PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Theorie der Gartenkunſt.
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Vierter Band.
Leipzig, beyM. G. Weidmanns Erben und Reich.1782.
[II][III]

Vorbericht.

Man wird aus der in dieſem Bande*)S. 27. und 28. vorgelegten Eintheilung der Gaͤrten erſehen, daß nur erſt von der einen Haͤlfte der mannig - faltigen Arten von Anlagen die Grundſaͤtze hier entwickelt ſind. Der Begriff vom Garten kann ſich nicht eher der großen Verwirrung, worinn er bey ſeiner unbeſtimmten Vieldentigkeit bisher verwickelt gelegen, ent - reißen, noch die Kunſt ſelbſt auf reine und zuverlaͤſſige Regeln gefuͤhrt werden, bis man nicht die verſchiedenen Gattungen, Charaktere und Be - ſtimmungen aller der Gartenanlagen unterſcheidet, die ſich nicht blos den - ken, ſondern auch ausfuͤhren laſſen. Die Gegenſtaͤnde der Gartenkunſt ſind nach dem Umfang, den ſie bey dem Plan dieſes Werks erhalten, nicht blos als noch faſt ganz unbearbeitet anzuſehen, ſondern auch, wie die Natur ſelbſt, von einer unerſchoͤpflichen Fruchtbarkeit. Ich darf dieſer Theorie, die ſich in der fortſchreitenden Ausarbeitung etwas mehr erweitert, als ſich bey dem Anfang uͤberſehen ließ, nichts entziehen, was2ihrIVVorbericht. ihr nach ihrer Natur zugehoͤrt. Und von den Geſinnungen der Garten - freunde, wovon ich uͤberall her ſo viele ſchmeichelhafte Beweiſe erfahre, kann ich gewiß erwarten, daß ſie lieber noch einen Band mehr, als an - gekuͤndigt war, freundlich aufnehmen, als dieſes Werk unvollſtaͤndig ſehen wollen. Sie erhalten demnach noch einen fuͤnften Band. Er wird die Grundſaͤtze aller noch uͤbrigen Gattungen von Gaͤrten und gartenmaͤ - ßigen Verſchoͤnerungen enthalten, und zugleich, außer andern Zugaben, die hier unentbehrlichen Regiſter liefern; er wird unverzuͤglich auf den gegenwaͤrtigen Band folgen und das ganze Werk beſchließen.

Ich bemerke nur noch, daß alle ausfuͤhrliche Gartenbeſchreibungen des Anhangs, bey welchen kein Verfaſſer angezeigt iſt, von mir ſelbſt entworfen ſind.

Theorie
[1]

Theorie der Gartenkunſt.

IV Band. A[2]

Vierter Theil.

  • Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungen uͤber den neuern Gartengeſchmack.
  • Zweyter Abſchnitt. Beſtimmung des Begriffs vom Garten.
  • Dritter Abſchnitt. Eintheilung der Gaͤrten.
[3]

Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungen uͤber den neuern Gartengeſchmack.

1.

Die neue Gartenmanier, die ſich in England erhob, hatte ihren Urſprung kei - nem ploͤtzlich aufſteigenden Einfall zu danken. Sie war eine Wirkung von Ueberlegung und Beobachtung der Natur. Ihr war die Bahn durch Unterſuchun - gen von Maͤnnern vorbereitet, die durch Werke voll Scharfſinn und Geſchmack der Stolz der brittiſchen Nation waren. Milton ſah, in dem Sonnenlichte ſeiner Einbildungskraft, Gaͤrten, die ein halbes Jahrhundert nachher ſo genau uͤbereinſtim - mig mit ſeinen Ideen ausgefuͤhrt wurden, als wenn er ſeine Beſchreibung aus ihnen ausgehoben haͤtte. Man hatte gepruͤft, ehe man verwarf; man hatte gedacht, ehe man pflanzte. Die Ausfuͤhrung gelang, da ſie nicht der Beobachtung zuvoreilte, ſondern ihr allmaͤlig nachſchritt.

Dieſen Weg waͤhlte Wilhelm Kent, der Vater der brittiſchen Gartenkunſt, der zuerſt die Gaͤrten ſo pflanzte, wie der reine Geſchmack gewuͤnſcht hatte. Er war Maler, Baumeiſter und Gartenkuͤnſtler, aber mit ſehr ungleichem Verdienſt; im erſten Fach war er nach dem Urtheil eines großen Kenners, des Herrn Horaz Walpole,*)Anecdotes of Painting in England. Vol. IV. London 1780. Der Anhang die - ſes Bandes enthaͤlt eine mit Geſchmack und Witz geſchriebene Hiſtory of the mo - dern Taſte in Gardening, aus welcher diefolgende Vorſtellung von der Einfuͤhrung des neuen Geſchmacks in England entlehnt iſt. Kent ſtarb 1748, im 64ſten Jahr ſei - nes Alters. unter dem Mittelmaͤßigen; im zweyten ein Wiederherſteller dieſer Wiſſenſchaft; und im dritten ein Original, ja ein Erfinder einer Kunſt, die der Ma - lerey Wirklichkeit giebt, und die Natur verſchoͤnert. Mahomed dachte ſich ein Pa - radies; Kent aber erſchuf manche.

A 2Der4Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungen

Der elende Geſchmack, der in allen europaͤiſchen Gaͤrten herrſchte, war ſelbſt in England gegen die Zeit, da Kent erſchien, aufs hoͤchſte geſtiegen. Le Notre hatte ſeine ermuͤdende Symmetrie nicht blos in Frankreich ausgebreitet; er ſuchte ſie auch in Italien noch mehr einzufuͤhren, und gieng ſelbſt nach England, um den denkenden Britten zu ſeiner Manier zu verleiten. Hier pflanzte er die Parks zu St. James und Greenwich, die Denkmaͤler ſeines verirrten Geſchmacks ſind. Die ſeltſamſten Kuͤnſteleyen giengen immer weiter, bis Wiſe die Gaͤrten mit Rieſen, Ungeheuern, Wappen und Motto’s, aus Taxus und Buxbaum geſchnitten, anfuͤllte. Weiter konnte die Ungereimtheit nicht gehen; die Fluth wandte ſich. Bridgmann, der naͤchſte Modegaͤrtner, war weit beſcheidner; er verbannte alles gruͤne Schnitzwerk, und kehrte nicht einmal zu dem genauen Viereck des vorigen Zeitalters zuruͤck. Er erweiterte ſeine Plane, wollte nicht mehr jede Eintheilung gerade ſo, wie das Gegen - uͤberſtehende, machen, und wiewohl er noch ſehr an geraden Gaͤngen mit hohen ge - ſchnittenen Hecken hieng, ſo waren ſie doch nur die Hauptlinien. Die uͤbrigen ver - aͤnderte er durch wilde Gebuͤſche und natuͤrliche Eichenwaͤldchen, obgleich noch inner - halb gerader Hecken. Er gieng weiter, und wagte es, in dem koͤniglichen Garten zu Richmond bebaute Felder und Waldſtuͤcke an den Seiten der unaufhoͤrlichen und ermuͤdenden Alleen einzufuͤhren. Aber das geſchah nicht eher, bis ſich auch andre Kuͤnſtler von der ſtrengen Symmetrie losgeriſſen hatten. Der vornehmſte Schritt, der zu der folgenden Verbeſſerung leitete, war das Niederreißen der Mauern, als Graͤnzen, und die Einfuͤhrung der Graͤben; ein Verſuch, der damals fuͤr ſo erſtau - nenswuͤrdig gehalten ward, daß der gemeine Mann ſie Ha! Ha’s! nannte, um die Wirkung von der Ueberraſchung auszudruͤcken, daß er ſich ſo ploͤtzlich und unvermerkt in ſeinem Gange aufgehalten fand. Kaum war dieſe einfache Bezauberung veran - ſtaltet, als das Ebnen, Maͤhen und Walzen folgte. Das Stuͤck Landes, welches draußen an den Graben ſtieß, ſollte von nun an mit der Flaͤche dieſſeits zuſammen - ſchmelzen; und der Garten ſollte auf der andern Seite von ſeiner erſten Regelmaͤßig - keit befreyt werden, um mehr mit der wildern Gegend draußen uͤbereinzukommen. Der Graben zeichnete den Garten ab. Um aber keine zu auffallende Linie zwiſchen dem Schoͤnen und Rauhen zu ziehen, wurden die angraͤnzende Theile in die Zeichnung des Ganzen hineingezogen; und als die Natur erſt mit in den Plan aufgenommen war, ſo zeichnete jeder Schritt, den man in der Verſchoͤnerung that, neue Annehm - lichkeiten aus, und gab neue Ideen ein.

In dieſem Zeitpunkt trat Kent auf, Maler genug, um die Reize der Land - ſchaft zu empfinden, kuͤhn und zuverſichtlich genug, um zu wagen und zu befehlen, und geboren mit einem Genie, ein großes Syſtem aus der Daͤmmerung unvollkom -mener5uͤber den neuern Gartengeſchmack. mener Verſuche herauszuheben. Er ſprang uͤber die Einfaſſung hinweg, und ſah, daß die ganze Natur ein Garten ſey. Er fuͤhlte den entzuͤckenden Contraſt von un - merklich in einander laufenden Huͤgeln und Thaͤlern, fand Geſchmack an der Schoͤn - heit der ſanften Anhoͤhe und allmaͤliger Vertiefung, und bemerkte, wie ein duͤnner Hayn den Huͤgel mit einem verſchoͤnernden Schmucke kroͤne, und, indeß er die ent - fernte Ausſicht zwiſchen ſeinen reizenden Staͤmmen einließ, dies Perſpectiv durch taͤuſchende Vergleichung erweitere und verlaͤngere.

So gab der Pinſel ſeiner Einbildungskraft den Scenen, die er unter Haͤnden bekam, alle Kuͤnſte der Landſchaftmalerey. Die großen Grundſaͤtze, nach welchen er arbeitete, waren die Perſpective, und Licht und Schatten. Gruppen von Baͤumen theilten eine zu einfache oder ausgedehnte Ebene. Immer gruͤnende Pflanzen und Waͤlder wurden dem harten Lichte des flachen Feldes entgegen geſtellt; und da, wo die Ausſicht weniger gluͤcklich oder ſo unverdeckt war, daß man ſie auf einmal uͤber - ſah, loͤſchte er durch dicke Schatten einige Parthien davon aus, um durch ihre Thei - lung Mannigfaltigkeit zu geben, oder die reichſte Scene, indem er ſie dem Zuſchauer beym Fortgehen aufſparte, noch entzuͤckender zu machen. Indem er ſo einige Lieb - lingsgegenſtaͤnde ausſuchte, Haͤßlichkeiten durch einen Schirm von Gebuͤſchen verdeck - te, und bisweilen der rauheſten Wuͤſte erlaubte, ſich dem reichſten Schauplatz beyzu - geſellen, brachte er die Erfindungen der groͤßten Landſchaftmaler zur Wirklichkeit. Wo es an Gegenſtaͤnden, den Horizont zu beleben, fehlte, da konnte ſein Geſchmack als Architect einen unmittelbaren Endpunkt der Ausſicht herbeyſchaffen. Seine Ge - baͤude, ſeine Sitze, ſeine Tempel waren mehr das Werk ſeines Pinſels, als ſeines Zirkels.

Aber von allen Schoͤnheiten, womit er das Antlitz dieſes herrlichen Landes ſchmuͤckte, uͤbertraf keine ſeine Behandlung des Waſſers. Kanaͤle, zirkelrunde Waſſerbehaͤltniſſe und Caſcaden, die uͤber Marmorſtufen herunterfallen, die letzte ge - ſchmackloſe Pracht italieniſcher und franzoͤſiſcher Gaͤrten, hoͤrten von nun an auf. Die erzwungene Hoͤhe eines Waſſerfalls war nicht mehr. Der ſanfte Fluß mußte von nun an frey ſich ſchlaͤngeln, und wo er durch die verſchiedene Richtung des Ufers unterbrochen war, da ſchien ſein Lauf durch dicke Gebuͤſche, die hingeſtreut wurden, verborgen zu ſeyn, und ſchimmerte wieder in einer Entfernung, wo man glauben konnte, daß er natuͤrlich hervorkam. Sein Ufer ward geebnet, behielt aber eine na - tuͤrliche Regelloſigkeit. Einige wenige hie und da hingeſtreute Baͤume bekraͤnzten das Ufer, das gleichſam ſeine Kruͤmmungen zu begleiten ſchien, und wenn er zwiſchen den Huͤgeln verſchwand, ſenkten ſich von der Hoͤhe herabkommende Schatten gegen ſeinenA 3Fortgang,6Erſter Abſchnitt. Vermiſchte BemerkungenFortgang, und bildeten den entfernten Lichtpunkt, unter welchem er ſich verlor, und wo er ſich nach einer oder der andern Seite des blauen Horizonts wandte.

Da Kent demnach nur die Farben der Natur brauchte und ihre ſchoͤnſten Zuͤge hinzeichnete, ſo ſah Britannien eine neue Schoͤpfung unter ſeinen Augen entſtehen. Der lebendigen Landſchaft ward ihre Wildheit genommen, um ſie zu verſchoͤnern, nicht aber etwas ganz neues aus ihr zu ſchaffen. Den Formen der Baͤume ließ man Frey - heit; ſie breiteten ihre Zweige ohne allen Zwang aus, und wo irgend eine hohe Eiche oder herrliche Buche, von der Verſtuͤmmelung verſchont, den Wald uͤberlebt hatte, da ward alles Buſchwerk und Geſtraͤuch entfernt, und dem Baum ſeine Ehre wieder - gegeben, um ihrem Platz zur Zierde und zur Beſchattung zu dienen. Wo das ver - einte Laub eines alten Waldes ſeine wallende Decke weit umher verbreitete und ehrwuͤr - dig in ſeiner Dunkelheit da ſtand, da machte Kent die vordern Reihen duͤnne, und ließ nur ſo viele abgeſonderte und zerſtreute Baͤume ſtehen, als noͤthig war, um die folgende Finſterniß ſanfter zu machen, und miſchte unter die ſo verlaͤngerten Schatten der uͤbrigen Staͤmme einige Strahlen von Licht, die den Boden fleckigt machten.

Nachfolgende Kuͤnſtler fuͤgten neue Meiſterzuͤge zu dieſer erſten Skizze, oder brachten ſelbſt einige der erwaͤhnten Erfindungen zur Vollkommenheit. Die Einfuͤh - rung fremder Baͤume und Pflanzen, die England zunaͤchſt Archibald, Herzog von Argile, verdankt, trug vorzuͤglich zum Reichthum des Colorits bey, der hier in den neuen Scenen ſo weit getrieben iſt. Die Miſchung vom verſchiedenen Gruͤn, der Contraſt in der Form zwiſchen unſern wilden Baͤumen, und den nordlichen und weſtindiſchen Tannen und Fichten, ſind Verbeſſerungen, die neuer ſind, als Kent, oder die ihm doch nur wenig bekannt waren. Die babyloniſche Weide, jede bluͤhende Staude, jeder Baum vom zaͤrtlichen oder kuͤhn gezeichneten Blatt, ſind neue Tinten in der Kompoſition brittiſcher Gaͤrten. Das letzte Jahrhundert war gewiß ſchon mit mancher der ſeltenen Pflanzen bekannt, die wir jetzt bewundern. Vermuthlich aber haben die Linden und die Roßkaſtanien, die ſich ſo gut mit der eingefuͤhrten Re - gelmaͤßigkeit vertrugen und uͤberall angepflanzt wurden, die Vernachlaͤſſigung mancher andrer Baͤume und Straͤucher verurſacht.

So gerecht auch die Lobſpruͤche ſind, die Kents Entdeckungen verdienen, ſo war er doch weder ohne Huͤlfe, noch ohne Fehler. Pope trug ohne Zweifel viel zur Bildung ſeines Geſchmacks bey. Die Zeichnung des Gartens fuͤr den Prinzen von Wallis zu Carltonhouſe war ſichtbar von dem Popenſchen zu Twickenham ent - lehnt. Pope zeigte eine gezwungene Beſcheidenheit, wenn er ſagte, daß er unter allen ſeinen Werken am meiſten auf ſeinen Garten ſtolz ſey. Und doch war es eine ſonderbare Anſtrengung der Kunſt und des Geſchmacks, einem Platz von fuͤnf Mor -gen7uͤber den neuern Gartengeſchmack. gen Landes ſo viel Mannigfaltigkeit und Ausſchmuͤckung zu geben. Der Uebergang von der Finſterniß der Grotten zum hellen Tag, die ſich entfernende und wieder ver - ſammelnde Schatten, die dunkeln Luſtwaͤldchen, der breite Raſen, und die Feyerlich - keit der Endigung bey den Cypreſſen, die zu ſeiner Mutter Grab fuͤhren, ſind mit der feinſten Beurtheilung angelegt; und obgleich der Lord Peterborough ihm half, ſeinen Quincunx zu formen und ſeine Reben auszubreiten, ſo waren dies doch eben nicht die angenehmſten Beſtandtheile ſeines kleinen Perſpectivs.

Es ſcheint, als waͤre die Einrichtung des Gartens zu Rousham, der fuͤr den General Dormer angelegt und fuͤr die beſte von Kents Arbeiten gehalten ward, nach dem Modell von Popens Garten gemacht; wenigſtens war der ſich oͤffnende und zu - ruͤckziehende Schatten im Venusthale daher entlehnt. Das Ganze iſt ſo ſchoͤn und im antiken Geſchmack, als haͤtte der Kaiſer Julian die gefaͤlligſte Gegend um Daphne ausgeſucht, um eine philoſophiſche Einſamkeit zu genießen.

Daß Kents Ideen nur ſelten groß waren, ruͤhrt auf gewiſſe Weiſe von der Neuheit ſeiner Kunſt her. Es wuͤrde ſchwer geweſen ſeyn, die Gartenkunſt auf ein - mal von einem Paar Morgen Landes zum Aushauen ganzer Waͤlder zu erweitern. Er hatte zu kleine Maſſen, ſtrebte zu ſehr nach der unmittelbaren Wirkung und pflanz - te nicht fuͤr die Zukunft. Er entwarf keine große Waͤlder; und die kleinen Gruppen, zumal an den Kruͤmmungen eines ſchlaͤngelnden Bachs, waren zu haͤufig. Sehr gewoͤhnlich war es, drey oder vier Buchen, ſodann eben ſo viel Lerchenbaͤume, dem - naͤchſt eine Gruppe von Cypreſſen, und endlich eine Miſchung aller dieſer Baͤume zu ſehen. Kents letzte Zeichnungen waren indeß in einem hoͤhern Styl. Eine Wie - derholung einiger beſondern Gedanken war ihm mit andern Malern gewoͤhnlich und machte ſeine Hand kenntlich: z. E. ein ſchmaler See zwiſchen ſchlaͤngelnden Ufern, mit zerſtreuten Baͤumen eingefaßt und einer Bank am Ende.

Nachdem Kent die handwerksmaͤßige Gartenkunſt verbannt hatte, wußte er, gleich andern Reformatoren, nicht an der rechten Graͤnze ſtille zu ſtehen. Er war der Natur gefolgt, und ahmte ſie ſo gluͤcklich nach, daß er endlich glaubte, alle ihre Werke waͤren gleich geſchickt fuͤr die Nachahmung. Im Garten zu Kenſington pflanzte er todte Baͤume, um der Scene ein großes Anſehen von Wahrheit zu geben; aber man brachte ihn bald durch Lachen aus dieſer Uebertreibung zuruͤck. Sein er - ſter Grundſatz war: die Natur verabſcheue gerade Linien. Seine Nachahmer ſchie - nen zu glauben, daß ſie nichts lieben koͤnnten, als was krumm waͤre. So viel Maͤn - ner von Geſchmack aus allen Staͤnden nahmen indeſſen dieſe neue Verbeſſerung an, daß man erſtaunen muß, ſo viel Schoͤnheit, durch ſo wenig Ungereimtheiten entſtellt, ausgefuͤhrt zu ſehen.

Henry8Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungen

Henry Englefield war einer der erſten Verbeſſerer des neuen Styls, und ſuchte mit beſonderm Geſchmack die vornehmſte Schoͤnheit aller angenehmen Gaͤrten, Proſpecte und gluͤckliche Geſichtspunkte, aus. Wir werden bald aller Kunſt des Zeichners muͤde, wenn es ihm an dieſen vollendenden Pinſelſtrichen fehlt. Die ſchoͤnſten Scenen, die allein durch ſich ſelbſt beſtehen, ermuͤden, wenn ſie oft geſehen werden. Eine belebte Ausſicht aber iſt ein Schauplatz, der immer am meiſten be - ſucht wird.

Brown und andre vortreffliche Gartenkuͤnſtler ſchritten auf der Bahn des neuern Geſchmacks weiter fort. Wie reich, wie heiter, wie maleriſch iſt nicht durch die Verbeſſerung der Gartenplaͤtze das Anſehen von Britannien geworden! Seitdem die Wegſchaffung der Mauern jede Verſchoͤnerung dem Auge blosſtellt, reiſet man durch eine Reihe von reizenden Gemaͤlden. Und in welchem Schmuck werden alle dieſe Landſchaften erſcheinen, wenn die Gaͤrten, die ſich jetzt noch immer vermehren, einſt in die ganze Fuͤlle ihrer Schoͤnheit aufgebluͤht ſind!

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2. Mit9uͤber den neuern Gartengeſchmack.

2.

Mit dem Zeitpunkt, worinn ſich die Manier des Le Notre in Europa ver - breitete, fiengen faſt uͤberall die Gaͤrten an nichts anders zu ſeyn, als Werke der Nachahmung. Und ihr Schickſal wollte, daß ſie nichts beſſers ſeyn konnten, da Vorurtheil, Mangel der Ueberlegung und Bequemlichkeit ſie in dieſer Nachahmung beguͤnſtigten. Die Wirkung davon war die ekelhafteſte Einfoͤrmigkeit. Kein Werk des Geſchmacks kann reicher und mannigfaltiger ſeyn, als ein Garten; und keines iſt durch die Verblendung der alten Manier duͤrftiger und einfoͤrmiger geworden, als ein Garten. Es iſt noch jetzt kaum zu begreifen, wie der Gartengeſchmack ſich auf dieſen Irrwegen ſo weit verlieren konnte. Nichts als eine platte und unbedeutende Ebene; nichts als gerade Gaͤnge, viereckigte Teiche und Sandplaͤtze, oder ſeltſame Figuren von Buxbaum und Steinen zuſammengeſetzt; nichts von erfreuendem Gruͤn, als Hagebuchen, Linden oder Ypern,[oft] in abgeſchmackte Formen, woruͤber die Natur erſchrack und der Geſchmack erroͤthete, von der Hand einer barbariſchen Kunſt verun - ſtaltet. Man uͤberſah ganz den unendlichen Reichthum von Lagen, Verbindungen, Gegenſtellungen, Ausſichten; die Vereinigung der Hoͤhen mit den Niedrigungen, des Buſchwerks und Waldes mit natuͤrlichem Waſſer; die große Mannigfaltigkeit von Baͤumen, Straͤuchern, Stauden, Blumen und Grasarten, die uns die Natur uͤberall vorzeigt. Lange winkte ſie, durch die Abwechſelung und den Reichthum ihrer Gewaͤchſe, die Wohnplaͤtze des Vergnuͤgens zu bereichern; von allen Seiten reizte ſie, auf der Flur und im Walde, auf Hoͤhen und in Thaͤlern, durch die freyen Scenen ihrer Schoͤnheit, fuͤr welche ſie dem Menſchen Auge und Gefuͤhl gegeben hatte. Allein dennoch lernte er ihr erſt in dieſem Jahrhundert die Kunſt ab, ſich einen Platz des Vergnuͤgens zu pflanzen, den der Geſchmack nicht billigen konnte. Jedes Be - ſtreben mislang, ſo lange er vergaß, auf die Natur zu ſchauen. Und alle die herrli - chen und koſtbaren Gaͤrten, worinn alles, nur nicht Natur und Geſchmack war, muß - ten ſehen, wie Zeit und Kritik ganz ihren Ruhm vernichteten.

Der neue Geſchmack der Britten, der die Regelmaͤßigkeit und Einfoͤrmigkeit verbannte und wahre Schoͤnheit der Natur in die Gaͤrten rief, fuͤhrte zugleich betraͤcht - liche Vortheile ein. Einer der erſten war der freye Gebrauch aller Arten, ſowohl einheimiſcher als auslaͤndiſcher Baͤume, Straͤucher und uͤbrigen Gewaͤchſe. Die Duͤrftigkeit, die der alten franzoͤſiſchen Manier eigen geweſen, verſchwand, und der Reichthum und die Mannigfaltigkeit der wilden Baͤume ward in den Gaͤrten ſichtbar. Wo neben den Haynbuchen nur Eibenbaͤume getrauert hatten, da ſieng ein Geſchlecht, eine Art Baͤume und Straͤucher nach der andern an, durch die Schoͤnheit ihresIV Band. BWuchſes,10Erſter Abſchnitt. Vermiſchte BemerkungenWuchſes, die Abwechſelung ihres Laubes und den Reiz ihrer Bluͤthen, die Reviere zu beleben. Ihre Cultur ward zugleich erweitert, mit allen Vortheilen fuͤr die Forſt - wiſſenſchaft, fuͤr die mechaniſchen Kuͤnſte und Handwerke, fuͤr ſo manche Beduͤrfniſſe des buͤrgerlichen Lebens.

Vornehmlich ſind es die americaniſchen Baͤume und Straͤucher, die der eng - liſche Gartengeſchmack in verſchiedene Laͤnder von Europa verbreitet hat. Es iſt wahr, daß manche Gaͤrten ſie leicht entbehren koͤnnen, zumal wenn wir den reichen Vorrath unſrer aͤltern Baͤume beſſer gebrauchen lernen. Allein eben ſo wahr iſt es, daß dieſe Verpflanzung der americaniſchen Gewaͤchſe eine Erweiterung der Schoͤn - heit ſowohl als des Nutzens in unſern Gaͤrten giebt. Sie vermehren durch Wuchs, Laubwerk und Bluͤthen nicht blos die Mannigfaltigkeit der Pflanzungen, ſondern ſie haben auch fuͤr den feinern Geſchmack eine wichtige Empfehlung, indem ſie bey der Anlegung beſonderer Scenen zu ihrer ſtaͤrkern Charakteriſirung dienen. Denn die verſchiedenen Anlagen werden nicht nur durch die Lage und Beſchaffenheit des Bodens, und durch die Verbindungen, welche die Natur ſelbſt macht, gebildet; ſondern ihr Charakter wird auch zum Theil durch die Geſtalt und das Colorit der Gewaͤchſe be - ſtimmt und weiter ausgepraͤgt. Mannigfaltigkeit und charakteriſtiſche Schoͤnheit werden immer die Empfehlung der americaniſchen Baͤume und Straͤucher ſeyn, ohne daß ſie uns verleiten darf, gegen unſre einheimiſchen oder aͤltern Gewaͤchſe gleichguͤltig zu werden.

Man darf ihrer Anpflanzung nicht durch die Beſchuldigung eines großen Auf - wandes widerſtreben, der dadurch veranlaßt wuͤrde. Ohne einen gewiſſen Aufwand laͤßt ſich doch kein Garten anlegen, noch unterhalten. Die Leichtigkeit der Anpflan - zung und Vermehrung und die außerordentliche Schnelligkeit des Wuchſes vieler ame - ricaniſchen Baͤume und Straͤucher machen ſie gewiß wenig koſtbar; und ſehr maͤßig ſind die Preiſe, wofuͤr man ſie ſchon an verſchiedenen Orten in Deutſchland kauft. *)Der Gartenkalender, den ich 1782 angefangen und jaͤhrlich fortfetze, zeigt unter andern auch die Oerter an, wo jetztauslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher ver - kauft werden.Außer England iſt in Europa kein Land, das mit dem gemaͤßigten Himmelsſtrich von Nordamerica, als Neuyork, Neujerſey und Penſilvanien, ſo ſehr uͤberein - ſtimmt, als Dentſchland; die Pflanzen dieſer Provinzen ſind unſerm Klima nicht weniger angemeſſen, als unſre einheimiſchen. Die Erfahrung lehrt, daß ſie vortreff - lich bey uns gedeihen, und daß ſelbſt die Gewaͤchſe aus den waͤrmern Gegenden von America ſich immer mehr an unſern Himmelsſtrich gewoͤhnen laſſen. Und haben ſie auf eine Aufnahme bey uns weniger ein Recht, als alle die aus den ſuͤdlichen Reichenvon11uͤber den neuern Gartengeſchmack. von Europa, und ſelbſt aus Aſiens entfernteſten Laͤndern, zu uns verpflanzten Baͤu - me und Straͤucher? Sie haben fuͤr den Bau der Schiffe und andrer Werke der Ar - chitectur, fuͤr die kuͤnſtliche Bearbeitung zu allerley Hausgeraͤthe und Auszierung der Gebaͤude und fuͤr manche Bequemlichkeiten des Lebens einen ganz entſchiedenen Werth; ſie gruͤnden einen vortheilhaften Handel, den man vormals in Gaͤrten nicht kannte, die nur aus unbeweglichen Hecken und Alleen beſtanden.

Gewiß, man darf von dieſer Seite den neuern Gartengeſchmack keiner Verfuͤh - rung zum leeren Aufwand beſchuldigen. Was koſteten dagegen nicht in den alten Gaͤrten allein die Blumen, da man fuͤr eine einzige Zwiebel, die zuweilen ein Wurm in einer Nacht zerſtoͤrte, oder die ihre vergaͤngliche Schoͤnheit doch nur auf wenige Jahre verſprach, oft uͤber tauſend Guͤlden zahlte? Wie verderblich war nicht beſon - ders die Tulipomanie, die ſich in den Jahren 1634 bis 1637 durch Holland und von da zu uns und weiter verbreitete? Man bezahlte in Holland, wie Nicolas van Kampen erzaͤhlt, fuͤr eine einzige Tulpenzwiebel auf 5500 hollaͤndiſche Guͤlden. *)S. den 1ſten B. dieſer Gartenkunſt. S. 53. Man vergleiche S. 48. die Note.Und wie viel deutſches Geld wird nicht noch jetzt an die Haarlemer Blumenhaͤndler verſchwendet? Dennoch giebt einem Baum ſeine Dauer und die jaͤhrlich zunehmende Schoͤnheit ſeines Anſehens, vor der aufbluͤhenden und dahinwelkenden Farbenpracht der herrlichſten Blume, einen unterſcheidenden Werth; auch iſt er nicht der ſorgfaͤlti - gen Wartung, wie dieſe, beduͤrftig. Und wie koſtbar war nicht in den vorigen Gaͤrten die gewoͤhnliche Unterhaltung der Orangerien, die faſt keinen Nutzen brachten, und unſerm Himmelsſtrich eben ſo wenig, als dem Vermoͤgen ihrer Beſitzer, angemeſſen waren?

Die ungeheuern Waſſerkuͤnſte, deren Anlage und Verzierung in der alten Gar - tenmanier ſo viel Geld verſchlungen, kennt der reine Geſchmack nicht mehr. Auch er - ſpart er den Aufwand fuͤr den Ueberfluß von Statuͤen und Vaſen, die, ſo ſchlecht ſie auch waren, doch nicht wenig koſteten.

Die Ausgaben fuͤr das ewige Beſchneiden der Hecken, Alleen, Labyrinthe, Ka - binette, Theater, und wie die Misgeburten der altfranzoͤſiſchen und hollaͤndiſchen Gartenbaukunſt weiter heißen, ſind gewonnen. Die Baͤume und Straͤucher, die der neue Geſchmack pflanzt, erhalten ſich faſt von ſelbſt, weil ſie frey und froͤhlich unter der Hand der milden Natur aufwachſen.

Freylich waren die Plaͤtze der alten Gaͤrten gemeiniglich kleiner als die, welche die neuen Anlagen erfordern; allein jene waren doch nicht beſſer, als Heide oder Sand - land, da hingegen dieſe gruͤnen und bepflanzten Raͤume zugleich nutzbar werden. Die Baͤume und Straͤucher, die hier von der tyranniſchen Gewaltthaͤtigkeit der Scheere verſchont werden, liefern freygebiger Reiſer und Schoͤßlinge zur Vermehrung undB 2zum12Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungenzum Verkauf. Die Flaͤchen ſind nicht leere Sandwuͤſten mehr, ſondern mit nuͤtzli - chen Grasarten beſaͤet. Die Raſen dienen, außer der erfreulichen Bekleidung des Bodens, zur Weide oder zum Grasſammeln. In groͤßern Parks bleiben Fluren und Wieſen unverderbt. Das Kornfeld ſtellt einen froͤhlichen Auftritt dar, und wird mit den uͤbrigen Scenen verbunden. Die Waͤlder verlieren nichts von ihrem Nutzen, in - dem ſie mit weiſem Geſchmack in Gegenden des Vergnuͤgens verwandelt werden; ſie koͤnnen vielmehr bey der groͤßern Sorgfalt, die ihnen gewidmet wird, gewinnen. Leere und unfruchtbare Plaͤtze, die das Auge betruͤben, werden bepflanzt und dadurch nutzbar. Wie viele vortheilhafte Pflanzungen hat nicht England mit der Verſchoͤ - nerung der Parks gewonnen? Und dieſe Liebe zu Anpflanzungen iſt ſelbſt ſchon in eini - gen Gegenden von Deutſchland, beſonders im Hannoͤverſchen, mit dem neuen Ge - ſchmack ausgebreitet; ſie bleibt nicht blos in dem Bezirk der Gaͤrten eingeſchloſſen, ſie geht ſelbſt zu andern Plaͤtzen der Landguͤter uͤber. Die nuͤtzliche Kenntniß der Baͤume und Straͤucher hat ſich ſeitdem auch unter ſolche Klaſſen von Menſchen verbreitet, wo das Vorurtheil ſonſt dieſe Gegenſtaͤnde verſchmaͤhen durfte.

Aber, ſagt man, was koſten nicht ſo viele ſchoͤne Gebaͤude in den neuern Parks? Die Frage oder vielmehr der Einwurf beantwortet ſich durch wenige Ge - genfragen. Was haben nicht eure Grotten mit allem Muſchelwerk und uͤbriger Ver - zierung gekoſtet? Getraut ſich noch mancher. Gartenbeſitzer von dieſen Grotten, welche die aͤußerſte Beleidigung des guten Geſchmacks ſind, die Koſten zu geſtehen, wofuͤr oft ein edles Landhaus oder drey ſchoͤne Tempel haͤtten erbaut werden koͤnnen? Wer verlangt, daß ein Park alle Arten von Gebaͤuden, die in einer Theorie Platz haben muͤſſen, aufnehmen ſoll? Wo wird mehr Sparſamkeit mit Werken der Architectur empfohlen, als in den neuern Anlagen? Wie oft iſt nicht hier ein einfaches Waldhaus, eine armſelige Fiſcherhuͤtte hinreichend zum Begriff von Schoͤnheit und Uebereinſtim - mung, wo die alte pompeuſe Manier Pavillons baute, die eben ſo koſtbar als unfoͤrm - lich waren? Und wer hat mehr durch Verſchwendung geſuͤndigt, als ſie, die immer ein Luſthaus gegen das andre, eine Grotte gegen die andre anlegte, um den ſehr irrigen Begriff einer gleichfoͤrmigen Nachahmung der Bauart in den Staͤdten zu befriedigen?

Endlich war ſelbſt der verunſtaltende Zwang, den man der Natur anthat, zu - gleich unnuͤtze Verſchwendung. Wie viele Huͤgel und Berge ſind nicht mit unge - heuern Koſten abgetragen, um den ganzen Bezirk des Gartens in eine Ebene zu ver - wandeln? Und nachdem alles zu einer Plaͤne umgeſchaffen war, wie viel Muͤhe und Aufwand ward nicht erfordert, um dem Waſſer, das nicht mehr laufen konnte, muͤh - ſamen Zufluß zu erkuͤnſteln? Jedes Beſtreben, die Natur, der man ſo leicht und mit wahrem Vortheil fuͤr die Verſchoͤnerung in ihren Vorbildungen folgen kann, dieſeNatur13uͤber den neuern Gartengeſchmack. Natur gegen ſich ſelbſt aufzubieten, iſt ein Unſinn, der ſich zunaͤchſt durch den Verluſt der Koſten beſtraft; verungluͤckter Erfolg und Verachtung vermehren dieſe Strafe. Man wuͤrde erſtaunen, wenn man die ungeheuern Summen, die von den Verunſtal - tungen der Natur in manchen Gaͤrten bekannt geworden ſind, von andern groͤßern Misgeburten dieſer Art immer wuͤßte. Und von einem ſehr geringen Theil dieſer Summe haͤtte ein anſehnlicher Garten in dem edelſten Geſchmack angelegt werden koͤn - nen. Aber es war das Schickſal des Menſchen, daß er mit Koſten verunſtalten ſollte; er verſtuͤmmelte Baͤume, er verſtuͤmmelte Pferde, bis ihm nichts mehr uͤbrig blieb, als ſich ſelbſt zu verſtuͤmmeln.

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3.

So groß auch die Verbeſſerungen ſind, welche die Gartenkunſt in England ge - wonnen hat; ſo wuͤrde es doch eine ſeltſame Verblendung des Vorurtheils ſeyn, wenn man ſie fuͤr vollendet anſehen wollte. Eine unpartheyiſche Unterſuchung lehrt bald die mancherley Verirrungen kennen, denen ſich mancher Englaͤnder in ſeinen Gaͤrten uͤberlaͤßt, und die hin und wieder in dieſem Werke bemerkt ſind. Allein einer der er - heblichſten und am wenigſten erkannten Maͤngel der brittiſchen Manier iſt immer noch eine gewiſſe Einſchraͤnkung, die ihr eigen bleibt. Sie iſt bisher nur am meiſtenB 3auf14Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungenauf die angenehme Gattung eingeſchraͤnkt, und breitet ſich nicht uͤber die mannigfaltigen andern Arten von Gaͤrten aus, die ſich nach der Verſchiedenheit der Lage, und dem eigenthuͤmlichen Charakter der Gegenden, nach dem Unterſchied der Jahrszeiten, des Standes und des Beduͤrfniſſes der Beſitzer, und vieler beſondern Beſtimmungen, an - legen laſſen. Die Einſchraͤnkung zeigt ſich nicht blos in der beſtaͤndigen Wiederho - lung der Thuͤrme, Kiosken, Obelisken, Pyramiden, Saͤulen, chineſiſcher Tempel und Bruͤcken u. ſ. f. ſondern auch ſelbſt in der Manier zu pflanzen. Nichts iſt ge - woͤhnlicher, als bald an den Außenlinien der Raſen oder an dem Ufer der Baͤche Baumgruppen von gleicher Zahl und Gattung fortlaufen zu laſſen, bald an den Sei - ten der Spatziergaͤnge die Pflanzungen nach einerley Ordnung anzulegen, indem hin - terwaͤrts die Baͤume, gerade vor ihnen die Straͤucher und an dieſen vorne auf dem Rande die niedrigen Blumenpflanzen zu ſtehen kommen, und darauf zwiſchen dieſen immer wiederkehrenden Gruppen einzelne Baͤume hinzuſtreuen.

Jede Einfoͤrmigkeit in Gartenanlagen iſt, ſobald ſie allgemein wird, gefaͤhr - lich, weil ihr Pfad gerade auf die alte Manier wieder zuruͤckbringt. Eben ſo gewiß iſt es, daß dieſe Einfoͤrmigkeit nirgends ſichtbarer ſeyn kann, als in den Nachahmun - gen, welche Franzoſen und Deutſche von der englaͤndiſchen Manier gemacht ha - ben. Denn man verfolgte einerley Geiſt der Anordnung in einerley Materialien ſo aͤngſtlich, daß man daruͤber das Genie der Gegend, wo man anlegte, vielleicht das Genie des Anlegers ſelbſt, aus dem Geſicht verlieren mußte. Und eben dieſe Genauig - keit in der Nachahmung mußte manche Schoͤnheiten des Originals, die ihm von dem Genius des Orts und der beſondern Laune ſeines Urhebers eingepraͤgt waren, unerreicht laſſen, und dagegen ſeine Fehler, die durch keine neue Wirkungen des Genies wieder verguͤtet wurden, nur deſto ſichtbarer machen. Allein nirgends konnte die Nachah - mung mehr in das Gebiet des Laͤcherlichen hinuͤberſchweifen, als da man anfieng, eng - liſche Gaͤrten bald mit einem altfranzoͤſiſchen zu verbinden, bald in einen kleinen Bezirk hinzutaͤndeln, und das, was nur ein Eigenthum eines ausgedehnten Parks ſeyn kann, in einem Raum von einigen hundert Schritten, wie ein Puppenſpiel, zu - ſammen zu draͤngen. Beyſpiele von dieſer kindiſchen Nachaͤffung ſind an ſo manchen Orten ſichtbar. Bey allem dieſen Aufwand ſah man doch nichts, als Duͤrftigkeit. Eine uͤbel verſtandne Liebe des Natuͤrlichen verfuͤhrte an andern Orten zu dem Wilden, und zuweilen war die ganze Anlage nichts weiter, als ein gekruͤmmter Gang um eine Wieſe; oder wenn mans etwas reicher einrichten wollte, ſo war es ein Gebuͤſch verbun - den mit einem Weg, mit einem Waͤſſerchen, die wie eine Schlange gewunden waren, am Ende mit einer chineſiſchen Bruͤcke, wo ſie zum Uebergang entbehrlich war, dann noch ein Tempelchen, eine Urne, ein kleiner Raſen mit einem Lamm, das ſichhier15uͤber den neuern Gartengeſchmack. hier kaum ein paar Tage ſaͤttigen konnte, ein ſchlaͤngelnder Gang vor dem Hauſe, und eine Einſiedeley am Eingange. Dies ſind an ſo manchen Orten die engliſchen Gaͤr - ten, ſo wie eine elende Nachahmungsſucht, ohne Geſchmack und Erfindung, ſie uns darſtellt. Sobald man es uͤberfluͤßig fand, ſelbſt zu denken, mußte die blinde Nach - ahmung nothwendig Uebelſtand, Verwirrung und Monotonie einfuͤhren.

Wo man Anlagen vom groͤßern Umfang und mit einem gewiſſen Aufwand ma - chen konnte, da ließ man, nicht blos nach Frankreich, ſondern auch nach Deutſch - land, brittiſche Gaͤrtner kommen. Nichts war natuͤrlicher, als daß ſie die Ideen, die ſie in ihrem Vaterlande befolgt oder ausgefuͤhrt geſehen hatten, auf deutſchem Boden wiederholten. Wir erhielten Copien, keine Originale. Und war es denn ruͤhm - licher, dem Eigenſinn eines fremden, oft wenig erfinderiſchen Gaͤrtners, der bey jeder Nachzaͤhlung ſeines Gewinns uͤber die ſtumpfe Gutmuͤthigkeit des Deutſchen ſpottete, zu folgen, als einen einheimiſchen Kenner zu befragen, oder vielmehr durch eigenes Nachdenken den Plan zu ſeinen Anlagen ſich ſelbſt zu entwerfen? Es iſt allgemein wahr, bemerkte Walpole ſehr richtig, daß der Beſitzer, wenn er irgend Geſchmack hat, der beſte Erfinder ſeiner Gartenanordnungen iſt. Er ſieht die Lage zu jeder Zeit des Jahres und des Tages. Er weiß, wo die Schoͤnheit der Bequemlichkeit nicht im Wege ſieht, und bemerkt auf ſeinen ſtillen Spatziergaͤngen oder zufaͤlligen Ritten tauſend Winke, die einem Mann entwiſchen muͤſſen, der in wenig Tagen ein artiges Gemaͤlde entwirft, aber nicht Zeit genug hat, das Einzelne und die Beziehungen ei - nes jeden Theils zu beobachten.

Manche Gutsbeſitzer ſind nicht ohne Kenntniß und Geſchmack; ſie haben ſich auf ihren Reiſen einen Vorrath von Gartenbemerkungen geſammelt; ſie wuͤrden gluͤck - lich ſeyn, wenn ſie damit das Studium der Eigenthuͤmlichkeiten und Beduͤrfniſſe ihrer Gegend vereinigten. Allein ſie vergeſſen dies, welches bey allen Gartenanlagen das Wichtigſte iſt; ſie vergeſſen, uͤber die Leichtigkeit der Nachahmung, das eigene Den - ken. Sie machen es ſich zum Geſchaͤfft, nur das auf ihrem Boden zu wiederholen, was ſie anderwaͤrts geſehen, und jede Copie ſcheint den Ruhm ihres Geſchmacks zu vollenden, wenn ſie nur zeigt, daß ſie in England geweſen ſind.

Es ſey Mistrauen gegen eigene Kraͤfte, oder Traͤgheit, oder Vorurtheil; ſo uͤberlaſſen andere Beſitzer ihre Anlagen blos dem Rath und dem guten Gluͤck ihrer Gaͤrtner. Sonderbar genug, daß eine Kunſt, die ein ſo ſehr verwickeltes Geſchaͤfft des Genies iſt, die, außer ſo manchen unentbehrlichen Kenntniſſen, nicht blos Ge - ſchmack und Gefuͤhl jeder Schoͤnheit der Natur, ſondern auch eine ſcharfſinnige Ueber - legung, eine bluͤhende Einbildungskraft, eine ſchoͤpfriſche Fertigkeit vorausſetzt, aus einem Vorrath von Bildern und Ideen immer das herauszuheben, was jedem Platznach16Erſter Abſchnitt. Vermiſchte Bemerkungennach ſeinem Charakter und zu ſeiner gluͤcklichſten Wirkung zukommt, daß eine ſolche Kunſt von Leuten gefordert wird, welche die meiſte Zeit ohne Bildung und Unterricht ſind, und nur ſaͤen und beſchneiden gelernt haben. Was ſelbſt fuͤr Weltmaͤnner und Philoſophen ein Werk des Verſtandes und einer feinen Empfindung iſt, was ſo viel Muͤhe koſtet, um nur durch den Nebel der Vorurtheile zu dem erſten Lichte reiner Grundſaͤtze durchzudringen, das ſoll ein gemeiner Gartenknecht bewerkſtelligen? Was wird er, um ſich aus dieſem Geſchaͤfft herauszufinden, anders thun koͤnnen, als nach - ahmen? Iſt ein ſolcher Gaͤrtner auswaͤrts geweſen, ſo iſt er zuweilen noch mehr ver - dorben. Er hat nur geſehen, und nicht beobachtet; gelernt, und nicht gedacht. Er wird jeden ſeltſamen Einfall ſorgfaͤltig mit heruͤber bringen, und jeden Auswuchs des auslaͤndiſchen Geſchmacks zu uns verpflanzen.

Wo ſich auch einmal ein geſchickter Kuͤnſtler einfindet, da trifft er nicht ſelten in dem beſondern Geſchmack, in den Vorurtheilen und in dem Eigenſinn des Beſitzers Schwierigkeiten an, die ſeine beſten Entwuͤrfe ſchon im Aufkeimen unterdruͤcken. Ein großer Theil glaubt, mit dem Beſitz auch ein Vorrecht zu haben, Kenner zu ſeyn; faſt Jeder liebt ſeinen Garten, wie ſeine Einfaͤlle, und verachtet die Anlagen eines Andern um ſo mehr, je lauter der Ruf von ihren Vorzuͤgen wird.

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4. Bey17uͤber den neuern Gartengeſchmack.

4.

Bey allen dieſen fuͤr den Fortgang der Gartenkunſt ſo unguͤnſtigen Umſtaͤnden, iſt zuvoͤrderſt keine andere Auskunſt, als ſie der Nachahmung zu entreißen und ſie zum Gegenſtand eines eigenen ſorgfaͤltigen Studiums zu machen. Sie muß eine Be - ſchaͤftigung fuͤr denkende Maͤnner werden, wenn ſie ſich in ihrem Umfang und in ihrer Schoͤnheit enthuͤllen, wenn ſie ganz in der reizenden Mannigfaltigkeit der Natur und der Kunſt, die ſie noch erwartet, ſich verbreiten ſoll.

Es iſt ſchon ehemals bemerket, daß die Gartenkunſt, gleich ihrer Lehrerinn, der Natur, und noch mehr als ſie, alle Arten von Empfindungen erregen, und durch dieſes Vorrecht der ſchoͤnen Kuͤnſte ſich zu dem Rang der Malerkunſt und der Tonkunſt erheben ſoll. Wie wichtig und zugleich wie ſchwer! Sie ſoll nicht blos fuͤr das Auge und fuͤr die Einbildungskraft arbeiten, ſondern auch fuͤr die Empfindung, eine viel groͤßere Kunſt; ſie ſoll durch Bildung und Anordnung der Scenen eine Folge von mannigfaltigen intereſſanten Bewegungen, die ſich gemeinſchaftlich heben, hervorbrin - gen. Wer nur denkt, das Auge zu reizen, ohne das Herz mit genießen zu laſſen, der iſt ſo wenig ein guter Gartenkuͤnſtler, als der ein Muſiker iſt, der blos fuͤr das Ohr ſorgt, ohne Empfindung auszudruͤcken und ſie in Andern zu erregen.

Allein wie viel Talente und Einſichten erfordert dies alles nicht. Wie viel Kenntniſſe, nicht blos der Pflanzen, ſondern auch der landſchaftlichen Malerey und der Baukunſt; wie viel Gefuͤhl, Geſchmack, Beobachtung; wie viel Ueberlegung und Einbildungskraft; welch ein empfindliches und ſcharfes Auge! Wenn in der Malerey, ſagt ein feiner Kenner,*)Der Marquis de Gerardin in ſeiner Schrift: De la Compoſition des Payfages etc. S. 3. 4. wo die Anordnung aller Gegenſtaͤnde allein von der Einbildungskraft des Malers abhaͤngt, wo ſein Gemaͤlde nur einem einzigen Geſichtspunkte unterworfen iſt, wo der Kuͤnſtler von den Phaͤnomenen des Himmels, von den Wirkungen des Lichts, von der Wahl der Farben, und von dem Gebrauche gluͤcklicher Zufaͤlligkeiten Herr iſt, die ſchoͤne Anordnung gleichwohl eine ſo ſeltene und ſo ſchwere Sache iſt; wie koͤnnte man ſich vorſtellen, daß in der Anordnung eines weitlaͤuftigen Gemaͤldes auf dem Erdreiche, wo der Componiſt, bey der naͤmlichen Schwierigkeit fuͤr die Erfindung, jeden Augenblick in der Ausfuͤhrung eine Menge Hinderniſſe antrifft, die er nur durch viele andre Huͤlfsmittel, durch eine ſtarke Ein - bildungskraft, eine lange Erfahrung und einen unermuͤdeten Fleiß uͤberwinden kann: wie koͤnnte man ſich vorſtellen, daß eine ſolche Compoſition dem Ohngefaͤhr oder einemGaͤrtnerIV Band. C18Erſter Abſchnitt. Vermiſchte BemerkungenGaͤrtner uͤberlaſſen, und ohne Grundregeln, ohne Ueberlegung und ohne Entwuͤrfe, ausgefuͤhrt werden koͤnne?

Noch ein Urtheil uͤber dieſe Sache von einem andern beruͤhmten Kenner, der ſich in dem Vaterlande der ſchoͤnen Gartenkunſt niedergelaſſen hat, wird man hier verſtatten. Da, ſagt Chambers,*)Am Beſchluß der Diſſertation on oriental Gardening. wo ſchlaͤngelnde Gaͤnge, hin und her zer - ſtreute Geſtraͤuche, und unaufhoͤrliche Miſchungen von gruͤnen Plaͤtzen, kleinen Hay - nen und Gebuͤſchen Gartenkunſt genennet werden, iſt es gleich viel, wer Gaͤrtner iſt; auch der Geringſte kann das Wenige, was dabey zu thun iſt, verrichten, und der Beſte kann es dabey nicht weiter bringen, als jener. Wo aber eine beſſere Manier eingefuͤhrt iſt, wo Gaͤrten, ohne der gemeinen Natur zu gleichen, natuͤrlich, wo ſie neu ohne Zwang, und außerordentlich ohne Ausſchweifung ſind, wo die Aufmerkſam - keit des Anſchauers beſtaͤndig unterhalten, ſeine Neugierde erregt, und ſein Gemuͤth durch eine große Abwechſelung von Empfindungen beſchaͤfftigt wird; da muͤſſen die Gaͤrtner Maͤnner von Genie, Erf[a]hrung und Beurtheilungskraft, ſie muͤſſen ſchnell im Empfinden, reich an Mitteln, fruchtbar an Einbildungskraft, und mit allen Be - wegungen des menſchlichen Herzens vertraut ſeyn.

Dennoch ſollte ſich mit Gartenanlagen von irgend einem Umfang oder einer Be - deutung niemand befaſſen, als Maͤnner voll reinen Geſchmacks und ſcharfer Einſicht, oder Gaͤrtner, die ſolchen Maͤnnern gleichen. Aber ſodann muͤßten dieſe auch eine andre Bildung haben, als bisher gewoͤhnlich iſt, und nicht mehr in die Klaſſe gemei - ner Handwerker oder der unterſten Gutsbedienten herabgewuͤrdigt ſeyn, wo jeder Keim von Geſchmack und von edlem Selbſtgefuͤhl erſtickt wird. Noch iſt der Name der Gaͤrtner in manchen Gegenden faſt veraͤchtlich, weil er gemeiniglich Leute bezeichnet, die von geringem Herkommen und noch geringern Einſichten ſind, die nur zu begießen und zu beſchneiden wiſſen, und ohne Geiſt und Beobachtung die maſchinenartige Bear - beitung der Erde verrichten. Und freylich iſt es wohl wahr, daß unter Zwanzigen kaum Einer gruͤndliche botaniſche Kenntniß, und unter Vierzigen kaum Einer gelaͤu - terten Geſchmack beſitzt. Aber waͤhlt Juͤnglinge von Talenten, von offenem Kopf und von freyem Gefuͤhl; waͤhlt ſie nicht immer aus den niedrigen, ſondern auch aus den hoͤhern Staͤnden der buͤrgerlichen Geſellſchaft; gebt ihnen eine Erziehung, die ih - rer kuͤnftigen Beſtimmung mehr angemeſſen iſt, floͤßt ihnen Liebe feiner Sitten und Gefuͤhl des Anſtaͤndigen durch gute Geſellſchaft ein, die eben ſo wichtig fuͤr die Kunſt, als fuͤr den Kuͤnſtler ſind; laßt ſie in Sprachen, in der Kenntniß der ſchoͤnen Kuͤnſte und in den Meiſterwerken des Geſchmacks ſich fruͤhzeitig bilden; laßt ſie die Wiſſen - ſchaft der Pflanzen durch Studium und Beobachtung ganz ſich eigen machen, undmit19uͤber den neuern Gartengeſchmack. mit den vornehmſten Grundſaͤtzen der Malerey, der Perſpectiv und der ſchoͤnen Bau - kunſt vertraut werden; fuͤhrt ſie in den reichſten und kraͤftigſten Landſchaften zur flei - ßigen Beobachtung der Natur in allen ihren Scenen und Veraͤnderungen an, und lehrt ſie zugleich, ihre Einwirkung auf das menſchliche Herz; und die Gaͤnge der Em - pfindung bemerken; ſeyd endlich gerecht gegen Talente, Kenntniſſe, Erfahrung, Er - findungskraft und edle Geſchaͤftigkeit in der Verſchoͤnerung der Natur zu eurem eige - nen Vergnuͤgen, verſorgt den Kuͤnſtler und ehrt die Kunſt. Denn zu der Garten - kunſt, ſagt Sulzer, deſſen Urtheil hier entſcheidet, werden eben ſo viel Talente, und vielleicht mehr erworbene Kenntniſſe erfordert, als zu irgend einer andern der ſchoͤ - nen Kuͤnſte. Wenn ihr auf dieſem Wege keine gute Gartenkuͤnſtler erzieht, ſo gebt die Hoffnung auf, ſie jemals zu finden.

Auch wuͤrde es nicht wenig zur Veredelung der Gartenkunſt beytragen, wenn es den Fuͤrſten, eine eigene Pflanzſchule fuͤr ſie zu errichten, oder den Akademien der ſchoͤnen Kuͤnſte gefiele, ihr wenigſtens eine Stelle in dem Heiligthum ihrer Geſchwiſter einzuraͤumen. Hier wuͤrden Maͤnner von Genie und Ruhm ſich fuͤr ihre Bildung zu beſchaͤfftigen veranlaßt werden; und jede ſanfte Muſe, jede Grazie wuͤrde ſich freuen, ihre junge liebenswuͤrdige Schweſter erziehen zu helfen, und ſie mit ihren Kraͤnzen zu ſchmuͤcken. Und verdient ſie es weniger, als die uͤbrigen ſchoͤnen Kuͤnſte, in ihren Tempel aufgenommen zu werden? Wie nahe iſt ſie nicht mit ihnen verwandt? Wie weit der Umkreis der Talente, die ſie in Thaͤtigkeit ſetzt, und der Wirkungen, die ſie verbreitet? Iſt ſie nicht faſt mehr, wie irgend eine der andern, fuͤr das Vergnuͤgen der Fuͤrſten und fuͤr die Verſchoͤnerung der Erde beſchaͤfftigt?

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C 2Zweyter20Zweyter Abſchnitt. Beſtimmung

Zweyter Abſchnitt. Beſtimmung des Begriffs vom Garten.

1.

Die bisherigen Unterſuchungen uͤber ſo mancherley Gegenſtaͤnde, die zum Reich der Gaͤrten gehoͤren, haben ſchon zu der Beſtimmung des Begriffs vom Garten vor - bereitet, die jetzt leichter iſt, als ſie gleich beym Eingang dieſes Werks geweſen waͤre.

Aber wo ſoll man anfangen? Faſt kein Begriff im gemeinen Leben ſowohl, als bey den Schriftſtellern iſt unbeſtimmter und ſchwankender, als der Begriff vom Gar - ten. Die Vorurtheile, die Verſchiedenheit des Geſchmacks bey den meiſten Men - ſchen, und die Veraͤnderung der Gartenkunſt ſelbſt, haben mehr oder weniger zur Ver - wirtung dieſes Begriffs beygetragen. Nachdem man manche Gegenſtaͤnde oder die Art ihrer Einrichtung, die man nach ſeinem beſondern Ideal in Gaͤrten ſuchte oder nicht ſuchte, da vermißte oder antraf, nachdem aͤnderte ſich auch Vorſtellung und Benennung.

Ohne Zweifel war im Anfang, ſobald ſich Familien mit ihren Haͤuptern in ei - ner Gegend zu ihrem Anbau niederließen, ein Garten nichts anders als ein Sammel - platz von nuͤtzlichen Kraͤutern und Fruchtbaͤumen, die man, um ſie nicht mehr in Waͤldern und auf Bergen muͤhſam aufzuſuchen, in der Naͤhe der Wohnung umher anpflanzte. Man brauchte Waſſer und Schatten fuͤr das Beduͤrfniß; man holte, wo irgend der Raum es verſtattete, Feldblumen herbey zur Ergoͤtzung des Auges, das ſich ſchon an den Bluͤthen der Fruchtbaͤume und wilden Straͤucher zu erfreuen ge - lernt hatte; man ſorgte fuͤr eine bequemere Anordnung des Platzes, fuͤr Reinlichkeit und fuͤr den Spatziergang. Und allmaͤlig entſtand, neben dem Garten fuͤr Kraͤuter und Fruͤchte, auch ein Garten fuͤr das Vergnuͤgen. Der Charakter von jenem war Nutzbarkeit, und von dieſem Einfalt. Er dauerte durch Jahrhunderte fort. Die alten Fuͤrſten hatten, wo es recht koͤſtlich war, gutes Obſt und Wein; aber in dem zum Vergnuͤgen beſtimmten Theil waren ihre Gaͤrten nicht beſſer, als ſie bey uns ein gemeiner Pachter hat. Homer pflanzte dem Alcinous einen Garten, der nach dem Begriff der Zeit ſehr praͤchtig ſeyn und mit dem Palaſt, dem er ſilberne Saͤulen und eherne Mauern gab, im Verhaͤltniß ſtehen ſollte. Was war aber dieſer Garten, wenn man das Verdienſt der Beſchreibung des Dichters und die Harmonie ſeiner Sprache davon abzieht, anders, als ein Bezirk von vier Morgen Landes, mit einer Sammlung von Obſtbaͤumen, mit einem Platz fuͤr Kraͤuter, mit zwo Quellen undmit21des Begriffs vom Garten. mit einer lebendigen Umzaͤunung umgeben? Mit welchem immaͤßigen Lobe aber haben nicht manche Bewunderer des homeriſchen Zeitalters, ſelbſt gelehrte Maͤnner, die mit der Sprache des Dichters vertrauter waren als mit Gartenkenntniſſen, dieſen Garten als ein Wunder erhoben?

Die Duͤrftigkeit und Einfalt in den Plaͤtzen, die man Luſtgaͤrten nennen moch - te, dauerte vermuthlich von Homer bis zu den ſpaͤtern Zeiten der Roͤmer fort, wo ein geſchmackloſer Prunk, der alles, nur nichts Bluͤhendes, nichts Laͤndliches hatte, an ihre Stelle trat. Hier iſt es mir uͤberaus angenehm, von einem neuen brittiſchen Gartenforſcher, Herrn Walpole,*)S. die ſchon angezeigte Hiſtory of modern Taſte in Gardening. faſt eben das Urtheil uͤber die Gaͤrten des Pli - nius und ſeiner Landesleute anfuͤhren zu koͤnnen, das ich einige Jahre vorher gegen die blinden Verehrer der roͤmiſchen Gaͤrten behauptete,**)S. den 1ſten B. dieſes Werks S. 21 - 26. 118. und wobey keine gegen - ſeitige Lectuͤre, ſondern nur unpartheyiſche Wahrheit die Uebereinſtimmung veranlaſſen kennte. Was war, ſagt er, die vorzuͤglichſte Schoͤnheit von dem Garten des Plinius zu Tuſcum? Gerade das, was die Bewunderung unſers Landes vor ohn - gefaͤhr ſechzig Jahren war, Buxbaͤume als Ungeheuer, Thiere, Buchſtaben und Namen der Beſitzer und Kuͤnſtler, ausgeſchnitten? In einem Jahrhunderte, in welchem die Baukunſt in vollem Glanz, Reinigkeit und Geſchmack ſtrahlte, als Veſpaſians Amphitheater ſich mit dem Tempel des Friedens, Trajans Forum, Domitians Baͤdern und Hadrians Villa erhob, deren Ruinen noch jetzt Gegen - ſtaͤnde unſers Erſtaunens und unſrer Neugierde ſind, fand eines ſehr gebildeten Kai - ſers Freund, ein Mann von feiner Litteratur und Geſchmack, Vergnuͤgen an dem, was der Poͤbel kaum in einem Collegiengarten bewundert. Die ganze Einrichtung dieſes Gartens des Plinius traf genau mit dem uͤberein, die London und Wiſe nach hollaͤndiſchen Grundſaͤtzen angelegt haben. Er ſpricht von abhaͤngigen Plaͤtzen, Terraſſen, methodiſch aufgeputztem Buſchwerk, Becken, worinn eine Caſcade fiel, Roͤhren, die Waſſer ausſpruͤtzten, Lorbeerbaͤumen mit Ahornen eins ums andre ge - pflanzt und geraden Gaͤngen, von welchen andre ausgiengen, die aus Buxushecken und Aepfelbaͤumen, mit Obelisken vermiſcht, beſtanden. Es fehlt nichts, als die Sticke - rey eines bunten Beets, um dieſe Beſchreibung aus den Zeiten Trajans auf einen Garten unter Koͤnig Wilhelms Regierung anwenden zu koͤnnen.

So aͤnderte ſich in den Tagen der roͤmiſchen Prachtliebe der Begriff vom Gar - ten. Er war nicht mehr der einfaͤltige Obſt - und Weingarten des homeriſchen Fuͤr - ſten; Kunſt und Zierrath fiengen ſchon an, nicht etwa blos das Nuͤtzliche mehr ein - zuſchraͤnken, ſondern ſelbſt die Natur zu verdraͤngen.

C 3Dieſe22Zweyter Abſchnitt. Beſtimmung

Dieſe Idee verlor ſich in den mittlern Zeiten nicht ganz. Der Gartenplatz, der freylich eine Art von Umzaͤunung oder Abſonderung bedurfte, ward bald vom Stolz mit Mauern umzogen und dadurch aller Verbindung mit der ſchoͤnen Natur be - raubt; er bekam eine viereckigte Figur und eine ſymmetriſche Eintheilung; er ward mit geraden Hecken und hohen Alleen bepflanzt, und ein Blumenbeet und in der Folge einige Kunſtwerke machten die ganze innere Verzierung aus. Der Adel war ſtolz ei - nen ſolchen Kerker, worinn eine beklemmende Verſchloſſenheit herrſchte, und keine er - friſchende Luͤſte athmen konnten, zu beſitzen; man wußte nicht, daß ein Garten etwas anders ſeyn konnte, als ein ſolcher Bezirk, worinn eine todte Einſamkeit ſich zu der geſchmackloſeſten Einfoͤrmigkeit geſellte.

Als le Notre die Gaͤrten in Frankreich nach einer genauern Symmetrie hin - zirkelte und mit einem Ueberfluß von pomphaften Verzierungen belaſtete, veraͤnderte ſich auch der Begriff vom Garten, und breitete ſich mit dieſer Manier durch ganz Europa aus. Die geraden Hecken und Alleen blieben; aber ſie wurden ſo ſcharf unter der Scheere gehalten, daß ihre harten Abſchnitte, gegen die Luft betrachtet, einem empfindlichen Auge unertraͤglich wurden. Man uͤberſah die liebenswuͤrdige Wildniß der Formen, die ſchon die Natur den Baͤumen gegeben, man wollte alles beſſer ma - chen, als ſie, ſelbſt die ſtolze Ruͤndung der Roßkaſtanien, den ehrwuͤrdigen Umfang der Linde, und die praͤchtige Krone des Orangenbaums. Nicht blos einzelne Baͤu - me wurden in widerſumige Formen verunſtaltet, ſondern auch aus lebendigen Gebuͤ - ſchen ward eine elende Architectur erzwungen. Kanaͤle, Springbrunnen, mit Mar - mor verbunden, Vaſen, Statuͤen, Gitterwerke und Gelaͤnder verdraͤngten den bluͤhen - den Reiz der Natur. Leere Pracht ohne Natur, und Koſtbarkeit ohne Geſchmack bezeichneten dieſe Plaͤtze auf allen Seiten. Man hielt ſie allein fuͤr wahre Gaͤrten; was anders entworfen oder gedacht ward, ſollte dieſen Namen nicht verdienen. Der Franzoſe, der Verſailles als das hoͤchſte Urbild von Gartenſchoͤnheiten betrachtete, konnte ſich kaum das Paradies ohne praͤchtige Alleen, ohne Waſſerkuͤnſte und Sta - tuͤen vorſtellen. Er konnte ohne Symmetrie und Kuͤnſteley keinen Luſtplatz mehr den - ken. Und halb Europa irrte dem Franzoſen nach.

Dieſer Irrthum dauerte bis zur Einfuͤhrung des brittiſchen Gartengeſchmacks. Nunmehr aͤnderte ſich das, was man unter dem Namen von Garten bisher verſtan - den hatte. Weil aber doch der Begriff, den die franzoͤſiſche Manier eingefuͤhrt hatte, faſt allgemein geworden war, ſo ſchien es noͤthig, den neuen Geſchmack durch die Benennung vom engliſchen Garten beſtimmter zu bezeichnen.

Bald darauf, als die neue Manier ſich verbreitete, fieng man an, Garten und Park nicht blos zu unterſcheiden, ſondern auch einander entgegen zu ſetzen. Und den -noch23des Begriffs vom Garten. noch war ein Park zu den Zeiten der ſymmetriſchen Manier etwas anders, als er nachher, nach der Einfuͤhrung des neuern Geſchmacks, in England und bey den brittiſchen Schriftſtellern ward.

Vormals war ein Park nichts anders, als ein weiter eingeſchloſſener und mit einer hohen Mauer umgebener Raum, in große ſymmetriſche Stuͤcke vertheilt, mit geraden Alleen bepflanzt, die auf Einen Mittelpunkt zuſammenliefen, oder einen Stern bildeten, und mit hin und wieder ausgegrabenen Teichen und Kanaͤlen. Eine ſolche Anlage hat zwar in der Hitze reichen Schatten, aber zu viel Finſterniß, die durch keine Ausſicht in die Landſchaft, durch keine innere Scene der Anmuth wieder aufge - heitert ward; die Feuchtigkeit des Bodens, die Ausduͤnſtung der ſtehenden Waſſer, die Menge der Muͤcken und die traurige Einſamkeit, die hier herrſchte, beſchwerte den Spatzierenden und erfuͤllte ihn mit Truͤbſinn. Dieſe Parks, die ſo viel unbe - nutztes Land verſchlungen, trugen ganz den Charakter der Zeit, da der Stolz ſich nur uͤber den Beſitz von Macht und Reichthum freute, und jede geſellige Freude verbannte; da die Bewohner der Schloͤſſer ſich wegen der Gewaltthaͤtigkeiten, die ſie ausuͤbten und die ſie wieder befuͤrchteten, hinter Mauern und Thuͤrmen zu verbergen noͤthig fan - den; da die Wildheit der Sitten den Geſchmack an den heitern Schoͤnheiten der Na - tur erſtickte, und die Jagd, die man in dieſen weiten Raͤumen anſtellte, faſt die ein - zige Beluſtigung des Adels war.

Als die neuen Parks in England angelegt wurden, veredelte ſich Sache und Name. Man ſah verſchoͤnerte Landſchaftgemaͤlde in einem reinen Styl, eine Zuſam - menſetzung von Scenen, worinn von der Natur und Kunſt alles entlehnt war, was ſie Großes, Reiches und Bluͤhendes haben. Es geſchah indeſſen ganz willkuͤhrlich, daß man Garten und Park einander entgegen ſtellte. Denn Kleinheit und Symme - trie, die man dem Garten zum unterſcheidenden Charakter beylegen wollte, gehoͤren ihm nicht ſeinem Urſprunge, noch weniger ſeiner wahren Natur und Beſtimmung nach, zu; nur ein freches Vorurtheil hatte ſie ihm aufgebuͤrdet. Und das Laͤndliche, das Freye und das Große kommt ſo vielen Gattungen von Gaͤrten zu, daß man es nicht auf die, welche man unter dem Namen von Parks ſich vorzuſtellen pflegt, ein - ſchraͤnken darf.

Sollte die Thorheit der Nachaͤffung chineſiſcher Gaͤrten ſich wider Vermuthen noch mehr ausbreiten, ſo muß der Begriff vom Garten, der ſich jetzt am meiſten auf - hellen ſollte, unter dem Nebel dieſer eigenſinnigen Unordnung wieder verdunkelt wer - den. Man kann faſt keinen Garten mehr ohne chineſiſche Tempel mit ſeltſamen Schnoͤrkeln, ohne geſchlaͤngelte Bruͤcken, ohne vergoldete oder lakirte Pagoden mit Geklingel, ohne Felſen auf der Ebene, ohne andre phantaſtiſche Spielwerke, worunterNatur24Zweyter Abſchnitt. BeſtimmungNatur und Geſchmack verſchwinden, anlegen. Selbſt der Name von chineſiſchengli - ſchen und engliſchchineſiſchen Gaͤrten iſt jetzt taͤglich auf der Zunge des Franzoſen, und hallt in den Schriften dieſer Nation nach. Leiſer toͤnt er bey dem Englaͤnder, der lieber Selbſterfinder der neuen Manier ſeyn mag, und der dieſe Ehre verdient.

So war der Begriff vom Garten durch Beduͤrfniß, durch Mode, Vorurtheile, Misbraͤuche und ſelbſt durch die Revolutionen, die der Geſchmack in der Gartenkunſt bewirkte, in den verſchiedenen Laͤndern und Zeiten immer der Veraͤnderung unterwor - fen. Was das eine Zeitalter einen Garten nannte, war in einem andern nicht mehr eben das, oder es hatte einige Zuͤge angenommen, die von dem vorigen Gemaͤlde blos eine entfernte Aehnlichkeit uͤbrig ließen.

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2.

Die Gaͤrten, welche dem Nuͤtzlichen gewidmet ſind, wurden in den neuern Zei - ten bequem durch beſondre Benennungen unterſchieden, die von den Gewaͤchſen und Fruͤchten genommen ſind, deren Cultur ſie zum Gegenſtande haben. Die Namen von Kuͤchengaͤrten, von Kraͤuter - und Gemuͤſegaͤrten, von Fruchtgaͤrten, Obſtgaͤrten, Baumgaͤrten, Weingaͤrten, u. ſ. w. unterſcheiden ſogleich die verſchiedenen Arten, und laſſen keinen Zweifel uͤber die vornehmſte Beſtimmung einer jeden von ihnen uͤbrig.

Von25des Begriffs vom Garten.

Von allen dieſen, die ſich mit dem Nutzbaren beſchaͤfftigen, ward der Luſtgar - ten abgeſondert, der im Gegenſatz dem Angenehmen geweihet war. Man nahm an und hat in allen Zeitaltern die Meynung behalten, daß die Beſtimmung eines Luſtgar - tens nur ſeyn koͤnne, angenehme Bewegungen zu erregen, ſo verſchieden auch die dazu angewandten Mittel und ſo wenig ſie immer dieſer Beſtimmung angemeſſen waren.

Ein Garten kann alle die verſchiedenen Bewegungen hervorbringen, welche die Natur durch Groͤße und Mannigfaltigkeit,*)S. 1ſter Band S. 162 u. ſ. w. durch Schoͤnheit,**)S. 166 u. ſ. f. durch Anmuthigkeit und Lieblichkeit,***)S. 174 u. ſ. w. durch Neuheit,****)S. 177 u. ſ. w. durch Contraſt†)S. 180 u. ſ. w. erzeugt. Er kann, wie die Natur, nach den verſchiedenen Charakteren und Kraͤften ihrer Gegenden, Beha - gung, Vergnuͤgen, Wonne, angenehme Schwermuth und Melancholie, Verwunderung, Erſtaunen, Ehrfurcht, und feyerliche Erhebung der Seele erregen. ††)S. 186-227 und 2ter B. S. 5 - 129.Allein er kann dieſe Bewegungen nicht blos durch eine weiſe Mitwirkung der Kunſt verſtaͤrken, ſondern ſie auch in eine harmoniſche Folge und Verbindung unter einander bringen. †††)S. 1ſter Band S. 155. 156.

Die Natur zeigt zuweilen Gemaͤlde, die von ihrer Hand ganz vollendet ſind, und keines nachahmenden Pinſels der Kunſt mehr beduͤrfen. Sie hat Gegenden, denen durch ihre eigene Bildung ein ſolcher beſtimmter und ſtarker Charakter mitgetheilt iſt, daß ſie dadurch irgend eine der vorhin angefuͤhrten Bewegungen in einem hohen Grade hervorzubringen faͤhig ſind. Es giebt demnach Naturgaͤrten. Wir finden ſie in einigen der reichſten und ſchoͤnſten Landſchaften der Schweitz, Italiens, Englands und nicht weniger Deutſchlands. Haͤufiger ſieht man ſie in Laͤndern, wo unter der Gunſt eines vorzuͤglich milden Klima das Pflanzenreich in einem hoͤhern Wachsthum ſchwelgt, und ein faſt immer laͤchelnder Fruͤhling die Huͤgel und die Thaͤler mit einem bunten Teppich freywillig aufbluͤhender Blumen ſchmuͤckt. Und dieſe Gaͤrten der Na - tur ſind nicht blos von dem romantiſchen und feyerlichen Charakter, die nur ſie faſt allein zu bilden vermag, ſondern auch von den angenehmen Gattungen.

Die ſchoͤne Gartenkunſt kann kein anderes Geſchaͤffte haben, als den natuͤrlichen Charakteren der Gegenden nachzuhelfen, um ihre Wirkungen gewiſſer und eindringen - der zu machen. Sie fuͤhrt dies Geſchaͤffte durch Bearbeitung des Bodens und der Lage, durch Anpflanzung, durch Bebauung und durch Auszierung aus; und laͤßt ſich dabey von Beobachtung der Natur, von Pflanzenkenntniß, Geſchmack und Ueberle - gung leiten. Sie lernt von der Natur, um ihre Gehuͤlfinn zu ſeyn.

DieſeIV Band. D26Zweyter Abſchn. Beſtimmung des Begriffs vom Garten.

Dieſe Bemerkungen, die ſich bey einiger Ueberlegung von ſelbſt anbieten, leiten uns zu dem Begriff vom Garten. Er kann nichts anders ſeyn, als eine von der Kunſt*)S. 1ſten B. S. 145. 155. 156. nachgebildete Gegend, zur Verſtaͤrkung ihrer natuͤrlichen Wirkung.

Demnach, ſo viel beſonders charakteriſirte Gegenden es giebt, oder ſo viel Ge - genden ſich zu einem beſtimmten Charakter ausbilden laſſen, ſo viel beſondre einfache Gaͤrten duͤrfen wir unterſcheiden. Alles, was zur feſtern Beſtimmung und zur Ver - ſtaͤrkung der natuͤrlichen Wirkung einer Gegend beytraͤgt, das gehoͤrt in das Gebiet der Gartenkunſt; alles aber, was dieſe Wirkung ſtoͤrt, ſchwaͤcht, unterbricht, unge - wiß macht, iſt von ihrer Graͤnze zu verbannen.

Dies giebt nun auch den Unterſchied an, der ſich zwiſchen einem Garten und einer blos natuͤrlichen Gegend befindet. Da die Natur in der Bildung ihrer Land - ſchaften, bey ſo vielen hoͤhern Zwecken, nicht allezeit auf eine genaue und ſorgfaͤltige Beſtimmung der verſchiedenen Charaktere der Gegenden ſich einſchraͤnken kann; ſo entſpringt zuweilen daraus eine Art von Verwilderung und Vermiſchung, die zwar in das Ganze ihrer großen Gemaͤlde wohl einſtimmt, aber weniger in kleinern Raͤumen gefaͤllt, wo das Auge in ſeinem Urtheil nicht zerſtreut, noch geblendet wird. Eine Gegend kann daher bluͤhend, reizend, entzuͤckend ſeyn. Allein ihr Charakter iſt nicht immer rein, noch beſtimmt genug; nicht immer aus der großen Maſſe hervorſpringend genug; auch fehlt ihrer Rohigkeit alle Milde, alle Verſchoͤnerung, welche die Cultur mittheilt, alle Verſtaͤrkung ihrer Eindruͤcke, die von Genie und Geſchmack durch die Kuͤnſte der Bearbeitung, der Anpflanzung und der Bebauung bewirkt wird.

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27Dritter Abſchnitt. Eintheilung der Gaͤrten.

Dritter Abſchnitt. Eintheilung der Gaͤrten.

Man ſieht[nun]leicht, daß ſich,[indem]wir der Natur folgen, verſchiedene Gat - tungen von Gegenden und Anlagen unterſcheiden laſſen, die alle eben ſo viel beſondre Gaͤrten ausmachen. Garten ſoll uns die allgemeine Benennung, der Ge - ſchlechtsname bleiben, und unter dieſem wollen wir die mannigfaltigen Arten nach einander auffuͤhren. Selbſt der Name, Park, kann, wenn wir nicht mit Worten ſpielen wellen, nichts anders, als eine beſondre Art oder Gattung von Garten be - zeichnen, wie ſich in der Folge entwickeln wird.

Wir koͤnnen in Anſehung der verſchiedenen Arten von Gaͤrten dieſe Eintheilung machen.

Gaͤrten nach dem Unterſchied des Klima.

Gaͤrten nach der Verſchiedenheit der beſondern Lage.

  • I) Berggarten;
  • II) Thalgarten;
  • III) Waldgarten.

Gaͤrten nach dem Charakter der Gegend.

  • I) angenehmer, muntrer, heitrer Garten;
  • II) ſanftmelancholiſcher Garten;
  • III) romantiſcher Garten;
  • IV) feyerlicher Garten;
  • V) Gaͤrten, die aus einer Zuſammenſetzung dieſer verſchiedenen Charaktere beſtehen.

Gaͤrten nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

  • I) Fruͤhlingsgarten;
  • II) Sommergarten;
  • III) Herbſtgarten;
  • IV) Wintergarten.

Gaͤrten oder Scenen nach den Tageszeiten.

  • I) Morgengarten oder Morgenſcene;
  • II) Mittagsgarten oder Mittagsſcene;
  • III) Abendgarten oder Abendſcene.

Gaͤrten nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

  • I) koͤnigliche und fuͤrſtliche Gaͤrten; Parks der erſten Groͤße, oder in einem praͤchti - gen Styl;
  • II) Gaͤrten fuͤr Beſitzer vom hohen Adel und vom Stande; Parks in einem edlen Styl;
  • III) Privatgaͤrten; buͤrgerliche Gaͤrten;
  • IV) Landgaͤrten; laͤndliche Gaͤrten.

Gaͤrten, deren Charakter von beſonderen Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

  • I) Volksgaͤrten;
  • II) Gaͤrten bey Akademien;
D 2III) Gaͤrten28Dritter Abſchnitt. Eintheilung der Gaͤrten.
  • III) Gaͤrten bey Kloͤſtern, Kloſtergaͤrten;
  • IV) Gaͤrten bey Geſundheitsbrunnen;
  • V) Gaͤrten bey Hoſpitaͤlern;
  • VI) Gaͤrten bey Begraͤbnißoͤrtern.

Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung einzelner Theile eines Landſitzes.

  • I) Vorplatz vor dem Luſtſchloſſe oder Landhauſe;
  • II) Feldſpatzierwege;
  • III) Meyerey;
  • IV) Thiergarten;
  • V) Weinberg;
  • VI) Doͤrfer;
  • VII) Landſtraße.
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Theorie[29]

Theorie der Gartenkunſt.

D 3[30]

Fuͤnfter Theil. Beſtimmung der verſchiedenen Arten von Gaͤrten.

  • Erſter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Unterſchied des Klima.
  • Zweyter Abſchnitt. Gaͤrten nach der Verſchiedenheit der beſondern Lage.
  • Dritter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Charakter der Gegenden.
  • Vierter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.
31

Erſter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Unterſchied des Klima.

Schon eine gemeine Beobachtung lehrt uns, bey der Cultur der Gewaͤchſe, auf die Beſchaffenheit des Klima, auf ſeine Milde oder Strenge merken. Jeder Himmelsſtrich hat ſeine Pflanzen, die er als ſeine eigene Kinder mit einem gluͤcklichen Erfolg erzieht, und die, aus ihrer Heimat geriſſen, gar zu oft ausarten oder ſterben. Die Natur ſelbſt giebt in Ruͤckſicht auf die Gewaͤchſe den Gaͤrten verſchiedener Laͤnder ſchon einen verſchiedenen Charakter, der von dem Klima abhaͤngig iſt. Die Fluren in Indien und in Arabien ſtellen ganz andere Geſchlechter von Baͤumen und Straͤu - chern auf, als die Pflanzungen in Nordamerica, und dieſe ſind wieder von den Ge - waͤchſen des ſuͤdlichen Europa unterſchieden.

So wie die Pflanzen, ſo muß ſich der Menſch nach der Beſchaffenheit des Him - melsſtrichs richten, unter welchem er baut. Er muß nicht allein beobachten, welche Gewaͤchſe unter ſeinem Klima am beſten, welche weniger, welche gar nicht gedeihen; er muß auch nach dem Charakter eben dieſes Klima die Plaͤtze ſeiner laͤndlichen Er - goͤtzungen einzurichten wiſſen.

Wir duͤrfen nur einen Garten aus dem untern Italien mit einem niederſaͤch - ſiſchen vergleichen, um nicht blos einen Unterſchied zu bemerken, ſondern auch einzu - ſehen, daß dieſer Unterſchied zum Theil von dem verſchiedenen Genie des Himmels - ſtrichs herruͤhrt. Noch auffallender wird dieſer Unterſchied bey Laͤndern in einer wei - tern Entfernung von einander. Es iſt demnach keine geringe Unbedachtſamkeit, wenn wir auslaͤndiſche Gaͤrten verachten, weil ſie nicht ſeyn koͤnnen, wie die unſrigen ſind, oder wenn wir die unſrigen als die vollkommenſten Muſter der Schoͤnheit anſe - hen, wornach wir andere zu beurtheilen uns berechtigt halten. Eben die Abweichung, die das Klima will, wollen oft eben ſo ſehr Sitte und Gewohnheit, die unter den Ein - wirkungen des Klima herrſchen.

Wenn die Alten uns ihre Gaͤrten beſchreiben, ſo erwaͤhnen ſie, mit einem be - ſondern Vergnuͤgen, kuͤhler Grotten, waſſerreicher Quellen, Erfriſchungen des Meeres, luftiger Anhoͤhen, ſchattenreicher Gaͤnge mit Platanen beſetzt und bedeckter Saͤulen - lauben. Das Klima lehrte den Griechen und den Roͤmer Schatten und Kuͤhlung, als Beduͤrfniß, ſuchen; und dieſem Beduͤrfniß folgten die Anlagen ihrer Gaͤrten. Der Platanus ward, ſeines ehrwuͤrdigen Schattens wegen, ſo ſehr geſchaͤtzt, daß man ihn zur Befoͤrderung ſeines Wachsthums ſogar mit Wein begoß.

Der32Erſter Abſchn. Gaͤrten nach dem Unterſchied des Klima.

Der Roͤmer verlaͤngerte ſeine Villen ſo gerne eine Strecke in das mittellaͤndi - ſche Meer hinein, um die Kuͤhlungen dieſer Lage zu genießen. Was wuͤrde man von einem Daͤnen ſagen, wenn er ſeinen Landſitz in die Nordſee hinein bauete?

Die Springbrunnen ſind eine Erfindung warmer Laͤnder. Die Roͤmer lieb - ten ſie in Italien; und die Mauren fuͤhrten ſie in Spanien ein, wo ſie noch, der erfriſchenden Kuͤhlung wegen, nicht blos in den Gaͤrten, ſondern auch in den innern Hoͤfen der Wohnhaͤuſer haͤufig plaͤtſchern. Es war aber nicht Ueberlegung, ſondern Nachahmungsſucht, die dieſe Fontainen im kalten Norden ſo ſehr vervielfaͤltigte, daß man ehemals, wie z. B. in Schweden, ohne ſie keinen Garten ſchoͤn finden konnte.

Die morgenlaͤndiſchen Gaͤrten ſuchten mit Recht die Erfriſchung kuͤhler Quellen, rieſelnder Baͤche, reicher Waſſerleitungen; der Hollaͤnder, deſſen Land ſchon einen Ueberfluß von Kanaͤlen und Feuchtigkeiten hatte, leitete ſie nicht blos ge - gen die Natur, ſondern auch gegen die Regel der Geſundheit, in ſeine Gaͤrten ein.

In Spanien, wo viele der ſchoͤnſten Baͤume und Gartenblumen, z. B. die Myrte, der Mandelbaum, der Feigenbaum, die Lilie, die Nelke und verſchiedene Roſen, wild wachſen, koͤnnen die Gaͤrten ihre Cultur entbehren; allein in Deutſchland wird ſie ein Geſchaͤffte des Gartenfreundes.

In den brittiſchen Gaͤrten macht die Vielheit der Raſen, deren vortreffliches Gruͤn von der Feuchtigkeit des Klima beguͤnſtigt wird, eine vorzuͤgliche Schoͤnheit aus; allein unter dem Himmelsſtrich von Frankreich und noch mehr von Italien muß man wenigſtens einen Theil dieſes landſchaftlichen Reizes aufgeben.

In Laͤndern unter einem kalten oder gemaͤßigten Himmelsſtrich iſt der Spatzier - gang, der ſich in die freyen Irrgaͤrten der Natur verliert, uͤberaus ergoͤtzend; allein unter der heißen Zone liebt der Gartenfreund ruhige Bequemlichkeit und unbewegli - ches Sitzen unter tiefen Ueberſchattungen. Ein dichter Hayn mit wild in einander ſich verwickelnden Baͤumen und dunklen, den Sonnenſtrahlen undurchdringlichen, Schattenuͤberwoͤlbungen iſt hier oft allein der Garten, den man ſucht. In Oſtin - dien, wo die Natur durch eine außerordentliche Groͤße und Ausdehnung der Baͤume fuͤr das Beduͤrfniß des Klima geſorgt hat, macht zuweilen ein einziger Stamm, wie der Affenbrodbaum und der Baum der Banianen oder der Pagodenbaum, einen Luſt - wald aus, worunter ganze Geſellſchaften Schirm vor der Hitze des Tages finden.

Soll die Nachaͤffung eines eingebildeten Ideals chineſiſcher Gaͤrten und ihrer Gebaͤude noch laͤnger die Geſchichte unſrer Thorheiten erweitern? Der Englaͤnder hat mit Stolz ſeinen engliſchen Garten. Der Franzoſe will bald einen engliſchen, bald einen chineſiſchen Garten haben. Und der Deutſche, der einen deutſchen Garten haben koͤnnte, was will er?

Zweyter33

Zweyter Abſchnitt. Gaͤrten nach der Verſchiedenheit der beſondern Lage.

I. Berggarten.

Einem Berggarten giebt ſeine Lage,*)S. 1ſter B. S. 190. 191. 195-198. mit der reinen und geſuͤndern Luft, Frey - heit und Heiterkeit und Wonne uͤber die Weite und Mannigfaltigkeit der Aus - ſichten und uͤber die immer wechſelnden wunderbaren Schauſpiele, die ſich am Him - mel und in der Landſchaft bilden. Allein er kann auch durch die Beſchaffenheit ſeiner natuͤrlichen Bildung, ſeiner gegen einander aufſteigenden Huͤgel und Felsſpitzen, ſei - ner wilden Baͤume und Gebuͤſche Verſchloſſenheit und Einſamkeit haben. Er kann durch Anmuth reizen, oder von labyrinthiſchen Wildniſſen ſtrotzen. Er kann man - cherley Arten von Scenen aufnehmen, ſo wie faſt jeder Charakter von Gegenden in ſeinem weitern Bezirk Platz hat. Er liebt Eichen und Buchen, vornehmlich Birken, Fichten und Tannen, deren Gipfel zwiſchen den Wolken rauſcht. Die Unterhaltung der Ausſichten, die dieſer Lage eigen ſind, und worinn ſich die Seele uͤber die Welt, alle ihre Sorgen, ſelbſt alle ihre Beduͤrfniſſe zu erheben ſcheint, die wolluſtvolle Ge - nuͤgſamkeit dieſes Zuſtandes, das frohe belebende Gefuͤhl beym Geraͤuſch von Waſſer - faͤllen, und die holde Schwermuth bey dem ſanftern Gemurmel herabrinnender Quellen und Baͤche, dies kann den Mangel der innern Schoͤnheit oder der feinen Bepflanzung eines Berggartens verguͤten. Auf ſeinem maͤßig aufſteigenden und von Baͤumen oder benachbarten Bergen beſchuͤtzten Gipfel, und noch beſſer auf ſeinen ſanften Abhaͤngen bietet er dem Landhauſe einen anmuthigen Platz an; auf einer zierlichen und reich be - pflanzten Erhebung nimmt er ſelbſt einen Tempel von griechiſcher Schoͤnheit auf; allein auf kuͤhnen Spitzen, wo kahle Felswaͤnde ſich mit ſteilem Abſturz ſenken, for - dert er ein altes Bergſchloß, oder ſeine Truͤmmer. Auf rauhen felſigten Vorgebir - gen am Geſtade des Meers, oder auf hohen Landſpitzen, die ſich kuͤhn in die Fluth hin - einſtrecken, ſind Schloͤſſer oder Feſtungen oder Thuͤrme im gothiſchen Styl faſt die ſchicklichſten Gebaͤude; ihre Rohigkeit, ihre Staͤrke und die Erinnerung ihres vorma - ligen Gebrauchs, alles dieſes ſtimmt ſehr wohl mit der Wildniß des Orts uͤberein.

UeberhauptIV Band. E34Zweyter Abſchnitt. Gaͤrten
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35nach der Verſchiedenheit der beſondern Lage.

Ueberhaupt duͤrfen wir bey keiner Anlage vergeſſen, daß die wahre Kunſt der Verzierung darinn beſteht, jedem Ort und jeder Scene zu geben, was ihr zukommt. In der Natur ſehen wir mit Vergnuͤgen an Felſen Ziegen hangen, und auf Raſen ſich die herumirrende Wollenheerde zerſtreuen; mit Vergnuͤgen ſehen wir bey der Huͤtte des Hirten trinkende Kuͤhe am Brunnen verweilen, oder auf dem Dach einer kleinen Landwohnung eine Familie von Tauben ruhen. Wenn der Idyllendichter oder der Kuͤnſtler uns ſo dieſe Gemaͤlde wiedergiebt, ſo erkennen wir in ihm den treuen Schuͤler der Natur. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit der Ausſtaffirung und Verzierung der Gartenanlagen durch Werke der Baukunſt. Am Ufer eines Sees eine Fiſcher - huͤtte; in einer lachenden Gegend ein Tempel, der Liebesgoͤttinn geweihet; in einer andern, die mehr ernſthaft iſt, ein Tempel der Freundſchaft; in einem einſamen me - lancholiſchen Revier eine Einſiedeley; in einer ſchwelgeriſchen futterreichen Gegend ein Meyerhof; auf einer wilden Felshoͤhe koloſſaliſche Truͤmmer von einer Wohnung alter Helden alles dies iſt Schicklichkeit der Verzierung, und harmoniſche Beywirkung der Kunſt zur Verſtaͤrkung der Eindruͤcke der Natur.

II. Thalgarten.

Eingezogenheit, Ruhe und laͤndlicher Friede wohnen im Thal;*)S. 1ſter B. S. 191-202. alles iſt hier ſanft und milde, in ſtiller Einfalt begraͤnzt. Umherirrende Baͤche, mit leichten laͤnd - lichen Bruͤcken verziert, durchrieſeln dieſe Reviere; ſie ſind zu klein, um das ſtrah - lende Bild der Sonne zu tragen, aber friſche Bluͤmchen, vom Spiel ihrer dahin huͤpfenden Wellen benetzt, beſchauen ſich ganz in ihrem wankenden Spiegel. Schlan - ke Pappeln und Weiden und Ellern, die ſich in der Feuchtigkeit dieſes Bodens freuen, wechſeln mit Pflaumenbaͤumen und andern fruchttragenden Staͤmmen ab, und zer - ſtreuen ſich in leichten durchſichtigen Gruppen an dem Ufer der Baͤche dahin. Nahe umher ſchimmern grasreiche Wieſenplaͤtze unter dem bunten Stickwerk von hundert Feldblumen, mit andern Geſchlechtern, welche die Kunſt erzog, in natuͤrlicher Unord - nung untermiſcht; hin und wieder unterbricht der Schatten bejahrter Baͤume die Helle der Raſen mit dunkeln Flecken; und im bebuſchten Winkel ruhet, frey von Pracht und vom Sturm, unter ihren Obſtbaͤumen die einſame laͤndliche Huͤtte, von der nicht weit einige Kuͤhe unbeſorgt umhergraſen und keines Hirten beduͤrfen. Kann eine Lage dieſer Art ihren ſanften Reiz vergebens anbieten? Wie oft habe ich ſie mit Wolluſt in den Thaͤlern am Fuß der Alpen, die hoch uͤber ſie mit ewig beſchneyten Gipfeln genE 2Himmel36Zweyter Abſchnitt. GaͤrtenHimmel ſich thuͤrmen, in dieſen warmen, fruchtbaren und friedvollen Thaͤlern empfun - den! Wie mancher weiſe und gluͤckliche Freund der Natur genießt ſich da in einer be - ſcheidnen Wohnung ſeines Thalgartens, unter dem breiten Schatten ſeiner Kaſtanien - und Wallnußbaͤume, am Morgen von kraͤuterreichen Wieſen umduftet, und am Abend vom Gemurmel der Baͤche zur Ruhe geladen!

