PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Theorie der Gartenkunſt.
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Zweyter Band.
Leipzig,bey M. G. Weidmanns Erben und Reich.1780.
[II][III]

Vorbericht.

Bey der Ausgabe dieſes zweyten Bandes beziehe ich mich auf das, was in dem Vorbericht des erſten ſowohl uͤber die Einrichtung, als auch uͤber die Beduͤrfniſſe dieſes Unternehmens geſagt iſt.

Nur eine Bemerkung, die zu dem Abſchnitt vom Baumwerk ge - hoͤrt, muß ich hier nachholen.

Ueber die Cultur der Baͤume und Straͤucher in Deutſchland, die außer dem Plan dieſer Theorie liegt, haben wir, wie bekannt, die vor - trefflichſten Anweiſungen, die ſich auf eigene Beobachtungen und Verſu - che gruͤnden, von dem ſeligen Landdroſt von Muͤnchhauſen in ſeinem Hausvater, und vom Herrn du Roy in der Beſchreibung der Harbkeſchen wilden Baumzucht: Anweiſungen, die fuͤr uns brauch - barer ſind, als die Millerſchen, weil ſie zugleich beſtimmen, was un - ter unſerm[Himmelsſtrich] fortkommt. Bey der neuen Charakteriſtik der Baͤume und Straͤucher, die ich nach dem Beduͤrfniſſe der ſchoͤnen Gar - tenkunſt entwerfen mußte, habe ich jedoch auf die Bemerkungen dieſer beyden Beobachter am meiſten Ruͤckſicht genommen. Auch fehlt es jetzt unter uns nicht an guten Baumſchulen, ſelbſt in Abſicht auf nordamericaniſche und andre auslaͤndiſche Gewaͤchſe, woraus Liebhaber Saamen und junge Zoͤglinge kaͤuflich erhalten koͤnnen. Eine vorzuͤg - liche Aufmerkſamkeit aber verdient die Plantage des Herrn Johann Ni - colaus Buek, Handelsgaͤrtners in Hamburg, die eine der vollſtaͤndigſten iſt, die man finden kann, und eine Menge der ſeltenſten und ſchoͤnſten aus - laͤndiſchen Baͤume und Straͤucher enthaͤlt. Er hat davon 1779 ein ſowohl mit botaniſcher Genauigkeit, als auch mit der aͤußerſten Kuͤrze verfaß -a 2tesIVVorbericht. tes Verzeichniß auf 13 Bogen in 8. herausgegeben, worin gleichwohl noch einige hundert Pflanzen fehlen, die ſich in ſeinem Garten befin - den. Dieſes Verzeichniß, worin die Benennungen und Charaktere groͤßtentheils nach dem Linné, zuweilen nach andern beruͤhmten Bota - nikern angegeben ſind, ordnet die Baͤume und Straͤucher nach ihrem Wachsthum, ihrer Wartung und der Waͤrme, die ſie erfordern, in verſchiedene Claſſen; und der Liebhaber kann aus den Abtheilungen und gebrauchten Zeichen auf einmal uͤberſehen, was bey uns in freyer Luft fortkommt oder nicht, was nur bedeckt oder im Gewaͤchshaus ver - wahrt werden muß, was einen geraden Schaft oder mehrere aͤſtige Schuͤſſe aus der Wurzel treibt, was ſich durch ſchoͤne Blumen oder an - dre Eigenſchaften fuͤr die Luſtgaͤrten auszeichnet, u. ſ. w. Ein Mann, der ohne oͤffentliche Aufmunterung eine ſo reiche Sammlung aus eignen Kraͤften anlegt, und mit ſo viel Eifer und botaniſcher Kenntniß un - terhaͤlt, verdient nicht blos die Achtung, ſondern auch die Unterſtuͤ - tzung des Publikums. Wenn die benachbarten Provinzen, beſonders Holſtein, wo der Adel ſo weite und fruchtbare Laͤndereyen mit den herrlichſten Naturanlagen beſitzt, eine ſolche Pflanzung benutzen woll - ten: ſo koͤnnten hier bald unter maͤßigen Koſten die ſchoͤnſten Gaͤrten aufbluͤhen. Das angefuͤhrte Verzeichniß iſt weit zuverlaͤßiger und voll - ſtaͤndiger, als die von Meader in eben dem Jahr zu London uͤber dieſe Materie herausgegebene Schrift: The Planter’s Guide: or Pleaſure Gardener’s companion &c.

Theorie
[1]

Theorie der Gartenkunſt.

II Band. A[2]
  • Zweyter Theil.
  • Erſter Abſchnitt.
  • Vom Gartenplatz.
  • Zweyter Abſchnitt.
  • Vom Baumwerk.
  • Dritter Abſchnitt.
  • Von Blumen.
  • Vierter Abſchnitt.
  • Von Raſen.
  • Fuͤnfter Abſchnitt.
  • Vom Waſſer.
  • Sechſter Abſchnitt.
  • Von Wegen.
  • Anhang.
  • Beſchreibungen von Gaͤrten.
[3]

Die Natur liefert dem Gartenkuͤnſtler den Platz, auf welchem er bauet; ſie giebt ihm ferner Baumwerk, Blumen, Raſen und Waſſer als Materialien; zwiſchen den bepflanzten und offenen Theilen muͤſſen Wege ſeyn, die nach allen Sce - nen des Gartenplatzes zufuͤhren. Es iſt demnach zuvoͤrderſt zu unterſuchen, was der Gartenkuͤnſtler in Anſehung der Anlage, Ausbildung, Verbindung und vielfaͤlti - gen Anwendungen dieſer natuͤrlichen Gegenſtaͤnde zu beobachten hat, da demnaͤchſt den kuͤnſtlichen Gegenſtaͤnden noch eine eigene Betrachtung vorbehalten wird, ehe wir auf die mannichfaltigen Arten von Gaͤrten ſelbſt kommen. Man ſieht leicht, daß man bey dieſen Dingen vor allen anfangen muß, um auf die Entwickelung der eigenthuͤm - lichen Regeln der Gartenkunſt zu kommen, indem ſich hier Schritt vor Schritt er - oͤffnet, was fuͤr einzelne Beobachtungen und Verrichtungen der Kuͤnſtler unter be - ſtaͤndiger Ruͤckſicht auf die Natur und auf die Beſtimmung der Gaͤrten anzu - ſtellen hat.

Betrachtungen dieſer Art, die ſich in das weite Gebiete der Natur ausbreiten muͤſſen, enthalten nicht blos die erſte Quelle des Unterrichts fuͤr den Gartenkuͤnſtler. Sie dienen auch dem Freunde der Natur (und welcher vernuͤnftige Menſch wird dies zu ſeyn nicht Adel genug haben?) nicht blos zur angenehmen Unterhaltung und Beſchaͤf -A 2tigung4tigung der Einbildungskraft, ſondern auch zur Anleitung, der Vernunft von ſeinen Gefuͤhlen Rechenſchaft abzulegen. Sie koͤnnen außerdem die junge Phantaſie auf - bluͤhender Dichter beleben, und beſonders dem Landſchaftmaler Winke und Ausſichten geben, die fuͤr ſein Studium nuͤtzlich ſind. Dies iſt nicht ſowohl ein Verdienſt des Schriftſtellers, als vielmehr ſeiner Materie ſelbſt.

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Erſter5

Erſter Abſchnitt. Vom Gartenplatz.

1.

Der Gartenplatz iſt gleichſam die Leinewand, die der Gartenkuͤnſtler bemalt; die erſte Unterſuchung betrifft alſo die Beſchaffenheit deſſelben.

Daß man zum Garten keine Gegend waͤhlen muͤſſe, die eine ungeſunde Luft hat; die von benachbarten faulenden Suͤmpfen und Moraͤſten vergiftet iſt; die ganz in der Tiefe liegt, oder aus lauter duͤrrer Sanderde beſteht; die nur erſt durch Huͤlfe vieler Bearbeitung und Koſten zu einiger Verſchoͤnerung zu erheben iſt; die entweder gar keine freyen Ausſichten gewinnen kann, oder mit nichts als elenden Haiden und ſterbenden Geſtraͤuchen rings umher umſchloſſen iſt das darf hier nicht erſt erin - nert werden. Die Erforderniſſe der Geſundheit, der Bequemlichkeit und der gemei - nen Ergoͤtzung ſind ſo auffallend, daß man nur aus Mangel des Menſchengefuͤhls gegen ſie verſtoßen kann.

Bey der Wahl des Platzes kommt es auf wenig Vorſchriften an, wenn man alles das vorausſetzt, was ſchon nach der gemeinen Gartenoͤkonomie bekannt iſt, z. B. daß man zu Pflanzungen einen fruchtbaren Boden, Waſſer in der Naͤhe u. ſ. w. haben muß.

2.

Aus mehr als einer Urſache iſt uͤberhaupt fuͤr den Garten eine Gegend zu ſu - chen, die ſchon natuͤrliche Schoͤnheit hat. Sie begeiſtert das Genie des Gartenkuͤnſt - lers, der gleichſam unter den Augen der reizenden Natur arbeitet, die ihm Vorbild iſt, mit der er wetteifern ſoll. Sie erleichtert die Muͤhe und Koſten der Anlage, in - dem ſie durch den Boden, durch Baͤume, Gebuͤſche und Waſſer die Materialien reichlicher verſchafft. Sie erhoͤhet die Wirkung der innern Einrichtung durch die Eindruͤcke, welche die Ausſichten umher machen, die nirgends reizender ſind, als wenn ſie von einem Platz, der ſchon an ſich angenehm iſt, betrachtet werden koͤnnen. Demnach ſo viel als geſchehen kann und als andere Geſetze verſtatten, freye, heitre und abwechſelnde Ausſichten in der Nachbarſchaft des Gartens umher.

Allein ſie muͤſſen nicht uͤberall ganz vor Augen liegen, nicht aus allen Theilen des Gartens nach ihrer voͤlligen Groͤße wahrgenommen werden, weil ſie ſonſt die Wirkung der verſchiedenen Gartenſcenen, wo dieſe ſich ganz beweiſen ſoll, unterbre - chen wuͤrden. Die Ausſichten in die Ferne ſind alſo bald zu verſchließen, bald wie - der zu eroͤffnen, bald nach dieſem, bald nach jenem Geſichtspunkte abzuaͤndern, ſo daß dadurch nicht allein ihre eigene Einwirkung gehoben und vervielfaͤltigt, ſondern daß dieſe auch in eine Uebereinſtimmung mit den mannichfaltigen Auftritten im Gar -A 3ten6Erſter Abſchnitt. ten ſelbſt gebracht werde. Dies iſt eine weſentliche Regel, die der Gartenkuͤnſtler nie uͤberſchreiten ſoll. Wo ſanfte Melancholie, wo Nachdenken und Ruhe herrſchen, wo das Auge mit der Betrachtung einer vorliegenden Scene allein unterhalten werden ſoll: da wuͤrde die Eroͤffnung einer heitern Ausſicht nicht an ihrem Orte ſeyn.

Aber auch bey der Anlegung der Gartenſcenen ſelbſt muß man auf den Cha - rakter der benachbarten Gegend, wohin der Proſpect gerichtet iſt, Ruͤckſicht nehmen; zumal da es leichter iſt, daß ſich der Garten nach der Landſchaft, als daß ſich die Landſchaft nach dem Garten bequeme, wenn man nicht mit den umherliegenden Ge - genſtaͤnden ſolche gewaltſame Veraͤnderungen, die man zuweilen in den brittiſchen Parks ſieht, vornehmen will. Alles kommt uͤberhaupt darauf an, daß die innern Proſpecte des Gartens mit den aͤußern Proſpecten der Landſchaft in eine ſolche Ver - bindung geſetzt werden, daß kein Widerſpruch entſtehe, ſondern vielmehr eine ſo ſehr als moͤglich vereinte und verſtaͤrkte Wirkung erzeugt werde.

3.

Die Groͤße des Gartenplatzes hilft die ganze innere Anlage und Einrichtung aller Scenen beſtimmen. Je weiter der Umkreis iſt, deſto mehr wird, ihn zu nu - tzen, von dem Genie und der Einſicht des Gartenkuͤnſtlers erwartet. Ausgedehnt aber muß jedes zu einem guten Garten beſtimmtes Revier ſeyn, damit die verſchie - denen Auftritte nicht uͤber einander gehaͤuft werden, ſondern ſich allmaͤhlig folgen, und die Bewegungen nicht verwirren, ſondern ſie nach und nach in einer harmoniſch fort - ſchreitenden Reihe hervorbringen.

Ein Platz, der gar zu ſchmal iſt, auch wenn er eine weite Strecke gerade fort - laͤuft, hat, um einen ſchoͤnen Garten aufzunehmen, mancherley Unbequemlichkeit. Er muß, ſo viel als moͤglich, Ausdehnung von allen Seiten haben.

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4. Ein7Vom Gartenplatz.

4.

Ein Platz, der nur aus einer Ebene*)S. Theorie der Gartenkunſt, 1. B. beſteht, iſt nicht ſehr zu einem guten Garten geſchickt, weil er an ſich zu viel Einfoͤrmigkeit hat, und die kuͤnſtlichen Abaͤn - derungen zu viel Koſten erfordern. Man waͤhle eine Gegend, die zwar nicht ganz ohne Ebenen ſeyn darf, weil dieſe immer brauchbar ſind, die aber doch auch natuͤrli - che Erhoͤhungen, Vertiefungen und mancherley Abaͤnderungen hat. Eine ſolche Grundlage enthaͤlt nicht allein ſchon an ſich Abwechſelung; ſie iſt auch uͤberaus be - huͤlflich, den Gartenſcenen, die darauf angelegt werden ſollen, mehr Abaͤnderung und mehr Eindruck mitzutheilen. Es iſt Klugheit, von der Natur alle Vortheile anzunehmen, die ſie zur vollkommenern Anlage eines Gartens anbietet.

Will man die Einfoͤrmigkeit einer nackten Ebene heben, ſo ſind Blumen, Ge - ſtraͤuche, Baͤume, Waſſer und Heerden ſchickliche Mittel, dieſe Abſicht zu erreichen. Allein eine bergigte oder huͤgeligte Landſchaft**)Ebendaſ. S. 190. 191. 193. 194. u. ſ. w. S. 189. 190. iſt ſchon von der Natur mehr der Abaͤnderung und des Lebens faͤhig gemacht. Sie bietet in den beſtaͤndigen Ungleich - heiten, Kruͤmmungen und Senkungen des Bodens mehr Abwechſelung, in den Ausſichten mehr Groͤße und Mannichfaltigkeit, in den Stellungen der Baͤu - me mehr Freyes, Kuͤhnes und Auffallendes, in den Baͤchen und Waſſerfaͤllen, die nicht ruhen, mehr Belebung an.

Ein Park oder ſehr ausgedehnter Garten erfordert vornehmlich eine Land - ſchaft von mannichfaltig veraͤnderten Gegenden, Thaͤler, Huͤgel, Tiefen, Ber - ge, ſanfte Abhaͤnge und ploͤtzliche Senkungen, alles in reicher Abwechſelung. Auf einem Boden von einer ſolchen Abaͤnderung vervielfaͤltigen ſich die Ausſich - ten von ſelbſt; anders iſt es auf der Hoͤhe, anders in der Tiefe; jeder Schritt fuͤhrt auf eine neue Lage, auf ein neues Gemaͤlde, bey aller Unbeweglichkeit der Gegenſtaͤnde. Die Scenen verſchwinden und kommen wieder hervor; neue ver - huͤllen die alten; die Situationen aͤndern unaufhoͤrlich ab. Man ſteigt, und der Horizont erweitert ſich von allen Seiten; man ſieht, je hoͤher man kommt, die Gegenden ſinken und ſich verlieren; die blaue Decke des Himmels dehnt ſich in die Unermeßlichkeit aus, und an ihrem Saum verbleicht das Licht des Tages in den Dunſt der Ferne; Erſtaunen und Bewunderung fuͤllen die Seele. An ihre Stelle treten bald ſanftere Bewegungen, indem man in die Tiefe wieder hinabſteigt. Der Himmel ſelbſt ſcheint zuruͤckzuweichen, wenigſtens ver -birgt8Erſter Abſchnitt. birgt ſich ein Theil ſeines ſchoͤnen Anblicks hinter den Anhoͤhen; die Abhaͤnge leiten auf Wieſen, auf Waldungen, auf Seen. Alle dieſe Veraͤnderungen giebt allein die natuͤrliche Beſchaffenheit des Bodens, wodurch die Mannichfaltigkeit der Gegenſtaͤnde und der Ausſichten ſelbſt noch vermehrt wird. Von den Un - gleichheiten des Bodens haͤngt ein großer Theil des Lebens in der Natur ab: ohne ſie wuͤrde das Waſſer nur in Seen und Teichen ruhen; wir wuͤrden nicht die muthwilligen Spiele des Bachs ſehen, nicht den ſchnellen Waſſerfall rau - ſchen hoͤren.

Unendlich abwechſelnd iſt die Natur in der Manier, die verſchiedenen Beſchaffenheiten des Bodens zu verbinden; in dieſer immer neuen Zuſammenſe - tzung liegt eine unerkannte Quelle ihres unerſchoͤpflichen Reizes. Der Garten - kuͤnſtler ſehe immer auf dieſe Lehrerinn; und wo er den Boden zu theilen, zu erhoͤhen, zu vertiefen, wo er neue Verbindungen der Theile zu machen hat, da wa - ge er nie einen Schritt, ohne vorher die Natur genau beobachtet zu haben.

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5.

Man unterſuche vornehmlich den natuͤrlichen Charakter einer Gegend, die man zu einem Garten bearbeiten will, um ſich nach dieſem Charakter zu bequemen und von ihm allen Gebrauch zu machen, der nur verſtattet wird. Dieſe Regel iſt nur ſelten beobachtet. So viele gemeine Gaͤrtner ſind gleich mit Planen und Riſſen fer - tig, ehe ſie noch wiſſen, wo ein Garten angelegt werden ſoll. So viele Architektur - lehrer zeichnen Gaͤrten vor, ohne die geringſte Ruͤckſicht auf die Verſchiedenheiten des Bodens, die man geſehen, die man beurtheilt haben muß, ehe die Hand ſich an eineZeichnung9Vom Gartenplatz. Zeichnung wagen darf. Daher immer nur aufs Papier und nie auf das Land geſehen; daher die ewige Einfoͤrmigkeit, die uͤberall ihr trauriges Anſe - hen uͤber die europaͤiſchen Gaͤrten verbreitete, weil man es nie ſich einfallen ließ, den zu Rathe zu ziehen, der am beſten unterrichten konnte, den Genius des Erd - bodens.

Nicht genug kann es eingeſchaͤrft werden, daß man der Natur folgen, nicht aber ſie mit gemisbrauchter Arbeit und Koſten verderben, nicht, in der Abſicht zu verſchoͤnern, ſeltſame Verunſtaltungen erzwingen ſoll; daß man den Plan zur Anle - gung eines Gartens nicht nach einem einzelnen Modell, das gefallen hat, ent - werfen, ſondern allemal Ruͤckſicht auf die beſondere Beſchaffenheit der Gegend nehmen ſoll, worin man bauet. Bey dieſem Verfahren wird man mehr der Natur getreu bleiben; mehrere Gaͤrten werden ſchoͤn ſeyn, ohne genaue Copien zu werden.

Man kann Plaͤtze bereichern, die arm ſind; man kann Theile trennen und ſie wieder verbinden; man kann oͤffnen und verſchließen, Licht oder Dunkel - heit, Freude oder Trauer in eine Gegend bringen; man kann den Charakter verſtaͤrken oder ſchwaͤchen, die Wirkungen beſtimmter, feiner, intereſſanter und eindringender machen. Allein bey dieſen Kraͤften ſoll die Kunſt nie zu ver - wegenen Verſuchen ſich verirren, die Natur ganz umzukehren; ſie ſoll mehr zur Ausbildung, als zur gaͤnzlichen Umſchaffung ſie anzuwenden ſuchen. Der Zwang verdraͤngt oft die eigenthuͤmlichen Vorzuͤge eines Orts; er arbeitet wi - der den Charakter der Gegend Schoͤnheiten hinein, die es hier nicht mehr ſind, und zerſtoͤrt das Original durch die Bemuͤhung, eine Nachahmung daraus zu machen. Die Natur hat einige Gegenden, die ſich eben ſo wenig durch die Kunſt umbilden, als durch ſie hervorbringen laſſen, wie die romantiſche und die feyerliche Gegend. *)S. Theorie der Gartenkunſt, 1. B. S. 214 u. f. 220 u. ſ. w.Wie will die Kunſt alle dieſe ſeltſamen, dieſe großen Gegenſtaͤnde und ihre Verbindungen, dieſe Gebuͤrge, dieſe Felſen, dieſe Ge - waͤſſer, dieſe Ausſichten ſchaffen? Auch in unbedeutenden Gegenden, die keinen Charakter haben, in Gegenden von einer Beſchaffenheit, die der Beſtim - mung der Gaͤrten gerade entgegen geſetzt iſt, darf die Kunſt ihre Kraͤfte nicht verſchwenden; ſie wird nachhelfen, ſie wird veraͤndern koͤnnen; aber ſie wird nur ſel -ten,II Band. B10Erſter Abſchnitt. ten, und mit einem Aufwand, den der Erfolg nicht rechtfertigt, umſchaffen, ohne der Natur Eintrag zu thun, ohne Spuren ihrer Gewaltthaͤtigkeit zuruͤckzulaſſen. Man vermeide Gegenden von einem widerſtrebenden und unbezwingbaren Charakter; oder indem man in ihrer Nachbarſchaft umher folgſamere Plaͤtze bearbeitet, laſſe man ſie, wie den Schatten im Gemaͤlde, liegen.

Verſteht man ſich auf den Charakter einer Landſchaft oder einer einzelnen Gegend, ſo wird die erſte Aufmerkſamkeit auf die Bearbeitung und Verſtaͤr - kung dieſes Charakters zu richten ſeyn. Alle Anpflanzungen, Anlagen und Ver - aͤnderungen, alle einzelne Scenen der Natur ſowohl als der Kunſt ſind von die - ſer Aufmerkſamkeit abhaͤngig. Man baue einen feyer’ichen, einen romantiſchen, einen melancholiſchen, einen angenehmen, einen heitern Garten; man baue ei - nen Garten zum Genuß der Ergoͤtzungen der verſchiedenen Jahrszeiten; man baue Gaͤrten, fuͤr welche Beduͤrfniſſe, fuͤr welche Beſtimmung man wolle, ſo wird man doch immer auf den jedesmaligen Charakter der Gegend, wovon man ausgegangen iſt, wieder zuruͤckkommen muͤſſen, nie ſeine lebhafte Vorſtellung aus dem Geſichte verlieren duͤrfen.

Der natuͤrliche Charakter einer Landſchaft kann einfach oder zuſammengeſetzt ſeyn. Sie kann entweder ganz einſam, ernſthaft, melancholiſch, feyerlich, lebhaft, lachend, romantiſch, wild, traurig, fruchtbar, oͤde, frey, verſperrt u. ſ. w. ſeyn, oder aus einer Vermiſchung von dieſen Eigenſchaften beſtehen. Fuͤr Gaͤrten von einer weiten Ausdehnung, wo eine laͤngere und mannichfaltige Unterhaltung geſucht wird, hat ein zuſammengeſetzter Charakter der Landſchaft einen ſichtbaren Vorzug vor ei - nem einfachen. Man merke ſodann auf die natuͤrlichen Abtheilungen dieſes Charakters, um darnach die noͤthigen Ausbildungen und die Anlegung der Sce - nen an ihrem Orte ſo zu treffen, daß eine jede mit dem Charakter des Platzes, wo ſie ſich befindet, vollkommen uͤbereinſtimme. Denn eben aus der Beobach - tung dieſer Regel kann erſt die ſchickliche Verbindung der verſchiedenen einzelnen Charaktere eines Gartenplatzes, und daher die Vollkommenheit des Ganzen ent - ſpringen.

Gaͤrten von einem einfachen Charakter verlangen auch nur eine einzelne Gegend dieſer Art, oder wenn die Ausdehnung weiter gehen ſoll, eine Folge von mehrern ſich aͤhnlichen Gegenden, ohne eine merkliche Abweichung. Durch ihre natuͤrliche Beſchaffen - heit iſt eine Gegend ſchon zu einer beſtimmten Art von Garten vorbereitet. Schon die bloße Geſtalt des Bodens kuͤndigt, außer ſeiner mindern oder mehrern Fruchtbarkeit, auſ -ſer11Vom Gartenplatz. ſer ſeiner natuͤrlichen Bepflanzung, außer der Beſchaffenheit ſeiner benachbarten Ge - genſtaͤnde, den Garten an, der hier zu bilden iſt. *)Man vergleiche den 1. B. dieſer Theorie S. 210. 211. 214. 220.

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6.

Es iſt Pflicht des Gartenkuͤnſtlers, natuͤrliche Fehler ſeines Platzes, welche die Natur bey ihren groͤßern Beſtrebungen immer liegen laſſen konnte, zu verbeſſern oder zu verſtecken, doch ohne eine zu weit getriebene aͤngſtliche Sorgfaͤltigkeit. Alles auf - putzen und ſaͤubern wollen, beweiſet, daß man Kleinigkeiten ſchaͤtzt, wie man nur das Wichtige ſchaͤtzen ſollte; beweiſet, daß man ſich nicht erinnert, wie ſehr oft ge - ringe Nachlaͤſſigkeiten nicht blos mit der Wirkung der Schoͤnheit beſtehen koͤnnen, ſon - dern auch von ihr abgeſondert einen gewiſſen Theil des Natuͤrlichen, das immer ge - faͤllt, fehlen laſſen wuͤrden.

7.

Nicht genug kann es erinnert werden, daß man ſich vor unnoͤthigen Verwuͤſtun - gen der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde, die man auf ſeinem Gartenplatz vorfindet, zu huͤ - ten hat. Viele glauben, daß ſie erſt alles wegraͤumen muͤſſen, was die Natur wach - ſen ließ, ehe ſie ihre Anpflanzungen anfangen koͤnnen; und die Erfahrung zeigt, daß ſie weit fruͤher und gluͤcklicher ihre Abſicht erreicht haͤtten, wenn ſie der Natur mitB 2maͤßi -12Erſter Abſchnitt. maͤßigern Abaͤnderungen und Zuſaͤtzen zu Huͤlfe gekommen waͤren. Unterdeſſen daß die neuen Anpflanzungen nicht gedeihen, oder nur langſam zu einer gewiſſen Vollkom - menheit gelangen, wird man uͤber den Entwurf muͤde, oder aͤndert von Zeit zu Zeit, bis ſo viel geaͤndert iſt, daß dem Werke nicht mehr geholfen werden kann.

Vieles, das bey dem erſten Anſchein Ueberfluß oder ſelbſt Hinderniß ſcheint, laͤßt ſich bey naͤherer Betrachtung geſchickt in den Plan einflechten. Ein Baum, der ein halbes Jahrhundert zu ſeinem ſchoͤnen Wuchs brauchte, wird oft, nicht ohne eine Art von Verbrechen, einer Kleinigkeit wegen weggehauen. Ich wuͤrde ſelbſt der hun - dertjaͤhrigen Eiche mit ihrem halbverfaulten Stamme, mit ihren unfoͤrmlichen und zum Theil verdorreten Aeſten, noch ſchonen, und, wenn der Ort nicht widerſpraͤche, unter ihrem duͤrftigen Schatten eine Einſiedeley anlegen, wo Betrachtungen der Ver - gaͤnglichkeit einladen, unterdeſſen daß oben aus einer Hoͤhle eine ſympathiſirende Eule ihre Klage erhebt.

Man misdeute dieſe Bemerkung nicht. Was eine angenehme Ausſicht merk - lich ſtoͤrt, oder gar Widerſpruch erregt, das haue man weg; ſo wie uͤberhaupt der Gartenkuͤnſtler, der pflanzt, auch den Beruf hat, alles fortzuſchaffen, was zu ſtoͤr - riſch iſt, um ſich auf irgend eine Weiſe mit dem Plan ſeiner hoͤhern Verſchoͤnerung vereinigen zu laſſen. Nur ohne eine ſolche Nothwendigkeit verderbe man nichts. Daß der Herzog von Antin ein ganzes ſchoͤnes Gehoͤlz auf einmal umfaͤllen ließ, um blos einem augenblicklichen Einfall Ludewigs XIV. aufzuwarten, iſt eine bekannte Anekdote, die zur Beſchaͤmung aͤhnlicher Hofſchmeichler laͤnger bekannt zu bleiben verdient.

8.

Ueber die Graͤnzen des Gartenplatzes laſſen ſich keine beſtimmte Vorſchriften mittheilen, da ſie, theils nach der Beſchaffenheit der Gegend, theils nach der Ein - richtung und Beſtimmung des Gartens ſelbſt, einer großen Abaͤnderung unterworfen ſind; Verhaͤltniſſe, die nicht aus der Acht gelaſſen werden ſollten. So viel laͤßt ſich indeſſen allgemein behaupten, daß ſie nicht unter eine gewiſſe abgemeſſene Form, z. B. von Viereck und dergleichen, zu zwingen ſind, daß ſie nicht zu merklich abgeſtochen und genau ins Auge leuchten muͤſſen, daß ſie angenehmer ausfallen, wenn ſie ſich all - maͤhlig in die mehr nachlaͤſſige Landſchaft verlieren, ohne daß durch Mauer oder Gra - ben ein gar zu deutliches Graͤnzzeichen vorgelegt wird. Dadurch gewinnt ein Garten nicht nur ein mehr natuͤrliches Anſehen, ſondern auch mehr Schein von Groͤße. Der Anblick des Endes eines uns angenehmen Orts iſt verdrießlich, ſo wie die Vorſtel - lung, daß man da wieder umkehren muß. Aber die Ausdehnung der Ausſicht unddie13Vom Gartenplatz. die Entdeckung neuer Gegenſtaͤnde in der Ferne befriedigt auf eine fuͤhlbare Art ein Beduͤrfniß unſrer Vorſtellungskraft. Gehoͤlze, die ſich mit einer zu dreiſten Ver - ſperrung vorlagern, und beſonders durch ihre Finſterniß ein unveraͤnderliches Gefuͤhl des Traurigen und Melancholiſchen erwecken, koͤnnen nach verſchiedenen Gegenden hin durchgehauen werden; die Oeffnungen, die Zwiſchenraͤume, die geſunder durchſtrei - chende Luft, das Hervorſchimmern des Himmels oder eines andern Gegenſtandes, alles dieſes ſind Vortheile, die man ſich dadurch leicht verſchaffen kann. Je mehr uͤberhaupt durch Verhauungen, durch Erhoͤhungen oder Vertiefungen, die Ge - genſtaͤnde in der Ausſicht vervielfaͤltigt und abgeaͤndert erſcheinen, je mehr dadurch der ſchon an ſich erfriſchende und die Seele gleichſam ausdehnende Blick in die Ferne unterhalten wird, deſto mehr ſchaͤtzen wir den Gartenkuͤnſtler, der uns dies Vergnuͤ - gen zu ſchenken weiß, das wir von der Freygebigkeit der Natur zu erhalten verwoͤhnt ſind.

Ein Wald, eine Wieſe und vorzuͤglich ein See bleiben immer die angenehm - ſten Graͤnzen eines Gartens; denn dieſe Gegenſtaͤnde gefallen nicht allein ihrer Natur nach beſtaͤndig, ſondern das Auge verweilt auch gerne auf ihnen, weil es Beſchaͤfti - gung und Unterhaltung findet. Man flieht im Gegentheil von dem Ende eines Gar - tens zuruͤck, der von einem dunkeln Teich, von einem Torfmoor oder einer duͤrren Hai - de begraͤnzt wird.

Zuweilen kann der beſondere Charakter und die Beſtimmung eines Gartens er - fordern, daß ſeine Graͤnze verſperrt und aller Ausſicht in die Ferne beraubt ſey. Ein melancholiſcher Garten, ein Kloſtergarten z. B. verſenke ſich in ſein ruhiges Thal, um - ſchloſſen von einem hohen Berge oder von einem dunkeln Gehoͤlz.

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B 3Zweyter14Zweyter Abſchnitt.

Zweyter Abſchnitt. Vom Baumwerk.

1. Charakteriſtik des Baumwerks.

Die Gartenkunſt weicht in der Eintheilung der Baͤume und Straͤucher von den in der Botanik angenommenen Charakteren und Kennzeichen ab. Indem ſie die Geſchlechter und Arten des Baumwerks nach den aͤußerlichen mehr ins Auge fal - lenden Abaͤnderungen und nach dem verſchiedenen Gebrauche, der ſich davon in den Revieren der Gaͤrten machen laͤßt, beurtheilt, ſo bringt ſie dieſelben in eine neue Rang - ordnung, die von dem innern Verdienſte und von den weſentlichen Unterſchieden un - abhaͤngig iſt.

Die Baͤume und Straͤucher, wovon wir hier eine neue gartenmaͤßige Eintheilung verſuchen, ſind zum Theil bey uns in Deutſchland einheimiſch, zum Theil aus andern Laͤndern, beſonders aus Nordamerica, unter uns verpflanzt. Dieſe letztern haben nicht allein durch die Dauer unter unſerm Himmelsſtrich, ſondern auch durch den ſchnellen Wachsthum und durch die Mannichfaltigkeit, die ſie unſern Pflanzungen geben, ſeit ver - ſchiedenen Jahren eine wohlgegruͤndete Empfehlung erhalten. Sie vor unſern einheimi - ſchen uͤberſchaͤtzen, oder ſie ganz verachten, wuͤrde ein gleich ſeltſames Vorurtheil ſeyn. Viel - leicht iſt die Ueberſchreitung bisher mehr auf jene, als auf dieſe Seite hingefallen. Wie arm wuͤrden wir indeſſen nicht ſeyn, wenn wir keine Baͤume und Gewaͤchſe mehr haͤt - ten, als das rauhe Germanien in den Tagen des Tacitus beſaß, wenn alle Schaͤ - tze des Pflanzenreichs von uns zuruͤckgefordert wuͤrden, womit ſeit jener Zeit der Orient, Griechenland, Italien und Frankreich unſre Gaͤrten allmaͤhlig berei - chert haben!

Demnaͤchſt ſchraͤnken wir uns hier auf ſolche Geſchlechter und Arten ein, die nicht die Waͤrme und Pflege der Gewaͤchshaͤuſer fordern, die ihre Unterhaltung koſt - bar, weniger allgemein, und ſelbſt weniger ergoͤtzend macht, ſondern unſere Winter in freyer Luft vertragen, zuweilen nur eines beſchuͤtzenden Standes beduͤrftig.

1. Baͤume.

Bey der Eintheilung der Baͤume, welche die Gartenkunſt macht, nimmt ſie auf die Form der Staͤmme, auf die Beſchaffenheit der Zweige ſowohl als des Laub -werks,15Vom Baumwerk. werks, auf die Bluͤhten und auf die Fruͤchte Ruͤckſicht. Bey einigen Baͤumen iſt mehr als eine Art des Vorzugs oder des Unterſchiedes vereinigt, und ſie gehoͤren daher ſowohl zu dieſer als zu jener Klaſſe.

a.

Die Schoͤnheit der Staͤmme beruhet auf dem geraden, hohen und ſchlanken Wuchs, wozu bey einigen noch die ebene glatte Rinde kommt. Durch dieſe Geſtalt gewinnen uns Baͤume, ſchon einzeln da ſtehend, unſere Aufmerkſamkeit ab, und ma - chen mancherley angenehme Eindruͤcke. In dieſe Klaſſe gehoͤrt eine ziemliche Anzahl, wovon ein Theil ſich noch durch eine vorzuͤgliche Schnelligkeit ſeines Wachsthums empfiehlt.

  • Die Buche (Fagus ſylvatica. Linnaei.)
  • die Linde (Tilia europaea. L.)
  • die Fichte oder Rothtanne (Pinus abies. L.)
  • die Weißtanne, Edeltanne, Silbertanne (Pinus picea. L.)
  • die Balſamtanne (Pinus balſamea. L.)
  • die Ulme, Ruͤſter, Iper (Ulmus campeſtris. L.)
  • die Eſche (Fraxinus excelſior. L.)
  • die Lenne (Acer Platanoides. L.)
  • der gemeine weiße Ahorn (Acer Pſeudo-Platanus. L.)
  • der nordamericaniſche rothbluͤhende Ahorn (Acer rubrum. L.)
  • der virginiſche eſchenblaͤttrige Ahorn (Acer Negundo. L.)
  • die ſchwarze Pappel (Populus nigra. L.)
  • die weiße Pappel (Populus alba. L.)
  • die italieniſche Pappel (Populus nigra italica. Du Roi.)
  • der Kaſtanienbaum (Fagus Caſtanea. L.)
  • die nordamericaniſche rothe Eiche (Quercus rubra. L.)
  • die kaſtanienblaͤttrige Eiche (Quercus Prinus. L.)
  • die canadiſche weiße Fichte (Pinus Canadenſis. L.)
  • die Weymouthskiefer (Pinus Strobus. L.)
  • der americaniſche Platanus (Platanus Occidentalis. L.)

und einige andere, die zum Theil hier ausgelaſſen werden, weil ſie zu einer der andern Klaſſen im vorzuͤglichen Verſtande gehoͤren.

Baͤume dieſer Klaſſe ſind fuͤr Plaͤtze, wo Schoͤnheit der Form, Regelmaͤßig - keit und Wuͤrde ihre Einfluͤſſe beweiſen ſollen. Sie ſchicken ſich beſonders fuͤr Zugaͤn - ge, fuͤr Alleen, fuͤr Luſtwaͤlder, zur Bekleidung der Anhoͤhen, in der Nachbarſchaft edler Wohngebaͤude und Tempel, bey feyerlichen Scenen. Schon der Anblick ge -rader16Zweyter Abſchnitt. rader und ſchlanker Staͤmme bringt ein ergoͤtzendes Wohlgefallen, indem er den Be - griff von jugendlichem Wohlſeyn, von Staͤrke und Muth mit ſich fuͤhrt. Die Schnel - ligkeit und Groͤße des Wachsthums erfreuet und erweitert die Seele, und mit der Hoͤ - he, die das Auge in den Wolken mißt, erhebt der Geiſt auch ſeine Ausſichten. Bey Erſtaunen und Verwunderung, bey jedem Gedanken, der die Seele ſtark ruͤhrt, bey den freudigen Gefuͤhlen der Andacht, ſind wir gewohnt, die Blicke zu erheben. Man empfindet es, daß der Geiſt an der koͤrperlichen Erhebung gern vertraulichen Antheil nimmt, ſich dadurch mit verſtaͤrkt und leichter emporſchwebt.

b.

In Anſehung der Beſchaffenheit der Zweige laſſen einige Baͤume ſie in die Hoͤhe ſchießen, als:

  • der Mandelbaum (Amygdalus communis. L.)
  • viele Weiden, als
  • die Lorbeerweide (Salix pentandra. L.)
  • die Buſchweide (Salix triandra. L.)
  • die Bachweide (Salix Helix. L.)

Andre ſperren die Zweige von einander, als

  • der Lebensbaum (Thuja occidentalis. L.)
  • die ſchoͤne Ceder vom Libanon (Pinus Cedrus. L.)

Noch andre laſſen ſie herabhaͤngen, als

  • die babyloniſche Weide (Salix babylonica. L.)
  • die Birke (Betula alba. L.)
  • der Lerchenbaum (Pinus Larix. L.)

Bey dieſer verſchiedenen Beſchaffenheit der Zweige ſind die letztern beſonders merk - wuͤrdig, indem ſie in einſamen, zur Melancholie beſtimmten Gegenden einen ſehr gu - ten Eindruck machen. Das traurige Herabhaͤngen der Zweige von dieſen Baͤumen ſcheint eine Bezeichnung ihres ſympathetiſchen Gefuͤhls zu ſeyn, und die Wirkung verſtaͤrkt ſich, wenn ſie bey Urnen, bey Grabmaͤlern mit andern Baͤumen von einem ſehr dunkeln Laubwerk vermiſcht werden.

c.

In Ruͤckſicht auf die Beſchaffenheit des Laubwerks der Baͤume bemerken wir zuvoͤrderſt den Reichthum und die Groͤße deſſelben:

  • in unſerer Buche (Fagus ſylvatica. L.)
  • in der Linde (Tilia europaea. L.), die ihres ſchnellen Wuchſes, ihrer ſuͤßduftigen Bluͤhte und herrlichen Belaubung wegen einer unſerer ſchoͤnſten einheimiſchen Baͤume iſt;
beſonders17Vom Baumwerk.
  • beſonders in der americaniſchen ſchwarzen Linde (Tilia Americana. Miller.)
  • in der americaniſchen rothen Eiche (Quercus rubra. L.), die wegen ihres uͤberaus großen hellgruͤnen Laubes vor allen Arten vorzuͤglich unter uns angezogen zu werden verdient;
  • in der Magnolia (Magnolia grandiflora. L.), die in der Folge noch eine beſon - dere Stelle erhalten wird;
  • in dem Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera. L.), einem der ſchoͤnſten nord - americaniſchen Baͤume, den die Geſchwindigkeit ſeines Wachsthums em - pfiehlt, die Hoͤhe, die er erreicht, das große herrliche Laub, das ihm ein praͤchtiges Anſehen giebt, und ſeine gruͤngelbliche mit Orange ſchattirte Blu - men, die, der Groͤße und Bildung nach den Tulpen aͤhnlich, ihn einige Wochen hindurch bedecken;
  • in dem americaniſchen Platanus (Platanus occidentalis. L.), der ſchnell in die Hoͤ - he ſchießt, und ſein Haupt mit dem reichen und ungemein großen Laube um - woͤlbt;
  • in der Roßkaſtanie (Aeſculus Hippocaſtanum. L.)
  • dem Ulmbaum (Ulmus campeſtris. L.)
  • und dem virginiſchen Ahorn (Acer Negundo. L.).

Die Natur hat dieſe Baͤume zur Beſchattung, alſo fuͤr Sommerſcenen, kuͤhle Ruhe - plaͤtze, einſame Sitze, Speiſeſaͤle u. ſ. w. beſtimmt.

d.

Andere Baͤume unterſcheiden ſich durch die Duͤnnigkeit, Leichtigkeit und Luͤftigkeit des Laubwerks, als

  • die Birke (Betula alba. L.)
  • die Weißtanne (Pinus picea. L.)
  • die Fichte oder Rothtanne (Pinus abies. L.)
  • die Eſpe (Populus tremula. L.)
  • der Lerchenbaum (Pinus Larix. L.)
  • die Balſamtanne (Pinus balſamea. L.)
  • die weiße Pappel (Populus alba. L.)
  • der americaniſche Schotendorn (Robinia pſeudoacacia. L.)
  • und der ſtrauchartige Tamariskenbaum (Tamarix germanica. L.).

Wo keine Bedeckung noch Beſchattung erfordert wird, wo offene und luftige Durch - ſichten, unverhinderte Einfaͤlle des Sonnenlichts, Heiterkeit und Freyheit herrſchen ſollen, da giebt die Natur auf die angezeigten Baͤume einen Wink.

II Band. Ce. Dun -18Zweyter Abſcnitt.

e.

Dunkelheit des Laubes macht eine neue Abaͤnderung in

  • der gemeinen Eller (Betula alnus. L.)
  • dem Taxbaum (Taxus baccata. L.)
  • der ſchwarzen Eiche (Quercus nigra. L.)
  • der Balſampappel (Populus balſamea. L.)
  • der Blutbuche (Fagus ſylvatica, foliis atro · rubentibus. Du Roi.)
  • der ſchwarzen Maulbeere (Morus nigra. L.)
  • und dem Sumachbaum (Rhus coriaria. L.).

Melancholiſche Scenen, Gaͤnge und Plaͤtze, dem Nachdenken und der Wehmuth ge - widmet, Einſiedeleyen, Urnen und andere Denkmaͤler des Schmerzes und der Trau - rigkeit rufen Baͤume der angefuͤhrten Art, deren ſchwarzgruͤne Farbe der Phan - taſie zu Huͤlfe eilt, zur Verzierung, Beſchattung und Verſtaͤrkung ihrer Eindruͤcke herbey.

f.

Durch das Heitere und Glaͤnzende ihres Laubes empfehlen ſich einige Baͤu - me vorzuͤglich zu mancherley Scenen des Vergnuͤgens; denn Licht und Glanz iſt das Ei - genthum der Freude. Dahin gehoͤren

  • unſre Sommerlinde (Tilia europaea. L.)
  • die junge Buche (Fagus ſylvatica. L.)
  • die Hainbuche (Carpinus Betulus oder vulgaris. L.)
  • die Birke (Betula alba. L.)
  • die Lenne oder Ruͤſter (Acer Platanoides. L.)
  • der geſtreifte Ahorn (Acer ſtriatum. Du Roi.)
  • der virginiſche eſchenblaͤttrige Ahorn (Acer Negundo. L.)
  • die ſchwarze Pappel (Populus nigra. L.)
  • die Lorbeerweide (Salix pentandra. L.)
  • die virginiſche Cypreſſe mit Acacienblaͤttern (Cupreſſus diſticha. L.)
  • die weiße Eiche (Quercus alba. L.)
  • die burgundiſche Eiche (Quercus cerris. L.)
  • und die rothe Eiche (Quercus rubra. L.).

Verſchiedene Baͤume haben zwar glaͤnzende Blaͤtter, aber dabey eine dunkle Farbe, die dieſem Glanze eher etwas Melancholiſches, als Heiteres giebt. Dies iſt der Fall bey

  • der aͤltern Birke, vorzuͤglich der mit der braunen Rinde,
  • der Eller (Betula alnus. L.)
der19Vom Baumwerk.
  • der Zwergbirke (Betula nana. L.),[welche] in den Gaͤrten zu einer anſehnlichen Hoͤ - he erwaͤchſt,
  • und dem Lobeerbaum (Laurus nobilis. L.).

g.

Die maleriſche Abaͤnderung der Farben in dem Laubwerk einiger Baͤume giebt einen neuen Unterſchied. Hieher gehoͤren, außer einer Menge von Baͤumen, die man mit ſchattirten oder ſogenannten vergoldeten Blaͤttern findet,

  • einige Arten von Ahorn, die ein abwechſelndes ſchoͤn geſchecktes Laubwerk haben, mit hellen, dunkelgruͤnen, gelblichen und blaͤulichen Schattirungen;
  • beſonders der rothbluͤhende virginiſche Ahorn (Acer rubrum. L.), dunkelgruͤn und glaͤnzend auf der obern Flaͤche, auf der untern meergruͤn-weißlich, woher er ein ſilberfarbenes Anſehen gewinnt;
  • die ſcheckige Eiche (Quercus vulgaris foliis ex albo variegatis. L.), bey welcher nicht allein die Blaͤtter ganz ſcheckig und mit vielen weißen Flecken beſetzt, ſondern auch die jungen Zweige mit gelblichen und roͤthlichen Streifen ge - ziert ſind;
  • der Kaſtanienbaum mit vergoldeten Blaͤttern (Caſtanea foliis ex aureo elegan - ter variegatis. L.);
  • die americaniſche weiße Eller (Alnus incana. L.) hat weiße gleichſam mit Mehl beſtreute Blaͤtter;
  • die Caneelkirſche (Cornus mas. L.), eine Varietaͤt mit ſchoͤn vergoldetem Laube.

Bey andern Baͤumen aͤußert ſich blos im Herbſt eine angenehme Veraͤnderlichkeit des Laubwerks, da ſich alsdann gemeiniglich das Gruͤn in ein ſchoͤnes Roth verwandelt, als bey

  • der americaniſchen Scharlacheiche (Quercus rubra. L.)
  • dem virginiſchen Ahorn (Acer rubrum. L.)
  • dem Storarbaum (Liquidambar ſtyracifol. L.)
  • dem Hartriegel (Cornus ſanguinea. L.), einem hohen baumartigen Strauch, deſ - ſen Blaͤtter der Herbſt mit Blut zu traͤnken ſcheint;
  • dem Gerberbaum (Rhus coriaria. L.), deſſen rothe Fruchtkolben die Farbe der Blaͤtter noch mehr erhoͤhen;
  • der Stechpalme (Ilex aquifolium. L.), die im Herbſt vergoldete Blaͤtter bekoͤmmt.

Man hat auch Abaͤnderungen, die beſtaͤndig vergoldete Blaͤtter haben.

Zu einer ganz veraͤnderten Scene giebt auch

  • die weiße Pappel Anlaß, deren Blaͤtter ſich gegen den Herbſt umkehren und ihre weiße Unterflaͤche zeigen, ſo daß der ganze Baum beſchneit zu ſeyn ſcheint.
C 2Alle20Zweyter Abſchnitt.

Alle dieſe Arten nehmen ſich beſonders in herbſtlichen Scenen aus, und geben ei - ne ergoͤtzende Ausſicht, zumal wenn ſie mit andern Baͤumen, die alsdann noch ihr gruͤnes Laub haben, geſchickt verbunden werden.

Uebrigens empfehlen ſich Baͤume mit abaͤnderndem Laubwerk zu Pflanzungen, worin man eine ſich auszeichnende Verſchiedenheit ſucht, zu romantiſchen Revieren, die ein ſeltſames und wunderbares Anſehen fordern, wo man uͤberraſchen oder durch den Contraſt einen auffallenden Eindruck machen will.

h.

Die Beſtaͤndigkeit des Laubes, wodurch ſich viele Baͤume auszeichnen, macht ſie fuͤr Wintergaͤrten ſehr geſchickt, und die Natur hat durch dieſe Klaſſe wohl - thaͤtig fuͤr eine Jahreszeit geſorgt, wo in dem ganzen Pflanzenreich alles welket, da - hinfaͤllt und nicht mehr iſt. Als immergruͤnende Baͤume behalten ihr Laubwerk:

  • die Fichte, Rothtanne, Pechtanne (Pinus abies. L.)
  • die Weißtanne oder Silbertanne (Pinus picea. L.)
  • die gemeine Fuhre, Fichte, oder Kiefer (Pinus ſylveſtris. L.)
  • die Hemlockstanne (Pinus Canadenſis. L.)
  • die dreyblaͤttrige Frankincenſe-Fuhre oder Weihrauchbaum (Pinus taeda. L.)
  • die Zirbelnuß (Pinus cembra. L.)
  • die Weymouthtsfuhre (Pinus Strobus. L.)
  • die Balſamtanne (Pinus balſamea. L.)
  • der gemeine Lebensbaum (Thuja occidentalis. L.)
  • der chineſiſche Lebensbaum (Thuja orientalis. L.)
  • der wilde Lorbeerbaum (Laurus ſylveſtris. L.), etwas zaͤrtlich, aber von einem ſchoͤnen Anſehen mit glaͤnzenden Blaͤttern;
  • die Ceder von Libanon (Pinus Cedrus. L.)
  • die virginiſche rothe Ceder (Juniperus Virginiana. L.), deren dunkelgruͤne Blaͤtter bey eintretender Kaͤlte purpurfarbig, beynahe violett werden, welche Veraͤnde - rung bis zum Fruͤhjahr dauert;
  • die weiße Ceder (Cupreſſus Thyoides. L.)
  • die barbadiſche Ceder (Juniperus Barbadenſis. L.)
  • die bermudiſche Ceder (Juniperus Bermudiana. L.)
  • der große Wacholderbaum mit braͤunlichen Beeren (Juniperus oxycedrus. L.)
  • die phoͤniciſche Ceder (Juniperus Phoenicia. L.)
  • der Sadebaum, oder Sevenbaum (Juniperus Sabina. S.)
  • die lyciſche großbeerichte Ceder (Juniperus Lycia. L.)
  • der hochſtaͤmmige Buxbaum (Buxus ſempervirens. L.)
die21Vom Baumwerk.
  • die Stechpalme (Ilex aquifolium. L.), die leicht zu einem Baum waͤchſet, mit glattem und ſchlankem Stamm, mit ſteifem, rauſchenden, glaͤnzenden, aber dunkeln Laubwerk, mit ſcharlachrothen leuchtenden, oder ſchoͤnen gelben, auch weißen Beeren;
  • der Kirſchlorbeerbaum (Prunus Lauroceraſus. L.) mit breiten, dicken, dunkel - gruͤnen, glaͤnzenden Blaͤttern und Wohlgeruch;
  • der Erdbeerbaum (Arbutus Unedo. L.), der buſchweiſe waͤchſt, und laͤngliche oben glaͤnzende, umher ausgezackte Blaͤtter hat; er bluͤhet im Herbſt, und zu - gleich wird die im vorigen Jahr angeſetzte Frucht reif; die ſcharlachrothen Beeren leuchten unter den weißen in großen Trauben haͤngenden Bluͤhten, und bilden einen ſehr ſchoͤnen Anblick;
  • der Taxbaum, Eibenbaum (Taxus. L.), mit mattem, todten, ins Braune fallenden Gruͤn.

i.

In Abſicht auf die Bluͤhte der Baͤume kommt es hier theils auf die Schoͤn - heit der Farbe, die in dem Hellen, Lebhaften und Mannichfaltigen beſteht, theils auf die Anmuthigkeit des Geruchs an; vermoͤge dieſer Eigenſchaften ſchicken ſie ſich uͤberhaupt fuͤr angenehme und heitre Scenen.

Die Zeit der Bluͤhte beſtimmt, ob eine Baumart fuͤr eine Scene des Fruͤh - lings oder des Sommers gehoͤrt. Doch prangt die Jugend des Jahrs vorzuͤglich mit dieſen Schoͤnheiten.

Die meiſten Obſtbaͤume reizen durch die Schoͤnheit und die Suͤſſigkeit ihrer Bluͤhte mehr, als die wilden Staͤmme. Die ſchoͤnbluͤhenden Pfirſichbaͤume, die Apricoſenbaͤume, die Mandelbaͤume, eilen voraus; ihnen folgen die mit ihren weißen Bluͤhten uͤberſchneiten Kirſchbaͤume, die Aepfelbaͤume, und die uͤbrigen Geſchlechter in der einem jeden abgemeſſenen Zeit und Ordnung. Der Anblick ihrer Bluͤhte, de - ren Schoͤnheit bey den Pfirſichbaͤumen und Aepfelbaͤumen ſchon allein ihre Anpflan - zung empfehlen koͤnnte, erfreut deſto mehr, da er die Erwartung ſo vieler ſchmackhaf - ten Fruͤchte unterhaͤlt.

