zu Fuß, zu Pferde und im Wagen zu verſammeln, und alsdann wird oft durch die Muſik der in Berlin in Garniſon liegenden Regimenter, die in die Gebuͤſche vertheilt wird, das Vergnuͤgen der Menge erhoͤht.

Die oͤffentlichen Spaziergaͤnge der Aue zu Caſſel ſind von einem ſehr anſehnli - chen Umfang nicht blos fuͤr Gehende, ſondern auch fuͤr Fahrende und Reitende. Die Pflanzung, die ſchon im Anfange dieſes Jahrhunderts mit damals bereits erwachſe - nen Staͤmmen angelegt ward, beſteht aus großen herrlichen Baͤumen, die hoch und ſchattenreich in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachſen, und den Anblick praͤchtiger Wald - ſcenen bilden, in welchen die langen geraden Alleen fortlaufen. Zwiſchen dieſen ſind Hecken angelegt, die meiſtens in ihrem innern Bezirk mit Baͤumen dicht angefuͤllt ſind, welche aus ihnen emporſteigen und die Schatten umher verſtaͤrken. Neben denAlleen73von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. Alleen und in den Heckengaͤngen vermehren viele Raſen den Reichthum des Gruͤns, der, mit der Weitlaͤuftigkeit des Ganzen und den Abwechſelungen der Wege, dieſen Ort ſehr reizend macht. Ein Hirſchgarten, eine Faſanerie und eine Menagerie, die vormals viele auslaͤndiſche ſeltene Thiere enthielt, graͤnzen an die Aue und vermehren ihre Annehmlichkeit, ſo wie die an der Seite ſanft vorbey gleitende Fulde. Doch iſt der Geſchmack der Zeit, worinn dieſer oͤffentliche Garten angelegt ward, noch uͤber - all ſichtbar. Denn nicht allein das Ganze der Pflanzung und der Wege iſt nach einer genauen Symmetrie angeordnet, wiewohl dieſe hier nicht ganz unzulaͤßig iſt;*)S. 1ſten B. S. 141. ſon - dern auch die Auszierung iſt in der vormaligen Manier. Man ſieht noch Schnecken - berge, ein Theater, einen Irrgarten, Baſſins von regulairer Figur, und in einem derſelben eine Inſel, die wie ein Wall gebildet iſt, Kugelbaͤume und Tannen in Py - ramiden umgeformt, geſchorne Heckenwaͤnde von Tannen, und am Ende der Aue die ſogenannten ſieben Berge, die ganz das Anſehen einer Feſtung haben. Um das obere Baſſin wechſeln pyramidenfoͤrmig geſchnittene Tannen mit freyen natuͤrlichen Staͤmmen dieſer Gattung; ſie hatten vormals alle die verkuͤnſtelte Form; das Be - ſchneiden machte aber ſo viel Muͤhe, daß man aus Verdruß daruͤber einen Baum um den andern wieder nach ſeiner Natur wachſen ließ. Vielleicht gewinnen, aus eben dieſer Muͤhſeligkeit der alten widernatuͤrlichen Manier, auch die noch uͤbrigen in Py - ramiden verkuͤnſtelten Baͤume ihre ſchoͤne Waldgeſtalt wieder. Alle die widrigen Eindruͤcke dieſer Verkuͤnſtelung abgerechnet, iſt die Aue doch immer, wegen der ho - hen waldigten Laubbaͤume, des vielen Gruͤns und der reichen Beſchattungen, ein ſehr angenehmer Ort. Einige ziemlich natuͤrliche Bogengaͤnge, die auch zum Durchfah - ren dienen, geben reizende Durchſichten. Das Orangeriehaus, das in einem edlen italiaͤniſchen Geſchmack mit einem flachen Dach gebauet iſt, und deſſen beyde Fluͤ - gel oder Seitenpavillons einige Monate des Sommers von dem Landgrafen und ſeiner Gemahlinn bewohnet werden, faͤllt in verſchiedenen Geſichtspunkten vortheilhaft ins Auge; auch eroͤffnen ſich von dieſem Gebaͤude in die Alleen hinauf Proſpecte voll ho - her Anmuth. Es gehoͤrt uͤberhaupt zu den praͤchtigen Werken, wodurch der Land - graf Carl ſeinen Namen zu verewigen ſuchte, ob es gleich nur erſt ein Theil von dem großen Plan iſt, der hier ausgefuͤhrt werden ſollte, und wovon das Modelhaus zu Caſſel eine Vorſtellung zeigt. Vor und hinter dem Orangeriehauſe ſind kleine Gaͤrten oder gartenmaͤßig verzierte Plaͤtze, mit der ausgeſtellten zahlreichenundV Band. K74Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterund ſchoͤnen Orangerie. Die Anlage der Aue iſt verſchiedener Veraͤnderungen und Verſchoͤnerungen werth. *)Man hat von dem Prater und Au - garten, von dem berliner Thiergarten und von der Aue verſchiedene Grundriſſe und Proſpecte, deren Anfuͤhrung hier unnoͤthigſcheint, da ſie, wegen der gewoͤhnlichen Veraͤnderungen ſolcher Anlagen, bald un - brauchbar oder durch neuere Vorſtellungen verdraͤngt werden.

Der Charakter der Ausſichten bey Volksgaͤrten iſt indeſſen nach der Verſchie - denheit der Lage ſehr abwechſelnd. Bey Landſtaͤdten ſind es gewoͤhnlich Wieſen, Waͤl - der und Kornfluren, die das Auge unterhalten; bey Seeſtaͤdten Proſpecte auf die Pracht des Meeres und auf das geſchaͤftige Gewuͤhl ſchiffreicher Haͤfen; bey Berg - ſtaͤdten die Erhabenheit der Gebirge, das Getoͤſe der Stroͤme und die Wildheit der Waſſerfaͤlle. Manche befeſtigte Staͤdte haben ihre Waͤlle mit Vortheil in bepflanzte Spaziergaͤnge verwandelt. In Hannover werden jetzt die Waͤlle mit vielen Koſten abgetragen, und die geebneten Plaͤtze mit vortrefflichen Platanen, zum oͤffentlichen Spaziergang unter den ſchoͤnen Ausſichten in die umliegenden Landſchaften, bepflanzt. Dennoch hat die Stadt, außer den koͤniglichen Gaͤrten, vor dem neuen Thore eine Allee von Birken und andern Waldbaͤumen mit untergemiſchten Maulbeerbaͤumen, die in ein uͤberaus anmuthiges ſchattenreiches Luſtgebuͤſch mit ſchlaͤngelnden Gaͤn - gen fuͤhrt.

II. Gaͤrten bey Akademien.

1.

Die Muſen lieben nicht finſtre beſtaͤubte Mauern, ſondern heitere Hoͤhen mit ſchat - tenreichen Haynen, mit klaren Quellen und Blumen. Der Helikon, ihre vormalige Wohnung, war einer der fruchtbarſten und waldigſten Berge in Grie - chenland. Ihn verſchoͤnerte die Frucht des Adrachnus, einer Art von Erdbeer - baum (Arbutus), die außerordentlich ſuͤß und heilſam war, und ſelbſt das Giſt der Schlangen weniger ſchaͤdlich machen ſollte. Der Berg naͤherte ſich gegen Norden dem Parnaß, wo er Phocis beruͤhrte, und kam ſeinem Nachbar an Hoͤhe, Um - fang und Groͤße gleich. Die Beherrſcherinnen des Helikons waren die Muſen. Hier war ihr ſchattigter Hayn mit ihren Bildniſſen und den Statuen des Apoll, Bacchus, Linus und Orpheus und der beruͤhmten Dichter. Die Thaͤler des He - likons ſind nach Whelers Beſchreibung gruͤn und bebluͤmt, und werden von liebli -chen75von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. chen Quellen, von klaren Baͤchen und kleinen Waſſerfaͤllen belebt. Der Geſchmack der Griechen war heiter und rein, wie die Luft um die Wohnung ihrer Muſen.

Unſtreitig gewinnen die Geſchaͤfte des Geiſtes einen geſchwindern und gluͤckli - chern Fortgang, wenn wir von Gegenſtaͤnden umgeben ſind, die ihrer Natur nach ſanfte und angenehme Eindruͤcke auf uns machen. Die Schoͤnheit und Heiterkeit ei - ner Gegend ſchmeichelt nicht blos dem aͤußern Sinn, ſie erwaͤrmet nicht blos unſere Lebensgeiſter zu einer ſchnellern Bewegung; ſie belebt auch die Einbildungskraft mit friſchen Bildern, und erhoͤhet durch die Anmuthigkeit, die ſie in den innern Sinn er - gießt, zugleich die ganze Thaͤtigkeit des Geiſtes. Wir fuͤhlen es bald, wie aufge - weckt und heiter der Kopf iſt, wenn wir uns in einer ſchoͤnen Gegend oder im Gar - ten eine frohe Bewegung gemacht, und dann zur Arbeit zuruͤckkehren. Der Dich - ter, der Redner, der Schriftſteller, der Kuͤnſtler muͤſſen aus der reinen Quelle der Natur ihre Bilder ſchoͤpfen; ſie muͤſſen demnach ſehr fruͤh Gelegenheit haben, ſie zu finden. Die Anmuthigkeit des Geiſtes, die von dem Genuß der ſchoͤnen Natur ein - gefloͤßt wird, macht uͤberall unſer Gluͤck im Privatleben und am Hofe, in der Fami - lie und in der großen Geſellſchaft. Die Stadt verwoͤhnt und verunſtaltet ſo leicht den Geſchmack der Jugend; das Land, der Garten giebt zu ſeiner Bildung nicht blos Reiz, ſondern auch Anleitung. Die reinſten und edelſten Vergnuͤgungen gewaͤhrt immer die Natur; wer ſie in ihrem Schooß zu finden ſich gewoͤhnt, der hat eine reiche Quelle angenehmer Empfindungen, die ihm das ganze Leben hinab nachfließt.

Sehr viel iſt an den Umſtaͤnden gelegen, unter welchen die erſte Bildung des Menſchen angefangen wird. Die ganze Stimmung unſerer Empfindungskraft haͤngt meiſt von den erſten Eindruͤcken ab, die unſere Jugend empfaͤngt; dieſe ſetzen uns faſt immer in einen Ton, der uns durch das ganze Leben nicht verlaͤßt. Junge Seelen, denen fruͤh ein Gefuͤhl der Reinlichkeit, der Harmonie, der Annehmlichkeit eingefloͤßt wird, werden dies Gefuͤhl nicht leicht verlieren; es wird in ihre Urtheile, in ihre Handlungen uͤbergehen, ſie uͤberall begleiten. Die Verſperrung, die Unreinlichkeit, die Rauhigkeit, das geſchmackloſe Anſehen, das faſt in allen Schulen volkreicher Staͤdte herrſcht, muͤſſen ſehr natuͤrlich die Seelen der Jugend, die darinn verſchloſ - ſen iſt, erniedrigen, und ſie allmaͤlig gegen die feinern Eindruͤcke der Schoͤnheit in den Werken der Natur und der Kunſt unempfindlich machen. Daher ſo viel Stumpfheit, Geſchmackloſigkeit, und niedrige Plumpheit in den Sitten junger Leute, welche die Schulen verlaſſen. Einrichtungen, welche Begriffe und Empfindungen von Ordnung, von Schicklichkeit, von Schoͤnheit verbreiten, Gebaͤude und Garten - anlagen, die dazu beytragen, ſind demnach bey Erziehungsanſtalten nicht weniger nothwendig, als gute Lehrer. Wie ſelten iſt noch wohl hieran gedacht Die Ge -K 2baͤude,76Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterbaͤude, zum oͤffentlichen Unterricht der Jugend beſtimmt, ſind faſt uͤberall noch un - foͤrmliche, finſtere, ſchmutzige Steinmaſſen, die einem Kerker aͤhnlich ſehen, und wenn ſie noch einen Platz um ſich her haben, ſo iſt er gemeiniglich ſo verſperrt, wie das Gebaͤude ſelbſt, ſo dumpfigt, ſo oͤde und verlaſſen, daß er nicht die mindeſte an - genehme Empfindung veranlaßt. England hat noch von dieſer Seite einen Vor - zug. Bey verſchiedenen Collegien der Univerſitaͤten zu Oxford und Cambridge ſind angenehme Gaͤrten. Auch die Univerſitaͤt zu Dublin hat einen Park zur Er - holung des Geiſtes der jungen Leute, nachdem ſie ſich beym Studiren ermuͤdet haben. Er uͤbertrifft nicht nur an Umfang, ſondern auch an laͤndlicher Schoͤnheit viele oͤffent - liche Gaͤrten. Die Collegiaten haben hier auch einen gut angelegten Garten, wo ſie, von dem großen Haufen abgeſondert, in der Einſamkeit zwiſchen ſtillen Haynen die Wahrheit ſuchen. Bey der neuen Militairakademie zu Stuttgard hat man den Anfang eines beſondern akademiſchen Gartens gemacht, obgleich der Platz etwas ein - geſchraͤnkt iſt. Der junge Akademiker hat hier nicht allein ſeinen Spaziergang, ſon - dern auch Stellen, die er nach ſeiner Willkuͤhr bepflanzen kann; naͤchſtdem findet man Waſſerſtuͤcke, wo unter Aufſicht gebadet wird. Viele Univerſitaͤten in Deutſch - land haben oͤffentliche Spaziergaͤnge; ſie ſind aber von beſondern akademiſchen Gaͤr - ten noch ſehr entfernt.

2.

Akademien (das Wort hier in der weitern Bedeutung genommen) oder Oerter, wo die edlere Jugend des Staats fuͤr die Wiſſenſchaften, fuͤr die Kuͤnſte, und den oͤffentlichen Dienſt des Vaterlandes gebildet wird, verlangen nicht blos eine geſunde, ſondern auch eine angenehme und ruhige Lage. Bey den meiſten Arten dieſer Anſtal - ten ſind mittelmaͤßige Landſtaͤdte den Reſidenzoͤrtern und volkreichen Handelsſtaͤdten vorzuziehen; und bey jenen iſt auch eine laͤndliche, anmuthige und ſtille Gegend leich - ter, als bey dieſen, aufzufinden. Die Gebaͤude ſollten, bey der Einrichtung, die ihre Beſtimmung fordert, zugleich das Gepraͤge einer reinen Architektur und einer edlen Simplicitaͤt tragen; ihr Anſehen ſollte heiter und anmuthig ſeyn. Die Lage zwiſchen angenehmen Hoͤhen und Waͤldern iſt ſehr vortheilhaft; jene locken zum ge - ſunden Steigen und zum Genuß belebender Ausſichten, dieſe erfriſchen mit Schatten und Ruhe. Die Bepflanzung des Gartens ſelbſt muß heiter und froͤhlich ſeyn. Wohlgeordnete Gruppen und Hayne von ſchoͤnen Baumarten und duftenden Straͤu - chern, mit vielen Blumenpflanzen untermiſcht, bieten hier ihren Reiz an. Dieſe Hayne koͤnnen bald dem Apoll, bald den Muſen, bald der Hebe, bald der Goͤt - tinn der Freude gewidmet, charakteriſtiſch angeordnet und mit den Statuen oder Buͤ - ſten dieſer Gottheiten geſchmuͤckt werden. Eine ausgeſuchte Gartenbibliothek, eineSamm -77von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. Sammlung von Naturalien, von Steinarten, von getrockneten Pflanzen koͤnnen be - ſondere Luſtkabinette fuͤllen, und dieſe anmuthig zwiſchen Baumgruppen zerſtreut werden. Die Wiſſenſchaften, oder die Maͤnner, die ſich um ſie verdient gemacht, koͤnnen hier ihre Tempel mit allegoriſchen Verzierungen, oder Monumente mit kurzen Inſchriften finden. Die beruͤhmteſten Philoſophen und Dichter, ſowohl des Alter - thums als der neuern Zeiten, koͤnnen hier ihnen beſonders gewidmete Haͤuſer haben, worinn ihre Schriften ſich neben ihren Bildniſſen befinden. Man kann hier mit Ge - ſchmack, immer der Beſtimmung eines ſolchen Gartens gemaͤß, durch mancherley Arten der Denkmaͤler unterrichten oder erinnern. Einſame Lauben koͤnnen hie und da den Freund der Lectuͤre in ihre Schatten einladen. Doch das Ganze muß Heiter - keit und Froͤhlichkeit durchſcheinen laſſen. Daher viel offene und freye Plaͤtze, viel helles Laub, viel glaͤnzende Blumen, viel gruͤne Raſen und luftige Pflanzungen, Baͤche und Waſſerguͤſſe, wo die Gegend ſie verſtattet; keine Verſperrung der friſchen Luft und der Ausſichten. Die Anordnung des Ganzen muß frey, natuͤrlich, und mit einer edlen Simplicitaͤt entworfen ſeyn, und in der Ausbildung Geſchmack und Feinheit herrſchen. Aber kein leerer Schimmer, keine koſtbaren Verzierungen duͤrfen das Auge blenden.

Neben dieſen Verſchoͤnerungen kann der akademiſche Garten auch Plaͤtze ent - halten, die zunaͤchſt der wiſſenſchaftlichen Kenntniß der Pflanzen gewidmet ſind. Denn die Pflanzenkenntniß iſt jedem Erdbuͤrger nuͤtzlich, und dem Adel, der Guͤter beſitzt, und dem kuͤnftigen Landwirth unentbehrlich. Sie beſchaͤftigt auf einſamen Spazier - gaͤngen und auf Reiſen, und macht uns jedes Feld, jeden Wald durch die Bekannt - ſchaft, die wir da finden, intereſſant; ohne ſie bleibt uns ein großer Theil unſerer Schoͤpfung fremd. Die Ordnung der Gewaͤchſe kann dem Syſtem folgen; ſie er - leichtert die Ueberſicht des Ganzen und das Studium des Einzelnen. Das Nuͤtzliche muß vor dem blos Seltenen, das Einheimiſche vor dem Auslaͤndiſchen den Vorrang haben; doch, wo Raum und Vermoͤgen es verſtatten, darf auch das Seltene und das Auslaͤndiſche nicht ausgeſchloſſen werden. Nur das Unnoͤthige und das Gemeine iſt zu verbannen. Eine vernuͤnftige Auswahl der Pflanzen iſt unentbehrlich. Der Juͤngling muß nicht blos die Gewaͤchſe nach ihren Geſchlechten und Arten, nicht blos nach den Ordnungen des Lehrgebaͤudes kennen lernen, ſondern auch vornehmlich nach ihrem verſchiedenen Nutzen. Er muß lernen, wie dieſer ſchon ſo vervielfaͤltigte Nu - tzen fuͤr den Hausſtand, fuͤr die Manufakturen, fuͤr den Handel noch erweitert wer - den kann. Wie unzaͤhlig ſind nicht die Verbindungen, worinn die Pflanzen mit dem buͤrgerlichen Leben ſtehen! Die Schaͤtze des Pflanzenreichs ſind die erſte Unter -K 3haltung78Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterhaltung und Bereicherung des Staats; der Fuͤrſt, der Miniſter, der ihnen ſeine Aufmerkſamkeit entzieht, verliert Vortheile von der groͤßten Wichtigkeit.

In Gaͤrten von dieſer Beſtimmung kann auch die nutzbare Gaͤrtnerey gelehrt werden. Die kuͤnſtliche Behandlung der Pflanzen, beſonders die Cultur der Frucht - baͤume, giebt eine anziehende Unterhaltung fuͤr die Jugend, und dieſer Zweig von Kenntniß iſt oft fuͤr das kuͤnftige Leben nuͤtzlich. Es iſt eine Erholung von ernſthaf - ten Studien, wobey man wenigſtens nichts wagt, und der Gewinn doch nicht ganz unbetraͤchtlich iſt.

In den abgelegenen Gegenden eines akademiſchen Gartens koͤnnen auch Waſ - ſerbehaͤltniſſe zum Baden, Reitbahnen, Plaͤtze zu mancherley Spielen und Leibes - uͤbungen angelegt, anmuthig umpflanzt und beſchattet, und mit Geſchmack verziert werden. Die beſondere Beſtimmung einer jeden Erziehungsanſtalt veranlaßt ſehr leicht neue Ideen ſowohl zur Einrichtung des Ganzen, als auch zur Auszierung ein - zelner Theile.

III. Gaͤrten bey Kloͤſtern; Kloſtergaͤrten.

1.

Mag es doch ſeyn, daß das Kloſterleben, in der allmaͤligen Entfernung von der Guͤte ſeiner erſten Stiftungen, Misbrauch ward daß es dem Staat eine Menge ſowohl von Schaͤtzen als von Menſchen entzog, die er jetzt mit Recht zum nuͤtzlichern Gebrauch zuruͤckfordert daß es unwiſſende Muͤßiggaͤnger ſammelte und naͤhrte daß es das Brod des armen Landmanns verringerte, den Wohlſtand from - mer Familien verſchlang, und die unerfahrne Jugend um die Ruhe des Lebens be - trog Mag es ſeyn, daß Voͤllerey, Unzucht und Gewaltthaͤtigkeit oft die Heilig - keit der Kloͤſter befleckte; daß oft die Zellen, worinn freywillige Andacht ſich dem Himmel naͤhern ſollte, nur die geheimen Seufzer hoͤrten, die ſich nach der Welt zu - ruͤck ſehnten; daß ſelbſt mitten unter dem Pomp des feyerlichen Opfers die Thraͤnen der Ungluͤcklichen den Zwang, die Verfuͤhrung, die Haͤrte, die ſie litten, und die Unaufloͤslichkeit ihrer Feſſeln vor den Altaͤren anklagten; daß von Tauſenden Jugend, Geſundheit, Reichthum, Talente, Kraͤfte und eine erſtickte Nachkommenſchaft zwi - ſchen dieſen finſtern Mauern verſchlungen wurden. Dennoch haben die Kloͤſter ihre unlaͤugbaren Verdienſte. *)S. 1ſten B. S. 27. 3ten B. S. 98.Sie waren nicht minder Wohnungen einer wahrenFroͤm -79von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. Froͤmmigkeit; die Zufluchtsſtaͤtte der verfolgten Unſchuld und der verlaſſenen Tugend. Sie ſchenkten vielen gedruͤckten Seelen den Frieden, den ſie in der Welt nicht fanden, dem Streit der Leidenſchaften Beſaͤnftigung, den Erwartungen aus der Zukunft Hei - terkeit. Die Wohlthaͤtigkeit, welche die Kloͤſter erhielt, theilte ſich nicht ſelten den Armen und Kranken auch außer ihren Mauern wieder mit, durch Nahrung, durch Arzeney und Pflege. In dieſe Wohnungen rettete ſich der kleine Reſt der von den Barbaren verfolgten Wiſſenſchaften, und in eben den finſtern Saͤlen, wo der Aber - glaube und die Dummheit allein ihre ungeſtoͤrte Freyſtatt zu haben ſchienen, ruheten in ungeleſenen, aber wohl verwahrten Handſchriften die Werke des Alterthums, bis ſie aus ihrem Staube hervorgezogen wurden, und in Europa allmaͤlig wieder Tag machten.

Die Menge der Kloͤſter der roͤmiſchen Kirche mag nicht weniger, als ihre Aus - artung, hie und da ihre Aufhebung und Einſchraͤnkung nothwendig machen. Den - noch ſcheint es, daß in einem betraͤchtlichen Staat noch hie und da einzelne Stiftun - gen dieſer Art beybehalten werden ſollten. Es giebt doch ſo manche Ungluͤckliche be - ſonders unter dem andern Geſchlecht, die einen Anſpruch auf einen ſolchen ſichern Zufluchtsort haben, wo ſie, verborgen vor dem Auge und dem Laͤrm der Welt, den Reſt ihrer Tage zu verleben wuͤnſchen. Wie viel hat nicht das Leben, das zu die - ſem Wunſch berechtigt! Ein kraͤnkelnder oder abgehaͤrmter Koͤrper, eine Verarmung oder Herabſetzung der Familie, eine verungluͤckte Liebe, eine zerſchlagene Hoffnung, die keine Ermannung zu einer neuen uͤbrig laͤßt, ein ſchmerzhafter Verluſt von einem Geliebten und von Kindern, oder eine beſondere Anhaͤnglichkeit an einer ſanften Me - lancholie, eine Sehnſucht nach Ruhe am Abend des Lebens, eine Stimmung der Seele, die keinen Geſchmack mehr an dem Umgang mit der Welt, keine Kraft mehr fuͤr ihre Geſchaͤfte finden kann, alle dieſe Siechen, dieſe Verwundeten, dieſe Ver - ſtimmten ſcheinen mit Recht das Kloſter als den letzten Ruheplatz, der ihnen gehoͤrt, betrachten zu koͤnnen. Allein auch fuͤr die Wiſſenſchaften koͤnnten die Kloͤſter noch hin und wieder trefflich eingerichtet werden, wenn man ſie blos mit guten Koͤpfen be - ſetzte, und ihnen beſtimmte Beſchaͤftigungen mit den dazu erforderlichen Huͤlfsmitteln anwieſe. Die Entfernung von allen uͤbrigen Geſchaͤften und Verbindungen mit der Welt, die Befreyung von aller Sorge fuͤr die Beduͤrfniſſe des Koͤrpers, die Genuͤg - ſamkeit der Seele, die ruhige Einſamkeit, die geſunde Luft wie vieles iſt nicht hier zur Unterſtuͤtzung des Nachdenkens und der Erfindung vereinigt! Die pro - teſtantiſchen Kloͤſter und Stifter fuͤr Frauenzimmer von Adel haben eine gute Be - ſtimmung, und meiſtens auch eine gute Einrichtung. Sie ſind Anſtalten einer an - ſtaͤndigen Verſorgung, und erleichtern die Laſt der Familien; ſie feſſeln nicht durchunuͤber -80Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterunuͤberlegte Geluͤbde einer ewigen Eheloſigkeit, ſie bewachen nur die Unſchuld, und geben die verwahrte Braut wieder zuruͤck, ſobald ſie gefordert wird.

Es kann demnach bey dieſen verſchiedenen Kloͤſtern auch beſondere Gaͤrten ge - ben. Sie ſind uͤberhaupt mit der Idee eines Kloſters ſehr vereinbar. Sowohl die Einſamkeit, als auch die Froͤmmigkeit ſelbſt laden zur Betrachtung der Natur und zur ſtillen Behagung an den Wundern ein, die den Geiſt zu dem Schoͤpfer empor - heben. Selten iſt ein Kloſter ohne Garten; aber auch ſelten hat der Garten einen Charakter, wie ſeine Verbindung mit einem Kloſter fordert. Faſt alle Gaͤrten bey ſolchen Stiftungen enthalten nur, was ihre naͤchſten Beduͤrfniſſe fordern, Gemuͤſe, oder Baumfruͤchte, oder Wein. Einige Kloͤſter laſſen ihre Moͤnche in kleinen abge - ſonderten Haͤuſern wohnen, wovon jeder ſein Gaͤrtchen hat, das von ſeinem Beſitzer bearbeitet und bepflanzet wird, faſt immer mit Kuͤchengewaͤchſen; bey dieſen iſt oh - nehin der Platz zu eingeſchraͤnkt. Sie ſind eben ſo wenig Kloſtergaͤrten, wie wir ſie hier ſuchen.

2.

Gaͤrten bey Kloͤſtern, die nicht dem Nutzbaren gewidmet ſind, verlangen ihren eigenen Charakter; und dieſer iſt ſowohl von der Beſtimmung des Gebaͤudes, als auch von der Lebensart ſeiner Bewohner abhaͤngig. Es waͤre kein Werk der Ueber - legung, hier praͤchtige, glaͤnzende oder wolluͤſtige Scenen zu eroͤffnen, die fuͤr die, welche ſie betreten ſollen, der gewoͤhnlichen Stimmung ihrer Seele ganz widerſpre - chen. Eingezogenheit, Ernſt, Verlaͤugnung, in ſich ſelbſt gekehrte Betrachtung ſind das Eigenthum des aͤchten Kloſterbewohners; ſie ruhen bey ihm in der tiefen Stille ſeiner Zelle, ſie folgen ihm nach, wenn er vom Fuß ſeines Altars ſich erhebt und hinauswandelt, ſein noch von Bußthraͤnen naſſes Auge in dem Angeſicht der Natur wieder zu trocknen. Doch die Natur ſcheint ihm weniger, was ſie andern Buͤrgern der Erde iſt, und gleichwohl iſt ſie ihm mehr. Er ſieht nicht in ihr den Strom von ſinnlichen Freuden, worinn ſich die Phantaſie berauſcht; aber er verwan - delt den ſtillen Wald in einen Tempel der Gottheit, in einen Vorhof des Himmels. Die Roſe iſt ihm kein Schmuck fuͤr die Scheitel der Freude, oder fuͤr den Buſen der Schoͤnheit; ſie entblaͤttert ſich vor ihm, faͤllt und welket dahin, nur ein Bild ſeiner eigenen Vergaͤnglichkeit.

Der Kloſtergarten gehoͤrt zu der Gattung vom melancholiſchen Charakter. *)S. 4ten B. S. 81 u. ſ. w.Entfernung von dem Getuͤmmel der Welt, Verſchloſſenheit, feyerliche Stille, und zu ernſten Betrachtungen einladende Dunkelheit muͤſſen ihn auszeichnen. Gleich beym Eintritt kuͤndige ſich dieſer Charakter an, und empfange die Seele mit einemheiligen81von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. heiligen Schauer. Eine Lage in einem buſchvollen Thal von anliegenden ſteilen Hoͤ - hen beſchattet, in dem Dunkel eines dicken Waldes, zwiſchen Bergen von Tannen geſchwaͤrzt, an ruhenden mit Gebuͤſchen eingeſchloſſenen Gewaͤſſern, die kein Hauch der Winde belebt, wo der blaſſe Schimmer des Mondes in feyerlicher Stille zerfließt, und die nahen Baͤume und Gebuͤſche durch die Miſchung von Finſterniß und Helle in unkennbare ſchauervolle Geſtalten wandelt eine ſolche Lage iſt zu dieſer Gat - tung unentbehrlich. Die Bepflanzung muß in dichten Haynen, gedraͤngten Klum - pen und waldigten Wildniſſen beſtehen, mit Baͤumen vom dunkeln und ſchwaͤrzli - chen Gruͤn, als der gemeinen Eller, der ſchwarzen Eiche, beſonders mit Taxus, abendlaͤndiſchen Lebensbaͤumen (Thuia occident. L.) Fichten, Tannen, und andern Nadelhoͤlzern. Die Pflanzungen muͤſſen ſich nahe an einander anſchließen, um keine betraͤchtliche heitere Zwiſchenraͤume zu laſſen, die dem Eindruck des Ganzen ſchaden koͤnnten, und um Schatten und Dunkelheit zu verſtaͤrken. Hohe bejahrte Eichen und andere ausgebreitete Waldbaͤume, die ſchon die Vorwelt beſchatteten, ſind fuͤr Anlagen dieſer Art eben ſo willkommen, als dichte, waldigte, unwegſame Gebuͤſche und Wildniſſe; ſie koͤnnen zu intereſſanten Scenen mit der beſten Wirkung benutzt werden. Keine glaͤnzende Blumengruppen, keine lebhaft bluͤhende Straͤucher, keine lachende Raſen, keine ſpielende Baͤche, keine heitere Ausſichten duͤrfen hier den Ernſt der Pflanzung unterbrechen. Sie mag ſich in gebildeten finſtern Gruppen und melancholiſchen Haynen zeigen, oder in ſchmalen wilden Waldlabyrinthen von uͤber - haͤngenden Laubdecken verduͤſtert, oder in langen ſchauerlichen Bogengaͤngen, welche die Roßkaſtanie und die Fichte, die Balſampappel und der Eibenbaum mit einem tiefen Dunkel fuͤllen, oder in verborgenen Schattenwinkeln, die heilige Monumente einſchließen uͤberall muß ſie dem Charakter getreu bleiben, den dieſe Gattung heiſcht. Die Hayne, die Gruppen, die Schattengaͤnge koͤnnen mit kleinen Gebet - haͤuſern und Kapellen,*)S. 3ten B. S. 108 u. f. mit Einſiedeleyen,**)S. 96 u. f. mit Denkmaͤlern abgeſchiedener Freunde,***)S. 55-57. 80. 139 u. f. mit Ruinen,†)S. 110 u. f. und ſelbſt mit Graͤbern beſetzt werden, und dadurch an Feyerlichkeit und ruͤhrender Kraft gewinnen. Alles, was die Vergaͤnglichkeit der Scenen dieſer Welt fuͤhlen laͤßt, und zugleich den Geiſt zu hoͤhern Hoffnungen eines unverwelklichen Paradieſes hebt, iſt dieſer Gattung gemaͤß. Noch intereſſanter werden die Denkmaͤler, wenn ſie keine leere Urnen ohne Beſtimmung ſind, ſo ge -woͤhnlichV Band. L82Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterwoͤhnlich es auch iſt, ſie aufzuſtellen, ſondern Erinnerungen an einen wahren Ver - luſt. Kann hier nicht einem abgeſtorbenen frommen Freund eine Urne, ein Grabmal geſetzt werden, das ſeine Aſche enthaͤlt? Wenn die Stille des Abends in den heiligen Hayn winkt, und der Mond, der an dem Grabe ſchleicht, mit ſeiner bleichen Fackel dieſe Inſchrift an einer nahen Eiche erhellt:

Mein Freund iſt hin!
Sein Schatten ſchwebt mir noch vor dem verwirrten Sinn.
Mich deucht, ich ſeh ſein Bild, ich hoͤre ſeine Worte;
Ihn aber haͤlt am ernſten Orte,
Die nichts zuruͤcke laͤßt,
Die Ewigkeit mit ſtarken Armen feſt.
*)v. Haller.
*)

wie reich an feyerlicher Ruͤhrung iſt nicht eine ſolche Scene! Auch Erinnerungen an die Flucht der Zeit ſind hier ſchicklich. Eine kleine Einſiedeley, blos mit einem Stun - denglas auf dem Tiſche, und hinter ihm mit dieſen Worten an der Wand:

En ruit hora, ruit ſic vita ruentibus horis; Sors, quamcunque dabit, non mihi vana ruat.

kann ſchon lehrreich ruͤhren. Man moͤchte vielleicht Einſiedeleyen hier faſt fuͤr uͤber - fluͤßig halten, weil ſchon das Hauptgebaͤude, die ganze Lebensart einſiedleriſch genug iſt; indeſſen haben ſie doch in Kloſtergaͤrten eine Schicklichkeit, die ihnen an vielen andern Orten fehlt, und koͤnnen, wenn ſie auch nicht zur Bewohnung dienen, doch als Gegenſtaͤnde der Bezeichnung gelten, welche die Wirkung des Ganzen verſtaͤrken hel - fen. Doch duͤrfen ſie weder einander durch ihre Lage beruͤhren, noch in einem einzelnen Garten gehaͤuft werden, indem ſie ſonſt den Begriff der Einſamkeit durch die Vor - ſtellung von Geſelligkeit aufheben wuͤrden. Zerbrochene Grabſteine, verfallenes Ge - maͤuer von Epheu durchwachſen, und andere Arten von Ruinen finden hier, als Bilder der Vergaͤnglichkeit, ihre Stelle. Die Gebaͤude eines Kloſtergartens, als Kapellen, Gebeinhaͤuſer, Einſiedlerwohnungen, und ſelbſt die Ruinen muͤſſen im gothiſchen Styl ſeyn; denn er hat ganz das Prachtloſe, das Einfaͤltige, das Ehrwuͤrdige, das dieſer Gattung von Anlagen zukommt, und intereſſirt zugleich durch die Erinnerung an laͤngſt verfloſſene Jahrhunderte.

Wo es Lage und Gegend verſtattet, da winde ſich, nach allen dieſen Scenen der Melancholie, nach allen dieſen labyrinthiſchen Gaͤngen unter dunklen Schattenge - woͤlben, in einſamen Haynen und finſtern Gebuͤſchen ein ſchmaler Pfad durch ein ſich immer mehr an Ernſt verduͤſterndes, immer mehr an Feyerlichkeit der Monumenteſich83von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſich verſtaͤrkendes Revier und wende ſich ploͤtzlich zu einer heitern Hoͤhe, und falle mit einer lebhaften Ueberraſchung in weite, glaͤnzende, entzuͤckende Ausſichten. Welch ein erfriſchender Blick in die Herrlichkeit der Schoͤpfung! Doch der weiſe Kloſterbe - wohner ſiehet hier mehr, als was blos das Auge entzuͤckt, weiter, als ſein ſichtbarer Bezirk reicht.

Die finſtre Decke der Zukunft wird aufgezogen; er ſiehet Ganz andere Scenen der Dinge, und unbekannte Gefilde. *)v. Kleiſt.

In dem Reiz dieſer Ausſichten ſchwebt vor ihm ein Bild von den nahen Woh - nungen des Himmels, ein Vorſchimmer aus den Gegenden, wo ein ewiger Fruͤhling vor ihm bluͤhen, und eine Heiterkeit ohne Untergang ihn umlaͤcheln wird. Die blaue Ferne ſchließt nicht den Kreis der Blicke ſeines Geiſtes; ſie durchdringen die letzte Daͤmmerung der Erdduͤnſte, fliegen fort und breiten ſich aus durch die unermeßlichen Gefilde einer hellen Ewigkeit. Dieſe Ausſicht iſt der Lohn ſeiner kurzen Kloſtertage; von ihr geſtaͤrkt kehrt er in die Schule ſeines Gartens, in die Pruͤfungen ſeiner Zelle zuruͤck, und wartet ruhig auf die Stunde ſeiner Verſetzung in die Wonne der Gegen - den, die ihn ſchon in der Ferne entzuͤckten.

Zu dieſem feyerlichen Ernſt, welcher der Lebensart und dem Wohnplatz der Moͤnche zuſtimmt, duͤrfen ſich aber Gaͤrten bey proteſtantiſchen Kloͤſtern und Stiftern nicht heben. Kloſterpflichten, Gebraͤuche, Sitten ſind hier milder, alles iſt hier mehr herabgeſtimmt. Daher keine ſchauervollen Auftritte mehr, ſondern ſanftere Scenen der Melancholie. Die Unterhaltungen einer ſuͤßen Schwermuth, die Denkmaͤler voll ruͤh - render Erinnerungen koͤnnen hier ſchon durch einige anmuthige Vorſtellungen gemil - dert werden. Doch darf hier nichts einſchleichen, was den Charakter eines weiſen Ernſtes in Munterkeit uͤbergehen laͤßt, oder den Eindruck einer ſtillen Melancholie auf - hebt, die in Gaͤrten dieſer Klaſſe herrſchen muͤſſen.

3.

Hier ſcheint der Ort zu ſeyn, um eines beſondern Geſchmacks an kloſtermaͤßig gebaueten Landhaͤuſern zu erwaͤhnen, der jetzt in England auſkoͤmmt. Der Landſitz des beruͤhmten Horace Walpole, Strawberryhill nahe bey Twikenham, iſt ein Muſter dieſer Art. Das Haus ſieht ſchon von außen einer alten mit Epheu be - wachſenen Abtey gleich. Der Eingang geht durch einen engen dunkeln Kloſterhof, an deſſen Waͤnden alte aus Italien gebrachte Grabſchriften eingemauert ſind. Im Hauſe ſelbſt findet man ein Refectorium, Kapitelſaal, Schlafzimmer, und Kapelle, ſo wie in allen Kloͤſtern. Aus der Bauart, den Meublen, den gemalten Fenſtern und allen Verzierungen ſollte man ſchließen, es waͤre ein Werk aus dem dreyzehnten Jahr -L 2hundert.84Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterhundert. In der Bibliothek herrſcht ebenfalls dieſer gothiſche Geſchmack; die Buͤ - cherſchraͤnke gleichen den heiligen Schreinen der alten Kirchen, und das ſchoͤne Schnitz - werk ſtimmt vollkommen mit der Zeit uͤberein, woraus es geborgt iſt. Die Tiſche, die Stuͤhle, das ganze Hausgeraͤth, die alten bemalten Glasſcheiben ſcheinen wirklich aus den vorigen Jahrhunderten zu ſeyn; alles iſt mit einer ſehr klugen Wahl und mit einer genauen Beobachtung des Koſtums ausgefuͤhrt, ohne bey unſerm veraͤnderten Geſchmack anſtoͤßig zu ſeyn. Einzelne Werke in dieſem Styl fallen als gluͤckliche Nachahmungen auf, und uͤberraſchen durch den ſeltſamen oder auch ungewoͤhnlichen Geſchmack, der darinn erſcheint. Allein es iſt eben nicht zu wuͤnſchen, daß Landhaͤuſer in Kloſtergeſtalt durch die Mode allgemein werden. Sie geben indeſſen zur Wieder - anwendung der gothiſchen Architektur eine ſeltene Veranlaſſung. *)Einige Architekturwerke, vornehm - lich der Englaͤnder, beſchaͤftigen ſich be -ſonders, den gothiſchen Geſchmack in Ge - baͤuden zu zeigen. Dahin gehoͤrt, waszuvoͤrderſtGebaͤude dieſer Art ſollten auch nur mit Gaͤrten im Kloſterſtyl verbunden werden.

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IV. Gaͤrten85von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

IV. Gaͤrten bey Geſundheitsbrunnen.

1.

Die Gaͤrten, die bey Geſundheitsbrunnen und bey Baͤdern angelegt werden, ſind ebenfalls von ihrer beſondern Beſtimmung abhaͤngig. Sie muͤſſen nicht allein bequeme und mannichfaltige Spaziergaͤnge haben, die zur Bewegung in der freyen Luft anreizen, ſondern auch viele Plaͤtze zur Verſammlung, zu geſeltſchaftli - chen Beluſtigungen, zur Ruhe im Schatten. Auf die Befriedigung dieſer Beduͤrf - niſſe muß man bey allem Eigenſinn doch ſehen, welchen oft die Natur in ſolchen Ge - genden zu zeigen pflegt.

Der Bezirk dieſer Gaͤrten darf nicht verſperrt werden. Sie muͤſſen frey und ungehindert uͤber ihre Graͤnzen hinſchauen, und dieſe ſich allmaͤlig in die umliegende Gegend verlieren. Offene und heitere Ausfichten ſind hier fuͤr das Beduͤrfniß des Auges unentbehrlich, und die geſunde, erfriſchende, erquickende Luft muß frey die Luſtplaͤtze durchſtreichen koͤnnen.

Die Pflanzungen muͤſſen nicht allein reiche Beſchattungen in allen Stunden des Tages geben, ſondern auch an einigen Stellen ſolche Spaziergaͤnge, Ruheplaͤtze und Lauben bilden, zu welchen man bey rauhem und windigtem Wetter fliehen und im Freyen beſchuͤtzt verweilen kann. Die ſchoͤnere Pflanzung bildet ſich in Grup - pen und Haynen. Doch duͤrfen auch breite und gerade Alleen, zumal in der NaͤheL 3der*)zuvoͤrderſt die Verzierung einzelner Theile und Gebaͤude betrifft: The City and Coun - try Builder’s and Workman’s Theaſury of Deſigns &c. by Batty Langley. Lon - don. 4. 1740. Demnaͤchſt Gothic Archi - tecture &c. by B. & T. Langley. 4 Lon - don. 1747. enthaͤlt verſchiedene Abbildun - gen und Gartengebaͤude im aͤchten gothi - ſchen Styl. Chineſe and Gothic Archi - tecture properly ornamented being Twenty New Plans and Elevations, on Twelve Copper-Plates &c. engraved from the Deſigns of William and John Halfpenny, Architects. 4. London. ohneJahrzahl. Gothic Architecture decorated conſiſting of a large collection of Tem - ples, Banqueting, Summer and Green Houſes, Garden Seats and Hermitages &c. deſigned by P. Decker, Architect. London. 8. 1759. Mit 12 Kupfertafeln. Einige Werke der Architektur ſind hier im wahren gothiſchen Geſchmack, beſonders die Gebaͤude Taf. 1. 2. und 3. die Garten - ſitze Taf. 6. 7. 8. 9. und die Einſiedeleyen Taf. 10. und 11. Dagegen enthaͤlt Taf. 3. 4. und 12. weit weniger richtige Vorſtel - lungen.86Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterder Wohngebaͤude, um das Brunnenhaus, oder um die Baͤder, in dieſe Anlagen kommen. Sie ſind hier nicht allein als Zugaͤnge ſchicklich, ſondern auch bequem zum geſellſchaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengaͤſte und zur Un - terhaltung. Man iſt an dieſen Oertern vergnuͤgt, ſogleich aus dem Hauſe oder von dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier muͤſſen demnach hohe und laubreiche Baͤume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengaſt, ohne ihn im geringſten von der Sonne leiden zu laſſen, mit ihren kuͤhlen Schattengewoͤlben beſchirmen. Dieſe geraden Alleen koͤnnen ſowohl mit erweiterten, doch immer beſchatteten, Verſamm - lungsplaͤtzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen wechſeln, die in die uͤbrigen Anlagen fuͤhren. Hohe Hecken, die ſchon an ſich ſo verwerflich ſind, werden an Brunnenoͤrtern noch unertraͤglicher, indem ſie zwiſchen ihren Waͤnden die Luft, wie den Menſchen, einſperren, und in manchen Stunden des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verſtaͤndige Pflanzung giebt ei - nen weit ſicherern und reichern Schatten. Auch lange kuͤnſtliche Bogengaͤnge ſind hier zu vermeiden, weil ſie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in ſich ſchließen.

Einheimiſche und auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher mit mancherley Stau - den und Blumenpflanzen vermiſcht, koͤnnen die Alleen, oder die mehr freyen und natuͤrlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattengaͤnge bilden. Von den Baͤu - men ſind ſolche Gattungen zu waͤhlen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten, als Roßkaſtanien, Platanen, Ahornen, italiaͤniſche und caroliniſche Pappeln, Tulpenbaͤume, Katalpen, u. f. ſondern auch wohlriechendes Laub und Bluͤthen ha - ben, als Balſampappeln, Linden, virginiſche Robinien (Robinia Pſeudoacacia, L.), bluͤhende Eſchen (Fraxinus ornus, L.) u. a. Die Straͤucher, die zu dieſen Pflan - zungen gehoͤren, bluͤhen entweder faſt den ganzen Sommer hindurch, oder ſie em - pfehlen ſich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit ihrer Blumen. *)S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.Mit dieſen Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen nicht allein ſolche Stauden, die in den Sommermonaten lange bluͤhen, und beſonders wohlriechende, ſondern auch Arzeneykraͤuter von einem angenehmen gewuͤrzhaften und ſtaͤrkenden Geruch, als die roͤmiſche Chamille (Anthemis nobilis, L.), Krauſemuͤnze, Meliſſe, Salvey, Lavendel u. ſ. w. zur Bereicherung der Gebuͤſche verbunden werden. Die niedrigen Straͤucher, beſonders die ſchoͤnbluͤhenden, demnaͤchſt die feinſten Blumen und die angenehmſten Pflanzen erſcheinen an dem Rande der Gebuͤſche und bekraͤnzendie87von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. die Spaziergaͤnge. Alle dieſe Verbindungen von Baͤumen, Straͤuchern und Blu - men ſtellen zuſammen ein großes mannichfaltiges reizendes Gemaͤlde dar. Eine bluͤ - hende Heiterkeit der Natur, die auf allen Seiten Freude verbreitet, herrſche durch die ganze Anlage an einem Brunnenorte. Daher Abwechſelung der ſchattigten und offenen Plaͤtze, vornehmlich Abwechſelung der Baumgruppen mit kleinen Blumen - huͤgeln, mit Raſen, mit wohlriechenden Lauben, mit Sitzen unter Schatten. Die Ausgaͤnge der Pfade muͤſſen immer zu den angenehmſten Ausſichten in die Land - ſchaft fuͤhren.

Die Hayne und Gruppen koͤnnen mit Gaͤngen durchbrochen werden. Luſt - waͤlder von ſchoͤnen, geraden und hohen Staͤmmen mit beſchattendem Laube ſind zum Spaziergang ſowohl, als zum Ruhen uͤberaus anmuthig. Die Pflanzung muß frey im Geſchmack der Natur ſeyn, und durchaus die gerade Linie vermeiden. Daher iſt eine Verſchiedenheit in den Abſtaͤnden der Baͤume ſorgfaͤltig zu beobachten. Es iſt ein angenehmes Schauſpiel, zu ſehen, wie ſich die Spazierenden zwiſchen den vortretenden und zuruͤckweichenden Staͤmmen zerſtreuen, und dieſe ſich ſelbſt zu be - wegen ſcheinen. Viele einſame Lauben und abgeſonderte Schattenſitze ſind hier willkommen. Doch ein weit wichtigeres Erforderniß ſind große umpflanzte Plaͤtze, wo ganze Geſellſchaften ſich im Freyen verſammeln koͤnnen, wo ſie am Morgen ih - ren Kaffee trinken, an warmen Abenden ſpeiſen, ſpielen, tanzen, oder ſich geſellig unterreden. Dieſe Plaͤtze muͤſſen heiter, von ſchoͤnen Luſtgebuͤſchen, von Raſen, von Blumengruppen, von reizenden Ausſichten umgeben, und zugleich von uͤberſchatten - den Laubdecken vor den Strahlen der Sonne beſchirmt ſeyn. Dichte Gruppen, oder eine doppelte oder dreyfache Umkraͤnzung von Laubbaͤumen, zwiſchen welchen Roſen, Geisblatt und andere wohlriechende Straͤucher die Zwiſchenraͤume fuͤllen moͤgen, die - nen zur anmuthigen Ueberſchattung ſolcher friſchen Verſammlungsplaͤtze, die ſo viel zur Unterhaltung der Geſelligkeit beytragen. Da, wo ſich die Brunnengaͤſte waͤhrend des Trinkens am Morgen aufhalten, muß ein reiches Gruͤn, das ſo er - quickend und ſtaͤrkend fuͤr das Auge iſt, uͤberall ſeinen ſanften Teppich und ſeine ſchuͤ - tzenden Vorhaͤnge ausbreiten. Daher kein nahes Waſſer, wo der blitzende Son - nenſtrahl das Auge verwundet, keine weiße blendende Waͤnde an Gebaͤuden umher, kein ſchimmerndes brennendes Steinpflaſter.

Ueberall muͤſſen in den Spaziergaͤngen eines Brunnenorts die Wege tro - cken ſeyn, eine Forderung nicht allein von der Bequemlichkeit, ſondern auch von der Geſundheit. Ueberall muͤſſen die Gruppen, Hayne und Schattengaͤnge mitGarten -88Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren CharakterGartenſtuͤhlen, mit Baͤnken von Holz, und mit andern Arten von Sitzen beſetzt ſeyn, damit der Spazierende ruhen koͤnne, wo ihn Ermuͤdung uͤberfaͤllt.

Zu den Verſchoͤnerungen der Luſtpflanzungen und offenen Plaͤtze gehoͤren Sta - tuen und Gebaͤude. Die erſtern ſtellen an einem Brunnenort mit Schicklichkeit den Aeſculap, oder die Goͤttinn der Geſundheit mit der Schlange in der Hand vor - Aber warum wollen wir nicht auch hier mit groͤßerm Vortheil dem wahren und er - kannten Verdienſt Denkmaͤler ſetzen? Die Statue eines Boͤrhaave, Tiſſot, Zim - mermann, Berger, und anderer Aerzte vom erſten Range, ſollten ſie an einem Brunnenort nicht weit mehr intereſſiren, durch die angenehmen Empfindungen der Dankbarkeit oder der Verehrung fuͤr die Retter der leidenden Menſchheit nicht weit mehr unterhalten, als die weniger bekannten Geſtalten des Alterthums, die wohl zu dem Kunſtverſtaͤndigen, nicht aber zu dem Menſchen reden?

Die Gebaͤude, die in den Luſtgebuͤſchen und Haynen bey einem Brunnenort nicht blos zur Bequemlichkeit gereichen, ſondern auch zur Verſchoͤnerung ſo viel bey - tragen, ſind Muſikhaͤuſer, Tanzhaͤuſer, Speiſehaͤuſer, Trinkhaͤuſer, Spielhaͤuſer oder Kabinette. Sie koͤnnen alle in ſchoͤnen, aber verſchiedenen Formen, zum Theil als Tempel, gebauet, charakteriſtiſch verziert und anmuthig umpflanzt werden; und ſodann eine Reihe von mannichfaltigen Scenen bilden helfen. Auch der Geſundheit kann hier mit Geſchmack ein beſonderer Tempel gewidmet werden. Hier iſt eine Er - findung von dieſer Gattung von Gebaͤuden. *)Dieſer Tempel ward von mir fuͤr Meienberg vorgeſchlagen, wo er aufge - fuͤhrt werden ſoll, und von Herrn Archi -tekt Schuricht ſehr gluͤcklich nach der an - gegebenen Idee gezeichnet.

Der89von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
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V Band. M90Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter

Der Tempel iſt rund, im Geſchmack der Tempel des Alterthums, und offen, mit freyen joniſchen Saͤulen, die ſeine mit Blumenkraͤnzen verzierte Kupel tragen. Er erhebt ſich auf einer etwas erhoͤheten Grundlage, und einige Stuſen fuͤhren zu ihm hinan. In ſeinem Charakter iſt Heiterkeit und Staͤrke vereinigt. Ueber dem Eingange ſieht man in halberhabener Arbeit eine Opferhandlung im antiken Styl und die goldene Inſchrift: Pietas Revaleſcentium. In ſeiner Mitte ſtehen zwey ſchoͤne weibliche Sta - tuen in ebensgroͤße, die Goͤttinn der Geſundheit, und die Goͤttinn der Freude. In - dem ſich beyde Goͤttinnen zur Umarmung naͤhern, erſcheint die Freude mit der rechten Hand in der Stellung, ihren eigenen Blumenkranz, ihr beſtes Geſchenk, der Geſund - heit aufzuſetzen. Der Tempelplatz iſt mit niedrigen ſchoͤn bluͤhenden Straͤuchern um - kraͤnzt; in ſeinem innern Bezirk ſind rings umher kleine lebhafte Gruppen von Blu - men zerſtreut, zwiſchen welchen Pfade ſich winden, und ſein gebaute Baͤnke ſtehen, wo Geſellſchaften unter frohen Unterredungen ruhen.

Doch die nothwendigen und vornehmſten Gebaͤude bey Brunnen und Baͤdern ſind die, welche zur Wohnung der Gaͤſte und zum Trinken oder Baden dienen. Ein großes Gebaͤude, worinn alle, oder doch viele Gaͤſte neben einander wohnen, hat die Unbequemlichkeit eines oͤffentlichen Wirthshauſes und mancherley andere Ungemaͤch - lichkeiten mehr. Doch, wenn es errichtet wird, muß darinn beſonders fuͤr bequeme Ab - ſonderungen der Wohnzimmer, fuͤr Reinlichkeit und friſche Luft geſorgt werden. Sol - che Gebaͤude koͤnnen in den obern Stockwerken, auf den Seiten oder Fluͤgeln, Gallerien und Austritte haben, und unten vornehmlich mit Arcaden oder Saͤulengaͤngen umge - ben ſeyn, die zum Spaziergang bey Regenwetter dienen, und hier oft ein wichtiges Beduͤrfniß werden. Das Brunnenhaus, oder das Gebaͤude, womit die Quelle ein - gefaßt zu werden pflegt, wird am meiſten geſehen, am meiſten beſucht. Es muß von einer edlen und einfachen Architektur ſeyn, und ein heiteres Anſehen haben. Es darf die Form eines runden Tempels annehmen. Sein Anſtrich ſey nicht blendend, ſondern beſtehe in einer ſanftgemilderten, doch muntern Farbe. Eine umherlaufende Gruppe von Straͤuchern mit angenehmen, wohlriechenden, und zum Theil lange dauernden Bluͤthen, als Spiraͤen, Roſen, Hollunder, wohlriechendem Himbeerenſtrauch, Geisblatt, ſtrauchartiger Potentille, Jasmin, Syringen, u. a. giebt dem Brunnenhauſe eine ſchick - liche Verzierung. Dieſe Umpflanzung macht die Scene friſcher. Man geht unter Wohlgeruͤchen und Blumen, dieſen aufheiternden Bildern der Freude, zu der Quelle der Geſundheit. Bey einem oͤffentlichen Badhauſe koͤmmt faſt alles auf die innere zu ſeinem Gebrauch erforderliche Bequemlichkeit an; doch muß ſich auch ſeine Auſ - ſenfeite durch eine ſchoͤne Architektur und durch einen Charakter auszeichnen, der ſeine Beſtimmung ankuͤndigt.

Noch91von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

Noch gehoͤrt zu den Beduͤrfniſſen eines Brunnenorts, daß er in den umliegenden Gegenden umher mancherley wilde Spazierwege zum Gehen, zum Reiten, zum Fah - ren den Brunnengaͤſten anbiete, die laͤngere und ſtaͤrkere Bewegungen und Zerſtreuun - gen ſuchen. Auch ſind in ſeiner Naͤhe oft Plaͤtze noͤthig, wo zur geſunden Bewegung gymnaſtiſche Uebungen und allerley Spiele angeſtellt werden, und dieſe Plaͤtze verſtatten zugleich anmuthige Umpflanzungen und Verzierungen, die ſich auf ihre Beſtimmung beziehen. Alles, was leichte und angenehme Beſchaͤftigung giebt, was die Seele von dem Mitgefuͤhl der koͤrperlichen Schwachheit abzieht, was den Geiſt durch neue reizen - de Bilder erheitert, alles, was dazu beytraͤgt, um in dieſen

inertibus horis Ducere ſollicitae jucunda oblivia vitae.
Horat.

dies alles gehoͤrt in den Plan der Anlagen bey Geſundheitsbrunnen.

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M 22. Nach92Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter

2.

Nach dieſen Vorſchlaͤgen wird es nicht unnuͤtz ſcheinen, wenn wir hier eine kurze Ueberſicht der vornehmſten Brunnen und Baͤder*)Außer einigen Baͤdern der Schweiz habe ich die vornehmſten Brunnenoͤrter in Deutſchland ſelbſt beſucht, als Maien - berg, Pyrmont, Hofgeismar, Wilhelms -bad, Ems, Schwalbach, Wisbaden, und bey verſchiedenen dieſer Brunnen mich wochenlang aufgehalten. folgen laſſen, um zu bemer - ken, wie viel und wie wenig man bisher zu ihrer Verſchoͤnerung gethan hat. Von dieſer Seite ſind ſie noch wenig bekannt, da man bisher ſich nur mit Unterſuchung des Gehalts und der Kraͤfte ihrer Waſſer beſchaͤftigt hat.

Meienberg. **)In der Grafſchaft Lippe-Detmold.

Die Gegend von Meienberg iſt von einem ſehr anmuthigen Charakter. Der Ort liegt am Fuß eines Berges, aus welchem das mineraliſche Waſſer entſpringt; gerade dieſem Berg gegen uͤber, den man bisher den Schanzenberg nennt, ſtreckt ſich gegen Suͤden der nahe Bellenberg. Die ganze Landſchaft iſt gebirgigt. Doch ſpreiten ſich die benachbarten Berge alle aus einander, wodurch Meienberg eine freye und offene Lage gewinnt, welche die Luͤſte beſtreichen koͤnnen. Die hoͤhern Gebirge heben ſich, in einer Entfernung von einer ſtarken Stunde, von Suͤden nach Weſten; ſie ſind alle vom Fuß bis an den Gipfel mit Waldung bewachſen, und ſchließen den Geſichtskreis mit einer praͤchtigen maleriſchen Scene. Ihre maͤßige Hoͤhe und ihre waldigte Bekleidung machen ſie zu uͤberaus reizenden Gegenſtaͤnden; ſie haben nichts von dem Wilden, Oeden oder Fuͤrchterlichen, das oft ein Eigenthum der Gebirge iſt. Der Velmerſtoth erhebt zuerſt in Suͤden ſeinen hoͤher emporragenden Gipfel; an ihn ſchließen ſich andere Gebirge, beſonders der Externſtein, und wo dieſer aufhoͤrt, der teutoniſche Wald, der ſich weſtlich bis in die Grafſchaft Ravensberg erſtreckt, und durch die Niederlage der Roͤmer unter dem Varo beruͤhmt iſt. Man genießt aus den Zimmern der Wohngebaͤude die ſchoͤne Ausſicht auf dieſe Gebirge, uͤber die bis zu ihnen ſich verbreitenden Gefilde, die mit Gaͤrten, Wieſen, Huͤgeln, Kornflu - ren, Baͤchen, Gebuͤſchen, Heerden und Landhuͤtten auf eine lebhafte Art abwech - ſeln. Schoͤner erſcheinen ſie noch in den Augenblicken des ſinkenden Abendlichts, in - dem jede landſchaftliche Scene in der Milde der falben Beleuchtung kenntlicher und ſanfter dem Auge ſich naͤhert, und die hohen Waldungen der mehr ſuͤdlichen Gebirge ihren Schatten tiefer in die Hintergruͤnde der Landſchaft verlaͤngern.

Dieſe93von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

Dieſe Lage von Meienberg, ſo ſehr ſie auch zufaͤllig iſt, macht den Aufent - halt nicht wenig angenehm. Die freyen und mannichfaltigen Ausſichten beleben jedes wohlgeſtimmte Herz. Die umliegenden Berge rufen zu geſunden und ſtaͤrkenden Spaziergaͤngen. Die kleine Muͤhe des Steigens wird bald durch bequeme Fußwege, durch den Reiz abwechſelnder Ausſichten, durch die friſche Luft und die Wohlgeruͤche balſamiſcher Bergkraͤuter belohnt.

Das Brunnenhaus ruhet im Thal, in der Mitte eines ſehr großen Platzes. Es hat keine ſchoͤne Architektur. Unter den Gebaͤuden zeichnen ſich zwey durch ihre Groͤße aus, das Haus des jetzigen verdienten Brunnenarztes, Hrn. Hofraths Tram - pel, unter deſſen Beſorgung die ganze Anſtalt entſtand, und das herrſchaftliche Cur - haus, die beyde an den Brunnenplatz ſtoßen, und ſowohl eine Menge von Wohn - zimmern fuͤr die Brunnengaͤſte, als auch im Erdgeſchoß die Baͤder enthalten. An dem Trampelſchen Hauſe liegt das Ballhaus, das einen ſehr großen Verſammlungs - ſaal hat. Zu dem Brunnenhauſe fuͤhren vier Alleen von Linden und Roßkaſtanien. An der oͤſtlichen Allee iſt vor einigen Jahren ein Luſtgebuͤſch angelegt, das faſt ganz aus mancherley einheimiſchen Baͤumen und Straͤuchern beſteht, die mit einigen aus - laͤndiſchen Gewaͤchſen untermiſcht ſind. Man genießt hier jetzt in allen Stunden einen kuͤhlen Schatten, und, wenn kalte Winde durch die Alleen ſtreichen, eine milde Be - ſchuͤtzung. Schlaͤngelnde Gaͤnge, wo zwey Perſonen bequem neben einander gehen koͤnnen, laufen durch dieſe Pflanzung. Sie iſt ein uͤberaus erfriſchender, waldigter Spaziergang, der jedem Naturfreunde gefaͤllt; anmuthig iſt es, hier in den Mor - genſtunden den Duſt des Laubes und des Graſes zu athmen, und den Thau auf allen Blaͤttern glaͤnzen zu ſehen. Dieſe freye und natuͤrliche Pflanzung war bisher der ſchoͤnſte Theil der Anlagen; die uͤbrige Pflanzung des Brunnenplatzes beſtand in lau - ter ſteifen Heckenwaͤnden von Haynbuchen, die den Schatten, den man ſuchte, nicht gaben, die Ausſicht verſchloſſen, und den freyen Durchzug der geſunden Luͤfte zuruͤck - hielten. Ich hatte hier bey meinem Aufenthalt das Vergnuͤgen, daß die Ausfuͤh - rung meiner Vorſchlaͤge, die zur Verbeſſerung der Anlagen verlangt wurden, beſchloſ - ſen ward. Schon iſt der Anfang gemacht. Die verſperrenden Hecken werden mit den ſchlechten und unſchicklichen Statuen weggeworfen; der Brunnenplatz wird anmu - thiger bepflanzt, und das Ganze erhaͤlt, ſo weit es die beſondere Lage verſtattet, eine natuͤrliche und der Beſtimmung des Orts mehr angemeſſene Einrichtung. *)S. Gartenkalender auf das Jahr 1783. S. 131-148.Noch verdienten die uͤberaus ſchlechten Wege, die hier und in allen umliegenden Gegen - den eben nicht zu Luſtfahrten reizen, eine große Verbeſſerung. Die wilden Spa -M 3ziergaͤnge94Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterziergaͤnge*)S. den angefuͤhrten Gartenkalender S. 149-159. um Meienberg, die ſo voll von Naturſchoͤnheiten ſind, beſonders auf dem Tempelberg, machen eine vorzuͤgliche Annehmlichkeit des hieſigen Aufent - halts aus.

Pyrmont.

In dem Schooß eines ſehr ausgebreiteten, angebaueten, ſchoͤnen und heitern Thals ſprudelt dieſe lange beruͤhmte Quelle von Deutſchlands erſten Geſundheits - brunnen. Es iſt faſt rings umher von waldigten Bergen und romantiſchen Hoͤhen umgeben, die eine Menge von Spazierwegen anbieten, und reich an den intereſſan - teſten Ausſichten ſind. Nichts iſt reizender, als dieſe Umkraͤnzung der Landſchaft mit Bergen, die ſo friſch und heiter in ihrem Gruͤn, ſo abwechſelnd in ihrer Bil - dung und Groͤße ſind, und die noch, wenn die ausbildende Kunſt hier thaͤtig wuͤrde, auf ihren Hoͤhen und Abhaͤngen durch mannichfaltige Arten von Gebaͤuden, ſo wie ſie jede Lage forderte, der praͤchtigſten und erhabenſten Verſchoͤnerungen faͤhig waͤren. Die munterſten Wieſen, Fluren, Landſcenen und Spaziergaͤnge, mit tauſend male - riſchen Ausſichten nach den Bergen, wetteifern gleichſam unter einander zur Beluſti - gung des Auges.

Die Brunnengaͤſte genießen hier die Bequemlichkeit, daß ſie in abgeſonderten Privathaͤuſern ruhige und zum Theil anmuthige Wohnzimmer vorfinden. Zu den oͤffentlichen Gebaͤuden gehoͤrt das Badhaus, das Ballhaus, das Komoͤdienhaus, das Kaffeehaus, die von vielen umher ſtehenden Boutiken noch mehr belebt werden. Das Brunnenhaus, worinn ſich die Trinkquelle befindet, iſt, ohne ſich auszeichnende Architektur, doch gut und weit beſſer gebauet, als das Meienberger. Es ſteht vor dem Eingang einer ſehr großen, langen und ſchattigten Allee, die am Morgen von einer Menge Brunnentrinker, von Muſik, von Geſelligkeit und Vergnuͤgen belebt wird. Man hat in dem obern Theil dieſer Allee rings um ſich ein vermiſchtes Ge - wuͤhl, findet aber bald unten und in den Seitengaͤngen mehr Freyheit und mehr Ent - wickelung reizender Ausſichten der Landſchaft. In der geraden Ausſicht dieſer groſ - ſen Allee hinunter, an deren Ende aus einem Waſſerbehaͤltniß eine Fontaine empor - ſteigt, erheben ſich in der Ferne die gegen uͤber liegenden Berge in einer uͤberaus ma - leriſchen Schoͤnheit, die halb von dem ſanften Dunſt der Morgenluft uͤberſchleyert, und halb von milden Beleuchtungen aufgeheitert noch lieblicher erſcheint.

Eine andere Allee laͤuft vom Brunnenhaus gegen Weſten hin. Sie iſt weni - ger ſchoͤn, wird aber an Schattengewoͤlben und Anmuth zunehmen, wenn die Baͤumeihren95von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ihren natuͤrlichen Wachsthum wieder gewinnen. Sie hat zur Linken, nach dem Klo - ſter Luͤden hin, eine reizvolle Ausſicht, und zur Rechten erſcheint auf einem nahen, runden, von Baͤumen umkraͤnzten Platz die Statue des Aeſculap. Man gelangt zu einem kleinen ſehr anmuthigen, doch ſchmalen Luſtgebuͤſch, das ſich um ein rundes Waſſerſtuͤck windet, und zum Theil aus Gruppen von ſchoͤnen auslaͤndiſchen Baͤumen beſteht, zwiſchen welchen ſich Pſade ſchlaͤngeln. Ein heiterer Platz der Freude! Er verſtattet, zumal wenn die Pflanzung auswendig umher noch etwas erweitert werden koͤnnte, zu ſeiner Verſchoͤnerung ſowohl auf der Erhoͤhung auf der Weſtſeite eine offe - ne Rotunde mit der Statue der Goͤttinn der Geſundheit, als auch auf beyden Seiten am Waſſer eine mit ihr verbundene Kolonnade, mit den Bruſtbildern beruͤhmter Aerzte beſetzt; doch wuͤrde eins von beyden, der Tempel oder die Saͤulengaͤnge, ſchon die Verzierung ausmachen. Die Saͤulen und die Buͤſten wuͤrden in dem nahen hel - len Waſſer ſich ſpiegeln, und mit dem friſchen und mannichfaltigen Gruͤn des Raſen eine ſanfte einnehmende Scene bilden; der Proſpect von der Allee herab wuͤrde anzie - hender und doch nicht geſperrt werden; denn er wuͤrde durch die Saͤulen des offenen Tempels ſtreichen, und die Pflanzung eine Beſtimmung und einen eigenen Cha - rakter gewinnen.

Pyrmont hat außer dieſen Alleen noch manche andere Spaziergaͤnge und an - genehme Plaͤtze, die den Freund der Natur und froher Bewegung zu ſich locken. Hin und wieder ließen ſich vielleicht noch einige Verſchoͤnerungen und Anlagen ma - chen, die der Beſtimmung dieſes Brunnenorts angemeſſen ſind, der, wegen der groſ - ſen Wohlthaͤtigkeit ſeiner Quelle, noch immer aus der Naͤhe und der Ferne von ſo zahl - reichen Hauſen beſucht wird. Und wer wuͤrde ſie beſſer ausfuͤhren, als der vortreff - liche Prinz,*)Se. Durchl. der jetzt regierende Fuͤrſt von Waldeck, Carl Auguſt Friedrich, der ſich waͤhrend der Brunnenzeit in Pyr -mont, zuweilen mit ſeinen Herten Bruͤ - dern, einige Zeit aufzuhalten pflegt. der mit der edlen, offenen Guͤte des Herzens, die in ſeinem Hauſe erblich ſcheint, ſo viel feinen Geſchmack und ſo viel Sorgſalt fuͤr das Vergnuͤgen al - ler Fremden vereinigt, die hier zuſammen ſtroͤmen, der ſo gerne mitten unter ihnen verweilt, und den Fuͤrſten verbirgt, um ganz Mitgeſellſchafter zu ſeyn, und rings um ſich her Freyheit, Geſelligkeit und Heiterkeit zu verbreiten?

Hofgeismar.

Dieſer Brunnenort, ein Paar Meilen von Caſſel entfernt, gehoͤrt in mehr als einem Betracht zu den angenehmen Plaͤtzen. Das Brunnenhaus iſt mit heitern Blu -mengrup -96Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charaktermengruppen umgeben, und in Anſehung der Architektur, die ſeiner Beſtimmung voll - kommen gemaͤß iſt, eines der edelſten Gebaͤude dieſer Art in Deutſchland. Es iſt von runder Form und hat ein flaches Dach, aus deſſen Mitte ſich eine ſchoͤne Ku - pel erhebt. In dem Erdgeſchoß des eigentlichen Brunnenhauſes, wohin verſchie - dene Eingaͤnge hineinfuͤhren, befindet ſich in der Mitte eines geraͤumigen Platzes, der einen runden mit Sitzen verſehenen Arcadengang bildet, die eingefaßte Quelle, zu welcher einige Treppen hinabgehen. Licht, Reinlichkeit und Schoͤnheit kuͤndigen hier gleich eine Anſtalt an, die mit Ueberlegung angeordnet iſt. In dem zweyten Stockwerk befindet ſich wieder ein runder und breiter Arcadengang, von welchem man uͤber ein Dockengelaͤnder in das Erdgeſchoß zu dem Brunnen und den da herum wan - delnden Figuren hinabſieht. Ueber ſich erblickt man das Inwendige der Kupel, die gut ausgemalt und mit Fenſtern durchbrochen iſt, wodurch das Licht von oben vor - theilhaft hereinfaͤllt. Ueberall iſt eine belebende Heiterkeit verbreitet. Aus dieſem obern Arcadengang hat man kleine Altane, die uͤber den Eingaͤngen, die in das un - tere Stockwerk fuͤhren, ausgebaut ſind, und wohin man zum Genuß friſcher Luft tre - ten, oder dieſe durch Eroͤffnung der Thuͤren hereinlocken kann. Mit dieſem Brun - nenhauſe ſind Gallerien, die in einem halben Zirkel hinlaufen, ſehr gluͤcklich verbun - den. Es ſind große, breite, auf beyden Seiten mit Fenſtern ſowohl, als mit Thuͤ - ren verſehene Gaͤnge, aus welchen man im obern Stockwerk einen Austritt in freye, offene, ſchmale und unbedeckte, von einem Dockengelaͤnder eingefaßte Nebengallerien hat, die außen an dem Gebaͤude herumlaufen. Dieſe Gallerien geben ſehr anmu - thige und geſellige Spaziergaͤnge beym ungeſtuͤmen, kalten und regnigten Wetter, und ſind eine faſt unentbehrliche Anlage bey Brunnengebaͤuden; man kann durch die Fenſter und Thuͤren nach Willkuͤhr Licht und Waͤrme und Kuͤhlung hereinrufen. An dieſe Gallerien, die, ſo wie das Brunnenhaus ſelbſt, mit einem flachen von einem Dockengelaͤnder umgebenen Dache gebauet ſind, hat der Architekt wieder zwey große Fluͤgel vortheilhaft anzuhaͤngen gewußt. Die Gallerien winden ſich oben und unten in die Fluͤgel hinein, die meiſtens zum Aufenthalt des Hofes dienen, und mit einem gebrochenen, zur Bewohnung eingerichteten, Dache verſehen ſind. In dem untern Stockwerk des rechten Fluͤgels nach der Gartenſeite befindet ſich ein langer, großer Saal, wo der Hof Tafel und Concerte haͤlt; und in dem untern linken Fluͤgel lau - fen aus der Gallerie dieſer Seite mancherley Galanteriebuden fort, zwiſchen welchen ſpaziert, geſpielt und getanzt wird, und man faſt immer den Landgrafen, ſeinen Hoſſtaat, oder eine andere glaͤnzende Geſellſchaft erblickt. Dieſer Platz iſt daher der lebhafteſte Theil der Brunnengebaͤude. Obgleich bey der Gegenwart des Hofes ihr groͤßter Theil von ihm eingenommen iſt, ſo koͤnnen doch auch Brunnengaͤſte hier ver -ſchiedene97von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſchiedene Zimmer haben, wenn ſie nicht lieber in dem großen nahen Badehauſe wohnen wollen. Wie viel wuͤrden ſo manche andere beruͤhmte Brunnenoͤrter noch gewinnen, wenn ſie ein ſolches ſchoͤnes, mit bequemen Gallerien zum Spazieren und zu oͤffentlichen Vergnuͤgungen eingerichtetes Brunnenhaus haͤtten! Nur macht der farbenreiche aͤußere Anſtrich, worinn Weiß, Roth, Blau, Gelb, Grau in be - ſondern Abtheilungen erſcheinen, daß es ein ganz buntſcheckigtes Anſehen bekoͤmmt. Wie leicht man durch eine ſolche unvorſichtige Ueberladung von Farben an den Auſ - ſenſeiten eines Gebaͤudes die Wirkung ſeiner guten Architektur ſchwaͤchen kann, zeigt dieſes Beyſpiel; denn in einiger Entfernung ſieht die wohlgebauete Kupel einem großen Papageyenbauer aͤhnlich.

Die Gegenwart des zahlreichen und glaͤnzenden Hofes mag freylich fuͤr Brun - nengaͤſte, die ſich hier ſo ganz in dem Genuß der Ruhe zu erfreuen wuͤnſchen, einige Unbequemlichkeit haben. Allein es iſt doch auch gewiß, daß der Hof nicht den geringſten Zwang machen will, und daß Fremde hier unter ſeinen Augen eine voll - kommene anſtaͤndige Freyheit genießen koͤnnen, wenn ſie wollen. Der gute Fuͤrſt ſorgt mit vielen Koſten*)Man rechnet die Einkuͤnfte des Bades auf 800, und die jaͤhrliche Unterhaltung auf 6000 Reichsthaler. fuͤr ihre Bequemlichkeit und fuͤr ihr Vergnuͤgen. Alle Brunnengaͤſte koͤnnen ohnentgeldlich den franzoͤſiſchen Schauſpielen und den oͤffentli - chen Concerten beywohnen, die der Hof hier beſtaͤndig unterhaͤlt.

Doch bequeme und ſchattenreiche Spaziergaͤnge gehoͤren weit mehr zu den Beduͤrfniſſen der Brunnenplaͤtze. Man hat hier den Vortheil, ſowohl aus dem Brunnenhauſe, als auch aus dem Badehauſe ſogleich in den Schatten zu treten, in - dem die Baumpflanzungen ſich nahe an die Thuͤren dieſer Gebaͤude erſtrecken. Der obere Theil des Gartens oder der oͤffentlichen Spaziergaͤnge iſt zwar ganz im franzoͤ - ſiſchen Geſchmack angelegt: man ſieht nur Hecken, die mit hohen Baͤumen regel - maͤßig eingefaßt ſind, oder deren Mitte damit angefuͤllt iſt; Hecken mit Portalen, Fenſtern und andern Oeffnungen. Aber man findet doch hier viel Gruͤn und Schat - ten, indem in den breiten Zwiſchenraͤumen der Hecken ſich hohe Roßkaſtanien und Linden nahe neben einander erheben, unter welchen man in jeder Stunde des Tages einen freyen kuͤhlen Spaziergang auf dem Raſen hat. Zur Rechten liegen verſchie - dene große Lauben zum Speiſen und kleinere Kabinette; man hat um ſich her zurErqui -V Band. N98Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren CharakterErquickung des Auges Laubdecken und Raſen, und, will man ſpazieren, die Be - quemlichkeit, einander auszuweichen. Bey aller Symmetrie und Einfoͤrmigkeit der Anlage iſt doch fuͤr viele Gaͤnge und Sitze unter dichtem Schatten geſorgt, und die - ſer iſt eine Folge von dem natuͤrlichen Wuchs, der den Baͤumen in den innern Re - vieren zwiſchen den Einſaſſungen der Hecken verſtattet iſt. An andern Stellen giebt es runde beſchattete Plaͤtze zum Tanzen fuͤr das Volk, das ſich aus der Nachbarſchaft gemeiniglich an Sonntagen bey Brunnenoͤrtern haͤufig zu verſammeln pflegt, um ſich einen froͤhlichen Tag zu machen.

Was in dieſem Theil der Anlage das Auge am meiſten angreift, das ſind die auf Bretern gemalten Vaſen, Termen und Statuen, ſelbſt auf der Kupel eines Pavillon, und die gedrechſelten Knoͤpfe, die uͤber die Hecken hervorragen. Man ſagt, daß man dergleichen Arten von Verzierungen uͤberſehen muͤſſe. Aber warum uͤberſehen? Wer kann das? Warum und wozu ſind ſie da? Sie machen ja einen Theil des Ganzen, und ſollen uͤberſehen werden? Etwa denn auch das Ganze? Ver - muthlich werden dieſe Reſte der alten gothiſchen Gartenzierrathen, wie der verfal - lende Pavillon, der nichts Schoͤnes hat, von der Zeit zerſtoͤrt werden, die oft ver - gebens dem kluͤgern Geſchmack zeigt, was er thun ſollte.

Die andere groͤßere und ſchoͤnere Haͤlfte des Gartens iſt ein ſogenanntes engliſches Bosquet, oder ein Luſtgebuͤſch im freyen natuͤrlichen Geſchmack, das ſei - nem Anleger*)Dem fuͤrſtlichen Hofgaͤrtner, Herrn Schwarzkopf, einem Mann, der durchKenntniß, Beobachtungsgeiſt und Ge - ſchmack ſich vorzuͤglich auszeichnet. Ehre macht, und eins der erſten Pflanzungen dieſer Art in Heſſen war. Man hat vor einigen Jahren mit dieſem Luſtgebuͤſch ein neues, das noch im Wachsthum iſt, verbunden, und dadurch die Spaziergaͤnge verlaͤngert. Dieſe Pflanzungen beſtehen aus einer großen Mannichfaltigkeit von auslaͤndiſchen und ein - heimiſchen ſchoͤnen Baͤumen und Straͤuchern, aus bluͤhenden und duftenden Stau - den und niedrigen Blumenpflanzen. Die Anordnung iſt die natuͤrliche, da die Blu - menpflanzen voran, dann die hoͤhern perennirenden Stauden, demnaͤchſt die Straͤu - cher, und endlich die Baͤume, denen ſie zugleich zum Untergebuͤſch dienen, folgen, und mit einem edlen Wuchs emporſteigen. Eine reizende Pflanzung fuͤr das Auge und fuͤr den Geruch. Man ſieht mit kluger Wahl manche Blumenſtraͤucher ange - bracht, die faſt den ganzen Sommer hindurch bluͤhen. Der Baumkenner ſtoͤßt hier auf manche ſchoͤne auslaͤndiſche Baͤume, als Tulpenbaͤume, morgenlaͤndiſcheund99von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. und abendlaͤndiſche Platanen, Scharlacheichen und andere amerikaniſche Arten von Eichen, virginiſche Robinien von außerordentlich hohen und geraden Staͤmmen. Die neuere Einfaſſung der Pflanzung mit Liguſtrum iſt zu geziert und einfoͤrmig. Auch haben ſich einige zirkelfoͤrmige Baumſtellungen eingeſchlichen, die hier zu ge - kuͤnſtelt ſcheinen, obgleich eine Stelle davon mit Rothtannen durch ihre Dunkelheit einen guten Contraſt gegen das lebhaſte Kolorit des Ganzen macht. Dem Spazie - renden iſt es nicht bequem, daß in dieſe runde Plaͤtze die Pfade ſich endigen, ohne wieder einen Ausgang zu haben, und ohne hier einen Ruheſitz zu finden. Das Um - kehren auf den vorigen Weg iſt verdrießlich, wie die Taͤuſchung der alten Irrgaͤnge, und hier immer ein Fehler in der Anlage; ſo oft man an den Eingang zuruͤck koͤmmt, erinnert man ſich der Verſchließung, und huͤtet ſich wohl, wieder hinein zu treten. Die Gebuͤſche ſind hier dicht und groß genug, um dieſe Unbequemlichkeit zu ver - meiden und den Gang in ſeinem Fortlauf zu erhalten; uͤberhaupt koͤnnten die Wege zum Vortheil des Spazierenden noch ſehr vervielfaͤltigt werden. An einer Stelle, bey dem Ausgang ins Feld, ſtoͤßt man auf eine Sternpflanzung, die einen widrigen Eindruck macht. Doch alle die kleinen Striche, die das ſchoͤne Gemaͤlde etwas ver - ſtellen, ſind nicht von dem erſten Anleger, ſondern nachher von einem fremden Pinſel hineingetragen.

Die Wendung der Gaͤnge, die durch dieſe Pflanzung laufen, iſt hie und da wohl etwas zu einfoͤrmig. Die gemeine Schlangenlinie in den erſten engliſchen Gaͤrten iſt nicht natuͤrlich, und ermuͤdet nicht weniger, als der gerade Weg. Freye und mannichfaltige Wendungen aber unterhalten den Spaziergaͤnger.

Eine beſondere Lebhaftigkeit erhaͤlt dieſe Pflanzung von einem Bach, der uͤberall ſchlaͤngelnd durch ſie geleitet iſt, viele anmuthige Waſſerguͤſſe hat, mit einem gruͤnen und mit Baͤumen bepflanzten Ufer verſchoͤnert iſt. Dieſer Bach, ſeine kleinen Waſſerfaͤlle, ſeine Einfaſſung, ſeine Bruͤcken bilden zuſammen ein uͤberaus heiteres Revier, das von den Geſaͤngen der Voͤgel noch mehr belebt wird. Die Bruͤcken koͤnnten mehr ſchoͤn und mannichfaltig an Form ſeyn. Die Baͤume am Ufer des Baches koͤnnten zuweilen mit uͤberhaͤngenden Blumengruppen und bluͤhen - den Straͤuchern abwechſeln; ſie koͤnnten ſich zuweilen dem Waſſer mehr naͤhern, zu - weilen mehr von ihm zuruͤckweichen; ſie ſcheinen außerdem noch zu ſcharf auf der Li - nie zu ſtehen. Ein Strauch, der in den Waſſerguß haͤngt, oder eine Blume, die freundlich uͤber den Bach nickt, wuͤrde ſchon den Reiz des Gemaͤldes mehr heben. Die Raſen am Ufer ſind hin und wieder zu kuͤnſtlich ausgeſchnitten. Die BaͤnkeN 2haben100Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterhaben hier noch alle einen gruͤnen Anſtrich. Warum Gruͤn auf Gruͤn? Warum nicht Weiß, wie die Bruͤcken? Die Lebhaftigkeit des Weißen hebt ſich zwiſchen dem Gruͤn fuͤr das Auge, und dieſer Anſtrich iſt ſchicklicher. Noch koͤnnte der begraͤn - zende Zaun des Luſtgebuͤſches entweder ganz aufgehoben, oder mit leichten und wohl - gebauten Thuͤren und Ausgaͤngen in Feld und Wieſe durchbrochen werden.

Die Weitlaͤuftigkeit der Anlage, der ſchwelgeriſche Wachsthum und die ſchat - tenreiche Dichtheit der Pflanzung, der Anblick der ſeltenen Baͤume, die vielen Blu - men und Wohlgeruͤche, die Anmuth des Baches und ſeiner Waſſerfaͤlle, die Lieder der Voͤgel, die Ausſichten auf die angebauete Landſchaft und auf zwey benachbarte waldigte Berge alles dies vereinigt ſich, dieſe Spaziergaͤnge ſo unterhaltend und reizend zu machen, daß ſie wohl die kleinen Verſchoͤnerungen noch zu verdienen ſchei - nen, die hier bemerkt ſind.

Eine allgemeine Erinnerung uͤber die ſogenannten engliſchen Bosquets, wie man ſie jetzt bey uns antrifft, ſcheint hier noch Platz zu haben. Nichts wird jetzt gewoͤhnlicher, als dicke Gebuͤſche von mancherley einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern hinzuwerfen, ſie mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen zu durchſchnei - den, und mit dieſer Art von Bepflanzung einen ganzen Bezirk anzufuͤllen. Man glaubt ſodann gleich einen engliſchen Garten zu beſitzen. In der That beſtehen viele unſerer neuen Anlagen blos aus einem ſolchen an einander haͤngenden weitlaͤuftigen Gebuͤſch, oft mit einem einzigen ſchmalen Gang. Es iſt wahr, daß dieſe Luſtgebuͤ - ſche durch Mannichfaltigkeit des Gruͤns, der Blaͤtter und der Bluͤthen ergoͤtzen, und den ſingenden Voͤgeln einen ſichern Aufenthalt verſtatten. Dennoch kommen wir, bey der ewigen Wiederholung dieſer Bepflanzung, auf die Einfoͤrmigkeit der alten Manier zuruͤck. Ein Luſtgebuͤſch, das immer verſchloſſen, immer verengt lange fortlaͤuſt, iſt faſt mehr ermuͤdend, als eine gerade Lindenallee, die zugleich auf den Seiten Ausſich - ten in die Landſchaft vergoͤnnt. Man hat um ſich her eine Art von Hecken, und man faͤngt ſogar an, ſie mit der Scheere zu beſchneiden, wie vormals die Haynbuchen. Es entſtehen glatte Waͤnde, und nichts bleibt mehr uͤbrig, wodurch ſich die Pflanzung von den vorigen Heckengaͤrten unterſcheidet, als der gekruͤmmte Gang und die Verſchie - denheit des Laubes. So mancher ſchoͤner Bluͤthenſtrauch wird hier erſtickt, auch ſo mancher Baum von Wuchs und edler Form verſteckt. Die ſchoͤnen Gemaͤlde des Laubwerks finden hier nicht Platz, oder verlieren doch in den ſchmalen ſich kruͤmmenden Gaͤngen ihre Wirkung fuͤr das Auge. Ein Garten, der blos aus einer ſolchen Pflan - zung beſteht, hat keinen Anſpruch auf Schoͤnheit und Mannichfaltigkeit. Waͤre es demnach nicht beſſer, den Luſtgebuͤſchen, die immer einen Theil einer ſchoͤnen Anlageaus -101von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ausmachen koͤnnen, das Einfoͤrmige, das Steife, das Verſchloſſene zu nehmen, ſie zu mehr Licht, mehr Ausſicht, mehr Abwechſelung durchzubrechen, ſie hin und wie - der bald in abgeſonderte freye Gruppen von Baͤumen oder von Straͤuchern umzubil - den, bald mit einem feinen Raſenteppich, mit einem reich geſchmuͤckten Blumenplatz, oder einer andern anmuthigen Naturſcene aufzuheitern?

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Wilhelmsbad.

Wilhelmsbad, eine halbe Stunde von Hanau, behauptet von der Seite der Anmuth unter Deutſchlands Baͤdern wohl den erſten Rang. Man mag auf die Schoͤnheit der Gebaͤude, auf die Reinlichkeit und den guten Geſchmack der Aus - moͤblirung der Wohnzimmer, auf die Sauberkeit der Baͤder, auf die Tafel, wo Feinheit und Anſtand herrſchen, und Perſonen beyderley Geſchlechts von der erſten Klaſſe erſcheinen, auf die Anlagen und Spaziergaͤnge, auf die Nachbarſchaft vonN 3einem102Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charaktereinem der artigſten Hoͤfe, auf die Ordnung in der Einrichtung des Ganzen, und ſo - dann auf die uͤberaus wohlfeilen Preiſe ſehen, wozu alles angeſetzt iſt; ſo wird man hier ſowohl die groͤßte Aufmerkſamkeit auf die Beduͤrfniſſe der Fremden, als auch Aufmunterung zum Genuß der angenehmſten Sommertage finden. Man erblickt hier einen Prinzen,*)Se. Durchl. der Landgraf Georg Wilhelm, regierender Graf zu Hanau und Erbprinz von Heſſen-Caſſel. der, wenn er bauet, pflanzt und verſchoͤnert, ganz Fuͤrſt iſt, aber, um Natur und Geſelligkeit zu genießen, und genießen zu laſſen, ſich wieder in dem Privatmann verbirgt, bey den Brunnengaͤſten ſeine ſtille Wohnung hat, an ihrer Tafel und ſelbſt bey ihren Spielen und Taͤnzen verweilt. Man hat taͤglich das Vergnuͤgen, hier eine Prinzeſſinn**)Ihro koͤnigl. Hoheit Wilhelmine Ca - roline, vermaͤhlte Erbprinzeſſinn von Heſ - ſen-Caſſel, geborne koͤnigl. Prinzeſſinn von Daͤnnemark. zu ſehen, die, ſo ſehr ſie Daͤnnemarks Ruhm unter den Deutſchen, und die Zierde der Koͤnigstoͤchter iſt, ſich dieſer ſelte - nen Vorzuͤge nicht erinnert, und, indem ſie rings um ſich her die Liebe aller Herzen zu ſich in den Kreis ihrer jungen gluͤcklichen Familie ſtroͤmen ſieht, ſich nicht erinnert, daß es die Heiterkeit ihrer Blicke, die Leutſeligkeit ihrer Geſpraͤche, die ſanfte ruͤh - rende Guͤte ihrer Seele iſt, die alles um ſie her zur Empfindung aufbieten.

Unter den vielen Gebaͤuden, die alle eine gute Architektur und ſymmetriſche Verbindung unter einander haben, zeichnet ſich das Arcadenhaus, das in der Mitte ſteht, als das vornehmſte aus. ***)Man hat davon verſchiedene Ku - pferabbildungen, worunter ſich beſonders die drey neuen Blaͤtter auszeichnen, wel - che Herr A. W. Tiſchbein in Hanau 1784 gezeichnet und Herr Weiſe in Caſſel in Ku - pfer geſtochen hat.Es kuͤndigt ſich gleich dem Auge nicht allein durch Groͤße, ſondern auch durch eine reine und edle Architektur ſehr vortheilhaft an, und ſein Anſehen wird von dem ſaubern Anſtrich noch unterſtuͤtzt. Seinen Namen fuͤhrt es von den hohen und breiten Arcaden, die ſich an ſeiner Vorderſeite hin erſtre - cken; ſie dienen zum bequemen Spaziergang in der Hitze, und im Regen. An dieſen Arcaden liegen ein großer und zwey kleinere Saͤle, die zuſammen das Erdgeſchoß ausmachen. Sie ſind alle hell und heiter mit großen Glasthuͤren, die friſche Luft und Kuͤhlung einlaſſen, ſehr edel angelegt und ausgeziert. Manches fuͤrſtliche Schloß hat keinen Saal mit ſolchen Spiegeln, Stuͤhlen, Kanapees und Tiſchen, wie hier. Der groͤßere Saal iſt der Tafel und dem Tanz gewidmet; an Sonnta - gen, wenn viele Fremde aus Frankfurt und der Nachbarſchaft die Geſellſchaft der Curgaͤſte und der Hofleute vermehren, ſieht man darinn zuweilen uͤber 150 Perſo - nen ſpeiſen. In dem mittlern kleinern Saal verſammlet ſich die Geſellſchaft zumFruͤh -103von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

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104Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren CharakterFruͤhſtuͤck, zur Unterredung, zum Spiel; und in dem letztern kleinern Saal ſtehen zwey Billardtiſche. Dieſe drey Saͤle haben durch große Glasthuͤren mit einander Verbindung. In dem zweyten und dritten Stockwerk, welches letztere ſchon die Manſarde iſt, ſind auf beyden Seiten große, bequeme und ſchoͤne Wohnzimmer, alle tapezirt; ein breiter heller Gang laͤuft zwiſchen dieſen Wohnzimmern durch die ganze Laͤnge des Gebaͤudes hin und bildet gleichſam einen praͤchtigen gemeinſchaftlichen Vor - ſaal. In den Pavillons neben dem Arcadenhauſe befinden ſich ebenfalls gute Woh - nungen. Vor dem Arcadenhaus liegt ein großer freyer Platz mit Sitzen; und dem - naͤchſt das Brunnenhaus oder der offene Tempel des Aeſculap, unten die minerali - ſche Quelle, oben die Statue des Gottes, von kleinen Kindergruppen umgeben, wel - che die vier Elemente und den Fruͤhling und Sommer vorſtellen.

Um die Gebaͤude laufen von allen Seiten große Alleen, die Zugaͤnge ſind, und zugleich mit den uͤbrigen Anlagen in Verbindung ſtehen. Aus den Saͤlen des Arca - denhauſes tritt man hinten gleich in einen großen ſchattenreichen Bogengang, der ſich von einem Ende des Gebaͤudes zu dem andern um einen Raſen herumwindet, und zur Seite einige Kabinette und Tiſche hat. Gleich an der linken Seite dieſes Gebaͤudes ſchattet eine vierfache Reihe von hohen ſchoͤnen abendlaͤndiſchen Platanen, die noch be - ſonders fuͤr die Zukunft einen herrlichen Spaziergang verſprechen. Zur Rechten am Ende der Gebaͤude liegt ein ſehr anſehnlicher Quincunx von hohen Linden, wo die Spaziergaͤnger zugleich mit ſanften laͤndlichen Ausſichten uͤber eine bebauete Ebene, und beſonders mit dem Anblick einer ſchoͤnen Meyerey, die in einiger Entfernung ma - leriſch vor einem dunklen Walde ruht, unterhalten werden.

Wilhelmsbad liegt in einer zwar flachen, aber angenehmen Gegend, in - dem ſie rings umher von Waͤldern umkraͤnzt iſt. Sowohl von der Vorderſeite des Arcadenhauſes an, als auch hinter ihm verbreiten ſich die Anlagen der Spaziergaͤnge faſt im Geſchmack eines engliſchen Gartens.

Vor dem Arcadenhauſe erſtreckt ſich ein ziemlich anſehnlicher Wald von Eichen, der jedoch viele große Zwiſchenraͤume hat, worinn Pflanzungen von mancherley ein - heimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Geſtraͤuchen angelegt und mit Blumen - ſtauden vermiſcht ſind. Zur Abwechſelung des Spazierganges und der Ausſichten ſind Vertiefungen und Anhoͤhen gemacht. Dieſe werden ſich beſſer ausnehmen, wenn erſt ihre Bepflanzung angewachſen iſt. Die Gaͤnge winden ſich zwiſchen ihnen um - her, ſteigen und ſenken ſich wieder, und ſind gut mit einander verbunden. Die Pflan - zung iſt noch jung und wird in der Folge den Schatten vermehren helfen, den jetzt die hohen Eichen um ſich her verbreiten. Sie iſt, um ſich dem Wilden des Waldes zu naͤhern, mehr nachlaͤßig hingeworfen, als maleriſch angelegt. Die Spaziergaͤngeſind105von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſind ziemlich weitlaͤuftig. Ueberall findet man weiße Baͤnke, Sitze, Tiſche auf den Hoͤhen und in den kleinen Thaͤlern; unter den hohen Eichen und den Buchen, die zwiſchen ihnen erſcheinen, locken beſchattete Ruheplaͤtze ein. Das Auge wird zuwei - len von gruͤnen mit Klee beſaͤeten Flaͤchen angelockt, vornehmlich in den Vertiefun - gen. Mancherley Arten von Spielen, die nicht blos zur Zeitverkuͤrzung, ſondern auch zur Bewegung dienen, ſind auf den freyen Plaͤtzen, zwiſchen den umpflanzten Spaziergaͤngen angebracht. Auf einer Hoͤhe liegt ein ſchoͤnes Karoſſel, in der Ge - ſtalt eines großen runden offenen Tempels, von vier und zwanzig Saͤulen toſcani - ſcher Ordnung unterſtuͤtzt; in der doppelten Reihe der Saͤulen laufen zwey Reitpfer - de, und zwey Wagen, jeder mit zwey Pferden beſpannt, alles vortrefflich gearbeitet, in der Runde herum; in der Mitte des Gebaͤudes befindet ſich ein Platz, wo der Zu - ſchauer ſitzen, und zugleich ſein Auge mit der angenehmen Ausſicht umher unterhalten kann; an der aͤußern Reihe der Saͤulen ſind Vorhaͤnge angebracht, die bey Sonnen - hitze und Regen heruntergelaſſen werden; unten iſt ein gemauertes Gewoͤlbe, worinn ſich das Triebwerk befindet, und ein kuͤhler Weg durchgeht; ein herrliches und koſt - bares Werk!

Man geht von hier nach der Burg. Dies iſt ein alter halb verfallener gothi - ſcher Thurm, in einem wahren taͤuſchenden Styl, nach der Zeichnung des Prinzen vortrefflich gebauet. Die rohen Feldſteine, die kuͤhnen Maſſen, die ſeltſame gothi - ſche Geſtalt, die ſcheinbaren Merkmale von den Zerſtoͤrungen der Zeit, das Eckige ſowohl, als das Abgeſtumpfte, die Oeffnungen, die Fenſter, das ganze aͤußere Anſehen kuͤndigt ein Werk vergangener Jahrhunderte an; und ſeine Lage zwiſchen ehrwuͤrdi - gen Eichen, die ihren Nachbar zu befragen ſcheinen, ob er nicht mit ihnen von glei - chem Alter iſt, traͤgt nicht wenig zu der guten Wirkung ſeiner Außenſeite bey. Das Inwendige enthaͤlt einige mit feinem Geſchmack verzierte Zimmer. Hier wohnt waͤh - rend des Sommers der Prinz in einer geraͤuſchloſen philoſophiſchen Einſamkeit. Nicht weit davon liegt noch ein Ruinenſtuͤck, worinn ſich Kuͤche und Bedientenzimmer ver - huͤllen. Der Thurm iſt mit einem Graben von fließendem Waſſer umgeben. Um die Gaͤnge an ſeinem Rande laufen kleine Zaͤune von feinen Bluͤthenſtraͤuchern. Un - ter den Eichen liegen einfache Raſenſitze. Verſchiedene Bruͤcken fuͤhren in dieſes Revier.

Das angelegte Waſſer erweitert ſich etwas welter hin in einen groͤßern Bezirk. Man ſieht mancherley Arten von kleinen Jagden und Luſtfahrzeugen darauf liegen. Es windet ſich in verſchiedenen ſchmalern Wendungen unter den laubreichen Aeſten der Eichen umher, fließt unter einigen hohen Bogenbruͤcken durch, und bildet eineV Band. Okleine106Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterkleine Halbinſel mit einem Sonnenweiſer geziert und mit einem angenehmen Sitz im uͤberſchatteten Winkel.

Nicht weit von hier hebt ſich ein aufgeworfener Huͤgel zum Genuß der eroͤffne - ten Ausſicht nach Hanau uͤber die Ebenen, uͤber die umherlaufenden Alleen und Waͤlder hin. Er gruͤnt von Gras, von Blumenpflanzen und Geſtraͤuch, zwiſchen welchen ſich ein Pfad auf den Gipfel hinaufwindet. Hier ſteht ein großer halboffe - ner Sitz, mit einem kleinen Vordach, von zwey Saͤulen getragen. Man ruhet hier unter einer angenehmen Ausſicht. Zunaͤchſt vor dem Auge bluͤhende Pflanzen und Straͤucher; in der Tiefe eine ſehr weit ausgebreitete Wieſe, die einen trefflichen Ra - ſenteppich macht, und rings umher mit Waͤldern umkraͤnzt iſt; uͤber dieſe erheben ſich in der Ausſicht die Thuͤrme von Hanau, dieſer ſchoͤnen, durch Kunſtfleiß beleb - ten, durch Sitten verfeinerten, und durch ihren Fuͤrſten verſchoͤnerten Stadt, und hinter ihr ſtreckt ſich in der Ferne ein hohes dunkles Gebirge empor, das den Ge - ſichtskreis ſchließt; naͤher zur Linken hin ſchaut das Auge uͤber ſchlanke Pappeln nach dem Faſanengarten und ſeinen waldigten Spaziergaͤngen hin. Ein anmuthiger Sitz am Abend, indem das blendende Licht der Sonne zuruͤckweicht, und ihre ſanftere Beleuchtung von der Seite her uͤber die Wieſe und die benachbarten Waͤlder ſtreift.

Die Gegend hinter dem Arcadengebaͤude, die faſt rings umher von einem na - hen dunkeln Wald umgeben iſt, hat ebenfalls ihre Verſchoͤnerungen. Man ſieht hier Gebuͤſche von meiſtens einheimiſchen Hoͤlzern gepflanzt, und darunter bejahrte Eichen und Buchen, ſchlaͤngelnde Gaͤnge, kleine Hoͤhen und Vertiefungen, weiß angeſtri - chene Baͤnke, die uͤberall den Muͤden erwarten, Raſen mit Strauchgruppen ver - ziert einſt ein ſchattenreicheres, noch anmuthigeres Revier. So viel Pracht und Reiz zeigt jetzt eine Gegend, die noch vor einigen Jahren eine menſchenleere Wuͤſte war. Wilhelmsbad iſt ein geliebter Luſtplatz fuͤr alle umliegende Oerter, beſonders fuͤr Hanau und Frankfurt. Man kann hier zugleich alle Arten von fremden Ge - ſundheitswaſſern zum Trinken, alle Arten von laͤndlichen Sommerergoͤtzungen ſich waͤhlen. *)Eine genaue und mehr ausfuͤhrliche Beſchreibung dieſes Orts nebſt der Ge - ſchichte des Baues, der Verſchoͤnerungen u. ſ. w. findet man in den Briefen eines Schweizers uͤber das Wilhelmsbad. Neue Aufl. 8. 1780. Demnaͤchſt in den Betrach -tungen eines Schweizers im Wilhelmsbad. 8. 1780. Der Verfaſſer ꝛc. iſt kein Schwei - zer, ſondern der hanauiſche Rath, Herr Schaͤffer, ein durch Wiſſenſchaft und Charakter des Herzens ſchaͤtzbarer Mann.

Ems. 107von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
Ems.

Die vier folgenden Geſundheitsoͤrter liegen in einem kleinen Umkreis zwiſchen Maynz und Coblenz, in der Nachbarſchaft des Rheins, neben einander. Man reiſet zu ihnen durch Landſchaften, die zu den ſchoͤnſten in Deutſchland gehoͤren.

Ems hat in der Tiefe zwiſchen hohen felſigten Gebirgen eine ſanft melancholi - ſche und einſame Lage; doch ſind die Abhaͤnge zum Theil fruchtbar und mit Wein bepflanzt; im Thal gruͤnen ſchmale Wieſen, durch welche die Lahne ſich ſchlaͤngelt. Dieſe ſo tief verſenkte, ruhige, vor jedem Blick der Neugierde und des Neides ver - borgene, von den Unruhen der Welt ſo weit entfernte Lage hat fuͤr kraͤnkliche Seelen, die an einer kleinen Melancholie haͤngen, einen ſehr einnehmenden Reiz. Sie glau - ben hier ganz in dem Schooß der geſuchten Ruhe ſich einzuſenken, ganz geſichert vor dem Gedraͤnge der Thoren und ſelbſt vor jedem Mislaut der Geſellſchaft. In der That ſcheint auch die hieſige Lebensart etwas von dem ſanften Frieden zu haben, der uͤber dieſes Thal ſchwebt. Keine Schauſpiele, keine Concerte, keine Baͤlle pflegen hier Geraͤuſch und Zerſtreuung zu verbreiten. Auch ſind hier keine Einrichtungen zu oͤffentlichen Ergoͤtzungen. Die Geſellſchaft ſchließt ſich an einander, und iſt auf ei - nen ſanft unterhaltenden Ton geſtimmt.

Doch hat die Lage von Ems einige Unbequemlichkeit, indem die Berge das Thal zu enge verſchließen, und ſowohl die Hitze, als auch bey einfallendem Regen die Kaͤlte einſperren. Das naſſauiſche und das darmſtaͤdtiſche Haus, die beyden Hauptgebaͤude, haben einige plump gebauete Arcaden zum Spaziergang. Man ſieht hier nur eine Allee, die noch dazu ſehr ſchmal iſt. Die Enge des Thals ver - ſtattet keine Anlagen ausgebreiteter Spaziergaͤnge. Man muß ſie in der Wildniß der Berge und der benachbarten Gegend ſuchen, die mit maleriſchen und romantiſchen Schoͤnheiten von der Natur reichlich geziert ſind. Auch die Lahne locket zu den an - genehmſten Waſſerfahrten ein, unter immer abwechſelnden Ausſichten von rauhen Felſen und blumigten Wieſen, von Weinbergen und alten zerſtoͤrten Schloͤſſern, von heitern Doͤrfern und einſamen Kapellen auf nackten Hoͤhen.

Schlangenbad.

Vom Schlangenbad wird man hier gerne die Beſchreibung einer Dame leſen,*)Der Frau von Berleptſt, im hannoͤveriſchen Magazin 4tes Stuͤck 1783. die mit allen den ſanften liebenswuͤrdigen Gefuͤhlen, die ein weibliches Herz veredeln koͤnnen, die Staͤrke eines maͤnnlichen Verſtandes und mit ihm einen heitern, ſchnellO 2und108Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterund leicht uͤberſchauenden Geiſt der Beobachtung vereinigt, die Anſtalten des Men - ſchen ſowohl, als ſeinen Charakter mit eben dem ſeinen Blick durchforſcht, womit ſie die Schoͤnheiten der Natur ausſpaͤhet, und in dem Ausdruck ihrer Urtheile ſich im - mer gleich, frey und edel iſt.

Schlangenbad liegt im Thal, und es erſcheint mit den neuen großen Gebaͤu - den, die von allen Seiten mit Heckengaͤngen umringt ſehr artig ausſehen, als ein ſchoͤnes Landgut. Zwey Wohnungen ſind da. Die eine gehoͤrt dem Churfuͤrſten von Maynz, der den groͤßten Theil des angraͤnzenden Landes beſitzt, und wird das maynziſche Haus genannt. Es iſt ziemlich groß, anſehnlich gebauet, artig ein - gerichtet, hat einen ſchoͤnen Saal und eine angenehmere Lage, als das andere, weil es unter einem hohen mit ſchoͤnem Holz bewachſenen Berge liegt, der bis auf die Hoͤhe, in der Mitte gerade dem Hauſe gegenuͤber, aufgehauen iſt. Das andere Haus, das heſſiſche genannt, gehoͤrt dem Landgrafen von Caſſel, und iſt, wie alle heſſiſche Gebaͤude, aͤußerſt vollſtaͤndig und recht bequem eingerichtet. Eigentlich ſind es drey Haͤuſer, die durch lange bedeckte Gaͤnge an einander haͤngen, ſo daß man bey uͤblem Wetter aus einer Wohnung in die andere mit Bequemlichkeit gehen kann, welches fuͤr Kranke ſehr angenehm iſt. Dieſes Haus hat noch den großen Vorzug, daß ſich darinn die Baͤder befinden; anſtatt daß man aus dem maynzi - ſchen Hauſe heruͤbergehen muß, wenn man ſich baden will. Die Wohnzimmer ſind trefflich eingerichtet, geraͤumig und bequem. Zum heſſiſchen Hauſe gehoͤrt noch ein Saal, oder vielmehr eine ſehr lange Gallerie, wo ſich die Curgaͤſte verſammeln, um zu tanzen und zu ſpielen.

Die Luft iſt hier außerordentlich rein und heiter. Die Spaziergaͤnge beym maynziſchen Hauſe ſind weitlaͤuftig und groß. Eine ſehr ſchoͤne hohe Allee geht, gewiß uͤber vierhundert Schritte lang, ſchnurgerade, und gelinde ſteigend vom großen Saal bis ins Holz, wo ſie ſich verliert; und auf beyden Seiten ſind unzaͤhlig viele Heckengaͤnge, die wegen der Einfoͤrmigkeit nicht gefallen. Zu der Zeit, als das an - gelegt ward, kannte man in Deutſchland den engliſchen Geſchmack in Spazier - gaͤngen nicht, und dieſe koͤnnten mit wenig Muͤhe und Koſten uͤberaus artig darnach eingerichtet werden; denn die Lage iſt vortrefflich.

Eine ſehr nuͤtzliche Anſtalt iſt es, daß hier von den beyden Landesfuͤrſten eine kleine Beſatzung gehalten wird, die fuͤr Ordnung, Ruhe und Sicherheit wacht. Der verſtorbene Landgraf von Caſſel der dieſen von Natur ſo reizenden Ort ſehr liebte, ſorgte viel fuͤr ſeine Verſchoͤnerung. Er ließ noch ein großes ſchoͤnes Haus nicht weit vom alten aufbauen, das aber inwendig noch nicht eingerichtet iſt.

Schlan -109von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

Schlangenbad iſt uͤbrigens ein gar angenehmer Aufenthalt, die fanſteſte, lieblichſte Einſamkeit zwiſchen Bergen, die freylich die Ausſicht verhindern, aber doch ſich genug oͤffnen, um der Gegend nichts Dumpfes zu geben und nichts Finſteres. Schlangenbad iſt nicht, wie Pyrmont, der Aufenthalt lauter rauſchender Freu - de und glaͤnzender Geſelligkeit. Es iſt keine einzige Allee da, wo viele Menſchen bey einander koͤnnten hergehen. Aber die ſchmalen Heckengaͤnge laden, wie die ganze Gegend, die Seele ein zu einſamem und ſtillem Nachdenken. In jedem Luͤftchen wehet philoſophiſche Melancholie; aber es iſt ruhige Melancholle, mehr Ernſt, als Schwermuth, mehr ein Vergeſſen von allem, was dem Herzen wehe thut, als ſchwaͤrmeriſcher Genuß des Gegenwaͤrtigen. Die Einbildungskraft ſchwelgt nicht, ſie ſchlummert in lieblich traͤumender Ruhe. Das liebe Thal, ſo eng, ſo gruͤn, ſo ſtill und einſam, ſcheint mit jedem Blick die Lehre ins Herz zu praͤgen: daß der Menſch wenig bedarf.

Zu aͤhnlichen lieblichen Phantaſien, zu eben ſolchen ſanften Begeiſterungen des Herzens werden leicht empfindſame Seelen in der ſtillen Ruhe dieſes Thals hin - geriſſen. Hier iſt noch eine kleine Schilderung von den Eindruͤcken dieſer Ge - gend. *)Aus der Beſchreibung eines Aufenthalts im Schlangenbade 1777. 8. Riga. 1779.

Der ganze Weg, der ſich durch ein tiefes, einſames und ſchattigtes Thal geſchlaͤngelt, und der Pfad zu einer der verſteckteſten Einſiedeleyen zu ſeyn ſcheint, prallt nun ploͤtzlich auf einen Haufen von koſtbaren Gebaͤuden und kuͤnſtlich angelegten Spa - ziergaͤngen an. Auch ohne das ſanfte Gemurmel, das unaufhoͤrlich und von allen Seiten durch kleine Waſſerfaͤlle und Springbrunnen erregt wird, wuͤrde hier einem jeden die Vorſtellung eines bezauberten Palaſtes durch den Sinn fahren muͤſſen. Wo man ſich hinwendet, iſt ein Gegenſtand, der die Neugierde und den Reiz zum Ver - gnuͤgen lockt. Der muͤdeſte Wanderer wird hier durch immer neue Befriedigung und immer neues Verlangen, ungeſtoͤrt durch die Mattigkeit ſeiner Glieder, von einem Schooß des Vergnuͤgens zum andern fortgerollt. Verdeckte Gaͤnge, geraͤumige Saͤle, lange mit Zimmern beſetzte Hallen, wechſeln labyrinthiſch mit gruͤnen ſchattigten Lau - ben, Hecken, Grasſtuͤcken und Fruchtgaͤrten ab. Rund umher ſind aufgewaͤlzte Berge, theils mit gruͤnen beſchattenden Baͤumen, theils mit fuͤrchterlichen mit Moos bedeckten hervorſtechenden Felſenſpitzen bekleidet. Unzaͤhlige lockende Fußſteige fuͤh - ren unvermuthet zu immer neuen und veraͤnderten Gegenſtaͤnden, bald auf eine rauhe ganz abgelegene Klippe, von der man ploͤtzlich in eine weite herrliche Ausſicht dringt, und der Blick auf viele Meilen weit herumſchweifen kann; bald koͤmmt man wiederO 3in110Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterin ſtille einſame Scenen, voll laͤndlicher ungekuͤnſtelter Einfalt. Jene kleine blu - migte Wieſe, vom daͤmmernden Geſtraͤuch umgraͤnzt, vom murmelnden Bach durch - ſchlaͤngelt, iſt ein recht warmes gefuͤhlvolles Gemaͤlde. Hinter meinem Ruͤcken thuͤrmt ſich ein drohender Fels, deſſen Fußgeſtell mir einen erquickenden Sitz vergoͤnnt, und uͤber ihn her verbreitet ein Wald von hundertjaͤhrigen Eichen den entſcheidenden Schat - ten auf die liebliche Landſchaft. Welche Stille ſcheint dort oben zu herrſchen! Kein Geraͤuſch, außer dem harmoniſchen Schall von liebefrohen unbekuͤmmerten Geſchoͤ - pfen. Ich muß hinauf. Die ſuͤße Erwartung ebnet mir die rauhe beſchwerliche Hoͤhe. O! wie wohl iſt mir, ins Thal hinunter und in die duftenden Gewoͤlbe des Waldes, zugleich mein gegenwaͤrtiges und mein vergangenes Vergnuͤgen mit wahrer Entzuͤckung fuͤhlen zu koͤnnen! O! du ſanfte, heilige Stille anmuthiger vom Geraͤuſch und der Thorheit der Welt entlegener Waͤlder! du kannſt wahre ungezwungene Be - geiſterung in die Seele gießen; zauberiſch ſetzeſt du mich jetzt in den Kreis aller mei - ner Freunde und Liebſten auf der Welt; ich glaube ſie alle um mich her in eben dem weichen Schooße des Vergnuͤgens liegen zu ſehen. Denn nichts zerreißt jetzt die Kette der Gedanken, die meine Seele ſehnſuchtsvoll nach ihnen ausſpannt. Meine Einbildungskraft macht mich durch ihre beſeligenden Gaukeleyen zu dem gluͤcklichſten der Menſchen.

In dieſem bezaubernden Winkel brachte ich mit meinen Freunden drey Mo - nate zu, ohne Ekel oder Ueberdruß uͤber die Einfoͤrmigkeit unſerer ſtillen Freuden be - merkt zu haben. Man fuͤhlt hier, daß man Vergnuͤgen hat, ohne daß der Ver - ſtand ſich abmattet, auszufinden, worinn das Vergnuͤgen beſteht. Dieſe ſuͤße Wir - kung machen die ungekuͤnſtelten Vergnuͤgungen auf uns. Die Seele fuͤhlt in dieſer weichen Lage ein unbeſchreibliches Wohlbehagen, und iſt bey dem angebornen Hang zur Veraͤnderung, aus Furcht, ihr gemaͤchliches Gluͤck zu verlieren, doch der ſtillen einſamen Gegend immer getreu.

Es giebt offene große Gegenden mit allem, was die Natur gewoͤhnlich zu ih - rer Pracht braucht, bis zum Ueberfluß ausgeſchmuͤckt, wo die Sonne mit ihrer gan - zen Majeſtaͤt bis in die verborgenſten Winkel dringt, und ein feſtliches Anſehen, ei - nen gewiſſen Firniß uͤber das Allgemeine verbreitet. Dieſe Gegenſtaͤnde ſind ſchoͤn, bis zum Entzuͤcken ſchoͤn, in den erſten Augenblicken oder Tagen. Aber bald koͤmmt dem immer nach neuem Genuß begierigen Herzen die Luͤſternheit an, etwas Neues zu ſuchen und zu wuͤnſchen. Und alsdann iſt ein ſchmaler Fußpfad unter ſchattigten Baͤumen, am kleinen rieſelnden Bach; ein rauher herabhaͤngender Fels, um wel - chen ſchwermuͤthige Stille eine Sehnſucht nach Ruhe in dem Herzen erreget, das von dem zu vielem Genuß betaͤubt iſt; kurz, die geringſte einfaͤltigſte Gegend, ſo wieſie111von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſie aus den Haͤnden der Natur als Skizze weggelegt worden, iſt alsdann fuͤr uns voll von verfuͤhreriſchen Reizen, die uns mit weichen unmerklichen Roſenketten am un - ſchuldigen Vergnuͤgen feſſeln. Deswegen habe ich nie eine Gegend ſo, wie Schlan - genbad, geliebt, und werde alle die Gegenden immer vorzuͤglich lieben, wo die Na - tur, gleichſam als in ihrer Werkſtaͤtte, alles durcheinander geworfen, und in jeder dieſer Skizzen die Groͤße des Unendlichen zeigt. Immer werden die Bilder dieſes Edens, immer die Erinnerung der dort genoſſenen ſtillen Freuden mir ein Troſt in truͤben und ein Zuwachs von Freude in heitern Stunden ſeyn.

Schwalbach.

Die Berge, die das lange Thal von Schwalbach umgeben, ſind nicht ſo hoch, als um Ems, aber meiſtens kahl und ohne Schoͤnheit. Doch ſpreiten ſie ſich hier aus einander und laſſen die Heiterkeit des Himmels und erfriſchende Luͤfte herein - kommen. Das freye Eindringen der kuͤhlenden Luft iſt an dieſem Orte, wo ſo we - nig von der Natur, als von dem Menſchen fuͤr das Beduͤrfniß des Schattens geſorgt iſt, eine doppelte Wohlthat. Das Auge hat zu ſeiner Erquickung faſt nichts an - ders, als den erfreulichen Anblick der Wieſen, die das Thal bekleiden.

An dieſem Brunnenort iſt faſt gar keine Aufmerkſamkeit fuͤr die Fremden, die hier doch aus allen umliegenden Gegenden zuſammenſtroͤmen, ſichtbar. Der einzige oͤffentliche Verſammlungsſaal iſt ein Muſter von geſchmackloſer Bauart und ſchlech - ter Ausmoͤblirung, und liegt halb in Ruinen. Die Brunnengaͤſte wohnen und ſpei - ſen in Privathaͤuſern, die oft voll Schmutz und Unreinigkeit ſind. Einige elende Ar - caden bey dem Weinbrunnen und dem rothenburgiſchen Hauſe koͤnnen den Mangel des Schattens nicht erſetzen, der hier ſo ſehr empfunden wird. Bey der weitern Ab - gelegenheit des letztern ſchmachtet der Brunnentrinker oft unter einer unertraͤglichen Hitze, und bey allem Raum zur Anpflanzung, der nun wuͤſte liegt, hat er nichts, als einige ſchlechte Hecken, die oben offen ſind und nicht ſchatten. Blos eine einzige Allee iſt da, die nichts ſchoͤnes, aber doch einen guten Schatten hat; allein ſie liegt von den Quellen entfernt, zu welchen der Kranke einen ſehr beſchwerlichen Weg ma - chen muß. Bey einer ſolchen Verfaſſung, welche die Erwartung der Siechen ſo we - nig befriedigt, hat dieſer beruͤhmte Brunnenort keinen andern Reiz, als fuͤr Juden, Pfaffen und Spieler, die ſich am meiſten in dieſer Pfuͤtze herumwaͤlzen.

Wisbaden.

Wisbaden liegt in einer niedrigen Ebene, und in einer Gegend, die keine beſondern Annehmlichkeiten in ſich faßt, ſondern ſie erſt in der Nachbarſchaft und ineiniger112Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charaktereiniger Entfernung gegen den Rhein hin ſuchen muß. Auch fehlt es hier an ſchat - tigten Spaziergaͤngen und an merkwuͤrdigen Anſtalten zu anſtaͤndigen oͤffentlichen Ver - gnuͤgungen. Wisbaden iſt ein elendes Staͤdtchen mit engen Gaſſen.

Fuͤr dieſen Ort war ehemals ein ſehr großes Brunnenhaus beſtimmt, wovon ſich eine Abbildung in dem Modelhaus zu Caſſel befindet, und das hier eine Anzeige verdient. Dieſes Gebaͤude hat eine vortheilhafte, ſeiner Beſtimmung ſehr gemaͤße Anordnung, indem um beyde Stockwerke in der Runde zwey große Arcadengaͤnge laufen, die durch ſechs gerade bedeckte Gallerien mit dem eigentlichen Brunnenhauſe, das in der Mitte liegt, verbunden ſind. Auch das geraͤumige flache Dach dieſer Arcaden und Gallerien dient bey kuͤhlem Wetter zum Spazieren, und hat in ſeiner Mitte eine Kupel in Form eines antiken Tempels, die Ruheſitze enthaͤlt. An den Arcaden, die im erſten und zweyten Stockwerk rund um das Brunnenhaus ſich win - den, und es gleichſam einfaſſen, ſind, als Wohnungen fuͤr die Brunnengaͤſte, zwey lange Fluͤgel ebenfalls mit einem flachen Dach angehaͤngt, und dieſe endigen ſich mit zwey Pavillons, die ein gebrochenes Dach haben. Bequeme Treppen und Thuͤren verbinden alle Theile zu einem vollſtaͤndigen Zuſammenhang. Man wird nicht leicht einen Entwurf zu einem großen Brunnenhaus finden, der mit der Schoͤnheit des aͤußern Anſehens zugleich ſo viel gute Anordnung zu ſeinem Zweck, ſo viel Bequem - lichkeit, ſo viel Anmuth und Heiterkeit der innern Einrichtung vereinigte. Wie viel haͤtte nicht Wisbaden durch die Ausfuͤhrung eines ſolchen Gebaͤudes gewinnen muͤſſen!