Andre Arten von Thallagen bereiten ſie fuͤr andre Scenen. Eine Thalgegend, von hohen Waldſtuͤcken uͤberſchattet, von dickverwilderndem Gebuͤſch uͤberdeckt, oder mit Felshoͤhen umſchanzt, ſchickt ſich ungemein zu einſiedleriſchen und melancholiſchen Scenen. Man kann der Niedrigung leicht den Schein einer groͤßern Vertiefung ge - ben, indem man die obere Oeffnung enger zuſammenzieht, oder den Rand mit hohem Buſchwerk und ſtarken Baumgruppen von dunkler Farbe des Laubes oder von vieler Beſchattung bekleidet; ein dumpfes Gemurmel von einem Bach, der dem Auge un - ſichtbar bleibt, verſtaͤrkt noch die Vorſtellung der Tiefe.

Ein andres Thal von ſeltſamer Form und Kruͤmmung, worinn ein Strom bald zwiſchen Klippen ſchaͤumt, bald in ſtiller Fluth wieder dahin gleitet, und aus ihr hohe gerade Baͤume aufſteigen laͤßt, bald in wilde kaͤmpfende Waſſerfaͤlle aufgeloͤſt wird, graͤnzt ſchon an die romantiſche Gattung. Die ganze kuͤnſtliche Bearbeitung muß dem Geiſt dieſer verſchiedenen Charaktere folgen.

III. Waldgarten.

Er hat den Charakter des Waldes, und mit ihm die ganze Mannigfaltigkeit der Waldſcenen gemein. *)S. 1ſter B. S. 198. 199. 2ter B. S. 40-46. 53-62.Sein vornehmſtes Eigenthum iſt Reichthum des Schattens, erquickende Kuͤhlung, friedvolle Stille, die zu ernſthaften Betrachtungen und zum Selbſtgenuß einladet, und ſanfte Freude der erſten ſeligen Unſchuld uͤber die Thiere, die hier ihre Freyſtaͤtte haben, und uͤber die mannigfaltigen Familien von Waldvoͤgeln, die zwiſchen den Laubdecken umherflattern und die Schattengewoͤlbe von den kunſtloſen Liedern der Liebe wiederhallen laſſen. Die Waldlage giebt nicht blos in warmen Laͤndern eine beneidenswerthe Bequemlichkeit, ſie hat auch den Vortheil, daß, indem ſchon die Natur vorgepflanzt hat, die uͤbrigen Verſchoͤnerungen ſich leich - ter in dieſe Pflanzungen eintragen laſſen. Und wie wenig vermag die fleißigſte Kunſt des Gaͤrtners gegen die Hand der Natur! Wie lange muͤſſen wir warten, ehe wir in unſern Anpflanzungen einen kleinen Theil der herrlichen Beſchattungen gewinnen, die uns ein Wald voll bejahrter Eichen und Buchen darbietet! Menſchenalter verfloſſen,ehe37nach der Verſchiedenheit der beſondern Lage. ehe er ſeinen Staͤmmen die ehrwuͤrdige Geſtalt geben konnte, die uns bey dem Anblick ihrer Ausdehnung, ihrer Hoͤhe und Staͤrke erhebt. Hier ladet uns die Natur ein, um gleich ohne Muͤhe zu genießen, und uns unter eben dem Schatten, der ſchon unſre Voraͤltern erfreute, in froher Geſellſchaft zu lagern. Indem ein anſehnlicher Wald mancherley Scenen aufzunehmen faͤhig iſt, ſo koͤnnen ihnen auch Architecturwerke von mancherley Charakter zugeordnet werden. Zur Wohnung oder zum Landhauſe aber ſchickt ſich hier am beſten ein edles regelmaͤßiges Gebaͤude, das feſt ohne Plumpheit, einfach ohne Duͤrftigkeit iſt, eine maͤßige Verzierung ſeiner Außenſeiten, einen weiß - lichen Anſtrich der Waͤnde und ein blaues Dach hat.

Es iſt, auch ohne beſondre Bemerkung, klar, daß ein Garten von weitem Um - fang alle dieſe drey angefuͤhrten Lagen in ſich begreifen, und daß durch Berggarten, Thalgarten und Waldgarten eine Zuſammenſetzung eines neuen Ganzen entſtehen kann. Dieſe Verbindung iſt in der Natur gegruͤndet. Der Berg hat ſein Thal neben ſich, und nicht ſelten iſt ſein Gipfel oder Abhang mit einem Walde geſchmuͤckt.

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E 3Dritter38Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Dritter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Charakter der Gegenden. *)S. 1ſter B. S. 229.

I. Angenehmer, muntrer, heitrer Garten.

1.

Die Natur hat den Landſchaften nach den ewigen Geſetzen der Mannigfaltigkeit und Schoͤnheit, denen ſie immer folgt, eine große Abwechſelung von Cha - rakteren mitgetheilt; und bey dieſer Einrichtung ſcheint ſie auf die Verſchiedenheit des Geſchmacks und der Neigungen der Menſchen, die dieſe Reviere bewohnen ſollten, geachtet zu haben. Dieſer lieht ſtille Anmuth und ruhige Empfindung, jener Sce - nen von einem blendenden und lebhaften Reiz; ein anderer ergoͤtzt ſich an dem Son - derbaren, und verliert ſich gern in abentheuerliche Romane und in fabelhafte Feener - zaͤhlungen; ein andrer zieht die Einſamkeit und eine ſuͤße Schwermuth jeder geſelligen Freude vor, wandelt oft unter den Graͤbern ſeiner Freunde, und betrachtet mit Sehn - ſucht den geſtirnten Himmel in der Mitternacht; ein andrer eroͤffnet lieber ſeine Bruſt den erhebenden Gefuͤhlen, die Groͤße und Staͤrke einfloͤßen, entzuͤckt ſeinen Geiſt un - ter heroiſchen Thaten, und ſchaut mit Vergnuͤgen die Schrecken des Sturms auf dem tobenden Meere. Alle dieſe verſchiedenen Temperamente und Neigungen befriedigt die Natur, ſelbſt durch die verſchiedenen Charaktere der Gegenden. Und wir koͤnnen unſern Geſchmack auf eine eben ſo mannigfaltige und noch reichere Art in Gaͤrten un - terhalten, als in den verſchiedenen Gattungen der Malerey und der Poeſie. Daher hat jeder Anleger ſelbſt von der Natur das Recht, in der Wahl des beſondern Cha - rakters ſeines Gartens dem Triebe ſeines individuellen Geſchmacks zu folgen.

Da das Angenehme, Muntre und Heitre nur durch die Grade unterſchieden iſt,**)S. 1ſter B. S. 210. ſo verlieren ſie ſich in den Scenen der Natur, die dieſen Charakter ausma - chen, nicht ſelten ſo unvermerkt in einander, daß ſich die Graͤnzlinien nicht mehr be - zeichnen laſſen. Lage, Verbindungen und tauſend abwechſelnde Zufaͤlligkeiten bewir - ken die Unterſchiede oft ſo fein und ſchnell, machen ſie unter einander ſo abſtechend, ſo hervorſpringend und wieder ſo zuruͤckweichend, daß die Kunſt des Beobachters ſich vergebens beſtrebt, alle Abaͤnderungen unter einer beſtimmten Ordnung aufzuzaͤhlen. Indeſſen39nach dem Charakter der Gegenden. Indeſſen wenn wir auch alles das, was von Lage, Verbindung und Zufaͤlligkeit ab - haͤngig iſt, nicht genau zu beſtimmen unternehmen koͤnnen, ſo laſſen ſich doch vielleicht einige Gegenſtaͤnde ſelbſt auszeichnen, die in dieſem Charakter einen Unterſchied ma - chen. So liefert z. B. die Natur zu dem Charakter des Angenehmen Berge, Huͤgel, Thaͤler, Wieſen, Waͤlder; Seen, Fluͤſſe, Gruppen, Hayne und Ausſichten auf man - nigfaltig abaͤndernde und belebte Gegenſtaͤnde der Landſchaft, als Weiden voll Heer - den, ſchiffreiche Haͤfen und Ufer voll Beſchaͤfftigungen des Fiſchfangs erheben dieſen Charakter ſchon zu dem Muntern; friſchgruͤnende Raſen, Blumen und Bluͤthen der Gebuͤſche mit ſanften Farben, wie das Fleiſchfarbige, das Roͤthliche, Blaͤuliche, Blaßgelbe und Weiße, leichte Gruppen von Straͤuchern und Baͤumen mit hellem Laub und gefiederten Blaͤttern, klare, rieſelnde Baͤche und ſpielende Waſſerfaͤlle vollen - den ihn zu dem Heitern. Allein dieſe Unterſchiede ſind in der kuͤnſtlichen Anlage eben ſo wenig immer zu beobachten, als ſie ſich in der Natur untermiſcht erhalten. Und gemeiniglich iſt ein Garten in der einen Jahreszeit heiter, und in der andern blos an - genehm. Die Kunſt verſtaͤrkt dieſen Charakter durch mancherley Arten von zuſtim - menden Gartengebaͤuden, als Luſthaͤuſer, Luſtkabinette, Vogelhaͤuſer, Fiſcherhuͤtten, Waldhaͤuſer, Pavillons, Tempel, die anmuthigen Gegenſtaͤnden und Weſen gewid - met ſind; durch Statuͤen und allegoriſche Bilder; durch Denkmaͤler, welche die Phantaſie auf frohe Erinnerungen leiten.

Der Charakter des Angenehmen iſt uͤberaus reich und mannigfaltig in der Natur verbreitet, und die meiſten Gaͤrten werden mit Recht in dieſem Geſchmack angelegt. Maler und Dichter, mit einer bluͤhenden Einbildungskraft belebt und mit den Reizen der Natur vertraut, gluͤckliche Privatleute von Geſchmack, alle die wohlgebildeten und in ſich genuͤgſamen Seelen, die ſich auf den Genuß der unſchuldigen Ergoͤtzung des Landlebens verſtehen, waͤhlen und bilden Anlagen dieſer Art mit dem beſten Er - folg. In dieſen Gaͤrten wohnen alle die ſanften, beruhigenden, erwaͤrmenden, auf - heiternden Freuden, womit die bluͤhende Natur den Menſchen beſeligen kann, und wovon die Erinnerung in weniger aufgehellten Tagen noch von einer wehmuͤthigen Sehnſucht begleitet wird. O! Silberbach, der vormals mich vergnuͤgt, Wann wirſt du mir ein ſanftes Schlaflied rauſchen? Gluͤckſelig! wer an deinen Ufern liegt, Wo voller Reiz der Buͤſche Saͤnger lauſchen. Und du, o! Hayn! o! duftend Veilchenthal! O! holder Kranz von fernen blauen Huͤgeln! O! ſtiller40Dritter Abſchnitt. GaͤrtenO! ſtiller See, in dem ich tauſendmal Auroren ſah ihr Roſenantlitz ſpiegeln! Bethaute Flur, die mich ſo oft entzuͤckt! Wann wird von mir dein bunter Schmelz erblickt? v. Kleiſt. Alle Theile, woraus der Dichter dies ſchoͤne Landſchaftgemaͤlde, den Gegenſtand ſei - ner ſchwermuͤthigen Zuruͤckerinnerung, zuſammengeſetzt, gehoͤren vollkommen zu dem Charakter, wovon wir handeln; und die Natur ſtellt ſie in tauſend Gegenden, die der Kunſt bald mehr, bald weniger nachzuarbeiten uͤberlaſſen, vor unſern Augen auf. Allein wie unendlich mannigfaltig iſt nicht ihre Manier in der Zuſammenſetzung! Wie viele Abaͤnderung in der Bildung der kleinen Anhoͤhen und Vertiefungen! Wie abwechſelnd die Art, wie die Huͤgel ſanft gegen einander aufſchwellen, oder wild von einander abſpringen, oder wellenfoͤrmig neben einander ſich hinſchmiegen, oder kuͤhn uͤber einander aufſteigen und dann wieder zu Thaͤlern herabſinken! Wie mannigfaltig die Verbindung der Pflanzen, der Straͤucher, der Baͤume, der Gruppen, der Hayne, der Waͤlder, der Wildniſſe, der Gewaͤſſer unter einander! Welche unzaͤhlbare ver - ſchiedene Wirkungen des Lichts und Schattens zwiſchen Hoͤhen und Niedrigungen, zwiſchen Baͤumen und Waſſer, in ploͤtzlichen Begraͤnzungen und in allmaͤligen Ent - fernungen! Immer auf die Natur zu ſchauen, immer ſo mannigfaltig, ſo reich, ſo neu in der Zuſammenſetzung zu ſeyn, als ſie, iſt hier das vornehmſte Geſetz.

Bey einer Anlage vom anmuthigen Charakter wird eine Miſchung von mannig - faltigen Ungleichheiten und Erhebungen des Bodens, von kleinen Huͤgeln und Thaͤ - lern*)S. 2ter B. S. 7. vorausgeſetzt. Und die Kunſt ihrer Bearbeitung beſteht vornehmlich darinn, ſie zu den veredelten Wirkungen eines harmoniſchen Gemaͤldes mit einander zu verbin - den, ſie mit Gruppen von Blumen, von Straͤuchern, von Baͤumen, mit Haynen und Luſtwaͤldern zu bepflanzen, mit ſchoͤnen Raſen zu ſchmuͤcken, mit laufendem und fallendem Waſſer, mit Bruͤcken und Gebaͤuden zu beleben. Viel Abwechſelung des Freyen und des Verſchloſſenen, des Hellen und des Schattigten, viel heitre Durch - ſichten und ſpielende Wiederſcheine, viel feine Malerey der Baumgruppen vom ſchoͤn - ſten Wuchs und Laubwerk, viel bluͤhende Straͤucher und farbigte Blumen, viel Pflan - zen von ſuͤßen Duͤften, viel Anlockung ſingender Voͤgel, viel klares, rinnendes, rie - ſelndes und rauſchendes Gewaͤſſer, viel Mannigfaltigkeit und Reiz der Ausſichten in die Landſchaft umher gehoͤrt in dieſe Gattung von Zuſammenſetzung.

Wo41nach dem Charakter der Gegenden.

Wo die Natur in der erſten Bildung Erhebungen und Senkungen des Bodens verſagt hat, und nichts als eine Ebene liefert, da muß der Gartenkuͤnſtler, wenn er in einer ſolchen Gegend eine betraͤchtliche Anlage machen ſoll, ſeine ganze Einbildungs - kraft anſtrengen, um die Maͤngel dieſer Lage zu verbeſſern. Man kann die ebene Flaͤche hie und da in ſanfte Ungleichheiten umarbeiten und ihr dadurch ein froͤhliches Anſehen mittheilen; man kann Huͤgel aufwerfen, ihren Gipfel mit hohen Gruppen noch mehr erhoͤhen und ihre hinfließenden Abhaͤnge zu ſchoͤnern Raſen bereiten; man kann an der ausgegrabenen Stelle einen See mit einer Inſel anlegen, und ihn mit allerley Gefluͤgel beleben; man kann die innern Proſpecte vervielfaͤltigen oder bald durch weitlaͤuftig gepflanzte, bald durch enger ſich zuſammenziehende, bald durch ſich aufthuͤrmende, bald durch niedrige Baͤume und dahinſinkendes Buſchwerk, bald durch heitre, bald durch finſtre Gruppen viele treffliche Ausſichten bilden, zwiſchen welchen das Auge in die Ferne auf einen intereſſanten Gegenſtand, auf ein angenehmes Gar - tengebaͤude, auf ein Dorf, auf eine Kirche geleitet wird; man kann geraͤumige Ge - genden fuͤr eine Heerde abſondern, die ſo viel zur Ausſtaffirung und Belebung einer Landſchaft wirkt; man kann weite Plaͤtze mit reichen Pflanzungen von Blumen und bluͤhenden Straͤuchern aufheitern, und hinter ihnen dichte Haufen hochaufſteigender Baͤume anpflanzen, die den Anſchauer mit der Erwartung einer verborgenen Anhoͤhe taͤuſchen. Schon durch dieſe Mittel kann der Gartenkuͤnſtler der Ebene ihr todtes und duͤrftiges Anſehen nehmen und ſie in gartenmaͤßige Scenen umſchaffen. Da eine ſolche Situation faſt gar nicht durch fließendes Waſſer belebt werden kann, ſo muͤſſen freye und anmuthig verzierte Raſen und froͤhliche Gruppen und Hayne, beſonders von auslaͤndiſchen und ſeltenen Baͤumen, am meiſten zu ihrer Verſchoͤnerung beytragen.

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IV Band. F2. Die42Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

2.

Die Kunſt der Anpflanzung, die am meiſten in den angenehmen Gattungen von Gaͤrten ihre Anwendung finden muß, iſt ſo wichtig und doch noch ſo wenig be - kannt, daß wir mit Beziehung auf das, was von einzelnen Baͤumen,*)S. 2ten B. S. 31. 32. von Grup - pen,**)S. 33-36. von Haynen,***)S. 37-39. vom Walde,****)S. 40-43. von Gebuͤſch und Wildniß,*****)S. 46-48. von Malerey des Laubwerks,†)S. 49-52. von Blumen,††)S. 76-80. von Verzierung der Raſen†††)S. 83. bereits geſagt iſt, hier daruͤber noch verſchiedene beſondere Bemerkungen und Regeln vorzutragen haben.

Bey Anpflanzung der Gruppen und Hayne kann man theils auf das Laub der Baͤume und Straͤucher, theils auf die Farben ihrer Bluͤthen, theils auf ihre Wohl - geruͤche Ruͤckſicht nehmen. Bey einigen ſehen wir die Schoͤnheiten des Laubes, die Reize der Bluͤthe und die Annehmlichkeit des Geruchs vereinigt. Die Schoͤnheit des Laubes wird durch die zarte oder kuͤhne Zeichnung der Blaͤtter, durch eben ihr Leich - tes und Gefiedertes, demnaͤchſt durch das Friſche, das Hellgruͤne, das Heitere und Glaͤnzende des Gruͤns beſtimmt. Weil indeſſen die Schoͤnheit der Zeichnung in den Blaͤttern ſich nur einem Auge ankuͤndigt, das die Baͤume und Straͤucher in der Naͤhe aufmerkſam beurtheilt, ſo kommen die uͤbrigen Eigenſchaften des Laubwerks, die ſich geſchwinder und leichter mittheilen, mehr in Betrachtung. Bey den Baͤumen iſt außerdem der gerade Wuchs und das ſchlanke und ſchoͤne Anſehen der Staͤmme fuͤr Gruppen und Hayne, wo das Auge gleich urtheilt, von Wichtigkeit. Die lange dauernden Schoͤnheiten des Laubes, die mit einer großen Wirkung ins Auge fallen, und deren Charakteriſtik bereits entworfen iſt,††††)S. 14-21. darf der Gartenkuͤnſtler niemals uͤberſehen. Allein auch die Farben der Bluͤthen und Straͤucher ſind ſo ſehr hervorſte - chende Eigenſchaften, daß ſie bey Anpflanzungen in anmuthigen Gaͤrten eine vorzuͤgli - che Aufmerkſamkeit verdienen.

a. Farbe der Bluͤthe.

Die Hauptfarben in den Bluͤthen der Baͤume und beſonders der Straͤucher find das Weiße, das Gelbe, das Rothe und das Blaue. Jede von ihnen be -greift43nach dem Charakter der Gegenden. greift wieder eine Mannigfaltigkeit von Miſchungen, Nuͤancen und Schattirungen unter ſich, die in dem Gelben und Rothen am meiſten bemerkbar ſind. Wie viele Steigerungen, Abfaͤlle, Beymiſchungen als gewoͤhnliche Eigenſchaften, und wie viele Zufaͤlligkeiten in den Abarten! Die Theorie wuͤrde ſich in ein unermeßliches Feld ver - lieren, wenn ſie es wagen wollte, die Fortſchritte und Abaͤnderungen auch nur einer einzigen Hauptfarbe in den Geſchlechtern, Arten und Abarten der bluͤhenden Gewaͤchſe anzugeben; ſie wuͤrde ſich mit vergeblichen Verſuchen ermuͤden, weil jeder Boden, jeder Himmelsſtrich, jeder beſondre Stand, jede abaͤndernde Witterung, jede Art der Behandlung Verſchiedenheiten erzeugt, die unter andern Umſtaͤnden wieder durch neue Verſchiedenheiten verdraͤngt werden. Es bleibt nichts uͤbrig, als ſich auf die Anzeige der allgemeinen Unterſchiede der Hauptfarben einzuſchraͤnken, zumal da ein erfahrner Gaͤrtner, der taͤglich mit den Gewaͤchſen umgeht, leicht die Abaͤnderungen und Nuͤancen einer jeden Hauptfarbe in den Baͤumen und Straͤuchern, die unter ſeinen Augen wachſen, wahrnehmen wird. Die wilden Baͤume und Straͤucher*)Man beliebe hiebey zu bemerken, daß bey dieſen und allen folgenden Anzeigen es gar nicht zu dem Plan dieſes Werks ge - hoͤrt, vollſtaͤndige Verzeichniſſe der Baͤume, Straͤucher und Pflanzen mitzutheilen, ſon - dern nur einen Wink auf eine neue Einthei - lung der Gewaͤchſe, nach der Mannigfal - tigkeit ihrer Anwendung in Gaͤrten, zu ge -ben. Hierauf iſt bisher noch faſt gar nicht gedacht; allein der aufmerkſame Garten - freund bedarf auch nur eines Winks, um dieſe Bahn weiter zu verfolgen. Auch ſchraͤnken wir uns hier billig nur auf ſol - che Baͤume und Straͤucher ein, die in Deutſchland im Freyen fortkommen. ſind demnach

aa) Weißbluͤhende,

als:

  • Aeſculus Hippocaſtanum, L. die Roßkaſtanie.
  • Bignonia catalpa, L. die Katalpa.
  • Clethra alnifolia, L. die erlenblaͤttrige Klethra.
  • Ciſtus, L. Ciſten.
  • Clematis, L. Waldrebe.
  • Crataegus, L. Weißdorn; verſchiedene Arten, beſonders Crataegus Aria, L. der Mehlbeerbaum, und Crat. Crus galli, L. der virginiſche Weißdorn.
  • Cephalanthus occidentalis, L. der amerikaniſche Knopſtrauch.
  • Chionanthus Virginica, L. der virginiſche Schneeflockenbaum.
  • Ceanothus americanus, L. der amerikaniſche Ceanothus.
  • Cornus ſanguinea, L. der Hartriegel.
  • florida, L. der nordamerikaniſche Hartriegel.
  • alba, L. der weiße Hartriegel.
F 2Dirca44Dritter Abſchnitt. Gaͤrten
  • Dirca paluſtris, L. der virginiſche Kellerhals.
  • Fraxinus ornus, L. die bluͤhende Eſche.
  • Jaſminum officinale, L. der weiße Jasmin.
  • Lonicera Periclymenum, L. das Geißblatt.
  • Caerula, L. die blaubeerigte Heckenkirſche.
  • Magnolia glauca, L. die ſchmalblaͤttrige Magnolia.
  • Meſpilus Pyracantha, L. der immergruͤnende Dorn.
  • Amelanchier, L. der Quandelbeerbaum.
  • Prunus Pumila, L. die niedrige canadiſche Kirſche.
  • Mahaleb, L. die Mahalebkirſche.
  • Padus, L. die Vogelkirſche.
  • Virginiana, L. die virginiſche Vogelkirſche.
  • nana du Roi, die nordamericaniſche niedrige Vogelkirſche.
  • ſpinoſa, L. der Schlehdorn.
  • Philadelphus coronarius, L. der wilde Jasmin.
  • Roſa alba, L. die weiße Roſe.
  • Robinia Pſeudoacacia, L. der amerikaniſche Schotendorn.
  • Staphylea pinnata, L. der Pimpernußſtrauch.
  • trifolia, L. der americaniſche dreyblaͤttrige Pimpernußſtrauch.
  • Syringa fl. albo, Münchhauſen. der weiße ſpaniſche Hollunder.
  • Spiraea alba, Miller. die weißbluͤhende americaniſche Spierſtaude.
  • hypericifolia, L. die canadiſche Spierſtaude mit dem Johannis - krautblatt.
  • chamadrifolia, L. die ſibiriſche Spierſtaude.
  • opulifolia, L. die Spierſtaude mit Waſſerholderblaͤttern.
  • Sorbus aucuparia, L. der Quitſchernbaum.
  • Stewartia Malacodendron, L. die Stewartia.
    *)Dieſer neue Strauch aus Virginien, der in England im Freyen fortkommt, und zu Kew gebluͤhet hat, verdient die Aufmerk - ſamkeit der Gartenfreunde wegen ſeiner großen, ſchoͤnen, gruͤnen Blaͤtter, wovondie aͤltern mit einem milden Roſenroth ſpie - len; vornehmlich aber empfehlen ihn ſeine praͤchtige weiße Blumen, deren Mitte viele gelbe Staubfaͤden zeigt.
    *)
  • Tilia europaea, L. die Linde.
  • Viburnum Lantana, L. der Schlingbaum.
  • opulus, roſeum, L. der Schneeballenbaum.
  • laceolatum, Münchh. der amerikaniſche Schlingbaum.
bb) Gelb -45nach dem Charakter der Gegenden.
bb) Gelbbluͤhende,

als:

  • Berberis vulgaris, L. der Berberitzenſtrauch.
  • Cytiſus Laburnum, L. der Bohnenbaum.
  • ſeſſilifolius, L. der kleine italieniſche Bohnenbaum.
  • nigricans, L. der ſchwaͤrzliche Bohnenſtrauch.
  • Colutea arboreſcens, L. der Blaſenbaum.
  • iſtria, L. der levantiſche Blaſenbaum.
  • Coronilla Valentina und Cor. Emerus, L. die Coronilla.
  • Ciſtus, L. einige Arten von Ciſten.
  • Caſſia Marylandica, L. die marylaͤndiſche Caſſia.
  • Elaeagnus anguſtifolia, L. der wilde Oelbaum.
  • Hypericum, L. das Johanniskraut, verſchiedene Arten davon.
  • Jaſminum fruticans, L. der gelbe Jasmin.
  • Potentilla fruticoſa, L. die Potentilla.
  • Robinia Caragana, L. der ſibiriſche Erbſenbaum.
  • Robinia fruteſcens, L. der kleine ſibiriſche Erbſenbaum.
  • Roſa eglanteria, L. die gelbe Roſe.
  • Spartium ſcoparium, L. der gemeine Genſter.
  • Sophora tetraptera, Miller. die Sophora.
    *)Ein neuer neuſeelaͤndiſcher Strauch mit großen traubenweiſe haͤngenden gelben Blumen; er bluͤhet in England im Freyen, und bringt reifen Saamen. Herr JohannMiller, Verfaſſer der Illuſtratio. ſyſtema - tis Sexualis Linn. hat ihn in ſeiner neuen Pflanzenſammlung zuerſt bekannt gemacht.
    *)
cc) Rothbluͤhende,

als:

  • Amygdalus nana, M. der Zwergmandelbaum.
  • pumila, L. der Zwergmandelbaum mit gefuͤllten Blaͤttern.
  • Acer rubrum, L. der rothbluͤhende Ahorn.
  • Aeſculus Pavia, L. die Pavia, oder rothbluͤhende Roßkaſtanie.
  • Colutea orientalis, M. der morgenlaͤndiſche Blaſenbaum.
  • Cercis ſiliquaſtrum, L. der Judasbaum.
  • Canadenſis, L. der canadiſche Judasbaum.
  • Ciſtus, Clematis, verſchiedene Arten von Ciſten und Waldreben.
  • Daphne Mezereum, L. der Kellerhals.
  • Cneorum, L. das Steinroͤſelein.
  • Ononis fruticoſa, L. der ſtaudige Hauheckel.
  • Punica grannatum, fl. pl. Münchh. der Granatbaum.
F 3Pyrus46Dritter Abſchnitt. Gaͤrten
  • Pyrus malus coronaria, L. der virginiſche wilde Aepfelbaum.
  • Perſica fl. pl. Münchh. der Pfirſichbaum mit gefuͤllten Bluͤthen.
  • Roſa, L. verſchiedene Arten.
  • Robinia hiſpida, L. der rothbluͤhende Schotendorn.
  • Rubus odoratus, L. der wohlriechende Himbeerſtrauch.
  • Syringa perſica, L. der ſpaniſche reinweidenblaͤttrige Hollunder.
  • Spiraea ſalicifolia, L. die gemeine Spierſtaude.
  • tomentoſa, L. die virginiſche Spierſtaude mit wolligen Blaͤttern.
dd) Blaubluͤhende,

als:

  • Clematis, verſchiedene Arten von Waldreben.
  • Guilandina dioica, L. der Schuſſerbaum.
  • Lycium chinenſe, Mill. das chineſiſche Lycium.
  • Syringa vulgaris, L. der blaue ſpaniſche Hollunder.

und einige andre, obgleich die Natur dieſe Farbe unter den Bluͤthen der Baͤume und Straͤucher nicht ſo reich ausgetheilt hat, als unter den Blumenpflanzen.

Wie viel Baͤume und Straͤucher mit ſchoͤnen Bluͤthen, die aus dieſen vier Hauptfarben gemiſcht ſind, wie z. B. vom Tulpenbaum, ſind nicht zuruͤck! Und mit welchen herrlichen Bluͤthen, beſonders im Rothen, Fleiſchfarbigten und Weißen, und ihren lieblichen Vermiſchungen, ſind nicht faſt alle Fruchtbaͤume geſchmuͤckt!

b. Wohlgeruch.

aa) der Bluͤthe,

als:

  • Azalea viſcoſa, L. die Azalea.
  • Berberis vulgaris.
  • Crataegus Aria.
  • Oxyacantha.
  • Clematis, verſchiedene Arten davon.
  • Coronilla Valentina.
  • Clethra alnifolia.
  • Cephalanthus occidentalis.
  • Calycanthus floridus, L. der[caroliniſche] Gewuͤrzſtrauch.
  • Daphne Mezereum.
  • Cneorum.
  • Elaeagnus anguſtifolia.
  • Fraxinus ornus.
Geniſta47nach dem Charakter der Gegenden.
  • Geniſta hiſpanica, L. der ſpaniſche Genſter.
  • Hopea tinctoria, L. die caroliniſche Hopea.
  • Jaſminum officinale.
  • Azoricum, L. der azoriſche Jasmin.
  • humile, L. der niedrige Jasmin.
  • Laurus aeftivalis, L. der Sommerlorbeerſtrauch.
  • Lonicera Periclymenum.
  • Magnolia, beſonders die glauca und tripetala, L.
  • Philadelphus coronarius.
  • Ptelea trifoliata, L. die dreyblaͤttrige Ptelea.
  • Pyrus malus coronaria.
  • Pyraſter, L. der wilde Birnbaum.
  • Prunus Padus.
  • Virginiana.
  • Mahaleb.
  • nana.
  • Rubus odoratus.
  • Robinia Pſeudoacacia.
  • Rhus Typhinum, L. der virginiſche große Sumach.
  • Roſa, verſchiedene Arten, beſonders
  • Roſa moſchata, Mill. Biſamroſe.
  • ſcandens, M. die kletternde italieniſche Roſe.
  • ſemper virens, L. die immer gruͤnende Roſe.
  • cinnamomea, L. die Zimmetroſe.
  • Damaſcena, M. die Damaſcenerroſe.
  • provincialis, M. die Provenzroſe.
  • gallica, L. die Cſſigroſe.
  • eglanteria.
  • Carolina, L. die caroliniſche Roſe.
  • Syringa vulgaris und Syringa fl. albo.
  • Sambucus Canadenſis, L. der nordamerikaniſch niedrige Hollunder.
  • Ebulus, L. der Zwerghollunder.
  • Sorbus aucuparia.
  • Tilia europaea.
  • Caroliniana, M. die caroliniſche Linde.
  • Viburnum Lantana.
bb) des48Dritter Abſchnitt. Gaͤrten
bb) des Laubes.
  • Laurus aeſtivalis.
  • ſaſſafras, L. der Saſſafrasbaum.
  • Myrica cerifera, L. der Wachsbaum.
  • Populus balſamifera, L. die Balſampappel.
  • Pr. Lauro-Ceraſus, L. der Kirſchlorbeerbaum.
  • Roſa eglanteria.
  • rubiginoſa, L. die wohlriechende Roſe.
  • Salix pentandra, L. die lorbeerblaͤttrige Bergweide.

Viele Nadelhoͤlzer duften einen nicht unangenehmen Geruch aus; bey einigen Laub - baͤumen ſind beſonders die jungen im Fruͤhling ausſchlagenden Blaͤtter ſehr wohlriechend, z. B. der Birkenbaum und der Lerchenbaum.

Mit dieſen nach den Hauptfarben ihrer Bluͤthe und nach ihrem Wohlgeruch aus - gezeichneten Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen nun mancherley Arten von blumentra - genden Stauden, Zwiebelgewaͤchſen und Pflanzen, ebenfalls nach dem Unterſchied der Farbe und des Wohlgeruchs, in Luſtgebuͤſchen und Gruppen verbunden werden.

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3.

Die Anordnung der Baͤume und Straͤucher erfordert viel Kenntniß der Pflan - zen, viel Beobachtung und Studium, viel Verſuche; und doch glaubt man, daß nichts leichter ſey, als dieſer Theil. Unendlich iſt indeſſen der Unterſchied zwiſchen einem Gartenknecht, der nur einzuſetzen weis, und zwiſchen einem Mann, der mitGeſchmack49nach dem Charakter der Gegenden. Geſchmack pflanzt. Jener braucht faſt nur die Hand, dieſer das Auge, aber kein gemeines, noch ungeuͤbtes Auge, ſondern das durch die Geſetze der Perſpectiv gelehrt, und durch die Schoͤnheiten der Landſchaftmalerey verfeinert iſt.

Vielleicht aus dem Gefuͤhl der Schwierigkeiten, mit Geſchmack das Baumwerk anzuordnen, ſchraͤnkte man ſich in der alten Manier auf die Pflanzungen in gerader Linie, auf unaufhoͤrliche Alleen oder Quincunxe ein; dieſe Art zu pflanzen war ſo be - quem, ſo leicht, daß der gemeinſte Kopf ſie verrichten konnte. Allein die Klumps, ſo wie man ſie in der neuen Manier einfuͤhrte, waren eben ſo leicht, und wenn die uͤbri - ge Pflanzung aus nichts weiter beſtehen ſollte, ſo waͤre jede Sylbe, die man daruͤber ſagte, ſchon Verſchwendung. Nichts iſt gewoͤhnlicher, als die ganze Pflanzung, wie ein unordentliches Gemiſch von allerley Baͤumen und Straͤuchern, hinzuwerfen; und durch ſolche wilde verworrene Haufen glaubt man alles vollendet zu haben, was Natur oder englaͤndiſche Manier erfordern. Allein wenn auch unter gewiſſen Um - ſtaͤnden große unordentlich zuſammengeworfne Klumpen von mancherley Baͤumen und Straͤuchern in anſehnlichen Pflanzungen zur Abwechſelung dienen, und von einer gu - ten Wirkung ſind; ſo darf man doch nicht vergeſſen, daß zwiſchen einem wilden Ge - mengſel und einer geſchmackvollen Pflanzung ein Unterſchied bleibt, der jenem gewiß kein Recht giebt, durch die ganze Anlage zu herrſchen.

Auf der andern Seite iſt nichts ermuͤdender, als Pflanzungen von einerley Ge - ſchlecht oder Art der Baͤume und Straͤucher. Dies iſt ganz gegen das Geſetz der Mannigfaltigkeit und gegen das Verfahren der Natur, die nicht unterlaͤßt, in einem Eichenwald hie und da eine Buche, und in einem Buchenwald hin und wieder eine Eiche, eine Birke oder einen andern Baum oder Strauch einzuſtreuen. Vergebens ſucht man dieſe Einfoͤrmigkeit mit dem Vorwande zu rechtfertigen, daß man einem ge - wiſſen beſtimmten Charakter getreu zu bleiben ſtrebe. Allein man vergißt zu beden - ken, daß Mannigfaltigkeit nicht die Einheit des Charakters ſtoͤrt. Zu ſanften Sce - nen des Vergnuͤgens winkt die Roſe, die Syringe, der Jasmin, das Geißblatt, die Potentille, der Bohnenbaum, der Zwergmandelbaum, der rothbluͤhende Schotendorn u. ſ. w. und alle dieſe und ihnen aͤhnliche Straͤucher geben, mit Geſchmack vereinigt, ein mannigfaltiges und doch harmoniſches Gemaͤlde.

Naͤchſt der Anlegung der Raſen iſt die Pflanzung der Baͤume und Straͤucher das wichtigſte Mittel, einer Gegend ein bluͤhendes und froͤhliches Anſehen zu geben. Selbſt alle misfaͤllige Gegenſtaͤnde und Anſichten laſſen ſich leicht und wohlfeil genug durch einen Baum oder ein Gebuͤſch verdecken.

Die Natur hat von dieſer Seite nicht mehr fuͤr das Beduͤrfniß oder Vergnuͤgen des Menſchen ſorgen koͤnnen. Fuͤr jede Art des Bodens, fuͤr jede Art des StandesIV Band. Ghat50Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenhat ſie uns eine Menge von Gewaͤchſen angewieſen, die ſich dahin ſchicken; er mag ſo duͤrre, ſo rauh, ſo ſumpfigt ſeyn, als er will, wir koͤnnen ihn mit Pflanzen auszieren, die da zu wachſen ſich freuen. Zwar fordern viele Geſchlechter einen fruchtbaren, fetten und lockern Boden, als die Linde, die Roßkaſtanie, die Ulme, der Platanus, der Tulpenbaum, die weiße und die ſchwarze Eiche, der canadiſche Judasbaum (Cer - cis Canadenſis, L.), der weiße Wallnußbaum (Juglans alba, L.), der Wachsbaum (Myrica cerifera, L.), der wohlriechende Himbeerſtrauch (Rubus odoratus, L.), u. ſ. w. Andere lieben einen kuͤhlen und trocknen Boden, wie die Buche, die Eſche, der virginiſche Schotendorn (Robinia Pſeudoacacia, L.), die Gleditſie (Gleditſia triacanthos, L.), der Lotusbaum (Celtis auſtralis, L.), der ſchwarze Wallnußbaum (Juglans nigra, L.), die rothe Ceder (Juniperus virginiana, L.), der Zuckerahorn (Acer ſacharinum, L.), der Saſſafras (Laurus ſaſſaſras, L.), u. ſ. w. An feuch - teu und naſſen Oertern, als an Graͤben, an Baͤchen und auf Wieſen, wachſen gern die Ellern, verſchiedene Arten von Weiden, die Pappeln, der rothbluͤhende Ahorn (Acer rubrum, L.), der Ahorn mit dem Eſchenlaube (Acer negundo, L.), der virginiſche Kellerhals (Dirca paluſtris, L.), der Lebensbaum (Thuya occidentalis, L.), der wohlriechende Apfelbaum (Pyrus coronaria, L.), die weiße Ceder (Cupreſſus Thyoi - des, L.), die Zaubernußſtaude (Hamamelis virginiana, L.), u. a. Mit der Duͤrf - tigkeit eines ſandigten Bodens begnuͤgen ſich die Birke, die Zittereſpe, der ſibiriſche Erbſenbaum (Robinia Caragana, L.), die Sandbeere (Arbutus uva urſi, L.), die Wacholderſtaude, die Nadelhoͤlzer, als Tannen, Fichten, Cedern, u. ſ. w. Eben ſo giebt es Stauden - und Zwiebelgewaͤchſe, und andre Pflanzen, die in allen dieſen verſchiedenen Arten des Erdreichs nicht weniger gluͤcklich gedeihen, als die Baͤume und Straͤucher. So wachſen und bluͤhen z. B. auf naſſen Raſen, auf Wieſen und an Baͤchen alle Arten des Fingerhutes (Digitalis), der Wieſenſtorchſchnabel (Gera - nium pratenſe, L.), die Waſſerbenedictenwurzel (Geum nivale, L.), der rauhe ſchmalblaͤttrige Baͤrenklau (Heraeleum ſphondylium, L.), das virginiſche Waſſer - blatt (Hydrophyllum virginiauum, L.), die Wieſenkreſſe (Condamine pratenſis, L.) und verſchiedene Sorten der Wieſendiſtel (Carduus heterophyllus, diſſectus, tu - beroſus, humilis, L.). An Meerufern und auf Inſeln, wo im ſteinigten, ſalzigen Grund ſonſt nichts fortkommt, erblicken wir doch das Meerſternkraut (Aſter tripo - lium, L.), die große Meermannesfrau (Eryngium maritimum, L.), den Weiden - dorn (Hippophae rhamnoides, L.) und einige andere Gewaͤchſe; und in dem un - fruchtbarſten Flugſande wachſen die kleinen Sandfedernelken (Dianthus arenarius, L.) und das Chondrillenkraut (Chondrilla juncea, L.) mit vielen kleinen gelben Blumen. Auf magerm, ſteinigtem und kalkigtem Grund, zwiſchen Felſen, altem Schutt undGemaͤuer51nach dem Charakter der Gegenden. Gemaͤuer bluͤhen der gelbe Steinerdrauch (Fumaria lutea, L.), die Blutwurz (Ge - ranium ſanguineum, L.), die Windroſe (Anemone ſylveſtris, L.), verſchiedene Ar - ten der Alyſſe (Alyſſum ſpinoſum, montanum, incanum, L.), der Steinciſte (Ciſtus helianthemum, L.) u. a. Andre kletternde und ſich windende Gewaͤchſe beſtimmte die Natur, um an Felſen, Mauern, Steinhaufen, Grotten, Einſiedeleyen, Huͤtten, Mooshaͤuſern, Waldſitzen, kuͤnſtlichen Ruinen u. ſ. w. ſich zu ſchlingen, und ihnen durch Blaͤtter und mancherley Blumen eine anmuthige Bedeckung zu geben: als ver - ſchiedene Arten vom Geißblatt, von Waldreben (Clematis viticella, virginiana, vi - talba, integrifolia, flammula, L.), die Weinrebe, der Epheu, der Jungfernwein (Hedera quinquefolia, L.), die kletternde Trompetenblume (Bignonia radicans, L.), das Mondſamenkraut (Meneſpermum canadenſe, virginianum, carolinianum, L.), die amerikaniſche Knollenrebe (Glycine apios, L.), die indianiſche Weinrebe (Peri - ploca graeca, L.), der ſchlingende Spindelbaum (Celaſtrus ſcandens, L.), das Sinngruͤn (Vinca major und minor, L.), u. ſ. w. Wie viele Grasarten giebt es nicht, um den Erdboden, er mag beſchaffen ſeyn wie er will, mit einem gruͤnen Tep - pich zu bekleiden! Fuͤr naſſe Wieſen, fuͤr moraſtige Gegenden, fuͤr Ufer der Fluͤſſe und Baͤche ſchuf die Natur das Waſſerriſpengras (Poa aquatica, L.), den Wieſen - fuchsſchwanz (Alopecurus pratenſis, L.), das Mannagras (Feſtuca fluitans, L.), das Torfriedgras (Carex ceſpitoſa, L.), das Sandſchilf (Arundo arenaria, L.) und das Floͤhriedgras (Carex pulicaris, L.), u. f. Den leichten, trocknen und magern Boden ſchmuͤckt das Schafgras (Feſtuca ovina, L.), der hohe, farbigte Wieſenhaber (Avena pratenſis, L.), der canadiſche Schildklee (Hediſarum canadenſe, L.) und der ſpaniſche große Schildklee (Hediſarum coronarium, L.), u. f. Den leichten und friſchen Boden ziert das Habergras (Avena elatior, L.), und die unfruchtbarſte Heide, ſelbſt einen Kreideberg, ſchmuͤckt das engliſche Raygras (Lolium perenne, L.). Verſchiedene Arten von Klee, die zu den nuͤtzlichſten Futterkraͤutern gehoͤren, dienen nicht weniger zum Schmuck des Bodens, und helfen anmuthige Grasplaͤtze bilden, als der rothe Wieſenklee (Trifolium pratenſe, L.), der Erdbeerklee (Trifol. fragi - ferum, L.), der weiße Bergklee (Trifol. montanum, L.), der Steinklee (Trifol. melilothus officinarum, L.), der Sternklee (Trifol. ſtellatum, L.), der Baſtart - klee (Trifol. hybridum, L.) und der Hopfenklee (Trifol. agrarium, L.); ferner die Luͤzerne (Medicago ſativa, L.), die Eſparcette (Hediſarum onobrychis, L.), die Platerbſe (Lathyrus pratenſis, L.), die bunte Kornwicke (Coronilla varia, L.), u. a. Selbſt in ſumpfigten Gegenden, wo nichts anders waͤchſt, zwiſchen Schilf und Rohr bluͤhet die Blumenbinſe (Butomus umbellatus, L.), die Bachbunge (Veronica be - cabunga, L.), die ſibiriſche Iris (Iris ſibirica, L.), das ſpaniſche Gras (PhalarisG 2canarienſis52Dritter Abſchnitt. Gaͤrtencanarienſis picta, L.), der Weidrich (Lyſimachia vulgaris, L.), die Wallwurz (Symphytum officinale, L.), die Hottonia (Hottonia paluſtris, L.), u. a. So gewiß, ſo allgemein iſt es der Plan der Natur, die Erde uͤberall zu verſchoͤnern. Kein Winkel iſt ſo verſteckt, ſo verlaſſen, ſo rauh, den ſie nicht mit einer Blume, oder mit einem Gruͤn erheiterte.

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4.

Nach dieſer Anweiſung der Natur iſt es ein wichtiges Geſchaͤfft des Garten - kuͤnſtlers, uͤberall ſeine Reviere durch Gruͤn zu beleben. Baͤume und Straͤucher aber ſind die Gegenſtaͤnde aus dem Pflanzenreich, die am meiſten zur Verſchoͤnerung der Plaͤtze ins Auge fallen und ſeine Aufmerkſamkeit verdienen. Wir kommen jetzt wie - der auf ſie zuruͤck.

Luſtgebuͤſche, naͤmlich Pflanzungen von Straͤuchern hie und da mit einem Baum verbunden, koͤnnen zuvoͤrderſt, nach der oben angefuͤhrten Verſchiedenheit der Farbe der Bluͤthen, angelegt werden. So laͤßt ſich ein Gebuͤſch von lauter weißbluͤhenden Straͤuchern, als weißen Roſen und Syringen, Schneeballenbaum, Jasmin, Cle - thra u. ſ. f. anordnen; und in der Mitte oder an den Seiten dieſes Gebuͤſches oder um den Weg dahin, oder auf dem anliegenden Raſenplatz, koͤnnen mancherley Blu - men von eben dieſer Farbe gepflanzt werden. Eben ſo koͤnnen Gebuͤſche, die ganzaus53nach dem Charakter der Gegenden. aus einer Einzigen der andern Hauptfarben, als dem Gelben, dem Rothen und dem Blauen, beſtehen, untermiſcht mit Blumen von eben der Farbe, angepflanzt werden. Dies giebt Scenen von einer ſehr angenehmen Wirkung, zumal, wenn in einer be - ſtimmten Zeit eine Menge dieſer Straͤucher auf einmal bluͤht, welches gemeiniglich im Fruͤhling oder im Vorſommer eintrifft. Aber ſolche Gebuͤſche muͤſſen uͤberhaupt reich angepflanzt ſeyn, weil ſonſt die Anlage nur ins Spielende fallen, und die Wirkung, die erwartet wird, verfehlt wuͤrde. Das Einfaͤrbige wird wieder durch die mancher - ley Nuͤancen, Schattirungen und Miſchungen in einerley Hauptfarbe verguͤtet, die das Auge zu ihrer genauern Beobachtung auf ſich ziehen; auch herrſcht in den Formen und Lagen der Blumenblaͤtter wieder Abwechſelung.

Indeſſen wird der feine Geſchmack vielleicht eine Miſchung von mehrern Farben der Bluͤthen, eine maleriſche Zuſammenſetzung, jenen einfaͤrbigen Scenen vorziehen. Und hier wird beſonders ein Auge erfordert, das mit den mannigfaltigen Tinten, Be - ziehungen und Verbindungen der Farben vertraut iſt, um ein Gemaͤlde hervorzubrin - gen, das dem Kenner gefallen kann. Eben die ſtufenartigen Fortſchreitungen, die in Anſehung der Zuſammenſetzung des Gruͤns bemerkt wurden,*)S. 2ter B. S. 50. 51. ſind hier zu beobach - ten. Nicht weniger muß die Verbindung der Farben nach den Verhaͤltniſſen geſche - hen, worinn ſie einander zuſtimmen oder von einander abſpringen. Das Weiße ver - bindet ſich mit allen uͤbrigen Farben, mit dem Rothen und Blauen ſowohl, als mit dem Gelben; das Gelbe miſcht ſich beſſer mit dem Weißen, als mit dem Rothen und Blauen; das Rothe ſtimmt mehr dem Gelben, als dem Blauen, zu. Inzwiſchen koͤnnen die Mittelfarben die Verbindungen erleichtern und ſanfter machen. Milde Verſchmelzungen und liebliche Zuſammenſetzungen der Farben ſcheinen in dieſer Art von Malerey einen Vorzug vor jedem ſtarken Contraſt zu verdienen.

Nach dem Charakter der Gebuͤſche richtet ſich auch die Kunſt der Pflanzung. Eine Wildniß, ein Labyrinth wird ohne Ordnung und Verbindung hingeworfen. Eine melancholiſche Scene wird dicht, ohne dem Lichte eine andere als nur ſchwache Einwirkung zu verſtatten, zuſammengehaͤuft. Ein froͤhliches Revier hat viel offene Plaͤtze und luftige Zwiſchenraͤume; und ein romantiſches lauter ſeltſame Entgegen - ſtellungen der Formen der Baͤume, und der Farben des Laubwerks.

Schoͤner nehmen ſich heitre Luſtgebuͤſche auf ſanft gegen einander aufſchwellenden und mit einem lebhaften Gruͤn bekleideten Huͤgeln, als in der Ebne, aus. DasG 3Auf -54Dritter Abſchnitt. GaͤrtenAuſſteigen huͤgeligter Gefilde gegen einander oder hinter einander, die ungleichen Ge - ſtalten ihrer Erhebungen, die verſchiedenen Senkungen ihrer Abhaͤnge, das Zuruͤckwei - chen einiger Huͤgel und das Hervortreten andrer, dieſe Abwechſelungen der Lagen und der Anſichten tragen auf eine unglaubliche Art zur Heiterkeit bey. Die Pflanzung muß dieſem Charakter folgen, bald die Gruppen verduͤnnen, bald wieder verſtaͤrken, ſie bald aus einander ſtreuen, bald wieder in eine dichte Maſſe zuſammenziehen, hier einen einzelnen ſchoͤnen Baum ſich erheben laſſen, dort ein kleines Geſtraͤuch hinwer - fen, das Offene und das Freye, das Helle und das Dunkle, das Zierliche und das Wilde mit einander abwechſeln laſſen, alles, um den Charakter der Gegend mehr her - vorzuheben, und die Ausſichten maleriſcher, reizender, mannigfaltiger und uͤberraſchen - der zu machen.

Bey Haynen und Luſtgebuͤſchen, ſo wie bey der Bearbeitung der natuͤrlichen Waͤlder, iſt eins der wichtigſten Geſchaͤffte die Bildung der Ausſichten. Man zeigt wenig Kenntniß der wahren Schoͤnheit, wenn man nur bedacht iſt, uͤberall Ausſich - ten zu eroͤffnen. Keiner von den Sinnen liebt mehr die Ausſchweifung, als das Auge; und nichts ſtoͤrt mehr den Genuß der Schoͤnheit, als die beſtaͤndige Zer - ſtreuung des Auges. Auf Gegenſtaͤnde, die einen beſondern Genuß verlangen, muß der Blick gleichſam gefeſſelt werden; indeſſen muͤſſen andere Ausſichten, die nur zer - ſtreuen wuͤrden, verſchloſſen, andere Scenen verdunkelt ſeyn, bis die Phantaſie oder das Gefuͤhl, wo ſie angehalten wurden, ganz befriedigt ſind. Man weiß, daß Ge - baͤude und Anhoͤhen, nicht weniger Vorpflanzungen die Verſperrung zerſtreuender Ausſichten bewirken. Der Gartenkuͤnſtler muß ſich demnach in der Anordnung der Ausſichten von den Grundſaͤtzen ſowohl des Geſchmacks, als auch der Perſpectiv leiten laſſen, muß uͤberlegen, wo er ſie verkuͤrzen oder verlaͤngern, ſie zum Genuß der Ein - ſamkeit und zur Ruhe des Auges ganz verſchließen, oder zur Empfindung einer Scene einſchraͤnken, oder fuͤr den ungehinderten Genuß der Freyheit und Heiterkeit wieder eroͤffnen ſoll. Durch die Ausſichten eignen wir uns gleichſam die ganze umliegende Landſchaft zu; wir erweitern mit ihnen die Freuden eines kleinen Bezirks, und erhal - ten ein neues Eigenthum, das uns ergoͤtzt, ohne uns zu belaͤſtigen, und ohne dem wahren Beſitzer etwas zu entziehen. Aber dieſe Ausſichten, wie verſchieden iſt nicht jede in ihrer Wirkung! Faͤllt ſie auf einen See herab, ſo gewaͤhrt ſie Freude oder Heiterkeit; ſinkt ſie in ein Thal, ſo giebt ſie ein Gefuͤhl von ſtiller Laͤndlichkeit und Ruhe; irrt ſie in einer weiten und reich bebaueten Landſchaft umher, ſo bringt ſie hohe Wonne; ein naher aufſteigender Berg verſchließt, und erweckt den Begriff der Ein - ſamkeit; Gebirge wirken die Empfindung von Groͤße und erhebender Feyerlichkeit;alte55nach dem Charakter der Gegenden. alte Schloͤſſer und Ruinen eine melancholiſche Erinnerung vergangener Zeiten; dunkle Waldungen Ernſt und ruhiges Nachſinnen; Hayne mit fließendem Waſſer Froͤhlich - keit; eine Reihe von Bergen, die in der blauen Ferne ſich ſanft uͤber einander erheben, oder Gebirge, die in der Farbe der Luft allmaͤlig verſchwinden, entzuͤcken die Phantaſie mit der erhabenen Vorſtellung des Unbegraͤnzten. Alle dieſe Ausſichten nicht blos in ihren beſten Geſichtspunkten zu faſſen, ſondern auch von ihren verſchiedenen Wirkun - gen einen Gebrauch zu machen, der dem Charakter der Anlage gemaͤß iſt; nicht mehr und nicht weniger davon zu ergreifen, als was dieſer verlangt; ſie fuͤr den Genuß in der Ordnung auf einander folgen zu laſſen, daß die Empfindungen, die dadurch veran - laßt werden, ſich mit einander vereinigen, und ſich gegenſeitig verſtaͤrken, in eine Folge intereſſanter Bewegungen zuſammenſchmelzen, oder durch den Contraſt ſchneller Ueber - gaͤnge uͤberraſchen dies iſt wahre Weisheit des Gartenkuͤnſtlers. Aber dieſe Ausſichten in die Landſchaft muͤſſen, um ihre Wirkung nicht zu verfehlen, dem Cha - rakter und den Eindruͤcken der innern Scene der Anlage zuſtimmen. Nicht weniger koͤnnen die innern Proſpecte, die in dem Bezirk der Pflanzung liegen, mit dem Reiz der Mannigfaltigkeit belebt werden. Die Verſchiedenheit der Baͤume und Straͤu - cher, der Groͤße und der Stellungen der Gruppen, die Richtungen des Auges bald auf einen vorzuͤglich ſchoͤnen oder ſeltenen Baum, bald auf einen andern merkwuͤrdigen Gegenſtand, die Abwechſelung der Verzierungen, der Ruheplaͤtze, der Raſen, der Gaͤnge, die Erfriſchungen kleiner rieſelnder Baͤche, die mit ihren leichten Bruͤcken in Haynen und Luſtgebuͤſchen ſo belebend ſind, tragen vornehmlich zu dieſer Ab - ſicht bey.

Luſtgebuͤſche, durch welche ſich Spatziergaͤnge winden ſollen, koͤnnen nichts an - ders ſeyn, als eine Sammlung von groͤßern und kleinern mit Baͤumen untermiſchten Strauchgruppen, die durch die ſchlaͤngelnden Pfade getrennt find. Die ſchoͤnſten Straͤucher und Baͤume, die ſich durch Wuchs, Laub, Bluͤthe und Wohlgeruch aus - zeichnen, haben ein Vorrecht, dem Auge des Luſtwandlers am naͤchſten zu ſeyn und ihn am Wege zu begruͤßen; andere von geringerer Schoͤnheit moͤgen mehr in der Mitte des Gebuͤſches ſich unter einander verweben. Hat die Strauchgruppe eine gute Form, ſo iſt es angenehm, ſie ganz uͤberſehen zu koͤnnen. Dazu iſt die Anlage auf kleinen Huͤgeln und ihren Abhaͤngen bequem; auch kann die Anordnung, nach welcher die niedrigen vorne, hinter ihnen die mittlern und zuletzt die hoͤhern gepflanzt werden, dazu beytragen; doch ſchoͤner iſt ſie, wenn die Strauchgruppe in der Runde umher mit einem allmaͤligen Aufſteigen in Pyramidalform ſich hebt, und aus ihrer Mitte ein Baum mit edlem Wuchs und Kranz emporragt. Dennoch darf auch dieſe Artvon56Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenvon Pflanzung nicht zu oft in einem Revier wiederholt werden; in der innern Anord - nung der Gruppen muß nicht weniger Abwechſelung herrſchen, als in der Form der dazu vertheilten Plaͤtze.

Bey den ſchlaͤngelnden Pfaden, die ſich durch Luſtgebuͤſche winden, iſt es ſehr oft von guter Wirkung, wenn die hervorſpringende Ecke, wo die Wendung geſchieht, mit einem einzelnen ſchoͤnen Baum, oder einem ſich vorzuͤglich auszeichnenden Strauch bepflanzt wird. Der Vortheil davon iſt, daß das Auge des Spatzierenden von Ge - buͤſch zu Gebuͤſch fortlaͤuft, und den folgenden Fortgang des Weges nicht eher be - merkt, als bis er ſich darauf befindet; naͤchſtdem giebt dieſe Pflanzung dem Auge den wahrſcheinlichen Grund von der Kruͤmmung des Ganges an; denn man vergißt, daß oft ſchon die Zeichnung der Pfade vor der Bepflanzung vorausgegangen. Wenn die Gaͤnge zwiſchen Huͤgeln ſich ſchlaͤngeln, ſo koͤnnen ſie mit beſonderer Anmuth zuweilen auf den Abhaͤngen fortlaufen, oder allmaͤlig in der Runde ſich zu den Anhoͤhen hinauf - winden, um den ganzen Proſpect in ſeiner Abwechſelung zu genießen zu geben.

Wo ein Bach oder ein Fluß eine angenehme Kruͤmmung macht, da iſt, um ſie lebhafter zu bezeichnen, die Spitze des Erdreichs mit einem Baum von einer an - ziehenden Geſtalt zu bepflanzen. In die Vorgruͤnde großer Hayne oder Waͤlder ſind Baͤume von einem ſtarken in die Augen fallenden Wuchs und von anſehnlicher Belau - bung, wie die Roßkaſtanie und der Platanus, zu ſtellen; und ihr Laub ſteche merklich gegen die Farbe der hinter ihnen erſcheinenden Baͤume ab. Auf einer freyen ausge - dehnten Wieſe, auf einem weiten Raſen, oder einem andern offenen Platz zeige ſich zuweilen ein einzelner Baum von majeſtaͤtiſchem Wachsthum und ſchattenreichen Laubdecken, einſam und in einer gewiſſen Entfernung; jeder fuͤhlende Anſchauer wird ſeinen geheimen Wink verſtehen, unter ſeine Schattengewoͤlbe zu kommen, und ſich da dem Gefuͤhl der Ruhe und erhabenen Gedanken zu uͤberlaſſen.

Wenn die Pflanzung vor dem Hauſe ihren Anfang nehmen ſoll, ſo darf ſie nur in leichten und anmuthigen Gruppen beſtehen. Ein freyer und ausgebreiteter Raſen von einer ſchoͤnen Form iſt hier einer ſtarken Bepflanzung weit vorzuziehen; das Ge - baͤude ſcheint beym Zugange mitten auf dieſem ſanften Teppich zu ſtehen, und der An - ſtrich ſeiner Außenſeite mit einem gebrochenen Weiß, er ſey graͤulichweiß, oder gelb - lichweiß, oder roͤthlichweiß, nimmt ſich trefflich gegen das Gruͤn des Bodens aus. *)Man ſehe weiter unten im VIten Abſchnitt von der Verſchoͤnerung des Vorplatzes.

Dunkle57nach dem Charakter der Gegenden.

Dunkle und dichte Gruppen von Baͤumen bilden am beſten die Hintergruͤnde großer Raſen, wo das Auge mit Vergnuͤgen ruhet, wenn es durch eine Reihe heitrer Gruppen und ſchoͤn bluͤhender Straͤucher eine Weile fortgewandert iſt. Ein uͤberaus anmuthiges Schauſpiel giebt die Anordnung, wenn ſie die Gruppen ſo ſtellt und fort - ſchreitend erhoͤhet, daß das Auge ſich zwiſchen ihnen gleichſam verliert und die Entfer - nung bis zu dem Hintergrunde tiefer glaubt. Die Schatten, womit hin und wieder die Gruppen oder einzelne Baͤume den Raſen beſtreuen, erhoͤhen das Gemaͤlde nicht weniger fuͤr die Ergoͤtzung, als fuͤr die Ruhe des Auges. Wie angenehm der Con - traſt des Laubes gegen das Gruͤn des Bodens wirkt, zeigt uns die Natur auf tauſend Wieſen.

Auf dunkle Hintergruͤnde folge wieder ein heitres Gebuͤſch, das jene noch abſte - chender macht. Immer herrſche in der Groͤße, in den Formen, in den Abſtaͤnden, in dem Laubwerk der Gruppen Abwechſelung und Contraſt. Groͤßer wird das Anſe - hen der Pflanzung, wenn man nicht die einzelnen Baͤume, woraus eine Gruppe zu - ſammengeſetzt iſt, gegen einander, ſondern vielmehr Gruppe mit Gruppe contra - ſtiren laͤßt.

In ausgebreiteten Anlagen winden ſich Raſen von abwechſelnden Formen ſehr angenehm zwiſchen den Gruppen und Haynen hin; ſie koͤnnen hie und da, nur nicht uͤberall, eine Einfaſſung von Blumen haben, hie und da einen bluͤhenden Strauch oder auch einen Baum, und ſelbſt, wenn es ihr Umfang verſtattet, eine oder mehrere Baumgruppen zeigen; nur keine zu oͤftere Wiederholung. Ueberhaupt muͤſſen die Raſen nie zu ſtark bepflanzt werden; ſie ſollen große gruͤne Flaͤchen vorſtellen; ihre Bepflanzung iſt nur Verzierung, Erhoͤhung ihres Anſehens und zuweilen Beduͤrfniß zur Anordnung der Proſpecte.

Oft ſind geringe Ungleichheiten des Bodens lieber leer zu laſſen, als zu bepflan - zen; ſie fließen alsdenn ſanft und unvermerkt in einander. Kleine Huͤgel koͤnnen mit Blumen, mit einem Strauch oder einem niedrig bleibenden Baͤumchen verziert wer - den; aber ein anſehnlicher Baum wuͤrde ſich auf dieſen Platz, deſſen unbedeutende Erhebung gegen ſeine Hoͤhe ſeltſam abſticht, weniger ſchicken; auch iſt er hier ganz uͤberfluͤßig. Auf vortretenden Ecken ſtelle man einen einzelnen Baum von ſchoͤnem Wuchs und Laube; ſein Stand macht, daß der Blick ihm entgegen fliegt, und gerne bey ihm verweilt.

IV Band. HBaͤume,58Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Baͤume, die ſich einzeln zeigen ſollen, muͤſſen uͤberhaupt ein ſchoͤnes Anſehen des Stammes und der Krone haben, oder ſonſt durch eine vorzuͤgliche Eigenſchaft das Auge reizen, das ſie gleich betrachtet. Ihre Schoͤnheit wird in einem Walde oder Hayn unter mehreren Staͤmmen weniger bemerkt, als wenn ſie einzeln oder in ſehr kleinen Gruppen freyer vor dem Auge ſtehen. Die Roßkaſtanie, ſo gemein ſie iſt, bleibt doch auch in dieſer Abſicht ſchaͤtzbar wegen ihrer ſchoͤnen runden Krone, ihrer ſtarken Belaubung, und der großen ſo angenehm ins Auge fallenden Blumenbuͤſchel. Nicht weniger ſind von dieſer Seite merkwuͤrdig die großblaͤttrige Linde, die italieni - ſche und caroliniſche Pappel, der Tulpenbaum, der Ahorn, beſonders der italieniſche (Acer opalus, Mill.), deſſen anſehnliche mit herrlichen Blaͤttern belaubte Krone die Schoͤnheit ſeines Stammes erhebt, und in Herbſtſcenen der Quitſchernbaum, deſſen leuchtende Beeren in Menge ſeinen Gipfel fuͤllen.

Die Rothtanne, die Weißtanne, die Fichte, die Weymouthsfuhre und andre Nadelhoͤlzer nehmen ſich wegen ihrer ſchoͤnen Pyramidalform am beſten aus, wenn ſie einzeln ſtehen; ſie ſind eine treffliche Zierde auf großen Raſen, und ziehen hier jedes Auge an, in dem angenehmen Umkreis, den ſie beſchreiben, zu verweilen.

Bey der Gruppirung hat man vornehmlich darauf zu achten, daß Baͤume mit einander verbunden werden, die ſich zuſammen ſchicken. Laubhoͤlzer verbinden ſich am beſten mit Laubhoͤlzern, Nadelhoͤlzer mit Nadelhoͤlzern. Auch auf die Beſchaffen - heit des Laubwerks iſt Bedacht zu nehmen. Die babyloniſche Weide, die Birke, und der Lerchenbaum ſchicken ſich ſehr gut bey einander; der Tulpenbaum, der Ahorn, der Platanus, die Eiche ſtimmen in Anſehung der ausgeſchnittenen Figur ihrer Blaͤt - ter zuſammen; die Linde, die ſchwarze Pappel, die Lenne erheben ſich mit gleich gera - den Schaͤften. Alle dieſe Baͤume vertragen ſich ſehr wohl in der Zuſammenſetzung der Gruppen. Doch iſt auch hier alle Regelmaͤßigkeit ſorgfaͤltig zu vermeiden. In romantiſchen Revieren muß Contraſt, Abweichung und Sonderbarkeit durchaus herr - ſchen; hier vereinigt ſich die Silberpappel mit der Rothbuͤche. Die Wahl des Laub - werks iſt nach dem Ort und der Abſicht des Gartenkuͤnſtlers zu beſtimmen; heitres oder ſilberfarbigtes Laub gegen die Vorderſeite eines duͤſtern Waldes, und dunkle Laub - kronen auf einem hellen Raſen; finſtre Laubarten, als Taxus und chineſiſcher Lebens - baum, ſind in die Hintergruͤnde zu werfen.

Die beſten Maximen, in Anſehung der Kunſt zu gruppiren, merkt man ſich bey eigenen Verſuchen und bey dem ſorgfaͤltigen Studium des Platzes, wo man ar -beitet.59nach dem Charakter der Gegenden. beitet. Denn es iſt unlaͤugbar, daß jede Gegend nach ihrer beſondern Eigenthuͤm - lichkeit auch eine beſondre Art der Bepflanzung erfordert, und daß ſich keine Regeln geben laſſen, die auf jeden Ort eine genaue und unveraͤnderliche Anwendung haben koͤnnten. Uebrigens muß man die Kunſt der Gruppirung der Natur ſelbſt abzulernen ſuchen. Geh in die Waͤlder und ſchau, wie dieſe große Kuͤnſtlerinn pflanzt; ſchau, wie ſie trennt, wie ſie vereinigt, wie ſie hier zuſammenzieht, dort auseinander wirft, wie ſie ſparſam im Ueberfluß und mannigfaltig ohne Verſchwendung iſt, wie ſie alles Harte, alles Scharfe meidet, wie ſie ihre Gruppen und Hayne woͤlbt, und das Ganze in einen ſanften Umriß hinfließen laͤßt.

Die Anpflanzung des Buſchwerks verlangt eine beſondre Aufmerkſamkeit auf die Plaͤtze und auf die kuͤnftigen Wirkungen; nach zwanzig bis dreyßig Jahren haben Straͤucher faſt immer ihre Schoͤnheit uͤberlebt, und ihre Stelle uͤberwildert, da hin - gegen in dieſer Zeit ein Baum an ſeiner Vollkommenheit gewonnen hat.

Auch die ſchlingenden und rankenden Straͤucher koͤnnen in Luſtgebuͤſchen vortheil - haft gebrauchet werden. Außer der Bekleidung, die ſie alten Mauern und Gebaͤu - den geben, dienen ſie hier, die Wildniß zu verſtaͤrken, Oeffnungen zu verſchließen, kleine Lauben und natuͤrliche Bogengaͤnge in den Haynen zu bilden, von Baum zu Baum ſich hinuͤberzuſchlingen und zwiſchen ihnen bluͤhende Kraͤnze herabhaͤngen zu laſſen, und endlich ſchief gewachſene oder durchloͤcherte Staͤmme zu umwinden und ihre Fehler zu verbergen.

Alle dieſe Bemerkungen betreffen Anpflanzungen, die von der Hand des Gaͤrt - ners bewirkt werden. Allein in wie vielen Gegenden hat nicht ſchon die Natur vor - gepflanzt! Wie bequem, wie vortheilhaft iſt es nicht, ihre Pflanzungen nach dem Genie der Anlage zu benutzen, ſie zu reinigen, weiter auszubilden, zu bereichern! Es iſt eine ſehr unbedachtſame Art des Verfahrens, ſo gewoͤhnlich ſie auch iſt, daß man bey Gartenanlagen mit der Zerſtoͤrung der von der Natur geſetzten Baͤume und Gebuͤſche anfaͤngt. Wie viele ſchoͤne Hayne und Gruppen, die ein geſunder Ge - ſchmack mit Vergnuͤgen in den Plan ſeiner Anordnung aufgenommen haͤtte, haben nicht oft dieſer Unbeſonnenheit weichen muͤſſen! Welche Kunſt, welche Macht giebt ſogleich dem beraubten Platz ſeine ehrwuͤrdigen Staͤmme, ſeine herrlichen Waldmaſſen wieder, gegen welche die artigſte Pflanzung von der Hand der Kunſt nur Puppenſpiel iſt? Welche Thorheit, auszurotten, was man ſucht, zu verderben, was man ſchaffen will, und darauf zu warten, was man gleich beſitzen kann!

H 25. Die60Dritter Abſchnitt. Gaͤrten
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61nach dem Charakter der Gegenden.

5.

Die mannigfaltige Art, die Baͤume in Gruppen zuſammenzuſetzen, iſt vielleicht noch manchen Gartenfreunden unbekannt. Und dieſe werden hier einen kleinen Ver - ſuch von dieſem Theil der Anordnung nicht ungern finden.

Die Gruppe faͤngt mit zwey Baͤumen an; dieſe iſt aͤußerſt einfach und hat faſt gar keine Abwechſelung. Man ſehe hier:

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Die Punkte bezeichnen die Baͤume, und die Linien den Weg, um die Richtungen zu bemerken, wie die Baͤume ins Auge fallen.

Drey Baͤume gruppiren ſich:

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Bey dieſer Zuſammenſetzung muß man darauf ſehen, daß ſie kein regulaͤres Dreyeck bilden; daher muß immer ein Punkt ſtreben, aus der Linie zu weichen. Auch be - merke man, daß drey Baͤume, in einer geraden Linie geſtellt, keine Gruppe, wenig - ſtens keine ſchoͤne, ſondern nur eine Linienpflanzung geben. Die Natur ſtellt nicht drey Gegenſtaͤnde in einer vollkommen geraden Linie dar.

Gruppen von vier Baͤumen ſind:

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Fuͤnf Baͤume koͤnnen gruppirt werden:

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Die erſte Figur iſt der Quincunx, der noch zu viel Regulaͤritaͤt hat.

H 3Sechs62Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Sechs Baͤume gruppiren ſich:

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Sieben Baͤume laſſen ſich verbinden:

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u. ſ. w.

Mit eben dieſer Abwechſelung laſſen ſich weiter Gruppen von einer groͤßern Zahl von Baͤumen anordnen. Man ſieht aus dieſer Probe nicht blos, wie Baͤume grup - pirt werden koͤnnen, ſondern auch, welcher großen Mannigfaltigkeit ihre Zuſammen - ſetzung faͤhig iſt. Die Verbindung iſt an ſich leicht, denn ſie geſchieht faſt nur durch verſchiedene freye Zuſammenſetzungen von Drey, Zwey und Eins, wodurch alle Gruppen von einer groͤßern Zahl gebildet werden.

Zwiſchen den Baumgruppen koͤnnen ſowohl zur Unterbrechung des Geradelinig - ten, des Scharfen und Eckigten, als auch zur Verzierung, einzelne Straͤucher oder kleine Strauchgruppen eingeſtreut werden. Und in groͤßern Pflanzungen iſt es ſehr angenehm, wenn eine Folge von Baumgruppen, die an den Gaͤngen fortlaufen, oder durch welche ſich hie und da der Pfad windet, zuweilen mit einer niedrigen Strauch - gruppe abwechſelt.

Aus der Vereinigung mehrerer Baumgruppen bildet ſich der Hayn, der in der That nichts anders iſt, als eine Zuſammenſetzung groͤßerer und kleiner Gruppen, die in dieſer Zuſammenſetzung ein neues Ganzes ausmachen. Die Anordnung des Hayns iſt daher eben dieſelbe, als in den Baumgruppen.

Hier folgt eine Zeichnung von einigen Gruppen. Aber man bedenke, daß in dieſer Vorſtellung auch die beſte Kunſt noch immer weit unter dem Anſchauen der Natur bleibt.

Zuerſt63nach dem Charakter der Gegenden.

Zuerſt eine Sammlung von kleinen Strauchgruppen, die hin und wieder auf einem huͤgeligten Gefilde verſtreut ſind.

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Demnaͤchſt verſchiedene Gruppen von Laubbaͤumen, die ſich in der Mitte mit Straͤuchern verbinden.

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Sodann eine Gruppe von Nadelhoͤlzern, wovon ſich die groͤßere Haͤlfte auf ei - ner kleinen Anhoͤhe zeigt.

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Endlich64Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Endlich eine Miſchung verſchiedener Baumgruppen, wovon einige ſich auf ei - nem ſanften Huͤgel erheben.

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6.

Sollen Gaͤrten von der angenehmen Gattung anlockender und unterhaltender werden, als ſie bisher geweſen ſind, ſo muß die ganze ausgewaͤhlte Mannigfaltigkeit reizender Naturſcenen, ſo weit es ihr Umfang verſtattet, ihnen zugefuͤhrt werden. Der Gartenkuͤnſtler muß ſeine Phantaſie mit den ſchoͤnſten Bildern der Natur berei - chern, und ſie immer in den Landſchaften belauſchen, wo ſie ſich ganz in ihren Reizen enthuͤllet. Schwaͤchere Huͤlfsmittel ſind freylich Beſchreibungen und Abbildungen. Aber ſie wirken doch mit. Sie unterſtuͤtzen das Genie, ſie beleben die Einbildungs - kraft, und ſtellen ihr den Zauber der Auftritte, die das Auge zu ſehen keine Gelegen - heit hatte, wo nicht immer in einem reinen Lichte, doch oft in einer milden Daͤmme - rung dar. So manche Gaͤrten vom anmuthigen Charakter ſind ſchon in dieſem Werke beſchrieben; ſo manche einzelne Scenen geſchildert. Indeſſen wollen wir hier noch eine kleine Gallerie von Naturgemaͤlden eroͤffnen. Beſchreibungen von Meiſterſtuͤcken, und zwar von Kennern entworfen, wuͤrden in manchen Theilen der Gartenkunſt weit beſſer unterrichten, als alle Regeln. Aber wo ſind die ganz reinen Meiſterwerke? Wie ſelten ſind noch ausfuͤhrliche Gartenbeſchreibungen? Und wie weit ſeltener er - ſcheint in dem Beſchreiber zugleich der Kenner? Zuerſt eine Schilderung verſchie - dener einzelner Scenen eines anmuthigen Gartens, von der gluͤcklichen Phantaſie eines Gartenkenners gezeichnet; demnaͤchſt einige Beſchreibungen von natuͤrlichen Gaͤrten, die ſich indeſſen faſt mehr durch die Schoͤnheit der Naturſcenen und Ausſichten, als durch eine Mannigfaltigkeit der innern Anlage, auszeichnen.

a. Eine65nach dem Charakter der Gegenden.

a. Eine Reihe von Scenen in einem anmuthigen Garten. *)Des Marquis de Gerardin Compoſition des Payſages S. 46-56.

Sobald wir aus dem Hauſe treten, muͤſſen wir einen ſchattigten und gebahnten Fußſteig finden, der uns auf eine leichte Art an alle intereſſante Orte hinfuͤhrt.

Bald iſt es ein Gebuͤſch, wo die Strahlen des Lichts durch die Schatten hin - durch ſpielen; das Kryſtall einer Quelle wirft darinn ſeine Strahlen auf die Farben der Roſe zuruͤck, welche dieſe Raͤnder ſo gerne bewohnet; das Murmeln klarer Ge - waͤſſer, die verliebten Accente der Voͤgel, und die ſuͤßen Wohlgeruͤche der Blumen, bezaubern darinn auf einmal alle Sinne.

Bald iſt es ein andres Gebuͤſch von einem mehr geheimnißvollen Charakter; hier eine antike Urne, welche die Aſche zweyer Liebenden, die ſich einander treu geblie - ben, enthaͤlt; dort ein ſimples Lager von Moos unter der Hoͤlung eines Felſen, wel - ches zum Leſen, zu Unterhaltungen und zu angenehmen Traͤumereyen der Empfindung einladet.

Weiter hinein ein faſt undurchdringlicher Wald, ein Heiligthum gluͤcklicher Liebenden.

Am Ende dieſes Gehoͤlzes das Geraͤuſch eines Bachs, welches von weitem un - ter den Schatten der Baͤume gehoͤrt wird, und zu den Annehmlichkeiten der Ruhe einladet.

Dieſer Bach, deſſen Geraͤuſch in dem Gehoͤlz ertoͤnte, fließt in einem einſamen und ſchattigten Thale unter mooſigten Felſen hinweg. Bald darauf ſchließt ſich das Thal ganz auf allen Seiten, und geſtattet kaum einen ſchlaͤngelnden und muͤhſamen Fußweg. Welch Schauſpiel ſtellt ſich auf einmal den Augen dar! Durch die dun - keln Hoͤhlungen entfernter Felſen ſtuͤrzen ſich auf allen Seiten glaͤnzende und reißende Waſſer herab; die Felſen, Wurzeln und Baͤume, die ſich in dem Strom des herab - ſtuͤrzenden Waſſers vermiſchen, veraͤndern die Hinderniſſe, das Geraͤuſch und die Ge - ſtalten ihres Falls auf hundert verſchiedene Arten. Ringsherum iſt Gehoͤlz; dickbe - laubte Aeſte haͤngen uͤber die ſchaͤumenden Gewaͤſſer herab; Gruppen von Baͤumen, die auf die gluͤcklichſte Art geſtellt ſind, geben dieſer bezaubernden Scene eine uͤberra - ſchende Wirkung von Helldunkel und Perſpectiv; auf beyden Seiten des Waſſers ſte - hen wohlriechende Pflanzen und Straͤucher voll Blumen; einige Lichtſtrahlen, durch den Schimmer der Caſcaden zuruͤckgeworfen, beleuchten allein dieſen heimlichen Ort, wo jenes angenehme Licht herrſcht, welches die Schoͤnheit ſo gut kleidet; hier war es,woIV Band. J66Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenwo ſich die ſchoͤne Iſmene einſt badete; das Ohngefaͤhr fuͤhrte den jungen Hylas hin - zu; er erblickte die Geliebte, die ſein Herz ſchon lange heimlich angebetet, durchs Ge - buͤſch. Wie wird ihm beym Anblick ſo vieler Reize! Begierden und edles Gefuͤhl kaͤmpfen in ſeinem Innerſten gegen einander, er kann ſich dem Rauſche ſeiner Sinne nur durch eine ploͤtzliche Flucht entreißen, er flieht, und im Fliehen laͤßt er ein Papier fallen; die ſchoͤne Iſmene, erſchreckt durch das Geraͤuſch, welches ſie gehoͤrt, ſieht ſich auf allen Seiten um, erblickt das Papier; ihr Herz wird geruͤhrt von ſo edler Geſin - nung, von ſo vieler Liebe. Hylas ward geliebt, Hylas ward gluͤcklich, und das An - denken dieſer ſtandhaft Liebenden ſteht noch auf einem nahen Eichbaume eingegraben.

Hier in einer tiefliegenden abgeſonderten Gegend iſt ein ruhiges und klares Waſſer, welches einen kleinen See bildet. Der Mond verlaͤßt nie den Horizont, ohne ſich lange darinn zu beſpiegeln und zu bewundern. Die Ufer ſind mit Pappel - baͤumen bepflanzt; unter dem Schutze ihrer friedlichen Schatten erblickt man in der Ferne ein kleines philoſophiſches Monument. Es iſt dem Andenken eines Mannes geheiliget, deſſen Genie die Welt erleuchtete; er wurde in derſelben verfolgt, weil er ſich durch ſeine Unabhaͤngigkeit uͤber die eitle Groͤße hinwegſetzen wollte. Stille und Ruhe herrſcht auf dieſem kleinen Plaͤtzchen, und dieſe Art von Elyſium ſcheint fuͤr das ruhige Gluͤck und fuͤr den wahren Genuß der Seele gemacht zu ſeyn.

Dort ſieht man einen Wald von alten Eichen, unter welchen man in der tief - ſten Dunkelheit des Gehoͤlzes einen Tempel erblickt, welcher dem Nachdenken eine ſtille Freyſtaͤtte darbietet. Dort wird der Dichter nicht in ſeinem goͤttlichen Enthu - ſiasmus geſtoͤrt; dort findet er jene erhabenen Gedanken, die er in ſeinen Gedichten ausdruͤcken ſoll.

Queer durch einen Cedernwald fuͤhrt eine unmerkliche Anhoͤhe bis auf den Gi - pfel eines hohen Berges, an deſſen Fuße ein Fluß ſich durch fruchtbare Wieſen hin - wegſchleicht: hier ſchwebt das Auge auf einem weiten Horizonte, der in der Ferne durch ein Amphitheater von Gebirgen eingefaßt iſt. Schon verbreitet die Sonne mit Majeſtaͤt ihren Strahlenglanz umher. Der Vorhang der neblichen Duͤnſte rollt ſich auf bey ihrer Erſcheinung; lange Schatten werfen die vergoldeten Baͤume, Haͤu - ſer und Huͤgel auf den Teppich von Gruͤn hin, der noch von den Perlen des Morgen - thaues glaͤnzt; tauſend und tauſend zufaͤllige Lichter bereichern dieſes herrliche Gemaͤl - de, wo der Philoſoph, nachdem er alle ſeine Syſteme vergebens erſchoͤpft hat, ge - zwungen iſt, ein Weſen der Weſen, und einen Geber aller Dinge zu erkennen.

Aber bald ruft uns die Anmuth der Schatten und das liebenswuͤrdige Gruͤn der Wieſen in das Thal, um unſere Augen von dieſem blendenden Schauſpiele ausruhen zu laſſen; am Fuße des Berges iſt ein Gehoͤlz, wo Hopfen und Geißblatt ſich umBaͤume67nach dem Charakter der Gegenden. Baͤume herumſchlaͤngeln, und uͤber dem Kopfe durch einander geſchlungene Kraͤnze bilden. Die Teppiche von Moos und gruͤnenden Kraͤutern werden darunter durch einige Quellen erfriſcht, um welche in Hecken von wilden Roſen und bluͤhenden Dorn - ſtraͤuchern die Nachtigall ſo gern ihren Geſang erſchallen laͤßt. Einige Lager von Moos bieten ſich an, um ihr auf denſelben mit deſto mehrerem Vergnuͤgen zuzuhoͤren, je lieblicher ſich umher der Geruch der Roſe und des Weißdorns mit dem Geruche wilder Hyacinthen, einfacher Veilchen und Waldlilien vermiſcht, die an allen Ecken dieſes angenehmen Gehoͤlzes, durch welche ſich blinkende Lichter ergießen, im Ueber - fluß wachſen.

Von da koͤmmt man in eine große Aue, welche ſich bis an den Fluß erſtreckt, und unzaͤhligen Heerden, die nie von den Hunden des Viehhirten, noch von dem Stabe des Schaͤfers erſchreckt werden, zur Weide dient. Gruppirt auf hunderterley verſchiedene Arten, weiden einige friedlich, indeß ſich die andern ruhig gelagert haben, und mehr durch die Anmuth der Ruhe und Freyheit, als durch den Geſchmack des fri - ſchen und bluͤhenden Graſes ſich zu maͤſten ſcheinen.

Einige Gaͤnge von Weiden, Erlen und Pappelbaͤumen bieten uns ihren Schat - ten an, um uns an eine Bruͤcke, oder an eine Faͤhre zu fuͤhren; daſelbſt muß man uͤber beyde Arme des Fluſſes hinuͤber, die eine reizende Inſel umfaſſen. Ein Lorbeer - und Myrtenhayn, in welchem man noch einen Altar ſieht, der Wohlgeruch bluͤhender Straͤucher, womit ſie auf allen Seiten umpflanzt iſt, und die Ruinen eines alten Tempels zeigen genugſam an, daß ſie ehemals der Liebe geheiligt war; aber itzt ſteht an deſſen Stelle das Haus des Faͤhrmanns, welches an die faſt unkenntlichen Ruinen des Tempels angebaut iſt.

Auf der andern Seite des Fluſſes ſind die Einfaſſungen eines Meyerhofes, deſſen Gebaͤude man von einem benachbarten Huͤgel erblickt; ein Fußſteig fuͤhrt durch dieſe Gehaͤge zwiſchen Johannis - und Himbeerſtraͤuchern und kleinen Fruchtbaͤumen hindurch. Das Erdreich wird hier immer zum Nutzen verwendet. Dasjenige, welches man gewoͤhnlich braach laͤßt, iſt mit den erſprießlichſten Pflanzen zur Nahrung des Viehes beſaͤet, welches daſelbſt weidet, und zugleich dieſe Gehaͤge befruchtet. Der Stier wiederkaͤuet da in Frieden, der Hammel und die Ziege ſpringen in Frey - heit umher, und das junge Roß, welches ſchon alle ſeine Maͤhnen trotzig und ſtolz emporſtraͤubt, vergnuͤgt ſich wiehernd in ſeinem ſchnellen Laufe.

Ein wenig weiter, in andern Gehaͤgen, folgt der Ackersmann ſingend ſeinem Pfluge, und ſeine juͤngſten Kinder kurzweilen um ihn herum, indeſſen diejenigen, welche mehr im Stande ſind zu arbeiten, das Unkraut auf dem ſchon beſaͤeten Felde ausreißen. Die Arbeit verwahrt die Jugend wider unordentliche Leidenſchaften, ſieJ 2verwahrt68Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenverwahrt wider Schlagfluͤſſe, erhaͤlt die Geſundheit, verlaͤngert die Tage des Alters; und die guten Leute wiſſen am Ende des Tages nichts von Langerweile und Verdruß, die nur zu oft das Theil und die Plage des Reichthums und der Groͤße ſind.

Aber es iſt Zeit, unſern Spatzierweg zu endigen. Ein Baumgarten oder viel - mehr ein Wald von Fruchtſtraͤuchern fuͤhrt uns zum Hauſe zuruͤck. Man hat nur ein ſchwaches Muſter von den Schoͤnheiten und Mannigfaltigkeiten, die man in der Na - tur finden kann, geben wollen; umſonſt wuͤrde man alle diejenigen, deren ſie faͤhig iſt, zu ſchildern verſuchen. Die Verſchiedenheit des Anbaues, die Ungleichheiten des Erdreichs, der Unterſchied einerley Gegenſtaͤnde, von verſchiedenen Punkten und unter verſchiedenen Anſichten erblickt, endlich alle die Fruchtbarkeit des Schauplatzes der Welt, muͤſſen, auf eine oder die andre Art, allerley kleine Partien in ſolchem Ueber - fluß gewaͤhren, daß man noch in der Wahl unſchluͤſſig ſeyn wird. Aber man handle in den Theilen, wie in dem Ganzen, nie der Natur zuwider.

b. Studley. *)Dieſe fuͤnf erſten Beſchreibungen von Studley, Workſop, Luton, Raby - Caſtle und Heſtercomb in England ſind aus Arthur Youngs Reiſe durch die noͤrdlichen und oͤſtlichen Provinzen dieſes Landes. Studley gehoͤrt dem Herrn William Als - labie, Eſq. in Yorkſhire. Man hat von den Partien dieſes Parks vier Blaͤtter in Folio, von Walker gezeichnet und geſto - chen. Das erſte ſtellt ein laͤnglichtrundes Waſſer mit Statuͤen umgeben, die Vor -derſeite von dem Tempel der Froͤmmigkeit, und einen Theil von Waldung und Gebuͤ - ſchen vor. Auf dem zweyten Blatt er - ſcheint ein gemachter Berg mit einem her - abhangenden Walde, einem hervorragen - den Pavillon und Waſſer in der Tiefe. In der dritten Vorſtellung ſieht man ein Gebaͤude fuͤr die Tafel, einen ſchoͤnen run - den Tempel, Raſen und Wald. Die vier - te Partie iſt ein ſchoͤner See mit Sitzen umher, und von Waldung umgeben.

Der Park zu Studley, der werth iſt von Reiſenden beſucht zu werden, liegt in einer angenehmen Landſchaft, vier (engl.) Meilen von Ripon. Das Gebaͤude iſt zwar artig und gut eingerichtet, aber die dabey befindlichen Anlagen ſind das vornehm - ſte. Zuerſt fuͤhrte man uns nach dem Speiſeſaal, an welchen ein freyer gruͤner Platz ſtoͤßt, an deſſen Ende Ruinen eines ioniſchen Tempels ſtehen, von welchem man ſchoͤne Proſpecte hat. Zwey ſtellen das Waſſer in verſchiedenen Lagen und mit Waldung umgeben dar; auf einer reizenden Anhoͤhe ſteht ein gothiſcher Thurm; an einem vierten Ort liegt ein anſehnliches Baſſin, und hinter ihm eine bedeckte Gallerie.

Wenn69nach dem Charakter der Gegenden.

Wenn man den Huͤgel auf der rechten Seite hinangeht, kommt man an eine Bank, von der man einen aus einer Felſenhoͤhle hervorſtuͤrzenden Waſſerfall gewahr wird. Er faͤllt in einen Kanal, der zu den Fuͤßen des Zuſchauers einen zweyten Fall bekommt, und ſich alsdenn hinter dem Walde verliert. Weiter rechts geht man durch ein ſchattigtes Thal zu einem Huͤgel, auf deſſen Anhoͤhe ein Zelt in einer male - riſchen Gegend liegt. Man erblickt aus ihm einen See, der ſich durch das Thal kruͤmmt, und deſſen Ufer mit hohen Baͤumen beſetzt ſind.

Von dieſem Huͤgel fuͤhrte man uns zu den ſchoͤnen Ruinen von Fountaines Abtey, die der Beſitzer an ſich gebracht hat, um durch ſie ſeinen Park zu verſchoͤnern. Auf dem Ruͤckwege von der Abtey geht man im Thale, laͤngſt dem Ufer des Sees, am Fuße des gedachten Huͤgels mit dem Zelte hin, der ſich mit ſeinem waldigten Ruͤ - cken wie ein zugeſpitzter Kegel dem Auge darſtellt. Nunmehr erhebt ſich der Weg, und laͤuft auf den buſchigten Anhoͤhen fort, die das Thal umgeben. Durch die Baͤu - me hat man die ſchoͤnſten maleriſchen Ausſichten. Bald erblickt man den See, bald die Ruinen, bald einen Fluß, der ſich der Abtey mit vielen Kruͤmmungen naͤhert. Man kommt an eine weiße Bank, von der ſich ein von allen bisherigen ganz verſchie - dener Proſpect zeigt; man ſieht auf eine ſchoͤne mit dickem Wald beſetzte Vertiefung.

Weiter hin wird man bey einer Bank in einem finſtern Gange einen Obelisk in einem gegenuͤber liegenden Walde gewahr; eben der Gang fuͤhrt zu dem gothiſchen Thurm. Von hier hat man einen Proſpect uͤber einen mit vielen Gegenſtaͤnden ab - wechſelnden Wald. Zur Linken erhebt ſich ein Thurm aus dem Walde, weiter hin ragt ein Gebaͤude oben uͤber die Baͤume hervor, daruͤber liegen die Ruinen des Tem - pels mit der Kuppel.

Nachher fuͤhrt der Weg an den Rand einer waldigten jaͤhen Anhoͤhe. Zu den Fuͤßen fließt ein ſchneller Strom, der zwo Caſcaden macht. Am Rande dieſes Wal - des ſteht das roͤmiſche Monument, das nach dem Model des vorgeblichen Grabmals der Horazier und Curiazier angelegt iſt. Man ſieht hier in ein tiefes Thal, deſſen Fluß ſich an dem einen Ende unter den Baͤumen und an dem andern zwiſchen Felſen verliert. Unter ſich bemerkt man eine Caſcade und gegenuͤber den haͤngenden Wald, welcher der Scene ein romantiſches Anſehen giebt. Der Weg laͤuft immer an Ab - gruͤnden fort, bis man an einen Tempel kommt, der auf einer runden Anhoͤhe ſteht, die ſich in das Thal hineinſchiebt. Man ſieht hier den Fluß in ſeiner groͤßten Schoͤn - heit, das Vornehmſte aber iſt die Strecke Waldes, welche die gegenuͤber liegende Reihe von Huͤgeln bedeckt.