Außerdem ergoͤtzen verſchiedene wilde Baͤume durch ihre Bluͤhten, ohne zugleich mit der Hoffnung angenehmer Fruͤchte zu ſchmeicheln. Mit unſern bekannten Linden und Roßkaſtanien ſind hierbey zu merken:

  • die große Magnolia (Magnolia grandiflora. L.). Dieſer Baum gehoͤrt mit dem Tulpenbaum und der Plumeria, nach meiner Einſicht, zu den herrlichſten ame - ricaniſchen Baͤumen, die eine Anpflanzung bey uns verdienen. Alle Arten von Magnolia ſind ſchoͤne Baͤume mit großen weißen Blumen. Die caro -C 3liniſche22Zweyter Abſchnitt. liniſche große Magnolia (Magnolia grandiflora foliis lanceolatis. L. Bie - berbaum, Tulpenlorbeerbaum,) hat die groͤßten Blumen von einem Schuh im Durchſchnitt. Die praͤchtigen Blumen duſten den ſuͤßeſten, eine ganze Gegend fuͤllenden Geruch aus, der ſich in America auf eine deutſche Vier - telmeile weit verbreitet, und erhalten ſich einige Wochen. Die obere Flaͤ - che der Blaͤtter iſt grasgruͤn, die untere blauweißlich. Der Baum hat ge - meiniglich eine ſchoͤne Krone, und ſo viel Blaͤtter, daß weder Sonnenſtral noch Regen durchdringen. Zu beklagen iſt es, daß dieſe Art der Ma - gnolia ſich bey uns ſo ſchwer ziehen laͤßt. Beſſer koͤmmt die virginiſche ſchmalblaͤttrige Magnolia (Magnolia glauca. L.) bey uns fort, die kleinſte, deren Blaͤtter ins Weißblaͤuliche fallen.
  • Die rothe Plumeria (Plumeria rubra. L. Trew Decur. Ehret. Tab. 41.), ein noch wenig bekannter americaniſcher Baum, deſſen praͤchtige, große, ro - ſenfarbige Blumen mit dem ſtaͤrkſten jasminartigen Geruch ſeine Anpflan - zung empfehlen;
  • die Pavia (Aeſculus Pavia. L.), oder die caroliniſche rothbluͤhende Roßkaſtanie, mit angenehmen, rothen oder gelblichen ſtraußweiſe ſtehenden Blumen;
  • der breitblaͤttrige Bohnenbaum (Cytiſus Laburnum. L.) mit ſchoͤnen hellgelben Blumen in langen herunterhangenden Straͤußen;
  • der ſpaniſche Genſter (Geniſta Hiſpanica. L.), der, faſt ganz von Blaͤttern ent - bloͤßt, gelbe ſchotenfoͤrmige, wohlriechende Blumen hat;
  • der Schuſſerbaum (Guilandina dioica. L.), ein canadiſcher ſchoͤn belaubter Baum mit vortrefflichen blauen Blumen;
  • der Loͤffelbaum (Kalmia latifolia et anguſtifolia. L.), der breitblaͤttrige und ſchmalblaͤttrige, mit ſchoͤnen Blumen, die den groͤßten Theil des Sommers hindurch bluͤhen;
  • der roͤthlich bluͤhende Schotendorn (Robinia hiſpida. L.) erhaͤlt von ſeinen pur - purfarbenen Blumen ein herrliches Anſehen, und ſeine Zweige ſind uͤberall mit roͤthlichen weichen Stacheln beſetzt;
  • der ſibiriſche Erbſenbaum (Robinia Caraganna. L.), ein kleiner Baum mit licht - gruͤnen Blaͤttern und gelben Blumen, die ſich ſchon zu Ende des Aprils zeigen;
  • der americaniſche Schotendorn (Robinia pſeudoacacia. L.), ein ziemlich hoher, ſchlanker und geſchwind wachſender Baum, deſſen große Trauben von Blu - men mit jasminartigem Geruch, und leichtes gefiedertes Laub von einem ange - nehmen Gruͤn, nebſt den rothen aufgeblaſenen Schoten, welche die Scene auf eine angenehme Art veraͤndern, ihm ein ſehr ſchoͤnes Anſehen geben;
der23Vom Baumwerk.
  • der Mehlbeerbaum (Crataegus Aria. L.), ein hoher Baum, deſſen Blaͤtter gleich - ſam mit Mehl beſtreut ſind, und deſſen kleine weiße Blumen in großen Buͤ - ſchlen haͤngend einen ſuͤßen Geruch aushauchen;
  • der wilde Oelbaum, oder Paradiesbaum, (Elaeagnus anguſtifolia et latifolia. L.) hat weiße, ſilberfarbene, glaͤnzende Blaͤtter, und wird uͤberall mit kleinen gelben Blumen bedeckt, die mit ihrem ſtarken ſuͤßen Geruch eine ganze Ge - gend einnehmen;
  • der Elsbeerbaum (Crataegus torminalis. L.), der eine Menge weißer Blumen in großen aͤſtigen Buͤſcheln traͤgt;
  • der Quitſchenbaum, oder Vogelbeerenbaum, (Sorbus aucuparia. L.) empfiehlt ſich durch große Buͤſchel von weißen wohlriechenden Blumen;
  • die Vogelkirſche (Prunus Padus. L.) mit langen Trauben von weißen Blumen;
  • der Schneeballenbaum (Viburnum Opulus roſeum. L.), der eine Menge kugel - foͤrmig zuſammengedraͤngter Bluͤhten traͤgt.

Alle dieſe Baͤume ſind Zierden in Fruͤhlingspflanzungen. Durch die Schoͤnheit ih - rer Farben gefallen ſie an Plaͤtzen, wo eine vorzuͤgliche Heiterkeit herrſchen ſoll, die beſonders der Ergoͤtzung gewidmet ſind. Ihr Wohlgeruch macht ſie geliebt bey Scenen der Ruhe, bey Luſthaͤuſern, wo man oft verweilt, bey Speiſeſaͤlen, bey Studierkabinetten, bey Baͤdern.

k.

Die aͤußerliche Schoͤnheit der Fruͤchte, wodurch ſie angenehm ins Auge fallen, wird theils durch die Geſtalt oder Form, theils durch die Farbe beſtimmt, vornehmlich durch dieſe letzte.

Fruͤchte von einer grasgruͤnen Farbe, wie einige Pflaumarten, von einer dunkeln, braunen oder grauen Farbe, wie einige Arten von Aepfeln und Bir - nen, nehmen ſich nicht ſonderlich an den Baͤumen aus. Im Gegentheil reizen die hellen, reinen und lebhaften Farben, das Fleiſchfarbige, Gelbe, Rothe, Roͤth - liche mit ihren mannichfaltigen Schattirungen und Miſchungen, z. B. die Apriko - ſen, Pfirſiche, Kirſchen und verſchiedene Arten von Aepfeln und Birnen, die zwi - ſchen den gruͤnen Blaͤttern glaͤnzen, auf eine anziehende Art das Auge.

In Anſehung der Fruͤchte beſtimmt es die Zeit der Reife, in welches Re - vier der Jahrszeiten die Baͤume zu verpflanzen ſind; die meiſten gehoͤren in Sce - nen des Sommers und des Herbſtes.

Uebrigens24Zweyter Abſchnitt.

Uebrigens hat die Natur ſelbſt durch eine verſchwendriſche Mannichfaltigkeit von geſunden und koͤſtlichen Baumfruͤchten fuͤr das Vergnuͤgen des Menſchen ge - ſorgt. *)In dem Verzeichniſſe von den ver - kaͤuflichen Obſtarten der Carthaͤuſer zu Pa - ris (Catalogue des plus excellens fruits, qui ſe cultivent dans les Pépinieres des Chartreux. Paris. 8. 1767. ) finden ſich al -lein 39 Aepfelarten, eben ſo viele Pflaum - arten, 40 Pfirſicharten und 100 Birnar - ten; und doch iſt dieſes reiche Verzeichniß noch ſehr unvollſtaͤndig.

[figure]

2. Straͤucher.

Straͤucher ſind von Baͤumen vornehmlich dadurch unterſchieden, daß ſie mehr als einen Stamm aus der Erde und uͤberall Zweige treiben; demnaͤchſt iſt ihr Wuchs niedriger. Die Natur liefert von ihnen in allen Weltgegenden einen großen Reich - thum, und es laͤßt ſich davon in Gaͤrten ein mannichfaltiger Gebrauch machen. Sie empfehlen ſich bald durch ihre Blaͤtter, bald durch ihre Bluͤhten, bald durch ihren Wohlgeruch, und andere Eigenſchaften mehr.

Die Straͤucher dienen zuvoͤrderſt, der Abwechſelung wegen, zu kleinen Buſch - werken und niedrigen Pflanzungen; zur Bekleidung der Gemaͤuer, der Gartenhaͤuſerund25Vom Baumwerk. und kleinen Cabinette; zur Woͤlbung der Lauben; zur Umſchattung und Umduftung der Ruheplaͤtze; zur Ausſchmuͤckung der Luſtwaͤlder; zur Beſetzung der Spaziergaͤn - ge und Einfaſſung; endlich zur charakteriſtiſchen Bezeichnung und Verzierung der ver - ſchiedenen Scenen des Fruͤhlings, des Sommers und des Herbſtes. Einige tragen eßbare Fruͤchte; andere verdienen ihren Platz durch Bluͤhte und Wohlgeruch. Die wilden laſſen ſich mit den fruchttragenden auf mannichfaltige Weiſe verbinden; und wenn ſie oft an ſich ſelbſt keine erhebliche Gegenſtaͤnde ſind, ſo ſind ſie doch treffliche Mittel zur Verſchoͤnerung des Ganzen.

Hier folgt ein kleines Verzeichniß, das nach ſeiner Abſicht keine Vollſtaͤndigkeit verlangt, und nur dem noch unerfahrnen Liebhaber ſowohl die Mannichfaltigkeit als auch den Gebrauch der Staͤucher zeigen ſoll.

Zuerſt verſchiedene Arten von Straͤuchern:

  • die Weinroſe (Roſa eglanteria. L.) mit gelben Blumen, die ſowohl als die Blaͤt - ter einen ſuͤßen angenehmen Geruch weit umher verbreiten;
  • die wohlriechende Roſe (Roſa rubiginoſa. L.) mit fleiſchfarbenen Blumen und ei - nem angenehmen, wohlriechenden, glaͤnzenden Laube;
  • die Feldroſe (Roſa ſpinoſiſſima. L.), ein niedriger Strauch mit weißen, unten gelblichen, bisweilen aber rothen Blumen von angenehmem Geruch;
  • die gemeine wilde Roſe (Roſa canina. L.) hat gemeiniglich weiße, zuweilen hell - fleiſchfarbene oder roͤthliche Blumen ohne Geruch;
  • die große Hagebuttenroſe (Roſa villoſa. L.) mit hellrothen Blumen und wolligten Blaͤttern;
  • die niederſaͤchſiſche ſtark wuchernde gefuͤllte Roſe (Roſa foecundiſſima. Munchh. ): der Strauch waͤchſet bis zu vierzehn Fuß hoch; die Blume, die dieſer Ro - ſenſtrauch in vorzuͤglich großer Menge traͤgt, erſcheint fruͤh, iſt hellroth, ge - fuͤllt, und von einem ſuͤßlichen, nicht ſtarken Geruche;
  • die zweyblumige Roſe ohne Stacheln (Roſa inermis. L.) traͤgt einzelne hellrothe Blumen zweymal, naͤmlich im Fruͤhjahr und im Auguſt;
  • die immergruͤne Roſe (Roſa ſempervirens. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern, die im Winter bleiben, und einfachen, weißen, ſtarkduftenden Blumen, die in Buͤ - ſcheln vom Auguſt bis zum October bluͤhen;
  • die gelbe gefuͤllte Roſe (Roſa lutea multiplex. Bauh.), eine Abaͤnderung mit klei - nern ſchoͤn gefuͤllten Blumen, aber ohne Geruch;
  • die tuͤrkiſche Roſe (Roſa punicea. Mill.): die Blumenblaͤtter ſind auswaͤrts gelb, inwendig feuerroth und fallen lebhaft in die Augen;
II Band. Ddie26Zweyter Abſchnitt.
  • die Zimmtroſe (Roſa cinnamomea. L.), ſowohl mit einfachen, als auch mit ge - fuͤllten Blumen, die pupurroͤthlich und nicht ſehr groß ſind, aber einen zim - metartigen Geruch haben;
  • die Provinzroſe (Roſa provincialis. Mill.) mit einfachen hochrothen und großen Blumen von einem ſtarken und angenehmen Geruch;
  • die Sammetroſe (Roſa holoſericea. Du Roi. ), ſowohl einfach als gefuͤllt, mit ei - ner dunkeln Purpurfarbe, die dem Sammet gleicht, und einem angenehmen Geruch;
  • die virginiſche Roſe (Roſa Virginiana. Mill.) mit einfachen blaßrothen Blumen ohne Geruch;
  • die caroliniſche Roſe (Roſa Carolina. L.) mit hellrothen, ſchoͤn gefuͤllten, wohlrie - chenden Blumen, die ſpaͤt im Auguſt erſt erſcheinen;
  • die niedrige pimpinellblaͤttrige Roſe (Roſa pimpinellifolia. L.): der Strauch er - hebt ſich nicht viel uͤber einen Fuß; er bringt einfache und bleichrothe Blu - men in Menge, und hat dichtes Laub;
  • die weiße Roſe (Roſa alba. L.), einfach und gefuͤllt; und uͤberall bekannt.
  • die blaſſe niederlaͤndiſche Roſe (Roſa Belgica. Mill.): die Blumenblaͤtter ſind aus - waͤrts weißlich, auf der andern Seite fleiſchfarbig; ſie bedecken den ganzen Strauch, ſind mittelmaͤßig gefuͤllt, und ſtreuen einen ſuͤßlichen Geruch umher;
  • die Biſamroſe (Roſa moſchata. Mill.) hat eine blaßrothe Farbe, iſt ſchoͤn ge - fuͤllt und von einem angenehmen Geruch;
  • die Centifolienroſe (Roſa centifolia. L.) fuͤhrt dieſen Namen wegen ihrer haͤufigen hellrothen Blumen;
  • die Damaſcenerroſe (Roſa Damaſcena. Mill.) hat gefuͤllte Blumen von einem beſon - ders ſtarken angenehmen Geruche;
  • die italieniſche kletternde Roſe (Roſa ſcandens. L.) hat weiße einfache, ſtark rie - chende Blumen, die einen großen Theil des Sommers hindurch dauern, und hellgruͤne, im Winter nicht abfallende Blaͤtter;
  • die Zuckerroſe oder Eſſigroſe (Roſa Gallica. L.) mit Blumen von dunkler erhabe - ner Farbe und vorzuͤglich kraͤftigem Geruch;
  • der weiße Jasmin (Jasminum officinale. L.) mit der weißen ſuͤßduftigen Blume;
  • der indiſche Jasmin (Jasminum Azoricum. L.) mit großen roͤthlichen Blumen;
  • der gelbe italieniſche Jasmin (Jasminum humile. L.), ein niedriger, immergruͤ - ner Strauch;
  • der gelbe wohlriechende Jasmin (Jasminum odoratiſſimum. L.) waͤchſt zu einem kleinen Baum und hat Blumen von einem angenehmen Geruch;
der27Vom Baumwerk.
  • der beerentragende gelbe Jasmin (Jasminum fruticans. L.) mit kleinen gelben Blumen ohne merklichen Geruch, und mit Blaͤttern von einem ſchoͤnen glaͤn - zenden dunkeln Gruͤn; der Strauch gehoͤrt zu den immergruͤnenden;
  • der gemeine blaue ſpaniſche Hollunder (Syringa vulgaris. L.) mit ſeinen blauen Blumen in großen Straͤußen und von einem angenehmen Geruch.
  • der weiße ſpaniſche Hollunder (Syringa flore albo. Tournef. ) mit weißen wohl - riechenden Blumenbuͤſcheln;
  • der rothe ſpaniſche Hollunder (Syringa flore ſalutari purpureo. Tournef. ) hat Blumen von rother Farbe;
  • der ſpaniſche rainweidenblaͤttrige Hollunder (Syringa Perſica. Tournef. ) hat Blumen von einem angenehmen, aber nicht ſtarken Geruch, und rother oder weißer Farbe;
  • der wohlriechende Himbeerenſtrauch (Rubus odoratus. L.) hat ſehr große roſenrothe Blumen buͤſchelweiſe neben einander, die vom Junius bis zum September bluͤhen, und einen angenehmen Geruch verbreiten;
  • der wilde Jasmin (Philadelphus coronarius. L.) mit großen weißen Blumen, de - ren Wohlgeruch ſich verbreitet;
  • der Trompetenbaum, oder die Catalpa (Bignonia Catalpa. L.), ein americani - ſcher baumartiger Strauch, der zu einer Hoͤhe von zwanzig Schuhen waͤch - ſet, mit praͤchtigem hellgruͤnen Laubwerk und weißgelblichen inwendig gefleck - ten Blumen;
  • die americaniſche erlenblaͤttrige Clethra (Clethra alnifolia. L.) hat ſchoͤne hellgruͤ - ne glaͤnzende Blaͤtter und weiße Blumenbuͤſchel von einem ſehr angenehmen Geruch, die im Sommer bluͤhen;
  • der Judasbaum (Cercis ſiliquaſtrum. L.), einer der erſten bluͤhenden Straͤucher, den im Anfange des Fruͤhlings, ehe noch ſein hellgruͤnes Laub ausbricht, ſei - ne ſchoͤne purpurfarbige Bluͤhre in Menge lange bedeckt;
  • der canadiſche Judasbaum (Cercis Canadenſis. L.), hellgruͤn glaͤnzend auf der obern Flaͤche, blaßgruͤn auf der untern;
  • der Kellerhals (Daphne mezereum. L.) treibt ſehr fruͤh mit Ausgang des Win - ters, und[oft] noch unter dem Schnee, ſeine purpurfarbigen, ſtarkriechenden Blumen;
  • der immergruͤne Kellerhals (Daphne laureola. L.), deſſen ſehr fruͤhe gruͤngelbe Bluͤhte zwiſchen den dunkelgruͤnen glaͤnzenden Blaͤttern erſcheint;
  • die weidenblaͤttrige Spierſtaude (Spiraea ſalicifolia. L.) hat laͤngliche dicke Buͤſchel mit fleiſchfarbigen Blumen, die vom Junius bis in den Herbſt hinaus bluͤhen;
D 2die28Zweyter Abſchnitt.
  • die philadelphiſche Spierſtaude (Spiraea tomentoſa. L.) hat dicke, lange Aehren von fleiſchfarbigen Blumen;
  • die canadiſche Spierſtaude (Spiraea hypericifolia. L.), einer der ſchoͤnſten niedri - gen Straͤucher, der im Fruͤhling mit kleinen weißen Roſen mit ſchwefelgel - ben Puncten ganz bedeckt iſt;
  • die virginiſche Spierſtaude (Spiraea opulifolia. L.) mit anſehnlichen Blaͤttern und einer Menge weißlicher Blumen, die im Fruͤhlinge erſcheinen;
  • der gemeine Spindelbaum (Evonymus Europaeus. L.) iſt im Herbſt ganz mit praͤchtig rothen Fruchtkapſeln bedeckt;
  • der breitblaͤttrige Spindelbaum (Evonymus latifolius. L.) mit rothen und gruͤnen Blumen und großen purpurfarbigen Fruͤchten;
  • der americaniſche Spindelbaum (Evonymus Americanus. L.) iſt immergruͤnend mit dicken, hellgruͤnen, glaͤnzenden Blaͤttern;
  • der Faͤrberbaum, oder Peruͤckenbaum, (Rhus Cotinus. L.) hat federartige weiße Fruͤchte, die ihm im Herbſt ein eignes Anſehen geben;
  • der ſtachlichte Genſter (Ulex Europaeus. L.) zeichnet ſich durch ſeine gelben Blu - men aus, die faſt das ganze Jahr hindurch aufſchießen;
  • der ſyriſche Pappelbaum, oder Ketmia, (Hibiſcus Syriacus. L.) bringt im Herbſte anſehnliche weiße Blumen mit Purpurgrund, auch hellrothe Blumen;
  • der Schlingbaum (Viburnum Lantana. L.): die in großen Dolden wachſenden weiſ - ſen Blumen zeigen ſich im Herbſte, bleiben im Winter ohne Wachsthum, und entwickeln ſich darauf im Fruͤhlinge;
  • der virginiſche immergruͤnende Hagedorn, auch der feurige Buſch genannt, (Meſpilus Pyracantha. L.) der mit ſeinen glatten glaͤnzenden Blaͤttern von dunkelgruͤner Farbe, und ſeinen vielen Beeren, die im Winter reifen, eine vortreffliche Bekleidung giebt;
  • die Zwergkaſtanie (Fagus caſtanea pumila. L.) mit ſchoͤnen den Kaſtanien voͤllig aͤhnlichen Blaͤttern;
  • der Blaſenbaum (Colutea arboreſcens. L.) hat duͤnnes lichtgruͤnes Laub, gelbe traubenfoͤrmige Blumen, und aufgeblaſene roͤthliche Schoten;
  • der morgenlaͤndiſche Blaſenbaum (Colutea orientalis. L.) mit meergruͤnen Blaͤt - tern und braunroͤthlichen Blumen, die ins Gelbe ſpielen;
  • die aſiatiſche Zwergmandel (Amygdalus nana. L.) giebt mit vielen tauſend roſen - farbigen Blumen eine ſchoͤne Zierde;
  • die Berberitzenſtaude (Berberis vulgaris. L.) verdient wegen ihrer fruͤhen gelben Blumen und rothen Beeren eine Anpflanzung;
die29Vom Baumwerk.
  • die marylandiſche Caſſia (Caſſia Marylandica. L.) ziert mit ihren ſchoͤnen gelben Blumen, die ſpaͤt erſcheinen und lange dauern, eine herbſtliche Pflanzung;
  • der nordamericaniſche Ceanothus (Ceanothus Americanus. L.), ein baumartiger Strauch mit ſehr ſchoͤnen hellgruͤnen Blaͤttern, mit weißen Blumen in ſtar - ken Buͤſcheln, die vom Julius bis zum September bluͤhen;
  • die tartariſche Heckenkirſche (Lonicera Tartarica. L.), ein hochwachſender Strauch, mit glatten hellgruͤnen Blaͤttern, fleiſchfarbigen Blumen und ſchoͤnen rothen Beeren;
  • die blaubeerichte Heckenkirſche (Lonicera caerulea. L.) hat im Fruͤhjahr eine Men - ge ſchoͤner weißer Blumen, und hernach blaue Beeren;
  • das nordamericaniſche Johanniskraut (Hypericum Kalmianum. L.) mit ſchoͤnen gelben Blumen;
  • die americaniſche dreyblaͤttrige Klappernuß (Staphylea trifolia. L.) mit weißen Blumen;
  • der gemeine Pimpernußſtrauch (Staphylea pinnata. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern und weißen im Fruͤhling bluͤhenden Blumen;
  • der Schneeflockenbaum (Chionanthus Virginica. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern und haͤufigen weißen Bluͤhten, die den Schneeflocken gleichen;
  • der Knopfbaum (Cephalanthus occidentalis. L.) mit lebhaftem Gruͤn und wohl - riechenden Bluͤhten;
  • die dreyblaͤttrige Ptelea (Ptelea trifoliata. L.), ein nordamericaniſcher anſehnlicher Strauch mit glatten hellgruͤnen Blaͤttern und gelbgruͤnlichen Blumenbuͤſcheln von einem vortrefflichen, den Nachtviolen aͤhnlichen Geruch;
  • die Steinweichſel (Prunus Mahaleb. L.) mit glaͤnzenden Blaͤttern und weißen Blumen;
  • die niedrige Traubenkirſche (Prunus nana. Du Roi. ) mit ſchoͤnen Trauben von weißen wohlriechenden Blumen;
  • die Zwergmeſpel (Meſpilus cotoneaſter. L.) mit wolligten Blaͤttern, vielen roͤth - lichen Blumen und rothen Beeren;
  • die immergruͤne Rainweide (Liguſtrum Italicum. L.)
  • das ſtrauchartige Fuͤnffingerkraut (Potentilla fruticoſa. L.) mit ſchoͤnen gelben Blumen;
  • das Pfriemenkraut (Spartium ſcoporium. L.) mit langen gruͤnen Zweigen und ſchoͤnen gelben Blumen;
  • der caroliniſche Gewuͤrzſtrauch (Calycanthus floridus. L.) hat einen ſtarken Wohl - geruch;
D 3verſchie -30Zweyter Abſchnitt.
  • verſchiedene Arten von Ciſten oder Ciſtenroͤslein (Ciſtus) mit rothen, purpurfar - benen, weißen, gelblichen Blumen, die mehrentheils durch den ganzen Som - mer bluͤhen.

Zur Bekleidung der Gemaͤuer und Felſen dienen beſonders noch der Weinſtock, der gemeine Epheu (Hedera helix. L.), der Jungfernwein (Hedera quinquefolia. L.), das Geisblatt (Lonicera caprifolium und periclymenum. L.), verſchiedene Arten von Waldreben (Clematis. L.) mit ihren wohlriechenden Blumen, die Rainweide (Liguſtrum. L.), und andere mehr. Zu eben dieſer Abſicht ſind, außer den Straͤuchern, auch mancherley kletternde und windende Pflanzen brauchbar.

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II. Anordnung des Baumwerks.

Man hat in der bisher vorgelegten Charakteriſtik der Baͤume und Straͤucher nicht allein die verſchwenderiſche Mannichfaltigkeit, welche auch hier die Natur zur Verwunderung verbreitet, ſondern auch ſchon zum Theil die verſchiedenen Anwen - dungen bemerket, die ſich davon machen laſſen.

Die Natur geht uns noch weiter mit ihren Vorbildungen vor. Sie zeigt uns ihre Baͤume und Straͤucher bald einzeln, bald in mannichfaltigen, hier kleinern, dortgroͤßern31Vom Baumwerk. groͤßern Zuſammenfetzungen. Sie bildet von den Baͤumen Gruppe, Hain, Wald, Waldung (Holzung, Gehoͤlz); von den Straͤuchern Gebuͤſch und Wildniß. Und außer dieſen Zuſammenſetzungen verſtattet ſie der Kunſt noch mannichfaltige Verbindungen und Anlagen mit Baͤumen und Straͤuchern, wozu ſie zum Theil ſelbſt das Muſter enthaͤlt.

1. Einzelner Baum und Strauch.

Ein einzeln daſtehender Baum kann ſchon als ein Gegenſtand fuͤr ſich, und durch ſeinen eigenen Charakter, wichtig ſeyn; er kann bald durch vorzuͤgliche Hoͤ - he und ſchlanken Wuchs, bald durch die Beſchaffenheit ſeiner Zweige und ſeines Laubwerks, bald durch ſeine Bluͤhten Aufmerkſamkeit erregen. Je mehr er iſolirt iſt, deſto weniger wird das Auge zerſtreut; es ruhet auf ihm, und findet Muße, in ſeiner Beſchauung zu verweilen. Jede ſeltene Eigenſchaft wird genauer be - merkt. Der verſtaͤndige Gartenkuͤnſtler wird daher nicht leicht einen Baum ein - zeln zeigen, als der durch irgend einen hervorſtechenden Charakter den aufmerkſamern Blick verdient. Und hier wird auf Form des Stamms und der Zweige, und auf die Beſchaffenheit der Belaubung mehr Ruͤckſicht zu nehmen ſeyn, als auf die weniger dauernde Schoͤnheit der Bluͤhte.

Durch ſeinen Stand kann ein einzelner Baum nicht weniger wichtig werden, als durch ſeinen eigenthuͤmlichen Charakter. Eine hohe Linde, die mit ihrem Schatten ei - ne Huͤtte bedeckt, eine alte, hohle, den Umſturz drohende Eiche, die ihre ſterbenden Aeſte uͤber das Dach einer Einſiedeley hinſtreckt, eine Zittereſpe auf einer ſpitzigen An - hoͤhe, ein jeder ſchlanker dickbelaubter Baum, der in einer Stellung gegen einen Huͤ - gel von einem andern Gruͤn, gegen ein helles Waſſer, gegen die blaue Luft, gegen eine lichtvolle Wolke, gegen die brennende Abendroͤthe, oder in einem andern zufaͤlligen Contraſt geſehen wird beweiſen die Wahrheit jener Bemerkung.

Allein auch als ein Mittel zu den verſchiedenen Abſichten des Gartenkuͤnſtlers kann ein einzelner Baum dienen, indem er bald zur Verbindung und zur Zuſammen - ziehung der getrennten Theile, bald zur Unterbrechung der geraden Linie, bald zur Schattirung, bald zur gaͤnzlichen Verdeckung eines Proſpects behuͤlflich iſt. Zuwei - len kann er zur Bezeichnung nuͤtzlich ſeyn, und das Auge auf einen Punkt hinleiten,wo32Zweyter Abſchnitt. wo es irgend eine erhebliche Beſchaͤftigung finden ſoll. Zuweilen dient er zwiſchen Hai - nen und Gruppen zur angenehmen Abwechſelung, wobey ſodann, außer ſeinem Stan - de, auch die Verſchiedenheit ſeiner Figur und ſeines Gruͤns in Betrachtung koͤmmt. Auch auf einer Wieſe, auf einem freyen Raſen, iſt er ein einfaches und oft mehr gluͤckliches Mittel der Verſchoͤnerung, als eine Gruppe. Eben ſo geben einzelne Baͤume runden Plaͤtzen, Wildbahnen und Waſſerſtuͤcken eine reizende Umgraͤn - zung; und hier koͤnnen ſie außer ihrer Geſtalt noch eine neue Wirkung von dem ſichtbaren Verhaͤltniſſe gewinnen, worin ſie unter einander ſtehen, und wodurch ſie auf gewiſſe Weiſe ein Ganzes ausmachen.

Mehrere einzelne Baͤume koͤnnen in verſchiedenen Ordnungen und Richtun - gen gepflanzt immer natuͤrlich erſcheinen, wenn nur die genaue Regelmaͤßigkeit vermieden wird. Die Natur lehrt uns, daß in einem Walde die Baͤume mehr regulaͤr zu wachſen ſcheinen, als wo ſie einzeln auf freyem Felde ſtehen. Indeſſen iſt die gerade Linie an ſich ſelbſt auch bey einzelnen Baͤumen nicht ganz verwerflich. Laͤuft ſie aber zu weit fort, ſo giebt ſie der Pflanzung ein Anſehen der Kunſt, das ſelbſt dadurch noch nicht gehoben wird, daß die Baumlinie mit offenen Plaͤtzen abwechſelt. Laͤnger moͤgen einzelne Baͤume in einer ſchwankenden Linie ſich hinziehen; die Natur weigert ſich nicht, hier ihr Werk zu erkennen. Immer aber, wo ſie die gerade Linie halten, werden doch die Geſichtspunkte ſo anzuordnen ſeyn, daß ſie, in verſchiedenen Richtungen betrachtet, den Begriff von Abwechſelung geben. Und dieſe Wirkung wird beſonders durch die Verſchiedenheit ihrer Abſtaͤnde erreicht.

Alle die erwaͤhnten Vortheile, die von einzelnen Baͤumen zu gewinnen ſind, laſſen ſich nicht bey einem einzelnen Strauch antreffen. Ihm fehlt die Empfeh - lung der Hoͤhe, des ſchlanken Wuchſes und der Figur; ſeine Schoͤnheit iſt faſt allein auf die Beſchaffenheit ſeiner Blaͤtter, ſeines Gruͤns und ſeiner Bluͤthen eingeſchraͤnkt. Seine Wirkung in der Ferne iſt ſchwach; ſie geht nicht weit uͤber den Standpunkt des Beobachters. Allein in der Naͤhe betrachtet, kann er durch den Reiz ſeiner Blumen, und durch das Anziehende in der Beſchaffen - heit ſeines Gruͤns und ſeiner Blaͤtter, oft ein angenehmer Gegenſtand ſeyn; er kann ſelbſt in Bezirken von kleinem Umfange, an einem Bach, auf einem kurzen Raſen, zur Verſchoͤnerung etwas beytragen. Allein wichtige Wirkungen ſind von einem einzelnen Strauch nicht zu erwarten. Sie werden nur erſt von einiger Bedeutung, wo mehrere Straͤucher ſich ſammlen und zu einer Gruppevereinigen,33Vom Baumwerk. vereinigen, die entweder durch die Eigenſchaften ihrer Art oder durch ihre Verbin - dung das Auge des Beobachters an ſich lockt.

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2. Baumgruppe.

Mit der Gruppe faͤngt die Natur die Verbindung der Baͤume an. Sie kann bald mehr, bald weniger zuſammengeſetzt ſeyn, von zwey bis etlichen dreyßig Baͤu - men; uͤber dieſe Anzahl ſcheint die Gruppe nicht hinaus ſteigen zu duͤrfen, ohne in den Charakter des Hains uͤberzugehen.

Eine Gruppe macht, fuͤr ſich betrachtet, einen kleinen Wald oder kleinen Hain; ſie iſt nur von beyden durch die geringere Anzahl der Staͤmme unterſchieden. Sie laͤßt eben die Verſchiedenheit und Abwechſelung der Baͤume zu, als ein Hain und ein Wald. Doch mit der Einſchraͤnkung, daß, nach den Regeln der Schicklichkeit und Schoͤnheit, denen eine ſolche Pflanzung folgen muß, keine Arten mit einander verbunden werden, deren Zweige, Laub oder Wuchs einander entgegenſtreiten, wie z. B. die Tanne und die babyloniſche Weide, der Taxus und die weiße Pappel, der Platanus und der Sumach. Auch in der Anordnung der Abſtaͤnde iſt der Gruppe eben die Freyheit eigen, die Hain und Wald haben.

Ueber die Bildung der Gruppen, die ſchon lange einen wichtigen Theil der Schoͤnheit der brittiſchen Parks ausmachen, hat Whately*)Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen ꝛc. S. 64 u. f. verſchiedene Bemer -II Band. Ekungen34Zweyter Abſchnitt. kungen und Regeln gegeben, die hier eine Anfuͤhrung verdienen, weil ſie ſchon alles Wahre enthalten, was uͤber dieſe Sache geſagt werden kann.

Gruppen ſind entweder von dem Ganzen unabhaͤngig, oder haben damit ein gewiſſes Verhaͤltniß. Sind ſie unabhaͤngig, ſo muß man ſie als einzelne Gegenſtaͤnde betrachten, und blos auf ihre Schoͤnheit fehen; ſind ſie es aber nicht, ſo muß die Schoͤnheit einzelner Stuͤcke der Schoͤnheit des Ganzen auf - geopfert werden, die von weit groͤßerer Wirkung iſt. Der kleinſte Klump beſteht aus zween Baͤumen; und die beſte Wirkung, die ſie haben koͤnnen, iſt dieſe, wenn ſie ihre Gipfel vereinigen, ſo daß ſie nur ein großer Baum zu ſeyn ſcheinen. Daher koͤnnen zween Baͤume von verſchie - dener Gattung, oder ſieben bis acht andere von ſolchen Figuren, die ſich nicht leicht verbinden laſſen, ſehr ſchwer eine ſchoͤne Gruppe ausmachen. Solche Klumpen von Tannen ſind, obgleich ſehr gewoͤhnlich, dennoch ſelten einneh - mend; ſie machen kein Ganzes aus, und ſind nur eine unordentliche Menge von Spitzen. Unterdeſſen wird die Unordnung vermieden, wenn man ſie nach der Reihe und nicht in Haufen ſetzt; folglich iſt ein Klump von dieſen Baͤu - men weit angenehmer, wenn er ſich in die Laͤnge, als wenn er ſich in die Breite ausdehnt. Drey Baͤume muͤſſen zuſammen entweder eine gerade Linie, oder ein Drey - eck ausmachen. Um das Regelmaͤßige zu verbergen, muͤſſen die Abſtaͤnde ſehr verſchieden ſeyn. Der Unterſchied ihrer Figuren traͤgt auch etwas zu eben demſelben Endzweck bey, und noch weit mehr die Verſchiedenheit ihres Wuch - ſes. Wenn eine gerade Linie aus zween, beynahe gleich großen Baͤumen, und aus einem dritten beſteht, der noch viel niedriger iſt, als jene: ſo iſt das Regelmaͤßige der Richtung, in welcher ſie ſtehen, kaum zu bemerken. Wenn niedrigſtaͤmmige Baͤume an den aͤußerſten Enden die genaueſte Re - gelmaͤßigkeit mindern koͤnnen, ſo empfiehlt ſich eben dadurch ihr Gebrauch. Und hierin beſteht auch vorzuͤglich die den Klumpen eigene Abwechſelung. Ein jeder Anſchein der Kunſt; der ſich an den Gegenſtaͤnden der Natur aͤußert, er - weckt Ekel. Baumklumpen aber ſind ſolche in die Augen fallende Gegenſtaͤn - de, die dem Verdachte, als ob ſie mit Fleiß ſo eingerichtet oder gepflanzt waͤ - ren, damit ſie ſich auf dieſe Weiſe unterſcheiden moͤchten, ſo ſehr unterworfen ſind, daß ſie, um die Aufmerkſamkeit von dieſen Merkmalen der Kunſt ab - zuziehen, eine unregelmaͤßige Zuſammenſetzung weit noͤthiger haben, als ein Wald und ein Hain. Da ſie einen weit kleinern Umfang haben, ſo kann auchnicht35Vom Baumwerk. nicht ſo viel Abwechſelung im Umzuge angebracht werden. Allein die Ver - ſchiedenheit des Wuchſes faͤllt in einem engen Bezirk am meiſten in die Au - gen; und die verſchiedenen Grade deſſelben geben oft die ſchoͤnſten Figuren an die Hand. Die Ausdehnung und der Umzug eines Waldes oder eines Hains ziehen die Aufmerkſamkeit mehr auf ſich, als ihre aͤußerſten Graͤnzen; allein bey Grup - pen ſind dieſe letztern von der groͤßten Wichtigkeit. Sie beſtimmen die Figur des Ganzen; und ſie fallen insgemein beyde zu gleicher Zeit in die Augen. Man muß ſich alſo ſehr ſorgfaͤltig bemuͤhen, ſie angenehm und verſchieden zu machen. Die Bequemlichkeit, womit ſie unter einander verglichen werden koͤnnen, verbietet alle Aehnlichkeit zwiſchen ihnen. Denn ein jeder Anſchein von Gleichheit erweckt den Begriff von Kunſt; daher ſcheint ein Klump, der eben ſo breit als lang iſt, weniger ein Werk der Natur zu ſeyn, als ein an - drer, der ſich nur in die Laͤnge ausdehnt. Die Gelegenheiten, bey welchen unabhaͤngige Gruppen gebraucht werden koͤnnen, ſind mancherley. Oft ſind ſie angenehm als ſchoͤne Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt. Bisweilen ſind ſie auch noͤthig, die Ausdehnung einer Wild - bahn, oder die fortlaufende Linie ſowohl des Bodens, als auch einer Pflan - zung, zu unterbrechen. Ob ſie ſich gleich auf Anhoͤhen ſehr vortheilhaft zei - gen, ſo iſt doch ein Huͤgel, dem man es ſogleich anſieht, daß er in der Ab - ſicht aufgeworfen iſt, um mit einer Gruppe gekroͤnt zu werden, ſo kuͤnſtlich, daß er Ekel erweckt. Es muͤſſen alſo einige Baͤume auf den Seiten herum - gepflanzt werden, um dieſen Anſchein zu bedecken. Eben dieſes Mittels kann man ſich auch bey Klumpen bedienen, die auf die Hoͤhe eines Berges geſetzt ſind, um ihr die Einfachheit zu benehmen; ſie werden die geſuchte Ab - ſicht weniger verrathen, wenn ſie zum Theil an den abhaͤngigen Seiten herun - ter gefuͤhrt werden. Ungeachtet aller Vorzuͤge, welche dieſe Art von Pflanzung begleiten, muß ſie doch oft verworfen werden, wenn man ſie von einer benachbarten Hoͤ - he uͤberſehen kann. Klumpe verlieren ſehr viel von ihren vorzuͤglichſten Schoͤn - heiten, wenn ſie unter dem Auge ſtehen; und ſind ſie zahlreich, ſo verrathen ſie die Kunſt, machen keine Oberflaͤche eines Gehoͤlzes aus, und alle Wir - kungen, die aus ihrer gegenſeitigen Verbindung entſtehen, ſind gaͤnzlich verlo - loren.

So weit Whately.

E 2Wenn36Zweyter Abſchnitt.

Wenn mehrere Gruppen auf einem Platz angelegt werden, ſo muͤſſen ſie gegen - ſeitige Beziehungen haben, wodurch ſie ein gewiſſes Ganzes ausmachen. Sie koͤn - nen durch Groͤße und Umfang ſowohl, als auch durch die Auſſenſeiten, ſich unter - ſcheiden; in dem Wuchs der Baͤume und in den Abſtaͤnden kann Abwechſelung herr - ſchen; ſelbſt die Beſchaffenheit des Laubes kann ein Mittel der Abaͤnderung abgeben; und aller dieſer Unterſchiede ungeachtet muß doch die ganze Anordnung ein harmoni - ſches Verhaͤltniß wirken.

Eine Sammlung von Gruppen hat faſt nie ein ſchoͤneres Anſehen, als wenn offene gruͤne Plaͤtze, wogegen ihr Laub contraſtirt, zwiſchen ihnen erſcheinen. Doch die heiterſte Scene geben ſie in Verbindung mit Waſſerſtuͤcken, die von ihnen die Be - lebung der Widerſcheine borgen. Auch koͤnnen ſie an den Abhaͤngen der Huͤgel man - che maleriſche Lage gewinnen. Weil Gruppen ſich aus verſchiedenen Geſichtspun - cten und in ihren Beziehungen gegen einander betrachten laſſen, ſo enthalten ſie eine groͤßere Abwechſelung der Anſichten, als ein Hain oder Wald. Sogar ihre Durch - ſichtigkeit dient zur Vervielfaͤltigung der Proſpecte. Welches reizende Schauſpiel, wenn zwiſchen Baͤumen von einem herrlichen Wuchs und einem lebhaften Gruͤn das Silber eines Flußes durchſcheint, wenn jeder ſchlanke Stamm ſich gegen das be - wegliche Licht des Waſſers in ſeiner Schoͤnheit hebt, und in den Zwiſchenraͤumen die Widerſcheine ſpielen! Selbſt der Spaziergang zwiſchen Gruppen eroͤffnet hier eine groͤßere Ergoͤtzung. Jeder kleine Trupp der Spazierenden macht ſich gegenſeitig ein Schauſpiel; anſtatt wie in den langen breiten Alleen einer aufmarſchirenden Wache zu gleichen, ſcheinen ſie ſich wie Liebende zu zerſtreuen; die umher ſich ſchlaͤngelnden Wege laſſen ſie bald von dieſer, bald von jener Seite ſehen; verbirgt ſie hier das Buſchwerk auf einen Augenblick, ſo macht ſie dort eine unerwartete Oeffnung wieder in einer andern Stellung ſichtbar.

Nach der verſchiedenen Beſchaffenheit der Staͤmme, der Zweige, und vor - nehmlich des Laubwerks, iſt eine Gruppe auch eines verſchiedenen Charakters faͤ - hig. Sie kann den Charakter des Edlen, des Erhabenen, des Freyen, des Lu - ſtigen, des Heitern, des Melancholiſchen, des Romantiſchen annehmen. Doch mit der Einſchraͤnkung, daß in einer Gruppe immer nur ein einfacher Charakter herr - ſchen kann, da hingegen ein Hain, noch mehr ein Wald, eines zuſammengeſetzten Charakters faͤhig iſt. Wo demnach ſich der Charakter des Froͤhlichen oder des Trau - rigen, des Freyen oder des Verſchloſſenen, des Zierlichen oder des Wilden ankuͤn - digt, da muß ſich auch eben dieſer Charakter durch die ganze Anlage unvermiſcht und ununterbrochen erhalten. Der kleine Umfang des Platzes und die geringe Anzahl derBaͤume,37Vom Baumwerk. Baͤume, die eine Gruppe bezeichnen, wuͤrde jeder eiteln Unternehmung, hier eine Mehrheit von Charakteren und Wirkungen einzufuͤhren, widerſprechen.

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3. Hain.

Zwiſchen Gruppe und Wald ſteht der Hain in der Mitte. Wenn mehrere Gruppen an einander gefuͤgt werden, ſo entſteht ein Hain. Der Wald unterſchei - det ſich durch Groͤße, der Hain durch Schoͤnheit.

Die erſte Regel bey dieſer Pflanzung geht dahin, daß die Baͤume ſich nicht zu weit von einander verlieren, wodurch ſie nur eine Sammlung von einzelnen Baͤumen, nicht aber, wie ſie ſollen, eine ganze Pflanzung ausmachen wuͤrden. In ihrer Stel - lung iſt, zur Gewinnung angenehmer Wirkungen fuͤr das Auge, Abwechſelung bey einer gewiſſen Ordnung, jedoch ohne Regelmaͤßigkeit, ohne eine augenſcheinliche Gleichheit der Abſtaͤnde, die gegen die Natur iſt, zu beobachten. Die Baͤume muͤſſen ſich bald enger zuſammenziehen, bald ſich wieder von einander zerſtreuen; durch ihren Stand und Wuchs bald dieſe, bald eine andre Figur unter einander bilden; und unter ſich Plaͤtze von mancherley Geſtalten bezeichnen; auch in der Form der aͤußern Seiten muß Freyheit und Abwechſelung herrſchen.

Die Verbindung der Baͤume muß der Abſicht folgen, bald einen dicken Schat - ten, bald freye Stralen des Lichts, bald einen gebrochenen Sonnenblick, der mit der Daͤmmerung ſtreitet und auf dem Boden ſpielt, zu verſchaffen.

Weil der Spaziergang in Hainen ſehr angenehm iſt, ſo muß auch dem Boden die dazu erforderliche Bequemlichkeit nicht fehlen. Es muß Freyheit, uͤberall durch - zugehen, vorhanden ſeyn. Ein gruͤner Weg iſt hier ſchicklicher, als ein mit Sand ge - fuͤllter und ſorgfaͤltig geſchmuͤckter Gang. Der Raſen erhaͤlt ſich hier gerne in ſeinerE 3Schoͤn -38Zweyter Abſchnitt. Schoͤnheit. Man kann durch die Wendungen der Gaͤnge bald zu heitern Oeffnungen und Ausſichten auf entfernte Gegenſtaͤnde leiten, bald zu einem ſchattenvollen Bezirk; man kann den Umherwandelnden bald Ruhe und ſanfte Ergoͤtzung athmen laſſen, bald ihn mit einer lebhaften Ueberraſchung ermuntern. Die Baͤume mit ihren verſchiede - nen Figuren, die durchkreuzenden Geſtalten und Farben des Laubwerks, die Abwech - ſelungen des Lichts und des Schattens, die lieblichen Einfaͤlle des Mondſchimmers, die ſanften Widerſcheine, die Geſellſchaft gluͤcklicher Geſchoͤpfe, die mannichfaltigen Geſaͤnge der Voͤgel, die Duͤſte der Pflanzen, und andre Zufaͤlligkeiten, bieten auch dem einſamen Freund der Natur eine Ergoͤtzung an, die ihn ganz an dieſe Einoͤde feſſelt.

Die Ungleichheit des Bodens vermehrt die Schoͤnheit des Hains nicht allein fuͤr das Auge des Anſchauers, ſondern auch fuͤr den Spazierenden. Ein Hain, der an dem runden Fuß eines ſteilen Berges hinlaͤuft, oder von einem ſanften Abhange ſich an einen Fluß oder See hinabzieht, oder ſich uͤber eine Reihe kleiner wellenfoͤrmi - ger Huͤgel hinſchmiegt, iſt durch dieſe Lage, die einen groͤßern Reichthum von Pr[o]ſpecten enthaͤlt, weit angenehmer, als wenn er auf einer Ebene ſich verbreitete. In - deſſen kann zuweilen die Ebene, und noch mehr eine gaͤnzliche Vertiefung des Bodens, zur naͤhern Beſtimmung des Charakters eines Hains ſehr gluͤcklich beytragen. Ein Hain, Scenen der Melancholie gewidmet, verſchließe ſich im Thal; ein anderer, zur Freude beſtimmt, erhebe ſeine Krone uͤber den Gipfel eines anſehnlichen Huͤgels.

Allein das vornehmſte Mittel, den Charakter eines Hains zu beſtimmen, liegt in der natuͤrlichen Verſchiedenheit des Baumwerks. Man kann durch die Wahl der Baͤume ihnen den Charakter des Ernſtes, der Melancholie, und ſelbſt der Trauer ge - ben; man kann ihnen Zierlichkeit, Leichtigkeit, Froͤhlichkeit, Heiterkeit, Wuͤrde, und ein romantiſches Anſehen mittheilen. Man erinnere ſich nur an das, was oben von der Charakteriſtik des Baumwerks geſagt iſt.

Ein Hain, der Wuͤrde und Majeſtaͤt ankuͤndigt, bildet ſich durch Baͤume von dem hoͤchſten Wuchs, von ſtarken Staͤmmen und breiten Zweigen, von dicken Woͤl - bungen des Laubwerks. Ein zierlicher und edler Hain zeichnet ſich durch feine ſchlan - ke und wohlgezogene Baͤume von mittelmaͤßiger Hoͤhe und ſchoͤnem Laube aus. Die Vielheit der Aeſte, das Herabhaͤngende der Zweige, das Dunkle und Dichte des Laubwerks, bildet den melancholiſchen Hain, wo die Liebe weinend an der Urne ſitzt. Muthig aufſchießende Baͤume, in die Hoͤhe ſich verbreitende Zweige, leichtes, lufti - ges, oder heiteres und glaͤnzendes Laub, offene Durchſichten, unverwehrte Blicke des Sonnenlichts, ein reiner, von kriechendem Geſtraͤuch befreyter Boden, machen den Charakter des Luſthains. Der romantiſche Hain entſteht ſowohl durch das Seltene und Abweichende in den Figuren der Baͤume, und in den Farben der Blaͤtter und der Bluͤhten, als auch durch die Vermiſchungen der Arten unter einander. Dieſe Be -merkun -39Vom Baumwerk. merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Verſchiedenheit der Charakte - re, deren Haine faͤhig ſind, und auf ihre Entſtehung einen Wink zu geben, und ihn zu Anlagen zu veranlaſſen, woran bisher noch wenig gedacht iſt.

Ob gleichwohl ein Hain ſo ausgedehnt ſeyn kann, daß er einen zuſammengeſetzten Charakter zuließe: ſo ſcheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung beſſer, ihm bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch ſeine Wirkung mehr beſtimmt und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine laͤngere Folge von Wirkungen einer Art, oder, welches mehr der Bemuͤhung werth iſt, einen Contraſt von Wirkun - gen gewinnen: ſo wird man dieſe Abſicht in einem Walde, der nach ſeiner groͤßern Ausdehnung eine Verſchiedenheit der Anlagen zulaͤßt, zu erreichen ſuchen.

Die Verzierung eines Hains kann nicht willkuͤhrlich ſeyn, wenn man auf ſeine Faͤhigkeit, einen beſtimmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be - ſchaffenheit dieſes Charakters beurtheilt werden, und auf ſeine Verſtaͤrkung hinwirken. Bluͤhende Straͤucher, hie und da unter den Baͤumen hingepflanzt, hohe glaͤnzende Blu - menarten, feine Gebaͤude, die einen Luſthain zieren, wuͤrden ſich ſchlecht zu einem me - lancholiſchen Hain ſchicken, dem Einſiedeleyen, einzelne bemooſte Huͤtten, Trauerdenk - maͤler, Ruinen und Graͤber zukommen.

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4. Wald. 40Zweyter Abſchnitt.

4. Wald.

Außer der Groͤße, wodurch ſich, wie ſchon bemerkt iſt, der Wald vom Hain unterſcheidet, erfordert er auch nicht nothwendig ſchoͤne, edle und gewaͤhlte Baͤume, die dieſer als ſein Eigenthum anſieht. In den Baͤumen des Waldes kann mehr Nach - laͤſſigkeit, mehr Verwilderung herrſchen; er kann mit Unterholz verwachſen ſeyn, wo - von der Hain, der mehr Cultur ſucht, befreyet iſt. Auch begnuͤgt ſich der Wald mit gemeinen Baumarten. Der Hain aber, der mehr eine Pflanzung von der Hand des Menſchen iſt, verlangt Baͤume, die ſich durch irgend einen Theil von vorzuͤglicher Schoͤnheit auszeichnen.

Allein außer der Groͤße kann auch der Wald einen Charakter von ſehr fuͤhlba - ter Anmuthigkeit haben. Die Hoͤhe und Groͤße ſeiner Baͤume, die Verſchiedenheit ihrer Figuren und Abſtaͤnde, die Abwechſelung der Duͤnnigkeit und Dichtigkeit der Zweige, die Abaͤnderung des Laubes, die Verzierung der Straͤucher, Pflanzen und Blumen, die den Boden ſchmuͤcken, die offenen und die verſchloſſenen Plaͤtze, die Durchſichten, die Schauſpiele des Lichts und des Schattens, ſind die gewoͤhnlichen Puncte, wodurch die Mannichfaltigkeit des Innern eines Waldes bewirkt wird.

Außerdem tragen auch die verſchiedenen Lagen eines Waldes nicht wenig zur Vermehrung dieſer Mannichfaltigkeit bey. Dahin gehoͤren, außer den Ungleichheiten und Kruͤmmungen des Bodens, die anmuthigen, edlen, kuͤhnen, romantiſchen, feyer - lichen Lagen, die ein Wald haben kann. Anmuthig, wenn er auf ſanften, wellen - foͤrmigen Huͤgeln, an Wieſen, an Fluͤſſen ſich verbreitet; edel, wenn er ſich auf Bergen erhebt, deren Ausſicht uͤber die Landſchaft herrſcht; kuͤhn, wenn er von ſteilen unwegſamen Felsſpitzen drohend haͤngt; romantiſch, wenn er mitten aus einem See emporzuſteigen ſcheint, oder ſich uͤber Felſenwaͤnde herabſenkt, unter welchen ein wil - der Strom dahin tobt; feyerlich, wenn er auf Gebirgen thront und Wolken um ſeinen Fuß ſich waͤlzen ſieht. Und wie viele verſchwenderiſche Abaͤnderungen und Verbin - dungen dieſer Lagen, zumal mit Waſſer und auf Anhoͤhen! Man kann hier zwar einen Wink auf die unendliche Mannichfaltigkeit der Natur geben; aber vergebens waͤre jeder Verſuch, ſie beſchreiben zu wollen.

Feyerliche Ruhe und hohe Wonne verbreitet ſich, wenn eine weite Land - ſchaft umher auf allen Seiten mit Waͤldern umſchloſſen iſt. Allein auch in dem en - gern Bezirk eines einzelnen Waldes fehlt es nicht an reizenden Wirkungen. Ein Ge - fuͤhl von laͤndlichem Frieden und von dem Gluͤck einer ſtillen Eingezogenheit bemaͤchtigt ſich unſerer, wenn wir in der Einoͤde des Waldes eine Huͤtte antreffen, daneben einigeRinder41Vom Baumwerk. Rinder auf einem freyen Platze graſen, die Hirten im Schatten mit kleiner Haͤndearbeit ſitzen, und nicht weit von ihr die Henne gluckend ihre junge Brut ausfuͤhren ſehen. Allein auch ſchon die bloßen Naturſcenen haben hier einen maͤchtigen Eindruck. Wie - ſen ſind faſt niemals angenehmer, als an der Seite und noch mehr in der Mitte eines Waldes; freye ausgedehnte Grasplaͤtze gefallen hier, wenn ſie von hohen Baͤumen um - graͤnzt und mit kurzen Gruppen von Gebuͤſch verziert ſind. Nicht weniger anmuthig ſind kleine Kornfluren, die glaͤnzend zwiſchen dem Schatten hervorbrechen. Die ſanft aufſchwellenden Erhoͤhungen des Bodens, wovon man in niedrige Dickigte herabblickt, und die perſpectiviſchen Durchſichten durch eine weite Reihe von Baͤumen, bis ſie ſich endlich in die Daͤmmerung des entfernten Laubwerks verlieren, die Amphitheater von buſchigten Anhoͤhen, die hinter einander aufſteigenden Huͤgel, bald mit reifendem Ge - treide, bald mit kleinen Baumgruppen, bald wieder mit grasreichen Weiden abwech - ſelnd, hinter welchen eine hohe dunkle Waldung die Ausſicht begraͤnzt dies alles ſind uͤberaus angenehme Erſcheinungen in einem Walde. Die Ausſichten aus der Ver - ſchloſſenheit in das freye Land, aus der Ruhe des Waldes auf entfernte Scenen voll Bewegung und Geſchaͤftigkeit, auf das Meer, auf Staͤdte hin, ſcheinen hier noch in - tereſſanter zu ſeyn.