Matlock. *)In Derbyshire in England. S. Youngs Reiſen durch die oͤſtlichen Pro - vinzen von England ꝛc. 3ten Th. S. 103 u. ſ. w. Eine andere ſchoͤne Beſchreibungdieſer beruͤhmten romantiſchen Gegend hat Whateley in ſeinen Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen S. 125 u. f.

Die natuͤrlichen Schoͤnheiten der Gegend um Matlock, wo die warmen Baͤ - der ſind, uͤbertreffen die ſchoͤnſten Plaͤtze in England, welche die menſchliche Kunſt zu verbeſſern geſucht hat. Es iſt ein mit vielen Kruͤmmungen verſehenes Thal, wo - durch die Derwent laͤuft, welche an einigen Orten ziemlich breit iſt, und ſanft fließt, an andern zwiſchen abgebrochenen Felſen durchrauſcht, und allerley kleine Caſcaden macht. An der einen Seite iſt das Thal von fruchtbaren Huͤgeln, an der andern von fuͤrchterlichen mit Waldung bewachſenen Felſen umgraͤnzt.

Um dieſe ſchoͤne Gegend recht in Augenſchein zu nehmen, thut man am beſten, den Fluß bey dem Schlagbaume zu paſſiren, und dem ſich ſchlaͤngelnden Fußſteigeden113von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. den Felſen hinauf zu folgen, welcher zu der auf der Hoͤhe liegenden Strecke von Fel - dern fuͤhret. Sie endigen ſich hier mit dem Abgrunde, laͤngſt dem man hingeht. Einem jeden, der Matlock beſehen will, iſt dieſer Weg zu empfehlen, weil hier ohne Zweifel die ſchoͤnſte natuͤrliche Terraſſe von der Welt iſt. Oben lenkt man ſich links zu der hervorragenden Spitze, Hagrock genannt, von der man ſenkrecht uͤber die jaͤhe Anhoͤhe hinab in den Fluß ſieht, der hier einen ſchoͤnen jenſeits mit Baͤumen eingefaßten Spiegel vorſtellet, zweymal vom Felſen herunterſtuͤrzet, und die Scene durch das Geraͤuſche belebet. Das Thal iſt hier enge; aus demſelben erheben ſich die Huͤgel jaͤhling empor, und ſtellen theils ſchoͤne gruͤne Einzaͤunungen, theils nackte Felſen, theils einen waldigten Ruͤcken dar.

Geht man laͤngſt an dieſem Abgrunde hin, und unter dem am Rande deſſelben wachſenden Gebuͤſche fort, ſo hat man viele maleriſche Ausſichten, zuweilen blos ins Waſſer hinab, zuweilen auf ein Stuͤck finſtere und melancholiſche Waldung; manch - mal entdecket man auf einmal eine Durchſicht auf reizende Stellen des Thales, oder auf die fruchtbaren Huͤgel. Dieß waͤhret ſo lange, bis man an eine große Ulme koͤmmt, die mit ihren breiten Zweigen eine felſichte Ecke an dem Abgrunde beſchattet. Hier hat man uͤber ein von der Natur gemachtes Gelaͤnder eine wirklich praͤchtige Scene. Zu beyden Seiten bildet der Fluß einige ſchoͤne Spiegel, und faͤllt viermal uͤber Felſen hinab. Auf der linken Seite iſt der ganze Abhang bis ans Waſſer mit Wald beſetzt, doch ragen hin und wieder Felſenſpitzen hervor. Oben darauf ſind zwey kleine ganz mit Wald umgebene Einzaͤunungen von Grasland, die durch ſperrige Baͤume von einander getrennt ſind. Man kann nichts ſchoͤneres ſehen. Auf der andern Seite des Thales liegen eingezaͤunte Wieſen, und hoͤher hinauf ſind die Huͤgel mit großer Abwechſelung von Saatfeldern abgetheilt. Auf der rechten Seite iſt der Anblick ganz verſchieden. Das Gehoͤlze ſteht ſo enge am Ufer, als wenn es aus dem Waſſer herauswuͤchſe; es verurſacht einen dunkeln Schatten auf dem ſanft darunter wegfließenden Fluſſe. Ueber den Wald weg zeigen ſich einige mit Grasfeldern um - gebene Haͤuſer, und der gruͤne Teppich zieht ſich zwiſchen einigen wilden Strecken von Wald und Felſen herab.

Bey der Anſicht dieſer praͤchtigen Landſchaft wuͤnſchet man billig, daß die Kunſt etwas dazu beytragen moͤchte, um ſie in ihrer ganzen Schoͤnheit zu zeigen. Man duͤrfte nur einen gemeinen Weg (keinen kuͤnſtlichen von kurz abgeſchornen Raſen, wie in den Blumengaͤrten,) laͤngſt dem Abgrunde durch ein kleines dickes Holz anlegen, um auf einmal unvermuthet zu jener Ulme zu kommen, und von dieſer herrlichen Scene uͤberraſcht zu werden. Die Wirkung wuͤrde groͤßer ſeyn, und nicht leicht ih - res gleichen in England haben.

V Band. PGeht114Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter

Geht man weiter, ſo koͤmmt man an eine vorragende mit niedrigen Eſchen be - ſetzte Ecke, von der man den Fluß durch einen dicken Wald erblicket, welches eine ſanfte Abwechſelung von den vorigen Scenen iſt. Rechter Hand erhebt ſich ein hundert und ſunfzig Fuß hoher Felſen ſenkrecht aus dem Walde, und iſt ſelbſt ganz mit Holz be - wachſen. Man koͤmmt weiter in ein ſo dickes Holz, daß man nicht um ſich ſehen, aber wohl das Getoͤſe des unten uͤber Felſen wegrauſchenden Stromes hoͤren kann, und ge - langet zuletzt an eine Felſenſpitze, die hoͤher als alle vorigen iſt; und da das Geſicht hier frey iſt, ſo hat man die ganze bewundernswuͤrdige Schoͤnheit des Thales vor Au - gen. Links fließt der Fluß laͤngſt dem ſchoͤnen mit Wald beſetzten Abhange, und dar - uͤber weg zeiget ſich eine große Strecke von Einzaͤunungen, da immer eine hoͤher liegt als die andere.

Von hier hindert einen der dicke Wald eine Weile an der Ausſicht, bis man zu der ſogenannten Adamsbank gelanget. Hier geht der Felſen weit ins Thal hinein, weswegen man den bisher zuruͤckgelegten Weg ſehr gut uͤberſehen kann. Man erſtau - net uͤber die ſenkrechte Hoͤhe der Felſen, die mit uͤberhaͤngenden Baͤumen beſetzt ſind, und gerade bis an das Waſſer hinuntergehen. Hin und wieder gucken die nackten Fel - ſen hervor, und geben mit den aus ihnen hervorwachſenden Geſtraͤuchen einen wirklich maleriſchen Anblick. Gegen uͤber ſtoͤßt der Wald an das Ufer; uͤberhaupt kann man ſich keine praͤchtigere Verbindung des Waſſers mit der Waldung gedenken.

Von der ſteilen Anhoͤhe iſt ein Weg bis in den Grund hinab durch den Felſen getrieben; unten iſt ein anderer laͤngſt dem Ufer unter dem Gewoͤlbe hoher Baͤume gefuͤhrt. Er hat ſanfte Kruͤmmungen, in einem ſo guten Geſchmacke, als man ſie faſt nirgends ſieht. Das Geraͤuſche des Fluſſes iſt ſehr angenehm; an manchen Stellen iſt der Buſch duͤnne genug, daß man das Waſſer durchſchimmern ſieht, welches in einem ſo einſamen und finſtern Gange eine treffliche Wirkung thut. Man muß ſich wundern, wenn man hoͤrt, daß alle dieſe Gaͤnge, die Stufen nach dem Felſen hinauf, die Bank oben auf demſelben, die Arbeit eines gewiſſen Mannes ſind, der den Leuten im Bade die Stiefeln auszieht. Er hat auch ein Schiffchen, um zum Vergnuͤgen auf dem Fluſſe zu fahren, angeſchafft. Ein ſolcher Fleiß, und zugleich ſo viel guter Ge - ſchmack, verdient Beyfall. Er iſt der einzige, der etwas zur Verſchoͤnerung von Matlock beygetragen hat.

Der gedachte ſchattigte Gang fuͤhret zu einer Bank, in deren Angeſicht der Fluß einen kleinen Fall macht. Dieſer Fall ſollte umher etwas mit Waldung beſetzt ſeyn. Hernach moͤchte man rathen, den nicht weit davon liegenden Felſen zu beſteigen, zumal da ein angenehmer Gang, von dem man allerley Ausſichten hat, dahin fuͤhret. Der Felſen iſt ſenkrecht vierhundert und funfzig Fuß hoch, und unten fließt der Fluß in einerſanften115von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſanften Kruͤmmung vorbey. Gegen uͤber ſteigt ein Huͤgel kuͤhn empor, und zeiget auf ſeinem Ruͤcken viele Einzaͤunungen. An der einen Seite iſt eine ſteile Felſenſpitze, und an der andern ein jaͤher Abgrund von Felſen und Baͤumen. Man ſieht auf das alte Bad hinab, und auf den entfernten Huͤgeln liegen große Strecken von Einzaͤunungen.

Ueberhaupt betrachtet, muß Matlock die Neugierde eines jeden, der es ſieht, befriedigen. Es unterſcheidet ſich von allen merkwuͤrdigen Plaͤtzen dieſer Art in ganz England. Die Felſen zu Keswick ſind majeſtaͤtiſcher, und das Waſſer ſowohl da - ſelbſt, als bey dem ſogenannten Winandermeer, uͤbertrifft das hieſige weit. Dort ſuchet die Kunſt die Localſchoͤnheiten in einem immer ſchoͤnern Lichte zu zeigen: aber hier iſt alles blos Natur. Die natuͤrliche Terraſſe am Rande der Abgruͤnde, und die große Abwechſelung der Proſpecte, die man von derſelben uͤberſieht, uͤbertrifft in ſei - ner Art alles, was man in England ſehen kann.

V. Gaͤrten bey Hoſpitaͤlern.

Da Hoſpitaͤler in Ruͤckſicht ſowohl auf die Geſunden, als auch auf die Kranken, außer den Staͤdten anzulegen ſind, ſo verſtatten ſie noch leichter beſondere Gaͤr - ten, die ihnen zugehoͤren. Sie muͤſſen demnach in einiger Entfernung von der Stadt und andern ſtark bewohnten Plaͤtzen, in einer geſunden und anmuthigen Gegend, nicht in Thaͤlern und Niedrigungen, ſondern an heitern, von der Sonne erwaͤrmten und vor rauhen Winden beſchuͤtzten Hoͤhen, an ſuͤdlichen Abhaͤngen von Huͤgeln oder maͤſ - ſigen Bergen, auf einem ſehr trockenen Grunde, liegen. Bey einer verhaͤltnißmaͤßi - gen Groͤße muͤſſen dieſe Gebaͤude geraͤumige, heitere und zum Ausluͤften bequem an - gelegte Zimmer, ſonnigte Gallerien zum Spazieren oder Sitzen fuͤr die Schwachen, eine Kapelle, oder einen Saal zum Gottesdienſt, und eine Apotheke enthalten. Ihr aͤußeres Anſehen muß nichts Finſteres haben, ſondern eine gewiſſe maͤßige Munter - keit, wie ruhige zunehmende Hoffnung der Wiedergeneſung mitzutheilen pflegt. Ihre Vorderſeite kann mit Inſchriften und Sinnbildern, die auf ihre Beſtimmung hin - winken, verziert werden.

Ein Hoſpital muß frey liegen, nicht von hohen dumpfigten Mauern, nicht von großen uͤberſchattenden Baͤumen eingeſperrt ſeyn. Der Garten muß unmittelbar mit dem Gebaͤude Verbindung haben, oder es vielmehr, wenn es die Lage verſtattet, um - kraͤnzen. Denn ein Blick aus den Fenſtern in dieſe bluͤhenden und froͤhlichen Scenen hin belebt ſchon den Kranken; auch kann er ſeinen Spaziergang nicht weit ſuchen. Die Anlagen, die ſich gleich von den Thuͤren zu verbreiten anfangen, duͤrfen nichtP 2weit -116Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterweitlaͤuftig, nicht mannichfaltig ſeyn, wenn ſie uͤbrigens nur ihrer Beſtimmung ge - maͤß eingerichtet ſind.

Ein Hoſpitalgarten ſoll dem Schwachen einen bequemen Spaziergang, liebliche Erwaͤrmung der Sonne, Erfriſchung durch freye Luft, und durch Wohlgeruͤche der Pflanzen geben; giebt er zugleich lebhafte und erfreuende Ausſichten, ſo hat er ein Verdienſt mehr. Die Pflanzungen muͤſſen ſich demnach um kieſigte, trockene Wege winden, die mit Baͤnken und Stuͤhlen beſetzt ſind. Freye Gruppen haben hier einen Vorzug vor Alleen, die, wenn ſie bejahrt werden, oben zuwachſen, und die Luft ſo leicht feucht und dumpfigt machen. Es darf hier nicht an Schatten fehlen; nur ſoll er nicht uͤberall herrſchen. Demnach muͤſſen die Gruppen ſich nicht zu eng an einander ſchließen, ſondern viele offene und heitere Zwiſchenraͤume laſſen welche die Luft durch - ſtreicht und die Sonnenwaͤrme erfreut. Sie muͤſſen aus keinen traurigen Nadelhoͤl - zern, ſondern aus Baͤumen mit hellem ſchoͤnem Laub, aus lebhaft bluͤhenden und duf - tenden Straͤuchern und Blumen zuſammengeſetzt werden. In einem Hoſpitalgarten muß alles zum Genuß der wohlthaͤtigen Freuden der Natur, zum frohen Vergeſſen aller Schwachheiten und Kuͤmmerniſſe des Lebens, zu ſchoͤnern Ausſichten in kom - mende Tage aufmuntern; alles muß Heiterkeit ſeyn und Heiterkeit verbreiten. Keine Scene der Melancholie, kein Denkmal der Sterblichkeit darf ſie hier unterbrechen. Die Zwiſchenraͤume der Gruppen koͤnnen mit ſchoͤnen Raſen, mit reichen Blumen - pflanzungen belebt werden. Laute rieſelnde Baͤche koͤnnen durch blumigte Reviere ſpie - len, und froͤhliche Waſſerfaͤlle aus ſchattigten Gebuͤſchen dem Ohr entgegen rauſchen. Viele Pflanzen mit ſtaͤrkenden Wohlgeruͤchen koͤnnen ſich hier in große Gruppen ver - einigen. Viele ſingende Voͤgel ſind durch Schatten, durch Ruhe und Freyheit ihrer Wohnungen in dieſe Gebuͤſche zu locken; mit ihrem Geſang toͤnt Freude in das matte Herz. Zur Verzierung koͤnnen einige wohlgebaute Sitze mit einem Vordach, oder ein heiterer Pavillon dienen, der uͤber eine ſchoͤne Ausſicht herrſcht.

Noch koͤnnten groͤßere Hoſpitalgaͤrten ſehr ſchicklich mit Arzeneykraͤutern bepflanzt werden. Dem Kranken wuͤrde der Anblick der Pflanzen, welche die wohlthaͤtige Na - tur zu ſeiner Geneſung beſtimmte, nicht gleichguͤltig ſeyn; er wuͤrde ſich bey ihrem Wachsthum intereſſiren, hier vielleicht eine Lieblingsſtelle finden, die er oft mit Ver - gnuͤgen beſuchte. Man koͤnnte mit dem Ertrag die Apotheke des Hoſpitals, vielleicht auch andere Apotheken verſorgen, oder doch den Leuten, die fuͤr ſie ſammeln, beſtimmt die Pflanzen hier zeigen, die ſie zu ſuchen haͤtten. Viele Pflanzen dieſer Klaſſe em - pfehlen ſich noch durch ſtaͤrkende Geruͤche; und zum wenigſten wuͤrden ſie hier keine unerwartete oder unſchickliche Erſcheinung ſeyn.

VI. Gaͤr -117von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

VI. Gaͤrten bey Begraͤbnißoͤrtern.

1.

Man hat in Frankreich und Italien ſchon einen gluͤcklichen Anfang gemacht, die ſchaͤdlichen Begraͤbniſſe aus den Kirchen und Staͤdten zu verbannen. *)S. 2ten B. S. 58.In der Schweiz hat die Obrigkeit von Genf das erſte Beyſpiel gegeben, die Todten außerhalb ſeiner Mauern zu begraben. Joſeph, der Weiſe, hat verordnet, daß alle Begraͤbnißplaͤtze aus der Hauptſtadt verlegt, und ſelbſt die Familiengruͤfte in den Kir - chen nicht mehr verſtattet werden ſollen. Dieß große Muſter fordert die deutſchen Fuͤrſten zur Nachahmung auf. Auch iſt man in einigen katholiſchen Provinzen des Reichs auf eine fuͤr die Geſellſchaft ſo wohlthaͤtige Veraͤnderung bedacht. Werden die proteſtantiſchen Fuͤrſten auch hier noch laͤnger zoͤgern koͤnnen?

Die aͤlteſte Verſchoͤnerung der abgeſonderten Begraͤbnißplaͤtze iſt die Bepflan - zung mit Baͤumen. Schon bey den Alten gehoͤrte die Cypreſſe den Graͤbern, ſo wie die Roſe ein Bild des Vergnuͤgens war; ſie umpflanzten damit die Grabmaͤler, die ſie nicht in duͤſtern abgelegenen Winkeln verſteckten, ſondern an freyen Plaͤtzen, die von vielen Menſchen beſucht wurden, und ſelbſt an den Landſtraßen anlegten, mit Mo - numenten und Inſchriften belebten, und zugleich lehrreich machten.

Die Tuͤrken begraben außerhalb der Stadt. Sie geben ſich viele Muͤhe, ihre Begraͤbnißplaͤtze durch Bepflanzung mit wohlriechenden Gewaͤchſen angenehm zu ma - chen. Haſſelquiſt fand, beſonders auf den Graͤbern bey Smirna,**)Reiſe nach Palaͤſtina S. 36. hohe Cypref - ſenbaͤume uͤberall ſehr haͤufig, und eine unzaͤhlige Menge Rosmarinſtraͤucher, die eben bluͤheten und einen vortrefflichen Geruch verbreiteten.

Man pflanzte ehemals in Schottland auf die Graͤber, anſtatt der Cypreſſen, den Taxusbaum. Er ſcheint ſchon lange dieſer Beſtimmung zu gehoͤren. Die Al - ten***)Caeſar de bello Gallico VI. 30. Plinii hiſt nat. XIV. 10. legten ihm ſchon die giftige toͤdtende Eigenſchaft bey, die einige neuere Er - fahrungen beſtaͤtigt haben, und andere wieder zweifelhaft machen. Die Dichter ver - duͤſterten das Reich der Schatten mit Waͤldern von dieſem Baum; und StatiusTheb. VIII. 9. laͤßt eine Furie mit einem Brand von einem abgehauenen Taxus den abgeſchiedenen Seelen auf dem finſtern Pfade entgegen gehen, und ſie mit dieſer Flamme zur Tod - tengeſellſchaft einweihen. Es erhellt aus mehrern Zeugniſſen bey den Alten, daß ſieP 3den118Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakterden Charakter dieſes Baums beſſer kannten, als die Neuern, die noch jetzt ohne alle Ueberlegung ihn in ihren Luſtplaͤtzen ſtehen laſſen. Seine freudenloſe Unbeweglichkeit, ſein finſteres Braun, das zwiſchen den weißen Grabſteinen und Trauermaͤlern eine ſo ernſte Feyerlichkeit verbreitet, beſtimmt ihn zu einem Nachbar der Todten, und nicht zum Geſellſchafter der Lebendigen.

Die Bepflanzung der Begraͤbnißoͤrter fand Forſter ſelbſt auf der Inſel Mid - delbourgh, ſo wie auf den Societaͤtsinſeln. Die Einwohner waͤhlten dazu den Ca - ſuarinabaum. Und wirklich ſchickt er ſich wegen ſeiner braungruͤnen Farbe und der lan - gen niederhaͤngenden Aeſte, an welchen die ſchmalen und faſerigten Nadeln duͤnn und traurig abwaͤrts ſtehen, zu der Melancholie ſolcher Plaͤtze eben ſo gut, als die Cypreſſe. Vermuthlich hat man auch in dieſem Theil der Welt den Caſuarinabaum, aus einer aͤhnlichen Verbindung von Ideen, zum Baum der Trauer auserſehen, als die Cy - preſſe dazu gewaͤhlt ward. *)Forſters Reiſe um die Welt ꝛc. 4. Berlin 1778. 1ſter B. S. 333.

Die Bepflanzung der Begraͤbnißoͤrter diente nicht blos zur Bezeichnung der Stellen, wo der Reſt von einem Geliebten verſenkt lag, ſondern auch zu einer gewiſ - ſen Reinigung der Luft, indem die Baͤume und Pflanzen die boͤſen Ausduͤnſtungen vermindern, oder ſie doch weniger ſchaͤdlich machen. Sie locken zugleich zu einem laͤn - gern Verweilen an den Plaͤtzen, wo ſo viele ruͤhrende Denkmaͤler zu intereſſanten Er - innerungen und Betrachtungen auffordern, wo der Tod ſelbſt die Weisheit des Le - bens lehrt.

2.

Begraͤbnißplaͤtze, die demnaͤchſt außer den Staͤdten anzuweiſen find, muͤſſen eine Lage haben, die reinigenden Winden den Zugang verſtattet, und eine ruhige, einſame und ernſte Gegend. Sie gehoͤren zu der melancholiſchen Gattung von Gaͤrten. Der Platz muß allerdings durch niedrige Mauern, oder Graben, oder Zaun eine Beſchuͤtzung, aber keine aͤngſtliche Einſperrung haben. Kein heller See, keine weiten froͤhlichen Ge - filde in der Ausſicht, keine heitern Raſen in dem innern Bezirk. Ein finſterer angraͤn - zender Tannenwald, ein dumpfigtes Gemurmel fallender Waſſer in der Naͤhe, ver - mehrt die heilige Melancholie des Orts. Die Baͤume muͤſſen durch braunes und dunk - les Laub die Trauer der Scenen ankuͤndigen; Nadelhoͤlzer gehoͤren beſonders wegen ihrer Steifigkeit und ihres Ernſtes in dieſe Pflanzung. Dieſe Baͤume koͤnnen bald einzeln uͤber den Graͤbern ſich erheben, bald ſich in dichte Gruppen und in kleine dunkle Hayne zuſammen ſchließen, die zugleich von wohlriechenden Pflanzen duften. Dieſe Gruppen und Hayne koͤnnen ſelbſt die Graͤber merkwuͤrdiger Perſonen in ſich faſſen, und durch Denkmaͤler und Inſchriften veredelt werden, die dem Spaziergaͤnger Em -pfindun -119von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. pfindungen oder Betrachtungen anbieten, die er auf der geraͤuſchvollen Buͤhne der Welt nicht findet. Hie und da koͤnnen uͤber den frey liegenden Graͤbern zerſtreute Gruppen trauern, oder kleines Geſtraͤuch mit ſtillem Mitleiden uͤber den weißen Stein hinhaͤngen. In den Gruppen koͤnnen einfame Sitze am Fuß der Graͤber ſtehen, und das Auge ploͤtzlich auf eine uͤberraſchende Inſchrift fallen laſſen.

Bedeckte Hallen mit weinenden Bildern des Schmerzes in halb oder ganz er - habener Arbeit, oder mit kurzen ruͤhrenden Inſchriften, oder mit erhabenen Lehren an den umher wandelnden Sterblichen; Trauergebaͤude,*)S. 3ten B. S. 56 und 57. Todtenkapellen, Sitze der Melancholie,**)S. 4ten B. S. 90. Denkmaͤler,***)S. 3ten B. S. 139 u. ſ. w. die ſich hier haͤufen, und daher eine große Man - nichfaltigkeit der Erfindung fordern, gehoͤren zu den Verzierungen eines großen mit Geſchmack angelegten Begraͤbnißplatzes. Sie koͤnnen ſich bald in den duͤſtern Bezirk ſchattenreicher Pflanzungen verſchließen, bald an der ploͤtzlichen Wendung eines dun - keln Ganges uͤberraſchen, bald zwiſchen den Gruppen hin in der Ferne erſcheinen, und das zweifelnde Auge zu ſich rufen. Doch darf kein Monument entbloͤßt und frey in ſeinem vollen Lichte da ſtehen; es muß ſich halb hinter dem Schleyer eines Baums zu verbergen ſuchen, oder, von irgend einem Geſtraͤuch beſchattet, in einer kleinen Daͤm - merung zu ſchlummern ſcheinen. Dieſe Scenen ſind hier einer großen maleriſchen An - ordnung faͤhig. Die Lichter und Schatten fallen hier zwiſchen den dunkeln Pflanzun - gen und den weißen Steinen der Grabmaͤler ſtaͤrker, und koͤnnen zu außerordentlichen und lebhaft uͤberraſchenden Wirkungen vertheilt werden. Das Ganze muß ein großes, ernſtes, duͤſteres und feyerliches Gemaͤlde darſtellen, das nichts Schauerhaftes, nichts Schreckliches hat, aber doch die Einbildungskraft erſchuͤttert, und zugleich das Herz in eine Bewegung von mitleidigen, zaͤrtlichen und ſanftmelancholiſchen Gefuͤhlen verſetzt.

Sollte ein oͤffentlicher Begraͤbnißplatz, in dieſem Geſchmack veredelt, nicht eine verdienſtliche Anlage bey Reſidenzen und andern großen Staͤdten, nicht eine lehrreiche Schule fuͤr alle Klaſſen von Buͤrgern, nicht ein unterhaltender Spaziergang fuͤr den Weiſen, nicht ein erwuͤnſchter Zufluchtsort der nachweinenden Liebe ſeyn,

Die allem feind, womit ſich Menſchen troͤſten,
Der Stille hold, worinn ſie ſich verſchließt,
Und nie vergnuͤgt, als wenn ihr Leid am groͤßten,
In Thraͤnen frey und unbehorcht zerfließt?
v. Haller.
Achter120Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung einzelner Theile eines Landſitzes.

I. Vorplatz vor dem Luſtſchloſſe oder Landhauſe.

Der Vorplatz vor einem Luſtſchloſſe oder Landhauſe verdient Aufmerkſamkeit, ſo - wohl wegen ſeiner genauen Verbindung mit dem Gebaͤude, als auch, weil er ein Ort des Aufenthalts und des Vergnuͤgens zu ſeyn pflegt. Ein jedes Gebaͤude von einiger Wichtigkeit verlangt einen Vorplatz, deſſen Groͤße und Einrichtung von dem Werke der Architektur beſtimmt wird. Ein edles Landhaus, das, ohne irgend einen ge - raͤumigen Vorplatz, unmittelbar an Kornfeld, Wald oder Gebuͤſch angraͤnzt, verliert nicht wenig von der Wirkung ſeines Anſehens. Außerdem iſt bey Gebaͤuden, dem Ver - gnuͤgen des Landlebens gewidmet, ein Vorplatz faſt unentbehrlich. Man tritt dahin in den heitern Stunden des erſten Lichts, oder in der milden Kuͤhlung des Abends; man verweilt hier gerne, man ſpazieret umher, man unterredet ſich, man lieſet, man trinkt, man ſpielt. Der Vorplatz mit ſeiner Gegend darf demnach nicht leer, nicht duͤrftig ſeyn; er muß Unterhaltungen fuͤr das Auge und fuͤr den Geiſt haben.

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121einzelner Theile eines Landſitzes.

Außer dem, was ſchon uͤber dieſen Gegenſtand bemerkt iſt,*)S. 3ten B. S. 9-14. bieten ſich uns hier noch verſchiedene einzelne Betrachtungen an. Zwar iſt es ſchwer, uͤber Verſchoͤne - rungen dieſer Art allgemeine Grundſaͤtze feſizuſetzen, wornach man in jedem Fall ſicher verfahren koͤnnte. Faſt eine jede Gegend hat ihren eigenen Charakter und ihre beſon - dern Eigenthuͤmlichkeiten der Lage und der Ausſichten, worauf die Kunſt bey ihren Verzierungen immer den Blick zu richten hat. Auch der beſondere Himmelsſtrich, die Winde und mancherley andere oͤrtliche Umſtaͤnde, der Charakter des Gebaͤudes, und ſelbſt der Geſchmack ſeines Beſitzers koͤnnen merkliche Abweichungen veranlaſſen. Indeſſen giebt es doch einige Regeln der Schoͤnheit und des Geſchmacks, die in den meiſten Faͤllen eine Beobachtung zu fordern ſcheinen.

Luſtſchloͤſſer verlangen, ihres hoͤhern Charakters wegen, den ſie von der Wuͤrde ſowohl des Bewohners als der Architektur erhalten, einen groͤßern, freyern und rei - cher verzierten Vorplatz, als ein Landhaus, die Wohnung des Adels oder des Man - nes vom Stande. Je anſehnlicher und praͤchtiger das Gebaͤude iſt, deſto mehr muß ſich ſein naher Vorplatz durch Groͤße und Kunſt der Verſchoͤnerung uͤbereinſtimmend heben. Auch iſt es ſchicklich, vor dem Auge der Luſiſchloͤſſer Ausſichten von Weite und Pracht zu eroͤffnen.

Die Verſchoͤnerung der Vorplaͤtze gehoͤrt zum Theil der Kunſt zu, die hier Statuen und Gruppen von Bildern bald fuͤr ſich beſtehend, bald als Verzierung der Zugaͤnge, oder der Springwaſſer, Vaſen und andere Werke der Bildhauerey aufzu - ſtellen pflegt. Allein dieſe Werke ſchicken ſich doch mehr fuͤr Luſtſchloͤſſer und edle Landhaͤuſer, als fuͤr Landſitze von einem mittlern Charakter. Sie muͤſſen ſich auſ - ſerdem nicht blos durch das Verdienſt der Kunſtbearbeitung auszeichnen, zumal da ihre freye Stellung ſie der ſchaͤrfern Beurtheilung ausſetzt, ſondern auch Vorſtellun - gen aus den Scenen der ſchoͤnen Natur und des Landlebens enthalten, wodurch ſie der Beſtimmung der Gebaͤude zuwinken; ſie muͤſſen ferner mit weiſer Sparſamkeit und Wahl angebracht werden. Der glaͤnzende Marmor oder der weiße Anſtrich macht eine treffliche Wirkung, wenn ſie auf gruͤnen Raſen erſcheinen.

Dieſe Raſen ſind die angenehmſte Bekleidung der Vorplaͤtze. Ein ſandigter Boden ermuͤdet und ſchwaͤcht das Auge; Muſcheln, Porzellanſtuͤcke, gefaͤrbte Steine u. ſ. w. ſind die elendeſten Spielwerke der alten kindiſchen Manier; aber ein gruͤner Raſen iſt liebliche Natur und Erfriſchung fuͤr den Anblick. Und dieſe Raſen koͤnnen bey allen Arten der Landgebaͤude von dem koͤniglichen Luſtſchloß bis zu der beſcheidenenHuͤtteV Band. Q122Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungHuͤtte des Landmanns zum Teppich der Vorplaͤtze dienen. Sie gewinnen ein ſchoͤne - res Anſehen, wenn ſie ſich von dem Gebaͤude allmaͤlig mit ſanften Abhaͤngen hinab - ſchmiegen, und ſich nach und nach an die Landgegend anſchließen, oder ſich darinn verlieren. Wenn ſie in einer betraͤchtlichen Strecke fortgehen, ſo moͤgen ſie hie und da zu kleinen Erhebungen, mit Blumen oder Straͤuchern bepflanzt, aufſchwellen, und ſich wieder ſenken; nur duͤrfen ſie in der Naͤhe des Gebaͤudes noch keine zu merkliche Ungleichheiten zeigen, noch dadurch den Genuß einer intereſſanten Ausſicht mindern.

Auf den Raſen, zwiſchen welchen ſowohl fuͤr die Zufahrt als auch fuͤr die Fuß - gaͤnger feſte kieſigte Raͤume ſich oͤffnen muͤſſen, machen bald kleine Sammlungen von Blumen, bald hingeſtreute Pflanzungen von niedrigen Straͤuchern, bald Gruppen von Baͤumen, die anmuthigſte Verzierung aus. Nichts iſt laͤndlicher, mannichfal - tiger und reizender, als ein Vorplatz von dieſer Verzierung; ſie giebt ein Gemaͤlde, das an die ſchmalen und einfoͤrmigen Oeffnungen der alten geraden Zugaͤnge, wodurch man vom Landhauſe nicht ohne Muͤhe in die Landſchaft hinausguckt, und an die ver - ſtutzten und halb kahl geſchornen Baͤume nur mit Ekel zuruͤckdenken laͤßt.

L’acier a retranché leur cime verdoyante.
Je n’entends plus au loin, ſur leur tete ondoyante,
Le rapide aquilon légèrement courir,
Frémir dans leurs rameaux, s’eloigner & mourir.
Froids, monotones, morts, du fer qui les mutile
Ils ſemblent avoir pris la roideur immobile.
*)De Lille.
*)

Blumen und kleine bluͤhende Straͤucher koͤnnen bald rund umher den Rafen umkraͤnzen, bald ſeine Winkel bedecken, bald nachlaͤßig zerſtreut ſich hie und da mit - ten aus feinen Flaͤchen emporheben.

Mehr Sorgfalt erfordern die Gruppen der Baͤume, die den gruͤnen Vorplatz ſchmuͤcken ſollen.

Hiebey iſt zuvoͤrderſt zu bemerken, daß uͤberhaupt ganz nahe dicke Waͤlder und große Gebuͤſche die Luft um ein Wohngebaͤude ungeſund machen, daß ſie aber von friſchen Winden und freyen Sonnenſtrahlen, denen der Zugang nicht verwehrt iſt, rein erhalten wird. Die alten Umzaͤunungen der Landſitze mit hohen Mauern oder dumpfigten Alleen werden ſchon, auch ohne das Urtheil des Geſchmacks, von der Re - gel der Geſundheit verworfen.

Demnach muß die Anpflanzung des Vorplatzes aus kleinen Gruppen beſtehen, die Licht und erfriſchende Luͤſte zulaſſen, und leichte Schatten werfen. Die Baͤumemuͤſſen,123einzelner Theile eines Landſitzes. muͤſſen, da ſie dem Auge ſo nahe ſtehen, um einzeln beobachtet zu werden, ſchoͤne Staͤmme und einen angenehmen Wuchs haben; ſie muͤſſen durch das Gruͤn ihres Laubes einen Contraſt mit der Farbe des Raſens machen. Wo ein Baum einzeln er - ſcheint, da mag er mit ſtaͤrkerer Belaubung herabſchatten, wie die Roßkaſtanie oder der amerikaniſche Platanus. Wo mehrere Staͤmme ſich zu einer Gruppe vereinigen, da moͤgen ſich Baͤume mit leichtem oder gefiedertem Laube, wie die Zittereſpe, der Quitſchernbaum, die virginiſche Robinie, zuſammen geſellen. Baͤume mit leicht ſich bewegenden Blaͤttern, die mit jedem Luͤftchen dem Auge ein angenehmes Spiel dar - ſtellen, und wankende Schatten und phantaſtiſche Malereyen auf den Boden hin - ſtreuen, ſodann Baͤume mit heiterm Laube und mit wohlriechenden Bluͤthen ſchicken ſich vorzuͤglich zur Anpflanzung auf Vorplaͤtzen. Ein Spaziergang zwiſchen dieſen Baͤumen, ein Sitz unter ihrer lieblichen Beſchattung iſt uͤberaus ergoͤtzend.

Die Anordnung der kleinen, einzeln auf dem Vorplatze zerſtreuten Gruppen, iſt von den Ausſichten, die man zum Genuß anbieten will, abhaͤngig. Denn ein heiterer Himmel, eine freye Ausſicht in die Landſchaft, eine Entwickelung der Natur in ihrem ganzen Reiz, ſind die Schauſpiele, die hier das Auge ſucht, und die nie ſchoͤner, als zwiſchen wohlgeordneten Gruppen des Vorgrundes, erſcheinen. Baͤume von hohem Wuchs und von beſonderer Lebhaftigkeit des Gruͤns empfehlen ſich am mei - ſten zu Vorgruͤnden, um die Wirkung des Perſpectivs zu heben. Die Gruppen wei - chen aus einander, oder ſchließen ſich naͤher an, je nachdem die Ausſicht zur Verſtaͤr - kung ihrer Wirkung eine groͤßere oder geringere Oeffnung verlangt. Das vornehmſte Verdienſt der Gruppen, in ſo fern ſie als Mittel der Verſchoͤnerung betrachtet wer - den, beſteht darinn, daß ſie die Landſchaft in einzelnen Gemaͤlden und ausgewaͤhlten Perſpectiven zeigen, zur laͤngern und mannichfaltigern Unterhaltung. Denn die ganze Maſſe einer großen Landſchaft, die auf einmal uͤberſchaut wird, zerſtreuet und ermuͤ - det das Auge. Die Baumgruppen des Vorgrundes geben, zur Verſchoͤnerung der einzelnen Parthien landſchaftlicher Scenen, noch den Vortheil, daß das Auge hier die ſanftere Fortſchreitung von der Daͤmmerung zum Licht gewinnt, und im Schat - ten wieder ruhen kann. Auch ſelbſt die Wahl der Baͤume nach der Farbe des Laubes und nach der Groͤße kann der Landſchaft untergeordnet werden; denn die Farben des Vorgrundes ſollen ſich, zur Verſtaͤrkung der Wirkung, mit den Farben der Land - ſchaft allmaͤlig verbinden, wozu auch in den Zwiſchenplaͤtzen kleine Klumpen von Geſtraͤuchen wichtige Mittel werden.

Laufen nicht weit von der aͤußerſten Graͤnze des Vorplatzes Wieſen ab, ſo ge - ben dieſe die leichteſten und natuͤrlichſten Verbindungen. Einzelne Baͤume, die ohne Abſicht, ohne Wirkung da ſtehen, oder gar die Uebereinſtimmung des Ganzen ſtoͤren,Q 2ſind124Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungſind wegzunehmen. Farben, die zu ſtark abſtechen, muͤſſen gemindert werden. Ein Gebaͤude, das eine zu ſtarke Leuchtung hat, iſt ſo lange durch einen Baum oder ein Gebuͤſch zu verdecken, bis die zu ſehr blendende Weiße ſeiner Waͤnde ſich mindert, oder das harte Gelbe ſeines Strohdachs erbleicht, mehr in den Ton des Ganzen ſtimmt und ſich damit verbindet. Wo auch ein unbeweglicher natuͤrlicher Gegenſtand der Harmonie des Ganzen Eintrag thut, da iſt er durch eine Vorpflanzung zu ver - decken. Ein kleines Gebuͤſch kann zuweilen, in einem beſtimmten Abſtand gepflanz, das misfaͤllige Anſehen eines fernen duͤrren Sandhuͤgels ganz verhuͤllen.

Eine weite Ebene, die ins Unendliche fortlaͤuft, ermuͤdet das Auge, ohne es zu erfriſchen. Ihre Einfoͤrmigkeit muß durch Anpflanzung von Baumgruppen, die ſich durch Groͤße und Abſtaͤnde unterſcheiden, und ein in die Ferne ſich verlaͤngerndes Per - ſpectiv geben, oder durch einige Gebaͤude oder Landhuͤtten unterbrochen werden. Eine Heerde, die ſich nahe auf der Flur umher zerſtreut, kann ſchon einigen Begriff von Leben uͤber den Anblick einer weiten leeren Landſchaft verbreiten.

Der nahe Strand des Meeres iſt hie und da durch Gruppen von Baͤumen zu bepflanzen, die ſeine flache Einfoͤrmigkeit mindern. Man waͤhle Baͤume, die im Sande fortkommen, als Birken und Fuhren oder gemeine Kiefern (Pinus ſylve - ſtris, L.), und hinter ihnen auf einem beſſern Boden Eſchen und Ahorne, welche die von den Winden herbey gefuͤhrte Feuchtigkeit aufhalten.

Liegt hinter einem Gehoͤlz eine Windmuͤhle, ein Kirchthurm, ein Dorf oder eine Stadt, ſo laͤßt ſich durch ausgehauene Oeffnungen auf dieſe Proſpecte die todte Stille in dem landſchaftlichen Gemaͤlde vermindern. Die Vorſtellung von Leben und Ge - ſchaͤftigkeit bricht hervor. Die Entdeckung reicher Hintergruͤnde kann oft eine Land - ſchaft erfriſchen, und ſchon der bloße Anblick blauer Berge am Horizont erhebt die Seele.

Weite, offene, bebauete Felder mit Doͤrfern untermiſcht, geben ein lachendes Gemaͤlde von Wohlſtand und Freude; ein ſich vordraͤngender dunkler Wald gewaͤhrt den Begriff von Ruhe und Einſamkeit; ein hell hervorbrechender See erregt das Ge - fuͤhl von Heiterkeit und Freyheit.

Lauter Kornfelder, obgleich ihre Abtheilungen ſichtbar, ihre Farben verſchieden ſind, geben doch nur eine einfoͤrmige Ausſicht; unterbrochen mit Wieſen, mit Wald, mit Doͤrfern, gewinnen ſie mehr Abwechſelung und Reiz.

Die lebhafteſten Ausſichten liefern ein Fluß und ein See; nur muß jener in einer betraͤchtlichen Laͤnge erſcheinen, und dieſer nicht zu ſehr in der Tiefe liegen, die ihn halb dem Auge entzieht.

Huͤgel,125einzelner Theile eines Landſitzes.

Huͤgel, die ſanft aufſchwellen, ſich in allmaͤlige Vertiefungen ſenken, und dann wieder aufſteigen, ſtellen, von einer Hoͤhe betrachtet, eine reizende Scene dar. Noch mehr gewinnt ſie an Schoͤnheit, wenn die hintern Anhoͤhen in mannichfaltigen Lagen ſich uͤber einander erheben, in ihren verſchiedenen Abſaͤtzen, Flaͤchen und Einbuchten die wandelbaren Lichter und Schatten ſich brechen, und auf der obern Spitze ein dunk - ler Wald ſich mit ernſter Stirne an den Wolken mißt.

Von der Hoͤhe des Landhauſes der Blick auf eine Sammlung von Haynen und kleinen Waͤldern, mit hellen grasvollen Zwiſchenraͤumen, hier zur Seite auf einen See, wohin ſich die Gehoͤlze von ihren Anhoͤhen herabneigen, dort auf eine Reihe von Wie - ſen, worinn einzelne Huͤtten ſich im Schatten bluͤhender Obſtbaͤume verhuͤllen welch eine entzuͤckende Ausſicht!

Die herrlichſten Hintergruͤnde der Landſchaft in der Ferne ſind hohe dunkle Wal - dungen, blaue in den Duft ſich verlierende Gebirge, das Meer mit ſeinen ſchwimmen - den Palaͤſten, deren weiße Segel zwiſchen daͤmmernden Wolken umher flattern. Der Charakter dieſer Hintergruͤnde reicht an das Erhabene.

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Q 3II. Feld -126Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

II. Feldſpazierwege.

1.

Feldſpazierwege, die in ihrer Einrichtung Bequemlichkeit und eine gewiſſe Schoͤn - heit vereinigen, ſind ein ſehr angenehmes Eigenthum eines adelichen Landgutes. Sie erfreuen das Auge durch die verlaͤngerte Vorſtellung von der Ausdehnung eines anmuthigen Ritterſitzes, und kuͤndigen dem Ankommenden, indem er den Boden be - tritt, ſogleich den uͤberall aufmerkſamen Geiſt des Beſitzers an. Sie koͤnnen, indem ſie nach allen Gegenden eines Landguts herumleiten, oft Spaziergaͤnge von einer weit reichern Mannichfaltigkeit laͤndlicher Scenen, und einer weit hoͤhern Schoͤnheit der Ausſichten darbieten, als der Park oder Garten ſelbſt, nach ihrem mehr eingeſchraͤnk - ten Umfange, und oft nach ihrer Lage, nicht verſtatten.

Schon die gemeine Einrichtung eines Landguts erfordert Wege zur Verbindung aller Theile; der Beſitzer muß bequem in alle Gegenden kommen koͤnnen, um ihre verſchiedenen Benutzungen und die Arbeiten ſeiner Leute zu uͤberſehen. Die Bequem - lichkeit, die Reinlichkeit, die Anmuth, die in ſeinen Feldwegen herrſcht, iſt zunaͤchſt ein Vortheil fuͤr ihn. Ein ſanft unterhaltendes laͤndliches Vergnuͤgen begleitet ihn nun auf dem Wege, worauf ihn ſeine Geſchaͤfte gehen heißen. Er kann mit ſeiner Familie, mit ſeinen Freunden, die ihn beſuchen, zur geſunden Bewegung weite Spa - ziergaͤnge ins Freye vornehmen, ſie uͤberall die Anmuth ſeiner Gegenden genießen laſ - ſen, und ſie leichter mit der Ueberſicht ſeiner oͤkonomiſchen Einrichtungen unterhalten.

Bequeme und anmuthige Feldſpazierwege ſind die geringſte Anlage, die man in einem Landgute machen kann. Ein Ritterſitz, der ſonſt keine Verſchoͤnerungen hat, ſollte doch wenigſtens in dieſem Theil keine Vernachlaͤßigung zeigen. Er kann ſeine dichten Waͤlder, ſelbſt zum beſſern Wachsthum ihrer Baͤume, mit Spaziergaͤngen eroͤffnen, und den zur Bearbeitung des Feldes und zur Einfuͤhrung der Fruͤchte unent - behrlichen Wegen eine Umpflanzung geben, worinn das Anmuthige zugleich das Nuͤtz - liche umarmt. Es wuͤrde das Vorurtheil eines platten, gewinnſuͤchtigen Pachtergei - ſtes ſeyn, wenn man glaubte, daß dieſe Gattung von Verſchoͤnerung, wenn ſie von Ueberlegung begleitet wird, den nuͤtzlichen Ertrag der Laͤndereyen ſchmaͤlerte.

2.

Die Feldſpazierwege, die ſich bald fuͤr den Fahrenden und Reitenden erweitern, bald ſich in Pfade fuͤr die Fußgaͤnger verengen, gewaͤhren auf gewiſſe Weiſe die Er - goͤtzung einer kleinen Landreiſe. Sie koͤnnen alle Abwechſelungen von Scenen undAusſichten127einzelner Theile eines Landſitzes. Ausſichten einer wohlangebaueten und reizenden Landſchaft unter ihren Geſichtspunkt faſſen, und auf den Gewinn dieſes Vortheils muß ihre Anordnung, ſo viel als moͤg - lich, gerichtet ſeyn. Sie koͤnnen bald zwiſchen duftenden Wieſen und fruchtbaren Kornfeldern, bald auf heitere Anhoͤhen, bald neben erfriſchenden Gewaͤſſern hin, bald in die Kuͤhlungen eines ſchattigten Waldes, bald einer heerdenreichen Weide vorbey, bald durch ein ſchoͤnes reinliches Dorf fuͤhren. Wo irgend die Ueberraſchung oder die allmaͤlig ſich erweiternde Wonne einer reizenden Ausſicht zu gewinnen iſt, da muß der Weg, wenn ihn nichts hindert, ſich hinwenden, um ſie aufzufaſſen. Es iſt oft leicht, die Fehler der Ausſichten durch Pflanzungen zu verbergen, oder ſogar zu ver - beſſern. Zuweilen wird das Auge durch einen Haufen einzelner, unordentlich zer - ſtreuter, krummer, oder von dem Raub der Zeit und der Gewitter halb zerſtoͤrter Baͤume, die auf den Feldern ſtehen, aufgehalten und beleidigt. Man haue ſie weg, da ſie keinen ſchoͤnen Vorgrund bilden; man pflanze hie und da kleine Gruppen von andern nuͤtzlichen Baͤumen hin, die das Auge ergoͤtzen und es zwiſchen ihnen hin nach maleriſchen Durchſichten in die Ferne locken. Ein kahler Huͤgel hat ein todtes Anſe - hen; werden einige Baͤume mit wallendem Laube an ſeinen Abhaͤngen hingepflanzt, ſo gewinnt er Leben. So kann ein kleiner Waſſerfall, der ohne viel Muͤhe von einem durchlaufenden Bach in einem Wieſengrund angelegt wird, in ſeiner Naͤhe umher eine ſehr angenehme Wirkung haben.

Waldgaͤnge gehoͤren zu den anmuthigſten, weil ſie den Schatten geben, der auf den offenen Feldſpazierwegen fehlt. Denn dieſe verſtatten nicht uͤberall Umpflanzung; und in den mildern Stunden des Morgens und des Abends, die nur das Streiflicht verſchoͤnert, und keine blendende Glut des Lichts beſchwert, iſt uns der Anblick der of - fenen Fluren und der weiten Gewoͤlbe des Himmels nicht wenig erfreulich. Wald - gaͤnge muͤſſen uͤbrigens ſich nicht weit von dem Nachlaͤßigen und Wilden ihrer Gegend entfernen; jeder Anſchein einer geſuchten Regelmaͤßigkeit iſt hier ſchon ein Eingriff in das Vorrecht der Natur; und felbſt ein langer gerader durchſchneidender Weg, der keine oͤffentliche Landſtraße iſt, beleidigt das Gefuͤhl, indem er ohne Noth die Schoͤn - heit eines Gehoͤlzes zerſtoͤrt. Ganz nahe an dem Weg muͤſſen hin und wieder wilde Roſen, der Spindelbaum, das Geißblatt und andere vorzuͤgliche Straͤucher mit dem Untergebuͤſch ſich miſchen, oder wohlriechende und ſchoͤnfarbigte Feldblumen in dicken Klumpen zuſammengepflanzt werden.

Die im Freyen laufenden Feldſpazierwege ſind, wie oben bemerkt iſt, nicht uͤberall einer ſchattigten Umpflanzung faͤhig, weil das Nutzbare, das hier gebietet, die Verſchoͤnerung zuweilen nicht neben ſich zulaͤßt. Allein dieſe Wege koͤnnen bald mit eintraͤglichen Fruchtbaͤumen auf den Seiten eingefaßt werden, bald zwiſchenganzen128Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungganzen Gruppen von ihnen fortlaufen, bald einen großen Baumgarten durchſtreichen, wo das Auge ſowohl von den mancherley Bluͤthen, als auch den reifenden Fruͤchten, ſehr angenehm unterhalten wird. Auch zwiſchen den Feldern koͤnnen anſehnliche Klum - pen von Obſtbaͤumen erſcheinen, und in gewiſſen Entfernungen vom Wege die Aus - ſicht erfriſchen. Kleine Zaͤune koͤnnen ſich hier ſelbſt von Fruchtſtraͤuchern bilden, und zuweilen mit neuer Anmuth neben den Luſtpfaden hinlaufen. Doch muß alles mehr ſorglos hingeſtreut, als bedaͤchtig angepflanzt ſcheinen, und ſich dem freyen und un - geſchmuͤckten Reiz der Landſchaft naͤhern. In den weitern Entfernungen von den Wohngebaͤuden und den Doͤrfern ſind die Pflanzungen, welche, ſo uͤberlegt ſie auch ſeyn moͤgen, doch den Anſchein eines natuͤrlichen Entſtehens haben, jeder genauen Re - gelmaͤßigkeit vorzuziehen, und daher hat ſelbſt eine wilde Gruppe von Fruchtbaͤumen einen Vorzug vor einer Allee, die aus eben dieſen Baͤumen beſteht. Die Natur zeigt oft in der Bildung ihrer wilden Pflanzung ſo viel Schoͤnheit, daß der Kunſt faſt nichts zum Zuſatz oder zur Abaͤnderung uͤbrig bleibt.

Buſchigte Umzaͤunungen der Feldwege ergoͤtzen das Auge auf eine mannichfal - tige Art. Im Fruͤhling ſind ganze Stellen dieſer Gebuͤſche von den Bluͤthen des Schleedorns und des Weißdorns uͤberſchneyt, und den erhoͤheten Rand der Zaͤune zieren Veilchen, Schluͤſſelblumen, Maßlieben, und die Bluͤthen der Erdbeerpflan - zen. Im Sommer begruͤßen die wilde Roſe, der Hollunder und das Geißblatt mit ihren Wohlgeruͤchen den Vorbeygehenden. Und im Herbſt weidet ſich ſein Auge an den Farben der beerentragenden Straͤucher. Zugleich ſind dieſe Umzaͤunungen der Aufenthalt vieler Singvoͤgel, die den Weg beleben.

Feldſpazierwege muͤſſen beſonders zu den angenehmſten Stellen eines Landſitzes umherleiten und ſie mit einander verbinden. Solche Stellen koͤnnen durch ein Ge - baͤude, durch einen Sitz, durch ein Gelaͤnder am ſteilen Abhang, und durch irgend ein anderes Merkmal der Bezeichnung dem Auge ankuͤndigen, daß ſie ſich durch ihre Schoͤnheit uͤber die uͤbrigen Gegenden erheben. Eine Huͤtte, ein Borkhaus, oder ein anderes laͤndliches Gebaͤude kann zugleich zur Aufnahme einer Geſellſchaft eingerich - tet werden. Es hoͤrt ſodann auf, blos ein Gegenſtand der Verzierung zu ſeyn; ſelbſt die Bezeichnung des Orts iſt nicht mehr ſeine einzige Beſtimmung; es wird zugleich durch ſeinen Nutzen erheblich, indem es bey dem Ueberfall eines Regens ſeinen Schirm anbietet, und zu geſellſchaftlichen laͤndlichen Ergoͤtzungen dient; und liegt es in einiger Entfernung von dem Wohnhauſe, ſo behaͤlt es, da es kein beſtaͤndiger Pro - ſpect iſt, noch einen gewiſſen Reiz der Neuheit, den oft die naͤchſten Plaͤtze, die am meiſten beſucht werden, allmaͤlig zu verlieren pflegen. Ein ſolches Gebaͤude kann zu - weilen in einem beſondern Theil die Wohnung eines einzelnen alten Greiſes ent -halten,129einzelner Theile eines Landſitzes. halten, der hier ſeine letzten Tage verlebt, oder eines noch geſchaͤftigen Mannes, der eine benachbarte Baumſchule zu warten oder eine andere laͤndliche Anſtalt zu be - wachen hat.

Zu dieſer Gattung von Anlagen gehoͤren noch Feldthore und Bruͤcken. Sie duͤrfen hier nichts von der Zierlichkeit und Feinheit fordern, wozu ſie in den ausge - bildeten Auftritten der Gaͤrten berechtigt ſind, ſondern verlangen vielmehr einen ge - wiſſen rohen und einfaͤltigen Charakter der Bauart. Feldthore bey Eingaͤngen in ausgedehnte Fluren und Gehoͤlze muͤſſen ſich durch ein groͤßeres Anſehen von Staͤrke und Feſtigkeit auszeichnen; ſind ſie ein Zubehoͤr kleiner Bezirke von Wieſen, von Pflanzungen und Baumgaͤrten, ſo koͤnnen ſie ſich ſchon durch mehr Leichtigkeit und landmaͤßige Zierde unterſchelden. Sie koͤnnen hier ſelbſt einen weißen Anſtrich fordern, da ſie im erſten Fall ſich mit dem weniger lebhaften Grauen begnuͤgen.

Faſt eben ſo verhaͤlt es ſich mit den Bruͤcken. Sie koͤnnen bald aus unbeſchaͤl - ten Knoͤppeln, bald aus einem Brete mit einer gemeinen Lehne, bald aus rohen uͤber einander geworfenen Feldſteinen, bald aus gemauerten Boͤgen gebildet werden. Sie muͤſſen mit Sicherheit und Bequemlichkeit bald ein ſtarkes, bald ein leichteres, bald ein ganz rohes, bald ein etwas geſchmuͤcktes Anſehen verbinden. Ihr verſchie - dener Charakter richtet ſich nach den Gegenden, wo ſie angelegt ſind, und nach den Oertern, wohin ſie fuͤhren. Eine ganz rohe, aus unbehauenen Bretern oder alten Baumaͤſten hingeworfene Bruͤcke ſchickt ſich fuͤr die wilde Gegend eines Waldbachs; eine ſtarke Steinbruͤcke iſt dem Zugang in ein Dorf oder zu einer Waſſermuͤhle an einem reißenden Strom angemeſſen; und eine leichter von Holz gebauete weißange - ſtrichene Bruͤcke mit einem huͤbſchen Gelaͤnder kuͤndigt die Naͤhe einer zierlichen Meyerey an.

3.

Die vielen Gelegenheiten zur Verſchoͤnerung der Landguͤter muͤſſen unſtreitig die Liebe des Adels zum Aufenthalt auf ihnen beleben. Nichts war langweiliger, als die Monotonie der vorigen Gartenmanier, die ſich auf einige Alleen und Hecken nahe bey dem Wohnhauſe einſchraͤnkte. Der Adel fuͤhlte die Quaal der Langeweile, und ſuchte Zerſtreuung; er eilte den Ergoͤtzungen großer Staͤdte zu, und verſchwendete ſein Vermoͤgen. Die Guͤter verfielen in der Abweſenheit des Herrn. Er kehrte zuruͤck, entkraͤftet und ohne Mittel zu ihrer Verbeſſerung. Jetzt, da der Geſchmack an Verſchoͤnerungen ſich zu verbreiten beginnt, faͤngt auch der Adel mehr an, ſeine Beſitzungen auf dem Lande zu lieben, und ſie den koſtbaren Zerſtreuungen der Stadt vorzuziehen. Ich habe zuweilen geſehen, wie junge Herren, die nur fuͤr die Freude der großen Welt und der Hoͤfe geboren zu ſeyn ſchienen, bald ſich dem Zauber ent -V Band. Rriſſen,130Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungriſſen, zu ihren vaͤterlichen Guͤtern zuruͤckkehrten, und hier mit Geſchmack und oft mit einer Art von Begeiſterung zu bauen und zu pflanzen anfiengen. Sie fanden hier nicht bloß Beſchaͤftigung, ſondern auch Unterhaltung und mannichfaltiges Ver - gnuͤgen. Die Bewohnung und Verbeſſerung der Landguͤter, die ſie von ihren Ei - genthuͤmern ſelbſt erhielten, iſt nicht ſelten ſchon eine Folge von der Ausbreitung des neuen anziehenden Gartengeſchmacks geweſen. Der Reichthum, der ſonſt nur die unnuͤtze Pracht und die Verſchwendung in den Reſidenzen unterhielt, kehrt nun zu ſeiner wahren Quelle wieder zuruͤck, naͤhrt den nuͤtzlichen Landmann, vermehrt gluͤck - liche Familien, ſchafft fruchtbare Pflanzungen, erweitert alle Vortheile des Landes fuͤr den Beſitzer, und begluͤckt noch mit ihrem Genuß die ferne Nachkommenſchaft.

III. Meyerey.

1.

Als ſich die Gartenbegriffe, die lange ſo eingeſchraͤnkt waren, als der enge Um - fang der Gaͤrten ſelbſt, zu erweitern anfiengen, und aus den groͤßern Parks der Geſchmack an Verſchoͤnerungen ſich auch in die umliegenden Plaͤtze allmaͤlig verbrei - tete; lernte man bald einfehen, daß alle Theile eines Landgutes eines gewiſſen Schmu - ckes faͤhig ſind. Die zufaͤlligen Schoͤnheiten einer maleriſchen Lage, die hie und da zuweilen dem Auge aufſtießen, unterſtuͤtzten dieſe Bemerkungen noch mehr. Ein - zelne Verſchoͤnerungen der Kunſt, die hin und wieder in den Landguͤtern oft eben ſo zufaͤllig entſtanden, entdeckten, was man in Anſehung des Ganzen ausfuͤhren koͤnnte, ohne dem Nuͤtzlichen Eintrag zu thun. Schon der zierliche weiße Anſtrich eines Pachterhauſes, der ſein Anſehen gegen das dunkle Gruͤn eines hinter ihm liegenden Waldes auszeichnete, reizte den Blick in der Ferne und erregte zugleich eine ange - nehme Vermuthung von der innern Reinlichkeit. Der gute Geſchmack der Archi - tektur fieng, beſonders in England, an*)Dieß zeigen unter andern folgende Architekturwerke. Uſeful Architecture for Erecting Perſonage-Houſes, Farm-Hou - ſes and Jans etc. by William Halfpenny, Architect and Carpenter. 8. London 1760 mit 20 K. T. 3te Ausgabe. Die 2te Aus -gabe kam unter dem Titel: Twelve beau - tiful Deſigns for Farm-Houſes etc. zu London in 4. 1759 heraus. The Gentle - man and Farmer’s Architect: a new Work. Containing a great variety of uſeful and Genteel Deſigns. Being cor -rect, ſich auch uͤber Meyereyen, Pachterwoh - nungen uud die zur Landwirthſchaft gehoͤrigen Gebaͤude auszubreiten. Man ſahedemnach,131einzelner Theile eines Landſitzes. demnach, daß ein Viehhof in einem buſchichten Gehoͤlze oder eine Menagerie vom zahmen Gefluͤgel in einem waldigten Winkel nebſt der Huͤtte des Aufſehers ein ange - nehmes laͤndliches Gemaͤlde machten, daß ein Milchhaus im Schatten durch Lage und Bauart ein gefaͤlliges Anſehen gewinnen konnte, daß ſich uͤberall in das Nuͤtzli - che einige Verſchoͤnerungen einſtreuen ließen, ohne den wirthſchaftlichen Gebrauch einzuſchraͤnken.

2.

In England war es der vortreffliche Whately*)Obſervations on modern Gardening S. 161. u. f., der zuerſt einige richtige Bemerkungen uͤber dieſe Verſchoͤnerung einer Laͤnderey oder Meyerey (ornamented Farm) bekannt machte. Viele von den groͤßten Schoͤnheiten der Natur, ſagt er, werden in den Feldern gefunden, und ſie begleiten die gewoͤhnliche Verfaſſung des Landbaues. Waldung und Waſſer kann hier in verſchiedenen Geſtalten und Lagen gezeigt werden. Man kann die Umzaͤunungen erweitern oder theilen, und ihnen alle Einfaſſungen geben, die man nur will. Eine jede kann ein angenehmes Stuͤck Landes ausmachen, und zuſammen koͤnnen ſie reizende Ausſichten erzeugen. Die Saatfelder, die Triften, die Wieſen koͤnnen auf einander folgen, und zuweilen kann, ohne eine Unſchicklichkeit zu beſorgen, eine kleine Wildniß mit untergemiſcht werden. Kurz, hier findet eine jede in einem unbezaͤunten Lande nicht ungewoͤhnliche Schoͤn - heit Statt, ſie mag nun aus einer Vernachlaͤßigung oder aus einer Verbeſſerung ent - ſtehen. Auch die Gebaͤude, die in einer ſolchen Landſchaft haͤufig vorkommen, ſind oft reizende Gegenſtaͤnde. Die Kirche und der Landſitz gehoͤren zu den anſehn - lichſten. Selbſt die Wirthſchaftsgebaͤude, wenn ſie ſich in einer vvrtheilhaften Lage befinden; die Staͤlle, Scheunen und Nebengebaͤude, wenn ſie mit der Abſicht, ſie in Gruppen zu verbinden, angelegt ſind, (und ſie laſſen ſich mit Baͤumen ſehr ſchick - lich verbinden) machen zuſammen eine maleriſche Zeichnung aus. Einige von ſolchen Gebaͤuden koͤnnen von der Gruppe getrennt, und hie und da in den Feldern ange - bracht werden. Das Taubenhaus oder der Milchkeller koͤnnen von den uͤbrigen ab - geſondert ſeyn; ſie koͤnnen in ihrer Anlage ſchoͤn ſeyn, und uͤberall, wo ſie die beſte Wirkung haben, hingebauet werden. Eine gewoͤhnliche mit einer Menge von Baͤu - men begleitete Scheune iſt bisweilen in der Ferne ſehr ſchoͤn; eine hollaͤndiſche Scheune iſt es in der Naͤhe; und ein Heuſchober iſt insgemein in jeder Lage ein an -R 2genehmer*)rect Plans and Elevations of Perſonage and Farm-Houſes by T. Lightoler, Ar - chitect. London. 4. 1764 mit 25 Kupferta - feln, worunter N. 2 und 9 die beſten Vorſtel - lungen enthalten. Deſigns and eſtimatesof Farm-Houſes etc. by Daniel Garret. 2te Auflage fol. London 1759 mit 9 Kupfer - tafeln.132Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerunggenehmer Umſtand. Dieſe alle koͤnnen einzeln angebracht werden; und außer ihnen ſind alle Arten von Bauerwohnungen ſchicklich. Unter ſo vielen Gebaͤuden koͤnnen einige zu andern Abſichten angewendet werden, als ihre ſcheinbare Einrichtung anzu - zeigen ſcheint; und ihre aͤußerliche Geſtalt mag beſchaffen ſeyn, wie ſie will, ſo koͤn - nen ſie doch inwendig einen angenehmen Ort des Aufenthalts, zur Erfriſchung, zum Zeitvertreibe, oder zur Bedeckung vor dem Wetter, abgeben.

Dieſe Bemerkungen begleitet Whately mit der Beſchreibung von Woburn, bey Meybridge in Surry, die er fuͤr die vollkommenſte Ausfuͤhrung in dieſer Gat - tung von Verſchoͤnerung haͤlt, nachdem er vorher eine Schilderung von den beruͤhm - ten Leaſowes*)S. den 4ten B. S. 247 u. f. oder Hinterfeldern gegeben.

Die geſchmuͤckte Laͤnderey oder Meyerey zu Woburn enthaͤlt hundert und funfzig Morgen Landes, wovon beynahe fuͤnf und dreyßig bis auf den hoͤchſten Grad verſchoͤnert ſind; von den uͤbrigen ſind ohngefaͤhr zwey Drittheile zu Triſten, und das dritte zum Ackerbau beſtimmt. Dennoch aber verbreiten ſich die Verzierungen uͤber ein jedes beſonderes Stuͤck. Denn ſie ſind laͤngſt an den Seiten eines Spaziergan - ges angebracht, der nebſt ſeinem Zubehoͤr einen breiten Zirkel rund um die Triften beſchreibt, und durch Saatfelder, wiewohl viel ſchmaler, fortgefuͤhret iſt. Dieſer Weg iſt eigentlich ein Garten; alles innerhalb deſſelben iſt Laͤnderey, welche ganz an den zwo Seiten eines Berges und auf einer Ebene an dem Fuße deſſelben ange - bracht iſt. Die Ebene iſt in Felder abgetheilt; und die Triften nehmen den Berg ein. Sie werden von dem Spaziergange eingeſchloſſen, und von einem andern Wege durchſchnitten, der uͤber die Hoͤhe des Berges fuͤhret, welcher gleichfalls praͤchtig geziert iſt, und die Triften in zwo Fluren theilet, deren jede ganz und gar mit Garten eingefaßt iſt.

Dieſe ſind von ſich ſelbſt einnehmend: in beyden hat der Boden eine ſehr ſchoͤne Lage. Es wechſeln theils Klumpen, theils einzelne Baͤume darauf ab; und die Gebaͤude auf dem Spazierwege ſcheinen mit ihnen verbunden zu ſeyn. Auf dem Gipfel des Berges iſt ein großes achteckigtes Haus; und nicht weit von demſelben zeigen ſich die Ruinen von einer Capelle. Von der einen Flur ſieht man dieſe Rui - nen, auf der Hoͤhe eines gemaͤchlich anſteigenden Huͤgels, auf den Seiten und im Ruͤcken mit Gruppen von Baͤumen eingeſchloſſen; von der andern erſcheinet das Acht - eck auf dem hohen Rande eines ſteilen Abſturzes und an der Seite eines artigen Hayns, der ſich von dem Abhange herabneigt. Dieſe Flur wird auch noch durch ein zierliches gothiſches Gebaͤude verſchoͤnert; die erſtere aber unterſcheidet ſich durch das Wohnhaus, und durch eine Laube am Eingange. Und in beyden trifft man be -ſtaͤndig133einzelner Theile eines Landſitzes. ſtaͤndig etwas weniger betraͤchtliche Gegenſtaͤnde an, als Sommerhaͤuſer, Huͤtten und Bruͤcken.

Indeſſen aber ſind die Gebaͤude nicht die einzigen Verſchoͤnerungen des Spa - zierganges. In einer anſehnlichen Strecke des Weges wird ihm die Ausſicht auf das Land von einer dicken und hohen Hecke benommen, welche mit Geißblatt, Jas - min und andern wohlriechenden Gewaͤchſen durchflochten iſt, deren Zweige die dich - rern Aeſte der Hecke umwinden. Ein groͤßtentheils mit Sande oder Kies bedeckter Fußſteig gehet in einer gebogenen Linie bald nahe unter der Hecke, bald in einer klei - nen Entfernung vor derſelben dahin; und der gruͤne Raſen zu beyden Seiten erhaͤlt von Gruppen niedriger Straͤucher, von Tannen, oder den kleinſten Baͤumen und oft von Blumenpflanzungen ſeine Abwechſelung. Dieſe letztern ſind nur allzu ver - ſchwenderiſch herumgeſtreut, ſo daß ſie dem Auge beynahe unangenehm werden; im Gegentheil aber erfuͤllen ſie auch die ganze Gegend mit ihren Geruͤchen, und ein je - des Luͤftchen iſt mit einem angenehmen Dufte erfuͤllt. Jedoch iſt die Verzierung an einigen Orten weit gemaͤßigter: indem der Spaziergang durch groͤßere Gehoͤlze von immer gruͤnen Waldbaͤumen, durch Gebuͤſche von hangenden Straͤuchern, oder durch weit anſehnlichere lichte Pflanzungen dahin laͤuft. An dem einen Platze iſt er voll - kommen ungekuͤnſtelt, ohne einen einzigen Zuſatz, ohne Kies, ohne einige niedrige Umzaͤunung, welche ihn von der uͤbrigen Flur abſchneiden koͤnnten; denn er unter - ſcheidet ſich nur durch den Reichthum ſeines belebten Gruͤns, und durch die Sorg - falt, welche man auf ſeine Erhaltung wendet. In den Saatfeldern iſt er gleich - falls gruͤn und berafet, indem er der Richtung der Hecken folgt, welche die verſchie - denen Stuͤcke einſchließen. Dieſe Hecken werden bisweilen durch bluͤhende Geſtraͤu - che verdicket; und in jedem Winkel, oder offenen Platze, iſt ein Roſengebuͤſch, oder eine bald dichtere bald zerſtreutere Menge von Baͤumen, oder auch eine Blumen - pflanzung. Iſt aber der Boden zur Verſchoͤnerung der Felder mit großem Fleiß zugerichtet worden; ſo hat man auf der andern Seite viele fuͤr einen Garten neue Ge - waͤchſe von der Landgegend entlehnt; und die Straͤucher und Blumen, die man der einen beſonders eigen zu ſeyn glaubt, ſind dem andern im reichen Ueberfluſſe mitge - theilet worden; und ihre Anzahl ſcheinet ſich vermittelſt ihrer Ordnung in ſo vielen und ſo verſchiedenen Gegenden zu vervielfaͤltigen. Dennoch aber wuͤrde ein einge - ſchraͤnkterer Gebrauch derſelben beſſer, und eine weniger ausſchweifende Abwechſelung reizender geweſen ſeyn.

Allein das Uebertriebene zeiget ſich blos in den Einfaſſungen des Spazierweges. Die Scenen, durch welche er fuͤhret, ſind wirklich ſchoͤn, uͤberall reich, und allezeit angenehm. Eine außerordentliche Munterkeit verbreitet ſich uͤber beyde Fluren; undR 3dieſe134Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungdieſe entſtehet nothwendig aus der Menge und Pracht der auf denſelben befindlichen Gegenſtaͤnde, aus der Vorleuchtung der Gebaͤude, aus den Ungleichheiten des Bo - dens, und aus den Verſchiedenheiten der Pflanzungen. Obgleich die Klumpen und Hayne fuͤr ſich beſonders ſehr klein ſind, ſo haͤufen ſie ſich doch oft vermittelſt der Perſpectiv, und ziehen ſich in anſehnliche Gruppen zuſammen, die in ihren Figuren, Schattierungen und Lagen reizend werden. Von der Hoͤhe des Berges hat man zwo vortreffliche Ausſichten vor ſich. Die eine iſt luſtig und erſtrecket ſich weit uͤber eine fruchtbare Ebene, die von der Themſe gewaͤſſert und theils von dem St. Annens - Berge, theils von dem Schloſſe zu Windſor unterbrochen wird. Eine Wieſe von einem großen Umfange und von einer beſondern Lebhaftigkeit liegt gleich vor den Augen in der Tiefe, indem ſie ſich zugleich bis an die Ufer des Fluſſes verbreitet; und jenſeit deſſelben iſt die Gegend mit Laͤndereyen, Doͤrfern und allen moͤglichen Spuren des Reichthums und der Bearbeitung angefuͤllt. Die andere Ausſicht hat mehr Waldung. Ein Kirchthurm, oder die Thurmſpitzen von Landwohnungen ſtei - gen bisweilen uͤber die Baͤume hinauf; und der verwegene Schwibbogen von der Waltonbruͤcke iſt hier ein ſehr deutlicher Gegenſtand, der nicht nur ein ſonderbares, ſondern auch ein majeſtaͤtiſches Anſehen hat. Die auf der Ebene eingeſchloſſenen Felder erſcheinen weit einſamer und ſtiller; ein jedes iſt auf ſich ſelbſt eingeſchraͤnkt; und alle zuſammen machen einen angenehmen Contraſt mit der freyen Gegend, die ſich uͤber ihnen eroͤffnet.

Mit den Schoͤnheiten, die einen Garten zu beleben vermoͤgend ſind, vermi - ſchen ſich uͤberall verſchiedene Eigenſchaften einer Laͤnderey. Beyde Fluren ſind voll davon. Das Schreyen des Hornviehes, das Bloͤken der Schaafe, und das Klin - geln der Schellen erſchallet durch alle Pflanzungen. Selbſt das Geſchrey des Fe - derviehes iſt nicht vergeſſen. Denn nicht weit von dem gothiſchen Gebaͤude iſt ein Huͤnerſtall von einer ſehr einfachen Anlage angebracht; das auf dem Waſſer lebende Gefluͤgel hat man mit einem kleinen geſchlaͤngelten Fluſſe verſorgt: und das andere gehet unter den blumigten Straͤuchern an den Ufern deſſelben herum, oder ſuchet zer - ſtreut auf der benachbarten Flur ſeine Nahrung. Die Fruchtfelder ſind Vorwuͤrfe, welche mit den Spuren aller laͤndlichen Verrichtungen prangen, die in einer Landge - gend von der Saatzeit an bis zur Erndte erfordert werden. Allein, obgleich ſo viele Umſtaͤnde von einer Laͤnderey zuſammen kommen, ſo fehlet doch die natuͤrliche Ein - falt derſelben. Dieſe Eigenſchaft verliert ſich in einer ſolchen Verſchwendung der Zier - rathen. Ein laͤndlicher Charakter iſt bey allen praͤchtigen Verſchoͤnerungen, die nur an einem Garten koͤnnen verwendet werden, nicht zu erhalten.

3. Einige135einzelner Theile eines Landſitzes.

3.

Einige Zeit nachher gab der maleriſche Watelet*)Eſſai ſur les Jardins S. 22 u. f. Faſt um eben dieſe Zeit trug auch der un - genannte Verfaſſer von der Theorie desJardins S. 113 u. 307 u. f. einige Vor - ſchriften uͤber dieſe Gattung von Verſchoͤ - nerung vor. in Frankreich zuerſt eine ſchoͤne Beſchreibung von einer Meyerey (ferme ornée), die von den Ideen der Brit - ten etwas abweicht, aber eine freye, leichte und anmuthige Zuſammenſetzung in ſei - nem Gemaͤlde macht.

Die Wohnung, ſagt er, ſoll an dem Abhang eines Huͤgels liegen, von wel - chem man die Gebaͤude und die Behaͤltniſſe, wo die Wohlthaten der Natur aufbe - wahret und genutzet werden, leicht uͤberſehen kann. Der Genuß des Landes muß ein Zuſammenhang von unerkuͤnſtelten Begierden und von leicht erlangten Befriedi - gungen ſeyn. Die Wohnung, worinn Nutzbarkeit und Vergnuͤgen ſich vereinigen ſollen, muß daher ſo gelegen ſeyn, daß man den ganzen Umfang der angraͤnzenden Einrichtungen ohne Hinderniß entdecken kann. Gegen Mitternacht wuͤrde ſie zu oft die Strenge eines beſchwerlichen Windes erfahren. Gegen Abend wuͤrde der Glanz der brennenden Sonne, deren Strahlen die Graͤnzen des Horizonts blenden, den Blick ermuͤden und zuruͤck ſtoßen. Aber die Ausſicht zwiſchen Mittag und Morgen wird der Neigung, ſich mit dem Anblicke der Landſchaft zu beſchaͤftigen, keine Hin - derniſſe entgegen ſtellen, und dieſe Neigung wird durch die Leichtigkeit des Genuſſes genaͤhrt werden.

Dieſem Vergnuͤgen uͤberlaſſen, werde ich gewahr, daß der Huͤgel auf Wieſen herunter ſteigt, durch die ein kleiner Bach ſich ſchlaͤngelt; daß der entgegen ſtehende Abhang angebauete Plaͤtze, Weinberge darſtellet, und auf dem Gipfel ſehe ich Waͤl - der, die nahe genug ſind, um in mir das Verlangen, mich dahin zu begeben, rege zu machen. Auf eben dieſem Gipfel ſehe ich, aber in einer groͤßern Entfernung, Kornfelder, die mir die Idee ihres Reichthums zubringen, ohne mich durch ihre Einfoͤrmigkeit zu beleidigen.

Nach dieſem erſten fluͤchtigen Blicke ſehe ich zuruͤck nach dem Fuße des Huͤgels, wo ich mich befinde, und meine Augen verweilen ſich bey der Meyerey.

Die Verbindung verſchiedener Gebaͤude, Hoͤfe, eingeſchloſſener Plaͤtze, feſ - ſelt meinen Blick, und erregt meine Aufmerkſamkeit. Ich ſteige vom Huͤgel herab; meine Einbildungskraft iſt voll von ſchaͤferiſchen Ideen. Das Verlangen iſt erregt, es koͤmmt darauf an, es zu unterhalten und zu befriedigen. Aber je vollkommener der Geſchmack in der Geſellſchaft iſt, davon ich einen Theil ausmache, eine deſto fei - nere Kunſt muß angewendet werden. Das Nutzbare und das Angenehme muͤſſen aufeine136Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungeine geſchickte Art mit einander verbunden ſeyn, ſich wechſelſeitige Huͤlfe leiſten, und nie ſich ſchaden. Von dieſem Grundſatze unterrichtet, und beſorgt, ihm gemaͤß zu handeln, hat der Beſitzer alles ſchicklich geordnet, ſogar die Wege, die er mich fuͤh - ren will. Dieß iſt gleichſam die Expoſition ſeines Romans. Die Abhaͤngigkeit des Bodens, wo ich gehe, iſt unmerklich gemacht, und die Wege ſchlaͤngeln ſich in ſanften Beugungen. Sie fuͤhren nicht in einer geometriſchen Direction zu dem Orte, wohin ich zu gehen gedenke; ſie kruͤmmen ſich nicht genug, um mich aufzuhalten. Iſt nicht das gerade dasjenige, was den Menſchen am meiſten gefaͤllt? Nichts iſt dem Gange unſrer Ideen aͤhnlicher, als die Wege, die man auf freyem Felde fin - det. Selten ſind ſie ganz gerade. Ein unentſchiedener Zuſtand iſt ohne allen Zwei - fel fuͤr uns viel bequemer, als die groͤßte Genauigkeit, und viel natuͤrlicher, als die Praͤciſion.

Aber indem ich auf meinem geſchlungenen und ſanft abhaͤngigen Wege fortge - gangen bin, habe ich ſchon manche angenehme Ausſichten entdeckt; ich habe ſie nach - her aus den Augen verloren, um ſie mit deſto groͤßerm Vergnuͤgen wieder zu finden. Immer finde ich mich geſichert gegen die Sonne durch Baͤume, die von ungefaͤhr da zu ſtehen ſcheinen, oder durch den Schutz, den mir kleine Hecken gewaͤhren, welche mancherley angebauete Plaͤtze umgeben. Ihre Verſchiedenheit beſchaͤftiget mich. Ich nehme Antheil an der Sorgfalt, mit der man ſie unterhaͤlt. Ich fuͤhle mich allmaͤlig ermuͤdet, und eben itzt will ich ſtill ſtehen, um beſſer zu genießen. Der Schatten einer Gruppe von Baͤumen, wo ich eine Raſenbank und einen kleinen Spring - brunnen finde, haͤlt mich auf, und ladet mich ein, einige Augenblicke da auszuru - hen. Ich ſetze mich nieder, ein wohlangebrachtes Gemaͤlde ziehet meine Blicke an ſich, und ich verlaͤngere gern die nothwendige Erholung. So erhoͤht ein leichter Kunſtgriff den Genuß, der ſich auf Beduͤrfniſſe gruͤndet. Aber wenn die Abſicht ſich wahrnehmen laſſen darf; ſo muß ſie nicht zu deutlich in die Augen fallen. Ein - nehmen und nicht zwingen, dieß iſt die Kunſt aller angenehmen Kuͤnſte. An Or - ten, die zum Spaziergehen beſtimmt ſind, muͤſſen alſo die Abſtaͤnde und gluͤcklichen Zufaͤlle die Nothwendigkeit der Ruheplaͤtze entſcheiden. Es muß ſcheinen, als ob ein bloßes Ungefaͤhr ihnen ihre Geſtalt und ihre Anmuth gegeben haͤtte. Bald wird man, als eine Veranlaſſung ſich zu verweilen, einige außerordentliche gluͤcklich grup - pirte Baͤume darſtellen; bald eine Quelle, die, indem ſie ihre Waſſer vergießet, Kuͤhlung verſpricht und giebt; bald eine weite Ausſicht, die einige Augenblicke er - fordert, um ſie zu durchlaufen; einen maleriſchen anziehenden Geſichtspunkt, einen unerwarteten Gegenſtand, der die Schritte zuruͤckhaͤlt, und die Blicke feſſelt.

Jetzt,137einzelner Theile eines Landſitzes.

Jetzt, da ich bis an den Fuß des Huͤgels gekommen bin, werde ich die Ge - baͤude des Meyerhofs gewahr, und die Sorgfalt, davon ich uͤberall Spuren entde - cke, nimmt mich immer mehr ein. Die aͤußern Mauern ſind mit einer Aufmerk - ſamkeit, die mich vergnuͤget, aufgefuͤhrt und unterhalten; die Steine ſind mit Zie - geln vermiſcht. Dieſe Verſchiedenheit hat Gelegenheit gegeben, eine Art von Grundmauer zu bilden, und oben einen Kranz anzuſetzen. Hierdurch hat man dem ganzen Baue der Mauer eine Zierde zu geben gewußt, ohne ſich von dem Charakter zu entfernen, der ihr zukoͤmmt. Von dem Haupteingange ſind, ohne viele Sym - metrie, aber in der Figur eines halben Zirkels, große Baͤume geſetzt, die einen Schatten um ſich her verbreiten, den die Arbeiter und andere, die auf den Meyer - hof kommen, oft noͤthig haben. Einige Ruhebaͤnke ſind fuͤr ſie angebracht; und im Schatten fließt ein Springwaſſer, das von dem Huͤgel herabgeleitet worden, in ein ſteinernes Becken, deſſen Geſtalt und Verhaͤltniſſe bey aller ihrer laͤndlichen Kunſtlo - ſigkeit gefallen. Wer in Italien gereiſet iſt, miskennt den Reiz nicht, welcher oft den gemeinſten Gegenſtaͤnden durch die Einfalt der Maſſen, und durch die gluͤckliche Beziehung der Haupttheile auf einander, mitgetheilet wird.

Nicht weit vom Springwaſſer iſt eine bequeme Traͤnke fuͤr die nutzbaren Thiere, wenn ſie bey ihrer Zuruͤckkunft von der Weide, oder von der Arbeit, ihren Durſt zu loͤſchen und ſich zu erfriſchen noͤthig haben.

Nun kommen wir in den Hof, der mit allen erforderlichen Gebaͤuden einge - faſſet iſt. Die verſchiedenen Beſtimmungen derſelben ſind uͤber ihren Eingaͤngen an - gezeigt, ſo daß ich, mit Huͤlfe einiger Blicke, mich als einen Bewohner dieſes Aufenthalts betrachten kann, deſſen vornehmſte Weſen ich auf einmal kennen lerne.

Ordnung und Reinlichkeit herrſchen hier, aber ohne einige Beſtrebung, die misfaͤllt, oder beleidigt, wenn ſie gezwungen oder uͤbertrieben iſt. Hier darf die Sorgfalt, die man fuͤr das Angenehme traͤgt, dem Nutzbaren nicht nachtheilig ſeyn. Es darf kein Gedanke darauf gerichtet werden, die Einkuͤnfte einer Einrichtung, die ſich als vortheilhaft ankuͤndigt, ganz auf das, was nur zur Ausſchmuͤckung dient, zu verwenden; aber man muß auch die Nachlaͤßigkeit und die Unreinlichkeit vermei - den, die ſchaͤdlicher ſind, als eine zu weit getriebene Sorgfalt, und unangenehme Ideen von Verlaſſung und Geiz erwecken.

Verſchiedene Ausgaͤnge, die ich im Hofe erblicke, beſchaͤftigen meine Neu - gier. Hier ſind beſondere Hoͤfe fuͤr die Ackerpferde, fuͤr andere dienſtbare Thiere, und fuͤr die Aufbewahrung oͤkonomiſcher Geraͤthſchaften beſtimmt.

V Band. SMitten138Achter Abſchnitt. Gaͤrtenmaͤßige Verſchoͤnerung

Mitten durch dieſe Hoͤfe erblicke ich außerhalb Fußſteige. Ich ſehe Gras, Gebuͤſche, Blumen. Dieß reizt mich auf verſchiedenen Wegen fortzugehen, die ich mit Raſen und Baͤumen eingefaſſet finde. Dieſe Wege leiten mich zu Triften, die mit Vieh bedeckt ſind; ſie fuͤhren zu Gebaͤuden, die, wie von ungefaͤhr in das Gebuͤſch geſtellt, meine Neugier reizen, und ſich um den Vortheil, meine Wahl zu beſtimmen, zu ſtreiten ſcheinen.

Baͤche, die die Triften befruchten, durchkreuzen die Wege, die ſich mir dar - ſtellen, und kleine kunſtloſe Bruͤcken, deren jede immer eine andere Geſtalt hat, ver - ſchaffen mir den Uebergang. Bald gehe ich an einer Hecke von bluͤhenden Straͤu - chen hinunter, die ich an einem ſo laͤndlichen Orte zu finden nicht vermuthete. Bald ſehe ich mich in einem ſchattigten Gange von Weiden und Pappeln, die durch die Verſchiedenheit ihrer Geſtalten dem Auge die maleriſche Mannichfaltigkeit darſtellen, die man niemals vernachlaͤſſigen ſoll. Bald finde ich an dem Wege, den ich gehe, von einander abſtehende Baͤume, welche Weinſtoͤcken zur Unterſtuͤtzung dienen. Die Reben, welche ſich durch Huͤlfe der Zweige, um die ſie ſich ſchlingen, ausbrei - ten, vereinigen und kraͤuſeln ſich, um dem Auge zu ſchmeicheln, und das Verlan - gen zu beleben, indem ſie die Reichthuͤmer, womit ſie beladen ſind, unter einer ge - faͤlligen Geſtalt erſcheinen laſſen.

So komme ich bis zu dem Orte, der fuͤr das Milchwerk beſtimmet iſt. Das Waſſer fließet in die Melkerey, die ſo angebracht iſt, daß große Hitze nicht in ſie eindringen, und daß dagegen friſche geſunde Luft in ſie eingelaſſen werden kann. Die Staͤlle ſind mit keiner ihrer eigentlichen Beſtimmung nicht gemaͤßen Koſtbarkeit aufgefuͤhret; weder in ihrer aͤußerlichen Geftalt, noch in der Wahl der Materialien, iſt etwas Geſuchtes. Ein jeder Begriff von Eitelkeit ſchwaͤcht den Begriff vom Schaͤferleben, der hier der herrſchende feyn muß. In Reinlichkeit und Ordnung beſtehet der eigentliche Luxus, der bey dieſem Theile der Laͤnderey Statt findet. Die allein ſtehenden Scheuern ſind nicht zu entfernt von den Staͤllen, und fuͤr Feuers - bruͤnſte geſichert. Die Triften ſind nahe, und liegen an den Ufern des kleinen Baches, der ſich durch ſie ſchlaͤngelt, und Fruchtbarkeit uͤber das ganze Thal ver - breitet.

Ein Behaͤltniß fuͤr die Milch iſt nicht weit davon. Von dichten Baͤumen be - ſchattet, durch einen nahen kuͤhlen Fluß erfriſcht, bietet daſſelbe alles dar, was ir - gend eine laͤndliche Einrichtung angenehmes hat, und laͤßt ein wenig mehr Verzierung zu. Die Reinlichkeit iſt daſelbſt zu unvermeidlich, als daß man es nicht entſchuldigenkoͤnnte,139einzelner Theile eines Landſitzes. koͤnnte, wenn ſie ein wenig uͤbertrieben iſt. Man findet ſich nicht beleidiget, wenn man Sorgfalt, und vielleicht auch Schmuck, an Gegenſtaͤnde verſchwenden ſieht, denen die Natur ſelbſt eine beſondere Vollkommenheit mitgetheilet hat, und die uns an das Zeitalter und an den gluͤcklichen Zuſtand erinnern, deſſen reizende Schilde - rungen in den Werken der Dichter uns noch immer gefallen. Mit einem Vergnuͤ - gen, das von den Ideen des Hirtenlebens erzeugt wird, nimmt man ſelbſt an die - ſem Orte gern ein laͤndliches Mahl ein, bey welchem Milch und einige Fruͤchte die vorzuͤglichſten Speiſen ſind.

Wenn meine Meyerey alles in ſich vereinigen darf, was nutzbar iſt, und zu - gleich gefaͤllt; ſo wird in einiger Entfernung von dem Orte, wo man die Milch zu - bereitet, ſich die Fabrik des Honigs befinden. Auf einem Platze, der mit einer bluͤhenden Hecke umzaͤunt iſt, ſtehen die Bienenkoͤrbe auf Amphitheatern gegen Mit - tag, wohl verwahret auf der Seite der Mitternacht. Der ganze Platz enthaͤlt Pflanzen und Blumen, die die Bienen lieben. Thymian, Lavendel, Majoran, Weiden, Linden, Pappeln ſind daſelbſt in Menge, und durchwuͤrzen ſchon von fern - her die Luft, die man einathmet. Hier iſt der Luxus in Wohlgeruͤchen und Blumen eben ſo erlaubt, als an dem Orte, den wir eben verlaſſen haben, der Luxus in Rein - lichkeit. So muͤſſen die Wolluͤſte, wenn ſie die Vernunft nicht beleidigen ſollen, in der Natur eine Unterſtuͤtzung, oder einen Vorwand finden. Um das Bienenhaus her ſind fruchttragende und wohlriechende Gebuͤſche gepflanzet, die dazu dienen, die jungen Schwaͤrme aufzuhalten, wenn ſie, aus ihren Koͤrben entflohen, oder ver - ſcheucht, ſich neue Beſitzungen ſuchen.

Ein kleines, weder ſchnelles, noch tiefes, Gewaͤſſer befriedigt ihre Beduͤrf - niſſe, und verurſacht durch leiſe Abfaͤlle ein ſich immer gleiches ununterbrochenes Ge - raͤuſch, das ſie an ihre Wohnungen feſſelt. Alle benachbarte Plaͤtze ſind voll von Kraͤutern, die dem Honige geſunde Eigenſchaften und einen feinen Geſchmack geben koͤnnen. Die Wieſen, in deren Mitte das Bienenhaus ſiehet, theilen ihnen uͤber - fluͤſſige Nahrung mit. Das iſt noch nicht alles. Ein kleines Gebaͤude enthaͤlt den Vorrath von Bienenkoͤrben, die man im Winter verfertigt; das Laboratorium, wo, vermittelſt einiger Gefaͤße und Oefen, der Honig vom Wachſe geſondert wird; und endlich den friſchen Ort, wo man denſelben zu dem mannichfaltigen Gebrauche, wozu er beſtimmt iſt, aufbewahret.

In einem andern Theile dieſer Gebuͤſche erheben ſich einige andere Gebaͤude von weiterm Umfange. Sie ſind fuͤr die Seidenwuͤrmer, und fuͤr alles, was aufS 2ſie140Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungſie Beziehung hat, beſtimmt. Alle dieſe Einrichtungen ſollen nicht von der Groͤße ſeyn, daß eine jede derſelben die ganze Sorgfalt des Eigenthuͤmers allein erforderte. Das Verlangen, Reichthuͤmer zu erwerben, erheiſchet freylich weitlaͤuftige Einrich - tungen; alsdann werden große Bemuͤhungen durch einen großen Gewinn belohnt, oder auch durch manchen empfindlichen Verluſt vereitelt. Es giebt ein Maaß, das mit der Befriedigung des Menſchen in beſſerm Verhaͤltniſſe ſteht. Sein wahres Gluͤck wird immer in einem Zuſammenhange von maͤßigen Geſchaͤften, Begierden und Erholungen beſtehen; in geringern, aber nicht ſo theuer erkauften Vortheilen; in keinen rauſchenden, aber in ſtillen und oͤfter genoſſenen Freuden. Ueberdieß wird die Mannichfaltigkeit und das Maaß, wovon ich rede, die wohlgeordnete Eigenliebe beguͤnſtigen, und denen, welche man genießen laͤßt, weit mehr ſchmeicheln, als Ge - genſtaͤnde, die Erſtannen erregen und oft beleidigen. Ihr muͤſſet nicht die Verwun - derung, die von der Pracht erzeuget wird, in euren Gaͤſten hervorzubringen ſuchen. Wenn ihr Vortheile, die mittlern Gluͤcksumſtaͤnden angemeſſen ſind, ihnen dar - bietet, und mit ihnen theilet; ſo werden die meiſten ſie deſto freyer genießen, je we - niger ſie dieſelben zu groß fuͤr ihre Wuͤnſche finden; und ihr werdet nicht, wie dieje - nigen, die mit uͤbel verſtandenem Ueberfluſſe prahlen, Gefahr laufen, Neid zu erwecken.

Aber indem ich mich von dem Orte entferne, wo ich die Seidenwuͤrmer und ihre Arbeiten geſehen habe, die zur Hervorbringung der kuͤnſtlichen Werke, in wel - chem Verſtand und Fleiß ſich vereiniget, angewendet werden, vernehme ich das Ge - ſchrey verſchiedener Thiere, und ich richte meinen Gang nach dem Hofe, wo das Federvieh aufbehalten wird.

Wozu wuͤrden auch hier reiche Auszierungen und uͤberfluͤſſige Kunſtwerke nuͤ - tzen? Abſicht zieht natuͤrlicher Weiſe die Aufmerkſamkeit an ſich, und bringt un - fehlbar Theilnehmung hervor. Die Parkets ſind geraͤumig und ſo wohl eingerichtet, daß ich die Gefangenen, die darinnen eingeſchloſſen ſind, nicht beklage. Die ſelte - nern Arten ſind abgeſondert, um die Geſchlechter zu erhalten. Schatten in der Zeit der Hitze; Behaͤltniſſe, die gegen ſtrenge Witterung ſchuͤtzen; Sand, Miſt, Waſ - ſer; alles, was mich von der Gluͤckſeligkeit dieſer nutzbaren Geſchoͤpfe uͤberzeugt, gewaͤhret mir ein groͤßeres Vergnuͤgen, als kuͤnſtlich gearbeitetes und vergoldetes Gitterwerk, als marmorne Waſſerbecken, die bey der geringſten Hitze austrecknen, und, ohne einen wahren Nutzen zu verſchaffen, Beweiſe einer zur Unzeit verſchwen - deten Pracht abgeben.

Nicht141einzelner Theile eines Landſitzes.

Nicht weit von dem Gefluͤgel des Hofes iſt der Ort, der fuͤr das Waſſergefluͤ - gel eigentlich beſtimmt iſt. Canaͤle, oder ein Arm von dem kleinen Fluſſe, verſe - hen dieſe Geſchoͤpfe ſowohl mit dem Nothwendigen, als mit dem Ueberfluͤſſigen, das ihnen eigen iſt. Auch ſind die in ihren Aufenthalt geleiteten Waſſer mit Weiden und Binſen eingefaſſet, und auf denſelben befinden ſich kleine Huͤtten, deren An - muth und Bequemlichkeit ſie dahin einladet.

Weiterhin befindet ſich eine noch intereſſantere Einrichtung: ein Garten voll ſolcher mediciniſcher Pflanzen, die Menſchen und Thieren am nothwendigſten ſind. Sie ſind ſorgfaͤltig gepfleget, in gewiſſe Reihen geordnet, und mit Zeichen verſehen, ſo daß ich, in wenig Worten, mit ihrem Namen, mit ihrer Claſſe und mit ihren vornehmſten Eigenſchaften bekannt gemacht werde. Dieſe Vorſorge, die ſich mit der Menſchenliebe, mit der Oeconomie und den Kenntniſſen jetziger Zeit ſo wohl vertraͤgt, veranlaßt mich, nicht ohne Ruͤhrung die Behauſung zu beſuchen, die fuͤr kranke Dienſtboten beſtimmet iſt. Eine verſtaͤndige Wirthſchafterinn, und ein Mann, der die nothwendigſten Grundſaͤtze kennet, und in dieſer ganzen kleinen Ge - gend bey dringenden Nothfaͤllen Huͤlfe zu leiſten faͤhig iſt, bewohnen nebſt einigen Bedienten einen reinlichen Aufenthalt. Dieſer unterhaͤlt ein Laboratorium, wo ſich nicht die kuͤnſtlichſten, aber die unentbehrlichſten Geraͤthſchaften befinden; er ſorgt fuͤr einen Vorrath von Wurzeln und Kraͤutern, die man ſtets bey der Hand haben muß; er hat eine mediciniſche Bibliothek, die ausgeſucht und eben deswegen nicht zahlreich iſt.

Der Ort iſt luftig, geraͤumig und geſund. Einige laͤndliche Alleen dienen zu Spaziergaͤngen. Am Ende derſelben iſt auf einer Anhoͤhe ein Bethaus, welches, auf verſchiedenen Seiten des Thals, den zugleich maleriſchen und intereſſanten An - blick eines zur Dankſagung fuͤr empfangene Wohlthaten gewidmeten Tempels dar - ſtellt. In der Naͤhe iſt ein kleines Haus, in der Geſtalt einer Einſiedeley, wo man ausruhen kann, wo man Stuͤhle, einen Tiſch und alles findet, was man bey der Verweilung von einigen Augenblicken noͤthig haben kann.

Man uͤberſieht nun die ganze Laͤnderey, und man erinnert ſich, indem man noch einmal die Blicke darauf heftet, der Empfindungen, die man darinnen hatte. Alsdann iſt es ſehr natuͤrlich mit dem Weiſen auszurufen: o! wie gluͤckſelig wuͤrden die Bewohner des Landes ſeyn, wenn ſie den Werth der Guͤter beſſer ſchaͤtzten, die ſie genießen, oder doch genießen koͤnnten! Man fuͤhlt ein Verlangen, ſich auf im -S 3mer142Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungmer mitten in dieſer Laͤnderey niederzulaſſen. Der Beſitzer hat ſich, nahe bey der Einſiedeley, eine ſokratiſche Wohnung errichtet. Sie dient ihm, ſich von Zeit zu Zeit einen innigern und uͤberlegtern Genuß aller dieſer Auftritte aus dem Schaͤfer - leben zu verſchaffen. Er kann ſie mit einem Freunde theilen; denn wenn der Ge - nuß von Freuden dieſer Art eine gaͤnzliche Einſamkeit verlangt, ſo ſtoͤret ſie doch nie ein Freund, mit welchem man von der Gluͤckſeligkeit, die man empfindet, ſich be - ſpricht; er vertritt die Stelle unſrer Seele; man ſagt ihm, was man ſich ſelbſt zu ſagen noͤthig hat. Er iſt das Ich, welches man perſonificirt, ohne ſich einen Egoiſmus vorwerfen zu duͤrfen, und dieſes empfindliche und reine Vergnuͤgen wird lebhafter, indem man es mit einem andern theilt.

Die Wohnung, wenn ſie den Namen verdienen ſoll, den ich ihr eben jetzt beygelegt habe, muß von der aͤußerſten Simplicitaͤt ſeyn. Der Beſitzer wird, in - dem er darinnen ſich aufhaͤlt, ſelbſt ein Mitſpieler ſeines Auftritts aus dem Schaͤfer - leben. Buͤcher und ein Blumengarten ſind die vornehmſten Ergoͤtzungen, die er ſich daſelbſt verſchafft. Er wartet die Blumen, oder er findet ein Vergnuͤgen daran, ſie warten zu ſehen; er lieſet die Buͤcher, ſich zu unterrichten, oder zu beluſtigen; er iſt ganz frey von fremden Sorgen; er oͤffnet ſeine Seele den Eindruͤcken, die ſie von den ſie umgebenden Gegenſtaͤnden empfaͤngt. Aber weit von ihnen ſind die hef - tigen Bewegungen, die ungebaͤndigten Affecten, die der Gluͤckſeligkeit nachtheiliger und fuͤr die Tugend von traurigern Folgen ſind, als die natuͤrlichen Leidenſchaften.

Er entferne ſich von dem betaͤubenden und berauſchenden Getuͤmmel der Geſell - ſchaften, wo Phantomen fuͤr Wirklichkeiten gelten, wo der Wahnſinn des Stolzes, der Ehrſucht und der Wolluſt fuͤr den natuͤrlichſten Zuſtand angeſehen wird. Er mache einen Waffenſtillſtand mit ſeinen Feinden; als ein freygelaſſener Sclave laſſe er ſeine Feſſeln hinter ſich zuruͤck. Er miſche zum wenigſten in ſeine gewoͤhnliche Le - bensart Tage der Einſamkeit, die ein ſo lebhaftes Vergnuͤgen gewaͤhren, wenn man es zu empfinden faͤhig iſt, und ein ſo nuͤtzliches, wenn man davon Gebrauch zu ma - chen weiß. Eine unſchaͤtzbare Anwendung der Muße und des Ueberfluſſes, deſſen ſchwankende Idee verfuͤhrt, und deſſen wirklicher Gebrauch ermuͤdet, die man mit ſo vieler Begierde ſuchet, und die man oft ſo laͤſtig findet, ſelbſt wenn man ſich des Genuſſes am meiſten ruͤhmt.

In dieſen Augenblicken iſt der Beſitzer im Stande, Ordnung zu unterhalten, noͤthige Anſtalten zu treſſen, Beduͤrfniſſen abzuhelfen, befriedigte Menſchenliebe, Einſichten und nuͤtzlichen Fleiß mit gleichen Schritten fortgehen zu laſſen. Er ſieht alles, er verbeſſert, er macht vollkommener, er verſchoͤnert, er erfindet, er bringthervvr.143einzelner Theile eines Landſitzes. hervor. Mit der wirthſchaftlichen Aufmerkſamkeit verbindet er mitleidige Sorgen; er thut Gutes, er empfindet die Suͤßigkeit des Wohlthuns, und die Zeit verfließet ſo ſchnell, daß ihm davon kaum zu einigen weiten Spaziergaͤngen etwas uͤbrig bleibt.

Indeſſen hat er ſich noch intereſſantere Spaziergaͤnge zu verſchaffen gewußt. Laͤngſt an dem Ufer des kleinen Bachs geht ein gebahnter Weg hinunter, der ſich, wie der Bach, ſchlaͤngelt, und zu laͤndlichen Ausſichten und wohlangebrachten Ruheplaͤtzen fuͤhret; dieſe letztern ſind zugleich zum Fiſchen eingerichtet, ſchatticht und bequem. Man findet daſelbſt die noͤthigen Geraͤthſchaften, und kleine Fahr - zeuge, um die Fiſcher zu begleiten.

Auf andern Wegen hat man die Ausſicht nach den verſchiedenen Fabriken, die wir durchgegangen haben. Wenn er Luſt hat, auf den Abhang ſich zu erheben, der dem, von welchem er herabſtieg, gegenuͤber ſteht; ſo findet er Bruͤcken und Gaͤn - ge, die, ſo wie der Boden ſich erhebet, mit Kirſchbaͤumen, Aepfelbaͤumen, und andern nuͤtzlichen Baͤumen beſetzt ſind.

So weit Watelet.

Nachher konnte auch de Lille in ſeinem reizenden Lehrgedichte uͤber die Gaͤrten*)Les Jardins. Poeme. S. 87 89. die Schilderung von einer wohl angelegten Meyerey nicht uͤbergehen.

La ferme, le tréſor, le’plaiſir de ſon mâitre,
Reclamera d abord ſa parure champêtre.
Que l orgueilleux chateau ne la dédaigne pas;
Il lui doit ſa richeſſe; et ſes ſimples appas
L emportent ſur ſon luxe, autant que l art d Armide
Cêde au ſouris naïf d une vierge timide.
La ferme! A ce ſeul nom les moiſſons, les vergers,
Le règne paſtoral, les doux ſoins des bergers,
Ces biens de l âge d’or, dont l image chérie
Plut tant à mon enfance, âge d’or de la vie,
Réveillent dans mon coeur mille regrets touchans;
Venez; de vos oiſeaux j’entends déjà le chants;
J entends rouler les chars qui trâinent l abondance,
Et le bruit de fléaux qui tombent en cadence.
Ornez donc ce ſéjour. Mais abſurde à grands frais,
N allez par ériger une ferme en palais.
Elégante144Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Elégante à la fois et ſimple dans ſon ſtyle,
La ferme eſt aux jardins ce qu aux vers eſt l idyle.
Ah! par les dieux des champs, que le luxe effronté
De ce modeſte lieu ſoit toujours rejetté.
N allez pas déguiſer vos preſſoirs et vos granges.
Jeveux voir l appareil des moiſſons, des vendanges.
Que le crible, le van le froment doré
Bondit aves la paille, et recombe épuré,
La herſe, les traîneaux, tout l attirail champêtre
Sans honte à mes regards oſent ici paroître.
Sur-tout, des animaux que le tableau mouvant
Au-dedans, au de-hors lui donne un air vivant.
Ce n eſt plus du château la parure ſtérile,
La grace inanimée et la pompe immobile:
Tout vit, tout eſt peuplé dans ces murs, ſous ces toits.
Que d oiſeaux différens et d inſtinct et de voix,
Habitans ſous l ardoiſe, ou la tuile, ou chaume,
Famille, nation, république, royaume,
M occupent de leurs moeurs, m amuſent de leurs jeux!
A leur tête eſt le coq, père, amant, chef heureux,
Qui, roi ſans tyrannie, et Sultan ſans molleſſe,
A ſon ſerrail aílé prodiguant ſa tendreſſe,
Aux droits de la valeur joint ceux de la beauté,
Commande avec douceur, careſſe avec fierté,
Et fait pour les plaiſirs, et l empire, et la gloire,
Aime combat, triomphe, et chante ſa victoire.
Vous aimerez à voir leurs jeux et leurs combats,
Leurs haines, leurs amours, et juſqu à leurs repas.
La corbeille à la main, la ſage ménagère
A peine a reparu; la nation légère
Du ſommet de ſes tours, du penchant de ſes toit:
En tourbillons bruyans deſcend toute à la fois:
La145einzelner Theile eines Landſitzes.
La foule avide en cercle autour d elle ſe preſſe;
D autres, toujours chaſſés et revenant ſans ceſſe.
Aſſiègent la corbeille, et juſques dans la main,
araſites hardis, viennent ravir le grain.
Soignez donc, protégez ce peuple domeſtique.
Que leur logis ſoit ſain, et non pas magnifique.
Que lui font des réduits richement décorés,
Le marbre des baſſins, les grillages dorés?
Un ſeul grain de millet leur plairoit davantage.
Ainſi nous plaít la ferme et ſon air animé.
[figure]
V Band. T4. Man146Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

4.

Man ſieht, daß in dieſen Beſchreibungen einer geſchmuͤckten Meyerey die vor - nehmſten Grundſaͤtze enthalten ſind, welche dieſe Gattung von Verſchoͤnerung betref - fen. Inzwiſchen laſſen ſich doch noch verſchiedene Bemerkungen machen, die hieher gehoͤren.

Wenn gleich die Landwirthſchaft nach der Verſchiedenheit ſowohl der Gewohn - heit und der Beduͤrfniſſe der Laͤnder, als auch des Umfangs und der Beſchaffenheit der Gegenſtaͤnde ſelbſt, womit ſie ſich mehr oder weniger beſchaͤftigt, ſehr merkliche Abweichungen haben kann; ſo ſind doch die vornehmſten Anſtalten, die zu ihr gehoͤ - ren, faſt uͤberall dieſelben. Das zur Wohnung beſtimmte Gebaͤude muß ſich von denen unterſcheiden, die einen blos oͤkonomiſchen Gebrauch haben; und von dieſem haͤngt zunaͤchſt ihre nothwendige Einrichtung ab. Sie muͤſſen zugleich eine Lage ha - ben, die ihrer Beſtimmung angemeſſen iſt. Alles, was zur Verſchoͤnerung ihrer Lage, ihrer Bauart und ihrer Außenſeiten gethan wird, darf den wirthſchaftlichen Gebrauch nicht einſchraͤnken.

Das Wohnhaus, das dem Landwirth und ſeiner Familie zum Aufenthalt dient, muß ſich durch eine beſcheidene und einfache Architektur auszeichnen. Sein aͤußerli - ches Anſehen muß Reinlichkeit und Wohlſtand ankuͤndigen. Es erſcheint ſehr vor - theilhaft auf dem Abhange eines Huͤgels; doch kann es ſelbſt in der Mitte einer Ebene, zwiſchen Fruchtfeldern und Wieſen, eine lebhafte Figur machen. Die Meyerey iſt uͤberall ſchicklich, wo ſich ein fruchtbarer Boden befindet; doch liebt ſie in ihrem Bezirk Hoͤhen und Thaͤler, um eine Verſchledenheit von Producten und um fließendes Waſſer zu gewinnen. Alle uͤbrige Gebaͤude, als Scheunen, Vorraths - haͤuſer, Viehſtaͤlle, Milchhaus, Taubenhaus, Huͤnerhaus, und andere Behaͤlt - niſſe fuͤr allerley zahmes Gefluͤgel, koͤnnen in bequemen Entfernungen von einander angelegt werden. Sie muͤſſen mit einer gemaͤßigten Zierlichkeit, mit einer gewiſſen nachlaͤßigen Einfalt und laͤndlicher Kunſtloſigkeit gebauet ſeyn, und koͤnnen mit Gruppen von Baͤumen maleriſch umpflanzt werden. Das Gruͤn und die laubigte Umhuͤllung, woraus die Gebaͤude ſich hie und da ſchoͤner hervorheben, erfreut das Au - ge, und der Schatten der Baumgruppen erquickt zugleich den Arbeiter und das Vieh, Fließendes und reines Waſſer iſt hier eines der erſten Beduͤrfniſſe fuͤr die Thiere und fuͤr die Reinlichkeit; und ein anſehnlicher rauſchender Bach, der in verſchiedene Arme zertheilt und mit laͤndlichen Bruͤcken in abwechſelnder Geſtalt belebt iſt, uͤbertrifft an Schoͤnheit den Teich, der zwiſchen Schilf und uͤberhaͤngenden Birken und Weiden trauert, aber doch den wilden ſowohl, als den zahmen Enten ein geliebter Aufent - halt iſt. Alle die angefuͤhrten Gebaͤude koͤnnen bald auf den Abhaͤngen eines Huͤ -gels,147einzelner Theile eines Landſitzes. gels, bald in der Niedrigung, zwiſchen Baumgruppen und Waſſer und Bruͤcken und Wegen zerſtreut, in beſtimmten Geſichtspunkten ſehr maleriſch und als ein wohl - geordnetes Ganze erſcheinen.

Wenn gleich Saatfelder zu dem Bezirke einer Meyerey gehoͤren, ſo ſind doch friſche Wieſen und belebte Viehtriften beſonders ihr Eigenthum; alle aber koͤnnen in abwechſelnden Miſchungen ein reizendes Landſchaftgemaͤlde bilden, das durch man - nichfaltige Schattirungen des Gruͤns und durch Scenen der Fruchtbarkeit, des Ue - berfluſſes und der Freude ergoͤtzt. Die Wieſen koͤnnen, ohne ihre Nutzbarkeit ein - zuſchraͤnken, eine Bildung erhalten, wodurch ſie ſchoͤner ins Auge fallen. Sie rei - zen weniger, wenn ſie in einer ſteifen oder kuͤnſtlichen Figur erſcheinen, oder wenn ihr Umriß von allen Seiten ſichtbar iſt; ſie reizen mehr, wenn ſie ſich in freyen Wen - dungen dahin ſchmiegen und ſich hinter einem Wald, einem Huͤgel, oder Berg ver - lieren. Es verhaͤlt ſich hier ſo, wie mit Raſen und Gewaͤſſern. Viehweiden ſind nirgends angenehmer, als zwiſchen den breiten Oeffnungen eines waldigten Berges, auf den Abhaͤngen einer hin und her von Baumgruppen ſchattirten Hoͤhe, und in den Ungleichheiten eines huͤgeligten Gefildes, das ſich zu einem angraͤnzenden Gewaͤſſer hinabzieht. Die abwechſelnden Stellungen und Lagen der Viehgruppen, wovon einige die Kuͤhlung der Hoͤhe, oder eines Baums, andere die Erfriſchung des Waſſers ſuchen, einige graſend umher irren, andere ſich zur Ruhe im Schat - ten ſtrecken, die beſtaͤndige Lebhaftigkeit des Auftritts, das frohe Gebruͤll mit dem Gelaͤute der Schellen, die fernher toͤnen, die Stimme des rufenden Hirten oder ſei - nes dienſtbefliſſenen Hylax, die lauten Scherze der Milchmaͤdchen am Abend alles dieß giebt hier einen ſo wahren, ſo belebenden Mitgenuß der Freuden des Hir - tenlebens, als ſelbſt die ſchoͤnſten Gemaͤlde eines Berchem oder Adrian von dem Velde vergebens anbieten.

Alle Pflanzungen um eine Meyerey ſind auf das Nutzbare gerichtet, und das Anmuthige hat hier Platz, in ſo fern es zugleich nutzbar iſt. Man ſucht hier das Vergnuͤgen nur in den Wohlthaten der Natur auf; ſie finden, ſie genießen, ſie er - halten und vermehren, iſt die Ergoͤtzung des Landwirths. Findet er eine liebliche Blume, eine wohlriechende Pflanze, einen ſchoͤn bluͤhenden Strauch; ſo ſchmuͤckt er mit ihnen einen kleinen Platz ſeines Fruchtgartens, oder eine Laube, oder einen kurzen Spaziergang, ohne daraus einen vorzuͤglichen Gegenſtand ſeiner Beſchaͤfti - gung zu machen. Er verwirft das Schoͤne nicht, das ſich ihm anbietet; er nimmt es freundlich auf, aber er ſucht es nicht muͤhſam.

Fruchtbaumpflanzungen ſind ein wichtiges Erforderniß bey einer wirthſchaftli - chen Anſtalt. Denn ſie geben uͤberhaupt einem Lande eine augenſcheinliche und ſichereT 2Erweite -148Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungErweiterung der Nahrung und des Handels. Ihre Vortheile vergroͤßern ſich mit jedem Jahre, und verbreiten ſich uͤber die ſpaͤteſte Nachkommenſchaft hinaus. Der Gewinn dieſer Vortheile iſt mit geringer Muͤhe, und faſt nur im Anfang, verbun - den; ſie laſſen ſich in der Folge ohne erhebliche Anſtrengung der Koſten, und ohne Zeitverluſt einerndten. Die Obſtbaumzucht iſt keiner einzigen Arbeit des Landmanns hinderlich. In den Feyerſtunden, die dem Landbau nicht gewidmet ſind, kann er ſich ſelbſt zum Vergnuͤgen mit ſeinen Fruchtbaͤumen beſchaͤftigen. Sie bereichern ſeine Haushaltung mit einem mannichfaltigen, angenehmen und zugleich geſunden Vorrath zur Speiſe und zum Getraͤnk, zum Viehfutter und zum eintraͤglichen Han - del nicht weniger, als die Feldfruͤchte, die ihm Schweiß und Zeit koſten; ſie huͤllen ſeine Wohnung in die Ruhe eines anmuthigen Schattens ein; und ſpaͤt ſpielen und ſammeln noch ſeine Enkel unter eben den Staͤmmen, worunter er mit ſeinem gelieb - ten Weibe ſo oft von der Arbeit ausruhete, ſo oft voll ſtiller Zufriedenheit in die Daͤmmerung der Zukunft hinaus blickte. Die Vortheile der Obſtbaumzucht ſind ſo groß und ſo zuverlaͤßig, daß ſelbſt in manchen Laͤndern, die ſchon mit Fruchtbaͤumen genug bereichert ſcheinen, ihre Anpflanzungen noch jaͤhrlich mit dem lebhafteſten Eifer fortgeſetzt werden. In ſo vielen Provinzen von Deutſchland ſowohl, als auch von andern Laͤndern, naͤhren ſich nicht allein die Einwohner ſehr reichlich von der Obſtbaumzucht, ſondern gewinnen auch noch davon ein anſehnliches verzinsbares Vermoͤgen*)Viele Nachrichten davon findet man in meinem Gartenkalender ſchon von den Jahren 1782, 83, und 84.. Die Benutzung der Baumfruͤchte iſt ſo vielfaͤltig und ſo ſehr noch der Erweiterung faͤhig, daß ſie eine eigene Abhandlung erforderte, die jedoch ſo we - nig zu dem Plan dieſes Werks gehoͤrt, als eine Anweiſung zur Erziehung der Frucht - baͤume ſelbſt**)Die beſten neuern Schriften uͤber die Obſtbaumzucht, ſo wie uͤber andereZweige der oͤkonomiſchen Gaͤrtnerey, fin - det man in den angefuͤhrten Jahrgaͤngen des Gartenkalenders und in ſeinen Fortſe - tzungen angezeigt..

Die Meyerey verſtattet eine Anxflanzung von allen Gattungen und Arten der Fruchtbaͤume und Fruchtſtraͤucher, nicht allein der gemeinnuͤtzigen, als Aepfel, Birnen, Kirſchen, Pflaumen, Hanebutten, Wallnuͤſſe, Kaſtanien, ſondern auch der ſeinen, die mehr zum Luxus des Geſchmacks als zum Beduͤrfniß gehoͤren, als Pfirſchen und Apricoſen, und die roh oder eingemacht zum Verkauf dienen. Sie ordnet die Pflanzung dieſer Baͤume und Straͤucher in ſolchen Gegenden und Lagen an, die ihrem Fortkommen und Ertrag die vortheilhafteſten ſind. Doch ſind dieſe Gegenſtaͤnde des Nutzens zugleich von einer ihnen eigenthuͤmlichen Anmuth begleitet. Sie149einzelner Theile eines Landſitzes. Sie ſchmeicheln dem Auge, dem Geruch und dem Geſchmack, und der Spazier - gang iſt unter ihnen von der Bluͤthe im Fruͤhling an bis zur Einſammlung der Fruͤchte im Herbſt uͤberaus angenehm; und wenn ſie ſchon ihre Schaͤtze abgeliefert haben, ſo geben noch die maleriſchen Veraͤnderungen in den Farben ihrer Blaͤtter, ehe ſie fal - len, auf vielen Staͤmmen ein ergoͤtzendes Schauſpiel. Auch die Anordnung der Pflanzung kann zugleich zum Vergnuͤgen gereichen, indem ſie bald einzelne Baͤume, bald Gruppen, bald ganze Hayne mit kluger Abwechſelung erſcheinen laͤßt; die gras - reichen Zwiſchenraͤume hin und wieder bald mit Klumpen von Fruchtſtraͤuchern, zwi - ſchen welchen bequeme Gaͤnge ſich winden, bald mit Raſenſitzen, bald mit fließendem Waſſer unterbricht; und bald durch die allmaͤlige Fortſchreitung der Cultur von der Saamenſchule zur Pfropfſchule, von dieſer zum Baumgarten, von dieſem zum Obſt - wald ergoͤtzt, bald aber durch eine wohlgewaͤhlte Verbindung verſchiedener Frucht - gattungen ein intereſſantes Gemaͤlde darſtellt.