Wenn man ſich wieder nach dem Wohnhauſe zuruͤck begiebt, ſo aͤndert ſich der Schauplatz ganz. Statt jener nahen und wilden Gegenſtaͤnde von Felſen und Wal -J 3dungen,70Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendungen, uͤberſieht man nunmehr eine weit ausgebreitete Landſchaft. Die Stadt Ripon liegt mit ihrem Thurm mitten in einem ſtark angebaueten und mit Doͤrfern und einzelnen Haͤuſern gezierten Thale. Studley muß jedem, der es beſucht, ge - fallen. Die ſchoͤnen Waſſerfaͤlle des Stroms, die Waldung, die als ein Amphi - theater umherliegt, die maleriſchen Proſpecte der Abtey, die Ausſicht von dem gothi - ſchen Thurm, das Thal bey dem Huͤgel mit dem Zelte, das dabey fließende Waſſer, bieten ſo viel Schoͤnheiten dar, daß der Zuſchauer bald gereizt wird, ſie zu bewundern.

c. Workſop. *)In Yorkſhire, dem Herzog von Norfolk zugehoͤrig.

Wenn das Wohngebaͤude nach dem beſtimmten Plan ausgefuͤhrt wird, ſo moͤchte es wohl das groͤßte in England werden. Die Vorderſeite iſt dreyhundert und achtzehn Fuß lang, und hat in der Mitte eine Halle mit ſechs praͤchtigen korinthi - ſchen Saͤulen. Das Werk zeigt eine edle Architectur mit großer Simplicitaͤt; und die Zimmer ſind ſchoͤn.

Nicht weit von dem Wohnhauſe iſt ein Stuͤck Landes zum Vergnuͤgen mit großem Geſchmack angelegt. Man ſieht hier einen durch Kunſt ausgegrabenen See und Fluß, welche die Natur ſehr gluͤcklich nachahmen, und deren Ufer natuͤrlich ſchoͤn verziert ſind. Gleich beym Anfang erblickt man an einem buſchigten einſamen Ort eine im gothiſchen Geſchmack angelegte Bank, wovon man einen Proſpect nach einer Bucht des Sees hat. Das Ufer iſt ungleich und felſicht, und die Baͤume haͤngen wild uͤber das Waſſer; in mehrerer Entfernung wird das Waſſer breiter, und hinten in dem dickſten Wald iſt eine Bruͤcke daruͤber geſchlagen, die, wenn die Sonne darauf ſcheint, die herrlichſte Wirkung thut, indem ſie mit dem umliegenden Gebuͤſch einen vortrefflichen Contraſt macht. **)Von dieſer maleriſchen Partie fin - det ſich im Original von Youngs Reiſebe - ſchreibung ein Kupferſtich.

Von hier fuͤhrt der Weg links durch den Wald nach einem offenen Raſenplatz, an deſſen Ende man rechter Hand das Waſſer zu Geſichte bekommt und auch behaͤlt, wenn man dieſen Platz hinabgeht. Linker Hand liegt ein toſcaniſcher Tempel, von dem man eine angenehme Ausſicht uͤber einen Theil des Sees hat. Andre geſchlaͤn - gelte Gaͤnge fuͤhren nach verſchiedenen Gegenden des ganzen Platzes, einer zur Mena - gerie, der andre zur Bruͤcke, die leicht und artig gebaut iſt. Geht man uͤber ſie hin,ſo71nach dem Charakter der Gegenden. ſo erhebt ſich das Ufer allmaͤlig, und iſt mit einzelnen Baͤumen und Gebuͤſchen beſetzt, welches eine ſchoͤne Wirkung thut. In einiger Entfernung iſt mitten im Gehoͤlz ein kleiner Waſſerfall angebracht, den man in einem nahe dabey ſtehenden Tempel zwar hoͤrt, aber nicht ſieht. Dieſe ganze Anlage muß einem jeden gefallen, der die ſanften Scenen der Natur und das Schoͤne liebt, wenn gleich Pracht und Groͤße fehlt, die in Erſtaunen ſetzen.

d. Luton. *)Ein Park des Grafen von Bute in Bedfordſhire.

Die Schoͤnheit dieſes Parks, wo Huͤgel, Thaͤler, Waͤlder und Waſſer auf das angenehmſte abwechſeln, belohnt reichlich eine Reife dahin. Wenn man von der Nordſeite dahin kommt, ſo faͤhrt man laͤngſt dem Ufer eines Fluſſes, der von Natur ſehr gering war, aber durch die Kunſt zu einem angenehmen Waſſer gemacht worden. Die Pflanzung von Baͤumen auf den Huͤgeln beym Eingange rechter Hand faͤllt an - genehm in die Augen. Linker Hand iſt eine krumm laufende Tiefe, hin und wieder mit Baͤumen beſetzt, und laͤngſt dem Waſſer auf eine angenehme Art angelegt. Am Ende des Sees kommt man an eine kleine Inſel, wo man einen ſchoͤnen Proſpect von dem ſich kruͤmmenden Fluſſe hat. Die Inſel ſelbſt iſt groß, mit hohen Baͤumen und jungen Pflanzungen beſetzt, wodurch die Scene noch verſchoͤnert wird. Der Weg laͤuft rechter Hand zwiſchen Baͤumen, und man hat durch ſie den Fluß beſtaͤndig im Geſichte.

Wenn man ſich dem Hauſe naͤhert, ſtehen viele Buchen da, durch deren dunkle Schatten das Waſſer deſto ſchoͤner in die Augen faͤllt. Von dem Hauſe**)Abbildungen davon ſ. im 1ſten B. dieſes Werks S. 59 und 62. leitet ein von Kies angelegter Weg rechter Hand zum Waſſer hinab; zu beyden Seiten ſtehen hin und wieder Gruppen von Baͤumen, durch deren Oeffnungen ſich dem Auge die gegenuͤber liegenden Huͤgel darſtellen. Am Fuße dieſer Huͤgel zeigt ſich das Waſſer, das eine artige Kruͤmmung macht; zwey Boͤte und eine Schaluppe mit Segeln und Flaggen liegen darauf vor Anker; ſie ſind aber nicht nach der Groͤße des Waſſers pro - portionirt. Etwas weiter zur Rechten zeigt ſich eine Bruͤcke, die von Holz und ohne Zierrathen iſt, aber einen guten Proſpect giebt, und endlich kommt eine Caſcade, die, nach einigen Verbeſſerungen, der Gegend mehr Abwechſelung geben und ſchoͤn ins Auge fallen wird.

Den72Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Den Ruͤckweg von dem Waſſer nimmt man durch ein angenehmes Thal, wo ein Monument zwiſchen Baͤumen einen ſehr maleriſchen Proſpect liefert. Es iſt eine roſcaniſche Saͤule auf einem viereckigten Fußgeſtell, woran man lieſet: Zum Gedaͤcht - niß des Franz Napier. Auf der Saͤule ſteht eine Urne. Das Werk nimmt ſich durch ſeine edlen Verhaͤltniſſe, wenn man ſich im Thal befindet, vortrefflich aus. Man hat hier wieder allerley abwechſelnde Proſpecte und ſchoͤne Durchſichten, bald durch Gehoͤlz, bald in tiefe Thaͤler, mit Gruppen von Buchen geziert; alles zuſam - men macht die Scene ſehr laͤndlich.

e. Raby-Caſtle. *)Ein Landſitz des Grafen von Darlington, nicht weit von der Stadt dieſes Namens.

Der Park um das Wohngebaͤude iſt mit vielem Geſchmack angeordnet. Die freyen Raſenplaͤtze, Waͤlder, kuͤnſtlichen Pflanzungen und andre Gegenſtaͤnde ſind alle ſehr ſchoͤn. Wenn man auf dem großen Raſenplatz vor der Pflanzung bey dem Hauſe ankommt, ſo thut das Ganze eine gute Wirkung. Rechter Hand auf dem Huͤgel liegt das gothiſche Wirthſchaftshaus. Gegen uͤber laͤngſt dem Thale ſtehen einzelne Gruppen von Baͤumen, und zwiſchen ihnen an einer Anhoͤhe des Lords Wirthſchafts - gebaͤude. Das große Raſenſtuͤck iſt an drey Seiten mit friſch wachſenden Anpflan - zungen umgeben, und das groͤßte in ſeiner Art, das Young noch geſehen. Der un - gleiche Boden vermehrt ſeine Schoͤnheit; es erſtreckt ſich rechts und links uͤber Huͤgel, die auf einer Seite mit Baͤumen beſetzt ſind, und auf der andern eine ununterbrochene Oberflaͤche durch das Thal vorſtellen. Es verliert ſich auf eine ſolche Art zwiſchen den Baͤumen, daß man es ſich in Gedanken noch groͤßer vorſtellt, als der wirkliche Umfang iſt.

Von dem Huͤgel, worauf das Wirthſchaftshaus ſteht, hat man ruͤckwaͤrts einen ſchoͤnen Proſpect. Linker Hand iſt die Landſchaft mit waldigten Huͤgeln eingefaßt, die bis an das Gehoͤlz reichen, welches das ſich in der Entfernung zeigende Wohnge - baͤude umgiebt. Geht man rechter Hand hinan, und laͤngſt der von der Natur ge - machten Terraſſe, ſo hat man abermals eine angenehme Ausſicht. Man ſieht auf das Wirthſchaftshaus und auf den Huͤgel, der wellenfoͤrmig in das Thal hinabſinkt; vor ſich hin wird man einen See gewahr, der in unregelmaͤßigen Formen uͤber die un - tern Baͤume hervorragt. Rechts erſtreckt ſich der Proſpect uͤber ein Thal, worinn der Markflecken Staindrop zwiſchen lauter Einzaͤunungen und Baͤumen liegt.

So73nach dem Charakter der Gegenden.

So wie man vorwaͤrts geht, wechſelt auch der Proſpect ab. Links zeigt ſich eine feine Reihe angebaueter Huͤgel, und das gothiſche Wirthſchaftsbaus giebt der gan - zen Gegend eine Zierde. Indem man in das Thal hinabgeht, liegt der Flecken und der Thurm von Staindrop ſehr maleriſch zwiſchen den Baͤumen. Noch tiefer geht der Weg durch den Wald, und das Wohngebaͤude erhebt ſich praͤchtig uͤber den wal - digten Vorgrund. Wenn man hier queer uͤber die freye Ebene bis zur untern Ter - raſſe geht, ſieht man ſchoͤn angelegte Gruͤnde, die man bisher noch nicht wahrgenom - men hat.

Ueberhaupt hat Young nirgends Anpflanzungen mit ſo vielem Geſchmack ange - legt gefunden. Die natuͤrliche Ungleichheit des Bodens iſt meiſterhaft genutzt, und ein maͤßiger Umfang iſt ſo kuͤnſtlich eingetheilt, daß er dem Auge weit groͤßer zu ſeyn ſcheint. Nichts kann ſchoͤner ſeyn, als der große, freye, gruͤne Raſen, der ſich uͤber die Huͤgel und zwiſchen der Waldung ausbreitet, an einigen Stellen in den Wald hin - eingeht, und an andern wieder unvermuthet hervorkommt.

f. Heſtercomb.

Der Park zu Heſtercomb nicht weit von Bridgewater beſteht aus einem ein - ſamen Thal, das viel Holz und an manchen Stellen ein wildes Anſehen hat. Der Geſchmack, womit es angelegt iſt, macht dem Beſitzer, Herrn Bampfield, Ehre. Rings umher laͤuft ein Weg laͤngſt den Seiten der Huͤgel hin; an manchen Stellen zieht er ſich in einen entfernten Grund, und erhebt ſich daraus wieder auf Anhoͤhen, wovon man die Ausſicht uͤber einen weiten Umfang von Laͤndereyen hat. Das Waſſer, das ſonſt fehlte, iſt aus hochliegenden Gegenden hergefuͤhrt, und in verſchiedene For - men gebracht. Die Gehoͤlze ſind mit ſo vieler Wahl und Einſicht angelegt, daß der Platz weit groͤßer ſcheint, als er wirklich iſt.

Vom Hauſe fuͤhrt der Weg erſt hinter einen dicken Wald an ein ſich ſanft ſenken - des Thal zu einer artig liegenden Bank. An einem ſteilen Abgrund liegt ein kleiner See, mit einem Amphitheater von uͤberhaͤngenden Baͤumen umgeben, und hin und wieder brechen ſchmale Streifen des ſchoͤnſten Gruͤns zwiſchen dem dunkeln Wald her - vor. Eine erhaben liegende und vom Schatten der Baͤume halbverdunkelte Hoͤhle, und ein kleiner zwiſchen Moos und dicken Gebuͤſchen hervorbrechender Waſſerfall, ſtellen eine angenehme Scene dar. In der Hoͤhe ſteht an der Spitze eines hervorra - genden Huͤgels eine Einſiedlerwohnung, von der man alle tiefliegende Gegenſtaͤnde uͤberſieht. Die groͤßte Abwechſelung iſt hier auf eine angenehme Art verbunden.

IV Band. KIndem74Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Indem man den Huͤgel hinanſteigt, kommt man an eine krummlaufende Terraſſe, von der man rechts auf die Tiefe mit Waſſer hinabſieht. Hierauf aͤndert ſich die Scene voͤllig. Man kommt in ein einſames kuͤhles Thal, das ganz mit dickem Wald, der von den Huͤgeln herabhaͤngt, beſchattet wird. Man ſieht kein Haus, keine weite Landſchaft, ſondern blos einen klaren Bach zwiſchen einem kleinen Felſen und Gebuͤ - ſche hervorbrechen und uͤber Steine fortrieſeln. Der Fußſteig leitet durch einen fin - ſtern Wald zu einem laͤndlichen Sitz, von dem man auf einmal eine Caſcade erblickt, die man nicht ohne Verwunderung anſehen kann.

Ein ſtarker Strom rauſcht aus einem Felſen hervor, und ſtuͤrzt ſehr natuͤrlich auf vierzig Fuß ſenkrecht uͤber Steine, Moos und Epheu herab. Gluͤcklicher laͤßt ſich die Natur nicht nachahmen. Hinter ihm iſt ein undurchdringliches Gebuͤſche, und eben ſo ſteil, als der Waſſerfall. Was ihn umgiebt, iſt eben ſo gluͤcklich, als die Haupt - ſache, angelegt. Die Zweige des Waldes haͤngen ſehr natuͤrlich heruͤber, und laſſen nichts durch, als die Sonnenſtrahlen, welche auf das herabfallende Waſſer ſchimmern. Eine ſo vollſtaͤndige Scene, worinn alles vollkommen beyſammen iſt, und nichts das Auge beleidigt, wird man nicht leicht finden.

Von hier fuͤhrt der Weg durch ein wildes angelegtes Stuͤck, welches mit dem vorigen einen guten Contraſt macht, und leitet hernach auf einen Huͤgel mit einer Bank, von der man auf einmal einen trefflichen Proſpect uͤber das Thal von Taun - ton hat. Man geht uͤber eine Trift, kommt von neuem ins Holz und zu einer Bank, von der man durch die Zweige auf eine andere Landſchaft, die ebenfalls einen Theil des gedachten Thals ausmacht, und auf die Thuͤrme von Taunton hinabſieht. Man ſteigt abermals einen Huͤgel hinan, worauf die bereits erwaͤhnte Einſiedeley oder die Zauberwohnung ſteht. Sie fuͤhrt dieſen Namen von einer alten Zauberinn, welche daran gemalt iſt, und die einem gewiſſen Dichter Gelegenheit gegeben, zu ſagen, daß dieſer Ort ein bezaubernder Aufenthalt und die Zauberinn der Geſchmack ſey.

Der Proſpect iſt hier ſehr auffallend. Man ſieht von dem ſteilen Huͤgel in das Thal, wohin er ſich hinunterzieht, und auf den See hinab, der darinn tief im dicken Walde liegt. Die Vereinigung von gruͤnen Raſen, von Huͤgeln, Wald und Waſſer iſt ſehr reizend, und uͤber ſolche weg ſieht man in entſernte Gegenden.

Der Weg leitet darauf zu einem Sitz, von dem man in eine angenehme Vertie - fung hineinſieht, welche ganz mit undurchdringlichem Holz umgeben iſt, und das Auge durch nichts von der Caſcade abzieht, die ein Zauberer in dieſen Wald verſetzt zu ha - ben ſcheint. Eine mehr maleriſche Scene wird man nicht leicht antreffen. Der Waſſerfall iſt mit dem zuruͤckgezogenen Gebuͤſche aufs ſchoͤnſte vereinigt.

g. Car -75nach dem Charakter der Gegenden.

g. Cartown. *)Die nun folgenden vier Beſchreibun - gen von Cartown, Belleisle, Dunkettle und Caldwell, die zu den ſchoͤnſten Parksin Irland gehoͤren, ſind aus Youngs Reiſe durch Irland.

Der Park zu Cartown iſt unter die ſchoͤnſten in Irland zu rechnen. Es iſt eine weite Ebne, welche uͤber ſanfte Huͤgel hinſtreicht, und mit Pflanzungen von gro - ßem Umfang umgeben iſt, die ſich an verſchiedenen Stellen brechen und zertheilen, und viele Abwechslung verſchaffen. Ein großes angenehmes Thal ſchlaͤngelt ſich durch das Ganze hin; im Grunde deſſelben iſt ein kleiner Strom zu einem großen Fluß ge - bildet, der die mehr[e]ſten Scenen erheitert. Ueber denſelben geht eine huͤbſche ſteiner - ne Bruͤcke. Die Graͤnzen dieſes Thals ſind ſehr abwechſelnd; zum Theil beſtehen ſie aus allmaͤligen ſanften Erhoͤhungen, zum Theil aus ſteilen Anhoͤhen von dickem Gebuͤſch. An einem andern Ort machen ſie einen zierlich angelegten und in der groͤß - ten Ordnung unterhaltenen Staudengarten mit einer Huͤtte, um welche herum der Schauplatz ſehr angenehm iſt. Weiter hin bekommt dies Thal ein ganz anderes An - ſehen; an der einen Seite erhebt ſich eine felſigte Anhoͤhe, mit unordemlich zerſtreue - ten ſteilen Abſchuͤſſen und an der andern Seite ein Gehoͤlz. In einer der erhabenſten Gegenden im Park iſt ein Thurm, von deſſen Spitze man den ganzen Schauplatz uͤber - ſehen kann. An jeder Seite des Parks erſtreckt ſich eine Ebene, hin und wieder mit ſchoͤnen Pflanzungen bewachſen, auf welcher in der ſchoͤnſten Ordnung auf eilfhundert Schafe unterhalten werden; ſie iſt von einem breiten Strich des Gehoͤlzes eingefaßt, durch welchen ein Spazierweg geht.

h. Belleisle.

Belleisle, der Sitz des Grafen von Roß, iſt ein Eiland im See Earne von zweyhundert Morgen. Ein jeder Theil deſſelben beſtehet aus Bergen, Thaͤlern und ſanften Abhaͤngen. Es hat viel Wald, wovon ein großer Theil alt iſt, und ſowohl dunkle Schatten, als offne heitere Haine bildet. Die Baͤume hangen an den Anhoͤ - hen, und zeigen ſich dadurch auf das vortheilhafteſte. Alles iſt ausnehmend ſchoͤn. Ein Strich des Sees geht vor dem Hauſe vorbey, welches nahe an ſeinem Ufer zwi - ſchen einem anmuthigen Gehoͤlze liegt, das Schutz giebt und Schoͤnheit verbreitet. Das Waſſer, das hier drey Meilen breit iſt, wird von vorne von einem Eiland mitK 2dicken76Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendicken Gebuͤſchen, und von einem majeſtaͤtiſchen kreisfoͤrmigen Huͤgel begraͤnzt, wel - cher des Grafen Thiergarten iſt, und einen hohen Berg im Ruͤcken hat. Zur Rech - ten ſind vier bis fuͤnf Klumpen von duͤſterm Gebuͤſche, auf eben ſo vielen Inſeln, die kuͤhn aus dem See hervorſteigen. Das Waſſer bricht zwiſchen ihnen in ſchmalen Gaͤngen durch, und bildet eine ausnehmend maleriſche Scene. An der andern Seite ſtreckt ſich der See hinter einem Wald in einer engen Straße hin, welche Belleisle bildet. Lord Roß hat um die Inſel Spatziergaͤnge gemacht, woraus ein ſehr ab - wechſelnder Proſpect genoſſen wird. Auf einem anmuthigen Huͤgel iſt ein Tempel erbauet, der die Ausſicht auf die oben erwaͤhnten waldigten Eilande hat, aber der an - genehmſte Proſpect auf dieſelben iſt aus der Grotte. Sie zeigen ſich in einer unge - meinen Schoͤnheit; zwey ſcheinen ſich zu vereinigen und das zwiſchen durchfließende Waſſer nimmt das Anſehen eines ſchoͤnen Meerbuſens an, der tief in einen dunkeln Wald hineingeht. Der Huͤgel des Parks ſteigt uͤber ihnen empor, und im Ruͤcken von allen ſind Berge. Auch vor unſern Fuͤßen iſt alles ſchoͤn. Eine mit Baͤumen beſtreute Ebne, welche den Rand des Sees ausmacht, ſchließt ſich allmaͤlig in einen dicken Wald von hohen Baͤumen, uͤber deren Gipfel man in der Ferne die Ausſicht auf das Gebirge Cultingh hat, welches dort in ſeiner ſtolzeſten Feyerlichkeit ficht - bar iſt.

i. Dunkettle.

Dunkettle iſt einer der ſchoͤnſten Plaͤtze in Irland. Es iſt ein Huͤgel von einigen hundert Morgen, der durch ſanfte Abſchuͤſſe in ſehr abwechſelnde Grundſtuͤcke ſich vertheilt; allenthalben iſt ein wellenfoͤrmiger Umriß, und dieſer Anblick veraͤndert ſich in ein betraͤchtliches Gebuͤſch, das an einigen Orten dick genug iſt, den Anſchein eines dunkeln Hayns anzunehmen, an andern Stellen aber wie ein zerſtreueter Dickigt und einzelne Gruppen von Baͤumen anzuſehen iſt. Dieſer Huͤgel oder eigentliche Klump von Huͤgeln iſt an der einen Seite von einem Strich des Hafens von Cork, uͤber welchen er hervorragt, und auf der andern von einem Thal, durch welches der Glanmire fließt, umgeben. Das Ufer dieſes Fluſſes an der andern Seite hat alle Abwechſelungen, welche eine anmuthige Landſchaft zum Proſpect von Dunkettle’s Gruͤnden bilden konnte. An einigen Stellen ſind enge Thaͤler, deren Boden ganz mit Waſſer angefuͤllet iſt; die ſteilen Ufer ſind mit dicken, einen dunkeln Schatten ver - breitenden, Waͤldern bedeckt. An andern Orten oͤffnet ſich das Thal, die Lage eines artigen muntern Dorfs, uͤber welchem Wald und Huͤgel hervorragen, zu entdecken. Hier77nach dem Charakter der Gegenden. Hier erhebt ſich das Ufer allmaͤlig in großen Einzaͤunungen, welche ſich uͤber die Huͤ - gel ausbreiten, und ſich uͤber einander erheben, und dort ſenkt ſich das Thal wieder in abwechſelnden Feldern. Ein Huͤgel von einer ſolchen Lage, der an ſich eine ſo abwech - ſelnde Oberflaͤche hat, muß nothwendig reizende Ausſichten haben. Dieſe deſto mehr zu genießen, iſt Herr Trent, der den beſten Geſchmack hat, die Schoͤnheiten der Na - tur zu entdecken und zu beſchreiben, im Begriff, einen Spatziergang anzulegen, der nach dem ungleichen Grund hinuntergeht, und die vornehmſten Geſichtspunkte befaßt. Alles iſt ſo ſchoͤn, daß man bey einer genauen Beſchreibung zu weitlaͤuftig werden wuͤrde; nur einige Ausſichten, die ſo viel Vergnuͤgen geben, daß ſie allein ſchon Rei - ſenden, die dieſen Weg machen, zur Empfehlung dienen. Von der obern Seite des Obſigartens ſieht man auf einen Theil des Fluſſes hinab, wo er ſich in ein regelmaͤßi - ges Becken veraͤndert; eine Ecke deſſelben erſtreckt ſich nach Cork hinauf, und verliert ſich hinter dem Huͤgel von Lota, deſſen Ebne ſich zwiſchen den Waͤldern an den auf - ſteigenden Huͤgeln bricht; das Haus verbirgt ſich im Dunkeln, und der Fluß verliert ſich hinter dem ſchoͤn hervorragenden Lota. Die andere Gegend, die nach der Muͤn - dung des Hafens fuͤhrt, iſt halb von Baͤumen verſteckt, welche den Fuß des Huͤgels, auf welchem man ſteht, einfaſſen; vorne hat man eine vortreffliche Reihe bebaueter Huͤgel, deren Einzaͤunungen durch kleine Plaͤtze vom Gehoͤlze unterbrochen werden, und mit Haͤuſern abwechſeln, deren doch nicht ſo viel ſind, daß ſie den laͤndlichen Ein - druck ſtoͤrten. Der Schauplatz iſt nicht nur in den gewoͤhnlichen Stuͤcken, welche eine Landſchaft ausmachen, reizend, ſondern wird durch die Anmuth der ſich ſtets bewegen - den Schiffe und Boͤte belebt. Im Ganzen iſt es einer der reizendſten Proſpecte, den man nur ſehen mag. Wenn man den Baumgarten verlaͤßt, ſo kommt man auf die Spitze eines Huͤgels, der das Ufer des Fluſſes Glanmire ausmacht, und uͤberſieht von da die gegenuͤberliegenden Waͤlder von Lota in aller ihrer Schoͤnheit. Steigt man auf den Gipfel des hohen Huͤgels, der an den Thiergarten ſtoͤßt, ſo hat man eine eben ſo weitlaͤuftige als ſchoͤne Ausſicht; man ſieht auf ein Thal herab, welches ſich faſt rund um unſre Fuͤße windet und zur Linken in dem Fluß Cork ſich endiget, der hier das Anſehen eines Sees annimmt, von Wald und Huͤgeln begraͤnzt wird, und in dem Grunde eines Thals verſinkt: eine Ausſicht, die kein Pinſel nachahmen kann. Die gegenuͤber liegenden Huͤgel von Lota, Wald und Ebne ſcheinen recht als Gegen - ſtaͤnde fuͤr dieſen Geſichtspunkt gebildet zu ſeyn. Zu unſern Fuͤßen ſteigt ein Huͤgel aus dem Thal empor, von Gebuͤſchen eingefaßt. Zur Rechten nach Riverstown hin ein Thal; im Hintergrunde der Scene bebauete Huͤgel; und weiter hin ſieht man unter ſich ein kleines Thal, durch welches der Fluß fließt. Eine Bruͤcke von verſchie - denen Schwibboͤgen vereinigt zwey Theile eines ſchoͤnen Dorfs, deſſen Wieſen ſich all -K 3maͤlig78Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenmaͤlig erheben, und eine abwechſelnde Flaͤche von Wald und Ebne bis an die Huͤgel von Riverstown zeigen; rund umher iſt alles von anmuthigen Strichen bebaueter Huͤgel umgeben. Zur Linken erhebt ſich ein waldigter Strich Landes aus dem Thal bis an den Horizont, eine eingeſchloſſene, aber anmuthige Ausſicht; ein Eichenwald, der an den Huͤgeln des Thiergartens anſtoͤßt, verſchoͤnert den Proſpect. Die einge - zaͤunten Grundſtuͤcke des gegenſeitigen Ufers fallen trefflich ins Auge.

k. Caldwell.

Kein Anblick kann praͤchtiger ſeyn, als wenn man ſich Caldwells Schloß naͤ - hert. Die Vorgebirge eines dicken Waldes, welche in den See Earne ſich hinein - ſenken, und der Schatten einer großen Reihe von Bergen thun die ſchoͤnſte Wirkung, die man ſich gedenken kann. Sobald man durch die Thore iſt, wende man ſich zur Linken auf zweyhundert Yarden zu der Spitze des Huͤgels, ſo ſiehet man die ganze Herrſchaft vor ſich. Es iſt ein ſich in den See erſtreckendes Vorgebirge von drey (engl.) Meilen lang, eine anmuthige Verbindung von Wald und Ebne, an einer Seite ein dicker Schatten, an der andern Gras mit untermiſchten Baͤumen, mit Ge - hoͤlz ſich endigend. An der oͤſtlichen Seite, die voͤllig waldigt iſt, befindet ſich ein Meerbuſen. Es ſind ſieben Eilande auf dieſem See, davon Bow drey (engl.) Mei - len lang und anderthalb breit iſt. Dennoch hat man auf ihm eine ſehr freye Fahrt, indem er ein breites Waſſer bleibt, und die große Reihe der Gebirge Turaw macht die Graͤnzen des Sees aus. Zur Rechten hat er das Anſehen eines ſchoͤnen Stroms, mit zwey großen Inſeln in demſelben; und dies alles zuſammengenommen bildet die herrlichſte Scene. Wenn man einen kleinen Huͤgel dieſer Gegend beſteigt, ſo verei - nigen ſich beyde Vorgebirge von Wald in einen, oͤffnen ſich aber in der Mitte und geben eine Ausſicht auf den See ganz von Gehoͤlz umgeben. Jenſeits ſind Eilande auf dem Waſſer verſtreuet, deſſen klare Silberflaͤche durch die dunkeln Schatten des Waldes durchbricht. Um die Spitze, auf welcher man ſteht, iſt der Boden rauh, felſigt, wild und abwechſelnd, und ſticht gegen die glaͤnzenden Schoͤnheiten nicht uͤbel ab. Nicht weit von hier von der Spitze eines andern Huͤgels zeigt der See große Maſſen von Waſſer, die jenſeits der waldigten Vorgebirge und Inſeln herborbrechen. Am Fuß dieſer Anhoͤhe iſt eine kleine Anfuhrt, und jenſeits derſelben liegen die Felder dieſer Herrſchaft, mit vortrefflichen Hoͤlzungen untermiſcht, die unmittelbar vom Ran - de des Waſſers anfangen. Das Haus, das zwiſchen den Baͤumen ganz im Dunkeln liegt, ſcheint ein bequemer Aufenthalt zu ſeyn, wenn man von allen irdiſchen Sorgenund79nach dem Charakter der Gegenden. und Kummer entfernt leben will. Vor dem Hauſe iſt eine Ebne, die ihr lebhaftes Gruͤn zwiſchen den dunklern Schatten zeigt; und oberhalb der Landenge, die es mit dem waldigten Vorgebirge, welches Roß a goul genannt wird, vereinigt, bildet der See ein ſchoͤnes von Baͤumen eingefaßtes Becken, deſſen Silberflaͤche hinter den Staͤmmen einzelner Baͤume durchbricht; endlich beſchließen die Berge von Turaw den ganzen Proſpect auf das praͤchtigſte. Hin und wieder iſt ein wuͤſter Fleck Landes, der die Scene noch abwechſelnder macht. Von einem Huͤgel ſieht man einen ganz andern Schauplatz. Hier erblickt man ein kleines Vorgebirge von Gehoͤlze, welches in einem Meerbuſen hervorragt, der von zwey andern unweit groͤßern, Roß a goul und Roß moor-eaſt, gebildet wird. Hier ſtroͤmt der See in großer Breite zwi - ſchen unzaͤhligen Inſeln, beynahe ſo weit das Auge reicht. In der großen Bucht zur Rechten unter dem Gebirge Turaw ſind zwey ſchoͤne Inſeln, welche, mit Baͤumen hin und wieder beſtreuet, nebſt dem Vorgebirge die angenehmſte Ab - wechſelung geben.

Mannigfaltigere und ſchoͤnere Ausſichten giebt es nicht, als das Vorgebirge Roßmoor hat. Die Inſeln zu beyden Seiten ſind von verſchiedener Art; einige ſind dicke Gehoͤlze, auf andern wachſen blos Geſtraͤuche. Hier ſind einzelne Felſen, und dort ſchoͤne gruͤne Huͤgel, die ſich ſtolz aus dem Waſſer erheben. Eben ſo unterſchieden ſind auch die Vorgebirge. Einige beſtehen aus einem dicken Walde, der den dunkel - ſten Schatten giebt; andre ſind offne Hayne; allenthalben aber iſt die Kuͤſte hoch und ſtellet anmuthige Landſchaften dar. Von der oͤſtlichen Spitze von Roßmoor iſt der Schauplatz wirklich reizend. Man hat ein hohes Vorgebirge von Wald und Ebne vor ſich, welches ſo weit in den See ſich erſtrecket, daß man eine doppelte Ausſicht von großem Umfang hat. Man ſieht von einer Anhoͤhe auf einen See hinunter, der zu unſern Fuͤßen fließt, und gerade vor ſich hat man den Wald von Roß a goul. Dieſer Wald iſt ein vollkommen dunkler Schatten, und thut eine unvergleichliche Wirkung. An der andern Seite ſtoͤßt es an ein audres waldigtes Vorgebirge, auf welchem ſich eine ſchoͤne Ebne zwiſchen zerſtreueten Baͤumen entdeckt, die nur eben einen Blick auf das halb verdunkelte Haus verſtatten. Richtet man das Auge ein wenig weiter zur Linken, ſo ſieht man drey andre ſchmale Waldſtriche, die ſich in den See erſtrecken, uͤberhaupt einen dicken Schatten geben, aber hie und da das Waſſer hinter den Staͤmmen und zwiſchen den Zweigen der Baͤume blicken laſſen. Die ganze Ausſicht iſt von bebaueten Huͤgeln eingeſchloſſen, denen entfernte Berge im Ruͤcken liegen. Hier ſind keine Gegenſtaͤnde, die man nicht deutlich unterſcheiden kann, keine, die nicht die Schoͤnheit der Scene vergroͤßern, welche im Ganzen eine Landſchaft dar - ſtellt, die reich an mannigfaltigen Reizen iſt. Die andre Meerenge unter Roßmoorzeigt80Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenzeigt einen andern Schauplatz, und wird von den Bergen und Felſen von Turaw begraͤnzt. Zur Rechten vereinigen ſich dieſe Meerengen mit dem See, der dem Auge eine weite mit Eilanden beſtreuete Flaͤche eroͤffnet. Der Schauplatz hat wenig vom Erhabenen, aber Schoͤnheit, Heiterkeit und Anmuth iſt ſein Charakter. Die Na - tur wendet hier ihre Kraͤfte nur zum Gefallen an. Die Theile ſind ungemein abwech - ſelnd, doch harmoniren ſie vollkommen mit einander. Sogar die Felſen von Turaw haben ein ſanftes Anſehen, und machen keinen unangenehmen Eindruck durch jaͤhe Abſchuͤſſe oder rauhe Zacken. An der Spitze des Vorgebirges Roß a goul hat der Beſitzer einen achteckigten Tempel gebaut, aus dem man verſchiedene ausnehmend anmuthige Proſpecte genießt.

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II. Sanft -81nach dem Charakter der Gegenden.

II. Sanftmelancholiſcher Garten.

Bey ſo manchen Scenen der Vergaͤnglichkeit, die auch bey dem ſchnellſten Voruͤ - berſchwinden Thraͤnen oder doch Truͤbſinn zuruͤcklaſſen, bey ſo vielfaͤltigen Taͤu - ſchungen unſrer Hoffnungen und Leidenſchaften, ſcheint nichts dem Beduͤrfniſſe unſrer Natur angemeſſener, als zuweilen den Troſt der Einſamkeit und die Weisheit ſtiller Betrachtungen zu ſuchen. Wir lernen die ſeltne Kunſt, bey uns ſelbſt einzukehren, wenn wir in der Welt keinen Platz oder keine Unterhaltung mehr fuͤr uns finden; und gluͤcklich genug, wer noch bey ſich einkehren, noch bey ſich ſelbſt verweilen kann. Wir nuͤtzen unſre Erfahrungen niemals mehr, als durch ruhiges Nachdenken uͤber verlebte Tage, entfernt von dem Geraͤuſch der Gegenſtaͤnde, die unſre Wuͤnſche aufſchwellten und zernichteten, die uns mit Bezauberung an ſich feſſelten und zu Thraͤnen verſtießen. Wir finden in der einſamen Wiedererinnerung nicht ſelten ein verlornes Gut wieder, genießen im Bilde noch einmal eine Gluͤckſeligkeit, die auf ewig verſchwand; mit Phantaſien voll ſuͤßer Schwermuth ſchwimmen wir der Vergangenheit auf ihrem Strome nach. Gerne nimmt unſer Herz, ſobald wir uns dem Taumel der Welt ent - riſſen, Empfindungen der ſanften Gattung wieder auf, Empfindungen, die der Adel und das Gluͤck der Menſchheit ſind; gerne uͤberlaͤßt es ſich dem geheimen Zauber der Zaͤrtlichkeit, der Sympathie, der Wehmuth, der Betruͤbniß und andrer milden Ge - fuͤhle. Und viel, zu viel hat das Leben zur Unterhaltung dieſer Gefuͤhle. Ueberall ſteht uns das Bild vergangener Jahre und verloſchener Gluͤckſeligkeiten vor Augen; hier eine verbluͤhte Jugend, dort eine getrennte Freundſchaft, eine geſtorbene Liebe; hier eine Reihe getaͤuſchter Hoffnungen, Wuͤnſche, die in Leidenſchaften auflebten, und Leidenſchaften, die in Wuͤnſchen ſtarben, dort ein Labyrinth von Ereigniſſen, dunkel, verwickelt und doch hell am Ausgang; hier die Nothwendigkeit des Fortgangs auf dem ſchluͤpfrigen Pfade des Lebens, dort die Ungewißheit ſeines Ziels, die weite Laͤnge kuͤnf - tiger Beſtimmungen, die das Herz ahndet und die Vernunft hofft, und doch die un - durchdringliche Finſterniß der Decke, die vor unſerm Blick uͤber dieſe Beſtimmungen herabhaͤngt.

Dieſe Betrachtungen, die truͤben und doch erhellen, dieſe Empfindungen, die erweichen und doch ſtaͤrken, unterſtuͤtzt die Natur ſowohl durch tauſend Erſcheinungen von Vergaͤnglichkeit, als auch durch beſondre Gegenden von einem einſamen und ern - ſten Charakter. Man hat die Eindruͤcke dieſer Gegenden bey einer unverderbten Em -IV Band. Lpfindungs -82Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenpfindungskraft immer gefuͤhlt; und ſelbſt rohe Voͤlker konnten ihnen zuweilen nicht wi - derſtehen. Die Dichter haben ſo oft ſtille melancholiſche Hayne, tief uͤberſchattete Wohnungen der Einſamkeit in Waͤldern, verborgene Sitze des Nachdenkens unter wilden herabhangenden Felsgemaͤuern, ſie haben ſo manche verſchloſſene Einoͤde, als Zufluchtsort der Leidenſchaft, als Freyſtatt des Ungluͤcks, geſchildert, daß dieſe Gat - tung von Naturgegenden nicht unbekannt ſeyn kann. Auch hat man in den neuern Gaͤrten hie und da einſame und melancholiſche Scenen mit uͤbereinſtimmenden Verzie - rungen angelegt; allein oft wurden dieſe einzelne Scenen blos des Contraſtes und der Unterbrechung wegen angebracht. Indeſſen laſſen ſich auch Gaͤrten anlegen, die ganz aus dieſem Charakter des Ernſtes und der Melancholie beſtehen, ſo wie die Na - tur Gegenden hat, worinn er allein herrſcht. *)S. 1ſter B. S. 211-213.

Die Natur giebt zu dieſen Anlagen tiefe Niedrigungen, Kluͤfte zwiſchen hohen Bergen und Felswaͤnden, verſchloſſene Winkel in gebirgigten Revieren, dicke ſchatten - volle Wildniſſe und waldigte Einoͤden. Nichts, was Lebhaftigkeit oder muntre Be - wegung ankuͤndigt, darf in dieſe Anlagen kommen; keine friſche Ausſicht, kein heller Raſen, keine glaͤnzende Blumenflur, kein offener See. Eingezogenheit, Verſchloſſen - heit, Dunkelheit und Stille muͤſſen hier durchgaͤngig herrſchen, und ihre maͤchtigen Einwirkungen auf die Seele beweiſen. Wenn ſich in ſolchen Revieren Waſſer befin - det, ſo muß es ruhen oder unmerklich dahin ſchleichen, in Schilf verwildern, und ſich im Schatten uͤberhaͤngender Baͤume verduͤſtern; oder in ein dichtes Gebuͤſch verſchwin - den und die Einbildungskraft einladen, ſeinem geheimnißvollen Fortlauf in der Dun - kelheit zu folgen; oder es errege, dem Auge verborgen, ein hohles Gemurmel, oder verliere ſich in regelmaͤßige, aber dumpfe Faͤlle.

Um das Licht zu hemmen und die Schatten zu verſtaͤrken, muͤſſen die Anpflan - zungen, wo ſie noch noͤthig ſind, in dicken Wildniſſen, in gedraͤngten Gruppen, oder verſchloſſenen Haynen beſtehen. Die Baͤume und Straͤucher muͤſſen von ſtarker Be - laubung und tiefem Dunkelgruͤn ſeyn, als die Roßkaſtanie, die gemeine Eller, die amerikaniſche ſchwarze Linde, die ſchwarze Eiche, der gemeine Lebensbaum (Thuia occidentalis, L.), der Taxbaum, die Balſampappel (Populus balſamea, L.) u. a. Auch die Hangelbirke (Betula pendulis virgulis, Münchh. ) und beſonders die baby - loniſche Weide, die durch ihre tief auf die Erde herabhangende Zweige ein Gefuͤhl des Mitleidens und ein Bedauren verſchwundener Gluͤckſeligkeit anzuzeigen ſcheint, ſchickt ſich beſonders in dieſe Anlage, zumal wenn das noch zu lebhafte Gruͤn ihrer Blaͤtterdurch83nach dem Charakter der Gegenden. durch reiche Umſchattungen andrer Baͤume vom ſchwaͤrzlichen Gruͤn mehr uͤberwaͤltigt wird. Unter der Finſterniß von ſolchen Gruppen und Haynen und Waldſtuͤcken win - de der melancholiſche Garten feine labyrinthiſchen Gaͤnge umher, bald in dunkle Tie - fen hinab, bald unter dem Schatten heruͤberhaͤngender Berge oder Felſen hin, bald neben einem ſchweigenden Gewaͤſſer vorbey, worauf die umherſtehenden Baͤume eine ewige Nacht werfen, bald zu einem freyen Platz, den von allen Seiten her die Gebuͤ - ſche mit einer ſanftern Daͤmmerung fuͤllen, bald zu einer Bank, uͤber welche ſich un - durchdringliche Laubdecken herabneigen, bald zu einem Moosſitz unter einer gekruͤmm - ten von Zeit und Sturm halb zerſtoͤrten Eiche, bald zu einer wilden von Geſtraͤuch uͤberdeckten Felſenmaſſe, worinn die dumpfen Klagen verborgener Waſſerguͤſſe ertoͤ - nen. Lange Gaͤnge von hohen ſchattenreichen Baͤumen, mit verſchließenden Gebuͤ - ſchen beſetzt, die das heilige Dunkel, das in ihnen ſchwebt, vermehren, gleich den ge - woͤlbten Gaͤngen in alten Kloͤſtern und gothiſchen Kirchen, ſind hier eine ſehr ſchickli - che Anlage, indem ſie die Seele zu einem ernſthaften Nachdenken einladen. Die Wirkungen dieſer Scenen verſtaͤrken ſich ungemein durch Zufaͤlligkeiten, die ihrem Charakter zuſtimmen, als durch das einfoͤrmige Gequaͤcke einiger Froͤſche, durch die melancholiſche Klage einer Holztaube, oder durch das Aufflattern einer Eule, die gerne neben dem einſiedleriſchen Philoſophen dieſe Einoͤden bewohnt, gerne mit ihm ſympa - thiſirt. Eine noch oͤftere und zugleich ſchoͤnere Zufaͤlligkeit verſchaffen die Stunden, wo der Mond ſein Silberlicht uͤber dieſe Scenen verbreitet, die Nacht in eine milde Daͤmmerung wandelt, und ſein Schimmer hier zwiſchen den Staͤmmen umher - ſchleicht, dort in den ruhenden Blaͤttern verweilt, hier in zerſtreuten Stellen der Gaͤn - ge niederglimmt, dort ſich in einer freyern Oeffnung der Gebuͤſche mit ſtiller Feyerlich - keit verlaͤngert.

Die Werke der Baukunſt, die Anlagen vom melancholiſchen Charakter zukom - men und ihre Wirkungen verſtaͤrken, ſind Einſiedeleyen,*)S. 3ter B. S. 96 u. f. Trauergebaͤude,**)S. 55-57. Ruinen;***)S. 110 u. f. die Bildhauerkunſt liefert Grabmaͤler, Urnen, Saͤulen und andre Denkmaͤler,****)S. 142-150. die einer abgeſtorbenen Freundſchaft oder Liebe geheiligt ſind, und deren Anblick die Seele mit einer ſanften Schwermuth erfuͤllt; die Poeſie giebt ruͤh - rende Inſchriften,*****)S. 154 u. f. welche die Erinnerung an Vergaͤnglichkeit mit Lehren der Weisheit begleiten. Inſchriften ſcheinen beſonders in einem ſanftmelancholiſchen Garten faſt unentbehrlich. Sie ſtimmen die Seele, oder erhalten ſie doch in derL 2Stimmung,84Dritter Abſchnitt. GaͤrtenStimmung, worinn ſie verſetzt iſt; ſie fuͤhren ſie auf hoͤhere Betrachtungen fort, wo - zu dieſe Stimmung nur vorbereiten ſoll. Wenn in einer kleinen daͤmmernden Oeff - nung der Gebuͤſche gegen die Abendſeite, wo die untergehende Sonne ihre letzten Strahlen hereinzuſtreuen pflegt, die Urne einer verbluͤheten Schoͤnheit ſtuͤnde, worauf von der Hand ihres Geliebten dieſe Inſchrift gegraben waͤre:

Ach! vergebens wiegt auf leiſen Fluͤgeln
Sich der Abend uͤber goldnen Huͤgeln!
Seit ich jedes Erdengut,
Alles, alles hier verloren habe,
Duͤnket mich der Sonne Purpurglut
Nur ein Lampenſchein, erloͤſchend auf dem Grabe,
Wo geſtorbne Liebe ruht.

Weſſen Herz koͤnnte ſo fuͤhllos ſeyn, den, auch wenn ihn kein naͤheres Intereſſe mit der Geſchichte der Liebenden verbaͤnde, eine ſolche Inſchrift, ſobald er ſie lieſet, nicht innig ruͤhrte? Und wenn er von dieſer betruͤbten Scene weiter fortſchritte, und allmaͤlig zum Ausgang aus dem melancholiſchen Hayne ſich fortwindend in einem hei - tern Gefilde voll Blumen und Roſen ſeinen Weg endigte, wo ihn dieſe Inſchrift empfienge:

Roſen auf den Weg geſtreut,
Und des Grams vergeſſen!
Eine kleine Spanne Zeit
Ward uns zugemeſſen.

wuͤrde er dem Eindruck dieſer ſanften Empfindung noch widerſtehen koͤnnen?

Urnen, Grabmaͤler und Einſiedeleyen machen, wie bemerkt iſt, eine ſehr ſchick - liche Verzierung in einem melancholiſchen Garten aus. Man hat auch nicht ſelten von ihnen Gebrauch gemacht. So verdient in dem bekannten Garten zu Marien - werder bey Hannover, der bey ſeiner Verbindung mit einem Kloſter verſchiedene Scenen der Vergaͤnglichkeit, als Ruinen und Grabmaͤler, enthaͤlt, die Einſiedeley bemerkt zu werden. Sie ſteht an einer ehrwuͤrdigen mit ſteinernen Sitzen umgebe - nen Eiche, neben welcher eine andre ihre abgeſtorbene Spitze erhebt; ſie iſt von Ge - buͤſchen umſchloſſen, und hat faſt keine Ausſicht. Das Gebaͤude ſelbſt iſt von rohen Feldſteinen aufgefuͤhrt, die Fugen ſind mit Moos ausgefuͤllt, und das Holzwerk iſtungeſchaͤlt.85nach dem Charakter der Gegenden. ungeſchaͤlt. Das Strohdach, das auf unbehobelten Latten befeſtigt iſt, macht zu - gleich inwendig die Decke. Beym Eintritt erblickt man einen Altar mit ſeinen ge - woͤhnlichen Zierrathen. Man ſieht hier ein Crucifix, einen Roſenkranz, Marien - bilder, Andachtsbuͤcher; außer dieſen ein Ruhebette und einen Stuhl von Holz. Alles kuͤndigt Abgezogenheit von der Welt, Andacht und Armuth an. Durch zwey Fenſter ſchimmert ein duͤrftiges Licht herein. Ueber der Thuͤre haͤngt eine Glocke. Nicht weit vom Eingang liegt ein kleiner Kirchhof, mit verſchiedenen Grabmaͤlern und einem noch offenen Grabe, das den frommen Einſiedler, der es ſich ſelbſt gegra - ben hat, erwartet.

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Allein Vorſtellungen aus dem Einſiedlerleben der roͤmiſchen Kirche werden un - ter den haͤufigern Nachahmungen bald anfangen etwas von ihrer Kraft zu verlieren, ſo wie den Urnen die wiederholten Nachbildungen eine aͤhnliche Schwaͤchung ihres Eindrucks drohen. Man muß ſolche nachgeahmte Werke durch Abaͤnderung ihrer Anordnung und Verzierung mit dem Reiz der Neuheit zu beleben, oder andere Er - findungen an ihre Stelle zu ſetzen ſuchen. Und dies kann vornehmlich durch neue Gattungen von Gebaͤuden, zu Denkmaͤlern beſtimmt, erreicht werden. Hier iſtL 3noch86Dritter Abſchnitt. Gaͤrtennoch ein fruchtbares Feld fuͤr das Genie. Ein Beweis ſey dieſer Tempel der Melancholie.

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Er iſt ſchon halb verſunken. Sein zerfallenes und bewachſenes Mauerwerk kuͤndigt die Annaͤherung ſeines Unterganges an, indeſſen noch einige Saͤulen auf ſeine vorige Schoͤnheit zuruͤckwinken. Dichte Gebuͤſche umdaͤmmern den niedrigen Platz; und das ſich erhebende Licht des Mondes verbreitet uͤber die Gipfel der Baͤume und die Vorderſeite des Tempels einen feyerlichen Schimmer. Die Inſchrift: Manibus Amicorum verſtaͤrkt den Eindruck des Gebaͤudes und ſeiner Scene.

Der87nach dem Charakter der Gegenden.

Der Charakter des Sanftmelancholiſchen verliert ſeine milde Wirkung durch jede Uebertreibung, wodurch er in das Schaudervolle oder Schreckhafte uͤbergeht; und Eindruͤcke von dieſer Art laſſen ſich mit der Beſtimmung eines Gartens nicht verei - nigen. Vielleicht finden einige Gartenfreunde von ſanftem Gefuͤhl eine Anlage zu Denbigh in Surry in England aus dieſer Betrachtung verwerflich; wenigſtens ſind einige Theile zu ſchauderhaft. In der Mitte eines mit Gaͤngen durchgehauenen Gehoͤlzes ſteht der Tempel des Todes, an deſſen innern Waͤnden manche Denkſpruͤche aus Young und andern Dichtern den Leſer zu ernſthaften Betrachtungen rufen. Jede Minute ſchlaͤgt eine verborgene Glocke an, und ſcheint das Grabgelaͤute der abgeſtor - benen Zeit zu ſeyn. Nicht weit von dieſem Tempel kommt man durch eine eiſerne Thuͤre in das Thal des Todes. Anſtatt der Thuͤrſaͤulen ſind zwey ſteinerne Saͤrge errichtet. Auf dem einen ſteht das Gerippe eines beruͤchtigten Straßenraͤubers, und auf dem andern das von einer bekannten Buhlerinn. Jener redet das maͤnnliche, dieſe das weibliche Geſchlecht mit moraliſchen Verſen an, die man unter den Gerippen lieſet. Der Eingang in das einſame und finſtre Thal erregt Schauder. Man naͤ - hert ſich mit dieſer Bewegung einem offenen Gebaͤude, worinn zwey Gemaͤlde von Haymann mit Figuren in Lebensgroͤße erſcheinen. Das eine ſtellt den ruhig ſterben - den Chriſten, und das andre die letzte Verzweiflung eines Freygeiſtes vor; jener hat außer der Bibel die Werke von Tillotſon und andern ehrwuͤrdigen Gottesgelehrten, jener die Schriften des Taland, Tindal, Collins neben ſich liegen. Eine Statuͤe der Wahrheit, die eine Maske mit Fuͤßen tritt, iſt an dieſem Ort ein ſehr gluͤcklich gewaͤhltes Bild, das den Zuſchauer aufzufordern ſcheint, den Gemaͤlden ſeine Auf - merkſamkeit zu goͤnnen.

In welchem reizenden Contraſt ſuͤßer Melancholie erſcheint dagegen nicht die einſiedleriſche Wohnung des Petrarca in dem einſamen Thale bey der Quelle von Vaucluͤfe, die durch ſeine Lieder ſo beruͤhmt iſt! Nahe bey dieſer Quelle, aus welcher die Sorgue entſpringt, und nach einem hellen Lauf durch die ſchoͤnſten Gegenden des Erdbodens bey Avignon in den Rohn faͤllt, draͤngen ſich hohe Berge auf beyden Seiten ſo enge zuſammen, daß man endlich ganz von ihnen eingeſchloſſen und von der uͤbrigen Welt abgeſondert wird. Man ſieht nichts, als rings um ſich her das Ge - birge und den Himmel uͤber ſich, hoͤrt nichts, als das ſanfte Gemurmel der Quelle, die aus einer Hoͤhle des Felſen durch verſchiedene Faͤlle herabrinnt. Hier hatte Petrarca ſeine Wohnung an der abhaͤngenden Seite des Gebirges; hier entſchloß er ſich, den Reſt ſeiner Tage in der Nachbarſchaft ſeiner geliebten Laura, im Schooß der Ruhe und der Wiſſenſchaften, zu verleben. Allein, o! Taͤuſchung der ſuͤßeſtenHoffnung88Dritter Abſchnitt. GaͤrtenHoffnung des Lebens! hier mußte er ſich von ihr trennen, mußte ſie in ſeiner Entfer - nung verlieren, und kam hieher zuruͤck, um ihren Tod und ſeinen Schmerz zu bewei - nen. Wie ruͤhrend waren nicht ſeine Klagen, wovon dieſe Einoͤde ertoͤnte, die Kla - gen der ſchwermuͤthigſten Zaͤrtlichkeit, da ſie lebte, und der zaͤrtlichſten Schwermuth, da ſie ſtarb!

Heitre Quelle, kuͤhle und ſanfte Gewaͤſſer, an denen meine Schoͤne ruhte, die allein dieſes Herz beherrſchet! Schoͤner Baum, den ſie an ihrer zarten Seite zur Stuͤtze waͤhlte! (mit Seufzen erneure ich dein Bild!) Laub und Blumen, die ihr zierliches Kleid und ihren engliſchen Buſen bedeckten! Reine, heilige Luft, in welcher die Liebe mein Herz durch die ſchoͤnen Augen verwundet! Gebet zuſammen meinen traurigen, meinen letzten Worten Gehoͤr!

Reizendes Bild im Gedaͤchtniß! Von den ſchoͤnen Zweigen fiel ein Re - gen von Bluͤthen in ihren Schooß; und ſie ſaß demuͤthig in ſolcher Pracht, mit dem verliebten Regen ſchon bedeckt. Bald fiel eine Bluͤthe auf ihr Kleid, eine andre ſetzte ſich auf ihre blonden Haare, die damals gleich ge - ſchliffenem Golde mit Perlen verziert glaͤnzten; eine andre drehte ſich in ei - ner verliebten Irre langſam um ſie her, und ſchien zu ſagen: Hier herrſchet die Liebe!

Wie oft ſagte ich damals voll Erſtaunen: Ohne Zweifel iſt ſie eine der Bewohnerinnen des Paradieſes; in ſo tiefe Vergeſſenheit hatten mich ihr goͤttlicher Gang, das Geſicht, die Worte, das ſanfte Laͤcheln verſenket, ſo ſehr hatten ſie mich von der Wahrheit entfernt, daß ich ſeufzend ſagte: Wie oder wann bin ich hieher gekommen? Denn ich glaubte im Himmel zu ſeyn, und nicht mehr da, wo ich war. Seit dieſer Zeit gefallen mir dieſe Gefilde ſo ſehr, daß ich an andern Orten keinen Frieden mehr finde.

O du, welches ſo oft von meinen Klagen wiederſchallet, einſames Thal! und du, o Fluß, der oft von meinen Thraͤnen ſchwillt! wilde Thiere, fluͤch - tige Voͤgel, ſchwimmende Bewohner der Fluthen, welche dieſes gruͤne Ufer einſchließt! und du von meinen Seufzern erhitzte, heitere Luft! anmuthiger Weg, der mir jetzt ſo ſchwer wird! o Huͤgel, der vordem mich ergoͤtzet, und jetzt mich betruͤbet, auf den mich noch aus Gewohnheit die Liebe fuͤhrt! In euch erkenne ich wohl die vorige Geſtalt; nicht in mir Ungluͤcklichen, derich89nach dem Charakter der Gegenden. ich nach ſo vielen Freuden ein Aufenthalt unendlicher Schmerzen geworden bin. Hier ſah ich vordem meine Schoͤne, und auf eben dieſen Spuren komm ich jetzt zuruͤck, den Ort zu betrachten, von dem ſich ihr entbloͤßter Geiſt zum Himmel erhob, und ſeine ſchoͤne Kleidung der Erde ließ.

Wenn ich die Klagen der Voͤgel, oder das ſanfte Geraͤuſch gruͤner Zwei - ge bey kuͤhlen Sommerluͤften, oder das rauhe Gemurmel einer glaͤnzenden Quelle laͤngſt dem bluͤhenden und kuͤhlen Ufer hoͤre, da, wo ich, vor Liebe tiefſinnig, mich hinſetze und ſchreibe; da ſehe ich, da hoͤre ich noch diejenige, die uns der Himmel gezeigt, und jetzt die Erde verbirgt; denn noch lebend antwortet ſie aus einer ſolchen Entfernung auf meine Seufzer. O! warum verzehrſt du dich vor der Zeit? ſagt ſie mir voll Mitleiden; wozu vergießeſt du einen Strom von Betruͤbniß aus deinen traurigen Augen? Weine nicht uͤber mich; denn meine Tage ſind ewig geworden, da ich ſtarb, und meine Augen haben ſich dem unvergaͤnglichen Lichte geoͤffnet, da ich ſie zu ſchlie - ßen ſchien.

Auf den Schwingen der Gedanken erhob ſich mein Geiſt zu jenen Hoͤ - hen, wo diejenige wohnt, die ich ſuche und auf Erden nicht mehr finde. Hier ſah ich ſie unter denen, welche die dritte Sphaͤre bewohnen, noch ſchoͤ - ner als vorher, und weniger ſtolz. Sie nahm mich bey der Hand, und ſagte: An dieſen Orten wirſt du noch mit mir ſeyn, wenn meine Sehnſucht mich nicht taͤuſchet. Ich bin diejenige, welche dir ſo manchen Kampf ver - urſacht, und mein Tagwerk noch vor dem Abend beſchloſſen. Meine Gluͤck - ſeligkeit faſſet kein menſchlicher Verſtand; ich erwarte nur noch dich, und jenen, den du ſo ſehr geliebt, der auf der Erde zuruͤckgeblieben, meinen ſchoͤ - nen irdiſchen Schleyer Ach! warum ſchwieg ſie? warum zog ſie die Hand zuruͤck? denn bey dem Schalle dieſer ſo liebreichen, ſo keuſchen Worte, fehlte wenig, daß ich nicht ſchon im Himmel blieb.

Was machſt du? Was denkſt du? Warum ſiehſt du noch ruͤckwaͤrts in die Zeit, die niemals mehr zuruͤckkommen kann, troſtloſe Seele? Warum giebſt du der Flamme, von der du brenneſt, noch Nahrung? Die lieblichen Worte, die ſanften Blicke, die du einen nach dem andern geſchildert haſt, ſind von der Erde verſchwunden; und es iſt nun zu ſpaͤt, ſie mehr zu ſuchen. O! erneure nicht mehr den toͤdtenden Schmerz; folge nicht laͤnger dem rei - zenden, verfuͤhrenden Gedanken, folge einem feſtern und ſicherern, der unsIV Band. Mzu90Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenzu einem gluͤcklichern Ende fuͤhre. Laß uns den Himmel ſuchen, wenn uns auf der Erde nichts gefaͤllt.

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III. Romantiſcher Garten.

1.

An dem Charakter des Romantiſchen, den wir bereits mit einigen Gegenden, wor - inn er erſcheint, beſchrieben haben,*)S. 1ſten B. S. 214-220. 193. kann die Kunſt wenig Antheil nehmen; er iſt faſt ganz ein Werk der Natur. Sie bildet ihn nicht blos durch gebirgigte Ge - genden, Felſen, Hoͤhlen, Grotten, Waſſerfaͤlle, Katarakte, und durch ſeltſame La - gen und Geſtalten dieſer Gegenſtaͤnde, ſondern auch durch ungewoͤhnliche Verbindun - gen und Gegenſtellungen, durch eine ausſchweifende Regelloſigkeit der Anordnung und durch uͤberraſchende Kuͤhnheiten der Contraſte. Wo romantiſche Gaͤrten erſcheinen ſollen, da muß die Natur die Anlage ganz vorbereitet haben; alle Nachahmungen der Kunſt wuͤrden ſich hier nur in laͤcherliche Spielwerke endigen. Allein die Natur zeigt auch in der Bildung dieſes Charakters ſo viel Mannigfaltigkeit, daß ſich eineReihe91nach dem Charakter der Gegenden. Reihe von romantiſchen Anlagen und Gaͤrten denken laͤßt, die ſich alle neben einander durch ſtarke ausgezeichnete Pinſelſtriche unterſcheiden. Nur darf der Gartenkuͤnſtler hier, wo faſt alles auf die Laune der Natur ankommt, am wenigſten verlangen, daß ſie gerade in ſeiner Gegend alle Zuͤge des Romantiſchen vereinige, die ſie hin und wie - der in ihren Gemaͤlden erſcheinen laͤßt.

Wie viel Abwechſelung von Zuͤgen in dieſen Gemaͤlden des Romantiſchen! Bald iſt es ein Klump waldigter Inſeln, die in geſpitzten Hoͤhen vom Rande des Waſſers ſich erheben, wo die Zweige der Baͤume in den See tauchen; ſo ſteigen in dem See Earne in Irland unzaͤhlige Huͤgel mit dunkeln Waͤldern aus der Waſſer - flaͤche kuͤhn empor, und bilden gleichſam eine große krumme Straße, auf welcher die Fahrzeuge durchſegeln. Bald iſt es eine Reihe von Bergen, mit Fichten bewachſen, uͤber deren gruͤne Spitzen ſich der kahle mit beſtaͤndigem Schnee bedeckte Gipfel erhebt, wie in ſo vielen Gegenden der Schweitz. Doch hier ſind einige ausfuͤhrliche Ge - maͤlde von romantiſchen Gegenden.

a. Der Waldſtaͤdter-See in der Schweitz. *)Coxe Briefe uͤber die Schweitz. Aus dem Engl. 8. 1781. 11ter Br.

Der Waldſtaͤdter-See, oder der See der IV Cantons, iſt ohne Vergleich das ſchoͤnſte und mannigfaltigſte Gewaͤſſer, das man je von der Art ſehen kann. Der obere Arm, oder der Lucerner-See, hat die Geſtalt eines Kreuzes, deſſen Seiten - arme ſich von Kuͤßnacht nach Dallenwall, einem kleinen Dorf bey Stanz, dem Hauptorte des Cantons Unterwalden, erſtrecken. Gegen die Stadt Lucern hin, die auf dem nordweſtlichen Winkel des Sees herrlich ins Auge faͤllt, iſt er von ange - bauten Huͤgeln eingeſchloſſen, welche ſich gegen das Waſſer herab ſtufenweiſe ernie - drigen, und mit der ungeheuren Maſſe der nackten rauhen Felſen auf der andern Seite ſtark abſtechen. Der Pilatusberg hebt ſich trotzig aus dem See, und iſt vielleicht einer der hoͤchſten Berge in der Schweitz, wenn man ihn von ſeinem Fuß auf, und nicht von der Oberflaͤche des Meeres meſſen will. Er iſt ein einzelner, abgerißner Berg, und ſein Gipfel iſt in zwey rauhe Spitzen geſpalten, die das herrlichſte Anſe - hen haben, wenn ſie mit Wolken bedeckt ſind. Gegen das Ende dieſes Arms draͤn - gen ſich die Berge zuſammen, und ſchließen den See in einen Buſen ein, der kaum eine halbe Stunde breit iſt; gleich darauf erweitert er ſich wieder, und da kommt man in den zweyten Arm, oder den Schweitzerſee; gegen Weſten liegt der Canton Un - terwalden, gegen Oſten der Canton Schweitz. Hier ſind die Berge viel praͤchti -M 2ger,92Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenger, und unendlich mannigfaltig; einige ſind bis auf die Spitze mit dem lebhafteſten Gruͤn bedeckt, andre ſteil und rauh; hier erſtaunliche Amphitheater von Waͤldern; dort haͤngende kuͤhne Vorgebirge uͤber dem Waſſer. Auf dem oͤſtlichen Ufer dieſes Arms liegt der kleine Flecken Gerſau an dem Fluß Rigi. Er iſt die kleinſte Re - publik in Europa. Das Gebiet dieſes Freyſtaats iſt eine Stunde lang, und eine halbe breit, und beſteht zum Theil aus einem kleinen Fleckchen Landes auf dem Ufer des Sees; das uͤbrige davon erſtreckt ſich auf den ſteilen Abhang des Rigi. Ein Republikchen, in einem dunkeln Winkel verſteckt, und kaum außer ſeinem engen Be - zirke dem Namen nach bekannt, muß in den Augen eines ſtolzen Politikers, der die Staaten nur nach ihrer Ausdehnung und Staͤrke ſchaͤtzt, ein ſehr unerhebliches Ding ſeyn; aber denen, welche den wahren Werth der Freyheit und Unabhaͤngigkeit kennen, und uͤberzeugt ſind, daß die politiſche Gluͤckſeligkeit nicht in großen Reichthuͤmern und einer ausgedehnten Herrſchaft beſteht, muß das kleinſte Fleckchen Landes, wo buͤrger - liche Freyheit eine Kapelle hat, lieb und werth ſeyn. Das Aeußerſte dieſes Arms iſt ein anſehnlicher Bay, in deſſen Mitte das Dorf Brunnen liegt, das wegen der Un - terzeichnung des Vertrags zwiſchen Uri, Schweitz und Unterwalden im Jahr 1315 beruͤhmt iſt. Von hier aus kann man Schweitz, den Hauptflecken des Can - tons, ſehen, der ohngefaͤhr eine Stunde von Brunnen landeinwaͤrts, an dem Fuß zweyer hohen, ſteilen, rauhen Felſen liegt. Hier dreht man ſich kurz um rechts, und kommt in den dritten Arm, oder den Urner-See. Dieſe Scene iſt ſo ſchrecklich greß, ſo ſchauerlich erhaben, daß das Bild davon nie aus deſſen Seele ſchwinden kann, der ſie geſehen hat. Man denke ſich einen tiefen engen See, ohnfaͤhr Stun - den lang, den auf beyden Seiten ungemein wilde und romantiſche, und meiſtentheils perpendikulare Felſen einkerkern: Buchen und Fichtenwaͤlder, die uͤber ihre Abhaͤnge bis in das Waſſer herunter fallen. Wirklich haͤngten die Felſen ſo ſteil heruͤber, daß man kaum vier oder fuͤnf Flecke zu Geſicht bekoͤmmt, wo es moͤglich waͤre zu landen. Gleich beym erſten Eintritt zur Rechten faͤllt ein abgeriſſenes Felſenſtuͤck in einer klei - nen Entfernung vom Ufer in die Augen. Es hebt ſich ohngefaͤhr 60 Schuh empor, iſt mit Gebuͤſch und Stauden bedeckt, und erinnert einigermaßen an den Fels, der mitten in dem Rheinfall bey Schaffhauſen ſteht; aber hier iſt das Waſſer ſpiegel - glatt; und das ſtille, heilige Dunkel, das in dieſer Gegend herrſcht, iſt ſo hinreißend, ſo ſchauernd, als dort das ſchreckliche Bruͤllen des Falls. Etwas weiter hin erblickt man auf der hoͤchſten Spitze des Seelisbergs eine kleine Kapelle, die unzugaͤnglich ſcheint, und unter ihr das Doͤrfchen Gruͤtli, bey welchem die drey Helden dieſer Can - tons zuſammen gekommen ſeyn, und ſich den Eid der Treue geſchworen haben ſollen, als ſie den Entwurf zu der bekannten Revolution machten.

b. Der93nach dem Charakter der Gegenden.

b. Der Rheinfall bey Schaffhauſen in der Schweitz. *)Coxe 2ter Br.

Man ſteigt zu Lauffen, einem geringen Dorf im Canton Zuͤrich, ab, und geht auf den Rand des ſehr ſteilen Felſen, der uͤber den Rhein haͤngt. Man blickt von da ſchnurgerade auf den Waſſerfall hinunter, und ſieht, wie ſich der Strom mit einer ſchauernden Wuth und Gewalt uͤber die Seiten des Felſen ſtuͤrzt. Von da ſteigt man herab, bis man ein wenig unter dem obern Bett des Fluſſes iſt; man ſteht hart an dem Fall, ſo daß man ihn ſehr leicht mit der Hand beruͤhren kann. Ein Geruͤſte iſt recht in dem Staubregen dieſes fuͤrchterlichen Falls, und auf dem erhabenſten Ge - ſichtspunkt aufgerichtet. Eine See von Schaum, der ſich herabwaͤlzt, eine beſtaͤn - dige Wolke von Geſtaͤube, die ſich auf eine große Entfernung umher, und ſehr hoch verbreitet, kurz die Majeſtaͤt des ganzen Anblicks uͤberſteigt alle Erwartungen der Ein - bildungskraft, und geht uͤber alle Beſchreibung. Ohngefaͤhr auf hundert Schuhe von dem Geruͤſte, nach dem Augenmaaß zu urtheilen, ſtehen zwey Felſen mitten in dem Fall, die von dieſer Seite, wo man ſie ganz in die Breite ſieht, ein Stuͤck zu ſeyn ſcheinen. Der naͤchſte von ihnen iſt von dem anhaltenden Anprellen des Stroms durchloͤchert, und das Waſſer draͤngt ſich mit unſaͤglicher Wuth und einem dumpfen Gebruͤlle durch. Wir uͤberließen uns eine Zeitlang der ſtummen Bewunderung und dem Schauer dieſes erhabenen wunderbaren Anblicks; ſtiegen dann herab, und fuh - ren unter dem Fall uͤber den Fluß, der gewaltig ſtroͤmte und brauſte. Bis hieher hat man nur den Waſſerfall von der Seite geſehen; aber nun oͤffnet er ſich nach und nach, und ſtellet ein anders Gemaͤlde dar. Die auffallendſten Gegenſtaͤnde ſind dieſe. Auf der einen Seite ein Schloß recht auf der Spitze des Abſturzes, das uͤber den Fall heruͤberhaͤngt; nahe dabey eine Kirche, und einige Haͤuſer. Auf der andern Seite, hart am Fall, ein Haufen Haͤuſer; im Hintergrunde ſanfte Huͤgel mit Weinſtoͤcken bepflanzt, oder mit hangendem Gehoͤlze ſchattirt. Auf dem Gipfel ein niedliches Doͤrfchen in einem Kreis von Baͤumen; die große Maſſe Waſſer, die aus dem Grunde dieſer Huͤgel hervorzubrechen ſcheint; die zween oben erwaͤhnten Felſen, die mitten in dem Fall und im Mittelpunkt ſeines jaͤhſten Sturzes trotzig ihre Haͤupter emporheben, mit Geſtraͤuche behangen ſind, und den Fall in zween Hauptarme thei - len. Die Farbe des Rheins iſt unbeſchreiblich ſchoͤn, und helles Meergruͤn; dieſe herrliche Miſchung der Farben, wie ſich der blendende weiße Schaum hineinverliert, iſt auffallend, und thut dem Auge unbeſchreiblich wohl. Man hat hier den Anblick von einer Eiſenſchmelzhuͤtte hart am Fluß, welcher gedaͤmmt iſt, damit er nicht dieM 3benach -94Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenbenachbarten Haͤuſer und Werke wegreiße; durch dieſen Damm wird ein kleiner Theil des Fluſſes in ſeinem Fall in eine Hoͤhlung geleitet, treibt eine Muͤhle, und macht ei - nen ſchoͤnen kleinen Silberbach, der den nackten Felſen herabgleitet, und von dem großen Fall getrennt iſt. Gleich unter dem Fall breitet ſich der Strom ſehr aus, und macht ein großes Baßin.

Man ſehe hier noch eine Beſchreibung von dieſer wunderbaren Naturſcene. Beyde ſind von Maͤnnern, die eben ſo trefflich malen, als beobachten; beyde gehoͤren zu den neueſten Gemaͤlden; beyde, die eben denſelben Gegenſtand nur unter etwas veraͤnderten Geſichtspunkten darſtellen, machen ein Ganzes. Wer ſieht nicht in der folgenden Schilderung des deutſchen Naturmalers*)Hrn. Prof. Sanders in Carlsruhe Reiſe nach Schaffhauſen zum Rheinfall imJahr 1781, im 3ten B. der Bernoulliſchen Sammlung kurzer Reiſebeſchreibungen. den Rhein ſtuͤrzen und ſchaͤu - men? Wer hoͤrt nicht ſelbſt den Sturm ſeines Falles?

Gleich vor der Stadt Schaffhauſen hat der Strom einen kleinen Fall, der von verborgenen und zum Theil ſichtbaren Klippen entſteht, wobey der Schaum und das ſtuͤrzende Waſſer, wiewohl es gar keine betraͤchtliche Hoͤhe iſt, ſchon ſehr viele ſchoͤne Farben im Sonnenſchein wirft. Um der Muͤhlen - und Fabrikenraͤder willen, die er dort treibt, hat man noch eigene kleine Mauern in den Strom hineingebaut. Lauffen ſelbſt iſt ein kleiner Flecken, eine kleine Stunde nach deutſchem Maaß von Schaffhauſen weg; da fließet der Rhein mit vielen Kruͤmmungen, der Reiſende geht uͤber fruchtbare und unfruchtbare Berge dahin, und nur eine kleine Viertelſtunde außerhalb Lauffen ſtuͤrzt ſich der Rhein uͤber hohe Klippen herab, und macht den be - kannten großen Fall. Man hoͤrt ſchon auf der Haͤlfte des Wegs das Getoͤſe, wie von vielen ſtarklaufenden Muͤhlen. In der Nacht kann man ihn, je nachdem der Wind wehet, zuweilen nicht weit vom Schaffhaͤuſer Thor, alſo eine Stunde weit, hoͤren. Die obere Flaͤche, von welcher der Strom herabfaͤllt, iſt gewiß zweyhundert Schritte breit, und die untre, da wo der ruhigere Fluß wieder anfaͤngt, ungefaͤhr fuͤnf - hundert. Zu beyden Seiten ſtehen Berge, zwiſchen dieſen arbeitet ſich der Strom durch. Auf dieſen Bergen, die nicht ſehr hoch ſind, ſteht linker Hand noch ein Drath - zug, den der Rhein im Fall treiben muß. Auf der rechten Seite ſteht ein Schloß, das in das Zuͤricher Gebiet gehoͤrt und bewohnt wird. Man ſollte denken, von die - ſem Schloß oben herabgeſehen, muͤßte der Fall noch ſchoͤner ſeyn, aber man irrt. Man kann ihn oben nicht ganz ſehen, die unten hervorſtehenden Berge verdecken einen Theil des Anblicks. Jenſeits des Stroms kann man in Weinbergen den Sturz von allen Seiten ſehen, und ſich endlich in die Mitte, der ganzen Majeſtaͤt der Natur ge - rade gegenuͤber, ſtellen. Eigentlich ſind vier Faͤlle neben einander, der fuͤnfte kleinereiſt95nach dem Charakter der Gegenden. iſt um des Drathzugs willen gemacht. Daß unter dem Waſſer viele ſchreckliche Klippen, viele zackigte Spitzen ſeyn muͤſſen, iſt augenſcheinlich. Man ſieht aber nur noch eine große Felſenſpitze, die zwiſchen dem zweyten und dritten Fall hoch in die Hoͤhe ſteht, außen mit Moos bewachſen iſt, durch die Laͤnge der Zeit von dem unauf - hoͤrlichen Anſchlagen des Waſſers ſchon ein großes Loch in der Mitte bekommen hat, wodurch man gar deutlich ſehen kann, und die wahrſcheinlich einſt gar nicht mehr vor - handen ſeyn wird. Der Strom wird mit ſeiner ganzen Gewalt ſo lange an ſie ſtoßen, bis er ſie endlich ausgefreſſen und umgeworfen hat, ſo wie vermuthlich ſchon viele Fels - klippen hier durch die Wuth der Wellen zerſtoͤrt worden ſind. Indem nun das Waſſer auf die Hoͤhe kommt und herabfaͤllt, wird der ganze Strom in Schaum verwandelt; das iſt die kurze Beſchreibung der ganzen Sache. Der ganze Rheinſtrom wird Schaum, ſobald er dies Felſenbette erreicht hat. Man ſieht nichts, als ein Meer von der allerreinſten Milch. Man glaubt, in einen unaufhoͤrlichen ſiedenden Keſſel von Milch zu ſchauen. Dabey iſt das zartaufſtaͤubende Waſſer, das, wie der aller - feinſte, duͤnnſte Rauch, in die Hoͤhe geworfen wird, und gen Himmel fliegt, ein un - beſchreiblich ſchoͤner Anblick. Je laͤnger man hinſieht, deſto maͤchtiger, deſto toben - der, ſo glaubet man, werde das Sprudeln und Brauſen des hier gleichſam noch jun - gen Stroms, und das iſt doch nur Betrug der Augen. Nur bey ſehr großem Waſſer merkt man eine betraͤchtliche Verſtaͤrkung des Getoͤſes. An jedem hervorſtehenden Zacken faͤhrt das Waſſer ſchrecklich in die Hoͤhe, bricht ſich, und faͤhrt in ſich ſelber zu - ſammen. Es iſt nicht anders, als wenn das ſtuͤrzende Waſſer an hunderttauſend Orten aufkochte, und mit großen Wallungen emporſieden wollte. Scheint die Sonne in den kochenden Berg, in das Meer von Schaum, ſo iſt nicht Einer, ſo iſt ein tau - ſendfaͤltiger Regenbogen um den ganzen Fall; jeder Tropfen ſtellt einen Spiegel vor; die Bogen durchkreuzen ſich, ſie laufen und ſchneiden in einander, fließen zuſammen und glaͤnzen ſtaͤrker, theilen ſich, und werden ſchoͤner. Da entſteht eine Farbenpracht, die keine menſchliche Sprache beſchreiben kann. Allen guten und empfindenden Men - ſchen wuͤnſchen wir ſo einen ſchoͤnen, und unter dem reinſten Vergnuͤgen zugebrachten Nachmittag. Es ſchwebte eben ein großer ſchweitzeriſcher Geyer uͤber den Fall, und ſtieg, als wenn er dem Werk der Natur eben ſo erſtaunt, wie wir, zuſaͤhe, immer hoͤher und hoͤher. Man kann ſich auch ſchon ergoͤtzen, wenn man mit dem Auge un - ten am Becken, oder am Fuß des Falls eine Zeitlang verweilt, wo das Waſſer wieder zu ſeinem wagerechten Stand gekommen iſt. Denn da ſchwimmt der liebliche Schaum noch in unzaͤhligen Streifen, in langen milchweißen Straßen, ſehr angenehm fort, bildet tauſend ſchoͤne Farben, miſcht ſich langſam, verliert ſich in die kleinſten Troͤpf - chen, und geht unmerklich wieder in gruͤnlichtes Waſſer uͤber. Um den majeſtaͤtiſchenFall96Dritter Abſchnitt. GaͤrtenFall ſo nahe zu ſeyn, als moͤglich, traten wir in einen Fiſcherkahn und fuhren uͤber den Strom hinuͤber. Als das Boot lange genug hinabgerudert war, um hernach in die Diagonale zu kommen, zog das Waſſer wenige Ruthen von der Tiefe des Falls den Kahn außerordentlich ſchnell und heftig hinuͤber. Da ſtiegen wir aus und gien - gen an dem Berge rechter Hand hinauf; alsdann kommt man uͤber Terraſſen herab, da iſt ein kleines hoͤlzernes Haͤuschen an der Felſenwand gebaut, in dieſes tritt man hinein, und iſt alsdann dem Sturz des Stroms ſo nahe, als man ohne Gefahr kom - men kann. Und hier verſteht einer des andern Worte nicht mehr. So rauſchts, ſo laͤrmts, ſo ſchlaͤgts und donnerts hier! Man meynt, mit einem ewigen, unaufhoͤrli - chen, tauſendmal wiederhallenden Donnerwetter umgeben zu ſeyn. Man glaubt, in eine große und breite Straße von Milch hinabzuſehen, die ſich aus unerſchoͤpflichen Abgruͤnden immer mehr und mehr ergießt. Da kann man die Millionen einzelner Parabeln von Waſſer, die auf und unter einander entſtehen, und im Augenblick weg - gedraͤngt von andern Millionen aufſpringender Waſſerſaͤulen in einander fließen, ſelber Schaum ſind, und Schaum bleiben, bis ſie die Felſenbahn hinabgeraſet ſind, unter - ſcheiden. Aber unmoͤglich iſt es auch hier, den feinen Waſſerſtaub genauer zu bemer - ken. Man ſieht ihn, man wird unmerklich naß davon, er ſteigt, gleich duͤnnen Wolken, in die Hoͤhe, und Wolken auf Wolken; der Wind faßt ihn, traͤgt ihn da - von, und empfaͤngt gleich wieder neuaufgeſtaͤubtes Waſſer; aber der feinſte Puder iſt grober Sand gegen dieſe aͤußerſt ſubtiliſirte Waſſerkuͤgelchen. Dies alles zuſammen - genommen begeiſterte mich und meinen Gefaͤhrten. Wir wagten etwas, das nicht zur Nachahmung erzaͤhlt wird, und das wir nachher faſt bereueten, als wir bey kuͤh - lerm Blute daran dachten. Wir hatten Luſt an der Felſenwand noch hoͤher hinauf - zuklettern, und von oben herab in den ſtuͤrzenden Strom zu ſchauen. Das Haͤus - chen iſt durch hoͤlzerne Stangen, die an den Klippen zur Seite hinauflaufen, an der Wand des Berges befeſtigt. Der Bediente mußte unſre Huͤte halten, weil ſie ſonſt der oben heftig wehende Wind davon gefuͤhrt haͤtte. Ob er uns nicht auch nehmen wuͤrde, daran dachten wir nicht, auch nicht, wie wir wieder herabkommen wuͤrden; wir kletterten an den ſchmalen hoͤlzernen Stangen, hart neben dem Sturz, noch etwa hundert Schuhe hoͤher hinauf, und ſahen nun von oben immer deutlicher in den beſon - ders maͤchtigen erſten Wirbel, und erblickten da, was wir unten nicht ſahen, nur vermuthen konnten, viele Felſenzacken, an welchen das Waſſer ſchrecklich anprellt, und ſich uͤber das Gewinde und Klippen hinuͤber arbeiten muß. Man ſtelle ſich einen wellenwerfenden Ocean von ſiedender und ſchaͤumender Milch vor. Als ich hinabſahe in die große Scene der Natur, da nahm ſie mir alle Sprache. Ich konnte nicht mehr jauchzen, nicht mehr Jubel und hohen Jubel rufen; alle Sinne vergiengen,und97nach dem Charakter der Gegenden. und alle Gedanken ſchwanden. Ganz deutlich weiß ich mich noch der Minuten zu er - innern, wo ich wirklich nichts mehr ſah und hoͤrte, alles Selbſtgefuͤhl verlor, und nur ſchwebend hieng uͤber dem prachtvollen Abgrund. Ich bildete mir ein, als ich wieder aufſah, ich haͤtte die Natur in ihrer Geburtsſtunde angetroffen. So mag etwa Erde und Meer gebrauſt, getobt, gewuͤtet haben, als die gebaͤrende Natur den Rhein und den Savannah aus ihrem allmaͤchtigen Becken ausgoß, und ihnen dieſe Riegel, dieſe Daͤmme, dieſe Felſenwaͤnde entgegen pflanzte!

c. Verſchiedene Grotten in Irland und Großbritannien.

Zu Skeheenringky*)Youngs Reiſen durch Irland ꝛc. 1ſter Th. S. 597. an der Landſtraße zwiſchen Cahir und dieſem Ort iſt eine romantiſche Grotte. Der Eingang zu derſelben iſt ein Riß in einem Huͤgel von Kalkſtein, und ſo enge, daß man kaum hineinkommen kann. Man ſteigt auf einer Leiter von etwa zwanzig Stufen hinunter, und befindet ſich in einem Gewoͤlbe von hun - dert Fuß lang und funfzig bis ſechzig Fuß hoch. Eine kleine Hoͤhle geht von hier ab, in einem krummen Gange, auf eine halbe irlaͤndiſche Meile mit ſo vieler Abwechſe - lung, daß man ſie nicht ohne große Bewunderung betrachten kann. An einigen Stellen iſt die Hoͤhle in dem Felſen ſo weit, daß, wenn ſie mit Lichtern wohl erleuchtet wird, ſie das Anſehen des Gewoͤlbes einer Kathedralkirche hat, das von dicken Saͤu - len unterſtuͤtzt wird. Waͤnde, Decke, Boden und Pfeiler ſind wechſelsweile von aller - ley phantaſtiſchen Geſtalten und oft ſehr ſchoͤn mit Bergkryſtall uͤberzogen, an einigen Stellen ſchimmert es ſo ſehr, als ob es mit Diamanten beſaͤet waͤre; an andern iſt die Decke von der Art des Bergkryſtalls, der mit einem Blumenkohl ſo viel aͤhnliches hat. Der, welcher durch das Herabtroͤpfeln des Waſſers ſich zu Saͤulen bildet, hat einige regelmaͤßige Geſtalten angenommen; andere Stellen hingegen ſehen wie ein gefaltetes glaͤnzendes Tuch aus. Die Winkel der Mauern ſcheinen voll Eiszapfen zu haͤngen. Eine ſehr lange Abtheilung der Hoͤhle nach Norden hin iſt an einigen Stellen ſo enge und niedrig, daß man durchkriechen muß; und mit einmal iſt man wieder in einem großen gewoͤlbten Raum. In dieſer ganzen Hoͤhle iſt der Bergkryſtall ſehr glaͤnzend und meiſt dem Briſtoler Stein gleich. Auf einige hundert Yarden in der groͤßten Abtheilung der Hoͤhle iſt ein tiefes Waſſer im Grunde des Abhangs zur Rechten, wel - ches das Volk den Fluß nennet. Ein Theil des Weges geht uͤber eine Art von Toͤ -pferleim,IV Band. N98Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenpferleim, der alle Formen annimmt, und von brauner Farbe iſt; ein Boden, der ſich in der ganzen Nachbarſchaft nicht findet. Die beruͤhmte Hoͤhle in dem Peak und die Grotte d’Aucel in Bourgogne ſind mit dieſer nicht zu vergleichen.

Die Okeyhoͤhle*)Dieſe und die folgenden Schilderun - gen von romantiſchen Grotten ſind aus der Reiſebeſchreibung entlehnt: Bemerkungen auf einer Reiſe durch verſchiedene Theilevon England, Schottland und Wales; nebſt einer Nebenreiſe in die Hoͤhlen von Ingleborough und Settle in Yorkſhire. Aus dem Engl. 8. 1781. in einem von den Mendip-Bergen zwey Meilen von Wells iſt eine der groͤßten natuͤrlichen Merkwuͤrdigkeiten in England. Bey dem Eintritt in die Hoͤhle entdeckt man eine ziemliche Anzahl großer Steine, welche unor - dentlich herum zerſtreuet liegen, uͤber deren einige man wegſteigen muß. Wenn man weiter hinein koͤmmt, ſo erweitert ſich die Hoͤhle, bis man an eine Stelle gelangt, wo man dreyzehn Stufen hinabſteigt, und in einen engen Weg tritt, wo das Grabmal der alten Hexe von Okey, die hier (der Sage nach) gewohnt hat, gezeigt wird. Dieſes Grabmal iſt nichts weiter, als ein ungeſtaltes Felſenſtuͤck, welches mit einer Rinde uͤberzogen iſt. Aus dieſem Gange koͤmmt man in die Kuͤche, und aus dieſer in eine unermeßliche Hoͤhle, welche die Kirche genannt wird, und hie und da auf vier - zig Fuß hoch iſt. Hier iſt es ſchlecht zu gehen: denn die Felſenſtuͤcke liegen unordent - lich durch einander, und an der einen Seite ſchlaͤngelt ſich der Fluß Axe, ſo daß man kaum Platz hat, an der andern Seite hinzukriechen. Man kann ſich in der That nichts furchtbarers vorſtellen, als den Anblick dieſer ungeheuren Kluft. Auch der Spalt, der glaͤnzend laͤngſt dem Strom ſich geſetzt hat, und die kryſtallenen Tropfen, die wie Diamanten daran haͤngen, ſind Schoͤnheiten, die ein wahres Vergnuͤgen er - regen, beſonders, wenn man ſie im Ganzen mit den Incruſtationen des Altars, des hangenden Haſen, des Kellers, des Kellerzubers und einem großen Felſenſtuͤck, das ſich ohne Haltung nach dem Fluſſe hinlehnt, betrachtet. Nach der Kirche und ihren wunderſamen Schoͤnheiten ſind die naͤchſten Gegenſtaͤnde der Bewunderung der Arm - ſtuhl und das Kuͤhlfaß, beydes ſchoͤne Incruſtationen. Jener iſt in dem laͤndlichen Gartengeſchmack mit Staͤben, und dieſes enthaͤlt eine kleine Portion des vortrefflichſten Waſſers. Von hier koͤmmt man in einen Gang, wo man acht Stufen hinabſteigt, und dann weiter geht, bis man zu einer andern Figur von Spalt gelangt, der Loͤwen - kopf genannt, der in dem Winkel einer ungeheuren Kuppel, die Halle der Bedienten genannt, zu ſehen iſt. Dieſe Halle duͤnkte uns die hoͤchſte von allen zu ſeyn. Genau konnten wir die Hoͤhe zwar nicht beſtimmen, aber dem Augenmaaß nach war ſie we - nigſtens funfzig Fuß. Von hier kommt man nach der ſo genannten großen Halle. Auf99nach dem Charakter der Gegenden. Auf dem Wege dahin ſieht man die Feuermauer der Halle, eine enge ziemlich hohe Hoͤhle. Dieſe Halle hat bey weitem die groͤßte Flaͤche, ſie ſieht ganz genau einer Ro - tunde aͤhnlich, und iſt im Mittelpunkt auf fuͤnf und zwanzig Fuß hoch.

Eine Meile von Buxton iſt das erſte Wunder des Peak, Poole’s Hoͤhle. Nach der Erzaͤhlung alter Leute hatte einer, Poole, ein Verwieſener, ſie zu ſeiner Wohnung gemacht. Das Loch, durch welches man in die Hoͤhle kommt, iſt ſehr klein und verſpricht wenig; wenn man aber einige Schritte weiter gelangt, und ſo dicht, als man kann, auf dem Boden wegkriechet, ſo koͤmmt man zu einem Riß, wo Poole’s Sattel und Schildkroͤte, zwey gute Incruſtationen, gezeigt werden. Wenn man weiter geht, ſo ſieht man andere ſchoͤne Stuͤcke von Spalt, die um den Felſen auf allerley Art herum gewunden ſind, und Poole’s Kaldaunen und Wollſack genen - net werden; beyde haben ſich unnachahmlich auf die feinſte Art weißer Verſteinerung angeſetzt; an der einen Seite bricht eine Quelle klares durchſichtiges Waſſer hervor, und an der andern faͤllt die genaue Aehnlichkeit eines Elephanten mit ſeinem herabhaͤn - genden Ruͤſſel in die Augen. Von hier muß man auf allen Vieren kriechen, und ei - nen ſchluͤpfrigen Fußſteig hinanſteigen, da man in ein erſtaunendes Gewoͤlbe von ſech - zig bis ſiebzig Fuß hoch koͤmmt, wo ein außerordentlich großes Stuͤck Spalt von der Decke herabhaͤngt, welches die Speckſeite genannt wird, und an der Seite ſteht eine genaue Aehnlichkeit von dem alten Poole ſelbſt. Von hier koͤmmt man zu dem Nacht - tiſch des Loͤwen und der Dame. Jener breitet ſich in die Hoͤhe aus, und dieſe haͤngt in aller ungezwungenen und zierlichen Nachlaͤßigkeit herunter. Von hier wird man zu noch groͤßern Schoͤnheiten gefuͤhrt: als, zu der ſo genannten dunklen Laterne, die aber dem aͤgyptiſchen Sphynx weit aͤhnlicher iſt, zu einer Menge ſchoͤner in Falten herabhaͤngender Incruſtationen, und zu einer Decke, welche von durchſichtigen Ver - ſteinerungen, wie Eiszapfen, glaͤnzt. Wenn man dies einige Zeit bewundert hat, ſo koͤmmt man zu einem Gemache, wenigſtens funfzig Fuß hoch, in welchem eine kleine ſchwarze einer Maus aͤhnliche Figur von Spalt, und gleichſam unmittelbar dar - uͤber eine große Reihe Orgelpfeifen iſt. Von hier gelangt man zu dem Pfeiler der Koͤniginn von Schottland, der von der ungluͤcklichen Maria, als ſie dieſen Ort be - ſuchte, den Namen erhielt. Er iſt auf das ſchoͤnſte mit Vorhaͤngen von feinen In - cruſtationen, luftig im gothiſchen Geſchmack ausgebreitet, umgeben. Hier kehren die meiſten wieder um; uns aber trieb die Neugier, bis zu Ende der Hoͤle uns zu wagen. Der Platz war ſehr ſteil und hoͤckericht, und ſo ſchluͤpfrig, daß, wenn wir uns nicht feſt angeklammert haͤtten, wir die Spitze nie erreicht haben wuͤrden. Hier ſtunden wir eine Zeitlang in ſtummer Bewunderung. Ein ohne unſer Wiſſen an demN 2aͤußerſten100Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenaͤußerſten Ende hingeſtelltes Licht ſchien wie ein Stern in einer ſchoͤnen wolkigten Nacht; und ein anderes, das gleich ſchicklich auf dem Grunde, von wannen wir heraufgeſtie - gen waren, hingeſtellt war, that eine eben ſo beſondere als furchtbare Wirkung. Wir wagten uns noch weiter, und kamen den Weiberſattel und einen Vorhang vorbey, wel - ches beydes ausnehmend ſchoͤne Incruſtationen ſind; hierauf giengen wir durch des heiligen Andreas Nadeloͤhr, ließen ſeinen Thron oder Pavillon, eine wegen ihrer Groͤße und Aehnlichkeit merkwuͤrdige Verſteinerung, zur Rechten, und wanderten uͤber einen Haufen unordentlicher Felſen zu einem Wege, der mit Nachdruck und mit Recht der ruͤckenbrechende Weg genennet wird. Hier kletterten wir wieder, bis wir endlich an das anſcheinende Ende dieſer großen Hoͤhle kamen. Wir kehrten mit noch groͤßerer Vorſicht zuruͤck, als wir vorwaͤrts gegangen waren, und kamen endlich wieder an das Tageslicht.