Ein Wald laͤßt, vermoͤge ſeiner Groͤße und ſeines Umfanges, eine Mehrheit von Scenen zu, die dem Hain nicht verſtattet iſt; er beſteht ſehr oft, ſchon durch die Anlage der Natur, aus einer Miſchung von verſchiedenen Gegenden, wovon jede ſich durch ihren Charakter auszeichnet. Bey der genauen Aufmerkſamkeit auf dieſe natuͤrliche Verſchiedenheiten wird der Gartenkuͤnſtler Veranlaſſung zur Bildung der intereſſanteſten Scenen finden, die ſich durch Mannichfaltigkeit und Contraſt gegen einander heben. Er wird uͤberraſchende Uebergaͤnge vom Verſchloſſenen zum Freyen, vom Dunkeln zum Hellen, vom Einſamen zum Lebhaften, vom Melancholiſchen zum Heitern treffen, und dadurch eine Folge von Bewegungen hervorbringen koͤnnen, die das Herz mit einem maͤchtigen Reiz beleben. Nichts ſcheint zu dieſen Wirkungen von der Natur mehr zubereitet zu ſeyn, als ein Wald, der in einem ausgedehnten Park doch immer als ein faſt unentbehrlicher Theil anzuſehen iſt.

Allein auch das Aeußere des Waldes kann vielfaͤltig ein Gegenſtand zur Ergoͤ - tzung des Auges ſeyn. *)1. B. S. 198.Geht ſeine Ausdehnung zu weit, ſo iſt ihr Eindruck ver - loren, und die fortlaufende Einfoͤrmigkeit ermuͤdet das Auge. Sein Umzug muß in der Figur, in den Einziehungen und Vorruͤckungen Abwechſelung zeigen. Er mußII Band. Fdie42Zweyter Abſchnitt. die Freyheit und angenehme Nachlaͤſſigkeit haben, wodurch die Natur ſo ſehr gefaͤllt; er muß mannichfaltig ohne Verwirrung, groß ohne Verſchwendung, edel ohne Ver - letzung der Simplicitaͤt ſeyn.

Ein Wald, der eine Anhoͤhe hinaufſteigt, und oben den blauen Horizont zur Graͤnze hat, faͤllt in dieſer Lage groͤßer ins Auge. Allein er verliert viel von ſeiner Wirkung, wenn die nackte Spitze des Berges uͤber ihn emporragt; er muß ſie ganz einnehmen. Er kann ihr ſelbſt eine edle Erhoͤhung mittheilen, wenn ſie gerade mit ſolchen Baͤumen, die am meiſten aufſchießen, bepflanzt wird.

Noch mehr hebt ſich die Pracht des Waldes, wenn ſich zu ſeinen Fuͤßen ein heller See verbreitet. Und dieſe Scene wird ungemein durch das aufſteigende Mor - genlicht und die ſinkende Abendroͤthe verſchoͤnert, indem die Dunkelheit des Waldes zwiſchen dem geroͤtheten Himmel und dem Waſſer, auf deſſen Fluth ſich der gebroche - ne Abglanz ſtreut, einen herrlichen Contraſt bildet, den die milden Widerſcheine mit einem neuen Reiz umgeben.

Auch zeichnet ſich bey einem aufſteigenden Walde die Schoͤnheit ſeiner Oberflaͤ - che beſſer aus. Dieſe kann nicht ohne Mannichfaltigkeit gedacht werden; die Un - gleichheiten des Bodens, und die Verſchiedenheiten des Wuchſes und der Belaubung der Baͤume, erzeugen ſie in der Natur. Eine Sammlung von Baͤumen, die alle oben auf ihren Haͤuptern eine glatte Flaͤche vorſtellen, giebt einen unnatuͤrlichen und unan - genehmen Anblick; daher nichts mehr Ekel erweckt, als die Ueberſicht von einer An - hoͤhe uͤber einen altfranzoͤſiſchen Garten mit lauter geſchornen Hecken. Indem hie und da Baͤume uͤber die andern emporragen, ſo wird dadurch fuͤr das Auge eine anmuthi - ge Schattirung hervorgebracht, wozu ſelbſt die Abwechſelungen des Gruͤns nicht we - nig beytragen. Die Schoͤnheit einer wellenfoͤrmigen Oberflaͤche eines Waldes wird am gluͤcklichſten durch Baͤume von ſtarken Zweigen und einer reichen Belaubung, wie unſere Eichen und Buchen ſind, erreicht, indem Baͤume, die duͤnnes Laub und Aeſte oder ſpitzige Gipfel haben, ſich weniger dazu ſchicken. Sie wird nirgends mehr, als in einer gewiſſen Entfernung, beſonders von einer kleinen gegenuͤberliegenden Anhoͤhe, empfunden.

Weil der Wald ein Ganzes ausmachen muß, ſo muͤſſen alle ſeine Theile, die verſchiedenen Klumpen, die ihn bilden, zuſammenhaͤngen, und ihre Verbindung auch in der Anſicht deutlich wahrgenommen werden; denn ohne dieſen Zuſammenhang wuͤr - de er nicht mehr ein Wald, ſondern ein unordentlicher Haufe von Gruppen und Pflan - zungen ſeyn. Auch muß er in der Ausſicht ſich als ein einfacher Gegenſtand auszeich - nen; er muß alſo abgeſondert von den uͤbrigen Theilen der Landſchaft vor dem Auge daliegen.

Wo43Vom Baumwerk.

Wo in einer ausgedehnten Landſchaft mehrere Waͤlder an einander haͤngen und eine Fortſetzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont begraͤnzet; da wird die Ausſicht vor dem Ueberdruß der Einfoͤrmigkeit durch hellere Zwiſchenraͤume von Bergen und Saatfeldern geſichert.

Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anhoͤhe liegt, geben kleine mit lichterm Gruͤn fanſt aufſchwellende Huͤgel eine liebliche Verzierung. Eine aͤhnli - che angenehme Wirkung wird durch kleine duͤnne Gruppen oder einzelne Baͤume er - reicht, die, in einem beſtimmten Abſtande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal - des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwiſchen ihren Staͤmmen hervorſcheint, zugleich eine reizende Perſpectiv bilden.

Ein Wald verſtattet alle Arten von Gebaͤuden, von der verfallenen Einſiedeley bis zu dem praͤchtigſten Tempel, weil er eine Verſchiedenheit von Gegenden zulaͤßt. Sie koͤnnen die Charaktere dieſer Gegenden mehr beſtimmen und verſtaͤrken, wenn ſie nur mit dem Revier, dem ſie jedesmal zukommen, geſchickt verbunden werden. Selbſt ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht ſein dunkles Anſehen, und kuͤndigt ſchon aus der Ferne die ſanfte Ruhe dieſer gluͤcklichen Lage an.

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F 25. Wal -44Zweyter Abſchnitt.

5. Waldung.

Unter dem Namen von Waldung (Holzung, Gehoͤlz,) begreifen wir eine un - ordentliche Sammlung von Wald, Klumpen, einzelnen Baͤumen und Gebuͤſch. Weil ſie mehr aus Baͤumen als aus Straͤuchern und Gebuͤſchen beſteht, ſo iſt ſie noch von der Wildniß unterſchieden, der ſie ſonſt am naͤchſten tritt. Sie weicht da - durch vom Walde ab, daß dieſer mehr aus ordentlichen Gruppen, aus Baͤumen von einem hohen Wuchs und ſchoͤnen Anſehen zuſammengeſetzt iſt. Bey einer Waldung hingegen ſind krumme und verzogene Staͤmme, dicke Gebuͤſche, labyrinthiſches Ge - ſtraͤuch, mit Baͤumen von einem guten Wuchs und Anſehen vermiſcht; wenig ange - nehme Gruppen, deſto mehr Verwilderung der hoͤhern Staͤmme unter niedrigem Buſchwerk, deſto weniger freye und offene Plaͤtze. Auch jaͤhe Tiefen und ſteile Ab - ſaͤtze des Bodens ſcheinen zum Charakter der Waldung zu gehoͤren.

Sie iſt fuͤr Wild und Voͤgel, welche die Einoͤde lieben, ein ſehr geſuchter Auf - enthalt. Und dieſe mindern den melancholiſchen Schauer, den die tiefen Senkungen des Laubwerks, die verſchloſſenen Ausſichten und die umherſchwebenden Verfinſterun - gen verbreiten. Die mannichfaltigen Miſchungen des Laubes ſind ſelbſt dem Auge des Umherwandernden Ergoͤtzung. Seine geſchaͤftige Phantaſie belebt ſich bey dem Anblick der einander durchkreuzenden Verwickelung der Baͤume und Gebuͤſche, und der niederhaͤngenden Verdunkelung; ſie ſchafft ſich aus den vorſchwebenden Geſtalten neue abentheuerliche Erſcheinungen, die entſtehen und beunruhigen, erfreuen und ver - ſchwinden.

Eine Waldung iſt, nach dem angezeigten Charakter, an wilden und romanti - ſchen Revieren fruchtbar, zumal wenn ſie jaͤhe Niedrigungen des Bodens, ſteile, ſich uͤber einander aufthuͤrmende und uͤberwachſene Anhoͤhen hat. Durch dieſe Lage ge - winnt ſie auch leicht Waldſtroͤme, die jenen Scenen zur Verſtaͤrkung dienen.

Weil ſelbſt in einer Waldung, die in der Ebene liegt, der Spaziergang nur ſelten bequem iſt, ſo iſt man ſchon lange auf die Aushauung der Gehoͤlze zur Oeffnung der Wege und Ausſichten gefallen. Allein man hat auch bisher bey dieſer Gewohn - heit wenig auf die Regeln der Schoͤnheit geachtet. Man legt gemeiniglich die Gaͤnge alle in einer geraden Linie an, in welcher ſie auf einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt laufen, von welchem das Auge in die uͤbrigen Gaͤnge nach allen Seiten blickt. Man bemuͤhet ſich bey dieſem ſogenannten Stern, daß die Gaͤnge an Breite, Laͤnge und Ausſicht eine vollkommene Gleichheit unter einander haben. So allgemein man den Gebrauch dieſer Art von Anlage wahrnimmt, ſo ſteif und gezwungen iſt ſie doch. Esiſt45Vom Baumwerk. iſt ſchon widerſinnig, Regelmaͤßigkeit und Einfoͤrmigkeit in ein Werk der freyen Na - tur hineinzutragen, das dieſen Zwang am wenigſten verſtattet. Die Symmetrie, die wir in einem Gehoͤlze finden, kann zwar auf einen Augenblick uͤberraſchen, weil man ſie da nicht erwartete; ſie wird aber bald ihre gewoͤhnliche Wirkung bey Gegen - ſtaͤnden dieſer Art, Ermuͤdung und Ekel, beweiſen. Kennt man einmal die Anlage, ſo ſchleicht man nachher gerne in den Gebuͤſchen auf den Seiten vorbey; man fliehet eine Anordnung, die auf einmal ſaͤttigt, und ſucht auf den Pfaden der Natur ein Vergnuͤgen, das in der langſamern Fortſchreitung ſich laͤnger erhaͤlt, und durch im - mer neue Abaͤnderungen ſchmackhaft bleibt. Ein gerader Weg in einem Gehoͤlz iſt zwar an ſich nicht verwerflich: allein unnatuͤrlich wird er, ſobald er ſich in einer ſehr weiten Strecke fortzieht; und eine Haͤufung ſolcher Wege iſt der verwegenſte Eingriff in die Rechte der Natur. Wo auch dem geraden Gange weder der Boden noch die Abſtaͤnde der Baͤume entgegen ſind, da muß doch ſeine Wahl durch irgend eine erheb - liche Abſicht gerechtfertiget werden, z. B. das Auge auf ein anſehnliches Gebaͤude, oder auf einen wichtigen Proſpect in der Ferne zu leiten, oder es durch eine ſchoͤne innere Perſpective von waldigten Scenen oder kleinen Gehoͤlzen zu ergoͤtzen, die hinter einan - der liegen, mit Oeffnungen in einem jeden, wodurch der Blick zwiſchen mancherley Schattirungen und Abwechſelungen von Tag und Daͤmmerung gelockt wird, bis er in der letzten Dunkelheit ruht. Demnaͤchſt muß ſeine Breite keine voͤllige Gleichheit ha - ben; die Baͤume und Gebuͤſche zu den Seiten muͤſſen ſich ſowohl in einer Verſchieden - heit der Hoͤhe, als auch in einer natuͤrlichen Verbreitung ihres Laubwerks zeigen, ſo weit dieſe nicht durch die Nothwendigkeit der freyen Ausſicht eingeſchraͤnkt wird. Gaͤn - ge, die ſich bald erheben, bald ſich ſenken, bald dieſe, bald eine andre Kruͤmmung nehmen, ſind nicht allein ſchon an ſich abwechſelnd; ſie ſind auch in einer Waldung durch die Ungleichheiten des Bodens und die Stellungen der Baͤume gleichſam von der Hand der Natur ſelbſt vorgezeichnet. Sie ſind auch dadurch wichtiger, daß ſie die Wirkung ploͤtzlicher Oeffnungen und Erſcheinungen von Gebaͤuden, den Eindruck von je - der einnehmenden Seltenheit, von jedem aufſallenden Contraſt lebhafter empfinden laſſen. Ueberall aber, wo freye Ausſichten gegeben werden, muß auf die Beſchaffenheit um - her Ruͤckſicht genommen werden. Zuweilen kann ſchon die Schoͤnheit des blauen oder mit Wolken bemalten Himmels eine Oeffnung verlangen. Allein Doͤrfer, Staͤdte, Schloͤſſer, Seen, große Fluͤſſe, ein Kranz von Bergen, Gebirge von einem kuͤhnen und erhabenen Charakter, Waͤlder, die ſich in die blaͤuliche Ferne verlieren: alle dieſe mit ihren mannichfaltigen Geſtalten und Lagen liefern doch vorzuͤglich Ausſichten, de - ren Genuß die Seele hebt. Der Gartenkuͤnſtler ſoll dieſe und aͤhnliche Proſpecte nicht auf einmal, noch ſchon erwartet, erſcheinen laſſen. Er ſoll ſie nach und nach, in einerF 3allmaͤh -46Zweyter Abſchnitt. allmaͤhligen Fortſchreitung, nach dunkeln Zwiſchenraͤumen, in welchen die Seele ſich mit dem Nachgenuß erfreut, und noch keine neue Scene wieder erwartet, hervorbre - chen laſſen, hier in freyer, dort in verſchleyerter Schoͤnheit, mit allem Reiz der Ab - wechſelung und mit der vollen Staͤrke der Ueberraſchung. Er ſoll dadurch in der Seele eine Folge von Ruhe und Bewegung, von angenehmen, bald ſanftern, bald lebhaf - tern Empfindungen, von Behagung, von Freude, von Entzuͤckung, von Bewunderung, von Erſtaunen, hervorbringen. Nach dieſen Bemerkungen wird man einſehen, daß das Aushauen der Gehoͤlze nicht blos eine Haͤndearbeit gemeiner Gartenknechte iſt; und daß ſelbſt ein Mann von Geſchmack, der die Anordnung macht, lange uͤberlegt, und ſich in die Charaktere der Landſchaft und ihre Wirkungen auf die menſchliche Seele hineingedacht haben muß.

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6. Gebuͤſch.

Gebuͤſch iſt nach unſrer Eintheilung die erſte Art von Zuſammenſetzung von Straͤuchern, die einzeln von geringer Wirkung ſind, wie ſchon oben bemerkt worden. Allein durch Verbindung werden ſie wichtiger. Sie koͤnnen zwar zur Verzierung ein - zelne Baͤume, die zerſtreut unter ihnen erſcheinen, zulaſſen, ohne daß dadurch ihr Charakter merklich veraͤndert wird. Indeſſen macht doch die Zuſammenſetzung der Straͤucher den weſentlichen Theil bey Gebuͤſchen aus.

Bey47Vom Baumwerk.

Bey Gebuͤſchen kommt es vornehmlich auf die Beſchaffenheit der Figuren und Farben der Blaͤtter ſowohl, als auch der Bluͤhten an. Und dieſe Beſchaffenheit lei - tet auf den Gebrauch, der von ihnen zu machen iſt, und auf die Reviere, wo ſie an - zupflanzen ſind.

Gebuͤſche geben fuͤr kleine Huͤgel eine uͤberaus angenehme Bekleidung. Sie koͤn - nen ſowohl hier als auch auf ebenen Flaͤchen, wo ſie zur Unterbrechung der geraden Linie dienen, zuweilen ſehr maleriſche Gruppen bilden, wenn man ſie naͤmlich nicht ohne Unterſchied durch einander hinwirft, ſondern ſie nach der Verſchiedenheit ihrer aufſtei - genden Hoͤhe und nach den mannichfaltigen Schattirungen ihrer Blaͤtter und Bluͤhten ordnet. Sie locken durch ihren dichten Schatten und durch ihre Fruͤchte, mehr als Gruppen von lauter geraden Baͤumen, ganze Familien von Voͤgeln herbey, und wer - den dadurch ein Mittel der Belebung und des heiterſten Vergnuͤgens. Auf Wie - ſen, auf Raſenplaͤtzen, in Waͤldern, ſieht man ſie gern als anmuthige Verzierungen, wenn ſie ſparſam und mit Geſchmack hingeſtreut ſind. Der Wohlgeruch der Blumen empfiehlt einige Arten zur Bekleidung der Luſthaͤuſer, zur Umkraͤnzung der Ruheplaͤtze, und zur Bildung der Lauben.

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7. Wildniß.

Von Gebuͤſchen unterſcheiden ſich noch Wildniſſe, ob dieſe gleich wie jene aus Straͤuchern zuſammengeſetzt ſind. Jene ſtellen zerſtreute Gruppen ver, ſind mit ei - ner gewiſſen Auswahl angelegt und geordnet; dieſe machen unordentliche Haufen von mancherley Gebuͤſch und niedrigem Strauchwerk aus, zuweilen mit einigen Baͤumenunter -48Zweyter Abſchnitt. untermiſcht, alles ohne Cultur, der natuͤrlichen Verwilderung und der freyen Unord - nung ganz uͤberlaſſen. Keine Uebereinſtimmung der Straͤucher; ſelbſt Widerſpruͤche in der Zuſammenhaͤufung finden hier Platz. Wenn gleich Wege durchgebrochen ſeyn moͤgen, ſo ſind Wildniſſe doch eben nicht fuͤr den Spaziergang beſtimmt. Sie die - nen vornehmlich als Mittel zur Unterbrechung und zum Contraſt. Nach einer Reihe von anmuthigen Auftritten voll Cultur, Geſchmack und Feinheit beweiſen ſie ihre gute Wirkung. Sie muͤſſen aber von ſelbſt aus der natuͤrlichen Beſchaffenheit der Gegend entſpringen, oder doch mehr freywillig entſprungen, als mit irgend einer bedaͤchtigen Wahl angepflanzt zu ſeyn ſcheinen. Nicht alſo an fruchtbaren, ſondern an unwirth - baren und abgelegenen Orten, an einem langſam fließenden Waſſer, das hin und wie - der durch den verſteckten Fall ein dumpfes Gemurmel erregt. Die Wildniſſe gehoͤren uͤbrigens zu dem Romantiſchen.

Man muß ſie nicht mit der Wuͤſte verwechſeln. Wo duͤrre unfruchtbare Sand - felder brennen, wo nackte Felſen und Steinhaufen ſich uͤber einander draͤngen, wo fau - lendes ſtinkendes Waſſer, der Aufenthalt der Schlangen und Eidexen, ſchleicht, wo der Wolf in verſteckten Hoͤhlen auf den Raub lauert und ſelbſt von dem naͤchtlichen Gebruͤll maͤchtigerer Ungeheuer geſchreckt wird, wo ringsumher die oͤde verlaſſene Na - tur trauert, und keine Stimme des Menſchen die ewige Stille unterbricht da iſt die Wuͤſte.

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Aus den bisher angeſtellten Unterſuchungen erkennt man ſchon eine Menge von mannichfaltigen Verbindungen und Anlagen, welche nach der Anleitung der Natur mit Baͤumen und Straͤuchern gemacht werden koͤnnen. Allein dieſe weiſe Lehrerinngeht49Vom Baumwerk. geht noch weiter. Sie zeigt nicht blos die angenehmſten Gemaͤlde, die der Garten - kuͤnſtler dem Auge durch die Miſchung des Laubwerks ſchaffen kann; ſie winkt auch auf mancherley Scenen zur Beluſtigung und feinern Beſchaͤftigung der Seele in Gruppen, Hainen und Waͤldern hin.

a. Malerey des Laubwerks.

Ich darf es nicht wiederholen, welche Mannichfaltigkeit und wunderbare Mi - ſchung des Gruͤns die Natur in ihren Baͤumen und Straͤuchern ausgebreitet hat. Die Geſtalt, die Groͤße, die Dichtigkeit und Duͤnnigkeit der Zweige, die Staͤrke und Leichtigkeit, die Steifigkeit und Beweglichkeit der Blaͤtter tragen auf verſchiedene Weiſe dazu bey, die Schattirungen des Gruͤns zu vermehren.

Außer unſern gewoͤhnlichen Waldbaͤumen bieten auch die Obſtbaͤume, die man zuweilen aus den Pflanzungen nicht ohne Beleidigung ihrer Vorrechte ganz verbannt, oder doch an abgeſonderten Plaͤtzen zu verbergen pflegt, die Abwechſelung ihrer Far - ben an. Warum ſoll ſich ein Kirſchbaum nicht eben ſo frey zeigen duͤrfen, als eine Hagebuche? Außer der Schoͤnheit der Bluͤhte und Fruͤchte gefallen viele Fruchtbaͤu - me auch noch durch ihr Laub, das wenigſtens zu Abaͤnderungen Anlaß giebt. Welche ſchoͤne Mannichfaltigkeit finden wir nicht ſchon in den gewoͤhnlichen Arten, die in den deutſchen Gaͤrten gezogen werden! Und welche Malerey, und welcher liebliche Con - traſt, wenn ſie mit Ueberlegung und Geſchmack unter die wilden Baͤume gemiſcht wuͤrden! Aber, ohne genaue Ruͤckſicht auf die Zeit und Dauer des ausſchlagenden und fortbluͤhenden Laubes der wilden Baͤume, und auf die Zeit und Dauer der Bluͤhte und Fruͤchte der darunter gemiſchten Obſtbaͤume, wuͤrde nur eine ſeltſame und ekelhaf - te Verwirrung an die Stelle einer harmoniſchen Verbindung treten. Außerdem liefern uns die nordamericaniſchen Baͤume, die ſeit verſchiedenen Jahren und an verſchiedenen Orten ſchon unſere Pflanzungen erweitern, einen neuen Reichthum des Gruͤns im Baumwerk.

Man hat lange Zeit hindurch die Baͤume als bloße Mittel der Beſchat - tung angeſehen, und man begnuͤgte ſich, wenn dieſes Beduͤrfniß befriedigt war. Auch der kleinſte Garten enthaͤlt, ohne Schatten, in ſich einen Widerſpruch. Allein Be - ſchattung iſt nicht alles, was der Geſchmack verlangt. Auch iſt der Schatten nicht immer da ſchicklich, wo ſeine Kuͤhlung erfreut; die Beſchaffenheit des Platzes und der Scene muß die Entſcheidung geben. Er wuͤrde z. B. uͤber eine Blumenflur hinge - worfen ſehr uͤbel paſſen. An Grotten aber, an Einſiedeleyen und Baͤdern wird er geſucht. Zu viel und zu wenig Schattenwerk kann ſowohl in einzelnen Theilen, alsII Band. Gim50Zweyter Abſchnitt. im Ganzen, ein Fehler ſeyn. Das Uebermaaß des Schattens giebt ein zu einfoͤrmi - ges und trauriges Anſehen. Allein maͤßige Beſchattung befoͤrdert Ergoͤtzung, nicht blos fuͤr das Auge, ſondern auch fuͤr das Ohr, indem ſie einen geliebten Aufenthalt den Voͤgeln anbietet, deren Geſellſchaft und Lieder ſo viel Aufheiterndes haben, daß es nicht zu begreifen iſt, wie manche Eigenthuͤmer der Gaͤrten ſich dieſes Vortheils durch die Entfernung alles Schattigten berauben koͤnnen. Die Grade der Beſchat - tung aber, das Mehr und Mindre, laſſen ſich nur aus dem Charakter eines jeden Gartens und ſeiner verſchiedenen Reviere beſtimmen. Und demnaͤchſt muß das Auge nicht blos bey dem Gegenwaͤrtigen der Anlage ruhen, ſondern auch auf den kuͤnftigen Anwachs hinaus ſchauen, und die Wirkungen berechnen, die in der Folge entſtehen.

Allein die Malerey des Laubwerks iſt ein hoͤheres Erforderniß der Gartenkunſt, als bloße Anlage der Schattenwerke; ſie iſt ein Erforderniß der Schoͤnheit, da jene mehr ein Beduͤrfniß der Bequemlichkeit iſt.

Schon durch die bloße Aufſtellung mehrerer Arten von Baͤumen kann der Gar - tenkuͤnſtler ohne Muͤhe Mannichfaltigkeit hervorbringen. Allein durch eine Verbin - dung mit Geſchmack entſpringt erſt eine Mannichfaltigkeit, die mehr ſein Werk iſt. Wenn demnach verſchiedene Arten von Baͤumen und Straͤuchern auf eine ſolche Weiſe vereinigt werden, daß dadurch fuͤr das Auge eine erhoͤhete Ergoͤtzung uͤber die Ver - haͤltniſſe der Geſtalten und Farben bewirkt wird: ſo thut der Kuͤnſtler einen Schritt weiter, als die bloße rohe Natur; ſo handelt er als ein Mann von Geſchmack.

Nach dieſem Beruf ſoll der Gartenkuͤnſtler uͤberall, wo er Baumwerk anpflanzt, oder wo er es ausbildet, mit dem Landſchaftmaler die mancherley Vortheile des Lichts und des Schattens der Natur ablauſchen; nicht blos auf einzelne Gegenſtaͤnde und auf einzelne Proſpecte, ſondern auf die Zuſammenſtimmung aller Theile, auf den Aus - ſchlag des Ganzen achten; ſowohl die Wirkungen der Farben und Schattirungen in der Naͤhe bey einzelnen Scenen berechnen, als auch in Geſichtspuncten, wo aus der Ferne ganze Maſſen auf einmal wahrgenommen werden.

Wir ſehen, daß die Natur weder die Flaͤchen des Bodens, noch den Umfang der Waͤlder mit einerley Gruͤn, ohne Abaͤnderung und ohne Brechung, bekleidet. Wie ſchwach wuͤrde nicht durch das Gegentheil ihr Eindruck auf das Auge des Men - ſchen ſeyn! Nun aber ergoͤtzt ſie, und hoͤrt nicht auf zu ergoͤtzen, ſowohl durch har - moniſche Verbindungen als auch durch den Contraſt des Gruͤns.

In Anſehung einer maleriſchen Verbindung muß das mit Weiß und Gelb ver - miſchte Gruͤn ſich zunaͤchſt dem Auge zeigen. Sodann das Lichtgruͤn, hierauf das Braungruͤn, und endlich das Dunkelgruͤn und Schwaͤrzliche folgen. Das Dunkel - gruͤn muß alſo in der Ferne ſich verbreiten, und das Hellgruͤn ſich am meiſten in derNaͤhe51Vom Baumwerk. Naͤhe zeigen; und zwiſchen ihnen koͤnnen alle mittlere Arten des Gruͤns nach ihren verſchiedenen Graden liegen, ſich bald mehr nach jener, bald mehr nach dieſer Seite naͤhern. Zwiſchen einem Gelbgruͤn und Braungruͤn vertraͤgt ſich ſehr wohl das Lichtgruͤn in der Mitte; und das Braͤunliche ſcheint ſchon eine Vorbereitung zu dem Dunkelgruͤn und Finſtern zu enthalten. Whately*)Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen ꝛc. S. 39. hat ſchon bemerkt: daß ſich das gelbe und weiße Gruͤn leicht mit einander verbinde; daß ſich aber große Stuͤcke vom lichten, gel - ben, oder weißen Gruͤn nicht wohl mit einem andern großen Stuͤcke von Dunkelgruͤn vermiſchen laſſen; und daß, um in dieſem Fall einen reizenden Auftritt zu bilden, ent - weder das Dunkelgruͤn eine bloße Einfaſſung ausmachen, oder ein Braun, oder eine mittlere Art von Gruͤn dazwiſchen geſetzt werden muß; daß Roth, Braun und die mittleren Arten von Gruͤn ſich wohl zuſammen vertragen, und daß ſich ein jedes von dieſen mit einer jeden andern Miſchung verbinden laͤßt; daß aber das Rothe einen groͤßern Theil vom lichten als vom Dunkelgruͤn nahe bey ſich vertraͤgt; wie es denn auch nicht eine ſo gute Miſchung mit dem weißen, als mit den uͤbrigen Arten von Gruͤn zu machen ſcheint. Auf ſolche Beobachtungen muß der Gartenkuͤnſtler ſeine Zuſammenſetzung gruͤnden.

Bey der Verbindung der Farben ſelbſt muß man, nach der richtigen Vorſchrift eben dieſes ſcharfſinnigen Beobachters, eine beſtaͤndige Aufmerkſamkeit auf die Figu - ren haben. Dieſe, ſagt er, muͤſſen nicht in langen Streifen hinter einander lie - gen, ſondern entweder gaͤnzlich unter einander gemiſcht werden; oder, welches gemeini - glich noch weit angenehmer iſt, anſehnliche Stuͤcke von verſchiedenen Farben, deren jedes eine ſchoͤne Figur macht, muͤſſen nach verſchiedenen Verhaͤltniſſen der Groͤße na - he an einander geſetzt werden. Man muß keine Genauigkeit in den Geſtalten zu be - obachten ſuchen: denn ſie kann nicht erhalten werden; wenn nur der Hauptumzug wohl gezeichnet iſt, ſo werden kleine Veraͤnderungen, die nach und nach durch den Wuchs der Baͤume verurſacht werden, ſie nicht unkennbar machen.

Dieſe Bemerkungen gehen auf Haine und Waͤlder, als anſehnliche Maſſen des Baumwerks. Und auch bey dieſen iſt nur der Contraſt der Farben, der bey kleinen Gruppen und Gebuͤſchen von ungewiſſer und wenig bedeutender Kraft ſeyn wuͤrde, zu ſuchen. Nur in ausgebreiteten Stuͤcken, zumal in einer gewiſſen Entfernung, kann der Contraſt ſeine Wirkungen mit der gehoͤrigen Staͤrke beweiſen, wie die Nacht des Tannenwaldes gegen das Licht der jungen aufſprießenden Saat, oder aufbluͤhende Eichen gegen den Buchenwald, deſſen fruͤheres Laub ſich ſchon dunkler faͤrbt. Allein bey Klumpen und kleinen Gebuͤſchen herrſche eine ſanfte und anmuthige Verbindung von wenig Farben, die ſich leicht zu einander geſellen, ſich in einander verlieren, wie die Farben im Regenbogen. Eine Gruppe kann oft einen ſo geringen Umfang undG 2ein52Zweyter Abſchnitt. eine ſolche Stellung haben, daß ſie blos eine einfache Farbe vertraͤgt. Will man durch Entgegenſtellungen der Farben ergoͤtzen, ſo mag man die Gruppen als eine Samm - lung unter ſich contraſtiren laſſen, da in einer einzelnen der Contraſt zu ſeiner guten Wirkung nicht Raum genug hat. Man wird ſie ſodann nach eben den Bemerkun - gen, die oben von den Verbindungen und gegenſeitigen Abweichungen des Gruͤns mit - getheilt ſind, anpflanzen, und ihnen eine Anordnung und Stellung geben, wodurch das Ganze ein zuſammenhaͤngendes und anziehendes Gemaͤlde ausmacht.

Die Erfahrung lehrt, daß die Gegenſtaͤnde immer unkenntlicher werden, je wei - ter ſie ſich von dem Auge entfernen. Nach dieſer Beobachtung wird von zwo Grup - pen, die in gleichem Abſtande liegen, und wovon die eine ein lichtes, die andere ein dunkles Gruͤn hat, jene den Schein einer weitern Entfernung haben als dieſe. Die Beſchaf - fenheit des Hintergrundes veranlaßt eine neue Verſchiedenheit. Ein Berg, noch mehr ein kahles Felſengebirge, das ſich uͤber das Ende des Waldes oder der Pflanzung hoch emperhebt, vermehrt die Verdunkelung, da hingegen der Schein des blauen Hori - zonts ſie mildert. Auch kann man die Entfernung tiefer machen, indem man das Gruͤn von Stufe zu Stufe immer mehr verdunkelt. Endlich iſt eine verſtaͤndige Mi - ſchung des Lichts und Schattens auch in der Gartenkunſt ein reiches Mittel zur ſchein - baren Verkuͤrzung und Verlaͤngerung der verſchiedenen Theile der Gehoͤlze.

Der Gartenkuͤnſtler muß ſo gut, als der Landſchaftmaler, die Fertigkeit, uͤber alle Arten von Verhaͤltniſſen nachzudenken, ein ſcharfes Auge und ein ſicheres Gefuͤhl fuͤr die mannichfaltigen Wirkungen beſitzen, welche Maſſen, Beziehungen und Entgegenſtel - lungen in der Zuſammenſetzung hervorbringen. Er muß uͤber die Malerey des Laub - werks, als einen feinen und noch wenig ausgeuͤbten Theil ſeiner Kunſt, ein vielfaͤltiges Studium ſelbſt anſtellen, da wir hier in einer Sache, die ſo ſehr zuſammengeſetzt iſt und worin faſt alles von eigenen Beobachtungen und Verſuchen abhaͤngt, nichts mehr, als einige Winke geben koͤnnen.

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b. Eini -53Vom Baumwerk.

b. Einige Waldſcenen.

Schon in Hainen und Waͤldern, die noch kein Geſchmack verſchoͤnert hat, fin - det der Freund der Natur Unterhaltung und mancherley Ergoͤtzung. Bald wandelt er unter der dunkeln Ueberwoͤlbung dickbelaubter Baͤume, und athmet eine erfriſchen - de Kuͤhlung; bald betritt er einen offenen Raſenplatz, ſieht mit freyem Blick die em - porſteigenden Gipfel und den Himmel. Bald beſchaͤftiget ihn der kraftvolle Wuchs und die Hoͤhe der Baͤume, die glatte Rinde der Staͤmme, der Reichthum und die Geſtalt der Zweige, ihr Emporſteigen oder Herabhaͤngen, ihre Verwickelung oder Luf - tigkeit, die Helle oder Dunkelheit, die Groͤße oder Zierlichkeit des Laubwerks, und die wunderbaren Spiele des Lichts und des Schattens. Bald ergoͤtzt ihn die Man - nichfaltigkeit und Lebhaftigkeit der Gebuͤſche, der Pflanzen und Blumen, die den Bo - den zieren. Er lagert ſich zu ihnen auf den weichen Raſen, verliert ſich in ihre Be - trachtung, und athmet die ſuͤßen Duͤſte, womit ſie ſeine Aufmerkſamkeit belohnen. Bald gaukeln junge Schwaͤrme von bunten Inſecten um ihn her; bald flattert ein un - bekannter Vogel vor ihm in den Weg hin, begafft den unerwarteten Ankoͤmmling mit aͤhnlicher Neugierde, lockt ihn durch freundliches Umherhuͤpfen und anſcheinende Zahm - heit herbey, fliegt ploͤtzlich taͤuſchend wieder auf, und beginnt von einem Gipfel, den ſchnell ſein Gefieder ereilt, den ungekuͤnſtelten Lobgeſang der Freyheit. Andere ſtim - men in das Concert ein, und ein liebliches Gemiſch von frohen Toͤnen unterbricht auf einmal die Stille, die in den Gebuͤſchen herrſchte, und erweckt weit umher den Wi - derhall. Die Einoͤde verwandelt ſich in ein Luſtrevier voll gluͤcklicher Geſchoͤpfe, die in Freyheit und Liebe frohlocken; und ein hoͤheres Gefuͤhl von Wonne uͤber den allge - meinen Schoͤpfer der Weſen ergreift das Herz des vernuͤnftigen Beobachters. Er wandelt weiter, und ſieht vor ſich eine feyerliche Daͤmmerung hangen; naͤher wird er nach einer unerwarteten Wendung mit einer heitern Ausſicht uͤberraſcht. Er ſieht das freudige Gewuͤhl der Aerndte in der Ferne, und hoͤrt Lieder der Liebe von ungelehrten Stimmen der Garbenbinderinnen heruͤberſchallen. Bald unterhaͤlt ihn eine maleri - ſche Durchſicht, und fuͤhrt den Blick von Gruppe zu Gruppe durch tauſend ſpielende Bewegungen des Lichts und Schattens, bis auf einen huͤgeligten Hintergrund. Hier ruhet er, und ſchaut in eine Vertiefung auf einen finſtern Dickigt hinab, worin ein un - geſehener Waſſerfall rauſcht. Indeſſen bereitet das untergehende Licht des Tages die herrlichſte Verſchoͤnerung dieſer Scenen. Indem der brennende Abglanz die Gipfel roͤthet, ſo ergießt ſich eine mildere Beleuchtung von Zweig zu Zweig durch die ganze mittlere Belaubung an Baͤumen und Gebuͤſchen herab; die aͤußern Blaͤtter freuen ſichG 3ſtolz54Zweyter Abſchnitt. ſtolz ihrer Erheiterung, und die inwendigen ſcheinen ſich eiferſuͤchtig hervorzudraͤngen, um auch an der lieblichen Verſchoͤnerung Antheil zu haben; ein ſanfter Widerſchein ſpielt hie und da auf dem Boden hin, und das kleinſte Graͤschen erhebt ſeine Stirne bey dem Blick, womit die entweichende Koͤniginn des Tages es noch einmal anlaͤchelt. Unterdeſſen das Auge trunken an der Schoͤnheit dieſer Scene haͤngt, ſo verbreitet ſich die maͤchtige Muſik der Waldhoͤrner mit ihrem herzerhebenden Widerhall in dieſes Re - vier, um die Entzuͤckungen der Seele zu vollenden.

Dies ſind keine erdichtete Scenen; es iſt die wahre, die unverſtellte Natur ſelbſt; es iſt nicht alles, es iſt nur ein kleiner Theil von ihr: und dennoch was ſind gegen dieſe Auftritte alle eure hohe Hecken und lange Alleen, ihr verblendeten An - haͤnger einer eiteln Kunſt?

Aber laßt, ſtatt dieſer, den geſunden Geſchmack zur Verſchoͤnerung des Wal - des ſich beſcheiden naͤhern. Er wird nichts verunſtalten, noch umwaͤlzen; er wird blos die Scenen, welche die Natur zu verſchiedenen Arten der Ergoͤtzung und Unter - haltung beſtimmte, auszuwaͤhlen wiſſen; er wird ihre Anlagen ausbilden, und ihre Wirkungen verſtaͤrken.

Hier wird er eine Scene voll ſuͤßer Lieblichkeiten eroͤffnen. Junge ſchlanke Baͤumchen umkraͤnzen in Gruppen den Fuß eines wellenfoͤrmigen Huͤgels, der durch eine Oeffnung, welche die hoͤhern Baͤume zulaſſen, uͤber eine reizende Ausſicht von Bergen und Waͤldern in der Ferne gebietet, aus deren Mitte ein heller See hervor - glaͤnzt. Die uͤbrigen Seiten des Huͤgels ſind mit waldigten Anhoͤhen beſchattet. Auf ſeinem runden Gipfel erhebt ſich ein feines Luſtkabinet, woran die Haͤnde der Grazien geſchaͤftig geweſen. Nahe umher duften die lieblichſten Blumen, die aus dem gruͤ - nen friſchen Raſen hervorſchimmern, der alle Abhaͤnge des Huͤgels bekleidet. Zwi - ſchen den Blumen um das Kabinet bis zu den Gruppen von Baͤumchen am Fuße des Huͤgels ſind hier und da kleine bluͤhende Geſtraͤucher zerſtreut, die den Wohlgeruch der ganzen Gegend verſtaͤrken, untermiſcht mit hoͤhern Blumenarten von mannichfal - tigen lebhaften Farben. Von den buſchigten Anhoͤhen, die eine Miſchung von Tag und Nacht verbreiten, ertoͤnen oft unterbrochen die Seufzer der einſamen Nachtigall herab. Alles ſchweigt umher bis auf ſie, und das kleine Geſchwaͤtz eines Baches, der zwiſchen Kieſeln ſpielt. Alles iſt ruhig, ſanft und milde; die ganze Natur ath - met Friede. Sie ſcheint hier in ſich ſelbſt verſunken, in den wolluͤſtigen Genuß ihrer eigenen Reize. Seliger Aufenthalt der Zaͤrtlichen, die hier zuerſt, zwiſchen Blu - mengebuͤſchen und den Klagen der Nachtigall, die Suͤſſigkeit der Liebe einathmeten!

Eine55Vom Baumwerk.

Eine andere Scene iſt beſonders der Ruhe und Betrachtung gewidmet. Keine wichtige oder lebhafte Gegenſtaͤnde, welche die Aufmerkſamkeit der Seele heiſchen; keine weite Ausſichten, die ſie zerſtreuen. Ein kleiner Platz mit einem dichten Ge - webe von Baͤumen umſchloſſen, mit einem ruhigen Gewaͤſſer, worin ſie ihr Haupt ſpiegeln, mit einem Kabinet, dem Leſen und dem Selbſtdenken geheiligt, und mit ſo viel Oeffnung und Licht, als noͤthig iſt, um dieſe Scene von der melancholiſchen zu unterſcheiden, iſt zu ihrer Einrichtung hinreichend.

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Reviere, wo man das Vergnuͤgen der Muſik, oder des Tanzes genießen will, verlangen keine Ausſicht; eine ruhige abgeſonderte Lage iſt ihnen mehr angemeſſen. Allein, außer dem Gebaͤude fordern ſie einen freyen und beque -men56Zweyter Abſchnitt. men Vorplatz, auf welchem man umherſpazieren kann, und einen angenehmen Schatten.

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Das Vergnuͤgen der Tafel iſt in einem Walde doppelt reizend; man kann ei - gene Plaͤtze dazu abſondern. Die Lage muß frey ſeyn, und eine heitre Ausſicht haben; der Ausgang eines Waldes auf eine Anhoͤhe, wovon das Auge in die weite Landſchaft hinausirren kann, ſcheint hiezu beſonders bequem. Man freuet ſich uͤber den Reiz der Proſpecte, hat friſche Luft, Freyheit und Heiterkeit um - her, und die Muſik der Waldſaͤnger. Das Gebaͤude kann die Geſtalt einesTempels57Vom Baumwerk. Tempels haben, und dadurch ein ſchoͤner Gegenſtand im Proſpecte ſeyn. Sein freyer Vorplatz dient zur Bewegung nach der Tafel.

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Allein weit edlere, nicht blos fuͤr die Sinne und die Einbildungskraft, ſondern ſelbſt fuͤr das Herz intereſſante Scenen kann uns der Wald darſtellen. Wir kennen die Wirkung ſanftmelancholiſcher Gegenden, worin die Seele von der Stille und Einſamkeit zu ſich ſelbſt gleichſam zuruͤckgeleitet wird, wo ſie ſich geneigter fuͤhlt zu einem ſanften Staunen, zu einem angenehmen Verſinken in ſich ſelbſt, zu einer mit Wehmuth und Behagung vermiſchten Erinnerung des genoſſenen Lebens, der Tage, die dahin ſchwanden und doch wieder gegenwaͤrtig ſind, der Begebenheiten, die uns werth waren und uns jetzt ruͤhren, der Vorfaͤlle, uͤber deren Ausgang wir nun ver - wundernd hinſchauen, zum Nachgenuß unſerer ſuͤßeſten Lieblingsempfindungen, die ſich jedes Herz, auch als wiederkehrende Phantaſien, in dem Kreiſe ſeines Daſeyns im - mer gern auszeichnet, zu den ernſten und ungewiſſen Blicken, welche die ſcheue Hoffnung in die daͤmmernde Zukunft wirft. Man fuͤhlt, was man geweſen iſt, undII Band. Hahndet,58Zweyter Abſchnitt. ahndet, was man ſeyn wird. Wir wiſſen, wie viel Kraft ſchon eine natuͤrliche Ge - gend hat, die Seele in dieſe Verfaſſung zu verſetzen, und wie gern empfindſame Her - zen ſie beſuchen. Giebt man ihr eine mit ihrem Charakter uͤbereinſtimmende Einrich - tung, die mehr zum Nachdenken veranlaßt, die mehr auf die Erweckung einer gewiſ - ſen Art von Gemuͤthsbewegung hinwirkt: ſo muß ſie unfehlbar einen unwiderſtehlichen Eindruck gewinnen.

Auf dieſe Weiſe kann man alle wichtige und edle Gefuͤhle hervorbringen. Man kann die Seele auf ſich ſelbſt zuruͤckfuͤhren; man kann ſie durch Erinnerung an ein fremdes Verdienſt mit Liebe, Bewunderung, Nacheiferung erfuͤllen. Und dieſe Wirkung koͤnnen Trauermonumente haben, die faſt nirgends einen ſchicklichern Platz finden, als in einem dunkeln und einſamen Waldrevier.

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Man kann hier ſelbſt Begraͤbniſſe anlegen. Wie lange hat man nicht gegen die barbariſche Gewohnheit geeifert, nahe an den Wohnhaͤuſern in den Staͤdten, und ſelbſt in den Tempeln der Gottheit, Leichname verfaulen zu laſſen? Was der Moͤnch in Italien der weiſen Obrigkeit willig zugab, und die Geiſtlichkeit in Frankreich ſich ausdruͤcklich erbat, das Begraͤbniß außer den Staͤdten, das hat der Deutſche, der ſich ſo gern ſeiner Freyheit ruͤhmt, noch nicht eingefuͤhrt, nur erſt gelobt. Waskoͤnnte59Vom Baumwerk. koͤnnte indeſſen leichter und anſtaͤndiger ſeyn, als daß ein Gutsbeſitzer, wenigſtens fuͤr ſeine Familie, in einem Theil ſeines Parks, oder in irgend einem Walde, einen Begraͤbnißplatz anlegte, und ihn zur Unterhaltung ſittlicher Gefuͤhle einrichtete?

Mit inniger Ruͤhrung erblicke ich hier Rouſſeau’s Grab, das Grab des

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Mannes, der ſo viel fuͤr die Menſchheit empfand, und ſo viel von ihr litt. Sein Geiſt iſt uͤber dieſe Scene erhaben, und wandert in beſſern Gefilden; nur das, was er der Erde laſſen konnte, ruhet hier im Angeſichte der Natur, die er ſo wahr beſchrieb, als er ſie fuͤhlte. Ihm, dem Frankreich das erſte Licht verdankt, das uͤber ſeine Gaͤrten aufgieng,*)S. 1 B. S. 129-132. Er ſtarb den 2 Jul. 1778. ihm war nicht blos ein Denkmal, ſondern ſelbſt ſeine Ruheſtelle in einem Park vorbehalten, den ſein Freund, der Marquis von Girardin, mit eben dem Geſchmack, womit er von der Kunſt ſchrieb,**)S. 1 B. S. 134. Eine kritiſche Be -ſchreibung von Ermenonville findet man in Théorie des Jardins, 8. Paris, 1776. S. 236 u. ſ. w. zu Ermenonville, zehn Stun - den von Paris, angelegt hat. Hier hatte er unter dem Schutz der edelmuͤthigſten Gaſtfreundſchaft, vor den Verfolgungen der Prieſter und der Freygeiſter verborgen, die Ruhe des Weiſen, der ſelbſt ſich alles iſt, wieder gefunden; und hier verlebte erH 2ſeine60Zweyter Abſchnitt. ſeine letzten Tage in einem kleinen Hauſe ohnweit des Schloſſes, aber doch von dieſem durch Baͤume abgeſondert, an der Seite eines Waͤldchens, worin er taͤglich ſpazierte und Pflanzen ſammlete. Nun ſchlummert er hier die lange Nacht, das Geſicht ge - gen den Aufgang der Sonne gerichtet, auf einer kleinen mit Pappeln bepflanzten In - ſel, die man ſeitdem Elyſium nennt. Das Waſſer, das ſie umgiebt, fließt ohne Geraͤuſch, und die Luͤfte ſcheinen ſich zu fuͤrchten, die Stille der Scene durch die ge - ringſte Bewegung zu unterbrechen. Der kleine See iſt mit Huͤgeln umſchloſſen, die ihn von der uͤbrigen Welt abſondern, und die ganze Gegend zu einem geheimnißvollen Heiligthum machen, das nichts Finſtres oder Trauriges hat, aber zu einer ſanften Melancholie hinreißt. Sie ſind mit Waͤldern bedeckt, und endigen ſich am Ufer des Waſſers mit einſamen Gaͤngen, worin es nicht an empfindſamen Fremden fehlt, die nach dem Elyſium hinſehen, und zuweilen hinuͤberfahren. In der Mitte ſteht uͤber den heiligen Reliquien das Monument in der Hoͤhe von ſechs Schuhen, von ſehr ein - facher, aber ſchoͤner Verzierung. Die hohen Pappeln, die von einem Boden empor - ſteigen, der mit Raſen bedeckt und einigen Roſen geſchmuͤckt iſt, bilden einen ehrwuͤr - digen Schatten, der ſich durch ſeinen Widerſchein in dem ruhigen Waſſer verlaͤngert. Und der Gedanke: hier ruhet Rouſſeau! enthaͤlt alles, was die ruͤhrende Feyerlich - keit dieſes Auftritts vollenden kann.

Auch ein bloßes Trauerdenkmal kann oft ein Mittel ſehr intereſſanter Erinnerun - gen ſeyn. Welcher weiſe Freund des einſamen Spaziergangs muß nicht lebhaft ge - ruͤhrt werden, wenn er in einem waldigten Revier auf ein Monument ſtoͤßt, das dem Andenken eines Mannes, den er ſchaͤtzen kann, geheiligt iſt! Er wird uͤberraſcht, tritt naͤher, und erkennt ihn, deſſen Verdienſt hier gehuldigt wird. Er ſieht das aͤußere Denkmal, das der Seele die Wiedererinnerung erleichtert, ſich zwiſchen ſchattenrei - chen Baͤumen beſcheiden verbergen: ein Bild des Mannes, der alles in ſich war, und ſich in ſich ſelbſt zu verhuͤllen ſuchen konnte. Ein dichter Vorhang von Waldung be - graͤnzt umher das eingeſchloſſene Revier. In der Mitte ruhet ein ſtilles Gewaͤſſer, woraus mit leiſem Gemurmel ein kleiner Bach abfaͤllt, und am Fuß des Monuments wegſchleicht. Der Mond ſteigt uͤber die Gebuͤſche mit ſeinem feyerlichen Licht herauf, und ſcheint am Himmel zu verweilen, um dieſe heilige Gegend zu beſchauen. Sein blaſſes Antlitz glaͤnzt im Waſſer wider; zwiſchen den Baͤumen und Gebuͤſchen ſchleicht ſein Silberſchein, und verbreitet uͤber das Ganze eine liebliche Beleuchtung. Selbſt das Monument ſcheint ſich ſeiner ſanften Erheiterung zu freuen; das Bild der Un - ſterblichkeit, der Schmetterling, wird ſichtbar, und der Gedanke des Todes gemil - dert. Kein Laut wird gehoͤrt; ringsumher tiefe Stille und Feyer. Von dem Ein - druck dieſer Scene beherrſcht, in ſeine Betrachtungen und in ſeine Wehmuth verſenkt,lehnt61Vom Baumwerk. lehnt ſich der empfindende Beobachter an eine gegenuͤberſtehende Eiche, ſieht hin, wo das Mondlicht den Namen ſeines Sulzers*)Mein Wunſch am Beſchluß des Vorberichts des 1. Bandes ward nicht erhoͤrt. Er ſtarb am 25. Februar 1779. erhellet, ſieht wieder weg, und eine Thraͤne faͤllt.

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Noch mehr kann man die Bewegungen der Seele erheben, indem ſich in Hai - nen und Waͤldern Kapellen, Oerter der Andacht und der Anbetung mit einem gluͤck - lichen Erfolge anlegen laſſen. Man kennt die Ehrfurcht, welche die alten Deutſchen und einige celtiſche Voͤlker fuͤr ihre geweiheten Waͤlder hatten. Die grauſenvolle Hoͤ - he und das ehrwuͤrdige Alterthum der bemooſten Eichen, die erhabene Stille, dieH 3Dunkel -62Zweyter Abſchnitt. Dunkelheit, das feyerliche Rauſchen der Gipfel in den Wolken, hatten, bey allem Man - gel des Geſchmacks, bey aller Rohigkeit der Sitten, doch eine maͤchtige Wirkung, welcher ihre ſtarken Herzen nicht widerſtehen konnten. Und dieſe Wirkung kann noch mit Ueberlegung und Geſchmack zu edlen Abſichten erhalten werden. Eine waldigte Verdunkelung, wohin wir treten, iſt ſchon Veranlaſſung zur Ruhe aller Sinne. Un - ſre Seele wird auf einmal in eine Lage geſetzt, die ihre Thaͤtigkeit auf ſie ſelbſt zuruͤck - zieht; ſie faͤngt bald an, ſich mit ſich ſelbſt zu beſchaͤftigen, ihren Phantaſien nachzu - haͤngen, alte Ideen zuruͤckzurufen, und neue zu ſchaffen. Die geheimnißvolle Dun - kelheit, die tiefe Einſamkeit und feyerliche Ruhe, die großen Gegenſtaͤnde der Natur unterlaſſen nicht, die Seele in dieſer Verfaſſung maͤchtig zu ruͤhren, Bewegungen, die der Beſchaffenheit der aͤußern Vorwuͤrfe gemaͤß ſind, hervorzubringen, und ihre Wirkung ſelbſt bis auf die feinſten Betrachtungen des Geiſtes auszubreiten. Und dieſe vorbereitende Empfindungen, dieſe heilige Schauer ſchicken ſich ſehr wohl zu den erhabenen Bewegungen, welche die Vorſtellung und Anbetung des hoͤchſten We - ſens, die Betrachtung ſeiner Groͤße und unſerer Unterwuͤrfigkeit, das Gefuͤhl ſeiner Wohlthaten und die triumphvolle Ausſicht in eine Welt, die uͤber die gegenwaͤrtige iſt, hervorbringen.

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Die reiche Mannichfaltigkeit der Anlagen mit Baumwerk, die wir bisher auf un - ſerm Wege wahrgenommen haben, kann noch durch Geſchmack und Erfindungsgeiſt ſehr betraͤchtliche Erweiterung gewinnen. Und wie viel Abwechſelung von Scenen und Ergoͤ - tzungen haͤtte man nicht dadurch den Gaͤrten geben koͤnnen! Allein die alte Kunſt, die ander63Vom Baumwerk. der Mannichfaltigkeit der Natur einen Ekel zu haben ſchien, ſuchte ſie auf Wegen, worauf nichts anders als Einfoͤrmigkeit, unter einem leeren Scheine von Pracht, an - zutreffen war. Wir wollen noch einen Blick auf die Anwendung zuruͤckwerfen, die man vormals von Baͤumen und Straͤuchern in den Gaͤrten machte; nicht ſowohl in der Abſicht, um alte Misbraͤuche mit einem neuen Tadel zu verfolgen, als vielmehr um zu ſehen, wie weit ſich daraus noch einige nuͤtzliche Belehrungen herausheben laſſen.

aa. Baum.