Nicht weniger, als die Fruchtbaumpflanzungen, gehoͤren Kuͤchengaͤrten und der Anbau von mancherley Gemuͤſe in den Bezirk der Meyerey. Hier ſcheint allein das Nutzbare ſeine Herrſchaft zu haben, und jeden Verſuch von Verſchoͤnerung aus - zuſchließen. Die Eintheilung in den Kuͤchengaͤrten iſt gemeiniglich ſo methodiſch, ihr Anſehen ſo einfoͤrmig, ſo wenig anziehend, daß nur allein die Vorſtellung der Nuͤtzlichkeit das Auge an ſie zu feſſeln vermag. Dennoch kann dieſe wirthſchaftliche Anſtalt einen gefaͤlligen Reiz erhalten, ſelbſt außer dem Vergnuͤgen, das ſchon die Bemerkung der Verſchiedenheit der Gewaͤchſe, des allmaͤligen Fortgangs ihres Wachsthums, und die Erwartung ihrer Reifung giebt. Eine ſymmetriſche Anord - nung der Beete iſt hier zulaͤſſig, obgleich nicht nothwendig; die verſchiedenen Re - viere ſchmiegen ſich willig unter eine Mannichfaltigkeit von Formen, die ihnen ein nicht ſo kuͤnſtliches und ſteifes Anſehen geben. Doch ſind es vornehmlich die hohen Mauern, die gewoͤhnliche Einſchließung der Kuͤchengaͤrten, die von allen Seiten ein gewiſſes finſtres Weſen uͤber ſie ausbreiten; denn ſie ſperren ſie in einen abgeſon - derten Bezirk ein, und heben ihre natuͤrliche Verbindung mit den Annehmlichkeiten und Ausſichten der umliegenden Gegend auf. Und doch iſt es eben dieſe Verbindung der landſchaftlichen Scenen, wodurch ſie, unter dem Zauber ihrer bald contraſtiren - den, bald harmoniſch ſich verſtaͤrkenden und erhebenden, ſich unter einander erſetzen - den, verguͤtenden, verbeſſernden Wirkungen, einen ſo maͤchtigen Reiz auf den em - pfindenden Naturkenner gewinnen. Dieſe Verbindung einer Scene, ſie ſey anmu - thig oder ſelbſt misfaͤllig, dieſe ihre Verbindung mit den benachbarten Gegenſtaͤnden entſcheidet fuͤr ihren Vortheil oder Nachtheil am meiſten; ſo wie ein Bild auf das andere, ein Gedanke auf den andern Licht oder Schatten wirft. Warum laſſen wirT 3dieſe150Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungdieſe Verbindung eines Kuͤchengartens mit andern nuͤtzlichen Anpflanzungen, oder mit dem Reiz einer angebauten Landſchaft, nicht zu unſerm eigenen Bergnuͤgen be - ſtehen? Wozu das ſteife Viereck, worinn man nun immer einen Kuͤchengarten ein - zuſchließen glaubt? Warum wird nicht mehr auf Boden und Lage, als auf Regel - maͤßigkeit, geſehen? Wozu dieſe hohen abſondernden Mauern, ſo koſtbar in der Auffuͤhrung und in der Erhaltung, ſo kalt von Anſehen? Koͤnnen die wenigen Fruchtbaͤume, die an ihnen gezogen werden, ihre Koſten verguͤten? Giebt nicht Waſſer oder Graben oder Zaun ſchon Schutz genug? Laſſen ſie nicht die belebenden Luͤfte freyer eindringen? Und koͤnnen nicht Hoͤhen oder Wald oder angepflanztes Gebuͤſch die Seiten decken, woher ſchaͤdliche Winde ſtuͤrmen? Durch eine ſol - che Veraͤnderung wuͤrde der Kuͤchengarten, dieſe Scene einer ſorgfaͤltigen Cultur und beſtaͤndigen Geſchaͤftigkeit, frey erſcheinen, ſeine Monotonie und unſchickliche Ver - ſperrung verlieren, an den Reizen und Ausſichten der umliegenden Pflanzungen oder der Landgegend Theil nehmen, neue Annehmlichkeiten gewinnen und wieder mittheilen. Man empfindet dieſe Wirkung bey den Kuͤchengaͤrten in Holland, die oft blos mit einigen Zaunhecken oder einem Graben verwahrt ſind, und in verſchiedenen Gegenden von Deutſchland, wo man mancherley Kuͤchengewaͤchſe auf freyem Felde anbaut. Mit aller Ordnung, die in einem Kuͤchengarten herrſchen muß, und oft eine Art von Regelmaͤßigkeit erfordert, mit aller noͤthigen Bequemlichkeit, ſich jedem Gewaͤchſe naͤhern, es beobachten, und warten zu koͤnnen, mit aller Reinlichkeit laͤßt ſich zugleich ſo viel Anmuth vereinigen, daß auch Leute von Geſchmack hier zuweilen mit Vergnuͤ - gen verweilen. Alles, was ekelhaft und misfaͤllig iſt, muß entfernt, oder vor dem Anblick verdeckt werden. Nuͤtzliche Fruchtſtraͤucher koͤnnen bald die Gaͤnge einfaſſen, bald eine ſcharfe Ecke verdecken, bald eine zu lange Linie unterbrechen, bald eine wohlgeordnete Gruppe bilden, die das Auge an ſich zieht. Indeſſen muß kluge Oe - konomie und Sorgfalt, jeden Platz aufs vortheilhafteſte zu nutzen, verſtaͤndige Auf - merkſamkeit auf das Eigenthuͤmliche bey jeder Gattung der Gewaͤchſe und ihrer Arten, und eine unablaͤßige Anſtrengung, uͤberall Wachsthum und Gedeihen zu vermehren, durch den ganzen Bezirk des Kuͤchengartens hervorleuchten.

Alles muß rings um eine Meyerey her das volle Gepraͤge des Fleißes und der Cultur tragen. Jeder Fleck muß bepflanzt, beſaͤet, oder auf eine andere Art be - nutzt ſeyn. Bey der Wohnung iſt Schatten fuͤr den Menſchen und das Vieh faſt unentbehrlich, und ein angepflanztes wildes Waͤldchen ſehr erfreulich. Liegt eine Pfuͤtze oder ein feuchter quellreicher Grund in der Naͤhe, ſo ſuche man ihn durch Ausgraben und Reinigung in ein nuͤtzliches Waſſerſtuͤck zu verwandeln, oder, wenn dieß nicht ausfuͤhrbar iſt, ihn mit Weiden, Pappeln und Ellern zu bepflanzen. Esiſt151einzelner Theile eines Landſitzes. iſt kein Platz ſo oͤde, ſo unfruchtbar, der nicht irgend einer Cultur und Verbeſſerung ſeines Anſehens faͤhig waͤre.

Endlich kann ein anſehnlicher Park ſich mit einer Meyerey verbinden, ſo wie mit einem Thiergarten und mit einem Weinberg. Nur darf in den meiſten Faͤllen der Uebergang nicht ploͤtzlich ſeyn, ſondern nur durch allmaͤlige Fortſchreitung ſich vereinigen. Die Scenen, die jeder Gattung zugehoͤren, ziehen durch den Reiz der Neuheit oder doch der Abwechſelung an; allein ſie ſtechen durch den Unterſchied des Charakters zu merklich ab, und ſind doch zugleich eines uͤberraſchenden Contraſtes zu wenig faͤhig, als daß ſie, ohne alle Verbindung, auf einander folgen koͤnnten.

5.

Die Weiden, die Heerden, die hirtenmaͤßigen Beſchaͤftigungen, die ſanfte Einfalt, die ganze einnehmende Laͤndlichkeit einer Meyerey koͤnnen einem dichteriſchen Geiſte Veranlaſſung geben, hier zuweilen Nachahmungen des arcadiſchen Hirtenle - bens anzuordnen. Dieſe Nachahmungen ſcheinen der hoͤchſte Grad der Verſchoͤne - rung einer Meyerey zu ſeyn, oder vielmehr eine Anlage, die ihnen einen ganz neuen Charakter giebt. Sie hoͤrt auf, die blos nuͤtzliche und die geſchmuͤckte Meyerey zu ſeyn, ſie wird die hirtenmaͤßige, die arcadiſche. Sie erneuert das Bild des theo - critiſchen Weltalters, erinnert wieder an die Zeit der erſten Einfalt der Sitten, der harmloſen Unſchuld des Schaͤferlebens und der ruhigen Genuͤgſamkeit mit dem, was die Natur anbot.

Wie gluͤcklich war man in den goldnen Jahren,
Da Koͤnige noch Hirten waren,
Und Hirten Koͤnige, durch ihre Heerden reich,
An Unſchuld Schaf und Schaͤfer gleich
*)Wernike.
*)!

Ohne Zweifel war damals der Landbewohner gluͤcklich, gluͤcklicher als er es jetzt ſeyn darf, oder auch ſeyn will. Die empfindungsvolle Zuruͤckerinnerung an dieſes Gluͤck iſt eine Wirkung dieſer Anlage. Sie fordert anmuthige, ruhige und gras - reiche Thaͤler und Huͤgel zur Weide der Heerden. Sie bildet Schaͤferhuͤtten in den ſchoͤnſten Lagen, Milchhaͤuſer und reinliche Staͤlle. Sie geſellet den einſamen Hir - ten zaͤrtliche Hirtinnen zu, die mit ihnen die Huͤtten der Einfalt und Liebe bewohnen. Sie giebt ihnen ſanfte Sitten, reinliche und gefaͤllige Kleidung, Spiele der Unſchuld, zuweilen ein frohes Feſt, von Geſang und Tanz begleitet, und immer einen Mittel - ſtand des Gluͤcks, der von Duͤrftigkeit und von Ueberfluß gleich entfernt iſt. Sie ord - net die Feſte nach dem Geſchmack des erſten Weltalters an, Feſte, wie ſie Theocritund152Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungund Geßner ſchildern. Sie entfernt alles, was auf Schmutz und Niedrigkeit faͤllt, was Armuth oder Unterdruͤckung ankuͤndigt; ſie beſtreuet alles mit den Blumen der Anmuth. Sie ſtellt Denkmaͤler und an ihnen Inſchriften auf, die ſich auf die Fa - bel des Alterthums oder die Erzaͤhlungen der Idyllendichter beziehen. Sie miſcht aber dieſe Gegenſtaͤnde, Anſpielungen und Inſchriften nicht mit ſolchen, die aus neuern Zeiten und Laͤndern entlehnt ſind; ſie ſtellt Thomſons Urne nicht neben der Denkſaͤule des Virgil. Sie giebt ihren Gebaͤuden kein gothiſches, kein hollaͤndi - ſches Gepraͤge, ſondern den Stil der alten Architektur. Sie fuͤhrt den Tempel des Pan in der laͤnglichen Geſtalt und in der Einfalt der doriſchen Saͤulen auf, ver - ziert ſeinen Eingang blos mit einer kleinen Hirtenfloͤte oder einem Schaͤferſtock, und breitet uͤber ſein ganzes Anſehen Beſcheidenheit und laͤndliche Einfachheit aus. Kurz, ſie ſucht eine reine und unvermiſchte Nachahmung des alten Hirtenlebens darzuſtellen, und, indem ſie die lieblichen Bilder der Idyllendichter zuruͤckbringt, die Einbildungs - kraft zu erfriſchen, und durch die ſanften Empfindungen zu ruͤhren, die ein Eigen - thum dieſer Scenen ſind. Ein ſchoͤner Verſuch dieſer Art waren die Leaſowes oder Hirtenfelder des beruͤhmten Shenſtone; aber ſie hatten noch manche Fehler und Maͤngel in der Ausbildung, als daß ſie auf das Verdienſt eines vollkommenen Mu - ſters Anſpruch machen konnten.

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IV. Thier -153einzelner Theile eines Landſitzes.

IV. Thiergarten.

In ausgedehnten Parks koͤnnen Thiergaͤrten ſehr intereſſante Theile ausmachen, die, als dunkle Wildniſſe und als ſtarke waldigte Schattirungen, zur Unter - brechung dienen, und den Contraſt heitrer Scenen fuͤhlbarer machen; den Ernſt ihres Anſehens mildern ſie wieder durch die Vorſtellung anmuthiger Schatten, die in ihrem Innern daͤmmern, der Bewohnung von mancherley Thieren, und der Jagd - ergoͤtzungen, die ſie anbieten. Allein ein Thiergarten kann auch als eine beſondere Gattung von Gaͤrten angeſehen werden, als ein Ganzes, das von andern Anlagen in einem Landgute unabhaͤngig iſt.

Thiergaͤrten ſind in Landguͤtern nuͤtzlich, um das Wild von dem Ueberlaufen in die benachbarten Gegenden und von der Verwuͤſtung der Kornfelder des Landmanns abzuhalten. Dieſe letzte Betrachtung kann dem Herzen eines menſchenfreundlichen Gutsbeſitzers nicht gleichguͤltig ſeyn; er verabſcheuet die Grauſamkeit ſo mancher klei - nen Tyrannen des Landes, die ihr Wild auf der Flur des armen Landmanns unge - hindert vor ſeinen Augen die Fruͤchte ſeines Schweißes, die Hoffnung ſeiner Erhal - tung abweiden laſſen, und jede rechtmaͤßige Beſchuͤtzung ſeines Eigenthums als einen Hochverrath anzuſehen ſich erfrechen; eine Grauſamkeit, welche die ſchaͤrfſte Ahndung der Landesfuͤrſten verdiente, denen das gekraͤnkte Recht eines Bauern wichtiger iſt, als die Jagdluſt eines Landjunkers. Ich war vormals ein ſehr eifriger Liebhaber der Jagd, ſagte einſt zu mir ein großer menſchenſreundlicher Prinz, die Liebe dieſer Provinzen; allein ich fand, als ich hieher kam, daß dieſe Neigung den Unterthanen beſchwerlich werden koͤnnte, und unterdruͤckte ſie. Ein ſolches Beyſpiel des Edel - muths, jeder Nachahmung werth, verdient zur Ehre der Menſchheit nacherzaͤhlt zu werden.

Ein Thiergarten erfordert zuvoͤrderſt die weſentliche Einrichtung, die ſeiner Beſtimmung angemeſſen iſt: Befriedigung ſeiner Graͤnze, ſichern Schatten, zu - laͤngliche Nahrung und Waſſer fuͤr das Wild, und Schutz im Winter. Das erſte Beduͤrfniß iſt demnach ein dichtes Gehoͤlz, das aber einen grasreichen Boden, Wie - ſen oder offene freye Plaͤtze enthaͤlt, die entweder in ihrer natuͤrlichen Schoͤnheit gruͤ - nen, oder mit Klee, Rocken, Buchweizen und Haber beſaͤet ſind. Große, geraͤu - mige Plaͤtze geben den Vortheil, daß zwiſchen den waldigten Gebuͤſchen die Luft freyer durchſtreicht, und daß darauf das Wild zum Vergnuͤgen des Auges hervortreten kann. Aber eben ſo noͤthig ſind Dickigte und dunkle Schattenreviere, von allen Arten von buſchigtem Unterholz und ſich durch einander ſchlingenden Geſtraͤuchen gebildet.

V Band. UDa154Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

Da ſich ein Thiergarten durch Anpflanzungen erweitern und ſeiner Beſtimmung mehr gemaͤß einrichten laͤßt, ſo hat man allerdings auf die Baͤume und Straͤucher zu ſehen, die hier einen Platz verdienen. Eichen, Buchen und Haſeln geben, wie bekannt iſt, eine gute Maſt auch fuͤr das Wild. Allein auch die Fruͤchte der Roß - kaſtanie liebt der Hirſch als eine gute Nahrung; nur muͤſſen die Baͤume, um viel zu tragen, frey ſtehen, nicht in Alleen oder auf eine andre Art dicht zuſammenge - pflanzt. Gerne frißt das Wild die Rehheide oder das Pfriemenkraut (Spartium Sco - parium, L.), wovon es auch einen angenehmen Geſchmack annimmt, und verſchiedene Arten von Genſter (Geniſta tinctoria, Gen. piloſa, Gen. germanica, L.), die mit ihren ſchoͤnen citrongelben und lange dauernden Blumen ganze Plaͤtze verſchoͤnern. Von einigen Baͤumen greift es weder das Laub noch die Rinde an, als vom Wall - nußbaum, vom Schlingebaum (Viburnum Lantana, L.), vom Eibenbaum (Ta - xus, L.), vom Sadebaum (Juniperus Sabina, L.), vom hochſtaͤmmigen Buchs - baum (Buxus arboreſcens, L.), und von der Stechpalme (Ilex aquifolium, L.). Von andern Baͤumen nimmt es zwar das Laub, laͤßt aber die Rinde ungeſchaͤlt; dahin gehoͤrt die Eiche, die Haynbuche, die Eller, die Linde, die Birke, der Kirſch - baum, der Pflaumbaum, die Haſeln, der Maulbeerbaum, die Waſſerhuͤlſe (Acer campeſtre, L.), der Faulbaum (Rhamnus frangula, L.), der Stachelbeerſtrauch, der Berberitzenſtrauch, die gemeine Hanebutte (Roſa canina, L.), der Kreuzdorn (Rhamnus catharticus, L.), der Schwarzdorn (Prunus ſpinoſa, L.), der Weißdorn (Crataegus oxyacantha, L.), der Himbeerſtrauch und die Reinweide (Liguſtrum vulgare, M.). Alle dieſe Baͤume und Straͤucher ſchicken ſich vorzuͤglich zu Anpflan - zungen in Thiergaͤrten.

Fließende Baͤche geben, ſowohl fuͤr das Beduͤrfniß des Trunks, als auch fuͤr die Erfriſchung der Scene, ein weit beſſeres Waſſer, als ſtehende Teiche; doch ſucht der Hirſch zuweilen auch einen Sumpf, um ſich abzukuͤhlen. Ein kleiner See, der mitten in der Waldung hervorbricht, iſt ein ſehr uͤberraſchender Gegenſtand, der uns nicht wenig vergnuͤgt, zumal wenn er hin und wieder von nahen Waldſtuͤcken und dichten Klumpen am Ufer beſchattet wird, oder ein Jagdgebaͤude in ſeiner Flut den ſanften Widerſchein verlaͤngert.

Die Strenge des Winters verlangt Sorgfalt fuͤr die Nahrung der Thiere und beſchirmende Wildhaͤuſer. Dieſe muͤſſen trocken, warm, niedrig und mit Stroh gedeckt ſeyn. Ihre Bauart ſey im letzten Grade einfach und ungeſchmuͤckt; alles roh, nachlaͤſſig und wie vom Zufall zuſammengeworfen. Kein Anſtrich der Thuͤre, kein gebahnter Zugang fuͤr den Fuß des Menſchen. Dichte Klumps von hohen Ei - chen oder Buchen oder Roßkaſtanien erheben ſich rings umher. Bauwerke von ei -nem155einzelner Theile eines Landſitzes. nem ſo rohen und wilden Charakter ſchicken ſich ungemein fuͤr die Scene, und geben, ſelbſt in der gruͤnenden Jahrszeit zwiſchen den Oeffnungen der umherhangenden Laub - decken, einen maleriſchen Anblick.

Außer den Vortheilen, welche die Unterhaltung des Wildes gewaͤhrt, laſſen Thiergaͤrten auch Verſchoͤnerungen zu, die, ohne ihre urſpruͤngliche Beſtimmung aufzuheben, ſie zugleich zu Gegenden des Vergnuͤgens machen. Faſt die meiſten Annehmlichkeiten eines Waldes bieten ſich hier wieder zum Genuß an. Das Licht der Raſen mit der ſanften Nacht der Baͤume abwechſelnd; der Schatten und, ſeine Schweſter, die Kuͤhlung; die feyerliche Ruhe waldigter Verſchloſſenheit; die Ge - ſellſchaft des hier aufſpringenden, dort neugierig verweilenden und umher ſchauenden Wildes; die durch einander hinſchmelzenden Lieder der Buſchſaͤnger, die hier in Si - cherheit ſich gerne anbauen; die heitern Zwiſchenraͤume und perſpectiviſchen Durchſich - ten durch Gebuͤſche und Baumgruppen zu den finſtern Maſſen entfernter Wildniſſe hinan alles dieß giebt fuͤr Auge und Empfindung eine uͤberaus ſanfte Unterhaltung.

In Gegenden von dieſem Charakter wohnt waldigte Einſamkeit und Ruhe. Die Scenen koͤnnen ſelten einen andern Eindruck gewaͤhren. Denn Wieſen und Waldung mit Verſchloſſenheit, als die vornehmſten Gegenſtaͤnde, geben den Em - pfindungen einen Ton, der zu herrſchend iſt, als daß ihn ein einzeiner Auftritt oder ſeine Verzierung verſtimmen koͤnnte.

Ein Thiergarten, mit Ungleichheiten des Bodens, mit Anhoͤhen und Tiefen, hat doch vor einer bloßen Ebene einen Vorzug. Die dichten Maſſen und die einzelnen lichten Gruppen, die abwechſelnd auf Huͤgeln hinanſteigen, ſtellen eine uͤberaus praͤch - tige Scene dar; und von dieſen Huͤgeln den Blick wieder herab in die buſchigten Tic - fen geworfen, oder ihn uͤber die umliegenden Waldſtuͤcke mit ihren Oeffnungen zer - ſtreut, welch ein erfriſchender Genuß! Auch liefert die huͤgeligte oder bergigte Be - ſchaffenheit des Bodens fuͤr die Wirkung der Gebaͤude hier reizendere Lagen.

Alle Anpflanzungen in Thiergaͤrten muͤſſen dem natuͤrlichen Charakter der Ge - hoͤlze beyſtimmen, eine gewiſſe ſorgloſe Verwilderung und angenehme Unordnung ſehen laſſen. Das Genaue, das Zierliche oder Geſchmuͤckte wuͤrde hier, da das Ganze eine Wildniß zur Bewohnung der Thiere iſt, nur eine ſeltſame Abſtechung machen. Nach dieſer Bemerkung ſcheinen gerade Alleen, ſo ſchicklich ſie als Zu - gaͤnge zu Schloͤſſern und Landhaͤuſern ſeyn moͤgen, doch in Thiergaͤrten ſchon eine zu kuͤnſtliche Pflanzung zu ſeyn. Sie ſind an der Graͤnze umherlaufend noch ertraͤg - lich; aber mitten im Thiergarten koͤnnen ſie faſt nicht erſcheinen, ohne ganz misfaͤl - lig zu werden. Große Klumps, nachlaͤßig hingeworfen, wilde unregelmaͤßige Maſ - ſen, und dicht in einander verwilderndes Gebuͤſch, auf Wieſen und freyen Raſen -U 2plaͤtzen156Achter Abſchnitt. Gaͤrtenmaͤßige Verſchoͤnerungplaͤtzen in Gruppen verſtreut, ſind gerade die Art von Anpflanzung, die nach dem Beyſpiel der Natur hier den Vorzug verdient.

Zwiſchen den von der Natur oder von der Hand des Fleißes bepflanzten Klumps, Haynen, Gebuͤſchen und Dickigten muͤſſen ſich bald Fußſteige, bald Wege zum Fah - ren und Reiten umherwinden. Nichts iſt anmuthiger, als in dieſen einſamen und ruhigen Waldrevieren ſeinen Spazierweg zu verfolgen.

Es iſt nicht unſchicklich, in einem ausgebreiteten Thiergarten beſondre Ge - genden zum Vogelfang, oder zur Entenjagd, oder zum Angeln zu beſtimmen, und ſie zu dieſen Ergoͤtzungen einzurichten.

An Gebaͤuden nimmt ein Thiergarten bald ein kleines Jagdſchloß oder Jagd - haus*)Einen Vorſchlag zu einem ſolchen Gebaͤude ſ. im 3ten B. S. 37 38., bald einen Tempel der Diana auf waldigten Hoͤhen, bald eine dieſer Goͤt - tinn gewidmete Felſengrotte in Winkeln, wo man das Wild bey dem ungeſtoͤrten Genuß ſeiner Freyheit nicht ohne Vergnuͤgen belauſchet, bald ein rohes von Baum - rinden zuſammengeſchlagenes Waldhaus auf. Nur muß jedesmal die Gegend mit dem beſondern Charakter dieſer Gebaͤude uͤbereinſtimmen. Zwiſchen dicken Wald - maſſen alter Eichen erhebe ſich auf einer ſteilen Bergſpitze ein gothiſches Jagdſchloß mit ſeinen halb zertruͤmmerten Thuͤrmen empor; ſeine rauhe Geſtalt ſtimmt, zur Verſtaͤrkung des Eindrucks, der erhabenen Wildheit der Natur zu, und bringt die Erinnerung der Jahrhunderte roher Jagdbegierde zuruͤck, zu welcher ſich bald die fuͤr uns ſo ſchmeichelhafte Vergleichung unſrer mildern Sitten geſellt. Der Tempel der Jagdgoͤttinn ſteige auf einem anmuthigen Huͤgel zwiſchen edeln ſchattenreichen Gruppen, im griechiſchen Stil, ohne Pracht, mit einer maͤßigen Zierlichkeit er - bauet, empor; er moͤge ſich am Eingang mit vier Saͤulen der joniſchen Ordnung und mit einem grauweißlichen Anſtrich ſeiner Außenſeiten begnuͤgen; und uͤber dem Eingang kuͤndige ein wohl gewaͤhltes Sinnbild die Beſtimmung des Gebaͤudes an; eine Statue der Diana in einem bedeutungsvollen und intereſſanten Ausdruck, frey von der gemeinen Vorſtellung, die man ſo oft erblickt, reize beym Eintritt das Auge des Kenners, oder es werde von Gemaͤlden der Jagd gerufen, wo ſich die Goͤttinn mit ihren Nymphen ergoͤtzt. Eine Grotte, der Diana gewidmet, muß der Bau - art getreu ſeyn, die dieſe Art von Werken verlangt**)S. 3tes B. S. 84. u. f.. Ein Waldhaus von Baum - rinden zuſammengeſetzt, erfordert keine edle Lage auf Anhoͤhen; es erſcheint am ſchick - lichſten in Niedrigungen zwiſchen Huͤgeln, die mit verwildertem Gebuͤſch uͤberkleidet ſind, oder in dunkeln Dickigten; und es verlangt in ſeiner ganzen Anlage durchausdie157einzelner Theile eines Landſitzes. die hoͤchſte Einfalt und Nachlaͤßigkeit und ſelbſt eine Art von Rohigkeit, die jede Hand der ſchmuͤckenden Kunſt zuruͤckgeſtoßen zu haben ſcheint.

Sowohl die Groͤße und der wilde oder anmuthige Charakter eines Thiergar - tens uͤberhaupt, als auch die Beſchaffenheit der einzelnen Gegenden und Lagen, ge - ben eine naͤhere Beſtimmung, welche Art von dieſen Gebaͤuden jedesmal in der Wahl den Vorzug verdient. Auch kann hier allerdings auf den Charakter und das Ver - moͤgen des Beſitzers Ruͤckſicht genommen werden. Ein weit ausgedehnter koͤnigli - cher Thiergarten verlangt eine edlere und reichere Verzierung durch Gebaͤude, als die kleine Wildbahn eines Edelmanns, wo zuweilen ein einfaͤltiges Mooshaus ſchon hinreichend ſeyn kann. Allemal aber iſt weiſe Sparſamkeit noͤthig, damit der na - tuͤrliche Charakter eines Thiergartens, Einſamkeit und Wildniß der Natur, nicht durch eine Ueberladung mit Werken der Baukunſt zerſtoͤrt werde.

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V. Weinberg.

Weinberge gehoͤren zu dem Nuͤtzlichen. Allein ſie machen zugleich die ſchoͤn - ſten Gegenſtaͤnde fuͤr das Auge in allen Landſchaften aus, die ein waͤrme - rer Himmel mit ihrem Segen ſchmuͤckt. Der Reiſende, an deſſen Straße ſie empor gruͤnen, erfriſcht ſich bey ihrem Anblick, der Cultur und Froͤhlichkeit an - kuͤndigt; und die Feſttage der Weinleſe ſtellen ſo viele heitre Scenen dar, daß jeder Freund der Natur und des Menſchen gerne an ihnen Theil nimmt, gerne ſieU 3mit158Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungmit einem frohen Nachgenuß in den Gemaͤlden der Dichter und der Landſchafter wie - der erblickt.

Ein Weinberg kann als eine beſondre Gattung von Gaͤrten angeſehen werden; und in manchen Landſchaften ſieht man keine andre, als dieſe. Seine Lage auf ſon - nigten Anhoͤhen oder an huͤgeligten Abhaͤngen giebt ihm einen Charakter von Heiter - keit, der ſich ſchon bey der Annaͤherung ankuͤndigt. Man genießt hier eine freye Ausſicht, und athmet voll Ruhe in einer reinern Luft. Wird das Auge durch den Anblick eines Sees, der in der Niedrigung dahin wallet, oder eines voruͤberfließen - den Fluſſes, oder eines Gemiſches von Wieſen und Landhuͤtten, die unter ihm in der Tiefe ruhen, ergoͤtzt; ſo hat die Lage einen ſo friſchen und doch ſo ſanften Reiz, der dieſer Gattung uͤberaus angemeſſen iſt. Der Charakter eines Weinbergs iſt Ein - ſachheit. Er vertraͤgt keine fremden Pflanzungen. Allein die Weinſtoͤcke ergoͤtzen nicht nur durch das Liebliche der Ueberſchattung und durch die Erwartung der edlen Fruͤchte; ſie laſſen ſich auch zu kuͤhlen Bogengaͤngen bilden, in welchen die reifenden Trauben aus dem dichten Laubdach anlockend ſich hervordraͤngen und herabhangen; an den Seiten koͤnnen andre Spazierwege bald frey, bald leicht uͤberſchattet, dahin laufen, oder kleine Reblauben ſich woͤlben. Das Vergnuͤgen des Spazierganges kann ſich hier mit der Ruhe und der ſanften Anmuth der Ausſichten vereinigen. Auf der Hoͤhe kann ein Tempel, dem wohlthaͤtigen Gott des Weins gewidmet, und mit den Sinnbildern ſeiner Freuden bezeichnet, oder mit den tanzenden Figuren der Satyren umgeben, leicht und froͤhlich erbaut, zwiſchen den geſelligen Umarmun - gen von Epheu und Reben emporſteigen; und unten am Eingange des Weinberges mag eine Huͤtte, die Wohnung des Winzers, nachlaͤßig ruhen. Der Tempel kann inwendig zur Bewohnung fuͤr einige Perſonen eingerichtet werden, oder die noͤthigen Bequemlichkeiten fuͤr einen kurzen Aufenthalt des Beſitzers enthalten. Ruhe und liebliche Einfalt herrſche durch den ganzen Bezirk. Seine ſchoͤnern Tage ſchenkt dem Weinberg der Herbſt, in deſſen Scenen er ſelbſt ein uͤberaus intereſſanter Theil ſeyn kann, indem das mildere Sonnenlicht zwiſchen den duͤnnern, falben, ſich ma - leriſch aͤndernden Blaͤttern die blauen und gelben Trauben hoͤher faͤrbt, und mit jedem entwoͤlkten Mittag der Luͤſternheit reizender entgegen ſchwellen laͤßt.

VI. Doͤr -159einzelner Theile eines Landſitzes.

VI. Doͤrfer.

1.

Kein Anblick iſt erfreuender fuͤr den Menſchenfreund, als ein Dorf, worin Rein - lichkeit, Anmuth und Wohlſtand herrſchen. Es iſt ſo ſehr dem nauͤrlichen Gefuͤhl von Gerechtigkeit gemaͤß, daß die Klaſſe unſrer Nebenmenſchen, welche die ſchwerſte Arbeit fuͤr die Unterhaltung der Geſellſchaft traͤgt, auch wieder, ſo viel es ſeyn kann, ihren Antheil an dem Gluͤck und an den Annehmlichkeiten des Lebens nehme. Und die Befriedigung dieſes Gefuͤhls wird von einem gewiſſen innerlichen Behagen und einer ſanften Erheiterung der Seele begleitet. Dieß iſt die Wirkung, die der Anblick des Wohlſtandes unter den Landleuten hervorbringt; und zu ihnen ge - ſellen ſich noch die angenehmen Vorſtellungen von Reinlichkeit, von Ordnung, von Anmuth, die uns deſto mehr ruͤhren, je ſeltener wir ſie in einer ſolchen Lage zu finden gewohnt ſind. Wir ergoͤtzen uns bey der Vorſtellung von Seelen, die ſich uͤber die Muͤhſeligkeit und uͤber die gewoͤhnlichen Schranken ihres Standes zu erheben wiſſen, worinn die helleren Begriffe von Regelmaͤßigkeit und Schoͤnheit aus dem finſtern Chaos der Unwiſſenheit hervorleuchten, und die durch veredelte Gefuͤhle faͤhig ſind, die Annehmlichkeiten des Lebens mit uns zu genießen. Gewiß, ein Dorf, worinn Reinlichkeit und Anmuth erſcheinen, kuͤndigt ſchon eine beſſere Geſellſchaft von Men - ſchen an; wir finden ſchon mehr Reiz, uns ihnen durch Geſpraͤch und Umgang zu naͤhern. Ein Landmann, der ſeine Wohnung liebt und verſchoͤnert, der gern um ſie her Fruchtbaͤume pflanzt, und ſeinen Gemuͤsgarten wohl unterhaͤlt, hat ein Recht auf die Achtung der uͤbrigen Staͤnde.

Man ſehe das Gegenbild. Wie tief unter ihm ſteht der Dorfbewohner, der unter Schmutz und Armuth in einer nackten, zerfallenen Huͤtte lebt! Welch einen traurigen und niederſchlagenden Eindruck machen nicht die elenden Menſchenſtaͤlle in den Doͤrfern von Bayern, Weſtphalen und verſchiedenen Gegenden von Nieder - ſachſen! Kaum ſollte man glauben, daß da etwas beſſers, als Thiere, wohnen kann. Die Staͤlle der Schweine und die engen Schlafloͤcher liegen an einander; vor der Thuͤre haͤuft ſich der Miſt zu Huͤgeln; man muß daruͤber weggehen, um hinein und heraus zu kommen; Rauch und Geſtank fuͤllen das Inwendige mit Ekel und mit dem Saamen von allen Krankheiten, die aus der Unreinlichkeit entſpringen. Die Fenſterchen, die aus drey bis vier kleinen Scheiben beſtehen, ſind aus einer niedrigen Kargheit der Erbauer in die Wand befeſtigt, und koͤnnen daher nie zur Ausluͤftung der Schlafſtellen geoͤffnet werden; die Ungluͤcklichen muͤſſen demnach eineLuft160Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungLuft einathmen, die oft ſeit einem halben Jahrhunderte ein immer ſchaͤdlicheres Gift ward, und welche fuͤrchterliche Wirkungen muͤſſen nicht dieſe ewig verſchloſſenen und ewig ſich anhaͤufenden Ausduͤnſtungen bey einfallenden Krankheiten haben! Man erſchrickt bey dem Anblick ſolcher Behaͤltniſſe fuͤr Weſen, denen der Schoͤpfer Ver - nunft und Gefuͤhl gab, und die von beiden ſo entbloͤßt ſind, daß ihnen kaum noch der Inſtinct uͤbrig ſcheint, den ſie mit ihrer Geſellſchaft, dem Vieh, gemein haben.

In vielen niederſaͤchſiſchen Doͤrfern kann in den regnigten Monaten kaum der Nachbar zu dem Nachbar durch alle die Unreinigkeiten, die uͤberall aufgehaͤuft liegen, hindurchdringen; und faſt immer ſind die Wege ſo ausgefahren und ſo ſchmutzig, daß oft ſchon in der Ferne der Anblick eines Dorfs, der erfreuen ſollte, dem Reiſen - den einen Schauder erweckt. Wie elend muß es nicht in dem Kopf und dem Herzen ſolcher Menſchen ausſehen, die es nicht fuͤhlen, daß ſie zu dem klaͤglichſten Zuſtande herabgeſunken ſind! Wem es gleich viel iſt, ob er in Schmutz oder in Reinlichkeit wohnt, dem wird auch leicht jedes niedertraͤchtige Laſter gleichguͤltig werden; wer ſein Einenthum nicht mehr ſchaͤtzt, der wird jeder gemeinen Ausſchweifung, jeder Toll - heit in den Schenken und auf den Landſtraßen entgegen laufen. Unempfindlichkeit, Dummheit und Niedertraͤchtigkeit muͤſſen ſich ganz ſolcher ungluͤcklichen Seelen be - maͤchtigen, und ihr Zuſtand iſt im hohen Grade erbaͤrmlich, er mag nun eine Folge von Mangel an Erziehung, von Tyranney, von Verarmung oder von herrſchender La - ſterhaftigkeit ſeyn. Nichts fehlt noch in manchen Provinzen von Deutſchland mehr als eine vernuͤnfrige Dorfpolizey. Man koͤmmt der Unwiſſenheit und der Traͤgheit des Landmanns von dieſer Seite wenig zu Huͤlfe; man uͤberlaͤßt ihn vielmehr ganz ſeiner Unbequemlichkeit und ſeiner ekelhaften Lage.

Indeſſen ſollte man doch von ihm ſelbſt einige Wirkſamkeit zur Verbeſſerung ſeines Zuſtandes erwarten. Es iſt ein natuͤrlicher Trieb des Menſchen, ſein Eigenthum zu verſchoͤnern. Der Wilde ſchmuͤckt ſeine Bekleidung aus, verziert ſeine Waffen, ſchnel - det Figuren in ſein Hausgeraͤth, und bemalt ſelbſt ſeinen Leib. Alles, was taͤglich am naͤchſten um ihn iſt, und ſelbſt ſeine Perſon wird ein Gegenſtand ſeiner Verzierung, ſo ſeltſam ſie auch zuweilen, bey der Rohigkeit ſeines Gefuͤhls, ausfaͤllt. Es iſt faſt keine ungebildete Voͤlkerſchaft, bey welcher ſich nicht dieſe Neigung zur Verſchoͤne - rung ihres Eigenthums auf irgend eine Weiſe aͤußern ſollte. Und ſind nicht die Woh - nungen ein ſehr wichtiger Theil unſerer Beduͤrfniſſe? Ein Menſch, der ordentlich zu denken und zu empfinden gewohnt iſt, und ſich in einer ruhigen Verfaſſung befin - det, macht es ſich gerne zum Geſchaͤfte, ſeine Wohnung vor Verfall und Unſauber - keit zu bewahren, ſie bequem und angenehm einzurichten, und den umliegenden Platz auszuſchmuͤcken.

2. Wohl -161einzelner Theile eines Landſitzes.

2.

Wohl angelegte Doͤrfer gehoͤren zu den wohlthaͤtigſten Verſchoͤnerungen eines Landes, und ihr Anblick iſt ſo anziehend, ſo erheiternd, daß aufgeklaͤrte Reiſende ſie immer mit einem beſondern Vergnuͤgen zu bemerken pflegen. Zwar ſind ſie noch nicht ſo allgemein oder ſo zahlreich in den europaͤiſchen Reichen, als ein Menſchen - freund wuͤnſchen moͤchte; indeſſen giebt es hin und wieder doch ſchon ſchaͤtzbare Mu - ſter, die zur Nachahmung anleiten koͤnnen.

Die ſchoͤnſten Doͤrfer, die ich in Deutſchland gefunden, find die Maynzi - ſchen an den Ufern und in der Nachbarſchaft des Mayns und des Rheins. Sie ſind faſt durchgaͤngig mit Ziegeln gedeckt, und fallen in der Ferne ſo lebhaft und freundlich ins Auge, daß die Landſchaft mit einer Menge kleiner Staͤdte beſaͤet ſcheint. Sie ſind groß und geraͤumig gebauet, und haben vollkommen das Anſehen der Rein - lichkeit und des Wohlſtandes. Einige genießen an den Ufern des Mayns eine rei - zende Lage. Verſchiedene Haͤuſer ſind anmuthig mit Weinranken uͤberzogen. Bey allen Doͤrfern aber erblickt man große Umpflanzungen von Obſtbaͤumen; man faͤhrt zuweilen durch ganze Waͤlder von ihnen hin. Die Straßen, die durch ſie fuͤhren, ſind ſo reinlich, daß manche kleine fuͤrſtliche Reſidenzen ihnen weichen muͤſſen, und hin und wleder mit vielen Obſtbaͤumen beſetzt, die einen Reichthum von Fruͤchten geben. Man ſieht ganze Gefilde in einen Garten verwandelt, wo Erbſen, Bohnen, verſchiedene Kohlarten, Gurken u. ſ. w. in langen Strecken angepflanzt ſind, zwi - ſchen welchen Obſtbaͤume zerſtreut ſtehen, die ſo wenig hier, als in den mit Korn be - ſaͤeten Flaͤchen, dem Fortkommen der unter ihnen angebaueten Gewaͤchſe ſchaden, wie der Augenſchein lehrt. Nichts aber iſt einnehmender, als die Lage und Schoͤnheit der Doͤrfer am Rhein, indem man von Maynz nach Coblenz auf dem Strom hinunterfaͤhrt. Man fragt jeden Augenblick nach dem Namen des Staͤdtchens, und hoͤrt es ein Dorf nennen. Die Wohnungen ſind alle ſo ſchoͤn ge - bauet, ſo rein und einladend von Anſehen, mit graulichem und blaͤulichem Schiefer gedeckt, mit heitern Fenſtern und weißen Waͤnden, ſo nahe am Waſſer, daß ſie darinn ihren Wiederſchein mit einem maleriſchen Reiz verbreiten.

Die meiſten Doͤrfer in Schwaben ſind nach Sulzers Bemerkung, die ich ſelbſt richtig befunden, gegen die ſaͤchſiſchen und brandenburgiſchen, Staͤdte, und die Bauerhaͤuſer beynahe Pallaͤſte in Vergleichung der elenden Huͤtten in Nie - derdeutſchland. Das Landvolk iſt auch, je weiter man nach der ſuͤdlichen Graͤnze von Deutſchland koͤmmt, verſtaͤndiger, arbeitſamer, gerader und ehrlicher, auch weit beſſer gekleidet, als in den andern Provinzen.

V Band. XDieſe162Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

Dieſe Beobachtung gilt auch von dem Elſaß. Die Doͤrfer ſind ſehr gut ge - bauet, voll geſunder und heitrer Geſichter, die den gluͤcklichſten Nationalcharakter ankuͤndigen. Gewiß, um nichts anders wuͤrde ich, wenn Koͤnige zu beneiden waͤ - ren, den Koͤnig von Frankreich beneiden, als um dieſes ſchoͤne Land, und um dieſe gutartigen, aufgeklaͤrten, offenen und froͤhlichen Menſchen in Elſaß. Ueberall um die Doͤrfer ein Boden, den die Natur nicht fruchtbarer liefern kann; weite bis auf jeden Fleck angebauete Ebenen; Obſt, Wein, Gemuͤſe in reizendem Ueberfluß; ein uͤberaus mildes und gluͤckliches Klima. Ueberall Spuren des Fleißes, des Wohlſtandes und ſelbſt des Reichthums; uͤberall Genuß des Eigenthums und Freude. Welch einen auffallenden Contraſt machen dagegen die Doͤrfer in den mei - ſten Provinzen von Frankreich! Armuth und Schmutz wohnt faſt uͤberall bey dem Landmann in ſeinen elenden Huͤtten; ſie liegen gemeiniglich ganz kahl da, ohne Garten, ohne Baum; und man weiß hier wenig von dem angenehmen laͤndlichen Anſehen, das in andern Laͤndern die Doͤrfer von den waldigten Umhuͤllungen der Obſtbaͤume erhalten, woraus die Daͤcher hervorragen.

Wenn wohl angelegte Doͤrfer ſchon in den Ebenen ſo reizende Gegenſtaͤnde ſind, wie viel mehr muͤſſen ſie an den Abhaͤngen der Gebirge, auf lieblichen Hoͤhen und zwiſchen ſanften ſich wellenfoͤrmig fortwindenden Thaͤlern gewinnen. Durch dieſe neuen Schoͤnheiten der Lage heben ſie ſich in der Schweiz. Der bald erhabene, bald romantiſche, bald ſanftreizende Charakter dieſer Landſchaften bildet die ſchoͤnſten Gemaͤlde, die nur irgend das Auge des Reiſenden entzuͤcken, und den Geiſt des Landſchaftmalers zur Nachbildung auffordern koͤnnen. Und zu dieſen ſo erhebenden, ſo uͤberraſchenden und belebenden Wirkungen der Lagen, geſellen ſich noch die heitern Vorſtellungen von der Gluͤckſeligkeit dieſes Landvolks durch Freyheit und Eigenthum und faſt arcadiſche Hirtenſitten, durch Geſundheit und Muth, und durch die aus - nehmende Schoͤnheit des andern Geſchlechts. Kein Reiſender gieng aus der Schweiz, ohne den lebhafteſten Eindruck von dieſem ſeltenen Reiz ihrer Land - wohnungen. Man ſehe einige Gemaͤlde davon. Hier zuvoͤrderſt eins von den Ufern am Thunerſee. An dem einen Ufer, ſchreibt de Luͤc*)Phyſiſchmoraliſche Briefe uͤber die Berge ꝛc. S. 56 u. f., erheben ſich große Felſen, die den Grund zum ſchoͤnſten Amphitheater ausmachen. Es iſt nur ein einziger Blick noͤthig, um zu ſehen, was fuͤr herrliche Viehweiden ihn bedecken. Durch die Menge von Doͤrfern und Huͤtten, die darauf geſaͤet ſind, und zwar bis zu einer erſtaunlichen Hoͤhe hinauf, kann man von der Guͤte derſelben urthei - len. Man koͤnnte aus allen den auf dem Berge herum zerſtreut liegenden Haͤuſern eine ziemlich große Stadt machen, deren Einwohner nicht nur ſelbſt von ihremLande163einzelner Theile eines Landſitzes. Lande leben, ſondern auch noch den umliegenden Staͤdten davon mittheilen. Die Einrichtung der Lage dieſer Doͤrfer ſcheint faſt zu einer Erquickung fuͤr das Auge gemacht zu ſeyn. Der ganze Boden iſt dem Anſehen nach voll tiefer Furchen von den Baͤchen und Waſſern, die von der Hoͤhe des Berges herabkommen, und von dem, das ſich durch den Regen ſammelt. Die Baͤume ſcheinen ſich in die Vertie - ſungen gefluͤchtet zu haben, die Haͤuſer hingegen liegen an den hoͤchſten Oertern. Jedes dieſer Haͤuſer hat ſeinen kleinen Garten neben ſich, und zuweilen ſeinen Baumgarten, der mit Pfaͤhlen eingeſchloſſen iſt. Die Doͤrfer ſind an die Oerter hin gebauet, wo das meiſte Waſſer iſt, und auch ſtehen da die groͤßten Baͤume; zwiſchen dieſen Baͤumen erblickt man die Strohdaͤcher oder zuweilen blos die Kirch - thuͤrme. In der Entfernung, wo wir waren, konnte das Auge alles zuſammen auf einmal faſſen; und die Oberflaͤche des Sees, der eben war, wie ein Spiegel, warf dieſes Gemaͤlde ſo deutlich und klar zuruͤck, daß man in Verſuchung geweſen ſeyn wuͤrde zu zweifeln, daß das eine nur ein Wiederſchein ſey, wenn es nicht Stuͤck vor Stuͤck das andere enthalten haͤtte, und dann dabey auf dem Kopfe ſtand. Bald kamen wir in ein Thal hinab, und erfreuten uns an der Schoͤnheit der Obſtgaͤrten, an dem vorzuͤglichen Anſehen der Erdfruͤchte, an der Nettigkeit der Haͤuſer, und vornehmlich an der gluͤcklichen Sicherheit der Einwohner, die gar keine Gefahr dabey fuͤrchten, einen großen Theil ihrer Erndten unter dem Schutz bloßer Daͤcher um ihre Wohnungen her zu bewahren. Je naͤher man gegen Zuͤrch kommt, bemerkt Sulzer*)Tagebuch ſeiner Reiſe nach den mittaͤglichen Laͤndern von Europa S. 390., deſto lebhafter wird die Straße. Auf der letzten Stunde des Weges iſt ſie zu beyden Seiten faſt durchaus mit Haͤuſern be - ſetzt, deren ſchoͤne Lage, Bauart, Reinlichkeit und ganze Einrichtung etwas mehr, als Wohnungen des Landmanns, anzeigen. Man bemerkt nicht nur Wohlſtand, ſondern Reichthum an vielen dieſer Haͤuſer. Eben ſo ſind auch die Doͤrfer, die laͤngſt an beyden Ufern des Sees liegen. An keinem Orte habe ich Landvolk ange - troffen, dem man den Wohlſtand und ſogar den Ueberfluß deutlicher angeſehen haͤtte, als dieſem. Und dadurch wird die ganze Gegend um Zuͤrch herum, wenigſtens auf eine Stunde Weges weit, gegen jede Seite hin, zu einer der herrlichſten, die man ſich in der Einbildungskraft vorſtellen kann. Das ganze Land von Appenzell, erzaͤhlt Coxe**)Briefe uͤber die Schweiz. Aus dem Engl. S. 28 u. f., iſt, die nackten Felſen ausgenommen, in der That ein einziges zuſammenhaͤngendes Dorf, ein ſchoͤner Hof dicht an dem andern; und dieß ſtellt den allerliebſten Anblick dar, den man ſich nur er - ſinnen kann. Jeder Hof hat ſein kleines Gebiete, das gemeiniglich aus einemX 2oder164Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungoder zwey Stuͤcken ſchoͤnen Wieſengrundes beſteht, und haͤufig mit Fruchtbaͤu - men umkraͤnzt iſt. Wir traten in einige Haͤuſer, die alle von Holz gebauet ſind. Reinlichkeit und Gemaͤchlichkeit ſind die Hauptabſicht der Beſitzer, und die erſte leuchtet uͤberall ſo ftark hervor, daß es mir ein merkwuͤrdiger Beweis iſt, wie viel dies Volk auf dieſes weſentliche Erforderniß haͤlt. Die ununter - drochene Kette bebaueter Berge, die haͤufig mit Gehoͤlz bedeckt und mit Hoͤfen uͤber und uͤber beſetzt iſt, ſtellt eine unbeſchreiblich ſchoͤne Landſchaft dar; und dieſe Landwohnungen liegen alle auf ihrem ganz eigenen Fleckchen, als wenn es ihnen der Genius des Geſchmacks ausgeſucht haͤtte, um ihnen die vortrefflichſte Wirkung zu geben. Man ſieht, daß ſie ſo vielen einzeln von einander unab - haͤngigen Familien zugehoͤren, die doch ſo geſellig, als unabhaͤngig, und nur zu der Behauptung der gemeinſchaftlichen Freyheit verbunden find. Der groͤßte Theil der Einwohner iſt noch der urſpruͤnglichen Einfalt des Hirtenlebens ge - treu. Dieſe Schilderungen ſind von verſchiedenen Beobachtern und aus ver - ſchiedenen Gegenſtaͤnden der Schweiz ausgehoben; ich finde darinn eben die Beodachtungen, die ich an dieſen Oertern ſelbſt zu machen das Vergnuͤgen ge - habt. Eben dieſe Anmuthigkeit der Lagen, eben dieſe Reinlichkeit und Bequem - lichkeit der Landwohnungen, eben dieſer Wohlſtand ihrer Eigenthuͤmer iſt durch alle Kantons ausgebreitet, und dazu koͤmmt, daß das ganze Land faſt nichts als einen großen zuſammenhangenden Obſtgarten darſtellt, der in vielen Gegen - den mit den reichſten Weinbergen abwechſelt. Mancher Edelmann in Deutſch - land hat keine ſo gute, nette und anmuthige Wohnung, als der Bauer in der Schweiz. Die meiſten Dorfhaͤuſer ſind mit einem großen Vordach verſehen, das weit uͤber den Grund des Gebaͤudes hervorragt, und Schnee, Regen und Wind abhaͤlt. Die Landwohnungen im Kanton Bern unterſcheiden ſich durch eine eigenthuͤmliche Bauart, wie dieſe Vorſtellung zeigt.

Entfernt165einzelner Theile eines Landſitzes.
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Entfernt vom eiteln Land der muͤhſamen Geſchaͤfte, Wohnt hier der Seele Ruh und flieht der Staͤdte Rauch.
v. Haller.
166Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

Um Florenz ſind die Wohnungen der Landleute weit netter und bequemer, als in irgend einem Theil von Italien. Das ganze Land umher iſt in kleine Pach - tungen vertheilt, und jede mit einem artigen Landhauſe verſehen. Die Landleute haben ein geſundes und froͤhliches Anſehen. Die natuͤrliche Schoͤnheit der Baͤue - rinnen wird weder durch Schmutz noch durch Elend verunſtaltet; ihr Haar iſt auf eine anſtaͤndige Art geordnet und mit Blumen geziert; und auf der Scheitel ein klei - ner Strohhut befeſtigt. Auch die Gegend von Mayland, die von ausnehmen - der Schoͤnheit und Fruchtbarkeit iſt, faͤllt, nach Sulzers*)S. 324. Beobachtung, wie ein einziger unermeßlicher Luſtgarten ins Auge. Alle Felder tragen außer dem Getraide auch Wein, der aber nur in der Hoͤhe uͤber dem Acker gezogen wird, und Maul - beerbaͤume, die auf den Aeckern zerſtreut ſtehen. Die Doͤrfer ſind groß und ſchoͤn, die Bauerhaͤuſer weitlaͤuftig, an weiten mit Wirthſchaftsgebaͤuden umgebenen Hoͤ - fen, und durchgehends maſſiv und gut gebaut.

Die Doͤrfer in Holland ſind wegen ihrer Reinlichkeit und Anmuth bekannt. Die wohlgebaueten Haͤuſer ſind angenehm umpflanzt; faſt ein jedes hat einen Gar - ten, den der Landmann ungemein ſorgfaͤltig unterhaͤlt. Die Maler des Landes ha - ben uns Ausſichten von Doͤrfern geliefert, die bloße Nachbildungen ſind, und doch ſo ſehr einnehmen, als wenn ſie von einer verſchoͤnernden Phantaſie ausgefuͤhrt waͤ - ren. Man hat hin und wieder die hollaͤndiſche Bauart und Einrichtung der Doͤr - fer in andern Laͤndern nachgeahmt. In der Nachbarſchaft von Wien z. B. iſt ein ſchoͤnes Dorf, Thereſienfeld in dieſem Geſchmack angelegt; die Haͤuſer ſind alle von einem Stockwerk; jedes iſt umkraͤnzt von einem umzaͤunten Garten.

Man kann leicht denken, daß es in England, wo der Geiſt der Verſchoͤne - rung ſich ſchon ſo weit verbreitet hat, an reizenden Doͤrfern nicht fehlt. Young**)Reiſen durch die oͤſtlichen Provinzen von England 4 Th. S. 69. ruͤhmt beſonders die Gegend von Rye bis Hawkhurſt in Suſſex, wo der Weg, funfzehn (engl.) Meilen, uͤber Huͤgel und Thaͤler, und unter der Ausſicht uͤber ſehr angenehme waldigte Gegenden, durch viele Doͤrfer und bey einzelnen Haͤuſern vorbey - fuͤhrt. Dieſe Landwohnungen ſind artig gebauet und haben ein reinliches Anſehen. Die kleinen Gaͤrten ſind wohl unterhalten und mit Zaͤunen eingefaßt. Viele Waͤnde ſind geweißt, und ſo gar die Taubenhaͤuſer mit Ziegeln gedeckt, ſehr reinlich und feſt gebauet. Alles verraͤth wohlhabende Einwohner. Es iſt ein angenehmer und beruhigender Anblick, hier Zufriedenheit und Froͤhlichkeit in Huͤtten wohnen zu ſe. hen.167einzelner Theile eines Landſitzes. hen. Gluͤckliches Volk! Aus ſeinen Augen ſtrahlt Vergnuͤgen, und Geſundheit wohnt auf ſeinen Wangen. Eine ſolche gezierte Landſchaft iſt in der That ſchoͤn zu nennen; jeder Beſitzer eines Landguts koͤnnte auf dieſe Weiſe dem Reiſenden einen angenehmen Anblick verſchaffen. Arbeitſame Britten ſollten alle ſo leben; unter - ſtuͤtzten die Geſetze die geſegneten Umſtaͤnde, in welche die Vorſehung England ge - ſetzt hat, beſſer, dann koͤnnten alle ſo leben.

3.

Ein Dorf iſt ein ſchicklicher Gegenſtand in jeder Gegend, die fruchtbar oder auch des Anbaues faͤhig iſt, uͤberall, wo ein Zweig der Landeultur wirkſam werden, und fleißige Arbeiter naͤhren kann. Der erſte Landmann baute ſich ohne Zweifel mitten in ſeinem Felde an, ſo wie der erſte Gaͤrtner an der Stelle, wo er ſeine ganze Gartenflur uͤberſehen konnte. Dieſe urſpruͤngliche Einrichtung iſt der Ordnung ge - maͤß, und ſehr vortheilhaft. Die Naͤhe der Wohnung, die eine unmittelbare Ver - bindung mit dem Felde, den Wieſen und dem uͤbrigen Landeigenthum des Beſitzers hat, erleichtert die Ueberſicht ſowohl, als die Arbeit und die Einfuͤhrung der Fruͤchte, beſchaͤftigt immer ſein Auge und ſeinen Geiſt mit der Vorſtellung ſeines Berufs, er - ſpart viel Zeit und unnuͤtze Muͤhe. Der beſtaͤndige Anblick erhaͤlt nicht blos ſeine Wachſamkeit rege, ſondern leitet auch ſehr natuͤrlich auf mancherley Verbeſſerung des Feldes und Vervielfaͤltigung ſeiner Vortheile. Die angebaueten Stellen in den unfruchtbaren Gegenden der Alpen und der apenniniſchen Gebirge zeigen, wie nuͤtzlich es iſt, wenn der Landmann ſein Land in der Nachbarſchaft ſeiner Wohnung hat. Die roͤmiſchen Doͤrfer ſtellten die Haͤuſer, wie in Staͤdten, dicht neben ein - ander; die alten Germanier aber baueten kluͤger ſie mehr aus einander, und gaben jeder Wohnung geraͤumige Plaͤtze. Noch jetzt herrſcht in der Schweiz die Ein - richtung, daß, ob ſie gleich zuſammengebauete Doͤrfer hat, doch in den meiſten Gegenden die Landwohnungen von einander abgeſondert, jede mit ihrem Eigenthum von Land und Fruͤchten umgeben, liegen. Auch in den Provinzen von England, die am beſten angebauet ſind, ſieht man eben dieſe Einrichtung. Die Zuſammen - draͤngung der Bauerhuͤtten mag zwar die Geſelligkeit befoͤrdern und Huͤlfsleiſtungen in der Noth erleichtern. Allein ſie vermehrt auch die Gefahr bey entſtehendem Feuer ſowohl, als bey anſteckenden Krankheiten, veranlaßt mehr Zerſtreuung und Muͤßiggang, mehr Anhaͤufung der Unreinlichkeit, zumal bey der Vieh - zucht. Wie ruhig und gemaͤchlich lebt nicht dagegen der Landmann in abgeſon - derten Wohnungen, ganz in dem Schooß ſeiner Familie, ganz ſeinen Geſchaͤf - ten und dem Genuß ſeines haͤuslichen Gluͤcks uͤberlaſſen, rings um ihn her ſeinFeld,168Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungFeld, ſeine Wieſen, ſein Weinberg, ſeine Milchkuͤhe, ſeine Schaafe, ſeine Ziegen, ſein ganzes belebtes und unbelebtes Eigenthum! Wie einnehmend faͤllt nicht eine ſolche Lage, ein kleines, aber vollſtaͤndiges Gemaͤlde von menſchli - cher Gluͤckſeligkeit, ins Auge! Sie erleichtert zugleich die Verſchoͤnerung des Platzes um die Wohnung mit umher gepflanzten Gruppen von Fruchtbaͤumen und mit geraͤumigern Gaͤrten, in deren Anlage der Landmann hier freyere Wahl gewinnt.

Die Bauart der Wohnung richtet ſich nach ihrer Beſtimmung. Sie dient dem Landmanne und ſeiner Familie zum Aufenthalt, und muß ſeiner Lebensart, ſeinen Geſchaͤften und Beduͤrfniſſen, die verſchiedene Abſtufungen leiden, gemaͤß eingerichtet ſeyn. Auch auf das Klima und auf die beſondre Lage muß bey der Einrichtung Ruͤckſicht genommen werden. Mit der Bequemlichkeit und Rein - lichkeit des Innern muß ſich ein gefaͤlliges und munteres aͤußeres Anſehen verei - nigen. Die Scheune und der Stall werden, wo es ſeyn kann, als beſondere Gebaͤude hinter der eigentlichen Wohnung aufgefuͤhrt und von ihr abgeſondert, aber nicht weit entfernt.

Geſundes und reines Waſſer iſt ſowohl in Doͤrfern, als auch bey einzelnen Landwohnungen, ein unentbehrliches Beduͤrfniß. Jedes Haus muß ſeinen Brun - nen im Hofe, oder ſein Waſſerbehaͤltniß zum haͤuslichen Gebrauch und zur Traͤn - kung der Thiere in der Naͤhe haben; plaͤtſchert eine laufende Trinkquelle unter dem Schatten hoher Baͤume vor der Thuͤre, ſo geſellt ſich zugleich die Anmuth zu dem Nutzen. Die Schweiz hat wegen ihrer vielen Baͤche und Quellen, die uͤberall von den Bergen ſich ergießen, von dieſer Seite einen beneidenswer - then Vorzug. Faſt jede Landwohnung hat ihren Springbrunnen, der zuweilen artig verziert iſt, und den ablaufenden Ueberfluß ſeines Waſſers einen Bach bil - den laͤßt, der ſich zwiſchen den benachbarten Huͤtten hinſchlaͤngelt, ſich verſtaͤrkt und anmuthig fortrauſcht, oft mit umhergepflanzten Baͤumen verſchoͤnert. Flieſ - ſende Baͤche oder kleine Arme von Fluͤſſen ſind in mancher Ruͤckſicht ein ſo wich - tiges Beduͤrfniß fuͤr Doͤrfer, daß man, ſo weit es nur andere Umſtaͤnde ver - ſtatten, ſie ſuchen, in ihrer Naͤhe hinbauen, oder ſie herbeyleiten ſollte. Sie geben zugleich die anmuthigſte Verſchoͤnerung, rauſchen Leben und Vergnuͤgen daher, nehmen laͤndliche Bruͤcken auf, waͤſſern die Pflanzungen, und bieten Gaͤnſen und Enten ihre geliebte Waſſerfahrt an.

Die Huͤtten des Landmanns koͤnnen keine anſtaͤndigere und ſchoͤnere Ver - zierung ihres naͤchſten Bezirks haben, als wohl unterhaltene Gemuͤsgaͤrten undFrucht -169einzelner Theile eines Landſitzes. Fruchtbaumgaͤrten. Sie verſorgen ihn mit ſchmackhafter und geſunder Nahrung, und zuweilen mit einem Ueberfluß zum vortheilhaften Landhandel. Allein ſie ver - anlaſſen auch die angenehmſten Beſchaͤftigungen, und wenn er im Herbſt den Reichthum der Fruͤchte ſeines Gartens einſammelt, ſo feyert er mit ſeinen Haus - genoſſen ein Feſt, das die reinſte Freude gewaͤhrt, weil es ein Feſt der Natur iſt. Auch wenn in Feyerabenden das Landvolk hin und her unter ſeinen Frucht - baͤumen zerſtreut ruhet, oder ſich mit Geſang und Spiel und Tanz ergoͤtzt, ſo ſtellt dieß eine der heiterſten Landſcenen dar, die an die Gluͤckſeligkeit des erſten Weltalters wieder erinnert. Wie reizend eine Gegend durch Gartenanbau wer - den kann, das zeigen, außer ſo vielen andern Beyſpielen, die ſogenannten Vierlande bey Hamburg. Ueberall lacht Fruchtbarkeit und Cultur dem Auge entgegen. Man reiſet faſt durch lauter Gaͤrten, oder durch Felder, die garten - maͤßig bearbeitet ſind; und uͤberall erblickt man in ihnen die Beſitzer mit einer gluͤcklichen Emſigkeit verbreitet. Die Gaͤrten wechſeln mit fruchtbaren Kornflu - ren, die mit einzelnen Baͤumen oder ſchoͤnen Baumklumpen abgetheilt ſind, mit Wieſen, mit Viehgruppen, die halb im hohen Graſe verſteckt ſind, mit Doͤr - fern und mit abgeſonderten Landwohnungen ab. Die Gaͤrten ſind voll Kuͤchen - gewaͤchſe, beſonders voll großer, ſchoͤner und ſchmackhafter Erdbeeren, die hier in einer erſtaunlichen Menge gewonnen werden, voll Kirſchbaͤume und andern Obſtgattungen. Der Verkauf der Erdbeeren und Kirſchen iſt ungemein betraͤcht - lich. Die Lage zum Abſatz iſt nicht weniger vortheilhaft, als der Fleiß dieſer Landleute gluͤcklich iſt. Sie verkaufen nach Hamburg, und ſenden den andern Ueberfluß nach den luͤneburgiſchen Sandgegenden. Die geſunden und froͤhli - chen Landmaͤdchen begruͤßen den Reiſenden, indem ſie ihnen die angenehmſten Geſchenke der Natur, Blumen, Erdbeeren und Kirſchen, anbieten. Man genießt recht gluͤckliche Stunden, wenn man durch dieſe geſegneten Gefilde faͤhrt.

Die gruͤnen Einzaͤunungen der verſchiedenen Grundſtuͤcke, um die Doͤrfer oder einzelnen Landwohnungen her, tragen nicht wenig zur Verſchoͤnerung des Lan - des bey, dem ſie ein lachendes Anſehen geben. Sie erregen zugleich die Vor - ſtellung von beſtimmtem Eigenthum und von Aufhebung der Gemeinheiten; ſie ſetzen die Fluren gegen die Verwuͤſtungen des Windes und des Sandes mehr in Sicherheit; ſie verſtatten Viehweiden ohne Huͤtung, eine beſſere Benutzung des Duͤngers und eine groͤßere Befruchtung des Landes; ſie koͤnnen ſelbſt in ei - nigen Gegenden von mancherley Fruchtſtraͤuchern angelegt und dadurch noch nuͤtz - licher werden.

V Band. YDie170Achter Abſchnitt. Gaͤrtenmaͤßige Verſchoͤnerung

Die ſchoͤnſten Lagen der Doͤrfer und abgeſonderten Landwohnungen ſind auf maͤßigen Anhoͤhen und ſanften Abhaͤngen, zwiſchen abwechſelnd fortlaufenden Huͤgeln, an dem Uſer eines Fluſſes, oder eines klaren Sees, der den Gebaͤu - den den Spiegel lieblicher Wiederſcheine darbietet, oder den die nahen Bepflanzun - gen mit einer gruͤnen Schattirung bekraͤnzen.

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Gruppen von Fruchtbaͤumen geben jeder laͤndlichen Huͤtte ein maleriſches An - ſehen. Auch kann ein Dorf mit gemeinſchaftlichen, großen und wohl verzierten Brunnen, bey welchen das Vieh ſich zur Traͤnke verſammelt, und mit freyen Plaͤ - tzen unter hohen ſchattenreichen Baͤumen verſchoͤnert werden, wo die Jugend ihre Taͤnze und Spiele haͤlt, und die Alten ſich umher auf Baͤnken und Raſenſitzen zu zu muntern Erzaͤhlungen lagern. Auf dieſen Plaͤtzen koͤnnten auch hie und da ein - fache Saͤulen oder behauene Feldſteine mit dem Namen und zum Andenken ſolcher Landleute errichtet ſtehen, die ſich um ihr Dorf durch eine ſeltene oder merkwuͤrdige Handlung verdient gemacht. Wer das Dorf von einer großen Feuergefahr oder ei - nem ſeiner Nachbarn das Leben gerettet, wer zur beſſern Erziehung der Jugend vonſeinem171einzelner Theile eines Landſitzes. ſeinem eigenen Vermoͤgen eine kleine Stiftung angelegt, wer eine neue gemeinnuͤtzige Erfindung in irgend einem Theil der Landwirthſchaft gemacht, der ſollte hier ſein Ehrendenkmal haben, bey welchem vielleicht noch ſpaͤt

Die Jugend ſteht erſtaunt und zeigt in den Geberden
Die edle Ungeduld, noch loͤblicher zu werden
*)v. Haller.
*).

Der Tag der Errichtung eines ſolchen Denkmals muͤßte ein oͤffentliches Feſt fuͤr das ganze Dorf ſeyn. Alte und Junge hielten in ihrem beſten Schmuck einen feyer - lichen Aufzug zu dem Platze hin. Der aͤlteſte und wuͤrdigſte Greis traͤte hervor mit einer kurzen und kunſtloſen Lobrede auf den Mann, deſſen Ehre dieſer Tag gehoͤrte, und mit einer Aufmunterung zu aͤhnlichen Tugenden. Die naͤchſten Verwandten des Ehreumannes haͤtten bey dieſem Feſt den Vorgang in der ganzen Verſammlung. Man erfreute ſich zuletzt bey einer oͤffentlichen laͤndlichen Mahlzeit, und die Jugend duͤrfte ſich am Abend mit Taͤnzen unter der Aufſicht der Aelteſten des Dorfs ergoͤtzen. Sollte eine ſolche Veranſtaltung nicht zur Nachahmung edler Handlungen wirkſam ſeyn?

Uebrigens laſſen ſich leicht in den Doͤrfern kleine Verſchoͤnerungen anbringen, die ihr Anſehen haben. Die Zwiſchenraͤume der Wohnungen duͤrfen nur mit Baum - gruppen, oder mit Gebuͤſchen von fruchttragenden Straͤuchern gefuͤllt werden, ſo wird ſogleich das Ganze ſich beſſer verbinden und ſich ſchoͤner ausnehmen, als eine lange unbedeutende Reihe von Haͤuſern. Auch die Kirche kann, wenn ſie auf einer kleinen Hoͤhe liegt und von einigen Baͤumen umgeben iſt, in der Ferne mit ihrem Thurm einen angenehmen Proſpect bilden. Ekelhafte Gegenſtaͤnde laſſen ſich durch geringe Pflanzungen verſtecken. Ein ſchoͤner ſchattender Baum, eine einzige wohl - gebauete Bank vor dem Eingange der Wohnung giebt ſchon eine angenehme Veraͤn - derung. Ein weißer Anwurf der Waͤnde, ein geraͤumiges helles Fenſter, oder eine nette Thuͤre hebt ſchon die Vorderſeite, und laͤßt eine gute Verfaſſung des Innern erwarten. Alle dieſe kleinen Verzierungen, die in der Wirkung des Ganzen zuſam - men doch wichtig werden, kann der Beſitzer leicht und ohne Aufwand machen; ſie han - gen blos von einer geringen Aufmerkſamkeit ab, die er auf ſein Eigenthum wendet.

4.

Aber in ſo manchen Laͤndern, wo noch Sclaverey und, ihre Mittyranninn, die Armuth den Landmann druͤckt, iſt, anſtatt aller Verſchoͤnerung, nur Befreyung von Elend zu empfehlen. Und was iſt die Leibeigenſchaft, worunter der gute und nuͤtzliche Landbewohner hie und da noch ſeufzet, anders als Sclaverey, oder Berau - bung ſeiner natuͤrlichen Freyheit? Wenn er ſeinen Aufenthalt nicht nach Willkuͤhr veraͤndern; ſich nicht nach ſeiner Neigung verheirathen darf; wenn ſeine Kinder mitY 2allen172Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungaͤllen ihren Nachkommen an dieſen Boden, den ſeine Voraͤltern mit ihrem Schweiße, oft mit ihren Thraͤnen duͤngten, zur Arbeit gebunden ſind, und ihn nicht ohne ein Verbrechen verlaſſen koͤnnen; wenn er zu unablaͤßigen Frohndienſten gezwungen iſt: was iſt dieſer Zuſtand anders, als Sclaverey?

Allerdings giebt es in ihr Abſtufungen, wie in der Freyheit. In England herrſcht mehr buͤrgerliche Freyheit, als in Frankreich; in Daͤnnemark mehr, als in Preußen, mehr noch, als in vielen Republiken. In Venedig iſt weniger Freyheit, als in der Schweiz, und in der Schweiz weniger, als in Holland. Eben ſo hat die Leibeigenſchaft des Landmanns ihre Abfaͤlle; ſie war in Boͤhmen grauſam; in Niederſachſen iſt ſie ertraͤglich, durch Menſchenliebe oder doch durch die Aufmerkſamkeit der Regierung gemildert. Indeſſen ſo laͤſtig auch die Unterhal - tung der Leibeigenen fuͤr manchen Gutsbeſitzer ſeyn mag, ſo iſt doch die duͤrftige Er - naͤhrung kein Erſatz fuͤr das, was der Landmann aufopfern muß. Jede Ausſicht, an einer andern Stelle von ſeinen Kraͤften Gebrauch zu machen, und ſich ein beſſeres Gluͤck zu ſchaffen, iſt fuͤr ihn auf ewig verſchloſſen. Alle Talente ſeiner Soͤhne zu Kuͤnſten und andern nuͤtzlichen Gewerben in der buͤrgerlichen Geſellſchaft gab ihnen die Natur vergebens; ſie duͤrfen nicht ausgehen, zu lernen, ſie ſind an die Lebensart, an den Pflug ihres Vaters gefeſſelt.

Aber die Leibeigenen wollen keine Freyheit, auch wenn ſie ihnen angeboten wird? Hat man bey dieſem Einwurf ſie denn alle in der That befragt? Und keiner ſollte in der That Freyheit wollen? So waͤre dieß eben die ſchrecklichſte Wir - kung der Leibeigenſchaft, daß ſie alles Gefuͤhl fuͤr das edelſte Gut erſtickt, daß ſie die unempfindlichſte Traͤgheit zur andern Natur macht, daß ſie den maͤchtigen Trieb des ordentlich denkenden Menſchen, ſich eine Beſitzung zu erwerben und davon freyen Ge - brauch zu machen, uͤberwaͤltigt. Wenn dieß die Wirkung der Leibeigenſchaft iſt, daß ſie den Menſchen durch Beraubung aller natuͤrlichen Empfindlichkeit ſo tief erniedrigt, daß er ſelbſt ſeine Feſſeln liebt, wer wagt es denn noch ſie zu vertheidigen?

Vergebens ſucht man noch hie und da ein Recht zu dieſer Verfaſſung vorzuge - ben. Wo iſt der Grund dazu? Wo die Acte der Unterwerfung oder auch nur der Bewilligung von Seiten des Volks, das hier die wichtigſte Parthey iſt? Was kann die Sclaverey freygeborner und tugendhafter Menſchen anders ſeyn, als Misbrauch der Gewalt des Maͤchtigen, Misbrauch, der nur bisher durch eine ſtillſchweigende Genehmigung der Landesfuͤrſten Beſtand gehabt? Der Deſpotiſmus unterdruͤcken - der Fuͤrſten uͤber Voͤlker, ſagt Herr von Sonnenfels*)Erſte Vorleſung in dieſem academiſchen Jahre. Herausgegeben von Joſeph von Retzer. 8. Wien. S. 12 14. 1782., iſt ein Greuel; aber dergreulich -173einzelner Theile eines Landſitzes. greulichſte, der unertraͤglichſte Deſpotismus iſt der, welchen Buͤrger uͤber ihre Mit - buͤrger ausuͤben. Das war die Leibeigenſchaft, dieſer Schandfleck der Verfaſſung, worin ſie geduldet wird, die Schande der ſich ſo nennenden Rechtswiſſenſchaft, welche den Menſchen zur Sache herabkluͤgelte, die Schande der Vernunft, welche zur Ver - theidigung ihrer Rechtmaͤßigkeit Scheingruͤnde erſann. Nie hat die wehrloſe Schwach - heit der Staͤrke ein Recht uͤber ſich zu einem andern Endzwecke, als zu ihrem Schutze, zu ihrem Beſten, anvertrauen wollen, anvertrauen koͤnnen. Und nie iſt ein Zu - trauen ſchaͤndlicher gemisbraucht worden, als da man das Schutzrecht in Herrenrecht verwandelte, und Geſchoͤpfe, die aus der Hand der Natur, auf gleichen Wegen, mit gleichen Kraͤften des Koͤrpers, mit gleichen Faͤhigkeiten des Geiſtes ausgeruͤſtet kommen, zum Eigenthum ihrer Mitgeſchoͤpfe abwuͤrdigte. Wie, um aller Ver - nunft willen, haͤtten Menſchen, auch zum Schutze ihres Lebens, dasjenige jemals veraͤußern wollen, das des Lebens groͤßten, einzigen Werth ausmacht? Wie konn - ten einige tauſend geſunde, arbeitſame, ruͤſtige Menſchen jemals das Eigenthum eines von ſchwachen Aeltern gebornen, durch Muͤßiggang und Wolluͤſte entnervten, unbeholfenen Schwaͤchlings werden? Oder eines geinfelten Moͤnchen, deſſen Ab - geordneter den arbeitſamen Hausvater heute mit Ungeſtuͤm vor der Thuͤre zur Frohne herauspocht, vor der nur noch geſtern einer ſeiner Ordensgenoſſen demuͤthig um Nah - rungsmittel gebettelt hatte? Aber indeſſen die Philoſophie ein ſo widerſinniges, em - poͤrendes Paradox mit der entſchiedenen Uebermacht der ſiegenden Wahrheit bekaͤm - pfet, indeſſen Academien Preiſe fuͤr den ausfuͤhrbarſten Vorſchlag beſtimmen: wie der ſeufzenden Menſchheit dieſes Joch abgenommen werden koͤnne; thut es Joſeph. So loͤſet die erhabene Menſchenliebe eines Geſetzgebers und ſein Muth, ſich durch die Beſorgniſſe, die der Eigennutz erhebt, nicht irre machen zu laſſen, mit einem Wort die verwickeltſten Aufgaben der Academien. Joſeph hob die ſchreckliche Leibei - genſchaft in Boͤhmen auf. Joſeph ließ durch das ganze oͤſterreichiſche Pohlen die Verordnung ergehen, daß die Bauern, die bisher fuͤnf bis ſechs Tage der Woche zu Frohndienſten verwenden mußten, ſie nur drey Tage zu leiſten haͤtten; fuͤr ihre Kinder ließ er Schulen anlegen; und ſo fieng er an, ſie durch mehr Freyheit und Unterricht aus der Barbarey zu reißen. Alle Menſchenfreunde in ſeinen Staaten und außer ihnen vereinigten ihre Freude mit dem Entzuͤcken ſeiner befreyten und be - gluͤckten Unterthanen.

Aber, wird vielleicht geſagt, man kann doch die Verfaſſung ertraͤglich machen, ohne ſie aufzuheben. Allein iſt Ertraͤglichkeit eine Verbeſſerung des Ganzen? Iſt ſie nicht von der Geſinnung der Gutsbeſitzer abhaͤngig, und daher eben ſo wandelbar, als dieſe? Es iſt wahr, die zuſaͤllige Menſchenliebe des Be -Y 3ſitzers174Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungſitzers kann den Zuſtand ſeiner Leibeigenen erleichtern, und erleichtert ihn oft wirklich. Aber wenn die Menſchenliebe fehlt? Bleibt es denn nicht immer die Verfaſſung ſelbſt, die ein Uebel iſt?

Ihre ploͤtzliche Aufhebung wuͤrde vielleicht in den meiſten Faͤllen eben ſo wenig eine Wohlthat fuͤr den Leibeigenen ſeyn, als wenn man einen Vogel, der vom Neſte an Jahre hindurch im Bauer geſeſſen, auf einmal in freye Luft fliegen laͤßt. Sie erfordert, um nicht eine groͤßere Verwirrung zu veranlaſſen, eine gewiſſe Vorbereitung und Klug - heit in der Ausfuͤhrung. Allein eben dadurch leidet ihre Ausfuͤhrbarkeit ſelbſt nichts. Daß ſie eine genaue Ueberlegung und Benutzung der mancherley Verhaͤltniſſe und oͤrt - lichen Umſtaͤnde, die dabey vorkommen, verlangt, iſt der Natur der Sache ſehr gemaͤß. Und außerdem lehren ſchon ſo manche Vorgaͤnge, wie die Ausfuͤhrung vorbereitet und ausgefuͤhrt werden kann. Ihre Wirkung iſt nicht allein die Wiedereinſetzung der Men - ſchen in ihre natuͤrlichen Rechte, ſondern auch die Verbeſſerung der Guͤter ſelbſt und die Vermehrung ihrer Einkuͤnfte. Man frage nach in den Laͤndern, wo keine Leibeigen - ſchaft war, oder wo ſie aufgehoben ward; man ſehe jetzt in Daͤnnemark den Ertrag der Guͤter, wo dieſe Verbeſſerung eingefuͤhrt iſt. Die Erfahrung entſcheidet, und laͤßt keinem Einwurf Platz. Ueberall ſind die herrlichen Fruͤchte dieſer Veraͤnderung ſichtbar, auf der Seite des Herrn mehr Bequemlichkeit, mehr Verbeſſerung ſeiner Guͤter, mehr Einkuͤnfte; auf der Seite des Volks mehr Muth, mehr Arbeitſamkeit, mehr Aufklaͤrung, mehr Trieb zur buͤrgerlichen Tugend, mehr Vermoͤgen zur Be - ſtreitung der Abgaben, mehr Familien und mehr Wohlſtand fuͤr ſie. Bey ſolchen wichtigen Verbeſſerungen wird man nicht mehr aͤhnliche laͤcherliche Fragen wiederho - len, wie dieſe: wo nehmen wir Kaͤſe und Butter her, wenn in Niederſachſen die Leibeigenſchaft aufgehoben wuͤrde? Fehlen denn etwa dieſe Beduͤrfniſſe in Holland und in der Schweiz? Wenn das Vorurtheil der Gewohnheit oder des uͤbel unterrich - teten Eigennutzes nach und nach verſchwindet, ſo wird das, was zunaͤchſt ein Gegen - ſtand der Gerechtigkeit und der Menſchenliebe iſt, zugleich als ein Gegenſtand der Klug - heit betrachtet werden, und eine hie und da noch verſchloſſene Quelle wahrer buͤrgerlicher Gluͤckſeligkeit ſich zu ergießen anfangen.

Sollten denn einſt die ſchoͤnen Tage anbrechen, wo der Landmann uͤberall durch Frey - heit und Eigenthum zu den gluͤcklichen Gefuͤhlen der Menſchheit ſich erheben duͤrfte; ſo wuͤr - de die Verachtung oder Geringſchaͤtzung der Doͤrfer aufhoͤren, und der Weiſe mit mehr Vergnuͤgen ſeine Wohnung mitten unter den Bebauern des Feldes aufſchlagen. Er wuͤr - de nuͤtzlichen Unterricht und geſellige Neigungen unter ihnen verbreiten; durch ſeinen Um - gang den Sieg uͤber ſchaͤdliche Vorurtheile ſich erleichtern; durch ſeine Anleitung die Quel - len der Zufriedenheit des Lebens eroͤffnen. Gerne wuͤrden ſie den Freund aufnehmen, derſich175einzelner Theile eines Landſitzes. ſich unter ihnen niedergelaſſen, gerne den Weiſen hoͤren, der es nicht verſchmaͤhte, unter ihnen zu leben. Das Schauſpiel wohl angebaueter Felder und nuͤtzlicher Landgaͤrten, die ſich unter ſeinen Augen vermehrten, wuͤrde ihn taͤglich mit den angenehmſten Empfin - dungen unterhalten, und der Geſchmack an den Freuden der Natur ſich durch den Mitge - nuß des Gluͤcks zufriedener Menſchen erhoͤhen. So fand ich in der Schweiz nicht allein Staatsmaͤnner und Helden vom erſten Range, die zur Ruhe des Privatlebens zuruͤckge - kehrt waren, ſondern auch philoſophiſche Prinzen in mittelmaͤßigen, blos bequemen Land - haͤuſern, mitten unter den Huͤtten der gluͤcklichen Mitgenoſſen der Freyheit, wohnen.

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VII. Land -176Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

VII. Landſtraße.

1.

Nichts kuͤndigt lebhafter die Cultur eines Landes und den weiſen Geiſt ſeiner Re - glerung an, als wohl angelegte Landſtraßen. Aber auch ihr gaͤnzlicher Man - gel faͤllt dem gemeinſten Begriff von oͤffentlicher Ordnung ſchon ſo ſehr auf, daß da - durch ein nachtheiliger Schluß auf Landesherren und Obrigkeiten faſt unvermeidlich wird. Es iſt nicht genug, daß gute Landſtraßen die Verbindung unter den verſchie - denen Theilen eines Reichs erleichtern, daß ſie das Reiſen und den Handel befoͤrdern, daß ſie die Schoͤnheit ſowohl der Staͤdte als auch der Provinzen erhoͤhen. Sie ſind ſelbſt unentbehrlich, um ganze Voͤlker vor Wildheit und Barbarey zu bewahren, um ihre Unterwuͤrfigkeit unter dem Willen der Geſetze zu erleichtern, um den Gang der Gerechtigkeit zu beſchleunigen, um die wohlthaͤtigen Wirkungen des geſellſchaftlichen Lebens und um gegenſeitige Nothhuͤlfe zu befoͤrdern.

Kein Volk hat jemals auf die Einrichtung ſeiner Landſtraßen mehr Thaͤtigkeit bewieſen, als die Roͤmer, die keine Art von großen und gemeinnuͤtzigen Unterneh - mungen unterließen. Bey der ungeheuern Groͤße dieſes Reichs befoͤrderten die Land - ſtraßen nicht blos die Bequemlichkeit der Reiſenden, die aus allen Laͤndern nach Rom ſtroͤmten, ſondern auch die Maͤrſche der Armeen und die ſchnelle Verbreitung der Verordnungen der Regierung. Man ſah die Anlegung oder Verbeſſerung der Heer - ſtraßen als ein ſo großes Verdienſt an, daß der Senat deswegen dem Auguſt, dem Veſpaſian und dem Trajan Ehrenpforten errichtete. Die roͤmiſchen Heerſtraßen erſtreckten ſich von den aͤußerſten abendlaͤndiſchen Gegenden von Europa und Africa bis in klein Aſien. Sie hatten eine Laͤnge von 1500 bis 1600 Meilen, und in dieſer Laͤnge liefen ſie von Rom an gerechnet fuͤnf und zwanzigmal durch das Reich. Man gieng durch Seen und Moraͤſte, man durchbrach Berge und Felſen, um den Heerſtraßen, ſo viel geſchehen konnte, den kuͤrzeſten und geradeſten Fortlauf zu ge - ben. Jede Meile war mit einer Saͤule bemerkt. Dieſe Meilenſaͤulen waren bald rund, bald viereckigt, bald von einer andern Figur; acht bis neun Fuß hoch; und ſtanden auf kleinen Fußgeſtellen. Sie hatten Aufſchriften, welche die Meilenzahl der Entfernung von Rom anzeigten, oft zugleich als Denkmaͤler zum Ruhm der Wohlthaͤter, welche die Straße anlegen laſſen, errichtet waren. Neben den Mei - lenſaͤulen pflegten die Roͤmer noch andere Steine hinzuſetzen, die wie Stufen oder kleine Fußgeſtelle ausgehauen waren, und zum Ausruhen fuͤr muͤde Fußgaͤnger und zum Aufſteigen der Reitenden dienten. Sie verſchoͤnerten außerdem die Seiten derLand -177einzelner Theile eines Landſitzes. Landſtraßen mit Tempeln, mit Luſthaͤuſern, mit Graͤnzbildern, mit Grabmaͤlern, mit Ehrenſaͤulen und andern Arten von Denkzeichen des Verdienſtes, wodurch der Reiſende angehalten und nuͤtzlich beſchaͤftigt ward. Die großen Heerſtraßen oder koͤnig - lichen Wege waren ſechszig Fuß breit, da hingegen die Zwiſchenwege, die ſeitwaͤrts nach Staͤdten und Doͤrfern abliefen, eine geringere Breite hatten.

In den neuern Zeiten hat man in verſchiedenen Laͤndern den Vortheil guter Landſtraßen zu ſchaͤtzen gewußt. Beweiſe davon ſieht man in den Niederlanden, in England, in Frankreich, im Oeſterreichiſchen, in der Schweiz, im El - ſaß, in einem Theil von Schwaben, in der Pfalz, im Heſſiſchen, im Han - noͤverſchen und in Seeland. Allein eine ſo wichtige Anſtalt iſt in Europa, ſelbſt in den Reichen, wo man ihren Nutzen einſieht, noch lange nicht ſo ausgebreitet, als ſie zu ſeyn verdient; und in vielen Provinzen, ſogar in Deutſchland, iſt noch keine Spur ihres Anfangs anzutreffen. Indeſſen ſteigt vielleicht aus dem, was ge - than iſt, ein Geiſt der Aufmunterung fuͤr die bisher noch vernachlaͤßigten Gegen - den empor.

2.

Da der Bau der Landſtraßen, ihre Feſtigkeit und Bequemlichkeit in Werken von einem andern Inhalt, als dieſes, gelehrt wird, ſo ſchraͤnken wir uns blos auf Bemerkungen ein, die ihre Verſchoͤnerung betreffen. Von dieſer Seite iſt noch weniger gethan. Alleen in einigen Gegenden, Meilenzeiger, Kapellen, Bildniſſe und Kreuze iſt faſt die ganze Verſchoͤnerung der meiſten neuern Landſtraßen.

Von der Bepflanzung reden wir nachher. Die Meilenzeiger ſind in vielen Gegenden kleine Feldſteine, die ſo eben uͤber dem Boden emporragen, und die kaum der Reiſende bemerkt; in andern ſind ſie Pfaͤhle von Holz und ganz roh gearbeitet, oft mit etwas Roth, das ſich hiezu ſo wenig ſchickt, uͤberſtrichen, oft als ein halber Galgen gebildet, der an die wahren Henkersplaͤtze erinnert, dieſe ſcheuslichſte Ver - zierung, womit die Barbarey zuweilen noch die Landſtraßen verunſtaltet. Ein Mei - lenzeiger, deſſen urſpruͤngliche Beſtimmung zwar nur Bezeichnung iſt, ſollte doch, vor den Augen des Volks und der Fremden aufgeſtellt, ſich durch etwas mehr Wuͤrde der Materie oder der Bearbeitung unterſcheiden. Was iſt leichter, als einem Meilenzeiger eine ſeiner Beſtimmung angemeſſene Bildung zu geben? Auf den ſchoͤnen Landſtraßen in Seeland beſtehen ſie aus edlen Saͤulen von ganz weißem oder blaͤulichweißem nordiſchen Marmor, mit welcher Farbe ſie noch in der Daͤmmerung ſchimmern; ſie haben alle eine ſchickliche Form und Verzierung; ſie zeigen, ſelbſt durch die Verſchiedenheit ihrer Hoͤhe, bald die halbe, bald die ganze Meile an, die zu - ruͤckgelegt iſt. Auch die Wegweiſer an den Landſtraßen koͤnnten ſelbſt noch einenV Band. ZTheil178Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungTheil von Verſchoͤnerung gewinnen, ob ſie gleich zunaͤchſt nur Gegenſtaͤnde der Noth - wendigkeit ſind. Ihre gewoͤhnliche galgenfoͤrmige Geſtalt oder ihre Verkuͤnſtelung in abgebrochene Menſchenarme und verſtuͤmmelte Zeigefinger ſind einem empfindli - chen Auge anſtoͤßig. Waͤre es nicht eben ſo leicht, ihnen eine edlere Form zu geben? Und wuͤrden nicht, wenn ſie von Stein gebildet waͤren, die Namen der Oerter ſich deutlicher erhalten, als auf Holz, worauf Luft und Witterung ſo bald alles ausloͤ - ſchen? Man koͤnnte ſie ſelbſt noch durch abwechſelnde Inſchriften kurzer Wuͤnſche fuͤr den Reiſenden intereſſant machen.

Die Kapellen oder Bethaͤuſer, die Bildniſſe der Heiligen, die Kreuze, die man in Laͤndern der roͤmiſchen Kirche ſo oft an den Seiten der Landſtraßen erblickt, ſind, wenn ſie nur nicht zu gehaͤuft erſcheinen, als oͤffentliche Erinnerungszeichen der An - dacht immer ehrwuͤrdig, ob ſie gleich mehr in die Kirchen und ihre umliegenden Plaͤtze hingehoͤren. Es iſt immer ein ruͤhrender Anblick, wenn man den armen frommen Wanderer bey ihnen verweilen, knien, und ſich Schutz und Verſorgung auf den Verfolg ſeiner Reiſe erflehen ſieht. Der erfriſchte Muth, womit er den neuen Be - ſchwerlichkeiten ſeines Weges entgegeneilt, war doch des Verweilens, des Gebets bey dieſen Denkmaͤlern werth.

Allein es giebt doch, außer dem Bezirk der Religionsbegriffe, wichtige Gegen - ſtaͤnde der Moral oder des Nationalintereſſe, wovon Sinnbilder und Denkmaͤler an den Seiten der Landſtraßen ſchicklich ſeyn koͤnnen. Sehr unrecht verweiſen wir Grab - maͤler mit unterrichtenden Bildern und Inſchriften an abgelegene Oerter, wohin niemand gerne koͤmmt; die Alten, die ſie an ihren Heerſtraßen anlegten, wußten ſelbſt noch die letzten Ueberbleibſel der Sterblichkeit lehrreich zu machen. In beſon - dern Faͤllen laſſen ſich allerdings noch jetzt Grabmaͤler an dem Rande oder in der Ge - gend der Landſtraßen errichten; nur muͤßte es ſeltener und mit weiſer Wahl geſche - hen. Weniger bedenklich ſind immer an Landſtraßen andre Denkmaͤler des Verdien - ſtes von einer ausgebreiteten und oͤffentlichen Wohlthaͤtigkeit; Denkmaͤler der Frey - gebigkeit gegen das Volk, der großmuͤthigen Errettung, des Muths und des Sieges. Ein Landesherr, der ſeinem Lande gute Landſtraßen und Reinigung von Raͤuberban - den ſchenkt, verdient hier ſchon eine Saͤule, die das Andenken dieſer Wohlthaten erhaͤlt. Eine oͤffentliche Herberge, ein vor Wind und Hitze beſchirmter Ruheplatz, ein Brunnen am Wege kann hier als ein verdienſtliches Werk mit einer lehrreichen Inſchrift bezeichnet werden. Wichtige Nationalbegebenheiten haben noch ein ſtaͤr - keres Intereſſe ſelbſt fuͤr den reiſenden Fremden; denn ihre Denkmaͤler leiten ihn doch in die Geſchichte des Landes zuruͤck, worinn er ſich befindet, und bald iſt ſein Geiſt mit andern Zeiten, mit Thaten, mit Charakteren und Sitten beſchaͤftigt. Plaͤtzemerkwuͤr -179einzelner Theile eines Landſitzes. merkwuͤrdiger Nationalverſammlungen, wichtiger Entſcheidungen durch Vergleiche oder durch den Ausſchlag der Waffen, leere verlaſſene Oerter, wo vormals eine Stadt bluͤhete, oder ein Beſchuͤtzer ſeiner Voͤlkerſchaft wohnte, Gegenden, wo ein beruͤhmter Held blutete, koͤnnen, wenn die Landſtraße ſie beruͤhrt, verſchoͤnert durch Denkmaͤler, die den Begebenheiten angemeſſen ſind, dem Reiſenden eine uͤberaus nuͤtzliche Unterhaltung gewaͤhren.

Einige ſchoͤne Denkmaͤler dieſer Art ſieht man in der Schweiz. Dahin ge - hoͤrt beſonders das Beinhaus bey Murten im Kanton Bern, das ganz nahe am Wege liegt. Es hat die Form einer Kapelle, worinn die Gebeine des Heers, das der maͤchtige Herzog Carl von Burgund hier in einer Schlacht mit den ſiegenden Schweizern verlor, geſammelt ſind. Die Kapelle hat an den Seiten uͤberall Oeff - nungen, durch welche man dieſe traurigen Ueberbleibſel von zehntauſend Erſchlagenen erblickt, eine ſehr ruͤhrende Scene! Hallers Inſchrift ruft den vorbeyreiſenden Schweizer an, ſich hier der Tugenden ſeiner tapfern Vaͤter zu erinnern.

Steh ſtill, Helvetier! hier liegt das kuͤhne Heer,
Vor welchem Luͤttich fiel und Frankreichs Thron erbebte.
Nicht deiner Ahnen Stahl, nicht kuͤnſtliches Gewehr,
Die Eintracht ſchlug den Feind, die ihren Arm belebte.
Lernt, Bruͤder, eure Macht: ſie liegt in eurer Treu;
O wuͤrde ſie noch jetzt bey jedem Leſer neu!

Außer den reichen Gallerien helvetiſcher Nationalgemaͤlde, die ſich auf der langen bedeckten Kapellbruͤcke zu Lucern befinden, iſt nicht weniger ſchaͤtzbar Tells Kapelle an dem Vierwaldſtaͤdterſee. Sie ſteht an dem Orte, wo dieſer erſte Held der Schweizer von dem Schiffe, worinn er gefangen weggefuͤhrt werden ſollte, ans Land ſprang und den unwegſamen Berg erſtieg, wodurch er ſich und nachher durch die Folgen ſeiner Thaten das ganze Land in Freyheit ſetzte. Das Gebaͤude, das den Namen einer Kapelle fuͤhrt, iſt ein kleiner offener Tempel, der dieſem Helden der Freyheit errichtet iſt. Er iſt gegen den See zu nur mit einem hoͤlzernen Gelaͤnder ver - ſchloſſen, das jeder eroͤffnen kann. In der Mitte ſteht ein Altar, wo alle Jahr an einem beſtimmten Tage zum Andenken der erworbenen Freyheit eine Predigt oder Meſſe gehalten wird. An den Mauern inwendig ſieht man Gemaͤlde, welche die Thaten des Tell vorſtellen. Der Eintritt in dieſes Gebaͤude, das, wenn ſeine Lage nicht von dem Orte der Begebenheit abhaͤngig waͤre, in einer mehr beſuchten Gegend zu ſtehen verdiente, fuͤllt jeden Reiſenden mit der Bewunderung der merkwuͤrdigen Thaten, wodurch ein geringes und armes Volk gegen alle Beſtrebungen einer tyran -Z 2niſchen180Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungniſchen Macht ſich hier ſeine Freyheit errang, die nun ſchon ſeit mehrern Jahrhun - derten unerſchuͤttert ſteht, gleich dem ehrwuͤrdigen hohen Felſen des Axenberges, der ſich hinter der Kapelle uͤber die Wolken erhebt.

Wie intereſſant und edel ſind nicht ſolche Verſchoͤnerungen der Landſtraßen! Und wie verabſcheuungswuͤrdig iſt nicht dagegen ihre noch in ſo vielen Laͤndern ge - woͤhnliche Verunſtaltung durch Galgen und andre Richtplaͤtze! Kann denn die Ge - rechtigkeit nicht die Schelme ſchrecken, ohne die Empfindung ehrlicher Leute zu em - poͤren, und, zuweilen mitten in einer paradieſiſchen Gegend, die Einbildungskraft des Reiſenden zu martern und auf ſeinen ganzen Weg zu verfolgen? Iſt es denn ſo gleichguͤltig, tauſend rechtſchaffene Einwohner und Fremde mit dem ſcheuslichſten, oft unerwarteten Schauſpiel zu quaͤlen, blos um Einen Schurken ſcheu zu machen? Und wird der Zweck erreicht? Macht nicht die Gewohnheit den Eindruck allmaͤlig immer ſchwaͤcher? Denkt wohl der Verbrecher bey der That an Galgen und Rad, an dieſe Schreckbilder der Gerechtigkeit, die er fuͤrchten ſoll? Oder denkt er nicht vielmehr an Geſchicklichkeit und Gelegenheit, gluͤcklich zu entwiſchen? Wird nicht noch immer auf eben den Landſtraßen, wo dieſe Blutgeruͤſte drohen, gepluͤndert und gemordet? Eine wachſame Polizey in den Doͤrfern ſowohl, als in den Staͤdten, wird gewiß mehr wirken, als dieſe Schreckbilder. Anſtatt die Landſtraßen und die ſchoͤnſten Huͤgel und Ausſichten ſo zu verunſtalten, wuͤrde ich rathen, die Gerichts - plaͤtze in dunklen ſcheuslichen Abgruͤnden, in oͤden waldigten Vertieſungen, von rau - hen Felſen und ſchwarzen Tannen eingeſchloſſen, wo die Eule ihre Klagen in das Geſchrey der Raubvoͤgel miſcht, wo Finſterniß, Einſamkeit und Wildheit die Ein - bildungskraft ſchrecken, anzulegen. In ſolchen von der Wohnung der Redlichen abgeſonderten, verlaſſenen und greulichen Einoͤden, deren bloßer Anblick ſchon Furcht und Entſetzen erregt, moͤchte die Gerechtigkeit, wenn ſie nicht anders kann, ihre ſchrecklichen Opfer vollziehen. Wo der Galgen an den Landſtraßen blos ein andres Gebiet oder Graͤnze bezeichnen ſoll, wozu jede Saͤule ſich beſſer ſchicken wuͤrde, da weiß ich nicht, was man von einem Herrn denken ſoll, der nur zu zeigen ſuchet, daß er kann haͤngen laſſen.

Edler iſt es, oͤffentliche Denkmaͤler der Wohlthaͤtigkeit, als der Gerechtigkeit, aufzuſtellen. Wie edel waͤre es nicht, z. B. wenn die Landpolizey bedacht waͤre, uͤberall an den Landſtraßen, wo ſich rinnende Quellen zeigen, fuͤr die Wohlthat ihrer Erhaltung zu ſorgen! In oͤden Gegenden, wo keine Wirthshaͤuſer ſind, oder wo ſie doch keine Labung fuͤr den ſchmachtenden Reiſenden enthalten, wuͤrde eine wohl unterhaltene Quelle am Wege gewiß ein ſehr verdienſtliches Werk ſeyn. Man koͤnnte durch irgend eine Art von Bezeichnung den Vorbeyreiſenden dahin winken undihn181einzelner Theile eines Landſitzes. ihn menſchenfreundlich einladen, hier ſeinen Durſt zu ſtillen; ein Sitz an der erfri - ſchenden Stelle und der Schatten einiger Baͤume, die Kuͤhlung uͤber ſie herabſaͤn - ſelten, wuͤrden nicht vergebens Erquickung anbieten. Die Sorge fuͤr die oͤffentli - chen Trinkquellen an den Landſtraßen waͤre dem naͤchſten Beamten oder Dorf aufzu - tragen. Wie oft wuͤrde der arme Wanderer nicht ſeinen ruͤhrenden Dank wieder - holen, und was fuͤr einen edlen Begriff von dem Geiſt der Regierung eines ſolchen Landes wuͤrden nicht die Reiſenden mit ſich nehmen!

3.

Die uͤbrigen Verſchoͤnerungen der Landſtraßen beſtehen in der Bepflanzung und in den Ausſichten. Die erſte iſt mehr ein Werk des Fleißes, die andre mehr ein Geſchenk der Natur.

Nothwendigkeit des Schattens und Anmuth empfehlen die Bepflanzung der Landſtraßen; nur darf dieſe keine zu dichte Beſchattung geben, die das Durchſtreichen der Luft und das Austrocknen des Weges hindere. In ſeuchten Gegenden muß uͤberhaupt die Baumpflanzung ſparſamer ſeyn. Auch ſollte man die Auswahl der Baͤume mehr nach der Beſchaffenheit des Bodens beſtimmen; der oͤftere Mangel dieſer Sorgfalt veranlaßt ſo manche verungluͤckte Anpflanzung. Man hat an ver - ſchiedenen Orten in Deutſchland die Bepflanzung der Wege aus dem oͤkonomiſchen Grunde vorgeſchlagen, den Holzmangel zu erſetzen. Allein da die oͤftere Umhauung und Wiederanpflanzung der Baͤume, wenn ſie nicht etwa zu dicht ſtehen, viele Un - bequemlichkeit hat, ſo lange man die Seiten der Landſtraßen alleenweiſe mit einer einfachen Reihe beſetzt; ſo wuͤrde dieſer erwartete Holzgewinn nur alsdann etwas er - heblich werden, wenn man anſehnliche Gruppen, wo ſich leichter aushauen und wieder nachpflanzen laͤßt, anlegen wollte. Das bloße Kappen der Weiden und andrer Baͤume giebt doch nur einen wenig betraͤchtlichen Vorrath von Brennholz, giebt Verunſtaltung fuͤr das Auge und Mangel an Schatten.

Die gemeine Baumverſtutzerey, die noch hie und da den Gartenknechten ver - ſtattet wird, iſt eben ſo wenig bey den Baͤumen an den Landſtraßen, als in den Gaͤrten, zu dulden. Hier darf ich wohl eine Erinnerung, die ich an einem andern Orte*)Im Gartenkalender auf 1783. S. 215 u. f. uͤber dieſe unſinnige Mode der Baumverſtuͤmmelung gegeben, wieder an - fuͤhren, weil ſie Leuten, die noch immer blind an den alten Vorurtheilen hangen, nicht oft genug geſagt werden kann. Was iſt ſchoͤner, als die freye Rundung der Roßkaſtanie und der praͤchtige Umfang der Linde, dieſer beyden gewoͤhnlichen Alleen - baͤume, die uns ſo die Natur erzieht? Was erfreuender, als die majeſtaͤtiſche Woͤlbung der hohen Laubdecken dieſer Baͤume, worunter Schatten, Kuͤhlung undZ 3Ruhe182Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungRuhe wohnen, ſo lange die freche Hand des Verſtuͤmmlers ſie verſchont? Und was beweiſet mehr Unſinn, als dieſe waldigten Gipfel, die von frohen Saͤngern be - wohnt in der Luft zu wallen beſtimmt waren, zu kahlen Pfaͤhlen herabzukappen, oder ſie in Kegel, Faͤchel und andre kindiſche Figuren zu verunſtalten? Gleichwohl ſieht man dieſe oͤffentlichen Deukmaͤler einer nicht blos albernen, ſondern auch aͤrger - lichen Baumverſtutzerey noch in ſo vielen Gaͤrten, noch in ſo vielen Zugaͤngen zu großen Staͤdten. Vergebens ſagt man, daß dieſes unaufhoͤrliche Verſtutzen und Verſchneiden den Wachsthum der Baͤume befoͤrdere. Das iſt Wahn, den nur der Blinde haben kann. Seht den Wuchs, die Hoͤhe, die Staͤrke der Waldbaͤume, die keine Scheere beruͤhrt; ſeht die Linden und andre Gartenbaͤume, die hie und da in den Doͤrfern ſtehen. Alle beſchaͤmen ſie eure Baͤume, die immer kraͤnkeln, ſo lange ihr ſie in dem Wachsthum unterbrecht, wozu die Natur ſie treibt. Nicht we - niger gegen Natur und Erfahrung iſt der Wahn, der fruͤhern Schatten von der ge - woͤhnlichen Baumverſtutzerey erwartet. Wie kann der Baum bald Schatten geben, der immer verwundet, immer zerſtuͤmmelt, immer in ſeinem Wachsthum geſtoͤrt wird? Und wenn ihr, wie uͤberall gewoͤhnlich iſt, die Außenzweige wegſtutzt, was thut ihr anders, als daß ihr auf beyden Seiten mehr Sonne in eure Allee ruft? Koͤnnt ihr gegen das Zeugniß der Augen glauben, daß die inwendige Seite des Baums in dem Grade zunehme, wie ihr die auswendige vernichtet? Koͤnnt ihr es mit Vernunft verſuchen, die Triebe anders zu lenken, als die Natur des Baums will? Wollt ihr verlangen, daß die Sonne immer in einerley Richtung, gerade uͤber euerm Haupte, ſtehen bleibe? Oder daß ſie die Gipfel, die ihr zu einer ebe - nen Flaͤche geſchoren, und an Laubwerk verduͤnnt habt, weniger mit ihren Strahlen durchbreche?

Man hat, um die Wegebepflanzungen nutzbar zu machen, ſchon lange in vie - len Gegenden Fruchtbaͤume dazu gewaͤhlt, als Aepfel -, Birnen -, Pflaumen -, Kir - ſchen -, Wallnuß - und Kaſtanien - Baͤume. Beyſpiele von ſolchen Bepflanzungen mit Obſtbaͤumen ſieht man auch in verſchiedenen Provinzen von Deutſchland, und der Schweiz; eines der ſchoͤnſten iſt die beruͤhmte Bergſtraße in der Pfalz. Allein die Beſetzung oͤffentlicher Landſtraßen mit Obſtbaͤumen, ſo reizend ihr Anblick zur Zeit der Bluͤthe und der Fruͤchte iſt, hat doch ihre Unbequemlichkeit. Die Be - pflanzung koſtet viel, wo keine große Baumſchulen gehalten werden. Die Baͤume verderben leicht, da ſie ſelten hier die noͤthige Reinigung von Moos, von Auslaͤufern und wilden Schoͤßlingen erhalten. Sie geben auch, zum Theil des langſamen Wuchſes wegen, ſpaͤter Schatten, als manche wilde Staͤmme. Und endlich wer - den die Fruͤchte oft unreif abgeriſſen, und ſchaffen Niemanden wahren Nutzen. Al -lein183einzelner Theile eines Landſitzes. lein fuͤr kleine Landwege in den Ritterguͤtern, zumal in der Nachbarſchaft des Wohn - hauſes, iſt die Bepflanzung mit Obſtbaͤumen mehr anzurathen. Soll ſie auf oͤffentlichen Landſtraßen mit dem Gewinn der Fruͤchte erweitert werden; ſo muͤßte es in Gegenden ſeyn, wo Doͤrfer liegen, deren Bewohner ſich in den Ertrag der Baͤume theilten und durch das gemeinſchaftliche Intereſſe zur Aufſicht belebt wuͤrden. Frey - lich wird in Laͤndern, wo Baumfruͤchte nicht zu den Seltenheiten der Naturproducte gehoͤren, weniger von den Obſtbaͤumen an den Landſtraßen geraubt, oder der Raub weniger geachtet; man darf hier nicht einmal Raub nennen, was durch eine Art von Uebereinkunft oder durch Gebrauch ein erlaubter Genuß iſt; der voruͤberziehende durſtige Fremdling nimmt vor den Augen des Eigenthuͤmers etwas Obſt, ohne einen Vorwurf zu fuͤrchten.

Von den wilden Staͤmmen empfehlen ſich zur Bepflanzung der Landſtraßen beſonders ſolche Baͤume, die geſchwind wachſen und eine reiche Beſchattung geben, als die weiße, die gemeine ſchwarze und die italiaͤniſche Pappel, die Roßkaſtanie, die Linde, der nordamericaniſche Platanus, und andere. Weiden, ſo nuͤtzlich ſie auch dem Landmann ſind, haben als Verzierung der Landſtraßen ein zu duͤrftiges Anſehen, und geben zu wenig Schatten. Man koͤnnte mit dieſen und andern Baͤumen ab - wechſeln, weil die gewoͤhnliche Manier, immer einerley auf einander folgen zu laſ - ſen, eben ſo ermuͤdend iſt, als die gerade Linie, worinn ſie erſcheinen. Die ſchwar - zen Pappeln, beſonders die italiaͤniſche, nehmen ſich faſt am ſchoͤnſten an dem Rande der Landſtraßen aus. Ihr gerader und hoher Wuchs, ihr leichtes und ſchwan - kendes Anſehen, ihre immer beweglichen, rauſchenden und reichen Laubkronen, das ſchoͤne Gruͤn und die lange Dauer ihrer Blaͤtter, alle dieſe Eigenſchaften vereinigen ſich zu einem reizenden Anblick; ſie verbreiten Leben umher, und haben ſelbſt etwas Geſellſchaftliches. Eine ungemein anmuthige Straße, mit dieſer Art von Pappeln beſetzt, laͤuft von Durlach nach Carlsruhe. Auch die Zitterefpe gefaͤllt dem Auge durch das immer ſcherzhafte Spiel ihres Laubes, und die weiße Pappel giebt, indem ſie die ſchimmernde Seite ihrer Blaͤtter zeigt und wieder umwendet, einen maleriſchen Anblick. Auf der Straße von Savigliano nach Turin befanden ſich, nach Sulzers*)Tagebuch ſeiner Reiſe nach den mittaͤglichen Laͤndern von Europa im Jahr 1775 1776. Leipzig 1780. S. 290. Bemerkung, die vortrefflichſten weißen Pappeln, die er jemals ſah. Sie thun eine bewundernswuͤrdige Wirkung auf das Auge. Da ſie etwas dicht an einander gepflanzt ſind, etwa acht Fuß aus einander, voͤllig gerade und gleich hoch, graulich weiße Staͤmme und hohe dichtgewachſene Kronen haben, ſo glaubte er ſich in einer mit natuͤrlichen Saͤulen umgebenen Halle oder einem Saͤulen -gang184Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerunggang zu befinden. Die Staͤmme ſind in der That ſo gerade, ſo glatt, von ſolchem Verhaͤltniß der Dicke gegen die Hoͤhe, und in ſolcher Weite aus einander, daß man ſie fuͤr Saͤulen halten kann. Da, wo etliche Reihen dieſer Baͤume neben einander ſtehen, bildet man ſich ein, in dem doppelten Periſtyl eines alten griechiſchen Tem - pels zu ſeyn. Niemals, ſetzt Sulzer hinzu, habe ich in Gaͤrten oder Luſtwaͤl - dern etwas geſehen, das einen ſo feyerlichen Eindruck auf mich gemacht haͤtte, als dieſe herrlichen Alleen von Pappeln.

So angenehm auch die Beſetzung der Landſtraßen mit Baͤumen auf beyden Seiten in gerader Linie iſt, ſo hat dieſe Art der Bepflanzung doch zwey Unbequem - lichkeiten: ſie ermuͤdet durch die Einfoͤrmigkeit, und ſie verſtecket oft die ſchoͤnſten Ausſichten. Man bemerkt, daß ſelbſt in der Bergſtraße ſich zuweilen die anmu - thigſten Landſchaftgemaͤlde hinter den waldigten Baͤumen verbergen. Die Bepflan - zung ſollte daher ſo eingerichtet werden, daß ſie immer einen ſchoͤnen Vorgrund zu den Landſchaften ausmachte. Und dazu ſind Gruppen mit perſpectiviſchen Oeffnun - gen die trefflichſten Mittel. Schlaͤngelt ſich die Straße mit langen freyen Kruͤm - mungen fort, ſo kann nichts reizender fuͤr das Auge ſeyn, als vor ſich auf die bald groͤßern, bald kleinern, bald naͤhern, bald entferntern Baumgruppen hinzuſchauen, die ſich mit den Wendungen des Weges dahinwinden. Und im Verfolg der Reiſe aͤndert ſich immer, mit jeder Fortſchreitung, die Ausſicht der Landſchaft. Die Gruppen ſind ſodann nicht mehr bloße Mittel der Beſchattung; ſie erhalten eine hoͤ - here Beſtimmung, indem ſie Geſichtspunkte werden, die den Reiz der Landſchaft in einzelnen verſchoͤnerten Gemaͤlden erſcheinen laſſen. Die Anlage der Gruppen iſt demnach in dieſem Fall allein dem Charakter der Landſchaft und ſeinen Wirkungen untergeordnet. Die großen Maſſen der Landſchaft muͤſſen in kleinern Partien ge - ſammelt werden, die das Auge nicht mehr zerſtreuen, ſondern es anhalten und be - ſchaͤftigen. Die abgeſonderten Theile muͤſſen in Richtungen und in Lichtern erſchei - nen, wodurch ſie einen neuen Reiz gewinnen. Sie muͤſſen eine Folge von nach und nach hervortretenden, immer abwechſelnden Gemaͤlden werden, die, durch die Abaͤn - derung der Vorgruͤnde, durch die verſchiedenen Miſchungen des Lichts und des Schattens, durch die Verſchmelzungen der Farben, doch der umliegenden Landſchaft, ſo ſehr ſie aus ihrer Maſſe hervorbrechen, nicht ganz zu gehoͤren ſcheinen. Eine Anlage von dieſer Kunſt wuͤrde nicht bloße Ergoͤtzung fuͤr das Auge, ſondern zu - gleich die feinſte Unterhaltung fuͤr den Geiſt geben. Allein ſo lange auch ſchon die Natur ſelbſt dahin winkte, ſo wenig ſcheint man doch bisher darauf geachtet zu haben.

Die185einzelner Theile eines Landſitzes.

Die Gruppen, die zum Gewinn ſchoͤnerer Landſchaftsgemaͤlde angelegt werden, koͤnnen wieder mit einer Pflanzung in gerader Linie abwechſeln, zumal an Stellen, wo keine Ausſicht lockt. Die Straße hat an ſich faſt keine andre Annehmlichkeit, als die aus ihrer Feſtigkeit und Bequemlichkeit zum Fortlauf der Reiſe entſpringt; die Gegenſtaͤnde, die ſie umgeben oder aus der Ferne erblickt werden, muͤſſen das Vergnuͤgen der Unterhaltung gewaͤhren. Daher die Unentbehrlichkeit freyer und mannichfaltiger Ausſichten, wenn die Landſtraße Anmuth haben ſoll. Wo rings - umher nichts das Auge ergoͤtzt, oder wo es von widrigen Anſichten beleidigt wird, da gewinnt eine gewoͤhnliche Allee doch ſchon wieder eine Wichtigkeit. Die immer fortſchreitende Heiterkeit offener Ausſichten blendet; ſie wird reizender, indem ſie mit Schatten und Verſchließung wechſelt.

Die Wendungen der Landſtraße werden zuweilen ſchon als nothwendig von der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Bodens vorgeſchrieben. Kornfelder, Wieſen, Moraͤſte, Seen, Felſen erfordern oft eine Biegung, eine Kruͤmmung, ſelbſt einen laͤngern Umweg; allein uͤber kleine Anhoͤhen und Berge laͤuft zuweilen die gerade Landſtraße mit neuer Anmuth fort, und unterhaͤlt das Auge mit erweiterten Aus - ſichten. Eben die Kruͤmmungen der Landſtraße, die manchesmal unvermeidlich ſind, tragen nicht wenig zur Veredelung und Vervielfaͤltigung der Proſpecte bey; und ſie koͤnnen nach den Geſetzen des Geſchmacks oft eben ſo noͤthig werden, als nach dem Eigenſinn des Bodens. Eine immer gerade Straße hat freylich den Vorzug, daß ſie geſchwinder und bequemer zum Ziel bringt; allein ſie hat zugleich die langweilige Einfoͤrmigkeit der ununterbrochenen geraden Linie. Sie wird anmu - thiger durch unerwartete Kruͤmmungen und durch ploͤtzlich hervorbrechende Aus - ſichten, worauf die Wendungen leiten. Die geradelinigte Laͤnge der Landſtraßen iſt eben ſo ermuͤdend, als die gar zu große Breite unnuͤtz, fuͤr den Feldbau nachtheilig, und fuͤr den Reiſenden, dem ſie die Annehmlichkeit des Schattens raubt, beſchwerlich iſt. Außerdem iſt die erzwungene Geradigkeit eines betraͤchtlichen Weges ganz wider die Natur, und erfordert ſo manche uͤberfluͤſſige Koſten, die, wenn doch Aufwand geſchehen ſoll, weit gluͤcklicher auf wahre Verſchoͤnerungen gewendet werden koͤnnten. Die Landſtraße laufe demnach, wo ſie kann, eine gerade Strecke fort; allein ſie weigere ſich nicht, wo es die Lage verlangt, einen Umweg zu nehmen; ſie wende ſich vielmehr freywillig, wo ſchoͤnere Ausſichten reizen, in einer kleinen anmuthigen Irre herum. Es iſt nicht genug, Land zu ſehen; wo ſieht man das nicht? Der Reiſende verlangt Zeitverkuͤrzung auf dem einſamen Wege und Unterhaltung fuͤr das Auge. Er will nicht Land, ſondern Landſchaftgemaͤlde haben. Und dieſe gewinnt er zwar zuweilen durch die zufaͤllige Natur; aber der Geſchmack ſchafft ſieV Band. A aihm186Achter Abſchn. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerungihm durch die Richtungen des Weges und durch kluge Bepflanzung mit Baum - gruppen und Gebuͤſchen.

Wenn die Bepflanzung, anſtatt der Baͤume, mit Zaͤunen abwechſelt, ſo muͤſſen dieſe klein und niedrig gehalten werden, um weder der Luft den Zugang, noch dem Auge die Ausſicht zu verſchließen. Die mit Hecken eingeſchloſſenen Redder, oder enge eingezaͤunte Landſtraßen, die man in Niederſachſen ſo haͤufig findet, machen gerade das Gegentheil von dieſer Anmerkung. Sie ermuͤden durch beſtaͤn - dige Verſchließung, und verlaͤngern den Weg durch Langeweile. Indem die hohen Gebuͤſche der Sonne und den Winden den Eingang verſperren, ſo muͤſſen die Wege, zumal in einem ſo fetten Boden und unter einem ſo feuchten Klima, faſt immer unbrauchbar ſeyn. Sie ſind nicht mit der noͤthigen Erhoͤhung in der Mitte, wo - durch die Feuchtigkeit abfließen koͤnnte, angelegt, ſind bald ausgefahren, tief und voll Loͤcher. Verbeſſerungen werden ohne merklichen Nutzen verſchwendet, wenn die Urſachen der Verſchlimmerung nicht gehoben werden. Oft iſt das, was Ver - beſſerung ſeyn ſoll, nur Verſchlimmerung; dahin gehoͤrt die Ausfuͤllung der Tiefen mit Holz, das bald vermodert und die Loͤcher ſowohl durch das Ruͤtteln der Wagen, als auch durch ſeine Verweſung vergroͤßert. Eben dieſe Redder waren vormals geliebte Schlupfwinkel der Raͤuber. Und noch immer legt man ſie an, weil ſie von dem alten Vorurtheil, das fuͤr die Stimme der Vernunſt zu taub iſt, beguͤn - ſtigt werden.

Noch ſollte man auf Mittel ſinnen, Denkmaͤler und Baͤume an den Land - ſtraßen vor aller Verletzung der Bosheit oder des Muthwillens zu ſichern. Beſtra - fung von der Obrigkeit iſt zwar zum Theil von einiger Wirkung, aber immer ein trauriges und oft unzulaͤngliches Mittel. Wichtiger waͤre es, gerade auf die Den - kungsart des großen Haufens durch moraliſche Kraft zu wirken, und ihm eine ſo erhebende Meynung von ſolchen oͤffentlichen Gegenſtaͤnden einzufloͤßen, daß er ſie mit einer Art von Ehrfurcht fuͤr heilig anſehen lernte. Man muͤßte gleich bey der Erzie - hung der Jugend anfangen, und ſie fruͤhzeitig zur dankbaren Achtung gegen gemein - nuͤtzige Anſtalten gewoͤhnen. Die Prediger muͤßten dieſe Geſinnung durch Gruͤnde in ihrem oͤffentlichen Unterricht unterſtuͤtzen. Den muthwilligen Schaͤnder eines Baums oder eines Kunſtwerks muͤßte die Verachtung der Geſellſchaft verfolgen, ſein Name muͤßte in feyerlichen Zuſammenkuͤnften oͤffentlich genennet werden, als der Name eines Frevlers, der ſich an einem Heiligthum, das nicht ihm, das dem Publicum zugehoͤrt, vergriffen haͤtte. Ohne Zweifel waͤre die Vereinigung dieſer Mittel wirkſamer, als Beſtrafungen an Geld oder mit Gefaͤngniß. Anſtalten, die fuͤr die Sicherheit oder fuͤr das Vergnuͤgen der buͤrgerlichen Geſellſchaft gemacht ſind,mit187einzelner Theile eines Landſitzes. mit einer gewiſſen Ehrerbietung als unverletzbar betrachten, iſt eine eben ſo vortheil - hafte als weiſe Denkungsart. Der Tuͤrke haͤlt jeden Brunnen fuͤr heilig, der am Wege den durſtigen Wanderer erquicken kann. Und ſelbſt wilden Voͤlkern iſt jeder Platz, wo ſie ſich zu irgend einer wichtigen Handlung verſammeln, und jede Art ſeiner Auszierung ehrwuͤrdig und unverletzlich.

4.

Man wird hier noch die Beſchreibung einiger der anmuthigſten bepflanzten Landſtraßen in Deutſchland, ſo wie ich ſie bey meiner letzten Reiſe*)Im Sommer 1783. angetroffen habe, nicht ungern ſehen. Sie zeigen, daß wir ſchon von dieſer Seite viel ge - wonnen, und koͤnnen als Beyſpiele zur Nachahmung in den Provinzen dienen, wo es noch ganz an Anſtalten dieſer Art fehlt.