Wir nahmen unſern Weg nach einer Bleymine, welche die Staffordſhirer Speedwell genennet wird. An dem Abhange eines Berges wurden wir einer Oeff - nung gewahr, welche uns auf hundert und ſieben faſt ſenkrechten Stufen an einen Fluß brachte, auf welchem ein Mann mit einem Boote unſer erwartete. Wir vertrauten uns dieſem zweyten Charon. So fuͤrchterlich dieſe unterirdiſche Schifffahrt war, ſo ausnehmend erhaben war ſie. Die Luft ſauſte in furchtbarer Majeſtaͤt vorbey; der Ort war finſter, und wurde nur von dem Scheine unſerer Kerzen erhellt. Alles war in dem Boote ſtille, und die geſchaͤfftige Einbildungskraft ſtellte ſich alles groß vor. Wir machten dieſen Weg mit einem Grade des Vergnuͤgens, das wir noch auf keiner Luſtfahrt geſchmeckt hatten; ploͤtzlich hoͤrten wir ein melodiſches Geraͤuſch, das von dem Gewoͤlbe der Decke zuruͤckprallend ſich bey uns in den ſuͤßeſten Toͤnen verlor. Wir fuhren weiter; der Schall hielt an; wurde aber merklich ſtaͤrker. Endlich gelangten wir an den Ort, woher er kam, und hier vergroͤßerte ſich unſere Verwunderung. Ein kleiner Knabe von 10 bis 12 Jahren war in einer Niſche hingeſtellt, wo er nur eben Platz hatte, ſich zu bewegen, auch ohne Huͤlfe nicht herauskommen konnte; und trieb vermittelſt eines Blaſebalgs friſche Luft bis an das aͤußerſte Ende des Fluſſes, und an dieſem Ort trillerte der kleine Saͤnger ſeine Lieder. Die Natur hatte ihn mit einer reizenden Stimme begabt, und ohne auf ſeinen Zuſtand zu gedenken, arbeitete und ſang er acht Stunden; denn dieſe Zeit war ihm zu ſeinem Tagewerke beſtimmt. Wir fuhren dieſen Einwohner der Unterwelt vorbey, ſetzten unſern Weg fort, und er - reichten endlich, nachdem wir ſechzehn - bis achtzehnhundert Schritte zuruͤckgelegt hat - ten, das Ende, wo wir drey friſche und muntre Maͤnner bey ihrer Arbeit fanden. Wir kehrten auf eben die Art zuruͤck, wie wir hineingekommen waren.

Groß101nach dem Charakter der Gegenden.

Groß und entſetzlich iſt der Zugang zu der Peaks-Hoͤhle bey Caſtleton. Ein aus ihrer Muͤndung fließender Strom laͤuft zur Linken, und zur Rechten iſt man von einer Reihe Felſen umgeben, welche ihr hohes Haupt bis in die Wolken empor - ſtrecken. Einer derſelben iſt zweyhundert und funfzig Fuß hoch. Wenn man an den Eingang kommt, welcher zwey und vierzig Fuß hoch, und hundert und zwanzig Fuß weit iſt, ſo wird die Aufmerkſamkeit von einem ungewoͤhnlichen Anblick gefeſſelt. In dieſem dunkeln Aufenthalte ſind hin und wieder zerſtreuete Huͤtten, und eine Menge von Weibern und Kindern ſpinnen; in allen Stuͤcken hat es das Anſehen einer an - dern Welt; der Proſpect iſt auch gar nicht eingeſchraͤnkt; denn die froͤhlichen Ge - ſchoͤpfe, welche man ſo beſchaͤfftigt ſieht, dehnen ſich ſo weit aus, daß ſie ein Perſpe - ctiv machen, von dem die Einbildungskraft glaubt, daß es kein Ende habe. Das erſte, was uns unſer baͤuriſcher Wegweiſer, welcher der Naturkundige und Weltweiſe des Orts iſt, bey dem Eingange zeigte, war die Art, wie das Waſſer zu Spalt (ſpar) gerinnt. Erſtlich, ſprach er, iſt es nur ein durchſichtiger Tropfen, an der Luft wird es wie Leim, und allmaͤlig verſteinert es ſich. Das Folgende, was er uns zeigte, war die Speckſeite, eine große Incruſtation, welche an einer Seite haͤngt. Dieſe giengen wir hurtig vorbey, und kamen an eine kleine Thuͤre, von welcher man die ungeheuerſte Ausſicht einer Hoͤhle hat, die man ſich nur gedenken kann. Wir giengen jedoch weiter niederwaͤrts bis zu dem Glockenhauſe. Von hier giengen wir noch ſtark bergab, und kamen an den Fluß, ſtiegen in ein fertig liegendes Boot, ſtreckten uns der Laͤnge nach in demſelben hin, um uns nicht den Kopf an dem herab - hangenden Felſen zu zerſtoßen, und wurden auf dieſe Art uͤbergeſetzt, oder vielmehr einen gekruͤmmten Strom hinaufgefahren. Wie wir an Land traten, glaubten wir in dem erſten Gemach der unterirdiſchen Gottheiten zu ſeyn. Nichts iſt erſtaunlicher, als der Anſchein dieſes furchtbaren Aufenthalts. Die gemeſſene Laͤnge iſt zweyhun - dert und ſiebzig Fuß; die Weite zweyhundert und zehn Fuß, und die Hoͤhe hundert und zwanzig Fuß. Damit man, hier ſtehend, das fuͤrchterliche Duͤſtre dieſes Schau - platzes recht genießen kann, ſo brennen rund herum eine Menge von Lichtern, die wie Sterne ſchimmern, und das Schauerliche erhoͤhen. Luſtig genug aber war es anzu - ſehen, wie das Boot wiederkam, und andere Paſſagiere, die eben ſo ausgeſtreckt lagen, an eine Hoͤhle weiter unterwaͤrts ausſetzte, die kaum ſo groß war, daß ein Mann hin - einkriechen konnte. Von hier kamen wir zu einer andern Kruͤmmung des Fluſſes, durch welche uns unſer Wegweiſer auf den Schultern trug; von da kamen wir nach Roger Regen’s Haus, welches dieſen Namen fuͤhrt, weil unaufhoͤrlich Waſſertro - pfen in allen Theilen deſſelben niederfallen. Von hier ſetzten wir unſern Weg ganz ruhig nach dem Thor fort, als wir ploͤtzlich von einem in einer Niſche auf ſieben undN 3funfzig102Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenfunfzig Fuß hoch uͤber uns ſingenden Chore Maͤnner ermuntert wurden. Keine Kunſt konnte eine ſo bewundernswuͤrdige Wirkung thun. Die in tauſenderley Ge - ſtalten geſpaltene gewoͤlbte Decke, die Hoͤhe der Hoͤhle ſelbſt, die Stille des Schau - platzes, das ſanfte Plaͤtſchern des Waſſers in der Regenzelle ausgenommen das alles war eine ſeltſame Vermiſchung des Romantiſchen und Erhabenen. Wir ſtunden hier ſtille. Die Lieder wurden langſam und feyerlich geſungen. Alles ſtimmte den Geiſt zum Nachſinnen. Die Natur erſchien in ihrer furchtbaren Majeſtaͤt vor uns; wir glaubten in eine andre Welt verſetzt zu ſeyn. Von dem Chore giengen wir nach dem Teufelskeller; und von hier einen ſandigen Huͤgel hundert und funfzig Fuß herunter, da wir zu dem ſo genannten Hauſe auf dem halben Wege gelangten, wo ein ſehr helles Waſſer fließt, und wo uns gezeigt wurde, wie der Regen und Schnee durch die Erde dringt, und ſich in die Hoͤhle ſammlet, und dadurch die Aufſchwellung des Fluſſes verurſacht. Weiter fortgehend kamen wir durch drey meiſt regelmaͤßig ge - bildete Boͤgen, laͤngſt dem Rande des Fluſſes, wo wir das Rauſchen eines Waſſer - falls hoͤrten. Wir ſetzten uͤber den Fluß, und gelangten an eine andre Reihe eben ſo ſchoͤner Boͤgen, die uns, dem Fluß zur Rechten, zu dem hangenden Felſen und zu einer verſteinerten Schlange fuͤhrten, die gut erhalten iſt. Von hier kamen wir an den Ort, wo der Strom ſehr ſchnell laͤuft, und das Waſſer in Menge an den Seiten her - abtroͤpfelt. Von hier ſetzten wir unſern Weg durch eine andere Reihe von Boͤgen fort, ſahen Thomas von Linkoln, welcher Ort wegen einer Aehnlichkeit mit einer Glocke ſo genennet wird, und erreichten endlich das Ende dieſer wunderbaren Hoͤhle, zweytau - ſend zweyhundert und funfzig Fuß von dem erſten Eingange, und ſechshundert und zwanzig Fuß unter der Oberflaͤche des Huͤgels. Ehe wir den Ort verlaſſen, muͤſſen wir noch der fuͤrchterlichen Wirkung eines Stoßwindes, wie ſie es nennten, gedenken, der durch eine kleine in einem Felſen gemachte und ſodann angezuͤndete Pulverkammer erregt wurde. Die Erſchuͤtterung war erſtaunend; es war als ob Himmel und Erde einſtuͤrzten. Wir blieben jedoch alle ſtandhaft, außer einer von unſern Bedienten fiel vor Furcht zu Boden. Nachdem wir dieſem Verſuch mit beygewohnt hatten, kehr - ten wir nach dem Eingange zuruͤck, wo uns die Lichter abgenommen wurden, und wir wiederum das in die Hoͤhle fallende Tageslicht erblickten, welches uns alle Gegenſtaͤn - de noch weit erhabener vorſtellte, als wir ſie vorhin bemerkt hatten. Muͤde beſtiegen wir den Gipfel des Peak, und betrachteten das alte Schloß, davon noch einige Theile gut erhalten ſind. Hier ſetzten wir uns nieder, ein wenig auszuruhen, nachdem wir noch einen Blick auf die Hoͤhle unter uns geworfen hatten; und hier wuͤrden wir uner - wartet auf eine reizende Art mit einer Muſik von einem Huͤgel gegenuͤber ergoͤtzt. Zu keiner beſſern Zeit haͤtte ſie uns kommen koͤnnen; und niemand konnte williger ſeyn,als103nach dem Charakter der Gegenden. als wir, uns vergnuͤgen zu laſſen. Wir hatten einen muͤhſamen Tag gehabt, die Ruhe war uns noͤthig. Wir ergoͤtzten uns daher an den angenehmen Toͤnen, bewun - derten den heitern Abend, ſtreckten uns ruhig aufs Gras, und verjagten auf dieſe Weiſe die Mattigkeit.

d.

In den meiſten dieſer Gegenden graͤnzt das Romantiſche zuweilen an das Er - habene oder Heroiſche, und nimmt ſelbſt einen Theil davon an. Allein in den folgen - den Gemaͤlden verbindet ſich der Charakter des Romantiſchen mehr mit dem Angeneh - men und Sanften. Und dieſe Milderung hat ungemein viel Einſchmeichelndes fuͤr Herzen von einem weichern und ruhigern Gefuͤhl.

Die St. Petersinſel im Bielerſee in der Schweitz. *)S. des Hrn. von Sauſſuͤre Reiſen durch die Alpen. Aus dem Franz. 8. 2ter Th. 1781. S. 67-69.

Der Bielerſee iſt einer der reizendſten in der Schweitz. Er liegt am Fuße der erſten Strecke des Jura; ſeine Laͤnge iſt etwa 3 Meilen, und ſeine groͤßte Breite 1 kleine Meile. Die St. Petersinſel, die etwa eine kleine Viertelmeile lang iſt, be - ſteht aus einem Huͤgel von unregelmaͤßiger Geſtalt, deſſen groͤßte Hoͤhe 121 Schuh uͤber die Flaͤche des Sees erhaben iſt; der See ſelbſt iſt auf ſeiner Oberflaͤche 178 Schuh hoͤher, als der Genferſee. Dieſer Huͤgel ſteigt gegen Mittag in einem ſanf - ten Abhange herab, und verliert ſich unten in eine kleine Ebne, deren einen Theil wir mit reicher Saat, den andern aber mit Wieſen bedeckt fanden. Der oͤſtliche Abhang, welcher ſteiler iſt, beſteht in einem ziemlich großen Weinberge, und oberhalb deſſelben zeigen ſich Baumgaͤrten und ein uͤberaus angenehmer Eichenwald, welcher die ganze Hoͤhe des Huͤgels in ihrem groͤßten Durchmeſſer bedeckt. Man hat durch dieſen Wald einen ſchoͤnen und breiten Spatzierweg gehauen, welcher laͤngſt dem weſtlichen Ufer der Inſel ſich hinzieht. Dieſes auf eine ziemliche Tiefe hinab faſt ſenkrecht abgeſchnittene Ufer hat etwas Wildes in ſeinem Anblick; dieſer dient aber, um die herrlichen Land - ſchaften deſto beſſer zu erheben, welche man von dieſem Spatziergang aus um Neuen - ſtadt, Landeron und viele ſchoͤne Doͤrfer, am weſtlichen Ufer des Sees am Fuße des Juraſſus mitten in großen Weinbergen angebaut, zu ſehen bekoͤmmt. Auch das oͤſtliche Ufer des Sees macht damit einen auffallenden Contraſt; ſein Rand iſt hoch und ſteil, und zeigt nur nackte Felſen oder Waͤlder, die durch die Alpen bekroͤnt ſind, von denen man da nichts als die hoͤchſten Gipfel erblicken kann. Mitten indieſem104Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendieſem Spatziergange, welcher uͤber die Hoͤhe der ganzen Inſel der Laͤnge nach durch - geht, findet man auf einem ebenen beraſeten Platze ein achteckigtes Sommerhaus, welches von großen Eichen umſchattet iſt, und denen zum Schirm dient, die auf die - ſem Spatziergange Schatten und Ruhe ſuchen. Dieſe Inſel verſchafft in einem Um - fange, der klein genug iſt, um nur einem einzigen Beſitzer zuzugehoͤren, und groß ge - nug, um eine zahlreiche Familie zu erhalten, und die darneben nicht, wie viele kleine Inſeln, das Anſehen eines Gefaͤngniſſes hat, beynahe durch ſich ſelbſt die nuͤtzlichſten und mannigfaltigſten Producte, Korn, Wein, Obſt, Futter, Holz und Fiſche; man findet daſelbſt einſame melancholiſche Plaͤtze, ruhige und angenehme Lagen, und hin - wiederum andere, die reich und praͤchtig ſind. Kein Ort iſt faͤhiger, im neuern Ge - ſchmacke der Gartenkunſt verziert zu werden; die Kunſt muͤßte ſich aber dabey ſorg - faͤltig verſtecken, um nicht ein Werk zu verderben, das beynahe ſchon vollkommen aus den Haͤnden der Natur gekommen iſt. Dieſe Inſel, wovon Herr von Sauſſuͤre dieſe getreue Abbildung giebt, wird zur Zeit der Weinleſe an einigen hinter einander folgenden Sonntagen von einer Menge von Menſchen aus der umliegenden Nachbar - ſchaft beſucht, die ſich hier den Tag uͤber mit Schmaus, Muſik, Tanz und Liebe er - goͤtzen. Gegen Mittag kommen von allen Seiten Geſellſchaften in Fahrzeugen voll Freude und Muſik angerudert. Nichts aber iſt reizender, als die Zuruͤckfahrt aller dieſer froͤhlichen Boͤte am Abend, unter dem Silberſchein des Mondlichts, das hier in hellen Streifen ſich mit den Fluten verlaͤngert, dort im Spiel der leichten Wellen huͤ - pfend nachfolgt, hier in ſanfter Klarheit ſich weit umher verbreitet, und dort von dem duͤſtern Schatten der Gebirge begraͤnzt wird; ich habe faſt nie mit mehr Vergnuͤgen eine romantiſche Abendſcene im Mondſchein geſehen.

Generalif in Spanien. *)Eſſais ſur l’Eſpagne. Voyage fait en 1777 et 1778 u. f. par M. P. Geneve 1780.

Generalif, ein noch uͤbriges mauriſches Gebaͤude, das ein Haus des Ver - gnuͤgens und der Liebe war, hat die angenehmſte und maleriſcheſte Lage von allen Ge - genden um Grenada. Es liegt auf einem ſehr hohen Berge, und iſt von allen Sei - ten mit rieſelndem Waſſer umgeben, das ſich in Baͤchen ſammelt und die ſchoͤnſten Waſſerfaͤlle in den Hoͤfen, Saͤlen und Gaͤrten dieſes antiken Palaſtes macht. Dieſe Gaͤrten ſind wie Amphitheater, und viele Baͤume von ehrwuͤrdigem Alter geben noch Chriſten den Schatten, den ſie ehemals den Unglaͤubigen gaben. Ich ſetzte mich, ſagt dieſer Reiſende, zu den Fuͤßen zweyer Cypreſſen, deren Runzeln, weiße Farbe und Hoͤhe bezeugten, daß ſie manches Jahrhundert gelebt hatten. Man nennt ſienoch105nach dem Charakter der Gegenden. noch die Cypreſſen der Koͤniginn Sultaninn, und behauptet, daß es bey dieſen Baͤu - men war, wo der treuloſe Gowel die Tugend dieſer Prinzeſſinn und der Abencarra - ges anklagte; die Baͤume muͤſſen daher an vierhundert Jahr alt ſeyn. Ich ſahe ſie mit einer Empfindung an, die kein Monument von Stein einfloͤßt; denn hier athmete Leben. Generalif iſt der Lieblingsort der Natur, und waͤre ein Landsmann von Sterne oder Richardſon Herr dieſes Palaſtes, ſo wuͤrde er gewiß alle Schilderun - gen der Romandichter an Schoͤnheit uͤbertreffen. Doch am meiſten jammerte es mich, daß ich ihn von Unempfindlichen bewohnt ſahe. Es iſt ein trauriger Anblick, wie die ſchoͤnen ungekuͤnſtelten Abhaͤnge dieſer Gaͤrten jetzt mit Steinen belegt ſind, und wie in dieſem vormaligen Mittelpunkt der aſiatiſchen Wolluſt, der jetzt zu einem unfrucht - baren Schlupfwinkel eines Kapuzinerkloſters herabgewuͤrdigt iſt, blos noch einige Rohrſtengel wachſen. Die reine Luft, die man hier athmet, die einfache mauriſche Bauart des Palaſtes, die Klarheit und Menge der Gewaͤſſer fuͤhrten mich zu den Zei - ten zuruͤck, wo Grenada eine der ſchoͤnſten Staͤdte der Welt war. Jetzt iſt ſie trau - rig und oͤde; Entvoͤlkerung, andere Sitten, andre Regierungen haben ihren Ruhm vernichtet. Was Generalif ehemals war, ſagt noch dieſe ſchoͤne arabiſche Inſchrift: Reizender Palaſt, du zeigſt dich mit Majeſtaͤt, dein Glanz gleicht deiner Groͤße, und dein Licht ſtrahlt auf alles, was dich umgiebt, zuruͤck. Du biſt jedes Lobes werth, denn dein Schmuck iſt goͤttlich. Dein Garten iſt geziert mit Blumen, die von ihren Stengeln die ſuͤßeſten Geruͤche aushauchen. Eine friſche Luft ſchuͤttelt den Pomeran - zenbaum und verbreitet den Wohlgeruch ſeiner Bluͤthen weit umher. Ich hoͤre eine wolluͤſtige Muſik ſich mit dem Rauſchen der Blaͤtter deiner Gebuͤſche vermiſchen. Rund um mich her giebſt du Harmonie, Bluͤthen und Gruͤn.

c.

Auch kann ſich das Romantiſche in wunderbaren Ausſichten und Zufaͤlligkei - ten*)S. 1ſter B. S. 207. 208. zeigen, zumal in den Stunden des aufgehenden und niederſinkenden**)S. 76. Lichts des Tages, am meiſten in gebirgigten Landſchaften und an den Geſtaden des Meeres. Hier bilden ſich in der Luft die ſeltſamſten Wolkenſpiele. Ein Beobachter der Na - tur***)Deutſcher Merkur 1781. May. ſah einſt von dem Gipfel einer der vorderſten Alpen die ganze Schweitz bis an den Jura verwandelt in ein Wolkenmeer. Hoch glaͤnzten ſie wie Schnee, doch hatten ſie viel von der weichen Farbe der Wolle; die Flaͤche war eben und gefaͤrbt, wiedasIV Band. O106Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendas Weltmeer an einem ruhigen Sommerabend. Weſtwaͤrts war die einfoͤrmige Kette der Gebirge des Jura abgelegenen Kuͤſten aͤhnlich; hin und wieder erhoben Berge ihre Gipfel, wie Inſeln. Einige waren mit vielen Heerden bedeckt, welche bald in das Meer herab, und bald aus demſelben emporgeſtiegen kamen; andere In - ſeln ſchienen oͤde, verſchiedene ſcheußlich, wie die im Oberon. Die untergehende Sonne warf nach und nach auf dieſes Meer alle Farben der Morgenroͤthe; unmerk - bare Schatten milderten den hohen Glanz. Jede Wolke, die durch den Wind aus dem Gebirge herbeygefuͤhrt wurde, ſank wie Sand, und nahm ihre Stelle ein. Eine halbe Stunde bey dem helleſten Himmel dauerte dieſes Schauſpiel, als ploͤtzlich das Meer ſich an vielen Orten aufthat, und anſtatt ungeheurer Wunder eine große Menge Schloͤſſer, Staͤdte, Flecken und Auen entdeckte.

Eine andere romantiſche und uͤberaus praͤchtige Abendſcene der Schweitz wer - den die kennen, die auf den Hoͤhen um Bern die Malerey des untergehenden Lichts auf den Eisbergen zu beobachten Gelegenheit gehabt haben. Dort ſtreckt das Wetterhorn den nie beflognen Gipfel Durch einen duͤnnen Wolkenkranz; Beſtrahlt mit roſenfarbnem Glanz Beſchaͤmt ſein graues Haupt, das Schnee und Purpur ſchmuͤcken, Gemeiner Berge blauen Ruͤcken. v. Haller.Allein es iſt nicht blos das Wetterhorn, ſondern auch das Schreckhorn und andere erſtaunliche Spitzen der oberſten Alpen, die in einer langen Kette von vielen Meilen ſich fortſtrecken, und ſich uͤber den blauen Ruͤcken der niedrigen Gebirge, die vor ihnen liegen, erheben. Dieſe große Strecke von Gebirgen, die mit ewigem Schnee bedeckt ſind, ſchmuͤckt ſich, wie der Dichter ſagt, mit roſenfarbnem Glanz und Purpur, wenn die Sonne bereits nicht mehr am Horizonte ſichtbar iſt. Weit umher ſchimmern zuerſt die beſchneyten Spitzen von einem heitern Abendglanz. Bald darauf ergreift die Natur die hoͤchſten Purpurfarben, und ummalet einige Minuten lang die oberſten Gipfel; alle ihre ſtaͤrker erleuchteten Abhaͤnge fangen an mit zu glaͤnzen, bis die ganze Strecke der Gebirge und der Schneemaſſen in lauter Strahlen ſchwimmt. Nach ei - nigen Augenblicken, da dieſes alle Beſchreibung uͤbertreffende Schauſpiel die Augen entzuͤckt, erblaſſet der Purpur, und eine gemilderte Roſenfarbe nimmt ſeine Stelle ein. Allmaͤlig erbleichet auch dieſe in ein ſanftes Violet, das hin und wieder noch mit glim - mendem Roth durchwebt iſt. Das Violet verdunkelt ſich immer tiefer, und ver -ſchwindet107nach dem Charakter der Gegenden. ſchwindet nach und nach in die allgemeine Farbe der Daͤmmerung. Die Pracht die - ſer wunderbaren Malerey erreicht keine Kunſt in irgend einem Bilde; ihr Eindruck ſteigt uͤber alle Macht der Sprache; ſo oft habe ich ſie und immer mit gleichem Ent - zuͤcken betrachtet; und Fremde, die ich zu dieſem Schauſpiel fuͤhrte, hoben zuweilen bey dem Anblick die Haͤnde in die Hoͤhe, und riefen voll Erſtaunen aus: Allmaͤchtige Natur, welche Scene!

[figure]

2.

Es konnte nicht fehlen, daß Leute von reinem Geſchmack, die in romantiſchen Gegenden wohnten, auch romantiſche Gaͤrten waͤhlten. Die vornehmſte WeisheitO 2beſtand108Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenbeſtand hier darinn, daß man die Anlage der Natur nicht zerſtoͤrte, nicht umzuſchaffen ſtrebte, ſondern ſie annahm, wie ſie angeboten ward, und ſie nur durch einigen Bey - ſtand der Kunſt, ſo viel ſie bey dieſem Charakter vermag, zu unterſtuͤtzen ſuchte. Man ſehe die hier folgenden Beſchreibungen.

Ilam. *)Youngs Reiſe durch die oͤſtlichen Provinzen von England, 4ter Br.

Ungefaͤhr drey Meilen von Akeover liegt Ilam, der Sitz des Ritters Port. Einen romantiſchern Garten wird man nicht leicht in England finden. Ein ſchma - les Thal iſt von hohen oder vielmehr ſteilen und mit Waldung bedeckten Huͤgeln um - geben, welche ein vollkommenes Amphitheater ausmachen. Ein reißender Strom ſchießt auf einer Seite am Fuß derſelben fort, und an der andern iſt ein Gang, von dem man den ganzen Umfang uͤberſieht. Einen edlern Anblick von einer Waldung, die von einem ſteilen Felſen gleichſam herabhaͤngt, kann man ſich nicht denken. Beym Eingange des Thales fuͤhret der Weg einen Steinfelſen hinan, von dem man an eini - gen Stellen in den Fluß hinabſieht, an andern aber nur ſein Getoͤſe, wie er uͤber Fel - ſen rauſchet, hoͤret. Am Ende des Thals trifft man an der Waſſerſeite eine Bank an, von der man das Ganze uͤberſieht. Der Eingang ſcheint von hier verſchloſſen zu ſeyn, weil man gegen einen entfernten Berg von regelmaͤßiger Form eines abge - kuͤrzten Kegels ſieht. Die uͤber den Fluß geſchlagene Bruͤcke ſchadet dem Proſpect beynahe, weil ſie gegen den praͤchtigen Anblick des großen Waldes und gegenuͤber lie - genden Berges zu klein ausfaͤllt. Es ſollte entweder gar keine Bruͤcke da ſeyn, oder ſie ſollte aus einem einzigen kuͤhnen Bogen beſtehen, um mit dem Uebrigen dieſer praͤchtigen Scene uͤbereinzuſtimmen. Unter dem Felſen im Garten entſpringen zwey Fluͤſſe; der eine davon iſt der Hamps, und der andre der Manifold, welcher ſieben Meilen unter der Erde fortlaͤuft. Wenn man zu Wetton Spreu hineinwirft, ſo koͤmmt ſie hier als aus einer ſtarken Quelle wieder hervor, und faͤllt nicht weit von hier in die Dove.

Cocken. **)Aus Youngs Reiſen durch die noͤrd -lichen Provinzen von England, 15ter Br. Cocken liegt zwiſchen Durham und New - kaſtle, und gehoͤrt dem Hrn. Carr, Eſq.

Cocken hat den Vortheil eines angenehmen Fluſſes, der an einigen Stellen ſchnell, an andern ſanft fließt, und deſſen Ufer bald mit ſteilen Felſen, bald mit uͤber -haͤngenden109nach dem Charakter der Gegenden. haͤngenden Baͤumen, bald mit eingezaͤunten Wieſen abwechſeln. Die Kunſt hat wei - ter nichts dabey gethan, als daß ſie dem Zuſchauer dieſe natuͤrlichen Schoͤnheiten aus dem beſten Geſichtspunkte zeigt. Nordwaͤrts vom Hauſe liegt im Walde ein Platz von runder Form. Hier zeigt ſich zwiſchen ein Paar waldigten Huͤgeln in der Ent - fernung die Thurmſpitze von Cheſter auf eine maleriſche Art; unter ſich ſieht man in einer jaͤhen Tiefe den Fluß in artigen Kruͤmmungen. Ueberhaupt hat die Gegend ein wildes, unangebautes Anſehen; zur Linken giebt aber ein Huͤgel mit Wald der Scene eine Abwechſelung. Von hier fuͤhrt der Weg links zur Meyerey, wo ſich ein ganz verſchiedener Proſpect zeigt. Man uͤberſieht hier ein angebautes Land, das der Fluß theilt; rechts ſteht ein großer Felſenklumpen, der mit Holz bewachſen iſt. Man wird darauf den Huͤgel hinab durch eine große Wieſe an den Fluß gefuͤhrt. Der Gang geht darauf in den Wald an den Felſen fort. Er iſt laͤngſt dem Fluſſe aus dem Felſen gehauen. Dieſe Felſen ſtellen einen romantiſch ſchoͤnen Anblick dar; die Kluͤfte ſind mit hohen Eichen und andern Baͤumen bewachſen, und drohen uͤber den Kopf des Vorbeygehenden herabzufallen. Saldator Roſa kann die wilde Natur nicht ſchoͤner malen. Der Fluß traͤgt viel zur Verſchoͤnerung dieſes Auftrittes bey; er rauſcht uͤber Felſen und Steine weg, und vermehrt die Wildniß dieſer Gegend. Bald darauf kommt man aus dieſen Felſen in ein Thal voll Gras, wo ſich der Pro - ſpect auf einmal wieder aͤndert. Auf einer Seite des Fluſſes iſt ein mit Wald beſetz - ter Huͤgel, und die andre zeigt ſich durch eine ſchmale Reihe von einzelnem Gebuͤſch auf eine angenehme Weiſe. Sieht man ſich nach den zuruͤckgelaſſenen Felſen um, ſo ſpiegeln ſie ſich an den Orten, wo der Fluß ſanfter fließt, ſehr maleriſch.

Geht man weiter, ſo wird man allmaͤlig zwiſchen den Baͤumen alte Ruinen am Ufer gewahr; ſie ſind meiſt mit Epheu bewachſen, und hinter ihnen erhebt ſich ein Wald. Der Fluß fließt hier wieder ſchnell unter neuen Felſenwaͤnden fort. Den Ruinen der Abtey gegenuͤber machen die Felſen eine artige Kruͤmmung, und unter ih - nen ſchlaͤngelt ſich der Fluß und die Terraſſe im beſten Geſchmack. Man hat hier ein Amphitheater von Felſen und Waldung vor ſich. Setzt man ſich auf eine hier ange - brachte Bank, ſo hat man einen herrlichen Proſpect. Zur Rechten ſteht eine maje - ſtaͤtiſche Felſenwand; der Fluß verliert ſich zwiſchen ihr und dem gegenuͤber liegenden Walde; zur Linken ſtreckt ſich ein waldigter Huͤgel. Wenn man zu der Laube auf den Huͤgel rechter Hand geht, ſieht man eine Strecke Waldung, die gleichſam uͤber eine Menge gebrochener Felſenklumpen heruͤberhaͤngt. In der Tiefe ſchlaͤngelt ſich der Fluß, theilt ſich in verſchiedene große Maſſen Waſſers, giebt dieſer romantiſchen Ge - gend die angenehmſte Abwechſelung, und verliert ſich zuletzt in den Wald. Gegen -O 3uͤber110Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenuͤber ſieht man jenſeits des Fluſſes die Ruinen der alten Abtey in einem Keſſel liegen. Ueber ſie hinaus hat man eine weite Ausſicht uͤber eingezaͤunte Felder hin.

Von hier geht man durch einige Einzaͤunungen, und kommt wieder in die Sce - nen dieſes Parks. Der Fußſteig laͤuft an dem Rande eines waldigten Abgrundes fort, und geht durch einen wilden ſteinigten Weg zum Fluſſe hinab, der hier ſanft fortfließt. Man gelangt wieder an einen Ort, wo große mit Wald bewachſene Fel - ſenklumpen herabhaͤngen, und alle Augenblicke den Einſturz drohen. Nach vielen Kruͤmmungen durch den Wald kommt man endlich auf der Terraſſe vor dem Hauſe an, wo man eine ganz andre Ausſicht antrifft, als man bisher gehabt hat. Man ſieht auf ein mit Wald beſetztes Thal hinab, und hoͤrt das Brauſen eines zwiſchen den Felſen fortrauſchenden Baches, ohne ihn irgendwo mit den Augen zu entdecken; dies hat die Wirkung, daß man ſich den Abgrund viel tiefer vorſtellt, als er wirklich iſt.

Craighall. *)Pennant’s Reiſe durch Schottland und die Hebridiſchen Inſeln. Aus dem Engl. 2ter Th. 1780. S. 205.

Craighall, ein Landhaus, zwey Meilen nordwaͤrts von Blairgowrie in Schottland, hat eine unbeſchreibliche romantiſche Lage. Es liegt mitten in einem tiefen Thale, das uͤberall mit unabſehlichen traurigen Heiden umgeben iſt, auf denen man noch eine Menge Grabhuͤgel antrifft. Das Haus ſelbſt ſteht auf dem Rande eines Abhanges, unter welchem der tiefe Fluß Erecht finſter vorbey rauſcht. Es hat gegen Norden etwa eine halbe Meile weit die ſchoͤnſte und zugleich die fuͤrchterlichſte Ausſicht, die ſich denken laͤßt. Etwa eine Meile davon wird der Fluß, der bis da - hin zwiſchen allmaͤlig abfallenden Ufern, die uͤberall mit mannigfaltigen Baͤumen be - deckt ſind, ruhig fortfloß, durch ungeheure Felſen, zwiſchen deren Spalten mooſichte Eichen hervorwachſen, und ihre Zweige uͤber den Fluß mit einander vereinigen, in einen engen Kanal eingeſchraͤnkt. Der Strom, der hier voͤllig unſichtbar iſt, macht ein fuͤrchterliches Geraͤuſch, welches durch den Wiederhall der Hoͤhlen auf beyden Seiten noch ſchrecklicher wird. Endlich wird der Fluß in ſeinem Laufe durch ein hohes Vorgebirge, Lady Lindſays Schloß, von einer Dame, die in einer Kluft darauf gewohnt haben ſoll, genannt, unterbrochen. Nach verſchiedenen andern Kruͤmmungen nimmt er ſeinen Lauf gerade auf Craighall zu, und benetzt unterwegs verſchiedne uͤberhaͤngende Felſen, wovon einer ungeheuer groß und voͤllig glatt an derVorder -111nach dem Charakter der Gegenden. Vorderſeite iſt, an deſſen Fuß in einer Hoͤhle das beſtaͤndige Herabtroͤpfeln des Waſſers gehoͤrt wird.

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3.

In der Bildung romantiſcher Gaͤrten kann die Kunſt faſt nichts ſchaffen, wie ſchon bemerkt iſt; alles, was ihr uͤbrig bleibt, iſt eine kleine Nachhuͤlfe zur Fortlei - tung der Natur auf dem Wege, den ſie ſich ſelbſt gebahnt hat, und hie und da eine begleitende Verſtaͤrkung.

Die vornehmſte Pflicht der Kunſt bey dieſem Charakter iſt, nichts zu verder - ben. Er verwirft alles Zierliche und Geſchmuͤckte; er verlangt, daß keine zaͤrtlicheVerſchoͤ -112Dritter Abſchnitt. GaͤrtenVerſchoͤnerung die Zuͤge ſeiner urſpruͤnglichen Wildniß ausloͤſche, und fordert die ihm entriſſene Regelloſigkeit als ſein Eigenthum wieder zuruͤck.

Die Gebaͤude in romantiſchen Gegenden oder Gaͤrten heiſchen die meiſte Ue - berlegung und Vorſichtigkeit. Ein feines Luſthaus, ein zierlicher Tempel ſind fuͤr dieſen Charakter gar nicht anpaſſend, ſo gewoͤhnlich man ſie auch ſieht. In Revie - ren mit Felſen und Kluͤften ſind Hoͤhlen oder Grotten*)S. 3ten B. S. 84-96. ſehr zuſtimmende Werke. Allein man kann ihnen noch einen Anſtrich des Wunderbaren mehr geben, indem man ſie Zauberern, Hexen, Rieſen, Geſpenſtern, Feen und andern Geſchoͤpfen der Phan - taſie widmet, abentheuerliche Begebenheiten von ihnen verbreitet und in Inſchriften erzaͤhlt. Die Sage des Volks geht hier als Beyſpiel voran; ſie bewahrt noch in ſo vielen Laͤndern die Annalen des Aberglaubens. Was ſie von der Teufelsbruͤcke auf dem St. Gotthardsberge berichtet, iſt bekannt. Bey Kirkby-Lousdale in Yorkſhire befindet ſich uͤber einen Strom eine merkwuͤrdige Bruͤcke von drey Boͤgen aus gehauenen Steinen. Man findet von ihrem Alter keine Nachricht. Aber die Sage des Landvolks erzaͤhlt: der Teufel habe ſie in einer Nacht im windigten Wet - ter gebauet; er hatte nur eine Schuͤrze voll Steine dazu, und zum Ungluͤck riß das Band ſeiner Schuͤrze, als er uͤber einen Berg wegflog, wodurch er viele verlor; ſonſt wuͤrde die Bruͤcke weit hoͤher geworden ſeyn. Die Einbildungskraft, die ſchon durch den Eindruck der Gegend empoͤrt iſt, ſchweift gern in ſchwaͤrmeriſchen Bildern zuͤgellos umher, entflammt ſich aus der Erinnerung von hundert Maͤrchen, die einſt die Amme oder der Kuͤſter erzaͤhlte, verjuͤngt alte Erſcheinungen, wandelt und bildet neue Ge - ſtalten, und leihet den Scenen einen Schauer, den die Natur und die Vernunft nicht kennen, und den gleichwohl jene zu veranlaſſen, und dieſe nicht zu verwerfen ſcheint. Außer den Inſchriften koͤnnen die Zauberhoͤhlen mit phantaſtiſchen Bildern ausgeziert werden; das Ausſchweifende und Abentheuerliche, das an jedem andern Orte ver - werflich waͤre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann ſelbſt Feenpalaͤſte errichten, ſie dieſer oder jener Feengottheit widmen, ſie mit allem Wunderbaren der Zeit, woraus ſie entlehnt find, fuͤllen, hier den Orlando des Arioſt, oder Wie - lands weit mehr zauberiſche Werke, Idris, Amadis, und Oberon, auſſtellen, die Waͤnde mit Gemaͤlden von Kaͤmpfen der irrenden Ritterſchaft mit Rieſen und Ungeheuern, von bezauberten Schloͤſſern, von entfuͤhrten Prinzeſſinnen und andern ſeltſamen Begebenheiten ſchmuͤcken. Alles aber ſey ſorglos, wild und kuͤhn hin - geworfen; nichts verrathe aͤngſtliches Beſtreben nach Kunſt und Zierlichkeit. Die Bauart muß ſeltſam, regellos, abweichend von dem gewoͤhnlichen Gepraͤge und den angenehmen Verhaͤltniſſen der griechiſchen Architectur ſeyn; etwa wie in dieſemGebaͤude,113nach dem Charakter der Gegenden. Gebaͤude, das der Architect, da er es vielleicht im hohen Gefuͤhl ſeiner erfinderiſchen Kunſt zeichnete, wohl eben nicht fuͤr uns als ein Beyſpiel des Sonderbaren beſtimmte.

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Einige Ueberbleibſel der mauriſchen Baukunſt in Spanien zeigen, daß ſie dem Cha - rakter des Romantiſchen beſonders angemeſſen ſcheint. Unerwartete Springwaſſer,*)S. 2ten B. S. 126. die ſich fuͤr Gebaͤude dieſer Art ungemein ſchicken, wuͤrden hier von einer uͤberaus gluͤck - lichen Wirkung ſeyn, wenn dieſe nicht ſchon durch die allgemeine Nachahmung der al - ten Manier zu ſehr geſchwaͤcht waͤre. Alle uͤbrige Werke der Architectur, die in ro - mantiſchen Gegenden erſcheinen, muͤſſen kuͤhn und ſonderbar ſeyn, wie z. B. eine ſchwebende Bruͤcke, die auf beyden Ufern an Baͤumen befeſtigt iſt.

WieIV Band. P114Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Wie viel allein ſtarke Entgegenſtellungen zur Hervorbringung des Romantiſchen wirken, das lehrt die Anlage auf der beruͤhmten Inſel, Iſola bella. *)S. 1ſten B. S. 31. 32.Das ganze Werk iſt in dieſer Lage ein kleines Wunder einer romantiſchen Scene.

Auch koͤnnen Anpflanzungen hie und da in romantiſche Reviere eingeſtreut wer - den. Nur duͤrfen ſie zuvoͤrderſt in keinen wohlgeordneten Gruppen beſtehen, ſondern muͤſſen wilde, rohe, nachlaͤſſig hingeworfene Klumpen ſeyn. Die Baͤume muͤſſen demnaͤchſt in ihrer Geſtalt etwas Sonderbares zeigen. Und vornehmlich iſt hier auf die Beſchaffenheit des Laubwerks Ruͤckſicht zu nehmen. Von dieſer Seite ſtimmen einige Arten und Abarten (Varietaͤten) von Baͤumen trefflich in den Ton des Roman - tiſchen ein, den die natuͤrlichen Lagen und Bildungen der Gegenden ſelbſt angeben. Ungewoͤhnliche und ſeltſame Farbe des Laubes iſt zunaͤchſt das Verſilberte, oder Weiße und Weißliche, wie in der nordiſchen weißen Eller (Alnus incana, d. R.), weißen Pappel, dem Mehlbeerenbaum (Crataegus Aria, L.), dem wilden Oelbaum (Elaea - gnus anguſtifolia, L.), dem orientaliſchen Mandelbaum (Amygdalus orientalis, M.), dem weidenblaͤttrigen Seekreuzdorn (Hippophae rhamnoides, L.), der Stauden - melde (Atriplex Halinus, L.).

Andre Arten und Abarten von Baͤumen und Straͤuchern ſchicken ſich wegen ih - res bunten oder geſcheckten Laubes ungemein zu romantiſchen Scenen. Hieher gehoͤ - ren: der nordamerikaniſche Bergahorn mit geſcheckten Blaͤttern (Acer Penſylvanicum foliis variegatis, du Roi. ), der gemeine Ahorn mit ſcheckigten Blaͤttern (Acer majus, foliis eleganter variegatis, d. R.), der rothbluͤhende virginiſche Ahorn (Acer rubrum, L.), die Lenne mit ſcheckigen Blaͤttern (Acer Platanoides, foliis eleganter variegatis, d. R.), die ſcheckige Eller (Alnus foliis variegatis, Münchhauſen. ), die Hainbuͤche mit geſcheckten Blaͤttern (Carpinus Betulus fol. variegatis, L.), der Corneelkirſchen - baum mit geſcheckten Blaͤttern (Cornus foliis eleganter varieg. d. R.), die Buche mit gelbgeſcheckten Blaͤttern (Fagus foliis ex luteo varieg. Münchh. ), der ſcheckige Kaſtanienbaum (Fagus caſtanea foliis ex aureo eleg. var. Münchh. ), die ſcheckige Eſche (Fraxinus foliis ex luteo var. Münchh. ), die ſcheckige Eiche (Quercus vulga - ris fol. ex albo varieg. L.), die ſpitzblaͤttrige Sohlweide mit geſchecktem Laube (Salix acuminata fol. var. d. R.), der ſcheckige Hollunder (Sambucus fol. ex luteo var. L.), der ſcheckige Spierlingbaum (Sorbus fol. ex luteo varieg. L.), die weißgeſcheckte kleinblaͤttrige Ulme (Ulmus ſativa, fol. ex albo varieg. d. R.), die hollaͤndiſche ſche - ckige Ulme (Ulmus hollandica fol. var. d. R.); verſchiedene Abarten von der Stech - palme (Ilex aquifolium, L.) mit gelb und weißgeſcheckten Blaͤttern, ferner von der Roßkaſtanie, von der Ketmia oder dem ſyriſchen Pappelbaum (Hibiſcus ſyriacus, L.),vom115nach dem Charakter der Gegenden. vom Kirſchlorbeerbaum (Pr. Pad. Lauroceraſus, L.), vom ſpaniſchen Hollimber (Sy - ringa), vom Sinngruͤn (Vinca minor, L.), u. ſ. w.

Hieher gehirt außer dieſen nicht allein die Blutbuche (Fagus ſylvatica fol. atro - rubentibus, Münchh. ), die wegen ihrer hochrothen und nachher in das Schwarzrothe fallenden Blaͤtter ein fremdes Anſehen hat, ſondern auch der Parukenbaum (Rhus Co - tinus, L.), bey dem die Stiele der abgefallenen Blumen, die vorher glatt waren, mit feinen roͤthlichen Haaren uͤberkleidet werden, die einen ganz ſeltſamen rauhen An - blick darſtellen.

Auch giebt es einige Pflanzen, die ihrer ſonderbaren Eigenſchaften wegen ſich in romantiſchen Anlagen zu ſchicken ſcheinen, als verſchiedene Arten von Aron (Arum, L.) und vom Leberkraut (Lichen, L.), der dreyfarbigte Amaranth (Amaranthus tricolor, L.) mit Blaͤttern, worauf das Gruͤne, Rothe und Gelbe ſehr ſeltſam vereinigt ſind, die Schwalbenwurzel (Aſclepias nigra, L.) mit ſchwarzen Blumen, der Fingerhut mit eiſenfarbenen Blumen (Digitalis ferruginea, L.), die Eberwurz (Carlina acau - lis, L.), wovon das Kraut ſich auf dem Boden ausbreitet, und das Anſehen von ſtachlichten Diſteln hat, die anſehnliche Blume aber nur einzeln ohne Stengel oder doch auf einem ſehr niedrigen ſteht, und bey hellem Sonnenſchein einen ſtarken Silber - glanz von ſich wirſt, u. a.

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116Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

IV. Feyerlicher Garten.

1.

Gaͤrten im erhabenen und feyerlichen Styl laſſen ſich nicht durch die Kunſt der An - pflanzung ſchaffen; wenigſtens wuͤrde oft mehr als ein Menſchenalter voruͤber - ſchwinden, ehe angepflanzte Baͤume von einem ſchnellen und emporſchießenden Wuchs ein ſolches Anſehen erhielten, daß ſie eine recht fuͤhlbare Wirkung des Erhabenen her - vorbraͤchten. Allein die Natur hat fuͤr dieſes Beduͤrfniß durch die hohen Eichen und Buchen geſorgt, die wir ſchon aus der Vorwelt in unſern Waͤldern vorfinden, und durch große Klumpen von Tannen und Fichten, die in bergigten und felſigten Hoͤhen emporſteigen. Man muß demnach große und dunkle Waldſtuͤcke ausſuchen, wo ſich Baͤume dieſer Art erheben, deren Gipfel ſich in den Wolken verhuͤllen, und deren aus - gebreitete Aeſte einſt ſchon lange vermoderte Geſchlechter beſchatteten.

Allein es kommt hiebey noch viel auf die Lage an. Wenn ein Hayn oder eine Gruppe von Eichen oder Buchen, oder Tannen und Fichten, von einer außerordentli - chen Groͤße und Hoͤhe, auf einem Berge oder auf einem Vorgebirge am Meere ſtehen, oder wenn ſie ſich von einem Abhange erheben, wovon der Blick in eine anſehnliche Tiefe hinabſtuͤrzt; ſo muß jeder Anſchauer von unverfaͤlſchtem Gefuͤhl hier eine Natur - anlage vom erhabenen Charakter wahrnehmen. Noch mehr verſtaͤrkt ſich der Cha - rakter dieſer Lage durch Ausſichten in eine weite hinausdaͤmmernde Ferne, oder auf naͤhere erhabene Gegenſtaͤnde, wie Gebirge, Felshoͤhen, dunkle Waͤlder, die in der Luft zu ſchweben ſcheinen, das Meer, oder eine Reihe tiefer und finſtrer Bergthaͤler ſind. Erſcheint in dieſem Gemaͤlde noch ein altes gothiſches Schloß, das halb von der Zeit zertruͤmmert auf einer felſigten Spitze ſich zwiſchen unfoͤrmlichen Maſſen von Waldbaͤumen erhebt, ſo ſcheint die Wirkung des Feyerlichen ihre Vollendung zu erreichen.

Der Charakter des Erhabenen*)S. 1ſter B. S. 194. 198. 199. 220. 221. 2ter B. S. 85. 104-106. 119-124. bildet ſich demnach vornehmlich in Gebirgen und hohen felſigten Landſchaften. In dieſer Lage ſind finſtre Gehoͤlze, Tiefen, Stroͤ - me, brauſende Waſſerſtuͤrze, Ausſichten in unermeßliche Gegenden hin, in die Ma - lereyen der unabſehbaren Ferne, in die mannigfaltigen Schauſpiele der benachbarten Wolken oder auf rauchende Vulkane, oder auf das graͤnzenloſe Meer, ſein Eigen - thum. Die Kunſt der Pflanzung weicht hier ohnmaͤchtig zuruͤck. Alles muß groß, ausgedehnt, ſtark, kuͤhn, ein Werk der allmaͤchtigen Natur ſeyn. Eine gewiſſe roheWildniß,117nach dem Charakter der Gegenden. Wildniß, eine gewiſſe kuͤhne Unordnung, eine gewiſſe nachlaͤſſige Haͤufung von ſtar - ken regelloſen Maſſen, ſind von dem Charakter des Erhabenen faſt unzertrennlich. Keine feine und zierliche Gebaͤude gehoͤren ihm zu; ſondern bejahrte Bergſchloͤſſer und Thuͤrme, die von Felſen hangen, und ſelbſt Ruinen von majeſtaͤtiſchen Gebaͤuden, welche Zeit und Wetterſtrahl nur allmaͤlig mit Muͤhe zerſtoͤrten. Obelisken und Saͤu - len von rohen Felsſteinen, die an heroiſche Begebenheiten der Vorwelt oder an alte Helden erinnern, ſcheinen die Denkmaͤler zu ſeyn, die ſich zu dieſer Lage ſchicken. Die Bruͤcken muͤſſen roh von Felsſtuͤcken zuſammen geworfen ſeyn, oder aus kuͤhnen und ſtarken Boͤgen beſtehen. Eine tiefe Stille, die auf unbewohnten Bergen und fel - ſigten Hoͤhen zu herrſchen pflegt, und nur zuweilen von der Stimme des Sturms oder des nach Raub ſchreyenden Adlers unterbrochen wird, iſt nicht weniger erhaben, als das Getoͤſe wilder Waſſerfaͤlle, die in klippenvolle Abgruͤnde hinunter toben, und der donnernde Wiederhall von der Felſenwand. Die Ausſichten von Gebirgen auf das Meer zur Zeit des Sturms oder in einer ſtillen Mondnacht, oder in Wolken hinab, worinn ein Gewitter kaͤmpft, ſtellen dem Auge ſehr erhabene Zufaͤlligkeiten dar.

2.

In gebirgigten Laͤndern, als in Norwegen, in Schottland und in der Schweitz bildet die Natur ihre feyerlichen Gegenden. Wie viele Landſitze giebt es nicht, beſonders in der Schweitz, die, nach ihrer Lage an den untern Bergen der Alpen und nach ihren Ausſichten, ganz zu dieſem Charakter gehoͤren! Auch Marien - luſt*)S. 3ter B. S. 211-213. kann wegen der heroiſchen Lage hieher gerechnet werden.

Weil erhabene und feyerliche Gegenden fuͤr die Bewohnung ſelbſt meiſtens zu rauh und unbequem ſind; ſo werden die Wirkungen dieſes Charakters leichter durch die Nachbarſchaft ſolcher Gegenden und durch die Ausſichten in ſie erreicht. So verhaͤlt es ſich in dieſen Anlagen.

Edgecombe bey Plymouth. **)Baretti Reiſen durch England, Portugall, ꝛc. 6ter Brief.

Edgecombe iſt ein Vorgebirge, das auf der rechten Seite von Plymouth in die See hineinliegt. Es gehoͤrt einem engliſchen Lord, der ein Landhaus darauf an - gelegt hat, das in Anſehung ſeiner Lage vielleicht wenig ſeines gleichen in der Welt hat. Dies iſt viel geſagt; wer es aber ſieht, der muß uͤber den unermeßlichen Raum, der ſich dem Auge darbietet, erſtaunen. Aus den Fenſtern uͤberſieht man die graͤn -P 3zenloſe118Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenzenloſe Flaͤche des Meers, ſo weit als das Auge reicht; dieſe wird in einer Weite von zehn (engl.) Meilen durch einen kleinen Felſen unterbrochen, worauf ſich ein Leucht - thurm befindet, der gleichſam von Natur da ſieht. Er heißt Eddig-ſtone, und iſt, ſeiner Entfernung ungeachtet, ſehr ſichtbar. Zur Linken ſieht man von dieſem Ge - baͤude die Inſel St. Nikolas, die Citadelle, das Arſenal und die Stadt Plymouth. Der Hafen iſt mit Kriegs - und andern Schiffen von allerley Groͤße angefuͤllt, die theils ſegeln, theils vor Anker liegen, und unzaͤhlige kleine Fahrzeuge rudern oder ſe - geln beſtaͤndig hin und her. Auf der Landſeite uͤberſieht man einen großen Strich der fruchtbarſten Gegend, worinn Huͤgel und eine Menge kleiner Fluͤſſe die angenehmſte Abwechſelung machen. Unter den Fenſtern und beym Park ſieht man Tannhirſche, Rindvieh, Gaͤnſe, welſche Huͤner und anderes Vieh auf gruͤnem Raſen, der mit ei - nem runden Spatziergang eingefaßt iſt, in ruhiger Stille weiden, welches einen arti - gen Contraſt mit dem Getuͤmmel des Hafens macht.

Rosline bey Edinburg. *)Tophams Briefe von Edinburg geſchrieben im Jahr 1774-75. ꝛc. aus dem Engl. 8. 1777. 40ſter Brief.

Eine engliſche Landſchaft zeigt die ausgebeſſerte und cultivirte Natur. Ob ſie gleich oft ungemein romantiſch iſt, ſo faͤllt ſie doch uͤberhaupt zu ſehr ins Kleine, und der Proſpect iſt zu eingeſchraͤnkt. Das Auge faßt das Ganze ſehr bequem mit einem einzigen Blick. Aber in Schottland iſt ein gewiſſer Charakter der Groͤße und Ma - jeſtaͤt in jedem Theile ſichtbar. Die Natur ſcheint hier im Großen zu arbeiten; alle ihre Werke ſind kuͤhn, ſtark, und die Verbeſſerungen der Kunſt haben ihnen keine Feſſeln angelegt.

Man ſetze hinzu, daß der Anblick des Himmels eben ſo ausnehmend, und eben ſo abwechſelnd, als die Geſtalt des Landes, iſt. Die Winde, die hier mit beſonderer Gewaltſamkeit regieren, machen, daß die Luft die Stille und Heiterkeit nicht haben kann, die allein ein gewiſſes ruhiges und munteres Anſehen giebt. Die von den un - geſtuͤmen Stuͤrmen herumgetriebene Wolken nehmen tauſend eingebildete Geſtalten an, veraͤndern ſich eben ſo ploͤtzlich, und ſtellen andere eben ſo ſeltſame Bilder dar. Man darf ſich daher uͤber die wilde Einbildungskraft Oſſians nicht wundern, der Weſen von ſeiner eigenen Schoͤpfung aus ihnen macht; ſie in Seelen abgeſchiedener Helden oder in boͤſe Geiſter, die mit Tod und Verwuͤſtung ſchwanger gehen, verwandelt.

Die119nach dem Charakter der Gegenden.

Die[maleriſcheſte] Scene, welche die Einbildungskraft zu ſchildern im Stande iſt, ſtellt das Schloß Rosline nahe bey Edinburg vor, das nun verfallen iſt. Der dahin fuͤhrende gewoͤlbte Thorweg zeigt alle Merkmale, welche die Zeit und die un - freundliche Witterung in ſeinen Mauern gemacht haben. Innerhalb des Thors er - ſcheinen die verfallenden Ueberbleibſel des Schloſſes ſelbſt, die aus zerbrochenen und un - geſtalten, hie und da umgeſtuͤrzten Saͤulen, beſtehen; einige erheben ſich ſehr hoch in die Luft, andere ſind mit dem Boden gleich; einige ſind mit Epheu bewachſen, andere nackt und blos, alle aber tragen die ehrwuͤrdigen Kennzeichen ihrer ehemaligen Groͤße und Pracht. Die Sonne, die ihre Strahlen bald zwiſchen dem eingeſtuͤrzten Ge - woͤlbe hineinfallen laͤßt, bald wieder in den Wolken eingehuͤllet wird, giebt ihnen ein vortheilhafteres Anſehen. Ueber dem Schloß an der linken Seite erhebt ſich ein ſtei - ler Berg, deſſen Abhang bis an den Gipfel mit Gebuͤſchen bedeckt iſt, außer einigen Stellen, wo der kahle Fels da und dort her durchſcheint, oder ein Waſſerguß her - unterfaͤllt.

Auf einem Berge außerhalb dem Schloſſe liegen die Truͤmmer von dem, was ehemals die Außengebaͤude des Schloſſes geweſen ſind, in ſeltener Unordnung. Ge - genwaͤrtig iſt nichts davon zu erkennen, als der Bogen eines Fenſters, aus dem man eine ſchoͤne Ausſicht auf die Gegend unter ihnen hat. Kein ſchoͤneres Gemaͤlde kann man von Ruinen ſehen, als dieſer Bogen iſt; die Steine ſind muͤrbe geworden, ſeine Geſtalt faͤngt ſich ſchon an zu verlieren, und ein Theil iſt eingefallen. Ein alter hart daran wachſender Baum hat ſeine duͤrren Zweige durch die Mauern geſteckt, die ſich vom Winde bewegen, und einen hohlen traurigen Ton machen, der in der Stille und Dunkelheit der Mitternacht dem Beherzteſten ein Schrecken einjagen koͤnnte.

Unter dieſem Orte liegt eine kleine Ebne mit Huͤgeln umgeben, die ſich allmaͤlig uͤber ſie erheben. Ein kleines aber ſauberes Bauerhaus verſchoͤnert dieſen Fleck. Es iſt von dem Lande, auf dem das Schloß ſtehet, durch einen kleinen Bach getrennt. Der ganze Schauplatz iſt ein Gemaͤlde der Ruhe und der Einſamkeit. Er iſt an allen Seiten beſchuͤtzt, kein Sturm kann ihn beunruhigen, und falls ſein Bewohner je ein - mal ein Verlangen verſpuͤrte zu wandern, duͤrfte er nur ſeine Augen aufſchlagen und das Schloß Rosline betrachten, um die Nichtigkeit aller menſchlichen Groͤße zu er - kennen, den Stolz und die Staͤrke von Jahrhunderten zu Staube werden zu ſehen.

Die Huͤgel, die dieſe Ebne am naͤchſten umgeben, ſind mit dem ſchoͤnſten Gruͤn bedeckt; die darauf weidenden Schafe, und die auf die Oberflaͤche hinſcheinende Sonne geben ihnen ein ausnehmend maleriſches Anſehen. Hinter dieſen ſteigt eine andere Kette von Huͤgeln empor, die ganz im Schnee begraben ſind; und ob ſie gleich wahr - ſcheinlich viele Meilen von jenen entfernt liegen, ſo ſcheinen ſie doch daran zu ſtoßen. Die120Dritter Abſchnitt. GaͤrtenDie Schoͤnheit dieſes Contraſtes kann man ſich leicht vorſtellen; auf einigen alle Pracht der Gewaͤchſe in dem lebhafteſten Gruͤn; die andern in alle Schreckniſſe des Winters gekleidet. Man ſieht die Verbindung zweyer Jahrszeiten, die wirklich ſo ſehr entgegen ſtehen, als ſie vereint zu ſeyn ſcheinen. Ueber dieſe letztern Huͤgel zeigen ſich die Gebirge des Hochlandes in aller fuͤrchterlichen Majeſtaͤt ihrer vorzuͤglichen Hoͤhe und Groͤße.

Crouchets Garten auf dem Felſen von Gibraltar. *)Carters Reiſe von Gibraltar nach Malaga im Jahr 1772. Aus dem Engliſchen. 8. 1779. 1ſtes Buch, 7tes Kap.

Aus dieſem Garten, der noch hoͤher liegt, als die Feſtung, indem er auf einer Terraſſe gegen den Felſen erhaben iſt, kann man ſechzig Meilen in der Runde ſehen. Eine erſtaunende Ausſicht, die man vielleicht nirgends in der Welt findet. Man er - blickt drey Koͤnigreiche, das große Weltmeer, das um die Erde fließt, und die mit - tellaͤndiſche See, deren aͤußerſte Wellen das heilige Land beſpuͤlen. Auf der einen Seite hat man die Straße, deren Graͤnze das alte Koͤnigreich Mauritanien iſt, und unſer Auge beruͤhrt gleichſam und wandelt uͤber den anmuthigen Rand des Berges Abyla Barbeful hin, der bey den arabiſchen Dichtern ſo beruͤhmt iſt; von den weißen Thuͤrmen von Ceuta ſtrahlet die Abendſonne zuruͤck. In jenem flachen Lande liegt Tangier, das ehemals Großbritannien gehoͤrte. Das neue Algeziras und die ehrwuͤrdigen Truͤmmer von Carteja ſind Denkmaͤler der Unbeſtaͤndigkeit des ſtets wechſelnden Gluͤcks. Wie ſchoͤn erhebt das eine ſich aus dem Waſſer, und verbreitet ſeine ſtolze Mauern unter jenen Waͤldern; der Donner ſeiner Kanonen wird haͤufig uͤber die ganze Bucht gehoͤrt; da hingegen das beruͤhmte Carteja, eine roͤmiſche Co - lonie, und Hafen fuͤr ihre Flotten, in ſtillen Ruinen da liegt, und kaum noch einen Thurm hat, der es verkuͤndigen koͤnnte, was ſie ſonſt war. San Roque, eine neuere Feſtung der Spanier, ſitzt wie die Koͤniginn der umliegenden Huͤgel, und uͤberſieht ſie alle. Vier Meilen davon zur Linken modert auf einer ſtolzen Anhoͤhe Caſtillar, eine Stadt, deren Ruf und Wichtigkeit ſich mit dem mauriſchen Reiche anfieng und endigte. Vor ſich ſieht man in majeſtaͤtiſcher Hoͤhe die ungeheuern Ge - birge von Sierra de Ronda, deren Gipfel die Wolken beruͤhren, und deren uͤber - fluͤßige Fruͤchte und geſunde Luft ihre zahlreichen Einwohner mit Geſundheit und Ue - berfluß kroͤnen. Unter ihren oͤſtlichen Huͤgeln, nahe bey Munda, ſtritten ſich vor vielen Jahrhunderten Caͤſar und Pompejens Soͤhne um die Herrſchaft des roͤmi - ſchen Reichs; und auf jener azurnen Flaͤche, auf der Hoͤhe von Malaga, behauptetein121nach dem Charakter der Gegenden. in unſerm Jahrhundert die brittiſche Flagge die noch ausgebreitetere Herrſchaft uͤber die See wider die vereinigten Flotten des Hauſes Bourbon. *)Dieſen Sieg erhielt die engliſche Es - kadre den 24ſten Auguſt 1704 uͤber die ver - einigte franzoͤſiſche und ſpaniſche Flotte; erſtere beſtand aus 148 Schiffen.Mit bloßem Auge unterſcheidet man ganz bequem die kleine Stadt Eſtepona, und bey hellem Wetter ſieht man deutlich die rothen Mauern des Caſtells Marvella, wo die Kuͤſte wegen ih - res Weins beruͤhmt iſt. Die ganze Ausſicht wird von den Alpujarras und der Sierra Nevada, die man vollkommen ſehen kann, beſchloſſen, deren vom Anfang der Zeiten mit Schnee bedecktes Haupt dem fruchtbarſten und anmuthigſten Thal in der ganzen bekannten Welt, dem beruͤhmten Vega de Granada, kryſtallene Baͤche und ganze Stroͤme des vortrefflichſten Waſſers mittheilet.

Ausſichten des Aetna. **)Hrn. von Sauſſuͤre Reiſen durch die Alpen. Aus dem Franz. Vorrede des 1ſten Theils.

In den Lagen und Ausſichten, die ſich uns hier bisher gezeigt, mildert ſich hie und da das Heroiſche mit dem Romantiſchen und Anmuthigen. Aber wie ganz er - haben ſind die Ausſichten des Aetna mit den Betrachtungen, wie ſie ein Philoſoph von dieſer Hoͤhe anſtellt!

Er ſieht, wie die unterirrdiſchen Feuer ſich bearbeiten, der Natur das Waſſer, die Luft, das Brennbare und die Salze, die in den Eingeweiden der Erde verſchloſſen ſind, wieder zuruͤckzugeben; er ſieht, wie dieſe Elemente ſich aus dem Schlund eines ungemeſſenen Abgrundes erheben, und eine weiße Rauchſaͤule bilden, deren Durch - ſchnitt mehr als achthundert Klafter betraͤgt; er ſieht, wie dieſe Saͤule himmelan ſteigt, die hoͤchſten Schichten des Dunſtkreiſes erreicht, ſich da in ungeheure Kugeln zertheilt, die in großen Entfernungen dem azurnen Gewoͤlbe des Himmels nachzuſtreichen ſchei - nen. Er hoͤrt das dumpfe und tiefe Getoͤſe der Ausbruͤche, die durch die Entwicklung dieſer elaſtiſchen fluͤßigen Weſen verurſacht werden. Dieſes tobende Geraͤuſch rollt durch die langen und ausgedehnten Hoͤhlen der Abgruͤnde des Aetna, und die verglaſte Rinde, womit ſie uͤberzogen ſind, erbebt unter ſeinen Fuͤßen. Er ſieht ſich ferner um, und zaͤhlt und durchſchaut bis auf ihren Grund die Cratere der zahlreichen Seitenoͤff - nungen und Schornſteine, aus welchen der Aetna ehemals Stroͤme von verbrannten Materialien ausgoß, die aber nun ſchon laͤngſt erkaltet, und zum Theil mit Wieſen, Waͤldern und fruchtbaren Weinbergen uͤberdeckt ſind. Er bewundert die Maſſe dergroßenIV Band. Q122Dritter Abſchnitt. Gaͤrtengroßen Pyramide, welche das Ganze aller dieſer Vulkane bildet; ſie erhebt ſich mehr als zehntauſend Schuh uͤber das Meer, welches ihre Grundlage benetzt, und dieſe Grundlage ſelbſt hat mehr denn ſechzig Stunden im Umkreiſe. Inzwiſchen iſt die ganze Pyramide nichts, als der ausgebrannte Reſt von Materialien, welche ſchon er - waͤhnte Feuerſchluͤnde ſeit mehrern Jahrhunderten ausgeworfen haben. Und woruͤber der Beobachter noch vorzuͤglich erſtaunt, alle dieſe Ausbruͤche ſind nicht zulaͤnglich ge - weſen, in der Nachbarſchaft dieſes Berges die Materie des unterirrdiſchen Feuers zu erſchoͤpfen; denn er ſieht beynahe unter ſeinen Fuͤßen die aͤoliſchen Inſeln, die vor Zeiten durch dieſe Feuer hervorgeſtoßen worden, und ſolche noch immer von ſich ſpeyen. Betrachtet er aber den Koͤrper des Aetna ſelbſt noch genauer, ſo wird er gewahr, daß, waͤhrend aus den Eingeweiden der Erde Stroͤme von verglaſten Mineralien, die die Maſſe des Gebirges vermehren, hervorfließen, die Wirkung der Luft und des Waſſers nach und nach ſeine aͤußere Oberflaͤche erweicht; daß die Gießbaͤche, welche der Regen und geſchmolzene Schnee erzeuget, der ſelbſt auch im Sommer die mittlere Region des Berges umgiebt, die haͤrteſte Lava durchgraben, zernagen und in das Meer hinab - ſchwemmen. Er entdeckt auf der Abendſeite des Aetna die ſicilianiſchen und auf ſeiner Morgenſeite die italieniſchen Gebirge. Beyde faſt ganz kalkigter Art, ent - ſtunden vor alten Zeiten in dem Grunde des Meers, uͤber welches ſie heut zu Tage herrſchend herabſehen; aber auch ſie ſind der Verwitterung, ſo wie die Lavaſchichten des Aetna, unterworfen, und kehren nun wieder mit langſamen Schritten in den Schooß des Elements zuruͤck, aus welchem ſie vorher entſtanden waren. Er ſieht, wie dies Meer ſich auf allen Seiten jenſeits Italien und Sicilien verbreitet, auf eine Strecke, davon ſeine Augen die Graͤnzen nicht kennen; er denkt an die ungeheure Zahl ſichtbarer und unſichtbarer Thiere, womit die belebende Hand des Schoͤpfers alle dieſe Waſſer erfuͤllt hat; er bedenkt, daß ſie alle gemeinſchaftlich darauf arbeiten, die Elemente der Erde, des Waſſers und Feuers zu verbinden, und daß ſie alle mit ein - ander zur Bildung neuer Gebirge beytragen, die vielleicht auch, wenn ihre Zeit ge - kommen iſt, uͤber die Flaͤche des Meeres ſich erheben werden.

So veranlaßt der Anblick dieſer großen Gegenſtaͤnde bey dem Weltweiſen Be - trachtungen uͤber die vergangenen und zukuͤnftigen Veraͤnderungen unſers Erdballs, Aber wenn mitten in dieſen Betrachtungen ſich die Idee von den kleinen Weſen mit einwirft, welche auf der Oberflaͤche dieſer Kugel herumkriechen; wenn er dieſer ihre Dauer mit den großen Epochen vergleicht, wornach man die Veraͤnderungen der Na - tur datiren kann: wie ſehr muß er nicht erſtaunen, daß ſie, obſchon ſie einen ſo klei - nen Platz in Raum und Zeit einnehmen, glauben konnten, ſie ſeyn der einzige Zweck von der Schoͤpfung des Univerſum! Und wenn er vom Gipfel des Aetna herab -ſchaut,123nach dem Charakter der Gegenden. ſchaut, und zu ſeinen Fuͤßen die zwey Reiche erblickt, welche ſonſt Millionen von Kriegshelden ernaͤhrten; wie klein und kindiſch muß ihm dann die menſchliche Ruhm - ſucht erſcheinen!

3.

In allen dieſen Beſchreibungen erſcheint das Feyerliche als ein Eigenthum der bergigten oder gebirgigten Lage. Allein dieſer Charakter kann ſich ſelbſt durch große und finſtre Tiefen, durch Stroͤme, die in ihren felſigten Kluͤften toben, und durch dun - kle Waͤlder, die uͤber ſteile Abgruͤnde herabhaͤngen, bilden. Ein Beyſpiel davon iſt dieſe Gegend.

Auf dem Wege von Tinnyhinch nach Inniskerry findet man den Dargle,*)Youngs Reiſe durch Irrland ꝛc. 1ſter Th. S. 126 u. f. ein uͤberaus feyerliches Thal. Die Straße gehet an dem Rande eines Abhanges, wovon man den angenehmſten Proſpect auf den Lauf des Fluſſes durch das Thal und auf den Wald von Powerscourt hat, der hier in großen Maſſen duͤſtern Schattens erſcheint. Gebirge begraͤnzen die Ausſicht. Wendet man ſich zur Linken nach der Nebenſtraße, die zu dem Dargle fuͤhret, ſo hat man gleich eine Probe von dem, was man von einem feyerlichen waldigten Thal zu gewarten hat, wo die Berge bey - nahe an einander gekettet ſind, und dem Fluß im Grunde kaum einen Durchgang laſſen, welcher ſo tobet, als wenn er ſich mit Gewalt einen Weg bahnen wollte. Vor ſich hin ſiehet man eine ſchoͤne Flaͤche mit eingezaͤunten Feldern, welche von der See be - graͤnzt werden. Sobald man in den Dargle kommt, welches der Name eines Thals von einer Meile lang iſt, ſo hat man eine der ſchoͤnſten Reihen von Baͤumen. Es iſt ein enges von den Seiten zweyer gegen einander uͤber liegender Berge gebildetes Thal, alles mit Eichen dick beſetzt. Im Grunde (und die Tiefe iſt entſetzlich) enget es ſich ſo, daß das Bette des Fluſſes die ganze Breite ausmacht, und dieſer waͤlzt ſich viel - mehr von einem Felſen uͤber den andern, als daß er fließt. Der Umfang des Wal - des, der von allen Seiten in die Augen faͤllt, iſt ſehr groß, die Tiefe des Abgrundes, an welchem man ſteht, unermeßlich; nimmt man das Rauſchen des Waſſers dazu, ſo iſt die Scene wirklich einnehmend. In weniger als einer Viertelmeile fuͤhrt die durch den Wald gehende Straße zu einem andern Geſichtspunkte rechter Hand. Dies iſt die Krone eines weit hervorragenden Felſen, von welchem man ſenkrecht einen Abgrund hinunter, einige hundert Fuß tief, den Strom im Grunde ſieht, der ſeinen geraͤuſchvollen Lauf uͤber große Felſentruͤmmer nimmt. Die Stelle, von welcher man dieſen Anblick hat, iſt ein weit hervorgehendes Stuͤck des dieſſeitigen Gebirges. DaQ 2nun124Dritter Abſchnitt. Gaͤrtennun das jenſeitige gerade gegenuͤber concav iſt, ſo hat man die Ausſicht auf das Thal zur Rechten und zur Linken, und an beyden Seiten unermeßliche Gehoͤlze, die das praͤchtigſte Anſehen haben. Jenſeit des Waldes zur Rechten ſind einige eingezaͤunte Felder an der Seite eines Huͤgels. Man kann den bezaubernden Ort kaum verlaſſen. Das Feyerliche eines ſolchen Waldes, der durch keine dazwiſchen kommende Gegen - ſtaͤnde unterbrochen wird, und ganz uͤber Abſchuͤſſe hinhaͤngt, iſt allein ſchon groß; aber nun noch ein beſtaͤndiges Geraͤuſch eines Waſſerfalles, der entweder ganz verbor - gen, oder ſo weit hinunter iſt, daß man ihn nur dunkel ſehen kann, das macht den Eindruck noch ſtaͤrker. Hier entſtehen keine einander zuwider laufende Bewegungen; hier zeigen ſich keine unuͤberlegt angebrachte Tempel, einen Schauplatz, der mehr trau - rig, als munter iſt, lebhaft zu machen. Fallendes oder fließendes Waſſer iſt ein lebhafter Gegenſtand; aber da dieſes im Dunkeln ſich zeigt, ſo thut das Geraͤuſch eine ganz verſchiedene Wirkung. Verfolgt man die Straße ein wenig weiter, ſo zeigt ſich ein neues hervorragendes Felſenſtuͤck, von welchem man ebenfalls eine gedoppelte Aus - ſicht zur Rechten und zur Linken hat. Vor ſich ſiehet man einen ſo unermeßlichen Umfang eines herabhaͤngenden Waldes, daß ſich kaum eine praͤchtigere Scene erden - ken laͤßt. Den Fluß hat man wie vorhin im Grunde des Abhanges, deſſen Jaͤhe und Tiefe ſo groß iſt, daß man ſich fuͤrchten muß hinabzuſehen. Dieſer abſcheuliche Abgrund, die ſpitzigen nackten Felſen, und das Geraͤuſch des Waſſers alles ver - einigt ſich, eine einzige große Regung des Erhabenen hervorzubringen. Kaum kommt man zwanzig Schritte weiter, ſo eroͤffnet ſich zur Linken ein praͤchtiger Schau - platz, eine entfernte Landſchaft mit Einzaͤunungen, mit einem zwiſchen den Bergen nach der See ſich kruͤmmenden Fluſſe. Geht man zur Rechten, ſo zeigen ſich neue Scenen des Waldes; auf dem halben Wege nach dem Grunde hinunter entdeckt ſich eine von der vorigen ganz unterſchiedene Ausſicht. Man iſt ganz von Gehoͤlze einge - ſchloſſen, und ſieht zur Rechten durch einige niedrige Eichen auf den jenſeitigen Wald und eine Reihe von Baͤumen, durch welchen man den Himmel erblicken kann; dies giebt dem Umriß des Huͤgels eine ungemeine Zierde, und thut eine ſehr angenehme Wirkung. Nun geht der Weg ſchlangenweiſe herunter zu einer Raſenbank an einer Felſenſpitze, von da man eine außerordentliche Ausſicht hat. Unmittelbar darunter iſt ein großer Riß in dem Felſen, und er ſcheint geſpalten zu ſeyn, um den Strom durchzulaſſen, der uͤber ein Felſenbette in einen im Walde ſich verbergenden Kanal hinabſtuͤrzt. Oberhalb iſt ein dunkler ſchwarzer Wald, der ſich ungemein hoch er - hebt, und alle andere Gegenſtaͤnde ausſchließt. Zur Linken rollt das Waſſer uͤber gebrochene Felſenſtuͤcke hin: eine wahrhaft erhabene Scene. Folgt man dem Pfade, ſo leitet er an den Rand des Waſſers im Grunde des Thals, wo ſich ein neuerSchauplatz125nach dem Charakter der Gegenden. Schauplatz eroͤffnet, in welchem kein einziger Umſtand dem vornehmſten Charakter Abbruch thut. In einer von Felſen und Wald gebildeten Oeffnung, wo man außer dieſen Gegenſtaͤnden nichts als Waſſer ſieht, kommt der Fluß aus Truͤmmern von Felſen hervor, und waͤlzt ſich durch den Riß; Klippen ſchweben uͤber ihm, als ob ſie in den Kanal ſich ſtuͤrzen und das ungeſtuͤme Waſſer aufhalten wollten. Das Laub iſt ſo dick, daß man den Himmel nicht ſehen kann; ein duͤſtrer Schrecken verbreitet ſich uͤber das Ganze.

4.

Wir haben in Deutſchland ein heroiſches Werk der Architectur, das hier noch eine Erwaͤhnung verdient, naͤmlich auf dem Carlsberg bey Caſſel. Man ſieht ein großes Amphitheater von rauhen, meiſt mit Waldungen uͤberdeckten Bergen, auf de - ren einem das Werk aufgefuͤhrt iſt. Ein wilder Wald zieht ſich weit umher. Man ſteigt fuͤnfhundert Stufen hinauf, um an den Fuß des obern großen Gebaͤudes zu kom - men. Von hier ſtuͤrzt eine kuͤnſtliche Caſcade, die aus den waſſerreichen Quellen der umliegenden Berge bis zum Ueberfluß genaͤhrt wird, ſtufenweiſe herab; an beyden Seiten fuͤhren breite Treppen hinauf. Das Gebaͤude ſelbſt, dem dieſer Waſſerfall mit ſeinen Springwaſſern, die jedoch gegen die kuͤhne Groͤße des ganzen Hauptwerks zu ſpielend ſind, zur Verzierung dient, fordert weit mehr Aufmerkſamkeit. Es ſtellt eine bewundernswuͤrdige Maſſe, ſowohl nach ſeiner Groͤße als Hoͤhe, vor. Denn wenn man am Fuß des obern achteckigten Gebaͤudes ankommt, ſo hat man noch uͤber dreyhundert Stufen zu ſteigen, um auf die Spitze zu gelangen. Das Werk iſt rings umher mit dreyfach uͤber einander ſtehenden Gewoͤlbern umgeben, iſt in der Mitte ganz leer, und hat den Himmel zum Dach. Auf der vorderſten Seite dieſes Acht - ecks iſt eine hohe Pyramide errichtet, auf deren Spitze die metallene koloſſaliſche Sta - tuͤe des Herkules, ein und dreyßig Schuh hoch, ſteht; man ſteigt durch die Pyra - mide ſelbſt in die Statuͤe hinein. Das ganze Gebaͤude, das mit allen ſeinen Neben - werken aus ſehr großen und rohen Tufſteinen ausgefuͤhrt iſt, ſtellt ſich dem Auge als eine ungeheure Maſſe natuͤrlich ausgehauener Felſen dar. Der Eintritt erfuͤllt die Seele mit einem ehrerbietigen Erſtaunen. Sie empfindet ganz den Eindruck der feyerlichen Stille, die zwiſchen den ungeheuern, aufgethuͤrmten Felsmaſſen und unter den hohen Gewoͤlben herrſcht, wohin das muͤhſam eindringende Licht der Sonne nur einen zwiſchen Tag und Daͤmmerung ſchwebenden Schein verbreitet. An der hintern Seite des Gebaͤudes fuͤhren zwey bequeme Treppen in das zweyte, dem untern ſehr aͤhnliche, Gewoͤlbe; eben ſo erſteigt man auch das dritte, das ſich von den beydenQ 3untern126Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenuntern durch eine mehr verfeinerte Form und die in der Wand angebrachte Felsſaͤulen von toſcaniſcher Ordnung unterſcheidet. Die unterſten Gewoͤlber ſtellen eine ganz rauhe Maſſe vor; nur erſt das oberſte iſt etwas zierlicher, aber doch ſehr gleichfoͤrmig; man erblickt hier nichts von kleinen Zierrathen. Eine gemaͤchliche Treppe fuͤhrt end - lich auf die breite und ganz offene Gallerie, die uͤber dieſen Gewoͤlben gezogen iſt. Die Ausſicht, die uͤber ſo viele kleinere, meiſt rauhe oder ſteinigte Berge und waldigte Anhoͤhen hinſtreicht, weit in die Ferne der Landſchaften ſich verliert, oder in die Tiefe hinabſtuͤrzt, iſt ganz in erhabenem Charakter und angemeſſen der großen Wirkung dieſer Anlage ſelbſt. Das ganze Werk iſt voll Majeſtaͤt und im kuͤhnſten Styl der Architectur; es iſt noch das Einzige ſeiner Art, vielleicht auf immer, weil es ganz ohne Nutzen iſt, und zu ungeheure Koſten erforderte, um noch eine Nachahmung er - warten zu duͤrfen; ein Wunder der neuern Baukunſt, voll ſtolzer Groͤße und voll Verſchwendung. Die ganze Gegend, mit ihren wilden Waldungen, ſteinigten Ber - gen und rauhen Ausſichten, war ungemein geſchickt fuͤr die Anlage eines ſolchen heroi - ſchen Werks. Nur ſtimmen zu der Wuͤrde dieſes Charakters weder die kleinen Springwaſſer, und die Caſcade ſelbſt, noch die zierlichen Pflanzungen und Aus - ſchmuͤckungen am Fuß des Carlsberges. Welch eine ganz andre Wirkung, wenn ein gewaltiger Strom, wild und von keiner Verzierung begleitet, die rohen Felsſtufen hinunter brauſte, und ſich ganz unten auf einmal in finſtern Dickigten verloͤre!

So ſehr auch dies Werk durch ſeine außerordentliche Kuͤhnheit und Groͤße in Erſtaunen ſetzt, ſo ſind ſeine Wirkungen doch von den Ruͤhrungen entbloͤßt, die alte Bergſchloͤſſer oder ihre Ruinen auf Felſen erregen. Der Carlsberg ſtellt ein Wun - der dar, das von der Hand einer uͤbernatuͤrlichen Macht entſprungen zu ſeyn ſcheint; ſeine ungewoͤhnliche Groͤße druͤckt den Anſchauer bald zum Gefuͤhl der Kleinheit und Schwaͤche andrer menſchlicher Werke nieder. Bejahrte oder halb zerſtoͤrte gothiſche Schloͤſſer von kuͤhnen Lagen und Maſſen haben zwar zur Erregung der Verwunderung und des Erſtaunens eine weit mindere Kraft; allein ſie intereſſiren doch durch die Er - innerung der vormaligen Bewohnung und des wirklichen Gebrauchs, den die Helden der Vorwelt von dieſen aufgethuͤrmten Felsklumpen machten; eine Art des Intereſſe, das dem Gebaͤude auf dem Carlsberg ganz abgeht. Und dieſe Erinnerung iſt zu - gleich von ſo manchen ruͤhrenden Nebenideen begleitet, welche die Geſchichte der Zeit und ihrer Sitten erwecken. Die Truͤmmer eines alten Schloſſes, woraus ſich ein kleiner Waſſerfall herabwaͤlzt, auf einem Felſen, an den die untergehende Sonne ei - nen vergaͤnglichen Schimmer hinſtreut, ſtellen in dieſer Zufaͤlligkeit eine Scene vollſtiller127nach dem Charakter der Gegenden. ſtiller Feyerlichkeit dar, die einen Eindruck macht, den fuͤr einen andern nicht leicht das zu ſanftern Gefuͤhlen geſtimmte Herz vertauſcht.

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V. Gaͤrten, die aus einer Zuſammenſetzung dieſer Charaktere beſtehen.

1.

Alle dieſe Gattungen von Gaͤrten, den angenehmen, muntern und heitern, den ſanftmelancholiſchen, den romantiſchen, den feyerlichen, haben wir bisher in der Einfachheit ihres Charakters betrachtet. Dieſe Einfachheit kann dennoch immer eine große Mannigfaltigkeit in ſich enthalten. So bildet die Natur, und ſo ſoll derGarten -128Dritter Abſchnitt. GaͤrtenGartenkuͤnſtler ihr nachbilden. Dieſe Anlagen vom einfachen Charakter erfordern eine ſehr gluͤckliche Erfindungskraft; denn alles ſoll darinn dem Charakter gemaͤß blei - ben, und doch immer abwechſelnd und mannigfaltig ſeyn; angeordnet durch das Genie der Lage und ihrer Ausſichten, und ausgefuͤhrt durch die Kunſt der Anpflanzung, der Bebauung und der Auszierung, auf welche drey Gegenſtaͤnde ſich die vornehmſten Be - ſchaͤfftigungen des Gartenkuͤnſtlers beziehen. Unter den angefuͤhrten Charaktern iſt der angenehme und romantiſche am meiſten reich und mannigfaltig; nach ihnen folgt ſchon ſeltner der feyerliche; der melancholiſche ſcheint der duͤrftigſte zu[ſeyn].

Indeſſen laſſen ſich Gaͤrten anlegen, ſo wie ſie auch von der Natur vorbereitet und zuweilen von der Kunſt weiter ausgebildet ſind, Gaͤrten, die aus einer Zuſam - menſetzung dieſer Charaktere beſtehen. Das Romantiſche verbindet ſich in den An - lagen der Natur ſehr oft mit dem Reizenden ſowohl, als mit dem Erhabenen; und auf dunkle und einſame Scenen erſcheinen eben ſo oft wieder heitere und lebhafte. So ſchreitet die Natur in ihren Landſchaften immer nach den ewigen Geſetzen der Ab - wechſelung und Mannigfaltigkeit fort, und hoͤrt nicht auf, zu ergoͤtzen.

Gegenden, die mit einander verbunden werden, koͤnnen entweder uͤbereinſtim - mend oder contraſtirend ſeyn. Im erſten Fall muͤſſen ſie doch ſo abaͤndernd und man - nigfaltig ſeyn, daß ihre Folge nicht ermuͤdet, ſondern vielmehr, durch Verſtaͤrkung ihrer Wirkungen unter einander, anziehender und unterhaltender wird. Im andern Fall unterbrechen ſie ſich und wirken Ueberraſchung, Verwunderung, lebhaftes Ver - gnuͤgen, wie z. B. wenn nach einer melancholiſchen Gegend ploͤtzlich eine heitre Scene mit lachenden Ausſichten hervorbricht. Einige Gegenden contraſtiren mehr gegen ein - ander, andre weniger; und ſelbſt auf dieſe Abſtufungen iſt bey der Zuſammenſetzung Ruͤckſicht zu nehmen.

In der Verbindung mehrerer Gegenden und Scenen muß alles der Abſicht un - tergeordnet ſeyn, ihre Wirkungen zu heben und ihre gegenſeitigen Beziehungen zu ver - ſtaͤrken. *)S. 1ſter B. S. 228. 229. 2ter B. S. 10.Die Wahl aller Mittel, die zur Verbindung anwendbar ſind, iſt von eben dieſer Abſicht abhaͤngig. So mannigfaltig ſie ſind, ſo muͤſſen ſie doch uͤberall dem Charakter des Platzes gemaͤß ſeyn. Verbindung und Uebergang iſt eine ſchwere Kunſt des Gartenkuͤnſtlers, wie des Tonkuͤnſtlers, wie des Malers. Die Anord - nung muß die Verbindung des Ganzen nicht ſogleich beym Eintritt uͤberſehen laſſen, der gewoͤhnliche und faſt unvermeidliche Fehler der alten ſymmetriſchen Manier; ſie muß, wie das Drama, noch mehr, wie die landſchaftliche Natur ſelbſt, die Kunſt der Verwickelung beobachten; nicht vorher ſehen laſſen, wohin man kommt, welche Scene folgt; die Erwartung immer hinhalten, und durch Taͤuſchung beleben; an dengegen -129nach dem Charakter der Gegenden. gegenwaͤrtigen Auftritt feſſeln, daß man ihn fuͤr den ſchoͤnſten haͤlt, bis ein neuer hervorbricht, deſſen unerwartete hoͤhere Schoͤnheit den Eindruck der erſten wieder ſchwaͤcht; durch Abwechſelungen und Contraſte die Empfindung erfriſchen; ſie durch erregte Aufwallung andrer zuſtimmender Gefuͤhle fortſchreitend verſtaͤrken; und die ganze Folge der Bewegungen zuletzt zu der Stufe erheben, wohin Natur und Genie ſie mit vereinter Kraft nur emporbringen koͤnnen. Man kann daher ſagen, daß ein großer Park, worinn alle Gemaͤlde der Landſchaft wie in einer Gallerie ihren Platz fordern, wohl angelegt iſt, wenn alle Gegenden, alle Scenen gluͤcklich gebildet, und geſchickt verbunden ſind.

2.

Als ein treffliches Muſter von der Zuſammenſetzung mehrerer Charaktere un - terhalte uns die hier folgende Beſchreibung von den zum Theil durch Kunſt verſchoͤner - ten Gegenden um den See Killarney in Irland, worinn eine Verbindung des An - muthigen, Melancholiſchen, Romantiſchen und Erhabenen erſcheint.

Von Orochshill an dem See Killarney*)Youngs Reiſen durch Irland, 1ſter Th. S. 455 u. f. faͤngt Young die Beſchreibung dieſer Gegenden und Ausſichten an. Der Weg fuͤhrt durch ſchoͤne angelegte Grund - ſtuͤcke. Die Ausſicht, die man von hier hat, iſt entzuͤckend. Das Haus des Be - ſitzers liegt am Rande der Ebene, neben einem Walde, der die ganze Halbinſel be - deckt, den ſich tief ſenkenden Abhang beſchattet, und ein ſchoͤnes Ufer des Sees bildet. Tomis und Glena ſind große gebirgigte Maſſen von unglaublicher Pracht; der Umriß iſt ſanft und leicht in ſeinen Erhoͤhungen; da hingegen die uͤber dem Adlerneſt einen ſo abgebrochenen Umriß bilden, daß nichts wilder ſeyn kann: ein ſo ſchrecklicher und erhabner Anblick, deſſen Eindruͤcke mehr Erſtaunen verurſachen, als das Gemuͤth ergoͤtzen. Der Turk hat eine erhabene Geſtalt, und Mangertons großer Koͤrper ſteigt uͤber alle empor. Die bebaueten Striche Landes nach Killarney hin ſind ein Contraſt der fuͤrchterlichen eben erwaͤhnten Scenen; eine große Reihe ferner blauer Berge nach Dingle hin machen die entfernte Graͤnze des Sees. In dem Garten findet man die Ueberbleibſel der anſehnlichen Mucruß-Abtey, die unter Heinrich dem VI gebauet iſt, und noch ſo vollſtaͤndig ſich zeiget, daß, wenn ſie es mehr waͤre, zwar das Gebaͤude vollkommener ſeyn, die Truͤmmer aber weniger gefallen wuͤrden. Sie iſt in dem Schatten einiger ehrwuͤrdigen Eſpenbaͤume verſteckt. Epheu hat ihrdasIV Band. R130Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendas maleriſche Anſehen gegeben, das dieſe Pflanze allein zu verſchaffen faͤhig iſt; die zerbrochnen Mauern und verfallenen Thuͤren verbreiten die letzten traurigen Annehmlichkeiten der Vergaͤnglichkeit daruͤber hin: zerſtreuete Haufen von Beinen und Hirnſchaͤdeln; Neſſeln, Dornen und Unkraut, in Buͤſcheln aus den lockern Steinen hervorſproſſend; alles vereinigt ſich, die ſchwermuͤthigen Eindruͤcke zu erregen, welche das Verdienſt ſolcher Scenen ſind, und kaum irgendwo vollſtaͤndiger empfunden werden koͤnnen. Die Kreuzgaͤnge bilden einen traurigen Platz, in deſſen Mittelpunkt ein uͤberaus anſehnlicher Eiben - baum waͤchſt. Es iſt ein großer Stamm, zwey Fuß im Durchmeſſer, und vierzehn Fuß hoch, der an jeder Seite eine Menge von Zweigen ausbreitet, die den ganzen Platz uͤberdecken. Es iſt ein Ort, wo die traurige Eule ihre Klagen dem Mond vortraͤgt. Dieſe Truͤmmer ſind in dem wahren Styl, den ſolche Gebaͤude haben muͤſſen. Schwermuth iſt der Eindruck, den dieſe Scenen erregen ſollen, und das geſchieht hier vollkommen.

Von der Abtey kommt man nach einer Terraſſe, die von der Natur an dem Ufer des Sees gebildet iſt; ſie iſt unregelmaͤßig und krummgehend; ein Wall von Felſen, von den Wellen in allerley Formen geſchlagen; an der andern Seite ein Wald, der aus allen Arten von Pflanzen, die das Klima ertragen koͤnnen, beſteht, und durch den viele Spatziergaͤnge angelegt ſind. Die Ausſicht von dieſer Terraſſe iſt mannig - faltig, aber vollſtaͤndig. Der See eroͤffnet ein breites mit Felſen und Eilanden be - decktes Waſſer; die Inſeln ſind alle bis auf eine oder zwey waldigt; die Umriſſe ſind ſcharf und deutlich. Nichts iſt laͤchelnder, als dieſe Scene, ſanft und milde, ein vollkommener Contraſt der Schoͤnheit gegen die erhabenen Gebirge, die das Ufer aus - machen. Dieſe erheben ſich in einem ſo abwechſelnden und zugleich praͤchtigen Umriß, daß nichts groͤßers gedacht werden kann. Tomis und Glena ſind in Anſehung der Groͤße unermeßlich, haben aber wegen des dicken Waldes an ihrem Abhang, und we - gen der Ebne ihrer Oberflaͤche nichts wildes; da hingegen die Berge uͤber und nahe bey dem Adlerneſt im Umriß voller Unebenen und Spitzen ſind. Die Abhaͤnge ſind zackigte Klippen von unermeßlicher Groͤße, welche in abſcheulichen Geſtalten uͤber den See zu haͤngen ſcheinen; und da, wo eine Oeffnung zwiſchen ihnen iſt, erheben andere eben ſo rauh ihr drohendes Haupt. Dieſe Scenen ſieht man von den verſchiedenen Theilen der Terraſſe in unzaͤhligen Abwechſelungen.