Schon bey einzelnen Baͤumen fieng die Verunſtaltung der alten Manier an. Man vergaß zu bedenken, daß die Kunſt nirgends ekelhafter iſt, als wenn ſie in Ge - genſtaͤnde der laͤndlichen Natur gewaltſame Formen hineinzwingt. Ein ſchoͤner Baum in der freyen und nachlaͤſſigen Ausbreitung ſeiner Zweige und Blaͤtter muß jedes un - verwoͤhnte Auge reizen; aber er muß misfallen, ſobald ihn die freche Hand des Gaͤrt - ners in Kugeln, Pyramiden, Vaſen und andere widerſinnige Geſtalten verkuͤnſtelt. Man begnuͤgte ſich nicht, einzelne Baͤume zu verunſtalten; man legte von Gebuͤſchen Kabinette, Speiſeſaͤle, Kloͤſter, Theater, Triumphbogen an; man ließ nichts un - verſucht, um dieſe kindiſchen Spielwerke ſo weit zu treiben, als man konnte; und alles dies in der ſeltſamen Meynung, dadurch gartenmaͤßige Schoͤnheiten hervor - zubringen.

bb. Hecke.

Dieſer Geiſt der Verkuͤnſtelung, der bey dem Einzelnen anfieng, breitete ſich auch in der Zuſammenſetzung aus. Man zog Hecken, die durch die Verſperrung et - was Aengſtliches, und durch die Umformung in Waͤnde viel Widriges haben. Ihre Menge machte die Gaͤrten dumpfigt und traurig. Die Einfoͤrmigkeit war ihr Eigen - thum. Um ihre verdrießliche Einwirkung zu verbeſſern, gab man einigen aus den Hecken hervorragenden Baͤumen allerley Umbildungen in menſchliche, thieriſche, oder andere eben ſo abgeſchmackte Geſtalten.

Hier iſt wenig angenehme Unterhaltung, noch weniger Unterricht. Nichts kann uns abhalten, die kuͤnſtlich geſchornen Hecken zu verwerfen, zumal da ſelbſt in kleinern Gaͤrten Straͤucher und Gebuͤſche, die in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachſen,ſowohl64Zweyter Abſchnitt. ſowohl zur Beſetzung der Spaziergaͤnge, als auch zur Verdeckung widriger Anſichten weit vorzuͤglicher ſind.

cc. Allee.

Wenn Alleen, die aus Baͤumen beſtehen, da aus Straͤuchern und Gebuͤſchen die Hecken zuſammengeſetzt ſind, gleich wie dieſe, an den Seiten und auf der Oberflaͤ - che die Merkmale der Gartenſcheere zeigen: ſo gehoͤren ſie mit den Hecken in eine Klaſſe. Allein wenn ſie blos eine regelmaͤßige Pflanzung vorſtellen, wobey jeder Baum die Freyheit ſeines Wuchſes ohne Verkuͤnſtelung behaͤlt: ſo duͤrfen wir ſie nicht ohne Un - terſchied verwerfen, ſie verdienen noch eine naͤhere Beurtheilung.

1.

Es iſt gewiß, daß die aͤlteſte Kunſt ſchon mit Anpflanzungen der Baͤume nach einer gewiſſen Ordnung den Anfang gemacht hat. Wenn der Quincunx auch wohl eben nicht die allererſte Ordnung geweſen ſeyn mag, ſo ward er doch, wie wir zuver - laͤſſig wiſſen, von den Roͤmern geliebt, zu welchen er von den Perſern gekommen zu ſeyn ſcheint. Nach dieſer Ordnung waren die Alleen der Roͤmer gepflanzt; da hingegen die kleinen Hecken, vornehmlich nach ihrer gegenwaͤrtigen Einrichtung, von den Franzoſen erfunden, und von ihnen allmaͤhlig weiter verbreitet ſind. Der Quin - cunx iſt regelmaͤßig, und doch giebt er, wenn er zuſammengeſetzt wird, eine gewiſſe Abwechſelung und Vermehrung der Ausſichten.

Indeſſen iſt in den neuern Zeiten die Ordnung, da in zwo langen gerade fort - laufenden Linien Baum gegen Baum geſtellt wird, am meiſten beobachtet. Es laͤßt ſich gegen dieſe Ordnung allerdings ſagen, daß ſie nicht natuͤrlich genug iſt; daß ſie bey einer betraͤchtlichen Laͤnge ermuͤdet; und daß ein Garten, der nichts als lauter ge - rade Alleen hat, dadurch ein ſteifes und einfoͤrmiges Anſehen gewinnt. Man em - pfand dieſe Unannehmlichkeit, und fuͤhrte in den neuern Gaͤrten eine oͤftere Abwech - ſelung der Alleen mit freyen Plaͤtzen, mit Buſchwerk und kleinen Gruppen ein; oder man ließ den Garten, nach einer Menge von kuͤnſtlichen Anordnungen des Baum - werks, nach und nach ſich in das mehr Nachlaͤßige und Wilde verlieren.

Dennoch haben Alleen ihre Empfehlung; und ſie gefallen noch immer unter ei - ner gewiſſen Einſchraͤnkung. Sie ſcheinen nicht ganz gegen die Natur, wenn ſie nur nicht in einer langen Strecke ſich fortziehen. Denn wir finden, daß der Wald ſeine Staͤmme nicht ſelten mit einer ſcheinbaren Ordnung ſtellt; doch iſt die Linie bald wie -der65Vom Baumwerk. der geſtoͤrt. Alles kommt darauf an, entweder die Strenge der Regelmaͤßigkeit durch irgend eine kleine Veraͤnderung zu mindern, oder Alleen da anzupflanzen, wo ſelbſt der Anſchein der Regelmaͤßigkeit keine widrige Wirkung thut.

2.

Die Regelmaͤßigkeit kann vornehmlich dadurch unterbrochen werden, daß man die gerade Linie zuweilen mit der ſchwankenden abwechſeln laͤßt. Naͤchſtdem kann auch zu dieſer Abſicht die Verſchiedenheit der Abſtaͤnde, der Hoͤhe, des Wuchſes und des Laubwerks der Baͤume behuͤflich ſeyn. Die Baͤume moͤgen ſich demnach bald naͤhern, bald ſich etwas von einander entfernen; bald niedrige, bald hoͤhere ſeyn, bald mit ſchwachem Gebuͤſch abwechſeln; hier ſich die Schattengewoͤlbe zuſammendraͤngen, dort eine lichte Oeffnung hervorbrechen; hier ein Einſchnitt, ein Winkel, dort ein gerader zierlicher Fortgang erſcheinen.

Je weiter ſich die Laͤnge der Alleen erſtreckt, fuͤr deſto ſchoͤner pflegt man ſie ge - meiniglich zu halten. Allein eine gar zu ausgedehnte Laͤnge ermuͤdet durch das Leere des unermeßbaren Raums. Das Auge verliert ſich in das ſcheinbare Graͤnzenloſe, ohne durch einen aufſteigenden Gegenſtand zur Beſchaͤftigung aufgehalten zu werden. Man ſollte indeſſen langen Alleen am Ende zuweilen eine kleine Kruͤmmung geben, ſo daß das Auge nicht den Ausgang durchſchauen koͤnnte; die Ausſicht verſchwaͤnde zwar, aber die Einbildungskraft wuͤrde ſich den Ort groͤßer vorſtellen, und der Gedanke der Einſamkeit ſich verſtaͤrken.

Eine kurze gerade Allee vor einem Landhauſe hat an ſich nichts unſchickliches. Sie mag ſich hier in ihrer voͤlligen Regelmaͤßigkeit zeigen, indem ſich von dem Ge - baͤude aus der Begriff von Kunſt, Ordnung und Regelmaͤßigkeit verbreitet, und ſich der Nachbarſchaft mittheilt. Unter den Ueberwoͤlbungen zuſammengezogener Baͤume findet der Bewohner einen bequemen Spaziergang bey der Hitze und beym Regen, kuͤhle Sitze im Freyen, und, wenn er will, ſeine Tafel. Indeſſen iſt gewiß, daß auch kleine freye Gruppen um ein Landhaus nicht allein zu eben dieſer Abſicht dienen, ſondern auch noch mehr dazu, das Gebaͤude in maleriſchen Durchſichten zu zeigen.

Nichts iſt gemeiner, als gerade Alleen als Zugaͤnge zu Schloͤſſern und adelichen Landſitzen zu gebrauchen. Und nicht allein werden ſie hier von der Bequemlichkeit empfohlen, ſondern auch von der Neigung, nach einem beſtimmten Gegenſtande, der das Ziel unſerer Bewegung und der Punct unſerer Ruhe iſt, bald und ohne aufhal - tende Umwege zu gelangen.

Geht indeſſen die Allee eine lange Strecke in gerader Linie fort, ſo entſpringt ei - ne gewiſſe Unannehmlichkeit, ſowohl von der Einfoͤrmigkeit des Zuganges, als auchII Band. Jvon66Zweyter Abſchnitt. von der ewigen Unbeweglichkeit des Gebaͤudes, das immer auf derſelben Stelle ohne die geringſte Veraͤnderung vor Augen liegt, und wovon der Proſpect in eine ſchmale und unbedeutende Anſicht verwandelt wird. Noch mehr wird die ekelhafte Einfoͤr - migkeit empfunden, wenn auf den Seiten des Weges alle weitere Ausſicht gehemmt iſt, und das Auge nicht in angraͤnzenden Gegenſtaͤnden Zerſtreuung des Verdruſſes und der langen Weile ſuchen kann. Die gerade Linie zerſchneidet außerdem den Bo - den in zwey getrennte Stuͤcke, und verunſtaltet die ſchoͤnſte Lage. Schon Home*)Grundſaͤtze der Kritik, in dem Kapi - tel vom Gartenbau und der Architektur. hat daher gerathen, einen ſchiefen Weg in einer ſchwankenden Linie vorzuziehen, mit einzelnen Baͤumen und andern zerſtreuten Gegenſtaͤnden dazwiſchen. In einem hin und her gehenden Zugange ſetzen die dazwiſchen ſtehenden Gegenſtaͤnde das Haus dem Scheine nach in Bewegung; es bewegt ſich mit dem Gehenden, und ſcheint ſeinen Weg ſo zu richten, daß es ihn, ſo zu ſagen, gaſtfreundſchaftlich auffaͤngt. Auch wird die Mannichfaltigkeit vermehrt; indem das Gebaͤude immer in verſchiedenen Richtungen geſehen wird, ſo ſcheint es bey jedem Schritt eine neue Figur anzunehmen.

Man ſieht, beyde Arten des Zuganges haben ihre Vortheile; der gerade hat Bequemlichkeit, der gekruͤmmte Mannichfaltigkeit. Iſt der Zugang kurz, ſo wird ohne Zweifel die gerade Linie vorzuziehen ſeyn; die andere erfordert einen laͤngern Raum, wenn ſie von einer guten Wirkung ſeyn ſoll. Bey Zugaͤngen von einer weiten Stre - cke iſt Kruͤmmung und Abwechſelung unentbehrlich.

3.

Ein ſchoͤnes Muſter dieſer Art befindet ſich in England, zu Caversham bey Reading, dem Landgut des Lords Cadogan, wovon man die Beſchreibung von der Hand eines großen Kenners**)Whately in den Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen ꝛc. S. 171 u. f. hier mit Vergnuͤgen leſen wird.

Der Zugang iſt eine (engl.) Meile lang, und hat nirgends das Wohnhaus im Geſichte, bis er demſelben ganz nahe kommt; und dennoch kann er niemals fuͤr irgend einen andern Weg angeſehen werden, als er wirklich iſt. Man findet nicht einmal einen Durchgang durch einen Park, der mit ſo vieler Unterſcheidung angelegt, ſo deutlich bezeichnet, oder ſo uͤbereinſtimmend fortgeſetzt waͤre.

Bey dem Eingang deſſelben ſtehen zu beyden Seiten ein paar artige Sommer - haͤuſer, die durch einen leichten und offenen Palliſadenzaun von einander abgeſondert ſind, welcher ſich uͤber die ganze Breite eines angenehmen Thals erſtreckt. Die Straße iſt an der Tiefe deſſelben laͤngſt hingefuͤhret, indem ſie beſtaͤndig natuͤrliche und ungezwungene Wendungen macht, und bey jeder Kruͤmmung einen neuen Auf -tritt67Vom Baumwerk. tritt ins Geſicht bringt. Endlich erhebt ſich der Weg ganz allmaͤhlig und ſchief, an der Seite eines kleinen Huͤgels bis zu dem Wohnhauſe, wo man findet, daß die An - hoͤhe, welche nicht betraͤchtlich zu ſeyn ſchien, eine ſehr erhabene Lage hat, zu welcher man auf dieſem Zugange nur nach und nach und ganz unmerklich gefuͤhret worden iſt, indem er ſich nirgends aus dem Thale entfernt. In ſeinem Fortgange unterbricht er niemals die Scenen, durch welche er ſeinen Lauf nimmt. Die Gebuͤſche und unter - mengten Oeffnungen folgen ohne Abſetzung auf einander, und uͤberkreuzen das ganze Thal. Die gegenuͤberſtehenden Seiten haben ein Verhaͤltniß unter einander, indem ſie blos mit einander verbunden ſind, ohne ſich gleich zu ſeyn, ohne einen Contraſt ge - gen einander abzugeben. Kurz die Anlage ſcheint nirgends mit einiger Ruͤckſicht auf die Straße gemacht zu ſeyn, ſondern die Scenen gehoͤren noch alle einzig und allein zu dem Park; eine jede unter ihnen iſt vollkommen fuͤr ſich erhalten worden, eine jede unterſtuͤtzet ſich ſelbſt vermittelſt des Raums, den ihr die Gegend vergoͤnnet.

Bey dem Anfange des Weges ſind die Anhoͤhen ganz allmaͤhlig, und mit eini - gen buſchigten Hecken, Buchen und Eichen uͤberſtreut; dieſe werden da vermittelſt der Perſpectiv dichter, wo ſich das Thal kruͤmmet; und gleich bey der Wendung haͤngt ein großer Baumklump an einer ſteilen Anhoͤhe, von welcher verſchiedene Gruppen, die nach und nach kleiner werden, bis ſie ſich in einzelne Baͤume verduͤnnen, herablau - fen, und ſich in einem praͤchtigen Haine wieder vereinigen, welcher den Gipfel des entgegengeſetzten Berges kroͤnet. Die Straße geht zwiſchen den Gruppen unter einem lichten und erhabenen Schwibbogen von Eſchen hindurch; alsdenn fuͤhrt ſie auf einen freyen Platz, der zur Linken nur mit einem einzelnen Baume, und zur Rechten mit verſchiedenen Buchen bezeichnet iſt, welche aber ſo nahe beyſammen ſtehen, daß ſie nur eine einzige vorzuſtellen ſcheinen. Dieſer freye Platz endiget ſich bey einem ſchoͤ - nen Haine, welcher an einem Orte eine vollkommene Finſterniß um ſich herum verbrei - tet, an andern aber ſich ſelbſt in verſchiedene dichte Gebuͤſche vertheilet, welche den Lichtſtralen Oeffnungen verſtatten, um zwiſchen ihnen durchzudringen. Darauf naͤ - hert ſich der Weg einem Seitenthale, an deſſen Rande er eine kleine Strecke hinfuͤh - ret, und welches ſich ganz langſam aus dem Geſichte entfernet. Die Hoͤhen und Tiefen ſind in demſelben weit maͤßiger, und der Boden iſt weit flaͤcher, als in dem Hauptthale. Daher ſind auch in dieſem die Seiten da, wo ſie beyde zuſammen lau - fen, weit eingezogener als vorher. Auf der entgegengeſetzten Seite aber gehen die ſteilen Anhoͤhen und Gebuͤſche immer fort; und unter denſelben iſt ein ſchoͤner Huͤgel, von welchem ſich zwey bis drey Gruppen von großen Baͤumen herabneigen, indem ſie zugleich den Abhang von oben bis unten bedecken, und ihn gleichſam mit ihren gebo - genen Aeſten umarmen. Auf dieſe folget eine offene Gegend, deren Abwechſelung[i]nJ 2etlichen68Zweyter Abſchnitt. etlichen zerſtreuten Baͤumen beſteht; und mitten in derſelben draͤngen ſich einige praͤch - tige Buchen zuſammen, und uͤberſchatten den Weg, der an einem ſchmalen und dun - keln Orte zwiſchen denſelben hindurch fuͤhrt. Bald darauf ſteiget er unter einem dich - ten Walde in den Garten zum Wohnhauſe hinauf, wo er auf einmal einen reichen und weit ausgedehnten Proſpect eroͤffnet, indem man die Stadt und die Kirchen von Rea - ding deutlich vor ſich ſieht, und die Berge vom Windſorwalde am Horizonte erblickt.

Eine ſolche Ausſicht an dem Ende eines langen Zuganges wuͤrde hoͤchſtens die Langweiligkeit des Weges einigermaßen erſetzt haben; hier aber iſt der Zugang ſelbſt eben ſo reizend, als das Ende deſſelben. Jedoch kann man auch von dieſem ſagen, daß eine gewiſſe Aehnlichkeit der Anlage darin hervorleuchte. Allein er hat alle Abwechſelung offener Pflanzungen; und dieſe ſind nicht unordentlich unter einander geworfen, ſondern in verſchiedene Scenen, welche ſich alle beſonders ausnehmen, abgetheilt. Die eine unterſcheidet ſich durch einen Hain; die andere durch Klumpe; und die uͤbrigen durch kleine Gruppen, oder einzelne Baͤume. Bald bedecken die Pflanzungen nur den Gi - pfel der Anhoͤhen, und verlieren ſich gleich oben aus dem Geſichte; bald ſcheinen ſie von dem oberſten Rande, oder an den Seiten derſelben herabzuhangen; an einem Orte iſt die Tiefe von ihnen gaͤnzlich leer; an einem andern verbreiten ſie ſich uͤber das ganze Thal. Die Zwiſchenweiten ſind oft nicht viel kleiner als Wildbahnen; an an - dern Orten ſind ſie nur ſchmale Luͤcken zwiſchen den Hainen, oder kleine freye Oeffnun - gen mitten in einer Waldung. Der Boden hat, ohne in kleine Stuͤckchen abgetheilet zu ſeyn, eine unzaͤhlbare Menge ſchoͤner Figuren von allen Arten bekommen, von der unmerklichſten Erhoͤhung an bis zu dem ſteilſten Abſturze. Auch die Baͤume ſind von verſchiedenen Gattungen; und ihr Schatten wird von mancherley Gruͤn erzeugt. Der Schatten der Roßkaſtanien iſt dunkel; die Buchen verbreiten eine groͤßere, aber nicht ſo melancholiſche Finſterniß; ſie haben bisweilen einen ſo großen Umfang, ſie ſchwel - len bisweilen in einer Reihe von ſo ungeheuren Maſſen auf, daß, ob ſie gleich einan - der beruͤhren, ſich dennoch ein finſtrer Schatten zwiſchen ihnen herabſenkt, der ein je - des unermeßliche Stuͤck unter ihnen deutlich bezeichnet. Der leere Zwiſchenraum iſt an einigen Orten mit andern Arten ausgefuͤllt. Die Ahornbaͤume haben eine ſo außer - ordentliche Groͤße, daß ſie kein ſchlechtes Anſehen haben, wenn ſie ſich nahe bey den hohen Baͤumen des Waldes befinden. Große Hagebuchen, etliche Eichen, verſchie - dene und beſonders an einem Orte zu haͤufige Linden, dieſe Ueberbleibſel der ehemali - gen Zugaͤnge, ſind hier und da untergemiſcht; und unter dieſen allen erheben ſich bis - weilen die laͤngſten Eſchen, deren duͤnneres Laub den unten befindlichen Raſen nur gleichſam mit ſchattigten Flecken beſprenget, indem zugleich ihre beſondere Farbe dem Gruͤn der Gruppen, zu denen ſie gehoͤren, eine angenehme Abwechſelung giebt.

4. Inzwi -69Vom Baumwerk.
4.

Inzwiſchen ſind Alleen, als beſondere Zugaͤnge zu den Landſitzen, ſehr entbehr - lich. Bey manchen Lagen, deren Eigenthuͤmliches in dem Freyen und Luftigen be - ſteht, wuͤrden ſie ſogar von einer nachtheiligen Wirkung ſeyn. Man hat ſie vornehm - lich bey Wohnhaͤuſern eingefuͤhrt, die in der Ebene liegen. Nicht ſelten verbergen ſie den Anblick eines ſchoͤnen Gebaͤudes aus der Ferne; auch verſperren ſie, von dem Hauſe aus betrachtet, zuweilen alle erfreuende Ausſichten in die Landſchaft, und verbreiten uͤber den Sitz des Vergnuͤgens ein dunkles Anſehen.

Nach dieſer Wirkung, die ſo wenig heitern Landhaͤuſern zuſtimmt, ſehen wir doch hohe und weite Alleen noch jetzt nicht ungern als Zugaͤnge zu alten gothiſchen Schloͤſſern. Sie haben hier nicht blos das Schickliche, ſondern auch das Ehrwuͤrdi - ge und Feyerliche, das wir unter den hohen Gewoͤlbern und in den langen dunklen Gaͤn - gen der Domkirchen und alter Kloͤſter zu empfinden pflegen. Die Hoͤhe und die Dun - kelheit erheben die Seele. Sie glaubt in die Zeiten der ehrwuͤrdigen Vorwelt verſetzt zu ſeyn. Die Baͤume, die ihr Moos in den Wolken verhuͤllen und ſeit Jahrhunderten ſtehen, unterdeſſen daß ganze Menſchengeſchlechter untergiengen, die ſtarken und plumpen Maſſen von Gemaͤuer, die zerſtoͤrten Wohnungen alter Helden, die hin und wieder erſchei - nenden Spuren von der Gewalt und von der Schwaͤche der Zeit, von Hinfaͤlligkeit und von Dauer, von Rohigkeit des Gefuͤhls und von geſunder Kraft der Vernunft alles dieſes giebt ein Gemiſch ſehr intereſſanter Bewegungen von Erſtaunen und von Furcht, von Bewunderung und von Bedauern, von Ehrfurcht und von Selbſtſchaͤtzung.

Niedrige und dunkle Alleen, die man oft mit dem Namen philoſophiſcher Gaͤnge zu bezeichnen pflegt, muͤſſen mit Scenen von dieſem Charakter, z. B. mit Grotten, Ein - ſiedeleyen, eine Verbindung haben, zu ihnen fuͤhren, oder von ihnen ablaufen. Sie ma - chen ein Zubehoͤr einer einzelnen Parthie aus, und muͤſſen daher eine verhaͤltnißmaͤßige Einſchraͤnkung haben. In einer gewiſſen Entfernung von dem Auftritte, dem ſie an - gehoͤren, koͤnnen ſie ſelbſt zu Mitteln der Ueberraſchung dienen, indem ſie ploͤtzlich auf heitre Ausſichten fallen laſſen.

Man wird uͤbrigens leicht zugeſtehen, daß die natuͤrlichen Arten der Anordnung des Baumwerks, die wir bey den Gruppen, Hainen und Waͤldern bemerkt haben, dem reinen Geſchmack der Natur und der Beſtimmung der Gaͤrten mehr angemeſſen ſind, und daher vor den Zuſammenſetzungen der Kunſt ihre Vorrechte behaupten.

Les Arts, ces eſclaves ſerviles
De nos Deſirs efféminés,
Transportent le luxe de villes
Au milieu des champs étounés.
J 3.No70Zweyter Abſchnitt.
Nos yeux, qu’un vain charme faſcine,
Sont plus ſurpris que ſatisfaits;
On quitte les jardins d’Alcine
*)Sie waren doch mehr Gaͤrten der Natur als der Kunſt. Der Dichter haͤt - te dagegen irgend einen von den GaͤrtenLudewigs XIV, als einen mehr treffenden Gegenſatz, waͤhlen ſollen.
*)
Pour ceux que la nature a faits.
Pourquoi, dans nos maiſons champêtres,
Empriſonner ces clairs ruiſſeaux,
Et forcer l’orgueil de ces hêtres
A ſubir le joug des berceaux?
Qu’on vente ailleurs l’architecture
De ces treillages éclatans:
Pourquoi contraindre la nature?
Laiſſons reſpirer le Printems.
Quelle étonnante barbarie
D’aſſervir la varieté
Au cordeau de la Symétrie?
De polir la ruſticité
D’un bois fait pour la rêverie,
Et d’orner la fimplicité
De cette riante prairie?
BERNIS.
[figure]
dd. Laube.71Vom Baumwerk.
dd. Laube.

Auch bey den Lauben verſchwendete die alte Kunſt die Symmetrie der Anord - nung und den Pomp der Verzierung. Sie wurden mit Gitterwerken, mit Bild - hauerey und Vergoldung uͤberladen, und die gruͤnen Blaͤtter konnten kaum Platz vor dem todten Holze finden. Man ſtellte ſie, wie Buden auf dem Marktplatze, mit einer ſehr uͤbel angebrachten Genauigkeit gegen einander, und ließ ihren Eingang mit Sphinxen, Drachen und andern widernatuͤrlichen und ſcheuslichen Bildern be - wachen.

Es iſt auffallend, wie ſehr alles dieſes gegen die Natur anſpringt. Lauben ſind Ruheplaͤtze, dem Genuß der Beſchattung und Kuͤhlung, der Einſamkeit und der geſelligen Zuſammenkunft, der Beſchaͤftigung des Geiſtes und dem Vergnuͤgen der Tafel gewidmet. Sie verlangen eine ruhige Lage, von dem Getoͤſe ſowohl als von der neugierigen Begaffung entfernet, eine reiche Ueberſchattung, und, wenn es die Umſtaͤnde zulaſſen, eine kleine Ueberſicht von angenehm unterhaltenden Gegenſtaͤnden. Die Natur bildet in waldigten Revieren von den dicken, ausgebreiteten und herabhangen - den Decken des Laubwerks ihre Lauben. Eben die Freyheit und kunſtloſe Nachlaͤſſig - keit, womit ſie bauet, ſoll der Gartenkuͤnſtler in ſeinem Werke nachzuahmen ſuchen. Eine ungezwungene und edle Anlage der Baͤume und Gebuͤſche, freye Senkungen und Wallungen des Laubes, Ueberwoͤlbungen zum Schatten, kleine Oeffnungen, wodurch liebliche Lichter ſpielen, ein friſcher mit Blumen untermiſchter Raſen, erquickende Wohlgeruͤche naher Geſtraͤuche und Pflanzen, ſind die vornehmſten Stuͤcke, auf wel - che die Natur hinweiſet. Der Gartenkuͤnſtler ſoll ſie mit Geſchmack weiter auszubil - den ſuchen, ohne ſie mit unſchicklichen Zuſaͤtzen und leeren Kuͤnſteleyen zu verunſtal - ten. Die natuͤrliche Einfalt iſt der hoͤchſte Reiz der Lauben. Sie dulden keine Pracht. Auf die Schoͤnheit der Blaͤtter und ihres Gruͤns, auf die Lieblichkeit der Bluͤhten, auf die Anmuthigkeit des Schattens und der kleinen Spiele des durchbre - chenden Lichts ſchraͤnkt ſich ihr Werth mit prunkloſer Beſcheidenheit ein. In dieſem reinen Geſchmack der Natur ſchildert uns Milton*)Verlornes Paradies, 4. B. nach Zachariaͤs Ueberſetzung. die reizende Laube der Eva.

Ihr72Zweyter Abſchnitt.
Ihr gewoͤlbetes Dach von dicken verwachſenen Zweigen
War ein dichter verflochtener Schatten von Lorbeer und Myrte;
Und was hoͤher noch wuchs, von ſtarkem duftenden Laube.
Ihre Seiten umſchloß in gruͤnenden Waͤnden Acanthus,
Und jedwede riechende Stande; die herrlichſten Blumen,
Iris von mancherley Farben, Jasmin und Roſen erhuben
Ihre Haͤupter darunter empor, und flochten moſaiſch
In die Waͤnde ſich ein; den Boden ſtickten Violen,
Krokus und Hyacinth mit reichem ſchimmernden Schmelze.

Mit eben der gefaͤlligen Nachlaͤſſigkeit muͤſſen Bogengaͤnge, die eine Fortſetzung oder Verbindung von mehrern Lauben ſind, angelegt ſeyn, entbunden von aller Ueber - ladung von Gitterwerk, der mehr natuͤrlichen Freyheit und kleinen Wildniß des Wachsthums uͤberlaſſen, nur aufgeſtuͤtzt, wo es Beduͤrfniß, und geſaͤubert, wo es Bequemlichkeit erfordert. Straͤucher mit breiten und glaͤnzenden Blaͤttern, mit Bluͤh - ten von lebhaften Farben und ſuͤßen Duͤften, rankende Pflanzen mit wohlriechenden Blumen empfehlen ſich hier; und zu einer vorzuͤglichen Verſchoͤnerung koͤnnen frucht - tragende Baͤume darunter gemiſcht werden. Es iſt ein nicht geringes Vergnuͤgen, unter einem kuͤhlen Gewoͤlbe von gruͤnen Zweigen zu wandeln, zu ſehen, wie hin und wieder zwiſchen dem Gedraͤnge der Blaͤtter eine reifende Pfirſich, oder eine Traube freundlich hervorlaͤchelt, hier zum ſuͤßen Genuß einladet, dort die Erwartung auf kom - mende Tage hinhaͤlt.

ee. Labyrinth.

Home*)Grundſaͤtze der Kritik. erklaͤrte die Labyrinthe (Irrgaͤrten, Irrgaͤnge) fuͤr ein bloßes Ge - taͤndel, und ſetzte ſie unter den Werth der Raͤthſel herab; wenn auch die Gaͤn - ge und Hecken angenehm ſeyn moͤchten, ſo koͤnnten ſie doch in Form eines La - byrinths zu nichts dienen, als zu verwirren; die Scharfſinnigkeit gebe keine Huͤl - fe, den Ausgang eines Irrgartens aufzuſpuͤren, da ſie doch bey der Aufloͤſung eines Raͤthſels fuͤr ein Verdienſt gelte.

Allerdings73Vom Baumwerk.

Allerdings war es eine gemeine und widrige Beſtimmung der Irrgaͤrten, da auf nichts weiter geſehen ward, als den Spazierenden in eine Verlegenheit zu ſetzen, worin der Kluge nicht minder als der Einfaͤltige fallen kann. Auch floͤßten die engen Gaͤnge und die hohen Hecken, woraus die alten Labyrinthe be - ſtanden, bey dem einſamen Herumirren leicht eine Bewegung von Furcht ein. Eine durchgaͤngige Leere machte ſie verdrießlich; und die Hinſtellung ſcheuslicher Statuen, zumal an Plaͤtzen, wo ſie unvermuthet erblickt wurden, mußte durch den ploͤtzlich erregten Schreck, den die Einſamkeit verſtaͤrkte, eine Art von Grau - ſamkeit ſcheinen, die zum Unwillen berechtigte. Denkt man die geſuchten und gekuͤnſtelten Verwickelungen der Anlage hinzu, ſo ſieht man leicht, wie wenig Beyfall die Labyrinthe der alten Kunſt bey einem geſunden Geſchmack hoffen duͤrfen.

Inzwiſchen iſt gewiß, daß waldigte und gebuͤrgigte Gegenden ihre natuͤrliche Irrgaͤrten haben, und daß es uns, frey von der Befuͤrchtung einiger Gefahr oder einer ewigen Umherirrung, zuweilen ein Vergnuͤgen iſt, uns in dieſe Irr - gaͤnge mit einer ruhigen Sorgloſigkeit zu verlieren, uns bald dem ernſthaften Denken, bald den zauberiſchen Spielen der Phantaſie zu uͤberlaſſen. Selbſt das Umherirren auf neuen oder weniger bekannten Pfaden giebt der Seele eine ge - wiſſe Beſchaͤftigung, haͤlt die Erwartung rege, indem es ſie bald mehr, bald minder taͤuſcht, und uͤberraſcht mit dem Vergnuͤgen, unvermuthet einen Ausgang zu treffen. Die Natur belebt dieſe wilden Irrgaͤnge gerne mit Pflanzen und Straͤuchern, die durch ihre Seltenheit oder Schoͤnheit zur Beſchauung anhal - ten, mit kleinen Baͤchen und mit Voͤgeln, die hier ungeſtoͤrt umherflattern und ſingen. In einem Park, der mannichfaltige Gegenden in ſeinem Bezirk umfaßt, ſelbſt in eingeſchraͤnktern Gaͤrten, die an waldigte Berge und buſchigte Wildniſſe graͤnzen, laſſen ſich ſehr angenehme Vortheile von ſolchen natuͤrlichen Irrgaͤngen gewinnen. Aber die Kunſt muß es nicht wagen, hier ihre Kraͤfte zeigen zu wol - len. Das Nachlaͤßige und Verwilderte macht den wahren Charakter der Laby - rinthe der Natur. Ihr Eingang muͤßte nicht, nach dem vormaligen Geſchmack, mit einem Gitterwerk oder einer Statue, nicht einmal mit einer zierlich gebauten Thuͤre, merklich bezeichnet werden; nichts muͤßte die Scene ankuͤndigen, noch durch die vorlaufende Vorſtellung des Herumirrens die Wirkung der Bewegungen ſchwaͤchen, die in der Folge erweckt werden ſollen. Ein kleiner anmuthiger Pfad reizte, ihn zu verfolgen; er lockte in ein Gebuͤſch von einer ſo einnehmen - den Lieblichkeit, daß man es nicht wieder verlaſſen koͤnnte. Die naͤchſte Sce - ne feſſelte noch mehr die Aufmerkſamkeit, erregte noch mehr die Erwartung. ManII Band. Kverloͤre74Zweyter Abſchnitt. verloͤre ſich hinein, ohne ſich dahin verlieren zu wollen, und wuͤrde gleichſam durch eine geheime Zauberey zu der angenehmen Irre verfuͤhrt.

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ff. Orangerie. *)Von den Agrumen, wohin nach der Eintheilung der Alten die Orangen, Limo - nen und Citronaten gehoͤren, die der Rit - ter Linné unter einem Geſchlechtnamen Ci - trus vereinigt, findet man die zuverlaͤſſig - ſten Nachrichten in dem 3 Th. des Haus - vaters des ſel. von Muͤnchhauſen. Erbeſaß ſelbſt einen Garten, worin man vom Anfang dieſes Jahrhunderts an reiche Sammlungen der Agrumen zu machen an - gefangen, und der ſchon im Jahr 1714 aus 49 Arten Orangen, 133 Limonen und 38 Ci - tronaten beſtanden.

Die Orangerien, die in unſern Gaͤrten vormals noch mehr geſucht worden, als jetzt, verdienen hier gelegentlich noch ein Wort.

Die Agrumen gehoͤren allerdings zu den edelſten und ſchoͤnſten Baͤumen. Ihr gerader Schaft und ihr herrlicher Wuchs, ihre immergruͤne glaͤnzende Blaͤtter, ihre weiße ſtarkduftende Bluͤhte, ihre Fruͤchte von der ſchoͤnſten Farbe, vom Weißlichgel - ben bis zum Gold, zum Feuerrothen und zur dunkelſten Schattirung, die lange Zeit ihres Verweilens am Baume, da ſie zuweilen funfzehn Monate zu ihrer Reife brau - chen, unterdeſſen neue Bluͤhten zwiſchen den goldenen Fruͤchten hervorbrechen, alles dieſes vereinigt ſich zu ihrem Ruhm. Auch ſind ſie in ihrem Vaterlande und in Ge - genden, wo ſie in freyer Luft fortkommen, in den morgenlaͤndiſchen, italieniſchen,ſpani -75Vom Baumwerk. ſpaniſchen Gaͤrten unſtreitig die angenehmſten Baͤume fuͤr Spaziergaͤnge und Luſt - waͤlder, die ſie bis zum Entzuͤcken verſchoͤnern.

Allein man machte aus den Orangerien doch mehr als man ſollte, da man glaubte, daß kein deutſcher Garten ohne ſie ſchoͤn ſeyn koͤnnte; ein Wahn, der nicht blos die Fuͤrſten, ſondern auch die reichen Buͤrger beherrſchte. Die Unterhaltung ei - ner großen Orangerie in Deutſchland iſt nicht allein deswegen abzurathen, weil ſie ſehr koſtbar iſt und viele Wartung erfordert, ſondern auch, weil dieſe Baͤume un - ter uns nur kranke Fremdlinge ſind, die, unſerer rauhen Luft ungewohnt, ſich immer nach den Gewaͤchshaͤuſern, ihren Spitaͤlern, ſehnen. Wie viele Baͤume und Straͤu - cher haben wir nicht, die unter unſerm Klima ſich vortrefflich befinden, und die uns durch Mannichfaltigkeit und Schoͤnheit genug ergoͤtzen, ohne daß wir noͤthig haͤtten, mit Koſten und Muͤhe auslaͤndiſche Gewaͤchſe herbeyzuholen, die faſt immer ſiechen und ſo leicht ſterben! Nach der Einfuͤhrung der nordamericaniſchen Baͤume, die ſich durch verſchiedene Provinzen von Deutſchland und ſelbſt in der Schweiz zu verbreiten angefangen, hat ſich die vormals ſchwaͤrmeriſche Liebe zu den Orangerien ſehr gemindert.

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K 2Dritter76Dritter Abſchnitt.

Dritter Abſchnitt. Von Blumen.

Blumen nehmen nicht blos leeren Plaͤtzen das Oede, ſie bezaubern auch rings um ſich her durch die Schoͤnheit, Abwechſelung und Mannichfaltigkeit der Farben, die der eiferſuͤchtigen Kunſt unerreichbar ſind; ſie begeiſtern durch die Anmuthigkeit des Geruchs, der vielen Geſchlechtern eigen iſt, und ſind an ſich ſo angenehme Gegen - ſtaͤnde auf einem Gartenplatze, daß man lange glaubte, ſchon ihre bloße Gegenwart ma - che einen Garten, und bey ihrer Abweſenheit verſchwinde auch aller Begriff vom Garten.

Weil Blumen ein ſo herrliches Schauſpiel fuͤr das Auge geben, und zugleich durch ihre Wohlgeruͤche ſo erquickend ſind: ſo wuͤrde es unrecht ſeyn, ſie aus der Nachbarſchaft und von dem Anblick des Menſchen zu entfernen, oder, wie es die alte Mode oft mit ſich brachte, hinter Hecken und Geſtraͤuchen zu verſtecken. Die Wirkung der meiſten Blumengeſchlechter iſt uͤberhaupt in der Ferne ſehr ſchwach; ſie verlangen alſo, dem Auge des Beobachters nahe zu ſeyn. Obgleich Blumen hie und da in einem Garten an ſchicklichen Stellen zerſtreut werden koͤnnen, ſo iſt doch die Gewohnheit zu billigen, nach welcher ſie in der Naͤhe des Wohnhauſes, um welches ohnedies etwas mehr Cultur und erhoͤhete Annehmlichkeit herrſchen ſoll, um Lauben und andere Oerter, wo man oͤfter verweilt, angepflanzt werden.

Daß der Platz, wo auserleſene Blumen gezogen werden, Einfaſſung habe, und uͤberhaupt eine mehr ſorgfaͤltige Ordnung und Cultur zeige, iſt gewoͤhnlich und nicht unrecht. Aber die altvaͤteriſche Weiſe, Blumenbeete zu zirkeln, ſie in hundert kleine Theile zu zerſchneiden und in kuͤnſtliche Figuren von nachgeahmtem Laubwerk, in thieriſche und andere ſeltſame Geſtalten zu formen, iſt ein zu kindiſches Spielwerk, als daß ſie Nachſicht finden ſollte. Addiſon nannte die Verfertiger der franzoͤſiſchen Blumenbeete Sonnetmacher in der Kunſt; ein ſehr gerechter Vorwurf. Die Wir - kung, die eine ſchoͤne Blumenflur hat, gewinnt durch die gezierte Ausbildung der Beete nicht allein nichts, ſie wird ſogar oft durch die widrigen Kuͤnſteleyen, die ſich dem Auge zugleich entgegendraͤngen, geſchwaͤcht. Und warum zu ſo vielen maͤchti - gen Schoͤnheiten der bluͤhenden Natur ein Behaͤltniß von ſo ſeltſamem Zierrath? Tragt die liebliche Weintraube auf ihren eigenen reinlichen Blaͤttern auf; reicht ſie in einer zierlichen Paſtetenform: und merkt, wo ſie am meiſten anlockt.

Eine andre ſchon ſonſt bemerkte uͤble Wirkung der gewoͤhnlichen Blumenbeete iſt dieſe, daß die ſymmetriſche Stellung der Blumen ihre natuͤrliche Verſchiedenheitverſchwin -77Von Blumen. verſchwinden laͤßt. Und außerdem zerſtreut die gehaͤufte Menge das Auge und ſchwaͤcht den Eindruck, den ſie ſonſt machen wuͤrden. In dem erſten Punkt weicht man am meiſten von dem Wege der Natur ab. In welchem Thale, in welchem Ge - hoͤlz, giebt ſie ihren Blumen, auch wenn ſie ein zahlreiches Geſchlecht auf einem Platz hervorbluͤhen laͤßt, eine ſymmetriſche Stellung? Hat ſie nicht vielmehr ihre man - nichfaltige Blumen uͤber den ganzen Teppich der Erdflaͤche ausgeſtreut, daß ſie mehr durch einen Zufall, als nach einer beſtimmten Abſicht, zu wachſen ſcheinen?

Laßt uns den Schritten der Natur folgen. Wenn ausgeſuchte Blumen, an - ſtatt auf abgezirkelten Beeten gepflanzt zu ſeyn, hin und wieder nachlaͤſſig in einem Boden von kurzem Graſe angebracht, und mit artigen Feldbluͤmchen vermiſcht wer - den: ſo muß ein ſolches Stickwerk auf einem gruͤnen Teppich durch Mannichfaltigkeit und Contraſt von einer ſehr angenehmen Wirkung ſeyn. Man freuet ſich, ſie da zu finden, wo man ſie nicht erwartete, und wo ſie doch ſo wohl ſtehen, weil ſie von der Hand der Natur dahin geſaͤet zu ſeyn ſcheinen.

Ein geſunder Geſchmack, der ſich von den alltaͤglichen Blumenbeeten entfernt, wird in den Blumen ſelbſt ein vortreffliches Mittel der Verſchoͤnerung erkennen, wo - von ſich ein mannichfaltiger Gebrauch machen laͤßt. Sie ſind zuvoͤrderſt ein Zubehoͤr der angenehmen, muntern und heitern Gegend; ſie helfen vornehmlich die letzte bilden, und dieſe ihre natuͤrliche Beſtimmung duͤrfen wir nicht uͤberſehen. Sowohl die Schoͤnheit der Farbe, als auch die Anmuth des Geruchs empfiehlt ſie den Plaͤtzen, wo das Auge entzuͤckt werden ſoll, wo der Menſch ſich den froͤhlichſten Empfindungen uͤberlaſſen will. Eben daher gefallen ſie auch in Scenen des Fruͤhlings und des Sommers. Fuͤr geſchmuͤckte Gegenden ſind die edlern Geſchlechter, fuͤr einfaͤltig laͤndliche die ge - meinen. Sie ſind aber immer ſo ſehr ein Eigenthum der angenehmen Gegend, daß ſie eine jede, worin ſie ſich befinden, dazu erheben und ſelbſt die Wildniß aufheitern. Der Vorplatz einer Grotte, eine melancholiſche Gegend wuͤrde wenigſtens nur einige minder ſich auszeichnende Blumenarten vertragen; Reichthum und Lebhaftigkeit der Farben wuͤrde bald eine veraͤnderte Scene hervorbringen.

Jedes Luſthaus hingegen auf einer heitern Anhoͤhe, jedes Kabinet von einer freyen Lage, jede ſchattenreiche Laube liebt am Eingange und in der Nachbarſchaft ei - ne Anpflanzung von Blumen. Hier, wo man gerne verweilt, wo das Auge mit Muße betrachtet, moͤgen die Geſchlechter bluͤhen, an welchen die Natur am meiſten die Schoͤnheit und Mannichfaltigkeit ihrer Farben verſchwendet hat. Hier werden die Tulpen, Hyacinthen, Nelken, Anemonen, Aurikeln, Ranunkeln, Primeln, Iris, Balſamine, Mohn, Malven, Ritterſporn, peruvianiſche Wunderviole, im Herbſt die Aſters u. a. ſich freuen, den ſtolzen Pomp und den wunderbaren Reichthum ihrer Farben zu verbreiten, und in tauſend Abwechſelungen zu ſpielen.

K 3Andere78Dritter Abſchnitt.

Andere ſteigende und rankende Blumen moͤgen hier an Waͤnde und Fenſter hin - aufklettern, mit ſtiller Freundlichkeit hineinſchauen, oder vom Hauch des Zephirs be - lebt ein liebliches Spiel des Licht und Schattens beginnen.

Da, wo der Menſch ruhet, wo er ſich dem Genuß ſeiner Gedanken und Phan - taſien uͤbergiebt, wo er lieber fuͤhlt als betrachtet, da ſollen die wohlriechenden Blu - mengeſchlechter den Kelch ihrer ſuͤßen, gewuͤrzhaften, erquickenden Duͤfte eroͤffnen, und ſeine Empfindung von der Wolluſt der Schoͤpfung durch die Befriedigung eines neuen Sinns erhoͤhen. Um Ruheplaͤtze und Schlafgemaͤcher, um Studierkabinette, um Speiſeſaͤle, um Baͤder, verbreite ſich der Wohlgeruch der Maͤrzviole, der Mayblume, der Matronalviole, der Nachtviole, der gelben Viole oder Goldenlack, der Levkoyen, der Monarden, der weißen Narciſſe, der weißen Lilie, der Hyacinthe, der Nelke, der Mignotte oder aͤgyptiſchen Reſede, der Tuberoſe, der Tazette, der Jonquille u. ſ. w. Der Genuß dieſer Wohlgeruͤche breitet auf eine unbeſchreibliche Art eine gewiſſe Erqui - ckung und Milde uͤber das ganze Inwendige des Menſchen aus, Ruhe der Seele und ſanfterwaͤrmende Behagung.

Außerdem ſind Blumen ein treffliches Mittel, die Seiten der Luſthaine, der Gebuͤſche, der Wieſen, der Spazierwege einzufaſſen und zu verſchoͤnern. Andre, als die Fritillaria oder Schachblume, die Orchis oder Stendelwurz, die Marienbluͤmchen, die wilde Narciſſe, ergoͤtzen, indem ſie im Graſe und auf den Raſen zerſtreut werden.

Das ſchoͤnſte Schauſpiel geben die Blumen, beſonders die ſich durch die Helle und Lebhaftigkeit ihrer Farben und durch eine gewiſſe Hoͤhe des Wuchſes auszeichnen, wenn ſie mitten unter dem Graſe und wilden Kraͤutern die Ufer der Baͤche und anderer Gewaͤſſer bekraͤnzen. Der Widerſchein im Waſſer und die ſpielende Bewegung, die hier verdoppelt wird, giebt dieſer Scene, die ſchon an ſich ganz Natur iſt, eine neue Schoͤnheit. Welcher Reiz fuͤr das Auge, wenn wir an den Ufern eines Baches hin - ſchleichen, und Feuerlilien, Kaiſerkronen, Iriſſe, Schwerdtlilien, orientaliſchen Waſ - ſerpfeffer, Krullien, Narcißlilien, Fingerhut, Waſſerhyacinthe, Weiderich, india - niſches Blumenrohr u. a. ihre mannichfaltige Farben durch einander in der hellen Fluth ſpiegeln ſehen! Wenn man doch einigen Aufwand auf Blumen machen kann, ſo verdient ihn gewiß eine ſolche Scene; ſie belohnt mit einem weit groͤßern Vergnuͤgen, als die Aufbewahrung ſeltener und kraͤnkelnder Pflanzen in einem koſtbaren Gewaͤchshauſe.

Noch ein anderer guter Gebrauch der Blumen iſt die Bekleidung kleiner Huͤgel und Anhoͤhen, die oft keine andere Verzierung vertragen. Dies kann Veranlaſſung zu beſondern Blumenſcenen geben, zumal wenn man die Lage nach der Morgenſeite waͤhlen kann. Nichts erhebt mehr den Glanz und die Pracht der Blumenfarben, als das Morgenlicht. Der milde Stral, der das Auge des Beobachters nicht beſchwert, das ſanft erwaͤrmende aufſchließende Feuer, die Spiele des ſchraͤgfallenden Lichts, dieTropfen79Von Blumen. Tropfen des Thaues, die ſich im Glanze ſpiegeln und abtraͤufeln, die muthwilligen Umher - gaukelungen der erwachten Schmetterlinge und andere liebliche Zufaͤlligkeiten vereinigen ſich, dieſe Scene zu verſchoͤnern. Und hier laͤßt ſich eine Malerey mit den Farben und Schattirungen der Blumen hervorbringen, die nur ein Werk des verſtaͤndigen Garten - kuͤnſtlers iſt. Lange iſt man beſchaͤftigt geweſen, die verſchiedenen Geſchlechter der Blu - men in eine gewiſſe Symmetrie zu zwingen; aber nur ſelten hat man noch wohl daran gedacht, daß ſich durch Miſchung nach Hoͤhe, Groͤße und Farben ſowohl der Gewaͤchſe, als auch der Blumen ſelbſt, ein ſchoͤnes Gemaͤlde gewinnen laͤßt, das aber ein feines Auge, genaue Kenntniß des Colorits und Beurtheilung erfordert, ehe es mit einiger Vollkommenheit erſcheinen wird. Hier iſt ein neues Feld der Beobachtung und des Studiums des Gartenkuͤnſtlers. Er kann durch das Lebhafte und Friſche den Blu - menmaler weit uͤbertreffen, da ihm die Natur ſelbſt ihre Hand bietet. Allein die be - ſtaͤndigen Veraͤnderungen, die taͤglich auf dem Schauplatze der Blumen vorgehen, ver - langen auch von ihm eine ſehr ſorgfaͤltige Achtſamkeit und eine fortdauernde Ueberle - gung. Er merke vornehmlich auf die Gewaͤchſe, die gleichzeitig hervorkommen; und wenn er fruͤhere oder ſpaͤtere mit ihnen verbindet, ſo uͤberlege er vorher, welche Wir - kung der Unterſchied der Staudenſtaͤmme, der erſt emporkeimenden oder ausſchlagenden Blaͤtter und Knoſpen und Bluͤhten mit denen, die alsdann im vollen Flor ſtehen, her - vorbringen wuͤrde. Was rankig waͤchſt, unbedeutende Farben hat, rauh und duͤrf - tig an Blaͤttern iſt, ſchickt ſich nicht wohl zur Malerey der Blumenflur. Die feinſten und lieblichſten Farben muͤſſen dem Auge am naͤchſten ſeyn; die ſtaͤrkern und leuchten - den mehr in der Ferne. Man ſteige von dem Weißen zum Strohgelben, vom Fleiſch - farbigen zum Roſenrothen, vom Violetten zum dunkeln Blau, vom Goldgelben zum Purpurrothen, ſo wie man von ganz niedrigen Stauden von Stufe zu Stufe allmaͤh - lig zu den hoͤchſten ſteigt. Das Graue oder Braune oder Gruͤne der Staͤmme, die Verſchiedenheit des Gruͤns der Blaͤtter, die Formen und Lagen ſowohl von dieſen, als auch von den Blumen ſelbſt, alles dieſes muß in Betrachtung gezogen werden. Die Uebergaͤnge gefallen, wenn ſie nicht ploͤtzlich, ſondern ſanft und fortſchreitend ſind; die lichtern Farben muͤſſen ſich mit den dunkeln freundſchaftlich zuſammengeſellen. Eine Menge von andern kleinen Regeln wird die Pruͤfung eines geuͤbten Auges und anhal - tende Beobachtung von ſelbſt an die Hand geben. Und dieſe Art der Aufmerkſamkeit auf die liebenswuͤrdigen Geſchlechter der Blumen, und auf die Verſchoͤnerung ihrer Wirkungen, wird den Umgang mit ihnen, der ſelbſt an Veranlaſſung zu ſittlichen Be - trachtungen ſo reich iſt, auch unterhaltender und anziehender machen.

Da endlich die Natur von den erſten Tagen des Fruͤhlings an bis ſpaͤt in den Herbſt eine ſo reiche Mannichfaltigkeit von Blumen hervorbringt, daß immer jeder Mo -nat80Dritter Abſchnitt. Von Blumen. nat verſchiedene neue Geſchlechter aufbluͤhen ſieht: ſo giebt dieſe fortdauernde Folge einen Wink, die Scene, die dieſen Schoͤnheiten gewidmet iſt, niemals leer werden zu laſſen. *)Da der Unterricht von der Erziehung und Wartung der Blumen nicht in den Plan dieſes Werks gehoͤrt: ſo wird es hinreichen, hier aus der Menge der Schriften, die von dieſem Gegenſtande handeln, die beſte An - leitung fuͤr junge Blumenliebhaber zu em - pfehlen, die mit großer Kenntniß, eigner Erfahrung und botaniſcher Genauigkeit ge - ſchrieben iſt, naͤmlich des Herrn Superin -tendenten zu Dannenberg im Fuͤrſtenthum Luͤneburg, F. H. H. Lueder Briefe uͤber die Anlegung und Wartung eines Blumengar - tens, 8. Hannover, 1777. Blumenhaͤndler finden ſich in vielen anſehnlichen Staͤdten. Aus unſern Gegenden koͤnnen ſich Liebha - ber beſonders an die beruͤhmten Gaͤrtner, Herrn Johann und Matthias Klefeker in Hamburg wenden.

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Vierter81

Vierter Abſchnitt. Von Raſen.

Freye und offene Plaͤtze ſind in einem Garten nicht allein der Geſundheit und Bequemlichkeit wegen noͤthig; ſie ſind auch einer beſondern Anmuth und Schoͤnheit fuͤr das Auge faͤhig. Sie erheitern, nach dem Umherwandeln in einer ſchattigten Gegend, durch Himmel und Luft. Sie erfriſchen in den kuͤhlen Stun - den des Morgens und des Abends, oder nach einem Sommerregen, indem die Wol - ken uͤber unſerm Haupte umherſchweben, und ihre lieblichen Malereyen bilden, ver - aͤndern, ausloͤſchen. Sie eroͤffnen den Anblick der laͤngern Stralen und der Spiele des Regenbogens. Sie enthuͤllen auf einmal unvermuthete Proſpecte, und laſſen in ihrem Raum mancherley Scenen zu, die ihren Reiz ungemein erheben koͤnnen. Sie ſind endlich faſt von eben den ſanften Wirkungen, die wir von den Wieſen*)1 B. S. 202. angezeigt haben.

Anmuthiger ſind ſolche Plaͤtze, wenn ſie gruͤne freye Raſen, als wenn ſie ſo - genannte Parterre vorſtellen, die entweder nackte ſandigte Ebenen ſind, der traurigſte Anblick; oder in manche ſonderbare Geſtalten geſchnitten, mit Buxbaum umfaßt, und hie und da mit Muſcheln, mit gefaͤrbten Steinchen, und andern kindiſchen Spiel - werken ausgelegt. Doch franzoͤſiſche Parterre, zumal mit dem eitlen Pomp der neuern Zuſaͤtze beladen, verdienen keine Vergleichung mit den freyen und edlen Ra - ſen, die uns die Natur eher, als das Beyſpiel des Englaͤnders,**)Die Lawns der Englaͤnder, die man gemeiniglich durch Wildbahnen uͤber - ſetzt, ſind nichts anders als große Raſen -ſtuͤcke, freye, ebene, und mit einem ſchoͤnen Gruͤn bekleidete Plaͤtze, die mit Gebuͤſch, Hainen und Waldung umgeben ſind. vorgezeigt hat. Denn wenn man die Raſen fuͤr eine Erfindung des Englaͤnders haͤlt, wie einige ſie dafuͤr gehalten: ſo beſinnt man ſich nicht, daß ſie ſchon lange vorher ſelbſt in den Gaͤr - ten vorhanden geweſen, aber nur erſt in den neuern brittiſchen Parks unter der Beguͤnſtigung eines feuchtern Clima eine ſchoͤnere Ausbildung gewonnen haben.