Im Hannoͤverſchen fangen die am beſten angelegten Landſtraßen an hinter der Hauptſtadt nach der heſſiſchen Graͤnze zu. Eine der ſchoͤnſten, in Anſehung der Bepflanzung und der Ausſicht, iſt die, welche von der ſogenannten Hufe nach Einbek heruntergeht. So reizend auch die Proſpecte von dieſer Seite ſind, indem man im Hinauffahren zuruͤckſieht, ſo kommen ſie doch nicht mit denen in Verglei - chung, die man auf der Hoͤhe gewinnt, und die im Hinunterfahren beſtaͤndig das Auge entzuͤcken. Der Contraſt iſt ungemein auffallend. Nach einer Strecke eines ſchlechten noch nicht verbeſſerten Weges, der zum braunſchweigiſchen Gebiete ge - hoͤrt, gelangt man auf der Spitze des Berges wieder auf die hannoͤverſche Land - ſtraße. Ein trefflicher Weg, eine der anmuthigſten Alleen, eine uͤber alle Erwar - tung entzuͤckende Ausſicht empfaͤngt auf einmal den Reiſenden. Eine große, weit ausgebreitete, fruchtbare und mannichfaltig angebauete Landſchaft, mit Waͤldern und Bergen eingefaßt, fuͤllet das Auge. Die Landſtraße laͤuft mit verſchiedenen Wendungen die Abhaͤnge des Berges bequem hinunter, und mit jeder Umbiegung, mit jeder Vertiefung erſcheint die Landſchaft in veraͤnderten Gemaͤlden. Die ſchoͤnen Baͤume, die von keinem Misbrauch der Gaͤrtnerſcheere gelitten, beſonders die er - wachſenen Quitſchern ergoͤtzten mit ihren geraden Staͤmmen und ihrem vom Gelb - lichen ins Rothe ſich faͤrbenden Beeren nicht wenig das Auge; im Fruͤhling begleiten ſie den Reiſenden mit den ſuͤßen Duͤften ihrer Bluͤthen. Auf einigen Stellen der hannoͤverſchen Landſtraßen hat man kleine mit Baͤumen etwas beſetzte Raſenbaͤnke angelegt, die dem muͤden Wanderer eine wohlthaͤtige Ruhe anbieten. Allein die Maulbeerbaͤume, die man hin und wieder an den oͤffentlichen Wegen dieſes Landes erblickt, ſchicken ſich nicht wohl zu dieſem Gebrauch; denn wegen des beſtaͤndigenA a 2Abneh -188Achter Abſchn. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungAbnehmens der Blaͤtter werden ſie nicht allein niedrig gehalten, ſondern ſind auch faſt immer laublos; ſie dienen eben ſo wenig zur Beſchattung, als ſie dem Auge einen erfriſchenden Anblick darſtellen.

Die Landſtraßen in der fruchtbaren und ſchoͤnen Grafſchaft Hanau gehoͤren zu den beſten, die man nur ſehen kann. Sie ſind ſo eben gebauet, und werden ſo ſorgfaͤltig unterhalten, daß man ſie vollkommen mit der vortrefflichen Straße ver - gleichen kann, die von Kopenhagen nach Friedensburg fuͤhrt. Die Obſtbaͤume, womit einige Straßen eingefaßt ſind, beſonders die Wallnußbaͤume geben zugleich eine nuͤtzliche Verzierung; unter den Fruchtbaͤumen ſind dieſe, nebſt den aͤchten Kaſtanienbaͤumen, wegen der Beſchattung wohl die ſchicklichſten zur Beſetzung oͤffentlicher Wege. Einige andre Straßen dieſes Gebiets ſind mit Linden und Roß - kaſtanien bepflanzt.

Eine der merkwuͤrdigſten Landſtraßen iſt die von Frankfurt am Mayn nach Maynz. Sie iſt eine der beſten gebaueten Straßen, ſo feſt, ſo eben, daß man die vier Meilen in weniger als vier Stunden leicht hinunterrollt. Rings umher ver - breiten ſich die Landſchaften in eine weite Ebene, voll Fruchtbarkeit und reich an ſchoͤnen Doͤrfern, die ſich im Maynziſchen ſo trefflich auszeichnen; zur Rechten ſchwellen in der Ferne der Graͤnze Berge empor. Hinter Hoͤchſt iſt die Straße an verſchiedenen Stellen mit Obſtbaͤumen, vornehmlich mit ziemlich erwachſenen Wall - nußbaͤumen, bepflanzt, unter deren Schatten man hinfaͤhrt. Nichts iſt reizender, als die Hoͤhe, wo man auf einmal den Mayn und den Rhein erblickt, die in einiger Entfernung von einander daher ſtroͤmen und ſich beyde Maynz naͤhern, wo ſie ſich vereinigen. Dieſe ehrwuͤrdige Stadt hebt ſich hier zugleich mit ihrem praͤchtigen Dom, mit ihren vielen Kirchen, Thuͤrmen und Palaͤſten dem Auge ſtolz entgegen; und hinter ihr, wo der mit dem Mayn erweiterte Rhein ſich hinabwaͤlzt, glaͤnzt eine der herr - lichſten Landſchaften mit weit dahin daͤmmernden Bergen. Bey dieſem Anblick ſchwellt der Geiſt zu einer hohen Wonne empor. Man kann ſich den beruͤhmteſten Hauptſtaͤdten naͤhern, ohne etwas von dieſem neuen und erhebenden Gefuͤhl wahrzunehmen. Der Dom mit ſeinen Thuͤrmen bis in die Spitze von rothen Sandſteinen erbauet, die großen Maſſen der vielen Kirchen umher, worunter die der Anguſtiner, des St. Peter und des Ignatius zu den edelſten und praͤchtigſten Gebaͤuden dieſer Art ge - hoͤren, die Vorſtellungen von Andacht und Buͤßungen, die ſich durch die Menge der Kloͤſter, der Kreuze, der Bilder der Heiligen am Wege, der Seele aufdringen, dazwiſchen der Reiz von lieblichen Weinfeldern, von Obſtwaͤldern und Gemuͤsfluren, die ſich immer vermehren, das maͤchtige ſtuͤrmeriſche Fortſtroͤmen des ſtolzen Rheins, der ſeinen ſchwaͤchern beſcheidenen Bruder, den Mayn, gleichſam am Arm mit ſichdahin -189einzelner Theile eines Landſitzes. dahinreißt, die entzuͤckenden Ausſichten rings umher, und dann mitten unter dieſen begeiſternden Scenen das melancholiſche Umherwandeln ſo vieler verſchiedenen Ordens - geiſtlichen und das feyerliche Gelaͤute der Glocken aus den heiligen Oertern, das weit umher erſchallt Alles dieſes erregt ein Gemiſch von Empfindungen, welche die Seele des Reiſenden, der dieſen Eindruck zum erſtenmal empfaͤngt, ſehr lebhaft ruͤhren. Jenſeits Maynz laufen die anmuthigſten Wege zwiſchen lauter Gaͤrten, die mit kleinen artigen Sommerhaͤuſern geſchmuͤckt ſind, und zwiſchen Weinbergen, zum Theil mit Obſtbaͤumen vermiſcht. Die Alleen fangen mit Wallnußbaͤumen an, und wechſeln mit Linden, mit Roßkaſtanien und italiaͤniſchen Pappeln ab. Das Auge wird uͤberall von den heiterſten Ausſichten, und naͤher am Rhein von verſchiedenen anmuthigen Inſeln begruͤßt, die unter der Stadt hin aus dem Strom ſich erheben, und der lebhafteſten Verſchoͤnerungen von der Hand des Geſchmacks noch faͤhig ſind. Der Mayn, der voll Eiferſucht uͤber ſeinen maͤchtigen Nachbar noch immer ſeinen eigenen Fortlauf behaupten will, fließt vom Rhein ſich trennend hinter dieſen Inſeln ſanft voruͤber, und beſpuͤlt, indem dieſer ſeine gruͤnlichen Wellen ſtolz dahinrauſchen laͤßt, mit ſeiner weißen allgemach hingleitenden Flut die Gebuͤſche des Ufers, die ſich in ihm freundlich beſchauen, ohne Unruhe und ohne Furcht, von ihm weggeriſſen zu werden.

Von einem andern Charakter iſt die ſo beruͤhmte Bergſtraße in der Pfalz. Sie laͤuft aus dem Darmſtaͤdtiſchen, in ihrer groͤßten Laͤnge etwa eilf Stunden, nach Heidelberg fort. Man muß die Straße bis zu dieſer Stadt verfolgen, wenn man recht angenehm reiſen will. Denn der Weg nach Manheim, der bald aus der Hauptſtraße ablaͤuft, fuͤhrt durch beſchwerliche Sandgegenden, durch lauter Ebenen, die wenig fruchtbar ſind, zwiſchen einigen Fichtenwaͤldern fort; nur zur Linken wird das Auge in der Ferne durch den Anblick der Berge, an welchen die ſchoͤne Straße hinlaͤuft, mit Sehnſucht nach ihr unterhalten. Die Gegenden, durch welche die Bergſtraße ſich erſtreckt, ſtellen einen großen reizenden Garten dar. Der Weg geht unter dem Schatten ſtarker und bejahrter, auf beyden Seiten gepflanzter, Wallnußbaͤume hin. Zur Linken ſtreckt ſich eine Reihe von anſehnlichen Bergen fort; in ihren Zwiſchenraͤumen und auf ihren Abhaͤngen erſcheinen Doͤrfer, Kirchen, Weinberge, und große Pflanzungen von Obſtbaͤumen, beſonders Wallnußbaͤumen; auf ihren Spitzen zeigen ſich hin und wieder Thuͤrme und Gemaͤuer alter zerfallener Bergſchloͤſſer. Zur Rechten wechſeln Doͤrfer, Felder mit Getraide, noch mehr aber mit allen Arten von Gemuͤs bepflanzt, Weinreben, Fruchtbaͤume, vornehmlich ganze Waͤlder und Klumpen von großen Wallnußbaͤumen ab, die ſich weit in die Ferne hin erſtrecken, und zuweilen alle Ausſicht in die jenſeitigen Ebenen verſchließen. A a 3Es190Achter Abſchn. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungEs iſt ein herrlicher Anblick, den die großen gewoͤlbten Kronen dieſer Baͤume dar - ſtellen, und in der Zeit, wo alle Fruͤchte ſich ihrer Reife naͤhern, wird der Reiſende von dem Reichthum ihres Segens ergoͤtzt. Man erſtaunt in der That uͤber die außerordentliche Menge von Wallnußbaͤumen, die ſich wohl in keinem Winkel der Erde ſo zahlreich bey einander finden, und die man in den vorigen Zeiten ſo haͤufig anpflanzte, weil ſie hier ungemein gluͤcklich emporwuchſen. Schon ſeit einigen hundert Jahren herrſcht hier die vortheilhafte Anzucht dieſer Baͤume, welche die Lage ſo ſehr beguͤnſtigt; denn gegen Norden iſt ſie von Bergen beſchuͤtzt, und auf allen uͤbrigen Seiten ſonnigt und warm. Von Heidelberg, das ſich durch ſeine uͤberaus romantiſche Lage auf den Abhaͤngen eines Berges auszeichnet, an welchen der Necker hinwallet, hat man gegen Bruchſal zu noch eine Strecke die ſchoͤnen Berge zur Seite, welche die Straße begleiten, und wo ſie ſich nach einigen Stunden zu verlieren anfangen, da bleibt dennoch die Landſchaft ein Garten. Bejahrte Wall - nußbaͤume beſchatten die Straße, und erſcheinen immer noch hie und da in Klumpen in den Feldern, die uͤberall mit einer Menge von Gartengewaͤchſen angebauet ſind, zwiſchen welchen Getraidefluren und Wieſen abwechſeln; aus den Weinbergen heben ſich Obſtbaͤume empor, und in der Ferne daͤmmern friedſame Waͤlder.

Verſchiedene Landſtraßen im obern Deutſchland ſind mit italiaͤniſchen Pap - peln beſetzt. Ich fand ſie mit Vergnuͤgen um Aſchaffenburg, um Darmſtadt, um Manheim, um Carlsruhe, gegen Straßburg zu. Auf der Straße von Manheim bis nach Schwetzingen, die eine der angenehmſten iſt, wird man einige Stunden lang von den ſchoͤnſten lombardiſchen Pappeln beſchattet, die zuweilen mit andern Baͤumen, beſonders Wallnußbaͤumen, abwechſeln, und dieſen Lieb - lingen der hieſigen Gegend zuletzt ganz weichen.

Von Bruchſal bis Stuttgard, eine Strecke von acht bis neun Meilen, iſt die Landſtraße durchgaͤngig gebauet, und in den meiſten Gegenden vortrefflich. Hin und wieder iſt ſie noch hier mit alten Wallnußbaͤumen beſetzt. Dieſe Baͤume machen, mit andern Obſtbaͤumen vermiſcht, an den Seiten der Straße in den Fel - dern und Wieſen, wohin ſie ſich erſtrecken, ganze Waͤldchen aus. Beym Eintritt in das Wuͤrtembergiſche ſieht man ſogleich eine noch beſſer unterhaltene Straße, und ein fruchtbares, wohlangebauetes, bergigtes Land, mit Waͤldern, weiten Kornfeldern, Gemuͤsfluren und Weinbergen. Die Landſtraße iſt ganz mit jungen Obſtbaͤumen aller Art beſetzt, nur den Wallnußbaum findet man hier weniger; ſie ſind dicht gepflanzt, und verſprechen mit dem ſtaͤrkern Anwuchs mehr Schatten. Dieſe Bepflanzung mit Fruchtbaͤumen geht einige Meilen fort, bis an Stuttgard.

Zu191einzelner Theile eines Landſitzes.

Zu den herrlichſten Straßen im ſuͤdlichen Deutſchland gehoͤrt die, welche von Enzwengen nach Pforzheim durch das Ensthal fuͤhrt. In einer Laͤnge von beynahe drey Stunden erheben ſich zur Rechten des Weges Gebirge und Berge, vom Fuß bis zu ihrer, oft ſteilen, Spitze mit Weinreben bepflanzt, zwi - ſchen welchen uͤberall Obſtbaͤume bald in Gruppen, bald einzeln erſcheinen. Zur Linken ſchlaͤngelt ſich das ſchoͤnſte Thal in der Tiefe hin; die kleine Ens windet ſich hindurch, verbirgt ſich zuweilen hinter Gebuͤſchen, und glaͤnzt wieder an einigen Stellen froͤhlich hervor; faſt uͤberall iſt die Flaͤche der Wieſen von Fruchtbaͤumen ſchattirt, die eben eine lebhafte Scene darſtellten. Es war ein recht begeiſternder Anblick, uͤberall in den lieblichen Wieſen des Thals die Landleute mit der letzten Heuaͤrndte beſchaͤftiget und in den Baͤumen Knaben hangen zu ſehen, die das Obſt brachen; die Straße wimmelte von Maͤdchen, die den Segen der Fruchtgoͤttinn in vollen Koͤrben auf dem Kopfe heim trugen. Jenſeits des Thals erheben ſich allmaͤh - lich aufſteigende Hoͤhen mit Getraide und Waͤldern; dieſe ſenken ſich zuweilen zu den heitern Grasflaͤchen des Thals herab, und machen dagegen mit ihren großen Maſſen von Schatten einen trefflichen Contraſt. Die ſteilen Gebirge zur Rechten niedrigen ſich nachher zu Bergen; dieſe verlieren ſich wieder ſeitwaͤrts; und die Weinpflanzungen zeigen ſich mit Kornfluren untermiſcht. Doch das Auge verliert nichts. Die Straße laͤuft bald wieder zwiſchen Waͤldern von Obſtbaͤumen fort, die auf beyden Seiten in der mehr flachen Gegend erſcheinen. Ein uͤberraſchender Auftritt iſt die Stelle, wo man in das baadendurlachiſche Gebiet uͤbergeht. Man wird von einer ſchoͤnen Allee von italiaͤniſchen Pappeln empfangen, die den Reiſenden ſogleich an einen menſchenfreundlichen Fuͤrſten erinnert; ſie windet ſich faſt zwey Stunden lang bis Pforzheim.

Von hier bis nach Durlach iſt die Landſtraße nur hie und da ſtellenweiſe mit aͤltern Obſtbaͤumen beſetzt; doch erblickt man dieſe auf beyden Seiten des Weges in den Feldern in Haufen zerſtreut. Die Straße iſt auch hier trefflich gebauet, und gehoͤrt zu den beſten in Deutſchland. Der Reiſende wird zugleich von dem Anblick eines ſchoͤnen, fruchtbaren und fleißig angebaueten Landes, voll großer herrlicher Waͤlder und futterreicher Wieſen an ihrem Fuße, ergoͤtzt. Man ſieht einige Nadel - hoͤlzer, doch am meiſten Laubbaͤume. Die Straße laͤuft zuweilen zwiſchen den an - muthigſten Waͤldern und Wieſen hin; dieſe letzten breiten ſich in großen Flaͤchen hin, und ſind von vielen Gruppen fruchttragender Baͤume ſchattirt. Man faͤhrt durch wohlgebauete Doͤrfer, die zwiſchen Obſtwaͤldern ruhen und mit allem Anſehen des Wohlſtandes geſchmuͤckt ſind; ſie gehoͤren zu den ſchoͤnſten, und uͤbertreffen an Ge - raͤumlichkeit und Reinlichkeit viele Flecken in Niederdeutſchland. Der edleFuͤrſt192Achter Abſchn. Gartenmaͤßige VerſchoͤnerungFuͤrſt*)Se. Durchl. Carl Friedrich, Markgraf zu Baadendurlach und Baaden. hat 1783 die Leibeigenſchaft, die doch ſehr ertraͤglich war, im ganzen Lande gegen alle Beſorgniſſe, die dagegen erregt wurden, mit einem Verluſt anſehnlicher jaͤhrlicher Einkuͤnfte, zum Ruhm der Menſchheit und zum Segen der Nachkommen - ſchaft aufgehoben. Fuͤr dieſe großmuͤthige That wollte er nicht den Dank ſeines geruͤhrten Volks annehmen; er verſicherte, er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewuͤnſcht habe. Die Doͤrfer feyerten das große Feſt der Freyheit. Die Aemter ließen Dankſagungen gegen ihren men - ſchenfreundlichen Fuͤrſten drucken, die ſelbſt der Fremde mit innigſter Ruͤhrung las. Die Kirchen ertoͤnten von feyerlichen Dankreden. Der Abend des Feſtes ward zur Ergoͤtzung verwendet. Das Landvolk trank auf das Wohl eines ſo edelmuͤthigen Vaters, tanzte und frohlockte in dem neuen Gefuͤhl der Freyheit. Bey allem dieſem Jubel, bey allen dieſen Dankthraͤnen ſeines Volks wiederholte der Menſchenfreund: er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewuͤnſcht habe. Er dankte vielmehr ſelbſt der Vorſehung fuͤr das Vergnuͤgen, das ſie ihm ſchenkte, ein freyes Volk zu regieren.

Die Straße von Durlach nach Carlsruhe iſt als eine der ſchoͤnſten Alleen - ſtraßen bekannt, die wir nur in Deutſchland haben. Sie iſt trefflich gebauet, geht in einer ganz geraden Linie eine kleine Meile fort, und iſt auf beyden Seiten mit hohen und praͤchtigen italiaͤniſchen Pappeln beſetzt. Sie ſtellen bloß durch ihren natuͤrlichen Wuchs ſchoͤne Pyramiden vor, ſind faſt vom Fuß an voll Zweige, und bieten einen ſehr anmuthigen Schatten dar.

Beym Herausfahren aus Carlsruhe hat man gleich an der Landſtraße zu bey - den Seiten eine Bepflanzung von Platanen und zur Rechten einen ſchoͤnen Wald. Auf dieſe Allee folgt eine andre von italiaͤniſchen Pappeln; ſie faßt die Landſtraße, eine Strecke von fuͤnf Stunden lang, bis nahe vor Raſtadt ein. Doch ſind zwi - ſchen dieſen ſchoͤnen Baͤumen Obſtbaͤume eingeſtreut, ſo daß auf zwey Pappeln immer ein fruchttragender Baum folgt. Dieſe Beflanzung giebt der Straße ein ange - nehmes und unterhaltendes Anſehen, und entſchaͤdigt den Reiſenden wegen des An - blicks der vielen Sandgegenden, die er vor ſich hat. Die Straße geht faſt immer, außer einigen Kruͤmmungen, die ſie bey den Doͤrfern macht, in gerader Strecke fort. Sie iſt ungemein gut gebauet, und dennoch zahlen die Reiſenden kein Weggeld. Dieß wird ſelbſt in einigen Gegenden von Deutſchland, wo noch keine Wege ge - macht ſind, eingefordert. Hier glaubt der Landesfuͤrſt, daß er Reiſenden, die ſeine Poſten bezahlen, und ſeinen Poſthaltern gute Straßen ſchuldig iſt. Die Straßenach193einzelner Theile eines Landſitzes. nach Raſtadt laͤuft immer zwiſchen weit ausgeſtreckten Ebenen fort, die mit allen Arten von Gemuͤs, mit tuͤrkiſchem Korn, mit Hanf und etwas Tabak angebauet ſind. Die Cultur dieſer Felder und das Gewuͤhl der emſigen Landleute nimmt ihnen etwas von dem oͤden und einfoͤrmigen Weſen, das auf der Flachheit der Ebe - nen zu ruhen pflegt. In der Ferne rufen zur Linken die Berge des beruͤhmten Schwarzwaldes das Auge; ſie machen eine herrliche Begraͤnzung der flachen Landſchaften, daͤmmern in ſich verlierenden Hoͤhen an Hoͤhen hin, und ſcheinen doch gegen Raſtadt dem Reiſenden wieder naͤher zu ruͤcken. Man erblickt von dieſer Straße nicht mehr Obſtbaͤume in den Feldern, oder doch ſelten. Aber, wer aus den nordlichen Provinzen von Deutſchland kommt, empfindet hier die liebliche Waͤrme, die ſelbſt noch den Herbſtabend begleitet, und die ſuͤßen Duͤfte, womit noch zu der Zeit die Luft umher angefuͤllt iſt. Dieſe lange Pappelallee endigt ſich bey einem Walde, zwiſchen welchem man faſt bis an Raſtadt faͤhrt.

Die Straßen in dem benachbarten niedrig liegenden Elſaß, wohin uns noch ein Uebergang verſtattet ſey, mußten hoch angelegt werden, und ſind wohl unterhal - ten. Man zahlt kein Straßengeld; nirgends ſiehet man Weghaͤuſer und Sperr - thore. Die Straße von Strasburg nach Baſel iſt eine der belebteſten, die man nur finden kann, immer voll von Wagen, von Reitenden und Fußgaͤngern. Denn ſie iſt der gewoͤhnliche Weg nach der Schweiz und nach Italien; ſie fuͤhrt zugleich zu einer Menge von Staͤdten, Feſtungen und Doͤrfern, die den Elſaß bedecken. Nur an ſehr wenigen Stellen iſt ſie mit Fruchtbaͤumen beſetzt, und faſt uͤberall offen. Doch ſieht man in den Feldern und weiten Gemuͤsfluren hie und da große Gruppen von Fruchtbaͤumen zerſtreut, und die Doͤrfer ſind von ihrem Schatten lieblich uͤber - daͤmmert. Es iſt ein uͤberaus erfreuender Anblick, rings umher, ſo weit das Auge reicht, nichts als die fruchtbarſten Landſchaften voll Staͤdte, Flecken und Doͤrfer, voll muntrer und gluͤcklicher Einwohner zu ſehen. Eine ſo weite Plaͤne, die man immer vor ſich hat, kann nur durch den hohen Grad der Fruchtbarkeit, der Cultur und der volkreichen Bewohnung fuͤr den Reiſenden unterhaltend bleiben. Doch geben bis nach Colmar die lothringiſchen Gebirge, die ſich zur Rechten fortſtre - cken, der Ausſicht uͤber die Ebene eine maleriſche Graͤnze; hin und wieder erheben ſich vor ihnen kleinere Berge, die noch zum Gebiete vom Elſaß gehoͤren. Man entdeckt in der Ferne mit Vergnuͤgen die Spuren der Bewohnung und des Anbaues dieſer Berge. Und mit einer noch hoͤhern Wolluſt verweilt das Auge in dem unter - haltenden Anſchauen dieſer großen Kette von hohen und mittelmaͤßigen, ſich uͤber einander empor waͤlzenden und ſich durch ihre eigene Maſſen verduͤſternden Gebirgen. Sie erſcheinen in einer lange fortlaufenden Kette von vielen Meilen, und wechſeln inV Band. B bſehr194Achter Abſchn. Gartenmaͤßige Verſchoͤner. einzelner Theile ꝛc. ſehr maleriſchen Lagen und Geſtalten. Bald heben ſie ſich zu ſteilen Hoͤhen, bald ſenken ſie ſich wieder zu mittlern Bergen herab, zuweilen mit ſcharfen Abſaͤtzen, meiſtens aber mit ſchoͤnen wellenfoͤrmigen Erhebungen. Sie ruͤcken zuweilen der Straße ſo nahe, als wollten ſie eine noch groͤßere Aufmerkſamkeit fordern. Es iſt eine weit praͤchtigere Strecke von Gebirgen als der Harz, praͤchtiger in der ganzen Lage und in der Zeichnung der Umriſſe. Ich darf hiebey bemerken, daß das Harzgebirge, nach meinen wiederholten Reiſen zu den Alpen, niemals einen ſon - derlichen Eindruck auf mich gemacht, obgleich die dunkeln Waͤlder vom Nadelholz, womit es bedeckt iſt, ihm ein ehrwuͤrdiges Anſehen geben. Die Gebirge von Lothringen ſanken, als ich das letztemal die Straße befuhr, allmaͤhlich in das feyerliche Dunkel eines abgeregneten ruhigen Sommerabends; doch blieb uͤber ihren Haͤuptern die ganze Helle der Abendroͤthe ſchweben, welche den Saum der ſtillen Wolken, die neue Gebirge zu ſeyn ſchienen, vergoldete und hin und wieder einen matten Lichtſtrahl in ihre Finſterniß hinaufſchoß; eine erhabene Scene, wie Oſſian der Natur nachmalt. Wo ſich die Straße von Colmar nach Breyſach gegen den Rhein wendet, verliert man nach und nach dieſe praͤchtigen Berge aus dem Geſichte. Doch bleibt der Weg immer lebhaft und anmuthig; der Koͤnig der deut - ſchen Stroͤme erſcheint bey Kemps in einigen glaͤnzenden Anſichten; und bald fan - gen die Vorgebirge der Schweiz und der Proſpect von Baſel an, das Auge mit ihrem Zauber zu reizen. *)Von den helvetiſchen Landſtraßen die Schweiz zu reden Gelegenheit neh - werde ich in meinen neuen Briefen uͤber men.

Erſter[195]

Erſter Anhang. Beſchreibungen von Gaͤrten.

B b 2[196]197

I. Garten bey dem Poſthofe vor Hannover. *)Dieſer Garten, nebſt dem folgenden Garten zu Marienwerder, gehoͤrte dem Koͤnigl. Großbrit. und Churfuͤrſtl. Han - noͤverſchen Legationsrath Hrn. Jobſt Anton von Hinuͤber, und beyde ſind von ihm an - gelegt. Dieſer vortreffliche Mann, einer der groͤßten Gartenkenner, ward am 15ten Januar 1784 ſeiner ſchaͤtzbaren Familie, ſeinen Freunden und der Menſchheit ent -riſſen. Sanft ruhe die Afche des Edlen, der ſeinen Mitbuͤrgern ſo manche fanfte Freude uͤber die unter ſeiner Hand bluͤhende Natur darbot! Seine Anlagen ſind nicht verloren. Sie ſind in den Beſitz ſeines aͤlteſten Sohns, des Hrn. Hofraths von Hinuͤber, eines durch Geiſt und Herz verehrungswerthen Mannes, ge - kommen.

Dieſer Garten iſt gleich der Liebling von allen, die ihn nur ſehen; er befriedigt den Kenner und feſſelt den bloßen Liebhaber; Reiſende und Einheimiſche ver - einigen ſich in ihm zum Genuß der heiterſten Augenblicke; denn er ſchmeichelt den Sinnen und unterhaͤlt den Geiſt.

Der Begriff der Heiterkeit wird ſogleich beym Eintritt durch eine Gruppe von mancherley Blumen erregt, welche die Mitte eines Raſens ziert. Die Gaͤnge fan - gen zugleich an, das Auge zwiſchen den mannichfaltigen Baumgruppen hinzulocken, und eine lebhafte Erwartung des Vergnuͤgens zu erwecken, das der Freund der ſchoͤnen Natur und des reinen Gartengeſchmacks hier genießen ſoll.

Das Auge irret zwiſchen den Klumps, den Gebuͤſchen, den einzelnen Baͤu - men, den Raſen, den Blumengruppen fort, von Licht zu Schatten, von Schatten zu Licht, vom Offenen zum Verſchloſſenen, vom Heitern zum Dunkeln, von jeder Abwechſelung in der Schattirung des Gruͤns. Die innern Proſpecte ſind bis zum Erſtaunen vervielfaͤltigt und abwechſelnd; jeder Schritt, jede Stellung, jede Wen - dung auf dem Hingange und auf der Ruͤckkehr ſtellt ein neues Gemaͤlde dar. Die Gruppen, von deren Anordnung dieſe gluͤckliche Wirkung beſtimmt wird, ſind mit einer Meiſterhand geſtellt und ausgebildet, immer abwechſelnd an Form, an Groͤße, an Zuſammenſetzung, an Abſtand. Sie ſpringen bald vor, ziehen ſich bald zuruͤck; ſie oͤffnen und verſchließen; ſie verlaͤngern die Proſpecte und verkuͤrzen ſie wieder; ſie ſcheinen alle in Bewegung, um die Gemaͤlde hervorzuſtellen oder zuruͤck zu nehmen, ſie zu erheitern oder zu verdunkeln. Daher die erſtaunliche Mannichfaltigkeit von Anſichten, und die beſtaͤndige Abaͤnderung der Scenen auf einem ſo wenig ausge - breiteten Platze.

B b 3Eine198Erſter Anhang.

Eine andere Schoͤnheit der Gruppen, welche die Pflanzung des Gartens bil - den, und nur hie und da mit einzelnen Baͤumen abwechſeln, beſteht in ihrem male - riſchen Anſehen. Sie ſind mit einem Auge angelegt, das die feinſten Nuͤancen in der Verbindung und Folge der Lichter und Schatten, und in den wechſelnden Farben des Laubwerks aufzufaſſen, das der malenden Natur jeden treffenden Strich in ihren ſchoͤnern Bildern abzulauſchen, und in den Zuſammenſetzungen, mit einem aus - zeichnenden Schein des Neuen, dem Blick des Anſchauers fuͤhlbar wieder zu geben weiß. Die auslaͤndiſchen, beſonders die americaniſchen Baͤume und Straͤucher, ſind mit großer Klugheit zur Malerey mit den einheimiſchen Holzarten gemiſcht; die Lebhaftigkeit der Vorgruͤnde iſt durch das hellere Laub, durch Blumenſtraͤucher und niedrige bluͤhende Pflanzen gehoben; die Entfernungen der Hintergruͤnde ſind durch finſtre Baumarten taͤuſchend vergroͤßert. Man empfindet die maleriſchen Schattirungen der Gruppen, die Fortgaͤnge ſowohl als die Unterbrechungen der hel - len und dunkeln Partien, die entzuͤckenden Schauſpiele der Lichter am beſten in den Stunden des Morgens und des Abends. In dieſen Augenblicken, wo jede Schoͤn - heit der Natur ſich in der mildern Beleuchtung hebt, wo das Streiflicht zwiſchen den Gruppen ſich hier mannichfaltig verbreitet, dort wieder begraͤnzt iſt, wo das Gruͤn ſich mit allen ſeinen Schattirungen auszeichnet, wo die Raſen heitrer ſchim - mern, und ſelbſt der nachbarliche Schatten, der ihr Licht hemmt, lieblich iſt in dieſen ſanften Augenblicken bieten ſich die zauberiſchen Wirkungen dieſer Pflan - zung ganz zur Entzuͤckung des Auges an. Hohe Baͤume, worunter der Kenner manche ſeltene Arten antrifft, erheben ſich praͤchtig aus den Gruppen; ſie berei - chern die Reviere mit ihrem Schatten, und helfen zuweilen an perſpectiviſchen Stellen die Dunkelheit des Hintergrundes vermehren. Schoͤne Raſen umſchlaͤngeln die Gruppen, und ſcheinen ſie gleichſam in freundſchaftliche Umarmung zu ſchließen. Wo kein Gebuͤſch gruͤnt, da ſchmuͤckt uͤberall ihr ſanfter Teppich den Boden, und contraſtirt anmuthig gegen das Laub der Baͤume und Straͤucher, von welchen ſeit - waͤrts der dunkle Schatten wegſchleicht, indeſſen daß die offenen Flaͤchen von einem heitern Licht uͤbergoſſen ſind. Bald aber ſind auch ſie wieder von den benachbarten Gruppen oder einzelnen Baͤumen hie und da mit Schattenſtrichen bezeichnet.

Die Gaͤnge winden ſich immer zwiſchen den Gruppen herum; ſie machen nicht bloß freye und natuͤrliche Wendungen, ſondern locken auch das Auge des Spatzierenden, und erregen, indem ſie ſich bald wieder verlieren, die Erwartung eines weiten Bezirks. Auch der geringſte Umſtand iſt mit Ueberlegung ge - nutzt. Kein Baum, keine Bank ſteht ohne Abſicht da. Alles hat eine Bezie - hung, um die Anſichten zu bezeichnen, und zu heben, um den hellern Hervorſprungoder199Beſchreibungen von Gaͤrten. oder das Zuruͤckweichen der Scenen merklicher zu machen. Die Stuͤhle, die Ruhe - ſitze, die Bruͤcken, die Bildſaͤulen, alles dient dazu, die Geſichtspunkte zu beſtim - men und die Richtungen des Auges leiten zu helfen.

Nicht weniger ſind die aͤußern Proſpecte der umliegenden Landſchaft mit Weis - heit genutzt. Es ſey einer der Kirchthuͤrme der benachbarten Stadt Hannover, wovon drey in eben ſo viel verſchiedenen Anſichten als Obelisken in den Oeffnungen der Gebuͤſche ſich erheben und gerade vor dem Auge zu ſtehen ſcheinen; oder ein Theil der Stadt und ihrer mit neuen Baumpflanzungen ſich verſchoͤnernden Waͤlle; oder ein anliegendes Korngefilde; oder der entfernte Hintergrund der Landſchaft, ein dunkler Wald; oder ein benachbartes Landhaus: uͤberall ſind die aͤußern Proſpecte in ein Eigenthum des Gartens verwandelt. Man genießt, was umher liegt, ohne dem Eigenthuͤmer etwas zu entziehen; man genießt vielleicht freyer und vergnuͤgter, als er ſelbſt. Auch in dieſem Theil der Anlage iſt uͤberall gedacht und ausgewaͤhlt. Es ſind einzelne ausgeſuchte Gemaͤlde, die durch die Anordnung der Ausſichten aus der Landſchaft ausgehoben ſind; ſie erſcheinen in verſchiedenen Maſſen, Groͤßen und Stellungen; und auch hier iſt die Pflanzung ein Mittel, die außer dem Bezirk des Gartens liegenden Scenen bald frey hervortreten, bald leicht durchſchimmern, bald allmaͤhlich zuruͤckweichen, bald ſich ganz verbergen zu laſſen. Die reizenden Bilder der Natur, ſo wohl im Garten als in der Landſchaft, wandeln gleichſam mit dem Spatziergaͤnger umher, wenden und veraͤndern ſich mit ihm bey jedem Schritt; ein magiſches Spiel fuͤr die Phantaſie, die ſich dieſen Eindruͤcken uͤberlaͤßt. Eine Gruppe, ein Buſch, ein Baum ſchiebt ſich vor; und auf einmal iſt das Gemaͤlde veraͤndert. Immer neue Schoͤnheiten eroͤffnen ſich dem aufmerkſamen Spatziergaͤn - ger. Ein ſicherer Beweis von der weiſen Oekonomie, womit die Ausſichten ge - waͤhlt und die Anlage geordnet iſt. Keine ploͤtzliche Fuͤllung der Blicke, die ſie gleich, nachdem der erſte Genuß vollendet iſt, wieder darben laͤßt, ſondern immer fortſchreitende und allmaͤhlich wachſende Unterhaltung. Man ſieht hier, wie viel auf die Kunſt der Pflanzung und Anordnung der Gruppen ankommt, eine Kunſt, die noch in ſo wenig Gaͤrten beobachtet iſt, und wovon man in vielen Provinzen noch gar keinen Begriff hat.

Bald nach dem Eintritt windet ſich zur Linken ein Gang einem großen Ge - baͤude zu, das gleich das Auge an ſich zieht. Es hat die Geſtalt einer Kapelle; ein auf der Spitze hervorragendes Kreuz und die Statue eines Heiligen uͤber dem Eingange, helfen die Taͤuſchung des erſten Anblicks vermehren. Der Heilige haͤlt in der Rechten eine Harke, und legt mit der andern Hand hinter ſich einen Biſchofs - ſtab nieder. Es war, wie die Legende erzaͤhlt, der heilige Paulinus zu Nola inItalien,200Erſter Anhang. Italien, der ſich von einem Gaͤrtner zum Biſchof erhob, aber dieſe Wuͤrde wieder fuͤr die Ruhe und Annehmlichkeit ſeines erſten Standes verließ. Die Geſchichte, wahr oder erdichtet, giebt doch hier Veranlaſſung zu einer neuen und fuͤr die Gaͤrt - nerey ſehr ſchmeichelhaften Vorſtellung. Die aͤußern Waͤnde der Kapelle und das Dach ſind halb mit Weinranken uͤberzogen. Beym Eintreten trifft man einen großen, heitern und ſchoͤnen Saal an, der das Inwendige dieſes Gebaͤudes aus - macht, und mit Kupferſtichen, mit Buͤſten und ganzen Figuren, die beruͤhmten Antiken nachgebildet ſind, ausgeziert iſt. Man hat aus dem Saal verſchiedene fein ausgewaͤhlte Proſpecte.

An der Seite dieſes Gebaͤudes befindet ſich ein Vogelhaus, und vor ihm ein offener bedeckter Sitz. Man ruhet hier unter den lieblichſten Ausſichten, und wird von den mannichfaltigen Stimmen dieſer kleinen befiederten Kloſtergeſellſchaft unterhalten. Gerne wendet man ſich, um ſie in ihren Zellen zu belauſchen; ſie flattern froh hervor und ſcheinen dem neugierigen Beſchauer zuzurufen, daß hier noch das ſuͤße Recht der Liebe, ſelbſt hinter dem verſchließenden Gitter, gilt.

Von dieſer Gegend gelangt man, indem man neben einem wohl angelegten Waſſer fortwandelt, das ſich ins Gebuͤſch mit einem Schein der Vergroͤßerung hin - einzieht, und mit verſchiedenen Bruͤcken geziert iſt, zu Ruinen, die an dieſer Ecke des Gartens liegen. Sie geben einen kuͤhlen Sitz. Man ſchaut von hier zuruͤck auf das Waſſer hin, unter der hohen chineſiſchen Bruͤcke fort. Das Waſſer, das ſich in dieſer Ausſicht verliert und noch weit fortzufließen ſcheint, wird von dem Ra - ſen, der ſich daran hinſchmiegt, und von den Wiederſcheinen der Gebuͤſche, der Blumen und der Bruͤcken verſchoͤnert; Enten rudern darauf ſchnatternd umher. Der Blick faͤllt zuletzt auf die Hinterſeite der Kapelle, hinter welcher die Gipfel der Pflanzung, und beſonders eine uͤber ſie praͤchtig emporſteigende italiaͤniſche Pappel, den Geſichtskreis ſchließen.

Gleich hinter den Ruinen, die maleriſch und in der Ferne taͤuſchend unter den Baͤumen liegen und von ihnen halb uͤberwachſen ſind, befindet ſich eine noch erhal - tene kleine Todtenkapelle, zu welcher ein faſt verdeckter dunkler Seitengang herum - ſchleicht. Sie iſt mit Vorſtellungen der Andacht aus laͤngſt verlebten Jahrhunder - ten der rohen Kunſt, mit gothiſchem Schnitzwerk, mit Bildern der Sterblichkeit, mit Todtenkammern und den uͤbrigen Auszierungen einer Kapelle der roͤmiſchen Kirche angefuͤllt. Alles ſtimmt in dieſer Nachahmung mit den Urbildern dieſer Art ganz getreu uͤberein; alles iſt ſo taͤuſchend, daß man nicht mehr getaͤuſcht zu ſeyn glaubt. Eine Wohnung des ernſten Nachdenkens und der Melancholie; jeder Ge - danke ſinkt hier truͤber herab; das Herz wird von einem maͤchtigen Schauder derSterblich -201Beſchreibungen von Gaͤrten. Sterblichkeit uͤberwaͤltigt. Eine zugemauerte Thuͤre, die eine angefuͤllte Gebein - kammer zu verwahren ſcheint, verſtaͤrkt dieſen Schauder, und macht faſt die ganze Phantaſie zum Grabe. Doch ſeht, die Thuͤre oͤffnet ſich. Welche Ueberraſchung! Licht und Schoͤnheit der Schoͤpfung ſtrahlt auf einmal hervor. Das Herz fliegt frey und ſich ganz wieder eroͤffnend dieſen Scenen entgegen. Es erweitert ſich von neuem im Gefuͤhl des Lebens und ſtroͤmt ganz in der Wonne des Wiederſchauens unſrer ſchoͤnen Erde hin.

Etwas entfernt von dieſem Auftritt, wo man ihn nicht mehr erblickt, liegt in einer ſanften Daͤmmerung ein feines Cabinet, in chineſiſchem Geſchmack verziert. Seine Lage, ſeine Einrichtung, ſeine Ausſichten laſſen gleich wahrnehmen, daß es heitern und geſelligen Vergnuͤgungen gewidmet iſt.

Bald befindet der Spazierende ſich wieder zwiſchen Pflanzungen, die ſich abwechſelnd mit einem maleriſchen Reiz heben; bald laden ihn die Stuͤhle und Sitze ein, die, gleich den Bruͤcken, von einer großen Mannichfaltigkeit ſchoͤner Formen, eine Schule fuͤr den Zeichner, ſind, einen weißen lebhaften Anſtrich, der ſich trefflich gegen das Gruͤn hebt, und eine ſolche Stellung haben, daß man in allen Stunden des Tages im Schatten ſitzen, und das Auge ſich bald an einer rei - zenden Ausſicht weiden, bald im erquickenden Dunkel ruhen kann. Da der Garten fuͤr das Vergnuͤgen der Gartenfreunde immer offen iſt, ſo erleichtert uͤberall die An - lage der Gaͤnge zwiſchen den Gruppen das Ausweichen; und verborgene Schatten - ſitze winken dem, der Einſamkeit ſucht. An einigen Stellen ſind ſanfte Erhoͤhun - gen, beſonders gegen die Graͤnze des Gartens, wo ſich weitere Ausſichten in die Landſchaft eroͤffnen, oder wo die Stadt mit allen ihren Thuͤrmen auf einmal her - vorbricht. Aber wer wuͤnſcht ſich bey dieſem Anblick dahin? Wer koͤnnte dieſen Zauberort fuͤr eine Stadt vertauſchen?

Eben die Mannichfaltigkeit, die durch die ganze Anlage ſichtbar iſt, zeigt ſich auch in der Begraͤnzung des Gartens. Bald erhebt ſich ein hoͤherer Sitz, bald zieht ſich eine dichte Gruppe, bald ein duͤnneres Gebuͤſch, bald ein niedriger Zaun davor, bald ein durchſichtiges Drathgitter, bald ein tiefer mit Zacken oder von unten auf - wachſendem Dornbuſch verwahrter Graben, woruͤber frey der Blick ſtreicht, aber kein Sprung ſich wagt. Man glaubt daher an manchen Stellen nicht mehr im Garten, ſondern in der Landſchaft ſelbſt zu ſeyn; man ſieht das Saatfeld faſt vor ſeinen Fuͤßen gruͤnen, und ſpaͤter hin ſcheint das Gewuͤhl der Aerndte mitten in der Pflanzung zu rauſchen.

Die Weisheit der Anlage erſcheint oft in Umſtaͤnden, die einem gemeinen Auge zu klein ſcheinen, als daß es ſie da ſuchen ſollte. So dient eine Bank, umV Band. C cdas202Erſter Anhang. das Ende des Gartens bey dem Wohnhauſe taͤuſchend zu verſtecken. Eine Bruͤcke, die zunaͤchſt nur zum Uebergange beſtimmt iſt, verſtattet unter ihrem Bogen zugleich einen laͤngern Blick auf das dahin ſpielende Waſſer. Eine andre Bruͤcke iſt unten mehr zugebaut, um das Ende des Waſſers zu verſtecken, und ſie ſteigt zugleich hoͤher, um die Ausſicht in die Landſchaft reicher zu gewaͤhren. Noch eine andre, die an der wildern Graͤnze des Gartens vor einem Gebuͤſch vorbeyfuͤhrt, iſt von einem ganz einfach laͤndlichen Anſehen, da hingegen die chineſiſche Bogenbruͤcke, die ganz frey liegt, mit einer reichern Bauart prangt. So erſcheinen auch vor dem Wohn - hauſe von Nadelhoͤlzern, ſowohl einheimiſchen als americaniſchen, viel haͤufiger dichte Gruppen, um in der laubloſen Jahrszeit durch den Anblick des Gruͤns in der Naͤhe zu unterhalten.

Nicht weniger gluͤcklich iſt der Platz auf der Hinterſeite des Hauſes nach der nahen Landſtraße angelegt. Die Einrichtung iſt ſo taͤuſchend, daß man ſowohl von der Straße im Vorbeyfahren, als auch aus den Fenſtern des Wohnhauſes einen Theil des Gartens und keinen abgeſonderten Platz zu ſehen glaubt. Auf einem Ra - ſen bluͤhet zunaͤchſt vor dem Hauſe eine Sammlung von Blumen und zwey Grup - pen, die eine von Buſchwerk, die andere von einer Tanne und einer Fichte; ſie ſind ſo geſtellt, daß ſie dem Hauſe ein maleriſches Anſehen geben, und zugleich einen Garten anzukuͤndigen ſcheinen. Zwey Gaͤnge machen um den Raſen eine Wendung, als wenn ſie ſeitwaͤrts weiter liefen. Sie ſtoßen aber auf zwey verſteckte Sitze im Winkel, wo man die Voruͤberfahrenden ſehen kann und zugleich einen Aus - gang nach dem Hofe hat.

Doch dieſe Beſchreibung verliert ſich faſt in das Einzelne, da es, bey der Mannichfaltigkeit der Spaziergaͤnge, nur die Abſicht war, den Geiſt der Anlage dieſes kleinen, aber mit großem Verſtande angeordneten, Gartens darzuſtellen. Gartenfreunde, welche nur einen Platz von nicht ſehr betraͤchtlichem Umfang zu be - bauen haben, ſehen hier, wie ſie, vertraut mit der Natur, nicht bloß ihre Schoͤn - heiten nachbilden ſollen, ſondern ihnen auch, durch die Kunſt der Anordnung und Auszierung, mit der Mannichfaltigkeit der Anſichten und Proſpecte den Schein der Groͤße mittheilen koͤnnen. Alles iſt das eigene Werk des Beſitzers; die Natur hat ihm nichts weiter als den Platz gegeben, der aus einer Flaͤche beſtand, die nur an einigen Stellen etwas erhoͤhet iſt. Daher ſcheint auch reines, fließendes Waſſer das Einzige zu ſeyn, was dieſem reizenden Garten fehlt, der ſonſt viel duftende Blumenftraͤu - cher und viel Geſang der Voͤgel hat. Er iſt der ruhige, ſanfte, heitere Wohnplatz ei - nes Weiſen, der die ſeltne Kunſt verſteht, das Gluͤck des Lebens bald unter nuͤtzlichen Ge - ſchaͤfften, bald unter den Wiſſenſchaften, bald in dem Schooß der Freundſchaft und derhaͤuslichen203Beſchreibungen von Gaͤrten. haͤuslichen Geſelligkeit zu vertheilen; und der, um ſelbſt den Ort ſeines Vergnuͤ - gens zum Monument ſeines maͤnnlichen Geſchmacks zu ſchaffen, aus den Gaͤrten ſein beſtaͤndiges Studium macht. So manche Gartenanleger glauben, alles ge - than zu haben, wenn ſie nur ihre Baͤume, ihre Raſen, ihre Blumen hinwerfen, als wenn ſie vom Zufall entſtanden waͤren. Aber wie weit von dieſem Ziel, wo alles lange uͤberlegt, und beobachtet iſt, wo die Wirkungen berechnet und die kuͤnf - tigen Veraͤnderungen in dem Wachsthum der Baͤume ſchon im Anſchlag gebracht wurden, wo die ausbildende Hand noch in jedem Sommer geſchaͤfftig iſt, hinzu - zuſetzen, wegzunehmen, zu verfeinern!

So viele edle Seelen haben in dieſem Garten empfunden, welch einen Un - terſchied es zwiſchen Gaͤrten giebt, die ein Mann von Gefuͤhl und Verſtand anlegt, und zwiſchen jeder gemeinen Pflanzung der Mode. Moͤchten ſie bey dieſer kleinen Beſchreibung ſich der heitern Stunden wieder erinnern, die ſie hier genoſſen. Einige haben hin und wieder an den Baͤnken, Stuͤhlen und Termen ein Denkmal ihrer geruͤhrten Empfindung, einen Dank, eine kleine Inſchrift hinterlaſſen wol - len; ein Beweis, daß ſie in der That von dem Zauber dieſes Platzes erfuͤllt waren, indem ſie ſich nur dem Ausbruch ihres Gefuͤhls uͤberließen, ohne vielleicht an die mindere Schicklichkeit der Art des Ausdrucks zu denken. Indeſſen giebt es noch eine andere Art des Beyfalls, die nicht weniger ſchmeichelhaft fuͤr den Anleger iſt, die ſtille und ernſte Betrachtung des langſam umher wandelnden Kenners, der den ſchoͤpfriſchen Ideen nachſpuͤrt, aus welchen dieß kleine Wunder der Kunſt ent - ſprang.

C c 2II. Marien -204Erſter Anhang.

II. Marienwerder. *)Einige Stunden von Hannover.

Der erſte Blick aus dem Wohnhauſe, der offen, frey und groß iſt, laͤßt gleich eine Anlage von einem betraͤchtlichen Umfang erwarten. Zuerſt breitet ſich vor dem Auge ein anſehnlicher Raſen von edler Form aus, mit verſchiedenen Grup - pen von Baͤumen, die ſeinen Rand ſehr maleriſch bekraͤnzen; zwiſchen ihnen oͤffnen ſich drey Ausſichten, die ſchon die Ausdehnung des Ganzen ankuͤndigen. Gerade aus wird das Auge uͤber den Raſen in die Ferne hin, zwiſchen einer langen Oeffnung großer Gruppen und Gebuͤſche, geleitet, und zuletzt von einem Gegenſtande be - graͤnzt, woruͤber in dieſem Proſpect noch ein ungewiſſes Dunkel ſchwebt, einem Schirmſitz auf einer Hoͤhe. Zur Rechten hat man durch einige ſchoͤne Gruppen wieder zwey maleriſche Durchſichten uͤber eben ſo viele Bruͤcken, die hier am Ende des Raſens erſcheinen; die erſte Ausſicht faͤllt bald auf die naͤhere Pflanzung, die andere ſtreicht uͤber einen Theil des Waſſers, uͤber entfernte Raſen und verliert ſich zwiſchen den Hervorſpruͤngen und Einbuchten der großen Baumgruppen, die, von hier betrachtet, eine zuſammenhaͤngende Waldmaſſe bilden.

Reizend iſt dieſer Vorplatz oder dieſer Anfang des Parks, noch reizender in den fruͤhen Stunden des erwachenden Tages. Indem das aufglimmende Morgenlicht ſich zur Rechten erhebt, werfen die Gruppen nahe vor dem Auge ihre Schatten auf den ſich immer mehr erheiternden Raſen und brechen ſeinen Schimmer hin und wie - der mit dem ſtillen Spiel einer lieblichen Daͤmmerung. Schoͤner hebt ſich das Waſſer, mit dem Spiegel ſeiner gruͤnen Ufer. Fernhin irret das Auge zwiſchen ſtark beſchatteten Stellen, die der Morgenſtrahl nicht trifft, und zwiſchen erleuchte - ten Flaͤchen in die buſchigte Dunkelheit der Graͤnze hin; aber es verweilt mit Ent - zuͤcken bey den lieblichen Malereyen des Lichts auf den Spitzen der Hayne und Ge - buͤſche, die ihre Abwechſelung von Gruͤn in einem ſanftern Reiz ſpielen laſſen. In der zweyten Oeffnung machen die Pflanzungen einige Vorſpruͤnge, welche die Durchſicht maleriſcher bilden. Die Heiterkeit des uͤberglaͤnzten Waſſers wird von dem jenſeits gruͤnenden Raſen erhoͤht, der frey vor dem Blick der Sonne liegt und gleichſam in ihren Strahlen ſchwimmt; demnaͤchſt die Dunkelheit der ſich zuſam - menziehenden Gruppen; ſodann wieder Helligkeit; endlich die ſanfte Finſterniß der Pflanzungen im Hintergrunde, wo das Auge ruht alles dieß macht ein reizendesMorgen -205Beſchreibungen von Gaͤrten. Morgengemaͤlde, das die ganze Phantaſie erfriſcht. Die Bruͤcke in eben dieſer Oeffnung zeigt ſich leicht und mit einem Bogen gebaut, um den Anblick des Waſ - ſers frey zu geben. Indeſſen ruhen in dieſen Stunden die Hayne und Gruppen, in der langen vordern Ausſicht nach dem entfernten Schirmſitze hinauf, noch in einer ſpaͤtern Daͤmmerung, worinn leichte Schatten mit dem kommenden Lichte ſpielen und fliehen.

Ueberall und rings um ſich her wird das Auge durch Gruͤn erquickt. Die Gruppen, die zur Bildung der Ausſicht ſo trefflich geordnet ſind, dienen zugleich zur Bedeckung weniger angenehmen Gegenſtaͤnde. So verbirgt hier gleich die große Gruppe gerade aus bey der erſten Bruͤcke den Anblick eines Pferdeſtalls. Ein an - deres Gebaͤude, das ſich beym Austritt zur Rechten dem Auge aufdringen will, wird ſogleich durch ein Gebuͤſch, hinter welchem hier der Pfad fuͤhrt, wieder verſtecket; und eben dieſes Gebuͤſch iſt ſchmal und ſchmiegt ſich in einer kleinen Kruͤmmung, um vorne einen Blick in einem Schattenwinkel zu verſtatten, der gegen die benach - barte heitere Ausſicht uͤber die zweyte Bruͤcke contraſtirt. Auf der linken Seite iſt eine ſchmale Durchſicht, die bald wieder von den Baͤumen geſchloſſen iſt.

Die Gruppen des Raſens vor dem Hauſe contraſtiren nicht allein mit ihrem Gruͤn gegen die Flaͤche, worauf ſie ſtehen, ſondern auch gegen einander ſelbſt, in - dem die dunklern Nadelhoͤlzer den hellern Laubbaͤumen entgegen geſtellt ſind. Die ſchoͤne Wirkung dieſes Contraſtes zeigt ſich am meiſten, indem man vom Hauſe aus ſich links an dem Raſen hinwendet und auf die Gruppen zur Rechten hinuͤber - ſchaut: ſogleich ſieht man zwiſchen zwey finſtern Tannengruppen eine dahinter ſtehende von Laubholz hervorglaͤnzen, und ihnen gegen uͤber zeigen ſich dieſſeits Gruppen von hellen Blaͤttern.

An beyden Seiten des Raſens winden ſich zwey Gaͤnge hin, die anfangen in die weitlaͤuftigen Reviere dieſes Parks zu fuͤhren und an den Seiten von Gebuͤ - ſchen umſchloſſen ſind, woraus Birken, Ulmen, Pappeln und andere hohe Baͤume ſich erheben, auf deren laubigten Gipfeln das Geraͤuſch kuͤhlender Winde und das Concert muthiger Waldſaͤnger ergoͤtzt. Hier ſchwebt eine weiſe Begraͤnzung vor dem Auge. Es ſollte bey dem Eintritt in den Park nicht zerſtreut, ſondern nur durch einige vorliegende Scenen und Ausſichten angezaubert werden; zwey Haupt - ausſichten zwiſchen den Gruppen waren nicht zu viel, doch dazu hinreichend, und reizend genug, um einen Begriff von der Schoͤnheit des Ganzen vorlaͤufig zu erwe - cken, ohne irgend eine Ueberſicht zu gewaͤhren, noch irgend eine beſtimmte Graͤnze vorzuzeichnen.

C c 3Wir206Erſter Anhang.

Wir beginnen nun unſere Spazier gaͤnge, indem wir den Weg zur Rechten des Raſens folgen, und gelangen bald an eine Bank, an welcher eine Inſchrift des Beſitzers gluͤckliche Zufriedenheit im Schooß des ruhigen Landlebens ankuͤndigt:

Die ihr mit leichter Froͤhlichkeit euch in des Gluͤckes Wirbeln dreht, blickt nicht veraͤchtlich her auf den, der hier zufrieden lebt. *)Man giebt hier die Inſchriften, die faſt alle Stellen aus den beſten engliſchenDichtern ſind, vieler Leſer wegen uͤber - ſetzt.

Man genießt hier eine Durchſicht uͤber den Raſen zwiſchen zwey Gruppen, und eine andere in den durch eine Allee von Roßkaſtanien von dem Park getrennten Kuͤchen - garten hinaus, ohne ſeine Abtheilungen zu zeigen; uͤber ihn hin ſtreicht dieſe noch durch einen Theil der Anlagen, und endigt ſich außer ihrem Bezirk in einer weiten Ferne zwiſchen Kornfeldern.

Wir laſſen den Weg nach der chineſiſchen Bruͤcke, der am Rande des Raſens zwiſchen zwey Gruppen auf beyden Seiten ſich windet, zur Linken liegen, und wan - deln zwiſchen zwey nahen Tannengruppen, die in der Ausſicht vom Hauſe ſich hinter andern verbergen, zu einem Sitz. Indeſſen wir hier unter geraden hohen Birken und Buchen ruhen, zeigt ſich die Vorderſeite des Hauſes in einer maleriſchen An - ſicht, indem die naͤchſte Gruppe ſich davor hinzieht und einen Theil verbirgt. Nicht weit davon ſteht unter einer Tannengruppe eine Bank, ohne Ausſicht, eingeſchraͤnkt auf die nahe buſchigte Vertiefung. Dieſer Sitz, der dem Nachdenken uͤber unſere Tage gewidmet ſcheint, beguͤnſtigt in der Einſamkeit Betrachtungen von der Art, wie dieſe Inſchrift veranlaßt:

Freuden genug verlieh uns hier der Himmel, um unſern Aufenthalt zu verſchoͤnern, doch aber auch ſo viel des Kummers, um uns nach einer gluͤcklichern Wohnung zu ſehnen.

Von hier wendet ſich der Weg etwas zur Rechten. Der Raſen endigt ſich links auf ein Gewaͤſſer, worinn eine kleine, am Rande mit Blumen geſchmuͤckte, Inſel erſcheint. Man ſieht hier die chineſiſche Bruͤcke von der Seite und unter ih - rem Bogen hindurch auf ein waldigtes Gebuͤſch. Die zweyte leichtere Bruͤcke zeigt ſich naͤher; man uͤberſchaut durch ſie hin einen Strich des jenſeitigen Waſſers, ſo - dann den hellern Raſen und einen Theil der Pflanzungen. Weiter fortſchreitend faͤllt das Auge durch eine Oeffnung in einer dunkeln Gruppe, wohin ein Pfad ab - laͤuft, auf eine heiter durchſchimmernde Scene, die aus Raſen, Waſſer und einer entfernten weißen Bruͤcke in dieſer Ausſicht zuſammengeſetzt iſt. Man trifft indeſſen,indem207Beſchreibungen von Gaͤrten. indem man rechts weiter geht, auf einen dunkeln Schattenſitz unter hohen Baͤumen. Ein lieblicher Ruheplatz. Die Ausſicht geht auf das Ende des Raſeus, die Blu - men der Inſel und die halb verſteckte chineſiſche Bruͤcke; hohe Baͤume ſchließen den Geſichtskreis.

Von dieſem Sitz geht zur Rechten, von Baͤumen bedeckt, eine laͤndliche Treppe von rohen Birkenſtaͤmmen hinab. Indem man aus dem Bezirk dunkler Schatten heraustritt, eroͤffnet ſich bey der letzten Stufe auf einmal ein großer, hei - trer, entzuͤckender Schauplatz. Gerade vor dem Auge ein weiter ausgebreiteter Raſen, uͤber welchen in die Ferne hin die Ausſicht ſtreicht und ſich in Kornfeldern und wilden Gebuͤſchen endigt. Faſt an ſeinem Ende erſcheint in dieſem Geſichts - punkt eine anſehnliche groͤßere Gruppe; andre laufen links auf einer kleinen Erhoͤ - hung hinter einander fort; eine groͤßere von ſehr maleriſchem Reiz zeigt ſich am naͤchſten. Aber die ſchoͤnſte Scene bricht weiter zur Linken vor einer der erwaͤhnten Gruppen hervor. Raſen, Waſſer, eine mit Blumen geſchmuͤckte Inſel, von der erſten unterſchieden und etwas erhoͤht, weiße Gartenſtuͤhle, und eine wohlgebauete Bruͤcke vereinigen ſich, neben einem Wald, der den Blick begraͤnzt, das heiterſte Gartengemaͤlde zu bilden. Die Inſel hat keine Baͤume, um den freyen und edlen Umriß dieſes Waldes, oder vielmehr der ſich hier in das ſchoͤne Anſehen eines Wal - des woͤlbenden Gruppen, deren Außenlinien zuſammen fließen, und ſich mit einer ſanften Kruͤmmung herumziehen, durch keinen vorſpringenden Gegenſtand zu unter - brechen. Die Einbuchten der Gruppen machen eine maleriſche Schattirung der dunklern und hellern Stellen gegen einander; und dieſe Wirkung ſteigt durch die Vorpflanzung weißer Weiden vor finſtern Tannen zum lebhaſteſten Contraſt. Ueberhaupt wird der Kenner gleich bemerken, was tauſend gemeine Augen nicht ſehen, daß naͤmlich der Pflanzer die Abwechſelungen des Laubwerks, ſelbſt da, wo dieſe Waldſchoͤnheit nur auf eine kurze Zeit eingeſchraͤnkt iſt, mit Ueberlegung ge - nutzt hat.

Dieſe Scene verbirgt ſich allmaͤhlich im Fortwandeln, um eine neue hervor - brechen zu laſſen. Der Raſen erweitert ſich ſeitwaͤrts, und zugleich ein alter ehr - wuͤrdiger Eichenhayn, der hin und wieder einen ungewiſſen Durchblick verſtattet. Seine herrlichen Staͤmme und ſeine dunklen Haͤupter contraſtiren gegen den hellen Raſen, wie das ernſte Alter gegen die lebhafte Jugend.

Wir laſſen zur Linken den Weg, der in die Gegend fuͤhrt, die beym Herab - ſteigen von der Treppe ſo glaͤnzend ins Auge fiel, und naͤhern uns dem Eichenhayn. Noch immer erweitert ſich zur Rechten der Roſen, der zuletzt von Weidengebuͤſchen begraͤnzt wird. Man gelangt an einige hinter einander am Wege geſetzte Stuͤhle,wovon208Erſter Anhang. wovon jeder dem Auge einen veraͤnderten Proſpect in den Eichenhayn darſtellt. Man wandelt einer kleinen Zugbruͤcke zu, und indeſſen veraͤndern ſich und verſchwin - den die vorigen Ausſichten. Nach dem Uebergange bieten ſogleich einige uralte Eichen die Sitze an, womit ſie umgeben ſind. Die Ausſichten von dieſen Stellen zuruͤck auf die vorliegenden Scenen ſind eben ſo reizend als mannichfaltig, und wer - den beſonders von einer nahen Wieſe belebt, worauf das junge Hornvieh weidet und die laͤndlichen Annehmlichkeiten des Parks vermehrt. Der Eichenhayn hat Gaͤnge, die ſich unter ſeinen Schattengewoͤlben umherſchlaͤngeln.

Indem man heraustritt und ſeine letzten Staͤmme zur Rechten bleiben, ge - langt man in einen verſchloßnen Platz, der von Gebuͤſchen umgeben und von zwey hohen, dicken, weit umher ihre, Aeſte verbreitenden Eichen uͤberſchattet iſt. Bald lacht links aus der gegenuͤber liegenden heitern Gegend ein Gemaͤlde nach dem an - dern hervor. Am meiſten aber wird das Auge vorwaͤrts auf einen Gegenſtand ge - lockt, den es weit im Hintergrunde auf einer Hoͤhe zwiſchen Baͤumen ſehr male - riſch hervorragen ſieht. Der Gegenſtand erſcheint in dieſem Geſichtspunkt undeut - lich, ſeiner Entfernung ſowohl als ſeiner Lage wegen, indem er durch die Baͤume und uͤber ſie hervorſchimmert und zugleich ſelbſt durchſichtig iſt. Auch das ſchaͤrfere Auge iſt noch ungewiß, was es vor ſich hat, ob es ein romantiſches Gebaͤude, oder eine Ruine, oder welche taͤuſchende Erſcheinung es ſey. Inzwiſchen, bis dieſe Dunkelheit in der Naͤhe ſich aufklaͤren wird, irret es ſeitwaͤrts zur Linken in eine an - genehme Waldvertiefung hinein. Und zwiſchen dieſer Vertiefung und jenem noch ungewiſſen Gegenſtande, der in dieſem Geſichtspunkt mit ſo vieler Weisheit noch unkenntlich gelaſſen iſt, zieht ſich eine anſehnliche und dichte Pflanzung mit mannich - faltig abwechſelndem Gruͤn herab.

Man findet unter einer Eiche, die mit den Bildern der Jahrszeiten und mit Inſchriften, die ſich darauf beziehen, umgeben iſt, einen angenehmen Sitz in der Naͤhe einer kleinen mit Baͤnken verſehenen Bruͤcke. Man uͤberſchaut zunaͤchſt in einem halben Eirkel um ſich her die Wieſe, die hier Raſen und Weide zugleich iſt, und die Pflanzungen umher, die durch eine Befriedigung geſchuͤtzt ſind. Zur Rechten auf dem Raſen bilden Silberweiden eine große, helle und lebhafte Gruppe, die in der Mitte durch Pappeln ſchoͤn ſchattirt iſt; auf der vordern Ecke unterbricht eine Buche die weiße Flaͤche der Weiden. Demnaͤchſt erſcheinen zwey kleinere Gruppen, die durch ihre verſchiedenen Laubfarben trefflich contraſtiren. Noch klei - nere niedrige Strauchgruppen zeigen ſich zerſtreut auf dem gruͤnen Teppich, den ſie verſchoͤnern. Im Winkel der Wieſe ruht eine alte mit Stroh gedeckte Huͤrde fuͤr das weidende Vieh. Seitwaͤrts zwiſchen der Huͤrde, die in einigen Geſichtspunktendas209Beſchreibungen von Gaͤrten. das hirtenmaͤßige Anſehen dieſer Gegend noch mehr hebt, und der großen heitern Weidengruppe, liegt hinten eine Pflanzung von dunklem Gruͤn, worinn ein helleres Gruͤn vorſteht und mit dem weißlichen. Schein der Weiden ſich wieder abaͤndert. Zwiſchen der großen Gruppe und den kleinern iſt wieder der Hintergrund abſtechend. Noch eine andre ſchoͤne Ausſicht gewaͤhrt dieſer Sitz. Die Pflanzung zwiſchen dem erwaͤhnten, auf der Hoͤhe liegenden, noch unkenntlichen Gegenſtand und einer wal - digten Vertiefung, die ſich hier eroͤffnet, endigt ſich nach dieſer Gegend her mit hellerm Gruͤn. In der Vertiefung iſt der Hintergrund von finſterm Nadelholz trefflich gebildet, wodurch die Tiefe noch groͤßer wird. In der Mitte eben dieſer Waldvertiefung, welche die Gruppen zuſammen bilden, kuͤndigt eine Bruͤcke, die ſich anmuthig gegen den Schatten der nahen Baͤume hebt, Waſſer an, und macht eine heitre Stelle gegen die Nacht des tiefen Grundes. Weiter hin erblickt man den Umkreis jener angefuͤhrten Waldmaſſe, worinn ſich die hinterſten Pflanzungen zu - ſammendraͤngen; die vordern Gruppen, die naͤher dieſſeits her liegen, erſcheinen verduͤnnt und gleichſam zerſtreut, um zwiſchen ihren Staͤmmen den obern Raſen an dem Rande jener Waldmaſſe durchſchimmern zu laſſen. Man ſchaut hier mit Ver - gnuͤgen die Abwechſelungen des Laubwerks in dieſen Gruppen; ſie ſtehen auf einer kleinen Erhoͤhung. Das Waſſer, das vorher erſchien, iſt hier verdeckt; doch zeigt ſich die Inſel mit ihren Blumen. Am Ende der letzten Gruppen ſpielt ein Waſſer - fall unter einer Bruͤcke hervor, und weiter zur Linken hinauf faͤllt eine andere Bruͤcke mit verſchiedenen Gartenſtuͤhlen und Sitzen anmuthig ins Auge. Ueber die Inſel hin erblickt man einen im Schatten einer Gruppe vertieften Ruheplatz, und uͤber ihn erhebt ſich auf der Anhoͤhe ein großer wohlgebauter Sitz. Eine anſehnliche Gruppe, die gleich, indem man die oben erwaͤhnte Treppe herunter ſtieg, zunaͤchſt erſchien, zeigt ſich hier von einer andern Seite, und erhebt ſich zwiſchen dem eben angefuͤhrten hohen Sitz und einem Pavillon im chineſiſchen Geſchmack. In der Gruppe ſtehen die niedern und heitern Baͤume voran, hinten die hoͤhern und dunklen. Der Pa - villon ragt anmuthig zwiſchen den Gebuͤſchen empor, die ihn halb umhuͤllen. Man ſieht zugleich die Bruͤcke, die zu ihm fuͤhrt, und in der Ausſicht aus dem Hauſe die zweyte war, verſchiedene Gartenſitze, und die Umkraͤnzung des Bezirks mit waldig - ten Gebuͤſchen und Baͤumen.

Alle dieſe Proſpecte werden unter der alten Eiche genoſſen, hinter welcher noch ein Sitz iſt, deſſen Inſchrift eine ſehr wahre Betrachtung veranlaßt:

Von allen Geſchaͤften iſt das Wuͤnſchen das beſchwerlichſte, das Wuͤnſchen iſt die beſtaͤndige Hectik der Thoren, und die Krankheit der Hoͤfe, wovon eine reine Luft und einfache Diaͤt heilt: dieß ſind die Vorzuͤge des Landlebens.
V Band. D dDas210Erſter Anhang.

Das Gemaͤlde der Ausſichten veraͤndert ſich hier indeſſen in einigen Zuͤgen; die Gruppen zur Rechten ſind zuruͤckgewichen, und andere Theile ganz ausgeloͤſcht.

Von dieſer offenen heitern Scene ſchlaͤngelt ſich, von dem letzten Sitz an, ein Weg in eine verſchloſſene Gegend zwiſchen wilden Gebuͤſchen. Das Auge bleibt an nahen Gruppen und Waldſtuͤcken haͤngen. Indem wir am Rande des Parks fort - wandeln, treffen wir auf eine Bank, wo der Blick auf Wieſen, auf Waldſtuͤcke, auf hellere Kornfluren, und wieder auf entfernte Waldungen faͤllt. Nichts kann treffender fuͤr den Ort, als die Inſchrift, und nichts weiſer, als ihre Lehre ſeyn:

Hier, ihr ſtolzen Soͤhne des Geſchmacks, die ihr die laͤndlichen Schatten wegraͤumt, hier lernt die unleidlichen nackten Ebenen vermeiden, denen die Eitelkeit ihren Schmuck geraubt hat.

Ein andrer Pfad laͤuft unten weg. Er fuͤhrt zu einem hohen Sitz unter einer Pappel. Die vorigen Gemaͤlde, welche die Eiche gab, erſcheinen hier unter etwas veraͤnderten Geſichtspunkten. Die Eiche ſelbſt wird hier ein praͤchtiger Gegenſtand, und in ihrem Hayn bricht eine neue Oeffnung hervor. Von dieſem Sitz laͤuft links ein Pfad ins Gebuͤſch hin; wir verfolgen aber den Weg gerade fort.

Zur Rechten wilde Gebuͤſche von mancherley Holz, in der Ferne zur Linken Anhoͤhen mit Haynen von Nadelhoͤlzern bepflanzt. Wir kommen an ein Weiden - gebuͤſch, wo der Blick auf einmal in die Leine herabfaͤllt, die hier tief voruͤber fließt. Wir uͤberſchauen zur Rechten eine große Wieſe, zerſtreute Waldſtuͤcke und ein heitres Korngefilde, hinter welchem ein anſehnliches Gehoͤlz den fernen dunkeln Hintergrund bildet.

Wir wandeln indeſſen weiter fort. Man hat hier wieder einen Ruheſitz und Gebuͤſche umher, wo einige mittelmaͤßige Eichen gegen Silberweiden ſchattiren. Alles iſt Laͤndlichkeit und Einfalt der Natur. Doch ſchweift zur Rechten das Auge auf Gruppen und Waͤlder, in deren Oeffnungen Baͤnke und Stuͤhle aus der Ferne heruͤberſchimmern, und die Verlaͤngerung des Parks ankuͤndigen. Eine große, ſchoͤne Gruppe von Laubholz, auf eine reizende Art ſchattirt, ruft am meiſten das Auge, und hinter ihr ziehen ſich die Tannenpflanzungen weit hin. Beym Fortwan - deln erblickt man zur Linken eine wirthſchaftlich bebauete Flur, und zur Rechten die Leine, von Weiden eingefaßt.

Bey einer Bank, die man im Fortgehen bald erreicht, brechen auf einmal verſchiedene neue Ausſichten hervor. In der Ferne zur Linken ragt der Thurm von dem Kloſter Marienwerder uͤber die waldigten Gipfel empor, naͤher der Pavillon, die Obſtbaumgruppen, die mit ihrem dieſſeitigen Ende erſcheinen, die Knoͤppelbruͤcke ganz in ihrer Laͤnge, der Raſen, der ſich laͤngs dem Walde, wie ſich hier die Hayneund211Beſchreibungen von Gaͤrten. und Klumps zeigen, hinzieht alles dieſes macht hier ein vortreffliches Gemaͤlde aus. Gerade vor ſich hat man eine angenehme Einbucht der Pflanzungen, wo ein Raſen die Flaͤche zwiſchen den Umſchattungen der Waldbaͤume ſchmuͤckt und ein Sitz dem Auge winkt. Dieſes folgt gerne, und irrt weiter hin uͤber eine Bruͤcke, zwiſchen einer ſchon bemerkten großen Gruppe und einer kleinern, durch einen ſchma - len Strich zu den Ruinen eines Wartthurms hinauf. Nun erſcheinen noch zwey Oeffnungen, in deren einer auf der Hoͤhe ein Pyramidalſitz, und in der andern ein Gegenſtand ſich zeigt, der ein Theil eines zerfallenen Gebaͤudes zu ſeyn ſcheint.

Im Fortſchritt wird eine Kruͤmmung der Leine, die bisher mit Weidenge - buͤſchen verdeckt war, ſichtbar. Die vorigen Ausſichten ſeitwaͤrts verſchwinden ganz, und neue erſcheinen. Einige Einbuchten der Pflanzung wechſeln beſonders mit einer weitern Oeffnung, worinn eine Statue auf der Hoͤhe erſcheint. Weiter hin auf einer kleinen Erhoͤhung erblickt man eine Urne unter herabhaͤngenden Baͤumen, und daruͤber erhebt ſich ein dunkler Hayn von Nadelhoͤlzern.

Noch immer wandeln wir an dem buſchreichen Ufer der Leine. Endlich ge - langen wir zu einer Erhoͤhung, und zu einem ſchattenreichen Sitz am Ufer des Fluſ - ſes, der hier mit der Lebhaftigkeit, wie er vom Harz faͤllt, wieder zu rauſchen be - ginnt. Durch die Pflanzungen geht eine laͤndliche Ausſicht hinaus uͤber abwechſelnde Kornfelder, von Waldſtuͤcken und Gebuͤſch bekraͤnzt.

Ein ſchattigter natuͤrlicher Bogengang leitet zur Linken nach einem Sitz. Die Ausſicht trifft auf einen Theil des Kloſters. Der Kirchthurm bildet die Spitze ei - ner großen Baumgruppe, uͤber welche er unmittelbar zu ſtehen ſcheint. Man blickt zwiſchen einigen ſchoͤnen Gruppen von abwechſelnden Farbenmiſchungen, und auf die Raſen hin, die unter ihnen gruͤnen. Uebrigens iſt die Gegend hier einfach, laͤnd - lich und ruhig.

Am Ende dieſes Ganges wird man auf einmal mit einem Anblick uͤberraſcht. Man ſieht nun vor ſich Ruinen, den Gegenſtand, der von dem Sitz unter der Eiche und in andern Geſichtspunkten noch unkenntlich war, ſich uͤberaus maleriſch, wie wahre Felsruinen, auf der nahen Hoͤhe zwiſchen Nadelholz hervorbrechen. Doch entdeckt das Auge noch nicht, von welchem Gebaͤude ſie ſind. Ein Stuhl ladet zur Ruhe ein. Hier zeigen ſich andere Theile der Ruinen, die von jenen abgeriſſen ſcheinen, auf der Anhoͤhe. Ihre Verbindung iſt durch eine dichte Gruppe von Fichten verdeckt. Sie werden dadurch maleriſcher, taͤuſchender und groͤßer. Nahe bey dieſem Stuhl winkt eine hohe Birke mit einem runden Sitz an ihrem Fuß. Sie ruft das Auge wieder von den Ruinen ab. Eine große weite Ausſicht auf Wie - ſen, Kornfeld, Waldſtuͤcke und das Dorf Stoͤckheim; auf der andern Seite inD d 2den212Erſter Anhang. den dunkeln Bogengang zuruͤck, wo liebliche Lichter durch das verſchiedene Laub ſpie - len; weiter hin auf einen langen Strich von Raſen, zwiſchen abwechſelnden Grup - pen, bis an eine dieſſeits von einem weißen Gelaͤnder eingefaßte Pflanzung und einen Sitz in Form einer Pyramide in dem andern Winkel des fernen Hintergrun - des; endlich auf das von Weiden uͤberſchattete Waſſer, das hier einen murmelnden Fall hat, und auf die daruͤber hinfuͤhrende Bruͤcke.

Nach dem Uebergang uͤber die Bruͤcke leitet ein Weg an den Abhang eines Huͤgels, und darauf am Fuß einer buſchigten Anhoͤhe hin, und laͤßt zur Rechten die Feldgegenden uͤberſchauen, bald darauf eine Gruppe von Birken, dann wieder offenes Gefilde. Er windet ſich demnaͤchſt allmaͤhlich zu einer andern Hoͤhe in eine Pflanzung hinauf, wo auf allen Seiten Pfade auslaufen, und endlich zu einer eckig - ten Bank, wovon die Ausſicht in die Spazierwege, die außer dem Bezirk des ei - gentlichen Parks liegen, hinausſtreift.

Von dieſer Bank geht der Pfad etwas hinabſchlaͤngelnd fort. Das Auge blickt zwiſchen verſchiedenen Gruppen und hohen Eichen in eine waldigte Scene vor ſich hinaus, bis es in der Ferne ein von Birkenholz roh zuſammengebundenes Holz in Geſtalt eines Kreuzes wahrnimmt, das Erwartung erregt.

Ehe man zu einer Bruͤcke gelangt, laͤßt man zur Linken drey Baͤnke, wovon jede eine von der andern verſchiedene Ausſicht in den innern Bezirk des Parks hat, Ausſichten auf Gruppen und Raſen, in einem ſanften, ruhigen und laͤndlichen Stil. Iſt man uͤber die Bruͤcke, ſo erblickt man links uͤber eine andere Bruͤcke hinauf ei - nen groͤßern Theil der Ruinen auf der Hoͤhe in einer andern Geſtalt. Zur Rechten zeigt ſich ſchon außer dem Bezirk des Parks ein Theil der um ihn laufenden Pflan - zungen und Spazierfahrten, eine lange natuͤrlich gewachſene Allee, die offen iſt und ſich mit einem Obelisk endigt. Man kommt an einen freyen runden Sitz, von dem man neue verſchiedene Durchſichten hat, und in zwey Oeffnungen Ruinen er - blickt. Das umliegende Revier dieſes Sitzes iſt rings umher mit mannichfaltigen Gruppen und kleinen Haynen bepflanzt. Man geht von hier uͤber eine Bruͤcke, und hat an der linken Seite eine Gruppe, und bey einer alten halbabgeſtorbenen Eiche, meiſt zur Rechten, eine lange Perſpectiv, und vor ſich gerade aus zwiſchen Pflanzungen eine Anhoͤhe, wo ſich wieder eine bejahrte Eiche erhebt. Bald darauf ſieht man einen dreyeckigten Sitz an einer Eiche mit abaͤndernden Ausſichten.

Weiter vorwaͤrts gelangen wir an eine Bank, mit der Ausſicht in zwey neue Oeffnungen von Gebuͤſchen, die Eremitengaͤnge genannt. Eine Inſchrift fuͤhrt auf eine wahre, aber ernſthafte Betrachtung, welche die Seele in eine dieſer Gegend ſo angemeſſene Stimmung ſetzt:

Der213Beſchreibungen von Gaͤrten.
Der Menſch werde am Morgen des Lebens abgeriſſen, oder er falle im Alter, gleich einer reifen Aehre; ſo faͤllt er immer zu rechter Zeit nach dem Plane der Natur, wenn er der Vernunft gelebt hat, und als ein Mann ge - ſtorben iſt.

Beym Fortwandeln in den Eremitengaͤngen ſieht man bald verſchiedene Pfade ſeitwaͤrts ablaufen, und, indem man uͤber einen Kreuzweg geht, oben zur Rechten hinauf in eine weite Oeffnung der Pflanzungen, wo eine Ruine ſich auf der Hoͤhe zeigt. Der Fortſchritt auf dem unterſten der Eremitengaͤnge giebt bald ſeitwaͤrts zur Linken eine lange ruhige Ausſicht, von Baͤumen umſchraͤnkt, und buſchigte ein - ſame Sitze. Die Verſchließung wird immer mehr einſiedleriſch, alles ſtiller und dunkler, je weiter man kommt. Ein Pfad fuͤhrt zu einer kleinen Anhoͤhe hinauf, und hier erblickt man die Einſiedeley unter den Umhuͤllungen der Gebuͤſche.

Sie ruhet einſam, an der Seite und unter dem Dunkel einer alten Eiche, neben welcher Sitze von Feldſteinen liegen, zum Theil mit Kreuzen bezeichnet; an - dere eben ſo bejahrte Eichen ſtreuen ihren ſchweſterlichen Schatten umher, die Scene noch feyerlicher zu verduͤſtern. Das Gebaͤude*)4ter B. S. 84 und 85. traͤgt den Character, den Werke dieſer Art fordern. Das Inwendige ſtimmt ganz mit der aͤußern Geſtalt uͤberein. Welch ein Anblick von Verlaͤugnung der Welt und von Andacht, von Duͤrſtigkeit und von Genuͤgſamkeit, indem man hineintritt! Ein kleiner Betaltar faͤllt ſogleich in die Augen, und mit ihm ein ruͤhrendes Bild der Maria, die mit thraͤnenvollen, wundgeweinten, jammernden Blicken uͤber den geliebten Sohn haͤngt, der erblaßt auf ihrem Schooße ruht; mit der einen Hand ſtuͤtzt ſie ſein ſinkendes Haupt, mit der andern ſtrebt ſie den linken Arm in die Hoͤhe zu halten, indeſſen der rechte an ihren Knien herabhaͤngt. Umher Bildniſſe von Heiligen, Erinnerungszeichen der Vergaͤnglichkeit, Buͤcher der Andacht, des Troſtes und der Kunſt zu ſterben, der ſchwerſten Kunſt des Sterblichen. Alles iſt ſo uͤberredend, ſo taͤuſchend, daß fromme Katholiken zuweilen kein Bedenken fanden, hieher zum Gebet zu kommen. Tritt man aus der Einſiedeley zuruͤck, ſo wird die Taͤuſchung unterhalten, indem der Thuͤre gegenuͤber ein großes Crucifix in die Augen faͤllt, das an einer Eiche un - ter einer kleinen Bedeckung haͤngt; ein Betaltar von rohen Feldſteinen ſteht darunter.

Nahe an dieſer Einſiedeley liegt ein Kirchhof von dunkeln Nadelhoͤlzern um - pflanzt. Eine kleine Grabſcene voll ruͤhrender Erinnerungen fuͤr empfindſame Freunde des guten Sterne. Wir ſehen hier die Grabmaͤler von Maria von Moulines mit einem Kranz und ihrem getreuen Sylviv; von Yorik mit demD d 3Staar,214Erſter Anhang. Staar, von Kapitain Shandy oder Toby mit der Charte von Namur, von Pater Lorenzo mit der Horndoſe auf einem ſchwarzen Kreuz, von Fever, von Trim, von Eliſe, mit ihren Inſchriften und Sinnbildern geziert.

Von der Scene der Einſiedeley weg, fuͤhrt links ein Pfad bey einem Druiden - altar von drey großen Feldſteinen unter einer ſehr alten Eiche vorbey. Wir gehen bald darauf bergab neben einer andern bejahrten Eiche mit einem rohen halbrunden Sitz hin, ſteigen eine Anhoͤhe hinauf zu einer Bank unter Ruinen, und blicken in der Tiefe zwiſchen zwey Gruppen, in deren Mitte ſich ein freyer Platz zeigt. Eine Oeffnung durch finſtre Eichen contraſtirt hier mit einer andern zwiſchen hellen Bir - ken hin.

Unter ſanften laͤndlichen Schatten, unter wechſelnden gebrochenen Durchſichten auf Waſſer in der Tiefe, gelangen wir an den Platz, wo Fremde in den Park ein - zutreten pflegen, wo ſich ein ſchmaler Pfad zwiſchen dichten Gebuͤſchen hereinzuwin - den anfaͤngt. Bald uͤberraſcht er mit einer großen heitern Vorſtellung, indem ſo - gleich ein Theil von ausgebreitetem Raſen und Waſſer durch die Daͤmmerung der Baͤume ſchimmert, und verſchiedene Wege und Baͤnke ſich mit verſchiedenen Aus - ſichten darbieten.

Man blickt auf der erſten ſteinernen Bank zwiſchen zwey Oeffnungen einen Abhang hinab. Das Waſſer erſcheint hier in der Tiefe frey mit der Blumeninſel; zur Linken hin eine Bruͤcke. Jenſeit des Waſſers breitet ſich der große Raſen mit der Weide aus; weiter hin zeigt ſich die alte Eiche mit den Bildern der Jahrszeiten, und tief im entfernten Winkel unter ſchattigten Gebuͤſchen die Strohhuͤrde; eine edle, ausgedehnte und maleriſche Ausſicht. Auf der zweyten Bank hat man eine hohe Gruppe von Birken, die mit geraden Staͤmmen aus der Tiefe empor ſteigen, und hier oben ihre Gipfel vereinigen; unten erſcheint ein anmuthig gelegener Sitz unter Tannen, deren Dunkel gegen die hellen Birken contraſtirt. Zur Linken dieſer Gruppe geht eine ganz einfache laͤndliche Ausſicht hinab uͤber den Raſen; zur Rech - ten eroͤffnet die Durchſicht einen reichen Auftritt, indem uͤber das Waſſer hin, das ſich hier von einer andern Seite hinter der Pflanzung erweitert, eine ſchoͤne große Gruppe erſcheint, mit einem Gartenſtuhl, der vor ihr ſteht, und hinter ihr, wie - wohl in einiger Entfernung, der Gipfel des dunkeln Eichenhayns einen feyerlichen Hintergrund bildet. Bey der dritten Bank iſt der Abhang nicht mehr ſanft, ſondern ſtuͤrzt ſich ſteil auf ein von oben herabkommendes fluͤſterndes Waſſer herab; darauf zeigt ſich die unbeſchaͤlte Knoͤppelbruͤcke von Birkenholz, die, ſehr laͤndlich gebaut, ein maleriſches Anſehen auf der gruͤnen Flaͤche macht; demnaͤchſt ein Theil der Obſtbaum - gruppen, und in der Ferne die Spitzen der Pflanzungen, die mit einer hervorſtechendenSchattirung215Beſchreibungen von Gaͤrten. Schattirung emporſteigen. Indem wir von hier uns weiter wenden, faͤllt der Blick in ein tiefes Gehoͤlz hinab, in deſſen dieſſeitigen Theil, der auf einem Abhange ſteht, ſich ein Pfad in dem unten laufenden Weg uͤber einen Steg hinabwindet. Ein an - drer Sitz unter drey Birken ruft uns, naͤher zu kommen. Man ſchaut links in den Weg nach dem Druidenaltar hin, und rechts fuͤhrt ein dunkler Gang zu einer An - hoͤhe hinauf, wo auf einmal heitre Ausſichten hervorbrechen.

Man trifft auf dieſer Hoͤhe ein offenes Cabinet mit Ruheſitzen an, gerade vor ſich einen ſteilen Abhang, und in der Niedrigung fortſchlaͤngelnde Wege, die den Raſen durchlaufen, und ſich ſeitwaͤrts verlieren. Die weiße Knoͤppelbruͤcke ſchim - mert in dieſem Geſichtspunkt faſt aus der Mitte des großen Raſens herauf, und fuͤhrt uͤber einen ſchmalen Strich des Waſſers hin; und am Ende der gruͤnen Flaͤche hebt ſich der dunkle Eichenhayn, durch welchen eine eroͤffnete Durchſicht im finſtern Hintergrunde eine Bank wahrnehmen laͤßt. Sanft und lieblich iſt auf dieſem Sitz die Wirkung des Abendlichts, wenn ſeine ſinkenden Strahlen ſchraͤg uͤber den großen Raſen ſpielen, indeſſen der empfindende Zuſchauer hier im Schatten ruht. Das in der Tiefe umher weidende Vieh und die milde, mannichfaltig ſchattirte Ausſicht zwi - ſchen den hohen Baͤumen hinab, deren Staͤmme emporſteigen, verſchoͤnert nicht we - nig das ruhige Abendgemaͤlde. Zur Rechten auf dieſer Hoͤhe daͤmmert wieder eine dichte Pflanzung, deren Baͤume auf den Abhang heruͤber haͤngen und ſich mit den Kronen der unten aus der Tiefe heraufragenden Baͤume vereinigen. Unter dieſen Schattengewoͤlben und herabhangenden Laubdecken ſieht man ein ſchmales Waſſer ſich in der Tiefe herumwinden. Zur Linken ſenkt ſich der Blick einen ſanftern Ab - hang in Buſchoͤffnungen hinab, wo er auf einen Stuhl und ſeitwaͤrts auf eine von Schatten uͤberduͤſterte Bruͤcke faͤllt.

Wir gehen von hier rechts um das Kabinet herum zu einer hohen alten Eiche mit einem runden Sitz. Indem wir uns ſetzen, das Geſicht uͤber einen freyen, auf beyden Seiten von Pflanzungen eingefaßten Raſen nach einer großen Gruppe hin - gerichtet, um welche zwey Wege ſich herumſchlaͤngeln, erblickt man rings um ſich her einen waldigten Kranz, der das Auge an ſich zaubert. Weiter zur Rechten hinab kommen wir zu einer andern hohen ehrwuͤrdigen Eiche mit einem viereckigten Sitz. Man hat hier zuruͤck auf den Weg, den man herabkam, eine laͤndliche Ausſicht zwiſchen der Pflanzung, die ſich oben zuſammendraͤngt, und deren hell - laubigter Rand ſchoͤn gegen die hintern Baͤume abſticht. Auf der gegenuͤber liegen - den Seite, meiſt gerade aus, blickt man uͤber den Raſen durch eine große Oeffnung der Pflanzung auf den jenſeitigen Raſen, und zuletzt auf einen dunklen Waldgrund; zur Linken uͤber eine Getreideflur, mitten im Bezirk des Parks, in einem buſchigtenWinkel,216Erſter Anhang. Winkel, vor welchem ein Stuhl ſteht; auf der andern Seite auf einem abwaͤrts laufenden Weg, wo das Auge auf den nahen dichten Baͤumen ruht. Auf der an - dern Seite gegenuͤber wandeln wir nach einem halbrunden Sitz.

Wir gehen hinauf zu ihm; eine ſehr anziehende Scene eroͤffnet ſich hier. Zwey Fluren von verſchiedenem Getreide und Gruͤn, die der Park nicht verſchmaͤht, werden von einem Raſen getheilt und dieſer von einer Bruͤcke verſchoͤnert, die Waſſer ankuͤndigt; hinter der letzten Flur ſteigt eine mit Raſen bekleidete Hoͤhe empor, auf deren Gipfel zwiſchen finſtern Nadelhoͤlzern, die ſich zur Rechten tiefer herabziehen, ſich Ruinen ſehr maleriſch zeigen. Von der letzten Flur heruͤber ſchimmert ein weißer hoher Sitz in einer Hoͤhlung der Pflanzung; zur Linken dieſer Flur ſpringt eine dunkle Gruppe hervor, die trefflich gegen ſie contraſtirt, und auf deren Spitze zwey Birken ſtehen, neben welchen ſich eine Oeffnung in eine Tannenpflanzung hineinzieht. Nahe bey dieſem Vorſprung der Gruppe erſcheint eine andre große dichte Pflanzung, bey welcher das Auge in einem Waldwinkel eine Bruͤcke entdeckt, die in dieſem Geſichts - punkt ein noch unſichtbares Waſſer verraͤth.

Wenn wir dieſen Weg verlaſſen, ſehen wir bald links einen Pfad ablaufen, gehen aber gerade aus neben Obſtbaͤumen hin und ſtoßen auf einen ſchmalen Strich von Nadelhoͤlzern. Neben dieſer ſchweift links ein Pfad nach einer Eiche mit einem Sitz, ein andrer fuͤhrt gerade auf eine runde Gruppe von mannichfaltigen Baum - arten.

Bey dieſer Gruppe ſieht man neben den zwey eben erwaͤhnten Birken an dem Vorſprung der Gruppe einen Steg, unter welchem ſich ein Waſſer ergießt, das ſich hier in ein ziemliches Behaͤltniß ausbreitet. Es iſt umher von Raſen umgeben, frey in Form und in Lage, ein Spiegel der benachbarten Baͤume. Die Pflanzun - gen umher machen hier wieder verſchiedene neue Anſichten von Oeffnungen und Einbuchten.

Von hier fortſchreitend laſſen wir das Waſſer zur Rechten, ſehen bey einer Gruppe zur Linken eine Oeffnung der Pflanzung auf einer Anhoͤhe hinauf, und naͤhern uns wieder etwas dem Waſſer, indem wir auf eine frey im Wege liegende flache Bank ſtoßen. Hier vereinigen ſich viele Ausſichten. Bald erſcheinen die Ruinen, die ſich aus einem finſtern Tannenhayn von einer kleinen Hoͤhe erheben, wohin der Blick zwiſchen zwey Gruppen uͤber Raſen hinaufſteigt; bald eine Bruͤcke, hinter welcher ein anmuthiger bebuſchter Huͤgel aufſchwellt; bald eine weite perſpectiviſche Durchſicht durch die außer dem Umkreis des Parks verlaͤngerten Pflanzungen; bald verſchiedene andere naͤhere Oeffnungen der Gebuͤſche; bald eine Eiche in der Ferne, vor welcher ein großes Kreuz ſich zeigt, das die Nachbarſchaft einer Einſiedeley zuverrathen217Beſchreibungen von Gaͤrten. verrathen ſcheint; bald Sitze und Bruͤcken umher; bald eine Anhoͤhe, mit einigen Gruppen und einem offenen halbrunden Sitz geziert, der ſich im Waſſer ſpiegelt.

An dieſem Waſſer hin fuͤhrt von hier ein Pfad uͤber einen Knoͤppelſteg in ein kleines Gehoͤlz von Nadelbaͤumen; ein anmuthiger Platz in den Jahrszeiten, worinn die Laubpflanzungen noch nicht mit ihrem Gruͤn bekleidet ſind. In der Mitte hebt ſich eine Birke, und an ihrem Fuß ruhet ein runder Sitz, in der Ausſicht auf eine ſanfte Anhoͤhe mit einigen Gruppen im einfaͤltigen Schmuck der Natur. Beym Heraustreten wenden wir uns links gegen eine Bruͤcke, und, indem wir uns ihr naͤhern, zeigt ſich in der Ferne der Obelisk am Ende der Pflanzungen außer der Graͤnzlinie des Parks. Wir laſſen die Bruͤcke zur Linken, ſteigen eine Anhoͤhe hinauf, wo verſchiedene Pfade umherirren, und gelangen auf der mittlern Hoͤhe zu einer Bank, wo ſich eine reiche und fruchtbare Landſchaft eroͤffnet, mit Kornfeldern, Wieſen und Weiden erheitert, und ſchattirt von Gebuͤſchen und Wald. Zur Lin - ken ſteigt eine lange Ausſicht die Anhoͤhe hinauf, von Pflanzungen begraͤnzt. Ein unermeßlicher Proſpect aber erweitert und dehnt ſich zur Rechten hinter Hannover hinaus in entfernte Landſchaften. Das Abendlicht, das man hier zur Linken hinun - ter glaͤnzen ſieht, erhoͤhet nicht wenig den Reiz dieſer Gegenden, indem rings umher die Luͤfte von den letzten Liedern der Lerche ertoͤnen.

Der Weg ſenkt ſich hinunter, windet ſich wieder hinauf und ſteigt durch eine[ſ]chmale Oeffnung; er fuͤhrt in eine Pflanzung von Nadelhoͤlzern. Von hier ſteigt man in einem ſchmalen wilden Pfad hinauf, mit mancherley Nadelholz beſetzt. Ein oͤdes einſames Revier. Man erblickt ſchon einige Ruinen; einzelne Truͤmmer begegnen im Weg, und erinnern den Fuß, vorſichtiger zu ſchreiten. Nun erſchei - nen ſie ſelbſt, die taͤuſchenden Ruinen, deren Erſcheinung in entferntern Geſichts - punkten ſo oft ein anziehender Gegenſtand fuͤr das Auge und fuͤr die Erwartung war. Sie ſind weit uͤber den Boden ausgebreitet, und ſcheinen die Reſte eines ſehr großen und anſehnlichen Gebaͤudes zu ſeyn. Das forſchende Auge entdeckt, was ſie ehe - mals waren. Es erblickt die Truͤmmer einer alten gothiſchen Kloſterkirche. Aller - ley rohes Geſtein zwiſchen durchloͤcherten, vormals gehauenen, nun zerſtuͤckten Bau - ſteinen, zerſtoͤrtes Geſimſe, halbe Bilder von Heiligen und andere kaum kenntliche Figuren, Grabſteine mit Moͤnchsſchrift, zerbrochene Stuͤcke mit meiſt verloͤſchten Inſchriften, ein Taufſtein, ein Weihkeſſel, und andere Truͤmmer, von der Ver - wuͤſtung der Zeit durch einander geworfen zwiſchen Gras und Geſtraͤuch und Baͤumen hingeſtreut, uͤberwachſen und verwildert dazwiſchen noch ſtehendes, halb ſchwankendes, auf jeden Augenblick den Einſturz drohendes Gemaͤuer und Boͤgen und Saͤulenwerk ſo taͤuſchend angeordnet, ſo maleriſch ausgebildet, daß,V Band. E ewie218Erſter Anhang. wie viel der Wirklichkeit abgeht, kaum bemerkt wird. Doch vereinigt ſich hier die Wahrheit mit der Kunſt. Die Grabſteine, der Taufſtein, die Bilder der Heiligen und andere Stuͤcke ſind wirkliche Reſte des Alterthums, aus Kloſterkirchen geſammelt; andere Truͤmmer ſind nur gemacht, und doch betruͤgen ſie in der Ferne das Auge bis zum Erſtaunen. Verriethen nicht die hie und da untermiſchten ruinenartig gemalten Bre - ter in der Naͤhe die Kunſt der Nachahmung; ſo koͤnnte nichts taͤuſchender ſeyn, als die Anordnung dieſer Scene. Oben auf der Hoͤhe hebt ſich der Thurm, meiſt zerſtoͤrt, empor. Hier eroͤffnet ſich eine der herrlichſten Ausſichten, die ſich uͤber den ganzen Park und die umliegenden Landſchaften ausbreitet. Man uͤberſchaut die Menge von Gruppen, Haynen und mannichfaltigen Pflanzungen, die vielen heitern Oeffnungen und Raſen dazwiſchen, die Hoͤhen und Niedrigungen, ein Gemiſch von tauſend lieblichen Farben und Schattirungen, die uͤberall aus dem Gruͤn ſo reizend hervor - ſchimmernden Sitze, wo das feinſte Vergnuͤgen genoſſen wird, den ausgedehnten und praͤchtigen woldigten Umzug des weiten Bezirks. Man blickt in unermeßliche fruchtbare Landſchaften hinaus, auf den Lauf der Leine, die im tiefen Grunde aus Gebuͤſchen hervorſcheint, auf die Stadt Hannover mit ihren Thuͤrmen, auf Waͤl - der und Berge, die weit in die Ferne hin daͤmmern. Mitten unter allen dieſen be - lebenden Ausſichten hoͤrten wir noch unter uns das Getuͤmmel der erſten Heuaͤrndte, den froͤhlichen Zuruf der Heerden, und uͤber unſern Haͤuptern die Triumphlieder der Bewohner der Luͤfte. Alles, alles eilte, den Geiſt und die Empfindung zu erhoͤhen. Und in dieſer wolluſtvollen Erhebung der Seele, unter dieſen begeiſternden Gefuͤhlen, die uns die Herrlichkeit der Natur von allen Seiten zuſtroͤmen ließ, empfanden wir ganz den Eindruck der deutſchen Inſchrift, die neben uns an der Mauer des Thurms ſtand, und die ſo gewaͤhlt, ſo treffend fuͤr dieſe Stelle iſt.

Wenn ſchon ein Blick in dieſe Welt,
Die reizend vor uns lieget,
So ſehr vergnuͤget;
Wie werden uns die Gegenden entzuͤcken,
Wo Licht und Herrlichkeit und Pracht
Den Raum des weiten Himmels ſchmuͤcken;
Wo Doch wer malet in der Nacht
Das Bild vom ungeſehnen Tage?
Empfinde[ſ]elbſt, was noch kein Auge ſah!
Die Ausſicht auf dieß Gluͤck iſt da!
Es iſt dir nah!
Von219Beſchreibungen von Gaͤrten.

Von dem Zauber dieſer Ausſicht erfuͤllt, wandeln wir gerade auf einen hohen Schirmſitz zu, der in verſchiedenen Geſichtspunkten, beſonders vom Hauſe aus, ein hervorſtechender Gegenſtand iſt. Man ſieht zur Rechten in ein Thal hinab, wo die Leine ſich zwiſchen Gebuͤſchen an einer Wieſe fortwindet, und ſodann die hoch auf - ſteigende ferne Landſchaft; zur Linken erſcheint in einer Entfernung von mehr als einer Meile das militaͤriſche Reithaus, und Tannenwaͤlder ſchließen den Horizont. Man kommt uͤber Raſen bey verſchiedenen Gruppen und Sitzen vorbey, unter laͤnd - lichen Ausſichten, worunter beſonders weite Kornfelder erſcheinen, die ſich bis an den fernſten Geſichtskreis verbreiten, hin und wieder mit einigen Doͤrfern belebt und mit Buſchwerk und zerſtreuten Waldſtuͤcken ſchattirt ſind, zur Rechten aber einen Kranz zuſammenhaͤngender Waldungen haben. Man gelangt endlich zu dem groſ - ſen Schirmſitz auf der umpflanzten Hoͤhe. Die Ausſicht zur Linken faͤllt hinab und ſteigt wieder hinauf, in einer langen Strecke fort, nach dem Thurm der großen Ruinen der gothiſchen Kloſterkirche; gerade aus endigt ſie ſich bey dem entfernten Wohnhauſe; und zur Rechten ſtellt ſie einen erhabenen und weiten waldigten Umzug dar, den die Eichenkronen bilden. Die Sandhoͤhe dieſes Schirmſitzes iſt umher mit Pflanzungen von Nadelhoͤlzern bekleidet.

Nahe bey dieſem Sitz liegen kleine Ruinen, die von verſchiedenen Seiten einen Gegenſtand des Proſpects in der Ferne bilden. Man blickt von hier in die Zwi - ſchenraͤume der Pflanzungen in der Niedrigung, auf Sitze und andre Gegenſtaͤnde hin. Zur Linken zeigt ſich fernher durch die Klumps der Nadelhoͤlzer die abhaͤngige Spitze der großen Ruinen; und rechts ruhet das Auge, das durch eine ſehr ent - fernte Pflanzung von Birken hinabirret, bey einem entlegenen etwas erhoͤhten Sitz. Hinter dieſen kleinen Ruinen geht ein Weg nach dem hohen Schirmſitz herum, zwi - ſchen einer dichten Pflanzung von Nadelhoͤlzern. So nahe bey einander dieſe zwey Gegenſtaͤnde liegen, ſo thun ſie ſich doch in den Proſpecten keinen Eintrag; denn durch die Kunſt der Umpflanzung weicht der eine zuruͤck, wenn der andere erſcheint, und nirgends dringen ſie ſich beyde zugleich in einem Geſichtspunkt auf.

Im Fortgehen zur Linken auf dem Abhang hinab, kommen wir auf eine Gruppe, die ſich hier mitten in einem hellen Raſen erhebt und hinter ſich eine wal - digte Umkraͤnzung hat. Der Weg windet ſich links herum, etwas wild zwiſchen Fuͤhren hin; auf beyden Seiten eroͤffnet ſich wieder ein Raſen, der links zu den Ruinen hinauſſchwillt und rechts an eine Bruͤcke graͤnzt, uͤber welche ſich in einer weiten Entfernung der Obelisk zeigt. Man laͤßt hier das kleine Gehoͤlz von Nadel - baͤumen zur Rechten, ſieht einen Pfad hinein - und zwey herumlaufen. Daneben winkt zum Verweilen ein Sitz, von dem man die Hoͤhe hinauf blickt. Man gehtE e 2von220Erſter Anhang. von hier, den Ruinen zu, die ſich allmaͤhlich erhebende Anhoͤhe hinauf, zwiſchen zwey Pflanzungen von Nadelhoͤlzern, die von dem eben erwaͤhnten kleinen Gehoͤlz abzulaufen ſcheinen. Der Pfad faͤllt auf einen freyſtehenden Stuhl. Die Ruinen bleiben hier zur Rechten; man hat vor ſich ſanfte Abhaͤnge, die ſeitwaͤrts herab - fließen; das Weiße von einigen Bruͤcken und Sitzen belebt die Ausſicht; zur Linken ſchweift der Blick zwiſchen Pflanzungen hin, und bricht durch eine Oeffnung, wo er auf einem heitern Stuͤck von Raſen weilt.

Von hier wandeln wir gerade aus, der Oeffnung zu, zwiſchen Fichtenpflan - zungen. Der Weg ſchlaͤngelt ſich hinab, immer zwiſchen Fichten, der Oeffnung entgegen, die ſich erweitert und verlaͤngert. Indem man ſich ihr naͤhert, bricht Licht und Heiterkeit hervor, manche ſchattirte und halbbeleuchtete Stelle, eine Bruͤcke, und in der Ferne auf einem hellen Raſen die weiße Knoͤppelbruͤcke, und weiter hin ſchimmert die chineſiſche Bruͤcke am Hauſe. Eine reizende, das Auge anzaubernde, Durchſicht! Wenn es ſich daran ergoͤtzt hat, ſieht es auf einmal zur Linken eine andre Ausſicht hervorbrechen, den großen Raſen mit der Weide, hinten die alte Eiche mit den Bildern der Jahrszeiten, einen Theil des Eichenhayns, einige Vor - ſpruͤnge der Gruppen in die gruͤne Flaͤche, und naͤher auf eben dieſer Seite eine Bruͤcke.

Der Weg wendet ſich gleich links herum in einen dunkeln Hayn von Nadel - hoͤlzern, der ſich auf einem Abhange hinzieht, und der Einſamkeit und einer ſanften Melancholie gewidmet iſt. Verſchiedene Inſchriften an den Sitzen umher helfen den Eindruck dieſes ſtillen Bezirks erhoͤhen.

Die Einſamkeit ſtaͤrkt den Geiſt, und lehrt ihn ſich auf ſich ſelbſt ver - laſſen.
Hier erklaͤrt ſich das Nachdenken die geheimnißvollen Traͤume des hinfaͤl - ligen Lebens.

Und bey dem heitern Ausgang aus dieſem Hayn begegnet dem Auge dieſe leh - rende Inſchrift:

Ergreife die Weisheit, ehe es dir eine Quaal wird, weiſe zu ſeyn; das heißt: ergreife ſie, ehe ſie dich ergreift.

Wir gehen in Nadelpflanzungen fort, worinn verſchiedene Pfade umher irrten, durch einſame Gegenden und kleine Wildniſſe, uͤber Knoͤppelbruͤcken, bey Raſen - ſitzen vorbey, ſodann unter Ausſichten auf Waſſer und heitre Flaͤchen. Unterdeſſen giebt ein Sitz dem Unempfindlichen dieſe nachdruͤckliche Erinnerung:

Kannſt du in der kleinſten Bluͤthenknoſpe keinen Reiz entdecken, dann verlaß dein Feld und deine Heerde, geh zur eiteln Menge und arbeite um Gold!
Ein221Beſchreibungen von Gaͤrten.

Ein hoher, runder, offener und mit einer vorſpringenden Bedeckung verſe - hener Gartenſitz ruft uns zu ſich. Wir ſehen, indem wir hier ſitzen, zur Rechten einen Weg ſich in die Pflanzung hineinkruͤmmen. In der geraden Ausſicht[ſ]enkt ſich der Raſen zu einem Waſſerſtuͤcke hinab; eine Gruppe, ſo nahe, als wollte ſie hineinſtuͤrzen, ſcheint den Wiederſchein ihrer ſchoͤnen Geſtalt zu ſuchen. Ueber das Waſſer hin erheben ſich auf ihrer Hoͤhe die Ruinen zwiſchen dem duͤſtern Gruͤn. Weiter links erblicken wir Wege, die ſich in verſchiedenen Einbuchten der Pflanzung verlieren. Die Seiten dieſes ſchoͤnen hohen Sitzes ſind von Baͤumen uͤberſchattet; der hintre Theil hat die Geſtalt eines alten Wartethurms, der doch nur durch die Bepflanzung in einigen beſtimmten Proſpecten ſichtbar wird.

Ein anmuthiger Weg fuͤhrt von dieſem Sitz nach der Statue des Pan, der ſchon vorher aus andern Geſichtspunkten, aber unkenntlich, ins Auge fiel. Er ſteht auf einer Hoͤhe, mit der Durchſicht auf Felder und Wieſen, wo ſeine Heerden ruhig weiden, indeſſen er ſich hier mit ſeiner laͤndlichen Muſik ergoͤtzt.

Von dieſer Hoͤhe faͤllt der Blick zugleich in einen buſchigten, dicht bewachſenen Grund, wohin ein Steg hineinfuͤhrt. Wir laſſen dieſen Grund zur Rechten, und gehen den Abhang hinab, an deſſen Ende der Pfad ſich auf einmal in eine kleine, einſame, ſchattenreiche und ſuͤße Schwermuth erregende Wildniß, die von mancher - ley Baͤumen zuſammengepflanzt iſt, herumwendet. Von dem Sitz dieſer Wildniß blicken wir zur Linken auf einen Weg in den dunkeln Hayn der Einſamkeit zuruͤck; ein offener, mehr anmuthiger Pfad ſteigt neben ihm aufwaͤrts hinauf. Die Aus - ſicht iſt hier uͤbrigens verſchloſſen. Bloß eine kleine Oeffnung durch die vorſtehenden Baͤume, wo das Auge einen Strich von der friſchen Weide erreicht, bricht durch, und wird bald wieder begraͤnzt durch die Dunkelheit der hintern Waldmaſſe. In - dem wir weiter vorwaͤrts einer Bruͤcke zugehen, an welcher ein kleiner Waſſerguß im Gebuͤſch rauſcht, bricht wieder ein heitrer Auftritt hervor. Wir wenden uns, ſobald wir uͤber die Bruͤcke ſind, gleich rechts zu einer Bank an einem Roſengebuͤſch. Hier iſt eine liebliche Stelle, wo man gerne verweilt, den ſuͤßen Duft der Roſen zu athmen, den Waſſerguß in das Geraͤuſch der wallenden Baͤume eintoͤnen zu hoͤ - ren, und zugleich das Auge an den mannichfaltigen maleriſchen Anſichten ſchwelgen zu laſſen, welche die Lichter und Schatten an den vorliegenden Pflanzungen bilden. Ganz nahe zur Rechten bey dieſem Roſenſitz ſieht man das Revier, das man bey der Statue des Pan fuͤr einen tiefen buſchigten Grund hielt. Hier aber endeckt ſich der Betrug des Auges, der von der dem Steg gegenuͤber liegenden, ſchmalen und vordringenden Gruppe bewirkt wird; der Steg verſtaͤrkt den Schein der Verſchlieſ - ſung. Man ſieht nun, daß es keine verſenkte buſchvolle Tiefe war, ſondern eineE e 3etwas222Erſter Anhang. etwas dichtere Gruppirung. So viel vermag die Kunſt der Pflanzung. Indem man uͤber den Steg geht, hat man die heitre Anhoͤhe und den Pan im Geſicht.

Wir verfolgen den Weg, der von der Bruͤcke, woruͤber wir zu der Bank am Roſengebuͤſch kamen, gerade fortlaͤuft, und wenden uns links gegen den Vor - ſprung einer Pflanzung. Indeſſen eroͤffnet ſich zur Rechten ein Pyramidalſitz unter dem Schatten einer Eiche, zur Linken eine Bruͤcke, zwey maleriſche von weißen Weiden verſchoͤnerte Gruppen, denen wir uns mit einer Wendung des Weges naͤ - hern. Wir kommen uͤber die Bruͤcke, und von hier rechts in einen ſchattenreichen Dickigt, wo ein Waſſerfall rauſcht. Beym Heraustritt faͤllt der Wartethurm ins Geſicht. Bey einem Schattenſitz am Waſſer und einer Bruͤcke vorbey, die zur Rechten bleibt, ſchreiten wir fort zu dem Anblick einer Urne, die ſich zur Linken auf einer kleinen Anhoͤhe, von Nadelhoͤlzern verduͤſtert, zu verbergen ſcheint. Eine Hangelbirke und eine babyloniſche Weide laſſen ihre Zweige mitleidig uͤber ſie herab - hangen, und ein voran gepflanzter Sumach ſcheint ſie noch mehr dem Auge ent - ziehen zu wollen. Doch fuͤhren einige Stufen naͤher hin. Nahe dabey ſteht eine Bank mit einer Inſchrift, die ſich auf den wuͤrdigen, gegen die Armen ſo wohlthaͤ - tigen, Miniſter bezieht, deſſen Andenken die Urne gewidmet ward, ohne daß der beſcheidne Beſitzer den Namen nannte. Er wollte nichts mehr, als ein Denkmal zur Erinnerung an den, welchen er verehrte; ſeine Hochachtung und Freundſchaft gegen einen ſolchen Mann ſollte ſich in eben dem Schatten verſchließen, worein er ſeine Urne ſtellte.

Von hier fuͤhrt der Weg nach einer gemeinen Knoͤppelbruͤcke, die einen eben ſo rohen Sitz unter dem Schatten der Baͤume hat, die ſich uͤber das Waſſer herab - neigen, und es melancholiſch verdunkeln. Man ſieht hier wieder einen großen Theil der Ruinen nahe vor ſich, auf einer ſteilen Anhoͤhe, die, mit Genſter und Fichten bewachſen, wild und oͤde da liegt. Die Steine ſind hin und her auf der Hoͤhe zer - worfen. Die noch ſtehenden Truͤmmer ſind halb von den verſchattenden Baͤumen verſteckt; ſie erſcheinen nur in zertrennten Stuͤcken; durch ihre Zwiſchenraͤume trauern die hintern Fichten hervor. Sanfte Melancholie ergreift den Empfindenden, und dieſe Verfaſſung der Seele verſtaͤrkt ſich noch bey dem Blick auf die vorige Urne.

Um dieſen Sitz laͤuft ein Weg bis nach der vorhin angezeigten langen Bruͤcke, die vor dem Anblick der großen Ruinen liegt, und worauf wir durch den ſchattigten Bogengang von der Leine her ſtießen. Wo der Weg dahin ablaͤuft, ſteht noch ein Sitz mit einer freyen, der vorigen entgegengeſetzten, doch ſtillen laͤndlichen Aus - ſicht, und mit dieſer ſanft erwaͤrmenden und beruhigenden Inſchrift:

Fuͤhle223Beſchreibungen von Gaͤrten.
Fuͤhle in deinem Herzen die ſuͤßen Erregungen der Natur, nimm an, was ſie dir guͤtig zutheilt, und denk an nichts weiter!

Wir gehen uͤber die Wieſe zuruͤck, indem wir den ſchmalen Bach zur Rechten laſſen, und blicken vorwaͤrts durch verſchiedene maleriſche Klumpen und in waldigten Vertiefungen, die ſich an den Seiten zeigen. Wir gelangen wieder zu der letzten Bruͤcke, am Waſſerfall vorbey, ſehen ihn zur Rechten im Dickigt, und wenden uns herum zu einem Stuhl, der an der Spitze einer ſchmalen Pflanzung ſteht, ge - gen welche eine aͤhnliche ſich zur Beſchattung des durchlaufenden Weges draͤngt. Eine ſchoͤne Ausſicht ſteigt zwiſchen den Pflanzungen ſeitwaͤrts die Hoͤhe hinauf, und in der Niedrigung verlaͤngert ſich der Proſpect zwiſchen den Gruppen in die Ferne hin zu Kornfeldern, vom entlegenen Gehoͤlz begraͤnzt.

Der Fortgang bringt zu einer dreyſitzigen Bank, wovon jede Seite einen unterhaltenden Geſichtspunkt giebt. Der erſte Sitz ſtellt das vorige Gemaͤlde mit einigen Zuͤgen etwas veraͤndert wieder dar; der mittlere giebt dem Auge Ruhe auf der nahen vorliegenden ſchmalen Pflanzung, die ſich gleich einem Schirm vorzieht; der letzte, dem erſten entgegen, laͤßt es wieder uͤber Raſen und Weide und auf drey in dieſem Proſpect neben einander emporſteigende Eichen ausſchweifen.

Von hier ſchreiten wir vorwaͤrts dem erwaͤhnten heitern Auftritt zu, mit einer Wendung des Weges zur Linken nach einer Bank. Ein ſchoͤnes Revier! Vor dem Auge verbreitet ſich der große Raſen mit der Weide in einem weiten Umfang, und fließt in dem heiterſten Gruͤn dahin. Gerade vor ſich hat man die Obſtbaum - gruppen, die auf einer kleinen Erhoͤhung des Raſens fortlaufen; eine beſondere Gruppe dieſer Fruchtbaͤume mit abſtechendem Laube ſchattirt den Rand eines Klumps von Waldbaͤumen. An dem Vorſprung einer ſchattirenden Fruchtbaumgruppe bricht in einigem Abſtande ein Theil der Knoͤppelbruͤcke hervor; weiter hin in der Entfernung ein hoher bedeckter Sitz, halb hinter Baͤumen verſteckt; zur Linken eine Ecke des Kloſtergebaͤudes, die zwiſchen den Umhuͤllungen der Baͤume hervor - ſchimmert.

Von dieſem Sitz laͤuft links ein ſchmaler Pfad zwiſchen den ſchoͤnen Gruppen hin, die gleich bey der Eiche mit den Bildern der Jahreszeiten, als eine ſo treffliche Malerey, ins Auge fielen. Ein anderer Weg hebt ſich oben zur Rechten des letzten Sitzes, eine kleine Anhoͤhe hinauf zu einem andern Sitz, der vor einer Pflanzung ruht. Wir verfolgen den Weg, der gerade aus zu den Obſtgruppen fuͤhrt, wan - deln zwiſchen ihnen durch, erblicken zur Rechten einen laͤndlich einfachen Steg, und fehen die Einbuchten und Vorſpruͤnge der Pflanzungen hier naͤher, als in den vori - gen Anſichten. Wir kommen zu einer Bruͤcke, uͤber welche der Weg laͤuft, wobeyein224Erſter Anhang. ein Stuhl die Ausſicht auf eine gegenuͤber liegende Pflanzung giebt, vor welcher ein ſchoͤn gebauter Sitz ſteht. Nach dem Uebergang uͤber die Bruͤcke ſchreiten wir einem einzelnen Baume mit einem viereckigten Sitz entgegen, der in dieſer offenen und heitern Gegend ſehr abwechſelnde Ausſichten nach allen Seiten gewaͤhrt, und wenden uns von hier rechts der Knoͤppelbruͤcke zu. Sie iſt von angenehmen Aus - ſichten umgeben. Indem man uͤber ſie hinſchreitet, ſieht man zur Linken auf das Waſſer herab, die Blumeninſel, den chineſiſchen Pavillon mit der Pflanzung, die ihn auf jeder Seite zu umhuͤllen ſtrebt, die leichtſchwebende Bruͤcke neben ihm, und im Hintergrunde das Wohnhaus, hinter welchem noch der Thurm der Kloſter - kirche uͤber die Baumgipfel hervorragt; weiter hinauf zur Linken einen Theil des be - deckten hohen Sitzes auf der Anhoͤhe; naͤher hieher erſcheinen verſchiedene Ruheplaͤtze, und gerade in der Ausſicht, wenn man auf der Bruͤcke ſteht, zeigt ſich oben auf der Hoͤhe ein andrer ganz freyer Schirmſitz. An der rechten Seite dieſer Bruͤcke hoͤrt man einen kleinen Waſſerfall rauſchen, und uͤberſieht ein Waſſerſtuͤck mit dem Raſen und ſodann eine große Pflanzung.

Wir folgen dem Weg gerade aus, wenden uns bald rechts zu einer niedrigen Feldbruͤcke von Steinen, und gelangen zwiſchen dem Raſen hin in ein gepflanztes Waldrevier von hohen Baͤumen und dichtem Untergebuͤſch, wo gleich drey verſchie - dene Baͤnke zum Ruhen einladen. Unter der Eroͤffnung mancher ſanften Anſichten ſchlaͤngelt ſich der Weg in dieſem Waldrevier umher, und faͤllt aus einer ange - nehmen Finſterniß auf einmal in einen langen heitern Proſpect.

Alle dieſe weiten Spaziergaͤnge, die wir zuruͤckgelegt haben, zeigen die beſtaͤn - dige Abwechſelung von hellen und dunklen Scenen und die große Mannichfaltigkeit von Hoͤhen und Niedrigungen, von Gruppen und Haynen und Raſen, von maleri - ſchen Verkuͤrzungen und Verlaͤngerungen der Durchſichten, von Vorſpruͤngen und Einbuchten der Pflanzungen, von Lichtern und Schatten, untermiſcht mit Bruͤcken und Sitzen, deren weißer Anſtrich und immer abaͤndernde Form die Lebhaftigkeit und Schoͤnheit des Ganzen vermehrt. Dieſer Geiſt der Abwechſelung iſt durch alle Anlagen verbreitet, und erſcheint auf allen uͤbrigen Wegen, die wir noch in dieſer Beſchreibung durchlaufen koͤnnten. Allein wir wollen ſie der ſo angenehm unterhal - tenden eigenen Aufſuchung des Gartenfreundes lieber uͤberlaſſen, als ihn hier ganz befriedigen.