Ein Weg iſt durch die Halbinſel nach Dynis Eiland auf eine ſo einſichtsvolle Art durch Felder, bergigte Waͤlder, Ebnen u. ſ. w. fortgefuͤhrt, daß man nichts an - genehmers ſehen kann. Er fuͤhrt durch einen mit Wald bedeckten Schauplatz vonFelſen,131nach dem Charakter der Gegenden. Felſen, von da zu einem Marmorbruch. Der Bruch iſt ein Felſen, der von einem Buſen des Sees umgeben wird, und ein Gemaͤlde macht, das nur aus wenigen, aber ſtark gezeichneten Figuren beſteht. Die Felſen ſind majeſtaͤtiſch von Hoͤhlen durch - brochen und mit Baͤumen hin und wieder beſchattet; an einigen Stellen aber ſteigen ganze Waͤlder auf eine zu Killarney gewoͤhnliche romantiſche Art hervor. In der Fronte erhebt ſich der Turk ſtolz in jener Pracht, nimmt den ganzen Raum vor uns ein, und ſchließt die Scene.

Die Straße fuͤhrt zu einer Oeffnung an dem großen See, der ſich hier vortheil - haft zeigt. Die Stadt Killarney erblickt man an dem nordweſtlichen Ufer; den Glena hat man voͤllig im Geſicht; er ſteigt ſtolz in die Hoͤhe; bis auf den halben Weg breiten ſich die Waͤlder aus, und ſind von großem Umfange und ungemein ſchoͤn. Hierauf folgen zwey ſehr einnehmende Proſpecte. Zur Linken ein ſchmaler Meerbu - ſen, der vorne von einer Landenge eingeſchloſſen iſt, ein unmittelbares Felſenufer im maleriſchen Styl, ganz mit Arbutus und andern Baͤumen bedeckt; eine ſtille Scene, wo mannigfaltige Gegenſtaͤnde nicht das Auge ermuͤden. Der andere Proſpect iſt eine unvergleichliche Miſchung des Schoͤnen und Erhabenen. Ein kahler Fels von einer meiſt regelmaͤßigen Figur ragt von einem Vorgebirge in die See hervor, und bildet mit vielem Gehoͤlze und hohem Lande die eine Seite der Scene, von welcher die andere, nichts als Wald, auf einem erhabenen Boden iſt. In der Mitte iſt der See, aber von keinem großen Umfange, und in dem Vordergrunde erſcheint der von dem Glena herabhangende Wald in voller Herrlichkeit.

Man kommt auf dem nordlichen Fußſteig durch einen dicken Wald zuruͤck, und hat eine angenehme Ausſicht auf Aſh-Eiland, welches man durch eine von beyden Seiten mit Waldung eingeſchloſſene Oeffnung erblickt. Von hier geht der Weg nach Keelberg fort, man ſieht die Bucht von der Teufels-Inſel, welche ſchoͤn, und zur Rechten von einem Ufer von erhabenen auf eine auffallende Weiſe mit Gehoͤlze bedeck - ten Felſen eingeſchloſſen iſt, wobey im Vordergrunde ein kleines klippichtes Eiland her - vorſteigt; zur Linken oͤffnet ſich das Waſſer, und der Berg Turk erhebt ſich in jenem ſtolzen Vorzug, der ihm bey allen dieſen Ausſichten eigen iſt.

Der Proſpect des Vorgebirges Dindog, nahe bey dieſem Platz, ſchließt dieſen Theil des Sees, und iſt von einer beſondern Schoͤnheit. Es iſt ein großer Felſen, der weit ins Waſſer hervorragt, und hoch genug iſt, das Auge auf ſich zu ziehen. Hie und da iſt er ein wenig bewachſen. Das Ufer, an welchem man ſtehet, ſenkt ſich zur Rechten, als ob es ſich dieſem Felſen naͤhern wollte, und bildet einen kreisfoͤr - migen Schatten eines dicken Waldes. Turk iſt noch immer im Hintergrunde; und Mangertons hoͤhere Spitze, aber ein nicht ſo intereſſanter Umriß, macht einen TheilR 2des132Dritter Abſchnitt. Gaͤrtendes Ganzen aus. Dieſe Ausſichten und andere minder wichtige ſind durch eine Folge von ebenen Plaͤtzen verbunden, die zwiſchen den Gebuͤſchen hervorkommen, das Auge durch ein lebhaftes Gruͤn einnehmen, und ihm, wenn es von den fuͤrchterlichen Berg - ſcenen ermuͤdet worden, Erquickung gewaͤhren.

Man kann auf einem Boote von dem erwaͤhnten Vorgebirge Dindog unter ſeinem felſigten Ufer abfahren, welches im hoͤchſten Grad romantiſch iſt. Der Fuß iſt von dem Schlagen der Wellen ausgehoͤhlt, ſo daß die Spitzen der Felſen weit uͤber dem Grund hervorragen, und auf eine Art, die alle Theile deſſelben intereſſant machen, heruͤber haͤngen. Folgt man der Kuͤſte, ſo kommt man nach der Bucht des Mar - morbruchs, wo am Ufer große Felſenſtuͤcke auf das wildeſte zerſtreut liegen.

Das Felſeneiland dem Ufer der Kupferminen gegenuͤber iſt eine merkwuͤrdige Gruppe. Das Ufer nahe bey Caſemilan iſt von einer andern Beſchaffenheit; an einigen Orten iſt es Wald in ununterbrochener Maſſe, bis an den Rand des Waſſers herab; an andern Stellen wird es durch kleine Felſenreihen davon getrennt. Hier - naͤchſt kommt man an eine ſchoͤne landwaͤrts eingeſchloſſene, von einem waldigten Ufer umgebene Bucht, welche, hie und da ſich oͤffnend, entferntere Waͤlder entdeckt. Tomis zeigt ſich hier in einer einfoͤrmigen Geſtalt, welche ihm ein ſehr praͤchtiges An - ſehen giebt. Turk wird verdunkelt, wenn die Sonne gerade uͤber ihm ſcheint, und einen brennenden Lichtſtrom auf das Waſſer wirft, welches eine Wirkung macht, die Claude Gille’e allein zu ſchildern im Stande ſeyn wuͤrde. Dreht man ſich aus der Bucht, ſo erhaͤlt man eine volle Ausſicht nach dem Adlerneſt, den Bergen uͤber dem - ſelben und Glena, welche einen vollkommenen Contraſt abgeben, da erſtere rauh und uneben, Glena aber das Gegentheil iſt. Hier iſt das Ufer ein an einander haͤngen - der Wald.

Man kann eine Bruͤcke paſſiren nach Dyniß, einem Eiland, das auf die an - genehmſte Art durch angelegte Spatziergaͤnge, die ſehr veraͤnderliche Ausſichten ge - waͤhren, verſchoͤnert iſt. Einer dieſer Fußſteige an den Baͤnken des Kanals nach dem Oberſee iſt mit großem Geſchmack entworfen; an einer Seite iſt er von natuͤrlichen Felſen eingefaßt, aus deren Spalten tauſend ſchoͤne Erdbeerbaͤume hervorſchießen, die voll von reichem Laube, Blumen und Scharlachbeeren ſind. Hier iſt eine Raſenbank auf einer anmuthigen Stelle, und der Schauplatz iſt ſo abgeſondert und eingeſchloſſen, daß er alle mit der Einſamkeit verbundene angenehme Ideen gewaͤhrt.

Nachdem man auf einem ſchnellen Strom die Bruͤcke paſſirt iſt, ſo kommt man gleich zu dem Adlerneſt. Betrachtet man dieſen Felſen von den Stellen, wo er nur ein Theil eines Gegenſtandes, der weit groͤßer, als er ſelbſt iſt, zu ſeyn ſcheint; ſo hat er das Anſehen, als ob er den Ruhm nicht verdiene, den man ihm beylegt; kommtman133nach dem Charakter der Gegenden. man aber naͤher, ſo erſtaunt man. Der Anblick iſt zum Bewundern ſchoͤn; der Fluß fuͤhrt gerade zu dem Fuß deſſelben, und wendet ſich erſt unmittelbar darunter, wodurch der Anblick weit erhabener wird, als er ſonſt ſeyn koͤnnte. Er iſt beynahe ſenkrecht, und erhebt ſich in ſo voller Majeſtaͤt, mit ſo kuͤhnem Umriß, und mit ſolchen aus ſei - nem Mittelpunkt hervorgehenden Maſſen, daß die Pracht des Gegenſtandes vollkom - men wird. Der untere Theil iſt mit Wald bedeckt; einzelne Baͤume ſteigen bis faſt zu dem Gipfel hinauf, welche (wenn Baͤume in Irland am unrechten Ort ſeyn koͤn - nen) den durch dieſen edlen Felſen erregten Eindruck vielmehr ſchwaͤchen. Dieſer Theil iſt ein haͤngender Wald, oder ein Gegenſtand, deſſen Charakter vollkommene Schoͤn - heit iſt. Aber die obere Scene, der ungleiche Umriß, die rauhen Seiten, die unge - heuren Maſſen, alles iſt erhaben, und ſo ſehr, daß der Begriff der Schoͤnheit, der bey dem Walde entſtand, uͤberwaͤltigt, und Erhabenheit der allgemeine Eindruck des Ganzen wird. Die unermeßliche Hoͤhe der Gebirge von Killarney kann aus dieſem Felſen abgenommen werden; von jedem entfernten Ort, wo man ihn ſehen kann, ſcheint er die unterſte und unbedeutendſte Spitze einer großen Felſenkette zu ſeyn; aber kommt man naͤher, ſo floͤßt er eine ganz andere Achtung ein.

Faͤhrt man zwiſchen den Bergen, die große Reihe genannt, nach dem obern See, ſo wird der Turk, der ſo lange eine ſo eindrucksvolle Geſtalt hatte, wegen ſei - ner veraͤnderten Stellung ein unbedeutendes Ding. So veraͤndert ſich auch die Ge - ſtalt der uͤbrigen Berge, und ſie erſcheinen, indem man vorbey kommt, von einer er - ſtaunenden Groͤße. Der Proſpect in dieſem Kanal iſt in allen ſeinen Zuͤgen groß und wild; Wald iſt etwas ſeltenes; große Felſen ſcheinen unordentlich in das enge Thal, welches ſich dem Fluß zwiſchen den Bergen zum Durchſtroͤmen oͤffnet, hingeworfen zu ſeyn. Die Ufer ſind Felſen in hundert Geſtalten, und allerwaͤrts ſind die Seiten der Berge damit bedeckt. Kein Umſtand findet ſich, der nicht mit der wilden Groͤße der Scene uͤbereinſtimmte.

Colemans Auge, ein enger Paß, eroͤffnet einen verſchiedenen Proſpect. Hier iſt eine Gegend, wo das Schoͤne und Große ohne Haͤrte vermiſcht iſt. Die mehre - ſten Inſeln ſind mit dickem Gehoͤlze bedeckt. Beſonders erhebt ſich die Eicheninſel aus einem artigen Grunde zum ſchoͤnſten Gegenſtande. Mac Hilly Cuddy’s Hau - fen mit ihren zackichten Spitzen, Baum mit ſeinem vollkommenen Kegel, der Pur - purberg mit ſeinem breiten und regelmaͤßigen Gipfel, und Turk, der ein neues und intereſſantes Anſehen gewonnen, vereinigen ſich mit den gegenſeitigen Huͤgeln, welche zum Theil etwas Gehoͤlze haben, eine ungemein auffallende Scene zu bilden. Hier ſieht man auf eine ſehr ſonderbare Gegend zuruͤck; auf eine Reihe Felſen, die queerN 3uͤber134Dritter Abſchnitt. Gaͤrtenuͤber den See gehen, und eine Hoͤhlung bilden, die zu einem groͤßern Waſſer fuͤhrt; im Hintergrunde iſt der Turk in vollkommenſter Groͤße.

Derry Currily iſt ein großer Strich des Gebirges, zum Theil mit Wald be - deckt; doch iſt ein Theil davon niedergehauen, vieles verdorben, und das Uebrige wird von Boͤttchern, Zimmerern, Schiffbauern und Drehern bewohnt, welche die Drya - den aus ihren alten Wohnungen vertrieben haben. Der Waſſerfall iſt ſehr ſchoͤn.

Von hier kann man nach den ſieben Eilanden, einem kleinen Archipelagus, rudern. Sie erheben ſich aus dem Waſſer auf einem felſigten Grund, und ſind auf die ſchoͤnſte Art mit Gehoͤlze bedecket, unter welchem ſich viele Erdbeerbaͤume finden. Die Kanaͤle zwiſchen ihnen, welche neue Ausſichten eroͤffnen, und das große ſie um - gebende Amphitheater von Felſen und Bergen, vereinigen ſich zu einem erhabenen Proſpect.

Geht man den Fluß hinauf an dem Ende des Sees, der in ſeltſamen Kruͤm - mungen ſich nach Mac Hilly Cuddy’s Haufen windet, und kehrt man auf einem andern Wege durch die ſieben Eilande nach dem Adlerneſt zuruͤck, ſo zeigen ſich die ſchon erwaͤhnten Scenen in einer neuen Stellung. Feuert man bey dieſem erhabenen Felſen ein paar Kanonen ab, ſo iſt der Wiederhall bewundernswuͤrdig. Der Schall beſtehet nicht in geraden Zuruͤckprallungen von einem Felſen an den andern mit einer Pauſe darzwiſchen, ſondern hat eine genaue Aehnlichkeit mit einem hinter dem Felſen rollenden Donner, als ob er den ganzen Schauplatz, den man beſehen hat, durchwan - dert, und ſich in dem unermeßlichen Mac Hilly Cuddy’s Haufen verloͤre.

Kommt man uͤber die Bruͤcke, und wendet ſich zur Linken um Dyniß-Eiland unter den Waͤldern von Glena; ſo erblickt man die bebauete Gegend jenſeit der Stadt Killarney, und bekommt allmaͤlig Innisfallen und Roß-Eiland zu Geſicht.

Der Wald von Glena nimmt hier das Anſehen eines unermeßlichen Raums an, der auf das ſchoͤnſte an der Seite eines anſehnlichen Berges in den großen See herabhaͤngt. Man kann ſich keinen praͤchtigern Anblick gedenken. Ein dunkler Wald, deſſen dicke Aeſte wirklich ins Waſſer tauchen, durch den man weder Strand noch Felſen ſehen kann, und der nirgends eine Luͤcke hat. Das Auge ſchwebt eine Weile auf der fluͤßigen Silberflaͤche, bis es auf eine ſo voͤllige Vermiſchung aller Farben ſtoͤßt, die eine unermeßliche Maſſe von Gruͤn ausmachen, und zugleich der Einbildungskraft die erhabenſten Scenen darſtellen, die man irgendwo ſehen kann.

Unter dem noͤrdlichen Ufer von Mucruß iſt der See ſehr breit, und wird von den beſchriebenen Waͤldern, von den Eilanden Innisfallen, Roß u. ſ. w. und von der Halbinſel begraͤnzt. Das Ufer von Mucruß iſt ungemein abwechſelnd; an einigen Orten iſt es felſigt; große losgeriſſene Maſſen liegen unten, als in einem Chaos vonRuinen.135nach dem Charakter der Gegenden. Ruinen. Große Hoͤhlen in verſchiedenen ſeltſamen Geſtalten ſind vom Waſſer aus - geſpuͤlt, und zum Theil mit Baͤumen von mannigfaltigem Gruͤn bedeckt. Man kommt an die Spitze von Ardnagluggen, (das heißt, wo das Waſſer an die Felſen ſchlaͤgt,) und unter Ornescope, ein felſigtes, einige Yarden uͤber ſeinen Grund her - vorragendes Vorgebirge, mit einem alten aus einem kleinen Felſenſtuͤcke hervorwach - ſenden Eibenbaum, von welchem die Stelle den Namen Ornescope, das iſt, Eiben - buſch, erhalten hat.

Mucruß Gaͤrten zeigen ſich zwiſchen den Waͤldern, und erquicken das Auge, das von den ungeheuren Gegenſtaͤnden, die es ſo lange angeſtarret hat, ermuͤdet iſt. Dies iſt eine ſanftere Scene einer zwiſchen Stauden und Baͤumen allmaͤlig ſich erhe - benden Ebne.

Bey dem Waſſerfall von Mangerton und Drumarourk-Huͤgel hat man eine angenehme Ausſicht auf Mucruß.

Ueber den andern Huͤgel kommt man zu des Obriſten Hußy Monument, von welchem die Ausſicht ſehr verſchieden iſt. Der Vordergrund iſt ein von Hecken, die einige kleine Ebnen bilden, durchſchnittener Huͤgel. Man ſieht hin und wieder Haͤu - ſer und Baͤume, und Mucruß-Abtey, halb von Gehoͤlz verdunkelt, und Turk im Hintergrunde. Der See iſt dreyeckigt; Roß-Eiland und Innisfallen ſind die Graͤnzen; die Waͤlder von Mucruß und die Inſeln nehmen eine neue Stellung an.

Nimmt man von hier den Weg nach Roß-Eiland, ſo iſt nichts ſchoͤner, in - dem man ſich von Mucruß entfernt, als die Ebnen der Terraſſe, die ſich in dem Walde eroͤffnet; uͤber ſie hin die gruͤnen Huͤgel mit Geſtraͤuchen, und endlich der praͤchtige Wald um die Abtey, der ſich von hier in dunklen Schatten und ſo vollkommen zeigt, daß es Schade waͤre, wenn ein Baum beruͤhrt wuͤrde. Kommt man die Spitze von Roß vorbey, ſo hat man das ſchoͤnſte Ufer der Inſel; eine Bucht mit Gehoͤlze bedeckt, außer einer kleinen Oeffnung nach dem Schloſſe. Dieſes dickbelaubte Gehoͤlze ſteigt aus den regelmaͤßigen Abhaͤngen der Felſenkuͤſte hervor. Die Spitze von Filekilly erhebt ſich in der Mitte, und ſinkt an beyden Seiten. Die Waͤlder von Tomis er - ſcheinen hier ungemein ſchoͤn. Innisfallen zeigt ſich von dieſer Seite in der Entfer - nung mit dem mannigfaltigſten Gruͤn bedeckt; aber ganz unterſchieden von den andern Eilanden erheben ſich unordentliche Klumpen hoher Baͤume, und dann wieder niedri - gere. Kein Pinſel kann eine anmuthigere Vermiſchung malen.

Der Inſel Innisfallen ſchmeichelt man nicht, wenn man ſie fuͤr die ſchoͤnſte in den Staaten des Koͤnigs von Großbritannien und vielleicht in Europa erklaͤret. Sie beſteht aus zwanzig Morgen Land, und hat alle Mannigfaltigkeit, welche Schoͤn - heit, ohne mit Erhabenheit vermiſcht zu ſeyn, zu ertheilen vermag. Ihre allgemeineGeſtalt136Dritter Abſchnitt. GaͤrtenGeſtalt iſt Wald; die Oberflaͤche erhebt ſich zu Huͤgeln, und ſenkt ſich zu kleinen Thaͤ - lern herab; die Anhoͤhen haben allerley Richtungen; die Abhaͤnge ſinken allmaͤlig, und bilden jene kleine Ungleichheiten, welche die groͤßte Schoͤnheit bebaueter Gegenden ſind. Durch die kleinen Thaͤler ſieht man zwiſchen den Huͤgeln den See; die Anhoͤ - hen unterbrechen den regelmaͤßigen Umriß des Waſſers, und ertheilen dem Ganzen eine anmuthige Unordnung. Der Wald iſt an einigen Orten ſo dick, daß er un - durchdringlich ſcheinet, und man nichts weiter ſieht; an andern Stellen hingegen ſind hohe zerſtreuter ſtehende Baͤume, unter denen das Vieh weidet. Hier iſt die Aus - ſicht offen, dem Zuſchauer gleichſam die nackte Ebne zu zeigen; dort iſt ſie verſperrt, als wollte ſie von genauerer Unterſuchung abhalten. Große Baͤume von majeſtaͤti - ſcher Geſtalt bilden an einigen Stellen natuͤrliche Gewoͤlbe; der die Zweige umſchlin - gende Epheu haͤngt zwiſchen dem Laube in Buͤſcheln herab; an der einen Seite glim - mert der See zwiſchen den Baͤumen durch, und an andern wohnt dicke Dunkelheit im Walde. Die ganze Geſtalt der Inſel verſchoͤnert die Gegenſtaͤnde: denn die unebne und zackigte Kuͤſte bildet Buchten, welche von Felſen oder Wald umgeben ſind; kleine Vorgebirge ſchießen in den See hervor, deren Felſenſpitzen mit Baͤumen bekraͤnzt ſind. Dies ſind die groben Zuͤge von Innisfallen. Die feinern Striche ſind voll von Schoͤnheiten, die ſich der Leſer leicht vorſtellen kann. Alles, Wald, Waſſer, Felſen und Ebne ſind characteriſtiſch und von großer Schoͤnheit; nur Schade, daß dieſer anmuthige Aufenthalt nicht ſo gehalten wird, wie es zu wuͤnſchen waͤre!

Erhabene Scenen, die durch ihre Groͤße oder Wildniß Eindruck machen, ſoll - ten nie ausgeputzt werden. Das Rauhe und ſogar das Schauervolle vermehrt die Wirkung auf den Geiſt; aber in Scenen, wie Innisfallen, iſt ein gewiſſer Grad des Putzes, das iſt, Nettigkeit ſogar zu der Schoͤnheit noͤthig. Es iſt von einer Ebne geſagt: aber dieſer Ausdruck zeigt mehr an, was ſie ſeyn ſollte, als was ſie iſt. Es iſt ein ſehr fettes Grasland, mit Ochſen und Kuͤhen, den einzigen Bewohnern der Inſel, beſetzt. Ein jeder Zuſchauer von Geſchmack muß bedauern, daß die freyen Grundſtuͤcke nicht durch Graͤben ausgetrocknet, die rauhe Oberflaͤche eben gemacht, und das Gras nicht von einigen Schafen, anſtatt des Hornviehes, abgehuͤtet wird. Die Geſtraͤuche und Dornen muͤßten, wo ſie auf Stellen hervorgekommen ſind, die Ebne ſeyn ſollten, weggeraͤumt, einige Theile der Inſel offener gemacht, mit einem Worte, keine Zierrathen hinzugefuͤgt, denn das brauchts nicht, ſondern nur die Hin - derniſſe weggeraͤumt, das Hoͤckerichte geebnet und alles gereiniget werden. Dies ſollte billig geſchehen; und was koͤnnte nicht daraus gemacht werden, wenn der Eigen - thuͤmer Luſt dazu haͤtte? Er koͤnnte es in ein irdiſches Paradies verwandeln, und mit einer geringen Bearbeitung zu einem Muſter machen, was ein geſchmuͤcktes Landgutſeyn137nach dem Charakter der Gegenden. ſeyn ſollte, aber unter tauſenden nicht eins iſt. Doch man nehme die Inſel mit ihren geringen Unvollkommenheiten, wie ſie iſt, wo werden wir eine andre von der Art fin - den? Welch ein anmuthiger Aufenthalt! Iſt es moͤglich, daß die Gluͤckſeligkeit ſich weigern koͤnnte, hier ein Gaſt zu ſeyn, wenn man eine Huͤtte, einige Kuͤhe und einen Haufen Federvieh haͤtte?

Von Roß-Caſtle nach Innisfallen iſt das Ufer von Roß eines der ſchoͤn - ſten unter den waldigten Inſeln des Sees. Es ſcheint ſich mit Innisfallen verei - nigen zu wollen, und ragt in dicken Waͤldern in dem Waſſer hervor. In der Mitte des Canals iſt ein großer Felſen, und auf der andern Seite ein kleines Vorgebirge ei - niger zerſtreuten Baͤume. Die ganze Scene iſt einnehmend.

Das Ufer von Junisfallen iſt ſehr abwechſelnd, aber im Ganzen waldigt, und von der Art der Schoͤnheit, die in dieſem Eilande den Vorzug hat. Eine Bucht iſt ausnehmend artig, ſie iſt ein halber Zirkel, in deſſen Mittelpunkt eine Anhoͤhe von Wald hervorragt, welches einen angenehmen Eindruck macht.

Wenn man Tomis naͤher kommt, ſo entdeckt man einen ſo weitlaͤuftigen und ſo dickbelaubten Wald, daß niemand ihn ohne Bewunderung anſchauen kann. Der bergigte Theil oberhalb deſſelben iſt unſern Blicken verdeckt. Man ſieht nichts als Wald, und dieſen in der groͤßten Schoͤnheit; er umgiebt eine Bucht, und mitten dar - inn iſt ein Riß in dem Walde. Dieſer iſt das Bette eines großen Stroms, der O’Sullivans Caſcade bildet, wohin alle Fremde als zu einer der groͤßten Schoͤnheiten von Killarney gefuͤhret werden. Steigt man auf der rechten Seite an Land, ſo geht man unter dem dicken Schatten des Waldes uͤber einen felſigten Abhang hart an den Strom, der ungeſtuͤm von Fels zu Fels mit ſchrecklichem Brauſen ſich waͤlzet. Die Phantaſie kann ſich nichts ſchildern, was die Wirklichkeit uͤbertraͤfe. Ein großer Strom bricht aus dem tiefen Schooß eines waldigten Thals hervor, das in einer Ein - oͤde von Fels und Baͤumen verſteckt, und an ſich ſchon romantiſch iſt, wenn auch kein Tropfen Waſſer da waͤre. Der erſte Fall iſt einige Fuß ſenkrecht uͤber einen Felſen, ohne daß man das Becken ſieht, in welches er faͤllt. Von dieſem Becken draͤngt er ſich zwiſchen zweyen Felſen ungeſtuͤm durch. Der zweyte Fall iſt auch ziemlich hoch; aber der unterſte iſt der hoͤchſte, und ſtuͤrzt ebenfalls aus einem dem Auge verborgnen Becken hervor. Dieſe Becken ſind groß, denn zwiſchen jedem Fall iſt ein Raum von einigen Yarden, der das Maleriſche vergroͤßert. Der ganze Fall iſt von einem Gewoͤlbe von Wald umgeben. Das Waſſer ſtuͤrzt in ſolcher Menge herab, daß es ein betaͤubendes Geraͤuſch macht; und da es ſich unten mit dem Strom, wo große und unzaͤhlige Felſenſtuͤcke ſind, vereinigt, ſo verbreitet es uͤber das Ganze ein Anſehen der Groͤße. Er iſt auf ſiebzig Fuß hoch.

IV Band. SVon138Dritter Abſchn. Gaͤrten nach dem Charakter ꝛc.

Von hier kann man nach den waldigten Ufern von Tomis und Glena fahren, den ſchoͤnſten, die man irgendwo ſiehet. Die Waͤlder des Glena geben den ſchoͤnſten und dickſten Schatten, weil ſie mehr Eichen und einige Erdbeerbaͤume haben. To - mis hingegen hat ſehr viele Birken, deren Laub nicht ſo ſtark iſt. Man kann ſich vor - ſtellen, wie groß dieſe Waͤlder ſind, da ſie einen ununterbrochenen Umfang von ſechs (engl.) Meilen in der Laͤnge und einer halben bis anderthalb Meilen in der Breite ha - ben, und von den Seiten zweyer großen Gebirge in erhabener Pracht bis an den Rand des Waſſers hinabſteigen. Die Anhoͤhe iſt von der Art, daß jeder Baum voll ins Auge faͤllt. Die Mannigfaltigkeit des Bodens iſt ſehr groß: an einigen Stellen Erhoͤhungen in dem Ruͤcken der Gebirge, und dann wieder Vertiefungen; an andern große Striche von Land und Felſen, welche dem erſtaunenden Auge allerley Veraͤnde - rungen darſtellen. Aus dem unermeßlichen Schooß der großen Gebirge erheben ſich kleinere, und zeigen ihr waldigtes Haupt; hinter ihnen erblickt man noch hoͤhere Baͤu - me. Es iſt unmoͤglich, alle Abwechſelungen der Waͤlder zu beſchreiben. Oberhalb des Ganzen iſt eine erſtaunende Maſſe von Gebirgen von einem ſanftwallenden Umriß, der ſeine Stellung nach der Sonne oder den Wolken veraͤndert, nie aber hoͤckrigt oder dem Auge fuͤrchterlich wird.

Die Abwechſelungen ſind am beſten zu ſehen, wenn man nahe am Ufer rudert, wo jeder Schlag des Ruders die Ausſicht veraͤndert; aber wenn man einen recht großen Eindruck ſucht, ſo rudre man zwey Meilen von dem Ufer von Glena. In dieſer Entfernung ſieht man die Ungleichheiten in der Oberflaͤche nicht laͤnger, aber das Auge erblickt eine ſo unermeßliche Reihe von Waͤldern und ein ſo vollkommen damit verei - nigtes Gebirge, daß die Gegenſtaͤnde, deren Charakter Schoͤnheit iſt, hier wegen ih - rer Groͤße wirklich praͤchtig erſcheinen, und den ſtaͤrkſten Eindruck machen.

Bey dem Park des Lord Kenmares hat man eine andre ſchoͤne Ausſicht auf den See, welche von vielen der vorigen verſchieden iſt. Zu unſern Fuͤßen iſt ein breiter Strich bebaueten Landes, der das Auge allmaͤlig nach dem See fuͤhret, wo ſich die Inſeln deutlicher, als von irgend einer Seite zeigen, und im Hintergrunde die Berge von Glena und Tomis ſich majeſtaͤtiſch erheben.

Im Ganzen kann man ſagen, daß der See Killarney kaum ſeines Gleichen hat. Der See Earne hat einen groͤßern Umfang von Waſſer, die Inſeln ſind zahl - reicher, und einige Scenen um Caſtle Caldwell vielleicht eben ſo praͤchtig; die Fel - ſen zu Keswick ſind majeſtaͤtiſcher, und andre Seen koͤnnen in manchen Umſtaͤnden erhabner ſeyn. Aber wenn wir die ungeheuren Waͤlder von Killarney, die unermeß - lichen Gebirge, die ungemeine Schoͤnheit des Vorgebirges Mucruß und die Inſel Innisfallen, die verſchiedenen Eilande erwaͤgen, ſo iſt Killarney in der That in allem Betracht vorzuͤglicher.

Vierter139

Vierter Abſchnitt. Gaͤrten nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

Richt jede Gegend iſt in allen Monaten des Jahres gleich angenehm; ihre Lage und ihr Charakter machen den Aufenthalt, der in der einen Jahreszeit erfreu - lich war, in der andern beſchwerlich. Die Natur hat jedem Abſchnitt des Jahrs ſeinen eigenthuͤmlichen Charakter, ſo wie ſeine eigenen Pflanzen gegeben. Auch iſt ein jeder von einer Menge von Umſtaͤnden und Zufaͤlligkeiten begleitet, die nur ihm zugehoͤren. Es iſt daher ein Wink, den ſelbſt die Natur giebt, die Jahreszeiten bey der Bildung der Gaͤrten in Betrachtung zu ziehen. Ihre fortſchreitende Abwech - ſelung erhaͤlt und erfriſcht den Geſchmack an den Annehmlichkeiten, die jeder beſonders gewaͤhrt. Außerdem koͤnnen auch perſoͤnlicher Geſchmack, Beduͤrfniß, oder Be - ſchaffenheit der Gegend, die ein Gartenfreund bewohnt, auf Anlagen dieſer Art leiten. So gewinnen wir Gaͤrten des Fruͤhlings, des Sommers, des Herbſtes und ſelbſt des Winters.

Die ganze Aufmerkſamkeit des Gartenkuͤnſtlers iſt hier angeſtrengt, um das Eigenthuͤmliche der Jahreszeit, alles, was in ihrem Charakter Anziehendes und Un - terhaltendes iſt, in ſeiner groͤßern Schoͤnheit aufzuſtellen, die vortheilhaften Umſtaͤnde und Zufaͤlligkeiten, die ſie begleiten, zu ſammeln, ihre Wirkungen, ſo viel die Kunſt vermag, zu ſtaͤrken, und alles auszuſchließen, was nicht mit dem Plan einer ſolchen beſondern Anlage uͤbereinſtimmt. Was demnach die Natur fuͤr eine jede Jahreszeit Charakteriſtiſches, in ihren Landſchaften zerſtreut, verbreitet, das erſcheint in dieſen Gaͤrten geſammelt, vereinigt, verſchoͤnert. Die Wirkungen davon haben wohl ſelten eine laͤngere Dauer, als in der Landſchaft ſelbſt; allein ſie ſind, durch die Verbindung und Verſtaͤrkung, die ſie von der Hand des weiſen Gartenkuͤnſtlers erhalten, groͤßer und eindringender.

I. Fruͤhlingsgarten.

1.

Bluͤhende Anmuth, Heiterkeit und Freude kroͤnet die Jugend des Jahres. Die Natur, die aus ihrem Schlummer erwacht, feyert die heiterſten Tage ihrer neuen Geburt. Alles iſt voll Gefuͤhl, voll Leben, voll Bewegung. Die Thaͤler undS 2Fluren140Vierter Abſchnitt. GaͤrtenFluren ſchmuͤcken ſich mit friſchem Gras und tauſendfarbigen Blumen. Die Gebuͤ - ſche und Hayne ſchwellen in Laub und Bluͤthen empor; und balſamiſche Duͤfte durch - wallen die ſtillere Luft. Die Baͤume und Straͤucher, ſo weit ſie das Auge erblickt, ergoͤtzen es durch die Lebhaftigkeit ihres Gruͤns, das, vom Hauch lauer Weſtwinde bewegt, reizend im Glanz der Sonne ſpielt. Liebliche Schatten ſchweben zerſtreut umher, gleich einer leichten Daͤmmerung. Der entwoͤlkte Himmel glaͤnzt in blauer Klarheit; ſein mildes Licht erfreuet und erquickt, wird geſucht und beſchwert nicht. Es ſpiegelt ſich in Baͤchen und Fluͤſſen; ſie rieſeln und rauſchen voll froher Freyheit dahin. Auf den begrasten Auen bloͤckt das zarte Lamm der Milchmutter nach, in - deſſen ſtaͤrkere Heerden auf den Hoͤhen den Strom der neuen Luft einſchluͤrfen, und das Gebruͤll der Freude von Huͤgel zu Huͤgel erſchallen laſſen. Die Waͤlder ertoͤnen von tauſend Stimmen der Voͤgel, die ſich mit Geſaͤngen locken, mit Geſaͤngen die neue Wohnung der Liebe bauen, mit Geſaͤngen einſchlummern und wieder erwachen. Der Kukuk ruft den ganzen Tag hindurch einlautig und wiederhohlend, wie ein Herold, den Fruͤhling durch Feld und Wald aus; triumphirend begruͤßt ihn die wirbelnde Lerche in der lauen Luft; doch melodiſcher noch und zaͤrtlicher ſingt ihm die Nachtigall in der Stille des Hayns, wenn das Mondlicht ſanft und freundlich uͤber den jungen Blaͤttern haͤngt, und das einfoͤrmige und dumpfe Getoͤn der Froͤſche, das mit regelmaͤßigen Pauſen wechſelt, die feyerliche Ruhe des Abends vermehrt. Von allen Seiten ſchmei - chelt der Fruͤhling den Sinnen des Menſchen; ein erwaͤrmendes Gefuͤhl durchwallet ſein Inneres; er wird wieder belebt, begeiſtert; vergißt die Stadt, ihre Geſchaͤfte und ihre Sorgen; und ein mit freyer Bruſt den Entzuͤckungen entgegen, wozu ihn die laͤndliche Natur ruft.

Dies iſt die Feyerzeit der Bluͤthen und der Blumen; mit ihnen prange vor - nehmlich der Garten des Fruͤhlings. Baͤume und Straͤucher und Pflanzen, die in dieſer Jahreszeit ihre Blumen in der Mannigfaltigkeit ihrer Farbenpracht enthuͤllen, muͤſſen hier das zarte Gruͤn der Raſen mit Bluͤthen und wankenden Schatten zieren. Sie moͤgen ſich bald auf dem ſanften Teppich einzeln zerſtreuen; bald ſich in Gruppen ſammeln, dicke Maſſen voll glaͤnzender Farben mit Wohlgeruch bilden, oder ſich in ſchoͤnen Pyramidalformen erheben, woraus ein reich bluͤhender Gipfel emporſteigt, in - deſſen auf den Seiten umher mannigfaltige Blumenbuͤſchel niedriger Straͤucher herab - hangen; bald ſich zu lieblichen Haynen, dem Fruͤhling geheiligt, vereinigen. Der Gartenkuͤnſtler waͤhle die Geſchlechter und Arten, die eine Folge von Blumen gewaͤh - ren, und verbinde ſie unter einander, daß die Scene nicht ſo bald leer werde. Allein weil die Zeit der Bluͤthen doch nur kurz iſt, ſo ſehe er zugleich auf Staͤmme von ſchoͤ - nen Formen, damit ſie, wenn ſie ihrer Blumen entbloͤßt ſind, und ihr Laub ſich nochnicht141nach dem Unterſchied der Jahreszeiten. nicht ganz enthuͤllt hat, noch fortfahren koͤnnen, dem Auge einen gefaͤlligen Anblick zu verſchaffen. Die Gruppen muͤſſen durch ihre Geſtalt und durch ihre Stellung noch angenehme Theile in dem Ganzen des Gemaͤldes bleiben, wenn ſie gleich ihrer Bluͤ - then beraubt ſind; der Spatziergang unter ihnen muß noch immer Ergoͤtzung fuͤr die uͤbrigen Monate behalten.

2.

Wie viele ſchoͤn bluͤhende Baͤume und Straͤucher und Pflanzen liefert nicht die Natur fuͤr Spatziergaͤnge, fuͤr Lauben, fuͤr Gruppen und Hayne des Fruͤhlings! Und welche reiche Gemaͤlde laſſen ſich nicht daraus zuſammenſetzen! Von Baͤumen und Straͤuchern gehoͤren beſonders, ihrer ſchoͤnen fruͤhen Bluͤthen, zum Theil auch ihres Wohlgeruchs wegen, hieher:

  • Amygdalus communis, L. der gemeine Mandelbaum.
  • nana, M. der Zwergmandelbaum.
  • pumila, L. der Zwergmandelbaum mit gefuͤllten Bluͤthen.
  • perſica fl. pl. Münchh. der Pfirſichbaum mit gefuͤllter Bluͤthe.
  • Aeſculus Hippocaſtanum, L. die Roßkaſtanie.
  • Cercis ſiliquaſtrum, L. der Judasbaum.
  • Canadenſis, L. der canadiſche Judasbaum.
    • Coronilla Valentina, L.
    • Emerus, L.
    die Coronilla.
  • Crataegus torminalis, L. der Elzbeerenbaum.
  • Aria, L. der Mehlbeerbaum.
  • Coccinea, L. der nordamericaniſche große ſtachliche Weißdorn.
  • Oxyacantha fl. pleno, d. R. der Weißdorn.
  • Alpina, d. R. der Mehlbeerbaum mit gruͤnen ſchmalen Blaͤttern.
  • Crus galli, L. der virginiſche Azerolweißdorn.
  • Cornus maſcula, L. der Cornelkirſchenbaum.
  • florida, d. R. der nordamericaniſche Hartriegel mit großer Blumen - decke.
  • Daphne Mezereum, L. der Kellerhals.
  • Laureola, L. der immer gruͤne Kellerhals.
  • Cneorum, L. das Steinroͤſelein.
  • Thymelaea, d. R. der Kellerhals mit weißen Blumen.
  • Hydrangea arboreſcens, L. die Hydrangea.
S 3Hopea142Vierter Abſchnitt. Gaͤrten
  • Hopea tinctoria, L. die Hopea.
  • Lonicera Xyloſteum, L. die gemeine Heckenkirſche.
  • Alpigena, L. die Alpenheckenkirſche.
  • Malus ſylveſtris, M. der Holzapfel.
  • Meſpilus amelanchier, L. der Guedelbeerbaum.
  • arbutifolia, L. der virginiſche Miſpelbaum mit Erdbeerbaum - blaͤttern.
  • Canadenſis, L. der canadiſche Miſpelbaum.
  • orientalis, L. der morgenlaͤndiſche Miſpelbaum.
  • Cotoneaſter, L. der Zwergmiſpelbaum mit rother Frucht.
  • Prunus ceraſus avium, L. der wilde Kirſchenbaum.
  • fl. pleno, d. R. die Kirſche mit gefuͤllter Blume.
  • Padus, L. die Vogelkirſche.
  • ſpinoſa, L. der Schlehdorn.
  • Pyrus ſativa fl. pleno, du Hamel. die Birne mit gefuͤllter Blume.
  • Cydonia, L. der Quittenbaum.
  • Sorbus aucuparia, L. der Quitſchernbaum, (der doch ſeiner ſchoͤnen rothen Beeren wegen vorzuͤglich in Herbſtſcenen gehoͤrt.)
  • domeſtica, L. der Spierlingbaum.
  • Robinia Caragana, L. der Sibiriſche Erbſenbaum.
  • Roſa pendulina, L. die hangende Roſe aus Neuengland.
  • cinnamomea, L. die Zimmtroſe, u. ſ. f.

Außer dieſen Baͤumen und Straͤuchern gehoͤren noch mit vorzuͤglichem Rechte in Fruͤhlingsſcenen die Obſtbaͤume; die durch die Schoͤnheit ihrer Bluͤthen ſo ſehr das Auge entzuͤcken, vornehmlich die Aprikoſen, die Pfirſchen und die Aepfelbaͤume. Selbſt die mit der einfaͤrbigen Weiße uͤberſtreuten Kirſchbaͤume, Pflaumenbaͤume und Birnbaͤume ſtellen eine ſehr heitre Scene dar, zumal wenn ſie in Wieſen oder auf Ra - ſen ſtehen, deren aufſprießendes Gruͤn dagegen einen lieblichen Hintergrund bildet. Ein Obſtgarten ſollte daher wenigſtens den Fruͤhlingsſcenen zur Seite liegen, wo das Auge die ganze Wonne der Bluͤthen uͤberſchauen kann.

Mit den bluͤhenden Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen zum hoͤhern Reiz Stau - den und Zwiebelgewaͤchſe, die dieſe Jahrszeit mit ihren Blumen ſchmuͤcken, in Grup - pen und Haynen verbunden werden, oder unter ſich ſelbſt vereinigt auf friſch gruͤnenden Raſen ſehr heitre Blumengruppen bilden. Wie viele ſchoͤne Blumen der Stauden und Zwiebelgewaͤchſe fuͤhrt nicht der Lenz hervor! Als

Adonis143nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.
  • Adonis vernalis, fruͤhjaͤhrige Adonis.
  • Agrimonia Agrimonoides, Baſtard Odermennig.
    • Anemone Hepatica flore albo,
    • rubro,
    • rubro pleno,
    • caeruleo,
    • caeruleo pleno,
    Leberkraut.
  • vernalis, fruͤhjaͤhrige Kuͤchenſchellen.
  • pulſatilla, gemeine Kuͤchenſchellen.
  • ſylveſtris, Waldanemone.
  • apennina, apenniniſche Anemone.
    • nemoroſa,
    • flore pleno purpuraſcente,
    • albo,
    Haynenanemone.
  • Arum maculatum, gefleckter Aron.
  • italicum, M. italieniſcher Aron.
  • Aſarum europaeum, Haſelwurz.
  • Atropa mandragora, Alraun.
    • Bellis perennis,
    • hortenſis fl. pleno colore vario,
    Garten-Maslieben nebſt Ab - arten.
  • Bülbocodium vernum, Fruͤhlings nackende Jungfer.
  • Caltha paluſtris fl. pleno, gefuͤllte Dotterblume.
  • Cardamine pratenſis flore pleno, gefuͤllte Wieſenkreſſe.
  • Chelidonium majus fl. pleno, groß Schalkraut mit gefuͤllter Blume.
    • Convallaria majalis flore rubente,
    • fl. pleno,
    Mayblumen. Lilienconvallien.
    • Crocus ſativus vernus,
    • ſpecies variae,
    Fruͤhlingsſafran mit ſeinen Spielarten.
  • Cynogloſſum omphaloides, nabelfoͤrmige Hundszunge.
    • Erythronium dens canis,
    • variae ſpecies,
    Hundszahn nebſt Abarten.
    • Fritillaria imperialis,
    • ſpecies variae,
    Kaiſerskronblumen mit ihren Abarten.
    • Fritillaria meleagris,
    • ſpecies variae,
    Kivitzey, Schachblumen mit ihren Abarten.
  • 144
    • Fritillaria pyrenaica,
    • ſpec. variae,
    pyrenaͤiſche Schachblumen mit ihren Abarten.
  • Fumaria bulboſa, knolliger Erdrauch.
  • cucularia, kappenfoͤrmiger Erdrauch.
  • lutea, gelber Erdrauch.
    • Galanthus nivalis,
    • fl. pleno,
    Schneetropfen.
  • Gentiana acaulis, ſtammloſer Enzian.
  • Geum urbanum, gewuͤrznelkenartige Meerwurz.
  • Hyacinthus non ſcriptus, blaue Hyacinthe.
  • utrinque floribus, M. blaue Hyacinthe mit Blumen, die den Stengel umgeben.
  • racemoſus, Traubenhyacinth mit ſchlanken Blaͤttern und einem Pflaumengeruch.
    • botrioides,
    • variae ſpecies,
    Traubenhyacinth mit ſteifen Blaͤttern nebſt Abarten.
  • muſcari, Muſcatenhyacinth.
  • Iberis ſemperflorens, immerbluͤhende Iberpflanze.
    • Iris pumila flore caeruleo,
    • purpureo caeruleo,
    • variegato,
    kleine Schwerdtlilie.
  • biflora, zweymalbluͤhende Schwerdtlilie.
  • Leucojum vernum, Schneeglocken, weiße Fruͤhlingsveil.
  • aeſtivum, weiße Sommerveil.
  • Narciſſus, Pſeudo-narciſſus, ſpecies variae fl. pleno, unaͤchte Narciſſen nebſt Abarten mit gefuͤllten Blumen.
  • bicolor et ſpecies variae fl. pleno, zweyfarbige Narciſſen und ihre Abarten mit gefuͤllten Blumen.
  • poeticus flore pleno, poetiſche Narciſſe.
  • minor, kleine Narciſſe.
  • Ornithogalum nutans, uͤberhaͤngende Vogelmilch.
  • Orobus vernus, Fruͤhlingserven.
  • Phlox piloſa, haarige Flammenblume.
Primula145nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.
  • Primula veris et ſpecies diverſae, Fruͤhlings-Schluͤſſelblume und ihre Ab - arten.
  • auricula, vulgo auricula urſi et variae ſpecies, Aurikel und ihre Abaͤnderungen.
  • farinoſa, mehlige Schluͤſſelblume.
  • Pulmonaria officinalis, officinelles Lungenkraut.
  • anguſtifolia, ſchmalblaͤtteriges Lungenkraut.
  • virginica, virginiſches Lungenkraut.
  • Ranunculus amplexicaulis, Hahnenfuß mit Blaͤttern, die den Stamm um - fangen.
  • repens fl. pleno, kriechender Hahnenfuß mit gefuͤllter Blume.
  • aconitifolius, fl. pleno, Hahnenfuß mit dem Sturmhutblatte und gefuͤllter Blume.
  • chaerophyllus, fl. pleno, Hahnenfuß mit dem Kerbelblatte und gefuͤllter Blume.
  • Saxifraga craſſifolia, dickblaͤttriger Steinbrech.
  • granulata fl. pleno, koͤrnerreicher Steinbrech mit gefuͤllter Blume.
  • rotundifolia, rundblaͤttriger Steinbrech.
  • Scilla amoena, Sternhyacinth.
    • bifolia flore albo,
    • flore caeruleo,
    • rubro,
    zweyblaͤttriger Sternhyacinth.
  • Trollius europaeus, europaͤiſche Engelblume.
  • Tulipa ſylveſtris, wilde Tulpe.
  • Valleriana diviſa, Baldrian mit ganz getrennten Geſchlechten.
    • Viola odorata,
    • flore caeruleo pleno,
    • albo
    Maͤrzviole.
  • montana, Bergviole.
  • tricolor, dreyfarbige Viole. etc. etc.

3.

Die Bluͤthen der Baͤume und Straͤucher, die beſonders ein Eigenthum der Jugend des Jahres ſind, machen nebſt den Blumengewaͤchſen einen wichtigen Theil in Fruͤhlingsanlagen aus. Indeſſen darf doch auch das Laubwerk, wiewohl es inIV Band. Tdieſer146Vierter Abſchnitt. Gaͤrtendieſer Jahrszeit noch nicht zu dichten Schattengewoͤlben angewachſen iſt, nicht ganz uͤberſehen werden. Einige Baͤume und Straͤucher empfehlen ſich durch das fruͤhe Ausſchlagen ihres hellgruͤnen Laubes, das durch ſeine Lebhaftigkeit dem Charakter des Fruͤhlings ſo ſehr zuſtimmt, als die Buche, der Stachelbeerſtrauch, die Strausbeere (Ribes Alpinum, L.), der breitblaͤttrige Spindelbaum (Evonymus latifolius, d. R.). Nadelhoͤlzer, die faſt alle eine zu dunkle und todte Farbe haben, ſchicken ſich nicht in Fruͤhlingsſcenen, wo ſie, gegen das heitre Gruͤn des jungen Laubes betrachtet, einen widrigen Eindruck machen. Das Gruͤn der Laubbaͤume iſt indeſſen in dieſer Jahrs - zeit noch zu lichte und zu wenig abaͤndernd, als daß ſich hier durch Miſchung verſchie - dener Farben des Laubwerks eine Malerey gewinnen ließe. Noch verdienen hier ſol - che Baͤume einen Platz, deren ausſchlagende Blaͤtter Wohlgeruch verbreiten, als die Balſampappel und der Lerchenbaum.

In dieſer Zeit des Jahres iſt das Licht des Tages milde und erquickend; man genießt ſeinen ſanft erwaͤrmenden Strahl mit Wolluſt; auch ſehnen ſich alle Gewaͤchſe nach ſeinem belebenden Einfluß. Der Fruͤhlingsgarten waͤhle demnach ſeine Lage vor dem freyen Blick der Sonne. Eine Reihe von anmuthig aufſchwellenden kleinen ſon - nigten Huͤgeln, die mit ſanften Abhaͤngen, ohne tiefe Niedrigungen, wellenfoͤrmig fortlaufen, ſcheint die ſchoͤnſte Lage fuͤr dieſen Charakter zu ſeyn. Noch reizender wird ſie, wenn es verſtattet iſt, in den kleinen Thaͤlern Baͤche uͤber hellſchimmernde Kieſel rieſeln zu laſſen; ihr Waſſer ſey klar und durchſichtig, ihr Lauf munter, ihr Geraͤuſch maͤßig ohne Getoͤſe, ihr Ufer mit Blumen bekraͤnzt, die uͤberhaͤngend ſich in dem Spiegel der lieblichen Flut beſchauen. Dieſes Waͤſſer und die umher bluͤhenden Gebuͤſche locken mancherley melodiſche Voͤgel herbey, deren Geſellſchaft nie reizender iſt, als in dieſer Feyerzeit der Liebe und des Geſanges.

Durch den ganzen Fruͤhlingsgarten herrſche Heiterkeit und Freude. Alle Ver - zierungen, alle Werke der Kuͤnſte muͤſſen den Charakter dieſer Jahrszeit, Jugend und Munterkeit, ankuͤndigen. Offene Sitze, heitre Lauben und froͤhliche Tempel im Angeſichte reizender Ausſichten, auswendig mit farbigten Bluͤthen und duftenden Blu - men umgeben, inwendig mit Bildern des Vergnuͤgens geſchmuͤckt, gehoͤren in dieſe Reviere als zuſtimmende Werke. Die Gebaͤude muͤſſen leicht und in einem muntern Styl ſeyn. Auf einem blumigten Huͤgel erhebe ſich der Tempel des Fruͤhlings. 147nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

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T 2Er148Vierter Abſchnitt. GaͤrtenEr ruhet auf acht freyſtehenden Saͤulen von ioniſcher Ordnung; die leichte Kuppel iſt mit Kraͤnzen behangen und oben mit einer Vaſe voll Blumen gekroͤnt; auf der untern Stufe, welche das ganze Gebaͤude umgiebt, laden zwey Ruhebaͤnke ein. Lachende Bilder, die auf die Vergnuͤgungen der Jahrszeit hinwinken, moͤgen den Tempel um - geben und den Reiz ſeines Eindrucks erhoͤhen; tanzende Liebesgoͤtter mit ſchalkhaften Nymphen gepaart, die Goͤttinn der Freude, oder die Goͤttinn der Blumen von einem ſchoͤnen Juͤngling, dem Fruͤhling, umarmt, ſind hier ſehr ſchickliche Statuͤen. Auch Inſchriften koͤnnen, an Gebaͤuden und Sitzen angebracht, auf die Scenen des Fruͤh - lings aufmerkſamer machen, und zum Genuß des Vergnuͤgens auffordern.

Laſſet keine Nachtigall
Unbehorcht verſtummen;
Keine Bien im Fruͤhlingsthal
Unbelauſcht entſummen!

In Gaͤrten des Fruͤhlings, woruͤber der Himmel mit freundlichem Lichte herab - laͤchelt, wo das neue Gruͤn in einem lieblichen Schimmer glaͤnzt, und ſo viele friſche Pflanzen ihre farbigten Blumenhaͤupter unter einander vereinigen;

Im Hayn, wo zwiſchen blumenvollen Straͤuchen
In krummen Ufern Silberbaͤche ſchleichen,
Wo Bluͤthen duften, wo der Nachtigallen
Luſtlieder ſchallen;

in dieſen Gaͤrten, wo Jugend und Freude ſich umarmen, und die Stimmen begluͤck - ter Liebe von allen Zweigen ertoͤnen, floͤßen ſich bald die ſanften Empfindungen der Zaͤrtlichkeit einem fuͤhlenden Herzen ein.

Liebe ſaͤuſeln die Blaͤtter,
Liebe duften die Bluͤthen,
Liebe rieſelt die Quelle,
Liebe ſeufzet die Nachtigall.

Hier zwiſchen Gruppen von Roſen, Mandelbaͤumen und andern ſchoͤn bluͤhenden Straͤuchern, unter dem Dufte der Primeln, Mayblumen, Hyacinthen und Narciſſen, bey Gebuͤſchen, wo die Saͤngerinnen der Zaͤrtlichkeit locken, an Baͤchen, neben wel - chen das ſanfte Vergißmeinnicht aufſprießt, und der kleinen dahin wankenden Welle mit holder Sehnſucht nachzulaͤcheln ſcheint, hier iſt der Ort, wo die Grazien oder die Liebe ihren Tempel erwarten. 149nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

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150Vierter Abſchnitt. GaͤrtenWelche liebliche Bilder, welche ſuͤße umherſchwaͤrmende Phantaſien erweckt eine ſolche Scene! Sanft zerſchmelzt das Herz bey der Empfindung der Inſchrift:

O! Laura, ſey gegruͤſſet,
Hier, wo man ſcherzt und kuͤſſet,
Laß unter Nachtigallen
Dein ſuͤßes Lied erſchallen!

II. Sommergarten.

Der Charakter des Sommers hat ſeine ausgezeichneten Unterſcheidungstheile. Alle Gewaͤchſe ſchwelgen nun in der ganzen Staͤrke ihres Wachsthums, und die Fruͤchte der Fluren und der Baͤume gluͤhen ihrer Reiſung entgegen. Tauſend Blumen ſtehen in der Fuͤlle ihrer Schoͤnheit aufgeſchloſſen. Ueberall ſchwebt das uͤberſchattende Laubwerk umher, ganz enthuͤllt und ausgewickelt zu reichen Woͤlbungen; das Gruͤn hat ſeine voͤllige Farbenkraft erreicht. Die Waͤlder wallen in der ſtolzen Schoͤnheit ihres Laubes. Die Wieſen verhauchen einen Reichthum von Duͤften, und beleben ſich mit den frohen Scenen der Einſammlung des Graſes, wo unter den Geſchaͤfften der Schnitter und der Garbenbinderinnen bald ein laͤndlicher Scherz, bald ein Lied von Liebe, bald der Schlag der nachbarlichen Wachtel ertoͤnt. Mit ihnen wechſeln die Auftritte der mannigfaltigen Kornaͤrndte. Die Heerden jauchzen mit rauhen Toͤnen uͤber den Ueberfluß ihrer Weide, und reicher gefuͤllt kommen die Milch - eimer von ihnen zuruͤck. Alle Scenen der Natur erſcheinen in ihrer ganzen Pracht und Vollkommenheit. Die Gewitter bilden in den Wolken die herrlichſten Schau - ſpiele fuͤr das Auge. Mit der ſteigenden Hitze vermehrt ſich der erquickende Schatten, mit dem laͤngern Lichte die tiefere Dunkelheit der Waͤlder. Der Sommer giebt jeder Zeit des Tages ſeinen eigenen Charakter und ſeine Annehmlichkeiten: dem Morgen friſche Kuͤhlung; dem Mittag ſchwuͤle Helle und feyerliches Schweigen durch die ganze Natur, Ruhe der Arbeit und ſelbſt des Geſanges; dem Abend erquickende Milde und ſanfte Stille. Und welche Nacht folgt dieſem Tage! Ihre Stunden haben nichts von ſchreckender Finſterniß; ſie ſchweben mit einer lieblichen Daͤmmerung ſanft voruͤber; ihre Kuͤhle, ihre Wohlgeruͤche, ihre Stille erquickt die leichtſchlummernde Natur; und der Himmel ſelbſt laͤchelt uͤber ſie mit freundlichen Geſtirnen herab.

Von151nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

Von den Annehmlichkeiten dieſer Jahreszeit einen veredelten Genuß zu ver - ſchaffen, und gegen ihre Unbequemlichkeiten zu ſchuͤtzen, iſt die beſondre Beſtimmung des Sommergartens. Die Auswahl und Anordnung aller ſeiner Scenen iſt von die - ſer Beſtimmung abhaͤngig.

Wir ſuchen in dieſer Zeit die Erquickungen des Schattens. Ein dichter Wald voll Buchen oder Eichen iſt demnach ein treffliches Geſchenk der Natur. Aber auch der Fleiß muß hier oft pflanzen. Gedraͤngte Gruppen und Hayne von Baͤumen, die durch die Groͤße und den Reichthum des Laubes eine angenehme Bedeckung anbieten, muͤſſen den Sommergarten uͤberſchatten. Die Linde, die Roßkaſtanie, die Ulme, der Ahorn, die Katalpa, die caroliniſche Pappel, der Tulpenbaum, der nordameri - caniſche Platanus und einige Arten der Magnolie bieten ſich fuͤr dieſe Gruppen und Hayne an. Kuͤhl und lieblich iſt der Spatziergang unter dieſen Baͤumen; ſie geben zugleich fuͤr Lauben und Schattenſitze eine anmuthige Beſchirmung.

Allein Schatten iſt nicht alles, was wir in dieſer Jahreszeit von den Baͤumen erwarten. Wir wollen auch das Auge an den Reizen weiden, wozu die jetzt erſchei - nenden, zum Theil auch wohlriechenden Bluͤthen ſo vieler wilden Baͤume und Straͤu - cher uns einladen. Außer der herrlichen Bluͤthe der ſchon genannten Linde, bluͤhen im Sommer,*)In den ſuͤdlichen Gegenden von Deutſchland bluͤhen vielleicht einige dieſerBaͤume und Straͤucher ſchon vor dem An - fang der Sommermonate. wiewohl nur eine gewiſſe Zeit:

  • Aeſculus Pavia, L. die rothbluͤhende Roßkaſtanie.
  • Azalea nudiflora und viſcoſa, L. die Azalea.
  • Berberis vulgaris, L. der gemeine Berberitzenſtrauch.
  • Colutea orientalis, M. der morgenlaͤndiſche Blaſenbaum.
  • Cytiſus Laburnum, L. der Bohnenbaum.
  • ſeſſilifolius, L. der kleine italieniſche Bohnenbaum.
  • Clethra alnifolia, L. die erlenblaͤttrige Klethra.
  • Cephalanthus occidentalis, L. der Knopfbaum.
  • Chionanthus virginica, L. der Schneeflockenbaum.
  • Elaeagnus anguſtifolia, L. der wilde Oelbaum.
  • Jaſminum officinale, L. der weiße Jasmin.
  • fruticans, L. der gelbe Jasmin.
  • Liriodendron Tulipifera, L. der Tulpenbaum.
  • Lonicera Tartarica, Diervilla, und andre Arten.
Magnolia152Vierter Abſchnitt. Gaͤrten
  • Magnolia glauca, L. die ſchmalblaͤttrige Magnolia.
  • Philadelphus coronarius, L. der wilde Jasmin.
  • Ptelea trifolia, L. die dreyblaͤttrige Ptelea.
  • Prunus Mahaleb, d. R. die Mahalebkirſche.
  • Pad. Virginiana, L. die virginiſche Vogelkirſche.
  • nana, d. R. die nordamericaniſche niedrige Vogelkirſche.
  • Robinia Pſeudoacacia, L. der virginiſche Schotendorn.
  • hiſpida, L. der rothbluͤhende Schotendorn.
    • Roſa,
    • Spiraea,
    • Syringa,
    viele Arten.
  • Staphylea pinnata, L. der gemeine Pimpernußſtrauch.
  • trifolia, L. der virginiſche Pimpernußſtrauch.
  • Tamarix germanica, L. der deutſche Tamariskenſtrauch.
  • Viburnum Lantana, L. der Schlingenbaum.
  • opulus roſeum, L. der Schneeballenbaum.

Unter den Straͤuchern giebt es einige, die faſt den ganzen Sommer hindurch bluͤhen, als:

  • Ceanothus Americanus, L. der nordamericaniſche Ceanothus.
  • Colutea arboreſcens, L. der Blaſenbaum.
  • iſtria, M. der Blaſenbaum aus der Levante.
  • Geniſta germanica, L. die Stachelpfrieme.
  • Itea Virginiana, L. die virginiſche Itea.
  • Kalmia latifolia und anguſtifolia, L. der breitblaͤttrige und ſchmalblaͤttrige Loͤffelbaum.
  • Lonicera ſemper virens, L. das immer gruͤne virginiſche Geißblatt.
  • caprifolia germanica, L. d. R. das ſpaͤte Geißblatt.
  • Potentilla fruticoſa, L. die Potentille oder das ſtrauchartige Fuͤnffinger - kraut.
  • Rubus odoratus, L. der wohlriechende Himbeerſtrauch.
  • Roſa, verſchiedene Arten, als: Roſa ſcandens, M. Roſa omnium caden - darum, Münchh. Roſa Carolina, L.
  • Spiraea ſalicifolia, L. die weidenblaͤttrige Spierſtaude.
  • Vinca major, L. das Wintergruͤn.
Mit153nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

Mit allen dieſen Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen Stauden, Zwiebelgewaͤchſe und einjaͤhrige Pflanzen mit Blumen, wovon der Sommer eine ſo große Menge fuͤr die Zierde der Gaͤrten hervorbringt, in Gruppen, Haynen, Spatziergaͤngen, Lauben und Ruheſitzen, zur Bildung ſehr reizender Scenen, verbunden werden. Außerdem geben auch die Sommerblumen auf Raſen und am Rande des Waſſers, worinn ſie den Wiederſchein ihrer Farben bilden, Verzierungen von einer großen Anmuth und Lebhaftigkeit.

Auch koͤnnen in die Pflanzungen des Sommers mit gutem Geſchmack ſolche Obſtbaͤume eingeſtreut werden, die ihre in dieſer Zeit reifende Fruͤchte lieblich faͤrben, als der Apricoſenbaum, der Kirſchbaum, und einige fruͤhzeitige Arten von Aepfelbaͤu - men. Sie erfriſchen das Auge mit einer reizenden Abwechſelung, und erhoͤhen die Vorſtellung von der mannigfaltigen Fruchtbarkeit der Jahreszeit.

Ausſichten auf heerdenvolle Weiden und auf Fluren voll Getraide, mit allen den laͤndlichen Auftritten, die ſie veranlaſſen, haben eine vorzuͤgliche Empfehlung in dieſer Gattung von Anlagen.

Nichts aber iſt dem Charakter dieſer Jahreszeit mehr zuſtimmend, als die Er - friſchung des Waſſers. Gluͤcklich, aber ſelten iſt die Lage, die nie verſiegende Baͤche und Waſſerfaͤlle gewaͤhrt, die noch in duͤrren Tagen rauſchen. Die Gegenwart eines Sees giebt indeſſen einen gewiſſern und dem Eigenſinn des Zufalls weniger ausgeſetz - ten Genuß. Schon der Anblick auf ſeine klare Fluth erfriſcht die Seele. Seine Bewegung ſpuͤlt Kuͤhlung herbey, und ſein ſtiller Spiegel erfreut mit dem neuen Bilde der Huͤgel, der Baͤume, der Gewoͤlke und der blauen Helle des Himmels. Beque - me Spatziergaͤnge und Ruheſitze ſind faſt nirgends reizender, als hier.

Gebaͤude ſind ſelbſt ein Beduͤrfniß des Sommergartens; allein ſie koͤnnen zu - gleich ſehr wichtige Gegenſtaͤnde der Verſchoͤnerung ſeyn. Sie ſollen zunaͤchſt Schirm vor der Hitze und Genuß der Ruhe gewaͤhren; ihre Lage ſey ſchattigt und kuͤhl. Bey dem vollen Reichthum des Laubes, der dieſer Jahrszeit eigen iſt, koͤnnen ſie, beſon - ders durch ihre Lage, Farbe und Verbindung mit Baͤumen und Waſſer, uͤberaus maleriſche Gegenſtaͤnde werden. Sie koͤnnen außerdem von mannigfaltigen Cha - rakteren ſeyn. In einer reichen und fruchtbaren Gegend prange ein Tempel, der Ceres oder der erzeugenden Natur gewidmet; in einem waldigten Dickigt ſey es ein rohes Borkhaus, und nahe bey einer Weide eine kleine niedliche Milchhuͤtte, die be - zeichnend die Scene verſchoͤnere. Auch ein Badhaͤuschen iſt in einem Sommergar - ten mehr, als ein bloßer Gegenſtand des Vergnuͤgens.

IV Band. U154Vierter Abſchnitt. Gaͤrten
[figure]
155nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

III. Herbſtgarten.

1.

Die Natur iſt in dieſer Zeit nur noch beſchaͤfftigt, den Segen ihrer letzten Fruͤchte abzuliefern, und bereitet ſich allmaͤlig zu ihrer Ruhe vor. Die Blaͤtter begin - nen zu welken, und zu fallen; die Kraft des Wachsthums und des Lebens wird er - ſchlafft; alles, ſelbſt bis auf den Tag, naͤhert ſich der Abnahme. Indeſſen fehlt es dem Herbſt, noch außer den frohen Scenen der letzten Aerndte und außer den Feſten der Weinleſe, nicht an Anmuth. Die Hitze iſt zu einer milden Waͤrme gemaͤßigt. Eine feyerliche Stille ſchwebt uͤber Fluren und Waͤlder. Der Himmel ſchmuͤcket ſich mit einer ſanften Heiterkeit; die leichten Gewoͤlke, die zuweilen an ſeinem blauen Ge - woͤlbe erſcheinen, ſtehen wie ſilberne Spiegel, oder wie kleine Malereyen, welche die allgemeine Einfaͤrbigkeit unterbrechen, und bald roͤthliche Huͤgel mit grauen Thaͤlern, bald andere landſchaftliche Bilder nachzuahmen ſcheinen. Die Morgennebel, die das Laub der Baͤume langſam toͤdten, erfriſchen das Gruͤn der Raſen. Und welche ma - leriſche Schauſpiele, wenn ſich aus ihnen das Licht des Tages entwickelt, und eine neue Schoͤpfung in verklaͤrter Schoͤnheit hervorſteigt! Stille, dankbare Behagung uͤber die letzten Wohlthaten der Natur und ſanfte Melancholie bey dem Anblick der Scenen, die nichts mehr zu hoffen uͤbrig laſſen, bey den truͤben Scenen der Vergaͤnglichkeit, ſind die beyden Hauptempfindungen, die der Herbſt erregt. Der Geiſt uͤbergiebt ſich der Ruhe zu ernſthaften Betrachtungen, und uͤber alle Empfindungen verbreitet ſich eine gewiſſe unbeſchreibliche Milde, gleich einem ſchoͤnen Herbſtabend, der die leich - ten ihn umſchwebenden Thaugewoͤlke mit lieblicher Roſenhelle durchgießt.

Die Waͤlder und Gebuͤſche ſtellen uns in dieſer Jahreszeit ein neues Schauſpiel der Farbenmiſchungen vor Augen. Im Sommer war die ganze Natur in Gruͤn ge - kleidet. Jetzt wandelt es fich nach und nach von einem Ton zum andern, von dem Blaßgruͤnen und Gelblichen bis zu dem Roͤthlichen, Dunkelrothen und Braunen, mit unendlich verſchiedenen Abfaͤllen und Schattirungen. Durch dieſe Veraͤnderung des Laubes giebt ſchon die Natur Gemaͤlde, die der Fruͤhling und Sommer bey aller ihrer Schoͤnheit nicht haben.

2.

Zwar verbreitet ſich dieſe Farbenwechſelung faſt durch das ganze Pflanzenreich, und in den Waͤldern und Fruchtgaͤrten kleiden ſich die Blaͤtter mit mancherley Mi -U 2ſchungen156Vierter Abſchnitt. Gaͤrtenſchungen des Roͤthlichen und Gelben. Allein bey einigen Baͤumen und Straͤuchern zeigt ſich doch beſonders eine maleriſche Veraͤnderung des Laubes, indem das Gruͤn in ein lebhaftes Roth uͤbergeht; dahin gehoͤren:

  • Cornus ſanguinea, L. der Hartriegel.
  • Evonymus europaeus, L. der gemeine Spindelbaum.
  • Hedera quinquefolia, L. der Jungfernwein.
  • Liquidambar ſtyricifol. L. der Storaxbaum.
  • Meſpilus arbutifolia, L. der virginiſche Miſpelbaum mit Erdbeerbaum - blaͤttern.
  • Quercus coccinea, L. die Scharlacheiche.
  • rubra, L. die große americaniſche Eiche.
  • Rhus coriaria, L. der Gerberbaum.
  • Typhinum, L. der virginiſche große Sumach.
  • glabrum, L. der glatte nordamericaniſche Sumach.

Andere wilde Baͤume und beſonders Straͤucher tragen im Herbſt Beeren von gelber, blauer, vornehmlich rother Farbe, die nicht allein den Haynen und Gebuͤſchen ein ſchoͤnes und muntres Anſehen geben, ſondern ſie auch durch Herbeylockung der Voͤgel beleben, und das Vergnuͤgen des Vogelfangs beguͤnſtigen. Hieher ſind zu rechnen:

  • Berberis vulgaris, L. der gemeine Berberitzenſtrauch.
  • Cornus amomum, M. der blaubeerigte Hartriegel.
  • Crataegus, L. Weißdorn, verſchiedene Arten, als Oxyacantha, flor. pl. L. Crat. Oxyac. Caroliniana, Münchh. Crat. coccinea, L. Crat. Crus galli, L. Crat. Tomentoſa, L. Crat. Lucida, d. R.
  • Ilex aquifolium, L. die gemeine Huͤlſe.
  • Juniperus, L. verſchiedene Arten, beſonders Jun. Virginiana, M. die rothe Ceder.
  • Lonicera caerulea, L. die blaubeerigte Heckenkirſche.
  • tartarica, L. die tartariſche Heckenkirſche.
  • Xyloſteum, L. die gemeine Heckenkirſche.
  • Moſpilus Cotoneaſter L. die Zwergmiſpel.
  • Pyracantha, L. der immer gruͤne Dorn.
  • Prinos verticillatus, L. die virginiſche Winterbeerſtaude.
  • Prunus Padus, L. die Vogelkirſche.
  • Virginiana, L. die virginiſche Vogelkirſche.
  • Mahaleb, d. R. die Mahalebkirſche.
  • 157
  • Prunus ſpinoſa, L. der Schlehdorn.
  • Rhamnus catharticus, L. Kreuzdorn, verſchiedene Arten.
  • Sorbus aucuparia, L. der Quitſchernbaum.
  • Sambucus nigra, L. der gemeine Hollunder.
  • racemoſa, L. der Traubenhollunder.
  • Vaccinium vitis idaea, L. der Kronsbeerenſtrauch.
  • Viburnum Lantana, L. der Schlingenbaum.
  • Opulus, d. R. der Waſſerholder.

Dieſe Baͤume und Straͤucher mit maleriſchen Blaͤttern und Beeren koͤnnen, in Ver - bindung mit ſolchen Arten, die ſpaͤt ihr Laub behalten, reizende Scenen fuͤr die Jahrs - zeit bilden helfen, ſowohl in Gruppen und Haynen des Herbſtes, als auch auf Raſen, die ſich mit dauerndem Gruͤn ſchmuͤcken. Spaͤt in den Herbſt hinein gruͤnen noch ver - ſchiedene Baͤume, als:

  • Acer Creticum, L. der candiſche Ahorn.
  • Celtis, L. der Zuͤrgelbaum, die meiſten Arten, als: Celtis auſtralis, orien - talis und occidentalis.
  • Populus nigra italica, Münchh. die italieniſche Pappel.
  • Ulmus americana, d. R. die nordamericaniſche Ulme.
  • Viburnum Lantana, L. der Schlingbaum, und andre.

Damit es den Scenen dieſer Jahreszeit noch weniger an Reiz fehle, laͤßt die Natur einige Baͤume und Straͤucher nun erſt bluͤhen, andre zum zweytenmal. In dieſe Klaſſe gehoͤren:

  • Bignonia radicans, L. die große Trompetenblume.
  • Caſſia Marylandica, L. die Marylaͤndiſche Caſſia.
  • Cornus alba, d. R. der Hartriegel mit weißen Beeren.
  • Hamamelis Virginiana, L. der Zauberhaſelſtrauch.
  • Hibiſcus Syriacus, L. der ſyriſche Pappelbaum.
  • Lonicera Symphoricarpos, L. der americaniſche niedrige Symphoricarpos.
  • Roſa ſempervirens, L. die immer gruͤne Roſe.
  • Rhus Copallinum, L. der Gummi-Copal-Sumach.

Doch iſt der Herbſt beſonders die Zeit der Reifung ſo vieles trefflichen Obſtes, deſſen Einſammlung ein wahres Feſt der Natur iſt. Nicht weniger tragen die man - cherley Baumfruͤchte, ſowohl durch ihre Formen, als auch durch ihre milden und leb - haften Farben, zur Verſchoͤnerung der Herbſtſcenen bey. Der Weinſtock beſonders fordert hier ſeine Stelle. Man kann ihn brauchen, bald zur Umkraͤnzung der Pflan - zung, bald zu Lauben oder Bogengaͤngen; man kann ihn an den Waͤnden der Ge -U 3baͤude158Vierter Abſchnitt. Gaͤrtenbaͤude hinaufleiten, oder ihn an andern Staͤmmen hinaufklettern und von Baum zu Baum heruͤberhaͤngen laſſen. In Gegenden, deren Klima den Weinbau beguͤnſtigt, iſt ein kleiner Weinhuͤgel ein faſt noͤthiges Zubehoͤr des Herbſtgartens, wenn er nicht ſchon in der Nachbarſchaft von Weinbergen liegt.

Auch ſelbſt die Blumengoͤttinn verſchoͤnert noch die ſpaͤten Tage des Herbſtes. Faſt alle Blumen, womit ſie dieſe Jahrszeit ſchmuͤckt, erhalten ſich laͤnger in ihrer Schoͤnheit, als die zaͤrtlichen und fluͤchtigen Kinder des Fruͤhlings. Hier iſt eine kleine Angabe herbſtlicher Blumengewaͤchſe, wovon einige jetzt zum zweytenmal bluͤhen.

Stauden.

  • Achillea tomentoſa.
  • millefolium.
  • Ageratum altiſſimum.
  • Alcea roſea.
  • Antirrhinum majus colorum vario - rum.
  • Arum maculatum.
  • Aſter tripolium.
  • amellus.
  • divaricatus.
  • dumoſus.
  • ericoides.
  • tenuifolius.
  • linarifolius.
  • linifolius.
  • concolor.
  • rigidus.
  • undulatus.
  • alpinus.
  • novae angliae.
  • cordifolius.
  • puniceus.
  • mutabilis.
  • tradeſcanti.
  • novi belgii.
  • tardiflorus.
  • grandiflorus.
  • Buphthalmum grandiflorum.
  • Buphthalmum Helianthoides.
  • Chryſanthemum ſeretinum.
  • Clematis integrifolla.
  • Coreopſis verticillata.
  • tripteris.
  • auriculata.
  • Eringium amethyſtinum.
  • Eupathorium canabinum.
  • purpureum.
  • maculatum.
  • altiſſimum.
  • Fumaria lutea.
  • Gentiana Pneumonanthe.
  • Geranium ſtriatum.
  • ſanguineum.
  • Gnaphalium rutilans.
  • Helenium autumnale.
  • latifolium.
  • Helianthus multiflorus.
  • giganteus.
  • Hieracium autantiacum.
  • umbellatum.
  • Hypericum calycinum.
  • Iberis ſemperflorens.
  • Lathyrus latifolius.
  • Phlox carolina.
  • carinata, nova ſpec.
  • divaricatica.
Potentilla159nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.
  • Potentilla erecta.
  • Rudbeckia laciniata.
  • hirta.
  • oppoſitifolia.
  • Saponaria officinalis fl. pleno.
  • Scabioſa arvenſis.
  • Solidago Virgaurea.
  • Spiraea Filipendula fl. pleno.
  • Viola tricolor.
  • Phytolacca decandra.
  • Primula auricula.
  • veris.

Zweyjaͤhrige Pflanzen.

  • Cheiranthus fruticuloſus.
  • Chryſanthemum Leucanthemum.
  • Gaura biennis.
  • Matricaria Parthenium fl. pleno.
  • Scrophularia lucida.

Zwiebelgewaͤchſe.

  • Amaryllis lutea.
  • Colchicum autumnale, ſpec. diverſae.
  • Cyclamen europaeum autumnale.

Sommerpflanzen, wovon man Blumen bis in den ſpaͤteſten Herbſt haben kann.

  • Amaranthus lividus, ſanguineus, fla - vus, hypochondriacus, cruen - tus und caudatus.
  • Anthemis valentina und altiſſima.
  • Aſter chinenſis und ranunculoides.
  • Atropa phyſaloides.
  • Blitum capitatum und virgatum.
  • Borage officinalis.
  • Calendula officinalis fl. pleno.
  • Centaurea moſchata und napiſolia.
  • Cheiranthus annuus.
  • Chryſanthemum micones.
  • Delphinum conſolida.
  • Lathyrus ſativus, articulatus, odora - tus, tingitans und annuus.
  • Lotus tetragonolobus.
  • Lupinus piloſus et luteus.
  • Malva mauritiana.
  • Mirabilis Jalapa.
  • Nigella damaſcena.
  • Papaver Rhaeas.
  • Salvia hiſpanica.
  • Scabioſa atropurpurea.
  • Senecio elegans.
  • Silene armeria.
  • Tagetes patula.
  • erecta.
  • Xeranthemum annuum.
  • Zinnia multiflora, u. a.

3.

Dies ſind die mannigfaltigen Schaͤtze, welche die unerſchoͤpfliche Natur dem Herbſt zu ſeiner Verſchoͤnerung aufbewahrt. Welchen Gebrauch kann nicht ein wei - ſer Gartenkuͤnſtler davon machen, bald zur Bildung einzelner Gruppen oder ganzer Hayne, bald zu einer Reihe perſpectiviſcher Gemaͤlde auf langen Raſen, bald zu ihrer Umkraͤnzung, bald zu einem reizenden Schauſpiel auf einer emporſteigenden Anhoͤhe,bald160Vierter Abſchnitt. Gaͤrtenbald zur Verzierung herbſtlicher Gebaͤude und Ruheplaͤtze! Faſt alle dieſe maleriſchen Veraͤnderungen, die der Herbſt hervorbringt, ſind nur von kurzer Dauer; aber Beob - achtung und Geſchmack koͤnnen ſie doch zum Genuß nicht bloß anhalten, ſondern ſelbſt zu einer laͤngern Folge vereinigen. Der Gartenkuͤnſtler muß allen den ſchoͤnen Zu - faͤlligkeiten, welche dieſe Jahreszeit in ſeiner Gegend begleiten, immer einen aufmerk - ſamen Blick widmen; er wird ſeine Beobachtung belohnt ſehen, indem er der Natur die anmuthigſten Gemaͤlde ablauſcht. Bey der Miſchung der Farben in Baͤumen und Straͤuchern kann er eine Mannigfaltigkeit von Verbindung und Gegenſtellung zeigen, die keine andere Jahreszeit kennt. Und hier ſcheint keine Lage vortheilhafter, um die Malerey der Pflanzung in ihrer ganzen Schoͤnheit darzuſtellen, als eine ſich allmaͤlig erhebende Hoͤhe. Welch ein Gemaͤlde, wenn die Pflanzung von einem gruͤ - nen heitern Raſen mit lebhaften Blumen und demnaͤchſt mit Straͤuchern voll gelblicher und roͤthlicher Beeren aufſteigt, mit Baͤumen und Gebuͤſchen voll gelb und roth ge - faͤrbter Blaͤtter fortſchreitet, dann ſich an ganze Maſſen von rothem Laubwerk, das ſich wieder mit hellem Gruͤn bricht, anſchließt, und mit dichten Klumpen von dunkel - gruͤnem und braͤunlichem Nadelholz endigt, das den blauen Horizont zur Graͤnze hat! In dieſer Gattung von Malerey laſſen ſich am meiſten die ſtaͤrkſten Contraſte der Far - ben und der Maſſen, mit allen ihren trefflichen Wirkungen fuͤr das Auge, gewinnen.

Sonnigte Anhoͤhen, zumal wenn ſie in einem Wald ſich erheben, oder ſelbſt hie und da uͤber ihn emporragen, ſcheinen die angenehmſte Lage fuͤr Herbſtgaͤrten zu ſeyn. Die Gegend ſey trocken und warm. Spatziergaͤnge am Waſſer und luftige Tempel reizen uns nicht mehr; wir lieben die milde Waͤrme zwiſchen Huͤgeln, und bedeckte Zufluchtsoͤrter. Jagdgebaͤude*)S. 3ter B. S. 37. 38. und Haͤuſer zum Vogelfang ſind beſonders Anlagen von dieſem Charakter gemaͤß.

4.

Indeſſen eilt in der letzten Zeit des Herbſtes alles der Zerſtoͤrung entgegen. Die Blaͤtter fallen und rauſchen unter dem Fußtritt des Spatziergaͤngers; der Wald ſteht in nackter Durchſichtigkeit da, und in ſeinem Gipfel ſauſet der rauhe Sturm. Die Huͤgel trauren entfaͤrbt und oͤde. Das geringe Gruͤn, die wenigen Blumen, die der Nebel und der Froſt noch nicht getoͤdtet haben, ſind die letzte Wirkung der er - ſchlafften Natur. Die Luft ertoͤnt nur von dem aͤngſtlichen Gekraͤchze der Raben und von dem wilden Heergeſchrey der Zugvoͤgel, die vor den Schrecken unſers Winters in gluͤcklichere Laͤnder entweichen.

Nach161nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.

Nach dieſem Charakter verſtattet der herbſtliche Garten noch in abgeſonderten Gegenden, wo er nichts als die letzten Scenen des Unterganges zeigt, Gegenſtaͤnde, die ihrem Eindruck beyſtimmen, oder ihn ſelbſt zu verſtaͤrken faͤhig ſind. Ruinen von Gebaͤuden, zerbrochene Saͤulen, ein halb mit Moos uͤberwachſenes Grabmal, eine zerfallene Huͤtte, die einem abgeſtorbenen Greiſe zur letzten Wohnung diente, alles, was auf die Hinfaͤlligkeit der Dinge hinweiſet, was bey ihrer Vorſtellung Ernſt, Nachdenken und ſanfte Melancholie vermehren kann, ſchickt ſich zu einem ſolchen ruͤh - renden Schauplatz der Vergaͤnglichkeit.

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IV. Wintergarten.

1.

Unterdeſſen daß der Winter uͤber ſo viele Reiche ſeine eiſerne Herrſchaft ausgeſtreckt hat, begluͤckt die Natur einige Lieblingslandſchaften mit der Gunſt der Fruͤhlings - milde. Die Gegend um die Stadt Hieres in Frankreich iſt beſonders von dieſerIV Band. XSeite162Vierter Abſchnitt. GaͤrtenSeite beruͤhmt. Nach der Beſchreibung des Hrn. de Luͤc,*)Brieft uͤber die Berge und die Geſchichte der Erde ꝛc. 6ter Brief. der hier im Januar**)1775. ankam, iſt ſie ein uͤberaus reizender Aufenthalt im Winter. Der Ort hat die ange - nehmſten Spatziergaͤnge. Ich beſuchte ſie, ſchreibt er, faſt den ganzen Tag hindurch. Die Luft iſt mehr als gemaͤßigt, ſie iſt faſt warm. Außer dem Hauſe ſuchen wir den Schatten, und wenn wir zu Hauſe ſind, ſo haben wir die Fenſter vom Morgen bis zum Abend offen. Nichts erinnert uns hier an den Winter. Die Pelze, womit wir uns zur Reiſe hieher verſehen hatten, haͤngen geruhig am Haken. Die Felder ſind allenthalben gruͤn; die Voͤgel ergoͤtzen durch ihren Geſang; der Jasmin, der die eine Wand unſers Hauſes bekleidet, iſt ſchon ganz bereit, die Bluͤthen auf - brechen zu laſſen; die Veilchen, die Narciſſen, der Rosmarin bluͤhen ſchon und fuͤllen die Luft mit ihren angenehmen Duͤften; und auf unſerm Tiſche ſind ſchon Garten - fruͤchte, die wir um uns her im Ueberfluſſe wachſen ſehen. Sobald man außerhalb der Stadt iſt, ſo glaubt man in dem fabelhaften heſperiſchen Garten zu ſeyn. Die ſchoͤnſte heiterſte Scene erhebt den Glanz von Millionen guͤldner Aepfel im ſchoͤnſten Gruͤn eingefaßt, und macht dieſe Gegenden zu einem ſolchen Grade herrlich, daß man zu traͤumen ſcheint. Dieſer in den Augen noͤrdlicher Nationen ſo gluͤckliche Fleck iſt eine kleine, auch nach den See zu, mit Huͤgeln umgebene Ebne, in deren Naͤhe kleine Inſeln erhaben genug liegen, um zu ſcheinen, als wenn ſie ſich mit dem feſten Lande verbaͤnden. Dieſe Einſchließung iſt ſelbſt wieder nach der Nordſeite durch ver - ſchiedne andre Ketten hoͤherer Huͤgel verwahrt, die als wahre Außenwerke gegen die Kaͤlte ausſehn. Demnach kann die Sonne, die von ihrem Aufgange bis zum Un - tergange in dieſem herrlichen Thale herumreiſet, ihre Kraͤfte darinn verſtaͤrken, ohne daß entgegen wirkende Urſachen ſie zu ſchwaͤchen vermoͤchten. Auch ſieht man hier im offenen Felde, in der Mitte des Winters, Gewaͤchſe, die wir nur im Sommer der freyen Luft anvertrauen. Die Pomeranzenbaͤume aber machen die wahre Herr - lichkeit dieſes Landes aus. Der Felſen des Schloſſes von Hieres, der vormals die Beſchuͤtzung der Stadt war, dient jetzt dieſen ſchoͤnen Baͤumen zum Schutze; ſie ſtehn in einem halben Zirkel unter ſeiner Bedeckung, ohngefaͤhr in der Entfernung einer halben Stunde, herum. Man findet ſie in den Baumgaͤrten gepflanzt, wie man ſonſt Baͤume in Waͤldern ſieht, in Haufen und mit wenig Ordnung. Sie wachſen hier eben ſo hoch und ſind eben ſo voll Fruͤchte, wie die gewoͤhnlichen Fruchtbaͤume in unſern Obſtgaͤrten. Das Auge kann ſich an ihnen nicht ſatt ſehen. Dieſe Gegend iſt der Wintergarten fuͤr einen Theil von Frankreich; man verſchickt von hier, in alle benachbarte Staͤdte und ſelbſt nach der Hauptſtadt, Artiſchocken, junge Erbſen undallerley163nach dem Unterſchied der Jahreszeiten. allerley Blumen. Die ziemlich ſtarken Winde, die hier herrſchen, ſind doch nicht kalt. Selbſt der Regen, der in andern nicht weit entfernten Strichen allemal die Luft abzukuͤhlen pflegt, und den wir hier ſchon ſehr haͤufig gehabt haben, bringt keine andre Wirkung hervor, als daß er das Land verſchoͤnert, neues Gruͤn und neue Blu - men aufgehen laͤßt, und die große Anzahl von Baͤumen und Straͤuchern vermehrt, welche die Gegend ſchon erfuͤllen. Die Waͤrme des Winters hat hier lauter heilſame Wirkungen; ſie belebt alles, die Einwohner, wie das Land. Wir haben hier jetzt den Zeitvertreib der jungen Leute an ihren Feſttagen vor Augen. Sie verſammeln ſich unter den Ulmen, die nun ausſchlagen. Die Kinder klettern auf den Zweigen herum, indeſſen das junge Volk beyderley Geſchlechts den hier gewoͤhnlichen Reigen - tanz nach dem Klange der Floͤten und kleiner Trommeln tanzt. Nichts kann froͤhli - cher ſeyn, als ſolche kleine laͤndliche Feſte; es herrſcht hier eine angenehme Lebhaftig - keit, die den Einwohnern ſolcher Klimate eigen iſt. Und, wohl zu merken, im Mo - nat Januar haben wir das Vergnuͤgen, dieſe laͤndlichen Feſte anzuſehen.

In dieſe milde Gegend, die an reizenden Gegenſtaͤnden und Ausſichten im Win - ter ſo reich iſt, reiſen aus andern Laͤndern manche kraͤnkliche Perſonen, um hier Lin - derung ihrer Beſchwerden in der rauhen Jahreszeit zu ſuchen. Einen nicht weniger angenehmen Winteraufenthalt giebt die Gegend von Nizza in Italien, welche beſon - ders die Englaͤnder, die im Herbſt nach den mittaͤglichen und waͤrmern Laͤndern von Europa reiſen, ſeit einigen Jahren in Ruf gebracht haben. In der That, verſichert Sulzer in der Beſchreibung dieſer Gegend,*)Tagebuch ſeiner Reiſe nach den mittaͤglichen Laͤndern von Europa im Jahr 1775 und 1776. Leipz. 8. 1780. S. 227 u. f. wer im Winter, ohne die rauſchenden Ergoͤtzlichkeiten großer Staͤdte zu ſuchen, einen Ort zu bewohnen wuͤnſcht, wo er, ge - ſichert vor Kaͤlte, Schnee und Nebel, Fruͤhlingstage genießen will, der findet ihn hier. Selbſt der ſtrenge Winter, der am Ende vom Jahr 1775 und im Anfange von 1776 den groͤßten Theil nicht nur von dem noͤrdlichen Europa, ſondern auch ſo - gar von Italien ſo ſchwer druͤckte, war hier gelinde; ſeine Unannehmlichkeit beſtand blos eine Zeit hindurch in Regen mit Wind. Nichts konnte angenehmer ſeyn, als die herrlichen Tage waͤhrend des Decembers, eines Theils vom Januar und des Fe - bruars. Jeder Tag, an dem es nicht regnete, glich den ſchoͤnen Fruͤhlingstagen im obern Deutſchland. Die Luft fand Sulzer hier viel reiner und heller, als er ſie ir - gendwo geſehen. Die Natur iſt hier den Winter uͤber nie ganz in Ruhe. Die Gaͤrten ſind beſtaͤndig gruͤn, und taͤglich wird darinn gepflanzt oder geſaͤet. Auf den unbebaueten Stellen der Berge und an den hohen Borten auf dem ebenen Lande ſieht man den ganzen Winter gruͤnes Gras, hier und da aufbluͤhende Blumen, immerX 2gruͤne164Vierter Abſchnitt. Gaͤrtengruͤne Baͤume mit Fruͤchten oder mit allmaͤlig aufbrechenden Bluͤthen; beſonders haͤn - gen der Olivenbaum und der Lorbeerbaum den ganzen Winter uͤber voll Fruͤchte; des herrlichen Schauſpiels der mit bald reifen Fruͤchten behangenen Citronen - und Pome - ranzenbaͤume nicht zu gedenken. Fuͤr Perſonen, die aus einem noͤrdlichen Klima hie - her kommen, ſind die Spatziergaͤnge in dieſen Gegenden um ſo viel angenehmer, weil ſie ihnen faſt lauter neue Gegenſtaͤnde zeigen. Faſt alles, was man von Kraͤutern, Blumen und Baͤumen ſieht, iſt fremd. In der Wildniß der Berge findet man hier Blumen, Straͤucher und Baͤume, die man in noͤrdlichern Gegenden mit großer Sorgfalt, zur Verſchoͤnerung der Luſtgaͤrten, den Winter uͤber in Gewaͤchshaͤuſern verwahrt, und im Sommer in Toͤpfen oder Koͤbeln herausſetzt. Die große ameri - caniſche Aloe, wovon Sulzer auf einem der rauhigſten Berge einen ganzen Wald antraf, die Opuntia oder der indiſche Feigenbaum, der hier an einigen Orten die Stelle eines Zauns vertritt, die Myrte, der Lorbeerbaum, das lieblich riechende Smilax, der gelbe Jasmin, der Lentiſcus, der Granatenbaum, der Erdbeerbaum und viele an - dere bey uns ſeltene Gewaͤchſe ſind hier uͤberall neben den Wegen oder in Wildniſſen zu ſehen. Ueberall zeigen ſich ſo viele neue dem deutſchen Auge fremde Gewaͤchſe, daß dieſe allein einem Gartenliebhaber die Spatziergaͤnge den ganzen Winter hindurch an - genehm machen koͤnnen. Kraͤnkliche Perſonen, denen eine reine trockene Luft zu - traͤglich iſt, und die ſich taͤglich durch Spatziergehen in Bewegung ſetzen muͤſſen, fin - den hier in dieſer Jahreszeit alles, was ſie noͤthig haben. Nichts iſt ſchoͤner, als der Spatziergang um die Stadt herum. Man geht auf einem gemauerten Wall laͤngſt dem Meer gegen Abend, und hat den ganzen Meerbuſen, die voͤllige Kuͤſte mit ihren Huͤgeln und die Stadt Antibes gerade vor ſich. Von dieſem Wall kommt man auf den, an ihn anſchließenden ebenfalls hohen, Erdwall, auf dem man nordwaͤrts hin - geht. Von dieſem hat man eine bezaubernde Ausſicht, erſt auf die kleine flache, mit viel hundert Gaͤrten und Gartenhaͤuſern beſetzte, Gegend um die Stadt, und dann auf die umliegenden kleinern, ebenfalls mit unzaͤhligen Landhaͤuſern bebaueten und mit Waͤldern von Oelbaͤumen bedeckten Berge, hinter welchen mehrere Reihen immer hoͤ - herer Berge ihre Haͤupter emporheben. Wenn man auf dieſem Wall an das noͤrdliche Ende der Stadt gekommen iſt, ſo geht man herunter, und kommt auf einem ſchoͤnen breiten Wege an dem Fuß eines Bergfelſens oͤſtlich an demſelben herum bis ans Meer. Auf dieſem Wege hat man wieder erſt einen ſchmalen Strich ebenes in Gaͤrten einge - theiltes Land, jenſeits deſſelben den Berg Montalban mit der oben auf ihm liegenden kleinen Feſtung im Geſichte. Hernach kommt man an den Hafen, um welchen eine Menge kleiner Haͤuſer zur Bewirthung des Schiffsvolks zerſtreut liegen. Gegen das Meer geht dann der ſehr ſchoͤne am Felſen ausgehauene Weg an, der wieder an dengemauer -165nach dem Unterſchied der Jahreszeiten. gemauerten hohen Wall fuͤhrt, von dem man zuerſt ausgegangen iſt. Von dieſem Wege hat man einen Theil der hohen Seekuͤſte gegen Genua im Geſicht, und das offene Meer, uͤber welches man bey hellem Wetter die Gebirge auf Corſica zu ſehen bekommt. Dieſes iſt der ſchoͤnſte Spatziergang, der ſich erdenken laͤßt. Aber ein uͤber alle Beſchreibung praͤchtiges Schauſpiel hat man auf dem neuen Wege nach dem Hafen bey etwas hoher See. Dies geben die an den hervorſtehenden Klippen des Felſenber - ges ſich brechenden Wellen. Das ſchaͤumende Waſſer ſpringt nach dem Anprallen in hundert Geſtalten, wie praͤchtige Springbrunnen, in die Hoͤhe. Ein Theil des Waſſers faͤllt auf die hoͤhern und niedrigern Felſen von mannigfaltiger Form, und laͤuft davon in hundert veraͤnderten Caſcaden wieder ab. Auf dieſe Springbrunnen und Caſcaden ſiehet man von dem hohen daruͤber liegenden Wege herunter, und ſiehet ſich nicht ſatt. Außer dieſen Spatziergaͤngen bey der Stadt kann der, welcher[Abwechſelung] liebt, ſeine Wege in die umliegenden Thaͤler und auf die Hoͤhen nehmen. Hier iſt die Mannig - faltigkeit der Wege, der Ausſichten und immer neuer Gegenſtaͤnde unerſchoͤpflich. Man mag ſich auf den Hoͤhen befinden, wo es auch ſey, ſo hat man eine Ausſicht von unbeſchreiblicher Annehmlichkeit vor ſich.