BeyII Band. L82Vierter Abſchnitt.

Bey Raſen iſt das erſte Geſetz der Natur, daß ſie weder in Quadrate, noch in eine andere kuͤnſtliche Figur gebildet ſeyn ſollen. Alles Regelmaͤßige iſt hier ſo anſtoͤßig, wie das Eckige, Scharfe, Spitzzulaufende. Die Graͤnzlinien muͤſſen ſorgfaͤltig bedeckt ſeyn, und nichts hervorſcheinen, was eine kuͤnſtliche Anlage von der Hand des Menſchen verrathen koͤnnte. Denn ein angelegter Raſen wird erſt in - tereſſant durch den Anſchein, von der Natur ſelbſt gebildet zu ſeyn.

Ein vollkommen ebener Raſen, zumal wenn er ganz leer von andern Gegen - ſtaͤnden iſt, ermuͤdet bald nach der erſten Erfriſchung, die er gegeben. Augenſchein - lich kuͤnſtliche Verunſtaltungen, z. B. in Waͤlle, Feſtungen u. ſ. f. ſind zu weit von der Beſtimmung des Gartens entfernt, als daß ſie auch nur geduldet zu werden hoffen koͤnnten.

Kleine Ungleichheiten des Bodens vermehren die Schoͤnheit der Raſen, in - dem ſie die Einfoͤrmigkeit der geraden Linie unterbrechen und angenehme Schattirun - gen veranlaſſen. In einigen brittiſchen Parks laufen ſie uͤber kleine Huͤgel, die auf der einen Seite mit Baͤumen bepflanzt ſind, breiten ſich zwiſchen Grup - pen und Hainen aus, verlieren ſich hier in dem dunkeln Schatten einer Wal - dung, und kommen dort an lichten Stellen wieder hervor; ein ſehr maleriſcher Anblick!

Je reiner, lebhafter und glaͤnzender das Gruͤn iſt, deſto anmuthiger ſind uͤberhaupt betrachtet die Raſen. Auch hier laſſen ſich mannichfaltige Schatti - rungen anbringen, wozu, außer der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Graſes, die Er - hoͤhungen und Vertiefungen des Bodens und ihre verſchiedene Miſchungen ſehr viel beytragen koͤnnen. Wenn in einem ſehr ausgedehnten Park ſich mehrere Raſen be - finden, ſo muͤſſen ſie ſich eben ſowohl durch die Abwechſelung des Gruͤns, als durch die Verſchiedenheit ihrer Groͤße unterſcheiden. Heiterkeit des Gruͤns iſt uͤber - haupt das Eigenthum der Raſen. Nur zu einer melancholiſchen Scene, zu dem Zugang zu einer Einſiedeley, mag man Grasarten von einem dunkeln Gruͤn waͤhlen.

Die Anordnung ausgebreiteter Raſen muß uͤberhaupt frey und ungekuͤnſtelt ſeyn, und ſich beſonders nach der Lage des Platzes und der Auftritte richten, die ihn umgeben. Sie muͤſſen vornehmlich nach verſchloſſenen Scenen und dunkeln Schattenwerken folgen, weil ſie vermoͤge ihrer Natur den Begriff der Freyheit undHeiter -83Von Raſen. Heiterkeit geben. Ihre Groͤße muß mit den uͤbrigen Theilen des Gartens, beſon - ders mit den angraͤnzenden, in einem ſchicklichen Verhaͤltniß ſtehen. Weil ſie ſchon an ſich einen anſehnlichen Raum erfordern, wenn ſie ihre Wirkung errei - chen ſollen: ſo ſind ſie auch nur Gaͤrten oder Parks von einem betraͤchtlichen Um - fang angemeſſen. Allein auch hier duͤrfen ſie nicht zu ſehr vervielfaͤltigt wer - den. In einigen Parks der Englaͤnder, die zuweilen blos aus einer Samm - lung von Wildbahnen, Baumgruppen und Waſſer beſtehen, verdraͤngt oft ſehr unrecht die Menge der Raſenplaͤtze andere Naturſcenen von einer ſtaͤrkern Ein - wirkung, und giebt dem Gemaͤlde ein zwar laͤndliches, aber zugleich einfoͤrmi - ges Anſehen.

Ein gar zu weiter Umfang der Raſen ſchwaͤcht ihre Wirkung, aber durch Unterbrechungen wird ſie geſtaͤrkt. Auch gewinnen ſie durch dieſe ein mehr na - tuͤrliches Anſehen, als wenn der ausgedehnte leere Raum in ſeiner ganzen Aus - wickelung da liegt. Zu den Unterbrechungen koͤnnen theils kuͤnſtliche Gegenſtaͤn - de, als Gebaͤude und Statuen u. a. theils Gruppen von Baͤumen dienen. Da - durch wird das Einfoͤrmige, das ſonſt ein ſolcher Platz hat, mehr vermindert und mehr Belebung hervorgebracht. Wir finden, daß Wieſen und gruͤne Plaͤtze faſt nirgends angenehmer ſind, als wenn ſie in Waͤldern unerwartet hervorbrechen, und ſich zwiſchen Gruppen von Baͤumen mit mannichfaltigen Wendungen fortſchlaͤn - geln; wenn die Baͤume mit ihren zuſammenſtoßenden Haͤuptern einen dichten Kranz bilden und indeſſen zwiſchen ihren Staͤmmen freye Durchſichten verſtatten; wenn hier das Gruͤn des Graſes im Glanz der Sonne ſich ſchoͤner faͤrbt, und dort nach Stellen, worauf eine erquickende Dunkelheit ſchwebt, im mildern Schimmer fort - ſpielt. Die Anmuth der gruͤnen Raſen kann mit dem Laube der Baͤume in einen Contraſt geſetzt werden. Eine uͤberaus angenehme Malerey entſpringt, wenn Frucht - baͤume mit ihrer vollen weißen und roͤthlichen Bluͤhte hin und wieder das friſche Gruͤn des Bodens beleben.

Auch koͤnnen Raſen hin und wieder durch kleine Blumengruppen von leuch - tenden Farben aufgeheitert werden. Nahe um Ruheplaͤtze und Luſtkabinette koͤn - nen auch ſehr ſchicklich wohlriechende Pflanzen, die ſonſt fuͤr das Auge keine Wir - kung haben, auf den kleinen Raſenſtuͤcken zerſtreut werden. Und hier ſowohl, als um Baͤder und Grotten, wuͤrde vom Rosmarin, Lavendel, Majoran, Salvey, Krauſemuͤnze, Thymian, gemeiner und tuͤrkiſcher Meliſſe, Quendel,L 2Citronen -84Vierter Abſchnitt. Von Raſen. Citronenkraut, Yſop u. ſ. w. ein vortheilhafter Gebrauch zur Ergoͤtzung gemacht werden koͤnnen.

Ueberhaupt iſt es eine wichtige Pflicht des Gartenkuͤnſtlers, nach der Anlei - tung der Natur in dem Bezirk ſeiner Beſchaͤftigung uͤberall die nackte Erdflaͤ - che mit Gras und Kraͤutern zu bekleiden, und ihr das geſunde und muntere An - ſehen zu verſchaffen, womit ſie in den fruchtbaren Landſchaften dem Auge ent - gegen lacht.

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Fuͤnfter85

Fuͤnfter Abſchnitt. Vom Waſſer.

Wie viel Schoͤnheiten und vortheilhafte Wirkungen das Waſſer uͤberhaupt fuͤr die Landſchaft hat, davon iſt ſchon ein allgemeiner Begriff mitge - theilt. *)S. 1 B. S. 200 u. ſ. w.

In Anſehung ſowohl der Groͤße, als auch beſonders der Ruhe und der Bewe - gung, zeigt uns die Natur das Waſſer unter verſchiedenen Geſtalten und Charakteren. Sie zeigt es uns bald ſtehend, bald laufend, bald fallend. Zu dem erſten Charakter gehoͤren Meer, Landſee, Teich, Waſſerſtuͤck; zu dem zweyten, Strom, Fluß, Bach; zu dem dritten, Waſſerguß, Waſſerfall, Waſſerſturz (Katarakt).

1. Meer.

Das Meer unterwirft ſich zwar nicht der Hand des Menſchen; es laͤßt ſich zu kei - nem Theil ſeiner Anlage zwingen. Allein es kann doch durch die Ausſicht mit ſeinen Sce - nen verbunden werden, ſo wie ſich nur durch die Ausſicht von ihm ein Gebrauch ma - chen laͤßt. Durch Bearbeitung und Bepflanzung des Ufers koͤnnen indeſſen die Pro - ſpecte auf eine mannichfaltige Weiſe veraͤndert werden; und dadurch kann die Kunſt eine Art von Herrſchaft uͤber das ungeheureſte Element erlangen.

Das Meer iſt eine Quelle ſehr erhabener Bewegungen; es giebt alle die Em - pfindungen, die aus Tiefe, Ausdehnung und Unermeßlichkeit entſpringen. Durch die Zufaͤlligkeit eines Sturms oder Gewitters ſtellt es die praͤchtigſte und feyerlichſte Scene vor, die das menſchliche Herz ergreift, und es uͤber ſich ſelbſt erhebt. Und in den ſchwimmenden Palaͤſten, die oft blos am Horizont zu haͤngen ſcheinen, ſchwebt dem Zuſchauer die Kuͤhnheit und Staͤrke des menſchlichen Geiſtes immer vor Augen.

L 3Anhoͤhen86Fuͤnfter Abſchnitt.

Anhoͤhen und Vorgebuͤrge am Meere geben zu Landhaͤuſern, vorzuͤglich aber zu Schloͤſſern, ſehr herrliche Lagen, die durch das Kuͤhne und Außerordentliche ſich aus - zeichnen. Gothiſche Schloͤſſer mit vielen Thuͤrmen, und alte Kloͤſter mit ſtarken un - foͤrmlichen Maſſen ſcheinen ſich beſonders fuͤr eine ſolche Lage zu ſchicken.

In einem Garten ſelbſt, den das Meer beſpuͤlt, laſſen ſich nicht allein uͤberaus wichtige und auffallende Proſpecte und Oeffnungen zwiſchen Gehoͤlz, Felſen, und Bergen auf die Waſſerflaͤche hin bilden, ſondern auch ſtarke Ueberraſchungen gewin - nen. Bey einer ſolchen Lage kann man bequem einen feyerlichen Garten*)S. 1 B. S. 220-221. 229. ſchaf - fen, oder doch einem Theil dieſen Charakter geben.

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2. Landſee.

Ein Landſee iſt ſelten ein beſonderer Theil eines Gartens, ſondern wird die mei - ſie Zeit nur durch die Ausſicht oder durch die Angraͤnzung genoſſen. Allein dennochiſt87Vom Waſſer. iſt in einem Garten von einem ſehr weiten Umfange, in einem anſehnlichen Park, ein See ein Theil, der faſt unentbehrlich ſcheint. Er belebt alle Scenen umher, reizt in der Ferne und unterhaͤlt in der Naͤhe; ſein klares und ruhiges Waſſer ſtralt die wech - ſelnden Farben des Himmels und die Verzierungen ſeiner Ufer verſchoͤnernd zuruͤck; in ſeinem Umfange, in der Bildung ſeiner Einbuchten, in der Form und Beklei - dung ſeiner Ufer, in den Ungleichheiten ihrer Hoͤhe und Tiefe, in ſeiner Ver - bindung mit Huͤgeln, mit Gehoͤlz, mit Doͤrfern, iſt er einer reichen Abwech - ſelung faͤhig; endlich giebt er Empfindungen der Ruhe und der ſanften laͤndli - chen Ergoͤtzung. Ein See iſt daher ein wichtiger Theil in einem Revier, wo dieſe Empfindungen geſucht werden. Er iſt kein Zubehoͤr der melancholiſchen, noch der feyerlichen Gegend; er kann zwar in einer romantiſchen durch den Con - traſt wirken; aber er bleibt doch immer das ſchoͤnſte Eigenthum einer muntern und heitern Gegend.

Der Charakter des Sees iſt Ruhe, die er mit jedem ſtehenden Waſſer gemein hat. Ihm fehlt eigene Bewegung. Allein der erſte Hauch des Windes kraͤuſelt ſei - ne Oberflaͤche, und ſeine Wellen fangen an zu ſpielen. Durch dieſe Bewegung wird die Scene friſcher, lebendiger und anziehender. Wer verweilt nicht mit Ver - gnuͤgen bey dem leichten Geplaͤtſcher, bey dem Spiel der Wellen und der Lichtfun - ken, die auf der Fluth umherflimmern und verloͤſchen? Allein dieſe Bewegung wird ſelten ſo ſtark werden, daß ſie, wie das Meer, Empfindungen von einer hoͤ - hern Art zu erwecken faͤhig wuͤrde; ſie wird bey dem engern Bezirk des Sees, bey der mehr beſchuͤtzten Lage, bey der gewoͤhnlichen Umfaſſung von Huͤgeln oder Gehoͤlz, ſich in einer gewiſſen Maͤßigkeit erhalten, wodurch die Wirkung dieſer Scene, Ruhe und ſanfte Beluſtigung, unveraͤndert bleibt.

Ein See von einem ſehr weiten Umfange wird vortheilhafter in die Augen fallen, wenn er entweder mit Inſeln unterbrochen iſt, oder ſich hinter Waldun - gen und Huͤgeln verliert. Der See laͤßt Einbuchten zu, die zur Vermehrung der Abwechſelung dienen; und ſeine Ufer koͤnnen bald durch Erhoͤhung, bald durch Niedrigung, bald durch anliegendes Gebuͤſch, bald durch uͤberhaͤngende hohe Baͤu - me eine unterhaltende Verzierung gewinnen. Hier zieht ſich ein kleines Vorgebuͤr - ge oder eine Reihe von Huͤgeln, an deren Abhange zerſtreute Schafe klettern, tief in den See hinein; dort ſcheint ein Hain mitten im Waſſer zu ſchwimmen; an dieſer Seite ſchlaͤngelt ſich ein ſchmaler gruͤner Raſen, von Baum und Gebuͤſch entbloͤßt,ins88Fuͤnfter Abſchnitt. ins Waſſer, einige darauf umhergraſende Rinder ſcheinen ſich aus der Fluth zu erheben, und begaffen in ſtummer Verwunderung ihren Widerſchein; an jenem Ufer verſchwindet das Waſſer in die Oeffnung eines dunkeln Eichenwaldes hinein, und wohin das Auge nicht mehr reicht, fliegt noch die Einbildungskraft nach. Nichts iſt ſo reich an gefaͤlligen Verbindungen und Verſchoͤnerungen, als ein See; nur allein mit einer Waldung, in wie vielen abwechſelnden Geſtalten und Pro - ſpecten kann er nicht erſcheinen! Und welch ein Genuß, in allen ſeinen Schoͤn - heiten, in dem ganzen Reize ſeiner Widerſcheine, von einem Berge betrachtet! Der Gartenkuͤnſtler darf hier nur anſchauen, und bilden, wie die Natur bildet, im - mer frey und immer mannichfaltig.

Wo durch die Kunſt Seen angelegt werden, da iſt alles ſorgfaͤltig zu verber - gen, was dieſe Schoͤpfung verrathen koͤnnte; und vornehmlich iſt in Anſehung der Bildung der Ufer viel Aufmerkſamkeit noͤthig, um wenigſtens den Anſchein der Natur nicht zu verfehlen. Der Umfang des Waſſers muß mit der Gegend in einem ſchicklichen Verhaͤltniſſe ſtehen. So wie ein kleiner Bach in einer ausge - dehnten Ebene ſich verliert, und ohne allen Eindruck iſt: ſo kann eine gar zu aus - gebreitete Waſſerflaͤche die Wirkungen der uͤbrigen Gegenſtaͤnde in der Landſchaft vermindern. Durch Erhoͤhungen des jenſeitigen Ufers, durch Anpflanzungen ho - her Baͤume von einer ſtarken Beſchattung, durch Gebaͤude mit einem lebhaften Anſtrich, laſſen ſich die Graͤnzen enger zuſammenziehen, und die Entfernungen verkuͤrzen; ſo wie im Gegentheil durch Senkungen des Ufers, durch Wegſchaf - fung aller emporragenden Gegenſtaͤnde, das Auge mit einer ſcheinbaren Vergroͤſ - ſerung getaͤuſcht wird. Faͤllt ein See auf einmal ganz in die Augen, ſo muͤſſen ſeine Ufer reich und mannichfaltig verziert ſeyn; denn bey einer oͤftern und laͤn - gern Beſchauung bemerkt man doch auf einer ſolchen Waſſerflaͤche eine gewiſſe Einfoͤrmigkeit, die ſelten, wie auf dem Meere oder auf ſchiffbaren Fluͤſſen, durch Fahrzeuge unterbrochen wird: das Auge muß alſo in der Nachbarſchaft des Sees Gegenſtaͤnde entdecken, die es anziehen und beſchaͤftigen. Einbuch - ten und Auslaͤufe duͤrfen nicht zu haͤufig ſeyn, weil ſie ſonſt nichts von ei - ner beſtimmten Form uͤbrig laſſen, und den Eindruck des Ganzen zu ſehr zer - ſtreuen wuͤrden. Eine Reihe von gleichfoͤrmigen Buchten wuͤrde eben ſo ſchwach wirken, als eine Folge von kleinen Beeten im Kuͤchengarten oder von ſymme - triſch zertheilten Kornfeldern; eine ſolche Scene iſt zerriſſen, aber nicht mannich - faltig. Daß uͤbrigens ein angelegter See von keiner vollkommen regulaͤren Fi -gur,89Vom Waſſer. gur, weder in ganz gerader Linie, noch viereckt noch zirkelrund ſeyn ſoll, wird wohl keiner weitern Entwickelung beduͤrfen.

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Inſeln dienen in einem See ſowohl zur Unterbrechung der leeren Waſſerflaͤche, als auch zur Bereicherung der Scene. Man ſieht ſie daher faſt immer mit Vergnuͤ - gen, zumal da ſie der ſchoͤnſten maleriſchen Lagen faͤhig ſind. Dennoch ſind ſie nicht immer noͤthig, und man darf in einem von der Kunſt angelegten See ſie nicht uͤberall anzubringen ſuchen. Zuweilen koͤnnen ſie ſelbſt einen ſchoͤnen Proſpect von Waſſer verderben, wenn ſie naͤmlich fuͤr den Bezirk zu groß entworfen ſind, oder das zwiſchen ihnen und dem jenſeitigen Ufer befindliche Waſſer nicht uͤberſehen werden kann, und ſie daher mit dem Lande zuſammenzuhaͤngen ſcheinen, oder wenn ſie in Ge - ſtraͤuch, in Schilf und Rohr zu ſehr verwildern. Wo mehrere Inſeln ſind, da muͤſſen ſie ſich durch Verſchiedenheit der Geſtalt und der Ausſtaſſirung unterſcheiden. Zwey bis drey Inſeln koͤnnen einem See von einigem Umfange ſchon Abwechſelung genug geben. Die Vielheit der Inſeln zerſtoͤrt den Charakter des Sees, der dadurch in einII Band. Mbloßes90Fuͤnfter Abſchnitt. bloßes Waſſerſtuͤck verwandelt wird. Man muß alſo auch hier den Anlagen nicht durch das Ueberfluͤßige ſchaden. Eine ganz nackte Inſel wuͤrde einen widrigen Eindruck ge - gen die uͤbrigen Schoͤnheiten der Scene machen; eben ſo wuͤrde eine gar zu verſchwen - driſche Bepflanzung nichts von der Anmuth kleiner Flaͤchen durchſcheinen laſſen. Er - hoͤhung und Senkung des Bodens, Abwechſelung bepflanzter Stellen mit freyen Plaͤ - tzen iſt auch hier zu empfehlen. Gruppen von ſchoͤnen Baͤumen an dem Rande des Waſſers geben mit ihren Widerſcheinen einen reizenden Anblick. Spaziergaͤnge auf buſchigten Anhoͤhen umher mit Lauben voll heiterer Ausſichten, Ruheſitze unter den Kuͤhlungen des Schattens und des Sees, Einſiebeleyen an verborgenen Plaͤtzen, wo das Schilf rauſcht und das Waſſer plaͤtſchert, Fiſcherhuͤtten zur Beluſtigung mit dem Fang, einige Kaͤhne oder Boͤte umher zur Luſtfahrt oder zum Vergnuͤgen der Enten - jagd alles dieſes ſcheint zur ſchicklichen Ausſtaffirung einer Inſel zu gehoͤren. Wenn man nicht etwa einer Inſel den Charakter einer voͤlligen Einoͤde geben, oder ſie zur Aufbewahrung eines Trauermonuments einrichten will, wiewohl die freye Lage auf ei - nem hellen See mit einer ſolchen Beſtimmung wenig harmonirt: ſo kann man ihr alle anmuthige Auszierung geben, alles, was von ferne her Cultur und Beſchaͤftigung an - kuͤndigt, und ſelbſt eine Verſchoͤnerung mit edlen Gebaͤuden.

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Beſchreibung91Vom Waſſer.

Beſchreibung von zween beruͤhmten Seen.

a. Der See zu Keswick. *)Youngs Reiſe durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 2ter Th. 17ter Br.

Der See zu Keswick iſt in ganz England beruͤhmt. Man ſchaͤtzt ihn auf zehn (engliſche) Meilen im Umkreiſe. Er iſt laͤnglich und mit erſtaunlichen Bergen ein - gefaßt, die einige Monate im Jahre mit ihren Spitzen in den Wolken ſtehen. Die beſte Art ihn zu beſehen iſt, mit einem Fahrzeuge laͤngſt dem Ufer in der Runde her - um zu fahren und dann und wann auszuſteigen, um die ſchoͤnen Proſpecte zu be - trachten.

Von der Stadt geht man nach Cockſhuthill, einem kleinen Huͤgel in dem Am - phitheater von Bergen, der erſt vor einiger Zeit bepflanzt iſt. Die Ausſicht uͤber den See iſt hier praͤchtig. Man hat eine ſchoͤne Flaͤche Waſſer vor ſich, darin man fuͤnf Inſeln bemerkt, und gleichwohl hoch genug ſteht, um das Waſſer rings um ſie zu ſehen. Die mittelſte hat wohl fuͤnf Morgen Wieſe und ein Haus, das unter ei - nem Klumpen von Baͤumen ſteht. Eine andre iſt mit Fichten beſetzt, und die drey uͤbri - gen liegen in noch mehrerer Entfernung. Dies iſt die Flaͤche des praͤchtigen Amphi - theaters. Die Waͤnde ſind in einem eben ſo erhabenen Stil. Zur Linken bemerkt man zuerſt einen felſichten Huͤgel, der mit allerley Geſtraͤuche beſetzt iſt, und weiter hin eine Kette der ſchrecklichſten Felſen auf vierhundert Ellen hoch. Unten am Fuße ſtehen Baͤume, uͤber welche das nackte Haupt der Felſen hervorragt; zuletzt ſcheint ſich der See zwiſchen Bergen und Felſen zu verlieren; einer iſt immer hoͤher als der andre, welches dem Ganzen ein wildes Anſehen giebt. Auf der Seite gegenuͤber liegt eine große Menge Huͤgel, und weiter zuruͤck der Skiddow, der hoͤchſte von allen umliegenden Bergen, deſſen Spitze bis in die Wolken ſteigt.

Von dieſem Huͤgel geht man zum Boote hinab. Das Waſſer des Sees iſt unglaublich klar; auf dem Grunde liegen nichts als Steine, darunter die weißen, durch die zitternde Bewegung des Waſſers, wie Diamanten ſchimmern. Man faͤhrt laͤngſt der linken Kuͤſte hin, deren Klippen bald in den See hineinragen, bald ſich zu - ruͤckziehen, und kommt an Wallow-Cray, einen der vorher erwaͤhnten ungeheuern Felſen, von deſſen Fuße man einen artigen Proſpect hat. Die Felſen und Gebuͤrge umher ſtehen praͤchtig da, und ſind bis auf ein Drittel ihrer Hoͤhe mit uͤberhaͤngenden Baͤumen beſetzt; der See macht einen Meerbuſen, und gegenuͤber liegt die InſelM 2Bramps -92Fuͤnfter Abſchnitt. Brampsholm; uͤber das Vorgebuͤrge weg ſieht man die Lordsinſel, und der gegen - uͤber liegenden Kuͤſte geben die Waͤlder und einige Gebaͤude ein artiges Anſehen.

Man ſteigt darauf wieder in das Boot und faͤhrt, bis man der Oeffnung zwi - ſchen Wallow - und Barrow-Cray gegenuͤber iſt, da man das Geraͤuſch eines Waſ - ſerfalls hoͤrt, ihn aber nicht ſieht. Man geht hier nach einer verfallenen Bruͤcke, und ſieht eine Hoͤhlung von Felſen und Wald, nebſt einem Strom, der zwiſchen den Kluͤf - ten in Abſaͤtzen auf eine maleriſche Weiſe herunterſtuͤrzt.

Von hier rudert man nach Barrow-Cray, wo ſich von einer Anhoͤhe ein arti - ger Proſpect zeigt. Das Waſſer bildet verſchiedene Buchten und Inſeln; an der an - dern Ecke des Sees ſieht man angebaute und mit Einzaͤunungen verſehene Huͤgel, die mit einzelnen Haͤuſern beſetzt und mit hohen Bergen umzingelt ſind, welches einen großen Contraſt mit dem ſuͤdlichen Ende des Sees macht, der mit fuͤrchterlichen und den Einfall drohenden Felſen eingefaßt iſt.

Wenn man weiter laͤngſt der Kuͤſte fortrudert, ſo iſt ſie duͤnne mit Baͤumen beſetzt, und zeigt verſchiedene eingezaͤunte Felder, bis man an einen dicken Wald kommt, aus welchem ein Strom mit großer Gewalt uͤber Felſen hervorbricht. Darauf ankert man in einer Bay, deren Gegend umher in der That fuͤrchterlich iſt. Man befindet ſich unter einem ungeheuern hoͤckerigten Felſen, der bis an den Rand mit Gebuͤſche beſetzt iſt, und mit aͤhnlichen ganz ſenkrechten Felſenwaͤnden ſieht man ſich ringsumher umgeben. Man faͤhrt darauf an großen Felſenklumpen hin, die nach und nach von den Bergen abgebrochen und heruntergeſtuͤrzt ſind. Einige ſind unterwegs von noch groͤßern aufgehalten und nicht ganz heruntergeſtuͤrzt; andre haben Baͤume, Geſtraͤuch und alles, was ſie im Wege gefunden, mit ſich fort in den See geriſſen. Daher die ganze Gegend einer ſchrecklichen Verwuͤſtung aͤhnlich ſieht.

Weiter hin wird man einen reizenden Waſſerfall gewahr, und um ihn recht zu genießen, ſteigt man ans Land. Man ſieht eine ſenkrechte Mauer von Felſen, aus welcher hin und wieder Gebuͤſch herauswaͤchſt, das gleichſam in der Luft ſchwebt. Ein breiter Bach bricht oben hervor, und faͤllt in verſchiedenen Abſaͤtzen etliche hundert Fuß herab. Nach einem Falle von etlichen Ellen bricht er ſich durch einen hervorra - genden Felſen in drey Arme, welche ſich darauf hinter dem Gebuͤſche verlieren. In mehrerer Tiefe ſieht man ſie wieder vereinigt, und zwiſchen den dunkeln Baͤumen her - vorglaͤnzen. Das Waſſer verliert ſich wieder, und kommt aufs neue in etlichen Stroͤmen zum Vorſchein, die man oft nur zwiſchen den Aeſten hervorſchimmern ſieht. Unten verſammeln ſich endlich alle kleine Arme wieder, und ſtuͤrzen in einen mit Ge - buͤſch umgebenen Abgrund hinab. Man kann nichts maleriſcher ſehen, als dieſen Waſſerfall.

Man93Vom Waſſer.

Man ſegelt darauf um eine kleine Inſel, die einem Klumpen Baͤume gleicht, die aus dem See hervorwachſen. Man kommt ſodann in den engen Theil des Sees, wo man mit fuͤrchterlichen Felſen umgeben iſt, die eine Caſcade einſchließen. Der Anblick derſelben ſetzt den Zuſchauer in Erſtaunen. Zwo Felſenſpitzen von einer fuͤrchterlichen Hoͤhe haͤngen ihm uͤber dem Kopf, und ſind hin und wieder mit Buſch - werk bewachſen; zwiſchen ihnen iſt ein Abgrund von abgebrochenen Felſenſtuͤcken, uͤber welche der Strom mit Schaͤumen und Brauſen herabſtuͤrzt. Der ganze Anblick iſt ſchoͤn, edel und recht romanenmaͤßig.

Von hier geht man einen Weg mit vielen Kruͤmmungen durch den Wald, uͤber einen reißenden Strom, um einen neuen reizenden Auftritt der Natur zu ſehen. Rech - ter Hand entdeckt man den jetzt beſchriebenen Waſſerfall, von der Seite und aus ei - nem neuen Geſichtspunkte, zwiſchen Felſen und hangenden Baͤumen. Vor ſich ſieht man einen neuen Waſſerfall, der gleichſam aus einem alten verfaulten Sturz eines Baumes auf eine unregelmaͤßige Felſenflaͤche zu fallen ſcheint, und ſich daher bald in duͤnne, bald in dicke Aeſte theilt, bald gleichſam nur heruntertroͤpfelt, und dem Auge die angenehmſte Abwechſelung darbietet. Zuletzt ſtuͤrzt er ſich in den Strom, und lie - fert eine neue maleriſche Scene.

Bey Fortſetzung des Weges kommt man an ein neues praͤchtiges Amphitheater von Felſen und Bergen, die an der einen Seite unterbrochen und unordentlich ſind, auf der andern aber eine Wand, und zuſammen einen praͤchtigen Keſſel bilden. Faͤhrt man in die Muͤndung des Flußes Grange, ſo kommt man an eine Bruͤcke, wo ſich ein neuer ſchrecklicher Anblick von Felſen zeigt. Wenn man aus dem Boote nach dem Dorfe geht, trifft man einen kegelfoͤrmigen waldigten Felſenhuͤgel an, der ſich mitten aus einem von hohen Bergen umgebenen Keſſel erhebt.

Man rudert nunmehr mit dem Boote um ein artiges Vorgebuͤrge, und befindet ſich in einem kleinen Archipel, der auch einer Perſon ohne Geſchmack gefallen muß. Man hat den praͤchtigen Berg Skiddow vor ſich, einen andern faſt eben ſo hohen auf der einen Seite, und auf der andern einen ſchoͤnen mit Wald beſetzten Huͤgel.

Indem man an der Kuͤſte fortſegelt, kommt man erſtlich an einen mit großem Bauholze von der Spitze bis an das Ufer beſetzten Huͤgel, darauf in eine kleine Bay, wo man viele eingezaͤunte Felder gewahr wird, die mit den Felſen und Bergen einen artigen Contraſt machen. Faͤhrt man um ein kleines Vorgebuͤrge herum, ſo kommt man in eine ganz vom Lande umgebene Bay, in der man einen ſchoͤnen Wald uͤberſieht.

Die Kuͤſte wird nunmehr ſehr ungleich; bald ſchiebt ſie ſich in den See, bald zieht ſie ſich zuruͤck. Man faͤhrt aus einer Bay in die andre, und hat eine beſtaͤn -M 3dige94Fuͤnfter Abſchnitt. dige Abwechſelung von Proſpecten, bis die Kuͤſte unweit der Stadt Keswick flach wird.

Um Keswick recht zu uͤberſehen, muß man auf die hohen Felſen ſteigen, die gleich im Anfange beſchrieben ſind. Man hat einen ſehr jaͤhen Weg von anderthalb (engliſchen) Meilen zu erſteigen, den man mehr hinaufklettern muß; der Weg gehet uͤber den Strom, der die zuerſt angezeigte Caſcade macht. Man ſieht und hoͤrt in den Abgruͤnden den Fluß unter ſich fortrauſchen; zuweilen verbirgt er ſich unter Baͤumen und Felſen.

Von hier kriecht man durch ein dickes Gebuͤſch an den Rand des Felſen, um den praͤchtigen Anblick des ganzen Sees mit den darauf liegenden Inſeln zu ge - nießen. Sobald man ſich durch das Gebuͤſche gedrungen hat, wird man ploͤtzlich aufs angenehmſte uͤberraſcht und zugleich in Verwunderung geſetzt.

Erreicht man aber die oberſte Spitze des Berges, ſo iſt der Anblick in der That praͤchtig. Man iſt ſo hoch uͤber den See erhaben, daß er gleichſam in einer andern Welt zu liegen ſcheint. Die niedrigen Huͤgel erheben ſich auf eine ſehr maleriſche Art; die Stadt ſteckt zwiſchen lauter Waͤldern; und hinter ihr erhebt ſich der praͤchtige Skiddow.

Begiebt man ſich in die Stadt hinab, um auf der andern Seite den Skiddow zu erſteigen: ſo hat man zwar fuͤnf (engliſche) Meilen bis zum Gipfel, aber die Muͤ - he wird reichlich belohnt. Der See ſieht von der erſtaunlichen Hoͤhe als ein maͤßi - ges Waſſerbaſſin aus, und die Inſeln ſchwimmen wie kleine Flecken darauf. Die unermeßlichen Felſenhuͤgel und Berge, die man uͤberſieht, zeigen die Natur in ihrer wilden Groͤße; und dieſe bewundernswuͤrdigen Maſſen und Klumpen fallen vornehm - lich in die Augen. Man entdeckt uͤberdies die Huͤgel von Schottland, das Meer, die Inſel Man, und entfernte hohe Kuͤſten, außer einem Strich von vielen Mei - len in England ſelbſt.

Keswick hat ſo viel Großes, ſo viel Abwechſelung von allem, was die Na - tur praͤchtiges darbietet, Waſſer, Berge, Felſen, Caſcaden, daß es jeden, der dieſe Gegend beſieht, in Verwunderung ſetzen muß. Man findet hier den gluͤcklich - ſten Contraſt von allen Scenen der Natur. Die Kunſt kann nichts mehr thun, da die Natur alles ſelbſt verrichtet hat. Wie viele Muͤhe und Koſten hat man nicht angewendet, um manchen Luſtſchloͤſſern und Landſitzen eine reizende Geſtalt zu geben, und allerley laͤndliche Scenen dabey anzubringen! Was ſind aber alle dieſe Unter - nehmungen gegen die Wunder, welche die Natur hier gebildet hat? Was iſt alle Pracht Ludewigs des Großen, in Vergleichung der Spielwerke der Natur, die Keswick darbietet? Alle Bemuͤhungen der Kunſt ſind in Abſicht auf die Schoͤn -heiten95Vom Waſſer. heiten der Natur fuͤr nichts zu achten. Die Betrachtung ſolcher erſtaunlichen Auftritte bemaͤchtigt ſich der ganzen Seele; und dieſe verliert ſich in Bewunderung der Allmacht eines Weſens, das ſeine Groͤße in der unendlichen Abwechſelung ſo praͤchtiger Sce - nen zeigt.

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b. Der Genferſee.

Dieſer See iſt unſtreitig eines der herrlichſten Gewaͤſſer, die auf unſrer Erd - flaͤche wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung ſind nicht uͤberall von dem majeſtaͤti - ſchen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da ſeine Graͤnzen auch Ebenen haben und voll Cultur ſind, nicht lauter ernſthafte, einſame und wilde Gegenden, die ſich um dieſen zuſammendraͤngen. Allein er hat dagegen, neben verſchiedenen uͤber - aus romantiſchen und feyerlichen Proſpecten, eine unbeſchreibliche Mannichfaltigkeit und die hoͤchſten Schoͤnheiten der Verzierung, welche die maleriſche Natur nur jemals zur Bildung der heiterſten Landſchaft vereinigt hat.

Die Laͤnge des Genferſees iſt etwa funfzehn, und ſeine groͤßte Breite ſechs Schweizerſtunden. Der Theil gegen Morgen fuͤhrt den Namen des Lauſanner - ſees von der Stadt Lauſanne, die an ſeiner nordlichen Seite liegt. Seine Geſtalt gleicht einem zunehmenden Monde, deſſen zwey Enden abgeſtumpft ſind, und von denen eins inwendig einen großen runden Ausſchnitt hat. An beyden Enden nimmt die Breite des Sees ſehr ab. Eine Menge von Segeln belebt ſeine ſtillen und klaren Flaͤchen. Rings umher reizen die fruchtbarſten und ſchoͤnſten Landſchaften, mitEbenen,96Fuͤnfter Abſchnitt. Ebenen, Huͤgeln und Gebuͤrgen, mit Staͤdten, Doͤrfern, Landhaͤuſern, Schloͤſ - ſern, Huͤtten, Gaͤrten und Weinbergen; alles lebt hier voll Muth in einem freudigen Wohlſtande.

Eine Reiſe in der Nachbarſchaft dieſes Sees gewaͤhrt eine Folge von den leb - hafteſten Empfindungen, die nur jemals das menſchliche Herz beſeligt haben. Hier ſind einige der ſchoͤnſten Gegenden und Proſpecte, wie ſie noch neulich ein Kenner der Natur und der Kuͤnſte gezeichnet hat. *)Der ſel. Sulzer. S. deutſches Muſeum, 1778. 10tes St.

Im Herunterfahren nach Lauſanne, wenn man von Moudon kommt, hat man eine Ausſicht von unbeſchreiblicher Mannichfaltigkeit und Schoͤnheit. Man uͤber - ſieht den großen Genferſee faſt ganz, und dabey einen anſehnlichen Theil ſeines dies - ſeitigen reichen und mit vielen Staͤdten und Doͤrfern beſetzten Ufers. Jenſeit des Sees faͤllt der ſchoͤnſte Theil des Herzogthums Chablais mit verſchiedenen Staͤdten, Doͤr - fern, abwechſelnden Huͤgeln und Ebenen, hinter ihnen die erſtaunlich hohen mit Schnee bedeckten ſavoyiſchen Alpen, und weiter gegen Morgen die wilden Gebuͤrge von Wallis, nebſt den daran ſtoßenden Berner Alpen, alles auf einmal ins Geſicht. Vielleicht iſt an keinem Orte des Erdbodens eine reichere und mannichfaltigere Ausſicht anzutref - fen. Man ſieht ein Stuͤck Landes von etwa vierzig deutſchen Quadratmeilen vor ſich, auf dem ſich die hoͤchſte Fruchtbarkeit und der hoͤchſte Grad der Cultur neben den wil - deſten Gegenden der Welt zeigen; beyde um einen ſehr großen, doch von der Hoͤhe ganz zu uͤberſehenden See herum in der reizendſten Abwechſelung.

An der Abendſeite von Lauſanne, außerhalb der Stadt, iſt eine von Natur gemachte ſehr hohe Terraſſe, die reichlich mit Baͤumen beſetzt iſt, und einen der ſchoͤn - ſten Spaziergaͤnge der Welt macht; denn da ſie noch hoch uͤber den See erhaben iſt, ſo hat man von derſelben die praͤchtigſte Ausſicht, die ſich erdenken laͤßt. Der Gen - ferſee bildet da gerade einen Ellenbogen, und beugt ſich von hier aus rechts und links, oder auf der Morgen - und Abendſeite, etwas gegen die mittaͤgliche Gegend her - ein, ſo daß man von hier den ganzen See uͤberſehen kann. Wenn das Wetter zur Ausſicht guͤnſtig iſt, ſo erblickt man von dieſem Platz eine Menge Staͤdte, Schloͤſſer und Doͤrfer. An dem gegen Lauſanne uͤber liegenden Ufer des Sees ſieht man die Staͤdte Evian und Tonon, das ſchoͤne Kloſter Ripaille, und dann von da gegen Genf herunter eine reiche, mit den angenehmſten niedrigen Huͤgeln und abwechſeln - den fruchtbaren Ebenen beſetzte Kuͤſte mit unzaͤhligen Doͤrfern und einzelnen Haͤuſern. Oſtwaͤrts an derſelben Kuͤſte erheben ſich allmaͤhlig hoͤhere an den See ſtoßende Ber - ge, die ſich oben am See an die Walliſer und Berner Alpen anſchließen. Oben am See zeigt ſich Ville Neuve im Gouvernement Aigle. An dem diesſeitigenUfer97Vom Waſſer. Ufer uͤberſieht man die ganze ſogenannte Cote mit den Staͤdten Morges, Rolle, Ryon, Copet, und den ſich hinter dieſen allmaͤhlig erhebenden Hoͤhen, die mit den ſchoͤnſten Weinbergen und unzaͤhligen Landhaͤuſern bedeckt ſind.

Ein ſehr angenehmer Weg an dem Fuß eines mit Weinreben beſetzten Berges, der ſich dicht an dem See von Lauſanne nach Vevay erſtreckt, fuͤhrt in einigen Stun - den nach dieſer kleinen Stadt. Vevay hat eine ganz beſondere Lage, wodurch ſie zum Wohnſitz ſtiller, von der Welt abgeſonderter und an romantiſchen Schoͤnheiten der Natur ſich ergoͤtzender Menſchen beſtimmt zu ſeyn ſcheint. Der Genferſee iſt an ſeinem obern Ende mit ſehr hohen und ſteilen Bergen umgeben, die ganz an die Ufer deſſelben ſtoßen. An dem rechten oder nordlichen Ufer entfernen ſich die Berge etwas von dem See, und laſſen da, ungefaͤhr eine halbe Stunde Weges laͤngſt dem Ufer, ein niedriges Vorland mit dieſen Bergen umgeben, und nur an der Suͤdſeite, oder gegen den See, offen. Von dem Ufer an erhebt ſich dieſes niedrige Vorland allmaͤhlig gegen die es umgebenden Berge, und bildet, durch verſchiedene Huͤgel, ein gegen den See ſtehendes Amphitheater, in deſſen Grunde das Staͤdtchen Vevay liegt. Die Berge, welche den hintern Grund deſſelben ausmachen, werden an der Nordſeite etwas niedriger. Durch dieſe Lage iſt demnach die Stadt von hohen Ber - gen umgeben; nur gegen Mittag, wo der See liegt, iſt eine Oeffnung. Das von der Sadt an gegen die Berge ſich allmaͤhlig erhoͤhende Land iſt, ſowohl auf den verſchie - denen Huͤgeln, als in den dazwiſchen liegenden Tiefen, ſehr fruchtbar, in ſchoͤne Gaͤr - ten, Wieſen, Weinberge und Aecker eingetheilt, und mit einer Menge artiger Luſt - haͤuſer und andrer Wohngebaͤude beſetzt. Hinter dieſen aber ſieht man an den hoͤhe - ren Bergen ganze Doͤrfer, ſo daß die Ausſicht von dem Ufer des Sees in dieſes Am - phitheater eine Menge von Gegenſtaͤnden zeigt. Gerade der Stadt gegenuͤber ſieht man an dem jenſeitigen Ufer die hohen, ſehr ſteilen und wilden Berge, die theils in Savoyen, theils im Gebiete der Republik Wallis liegen; nach der ſuͤdweſtlichen Gegend aber hat man eine freye Ausſicht uͤber den See herunter, die ſo weit geht, als das Auge reichen kann.

Gleich von Lauſanne geht die Straße nach Genf an das ebene Ufer des Sees herunter, und hernach laͤngſt demſelben ſo fort, daß man ſich nie mehr als wenige hun - dert Schritte von dem See entfernt. Man kommt durch einige ſehr artige an dem See liegende Staͤdte und Doͤrfer; rechter Hand aber hat man die vortrefflichen, mei - ſtens mit Weinreben beſetzten Huͤgel, die eigentlich die Cote genannt werden. Auf und an dieſen Huͤgeln ſind viele ſchoͤne Doͤrfer, adeliche Schloͤſſer und eine Menge Landhaͤuſer gebauet, die groͤßtentheils wohlhabenden Privatperſonen von Bern gehoͤ - ren, die im Herbſt ſich hier aufhalten und das Land durch ihre Gegenwart um ſoII Band. Nviel98Fuͤnfter Abſchnitt. viel lebhafter machen. Der ganze Strich Landes zwiſchen Lauſanne und Genf iſt zum Entzuͤcken ſchoͤn und unter die reizendſten Gegenden der Welt zu rechnen.

Die Lage des Staͤdtchens Aubonne mit dem uͤber ihm liegenden Schloſſe iſt ſo bezaubernd, daß der beruͤhmte Tavernier, der durch ſo viele Laͤnder des Erdbodens gereiſet war, dieſen Ort als den ſchoͤnſten zu ſeinem Aufenthalt waͤhlte, als er ſich zur Ruhe begeben wollte. Die Ausſichten uͤbertreffen noch die von Laufanne, und ſind uͤber allen Ausdruck ſchoͤn, weil man hier von einer etwas betraͤchtlichen Hoͤhe den Genferſee, das ganze gegenuͤberliegende Chablais, ſo wie das diesſeitige Ufer des Sees mit allen ſeinen Staͤdten, Doͤrfern, Schloͤſſern und Landhaͤuſern uͤberſieht.

Um Genf ſelbſt iſt das ganze herumliegende Land, ſo weit ſich das Gebiete der kleinen Republik erſtreckt, beſonders aber ſind die beyden Ufer des Sees mit ſchoͤ - nen und Reichthum ankuͤndigenden Landhaͤuſern und Luſthaͤuſern beſetzt. Ueberalk, wohin man das Auge wendet, ſieht man die deutlichſten Anzeigen eines im Ueberfluß lebenden Volks. Dieſe Landhaͤuſer ſind zwar nicht Palaͤſte, aber meiſtens ziemlich groß und wohlgebaut, auch ſo gut unterhalten, daß ſie durchgehends wie ganz neue Gebaͤude ausſehen. Ueber den Haͤuſern ſind ſchoͤne, wohlunterhaltene Gaͤrten, auch ſehr oft Weinberge, Wieſen und Aecker. Weil der See gegen die Stadt hin ſich merklich verſchmaͤlert, ſo kann man auf dieſem Wege das Land an dem jenſeitigen Ufer mit den vielen Luſthaͤuſern, Gaͤrten und Guͤtern deutlich ſehen. Dieſe reiche Landſchaft, dann die Stadt ſelbſt am Ausfluß der Rhone, die man in dieſem weiten Umkreis von Luſthaͤuſern als den Hauptſitz, dem alles gehoͤrt, erblickt, hinter der Stadt aber ein hoher und ſehr breiter Berg, der zum Hintergrund dieſer Landſchaft dient, macht ein Schauſpiel, das man ohne ſtarke Ruͤhrung nicht anſehen kann.

Man wird ſich leicht vorſtellen, wie ſehr bey einer Waſſerreiſe auf dieſem See die umliegenden Gegenden abaͤndern, und in welchen neuen bezaubernden Proſpecten ſie erſcheinen. So reizende Gegenſtaͤnde in veraͤnderten Geſichtspunkten zu genießen, muß dem Freund der Natur eine intereſſante Ergoͤtzung ſeyn. Wer nicht ſelbſt das Fahrzeug beſteigen kann, der wird ſich wenigſtens an dieſem Theil einer maleriſchen Be - ſchreibung*)Bourret Schilderung feiner Reiſe nach den Savoyiſchen Eisgebuͤrgen. Aus dem Franzoͤſiſchen, 1775. 1 Th. 4. K. von einer der anmuthigſten Waſſerfahrten beluſtigen.

Indem wir langfam, in einiger Entſernung vom Ufer, dahintrieben, konnten unſre gierigen Blicke den bezaubernden Huͤgel ganz uͤberſehen, uͤber den wir bis Evian gekommen waren, und der ſich bis Millerie erſtreckt. Dichte, gruppenweiſe uͤber einander gepflanzte Waͤlder; lichte, mit gruͤnen Wieſen und goldgelben Getreidefel -dern99Vom Waſſer. dern untermiſchte Gebuͤſche; hohe Thuͤrme und alte Schloͤſſer ſtellten ſich unſern Augen zugleich dar; nichts gieng von dieſem praͤchtigen Amphitheater fuͤr ſie verloren. Die Felder ſtiegen uͤber die Waͤlder empor, die Wieſen blickten uͤber die duͤrren Felſen her - ab, und die Schloͤſſer hiengen auf den Gipfeln der Berge. Daruͤber hinaus bildeten die ſtachlichten Spitzen der Alpen, oder ſchwarze, von den Jahren angegangene oder vom Blitz verbrannte Felſen, mit der blendenden Weiße des Schnees, der dieſe Ber - ge vom Anbeginn der Welt her bedeckt, den ſchoͤnſten Contraſt. Dieſe ungeheure, von den Haͤnden der Natur ſenkrecht aufgeſtellte und mit ihren lebhafteſten Farben ausgemalte Schilderey lag ganz vor unſern Blicken da, und fuͤllte alle Kraͤfte unſrer Seele. [Unſer] langſam fortgehendes Fahrzeug entzog den Augen nach und nach die Gegenſtaͤnde, an welchen ſie ſich geſaͤttigt hatten, um ſie immer durch neue, reizen - dere Ausſichten zu erſetzen. Die Haine, Felder, Wieſen, Haͤuſer verſchwanden unmerklich, und andre ruͤckten, in einer ganz veraͤnderten Lage, an ihre Stelle. Wir durchliefen hinter einander la grande Rive, la Tour ronde, und die Schloͤſſer Blonay und St. Paul.

Als wir nach Millerie gekommen waren, durchſchnitten wir den See in gera - der Linie, um Vevay zu erreichen. Hier fanden unſre Blicke ein neues Schauſpiel vor ſich. Der geſegnete Huͤgel, dem wir gefolgt waren, verwandelte ſich in grauer - liche Berge. Eine enge und tiefe Kluft trennt ſie ſenkrecht, und macht einem ſchnel - len und wilden Strome Platz.

Nachdem wir mitten auf den See gekommen waren, lenkte ſich unſre Bewun - derung auf andre Gegenſtaͤnde. Unſre Blicke durcheilten dieſe ungeheure Strecke von ſuͤßem und klarem Waſſer, durch deſſen durchſichtiges Blau das Auge bis in die groͤß - te Tiefe ſehen kann. Wir betrachteten dieſen weiten, von den Haͤnden des Allmaͤchti - gen in den Schoos der hoͤchſten Gebuͤrge gegrabenen Behaͤlter, der dreyzehn Staͤdte benetzt und ihre Felder befruchtet. Der Blick verlor ſich auf dieſer unermeßlichen Waſſerebene. Das ruhige Gewaͤſſer, hell und glatt wie ein Spiegel, ſtellte uns die gluͤcklichen Anhoͤhen gedoppelt dar, die wir eben verlaſſen hatten. Die Schloͤſſer, Ge - hoͤlze, Wieſen malten ſich mit allen ihren Farben darin ab, und zitterten in den leicht bewegten Fluthen.

Wir hatten den Anblick von acht Staͤdten vor uns, die von einer Menge Fle - cken und Doͤrfer umgeben waren, die ſtufenweiſe bis an den Gipfel der Berge ſich er - hoben. Alle unſre Seelenkraͤfte lagen in einer ſuͤßen Traͤumerey verſenkt. Das leichte Schuͤttern der Wellen, die Bewegung eines ſchwachen, kuͤhlen Windes, die Entfernung und der langſame Lauf der Ufer, das allmaͤhlige Verſchwinden der Staͤd - te und Felder, der Flug und das Geſchrey der Waſſervoͤgel, das Springen der Fi -N 2ſche,100Fuͤnfter Abſchnitt. ſche, die verſchiedenen Farben der Waſſerflaͤche vom Winde eingedruͤckt, hier ein dunkles Violet, dort ein glaͤnzendes Blau, manchmal ein truͤbes Grau oder gar ein dickes Schwarz: alles dieſes, bis auf das Geraͤuſch der Ruder und die Furchen, die unſer kleines Fahrzeug einſchnitt, vermehrte die Stille unſrer Seele.

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3. Teich.

Außer dem Waſſer, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, ſchraͤnkte man ſich in den aͤltern Gaͤrten gemeiniglich nur auf ſtehende Teiche ein. Es ſchien, daß man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent - fernte ſich von dem mit ſtolzer Wonne dahin rauſchenden Fluß; den freyen und froͤhli - chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine ſtinken - de Pfuͤtze geleitet.

Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in Anſehung der Teiche und Canaͤle in den Gaͤrten geſchehen iſt. War es denn nicht ſelbſt dem groͤbern Sinn begreiflich, daß ſolche ſtehende Waſſer keine, oder doch nur eine kaum merkbare Ergoͤtzung fuͤr das Auge haben? daß ſie ſowohl der fuͤr die Geſundheit ſchaͤdlichen Ausduͤnſtungen, als auch der Beſchwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das in ihnen bruͤtet, mehr zu entfernen, als zu dulden ſind? Ein viereckigter, oder ein langer Graben mit unbeweglich ſtehendem, truͤbem, von gruͤnlichem Schlamm und Un - geziefer uͤberdecktem, faulendem und giftig ausduͤnſtendem Waſſer, iſt ein Auftritt, dernicht101Vom Waſſer. nicht zuruͤckſchreckender ſeyn kann; ein Auftritt, der zur Wuͤſte gehoͤrt, zu Oertern, wo Ungeheuer heulen, nicht zu Plaͤtzen, wo der denkende, der zur Freude berufene Menſch wohnt. Und ward er etwa von der Natur in ein ſolches Revier verſtoßen? O! nein; er baut es ſich ſelbſt; er zergraͤbt, zerſtuͤckt, verunſtaltet einen ſchoͤnen Platz, um an Suͤmpfen zu ſchlafen und an Pfuͤtzen zu ſpazieren.

Außerdem hat man manche andre Unſchicklichkeiten bey den Teichen began - gen. Man dachte nicht daran, daß man auch in der Figur die edle Freyheit der Na - tur nachahmen koͤnnte, und waͤhlte bald runde Behaͤltniſſe, die zu gekuͤnſtelt, bald eckigte, die unausſtehlich ſind. Man reihete oft mehrere Teiche neben einander mit einer unſchicklichen Wirkung. Man ſtellte ſie ganz frey dem Auge entgegen, ohne einen Theil mit Gebuͤſch zu verdecken, ihnen dadurch ein mehr natuͤrliches Anſehen und eine anſcheinende Vergroͤßerung zu geben. Man legte ſie an Stellen an, wo ſie in den heißen Monaten des Jahres bis auf den Grund austrockneten, da doch allein der Reichthum des Waſſers ihre Fehler verguͤten koͤnnte. Man faßte ſie mit Holz und Steinwerk ein, die allen Anſchein von Natur verdraͤngten, und das Auge von der Muͤhe uͤberzeugten, die man aufgeopfert, um ein wenig truͤbes, leimigtes und fau - lendes Waſſer zuſammenzuhalten.