Indeſſen naͤhern wir uns bey der Zuruͤckkehr zu dem Wohngebaͤude noch einer ruͤhrenden Scene. Der Weg ſchleicht herum, und auf einmal befinden wir uns in einem dunkeln einſamen Revier, wo eine große Urne auf einem Fußgeſtell erſcheint, ein Denkmal fuͤr einen großen Miniſter, der dem Staat, den Wiſſenſchaften undder225Beſchreibungen von Gaͤrten. der Menſchheit unvergeßlich iſt. Man verweilt mit einer dankbaren Erinnerung bey dieſem Monument, indeſſen daß die dichte ſchattenreiche Pflanzung, von Nadelhoͤl - zern verduͤſtert, die ſanfte Melancholie dieſes Platzes vermehren hilft. Der Aus - gang fuͤhrt wieder zum Licht und zur Freude; ein Pfad windet ſich zur Rechten fort, an der Pflanzung herum, und leitet zu einer mit einem Kreuz bezeichneten Bank, woran dieſe ruͤhrende Inſchrift erſcheint:

Geſegnet ſey die guͤtige Hand, die mein Herz unter dieſem friedlichen Schat - ten ſanft zu Ruhe brachte.

Nicht weit von hier hebt ſich ein Weg die Hoͤhe hinauf nach dem großen offe - nen, mit einem Vordach beſchirmten Cabinet oder Ruheſitz. Dieſer Platz herrſcht von ſeiner Anhoͤhe uͤber eine Reihe der heiterſten Ausſichten. Zwey Wallnußbaͤume, die an der linken Seite einen Vorgrund bilden, ſtreuen ihren erquickenden Schatten hin und laſſen unter der Daͤmmerung ihrer Zweige das Auge froh in die unten ſich verbreitenden Gegenden hinausirren. Gerade vor dem Blick am Fuß der Anhoͤhe verbreitet ſich das Waſſer in ſeinem Umfang. Man uͤberſieht die Blumeninſel darinn ganz. Dieſer Gegenſtand wirft ein heitres Licht auf alle angraͤnzende Auftritte. Von dem Waſſer an eroͤffnet ſich der große Raſen mit der Weide. Die Pflanzung der Obſtbaͤume ſowohl, als auch die große naͤhere Waldgruppe, vor welcher ein an - muthiger Sitz erſcheint, werfen eine ſchoͤn abwechſelnde Schattirung uͤber ihn hin. Neben dieſer waldigten Gruppe vorbey, wird das Auge von der uralten Eiche mit den Figuren der Jahrszeiten gerufen, und ruht ſodann in dem fernen ſchattigten Winkel der Huͤrde. Von hier an ziehen ſich die entferntern Gruppen hinter der Pflanzung der Obſtbaͤume weg, und ſcheinen in eine einzige Waldmaſſe zuſammen - zufließen; doch ſind die ſchoͤnen Schattirungen auch hier dem Auge ſichtbar. Ueber einen Theil der Obſtbaumgruppen hin ſchweift der Blick uͤber fortlaufende Raſen, das Fruchtfeld und die buſchigten Ufer der Leine, und weiter verliert er ſich in die ferne Landſchaft hinaus, die mit Kornfluren und Waͤldern wechſelt, ſich etwas ge - gen den Horizont hebt, und in ſeinen blaͤulichen Dunſt hinausdaͤmmert. In eben dieſer Richtung verweilt das Auge naͤher her bey einem Vorſprung der Pflanzung, vor welcher ein Sitz erſcheint. Noch etwas naͤher heran ſteigt eine hohe ſehr anſehn - liche Pflanzung mit vieler Pracht empor; der Blick dahin geht gerade uͤber die Knoͤppelbruͤcke und ruhet bey einem großen, zierlichen Sitz, der in einer Oeffnung dieſer Pflanzung ſchimmert, in welche noch an einer nahen Einbucht der Raſen hin - einſchleicht. Noch naͤher macht eine Gruppe mit hellerm Laube einen Vorſprung, und bildet zwiſchen ſich und der benachbarten Pflanzung, die ebenfalls etwas hervor - tritt, einen ſchattigten Zwiſchenraum, wo ein freyſtehender Stuhl ſchimmert. V Band. F fNoch226Erſter Anhang. Noch eine Oeffnung zieht ſich daneben ins Gebuͤſch hinein. Indem wir noch einmal das Waſſer und die heitre Flaͤche der Raſen uͤberſchauen, und uns etwas zur Rech - ten hinwenden, ſehen wir den alten Eichenhayn ſich mit ehrwuͤrdigem Dunkel in einer weiten Ausdehnung erheben. Ob er gleich einige Durchſichten verſtattet, ſo iſt doch ſein Anſehen von einer gewiſſen feyerlichen Ernſthaftigkeit, die einen ſtarken Contraſt gegen die vor ihm liegenden muntern Auftritte macht. Er ſchließt hier den Geſichtskreis; mit einem erhabenen Vergnuͤgen ruhet das Auge in ſeiner ſtillen Dunkelheit. Doch verſtattet er zur Rechten, wo ſeine letzten Staͤmme ſich ver - ſpreiten, noch einige fern in die Landſchaft hin fortſchreitende Blicke, bis dahin, wo eine waldigte Hoͤhe die Ausſicht begraͤnzt.

Nahe zur Rechten winket uns der Pavillon, deſſen Anblick in ſo manchen Ge - ſichtspunkten reizte. Wir gehen zu ihm hinab. Am Wege begruͤßt uns eine Bank mit dieſer lehrenden Inſchrift:

Eine der ſchoͤnſten Gaben des Himmels iſt es, ein unbemerktes, maͤßiges und ruhiges Leben fuͤhren zu koͤnnen, Schatten und Licht in der Seele zu ordnen, und die Schoͤnheiten der unverſtellten Naturſcenen anzulaͤcheln.

Unter dem Gefuͤhl dieſer Wahrheit kommen wir in ein faſt ganz verſchloſſenes Ge - buͤſch, ſodann uͤber eine Bruͤcke, den Uebergang in eine kleine Inſel, die mit Blu - men, ſchoͤn bluͤhenden Straͤuchern und edlen auslaͤndiſchen Baͤumen geſchmuͤckt iſt. Ein kleiner, anziehender, ſuͤßer Aufenthalt! Man ſieht hier die Gruppen auf dem Raſen vor dem Wohnhauſe von einer andern ſehr maleriſchen Seite. Der Pavillon enthaͤlt ein feines Cabinet, das einen lieblichen Ruheplatz gewaͤhrt. Das Waſſer in ſeinem ganzen Umfang, mit den kleinen Fahrzeugen am Ufer, mit der Blu - meninſel faſt in der Mitte, und die etwas mehr entfernte Bruͤcke macht bey der Ausſicht aus dem Pavillon zuerſt den lebhafteſten Auftritt. Weiter hin uͤber den Raſen bildet die Pflanzung den ſchoͤnſten waldigten Umzug; die Schattirungen des mannichfaltigen Gruͤns fallen hier aufs angenehmſte ins Auge, mit einer ganzen Reihe von maleriſchen Vorſpruͤngen, Einbuchten und Vertiefungen der Gruppen und Hayne, bald dunkler, bald heller, bald verlaͤngert, bald verkuͤrzt, bald mit Stuͤhlen und Sitzen in ihren Oeffnungen erheitert, bald bloß von der Natur mit laubigten Woͤlbungen geſchmuͤckt; bald ſchimmern die freyen weißen Staͤmme der Birken aus der finſtern Vertiefung hervor, bald verduͤſtert die ernſte Tanne und Fichte den fernen Winkel, bald wallen glaͤnzende Laubdecken mit einer ſchwelgeriſchen Pracht auf den Raſen hinab. Auf beyden Seiten wird das Auge durch andre Aus - ſichten unterhalten.

Das227Beſchreibungen von Gaͤrten.

Das große Verdienſt dieſer Anlagen wird außer dem, was darinn dem feinen und erfinderiſchen Gartengenie gehoͤrt, auch durch den Antheil des Fleißes ſichtbar. Außer den alten Eichen, iſt alles von dem Beſitzer angepflanzt, groͤßtentheils mit ſeiner Hand; und dieſer Umſtand wird noch wichtiger durch die Bemerkung, daß der Umfang ſich auf ſechzig Morgen Landes erſtreckt. Wilde und oͤde Gegenden mit Anpflanzung beleben, iſt ſchon Verdienſt; noch mehr aber hier, wo ſo viele Stellen, die jetzt ſo reizende Scenen voll Gruͤn und Leben darſtellen, mit einem todten Flug - ſand uͤberdeckt waren. Das Nuͤtzliche geſellt ſich hier zu dem Anmuthigen. Alle Raſen, die mit guten Grasarten beſaͤet ſind, werden gemaͤhet; darauf dienen ſie zur Weide, welche den Auftritt von neuem belebt.

Nirgends iſt die wahre Graͤnze dieſes Gartens oder Parks ſichtbar; ſie ver - liert ſich ſo allmaͤhlich ins Feld, daß man ſie nicht gewahr wird, oder in die Pflan - zungen bey den umherlaufenden Wegen zum Fahren und Reiten. Dieſe Pflanzun - gen, die zum Theil aus Alleen beſtehen, und um die meiſten Gegenden an der Graͤnze des Gartens ſich herum winden, nehmen noch einen Umfang ein, der viel - mal groͤßer iſt, als er ſelbſt. Sie dienen zu Spazierfahrten und Reitwegen, die nach einer richtigen Anordnung zu den Annehmlichkeiten eines betraͤchtlichen Land - guts gehoͤren. Sie ſind hier mit mancherley Ausſichten und perſpectiviſchen Ver - laͤngerungen angelegt, und mit den Proſpecten des Gartens verbunden; ſie heben und vergroͤßern ſich durch einander, und haben eine gegenſeitige Beziehung, die fuͤr beyde gleich wichtig iſt. Die Wege ſind bequem; auf den Seiten ſieht man Heer - den von Schaafen weiden, einen froͤhlichen laͤndlichen Auftritt.

Was der Garten bey ſeinem weiten Umfang noch aufnehmen zu koͤnnen ſcheint, das ſind einige charakteriſtiſche Gebaͤude, fuͤr welche vielleicht hie und da ein Sitz ent - behrt werden koͤnnte. Indeſſen iſt es auch wahr, daß faſt jeder Stuhl, und jede Bank mit Abſicht geſtellt iſt, faſt immer auf einen intereſſanten Proſpect hinweiſet, zuweilen aber auch dem Auge bloß Ruhe auf dem ſanften Gruͤn naher Laubdecken gewaͤhrt. In den Formen dieſer Gartenſtuͤhle und Sitze ſowohl als der Bruͤcken, herrſcht eine ſo reiche und mannichfaltige Erfindung, daß ſie beynahe eine Akademie fuͤr den Zeichner geben; wenigſtens iſt in keiner Sammlung von Architecturwerken oder von engliſchen Gartenproſpecten der zwanzigſte Theil von allen dieſen verſchie - denen Zeichnungen zu finden.

Faſt alle Sitze und Baͤnke ſind mit Inſchriften verſehen. Es gilt wohl eine Erinnerung gegen ihre Vielheit; allein ſie verguͤten den Fehler des Ueberfluͤßigen und Gehaͤuften durch ihren innern Werth. Oft haben ſie eine oͤrtliche Beziehung auf die Scenen und Ausſichten, die vor Augen liegen; zuweilen geben ſie dem Spazier -F f 2gaͤnger228Erſter Anhang. gaͤnger mit einem ſtarken oder doch edlen Ausdruck eine wichtige moraliſche Lehre, oder eine philoſophiſche Betrachtung auf den Weg. Dahin gehoͤren außer denen, die an ihrer Stelle bemerkt ſind, noch dieſe:

Freund, der du frey von der ſchaͤdlichen Zankſucht hier ein ruhig laͤndlich Leben fuͤhrſt! Fliehe die Sorgen, welche die Ehre begleiten; verlache des Ehrgeizes emporſtrebenden Flug. Sey in ſtiller Zufriedenheit froͤhlich und groß. Lache der eitlen Pracht der Großen. Ergieb dich des Himmels maͤchtiger Vorſehung. Genieße die gegenwaͤrtige goldne Stunde, denke mit Dank an die vergangene; die letzte von allen wuͤnſche und fuͤrchte nicht.
Gebt der Freude ihren freyen Lauf. Schmuͤckt das magre Thal des Lebens mit Blumen und pfluͤckt von jedem Dornſtrauch eine Roſe.
Laßt jeden kommenden Augenblick neue Erkenntniß auf ſeinem Fluͤgel mit - bringen; laßt jede fliehende Minute Erinnerung guter und weiſer Tha - ten ſeyn.
Dem Stolz zum Trotz, zum Trotz der irrenden Vernunft bleibt eine Wahr - heit immer wahr: Alles, was da iſt, iſt recht.
Spiele deine Rolle auf dem Schauplatz des Lebens; ſey zufrieden mit dem, was du biſt; ſey deiner Wuͤrde und deiner Talente werth, indem du immer nach hoͤhern Verdienſten ſtrebſt.
Unſichtbar iſt die Sonne, unhoͤrbar der rollende Donner den Seelen, die nichts von ihrer hohen Abkunft, nichts von ihrem gegenwaͤrtigen Aufent - halt, noch von ihrem kuͤnftigen Wehrt wiſſen.
Mehr zu wuͤnſchen iſt eitel. Zu großes Gluͤck bringt Sorge; es ſchafft nur uͤbergoldeten Kummer. Sey zufrieden, und wuͤnſche nicht mehr.
Sieh mit gelaſſenem Auge den dunkeln Abend des Lebens heran kommen; ſchuͤttele die Sanduhr nicht, heiße ſie auch nicht ſtille ſtehen.
Mein Dach ſey von Stroh, meine Wand von Leim, wenn nur mein Freund von Herzen ſpricht: In dieſer Huͤtte lebt der, den ich liebe, und der mich liebt.
Wollt ihr dieſe ruhige Scene recht genießen, ſo muß euer Herz recht heiter ſeyn, rein vom Haſſe, vom Kummer leer, und ihr muͤßt an ihre Stelle Menſchenliebe gepflanzt haben.
Der229Beſchreibungen von Gaͤrten.
Der Menſch braucht nur wenig, und das Wenige nicht lange; bald muß er der Natur den Staub wiedergeben, den die ſparſame Natur ihm auf eine Stunde lieh.
Beſtaͤndige Gluͤckſeligkeit iſt kein Gewaͤchs der Erde; ihr Boden iſt zu un - fruchtbar, um es hervorzubringen. Es iſt eine fremde himmliſche Pflanze, die nur in himmliſcher Luft gedeiht.
Hier moͤge die Unſchuld, vor Feinden ſicher, wandeln; hier die Betrach - tung ſich mit den Fluͤgeln des Seraphs aufſchwingen! O Einſamkeit! Der Menſch, der dich nicht achtet, ſondern ſich vom Gewinnſt locken, vom Ehrgeiz ſpornen laͤßt, wird nie die Quelle wahrer Hoheit kennen.
Komm, genieße hier den erquickenden Schatten; laß uns eine geſellige Stunde der Freundſchaft weihen; komm, haſche die leicht befluͤgelte Stunde. Denn ſie flieht, die Stunde der Froͤhlichkeit flieht auf luftigen Schwingen dahin.
Es giebt gluͤckliche Augenblicke, wo ſich die Seele zu ernſthaften Gedanken geneigt fuͤhlt und die Einſamkeit ſucht; dann ſammelt ſie ſich, und ſchwebt in dem behaglichen Mittelſtand zwiſchen Schwermuth und ausſchweifender Froͤhlichkeit, zwiſchen toller Freude und uͤbler Laune; ſie uͤberlaͤßt dem ge - dankenloſen Haufen ſeine eiteln Wuͤnſche, blickt um ſich, laͤchelt, und kehrt zu ſich ſelbſt zuruͤck.

Verſchiedene andre Inſchriften unter dieſer großen Menge enthalten vortreff - liche Lehren oder Maximen, nicht weniger vortrefflich ausgedruͤckt; allein ſie ſind zu allgemein, als daß ſie hier eine Wiederholung finden koͤnnten. Andre Inſchriften werden durch die beſondre treffende Beziehung auf die Scene intereſſant, wie dieſe:

Geh, gluͤcklicher Schatten, wohin Gott und dein Gluͤck dich rufen. Ge - nieß ewige Ruh und Seligkeit, indem wir hier deinen ſchnellen Abſchied betrauren, bey deiner Urne an dich denken, und um dich klagen.

Noch andre Inſchriften empfehlen ſich dem Freund der ſchoͤnen Natur, indem ſie die Vortheile des Landlebens erheben.

O! moͤchte doch der Gluͤcklichſte der Menſchen ſein Gluͤck recht erkennen: er, der fern von Stadt und Gedraͤnge tief im Thale mit einigen Erwaͤhlten wohnt, und die reinen Freuden des Landlebens trinkt. Sichere Ruhe iſt ſein Loos; ſeinem Leben iſt der Verdruß fremd und die betruͤgeriſche Hoff -F f 3nung;230Erſter Anhang. nung; er genießt bluͤhende Geſundheit, arbeitet ohne Ehrbegierde; ſeine Zeit fließt hin in ruhigem Nachdenken und unbefleckter Unſchuld.
Ihr ſchoͤnen, ſchauervollen Scenen, beſaͤnftigt das unruhige Herz, gebt dem Muͤden ſanfte Ruhe, macht die wildeſten Leidenſchaften ſtille, und fliſtert dem Ungluͤcklichen Troſt zu.

Einige Inſchriften weiſen den Gartenpflanzer auf die Grundregeln des guten Geſchmacks hin:

Laßt die magiſche Kunſt des Geheimniſſes eure labyrinthiſchen Gaͤnge ver - ſtecken, laßt das Geſicht einen Theil davon entdecken, und das Uebrige mag ſich die Einbildungskraft ausmalen.
Schutzgeiſt der Gaͤrten! Schoͤnſtes Kind der Natur! Verbanne die regel - maͤßige Unfoͤrmigkeit der Riſſe, die mit Linial und Zirkel gemacht werden. Die freyen Anlagen der Natur verachten dieſe Regelmaͤßigkeit. Gieb den Gartenſpaziergaͤngen ihre gefallende Wildheit wieder; laß ſie dem denken - den Menſchen in Stunden, die er der ſtillen Betrachtung weiht, eine ru - hige Zuflucht ſeyn!

Nach dieſen Grundſaͤtzen, die hier empfohlen werden, ſind die Anlagen zu Marien - werder ausgefuͤhrt. Sie kuͤndigen nicht bloß den gluͤcklichen Pflanzer, ſondern auch den Mann von Kenntniß, von Beobachtung und von Gefuͤhl an. Man ſieht hier den großen Reichthum und die Schoͤnheiten unſrer einheimiſchen Baͤume, wenn ein Kenner ſie waͤhlt und ordnet; denn alle dieſe Pflanzungen enthalten nur an eini - gen wenigen Stellen einen auslaͤndiſchen Baum, und wie reich ſind ſie dennoch an ſchonen Malereyen! Die Anordnung laͤßt die Verſchließung und die Eroͤffnung der Auftritte mit einer immer geſchaͤfftigen Abwechſelung erſcheinen; alles zeigt ſich, ſo unbeweglich es iſt, in einer ſcheinbaren Bewegung, um das Auge an ſich zu zau - bern; auch wo es getaͤuſcht wird, verweilt es noch mit Vergnuͤgen an dem Ort der Taͤuſchung. Allein nicht uͤberall wird es auf einen anlockenden und die Erwartung aufſpannenden Gegenſtand gerichtet; oft ruhet es, zumal nach einem etwas laͤngern Fortgang zwiſchen lebhaften Auftritten, in der ſanften Daͤmmerung der Gebuͤſche oder in der tiefen Dunkelheit ferner Einbuchten der Pflanzungen. Die Hoͤhen, die Abhaͤnge, die Niedrigungen, die hellern in ihren Umriſſen ſo verſchiedenen Raſen, die uͤberall den Boden bekleiden, und worinn ſich die kieſigten Wege fortwinden, die ſchattigten Gruppen, wovon jede ein beſoderes, aber in manchen Anſichten neues Gemaͤlde darſtellt, die abaͤndernden Formen, Richtigungen und Malereyen dieſerGruppen,231Beſchreibungen von Gaͤrten. Gruppen, das Annaͤhern und Zuruͤckweichen der Scenen, alles ſtrebt, dem Auge Erwartung, Taͤuſchung, Unterhaltung, Ueberraſchung und Ruhe zu geben. Es iſt eine nicht gemeine Kunſt, die Scenen, die auf einander folgen ſollen, ſo lange einzeln zu verſchließen, bis ſie ſich allmaͤhlich zu ihrem Vortheil, ohne ſich auf ein - ander zu haͤufen, ohne ſich durch ſich ſelbſt zu zerſtoͤren, oder ihre Wirkun - gen zu ſchwaͤchen, entwickeln koͤnnen. Wer nur durchlaͤuft oder unaufmerk - ſam iſt, fuͤr den gilt freylich dieſe Beobachtung nicht, noch das Vergnuͤgen, das ſie gewaͤhrt.

Der Garten zu Marienwerder bleibt eine der erſten Merkwuͤrdigkeiten in der Naͤhe von Hannover, der mit Recht Einheimiſche und Fremde ruft; unter allen neuen Anlagen in Deutſchland behauptet er einen ſehr anſehnlichen Rang. Er iſt ein Denkmal des geſunden, maͤnnlichen und edlen Geſchmacks. Es giebt faſt keine Empfindung, die er nicht erweckte, Heiterkeit, Freude, ſanfte Melan - cholie, ſuͤße Schwermuth, Liebe der Ruhe und der Einſamkeit, der Freundſchaft und der Tugend, Vergeſſenheit der Sorgen, Erhebung uͤber die Thorheiten des Lebens, und ſelbſt ein Vorgefuͤhl von den Scenen einer noch ſchoͤnern Welt.

III. Neue232Erſter Anhang.

III. Neue Anlagen auf dem Carlsberg bey Caſſel.

Der Carlsberg iſt ein großer waldvoller Berg, beruͤhmt genug durch das darauf angelegte herrliche Werk der Architectur und der Waſſerkuͤnſte. *)S. 4ten B. S. 125 126. Dieſes Werk ſoll fuͤnf Millionen gekoſtet haben; die jaͤhrliche Erhaltung ſteigt auf 2000 Rthlr.; der Kitt allein auf 800 Rthlr. Bey denneuen Anlagen hat Se. Durchl. der jetzt regierende Herr Landgraf, uͤberaus betraͤcht - liche Summen verwendet, die noch jaͤhrlich fortgehen.Man erblickt uͤberall vortreffliche Waͤlder von Buchen, und an den leeren Plaͤtzen eine Menge herrlicher Anpflanzungen, beſonders von einheimiſchen und auslaͤndi - ſchen Nadelhoͤlzern, Hayne von Lerchenbaͤumen und Weyhmouthsfichten, von Roth - buͤchen und Silberpappeln, von Tulpenbaͤumen und virginiſchen Robinien. Die neuen Pflanzungen ſind ſchon ſo reich, daß die Zahl der Baͤume und Straͤucher ſich auf fuͤnfhundert verſchiedene Arten und Abarten erſtreckt. Unter dieſen weitlaͤufti - gen Bepflanzungen hat der Carlsberg manche Huͤgel, manche Thaͤler, manche Quellen, Baͤche und natuͤrliche Waſſerfaͤlle, manche Wieſen und grasreiche Ab - haͤnge, und uͤberall entzuͤckende Ausſichten. Bey hellem Wetter uͤberſieht man hier faſt eine kleine Welt, die ſchoͤne Stadt Caſſel und ringsumher auf ſieben und zwan - zig Doͤrfer in den umliegenden Landſchaften. Man bemerkt leicht aus den Vorthei - len dieſer Lage, daß die Kunſt der Bearbeitung hier einen der ſchoͤnſten Gaͤrten in Europa bilden kann.

Die neuen Anpflanzungen und Scenen ſind groͤßtentheils in den mittlern Ge - genden des Berges, auf einigen Anhoͤhen und in den Niedrigungen. Eine große Mannichfaltigkeit von Auftritten, die Schoͤpfung einer fruchtbaren Einbildungskraft, bricht hier auf allen Seiten hervor. Man hat die Zeiten des Homer und Virgil zuruͤckgefuͤhrt; eine Menge von Vorſtellungen der alten Welt iſt in Statuen und Gemaͤlden erneuert; und die Fabeln der Dichter ſind in taͤuſchenden Geſtalten wieder aufgeſtellt. Goͤtter der erſten Groͤße und Halbgoͤtter wohnen hier unter den Sterb - lichen; und neben den elyſiſchen Feldern hat auch Pluto ſein Reich mit allen ſeinen Ungeheuern eroͤffnet. Den Goͤttern ſind hier Tempel, den Philoſophen Griechen - lands Einſiedeleyen und ſelbſt den Zauberinnen Hoͤhlen erbauet. Man hat nicht bloß das Grabmal des Virgil erneuert, man iſt ſelbſt in die grauen Jahrhunderteder233Beſchreibungen von Gaͤrten. der Pyramiden Egyptens zuruͤckgeſtiegen. Noch mehr. Man glaubte ſelbſt aus den Romanen der Ritterzeiten, aus den Gedichten des Taſſo ſchoͤpfen zu duͤrfen; und Armide hat hier nicht allein ihren Palaſt, ſondern auch ihre Gaͤrten wieder ge - funden. Noch nicht genug. Der Tuͤrke erblickt hier ſeine ſchoͤngebaute Moſchee, und der Chineſer ſeine Pagode und ſein Dorf.

Bey der Menge und Verſchiedenheit aller dieſer Vorſtellungen und Scenen wird man leicht denken, daß ſie ſelbſt auf einem ſo ausgebreiteten Platz zuweilen in einander laufen und ein Gemiſch werden, welches das Auge zerſtreut, und die Ein - bildungskraft belaͤſtigt. In der That haben ſchon viele, die den Carlsberg beſuch - ten, dieſe Wirkung empfunden. Ein altes Monument, eine Pagode, eine grie - chiſche Statue, ein Bach, der den Acheron, ein andrer, der den Styx vor - ſtellen ſoll, (ihr ſchoͤnen heitern Baͤche, unter welchen ſchrecklichen Namen murmelt ihr dahin!) und dann auf der Hoͤhe, an deren Fuß dieſe Baͤche laufen, eine tuͤr - kiſche Moſchee fallen oft auf einmal ins Auge, und bringen eine Miſchung von Vorſtellungen und Bildern hervor, die ſich nicht verbinden, noch an einander reihen laſſen. Es iſt nicht genug zu wollen, daß dieſer oder jener Auftritt das, was ſein Name angiebt, auch wirklich fuͤr jeden Zuſchauer ſey, daß dieſer ſich eben dabey denke, was der Gartenkuͤnſtler dachte. Das Auge laͤßt ſich ſo wenig, als die Ein - bildungskraft, Geſetze aufdringen, welche die Natur nicht kennt. Jeder Meiſter eines Kunſtwerks muß den unveraͤnderlichen Wirkungen der Dinge nachgeben, auf den Gang, den der richtig denkende Geiſt in ſeinen Vorſtellungen haͤlt, nicht weniger achten, als auf die gerechten Forderungen des Geſchmacks. Außerdem darf eine Verſchiedenheit von Scenen, die nicht zerſtreuen, nicht belaſten ſoll, nicht anders, als in einer allmaͤhlichen Fortſchreitung erſcheinen; daher das Geſetz der Verſchlieſ - ſung und Abſonderung durch Vorpflanzung, das Geſetz, ſo lange zu verbergen, bis es Zeit iſt, zu eroͤffnen, d. i. bis der Geiſt nach der vollendeten Wirkung des vorhergegangenen Auftritts wieder in der Verfaſſung iſt, die folgenden mit Be - hagung zu genießen.

Bey allen aus der Mythologie entlehnten Vorſtellungen entſtehen zwey Fragen: ob ſie fuͤr unſer Zeitalter noch intereſſant genug ſind, und ſodann, ob ſie ſich in Gartenanlagen ſchicken? Gewiß iſt es, daß die wenigſten Menſchen Kenntniß und Einbildungskraft genug haben, um noch durch die Bilder der alten Mythologie erwaͤrmt zu werden. Allein es iſt wohl die letzte Frage, worauf es am meiſten an - kommt. Allerdings ſind einige Vorſtellungen zu fuͤrchterlich, um auch, ſelbſt der Wirkung des Contraſtes wegen, in Gartenanlagen aufgenommen zu werden, z. B. Pluto und die Ungeheuer ſeines Reichs. Gegenſtaͤnde, die einen ſo hohen GradV Band. G gdes234Erſter Anhang. des Abſcheues und des Entſetzens erregen, ſind ſo wenig fuͤr den Gartenkuͤnſtler, als fuͤr den tragiſchen Dichter beſtimmt. Einige andere Bilder ſcheinen hier ebenfalls nicht ſchicklich, ob ſie gleich fuͤr einen andern Ort anſtaͤndige und ſelbſt anmuthige Vorſtellungen enthalten. Der Tempel des Mercur z. B. iſt unter allen Gebaͤuden dieſer Klaſſe am meiſten im antiken Geſchmack; er iſt rund, mit freyen Saͤulen toſcaniſcher Ordnung, mit guten Verhaͤltniſſen, von Sandſtein aufgefuͤhrt, und hat in der Mitte die Statue des Gottes und eine erhoͤhte Lage mit weiten Ausſichten. Dennoch wuͤrde ſich ein ſolcher Tempel beſſer auf einen großen Handelsplatz ſchicken; und mit der Statue des Mercur ließe ſich eine Boͤrſe oder das Haus eines Staats - mannes zieren, der ſich vom Kaufmann zum Miniſter erhob, und, anſtatt des Maͤklers, den edlen Kuͤnſtler beſchaͤftigt.

Wenn indeſſen fuͤr die Nachahmung der mythologiſchen Fabel in Gaͤrten ein Ort ſchicklich iſt, ſo behauptet der Carlsberg allerdings ſeinen Vorzug. Das ungeheure Werk und der Anblick des coloſſaliſchen Hercules, der oben aus den Wolken auf das Werk, das mit ſeiner Staͤrke vollendet iſt, herabſchauend ſich nun einer ſtolzen Ruhe zu uͤberlaſſen ſcheint, verſetzt die Einbildungskraft auf einmal in die heroiſchen Zeiten des Alterthums. Dieſe erhabene Scene, der Berg, der faſt den Namen eines Gebirges verdient, die auf ſeiner Hoͤhe wallenden Waͤlder, die vielen angepflanzten Hayne von dunklen Nadelhoͤlzern, verbreiten eine ehrwuͤrdige Feyerlichkeit uͤber die ganze Gegend. Und dieſer Eindruck koͤnnte allerdings noch durch eine wohl gewaͤhlte und zuſammenhaͤngende Reihe mythologiſcher Scenen, die jetzt nur zerſtreut oder vermiſcht erſcheinen, ungemein verſtaͤrkt werden.

Es iſt ſichtbar, daß die rieſenmaͤßige Burg des Hercules den Hauptcharakter der Anlage beſtimmt, und uͤber alles immer im Geſichtspunkt emporragt. Die Scenen muͤßten demnach mit dieſem herrſchenden Gegenſtande verbunden ſeyn, und die, welche ihm am naͤchſten verwandt ſind, ſich ihm auch am meiſten naͤhern. In den obern Tempeln koͤnnten die Thaten des Hercules in Basreliefs, in Sta - tuen und Gemaͤlden vorgeſtellt werden. Dieſe Idee hat nicht allein Uebereinſtim - mung mit dem ganzen Werke, ſondern ſelbſt eine entferntere Beziehung auf die Staͤrke und Wuͤrde des heſſencaſſelſchen Fuͤrſtenſtamms und ſeiner tapfern Krie - ger. Demnaͤchſt erhielten die Gottheiten, die mit dem Hercules verwandt ſind, oder deren Geſchichte mit der ſeinigen Verbindung hat, hier oben ihre Tempel, Woh - nungen, Altaͤre, Statuen und andere Denkmaͤler. Dieſe heroiſchen Scenen ſenk - ten ſich mit den Abhaͤngen des Berges allmaͤhlich herab in die Thaͤler, zu den fanf - tern Gottheiten des Friedens und der Gluͤckſeligkeit. Hier wohnten im Thale die Muſen mit dem Vater der Kuͤnſte, hier haͤtten mit ihnen die Grazien, die Goͤttinnder235Beſchreibungen von Gaͤrten. der Blumen und der Freude, der Friede, die Eintracht, der Ueberfluß, alle dieſe haͤtten hier ihre Tempel und ihre Hayne, indeſſen daß man oben am Olymp die Gegenwart der hoͤhern Maͤchte erblickte. Nichts neues aus unſerer Zeit, nichts chineſiſches, nichts tuͤrkiſches duͤrfte in dieſes große Gemaͤlde ſich miſchen, in dieſes Gemaͤlde, das uns eine Reihe der ſchoͤnſten Bilder des Alterthums rein, un - verfaͤlſcht, und harmoniſch vereint, zur Taͤuſchung des Auges und der Einbildungs - kraft, darſtellen, uns aus unſerm Zeitalter, und gleichſam aus dem Gefuͤhl unſrer gewoͤhnlichen Exiſtenz wegzaubern ſollte, in die heitern Stunden zuruͤck, worinn unſre Jugend ſo oft von den Beſchreibungen der alten Dichter begeiſtert ward.

Bey dieſer Einrichtung koͤnnten verſchiedene hier wohl angelegte Scenen erhal - ten, und nur weiter ausgebildet werden.

Der Hayn der Venus iſt eine ſehr anmuthige Scene. Ich fand ſie einmal in einer maleriſchen Stellung unter einem Baum, ihren kleinen loſen Knaben an an der Hand; ſie blickte in das umherliegende Roſengebuͤſch; eine Quelle ſprang zwiſchen zwey Vogelhaͤuſern, wo mannichfaltige Lieder der Liebe ertoͤnten eine gluͤckliche Verbindung lieblicher Bilder. Im folgenden Jahr ſah ich ſie, von dieſer Scene etwas entfernt, hinter einem franzoͤſiſchen gruͤnangeſtrichenen Git - terwerk ſich verbergen. Warum? Den Geſichtspunkt am Ende einer auf ſie hinlaufenden Allee zu bilden. Mit einem Dienſt, den jedes Holzſtuͤck leiſten kann, ſollte man doch die Goͤttinn der ſuͤßeſten Empfindung nicht beſchweren. In ihr ſchoͤnes Roſenthal wuͤrde ich ſie zuruͤckfuͤhren, hier alle zerſtreuende Gegenſtaͤnde, die nicht hieher gehoͤren, entfernen, ſanfte von Roſen und wohlriechendem Himbeer - ſtrauch umduftete Ruheſitze fuͤr ſie bereiten, keine ſchwermuͤthige Tannen mehr dul - den, ſondern ihr einen Hayn von Syringen, Jasmin, Robinien, Gleditſien pflanzen; hier ſollten einige lebhafte Waſſerfaͤlle oder auch Springbrunnen die Hei - terkeit der Scene vermehren; die ſuͤße Saͤngerinn der Nacht ſicher wohnen, und die Vogelhaͤuſer ſollten eine dem Verdienſt ihrer melodiereichen Bewohner mehr angemeſſene und fuͤr den Reiz des Auges mehr anziehende Geſtalt haben.

Das Thal der Philoſophen wuͤrde ich beſonders erhalten und auszubilden ſu - chen. Es iſt wahrlich eine neue und edle Idee, wuͤrdig der Erfindung eines weiſen Fuͤrſten, der ſeine Regierung durch das Muſeum in Caſſel verewigte. Man wird in der That von Verwunderung und Ehrfurcht erfuͤllt, indem man hier von einer Wohnung zur andern, die ſo viele abgeſonderte Einſiedeleyen ſind, fort - geht, und bey dem Eroͤffnen der Thuͤre bald dieſen, bald jenen griechiſchen Weiſen in Lebensgroͤße natuͤrlich abgebildet, und nach dem Koſtum bekleidet, ſitzen ſieht, in einer Beſchaͤftigung, die ihn charakteriſirt. Plato unterrichtet ſeine Schuͤler;G g 2Socrates236Erſter Anhang. Socrates lieſt im Gefaͤngniß; alle uͤbrige erſcheinen in ihren liebſten Studien. Man ſieht hier den Pythagoras, den Heraclit, den Anaxagoras, den Demo - crit, der die Natur ſo fleißig ſtudierte, und ganze Tage allein in einem kleinen Gartenhauſe zubrachte. Jeder hat ſein beſonderes Haus, und ſelbſt Diogenes ſeine Tonne; doch dieſen ſonderbaren Mann moͤchte ich mit ſeinem Faß etwas ſeit - waͤrts ins Gebuͤſch waͤlzen. Dieſes Thal der Philoſophen muͤßte eine der intereſſanteſten Scenen werden, die ſich ſehr gut in den vorgeſchlagenen Plan des Ganzen ſchickte. Die Bauart der einzelnen Wohnungen muͤßte mehr in dem Stil des Alterthums ſeyn, ſo wie die innere Auszierung, die jetzt hie und da ganz den Geſchmack unſers Zeitalters zeigt. Jedes Haus muͤßte durch Bepflanzung mehr abgeſondert, verborgen und beſchattet erſcheinen. Hier wuͤrde ich den Platanus, der ſchon in Griechenland vor den Hallen der alten Philoſophen ſeine Schatten verbreitete, wieder gruͤnen laſſen. Die Wohnungen des Socrates und des Plato, die eben abgeriſſen und zerſtreut liegen, muͤßten, mehr herabgezogen, mit den andern Haͤuſern in eine naͤhere Angraͤnzung gebracht werden. Jede Wohnung muͤßte die Werke des Philoſophen in der beſten Ausgabe enthalten. Eine ſolche Einrichtung wuͤrde nicht bloß mehr angemeſſene Verzierung und mehr Taͤuſchung, ſondern auch ſelbſt mehr Veranlaſſung zur Unterhaltung des Geiſtes mit den Schrif - ten der alten Weiſen in der Einſamkeit geben.

In den veredelten Anlagen wuͤrden die bloß gemalten Scenen nicht laͤnger Platz haben; ſie fallen ohnehin wohl bald weg. Die Wirkung des erſten Anblicks, den bemalte Breter in einiger Entfernung machen, iſt bey der Annaͤherung gleich auf immer verſchwunden; und ſie faͤllt ganz, wenn der Zuſchauer auf den Hin - tertheil oder die Ecke des Brets ſtoͤßt. Ein großer Prinz, der eine Akademie der ſchoͤnen Kuͤnſte in ſeiner Reſidenz naͤhrt, und jaͤhrlich ſo betraͤchtliche Summen auf Gebaͤude und alle Arten von Verſchoͤnerungen großmuͤthig verwendet, kann leicht Werke der Bildhauerkunſt, anſtatt bemalter Breter, ſchaffen laſſen, oder ſie ganz entbehren. Die Menge der bemalten Breter, als Orpheus mit den bezaͤhmten Thieren, Phaeton, das Bad der Diana und des Apollo, die Mu - ſen bey dem Tempel dieſes Gottes, der Minotaur, noch mehr die ſogenannten Graͤber der dramatiſchen Dichter alle dieſe gemalten Decorationen werden ver - muthlich in einiger Zeit nicht mehr ſeyn.

Indeſſen ſind hier einige Scenen ſehr gut angelegt, wenn ſie nur mit den uͤbrigen Auftritten, beſonders mit den aus dem Alterthum, in einer naͤhern Ver - bindung ſtuͤnden. Das Haus der Armide iſt mit ſeinem Bezirk eine anziehendeAnlage.237Beſchreibungen von Gaͤrten. Anlage. Die Geſchichte hat das Romanhafte, das die Einbildungskraft ſo ganz bezaubert und dahin reißt, und ſcheint hier, mehr ihrem Intereſſe als der Zeit nach, mit den uͤbrigen Gegenſtaͤnden verbunden zu ſeyn. Das Haus der Armide iſt wohl gebaut und beſteht aus einem Saal, der mit der Geſchichte der Zauberinn ausgemalt iſt. Hinter dem Hauſe dehnt ſich ein waldigter Umzug, und das Revier umher iſt verſchloſſen. Vor dem Eingange zieht ſich der Garten der Armide, mit Blumen geſchmuͤckt, von einer ſanften Hoͤhe herab, und endigt ſich an einem Raſen, der zu dem Waſſer herabfließt, das an dem Fuß des Huͤgels ruht. Dieß Waſſer bildet den See vor, uͤber welchen man ſich dem Hauſe der Zauberinn naͤhern mußte. In einem angraͤnzenden Walde wohnt der Einſiedler Peter. Seine Einſiedeley iſt im aͤchten Stil erbaut und taͤuſchend ver - ziert. Er ſelbſt ſitzt, eine Figur in Lebensgroͤße, in der Kleidung eines Wald - eremiten, und hat eine Charte, worauf die Wege in ſeinem Walde gezeichnet ſind, und wo er zu ſuchen ſcheint, um den Rittern den Pfad zum Hauſe der Armide zu weiſen. Um die Einſiedeley erblickt man ein ſchoͤnes waldigtes und angepflanztes Revier, verſchiedene hervorſpringende und verſchließende Gruppen. Eine Scene, die gut erfunden und angeleget iſt.

Andere Scenen fuͤhren noch bloß den Namen, und erwarten erſt ihre Aus - fuͤhrung. Dahin gehoͤren die elyſiſchen Felder. Ein großes waldigtes Gebuͤſch bildet ein langes ſchmales, aber anmuthiges Revier, in welchem ſich der Pfad fortwindet, neben einem ſchoͤnen Bach, der dahin murmelt, und verſchiedene Waſſerguͤſſe macht. Die Gebuͤſche ſind von manchen hohen Baͤumen, die aus ihnen emporſteigen, uͤberſchattet, und winden ſich mit fuͤnf bis ſechs neuen Wen - dungen dahin. Der ſchmale Zwiſchenraum iſt von einem ſchoͤnen Gruͤn bekleidet. Dieß iſt eine uͤberaus liebliche ſanft begeiſternde Scene; aber dennoch nicht Ely - ſium, ſondern noch bloß eine reizende Naturgegend. Sie iſt noch nicht aus - gebildet, nicht charakteriſirt genug. Nicht genug iſt es zu einer ſolchen Scene, daß man den Bach Lethe nennt, ob er gleich ein ſanftes ruhiges Vergeſſen der Welt einzufloͤßen ſcheint. Dieſer Bach, die Baͤume, die Gebuͤſche, der Raſen, die Stille, alles iſt lieblich; aber Elyſium iſt nicht einſam, nicht leer von Gluͤcklichen.

So einladend nun ſchon ſolche ſanfte Naturſcenen an ſich ſind, ſo ſehr ſtechen dagegen einige Auftritte in der alten ſteifen Manier ab, die zuweilen damit abwechſeln, als geſchorne Hecken, Labyrinthe, Theater.

G g 3Die238Erſter Anhang.

Die Gebaͤude des Carlsberges ſind, im Ganzen betrachtet, von guter Architectur. Der Tempel des Mercur iſt, wie bereits geſagt, mehr im antiken Geſchmack. Der Tempel des Apollo zeigt ſich im Proſpect auf ſeiner Hoͤhe, und hat eine uͤberaus entzuͤckende Ausſicht. Er iſt inwendig mit Bil - dern geziert, die auf die Geſchaͤfte des Gottes anſpielen, und ſeine Statue erſcheint hier in coloſſaliſcher Groͤße. Aber er iſt nicht ſowohl ein alter Tempel, als viel - mehr ein hoher, gut gebaueter Pavillon. Er iſt von Holz, hat vier große Oeff - nungen, und ein rundes Dach. Der Weg hinauf iſt in der alten Manier der Schneckenberge angelegt, ermuͤdend und von dunklen Tannenhecken eingeſperrt. Dieß Gebaͤude verlangt doch allerdings eine freye und edle Pflanzung um ſich her. Die auf Bretern gemalten Muſen ſind deſto mehr entbehrlich, da die Statue des Apoll beym Hinaufſteigen zwiſchen den großen Oeffnungen des Gebaͤudes hervor - ſcheint und ganz das Auge beſchaͤftigt. Der Tempel der Minerva iſt nichts anders, als ein franzoͤſiſcher Pavillon mit vergaͤnglichem Gitterwerk, gegen die Bauart der Alten, freyſtehend mit großen Oeffnungen und einem runden Dach. In eben der Form und Bauart, als der Tempel des Apoll, iſt der Tempel der Calypſo; dieſe Wiederholung ſcheint eine Duͤrftigkeit der Erfindung zu verrathen, die hier doch ſonſt nirgends ſichtbar iſt. Die Hoͤhle der Sibylle iſt tief, dunkel, feyerlichfurchtbar, wie es ſich fuͤr eine Wahrſagerinn ſchicket, die in der Nacht der Zukunft forſcht, und mit Schickſalen ſchreckt, die noch nicht herein - gebrochen ſind.

Uebrigens ſind die neuen Anlagen auf dem Carlsberg noch keiner voll - ſtaͤndigen Beſchreibung faͤhig, da ſie noch immer fortgeſetzt werden und ſo mancher Abaͤnderung unterworfen ſind. Indeſſen iſt es doch der Ort, wo die Wirkſamkeit dieſer Regierung in Gartenverſchoͤnerungen faſt allein ſichtbar iſt; die uͤbrigen caſſelſchen Hofgaͤrten ſind mehr ſich uͤberlaſſen oder dem vorigen franzoͤſiſchen und hollaͤndiſchen Geſchmack, der noch in ihnen herrſcht. Alle, die den Carlsberg mit ſo vielem Vergnuͤgen beſteigen, finden hier mannichfaltige Veranlaſſungen den erfinderiſchen und thaͤtigen Geiſt des Fuͤrſten zu verehren, der ſo viele neue, zum Theil noch unbekannte Anlagen ſchuf, der ſeine Reſidenz nicht bloß verſchoͤnerte, ſondern ſie auch zu einer Wohnung der edlern Kuͤnſte weihete, der, ſelbſt ein großer Kenner, ſelbſt ein guter Zeichner, mit dem gluͤcklichſten Gedaͤchtniß viel nuͤtzliche Wiſſenſchaften vereinigt.

Weißenſtein, am Fuß des Carlsbergs, der Aufenthalt des Hofes, iſt ein altes Schloß, das aus einem ehemaligen Kloſter entſtand; indeſſen hat es durcheinige239Beſchreibungen von Gaͤrten. einige Veraͤnderungen und den weißen Anſtrich ein lebhaftes Anſehen in der Ferne gewonnen. Wuͤrde hier ein neues Gebaͤude im Geſchmack der gereinigten Bau - kunſt angelegt, ſo koͤnnte es mit der Scene unten am Berge in eine ſehr gluͤck - liche Verbindung geſetzt werden. Schon war es der Plan des erſten großen Anlegers vom Carlsberg, hier ein praͤchtiges Schloß im italiaͤniſchen Geſchmacke aufzufuͤhren*)Das Modell davon iſt auf dem Modellhauſe zu Caſſel zu ſehen.. Neben dem jetzigen Gebaͤude liegen verſchiedene anmuthige Pa - villons. Der Abhang auf der Hinterſeite wuͤrde ſich, anſtatt der Terraſſen, beſſer mit einem großen Raſen auszeichnen; die Anſicht des Gebaͤudes ſelbſt ſowohl, als die Ausſicht aus ſeinen Fenſtern, wuͤrde dadurch nicht wenig gewinnen. Auch der große Gartenplatz vor dem Schloſſe in der letzten Vertiefung des Carlsberges waͤre noch einer edlern Verzierung faͤhig.

Zweyter240Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden und Garten - proſpecten.

I. Italien.

1.

Es war unſtreitig in den ſchoͤnen und von einem ſo milden Himmel begluͤckten Ge - filden Italiens, wo in den neuern Zeiten Europa die erſten Gaͤrten wieder aufbluͤhen ſah. Hier erwachte zuerſt das Gefuͤhl fuͤr das Schoͤne, und weckte zugleich die edlern Kuͤnſte aus ihrem langen Schlummer auf. Man weiß, daß dieſe wichtige Revolution ſich beſonders in Toſcana durch die großmuͤthigen Bemuͤ - hungen des Geſchlechts Medici erhob. Und hier ſcheint auch mit der Liebe des Ackerbaues die Gartencultur zuerſt in Italien wieder erweckt zu ſeyn.

Bis zu den Zeiten des Lorenzo Medici waren die reichſten Haͤuſer in Ita - lien nur auf den Handel bedacht. Ackerbau und Gartenkunſt wurden faſt ganz ver - nachlaͤßigt. Er war der erſte, der ſeine Kapitalien auf liegende Gruͤnde verwen - dete. Der erſte beruͤhmte Garten, von welchem man ſeit den mittlern Zeiten in Italien weiß, war jener des erwaͤhnten Lorenzo hinter der Kirche St. Marco zu Florenz. Die Alleen, die Hallen, die Zimmer des dabey befindlichen Pala - ſtes waren mit alten und neuen Werken der Kunſt ausgeſchmuͤckt.

Noch beruͤhmter wurden im Anfange des XVI Jahrhunderts die Gaͤrten Bern - hards Rucellai, horti oricellarii von den gleichzeitigen Schriftſtellern genannt. Niemand reiſete in Italien, der nicht den reichen und geſchmackvollen Rucellai zu Florenz beſuchte, und in ſeinen Gaͤrten auf das freundlichſte empfangen ward. Sie waren nach des Lorenzo Tod der Verſammlungsort der platoniſchen Akade - mie, und aller einheimiſchen und fremden Gelehrten. Was Rucellai koſtbares von antiken Statuen aus entfernten Laͤndern geſammelt hatte, das war die vornehmſteZierde241Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Zierde dieſer Gaͤrten. Sie beſtanden außerdem in Luſtwaͤldern, Buſchwerk, Alleen, Lauben, Wieſen und Fiſchteichen, die mit einander abwechſelten. Durch ihren verzuͤglichen Ruhm wurden ſie das Modell, wornach man damals in Italien die Gaͤrten anlegte. Dieß bezeugt auch noch heut zu Tage die urſpruͤngliche Anlage der aͤlteſten Gaͤrten in Toſcana, beſonders der großherzogliche Garten Boboli zu Florenz.

Cosmus I. brachte dieſen Garten mit dem Palaſt Pitti, dem jetzigen Re - ſidenzſchloß des Großherzogs, durch Kauf an ſich, und vergroͤßerte ihn betraͤchtlich. Seine Gemahlinn, Eleonora von Toledo, Tochter des Vicekoͤnigs von Neapel, war eine große Liebhaberinn von Gaͤrten. Da der Hof noch im alten Rathhauſe (Palazzo vecchio), das auf morgenlaͤndiſche Art oben platt bedeckt iſt, reſidirte, hatte ſie es mit haͤngenden Gaͤrten verſchoͤnert. Sie war die erſte, die den Garten Bo - boli mit auslaͤndiſchen Pflanzen und Blumen und Kuͤchenkraͤutern beſetzte, indeß Cosmus ihn mit Statuen ausſchmuͤckte. Auch verwendete er betraͤchtliche Schaͤtze, bey den von ihm erbaueten Luſtſchloͤſſern Caſtello und Poggio Gaͤrten und Luſt - waͤlder anzulegen.

Unter dem Großherzog Franz I. fieng man allgemein an, die Luſtwaͤlder mit Olivenbaͤumen, ausgefuchten Weinſtoͤcken und Obſtbaͤumen zu beſetzen. Er ſelbſt ließ neue Pflanzen und Obſtbaͤume aus Spanien und Sicilien kommen, ſeine Gaͤrten damit zu veredeln. Eben dieß thaten, durch ſein Beyſpiel gereizt, die reichern Unterthanen. Daher kommt es, daß es ſo viele Arten von Wein in Toſcana giebt, die mit den ſpaniſchen viel Aehnlichkeit haben. Beſonders be - foͤrderte er die Cultur der Maulbeerbaͤume. Er ließ das Luſtſchloß Pratolino er - richten, und die daran ſtoßenden Huͤgel in Gaͤrten verwandeln, indem er ſie mit auslaͤndiſchen und einheimiſchen Gewaͤchſen bepflanzte. Auch den Garten Boboli zu Florenz bereicherte er mit fremden Pflanzen und neuen Kunſtwerken, ſelbſt von der Hand des beruͤhmten Johann von Bologna. Zu Piſa hatte ſchon ſein Va - ter Cosmus I. einen botaniſchen Garten und einen Lehrſtuhl der bis dahin verwahr - loſeten Botanik geſtiftet, und die Pflanzen dazu aus Sicilien, Aſien und Egypten kommen laſſen. Franz I, ein groͤßerer Kenner der Naturgeſchichte, bereicherte nicht nur den piſaniſchen Garten mit fremden Gewaͤchſen, ſondern legte auch einen neuen botaniſchen Garten zu Florenz an. Zu dem Ende ſchickte er zwey vortreff - liche Kraͤuterkenner, Joſeph Caſabona, einen Niederlaͤnder, und Lorenz Mazzanga von Barga aus Toſcana, auf Reiſen in Italien, Sicilien und auf den venezianiſchen Inſeln, um Pflanzen und Kraͤuter zu ſammeln.

V Band. H hFerdi -242Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Ferdinand I. hat ſich unter allen Fuͤrſten des Hauſes Medici am meiſten um den Gartenbau verdient gemacht. Es iſt faſt unglaublich, welche Muͤhe er ſich gab, und welche Schaͤtze er verwendete, um moraſtige Gegenden auszutrocknen und urbar zu machen. Viele florentiniſche Handelshaͤuſer kehrten, um dem pa - triotiſchen Fuͤrſten zu gefallen, mit ihrem Reichthum ins Vaterland zuruͤck, und verwandelten ihre Schaͤtze in liegende Gruͤnde. Man konnte mit Recht auf ſie den Ausſpruch des Horaz anwenden:

Vos ſapere et ſolos ajo bene vivere, quorum
Conſpicitur nitidis fundata pecunia villis.

In kurzer Zeit ward Toſcana mit Weinbergen und Olivenwaͤldern ſo bedeckt, daß kein Land in Italien damit verglichen werden konnte. Nach dem Maaß, wie der Ueberfluß an natuͤrlichen Producten durch den Ackerbau zunahm, wuchs auch der Luxus im Gartenbau. Man beſtrebte ſich gleichſam um die Wette, die ſeltenſten und ſchoͤnſten Gewaͤchſe aus Aſien und America kommen zu laſſen; und die vom Groß - herzog Ferdinand angelegten Gaͤrten waren der allgemeine Gegenſtand der Nach - eiferung. Die Pflege der Blumen, Obſtbaͤume und auslaͤndiſchen Gewaͤchſe ge - hoͤrte unter die ritterlichen Uebungen des Adels, und ward als ein entſcheidendes Merkmal des guten Geſchmacks angeſehen. Caſabona, großfuͤrſtlicher Botanicus, hatte aus der Lombardey und Candia die ſeltenſten Pflanzen und Blumen von den Bergen Baldo und Ida gebracht, und den Garten zu Piſa damit bereichert. Von hieraus wurden ſie unter die Liebhaber vertheilt, und in ganz Toſcana fortge - pflanzt. Der Großherzog ließ eine große Menge Maulbeerbaͤume in ſeinen eigenen Gaͤrten ſaͤen und pflanzen, und theilte ſie unentgeltlich unter ſeinen Unterthanen aus. In den letzten Jahren ſeiner Regierung wurden auch, zum Vortheil des Garten - weſens, die Treibhaͤuſer mit Oefen durch einen Venezianer in Florenz ein - gefuͤhrt.

Cosmus II. folgte dem Beyſpiel ſeines Vaters in der Befoͤrderung der Gar - tenkunſt. Er ließ in den Gaͤrten Pratolino und Caſtello die Springbrunnen wie - derherſtellen, bereicherte den Garten Boboli mit Gebuͤſchen, mit ſeltenen Pflan - zen, mit Citronen - und Pomeranzenbaͤumen. Eben dieß thaten ſeine Gemah - linn Maria Magdalena von Oeſtreich bey dem von ihr erbaueten Luſtſchloß Poggio Imperiale unweit Florenz, und ſein Sohn, der Cardinal, Johann Carl, in dem ehemaligen Ruccelaiſchen Garten, den er mit Grotten, Statuen, Springbrunnen und ſeltenen Gewaͤchſen verſchoͤnerte. Unter Cosmus II. fiengen die Gaͤrten an, durch viele Orangerien beruͤhmt zu werden. Eine Menge koͤſtlicherWeintrauben243Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Weintrauben war nichts Seltenes mehr, da man ſie hingegen zu Cosmus I. Zeit noch groͤßtentheils aus Candia und den Inſeln des Archipelagus kom - men ließ.

Ferdinand II, des Cosmus Sohn, brachte die Gaͤrten in Toſcana noch mehr zur Vollkommenheit. Er ſchickte einen Arzt, einen Apotheker und einen Ma - ler nach Indien, Kraͤuter und Pflanzen zu ſammlen und nach der Natur abzu - malen. Unter ihm kam der Orangenbau zur hoͤchſten Vollkommenheit, und die Florentiner zeichneten ſich dadurch von allen Italiaͤnern aus.

Unter den letzten Großherzogen aus dem Hauſe Medici, Cosmus III. und Johann Gaſto, erhielt die Gartenkunſt in Toſcana keinen neuen Zuwachs. Unter dieſen unthaͤtigen Fuͤrſten verſiegten faſt alle Quellen des Luxus. Nur die Cultur der Orangen und des Weins erhielt ſich noch im Fortgang; alles Uebrige aber, was die Verſchoͤnerung der Gaͤrten betrifft, gerieth in Verfall.

Man ſieht aus dieſer Erzaͤhlung von den allmaͤhlichen Fortſchritten der Garten - cultur in Toſcana*)Sie iſt ein Auszug der Geſchichte des Gartenweſens in Toſcana, die Hr. Biblio - thekar Jagemann in Weimar fuͤr denGartenkalender 1783. S. 106 u. ſ. w. mit vieler Sorgfalt verfertigte. beſonders auch die Wege, wodurch ſo viele auslaͤndiſche Ge - waͤchſe zuerſt nach Italien kamen, die ſich von da in Frankreich, Deutſchland und den uͤbrigen Laͤndern von Europa nach und nach weiter ausbreiteten.

Der jetzt regierende Großherzog hat die toſcaniſchen Luſtſchloͤſſer und Gaͤrten, beſonders Boboli, Capeggi, Lambrogiana, um vieles verbeſſert. In allen toſcaniſchen Gaͤrten liegt noch die Anlage, die unter den mediceiſchen Großher - zogen, beſonders Ferdinand II, eingefuͤhrt ward, zum Grunde. Buſchwerk von Lorbeerbaͤumen und andern fremden und auslaͤndiſchen Pflanzen, Lauben von koͤſtli - chen Weintrauben, Orangerien, Obſtbaͤumen, Wieſen, Teiche, Statuen, Grot - ten und Springbrunnen, alles mit genauer Regelmaͤßigkeit angelegt, ſind das Hauptwerk der toſcaniſchen Gaͤrten.

Nicht leicht kann ein Prinz ſo viele Luſtſchloͤſſer und Gaͤrten haben, als der Großherzog von Toſcana. Eins der vornehmſten iſt Poggio Imperiale, nahe bey Florenz. Die Lage des Gebaͤudes iſt ſehr angenehm. Es iſt weitlaͤuftig, und als ein Landhaus bequem eingerichtet; der inwendige kleine Hof hat das Anſehen eines Kloſterhofes, der mit doriſchen und ioniſchen Saͤulen uͤber einander, und demnaͤchſt mit acht Buͤſten verſehen iſt. Der Garten iſt weitlaͤuftig, aber ſehr kunſtreich angelegt, beſonders voll kleiner Vexierwaſſer, welches kindiſche Spiel -H h 2werk244Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,werk der Italiaͤner großen Caſcaden und Waſſerkuͤnſten vorzieht, die man wenig bey ihm findet. *)Volkmanns Nachrichten von Ita - lien 1ſter B. S. 562 565.

Das Luſtſchloß Pratolino, nicht weit von Florenz, hat zwar von Seiten der Architectur des Gebaͤudes wenig Empfehlung, der Garten aber giebt wegen der vielen Springbrunnen,**)Deſcrizione delle Fontane e fabri - che di Pratolino, p. Bern. Sans. Grotten und ſchattenreichen Alleen im Sommer einen angenehmen Aufenthalt. Die Verzierungen bey den Waſſerkuͤnſten ſind in dem kleinen ſpielenden Geſchmack der vorigen Zeit. ***)Jagemanns Briefe uͤber Italien, 8. 2ter B. S. 202 212. 〈…〉〈…〉Sgrilli Architetto. In Firenza 1762. fol. mit 12 Kupferſtichen. Eine andereFolge von anmuthigen Proſpecten des Pratolino iſt von Stefano Della Bella ſehr maleriſch radiert herausgegeben.

Der Garten Boboli, hinter dem Reſidenzſchloſſe Palazzo Pitti zu Florenz, hat Abwechſelungen von Huͤgeln und Ebenen, Wildniſſen und Luſtwaͤldchen, offe - nen gruͤnen Plaͤtzen und ſchattichten Alleen, Gebuͤſchen, Wieſen und Teichen, und eine Menge kleiner Fußſteige, die ihn durchkreuzen, die Statuen und Waſſerkuͤnſte mit ihren Spielwerken ungerechnet. Ein vorzuͤglicher Platz darinn iſt ein Berg, der unten von einem Walde umgeben iſt, uͤber welchen hinaus man eine entzuͤckende Ausſicht uͤber die Stadt Florenz, das vom Arno bewaͤſſerte Thal und die unzaͤh - ligen kleinen Huͤgel genießt, die wellenfoͤrmig durch das ganze Land fortgehen, und die man viele Meilen weit und breit uͤberſchauet. Blickt man auf die Landhaͤuſer, womit alle Huͤgel und Abhaͤnge befaͤet ſind, ſo glaubt man eine meilenlang weit aus - geſtreckte Stadt zu ſehen; bemerkt man aber, wie alle die Anhoͤhen mit Oelbaͤu - men mit Weinſtoͤcken, die auf Ulmbaͤumen ruhen, mit Kaſtanien, Obſtbaͤumen und Orangerien bedeckt ſind, ſo ſcheint alles ein unermeßlicher Luſtwald oder Baumgarten zu ſeyn. Der ganze Gipfel des Berges, mit dieſer Ausſicht erheitert, iſt ſehr reich an wilden Kraͤutern, die mit ihren balſamiſchen Duͤften die Luft rings - umher erfuͤllen; auch iſt ein betraͤchtlicher Theil von ihm mit wohlriechenden Blumen bepflanzt. †)Jagemann S. 171 190. Raccolta di veduta e Perſpettive del Real Giardino di Boboli: eine neue 1783 angefangene Sammlung von 34 Blaͤttern in Fol. von Aniello Lamberti gezeichnet und geſtochen.

Das Luſtſchloß, Poggio a Cajano, ein paar Meilen von Florenz ent - fernt, koͤnnte keine ſchoͤnere Lage haben. Es uͤberſchaut gegen Oſten, Weſten und Norden eine weite fruchtbare Ebene; und gegen Mittag hat es die angenehmen carminianiſchen Huͤgel vor ſich, die einen bekannten koſtbaren Wein hervorbringen. Es245Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Es iſt in allen ſeinen Theilen praͤchtig, aber die Pracht iſt von einer edlen Einfalt begleitet. Der Garten iſt in der gewoͤhnlichen Manier der Italiaͤner. *)Jagemann S. 191 u. ſ. w.

2.

Indem man ſich in den Lagunen befindet, erblickt man auf der einen Seite Venedig in ſeiner ſonderbaren Lage, auf der andern aber eine anmuthige Kuͤſte, die mit Haͤuſern beſaͤet iſt. In dem Canal der Brenta faͤhrt man durch eine un - unterbrochene Reihe von Doͤrfern, Landhaͤuſern, Palaͤſten, Gaͤrten und ſchoͤnen Wieſen, die auf beyden Seiten in einer reizenden Abwechſelung erſcheinen. Das praͤchtigſte unter allen venezianiſchen Landhaͤuſern an der Brenta liegt in dem Flecken Stra, fuͤnf Meilen von Padua, und gehoͤrt der Familie Piſani; das Gebaͤude und der Garten ſind von einem anſehnlichen Umfange; dieſer iſt im Gan - zen ſymmetriſch, aber in einigen Theilen abwechſelnd.

Padua, das in einer angenehmen fruchtbaren Ebene liegt, iſt mit vielen Landhaͤuſern, zumal an der Brenta, umgeben; die geſunde Luft und die benach - barten mit den ſchoͤnſten Weinreben und Oelbaͤumen bepflanzten Huͤgel vermehren hier die Anmuth des Landlebens. Noventa, zwey Meilen von Padua, iſt we - gen des ſchoͤnen Landhauſes der Giovanelli und ſeines angenehmen Gartens beruͤhmt.

Die Gegenden um Mayland, um Breſcia, um Lucca, um Genna ſind mit praͤchtigen Landſitzen und kleinen Sommerhaͤuſern verſchoͤnert, die faſt uͤberall eine reizende Lage haben. Denn in einem ſo warmen Lande ſucht man bald die An - hoͤhen, bald die Kuͤſten des Meers, bald die Ufer der Fluͤſſe zum Sommer - aufenthalt.

Die Gegend von Turin zeichnet ſich nicht weniger durch verſchiedene anmu - thige Luſtſchloͤſſer und Landſitze aus. Das Luſtſchloß Valentin iſt von einer artigen Architectur und liegt am Ufer des Po. Der Garten iſt nach italiaͤniſchem Ge - ſchmack angenehm. Der Spaziergang von Turin bis ans Schloß iſt einer der anmuthigſten in Italien; er beſteht aus verſchiedenen Alleen, die mit hohen Baͤu - men in vier Reihen beſetzt, und mit kleinen fließenden Baͤchen eingefaßt ſind.

Die Venerie iſt das vornehmſte von den koͤniglichen Luſtſchloͤſſern. Der Garten iſt weitlaͤuftig. Er hat große Raſenſtuͤcke, mit den Blumen der Jahreszeit verziert, und mit keinen Graͤben umgeben, die zu ihrer Waͤſſerung dienen; allein die Luſtgebuͤſche haben noch die alte Architecturverkuͤnſtelung.

H h 3Stupinigi,246Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Stupinigi, ein anderes Luſtſchloß des Koͤnigs, iſt von geringer Bedeutung. Der große Garten beſteht faſt nur aus Raſenſtuͤcken, doch hat er auch einige bedeckte Gaͤnge und große hohe Alleen, die in den angraͤnzenden Park fuͤhren, durch deſſen lange ausgehauene Wege die Ausſicht bis an den Horizont ſtreicht.

Die Vigne de la Reine hat ein kleines, aber zierliches Gebaͤude, das Ber - nini ehemals fuͤr das beſte in und um Turin hielt. Es liegt auf einem Huͤgel vor der Stadt jenſeits des Po, und beherrſcht die ſchoͤnſte Ausſicht, die ſich nur gedenken laͤßt. Man uͤberſieht Turin, die ganze Ebene bis Rivoli, und verfolgt den Lauf des Po auf anderthalb Meilen. Der Garten hinter dem Gebaͤude iſt in Terraſſen abgetheilt; er ſtoͤßt an ein nicht anſehnliches Luſtwaͤldchen, deſſen Gaͤnge aber ſo geſchickt eingetheilt ſind, daß der Platz viel groͤßer ſcheint, als er iſt. Der Aufenthalt iſt hier uͤberaus anmuthig. *)Volkmanns Nachrichten von Italien 1ſter B. S. 188 195.

3.

Unter der Menge von Villen, die in Rom und in der Gegend der Stadt umher liegen, ſind zuerſt die vaticaniſchen Gaͤrten zu bemerken, wovon einer der heimliche Garten oder Belvedere, der andere der große heißt. Die kleinen elenden Vexierwaſſer, die man hier bis zum Ueberdruß antrifft, ſind doch eben keine anſtaͤn - dige Verzierungen in dem Garten des erſten Biſchofs der roͤmiſchen Kirche. So - gar eine Terraſſe, die eine vortreffliche Ausſicht uͤber die Stadt Rom eroͤffnet, iſt damit verkuͤnſtelt. Der große Garten beſteht aus Luſtwaͤldern, die von Alleen durchkreuzt ſind, aus Gebuͤſchen und Springbrunnen. Auf einer Anhoͤhe liegt il Caſino des Pabſtes Pius IV. Dieß kleine Gebaͤude iſt unter Pabſt Julius II. nach einem alten, das am Ufer des gabiniſchen Sees geſtanden, durch Pirrhus Ligorius aufgefuͤhrt; Pius IV. gab ihm Ausbeſſerung und Verſchoͤnerung. Die Gallerie vor dem Gebaͤude, oder der Ort, den die Alten Lavarium nannten, iſt von guter Architectur; ſie hat drey Eingaͤnge mit vier doriſchen Saͤulen von Granit.

In dem paͤbſtlichen Garten des Quirinals erſcheint wenig Pracht, und er hat faſt nur das Anſehen eines Privatgartens. Die Gegend, die dem Palaſte am naͤchſten iſt, beſteht in regulaͤren Waͤldern von Eichen, Linden, Cypreſſen, Tan - nen, Granatbaͤumen, Lorbeerbaͤumen u. a. Unter den Springbrunnen befindet ſich einer, deſſen großes Becken aus Porphyr beſteht, und mit einem ſchoͤnen Pa - villon uͤberdeckt iſt. In einer andern Gegend erblickt man in einem von Lorbeerbaͤu - men uͤberkleideten Felſen eine Grotte, worinn eine Fontaine vor der Statue einerNymphe247Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Nymphe ſpringt, welche Bewohnerinn dieſes Orts zu ſeyn ſcheinet. Der Platz vor der Grotte iſt mit dicken Baͤumen umgeben, die ihr ein ehrwuͤrdiges Anſehen er - theilen, und das Ganze macht eine ſchoͤne maleriſche Scene.

Die Villa Pamfili iſt eines der groͤßten und ſchoͤnſten Landhaͤuſer bey Rom. Das Gebaͤude iſt mit zwey Reihen corinthiſcher Pilaſter uͤber einander und mit einer Attike verſehen. Vor demſelben liegt eine Halle, woraus man in einen Saal tritt. Auf dem Dach iſt ein Sitz in Geſtalt eines viereckigten Thurms angebracht, wo man eine vortreffliche Ausſicht genießt. Die neuere Einrichtung des Gartens iſt von der Erfindung des Le Notre, und demnach in einem bekannten Geſchmack. Zu den Baͤumen und Straͤuchern hat man immer gruͤnende gewaͤhlt; daher iſt hier der Spaziergang in jeder Jahrszeit angenehm. In dem Thierpark wird eine Menge Wild unterhalten.

Aus der Villa Mellini, die auf der Hoͤhe des Berges Mario liegt, uͤber - ſieht man Rom nach ſeinem ganzen Umfange, die weite Landſchaft Campagna di Roma, und alle Kruͤmmungen der Tiber, die ſich bald dem Auge zeigt, bald wieder verbirgt; aus dieſem vernachlaͤßigten Platze ließe ſich einer der herrlichſten Luſtoͤrter in Italien bilden.

Der Garten der beruͤhmten Villa Borgheſe iſt einer der weitlaͤuftigſten bey Rom, und haͤlt fuͤnf italiaͤniſche Meilen im Umfang. Er beſteht faſt ganz aus Luſtwaͤldern, die mit Alleen durchſchnitten ſind, hat Gebuͤſche zum Vogelfang, Blu - men und Springbrunnen, einen Weinberg, Obſtgarten, Orangerie und einen Thiergarten in ſeinem Bezirk. Auch hier iſt die Anordnung in der gewoͤhnlichen Regelmaͤßigkeit.

Die Villa Albani gehoͤrt zu den ſchoͤnſten Gebaͤuden in Rom. Auf beyden Seiten ſind Colonaden von Saͤulen aus Granit angelegt, die mit den Buͤſten der beruͤhmteſten Maͤnner des Alterthums geziert ſind. Der Garten hat anmuthige Luſtwaͤldchen und eine ſo reiche Auszierung mit Werken der Kunſt, daß man in die Villa eines alten prachtliebenden Roͤmers verſetzt zu ſeyn glaubt. *)La celebre Villa del Cardinale Alefſandro Albani, offave dell Abbate Proſpero Betti. fol. 1768. Rom.

Die Villa Eſtenſe, die ehemals ſo beruͤhmt war, und bey ihrer Anlage uͤber drey Millionen Scudi gekoſtet, hat auf ihrer Hoͤhe eine treffliche Lage, und eine Menge von Terraſſen, Springbrunnen, Labyrinthen, Luſtwaͤldchen und Orangerien. Das Gebaͤude hat außer ſeiner Stelle, indem es auf einer Tetraſſe ſteht, nichts Be - ſonders. Gegen Tivoli iſt ein guter Waſſerfall angelegt, woruͤber eine Grotte liegt. Die248Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Die Fontainen und Waſſerkuͤnſte, die ſo zahlreich ſind, verlieren ſich auch hier in das Unnatuͤrliche und Geſchmackloſe. *)Die beſten Proſpecte dieſes Gartens findet man auf 29 Blaͤttern von Venturini geſtochen unter dem Titel: Fontane del Giardino Eſtenſe in Tivoli co loro pro - ſpetti e colla Cascata del Fiume Aniene.

Der Garten der Villa Aldobrandini hat nicht ſo viel dunkelgruͤne Baͤume, als die uͤbrigen Gaͤrten dieſes Landes, und daher ein mehr muntres und friſches An - ſehen. Die Alleen von Platanen verbreiten indeſſen ihren vortrefflichen Schatten, und die Springbrunnen und Waſſerfaͤlle ſind mit mehr Geſchmack, als ſonſt gewoͤhn - lich iſt, angeordnet. Von den Terraſſen genießt man eine reizende Ausſicht uͤber die Ebenen bis an das mittellaͤndiſche Meer, worauf man bey hellem Wetter die Schiffe ſegeln ſieht.

Dieſe letzten Villen liegen in den merkwuͤrdigen Gegenden von Tivoli und Fraſcati, die ſchon zu den Zeiten der alten Roͤmer mit Landſitzen bereichert wa - ren. **)Hier verdient noch dieſes Werk eine Anzeige: Delle Ville e de piu notabili monumenti antichi della città e del ter - ritorio di Tivoli, nuove ricerche di Ste - fano Cabral e fauſto del etc. 8. 1779. In Romá da Benedetto Settari. Der Artikel von den alten Villen zu Tivoli iſt in dieſem Buch das Wichtigſte und aus ei -nem hoͤchſt ſeltenen Werke genommen, naͤm - lich aus einer Handſchrift von einer voll - ſtaͤndigen Geſchichte von Tivoli, die ſich in der Barberiniſchen Bibliothek befindet, wohin ſie der Kardinal Francesco Barbe - rino, Gouverneur dieſer Stadt, 1632 brin - gen ließ.Doch ziehen die heutigen Roͤmer mehr den Aufenthalt von Fraſcati vor, bey welcher Stadt viele Gaͤrten in einer angenehmen Lage erſcheinen. Uebri - gens iſt bekannt, daß die Villen in und um Rom als Magazine der Alterthuͤmer beruͤhmt ſind, und daß dieſe Schaͤtze nicht ſelten ihr vornehmſtes Verdienſt aus - machen. ***)Volkmanns Nachrichten von Italien 2ter B. Giardini di Roma da G. B. Falda, 21 Blaͤtter; ſie befinden ſich auch in Volk - manns neuer Ausgabe von Sandrats ſaͤmmtlichen Werken.

4.

Das koͤnigliche Luſtſchloß Portici bey Neapel iſt von keiner merkwuͤrdigen Baukunſt, ſondern hat vielmehr betraͤchtliche Fehler; eben ſo wenig empfiehlt ſich die Anlage des Gartens. Dagegen uͤbertrifft das neue Schloß Caſerta, deſſen Plan der roͤmiſche Architect, Vanvitelli angegeben, alle italiaͤniſchen an Regel - maͤßigkeit, Schoͤnheit und Groͤße. Es hat die Form eines laͤnglichen Vierecks, deſſen Vorder - und Hinterſcite 731 Fuß, und die beyden andern 569 Fuß langſind;249Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ſind; die Hoͤhe betraͤgt 162 Fuß. Inwendig liegen vier große Hoͤfe. Die Vor - derſeite hat 34 Fenſter und drey Haupteingaͤnge, die vermittelſt eben ſo vieler Gaͤnge durch das ganze Gebaͤude fuͤhren, und die vier Hoͤfe mit dem Garten verbinden. Die ganze innere Einrichtung iſt vortrefflich, und der Reichthum und die Pracht, die darinn herrſcht, beſonders die Koſtbarkeit der ſchoͤnſten Marmorarten ſteigt bis zur Bewunderung. Kein andrer Koͤnig kann ſo praͤchtig bauen, weil nirgends ſo reiche Marmorbruͤche, und in einer ſolchen Abwechſelung und Schoͤnheit ſich finden, als in Neapel und Sicilien. Hier ſind allein auf 53 verſchiedene einlaͤndiſche Marmorarten gebraucht. Allein die ſymmetriſchen Gartenanlagen kommen bey der Schoͤnheit dieſes Gebaͤudes nicht in Betrachtung*)Eine ausfuͤhrliche Beſchreibung die - ſes Luſtſchloſſes giebt Volkmann im 3ten B. ſeiner Nachrichten von Italien, S. 335 u. ſ. w., und eine Abbildung davon findet man in dem ſeltnen Werke: Dechirazione dei diſegni del Reale Palazzo di Caſerta. fol. In Napoli 1756. Auch hat der Dich - ter Orazio Capelli zwey angenehme Ge - ſaͤnge unter dem Titel: Caſerta, 1778 in 8. zu Neapel herausgegeben..

Wir wenden von hier unſern Blick nach Sicilien. Nichts kann reizender ſeyn, als die Gegend von Palermo. Sie vereinigt mit den Annehmlichkeiten der Natur alle Verſchoͤnerungen der Kunſt. Fruchtbare Huͤgel mit Weinſtoͤcken und mancherley Fruchtbaͤumen, blumenreiche mit vielen Baͤchen bewaͤſſerte Ebenen, bald dicke Gebuͤſche, bald weite praͤchtige Ausſichten auf der einen Seite contraſtiren lebhaft gegen kahle Berge, die gegenuͤber ihre Spitzen in den Wolken ruhen laſſen, gegen tiefe Hoͤhlen und andere rauhe und fuͤrchterliche Scenen der Natur. Man erblickt hier eine Menge von Landhaͤuſern in einem ſehr mannichfaltigen Geſchmack; das eine ſcheint mit ſeinem Nachbar um Reichthum und Schoͤnheit zu wetteifern, das andre einfach und laͤndlich, wie die Wohnung des Weiſen, ſich in ſeinen Schat - ten zu huͤllen. Doch der groͤßte Theil der adelichen Landhaͤuſer iſt theils oͤſtlich a la Bagaria, einem kleinen Dorfe, zwoͤlf Meilen von Palermo, theils weſt - lich il Colle, ſieben Meilen von der Stadt. In der letztern Gegend iſt das Land - haus des Prinzen Reſutano eines der ſchoͤnſten. Bey Bagaria haben die Prin - zen von Caſtelnuova und Valguarnera ſehr ſchoͤne Landſitze; der letzte hat in ſeinen Gaͤrten die Schoͤnheiten zu vereinigen geſucht, die er auf ſeinen Reiſen zu bemerken Gelegenheit gehabt. In dieſer Gegend ſieht man auch den Palaſt des Prinzen von Palagonia, der durch die abentheuerlichen Ausſchweifungen ſeiner Verzierungen, wovon außer andern Reiſenden Brydone**)Reiſe durch Sicilien und Malta. 24 Br. Man vergleiche damit ein paar Ab -bildun - eine ſo komiſche Beſchreibung giebt,uͤberallV Band. J i250Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,uͤberall in Ruf gekommen iſt. Viele Vornehme der Stadt haben noch in andern Gegenden ihre Landhaͤuſer in anmuthigen Lagen.

5.

Wir erkennen aus dieſer kurzen Ueberſicht von Italien, daß es nicht allein Landhaͤuſer in einer zahlreichen Menge beſitzt, ſondern daß auch ſehr viele davon ſich durch eine vortreffliche Baukunſt auszeichnen, wodurch zum Theil die groͤßten Archi - tecten Denkmaͤler ihres Geiſtes hinterlaſſen haben. Die ſchoͤnſten Villen, beſonders in Toſcana und um Rom, wurden in den Zeiten des Reichthums und der Pracht - liebe unter Fuͤrſten angelegt, welche die ſchoͤnen Kuͤnſte liebten und die Kuͤnſtler bil - deten, indem ſie ſie beſchaͤftigten und ehrten. Die meiſten heutigen Beſitzer wenden jetzt wenig auf ihre Unterhaltung; daher ſangen ſie hin und wieder ſchon an, praͤch - tige Ruinen fuͤr die N[a]chkommenſchaft vorzubereiten. Die Gaͤrten haben zum Theil die herrlichſten Lagen. Allein ſie ſind durchgaͤngig regelmaͤßig und ein großer Theil noch in der Manier der erſten Haͤlſte des vorigen Jahrhunderts angelegt. Der Geſchmack der Gaͤrten mag ſich in ganz Europa veraͤndern; Italien hat wenig Hoffnung, die Verbeſſerung ſo bald zu ſehen. Der Italiaͤner ſcheint nicht das ſchaͤrſſte Gefuͤhl fuͤr dieſe Gattung von Schoͤnheit von der Natur empfangen zu haben; der Geſchmack an laͤndlichen Vergnuͤgungen verliert ſich immer mehr bey ihm; Schauſpiele, Muſik, naͤchtliche Gaukeleyen und verliebte Abentheuer unter - druͤcken die ſanftere Empfindung fuͤr den ſtillen Reiz des Landlebens. Außerdem ſtehen hier die Gaͤrten noch unter dem ſtrengen Gebot der Architecten, die ſie nach den Regeln ihrer Kunſt verunſtalten. Koͤnnte man erwarten, daß durch die Menge der reiſenden Britten, die jetzt immer nach Italien ſtroͤmen und deren reiner Ge - ſchmack nicht ganz ohne Aufklaͤrung bleiben kann, die Liebe fuͤr die ſchoͤne Kunſt der Gaͤrten erweckt und zu einer aͤhnlichen Begeiſterung, wie ehemals fuͤr ihre aͤltere Schweſtern, aufgeheitert wuͤrde; ſo ließen ſich freylich auch noch andere Ausſichten erwarten, die aber doch durch die eingefuͤhrte Art der Benutzung des Landes und durch den geringen Trieb der Italiaͤner zur Nachahmung des Auslaͤndiſchen wieder begraͤnzt werden. Allein welche Vorzuͤge behaͤlt nicht noch immer ein Land, das ſeine Huͤgel rings umher von den Bluͤthen des Mandelbaums ſich freywillig verſchoͤnern, freywillig ſeine Ebenen mit den Fruͤchten der Citronen - und Pomeranzenwaͤlder ſich vergolden, und an ſeinen oͤffentlichen Wegen die amerikaniſche Agave neben dem fruchttragenden Palmbaum bluͤhen ſieht?

**)bildungen im 2ten B. von des Grafen Borch Briefen uͤber Sicilien und Malta,und die Zuſaͤtze dieſes aufmerkſamen Rei - ſenden.
**)
II. Die251Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

II. Die Schweiz.

Die Natur ſcheint uͤber die Schweiz das Fuͤllhorn ihrer Schoͤnheiten ausgel[e]ert zu haben, und Bewohnung und Cultur vereinigten ſich nach ihr, mitten unter den Wundern des Erhabenen und Romantiſchen, die keine Hand des Men - ſchen zu ſchaffen vermag, noch die ſanfteſten Reize einzuſtreuen*)1ſter B. S. 33 35.. Man kann faſt keinen Schritt thun, ohne auf Scenen zu treffen, die in ſo vielen Reichen des Erdbodens entweder ganz unbekannt ſind, oder die, wenn ſie auch zu den gewoͤhn - lichen Auftritten gehoͤren, die bloß ergoͤtzen, doch hier durch die pikanteſten Verbin - dungen und Gegenſtellungen zur Wirkung der lebhafteſten Ueberraſchung ſteigen. Was dabey dem Geſchmack gehoͤrt oder ſein Antheil zu ſeyn ſcheint, betrifft die Wahl der Lagen fuͤr die Landhaͤuſer, die beſcheidene Zierlichkeit und edle Einfalt ihrer Ein - richtung, die Einfachheit der buͤrgerlichen Sommerwohnungen, die Annehmlichkeit der Weinberge, und die Vereinigung einer gemaͤßigten Anmuth mit der ſtillen Nutz - barkeit der eingeſchraͤnkten Gartenreviere. Denn Land gehoͤrt hier zu den Koſtbar - keiten des Landes. In den Gaͤrten bleibt nur wenig Raum, den die Goͤttinn des Vergnuͤgens mit ihren Blumen beſtreuen und mit ihren Springbrunnen beleben kann. Viele edle auslaͤndiſche Pflanzen warmer Zonen gedeihen unter dieſem Klima; doch fuͤr die nordamerikaniſchen Baͤume und Straͤucher, woran ſich England und Deutſchland ergoͤtzen, ſind die niedrigen Gegenden Helvetiens faſt ſchon zu warm. Die Kunſt der Pflanzung iſt hier noch unbekannt. Hecken mit Kugeln und Pyra - miden und ausgeſchnittenen Oeffnungen, wie Guckloͤcher in Kraͤmerbuden, Kronen und Spitzſaͤulen von Taxus gehoͤren noch zu den gewoͤhnlichen Werken der Kunſt, die man im Angeſicht der herrlichſten Landſchaften hin und wieder immer noch herr - lich findet. Die hoͤhern Abhaͤnge der Weinberge und Gartenplaͤtze machen oft die Einfaſſung mit Mauern und Eintheilung in Terraſſen noͤthig, aber auch zugleich den Spaziergang unbequem. Dieſen verfolgt der Bewohner mit groͤßerm Vergnuͤgen auf den umliegenden Bergen, oder in den Thaͤlern und Wieſen, die von weidenden Rindern und rauſchenden Fluͤſſen und Waſſerfaͤllen belebt ſind. Sogar die Anpflan - zungen von Alleen bey den Staͤdten, die man in Deutſchland ſo haͤufig antrifft, daß daß man kaum mehr darauf achtet, ſind in Helvetien ſo ſelten, daß Sinner ſie als beſondere Merkwuͤrdigkeiten der Oerter anzufuͤhren wichtig genug fand. Nur Bern kann ſich von dieſer Seite des Rangs mit betraͤchtlichen deutſchen Staͤdten ruͤhmen.

J i 2Die252Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Die Gaͤrten der Baſeler zeigen ſchon dem Fremden durch ihren kleinern Um - fang, daß hier das Land theuer iſt. Sie ſind groͤßtentheils dem Nuͤtzlichen gewid - met. Kuͤchengewaͤchſe, Fruchtbaͤume, Weinreben nehmen den vornehmſten Theil ein. Indeſſen ſucht man auch dieſe beyden letzten Zweige der Cultur zur Verſchoͤ - nerung anzuwenden. Man ſieht Bogengaͤnge von Fruchtbaͤumen und Reben gezo - gen; oder Gaͤnge von Wein eingefaßt. Auch in den Lauben winkt die reifende Traube zwiſchen den Blaͤttern; und ſelbſt die duͤrren Mauern ſind mit dem gruͤnen Netz der Reben uͤberzogen. Man erblickt viel Blumen und faſt uͤberall Spring - brunnen. Vogelhaͤuſer, die in kleinen Gaͤrten ſo viel Unterhaltung geben, ſind oft den anliegenden Saͤlen oder Kabinetten mit perſpectiviſchen Durchſichten zugeſellt. Wieſen oder Grasplaͤtze mit Obſtbaͤumen ziehen ſich oft mitten in den Garten hinein, laufen aber oͤfter beſcheiden an ſeiner Graͤnze umher, nur durch ein Gitter abgeſon - dert. In einigen dieſer Gaͤrten zeigt ſich noch eine beſondre Anhaͤnglichkeit an den alten franzoͤſiſchen Geſchmack. Ein Hauptfehler der meiſten Gaͤrten iſt dieſer, daß man die umliegenden herrlichen Landſchaften nicht beſſer in verſchiedenen Anſichten und Proſpecten genutzt hat. Denn faſt immer iſt die Ausſicht durch Mauern und Baͤume verdeckt. Auch koͤnnten hin und wieder die angraͤnzenden Wieſen vortheil - haft mit den Gaͤrten verbunden werden; wenigſtens wuͤrden ſchmale Gaͤnge an ihrem Rand umher nichts verderben. Wuͤrden die Taxuspyramiden, die Hecken und andere Verſchließungen weggeworfen, wie viele ſchoͤne Lagen und Ausſichten wuͤrden auf einmal hervorbrechen! Die meiſten Landhaͤuſer ſind ohne Pomp, zier - lich und bequem; auch mit Geſchmack ausgeziert; von Springbrunnen umgeben. Zuweilen iſt die Vorderſeite mit Arcaden verbunden; faſt immer findet man einen angenehmen Vorhof, und einen freyen Eintritt, der gleich in den Garten fuͤhrt.

Die Gaͤrten der Neuburger unterſcheiden ſich durch ihre Lage von den Baſelern, die meiſtens in ſchoͤnen grasreichen Ebenen liegen; ſie erſcheinen faſt alle an den Abhaͤngen der Berge mit einer reizenden Ausſicht. Vor ihren Fuͤßen ſtre - cken ſich ſchoͤne Weinberge, in Terraſſen gefaßt, bis zum Strande des Sees hin - unter. Dieſer verbreitet ſeine große ſpiegelhelle Flaͤche viele Stunden weit; und uͤber ihn hin erhebt ſich in der Ferne das majeſtaͤtiſche Schauſpiel der Eisberge. Das Vorzuͤglichſte ſind die Gebaͤude, die meiſtens kleine angenehme Sommerhaͤuſer, zu - weilen fehr edle und anſehnliche Landhaͤuſer von guter Bauart, im franzoͤſiſchen Stil vorſtellen. Die Eintheilung des Gartenbezirks folgt auch hier der gemeinen Symmetrie. Man ſieht kleine Parterre, Hecken, Bogengaͤnge. Doch beſſer, als alles dieſes, ſind die kleinen Weinberge, die in dem Bezirk dieſer Gaͤrten liegen und die vortreffliche Arten von Reben enthalten; und demnaͤchſt viele feine Frucht -baͤume,253Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. baͤume, die man aus Frankreich kommen laͤßt. Faſt in allen dieſen Gaͤrten er - ſcheinen Springbrunnen, welche die bergigte Lage beguͤnſtigt.

Man erblickt auf dem Wege von Neuburg nach Genf nahe am Wege ſo - wohl, als in der Ferne, viele recht ſchoͤn gebauete Landhaͤuſer, die aber von weit weniger ſchoͤnen Gaͤrten umgeben ſind. Bey einigen iſt es doch ſichtbar, daß es nicht uͤberall an Platz fehlt, wie man ſich entſchuldigen will. Auch iſt zu einem Luſt - ſitz in einem Lande, das ſo voll von großen und ſanften Schoͤnheiten der Natur iſt, nicht geradezu ein betraͤchtlicher Raum noͤthig. Es kommt nur auf Klugheit und Geſchmack an, einen kleinen Platz ſeiner Lage gemaͤß einzurichten, und ihn interef - fant zu machen; zumal da man hier nur vornehmlich darauf zu ſehen hat, die mannichfaltigen Gemaͤlde der Landſchaft in gewiſſen Geſichtspunkten nach einander zu faſſen.

Nach den Neuburgern ſcheinen die Genfer am meiſten auf ihre Landhaͤuſer verwendet zu haben. Unter den vielen Gebaͤuden dieſer Art, womit die Hoͤhen und Abhaͤnge um Genf und die Ufer des Sees bereichert ſind, zeichnen ſich die Land - haͤufer la Boiſſiere, la Grange und les Delices*)Vues de Delices et du Chateau de Ferney, 3 Bl. in 4. von Segny gezeichnet, und von Queverdo geſtochen. Das Schloßzu Ferney, eine kleine Stunde von Genf, im Pays de Gex iſt ein Gebaͤude im franzoͤſt - ſchen Stil, ohne hervorſtechende Schoͤnheit. aus, durch die herrlichſten Lagen und Ausſichten. Das letzte Landhaus iſt merkwuͤrdig, weil es ehemals Vol - taire bewohnte, ehe er Ferney kaufte und anfieng, die Perſonen, die Geburt, Talente und Neugierde zu ihm fuͤhrte, nicht mehr bloß mit ſeinem Witz, ſondern auch mit Gaſtmalen, mit Muſik und Schauſpielen zu bewirthen. Allein außer der reizenden Lage fand ich in dem Garten nichts, das, als eine zuruͤckgelaſſene Spur von dem Gartengeſchmack dieſes beruͤhmten Dichters, des Anblicks werth waͤre. Alles iſt voll franzoͤſiſchen Schnitzwerks, und ſelbſt die Obſtbaͤume ſind in Kugeln und Kegel verunſtaltet. Aber ein Blick in die Rhone hinab, die ſich mit einem maͤchtigen Geraͤuſch in der Tiefe waͤlzt, und ſich da mit der Arve vereinigt, oder in die umliegende erhabne Landſchaft umher, laͤßt auf einmal alle Spielwerke der Kunſt wieder vergeſſen. Jetzt iſt ein großer Kenner der ſchoͤnen Kuͤnſte, H. Tron - chin, Beſitzer dieſes Landhauſes. Boiſſiere, das ſeinem Bruder, dem General - procureur gehoͤrt, und auf der andern Seite des Sees liegt, hat eine ſo glaͤnzende, praͤchtige und unterhaltende Lage, daß die Einbildungskraft ſich nichts reicheres vor - ſtellen kann. Von ſeiner Hoͤhe herab uͤberſieht dieſes Landhaus die ganze Stadt Genf, alle umliegende Gegenden ſo voll Reiz und Leben, und dann die Gebirge,J i 3die254Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,die den Geſichtskreis ſchließen. Das Haus iſt in einem ſehr angenehmen Stil ge - bauet, und mit Geſchmack verziert. Auf ſeinen Seiten ſchattet eine ſchoͤne Pflan - zung von Kaſtanienbaͤumen, mit Blumenfluren vor dem Eingange unterbrochen. Dieſe Baͤume machen mit den Ausſichten einen der ſchoͤnſten Spaziergaͤnge in der Welt. Man blickt nach Genf hinab uͤber eine große Wieſe, worinn etwas ſeit - waͤrts Spaziergaͤnge und eine neue Pflanzung auslaͤndiſcher Baͤume im engliſchen Geſchmack angelegt ſind. Der Garten verbindet mit ſeiner außerordentlichen An - nehmlichkeit noch einen ſo betraͤchtlichen Umfang, als man ſelten in der Schweiz findet. Bey dieſen Vorzuͤgen entbehrt er leicht Springbrunnen, die in dieſen Ge - genden ganz mangeln, ſo haͤufig man ſie ſonſt in Helvetien antrifft.

In den Gaͤrten der Berner und Zuͤricher ſieht man noch viele Taxus in Kugeln und Spitzſaͤulen geſchnitten. So ſchwer iſt es, daß ſelbſt Leute von Ein - ſicht ſich von alten Vorurtheilen loswinden. Man wird in der That bey dem Ein - tritt in die Vorſtadt von Zuͤrich von dieſem Anblick nicht wenig in Verwunderung geſetzt, da man ſogar die Obſtbaͤume in Kugelformen verkuͤnſtelt ſieht. Und hier wohnt der Vertraute der ſchoͤnen Natur, der ſanfte Idyllendichter, Geßner, der lange ſchon den reinern Gartengeſchmack empfahl*)S. 1ſten B. S. 135 136.. Aber es iſt dieß nicht der ein - zige Fall, daß ein Mann ferne Nationen unterrichtet, und an ſeinem kleinen Wohn - ort nicht gehoͤrt wird.

In der großen Menge von Vorſtellungen helvetiſcher Landſchaften, die ſich noch jaͤhrlich vermehren, findet man zwar wenig von Gaͤrten und neuen Landhaͤuſern, aber viele erhabene, romantiſche und reizende Gegenden, beſonders maleriſche Lagen von Landwohnungen und Doͤrfern auf Bergen und ihren Abhaͤngen, von Waſſer - faͤllen, von Ruinen und noch ſtehenden bejahrten Schloͤſſern, die meiſtens von den Landvoigten der Kantons bewohnt werden.

III. Frank -255Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

III. Frankreich.

1.

Es iſt ein uͤberaus merkwuͤrdiger Contraſt des Geſchmacks, wenn man die Zeiten Ludewigs des XIV, als le Notre erſchien, und ganz Europa zu der ſym - metriſchen Gartenmanier verfuͤhrte, mit der jetzigen Anglomanie der Franzoſen vergleicht. Außer dem, was daruͤber bereits hin und wieder in dieſem Werke ge - ſagt iſt*)Man ſehe 1ſten Band S. 35 39. 117 120. 129 134., bieten ſich hier noch einige Nachrichten und Bemerkungen an, die eine Stelle zu verdienen ſcheinen.

Waͤre le Notre**)Andreas le Notre ward 1613 zu Pa - ris geboren und ſtarb da 1700. unter einem andern Koͤnig geboren, ſo wuͤrde vermuthlich der Geſchmack dieſes Mannes nicht eine ſo allgemeine Ausbreitung gefunden haben. Nicht allein ſein Zeitalter, worinn Empfindung und Talente fuͤr die Wiederherſtel - lung aller ſchoͤnen Kuͤnſte wieder erwachten, ſondern auch der perſoͤnliche Charakter Ludewigs XIV. beguͤnſtigten ſein Unternehmen auf eine Art, die ihm Beyfall und Fortgang verſichern mußte. Man ſahe mehr auf das, was Glanz und Pracht hatte, als auf reinen Geſchmack und ſtille Groͤße. Die Nation ſowohl als der Hof wollten nur geblendet, nur durch das Neue und Außerordentliche angezaubert wer - den. Und es iſt nicht zu laͤugnen, daß die Manier des le Notre gerade dieſes herr - ſchende Vorurtheil, dieſen Geſchmack ſeiner Zeit befriedigte. Seine langen und geraden Alleen, ſeine Triumphbogen, ſeine ſo reich und kuͤnſtlich verzierten Parterre, ſeine hohen Fontainen und Caſcaden und die grotesken und ſeltſamen Verzierungen derſelben, ſeine Grotten voll Architectur und ſeine Gitterwerke voll Vergoldung, ſeine Verſchwendung der Statuen und Termen alles dieſes mußte leicht ein Auge blenden, das falſchen Glanz liebte, das dieſe Wunder mitten in Wildniſſen entſtehen ſah, das an die ſtillen Schoͤnheiten der Natur noch gar nicht gewoͤhnt war.

Le Notre war faſt ſchon vierzig Jahr alt, als er ſein erſtes Werk vollendete; dieß war der Garten Vaux-le-Vicomté, nachher Vaux-le-Villars, und jetzt Praslin genannt. Der Koͤnig ward von dieſen Verzierungen ſo bezaubert, daß er ihn zum Aufſeher uͤber ſeine Gaͤrten und zum Generalcontroleur ſeiner Gebaͤude machte; er uͤberhaͤufte ihn mit Geſchenken, gab ihm einen Adelbrief und den Orden des St. Michael. Sein vornehmſtes Werk waren die Gaͤrten von Verſailles,die256Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,die auf zweyhundert Millionen koſteten. Außerdem legte er die Gaͤrten zu Trianon, zu Meudon, zu Saint-Cloud, zu Sceaux, zu Chautilly, und die beruͤhmte Terraſſe zu Saint-Germain an. Viele andere Anlagen erhielt Frankreich von der Hand, oder von der Zeichnung dieſes geſchaͤftigen Mannes, als die Thuile - rien zu Paris, die elyſiſchen Felder, die Gaͤrten zu Gagny, Iſſy, Clagny, Guermandes, Beaurepaire, u. ſ. w. Er gieng 1678 nach Italien, und gab da die Zeichnungen zu verſchiedenen Gaͤrten, als bey der Villa Pamphili, der Villa Ludoviſi, an. Selbſt England nahm ſeine Manier auf*)S. 4ten B. S. 4., ſodann folgte Schweden, und bald darauf das uͤbrige Europa.

Nach dem le Notre bemuͤhete ſich Duͤfresny, Controleur der Gebaͤude, der in ſeinem Geſchmack ganz von ſeinem Vorgaͤnger abwich, Gaͤrten in einem ver - ſchiedenen und mehr maleriſchen Stil zu erfinden. Er naͤherte ſich ſchon der neuern Manier der Englaͤnder. Er bauete am liebſten in einer ungleichen Gegend; er bildete ſelbſt aus einer Ebene Huͤgel, um die Anſichten der Gegenſtaͤnde mehr zu vervielfaͤltigen. Allein wenige von ſeinen Erfindungen kamen zur Ausfuͤhrung. Man beſchuldigt ihn, daß ſie zu koſtbar geweſen. Vielleicht aber ſtand ihm der noch ſo neue Modegeſchmack ſeines Vorgaͤngers am meiſten entgegen. Duͤfresny legte indeſſen in ſeiner beſſern Manier die Gaͤrten zu Mignaux nahe bey Poiſſy, des Abbé Pajot bey Vincennes, und in der Vorſtadt St. Antoine zwey andre an, die ihm zugehoͤrten und unter dem Namen Moulin und Chemincreux be - kannt ſind.

Marly, das man irrig den Riſſen bald des Duͤfresny, bald des J. H. Manſard zugeſchrieben, iſt nach der Zeichnung des Druſé, der Controleur zu St. Germain war, angelegt. Von Desgots, einem Verwandten des le Notre, war der Garten zu Baguolet ſein vornehmſtes Werk. Verſchiedene andre Gaͤrten in Frankreich wurden damals von de la Chapelle, d Iſle, J. H. und F. Manſart und andern Architecten, im Ganzen nach der Manier des le Notre, angelegt.

2.

Als der neue Gartengeſchmack ſich in England verbreitete, konnte die Nach - ahmung wohl nirgends leicht zu einer lebhaftern Begeiſterung ſteigen, als bey den Franzoſen. Mit einer Hitze, die gewoͤhnlich mehr den Geiſt der Nacheiferung als der Erfindung ſpornt, fiengen ſie an, die alten Gaͤrten umzureißen, und neue zu pflanzen à la Chinoiſe oder à l Angloiſe. Dieſer Enthuſiasmus fuͤr die eng -liſche257Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. liſche Erfindung aͤußerte ſich vornehmlich um die Hauptſtadt. Er griff ſelbſt die ehrwuͤrdigen Alleen zu Verſailles an, um einer jungen Pflanzung Platz zu ma - chen, und ein Lehrdichter vom erſten Range klagt daruͤber in einem Ton, den man nicht ohne Mitempfindung hoͤren kann. *)De Lille in dem Gedichte Les Jardins. 4me Edit. Paris 8. S. 40 41.

O! Verſailles! ô regrets! ô boſquets raviſſans,
Chefs d œuvre d’un grand Roi, de Le Notre et des ans!
La hache eſt â vos pieds et votre heure eſt venue.
Ces arbres dont l’orgueil ſ elançoit dans la nue,
Frappés dans leur racine, et balançant dans l’air,
Leurs ſuperbes ſommets ébranles par le fer,
Tombent, et de leurs troncs jonchent au loin ces routes
Sur qui leurs bras pompeux s arrondiſſoient en voûtes.
Ils ſont detruits, ces bois, dont le front glorieux
Ombrageoit de Louis le front victorieux,
Ces bois , célébrant de plus douces conquêtes,
Les arts voluptueux multiplioient les fêtes!
Amour, qu eſt devenu cet aſyle enchanté
Qui vit de Monteſpan ſoupirer la fierte?
Qu eſt devenu l ombrage , ſi belle et ſi tendre,
A ſon amant ſurpris et charmé de l entendre
La Valière apprenoit le ſecret de ſon coeur,
Et, ſans ſe croire aimée, avouoit ſon vainqueur?
Tout périt; tout ſuccombe; au bruit de ce ravage
Voyez vous point s enfuir les hôtes du bocage?
Tout ce peuple d oiſeaux fiers d’habiter ces bois,
Qui chantoient leurs amours dans l’aſyle des rois,
S exilent à regret de leurs berceaux antiques.
Ces dieux, dont le ciſeau peupla ces verds portiques,
D un voile de verdure autrefois habillés,
Tous honteux aujourd hui de ſe voir dépouillés,
PleurentV Band. K k258Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Pleurent leur doux ombrage; et, redoutant la vue,
Vénus méme une fois s’étonna d’etre nue.
Croiſſez, hatez votre ombre, et repeuplez ces champs,
Vous, jeunes arbriſſeaux; et vous, arbres mourans,
Conſolez vous. Temoins de la foibleſſe humaine,
Vous avez vu périr et Corneille et Turenne:
Vous comptez cent printemps, hélas! et nos beaux jours!
S envolent les premiers, s envolent pour toujours!

Dieſer ſeine Kenner fuͤhrt in ſeinem Gedichte verſchiedene Landhaͤuſer und neue Gaͤrten um Paris an, die ſich nach ſeinem Urtheil durch eine vorzuͤgliche Schoͤn - heit auszeichnen. Sie ſind Beloeil, Landhaus des Prinzen de Ligne; Mon - treuil, Garten der Prinzeſſin Guémené; Maupertuis, ein Garten dem Mar - quis von Monteſquiou gehoͤrig, der wegen ſeiner ſchoͤnen Waſſer, ſeiner praͤchtigen Pflanzungen, ſeiner gluͤcklichen Miſchung von Huͤgeln und Thaͤlern, den Namen Elyſium verdient; Le Deſert, nach der geſchmackvollen Zeichnung des Hrn. von Mouville; Rincy, ein ſchoͤner Garten des Herzogs von Orleans; Limours, eine von der Graͤfinn von Brionne verſchoͤnerte Wildniß; Petit-Trianon, ein Garten der Koͤniginn, wo der Reichthum von dem Geſchmack geleitet iſt; Baga - telle, ein niedlicher Garten von dem Grafen von Artois entworfen, mitten in einem kleinen reizenden Gehoͤlz, mit dem er verbunden iſt, und mit einem zierlichen Pa - villon geſchmuͤckt. Außer dieſen ruͤhmt er noch die neuen Gaͤrten La Falaiſe, Morfontaine, dem Hrn. Peletier, Intendanten von Soiſſons gehoͤrig, und angenehm durch große Raſen und Gruppen; Chaville, Royſſi, Malmaiſon. Noch gehoͤren zu den merkwuͤrdigſten neuen Anlagen Anteuil, Chanteloup, dem Herzog von Choiſeul zuſtaͤndig und in einem reizenden Geſchmack, Arnouville, Courances, Garges, Monceau und Ermenonville. Einige von dieſen Gaͤr - ten verdienen noch etwas naͤhere Bemerkungen.

Bagatelle hat einen Pavillon, der von der Hand einer Fee in dieſes ſtille, verſchloſſene und dunkle Waͤldchen hingezaubert zu ſeyn ſcheint. Man ſtoͤßt auf ihn nach einem ſich herumwindenden Wege, ganz unerwartet. Beym Eingange wird man von einigen charakteriſtiſchen Statuen, als dem Stillſchweigen, dem Geheim - niß, u. ſ. w. empfangen. Alles iſt gewaͤhlt, fein, geſchmuͤckt. An den Waͤnden reizen Gemaͤlde der Liebe von den beſten neuern Meiſtern. Die Lage kann nicht ſanfter ſeyn; eine uͤberaus liebliche Ausſicht iſt in ihrer Daͤmmerung eroͤffnet. Derkleine259Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. kleine Garten beſteht nur aus den angenehmſten Blumen und auslaͤndiſchen Bluͤthen - ſtraͤuchern, welche die ſtille Wolluſt dieſes verborgenen Aufenthalts vermehren helfen.

Der Park zu Arnouville iſt vielleicht mehr im Geſchmacke der Englaͤnder, als irgend ein andrer neuer Garten in Frankreich, wo man, auſtatt die Natur nachzuahmen, ſie oft nur entſtellt, oder verſteckt. Er hat nichts von dem Geſuch - ten und Taͤndelnden, ſondern einfache Schoͤnheiten der Natur, die ſich im Großen zeigen, aber mit Geſchmack geordnet ſind. Baͤche und ſtille Gewaͤſſer, Gehoͤlze mit ihren Vertiefungen, die innern Proſpecte, eine Menge von verſchiedenen Ge - maͤlden der Landſchaft vereinigen ſich hier, ein edles und mannichfaltiges Schauſpiel zu bilden. Es giebt wohl wenige Gaͤrten, wo man freyer umherirren, und der Anmuth der ganzen umliegenden Gegend leichter genießen kann. Man kann ſo viele Wege des Parks durchlaufen, ſelbſt um das Dorf herumgehen, verſchiedene Spa - ziergaͤnge vollenden, und dann wieder in ſein Cabinet zuruͤckkehren, ohne daß es eine Perſon im Hauſe gewahr wird. Ueberall dienen Bruͤcken und Thuͤren zur Ver - bindung ſowohl, als zur Abwechſelung der Spaziergaͤnge. Man kommt bald in fruchtbare Gefilde voll reicher Aerndten, bald in einſame Wieſen, bald in kuͤnſtliche, bald in laͤndliche Pflanzungen laͤngſt den Baͤchen, bald in ein kleines Thal hinter einem Gehoͤlze, bald an eine Waſſermuͤhle im Walde, wovon das Geraͤuſch des Stroms aus der Ferne ſanfter heruͤber toͤnt, bald in ein Dorf auf einem Huͤgel. Dieſe und viele andere Gegenden mehr ſind durch angelegte Spazierwege mit ein - ander verbunden, worauf das Auge von immer abaͤndernden Ausſichten nah und fern unterhalten wird. Alle dieſe anmuthigen Theile ſind noch mit Fruchtgaͤrten, Weinbergen, und andern Anſtalten der nuͤtzlichen Gaͤrtnerey vereinigt.

Der beruͤhmteſte neue Park in Frankreich iſt wohl Ermenonville, gleich merkwuͤrdig durch den Geiſt ſeines Beſitzers, des Marquis de Gerardin*)Von ſeiner vortrefflichen Schrift de la Compoſition des Payſages. 8. Paris 1777. (S. 1 B. S. 134) iſt in Leipzig 1779 eine deutſche Ueberſetzung erſchienen. Er giebt verſchiedene allgemeine und zerſtreute, aber feine Bemerkungen uͤber die Verſchoͤ - nerung der Natur, ohne jedoch ihre beſon -dere Anwendung in den mannichfaltigen Arten von Gaͤrten zu entwickeln. Die Maximen und Beobachtungen des Land - ſchaftmalers dienen zur Grundlage ſeiner Unterſuchungen. und durch ſeine Gaſtfreundſchaft gegen Rouſſeau, die ſich bis auf ſein Grab**)S. 2ten B. S. 59. erſtreckte. K k 2Der260Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Der Garten, der zehn Stunden von Paris liegt, iſt eine neue Schoͤpfung, aus einem wilden Chaos hervorgerufen. *)Ein Theil der erſten Anlage iſt in der Theorie des Jardins (8. Paris. 1776) S. 240 261 angezeigt.

Das Thal, im Angeſicht des Landhauſes, war noch vor einigen Jahren nichts, als ein unzugaͤnglicher Moraſt von einem ſcheußlichen Anblick. Sein morigter Grund zog das Waſſer von hundert umherfließenden Quellen in ſich; vier bis fuͤnf Kanaͤle, die bald verſchleimten, konnten ihn nicht austrocknen. Dicke Duͤnſte, die Morgens und Abends aufſtiegen, bedeckten die Oberflaͤche des Thals. Auf allen Seiten verſperrten ſymmetriſche Alleen die Ausſicht, und gaben einen eben ſo langweiligen, als traurigen Anblick. Sie widerſtanden der freyen Bewegung der Luft, und machten daher die Lage noch ungeſunder; und indem ſie das wellenfoͤrmige Spiel der Erhebungen und Senkungen des Bodens verbargen und ſeinen Fortlauf unterbrachen, ſo verwandelten ſie ein angenehmes Thal in eine langweilige und flache Ebene. Reizende Hoͤhen und Niedrigungen blieben zur Rechten und zur Linken ungenutzt liegen; ein ſchoͤner Wald, dem Hauſe ſo nahe, ward davon ſorgfaͤltig abgeſondert, daß er weder zur Verzierung der Lage, noch zum Vergnuͤgen des Spa - ziergangs beytrug. Uebrigens ein ſumpfigtes Parterre; tiefe Canaͤle, die unreines Gewaͤſſer verſchloſſen, immer von Schilf und Gras bedeckt; ein Irrgarten von Hagebuchen auf beyden Seiten, wohin man ſich wegen der aͤußerſten Feuchtigkeit nicht wagen durfte dieß machte die abgeſchmackte Verzierung des Gartens aus. Auf der Mittagsſeite gab ein Hof, von Gebaͤuden umſchloſſen, einen finſtern Anblick. Ein feuchter Kuͤchengarten war ganz von Mauern umgeben; und daneben ſperrten zwey Reihen von Linden die Ausſicht und die Luft ein. Endlich war alles getrennt und abgeriſſen; jede Parthie erſchien ohne Verbindung, ohne zu einem Ganzen zu gehoͤren, ohne einen Charakter zu haben. Das war vormals Erme - nonville.

Jetzt hat ein friſches und lachendes Thal die Stelle einer einfoͤrmigen Ebene eingenommen; der ausgetrocknete Sumpf iſt in eine treffliche und angenehme Wieſe verwandelt; ein breiter Fluß hat die ſtinkenden Kanaͤle verdraͤngt, und ſein lebhaftes, immer von den Winden bewegtes Waſſer, erhaͤlt ſich rein und klar. Die meiſten Gegenſtaͤnde, die dieſe Ausſicht verſchoͤnerten, erwarteten bloß die Wegraͤumung einiger Pflanzungen, die ſie verſteckten oder von einander trennten. Die weggeſchla - genen Baͤume entdeckten eine herrliche Gegend, die in einer Entfernung von zwey Stunden von einem Berge begraͤnzt wird, worauf ſich ein Dorf erhebt, und wor -uͤber261Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. uͤber noch der alte und halb verfallene Thurm von Mont-Epiloy hoch emporragt. Dieſe ſchoͤne Zufaͤlligkeit, die den Hintergrund des Gemaͤldes macht, erſcheint, we - gen der Entfernung, immer in dem blaͤulichen und dunſtmaͤßigen Farbenton, der auf eine ſo ſanfte Art den Himmel mit dem Horizont verbindet.

Die Wegraͤumung der verſchließenden Mauern laͤßt jetzt die Verlaͤngerung des Thals auf der Mittagsſeite uͤberſehen. Der Fluß, der auf eben dieſer Seite entſpringt, bewaͤſſert und durchſtreicht einen Raſen, in der Gegend, wo vorher der Kuͤchengarten lag. Der Raſen vereinigt ſich zur Rechten mit dem Walde, und verliert ſich in eine Gruppe ſchoͤner Baͤume, die von einem jaͤhen Abhang herabhan - gen; zur Linken endigt er ſich an dem Fluß.

Dieſer Fluß mit ſeinen mannichfaltigen Wendungen, die Waſſerfaͤlle, die er macht, der See, die geſchmackvollen Pflanzungen, die Gebuͤſche und Gruppen auf kleinen Huͤgeln, die ſo fein gebildeten Ausſichten, ſo viele laͤndliche und male - riſche Scenen verſchoͤnern jetzt eine Gegend, die vormals nichts als eine ſumpfigte und ſcheußliche Wuͤſte war, und doch nach dem Vorurtheil der Zeit den Namen eines Gartens fuͤhrte.

In dieſem vortrefflichen Park, der Spaziergaͤnge fuͤr viele Stunden enthaͤlt, iſt das Grabmal des Rouſſeau einer der merkwuͤrdigſten Gegenſtaͤnde. Eine Ver - aͤnderung des Denkmals*)S. die Abbildung des erſten Denkmals im 2ten B. S. 59. verdient hier noch eine Erwaͤhnung. Das erſte war bloß bis zur Vollendung des jetzigen von Stein hingeſetzt. Nun iſt es ein Sarcophag, wobey die Urne weggelaſſen iſt, ein Meiſterſtuͤck des Geſchmacks unter Erfindungen dieſer Claſſe. Man ſieht auf dieſem Denkmal am Fuß eines Palmbaums, der ein Sinnbild der Fruchtbarkeit iſt, eine Frau ſitzen, die mit der einen Hand ihren ſau - genden Knaben, und mit der andern Rouſſeau’s Emil haͤlt. Hinter ihr erſchei - nen Muͤtter, die Blumen und Fruͤchte auf einem Altar opfern, der vor einer Statue der Natur errichtet iſt; auf der andern Seite ſteckt einer ihrer Knaben Windeln, Binden und Schnuͤrbruͤſte, die Feſſeln des erſten Alters, in Brand, unterdeſſen daß die andern mit einem auf einer Stange aufgeſteckten Hut, dem Zeichen der Freyheit, herumtanzen und ſpielen. Auf der Seite dieſes Basrelief erblickt man an dem einen der beyden Pfeiler die Figur der Harmonie mit einer Leyer, worauf ſie Toͤne bildet, und auf dem andern die Beredtſamkeit mit einer Floͤte und einem Blitz, den Sinnnbildern ihrer ſanften Ueberredung ſowohl, als ihrer bezwingenden Staͤrke. In dem Giebel mitten uͤber dem halb erhobenen Werke befindet ſich ein Kranz, worinn man den Denkſpruch des Rouſſeau lieſet:

K k 3Vitam262Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Vitam impendere vero.

Auf der entgegengeſetzten Seite ſteht dieſe Grabſchrift:

Ici repoſe l homme de la vertu et de la verite.

Und an den Pfeilern, die den erſtern gegenuͤber ſtehen, erblickt man die Natur vor - geſtellt, als eine Mutter, die zwey Kinder ſaͤugt, und die Wahrheit, als ein nacktes Frauenzimmer mit einer Fackel. In dem Giebel jener Seite ſterben zwey Tauben unter rauchenden Fackeln, die an dem Fuß der Urne der Julie hingeworfen ſind. Auf den beyden Eckſeiten des Grabmals ſieht man Thraͤnenkruͤge. Alles iſt in die - ſem edlen Monument Wahrheit und Uebereinſtimmung, zur Erregung ſympatheti - ſcher Trauer.

[figure]

Außer dieſem Denkmal enthaͤlt Ermenonville noch verſchiedene andere ſchoͤn angelegte Scenen, wohin naͤmlich der Baumgarten von Clarens, die Wildniß, Arcadien und der Thurm der Gabriele gehoͤren. Der Baumgarten iſt ganz nach der Beſchreibung in der neuen Heloiſe. Er enthaͤlt zugleich den Tempel der Philo - ſophie, der Rouſſeaus Grabmal gegenuͤber ſteht. Er iſt noch nicht ausgebauet, eine feine Anſpielung auf die Wiſſenſchaft. In dem Innern des Gebaͤudes findet man dieſe Inſchrift:Hoc263Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Hoc templum inchoatum Philoſophiae nondum perfectae Michaeli Montagne Qui omnia dixit Sacrum eſto.

Auf den Saͤulen ſtehen die Namen Newton, Descartes, Voltaire, Penn, Monteſquiu, J. J. Rouſſeau, mit der Frage:

Quis hoc perficiet?

Ueber dem Eingange ſteht die Aufſchrift:

Rerum cognoſcere cauſas.

Die Wildniß ahmt des St. Preux Aufenthalt zu Meillerie nach. Auf dem Gipfel eines hohen Felſens ſteht eine kleine Huͤtte; und an ſeinem Fuß verbreitet ſich ein ſchoͤner See; in die Felſen ſieht man hin und wieder die Namen von St. Preux und von ſeiner Geliebten, und einige Stellen aus der neuen Heloiſe eingegraben. In Arcadien erblickt man eine Pyramide mit vier Inſchriften, die Theocrit, Virgil, Thomſon und Geßnern gewidmet ſind. Geßners Inſchrift iſt deutſch, und eben ſo wahr, als einfach:

Er hat gemalt, was er geſagt hat.

Der Thurm der Gabriele iſt ganz im alten Geſchmack. Eine kleine Windeltreppe fuͤhrt zu verſchiedenen Cabinetten. Von ſeiner Hoͤhe, wo Fahne und Leuchte ſtehen, genießt man eine vortreffliche Ausſicht. Am Fuß des Thurms ſind aus den Waffen eines Ritters, der aus Gram uͤber den Tod Heinrichs IV. ſtarb, Trophaͤen errichtet. Noch lieſt man an dem Thurm die Inſchrift:

En cette tour droit de péage
La belle Gabriele avoit.
C’eſt de tout temps, qu un Francois doit
A la beauté foi et hommage.

Die Spaziergaͤnge in dieſem Garten, der noch manche andre feine Verſchoͤne - rungen enthaͤlt, ſind nicht bloß fuͤr das Auge, ſondern auch fuͤr das Ohr reizend. Denn der Herr von Gerardin unterhaͤlt eine Anzahl von geſchickten Tonkuͤnſtlern, die nicht bloß in dem Hauſe die beſten Stuͤcke auffuͤhren, ſondern auch bald in den Waͤldern, bald an den Ufern der Gewaͤſſer, bald auf dem Waſſer ſelbſt einzeln oder vereint ſich hoͤren laſſen. Nirgends findet man das Ungezwungene im Umgange,die264Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,die Freyheit in der Lebensart und die Einfalt in den Sitten ſo wohl als in der Klei - dung mehr, als in der gluͤcklichen und liebenswuͤrdigen Familie des Hrn. Marquis von Gerardin. Hier mußte der eigenſinnige Philoſoph bald ſeinen Ekel an der Welt vergeſſen, und nicht allein Ruhe und Zufriedenheit in der ſchoͤnen Natur wie - der finden, ſondern ſich auch in dem Umgange ſolcher edlen Perſonen mit der Menſch - heit ausſoͤhnen.

3.