2.

Wie reizend iſt nicht in dieſen begluͤckten Gegenden der Aufenthalt, zumal fuͤr ſieche Perſonen, zu einer Zeit, wenn ſo viele Reiche des noͤrdlichen Europa von Kaͤlte und Eis erſtarrt liegen! Indeſſen haben doch da die uͤbrigen Jahrszeiten nicht ganz den Reiz, den man vielleicht nach der Anmuth des Winters erwartet. Wir, die wir in Laͤndern wohnen, wo dieſe Jahreszeit ſich in ihrer Strenge zeigt, wir muͤſſen ſuchen, uns gegen ihre Unbequemlichkeiten zu ſichern, und zugleich von den ihr eige - nen Annehmlichkeiten, womit ſie zuweilen einige Tage oder Wochen erheitert, den vortheilhafteſten Gebrauch zu machen. Wir haben einen Beruf, ſelbſt gegen den Eigenſinn der Natur, uns Gaͤrten des Winters zu ſchaffen.

Eben in den Laͤndern gegen Norden, wo die Strenge dieſer Jahreszeit mehr als anderswo zu herrſchen pflegt, wird ſie zugleich durch Annehmlichkeiten verguͤtet, die Gegenden entbehren, wo ein zwar gelinder, aber truͤber und ungeſunder, Winter unter Regen und Nebel dahin ſchleicht. Die Natur, die erſtarrt iſt, verliert noch im Tode ihre Schoͤnheit nicht; ſie faͤngt an, ſogar zu einem neuen Reiz ſich wieder zu verjuͤngern. Welche neue unerwartete Schoͤpfung erſcheint oft am Morgen in dem Schmuck des Reifes oder Schnees, und wie ſchimmert ſie unter dem roͤthern Strahl des aufgehenden Lichtes! Die Flaͤche des Erdbodens kleidet ſich in ein weißes blen -X 3dendes166Vierter Abſchnitt. Gaͤrtendendes Gewand; der Himmel verbreitet ſich uͤber ſie in blauer Klarheit dahin, und hie und da unterbrechen zuweilen kleine umherſchwebende Schneegewoͤlke mit wechſeln - den Farben und Geſtalten ſeine allgemeine Helle. Die Baͤume ſcheinen die Bluͤthe des Fruͤhlings nachzuahmen; an den Gebuͤſchen glimmern und zittern die ſilbernen Faͤden des Reifes; und in der Ferne hebt hie und da ein Wald ſein glaͤnzendes Haupt aus der großen weißen Maſſe empor. Ein neues Schauſpiel geben die Gewaͤſſer, wann ſie zwiſchen den beſchneyten Huͤgeln mit blauen Wellen wallen, oder in einen hellen Eisſpiegel gegoſſen ſtehen. Und welche herrliche Scene, wann das Morgen - licht ſein Feuer uͤber den glatten See hingießt, und von da weiter eine blitzende Er - leuchtung durch die ganze Landſchaft ausſtroͤmt! Welche Menge von ſpielenden Lich - tern, ploͤtzlich in den Ebenen und auf den Hoͤhen verſtreut, indeſſen daß hin und wie - der ein leichtes Gewebe von Nebel ſich trennt, oder ein dunkler Dampf aus den Land - huͤtten emporwallend verfliegt! Und welche neue Erſcheinung voll Herrlichkeit, wann die Sonne von der beſchneyten Erde Abſchied nimmt! Indem ſie in dem Gefolge bren - nender Gewoͤlke in Weſten hinabzieht, ſo fangen die mit Flocken beſtreuten Huͤgel an zu erroͤthen; die helle Uebergoldung laͤuft von Berg zu Berg, von Wald zu Wald, bis die weite Landſchaft ihren Schnee mit einem heitern Purpur faͤrbt, und die weiße Welt ſich endlich in ein ſtrahlendes Feuer zu entzuͤnden ſcheint. Allmaͤlig verloͤſcht die blendende Klarheit wieder; die leuchtende Roͤthe des Schnees geht in eine ſanftere Erhellung uͤber, und das Schauſpiel, das unſre Augen entzuͤckte, iſt eben ſo fluͤchtig, als es praͤchtig war. Wenn bald darauf der Mond aus der ſtillen Hoͤhe ſein Silber - licht auf die uͤberſchneyte Erde wirſt; welche milde Erleuchtung und welche anmuthige Vertheilung der Schatten! Mit feyerlichem Dunkel fallen ſie von Baͤumen, von Huͤ - geln und Gebaͤuden auf die weiße Flaͤche, und indem ſie einige Gegenden verfinſtern, ſo erheben ſich andre in einer ſilberhellen Erheiterung, und ein beſtaͤndiges Licht ſcheint von den Hoͤhen Beſitz genommen zu haben. Still verbreitet indeſſen der Froſt ſeine maͤchtigen Einfluͤſſe; kein Laut der Winde laͤßt ſich hoͤren; die weite Schoͤpfung ru - het; aus den Landhuͤtten ſchimmern einige matte Lampen mit gebrochenem Schein her - uͤber, und ein dumpfes entferntes Gebell furchtſamer Hunde ſteigt dem ruhigen Mond entgegen; an dem hellen Gewoͤlbe des Himmels blitzt ein Geſtirn nach dem andern hervor, und ruft den Weiſen zu erhabenen Betrachtungen; und wo der See noch ſei - nen unbeſchneyten Spiegel zeigt, da beſchauet in ihm der Nachbar unſrer Erde, der Fuͤrſt unſrer Nacht, ſein blaſſes Antlitz. In der That ſind es die zufaͤlligen Schau - ſpiele ſowohl des aufgehenden als untergehenden Sonnenlichts als auch des Mondes, welche die allgemeine Weiße, die das Auge blendet und durch ihre Einfaͤrbigkeit er - muͤdet, ſanfter und verſchoͤnert darſtellen. Die Natur zeigt im Winter eine Mengevon167nach dem Unterſchied der Jahreszeiten. von wunderbaren Verwandlungen und Zufaͤlligkeiten, die nicht unterlaſſen zu ergoͤtzen. Welches Wunder iſt nicht die Schoͤpfung des Eiſes! Wo die tiefe Fluth wallete, da ſpielt jetzt unbeſorgt die Jugend des Dorfs, und das Roß ſtampft trotzig auf der ge - zaͤhmten Welle. Der Waſſerfall ſtrebt vergebens zu rauſchen, und Tropfen ſtarren an Tropfen, indem ſie fortfließen wollen. Die von der Felſenwand ſich herabgießenden Waldſtroͤme verſteinern ſich in lange weiße Saͤulen, die kein Sturm bewegt. Die Fenſter unſrer Haͤuſer ſind vom naͤchtlichen Froſt mit Blumen und kleinen Landſchaf - ten bemalt, durch welche lieblich die reine Morgenroͤthe ſpielt. Und welches Gefuͤhl von Geſundheit, von Staͤrke und Lebhaftigkeit erfriſcht die ganze Natur des Menſchen! Welche muntre Geſellſchaften von Eislaͤufern und Schlittenfahrenden beleben die ge - frornen Seen und Fluͤſſe, und bilden Winterſcenen, die der Maler oft ſeiner Nach - bildung nicht unwerth finden konnte! Aber welche praͤchtige uͤber alle Nachbildung der Kunſt erhabene Schauſpiele ſtellt in den Winterabenden unſrer Gegenden noch das Nordlicht dar! *)Dieſe und andre Winterſcenen ſchil - derte ich einſt unter Betrachtungen, die ſie veranlaſſen, in einer kleinen Schrift: Der Winter, eine moraliſcheBetrachtung. Neue Auflage. 8. Leipzig 1775.

3.

So leicht bey dem Anblick der mancherley Nadelhoͤlzer der Gedanke, einen Wintergarten zu pflanzen, entſpringen muß; ſo wenig ſcheint man doch noch auf die Ausfuͤhrung bedacht geweſen zu ſeyn. Einige brittiſche Schriftſteller haben dieſen Gedanken, der ſich von ſelbſt ſo natuͤrlich erhebt, durch eine naͤhere Anleitung zu un - ter ſtuͤtzen angefangen. Baco**)Sermones fideles, ethici, politici. ſcheint der erſte zu ſeyn, der einen beſondern fuͤr die Wintermonate beſtimmten Garten angegeben. Fuͤr den Ausgang des Novem - bers, ſagt er, fuͤr den December und den Januar muß man die Gewaͤchſe waͤhlen, die den ganzen Winter hindurch gruͤn ſind. Dergleichen ſind die Stechpalme, der Epheu, der Lorbeerbaum, der Wacholderbaum, die Cypreſſe, der Eibenbaum, der Buxbaum, die Fichte, die Tanne, Rosmarin, Lavendel, Sinngruͤn; Pomeranzen - Limonien - und Myrtenbaͤume, wenn ſie in den Gewaͤchshaͤuſern aufbewahrt werden; und Majoran, der an der Mauer und der Sonne entgegen ſtehen muß, u. ſ. w. Man ſieht, daß dieſer Vorſchlag freylich noch wenig beſtimmt war. Addiſon***)Im 477ſten St. des Zuſchauers. bildete die Idee etwas weiter aus. Die Waͤnde, ſagt er, ſind mit Epheu an - ſtatt der Weinreben bedeckt. Der Lorbeerbaum und die Stechpalme, nebſt vielenandern168Vierter Abſchnitt. Gaͤrtenandern Baͤumen und Pflanzen von der Art, wachſen ſo dicht in dem Wintergarten, daß man ſich keinen lebhaftern Schauplatz einbilden kann. Die gluͤhende Roͤthe der Beeren, womit ſie zu dieſer Zeit behangen ſind, ſcheint mit dem Gruͤn ihres Laubes einen Wettſtreit anzuſtellen. Mancherley Voͤgel fluͤchten in dieſen kleinen gruͤnen Fleck, und vergnuͤgen ſich unter den Zweigen, wenn der uͤbrige Garten nichts mehr zu ihrem Schirm hat. Home*)Grundſaͤtze der Kritik. und Chambers**)Ueber die orientaliſche Gartenkunſt. aͤußerten ebenfalls die Idee von einem Wintergarten; und Whately***)Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen. ſetzte einige Regeln der Anlage hinzu. So weit haben dieſe Schriftſteller hier zuerſt die Bahn gezeigt.

Ein Ort, wo eine Familie das ganze Jahr hindurch wohnt, iſt ſehr mangel - haft, wenn nicht ein Theil des Gartens oder der Gegend ſo eingerichtet iſt, daß man da auch im Winter friſche Luft ſchoͤpfen, einen ſchoͤnen Tag frey genießen, und ſich durch einen Spatziergang Bewegung und Ergoͤtzung verſchaffen kann. Die Be - ſchaffenheit des Klima macht ein ſolches Beduͤrfniß noch eindringender. In Frank - reich und noch mehr in Italien hat, wie bekannt iſt, der Winter lange nicht die Rau - higkeit, wie in England, Deutſchland und den noch mehr noͤrdlichen Laͤndern. In den Monaten, die nicht zu der angenehmen Jahrszeit gehoͤren, will man doch auch nicht immer eingeſchloſſen ſeyn, ſondern ſich eine fuͤr die Geſundheit ſo unent - behrliche Bewegung im Freyen machen, wenn man nur Bedeckung vor der Witte - rung hat.

Im Fruͤhling und Sommer bluͤhet die Natur uͤberall. Der Genuß ihrer Rei - zungen iſt ſo anziehend, daß wir einen Theil davon gern auch in die Monate ausdeh - nen, die gewoͤhnlich davon entbloͤßt ſind, oder ganz entgegengeſetzte Scenen darſtellen. In einem bequemen Wintergarten laͤßt ſich in gelinden und hellen Tagen, die in die rauhern Monate oft einfallen, ein Theil von den Annehmlichkeiten des Sommers wie - der genießen. Das Gruͤn hat alsdann einen neuen Reiz fuͤr das Auge. Die hei - tern und warmen Stunden, die uns die Sonne ſchenkt, ſind deſto erfreulicher, je fluͤch - tiger ſie ſind. Und eine kleine Geſellſchaft von Voͤgeln, die in den immer gruͤnen Baͤumen umherflattern, oder ſich auf den Zweigen in ein vertrauliches Gefluͤſter ver - einigen, giebt zwar kein vollkommenes Bild des Fruͤhlings, miſcht aber doch in den Ernſt der Jahreszeit eine gewiſſe Heiterkeit.

Die Beſtimmung eines Wintergartens iſt eingeſchraͤnkt. Schutz vor der Wit - terung und Bequemlichkeit zum Genuß der friſchen Luft und zum Spatziergang iſt das Vornehmſte, was man hier zu verlangen berechtigt iſt. Das Auge ſucht zwar auchErgoͤ -169nach dem Unterſchied der Jahreszeiten. Ergoͤtzung ſowohl durch den Anblick des Gruͤns, als auch durch Ausſichten auf anmu - thige Winterſcenen, wie ſie oben beſchrieben wurden. Allein das Beduͤrfniß geht hier der Schoͤnheit vor; die Regelmaͤßigkeit fordert ihre Stelle, wo ſie Bequemlich - keit wird; und eine ſuͤdliche Mauer, die dem Spatziergaͤnger und den Gewaͤchſen Waͤrme giebt, darf ſelbſt den ſchoͤnern Proſpect verſchließen.

Der Wintergarten ſey nicht zu entfernt von dem Wohnhauſe, und beſchirmt vor rauhen durchziehenden Winden, beſonders vor dem Nordwind. Er verbreite ſich gegen Mittag, der Sonne und ihrer Waͤrme offen. Sein Platz ſey trocken und et - was erhoͤhet. Die Wege muͤſſen kieſigt, feſt, und uͤberall, wo ſie herumlaufen, vor dem Winde beſchuͤtzt ſeyn. Verſtattet die Lage und der Umfang der Gegend zugleich bequeme Reitwege, die jedoch von den Fußpfaden abgeſondert ſeyn muͤſſen, ſo gewinnt die Anlage einen Vorzug mehr.

Die Annehmlichkeit des Wintergartens beſteht in den mancherley Geſchlechtern und Arten von immer gruͤnen Baͤumen und Straͤuchern, und von ihren Anordnungen. Es iſt eine augenſcheinlich nothwendige Regel, hier nur ſolche Baͤume zu waͤhlen, die ihr Laub und ihre Nadeln beſtaͤndig und in den rauheſten Monaten behalten.

Wie ſehr hat nicht die Natur auch von dieſer Seite fuͤr die Anmuth des Win - ters geſorgt! Sie giebt uns eine Menge ſowohl von Nadelhoͤlzern, als auch von an - dern Baͤumen und Straͤuchern, die ihre Blaͤtter nicht verlieren, um damit unſre Win - tergaͤrten zu zieren; als:

  • Buxus ſempervirens, L. der hochſtaͤmmige Buxbaum.
  • Bupleurum fruticoſum, L. ſtrauchiges Haſenoͤhrlein.
  • Cupreſſus Thyoides, L. die weiße Ceder.
  • Daphne Laureola, L. der immer gruͤnende Kellerhals.
  • Evonymus americanus, L. der immer gruͤne americaniſche Spindelbaum.
  • Epigaea repens, L. die Epigaͤa.
  • Hedera helix, L. Epheu.
  • Hypericum aſcyrum, L. das immer gruͤnende Johanniskraut.
  • Jaſminum humile, L. der gelbe italieniſche Jasmin.
  • azoricum, L. der azoriſche Jasmin.
  • Ilex aquifolium, L. die gemeine Huͤlſe oder Stechpalme.
  • Juniperus communis, L. der gemeine Wacholder.
  • virginiana, M. die rothe Ceder.
  • caroliniana, M. der caroliniſche Wacholder.
  • thurifera, L. der große blaubeerigte Wacholder.
IV Band. YJuniperus170Vierter Abſchnitt. Gaͤrten
  • Juniperus chinenſis, L. der chineſiſche Wacholder.
  • oxycedrus, L. der große Wacholder mit braͤunlichen Beeren.
  • Phoenicea, L. die phoͤniciſche Ceder mit gelben Beeren.
  • Lycia, L. die lyciſche Ceder.
  • Hiſpanica, M. die ſpaniſche Ceder mit ſchwarzen Beeren.
  • Sabina, L. der Sagebaum.
  • Luſitanica, L. der portugieſiſche Sagebaum.
  • Kalmia anguſtifolia, L. der ſchmalblaͤttrige immer gruͤne Loͤffelbaum.
  • Laurus ſylveſtris, L. der wilde Lorbeerbaum.
  • Liguſtrum Italicum, L. die immer gruͤne Rainweide.
  • Lonicera peryclimenum ſempervirens, L. das immer gruͤne virginiſche Geißblatt.
  • Meſpylus Pyracantha, L. der virginiſche immer gruͤnende Dorn.
  • orientalis, L. der morgenlaͤndiſche Miſpelbaum.
  • Pinus ſylveſtris, L. die gemeine Fuhre.
  • paluſtris, L. die americaniſche Sumpffuhre.
  • picea, L. die Weißtanne.
  • abies, L. die Rothtanne.
  • ſtrobus, L. die Weymouthsfuhre.
  • balſamea, L. die Balſamtanne.
  • Cedrus, L. die Ceder von Libanon.
  • rubra, M. die ſchottiſche Fuhre.
  • maritima, M. die Meerkiefer.
  • rigida, d. R. die virginiſche dreyblaͤttrige Kiefer.
  • canadenſis, L. die Hemlockstanne.
  • taeda, L. der Weihrauchbaum.
  • cembra, L. die Zirbelnuß.
  • Prunus Pad. Luſitanica, L. die portugieſiſche Vogelkirſche.
  • Lauroceraſus, L. der Kirſchlorbeerbaum.
  • Quercus Ilex, L. die immer gruͤne Eiche.
  • virginiana, M. die virginiſche immer gruͤne Eiche.
  • ſempervirens, M. die breitblaͤttrige immer gruͤne Eiche.
  • coccifera, L. die Kermeseiche.
  • ſuber, L. die Korkeiche.
  • Roſa ſcandens, M. die italieniſche kletternde Roſe.
  • ſempervirens, L. die immer gruͤne Roſe.
Taxus,171nach dem Unterſchied der Jahreszeiten.
  • Taxus, L. der Eibenbaum.
  • Thuja occidentalis, L. der gemeine Lebensbaum.
  • orientalis, L. der chineſiſche Lebensbaum.
  • Ulex europacus, der ſtachlichte Genſter.
  • Vaccinium vitis idaea, L. die Kronsbeere.
  • Viburnum nudum, M. der virginiſche Tinus.
  • Vinca major und minor, L. das große und kleine Wintergruͤn.

Von allen dieſen Baͤumen und Straͤuchern kann man treffliche Gruppen und Hayne des Winters bilden, und ſie zugleich einer ſolchen Anordnung unterwerfen, daß ſie angenehme Miſchungen und Malereyen von Gruͤn hervorbringen. Wo ſich der Raſen in ſeinem Gruͤn erhaͤlt, da kann man ihn mit kleinen Gruppen ſowohl von Baͤu - men als auch von niedrigem Geſtraͤuch zieren. Auch iſt es uͤberaus angenehm, hie und da am Wege eine Blume zu finden, welche die Natur fuͤr dieſe Jahreszeit auf - geſpart hat, als die ſchwarze Nieſewurz (Helleborus niger, L.), die Winterwolfs - wurz (Helleborus hyemalis, L.), oder im Februar die Erſtlinge der Flora, welche die ſchoͤnere Jahreszeit ankuͤndigen.

Ein benachbarter Kuͤchengarten, wo die Scenen der Arbeit faſt durch alle Mo - nate fortlaufen, kann durch den Anblick der gegenwaͤrtigen Beſchaͤfftigung und durch die Erwartung eine angenehme Unterhaltung geben.

Ein wohlgebautes Gewaͤchshaus, das die auslaͤndiſchen Pflanzen, die oft in dieſer Jahreszeit bluͤhen und duften, verpflegt, ſcheint beſonders fuͤr einen Wintergar - ten zu gehoͤren. Es kann mitten in der Pflanzung ſelbſt ein ſehr intereſſanter Gegen - ſtand fuͤr das Auge werden, und, in gewiſſen Stunden eroͤffnet, eine wolluͤſtig taͤuſchende Empfindung von der Gegenwart der ſchoͤnen Monate erregen. Mit ihm laͤßt ſich ein Vogelhaus zum hoͤhern Reiz der Anlage vortheilhaft verbinden. Auch die oben be - deckten und inwendig mit Gemaͤlden und Statuͤen gezierten Saͤulengaͤnge der Alten, die im Winter nur gegen Suͤden offen waren, um die Mittagsſonne hereinzulaſſen, verdienen wegen des bequemen Spatzierganges in Gaͤrten dieſer Jahreszeit eine Nachahmung.

Uebrigens kann der Wintergarten eine ſolche Lage und Anordnung haben, daß er ſelbſt noch in den bluͤhenden Monaten angenehm und ein ſchicklicher Theil von dem Ganzen der fuͤr die andern Jahreszeiten gemachten Anlagen bleibt.

Ich glaube uͤbrigens, dieſe Anleitung zu einem Wintergarten nicht gluͤcklicher beſchließen zu koͤnnen, als mit einer eben ſo feinen als richtigen Bemerkung, die an den Lord Kaym einer ſeiner Freunde ſchrieb.

Y 2 Wir172Vierter Abſchn. Gaͤrten nach dem Unterſchied ꝛc.

Wir richten unſern Plan im Leben gemeiniglich nur auf gluͤckliche Umſtaͤnde ein, und bereiten uns ſelten, ſehr ſelten auf die Widerwaͤrtigkeit. Wir bringen dieſen Hang ſogar in die Anlage unſrer Gaͤrten; wir bauen nur die froͤhlichen Zierrathen des Sommers an, und finden an keinen Pflanzen Geſchmack, als die durch milden Thau und angenehmen Sonnenſchein aufbluͤhen. Wir verbannen den ſchrecklichen Winter aus unſern Gedanken, wo wir den Mangel des wohlthaͤtigen Einfluſſes der Sonne doppelt empfinden, weil wir dem durchdringenden Nordwinde und der ſchneidenden Kaͤlte ausgeſetzt ſind. Weiſe iſt der Gaͤrtner, ſowohl im methaphoriſchen als buch - ſtaͤblichen Verſtande, der ſich ein freundſchaftliches Dach gegen die Decemberſtuͤrme beſorgt, und die Pflanzen anbaut, welche dieſe traurige Jahreszeit beleben und zieren. Der iſt kein Philoſoph, der nicht in die Gaͤnge der Stoiker ſich zuruͤckziehen kann, wenn der Garten des Epicurs verbluͤht iſt. Der iſt zu ſehr Philoſoph, der die Blu - men und Geruͤche des Sommers verbannen will, um beſtaͤndig unter Cypreſſenſchatten zu ſitzen.

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Anhang. [173]

Anhang. Beſchreibungen von Gaͤrten.

I. Beſchreibung von Louiſenlund. II. Beſchreibung von Auguſtenburg. III. Beſchreibung von Gravenſtein. IV. Beſchreibung von Loitmark. V. Beſchreibung von Salzau. VI. Beſchreibung von Wandsbeck. VII. Beſchreibung von Eckhof. VIII. Beſchreibung des herzoglichen Gartens zu Gotha, und einiger Anlagen um Weimar. IX. Beſchreibung von Harbke. X. Beſchreibung der Leaſowes.

Y 3[174]175

I. Louiſenlund. *)Ein Sommerſitz, zwey Meilen von Schleswig, Sr. Durchl. dem Prinzen Carl, Landgrafen zu Heſſen-Caſſel, koͤnigl. daͤniſchen General-Feldmarſchall, undStatthalter der Herzogthuͤmer Schleswig und Hollſtein ꝛc. ꝛc. zugehoͤrig. Er fuͤhrt den Namen von der Gemahlinn des Prinzen.

Die Freygebigkeit der Natur und der Fleiß des Geſchmacks haben ſich hier verei - nigt, um den Sommeraufenthalt eines Fuͤrſten zu ſchmuͤcken, der, Seiner eigenen Verdienſte unbewußt, voll offener freyer Gefuͤhle fuͤr jedes Gute, das die Menſchheit ziert, an dem Arme einer der edelſten Prinzeſſinnen des daͤniſchen Hau - ſes, und umringt von den Scherzen Seiner kleinen liebenswuͤrdigen Familie, alle Freuden des Landes mit der Maͤßigkeit und Stille eines gluͤcklichen Privatlebens zu genießen weiß. Man ſieht hier kein leeres Gepraͤnge, kein betaͤubendes Gefolge. Aber deſto mehr herrſcht hier Liebe der Natur, Heiterkeit der Blicke, die ſich aus ihrem Anſchauen bildet, und die ganze Freundlichkeit der Empfindungen, die Frey - heit, Zaͤrtlichkeit und Guͤte der Seele einfloͤßen.

Louiſenlund hat bis itzt mehr von der Hand der Natur und von der Aufmerk - ſamkeit, die ſie zu ihrer eigenen Verſchoͤnerung leitete, als von der Baukunſt gewon - nen. Das Gebaͤude, worinn bisher die fuͤrſtliche Familie wohnt, hat blos das be - ſcheidne Anſehen einer Privatwohnung. Es ruhet in der Niedrigung einer Anhoͤhe, und hat aus ſeiner Vorderſeite die Ausſicht auf die etwa hundert Schritte entfernt vor - bey fließende Schley, und auf die jenſeits ſich verbreitende Landſchaft. Dieſes Ge - waͤſſer, das nicht weit von Kappeln ſich aus dem baltiſchen Meere in das Herzog - thum Schleswig auf einige Meilen hineinzieht, und, wiewohl ein Arm der Oſtſee, einen breiten, ſich anmuthig zwiſchen den uͤberaus fruchtbaren Landſchaften Angeln und Schwanſee dahin ſchlaͤngelnden Fluß bildet, waͤlzt ſich hier in einer anſehnlichen Flaͤche. Es iſt mit Schiffen und kleinen Fahrzeugen belebt, und enthaͤlt einen Ue - berfluß von mancherley Fiſchen. Eine artig gebaute Jagd ruhet vor der Terraſſe, die ſich in der Laͤnge vor dem Wohngebaͤude am Rande der Schley hinzieht, und in einigen Abſaͤtzen, mit Baͤumen bepflanzt, kuͤhle Spatziergaͤnge anbietet. Man ſteigt hier ein, um nach Schleswig zu ſegeln.

Die Naͤhe des Waſſers, das der Prinz mit einer beſondern Zuneigung liebt, faͤchelt die Wohnung mit der Kuͤhlung erfriſchender Winde. Ein mit Linden auf denSeiten176Anhang. BeſchreibungenSeiten beſetzter großer Raſen ſchmieget ſich mit ſanftem Abhang von der Wohnung zu der Terraſſe am Waſſer hinab. Zur Rechten verbergen ſich hinter den Baͤumen einige Gebaͤude, fuͤr die Wohnung der Hofbedienten und fuͤr wirthſchaftliche Beduͤrf - niſſe beſtimmt.

Die Landſchaft jenſeits der Schley im Angeſicht der Wohnung zeigt, in dieſer Ausſicht betrachtet, wenig Spuren der Fruchtbarkeit und Freude. Ihr Anſehen wuͤrde ſchon gewinnen, wenn das Ufer mit Tannen, Birken, und andern Baͤumen, die ſich mit der Duͤrftigkeit eines ſandigen Bodens begnuͤgen, in Gruppen, deren Gruͤn die duͤrren Flaͤchen unterbraͤche, bepflanzt wuͤrde. Allein, was die Natur von dieſer Seite verſagte, das hat ſie auf allen uͤbrigen mit einer liebenswuͤrdigen Ver - ſchwendung wieder verguͤtet.

Auf der Hinterſeite der Wohnung verbreitet ſich eine anſehnliche Strecke Land, das gartenmaͤßig mit einer reichen Mannigfaltigkeit bepflanzt iſt. Und gerade aus, wo ſich dieſer angepflanzte Garten endigt, erhebt ſich ein ſchoͤner Berg, an deſſen Fuß die mit Linden beſetzte Einfahrt zum Wohngebaͤude ſich herumwindet. Der Berg zeigt auf ſeiner Hoͤhe in einer maleriſchen Lage zwiſchen auſſteigenden Waͤldern die Meyerey mit zwey ihr zugehoͤrigen Wirthſchaftsgebaͤuden. Auf beyden Seiten des angepflanzten Gartens, ſowohl in der ſuͤdoͤſtlichen, als in der weſtlichen Gegend, rei - het ſich ein ſchoͤner Wald an den andern, in Verbindung mit den anmuthigſten Wie - ſen und den Ausſichten auf die Schley; und ringsumher in dieſen Gehoͤlzen, welche die Graͤnze des Parks machen, ſind die ſchlaͤngelnden Spatziergaͤnge, und die von ih - nen mit Urtheil unterſchiedenen Reitwege mit einer reizenden Abwechſelung geleitet.

Dies iſt die Ueberſicht des Ganzen. Allein die einzelnen Naturplaͤtze und Ver - ſchoͤnerungen haben einen Reiz, der das Auge an ſich zaubert, und das Herz zu den ſuͤßeſten Empfindungen der laͤndlichen Natur einladet. Bald ſind es die freyen Sce - nen des Landes, Wald, Wieſen, Kornflur, Waſſer, die den Luſtwandler mit der Schoͤnheit ihrer Lage und Geſtalt ergoͤtzen, bald wird er an Plaͤtzen unterhalten, wo die Kunſt ihre Pflanzungen und Anlagen verbreitet, und dieſe erſcheinen am meiſten auf der Hinterſeite des Wohnhauſes.

Hier wird das Auge durch eine Reihe von mannigfaltigen Anpflanzungen er - friſcht. Bald erſcheint eine Sammlung von Raſen, die mit ſtets bluͤhenden Blu - men bekraͤnzt ſind; bald ein ſehr anſehnliches und reiches Gebuͤſch von mannigfaltigen nordamerikaniſchen und andern ſeltenen Baͤumen und Straͤuchern angepflanzt, die hier in einer wenig beſchirmten Lage fortkommen; bald Obſtbaͤume, die ſich hier an drey, nach der ſuͤdoͤſtlichen Gegend ſich hinabneigende, Terraſſen lehnen, an andernStellen177von Gaͤrten. Stellen aber lang hin ſich verbreitenden Gaͤngen zur Einfaſſung dienen, und den Spatzierenden durch die Verſchiedenheit der Fruͤchte und ihrer Reifung unterhalten; bald ein weites Stuͤck Kuͤchenland, worinn das abwechſelnde Gruͤn der Gewaͤchſe eine angenehme Miſchung von Farben verbreitet; bald eine andere kleine beſaͤete Flur, mit Fruchtbaͤumen umkraͤnzt; bald eine Gruppe von Kirſchbaͤumen, von niedrigem Liguſtrum eingefaßt; bald eine von Linden umſchattete Laube mit den heiterſten Aus - ſichten; bald ein runder Raſen, umkleidet mit den ſchoͤnſten Kaſtanienbaͤumen, die ſich mit friſchem Wuchs erheben, und ſchon die reiche Aerndte ankuͤndigen, die ſie je - den Herbſt liefern; bald eine Pflanzung einheimiſcher wilder Straͤucher mit Obſtbaͤu - men untermiſcht; bald eine Reihe herrlicher virginiſcher Schotendornbaͤume,*)Robinia Pſeudo-acacia, L. unter welchen der Pfad auf einmal ſich in die kuͤhle Nacht eines Waldes verliert, an deſſen Eingang gleich ein ſchattenreicher Sitz unter einer ehrwuͤrdigen Buche, zur Empfin - dung einer feyerlichen Einſamkeit und der Ruhe der erſten Natur, einladet. In die - ſer ſo ausgedehnten und gartenmaͤßig bepflanzten Gegend, die ſich hinter dem Wohn - hauſe verbreitet, wird das Auge zugleich rings umher in der Entfernung von den ſchoͤnſten Ausſichten entzuͤckt, die ſich dem, der in der Lindenlaube ruhet, am meiſten zum Genuß anbieten. Vor ſich ſenkt ſich der Blick uͤber die mannigfaltig bepflanz - ten Terraſſen des Gartens hinab, zu einer uͤberaus anmuthigen Wieſe, rings umher von Wald umſchlungen; an einigen Stellen ſtrecken ſich die Waldbaͤume ſehr male - riſch in ſie hinein, und bilden angenehme Beſchattungen; indeſſen daß die uͤbrige Maſſe unter der ungehemmten Einſtroͤmung der Lichter heiter lacht. Zur Rechten ſchaut die Meyerey von ihrer Anhoͤhe mit einer frohen laͤndlichen Ausſicht herab. Der Berg, der vor ihr aufſchwellt, zeigt ſein Getraide mit einem hellern Gruͤn, das anmuthig gegen das Dunkel der Waldung contraſtirt, die hinter ihm ruhet, und auf den Seiten der Meyerey ihren Gipfel uͤber die Hoͤhe emporſtreckt. In der Niedri - gung zur Linken hinab erſcheint das Wohnhaus, die Schley in gebrochenen Ausſich - ten und mit ihrem dieſſeitigen Ufer, das ſich hier in Wieſen verliert, und nicht weit davon zwey anſehnliche Gruppen von Baͤumen, zwiſchen welchen das Auge hindurch - ſchweift zu gruͤnenden Flaͤchen hin. Im Hintergrunde heben ſich ferne Waldungen, und mehr oͤſtlich verliert ſich die Landſchaft mit ihren Kornfluren in den blaͤulich dahin ſchwebenden Duft, wo der Blick nicht mehr zu unterſcheiden wagt. In der weſtli - chen Gegend gruͤnt von dem Fuß des Berges, worauf ſich die Meyerey erhebt, ein Wald neben dem andern bis zum Gewaͤſſer der Schley hinab. Dieſer Berg, der ein ſo angenehmer Gegenſtand fuͤr das Auge iſt, ſtellt zugleich einen laͤndlich ergoͤtzen -denIV Band. Z178Anhang. Beſchreibungenden Auftritt zur Zeit der Aerndte dar, und wenn dieſe geendigt iſt, einen noch inter - eſſantern, indem die zur Nachleſe dahin getriebenen Kuͤhe an dem Abhange umherir - ren, ihr frohes Gebruͤll uͤber die Gegend ertoͤnen laſſen, und mit der ganzen waldigten Lage ein Gemaͤlde vollenden, das dem Pinſel eines Berchem nicht vergebens zuwin - ken wuͤrde.

Die Meyerey, die, aus verſchiedenen Spatziergaͤngen betrachtet, einen ſehr ma - leriſchen Proſpect zwiſchen den Baͤumen, oder uͤber ſie her bildet, iſt ein Gebaͤude von ſo ſchicklicher, einfacher und laͤndlicher Architectur, ſo rein und angenehm, daß darinn einige Zimmer zum Theetrinken fuͤr die Herrſchaft eingerichtet werden konnten. Sie ſind mit ſchoͤnen Gemaͤlden und Kupferſtichen geziert, und geben ſehr weite erfreuende Ausſichten. Man ſieht gerade vor ſich uͤber die Abhaͤnge des mit Getraide bewach - ſenen Berges hinab, auf die Pflanzungen des Gartens, das Wohngebaͤude, die Schley, und uͤber ſie hinaus in weite Gefilde, mit Korn, Wald und Kirchen unter - brochen. Zur Rechten erheben ſich die Waͤlder, worinn die Spatziergaͤnge laufen, und uͤber ſie erſcheint eine Meile entfernt die Stadt Eckernfoͤrde mit ihrem Hafen, deſſen Waſſer an den fernen Horizont hinglaͤnzt, woran zuweilen die Segel der Schiffe aufgeſpannt zu hangen ſcheinen. Auf der linken Seite gruͤnen die weſtlichen Waͤlder des Parks herauf; man ſieht wieder einen anſehnlichen Theil der Schley, und jen - ſeits Waldungen; und unten im naͤhern Vorgrunde am Fuß des Berges bilden eini - ge zwiſchen den Oeffnungen des dunkeln Waldes aus der Vertiefung hervorſchimmern - de Wieſen einen uͤberaus anmuthigen Auftritt. In dieſer Landſchaft, wo der Blick unter ſo mannigfaltigen Scenen umherſchweift, und der Seele die heiterſten Bilder zuruͤckbringt, verbirgt ſich zuweilen der Lauf der Schley in Vertiefungen und hinter Waldungen; man ſieht kein Waſſer mehr, aber man ſieht die aufflatternden Segel zwiſchen Baͤumen und Kornfluren durchziehen; ein ſehr romantiſcher Anblick!

Von dem Wohngebaͤude, und aus den hinter ihm gruͤnenden Anpflanzungen, fuͤhren gerade Alleen von Linden in die Waͤlder des Parks, und die holde Wildniß der darinn umherſchlaͤngelnden Spatziergaͤnge. Andere kuͤrzere Alleen, ſowohl von Linden, als auch von italieniſchen Pappeln, dienen in dem Innern des Parks zur Verbindung der Waͤlder, geben an manchen Stellen maleriſche Durchſichten, und leiten uͤber Daͤmme, die anmuthige Uebergaͤnge uͤber Wieſen ſind, wo ſich das Auge nach der Dunkelheit wieder in freyern Ausſichten weidet. Dieſe Wieſen, woruͤber theils die Spatziergaͤnge laufen, und die ihnen theils angenehme Nebenſcenen und abwechſelnde Ausſichten anbieten, die bald ganz offen, bald lieblich in abaͤnderndenFormen179von Gaͤrten. Formen durch die Gebuͤſche durchſchimmernd mit Maſſen von milderem Gruͤn erfreuen, ſind in dieſer Verbindung mit den Waͤldern uͤberaus wichtige Gegenſtaͤnde. Sie ver - ſtaͤrken den Begriff des Laͤndlichen, und heben das Gefuͤhl von ſanfter Ruhe, das die Seele in der Stille und Daͤmmerung der Waͤlder einathmet. Die Ausſichten auf die Schley, die hin und wieder in den Spatziergaͤngen hervorbrechen, ſtoͤren dieſe Stimmung nicht; ſie theilen ihr nur einige Heiterkeit mit.

Die Spatziergaͤnge begreifen, wie man leicht ermißt, einen weiten Umkreis. Sie ſchlaͤngeln ſich durch die natuͤrlichen Abwechſelungen der Waͤlder, die aus Eichen und Buchen vermiſcht ſind, und die ehrwuͤrdigſten Staͤmme von vielen Jahrhunder - ten zeigen, durch die Ungleichheiten eines Bodens, der viel Unterholz von ſchoͤnen Buchengebuͤſchen mit einer gluͤcklichen Schnelligkeit treibt, bald ſchmaler, bald breiter, bald ſteigend, bald ſich ſenkend dahin. An einigen Stellen bemerkt man junge Pflanzungen von Eichen und Tannen, die Hoffnung kuͤnftiger Geſchlechter.

Das Innere der Spatziergaͤnge iſt bald durch artige weißangeſtrichene Bruͤcken und Thuͤren, bald durch Baͤnke und Ruheſitze unter dem Schatten bejahrter Baͤume, bald durch natuͤrliche Lauben und Pavillons verſchoͤnert. Hin und wieder erſcheint mitten in der Wildniß ein kleiner regelmaͤßig verzierter Ruheplatz, der uͤberraſchend ergoͤtzt. Doch immer behaͤlt die Natur ſich ihr großes Recht vor, noch ſtaͤrker und abwechſelnder zu ergoͤtzen, durch die edlen Schoͤnheiten der Waͤlder, die Hoͤhe ihrer ſchwankenden Gipfel, die freyen Woͤlbungen der Laubmaſſen, die unendlichen Mi - ſchungen der Schatten und Lichter, die feyerliche Stille, oder das erhabene Rauſchen der Blaͤtter in den Wolken, die kuͤhlen Athmungen der Luft, die mit immer ſuͤßern Duͤften daherſchweben, die Abendſeufzer der einſamen Nachtigall, oder das mannig - faltig harmoniſche Concert muthiger Waldſaͤnger, die den Tag hinab Natur und Frey - heit beſingen, daß der Wiederhall der Freude aus allen Gebuͤſchen zuruͤcktoͤnt.

Die ſchoͤneren Spatziergaͤnge irren in den Waͤldern der weſtlichen Gegend um - her. Sie laufen dahin durch ein beym Wohngebaͤude ſich anfangendes großes Luſt - gebuͤſch, das von allen Arten einheimiſcher Baͤume und Straͤucher angepflanzt iſt. Es verbreitet ſich am Ufer der Schley in die Waͤlder nach Weſten. Hier leiten die Gaͤnge zu mancher reizenden Scene. Bald lockt ein offener mit Gebuͤſchen umkraͤnz - ter Pavillon, die Ausſicht auf einen breiten Strich der Schley und uͤber ſie hin auf ein Dorf zu genießen, das ſich halb unter Baͤumen verhuͤllt. Bald ladet ein ſchoͤnerZ 2Sitz180Anhang. BeſchreibungenSitz unter zwey herrlichen Buchen ein, die ihre Zweige weit umher verbreiten, und ſie mit tiefen Ueberſchattungen auf den Boden herabhangen laſſen, gleich der babylo - niſchen Weide. Bald winket ein anderer Ruheſitz unter Ypern; indem man ſich zum Genuß des ſchattigten Platzes niederlaͤßt, wird das Auge auf einmal von einem heitern Licht uͤberraſcht, womit das Waſſer durch eine ſchmale Oeffnung der Gebuͤſche hervorbricht. Indem man durch windende Pfade oben zu dem Rande des aͤußern Waldes hinwandelt, erblickt man am Ausgang ein kleines Gebuͤſch, der Beluſtigung der jungen Herrſchaft gewidmet, die hier unter den Spielen der Unſchuld und mitten in den Freuden der Natur ſich zu ſanften Gefuͤhlen ergoͤtzt. Der Luſtplatz iſt mit Lau - ben und Blumen und Fruchtbaͤumchen geſchmuͤckt, und, als ein kleines gluͤckliches und unbeneidetes Gebiete friedfertiger Beherrſcher, mit keiner andern Befeſtigung umgeben, als mit einem kurzen weißen Gelaͤnder, von Roſen durchflochten. Man genießt hier, ohne mehr zu wuͤnſchen; man ſieht ganz Louiſenlund ſich in den ſchoͤn - ſten Ausſichten verbreiten, ohne dieſen kleinen Wohnplatz eines ruhigen Vergnuͤgens verlaſſen zu wollen. Das aufgehende Licht des Tages wirft hier mit freundlichem Wohlgefallen ſeinen erſten Strahl hin, und die ſanft aufſchwellende Hoͤhe und die Schatten des angraͤnzenden Waldes floͤßen den Seelen voll Unſchuld, worinn die Na - tur ſich ſo gerne ſpiegelt, eine Genuͤgſamkeit ein, die kein Koͤnigreich giebt.

Tiefer unten in den Spatziergaͤngen am waldigten Abhange nach Weſten winkt uns noch eine der intereſſanteſten Scenen. Der anmuthigſte Weg am Fuße des ſich ſanft erhebenden Waldes fuͤhrt zu einem kleinen erhoͤheten Sitz, wovon man durch ei - nige Oeffnungen der Gebuͤſche auf eine ſchoͤn gruͤnende Wieſe in der Niedrigung her - abſchaut. Sie iſt auf den Seiten von Waldung umſchloſſen, die ſich aber gerade vor dem Auge wieder oͤffnet, um eine Durchſicht durch die in der Entfernung queer uͤberlaufenden zwey kurzen Alleen von Linden und von Pappeln zu verſtatten, und das Auge auf ſanft aufſteigenden huͤgeligten Gefilden ruhen zu laſſen. Indem in dieſer Oeffnung die Sonne ihren feyerlichen Abzug haͤlt, ſo hebt ſich das gruͤnende Revier ringsumher in der goldenen Ueberſtrahlung. Welche Malerey des Abendlichts, das zuerſt uͤber die hoͤchſten Spitzen der Baͤume praͤchtig daherſtrahlt, dann in ſanftern Beleuchtungen durch die Daͤmmerung der mittlern Belaubung ſpielt, lieblichen Schimmer uͤber die hellere Wieſe verſtreut, und zwiſchen Wiederſcheinen und halben Schatten in allmaͤligen Brechungen und Milderungen des Glanzes eine Scene dar - ſtellt, die das Auge des feinſten Landſchaftmalers entzuͤckt und ſeine bildende Kunſt taͤuſcht, eine Scene, die nicht nachgeahmt, nur gefuͤhlt wird. Und mit dieſem Ge -fuͤhl,181von Gaͤrten. fuͤhl, von hoher Wonne und Ruhe vermiſcht, weiß der Prinz an der Hand Seiner Gemahlinn ſie zu empfinden, und mit dieſer Empfindung der Schoͤnheit der Schoͤ - pfung die jungen Pflanzen Seiner Liebe zu traͤnken. Die Natur ſelbſt ſcheint ſich der ſeligen Beſchaͤfftigung zu freuen. Die Abendroͤthe verweilt ſchoͤner zwiſchen den Ge - buͤſchen; und die Waldſaͤnger verlaͤngern ihre Melodien. Indeſſen wandelt Er zum Louiſenplatz, wo die Gipfel einiger hohen Waldbaͤume eine reizende Laubwoͤlbung uͤber Louiſens Obelisk her bilden, und ihn wetteifernd mit ihren Umſchattungen zu beſchirmen ſcheinen, mit Seiner geliebten Familie hin. Er fuͤhlt hier noch einmal das Gluͤck, Gemahl und Vater zu ſeyn. Sie verlieren ſich unter zaͤrtlichen Geſpraͤ - chen in die Daͤmmerung des mittlern von den drey ſchoͤnen Waldgaͤngen, die ſich gleich bey Louiſenplatz mit abwechſelndem Reiz eroͤffnen. Die Schatten verhuͤllen Sie, und der letzte Seufzer der Nachtigall ſchmelzt Ihnen mit ſuͤßer Wehmuth nach.

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Z 3II. Augu -182Anhang. Beſchreibungen

II. Auguſtenburg. *)Reſidenzſchloß und Park Sr. Durchl. des regierenden Herzogs Friedrich Chri -ſtian zu Holſtein-Auguſtenburg, auf der Inſel Alſen.

Mit freygebiger Hand hat die Natur die Fuͤlle ihres Segens uͤber die gluͤckliche Inſel Alſen ausgebreitet, die ſich in ihrer Laͤnge auf vier, und in ihrer groͤßern Breite uͤber eine ſtarke deutſche Meile erſtreckt. Ueberall lacht das ganze Land dem Auge mit einer ſchwelgeriſchen Fruchtbarkeit entgegen; kein oͤder, kein vernachlaͤſſigter Fleck erſcheint. Die weiten Ebenen, die nur durch einige kleine Huͤgel oder Erhe - bungen des Bodens unterbrochen ſind, glaͤnzen faſt freywillig, nur einer geringen Huͤlfe des Fleißes beduͤrftig, in einem Ueberfluß von mannigfaltigem Getraide. Be - lebt von den geſunden Luͤften, die vom Meere die ganze Inſel erfriſchen, wallet es in ſeinen bunten Flaͤchen, und ſtroͤmt und waͤlzt ſich mit falben Wellen, gleich einem neuen Ocean, in unabſehbaren Strecken dahin. Die Gefilde und die Gewaͤſſer ſind von allerley Gefluͤgel belebt; und die Waͤlder, die ſich hin und wieder neben hellen Graslaͤndern mit ihren dunkeln Gipfeln durch die Landſchaft erheben, bieten faſt durch das ganze Jahr einen unaufhoͤrlichen Reichthum der Jagd an. Von allen Seiten reizen froͤhliche Doͤrfer, die ſich in die Umſchattungen ihrer Fruchtbaͤume huͤllen, und dadurch ein maleriſches Anſehen gewinnen. Die Haͤuſer ſind wohlgebauet, inwendig reinlich und nett, und kuͤndigen ſchon auf den erſten Anblick Wohlſtand an. In den innern Hoͤfen beugen ſich in großer Menge Obſtbaͤume von edlern Gattungen unter der Laſt ihrer Fruͤchte; und rings um dieſe Hoͤfe ſind außen Weiden, Eſchen und andre Baͤume gepflanzt, die zur Beſchirmung vor den Winden dienen. So bereichert und ſo verſchoͤnert erſcheinen alle Doͤrfer. Die Menge der Baumfruͤchte macht einen Theil von dem Reichthum des Landmanns, der, was er uͤberall ſeyn ſollte, hier zugleich ganz Gaͤrtner iſt; und mit dem Ueberfluß, den ihm die Natur uͤber das Beduͤrfniß ſeiner Haushaltung ſchenkt, fuͤllt er tief im kaͤltern Norden manchen duͤrftigen Topf, giebt die letzte Wolluſt mancher luͤſternen Tafel. Alſen uͤbertrifft noch Falſter an Frucht - barkeit und Schoͤnheit; es gleicht einem großen Garten, der gluͤckliche Menſchen in ſeinen Schatten huͤllt. Dieſe Landhaͤuſer voll Wohlſtand und Freude, dieſe heitern Doͤrfer, die durch bequeme und feſte Wege, die Gartengaͤngen gleichen, mit einander verbunden ſind, wie ſehr ſtechen ſie gegen die elenden Menſchenſtaͤlle in ſo manchen Laͤndern ab, wo noch die haͤrtere Leibeigenſchaft jedes Recht und jedes Gefuͤhl derMenſchheit183von Gaͤrten. Menſchheit unterdruͤckt, wo die ſtumme, durch Dulden ausgemergelte, Armuth nur dem Auge des mitleidigen Zuſchauers klagt, die noch immer ungemilderten Leiden klagt, wozu der ſchuldloſe nuͤtzliche Sclave weinend geboren wird, und worunter er weinend ſtirbt!

Wohlthaͤtig und edel ſind deine Wirkungen, goldne Freyheit! Man ſchaut ſie auch hier. Der Landmann, der hier die heiligen Rechte genießt, die ihm die Natur gab, und die nur die dummſte Art von Tyranney ihm entreißen konnte, fuͤhlt ſeine Bruſt mit Geſinnungen befruchtet, die unter dem Felſen der Sclaverey nicht aufkei - men koͤnnen. Er fuͤhlt ſich frey und edel, als Menſch; Muth, Fleiß, Freude uͤber ſein Eigenthum, Treue gegen ſeinen Landesherrn aus Empfindung der Pflicht, haͤus - liche Tugend und in ihrem Gefolge haͤusliche Gluͤckſeligkeit, ruhige Ausſicht in die Zukunft beleben ihn zum nuͤtzlichen Genuß ſeiner Tage. Er arbeitet, er genießt; er giebt ſeine Abgaben ohne Verzug, und erlaubt ſich nicht, daß ſie ihm abgefordert werden.

In einem ſolchen Lande, uͤber ein ſolches Volk verdient ein ſolcher Fuͤrſt zu herr - ſchen, als der iſt, den es ſich ſelbſt zu ſeinem Gluͤcke waͤhlen wuͤrde, wenn er nicht ſchon von der Vorſehung dazu beſtimmt waͤre. Einfacher und wohlthaͤtiger kann kein Prinz regieren. Er hoͤrt, Er beurtheilt alles ſelbſt; Er iſt immer Vater Seiner Unterthanen, auch wenn Er als Richter uͤber ihre Angelegenheiten entſcheidet. Sie lieben Ihn, wie man in dem erſten Weltalter den Vater liebte, der ſeine Kinder ſeg - nete; ſie ehren Ihn, wie man damals den Weiſeſten im Volke ehrte, der noch ſelbſt, ohne Raͤthe, Verordnungen geben konnte. Sein Haus ſtellt dem Lande ein Beyſpiel dar, nicht blos, daß auch ein Fuͤrſt im Schooß ſeiner Familie gluͤcklich ſeyn kann, ſondern vielmehr, daß Er es nur ſeyn will, wie jeder Hausvater unter ſeinem Volke es ſeyn ſoll, durch Wahrheit, Froͤmmigkeit, Eintracht und ungeſchminkte Einfalt haͤuslicher Tugend. Durch die Einrichtung Seines Hofes, wo Weisheit bey fuͤrſt - lichem Anſtand wohnt, und durch die Bildung Seiner liebenswuͤrdigen Prinzen, ſichert Er Seinen Unterthanen das Gluͤck ferner Tage zu, das Gluͤck, in Ihnen einſt wieder zu beſitzen, was Er und Sein Bruder*)Se. Durchl. der Prinz Aemil Auguſt, koͤnigl. daͤniſcher General u. ſ. w. ihnen waren; das wohlthaͤtigſte Vermaͤchtniß, bey deſſen Andenken jedem Auge, ſo ſehr es ſich erheitert, gleichwohl noch eine Thraͤne der Wehmuth entſinkt.

Das Schloß Auguſtenburg, das der geliebte Fuͤrſt mit ſeiner Familie be - wohnt, liegt bey einem Flecken gleichen Namens, ganz nahe an der Einbucht eines Meerbuſens, den die Oſtſee zwiſchen der Inſel und dem Lande Sundewitt bildet. Und184Anhang. BeſchreibungenUnd dieſe Lage giebt, außer der Anmuth der Ausſichten und dem Vergnuͤgen der Waſſerfahrten, zugleich die groͤßern Vortheile der Schifffahrt. Das Gebaͤude iſt erſt vor wenig Jahren von dem jetzigen Herzog erbauet; es iſt ſehr anſehnlich und nach vollkommenen Verhaͤltniſſen ausgefuͤhrt; mit großen, hohen, hellen und ſchoͤn meu - blirten Zimmern verſehen, die alle bequem verbunden ſind. Das Hauptgebaͤude hat zwey große Fluͤgel, und jeder von dieſen iſt wieder mit einem kleinen Fluͤgel oder laͤng - lichen Pavillon verbunden. Die Schloßkirche, die in einem dieſer Fluͤgel angelegt iſt, gehoͤrt zu den ſeltenen Werken, wo ein reiner und edler Architecturgeſchmack ſich mit der Wuͤrde ihrer Beſtimmung vereinigt. Der weiße Anſtrich des Schloſſes und das blaue Dach geben ihm ein ſchoͤnes lebhaftes Anſehen; da die Inſel faſt nichts als Ebenen hat, ſo iſt es lange im Proſpect ein ſchoͤner Gegenſtand, zumal in der male - riſchen Verbindung mit Waſſer und Wald. Die Schoͤnheiten der Inſel winken auf allen Seiten, um die anmuthigſten Ausſichten aus den Fenſtern des Schloſſes zu genießen.

Von der Hinterſeite des Gebaͤudes verbreitet ſich ein anſehnlicher Vorplatz, der ſich an einen Wald endigt; er iſt mit Vaſen, Bildhauergruppen aus den Scenen des Landlebens, und einem großen wohlgebaueten Portal nebſt einem Sitz und Statuͤen verziert, das einen guten Proſpect gegen die Kronen der Waldbaͤume macht. In dieſen verſchoͤnerten Wald laufen ſowohl von dem freyen Vorplatz, als auch von der ſuͤdlichen Seite des Schloſſes die Spatziergaͤnge fort.

Unſre Parks in Norden haben etwas Eigenthuͤmliches, das ſie von den Gaͤr - ten andrer Laͤnder zu unterſcheiden ſcheint. Dies ſind unſre herrlichen Waͤlder in der Verbindung mit Waſſer, beſonders mit den Meerproſpecten. Faſt alle Anlagen, die eine Aufmerkſamkeit verdienen, ſind hier in Waͤldern ausgebreitet. Die Natur bildet hier vor; und außer ſo mannigfaltigen Ergoͤtzungen, die ſie in einem Walde anbietet, kann der Geſchmack hier alle Arten von Scenen mit wenig Muͤhe ſchaffen. Nichts uͤbertrifft den vortrefflichen Wuchs unſrer Buchen und Eichen, woraus vor - nehmlich unſre Waͤlder beſtehen; nichts das lebhafte Gruͤn der Belaubung, das ſich unter unſerm kuͤhlern und feuchtern Klima und den haͤufigen Erfriſchungen der Meer - winde ſo lange in ſeinem ganzen Reize erhaͤlt. Wenig Laͤnder zeigen Waͤlder von der friſchen Schoͤnheit, als wir in Holſtein, in Schleswig und auf den daͤniſchen In - ſeln immer vor Augen haben. Und dieſe Waͤlder bald an den Ufern ſchoͤner Landſeen, bald auf den hohen Geſtaden des Meeres, welche reizende Ausſichten eroͤffnen ſie nicht hier auf das Waſſer, und die Scenen der Fiſcherey und der Schiffahrt, dort auf die fruchtbaren und wohl bebaueten Landſchaften umher! Die Schoͤnheit der Staͤmmeund185von Gaͤrten. und ihrer Belaubung, die Mannigfaltigkeit ihrer Geſtalten, die Verſchiedenheit ihrer Abſtaͤnde, die Heiterkeit der jungen Buchengebuͤſche, die Erhebungen und Senkungen des Bodens, die Abwechſelung des Lichts und der Dunkelheit, der Verſchloſſenheit und der Freyheit der Grasplaͤtze, die Ausduftungen des Laubes und der Kraͤuter, die Kuͤhlungen des Schattens, die Geſaͤnge der Voͤgel, das Umherſtreichen des Wildes wie viel hat nicht ſchon die Natur in einem Walde zum Vergnuͤgen vorbereitet, und wie leicht iſt es nicht, ihre Anlagen mit Geſchmack weiter auszubilden! Die Gemaͤlde unſrer Parks, die faſt ganz der Natur uͤberlaſſen bleiben, wuͤrden bald vollkommen ſeyn, wenn noch die in Norden wenig bekannte Kunſt ſichtbar wuͤrde, die Kunſt der freyen Pflanzung und der geſchmackvollen Gruppirung der Baͤume und Straͤucher, die Kunſt, mannigfaltige Scenen von einem beſtimmten Charakter anzulegen und mit einander zu verbinden.

Der Wald, worinn ſich der Park von Auguſtenburg verbreitet, iſt uͤberaus anſehnlich. Er hat zwar keine Anhoͤhen, noch ſtarke Vertiefungen; aber er wird von der Einbucht des Meerbuſens umfloſſen, und hat außer ſeinen Eichen und Buchen eine manigfaltige Untermiſchung von Eſchen, Birken, Weiden, weißen Pappeln, Ellern, Ypern, Guitſchern, Ahorn, Weſſelbeeren, Taunen, Fuhren, Lerchenbaͤumen, und uͤberdies alle Arten von einheimiſchen Straͤuchern.

Ehe man vom Schloſſe in dieſen Wald kommt, laͤuft von der ſuͤdlichen Ecke des Gebaͤudes ein angenehmer Spatzierweg auf dem Abhange am Waſſer hin. Man ſchaut hier von der Anhoͤhe auf das Gewaͤſſer hin, wo kleine Schiffe und Luſtfahrzeuge ruhen, und hat jenſeits, uͤber die ſchmale Flut hin, eine reizende Ueberſicht auf helles Grasland und Kornfluren, die von der Dunkelheit zerſtreuter Hoͤlzungen und von der Daͤmmerung einiger Baumgruppen unterbrochen ſind. Einige ſchoͤne Wieſen ziehen ſich maleriſch zwiſchen den Waldſtuͤcken hinein; in den hellen Zwiſchenraͤum erſcheinen Gruppen von Kuͤhen, die unter den Kuͤhlungen des Waldſchattens weiden; eine der lieblichſten Landſcenen. Fern hinaus gruͤnen weite Felder, von andern Waͤldern be - graͤnzt. Zum Genuß dieſer Ausſichten winken auf der Hoͤhe des Abhanges einige Ruheſitze. Weiter hin laͤuft der Spatziergang mehr in der Tiefe am Waſſer hin, zwiſchen niedrigen Hecken, und hat zur Rechten bald einen kleinen Blumengarten mit Fruchtbaͤumen beſetzt, bald den hohen Gipfel des Waldes, in deſſen Schatten er ſich hinaufwindet.

Von der Gegend des Vorplatzes, wo ſich das oben erwaͤhnte Portal erhebt, hin - ter welchem zunaͤchſt Fruchtbaͤume mit Grasplaͤtzen zwiſchen Hecken aufſteigen, fuͤhren zwey lange große Lindenalleen gerade zu dem Waſſer hinab. Man laͤßt indeſſen aufIV Band. A ader186Anhang. Beſchreibungender Nordweſtſeite des Schloſſes die Kuͤchengaͤrten mit ihren Obſtbaͤumen, reinlich, nett, und ſelbſt zum angenehmen Spatziergang bequem. Ehe ſich die untere Allee mit dem Wald vereinigt, hat ſie zur Seite noch zwey ſchmalere ſchattenreiche Gaͤnge. Sie wechſelt darauf mit Tannen und Roßkaſtanien, und draͤngt ſich an den Wald, als wenn ſie ganz zu ihm gehoͤrte. Durch dieſe Verbindung erhaͤlt ſie ein freyes An - ſehen, wozu ſelbſt ihre Breite und Hoͤhe wirken; und die ungleichen Gipfel, zwiſchen welchen der blaue Himmel herablaͤchelt, erheben die Anmuth ihrer natuͤrlichen Wild - niß. Dieſe Allee ſcheint ganz zu ſeyn, was ſie ſeyn muß, wenn dieſe Art der alten Pflanzung gefallen ſoll. Man ſieht zur Linken das liebliche Durchſchimmern des Waſſers, und zur Rechten die dicke Waldmaſſe, die faſt keine Durchſicht verſtattet, als wo ein Gang hineinſchleicht. Unten am Ende laden zwey beſchattete Ruheſitze ein, die Kuͤhlung des Waſſers zu genießen, und die Ausſicht auf die jenſeitigen Ge - filde und einen gerade vor dem Auge ruhenden Wald.

Die obere Allee, die ebenfalls zum Waſſer hinableitet, beſteht blos aus juͤngern Linden, und hat bey ihrem Eingang zur Linken einen reizenden natuͤrlichen Bogengang mit uͤberwoͤlbendem Laubdach.

Man verlaͤßt dieſe Allee, um bald auf ſchlaͤngelnden Waldgaͤngen die regelmaͤ - ßigen Partien zu vergeſſen, und ſich in der angenehmen Wildniß der Natur zu zer - ſtreuen. Die Weitlaͤuftigkeit dieſer Waldgaͤnge giebt dem Freund des Luſtwandelns immer neue Unterhaltungen.

Ein ſchoͤner Weg leitet aus der obern Allee an der Außenſeite des Waldes her - um. Man hat bald zur Rechten einen anſehnlichen Grasplatz, wo manches Reh aufſpringt, und in den Wald zuruͤck eilt, der hier eine maleriſche Einbiegung macht, und daruͤber praͤchtig ſeine Gipfel woͤlbt; zur Linken locket die Ausſicht uͤber das Waſſer und in die fruchtbaren Landgegenden hinaus. Der Weg ſchlaͤgt wieder rechts in eine mit Ellern und darauf mit Guitſchern hinauflaufende Allee; ſie wendet ſich in eine von den beyden vorigen unterſchiedene Lindenallee, die aus der Mitte des Waldes ablaͤuft, und ſich mit der Ausſicht auf das dieſſeitige Ufer endigt. Bey dieſem Ufer ſieht man den Wald nach der weſtlichen Gegend hin von Kornfeldern begraͤnzt. Das Waſſer entfernt ſich weiter, und beſpuͤlt auf dem gegenuͤber liegenden Ufer zwey anſehnliche Waͤlder, die hier zuerſt das Auge ergoͤtzen. Man ſieht nicht ohne Wonne den Con - traſt, den in der Ferne die dunkeln Waldungen gegen die Heiterkeit der blaͤulichen Luft und den ſilbernen Schein des Waſſers machen.

Geht man in dieſe letzte Lindenallee zuruͤck, ſo bemerkt man zur Rechten eine junge Pflanzung von Ellern, Ahorn, Ypern und andern Baͤumen; ſonſt erſcheinenhier187von Gaͤrten. hier auf beyden Seiten des Weges noch freye Waldſtuͤcke. Weiter hinauf giebt zur Linken eine ſchoͤne Pflanzung von wohlgewachſenen Lerchenbaͤumen durch die herabhan - genden Zweige einen neuen Anblick; dieſe Pflanzung ſtoͤßt oben an einen Obſtgarten, der ringsumher von einem Tannengehoͤlz eingeſchloſſen iſt, worinn ſich Spatziergaͤnge befinden. Noch hoͤher zeigt ſich auf dieſer Seite ein kleiner Garten mit allerley Frucht - baͤumen. Er liegt ganz offen, und jeder darf hier frey genießen. Zwiſchen den Baͤu - men gruͤnen kleine Grasplaͤtze, und die Gaͤnge ſind mit Fruchtſtraͤuchern eingefaßt. Die Waldbaͤume umher ſchließen und beſchirmen dieſen anmuthigen Bezirk.

In der obern Gegend dieſer Allee werden verſchiedene Gaͤnge ſichtbar, die ſich zur Seite in den Wald hineinſchlaͤngeln. Und vor ihrem Anfang zeigt ſich ein Wald - ſtuͤck mit den ſchoͤnſten langen Bogengaͤngen, von der Hand der Natur gewoͤlbt, und worunter der zur Linken ſich auf eine dunkle Tannenpflanzung endigt, und ſich trefflich auszeichnet. Wendet man ſich zuruͤck, ſo eroͤffnet ſich gerade vor dem Auge eine herr - liche Perſpectiv bis zum Waſſer hinab, und daruͤber in die Ferne der ſich verdunkeln - den Landſchaft hin. Im Vorgrunde ſpielt das heitre Gruͤn der Linden, von dem Licht frey uͤberſtralt, an der Seite der ſich entfernenden dunklern Waldbaͤume. Die fin - ſtern Waldungen, zu welchen der Blick uͤber das Waſſer hinſtreift, ſchließen tief im Hintergrunde den Geſichtskreis, und verſtatten dem Auge eine erquickende Ruhe. Ganz oben erſcheinen noch zwey natuͤrliche Bogengaͤnge auf beyden Seiten, und locken in die Spatzierwege des Waldes; der zur Rechten ſenkt ſich unter Spielen des Lichts und des Schattens in liebliche Gebuͤſche hinab. Eine der ſchoͤnſten Scenen.

Man gelangt bald in ein großes Waldſtuͤck, durch welches ſich die Wege win - den. Zur Rechten zeigt ſich darauf ein dunkler Dickigt von Tannen, wodurch jedoch ein Weg zu einem hellen Gebuͤſch uͤbergeht. Weiter hinauf zur Linken erſcheint eine andere dicke Pflanzung von Tannen, vor welcher die jungen Buchengebuͤſche mit leb - haftem Gruͤn ſpielen, das unter den freyen einfallenden Lichtern glaͤnzt. Verſchiedene Gaͤnge laufen durch die Pflanzung, und etwa in der Mitte erblickt man eine Linden - allee. Ein anderer Gang, mit dieſen Baͤumen beſetzt, laͤuft aus dem Walde herauf durch dieſe große dichte Pflanzung, die zuletzt die Graͤnze des Parks macht, und an ein offnes freyes Kornfeld ſtoͤßt, bey deſſen Anblick ſich das Auge zur Heiterkeit erweitert.

In dem erwaͤhnten Waldſtuͤck fuͤhrt ein anderer Weg, indem man die zuletzt bemerkte Tannenpflanzung zur Rechten liegen laͤßt, unter dem Schatten ſchoͤner hoher Buchen und Eichen lange ſich fortſchlaͤngelnd, zu einem von Holz erbaueten runden offenen Tempel. Die Kuppel ruhet auf acht ioniſchen Saͤulen; die Saͤulenweiten be - tragen zehn Fuß; zwiſchen den Fußgeſtellen laͤuft ein Dockengelaͤnder, woran inwen - dig Baͤnke umherſtehen. Man hat von allen Seiten die Ausſicht in den Wald hinein. A a 2Der188Anhang. BeſchreibungenDer Tempel ſteht auf einer Erhoͤhung, umfloſſen von einem kleinen Waſſer, woruͤber eine Bruͤcke fuͤhrt. Die nahen Waldbaͤume ſpiegeln ſich in dem Waſſer, und vom Winde belebt ſtreut es den Wiederſchein ſeiner ſpielenden Bewegung an die Decke der mit Gewoͤlken bemalten Kuppel hinauf, die davon, wie vom Hauch der Natur, umherzuwallen ſcheinen.

Von dieſem Tempel fuͤhrt ein Weg zum nahen Philippsberg, der außer der Graͤnzlinie des Waldes liegt. Nach einigen uͤber ein Kornfeld zuruͤckgelegten Schrit - ten befindet man ſich zwiſchen einigen kleinen Huͤgeln, von einer Gruppe von Eichen uͤberſchattet. Man wendet ſich links zu einem freyen Huͤgel hinauf, wo eine wilde Laube zum Sitzen einladet. Eine herrliche Ausſicht glaͤnzt auf dieſer Hoͤhe den Bli - cken entgegen. Gerade aus verbreitet ſich ein weites Gefilde bis zum Waſſer hinab. Zur Linken iſt es von den Waldbaͤumen des Parks in einem halben Zirkel umkroͤnt; uͤber dieſen waldigten Kranz ſieht man in der Mitte, wo er ſich mit niedrigem Gebuͤſch ſenkt, das Waſſer wieder hervorglaͤnzen, und jenſeits in gerader Ausſicht einen Wald ruhn; an ſeiner Seite ſchaut die Stadt Sonderburg aus einer großen Strecke von Laͤndereyen heruͤber. Gerade von dem Sitz erblickt man jenſeits des Gewaͤſſers eine reich bebauete Landſchaft mit Baͤumen und Gebuͤſchen anmuthig ſchattirt; und zur Rechten erheben ſich zwey anſehnliche Waldungen, wohin die blauen Wellen ſpielen, die ſeitwaͤrts hin, wo ſich die große Maſſe von Waſſer immer mehr erweitert, an das flache Ufer der fernen Landſchaft ſich verlieren. Anmuthig iſt es von dieſem Huͤgel zu ſchauen, wie die ſich neigende Sonne unmittelbar uͤber dem Meerbuſen zu hangen ſcheint, der ſich in ihren Strahlen badet; wie ſie bald nachher, indem ſie tiefer ſinkt, uͤber die Spitzen der beyden entfernten Waldungen eine goldene Beleuchtung ausſtreuet, die ſich mit ſanfterm Lichte in den Fluten verlaͤngert; wie darauf die leichten Gewoͤlke immer mehr ins Graue hinuͤberdaͤmmern, und herab von dem roſenfarbigten Himmel, woran allmaͤlig die blendenden Farben ſterben, ſich in dem ſtillen Gewaͤſſer beſchauen. Alles ruhet in der Abendfeyer. Die Landſchaft, das Waſſer und der Himmel ſcheinen in dem feyerlichen Schimmer zu zerfließen. Indeſſen erfriſcht ſich die Phantaſie an dem Gewaͤſſer und an den wandelbaren Bildern der Gewoͤlke, die ſanfter darinn wie - derſcheinen; fliegt dann hinuͤber, ſchwebt uͤber der Dunkelheit der ruhenden Waͤlder, und wiegt ſich in holden Traͤumen.

Wir kehren in den Wald des Parks zuruͤck, und ſehen wieder manche ſchoͤne, junge, friſch aufſchießende Buchengebuͤſche zwiſchen den majeſtaͤtiſchen Waldbaͤumen, aus deren bejahrtem Gipfel die Holztaube ihre Liebesklagen herabgurgelt. Dieſe an - muthigen Gebuͤſche verſchließen wieder die Oeffnungen, die hie und da die zweigloſen Unterſtaͤmme laſſen; und die einfallenden Lichter beleben das hellere Gruͤn der Buchenmit189von Gaͤrten. mit einem neuen Reiz. Die Tannendickigte, die hin und wieder in den Wald einge - ſtreut ſind, laſſen ihr naͤchtliches Dunkel gegen die heitern Kronen der nahen Linden contraſtiren. Im Winter ſtreuen ſie uͤber die umherlaufenden Spatziergaͤnge ein Bild, das, wiewohl nur ſchwach, doch wieder an die mildere Jahreszeit erinnert, die alles mit ihrem Gruͤn uͤberkleidet. Sie ſind noch durch eine andere Erinnerung inter - eſſant, durch die, daß der jetzige Herzog ſie zum Theil mit eigner Hand gepflanzt hat.

Eine Menge von Waldvoͤgeln erfreuet vom Morgen bis zum Abend dieſe Spa - tziergaͤnge. Ueberall Geſang, uͤberall Umherflattern froͤhlicher Geſchoͤpfe. Auch ſpringt hier manches Reh, zumal wenn die umgraͤnzenden Kornfelder abgemaͤhet ſind, aus den dicken Schatten vor dem ankommenden Luſtwandler auf, ſteht wieder ſtill, und gafft ihn mit Neubegierde an, und ſcheint ſich der Heiligkeit des Gaſtrechts bewußt zu ſeyn, unter deſſen Schutz es hier weidet.

Man trifft auf dieſen Waldwegen, die ſich umher winden, bald Baͤnke, bald Raſenſitze unter laubreichen Baͤumen, bald ſchattigte Lauben und natuͤrliche Bogen - gaͤnge an, die kuͤhl und voll anmuthiger Durchſichten und voll Spiele des Lichts mit der Daͤmmerung ſind. An andern Stellen, beſonders in der Naͤhe des Schloſſes, ſind dieſe Bogengaͤnge von der Kunſt gezogen, und geben Ausſichten auf das Waſſer hinab. Die Fruchtbaumpflanzen ſind nicht allein hin und wieder in waͤrmere und ſichere Plaͤtze eingeſchloſſen; ſondern man ſieht auch den Wallnußbaum, den ſchwarzen Maulbeerbaum und andere Obſtbaͤume unter den wilden Staͤmmen zerſtreut.

Verſchiedene Wege ſchlaͤngeln ſich nach der philoſophiſchen Wohnung des Prin - zen Aemil, die in einem Winkel des obern Waldes ſich in ihre gluͤckliche Einſamkeit zu verhuͤllen ſcheint. Hohe Waldbaͤume bilden faſt von allen Seiten um dieſes Re - vier einen feyerlichen Umzug, und erquickende Kuͤhlung ſaͤuſelt aus ihren Gipfeln herab. Das Haus hat keine Pracht, nur anſtaͤndige Bequemlichkeit; man erkennt ſogleich die Wohnung eines Weiſen, der das Leben nicht nach den Beduͤrfniſſen, womit Stolz und Weichlichkeit es belaſten, ſondern nur nach dem Werthe waͤgt, den es fuͤr den Genuß unſrer ſelbſt hat. Eine maͤßige aber gewaͤhlte Bibliothek, eine Sammlung der ſchoͤnſten Blumen, die in Vaſen die luſtigen Gemaͤcher durchduften, eine vermiſchte Geſellſchaft von ſingenden und andern Voͤgeln, die in zwey großen mit der Wohnung auf beyden Seiten verbundenen Gitterhaͤuſern in froher Eintracht umherflattern, und aus dem Zimmer ihre kleine gluͤckliche Haushaltung unbeſorgt belauſchen laſſen, machen die Unterhaltung des Prinzen in der Einſamkeit aus. O! moͤchten die reinſten Duͤfte, die die Natur verhaucht, ſich hier zur Staͤrkung eines Lebens vereinigen, das nicht blos der Familie, das der ganzen Menſchheit werth iſt! Moͤchte der freudige Geſang der Voͤgel, ſo oft er erſchallt, ganz das Gefuͤhl der Leiden beſiegen, die Sein KoͤrperA a 3traͤgt,190Anhang. Beſchreibungentraͤgt, und Sein erhabener Geiſt zu vergeſſen ſucht! Vor dieſer Wohnung ver - breitet ſich ein kleiner Garten, halb der Flora und halb der Pomona gewidmet. Die obere Haͤlfte glaͤnzt von einer Sammlung der feinſten Blumenarten, deren Plaͤtze mit niedrigen weißen Gelaͤndern, von Roſenſtraͤuchern umſchlungen, eingefaßt ſind; und in der untern Haͤlfte ſind die ſchoͤnen Obſtbaͤume mit edlern Kuͤchengewaͤchſen zwiſchen kleinen Hecken verbunden. Ruhebaͤnke in den Gaͤngen, unten in der Ecke ein bedeck - ter Sitz vor einem Fiſchteich, nahe daran ein kleiner Bogengang machen die uͤbrige Verzierung aus. Und zur Rechten liegt ein Pfauenhof, den auch andere Gefluͤgel beleben, in einem ſchoͤnen buſchigten Waldſtuͤck, mit durchſchnittenen Gaͤngen und mit einigen trefflichen hohen Baͤumen, unter welchen Ruheſitze angelegt ſind. Die Graͤnze dieſes kleinen Luſtgartens verſtattete keine verwickelte Anlage. Aber das Ganze dient zugleich zur Abwechſelung der Unterhaltungen, die der Waldpark gewaͤhrt, und kuͤndigt einen weiſen Geſchmack an, der ſich ohne Pomp ergoͤtzt.

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III. Graven -191von Gaͤrten.

III. Gravenſtein. *)Ein Schloß in dem adelichen Gute gleiches Namens an der weſtlichen Graͤnze vom Lande Sundewitt im Herzogthum Schleswig. Es gehoͤrt Sr. Durchl. dem regie - renden Herzog von Holſtein-Auguſtenburg.

Das Schloß Gravenſtein liegt in einer ſehr reizenden Gegend, nahe bey einem Flecken, der ſeinen Namen fuͤhrt, und an einem fiſchreichen See. Hier nimmt der Auguſtenburger Hof ſeinen gewoͤhnlichen Aufenthalt in den milden Monaten des Fruͤhlings und des Herbſtes. Das gegenwaͤrtige Schloß, das an der Stelle des vormaligen abgebrannten von dem jetzigen Herzog erbauet iſt, liegt der Kapelle gegen - uͤber, die nach dem Modell der Jeſuiterkirche zu Antwerpen aufgefuͤhrt iſt, und vom Feuer verſchont ward. Es iſt in dem guten Architecturgeſchmack errichtet, womit dieſer Fuͤrſt gerne baut. Die Zimmer ſind mit vielen vortrefflichen Gemaͤlden von den beruͤhmteſten Meiſtern ausgeziert. Man faͤngt hier an, den feinen Geſchmack zu bewundern, der ſich in der Verſchoͤnerung dieſer Gegend ſo wirkſam bewieſen hat. Denn einige Zimmer prangen mit ſchoͤnen Stickereyen in Tapeten und andern Wer - ken, die eigenhaͤndig von den Prinzeſſinnen,**)Ihre Durchl. die Prinzeſſinnen von Holſtein-Auguſtenburg, Chriſtiana Ulrica, Sophia Magdalena Maria, und Charlotte Amalia. Schweſtern des Herzogs, verfertigt ſind. Man tritt voll Aufmerkſamkeit naͤher, und verweilt noch laͤnger bey der Fein - heit des Geſchmacks und der Kunſt, als bey der Seltenheit dieſer Erſcheinung.

Der See, an welchem das Schloß liegt, bildet in der Naͤhe eine anmuthige mit einem Wald bewachſene Halbinſel, welche die ſchoͤnen Anlagen enthaͤlt. Man rudert von dem Schloſſe dahin in einigen artig gebaueten kleinen Jagdſchiffen. Der viel laͤngere Landweg leitet, durch manche angenehme Wendungen, unter dem Schat - ten von Eichen, zur Linken neben einer Wieſe, zur Rechten am Fuß eines anſehnlichen mit Kornfluren aufſchwellenden Huͤgels, ſodann durch einen Wald ſich windend, bald ſich erhebend, bald ſich ſenkend, dahin.

Dieſen eben erwaͤhnten Huͤgel nennt man den Herzenshuͤgel, vielleicht weil er ganz das Herz befriedigt, das ſich gerne in den Freuden der Ausſichten weidet. Er erhebt ſich in der weſtlichen Gegend des Schloſſes, etwa in einer Entfernung von einerViertel -192Anhang. BeſchreibungenViertelſtunde, mit einer trefflichen Gruppe von Eichen und Buchen, uͤber die umlie - genden Landſchaften ſo maleriſch empor, daß man ihn bey der Herannaͤherung von verſchiedenen Seiten mit vorzuͤglicher Aufmerkſamkeit betrachtet. Die Ausſicht iſt eine der anmuthigſten, die man ſehen kann. Zunaͤchſt um den Huͤgel verbreitet ſich nach allen Seiten ein huͤgeligtes Korngefilde, das gegen Weſten ganz offen liegt, blos mit einigen zerſtreuten Baͤumen und Gebuͤſchen ſchattirt. Gegen Norden begraͤnzt ein langer gerader Strich von Waldung das Kornfeld, und ſenkt ſich etwas gegen die oͤſtliche Seite hin, ſo daß das Auge uͤber dieſe waldigte Gegend hie und da Ueberſich - ten in die jenſeits ſich empor hebende Landſchaft gewinnt, und zuletzt wieder in der Daͤmmerung entfernter Waͤlder ruht, die den Geſichtskreis ſchließen. Schoͤner noch iſt die ſuͤdliche Gegend mit einem Kranz von Wald geſchmuͤckt. Nach Weſten ziehen ſich drey Vorſpruͤnge des Waldes mit ihrem dunkeln Gruͤn ſehr anmuthig in die hellern Kornfluren hervor. Weiter nach Oſten hin ſchwellen zwey Huͤgel mit Korn vor dem ſchattigten Walde empor. Ueber den zweyten bricht durch die Waldung eine ſchmale Oeffnung, wodurch das Waſſer von einer Einbucht der Oſtſee hervorglaͤnzt, und dar - uͤber hin verduͤſtert ſich die Landſchaft in die Ferne. Doch das ſchoͤnſte Gemaͤlde, von dieſem Huͤgel betrachtet, ſtellt die oͤſtliche Landſchaft dar. Nach einem ſanften Ab - hange, womit das Kornfeld ſich dahin ſenkt, bilden maleriſche Gruppen von Wald - baͤumen mit durchſchimmernden Grasplaͤtzen einen heitern Vorgrund. In der Mitte der Gegend hebt ſich das Schloß, halb von vorſtehenden Baͤumen bedeckt, mit ſei - nem blauen Dach und den weißen Waͤnden empor, die trefflich gegen die waldigte Maſſe abſtechen. Ueber das Gebaͤude hin daͤmmert die waldigte Landſchaft in die Ferne hinaus. Auf der linken Seite des Schloſſes in dieſer Ausſicht ſchließen ſich einige Waͤlder in eine große Gruppe zuſammen; vor ihnen ruhen einige Strohdaͤcher der Meyerey, die uͤber die dieſſeits im Vorgrund verſammelten Baumklumpen wieder emporragen. Gegen die ſuͤdliche Seite hin, zur Rechten des Schloſſes, erſcheint der daran graͤnzende See, ein nicht breiter Strich Waſſer, zwiſchen niedrigen gruͤnen Ufern; das Waſſer verliert ſich ſuͤdwaͤrts hinter der Waldung; uͤber den See hin er - hebt ſich der anſehnliche und uͤberaus ſchoͤne Stengrotter Wald, der ſich von allen uͤbrigen Waͤldern der Landſchaft abſondert, und mit einer vorzuͤglichen Schoͤnheit des Umzugs emporſteigt. Zwiſchen dem See und dieſem Walde brechen die rothen Daͤ - cher von dem Flecken Gravenſtein anmuthig aus den Umhuͤllungen der Baͤume her - vor. Auf der Seite des Waldes ſchimmern einige kleine Striche des Waſſers vom Eckenſunde, einer kleinen Bucht der Oſtſee, zwiſchen den Gebuͤſchen hervor, und uͤber dieſe Gegend hin erſcheint das Dorf Broacker mit ſeinen Zwillingsthuͤrmen in der Hoͤhe am aͤußerſten Horizont. Zur Rechten des Waldes ſieht man einen großenTheil193von Gaͤrten. Theil von dem Waſſer des Eckenſundes, das ſich vor dieſem Ort und vor den rothen Haͤuſern ſeiner Ziegelbrennerey vorbey um den Stengrotter Wald herumſchlaͤngelt, und darauf ganz aufhoͤrt, in dieſer Ausſicht aber noch weiter in die ſuͤdliche Waldung hineinzufließen ſcheint. Ueber die Gebaͤude der Ziegelbrennerey hinaus, die vom jen - ſeitigen Ufer her uͤber das Waſſer und ſodann zwiſchen den Gebuͤſchen und Baumgrup - pen ſo maleriſch heruͤberſchimmern, erblickt man wieder die Landgegend und endlich ein drittes Gewaͤſſer, das hier die Ausſicht ſchließt, den großen Flensburgiſchen Meer - buſen oder Holdeneßfaͤhre. So viel ſchoͤne Waͤlder, und zum Theil in einer ſo ab - wechſelnden Verbindung mit Gewaͤſſern, ſtellen ſo friſche und belebende Gemaͤlde dar, daß die Einbildungskraft mit Entzuͤcken unter ihnen verweilt. Der Herzenshuͤgel, der den Genuß dieſer herrlichen Ausſichten gewaͤhrt, verdiente noch zwiſchen ſeinen Baͤumen einen Tempel, der Schoͤnheit der Natur gewidmet.

Ehe man in die Anlagen auf der Inſel tritt, ſieht man, dem Portal des Ein - gangs gegenuͤber, einen geraden Gang ſich in den Wald hineinziehen, und in eine kleine Vertiefung ſich ſenkend und dann wieder aufſteigend zu einem Huͤgel ſich hinauf heben, der ringsumher von Waldbaͤumen umſchattet, und mit einem Sitz verſehen iſt. Man ſchauet von dieſem Sitz durch die waldigte Oeffnung auf das weiße Portal, das etwa zweyhundert Schritte von hier entfernt iſt, und aus Gitterwerk von Drath be - ſieht; die Ausſicht geht uͤber den mittlern Gang gerade durch die Inſel hin. Hinter dem Sitz laufen einige Spatziergaͤnge im freyen Walde umher, beſonders zum Rande einer anmuthigen Vertiefung hin, woraus ſehr ſchoͤne gerade Buchen emporſteigen, an deren Fuß ſich ein rauſchender Waldbach hinabſchlaͤngelt, und tiefer unten ſich nach der Inſel wendet, deren noͤrdliche Seite er umfließt, und darauf in den See faͤllt.

Das Portal ſcheidet die Halbinſel von dem Walde, der ihre weſtliche Graͤnze macht. Von Oſten nach Suͤden wird ſie von dem See beſpuͤlt. Gegen Norden trennt ſie jener Bach von einer reizenden Wieſe, die ſich auf einen ſchoͤnen Wald endigt.

Bey dem Eintritt auf die Inſel kommt man auf einen runden mit Tannen ein - gefaßten Platz, von welchem ſich gerade aus eine Durchſicht durch den mittlern Haupt - gang eroͤffnet, und auf den See faͤllt. Dieſer Gang iſt zuerſt dicht mit Tannen be - ſetzt. Zur Linken laufen verſchiedene Seitenpfade von ihm ab; zur Rechten eroͤffnet ſich ein ſchoͤner kurzer Gang durch den Wald mit der Ausſicht auf den See, und wei - ter hin kruͤmmt ſich ein anderer anmuthig zwiſchen Gebuͤſchen und Baͤumen hin. Die Hauptallee leitet darauf uͤber einen kleinen Damm zwiſchen Roßkaſtanien, und hat zur Seite Kanaͤle, die aus dem See kommen, und uͤber welche artige Bruͤcken fuͤhren. Die Zwiſchenplaͤtze zwiſchen den Kanaͤlen, oder die kleinen Inſeln zeigen zur Linken Blumen in Koͤrben, zur Rechten ſind ſie mit Tannen, Blumenſtuͤcken undIV Band. B bStraͤuchern194Anhang. BeſchreibungenStraͤuchern von Liguſtrum verziert. Von dieſem Platze geht die Ausſicht, auf der linken Seite, uͤber die Wieſe auf den angraͤnzenden Wald; auf der rechten bricht der See hervor, und auf ſeinem jenſeitigen Ufer erſcheint Feld, Waldſtuͤcke und der Fle - cken Gravenſtein.

Nachdem die Hauptallee von dem Damm uͤber eine Bruͤcke gefuͤhrt hat, wech - ſelt ſie mit Lerchenbaͤumen, darauf mit einer kurzen wild gezogenen Hecke, und endlich mit mancherley Fruchtbaͤumen ab, die noch auf beyden Seiten Gaͤnge zwiſchen Tan - nen haben. Indeſſen ſeitwaͤrts verſchiedene Gaͤnge aus ihr ablaufen, leitet ſie mit der Ausſicht auf das Waſſer zu einem offenen runden Pavillon, der am Ende der In - ſel, auf einer kleinen Erhoͤhung, ganz nahe an dem See oder vielmehr an dem groͤßern Kanal ſteht, der, mit Ellerngebuͤſchen umſchloſſen, in den See fuͤhrt. Durch dieſen Kanal landet man faſt am Fuß des Pavillons an, wenn man vom Schloſſe heruͤber - rudert, und genießt bey ſeiner Annaͤherung eine ſehr reizende Durchſicht. Wandelt man durch die Hauptallee zu dieſem Pavillon, ſo verſtatten wieder ſeine zwo offene Thuͤren die Anmuth einer freyen perſpectiviſchen Ausſicht. Auf den uͤbrigen Seiten ſind die untern Raͤume zwiſchen den Pfeilern, worauf er ruhet, mit hoͤlzernem Gitter - werk verbunden, an welchen auswaͤrts junge Linden ihre Zweige zur lieblichen Be - ſchattung ausbreiten; inwendig ſtehen Baͤnke umher. Eine von Linden dicht uͤber - ſchattete Treppe fuͤhrt zu dem obern Theil des Pavillons, der einen uͤberaus reizenden Aufenthalt anbietet, oben von einem Dache bedeckt, das kurze Pfeiler tragen, und an ihren Seiten von einem inwendig mit Sitzen verſehenen Dockengelaͤnder umgeben, an welchem von außen ſich einige laubreiche Baͤume hinaufziehen. Eine erfriſchende Ausſicht unterhaͤlt hier das Auge. Man ſchaut zuruͤck auf die Spatziergaͤnge der In - ſel, auf die lichthelle Wieſe und die anmuthige Dunkelheit des nahen Waldes, der hier ganz die Schoͤnheit ſeiner Einbuchten und ſeines obern Umzuges entwickelt. Ge - gen Suͤden vereinigen ſich der See, und Wald und Feld, und der Flecken Graven - ſtein im Proſpect. Nach der oͤſtlichen Seite liegt gerade vor dem Auge der groͤßere Kanal, der zwiſchen der Dunkelheit ſeiner Ellern, die ihn einfaſſen, in die helle Flut der See leitet. Und gerade in Oſten erhebt ſich das Schloß zwiſchen Gebuͤſchen und Waldſtuͤcken. Die leichte und gefaͤllige Bauart des Pavillons und der weiße An - ſtrich machen ihn ſelbſt zum angenehmen Gegenſtand. Der Platz, worauf er ſteht, iſt umher mit Blumenſtuͤcken umſchmuͤcket, und von einem kleinen Gelaͤnder mit Roſen eingefaßt.

Die Hauptallee trennt die Inſel in zwey ungleiche Theile, wovon die ſchmalere Haͤlfte ſich von Weſten gegen Norden zieht. Man erblickt hier, indem man durch das Portal des Eingangs gekommen iſt, zuerſt einen kleinen Hopfengarten, dann einenmit195von Gaͤrten. mit Obſtbaͤumen und Blumen eingefaßten Platz, und darneben einen Waſſerfall des Waldbachs, der, wie ſchon bemerkt iſt, hier die Graͤnze macht, und, nach einer Kruͤmmung unten in der Gegend des Pavillons, ſich in den See ergießt. Ueber dieſen Bach genießt das Auge den Anblick der ſchoͤnen Wieſe, die ſich an den jenſeiti - gen Wald ſchließt; gegen Oſten ragt das Schloß uͤber ein niedriges Ellerngebuͤſch, das vor ihm liegt, empor, und hat zum Hintergrunde Waldung. Der Weg geht unter dem Genuß dieſer Ausſichten zwiſchen ſchoͤnen Roßkaſtanien und Birken fort. Zur Rechten iſt bald die Ausſicht durch ganz nahe anliegende Gebuͤſche verſchloſſen, bald erſcheint eine kleine Sammlung bluͤhender Straͤucher und wilder Baͤume mit Fruchtbaͤumen untermiſcht, bald eine Erhoͤhung mit einer auf einem Fußgeſtell ſtehen - den Vaſe, mit Linden umkraͤnzt. Die Birken hoͤren auf dieſem Seitengang bald auf, und eine einfache Reihe von Roßkaſtanien laͤuft fort. Man kommt uͤber eine Bruͤcke in den von den Kanaͤlen umfloſſenen Bezirk, uͤberſchreitet noch eine Bruͤcke, und ſieht eine angenehme Laube winken, in ihren lieblichen Schatten einzukehren. Sie iſt von Jasmin, Geißblatt, Roſen und andern bluͤhenden Straͤuchern anmuthig zwiſchen drey Waldbaͤumen gewoͤlbt, die uͤber ihr leichtes Obdach einen reichern Schatten herab - ſtreuen. Der Anblick der laͤndlichen Scene von Wieſe und Wald, die man gerade vor ſich hat, ſtimmt ganz der ſanften ruhigen Empfindung zu, die der Schatten und die Wohlgeruͤche der Laube einfloͤßen. Auf beyden Seiten bluͤhet eine Blumengruppe.