Glaubt man, daß man ſich nicht ohne einen Teich behelfen koͤnne, oder, daß er fuͤr ein beſtimmtes Revier ſchicklich ſey: ſo wird das erſte ſeyn muͤſſen, die ange - fuͤhrten Fehler zu vermeiden. Man grabe nicht auf einer Ebene, wo man ſelten das Gepraͤge des Kuͤnſtlichen ausloͤſchen kann, ſondern in einem Thale, in einer Vertie - fung, wo ohnedies das Waſſer ſich gerne ſammlet. Man ſorge fuͤr Abfluß und Rei - nigkeit. Man bilde mit der ausgegrabenen Erde einen Huͤgel, welcher der anſtoßen - den Vertiefung einen Grad von Wahrheit mehr giebt. Man dulde an den Seiten keine leimigten, ſandigten und kahlen Erhoͤhungen, ſondern bekleide die Ufer mit gruͤ - nem Raſen und mit einer Pflanzung von Waldbaͤumen, die ſich eine Strecke fortzie - hen. Man laſſe ganz unten am Waſſer hie und da ein uͤberhaͤngendes Gebuͤſch ver - wildern, und die Scene noch natuͤrlicher machen. Kurz die ganze Anlage ſey von allem Steifen und Gezwungenen entfernt, daß das ſchaͤrfſte Auge hier kein Werk der menſchlichen Hand entdecke. Aber auch alsdann wird ein Fluß und ein See noch im - mer ein ſchoͤneres Anſehen behalten, als ein Teich.

Wenn auch dieſer blos zu einem Fiſchbehaͤltniſſe dient, ſo wird er doch noch alle - mal einer mehr natuͤrlichen Anlage und Verzierung faͤhig ſeyn. Inzwiſchen laſſen ſich auch im fließenden Waſſer, das mit der Beſtimmung der meiſten Gartenſcenen mehr uͤbereinſtimmt, mancherley Arten von Fiſchen unterhalten, die durch den Anblick ihrer Spiele, und durch die kleinen Beſchaͤftigungen ihres Fangs laͤndliche Ergoͤtzung anbieten.

N 3Uebri -102Fuͤnfter Abſchnitt.

Uebrigens ſcheinen Teiche ſich am beſten an verborgenen ſchattigten Orten zu ſchicken. Selten iſt ihr Waſſer von der Klarheit, daß es lebhafte Widerſcheine giebt; vielmehr wird ſeine gewoͤhnliche Dunkelheit von umherſtehenden Baͤumen noch ver - mehrt. Dieſe Dunkelheit, verbunden mit der ewigen Unbeweglichkeit, macht einen eigenen Charakter, der auf ihnen ruhet, den Charakter der Melancholie und Trauer. Man kann daher mit Schicklichkeit in ſolche Reviere Urnen und andere Denkmaͤler der Vergaͤnglichkeit ſtellen.

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4. Waſſerſtuͤcke.

Unter dieſem Namen verſtehen wir keine gewoͤhnlichen Baſſins, ſondern eine Sammlung von natuͤrlichen, freyen, ungleichen, mehr oder weniger anſehnlichen Maſſen von Waſſer, die weder einen See noch einen Teich bilden, ſondern, ohne ein Ganzes zu machen, in einem niedrigen Grunde zertheilt neben einander ruhen. Sie bilden ſich leicht in breiten Thaͤlern bey haͤufigen Regenguͤſſen und Baͤchen von den Anhoͤhen, bey Austretungen der Fluͤſſe, bey dem Reichthum unterirdiſcher Quellen;ſie103Vom Waſſer. ſie bleiben in den Gruͤnden ſtehen, naͤhern ſich mehr oder minder, und ſind durch fe - ſte Landtheile von einander abgeſondert. Eine ſolche Flaͤche iſt in verſchiedene Stri - che von Land und von Waſſer zertheilt. Sie hat keinen ſichtbaren Zuſammenhang, nichts lang an einander Fortgehendes; ihr Charakter beſteht in dem Getrennten und Zerſchnittenen.

Dennoch fehlt es einer ſolchen Scene nicht an Anmuth; ja ſie iſt in den meiſten Faͤllen weit intereſſanter, als ein Teich. Das Waſſer iſt zwar in Ruhe. Allein die Unterbrechungen von Raſen und von Waſſer, die verſchiedenen Geſtalten und Wen - dungen, die Abwechſelungen von dunkeln und von hellen Stellen, die mannichfaltigen Einfaͤlle des Lichts in den Schatten, die Zwiſchenraͤume und Durchſichten durch hin und her zerſtreute Baͤume und kleine Gruppen, die hier die ſchoͤnſte Verzierung aus - machen, die Spiele der hie und da ſchwebenden Widerſcheine: alles dieſes vereinige ſich, um ein uͤberaus friſches und anziehendes Gemaͤlde zu liefern.

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Eine Scene dieſer Art gewinnt am meiſten, wenn ſie von einer Anhoͤhe uͤber - ſchauet wird. Ihre Wirkung iſt ruhige Behagung, und eine ſanfte in das Inner -ſte104Fuͤnfter Abſchnitt. ſte der Seele ſich ergießende Erfriſchung. Noch mehr hebt ſich dieſe Wirkung bey der Zufaͤlligkeit des Mondlichts, wenn es mit ſeinem milden Schimmer dieſe Scene beſucht, und in der tiefen Ruhe zwiſchen Waſſer und Baͤumen ein Schauſpiel verbrei - tet, das nicht gemalt, noch weniger beſchrieben ward; das dem empfindſamen Freund der Natur nur zuweilen zu ſehen, nicht aber wieder nachzuerzaͤhlen, vergoͤnnt war.

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5. Strom.

Stroͤme, Fluͤſſe und Baͤche machen eine neue Abaͤnderung des Waſſers, die nicht blos in eigener Bewegung, ſondern im Fortlaufe beſteht. Dieſer Charakter iſt allen dreyen gemein; allein ſie unterſcheiden ſich wieder unter einander durch die groͤßere oder geringere Maſſe des Waſſers, durch die mehrere oder mindere Geſchwin - digkeit ihres Laufs und durch die Verſchiedenheit des Geraͤuſches, wodurch ſie fuͤr das Ohr ihre Gegenwart empfindbar machen.

Der beſondere Charakter des Stroms iſt Groͤße und reißende Geſchwindigkeit ſeines Fortgangs. Seine anſehnliche Maſſen waͤlzen und ſtuͤrzen ſich mit Staͤrke und Muth dahin; ſie zerſtoͤren alles vor ſich weg, was ſich ihrem Lauf entgegenſetzen will; oder ſie brechen, wo der Widerſtand unbezwingbar iſt, auf einer andern Seite durch, und brauſen in neuen Umwegen mit tobendem Unwillen dahin. Sein Waſ - ſer iſt in einer ewigen Unruhe; immer ſich zuſammendraͤngend, immer aufbrauſend und ſchaͤumend. Seine Ufer zeugen von Gewaltthaͤtigkeit; ſie ſind pflanzenleer,duͤrre,105Vom Waſſer. duͤrre, ungleich, zerriſſen; uͤberhaͤngende Baͤume, deren Wurzeln entbloͤßt und heraus - geworfen ſind, drohen mit jedem Augenblick den Fall. Abgeriſſene Blaͤtter und ihrer Heimat entfuͤhrte Pflanzen treiben zerſtreut in der wirbelnden Fluth umher. Das Bette traͤgt uͤberall Spuren von der Verwuͤſtung des Tyrannen, der in ſeinem Schoße nicht raſten kann, der, wo ſie fehlen, ſich neue Gegenſtaͤnde ſeiner Wut ſucht, der Sand, Schutt, Steine, Felſenſtuͤcke und Baumaͤſte zuſammentreibt, um dar - an ſeine Wellen ſtuͤrmen zu laſſen. Von dem wilden Getoͤſe bebt die Einoͤde umher; denn das Wild iſt verſcheucht, und nur mit Schaudern ſchleicht der einſame Wan - derer durch das Labyrinth ſchattenreicher Gebuͤſche herbey.

Allein außer den gewoͤhnlichen Waldſtroͤmen kann ein Waſſer in einer freyen Gegend ſich befinden, und noch immer den Charakter des Stroms beybehalten. Denn die Gegenwart, oder die Abweſenheit einer waldigten Umſchließung kann keine weſentliche Veraͤnderung in ſeinem Charakter hervorbringen, der in der Menge ſei - nes Waſſers, in der Schnelligkeit und dem Ungeſtuͤm ſeines Laufs beſteht. Dieſe Eigenſchaften machen es zum Strom, die Verzierung ſeiner Gegend mag ſeyn wie ſie will.

Stroͤme bilden ſich in Gegenden, wo der Boden ſtarke Ungleichheiten, Abſaͤ - tze und mannichfaltige Hinderniſſe hat, die ſich dem Lauf des Waſſers entgegen ſtel - len. Sie machen einen Theil der Wildniß aus, aber einer Wildniß, die von der Wuͤſte wohl zu unterſcheiden iſt, die nicht Furcht oder Schrecken wie dieſe, ſondern Verwunderung und Anſtaunen hervorbringt. Stroͤme gehoͤren daher weder zur an - genehmen, noch zur melancholiſchen Gegend; ſie ſind ein Eigenthum feyerlicher und vornehmlich romantiſcher Reviere. Wo dieſe in ausgedehnten Parks eine Stelle erhalten, da werden auch Stroͤme ihre Wirkungen verbreiten koͤnnen. Sie tragen nicht allein ſehr viel zur Beſtimmung des Charakters des Romantiſchen bey; ſie die - nen auch, nach einer Folge zierlicher, angenehmer und ruhiger Scenen, zur Hervor - bringung eines ſtarken Contraſtes.

Die Schnelligkeit und das Getoͤſe der Stroͤme erregen Empfindungen des Er - habenen; ſelbſt ihre Verwuͤſtungen fuͤhren auf die Vorſtellung von Staͤrke und Ge - walt zuruͤck. Allein die ſeltſamen Bewegungen des Waſſers, das Vordraͤngen, das Zuruͤckprallen, die Strudel, die Aufſchaͤumung der empoͤrten Wellen, die Un - regelmaͤßigkeit des Laufs, das Verſchwinden und Wiederhervorkommen, die Geſtalten hervorragender Felſen und der Ufer, die Zwiſchenſpiele des Sonnenlichts und andereII Band. OZufaͤllig -106Fuͤnfter Abſchnitt. Zufaͤlligkeiten bilden eine Scene, die den Zuſchauer mit Staunen und Verwunderung erfuͤllt.

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6. Fluß.

Mit dem Strom hat der Fluß den Reichthum des Waſſers gemein; aber er unterſcheidet ſich von ihm durch den mehr geraden Lauf in der Laͤnge, und durch die Langſamkeit und Regelmaͤßigkeit ſeines Fortgangs. Ein Fluß iſt zwar abaͤndernder Wendungen faͤhig, ſelbſt ihrer zu ſeiner Schoͤnheit beduͤrftig; ein beſtaͤndiger Fort - gang in einer geraden Linie wuͤrde ſogar wider die Natur ſeyn. Aber dennoch haͤlt ein Fluß mehr einen Fortlauf in der Laͤnge, als ein Strom; denn dieſen noͤthigt die Schnel - ligkeit und der Ungeſtuͤm ſeines Waſſers zu haͤufigen Umwegen und Kruͤmmungen. Ein Fluß findet bey ſeiner bedaͤchtigen Fortſchreitung keine Hinderniſſe, die ihn auf - halten, wenigſtens ſeltener; da im Gegentheil der Strom durch ſein haſtiges und un - geſtuͤmes Weſen ſich immer in neue Schwierigkeiten verwickelt.

Inzwi -107Vom Waſſer.

Inzwiſchen kann ein Fluß in den meiſten Faͤllen noch breiter ſeyn, als ein Strom; denn da ſich dieſer oft in verſchiedene Umwege zerſtreut, ſo vermindert ſich die Maſſe ſeines Waſſers, die jener bey ſeinem ruhigen Fortgang mehr zuſammen - haͤlt. Doch wenn ein Fluß in eine gar zu anſehnliche Breite auslaͤuft, ſo verliert er ſeinen Charakter; der Fortgang in der Laͤnge iſt, und wird ein Teich, ein ſtillſte - hendes Waſſer.

Seine Ufer muͤſſen, wenn er von einer guten Wirkung ſeyn ſoll, von beyden Seiten ſichtbar ſeyn, ſich nicht zu weit von einander verlieren, obgleich die Ent - fernung bald groͤßer, bald geringer ſeyn kann. Jedes Auge unterſcheidet einen Fluß von einem andern Gewaͤſſer, ſobald es ein anſehnliches Waſſer, wovon es weder den Anfang noch das Ende bemerkt, in der Laͤnge ſich dahin waͤlzen ſieht.

Eben ſo ſind Buchten bey einem Fluß unangenehm, weil ſie ſeinen Lauf aufhalten, und ſeinen Charakter veraͤndern, indem ſie ſein Waſſer ſtillſtehend ma - chen. Obgleich Waſſer in Ruhe an ſich gar nicht unangenehm iſt, ſo wird es doch unter ſolchen Umſtaͤnden misfaͤllig, weil der Begriff von Fortgang, womit wir uns beluſtigen, auf einmal verſchwindet, und wir, anſtatt einer ſich dahin be - wegenden Waſſermaſſe, ein bloßes Baſſin vor Augen bekommen. Alle Einbuch - ten, alle Auslaͤufe auf den Seiten, die bey einem See gefallen, ſind bey einem Fluße verwerflich.

Obgleich der Fluß, ſeinem Charakter gemaͤß, in der Laͤnge fortgeht, und lange Strecken ſeine Schoͤnheit ausmachen, ſo kann er doch wegen der natuͤrlichen Ungleichheiten des Bodens nicht immer die gerade Linie halten, wodurch er auch dem einfoͤrmigen Anſehen eines gegrabenen Canals ſich naͤhern wuͤrde. Vielmehr macht er in der Natur Kruͤmmungen, die ihn mit dem Reiz der Abwechſelung verſchoͤnern. Allein dieſe Kruͤmmungen muͤſſen ſanft gewunden, nicht ploͤtzlich ge - drehet ſeyn; nichts beleidigt mehr das Auge, als ſchnelle Uebergaͤnge von der ge - raden Linie zu der gekruͤmmten. Auch duͤrfen die Wendungen nicht gar zu haͤufig ſeyn, weil ſie ſonſt den Begriff von Fortgang in der Laͤnge zu merklich unterbre - chen wuͤrden. Indeſſen geben verſchiedene Kruͤmmungen eines Flußes, zwiſchen gruͤnen Flaͤchen und kleinen Gebuͤſchen, zwiſchen einzelnen Huͤtten und Baumgrup - pen, die man von einer Anhoͤhe auf einmal uͤberſehen kann, eins der ſchoͤnſten Schauſpiele des Lichts und der Bewegung, bey deſſen Betrachtung man gerne verweilt.

O 2Die108Fuͤnfter Abſchnitt.

Die Ufer eines Flußes ſind einer großen Abwechſelung, in Anſehung ſowohl ihrer Form, als auch ihrer Verzierung, faͤhig. Bald erſcheinen ſie hoch, bald niedrig, bald ſteil, bald ſanftabhaͤngend oder wellenfoͤrmig hinabſteigend, bald eben, bald ungleich und gebrochen. Ihre natuͤrliche Bekleidung beſteht in Gras, Blu - men, Gebuͤſche und Baͤumen. Ein nacktes Ufer bezeichnet zuweilen den Lauf des reißenden Stroms; aber den Fluß ziert ein fruchtbares und anmuthig bekleide - tes Ufer. Bald verſammeln ſich die Baͤume in ſchattenreiche Gruppen, und haͤn - gen mit einer lieblichen Daͤmmerung uͤber das Waſſer hin; bald zerſtreuen ſie ſich wieder einzeln, oder weichen ein wenig vom Ufer zuruͤck, oder wechſeln mit niedri - gen Gebuͤſchen und Straͤuchern ab, zwiſchen welchen der helle Schein der freyen Maſſen wieder hervorbricht. Ein Fluß iſt ſchon ſehr ſchoͤn, wenn er ſich frey zeigt; allein hie und da hingeſtreute Baumgruppen und Buͤſche koͤnnen ſo viele maleriſche Durchſichten auf das lebendige Waſſer, das zwiſchen ihnen ſpielt, ſo viel anmu - thige Brechungen der Sonnenſtralen bilden, daß dieſe Verzierung ihn noch ſchoͤner macht. Nur darf ſie ihn nicht uͤberall verfolgen. Er windet ſich jenſeits mit neuem Reiz aus der Ueberſchattung wieder heraus, und waͤlzt ſich frey und glaͤnzend im Stolz uͤber ſeine eigene Schoͤnheit dahin.

Auch kuͤnſtliche Gegenſtaͤnde koͤnnen dem Ufer eines Flußes zu einer ſchicklichen Verzierung dienen. Faſt alle Arten von Gebaͤuden moͤgen hier eine Stelle erhalten, indem ſie durch die Vorſtellung, daß ein Fluß neben fruchtbaren Wohnplaͤtzen des Menſchen ſich voruͤberſchlaͤngelt, und Fiſcherey und Schifffahrt veranlaßt, natuͤrlich werden. Luſthaͤuſer mit Austritten zu Waſſerfahrten, mit Plaͤtzen zum Fiſchfang, allerley Muͤhlen, Fiſcherhuͤtten u. a. moͤgen hier alle Mannichfaltigkeit von Anpflan - zungen noch mehr beleben helfen. Außer allen dieſen kann ein Fluß, der ſchon an ſich ſelbſt ein ſo ſchoͤner Gegenſtand iſt, auch ein Mittel der Verſchoͤnerung in den angraͤnzenden Plaͤtzen werden: man kann Baͤche und Waſſerfaͤlle von ihm ableiten; man kann ihn zur Bildung kleiner Inſeln ſich erweitern laſſen.

Das rege Waſſer und die Ufer eines Flußes ergoͤtzen das Auge; durch ſeine fortgehende Bewegung wird die Einbildungskraft beſchaͤftigt, die mit ihm gleichſam dahin ſchwebt, ohne zu wiſſen, wohin ſie geleitet wird, noch wo ſie ruhen ſoll. Ein Fluß iſt das wichtigſte Mittel zur Belebung aller Scenen. Er gehoͤrt nicht fuͤr die einſame und melancholiſche Gegend; die muntere und reizende betrachtet ihn als ihr Eigenthum. Empfindungen einer hohen Wonne ſind ſeine Wirkungen, wenn er groß, frey, und edel durch einen Wald emporragender Baͤume rauſcht, und in ver -ſchiedenen109Vom Waſſer. ſchiedenen Durchſchnitten geſehen wird, die auf entfernte Ausſichten leiten. Allein durch die Verſchiedenheit ſeines Laufs und ſeiner Verbindung mit andern Gegen - ſtaͤnden, kann er ſowohl in feyerlichen, als beſonders in romantiſchen Gegenden ei - nen Platz behaupten. Brauſet er in der Tiefe am Fuße hoher Gebuͤrge, die von Tannenwaͤldern geſchwaͤrzt ſind, uͤber Klippen dahin; verbirgt er ſich bald in wieder - hallenden Abgruͤnden; ſtuͤrmt er bald mit der ſchaͤumenden Fluth wieder hervor: ſo bil - det er in dieſer Lage und Verbindung einen Theil der feyerlichen Gegend. Durch ſeltſame Wendungen und außerordentliche Abaͤnderungen des Schnellen und des Langſamen ſeines Laufs, durch Verbindungen mit Felſen, an deren ſchroffen Waͤn - den er ſtill unter heruͤberhaͤngenden Baͤumen dahin ſchleicht, oder durch deren Kluͤfte er ſich mit dumpfem Getoͤſe ergießt, geht er in den Charakter des Romantiſchen uͤber.

Seiner eigenen ſowohl, als ſeiner zufaͤlligen Schoͤnheiten wegen, liebt man ei - nen Fluß als einen Theil in großen Gaͤrten; und in kleinern freuet man ſich, wenn man ihn nachbarlich vorbeyfließen ſieht. Mit vielen Koſten hat man ſich oft in England bemuͤhet, einen entfernten Fluß nach einem Park umzuleiten. In ſeinen Wirkungen uͤbertrifft er weit einen Teich, ja ſelbſt einen ſchoͤnen See. Die natuͤr - liche Freyheit, womit er dahin fließt, der Reiz der Bewegung, die Ungewißheit ſei - nes Anfangs und ſeines Endes, die Abaͤnderung ſeines Laufs, der bald gerade, bald kruͤmmend, bald offen, bald verdeckt iſt, die Verſchiedenheit der Form ſeiner Ufer und ihrer Verzierungen, alles dieſes vereinigt ſich, ihn mehr belebend und erfriſchend fuͤr das Auge und die Einbildungskraft zu machen.

Wo durch die Kunſt Fluͤſſe in Parks angelegt werden, da wird man vornehm - lich auf die Bemerkungen zu achten haben, die oben bey der Entwickelung ihrer Schoͤnheit angefuͤhrt ſind. Allein ſo angenehm ein natuͤrlicher Fluß iſt, ſo ſelten pflegt doch ein kuͤnſtlich angelegter zu gefallen, weil es oft mit unuͤberwindlichen Schwierigkeiten verknuͤpft iſt, ihm das Anſehen eines gegrabenen Canals zu nehmen. Indeſſen muß doch alle Aufmerkſamkeit dahin gerichtet ſeyn, daß der Anſchein der Kunſt vermieden werde.

Man lege einen Fluß am Fuß eines Berges oder Huͤgels an, wo ſich das Waſ - ſer vom Regen, von Baͤchen und unterirdiſchen Quellen gern zu einem Ueberfluß ſammlet; man verberge den Anfang und das Ende mit Baͤumen und Gebuͤſchen oder hinter Anhoͤhen; man laſſe lange Fortgaͤnge des Waſſers erſcheinen; man ſperre, wo es aufhoͤrt oder ſich in unanſehnliche Theile zerſtreut, die Ausſicht mit einer Wildniß; man ſchaffe durch Ungleichheiten des Bettes, durch verſteckte Abſaͤtze, oder durch eine Muͤhle, dem Waſſer freyen Fortlauf; man uͤberkleide mit freywillig wachſendem Ge -O 3buͤſch,110Fuͤnfter Abſchnitt. buͤſch, oder mit Anpflanzungen die Stellen, welche die Hand der Kunſt verrathen koͤnn - ten; man gebe den Ufern einen wahren, ungezwungenen und leichten Umriß.

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7. Bach.

Der Bach hat nicht die Menge und Breite des Waſſers, als der Fluß; aber er hat dagegen gemeiniglich mehr Schnelligkeit, als jener. Er macht mehr Umwe - ge, weil er folgt, und ſich nur ſelten eine neue Bahn durchbricht; er giebt bey dem Eigenſinn des Bodes willig nach; zu ſchwach, erhebliche Hinderniſſe zuruͤckzutreiben, weicht er ihnen aus. Daher die oͤftere Ausſchweifung ſeines Laufs, die Mannich -faltig -111Vom Waſſer. faltigkeit ſeiner Kruͤmmungen, die ihm eigen iſt, die ihn von dem Fluße unter - ſcheidet.

Lebhaftigkeit iſt der eigenthuͤmliche Charakter des Bachs. Er ſchickt ſich daher vorzuͤglich in angenehme, muntere und heitere Reviere, und macht davon eine we - ſentliche Verſchoͤnerung aus. Man findet ihn haͤufig in huͤgeligten und bergigten Ge - genden, in quellenreichen Thaͤlern; er iſt ſchon nach ſeinem Urſprung ein Eigenthum der anmuthigen Landſchaft. Er iſt mehr in der Gewalt des Gartenkuͤnſtlers, mehr einer bequemen Leitung und Bildung faͤhig, als der Fluß. Er laͤßt Plaͤtze zum Ba - den und zum Fiſchen, kleine Waſſerfaͤlle und Bruͤcken, eine der anmuthigſten Verzie - rungen in laͤndlichen Scenen, zu. Und in der Bekleidung ſeiner Ufer iſt er eben der reizenden Mannichfaltigkeit faͤhig, als der Fluß. Er belebt und verſchoͤnert alles um ſich her. Er kann ſelbſt einen ſehr einnehmenden Proſpect ausmachen, indem man ihn bald hier, bald dorthin ſeinen Lauf veraͤndern, ſeine Flaͤche bald frey und als den hellen Spiegel des Sonnenlichts zeigen, bald unter gruͤnem uͤberwoͤlbenden Buſch - werk leichtbeſchattet hervorſchimmern ſieht. In der Wendung des Laufs, in der Be - wegung, und in dem Geraͤuſch, wie viel Mannichfaltigkeit und Ergoͤtzung!

Fuſi igitur per mille vias fugientibus undis
Undique praecipitent, ſecto ſub gramine, rivi:
Pars rapidis paſſim, loca per praerupta, fluentis
Excurrat; qualis multo tumefactus ab imbre
Dat ſonitum ſaxis, glomerato vertice, torrens;
Pars timido curſu per humum trepidare laboret
Obliquam, quaeſitus obex cunctetur euntem;
Perſtrepat ille cavas, arguto murmure, valles;
Inſultansque ſolo tenues aſſurgere in iras
Diſcat et imbelli iam faxa laceſſere pulſu;
Iam ripae intentare minas, et litora circum
Nequicquam obſtrepere et ſpumis aſpergere truncos.
*)Rapin, in Hort. lib. III.
*)

In der ausgedehnten Landſchaft verliert ſich ein Bach unter der Menge und Groͤße der uͤbrigen Gegenſtaͤnde; um ſeine Wirkung zu beweiſen, muß er ſich dem - nach in einem kleinern Bezirk zeigen, wo das Auge ſeine Schoͤnheiten, und das Ohr ſein Geraͤuſch oder Gemurmel faſſen kann. In einer etwas verſchloſſenen Gegend, wo nichts die Aufmerkſamkeit zerſtreut, wo keine ſehr auffallende Gegenſtaͤnde erſchei -nen,112Fuͤnfter Abſchnitt. nen, wird der Reiz eines Bachs am beſten Eindruck machen; er wird nicht blos an - locken, ſondern auch unterhalten. Er wird durch ſein Gemurmel zum Nachdenken einladen, und ein belebendes Gefuͤhl von laͤndlicher Ergoͤtzung und Ruhe einfloͤßen. Und neben dem Bach ein Bad im Gebuͤſch mit wohlriechenden Bluͤhten; oder ein Raſenſitz, eine ſchattenreiche Laube zum Schlaf, worin das Geraͤuſch eines nahen Waſſerfalls einwiegt; oder eine Hecke voll Nachtigallen, die durch die ruhige Ein - oͤde hin von dem Gluͤck ungeſtoͤrter Liebe ſingen welche liebliche ſanftruͤhrende Scene!

Hier iſt der Bach in einer gluͤcklichen Verbindung. Denn ob er gleich wegen der Bewegung und des Geraͤuſches faſt uͤberall gefaͤllt, ſo wird doch ſein Eindruck be - ſtimmter und fuͤhlbarer, wenn er mit dem Auftritt im Verhaͤltniß ſteht. In einem hohen Eichenwalde, in einem großen Gebuͤrge wuͤrde er ohne Wirkung ſeyn. Nicht weniger wuͤrde er den Eindruͤcken der Scene widerſprechen, wenn er bey einem Trauer - monumente hell voruͤberrieſelte.

Das Geraͤuſch eines Bachs iſt kein unbetraͤchtliches Mittel, eine kleine Gegend zu beleben, zumal da es mancherley Abaͤnderungen in dem Hellen und Dunkeln, in dem Scharfen und Sanften des Tons, faͤhig iſt. Der Gartenkuͤnſtler hat dieſe Ab - aͤnderungen in ſeiner Macht; er kann die Bewegung und den Ton verſtaͤrken, vermin - dern und beſtimmen wie er will, indem er Abhaͤngigkeit, Vertiefung und Erhoͤhung des Bodens, Abfaͤlle, Unterlagen, Wegnehmung oder Vorwerfung natuͤrlicher Hin - derniſſe frey anordnen kann.

Durch eben dieſe Abaͤnderungen in der Bewegung und dem Ton wird ein Bach ſehr geſchickt, den verſchiedenen Charakter der Scenen, womit er in Verbindung ge - ſetzt wird, mehr zu heben. Bey Grotten ſey ſein Waſſer verſteckt, ſeine Bewegung ein Gemurmel. In einem offenen und heitern Luſthain kruͤmme er ſeinen Lauf man - nichfaltig, glaͤnze hervor, und verberge ſich wieder, mit einem geſchwinden Gang und mit lebhafterm Geraͤuſch. Um eine hellgruͤne Laube und um ein Blumenrevier ſey er luſtig forteilend, lautrieſelnd uͤber kleine Abſaͤtze hin, ſich kraͤuſelnd und ſpielend mit einem klaren und durchſichtigen Waſſer auf einem reinen Boden, worauf Kies und Steinchen von mannichfaltigen Farben ſchimmern moͤgen.

Baͤche, die entweder ſehr klein und ſchmal, oder in lauter einzelne einander aͤhn - liche Theilchen zerſchnitten ſind, geben keine wahre Verſchoͤnerung; im letztern Fall er - regen ſie ſogar Verwirrung, beſonders wenn eine Menge ſolcher Theilchen auf einmal in die Augen faͤllt. Ein anderer Uebelſtand entſpringt, wenn man bey angelegten Baͤchen, in der Abſicht die gerade Linie zu vermeiden, auf gar zu gezirkelte Kruͤmmun - gen faͤllt, die ein kuͤnſtliches und widriges Anſehen haben.

Baͤche113Vom Waſſer.

Baͤche empfehlen ſich uͤbrigens mit einem ſo mannichfaltigen Reiz, daß man ſich nicht genug uͤber den ſeltſamen Geſchmack verwundern kann, der ihnen ſo lange die einfoͤrmigen und ekelhaften Canaͤle mit ſtehendem faulenden Waſſer vorgezogen hat. Indeſſen daß die Nationen in Europa, die am meiſten auf Feinheit der Empfindung Anſpruch machen, ſich an dieſen Pfuͤtzen ergoͤtzten, ſo empfieng der nach der Natur denkende Schweizer, den ſie ſo oft ſeiner Rohigkeit wegen verſchrien, mit Gefuͤhl die hellen Baͤche, die ihm von ſeinen Gebuͤrgen zufloſſen, um damit ſeine durch ihre Einfalt reizenden Luſtplaͤtze zu beleben. Sie waren bey ihm eher, als bey den Brit - ten, eine Zierde der Gaͤrten; denn bey ihm hatten ſie nie ihre Vorrechte verloren.

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8. Waſſerguß.

Lebhaftigkeit iſt nach verſchiedenen Graden der allgemeine Charakter der fallen - den Waſſer. Sie kuͤndigen uͤberall dem Ohre, auch wenn das Auge ſie nicht ent - deckt, ihre Gegenwart an, von dem leichten anmuthigen Geplaͤtſcher bis zu dem wildbrauſenden Getoͤſe. Sie beleben die Landſchaft nicht blos fuͤr das Auge, ſon - dern auch zugleich fuͤr das Gehoͤr; und ihre Eindruͤcke draͤngen ſich verſtaͤrkt der Seele zu.

Der erſte Begriff bey fallenden Waſſern iſt der, daß ſie von einer Hoͤhe kom - men, von Huͤgeln, von Bergen, von Gebuͤrgen, und von Felſen. Dieſe dienenII Band. Pihnen114Fuͤnfter Abſchnitt. ihnen alſo zu einer Art von Unterlage; und die Beſchaffenheit derſelben, ihre Hoͤhe oder Niedrigung, ihre Abſaͤtze oder glatten Waͤnde, ihre Abhaͤnge oder gerade Sen - kungen, ihre Bekleidung mit Baͤumen, Gebuͤſch, Straͤuchern und Moos, oder ih - re voͤllige Nacktheit alle dieſe Verſchiedenheiten veranlaſſen merkliche Veraͤnderun - gen bey fallenden Waſſern. Auch der Grund, wohin ſie ſich ergießen, kann einen Unterſchied machen; er kann das Waſſer in ſeinen ebenen, ſandigten oder graſigten Schoos aufnehmen und beſaͤnftigen; oder er kann es noch mehr durch ſeine Steine und Felsſtuͤcke empoͤren, von welchen es zuruͤckprallt und[aufſchaͤumend] ſich umherwaͤlzt. Alle dieſe Umſtaͤnde veraͤndern nicht blos die Bewegung, ſondern auch die Geſtalt der fallenden Waſſer.

Ein einzelner kleiner Waſſerguß iſt faſt ohne Wirkung; wenigſtens wird ſeine Anmuthigkeit nur in einem kleinen ruhigen Bezirke empfunden. Mehrere Waſſer - guͤſſe aber, die neben einander geſehen, oder auf einmal gehoͤrt werden, tragen ſehr viel zur Belebung einer Gegend bey. Was dem Waſſer an Reichthum abgeht, das erſetzt die Mehrheit der von einander abgeſonderten Guͤſſe. Macht ihre Ergießung ein unordentliches Geplaͤtſcher, ſo erhalten ſie die Phantaſie rege. Fallen ſie in regel - maͤßigen Guͤſſen, ſo verſetzt die Gleichheit des Geraͤuſches die Seele in eine ruhige Gleichmuͤthigkeit. Bey ſolchen Guͤſſen, wenn ſie gleich eine ziemliche Lebhaftigkeit haben, wird die Seele doch gleichſam eingewiegt. Das Leſen, das Nachdenken, oder der Schlaf iſt uns angenehm; allein dieſe Verfaſſung verſchwindet bey dem Ge - toͤſe eines ſtarken Waſſerfalls.

Nach dieſen Beobachtungen ſind Waſſerguͤſſe ein Eigenthum der angenehmen und muntern Gegend; da Lebhaftigkeit ihren Charakter macht, ſo ſind ſie melancholi - ſchen Gegenden nicht wohl angemeſſen. Sie geben der Phantaſie Bewegung und ei - ne liebliche Erfriſchung. In kleinen reizenden Gaͤrten machen ſie ſchon einen wichti - gen Theil aus. Auch in einzelnen Gegenden und Scenen geben ſie eine anmuthige Verzierung. Bey Grotten und Schattenſitzen moͤgen ſie vom Felſen oder durchs Ge - ſtraͤuch herabſpielen. In einer kleinen Wildniß verbreite ſich ihr regelloſes Geplaͤt - ſcher. Bey einem Bade, bey einem Schlafkabinet, hinter einer Laube dem Leſen ge - widmet, ſey ihr Guß regelmaͤßig, ſich immer gleich. Oft werden ſie angenehmer, wenn ſie verſteckt ſind. Die Einbildungskraft wird beſchaͤftigt, indem ſie blos dem Ohr und nicht dem Auge gegenwaͤrtig ſind; ſie bildet ſie ſich an einer andern Stelle, in einer andern Geſtalt vor, als ſie ſind. Iſt ihre Anlage und ihr Waſſer unbedeutend, ſo kann ſelbſt die Nothwendigkeit erfordern, ſie vor dem Anblick zu verhuͤllen.

Fallende Waſſer ſind uͤberhaupt durch die Kunſt ſehr ſchwer anzulegen. Sie verrathen gar zu bald die Hand des Menſchen, und haben ſelten das Gepraͤge desNatuͤr -115Vom Waſſer. Natuͤrlichen. Das Noͤthigſte bey ſolchen Anlagen iſt immer, die Mittel zu verber - gen, wodurch ſie entſtanden ſind. Man wird laͤcherlich, ſobald man die Natur verfehlt, da man ſie mit Unkoſten und Beſtrebungen nachahmen wollte. Indeſſen ſind kleine Waſſerguͤſſe, wo nicht ſchon die Natur ſie hingelegt hat, leichter zu erhal - ten, als ein einzelner vorzuͤglicher Waſſerfall. Sie verſtatten eine Verdeckung, oder das Auge iſt doch in ihrer Beurtheilung nicht ſtrenge. Ein Waſſerfall aber verliert, wenn er nicht geſehn wird; er muß ſich dem Auge frey zeigen duͤrfen, und das kann er nicht ohne die Empfehlung der Schoͤnheit.

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9. Waſſerfall.

Die Schoͤnheit der Waſſerfaͤlle, die von Waſſerguͤſſen ſich durch die Mehrheit und Staͤrke des Waſſers unterſcheiden, wird vornehmlich durch die Hoͤhe, woher ſie ſich herabgießen, und durch den Reichthum und die Klarheit des Waſſers beſtimmt. Waſſerfaͤlle in Fluͤſſen, an den Ausgaͤngen der Seen, moͤgen immer durch das Ge - raͤuſch dem Ohr gefallen; fuͤr das Auge aber haben ſie wenig Reiz. Allein ſobald das Waſſer von einer betraͤchtlichen Hoͤhe, von einem Berge oder Felſenſtuͤck herunterP 2ſpielt,116Fuͤnfter Abſchnitt. ſpielt, ſo gewinnt die[Szene] an Eindruck, zumal wenn helle durchſichtige Maſſen den Anblick beleben. Die Hoͤhe kann ſogar den Eindruck bis zur Verwunderung, oder zum Erſtaunen heben. In den Alpen ergießen ſich Waſſerfaͤlle, die aus den Wol - ken herabzuſchaͤumen ſcheinen, indem umherſchwebende Nebel ihren Urſprung verhuͤllen.

Der Wandrer ſieht erſtaunt am Himmel Stroͤme fließen,
Die aus den Wolken fliehn, und ſich in Wolken gießen.
von Haller.

Dies iſt einer der groͤßten und feyerlichſten Auftritte, wodurch die Natur in dieſen Gegenden zur lebhaften Bewunderung hinreißt. Auch in andern Revieren wer - den Waſſerfaͤlle, wiewohl mit einer geringern Kraft, ihre Wirkung beweiſen, wenn ſie von anſehnlichen Hoͤhen herabkommen; denn nur die Hoͤhe, nicht die Breite, macht ihre Schoͤnheit. Je klarer das Waſſer am Felſen ſpielt, je deutlicher es ſeine Unter - lage durchſchimmern laͤßt, deſto groͤßer iſt ſeine Anmuth. Auch die Mehrheit und Mannichfaltigkeit der Abſaͤtze, woruͤber es ſich hinwaͤlzt, die Verſchiedenheit der han - genden Baͤume und Geſtraͤuche, zwiſchen deren Gruͤn die ſilberhellen Abguͤſſe glaͤnzen, tragen ungemein viel zur Schoͤnheit der Waſſerfaͤlle bey. Allein die lebhaſtefte Ver - ſchoͤnerung erhalten ſie von einfallenden Lichtern der Sonne, zumal wenn ſich dieſe ih - rem Untergange naͤhert, und milde Stralen und ſanftroͤthlichen Schimmer verbreitet. Ein Waſſerfall, auf welchem das volle Sonnenlicht ruhet, iſt ſchoͤn, aber noch ſchoͤ - ner, wenn der Abendglanz ihm ein liebliches Schauſpiel der Farbenmiſchung durch die Oeffnungen herumſtehender Baͤume zuwirft. Man ſey bey kuͤnſtlichen Waſſer - faͤllen auf dieſe Lage aufmerkſam.

Obgleich fallendes Waſſer auch ohne Verzierung gefaͤllt, wenn es vom nackten Felſen rinnet, ſo wird es doch anmuthiger, indem es zwiſchen Moos, Straͤuchern und Baͤumen herabſpielt. Dieſe Beobachtung muß bey kuͤnſtlichen Anlagen leiten. Denn hier wird jeder Waſſerfall bald durch den Anſchein des Gemachten misfallen, wenn er frey und nackt vor Augen liegt. Auch finden wir in den Gegenden, wo nicht ganz die Wildheit der alles Schmucks beraubten Natur herrſcht, Waſſerfaͤlle, wo nicht mit Baͤumen, doch mit Moos, Epheu und kleinem Geſtraͤuch verziert. Die Zweige eines uͤberhaͤngenden Gebuͤſches moͤgen demnach einen Theil des Waſſerfalls verſtecken, doch ihn nicht ganz verhuͤllen, damit den zufaͤlligen Einleuchtungen des Sonnenlichts nicht gewehrt werde. Zuweilen gewinnt er ſelbſt durch eine gaͤnzliche Verhuͤllung ſeiner Unterlage eine romantiſche Wirkung, indem er aus dickem Gebuͤſch hervorbricht, oder ſich durch den Gipfel vorhaͤngender Baͤume herabwaͤlzt.

Gewoͤhnlich werden Waſſerfaͤlle ſo angelegt, daß man von unten hinauf ſieht. Allein ſie beweiſen eine viel groͤßere Wirkung, wenn man ſie von oben herab betrach -tet.117Vom Waſſer. tet. Der Anblick des Fallens in eine dunkle Kluft hinab, wo das Waſſer ſich in un - geſehenen Gaͤngen verbirgt, und des ewigen Fortlaufs, wovon weder Anfang noch Ende erſcheint, erregt die Begriffe von Fortdauer und Unerſchoͤpflichkeit, die zu den Begriffen von Groͤße gehoͤren. Schon der Fall in eine betraͤchtliche Tiefe hinunter, indem man ihm von der Hoͤhe zuſieht, giebt ein Gefuͤhl des Erhabenen.

Die Vernunft ruft uns zu, jeder Gegend die Scenen zu laſſen, die ihr gehoͤ - ren, und nicht zu verlangen, daß ein Revier alle Gattungen laͤndlicher Schoͤnheiten in ſich faſſe. Allein wie wenig wird auf dieſen Zuruf geachtet! Nichts iſt gewoͤhn - licher, als Waſſerfaͤlle in der Ebene anzulegen, und ſodann das Waſſer in einem ge - raden Canal fortlaufen zu laſſen. Eine ſolche Anlage kann nicht anders als misfal - len, weil ſie ſo weit von der Anleitung der Natur abweicht. Was kann unſchickli - cher ſeyn, als ein Waſſerfall in einer ganz flachen Gegend? Die Natur zeigt uns nur Waſſerfaͤlle in huͤgeligten, bergigten und felſigten Revieren. Wo kein merklicher Abhang des Bodens, oder wo er nur erzwungen iſt, da iſt ein Waſſerfall gegen die Natur.

Maͤßige Waſſerfaͤlle laſſen ſich zwar, ihrer Lebhaftigkeit wegen, mit angenehmen Gegenden verbinden. Doch wo der ſtille Reiz der Laͤndlichkeit und Ruhe zwiſchen klei - nen Huͤgeln, luſtigen Hainen und blumigten Thaͤlern ſich verbreitet, da moͤgen ſanfte Gewaͤſſer ruhen; aber ein ſtarker Waſſerfall wuͤrde den Charakter der Scene ſtoͤren. Er entferne oder zertheile ſich in kleine Guͤſſe, wo Friede, Ruhe und laͤndliche Anmuth herr - ſchen ſoll. Indeſſen moͤge er in der ſanftmelancholiſchen Gegend erſcheinen, und von Ruinen zwiſchen ſparſam zerſtreuten und welkenden Geſtraͤuchern herabmurmeln; nur darf er weder durch Groͤße, noch am wenigſten durch Lebhaftigkeit des Geraͤuſches, dem Eindruck der Scene ſchaden. Am meiſten gehoͤren Waſſerfaͤlle, wegen der mannichfal - tigen und ſonderbaren Geſtalten und Zufaͤlligkeiten, worin ſie ſich von Felſen ergießen, fuͤr die romantiſche Gegend. Sie tragen zur Bildung des Contraſtes ſehr viel bey, indem ſie auf den Anhoͤhen ein wildes Getoͤſe verbreiten, da inzwiſchen im nahen Thale Ruhe und laͤndlicher Friede wohnt.

Mehrere kleine Faͤlle unterhalten, beleben, beluſtigen auf eine mannichfaltige Art; ein einzelner betraͤchtlicher Fall aber iſt von einer beſtimmtern Wirkung. Wo ſtaͤrkere Empfindungen von einer gewiſſen Gattung erregt werden ſollen, da iſt ein einfacher Waſ - ſer fall vielen kleinen Guͤſſen, die keine Wirkung mehr haben, unſtreitig vorzuziehen. Man kann ihn nach der beſondern Abſicht und nach dem Beduͤrfniß der Scene bilden und ab - aͤndern. Man kann ihn durch rohe Felſen ernſthaft, durch gruͤnes Buſchwerk anmu - thig machen u. ſ. w.

Wie viel ein im Geſchmack der Natur nachgebildeter Waſſerfall zur Belebung ei - ner Scene beytraͤgt, zeigt unter vielen andern Beyſpielen, die ſich hier anbieten, die An - lage des beruͤhmten Shenſtone in den Leaſowes, und zwar in dem einſamen Haine,P 3der118Fuͤnfter Abſchnitt. der Virgils Andenken gewidmet iſt. Der Hain, erzaͤhlt Heely,*)Briefe uͤber die Schoͤnheiten von den Leaſowes ꝛc. Aus dem Engl. 1779. 19. Br. eroͤffnet ſich mit al - len ſeinen Schoͤnheiten; das begierige Auge, das alles mit einmal uͤberſehen moͤchte, weiß nicht, wo es einen Ruhepunkt waͤhlen ſoll, weil die Wahl des Schoͤnſten ſchwer wird. Den edelſten Gegenſtand in der Entfernung ſieht man durch eine natuͤrliche Durchſicht. Es iſt ein ſchoͤner Waſſerfall, der von einem Felſen in eine Art von Grotte hinabſtuͤrzt, und im Schatten eines Dickigts liegt. Der Fall iſt hoch, waſſerreich und wohlklingend, und macht unten ein ſchaͤumendes Waſſerbehaͤltniß, vor welchem eine aus dem Bade ſteigen - de Venus in einer ſchamhaften Stellung ſteht. Der Abfluß dieſes Waſſerraums ver - liert ſich etliche Schritte lang, koͤmmt aber hernach wieder zum Vorſchein, und fließt ſanft fort. Bald darauf rauſcht er uͤber große Steine fort, theilt ſich, bildet eine Inſel, fließt wieder ſanft, bis er an einen zweyten Fall koͤmmt; darauf fließt er nach vielen Kruͤmmungen unter einer ſimpeln Bogenbruͤcke durch, und faͤllt in einen tiefer liegen den See, der durch die Baͤume ſchimmert.

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10. Waſſer -119Vom Waſſer.

10. Waſſerſturz.

Schon der Name unterſcheidet den Waſſerſturz von dem Waſſerfall, mit dem Charakter einer groͤßern Schnelligkeit und Heftigkeit. Ungeſtuͤm und Wildheit in der dahinreißenden Bewegung, ein Ueberfluß von truͤbem und immer empoͤrtem Waſ - ſer, oder große, weiße Maſſen von Schaum, ein tobendes Brauſen, ein gewaltthaͤ - tiges Fortjagen und Zerſtoͤren der aufſtoßenden Geſtaͤnde, umherſchwebende Nebel und der Widerhall von den Felſen, alle dieſe Eigenſchaften und Umſtaͤnde bezeichnen mehr oder weniger den Waſſerſturz oder Katarakt. Seine Heimat iſt in gebuͤrgigten und ber - gigten Gegenden, in Felſenhoͤhen, in engen Zwiſchenraͤumen, in Wildniſſen, wo oft Stuͤrme, Wolkenbruͤche, Ueberſchwemmungen und Vulcane toben. Sein Bett traͤgt die Spuren der Gewaltthaͤtigkeit und der Wut; es iſt ungleich, zerriſſen, zer - wuͤhlt, mit Steinen und Felſenſtuͤcken angefuͤllt; umher trauren Geſtraͤuche an ihrer Wurzel entbloͤßt, oder hangende Baͤume, die den nahen Fall ankuͤndigen.

Die Wirkung der Katarakten iſt Ungewißheit, Unruhe, Staunen, oft eine Art von Schrecken. Sie gehoͤren nicht zur angenehmen Gegend, vielweniger zu ſanftmelancholiſchen; ſie machen einen Theil von dem Charakter romantiſcher, am mei - ſten aber feyerlicher Reviere aus.

In ausgedehnten Parks, beſonders in Scenen, die den Charakter des Feyerli - chen an ſich tragen, koͤnnen Waſſerſtuͤrze ſich allerdings in ihrer ganzen Groͤße zeigen, weil theils der mehr ausgebreitete Raum es verſtattet, theils die Empfindung des Er - habenen, die ſie erregen, mit den uͤbrigen Auftritten ſich leichter in Verbindung ſetzen laͤßt. In einem eingeſchraͤnkten Garten aber wuͤrde ein wuͤtend bruͤllender Waſſerfall die ſanftern Eindruͤcke der andern Gegenſtaͤnde zerſtoͤren.

Die Natur ſcheint die Bildung der Katarakten allein ihrer ſchoͤpferiſchen Macht vorbehalten zu haben; die Kunſt wird hier, nach vergebens verſchwendeter Muͤhe und Aufwand, zuruͤckweichen und ihre Schwaͤche fuͤhlen. Schon die Umſtaͤnde, daß Waſſerſtuͤrze keine rechte Wirkung haben, wenn ſie nicht von felſigten Anhoͤhen herab - fallen, und daß nur eine von der Natur ſelbſt gebildete Wildniß natuͤrlich ſcheint, laſ - ſen die Schwierigkeiten bald erkennen. Außerdem ſind Katarakten mit ſo mancherley Zufaͤlligkeiten verbunden, die zu ihrem Charakter zu gehoͤren ſcheinen, daß es uͤber - aus ſchwer iſt, auch nur einen Theil in der Nachahnung zu erreichen.

Waſſerſtuͤrze von der erſten Groͤße ſind immer als ſo merkwuͤrdige Naturſcenen auf unſerer Erdflaͤche angeſehen worden, daß ſie die Aufmerkſamkeit nicht blos der Geo - graphen, ſondern auch der Dichter und Maler erregt haben. Ohne Zweifel wird esnicht120Fuͤnfter Abſchnitt. nicht unangenehm ſeyn, hier in der Beſchreibung einiger der beruͤhmteſten Katarakten die Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufaͤlligkeiten zu ſehen.

Der Fall des Fluſſes Tees nicht weit von Bernard-Caſtle iſt, nach Youngs*)Reiſen durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br. Erzaͤhlung, eine der groͤßten natuͤrlichen Merkwuͤrdigkeiten in England. Der Weg fuͤhrt bald zwiſchen reißenden Stroͤmen, bald laͤngſt rauhen Felſen, bald uͤber kahle Berge, bald in dem Bette des Fluſſes ſelbſt fort, das die gewaltigen Stroͤme gemacht haben. Man faͤngt an den Waſſerfall zu hoͤren, und ſich beynahe dafuͤr zu fuͤrchten. Wenn man in die Gegend kommt, wo die Tees auf Felſen herabſtuͤrzt, ſo verhin - dert der Wald ſie zu ſehen; aber das Getoͤſe iſt fuͤrchterlich. Der Anblick ſelbſt aber iſt in der That praͤchtig; der ganze Strom, der nicht klein iſt, theilt ſich oben durch einen in der Mitte liegenden Felſen in zwey Theile, und ſtuͤrzt auf dieſe Art achtzig Fuß in einer ſenkrechten Hoͤhe herab. Der Schaum und Staubregen, darin ſich das Waſſer aufloͤſet, verurſacht beym Sonnenſchein allemal einen Regenbogen. Der Anblick wird noch grauſender, weil zu beyden Seiten hundert Fuß hohe Felſen aufge - thuͤrmt ſtehen, woruͤber große Baͤume wild verwachſen ſich heruͤber haͤngen.

Kein Land iſt von der Natur mit ſo vielen kleinen und großen Waſſerfaͤllen und Katarakten erfuͤllt, als die Schweiz. In den gebuͤrgigten Gegenden hoͤrt man auf allen Seiten Baͤche und Waldſtroͤme rauſchen. Wir uͤbergehen den beruͤhmten Rheinfall bey Schafhauſen, der oft beſchrieben und oft gemalt ward. Einer der ſel - tenſten Waſſerſtuͤrze iſt unſtreitig der, welcher ſich auf der Nordſeite des Gotthards - bergs am Ende des Urſeler Thals befindet. Hier ſcheint, nach der neueſten Sul - zerſchen Beſchreibung**)Deutſches Muſaͤum, 1778. 8tes St., der Ausgang aus dem Thale unmoͤglich, weil uͤberall ſenkrecht in die Hoͤhe ſteigende Felſenberge herumſtehen. Nur die Reuß hat gegen Norden ſich einen engen Durchgang zwiſchen hohen Felſen durchgegraben. Weil ſie aber kei - ne Ufer hat, und zwiſchen dieſen Felſen als durch einen Canal laͤuft, ſo kann man da nicht herauskommen. Daher hat hier ein Weg mitten durch einen an der Reuß ſte - henden Felſen durchgehauen werden muͤſſen. Er iſt nur achtzig Schritte lang, gerade ſo weit, daß zwey Pferde vor einander vorbey koͤnnen, und ſo hoch, daß der reitende Reiſende mit dem Kopfe nicht an das Felſengewoͤlbe anſtoͤßt. In der Mitte iſt eine kleine Seitenoͤffnung gegen den Fluß, um dem Gange etwas Licht zu geben. Ein groͤßerer Contraſt iſt vielleicht in der Natur nicht zu ſehen, als den hier die bey - den Scenen machen, die man diesſeits und jenſeits dieſes nur achtzig Schritte langen Durchgangs ſieht. Ehe man durchgeht, befindet man ſich in einem ebenen, mit ſchoͤnen Fluren angefuͤllten, ſtillen, ſehr angenehmen Thal, einem Wohnſitz, der dieEmpfin -121Vom Waſſer. Empfindungen der ſanfteſten Ruhe erweckt. Iſt man jenſeits durch dieſen Gang her - aus, ſo hat man auf einmal eine Scene vor Augen, die nicht brauſender, noch fuͤrch - terlicher erdacht werden koͤnnte: das tobende Geraͤuſch eines ziemlich waſſerreichen, ſich in unzaͤhligen Abſaͤtzen tief abſtuͤrzenden Fluſſes; eine ſehr enge und fuͤrchterliche tiefe Felſenkluſt; hundert geſpaltene und dem Anſehen nach den Einſturz drohende Felſen; einen in den perpendicular in die Hoͤhe gehenden Felſen eingehauenen, hoch uͤber den Abgrund, wodurch der Fluß ſich ſo wuͤtend herunterſtuͤrzt, gleichſam in der Luft ſchwe - benden Weg; und endlich eine ſchmale hoch uͤber eben dieſen Abgrund gehende Bruͤcke; dieſes iſt die ſogenannte Teufelsbruͤcke, uͤber die man weg muß, um auf den gedach - ten an dem Felſen eingehauenen Weg heruͤber zu kommen. Man wird mitten auf dieſer Bruͤcke von dem tobenden Geraͤuſch des Waſſers betaͤubt, von der Hoͤhe ſchwin - delnd, und von dem in Staub zerſchmetterten und ſich in der Luft herumtreibenden Waſſer ganz naß. Das Greuliche dieſer Scene iſt uͤber alle Beſchreibung, und man begreift kaum, wie Menſchen es haben unternehmen koͤnnen, ſich einen Weg hierdurch zu bahnen.