Bey einem ſo reinen Muſter der verſchoͤnerten Natur, als Ermenonville darſtellt, und bey ſo manchen ſchoͤnen Gaͤrten, die ſich in der Gegend von Paris ver - mehren, muß man ſich uͤber die mancherley Verirrungen des Geſchmacks wundern, die jetzt in ſo vielen andern neuen Anlagen ſichtbar werden. Anſtatt der nicht ganz unſchicklichen Einfaſſung der Raſen mit Blumen, beſetzt man die gruͤnen Flaͤchen mit Blumenkoͤrben von ſeltſamen Formen; man verſchließt noch die Schaͤfte der Baͤume in viereckigte gruͤne Gitter, um den ſchoͤnen Wuchs des Stamms zu ver - bergen; man beſchneidet noch hin und wieder die wilden Baͤume bis an ihren Gipfel, und laͤßt ihnen kaum ſo viel Zweige, um zu ihrem Wachsthum den Einfluß der Luft und Blaͤtter zur Beſchattung zu gewinnen. Einheimiſche Kenner ſowohl als Fremde ſpotten daruͤber; aber noch immer fahren ſo viele Gaͤrtner fort, die Natur zu verſtellen. Bey der blinden Nachahmung des engliſchen Geſchmacks wieder - holt man nicht bloß Fehler, man haͤuft auch neue. Alles, was ein großer Park enthalten kann, ſoll in den engen Raum von einem Morgen Landes zuſammenge - draͤngt werden. Alles, was Aſien an verſchiedenen Bauarten zeigt, ſoll auf einem Fleck von einigen hundert Schritten nachgeahmt werden. Chineſiſche Misgeburten und Kiosken, die zu den Ungeheuern der neuen ſchwelgeriſchen Baukunſt gehoͤren, verdraͤngen die reine Einfalt der griechiſchen Architectur. Die Kunſt der Gruppi - rung der Baͤume auf gruͤnen Flaͤchen ſcheint noch wenig bekannt; ſie ſtehen meiſt einſam, getrennt, ohne Verbindung und Beziehung, wie die Figuren auf manchen bis auf uns erhaltenen Gemaͤlden des Alterthums. Die Bosquets ſind meiſtens in einer gezirkelten und taͤndelnden Manier; oft genug noch ſymmetriſch angelegt, ohne die edle Freyheit der Natur, wodurch ſie ihren Reiz gewinnen muͤſſen. Und die Zwiſchenplaͤtze ſind zuweilen in ſeltſame Formen vertheilt, und z. B. wie ein Spiegel oder wie ein Papillon gebildet. Von ſolchen kleinen Spielwerken ſcheint ſich der Geiſt der Gaͤrtner noch nicht entwoͤhnen zu koͤnnen. Mit Kunſtwerken aller Art, beſonders vermiſchten Gebaͤuden, Ruinen, Bruͤcken, werden nicht ſelten die neuen Gaͤrten uͤberladen, und man ſcheint ganz den Werth des Einfachen und Natuͤrli - chen zu verkennen. Auch in den Verzierungen der Kunſtwerke ſelbſt iſt man zu -weilen265Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. weilen eben ſo unuͤberlegt, als verſchwenderiſch. So belaſtet man die Spitze eines klei - nen Pavillons der Diana mit der koloſſaliſchen Statue der Goͤttinn und zwey Hun - den; ſo erſcheint Mercur mit einem ſich baͤumenden Pferde auf dem Dache eines Orangeriehauſes; ſo ſind die Außenſeiten eines Taubenhauſes, das die Form eines Pavillons hat, mit Senſen, Harken, Gießkannen, Korngarben und Koͤrben ver - ziert. Alle dieſe Bemerkungen ſind von wirklich vorhandenen Anlagen und Verzie - rungen abgezogen.

Es giebt in der That einen merkwuͤrdigen Unterſchied zwiſchen den Gaͤrten von zwey beruͤhmten Nationen, die in dem Erwerb ihrer Groͤße und ihres Ruhms ſo eifrige Nebenbuhlerinnen ſind. Die Gaͤrten der Franzoſen ſind noch zu ſehr von der Hand der Kunſt geſchmuͤckt, ſie unterdruͤcken die Natur durch ihre puͤnktliche Geſchaͤftigkeit, ſie zu verſchoͤnern; die Gaͤrten der Englaͤnder ſind nicht ſelten gar zu vernachlaͤßigt. In England arbeitet man mehr fuͤr ſich. In Frankreich ſucht man nicht etwa angenehme Unterhaltung des Auges oder Bequemlichkeit, ſon - dern vielmehr Befriedigung ſeiner Eitelkeit, die ſo oft das Vermoͤgen verſchlingt. Der Englaͤnder ſucht auf dem Lande das Vergnuͤgen des Landes. Dem Franzo - ſen folgt gleichſam die Stadt aufs Land nach. Der Englaͤnder iſt Gaͤrtner und Landwirth auf ſeinen Guͤtern. Der Franzoſe iſt ſelten mehr, als Decorateur. Temple beſchnitt ſelbſt ſeine Fruchtbaͤume; Pope arbeitete ſelbſt in ſeinem Garten, wie die großen Maͤnner des Alterthums. Faſt alle Englaͤnder lieben die Garten - kunſt und die oͤkonomiſche Gaͤrtnerey; und ſelbſt bis auf die Gaͤrten des Landmanns hat alles eine Anordnung, die ihren Wohlſtand beweiſet. Es giebt noch mehr Geſichtspunkte, woraus ſich die Vergleichung fortſetzen laͤßt. Der Franzoſe will in Bewunderung, in Ueberraſchung ſetzen; der Englaͤnder mit einer Menge von Ideen und Empfindungen unterhalten. Der Franzoſe rechnet auf Verhaͤltniſſe, der Englaͤnder auf Scenen und Gemaͤlde. Dieſer ſucht die Mannichfaltigkeit der Natur, jener die Erfindungskraft der Kunſt; dieſer die Landſchaft, jener den Be - ſitzer zu zeigen. England hat mehr wilde, romantiſche, ſtark charakteriſirte Ge - genden, bedeckt mit Gehoͤlzen, mit Bergen, mit Felſen, voll Quellen und Fluͤſſe; Frankreich hat weniger maleriſche Landſchaften, viel Ebenen, die keine reiche Man - nichfaltigkeit von Scenen, die bloß Anlagen der angenehmen Gattung verſtatten, aber auch mit mancher Schwierigkeit. Daher Gaͤrten der Ebenen, die immer von einer gewiſſen Monotonie begleitet ſind. Alle kuͤnſtliche Verbeſſerungen einer ſolchen Lage ſind mit großen Koſten verknuͤpft.

Ueberhaupt aber kommt auch hier der unterſcheidende Nationalcharakter in Betrachtung. Wilde Felſen, brauſende Waſſerfaͤlle, zerſtoͤrte Bruͤcken, dunkleV Band. L lHoͤhlen,266Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Hoͤhlen, Huͤtten uͤber Abgruͤnden, Trauerdenkmaͤler, alles, was die Einbildungs - kraft heftig bewegt oder durchſchuͤttert, was eine tiefe Melancholie erregt; ſodann außerordentliche Situationen, uͤberraſchende Uebergaͤnge und ſtarke Contraſte alles dieß ergoͤtzt den ernſten und zum Erhabenen geſtimmten Britten in ſeinen weiten Parks, wie in ſeinen Romanen und in ſeinen Gedichten. Allein der Cha - rakter dieſer Gegenſtaͤnde und Scenen ſtimmt gar nicht mit den gewoͤhnlichen Ideen oder mit dem Nationalgeſchmack der Franzoſen uͤberein. Dieſer ſucht nichts lieber, als angenehme Situationen und ſanfte Wirkungen; geht immer auf Verzierungen alles deſſen aus, was er unter Haͤnden hat. Aber es ſind leichte und ſchimmernde Verzierungen. Große Parks machen ihm Langeweile; er will auf jeden Augenblick unterhalten, auf jeden Schritt befriedigt ſeyn. Er kann keine weitlaͤuftigen Spa - ziergaͤnge ertragen. Er muß Gaͤrten haben, die er bald umfoſſen kann, heitere Gaͤrten, die ſeinem Auge immer zulaͤcheln, immer ſeine rege Einbildungskraft mit reizenden Bildern erfriſchen.

4.

Außer den ſchon angefuͤhrten Gartenproſpecten der Franzoſen*)S. 1ſten B. S. 36. Von dem ange - fuͤhrten Werk des Sim. Thomaſſiniſt auch in Haag 1728 eine Ausgabe er - ſchienen. koͤnnen noch zu dieſer Klaſſe gerechnet werden.

  • Jardins et Fontaines p. Iſrael de Silveſtre. Paris 1661. 8. Acht Stuͤcke. Ein aͤlteres gutes Werk aus dem damaligen Zeitalter. Dieſer Kuͤnſtler zeichnete alle Ausſichten von Paris und den umliegenden Oertern, und aͤtzte ſie nachher in Kupfer. Auf Befehl des Hofes mußte er auch alle koͤnigl. Schloͤſſer und Palaͤſte in Kupfer bringen.
  • Deſcription de la Grotte de Verſailles. Paris. fol. 1676.
  • Palais et Jardins Royaux gravés par Perelle. fol.
  • Verſailles immortaliſé avec fig. fol. Paris 1726.
  • Deſcription des Chateaux, Bourg et Foret de Fontainebleau par l Abbé Gilbert. 8. Paris 1731.

Zu den neuern Kupferſtichen gehoͤren

  • Deſcription generale et particuliere de la Frante, die in vielen Heften Ab - bildungen von Gegenden, Schloͤſſern und Gaͤrten enthaͤlt.
  • Detail des nouveaux Jardins à la mode, eine Sammlung von verſchiedenen Heften, die zu Paris bey Rouge herauskommen, worinn ſich Riſſe von den meiſten neuen Gaͤrten befinden.
Unter267Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Unter den beſondern Abbildungen neuer franzoͤſiſcher Gaͤrten iſt vorzuͤglich merkwuͤrdig: Jardin de Monceau près de Paris, appartenant à S. A. S. M. le Duc de Chartres. Paris. fol. 1779. Weder die Vorrede oder kurze Beſchreibung des Gartens, noch die in dieſen achtzehn großen Kupferſtichen vorgeſtellten ſo ſehr uͤber - haͤuften Anlagen koͤnnen ganz die Gerechtigkeit einer ausfuͤhrlichen Kritik aushalten, obgleich einzelne Stellen viel Schoͤnheit haben, die aber doch immer wieder unter dem verſchwenderiſchen Pomp der Verzierungen leidet. Die Erfindungen und Zeichnungen ſind von M. de Carmontelle.

Den ſchon angefuͤhrten Architecturwerken koͤnnen noch beygefuͤgt werden:

  • Recueil Elémentaire d Architecture etc. compoſé par M. de Neufforge, Architecte. fol. Paris. 1757 68. 8 Vol. mit 2 Vol. Supplem. Verſchiedene ſymmetriſche Gartenanlagen im alten ſteifen Geſchmack werden hier noch als Muſter vorgezeichnet, wie man bey Architecturlehrern gewoͤhnlich ſieht. Allein die Ge - baͤude, beſonders fuͤr Gaͤrten, und die Landhaͤuſer und Luſtſchloͤſſer ſind in einem guten Stil. Einige Tempel und Pavillons haben ein zu ſchwerfaͤlliges Anſehen, und ſind mit Verzierungen etwas uͤberladen; die Grotten ſind gegen die Natur voll Pomp der Baukunſt. Neufforge unterſcheidet ſich von den Architecten ſeiner Na - tion durch einen Reichthum von Erfindungen.
  • Architecture moderne par M. Jombert. 4. 2 Vol. Paris. 1764. enthaͤlt einige gute Entwuͤrfe zu Landhaͤuſern, die groͤßtentheils im Geſchmack der Blondel - ſchen, aber doch ſimpler ſind. Es iſt merkwuͤrdig, daß die Landhaͤuſer der beruͤhm - teſten franzoͤſiſchen Architecturlehrer, z. B. des Blondel, Briſeux und Jom - bert, faſt alle in einer Manier angegeben ſind, und nichts von der reichen Mannich - faltigkeit der italiaͤniſchen und engliſchen Baumeiſter haben.

Die merkwuͤrdigſte Erſcheinung in der neuern Gartenlitteratur der Franzoſen iſt das Lehrgedicht des Hrn. Delille; Les Jardins, ou l art d embellir les Payſages. Poëme. 8. Paris. 4me Edit. 1782. Es verdient unter den Lehrgedichten der Gar - tenkunſt unſtreitig den erſten Rang. *)1ſter B. S. 132 133.Vielleicht findet man die Einbildungskraft des Dichters weniger gluͤhend, ſeine Bilder weniger erhaben, ihre Zuſammenſetzun - gen weniger kuͤhn, die Farben ſeiner Gemaͤlde weniger glaͤnzend, als bey Maſon. **)1ſter B. S. 128.Aber gewiß iſt ſeine Phantaſie reich und bluͤhend, ſein Geſchmack fein, durch Beobachtung der Natur und das Studium der beſten Muſter gebildet. Man ſiehtL l 2bey268Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,bey ihm mehr Plan und Anordnung, mehr Abſicht zu unterrichten, und einen ſol - chen Reichthum von vortrefflichen, aus der Natur ausgehobenen Regeln, wodurch er Maſon hinter ſich zuruͤcklaͤßt. *)S. meinen Gartenkalender auf 1784. (wodurch dieſes ſchoͤne Lehrgedicht mehr be - kannt gemacht iſt) S. 12 15. 139 187.

Außer einer zu Zabern, ſieben Stunden von Strasburg, angefangenen Anlage in der engliſchen Manier, ſind die Gaͤrten im Elſaß in Ruͤckſicht auf den Geſchmack von keiner Bedeutung. Sie ſind faſt allein edlen Fruchtbaͤumen und Reben gewidmet, weniger dem Gemuͤſe, das auch hier im freyen Felde gezogen wird. Dennoch haben dieſe Gaͤrten ein angenehmes und froͤhliches Anſehen, wegen der vielen Weinreben und der kleinen artigen Sommerhaͤuſer, die ſich in ihrer Mitte erheben. Sie liegen zuweilen gedraͤngt neben einander, und beleben eine ganze Strecke der Landſchaft in der Nachbarſchaft der Staͤdte. So fand ich die Gaͤrten um Strasburg, Colmar und in andern Gegenden des Elſaſſes.

Strasburg hat keine reich geſchmuͤckten Gaͤrten, wie man bey einer ſo großen Stadt vermuthen ſollte. Man trifft hier indeſſen verſchiedene oͤffentliche Spazier - gaͤnge an ſowohl auf dem Wall als auch die ſogenannte Ruprechtsau und die Contades. Sie ſind angenehm genug in der Naͤhe einer volkreichen Stadt, ha - ben aber nichts, das ſie beſonders auszeichnete. Man ſieht in den Spaziergaͤngen um dieſe Hauptſtadt ſehr haͤufig die ſchoͤne italiaͤniſche Pappel.

IV. Nieder -269Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

IV. Niederlande.

Der Charakter der niederlaͤndiſchen Gaͤrten iſt bekannt, und davon bereits Er - waͤhnung geſchehen. *)S. 1ſten B. S. 50 53.Es iſt demnach hier nur noch ein kurzes Verzeichniß der vornehmſten Proſpecte von den Gegenden nachzuliefern, die durch Schloͤſſer, Landſitze, Meyereyen, Doͤrfer und Gaͤrten ſich am meiſten auszeichnen.

Ein allgemeines Werk fuͤr die ſieben vereinigten Provinzen ſtellt zwar nur Pro - ſpecte im Kleinen dar, iſt aber ungemein ſauder, und 1745 1754 in 5 Baͤn - den in kl. Fol. von Tirion zu Amſterdam unter dieſem Titel herausgegeben: Het verheerlykt Nederland of Kabinet van hedendaagſche Gezichten van Steden, Dorpen, Sloten, adelyke Landhuiſen.

La triomphante riviere de Vecht. Hundert Blaͤtter, die eine Menge Pro - ſpecte von den vornehmſten Landhaͤuſern an der Vecht vorſtellen, herausgegeben von Hendrik de Leeth in Amſterdam.

Differentes vues de la Hollande d après Pronk, Spilmann, de Beyer, Schouten etc. 48 Bl. von Haan gezeichnet und von Spilmann geſtochen.

  • 1) L Arcadie Hollandoiſe on l Amſtel repréſentant les maiſons de Plai - ſance etc. 100 Bl. 2) Les plus belles vues de Rynland. 100 Bl. 3) Mi - roir des delices d Amſterdam vers les villages d Amſterdam, Sloten et de la Chauſſée. 50 Bl. 4) La Hollande en tout ſon éclat demontrée par 30 vues commençant d Amſterdam jusq à Harlem et Spaarnedam. 30 Bl. Alle dieſe verſchiedenen Sammlungen ſind von Rademaker 1730 und in den folgenden Jahren gezeichnet und geſtochen, und in Amſterdam herausgekommen.

Verſchiedene Ausſichten von niederlaͤndiſchen Landſchaften, Doͤrfern, Land - haͤuſern, Meyereyen hat Le Bas nach Tenier, van Dalens u. a. herausgegeben.

Noch verdient hier ein aͤlteres Werk eines Landſchafters aus Antwerpen, der zugleich gut in Kupfer aͤtzte, und 1570 ſtarb, eine Erwaͤhnung, zumal da es uͤberaus ſelten geworden iſt. Es beſteht aus 53 Blaͤttern, und fuͤhrt den Titel: Praediorum, villarum et ruſticarum caſularum icones elegantiſſimae ad vivum in aere deformatae. 1561. 4. Hieron. Cock excud.

Ll 3V. Eng -270Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

V. England, Schottland, und Irland.

1.

Von den Parks der Britten iſt ſchon ſo oft in dieſem Werke geredet, die ſchoͤnſten davon ſind entweder vollſtaͤndig oder nach einzelnen Scenen ſo haͤufig beſchrie - ben, ſo manche Landhaͤuſer abgebildet und die vornehmſten Schriften,*)Zu den Architecturwerken ſind noch zu rechnen des Inigo Jones Deſings of Plans and Elevations for public and pri - vate buildings. 2 B. fol. 1727. Select Architecture etc. by Robert Morris, Surveyor. 4. London, 1755. enthaͤlt ver - ſchiedene Plane und Aufriſſe von Landhaͤu - ſern, Gartenſitzen und Landgebaͤuden, von einer geſunden Architectur, aber bekannter und ſich eben nicht auszeichnender Form. Zu S. 83. im 3ten Bande dieſes Werks gehoͤrt noch: Rural Architecture in the Chineſe Taſte, being Deſings EntirelyNew, for the Decoration of Gardens, Parks, Forreſts, Inſides of Houſes etc. by William and John Halfpenny, Ar - chitects. 3te Edition. 8. London 1755. mit 64 Kupferplatten. Von Maſons English Garden iſt 1779 das 3te und 1781 das 4te Buch zu London herausgekommen. Auch iſt die gute deutſche Ueberſetzung dieſes Lehrgedichts vollendet. Reiſende haben an Volkmanns Reiſen durch England, (8. 4 Baͤnde) ein vortreffliches Handbuch und eine Anleitung zur Beſuchung der vor - nehmſten Landſitze und Parks. die hieher gehoͤren, angezeigt, daß von dieſer Seite nichts mehr hinzuzufuͤgen uͤbrig ſcheint. Indeſſen wird es den Gartenfreunden angenehm ſeyn, hier noch ein kleines Ver - zeichniß der merkwuͤrdigſten einzelnen Kupferſtiche von engliſchen Parks, in ſo fern ſie in dieſer Theorie noch nicht angefuͤhrt ſind, zu ſehen, nachdem verſchiedene Sammlungen davon, die ſich bey den Beſchreibungen befinden, bereits hin und wieder angezeigt ſind. Ein ſolches Verzeichniß laͤßt ſich nicht nach der Zeitfolge geben, worinn die Kupferſtiche nach und nach herausgekommen ſind, indem auf den wenigſten das Jahr bemerkt iſt. Eben ſo wenig macht es Anſpruch auf Voll - ſtaͤndigkeit, weil viele Blaͤtter dieſer Claſſe bloß in die Haͤnde der Parkbeſitzer und ihrer Freunde kommen und daher auswaͤrts nicht bekannt werden; auch die Kuͤnſtler noch immer jaͤhrlich neue Proſpecte nachliefern. Von manchen Landſitzen, beſonders den aͤltern oder beruͤhmten, hat man jetzt ſchon zuweilen drey bis vier Abbildungen. Bloße Landſchaften, auch wenn ſie merkwuͤrdige Naturſcenen vorſtellen, Abteyen und alte Schloͤſſer, wovon manche ſchoͤne Kupferſtiche ausgegangen, ſind aus dieſer Anzeige ausgeſchloſſen.

Six271Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
  • Six views in the Royal Garden at Kew.
  • Six views in Windſor’s Caſtle in Drawings Manner, by Sandby.
  • A general view of the Houſe and Gardens of Chatsworth in Derbyshire, a beautiful ſeat of the Duke of Devonshire, by Sayer.
  • Two views of Chatworth and Haddon engraved by Mr. Vivares.
    • 1) A South-Weſt view of Chatsworth etc.
    • 2) A North-Weſt view of Haddon etc. An ancient ſeat belonging to the Duke of Rutland.
  • Four views of Parks. Engraved by Vivares and Maſon.
    • 1) A view of the new Water Works etc. at Belton in Lincolushire, belon - ging to Lord Viscount Tyrtonnel.
    • 2) A view in Hagley Park, belonging to Sir Thomas Littleton, Baronet.
    • 3) A view in Newſtead Park, belonging to Lord Byron.
    • 4) A view in Exton Park, belonging to the Earl of Gainsborough.
  • Four views etc. engraved by Vivares.
    • 1) A view of Dunnington etc. belong. to the Earl of Huntingion.
    • 2) A view of Hopping etc. belong. to the Duke of Devonshire.
    • 3) A view of Foremark, the Seat of Sir Robert Burdel, Baronet.
    • 4) A view in Lyme Park, the property of Peter Legh, Eſqr.
  • Six beautiful views of the Duke of Argyle’s Seat at Whitton, and Sir Francis Dashwood’s Seat at Weſt-Wycombe, in the County of Buks; engra - ved by Woollet.
    • 1) A view of the House and Port of the Gardens of de Duke of Argyle.
    • 2) A view of de Canal and of the Gothic Tower in the Garden of the Duke of Argyle.
    • 3) A view of the Houſe and Port of the Gardens of Sir Francis Dashwood, Bar.
    • 4) A view of the Caſcade etc. in the Garden of Sir F. D.
    • 5) A view of the Lake etc. in the Garden of Sir F. D.
    • 6) A view of the Walton-Bridge, Venus Temple etc. in the Garden of Sir F. D.
Six272Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
  • Six views of Gentlemen’s Seats, drawn and engraved by M. Woollet.
    • 1) A view of the Garden etc. of Carlton Houſe in Pall-Mall.
    • 2) A view of Foots-Cray Place in Kent, the ſeat of Bourchier Cleeve, Esq.
    • 3) A view of the Great Room etc. at Hall Barn in Bukinghamshire, a ſeat of Edmund Waller, Esq.
    • 4) A view of Port of the Garden at Hall-Barn etc.
    • 5) A view of Comb Bank in Kent, the ſeat of the General Campbell.
    • 6) A view of the Garden of Ch. Hamilton, at Painshill in Surry.
  • Six views of Gentlemen’s ſeats, drawn ond engraved by Sulivan,
    • 1) A view of Wooburn in Surry, the ſeat of Phil. Southeske, Esq.
    • 2) A view of Oatlands in Surry, the ſeat of the Earl of Lincoln.
    • 3) A view of Cliffden in Bukinghamshire, the ſeat of the Earl of Inchiquin.
    • 4) A view of Esher in Surry, the ſeat of H. Pelham, Esq.
    • 5) A view of Wilton in Wiltshire, the ſeat of the Earl of Pembroke.
    • 6) A view of Dichtley in Oxfordshire, the ſeat of the Earl of Lichtfield.
  • Four views of Dunnigton Cliff, by Vivares.
  • Four views of Blenheim, the ſeat of the Duke of Marlborough.
  • Four views of Gentlemen’s ſeats:
    • 1) Hawarden-Caſtle and Park in Flintshire, the ſeat of Sir John Glynne, Bar.
    • 2) The Weſt-Proſpect of Erthig in Denbigshire, the ſeat of Simon York, Esqu.
    • 3) The Eaſt-Proſpect of Rushton in Northhamptonshire, the ſeat of Lord Viscount Cullen.
    • 4) The South-Proſpect of Hater-Thorpe, the ſeat of Mich. Newton Esq.
  • A view of Pontefract Caſtle in Yorkshire.
  • A view of Akworth Park in Yorkshire.
  • Six Caſtles in Wales:
    • 1) Caſtle of Cheſter.
    • 2) und 3) Caernarvon-Caſtle.
    • 4) Conway-Caſtle.
    • 5) Rhuddland-Caſtle.
    • 6) Denbigh-Caſtle.
Six273Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
  • Six views in Nord and South Wales, worunter ſich auch einige Schloͤſſer befinden, von Byrne, Maſon, Elliot u. a. geſtochen.
  • A view of the noble Houſe and Port of the Garden of Caſtle Howard in Yorkshire, the ſeat of the Earl of Carlisle.
  • Five views of Mount Edgtumbe, the ſeat of Lord Edgcumbt.
  • A view of Saltwood-Caſtle at Hythe in Kent.
  • Six views in the Gardens of Hamilton at Painshill in Surry, by Woollet.
  • Two views of the Earl of Weſtmoreland’s villa, with port of the Park.
  • Two views of Hall-Barn in Bukinghamshire, by Woollet.
  • View from one Free-hill in Greenwich Park, by Wood.
  • Lumley Caſtle in the County of Durham, the ſeat of Lord Scarborough.

Aus des Jean Boydells Recneil de 100 Vnes d Angleterre et du Pais de Galles ſind beſonders zu merken: N. 19. Vue du Chateau de Mylord Duncannon. 28) Sion. 66) Beeſton. 67) Eliſabeth dans l’Isle de Jerſey. 68) Carisbrook dans l’Isle Wight. 88) Rushton, und verſchiedene andere Landſitze, wovon hier ſchon einzelne Blaͤtter angezeigt ſind.

Eine Folge von Blaͤttern, die vom Jahr 1781 iſt, enthaͤlt:

  • 1) Vue de Wanſtead dans le Comté d Eſſex.
  • 2) Une autre vue du Palais de Mylord Fulney, proche de Wanſtead.
  • 3) Vue de la Maiſon du Maitre de la Venaiſon dans le Park et une partie de la ville de Greenwik.
  • 4) Vue du Chateau du Chev. Turner dans le Comté de Kent.
  • 5) Vue du Palais de l Archeveque de Canterbury à Lambeth dans le Comté de Surry.
  • 6) Vue de la Ville de Mylord Mansfield à Keuwood dans le Comté de Middleſſex.
  • Livre de differentes vues de Ferme d Angleterre
    *)Die vorzuͤglichſten Originale von Kupferſtichen dieſer Claſſe findet man bey dem Abſchnitt von der Meyerey angezeigt.
    *) par Pillemont et Leviez.
WelcheV Band. M m274Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Welche Folge von herrlichen Proſpecten wuͤrden nicht noch beſonders die Ufer der Themſe von London bis Richmond anbieten, die mit dem ſchoͤnſten Gemiſch von Doͤrfern, Gaͤrten und Landhaͤuſern des Adels und andrer Einwohner der Haupt - ſtadt auf beyden Seiten ſo ſehr angebauet ſind, als vielleicht keine Ufer irgend eines andern Fluſſes in unſerm Weltheil! Großbritannien hat von der Natur ſo viele Abwechſelungen empfangen, daß es fuͤr ſeine Landſitze Lagen von allen Charakteren und ihren Miſchungen beſitzt, wozu bald die ſchoͤnen Waͤlder, Fluren, Getreide - felder, Wieſen und Huͤgel, bald die Gebirge, die Felſen, die Geſtade des Meeres, bald die Fluͤſſe, Stroͤme, Waſſerfaͤlle und Tiefen, bald die Ruinen von alten Schloͤſſern und Abteyen ſo maͤchtig beytragen. Hier ſey es uns noch erlaubt, aus einer neuen und vortrefflichen Sammlung*)A collection of 150 ſelect view in England, Wales. Scotland and Ireland. einige Vorſtellungen von Landhaͤuſern von einem reizenden, einem ſanftmelancholiſchen, einem romantiſchen und einem feyerlichen Charakter mitzutheilen, die das ſichtbar aufklaͤren und beſtaͤti - gen, was von dem Eigenthuͤmlichen dieſer verſchiedenen Gegenden und Lagen ge - ſagt iſt. **)S. 4ten B. S. 38 138. Drawn by P. Sandby. 2 Vol. 1782. Lon - don.

a. Nuneham. Landhaus in einer reizenden Lage.

Dieſer heitre Landſitz des Grafen Harcourt befindet ſich zu Nuneham in Oxfordſhire, ſechs engliſche Meilen von der Stadt Oxford, und drey von Abingdon. Die Lage des Hauſes iſt uͤberaus gluͤcklich gewaͤhlt; es ſteht auf einem allmaͤhlich von der Themſe aufſteigenden Huͤgel. Der ſchoͤne Raſen, der abhaͤn - gige Wald, der angenehme Fluß, die gruͤnenden Wieſen umher und der ganze Park, der mit Geſchmack angelegt iſt, bilden zuſammen eins der reizendſten Ge - maͤlde, das ſich die Einbildungskraft ſchaffen kann. Und vielleicht giebt es in England kein Landhaus, das ſo ſchoͤne und fein ausgewaͤhlte Proſpecte hat, als Nuneham. Von der einen Seite zeigt ſich Oxford in der Ausſicht; von der andern die Stadt Abingdon, mit der ſchoͤnen Themſe. Die Ausſichten ſind faſt ohne Graͤnzen und bis zum Erſtaunen vervielfaͤltigt; ſie breiten ſich weit uͤber Ox - fordſhire aus, und beherrſchen die blauen Berge von Berkſhire, das fruchtbareThal275Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Thal von Whitehorſe und alle wohl angebauete Laͤndereyen dieſer Landſchaft bis an die Huͤgel von Farringdon.

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b. Kilcairn oder Kilchurn. Landhaus in einer melancholiſchen Lage.

Dieſes Gebaͤude, das zwiſchen Bergen auf einer Inſel beym Anfang des Landſees Lochaw in Schottland liegt, ward ehemals von den Vorfahren des Lord Breadalbane bewohnt. Jetzt iſt ſchon der Thurm verfallen. Das oͤde Anſehen dieſes alten Schloſſes, ſeine Lage zwiſchen hohen meiſt kahlen und felſigten Bergen, die den Bezirk des Sees umher mit ihren ſchwarzen Schatten verduͤſtern, ſeine Aus -M m 2ſicht276Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,ſicht auf einige einſame Inſeln und auf die Ruinen eines Kloſters alles dieſes hilft hier den Charakter des Melancholiſchen vollenden.

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c. Strath-Tay. Landhaus in einer romantiſchen Lage.

Das Landhaus von Menzies, das dem Ritter Robert Menzies gehoͤrt, liegt uͤberaus romantiſch auf der mitternaͤchtlichen Seite von Strathe-Tay in Schottland. Die Waͤlder, die ſich ſo kuͤhn aufthuͤrmen, und die grauen Felſen, die zwiſchen ihnen haͤngen, machen einen ſehr intereſſanten Contraſt gegen das rei - zende Thal, worinn ſich der Fluß zwiſchen ſchoͤnen Baumgruppen umherwindet. Auf einer Hoͤhe erblickt man die Ueberbleibſel einer Einſiedeley, die auf zwey Seiten von Felsmaſſen und auf den beyden uͤbrigen von Mauerwerk gebildet war, und vor einigen Jahrhunderten dem Haupt einer Familie, der aus Ekel die Welt und in ihrſeine277Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ſeine Guͤter verließ, zum Aufenthalt diente. In dem Thal graͤnzen ſchoͤne Spa - ziergaͤnge an tiefe und dicke Gehoͤlze; und ihre Dunkelheit erheitert eine Menge lieb - licher Waſſerfaͤlle, die von den nackten Felſen herabſpielen. Indeſſen tobt zuweilen, neben einem friedfertigen in ſeinem heitern Gruͤn laͤchelnden Grasplatz, ein wilder Waſſerſturz in der Tiefe.

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d. Alnwick. Landhaus in einer feyerlichen Lage.

Dieſes Schloß liegt bey Alnwick, der Hauptſtadt in Northumberland, und iſt ein gewoͤhnlicher Aufenthalt des beruͤhmten Hauſes Percy oder der Grafen von Northumberland. Der kuͤhne gothiſche Stil, worinn es erbauet iſt, ſtimmt vortrefflich mit ſeiner heroiſchen Lage in der Hoͤhe einer bergigten, mehr wilden, als angebaueten Gegend, uͤberein; tief unter ihm waͤlzt ſich der Fluß Aln vorbey, uͤberM m 3welchen278Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,welchen eine ſtarke Bruͤcke, ebenfalls von gothiſcher Architectur, fuͤhrt; eine andre, bloß auf Einem Bogen gewoͤlbt, iſt weiter unten uͤber den Strom geſchlagen. Die Lage, die das Anſehen dieſes Gebaͤudes ſo trefflich hebt, machte es ehemals zu einer unbezwinglichen Feſtung. Seine Geſchichte ſteigt in laͤngſt verfloſſene Jahrhun - derte zuruͤck, in die Jahrhunderte der wilden Kampfſucht und der rohen Tapferkeit; es hat mehr als einen Helden in ſeinen Mauern beſchuͤtzt, mehr als einen Kampf um ſich her wuͤten, mehr als eine Nation eindringen und wieder verjagen geſehen. Dieſe Zuruͤckerinnerung verſtaͤrkt nicht wenig den großen Eindruck, den gleich der Anblick ſeiner Lage und ſeines feyerlichen Anſehens erregt. Und da das Inwendige ganz in dem ſtarken und rohen Stil der gothiſchen Befeſtigung, den das aͤußere Gepraͤge zeigt, eingerichtet iſt, und die neuern Verbeſſerungen und Verzierungen alle mit vielem Geſchmack und vieler Beurtheilung in der Manier der alten Jahrhun - derte ausgefuͤhrt ſind; ſo gehoͤrt dieſes Gebaͤude unſtreitig zu den vollkommenſten Werken dieſer Art, nicht bloß in England, ſondern auch uͤberhaupt in Europa.

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2. Seit279Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

2.

Seit einiger Zeit beginnen die Vornehmen in Schottland, mit einer nuͤtzli - chen Nacheiferung nicht allein Landhaͤuſer in einem beſſern Stil, als ihre alten Schloͤſſer zeigen, ſondern auch neue Pflanzungen anzulegen. Dieſe Unternehmun - gen verdienen nach dem, was bereits uͤber Schottland*)1ſter B. S. 70 71. 4ter B. S. 110 111. 118 120. bemerkt iſt, hier noch einige Anzeige.

In der Landſchaft Berwik zu Lees hat der Baronet Pringle einen Landſitz, den er nicht nur mit vielem Geſchmack angelegt, ſondern auch mit vielen landwirth - ſchaftlichen Verbeſſerungen zum Muſter fuͤr die ganze Nachbarſchaft umgeben hat. Die Vorderſeite des Gebaͤudes hat vier corinthiſche Pfeiler, und in den Fluͤgeln ſind die Kuͤchen und Wohnungen der Bedienten angebracht. Gegen die Nord - winde iſt es durch die angelegten Pflanzungen geſichert, und auf der Suͤdſeite hat man den ſchoͤnen Proſpect einer großen Bruͤcke und der Tweed. Am weſtlichen Ende des Wieſengrundes, der hin und wieder kleine Gebuͤſche hat, ſteht ein offener joniſcher Tempel, von dem man ebenfalls eine reizende Ausſicht uͤber die Tweed und die umliegenden Gegenden genießt.

In Eaſt-Lothian iſt Broxmuth, der angenehme Landſitz des Herzogs Rox - bourgh, merkwuͤrdig. Das Gebaͤude liegt in einem weitlaͤuftigen Parke, der gegen die See zu außerordentlich angepflanzt iſt. In eben dieſer Landſchaft hat ſich der Marquis von Tweedale zu Yeſter durch ungemein weitlaͤuftige Pflanzungen von ſchottiſchen Kiefern, die vielen andern Edelleuten ein Beyſpiel einer wichtigen Verbeſſerung gegeben, verdient gemacht. Das Landhaus iſt ſchoͤn und anſehnlich. Ein kleiner ſchneller Fluß laͤuft bey dem Hauſe vorbey, und macht durch ſein Geraͤuſch in dem Park, der weitlaͤuftig iſt, die Scenen ſehr laͤndlich und angenehm. Die Staͤlle, die Wagenſcheuer, das Huͤnerhaus und andre Gebaͤude liegen in einiger Entfernung vom Wohnhauſe im Park, welches bey allen vornehmen Landhaͤuſern in Schottland uͤblich iſt.

Eine der erſten Merkwuͤrdigkeiten in der Landſchaft Weſt-Lothian iſt Hope - tonhouſe, der Landſitz des Grafen von Hopeton. Das Haus ſteht auf einer rei - zenden Ebene am Ufer des Fluſſes. Es war anfaͤnglich ein freyſtehendes viereckig - tes Gebaͤude; vor einiger Zeit aber hat man Seitengebaͤude hinzugefuͤgt, und ſie mit dem mittlern durch Colonnaden verbunden, die dem Ganzen ein praͤchtiges An - ſehen geben. Die Vorderſeite hat korinthiſche Saͤulen. Man hat aus ihr die ſchoͤnſten Proſpecte von Land und Meer, und eine Strecke von 40 (engl.) Meilenvon280Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,von Stirling bis nach der Baß-Inſel vor ſich. Auf der andern Seite ſieht man Fifeshire und mehr als 20 kleine Staͤdte und alte verfallene Schloͤſſer. Die Scene wird durch die beſtaͤndig auf und nieder ſegelnden Schiffe belebt. Die innern Verzierungen des Hauſes ſind mit Geſchmack gemacht.

Der Garten zu Alloa oder Alloway in Perthſhire gehoͤrt den Grafen von Marr, die hier ihren Landſitz haben, und iſt einer der ſchoͤnſten und groͤßten in Schottland. Der Garten von Kinroß ſtoͤßt an das Ufer des Sees. Das Haus, das dem Baronet Hope Bruce gehoͤrt, iſt ein ſchoͤnes und regelmaͤßiges Gebaͤude, das William Bruce, der ſchottiſche Vitruv, zu Carls II. Zeit auf ſeine Koſten gebauet; es iſt von feinem weißen Stein, die Arbeit zeigt Ge - ſchmack und das Ganze iſt ſchoͤn. Er legte zugleich viel Waldung an, und ſein Enkel, der jetzige Beſitzer, hat ſie noch vermehrt. Der Landſitz des Herzogs von Athol liegt an der Tay, mit einem angenehmen Garten. Aus verſchiedenen Gaͤngen giebt er ſehr maleriſche Ausſichten der wilden finſtern Natur. In ſeinem Bezirk lie - gen die Ruinen der vormaligen praͤchtigen Kathedralkirche, deren Thor noch zum Gottesdienſt gebraucht wird. Jenſeit des Fluſſes iſt ein angenehmer Gang am Uſer der Bren, eines reißenden Stroms voll kleiner Steine. An ſeinem Ende ſteht auf einem Felſen ein artiges Gebaͤude, das uͤber eine Kluſt haͤngt, wohin ſich der Fluß mit großer Heſtigkeit von einer Hoͤhe hinabſtuͤrzt. Einige Scheiden der Fenſter des Saals ſind von rothem Glaſe, und dadurch macht der Waſſerfall die Wirkung, als ob Feuer niederfiele.

Auf der Inſel Bute haben die Grafen dieſes Namens zu Mount-Steward an der Kuͤſte ein neues Landhaus. Es beherrſcht eine angenehme Ausſicht auf einer Hoͤhe im Gehoͤlze, wovon die Baͤume hier ſo gut, als in den ſuͤdlichen Landſchaften Englands, fortkommen.

Viele andre Gegenden von Schottland, z. B. in der Nachbarſchaft von Edinburg, von Cramond, die Ufer des Meerbuſens von Forth, ſind mit einer Menge von ſchoͤnen Landſitzen des Adels und andrer wohlhabender Einwohner ge - ziert. *)Volkmanns neueſte Reiſen durch Schottland und Irland. (Ein Auszug aus den beſten Quellen) 8. Leipzig, 1784.

3.

In Irland traͤgt die feuchte Luft, ſo viel Unbequemlichkeit ſie hat, doch ſehr zur Schoͤnheit der Wieſen und Raſen bey. Das Gras erſcheint beſtaͤndig in dem lebhafteſten Gruͤn, und hat nie das duͤrre und verſengte Anſehen, das es ſehr oft in andern Laͤndern bekoͤmmt.

Das281Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Das ſchoͤnſte Landhaus in Irland iſt Caſtletown, deſſen Mittelgebaͤude durch eine Colonnade von neun Saͤulen auf jeder Seite mit den Fluͤgeln verbunden ſind. Es liegt in der Provinz Leinſter mitten in einer Ebne, die mit den herrlich - ſten Pflanzungen umgeben iſt; gegen Norden vereinigen ſie ſich mit einem Walde, worinn viele ſchlaͤngelnde Gaͤnge zu verſchiedenen Sitzen und Cabinetten fuͤhren.

Der Sitz des Grafen von Charlemont iſt nur zwey Meilen von der Haupt - ſtadt entfernt. In dem Park iſt vor wenig Jahren ein Luſthaus in ſchoͤnem Stil nach der Zeichnung des Architecten Adams aufgefuͤhrt, und von Rooker in Kupfer geſtochen. Es zeigt eine herrliche Ausſicht uͤber die Stadt, die Bay, die See und die umliegende Landſchaft.

Die Gegend um den Sitz des Lord Conynghany, Slaine-Caſtle, iſt ſehr ſchoͤn und abwechſelnd; ſie erhebt ſich um das Haus in Huͤgeln und Ungleichheiten der Oberflaͤche mit einer Einfaſſung bluͤhender Baumpflanzungen. Unter dem Land - hauſe fließt die Boyne; auf einer Seite iſt Felſenufer, auf der andern Wald. Durch die untern Pflanzungen laufen Wege mit Ausſichten auf verſchiedene ſchoͤne Scenen, die vom Fluſſe gebildet werden und weit ins Land hineingehen.

Noch ſieht man in dieſer Provinz Leinſter das große Landgut Mount-Ken - nedy, dem General Cuningham zugehoͤrig. Die Grundſtuͤcke um das Wohn - haus ſind ungemein ſchoͤn; man ſieht keine Gleichheit, ſondern jeder Platz zeigt eine Abwechſelung von Berg und Thal. In einigen wilden und romantiſchen Gegenden dieſes Landſitzes ſind geſchmackvolle Anlagen gemacht. Nicht weit von hier liegt Po - verscourt, der Sitz des Lords dieſes Namens. Das Haus ſcheint bey dem Zu - gange die ſchoͤnſte Lage von der Welt zu haben. Der Park iſt vortrefflich.

In der Provinz Ulſter bemerkt man des Biſchofs von Kilmore Palaſt auf einem anſehnlichen Huͤgel mit Gehoͤlze. Von hier fallen die Waͤlder von Farnham ſehr ſchoͤn in die Augen. Außerdem iſt Farnham, der Sitz des Grafen dieſes Na - mens, einer der reizendſten Plaͤtze in Irland, wo Berge, Waͤlder und Waſſer in großer Schoͤnheit erſcheinen. Die abwechſelnden Proſpecte des dazu gehoͤrigen Sees koͤnnen nicht ſchoͤner ſeyn. Die Wieſen ſind wellenfoͤrmig, und zeigen ſich in mancherley Geſtalten. Sie erheben ſich oberhalb des Sees, ſtoßen bald an ihn, und ziehen ſich bald davon zuruͤck. *)Man ſehe ferner 1ſten B. S. 71. 4ten B. S. 75 80. 97. 129 u. ſ. w.

V Band. N nVI. Daͤnne -282Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

VI. Daͤnnemark und Norwegen.

Die Luſtſchloͤſſer und Gaͤrten des Koͤnigs und des koͤniglichen Hauſes ſowohl, als auch die vornehmſten Landſitze und Parks in Seeland, auf Alſen und im Herzogthum Schleswig, ſind bereits beſchrieben. *)S. die Anhaͤnge zum 3ten und 4ten B.Manche andre Landſitze zeich - nen ſich ebenfalls durch das Eigenthuͤmliche dieſer Landſchaften, durch die trefflichſten Waͤlder und Wieſen, die ihr herrliches Gruͤn oft ſpaͤt in den Herbſt behalten, und durch die erhabenſten Meerproſpecte aus. Man verlaͤßt immer mehr die vorige Regelmaͤßigkeit, und liebt die Natur in der reizenden Wildniß ausgehauener Waͤl - der. Die ſpaͤte Ankunft des Fruͤhlings wird nicht ſelten durch die taͤngere Milde des Herbſtes verguͤtet. Die Waͤlder voll Wild und die fiſchreichen Seen und Ufer vermehren nicht bloß den Reichthum, ſondern auch die Annehmlichkeit des Landes. Die Obſtbaumzucht breitet ſich von Jahr zu Jahr aus, und wird durch mehrere große Fruchtbaumſchulen, woraus die Gaͤrten und Hoͤfe des Landmanns bepflanzt werden, durch die Freygebigkeit des Koͤnigs befoͤrdert. Durch Baumſchulen aus - laͤndiſcher wilder Baͤume und Straͤucher wuͤrden nicht bloß die Pflanzungen der Luſt - gaͤrten an Schoͤnheit und Mannichfaltigkeit, ſondern auch die Forſten an Erweite - rung ihres Nutzens noch viel gewinnen koͤnnen.

Norwegen hat viele erhabene und romantiſche Gegenden, die ſich hin und wieder dem Charakter der helvetiſchen Landſchaften naͤhern. In den angebaueten Plaͤtzen liegen manche anmuthige Landſitze. Allein in ihren Gaͤrten herrſcht faſt uͤberall noch der alte Geſchmack der ſteifen Regetmaͤßigkeit. Nichts waͤre indeſſen den abwechſelnden und intereſſanten Lagen in Norwegen mehr angemeſſen, als die engliſche Manier, oder der freye und natuͤrliche Geſchmack. Aber die Strenge des Klima unterdruͤckt zu oft die Sorgfalt der Cultur, und ſchraͤnkt die Pflanzungen auf die nothwendigſten Beduͤrfniſſe ein. Selbſt die Fruchtbaumzucht kaͤmpft muͤh - ſam gegen die Gewaltthaͤtigkeit der Kaͤlte und der Stuͤrme; und die hier unentbehr - liche Einfaſſung der Gartenplaͤtze mit hohen Planken begreift gemeiniglich nur einen kleinen Umfang, worinn Kuͤchengewaͤchſe, Blumen und Obſtbaͤume zuſammenge - draͤngt ſind.

VII. Schwe -283Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

VII. Schweden.

Schweden hat nicht allein das Erhabene der Meerproſpecte, ſondern auch das Romantiſche der Felſen, der Berge, der Waſſerfaͤlle und Stroͤme, die Ge - genden von der ſtaͤrkſten Ueberraſchung bilden. Der aufgeklaͤrte Schwede iſt voll Empfindlichkeit gegen die Schoͤnheiten der Natur; er erweitert gerne ſeinen Geiſt durch neue Wiſſenſchaft, und naͤhrt ſeinen Geſchmack durch Reiſen. Da er durch den unſterblichen Linne, deſſen Verdienſte der erſten Tempel und Statuen in den Gaͤrten lange ſchon werth waren, zur Pflanzenkenntniß in ſeiner Heimat angefuͤhret ward; ſo iſt er ſchon mit einem wichtigen Theil der Gartenwiſſenſchaft vertraut. Die ſchoͤne Gartenkunſt, die ſich auswaͤrts durch Muſter und Schriften erhob, feſ - ſelt ſeine Neigung, und wird ſein Studium. So viele reiſende Schweden von Geburt und Wiſſenſchaft ich auf meinen Reiſen antraf, oder bey mir zu ſehen das Vergnuͤgen hatte; ſo viele Freunde der ſchoͤnen Natur und der Gaͤrten habe ich in ihnen zu ſchaͤtzen gefunden.

Guſtav III. veredelt den Glanz ſeines Throns durch die Liebe der ſchoͤnen Kuͤnſte, die Er alle kennt, die Er alle ſchuͤtzt. Sein Haga, das er jetzt ſchafft, ſoll ein Denkmal Seines ſeinen Gartengeſchmacks werden, das erſte Muſter der neuen Kunſt in dem Schooß der Nation. Ehe dieſes Werk, das ſich erſt bildet, und dem die Beſchreibung nicht zuvoreilen darf, mit allen Schoͤnheiten der Natur und des Geſchmacks vollendet hervorgeht, mag den wartenden Kenner das folgende Gemaͤlde von Drottningholm unterhalten.

Drottningholm. *)Dieſe Beſchreibung verdanke ich der Guͤte eines aufgeklaͤrten Gartenfreundes,des Hrn. Secretair Linnerhjelm in Stock - holm.

Das Luſtſchloß Drottningholm, der Sommeraufenthalt des Koͤnigs und des koͤniglichen Hauſes, iſt ein praͤchtiges Gebaͤude auf einer Inſel im Maͤler, wel - ches die Koͤniginn Hedwig Eleonora auffuͤhren laſſen. Die Lage deſſelben iſt an - genehm, zwiſchen verſchiedenen mit Tannen und Fichten bewachſenen Inſeln, auf welchen ſich etliche Doͤrfer zeigen. Wenn man zu Lande dahin reiſet, iſt der Weg von anderthalb ſchwediſchen Meilen ſehr bequem, und die Gegend von Landguͤtern und Wirthshaͤuſern verſchoͤnert. Die Ueberfahrt iſt alsdann kurz, zwiſchen denN n 2vorbemel -284Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,vorbemeldeten Inſeln, die mit einigen Bergen abwechſeln. Man faͤhrt dem ſoge - nannten Malm vorbey, der aus vielen Haͤuſern fuͤr den Hofſtaat und etlichen Wirthshaͤuſern beſteht, und eine maleriſche Ausſicht darſtellt; die Haͤuſer ſind von verſchiedener Farbe und Bauart, welches unter dem verſchiedenen Gruͤn der Baͤume und Berge ſehr angenehm hervorſticht.

Von dem Schloſſe findet man in Dahlbergs Svecia antiqua & hodierna*)Man findet darinn ſchwediſche Luſt - ſchloͤſſer und Gaͤrten abgebildet. ZweyVorſtellungen davon ſ. im 2ten B. dieſer Theorie S. 24 u. 30. eine genaue Abzeichnung, ausgenommen, daß zur linken Seite des Schloſſes vier Pavillons aufgefuͤhrt ſind, von denen zwey fuͤr die Herzoge und einer zum Opern - hauſe eingerichtet iſt. Die Ausſicht des Schloſſes iſt auf einer Seite, vorne, von oberwaͤhntem Malm und den Inſeln begraͤnzt, auf der andern, hinten, iſt der alte oder franzoͤſiſche Garten, worinn die erſten Anlagen meiſtentheils beybehalten ſind, und der ſich mit vielen kleinen Gebaͤuden, die zuſammen Canton genannt werden, endigt. Von da geht zur linken Hand eine gerade Allee durch den Thier - garten nach China, welches ein angenehmer mit Nadelholzung umgebener Ort iſt, der mit etlichen zierlichen Haͤuſern im chineſiſchen Geſchmacke von der Koͤniginn Louiſe Ulrike angeleget worden. Ein jedes dieſer Gebaͤude hat beynahe eine beſon - dere Lage und Verzierung, doch alle ſind von einerley Charakter, und geben dem Orte einen Anſtand, der fuͤr die Bewohner beruhigend iſt.

Im Thiergarten findet man oft Schaaren von Hirſchen und Rehen, die ſo zahm ſind, daß ſie ſich ohne großes Getoͤſe oft nicht ſcheuchen laſſen. Weiter geht man durch einen anmuthigen Wald, wo zwey mit Staketten eingeſchraͤnkte Plaͤtze, unter den Schatten verſchiedener Arten Baͤume, kleine Wohnungen fuͤr Gevoͤgel enthalten, die eine ſehr ruhige Lage haben, bis der Weg ſich jaͤhlings mit einer freyen Ausſicht uͤber den Maͤler endigt.

Ein andrer Weg fuͤhrt durch gruͤne und von gruppirten Tannen gezierte Felder gerade auf den franzoͤſiſchen Garten zu, wodurch man alsdann ſeitwaͤrts zur Linken hineinkoͤmmt, und gerade gegenuͤber den engliſchen Garten antrifft. Dieſer iſt nur erſt in ſeinem Anfange, und man kann daher nichts vollſtaͤndiges von ihm ſagen. Doch aber, einige Kenntniß ſeiner Lage zu geben, wollen wir den Spaziergang wie - der bey dem Schloſſe anfangen. Wenn man von dieſem in die Allee des franzoͤſi - ſchen Gartens hinabgeht, ſteht der Papillon des Herzogs von Suͤdermannland rechter Hand im Winkel des Gartens. Man geht alsdann weiter die Orangerie vorbey und naͤhert ſich einem ſehr lieblichen Hayne, wo der engliſche Gartenanfaͤngt,285Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. anfaͤngt, und neben welchem ein ſchattenreicher Weg fortgeht. Doch wandelt man in der Allee des franzoͤſiſchen Gartens fort, bis endlich der Weg in den engliſchen leitet. Dann oͤffnet ſich ein freyes Feld, das von vielerley Arten Baͤume und Ge - buͤſche begraͤnzt wird, und von einem angenehmen ſich ſchlaͤngelnden Fluſſe ſchoͤn be - lebt iſt. Der Weg, von Baͤumen beſchattet, kruͤmmet ſich laͤngſt dem Ufer des Fluſſes, und ſchlaͤngelt ſich weiter am Fuße eines ziemlich geraͤumigen und hohen Huͤgels, wo ſich allmaͤhlich ein kleiner Weg unter Gebuͤſchen hinaufwindet. Ver - ſchiedene Fußſteige leiten unter dieſem Gebuͤſche, das theils von einheimiſchen, theils auslaͤndiſchen Straͤuchern beſtehet, wieder unvermerkt zum Fluß. Auf beſagtem Huͤgel iſt die Ausſicht ſehr ſchoͤn. Man uͤberſieht zuerſt die vielfarbigen Gebuͤſche und Geſtraͤuche, die den Huͤgel umkraͤnzen, ferner die gruppirten Baͤume, die hier und da zerſtreut ſtehen, und den Fluß, der ſich um den Fuß eines erhabenen, nicht allzuweit entfernten Ortes, wo eine Rotunda oder ein anderer offener Tempel ange - ordnet iſt, windet, hinter dieſem fließt und wieder ſichtbar wird. Endlich erblickt man den obgedachten Hayn, wo der Fluß einen kleinen See bildet, und wo auf einer Inſel ein Luſtgebaͤude unter den Ellern aufgefuͤhret werden ſoll. Zwiſchen den Wi - pfeln dieſer Baͤume entdeckt man das kupferne Dach des Schloſſes, das ſich maje - ſtaͤtiſch erhebt. Auf der andern Seite des gedachten Huͤgels zeiget ſich ein weites bearbeitetes Feld, das ſich mit Wieſen und Bergen beſchließet. Folget man dem Fluſſe, deſſen Ufer bald hoͤher, bald niedriger, bald ſchoͤn bewachſen, bald ſteil ſind, ſo koͤmmt man uͤber eine Bruͤcke zu dem erwaͤhnten Tempel, der in einer praͤch - tigen Gegend liegt, und eine freye offene Ausſicht anbietet. Hier fallen die Kruͤm - mungen des Fluſſes deutlicher ins Auge, und die Bruͤcken, die hie und da gebauet worden. Weiterhin ſtoͤßt man auf kleine bewachſene Inſeln und gelangt zuletzt zum Ellernhayn, der fuͤr ſich ſchon eine beſonders reizende Anmuth darbietet. Die hier in der ſtillen See belegenen Inſeln ſind ſehr angenehm, und mit ſo vielem Ge - ſchmacke angelegt, daß man ſie beynahe als ein Werk der Natur anſehen moͤchte. An dieſem Hayne graͤnzt das Opernhaus, welches von einer ſchoͤnen Bauart iſt, und eine uneingeſchraͤnkte Lage hat. Bey dieſem endigt ſich der Garten, und vor dem Hauſe iſt ein freyer Hof, woran die oben genannten Pavillons ſtoßen.

N n 3VIII. Ruß -286Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

VIII. Rußland. *)Dieſe neuen und ſchaͤtzbaren Nach - richten von den Gaͤrten in Rußland ſind die Gartenfreunde mit mir der unvergeß - lichen Gefaͤlligkeit des kaiſerl. wirklichenStaatsrathes, Herrn von Staͤhelin, ſchul - dig, der durch ſeinen Charakter eben ſo ehrwuͤrdig iſt, als durch ſeine ausgebrei - tete Gelehrſamkeit und Kunſtkenntniſſe.

1.

Der Garten des kaiſerlichen Sommerhofs zu St. Petersburg an der großen Newa iſt der erſte, den Peter, der Große, 1714 nach ſeinem hollaͤndi - ſchen Lieblingsgeſchmack anlegen ließ. Er iſt von einem weiten Umfang, von vorn von dem Newaſtrom, zur Linken von der aus demſelben austretenden Fontanka, und zur Rechten von einem andern ebenfalls von dem Fluß unter dem Namen Moika ausfließenden Kanal begraͤnzt; er iſt praͤchtig durch breite Alleen, hohe Spaliere, viele Woſſerbehaͤltniſſe, Waſſerkuͤnſte, Caſcaden und Verierwaſſer, offene Plaͤtze und eine Menge marmorner Statuen von Corradini, Tarſia und andern beruͤhm - ten italiaͤniſchen Bildhauern, nicht weniger aͤchte marmorne Werke des Alterthums; er hat eine mit vielen fremden Thieren angefuͤllte Menagerie, verſchiedene Luſthaͤuſer, durchwachſene Gitterwerke und einen Park mit vier Abtheilungen, worinn die aͤſo - piſchen Fabeln auf vergoldetem Bley, als Springbrunnen, angebracht ſind, wo - von die Erklaͤrung und Moral auf Termen angebracht ſind. Zur linken Seite des Eingangs in dieſen Garten ſteht ein maͤßiger Palaſt von Stein, worinn Peter I. mit ſeiner Gemahlinn und Familie zu wohnen pflegte.

Mit dieſem alten Garten verbindet ſich, durch die an ſeinem Ende uͤber den Queerkanal gehende Bruͤcke, noch ein anderer nicht viel kleinerer Garten, den die Kaiſerinn Catharina I. durch einen ſchwediſchen Gaͤrtner anlegen ließ; daher er der ſchwediſche Garten genennet ward. Die Kaiſerinn Eliſabeth hat ihn ſehr verbeſſert. Sie ließ ein neues Palals erbauen, wo ſie im Sommer wohnte, und einen praͤchtigen Pavillon auffuͤhren. Am Palais war vor dem Schlafgemach ein niedlicher hangender Garten angebracht.

Dieſem Garten faſt gegenuͤber, jenſeits der Fontanka, liegt der dritte Hof - garten, an dem ſogenannten italiaͤniſchen Palais; daher er auch der italiaͤniſcheGarten287Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Garten genennet wird. Er erſtreckt ſich uͤber eine Werſt*)1 Werſt 500 Faden. 1 Faden 7 engl. Fuß. 7 Werſte 1 gemeine deut - ſche Meile. weit in die Laͤnge, und enthaͤlt anmuthige Laubgaͤnge, wird aber jetzt zu weiter nichts als zur Erziehung von Blumen, Gewaͤchſen und Baumfruͤchten aller Art fuͤr den kaiſerlichen Hof unterhalten.

Zunaͤchſt an demſelben, ebenfalls an dem Fontanka-Kanal, liegt der graͤfliche Scheremetowiſche Garten, der zwar klein iſt, aber in Anſehung ſeiner hohen ſchattigten Bosquets, ſchoͤnen marmornen Statuen, Pavillons, einer Grotte, und eines bewohnbaren Gartenhauſes viel Angenehmes hat.

In eben dieſer ſymmetriſchen Manier der vorigen Zeit, doch mit vieler Prache verbunden, ſind viele andre Gaͤrten in St. Petersburg; dahin gehoͤren der alte Gar - ten bey dem ehemaligen Palais des Fuͤrſten Menſchikow, jetzt adelichen Cadetcorps, der Garten des Grafen Raſumowsky, wovon jedoch ein Theil bereits in dem neuen Geſchmack umgebildet iſt, und die Gaͤrten an dem Wege nach dem Luſtſchloß Pe - terhof, wo man mehr als dreyßig Sommerſitze vornehmer Privatperſonen erblickt, auf der ſchluͤſſelburgiſchen Landſtraße bey dem Kloſter zum heil. Alexander Newsky, vorzuͤglich aber an der obern Newa die fuͤrſtlichen Weaſomskiſche und Neplujewiſche Gaͤrten. Das letzte Landgut, das an dem aͤußerſten Ende des Newaſtroms liegt, hat eine uͤberaus reizende Lage, und iſt kuͤrzlich von der jetzigen Monarchinn gekauft, die dieſen Ort nach ihrem feinen Geſchmack zu einem ſchoͤnen. Sommeraufenthalt einrichten wird.

Der groͤßte und praͤchtigſte, wiewohl nach der alten regulairen Manier von Peter, dem Großen, angelegte Luſtgarten iſt unſtreitig der bey dem Luſtſchloß Peterhof, 30 Werſte von St. Petersburg, der gewoͤhnlichen Sommetreſidenz des kaiſerlichen Hofes. Dieſer Garten kann wohl mit Recht das ruſſiſche Ver - failles in Anſehung ſeiner koſtbaren und mancherley Gebaͤude, Waſſerkuͤnſte, Caſ - caden, marmornen Bilder, des Parks, der Wildbahnen genennet werden; ja er beſitzt in Betracht verſchiedener Umſtaͤnde noch viele Vorzuͤge vor Ludwigs XIV Prachtgarten. Schon ſeine herrliche Lage entſcheidet zu ſeinem Vortheil. Das Schloß, die Hofſtaatsgebaͤude und der Obergarten liegen etliche 40 Fuß hoch uͤber die Meeresflaͤche; der untere Garten aber, der auf drey Werſte lang iſt, an der See, die ihn von der Nordweſtſeite begraͤnzt. Die Ausſicht iſt uͤberaus groß und reizend. Sie ſtreicht uͤber den Untergarten hin auf die See; zur Linken, einige Werſte weit, erſcheint die Stadt, die Feſtung und der Haſen von Kronſtadt,gerade288Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,gerade aus uͤber das mit Schiffen belebte Waſſer die Provinz Karelien, zur Rech - ten der Galeerenhafen mit einem Theil der Stadt St. Petersburg, deren ver - goldete Thuͤrme glaͤnzend in die Augen fallen. Alle Springbrunnen, Teiche u. ſ. w. ſind mit einem reinen trinkbaren Quellwaſſer angefuͤllt. Der Park reizt durch die daran ſtoßenden Wildbahnen, durch die ihn gegen Suͤdoſt, Suͤden und Suͤdweſt umgebenden Waͤlder mit Durchſchnitten und weiten Ausſichten, durch die dazwiſchen liegende Wieſen und Weiden, abwechſelnde Anhoͤhen, Abhaͤnge und Thaͤler. Die innern Verzierungen des Gartens zeigen den Pomp, den Ueberfluß und die Koſt - barkeit des vorigen Geſchmacks. Das Ganze bildet den Seefahrenden eine uͤberaus praͤchtige, das Auge blendende Ausſicht vor. Die Pflanzungen des Gartens be - ſtehen in Waͤldchen von Birken, Ellern und Ahorn, die in die Laͤnge und Breite mit vielen Alleen durchſchnitten und mit Ruheplaͤtzen, Gitterkabinetten und Luſthaͤu - ſern, unter abwechſelnden Ausſichten und Spaziergaͤngen, verbunden ſind. Die laͤngſte von dieſen vielen Alleen erſtreckt ſich uͤber tauſend Faden; von ihrer Mitte aus geht ſie gegen Weſten nach dem Luſtpalais Marly, auf der andern Seite gegen Oſten nach einem andern Luſtgebaͤude, Monplaiſir, am Seeſtrande. *)Die Ausſichten der kaiſerlichen Luſt - ſchloͤſſer Peterhof, Sarskoe-Selo und Oranienbaum ſind perſpectiviſch nach der Anweiſung des Hrn. Staatsraths von Staͤhelin aufgenommen, und ſchon unter der Kaiſerinn Eliſabeth auf drey doppeltenPlatten und zwey einzelnen in Regalform geſtochen, die Grundriſſe aber nicht, auch nicht die Plane der Gaͤrten. Auch in 16mo hat Hr. von Staͤhelin dieſe Ausſichten einſt bey einem ruſſiſchen Hofkalender ſehr nied - lich nachſtechen laſſen.

2.

Der beſſere Geſchmack der ruſſiſchen Gaͤrten erhob ſich erſt unter der gluͤckli - chen Regierung der jetzigen Kaiſerinn Catharina II. Auch er war eine von den unzaͤhligen edlen und großen Verbeſſerungen oder vielmehr neuen Schoͤpfungen dieſer erhabenen Prinzeſſinn. Ihr feines Gefuͤhl fuͤr jede Gattung von Schoͤnheit, Ihre vertrauliche Bekanntſchaft mit allen edlen Kuͤnſten, mußte Sie bald fuͤr den Reiz der Gartenmuſe einnehmen, die, als Tochter der Natur, ungeſchminkt und tein, voll liebenswuͤrdiger Einfalt, ſich der Monarchinn der Herzen naͤherte. Schon als Großfuͤrſtinn machte dieſe Prinzeſſinn, die auch zur Verfeinerung des Geſchmaͤcks und der ſchoͤnen Kuͤnſte in Ihren weitlaͤuftigen Reichen beſtimmt war, zu Oranien - baum einen Verſuch, in einer Ihrem Palais gegenuͤber gelegenen waldigten Ge - gend eine engliſche Anlage mit einer Feinheit und Empfindung auszubilden, die fuͤr die Gartenkunſt die ſchoͤnſten Tage in der Zukunft ankuͤndigte. Als regierendeMonar -289Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Monarchinn legte Sie darauf bey dem Winterpalais zu St. Petersburg einen Wintergarten mit einer zauberiſchen Kunſt an. Sie ließ naͤmlich einen langen Hortus penſilis, zwiſchen zwey ganz neu angelegten Gallerien der koſtbarſten Gemaͤlde aus allen Hauptſchulen der Kunſt, und am Ende detſelben die meiſt mit Cabinetsſtuͤcken angefuͤllte Eremitage, daneben aber an den jetzt erwaͤhnten Garten einen beſondern Wintergarten auffuͤhren, worinn den Winter uͤber nicht nur gruͤnende und bluͤhende Baͤume und Geſtraͤucher, Blumengruppen und ein Springbrunnen, ſondern auch allerley einheimiſche und auslaͤndiſche Voͤgel angetroffen werden, die da hecken, herumfliegen und ſingen. Sie entwarf demnaͤchſt den Plan zu einem ſehr großen Garten im edlen Geſchmack, bey Ihrem ſchon durch ſeine ſchoͤne und hohe Lage rei - zenden Lieblingsſchloß Sarskoe-Selo, einem Garten, der eine demſche Meile im Umfang haͤlt, deſſen Einrichtung gleich im zweyten Jahr nach Ihrer Kroͤnung angefangen ward, und bisher mit einem erſtaunlichen Aufwand noch immer fortge - ſetzet wird. Dieſer praͤchtige Garten mit den ſchoͤnſten Ausſichten, Pflanzungen, Waͤldern, Luſtgebuͤſchen, Seen, Inſeln, Baͤchen, Waſſerfaͤllen, Vergen und Thaͤlern, mit ſo mancherley Arten von marmornen und andern ſteinernen Gebaͤuden, mit den herrlichen Monumenten großer Siege, Triumphbogen, Pyramiden, Obe - lisken zur Erinnerung denkwuͤrdiger Begebenheiten der Nation, mit den trefflichen Bruͤcken, Pavillons, Gallerien und Tempeln, mit ſo vielen abwechſelnden und rei - zenden Scenen der Natur und der Kunſt, die ſich faſt auf den ganzen Horizont rings um das Luſtſchloß verbreiten, aus deſſen oberm Stockwerk man nicht allein die wei - teſten Gefilde von der Newa durchſtroͤmt, ſondern auch die drey Meilen entfernte Reſidenz St. Petersburg uͤberſieht wird ein unvergaͤngliches Denkmal von dem feinen Geſchmack der Monarchinn bleiben, und, wenn einſt alles vollendet iſt, ohne Zweifel durch eine wuͤrdige Beſchreibung zu ſeinem Ruhm den Auslaͤndern be - kannter werden. *)Man hat davon bis jetzt nur einen etwas ſeltnen Grundriß, den die kaiſerliche Akademie der Wiſſenſchaften 1778 heraus -gegeben hat; die Erklaͤrung iſt ganz kurz und in ruſſiſcher Sprache beygefuͤgt.Sie ließ zur Ausfuͤhrung dieſer Anlage, die an Koſtbarkeit und Geſchmack vielleicht einſt alle Werke dieſer Art in Europa uͤbertreffen wird, verſtaͤndige Maͤnner nach England reiſen und daher kommen. Und nicht lange darauf ward auch bey dem neuen kaiſerlichen Palais zu Moſcau ein großer Garten im reinen Geſchmack angeſangen, an deſſen Einrichtung bereits einige Jahre hin - durch beſtaͤndig gearbeitet wird.

DieſesV Band. O o290Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Dieſes vortreffliche Beyſpiel der Kaiſerinn ſiengen bald die Großen des Reichs an nachzuahmen. Zuerſt folgten die beyden Herren Grafen Tſcherniſchef, die den feinſten Geſchmack mit einander gemein haben, der jetzige Feldmarſchall und Gene - ral-Gouverneur von Moſcau, Hr. Graf Sachar Grigoriewitſch, und der Ca - binetsminiſter und Vicepraͤſident des Admiralitaͤtskollegiums, Hr. Graf von Gri - goriewitſch, welche die bey ihren Palaͤſten zu St. Petersburg in der alten Ma - nier vorgeſundenen Gaͤrten in engliſche verbeſſerten. Darauf erſchienen die gluͤckli - chen Veraͤnderungen, die der Feldmarſchall Hr. Graf Raſumoffsky in ſeinem, dem vormaligen Loͤwenwoldiſchen, Garten ausfuͤhren ließ.

Um dieſe Zeit wurden verſchiedene geſchickte engliſche Gaͤrtner nach Ruß - land verſchrieden. Der Fuͤrſt Orlov ließ durch ſie einen ungemein ſchoͤnen Garten auf ſeinem Landgute Gatſchina, drey Meilen von Sarskoe-Selo, anlegen.

In einer Entfernung von fuͤnf Werſten von dieſem kaiſerlichen Luſtſchloß waͤhl - ten ſich der Großfuͤrſt und die Großfuͤrſtinn eine wilde, mit vielen natuͤrlichen Ab - wechſelungen bereicherte, Gegend zu einem Landhauſe, das Sie nach Ihrer ſo be - gluͤckenden Liebe zu den fanſten und ſtillen Reizen der Natur und nach Ihrem geſchmackvollen Entwurf bauen, und mit anmuthigen Anpflanzungen und Anlagen umgeben ließen. Seit etlichen Jahren iſt dieſer angenehme Ort, der von dem Großfuͤrſten den Namen Pawlofska fuͤhrt, ungemein angebauet, und weil der Prinz und ſeine Gemahlinn die unter den Großen noch ſeltene Kunſt verſtehen, hier in der Ruͤhe des gluͤcklichen Landlebens Sich Selbſt zu genießen, ſo nimmt auch der Garten jaͤhrlich an Verſchoͤnerungen ſeiner Lage, an Erweiterung reizender Ausſich - ten, an neuen Gebaͤuden und Auszierungen mit ſeltenen Werken zu.

Zu den neueſten engliſchen Gaͤrten in St. Petersburg gehoͤrt noch der fuͤrſil. Scherbatowiſche am Nieder-Moika-Kanal, den der großbritanniſche bevollmaͤchtigte Miniſter, Chevalier Harris, nebſt dem Hauſe ſeit verſchiedenen Jahren zur Miethe beſitzt; er ließ darinn die alten Alleen, Bogengaͤnge, Grot - ten, u. ſ. w. ausreißen, und dagegen eine ſchoͤne durch viele Abwechſelungen reizende Anpflanzung nach ſeiner eigenen Anordnung ausfuͤhren.

Auch iſt zu den verbeſſerten Anlagen der aus einem Luſtwald mit ſtehenden, fließenden und ſpringenden Waſſern umgeſchaffene neue engliſche Garten bey dem Landhauſe des Hrn. Reichsvicekanzlers, Grafen von Oſtermann, zehn Werſte von St. Perersburg, am peterhofiſchen Weg, zu rechnen.

Noch iſt der Garten des Hrn. Staatsraths von Demidof zu Moſcau beſon - ders merkwuͤrdig, wegen der vielen vortrefflichen und zum Theil ſeltenen Gewaͤchſe,die291Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. die da unterhalten werden, und deren Anzahl nach einem vor einigen Jahren heraus - gegebenen Verzeichniß*)Enumeratio plantarum, quæ in horto viri ill. Dom. Procopii a Demidof, Conſiliarii Status actualis, Moſcuæ vigent; recenſente P. S. Pallas. 8. St. Peters - burg 1781. Das Verzeichniß zaͤhlt die Ge - waͤchſe unter den linneiſchen Namen undder ruſſiſchen Ueberſetzung derſelben auf; der Vorbericht enthaͤlt eine Beſchreibung des Gartens, nebſt einem Grundriß. auf 2200 ſtieg.

Moſcau, das in einem um fuͤnf Grade ſuͤdlichern und daher mehr garten - maͤßigen Himmelsſtrich liegt, als St. Petersburg, hat in ſeinen ſchoͤnen Gegen - den ſchon manche Gaͤrten, die in dem neuern Geſchmack angeordnet ſind. Dahin gehoͤrt der Garten bey dem ehemaligen ſogenannten Annahof, oder dem jetzt ganz neu erbaueten kaiſerlichen Palais, das zunaͤchſt an der deutſchen Vorſtadt auf einer Hoͤhe liegt, von welcher man gegen Oſten, Norden und Weſten die erſtaunlich große Stadt, die den ganzen Horizont einnimmt, uͤberſehen kann. Dieſer Garten, der von der Kaiſerinn Anna angelegt ward, iſt der oben ſchon bemerkte, den die jetzige Monarchinn im verbeſſerten Geſchmack umſchaffen ließ. Er iſt den Einwohnern von Moſcau zu oͤffentlichen Spaziergaͤngen eroͤffnet.

Etwa zwey Meilen von hier beſitzt der vormalige Oberkammetherr, Hr. Graf von Scheremettof eines ſeiner anmuthigſten Landguͤter, Koskowa genannt, das von Zeit zu Zeit ungemein verſchoͤnert iſt. Das Landhaus liegt mit ſeinen Fluͤgeln in der Mitte eines Gartens, der mit mancherley Arten von Gebaͤuden, Pflanzungen und Gewaͤſſer bereichert iſt, und im Genuß reizendabwechſelnder Ausſichten. **)Sie ſind von dem ruſſiſchen Perſpe - ctivzeichner, Makajeff, aufgenommen und zu Paris auf 12 Platten geſtochen.

Auch verdient hier der von dem Feldmarſchall und Generalgouverneur Hrn. Grafen von Tſcherniſcheff ſelbſt angelegte Landſitz, Jeropolitz, neunzig Werſte von Moſcau, bemerkt zu werden. Dieſer Herr, der mit Geiſt, Geſchmack und unermuͤdeter Thaͤtigkeit ganze Laͤnder zu verbeſſern und zu verſchoͤnern verſteht, hat den erſten Eintritt in den Hof neben dem Luſtſchloß durch acht auslaufende Perſpectiv - ausſichten ſo anzuordnen gewußt, daß ſie die ganze Gegend und die darinn vertheilten Haͤuſer und Hoͤfe bes Dorfs in der Ferne, ſo wie die oͤkonomiſchen Gebaͤude in der Naͤhe, ſo vor Augen ſtellen, daß alles zuſammen einem einzigen großen, faſt un - uͤberſehlichen Garten mit lauter abwechſelnden Proſpecten, gleicht. Die ſinnreiche Anlage dieſes muſterhaften Luſtſitzes, der einem ſchoͤnen engliſchen Garten gleich ſieht, waͤre wohl werth, durch eben ſo gute Kupferſtiche, als man ſchon Zeichnungen davon hat, bekannter gemacht zu werden.

O o 2Zu292Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Zu dieſen Nachrichten verdient noch die hinzugefuͤgt zu werden, die ein de - ruͤhmter Reiſender*)Hr. Akademicus Bernoulli in Berlin in dem 4ten B. ſeiner Reiſen durch Bran -denburg, Pommern, Preußen, Curland, Rußland und Pohlen. 8. Leipzig, 1780. von Baba giebt. So heißt ein kleines hollaͤndiſches Dorf, das der Hr. Oberſchenk von Nariſchkin ganz neu erbauen laſſen, und zu welchem gegenuͤber ein engliſcher Garten gehoͤrt, dem ſelbſt in England wenige an Anmuth gleichen. Er beſteht aus verſchiedenen Inſeln, die, vermittelſt wohlgebauter Faͤh - ren und Bruͤcken, mit einander verbunden ſind. Von jenen ſind die meiſten Zug - faͤhren, auf welchen man ſich mit Stricken ſelbſt hinuͤber ziehen kann; wer laͤnger auf dem Waſſer fahren will, findet Kaͤhne und Schiffer zu ſeiner Bedienung; auch ſind da Anſtalten zum Fiſchen. Hin und wieder trifft man Kegelbahnen, Schau - keln und andre Spiele, beſonders eine Menge artiger, großer und kleiner Luſthaͤuſer an; in einem von dieſen findet man ſogar, wie in einem Kaffeehauſe, allerley Zei - tungen zu leſen, in einem andern eine Camera obſcura fuͤr die, welche ſich mit Zeichnen beluſtigen wollen. Die Alleen, die Raſenplaͤtze, die Huͤgel, die kleinen Spaziergaͤnge ſind mit Geſchmack angelegt; das Gruͤn iſt lebhaft; und das Ganze mit marmornen und andern Statuen und Bruſtbildern ausgeziert. Dieſer Garten ſteht den Sommer hindurch zweymal in der Woche dem ganzen Publicum offen: es werden allerley Erfriſchungen umſonſt einem jeden gereicht, und an verſchiedenen Stellen laͤßt ſich Muſik hoͤren. Findet ſich eine Geſellſchaft, die zum Tanzen Luft hat, ſo ſteht es ihr frey. Man kann die gaſtfreye Sorgfalt und Hoͤflichkeit des Beſitzers, womit er und ſeine Gemahlinn die Ankommenden begruͤßen, zuweilen aureden und zur Froͤhlichkeit auſmuntern, nicht genug ruͤhmen. Die Kaiſerinn be - ſucht oft dieſen reizenden und in ſeiner Art einzigen Ort; und an den freyen Tagen findet ſich der hohe Adel hier zahlreich ein. Der Hr. Oberjaͤgermeiſter von Na - riſchkin, ein Bruder des vorigen, beſitzt ebenfalls eine Anlage in gleichem Geſchmack unter dem Namen von Haha.

IX. Poh -293Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

IX. Pohlen. *)Hr. D. von Geret, Senator der freyen und unmittelbaren Stadt Thorn und der - ſelben vormaliger Reſident zu Warſchau, ein feiner Gelehrter und Freund der Gelehr - ten, hat die Geſaͤlligkeit gehabt, mir dieſe noch bisher ganz unbekannten Nachrichten von den Gaͤrten in Pohlen, von einem Ar -chitecten, der mit ſeiner Wiſſenſchaft einen ſeltenen Gartengeſchmack und andre Kunſt - kenntniſſe vereinigt, dem Churfuͤrſil. Saͤch - ſiſchen Hofbaumeiſter, Hrn. Zugk in War - ſchau, zu verſchaffen, und dieſe Nachrich - ten hie und da mit einigen Anmerkungen zu vermehren.

1.

Es fehlt Warſchau, ſo wie vielen großen Staͤdten, an hinlaͤnglichen Spazier - gaͤngen fuͤr das Publicum, und wir haben davon eigentlich nur zwey, die dieſen Namen verdienen. Der erſte und vorzuͤglichſte iſt der churfuͤrſtl. ſaͤchſiſche Garten auf der Cracauer Vorſtadt. Dieſer iſt den hieſigen Einwohnern das, was den Pariſern die Tuillerien ſind, und deſtehet aus einem langen, breiten, mit Linden, wilden Kaſtanienbaͤumen, hohen Hecken und ſchlechten Bildſaͤulen beſetzten Parterre, an deſſen Ende ſich ein offener mit korinthiſchen Saͤulen und Pilaſtern verzierter Salon befindet, welcher von den vorigen ſaͤchſiſchen Koͤnigen beſtimmt war, um auf ſolchem einen Waſſerhalter zu den im Garten anzulegenden Springbrunnen zu errichten, jetzt aber zum Verkauf von[Erfriſchungen] dienet. Hinter dieſem Ge - baͤude ſind noch ſchattigte Spaziergaͤnge, und auf beyden Seiten des Partetre Frucht - und Kuͤchengaͤrten mit einigen unerheblichen Gebaͤuden. Der mittlere Theil dieſes Gartens iſt jedermann offen, ſo wie der Durchgang durch ihn zur Bequemlichkeit des Publicums erlaubt iſt. Unter dem vorigen Koͤnig war das Parterre mit Bln - menſtuͤcken und Orangerie verziert, jetzt ſind bloße Raſenplaͤtze an ihrer Stelle, und ſowohl die Gaͤnge als Hecken werden nothduͤrftig unterhalten, da der Hof nicht meht darauf zu verwenden fuͤr gut findet, auch aus eben der Urſache der in ziemlich gutem Geſchmack erbauete Salon ſeinem Untergange nahe iſt. Das an dieſen Garten ſtoßende Palais iſt ein weitlaͤuftiges Gebaͤude von weniger Erheblichkeit fuͤr den Ge - ſchmack. Der davor gelegene Hof iſt der ſchoͤnſte und geraͤumlichſte dieſer Stadt, ſo wie uͤberhaupt die ganze Lage dieſer Beſitzung ſchoͤn iſt und zu einer koͤniglichen Wohnung alle erforderlichen Eigenſchaften hat.

O o 3Der294Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Der zweyte oͤffentliche Spaziergang iſt im Kraszinskiſchen, jetzt der Re - publik gehoͤrigen Garten auf der Heuſtraße. Seine Lage iſt neuer, und ohngefaͤhr in eben dem Geſchmack wie der ſaͤchſiſche, nur hat er weniger Umfang und Schat - ten. Das daran ſtoßende Palais iſt eine ſchoͤne Maſſe von Gebaͤuden von ziemlich guten Verhaͤltniſſen, und iſt nach dem vorjaͤhrigen Brande wieder voͤllig hergeſtellet worden. Alle Reichskollegien, der immerwaͤhrende Rath ausgenommen, haben hier ihren Sitz, und es hat ein dieſem Endzweck entſprechendes Anſehen, das Ehrfurcht erregt, nur Schade, daß der Eingang des ziemlich geraͤumigen Hofes nicht auf das Hauptgebaͤude, ſondern auf einen langen unbedeutenden Fluͤ - gel trifft.

Der koͤnigliche Thiergarten bey Ujasdow, der von dem Fuͤrſten Caſpar Lubomirski herruͤhrt, liegt zwar auch noch innerhalb des neu aufgeworfenen Gra - bens, der die Vorſtadt einſchließt, aber am aͤußerſten Ende derſelben eine halbe Stunde von der Stadt gegen Mittag, und kann daher nicht eigentlich zu den Spa - ziergaͤngen der Stadt gerechnet werden, ob er gleich zu allen Zeiten jedermann offen ſtehet, und haͤufig beſuchet wird, auch ſelbſt wenn er in den Sommermonaten von dem Koͤnig bewohnt wird. Er beſtand im Anfang der jetzigen Regierung aus einem ſumpfigten Erlengehoͤlze mit einigen verfallenen Kanaͤlen und Waſſerſtuͤcken, bey deren einem ein Gebaͤude im grotesken Geſchmack angelegt war, in welchem ſich einige Zimmer und ein Bad mit Stuccaturarbeit und Muſchelwerk verziert befand, von welchen auch dieſer Ort noch bis jetzt das Bad genennet wird. Alles dieſes war unter der letzten Regierung, die ſolches von dem Fuͤrſten Lubomirski auf einige Zeit erhalten hatte, waͤhrend welcher kein anderer Gebrauch davon gemacht wurde, als daß Thiere darinn gehalten und ein koͤnigl. Jagdbedienter einen oͤffentlichen Schank daſelbſt hielt, ziemlich eingegangen und verwildert. Unter der jetzigen Regierung aber, die ſolches vom Fuͤrſten Lubomirski kaͤuflich an ſich gebracht, hat man keine Koſten geſparet, dieſen Ort zu verſchoͤnern, und die durch das ſtehende Waſſer ver - urſachte ſchlechte Luft zu verbeſſern. Zu dem Ende ſind alle alte halb abgeſtorbene Erlen ausgerottet, und an deren Stelle alle moͤgliche Arten Laub - und Nadelhoͤlzer in Klumpen und Alleen mit gutem Erfolg angepflanzt worden. Man hat allerhand wilde Spaziergaͤnge und neue Waſſerſtuͤcke angelegt, die bisher ſumpfigten Gegen - den und Gaͤnge erhoͤht und neue Ausſichten auf allerhand intereſſante Gegenſtaͤnde, als Willanow, Mokatow, Czerniakow, durchgehauen, das alte Badge - baͤude verbeſſert und fuͤr den Koͤnig wohnbar gemacht, verſchiedene neue artige Ge - baͤude fuͤr die koͤnigl. Familie und Hofſtatt angelegt, auch dieſen Sommer dem Bade eine neue Vorderſeite von Sandſteinen mit freyſtehenden korinthiſchen Saͤulengegeben,295Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. gegeben, womit vermuthlich an den uͤbrigen Seiten fortgefahren werden ſoll. Be - ſonders verwendet man große Summen, um dem Hauptuͤbel, der ſchlechten Luft, durch Herbeyleitung friſchen Waſſers in die ſtehenden Kanaͤle, abzuhelfen, welches aber noch zur Zeit nicht gelingen wollen. Demohngeachtet laͤßt man nicht ab, neue Verſuche damit zu machen, und iſt eben jetzt damit beſchaͤftigt zu unterſuchen, ob ein zwey Meilen von hier bey Jeziorne in die Weichſel gehender Bach nicht abzuſte - chen und herzuleiten ſey. Gelingt dieſes, ſo kann dieſer Ort ein angenehmer und geſunder Aufenthalt werden, da er von der Abendſeite von einer großen Anhoͤhe, von Mitternacht durch die Stadt gedeckt iſt, und gegen Morgen und Mittag ſchoͤne Ausſichten nach der Weichſel und in fruchtbare und bewohnte Ebenen hat. Und es wuͤrde zu deſſen Vervollkommnung weiter nichts fehlen, als daß man auf der gegen Abend liegenden Anhoͤhe, ohnweit Belvedere, anſtatt des jetzt daſelbſt befindlichen alten Gebaͤudes und des koͤniglichen Hofmalers Bacciarelli Garten, eine neue koͤ - nigliche Sommerwohnung erbauete; welcher Ort eine reizende und unbegraͤnzie Aus - ſicht von verſchiedenen Seiten, unter ſich den Thiergarten, in einer Entfernung die Weichſel und hinter ſich eine breite mit alten Linden beſetzte und auf beyden Seiten mit Fruchtgaͤrten eingefaßte vierfache Allee hat, die bis an die gepflaſterte Straße der Vorſtadt, die Neuewelt genannt, fuͤhret. Ein Theil des Gehoͤlzes iſt ver - zaͤunt, und dient, verſchiedenes Wildpret und fremdes Gefluͤgel daſelbſt zu ver - wahren.

Der Garten des Fuͤrſten Caſimir Poniatowski, aͤlteſten Bruders des Koͤ - nigs, auf der Neuenwelt gelegen, iſt ein unvollendetes Werk, welches vor ſieben Jahren angelegt wurde, in welchem aber einige ganz artige Partien fertig anzutreffen ſind. Dahin gehoͤren eine Grotte mit verſchiedenen Behaͤltniſſen in Felſen gehauen, mit einem Waſſerfalle am Fuße eines Berges, der mit allerhand Baͤumen und Strauchwerk wild verwachſen iſt. Einer der innern Gaͤnge, der durch einige Oeff - nungen nothduͤrftig von oben Licht bekommt, fuͤhrt nach verſchiedenen Kruͤmmungen an eine Thuͤr, die bey ihrer Eroͤffnung einen nicht erwarteten Anblick von einem unterirdiſchen von oben hinlaͤnglich erleuchteten Saal gewaͤhret, deſſen Waͤnde und zur Unterſtuͤtzung von vier großen Niſchen mit Sitzen dienende Saͤulen von Gips - marmor, eine artig mit Vertiefungen gezierte Kupel tragen, die ſich oben mit einer Oeffnung endet. An den Waͤnden ſind acht Buͤſten roͤmiſcher Kaiſer auf Krag - ſteinen angebracht und uͤber den Thuͤren Basreliefs. Vor dieſer Grotte, die von Stuk ziemlich gluͤcklich nachgeahmt iſt, befindet ſich ein großes Waſſerſtuͤck mit einer Inſel, worauf ein chineſiſches Luſthaus ſtehet, und die mit dem Ufer durch eine baͤuriſche Bruͤcke zuſammenhaͤngt, und dicht mit Baͤumen beſetzt iſt. Auf einerandern296Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,andern Seite kommt man an einen Hohlweg, an deſſen Eingange ein altes baͤuri - ſches Wirthshaus ſtehet, in welchem ebenfalls einige artige Zimmer befindlich ſind. Am Ende dieſes Weges ſiehet man einen auf einer Hoͤhe ſtehenden runden Tempel auf freyſtehenden ioniſchen Saͤulen aus den ihn umgebenden Baͤumen hervorragen. Dieſer Tempel ſtehet auf einem Felſen, der von Talgſteinen aufgefuͤhrt iſt; in ſeiner Mitte befindet ſich ein Altar, und die Ausſicht aus ihm iſt herrlich. Unter ihm iſt noch ein artiges Cabinet, und unter dieſem eine Grotte in ganz verſchiedenem Ge - ſchmack von jener, mit einem Springbrunnen. Das Ganze macht in gehoͤriger Entfernung ein angenehmes Gemaͤlde, und haͤngt mit einem angepflanzten Birken - waͤldchen zuſammen, in deſſen Schatten man bis an das Orangehaus kommen kann. Auf der Anhoͤhe ſtehet auch noch ein tuͤrkiſcher Thurm oder Minaret mit einer ge - wundenen Treppe, die auf den Gipfel fuͤhrt, und ohnweit davon ein kleines Gebaͤude in eben dem Geſchmack, das zur Kuͤche dient, und aus welchem unter der Erde Gaͤnge bis in den erwaͤhnten unterirdiſchen Salon fuͤhren. Am Fuße des Berges, auf welchem dieſer Thurm ſtehet, befindet ſich auch noch eine kleine Meyerey. Alle dieſe Gebaͤnde ſollten durch ein großes entworfenes Wohngebaͤude, wozu bereits die Sandſteine angefahren waren, erſt ihre gehoͤrige Verbindung erhalten; da aber die Ausfuͤhrung unterblieb, ſo verlieren ſie ihren Zuſammenhang, und ſind bloß abge - ſonderte Stuͤcke, uͤber deren Daſeyn man ſich billig wundern muß. Unterdeſſen ge - ben die daſigen Anpflanzungen, die ſehr gut zugenommen haben und unterhalten werden, einen angenehmen Spaziergang fuͤr das Publicum. Von hier uͤberſieht man die ganze Vorſtadt, Solec oder Schuletz genannt, und in einiger Entfer - nung die daſelbſt befindliche Anlage eben dieſes Fuͤrſten, welche aber anjetzt der Groß - kanzler von Litthauen, Fuͤrſt Sapieha, beſitzet. Dieſer Garten und das Ge - baͤude, die vor ohngefaͤhr zwoͤlf Jahren angelegt wurden, waren die erſten in ihrer Art hier in Warſchau, und beſtehen aus Bruchſtuͤcken der damals hier bekannt ge - wordenen engliſchen Gaͤrten. Und obgleich der Ort ſehr tief liegt, auch den großen Ueberſchwemmungen der Weichſel ausgeſetzt iſt, ſo ſind doch verſchiedene artige Partien daſelbſt, z. B. eine gothiſche Kirche am Ende eines gruͤnen Platzes, der mit Luſtgebuͤſchen von Baͤumen und verſchiedenen Bauerhuͤtten beſetzt iſt, die innerlich artige Zimmer in gutem Geſchmack verziert enthalten. Ferner ein anſehnliches Waſſerſtuͤck, wobey eine alte Muͤhle und Ruinen ein maleriſches Bild darſtellen. In den Ruinen ſelbſt wird man von etlichen reich ver - zierten kleinen Saͤlen uͤberraſcht. In dem auf der andern Seite mit ihnen zuſammenhaͤngenden Wohngebaͤude iſt ein ſchoͤnes Bad, und einige große Zimmer und Saͤle in gutem Geſchmack mit Stukarbeit und Malereyen ver -ziert.297Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ziert. *)Von dieſem Theile des Gartens hat man ein 1775 herausgekommenes radiertes Blatt.Ein den Ruinen gegenuͤber am Waſſer ſich erhebender Berg, der mit Wein bepflanzt iſt, unterbricht das Ganza, welches man ſonſt mit einem male uͤber - ſehen wuͤrde; nur iſt der Berg zu geradelinigt angelegt. Bey dem vorigen Beſitzer war hier eine ſtarke Treiberey und bey 5000 Ananas in den 200 Ellen langen hierzu erbauten Haͤuſern anzutreffen. Der erſte Berg, von welchem wir dieſes alles in einer Entfernung ſehen, wird durch eine in einem Hohlwege fortgehende Straße von einem andern etwas hoͤhern abgeſondert, auf welchem der Fuͤrſt Poniatowski anjetzt wohnt, und ſolchen auch mit Pflanzungen und verſchiedeneu Gebaͤuden beſetzt hat. Sein jetziges Wohngebaͤude war zu einem oͤffentlichen Wirthshaus angelegt, das ihm die Ausſicht jenes Berges, wo er anfaͤnglich wohnen wollte, beleben ſollte; und als es beynahe fertig war, entſchloß er ſich, ſelbſt darinn zu wohnen. Es wurde alſo, ſo gut es ſeyn konnte, ohne das Ganze zu veraͤndern, zu dem Behuf eingerichtet, und mit den noͤthigen Nebengebaͤuden veſehen, auch eine große Reit - bahn angelegt, die innerlich auf Kalk, wie ein Wald, ausgemalt iſt. Noch vor zwey Jahren erbauete er daſelbſt ein Gebaͤude mit zwey Saͤlen und ein großes Ana - nashaus. Auf alle dieſe hier uͤberſehene Anlagen hat dieſer lebhafte Herr in einer Zeit von zwoͤlf Jahren bey zweyhunderttauſend Dukaten verbauet.

Zwiſchen dem Berge, wo jetzt der Fuͤrſt wohnt, und dem eben beſchriebenen Kjasdower Schloſſe hat der Sohn dieſes Herrn, der jetzige Großſchatzmeiſter von Litthauen, Fuͤrſt Stanislaus Poniatowski, auf eben dem ſich in einigen Kruͤmmungen fortziehenden Berge vor fuͤnf Jahren einen Garten und Wohnge - baͤude angelegt. Der Garten iſt eine Miſchung von Regelmaͤßigem und Wildem, und hilft im Ganzen zur Verſchoͤnerung der hier befchriebenen Hoͤhe, die vorher mit nichts als Ziegelſcheunen, Leimgruben und Abgruͤnden bedeckt war. Die Treibereyen in dieſem Garten ſind die anſehnlichſten dieſer Stadt.

Der von der verſtorbenen Graͤfinn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſaͤchſiſchen Miniſters, auf der Neuenwelt angelegte Garten iſt in dem damaligen herrſchenden Geſchmack geradelinigt, hat aber ſchoͤne ſchattigte Gaͤnge; jetzt beſitzt ihn ebenfalls der obgedachte Fuͤrſt Großkanz er Sapieha. Wegen ſeiner ſchoͤnen Lage und Groͤße koͤnnte er einen trefflichen Spaziergang fuͤr das Publicum abgeben, allein er iſt ver - ſchloſſen, weil er viele Fruchtbaͤume enthaͤlt, und der Beſitzer Nutzen davon ziehen will.

DerV Band. P p298Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Der von dem verſtorbenen Baron Riaucourt auf der Meth - oder Capuciner - gaſſe augelegte Garten, jetzt der Borchſche, iſt in eben dem Geſchmack, dient aber dermalen zu einem oͤffentlichen Luſtort; er iſt neu und umher mit Haͤuſern umgeben, und hat artige Partien und ein großes Gewaͤchshaus.

Kleinere Gaͤrten findet man verſchiedene bey den Palaͤſten der Großen und bey den Haͤuſern wohlhabender Privatleute; ſie beſtehen groͤßtentheils aus ſchattenreichen Baͤumen und Raſenſtuͤcken mit Orangerie und Blumen beſetzt. So ſind die, welche ſich bey den Czartoryskiſchen, Branickiſchen, Oginskiſchen, Potockiſchen und andern Palaͤſten auch Haͤuſern befinden.

An dem gegen Mitternacht dicht an dem neuaufgeworfenen Graben gelegenen Theile der Neuſtadt, Javory genannt, findet man noch einige artige Anlagen, worunter ſich beſonders die vom Kron-Großſchatzmeiſter Fuͤrſt Poninski, Sans - gene genannt, ausnimmt. In dem daſelbſt befindlichen mit vielem Geſchmack an - gelegten Gartenhauſe iſt ein artiger Saal, ein Zimmer, wie das Innere eines reichen Zeltes, ein anderes wie das Innere eines kuͤnſtlichen Nagelwerkes, zwiſchen welchen Spiegel angebracht ſind, und ſo noch verſchiedene Zimmer, jedes in anderm Ge - ſchmack verziert. Der Garten hat im Hintergrunde eine wilde Partie, zwor klein, aber ſchattigt, und in der Mitte befindet ſich ein Waſſerſtuͤck. Jetzt beſitzt ihn der Hr. Banquier Cabrit. Ohnweit davon ſind auch die Gaͤrten des Hrn. Banquier Blanc und einiger anderer Kaufleute ſehenswerth. Der zwar kleine, aber artige in derſelben Gegend gelegene Liskiewicziſche Garten mit einem Gartenhauſe von gutem Geſchmack iſt auch nicht vorbey zu gehen. Alle dieſe Gaͤrten werden wohl unter - halten, und hatten ſonſt das Angenehme eines durchhin fließenden Baches, deſſen man ſich aber bey ihrer Anlegung bloß bediente, um ſtillſtehende Baſſins damit an - zufuͤllen, und das ſchoͤne Thal, in welchem er ſonſt ſanft hinrieſelte, auszufuͤllen, da man doch auf mancherley Art beſſern Gebrauch davon haͤtte machen koͤnnen. Jetzt iſt dieſes Waſſer durch die Hinleitung eines Kanals aus der Stadt verunreiniget worden; man arbeitet aber daran, ihn durch einen andern Weg in die Weichſel zu fuͤhren.

2.

Die Gegenden um Warſchau ſind nichts weniger als abwechſelnd, und wenn man die Hoͤhe ausnimmt, worauf die Stadt ſelbſt gegen die Weichſel zu liegt, und welche ſich gegen Mitternacht bis nach Mlodzin, gegen Mittag aber bis nach Willanow ziehet, ſo ſind wir um und um mit unabſehlichen Ebenen umgeben, in welchen nur wenig erhebliche Huͤgel anzutreffen ſind. Von romantiſchen Gegenden aber wiſſen wir hier gar nichts, und die etwan noch dieſen Namen verdienten, habenwir299Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. wir der Kunſt zu verdanken. Jene ſich einige Meilen fortſchlaͤngelnde gegen Mor - gen gelegene Hoͤhe iſt es auch, welche durch ihre vortreffliche Lage gegen die Weichſel ihre Beſitzer angereizt hat, ſich waͤhrend der jetzigen Regierung Landhaͤuſer darauf zu bauen, und den Abhang derſelben mit verſchiedenen neuen Anpflanzungen zu beleben.

So iſt die ſchoͤne Anlage von Mokatow entſtanden, wo noch vor zwoͤlf Jah - ren nichts als einige Straͤucher anzutreffen waren. Die jetzt verwittwete Kron - Großmarſchallinn, Fuͤrſtinn Lubomirska, geborne Prinzeſſinn Czartoryska, waͤh - lete ſich dieſen außerhalb den um Warſchau herum aufgeworfenen Graben, gleich hinter dem koͤnigl. Thiergarten gelegenen Ort, bauete daſelbſt auf der Hoͤhe ein zwar kleines, aber mit viel Geſchmack ausgeputztes Landhaus, und verwandelte einen Theil des ſanft abhangenden Berges in ein reizendes Gehoͤlze, durch welches man bey ſtets abwechſelnden Gegenſtaͤnden bis in die darunter liegende ſchoͤne Ebene gelangt.

Vor zwey Jahren gelang endlich auch das Unternehmen eines Deutſchen, dieſen Ort mit hinlaͤnglichen Springwaſſern zu verſehen, nachdem vorher viel Geld, doch ohne Erfolg, darauf verwendet worden war, und man bereits anfieng alle Hoff - nung aufzugeben. Der Eingang des Landhauſes, welches von außen nichts mehr verſpricht, als jedes gemauerte Herrenhaus in einem Dorfe, iſt bey einem runden Thurme, an welchen ein Luſthaus und Thor in flamlaͤndiſchem Geſchmack ange - bauet ſind, deſſen Inneres in einem artigen Zimmer beſtehet, welches eine freye Ausſicht gegen die Stadt und die dabey hingehende Landſtraße hat. Von hier kommt man durch einen ſchoͤnen Fruchtgarten und einen gruͤnen Platz bis an die Woh - nung der Fuͤrſtinn, deren Auffahrt mit grauen Talgſteinen ganz ungekuͤnſtelt beklei - det und mit Cypreſſen, Lorbern und andern Gewaͤchſen in verdeckten Kuͤbeln beſetzt iſt. Das Innere des Gebaͤudes entſpricht dem Stande und Geſchmacke der Be - wohnerinn, und beſtehet aus einigen zu ihrer eigenen Bequemlichkeit noͤthigen Zim - mern, einem Saale und einem mit Stuk verzierten Bade. Ohnweit davon in einer Tiefe iſt der Kuͤchenhof angebracht, hinter ihr im Dorfe eine Menagerie, deren Ein - gang ſich durch einen hohen viereckigten gothiſchen Thurm auszeichnet, der zur Tau - benzucht eingerichtet iſt. Auf der andern Seite des Fruchtgartens ſtehet in einiger Entfernung die Orangerie und Treibhaͤuſer. Hohe Frucht - und wilde Baͤume un - terbrechen den Zuſammenhang dieſer verſchiedenen Gebaͤude, und geben ihnen ein recht laͤndliches Anſehen. Das Bad iſt im untern Theile des Hauſes nach dem Gehoͤlze zu; aus demſelben, oder auch aus den oberen Zimmern durch eine freye Treppe, kommt man in ein kleines viereckigtes Blumenparterre, und aus ſolchemP p 2fuͤhren300Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,fuͤhren ſeitwaͤrts bequeme Fußſteige in verſchiedenen Kruͤmmungen, durch das dicht mit mannichfaltigen Laub - und Nadelhoͤlzern und bluͤhendem Strauchwerk verwach - ſene Gehoͤlze, ſanft bergab zu einem Springbrunnen, der aus einer auf einem Stuͤck Mauerwerk liegenden Urne beſtehet, aus welcher ein ſchoͤner Waſſerſpiegel in ein darunter ſtehendes ſteinernes Becken faͤllt, aus ſolchem uͤberlaͤuft, in einem kieſigten Baͤchelchen fortſchlaͤngelt und ſich verliert. Einige Huͤgel und Baͤnke von Feldſtei - nen mit Moos bedeckt, und hie und da zerſtreut ſtehende Waldblumen und bluͤhende Straͤucher machen dieſe Partie zu einem angenehmen Geſichtspunkt vor dem ohnweit davon in einem Dickigt liegenden offenen Salon en Ecorce. Dieſer beſteht aus einem Achteck mit vier Oeffnungen gegen eben ſo viel dahin fuͤhrende Zugaͤnge. Sechzehn Saͤulen, welche aus ſtarken Erlenſtaͤmmen mit ihrer Rinde beſtehen, tragen einen Dom, der oben eine Oeffnung hat. Die Waͤnde und der Dom ſind aͤußerlich mit verſchiedenen Arten Baumrinden uͤberzogen, innerlich aber mit feinen engliſchen Mat - ten, die mit einer breiten Einfaſſung von grauem Moos, und dieſe mit einer Reihe abwechſelnder nachgemachter Schleenbeeren und Hahnbutten in verſchiedenen Abthei - lungen umgeben ſind, bekleidet. Die hier befindlichen Meublen ſind in eben dem Geſchmacke und der Fußboden mit feinem Kies moſaiſch ausgelegt. Aus dieſem Salon fuͤhren verſchiedene ſich im Dickigt fortſchlaͤngelnde, bald ſchmaͤler, bald breiter werdende Fußſteige unvermuthet zu einer kleinen Grotte mit zwey Oeffnungen, groͤß - tentheils von Cracauer Tofſtein, großem unbearbeiteten Marmor und Talgſtein wild uͤber einander gethuͤrmt, und mit Epheu und andern kriechenden Gewaͤchſen verwach - ſen. Ueber der einen Oeffnung ſtuͤrzt ein Waſſerfall herab, deſſen Waſſer ſich unter einen der Grotte gegenuͤber liegenden Huͤgel verliert, und ohnweit von ſelbigem mit einem zweyten Falle ſich in ein Becken ergießt, aus welchem es feinen Weg weiter durch das Gebuͤſche in einem kieſigten mit allerhand Waſſergewaͤchſen eingefaßten Bette nimmt, und ſich ſodann dem Auge entzieht. Das Innerliche der Grotte iſt mit rohen Cracauer Alabaſterſtuͤcken ganz ungezwungen ausgeſetzt, und hat einige Ruhebaͤnke mit Matten bedeckt, der Fußboden iſt mit grobem Kies ausgeſchlagen.

Von hier aus wird man von einem Fußſteige zu dem der Grotte gegenuͤber liegenden Huͤgel gefuͤhrt, auf welchem man unter einem laͤndlichen Obdache, welches auf vier Baͤumen ruhet, und mit Schilf gedeckt iſt, eine Ruhebank findet, von der man die Grotte in einiger Entfernung mit ihrem Waſſerfall uͤberſiehet, und unter ſich den zweyten Waſſerfall rauſchen hoͤrt, vor ſich aber eine angenehme Ausſicht in eine freyere Gegend hat, die man bisher vermiſſet.

Von hier fuͤhren wieder verſchiedene mit Ruhebaͤnken und allerhand unerwar - teten Ausſichten verſehene Wege bis in die untere Ebene zu einigen irregulaͤren großenWaſſer -301Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Waſſerſtuͤcken, die unter einander durch ſich hin und her kruͤmmende Kanaͤle Gemein - ſchaft haben und mit ſehr verſchiedenen artigen Bruͤcken verſehen ſind. Die ſchoͤn mit Raſen bewachſenen und mit hohen Platanen und andern Baͤumen beſchatteten Ufer, gewaͤhren auch hier in der groͤßten Hitze Schatten. An einem dieſer Waſſer - ſtuͤcke findet man eine artige Fiſcherhuͤtte, bey welcher allerhand Fiſchergeraͤthſchaften auf eine geſchmackvolle und ungekuͤnſtelte Art aufgeputzt ſind. Ohnweit ſolcher ſtehet eine runde indiſche Huͤtte, deren Waͤnde von jungen Birkenſtaͤmmen zuſammenge - fuͤgt, und das pyramidaliſche Dach mit Schilf und Rohr gedeckt iſt; das Innerliche derſelben iſt in indiſchem Geſchmack ausgemalt. Von hier fuͤhrt eine Rollbruͤcke, die auf beyden Seiten mit Blumenbeeten verſehen iſt, zu einem groͤßeren Waſſer - ſtuͤck, an deſſen Ufern man ein halb offenes innerlich mit Arabesken ausgemaltes Zelt findet, vor welchem ein ſchoͤner Waſſerſtrudel in ein mit Blumen und Orangerie eingefaßtes Becken faͤllt. Von hier hat man eine freye Ausſicht auf eine uͤber dem Waſſer liegende ſchoͤne Wieſe oder gruͤnen Teppich, mit einzelnen hohen Birken be - ſetzt. Hinter ſolchen erblickt man in einiger Entfernung einen kleinen Meyerhof, der aus verſchiedenen ſehr alt ſcheinenden Gebaͤuden beſtehet. Allerhand Arten Gefluͤgel, als Pfaue, Kraniche, Stoͤrche, die hier herumgehen, machen die Gegend leben - dig. Auf einer Seite der Wieſe ſtehen einige Huͤtten; bey einer befindet ſich ein Bienengarten, und darinn eine artige Wohnung, hinter ihnen aber erhebt ſich wie - der hohes Gehoͤlze, welches auf dieſer Seite den Garten begraͤnzet, der bis an eine Landſtraße gehet, welche uͤber eine hohe gemauerte Bruͤcke in den koͤnigl. Thiergarten fuͤhrt. Von dieſem halb offenen von Bindwerk beſtehenden Zelte nimmt man ſeinen Ruͤckweg von einer andern Seite, und kommt ganz unvermuthet in ein großes vier - eckigtes Parterre, in deſſen Mitte ein anſehnlicher Waſſerſtrahl bey 15 Ellen hoch ſpringt. Dieſer ganze Platz iſt regelmaͤßig mit Orangerie, Blumenbeeten und Baͤn - ken eingefaßt und beſetzt. Von hier ſiehet man eine mit ſchoͤnen Baͤumen bekroͤnte Anhoͤhe vor ſich, und auf der Seite einen breiten Kanal, der den Garten von einer ſchoͤnen Wieſe ſcheidet, die mit Vieh bedeckt iſt; und in der Entfernung viele male - riſche Gegenſtaͤnde und Ausſichten. Aus dieſem Parterre fuͤhren endlich verſchiedene ſchattige Wege wieder ganz bequem zuruͤck zu dem obern Theile des Gartens.

Viele anjetzt noch leere intereſſante Plaͤtze und kleine Inſeln ſind zu allerhand Gegenſtaͤnden beſtimmt, welche die Durchlauchtige Beſitzerinn nach und nach auszu - fuͤhren gedenket, die ſtets bemuͤht iſt dieſen angenehmen Ort nicht allein auf das vollkommenſte zu unterhalten, ſondern auch alle Jahre etwas Neues und Ge - ſchmackvolles in ſolchem anlegen zu laſſen.

P p 3Wenn302Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Wenn man von hier aus auf der Anhoͤhe durch das Dorf Mokatow fortgeht, kommt man durch eine Allee zu dem einige tauſend Schritte davon gelegenen Canin - chenberge, wo zu Zeiten der ſaͤchſiſchen Koͤnige Caninchen gehegt und zur Jagd auf - behalten wurden, der aber jetzt dem Herrn Grafen Tomatis gehoͤret, welcher da - ſelbſt eine große Anlage auszufuͤhren gedenket, die auch, was die Pflanzungen an - belangt, ſchon ziemlich weit gekommen iſt. Ein anſehnliches Landhaus, das er auf einem ſehr vortheilhaften Platze angefangen zu bauen, der von einer tiefen Schlucht vom uͤbrigen oberen Theile abgeſondert wird, mit welcher er nur durch eine Bruͤcke zuſammenhaͤngt, verſpricht nach ſeiner Vollendung nichts Gemeines, ob es gleich nicht vom feinſten Geſchmacke zu ſeyn ſcheinet. Ein großes fertiges Kuͤchen - gebaͤude, linker Hand im Thale, hat aͤußerlich das Anſehen eines alten roͤmiſchen Grabmals, ohngefaͤhr wie das der Cæciliæ Metellæ bey Rom, gemeiniglich unter dem Namen Capo di bove bekannt. Rechter Hand ſtehen in einer Entfernung uͤber einem Hohlwege einige Wirthſchaftsgebaͤude, Treib - und Orangenhaͤuſer, und der uͤbrige Theil der Hoͤhe iſt mit den beſten aus Italien verſchriebenen Fruchtbaͤu - men beſetzt. Die Hohlwege, welche bis in die unten liegende ſchoͤne Plaͤne fuͤhren, ſind mit alten Birken, Pappeln und andern Baͤumen beſetzt, und der abgeſonderte Berg, auf welchem das Wohngebaͤude erbauet wird, mit allerhand Arten italiaͤ - niſcher Weinreben. Der Beſitzer hat viel Geld darauf verwendet, die hier befind - lichen ſtarken Quellen zu heben: es ſchien ihm auch damit zu gelingen; da aber die Leitungen derſelben auf franzoͤſiſche Art, die man pierrée nennt, gemacht wurden, und man nicht vorſichtig genug damit zu Werke gieng, ſo ſind ſie zum Theil wieder verfallen, und das Waſſer hat andere Wege genommen.

Die Ausſicht von der Hoͤhe iſt ausnehmend ſchoͤn, und es iſt nicht zu zweifeln, daß, wenn der reiche Beſitzer ſeinen Entwurf zu vollenden fortfaͤhrt, es ein reizender Aufenthalt werden kann.

Von hier fuͤhrt die Straße durch das dem Fuͤrſten Czartoryski gehoͤrige Dorf Sluszewo zu einem gleich hinter ſolchem gelegenen angenehmen jungen Fichtenwaͤld - chen, welches mit Alleen durchſchnitten iſt, die hie und da mit Ruhebaͤnken verſehen ſind. Dieſes Waͤldchen erſtreckt ſich bis an die Kante der Hoͤhe, der wir bisher ge - folgt ſind, und hat alſo auch alle die Vortheile einer herrlichen Ausſicht. Man ſiehet von hier das ſchoͤne Schloß Willanow, wovon wir hernach reden werden, ganz nahe vor ſich liegen, und bloß eine Viertelſtunde breite Viehtrift, mit Weiden - alleen durchkreuzt, nimmt den Zwiſchenraum ein.

Rechts ſtoͤßt dieß Gehoͤlze an die artige Anlage des koͤnigl. Kammerherrn Mai - ſonneuf, Roskosz oder die Wolluſt, genannt, von welcher es bloß durch ein Thalabge -303Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. abgeſondert wird. Dieſe Anlage beſtehet aus einem kleinen, aber artigen Wohnge - baͤude mit zwey abgeſonderten Fluͤgeln, einem ſchoͤnen Fruchtgarten, und einer wil - den Promenade im obgedachten Thale fort bis in die Tiefe, wo man eine in gutem Geſchmack angelegte Grotte mit etlichen Cabinets und einer am Fuße derſelben her - vorbrechenden gefaßten Quelle findet. Die ſo nahe Nachbarſchaft des Fichtenwaͤld - chens verſchafft dieſem Orte viele Vortheile, da er ſonſt zu eingeſchraͤnkt ſeyn wuͤrde.

Von hier aus kommt man in den eine halbe Stunde von hier und zwey Stun - den von der Stadt entfernten Faſanengarten. Er gehoͤrt der fuͤrſtl. Czartoryski - ſchen Familie, wird aber ſeit vielen Jahren nicht mehr zu Hegung dieſer Thiere ge - braucht, und beſtehet in einem weitlaͤuftigen aus Laub und Nadelholz vermiſchten Gehoͤlze, welches ſehr angenehm mit Berg und Thal abwechſelt. In dem in der Tiefe liegenden Theil deſſelben ſind fuͤnf breite Alleen durchgehauen, die auf der Hoͤhe einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt haben, wo der nunmehr verſtorbene Fuͤrſt Czartoryski, Woywode von Rußland, noch zwey Jahr vor ſeinem Tode, ein anſehnliches Gebaͤude auffuͤhren ließ, um dieſen ſo angenehmen Ort, der bisher ganz unbemerkt geblieben war, mehr benutzen zu koͤnnen. Der untere Theil die - ſes Gebaͤudes beſtehet aus drey Saͤlen und einigen Cabinets, die alle mit Arabesken ausgemalt ſind; der mittlere halb offene Saal iſt oval, gehet durch zwey Stockwerke und hat eine Kuppel, die gegen die offene Seite von ſechs joniſchen Saͤulen getragen wird. Auf dieſen ſchneiden ſich die obgedachten Alleen, deren eine das Willanower Schloß, die uͤbrigen aber andere verſchiedene Gegenſtaͤnde zum Geſichtspunkt haben. In dem oberen Geſchoß ſind einige kleine Wohnzimmer, und in dem gewoͤlbten Erdgeſchoß die Wohnung des Aufſehers, oder Caſtellans. Dieſes Gebaͤude ſtehet in einer Oeffnung des Gehoͤlzes, welches von zwey Seiten dicht an ſolches anſchließt; gegen die Alleen hat es eine voͤllig freye Ausſicht, und gegen den Eingang einen mit einem Graben verſehenen und mit Baͤumen umgebenen gruͤnen Platz. Das Ge - hoͤlze in der Tiefe iſt beſonders im Fruͤhjahr etwas feucht; da es aber ſtark mit Ka - naͤlen durchſchnitten iſt, die gegen die Weichſel ihren Abzug haben, ſo iſt der groͤßte Theil deſſelben den Sommer hindurch trocken. Deſto angenehmer und trockner aber iſt der obere Theil.

Der kurz nach Vollendung dieſes Baues erfolgte Tod des Fuͤrſten verhinderte die weitere Ausfuͤhrung verſchiedener zur Verſchoͤnerung dieſes Orts gemachten Ent - wuͤrfe, die aber durch die jetzige Beſitzerinn, Tochter des verſtorbenen Fuͤrſten, und eben dieſelbe, welche die Schoͤpferinn von Mokatow geworden, vielleicht mit der Zeit noch ausgefuͤhrt werden koͤnnten, da es dieſer Dame von ſo trefflichem Ge - ſchmack auch nicht an Mitteln fehlt, ſolchen zu befriedigen.

Von304Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Von hier kommt man durch ein angenehmes, beſchattetes Thal im untern Theil des Gehoͤlzes, und endlich durch eine vierfache Allee auf die Landſtraße, welche nach Willanow fuͤhrt, das eine Viertelſtunde davon entfernt iſt. Dieſe gluͤcklichen Gefilde zeichnen ſich ſo, wie alle weitlaͤuftigen Beſitzungen des fuͤrſtl. Czartoryski - ſchen Hauſes, durch ſchoͤne Doͤrfer, treffliche Aecker, Wieſen und Alleen, unter allen andern hieſiges Landes aus, und man ſpuͤrt uͤberall die Frucht einer weiſen Ver - waltung, und die gluͤcklichen Folgen von den unermuͤdeten Bemuͤhungen des verſtor - benen Fuͤrſten, Ordnung und Wohlſtand unter ſeinen Unterthanen zu verbreiten, und, was ſo ſelten anzutreffen, wahre fuͤrſtliche Groͤße, mit guter Wirthſchaft zu vereinigen, wozu er ſich groͤßtentheils deutſcher Maͤnner in den vornehmſten Poſten bedienete.

Zu dem mitten in dieſen geſegneten Gegenden gelegenen Luſtſchloſſe Willanow, fuͤhren von allen Seiten breite Alleen, die ſich in dem vor ihm liegenden großen mit alten Linden beſetzten Platze enden, der mit vielen kleinen Wohngebaͤuden, einem großen Wirthshauſe und einer Kirche umgeben iſt. Das Schloß ſelbſt hat das Anſehen eines vor kurzem errichteten Gebaͤudes, ob ſolches gleich beynahe hundert Jahr ſtehet; ſo ſehr iſt jederzeit auf die Erhaltung deſſelben geſehen worden. Es gleicht voͤllig den italiaͤniſchen Villen, iſt auch groͤßtentheils das Werk eines ita - liaͤniſchen Baumeiſters; und ob gleich bey genauer Unterſuchung ſich viele Fehler gegen den reinen Geſchmack zeigen, ſo iſt es doch im Ganzen genommen ein ſchoͤnes Werk, werth von Koͤnigen bewohnt zu werden, wie Johann, aus dem Sobies - kiſchen Hauſe, ſich ſolches dazu erbauet hat, auch darinnen geſtorben iſt. Der Koͤnig Auguſt der II. hat es auch zum Bewohnen beſeſſen. Es beſtehet in einem Hauptgebaͤude von zwey Stockwerken, mit zween daran liegenden Fluͤgeln, und iſt mit korinthiſchen anſtoßenden Saͤulen und Pilaſtern verziert, zwiſchen welche Sta - tuen, Buͤſten, und Basreliefs angebracht ſind. Das Dach iſt meiſt platt, mit Kupfer gedeckt und durch eine Baluſtrade verſteckt, auf welcher Statuen und Vaſen ſtehen. Dieſe Statuen ſind mehr als mittelmaͤßig, beſonders eine Flora auf der Hofſeite ſehr ſchoͤn. Die am Untertheile des Gebaͤudes in Niſchen angebrachten Statuen und Buͤſten aber, groͤßtentheils Kruͤpel, die Basreliefs aber leidlich. Der mittlere Theil des Hauptgebaͤudes iſt ein Stockwerk hoͤher, als das uͤbrige, und enthaͤlt einen Billardſaal; an den beyden Enden des Hauptgebaͤudes ſtehen zwey mit Kupfer bekleidete Thuͤrme. Zwey große geraͤumige Hoͤfe, mit Gebaͤuden ein - geſchloſſen, und ein anſehnliches Portal mit Basreliefs und Statuen geziert, dienen zum Eingange. Die innerliche Einrichtung und Meublirung iſt dem Aeußerlichen angemeſſen, groß und koſtbar, in dem vor 50 Jahren herrſchenden Geſchmack;alle305Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. alle Decken mit Malereyen, Stukarbeit und Vergoldungen uͤberladen, und die Waͤnde mit reichen Tapeten bekleidet. Die an den Garten ſtoßende Seite des Schloſſes hat offene mit joniſchen Saͤulen und Arcaden gezierte Gaͤnge mit leidlichen Freſco - gemaͤlden, und iſt ebenfalls mit Statuen, Buͤſten, Basreliefs und reichem Sims - werk verziert; ſelbſt ſtark à la grec, welches am Anfang der jetzigen Regierung ſo ſtark wieder in allem zur Mode geworden war, daß es faſt in den Geſchmack der Schnirkeleyen und Bamboſagen verfiel, nun aber ſchon faſt wieder vergeſſen iſt. Unter den Statuen da herum ſind einige von Bronze von gutem Stil. Zwey auch daſelbſt angebrachte runde Bilder von muſiviſcher Arbeit, und die unter dem Saͤulen - gange ſtehende Statue zu Pferde des Koͤnigs Johann Sobieski mit beſiegten Tuͤr - ken, ſind ſchoͤn.