Man wandelt von hier neben einem von Raſen eingefaßten Waſſerſtuͤck vorbey, worinn ſich die Roßkaſtanien und die gegenuͤber liegenden Waldgebuͤſche ſpiegeln. Zur Rechten winket ein kurzer Gang, auf den Seiten mit Fruchtbaͤumen beſetzt, zwiſchen welchen Blumen den Reiz ihrer Farben verbreiten. Auf der rechten Seite liegen Erd - beerbeete, und daran ſtoͤßt eine kleine Pflanzung von Tannen. Man gelangt in eine junge Laube von Geißblatt, mit einem zirkelfoͤrmigen Sitz; zwey nahe zur Seite ſte - hende hohe Buchen ſaͤuſeln ihr unter der Daͤmmerung Kuͤhle zu. Von dieſer Laube kommt man bald in den hinter ihr liegenden Pavillon, von welchem der Weg zu der andern groͤßern Haͤlfte der Inſel leitet.

Die Ausſicht veraͤndert ſich hier. Indem man den Weg zu verfolgen anfaͤngt, hat man zur Linken den See, an deſſen Ufern der Spatziergang unter Roßkaſtanien fortgeht, und zur Rechten eine Hecke von mancherley Straͤuchern, aus welchen Wald - baͤume emporſteigen. Die Kuͤhlungen der See erfriſchen auf dieſem Gange, und die Spiele der Wellen, die ſo nahe heranplaͤtſchern, ſind dem Auge Ergoͤtzung. Jenſeits des Waſſers erſcheint der Flecken Gravenſtein, und hinter ihm jener ſchoͤne Steng - rotter Wald, der ſich in der Ausſicht vom Herzenshuͤgel ſo trefflich auszeichnete; weiter hin am Ende des Fleckens bricht ein andrer Wald hervor, vor welchem ſich noch einB b 2Kornfeld196Anhang. BeſchreibungenKornfeld verbreitet, das ſich hinter der gerade vor dem Auge liegenden Waldung verliert.

Bald eroͤffnet ſich rechts der Eingang zu einem Luſtgebaͤude, das unten aus ei - nem artigen Kabinet beſteht. Es liegt zwiſchen einem Fruchtgarten eingeſchloſſen, der zugleich eine einſame Laube von Ellern hat.

Weiter hin macht der Weg am Ufer eine angenehme Kruͤmmung. Man kommt in den ſchon erwaͤhnten Bezirk der Kanaͤle zuruͤck, uͤber zwey Bruͤcken. Die Bruͤcken ſind alle wohl gebauet, weiß angeſtrichen, und breiten uͤber die angraͤnzenden Scenen eine neue Heiterkeit aus. Ueber die zwote Bruͤcke ſieht man am Rande des Waldes zwey liebliche Blumenſtuͤcke, wovon das groͤßere zugleich mit einer Gruppe junger Tannen verbunden iſt; beyde ſind mit einer kleinen Einfaſſung von Raſen ver - ziert; zwiſchen ihnen laͤuft ein Spatziergang in den Wald hinein, der dieſſeits die In - ſel mehr zu ſchmuͤcken beginnt. Gleich darauf lockt an der Seite des Waldes unter dem Schatten der Baͤume ein Raſenſitz in einem halben Zirkel, mit Gebuͤſchen um - geben, und mit der Ausſicht auf den See; zu beyden Seiten ſchleichen ſchmale Pfade in den Wald.

Das Ufer des Sees macht in dieſer Gegend eine ſehr anmuthige Kruͤmmung, mit welcher ſich der Weg herumwindet, und im Waſſer die jenſeitigen Wiederſcheine der Roßkaſtanien und des gruͤnen Raſens, der den Rand ziert, dem Auge reizender darſtellt.

Bald darauf wird es von einem unerwarteten Gegenſtand uͤberraſcht. Auf ei - ner Anhoͤhe vor dem Wald ſieht es einen glaͤnzenden Pavillon ſich erheben. Er iſt mit Muſcheln, die allerley Blumen und Laubwerk und andre Verzierungen vorſtellen, reich ausgeſchmuͤckt, und ſcheint von der Hand einer Fee in dieſe Gegend hingezaubert zu ſeyn. Seine ganze innere Einrichtung und Verzierung, die zur Verwunderung hinreißt, iſt ein eigenhaͤndiges Werk der Prinzeſſinnen. Er hat die Ausſicht auf den See. Der Abhang dahinab iſt in verſchiedene runde Abſaͤtze zertheilt, die mit klei - nen Raſenſtuͤcken, mit Roſengebuͤſchen, mit Blumen verziert ſind, und mit Statuͤen und Vaſen, die nebſt ihren Fußgeſtellen ebenfalls mit feiner Muſchelarbeit ausgelegt ſind, und mit zwey Figuren von Pfauen in eben dieſem Geſchmack gearbeitet; dieſe Kunſtwerke ſtehen unten auf den Raſenſtuͤcken. Auf beyden Seiten dieſes Platzes lau - fen Gaͤnge in die Dunkelheit des Waldes. Das Ganze ſcheint einem romantiſchen Feenaufenthalt aͤhnlich zu ſeyn, zumal da die Statuͤen und die Vaſen, die um den Rand des Deckels mit kleinen Spiegeln verſehen und mit trefflich gearbeiteten Blu - menkraͤnzen von Muſcheln umhangen ſind, ſo ſehr von dem gewoͤhnlichen Gepraͤge der Werke dieſer Art abweichen.

Der197von Gaͤrten.

Der Weg windet ſich an einer Raſeneinfaſſung des Waldes weiter, und fuͤhrt zu einem Vogelhaus, das ſich an den Abhang eines Huͤgels lehnt, wo die hinter dem Drathgitter angepflanzten Baͤume und Straͤucher ihr Laubwerk hineingruͤnen laſſen. Von der Terraſſe uͤber dem Vogelhaus laufen Gaͤnge in den Wald hin. Der Vor - platz iſt ſowohl mit einer Gruppe von jungen Tannen, zwiſchen welchen Blumen zer - ſtreut ſind, als auch mit einem kleinen runden Raſen verziert, aus deſſen Mitte ſich eine Sammlung bluͤhender Geſtraͤuche erhebt.

Von dieſem Vogelhaus kommt man neben einer Pflanzung von Erdbeeren zu einem kleinen Pfauenhof, der von Fruchtbaͤumen beſchattet und mit einem Taubenhaus verbunden iſt. Unmittelbar darneben fuͤhrt eine Bruͤcke zu einem mit einem kleinen Waſſer umzogenen Plaͤtzchen, das mit Obſtbaͤumen, Tannen und Blumen in der Runde bepflanzt iſt, und in der Mitte auf einer Erderhoͤhung einen Sonnenzeiger hat. Hier iſt die dieſſeitige Graͤnze der Inſel.

Ueber dem Pfauenhof ſchlaͤngeln ſich oben in dem Walde verſchiedene Gaͤnge umher. In dieſer Gegend faͤngt ein wilder buſchigter Zaun an, die Graͤnze der Halbinſel zu machen und ihre Spatziergaͤnge von der uͤbrigen Waldmaſſe abzuſondern; und weiter hin laͤuft laͤngſt dem Zaun eine Reihe von Roßkaſtanien nach dem Portal beym Eingang hin.

Einer der Wege ſchlaͤngelt ſich zu einem anmuthigen Sitz hin, der ſich zur Lin - ken auf einer Anhoͤhe im Walde zeigt, zu welcher eine Raſentreppe hinaufſteigt. Eine mit Blumenkraͤnzen von Muſcheln ſchoͤn verzierte Vaſe, auf welcher ein Blumenkorb ſteht, hat einen Sitz in der Runde umher. Man genießt hier die Ausſicht auf einen Theil der Inſel und auf den See hinab. Nahe vor dem Blicke zeigt ſich ein junges mit Blumenſtuͤcken verbundenes Tannengebuͤſch, und dahinter die Spitze des Vogel - hauſes in der Tiefe. Und auf den Seiten umher wird das Auge von dem ſchwanken - den Gipfel der hohen Waldbaͤume ergoͤtzt.

Im Herabſteigen ſieht man zur Rechten einen ſchattigten Sitz von Raſenbaͤn - ken umgeben, zwiſchen einem Buchengebuͤſch. Man wandelt weiter zwiſchen ſchoͤnen Guitſchern den ſchlaͤngelnden Waldgaͤngen zu, die in die Hauptallee fallen. An der obern Graͤnze erblickt man noch einen mit Obſtbaͤumen einſeitig beſetzten Gang, ſodann eine kleine Tannenpflanzung, und zuletzt bey dem Eingangsplatz eine angenehme Mi - ſchung von Fruchtbaͤumen und Blumen zwiſchen heitern Raſen.

Man ſieht den Charakter dieſer Inſel und ihrer Verſchoͤnerungen. Alles ar - beitet darinn auf Abwechſelung und Heiterkeit in lachenden Naturſcenen. Immer folgt ein Auftritt dem andern, mit einer Art von Eiferſucht, ſeinen Vorgaͤnger noch zu uͤbertreffen. Was die Natur Lebhaftes hat, was das Auge und die Einbildungs -B b 3kraft198Anhang. Beſchreibungenkraft am meiſten ergoͤtzt, Mannigfaltigkeit der Pflanzung, Blumen, bluͤhende Ge - ſtraͤucher, bald in Gruppen vereinigt, bald nachlaͤſſig an den Rand der Gaͤnge und Gebuͤſche, oder an den Fuß der Waldbaͤume hingeſtreut, oder zwiſchen Obſtbaͤumen ſorgfaͤltig erzogen, Lauben voll Wohlgeruͤche und wankender Schatten, Waſſer mit laͤndlichen Bruͤcken verbunden, freundliche Nachbarſchaft eines Sees, deſſen ſpielende Wellen faſt an den Fußtritt des Luſtwandlers hinzuhuͤpfen ſcheinen, Geſellſchaften von mancherley Voͤgeln, Wieſe und Waͤlder alles dies vereinigt ſich, um den Cha - rakter der Heiterkeit dieſes Luſtorts zu vollenden. Und dieſe Erfindungen, dieſe An - lagen ſind alle, mit dem ganzen Reiz ihrer Wirkungen, ein Werk der Prinzeſſinnen. Sie haben die ſchoͤnſten Bilder Ihrer Phantaſie der Natur angeboten; die Natur hat dies Geſchenk mit ſtolzem Wetteifer angenommen, und es iſt eine Zaubergegend aufgebluͤhet, die einen Dichter verdiente, aber zu viel wahren Reiz hat, um eines Dichters beduͤrftig zu ſeyn.

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IV. Loit -199von Gaͤrten.

IV. Loitmark. *)Ein adeliches Gut und Landſitz in Schwanfen, im Herzogthum Schleswig,vormals dem ſel. Herrn von Dewitz, jetzt ſeiner hinterlaſſenen Frau Witwe zugehoͤrig.

Unſtreitig hat dieſer Landſitz eine der ſchoͤnſten Lagen, welche die Natur zu bilden vermag; und, nach dem Charakter unſrer Landſchaften betrachtet, hat ſie zugleich etwas Eigenthuͤmliches. Der Hintertheil des Wohngebaͤudes, das mit vortrefflichen Gemaͤlden und Kupferſtichen und einer angenehmen Bibliothek geſchmuͤckt iſt, liegt auf der Mitte einer erhabenen und langen Terraſſe. Dieſe ſtreckt ſich auf der Anhoͤhe laͤngſt dem Ufer des Schleyſtroms, der ſich in der Tiefe voruͤber waͤlzt, dahin, und iſt mit einer ſchattenreichen Allee von Linden beſetzt. Aus dem Saal fuͤhrt eine Thuͤr zu dieſer Terraſſe, die einen reizenden Spatziergang unter dem Genuß der herrlichſten Ausſichten anbietet.

Man mag hier luſtwandeln, oder ruhend aus den Zimmern des Wohnhauſes das Auge in die Landſchaft hinausirren laſſen; ſo ſtellt der anſehnliche Strom der Schley mit den kommenden und zuruͤckkehrenden Schiffen und kleinen Fahrzeugen immer eine Scene voll Leben und Unterhaltung dar. Man kann ſie in der Naͤhe ge - nießen. Gerade von dem Wohngebaͤude aus fuͤhrt eine Treppe hinab, uͤber eine mit Blumentoͤpfen verzierte Bruͤcke, zu einer Waſſerlaube, die tief unten uͤber der Flut erbauet, oben bedeckt, inwendig mit Sitzen und vorne mit einem Austritt verſehen iſt, um die anliegenden Luſtboͤte zu beſteigen. Nichts uͤbertrifft die Anmuth dieſes Ruhe - ſitzes. Bald wird das Ohr von dem ſtaͤrkern Geraͤuſch der Wellen und des Schiffes ergoͤtzt, und die Fahrzeuge tanzen auf der belebten Flut dahin; bald gleiten ſie auf der ruhigen Silberflaͤche allmaͤlig verzoͤgernd hin, und ſcheinen mit Bedacht unter den Reizen dieſer Gegend zu verweilen. Das Auge wird auf allen Seiten von der friſchen Schoͤnheit der umliegenden Landſchaft und von der Anmuth ihrer lieblichen Wieder - ſcheine im Waſſer, woneben ſich zugleich die leichten Gewoͤlke des Himmels mit ihren wechſelnden Farben malen, unterhalten. Indeſſen winken zwo Inſchriften, die von der Hand der Wahrheit oben in die Decke dieſer Waſſerlaube hingeſchrieben ſind, auf Erinnerungen hin, die ganz dieſer Scene beyſtimmen.

Nach dem Waſſer hin:

Ici l’onde, avec liberté, Serpente et réfléchit l’objet, qui l’environne. De200Anhang. BeſchreibungenDe ſa franchiſe elle tient ſa beauté; Son Cryſtal plait et ne flatte perſonne.

Und auf der Seite der Bruͤcke, woruͤber man zwiſchen Blumen kam:

Des jours heureux voici l’image! Les Dieux ſur nous verſent-ils leurs faveurs? Ils offrent ſur notre paſſage Quelques aſpects riants du repos et des Fleurs. ()

Alle die Gegenſtaͤnde der Landſchaft, deren Anblick auf dieſem Sitz beluſtigt, fallen, oben auf der Terraſſe betrachtet, noch freyer und ſchoͤner ins Auge. Jenſeits der Schley, die das dieſſeitige Land Schwanſen von der Landſchaft Angeln ſcheidet, uͤberſchauet es in Weſten den nahen und anſehnlichen Flecken Kappel, zu welchem eine Faͤhre hinuͤber geht, mit ſeinen zwiſchen Baͤumen anmuthig hervorragenden Zie - geldaͤchern; er naͤhrt ſeine muntern Einwohner mit Schifffahrt und dem Verkauf der bekannten Kappeler Heringe, wovon die beſten in dieſer Gegend in einer ſehr großen Menge gefangen werden. Hinter dem Flecken erhebt ſich ein hoher Kranz von dun - keln Waldungen, die ſich hie und da oͤffnen, um kleine von Getraide gruͤnende Flaͤchen hervorſchimmern zu laſſen. In der ſuͤdlichen Gegend von Kappel ſenken ſich, mit ſanften Abhaͤngen nach dem Strom hin, Weiden voll umherirrender Kuͤhe; naͤher her graͤnzen andere fruchtbare Weiden und Kornfluren daran; und in der Mitte der Land - ſchaft, gerade der Waſſerlaube und dem Wohngebaͤude gegenuͤber, zeigt ſich die Meyerey Todmark in einer maleriſchen Lage zwiſchen Baͤumen; der Hintergrund dieſer weiten Landſchaft iſt ringsumher von Waldungen geſchwaͤrzt, vor welchen zuwei - len ein weißbluͤhendes Buchwaizenfeld mit einem anmuthigen Contraſt aufſchwellt.

Dieſſeits der Schley, auf der oͤſtlichen Seite, erheben ſich zwey vortreffliche Waͤlder. Jeder macht ein ſchoͤnes Ganzes und einen maleriſchen Umzug. Sie liegen nahe und trennen ſich doch, und laſſen durch den Zwiſchenraum das Auge in die duf - tige Ferne der Landſchaft hinausſchweifen. Auch die Lage unterſcheidet dieſe Waͤlder, wie ihre Groͤße. Vor dem groͤßern (Loitmarker-Holz), der ſich mehr nach Oſten zieht, ſchwellt, in dieſer Ausſicht, ein von der Schley ſanft aufſteigender Huͤgel auf; der andere (Eſpenitzer-Holz) neigt ſich mehr zum Waſſer herab, an welchem noch auf einer Landſpitze zwey uͤberaus anmuthige Gruppen von Baͤumen erſcheinen. Zwiſchen dieſen und dem letzten Walde ſchaut aus der Ferne uͤber die Kruͤmmung der Schley die kleine Inſel Arniß heruͤber, die mitten in dieſem Strom liegt. Dieſe Kruͤm - mung um die waldigte Landecke verſchoͤnert nicht wenig das Gemaͤlde. Die vonSchleswig201von Gaͤrten. Schleswig heraufſegelnden Schiffe ſchleichen um die Waͤlder und Gruppen herum, erſcheinen in den Oeffnungen, und verſchwinden wieder, und erneuern wohl viermal dies taͤuſchende Schauſpiel, ehe ſie vor den Fenſtern des Wohngebaͤudes ankommen. Reizender noch iſt dieſe Scene unter dem letzten Lichte der Abendſonne. Indem ſie uͤber die weſtlichen Waldungen hinuntergleitet, ſo faͤngt der vor ihnen in der Tiefe ru - hende Flecken Kappel an, ſich mit einem ſanften Schatten zu uͤberſchleyern, der von den Gipfeln ſeiner Daͤcher und Baͤume in das Waſſer hinunterſchleicht; von der an - graͤnzenden Weide irret die Heerde langſam zum Ufer hinab; hier zerſtreut ſich noch eine Gruppe im Graſe, eine andere ſtreckt ſich dort zur Ruhe hin, eine andere ſchoͤpft die Kuͤhlung des Waſſers, und ſchaut verwundernd ihre Geſtalt im Strom ſchweben. Von den roſenfarbigten Lichtſtreifen, welche die Bahn der Sonne in Weſten bezeich - nen, wallen die Wiederſcheine auf den Strom herab, verlaͤngern ſich in ſeiner ſtillen Flut hin, und ruhen lange mit lieblich wechſelnden Malereyen. Eine roͤthere Beleuch - tung ſchlaͤgt, nach der gegenuͤber liegenden oͤſtlichen Gegend, an die vordern Gruppen und an die Stirne der beyden Waͤlder hin, geht mit gebrochenen Strahlen durch ihre Zwiſchenraͤume fort, erheitert jenſeits die ſich naͤhernden weißen Segel, und ſpielt mit milderem Lichte in den Entfernungen des Stroms dahin. Indeſſen ſinken die entfern - teren Waͤlder allmaͤlig immer tiefer in ihre Nacht herab, bis die zerſtreuten Lichter, die noch in der Landſchaft glimmen, hier verſchwinden, dort langſamer verloͤſchen; und mit der Stille der herannahenden Abenddaͤmmerung ſich ein ſuͤßes Gefuͤhl der Ruhe und des Selbſtgenuſſes uͤber die Seele zn verbreiten beginnt.

Auf der weſtlichen Ecke der langen Terraſſe ſteht ein wohlgebaueter runder Pa - villon, den man ſchon, unten in der Waſſerlaube, uͤber die in jenem Proſpect vor ihm liegenden Gebuͤſche ſich mit einem ſehr maleriſchen Reiz erheben ſah. Er beſteht aus einem ſchoͤnen Saal, der mit vortrefflichen Kupferſtichen, beſonders Landſchaftsſtuͤcken, geziert iſt. Die Hoͤhe ſeiner Lage giebt ihm freye Ausſichten nach allen Gegenden. Die reizenden Landſchaften umher ſcheinen mit einem Wetteifer zu bluͤhen, um das Auge zu entzuͤcken; jedes Fenſter liefert ein neues Gemaͤlde. Vornehmlich reizt auch hier die Ausſicht auf die beyden in der oͤſtlichen Gegend ruhenden Waͤlder, auf die be - nachbarte mit den Baumgruppen beſetzte Landſpitze, auf den hinter ihnen ſich dahin kruͤmmenden Strom der Schley, und die dunkeln Waldungen in der Ferne, gegen welche das wallende Silberlicht des Waſſers anmuthig contraſtirt. Sobald man aus dem Pavillon heraustritt, wird das Auge uͤberall von den heiterſten Landſchaftsgemaͤl - den begruͤßt, worinn ſich mit dem Charakter des Laͤndlichen eine gewiſſe milde Ruhe vereinigt.

IV Band. C cBey202Anhang. Beſchreibungen

Bey dieſem Pavillon winden ſich einige ſchlaͤngelnde Pfade zwiſchen ſchattenrei - chen Gebuͤſchen, die aus mancherley einheimiſchen Straͤuchern beſtehen, einen Abhang hinunter, und verlieren ſich nach der Faͤhre hin. Man ſieht unten die Haͤuſer von Kappel, an dem ſchraͤg gegenuͤber liegenden Ufer, ganz frey und niedrig vor ſich lie - gen, mit einer Sammlung von Schiffen und Fahrzeugen, die ſich hier aufzuhalten pflegen. Die Ausſicht iſt auf dieſen Gaͤngen bald ganz geſchloſſen, bald mit guter Wahl auf die ſchoͤnſten Geſichtspunkte eroͤffnet. Man ſieht bald die Schley, bald Kappel, bald einen Wald, bald andre Theile der Landſchaft. Durch die Richtun - gen der Ausſichten aber ſind die Gemaͤlde vervielfaͤltigt. Und um ſie ganz zu genießen, ſind die Plaͤtze fuͤr die Sitze mit Geſchmack gewaͤhlt. Unter dieſen befindet ſich ein kleines Borkhaus. Ein andres mit Stroh bedecktes Gebaͤude liegt, von ihm entfernt, in eben dieſen Luſtgebuͤſchen. Es beſteht unten aus einem runden Zimmer, mit Baumrinden ausgeſchlagen und mit Baͤnken umher beſetzt. Oben an der Decke er - ſcheint die Inſchrift:Alterna Requie! Man genießt hier die Ausſicht auf die Schley und auf einen Theil des Fleckens mit der Kirche; eine Ausſicht, die man beym Eintritt im Spiegel ſich ſanfter malen ſieht. Ein hoͤher liegender Gang fuͤhrt hinten in das obere Kabinet, das gleichſam das zweyte Stockwerk des Gebaͤudes ausmacht. Die horaziſche Inſchrift:Linquenda tellus et domus et placens Uxor, neque harum, quas colis, arborum Te praeter inviſas cupreſſos Ulla brevem dominum ſequetur. iſt ganz einem Sitz angemeſſen, der ernſthaften Gedanken in der Einſamkeit geweihet ward. Das Andenken des vorigen Beſitzers kehrt hier zuruͤck, und fuͤllt das Herz mit Verehrung und Wehmuth. Hier ſaß er oft in Betrachtungen uͤber den Werth eines Lebens, das er als ein Weiſer genoß, und laͤnger zu genießen ſo werth war. Verlaſſen hat er nun dieſen Landſitz, dieſes Haus, dieſe freundlichgefaͤllige Gattinn,*)Die Frau von Dewitz, geborne von Rumohr. eine der edlen, weiblichen Seelen, die ſo gern in den ſanften Empfindungen des Guten und des Schoͤnen dahinſchmelzen, und keinen ſuͤßern Genuß ihres Daſeyns kennen. Noch fließt ihre Thraͤne oft in dieſen einſamen Gebuͤſchen nieder; aber ihr Blick erhebt ſich wieder mit ruhiger Sehnſucht zu den ſchoͤnern Gefilden der Unſterblichkeit empor,worinn203von Gaͤrten. worinn der Geliebte wandelt, indeſſen daß hier der Rechtſchaffene ſich lange an dem Bilde ſeiner Tugenden waͤrmt.

Auf dem oͤſtlichen Ende der Terraſſe, wo die Lindenallee aufhoͤrt, fuͤhrt ein ge - rade fortlaufender Weg, mit Ypern beſetzt, uͤber das Feld zu dem kleinern der beyden Waͤlder hin. Dieſer Wald wird in der Folge, durch ein am Ufer der Schley ſich herumwindendes Luſtgebuͤſch von nordamericaniſchen und andern ſchoͤnen Baͤumen und Straͤuchern, mit der Terraſſe verbunden werden. Dieſe Anlage wird eine der anmu - thigſten Spatziergaͤnge und ein Denkmal von dem Geſchmack eines Kenners*)Des Herrn Kammerherrn und Jaͤ - germeiſters von Warnſtedt, der ſich mitſeiner Gemahlinn gewoͤhnlich bey der Frau von Dewitz aufhaͤlt. wer - den, der, vertraut mit den beyden liebenswuͤrdigen Toͤchtern der Natur, der Muſik und der Malerey, jede Schoͤnheit der Landſchaft fuͤhlt, und in den Nachbildungen der Kunſt wieder genießt. Die Natur hat ſchon zum Theil den Reiz dieſer Anlage vor - bereitet. Denn die Gegend hat ſanfte wellenfoͤrmige Erhebungen und Senkungen des Bodens; das Ufer macht eine Kruͤmmung, nach welcher ſich die Wege zu richten ha - ben. Dieſe beyden Umſtaͤnde ſind fuͤr die Abwechſelung der Ausſichten, deren Ver - vielfaͤltigung ſowohl als Verſchoͤnerung hier von der Kunſt der Anpflanzung abhaͤngig iſt, uͤberaus wichtig.

Der Wald, in den wir treten, gehoͤrt nach ſeinem Charakter, der ſich erſt hier entdeckt, mehr zu der Klaſſe der Hayne. Er beſteht aus ſehr ſchoͤnen, geraden und hohen Buchen, von einem maͤnnlichen Alter. Die Staͤmme erheben ſich frey, mit wenigem untern Zweigwerk, aber mit trefflichen Gipfeln; ſie draͤngen ſich nicht enge zuſammen, und die luftigen Zwiſchenraͤume ſind faſt ganz vom Untergebuͤſch befreyet. Alles iſt voll Leben und Heiterkeit in dieſem großen Hayn. Die Geſaͤnge der Voͤgel, die von den Gipfeln herabtoͤnen, die Schoͤnheit des ſich herumwindenden Schleyſtroms und der umliegenden fruchtbaren Landſchaften, die von allen Seiten hereinſchimmern, die abwechſelnden Ausſichten bald auf die Dunkelheit eines Waldes, bald zu dem blauen Gewoͤlbe des Himmel[s]hinauf, der zwiſchen den hohen Zweigen herablaͤchelt, der Anblick von Kappel, der durch den Begriff von Ge[faͤ]lligkeit erheitert, die hie und da umherſchwebenden Spiele der hereinfallenden Lichter, zuweilen ein uͤberraſchendes Geraͤuſch der voruͤbergehenden Segel, die ſich an einigen Stellen hinter den Baͤumen verbergen, wo das Auge weder ſie noch Waſſer entdeckt alles dies vereinigt ſich, dieſen reizenden Hayn zu beleben. Er iſt mit einem uͤberaus anmuthigen Gebaͤude verziert, das ein Zimmer, zwey kleine Kabinette, wovon eins zum Schlafgemach dient, eine Bedientenſtube und eine verſteckte Kuͤche hat. Es liegt einſam und dochC c 2heiter.204Anhang. Beſchreibungenheiter. Zwiſchen den freyen Staͤmmen, die aus ihren Gipfeln eine reiche Beſchattung herabſtreuen, ſtreicht das Auge uͤber die Schley zu fernen Fluren und Waͤldern hin. Das Zimmer und die Kabinette koͤnnten nicht anſtaͤndiger verziert ſeyn, als mit den ſchoͤnen landſchaftlichen Gemaͤlden und Kupferſtichen, die von den groͤßten Meiſtern verfertigt, und ſo wohl fuͤr die Beſtimmung dieſes Aufenthalts ausgewaͤhlt ſind. Man ſieht hier einen Theil der zweyhundert Landſchaften von Claude Lorraine in Mezo - Tinto, die Boydell in England vor einigen Jahren herausgab. Wie ſanft und ſchoͤn und immer abwechſelnd erſcheint die Natur in dieſen Nachbildungen ihres Lieb - lings, deſſen Auge ſie alle ihre Reize ohne Huͤlle entdeckte! Nicht fern von dieſem Gebaͤude gelangt man zu einem mit einer Kuppel, in Form eines Tempels, bedeckten Sitze. Er liegt mitten im Hayn, zwiſchen einem Zirkel von fuͤnf großen Baͤumen, die, unten von Aeſten frey, eine praͤchtige Krone haben, und ein feyerliches Obdach uͤber ihn bilden. Man lieſet an der Kuppel die Inſchrift:Mens bona, ſi qua Dea es, tua me in Sacraria dono. Es war die Idee, hier einen Tempel der Vernunft zu widmen. Die Idee ſelbſt iſt nicht unrichtig; denn nur dann genießen wir als Geiſter die Schoͤnheiten der Schoͤ - pfung, wenn es die Vernunft uͤbernimmt, uns durch ſie zu leiten. Allein dieſes Werk hat, gegen den Platz, das iſt, gegen die Hoͤhe und die Staͤrke der uͤberſchatten - den Baͤume betrachtet, nicht Groͤße genug. Sollte die Vernunft einmal in einem Park einen ihr geweiheten Tempel finden, (noch weiß ich nicht, ob ſie ihn ſchon irgend - wo fand,) ſo waͤre der Charakter ſeiner Architectur richtig zu entwerfen. Er wuͤrde von Marmor oder Stein aufgefuͤhrt; Feſtigkeit und Staͤrke zeigten ſich in ſeinem Bau; von außen ein ganz einfaches, beſcheidenes und etwas aͤlterndes Anſehen; keine Pracht, noch weniger uͤppige Verzierungen; nichts als vollkommene Richtigkeit aller Verhaͤlt - niſſe und ſtille Groͤße in der Anordnung aller ſeiner Theile; keine andere Saͤulenord - nung, als die Einfalt der doriſchen. Die Gaͤnge dieſes Hayns ſchlaͤngeln ſich um - her, und fuͤhren hie und da zu Ruheſitzen. Hier ſind keine breiten Oeffnungen zu Ausſichten durchgehauen. In einem Hayn oder Wald von dieſem Charakter ſind Durchſichten, unter den Zweigen der Baͤume hin, weit anmuthiger, indem ſie die Gegenſtaͤnde, die von außen den Blick reizen, theilweiſe in immer abwechſelnden und maleriſchen Geſichtspunkten ſehen laſſen. Und dieſe Geſichtspunkte aͤndern mit jeder Jahreszeit ab, indem durch das Ausſchlagen, den Wachsthum, das Verwelken und Abfallen des Laubes, beſonders durch die lichtvolle Heiterkeit der Blaͤtter im Fruͤhling und durch die herbſtlichen Farbenmiſchungen, immer neue Nuͤancen in den Vorgruͤn - den der landſchaftlichen Gemaͤlde entſtehen.

In205von Gaͤrten.

In den nordlichen Waldungen von Loitmark winden ſich weitlaͤuftige Spatzier - gaͤnge, mit Ruheplaͤtzen verbunden, ſtundenlang umher. Sie haben uͤberall tiefe Be - ſchattungen und Verſchließungen. An einer Stelle erſcheint ein einſames Waldhaus, mit einer perſpectiviſchen Oeffnung der Waldung auf die maleriſch abwechſelnde Land - ſchaft und den Thurm von Kappel hinaus. In einer andern Gegend dieſer Wald - gaͤnge erfriſcht eine Wieſe das Auge des Voruͤberwandernden; in einer andern iſt es ein kleiner Blumenplatz mit Sitzen umher, ein Auftritt des beſcheidenen Vergnuͤgens mitten in dieſen einſiedleriſchen Gebuͤſchen. Uebrigens iſt der Charakter des Ganzen verſchließender Schatten, Ernſt und Einſamkeit. Die Gebuͤſche draͤngen ſich an ein - ander, verwildern zu dicken Labyrinthen; und bejahrte Eichen und Buchen ſteigen aus ihnen mit weit umher ſich verbreitenden Aeſten empor, und vermehren mit tiefen Her - abſchattungen die feyerliche Verduͤſterung dieſer Scenen. Hier iſt die Wohnung der Ruhe aller Sinne, der ernſten Betrachtung, des Wiedergenuſſes vergangener Tage und der Ahndungen kuͤnftiger Beſtimmung.

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C c 3V. Sal -206Anhang. Beſchreibungen

V. Salzau. *)Ein Park in dem adelichen Gute gleiches Namens in Holſtein, drey Meilen von Kiel, dem koͤnigl. daͤniſchen geheimenRath, Ritter und Kammerherrn, Herrn von Blome, zugehoͤrig.

Hinter dem Wohngebaͤude verbreitet ſich ein großer ſchoͤner und wohl unterhaltener Raſen; er iſt mit weißen Vaſen auf Fußgeſtellen und mit verſchiedenen Blu - mengruppen geſchmuͤckt, die ſich ſanft zu einem fließenden Waſſer ſenken, das ſich rings um ihn ſchlaͤngelt, und deſſen Ufer dieſſeits mit Liguſtrum, und jenſeits mit auf - ſteigenden Ellern umkraͤnzt iſt; hin und wieder winden ſich Wege auf dieſem Platz umher.

Man erblickt von hier gerade aus zwo leicht und anmuthig gebauete und weiß angeſtrichene Bruͤcken; und uͤber ſie hin irrt das Auge zwiſchen einer vierfachen Reihe von Linden, wohin ſie fuͤhren, zu einem großen Klump von Waldbaͤumen im entfern - ten Hintergrund hinauf, die außer der Graͤnze des Parks einzeln zerſtreut ſtehen, ſich aber in dieſem Proſpect in eine ſchoͤne Gruppe verſammeln, die ſich vor einem ſanft aufſchwellenden Kornfelde erhebt. Die beyden Lindengaͤnge, die bey den Bruͤcken anfangen, laufen an einem Kanal in ihrer Mitte hin, und wechſeln mit Roſenſtraͤu - chen ab. Der Kanal endigt ſich in ein rundes Baſſin, und hinter dieſem erſcheinen zu den Seiten Lindenpflanzungen auf einem gruͤnenden Boden, und weiter zwiſchen ih - nen hinauf Raſenerhoͤhungen, mit Statuͤen beſetzt, die Italien verfertigen ſah. Man hat zwiſchen dieſen Statuͤen und den nahe umherliegenden Hecken, die mit aus - geſuchten Fruchtbaͤumen angefuͤllt ſind, einen heitern Anblick von vielen Wieſen.

Der Park liegt dem Wohngebaͤude zur Rechten. Man ſegelt dahin mit Boͤ - ten auf einem großen Kanal voll fließenden Waſſers, der ſich nahe zum Hauſe hin er - ſtreckt; oder man geht von dem beſchriebenen Raſenplatz uͤber eine Bruͤcke dahin. Dieſer Weg fuͤhrt zwiſchen großen Wieſen, die ſich beſonders zur Rechten weit ver - breiten, durch eine neue Lindenallee. Zur Linken ſieht man den Kanal zwo Inſeln, eine groͤßere mit Spatziergaͤngen zwiſchen Ellern und einem kleinen Teich in der Mitte, und eine andre mit italieniſchen Pappeln und einem Paraſolſitz, bilden. Man kommt uͤber eine im aͤchten Geſchmack verfertigte Bruͤcke in die Spatziergaͤnge des Parks. Sie fuͤhrt wieder uͤber den Kanal. Dieſes Waſſer iſt aus dem nahe gele - genen Seelenter See hergeleitet, friſch, fließend und voll Fiſche, meiſtens auf beydenSeiten207von Gaͤrten. Seiten mit Ellern bepflanzt; mit einer ungleichen Breite vertheilt es ſich in verſchie - dene Arme und Kruͤmmungen, umfließet den Park, treibt weiter hin die Muͤhlen des Guts, und faͤllt zwo Meilen von hier in die Oſtſee.

Nachdem man uͤber die Bruͤcke in den Park getreten iſt, winkt zur Linken ein Gang zwiſchen Gebuͤſchen zu einem ſchoͤn gebaueten halbrunden Sitz. Er iſt oben be - deckt, und hat vorne zwo viereckigte Saͤulen. Die Hinterwand iſt von leichtem Git - terwerk, wodurch ein ſich andraͤngendes dichtes Gebuͤſch von jungen Buchen und Hayn - buchen mit ſeinem lieblichen Gruͤn ſchimmert. Vor dem Sitz gruͤnet ein kleines Ra - ſenſtuͤck mit Blumen verziert; und nahe daran verbreitet ſich der Arm des Kanals, von deſſen gegenuͤber liegenden Ende man in die Spatziergaͤnge des Parks rudert, in der Laͤnge hin, auf beyden Seiten mit hohen Ellern uͤberſchattet. Man erblickt an dieſem anmuthigen Sitz die Inſchrift:

Si la vie eſt un ſonge, quel bonheur de rever ici!

Von hier fuͤhrt ein ſchlaͤngelnder Weg zwiſchen lauter angepflanzten einheimi - ſchen Gebuͤſchen uͤber eine kleine artige Bruͤcke nach Liberty. Dies iſt ein niedliches Gebaͤude von Ziegelſteinen mit einem Strohdach. Man tritt in einen ſchoͤnen, meer - gruͤn und weiß gegipsten Saal, und erblickt vor ſich in einem uͤber dem Kamin han - genden Spiegel den ſanften Widerſchein der vorliegenden Gegend. Auf jeder Seite des Saals ruhen zwey Kabinette, wovon eins zum Bade eingerichtet iſt; und in der Hinterſeite des Hauſes giebt eine kleine laͤndliche Wirthſchaft ein neues Bild von dem verborgenen Gluͤcke des Landlebens. Vor dem Eingange des Gebaͤudes gruͤnt eine Pflanzung von mancherley einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern. Ueber einen breiten Weg zwiſchen ihnen hindurch hat man ſehr laͤndliche Ausſichten, die ſich uͤber Wieſen verbreiten, und in der Ferne ſich zwiſchen Gebuͤſchen und Wald - ſtuͤcken verlieren. Auf den Wieſen irret die Milchheerde umher, oder verſammelt ſich in der Naͤhe, um eine anmuthige Abendſcene zu bilden. Der ganze Platz von Liber - ty iſt von einem ſchlaͤngelnden Waſſer des Kanals eingefaßt, das kein Vieh eindringen laͤßt. Alles iſt ſanft und laͤndlich umher; und dieſem Charakter ſtimmen ſehr wohl die verſchiedenen Obſtbaͤume zu, die hier um die gluͤckliche Wohnung der Freyheit her ſich ihrer Anpflanzung freuen.

Man geht von Liberty zur Rechten uͤber eine mit babyloniſchen Weiden umpflanzte Bruͤcke, und hat zur Linken ein anmuthiges Wieſenſtuͤck, uͤber welches ein Weg zwi - ſchen mancherley einzelnen Baͤumen, wieder uͤber eine ganz laͤndliche Bruͤcke, in die oͤſtlichen Pflanzungen des Parks fuͤhrt. Man irret hier auf dichtverſchloſſenen und ſchattenreichen Gaͤngen umher, und kommt links nach der Kegelbahn, einem rundenoffenen208Anhang. Beſchreibungenoffenen Pavillon, auf einem Waldplatz mit einigen hohen Buchen, und von mancher - ley Anpflanzung verſchoͤnert. Zwiſchen den Gebuͤſchen erblickt das Auge in der Ferne Sophienhof, einen zu Salzau gehoͤrigen Meyerhof; aber noch mehr reizt eine andre ſehr perſpectiviſche Ausſicht zwiſchen einem dunkeln Dickigt des Vorgrundes hindurch auf lachende Wieſengefilde hin, wo im Hintergrunde das Dorf Pratjau erſcheint.

Schmale ſchattenreiche Pfade irren zur Einſiedeley hin. Das Gebaͤude iſt von einer angemeſſenen Bauart, und ſcheint der wirkliche Sitz eines Waldbruders zu ſeyn. Die Inſchrift aus dem Horaz:me fylva cavusque Tutus ab inſidiis tenui ſolabitur ervo. kuͤndigt das Gluͤck an, das er bey Einſamkeit und Genuͤgſamkeit in dieſem ſichern Waldwinkel gefunden hat. Seine duͤrftige Wohnung hat grau angeworfene Waͤnde, ein Strohdach und daruͤber ein Kreuz. Inwendig iſt ſie mit Bork oder Eichenrinde ausgeſchlagen; von eben dieſer rohen Materie ſind Lager, Stuͤhle und Tiſch; die Feu - ſter, die aus einer alten gothiſchen Domkirche entlehnt zu ſeyn ſcheinen, ſo ganz die - ſem Gebaͤude gemaͤß, laſſen einen gebrochenen Schimmer des Tages durchfallen. Eine Bethglocke haͤngt vor dem Eingange. Hinten erſcheinen ſanfte ruhige Ausſichten auf Wieſen von Gebuͤſchen begraͤnzt, und auf Tannenpflanzungen.

Ein zwiſchen den Waldgebuͤſchen ſich fortſchlaͤngelnder Weg leitet auf einen Gras - platz mit einigen Ellern beſetzt, neben welchen einige ſchoͤne Straͤucher bluͤhen. Der Platz iſt mit einer Vaſe geziert, die auf einem Fußgeſtell ruht.

Von hier bringt ein Gang zu einer neu angelegten Scene. Ein ſchoͤner großer Raſen iſt faſt ganz von Gebuͤſchen umkraͤnzt; in ſeiner Mitte erhebt ſich eine treffliche Gruppe von italieniſchen Pappeln, die noch unter ihren Schatten ein der Freundſchaft gewidmetes Denkmal aufnehmen werden; ein ſchlaͤngelnder Weg, mit einzelnen Guit - ſchern beſetzt, laͤuft dieſſeits um den Raſen. Er geht zum offenen Tempel der Freund - ſchaft. Eine weite herrliche Ausſicht bricht, indem man ſich ſetzt, auf einmal gerade vor dem Blick hervor. Sie ſtreicht uͤber große und weitlaͤuftige Wieſen, nach dem ſchoͤnen mit einem Buchenwalde bekleideten Berge, Hohenhorſt, eine Strecke von beynahe dreytauſend Fuß, hin. Vor der Stirne jenes Waldes erhebt ſich ein chine - ſiſcher Thurm, der den Proſpect noch mehr auszeichnet. Der Platz iſt dort, wegen der auf den Abhaͤngen umher weidenden Heerden, eingeſchloſſen, und die Gegend des Thurms mit Anpflanzungen von Lerchenbaͤumen, von Kiefern und Tannen, der un - terſte Theil des Berges aber mit Roſen und andern bluͤhenden Straͤuchern ver - ſchoͤnert.

Wir209von Gaͤrten.

Wir verlaſſen dieſen Sitz in dem Tempel der Freundſchaft, um auf einen Sam - melplatz von americaniſchen und andern auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern zu gelangen, die hier unter dem Schutz des Waldes und unter der ſorgfaͤltigen Pflege des Kenners in ihrem Wuchſe ſchwelgen. Schlaͤngelnde Pfade fuͤhren in dieſer Pflan - zung umher. Sie enthaͤlt zugleich einen kleinen Weinberg und eine Laube von Bu - chen, uͤberſchattet von Linden und eingefaßt von blumentragenden Straͤuchern; zur Linken bricht eine Ausſicht durch ein hohes Gebuͤſch nach einem zu Salzau gehoͤrigen Dorfe hinaus; und gerade aus ſtreicht das Auge, zwiſchen der Oeffnung der Wald - baͤume hindurch, uͤber den Seelenter See nach den jenſeitigen Waͤldern, und ruhet bey einer Windmuͤhle auf einem Berge im Gute Lammershagen, eine Meile ent - fernt; einer der ſchoͤnſten Proſpecte.

Auf der obern Seite windet ſich ein Weg durch ein Waldſtuͤck zu einer andern Pflanzung auslaͤndiſcher Gewaͤchſe hin. Ein Sitz auf einer Borkbank, unter Bu - chen von Huͤlſen umgeben, ladet zum Genuß dieſer Scene ein. Man empfindet hier ganz die zauberiſchen Eindruͤcke von der Schoͤnheit des Laubes und der Bluͤthen, den ſuͤßen aus ihnen aufwallenden Duͤften, den Geſaͤngen und Spielen der Voͤgel, die in dieſer dichten Pflanzung voll Verwunderung uͤber die neue Erſcheinung um - herflattern.

Man verlaͤßt dieſen reizenden Ort nicht ohne Sehnſucht nach laͤngerm Genuß, und tritt indeſſen auf einen großen breiten Weg, der in der Mitte zwiſchen beyden Hauptpflanzungen, der oͤſtlichen und der weſtlichen, gerade durchgeht, und ſich, von der Bruͤcke am Eingang in den Park an, ſehr lang mit der Ausſicht auf den Seelen - ter See hinſtreckt. Ueber den See hin iſt zur Erweiterung dieſer Ausſicht in dem be - nachbarten Gute Lammershagen ein Gehoͤlz durchgehauen, wodurch ſich der Blick tief in den Duſt der Ferne verliert. Die beyden Pflanzungen, die an den Seiten un - ſers Weges hinlaufen, bilden den waldigten Theil des Parks. Außer einigen Bu - chen und Eichen, die vor der Anlage da waren, aber nur als ein Horſt, als ein wildes Waldſtuͤck im Moraſt, iſt hier eine Menge von einheimiſchen Baͤumen und Straͤu - chern zu ſchattigten Spatziergaͤngen angepflanzt. Indem wir dieſen mittlern Weg verfolgen, gelangen wir an eine Bruͤcke, wo ſich die Pflanzungen des Parks endigen. Sie fuͤhrt uͤber ein breites Waſſer, das rings um beyde Pflanzungen fließt und den ganzen Park umſchlaͤngelt. Auf der Bruͤcke wird das Auge von herrlichen Ausſichten begruͤßt. Sie breiten ſich links uͤber weite Wieſen hin, die in der Ferne von Waͤl - dern umkraͤnzt werden; naͤher reizt der ſchoͤnere Wald, Hohenhorſt, mit ſeinem maleriſchen Umzug. Zur Rechten erſcheint eine kleine Wieſe, begraͤnzt von Buſch -IV Band. D dwerk,210Anhang. Beſchreibungenwerk, aus deſſen Mitte das Dach des Schleuſenhauſes emporragt. Die Schleuſe bringt das Waſſer aus dem See in den Kanal.

Nach der zuletzt erwaͤhnten Bruͤcke folgt eine gerade Allee, mit Tannen und Kirſchen abwechſelnd. Man hat immer in der Ausſicht vor ſich die Waſſerflaͤche des Seelenter Sees, und an dem jenſeitigen Ufer die Lammershagener Gehoͤlze, die einen trefflichen Proſpect bilden, und ſich in der uͤbrigen waldigten Begraͤnzung dieſes Waſſers am meiſten erheben. Man gelangt an eine anſehnliche Tannenpflanzung, die zu beyden Seiten auf den Anhoͤhen eines Berges liegt, der hier durchgeſchnitten ward, um die Ausſicht und den Weg zum Ufer des Sees hinabzuleiten. An dem Abhange der Anhoͤhen gerade an dem Wege, der hier in der Tiefe durchgeht, ſtehen einander gegenuͤber zwey tuͤrkiſche Zelte, von Holz erbauet, von außen weiß mit gruͤn - lichen Streifen, inwendig gruͤn bemalt, und oben auf der Spitze ein vergoldeter Mond; ſie machen in der Ferne einen lebhaften Proſpect. Man ſchaut hier auf die Spiele der Wellen an dem nahen flachen Ufer, und genießt eine erweiterte Ausſicht uͤber den See. Nach der linken Seite hinab zieht ſich ein gruͤner Landſtrich in das Waſſer; auf ſeiner Spitze ſtehen zwey Baͤume, die ſich trefflich auszeichnen und gleichſam einen Vorgrund zu der jenſeitigen groͤßern Waſſerflaͤche bilden, die von dem ſchoͤnſten Walde in dieſer Ausſicht, dem Gottesgaber Gehoͤlz, begraͤnzt wird. Aus der Tannenpflan - zung auf der Anhoͤhe zur Linken fuͤhrt ein Weg uͤber ein großes Kornfeld nach dem Walde Hohenhorſt hinuͤber, worinn wilde Spatziergaͤnge umherlaufen.

Wir kehren von hier in die weſtliche Pflanzung des Parks zuruͤck. Sie hat weitlaͤuftige, ſchattenreiche, ſchlaͤngelnde Gaͤnge voll von Geſaͤngen der Voͤgel, welche die ſanfte Einſamkeit erheitern, die in dieſen Gebuͤſchen wohnt. Man genießt auf dieſen Spatziergaͤngen keine Ausſicht, blos die lieblich durchſchimmernde Helligkeit der angraͤn - zenden Wieſen; einige Lauben von Huͤlſen winken zur Ruhe unter dem Spiel der Schat - ten und der Lichter. Der Ausgang fuͤhrt auf den breiten mittlern Weg zuruͤck. Dieſer erweitert ſich nicht ferne von der Bruͤcke, die in den Park fuͤhrt, in einen großen, run - den, mit Roßkaſtanien und hohen Tannen umkraͤnzten und von nahen Waldbaͤumen uͤberſchatteten Platz, wo die Orangerie ausgeſtellt wird. Nahe daran bluͤht auf der weſtlichen Seite ein Huͤgel, mit vielerley Arten von Roſen bepflanzt. Von der Hoͤhe des Platzes ſieht man noch in der Ferne zur Rechten uͤber Wieſen und Gebuͤſche das zu Salzau gehoͤrige Dorf Farrgau emporragen, wo ſich das neue, mit rothen Zie - geln gedeckte und mit einem Thurm gezierte Schulhaus beſonders auszeichnet.

Außer den ſchoͤnen Scenen des Parks hat Salzau noch in einiger Entfernung von dem Wohngebaͤude noͤrdlich einen anmuthigen Spatziergang nach der Muͤhle. Der Pfad leitet an dem großen Muͤhlenkanal, auf einen ſanften Abhang unter ſchat -tenreichen211von Gaͤrten. tenreichen Buchen und Eichen, die gleichſam eine Einfaſſung des Waſſers machen; zur Seite erhebt ſich ein Getraidefeld. Das jenſeitige Ufer des Muͤhlenkanals hat nur eine ſchmale Begraͤnzung von einzelnen, doch uͤberſchattend herabhangenden, Ei - chen. Die Muͤhle macht, indem man ſich ihr naͤhert, einen angenehmen Anblick; ihr Spiegel, das Waſſer, verraͤth ſie zuerſt. Es iſt ein artiges, laͤndliches Gebaͤu - de von richtiger Architectur; ſeine Lage zwiſchen Gebuͤſchen und Waldſtuͤcken giebt ihm einen maleriſchen Reiz; und ein naher durch die Kunſt angelegter Waſſerfall, der Tag und Nacht rauſchen kann, belebt noch die Scene.

Alle dieſe Anlagen und Verſchoͤnerungen zu Salzau ſind Werke, die erſt unter dem jetzigen Beſitzer entſtanden, und Denkmaͤler nicht blos des guten Geſchmacks, ſondern auch einer anhaltenden Thaͤtigkeit. Faſt uͤberall, wo jetzt die ſchoͤnſten Pflan - zungen und Wieſen gruͤnen, war vormals nichts anders als Moraſt, wo das Ungezie - fer bruͤtete und nur zuweilen ein Jagdhund ſich hinwagte. Erſt mußte in einem ſo großen Umfang das Waſſer durch Kanaͤle abgeleitet, der Boden gereinigt und ge - trocknet, eine ungeheure Menge von Erde aufgefahren, faſt jedes Gebaͤude auf Pfaͤh - len von ſechs und dreyßig Fuß befeſtigt, erſt das Eingeſunkene ſo oft wieder erhoͤhet, das Eingefallene ſo oft wieder ausgebeſſert werden; erſt mußten Jahre voll Arbeit und Geduld verlaufen, ehe alle die Annehmlichkeiten, die hier jetzt bluͤhen, einen Grund fanden, wo ſie ſicher ihren Keim treiben konnten. Was die Klugheit ſonſt vermei - det, mußte ſie hier aus Noth uͤbernehmen, da nach dem Geſchmack des vorigen Zeit - alters der Wohnſitz des Gutsherrn einmal in einer niedrigen Gegend aufgefuͤhrt ſtand, welche die Vorfahren durch Graͤben und Zugbruͤcken zu beſchuͤtzen oder vielmehr unge - ſellig zu verſperren gewohnt waren. Salzau iſt dem Fremden, der es vor Jahren ſah, nicht mehr kenntlich; die Anmuth hat uͤberall ihre Blumen ausgeſtreut. Die wirthſchaftliche Kultur verbreitet ihre Verbeſſerung von Dorf zu Dorf; der Bauer ſieht ſeine Hoͤfe durch geſchenkte Obſtbaͤume bereichert; die Fruchtbaumzucht und die Treibereyen der Gaͤrten ſind verfeinert; und ſelbſt unter den Waldbaͤumen des Parks wird das Auge zuweilen durch den Anblick edler Fruchtbaͤume uͤberraſcht, die in dem beſchuͤtzten Stande dankbar zu wetteifern ſcheinen, um rings um ſich die Wildniß mit einer reichern Fuͤlle ihrer Bluͤthen zu verſchoͤnern. Eine ausgewaͤhlte Bibliothek nebſt einer Sammlung von Gemaͤlden und Kupferſtichen bieten auf dieſem Landſitze dem Geiſt des Kenners ihre Unterhaltungen an; indeſſen Feinheit des Geſchmacks, Welt - kenntniß und Gaſtfreyheit vereinigt ſind, einen Umgang zu bilden, in welchem die Muſen ſelbſt ihren Buͤcherſaal und ihre Gallerie vergeſſen.

D d 2VI. Wands -212Anhang. Beſchreibungen

VI. Wandsbeck. *)Ein Park in dem adelichen Gute und bey dem Flecken dieſes Namens in Holſtein, eine halbe Meile von Hamburg, vormals dem ſel. koͤniglichdaͤniſchen Schatzmeiſter, geheimen Rath, Miniſter beym niederſaͤch - fiſchen Kreiſe, Ritter vom Elephantenor - den, Grafen von Schimmelmann, Frey - herrn von Lindenburg, und Erbherrn auf Ahrensburg, zuſtaͤndig. Dieſe Beſchrei - bung ward im Herbſt 1780 aufgeſetzt. Sie enthaͤlt nicht allein manche Veraͤnde - rungen des Parks, die beſonders auf die Milderung der noch zu ſichtbaren Symme - trie der erſten Anlage giengen, ſondernauch viele Erweiterungen und ganz neue Scenen und Gebaͤude. Alles dieſes ward damals, als ich das letztemal zu Wands - beck war, verabredet und zur Ausfuͤhrung beſtimmt. Und deswegen konnte die Be - ſchreibung es aufnehmen und darſtellen, als wenn es wirklich ſchon vorhanden waͤ - re; zumal da ſie dienen ſollte, die neuen Anordnungen leiten zu helfen. Der Tod hat den verdienſtvollen Miniſter vor der Vollendung uͤbereilt. Ich darf indeſſen in dieſer unveraͤnderten Beſchreibung ſagen, was er thun wollte.

Der Flecken Wandsbeck liegt in einer ausgedehnten und fruchtbaren Ebene. Er bluͤhet durch mancherley Manufacturen und Arten des Gewerbes, und iſt ſeit verſchiedenen Jahren mit vielen Gebaͤuden, die eine Stadt zieren wuͤrden, mit Baum - pflanzungen und Gaͤrten verſchoͤnert.

Das herrſchaftliche Wohngebaͤude liegt frey vor dem Eingange des Parks. Es macht ein Viereck, und beſteht aus zwey Stockwerken, die eine Menge reich und fein verzierter Gemaͤcher enthalten, mit den heiterſten Ausſichten uͤber den Park und die weiten Landſchaften umher. Der Thurm, der das Gebaͤude ziert, iſt den Gelehr - ten noch ehrwuͤrdig, weil der beruͤhmte Tycho Brahe hier Ruhe und Bequemlichkeit fand, ſeine aſtronomiſchen Beobachtungen fortzuſetzen.

Vor dem Gebaͤude liegt ein ſehr langer Vorplatz, und in ſeiner Mitte ein ſchoͤ - ner, mit Werken der Bildhauerkunſt verzierter, Raſen, an deſſen Außenlinie die Zu - fahrt geſchiehet. Außer dem Weg fuͤr die Wagen, laufen an den Seiten noch zwey breite mit Linden beſetzte Gaͤnge hin, die ſich ſo weit von einander entfernen, daß der Vorderſeite des Gebaͤudes, die nach dem bluͤhenden Wandsbeck hingerichtet iſt, da - durch nichts von ihrem Anſehen entzogen wird.

Der Vorplatz iſt auf beyden Seiten mit einer Mauer umzogen. Auf der rech - ten Seite verbirgt ſie die Gebaͤude fuͤr Pferde, Wagen und andre Beduͤrfniſſe; andie213von Gaͤrten. die linke ſtoͤßt eine kuͤnſtliche Partie vom Garten, in welchen man auch aus dem herr - ſchaftlichen Hauſe uͤber eine Bruͤcke den Eingang nehmen kann. Dieſe Partie, die aus den Fenſtern des Wohngebaͤudes uͤberſehen wird, beſteht aus[Raſenſtuͤcken], Va - ſen mit halb erhobenen Figuren geziert, ſtehenden und liegenden Statuͤen, und vor - nehmlich einem ſchoͤnen Pavillon, der ſich rund, hoch, und heiter durch Fenſter, Glas - thuͤren und Vergoldungen, mit ioniſchen Saͤulen erhebt. Auf beyden Seiten laufen von ihm zwey ſchattigte Bogengaͤnge ab, an deren Ende zwo gartenmaͤßige Statuͤen, Pomona und Bachus, ſtehen. Nicht weit von ihnen nach der ſuͤdlichen Gegend liegen die Glashaͤufer, worinn eine Menge von Ananas, Weintrauben und andern feinen Fruͤchten vortrefflich getrieben werden. Und von dieſen reichen Magazinen des Nachtiſches geht man zwiſchen Obſtbaͤumen bald in die Spatziergaͤnge uͤber, die an dieſem obern Rande des Parks laufen. Er iſt vor dem Eingange auf beyden Sei - ten des herrſchaftlichen Wohngebaͤudes noch mit artigen Landhaͤuſern und kleinen Gaͤr - ten eingefaßt, die Privatperſonen aus Hamburg gehoͤren, die durch die Annehm - lichkeit des Orts gelockt wurden, ſich hier fuͤr die Ergoͤtzungen des Landlebens anzubauen.

Das Wohngebaͤude iſt mit einem kleinen fließenden Waſſer umgeben, das einen niedrig liegenden Raſen, womit es umkleidet iſt, beſpuͤlt, und in deſſen reiner Flut ſich die Haͤupter umher gepflanzter Blumen ſpiegeln. Unmittelbar dabey faͤngt ſich der Park an. Gleich zur Rechten des Gebaͤudes verbreitet ſich ein anmuthiger Ra - ſenplatz, und an ihn ſtoͤßt ein mit Gras eingefaßtes Waſſerſtuͤck; zwiſchen beyden iſt ein Weg nach Ham und Horn, nach Bergedorf u. ſ. f. verguͤnſtigt, der durch die haͤufigen Luſtfahrten, die nach dieſen Oertern geſchehen, ſehr belebt iſt. An dem Ran - de des Raſens und der untern Gegend des Waſſerſtuͤcks ſind hin und wieder niedrige Straͤucher, ſowohl einheimiſche als auch nordamericaniſche, hingeſtreut, die gerade Linie durch Mannigfaltigkeit zu unterbrechen, und in der Naͤhe des Gebaͤudes ein an - genehmes Schauſpiel mehr zu geben, indem ſie vom Fruͤhling bis zum Herbſt bluͤhen, und rings herum ihre Wohlgeruͤche verbreiten. An dem Raſen und dem Waſſer hin - auf laufen Gaͤnge, die auf der Außenſeite mit Linden beſetzt ſind; ſie fuͤhren zu einer Colonnade, die oben unmittelbar vor dem hellen Waſſer liegt, worinn ſie ſich ſpiegelt, und gegen das Wohngebaͤude einen guten Proſpect macht. Sie hat ſechszehn Saͤu - len von doriſcher Ordnung, iſt von einer ſchoͤnen Architectur und reich verziert. Sollte, da ſie nur von Holz erbauet iſt, die Zeit ſie einſt uͤberwaͤltigt haben, ſo wird ein Saͤulengang von Stein mit einer groͤßern Lebhaftigkeit der Farbe ihre Stelle ein - nehmen, und Mars einer marmornen Statuͤe der Flora ſeinen Platz uͤberlaſſen.

D d 3An214Anhang. Beſchreibungen

An der Hinterſeite des Wohngebaͤudes erblickt man zunaͤchſt an dem Waſſer, wovon es umfloſſen wird, verſchiedene kleine Raſenſtuͤcke, Statuͤen und Baͤnke an der Einfaſſung des Parks, der hier gleich ſeine Spatziergaͤnge und Proſpecte zu eroͤffnen anfaͤngt.

Der Park iſt nach den neuern Erweiterungen von einem ſehr großen Umfange. Er begreift drey anſehnliche Waͤlder in ſich, durch welche die Spatziergaͤnge zu man - nigfaltigen Scenen fuͤhren. Und dieſe Waͤlder ergoͤtzen nicht nur durch ihre innern Auftritte, ſondern auch durch große Zwiſchenraͤume von Kornfluren und Wieſen, um welche die Gaͤnge laufen, durch eine Meyerey und anmuthige Weide, die alle in dem Bezirk des Parks liegen, durch Gebaͤude und andre Werke der Kunſt, welche in dem Bezirk von einer Scene zur andern die Proſpecte beleben. Das Ganze hat ſo viel Raum und Ausdehnung, daß der Spatziergang, indem er von einem Orte zum an - dern leitet, immer neue Ergoͤtzungen fuͤr mehr als drey Stunden anbietet, und daß einige hundert Menſchen hier umher wandeln koͤnnen, ohne einander beſchwerlich zu werden.

Alle drey Waͤlder beſchreiben einen großen praͤchtigen Zirkel, worinn ſie ſich von der Suͤdſeite gegen Oſten nach Norden herumziehen, und durch Baumpflanzungen mit einander zuſammenhaͤngen, ob ſie gleich in der Ferne als einzelne getrennte Wald - maſſen in die Augen fallen.

Der erſte Wald, der unmittelbar bey dem Wohngebaͤude anfaͤngt, beſteht aus lauter einheimiſchen Baͤumen, die groͤßtentheils hoch und gerade gewachſen ſind, aus Hagebuchen, Ellern, Tannen, Eichen, Buchen, Quitſchern, Eſchen, Birken, Ahorn, Ypern und beſonders ſehr ſchoͤnen Lerchenbaͤumen. Sie ſind vor funfzehn Jahren an - gepflanzt, und man muß den herrlichen Wuchs bewundern. Vor der Anpflanzung ſah man hier blos einige einzeln zerſtreute Baͤume, beſonders Eichen; und an Gebuͤſch fohlte es ganz.

Zwiſchen frey wachſenden Hecken, welche die Einfaſſung dieſes Waldes machen, hat man von dem Wohngebaͤude gerade vor ſich einen langen weiten Proſpect zu ei - nem kleinen offenen Tempel hinauf, der auf einer Erhoͤhung liegt. Der Platz, uͤber welchen ſich dieſer Proſpect hinaufhebt, iſt in Raſen und kleine Waſſerſtuͤcke getheilt, an welchen bequeme Gaͤnge hinaufgehen. Von dem Platze laͤuft auf beyden Seiten eine Menge von geraden Wegen und ſchlaͤngelnden Pfaden in den Wald. Bald iſt auf dieſen reizenden Spatziergaͤngen die Ausſicht verſchloſſen, oder faͤllt in die Nacht eines buſchigten Hintergrundes; bald vervielfaͤltigt ſie ſich in einer Reihe perſpectivi - ſcher Durchſichten, worinn wankende Lichter durch die Daͤmmerung ſpielen; bald geht ſie in die freye Landſchaft an dem heitern Horizont hin; bald ruhet das Auge auf nahenWieſen215von Gaͤrten. Wieſen und Gebuͤſchen; bald wird es in der Ferne auf einen intereſſanten Gegenſtand geleitet, auf die Meyerey, ein ſehr artiges Gebaͤude, deſſen weißer Anſtrich noch mehr ſeine Wirkung zwiſchen dem Dunkeln des Waldes hebt, oder auf die ſtolzen Thuͤrme von Hamburg, dieſe kuͤhnen Obelisken der gothiſchen Baukunſt, die hier einzeln, dort in einer Gruppe von ſechs bis ſieben erſcheinen, die ſich alle durch eine ſchmale Oeffnung der Baͤume draͤngen, und dem Spatziergaͤnger nach zwey bis drey Schritten wieder verſchwunden ſind. Etwa in der Mitte des Platzes nach dem Tempel hinauf genießt man an einem runden mit Roßkaſtanien umkraͤnzten Waſſerſtuͤck einen treffli - chen Anblick dieſer Thuͤrme, indem drey, die gleichſam das Wappen der Stadt vor - ſtellen, dicht an einander wie Pfeiler aufſteigen und den Himmel zu ſtuͤtzen ſcheinen. Eine ſeltene Zufaͤlligkeit der Lage, die angenehme Ueberraſchungen veranlaßt. Allein man fuͤhlt zugleich lebhafter die gluͤcklichen Vorzuͤge des Landes, die reinere Luft, die Freyheit, die Ruhe, bey der Wiedererinnerung des Dampfs und des ermuͤdenden Getuͤmmels, die man in der volkreichen Stadt verließ. Weiter hinauf erblickt man nur einen Thurm, der einſam vor der Oeffnung des Waldes ſteht; und noch mehr verſchwindet die Vorſtellung der Stadt, indem man auf der entgegengeſetzten Seite, zwiſchen den offenen Waldgaͤngen hindurch, uͤber das Feld und die Wieſe hin den dunkeln Ellernwald, und hier vor ſeinem Eingange eine Gruppe von drey großen Zel - ten ruhen, dort aus ſeinem buſchigten Vorgrund das weiße Obdach eines zirkelfoͤrmi - gen Sitzes hervorragen ſieht. Außer dieſen Ausſichten wird man bey dem Hinauf - gang zu dem offenen Tempel bald von einem runden Sonnenweiſer, bald beym Waſſer - ſtuͤcke von einer artigen Gruppe von vier Kindern, die ein Becken tragen, woraus ſich das Waſſer uͤber ſie hin ergießt, bald von den ſchoͤnen Figuren von zwey Tritonen in weißem italieniſchen Marmor, die in dem Baſſin vor dem Tempel liegen, an - gelockt.

Wenn man von dieſem Tempel nach dem Wohngebaͤude zuruͤck wieder einen trefflichen Proſpect genoſſen hat, geht man links auf einem ſchlaͤngelnden Pfad faſt an der Außenlinie des Waldes zu einem ſchoͤnen mit Vergoldung gezierten Pavillon, der auf beyden Seiten mit zwey Kabinetten durch fortlaufendes Gitterwerk, wovon Baͤnke heraustreten, verbunden iſt. Der Pavillon hat einen heitern ſehr anmuthig verzier - ten Saal, mit der freyen herrlichen Ausſicht auf die Staͤdte Hamburg und Altona hin. Er gewaͤhrt nicht allein in den Morgenſtunden die milden Erquickungen des Lichts, ſondern ergoͤtzt auch durch einen anliegenden Auftritt, den man ganz nahe vor ſich aus den Fenſtern erblickt. Dieſer Auftritt beſteht in einer Weide, worauf man eine ſchoͤne Heerde von weißen Kuͤhen umherirren ſieht, die durch ihren Anblick, durch ihr frohes Gebruͤll und das Gelaͤute ihrer Schellen ein neues Leben in dieſe Gegendendes216Anhang. Beſchreibungendes Parks verbreiten. Ein ſolcher Auftritt gehoͤrt zu den angenehmſten Ausſtaffi - rungen einer Landſchaft: er dient nicht blos dem Auge zur Belebung, ſondern er in - tereſſirt auch durch die Vorſtellung von laͤndlichem Wohlſtande und ruft der Einbil - dungskraft die ergoͤtzenden Bilder des Hirtenlebens zuruͤck, das durch Entfernung von Sorgen, von Zwang und Tyranney, durch Ruhe der Seele und Unſchuld der Sitten das erſte Weltalter beſeligte. Man erblickt zugleich die Meyerey, als einen zu dieſer Scene gehoͤrigen Gegenſtand, der nicht blos des Nutzens wegen da iſt, ſondern ſelbſt einen Theil der Verzierung ausmacht. Denn, außer der guten angemeſſenen Form, hat das Gebaͤude einen großen, freyen und reinlichen Vorplatz von Raſen; auf der ei - nen Seite ruhet die Scheune, auf der andern das Viehhaus mit einer Richtung, die dem Anſehen der Vorderſeite der Meyerey nichts entzieht, und ihr zugleich verſtattet, durch beyde Gebaͤude hindurch zu ſchauen, und die Geſchaͤffte darinn zu bemerken.

Auf der Vorderſeite des erwaͤhnten Pavillon hat das Auge, von ſeiner erhoͤhten Lage in den Park zuruͤck, eine weite Ausſicht uͤber das helle Waſſer eines langen Ka - nals, der von Raſenſtuͤcken beufert iſt, und auf beyden Seiten Alleen von Linden hat, an welche ſich die Waldbaͤume ſchließen. Die Ausſicht endigt ſich in der Ferne auf den obern Pavillon, der von hier noch weiter, als das herrſchaftliche Wohngebaͤude, hinausliegt, und in dem beſchriebenen Kunſtgarten die Graͤnze an dem Flecken Wands - beck macht. Wandelt man an dem Kanal hinab, ſo kann man wieder in die ſchat - tigten Gaͤnge des Waldes einkehren.

Allein eine erhabene Scene in der Naͤhe ruft den Spatzierenden zu ſich. Nicht weit von dieſem untern Pavillon erhebt ſich auf der Ecke des Parks ein anſehnlicher Huͤgel, der von der Kunſt gebildet iſt. Man geht neben einem ſchoͤnen Waſſerfall, der ſich hinter dem Huͤgel aus Geſtraͤuchen herabſtuͤrzt, zu ihm hinan. Der Waſſer - fall fließt aus einem anſehnlichen Waſſerbehaͤltniß ab, das oben bey dem ſo genannten engliſchen Hauſe liegt, und, nachdem es da ein großes kaltes und warmes Bad ver - ſorgt hat, ſeinen Ueberfluß dem Kanal und den Springwaſſern zuſendet. Die Aus - ſicht iſt durch Gebuͤſche verſchloſſen. Den Huͤgel bekleiden die ſchoͤnſten Baͤume von einem edlen emporſtrebenden Wuchs und einer reichen Beſchattung; und zwiſchen ih - nen bluͤhen Straͤucher und hohe vielfarbigte Blumen mit einer ſchwelgeriſchen Frucht - barkeit. Man geht zwiſchen ihnen auf ſchlaͤngelnden Pfaden hinauf. Ein Tempel erhebt ſich oben aus den Umſchattungen der Pflanzung frey und majeſtaͤtiſch empor, und an ſeinen Saͤulen wird das Auge von der weiteſten und herrlichſten Ausſicht auf einmal uͤberraſcht. Eine ganze Landſchaft oder vielmehr eine Reihe von Landſchaften glaͤnzt voll Pracht den Blicken entgegen. Ausgedehnte Flaͤchen, worinn Kornfelder, Weiden, Wieſen, Doͤrfer und einzelne Haͤuſer ſich nach einem mannigfaltigen Spielvon217von Gaͤrten. von Farben in einen ſanften Dunſt verlieren, verbreiten ſich auf allen Seiten. Man uͤberſchaut ganz die beyden Staͤdte Hamburg und Altona, mit ihren Thuͤrmen und der ſtolzen Ausbreitung ihrer Gebaͤude; und uͤber ſie hinaus ruhet das Auge in dem blauen Duft ferner Landſchaften. Nachdem es in der unermeßlichen Ausdehnung an hundert frohen Scenen der Fruchtbarkeit und des Ueberfluſſes geſchwelgt hat, kehrt es zu der naͤhern Betrachtung des Tempels zuruͤck. Dieſes majeſtaͤtiſche Gebaͤude iſt der Sonne gewidmet. Man ſieht an dieſem Orte ſowohl ihren Aufgang als auch ihren Untergang, und genießt die erhabenſten Schauſpiele, womit der Morgen und der Abend unſre Schoͤpfung entzuͤcken. Der Tempel konnte daher keinem andern We - ſen in der ſichtbaren Natur anſtaͤndiger gewidmet werden. Die Ausſicht vereinigt mit der Groͤße Fruchtbarkeit und Leben; und dieſe Vorſtellungen ſtimmen mit dem Begriff von der alles belebenden Seele der Schoͤpfung ſo wohl uͤberein, daß ſie einan - der ſo nahe angehoͤren, wie die Wirkung der Urſache. Der Tempel iſt von runder Form, die eine entfernte Beziehung auf die ins Auge fallende Geſtalt der Sonne hat, und ſeine Kuppel ruhet frey auf den praͤchtigen Saͤulen der korinthiſchen Ordnung. Sein Inneres beſteht aus einem hohen, heitern und reich verzierten Saal. Die Waͤnde ſind mit Fruͤchten und Blumen, als Sinnbildern der Fruchtbarkeit und der Freude, geziert. Oben an der Decke erblickt man eine große weiße Rundung, von deren Rande goldene Lichtſtrahlen ausgehen. Und in ihr ſelbſt lieſet man dieſe In - ſchrift mit goldenen Buchſtaben:O! welche Pracht! Welch Auge ſiehet ganz Die Herrlichkeit, die den umgeben, Der alles, alles fuͤllt, vor dem die Himmel beben; Des Herren Thron verhuͤllt ſein eigner Glanz! Mit dieſer Inſchrift erhebt ſich der Geiſt zu den hoͤchſten Betrachtungen, zu welchen er durch den Charakter der Ausſicht und des Gebaͤudes nur vorbereitet ward; er ſchwingt ſich uͤber dieſe Landſchaften, ſelbſt uͤber dieſe Sonne hinaus, zu dem Schoͤpfer noch an - drer Sonnen und andrer Welten empor, den erhabenſten Flug, den der menſchliche Geiſt von hier zu wagen vermag. Ueber dem Eingange des Tempels, der ſich gegen Mittag eroͤffnet, erſcheint im Gebaͤlk eine kleine Himmelskugel, an welche auf jeder Seite ein Genius den Arm lehnt. Der Genius des Morgens zur Rechten haͤlt in der andern Hand eine brennende Fackel in die Hoͤhe, und der Genius des Abends zur Linken hat ſeine Fackel umgekehrt. Dieſes Sinnbild kuͤndigt gleich beym Eintritt die Beſtimmung des Tempels an. Das ganze Werk hat einen weißen Anwurf, und macht auf dem Huͤgel zwiſchen der Anpflanzung eine treffliche Wirkung, die das AugeIV Band. E eſchon218Anhang. Beſchreibungenſchon in der Ferne reizt, wenn man von Hamburg her in der neuen großen Allee her - beykommt, die um Wandsbeck herum nach Juͤthorn fuͤhrt.

Wendet man ſich wieder von hier zuruͤck, dem untern Pavillon und dem offenen Tempel vorbey, nach der Gegend der Meyerey hin; ſo kommt man in den zweyten Wald, der aus Ellern beſteht, und von der Hand der Natur gepflanzt iſt. Man kann ſeine ſchlaͤngelnden Gaͤnge verfolgen, oder links an einem langen Raſen hin, der an der Seite des erſten Waldes hinlaͤuft, und mit Linden beſetzt iſt, andre Spatzier - gaͤnge ſuchen.

Will man durch den Ellernwald wandeln, ſo wird man gleich vor ſeinem Ein - gang von einer anmuthigen Ausſicht gereizt. Indem man die Meyerey hinter ſich hat, genießt man zur Rechten die kuͤhlen Schatten der nahen Ellern. Durch zer - ſtreute Baͤume, die den Eingang machen, hat man eine liebliche Durchſicht auf das Feld und die Wieſe, die es begraͤnzt, zu den Gebuͤſchen des gegenuͤber liegenden dritten Waldes hin. Man ſieht den bedeckten Sitz ſich aus den Gebuͤſchen erheben, und die drey großen Zeite frey ruhen. Dieſe Gegenſtaͤnde bezeichnen den Fortgang des Parks in jenen Gegenden, und locken den Spatziergaͤnger hinuͤber.

Iſt man durch den zweyten Wald gegangen, ſo kommt man in einen geraden erhoͤheten mit italieniſchen Pappeln beſetzten Weg, der zu dem dritten Wald hinuͤber fuͤhrt, der ebenfalls meiſt ganz aus Ellern beſteht, und vor der Anlage des Parks von der Natur gebildet war. Dieſe verbindende Allee iſt ſehr anmuthig. Denn man hat zur Linken eine freye Ausſicht auf eine weite Ebene, die auf den Seiten von den beyden Ellernwaͤldern und unten von einer jungen Pflanzung von Eichen umkraͤnzt wird. An den Weg ſtoͤßt zunaͤchſt eine ſchoͤne Wieſe, die ſich von hier fortſchlaͤngelt, an dem Rande des andern Ellernwaldes ſich herumwindet, und von laufendem Quell - waſſer umgeben iſt; wo die Wieſe aufhoͤrt, faͤngt die Kornflur an ſich zu verbreiten. Man hat das Vergnuͤgen, hier den erfriſchenden Duft des gemaͤheten Graſes und die angenehmen Schauſpiele der Aerndte zu genießen. Kommt man zu dem dritten Walde hinuͤber, ſo kann man entweder in ſeine innern Gaͤnge hineinirren, oder an ſeinem dieſſeitigen erhoͤheten Rande wandeln, der mit Ahornbaͤumen beſetzt iſt. Man hat von hier die Wieſe, das Feld und den Ellernwald, aus dem man kam, im Proſpect.

Allein will man zu den Spatziergaͤngen des dritten Waldes, ohne durch den zweyten zu gehen, ſo kann man, bald nach dem obern Eingang in den Park, aus ei - nem Stuͤck des erſten Waldes ſeinen Weg dahin anfangen. Dieſes Waldſtuͤck iſt ein reizendes Revier. Einige große Buchen und bejahrte Eichen, unter welchen junge Eichen und Ypern gepflanzt ſind, erheben ihre ſtarkbelaubten Gipfel; zwiſchen denehrwuͤr -219von Gaͤrten. ehrwuͤrdigen Staͤmmen gruͤnen friſche Grasplaͤtze; und die Lichter, die bald durch die obern Laubdecken durchſchleichen, bald frey durch große Oeffnungen herabfallen, bilden zwiſchen den Stellen, woruͤber eine beſtaͤndige Daͤmmerung ſchwebt, dem Auge ein anmuthiges Schauſpiel vor. Man hat zugleich nach dem obern Rande des Parks hin durch die Baͤume angenehm gebrochne Durchſichten in kleine angraͤnzende Gaͤrten und Landhaͤuſer. Man ſchlaͤgt aus dieſem Revier in einen langen geraden Weg ein, der mit jungen Eichen beſetzt iſt, und zu dem dritten Wald leitet, den man hier die eine Seite des Feldes und der Wieſe zirkelfoͤrmig umkraͤnzen ſieht, indeß auf der an - dern Seite oben der zweyte Wald erſcheint. Man hat auf dem Wege ſelbſt zur Lin - ken einen Hayn von jungen Eichen, und zur Rechten die anliegende Kornflur. Und uͤber dieſe hin wird das Auge von der Spitze des bedeckten Sitzes und von den Zelten gelockt, die von dem Walde, wohin man geht, herſchimmern. Gerade vor ſich er - blickt man auf ſeinem Wege am aͤußerſten Ende ein Gebaͤude, deſſen weiße Farbe zwi - ſchen den Gebuͤſchen hervorbricht und den Spatzierenden freundlich einladet. Es iſt offen mit freyſtehenden Pfeilern von Holz leicht und angenehm erbauet, und bietet ei - nen geliebten Ruheſitz an. Indem man ſich hier niederlaſſen will, hebt eine Inſchrift an einer Tafel, die uͤber der Bank haͤngt, noch mehr das Gefuͤhl von den Vorzuͤgen des Landlebens. Hier, Freund, verſtummt der letzte Laut Vom tollen, ſtaͤdtiſchen Getuͤmmel; Wohin dein Fuß ſich lenkt, wohin dein Auge ſchaut, Liegt ſchoͤnre Bahn vor dir, glaͤnzt dir ein heitrer Himmel. Die reine Luft, die deinem Kinn Liebkoſend hier entgegen ſchwebet, Wie ſtill iſt ſie! Kein Laut von Unſinn iſt darinn, Kein Dampf, der auf dem Haupt gedraͤngter Staͤdte ſchwebet.

Von dieſem Ruheſitz kehrt man ſeitwaͤrts in die Spatziergaͤnge des dritten Wal - des ein. Dieſer Wald iſt weit groͤßer, als die beyden erſten, und von einem ſehr weitlaͤuftigen Umfang. Er wechſelt mit Gebuͤſchen und mit Baͤumen ab, und hat viel Waſſer, das in Baͤchen geſammelt iſt, woruͤber weiß angeſtrichene Bruͤcken fuͤh - ren, die einen anmuthigen Contraſt zwiſchen dem Gruͤn machen. Eine Landſtraße durchſchneidet den Wald ungefaͤhr in der Mitte. Die Spatziergaͤnge winden ſich in beſtaͤndigen Kruͤmmungen dahin. Man wird bald von einem Gegenſtande angehal - ten, deſſen Beſtimmung unbekannt iſt, indem man zwiſchen umhuͤllenden Gebuͤſchen,E e 2die220Anhang. Beſchreibungendie alle Ausſicht verſchließen, auf die Hinterſeite eines Architecturwerks ſtoͤßt. Wenn man ſich durch die Gebuͤſche hindurchdraͤngt, ſieht man, daß dieſes Werk ein ſchoͤner, zirkelfoͤrmiger, bedeckter Sitz iſt; und indem man ſich niederlaͤßt, wird das Auge von dem ſchoͤnſten laͤndlichen Anblick uͤberraſcht. Man uͤberſieht nahe vor ſich die Wieſe und die Kornflur in ihrer weiten Ausdehnung, uͤber ſie hin oben zur Linken den zwey - ten Ellernwald, weiter herab den erſten Wald des Parks mit ſeinen Gebuͤſchen und Spatziergaͤngen, die ihn dieſſeits umlaufen, und zur Rechten den jungen Eichenhayn. Das Ganze macht einen reizenden waldigten Kranz; und in einer ſchmalen Oeffnung des erſten Waldes ſteigen drey Hamburger Thuͤrme dicht neben einander empor, als wenn ſie auf einem einzigen Fleck ſtuͤnden, und erneuern mitten unter dieſen laͤndlichen Scenen die Erinnerung an das entfernte Gedraͤnge der Stadt, wovon man ſich in - deſſen an dieſem Ort der Ruhe befreyt fuͤhlt. Die Inſchrift, die in dem Sitz ange - bracht iſt, ſcheint fuͤr ihn von dem Genius der Gegend ſelbſt erfunden zu ſeyn, indem ſie ganz der Scene und der Empfindung, die ſie veranlaßt, zuſtimmt. O! Wald! o! Schatten gruͤner Gaͤnge! Geliebte Flur voll Fruͤhlingspracht! Mich hat vom ſtaͤdtiſchen Gepraͤnge Mein guͤnſtig Gluͤck zu euch gebracht; Wo ich, nach unruhvollen Stunden, Die Ruhe, die dem Weiſen lacht, Im Schooße der Natur gefunden. Verfolgt man ferner die weitlaͤuftigen Spatziergaͤnge dieſes Waldes, ſo kommt man auf ein ſchoͤnes Feldſtuͤck, das von Wald und Gebuͤſchen umſchloſſen iſt. Indem man zuruͤckſchaut, hat man einen angenehmen Proſpect von Wandsbeck, indem die Spitze des Kirchthurins hinter der Waldung maleriſch emporſteigt, und die rothen Daͤcher der Haͤuſer aus den Ueberwoͤlbungen der Baͤume hie und da hervorſchimmern. Man geht queer uͤber die Landſtraße, und iſt gleich darauf wieder in den Umſchattun - gen des Waldes, bald zwiſchen Gebuͤſchen, bald unter hohen Baͤumen. An dem weſtlichen Rande des Waldes liegt Juͤthorn, ein Wirthshaus, das nicht allein dem muͤden Spatziergaͤnger Ruhe und Erfriſchungen anbietet, ſondern auch durch ſeine zier - liche Bauart, durch ſeine laͤndliche Lage und durch die Anpflanzungen, womit es um - geben iſt, einen Gegenſtand der Verſchoͤnerung darſtellt.

Auf den weitern waldigten Spatziergaͤngen gelangt man nach langem Umher - irren zu einer kleinen Erhoͤhung, die von Buſchwerk ringsumher umſchloſſen iſt. Man221von Gaͤrten. Man erblickt, indem der Pfad ſich hinanwindet, unvermuthet ein Waldhaus, der Einſamkeit gewidmet. Es ſteht an einem voͤllig abgeſonderten und einſamen Orte; nirgends eine Ausſicht in die Landgegend oder in freye Oeffnungen des Waldes; der Blick ruhet uͤberall auf nahen Gebuͤſchen, die ihn von allen Seiten einſchraͤnken. Die Bauart dieſes Hauſes trifft mit ſeiner Lage und Beſtimmung uͤberein; ſie iſt hoͤchſt einfaͤltig und faſt roh, indem das ganze Werk blos aus Baumrinden und Tannzapfen zuſammengeſetzt iſt. Die Inſchrift an einer Tafel uͤber dem Eingange:O! Einſamkeit! duͤrft ich mich dir ergeben! Hier herrſcheſt du im ſtillen Hayn. iſt ein Ausbruch der Sehnſucht des geruͤhrten Staͤdters, der hier das ſuͤße Gluͤck der Einſamkeit laͤnger zu genießen wuͤnſcht, und ſich ungern erinnert, daß ihn Geſchaͤffte in die Unruhen der Welt zuruͤckrufen.

Indeſſen laͤßt ihn noch ein laͤngerer Fortlauf des Waldes das ſanfte Gefuͤhl der Einſamkeit unterhalten. Die Spatziergaͤnge winden ſich immer unter dem Schatten der Ellern fort, und man faͤngt allmaͤlig an, das Beduͤrfniß der Ruhe zu empfinden. Das Auge wird von dem Scheine einer weißen Bruͤcke gereizt, und bey der Annaͤhe - rung erblickt es an ihr dieſe Inſchrift:Gang des Muͤden. Die Worte erquicken, indem ſie die Erwartung erregen. An einem andern Orte be - findet ſich eine andre Bruͤcke, die zum Ausgang dient, und mit dieſer Inſchrift be - zeichnet iſt:Gang des Erquickten. Die Bruͤcke fuͤhrt in ein ganz einſames, tief verſchloſſenes Revier, das in dem aͤußer - ſten Winkel dieſes Parks liegt. Es iſt von Waſſer umgeben, und von dem Gedraͤn - ge der Gebuͤſche ſo ſehr verſperret, daß das Auge nirgends durch die Laubvorhaͤnge eine Durchſicht findet. Schatten, Kuͤhlung und Ruhe ſcheinen hier ihre Heimat zu ha - ben. Das ſtille Waſſer iſt ganz von den dunkeln Ellern uͤberſchattet, und hilft das Gefuͤhl einer ruhigen Abgezogenheit und eine ſanfte Verſinkung der Seele in ſich ſelbſt befoͤrdern. Alles iſt Stille und ladet zur Stille ein. Indem man uͤber die Bruͤcke hin in den Gang des Muͤden, der nur kurz iſt, zu dieſem Revier eingekehrt iſt, wird man bald den Tempel der Ruhe gewahr, der keine gluͤcklichere Lage haben kann. Er iſt, an dieſem ohnehin mit Schatten angefuͤllten Orte, uͤberall von einer kuͤhlen Daͤm - merung herabhangender Zweige erfriſcht. Seine Bauart iſt nicht praͤchtig, aber an -E e 3muthig;222Anhang. Beſchreibungenmuthig; er hat einen ſanftgrauen Anſtrich. Ein Sinnbild uͤber dem Eingang kuͤn - digt, ſo wie die Lage und die Geſtalt, ſeine Beſtimmung an; die Goͤttinn des Ver - gnuͤgens ruht in einer wohlgewaͤhlten Stellung, indem ſie mit der einen Hand ihr Haupt ſtuͤtzt, und in der andern ihren Blumenkranz nachlaͤſſig dahin ſinken laͤßt. Indem man hineintritt, wird die Seele zu dem ſanften Genuß der Ruhe von dieſer Inſchrift eingeladen:

Die gruͤne Nacht belaubter Baͤume
Fuͤhrt uns in anmuthsvolle Traͤume,
Worinn der Geiſt ſich ſelber wiegt;
Er zieht die ſchweifenden Gedanken
In angenehm verengte Schranken,
Und lebt mit ſich allein vergnuͤgt.

Dieſer Tempel, der hier in der Ferne am Ende des letzten Waldes ruhet, macht gleichſam den Gegenſatz von dem Tempel der Sonne, der ſich ganz oben an der Spitze des erſten Waldes auf ſeiner Hoͤhe erhebt, und dient zu einer uͤberaus ſchicklichen Be - zeichnung der vollendeten Spatziergaͤnge.

Die Anlage dieſes Parks kuͤndigt nicht nur den großen unternehmenden Geiſt des Beſitzers, der in ſo vielen andern oͤffentlichen Anſtalten ſichtbar iſt, ſondern auch einen richtigen Geſchmack an, der die Scenen nach der Natur leitet, ohne Eigenſinn und ohne gewaltthaͤtige Zerſtoͤrung. In der Naͤhe des Wohngebaͤudes zeigt die Aus - zierung zwar viel Kunſt; ſie iſt aber hier zulaͤſſiiger, nicht duͤrftig, ſondern von einer gewiſſen Pracht begleitet, und verſchwindet bald wieder in das Freys und Laͤndliche der Spatziergaͤnge. Sie ſcheint ſich nur zu erheben, um die ſtille Einfalt der anliegenden Naturſcenen in der Folge deſto maͤchtiger wirken zu laſſen; uͤberall erſcheint wieder Wald, Feld oder Wieſe. Die Ausſichten ſind mit Ueberlegung genutzt, und die Gebaͤude an den ſchicklichſten Plaͤtzen, und immer nach ihrer Beſtimmung angeordnet, wodurch ihre Charaktere gegen einander abſtechen. Ihre Inſchriften, die aus be - kannten Dichtern unſrer Nation entlehnet worden, ſind angemeſſen, und die meiſten haben das Eigenthuͤmliche, daß ſie die Vorzuͤge des Landlebens im Gegenſatz der na - hen Stadt erheben. Die ununterbrochene Ebne der ganzen Landſchaft macht freylich, daß die Ausſichten ſich nicht heben, ſich nicht ſenken; allein, außer dem Huͤgel des Tempels der Sonne hat man dieſe Einfoͤrmigkeit durch die Mannigfaltigkeit der in - nern Scenen gemindert.

Ungeachtet223von Gaͤrten.

Ungeachtet der Menge der Spatzierenden, die taͤglich dieſen Park beſuchen, iſt er ein geliebter Aufenthalt fuͤr alle Arten von Singvoͤgeln, die hier Schatten und Waſſer finden, und beſonders der Nachtigall.

Schoͤn iſt die Welt, ſchoͤn unſre Flur,
Und unſer Wald vor allen
Iſt ſchoͤn, ein Liebling der Natur.
Voll Freud und Nachtigallen.

Man glaubt, dieſes Lob des Dichters*)Claudius im Gedichte; Wandsbeck. durch alle Gebuͤſche ertoͤnen zu hoͤren; ein - ſame Spatziergaͤnger fuͤhlen es, und Geſellſchaften wiederholen es ſich laut. Man ſieht hier vom Morgen bis zum Abend eine Menge von Menſchen aus allen Staͤnden ſich in die weiten Spatziergaͤnge zerſtreuen, die Unruhen der Geſchaͤffte und ſelbſt die Bekuͤmmerniſſe des Lebens unter den frohen Liedern der Waldſaͤnger vergeſſen. Die Großmuth des Beſitzers verſtattet, ſelbſt mit Uebernehmung mancher Unbequemlich - keit, jedermann freyen Eintritt in ſeinen Park, der mehr ein oͤffentlicher Luſtort fuͤr Hamburgs Einwohner, als eine Anlage zu ſeinem Privatvergnuͤgen iſt. Und auf dieſe Beſtimmung ward ſchon bey der Einrichtung dieſer Anſtalt geſehen, die in der Naͤhe ſtarkbewohnter Staͤdte eine oͤffentliche Wohlthat fuͤr das Volk iſt. Ueberall erblickt man Sorge fuͤr Bequemlichkeit, eine Menge von Baͤnken zum Ausruhen der Muͤden, kleine von Gebuͤſch umſchloſſene Raſenplaͤtze mit Sitzen zum unbehorchten Geſpraͤch oder zur einſamen Betrachtung. Alles kuͤndigt den oͤffentlichen Genuß an, der hier vergoͤnnet wird. Wandsbeck verdient nicht blos die haͤufigen Beſuche von Hamburgs Buͤrgern, ſondern auch ihre Dankbarkeit, ſo oft ſie hier Scenen des Vergnuͤgens, welche die Stadt nicht hat, fuͤr ſich eroͤffnet ſehen, und die Wolluſt ge - nießen, frey und heiter unter einem andern Himmel zu athmen.

VII. Eckhof.224Anhang. Beſchreibungen

VII. Eckhof. *)Ein Park in dem adelichen Gute die - ſes Namens, zwey Meilen von Kiel an der Oſtſee, dem koͤnigl. daͤniſchen geheimen Con -ferenzrath und Ritter, Grafen von Holk, zugehoͤrig.