Ein anderer zwar weniger bekannter, aber nicht minder merkwuͤrdiger Waſſer - ſturz der Schweiz iſt die Piſſevache im Walliſerlande. *)Bourret Schilderung ſeiner Reiſe nach den Savoyiſchen Eisgebuͤrgen. Aus dem Franzoͤſiſchen, 1775. 2 Th. 3tes K.Ein großer, reißen - der Strom ſtuͤrzt in einer Hoͤhe von ohngefaͤhr zwey hundert Fuß herab. Der Fels, von welchem er faͤllt, iſt ſenkrecht, und die Gewalt des Waſſers hat ihn an ſeiner Spitze wie einen Trichter ausgehoͤhlt; nachdem er einige Zeit brauſend auf dieſem ſtei - len Abhange fortgerollt iſt, ſo giebt ſich auf einmal die ganze Maſſe des Waſſers da - von ab, und faͤllt ſchnurgerade am Fuße des Berges nieder. In dem Bogen, den ſein Fall beſchreibt, entfernt ſich der Waſſerſtral gaͤnzlich vom Berge; und wenn nichts zur Seite wegſpritzte, an die nebenliegenden Felſen anſchluͤge, und die Gegend un - ter Waſſer ſetzte: ſo koͤnnte man trockenen Fußes zwiſchen dem Felſen und dem Waſ - ſerfall durchgehen, und unter einem halben Gewoͤlbe von lebendigem, ſchnellbewegten Waſſer Schutz vor dem Regen finden. Der Anblick dieſes haͤngenden Waſſers, das unaufhoͤrlich herunter ſtuͤrzt und erneuert wird, immer faͤllt und hangend bleibt, iſt ein Vergnuͤgen, das die Seele hinreißt und in einem Augenblick ſie ganz beſchaͤftigt. Tauſend ſeltſame Geſtalten, von welchen nicht eine einzige der andern gleicht, folgen Blick auf Blick mit einer unglaublichen Geſchwindigkeit auf einander. Bald ſtuͤrzt der Strom majeſtaͤtiſch in einer Maſſe herunter; und, indem er unten wuͤtend auf denFelſenII Band. Q122Fuͤnfter Abſchnitt. Felſen faͤllt, von ihm eben ſo gewaltſam zuruͤckgeſtoßen wird und auf das Waſſer, das ihm nachfolgt, ungetrennt zuruͤckprallt, verbreitet er allenthalben einen dichten Regen, wie bey dem ſtaͤrkſten Gewitter. Oder kleine Waſſerſtralen fahren, mit der Geſchwindigkeit des Blitzes, aus der ganzen Maſſe heraus, und eilen, ihrem Fall zuvor - zukommen. Dort ſtoßen viele Gruppen des naſſen Elements heftig auf einander, wal - len in Wirbeln eine uͤber der andern im Luftraume fort, und erreichen ſo den Fuß des Berges. Manchmal wird ein Theil des Stroms von der Gewalt des Windes weg - getrieben, und gegen die benachbarten Klippen geworfen; hier bricht ſich die Fluth mit entſetzlichem Getoͤſe, und uͤberzieht eine große Strecke mit Schaum, das berſten - de Waſſer ſpritzt nach allen Seiten hin, tauſend Baͤche ſtroͤmen uͤberall herab, und die entfernten Gebuͤſche ſind mit Waſſer bedeckt. Dort hat das hangende Waſſer ei - ne ſchwaͤrzliche Farbe; hier iſt es von einer blendenden Weiße; wieder an einem an - dern Orte ſchmilzt es in Wolken, und verſchwindet gaͤnzlich. Tauſend verſchiedene Bewegungen ſtellen ſich mit einem Blicke dar. Tauſend verſchiedene Toͤne ſchallen auf einmal von tauſend auf verſchiedene Art getroffenen Felſen wider; und die ganze Waſſermaſſe, die unaufhoͤrlich niederſtuͤrzt und zuruͤckprallt, und das Gemiſch von Wellen, Felſen, Schaum und Wolken, die mit der allerſchrecklichſten Gewalt un - ter einander getrieben, geſchlagen und bewegt werden, ſtellt unten ein Bild der Na - tur, die mit großen Schritten in ihr Chaos zuruͤckkehrt, und des Streits der zum Un - tergang der Welt vereinigten Elemente vor. Wir ſahen den Waſſerfall nicht bey Son - nenaufgang, in dem Augenblicke, da die Stralen dieſes am Horizont ſchief aufgehen - den Geſtirns von den Duͤnſten gebrochen werden, in ihre erſten Farben aufgeloͤſet ſich zuruͤckwerfen, und uͤberall Regenbogen bilden; aber der vom Regen angeſchwollene Strom that eine noch weit groͤßere Wirkung. Wir betrachteten ihn ſtillſchweigend, indem wir uns uͤber den Wind und vor dem dicken Gewoͤlke in Sicherheit geſtellt hat - ten, das ſich allenthalben und bis an die Berge der Gegenſeite uͤber die Rhone hin verbreitete. Gruppen mit Stroh gedeckter Huͤtten, die in einiger Entfernung lagen, die Hoͤhe der Berge, die dies Schauſpiel umgaben, der Strom, der mit Hef - tigkeit eine kleine Strecke in der Ebene fortlaͤuft und dann den Reſt ſeiner Wut in die Rhone ergießt, das dumpfige Rauſchen des Fluſſes, alles bis auf die kleine Bruͤcke, die uͤber denſelben geht, trug etwas zur Verzierung des Gemaͤldes bey. Die Hoͤhe dieſes Waſſerfalls macht ihn weit anſehnlicher, als den zu Schafhauſen; er iſt auch nicht ſo grauerlich, wie der zu Niagara.

Bey den Reſten des beruͤhmten Tempels zu Tivoli bildet der Fluß Teverono einen der ſchoͤnſten Katarakten, die Italien aufzuweiſen hat. Oberhalb Tivoliwird,123Vom Waſſer. wird, nach Volkmanns*)Nachrichten von Italien ꝛc. 2ter B. S. 838 u. ſ. w. Beſchreibung, ſein Lauf durch ein paar Huͤgel geſchmaͤ - lert, und darauf ſtuͤrzt er ſich bey dieſem Tempel uͤber einen Felſen auf dreyßig Ellen in das darunter liegende Thal mit ſolchem Getoͤſe herab, daß man es in einer großen Entfernung hoͤrt. Der feine umherſpritzende Staubregen bildet, wenn man die Son - ne hinter ſich hat, einen artigen Regenbogen. Rechter Hand ſind vier kleinere Waſ - ſerfaͤlle, die ſich unter großem Geraͤuſch mit dem durch den Hauptfall entſtehenden Strudel vereinigen, unter die Felſen fortrauſchen, und in einiger Entfernung aufs neue kleine Caſcaden bilden, wodurch Papiermuͤhlen und andre Fabriken getrieben werden. Man kann ſich keinen mehr maleriſchen Anblick gedenken. Der Fall ſelbſt mit den wild uͤber einander gethuͤrmten bemooſten Felſen, der daruͤber liegende ehrwuͤr - dige Tempel, die Stadt, die ſchoͤne Landſchaft, die Baͤume, der Fluß, die an den - ſelben zur Traͤnke gefuͤhrten Heerden, alles, was eine Landſchaft an abwechſelnden Gegenſtaͤnden reich macht, findet ſich hier beyſammen. Pouſſin, Vernet und an - dere große Meiſter haben dieſe Gegend in ihren Gemaͤlden oft genutzt.

Aber einen noch groͤßern und beruͤhmtern Waſſerſturz hat Italien zu Terni,**)Ebend. 3ter B. S. 373 u. ſ. w. vier italieniſche Meilen von der Stadt dieſes Namens entfernt. Er entſteht durch den Velino, der ſich, uͤber zweyhundert Fuß hoch, ſenkrecht in die Nera herabſtuͤrzt. Die Gewalt des Waſſers hat die Steine des obern Randes, uͤber welchen es herab - faͤllt, ſo glatt polirt, daß ſie einen weißlichten Schein von ſich geben. Es ſtuͤrzt mit einem ſolchen Getoͤſe auf einander herab, daß man nichts anders dafuͤr hoͤren kann und Augen und Ohren gerathen in ein fuͤrchterliches und zugleich angenehmes Erſtau - nen. Die Hoͤhe macht, daß das Waſſer durch den Widerſtand der Luft getheilt und in einen Regen und Schaum verwandelt wird, der, indem er mit der groͤßten Ge - walt auf die untern Felſen abprallet, als ein weißer Rauch in Geſtalt einer großen Wolke emporſteigt. Bey hellem Wetter brechen ſich die Sonnenſtralen darin, und bilden den ſchoͤnſten Regenbogen. Die ganze Luft wird mit dem feinſten Staubregen angefuͤllt, der ſich weit uͤber die Hoͤhe des anliegenden Berges erhebt, die Zuſchauer bey herbeytreibendem Winde ganz naß macht und gleichſam in eine feuchte Wolke ein - huͤllt. Die umherſtehenden Pflanzen und die Blaͤtter der Baͤume ſind mit einem un - gemein zarten weißen Staube uͤberzogen, der ſich leicht verwiſchen laͤßt; er entſteht von den durch den Fall abgewaſchenen Theilchen des Marmorfelſen, die mit dem Waſ - ſer in die Hoͤhe getrieben werden, zugleich mit dem feinen Staubregen herabfallen, und trocknen. Alles, was der Strom oben ergreift, iſt ohne Rettung verloren, und wird mit in den Abgrund hinabgeriſſen und zerſchmettert. Außer dem Katarakt desQ 2Niagara124Fuͤnfter Abſchnitt. Niagara in der Provinz Canada in America weiß man in der itzt bekannten Welt keinen, der mit dieſem zu vergleichen waͤre.

Wie die Fluͤſſe und Gebuͤrge in der neuen Welt uͤberhaupt von einer Groͤße ſind, die vor ihrer Entdeckung nicht geſehen ward, ſo iſt auch der Niagaraſturz der groͤßte, den bis jetzt die erweiterte Erdbeſchreibung kennt. An dem Fall iſt der Fluß eine hal - be (engliſche) Meile breit; der quer durch ihn gehende Felſen ſtellt einen halben Mond vor. Ehe man an den Fall kommt, liegt eine Inſel eine halbe (engliſche) Meile lang, die kurz vor dem Fall aufhoͤrt. Sie theilt den Fluß in zween Theile. Anfangs fließt er langſam; aber ſo wie er ſich dem Falle naͤhert, geſchwinder und mit ſolcher Heftig - keit, daß er das Waſſer in die Hoͤhe wirft und wie lauter Schaum ausſieht. Der ſenkrechte Fall iſt hundert und funfzig Fuß hoch, und ſetzt jeden, der ihn erblickt, in Erſtaunen. Man ſieht eine ungeheure Menge Waſſer mit Gewalt auf die unterſten Felſen herabſtuͤrzen, und ſich wieder in weißen Schaum verwandelt in die Hoͤhe he - ben. Man hoͤrt das Getoͤſe oft auf funfzehn (engliſche) Meilen weit; man ſieht die davon aufſteigenden Duͤnſte, in einer großen Entfernung, wie eine Wolke oder Saͤule von Dampf; und nachdem ſich die Sonnenſtralen brechen, ſtellt ſich dem Auge ein Regenbogen dar. Vielen Thieren und Voͤgeln, die uͤber den Strom hinuͤber wol - len, koſtet dieſer Fall das Leben, und man findet ſie unten in Stuͤcken wieder; eine Menge von umherſchwebenden Adlern lauert auf die Beute der Verungluͤckten.

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Vermiſchte Anmerkungen uͤber das Waſſer.

Man wird nun uͤberzeugt ſeyn, welche Mannichfaltigkeit von Wirkungen in den bisher beſchriebenen Hauptcharakteren enthalten iſt, die uns die Natur von dem Waſſer zeigt. In der That bleibt das Waſſer einer der herrlichſten Gegenſtaͤnde in der Schoͤpfung und die Seele der Landſchaft. Es iſt keine Scene ſo klein, wohin esſich125Vom Waſſer. ſich nicht unter irgend einer Geſtalt ſchickte; keine iſt ſo groß, die dadurch nicht noch an Lebhaftigkeit und Staͤrke, keine ſo glaͤnzend, die nicht an Pracht gewinnen ſollte. Das Waſſer kann in allen Arten von Gegenden, in den angenehmen, heitern, lebhaften, einſamen, melancholiſchen, romantiſchen, feyerlichen, wiewohl unter verſchiedenen Charakteren und Bildungen, mit Vortheil erſcheinen. Auch ohne auf ſeine verſchie - denen intereſſanten Wirkungen zu ſehen, gefaͤllt es uͤberall; man erfreut ſich, wo man es erblickt, wenn es nur rein und frey iſt; Leben und Erfriſchung fließen mit ihm daher.

So widerſpenſtig und unbaͤndig auch das Waſſer in einigen Maſſen und Cha - rakteren iſt, ſo gehorcht es doch in den uͤbrigen Faͤllen der Macht des Menſchen. Er kann es leiten und bilden, wie er will. Er kann ihm Ruhe oder Bewegung geben, Ausdehnung oder Einſchraͤnkung, Abaͤnderung und Verzierung ſeiner Ufer, Helle oder Ueberſchattung, jede Abwechſelung des Tons von dem ſanften Gemurmel eines zum Schlummer einladenden Bachs bis zu dem wilden Getoͤſe eines Waſſerfalls, der den Wanderer ſchreckt. Er kann durch Anlage und Verbindung mit andern Gegen - ſtaͤnden ſeine Wirkungen gewiſſer, ſtaͤrker und intereſſanter machen, alle Scenen da - durch veraͤndern, und alle Empfindungen aufbieten.

Dennoch hat ſich der Menſch mit den mannichfaltigen Charakteren, worin ihn die Natur das Waſſer ſehen laͤßt, nicht begnuͤgen wollen. Noch nicht zufrieden, daß das Waſſer bald ſtehend, bald laufend, bald fallend, und zwar unter ſo vielen Ab - wechſelungen der Groͤße, der Bewegung, des Geraͤuſches und tauſend Zufaͤlligkeiten erſchien, zwang er es in die Hoͤhe zu ſpringen.

Die Springwaſſer, welche die Kunſt noch zu den natuͤrlichen Charakteren des Waſſers hinzugefuͤgt hat, waren ſchon den Alten bekannt, und in den Gaͤrten des roͤ - miſchen Italiens nicht ſelten. Die Liebe zu dem Neuen und Sonderbaren hat wohl an ihrer Erfindung nicht weniger Antheil, als die Abſicht, ſich auf einem kleinen Platz das Vergnuͤgen der Kuͤhlung und des Geplaͤtſchers bequem zu verſchaffen.

Man darf die Springwaſſer eben nicht aus dem Grunde, weil ſie durch die Kunſt hervorgebracht ſind, verwerfen. Freylich herrſchten ſie in der kunſtvollen Ma - nier des le Notre uͤberall, und verdraͤngten den anmuthigen Bach und den edlen Waſ - ſerfall. Allein dadurch, daß ſie in die Hoͤhe getrieben werden, fangen ſie noch nicht an, gegen die Natur zu ſtreiten. Denn auch die Natur zeigt ſpringendes Waſſer, wie - wohl als eine ſeltene Erſcheinung.

Man bemerkt z. B. in Island an verſchiedenen Stellen, hin und wieder im Lande, und meiſtens in der Entfernung von den Vulcanen, ſogar auf der Spitze der Eisberge, eine Menge von heißen ſpringenden Waſſerquellen. Nirgends in derQ 3bekann -126Fuͤnfter Abſchnitt. bekannten Welt wird das Waſſer ſo hoch in die Luft geſpielt als hier, hoͤher als die be - ruͤhmten Waſſerkuͤnſte zu St. Cloud, zu Herrenhauſen und die auf dem Winter - kaſten bey Caſſel ſteigen. Einige kochende Quellen werfen eine Waſſerſaͤule, die einige Fuß dick iſt, weit uͤber hundert Fuß in die Hoͤhe; einige ſpringen nur zu ge - wiſſen Zeiten, andere beſtaͤndig. Um einen kleinen Landſee ſah Troil*)Briefe, welche eine 1772 nach Island angeſtellte Reiſe betreffen. Aus dem Schwe - diſchen, 8. 1779. 1 und 21. Br. auf einmal acht verſchiedene Quellen, woraus Waſſer in die Hoͤhe ſprang, und in der klaren Morgenluft einen Dampf verbreitete; eine davon warf beſtaͤndig eine Waſſerſaͤule, die ſechs bis acht Fuß dick war, und auf vier und zwanzig Fuß hoch ſtieg. Bey Gey - ſer, nicht weit von Skallholt, einem der biſchoͤflichen Sitze auf Island, fand er, in dem Bezirk einer halben Meile, bis auf funfzig ſiedende Quellen, wovon die groͤß - te eine zirkelrunde Roͤhre von neunzehn Fuß im Durchmeſſer hatte, die ſich oben in ein Becken von neun und funfzig Fuß im Durchmeſſer endigte, und das Waſſer bis zu ſechzig Faden in die Hoͤhe warf.

Nach dieſer Bemerkung glaube ich, daß in einem romantiſchen Reviere, das ſich durch ſeltſame und beynahe abentheuerliche Scenen und Zufaͤlligkeiten unterſcheidet, die Kunſt vornehmlich berechtiget iſt, hochſteigende Waſſerſaͤulen nachzubilden. Sie ſcheinen hier recht an ihrem Orte zu ſeyn, und helfen die Wirkung ſehr verſtaͤrken. Man ſieht in einigen Gegenden des Canton Bern auf freyem Felde, oft an dem Fuß felſigter Hoͤhen, Springbrunnen, die zur Traͤnkung der Herden angelegt ſind, ihren ſilbernen Stral emporſchießen. Sie ſind da von einer deſto lebhaftern Wirkung, je weniger man ſie erwartet. Ich habe ſie nie ohne Verwunderung und angenehme Ueberraſchung erblickt.

In romantiſchen Gaͤrten verdienen demnach die ſpringenden Waſſer eine vorzuͤgli - che Empfehlung. In andern aber ſcheinen ſie mehr eine entbehrliche Kuͤnſteley, zumal wenn ſie gehaͤuft werden. In Gegenden von einem einfachen und beſcheidenen Reiz, in Anlagen von einer laͤndlichen Einfalt wird der Bach oder Waſſerguß ſein Vor - recht behaupten; ein praͤchtiges Springwaſſer wuͤrde hier mit dem Charakter der uͤbri - gen Auftritte unvereinbar ſeyn. Doch wollen wir es auch ohne Eigenſinn an einzel - nen Stellen zulaſſen, wenn es nur mit ſo viel Geſchmack angebracht wird, daß es nicht beleidigt. So wuͤrde eine maͤßige, mit hellem lebhaften Geplaͤtſcher emporſpie - lende Fontaine immer eine anmuthige Verzierung in der Mitte eines kleinen mit Blu - men beſetzten Platzes ſeyn. Man ſieht mit Vergnuͤgen zwiſchen hundert leuchtenden Farben den weißen kryſtallenen Stral ſich erheben, fallen, und plaͤtſchernd ein leich -tes127Vom Waſſer. tes Thaugeſtoͤber umher verſpritzen; der ſanfte Staubregen gießt Befruchtung und Verſchoͤnerung aus, und die am naͤchſten ſtehenden Geſchlechter ſehen in dem Spie - gel des bewegten Beckens verwundernd ihr Haupt hin und her zittern. Die Natur und die Kunſt ſtimmen hier ſehr wohl in der Bildung eines kleinen reizenden Schau - ſpiels zuſammen, das zuweilen noch mehr von einfallenden Blicken des Sonnenlichts gewinnt, und das nahe vor dem Eingang eines Speiſeſaals, vor einem Cabinet dem Studieren oder der Ruhe gewidmet, mit einer Art von Wolluſt genoſſen wird.

Auch in den Staͤdten geben hohe Springbrunnen vor Palaͤſten und auf oͤf - fentlichen Plaͤtzen, mit dem Nutzen des Waſſers, zugleich eine gute Zierde. Sie verſtaͤrken den Begriff von Pracht und breiten eine Art von Belebung um ſich her aus. Und wenn ſie hier mit Marmor und Bildhauerwerk verbunden werden, ſo kann dieſe Verzierung noch weniger an einer ſolchen Stelle getadelt werden, wo rings - umher in den emporſteigenden Gebaͤuden die Kunſt und Beſtrebung des Menſchen ſichtbar iſt.

Allein nirgends iſt der gute Geſchmack mehr beleidigt worden, als durch die Verzierung, die man mit allerley Bildwerk bey Springbrunnen und Waſſerkuͤnſten verſchwendete. Man hat das Ueppige und Ungereimte, von den beruͤhmten Caſcaden von St. Cloud und Fontainebleau an bis zu den Spielwerken in den Gaͤrten der Kraͤmer, nicht weiter treiben koͤnnen. Daß das Waſſer nicht mit Schicklichkeit von menſchlichen Figuren noch von Thieren geworfen werden koͤnne, die auf dem Lande le - ben, haͤtte doch dem gemeinſten Verſtande einleuchten ſollen. Gleichwohl wie viele grobe Vergehungen! Der Garten der beruͤhmten Villa Eſtenſe bey Rom z. B. hat eine etliche hundert Schritte lange Waſſerallee, wo auf beyden Seiten mehr als drey - hundert Adler, und ſogar Blumentoͤpfe, Waſſerſtralen ausſpritzen. So darf man auch nur in den Gaͤrten von Verſailles die Fontainen der Latone, des Apolls, der Diana, der Ceres, des Bacchus, und der Flora ſehen, um von dieſer Seite einen ſehr elenden Geſchmack zu bemerken, den ſelbſt alle Pracht nicht verbergen kann. Was iſt abgeſchmackter, als Loͤwen und Rehe neben einander, jene in der Raubbegierde, dieſe in der Flucht vorgeſtellt, auf einmal wie durch ein Wunderwerk verwandelt. Waſſer emporwerfen zu laſſen? Wenn auch gleich der unbearbeitete Stein eine Stuͤtze ſeyn kann, ſo tritt doch eine offenbare Unſchicklichkeit ein, ſobald dieſer Stein in die Geſtalt eines Fiſches, der ſeiner Natur nach nicht ſtuͤtzen kann, und durch den Anſchein eines unverdienten Leidens eine unangenehme Empfindung erregt, umge - formt wird. Wie ſinnreich man in ſolchen Verzierungen ſeyn kann, lehrt die Fontai - ne der Pyramide in den Gaͤrten zu Verſailles, wo gerade auf der oberſten Stufevier128Fuͤnſter Abſchnitt. vier Krebſe zu Stuͤtzen angebracht ſind. Man hat ſich nicht geſcheut, ſolche ſcharf - ſinnige Erfindungen von Ungereimtheiten ſelbſt in Schriften zu empfehlen. So zeich - net z. B. Decker*)In ſeinem Werk: Der fuͤrſtliche Baumeiſter, Fol. Augsburg, 1713. eine Fontaine vor, in deren Baſſin ein Hirſch, ein Reh, ein Wolf, ein wildes Schwein, ein Fuchs und ein Hund liegen und Waſſerſtralen in die Hoͤhe werfen; bey einer andern laͤßt er Schlangen, Stoͤrche, Pfaue, Schwaͤne, Tauben, und mit unter eine Kuh Waſſer geben; und noch in einer andern zei - gen ſich Loͤwen, Tiger, Kamele, Enten, ein Affe und eine Eſelinn in Geſellſchaft, und die Hauptfigur dieſer feinen Gruppe iſt Apoll! Und Seethiere in den Gaͤr - ten? Dieſe Vermengung deſſen, was allein dem Meere zugehoͤrt, mit dem, was dem Lande eigen iſt, ſcheint wenigſtens ſehr ſonderbar; und warum denn eben eine ſolche Vermengung in den Gaͤrten? Rinnt nicht ſchon ein klares Gewaͤſſer von dem Abhange eines gruͤnen Huͤgels anmuthig genug herab? Wird es ſchoͤner, wenn es von einem Seethiere, deſſen Geſtalt oft ſchon fuͤrchterlich iſt, oder we - nigſtens die fuͤrchterliche Erinnerung an die Geſchichte ſeiner Feindſeligkeiten ge - gen den Menſchen erneuert, emporgeſtuͤrmt wird? Oder muß nicht vielmehr der Anblick ſolcher Geſchoͤpfe dazu dienen, die angenehme Bewegung zu ſtoͤren, die ein lebendiges ſanftmurmelndes Waſſer erweckt? Koͤnnen ſich taͤuſchende Ein - druͤcke von dieſer Art mit der Beſtimmung der Gaͤrten vertragen? Und wenn auch der nachgebildete Wallfiſch, der Krokodil, oder ein anderes Seethier in ei - nem weiten Waſſerraum nicht ganz unnatuͤrlich ſcheinen wuͤrde: iſt er es denn noch in einem Baſſin, deſſen kleiner Umfang von allen Seiten beufert auf einmal in die Augen faͤllt, das von hohen Lauben und Hecken beſchattet wird? Weg mit den ſchrecklichen Seeungeheuern aus den Gaͤrten, auch wenn ſie le Notre empfiehlt und Ludewig der Große ſie billigt!

Dieſe Bemerkungen werden hinreichen, die Vorrecht eder Natur auch von die - ſer Seite gegen die Eingriffe eines falſchen Geſchmacks zu ſichern. Springbrun -[n]en bleiben, beſonders in warmen Himmelsſtrichen, wo ſie ihren Urſprung nah - men, eine angenehme Erfriſchung; in noͤrdlichen Gegenden ſind ſie mehr bloße Nachahmungen und mehr entbehrlich, zuweilen auch durch Verbreitung der Feuch - tigkeit nahen Gebaͤuden ſchaͤdlich. Doch an ſchicklichen Stellen angebracht, und frey von den gewoͤhnlichen Verunſtaltungen der Behaͤltniſſe, moͤgen ſie ferner den Liebhaber ergoͤtzen. Aber wer wird nicht lieber dem Lauf und Fall und Geraͤuſch eines hellen Bachs den Vorzug goͤnnen?

Ce129Vom Waſſer.
Ce ruiſſeau, l’amour de Zéphire,
Qui du voile des cleux refléchiſſoit l’azur,
Et de Flore autrefois embelliſſoit l empire,
Captif dans un baſſin de marbre ou de porphire,
N eſt plus ni ſi clair, ni ſi pur.
Eſclave de l’art qui l’enchaîne,
Dans ſa priſon ſuperbe il ſerpente avec peine.
Libre autrefois, dans ſes longues erreurs,
Il embraſſoit, il arroſſoit la plaine,
Et donnoit en fuyant la vie à mille fleurs.
BERNIS.
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II Band. RSechſter130Sechſter Abſchnitt.

Sechſter Abſchnitt. Von Wegen und Gaͤngen.

1.

Ueber den Bau, die Feſtigkeit und Bequemlichkeit der Gartenwege, wobey man vorzuͤglich auf die Beſchaffenheit des Klima und des Erdbodens Ruͤckſicht zu nehmen hat, findet man in den Schriften der Gaͤrtnerey hinlaͤnglichen Unterricht. Wir haben nur hier die Anlage der Gaͤnge zu unterſuchen, in ſo ferne ſie dem Ge - ſchmack unterworfen iſt.

Ueberfluͤßige Gaͤnge, z. B. bey einer offenen Ebene, wo keine Hinderniſſe den Gang aufhalten, ſind ekelhaft; ihr Mangel an Stellen, wo ſie erfordert werden, iſt verdruͤßlich. Man ſchadet dem Eindruck der Gartenſcenen, ſowohl wenn man zu viel oder zu wenig Wege anlegt, als auch, wenn ſie nicht gerade an den Orten, wo ſie noͤthig ſind, angetroffen werden.

Die vornehmſte Beſtimmung der Gaͤnge iſt, daß ſie, ohne zum Umkehren zu noͤthigen, zu allen merkwuͤrdigen Scenen herumfuͤhren. Allein mit dieſer Be - ſtimmung vereinigt ſich noch eine andere, naͤmlich, daß ſie eine ſolche Wendung nehmen muͤſſen, bey welcher nicht allein uͤberhaupt Abwechſelung und Mannichfal - tigkeit genoſſen wird, ſondern auch die beſten Proſpecte bald auf einmal, bald all - maͤhlig, in der vortheilhafteſten Enthuͤllung erſcheinen, hingegen der Anblick mis - faͤlliger Auftritte ganz verdeckt bleibt. Die Anlage der Wege erfordert alſo eine ſorgfaͤltige Aufmerkſamkeit auf die Geſichtspunkte, aus welchen auf denſelben die Gegenſtaͤnde in die Augen fallen.

Nach der Lage und Beſchaffenheit nicht nur des Bodens, ſondern auch der Gartenſcenen ſelbſt, muͤſſen die Wege bald in der Tiefe verweilen, bald mit den An - hoͤhen ſich erheben, bald eine gerade Linie fortlaufen, bald ſich kruͤmmen, bald von einem ſchmalern, bald von einem breitern Umfang ſeyn, und dadurch ſchon eine ge - wiſſe Abwechſelung in ſich enthalten. Hat man ein beſtaͤndiges Augenmerk auf den Genuß der Ausſichten und der angenehmſten Wirkungen aller Auftritte, ſo kann es nicht ſchwer ſeyn, die Gaͤnge gluͤcklich anzulegen. Durch das Gegentheil wird man in Anſehung dieſes Punkts vielfaͤltig fehlen, und gemeinen Gaͤrtnern aͤhn -lich131Von Wegen und Gaͤngen. lich bleiben, die ihre Wege hinwerfen, wo es ihnen einfaͤllt, oder wo der Boden und die Schnur die erſte beſte Bequemlichkeit dazu anbieten.

Es iſt demnach widerſinnig, wenn ſich der Garten nach Gaͤngen, die ſchon vor ſeiner voͤlligen Einrichtung entworfen ſind, bequemen muß. Sie koͤnnen erſt alsdann gehoͤrig beſtimmt und wohl angelegt werden, wenn alle Theile und Scenen des Gartens ihre vollkommene Anpflanzung und Ausbildung erhalten haben.

Weil die Gaͤnge nur ein Huͤlfsmittel, nicht aber ein Hauptwerk in den Gaͤr - ten ſind, ſo iſt es eine ſehr unſchickliche Anlage, wenn viele derſelben, anſtatt hie und da verdeckt zu ſeyn, auf einmal hervorbrechend in die Augen fallen und eine Art von Nachahmung der Stadtgaſſen vorſtellen. Außerdem ſind die Gaͤnge an ſich zu unerhebliche Gegenſtaͤnde, als daß ſie verdienten, beſonders zur Schau ausgeſtellt zu werden.

2.

Die meiſten Misverſtaͤndniſſe in Anſehung der Wege ſind bey der Frage ent - ſtanden, ob ſie in einer geraden Linie oder mit Kruͤmmungen angelegt werden ſollen. Man erinnert ſich, daß die alte Manier allein die gerade Linie in den Gaͤngen befolgte. Als der neue Geſchmack der Britten ſich zu verbreiten anfieng, verwarf man ſie ganz gegen die ſich kruͤmmende Linie, die man uͤberall anbrachte. Allein die gemei - ne regulaͤre Schlangenlinie enthaͤlt faſt eben ſo viele Einfoͤrmigkeit, als die gerade Linie. Dagegen verdient die ſich ohne Regelmaͤßigkeit frey kruͤmmende und mit Abwechſelung ſchlaͤngelnde Manier unſtreitig den Vorzug. Wir wollen ſie die Na - turlinie nennen, indem ſie ſowohl in den Vorbildungen der Natur vor Augen liegt, als auch da, wo ſie von der Hand des Menſchen gezogen wird, ſich nach der Be - ſchaffenheit des Bodens, und nach der Lage der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde richtet.

Fragt man, welche von beyden Linien der Gartenkuͤnſtler befolgen ſoll, ſo wird die Antwort zum Vortheil beyder ausfallen muͤſſen. Die Sache iſt dieſe.

Die gerade Linie iſt nicht gegen die Natur, und ſie wird auch nicht dadurch verwerflich, daß ſie in der alten Manier herrſchte. Sie fuͤhrt eine gewiſſe Art von Bequemlichkeit mit ſich. Und es giebt Faͤlle, wo ſie nicht allein noch immer zu - laͤſſig iſt, ſondern auch mit Vortheil gebraucht werden kann.

Sie ſchickt ſich nicht allein in großen oͤffentlichen Spaziergaͤngen des Volks, ſondern auch in breiten Alleen, die auf den Seiten mit hohen Baͤumen beſetzeR 2ſind.132Sechſter Abſchnitt. ſind. Da, wo weite Ausſichten ſich eroͤffnen ſollen, wo die Ergoͤtzung der Ausdeh - nung und Groͤße geſucht wird, wo der Blick auf einen vorliegenden intereſſanten Gegenſtand, der die Erwartung unterhalten ſoll, unverruͤckt zu heften iſt, da laufen die Wege am beſten in der geraden Linie fort. In einer voͤllig geraden und flachen Ebene wuͤrde ein gekruͤmmter Pfad widerſinnig ſcheinen. Wo man auf den Seiten nichts zu zeigen hat, wo die Ausſchweiſungen der Gaͤnge auf keine neue Geſichts - punkte und Abwechſelungen fuͤhren wuͤrden, wo man keine andere Abſicht hat, als bequem und bald nach einer beſtimmten Stelle zu kommen, da verdient ohne Zweifel der gerade Weg den Vorzug. Außer allen dieſen Faͤllen iſt die gerade Linie oft blos des Contraſtes und der Unterbrechung wegen noͤthig. In ausgedehnten Gartenrevie - ten wuͤrden lauter gekruͤmmte Gaͤnge eben ſo, wie lauter gerade laufende, dem Gan - zen ein Gepraͤge von verdruͤßlicher Einfoͤrmigkeit mittheilen. Allein eine verſtaͤndi - ge Vermiſchung beyder Arten wird in einem weitlaͤuſtigen Raum nicht allein noͤthig, ſondern auch der Abwechſelung wegen angenehm. Wo Boden und Abſicht es erfor - dern, da laſſe man die gerade Linie eine Strecke fortlaufen; man unterbreche ſie wie - der mit der gekruͤmmten, wo dieſe ſich mit Vortheil anbietet.

Der gekruͤmmte Gang wird zuerſt von der Nothwendigkeit vorgeſchrieben, wo der geraden Linie ſich Vertiefungen oder Erhoͤhungen des Bodens, Baͤume, Waſ - ſer und andere Hinderniſſe der Natur entgegenſtellen. Aber er wird auch außerdem mit Vorbedacht und Geſchmack gewaͤhlt. Er iſt beſonders den Scenen und An - pflanzungen angemeſſen, zwiſchen welchen man mit Ruhe und Betrachtung, und mit einer allmaͤhlig fortſchreitenden Unterhaltung umherwandeln, wo das Auge ſtu - fenweiſe von einem Gegenſtande zu dem andern, von einem Geſichtspunkte zu dem andern geleitet werden ſoll. In Luſthainen und Gebuͤſchen, in Wildniſſen an den Ufern der Gewaͤſſer, ſtreift man gerne auf ſich kruͤmmenden Pfaden umher; gerne ſchleicht man auf ihnen in waldigte Tiefen und dunkle Einſiedeleyen hinab; gerne windet man ſich auf ihnen zu Anhoͤhen in der Runde hinauf, wodurch allmaͤhlig eine Vervielfaͤltigung und beſtaͤndige Abwechſelung der Proſpecte entſteht. In Gaͤrten von einem kleinern Umfang koͤnnen gewundene Gaͤnge auch dazu dienen, daß ſie einen Schein der Vergroͤßerung erregen.

Jedoch iſt bey den gekruͤmmten Wegen zuvoͤrderſt jedes Kennzeichen der Kunſt zu vermeiden. Die Wendungen muͤſſen uͤberall natuͤrlich ſeyn; es muß keine Fort - ſchreitung, keine Einbiegung, kein Auslauf vorkommen, die nicht aus der Beſchaf - fenheit des Bodens entſprungen ſcheinen, und mit der Lage der Gegenſtaͤnde, die ſich auf ihm befinden, uͤbereinſtimmen. Ein einzelner Baum kann oft einen erheblichenUnter -133Von Wegen und Gaͤngen. Unterſchied machen, der es nicht gleichguͤltig laͤßt, ob der Weg auf dieſer oder auf jener Seite dahin laͤuft.

Die Wendungen der Gaͤnge muͤſſen nicht ploͤtzlich gebrochen ſeyn, es ſey denn an einzelnen Stellen, wo man eine[Ueberraſchung] des Wandelnden zur Abſicht hat, ihn auf eine Scene, auf eine Ausſicht fallen laſſen will, die er nicht erwarten ſollte. Im uͤbrigen muͤſſen die Wendungen ſich ſanft dahin ſchmiegen, ohne Ziererey und ohne Zwang, und weder ſcharf abgeſchnitten, noch verwirrt noch verflochten ſeyn.

Außer der Abaͤnderung, welche die Kruͤmmung des Weges ſelbſt giebt, kann er noch mehr Abwechſelung gewinnen, indem er zuweilen in kleine Grasplaͤtze, zwi - ſchen den Baͤumen und Gebuͤſchen auslaͤuft, bald ſich ſenket, bald ſich wieder erhebt, bald breiter, bald enger wird, bald umpflanzt, oder vom uͤberhaͤngenden Gebuͤſch be -[deckt], bald frey und offen iſt. Zu einer Huͤtte oder kunſtloſen Einſiedeley mag ein enger Pfad ablaufen; ein gerader, breiter, freyer Gang fuͤhre zu einem Tempel oder einem andern glaͤnzenden Auftritte; und ein von Laub und Schatten uͤberwoͤlbter Weg ſchlaͤngele ſich zur melancholiſchen Scene im Thale hinab. Die groͤßere oder gerin - gere Bearbeitung der Wege richte ſich allemal nach den Auftritten, zwiſchen welchen ſie liegen, oder zu welchen ſie hinleiten.

3.

Zur Verzierung der Gaͤnge dienen kleine Straͤucher und Blumen; doch iſt auch hier Ruͤckſicht auf die Gegend und ihre Scenen zu nehmen. Der Weg in einem ein - faͤltig laͤndlichen Bezirk bedarf keines beſondern Schmuckes; Gras und wilde Blu - men ſind genug zu ſeiner Einfaſſung. Wo man an heitern Abenden unter dem Sil - berſchein des freundlich herablaͤchelnden Mondes gerne luſtwandelt, da ſey der Gang mit Straͤuchern voll duftender Bluͤhten und mit wohlriechenden Kraͤutern beſetzt. Auf Wegen, die zu edlen und praͤchtigen Auftritten fuͤhren, moͤgen ſchoͤne Gebuͤſche und Blumen von ſchimmernden Farben zur Seite ihre ſtolzen Haͤupter erheben. Hier hat man beſonders auf Mannichfaltigkeit des Gruͤns und auf Lebhaftigkeit der Farben zu ſehen; die Naͤhe dieſer Gegenſtaͤnde locket den Beobachter herbey, haͤlt ihn auf, be - ſchaͤftigt ihn, und er findet Unterhaltung, wo er nur einen Durchgang ſuchte.

Wenn Gaͤnge nur die noͤthige Bequemlichkeit haben, ſo duͤrfen ſie nicht unter einem ſo aͤngſtlichen Ausputz, der ſchon durch das kleinſte emporſprießende Graͤschen beleidigt wird, gehalten werden. Sie ſollen nicht den ſaubern Boͤden in unſern Prunkzimmern gleichen, ſondern vielmehr einen Theil von dem Sorgloſen und Nach -R 3laͤſſigen134Sechſter Abſchnitt. Von Wegen und Gaͤngen. laͤſſigen haben, das die laͤndliche Natur nicht blos uͤber ihre eigene Werke, ſondern auch uͤber Scenen der Kunſt, die mit ihr verbunden ſind, auszubreiten gewohnt iſt.

An den Ausgaͤngen eines Parks und Gartens koͤnnen auch ſchmale ablaufende Fußpfade ein gutes Mittel werden, um die Idee der Ausdehnung fortzuſetzen. Sie duͤrfen, wenn ſie nicht zum wirklichen Gebrauch beſtimmt ſind, nur hie und da eine Strecke hin ins Feld laufen, oder in ein Gebuͤſch ſich verlieren. Es kommt hiebey nur darauf an, daß das Auge mit dem Schein einer Erweiterung getaͤuſcht werde; doch ohne es zu merken, indem die Wahrnehmung der Taͤuſchung ſelbſt eben ſo mis - faͤllig ſeyn wuͤrde, als die Vorſtellung von der Umgraͤnzung einer angenehmen Gegend.

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Anhang. [135]

Anhang. Beſchreibungen von Gaͤrten.

  • I. Beſchreibung des Heeſchenbergs.
  • II. Beſchreibung von Sielbeck.
  • III. Beſchreibung der Gaͤrten um Darmſtadt.
  • IV. Beſchreibung des Parks zu Envil.
  • V. Beſchreibung des Parks zu Hackfall.
  • VI. Beſchreibung des Parks zu Painshill.
  • VII. Beſchreibung des Parks zu Persfield.
  • VIII. Beſchreibung des Parks zu Guiſcard.
R 4[136]137

I. Beſchreibung des Heeſchenbergs. *)Ein Park in dem adelichen Gute Schirenſee in Holſtein, dem ruſſiſch-kai - ſerlichen wirklichen Geheimenrath und Staatsminiſter, vormaligen Ambaſſadeurund Principalcommiſſarius, Ritter vom Elephanten - und andern Orden, Herrn - Caſpar von Saldern zuſtaͤndig.

Zwo Meilen von Kiel nach der weſtlichen Seite hin, erhebt ſich in dem adelichen Gute Schirenſee der anſehnliche Heeſchenberg, dem die Natur eine reizende Lage mitten in einer fruchtbaren und bebaueten Landſchaft, eine reiche Bekleidung mit Waldung, mannichfaltige Ungleichheiten und Abhaͤnge zur Vervielfaͤltigung der in - nern und aͤußern Proſpecte gab.

Die Landſchaft umher vereinigt alle Annehmlichkeiten der laͤndlichen Natur in be - ſcheidener Einfalt. Keine praͤchtige, der Bewunderung oder des Erſtaunens wuͤrdige Ge - genſtaͤnde, keine Gebuͤrge, keine Felſen, keine von ihnen herabhangende Waͤlder, kei - ne Ausſichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den Charakter der angenehmſten Landſchaft bilden, was ſanfte Ruhe und reine Naturfreu - den einfloͤßen kann. Ueberall umher beſtaͤndige Abwechſelung und Unterbrechung von Anhoͤhen und Vertiefungen, einzelnen Baͤumen und Gruppen, Waldungen und Gebuͤſchen, eingezaͤunten Wegen und Feldern, Wieſen, Viehtriften, reifenden Saaten, deren Glanz auf den Huͤgeln. zwiſchen dunklern Einfaſſungen hervorſpielt alles in einer maleriſchen Lage und verſchwenderiſchen Verſchiedenheit der Ver - bindung. Mit einem noch hoͤhern Reiz hat die Natur die ſuͤdliche und weſtliche Gegend ausgezeichnet. Hier wird das Auge durch ſanfte Erhebungen des Bodens, durch einige hinter einander aufſteigende Berge, auf deren Abhaͤngen Viehweiden gruͤnen und Kornfluren ſchimmern, und auf dem Hintergrunde dieſer Anhoͤhen durch einen Kranz von ſchoͤnen Waͤldern ergoͤtzt, die aus verſchiedenen einzelnen Maſſen beſtehen, aber dennoch in der Ausſicht zuſammenhaͤngen, und einen herrlichen Um -zugII Band. S138Anhang. zug bilden. In dem ganzen Bezirk iſt alles Laͤndlichkeit, Einſamkeit, Ruhe; al - les ſanft und milde, in ſtille Anmuth dahin gegoſſen, erquickt und erquickend fuͤr jedes empfindſame Herz, das ſich dieſen Scenen naͤhert. Ihren Eindruck ver - ſtaͤrkt noch die Stille, die hier herrſcht, die von nichts unterbrochen wird, als zu - weilen von dem muthigen Gebruͤll umhergraſender Heerden und von den Geſaͤngen der Voͤgel, die in dieſen waldigten Revieren frohlocken.

Dieſer Ort ſchien nach ſeinem Charakter und nach ſeinen Wirkungen vorzuͤg - lich von der Natur zum Ruheplatz eines Geiſtes beſtimmt, der von den großen Ge - ſchaͤften der Welt zuruͤckkehrt zu der Einſamkeit des geliebten Landes, der ſeinen Abend im eigenen ruhigen Schatten feyern will, unter dem Nachgenuß ſeiner oͤffentlichen Verdienſte, und unter der ſtillen Wonne eines wohlthaͤtigen Privatlebens. Wie veraͤndert, und doch wie reizend und belebend! Kein Sturm der Hoͤfe, kein Zwiſt der Koͤnige mehr; die ganze Welt ſcheint von hier aus beſaͤnftigt und befriedigt. Alle Scenen umher winken Ihm Ruhe und ſanfte Erquickung zu. Indem Er hier unter den Empfindungen, womit Ihn Natur und Zuruͤckerinnerung lohnen, umher - wandelt, ſo ſteigt der Mond hinter den Waͤldern herauf, und beſcheint die ſelige Scene mit ſtillem Beyfall; unterdeſſen noch die weſtliche Spitze der umliegenden Waldung ſich erheitert gegen den Schimmer der Abendroͤthe malt, die am Horizont laͤnger zu verweilen ſcheint.

Der Charakter der Ruhe und der laͤndlichen Erfriſchung, den die Natur der Landſchaft eingepraͤgt hat, iſt auch durch alle Anlagen und Einrichtungen fortgeſetzt, die Geſchmack und Kunſt hinzugefuͤgt haben. Denn ſich blos mit Bewohnung und Genuß begnuͤgen, konnte nicht der thaͤtige Geiſt des Beſitzers; gewohnt zu ſchaffen, breitete er auch hier ſeine Wirkſamkeit in mannichfaltigen Verſchoͤnerun - gen aus.

Auf der Hoͤhe des waldigten Heeſchenberges zeigt ſich zuvoͤrderſt der große Pavillon, ohne Pomp, aber in einem reinen und edlen Geſchmack der Architektur, mit der Vorderſeite gegen Abend gerichtet.

139Beſchreibungen von Gaͤrten.
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S 2Eine140Anhang.

Eine goldene Inſchrift uͤber dem Eingange kuͤndigt ſeine Beſtimmung an: Tranquil - litati! Unten beym Eintritt ein großer, hoher und ſchoͤnverzierter Saal in der Mitte, auf beyden Seiten zwey Kabinette; im zweyten Stockwerk die Schlafzimmer. Die - ſes Gebaͤude dient blos zur Wohnung des Herrn; es iſt zu dieſem Gebrauch geraͤu - mig genug, da es in den Wintermonaten nicht bewohnt wird, indem die Lage und Einrichtung dieſes Orts ihn blos zu einem Sommerſitz machen. Das rothangeſtri - chene Dach iſt mit einem kleinen artigen Thurm geziert, und die aͤußern Waͤnde ſind mit einem blaͤulichen Anwurf verſehen. Hinter dem Gebaͤude liegt eine Reihe klei - ner wohlausgezierter Gezelte zur Wohnung der Bedienten. Die Kuͤche, die Be - ckerey, der Eiskeller und andere zur Haushaltung gehoͤrige Gebaͤude verbergen ſich zur Seite im Gebuͤſch; ſie liegen ſo tief im Schatten, daß der nahe Umhergehende ſie nicht bemerkt; keine Sonnenſtralen dringen in dieſen verſchloſſenen Platz, und kein Geraͤuſch verraͤth die Beſchaͤftigung.

Auf dem Vorplatz des Pavillon iſt ein kleiner Lindengang mit Sitzen angelegt. Er dient ſowohl in kuͤhlen Stunden zum Theetrinken, zum Spiel und zur Abendta - fel, als auch zum Proſpect, indem man zwiſchendurch aus dem Saale in gerader Linie eine angenehme Ausſicht auf einen Strich von Wieſen und Feld, ſodann auf die zu dem adelichen Gute gehoͤrigen Hofgebaͤude in der Tiefe, hinter ihnen auf einen Berg, und endlich auf einen ſchoͤnen Wald hat, der die Scene ſchließt. Die kurze Lindenallee hat in der Mitte einen breiten Gang, und auf den beyden Außenſeiten zwey ſchmalere, die von einer Hecke von Hagebuchen zur Einfaſſung des Waldes begraͤnzt werden. Dieſe Hecke hat nichts Gekuͤnſteltes; ſie iſt frey gezogen, und die Wald - baͤume ragen unmittelbar uͤber ſie empor.

An dem Ende des Lindengangs ſieht man vor ſich eine in gerader Richtung mit neuen anſehnlichen Abſaͤtzen tief ſich hinabſenkende Terraſſe, auf beyden Seiten hin - unter mit Hecken und Wald eingefaßt, und unten am Fuß ein kleines Waſſer, worin ſich die Haͤupter umhergepflanzter Baͤume ſpiegeln. Die Terraſſe, die nicht beſtimmt iſt, beſtiegen zu werden, hat kein Treppenwerk. Ueber die Abſaͤtze hin laufen von beyden Seiten des Waldes Gaͤnge, auf welchen man in verſchiedenen Erhoͤhungen auch verſchiedene Ausſichten nach dem großen Pavillon oben hinauf, und nach der un - ten liegenden Landgegend hat. Die Abſaͤtze haben Ruhebaͤnke zum Genuß dieſer Aus - ſichten, die ſich bald erweitern, bald zuſammenziehen; ſie ſind uͤberdies mit Blu - men, und hie und da mit einigen ſchoͤnen Lorbeerbaͤumen in maleriſchen Stellungen verziert.

Zur141Beſchreibungen von Gaͤrten.

Zur Linken auf dem Platz vor dem Pavillon hat man unter ſchattigten Kaſta - nienbaͤumen an einem niedrigen Gitterwerk, das den Rand dieſer Anhoͤhe einfaßt, und mit wohlriechenden Blumen bepflanzt iſt, einen herrlichen Sitz. Man ſieht uͤber einen großen dickbuſchigten, auf den Seiten mit hohen Baͤumen verſchoͤnerten Vorgrund, der ſich an dieſem mittaͤgigen Abhange des Berges hinunterzieht, und eine ſchoͤne waldigte Scene bildet, in eine anſehnliche Vertiefung hinab, worin man einen Fiſchteich, ein angelegtes Waſſer, erblickt. Seine Ufer ſind ringsumher mit Roſengebuͤſchen bekraͤnzt; auf jener Seite iſt noch eine junge Pflanzung von Kaſtanien, die in der Folge zur Verſchoͤnerung des Waſſers beytragen wird. An dem diesſeiti - gen Ufer glaͤnzt ein Blumenbeet mit lebhaften und abwechſelnden Farben, die man, Indem man unten wandelt, durch den Widerſchein im Waſſer ein neues Schauſpiel bilden ſieht. Man erblickt von oben herab am Teiche einen Sitz zum Vergnuͤgen des Fiſchfangs, verſchiedene Baͤnke, und zur Rechten ein ſteinernes mit Stroh gedecktes Gebaͤude, das ſich in dieſem Proſpect gut auszeichnet. Ueber das Waſſer hin ſieht man noch in der Tiefe den groͤßten Theil von einem Luſtgebuͤſch, woraus hie und da hohe Baͤume hervorſteigen, das mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen durchſchnitten iſt, und mit einem kleinen Waſſerfall belebt wird. Hinter dieſer Scene faͤngt die Landgegend an ſich zu erheben. Zwiſchen den hohen Baͤumen im Gebuͤſch hindurch ſieht man eine Reihe von Huͤgeln und Bergen aufſteigen, worauf Viehweiden und Kornfelder durch - ſchimmern. Weiter nach der Weſtſeite hin ſchwellen die Berge hoͤher empor; ſie zeigen ſich alle in ihrer nicht gar betraͤchtlichen Entfernung dem Auge deutlich; ihren Gipfel kroͤnt von der ganzen Mittagsſeite an bis uͤber die Abendſeite hinaus eine Reihe von Waͤldern, in deren verſchiedene Oeffnungen ſich hin und wieder Saatfelder mit hellern Farben hineinziehen, und das Gemaͤlde mit einem hoͤhern Contraſt des Lichts und des Schattens beleben. In dieſen Zwiſchenraͤumen wird das Auge zuweilen von einer zufaͤlligen Erſcheinung zur Verwunderung uͤberraſcht. Indem die Hoͤhen der hintern Saatfelder uͤber die ſich diesſeits herabziehende Waldung hervorragen: ſo ſcheint oft der Pflug in den Gipfeln der Baͤume zu irren, oder der Maͤhet mit ſeiner Senſe die Krone des Waldes zu bedrohen. Die Waͤlder beſchließen den Geſichtskreis, und verhuͤllen die Landſchaft in ihre Einſamkeit.

Geht man zur Linken des großen Pavillon ſeitwaͤrts in die Vertiefung hinunter, ſo ſtoͤßt man bald auf ein kleineres Gebaͤude mit einem rothen Dach und blaͤulichen An - wurf, das ein Wohnzimmer und ein Schlafkabinet enthaͤlt. Man ſieht hier in einen Theil des buſchigten Abhanges hin; doch iſt die Ausſicht geſperrt. Von dem Ge -S 3baͤude142Anhang. baͤude laͤuft ein Weg nach der Morgenſeite des Berges ab, wo der Blick von umzaͤun - ten Wieſen zu einer Anhoͤhe ſich erhebt, und auf einem Stuͤck Waldung ruht; ein andrer Gang, gerade von dem Eingange weg, ſchlaͤngelt ſich zur Vertiefung himm - ter. Iſt man hinabgeſtiegen, ſo zeigt ſich die Spitze des Pavillon auf der Hoͤhe zwiſchen den Baͤumen ſehr maleriſch. Eine zum Fiſchfang bequeme Bruͤcke, die uͤber einen Canal fuͤhrt, aus welchem das Waſſer zum Teiche ſich ſammelt, iſt zu - gleich mit einem Sitze verſehen; man uͤberſchaut hier in der Naͤhe das Waſſer, die Blumen und ihren Widerſchein, das mit Stroh gedeckte Haus, das mit der In - ſchrift: Bon-Bon bezeichnet iſt, und ringsumher einen waldigten Umzug.

Beym Herumirren in dem Luſtgebuͤſche ſieht man darin kleine Canaͤle, die dem Teich das Waſſer zufuͤhren, ſich ſchlaͤngeln, und hohe, glatte, ſchlanke Ellern in die Luft ſteigen. Das Gebuͤſch, das aus einem Gemiſch von Ellern, Hagebuchen, Quitſchern u. a. beſteht, iſt niedrig, duͤnne, luftig; es zieht ſich mit ſeinen ſchlaͤn - gelnden Pfaden eine ganze Strecke nach der Morgenſeite am Fuß des Berges hin, und hat Baͤnke, die zum Ausruhen einladen. In dieſen Gaͤngen hat man faſt im - mer den Thurm des großen Pavillon auf der Anhoͤhe im Geſicht.

Nach der weſtlichen Seite hin kommt man, bey dem Ausgang aus dem Ge - buͤſch, zu dem Gebaͤude Bon-Bon, und von da zu einer großen Grotte. Man laͤßt auf dem Wege zur Linken eine kleine Inſel liegen, die mit einer weißen Urne und mit Blumen geziert iſt; das Waſſer hat einen Abfall, und hilft weiter unten Waſ - ſerguͤſſe bilden. Die Grotte iſt ein ſtarkes Werk von Steinen. Sie hat ſowohl vor - ne, als auf beyden Seiten, große Oeffnungen ohne Thuͤren. Sie iſt geraͤumig, hoch, kuͤhl, und inwendig an den Waͤnden mit Steinchen natuͤrlich ausgelegt. Sie ruhet im Schatten hoher Baͤume. Gerade vor der mittlern Oeffnung liegt ein Felſenwerk, woruͤber ſich ein Waſſerfall mit drey ziemlich großen Abſaͤtzen ſtuͤrzt, in deſſen Getoͤſe ſich das Rauſchen uͤberhaͤngender, ſchwankender Baͤume miſcht.