Der Garten hat drey Abtheilungen. Die dem Schloſſe am naͤchſten be - ſtehet aus Blumenbeeten mit Orangerie, Statuen und Vaſen von Bronze beſetzt, groͤßtentheils mittelmaͤßigen bleyernen Abguͤſſen von Antiken, und iſt von bedeckten dicht verwachſenen Gaͤngen eingefaßt. Aus dieſer ſteigt man eine ſteinerne Doppel - treppe hinunter in ein zweytes Parterre, mit Roenſtuͤcken und allerhand Gewaͤchſen beſetzt; an dieſes ſtoßen auf beyden Seiten ſchattigte Gaͤnge und Hecken. Unter der Treppe iſt ein Saͤlchen angebracht. Ein breiter Arm der Weichſel begraͤnzt den Garten von dieſer Seite, an deſſen Ufern eine aus verſchiedenen Gaͤngen beſte - hende Abtheilung von außerordentlich hohen Pappeln Ehrfurcht erregt; einige Staͤmme derſelben haben bey dreyzehn Ellen im Umkreis. Das jenſeitige Ufer des Weichſel - arms beſtehet in einer ſchoͤnen Wieſe, die ſich in einer großen Entfernung mit einem im Gehoͤlze liegenden Vorwerk endet, welches auf die Hauptoͤffnung der Heckenpartie und das Mittel des Schloſſes trifft. Aus dieſem Untertheile des Gartens, der oft bey großen Ergießungen des Stroms unter Waſſer ſteht, kann man in die durch eine Bruſtmauer abgeſonderten neu angelegten wilden Spaziergaͤnge kommen, die aber noch in ihrer Kindheit ſind; unterdeſſen iſt doch alles benutzt, was die Lage des Orts vortheilhaftes dargeboten hat.

Von hier kann man ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt entweder durch die Allee nehmen, die nach obgedachtem Dorfe Sluszewo fuͤhrt, oder durch die neue Allee, die bis zum koͤnigl. Thiergarten angelegt worden, auch die Allee waͤhlen, welche durch das Dorf Czerniakow ans Ufer der Weichſel und dann uͤber die Solec zu - ruͤckfuͤhrt. Letztere iſt zwar die ſandigſte, hat aber das Angenehme, daß man in einer gewiſſen Entfernung alle bisher beſuchte Anlagen nochmals aus einem ganz andern Geſichtspunkte uͤberſieht.

V Band. Q q3. Wenn306Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

3.

Wenn irgend eine Gegend um Warſchau zu einem engliſchen Park umge - ſchaffen werden ſollte, ſo ſchickt ſich meines Erachtens keine beſſer dazu, als die der Stadt gegen Mitternacht liegt. Der ſchoͤne drey Viertelſtunden von ihr gelegene Bielaner Wald, die ohnweit davon liegende Chur-Saͤchſ. Beſitzung von Ma - riemont, das eine halbe Stunde davon entfernte Mlodzin mit ſeinem Thiergarten, die Gegend von Wawriszew, und das von ſolchem gegen die Stadt zu liegende Powonsk, wuͤrde gewiß alles gewaͤhren, was man ſich von einem ſolchen Park denken kann; und um dieſe Gegenden genauer bekannt zu machen, werde ich von jedem Theile derſelben ſagen, was hieher gehoͤrt.

Der Bielaner Wald liegt dicht an der Weichſel, und erhebt ſich von ihren Ufern bis auf eine anſehnliche Hoͤhe, von welcher er auch einen ziemlichen Strich einnimmt. Sein niederer Theil beſtehet aus viele Menſchenalter uͤberſteigenden Eichen und Ruͤſtern, der obere Theil aber iſt mit Nadelholz vermiſcht. Durchhin ſchlaͤngelt ſich ein Bach, der darinn etliche Muͤhlen treibt. Mitten innen ſteht ein maſſives Kamedullenkloſter, wo alle Jahre am zweyten Pfingſtfeyertage Ablaß gegeben wird. Dieſer und die ſchoͤne Jahreszeit ziehen den groͤßten Theil der Warſchauer Einwohner und ſchoͤnen Welt hierher, und machen fuͤr ſolche eines der herrlichſten Feſte. An dieſem einzigen Tage im Jahre ſtehet dem ſchoͤnen Geſchlechte das Klo - ſter offen, deſſen geheiligte Schwellen ſie ſonſt nie betreten duͤrfen. Der vor dem Kloſter liegende große Platz und ein Theil des Waldes wimmelt an dieſem Tage von Zelten und Geſchoͤpfen, die jedes nach ſeiner Art Vergnuͤgen ſuchen und finden; man bemerkt hier einen wunderlichen Contraſt von Froͤmmigkeit und Ausſchweifung, von Suͤnden vergeben und Suͤnden begehen. Der Koͤnig und die vornehmſten Herr - ſchaften finden ſich auch daſelbſt ein, und fahren wenigſtens durch dieſe bunten Rei - hen. Zu Anfang der jetzigen Regierung wurde hier an dieſem Tage ein glaͤnzendes Feſt fuͤr das Volk und den Adel vom Koͤnig veranſtaltet, das in ſeiner Art vortreff - lich war, und wegen der dabey angebrachten Cocagna und Volksſpiele einem wahren Bachanal, bis auf den Ablaß, glich. *)Die genaue Beſchreibung von dieſem großen und herrlichen damaligen Feſte lie - ſet man in den bis Ende 1772 von dem Hrn. Senator zu Thorn, D. von Geret,von 1760 an herausgegebenen Thorniſchen Anzeigen, welche immer ein claſſiſches Werk fuͤr die Geſchichte von Pohlen von jener Zeit bleiben werden.Dieſer Tag macht auch fuͤr die von der Welt getrennten frommen Moͤnche ein artiges Einkommen, da ſie ſich alle Plaͤtze, wo etwas verkauft wird, theuer bezahlen laſſen, und einen Gaſtwirth halten,der307Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. der am aͤußeren Theile des Kloſters ſeine Bequemlichkeiten hat, die mit dem Inner - lichen keine Gemeinſchaft haben ſollen. Die Ausſicht von der Hoͤhe gegen die dicht dabey fließende Weichſel iſt vortrefflich, nur verurſacht die ſo nahe Nachbarſchaft dieſes Fluſſes viel Schaden an dem untern Theile des Gehoͤlzes, wo alle Jahre wegen Verabſaͤumung der noͤthigen Daͤmme große Strecken unterwaſchen und mit fortge - riſſen werden, und die hohen mit ſchoͤnen Baͤumen beſetzten Ufer in die Tiefe hinab - ſtuͤrzen, welches durch einen ſchicklich angebrachten Einbau, der nicht ſo viel koſten koͤnnte, als der Verluſt von Holze und Boden betraͤgt, leicht zu hindern waͤre; allein die frommen Vaͤter, denen man ſchon ſeit einigen Jahren von Aufhebung und Ver - ſetzung ihres Kloſters vorgeredet haben ſoll, ſcheinen ſich wenig darum zu bekuͤmmern, da ihr Kloſter ſelbſt dabey noch zur Zeit nicht Gefahr laͤuft.

Ein angenehmer, durch den Wald hin gehender Weg, fuͤhret in das eine halbe Stunde davon gelegene, dem Generalfeldzeugmeiſter Grafen von Bruͤhl gehoͤrige Dorf Mlodzin, wo ſein verſtorbener Vater zur Zeit der vorigen Regierung ein weit - laͤuftiges Faſangehege unterhielt, in welchem aber jetzt nur einiges Tannenwildpret aufbehalten wird. Das Gehoͤlze, welches vom Bielaner Walde ganz abgeſondert liegt, iſt ſehr angenehm mit einigen Gebaͤuden verſehen, und hat beſonders ſchoͤne Alleen von gepflanztem Nadelholze, welche zwiſchen den Birken und Pappeln, aus welchen das uͤbrige Holz groͤßtentheils beſtehet, hervorſtechen; es iſt auch eine Quelle guten Waſſers hier. Dieſes Gehege haͤngt durch eine Allee mit einem artigen Land - hauſe zuſammen, bey welchem ein ſchoͤner Fruchtgarten und eine wilde Partie ange - legt worden, die ſich bis an das niedrige Ufer der Weichſel zieht, und worinn vor zwoͤlf Jahren die erſten italiaͤniſchen Pappeln in hieſigen Gegenden ge - pflanzt wurden, welche die bey uns laͤngſt bekannten, und unter andern ſelbſt in Warſchau im kleinen Garten des Stiftes Marieville befindlichen wallachiſchen in ſchnellem Wuchs und dichtem Laube uͤbertreffen und eben ſo pyramidaliſch wachſen. Hier endigt ſich die ſo oft beruͤhrte Hoͤhe gegen die Weichſel und verliert ſich nach und nach in Sandhuͤgeln. Die ſchoͤne Ausſicht aus dem hieſigen Wirthshauſe macht es den Leuten aus der Stadt zu einem angenehmen Aufenthalte. Der jetzige Beſitzer hatte auf einer dem Garten gegenuͤber, mitten in der Weichſel gelegenen, großen mit Baͤumen bewachſenen Inſel, vor einigen Jahren eine Anlage veranſtal - tet, die in einer artigen wilden Promenade, von allerhand laͤndlichen Gegenſtaͤnden unterbrochen, und einer alten den Einſturz drohenden Fiſcherhuͤtte beſtand, deren Inneres ein ſchoͤnes Bad und einige Wohnzimmer hatte, wovon jedes in einem an - dern Geſchmack ausgeputzt war. Allein eine Ueberſchwemmung zerſtoͤrte das Ge - baͤude, ſo daß dieſe Inſel wieder in ihren vorigen wuͤſten Zuſtand verfiel. ManQ q 2kann308Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,kann von hier ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt uͤber Wawriszew nehmen, welches eine halbe Stunde von Mlodzin liegt, und ein den Warſchauer Nonnen vom heil. Sacrament gehoriges Kirchdorf iſt, das der vor einigen Jahren in Frankreich ver - ſtorbene Fuͤrſt Primas Podoski auf Lebenszeit gegen einen gewiſſen Zins beſaß, und ſich daſelbſt auf einer in einem Teiche liegenden Inſel ein kleines Landhaus bauen ließ und einen Garten anlegte. Zugleich wurde ein großes Stuͤck mit Strauch ver - wachſenes Land mit einem lebendigen Zaune umgeben und zu wilden Spaziergaͤngen eingehegt, die auch damals zu einem huͤbſchen Gehoͤlze angewachſen waren. Nach ſeinem Tode kam es wieder an dieſe Nonnen, die es jetzt an Perſonen vermiethen, die ſich den Sommer auf dem Lande aufhalten wollen. Waͤre der Entwurf des ver - ſtorbenen Fuͤrſten Primas nicht durch die damals eingefallenen Unruhen und deſſen Aufenthalt außer Landes unterbrochen worden; ſo wuͤrde anjetzt dieſer Ort, der be - ſonders ſchoͤnes Waſſer hat, eine Stelle unter den artigſten hieſigen Landſitzen verdienen.

Von hier naͤhert man ſich der Stadt wieder um eine Viertelſtunde, und kommt nach Powonsk, einem der Gemahlinn des jetzigen kaiſerl. koͤnigl. Generalfeldzeug - meiſters und auch noch polniſchen Generals von Podolien, Fuͤrſten Adam Czar - toryski, welcher der einzige Sohn des vorbelobten Fuͤrſten Czartoryski, Woywo - den von Rußland, iſt, gehoͤrigen Dorfe. Dieſer Ort war noch zu Anfang der jetzigen Regierung ein elendes, bey einem ſumpfigten Erlengebuͤſche gelegenes, Dorf, in welchem kaum ein trockner Huͤgel anzutreffen war, wo man einen Vogelheerd errichtet hatte. Die hier entſpringenden reichhaltigen Quellen wurden durch den Damm einer Muͤhle aufgehalten, traten auf beyden Seiten in die Niedrigungen und verur - ſachten Bruͤche. Die jetzige Beſitzerinn fand dieſe Gegend ihren Abſichten gemaͤß, uͤberwand durch verwendete Koſten und vieljaͤhrige Bemuͤhung alle Hinderniſſe; und ſo verwandelten ſich Tiefen in Huͤgel und Berge, und aus Suͤmpfen wurden ſchoͤne Teiche und gruͤne Teppiche. Kein intereſſanter Baum und Strauch blieb unbenutzt, jede alte abgeſtorbene Weide oder Pappel gab der Kennerinn Stoff zu Verwandlun - gen; kurz, ſie nutzte die Natur, und verdarb nichts von ihren ſich darreichenden Producten durch uͤbelangebrachte Kuͤnſteleyen. Eine Reiſe nach England hatte ihre geſchmackvollen Ideen entwickeln helfen; ſie kam zuruͤck und ſetzte ſie ins Werk. Vermuthen Sie ſich hier nichts von Palaͤſten und Nagelwerk, von Orangerie und Grottenwerke zu hoͤren! Nichts von allen dieſen in die Stadt gehoͤrigen Dingen. Eine Gruppe artiger laͤndlicher Wohnungen von verſchiedener Geſtalt und Groͤße, bey jeder ein kleines huͤbſches Gaͤrtchen mit einem niedrigen Zaune umgeben, in deren Mitte ſich auf einem ſchoͤnen gruͤnen Huͤgel eine etwas groͤßere auszeichnet, und zuwelcher309Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. welcher kein Weg geradezu, keine Avenuͤe, ſondern krumme durch das Gebuͤſche fuͤhrende Wege bis zu einem bey einem alten Wirthshauſe befindlichen Stege, uͤber den ſich um das Ganze fortkruͤmmenden Kanal fuͤhren machen von dieſer Seite den ganzen Zugang. Hier wohnt die Fuͤrſtinn den Sommer hindurch, von ihrer Familie und ihrem Hofſtaat umgeben, und genießet die ſuͤßeſten Freuden des Lebens, die Ruhe, die ihr das Getoͤſe der Stadt nicht gewaͤhrt. Durch die Verlegung der Muͤhle an einen andern Ort iſt das Gehoͤlze trockner, und durch Vergroͤßerung und Vertiefung der Waſſerſtuͤcke das zu niedrige Land erhoͤhet, und ihm durch Kanaͤle mehr Abzug gegeben worden. Den Quellen hat man Luft gemacht, und dadurch mehr Waſſer gewonnen, und, wo es ja noch zu feuchte Stellen giebt, ſind doch die hindurch fuͤhrenden Wege erhoͤht und trocken. Das etwas groͤßere Haus, worinn die Fuͤrſtinn wohnt, hat innerlich alle noͤthige Bequemlichkeiten, und iſt ohne Pracht, aber in gutem Geſchmack eingerichtet. Viele Gemaͤlde von guten Meiſtern machen die Hauptzierde, und ein Bad, deſſen Waͤnde mit meißniſchem Porzellan ausge - taͤfelt ſind, das Koſtbarſte aus. Die uͤbrigen Huͤtten ſind in eben dem Geſchmack, mehr oder weniger niedlich, nach Verhaͤltniß ihrer Bewohner. Von dieſem Huͤgel gehet man ſanft bergab gegen eine Gruppe von alten Fichten, welche die Ueber - bleibſel eines halb mit Erde verſchuͤtteten und verwachſenen roͤmiſchen Triumphbogens beſchatten, welches gute Verhaͤltniſſe hat. Von hier uͤberſiehet man einen ſchoͤnen gruͤnen Teppich, der von einer Seite mit Baͤumen eingefaßt iſt und zum Hinter - grunde ein Waſſerſtuͤck hat, an deſſen Ufern ſich die Ruinen eines roͤmiſchen Am - phitheaters zeigen, in welchem die Stallungen angebracht ſind; auch dieſe ſind hier und da von hohen Baͤumen verſteckt und mit Straͤuchern verwachſen. Etwas ſeit - waͤrts ſteht auf einer Hoͤhe zwiſchen einem Gebuͤſche eine artige Huͤtte, von welcher der Weg am gruͤnenden Ufer des Waſſers fortfuͤhrt. Hier wird man ein uͤber dem Waſſer gelegenes gothiſches Gebaͤude mit einem runden Thurme gewahr, welches zu einer Meyerey eingerichtet iſt, und worinn ein Schweizer wohnt, der die Vieh - zucht beſorgt. Die zwiſchen dem Waſſer und dieſem Gebaͤude liegende Wieſe und Fruchtgarten dient dem Viehe zur Huthung und macht ein belebtes Bild. Eine ſchwimmende Bruͤcke uͤber das breite Waſſerſtuͤck dient hier zum Zuſammenhange beyder Ufer; das Waſſer iſt mit Schwaͤnen und allerhand auslaͤndiſchen Waſſervoͤ - geln belebt. Verfolgt man ſeinen Weg am Ufer, ſo kommt man endlich wieder ins Dickigt, in welchem verſchiedene artige laͤndliche Cabinette von Baumrinden und mit Moos bewachſenen Aeſten anzutreffen ſind, und ſo fuͤhret der Weg gegen eine alte verfallene Muͤhle, uͤber deren eingeſtuͤrzte Schleuße, zwiſchen welcher ſich verſchiedenes Treibholz verſetzt hat, ein artiger maleriſcher Waſſerfall herabſtuͤrzt. Q q 3Das310Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Das Innerliche der Muͤhle, zu welcher man durch einen Steg und eine alte Frey - treppe kommt, beſtehet in einem artigen Zimmer.

Ohnweit davon in einem Gehoͤlze findet man Ruinen eines alten auf einem Berge liegenden Schloſſes und einer gewoͤlbten eingeſtuͤrzten Bruͤcke, welche von dem Berge zu einem andern fuͤhrt, auf dem noch ein alter Thurm ſtehet. Neben dieſen Ruinen ſind etliche Huͤtten angebauet, und das Ganze macht eine angenehme Theaterſcene vor einem gegenuͤber liegenden freyen Raſenplatz mit Erhoͤhungen fuͤr die Zuſchauer. Den Beſchluß macht endlich eine am Ufer des Kanals gelegene Eremi - tage, von welcher der darinnen wohnende Cremit die Stelle eines Aufſehers vertritt. Ein Theil des Waldes iſt zu einer Menagerie fuͤr allerhand fremdes Federvieh einge - richtet, und ein anderer zum Vergnuͤgen des Publicums mit einem guten Wirths - hauſe verſehen, wobey eine Strecke todten Sandes durch Anpflanzung eines Wei - dengehoͤlzes urbar gemacht worden. Es wird alle Jahre mit Anpflanzungen dieſer ſonſt kahlen Gegenden fortgefahren, wie denn vor kurzem eine große Maulbeerplan - tage daſelbſt angelegt worden. Der uͤbrige Theil der zu Powonsk gehoͤrigen Gruͤnde gegen Wawriszew zu, iſt an verſchiedene Perſonen von ihrem Hofe ver - theilt worden, welche ſich artige Haͤuſer, Wirthſchaftsgebaͤude und Gaͤrten daſelbſt angelegt haben; dieſer Bezirk iſt nach der Fuͤrſtinn Namen Iſabellenſtadt genennet worden.

Der Weg nach der Stadt, welche von hier eine kleine halbe Stunde entfernt iſt, gehet durch eine Allee, worinn der Hr. Doctor John, Leibarzt der Fuͤrſtinn Czartoryska, verwittweten Großkanzlerinn von Litthauen, ein ſehr artiges Gar - tenhaus erbauet hat, das um ſo viel mehr hervorſticht, da es in dieſer Gegend das einzige regelmaͤßige Gebaͤude iſt; dabey iſt auch ein großer Fruchtgarten angelegt. Alle dieſe bisher beruͤhrte Gegenden liegen in einem Bezirk von zwey Meilen, und zwiſchen dem Bielaner Walde und Powonsk; mitten innen liegt die churfuͤrſtl. ſaͤchſiſche Beſitzung Mariemont genannt, welche aus einem vortrefflichen Eichen - walde, mit abwechſelnden Hoͤhen und Tiefen, Wieſen und Aeckern, beſteht, der bey der vorigen Regierung mit einer hohen Bretwand eingeſchloſſen war und zur Wolfs - jagd diente. An dem einen Ende des Waldes, auf einer Anhoͤhe, ſteht ein vier - eckigtes Jagdhaus mit einem großen Saale und einigen Zimmern; ohnweit davon ein paar kleinere Gebaͤude fuͤr die Aufſeher.

Sonſt war dieſer angenehme Ort der am meiſten beſuchte Spaziergang der Warſchauer Einwohner hohen und niedern Standes; ſeitdem aber vor etlichen Jahren der vorige Hofmarſchall Herr von Rzewuski denſelben auf Lebenszeit vom ſaͤchſiſchen Hofe gepachtet, iſt er vor jedem verſchloſſen, der nicht beſondere Er -laubniß311Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. laubniß von ihm erhaͤlt. Dieſer Herr hat anſehnliche Summen verwendet, um dieſen Bezirk im Geſchmack der engliſchen Parks zu verſchoͤnern; anſtatt der vori - gen Vermachung, welche die Ausſicht hinderte, iſt um den weitlaͤuſtigen Umfang ein breiter Graben mit einer niedrigen Hecke gezogen worden. Das Gehoͤlze iſt, wo es noͤthig war, gelichtet, rein und uͤberall wegbar gemacht; auch ſind einige kuͤnſtliche Wieſen angelegt worden. Ein an das Gehoͤlze ſtoßender Fruchtgarten, der ſonſt davon durch eine Vermachung abgeſondert war, iſt dazu gezogen, und ein kleines zu ihm gehoͤriges altes Gebaͤude, verneuert und mit großen Koſten fuͤr ihn wohnbar gemacht; auch ſind verſchiedene Kuͤchen und Stallgebaͤude erbauet worden. Schon hatte der ehemals am hieſigen Hofe und nun am ſchwediſchen Hofe befind - liche engliſche Geſandte, Wroughton, der bloß dieſen Garten mit der Wohnung vom ſaͤchſiſchen Hofe eingeraͤumet erhalten hatte, das Innere derſelben bequemer und niedlicher eingerichtet, auch einige Terraſſen zur Ausſicht auf die Landſtraße auf - fuͤhren laſſen. Die außerhalb des Gehoͤlzes gelegenen ſandigen Gegenden gegen Bielane zu, ſind mit fettem Leimen uͤberſchuͤttet, Gras darauf geſaͤet, und hie und da mit Gruppen von Baͤumen bepflanzt worden. Den ſchoͤnen in einem Thale des Gehoͤlzes entſpringenden Quellen, die ſonſt meiſt darinn verſiegten, iſt ein Abzug verſchafft worden, der ſie in ein hierzu ausgegrabenes großes Waſſerſtuͤck fuͤhrt. Dem Powonsker Waſſer, das ſeinen Weg nach der Weichſel durch hieſige Ge - genden nimmt, und zwey Muͤhlen treibt, wollte man durch Abſchaffung einer der - ſelben hier unter einer Gruppe hoher Linden einen Waſſerfall geben. Auf der gegen die Stadt liegenden Seite iſt eine große Pflanzung von Platanen angelegt, und kurz, alle bisher unbenutzte und oͤde Plaͤtze ſind verſchoͤnert worden. Und es wuͤrden end - lich auch die vielen in dieſem Bezirk befindlichen intereſſanten Orte, mit allerhand hierher ſich ſchickenden Gegenſtaͤnden verſchoͤnert, und das hoͤchſt baufaͤllige Haupt - gebaͤude ſelbſt an die Reihe gekommen ſeyn, wenn die kuͤrzlich erfolgte Entfernung dieſes Herrn von Rzewuski vom Hofe nicht dazwiſchen gekommen waͤre. Es wird zwar alles noch gut unterhalten, aber nichts neues mehr veranſtaltet.

Nun wird man leicht urtheilen, ob aus dieſer Gegend nicht ein herrlicher eng - liſcher Park zu machen waͤre, wenn allen dieſen jetzt abgeſonderten Stuͤcken ein ge - wiſſer Zuſammenhang gegeben, auf viele bisher unbenutzte Plaͤtze Ruͤckſicht genom - men, und ein ſchoͤnes Hauptgebaͤude, entweder in der Gegend von Mariemont oder zwiſchen ihr und Powonsk, auf eine anjetzt leer ſtehende Hoͤhe, aufgefuͤhrt wuͤrde, wo es von der Stadt herrlich in die Augen fallen, und die ganze Gegend zieren wuͤrde. Es ließe ſich freylich noch vieles, was jetzt hier mangelt, denken; allein wo findet man Gegenden, die nichts zu wuͤnſchen uͤbrig laſſen.

Wenn312Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Wenn man auf der Abendſeite aus der Vorſtadt kommt, findet man eine breite Lindenallee, die bis in das drey Viertelſtunden davon gelegene Dorf Wola fuͤhrt. In dieſer Allee ſind einige neue Anlagen von Gaͤrten, worunter beſonders die dem Hrn. Kammerherrn von Unruh und dem Hrn. Kaufmann Schultz gehoͤrigen etwas Gutes fuͤr die Zukunft verſprechen. In Wola ſelbſt iſt von der verſtorbenen Graͤ - finn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſeligen Premierminiſters bey Auguſt dem III, vor etlichen zwanzig Jahren ein Garten im damaligen franzoͤſiſchen Geſchmack an - gelegt worden, der ein ziemlich großes hoͤlzernes Landhaus und allerhand Nebenge - baͤude hat. Vor einigen Jahren kam er in die Haͤnde des Krongroßſchatzmeiſters Fuͤrſten Poninski, der allerhand kleine artige Gebaͤude in den verſchiedenen Hecken - partien erbauen ließ. Demohngeachtet wird dieſer Ort wenig beſucht, ſo viel Muͤhe man ſich auch gegeben, ihn in Ruf zu bringen. Iſt es die allzugroße Einfoͤrmig - keit deſſelben, oder der Mangel an Waſſer und ſchoͤnen Ausſichten, oder finden die hieſigen Einwohner mehr Vergnuͤgen, ſich in weniger gekuͤnſtelten Gegenden zu ver - weilen? Faſt glaube ich das letztere; denn in dem eine halbe Stunde von hier ge - gen Powonsk zu gelegenen kleinen Luſtwaͤldchen beym Dorfe Gorce oder Gurce, welches dem Publicum einige Jahre offen geſtanden, fand ſich eine Menge Spa - zierender ein. Auch hier ließ der Fuͤrſt Poninski, welcher es von den hieſigen Dominicanermoͤnchen ſich zuzuwenden wußte, einige artige Partien anlegen, worunter ſich beſonders ein hoher kuͤnſtlicher Felſen ausnimmt, der auf einer Inſel ſteht, zu der man durch eine artige Bruͤcke kommt. Unten hat er verſchiedene Behaͤltniſſe, und auf der Hoͤhe ein chineſiſches Luſthaus mit einem kleinen Saal, zu welchem man auf einer bequemen ſich zwiſchen den Felſen fortwindenden Treppe gelangt. Auf einer andern Seite des Holzes trifft man auf einem Heuſchober, in welchem auch ein bequemes von oben erleuchtetes Zimmer befindlich iſt. Das Uebrige des Waͤldchens iſt mit krummen Gaͤngen durchſchnitten, und auf einigen freyen Plaͤtzen ſind Spiele angebracht. Ein Wirthshaus und ein runder Tanzſaal ſtehen beym Eingange, und auf der andern Seite des Holzes ein kleines Herrenhaus mit einem vom Gehoͤlze abgeſonderten Fruchtgarten. Nur iſt dieſer Ort zu eingeſchraͤnkt und hat kein lebendiges Waſſer. Bey der jetzigen neueren Beſitzerinn, der verwittweten Woywodinn von Smolensk, Fuͤrſtinn Sapieha, iſt es auch wieder verſchloſſen. Von dieſem Ort fuͤhrt eine beſondere Allee wieder bis in die Vorſtadt, von welcher es etwas weiter entfernt iſt, als Wola.

Auf dieſer Seite haben wir weiter nichts von Luſtgaͤrten und Spaziergaͤngen in der Naͤhe. Es bleibt mir alſo nur noch die Morgenſeite zu beſchreiben uͤbrig.

Um313Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Um von der Stadt dahin zu gelangen, muß man die uͤber die Weichſel geſchla - gene zwoͤlfhundert Ellen lange Schiffbruͤcke paſſiren, und kommt in das am jenſeitigen Ufer gelegene Staͤdtchen Prag, deſſen umliegende Gegenden ſehr ſandig ſind; doch waͤre das nur tauſend Schritte von ſolchen entfernte Waͤldchen durch irgend eine An - lage von Wirthshauſe oder andern Gebaͤuden angenehm zu machen. Es iſt zwar ein Theil deſſelben zu einem Thiergarten umzaͤunt, und mit einer Jaͤgerwohnung und Wirthshauſe verſehen worden, in welchem einige Kamele und vieles Dannwildpret gehegt wurde; man hatte aber hierzu einen gar zu ſandigen Theil des Gehoͤlzes genom - men, wo das Vieh nicht Aetzung genug fand, und iſt daher vieles eingegangen, der Ueberreſt aber nach dem Ujasdower Thiergarten geſchafft worden.

Auf dem durch dieſes Gehoͤlze fuͤhrenden Wege kommt man in das gleich hinter ihm liegende Targuwka, ein dem Koͤnig gehoͤriges Gut, mit einem ziemlich großen Fruchtgarten und einigen Hecken bey einem kleinen Wirthshauſe, wo ſich auch bis - weilen Spaziergaͤnger einfinden.

Wenn ein ſolches Gebaͤude in dem mit ſchoͤnem Laubholz bewachſenen Theile des Waldes angelegt, dieſer nur einigermaaßen zu Spaziergaͤngen eingerichtet, und die ſchoͤnen Ausſichten des als ein Amphitheater vor Augen liegenden Warſchau benutzt wuͤrden; ſo haͤtten wir auch auf dieſer Seite einen angenehmen Luſtort mehr.

In einem ſo weitlaͤuftigen Lande, als Pohlen iſt, liegen hie und da noch manche merkwuͤrdige Landſitze zerſtreut. Auf den Guͤtern ſo vieler reichen und großen Herrſchaften, beſonders ſolcher, die fremde Laͤnder und England beſucht haben, und die in ſchoͤnern und mehr abwechſelnden Gegenden wohnen, als nahe bey War - ſchau ſind, kann man auch allerdings verſchiedene Arten von Anlagen und Verſchoͤ - nerungen im neuern Geſchmack erwarten, wovon vielleicht kuͤnftig mehr Nachrichten bekannt gemacht werden koͤnnen. *)Sie werden ſodann einem kuͤnftigen Jahrgange meines Gartenkalenders vorbehalten.

V Band. R rX. Un -314Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

X. Ungarn.

Sowohl von den Schloͤſſern und Landhaͤuſern, als auch von dem pomphaſten und koſtbaren, aber ſteifen Geſchmack, der noch in den Gaͤrten dieſes Landes herrſcht, kann man in einer kuͤrzlich gedruckten Reiſebeſchreibung*)S. Hrn. Joh. Bernoulli’s Samm - lung kurzer Reiſebeſchreibungen. 10ter B. S. 181 226. Berlin, 1783. ſehr umſtaͤndliche Nachrichten finden. Man ſieht, wie viel Summen auf Palaͤſte, auf Pavillons, auf Grotten, auf Orangerien und Gewaͤchshaͤuſer, wie viel in allen dieſen auf Pracht, und wie wenig auf Geſchmack verwendet worden. Dieß war uͤberhaupt die allge - meine Landſtraße, worauf die reichen und maͤchtigen Gartenbeſitzer ſich zu begegnen pflegten, und einer dem andern zuvor zu eilen ſuchte.

Von dem Schloſſe Eſterhaſi, das durch ſeine Weitlaͤuftigkeit und Pracht, und durch die Koſtbarkeit ſeiner Auszierungen einen ſo ausgebreiteten Ruhm erlangt hat, giebt eben dieſer Reiſende**)S. 9ten B. S. 250 288. eine ausfuͤhrliche Beſchreibung. Das Schloß ſowohl als der Garten ſind ſeltene Deukmaͤler von dem großen Reichthum und der Prachtliebe in dem Hauſe eines Fuͤrſten,***)Der Fuͤrſt Ricolaus Eſterhaſi, kai - ſerlicher Generalfeldmarſchall, Rittervom goldnen Vlies und andrer hohen Orden. der dieſe Vorzuͤge noch durch ſeine Leutſeligkeit und Gaſtfreyheit uͤbertreffen laͤßt. Eſterhaſi iſt oft der Ort der herrlich - ſten Fuͤrſtenfeſte geweſen; auch die Gartenmuſe koͤnnte hier noch manche Feſte der Natur einfuͤhren.

XI. Preußen.

Nach den neueſten Nachrichten ſcheint hier ebenfalls der Geſchmack an Gaͤrten und Landhaͤuſern noch wenig Verbeſſerung erhalten zu haben. Ein neuer ſehr ge - nauer Schriftſteller****)Bocks Verſuch einer wirthſchaft - lichen Naturgeſchichte von dem Koͤnig - reiche Oſt - und Weſtpreußen. 1ter B. 8. 1782. ruͤhmt einen Landpalaſt, der ſo viele Fenſter hat, als Tage im Jahre ſind; er ruͤhmt erhabene Heckenwaͤnde, Schneckenberge, regelmaͤßige Blu - menſtuͤcke, Teiche, kuͤnſtliche Grotten und Springbrunnen und Anlagen in der Ebene.

XII. Deutſch -315Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

XII. Deutſchlaͤnd.

1.

In den Provinzen von Niederſachſen zeigen die neuen Gartenanlagen in Hollſtein ſchon eine ſehr merkwuͤrdige Verbeſſerung des Geſchmacks. Die wichtigſten ſind bereits in dieſem Werk ausfuͤhrlich beſchrieben,*)1ter B. S. 75 81. 2ter B. S. 137 bis 156. 4ter B. S. 206 223. und verſchiedene juͤngere naͤhern ſich allmaͤhlich ihrer Ausfuͤhrung. Wenn der gute Geſchmack und die Liebe zu ſchoͤnen Gaͤrten ſich hier einſt mehr erheben ſollte, ſo wuͤrde nicht leicht eine andre Gegend von Deutſchland den Vorzug der hollſteiniſchen uͤbertreffen. Der weite Umfang und die Fruchtbarkeit der Landguͤter, der Reichthum ihrer Beſitzer, die Schoͤnheit der Waͤlder und Wieſen, die Abwechſelung der Seen, der Teiche, der Huͤgel und betraͤchtlichen Weiden, alles dieß bietet ſich zu den trefflichſten großen Anlagen und einzelnen Verſchoͤnerungen an. Nach ſo manchen Reiſen, die ich in und außer Deutſchland gemacht, muß ich doch geſtehen, daß die hollſteiniſchen Gegenden in manchem Betracht den Ruhm einer vorzuͤglichen Schoͤnheit behaupten. Der ge - woͤhnliche Weg, den Reiſende von Hamburg aus in dieſes Herzogthum uͤber Bramſtaͤdt und Neumuͤnſter zu nehmen pflegen, ſtimmt gar nicht der Erwartung zu, die ſie ſich von der Fruchtbarkeit und Anmuth dieſes Landes machen duͤrfen. Faſt uͤberall wird auf dieſer Seite das Auge von duͤrren Heiden, von ſumpfigten Moor - feldern, und von der unbegraͤnzten Flachheit der Gegenden ermuͤdet. Nur erſt zu Bordesholm, zwey Meilen vor Kiel, beginnt die Landſchaft ſich in der Anmuth zu zeigen, die man in Hollſtein zu ſehen gewohnt iſt. Fruchtbare Felder wechſeln mit Waͤldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn ſich die kleinen Huͤgel und die Gebuͤſche ſpiegeln, die uͤberall die Flaͤchen unterbrechen. Der angenehmſte Ein - tritt in Hollſtein geſchieht durch die reizenden Landſchaften von Ploͤn und Eutin, und auf dieſem Wege trifft man gleich einige der ſchoͤnſten Plaͤtze, als Aſchberg und Sielbeck, an.

Im Mecklenburgiſchen iſt das neue Schloß des Herzogs von Schwerin zu Ludwigsluſt mit den benachbarten Anlagen am meiſten beruͤhmt. **)Man hat davon 12 Vorſtellungen inKupfer unter dem Titel: Vues du Chateau et du Jardin de Ludwigsluſt etc. von 1782.Das Schloß gehoͤrt, einige Fehler abgerechnet, unſtreitig zu den edelſten neuen Gebaͤuden dieſerR r 2Art316Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Art in Deutſchland. Die Gartenanlagen umher kuͤndigen mit ihren Verzierungen Kunſt und Aufwand an, aber zugleich noch die Anhaͤnglichkeit an die ſteife Manier der vorigen Zeit. Wie mannichfaltig haͤtte nicht das mit ſo vielen Koſten herbeygeleitete Waſſer in einem angenehmen, mit Gaͤngen und Ausſichten durchſchnittenen, und mit vielem Wild angefuͤllten Gehoͤlze, genutzt werden koͤnnen, anſtatt daß es nun in einem langen, geraden, einfoͤrmigen Kanal ermuͤdet, und nur mit kuͤnſtlichen Kaſca - den und Waſſerſpruͤngen abwechſelt, an deren Seiten ſich feſtungsmaͤßige Waͤlle erheben! An eben dieſem Ort hat der Prinz Franz, Nachfolger in der Regie - rung, bey ſeiner Wohnung einen ſchoͤnen Garten im verbeſſerten Geſchmack angelegt. Inzwiſchen verdienen die Gegenden um Schwerin mit dem herrlichen See und den umkraͤnzenden Waͤldern den Vorzug zu neuen veredelten Anlagen.

2.

Im Braunſchweigiſchen fragt man nach Vechelde, wie man vormals nach Chantilly fragte, als hier der große Conde auf ſeinem Luſtſchloſſe, gegen den Abend ſeines Lebens, von ſeinen Siegen ruhete. Der Prinz ſchien hier den unfterb - lichen Ruhm ſeiner Thaten, wie einen vergangenen Tag, zu vergeſſen; er lebte nur noch den ſanften Tugenden des Friedens, und der Ehre der Wiſſenſchaften; er ließ oft Gelehrte zu ſich kommen, ſchrieb an ſie, und beurtheilte ihre Werke eben ſo rich - tig, als er Plan, Anordnung und Erfolg in Laͤgern und Schlachten zu beurtheilen gewohnt war. Wie Conde ruhete, ſo ruhet Ferdinand, aber thaͤtiger noch fuͤr die Menſchheit und die Wiſſenſchaften, und gluͤcklicher, indem er die unverwelklichen Lorbeern, welche die ehrwuͤrdige Stirne des Helden uͤberſchatten wollten, ganz in die beſcheidne Laube des Privatmanns verflochten hat. Es iſt ein ſicherer Beweis von der Menſchenfreundſchaft eines großen Helden und von der Milde ſeiner Seele, wenn er nach ſeinen Siegen die ſtille Einfalt der Natur wieder liebt, die Wieſen und Aecker um ſich her zu ſeinem Vergnuͤgen bluͤhen laͤßt, und es ſich zum frohen Ge - ſchaͤfte macht, ſeinem Garten neue Fruchtbaͤume zu erziehen. Vechelde zeigt eine ruhige Laͤndlichkeit und eine erhabene Genuͤgſamkeit, die allen leeren Prunk verwirft. Ein Dorf, ein Fiſchteich, Wieſen, Korngefilde, Wald, dieſe bloß laͤndlichen Ge - genſtaͤnde, machen die Graͤnze und die Ausſichten des Gartens. Die oͤkonomiſche Einrichtung dieſes Landſitzes hat alle Beduͤrfniſſe und alle Ergoͤtzungen des Landlebens in ihrem Plan umfaßt, und ſie alle befriedigt. Und neue Pflanzungen von Baͤu - men und Straͤuchern voll Bluͤthen und Duͤfte, bald aus Italien, bald aus Nord - amerika, bald aus andern entgegengeſetzten Himmelsſtrichen, unterhalten, mit dem Geraͤuſch eines kleinen Fluſſes, das Vergnuͤgen des feinen Gartenkenners.

Nahe317Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Nahe vor Braunſchweig hat die regierende Frau Herzoginn ein Sommer - ſchloß in einem uͤberaus edlen und reizenden Geſchmack auffuͤhren laſſen, das gewiß zu den ſchoͤnſten Gebaͤuden dieſer Art gehoͤrt. *)Es iſt nach der Angabe des Herrn Hofbaumeiſter Fleiſchers gebaut.Es ſteht auf einer kleinen Anhoͤhe mit einem Abhange gegen Weſten, und iſt mehr zu einem kurzen Aufenthalt, als zur Be - wohnung eingerichtet; allein es hat ſo viel Heiterkeit und Glanz, und liegt ſo frey im Angeſicht der ſchoͤnen Natur, daß man in dem mildern Fruͤhling und Herbſt, oder in den Abendſtunden des Sommers ſich nicht leicht eine angenehmere Wohnung denken kann. Hier iſt ein kleiner Grundriß, der das Eigenthuͤmliche der innern Einrichtung zeigt.

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Waͤre das zweyte Geſchoß etwas hoͤher, oder das Dach noch mit einigen Gruppen kleiner Statuen verziert, ſo wuͤrde das Anſehen dieſes Gebaͤudes mehr Leichtigkeit, mehr Schwung gewinnen. Die Ausſicht gegen Weſten iſt laͤndlich und ſanft. R r 3Die318Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Die Ocker windet ſich in anmuthigen Kruͤmmungen durch einen großen Wieſen grund. Hier folgte der kleine Fluß gern der leitenden Hand der Kunſt; er machte willig einen breitern Strom, oder vertheilte ſich in mehr Wendungen, wozu die nie - brige ſumpfigte Gegend behuͤlflich ſeyn wuͤrde; er bildete Inſeln, die, ſo wie hie und da ſeine Ufer, mit Baͤumen oder niedrigem Gebuͤſch verſchoͤnert wuͤrden; auch koͤnnte die Flachheit der jenſeitigen Ebene durch Gruppen belebt, und zu kleinen perſpectivi - ſchen Landſchaftsſtuͤcken verbeſſert werden. Den weſtlichen Abhang von dem Luſt - ſchloß nach dem Wieſengrund hinab koͤnnte ein ſchoͤner Raſen kleiden, worauf die Abendſonne zu ſpielen ſich freuen wuͤrde; und die Plaͤtze nach dem obern Eingange zu waͤren mit Haynen von edlen Staͤmmen und leichten Beſchattungen zu bepflanzen. Dieſe Gedanken fielen mir gleich ein, als ich vor etlichen Jahren dieſe ſchoͤne, aber noch zu wenig benutzte Lage ſah.

Die neuen ſehr anmuthigen Gaͤrten zu Luklum und Deſtedt bey Braun - ſchweig ſind, ſowohl der Menge und Auswahl der ſchoͤnſten und ſeltenſten auslaͤndi - ſchen und beſonders amerikaniſchen Baͤume, als auch des feinen Geſchmacks ihrer jetzigen Beſitzer wegen merkwuͤrdig. *)Eine Beſchreibung von ihnen findet man im Gartenkalender auf 1782. S. 153 u. ſ. w., die hier nicht wiederholt werden darf.

3.

Nach der genauen Verbindung, die der hannoͤverſche Adel mit England hat, und nach den haͤufigen Reiſen dahin, ſollte man allerdings wohl groͤßere Fort - ſchritte der Kunſt hier erwarten. Indeſſen zeichnen ſich die meiſten Gaͤrten im Han - noͤverſchen doch durch vortreffliche Sammlungen nordamerikaniſcher und anderer auslaͤndiſchen Baͤume und Straͤucher aus. Außer den bereits beſchriebenen Anla - gen,**)3ter B. S. 231 251. 5ter B. S. 197 231. verdient der wangenheimiſche Garten bey Hannover, der zu Eldagſen, der hakiſche in Ohr, der muͤnchhauſiſche zu Schwoͤbbern vorzuͤglich genannt zu werden.

Das koͤnigliche Luſtſchloß Monbrillant iſt von guter und einfacher Architectur, und es wuͤrde ſich bey der Voruͤberfahrt nach Herrnhauſen dem Auge vortheilhaft darſtellen, wenn die vorliegende Allee etwas eroͤffnet wuͤrde. Das Gebaͤude iſt auf beyden Seiten von zwey ſchattigten Haynen von Roßkaſtanien eingefaßt, die es wohl verdienten, noch verſchont zu werden, als man den Garten umzuſchaffen anfieng. An den Hayn zur Rechten ſtoͤßt ein Raſen mit Tannen unterbrochen, und dann erſcheint ein großer, runder, mit Orangerie beſetzter Blumengarten, der noch zu viel Symmetrie in ſeiner Anordnung zeigt. Die neue Anlage, die erſt ſeit einigen Jahrenausge -319Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ausgefuͤhrt iſt, ſuchte die alte Steifigkeit zu uͤberwaͤltigen, die doch noch hin und wieder unbeſiegt hervorſcheint. Das Ganze beſteht in einem ſehr großen Rafen, der ſich auf der Hinterfeite des Schloſſes ausbreitet, die Mitte des Gartens einnimmt, und rings umher von der gewoͤhnlichen Pflanzung der engliſchen Manier, naͤmlich einzel - nen Baͤumen und Gruppen, die mit einander abwechſeln, und zwiſchen welchen ſich die Gaͤnge fortwinden, umgeben iſt. Die Gruppen ſind aus einheimiſchen und aus - laͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, aus Stauden und niedrigen Blumenpflanzen zuſammengeſetzt. Ein Kanal trennt die Anlage von dem Kuͤchengarten, der mit einer Mauer umgeben iſt, und daher keine Ausſichten verſtattet; ein Fehler, der durch die Abtragung der Mauer bis zur Haͤlfte, die alsdann doch zu bekleiden waͤre, oder durch ein anderes Mittel leicht gehoben werden koͤnnte. Den beſten innern Proſpect genießt man von der Bruͤcke, indem man dem Schloſſe gegenuͤber ſteht, ſeine ganze Garten - ſeite mit dem hellen ſandſteinartigen Anſtrich uͤber den großen Raſen her erblickt, und an ſeinem Rand hinauf die Gruppen und Baͤume ein mannichfaltiges Gemiſch von Gruͤn bilden ſieht. Der Garten iſt nach ſeiner Umſchaffung angenehm. Allein die in vielen engliſchen Gaͤrten gewoͤhnliche Anordnung, die um einen in der Mitte ſich ausbreitenden Raſen alle Wege ſich herumwinden laͤßt, hat nicht bloß Einfoͤrmigkeit, ſondern auch die Unbequemlichkeit, daß die Spaziergaͤnger immer auf einander ſtoßen und ſich nicht ausweichen koͤnnen. Dieſe Unbequemlichkeit wird groͤßer bey oͤffentli - chen Spaziergaͤngen, wozu der Garten zu Monbrillant dient.

Herrnhauſen, das bald nach feiner Anlage ſo beruͤhmt ward, wird wahr - ſcheinlich mit der Zeit eben die Veraͤnderung erhalten, wie Monbrillant. Die Lage eroͤffnet hier verſchiedene vortreffliche Ausſichten. Die breiten und langen Wege zwiſchen den Hecken gleichen Landſtraßen. Das Merkwuͤrdigſte in dieſem Garten iſt noch immer die große Fontaine, die, wenn ſie mit allen fuͤnf Raͤdern geht, bey ſtiller Luft 120 Fuß ſteigt, und wohl die hoͤchſte in Deutſchland iſt. Ihre jaͤhrliche Un - terhaltung koſtet einige tauſend Thaler. Obgleich Werke dieſer Art ein Zwang gegen die Natur ſind, die uns das Waſſer ſchon unter ſo mancherley Abaͤnderungen bald ſtehend, bald laufend, bald fallend zeigt, ſo ſcheinen ſie doch, außer, daß ſie wohl am meiſten in romantiſche Anlagen gehoͤren,*)S. 2ten B. S. 125 und 126. auch die Pracht koͤniglicher Gaͤrten ver - mehren zu duͤrfen. Die Roͤhre liegt ganz nackt vor dem Auge, und ſollte etwas Ver - kleidung von Felsſtuͤcken haben; ſelbſt das Baſſin koͤnnte noch einige Verſchoͤnerung annehmen. Die Wirkung der aufſteigenden Waſſerſaͤule wuͤrde praͤchtiger ſeyn, wenn ſie ein hohes finſtres Gehoͤlz zum Hintergrunde haͤtte. Man ſieht ſchon jetzt, daß ſie ſich weit ſchoͤner zeigt, wenn das Silberwaſſer gegen eine dunkle Wolke ſpielt, als gegendie320Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,die hellblaue Luft. Die majeſtaͤtiſch ſich erhebende Saͤule, ihr verduͤnntes, ſilbernes, zum Theil in Schaum aufgeloͤſtes Waſſer, die Blicke der Sonne, die darinn mit tau - ſend aufblinkenden und wieder verſchwindenden Lichtern ſpielen, das Geraͤuſch der immer aufſteigenden, und das Geplaͤtſcher der niederſtuͤrzenden Maſſen, der Schlagſchatten, der ſich an den umſtehenden Baͤumen bewegt, zittert und faͤllt, alles dieß bildet hier einen reizenden Anblick. Es iſt vielleicht das einzige Springwaſſer, das man ſeiner Hoͤhe wegen mit einer Wonne betrachtet, die ſich dem Gefuͤhl des Erhabnen naͤhert. Man wird nicht leicht muͤde zu ſehen, wie die blendende und ſchaͤumende Pyramide empor ſteigt. Sie fliegt und ſtrebt den Wolken entgegen, ſtuͤrzt zuruͤck, und murmelt im Stuͤrzen, und tobt voll Unwillen, daß ſie zu ohnmaͤchtig war, ſie zu erreichen. Mit neuer Kuͤhnheit ſteigt ſie wieder empor, iſt dem Himmel nahe, und waͤlzt ſich, und brauſet gleich wieder im Abgrund. In veraͤnderter Geſtalt ſchwebt ſie wieder empor; nun hebt ſie ſich hoͤher; nun ſcheint ſie die Wolke zu faſſen und in ihrer Hoͤhe zu verweilen; doch ſeht, wie ſie wieder ſinkt, wie alles von oben ihr nach faͤllt, ſich ſtuͤrzt, und draͤngt, und mit einem wilden Getoͤſe jagt, daß der naſſe Staub weit umher zerfliegt. Die Baͤume umher, ſo oft ſie auch ſchon die Gewalt des Menſchen gefuͤhlt, ſcheinen voll Verwunderung dieß Werk ſeiner Kunſt anzuſtaunen, und die Voͤgel ſelbſt daruͤber mitten in dem Lobgeſang der Natur zu verſtummen. Indeſſen ſchaͤumt die ſtolze Saͤule immer in ihrer Hoͤhe, blitzende Diamanten ſpringen oben ab, fallen und verſchwinden, wie der Kronenſchmuck von den Haͤuptern der Monarchen.

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4. Im321Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

4.

Im Hildesheimſchen iſt der Garten des Herrn von Steinberg zu Bruͤgge merkwuͤrdig wegen der Menge der ſchoͤnſten und ſeltenſten Pflanzen, beſonders aber amerikaniſcher Baͤume.

Zu Arolſen im Waldeckiſchen hat die verwittwete Frau Fuͤrſtinn Chriſtiana einen Garten in der verbeſſerten Manier mit vielem Geſchmack angelegt. In einer trefflichen Beſchreibung von Pyrmont,*)1ſter B. 8. Leipzig, 1784. die Herr Hofmedicus Marcard zu Hannover kuͤrzlich herauszugeben angefangen, ſind zugleich die Annehmlichkeiten und Verſchoͤnerungen dieſes beruͤhmten Brunnenorts in einer mit ſchoͤnen Kupfern begleiteten Schilderung vorgeſtellt.

Auf den Landguͤtern in Heſſen hat ſich der gute Geſchmack der Gaͤrten noch wenig ausgebreitet. Einen ſchoͤnen philoſophiſchen Ruheplatz hat der Herr General von Schlieffen, einer der edelſten Maͤnner unſers Jahrhunderts, zu Windhauſen; und zu Ried beſitzt der Herr Landrath von Meiſeburg einen mit Geſchmack verſchoͤner - ten Landſitz, der ſich zugleich durch die Weite ſeiner herrlichen Ausſichten auszeichnet.

Zu Caſſel ſieht man auf dem Modellhauſe verſchiedene vortreffliche Vorſtellun - gen, die den Gartenfreund intereſſiren, und daher hier angezeigt zu werden ver - dienen. Außer den Schloͤſſern, die fuͤr die Aue und den Weißenſtein beſtimmt waren, zeichnen ſich vorzuͤglich durch ihre Architectur aus: ein heitres und offenes Luſthaus, das auf der Inſel im Augarten aufgefuͤhret werden ſollte; ein großes, praͤchtiges und geraͤumiges Jagdſchloß; ein leicht gebauetes Vogelhaus; ein anſehn - liches und weitlaͤuftiges Palais fuͤr den Garten Bellevuͤe; ein kleines ſehr nettes Jagdhaus oder auch Landhaus von einem Viereck, mit einem flachen Dache und einer runden Kugel in der Mitte, in einem anmuthigen Stil. Dieſe Gebaͤude ruhen hier noch bloß als Modellſtuͤcke, und erwarten das Gluͤck der Ausfuͤhrung, oder doch wenigſtens den Ruhm, durch Zeichnungen und Kupferſtiche den Archi - tecturfreunden bekannter zu werden. Sie beweiſen zugleich den edlen und reinen Ge - ſchmack der Baukunſt, den der Landgraf Carl naͤhrte, nach deſſen Anleitung ſie alle gemacht ſind. Haͤtte dieſer zu großen Unternehmungen gebildete Fuͤrſt laͤnger gelebt, oder die Einkuͤnfte ſeiner Nachfolger gehabt, ſo wuͤrden gewiß ſeine Schloͤſſer und Gartengebaͤude durch die hohe Schoͤnheit der Architectur ganz Deutſchland erleuch - tet haben. Nur die Gartenkunſt ſeiner Zeit haͤtte nicht mit den Gebaͤuden gleichen Fortſchritt halten koͤnnen. Man wundert ſich, daß nichts von dieſen vortrefflichenGarten -V Band. S s322Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Gartengebaͤuden, welche doch die neuen Werke auf dem Carlsberg uͤbertreffen, zur Ausfuͤhrung gelangt. Es ſcheint, daß es hier, wie an vielen andern Hoͤfen, an einem Mann fehlt, der mit Kenntniß und Geſchmack das Gartenweſen leitete.

Von allen jetzt vorhandenen Luſtſchloͤſſern des Landgrafen von Heſſencaſſel iſt unſtreitig Wilhelmsthal das beſie in Anſehung der Architectur. Es iſt von regelmaͤßiger Form, in dem Stil der guten franzoͤſiſchen Baumeiſter. Nur iſt es in einem fuͤrſtlichen Schloſſe unſchicklich und unbequem, daß gerade uͤber den Zim - mern im zweyten Stockwerk den Bedienten ihre Wohnungen in der Manſarde ange - wieſen ſind. Die zur Jagd bequeme Lage ſcheint die erſte Veranlaſſung zum Anbau dieſer ſonſt zu einem Garten wenig geſchickten Gegend gegeben zu haben, wo man mit großen Koſten Moraͤſte austrocknen, und uͤberall Erde auffahren mußte. Die Lage hat keine Ausſichten, und der Garten iſt im hollaͤndiſchen Geſchmack. Doch hat er einige angenehme von hohen Platanen beſchattete Plaͤtze. Die Grotte*)Sie iſt von Mayr geſtochen. iſt nach dem Geiſt ihrer Zeit voll Architectur und Verzierung; die mancherley mit Mu - ſcheln und Steinen, mit einer eben ſo muͤhſamen als getreuen Nachbildung, ausge - legten Figuren reizen das Auge zur Verwunderung, und laſſen es in eben dieſem Au - genblick die unnuͤtze Koſtbarkeit wahrnehmen, die ſich ſo weit von den Grotten der Natur entfernt, und zugleich fuͤr die Unterhaltung ſo laͤſtig iſt. Neben dem Garten liegt ein bepflanzter Berg mit einem runden offenen Tempel, der wegen der Aus - ſicht beſtiegen zu werden verdient, und die Langeweile der untern Gegend wieder verguͤtet.

Das alte Schloß zu Homburg, die Reſidenz der heſſiſchen Landgrafen dieſer Linie, hat auf ſeiner abhaͤngigen Seite eine Pflanzung, oder vielmehr ein Luſtgebuͤſch von mancherley einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, worinn verſchiedene Gaͤnge herumfuͤhren. Man hat den Abgang hinunter in der Tiefe den Anblick eines großen Waſſerſtuͤcks, zu welchem die Gaͤnge hinableiten, und in der Ferne die Ausſicht auf ſchoͤne Waͤlder. Die ganze Landſchaft umher zeigt verſchie - dene waldigte Berge. In einiger Entfernung von dieſem Luſtgebuͤſch ſind zwey Waͤlder mit Spaziergaͤngen bereichert, der kleine und der große Tannenwald, die nicht weit weit von einander liegen; der erſte iſt der naͤchſte und ſchoͤnſte, auch ſcheint ſeine Einrichtung vollendet, die in dem letztern noch in der Ausbildung ſteht. Beym Eintritt in den kleinen Tannenwald erblickt man zunaͤchſt einige Rafenſtuͤcke mit Blu - men, und darauf eine runde weißangeſtrichene Colonnade, die auf einer in einem Teiche erhoͤheten Inſel ſteht; wohin eine Bruͤcke fuͤhrt. Dieſe kleine Inſel iſt mit Blumen und bluͤhenden Straͤuchern geziert, und bietet einen anmuthigen Sitz dar,der323Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. der noch mehr gefallen wuͤrde, wenn die Colounade oben bedeckt waͤre, und Schirm vor der Sonne gaͤbe. Um den Teich, der, wie die Raſenſtuͤcke beym Eingange, eine zu regulaire Form hat, laufen rings umher Gaͤnge, die ſich bald gerade, bald gewunden in den Tannenwald hinziehen, mit ſchoͤnen Ausſichten in die Ferne der Landſchaft. Hie und da mildern Laubhoͤlzer, die zwiſchen den Tannen erſcheinen, den Ernſt dieſer Baͤume, die ſich nicht wohl zu einem Luſthayn ſchicken. Man hoͤrt einen Waſſerguß tauſchen, und ſieht einen Bach herunterirren; indem man ihm nachgeht, gelangt man zu einem Cabinet, bey deſſen Eingang ein kleiner Spring - brunnen plaͤtſchert, der an dieſem Orte, anſtatt zu ſteigen, vielleicht anmuthiger von Felſenſtuͤcken herabmurmelte. Verſchiedene Arten von Sitzen winken umher; die Baͤnke erwarten, anſtatt des gruͤnen, einen weißen oder grauen Anſtrich. Hinter den Tannen kommt man zwiſchen Buchen zu einem abgeſonderten, mit Baͤumen und bluͤhenden Gewaͤchſen bepflanzten Revier, worinn ſich ein Pavillon erhebt. Ein Kenner wuͤnſcht hier, daß die Baͤume, anſtatt noch zu genau nach der Linie zu ſie - hen, freyer und mit Geſchmack gruppirt erſcheinen moͤchten Uebrigens iſt dieſer kleine Wald ein geliebter Ort der Zuflucht aus der Geſellſchaft, der Aufenthalt des Schattens und der Kuͤhlung, und die Heimat des ruhigen Selbſtgenuſſes.

5.

Auf dem Wege von Frankfurt am Mayn findet man Rumpenheim im Hanauiſchen, in einer angenehmen Lage auf dem Ufer des Fluſſes, mit Proſpecten in die umliegenden Landſchaften nicht weniger, als auf Frankfurt, Offenbach, Hanau, und andre Oerter. Die Fahrzeuge, die auf - und abgehen, und die nahe dabey nach Frankfurt laufende Landſtraße beleben die Ausſicht. Der kleine Garten hat eine freye Pflanzung von einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen, worunter ſich beſonders treffliche Katalpen (Big. Cat. ) befinden, die alle Jahre bluͤhen und rei - fen Saamen bringen, der gluͤcklich aufgeht; ein Beweis von der Milde dieſes Him - melsſtrichs. Der Garten verdient wegen ſeiner heitern Lage verbeſſert zu werden. Dazu gehoͤrte beſonders die Niederreißung der noch uͤbrigen alten Hecken, und die Vertheilung des großen Gebuͤſches in ſchoͤnere Gruppen, wodurch zugleich mehr Gaͤnge gewonnen wuͤrden. Die Zimmer des Schloſſes find ſo klein und niedrig, daß ſie den Wunſch nach einem neuen Gebaͤude erregen.

Von einer weit beſſern Architectur und einem edlen Anſehen iſt das Schloß zu Philippsruhe. Das Hauptgebaͤude, das in einem laͤnglichen Viereck zwey Stock - werke, und daruͤber ein gebrochenes Dach hat, iſt mit zwey Fluͤgeln und Pavillons gut verbunden. Dem Haupteingange des Schloſſes gegenuͤber, liegen in einer Ent -S s 2fernung,324Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,fernung, die einen geraͤumigen Vorplatz verſtattet, vier Pavillons, zwey und zwey mit einander verbunden, durch deren Mitte die Einfahrt geſchieht. Der Mayn fließt faſt unter den Fenſtern vorbey. Zwiſchen ihm und dem Schloſſe giebt eine große ſteinerne Teryaſſe, in deren Gewoͤlbe ſich die Kuͤche befindet, die Ausſicht in ſchoͤne und fruchtbare Ebenen, worinn Hauan, Steinheim und andre mayn - ziſche Oerter erſcheinen. Der Fluß macht ein angenehmes Geraͤuſch im Voruͤber - fließen; der Garten, der ſich an ihm hinzieht, unterſcheidet ſich durch nichts als durch dieſe Lage und eine Allee von großen, freywachſenden, abendlaͤndiſchen Placanen.

Ein uͤberaus ſchoͤner Garten, der mich in dieſer Gegend uͤberraſchte, liegt nahe bey dem Staͤdtchen Dieburg im Churmaynziſchen, dem Herrn Baron von Großſchlag, franzoͤſiſchen Geſandten bey dem oberrheiniſchen Kreiſe, zugehoͤrig. Er ſcheint noch wenig bekannt, und gehoͤrt, ob er gleich in einer Ebene liegt. und wenig erhebliche Ausſichten hat, doch in Anſehung der Kunſt der Pflanzung und der feinen und noch ſo ſeltenen Malerey des Laubwerks, zu den beſten in Deutſch - land. Man fuͤhlt gleich beym Eintritt, daß hier ein Mann von Geſchmack gear - beitet hat. Ein Bach zwiſchen Weiden leitete mich zu einer Bruͤcke, die in den Garten fuͤhrt. Man gelangt von dieſer Seite gleich in eine ſchoͤne Anlage von ſchattigten Gruppen, und hat zur Rechten den Bach. Der Pfad geht zwiſchen Gruppen und Raſen; ein ſchoͤner Tempel ruſt zunaͤchſt das Auge. Man hat zur Linken einen ausgebreiteten Raſen mit großen; von dem verſchiedenen Laubwerk aus - laͤndiſcher und einheimiſcher Baͤume maleriſch gebildeten Gruppen, und gelangt zwi - ſchen eben ſolchen Gruppen, an welchen weiße Baͤnke einladen, zu dem runden Tem - pel. Er iſt nach einem richtigen Verhaͤltniß gebauet; ſeine runde Kupel ruhet auf ſechs Saͤulen joniſcher Ordnung, und ein weißer Anſtrich hebt ſein Anſehen gegen die hohen italiaͤniſchen Pappeln, die ſich hinter ihm gruppiren, auch einzeln umher ſtehen, und ſeine Anſicht nicht wenig veredeln helfen. Der Bach, der Raſen, die Gruppen, die Ausſicht in die Landſchaft bereden bald den Freund des Schoͤnen, unter dieſem Tempel zu verweilen. Der Pfad geht hinter ihm zwiſchen Gruppen fort. Man hat zu beyden Seiten zwey große Raſen, und erblickt zur Rechten in der Mitte einer Gruppe die Statue der Flora auf einem erhabenen Fußgeſtell. Dieſe wohl angelegte kleine Scene macht eine gute Wirkung, indem das dunkle Laub des Gebuͤſches und die Vertieſung der Stelle, worinn die weiße Statue erſcheint, noch mehr ihr Anſehen hebt. Rings umher hinter der Gruppe, die in einer gewiſſen Entfernung vom Wege ſich zeigt, ſtreben Gebuͤſche mit Baͤumen ver - miſcht, den Anblick des unanfehnlichen Staͤdtchens Dieburg zu verbergen und denGarten325Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Garten in ſeine liebliche Laͤndlichkeit einzuſchließen. Auf dem großen praͤchtigen Raſen zur Linken wechſeln einzelne Baͤume mit Gruppen, uͤber welchen hohe Gipfel emporragen. Man gelangt bald in ein dichtes, ſchattigtes Gebuͤſch; ein kuͤhler Sitz der Ruhe, ein erquickender Platz des Serbſtgenuſſes. Liebliche Lichter ſpielen von den Seiten herein, und machen die Beſchatturig freundlicher; ſie verdraͤngen nicht die gruͤne Dunkelheit des Laubes, ſie mindern ſie nur zur Daͤmmerung; kein Ernſt und keine Heiterkeit, ſondern ein ſuͤßer Mittelſtand zwiſchen beyden, eine unbe - ſchreiblich ſanfte Milde, wie die erſten aufglimmenden Schimmer des Morgen - himmels, die das Erwachen eines ſchoͤnen Maytages ankuͤndigen. Dieſer kleine Fleck koͤnnte ſchon allein den Weiſen befriedigen, der die Ruhe des Denkens im laͤnd - lichen Schatten ſucht. Beym Austritt aus dieſem Gebuͤſch ſieht man bald eine hohe italiaͤniſche Pappel ſich allein am Wege erheben; zu beyden Seiten erweitern ſich wieder die Raſen; die Gruppen zeigen ſich von andern Anſichten mit wechſelndent Colorit. Verſchiedene Pfade zerſtreuen ſich hier aus einander zwiſchen den Gruppen, und irren in dichten Pflanzungen umher, wo ſich zuweilen ein ſchoͤner Baum, wie die Katalpa, an der Ecke zeigt. Solche Wege laufen zur Rechten fort. Wir verfolgen den obern, und kommen in einen ernſten, finſtern Gang, zwiſchen lauter Tannen und Fichten; alles iſt dicht und ſchattenvell; weiße Baͤnke ſchimmern durch die Dunkelheit. Es oͤffnen ſich zwey Ausgaͤnge; der erſte iſt auch der angenehmſte. Das Auge faͤllt auf eine ſchoͤne babyloniſche Weide, die vor der Oeffnung erſcheint. Heitres Gruͤn erquickt, wenn man aus der Nacht der Tannen tritt, unbeſchreiblich das Auge; es wird hier gleich von ſanften Erhoͤ - hungen und lebhaften Raſen begruͤßt, in deren Vertiefung ein kleiner Bach vor - uͤber murmelt. Noch zwey andre große babyloniſche Weiden verſchoͤnern die Gruppe uͤber dem Bach hin; zur Rechten bleibt eine Pflanzung von Lerchenbaͤu - men; zwiſchen ihnen und den Tannen, woher wir kamen, zieht ſich heiter der Raſen hin. Man geht zwiſchen Gruppen und einzelnen Baͤumen fort, bald im Schatten, bald im Freyen, auf den Seiten Raſen, zur Linken darinn Obſtbaͤume nach der Linie, die leicht durch einige andre Zupflanzungen unterbrochen werden koͤnnte, da dieſe Fruchtbaͤume hier als ein Theil von der ganzen Anlage betrachtet werden. Zur Linken zeigt ſich ein im chineſiſchen Geſchmack gebaueter Schat - tenſitz, wo man eine liebliche Ausſicht uͤber den Bach hin und uͤber die ihn um - faſſenden ſanften Raſenerhoͤhungen hat, die mit einzelnen auslaͤndiſchen Baͤnmen maleriſch geziert ſind. Zu dieſem Sitz, in deſſen Naͤhe man einen vertieften und faſt ganz verborgenen Waſſerfall rauſchen hoͤrt, fuͤhrt auch ein andrer langer Weg zwiſchen Gebuͤſchen von auslaͤndiſchen und einheimiſchen Holzarten hin. ManS s 3kommt326Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,kommt bey einem großen Bach vorbey, der von dem Spiel der Fiſche belebt, und deſſen Uſer von hohen babyloniſchen Weiden uͤberſchattet werden. Schoͤne auslaͤndiſche Baͤume, Tulpenbaͤume, Gleditſien, ſchwarze Wallnußbaͤume, Ro - binien, Sumoche, Platanen, Katalpen u. a. erheben ſich hier aus den Gebuͤ - ſchen, die in dieſer Gegend hin und her mit Blumen eingefaßt ſind. Man ruhet hier gern auf einer der Baͤnke, die in abwechſelnden Formen gebauet ſind, und laͤßt das Auge an den ſchoͤnen Gebuͤſchen ſich weiden. Von dem chineſiſchen Sitze winden ſich ſehr ſchattenreiche Gaͤnge an der Graͤnze des Gartens, die hier verdeckt iſt; auch werden die anſtoßenden Gebaͤude durch dichte Anpflanzungen gluͤck - lich verſteckt. Indem man ſich uͤber eine Bruͤcke wendet, ſieht man zur Rech - ten das Wohngebaͤude hinter einer Muͤhle am Waſſer hervorblicken, und zugleich die Statue des Apoll das Ende einer kleinen Allee begraͤnzen, die in eine ſehr große franzoͤſiſche Gartenparthie faͤhrt, die nahe vor dem Hauſe herum liegt, mit Alleen, Vaſen, Statuen und einem Pavillon. Man hat von dieſem groſ - ſen Platze mancherley treffliche Ausſichten in die Landſchaft, beſonders eine aus - gedehnte Wieſe, worinn verſchiedene Baumgruppen ſich erheben, die das Auge auf beſondre Geſichtspunkte und Gemaͤlde locken. In den Entfernungen dient bald die Rotunde am Eingange des Gartens, bald ein Obelisk, bald ein Kirch - thurm von Dieburg dem Auge zum Ruhepunkt. Wir wenden uns wieder bey der Statue des Apoll in den Garten zuruͤck, und kommen bey einem ſehr groſ - ſen Platanus vorbey, zu einem maleriſch bewachſenen Hauſe, das zu einem kuͤh - len Ruheſitz dient. Es ſteht am Bach, in einem Gebuͤſch von Feldroſen, und im Schatten hoher Baͤume, mit einem Strohdach, hat ein laͤndlich wildes An - ſehen, aber eine ſchoͤne Ausſicht uͤber den großen Raſen und die Gruppen, die wir vorher durchwanderten. Indem wir von hier weiter gehen, kommen wir zur Linken uͤber eine Bruͤcke, die uͤber einen großen Bach in die Gebuͤſche des Gartens hineinfuͤhrt. Man ſieht links eine Gruppe von Seekreuzdorn gegen ein Roſengebuͤſch contraſtiren, zwiſchen welchen ein Pfad hinlaͤuft. Wir wandeln rechts zwiſchen heitern maleriſchen Gruppen fort, auf der einen Seite der Bach, auf der linken die Ausſicht auf den großen Raſen und die ihn umziehenden Pflan - zungen. Der Weg windet ſich bald im Hellen, bald im Dunkeln, bald im Freyen, bald im Verſchloſſenen fort. Man gelangt unverſehens wieder zu der Rotunde, und ſieht ſie mit Vergnuͤgen, indem ſie ſich in dem großen Bach ſpiegelt. Hier bemerkt man noch auf der angraͤnzenden ſich weit verbreitenden Wieſe verſchiedene große wohl angelegte Gruppen, die nicht allein ſchoͤne Proſpecte bilden helfen, ſondern auch zugleich eine taͤuſchende Vorſtellung von der Ausdehnungdes327Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. des Gartens geben, welche Wirkung auch durch eine artige Bruͤcke unterſtuͤtzt wird. Indeſſen winden ſich an dieſen Gruppen auch einige Wege hin.

In dieſem mit ſo vielem Geſchmack angelegten Garten ſcheint indeſſen der Ra - ſen nach dem Verhaͤltniß des Gartens zu groß; er koͤnnte noch durch einige Grup - pen und Gaͤnge getheilt werden, die manche reizende Durchſichten eroͤffneten.

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6.

Eine der merkwuͤrdigſten Anlagen in dieſen Gegenden iſt Schoͤttbuſch bey Aſchaffenburg, dem gewoͤhnlichen Sommerauſenthalt des jetzigen Churfuͤrſten von Maynz. *)Se. Churfuͤrſtl. Gnaden, Hr. Carl Friedrich Joſeph, geborner Reichsfreyhert von und zu Erthal u. ſ. w.Der große Plan dieſes weiſen und thaͤtigen Fuͤrſten, der ſeine Regie - rung durch ſo viele vortreffliche Anſtalten verewigt, geht nicht bloß auf Verſchoͤne - rungen, ſo ſehr ſich hierinn auch der feinſte Geſchmack verbreitet; er umfaßt zugleich alle nutzbaren Zweige der landwirthſchaftlichen Cultur, und iſt ſo edel in ſeiner Ab - ſicht, ſo wichtig fuͤr den Erfolg, ſo gluͤcklich ſchon in einigen Theilen ausgefuͤhrt, daß eine vorlaͤufige Anzeige mit allem Recht hier eine Stelle fordert. Das Werk iſt erſt vor einigen Jahren angefangen; und Jahre gehoͤren noch zur Voͤllendung des Ganzen. Demnach nur einige Nachricht von dem; was ich ſah. **)1783.

Sobald man ſich Aſchaffenburg naͤhert, wird der Fremde gleich von dem Geiſt der Verſchoͤnerung, der ſich in den neuen Bepflanzungen der Zugaͤnge zeigt, begruͤßt. Das Schloß, von unten bis oben aus großen Maſſen von rothem Sand - ſtein erbant, hat eine kuͤhne Lage uͤber dem Mayn, ein erhabenes Anſehen und die weiteſten Ausſichten. Es hat vier hohe Thuͤrme, die nebſt dem mir ihuen zuſam - menhaͤngenden Gebaͤude ein groͤßes Viereck bilden, die noch mit einigen andernniedrigen328Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,niedrigen Thuͤrmen abwechſeln, und in der Mitte einen weiten innern Hofraum ein - ſchließen. Dieſe halb gothiſche Bauart giebt zwar dem Schloſſe ein feſtungsmaͤßi - ges Anſehen; aber es iſt zugleich mit ſo viel Staͤrke, die Jahrhunderten trotzt, mit ſo viel erhabener Wuͤrde, die das Alterthum giebt, und mit ſo viel ſtolzer Pracht, die aus den großen Maſſen der rothen Steine hervorleuchtet, verbunden; es ſteht ſo kuͤhn auf einer Anhoͤhe an dem ſteilen Ufer des Fluſſes, der ſich tief in den Ebenen fortwaͤlzet, und es beherrſcht ſo viele entfernte Landſchaften, daß man es nicht ohne Bewunderung anſehen kann. Auch macht es von allen Seiten her einen Eindruck, den das ſchoͤnſte und regelmaͤßigſte Gebaͤude nicht geben wuͤrde. Man weiß immer, daß Schloͤſſer dieſer Bauart keine Feinheiten des Anſehens haben; aber man weiß ſelten, daß ſie oft in ihrem Innern mit der Groͤße eine Bequemlichkeit vereinigen, die man zuweilen in den ſchoͤnſten neuern Gebaͤuden vermißt. Hier kommt noch der Vorzug hinzu, daß die Gemaͤcher vortrefflich ausgebauet, und in einem ſehr edlen und feinen Geſchmack meublirt und ausgeziert ſind. Dieß iſt ein Werk des jetzigen Churfuͤrſten, der zugleich das Vergnuͤgen hat, daß alles, was zu dieſen geſchmackvollen Auszierungen gehoͤrt, von Kuͤnſtlern ſeines Landes verfertigt iſt.

Die naͤchſten gartenmaͤßigen Verſchoͤnerungen zu Aſchaffenburg ſind in den Graͤben oder zwiſchen den alten Ringmauern der Stadt ausgefuͤhrt. Sie ſind vor etwa ſechs Jahren angefangen, und zeigen die Liebe des Fuͤrſten zur Veredelung auch ſolcher Plaͤtze, ſo weit nur der tiefe, ſchmale, eingeſchraͤnkte und oft widerſtrebende Raum ſie aufnehmen wollte. Aber es iſt doch alles ſo mannichfaltig und abwech - ſelnd, und weicht von der gemeinen Art der Bepflanzung ſo ſehr ab, daß man hier in einem kleinen Bezirk ſieht, wie man auch ſolche Gegenden verſchoͤnern kann, daß ſie einen Kenner unterhalten. Die Mauern hat man hie und da mit Epheu, Wein, Pappeln und Obſtbaͤumen zu verkleiden geſucht, wodurch die enge Verſchließung auf einige Art verguͤtet wird. Man geht zuweilen in der Tiefe zwiſchen ſchoͤnen Frucht - baͤumen fort, und die ſteilen Anhoͤhen auf beyden Seiten ſind mit allerley einheimi - ſchen wilden Baͤumen und Straͤuchern bepflanzt, worunter ſich hie und da verſchie - dene amerikaniſche und andere auslaͤndiſche befinden. Doch beſteht die Pflanzung vornehmlich aus einer Menge von italiaͤniſchen Pappeln, die man in allen Gegen - den von Aſchaffenburg ſo haͤufig antrifft. Außer dem untern Hauptgang in der Tiefe heben und ſenken ſich an den Abhaͤngen noch einige ſchmale Pfade. An einigen Stellen erweitert ſich der Platz mehr ins Freye. Man gelangt auf einen großen Raſen, worauf einige Strauchgruppen erſcheinen, und wo ſich die Ausſicht auf die benachbarten Huͤgel hinausdraͤngt. Dieſer Platz verdient, der Erfriſchung wegen, ohne Bepflanzung ein freyer Raſen zu bleiben. Nahe bey dieſem etwas erhoͤhtenanmuthi -329Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. anmuthigen Platz befindet ſich ein Kanal, den ſchoͤne Pappeln umgeben. Nachher erweitern ſich wieder die Spaziergaͤnge, und breiten ſich vornehmlich in der Gegend, wo ſie ſich nach der Gegend des Mayn hinwenden, in verſchiedene anmuthige Pfade aus. Mon erblickt hier eine Menge trefflicher Pappeln; doch moͤchte wohl die Pflan - zung dichter und mannichfaltiger, und die Zeichnung der Plaͤtze weniger ſymmetriſch ſeyn. Nachdem ſich die Pflanzung faſt um die ganze Stadt, meiſtens in der Tiefe herumgewunden hat, breitet ſie ſich zuletzt in eine praͤchtige Ausſicht aus. Man erblickt in der Tiefe uͤber ein buſchigtes Ufer den Mayn mit allen ſeinen Wendungen, eine anſehnliche ſteinerne Bruͤcke, die uͤber ihn fuͤhrt, dieſſeits eine kleine maleriſche Inſel im Strom, zur Linken das Schloß auf ſeiner Hoͤhe, und neben ihm vorbey fruchtbare und bebauete Berge, an ihren Seiten hin eine weite ausgedehnte Flaͤche, die eine nach Frankfurt laufende Pappelallee durchſchneidet, uͤber ſie hin eine ange - nehme Ferne von Waldungen begraͤnzt. In der Mitte der naͤhern Gegenden erſcheint Schoͤnbuſch in der Fuͤlle ſeiner Reize. Man kann nicht leicht ſchoͤnere Ausſichten vereinigt finden, als hier. Zu ihrem Genuß iſt ein kleines Gebaͤude aufgefuͤhrt, das ſowohl durch ſeine Lage, als auch durch ſeine Architectur, das Auge auf ſich zieht. Es ſteht kuͤhn auf der Spitze eines hohen ſteilen Felſens, der nach dem Ufer des Mayns ſich hinzuſtuͤrzen ſcheint. Es hat die Form eines runden Tempels mit einer runden niedrigen Kupel; der Haupteingang ſtellt eine Art von Vorhalle vor, die mit zwey joniſchen Wandpfeilern geziert und mit zwey hohen Fenſtern verſehen iſt. Der Tempel ſelbſt hat vier hohe herabgehende Fenſter und noch zwey Eingaͤnge zur Seite, außer einen Austritt, der auf einen uͤber den Mayn haͤngenden Altan fuͤhrt; jeder dieſer beyden Eingaͤnge iſt, gleich dem bey der Vorhalle, mit zwey joniſchen Saͤulen geſchmuͤckt. Das ganze Gebaͤude iſt vom rothen Sandſtein, der in dieſer Gegend gebrochen wird, aufgefuͤhrt, und hat ein ſehr gutes Anſehen. Auch macht es, aus den untern Gegenden betrachtet, einen ſehr angenehmen Proſpect. Man ſieht zur Linken das Schloß von Aſchaffenburg, und ſeitwaͤrts fuͤhren Pfade zu dem Ufer des Stroms hinab, der von Fahrzeugen belebt iſt. Bey kuͤhlen Sommerabenden iſt dieß ein uͤberaus reizender Sitz; in andern Stunden des Tages iſt das Gebaͤude wohl zu hell und zu warm. Indem ich hier mit ſo vielem Vergnuͤgen umher - wandelte, bot ſich mir eine Bemerkung an, die aus dem Charakter des Orts und einigen zufaͤlligen Umſtaͤnden entſprang. Die Tiefe, worinn die Gaͤnge zwiſchen den Mauern ſich hinziehen, die verduͤſternde Hoͤhe, das Alter und die Merkmale der Zerſtoͤrung an dieſen Mauern, die zwiſchen ihnen trauernden Ueberbleibſal zertruͤm - merter Thuͤrme, die großen Ruinen eines im dreyßigjaͤhrigen Kriege zerſtoͤrten Non - nenkloſters, worauf der Weg fuͤhrt, der Anblick ſo vieler emporragenden Kirchen undV Band. T tKloͤſter,330Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Kloͤſter, ſo vieler Kreuze und Bilder der Heiligen, welche die Andacht an dieſen Oertern aufgeſtellt hat, das beſtaͤndige Gelaͤute, das ſo mannichfaltig durch einander toͤnt, die todte geſchaͤftloſe Stille der Stadt, die nur durch die Gegenwart des Hofes belebt wird alles dieſes floͤßt der Seele des Umherwandernden eine gewiſſe Schwer - muth ein, und ſcheint, anſtatt einer muntern Pflanzung, hier eine weitere Ausbil - dung des melancholiſchen Charakters der Gegend ſchicklich zu machen. Eine Pflan - zung mit dunkeln Nadeln oder Laub koͤnnte demnach dieſem Charakter in den vertief - ten Gaͤngen folgen, und die verſtaͤrkten Scenen der Melancholie draͤngten ſich hinter einander, bis ſie da, wo die Ausſichten des Mayn und ſeiner Landſchaften hervor - brechen, auf einmal mit einer lebhaften Ueberraſchung in Scenen der Heiterkeit uͤber - giengen. Hier wandelt die Natur ſelbſt den Charakter. Der Ausgang in Freude iſt hier eben ſo wahr, als dort Melancholie herrſcht; das beſchriebene Gebaͤude lockt die Seele von der Einſamkeit zur Welt, von der ſtillen Betrachtung zum Genuß zu - ruͤck; die Bilder von Freyheit, von Geſchaͤften, von Leben, von Vergnuͤgungen der Schoͤpfung glaͤnzen in der klaren Flut des Mayn, und lachen aus allen umlie - genden Landſchaften hervor.

Eigentlich machen die Verſchoͤnerungen von Aſchaffenburg nur einen Theil von den großen Anlagen des Churfuͤrſten; es liegt faſt in der Mitte der Laͤndereyen, die zu den neuen Anpflanzungen, Gebaͤuden und allen Zweigen nuͤtzlicher Veranſtal - tungen des Gartenweſens und der Landwirthſchaft beſtimmt ſind. Das Ganze be - ſchreibt einen Umkreis von ſechs Stunden. Es iſt eine große weite Landſchaft, die vom Mayn durchſtroͤmt wird, und meiſtentheils aus einer Ebene beſteht, aber doch zum Theil waldigte Berge enthaͤlt, worauf Waͤlder, Weinberge, Weiden und Saat - felder in einem angenehmen Gemiſch erſcheinen. Der Boden iſt in der Ebene um Schoͤnbuſch freylich etwas unfruchtbar, aber gegen den Mayn zu ſchon weniger, und wird durch vielen Fleiß verbeſſert. In dem Umfang der Plaͤne liegen ganze Waͤlder, beſonders von Nadelhoͤlzern. Die Stadt, die Kirchen, die Kloͤſter und beſonders das ehrwuͤrdige Reſidenzſchloß von Aſchaffenburg machen einen großen Proſpect mitten in dieſen Anlagen. Hinter Aſchaffenburg befindet ſich die Faſa - nerie fuͤr zahmes Gefluͤgel und der Park oder Thiergarten, der viele Berge, hohe Waͤlder und tiefe Thaͤler in ſich begreift, und auf 400 Stuͤck Rehe und Hirſche er - naͤhrt. Die Gegenden des Parks ſind, wegen der vielen Berge und der Menge weiter und reizender Ausſichten, uͤberaus belebend. Das Auge irrt zwiſchen nahen und fernen Bergen, Waͤldern, gruͤnenden Tieſen und freyen Plaͤtzen umher, wo Heerden von Wild graſen. Man ſchaut uͤber die Stadt Aſchaffenburg, die hier in der Niedrigung liegt, hin auf den glaͤnzenden Maynſtrom, der ſich durch diegruͤnen331Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. gruͤnen Ebenen windet, und auf die Seen und den ſchoͤnen Fluß bey Schoͤnbuſch. In den Waͤldern des Parks ſind Wege zum Reiten, und an den Ausgaͤngen des Holzes, wo das Wild auf die offenen Grasplaͤtze tritt, hin und wieder Schießhaͤuſer angelegt, die zugleich angenehme Ruheoͤrter ſind. Ganze Flaͤchen ſind zur Nahrung der Thiere beſaͤet. Eine vortreffliche Einrichtung, die am meiſten beytraͤgt, die Jagd zu erleichtern und menſchlicher zu machen, und das Wild theils durch die Ein - hegung von dem Getraide des Landmanns abzuhalten, theils auch in ſeiner Aufjagung und Verfolgung die Saatfelder zu ſchonen. Dieſe Wildbahnen erhalten außerdem noch zum Vergnuͤgen uͤberaus abwechſelnde Spazierwege.

Die eben erwaͤhnte Faſanerie fuͤr das zahme Gefluͤgel nimmt nicht weniger einen ſehr betraͤchtlichen Bezirk ein. Man ſieht hier dichte Waͤldchen, wo Faſanen und andre Gattungen von Gefluͤgel umherſtreifen, wo Haͤuſer zu ihrer Beſchirmung und Teiche angelegt find, umpflanzt mit italiaͤniſchen Pappeln, hinter welchen ſich der Schuͤtze verbergen kann. Ueberall winden ſich in dieſen belebten Revieren ſchat - tigte Spaziergaͤnge neben verdeckten Schießhaͤuſern umher.

Hinter der Gegend von Schoͤnbuſch wird eine andere große Faſanerie fuͤr wilde Faſanen, Rebhuͤner und andres Gefluͤgel angelegt. In einer andern Gegend wird ein ſehr anſehnlicher Oekonomiehof eingerichtet, wo in allen Theilen der Land - wirthſchaft, beſonders der Viehzucht und der Bienenzucht, Verſuche und Erfah - rungen gemacht und kuͤnftige Beamte und andre junge Leute gebildet werden ſollen. Viele Felder und Wieſen ſind fuͤr dieſes vortreffliche Inſtitut bereits angewieſen. Auch iſt eine betraͤchtliche Zucht von Schweizer Rindvieh angefangen, womit eine Schaafzucht und eine Erziehungsanſtalt von allerley Hausgefluͤgel verbunden wird; dazu kommt eine große Obſtbaumſchule und eine Anpflanzung auslaͤndiſcher Hoͤlzer. Die dazu noͤthigen Gebaͤude werden aufgefuͤhrt. In einem derſelben werden die jungen Oekonomen wohnen; nicht weit davon wird ein Pavillon erbaut, wo der Churfuͤrſt zuweilen abtreten, und ſelbſt die Aufſicht uͤber dieſe vortreffliche Schule fuͤhren wird. Ein ſolches Beyſpiel, von ſo wirkſamen Unterſtuͤtzungen begleitet, gilt mehr, als tauſend leere Aufforderungen in den gewoͤhnlichen fuͤrſtlichen Verord - nungen. Bisher fehlte es im Churmaynziſchen an Induſtrie und Kenntniß in der Landwirthſchaft. Der jetzige Churfuͤrſt glaubt mit Recht ſein Land nicht beſſer begluͤcken zu koͤnnen, als durch Beyſpiel und Erfahrung zu zeigen, wie das Landwe - ſen zu verbeſſern ſey, und wie viele bisher verſtopfte Quellen der Nahrung und des Wohlſtandes dadurch eroͤffnet werden koͤnnen.

Faſt gegen das Ende dieſer Anlagen, von Aſchaffenburg an gerechnet, die, ſo ſehr ſie auch die Landſchaft verſchoͤnern helfen, doch vornehmlich auf das NutzbareT t 2ſich332Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,ſich beziehen, liegt gegen Weſten Schoͤnbuſch, als der ſchoͤnſte, am meiſten ge - ſchmuͤckteſte Theil, deſſen Beſtimmung iſt, Vergnuͤgen zu naͤhren und Vergnuͤgen zu verbreiten. Ein ſehr anſehnliches Gebuͤſch, das ſeit etwa ſieben Jahren angelegt iſt, und uͤber eine Stunde im Umgang haͤlt, fuͤhrt mit Recht den Namen von Schoͤn - buſch. Die Natur hat hier durch vortreffliche Eichen und andre Waldbaͤume den Anfang der Pflanzung gemacht; demnaͤchſt beeiferte ſich der gute Geſchmack, dieſe Gegend noch durch Anpflanzung einheimiſcher und auslaͤndiſcher, beſonders nord - amerikaniſcher Baͤume, Straͤucher, Stauden und Pflanzen zu verſchoͤnern. Man findet darunter viele ſeltene und ſchoͤne Baͤume, die in dieſem waͤrmern Klima gluͤck - licher fortkommen, beſonders eine große Sammlung von Roſen. *)Ein ſchoͤnes Verzeichniß davon iſt 1783 in 8. auf 3 Bogen zu Aſchaffenburggedruckt herausgekommen; es wird in ei - nigen Jahren reicher erſcheinen.Es iſt eine uͤberaus reizende, friſche und ſchattenreiche Pflanzung. Sie iſt von einem Bache mit verſchiedenen Kruͤmmungen und kleinen Waſſerguͤſſen belebt. Die Ruheſitze unter hohen Eichen, die weißen Baͤnke und die Bruͤcken, die hin und wieder die Spaziergaͤnge verbinden und verſchoͤnern, die mancherley Arten von Spielen, noch mehr die hie und da in den Raſen aufbluͤhenden Blumengruppen, alles dieſes traͤgt zur Auszierung dieſes Luſtgebuͤſches bey. Hin und wieder mehr Oeffnung, mehr Rafen, mehr Abwechſelung mit einem kleinen Lufthann voll ſchoͤner ſchlanker Staͤmme, wuͤrde noch den Reiz dieſer Anlage heben. Indeſſen haben einige Stel - len ganz vortreffliche Ausſichten in die umliegenden Landſchaften. Vornehmlich aber giebt das Waſſer, das vor dem Luſtgebuͤſch angelegt iſt, eine reizende Verſchoͤne - rung. Es ſind zwey gegrabene, nahe, aber getrennte, anſehnliche Seen, mit hellem fiſchreichen Waſſer, die in dieſe Pflanzungen hinwallen. Sie bilden male - riſche Einbuchten zwiſchen den Vorſpruͤngen der Gebuͤſche, und verbreiten ſich nach - her in hellen Flaͤchen, worinn ſich der Himmel mit ſeinen farbigten Wolken ſpiegelt. An den Ufern ſind ſchon einige Gruppen von Baͤumen gepflanzt, die mit verſchiede - nen Arten von Gruͤn abwechſeln, und eine ſolche Stellung erhalten werden, daß ſie ausgeſuchte Gemaͤlde der Landſchaft einfaſſen. Verſchiedene Arten von Fahrzeugen liegen auf dieſen beyden Seen, wovon der eine von ſehr betraͤchtlichem Umfang iſt. Vor ſeinem Ende wird ein großes Gebaͤude aufgefuͤhrt werden, und ſeine ſchoͤne Ge - ſtalt im Waſſer wiederſcheinen laſſen. Der andre See ſtreckt ſich zum Theil vor einer ſanften Anhoͤhe hin, worauf ein recht wohlgebaueter und geſchmackvoll ausge - zierter Pavillon ſich erhebt, wo der Churfuͤrſt abzutreten und ſeine Geſchaͤfte zu be - ſorgen pflegt. Er iſt faſt allein nur fuͤr ihn eingerichtet, und hat neben ſich einen uͤberaus anmuthig bepflanzten und geſchmuͤckten Bezirk, den der Fuͤrſt ſeinen Pri -vatgar -333Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. vatgarten nennt. Eine reizende Inſel liegt faſt gerade gegen ihm uͤber in dem See. Einige alte Eichen verbreiten hier einen dichten Schatten; und zwiſchen ihnen ſind Pflanzungen von den edelſten und ſeltenen auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, liebliche Blumengruppen und wohlriechende Gewaͤchſe verſtreut, indeſſen die offenen Stellen mit dem ſchoͤnſten gruͤnen Teppich bedecket ſind. Kanarienvoͤgel ſingen hier in einer Gitterverſchließung, und Lachtauben laufen frey in dieſer ſuͤßen Wildniß um - her. Ihr Schatten und das Waſſer locken andre Waldſaͤuger herbey, deren ab - wechſelnde Melodien ſich in das frohe Gelaͤchter der Tauben und in die hellen Toͤne der Kanarienvoͤgel miſchen. Die Lieder der Freude, die von Baum zu Baum ertoͤnen, die mannichfaltigen Farben der Blumen, die uͤberall zwiſchen dem Gruͤn hervorbre - chen, die angenehmen Duͤfte, der ſanfte Schatten und die lieblichen Wiederſcheine im Waſſer, die ſtolz umherrudernden Schwaͤne, die ſuͤßeſte Ruhe, die man hier athmet, alles dieſes liebkoſet und ſchmeichelt dem Empfindenden, der hier verweilt, ſo gerne verweilt, und kaum dieſen Zauberplatz verlaſſen kann. Eine freye, nur mit niedrigen Blumenpflanzen geſchmuͤckte kleine Anhoͤhe der Inſel ſenkt ſich anmuthig zum Waſſer herab. Man erblickt zur Seite einen aufgeworfenen, hohen und be - pflanzten Berg, deſſen weitere Bearbeitung noch unvollendet war, und in der Ent - fernung ein Gebaͤude, wo der Gaͤrtner und einige Hofbediente wohnen. Mit dieſem See haͤngt ein großer Fluß zuſammen, der ebenfalls ein Werk des Fleißes iſt, und ſich in einer ſchoͤnen Form, ſo breit und ſich fortwindend, daß man ihn mit dem Mayn verwechſeln koͤnnte, eine kleine halbe Stunde weit erſtreckt. Das Ende iſt taͤuſchend durch Pflanzung und Ruinen verſteckt; indem man aus dem Fahrzeug ſteigt, erblickt man unerwartet den Mayn und eine ganz andre Landſchaft. Der ausgegrabene Fluß liegt zu hoch, als daß er mit dem Mayn verbunden werden koͤnnte. Dieſer Umſtand macht jene Anſtalt noͤthig, die ſein Ende verbirgt, und zugleich uͤberraſcht mit dem Anblick eines neuen Fluſſes. Die Fahrt iſt ſehr ange - nehm. Die Ufer ſind bald hoͤher, bald niedriger; die umliegenden Landſchaften zeigen ſich in abwechſelnden Anſichten, treten hervor und weichen wieder zuruͤck. Viele Enten beleben den Fluß. Hie und da ſind an ſeinem Ufer noch wohl Gruppen und Gebuͤſche anzupflanzen, zwiſchen welchen ſich die verſchiedenen Profpecte brechen, ſich einzeln und mehr gehoben darſtellen wuͤrden; auch wuͤrde dieſe mit Ueberlegung und Wahl ausgefuͤhrte Bepflanzung einzelner Stellen dem Auge angenehme Ruhe - punkte geben. Dieſer Fluß macht mit den beyden Seen einen vorzuͤglichen Reiz von Schoͤnbuſch. Das Waſſer iſt in guten Formen angelegt; auch iſt es uͤberall im Ueberfluß. Alles ſcheint Natur, ſo gluͤcklich iſt die Kunſt verſteckt. Bey der Zuruͤckfahrt auf dem Fluß ſieht man, indem man ſich wieder der Inſel naͤhert, eineT t 3der334Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,der ſchoͤnſten Stellen. Das Waſſer des Sees ſcheint ſich in das Luſtgebuͤſch oder vielmehr in dieſe zuſammenfließende Gruppen von Luſtgebuͤſchen zu verlieren; und die hintre dunkle Pflanzung macht dabey mit der vordern Bepflanzung der Inſel, an welcher das Auge hinſtreicht, mit dem Silberſchein des Sees und der ſanft aufſtei - genden Hoͤhe des lebhaft angeſtrichenen Pavillons, ein ſo zauberiſches Gemiſch des Helldunkeln, daß es in der Nachbildung eines der herrlichſten Gemaͤlde geben wuͤrde.

Dieſe Nachricht von den Anlagen bey Aſchaffenburg zeigt, in welchem reinen Geiſt ſie angefangen ſind. Wenn der Churfuͤrſt, ein Herr, der mit einem durch Lectuͤre, Reiſen, Geſandtſchaften und Geſchaͤfte gebildeten Geiſt mancherley Wiſſenſchaften und einen ſeinen Geſchmack vereinigt, der Gelehrſamkeit und Kuͤnſte liebt, und ſie mehr, als einer ſeiner Vorgaͤnger, jetzt befoͤrdert, einen Mann zur Ausfuͤhrung findet, der ſeinen großen Ideen und Abſichten zu folgen weiß; ſo wird das Werk allein ſeine Regierung verewigen koͤnnen. Es iſt das erſte Beyſpiel eines Churfuͤrſten von Maynz in Anlagen, worinn ſich Wohlwollen mit Geſchmack ver - einigt. Der Himmel vermehre die Jahre des Menſchenfreundes, um ſeine edel - muͤthigen Entwuͤrfe alle ausfuͤhren zu koͤnnen, und ſeinem Lande ein Werk nicht bloß des Geſchmacks, ſondern auch der veredelten Landwirthſchaft nach ihrem ganzen Um - fang zu hinterlaſſen, ein Werk, das Vorurtheile und Traͤgheit verbannt, das Un - terricht und Erfahrung verbreitet, das in Privatbeſitzungen theilweiſe nachgeahmt werden kann, und das dieſe Nachahmung verdient.

7.

Die herrliche Lage der Favorite bey Maynz erhaͤlt dieſen vormals ſo beruͤhm - ten Garten noch in einigem Ruf. Faſt unter den Fenſtern des Schloſſes verbindet ſich der Mayn mit dem Rhein, und beyde ſtroͤmen in dem Geſichte des Gartens dahin, hinter welchem ſich anmuthige Weinberge erheben. Alles, was man in ſeinem innern Bezirk ſieht, beſonders die Statuen, ſind in dem elenden Geſchmack der vorigen Zeit, obgleich noch viele koſtbare Pracht durchſchimmert. Der Garten iſt mit ſeinen Gebaͤuden durch Kupferſtiche bekannt genug. Seine Gegend verdiente eine verbeſſerte Anlage.

Die Reiſe von Manz nach Coblenz auf dem Rhein, die man auf 18 Stun - den rechnet, und in einem Tage vollendet, gehoͤrt zu den angenehmſten und intereſ - ſanteſten, die ich jemals gemacht, ſie giebt einem Freund der Natur ſo viele herr - liche Ausſichten und Gemaͤlde, ſie zeigt ſo viele abſtechende Charaktere der Landſchaft, die Scenen ſind ſo ſtark, ſo mannichfaltig, und unterbrechen ſich ſo unvermerkt, daß Auge und Einbildungskraft immer aufs lebhafteſte beſchaͤftigt werden. Die Eng -laͤnder335Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. laͤnder kommen jetzt haͤufig hieher, und ſcheinen, wenn ſie Europa durchgereiſet ſind, nicht eher befriedigt, als bis ſie dieſe wolluͤſtige und faſt einzige Luſtreiſe ihrer Art gemacht haben. Unſtreitig iſt dieſe Waſſerfahrt durch die herrlichſten Natur - gaͤrten eine der anmuthigſten in unſerm Welttheil, und uͤberall beruͤhmt.

Nachdem man vor den Auen oder ſchoͤnen, großen und angebaueten Inſeln, die unter Maynz im Rhein liegen, vorbeygerudert iſt, erreicht man bald das Schloß Biberich, das ſchon lange ſich als ein trefflicher Gegenſtand im Proſpect zeigte. Hier hatte ich zuerſt das Vergnuͤgen, mit der Beſchreibung der geiſtreichen Frau von Berlepſch*)Hannoͤverſches Magazin. 1783. 5tes Stuͤck. in der Hand, auszuſteigen. Sie ſtellt nach der Schaͤrfe ihrer Beurtheilung alles richtig vor, in dieſer kleinen anmuthigen Schilderung.

Wirklich zeigt ſich das Schloß und der Garten zu Biberich von weitem ganz vortrefflich. Der ſchoͤne Rhein, der unter den Fenſtern vorbeyfließt, links die Ausſicht auf Maynz, das nur eine gute Stunde davon liegt, rechts auf eine weite ſpiegelhelle Flaͤche, in der ſich Thuͤrme, Haͤuſer, Obſtbaͤume und Weinberge malen, in dem Fluſſe ſelbſt die trefflichſten Inſeln, rings um - her eine paradieſtſche Gegend welch ein Anblick! Und wie koͤnnte ge - ſchmackvolle Kunſt eine ſolche Lage nuͤtzen! Das iſt aber hier gerade nicht ge - ſchehen. Der Garten liegt nicht am Rhein, welches doch ſo natuͤrlich ge - weſen waͤre, ſondern hinter dem Schloſſe. Es iſt auch nichts Merkwuͤrdiges darinn, als ein Bogengang von Apricoſenbaͤumen, der leicht nachzumachen waͤre, und ſehr huͤbſch iſt. Eine ſchoͤne Obſtallee, die nach einem andern uſingiſchen Ort, Schierſtein, geht, iſt vortrefflich genuͤtzet, um dem Gar - ten eine perſpectiviſche Ausſicht zu geben, und die iſt auch wirklich laͤndlich und ſchoͤn. Uebrigens iſt der Garten groß, hat ein artiges engliſches Bosquet, worinn hohe Pappeln und Platanen ſtehen, und noch mancherley Abwechſe - lungen, die aber zum Theil ins Kleinliche fallen. Recht Schade iſt es, daß man aus dem Garten den Rhein nicht ſieht. Zwiſchen dem Fluß und dem Schloßhofe geht die Landſtraße und eine Kaſtanienallee, die mir lieber waͤre, als der ganze Garten.

Von der Anhoͤhe herab haͤtte ein großer Raſen bis an das Ufer des Fluſſes ge - leitet, und die freye Ausſicht auf einen ſo lebhaften und mit Fahrzeugen und Schiffen bedeckten Strom erhalten werden ſollen. Die Landſtraße haͤtte, wegen der Lebhaf - tigkeit und Abwechſelung, durch das Ende des Raſens zwiſchen ſchmalen tiefen Graͤ - ben fortlaufen moͤgen. Auch die Luſthaͤuſer ſind in einem ſchlechten Geſchmack. Das Bosquet hat doch eine zu gekuͤnſtelte Anlage. Unertraͤglich war mir hier einlanger336Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,langer Kanal, der den Garten von einer Obſtpflanzung trennt. Wie kann ein ſol - ches armſeliges, ſchmutziges, in ſeinem Behaͤltniß faulendes Waſſer gefallen, wo man den praͤchtigen Rhein, der ſich hier in eine große Flaͤche ausdehnt, ſehen kann? Dieß kraͤnkt das Auge eben ſo ſehr, als das Ohr durch die Kuͤnſteley eines kleinen Waſſerfalls in einem Garten am Geſtade der Oſtſee beleidigt wird, die mit majeſtaͤ - tiſchen Wellen rauſcht. Das Schloß zu Biberich iſt von rothem Sandſtein er - bauet, und hat ein edles Anſehen, ob es gleich ſchon von der Zerſtoͤrung der Zeit leidet.

Der Rhein erweitert ſich viele Stunden lang in eine ſo anſehnliche Breite, daß man ihn fuͤr einen großen Landſee halten ſollte. Sein hellgruͤnes Waſſer macht gegen die Heiterkeit der Luft einen lieblichen Contraſt; in einigen offenen Gegenden ſchlaͤgt er beym Winde betraͤchtliche Wellen. Wir hatten anfaͤnglich nicht das guͤn - ſtigſte Wetter; es fiel zuweilen Regen, und ein ſtarker Wind, der ſich vorher erhob, war dem kleinen Fahrzeuge entgegen. Indeſſen ward die Luft zuweilen wieder ſtille; und durch den Nebel, der ſich beſonders bey den Bergen hinter dem Rheingau herumzog und ſie mehr verduͤſterte, fielen an manchen Stellen ſanfte Beleuchtungen auf die Landſchaft, die ſie ungemein verſchoͤnerten, zumal wenn ſie einen Strich von Doͤrfern und Flecken trafen. Man hat auf einige Stunden ein flaches Ufer; das zur Rechten iſt das ſchoͤnſte, denn hier zieht ſich das von Trauben und Baumfruͤchten bedeckte Rheingan hin, und iſt jenſeits von Bergen begraͤnzt, die es gegen die Nordwinde ſchirmen. Das Auge wird bald von einer heitern Inſel im Fluß begruͤßt, bald wieder von dem langen Anblick des Rheingaus unterhalten, wo nichts als Weinberge und Obſtgaͤrten erſcheinen. Das Ufer glaͤnzt von Doͤrfern und Flecken, die ihren Wiederſchein im Strom verlaͤngern. Ihre Lage, ihre Bauart, ihre Daͤ - cher von graͤulichem Schiefer, deſſen Farbenton beſſer in die Landſchaft ſtimmt, als das harte Roth der Ziegeln, ihre Heiterkeit, die ihnen die vielen Fenſter und der weiße Anſtrich der Vorderſeite geben, alles lacht mit unausſprechlicher Anmuth dem Auge entgegen. Kloͤſter, Kapellen, Hoͤfe, kleine weiße Sommerhaͤuſer, die aus dem Gruͤnen der Weinberge hervorlaͤcheln, erſcheinen mit dieſen Doͤrfern, Flecken und Staͤdtchen in beſtaͤndiger Abwechſelung. In dieſen reizenden Landſchaften er - ſchien zugleich der Johannesberg mit ſeinem Kloſter auf der Hoͤhe, wo der koͤſt - lichſte Wein gedeiht. Es war eben ein wichtiges Feſt der roͤmiſchen Kirche, Ma - riaͤ Himmelfahrt, das an dieſem Tage alle Ufer belebte. Ein mannichfaltiges ge - miſchtes Gelaͤute aus ſo vielen Kirchen, Kloͤſtern und Kapellen toͤnte den ganzen Tag durch alle Gegenden; alle Oerter waren in Bewegung und in ihrem feſtlichen Schmucke; und bald hie, bald da zogen feyerliche Schaaren, von Fahnen und Kreuzen angefuͤhrt,den337Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. den einſamen Kapellen auf den Bergen entgegen. Dieſe Auftritte machten die Fahrt noch unterhaltender.

Bey Ruͤdesheim verengt ſich das Beet des Rheins, und die Ufer erheben ſich zu Bergen. Sie ſteigen zuweilen aus dem Waſſer ſteil empor, und ſind ganz mit Wein bedeckt. Sie ſchließen ſich in der Ausſicht ſo eng zuſammen, daß hier die Graͤnze des Fluſſes zu ſeyn ſcheint. Hinter dem Staͤdtchen Bingen veraͤndert ſich auf einmal die Scene. Die lieblichen lachenden Gefilde weichen zuruͤck. Man kommt in wilde romantiſche Gegenden. Auf beyden Seiten ſteigen hohe felſigte Berge empor. Zur Rechten ſieht man Reben, und Asmanshauſen, wo ein treff - licher rother Wein an den Felſen reift. Sparſame Blicke der Sonne ſielen hie und da auf die Felſen, und uͤberraſchten das Auge durch ſchnelle Beleuchtungen des duͤ - ſtern Gemaͤldes. Das Wirbeln und Rauſchen des Fluſſes, der ſich hin und wieder an verſteckten Klippen in der Tiefe bricht; felſigte Hoͤhen auf beyden Seiten; Ruinen alter Schloͤſſer, die an ſteilen Abhaͤngen kleben, ſchon ſeit Jahrhunderten zu fallen drohen und nicht fallen; die Einſamkeit in dieſen wilden Gegenden; nichts Reizen - des, als ein fluͤchtiger Sonnenblick, der hie und da auf den Gipfeln ſchwebt, oder das Gruͤn der Reben, das die Felſen kleidet; kuͤhne Vorſpruͤnge der Berge und Ue - berraſchungen, welche die ploͤtzlichen Wendungen des Stroms machen; dann wieder ein ruhiges Kapellchen, das ſich in die Hoͤhlung der Berge verbirgt, oder auf der Spitze eines Abhanges ſteht; endlich ein heitres Doͤrfchen, das unter Felſen ruht alles dieſes bildet und verſtaͤrkt das Romantiſche dieſer Gegenden, das ſich zuweilen mit dem Erhabenen miſcht. Von Bingen faͤngt auch das linke hohe Ufer an, in - tereſſant zu werden durch Doͤrfchen, Ruinen, Eichenwaͤlder und einige Weinberge; zur Rechten faſt nichts als Reben auf den Abhaͤngen der Gebirge in einer weiten Strecke fort. Dieſe Gegend von Bingen iſt ungleich maleriſcher, als die erſten, wegen der Felſen, Berge, Ruinen und unendlichen Wendungen des Stroms und Ueberraſchungen durch unerwartete Proſpecte und Sonnenblicke. Hier eroͤffnet ſich die reichſte Schule fuͤr den Landſchaftmaler. Der Dichter findet hier nichts, als die reizende Wahrheit der Natur. Sie verſtattet nichts von Erfindung des Genies, nichts von Verſchoͤnerung des Kuͤnſtlers mehr. Dieſer iſt gluͤcklich genug, wenn er darſtellt, was vor ihm liegt. Das Original uͤberſteigt jede Kunſt der Nachbil - dung. Jedes dichteriſche oder maleriſche Talent bleibt hier ohne eine andere Beſchaͤf - tigung, als bloß die Natur zu kopiren. Welch eine Zeichnungsſchule zwiſchen die - ſen Bergen und Felſen, an deren Fuß Deutſchlands erhabenſter Fluß ſich herum - windet! Welche Menge von den edelſten und intereſſanteſten Gemaͤlden koͤnnte hier ausgehoben werden, wenn unſere Landſchafter, die lieber die Gallerien, als die NaturV Band. U uſtudiren,338Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,ſtudiren, lieber nach Italien eilen, als Deutſchland kennen lernen, dieſe Gegen - den beſuchen wollten!

Der Rhein ward den Nachmittag ruhiger; der Himmel erheiterte ſich. Doch uͤberzogen ihn zuweilen noch ſanfte Gewoͤlke, welche den Reiz der Fernen zwiſchen den Bergen hoben, indem ſie die Hintergruͤnde maleriſcher verduͤſterten, gegen welche die Lebhaftigkeit der naͤhern Gegenſtaͤnde contraſtirte. Immer wechſeln, je weiter man faͤhrt, die romantiſchen Gegenden von einer Miſchung zur andern. Man ſieht zerfallene Schloͤſſer von den Seiten der Felſen haͤngen, alte Thuͤrme und Gemaͤuer mit Weinbergen untermiſcht, und mit Doͤrfern, die hier kleiner ſind, und mehr ein - ſam erſcheinen. Die letzten Ueberreſte aus laͤngſt verfloſſenen Jahrhunderten hangen uͤber froͤhliche Winzerwohnungen herab, die vor einigen Jahren erbaut wurden. Die Verſchließungen der Berge und die ploͤtzlichen Eroͤffnungen der Durchgaͤnge des Stroms wechſeln faſt mit jedem Augenblick. Mit einer aͤhnlichen Abwechſelung graͤnzt das Gebiete von verſchiedenen Landeshoheiten, der maynziſchen, pfaͤlzi - ſchen, darmſtaͤdtiſchen, trieriſchen, an den fortlaufenden Strom. Die Doͤrfer, die Staͤdte und Fiecken liegen wieder nahe am Waſſer, und gleich hinter ihnen ſtei - gen Berge auf, wo noch ſtehende Feſtungen mit Ruinen von Schloͤſſern auf den Spitzen wechſeln. Kuͤhner und verwegener kann ſich die Einbildungskraft keine Lagen bilden. Auf den duͤrreſten Felſen ziehen ſich Reben aus der Tiefe bis zu den Spitzen hinauf; man wundert ſich zu hoͤren, daß hier Deutſchlands edelſter Wein waͤchſt, und erſchrickt zugleich bey der Vorſtellung der gefahrvollen Weinleſe. Das beſtaͤn - dige Gelaͤute der Kloͤſter und Kirchen, das feyerlich in den Kluͤften der Berge wie - derhallte, machte, vermiſcht mit dem hohlen Getoͤſe des an den Felſen ſich brechenden Stroms, eine unbeſchreibliche Wirkung. Bald gleitet der Rhein in einer ſanften ruhigen Flaͤche dahin, bald ſtuͤrmt er tobend und raſſelnd zwiſchen den vielen Klippen, die ſich unter dem Waſſer verbergen, und die in den halb verſperrten Durchgaͤngen, wodurch ſich ſeine Flut diaͤngt, die oͤftern Wirbel des Stoms vermehren. Indeſſen erblickt man uͤber ſich an den ſteilſten Hoͤhen, wo kaum ein menſchlicher Fuß ſtehen kann, liebliche Weintrauben, und gleich daneben kahle Felſen oder waldigte Wild - niſſe. Hier iſt doch endlich das Ende des Stroms, dachte ich oder wollte ich oft denken, als auf einmal die Felſen mit ihren Vorſpruͤngen zuruͤckwichen, und einen neuen Fortlauf uͤberſchauen ließen. An einigen Stellen ſchießen wieder die Felsmaſ - ſen, wie ein Pfeil, in den Fluß hinab. Selbſt der Himmel war an dieſem Tage romantiſch, wie die Erde. Seltſame Geſtalten von Wolken zogen ſich zwiſchen den Folshoͤhen umher, und ſtanden auf den Spitzen, wie Saͤulen, wandelten ſich und verſchwanden. Ploͤtzliche Erhellungen wechſelten mit ſchnellen Verduͤſterungen;zwiſchen339Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. zwiſchen den gedraͤngten Gebirgen lagerten ſich ſtarke Maſſen von Schatten; dann folgten wieder Ueberſtroͤmungen von Licht und Glanz, und wir jagten auf blinkenden Wellen dahin.

Wir gelangten zu dem Wirbel bey St. Goar. Als wir uͤber ihn hunveg - geflogen waren, ſprudelte und tobete der Strom, als wenn ihm ein wichtiger Raub entgangen waͤre. In dieſer Gegend iſt er ſchnell und reißend; ſein Beet ſchmal. Zuweilen erſcheinen ganz oͤde, von Wein und Geſtraͤuch entbloͤßte, nackte, rauhe und abgebrochene Felsberge, die keine Spur der Bewohnung zeigen; dann wieder dunkle hangende Waͤlder; verlaſſene Hoͤhen, wo zerbroͤckelte Reſte von Bergſchloͤſſern trauern; ausgehoͤhlte Striche, welche den Abſturz wilder Regenguͤſſe bezeichnen. Hier thuͤr - men ſich Berge auf Berge, Felſen auf Felſen empor. Dieß ſind, mit dem Getoͤſe des Stroms und dem Geheul der durchziehenden Winde verbunden, die feyerlichen Gegenden, die Ehrfurcht und eine Art von Erſtaunen einfloͤßen, da die vorhergehen - den bloß Anſtarren und Verwunderung erregten.

Doch waͤhren dieſe Scenen nicht lange. Faſt jede Viertelſtunde erſcheint eine Gegend von einem andern Charakter, oder doch von einer andern Verbindung ver - ſchiedener Charaktere. Oft tritt in einigen Minuten der Fahrt ein Dorſ, ein Klo - ſter, ein Thurm, eine Ruine hervor; ſie winken ſich von einem Ufer zum andern hinuͤber freundſchaftlich zu, und nicht ſelten erſcheinen an einer kurzen Kruͤmmung des Stroms drey bis vier bewohnte lebhafte Oerter. Hier in dieſen engen Kluͤften con - traſtiet beſonders das lebhafte Anſehen der weißen Haͤuſer gegen die Dunkelheit der zuſammengedraͤngten Gebirge.

Bey Boppart ſieht man auf einmal drey verſchiedene Noͤnnenkloͤſter, die ein - ander gegenuͤber liegen; in eben dieſem Bezirk und in eben der Ueberſicht erſcheinen Kloͤſter von Kapucinern, Franciskanern, Carmelitern. Kleine Kapellen zeigen ſich bald hie, bald da. Die Gebirge, die ſich dreyſach uͤber einander auf - thuͤrmen, werfen einen ernſten und feyerlichen Schatten uͤber diefe ſtillen Wohnun - gen der Abgezogenheit von der Welt. Vielleicht laͤßt ſich keine Gegend vom melan - choliſchen Charakter ſtaͤrker malen.

Gegen Abend uͤberſchleyerte ein ſanfter Nebel die Gegenden. Die Verge ſchienen in der Daͤmmerung ſich mit der ruhigen Flut des Rheins zu vereinigen; ihre Trennungslinien verſchwanden immer mehr in der Entfernung, und alles zerfloß allmaͤhlich in eine ſanft uͤbereinſtimmende Verbindung. Nur die nahen Ufer und Berge blieben noch unverhuͤllt; und die magiſche Taͤuſchung der Ferne verlor ſich, indem wir uns ihr naͤherten, in Erheiterung und ruhende Wiederſcheine, die gleich - ſam aus dem Waſſer emporſtiegen. Von der ſuͤßen Stille des Abends eingewiegt,U u 2ſchwebten340Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,ſchwebten wir mit dem dahin gleitenden Fahrzeug bald durch die Wiederſcheine, die zu wanken anfiengen, dieſe lieblichen Wiederſcheine von Landhaͤuſern, von Kloͤſtern, von Weinbergen, bald durch die ernſten Maſſen von Schatten, die von den Hoͤhen herabſielen.

Dann folgten wieder kleine paradieſiſche Thaͤler zwiſchen den Bergen, Hayne von Obſtbaͤumen und friedfertige Doͤrfchen, wo hie und da nicht aus Huͤtten, ſondern aus edlen Haͤuſern ein Rauch, der gaſtfreundſchaftlich das Abendeſſen ankuͤndigte, emporwallele. Ihre Vorderſeite, nach dem Strom hingerichtet, ſchimmerte aus dem Schatten der Fruchtbaͤume hervor, und lockte den Voruͤberfahrenden, in dieſe Wohnungen der Ruhe einzukehren.

Das Abendgelaͤute fieng an, durch die Daͤmmerung zu hallen, und hallte aus den Bergen zuruͤck. Von allen Seiten kuͤndigten die Kloͤſter und die Dorfkirchen die Stunden des Geders an. Die Glocken antworteten ſich, als haͤtten ſie die Loſung verſtanden, und nun ſchlug die Aufforderung von Ohr zu Ohr. Anbetung, feyer - liche Stille, Ruhe der Seele, gelaſſene Erinnerung an die Vergangenheit und eine Ausſicht in die Zukunſt, wiewohl nur ſo daͤmmernd, wie der Abend, verbreiteten ſich mit dem heiligen Schall durch alle umliegenden Gegenden. Dieſe Stimmung der Seele ward nicht wenig durch die Dunkelheit der Berge und ihre Ueberſchattungen, und durch die Ruhe des Fluſſes vermehrt, der unter ihnen fortſchlich.

Die Finſterniß ward immer groͤßer; doch ſahen wir noch Thuͤrme am Ufer und Ruinen auf den Spitzen der Felſen. Die Berge wichen allmaͤhlich, indem wir uns Coblenz naͤherten, erſt zur Linken, dann zur Rechten; die Gegenden wurden niedriger; der Wind ſtuͤrmte frey herein; der Rhein ſchlug ſchaͤumende Wellen, und wir ſtiegen aus von einer Fahrt, bey der ſich nichts weiter wuͤnſchen ließ, als der lange Nachgenuß aller der Scenen und Empfindungen, die ſie gegeben hatte.

8.

Das alte churfuͤrſtliche Schloß zu Coblenz im Thal, das am Fuß und unter dem Schutz der beruͤhmten Bergfeſtung Ehrenbreitſtein am Rhein liegt, hat eine ſehr lebhafte Ausſicht auf den Strom, auf ſeine Bruͤcke, auf die Schiffe und Fahr - zeuge, die auf - und niedergehen. Weil es aber zerfaͤllt, ſo hat der jetzige Churfuͤrſt, Clemens Wenceslaus, geborner Prinz von Churſachſen, den Bau eines neuen großen und praͤchtigen Schloſſes unternommen, der noch nicht vollendet iſt. Es ſteht nahe bey der Stadt Coblenz auf einer kleinen Anhoͤhe am Ufer des Rheins, und kehrt dem Fluß die Hinterſeite zu. Das Werk wird von großen Sandſteinenvon341Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. von Grund aus aufgefuͤhrt, und beſchreibt mit den Nebengebaͤuden einen weiten Zirkel. Es hat allerdings Groͤße, Pracht und Dauerhaftigkeit.

Einige Stunden von Coblenz liegt Kerlich, der gewoͤhnliche Sommeraufent - halt des jetzigen Churfuͤrſten. Der alte ſymmetriſche Garten wird jetzt ganz umge - worfen, und der Plan zu einem neuen iſt bereits gemacht. Zwar beſteht die Gegend faſt nur aus einer Ebene. Aber es werden doch ein großes Waſſer, fließende Baͤche mit Guͤſſen, und ein anſehnlicher Waſſerfall durch Huͤlfe der Kunſt angelegt. Die neue Pflanzung wird ſich nicht bloß aus einheimiſchen, ſondern auch auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern bilden, und ſich um viele anmuthige Roſen winden, mit Benutzung der ſchoͤnen Proſpecte in die umliegende Landſchaft. Der Plan, den ich hier ſah, und der Anfang kuͤndigt ein vortreffliches Werk an. Und dieß laͤßt ſich nicht anders unter der Regierung eines Prinzen erwarten, der mit einer großen Guͤte des Herzens den feinen Geſchmack und die Liebe der ſchoͤnen Kuͤnſte vereinigt, die in ſeinem Hauſe erblich ſind. Die Ausfuͤhrung iſt einem Kenner uͤbertragen, der ſie gluͤcklich ausfuͤhren wird, dem Herrn Reiſemarſchall und Kammerherrn, Freyherrn von Tuͤnnefeld. Er beſitzt viele Gartenkenntniß und Eifer, und machte, um ſei - nen Geſchmack noch mehr zu berichtigen, der Gaͤrten wegen eine beſondere Reiſe nach England.