Der ſanfte und laͤndliche Charakter der Anlagen zu Eckhof kuͤndigt ſich gleich auf der Hinterſeite des Wohngebaͤudes an. Ihre Fenſter oͤffnen ſich dem milden Lichte des Abends, und laſſen unter ſeinem Roſenſchimmer ſchoͤner den anmuthig ver - zierten Abhang ſehen, der hier zuerſt das Auge an ſich lockt. Dieſer Platz, vormals ein rauher verſperrender Berg, iſt auf ſeiner obern Flaͤche, nahe am Hauſe, mit Ra - ſenſtuͤcken, Blumengruppen, und mancherley bluͤhenden und duftenden Straͤuchern geſchmuͤckt; rings umher winden ſich Pfade in dieſem bebluͤmten Bezirk umher; und auf dem Abhange nach Weſten kuͤndigt ein kleiner junger Weinberg dem Freund der Trauben die Hoffnung an, ſie hier einſt in der ſpaͤtern Waͤrme eines ſchoͤnen Herbſtta - ges zu finden. Auf beyden Seiten iſt dieſer Platz von Gruppen hoher Eichen beſchuͤtzt, und vorne bricht in der freyen Oeffnung eine treffliche Ausſicht hervor. Unten in der Tiefe gruͤnet ein ſchmaler Strich der großen und maleriſchen Wieſe hervor, die eine vorzuͤgliche Naturſchoͤnheit neben den Spatziergaͤngen zu Eckhof ausmacht; uͤber die - ſen Strich ſchwellt ein huͤgeligtes Gefilde empor, das wieder von einem andern abge - zaͤunt iſt, das zur Rechten ſich hoͤher erhebt, doch aus der jenſeitigen Landſchaft die in gerader Richtung in der Mitte eines waldigten Reviers aufſteigende Kirchthurmſpitze des Dorfes Daͤniſchhagen ſehen laͤßt. Die Heiterkeit der Wieſe im Vorgrunde, die huͤgeligte Weide, das Kornfeld, der waldigte Bezirk des Dorfs giebt ein vollkom - menes Gemaͤlde, mit der ganzen Harmonie der fortſchreitenden Farbenerhoͤhung. Die beyden Eichengruppen auf den Seiten dieſes Platzes ſind von verſchiedenem Cha - rakter. Die zur Rechten iſt dicht und verſtattet keine Durchſicht; ein runder Sitz unter ihrem Schatten giebt auf den Blumenplatz und uͤber ihm hinweg einen anmu - thigen Proſpect, beſonders nach einem kleinen Walde an dem jenſeitigen Rande der Wieſe. Die Gruppe zur Linken laͤßt zwiſchen den Oeffnungen der Baͤume das Auge auf die Wieſe und die bluͤhende Landſchaft, worinn viel Waldſtuͤcke liegen, hinaus ir - ren; ein Weg leitet hier neben Baͤnken in einem bluͤhenden Gebuͤſch von Roſen, Syringen, Jasmin, Geißblatt und andern Straͤuchern zum Fuß des kleinen Wein - berges hinab. Man erblickt bald zwiſchen den Baͤumen den Kirchthurm, bald zurRechten225von Gaͤrten. Rechten in einer freyen Lage auf einem Huͤgel eine Windmuͤhle, bald in der Niedri - gung die Wieſe.

Von dieſem Platz hinter dem Wohngebaͤude laufen verſchiedene Pfade nach den noͤrdlichen Anlagen. Man kommt zunaͤchſt an eine kleine niedliche Scene, wo die noch zarte liebenswuͤrdige Jugend unter ihren Blumen zu ſpielen pflegt; ein umſchloſſe - nes einſames Revier, eine Laube und einige Blumenſtuͤcke, frey und ungekuͤnſtelt ge - pflanzt, machen ihr Eigenthum, und, was es hier zugleich iſt, ihre Zufriedenheit aus. Der Weg windet ſich zur Rechten an den Abhaͤngen einer buſchigten und mit hohen Baͤumen bewachſenen Anhoͤhe; verſchiedene Pfade ſchlaͤngeln ſich oben auf ihr neben manchen Schattenſitzen umher. Man hat auf dieſem Wege zur Linken immer die große Wieſe, welche die Natur zum ſchoͤnſten Raſen bildete, der von der oberſten Nordſeite herab zwiſchen zwey kleinen ſchmalen Waͤldern mit mannigfaltigen Kruͤm - mungen ſich fortſtreckt, darauf mehr frey gegen Weſten ſich wendet, zuletzt nach Oſten ſich herumwindet, und das Ufer des Meers zur Graͤnze hat; eine herrliche, gruͤne Flaͤche, ausgedehnt und doch abwechſelnd in Umriß und Begraͤnzung, und zuweilen im Herbſt von einer umherirrenden Milchheerde belebt. Dieſe Wieſe erfriſcht das Auge auf allen noͤrdlichen Spatziergaͤngen. Indem man neben ihr fortzuwandeln an - faͤngt, hat man uͤber ſie die Ausſicht auf die Felder und bald nachher auf den jenſeiti - gen Wald, der die Wieſe einfaßt. Ein aufgeworfener Damm, der in der Mitte eine Bruͤcke hat, fuͤhrt uͤber ſie hin, und verbindet die Spatziergaͤnge, die auf beyden Sei - ten ſich um ſie herumwinden. Bald darauf erſcheint ein anmuthiger Paraſolſitz in der Wieſe nahe am Wege; er iſt von einem Graben voll reinen fließenden Waſſers umgeben, uͤber welchen eine Bruͤcke fuͤhrt; man hoͤrt hier einen kleinen Waſſerfall, der ſelbſt im Winter rauſcht, und ſieht die Karpen neben ihm in der hellen Flut ſpielen. Nachdem das Auge ſich an der freyen laͤndlichen Ausſicht umher geweidet hat, wird es von dem Anblick des Borkhauſes gelockt, das gleich zur Rechten auf der abhaͤngi - gen Hoͤhe zwiſchen Baͤumen und Gebuͤſchen halb verdeckt ruhet. Es iſt ein ganz ein - faches Waldgebaͤude, unten mit Bork ausgeſchlagen, von welcher Materie auch die Sitze ſind, vorne offen ohne Thuͤre, und mit einem Strohdach bedeckt; ſeine Hinter - ſeite lehnt ſich an die Anhoͤhe. Eine engliſche Inſchrift aus dem Young, die das Verdienſt der Einſamkeit empfiehlt, zeigt ſich uͤber dem Eingang. Hohe, herrliche Baͤume uͤberſchatten dies verborgene Waldhaus; die Ausſicht ſchleicht zwiſchen ihnen durch, faͤllt tief unten in die Wieſe, erhebt ſich wieder zu ihrer waldigten Bekraͤnzung, und ruhet auf dem Huͤgel, der hinter ihr aufſteigt.

Der unten ſich fortſchlaͤngelnde Weg iſt mit allerley einheimiſchen Straͤuchern bepflanzt, die an einigen Stellen neben der Wieſe fortlaufen, und ihren Anblick ver -IV Band. F fſchließen;226Anhang. Beſchreibungenſchließen; ein ſchattenreicher Gang, von lieblich uͤberwoͤlbenden Gebuͤſchen bedeckt. Zur Rechten zeigen ſich bald darauf Fruchtbaͤume und Nußſtraͤucher am Wege. Man gelangt zu Sophienbank, einem kleinen runden nach der geliebten Gemahlinn des Beſitzers benannten Platz, mit einem weißen Gelaͤnder umgeben, das inwendig mit mancherley Arten von Roſen beſetzt iſt, und einen zirkelfoͤrmigen Raſenſitz hat, wovon man mit Vergnuͤgen eine in der Mitte bluͤhende Blumengruppe uͤberſchaut. Von hier ſteigt die Anhoͤhe einen Pfad hinauf zu einem mit erhabenen Raſenſitzen umgebenen runden Platz mit einem kleinen Kegelſpiel, nicht weit von dem Eiskeller. Von dieſem Platz, wo ſich ein trefflicher Proſpect nach dem Dorfe Daͤniſchhagen eroͤffnet, kommt man auf dem obern Abhang zu einem angenehmen halbrunden Sitz unter dem Schatten der Baͤume. Vorne hinab erſcheint eine offene Ausſicht auf die Wieſe hin, die ſich hier mit einer Wendung nach Norden hinaufzieht; ſie iſt in dieſer Gegend ringsumher mit Wald umgeben, deren Baͤume hie und da ihre gruͤne Flaͤche mit ſanften Schatten beſtreuen, indeſſen daß andre Stellen im heitern Lichte ſchimmern. Bey dem Eingang in den Wald zur Rechten zeigt ſich in einer Oeffnung zwiſchen den Baͤumen auf einer Anhoͤhe ein tuͤrkiſches Zelt mit einer angenehmen Wirkung. Es iſt von tuͤrkiſcher Leinwand weiß und gruͤn geſtreift, und inwendig im Geſchmack der Nation, woher es kam, verziert. Denn es war einſt das Tafelzelt eines Großveziers. Es ward erobert, kam an den Koͤnig von Daͤnnemark, von dieſem wieder als ein Geſchenk an andre Beſitzer, und endlich hieher. Eine kleine Geſchichte, womit ſich der Spatziergaͤnger unterhaͤlt. Man laͤßt zur Rechten ein anderes Spiel zwiſchen aufgeworfenen Raſen unter beſchattenden Baͤumen, und daruͤber hin den großen und reinlichen Kuͤchengarten mit den angraͤnzenden Treibereyen und feinen Fruchtbaͤumen liegen. Der waldigte Spatziergang fuͤhrt hinaus nach einem anſehnlichen und offe - nen Obſtbaumgarten.

Man ſieht hier Klopſtocks Hayn vor ſich liegen, eine Scene, welche die Freundſchaft des Beſitzers dem Dichter, der hier zuweilen die Natur in ihrer Feyer begruͤßt, geheiligt hat. Ein Platz mit einem aufgeworfenen Huͤgel iſt durch ein Ge - waͤſſer von dem uͤbrigen Erdreich abgeſondert; Eichen von mittlerm Alter, einſt in der Nachwelt noch hoͤher und ehrwuͤrdiger, jede jetzt ſchon heilig, wie in den Haynen der Druiden, uͤberdaͤmmern ſeinen verſchloſſenen Bezirk; ſie rauſchen im Angeſichte des Meers; das Meer rauſcht feyerlicher den Triumphton zuruͤck; die Scene wird ihren erhabenen Eindruck vollenden, wenn einſt das Monument des Barden ſich in die ehrfurchtsvolle Duͤſterheit der Eichenſchatten erhebt.

Das Waſſer, das den Huͤgel umgiebt, fließt nach einem nahen mit Obſtbaͤu - men beſetzten Fiſchteich ab; und von dieſem bildet ſich ein Waſſerfall, der ſich in einange -227von Gaͤrten. angepflanztes Ellerngebuͤſch ſtuͤrzt. Unter dieſem Geraͤuſch wandelt man, am obern Rande der Wieſe, auf einem kurzen Pfad zu einem Wald hinuͤber. Man ſieht bey dieſem Uebergang die Wieſe mit ihrer Wendung ſich vorwaͤrts nach der Nordſeite zwi - ſchen der Umkraͤnzung der Waͤlder hinaufziehen; zur Linken verbreitet ſie ſich in einer anſehnlichen Laͤnge gegen Weſten hin, neben den Spatziergaͤngen, die wir durchwan - derten. Der Wald, in den wir jetzt treten, beſteht aus Eichen und Buchen mit aller - ley Untergebuͤſch; ſeine Baͤume ſind hoch und ſchattenreich; die windenden Pfade ſtei - gen und ſenken ſich; zur Linken reizen Durchſichten auf die Wieſe und auf den jenſei - tigen Wald, der ſie bekraͤnzt. Beyde Waͤlder, die ſie einfaſſen, ſtehen auf Abhaͤn - gen, und dieſe Lage macht die Ausſichten mehr maleriſch. Man kommt auf einen freyen Platz, und hat zur Rechten die Anhoͤhe mit dem tuͤrkiſchen Zelt. Die Wald - gaͤnge winden ſich weiter fort, und endlich laͤuft einer queer uͤber dieſe Wieſe nach dem jenſeitigen Walde; zwey andre aber fuͤhren noch dieſſeits nach der Hoͤhe.

Sie vereinigen ſich unerwartet in einem ſchmalen Pfad, der in ein faſt ganz ver - ſchloſſenes Gebuͤſch faͤllt, und ſich durchdraͤngt. Auf einmal faͤllt auf einem geraden Gang, der auf der einen Seite mit Roſen und Blumen prangt, auf der andern von Diſteln ſtarrt und mit babyloniſchen Weiden trauert, eine alte ehrwuͤrdige Eiche ins Auge. Sie iſt dieſſeits mit einem Waldaltar von Bork und einem Auftritt zu ihm umgeben; eine Inſchrift auf einer weißen befeſtigten Tafel ruft das Auge und erregt Erwartung. Man tritt naͤher und lieſt:Einen Becher der Freuden hat in der Rechten, der Linken Einen wuͤtenden Dolch die Einſamkeit, reicht dem Begluͤckten Ihren Becher, dem Leidenden reicht ſie den wuͤtenden Dolch hin. (*)Aus der Meſſiade.)Reiche deinen Freudenbecher, holde Einſamkeit, jedem deiner Freunde, ſo oft er dieſe Scene betritt. Sie iſt im wahren Geſchmack angelegt. Die angezeigte Bepflan - zung des Zuganges ſtimmt ganz der Inſchrift zu. Der Gluͤckliche fuͤhlt hier eine Einſamkeit, die nichts Schauderhaftes hat, die ihn bey der Entfernung der Geſell - ſchaft doch mit dem Anblick der ſchoͤnen Natur und mit dem Genuß Seiner Selbſt un - terhaͤlt. Die Ausſicht in die Ferne iſt durch das hoͤhere Feld gehemmt; doch iſt das nahe umliegende Revier reizend. Man ſteht auf der Hoͤhe. Die Wieſe, die in dieſer Gegend ihren Anfang nimmt, bildet, indem ſie ſich in der Niedrigung hinabwin - det, einen heitern ſchmalen Strich. Im Vorgrunde ſteigen einige Eichen aus der Tiefe herauf, und zwiſchen ihnen eroͤffnen ſich anmuthige Durchſichten auf die hellere Flaͤche der breiter ſich hinziehenden Wieſe hinab. Indem man an der Eiche mit demF f 2Altar228Anhang. BeſchreibungenAltar hinabſteigt, bemerkt man auf der andern Seite unten am Fuß des Baums ei - nen Einſiedlerſitz, von roher Baumrinde gebildet. Dieſe Stelle iſt ganz einſam und verſchloſſen. Sogar eine Windmuͤhle, der einzige belebende Gegenſtand, verbirgt ſich hier hinter einer kleinen Gruppe von Baͤumen. Man verlaͤßt die tiefe Einſamkeit dieſes Sitzes, und ſteigt wieder nach dem Gang hinauf, der zu der Eiche mit dem Al - tar fuͤhrte. Man ergoͤtzt ſich hier noch einmal an dem Contraſt dunkler Waldſtuͤcke mit den heitern Flaͤchen der in der Tiefe ſchimmernden Wieſe; ſie wird bald von dem jenſeitigen Walde begraͤnzt, der eine Kruͤmmung macht; vorher erheben ſich ſeitwaͤrts Huͤgel; große in die daͤmmernden Oeffnungen einfallende Lichter beleben das Ganze.

Wir kehren unter dem Schatten der Waldgaͤnge zuruͤck, bis dahin, wo queer uͤber die Wieſe ein Pfad in die Spatzierwege des jenſeitigen Waldes leitet. Bey die - ſem Uebergange entwickelt ſie zu beyden Seiten ihre ſchoͤnen Flaͤchen. Der Wald, in welchen wir treten, windet ſich ebenfalls ganz um ſie, als ein duͤnner Kranz, her - um. Er iſt noch ſchmaler als der erſte, an einigen Stellen meiſt offen. Zur Linken ſchimmert die Wieſe in der Tiefe. Oft laden Sitze am Fuße ſchattenvoller Baͤume zur Ruhe. Der Weg laͤuft eine Zeitlang an dem obern Rande des Waldes auswaͤrts weg, und hat zur Rechten ein ſanft aufſchwellendes Korngefilde. Er ſchlaͤgt nachher wieder in den Schatten des Waldes ein.

Dieſe beyden Waͤlder begleiten immer die Wieſe in ihren Kruͤmmungen und Un - gleichheiten, und ſind, da ſie die einfallenden Lichter einlaſſen, voll Heiterkeit und Freude. Dieſen Charakter verſtaͤrken das hellere Gruͤn und die Wohlgeruͤche der Wieſe, die mancherley angepflanzten Gruppen einheimiſcher bluͤhender und duftender Straͤucher, beſonders des Geißblatts, und im Fruͤhling die ſuͤßen Lieder der vielen Nachtigallen, die dieſe weitlaͤuftigen Spatziergaͤnge durchtoͤnen, und einen Ort zu verſchoͤnern wett - eifern, den der Geſchmack mit der Liebe zu bewohnen ſich vereinigt haben. Eine ſchoͤne Verbindung, von der Natur gelehrt, und daher faſt nur eine Fabel auf der glaͤnzenden Buͤhne der Welt. Man ſieht indeſſen in dieſen ſtillen Waldgaͤngen, bey dieſen fried - fertigen Schattenſitzen, wie vertraut die laͤndliche Froͤhlichkeit bey der Sitte des Hofes wohnen kann, und welch ein Gefuͤhl von Gluͤck offene gegenſeitige Zaͤrtlichkeit, die ſich in den kleinen Pfaͤndern der Liebe immer wieder begegnet, ungetruͤbte Heiterkeit der Seele und gaſtfreye Geſelligkeit rings um ſich her verbreiten.

Der Weg fuͤhrt endlich nach manchen Kruͤmmungen zu einem mit Linden um - gebenen runden Platz auf der Hoͤhe an dem Ausgange dieſes Waldes. Man ſchaut uͤber die Wieſe nach der jenſeitigen waldigten Anhoͤhe in der Nachbarſchaft des Wohn - gebaͤudes hinuͤber, deſſen Dach maleriſch durch die Gipfel der Eichen hervorſchimmert. Das Waldhaus zeigt ſich weiter hin unter dem Schatten der Baͤume halb verhuͤllt. Von229von Gaͤrten. Von dieſem Lindenplatz, der freyſtehende Gartenſtuͤhle zum Ruhen anbietet, fuͤhrt eine Treppe nach der Wieſe hinab. Man geht uͤber ihren Damm, und gelangt wieder bey dem Wohnhauſe an.

Andere Spatziergaͤnge, anmuthig, wiewohl von einem verſchiedenen Charakter, ſchlaͤngeln ſich durch die ſuͤdlichen Gegenden nach den oͤſtlichen hin. Gleich von der Suͤdſeite des Wohngebaͤudes fuͤhrt ein dreyfacher Lindengang dahin ab. Man kommt an einen ſchoͤnen Huͤgel, an deſſen Fuß ſich eine Gruppe von Eichen erhebt; und wo ſich ſeine Hoͤhe nach Suͤden ſenkt, erſcheint ein luftiges Waldſtuͤck. Man hat, in - dem man in dieſe Spatziergaͤnge tritt, wieder zur Seite die Wieſe. Die ſchoͤnen ge - raden Staͤmme der Eichen und Buchen vom mittlern Alter, der Abhang des Waldes, der ſich ſanft nach der Wieſe hinabſenkt, und die ſchlaͤngelnden Wege, die oben und unten laufen, machen den Beſuch dieſer Gegend ſehr angenehm. Ein Pavillon, oben bedeckt, an den Seiten offen, und nur mit einem Gelaͤnder von Gitterwerk umgeben, zeigt ſich am Wege des Spatzierenden auf der Hoͤhe. Er iſt mit Raſenſitzen und Blumen umkraͤnzt. Zwey Terraſſen oder Abſaͤtze, die von den umliegenden Wald - baͤumen eingefaßt ſind, erſcheinen an dem Abhang des Berges hinab. Der erſte iſt eine Raſenerhoͤhung im halben Zirkel, mit Baͤnken beſetzt und einem Blumenſtuͤck in der Mitte. Auf dem zweyten mit Raſen bekleideten Abſatz erhebt ſich eine einzelne gerade hohe Eiche mit der Inſchrift:

O! wunderſchoͤn iſt Gottes Erde,
Und werth, darauf vergnuͤgt zu ſeyn!
Drum will ich, bis ich Aſche werde,
Mich dieſer ſchoͤnen Erde freun!

Man hat von dieſer Hoͤhe die Ausſicht auf die Wieſe herab, uͤber welche ein erhoͤheter Weg zu einem runden offenen Platz hinfuͤhrt, demnaͤchſt auf ein jenſeitiges Waldſtuͤck, das ſie umkraͤnzt, und links entfernter auf einen ſchoͤnen Wald, der zu dem benachbar - ten Meyerhof Uhlenhorſt gehoͤrt.

Von dem Pavillon fuͤhrt ein langer, ſehr anmuthiger, ſchattenreicher Weg, der wenig von der ſich herumwindenden Wieſe ſehen laͤßt, immer ſchlaͤngelnd und auf und nieder ſteigend, neben manchen Ruheſitzen vorbey, zu einer Fiſcherhuͤtte hinab, die nahe an dem Ufer eines kleinen Sees liegt. Sie ruht am Fuß einer hohen, ſtar - ken und bejahrten Buche. Eine Treppe fuͤhrt zu ihr hinab. Sie iſt ganz einfach und ungekuͤnſtelt erbauet, mit Schilf bedeckt und ringsumher verwahrt, inwendig mit grobem Segeltuch ausgeſchlagen, und verſehen mit einem duͤrftigen Lager, das mitF f 3Matten230Anhang. BeſchreibungenMatten bedeckt iſt. Die mit dem Segeltuch ausgeſchlagenen Waͤnde ſind mit Netzen und allerley einheimiſchen Fiſchen bemalt; der Stil zeigt eine kunſtloſe Rohigkeit, die hier ſehr angemeſſen iſt; ein kleines Fenſterchen ſcheint nur angebracht, um einen weckenden Morgenſtrahl hereinſchleichen zu laſſen. Die ganze Geſtalt und Einrich - tung der Huͤtte, die Fiſchergeraͤthe und Netze, die draußen aufgehaͤngt ſind, ein arm - ſeliges Kohlgaͤrtchen, das nahe dabey liegt, alles kuͤndigt die Lebensart und die Duͤrf - tigkeit des Bewohners an. Die ganze Nachahmung iſt in dieſer Scene ſo rein und ſo zutreffend in jedem Umſtand, daß man nichts vermißt, um die Wirklichkeit zu glauben, nach nichts weiter fragt, als wo der Fiſcher iſt.

Ein Sitz von Raſen unter einer hohen Buche giebt eine erweiterte Ausſicht uͤber den Landſee, darauf uͤber einen ſchmalen gruͤnen Strich Land, demnaͤchſt uͤber eine Bucht des Meers, und uͤber ſie hin in die Landſchaft Probſtey hinaus. Das Waldſtuͤck, worinn wir bisher fortirreten, ſchmaͤlert ſich allmaͤlig zu einem duͤnnern Gebuͤſch, zwiſchen welchem der Pfad laͤuft. Ein erhoͤheter Weg zwiſchen mancherley theils angepflanzten, theils wildwachſenden Straͤuchern, fuͤhrt darauf lange fort; man hat hier immer den offenen Anblick der Einfahrt in den Kieler Hafen, und der an dem jenſeitigen Geſtade ſich verbreitenden fruchtbaren Probſtey. Zur Rechten erſcheint am Wege das Ende der Wieſe, die hier ganz frey und ohne andre Begraͤn - zung ſich bis an das ſeichte Ufer der Oſtſee verliert. Dieſer erhoͤhete Weg iſt eigent - lich ein verſchoͤnerter Feldweg; er hat auf beyden Seiten Graͤben, aus welchen ſeine Erhoͤhung aufgeworfen ward, und iſt mie Pappeln, Ellern, Nußſtraͤuchen und an - derm Geſtraͤuch beſetzt; er iſt Zaun und zugleich Spatziergang. Dieſe Anlage em - pfiehlt ſich beſonders in ſumpfigten oder niedrigen feuchten Gegenden; man hat Tro - ckenheit und Ueberſchattung des Weges mit erweiterter Ausſicht. Der Weg leitet weiter hin, nahe am Ufer des Meeres voruͤber; die Klarheit des Waſſers macht einen angenehmen Contraſt gegen die Daͤmmerung der jenſeitigen waldigten Landſchaften. Ein gemeiner Feldweg windet ſich endlich queer uͤber das Feld hinauf.

Man ſieht hier auf einer Anhoͤhe an einem Platz, der die volle reiche Ausſicht uͤber die Einbucht der Oſtſee in den Kieler Hafen und nach dem holſteiniſchen Kanal eroͤffnet, Bernſtorffs Monument ſich erheben. Eine Pyramide, auswendig mit einem weißlichen Anwurf, oͤffnet ihren Eingang nach der Meerſeite. Bey dem Ein - tritt erblickt man das gemalte Bildniß des unvergeßlichen Staatsminiſters, das in ei - ner reich vergoldeten Einfaſſung, auf einem mit Blumen und Laubwerk verzierten weißen Fußgeſtell, ſteht. In der Mitte des Fußgeſtells lieſet man auf einer Tafel mit goldenen Buchſtaben dieſe Inſchrift:

Bernſtorff231von Gaͤrten.
Bernſtorff
entwarf, leitete, und brachte eine Unternehmung zu Stande,
durch den Tod abgerufen, nur nicht zu Ende, die auch
den Erfolg hatte, daß wir dem Schiffer dieſen
kuͤrzern und ſicherern Weg in beyde
Meere eroͤffnen konnten.
Wer hier der Wegfahrenden oder Ankommenden Flagge
wehen, und Segel ſchwellen ſieht, der erinnere
ſich des Grundlegers mit einer guten
Thraͤne, daß Ihm dieſer Anblick
nicht ward.
Klopſtock.

Ein kurzer mit Ellern bepflanzter erhoͤheter Weg leitet bald darauf in einen Wald, der voll von erhabnen Eichen iſt. Beym Eingange ſieht man einen Pfad zur Linken gerade nach Julianenruh eilen; ein andrer irret zur Rechten umher, uͤber einen ſchoͤnen Raſenplatz, deſſen Mitte eine alte, uͤberaus ehrwuͤrdige Eiche ziert, und breitet ſich in mehrere Gaͤnge aus, wovon einer neben einem Fortunaſpiel und einem anmuthigen runden Sitz vorbeygeht. Am Ausgang des Waldes ſieht man Julia - nenruh, ein dem Namen der Graͤfinn geweihetes Gebaͤude, auf einer kleinen Erhoͤ - hung liegen. Zur Rechten ziehen ſich die aͤußerſten Baͤume des Eichenwaldes dahin; zur Linken erhebt ſich ein Buchenwald, ſeiner natuͤrlichen Schoͤnheit uͤberlaſſen; beyde Waͤlder, die ſo nahe zuſammentreten, verbreiten eine gewiſſe Empfindung von Ruhe uͤber die Seele. Der Buchenwald, deſſen vordere Baͤume mit tief herabhangenden Zweigen einen maleriſchen Anblick bilden, zieht ſich faſt ganz um die Hinterſeite des Gebaͤudes herum. Gerade vor dem Hauſe zwiſchen den Waͤldern liegt ein ſehr aus - gebreiteter runder Vorplatz, der mit mancherley ſchoͤn bluͤhenden und wohlriechenden Straͤuchern bepflanzt iſt; ſie ſind niedrig, um die Ausſicht uͤber einen kleinen Theil der Landgegend bis in das offene freye Meer zu verſtatten. Dos Gebaͤude ſelbſt be - ſteht, außer einer auf der Hinterſeite verſteckten Kuͤche, in einem heitern und fein ausgeſchmuͤckten Kabinet. Gleich beym Eintritt ſieht man in einem Spiegel denſanften232Anhang. Beſchreibungenſanften Wiederſchein der vorliegenden Landſchaften ſich malen. Aus dem Fenſter zur Rechten erblickt man die mit einzelnen Baͤumen ſchattirte Landgegend, bis an die hell - ſchimmernde Einfahrt in unſern großen reizenden Hafen; die Ausſicht zur Linken iſt eingeſchraͤnkt, indem das Auge gleich auf den nahen Laubdecken der Buchen ruht. Gerade aus aber reizt der erhabene Proſpect auf das Meer, das hier ohne ſichtbare Begraͤnzung wallet. Eine der herrlichſten Scenen, vornehmlich aus der Ruhe der Waͤlder betrachtet! Bald ſpielt ſeine ebene Flaͤche in Millionen tanzender Lichtfunken dahin; bald ſtroͤmen ſeine in ein dunkleres Blau gefaͤrbten Wogen mit regelmaͤßigem Steigen und Fallen fort; bald toben ſie unter der Gewalt des Sturms aufbrauſend, ſich ſchlagend, ſich thuͤrmend und niederſtuͤrzend, eine fuͤrchterliche Wildniß von ſchaͤu - menden Hoͤhen und Abgruͤnden; bald verbreitet ſich hier in der Stille des Abends ein graͤnzenloſer Spiegel, worinn der Mond mit feyerlicher Ruhe ſein Bild verweilen laͤßt, und alle ihn umſchwebende Gewoͤlke ſtolz ſcheinen, ſich neben ihm mit ihrem mannig - faltig gebrochenen Lichte glaͤnzen zu ſehen. Aber, außer dieſen praͤchtigen Scenen, wird der Geiſt, durch Erinnerung der Geſchichte, auf ganz andere geleitet. Eben dieſe Gegend des Meeres war es, die ſich im Anfang dieſes Jahrhunderts von dem Blute nordiſcher Seehelden roͤthete. *)In der Seeſchlacht den 24ſten April 1715. Der daͤniſche Viceadmiral Gabel holte mit 8 Linienſchiffen und 2 Fregatten den ſchwediſchen Schoutbynacht Grafen Wachtmeiſter, der eine Eſcadre von 6 Li - nienſchiffen und 2 Fregatten commandirte, im Fehmernſunde ein, und erhielt einen vollkommenen Sieg uͤber ihn, indem ein Schiff verbrannt und alle uͤbrige erobertwurden. Die ganze Beſatzung der Schiffe, auf 2000 Mann ſtark, und ſelbſt der Graf Wachtmeiſter wurden hier bey Buͤiker Hoͤft auf den Strand gejagt und zu Gefange - nen gemacht. Die Schweden, wovon ſehr viele getoͤdtet wurden, leiſteten eine tapfere Gegenwehr, und die Schlacht dauerte ſieben Stunden.Doch das Andenken dieſes ſchrecklichen Schauſpiels fliehe mit den Wellen dahin. Wie weit gluͤcklicher ſind unſere Tage! Mit einem Buͤndniſſe des Blutes und der Freundſchaft umarmen ſich nun die Maͤchte in Norden; ſie gebieten nur ihren bewaffneten Schiffen auszuſegeln, um den Handel ihrer friedfertigen Voͤlker und die Freyheit des Meeres zu ſchuͤtzen. Indeſſen daß jetzt ſo viele Nationen von der Wut des Krieges gegen einander empoͤrt ſind, bewohnt Daͤnnemarks vieljaͤhriger Vertraute, der Friede, noch immer dieſe ruhigen Waͤlder, und erhoͤhet fuͤr uns die Wonne des Landlebens.

Mit dieſen Betrachtungen verlaſſen wir Julianenruh, um nach dem Wohn - gebaͤude zuruͤckzukehren. Auf unſerm Wege finden wir noch die Raͤuberinſel, einen bebuͤſchten Huͤgel, der vormals wegen ſeiner Hoͤhe die Warte beruͤchtigter Seeraͤuberwar.233von Gaͤrten. war. Jetzt iſt er ein Ort, den hundert melodiſche Lieder zaͤrtlicher Waldſaͤnger fuͤllen, und die Liebe gerne in der Stunde ihrer ſuͤßen Melancholie beſucht. So haben die Sitten der Zeit ſelbſt die Naturplaͤtze veraͤndert. Auf den Huͤgel, den ein tiefer Waſſergraben umſchließt, windet ſich in der Runde ein Pfad hinauf. Alles iſt bu - ſchigt, verſchloſſen, einſam; außer einigen Baͤumen ſind es lauter Straͤucher, die hier gedraͤngt in einander wildern; daher die enge Verſperrung. Oben winkt eine Laube in augenehmer Wildniß, faſt allein von der Hand der Natur geflochten; eine einzige Ausſicht eroͤffnet ſich aus dem Gipfel der Gebuͤſche nach der Einbucht des Mee - res in den Kieler Hafen, um das Auge wieder durch den Anblick der hin und her flat - ternden Segel zu erfriſchen. Von dieſem Platz fuͤhrt ein erhoͤheter und mit italie - niſchen Pappeln beſetzter Feldweg nach dem Wohngebaͤude.

IV Band. G gVIII. Beſchrei -234Anhang. Beſchreibungen

VIII. Beſchreibung des herzoglichen Gartens zu Gotha, und einiger Anlagen um Weimar. *)Dieſe Beſchreibungen verdanke ich der Gefaͤlligkeit des Herrn Bibliothekar Reichard zu Gotha und ſeinem Eifer fuͤralles, was den Geſchmack und die ſchoͤnen Kuͤnſte betrifft.

1.

Sie erhalten hier die verlangte Beſchreibung des Gartens des regierenden Herzogs von Sachſen-Gotha; wie gern haͤtte ich ſie Ihnen einige Jahre ſpaͤter und zu einer Zeit geſchickt, wo dieſer Garten, bey ſeiner ſchon ſo betraͤchtlichen Groͤße, weit um die Haͤlfte durch verſchiedene Gaͤrten erweitert werden wird, die der Herzog bereits dazu gekauft hat, und deren Anlage vielleicht ganz nah iſt.

Ich fuͤhre Sie bey der Stelle des ehemaligen Wohnhauſes und bey den Ananas - Haͤuſern vorbey (Fruͤchte, die hier in großer Menge und Guͤte gezogen werden). Wir gehen uͤber eine kleine mehr ſimple als ſchoͤne Bruͤcke, die uns uͤber einen Kanal des Leina-Fluſſes bringt, an deſſen buſchigten Ufern ſich Badeplaͤtze befinden, wel - che mit Raſenſitzen und andern Bequemlichkeiten verſehen ſind, und zu denen ſchmale Gaͤnge durch Gebuͤſche fuͤhren, und ſind nun im Garten. Wir wollen von den Kies - wegen den waͤhlen, der ſich uns zur Rechten ſchlaͤngelt. Er fuͤhrt nach manchen Wendungen auf einen freyen Raſenplatz, von dem ſich mit einmal die Ausſicht eines breiten Waſſers oͤffnet, das einem entfernten Dorfe zuwallt, welches mit ſeinen Stroh - daͤchern und Kirchthurme freundlich aus ſeinen Linden hervorguckt. Aber dieſes Waſſer iſt nur ein großer See, deſſen Ufer ſich ſchon im Garten befinden; ſeine un - abſehbare, ſpiegelhelle Flaͤche, die durch Wieſen und Gehoͤlze Stundenweit zu gleiten ſcheint, dankt ihre Fernung einem gluͤcklichen Betrug, den der engliſche Gaͤrtner, der erſte Anleger dieſes Gartens, durch einige unmerkbare Kruͤmmungen und Vor - ſpruͤnge von Baumgruppen und Raſenrainen, ſo kunſtlos und wahr hervorzubringen gewußt hat, daß ſich das Auge nicht ſatt daran ſehen kann. Da uͤberhaupt die Graͤnzen des Gartens in einer flachen, der Erde gleichen, Mauer beſtehen, die man nicht eher gewahr wird, als bis man davor iſt, ſo duͤnkt man ſich in keinem ein - geſchloſſenen Raum, ſondern haͤlt die Kornfelder, die Huͤgel, die Doͤrfer, die Ge - hoͤlze, die Landſtraßen, alle dieſe abwechſelnde Gegenſtaͤnde und Auftritte, fuͤr ſo viele nahe oder entlegenere Theile.

Der235von Gaͤrten.

Der See gehoͤrt unter die vorzuͤglichſten Annehmlichkeiten des Gartens. Er iſt von anſehnlichem Umfang, und wimmelt von Fiſchen, worunter ſich auch rothe, oder Goldfiſche, befinden, die kein Angel oder Netz ſtoͤrt, und die daher ſo zahm ſind, daß ſie ſich bey dem Schall der Tritte der Voruͤbergehenden, oder auf ihren Ruf, Schaarenweis ans Geſtade draͤngen und fuͤttern laſſen. Auch dient der See einigen Schwaͤnen, tuͤrkiſchen Enten und ſonderlich ganzen Fluͤgen wilder zum Aufenthalt, die an ſeinen waldigten Ufern gleiche Sicherheit und Ruhe genießen, und die Scene beleben.

Mitten im See ſchwillt eine Inſel empor. Ein ſchmaler Fußpfad fuͤhrt durch allerhand Arten von Hoͤlzern, Thraͤnenweiden, Haͤngebirken, Tannen und Straͤu - chern zu ihrem Gipfel. Heilig iſt die Staͤtte, heilig durch die Gruft des Erbprinzen, und eines jungen, bald nach der Geburt, verſtorbenen Prinzen, deren Gebeine hier ruhen. Schwermuͤthiger ſaͤuſeln dem, der den erſten dieſer Prinzen und die fruͤhen Hoffnungen kannte, ihn einſt ſo reich an Kenntniſſen und guten Handlungen zu er - blicken, wie ſeinen Vater, ſchwermuͤthiger ſaͤuſeln ihm die Pappeln und die Wipfel, die ſein Grab beſchatten! Ueber der Gruft iſt ein freyer Platz in einem Kreis von Roſen und Cypreſſen; hier ſteht zum Haupte das Monument, das der Vater ſeinen Kindern von Marmor und ganz im antiken Styl ſetzen ließ; oft weint Er hier uͤber ihrem Staube, und weiht ihnen Thraͤnen, Thraͤnen, wie ſie nur in das Auge der Fuͤrſten kommen, deren Herz ſo weich und gefuͤhlvoll iſt, wie das Seinige. Das Monument iſt eine Saͤule von altem Granit, auf der eine Urne von weißem Marmor ruht; die daran befindliche kurze lateiniſche Inſchrift von Bronze beſagt, daß hier die Ruheſtaͤtte der Soͤhne Ernſtens und Charlottens ſey. Das Monument iſt in Rom unter der Aufſicht des Herrn Doell, eines geſchickten Kuͤnſtlers, verfertigt, der ſich ſchon geraume Zeit, auf Koſten des Herzogs, in Welſchland befindet, und noch kuͤrzlich Winkelmanns Buͤſte im Pantheon aufſtellte.

Wir gehen andern Pfaden nach, und bleiben vor einem Tempel ſtehn, der ſich auf einem kleinen Abhang, unter Baͤumen befindet, und ſich im See ſpiegelt. Er iſt ganz von Steinen aufgefuͤhrt, und auch die hohen, geriefelten Saͤulen, ſind jede aus einem einzigen Steinblock gehauen. Sein Muſter liegt in Griechenland, un - ter Athens Truͤmmern, und ſeine Abbildung, die zum Maaßſtab gedient hat, finden Sie in dem praͤchtigen Werke The Antiquities of Athens (London 1762. groß Folio).

G g 2Dieſer236Anhang. Beſchreibungen
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237von Gaͤrten.

Dieſer Tempel iſt es, fuͤr den Houdon zu Paris die marmorne Diana ver - fertiget, welche ein neues Meiſterſtuͤck dieſes Kuͤnſtlers werden wird, und ſchon jetzt die Bewunderung derer iſt, die ſeine Werkſtaͤtte beſuchen. Dieſer Bildſaͤule, ſchrieb mir ein Pariſer Freund, fehlt nichts, als nicht in den Ruinen zu Epheſus gefunden zu ſeyn. Der Fußboden des Tempels iſt rautenartig von weißem und ſchwarzem Marmor. Der Bildſaͤule wird aber vielleicht ein andrer Platz angewieſen.

Ich muß Sie noch zu einigen herrlichen Ausſichten begleiten, die dieſen Garten vor ſo vielen ſeines gleichen auszeichnen, und wo jede mit einer eigenen, von den an - dern verſchiedenen, Annehmlichkeit prangt. Hier thut ſich vor Ihren Blicken ein unermeßlicher Halbzirkel auf, angefuͤllt mit Doͤrfern, Huͤgeln, Buſchhoͤlzern, Saa - ten - und Wieſen-Ebenen, die auf der weiten Flaͤche bald in Gruppen, bald einzeln zerſtreut liegen, und uͤberall das Vergnuͤgen des Auges durch neue Abwechſelungen reizen. Das Ganze lehnt ſich an eine blaue majeſtaͤtiſche Kette hoher Gebirge, die aus Heſſen kommt, und links in wechſelnder Entfernung fortlaͤuft. Unter ihnen hebt der Inſelsberg, nach dem Brocken einer der hoͤchſten Berge in Deutſchland, ſein Haupt empor. Fuͤr den Naturforſcher, der ſich gern in die Epochen der alten Revolutionen unſers Erdballs denken mag, hat dieſe Ausſicht noch das Angenehme, daß er in dieſem Halbzirkel das Becken eines großen Meeres, und in den Bergen mit ihrem vulkaniſchen Gepraͤge ſeine alten Ufer wieder finden kann. Englaͤndern, die auf ihren Reiſen den Garten beſuchten, gefiel dieſe Ausſicht vorzuͤglich. Hier hat der Herzog ſeit kurzem ein Haus von zwey Stocken auffuͤhren laſſen.

Die Glatze des Seebergs, eines kleinen Berges, der von der einen Seite des Gartens ohngefaͤhr eine ſtarke halbe Stunde entfernt liegt, und nach den Verſteine - rungen, die er enthaͤlt, das Werk einer alten Ueberſchwemmung zu ſeyn ſcheint, ſchraͤn - ket hier den Blick auf eine angenehme[Weiſe] ein. Sein kahler, gemaͤchlich ſich he - bender Ruͤcken, mit ſeinen Steinbruͤchen und Abſchuͤſſen, hat etwas Romantiſches, das durch kuͤnſtliche Ruinen ſehr gehoben werden wird, zumal wenn das ausgeſaͤete Nadelholz mehr anfliegt. Zur Rechten erblickt man in der Ferne die wuͤſten Berg - ſchloͤſſer der Gleichen, auf ihren drey Huͤgeln; ſie erinnern an den Roman eines Grafen von Gleichen, der von einem Kreuzzuge ſeine Befreyerinn, eine Saraceninn, mitbrachte, und von dem Pabſt Diſpenſation erhielt, ſie neben ſeiner erſten Gemah - linn heyrathen zu duͤrfen. Links des Seebergs dehnt ſich eine weite, mit Doͤrfern bevoͤlkerte, Ebene nach Sachſen aus.

Im Garten ſelbſt bringen Sie die Kiesgaͤnge durch gemaͤßigte Wendungen und Abwege, bald in dichtes Buſchholz, wo alle Arten von Gruͤn mit einander wech - ſeln, und durch die hie und da hervorſchimmernden weißen Sitze noch mehr gehobenG g 3werden,238Anhang. Beſchreibungenwerden, bald in Lauben, die uͤber ihrem Haupte zu einem fortgehenden Obdach ſich woͤlben, bald auf lichte Plaͤtze, oder Wieſen, mit kleinen Gruppen von Baͤumen oder hohen Schattenlinden beſetzt. Die Gebuͤſche wimmeln von Faſanen, wie im Fruͤh - ling von Nachtigallen, und beſtehen aus inlaͤndiſchen und vielen fremden, ſonderlich nordamerikaniſchen Hoͤlzern, womit der Garten zu Kew, und ſeine Beſitzerinn, die verſtorbene Prinzeſſinn von Wallis, den hieſigen groͤßtentheils bereichert hat. Der Duft von einigen dieſer Hoͤlzer, vermiſcht mit dem Balſam der bluͤhenden Straͤu - cher und Pflanzen, worunter faſt alle Gattungen von Roſen ſich befinden, verbreitet in den ſchoͤnen Jahrszeiten durch dieſe Gaͤnge einen Wohlgeruch, der ſich nur empfin - den laͤßt. Sie finden auch hier die ſo genannte Blutbuche; ich erwaͤhne ihrer, weil wir Deutſche gewiſſermaßen mit ihr den engliſchen und amerikaniſchen Gaͤrten einen Theil unſrer Schuld abgetragen haben; denn man hat mich verſichert, daß die Mutter aller der Blutbuchen, die in die Parks der Britten und ſogar nach Nordame - rika verpflanzt worden ſind, ſich auf der Hagelweide bey Sondershauſen beſinde.

Von den Erweiterungen dieſes Gartens, und den Gaͤrten der regierenden Her - zoginn und des Prinzen Auguſt, des Bruders des Herzogs, die jetzt im Entſtehen ſind, werde ich Sie in der Folge unterhalten; vielleicht alsdann auch von d[e]m Garten des Herzogs in der ſchoͤnen Waldgegend des alten Kloſters Reinhardsbrunn.

2.

Ich verſprach, Ihnen von einigen neuen Anlagen um Weimar Nachricht zu geben; ich erfuͤlle jetzt mein Verſprechen getreu oder untreu, nachdem mich mein Ge - daͤchtniß unterſtuͤtzen wird.

Das Kloſter iſt eine kleine Einſiedeley, mit einer Kapelle, am Ilma-Fluß. Man kommt durch Wege dahin, die ſich durch Felſen ſchlaͤngeln, bald Gewoͤlbe ſind, bald zu lichten Plaͤtzen werden, und mit ihrem oͤden, wilden Anblick, hie und da an - gebrachten Hoͤhlen und Sitzen, eine Vorſtellung von den beruͤhmten Felſengaͤngen der ſineſiſchen Gaͤrten geben koͤnnen. Unten ſchleicht der Ilm-Fluß in ſeinen ſchattig - ten Ufern, und oben erblickt man die kuͤnſtlichen Ruinen eines weitlaͤuftigen Gebaͤudes. Die Einſiedeley und Kapelle ſind mit Moos und Baumrinden bekleidet, und werden durch das Waſſer und eine Wieſe von dem Stern, einem oͤffentlichen Spatziergange, und Goͤthens Garten geſchieden, der ſich Terraſſenweis hebt, und ſchoͤne Ausſichten, z. B. uͤber die Wieſen nach Belvedere, hat. Die Vorderſeite des Wohnhauſes warbis239von Gaͤrten. bis zum Dach mit Roſen uͤberzogen, die eben damals in der Bluͤthe ſtanden, und das ſchoͤnſte und dichteſte[Roſengelaͤnder] bildeten, das man ſehen konnte.

Tieffurth, den Landſitz des Prinzen Conſtantin und ſeine Schoͤnheiten konnte ich nicht zu ſehen bekommen; aber von den Annehmlichkeiten des Etterbergs, des Sommeraufenthalts der verwittweten Herzoginn, kann ich Sie als Augenzeuge unter - halten. Stellen Sie Sich einen Wald vor, durch welchen Gaͤnge, im Geſchmack der engliſchen Parks, gehauen ſind, ſo haben Sie eine Idee vom Ganzen, und von dem Reichthum an immer neuen, immer abwechſelnden Scenen und Schoͤnheiten, die ſchon aus der Natur einer ſolchen Anlage entſpringen, und die keine Kunſt nachzu - ſchaffen im Stande iſt. An den meiſten Stellen ſind die Wege eine fortlaufende, fuͤr Sonnenſtral und Regen undurchdringbare, Laube. Baͤnke, oder alte Baum - ſtaͤmme zu Sitzen ausgehoͤhlt, winken uͤberall den Wanderer in ihre Schattenplaͤtze, oder machen ihn aufmerkſam auf ſchoͤne Ausſichten; die vorzuͤglichſte darunter iſt wohl die, welche man vom Pavillon und der einen Ecke des Waldes uͤber eine Strecke von mehr als hundert Quadratmeilen hat. Das Auge mißt, mit heiligem Erſtaunen, den ungeheuern Raum, der ſich vor ihm ausbreitet, und Bode behauptete, daß man, den Brocken ausgenommen, keine Ausſicht von groͤßerm Umfange in Deutſchland finden wuͤrde.

Folgt man den Gaͤngen, ſo kommt man, hier zu einem Bad, kuͤhl, wie das Bad der Nymphen, dort zu Teichen in Gebuͤſchen; hier uͤberraſcht einen eine Laube von Gitterwerk, dort bleibt man vor einem Tiſch von weißem Marmor im antiken Ge - ſchmack ſtehen, um deſſen Fuͤße ſich Schlangen winden. Oeſer iſt der Meiſter, der ihn verfertigt hat. Die Buͤſte dieſes großen Mannes, von Klauer in Weimar, einem Kuͤnſtler von großen Hoffnungen, ſo aͤhnlich als moͤglich, gehauen, iſt nicht weit davon aufgeſtellt, und auf einer Steinplatte lieſet man Jacobi's Zuruf:

O! laßt, beym Klange fuͤßer Lieder,
Uns laͤchelnd durch dies Leben gehn,
Und, ſinkt der letzte Tag hernieder,
Mit dieſem Laͤcheln ſtille ſtehn!

Eine Huͤtte, oder Haus von Baumrinde, ſimpel wie ſein Aeußerliches, mit hoͤlzernen Geraͤthen und Binſenmatten moͤblirt, liegt in einer der romantiſchen Wildniſſen des Waldes. Nicht weit davon zeigte man mir einen großen geſaͤuberten Halbkreis, der zum Schauplatz mancher Luſtbarkeit dient. Ich ſah im Zimmer der Herzoginn ein Gemaͤlde von Kraus, das einen Auftritt aus einem Schauſpiel, die Zigeuner, von Einſiedel, vorſtellte, welches hier bey Nachtzeit geſpielt worden war. Doch,wie240Anhang. Beſchreibungenwie viel koͤnnte ich Ihnen noch vom Schloſſe und hundert andern Dingen ſchreiben, die Ihnen neue Beweiſe von dem ſeinen Geſchmack einer Fuͤrſtinn ſeyn wuͤrden, deren Andenken den Kuͤnſten ewig heilig bleiben wird, wenn dergleichen in den Plan Ihres Werkes gehoͤrte!

IX. Harbke. *)Ein ſehr bekannter Landſitz nahe bey Helmſtaͤdt, an der magdeburgiſchen Graͤn - ze, jetzt dem Herrn Berghauptmann von Veltheim zugehoͤrig. Die Beſchreibung verdankt das Publikum dem Herrn Hof - medicus duͤ Roi zu Braunſchweig, einemunſrer beruͤhmteſten Botaniker, der die Pflanzungen verſchiedene Jahre unter ſei - nen Augen gehabt, und daruͤber ein vor - treffliches Werk von claſſiſcher Guͤte her - ausgegeben hat.

Nicht allein dem Kenner ſind der Garten und die Pflanzungen zu Harbke im Magdeburgiſchen wegen der Mannigfaltigkeit und des Reichthums der darinn befindlichen Seltenheiten des Pflanzenreichs ſchaͤtzbar, ſie vergnuͤgen eben ſo durch ihre Lage und Schoͤnheiten den Liebhaber der bluͤhenden lachenden Natur. Dieſe Lage laͤßt auch noch beſtaͤndig neue Verbeſſerungen erwarten, und ſie wird ſolche ſo ſehr beguͤnſtigen, daß es nur des ſchaffenden Genies bedarf, um deſſen ſchon vorhandene Reize zu erhoͤhen.

Beym Eintritt in den Garten uͤber eine Bruͤcke des Wohnhauſes, deſſen Zim - mer von dem jetzigen Beſitzer geſchmackvoll eingerichtet ſind, herrſcht fuͤr das Auge reiche Aerndte.

Ein weiter offener Platz, den am Ende eine runde Einfaſſung von Strauchwerk begraͤnzet, ladet zuerſt ein. Eine Einfaſſung, einfach in ihrer Erfindung, die beym Eingange mit zwey Sphinxen und in der Mitte mit einer Urne gezieret werden ſoll, indem ſchon itzt daran gearbeitet wird, und die das Ganze der Anlage erhebt, da hin - ter ihr hoͤheres Gebuͤſch, mit noch hoͤheren Wipfeln hervorragende edle alte Lerchen - baͤume, und auf einer Anhoͤhe ein von Steinen erbauetes[Luſthaus] ſich ſehen laſſen. Der dieſer Beſchreibung beygefuͤgte Kupferſtich wird die reizende Ausſicht deutlicher machen, er zeigt zugleich, wie natuͤrliche einfache Bearbeitung der Natur eigentlich ſchoͤne Natur iſt. Je mehr Gaͤrten davon abweichen, deſto eher ermuͤden ſie und verlieren ihren Reiz: hierinn liegt der Grund, weswegen jetzt alle Gaͤrten mit Par -terren,241von Gaͤrten. terren, Theatern und gezirkelten Zierrathen nicht weiter gefallen wollen, und dem na - tuͤrlich guten Geſchmacke nie haben gefallen koͤnnen.

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Rechter Hand des Gartens ziehet ſich ein mit Waſſer angefuͤllter Kanal herab, der hier die Graͤnze giebt, und rauſchend eine Muͤhle treibt; im Ruͤcken des Gartens findet man eine hohe Mauer, die den daſelbſt ſtehenden ſeltenen und fuͤr das nieder - ſaͤchſiſche Klima etwas zaͤrtlichen Pflanzen den noͤthigen Schutz verſchaffet. Ich nenne fuͤr den Liebhaber nur den in ſeinen ſchoͤnen Bluͤthen wohlriechenden Calycanth, den chineſiſchen Chinkgo, die Ellern mit eingeſchnittenen Blaͤttern, die Raynal-Eiche, die Marylaͤndiſche - Aegilops - und Lucombe-Eichen, den ſibiriſchen Apfel, die ame - rikaniſche Berberitze, den Papiermaulbeerbaum, die chineſiſche Fichte, den fein ein - geſchnittenen Ahorn, die baumartige Veronica aus den Falklandsinſeln, alle theils noch wenig bekannte, theils noch nicht beſchriebene Seltenheiten.

IV Band. H hGehet242Anhang. Beſchreibungen

Gehet man linker Hand fort, ſo bleibt der Fuß am Ufer eines flachliegenden Teichs in einem ſchoͤnen Gebuͤſche von Platanen und Tulpenbaͤumen ſtehen; an der Seite wird der Teich von einem Gewaͤchshauſe eingefaßt, das wie eine gothiſche Ka - pelle verzieret iſt, und vor ſich hin erhebt ſich uͤber das Waſſer eine ſchoͤne Bruͤcke, die nach einer weiten offenen mit einzelnen Klumpen ſeltener Baͤume beſetzten Ebene fuͤhret, welche ſich oberwaͤrts in eine Anhoͤhe mit ſolchen Baͤumen bepflanzt endiget. Eine lachende Ausſicht, durch eine vom General Banner ehedem aufgeworfene, jetzt aber mit hohen Buchen bewachſene Schanze, durch einen Berg mit guten Obſtbaͤumen und durch einen in der Entfernung weiter hinliegenden offenen Teich und freye Korn - felder herrlicher gemacht.

Ein breiter ſich ſchlaͤngelnder Weg bringt uns an der Seite der Anhoͤhe durch ein engliſches Thor in ein Luſtgehoͤlze einheimiſcher Baͤume und Straͤucher, die aͤlteſte Anlage des Orts. In ſolchen ziehen ſich viele ſchoͤn belaubte Gaͤnge rechter Hand hinauf, und außerdem finden ſich noch hin und wieder mit gruͤnem Epheu beſetzte und umwundene Plaͤtze, ingleichen runde einſame Kabinette mit ſteinernen Baͤnken zum Ausruhen.

Das Holz wird oberwaͤrts mit einem auf einer Anhoͤhe angelegten erhabenen großen Sitze eingeſchraͤnkt, von welchem das Auge eine weite Ausſicht in die Flaͤchen des Herzogthums Magdeburg und Halberſtadt, auf die eine Meile weit entlegene braunſchweigiſche Stadt Schoͤningen, und am Ruͤcken des Waldes hinauf bey guter heiterer Witterung ſo gar auf das hoch liegende Schloß Ballenſtaͤdt im Fuͤrſtenthum Anhalt-Bernburg hat. Die Ausſicht wird endlich vom Brocken und den Harz - Gebirgen umgraͤnzt.

Der Hintergrund dieſer ſchoͤnen Gegend wird von hohen Waldbaͤumen einge - ſchloſſen; die zunaͤchſt liegende Forſtabtheilung des ſo genannten blauen Bergs enthaͤlt aber fuͤr den Alterthumsforſcher noch einige unaufgegrabene deutſche Grabhuͤgel mit alten ehrwuͤrdigen Buchen und Hainbuchen beſetzt, da hingegen verſchiedene eroͤffnete Graͤber ihre Schaͤtze an Urnen und andern Sachen ſchon geliefert haben. Die Schaͤ - ferſche Beſchreibung giebt ſolche namentlich an. Bey ihr koͤnnen wir uns mit etwas lebhafter Vorſtellung leicht unter die aͤlteſten Bewohner dieſer Gegenden verſetzen und unſere Einbildungskraft beſchaͤfftigen. Wir empfinden alsdenn in heiliger Stille Ge - fuͤhl der Druiden; um uns her liegen die Ueberbleibſel alter deutſcher jetzt unbekannter Helden und Heerfuͤhrer, guter Vaͤter ihrer Staͤmme, biederer Maͤnner. Sie ath - meten Freyheit, das groͤßte Geſchenk des Sterblichen; in ihren Verſammlungen herrſchte Ernſt und Offenherzigkeit; treu gegen einander und feſt mit einander verbun - den, ſchuͤtzte der ſtarknervigte Arm den ſchwaͤchern; der bluͤhende Juͤngling folgte, ohnezu243von Gaͤrten. zu ermuͤden, den Fußtapfen ſeines Vaters, und weichliche Traͤgheit entehrte nicht das Menſchengeſchlecht. Die Gattinn hieng allein am Arme ihres Mannes, ihre Kin - der gehoͤrten beyden eigenthuͤmlich, und ſie ſahen ſich darinn vervielfaͤltigt und fuͤr die Zukunft erhalten. Rohe Natur! ſagt wohl hier einer oder der andere; ſie war jedoch gluͤcklich, dieſe rohe Natur, und erſt dann hoͤrte wahre Deutſchheit auf zu ſeyn, als der Roͤmer Trug und Liſt in die Nation brachte. An dieſen Orten blieb indeſſen nach der Geſchichte auch der Deutſche unbezwungen; hier lebte er friedlich, zum wenigſten zeigen ſeine Grabmaͤler einen lang fortgedauerten Aufenthalt eines Stammes an.

Und ſo ruhig und friedlich iſt auch der ganze Hain, den man ferner betritt. Eine deutſche Eichenpflanzung, mit dazwiſchen gebrachten aus Saamen erzogenen Staͤmmen in ſchoͤnen Gaͤngen durchſchnitten, hinter der an der Seite herab ein juͤn - geres Holz von Birken, Ahornen, und Lerchenbaͤumen liegt, bringt uns auf einen breiten Weg, auf welchem man einen ehemaligen Steinbruch, eine Eisgrube und nach Helmſtaͤdt belegene Felder von der Hoͤhe uͤberſehen kann.

Gerade aus bleibt das Auge auf einem weiten Raum einer eilf Morgen großen Pflanzung amerikaniſcher und anderer ſeltener Laubbaͤume hangen, eine Pflanzung von zwey Anhoͤhen und einem langen Thale, ein ehemals im Holze belegener Teich, den der Schoͤpfer dieſer Anlagen, der verſtorbene wuͤrdige Hofrichter von Veltheim, zuerſt zu einer erweiterten Anlage waͤhlte, und vor ohngefaͤhr 23 Jahren bepflanzen ließ. Alſo nicht mehr eine junge Anlage iſt es; hohe erwachſene und ausgewachſene Staͤm - me finden ſich daſelbſt, und man ſiehet den Zoͤgling von Nordamerika hier in ſeinem beſten Wuchſe und dadurch fuͤr ſeine neue Stelle dankbar.

Gehet man von der dieſſeits liegenden Anhoͤhe in dem Gange herab, ſo ladet eine mit Raſen und Roſen und Geißblatt eingefaßte offene Gruft, ein ehemaliger Steinſchurf, zur Ruhe ein. Man hat um ſich her juͤngere ſeltene Staͤmme, auch durch den weniger guten Boden im Wuchſe mehr zuruͤckgeſetzte Baͤume, die daher eine etwas offene Ausſicht erlauben, vor ihr hin einige ſchoͤne hohe Baͤume, Tulpen - baͤume aus dem noͤrdlichen Amerika, die durch ihr fremdes Blatt gleich beym erſten Anblick neu ſcheinen, bey genauerer Aufmerkſamkeit mit ſchoͤnen gelblichen Blumen oder auch Saamenzapfen belaſtet.

Man kommt in die Mitte der Pflanzung, und ſiehet durch Baͤume beſchattet einen offenen breiten langen Gang. Americaniſche Ulmen, virginiſche Traubenkir - ſchen, Platanen, Tulpenbaͤume, caroliniſche Linden, Scharlacheichen, kaſtanien - blaͤttrige, weidenblaͤttrige und ſchwarze Eichen, amerikaniſche Nußbaͤume, rothe Ahorne, Negunder und franzoͤſiſche und penſylvaniſche Ahorne, Silberpappeln, vir - giniſche Maulbeerbaͤume u. ſ. w. mit vielen ſeltenen Straͤuchern durchzogen, wechſelnIV Band. J ihier244Anhang. Beſchreibungenhier in reicher Mannigfaltigkeit mit einander ab. Eine Pflanzſchule im Großen aus Saamen gezogener Baͤume, wo man mehr als einen Stamm jeder Art antrifft, und daher ſicherer den Gang des natuͤrlichen Wuchſes erforſchen und bemerken kann. Sie iſt hin und wieder mit Raſenſitzen verſehen, und bey Beſteigung des zweyten Ber - ges hat man einen ſolchen Sitz auf der Hoͤhe, von dem man das Ganze uͤberſiehet, und den Blick umher auf den Gipfeln der Baͤume ſchweben laͤßt. Geſegnet bleibe das Andenken des menſchenfreundlichen redlichen Mannes, der in dieſen Gegenden durch ſeine Bemuͤhungen zeigte, was wohl angebrachter Fleiß vermag, und wie ſich die Liebe zu ſeltenen Pflanzen mit kuͤnftiger Nutzbarkeit vereinigen laͤßt!

Dieſe Verbindung mit dem Nutzen zeigt ſich weiter, indem man eine von Laub - und Nadelholz vermiſchte Pflanzung durchwandelt. Hier ſtehet die rothe Ceder, der canadiſche Lebensbaum, die Weihrauchskiefer, die Meerkiefer, die ſchwarze Eiche mit canadiſchen Fichten und Weymouthskiefern und kleinblaͤttrigen Ulmen, alle in großer Anzahl durcheinander in herrlichem Wuchſe auf einer hoch belegenen Flaͤche von einem zwoͤlf Morgen großen Umfange, die vorwaͤrts ein von Brettern aufgefuͤhrtes kleines Haus begraͤnzet, aus dem man eine lachende Ausſicht auf die nahen Gebaͤude von Harbke, auf einen dichten Fichtenwald, auf einen Teich, auf einen ſchoͤnen Wie - ſengrund und den von Helmſtaͤdt fuͤhrenden Weg und deſſen Felder hat, und das auch von der Straße wohl ins Auge faͤllt.

Man gehe von hier zuruͤck an das Ende der Pflanzung durch deren in Schlan - genlinien laufende Gaͤnge, und wenn denn geſagt wird, der Weg fuͤhret zu einer vor - trefflichen Pflanzung Nadelhoͤlzer, ſo eilet man mit erneuerter Begierde dahin. Ehe man jedoch ſolche erreicht, gewinnet die Ausſicht auf einem Standpunkte, aus dem ſich vier große ins Holz gebrachte Durchſchnitte als breite lange Alleen durchkreuzen, und die gerade hin durch eine Pflanzung betraͤchtlich hoher Lerchenbaͤume auf die Ge - baͤude des Wohnhauſes leitet, und uͤber ausgebreitete Fruchtfelder weg nach der auf einer Anhoͤhe belegenen Stadt Schoͤningen mit den Thuͤrmen des Lorenzkloſters reicht.

Das Lerchenholz begreift einen Theil der mit Nadelhoͤlzern beſetzten fuͤnf und funfzig Morgen Landes, und die fuͤnf und zwanzig Jahr alten Baͤume zeigen deutlich, wie vortheilhaft dieſelben fuͤr unſern Himmelsſtrich ſind und ihrer innern Nutzbarkeit wegen in der Folge werden koͤnnen. Es wird an der abhaͤngenden rechten Seite mit einer Menge Kiefern und Edeltannen begraͤnzt, an die die Pflanzung immer gruͤnen - der ſeltener Baͤume ſtoͤßt. Die Anhoͤhe zieren vorzuͤglich ſchoͤne libanotiſche Cedern von dreyßig bis fuͤnf und dreyßig Fuß Hoͤhe, von einem Fuß Dicke und ſechs und zwanzigjaͤhrigem Alter, Weymouthskiefern, Pinaſter, der Pyracanthadorn, ameri - caniſche weiße und ſchwarze Fichten, Schierlingstannen, Weihrauchs - und Jerſey -kiefern,245von Gaͤrten. kiefern, rothe ſchottiſche Kiefern und Balſamtannen, welche weiter hin ebenfalls die ganze Vertiefung mit weißen und rothen Cedern und den kriechenden Krumholzbaͤu - men einnehmen. Sie iſt an libanotiſchen Cedern noch die reichſte Deutſchlands; die ſchoͤnſte wird ſie nach dem Alter derſelben beſtaͤndig bleiben und den Preis der Kenner ’verdienen. Hier pranget der glatte Schaft hoher Weymouthskiefern, das dunkle Gruͤn ſchoͤner Balſamtannen vermiſchet ſich mit der hoͤhern lebhaften Farbe erhabener amerikaniſcher weißer, ſchwarzer und rother Fichten, und zur Herbſtzeit ſchimmern lebhaft die brennend rothen Beeren des Pyracanths durch die ganze mit balſamiſchem harzigten Duft angefuͤllte Gegend. Sie endigt ſich mit einer jungen angebaueten Ebene von zwey und zwanzig tauſend Fichtenſtaͤmmen, in deren Mitte ein kleiner Schmerlenteich ſich befindet, und fuͤhret den Pfad zu einer an einem dunkeln Fichten - hain ſtehenden Mooshuͤtte, auf die Horazens ſollicitae jucunda oblivia vitae ſo ſehr paßt, und aus der man die Pflanzung nochmals uͤberſehen kann.

Und wer wollte ſich nicht dieſe angenehme Erinnerung machen? wer wollte nicht in Ruhe und zu einiger Erholung ſeiner ſelbſt auch von hier aus dieſe Naturſchaͤtze be - wundern? Die Lage iſt fuͤr manchen neu und romantiſch genug: im Ruͤcken hohe dun - kle Fichten, umher dergleichen, vor ſich hin eine große Strecke junges Nadelholz und die große vermiſchte Pflanzung ſeltener Nadelhoͤlzer und immer gruͤner Baͤume gewaͤh - ren Vergnuͤgen und Zufriedenheit.

Einſame die Anhoͤhen herabgleitende, mit mooſigtem Teppich belegte Gaͤnge fuͤh - ren durch ein hohes Fichtenholz an einen fließenden Bach, der uͤber Staͤmme dahin murmelt, und beym Ausgange hat man die Ausſicht uͤber eine Wieſe und einen Teich, in welchem zwey kleine Inſeln liegen, die von wilden Enten bewohnt werden, und den durch die beſchriebenen Pflanzungen an einander haͤngenden Park endigen.

Der Leſer wird nach dieſer Schilderung ſich die Groͤße deſſelben leicht vorſtellig machen koͤnnen; er wird die reichhaltige Mannigfaltigkeit bewundern, und wird er dadurch angelocket, dieſe Gegenden ſelbſt zu beſuchen und zu durchwandern, dann wird ſein forſchendes Auge noch Schoͤnheiten genug ausſpaͤhen und bemerken, die ſich in jede Beſchreibung nicht bringen laſſen, weil die Verſchiedenheit der Betrachtung verſchiedene Gegenſtaͤnde darbieten muß. So viel iſt gewiß, die Anlage des Ganzen iſt natuͤrlich vortheilhaft durch die erhoͤhete von der Ruͤckſeite durch den Buchenwald eingeſchloſſene Lage: ſie gewinnet durch die Ausſicht auf niedriger liegende Gegenſtaͤnde viel gegen flach angelegte Gaͤrten; und wenn auch hin und wieder hoͤher aufwachſende Staͤmme das Auge einſchraͤnken und in der Folge der Zeit noch mehr einſchraͤnken muͤſſen, ſo bleiben doch offene Plaͤtze genug uͤbrig, die deſto angenehmer ſeyn werden, weil ſie uͤberraſchend ſind und der Ausſicht wegen geſucht werden muͤſſen. DannJ i 2wird246Anhang. Beſchreibungenwird die Pflanzung zwar den Reiz der Neuheit und Jugend verlieren; unter hohen Staͤmmen auslaͤndiſcher Laͤnder wird ſie aber jederzeit neu und gegen einheimiſche Luſt - hoͤlzer verſchieden ſeyn; man ſiehet die Schoͤnheit der fremden Natur gewiſſermaßen vollendet. Fuͤr den eigentlichen Liebhaber der Verſchiedenheit giebt ſie gedoppeltes Vergnuͤgen: er ſiehet den wahren Wuchs eines ſeltenen Stammes, er belehret ſich durch dieſe praktiſche Erfahrung von deſſen Werth oder Unwerth fuͤr unſern Himmels - ſtrich, er wird auf neue Betrachtungen, auf neue Unterſuchungen geleitet. Wahr - ſcheinlich haben wir daraus fuͤr die Forſtkunde noch Erweiterungen zu erwarten, wahr - ſcheinlich wird eine oder die andere gute und ſchoͤne Holzart bey uns in folgenden Jahr - hunderten mehr einheimiſch gemacht, ohne was dabey die Ausſicht in Verſchiedenheit des Laubes und des Stammes gewinnet, und Verſchoͤnerungen der lachenden Wieſen und Fluren abgeben werden.

Solche weit ausgebreitete Pflanzungen geben wahre Erfahrungen; der Unter - ſucher darf ſich nicht bey einzelnen Stuͤcken aufhalten und daraus Trugſchluͤſſe herlei - ten; er kann bey Funfzig und Hunderten zaͤhlen und ſicherer rechnen und ſchließen. Wie viel auch ſelbſt die Pflanzenlehre dabey gewinnet, zeigen die in der Harbkeſchen wilden Baumzucht ſchon angefuͤhrten Bemerkungen: ſie werden ſich noch vermehren laſſen und dieſe Wiſſenſchaft bereichern, wenn die Beſitzer, wie dieß der Fall bey dieſer iſt, lobenswuͤrdig fortfahren, neue Pflanzen zu ſammeln und zu bauen, und dadurch Aufmunterung zur Nachfolge in gleicher Bearbeitung geben. Ich ſehe im Geiſte auch nach ihrem Muſter die Veraͤnderung und Bildung mancher Gaͤrten nach natuͤrlicher Schoͤnheit im voraus. Das Vergnuͤgen, ſelbſt Schoͤpfer zu ſeyn, fuͤhrt ſo viel Zufriedenheit mit ſich, daß jeder beguͤterter Herr eines Landguts, wenn er ſonſt ſich etwas uͤber Unthaͤtigkeit erhebt, gewiß Nachahmer und Selbſtſchoͤpfer ſeyn wird; nur muß er ſich nach der Lage ſeines Orts allein richten, und nicht alles, was andere eigenthuͤmlich haben, auf einem Platz in einander gedraͤngt beſitzen wollen. Wie oft fallen nicht Anlagen in dieſen Fehler, werden dadurch unnatuͤrlich, und verlieren, ſo daß ſie ſich nicht erhalten! Die edle Natur iſt einfach; man folgt ihr in ihren Pla - nen, ohne ſie zu ſehr zwingen zu wollen, und alsdenn iſt und bleibt ſie Natur, ſo wie es vorzuͤglich Harbke iſt und bleiben wird.

Geſchrieben im Auguſt 1782.

X. Beſchrei -247von Gaͤrten.

X. Beſchreibung der Leaſowes. *)Eine beruͤhmte Anlage im hirtenmaͤ - ßigen Stil von dem bekannten Dichter Shenſtone. Sie liegt in Shropſhire, zwiſchen Birmingham und Stourbridge. Die Beſchreibung iſt aus Herrn Whately Betrachtungen uͤber das heutige Garten - weſen. Man hat davon unter andern noch Beſchreibungen von Dodsley und von Hee -ly, die mehr ins Umſtaͤndliche gehen, und wovon die letztere kritiſche Anmerkungen enthaͤlt. Allein die gegenwaͤrtige Schil - derung ſtellt das Genie der Anlage im Gan - zen dar, weswegen ſie hier einen Vorzug verdient. Die beruͤhmten Inſchriften bey einzelnen Scenen ſind bereits im dritten Bande dieſes Werks S. 156 u. f. angefuͤhrt.

Die Leaſowes oder Hirtenfelder haben ein ſo reizendes Anſehen, daß ſie das An - denken ihres Urhebers unſchaͤtzbar machen, und Shenſtone’s Ruhm rechtfer - tigen, der die Gegend bewohnt, angelegt und beſungen hat. Sie ſind eine vollkom - mene Abbildung ſeines unverfaͤlſchten Gemuͤths, und ſeines muntern und liebenswuͤr - digen Geiſtes; und erwecken allezeit den Zweifel, ob dieſer Auftritt ſeine Muſe begei - ſtert, oder ob er in Bildung dieſer Scenen nur den arcadiſchen Vorſtellungen, deren wir ſo viele in ſeinen Geſaͤngen finden, die Wirklichkeit gegeben habe. Das Ganze iſt nach einerley Geſchmack eingerichtet, und doch voll Abwechſelung; alle Theile, aus - genommen in etlichen wenigen Kleinigkeiten, ſind laͤndlich und natuͤrlich. Eigentlich machen ſie nur eine um das Wohnhaus herumgefuͤhrte Schaftrift aus; und ein eben ſo ungekuͤnſtelter, eben ſo ungeſchmuͤckter Spatzierweg, als ein jeder gewoͤhnlicher Fuß - ſteig in den Feldern iſt, fuͤhret durch alle verſchiedene Umzaͤunungen.

Nicht weit vom Eingange in dieſe Fluren faͤllt dieſer Spatzierweg ploͤtzlich in ein ſchmales und finſteres Thal, welches mit niedrigen, auf ſteile und unterbrochene Anhoͤhen gepflanzten, Baͤumen angefuͤllt iſt, und von einem Bache gewaͤſſert wird, der zwiſchen Wurzeln und Steinen von einem natuͤrlichen Waſſerfalle in das Thal her - abſtuͤrzt. Anfangs iſt das Waſſer ſchnell, und zeigt ſich im Freyen; nachher aber verſteckt es ſich unter dichten Gebuͤſchen, und man kann ihm blos an ſeinem Rauſchen nachſpuͤren. Allein da, wo es wieder zum Vorſchein koͤmmt, iſt es ruhiger, und indem es ganz ſtille zwiſchen kleinen Gruppen von Baͤumen dahin ſchleicht, ſo verliert es ſich endlich in einen am Ende befindlichen Teich. Der Ausgang dieſer einſamen Gegend oͤffnet ſich gegen eine artige und voͤllig ungekuͤnſtelte Landſchaft. Dieſe beſtehtJ i 3nur248Anhang. Beſchreibungennur aus wenig Theilen und aus lauter gewoͤhnlichen Gegenſtaͤnden, naͤmlich, blos aus dem gedachten Teiche, aus einigen hinter demſelben an einem allmaͤligen Abhange an - gebrachten Feldern, und aus einem uͤber dieſe hervorragenden Kirchthurme.

Die folgende Scene iſt weit einfacher. Sie iſt blos auf ſich ſelbſt eingeſchraͤnkt, und macht eine wuͤſte und vernachlaͤßigte Tiefe aus, deren Seiten mit Straͤuchern und Farrenkraut, worunter ſich einige Baͤume miſchen, uͤberlaufen ſind. Durch dieſes kleine Thal fließt auch ein kleiner Bach, der aus einem von einer Anhoͤhe herabhaͤn - genden Walde hervorfließt. Sein Lauf windet ſich durch den Wald in einer Reihe von Waſſerfaͤllen, und ſtuͤrzet von einem, hundert und funfzig Schritt fortgehenden, Abhange ſchnell und lebhaft herunter. Ellern und Hainbuchen wachſen mitten in ſei - nem Bette; dieſe ſchießen aus einer gemeinſchaftlichen Wurzel in verſchiedene Staͤm - me auf, und das Waſſer rieſelt zwiſchen ihnen dahin. Auf den Ufern ſtehen etliche anſehnliche Baͤume, die nur einen durchbrochenen Schatten geben, und hier und da einen Sonnenſtrahl durchlaſſen, um auf dem Waſſer zu ſpielen. Hinter dieſen iſt ein ſchwaches Gebuͤſche, welches eben zureichend iſt, alle freye Ausſicht aus dieſer Gegend zu verſperren, aber keine Duͤſternheit verbreitet. Der ganze innere Umfang iſt ein begeiſterter Auftritt. Der Bach hat eine beſondere Lebhaftigkeit; und die Erſchei - nung der hoch zwiſchen den Baͤumen erblickten und durch die Aeſte vorſchimmernden Waſſerfaͤlle iſt nicht nur romanhaft, ſondern auch belebend und reizend. Nachdem der Spatziergang durch dieſen Wald gegangen iſt, ſo fuͤhrt er wieder in eben daſſelbe Thal zuruͤck, jedoch in einen andern Theil deſſelben, der aber an ſich ſelbſt dem erſtern gleich iſt; und dennoch ſcheinen beyde ganz verſchiedene Auftritte zu ſeyn, und zwar blos vermittelſt der Anlage des Weges. Denn in dem erſten war er im Freyen, in der Tiefe und vollkommen einſam; in dem andern aber iſt er auf einer Hoͤhe und mit Schatten umgeben, jedoch ſo, daß man von da nicht nur die kleine Wildniß in der Tiefe, ſondern auch von der entgegengeſetzten Seite einige Saatfelder uͤber - ſehen kann, welche durch ihre Munterkeit und Naͤhe alle Begriffe von einer Wuͤſte zerſtreuen.

An dem aͤußerſten Ende des Thals iſt ein Hain von großen Waldbaͤumen, der ſich von einem ſteilen Berge herabneigt; und gleich neben demſelben ſind zwo Fluren, beyde irregulaͤr, beyde ausnehmend ſchoͤn, jedoch in allen Nebenumſtaͤnden von einan - der unterſchieden. Ueberhaupt iſt die Abwechſelung der Hirtenfelder bewundernswuͤr - dig. Alle Abtheilungen ſind gaͤnzlich verſchieden; ſelten findet man einen einzelnen Umſtand, in welchem ſie uͤbereinkaͤmen. Von den neben dem Haine befindlichen Flu -ren249von Gaͤrten. ren ſchließt die niedere die beyden Seiten einer anſehnlichen Tiefe in ſich; und die hoͤ - here iſt ein großer Huͤgel. Die erſtere iſt mit einem dichten Gehoͤlze eingefaßt; die letztere aber zeigt ſich im Freyen; eine duͤnne Hecke und ein ſchlaͤnglichter Fluß ſind ihre ganze Umzaͤunung. Verſchiedene Baͤume, theils einzeln, theils in Gruppen, ſind auf den Erhoͤhungen des Bodens herumgeſtreut; hingegen iſt nicht ein einziger Baum auf allen ſteilen Abhaͤngen der Tiefe zu ſehen. Der Fußſteig ſchleichet unter einer Hecke um die eine herum, indem er zugleich hier und da einen Schimmer von der Land - gegend ſehen laͤßt; darauf fuͤhrt er mitten uͤber die andere bis auf die oberſte Hoͤhe, wo er auf einmal die ganze Ausſicht ins Geſicht bringt.

Dieſer Proſpect iſt auch eine Quelle von unendlicher Abwechſelung. Er iſt reizend, und erſtrecket ſich uͤber eine ſchoͤne bergigte Gegend des Landes, welche voll von Gegenſtaͤnden und Einwohnern iſt. Hales-Owen, eine Stadt von einem gro - ßen Umfange, iſt nahe; und der Wreckin iſt in einer Entfernung von dreyßig (engl.) Meilen ſehr deutlich am Horizonte zu unterſcheiden. Von dem gedachten Huͤgel kann man alles uͤberſehen, und die anmuthige zu den Leaſowes gehoͤrige Laͤnderey iſt mit in den Auftritt eingeſchloſſen. An andern Orten aber ſind Waͤlder gepflanzt, oder Oeffnungen gehauen, um verſchiedene Theile derſelben von einigen Seiten zu zeigen, oder von andern zu verſtecken. Gleich unter der vornehmſten Erhoͤhung, von der man das Ganze uͤberſehen kann, iſt eine Laube, wo ſich alle entzuͤckende Gegenſtaͤnde hinter etlichen Baͤumen verſtecken, ſo daß die ganze Scene ein bloßer Zuſammenhang einer[herumlaufenden] Landgegend zu ſeyn ſcheinet. In andern Lauben iſt dieſe dem Geſicht entzogen, ſo daß nur eine Kirche, oder ein Thurm ohne die Kirche erſcheint. Ein Dorf, ein Pachterhaus, oder eine Bauerhuͤtte, Gegenſtaͤnde, die unter dem Ue - berfluß des großen Proſpects unbemerkt geblieben waren, machen in eingeſchraͤnktern Ausſichten ein Hauptwerk aus; und eben derſelbe Gegenſtand, der an einem Orte ein - ſam und frey zu ſtehen ſchien, iſt an einem andern mit einem Vorgrunde von Gehoͤlze verſehen, oder hat einen anmuthigen Berg im Ruͤcken. Die auf jeden Umſtand, welcher der Scene zur Abwechſelung dienen koͤnnte, verwendete Sorgfalt iſt unermuͤ - det geweſen; allein die Kunſt der Erfindung kann nirgends entdeckt werden, und die Wirkung ſcheint allezeit zufaͤllig zu ſeyn.

Auch die Verbindungen ſind insgemein ſehr unerwartet. Dieſe erhabene und luſtige Lage verwandelt ſich unmittelbar in maͤßige, ſtille und eingeſchloſſene Ausſich - ten. Die erſte iſt eine Schaftriſt, eben ſo ſchoͤn, als ein kuͤnſtlicher Raſen, in An - ſehung des Umfangs nicht zu klein, und mit verſchiedenen artigen, auf einem anmu -thig250Anhang. Beſchreibungenthig gelegenen Boden zerſtreuten, Baͤumen bereichert. Gleich neben ihr iſt eine kleine Wuͤſte, die an der einen Seite von rauhen Klippen und wilden herabhangenden Gebuͤſchen eingeſchloſſen iſt; auf der andern aber iſt ein Wald, der aus lauter großen Baumſtaͤmmen beſteht, welche von niedrigerm Gehoͤlze verdicket werden. Das letz - tere wird von einem kleinen irregulaͤren Teiche, deſſen andere Haͤlfte ſich im Freyen zeiget, unter Waſſer geſetzt; und das Licht, welches auf dieſe andere Haͤlfte faͤllt, belebt alles das uͤbrige. Und obgleich da, wo Baͤume uͤber dem Waſſer ſchweben, oder dichte Gebuͤſche die Ufer umſchließen, die Zuruͤckwerfung der Schatten, die Stille des Gewaͤſſers, und die Tiefe des Waldes eine gewiſſe Ernſthaftigkeit uͤber die ganze Scene verbreiten; ſo wird doch durch dieſe Umſtaͤnde kein froſtiger Gedanke rege; der Schatten hat nichts Melancholiſches an ſich; die Einſamkeit iſt ruhig und ſtill, aber nicht feſtlich; die Scene iſt ein Schutz wider die brennende Hitze des Mittags, ohne die entfernte Vorſtellung von der Dunkelheit und Finſterniß der Nacht zu erwecken.

Ein kleiner Bach, der aber weit ruhiger iſt, als einer unter den vorigen, fließt aus dieſem Teiche durch ein Gebuͤſche von einer anſehnlichen Laͤnge, indem er hier und da von einem niedrigen Falle herabſchießt, oder ſich um kleine Inſeln windet, die mit Gruppen von Baͤumchen beſetzt ſind. Der Weg iſt, laͤngſt an ſeinem Ufer, bis an den Fuß eines Berges hingefuͤhrt, an welchen er auf einem ſchiefen Zikzak hinauf - klettern muß; und auf dem Gipfel deſſelben gehet er in eine gerade von Baͤumen uͤber - woͤlbte Allee. Allein obgleich dieſer aufwaͤrts gehende Fußſteig ſowohl, als die Hoͤhe des Berges ſelbſt, dem Auge reizende Proſpecte darbieten, ſo ſind ſie doch beyde fuͤr den Charakter der Hirtenfelder zu kuͤnſtlich. Jedoch ſobald der Weg uͤber dieſen Zwang hinweg iſt, ſo bekommt er wieder ſeine vorige natuͤrliche Freyheit, und geht durch verſchiedene Fluren wieder hinab. Und hier eroͤffnen ſich viele anmuthige Aus - ſichten auf die Landſchaft, ſo wie ſie ſich durch die Abwechſelungen des Bodens unter - ſcheidet, auf die verſchiedenen Umzaͤunungen, ingleichen auf die Hecken, Gebuͤſche und dichtern Gehoͤlze, welche jene von einander abſondern, ferner auf die Gruppen, auf die einzelnen Baͤume, und dann und wann auf einen Heuſchober; welche Gegen - ſtaͤnde bald die Einfaſſungslinien unterbrechen, bald im Freyen mitten auf den Triften ſtehen.

Am Ende des vorigen Abhanges uͤberdecket ein bezaubernder Hain ein kleines Thal, deſſen ſteile Seiten die Ufer eines angenehmen Baches ausmachen, der ſich in der Tiefe dahin ſchlaͤngelt. Das Waſſer ſchießt in das Thal von einer ſehr ſteilenCaſcade251von Gaͤrten. Caſcade herab, die man durch die Oeffnungen in den Baͤumen gewahr wird, indem ſie durch die uͤber ihr ſchwebenden Schatten hindurch ſchimmert. Der Bach ſtuͤrzet in ſeinem Fortgange von verſchiedenen Faͤllen herab; zwiſchen ihnen aber iſt er ruhig und ſtille. Er iſt uͤberall hell, und bisweilen mit lichten Flecken beſprengt; der Schatten eines jeden beſondern Blattes zeichnet ſich auf dem Waſſer; und das Laubwerk in der Hoͤhe, und das Moos, das Gras und die wilden Gewaͤchſe unten am Rande deſſelben, ſcheinen vermittelſt der Zuruͤckwerfung ein glaͤnzen - deres Gruͤn zu bekommen. Verſchiedene artige Gebuͤſche von duͤnnem lebendi - gem Holze ſind um die Ufer herum geſtreut; vortreffliche Waldbaͤume erheben ſich auf angenehmen Huͤgeln in praͤchtigen Gruppen uͤber jene; und oft neigen ſich etliche von den uͤbrigen abgeſonderte Baͤume von den Anhoͤhen herab, oder uͤberkreuzen den Bach. Je tiefer ſich das Thal ſenket, deſto dunkler wird es. Der Bach verliert ſich in einen Teich, welcher ganz unbelebt und von großen Baͤumen eingefaßt und verdunkelt iſt; und gleich vorher, ehe dieſer kleine Strom zwiſchen einem Gebuͤſche von Eibenbaͤumen hineinfaͤllt, zeigt ſich eine aus einem Schwibbogen beſtehende, von dunkelfarbigten Steinen gebaute, und ſo ſchlechte Bruͤcke, daß ſie gewiſſermaßen unſchicklich ſcheint. Allein dieſe Me - lancholie iſt nicht ein dunkler mit dem uͤbrigen ſchlecht zuſammenhangender Fleck; ſondern ſie beſteht nur in einer tiefern Zeichnung des Schattens. Kein Theil des Auftrittes iſt helle; ein feſtliches Anſehen herrſcht in dem Ganzen; und dieſe Majeſtaͤt wird beylaͤufig durch eine Inſchrift an einem ſchwachen Obelis - ken erhoͤhet, in welcher der Hain dem Genius des Virgils gewidmet wird. Nahe bey dieſer reizenden Gegend iſt der erſte Eingang in die Felder; und dahin fuͤhrt auch unmittelbar der Spatzierweg an der Seite eines kleinen Bachs.

Allein es wuͤrde unbillig ſeyn, dieſe Hirtenfelder zu verlaſſen, ohne etli - cher Umſtaͤnde zu gedenken, die man in Verfolgung des Spatzierweges nicht wohl wuͤrde bemerken koͤnnen. Einer von denſelben iſt die Kunſt, mit welcher die Abtheilungen der Fluren unter einander abwechſeln. Selbſt die Einfaſſun - gen ſind von einander unterſchieden. An einem Orte beſteht die Graͤnzſchei - dung aus einem gewoͤhnlichen lebendigen Zaune; an einem andern aus einer hohen und von oben bis unten dichten Heckenlinie; an einem dritten aus einer fortlaufenden Reihe von Baͤumen, deren Staͤmme man alle deutlich ſehen kann, indem das Licht zwiſchen ihren Abſtaͤnden ſowohl, als durch ihre Aeſte hin - durch ſcheinet, und das Gebuͤſche unter denſelben ganz niedrig uͤber die Erde hervorſteht; an andern ſind dieſe Linien von Baͤumen unterbrochen, indem nurIV Band. K keinige252Anhang. Beſchreibungen von Gaͤrten. einige Gruppen in verſchiedenen Weiten uͤbrig bleiben; und bisweilen macht ein Wald, ein Hain, ein lebendiges Gehoͤlze, oder ein Dickigt, welche zugleich ſo - wohl der Figur als dem Charakter der Umzaͤunungen eine Abwechſelung geben, die ſcheinbare Graͤnze aus.

Die Inſchriften, deren viele in den Leaſowes angebracht ſind, geben einen andern wichtigen Umſtand ab; ſie beſtehen zum Theil in poetiſchen Schilderungen des Hirtenlebens. Urnen gehoͤren zu den vornehmſten Zierrathen, die man in dieſen Feldern erblickt. Alle Werke der Baukunſt ſind hier meiſtentheils nur Lauben, oder kleine aus Wurzeln geflochtene Huͤtten.

Verzeichniß[253]

Verzeichniß der Kupferverzierungen.

  • Nr. 1. Landhaus zu Ives in Yorkſhire. Aus dem Werke des engliſchen Architecten James Paine: Plans, Elevations and Sections of noblemen’s and Gentlemen’s Houſes, and alſo of Stabling, Bridges, Temples and other Garden Buildings; executed in the counties of Derby, Durham, Middleſex, Northumberland, Nottingham and York. Illuſtrated by Seventy Four large Folio-Plates. Lon - don, fol. 1767. Seite 8.
  • Nr. 2. Landhaus zu Sandbeck in Yorkſhire. Eben daher. Seite 13.
  • Nr. 3. Landhaus nach der Zeichnung des engliſchen Baumeiſters James Lewis aus ſeinen Original Deſigns in Architecture. Book. I. 1780. Fol. Seite 16.
  • Nr. 4. Landhaus von eben demſelben. Seite 19.
  • Nr. 5. Pavillon von Blondel aus ſeiner Diſtribution des Maiſons de Plaiſance. Seite 24.
  • Nr. 6. Luſthaus zu Marienluſt. S. die Beſchreibung im 3ten Bande dieſer Theorie S. 210. Seite 26.
  • Nr. 7. Pavillon in dem graͤfl. Kielmannseggiſchen Thiergarten zu Guͤlzow im Lauen - burgiſchen. Seite 28.
  • Nr. 8. Gothiſcher Thurm aus dem Park zu Windſor, nach Sandby’s Zeichnung. Seite 34.
  • Nr. 9. Gartenportal von Herrn Schurithts Erfindung. Seite 37.
  • Nr. 10. 11. 12. Gartenſitze von Herrn Schuricht. Seite 41. 48. 52.
  • Nr. 13. Ein bepflanzter Huͤgel mit einem Tempel auf ſeinem Gipfel. von Herrn Brandts Erfindung. Seite 60.
  • Nr. 14. Vier verſchiedene Gruppen von Straͤuchern und Baͤumen, von Herrn Brandt gezeichnet. Seite 63. 64.
  • Nr. 15. Ein Gartenſtuhl von Herrn Brandt. Seite 80.
  • Nr. 16. Einſiedeley zu Marienwerder bey Hannover. Seite 85.
  • Nr. 17. Tempel der Melancholie von Herrn Schuricht. Seite 86.
  • Nr. 18. Gartenſitz von Herrn Schuricht in einem melancholiſchen Revier. Seite 90.
  • Nr. 19. 20. Bruͤcken von Herrn Brandts Erfindung. Seite 107. 111.
  • Nr. 21. Romantiſches Gebaͤude von Halfpenny. Seite 113.
  • Nr. 22. Bruͤcke von Herrn Brandt. Seite 115.
  • Nr. 23. Gothiſche Ruinen von Herrn Schurichts Zeichnung. Seite 127.
  • Nr. 24. Tempel des Fruͤhlings von Herrn Schuricht. Seite 147.
  • Nr. 25. Tempel der Liebe von Herrn Schuricht. Seite 149.
  • Nr. 26. Badehaus von Herrn Schuricht. Seite 154.
  • Nr. 27. Ruinenſcene von Herrn Brandt. Seite 161.
  • Nr. 28. Landhaus von James Lewis gezeichnet. Seite 172.
  • Nr. 29. Vier Gelaͤnder zu Bruͤcken von Herrn Brandt. Seite 181. 190. 198. 205.
  • Nr. 30. Tempel des Gartens zu Gotha. Seite 236.
  • Nr. 31. Vorſtellung des Gartens zu Harbke. Seite 241.
K k 2Druck -[254]

Druckfehler.

Im dritten Bande.

  • Seite 137 Z. 25 lies veſtit fuͤr vertit.
  • Seite 159 Z. 25 lies komm fuͤr kam.
  • Seite 164 Z. 16 der zweyten Col. lies du, fuͤr die.
  • Seite 171 Z. 23 und an andern Stellen dieſer Beſchreibung lies Eſſeromer fuͤr Eſſomer.
  • Seite 197 Z. 2 lies Iſefiord fuͤr Iſefioͤrd.
  • Seite 234 Z. 3 lies Umwoͤlbungen fuͤr Umwoͤlkungen.

In dieſem vierten Bande.

  • Seite 39 Z. 13 lies unvermiſcht fuͤr untermiſcht.
  • Seite 81 Z. 23 hinter dem Worte ſtarben: ein; ſtatt eines,
  • Seite 84 Z. 23 lies Erinnerung fuͤr Empfindung.
  • Seite 92 Z. 25 lies haͤngen fuͤr haͤngten.
  • Seite 142 Z. 5 lies Quandelbeerbaum fuͤr Guedelbeerbaum.
  • Seite 152 Z. 27 lies caprifolium germanicum fuͤr caprifolia germanica.
  • Seite 152 Z. 31 lies calendarum fuͤr cadendarum.
  • Seite 177 Z. 13 lies ernſten fuͤr erſten.
  • Seite 185 Z. 17, Seite 186 Z. 26, Seite 197 Z. 29 lies Quitſchern fuͤr Guitſchern.
  • Seite 199 Z. 19 lies Schilfes ſtatt Schiffes.

About this transcription

TextTheorie der Gartenkunst
Author Christian Cay Lorenz Hirschfeld
Extent258 images; 83656 tokens; 12547 types; 603444 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTheorie der Gartenkunst Vierter Band Christian Cay Lorenz Hirschfeld. . IV, 252 S. : Ill. WeidmannLeipzig1782.

Identification

UB Heidelberg UB Heidelberg, T 355 RES::4URL: http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/titel/1186053

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Gartenbau; Wissenschaft; Architektur; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:36Z
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Holding LibraryUB Heidelberg
ShelfmarkUB Heidelberg, T 355 RES::4
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