Mit dieſem neuen Garten wird ein naher Wald, den man zu verſchoͤnern an - gefangen, verbunden werden. Das Vorzuͤglichſte darinn iſt eine Muͤhle, oder viel - mehr ein Luſtgebaͤude mit einem Saal, der von außen ganz die Geſtalt einer Muͤhle hat, und wo die Bewegung des Rades und das Rauſchen des Waſſers nichts anders errathen laͤßt. Das Waſſer fließt darauf weiter fort, und bildet in einiger Entfer - nung einen großen natuͤrlichen Waſſerfall, der zwiſchen Gebuͤſch und Baͤumen uͤber eine felſigte Hoͤhe herabſchaͤumt, und unter Geſtraͤuch fortrauſcht. Darauf folgen einige offene baͤuriſche Wirthshaͤuſer oder hoͤlzerne Dorflauben mit Bruͤcken, alles ſo natuͤrlich und ſo ſehr im Geſchmack roher Waldſcenen, daß dieſes ganze Revier, das ſeiner Lage ſo gemaͤß eingerichtet iſt, nicht anders als gefallen kann. Verſchiedene andre Scenen in dieſem Walde duͤrften noch vor der Verbindung mit dem neuen Garten zu Kerlich veraͤndert werden.

In dieſer Gegend beſitzt auch der Herr Graf von Waltbott zu Baſſenheim, Burggraf von Friedberg, einen angenehmen Landſitz. Der Garten hat ein an - muthiges Thal und einen waldigten Berg, wo noch die ſchoͤnern Scenen ſich ver - breiten koͤnnten.

U u 3Zu342Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Zu Mont-Repos bey Neuwied hat der regierende Fuͤrſt einen hohen, wei - ten und waldigten Berg mit verſchiedenen Anlagen verſchoͤnert. Aus dem Sommer - ſchloß hat man den praͤchtigen Rhein im Geſicht.

Bey Duͤſſeldorf iſt der neue churfuͤrſtliche Garten vor dem Bergerthor ganz im engliſchen Geſchmack angelegt.

Zu Borbeck laͤßt die Aebtiſſinn von Eſſen, Maria Cunigunda, geborne Prinzeſſinn von Pohlen und Churſachſen, Schweſter des Churfuͤrſten von Trier, eine Dame von großem Geiſt und Geſchmack, einen neuen ſchoͤnen Garten pflanzen.

In der Gegend des odern Rheins nach Maynz zu hinauf iſt der Park des Herrn Grafen von Oſtein zu Niederwald merkwuͤrdig. Er iſt auf der Hoͤhe eines Berges, der Bingen nordwaͤrts gegenuͤber liegt, angelegt. Der weite Gipfel bil - det ein ſchoͤnes flaches Thal, das ſich gegen Weſten ſenkt, und von vielen herrlichen Eichen und Buchen dicht beſchattet wird. In der Mitte ſind laͤndliche Haͤuſer auf ei - nem großen freyen Platze erbauet. Die Ausſichten uͤber alle Gefilde des mit Wein und Obſt angefuͤllten Rheingaus, uͤber Manz, Frankfurt und andre Staͤdte, uͤber ſo viele nahe und ferne Landſchaften und Berge umher, und auf den Rhein hinab, dieſe weiten, erhabenen und romantiſchen Ausſichten uͤberſteigen faſt die Beſchreibung. Der Wald, der vier Stunden im Umfang hat, iſt mit Gaͤngen, Raſenſitzen, Ein - ſiedeleyen, Luſthaͤuſern und andern Ruheplaͤtzen verſchoͤnert, und die Anlagen wer - den noch fortgeſetzt. Die hohe Lage mit den entzuͤckenden Ausſichten macht ſchon an ſich dieſen Park zu einem der ſchoͤnſten in Deutſchland.

Zu Geiſenheim, einem Dorfe im Rheingau, hat ebenfalls der Herr Graf einen praͤchtigen Palaſt angelegt, und ihn mit einem angenehmen Garten ver - bunden.

Bey der Stadt Creuznach hat der Kaufmann Herr Schmerz eine neue An - lage gemacht, wobey die natuͤrliche Beſchaffenheit der Gegend mit gutem Geſchmack benutzet iſt.

9.

Der Garten hinter dem Schloſſe zu Darmſtadt iſt voll Ernſt und Melan - cholie, und hat nichts von dem Glanz und der Pracht eines fuͤrſtlichen Gartens. Selbſt der wohlgebauete runde Tempel giebt ihm wegen der nahen und dichten Um - pflanzung nichts Heiteres. Es iſt meiſtens ein wildes, einſames, verſchloſſenes Waldſtuͤck, das mit verſchiedenen fremden Baumarten durchpflanzt iſt; wenigſtens hat die Pflanzung ſo viel Regelloſes, daß ſie einem Waldſtuͤck gleicht. Indeſſen gefaͤllt dieſer Garten einem Herzen, das ſich gern einer ſanften Melancholie uͤberlaͤßt,und343Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. und auch ohne die ehrwuͤrdige Scene des Begraͤbniſſes wird es bald von holder Wehmuth und ernſtem Nachdenken erfuͤllt. Ueberall tiefer, feyerlicher Schatten umher; keine Ausſicht in die Welt; denn ſie wird hier von einer umpflanzten Mauer begraͤnzt. Die Baͤume, beſonders die italiaͤniſchen Pappeln, die hier zu einer außerordentlichen Hoͤhe gedraͤngt emporſteigen, und mit großen babyloniſchen Wei - den untermiſcht ſind, laſſen nur wenige Erleuchtung von oben einfallen. Himmel und Erde ſcheinen mit einem Schleyer uͤberzogen. Die Pflanzung, worinn bald gerade Gaͤnge fortlaufen, bald ſchlaͤngelnde Pfade umherirren, hat nichts Geſchmuͤck - tes, und nur wenig von kleinen Raſen, die den Schatten etwas milder machen. Mitten in dieſem melancholiſchen Walde findet ſich das Begraͤbniß der Landgraͤfinn, das dieſe vortreffliche Fuͤrſtinn hier in Stunden, wo ſie ihren Geiſt ſchon mit dem Himmel vertraut machte, voll ihres Sieges uͤber die Sterblichkeit erwaͤhlte. Hier ſaß ſie oft in erhabenen Betrachtungen, und, von ihnen geſtaͤrkt, konnte ſie ſelbſt die Stelle, wovon andre zuruͤckbeben, und kaum das Bild ertragen, die Stelle ihrer kuͤnftigen Verweſung anordnen. Hier ruhet ſie nun unter einem großen Erd - huͤgel, der ganz mit dem melancholiſchen Epheu uͤberwachſen iſt, und um den rings umher dunkle Nadelhoͤlzer mit babyloniſchen Weiden, die mitleidig ihre Zweige ſenken, in ſtiller Daͤmmerung trauern. Auf dem obern Ende des Grabhuͤgels ſteht eine ſchoͤne Urne von weißem Marmor, mit zwey Genien und dieſer Inſchriſt:

Hic jacet. Henr. Chriſtina. Carol. Lov. Haſſ. Princ. Foemina. ſexu. ingenio. vir. Nat. VII. Id. Mart. A. MDCCXXI. O. III. Kal. Apr. A. MDCCLXXIV. S. E. T. L.

Ein großer Kenner der Verdienſte, der Koͤnig von Preußen, ſchenkte dieß Denkmal dem Ruhm der Fuͤrſtinn. Dieſe ſo wohl angelegte Scene macht einen Eindruck, der ſich uͤber das Ganze verbreitet, einen Eindruck, den alle leere Monu - mente und Begraͤbnißzeichen nicht zu erregen faͤhig ſind. Der Einheimiſche naͤhert ſich hier mit einer heiligen Ehrfurcht und mit einem gerechten Seufzer uͤber das, was er verlor; und der Fremde wird erſt von einem melancholiſchen Staunen, und ſodann beym Nachfragen von einer ſo wehmuͤthigen Mitempfindung ergriffen, die ihn laͤnger, als er dachte, verweilen heißt. In der That waͤre es Schade, wenn der Garten andre Scenen, die ſeinem Charakter nicht zuſtimmen, aufnehmen, oder irgend eine Veraͤnderung leiden ſollte, die ſeinen melancholiſchen Ernſt zernichtete.

10. Der344Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

10.

Der churfuͤrſtliche Garten zu Schwetzingen bey Manheim iſt beruͤhmt ge - nug. Er ward vor einigen zwanzig Jahren angefangen, und es ſind unermeßliche Summen hier an eine Anlage in der alten Symmetrie verſchwendet worden,*)Die Koſten der tuͤrkiſchen Gebaͤude werden allein auf 120,000 Gulden ge - ſchaͤtzt. Die jaͤhrliche Unterhaltung des Gartens und die Fortſetzung der Anlagenkoſtet etwa 40,000 Gulden. Fuͤr die Schloͤſſer zu Schwetzingen und Manheim werden zuſammen 60,000 Gulden ge - rechnet. ob - gleich im Anfange weit mehr, als jetzt.

Der erſte Fehler bey dieſem Garten war, daß man keine Gegend mit mehr natuͤrlichen Abwechſelungen waͤhlte, etwa naͤher nach der Bergſtraße zu; und der zweyte, daß man ihn ganz in ſymmetriſcher Manier anlegte, zu einer Zeit, da der engliſche Geſchmack ſchon uͤberall bekannt war. Allein der Anleger, Herr von Pi - gage, churfuͤrſtlicher Oberbaudirector, ein Franzoſe, ſcheint davon nichts gewußt zu haben. Es ward eine Ebene gewaͤhlt, und da man nun nicht die geringſte Un - gleichheit dulden wollte, ſo ward alles geebnet. Fruchtbare Aecker und ſchoͤne Wie - ſen verſchwanden, und nun war die große Flaͤche mit Sand uͤberdeckt, wo man Muͤhe hatte, die Pflanzung fortzubringen.

Der Garten iſt von einem großen Umfang; deſto mehr wird man durch die ewige Symmetrie ermuͤdet, die hier durchgaͤngig herrſcht, bis auf einen kleinen Be - zirk, den man den engliſchen Garten nennt. Man ſieht nichts als große, gerade Alleen, Hecken und Bogengaͤnge mit Linial und Schnur gezogen, Arcaden, Altane und Niſchen von Baumwerk gebildet, eine unnuͤtze Menge von eiſernem und hoͤlzernem Gitterwerk; und dazwiſchen Parterre, Waſſerkuͤnſte, ſtehende und liegende Figuren, meiſtens von Marmor in natuͤrlicher, einige von Gyps in coloſſaliſcher Groͤße, end - lich regulaͤre Waſſerbehaͤltniſſe. Ueberall erblickt man Kunſt, Pracht und Koſten, aber deſto weniger Geſchmack, ſowohl in Ruͤckſicht auf die Anlage des Ganzen, als auch auf einzelne Scenen.

Man ſehe z. B. die Scene, die man Mecca nennt, und die aus einer An - zahl von tuͤrkiſchen Gebaͤuden beſteht, die durch Gallerien oder Arcaden verbunden ſind. Dieſe ſind ſo eng, daß nur eben zwey Perſonen neben einander ſpazieren koͤn - nen; und was das Sonderbarſte iſt, dieſes Mecca liegt mitten in einer franzoͤſi - ſchen Parthie, wo man nach der Beſchaffenheit des Platzes nichts weniger als eine Reihe von tuͤrkiſchen Gebaͤuden erwarten ſollte. Aus der Moſchee ſieht man gerade nach einer aͤgyptiſchen Parthie, woran noch gearbeitet wird, und die, ſo wie die tuͤrkiſche, vom Himmel herabgefallen zu ſeyn ſcheint. Es iſt ein Berg, woraufein345Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ein Monument des Koͤnigs Seſoſtris neu aufgefuͤhrt wird. Das Monument koͤnnte nun wohl zur Taͤuſchung nichts anders ſeyn, als einige von der Zeit faſt ganz auf - geriebene Ruinen. Allein hier iſt alles neu, vollſtaͤndig und geſchmuͤckt; die Zeit hat nichts veraͤndert. In den Gewoͤlben des Berges kommen Begraͤbniſſe und Mu - mien zu ſtehen, und die Todten ſoll, wie man ſagt, Charon dahin bringen. Um den Berg wird der See Moͤris gegraben. Wie war es moͤglich, auf eine ſolche Idee zu fallen? Welches Intereſſe, welche Eindruͤcke kann ſie haben? Iſt es nicht geſpielt, mit Erfindung ſowohl, als mit Geld? Und dieſe Anlage, die Nachah - mung aus dem entfernten Alterthum ſeyn ſoll, dieſe aͤgyptiſche Scene mit einer tuͤr - kiſchen ſo nahe vereinigt? Lieber haͤtte man hier dem Muhamed ein Monument errichten moͤgen.

Die Waſſerkuͤnſte zeigen nicht weniger eine ſeltſame Erfindung. Zwey große Hirſche, im Netze gefangen und von Hunden angegriffen, muͤſſen Waſſer werfen; und bey dem Bade ſieht man eine der poſſierlichſten Scenen, indem in dem Baſſin eine Eule angebracht iſt, auf welche rings umher auf Gitterwerk herum ſitzende Haͤhne, Tauben, Pfauen, Truthuͤner u. ſ. w. Waſſerſtrahlen herabſpeyen.

Das Vorzuͤgliche in dem Garten zu Schwetzingen ſind die Gebaͤude, die in der That in einem edlen Stil ausgefuͤhrt ſind. Nur iſt zu wuͤnſchen, daß ihrem beſtimmten Charakter gemaͤß auch die Plaͤtze ausgebildet ſeyn moͤchten. Minerva hat hier ihren Tempel, wie Apoll. Ueber dem Eingang des erſten, deſſen Vor - derſeite auf korinthiſchen Saͤulen ruhet, erſcheint die Goͤttinn auf einem Wagen; die Kunſt uͤberreicht ihr den Plan des Gartens, den ſie billigt und auszufuͤhren be - fiehlt. Eine ſonderbare Idee! Man weiß indeſſen, daß dieſe Goͤttinn nie eine Gartenkennerinn geweſen. In dem Innern des Tempels ſieht man ihre marmorne Statue. Der Tempel des Apoll iſt eine Rotunde, die auf zwoͤlf joniſchen Saͤu - len ruhet. Der Gott der Kuͤnſte mit ſeiner Leyer, von Marmor gebildet, ſteht in der Mitte. Das Werk iſt dem Kuͤnſtler nicht gegluͤckt; der Ruͤcken macht eine ſo bußfertige Beugung, als wenn er dem Rumpf des heil. Xaver zugehoͤrte. Nicht weniger iſt die Verzierung des Tempels und ſeines Platzes verungluͤckt. Was ſollen bey einem Tempel des Apoll die zwey Najaden, die aus einer Urne Waſſer gießen, was uͤberhaupt dieſe franzoͤſiſche Caſcade, was das Gitterwerk, was die Sphinxe, was endlich die Grotte unter dieſem Gebaͤude?

Auch das Badhaus iſt ein ſchoͤnes Gebaͤude, und von einer praͤchtigen Ein - richtung. Zwey ſchickliche Statuen, Amor und ein Faum, ſtehen am Eingang. Das Bad iſt von Marmor. An den Waͤnden erſcheinen ſechs Nymphen mit ihren Kruͤgen, halb erhoben in Gyps gearbeitet. Auch ſtehen Vaſen voll WohlgeruͤcheV Band. X xumher.346Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,umher. Die Decke iſt grottenartig mit Kryſtall, Amethyſt und andern Schoͤn - heiten aus dem edlern Steinreich geziert. Man ſieht Pfeiler von deutſchem Alaba - ſter, und Waͤnde mit virginiſchem Sumach ausgelegt. Das Badhaus enthaͤlt einen kleinen Saal und vier Zimmer, mit Gemaͤlden, Basreliefs und Vergoldun - gen geſchmuͤckt.

Nicht weniger merkwuͤrdig iſt der Tempel der Botanik. Er liegt am Ende des Gartens bey einer kleinen Baumſchule, worinn ſchmale Gaͤnge umherfuͤhren. Die Pflanzung enthaͤlt eine Sammlung von allen Arten von einheimiſchen und aus - laͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, die in der Pfalz fortkommen, und die hier mit ihrem Namen zum Vergnuͤgen der Liebhaber und zum Unterricht junger Gaͤrtner bezeichnet ſind. Dieß iſt eine ſehr gute und ſchickliche Anlage. Nur Schade, daß man ſchon die ſchoͤne Natur dieſer Gegend verdorben und ſie in eine nackte Ebene ver - wandelt hatte, als hier die Pflanzung angefangen ward. Dieſer Tempel iſt rund von Stein auſgefuͤhrt, und hat die Inſchrift:

Botanicae ſilve ſtri An. MDCCLXXVIII.

die ſich auf die Baͤume und Straͤucher der nahen Pflanzung bezieht. Inwendig ſteht die allegoriſche Statue von Marmor, eine weibliche Figur mit einer Rolle in der Hand, worauf man lieſt: Caroli Linnei ſyſtema Plantarum; am Fuß eine Vaſe mit Gewaͤchſen. Die Statue ſteht der Thuͤr gegenuͤber in einer Niſche; eben - falls in Niſchen erblickt man auf den Seiten zwey große, ſchoͤne, marmorne Vaſen mit allegoriſchen Verzierungen, und vier Altaͤre mit Blumen, Fruͤchten und Garten - werkzeugen geſchmuͤckt. Ueber ihnen erſcheinen die Bildniſſe von Theophraſt, Plinius, Tournefort und Linné in Medaillons; hoͤher oben die vier Jahrszeiten in Basreliefs, und die zwoͤlf Himmelszeichen fein in Gold gemalt. Die Kupel iſt inwendig im antiken Geſchmack verziert, und das Licht faͤllt durch ſie von oben herein. Die Sphinxe am Eingange ſind hier ganz unſchicklich, und die zwey großen Vaſen, die außerhalb auf beyden Seiten ſtehen, gehoͤren zum Ueberfluß. Dieſer Tempel der Botanik zeigt den meiſten Geſchmack, und iſt eine eben ſo gluͤckliche, als neue Erfindung. Nur ſollte er in der Mitte eines heitern Bezirks voll ſchoͤner Blumen und Straͤucher ſtehen.

Zu nahe bey dieſem Gebaͤude, und ohne durch Vorpflanzung abgeſondert zu ſeyn, liegen an dieſem Ende des Gartens Ruinen von Tufſtein maleriſch gebauet. Sie ſcheinen ein Ueberbleibſel einer roͤmiſchen Waſſerleitung zu ſeyn. Auf einem Thurm, der zu ihnen gehoͤrt, hat man ſchoͤne Ausſichten in die umliegende Land -ſchaft347Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ſchaft auf Schwetzingen, Manheim, Heidelberg, viele Doͤrfer und die ganze Strecke der reizenden Bergſtraße.

11.

Bruchſal, die Reſidenz des Fuͤrſten Biſchofs von Speyer, iſt durch ihre vortreffliche Anlage und Bauart bekannt. Das Schloß iſt gewiß eines der edelſten und ſchoͤnſten Werke in ganz Deutſchland. Sein Anſehen, ſeine Form, ſeine Colonnade beym Eingang, woruͤber ein Altan ſich erhebt, die Structur ſeines Ein - tritts, die praͤchtigen Saͤle, worunter ſich der Marmorſaal ganz beſonders ausnimmt, die bequeme Verbindung aller Zimmer, ihre reiche und feine Auszierung, alles ver - einigt ſich, ein herrliches Werk der Architectur und des Geſchmacks darzuftellen. Alle Nebengebaͤude, wozu auch beſonders die Kirche gehoͤrt, machen ein treffliches Ganze aus, in Ruͤckſicht ſowohl auf die Verbindungen, als auch auf das aͤußere Anſehen. Eine beſondre ſehr nuͤtzliche Einrichtung bey dieſem Schloſſe beſteht darinn, daß von einem Waſſerwerk, die Waſſerburg genannt, die auf einer gegenuͤber lie - genden Hoͤhe in der Entfernung von einer Viertelſtunde angelegt iſt, in die Gemaͤcher ſowohl, als auch auf den vordern und hintern Altan, und in die Kuͤche bleyerne Roͤhren geleitet ſind, die man nur entzapfen darf, um ſogleich eine Menge von Waſ - ſer zu erhalten. Das Waſſer, das ſelbſt in die oberſten Zimmer unter dem Dach gefuͤhrt wird, kann in den Speiſeſaͤlen zum Trinken und Ausſpuͤlen gebraucht wer - den; vornehmlich aber leiſtet es ſeinen Dienſt bey einer ploͤtzlichen Feuersgefahr, und bey entzuͤndenden Gewittern. Dieſe Einrichtung verdient, wo ſie ſich anbringen laͤßt, bey koſtbaren Gebaͤuden und Schloͤſſern nachgeahmt zu werden. Der Garten hinter dem Schloſſe iſt im alten Geſchmack angelegt. Außer einigen ſchattigten Plaͤtzen zeichnet er ſich bloß aus durch Orangerien und Treibereyen, und durch ſeine Fruchtbaͤume aus dem benachbarten Elſas, aus Lothringen und Frankreich.

Die erwaͤhnte Waſſerburg iſt zugleich eine Wohlthat fuͤr die Stadt, wo aus Mangel an gutem Waſſer vormals viele Krankheiten entſtanden. Nun fuͤhrt die Waſſerleitung von einer halben Meile her reines, geſundes und trinkbares Waſſer herbey. Es ſammelt ſich in der Waſſerburg in ein großes Behaͤltniß, das gleich - ſam den Keller des Gebaͤudes ausmacht, und 1800 Fuder enthaͤlt. Von hier wird es, wie bemerkt iſt, durch Roͤhren nach dem Schloſſe und der Stadt hinunter geleitet, und verſorgt hier die oͤffentlichen Brunnen. Ueber das Baſſin erhebt ſich ein ſtarkes Gewoͤlbe, das die Grundlage des Luſtgebaͤudes in der Waſſerbuͤrg aus - macht. Das Gewoͤlbe iſt hoch, geraͤumig und ganz trocken. Um das Waſſerbe - haͤltniß geht ein Dockengelaͤnder. Man hat hier einen erhellten, angenehmen undX x 2kuͤhlen,348Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,kuͤhlen, faſt unterirdiſchen Spaziergang bey heißem Wetter, hoͤrt das Geraͤuſche des Waſſers, und wird von keinen Ausduͤnſtungen beſchwert, indem es beſtaͤndig ſeinen Zufluß wieder den Roͤhren abliefert und durchſtreichende Luſt hat. Ueber dem Ge - woͤlbe liegt ein Saal mit verſchiedenen Nebengemaͤchern, die aber, die Ausſicht aus - genommen, nichts Angenehmes haben. Der aͤußere Anſtrich dieſer nuͤtzlichen Waſ - ſerburg verdiente, anſtatt der vielen bunten Farben, auf eine mehr gefallende Ein - faͤrbigkeit zuruͤck gebracht zu werden.

Nahe dabey liegt das Schießhaus, das von einer etwas ſonderbaren, aber ſeiter Biſtimmung gemaͤßen Bauart iſt. Es beſteht aus einer laͤnglichen Arcade,〈…〉〈…〉 deren beyden Ecken ſich zwey Kubinette beſinden. Aus den Arcaden wird ge - ſchoſſen, und in den Kabinetten geſpeiſt. Hinter einem jeden von dieſen beyden Ge - maͤchern geht eine bequeme Treppe nach dem flachen Dach des Gebaͤudes hinauf, das mit einem Gelaͤnder umgeben iſt. Auf jeder Ecke dieſes Dachs fuͤhrt wieder eine kleine Treppe zu zwey Thuͤrmen hinauf, deren offener Bezirk mit einem Ge - laͤnder umgeben und von einer auf eiſernen Stangen ruhenden leichten Kupel bedeckt iſt. Sie geben die groͤßte Hoͤhe dieſer Gegenden. Die Ausſicht iſt ausgebreitet und entzuͤckend. Man uͤberſieht verſchiedene Staͤdte und viele Doͤrfer, tief im Grunde Bruchſal mit ſeinem Schloſſe und ſeinen Kirchthuͤrmen, und naͤher rings umher Weinberge, die zur Zeit der Leſe ein froͤhliches Getuͤmmel darſtellen, das hier ganz uͤberſcha[u]et wird.

Der jetzige Fuͤrſt hat zu Kieslau, einem Luſtſchloß an der Straße noch Bruchſal, ein engliſches Luſtgebuͤſch anlegen laſſen, worinn ſich verſchiedene aus - laͤndiſche Baͤume befinden. Die Anlage zeigt aber eben ſo wenig Geſchmack, als die zu Waghenſel, einem andern Luſtſchloß, wo man eine ſogenannte Einfiedeley mit vier Pavillons umgeben, und ſelbſt die Pflanzung nach ihnen ſymmetriſch geord - net hat. Ein naher ſchoͤner Wald iſt hier ganz ungenutzt geblieben. Man liebt hier noch nicht das Freye und Edle der Natur und des Geſchmacks, und das Genie der Gaͤrtner iſt dadurch gefeſſelt.

12.

Die Solituͤde, ein beruͤhmtes Luſtſchloß, nicht weit von Stuttgard, iſt von dem jetzt regierenden Herrn Herzog von Wuͤrtemberg angelegt. Die Gaͤrten ſind noch in der Manier der vorigen Zeit*)Man hat davon einen großen topo - graphiſchen Plan von Fiſcher gezeichnet und von Abel geſtochen. Es werden auch naͤch -ſtens Abbildungen vom Luſtſchloß, vom Lorbeerſaal u. ſ. w. herauskommen.; doch ſieht man eine Menge von Obſt -baͤumen349Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. baͤumen aller Art in den Hecken angepflanzt, und die Orangerie euthaͤlt eine ſolche Menge von anſehnlichen Staͤmmen daß ſie vielleicht die groͤßte in ganz Deutſch - land iſt. Die Gebaͤude ſind hier noch merkwuͤrdiger. Das japaniſche Haus, das ſeinen Namen vielleicht nur wegen der auf ſeinem Dache unſchicklich angebrachten Figur erhielt, iſt inwendig ein ſehr feines niedliches Gebaͤude. Der Marſtall iſt wohl der praͤchtigſte in Europa; manche Fuͤrſten wohnen nicht ſo gut, als hier die Pferde. Auch der Lorbeerſaal verdient Aufmerkſamkeit wegen ſeiner Groͤße, innern geſchmackvollen Anordnung und Verzierung mit Arbeiten in Gyps, mit Vaſen und allegoriſchen Statuen. Das Luſiſchloß ſelbſt iſt zum Theil im italiaͤniſchen Ge - ſchmack, von einer etwas ungewoͤhnlichen, aber anmuthigen Architectur. Um die Hauptetage geht ein Arcadenbau[auf] deſſen mit einem Gelaͤnder umgebenem breiten Dach man uͤberall einen Austritt hat zum freyen Spaziergang und zum Genuß der weiteſten und herrlichſten Ausſichten, welche die Lage beherrſcht. Das Gebaͤude iſt mit einer großen ſchoͤnen Kupel gekroͤnt. Die Zimmer ſind alle in einem edlen und praͤchtigen Geſchmack verziert. Die Lage der Solituͤde ober uͤbertrifft faſt alles in Anſehung der Weite der Landſchaften, die man von dieſen Hoͤhe uͤberſchant, und der erſtaunlichen Mannichfaltigkeit von Gegenſtaͤnden, die das Auge an ſich locken.

Die Lage von Hohenheim, einem neuern noch beruͤhmtern Landſitz des Her - zogs, als die Solituͤde, iſt nicht ſo praͤchtig, als dieſe. Doch hat die Landſchaft umher ungemein viel Anmuthiges, und eine ſanfte ruhige Laͤndlichkeit. Die Au - pflanzungen ſo vieler Scenen und die Anlagen ſo vieler Arten von Gebaͤuden ſind uͤberaus merkwuͤrdig; doch kann ich davon keine vollſtaͤndige Beſchreibung geben, theils weil das Ganze noch jaͤhrlich erweitert wird, theils auch, weil ich das, was ich hier ſah, erſt nachher aufzeichnen konnte. *)Man weiß, daß Fremde uͤberaus ſelten zugelaſſen werden, Hohenheim zu ſe - hen. Ich hatte indeſſen die unvergeßliche Ehre, an der Seite des Durchl. Herzogs und der Frau Reichsgraͤfinn von Hohen -heim, alle Anlagen einen ganzen Nachmit - tag hindurch zu beſchen. So ſchaͤtzbar mir dieſe Stunden waren, ſo duͤrfte ich mir doch nicht erlauben, etwas auf der Stelle aufzuzeichnen.Noch wohnt der Herzog in der ſoge - nannten Meyerey; es wird noch ein Schloß angebauet, ſo wie verſchiedene andere Gebaͤude theils angefangen ſind, theils in Arbeit genommen werden ſollen. Da dieſer Herr jetzt ſo viel Vergnuͤgen an der Ruhe und den ſanften Annehmlichkeiten des Landlebens findet, und mit der Frau Reichsgraͤfinn von Hohenheim ſelbſt an den feinen Verſchoͤnerungen dieſes reizenden Luſtorts Antheil ninunt; ſo iſt die weitereX x 3Ausſuͤh -350Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Ausfuͤhrung unter mehrere Jahre vertheilt, um die Freude dieſer Beſchaͤftigungen laͤnger zu genießen.

Die Anlagen zu Hohenheim ſind eben ſo neu, als glaͤnzend. Man weiß, daß man ſich in Italien oft mitten in den Ruinen des Alterthums anbauet, oder neue Gebaͤude mit den Reſten roͤmiſcher Gebaͤude verbindet. Dieſer Idee iſt man hier gefolgt. Man ſieht hier die ſchoͤnſten Reſte von alten Gebaͤuden nachgeahmt, und dieſe ſind unmittelbar mit Saͤlen und Kabinetten, im neuern Geſchmack ange - legt und fein und praͤchtig ausgeziert, verbunden. Faſt in allen Gebaͤuden herrſcht ein ſtarker Contraſt der Uebergaͤnge; man erſtaunt, aus taͤuſchenden Ruinen, aus zerbroͤckelten Felsſtuͤcken und hangendem Gemaͤuer ſich auf einmal in glaͤnzende Pracht - zimmer verſetzt zu ſehen. Nirgends ſind wohl Ruinen ſchoͤner gezeichnet und ausge - fuͤhrt, als hier; man glaubt in der That auf italiaͤniſchem Boden zu ſtehen; alles iſt wahr und uͤberraſchend. So ſind z. B. zu den großen Ruinen am Ende der An - lagen uͤber 30,000 Fuder Tuſſtein, der ſich ſeiner Farbe und ſeines gebroͤckelten Anſehens wegen trefflich zu dieſem Bau ſchickt, von Canſtadt einige Stunden weit hieher gefuͤhrt. Die Ruinen ſind das Herrlichſte, was man ſich in dieſer Art von Nachahmung denken kann. Sie ſtellen mit ihrem großen, praͤchtigen und maleri - ſchen Waſſerfall eine Nachbildung von der beruͤhmten Scene zu Tivoli vor. Das Waſſer, das die Sonne mit ihren Strahlen verſchoͤnert, ſtuͤrzt ſich aus der Mitte der ehrwuͤrdigen Ruinen in einen tiefen ſenkrechten Fall herab, ſchaͤumt und brauſet in dem untern Theil weiter fort, und verliert ſich endlich in eine Grotte. Auf der Spitze dieſer Ruinen ſteht eine Kirche im alten gothiſchen Stil, mit ſeltenen Fen - ſtern voll Malereyen auf Glaſe, die aus den beſten Zeiten dieſer jetzt verlornen Kunſt ſich erhalten und mit Muͤhe zuſammengebracht ſind. Alle Sculpturverzierungen, aͤußere und innere, und ſelbſt der mit großen Leichenſteinen voll ausgehauener, alter, geruͤſteter Figuren bedeckte Fußboden, alles iſt wirklich aus der Zeit, Meiſterſtuͤck und Denkmal der damaligen Kunſt. Hinter der Kirche ſieht man ſeitwaͤrts das Pfarrhaus, nicht weniger taͤuſchend angelegt. Unter der Kirche laufen Kata - comben im Felſen, ganz im aͤchten Stil gebauet, und die Auszierungen mit Steinen und Inſchriſten ſind wahre Alterthuͤmer, aus Italien herbeygeholt; auf der einen Seite chriſtliche, auf der andern heidniſche Begraͤbniſſe. Man glaubt, indem die Fackel vorgetragen wird, und das Auge auf beyden Seiten herumirret, uͤberall ſieht, was Zeit und Koſtum fordern, bald eine halb zerſtoͤrte, in Stein gehauene Inſchrift, bald einen Aſchenkrug, worauf ſeitwaͤrts von oben ein ſchwaches Licht in die Daͤmme - rung hereinſchimmert, in die alten Katacomben Italiens hingezaubert zu ſeyn. Hinter351Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Hinter dieſen praͤchtigen Ruinen mit dem Waſſerfall liegt der Tempel der Sybille, meiſtens wie der zu Tivoli, erbaut. Nahe daran iſt ein neues Gebaͤude aufge - fuͤhrt, auf deſſen flachen Daͤchern in verſchiedenen Abſaͤtzen man die ſchoͤnſten und weiteſten Ausſichten genießt, und zugleich den groͤßten Theil der Anlagen uͤber - ſieht. Außer dieſen Ruinen liegen hier noch viele andre, nach Muſtern alter Reſte, gebaut. Gleich, wo wir eintraten, erhob ſich ein faſt ganz erhaltener runder Tempel aus Ruinen empor, aus welchen ſich ein Waſſerſall ſtuͤrzt, der nachher einen Bach macht, ſich anmuthig mit Geraͤuſch fortſchlaͤngelt und ſehr liebliche Scenen vollenden hilft. Sodann treibt er ein Muͤhle, ganz im Stil dieſer Gebaͤude mit gemeinen Zimmern. Wan tritt gleich darauf in ein nahes, ſchoͤnes, edles Gebaͤude, ſteigt eine Treppe zum flachen Dach hinauf, und auf einmal erblickt man hier einen Springbrunnen und eine kleine Orangerie umher. Man befindet ſich hier oben mitten in einem kleinen Garten, und wird getaͤuſcht, als ob man in Italien ſey. Ueberhaupt herrſcht durch die ganze Anlage ein Geiſt der Ueberraſchung in den Gebaͤuden, der nicht lebhafter wirken kann. Aus oͤden Ruinen tritt man auf einmal in einen runden Saal mit corinthiſchen Saͤulen und vergoldeten Kapitaͤlern, mit Deckengemaͤlden nach herculaniſchen Muſtern, mit Basreliefs von Marmor ganz im antiken Geſchmack.

Die Menge der Werke der Baukunſt, die ſchon vorhanden ſind, iſt ſehr zahlreich, indem ſie zuſammengenommen ſchon uͤber zwanzig ſteigt. Allein die Neuheit und Mannichfaltigkeit ihrer Formen und Einrichtungen macht ſie nicht weniger intereſſant, als der gute Geſchmack, womit ſie ausgefuͤhrt ſind; und wenn ſie jetzt vielleicht ihren Bezirk etwas zu uͤberladen ſcheinen, ſo wird doch in der Folge der ſtaͤrkere Anwuchs der Baͤume, Gebuͤſche und Gruppen, die ſie umgeben, die Scenen mehr ſich von einander abſondern und in ſich ſelbſt ver - ſchließen laſſen.

Außer den mancherley Nachahmungen roͤmiſcher Ruinen, außer einer treff - lich angelegten Einſiedeley und Kapelle, erblickt man hier verſchiedene laͤndliche Gebaͤude, und dieſe unterhalten eigentlich die Idee des reizenden Dorfs, die man ſich hier ſo gerne denkt. Man hat verſchiedene Bauerhaͤuſer, Schweizer - haͤuſer, ein Wirthshaus, ein Milchhaus, eine Meyerey, ein Schaͤſerhaus, eine Koͤhlerhuͤtte u. ſ. w. angelegt. Alle dieſe Gebaͤude ſind in dem aͤchten Stil ausgefuͤhrt, und die ganze innere Einrichtung, die ſelbſt auf Geraͤthſchaft und andre Beduͤrfniſſe geht, winket auf ihre Beſtimmung hin. Man ſehe z. B. dieß352Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,dieß Milchhaus, ein großes Gebaͤude mit dem kuͤhlenden Schirm eines weit uͤberhaͤngenden Daches; ein Brunnen beym Eingang iſt hier Beduͤrfniß und Erſtiſchung zugleich.

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Das Innere enthaͤlt eine niedliche Kuͤche und Kammern fuͤr Milch und Kaͤſe, demnaͤchſt einen großen Saal. Nicht weniger iſt die Koͤhlerhuͤtte in einem dichten Pappelwald eine artige Erfindung, deren aͤußeres Anſehen das Auge taͤuſcht, und deren Inneres mit einem feinen Kabinetchen uͤberraſcht, das eine ſehr ausgeſuchte Bibliothek der Frau Reichsgraͤfinn von Hohenheim ent - haͤlt. Ein ſuͤßer lieblicher Aufenthalt, der die Beſchaͤftigungen ihres Geiſtes ſchaͤtzen lehrt. Auf beyden Seiten erhaͤlt die Huͤtte ihr Licht durch zwey Fenſter; ſie lehnt ſich an den Stamm einer großen, aber abgeſtorbenen hohlen Eiche,worinn353Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. worinn ſich Kamin und Rauchloch befinden. Die Lage und aͤußere Geſtalt der Huͤtte erſcheint in dieſer Vorſtellung.

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Nicht weit davon liegt der ſogenannte amerikaniſche Garten, die reichſte und vollſtaͤndigſte Sammlung von auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, die wir in Deutſchland beſitzen,*)Ein Verzeichniß davon, das nicht verkauft wird, iſt 1780 zu Stuttgard in 8. auf 253 Seiten gedruckt. Es enthaͤlt bloß die lateiniſchen Namen mit den deut - ſchen und franzoͤſiſchen. Man findet darinn 850 verſchiedene Geſchlechter undArten aufgefuͤhrt, ohne die mancherley Ab - arten. Schon im Sommer 1783, als ich Hohenheim ſah, war die Sammlung noch uͤber 400 Arten und Abarten mehr hinaufgeſtiegen. nach dem linneiſchen Syſtem geordnet, in einem ſchoͤnen Bezirk. Man ſieht hier die ſeltenſten Arten, und freut ſich, viele Gewaͤchſe aus den entlegenſten Gegenden, ſelbſt aus den Inſeln der Suͤdſee, in dem gluͤcklichſtenFort -V Band. Y y354Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Fortwachſen unter dieſem milden Himmelsſtrich von Deutſchland zu ſehen. Der Herzog wetteifert mit der Frau Reichsgraͤfinn in der botaniſchen Vertraulichkeit mit auslaͤndiſchen Pflanzen. Dieſer Prinz, der ſo mancherley Wiſſenſchaften mit einer ſeltenen Waͤrme und Eifer zu ihrer Befoͤrderung umfaßt, machte ſelbſt eine Reiſe nach Holland und England, um die ſchoͤnſten fremden Gewaͤchſe zu ſehen und anzukaufen.

Ich fand in Hohenheim wenig kuͤnſtliche Gruppirung in den Anpflanzungen, aber reizende Spaziergaͤnge und ſchoͤne Hayne von italiaͤniſchen Pappeln, mit duf - tenden Blumengewaͤchſen und Bluͤthenſtraͤuchern durchpflanzt, belebt mit den Ge - faͤngen der Voͤgel und dem Geraͤuſch der Baͤche. Man glaubt zuweilen in den Hayn der Goͤttinn der Liebe in Cyprien hingezaubert zu ſeyn. Viele ſeine Frucht - baͤume ſind in die Pflanzungen eingeſtreut. Eine faſt unerſchoͤpfliche Quelle von Unterhaltungen ergießt ſich durch das Ganze. Man erblickt bald ein edles Monu - ment, wie das, welches Hallern gewidmet iſt; bald ein Gebaͤude, worinn Mo - delle von allen Werkzeugen des Feldbaues ſich befinden; bald Plaͤtze mit allen Arten von Baͤumen, Straͤuchern und Pflanzen, die im Wuͤrtembergiſchen wild wach - ſen; bald Reviere mit neuen Gemuͤsarten beſetzt; bald kleine Weinberge und Feigen - pflanzungen. Dazu koͤmmt die Mannichfaltigkeit von Ideen und Erinnerungen, die aus der Menge der abwechſelnden Gebaͤude entſpringen, und deren Genuß durch die ſchattigte Verſchloſſenheit rings umher und durch die ruhige Entfernung von dem Getuͤmmel der Welt ſich verſtaͤrkt. Seit etwa zehn Jahren iſt die Anlage angefan - gen; und wie viel iſt nicht in dieſem Zeitraum vollbracht! Die Neigung eines Fuͤr - ſten, zu pflanzen und zu bauen, iſt ſchon an ſich ſchaͤtzbar, weil ſie ihn angenehm und ſeine Unterthanen nuͤtzlich beſchaͤftigt; allein hier iſt ſie mehr, naͤmlich Leidenſchaft von Geſchmack geleitet, und von Kenntniſſen unterſtuͤtzt. Von der Seite der Archi - tectur, wovon der Herzog ſchon vorher ſo manche treffliche Denkmaͤler aufgeſtellt, iſt Hohenheim beſonders eine reiche Schule fuͤr den Kuͤnſtler. Nichts kann anmu - thiger ſeyn, als die mannichfaltigen, feinen und geſchmackvollen Verzierungen in den edlern Theilen der Gebaͤude. Man ſieht eine unerſchoͤpfliche Fruchtbarkeit von Bildern, und die belebteſte bluͤhendſte Phantaſie, die ſie ſchuf. Nichts Fremdes, noch Alltaͤgliches; alles ſo treffend, ſo gewaͤhlt, ſo rein, ſo einfaͤltig und doch ſo voll ſuͤßer Wolluſt, daß die Haͤnde der Grazien und Liebesgoͤtter hier im Wetteifer, ein - ander zu uͤbertreffen, geformt, gemalt und ausgeſchmuͤckt zu haben ſcheinen. Man ſehe nur das Bad, um ganz die Wahrheit dieſer Bemerkung zu empfinden. Laͤndliche Ruhe, Genuͤgſamkeit, Zufriedenheit laͤcheln in ſo manchen ſanften Scenen hervor. Und dieſe verſuͤßen hier am meiſten den Aufenthalt einer Dame voll Geiſtund355Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. und Anmuth und Adel des Herzens, die, von den Hoͤfen geliebt und von den Ge - lehrten verehrt, Geſchmack mit Beleſenheit, Weltkenntniß mit einer Sanſtmuth, mit einer Heiterkeit verbindet, die aus ihrem ſeelenvollen Auge herrſchen, Empfin - dung erregen, und ſie zugleich veredeln.

13.

Das Schloß zu Carlsruhe gehoͤrt zu den guten und fuͤrſtlichen Gebaͤuden in Deutſchland, ſowohl ſeiner aͤußern Architectur, als auch ſeiner innern Einrichtung und Auszierung wegen. Die etwas ſonderbare Anordnung, daß die von dem Hauptgebaͤude laͤngſt dem Vorhof herauslaufenden Seitenfluͤgel nicht in rechten, ſon - dern in ſtumpfen Winkeln an daſſelbe ſtoßen, hat ſchon Sulzer bemerkt. Doch macht dieſe Anordnung keinen uͤblen Eindruck; ſie giebt vielmehr, wenn man in einer gewiſſen Entfernung gegen die Mitte des Gebaͤudes ſteht, ihm ein perſpectivi - ſches Anſehen. Die Fluͤgel ſind indeſſen, wie man aus der Structur des Ganzen ſieht, erſt ſpaͤter angehaͤngt, und ohne ſie wuͤrde das Schloß ſchon ein ſchoͤnes An - ſehen haben. Nur bemerkt man, daß das Hauptgebaͤude, das gleiche Hoͤhe mit ihnen haͤlt, ſich nicht genug empor hebt. Der Thurm, der dieſer Wirkung nach - helfen koͤnnte, ſteht ganz auf der hintern Seite des Schloſſes, und weicht aus, wenn man ſich naͤhert. Der Thurm iſt inzwiſchen gut gebauet, giebt von ſeiner Hoͤhe ſchoͤne Ausſichten in die Landſchaften, und iſt der Mittelpunkt aus einer Menge von Durchſchnitten des umliegenden Waldes, von Alleen und Straßen, worinn er geſe - hen wird. Auf dem Zugange zu dem Schloſſe, das anmuthig im Garten liegt, hat man auf beyden Seiten Gartenplaͤtze mit Orangerien. Unmittelbar hinter dem Gebaͤude verbreitet ſich der Garten, und faͤngt mit Orangerie, Raſen, Blumenſtuͤ - cken und kleinen bedeckten Schattengaͤngen an. Die Anlage iſt faſt ganz im fran - zoͤſiſchen Geſchmack. Man ſieht Hecken, ſelbſt von Tannen, gerade Alleen, Bo - gengaͤnge, Gitterwerke, Springwaſſer, regulaͤre Baſſins u. ſ. w. Die Lage iſt ſehr vortheilhaft; denn, obgleich die Landſchaft nur eine Plaͤne macht, ſo ſtoͤßt der Garten doch gleich an einen ſehr großen und uͤberaus trefflichen Wald. Ja, die ganze Gegend, wo jetzt das Schloß und der Garten liegt, war ehemals Wald. Zu der Zeit, da die Anlage gemacht ward, war der Geſchmack der Gaͤrten noch wenig aufgeklaͤrt. Man trennte daher den Garten von dem Walde, anſtatt ihn damit zu verbinden, oder einen Waldgarten zu bilden; man begnuͤgte ſich, gerade, einfoͤr - mige Durchſichten durch das Holz durchzuhauen. Man ſieht noch jetzt, daß da, wo der Garten aufhoͤrt, eine Hecke ſeine Graͤnze bezeichnet, und den Anblick der ſchoͤnen Waldſtaͤmme verbirgt, deren Aeſte und Gipfel ſich hinter ihr erheben. DerY y 2Garten356Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Garten hat uͤbrigens, da, wo er nicht der alten Symmetrie folgt und heckenartig iſt, verſchiedene angenehme Parthien. Man hat eine Anlage im engliſchen Geſchmack angefangen; allein die Felshaufen, die Vertiefungen und Grotten fallen ins Klein - liche, es iſt keine Gruppirung da, die Baͤnke und Sitze ſind noch gruͤn bemalt. Indeſſen koͤnnte hier bald der angenehmſte Waldgarten gebildet werden. Denn uͤberall in den Zwiſchenraͤumen der Hecken befinden ſich reiche Baumſchulen von den ſchoͤnſten auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, die ſchon eine treffliche Hoͤhe ha - ben. Wuͤrfe man die Hecken weg, ſo wuͤrden auf einmal die anmuthigſten Pflanzun - gen, die jetzt verſteckt ſind, zum Vorſchein kommen, und koͤnnten leicht ausgebildet werden. Man ſieht hier herrliche Tulpenbaͤume, die bluͤhen und Saamen tragen, hohe Platanen, Katalpen, Gleditſien, Sumache, Robinien u. ſ. w. Die Menge der jungen Zoͤglinge koͤnnte verpflanzt zu neuen Scenen dienen. Das milde Klima beguͤnſtigt ihren gluͤcklichern Anwuchs. Man erinnert ſich indeſſen an dieſem Ort, vor allen andern Merkwuͤrdigkeiten, am meiſten daran, daß hier einer der weiſeſten und menſchenfreundlichſten Fuͤrſten wohnt, der, ganz Vater ſeiner Umer - thanen, die letzter Feſſeln ihrer Leibeigenſchaft zerbrach.

Das Schloß zu Raſtadt zeigt von außen das Gepraͤge einer reinen und edlen Architectur. Der Eingang des Hauptgebaͤudes iſt mit einer Colonnade von ſechs Saͤulen joniſcher Ordnung geziert, und daruͤber ein Altan. Das Hauptgebaͤude hebt ſich merklich zwiſchen den beyden hervortretenden Fluͤgelgebaͤuden, an deren un - term Stockwerk lange Arcaden laufen. Die hohe gebauete Auffahrt zum Schloſſe und die dabey angebrachten Verzierungen mit Statuen, ob ſie gleich ihren Vorſtel - lungen nach mehr gewaͤhlt ſeyn koͤnnten, machen mit dem Ganzen eine lebhafte Wir - kung. Man hat vor einigen Jahren dem Schloſſe einen neuen Anſtrich gegeben, und dieſer iſt, wider alle Erwartung, rothe Ziegelfarbe, ohne Unterbrechung. Der innere Hofraum iſt ganz mit Gras uͤberwachſen; ein trauriger und ruͤhrender Be - weis von der Vergaͤnglichkeit der fuͤrſtlichen Herrlichkeit. Wie glaͤnzend war ehe - mals dieſer Palaſt, als ihn Bewohnung und Feſte belebten! Allemal macht es einen ſtarken Eindruck auf die Seele, wenn man Schloͤſſer, die noch vor kurzem von der Pracht der Fuͤrſten glaͤnzten und von ihrer Freude ertoͤnten, verlaſſen, oͤde und verfallend, und ihre Vorplaͤtze in Gras und Gebuͤſche verwildern ſieht.

14.

Das Schloß des Fuͤrſten und Biſchofs zu Wuͤrzburg gehoͤrt zu den merk - wuͤrdigſten Gebaͤuden dieſer Klaſſe in Deutſchland, und wuͤrde ſelbſt in Italien alsein357Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ein wichtiges Werk der Baukunſt gelten. Mit Groͤße und Pracht verbindet es eine uͤberaus reiche Architectur. *)Eine ſehr gute Abbildung davon be - findet ſich im goekingſchen Journal fuͤr Deutſchland. 1784. 5tes Stuͤck.

Das fuͤrſtliche Luſtſchloß zu Seehof, nicht weit von Bamberg, iſt ein regu - laͤres Viereck mit vier Kupeln auf den Ecken. Der Garten iſt im alten Stil, und in ſeiner Beſchreibung macht ein feiner Kenner der ſchoͤnen Kuͤnſte, Herr Nicolai, ſehr treffende Bemerkungen. **)Reiſen durch Deutſchland und die Schweiz. 1ſter B. S. 118 122.

Die ſteife und einfoͤrmige Manier der alten Symmetrie beherrſcht noch viele Gaͤrten in Franken, und noch mehr in Bayern. Der vormals beruͤhmte Garten zu Nymphenburg enthaͤlt nichts als Alleen, Hecken, Kabinette, eine Menge von Springbrunnen, vergoldeten Statuen, Vaſen u. ſ. w. Der Kenner findet hier nichts, das ihn unterhalten koͤnnte, und eilt weiter.

15.

Die Kuͤnſte der Baukunſt, der Malerey, der Bildhauerkunſt und Kupfer - ſtecherkunſt bluͤhen lange in Churſachſen, und haben ſich hier durch Kuͤnſtler vom erſten Rang ausgebreitet. Man beſitzt und bewundert in Dresden rauſend Schaͤtze des Alterthums von Buͤſten, von Statuen, von geſchnittenen Steinen; man beſitzt und bewundert die groͤßten Meiſterwerke der neuen Malereyen aus allen Schulen der Kunſt; man hat Geſchmack und Gefuͤhl fuͤr das Schoͤne der Natur, das ſie hier in den herrlichſten Landſchaften verſchwendet. Und doch ſind bis jetzt die Gaͤrten noch groͤßtentheils unverbeſſert, und weit unter dem Ideal, wovon die Natur ſo viele rei - zende Zuͤge vorbildet.

Selbſt nach Herrn Daßdorfs Beſchreibung***)Beſchreibung der vorzuͤglichſten Merkwuͤrdigkeiten der churfuͤrſtlichen Re - ſidenzſtadt Dresden und einiger umliegen - den Gegenden. 1782. S. 681 u. ſ. w. iſt der churfuͤrſtliche Garten zu Dresden noch von allen Seiten mit einer Mauer umgeben, hat kuͤnſtlich ausge - ſchnittene Buchenhecken u. ſ. w. Der Garten des Prinzen Anton iſt neu angelegt, und hat doch noch Parterre, gerade Alleen, einen Kanal mit Buchen und Linden eingefaßt, Heckenwerk u. ſ. w. ganz in der Manier eines Architecten, der die An - lage ausgefuͤhrt hat.

Die uͤbrigen Gaͤrten bey Dresden haben außer den reizenden Ausſichten uͤber die Elbe und die umliegenden Landſchaften, außer einigen guten Statuen nichts, das ſie empfehlen koͤnnte; ſo ſehr ſind ſie jetzt noch dem alten Geſchmack unterworfen. Y y 3Nach358Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,Nach Herrn Daßdorfs Beſchreibung beſteht ihre groͤßte Zierde bloß in Buchen - hecken oder Arcaden von Haynbuchen, die ein Parterre umgeben, von welchem von allen Seiten gerade Lindenalleen ablaufen.

Indeſſen hat man doch ſchon einen Anfang zur Verbeſſerung der Gaͤrten ge - macht. Von dem churfuͤrſtlichen Garten zu Pillnitz iſt bereits ein Theil im engli - ſchen Geſchmack umgeſchaffen. Außerdem ſieht man Anfaͤnge von neuen verbeſſer - ten Anlagen zu Weſenſtein, zu Oſtra, zu Toͤbernitz, zu Thalwitz, zu Woͤlkau, zu Stoͤrmthal, zu Zſchepline.

Ein Mann von Geſchmack, der ſo viele Werke des Geſchmacks befoͤrderte*)Der Verleger dieſer Theorie, Hr. Buch - haͤndler Reich. Man ſieht von dieſer Scene ein ſchoͤn radiertes Blatt von Herrn Geyſer, das nicht verkauft wird, ſondern das Herr Reich nur ſeinen Freunden ſchenkt., hat in ſeinem laͤndlichen Garten zu Sellerhauſen bey Leipzig fuͤr zwey unſrer erſten Schriftſteller, die ſeine Freunde waren, ein verbruͤdertes Denkmal errichtet, das ſo - wohl dem Herzen deſſen, der es gab, als auch der Kunſt eines Oeſers, der es aus - fuͤhrte, Ehre macht. Es iſt eine bekraͤnzte Urne, der Palmen und Lorbeern, unter einem aufgeſchlagenen Buche, zur Seite liegen. Die Urne ruhet auf einer Saͤule, die auf einem mit Epheu bepflanzten Huͤgel ſteht, von babyloniſchen Weiden und Roſen umgeben. Auf der einen Seite iſt Gellerts, und auf der andern Sulzers mit Kraͤnzen umwundenes Bildniß eingehauen. Das Ganze iſt aus ſaͤchſiſchem Marmor gearbeitet, und die Scene uͤberaus maleriſch.

Aus den Gaͤrten bey Leipzig hebt ſich das neue Gartenhaus des Herrn Loehr, von Herrn Dauthe erbauet, mit einer ſehr edlen Architectur hervor.

16.

Die Gaͤrten um und in Berlin ſind, nach einer ſehr genauen Beſchreibung,**)S. Herrn Nicolai Beſchreibung von Berlin und Potsdam. Neue Ausgabe 1779. 2ter B. S. 699 u. ſ. w. durchgaͤngig noch im alten Geſchmack. Doch zeichnet ſich der Garten der Prinzeſ - ſinn Amalia aus, der weitlaͤuftig und kuͤrzlich nach der verbeſſerten Manier umge - bildet iſt. Eben ſo der Garten des großen Staatsminiſters, Freyherrn von Zedlitz, der neu angelegt ein Denkmal von der Feinheit des Geſchmacks ſeines Beſitzers dar - ſtellt. Auch iſt der graͤfliche ſchulenburgiſche Garten ſehr angenehm, den der engliſche Geſandte, Herr Harris, verbeſſerte. Indeſſen ſind in Berlin viele Gaͤrten ſchaͤtzbar durch die trefflichſten Fruchtarten, ſchoͤne Blumenfloren und eine Menge auslaͤndiſcher Gewaͤchſe. So ſehr man auch mit dem duͤrren Sandbodendieſer359Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. dieſer Gegenden zu kaͤmpfen gehabt, ſo iſt doch die oͤkonomiſche Gaͤrtnerey zu einer großen Vollkommenſchaft empor gefliegen. Mit der muͤhſamſten Cultur iſt ſeit etli - chen funfzig Jahren der todte Flugſand mit nuͤtzlichen und ſchoͤnen Gewaͤchſen belebt.

Sansſouci hat nach dem Geſchmack der vorigen Zeit alle Pracht eines koͤnig - lichen Gartens. Man bewundert hier einen Antikentempel voll herrlicher Alterthuͤmer, einen Obelisk, ein Portal mit korinthiſchen, und eine Grotte von Marmor mit jo - niſchen Saͤulen; marmorne Baſſins, Terraſſen und Treppen und Alleen, und eine Colonnade, alles voll Statuen, Buͤſten und Vaſen; Mauern mit Perlemutter, Bergkryſtall, aͤchten Korallen und Muſcheln ausgelegt. Die Statuen ſind theils vortreffliche Antiken, die an die alte Geſchichte und Mythologie erinnern, theils neue Bilder von den groͤßten Kuͤnſtlern verfertigt. Die Laubengaͤnge und kleinen Luſt - waͤlder haben uͤberall Statuen und Buͤſten, die Kabinette eiſerne Gitterwerke und vergoldete Zierrathen; und eine hollaͤndiſche Parthie iſt voll Glaskorallen und Por - cellan. Die große Menge von Werken der Kunſt uͤberdeckt den Garten, und ver - draͤngt faſt die Natur. Die Pflanzungen ſind in Sternaͤlleen, in Sallons u. ſ. w. gezwungen. Anmuthiger durch Natur iſt der ſogenannte Reh - oder Faſanengarten, ein Wald, der nur durch die Kunſt etwas geluͤſtet und geordnet ward, und eine Menge von Faſanen enthaͤlt. Dieſer Park iſt in einem großen Geſchmack angelegt, mit vielen amerikaniſchen und andern fremden Gewaͤchſen beſetzt, voll vortrefflicher Stellen. Neben einem geraden Hauptweg ſind zu beyden Seiten geſchlaͤngelte Gaͤnge, die ſich durch Hayne von den ſchoͤnſten Baͤumen winden, oft unerwartet zu großen und reizenden Anlagen bringen, und hin und wieder Ausſichten auf Wie - ſen, Waſſer und Huͤgel eroͤffnen.

Von verſchiedenen andern Gaͤrten, die in den preußiſchen Staaten liegen, hat Herr Bernoulli*)In ſeiner Sammlung kurzer Reiſebeſchreibungen. Grundriſſe bekannt gemacht, welche Fortſchritte der verbeſ - ſerten Gartenkunſt zeigen, die von den alten ſymmetriſchen Anlagen ausgehen, ſich doch aber auch hie und da wieder in ſie verirren.

Vier Meilen von Breslau hat der in Schleſien dirigirende Staatsminiſter Herr von Hoym, ein geſchmackvoller Gartenfreund, auf ſeiner Herrſchaft Dyher - renfurth einen Garten in der verbeſſerten Manier angelegt.

In der Gegend von Bunzlan hat der Herr Graf von Solms und Tecklen - burg zu Klitzſchdorf eine ſchoͤne Anlage angefangen, die nach den Einſichten dieſes Kenners ein vortreffliches Ganze erwarten laͤßt.

Zu Hirſchberg hat der Stadtdirector, Herr Schoͤnau, ein verdienſtliches Werk fuͤr ſeine Mitbuͤrger ausgefuͤhrt, indem er einen Galgenberg, der die herr -lichſten360Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,lichſten Ausſichten auf das Rieſengebirge hat, in einen angenehmen Volksgarten verwandelte. *)Eine Beſchreibung davon findet ſich in meinem Gartenkalender auf 1785.

17.

Dem neuen herzoglichen Garten zu Gotha, einem der vorzuͤglichen in ganz Deutſchland**)S. 4ten B. S. 234 238., verdient noch die kleine reizende Anlage beygefuͤgt zu werden, die von der regierenden Frau Herzoginn, einer feinen Kennerinn der Kuͤnſte, angelegt iſt. Außer den maleriſchen Ausſichten in eine von der Natur und dem Anbau reich ge - ſchmuͤckte Ebene, und außer den anmuthigen Luſtgebuͤſchen, Gaͤngen und verſchie - denen Scenen, erblickt man hier noch beſonders mit Vergnuͤgen das Wohngebaͤude, das die Geſtalt einer Kapelle im altgothiſchen Geſchmack hat. ***)Eine Abbildung davon iſt im Gar - tenkalender auf 1782 zu ſehen.

Der Garten zu Woͤrlitz bey Deſſau gehoͤrt, im Ganzen betrachtet, zu den edelſten Anlagen in Deutſchland, wie der Beſitzer zu den beſten Fuͤrſten, ein Vater ſeiner Unterthanen, ein Freund der Menſchen und ein Kenner der Kuͤnſte. Er hat ſein Land mit Gebaͤuden und Gaͤrten verſchoͤnert, die lange Denkmaͤler ſeines eben ſo feinen als maͤnnlichen Geſchmacks ſeyn werden. Das Landhaus iſt ſehr ſchoͤn, in einem edlen Stil, der, einige Kleinigkeiten ausgenommen, mit einer reizenden Har - monie im Ganzen und in einzelnen Theilen herrſcht. Der Garten hat allerdings auch viele Schoͤnheiten, die zum Theil ein Werk der Ueberlegung ſind, zum Theil aber der Lage und den zufaͤlligen Umſtaͤnden zugehoͤren. Er iſt ganz zu der Klaſſe der angenehmen zu rechnen, reich an Munterkeit und Heiterkeit der Durchſichten. Der Fluß mit ſeinen verſchiedenen abgeleiteten Gewaͤſſern, die Inſeln, die Bruͤcken, die Ueberfahrten, die Pflanzungen, und die in freyen und edlen Wendungen zwiſchen ihnen fortlaufenden Gaͤnge wetteifern, die Reize dieſes Gartens zu vollenden. Nur Schade, daß er anfaͤngt, ſich hie und da in das Seltſame zu verirren. Man braucht den rohen Eiſenſtein ſo haͤufig, und verſucht dadurch Felſen nachzuahmen, oder bringt ihn mit behauenen Steinen oder platten Waͤnden in einen ganz beſondern Contraſt. Auch liebt man das Gothiſche mehr, als der Charakter der Anlage zu verſtatten ſcheint; faſt alle Gebaͤude, große und kleine, werden nach dieſer Bauart aufgefuͤhrt. ****)Eine ausfuͤhrliche Beſchreibung des Gartens iſt lange angekuͤndigt, undwird auch vielleicht erſcheinen. Indeſſen ſind eben jetzt fuͤnf große und ſchoͤne Ku - pfertafeln vorausgegangen, welche den Plan des Gartens, den Aufriß, Grund - riß und Durchſchnitt des Landhauſes und einige Theile der Architecturverzierungen vorſtellen.

18. Die361Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

18.

Die Gaͤrten in Oeſterreich fangen ebenfalls an, ſich aus der alten Symme - trie zu dem reinen Geſchmack der Natur emporzuheben. Zwar liegt der Garten bey dem beruͤhmten kaiſerlichen Luſtſchloß Schoͤnbrunn, den Herr Nicolai*)Reiſe durch Deutſchland. 3ter B. S. 85 94. mit dem Gebaͤude genau und lehrreich beſchreibt, mit ſeinen Faͤcherbaͤumen und Heckenwaͤnden noch in unnatuͤrlichen Quadratformen.

Indeſſen laͤßt jetzt der Kaiſer zu Laxenburg einen neuen ſchoͤnen Garten, der vor einigen Jahren angefangen iſt, in einem edlen Geſchmack anlegen. Ein großer, mit Farben erleuchteter Plan**)Er wird nicht verkauft, ſondern verſchenkt., der die Erweiterungen von 1782 und 1783 ent - haͤlt, zeigt ſchon vortreffliche Stellen in dieſen Anlagen. Das Waſſer verbreitet ſich in ſchoͤnen Wendungen, und die weit ausgedehnten Raſen machen mit den großen Gruppen und Pflanzungen, die auf ihnen in abwechſelnden Geſtalten erſcheinen, einen ergoͤtzenden Anblick. Ohne Zweifel werden ſich dieſe Anlagen mehr erweitern und ausbilden, wenn der Monarch zu den ſanften Geſchaͤften des Friedens ganz wieder zuruͤckkehren kann.

Der neue Garten, den der Feldmarſchall, Graf Laſcy, zu Neuwaldeck in einer vormals wilden Gegend anlegen laſſen, iſt nicht weniger durch ſeinen Beſitzer, als durch die vielen Schoͤnheiten der Natur und des Geſchmacks beruͤhmt, die ſich in ihm verbreiten. Die bergigte Lage giebt ihm die Annehmlichkeiten der Waſſerfaͤlle und weiter, herrlicher Ausſichten. Eine ſchoͤne Beſchreibung hat Herr Nicolai davon ge - geben***)Reiſen durch Deutſchland. 3ter B. S. 104 115. Außer den auch von HerrnNicolai angefuͤhrten 4 Blaͤttern, die 1782 erſchienen, und Ausſichten von Reuwal - deck vorſtellen, geht noch von eben dem Jahr ein Grundriß dieſes Gartens aus von Mansfeld geſtochen., die hier nicht wiederholt werden darf, da ſie in den Haͤnden aller Leute von Geſchmack iſt. Indeſſen erſcheinen doch in dieſem Garten, worinn die waldigten Hoͤhen, die Wildbahnen und Raſen ſich ſo trefflich auszeichnen, einige Stellen, die der Kenner wegwuͤnſcht, z. B. ſymmetriſche Hecken mit einer Waſſerkunſt in der Mitte, Baumpflanzungen nach der Schnur, franzoͤſiſche Parterre, Rouſſeau’s Grab, das man hier nicht ſucht. Der Tempel der Diana ſchickt ſich dagegen ſehr gut zu Waldbergen voll Wild, und die Statue des ruhenden Mars, ſo wenig auch ſonſt dieſer Gott in Gaͤrten gehoͤrt, wird hier anſtaͤndig, da ſie auf die holde Ruhe des Frie - dens winkt, die ein großer Held an dieſem Orte unter den laͤndlichen Schatten genießt.

CobenzelsV Band. Z z362Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Cobenzels Hof bey Wien iſt ein Garten von der romantiſchen Gattung, den der Vicekanzler, Herr Graf von Cobenzel in einer ſchmalen und wilden, von hohen Bergen umgebenen Schluſt, 1778 mit wenigen Verbeſſerungen ausgebildet hat. Die Beſchreibung, die Herr Nicolai davon giebt*)Reiſen, 3ter Th. S. 116 118., iſt ſo ſchoͤn, und ſtellt eine ſo reizende Anlage dar, daß ich verfuͤhrt werde, ſie hier wieder zu geben, zumal da ro - mantiſche Gaͤrten doch immer zu den ſeltenen gehoͤren.

Das Haus iſt nur ſehr klein, ſagt er, aber niedlich. Es liegt auf einer klei - nen Anhoͤhe, zwiſchen hohen bewachſenen Bergen, in einer angenehmen Wildniß. Nahe an demſelben geht man zuerſt auf verſchiedenen Wegen, die rund um die Anhoͤhe, worauf das Haus ſtehet, laufen, wo bey jeder Wendung Baͤnke zum Ausruhen ſind, nach und nach ins Thal hinunter. Man geht alsdann links uͤber einen Steg, und ſo wieder nach und nach bergan durch den wilden Wald hindurch. Man kommt alsdann rechts wieder fanſt herab, neben einem klaren Bache, in welchen in kleinen Entfernun - gen glatte Steine gelegt ſind, damit er rieſelnd herunter falle. Endlich erblickt man einen hohen gruͤn bewachſenen Huͤgel. Oben auf demſelben liegt ein Hund in einem Haͤuschen, der aber die Wanderer ohne Bellen weiter gehen laͤßt. Auch geht der Weg nicht den Huͤgel hinau, ſondern man geht tiefer herunter zu einem dunkeln Eingange, der ſich etwas windet, und noch dunkler wird. Mit einem mal faͤllt von oben Licht hinein, und man befindet ſich in einer ziemlich hohen gewoͤlbten Grotte, welche aus rohen Sandſteinen ſo zufammen gebauet iſt, als ob ſie aus dem Felfen gehauen waͤre. In derſelben iſt eine lebendige, beſtaͤndig ſprudelnde Quelle, welche ein ziemliches Be - cken voll ſehr klaren Waſſers macht. Daran ſind ſteinerne Stufen angebracht, ſo daß man, ſo tief man will, zum Baden hineinſteigen kann. Neben der Quelle ſtellt ein breiter Stein einen Tiſch vor. Auf demſelben lag eine Stelle, aus Wielands Oberon, Alfons uͤberſchrieben, auf einem Bogen beſonders abgedruckt. Nach - dem wir uns in dieſer angenehmen Grotte eine Zeitlang verweilt, und beſonders in dieſem reizenden Aufenthalte die ſchoͤne Stelle aus dem Oberon, die wir ſo unver - muthet und zu ſo gelegener Zeit fanden, nicht ungelefen gelaſſen hatten; giengen wir weiter, und kamen an einen kleinen Waſſerbehaͤlter, in welchem eine lebendige Quelle aus einem Steine ſpringt. Wir giengen nun herunter, und fanden noch zwey kleine Waſſerbehaͤlter, welche Kaskaden machten. Von da ſtiegen wir wieder einige ſtei - nerne Staffeln hinauf, und kamen in einen dunkeln Weg, der am Berge herum und neben einem Eiskeller vorbeyfuͤhrte. Und nun, indem wir noch etwas hinauf ſtiegen, und uns wendeten, waren wir mit einem mal aus der dunkeln einſamen Gegend heraus, und befanden uns in einem Thale, rund herum mit Bergen umkraͤnzt, welche dichtmit363Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. mit hoch belaubten Baͤumen befetzt ſind. Vor uns war ein Teich, auf welchem Schwaͤne, tuͤrkiſche Enten, und anderes Gefluͤgel ſchwamm; und wir erblickten wieder das Wohnhaus auf der Anhoͤhe, welches eine ſchoͤne Wirkung that, nachdem wir ſo lange in romantiſchen einſamen Gaͤngen herumgewandelt hatten. Von da giengen wir nach einer kleinen Faſanerie, in deren Nachbarſchaft eine artige kleine engliſche Pflanzung von allerhand auslaͤndiſchem Buſchwerk angelegt iſt, und ſo ka - men wir wieder nach dem Wohnhauſe zuruͤck. So klein verhaͤltnißmaͤßig dieſe An - lage iſt, ſo anmuthig iſt ſie. Die natuͤrliche Lage der Gegend iſt hier ſehr zu Huͤlfe gekommen; aber ſie iſt mit großem Verſtande gebraucht, ſo daß dieſe Anlage ein Muſter iſt.

Naͤchſtdem ruͤhmt Herr Nicolai das Landhaus des Fuͤrſten von Kaunitz - Rittberg als das einfachſte und angenehmſte unter allen uͤbrigen in den Vorſtaͤdten von Wien.

Auch verdienen die reizenden Luſtgebuͤſche und Spaziergaͤnge des neuen Gartens erwaͤhnt zu werden, den Herr Hofrath von Spielmann in Wien angelegt hat.

Wer uͤbrigens ſowohl von den Wiener Schloͤſſern und ihrer Auszierung, als auch von den ihnen zugehoͤrigen Gaͤrten, die noch ganz im alten Geſchmack angelegt, aber zum Theil durch ſchaͤtzbare Sammlungen ſeltener auslaͤndiſcher Gewaͤchſe merk - wuͤrdig ſind, umſtaͤndliche Nachrichten wuͤnſcht, fuͤr den hat Herr Bernoulli in ſeiner Sammlung kurzer Reiſebeſchreibungen geſorgt. *)14ter B. S. 3 96. Man ſehe auch den 12ten B.

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Z z 2Beſchluß.364Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten ꝛc.

Beſchluß.

Hier iſt der ruͤhrende Augenblick, da ich euch verlaſſen ſoll, unſchuldige Ge - ſpielinn meiner Jugend, holdſelige Natur, und du, ihre juͤngſte Tochter und Schuͤ - lerinn, ſchoͤne Gartenkunſt, beſte Geſellſchafterinn meiner maͤnnlichen Jahre. Wie der Braͤutigam, ſeine junge Verlobte, von der ihn das Schickſal ſich trennen heißt, mit der Thraͤne der Zaͤrtlichkeit noch einmal anzublicken, mit der lauten Sehnſucht nach der Wiederumarmung noch einmal nach ihr zuruͤckzuſchauen, vor den Augen der umſtehenden Freunde nicht erroͤthet; ſo ſcheide ich jetzt von dir, geliebte Gartenkunſt, Schoͤpferinn der ſuͤßeſten, der edelſten, der beſtaͤndigſten Freuden, die auf der Bahn des Lebens bluͤhen, der Freuden fuͤr jedes Alter, fuͤr jeden Stand, fuͤr jede Situa - tion des Menſchen, der Freuden, die der Buͤrger mit den Koͤnigen theilt. Schoͤne, durch alle Jahrhunderte nie verbluͤhende, alle empfindende Nationen immer entzuͤ - ckende Natur, die du fuͤr den Menſchen ſo reizend biſt, und fuͤr die der gute Menſch ſo fuͤhlend iſt, o! du, die ihn ergoͤtzt und ihn troͤſtet, die ihn erquickt und ihn be - lehrt, die ihn bildet und ihm durch tauſend abwechſelnde Auftritte Befriedigung aller Beduͤrfniſſe, Unterhaltung aller Empfindungen entgegentraͤgt laß dir dieß Werk gefallen, das ſich beſtrebte, die Kunſt der Gaͤrten zu dir, ihrer wahren Lehrerinn, zuruͤckzufuͤhren, von dem eiteln Pomp und von dem falſchen Wahn, der ſie von dir trennte. Und indem du durch Wahrheit, durch Einfalt, durch Grazie herrſcheſt und alle deine Bildungen mit ihrem Geiſte belebſt, ſo ſchlage durch ihr maͤchtiges Gefuͤhl das letzte Vorurtheil der Zeit nieder, laß den gereinigten Geſchmack auf dei - nen Fluͤgeln ſiegreich emporſteigen, und uͤberall die große Erfahrung verbreiten:

Gott ſchuf die Welt, und der Menſch verſchoͤnert ſie.

Verzeich -
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365

Verzeichniß der Kupferverzierungen.

  • Nr. 1. Tempel des Morgens, von Herrn Schuricht. Seite 7.
  • Nr. 2. Ein dem Morgen geweiheter Tempel, von Herrn Weinlig. S. 9
  • Nr. 3. Ein frey ſtehender Speiſeſaal, von Herrn Weinlig. S. 13.
  • Nr. 4. Ein freyes Bad, von Herrn Brandt. S. 14.
  • Nr. 5. Tempel des Abends, von Herrn Schuricht. S. 19.
  • Nr. 6. Pavillon, dem Abend gewidmet, von Weinlig. S. 21.
  • Nr. 7. Windthurm, der Mitternacht und Aſtronomie gewidmet, von Weinlig. S. 24.
  • Nr. 8. Luſtſchloß von Brandts Erfindung in einem praͤchtigen Charakter, mit zwey zuruͤckſtehenden Seitenfluͤgeln. S. 31.
  • Nr. 9. Luſtſchloß von Herrn Schurichts Erfindung im praͤchtigen Styl. S. 32.
    • Die Wohnungen der Gaͤſte, Officianten und Bedienten, wie auch Konditerey, Kuͤchen und Staͤlle koͤnnen in kleine umliegende Gebaͤude vertheilt werden, wovon jedes nach ſeinem Ge - brauch zu charakteriſiren iſt. Der Grundriß zeigt 1. Veſtibule, Seite der Damen. 2. 3. 4. Vor - zimmer und Garderoben. 5. Ein von oben erleuchteter Gang, der zu den 6. 7. 8. 9. Spiel - und Gartenzimmern fuͤhrt. 10. Buffets. 11. Boudoir. 12. Schlafzimmer. 13. Toilette. 14. Wohnzimmer. 15. Schreibcabinet. 16. Geſellſchaftszimmer von oben erleuchtet. 17. 18. 20. 21. 23. 24. 25. 26. Geſellſchaftszimmer. 19. Bildergallerie. 22. großer Saal von oben erleuchtet. Seite des Herrn. 27. 28. Bibliotheken von oben erleuchtet. 29. 30. Vorzimmer. 31. Wohnzimmer. 32. Schlafzimmer. 33. Schreibcabinet. 34. Serre Papier. 35. von oben erleuchteter Coridor. 36. 38. 40. 42. Spielcabinets. 37. 39. 41. Buffets.
  • Nr. 10. Luſtſchloß von Herrn Schuricht, in einem weniger praͤchtigen Styl als Nr. 9. S. 33.
    • Vor dem ganzen Gebaͤude auf der Hofſeite laͤuft ein bedeckter Saͤulengang vorbey, der auf beyden Seiten an kleine Gebaͤude anſtoͤßt, worinn die Officen - Gaͤſte - und Officianten - Wohnungen liegen, aber aus Mangel des Raums hier nicht angegeben werden konnten. Vor dem Hof macht dieſer Gang ein großes Portal, durch welches man auf einen Appareil in den Hof faͤhrt. Grundriß. 1. Beſtibule. Zu den Seiten der Damen geboͤren: 2. 3. Vorzimmer. 4. Vorhaus. 5. Vorzimmer. 6. 7. Garderoben. 8. Schlafzimmer. 9. Wohnzimmer. 10. Viſitenzimmer. 11. Cabinet. Zu des Herrn Seite. 22. Vorhaus. 23. 24. Vorzimmer. 25. Garderobe. 26. Schreibcabinet. 27. Schlafzimmer. 28. Serre Papier. 29. Wohn - zimmer. 12. Tanzſaal mit zween großen Niſchen fuͤr die Buffets und einem in der Hoͤhe erbauten Orcheſter. 21. Speiſeſaal. 13. 20. Beſtibule in Geſtalt runder Tempel. 14. 15. 17. 18. 19. Geſellſchaftszimmer. 16. Saal.
  • Nr. 11. Luſtſchloß von Brandt, in einem weniger praͤchtigen Styl als Nr. 8. S. 34.
V Band. A a aNr. 12.366Verzeichniß
  • Nr. 12. Landhaus von Herrn Schuricht, in einem edlen Styl. S. 37.
    • Dieſes Gebaude beſteht aus einem Souterrein, Bel-Etage und Dachgeſchoß. Es iſt zur Landwohnung eines Generals beſtimmt, wohin die Verzierung der Fagade mit Armaturen und des Einganges mit zwey ſchlafenden Loͤwen zielt. Ueber dem Eingange und der Freytreppe ſteht noch ein gemauertes Entrefol. Auf der Gartenſeite macht der große Perron, der zwiſchen den Fluͤgeln eingeſpannt iſt, eine Art von Terraſſe. Grundriß. 1. Veſtibule. 2. Vorzimmer. 3. Schreibcabinet. 4. Schlafzimmer. 5. Wohnzimmer. 6. Cabinet. 7. Vorzimmer. 8. Garderobe. 9. Beſuchzimmer. Alle fuͤr den Herrn Fuͤr die Frau ſind: 14. Vorzimmer. 15. 16. Garderobe. 17. Spielcabinet. 18. Beſuchzimmer. 19. Wohnzimmer. 20. Schlaf - zimmer. 21. Boudoir. 11. Saal. 10. 12. 13. Geſellſchaftszimmer.
  • Nr. 13. Kapelle von der Erfindung des franzoͤſiſchen Architecten Peyre aus ſeinen Oeuvres d’Architecture. fol. Paris 1765. S. 39.
  • Nr. 14. Kapelle zu Gibſide in Durham aus des engliſchen Architecten Paine Plans, Elevations and Sections of Noblemen’s and Gentlemen’s Houſes etc. S. 40.
  • Nr. 15. Landhaus im edlen Styl, von der Erfindung des engliſchen Architecten Swan. S. 46.
    • Aus ſeiner Collection of Deſings in Architecture, containing new Plans and Elevations of Houſes &c. fol. 2 Vol. London. Dieſes Werk, wovon jeder Band 60 Kupfertafeln hat, iſt deswegen merkwuͤrdig, weil es eine Menge Grundriſſe und Aufriſſe von Haͤuſern und Villen fuͤr Privatperſonen in einem einfachen und reinen Styl enthaͤlt.
  • Nr. 16. Kleines Landhaus oder Sommerhaus aus Swan’s Architecture. S. 51.
  • Nr. 17. 18. 19. Drey verſchiedene Landhaͤuſer in einem aufſteigenden Styl, fuͤr Buͤr - ger und Privatperſonen, von Herrn Schurichts Erfindung. S. 56. 57. 58.
    • Nr. 17. Eine bequeme Ville. Im untern Stockwerk 1. der Saal. 2. Cabinet zum Schenk - tiſch oder Spiel. 3. Kuͤche. 4. Speiſegewoͤlbe. 5. Stuͤbchen fuͤr Kuͤchenleute oder Geſinde. In dem obern Stockwerk 6. Schreibcabinet. 7. Schlafzimmer. 8. Wohnzimmer. 9. Speiſe - zimmer. 10. Cabinet. 11. Flur, die, wenn die Treppe Thuͤren bekommt, geheizt werden kann. 12. Schlafkaͤmmerchen fuͤr einen Bedienten. Im Dachgeſchoß koͤnnen Stuben fuͤr Do - meſtiken und Vorrathstammern angelegt werden.
    • Nr. 18. Eine etwas groͤßere Privatwohnung auf dem Lande. Sie beſteht aus einem Sou - terrein fuͤr die Officen, Bel-Etage, und Entreſol fuͤr die Familie und Officianten. Die hier gezeichnete Ausſicht iſt von der Hoſſeite. Der Grundriß iſt von der Bel-Etage. Durch eine Thuͤre im Erdgeſchoß kommt man in das 1. Vorhaus, aus welchem man auf doppelten Treppen beyderſeits in die 2. und 12. Vorzimmer geht. 3. Cabinet. 4. Wohnzimmer. 5. Schlafzimmer. 6. Beſuchzimmer, alle vier fuͤr den Herrn. 7. Speiſeſaal. 8. Beſuchzimmer. 9. Wohn - zimmer. 10. Schlafzimmer. 11. Cabinet, alle vier fuͤr die Frau. 13. Kammer fuͤr die Kammerjungfer.
    • Nr. 19. Ein noch groͤßeres Landhaus. Es beſteht aus Parterre, Bel-Etage und Entreſol. Das erſte iſt mit einem bedeckten gewoͤlbten Gange umgeben, welcher in der Bel-Etage eine freye Gallerie um das Haus herum macht, auf welche man durch die Seitenthuͤre des Saalsund367der Kupferverzierungen. und des Veſtibuls kommt. Die Ausſicht iſt von der Gartenſeite genommen. 1. Veſtibule mit einer Doppeltreppe. 2. Vorzimmer. 3. Schlafzimmer fuͤr einen Bedienten. 4. Cabinet. 5. Schlufzimmer. 6. 7. 9. 10. Geſellſchaftszimmer. 8. Saal. 11. Kuͤche. 12. 13. Speiſege - woͤlber. 14. Kuͤchenſtube. 15. Kammer fuͤr den Koch.
  • Nr. 20. Landhaus fuͤr eine Privatperſon aus Swan’s Architecture etc. S. 59.
  • Nr. 21. Landhaus fuͤr eine Privatperſon, etwas edler, als das vorhergehende, von Swan’s Erfindung. S. 62.
  • Nr. 22. Landhaus fuͤr einen Privatmann, von J. Carter’s Erfindung. Aus dem Builder’s Magazine etc. by a Society of Architects. 4. London. 1774. 2 Vol. S. 64.
    • Der erſte Band dieſes an Materie und Kupfern ſehr reichen und ſchaͤtzbaren Werks giebt einen richtigen Architecturbegriff in alphabetiſcher Ordnung und die Erklaͤrung der Kupfertafeln. Dieſe fuͤllen den zweyten Band und enthulten Grundriſſe, Aufriſſe und Durchſchnitte von einer großen Menge von Gebaͤuden aus allen Gattungen, beſonders von Landhaͤuſern und Garten - gebaͤuden.
  • Nr. 23. Waldhaus von J. Carter’s Erfindung aus dem Builder’s Magazine. S. 67.
  • Nr. 24. Ein gothiſcher Tempel eben daher. S. 84.
  • Nr. 25. Tempel der Geſundheit, von Herrn Schuricht gezeichnet. S. 89.
  • Nr. 26. Ein Speiſeſaal zu Forcett in Yorkſhire, vom Architecten J. Paine. S. 91.
  • Nr. 27. Ein freyes Luſtgebuͤſch von Herrn Brandts Zeichnung. S. 101.
  • Nr. 28. Carrouſſel von Wilhelmsbad, ein engliſches Blatt. S. 103.
    • Der Abdruck dieſes Kupfers ſollte Seite 105 ſtehen.
  • Nr. 29. Vorplatz des Landhauſes zu Weſt-Wycomb in Buckſhire, nach Hannan und Woollet. S. 120.
  • Nr. 30. Vorplatz des Landhauſes zu Coombank in Kent, nach Woollet. S. 125.
  • Nr. 31. Kleine laͤndliche Meyerey, von Herrn Brandts Erfindung. S. 145.
  • Nr. 32. Laͤndliche Bruͤcke zu einer Fiſcherhuͤtte von eben demſelben. S. 152.
  • Nr. 33. Eine ſolche zu einen Thiergarten, von ebendemſelben. S. 157.
  • Nr. 34. Eine Schweizergegend mit einzelnen Bauerhaͤuſern nach der im Canton Bern uͤblichen Bauart, von Herrn Prof. Zingg in Dresden. S. 165.
  • Nr. 35. Eine Landſchaft mit ſchoͤnen Lagen fuͤr Landwohnungen, von Brandt. S. 170.
  • Nr. 36. Eine laͤndliche Huͤtte, von Herrn Schuricht. S. 175.
  • Nr. 37. Monument von Rouſſeau. S. 262.
  • Nr. 38. Nuneham. Landhaus in einer reizenden Lage. S. 275.
  • Nr. 39. Kilcairn oder Kilchurn. Landhaus in einer melancholiſchen Lage. S. 276.
  • Nr. 40. Strath-Tay. Landhaus in einer romantiſchen Lage. S. 277.
A a a 2Nr. 41.368Verzeichniß der Kupferverzierungen.
  • Nr. 41. Alnwick. Landhaus in einer feierlichen Lage. S. 278.
  • Nr. 42. Grundriß des neuen Sommerſchloſſes der Herzoginn von Braunſchweig. S. 317.
    • Die beyden Saͤaͤle A und B gehen durch beyde Geſchoſſe. Die Veſtibule C desgleichen. Um in der zweyten Etage nach der noͤrdlichen Seite zu kommen, iſt eine Gallerie bey D an - gebracht.
  • Nr. 43. Landhaus Caſtle-Howard in Yorkſhire, aus den New Display of the Beau - ties of England. S. 320.
  • Nr. 44. Landhaus zu Wentwort in Yorkſhire, eben daher. S. 327.
  • Nr. 45. Milchhaus zu Hohenheim. S. 352.
  • Nr. 46. Koͤhlerhuͤtte zu Hohenheim. S. 353.
  • Nr. 47. Landhaus zu Moor-Park bey Rickmanns-Worth in Hertfordſhire, aus den New Display of the Beauties of England. S. 363.
  • Nr. 48. Scenen aus dem Park des Barons Daſhwood zu Weſt-Wycomb in Buckſhire, nach Woollet. S. 364.
Verzeich -[369]

Verzeichniß der vornehmſten Materlen und Kupferabbildungen aller fuͤnf Baͤnde.

A.

  • Abend, Abbildung eines demſelben ge - weiheten Tempels, V, 19. eines ſol - chen Pavillons, 21.
  • Abendgarten, V, 15.
  • Aetna, daſige Ausſichten, IV, 121.
  • Akademiſche Gaͤrten, V, 74.
  • Alcinous, ſeine Gaͤrten, I, 10.
  • Algier, Gaͤrten daſelbſt, I, 107.
  • Allee, II, 64 70.
  • Alnwick, Beſchreibung, V, 277. Abbil - dung des daſigen Landhauſes 278.
  • Amerikaniſche Gewaͤchſe, ihre Vorzuͤge, IV, 10.
  • Angenehme Gegend, I, 210.
  • Anmuthigkeit, landſchaftliche, I, 174 176. der Lage der Landhaͤuſer, III, 10 12.
  • Anhoͤhe, ihr Charakter I, 190. 191.
  • Anordnung der Landhaͤuſer, III, 16 25. der Baͤume und Straͤucher, IV, 48.
  • Anſtrich der Gartengebaͤude, III, 45.
  • Aranjuez, Garten, I, 49, 50.
  • Arnouville, daſiger Park, V, 259.
  • Aſchaffenburg, daſige Gaͤrten, V, 330.
  • Aſchberg, Garten, I, 75 81.
  • Auguſtenburg, daſiger Garten, IV, 182.
  • Außenſeite, der Landhaͤuſer, III, 21.
  • Ausſichten, ihre verſchiedenen Charaktere, I, 203 207. auf dem Meerbuſen von Neapel, als ein Beyſpiel des Con - traſtes, I, 180. 181. auf dem Berge Chaumont bey Neuſchatel, I, 195 197. vom Aetna, als ein Beyſpiel des Erha -benen, I, 203 205. bewegliche oder belebte Ausſichten, I, 171 173. 206. wie ſie auzulegen, IV, 54.

B.

  • Babylaniſche Gaͤrten, I, 7. 8.
  • Bach, Charakter und Bildung deſſelben, II, 110 113.
  • Bad, Abbildung eines freyen, V, 14.
  • Badhaus, III, 39. Abbildung eines, IV, 154.
  • Baum, einzelner, II, 31 33. ihre Anord - nung, 63.
  • Baumgruppen, II, 33 37.
  • Baͤume, ihre neue gartenmaͤßige Einthei - lung, II, 14 24. wie ſie in Gruppen zu ordnen, IV, 61.
  • Begraͤbnißoͤrter, Gaͤrten dabey, V, 117.
  • Belleisle, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 75.
  • Berggaͤrten, ihre Einrichtung, IV, 33.
  • Berlin, Gaͤrten, V, 358.
  • Bernſtorf, des Landhauſes Abbildung, II, 129. Garten, III, 223. 226.
  • Bewegung, als ein Theil landſchaftlicher Anmuth, I, 171. 172. was der Garten - kuͤnſtler dabey zu beobachten, 172. 173.
  • Blumen, ihre Anwendung und Anord - nung, II, 76 80.
  • Blumengaͤrten, V, 60.
  • Bluͤthe, Eintheilung der Gewaͤchſe nach ihrer Farbe, IV, 42. nach ihrem Ge - ruche, 46.
  • Braunſchweig, Gaͤrten daſelbſt, V, 316.
A a a 3Breſe,[370]Verzeichniß
  • Breſe, Garten, III, 231 247.
  • Bridgman, verbeſſert den alten Garten - geſchmack, IV, 4.
  • Bruchſal, Anlagen daſelbſt, V, 347.
  • Bruͤcken, III, 122. 123. Abbildung ver - ſchiedener, IV, 107. 111. 115. zu einer Fiſcherhuͤtte, V, 152. zu einem Thier - garten, 157. Gelaͤnder dazu, IV, 181. 190. 198. 205.
  • Buͤrgerliche Gaͤrten, V, 47.

C.

  • Cabinette, Kupferſtiche von Erfindungen, I, 8. 9. 71. 74. III, 54. 58. Studier - cabinet, II, 55.
  • Caldwell, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 78.
  • Canariſche Inſeln, Gaͤrten daſelbſt, I, 108.
  • Capellen in Gaͤrten, ihre Anlage, III, 108 109.
  • Carlsberg, Abbildung des Schloſſes, II, 24. Beſchreibung, IV, 125. neue An - lagen daſelbſt, V, 232.
  • Carlsruhe, Garten daſelbſt, V, 355.
  • Carrouſſel von Wilhelmsbad, Abbildung, V, 103.
  • Cartown, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 75.
  • Caſſel, Gaͤrten daſelbſt, V, 321.
  • Caſtle-Howard, Abbildung des daſigen Landhauſes, V, 320.
  • Caversham, ſchoͤner Zugang zu demſel - ben, II, 66 68.
  • Charakter, verſchiedener in den Landſchaf - ten, I, 186 189.
  • China, Gaͤrten daſelbſt, I, 81 83. Cham - bers Beſchreibung davon, 83 94. Gruͤnde gegen die Wirklichkeit der chi - neſiſchen Gaͤrten, wie ſie Chambers be - ſchreibt, 94 103.
  • Clima, Gaͤrten nach deſſen Verſchieden - heit, IV, 31.
  • Cocken, romantiſcher Garten, IV, 108.
  • Contraſt, in der Landſchaft und in Gaͤr - ten, I, 180 185.
  • Craighall, romantiſcher Garten, IV, 110.
  • Crouchets Garten zu Gibraltar, IV, 120.

D.

  • Dach bey Landhaͤuſern, III, 24. 25.
  • Damaſcus, Gaͤrten daſelbſt, I, 105.
  • Daͤnemark, daſige Gaͤrten, V, 282.
  • Dargle, ein Thal, IV, 123.
  • Darmſtaͤdtiſche Gaͤrten, II, 157 160. V, 342.
  • Denbigh, daſiger Garten, IV, 87.
  • Deutſchland, ſeine Gaͤrten, I, 72, 73. V, 315.
  • Dieburg, daſiger Garten, V, 324.
  • Donnington-Caſtle, daſiger Garten, V, 43.
  • Doͤrfer, Verſchoͤnerung derſelben, V, 159.
  • Dovedale, romantiſches Thal, I, 214 216.
  • Dresden, Gaͤrten daſelbſt, V, 357.
  • Drottningholm, Beſchreibung, V, 283.
  • Duncombe, Garten, 59 62.
  • Dunkettle, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 76.

E.

  • Ebene, ihr Charakter und ihre Ausbil - dung, I, 189. 190.
  • Eckhof, daſiger Garten, IV, 224.
  • Edgecombe, daſiger Garten, IV, 117.
  • Einſiedeleyen, Beſchreibung verſchiedener wirklicher, I, 223 227. III, 99 102. ihre Anlage in Gaͤrten, 96 106. Ab - bildungen neuer Erfindungen, 97. 99. 102. 105. 108. Abbildung der zu Ma - rienwerder, IV, 85.
  • Elyſium, Nachahmung in Gaͤrten, III, 137.
  • Ems, Beſchreibung, V, 107.
  • England, Gaͤrten daſelbſt, I, 53 55. V, 270. Landhaͤuſer und Abbildungen davon, 54. Kupferſtiche von Parks, 69. daſiger Gartengeſchmack, IV, 3 f. 13.
  • Envil, Garten, II, 161 174.
  • Ermenonville, daſiger Park, V, 259.
  • Eſcurial, Garten, I, 48.

F.

  • Fabrwege in einen Park, II, 197 199.
  • Farbe, als ein Theil landſchaftlicher Schoͤn - heit, I, 168 170. was der Garten - kuͤnſtler in Ruͤckſicht auf ſie zu beobach - ten hat, 170, 171.
Feier -[371]der vornehmſten Materien und Kupferabbildungen.
  • Feierliche Gegend, I, 220 227.
  • Feldſpazierwege, V, 126.
  • Felſen, ihr Charakter, I, 192. 193.
  • Fenſter bey Landhaͤuſern, III, 21.
  • Fiſcherhaus, III, 38.
  • Florenz, daſige Gaͤrten, V, 240.
  • Fluͤgel bey Landhaͤuſern, III, 19. 20. 22.
  • Fluß, ſein Charakter und ſeine Bildung, II, 106 110.
  • Forcett in Yorkſhire, Abbildung des da - ſigen Speiſeſaales, V, 91.
  • Formark, daſiger Garten, V, 44.
  • Frankreich, Gaͤrten daſelbſt, I, 35 39. V, 255. Kupferſtiche davon, I, 36.
  • Friedensburg, Abbildung des Schloſſes, II, 4. Garten, III, 171 196.
  • Friedrichsberg, Garten, III, 217 218.
  • Friedrichsburg, Abbildung des neuen Gartengebaͤudes, II, 13.
  • Fruͤhlingsgarten, IV, 139.
  • Fuͤrſtliche Gaͤrten, V, 26.

G.

  • Gaͤnge, II, 130 134.
  • Gaͤrten, ihr Urſprung, I, 3. Charakter der erſten, 4. warum ſie bey den Al - ten weniger gebluͤhet, als die andern ſchoͤnen Kuͤnſte, 5. ſind Denkmaͤler von dem Charakter der Nationen, 6. ihre Beſtimmung, Wuͤrde und Einfluß, 154 158. Beſtimmung des Begriffes, IV, 20. Eintheilung der Gaͤrten, 27. Gaͤr - ten nach dem Unterſchiede des Clima, 31. nach der Lage, 33. nach dem Charak - ter der Gegend, 38 heiterer Garten, eb. ſanft melancholiſcher, 81. romantiſche, 90. feyerliche, 116. zuſammengeſetz - te, IV, 127. nach dem Unterſchiede der Jahreszeiten, 139. nach den Tageszei - ten, V, 1 f. nach dem Charakter ihrer Beſitzer, 26 f. koͤnigliche und fuͤrſtli - che, eb. fuͤr adeliche und Standesperſo - nen, 36. buͤrgerliche, 47. laͤndliche, 65. Volksgaͤrten, 68. akademiſche, 74. bey Kloͤſtern, 78. bey Geſundheits - brunnen, 85. bey Hoſpitaͤlern, 115. ber Begraͤbnißoͤrtern, 117.
  • Gartengebaͤude, kleine, die Bequemlich - keit mehrerer zur Bewohnung, II, 148. Mangel an guten Muſtern derſelben, III, Vort. 3. ihre Einfuͤhrung, 3. ihre Ein - richtung zur Bewohnung, 35. 36. ihre mannichfaltigen Beſtimmungen, 36 39. ihre Anordnung, ihr Anſtrich, ihre Ver - zierung, 41 53. Gartengebaͤude als Denkmaͤler, 55 57.
  • Gartengeſchmack, alter oder franzoͤſiſcher, I, 117 120. neuer oder engliſcher, 121 u. f. ſein Urſprung in England und Schriftſteller, die ihn befoͤrderten, 121 129. in Frankreich, 38. 39. 129 134. in Deutſchland, 72. 73. 134 136. Anmerkungen uͤber den alten und neuen Geſchmack, 137 144. vermiſchte Be - merkungen uͤber den neuern Geſchmack, IV, 3.
  • Gartenhaͤuſer, Kupferſtiche von Erfin - dungen, I, 26. 28. 29. 33. 35. II, 64. 200. III, 34. 40.
  • Gartenkunſt, blieb hinter den uͤbrigen ſchoͤnen Kuͤnſten zuruͤck, I, 29. in wie ferne ſie als eine ſchoͤne Kunſt zu be - trachten iſt und mit der Landſchaftmale - rey in Verbindung ſteht, 145 153.
  • Gartenplatz, II, 5 13.
  • Gartenſcene, IV, 56.
  • Gartenſitze, Abbildung verſchiedener, IV, 41. 48. 52. 90.
  • Gartenſtuhl, Abbildung, IV, 80.
  • Gebirge, ihr Charakter und Wirkung, I, 194 198.
  • Gebuͤſch, II, 46. 47. wie es anzulegen, IV, 52.
  • Gegenden, ihre Charakteriſtik, I, 209. 210. ſanftmelancholiſche, 211 213. roman - tiſche, 214 220. feierliche oder er - habene, 220 227. Anmerkungen uͤber dieſe verſchiedenen Charaktere, 227 230.
  • Gehoͤlz, ſein Charakter, I, 198. 199. Aus - hauen der Gehoͤlze zu Spaziergaͤngen, II, 44 46.
  • Gelaͤnder zu Bruͤcken, Abbildung, IV, 181. 190. 198. 205.
  • Gemaͤlde in Landhaͤuſern, III, 28. 29.
Genera -[372]Verzeichniß
  • Generalif, ſchoͤne Gegend in Spanien, IV, 104.
  • Genf, daſige Gaͤrten, V, 253.
  • Genfer See, II, 95 100.
  • Geſundbrunnen, Gaͤrten dabey, V, 85.
  • Gibraltar, Crouchets Garten daſelbſt, IV, 120.
  • Gibſide, Abbildung der daſigen Kapelle, V, 40.
  • Gotha, daſiger herzogl. Garten, IV, 234.
  • Gothardsberg, Waſſerſturz der Neuß da - ſelbſt, II, 120. 121.
  • Grabmaͤler in Gaͤrten, II, 58. 160.
  • Gravenſtein, daſiger Garten, IV, 191.
  • Grazien, ein ihnen gewidmeter Platz, II, 54.
  • Griechen, ihre Gaͤrten, I, 10. 11.
  • Groͤße, in landſchaftlichen Gegenſtaͤnden, I, 162. 163.
  • Grotten der Alten, III, 84 86. Natur - grotten in Schottland, 87. 88. der Hel - ligen, 88. in der Schweiz, 89. in Gi - braltar, 89. ihre Anlage, 90 96. Abbil - dungen von Grotten, 92. 96. verſchiede - ne Grotten in England und Irland, IV, 97.
  • Grundriſſe von Gaͤrten, ihr Mangelhaf - tes, I, Vorr. 14.
  • Gruppen, wie die Baͤume in denſelben zu ſetzen, IV, 61. Abbildung verſchiede - ner, 60. 64.
  • Guiſcard, Garten, II, 187 200.

H.

  • Hackfall, Garten, II, 175 177.
  • Hadrians Ville, I, 19.
  • Hagley, Garten, I, 62 69. engliſche Beſchreibungen davon, 62. Einſiede - ley, III, 106. Ruinen, 116.
  • Hannover, Garten bey dem daſigen Poſt - hofe, V, 147. andere Gaͤrten daſelbſt, 318.
  • Harbke, daſiger Garten, IV, 240. Abbil - dung, 241.
  • Hayn, ſeine Anordnung, II, 37 39. IV, 42.
  • Hecke, II, 63.
  • Heeſchenberg, Garten, II, 137 150. Ab - bildung des Wohngebaͤndes daſelbſt, 150. des Pavillons, 139. 146.
  • Herbſtgarten, Beſchreibung, IV, 155.
  • Herrnbauſen, V, 319.
  • Heſſen, Gaͤrten daſelbſt, V, 321.
  • Heſtercomb, Beſchreibung des daſigen Gartens, IV, 73.
  • Hieres in Frankreich, daſige Gegend, IV, 161.
  • Hirſchholm, Abbildung des Schloſſes, II, 6. des neuen Gartengebaͤudes, 8.
  • Hof-Geismar, daſige Gegend, V, 95.
  • Hohenheim, V, 349. Abbildung des da - ſigen Milchhauſes, V, 352. und der Koͤhlerhuͤtte, 353.
  • Hollaͤnder, ihre Gaͤrten, I, 52.
  • Holſtein, ſeine Naturſchoͤnheit, I, 73. 74. Gaͤrten, V, 315.
  • Hoſpitaler, Gaͤrten dabey, V, 115.
  • Houghton, das Landhaus, Abbild. II, 124.
  • Huͤgel, ſein Charakter, I, 193. Abbildung eines bepflanzten, IV, 60.
  • Hyrkanien, blumenreiche Gegend, I, 106.

J.

  • Jagdhaus, III, 37. 38.
  • Jaͤgerspreis, Garten, III, 197 209.
  • Jahreszeiten, Gaͤrten nach deren Unter - ſchied, IV, 139.
  • Japan, Gaͤrten daſelbſt, I, 107.
  • Ilam, romantiſcher Garten, IV. 108.
  • Ildefonſo, Garten, I, 48.
  • Inſchriften in Gaͤrten, III, 154. 155. Bey - ſpiele guter lateiniſcher, 156 159. Sammlung von deutſchen fuͤr Gaͤrten, 159 170.
  • Inſeln, ihre Anlage, II, 89. 90.
  • Irland, daſige Gaͤrten, I, 71, V, 270.
  • Iſola bella, Garten daſelbſt, I, 31. 32.
  • Italiaͤner, ihre alten Gaͤrten vor der Zeit des le Notre, I, 29. ihre neuern Gaͤr - ten und Landhaͤuſer, 30 33. V, 240. Kupferſtiche davon, 31.
  • Ives in Yorkſhire, Abbildung des daſigen Landhauſes, IV, 8.
  • Juan Fernandez, ihre Naturſchoͤnheit, I, 111.

K.

  • Kachimit, ſeine Naturſchoͤnheit, I, 199. 110.
  • Kapellen, Abbildungen, V, 39. zu Gib - ſide in Durham, 40.
  • Kent, Wilh. engliſcher Gartenkuͤnſtler und Verbeſſerer der Kunſt, I, 127. 128. IV, 3.
Kenwood,[373]der vornehmſten Materien und Kupferabbildungen.
  • Kenwood, Landhaus, Abbild. davon, I, 69.
  • Kerlich, daſiger Garten, V, 341.
  • Keswick, See, II, 91 95.
  • Kew, Garten, I, 55. Kupferſtiche davon, 70. Abbildung des Hauſes, II, 115. Tem - pel mit ihren Abbildungen, III, 67 73.
  • Kilkairn, Beſchreibung, V, 275. Abbil - dung des daſigen Landhauſes, V, 276.
  • Killarney, in Irland, daſige Gegend, IV, 129.
  • Kloſtergaͤrten, V, 78.
  • Koͤhlerhuͤtte zu Hohenheim, Abbild. V, 353.
  • Koͤnigliche Gaͤrten, V, 26.
  • Kuͤnſteleyen, III, 151. u. a. a. O.
  • Kupferſtiche, ihr Mangelhaftes bey land - ſchaftl. Vorſtellungen, I, Vorr. 13. 188.
  • Kupferverzierungen dieſer Theorie, was ſie vorſtellen, I, Vorr. 12. ihr Inhalt iſt hinter jedem Bande angezeigt.

L.

  • Lage der Landhaͤuſer, III, 9 15.
  • Landhaͤuſer, Kupferſtiche von franzoͤſiſchen, I, 47. 50. 53. 144. II, 33. 37. III, 5. 8. von italiaͤniſchen, I, 120. 129. 134. 136. 141. 158. 165. 173. 176. 179. II, 70. 74. 75. 86. 90. 95. 100. 102. 104. 106. 110. 113. von engliſchen, II, 46. 47. 48. 59. 62. 69. 115. 124. III, 10. 12. 14. 15. 18. 20. 22. 24. 25. 27. 29. 31. von deutſchen, II, 52. 134. 150. 158. von verſchiedenen, V, 27. 46. 51. 56. 57. 58. 59. 62. 64. 275. 276. 277. 278. 320. 327. 393. S. ihre Erklaͤrung in dem Verzeichniſſe der Kupferſtiche. von daͤ - niſchen, II, 129. Charakter der Land - haͤuſer, III, 6 8. ihre Lage, 9 15. ihre Bauart und Anordnung, 16 25. ihre Verzierung, 26 33. Charakter, den adeliche Landhaͤuſer fordern, 16. Landhaͤuſer fuͤr Beſitzer vom Stande, 17. buͤrgerliche Landhaͤuſer, 17. Form der Landhaͤuſer, 18. 20. Kupferſtiche von neuen Erfindungen, 34. V, 16. 19. 172. Abbildung des zu Ives, IV, 8. des zu Sandbeck, 13.
  • Labyrinth, II, 72 74.
  • Landhuͤtte, Abbildung, III, 84. V, 175.
  • Landleben, verlor ſich nach dem Einfallbarbariſcher Voͤlker in Italien, I, 27. kommt wieder empor, 28. herrſchender Geſchmack der Schweizer daran, 35.
  • Laͤndliche Gaͤrten, V, 65.
  • Landſchaft mit Bauerwohnungen, Ab - bildung, V, 170.
  • Landſitze, gartenmaͤßige Verſchoͤnerung derſelben, V, 120.
  • Landſtraßen, ihre Verſchoͤnerung, V. 176.
  • Laube, II, 71. 72. Kupferſtich von einer Erfindung, III, 42.
  • Laubwerk, Malerey deſſelben, II, 49 52.
  • Leaſowes, daſige Anlagen, IV, 247.
  • Lieblichkeit, landſchaftliche, I, 174.
  • Loitmark, daſiger Garten, IV, 199.
  • Louiſenlund, Beſchreibung des daſigen Gartens, IV, 175.
  • Ludwigsluſt bey Schwerin, V, 315.
  • Luſtgebuͤſch, Abbild. eines freyen, V, 101.
  • Luſtſchloͤſſer, Abbildungen von daͤniſchen, II, 4. 6. 11. von ſchwediſchen, 24. 30. koͤnigliche und fuͤrſtliche Luſtſchloͤſſer, ihre Beſtimmung und ihr Charakter, III, 16. Abbildungen verſchiedener, V, 31, 32. 33. 34. S. ihre Erklaͤrung in dem Verzeich - niſſe der Kupferſtiche, 365 f.
  • Luton, Landhaus, Abbildung davon, I, 59. 62. Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 71.

M.

  • Madera, ihre Naturſchoͤnheit, I, 108.
  • Mainz, daſige Gaͤrten, V, 334.
  • Mannichfaltigkeit, in der Landſchaft, I, 163 165.
  • Marienluſt, ein feierlicher Garten, III, 210 213. Abbildung des daſigen Luſt - hauſes, IV, 26.
  • Marienwerder, bey Hannover, daſiger Garten, IV, 84. V, 204. Abbildung der daſigen Einſiedeley, 85.
  • Matlock, Beſchreibung, V, 112.
  • Meer, ſein Charakter, II. 85 86.
  • Meienberg, daſige Gegend, V, 92.
  • Meierey, ihre Anlage, V, 130. Abbil - dung einer kleinen, V, 145.
  • Melancholiſche Gegend, I, 211 213. Abbildung eines Tempels der Melancho - lie, IV, 86.
V Band. B b bMiddel -[374]Verzeichniß
  • Middelburg, ihre Naturſchoͤnheiten und Gaͤrten, I, 113 115.
  • Milchhaus zu Hohenheim, Abbild. V, 352.
  • Mittagsgarten, V, 10.
  • Monbrillant, V, 318.
  • Moͤnche, bauen allein das Land im zwoͤlf - ten Jahrhundert, I, 27.
  • Monſerrat, ein feierlicher Berg, I, 222 227.
  • Monumente bey den Alten, III, 139 141. ihre Wirkung und Anordnung in Gaͤr - ten, 142 146. Gellerts, Hallers, der beyden Hagedorne, Kleiſts, Geßners Monumente, mit Abbildungen, 147 150. nordiſche Monumente im Frie - densburger Garten, 190 192. zu Jaͤ - gerspreis, 199 209. Abbildungen da - von, 203 207. Rouſſeaus, V, 262.
  • Moor-Park, Abbildung des Landhauſes daſelbſt, V, 393.
  • Morgen, Abbildung eines demſelben ge - geweiheten Tempels, V, 7. 9.
  • Morgengarten, V, 4.
  • Morgenlaͤndiſche Gaͤrten, I, 105.
  • Moſerſche, vormalige Gartenhaus, Ab - bildung davon, II, 158.
  • Muſikſaal, II, 56. III, 36.

N.

  • Natur, laͤndliche, ihre Einwirkung auf den Menſchen, I, 161.
  • Neapel, daſige Gaͤrten, V, 248.
  • Neuheit in landſchaftlichen Gegenſtaͤnden, I, 177.
  • Niederlande, Gaͤrten daſelbſt, I, 50 53. V, 269.
  • Notre, le, franzoͤſiſcher Gartenkuͤnſtler und Ausbreiter des alten Geſchmacks, I, 118. IV, 4. V, 255.
  • Nuneham, Beſchreibung, V, 274. Ab - bildung des daſigen Landhauſes, V, 275.

O.

  • Oeſterreich, Gaͤrten daſelbſt, V, 361.
  • Okey-Hoͤhle, Beſchreibung, IV, 98.
  • Orangerie, II, 74. 75.
  • Otaheite, ihre Naturſchoͤnheiten und Gaͤr - ten, I, 113.

P.

  • Painshill, Garten, II, 178 182.
  • Parks der erſten Groͤße, V, 26. im edlen Style, 36.
  • Pavillons, Kupferſtiche von Erfindungen, I, 6. 11. 14. 20. 81. 94. 103. IV, 24. 28. Pavillon dem Abend geweihet, V, 21.
  • Peaks-Hoͤhle bey Caſtleton, IV, 101.
  • Perſer, der alten ihre Gaͤrten, I, 8. Gaͤr - ten der jetzigen Perſer, 106. 107.
  • Persfield, Garten, II, 183 186.
  • Pern, ſeine natuͤrliche Schoͤnheit und Land - haͤuſer, I, 112.
  • St. Peters-Inſel im Bieler-See, IV, 103.
  • Petrarch, deſſen Einſiedeley, IV, 87.
  • Piſſevache, Waſſerſturz, II, 121. 122.
  • Plinius, ſein Laurentin, I, 16. 17. 24. ſein Tuſcum, 25. IV, 21.
  • Pohlen, daſige Gaͤrten, V, 293.
  • Poole’s Hoͤhle, IV, 99.
  • Pope, deſſen Garten, IV, 6.
  • Portale, offene, III, 125. Abbildung, ebendaſelbſt, IV, 37.
  • Preußen, Gaͤrten daſelbſt, V, 314.
  • Privat-Gaͤrten, V, 47.
  • Proͤctzel, Vorſtellung dieſes Landhauſes, II, 134.
  • Pyrmont, daſige Gegend, V, 94.

R.

  • Raby-Caſtle, Beſchreibung des daſigen Gartens, IV, 72.
  • Raſen, Charakter und Anordnung deſſel - ben, II, 81 84.
  • Rheinfall bey Schafhauſen, IV, 93.
  • Rom, daſige Gaͤrten, V, 246.
  • Romantiſche Gegend, I, 214 220. Gaͤr - ten, IV, 90. romantiſches Gebaͤude, Ab - bildung, IV, 113.
  • Roͤmer, Urſprung der Gaͤrten und Land - haͤuſer bey ihnen, I, 12. ihr Enthuſias - mus fuͤr das Landleben, 13. ihre Land - ergoͤtzungen, 13. 14. Gegenden und La - gen ihrer Villen, 14 17. Bauart, 17 19. Schriftſteller und Abbildungen von den Villen, 19 22. ihre Gaͤrten, 21 25. Untergang ihrer Villen, 26. ihr Gartengeſchmack, IV, 21.
Rosline,[375]der vornehmſten Materien und Kupferabbildungen.
  • Rosline, daſige Gegend, IV, 118.
  • Rotterdam-Inſel, ihre Gaͤrten, I, 115.
  • Rouſſeaus Grabmal zu Ermenonville, II, 59 60. V, 259. 262.
  • Ruheſitze, III, 119. 120. Abbildung, 121.
  • Ruinen, ihr Charakter, ihre Wirkung und Nachbildung, III, 110 118. IV, 161. Abbildung gothiſcher, IV, 127.
  • Rußland, Gaͤrten daſelbſt, V, 286.

S.

  • Saalſtadt, Abbildung des Schloſſes, II, 30.
  • Salzau, daſiger Garten, IV, 206.
  • Sandbec, Garten, Ruinen darinn, III, 116. 117. Abbildung des daſigen Landhauſes, IV, 13. Beſchreibung des Parks, V, 45.
  • Saͤulengaͤnge, III, 23. 58. 59.
  • Saͤulenordnungen bey Landhaͤuſern, III, 23. bey Tempeln, 58. 59.
  • Scio, Gaͤrten und Landhaͤuſer daſelbſt, I, 105.
  • Schlafcabinet, einzelnes, III, 37.
  • Schlangenbad, Beſchreibung, V, 107.
  • Schoͤnbuſch, daſige Anlage, V, 327.
  • Schoͤnheit, landſchaftliche, I, 166.
  • Schottland, daſige Gaͤrten, I, 70. V, 270.
  • Schwalbach, Beſchreibung, V, 111.
  • Schwanſen, III, 226.
  • Schweden, daſige Gaͤrten, V, 283.
  • Schweiz, daſige Gaͤrten, I, 33. V, 251.
  • Schweizergegend, Abbildung einer laͤnd - lichen, V, 165.
  • Schwetzingen, Garten daſelbſt, V, 344.
  • See, II, 86 f.
  • Seelaͤndiſche Landſitze, III, 219 f.
  • Sicilien, daſige Gaͤrten, V, 249.
  • Sielbeck, Luſtort, II, 151 156. Abbil - dung der Pavillons, 152.
  • Skeheenringky, daſige Grotte, IV, 97.
  • Smyrna, Gaͤrten daſelbſt, I, 104.
  • Solitude bey Stuttgard, V, 348.
  • Sommergarten, IV, 150.
  • Sommerſchloß der Herzoginn von Braun - ſchweig, Grundriß, V, 370.
  • Sophienberg, Abbildung des Schloſſes, II, 11. Garten, III, 214 f.
  • Spanien, daſige Gaͤrten, I, 48.
  • Spazierwege im Felde, V, 126.
  • Speiſetempel, II, 57. Speiſeſaal, III, 36. V, 13. zu Forcett, V, 91.
  • Springwaſſer, II, 125.
  • Statuen auf und in Landhaͤuſern, III, 30 33. in Gaͤrten, III, 126 f.
  • Staubbach zu Lauterbrunn in der Schweiz, I, 217. Abbildung, 218.
  • Stourton, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, V, 41.
  • Stowe, Garten, I, 55. Beſchreibung und Kupferſtiche, 69. Abbildung des Land - hauſes, I, 55. der Tempel, 198. 208. ihre Befchreibung, III, 61 67. Ein - ſiedeley, 105. Portale, Abbildung, 125. elyſeiſchen Felder, 135. 136.
  • Strath-Tay, Beſchreibung, V, 276. Ab - bildung des daſigen Landhauſes, V, 277.
  • Straͤucher, ein Verzeichniß der vornehm - ſten, II, 24 30. 32.
  • Strom, ſein Charakter, II, 104 105.
  • Studiercabinet, einzelnes, III, 36. 37.
  • Studley, Beſchreibung des daſigen Par - kes, IV, 68.
  • Sulzers Trauerdenkmal, II, 60. 61.
  • Summer-Caſtle, daſiger Garten, V, 44.
  • Symmetrie, wo ſie zulaͤßig, I, 139 141.

T.

  • Tageszeiten, Gaͤrten nach denſelben, V, 1 f.
  • Teich, II, 100.
  • Tempel der Alten, III, 58 61. des Ba - chus, II, 181. III, 62. der Venus, 62. der alten Tugend, 63. der Eintracht und des Sieges, 65. 66. Abbildung da - von, 65. des Sieges, der Sonne, des Aeolus, des Pan, der Einſamkeit mit ihren Abbildungen, 68 73. Vorſchlaͤge zu neuen Erfindungen von Tempeln, 76. der Jahreszeiten und Tageszeiten, 76. 77. Abbildung von Luſtgebaͤuden in Form von Tempeln, 79. 81. 60. der Drui - den, 107. Abbildung eines der Melan - cholie, IV, 85. des Fruͤhlings, 147. der Liebe, 147. des Gartens zu Gotha, 236. des Morgens, V, 7. 9. des Abends, 19. der Geſundheit, 89. Abbildung eines gothiſchen, 84.
  • Terni, Waſſerſturz, II, 123.
B b b 2Thal -[376]Verzeichniß der vornehmſten Materien und Kupferabbildungen.
  • Thalgaͤrten, ihre Einrichtung, IV. 35.
  • Thiergaͤrten, V, 153.
  • Thore, III, 124. 125.
  • Thurm, gothiſcher zu Windſor, deſſen Ab - bildung, IV, 34.
  • Tintern, Ruinen daſelbſt, III, 117.
  • Tivoli, Waſſerſturz daſelbſt, II, 122. 123.
  • Trauergebaͤude, III, 56. 57.
  • Trauermonumente, Abbildung, III, 143. 150.
  • Tuͤrken, ihre Gaͤrten, I, 103 105.

U.

  • Ueberraſchung, I, 178. 179.
  • Unerwartete, in landſchaftlichen Gegen - ſtaͤnden, I, 178. Regeln fuͤr den Garten - kuͤnſtler in Anſehung deſſelben, 179.
  • Ungarn, daſige Gaͤrten, V, 314.

V.

  • Vaſen auf Landhaͤuſern, III, 30.
  • Verſailles, Garten, I, 36 37.
  • Vertiefung, ihr Charakter, I, 191. 192.
  • Verzierung der Landhaͤuſer, III, 26 33.
  • Virginien, gluͤckliche Gegend, I, 112.
  • Vogelhaus, III, 38.
  • Volksgaͤrten, V, 68.
  • Vorplatz eines Landhauſes, V, 120. Ab - bildung verſchiedener, V, 120. 125.

W.

  • Wald, ſein Charakter und ſeine Anord - nung, II, 40 43.
  • Waldhaus, Abbildung eines, V, 67.
  • Waldgaͤrten, ihre Einrichtung, IV, 36.
  • Waldſtaͤtter See, IV, 91.
  • Waldung, ihr Charakter, II, 44 46.
  • Waldſcenen, Beſchreibung verſchiedener, II, 53 62.
  • Wandsbeck, daſiger Garten, IV, 212.
  • Warſchau, daſige Gaͤrten und Gegenden, V, 293 f.
  • Waſſer, ſein verſchiedener Charakter, I, 200 202. II, 85 129.
  • Waſſerfall, ſein Charakter und ſeine An - ordnung, II, 115 118.
  • Waſſerguß, ſein Charakter und ſeine Bil - dung, II, 113 115.
  • Waſſerkuͤnſte, II, 127 129. III, 152. 153.
  • Waſſerſtuͤcke, II, 102 104.
  • Waſſerſturz, Cataract, ſein Charakter, II, 119 124. Beſchreibung einiger merkwuͤrdigen, ebendaſelbſt.
  • Watelets Garten, I, 39 47.
  • Wege, Gartenwege, II, 130 134. Wege in ausgehauenen Gehoͤlzen, 44 46. in Luſtgebuͤſchen, IV, 56.
  • Weimar, daſige Anlagen, IV, 238.
  • Weinberg, Anlage, V, 157.
  • Wentworth, Garten, I, 55 59. Abbil - dung des daſigen Landhauſes, V, 327.
  • Weſt-Wycomb, Scenen aus dem daſt - gen Park, V, 364.
  • Wien, Gaͤrten daſelbſt, V, 361.
  • Wieſen, worinn ihre Schoͤnheit beſteht, I, 202. 203.
  • Wildniß, in Gaͤrten, II, 47. 48.
  • Wilhelmsbad, daſige Gegend, V, 101.
  • Windthurm, der Mitternacht und der Aſtronomie geweihet, Abbildung, V, 24.
  • Wintergarten, IV, 161.
  • Wisbaden, Beſchreibung, V, 111.
  • Woburn, daſige Meierey, V, 132.
  • Workſop, Beſchreibung des daſigen Gar - tens, IV, 70.
  • Woͤrlitz, Garten, V, 360.
  • Wuͤſte, II, 48.

Z.

  • Zelle, Garten des Prinzen Ernſt, III, 248 251.
  • Zufaͤlligkeiten, in der Landſchaft, I, 207. 208.
  • Zugang, Beyſpiel eines anmuthigen zu Caversham, II, 66 68.

About this transcription

TextTheorie der Gartenkunst
Author Christian Cay Lorenz Hirschfeld
Extent385 images; 125875 tokens; 16446 types; 912032 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTheorie der Gartenkunst Fünfter Band. Nebst Register Christian Cay Lorenz Hirschfeld. . VIII, 368 S. : Ill., graph. Darst. WeidmannLeipzig1785.

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UB Heidelberg UB Heidelberg, T 355 RES : 5URL: http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/titel/1186052

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Gartenbau; Wissenschaft; Architektur; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:37Z
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ShelfmarkUB Heidelberg, T 355 RES : 5
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