Von dieſer Grotte ſchlaͤngelt ſich ein ſehr anmuthiger Weg den Berg hinauf; ein andrer fuͤhrt unten an ſeinem Rande weg, bey einer Reihe von Waſſerguͤſſen, Bruͤcken, einem Teiche und kleinen Raſenſtuͤcken. Auf dieſem Wege hat man an der Abendſeite allmaͤhlige Erhoͤhungen von Bergen, vorliegende und zuruͤckweichende Waͤlder, den Hof mit ſeinen Gebaͤuden und dem neuen im reinen Architekturge -ſchmack143Beſchreibungen von Gaͤrten. ſchmack erbaueten herrſchaftlichen Wohnhauſe,*)In andern Provinzen von Deutſchland wuͤrde man es ein Schloß nennen. Man ſehe den Aufriß am Ende dieſer Beſchreibung. und weiter nach Norden hin eine reich ausſtaffirte Landſchaft in einer freyen Ausſicht.

Auf den Gaͤngen, die auf dem weſtlichen Abhange des Berges laufen, erblickt man jene Gegenſtaͤnde wieder, aber in einem veraͤnderten Proſpect, indem ſie ſich mehr in die Tiefe zuruͤckziehen, und nur hie und da gebrochen durch die Zwi - ſchenraͤume der Baͤume ſchimmern. In dieſer Ausſicht wird das unten liegen - de Waſſer wichtiger, weil es, ohne eine deutliche Bezeichnung ſeiner Umgraͤnzung, zwiſchen den kleinen Oeffnungen des Laubwerks groͤßer ſcheint.

Auf einem dieſer Wege, die ſich nach der nordlichen Seite des Berges ziehen, kommt man bey einem Gebaͤude vorbey, das der Einſamkeit gewidmet iſt, wie nicht allein ſeine Inſchrift, ſondern auch ſeine Lage bezeugt. Es entfernt ſich zur Linken etwas von dem Wege, und zieht ſich in die Daͤmmerung umſchattender Baͤume hinein. Die Lage iſt, wie ſie ſeyn muß, verborgen, ruhig, umſchattet; alle Aus - ſicht umher iſt gehemmt; doch hat das Gebaͤude, das aus einem Wohnzimmer mit einer Schlafſtelle beſteht, einen kleinen artigen Vorplatz.

Verfolgt man den Weg weiter, ſo kommt man bald auf einen runden Platz, an welchen ein anderes kleines aus Einem Zimmer beſtehendes Gebaͤude ſtoͤßt, das wegen der ausgebreiteten und herrlichen Ausſicht, womit das Auge hier gegen Nor - den uͤberraſcht wird, ſich mit der Ueberſchrift: Bellevue, unterſcheidet. Man wird von dieſem auf viele Meilen ſich verbreitenden, reichen und uͤberaus erfriſchenden Proſpect um ſo mehr ergoͤtzt, da man eben aus einer verſchloſſenen Scene getreten iſt. Unmittelbar vor ſich hat man eine lange, auf beyden Seiten von Waldung eingefaßte, beſteigbare Terraſſe, mit vielen Abſaͤtzen und bequemen Stufen von Ra - ſen, auf welchen man an den Fuß des Berges hinabgehen kann. Im Vorgrun - de erſcheinen Wieſen, Viehtriften, Felder und einige Haͤuſer. Weiter hin wird das Auge durch einen ſchoͤnen See erfriſcht, mit deſſen Klarheit ein dunkler zur Rechten angraͤnzender Wald einen reizenden Contraſt macht. Ueber ihn hinaus Kornfelder, Doͤrfer, Waldungen, bey hellem Wetter zwey adeliche Hoͤfe, wovon Kleinnordſee auch ohne Fernglas ſichtbar iſt, und andre Abwechſelungen und wun -derbare144Anhang. derbare Miſchungen in einer bis in den blauen Dunſt am Horizont hin ſich verlieren - den Landſchaft. Dieſe Ausſicht iſt die weiteſte, freyeſte und heiterſte, die man von dem Berge genießt, da ſie auf den meiſten uͤbrigen Seiten von umliegenden Waͤl - dern begraͤnzt wird. Sie bringt eine liebliche Erfriſchung in das Gemaͤlde, ohne den Charakter des Ganzen, Ruhe und laͤndliche Einſamkeit, zu veraͤndern, indem kein Getoͤſe in der Naͤhe, keine ſtarke Bewegung umher vorhanden iſt, ſondern vielmehr uͤber dieſen in die Ferne hin ſich verbreitenden Scenen die Stille der friedeathmenden Natur ſchwebt.

Wendet man ſich von dieſer Auſſicht ruͤckwaͤrts hin, ſo erblickt man uͤber einen geraden und breiten Gang hinauf eine Seite des großen Pavillon. Doch wird man ſich vorzuͤglich das Vergnuͤgen machen, von der Terraſſe weg nach dem nordlichen Abhange des Berges ſeinen Weg zu waͤhlen. Hier tritt man gleich in ein ſehr an - muthiges, einſames und ſchattenreiches Revier, In der Hoͤhe und in der Tiefe der abhangenden Seite laufen verſchiedene Gaͤnge. Kuͤhlung und liebliche Spiele des Lichts und des Schattens ſchweben hier zwiſchen den hohen Baͤumen umher. Von oben fal - len zerſtreut die Blicke der Sonne durch; von der linken Seite her ſchimmert die Land - gegend mit nahen Wieſen, wellenfoͤrmigen Erhebungen und Kornfeldern hie und da in gebrochenen Durchſichten. Ein ſteinernes Gebaͤude bietet unten einen kuͤhlen und einſamen Sitz zur Ruhe und Selbſtbetrachtung an, wozu es allein beſtimmt iſt. Man ſieht von dieſem Sitze ganz nahe vor ſich einen Theil einer großen Wieſe und ein Stuͤck von Wald, das Ende von dem Kranze, der ſich von der Morgenſeite an auf den mittaͤgigen Anhoͤhen herum bis uͤber die Abendgegend hinauszieht; noch zeigen ſich zur Rechten eingezaͤunte Felder und einzelne Haͤuſer; zur linken Hand aber verbirgt ſich das neue herrſchaftliche Wohuhaus.

Etwas weiter fuͤhrt eine weiße Pforte in eine neue Anlage von einem uͤberaus angenehmen und ſanften Charakter. Sie liegt an dem aͤußerſten Rande des Berges, zieht ſich von der Nordſeite nach Morgen herum, und beſteht aus einer buſchigten Anhoͤhe und einer jungen Pflanzung, zwiſchen welchen beyden ſich in einer faſt ganz von der Natur gebildeten Vertiefung ein nicht ſehr großes, aber reines Waſſer her - umſchlaͤngelt. Auf einem mit Hagebuchen, Nußbaͤumchen und Blumen bepflanzten Wege wandelt man an dem Fuß eines kleinen Huͤgels hin, der uͤberall mit einem kur - zen und dicken Gebuͤſch von mannichfaltigen Baͤumchen und Straͤuchen eingehuͤllt iſt. Zwey ſchmale Pfade ſchlaͤngeln ſich in dieſe kleine zauberiſche Wildniß hinauf, irrenumher145Beſchreibungen von Gaͤrten. umher, und laufen auf der andern Seite wieder hinab zu einem Theil des Waſſers, an welchem ſich ein freyer Weg herumwindet. Zwey anmuthige mit Blumen und Raſenſtuͤcken umkraͤnzte Sitze unter Baͤumen am Waſſer locken hier nicht vergebens; man nimmt mit Vergnuͤgen eine Ruheſtelle ein, um eine ſo liebliche Scene laͤnger zu genießen. Man geht uͤber einen Damm, unter welchem das Waſſer zur Waͤſſe - rung auf die große Wieſe geleitet wird, wovon man vorher aus dem ſteinernen Ge - baͤude einen Theil ſah, die ſich aber hier in ihrem ganzen ſchoͤnen Umriß auswickelt. Von dieſer Stelle genießt man wieder eine reizende Ausſicht nach dem neuen herr - ſchaftlichen Wohnhauſe und den Gutsgebaͤuden, nach der Kette von Bergen, die ſich aus verſchiedenen Niedrigungen hinter einander erheben, nach den Waͤldern auf den Hoͤhen umher, nach ihren maleriſchen Zwiſchenraͤumen hin. Das Wohnhaus ſenkt ſich mit den benachbarten Gebaͤuden in eine kleine Vertiefung zwiſchen den Bergen; hinter ihm erhebt ſich ein Wald, der, wiewohl er entfernt iſt, in dieſer Richtung ganz na - he daran zu ſtoßen ſcheint; zur Rechten breitet ſich die mehr flache Landgegend mit ſanf - ten Erhoͤhungen, Kornfluren, einzelnen Baͤumen, Gebuͤſch und Einzaͤunungen aus. Ueber den Damm fuͤhrt der Weg in die junge Pflanzung, die aus verſchiede - nen wilden Geſchlechtern, Hagebuchen, Ipern, Quitſchern, Tannen u. a. beſteht, und mit der Zeit viel verſpricht; ſie geht an dem Rande des Waſſers hinauf, wen - det ſich zur Rechten, und verbreitet ſich zu mehr Gaͤngen; ungefaͤhr in der Mitte des Bezirks, den ſie auf dieſer Morgenſeite einnimmt, erhebt ſich ein runder mit Ka - ſtanienbaͤumen umkraͤnzter Platz, wovon man ringsumher eine freye angenehme Aus - ſicht genießt, beſonders nach der Gegend zuruͤck, woher man kam. Zwey Daͤm - me, bey welchen kleine Waſſerguͤſſe rauſchen, und der Freund des Fiſchfangs mit der Angelruthe die Spiele der ſorgloſen Forelle unterbricht, laufen uͤber das Waſ - ſer, und verbinden die Pflanzung mit einem kleinen, zierlichen und anmuthigen Fruchtgarten, der hier den Fuß des Berges ſchmuͤckt. Vor dem zweyten Damm liegt ein ſteinernes Gebaͤude, zu Sitzen beſtimmt, die eine Ausſicht auf einen Theil des Gartens und auf die ſich erhebende Waldung des Berges geben. Man er - blickt hier noch drey Gebaͤude, die Gaͤrtnerwohnung am Ende der Pflanzung, im Fruchtgarten ein anderes mit guten Zimmern verſehenes Haus, und weiter hinauf, queer uͤber eine mit Quitſchern und Tannen beſetzte Allee, das Wirthshaus auf ei - nem Huͤgel am Walde, das von dieſer Lage und von der Nachbarſchaft kleiner Viehweiden umher ein ſehr anmuthiges laͤndliches Anſehen gewinnt.

Man kann von dieſer Seite verſchiedene Wege und Terraſſen waͤhlen, um in die Spaziergaͤnge des oͤſtlichen Abhanges des Berges zu gelangen. VonII Band. Tzwo146Anhang. zwo Terraſſen, die mit ſteinernen Treppen zwiſchen der Waldung hinaufſteigen, fuͤhrt eine gerade zu einem Pavillon hinauf.

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Dieſes147Beſchreibungen von Gaͤrten.

Dieſes Gebaͤude verdient den naͤchſten Platz nach dem großen Pavillon, wovon es auch weniger als die andern entfernt liegt. Es iſt rund, hat ein graues Schie - ferdach von dieſer Form, und an den aͤußern Waͤnden einen blaͤulichen Anwurf. In der Mitte ein runder, mit Geſchmack verzierter Saal; auf jeder Seite ein Schlafka - binet. Der Saal hat keine Fenſter in den Waͤnden; die Erleuchtung faͤllt von oben durch zwey Ochſenaugen im Dach und durch die Glasthuͤre. Die Ausſicht von hier iſt in einem ſehr landmaͤßigen Stil. Man ſieht kein Waſſer, blos Felder, mit Gebuͤſchen, einzelnen Baͤumen, Zaͤunen und Wald unterbrochen, womit die Land - ſchaft in die Ferne zu verwildern ſcheint, unterdeſſen daß in gerader Richtung ein weißer Dorfkirchthurm aus der waldigten Verdunkelung emporſteigt.

Kehrt man von dieſem kleinen Pavillon zu dem großen zuruͤck, ſo blickt man bald zur Linken uͤber einen Weg, auf welchem die Auffahrt geſchieht, nach einer Senkung des Berges hinab, worauf ſich die untere Gegend mit kleinen eingezaͤunten Stuͤcken von Feld und Wieſen wieder zu einem Walde hebt, vor deſſen Eingang eine Bauerhuͤtte ruhet.

Die Vielheit, die Bequemlichkeit und die Abwechſelung der Gaͤnge, die auf allen Seiten in der Waldung des Berges herumlaufen, und nach und nach zu allen merkwuͤrdigen Scenen fuͤhren, macht einen wichtigen Theil von den Annehmlichkei - ten dieſes Parks aus. Einige Wege ſind ſo breit, daß ſie befahren werden; andre Gaͤnge laufen zuweilen in ſchmale Fußpfade uͤber. Bey Auffahrten und Zugaͤngen zum Hauptgebaͤude ſind ſie, wie ſie ſeyn ſollen, in gerader Linie; in andern Gegen - den, wo das Umherirren ergoͤtzt, oder der Gehende auf eine Ueberraſchung geleitet werden ſoll, ſchlaͤngeln ſie ſich in abwechſelnden und ungekuͤnſtelten Wendungen. Die Gaͤnge ſcheinen hier gleichſam in einer beſtaͤndigen Bewegung zu ſeyn, ſo ſehr auch Unbeweglichkeit ihr Eigenthum iſt; bald ſteigen ſie, bald ſenken ſie ſich wieder, nach den Abhaͤngen und Ungleichheiten des Bodens, die ſo viel zur Veraͤnderung der Sce - nen und der Proſpecte beytragen. Hie und da ſind ſie mit Hecken eingefaßt, die ein natuͤrliches Anſehen haben, da ſie den Waldbaͤumen zu einer Art von Umkraͤn - zung dienen. Zuweilen laufen die Wege frey und offen; zuweilen im Schatten. Wo es die Beſchaffenheit des Bodens erfodert, da wechſeln ſie mit bequemen Trep - pen von Steinen oder Raſen ab. An verſchiedenen Stellen breiten ſie ſich zu runden Plaͤtzen aus, die mit ſchoͤnen Baͤumen umkraͤnzt und mit Baͤnken verziert ſind.

Unter den ſchoͤn gewachſenen Buchen des Waldes ſind Eichen, Eſpen, Quit - ſchern, Tannen und andre Geſchlechter gemiſcht. Die lichten Stellen wechſeln mit dunkeln ab, wo dickes Untergebuͤſch den vielen und mannichfaltigen Waldſaͤngern, die ſich hier zu wohnen freuen, eine ungeſtoͤrte Freyſtaͤtte anbietet. In einigen GaͤngenT 2erhe -148Anhang. erheben ſich die Baͤume zu einer Hoͤhe, die ein Gefuͤhl von Wuͤrde und Erhabenheit einfloͤßt, zumal wenn ihre Gipfel mit feyerlichem Geraͤuſch an einander ſchlagen. Bald haͤngt eine tiefe Ueberſchattung uͤber den Weg; bald lacht die Freundlichkeit des Himmels zwiſchen den obern Spitzen herab; man ſchauet hinauf, und erheitert kehrt der Blick zuruͤck. Bald verſchließen ſich die Ausſichten von allen Seiten; bald eroͤff - nen ſie ſich wieder, hier ganz, dort halb; bald brechen ſie auf einmal unerwartet her - vor in gerader Richtung mit lebhafter Ueberraſchung; bald enthuͤllen ſie ſich in all - maͤhligen Wendungen zur laͤngern Unterhaltung.

Eine vorzuͤgliche Verſchoͤnerung geben die angezeigten verſchiedenen Gebaͤude, die in der Waldung hin und wieder zerſtreut ſind, und die man als eben ſo viele Tem - pel der Gaſtfreundſchaft anſehen kann. Denn ſie dienen nicht blos zur Bezeichnung der Proſpecte, oder zur Belebung der Scenen; ſie ſind zugleich Wohnungen und Schlafkabinette fuͤr Fremde, die das Gluͤck haben, von der Freygebigkeit des Beſi - tzers bewirthet, und von ſeinem Geiſte unterhalten zu werden. Alle dieſe kleinen Ge - baͤude empfehlen ſich durch die Schoͤnheit ihrer Lage, durch die Bequemlichkeit ihrer Einrichtung, und durch den reinen prunkloſen Geſchmack ihrer Auszierung. Die Einrichtung ſolcher Luſthaͤuſer zur Bewohnung iſt hier eine ungemein anmuthige und vortheilhafte Erfindung. Sie giebt dem Gemaͤlde eine neue Erfriſchung durch die Vorſtellung von Gaſtfreundſchaft, von Freyheit und Ungezwungenheit. Auch wird dadurch der Charakter der Ruhe und laͤndlichen Einſamkeit, der durch das Ganze herrſcht, gluͤcklich beybehalten; denn er wuͤrde hier unſtreitig durch die Gegenwart ei - nes weitlaͤuftigen Wohngebaͤudes zerſtoͤrt, das mit dem Geraͤuſch zuſammengedraͤng - ter Geſellſchaften, und mit dem Gewuͤhl von Bedienten erfuͤllt waͤre. Jetzt athmet hier alles Ruhe und Freyheit. Jeder Gaſt iſt Herr ſeiner Zeit und ſeiner Bewegun - gen. Er beſchwert nicht, und wird nicht beſchwert. Er kann einſam ſeyn, oder ſich durch Beſuche erheitern. Er darf ſich als den Eigenthuͤmer ſeiner Wohnung an - ſehen, ſeine Thuͤre ſchließen und oͤffnen, wie es ihm gefaͤllt. In einer Abtheilung iſt Raum fuͤr einen Bedienten. Auf ſeinen fruͤhen Spaziergaͤngen begegnet er einem Bekannten oder einem Freund zu muntern Geſpraͤchen; oder er verlaͤßt mit der Mor - genroͤthe ſein Schlafkabinet, um laͤnger einſam zu ſeyn, oder er ſchleicht in eine Ge - gend hin, wo er auf verſchiedenen Wegen ausweichen kann. Zuweilen lockt ihn die ſchoͤne Lage einer andern Wohnung, die er auf ſeinem Wege antrifft, hinzuzutreten: er klopft an, und findet ſie leer; der Bewohner beluſtigt ſich ſchon lange auf entfernten Spaziergaͤngen. Oft trifft er einen andern Bewohner an, als den er da vermuthe - te; er ſieht ſich getaͤuſcht und wieder beruhigt. Beſchaͤftigungen, Zeitvertreibe, Geſpraͤche, einſame Ergoͤtzungen wechſeln hier mit einander ab, bis ein Gelaͤute zurbeſtimm -149Beſchreibungen von Gaͤrten. beſtimmten Stunde die zerſtreuten Gaͤſte aus ihren Einſiedeleyen oder von geſelligen Spaziergaͤngen in den großen Pavillon auf der Hoͤhe zur Tafel wieder zuſammen - ruft.

Dies ſind, nach dem Lauf der Wege, die ich nahm, und nach meiner Em - pfindung, die Hauptſcenen, welche die Schoͤnheit des Heeſchenbergs erheben. Andre werden bey einer andern Wahl ihrer Gaͤnge vielleicht noch mehr Ergoͤtzung an - treffen. Man ſieht hier Natur und Geſchmack im Wetteifer, einen Sommerſitz zu bilden, der, nach dem Geſtaͤndniß der einheimiſchen und auswaͤrtigen Kenuer, zu den erſten Merkwuͤrdigkeiten der Gartenkunſt nicht blos in Holſtein, ſon - dern in Deutſchland gehoͤrt. Aſchberg*)S. 1 B. S. 75 u. f. iſt faſt alles der Natur ſchuldig; un - gern ſieht man den Ort von einer mit Beſcheidenheit nachhelfenden Hand verlaſſen. Hier im Gegentheil iſt nicht blos eine reizende Anlage der gefaͤlligen Natur; hier iſt auch Anordnung mit Geſchmack, Unterhaltung mit Sorgfalt, und Fortwirkung mit Eifer. Noch iſt das Werk nicht vollendet. Daß die Verſchoͤnerungslinie von der mit Quitſchern und Tannen beſetzten Allee zur Linken des Wirthshauſes fortlaufen, und den dort gegen Morgen ſich erhebenden mit Waldung bekleideten Berg umfaſſen wird, iſt ſchon fuͤrs erſte eine Erweiterung, die einen der herrlichſten Luſtplaͤtze er - warten laͤßt. Der Wald iſt mit den ſchoͤnſten Baͤumen geziert; er hat Gebuͤſch und mannichfaltige Ungleichheiten des Bodens; er verſtattet auf allen Seiten die anmu - thigſten Ausſichten; und was ſeine Lage vorzuͤglich verſchoͤnert, ſo breitet ſich an ſei - nem Fuß nach Morgen hin ein See aus. Man ſieht hier das Licht des Tages auf - ſteigen, und die heiterſten Morgenſcenen in einer reich geſchmuͤckten Landſchaft bilden; und wenn der Himmel den Beſitzer laͤnger ſeinem Jahrhunderte goͤnnt, ſo darf man hier und in den angraͤnzenden Gegenden noch Anlagen hoffen, die den Reiz der Na - tur mit Harmonie erheben.

Der Sitz eines beruͤhmten Mannes, von deſſen Groͤße ich hier nichts ſagen darf, weil einſt die Geſchichte davon reden wird, erweckt ſchon die Neubegierde eines Fremden. Allein man ſieht hier mehr, als was man zu ſehen gewohnt iſt. Man ſieht Erfindungen und Anlagen, alle aus dem Geiſt des Beſitzers ſelbſt ent - ſprungen. Man ſieht fuͤr Jedermann freyen Eintritt in die Spaziergaͤnge, Auf - nahme des Fremden, und Achtung des Verdienſtes. Man kehrt zuruͤck mit Erzaͤh - lungen, die neue Luſtreiſen nach dieſem Sitz beſchleunigen.

Bey einer ſolchen Reiſe nimmt vielleicht einſt ein Gartenfreund dieſe Beſchrei - bung in die Hand. Er ſieht, er lieſt, er vergleicht; er findet nichts, das von derT 3Phan -150Anhang. Phantaſie hinzugeſchmeichelt waͤre; er findet blos eine kleine Topographie, die kein anderes Verdienſt haben kann, als Treue. Aber er wird dagegen Unvollſtaͤndig - keit ſehen und zugleich verzeihen, indem er bedenkt, daß die Natur groͤßer und reicher iſt, als die Sprache faſſen kann; daß in einer Beſchreibung nach der Natur, eben ſo wie im Landſchaftgemaͤlde, manches wegbleiben muß, wovon die Wirklichkeit, nicht aber die Nachſchilderung gefaͤllt; daß die feinern Beziehun - gen, Uebergaͤnge und Verbindungen der Natur, ſelbſt unter dem Pinſel des kuͤhnſten Landſchaftmalers, kaum einer Darſtellung faͤhig ſind. Allein er wird nicht blos der Beſchreibung verzeihen, ſondern auch der Zeit, wenn ſie veraͤn - dert hat.

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II. Beſchrei -151Beſchreibungen von Gaͤrten.

II. Beſchreibung von Sielbeck.

Ueber dem Dorfe Sielbeck, eine halbe Meile von der fuͤrſtbiſchoͤflichen Reſi - denzſtadt Eutin im Herzogthum Holſtein, erhebt ſich ein Luſtort,*)Er ward 1776 von dem Herrn Legationsrath Willgaard angelegt, und iſt ein Denkmal von der Einſicht und dem Geſchmack dieſes verdienſtvollen Mannes. der gleichfalls mit dem Namen Sielbeck bezeichnet wird, in vorzuͤglicher Schoͤnheit. Die ganze Landſchaft umher hat einen ſich auszeichnenden Charakter der Anmuthig - keit. Sie beſteht aus einer reichen und mannichfaltigen Zuſammenſetzung von Ber - gen, die auf dem Gipfel und an den Seiten herab mit ſchoͤnen Waldungen beklei - det ſind, von Huͤgeln, deren Abhaͤnge mit den lieblichſten Hainen und Gruppen von Buchen glaͤnzen, von grasreichen Thaͤlern, Saatfeldern, Viehweiden und gutbe - wohnten Doͤrfern. Die waldigten Scenen, und die uͤberall auf den Anhoͤhen umher an - muthig hingeſtreuten Gebuͤſche ſind voll von melodiſchen Voͤgeln, und voll von Wild, das eine reiche Jagd anbietet. Zwiſchen dieſen Gegenſtaͤnden und Ausſichten eroͤffnen ſich einige uͤberaus ſchoͤne Landſeen, deren Ufer hin und wieder mit gruͤnen Hoͤhen bekraͤnzt und mit Waldungen beſchattet ſind. Die reine Klarheit dieſer anſehnlichen Gewaͤſſer ſpielt zwiſchen der Dunkelheit entfernter Waͤlder dem Auge mit einem bezaubernden Reiz entgegen; in der Naͤhe ſieht man die Wellen in ihrer Ruhe ſich ſanft dahin ſchmiegen: die Tiefe der Lage und die Berge umher beſchuͤtzen ſie vor der Empoͤrung des Sturms; man ſieht den Fiſcher ſein geſegnetes Netz froͤhlich heraufziehen, und hinter den Gebuͤſchen, welche die Ausfluͤſſe der Seen umſchatten, den Freund der Jagd auf wilde Enten lauſchen.

Der Kellerſee, der ungefaͤhr einen Umkreis von einer Meile hat, bildet in der Landſchaft von Sielbeck einen herrlichen Mittelpunkt. Um die Ausſicht auf dieſen See und ſeine angraͤnzende Gegenden zu genießen, iſt nach der oͤſtlichen Seite auf einem Berge ein Pavillon errichtet.

Er ſteht auf einem runden ebenen Platz, der vorne ganz frey iſt, und blos in einer Entfernung von etwa zwanzig Schritten durch ein kleines, niedriges, weiß - angeſtrichenes Gitterwerk von Holz, das aber an ſeinen beyden Enden mit dem Ge - baͤude nicht verbunden iſt, von dem angraͤnzenden Felde abgeſondert wird. Vonder152Anhang. der Vorderſeite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an der Einfaſſung des Waldes, ab. Auf der Hinterſeite des Gebaͤudes iſt der Platz mit hohen Buchen von einem ſchoͤnen Wuchs bekraͤnzt.

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Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten beſteht. Der Saal iſt geraͤu - mig, hoch, helle, weißgegipſet, und an den Waͤnden, der Decke und den Thuͤ - ren in einem guten Geſchmack verziert; durch die hohen Fenſter und Glasthuͤren auf der vordern und hintern Seite erhaͤlt er viel Licht, und die ſchoͤne Ausſicht lockt aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette ſind klein und niedriger; doch haben ſie ebenfalls aus den Fenſtern einen doppelten Proſpect.

Das ganze Gebaͤude traͤgt das Gepraͤge einer reinen Architektur. Das la - zurblaue Dach und der weiße Anſtrich der Außenſeiten machen ſchon in der Ferne auf das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Naͤhe vollendet. Obgleich das Gebaͤude zur Ergoͤtzung fuͤrſtlicher Perſonen beſtimmt iſt, ſo iſt es doch nicht mit dem gewoͤhnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Schoͤn - heit ſchraͤnkt ſich auf wahre Schoͤnheit der Architektur, auf Verhaͤltniſſe und Form ein. Es iſt nicht zur beſtaͤndigen Bewohnung, ſondern zur kurzen Erholung, zum Genuß der Ergoͤtzung der Natur beſtimmt; und nach dieſem Gebrauch iſt ſeine Ein - richtung abgemeſſen. Dieſer Pavillon liegt laͤndlich, edel, frey, uͤbereinſtimmend mit der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romantiſches hat, aberſehr153Beſchreibungen von Gaͤrten. ſehr eindringende Reize des Anmuthigen und Heitern. Seine Lage verſtattet ihm die Verſchoͤnerung des Abendlichts, das zur Rechten faſt in ſeinem Angeſichte niederſin - ket, und ſeiner ganzen weißen Vorderſeite von dem Feuer zuwirft, das in Weſten gluͤhet.

Aus dem Vordertheil dieſes Gebaͤudes wird man durch einen Proſpect ent - zuͤckt, der einen ganzen Reichthum von laͤndlichen Annehmlichkeiten enthaͤlt. Gerade unmittelbar vor demſelben auf dem Abhange zu dem See hinab, zieht ſich in einer anſehnlichen Strecke ein Stuͤck von Feld und Wieſen; auf der linken Seite hinunter ſperrt ein ſchoͤner Kranz von waldigten Huͤgeln die weitere Ausſicht, und auf der rech - ten wird das Auge durch eine Miſchung von Hoͤhen, Niedrigungen und Buſchwerk unterhalten. Ein kleines Dorf, Sielbeck, das zwiſchen den Umhuͤllungen ſeiner Obſtbaͤume, ſeiner Weiden und Haſelgebuͤſche die ſtrohernen Gipfel emporhebt, bil - det den Vorgrund an dem niedrigen Ufer. Man uͤberſieht von oben die ganze praͤch - tige Waſſerſcene des hellen Sees, deſſen Umfang von allen Seiten ins Auge faͤllt, auſ - ſer wo Einbuchten von abwechſelnden Formen ſich zwiſchen Huͤgeln und Waldungen verlieren. In ſeiner Verzierung ſcheint die Natur alle ihre gefaͤlligen Reize ausge - breitet haben. Er iſt faſt uͤberall mit Bergen, mit Anhoͤhen und Waldungen bekraͤnzt, die ſich hin und wieder ins Waſſer hinabſenken, und mit ihm zu ſchwimmen ſcheinen. An andern Stellen ziehen ſich kleine ſchmale niedrige Erdzungen, mit Gebuͤſch und ſchoͤnen Baͤumen bekleidet, in den See hinein. Zur linken Seite ragen drey reiche Wal - dungen auf Anhoͤhen neben einander in einer Lage, die jede von der andern deutlich un - terſcheidet, mit hoher Schoͤnheit empor, und bilden eine praͤchtige Ausſicht. Die mit - telſte ruͤckt dem Auge naͤher entgegen, und ſcheint, als die ſchoͤnſte, am meiſten Aufmerk - ſamkeit zu fordern. Der Umzug und die Woͤlbung dieſes Waldes, den auch der Na - me Prinzenholz von den andern unterſcheidet, iſt ein Meiſterſtuͤck der Natur; von allen Seiten, da man ihn bey der Herumfahrt um den See erblickt, zeigt er ſich uͤberaus maleriſch, und in einer vortrefflichen Wirkung auf das Auge. Die Waͤlder beſtehen meiſtens aus Buchen mit Eichen untermiſcht, die ſowohl durch die Hoͤhe ihres Wuch - ſes, als auch durch ihr Laub ein ſchoͤnes Anſehen haben. Bey der Ausſicht aus dem Pavillon, wo wir noch immer als auf dem ſchoͤnſten Standpunkte verweilen, erblickt man gerade uͤber den See hin eine breite niedrige Oeffnung, die das Auge in die blaue Ferne der weiten Landſchaft hinauszuſchweifen einladet. An dieſe Oeffnung ſtoͤßt in der fernern Bekraͤnzung des Sees noch ein hoher Wald, der ſich im Proſpect auszeichnet; die uͤbrige Seite zur Rechten beſteht mehr aus Buſchwerk und einer Sammlung klei - ner von einander unterſchiedener Haine, als aus einer zuſammenhaͤngenden Waldung. Auf dieſer Seite beleben noch zwey Doͤrfer, ohne das im Vorgrund, mit ihren anmuthigen Lagen die Landſchaft; ein Kirchdorf erſcheint vorne faſt in gerader Linie uͤber den See hin.

II Band. UDieſe154Anhang.

Dieſe Ausſicht auf eine ſo ausgebreitete und freye Waſſerflaͤche zwiſchen Anhoͤhen und Waldungen macht das Hauptſtuͤck dieſer Lage aus. Die Klarheit des Waſſers, worin ſich der halbe Himmel zu ſpiegeln ſcheint, und die Schoͤnheit der Waͤlder umher, die ſich alle in dem Proſpect unterſcheiden, verbreiten von allen Seiten eine ungemeine Heiterkeit. Die Ausſicht gewinnt ſelbſt durch die Hoͤhe, von welcher ſie genoſſen wird; man ſieht alle Gegenſtaͤnde, die Haupttheile zur Verſchoͤnerung des Ganzen ſind, ſich deutlich unterſcheiden; die kleinern verlieren ſich mehr in den Duft der Ferne, nach - dem ſie zur Verbindung und Ausfuͤllung, zur Vollendung des Umriſſes des Ganzen behuͤlflich geweſen.

Vornehmlich findet man hier eine Scene der ſanften Betrachtung und laͤndlichen Ergoͤtzung. Denn das Waſſer und die Waldungen, die in eine gewiſſe Entfernung ſich hin verlieren, und doch zur Ueberſicht nahe genug bleiben, floͤßen um ſo mehr Ru - he ein, da eine Art von heiliger Stille uͤber ihnen zu ſchweben ſcheint. Eine Waſſer - ſcene von einem ſolchen nicht gar zu weiten Umfang und in einer ſolchen Verbindung mit Gehoͤlzen hat nichts, das Erſtaunen oder Bewunderung erregte; aber ſie hat eine vorzuͤgliche Kraft, die Seele uͤber den gewoͤhnlichen Stand ihrer Empfindung hin - auszuheben, und ſie mit ſanftbelebenden Gefuͤhlen zu fuͤllen. Das Ausgedehnte und Freye eroͤffnet ſie gleichſam zum Genuß; und die Empfindung ſo ſanfter und ruhiger Scenen, deren Einwirkung ſich hier durch ihre Ausbreitung verſtaͤrkt, wird von allen Seiten unterhalten. Noch mehr gewinnt die Ausſicht durch die zufaͤlligen Verſchoͤne - rungen der Abendſonne, die, indem ſie auf den Anhoͤhen zur Rechten uͤber den Hainen und Gebuͤſchen dahin ſinkt, ihre gruͤnen Haͤupter vergoldet, und dieſer Seite des Ge - waͤſſers einen milden Glanz zuſtreut, der lieblich auf der ſanftzitternden Fluth ſpielt. In - dem der Betrachter den Schimmer des Tages von Farbe zu Farbe verloͤſchen, und den aufſteigenden Duft allmaͤhlig die Ferne uͤberdaͤmmern ſieht, ſo nimmt auch das Herz Antheil an der beginnenden Ruhe der Natur, kehrt in ſich und fuͤhlet ſich ſelbſt.

Auf der Hinterſeite des Pavillon iſt die Ausſicht durch einen anliegenden Wald geſperrt; nur eine einzige ſchmale Oeffnung leitet zwiſchen den Baͤumen den Blick auf ein Gewaͤſſer. Dies iſt eine veraͤnderte Scene. Man ſieht, durch den Zwiſchenraum in eine jaͤhe Tiefe hinab, einen Strich von einem ganz nahen See, die Ukley genannt, und uͤber ihn hin ruhet das Auge auf einem Gehoͤlz, das in dieſem Proſpect das Ufer begraͤnzt. Der See iſt weder an Groͤße noch an Schoͤnheit mit dem Kellerſee zu ver - gleichen; ſein Umfang iſt klein, und man kann ihn gemaͤchlich in einer Stunde umge - hen. Allein ſeine Nachbarſchaft und die Tiefe, worin er von dieſer Anhoͤhe erſcheint, machen ihn intereſſant. Eine ſteile Terraſſe, mit Raſenſitzen verziert, laͤßt, indem man ſich mehr der Oeffnung naͤhert, den furchtſamen Blick hinabfallen. Unten am Ufer be -merkt155Beſchreibungen von Gaͤrten. merkt man Baͤnke, und eine zum Vergnuͤgen des Fiſchfangs ſowohl, als zum beque - men Einſteigen in die hiezu beſtimmten Boͤte in den See hinein angelegte Bruͤcke.

Wandelt man zu den Seiten dieſer Oeffnung auf bequemen Gaͤngen zum Ufer hinab, ſo ſieht man den See ganz, wie er von Huͤgeln, Buſchwerk und Waldung um - kraͤnzt iſt. Das Ganze iſt ein ſchoͤner Umzug. Nirgends findet eine ausgedehnte Aus - ſicht ſtatt; ſie reicht nicht weiter, als bis an die Bekraͤnzung des nahen Ufers dieſes klei - nen Sees. Alles liegt in laͤndlicher einſamer Verſchloſſenheit. Indeſſen laufen doch in dieſer Gegend, die voͤllig das Anſehen einer ruhigen Einoͤde hat und manches Wild in ihrem Schatten verbirgt, Wege und Gaͤnge zwiſchen den Holzungen und Gebuͤſchen faſt ganz um dieſen See her.

Der Berg, auf welchem der Pavillon ſteht, iſt mit einem Buchenwalde bekleidet, und hat faſt uͤberall tiefe Senkungen nach dem kleinen See hinab. Man geht auf ge - wundenen Gaͤngen zwiſchen den Baͤumen umher, hoͤrt viel ſingende Voͤgel, und ſieht das nahe Waſſer lieblich durch das Laubwerk blinken. Einige Gaͤnge laufen unten am Ufer, andre oben an dem Abhange des Berges unter dem Schatten der Baͤume herum, und ſind hie und da mit kleinen Straͤuchern und Blumen bepflanzt, an andern Stellen mit Vogelbeeren oder Quitſchern beſetzt, deren rothe Fruͤchte die Tage des Herbſtes zie - ren und den Fang der Krammetsvoͤgel beguͤnſtigen. An den Spaziergaͤngen laden Baͤn - ke und Raſenſitze zum Ausruhen oder zum Genuß einer Ausſicht ein. Zuweilen iſt dieſe blos auf einen innern Proſpect oder auf den waldigten Umzug eines kleinen Bezirks ein - geſchraͤnkt; man genießt bey dem Ausruhen den Anblick des Gruͤns, den Duft der Kraͤu - ter umher, und die Erquickung der Kuͤhlung. An andern Stellen eroͤffnet ſich eine freye Ausſicht bald auf den See im Hintergrunde, bald auf ſeine buſchigten Ufer, bald in die Felder der Landgegend hinaus. Zur Rechten an dem Ausgange des Waldes laͤuft in ei - ner Niedrigung ein Bach, der aus dem See abfließt, und bildet einen kleinen Waſſer - fall, der an dieſem Ort wichtiger ſeyn wuͤrde, wenn man ihm mehr Verſtaͤrkung von Waſſer, mehr Abſturz und eine mehr natuͤrliche Unterlage gaͤbe. Indeſſen betrachtet man dieſe artige Scene mit Vergnuͤgen; man ſieht dem Waſſerfall auf beyden Seiten von zwo kleinen Raſenerhoͤhungen zu, die Sitze im Schatten umherſtehender Baͤume haben. Eine kleine Bruͤcke, die nahe unter dem Waſſerfall uͤber den Bach fuͤhrt, dient nicht blos zur Verbindung, ſondern auch zur Verzierung.

Dieſer Luſtort iſt nach ſeiner Anlage und nach der Beſchaffenheit der Landſchaft umher ungemein geſchickt, den Genuß der Empfindungen zu geben, die man hier ſucht. Er iſt kein Park, ſondern, was er ſeyn ſoll, ein Luſtort, ein Aufenthalt der laͤndlichen Ru - he und Ergoͤtzung. Allein dieſe Landſchaft beſteht aus ſo vielen von der Hand der Na - tur charakteriſirten Gegenden, daß ſie mit dem beſten Erfolg in einen ausgedehntenU 2Park156Anhang. Park bearbeitet werden koͤnnte. Die Waͤlder, die Haine und Buſchwerke geben ſo viele beſondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplaͤtze, Felder, Berge und Thaͤler ſind mit dem herrlichſten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle dieſe Gegenden und Natur - ſcenen wuͤrden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmoniſche Folge auf ein - ander zu bringen ſeyn, die eine Reihe ſehr ſtarker und intereſſanter Bewegungen erzeug - te. Fuͤr Mannichfaltigkeit der Gegenſtaͤnde und der Ausſichten, fuͤr Abwechſelung des Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verſchloſſenen hat ſchon die Natur ge - ſorgt; eben ſie hat hier Anlagen von der heiterſten Gegend bis zur melancholiſchen zu - bereitet; eben ſie hat ſchon Plaͤtze fuͤr die Beluſtigungen der Fiſcherey, der Jagd und des Vogelfangs eingerichtet; eben ſie hat ſchon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Luſt - haine auf den Hoͤhen gepflanzt. Nicht leicht hat ſie eine Landſchaft fuͤr einen ausgebrei - teten Park reicher ausgeſtattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier, wo die Kunſt nur mit maͤßigen Kraͤften zu Huͤlfe kommen darf. Unter den Wegen, die bald an dem See hinlaufen, bald ſich wieder in die Waldungen hinauf verlieren wuͤrden, koͤnnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Doͤrfer und zur mehrern Bele - bung der Scenen verſtattet werden. Durch eine Bearbeitung der Waͤlder und durch neue Anpflanzungen koͤnnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an ſtarken und dauerhaften Ein - druͤcken fehlte. Dieſe Veraͤnderung wuͤrde das Werk eines nur maͤßigen Aufwandes ſeyn; ſie koͤnnte ſelbſt zwiſchen mehrern Jahren eine angenehme Beſchaͤftigung ver - theilen. Die Kornfelder und Wieſen duͤrften nicht weichen, und die Waͤlder nichts von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege wuͤrden vielmehr an manchen Stellen den Baͤumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verſchaffen. Aus dem Ueber - fluß der Waldungen wuͤrde Holz zu Tempeln und andern Luſtgebaͤuden geholt; und ei - ne ſchon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles waͤre in der Naͤhe.

Jetzt haͤngt der Kellerſee mit ſeinen Anhoͤhen, Waͤldern und uͤbrigen Gegenden nicht weiter als durch die Ausſicht mit dieſem Luſtort zuſammen; nur daß der kleine See Ukley, der an der Hinterſeite des Pavillons ſich befindet, ſeinen ihm von den an - graͤnzenden Bergen zurinnenden Ueberfluß an Waſſer wieder dem Kellerſee durch den oben angefuͤhrten Bach, worin der Waſſerfall veranſtaltet iſt, mittheilt. Durch die Anlegung eines Parks aber wuͤrden ſie als Theile eines Ganzen noch weit mehr mit einander in Verbindung gebracht werden. Dieſes macht ein weſentliches Stuͤck des Unterſchieds zwiſchen einem Park und einem bloßen Luſtort dieſer Art.

III. Beſchrei -157Beſchreibungen von Gaͤrten.

III. Beſchreibung der Gaͤrten um Darmſtadt. *)Die beyden vorhergehenden Beſchrei - bungen habe ich im vorigen Sommer ver - fertigt. Dieſe aber, welche die Gaͤrten um Darmſtadt betrifft, iſt das Publicum derGuͤte des Heſſendarmſtaͤdtiſchen Kriegs - raths, Herrn J. H. Merk zu Darmſtadt, ei - nem Mann von bekannten Verdienſten um unſre Litteratur, ſchuldig.

1.

Wenn man von Manheim kommt, zeigt ſich eine halbe Stunde von Darmſtadt, rechter Hand der Straße, der neuangelegte Garten des Herrn Praͤſidenten, Frey - herrn von Moſer. Er graͤnzt auf der einen Seite an das nahe gelegene Dorf, und iſt mit einem niedrigen Zaun verſehen; ein Theil von ſeiner Anlage ergoͤtzt ſchon von Fer - ne das Auge des auf der Landſtraße ankommenden Beobachters. Der Eintritt iſt durch das große Thor linker Hand, wo die Hauptfahrt durch eine Allee italieniſcher Pappeln zum Hauſe fuͤhrt. Von da wandelt man durch ſchlaͤngelnde Gaͤnge von auslaͤndiſchen Hoͤlzern, deren eine große Verſchiedenheit iſt, und ſtoͤßt bald auf einen mit kleinen Baͤ - chen durchſchlungenen und mit Kleearten und Sommergewaͤchſen bewachſenen Raſen - platz, in deſſen Mitte die Statue des Apollo von geſchlagener Arbeit ſteht. Nicht weit von da erhebt ſich eine kleine Anhoͤhe, wo eine Quelle rinnt, uͤber welcher eine Laube mit daruͤber gezogenen Obſtbaͤumen angelegt iſt. Auf beyden Seiten iſt ein kleiner Wein - berg von niedrig gehaltenen Reben, wo die einzelnen hoͤher gehaltenen Pfaͤhle eine freye Ausſicht nach den obern Partien erlauben. Steigt man hoͤher, ſo entdeckt man eine ſchoͤne Maſſe Waſſer, in deren Mitte ſich eine kleine Inſel erhebt, worauf ein bedeckter chineſiſcher Pavillon angelegt iſt, in welchem man allezeit eine freye und angenehme Luft einzuathmen rechnen kann. Auf beyden Seiten iſt der Boden mit Obſtbaͤumen der beſten Gattung beſetzt.

Noch hoͤher liegt das ſchoͤne Landhaus, das an Niedlichkeit, Simplicitaͤt und Ge - ſchmack, ſowohl in der Architektur als der Auszierung, ſeines Beſitzers und Erfinders vollkommen wuͤrdig iſt. Es hat ein und achtzig Fuß in der Laͤnge, und acht und dreyſ - ſig Fuß in der Breite. Das erſte Geſchoß beſteht aus einem ſehr wohl proportionirten Saale, zwey Zimmern und drey Kabinetern. Das zweyte hat nur ein großes Zim - mer und zwey Kabinete, dagegen zwey Platteformen mit einer Baluͤſtrade, wo man das Vergnuͤgen des Spaziergangs und der freyen Ausſicht genießen kann. Auf demDachII Band. X158Anhang. Dach erhebt ſich ein Fußgeſtell, auf welchem die deutſche Freyheit mit ausgeſtreck - tem Speer und dem darauf ruhenden Schweizerhut ſteht.

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Kurz hinter dem Hauſe ſieht man ein niedliches Kapellchen, ſo wie man es auf Kirchhoͤfen erwarten koͤnnte, worin aber, ſtatt der Todtenopfer, dem Komus gedient wird. Rechter Hand des Hauſes trifft man einen kleinen offenen griechiſchen Tempel an, der niedlich auf naſſem Kalk ausgemalt iſt; weiter abwaͤrts rechter Hand einen Teich von unregelmaͤßiger Form, woran eine gerade Allee angelegt iſt, die zu einer auf die Wand gemalten Perſpective hinfuͤhrt. Hier findet man den Neptun im Schilfe verſteckt, ebenfalls von geſchlagener Arbeit. Wendet man ſich nun mehr abwaͤrts, ſo ſtoͤßt man auf die Ruinen einer gothiſchen Kirche, wovon das Portal eine artige Ni - ſche zur Ruhe und Ausſicht darbietet; und wenn man ſie rund umgeht, zeigt ſich von hinten ein Fußſteig, der zu dem ſchoͤnſten Belvedere fuͤhrt, das als ein Schreibkabi - net in dem mittelſten gothiſchen Fenſter der Kirche angebracht iſt. Hier herrſcht die freyeſte Ausſicht ſowohl uͤber den Garten, als uͤber die ganze Landſchaft auf viele Stun - den Wegs. Von hier aus kann man den Lauf des Rheins auf ſeinem Silberwege anverſchie -159Beſchreibungen von Gaͤrten. verſchiedenen Orten entdecken. Hinter den Ruinen iſt eine Pflanzung von allerley Ar - ten feiner Nadelhoͤlzer angelegt. Niedriger liegt ein kleines Eremitenhaͤuschen, das auf ruſſiſche Art aus ganzen Staͤmmen erbauet, und mit Stroh gedeckt iſt. Inwen - dig herrſcht die niedlichſte Sauberkeit und Einfalt. Von da geht ein Gang zu einem durch Kunſt hervorgebrachten Berge, der ſich mit einem von hohen Pappeln beſchatte - ten runden Platz ſchließt. An der entgegengeſetzten Seite iſt der Kuͤchengarten nebſt der Wohnung des Gaͤrtners angelegt.

Das Ganze der Anlage bildet den pikanteſten Anblick, und zeugt von der bluͤ - henden Imagination ſeines Erfinders. Bey einer gluͤcklichen Beleuchtung entdeckt man die ſchoͤnſten Maſſen, und der Zeichner wird uͤberall verſucht, ſein Portefeuille aufs Knie zu nehmen. Die gluͤcklichſten Einfaͤlle ſind uͤberall mit einer ſolchen Klugheit ausgefuͤhrt, und die Wirkung iſt ſo fein berechnet, daß man nicht weiß, ob man mehr der Beurtheilung oder dem Gefuͤhl das Lob ſprechen ſoll. Man hat weder verſucht, eine Wildniß zu erſchaffen, noch das Große der Natur auf einen Tiſch zu zaubern, wie ſo viele mit Aengſtlichkeit ſuchen; ſondern es iſt ein angenehmer Morgentraum rea - liſirt, und ein heitrer Ruheort fuͤr die Seele des empfindungsvollen Beobachters be - reitet worden.

2.

Naͤher nach der Stadt zu liegt auf derſelben Anhoͤhe der Garten des Herrn Ober - jaͤgermeiſters, Baron von Riedeſel. Es iſt eigentlich eine große Meyerey, die viele Morgen Landes mit den anmuthigſten Abhaͤngen enthaͤlt. Der Eingang iſt durch den Hof des Hauſes. Hier ſieht man die ſchoͤnſte Art Schweizervieh in den reinlichſten Staͤllen. Auf der einen Seite werden die feinſten Sorten von Obſt und Wein gezo - gen. Wenn man zu dem Boſquet hinabgeht, zeigt ſich rechts ein Vogelhaus, und gegenuͤber eine kleine Faſanerie, woran ein Teich ſtoͤßt, der mit den ſchoͤnſten baby - loniſchen Weiden umgeben iſt, und gegenuͤber einen Salon von Linden hat. Die Hauptallee endigt ſich mit einem Springbrunnen. Rechter Hand iſt am Ende des Gartens ein chineſiſches Haus, das ein mit vielem Geſchmack angelegtes Bad enthaͤlt, und die Ausſicht auf die Landſtraße genießen laͤßt. Geht man auf der andern Seite hinauf, ſo ſieht man rechter Hand ein wohlgebautes weites Feld, woran oben links ein Weinberg ſtoͤßt, rechts aber ſich ein kleines Gebuͤſch zeigt, worin ein Eremiten - haͤuschen neben einer mineraliſchen Quelle gebauet iſt. Von Ferne ſieht man ein Belvedere im chineſiſchen Geſchmack.

3.

In der Stadt Darmſtadt ſelbſt, iſt hinter dem Schloß der herrſchaftliche Kuͤ - chengarten in einen Garten im neuen Geſchmack umgeſchaffen. Ein kleines GehoͤlzII Band. Yvon160Anhang. von Ruͤſtern gab den erſten Einfall dazu. Es liegt rechter Hand, und man wird durch eine gerade Allee neben einem großen Raſenplatz dahin gefuͤhrt.

Von da gelangt man in verſchiedene krumm laufende Gaͤnge, bis man zum Gra - be der Landgraͤfinn kommt, das aus einem einfachen mit Epheu bewachſenen Grabhuͤ - gel beſteht, der auf den Seiten mit Taxusbaͤumen beſetzt, rundum aber durch die ſchoͤnſten babyloniſchen Weiden und andre dunkle Nadelhoͤlzer zu einem heiligen Hain eingezaͤunt wird. Sie hatte dieſes Grab ſelbſt zu ihrem Ruheplatz auserſehen, und auf einer Bank gegenuͤber viele Jahre vorher ihre Betrachtungen genaͤhrt. Nicht weit davon iſt ein Eremitenhaus, worin ſie den Sommer uͤber ihre meiſten Briefe ſchrieb, und die Einſamkeit ſuchte.

Das Ganze iſt ohne Grundriß ſchwer zu beſchreiben, indem man bald auf ge - ſchmuͤckte Raſenſtuͤcke, bald auf freyere Wieſen, auf Plaͤtze mit allerley Roſen beſetzt, auf Gruppen von Linden, und wieder auf Alleen ſtoͤßt. Ueberall aber herrſcht Ge - ſchmack und Gefuͤhl. Auch der Botaniker findet hier ſeine Rechnung, indem weit uͤber dreyhundert Arten der ſeltenſten nordamericaniſchen Straͤucher und Gewaͤchſe gezogen, und durch den Handel vertrieben werden.

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IV. Beſchrei -161Beſchreibungen von Gaͤrten.

IV. Beſchreibung des Parks zu Envil. *)Ein Landſitz des Grafen von Stamford in Worceſterſhire. Die Beſchreibung iſt von Heely in ſeinen ſchon angefuͤhrten Briefen uͤber dieſen Landſitz.

Bey dem erſten Eintritte auf den Boden dieſes angenehmen und weitlaͤuftigen Landſitzes fiel mir die Landſchaft ſehr auf. Ich bekam gleich einen guͤnſtigen Begriff davon, und ſtellete mir das groͤßte Vergnuͤgen von einem Spaziergange durch die vor mir liegenden Huͤgel und Waͤlder vor. Meine Hoffnung ward auch keinesweges betrogen.

Bey den Bedienten - und Stallgebaͤuden, die an der Heerſtraße liegen, kommt man durch das Thor auf einen Weg, der mit geringen Kruͤmmungen uͤber eine ebe - ne große Wildbahn fuͤhrt. Hier und da ſtehen einzelne hohe Baͤume, die dem Wege eine Zierde geben. Man kommt darauf an ein uͤberaus artiges und luſtiges Sommerhaus. Man nennt es das Schiffhaus. Hier ſieht man einen deutlichen Beweis, daß es in der Gartenkunſt allemal etwas Vortreffliches iſt, zu uͤberra - ſchen, und daß es weit mehr auf den Zuſchauer wirkt, wenn er auf einmal eine Scene vor ſich ſieht, ſie mag nun lebhaft oder ſchoͤn, oder traurig ſeyn, als wenn er ſie lange vor Augen hat, ehe er an den Ort kommt, von dem ſie eigentlich geſehen werden ſoll. Der Gartenkuͤnſtler kann ſich hieraus auch die Regel nehmen, in ſeinen Anlagen nicht zu voreilig zu ſeyn, ſondern ſeine Aufmerkſamkeit auf alles, auch auf die kleinſten Gegenſtaͤnde zu richten; thut er dieſes nicht, ſo wird er ſich nicht nur Vorwuͤrfe zuziehen, ſondern auch die wichtigſten Umſtaͤnde fuͤr den ganzen Ort uͤberſehen.

Dieſer ſchoͤne Anblick beſtaͤtigt meine Anmerkung. Er wird blos dadurch er - reicht, daß der Weg vorher etwas tiefer gefuͤhrt iſt, und daß das Gebaͤude auf ei - ner kleinen Anhoͤhe ſteht. Wie groß iſt nicht die Wirkung! Ohne eine Veraͤn - derung zu vermuthen, wird man von der laͤndlichen Einfalt, die einen umgiebt, von den waldigten Huͤgeln, ſchoͤnen Wildbahnen, und andern unterhaltenden Gegen - ſtaͤnden, indem man die ſanfte Anhoͤhe von Raſen hinangeht, auf einmal in eine ent - zuͤckende Abwechſelung verſetzt.

Ein Waſſerbaſſin von ſehr großem Umfange verbreitet ſich, und iſt mit tau - ſend Annehmlichkeiten, die ſich nicht beſchreiben laſſen, umgeben. Das Auge bleibtY 2gemei -162Anhang. gemeiniglich bey dem, was am meiſten auffaͤllt, ſtehen. Das iſt bey dieſem Pro - ſpecte eine wohl gebrochene, hohe, maleriſche Caſcade, die in verſchiedenen Saͤtzen herabfaͤllt, und uͤber einen rauhen grottenartigen Bogen von Felſen in einen Theil des Baſſins ſtuͤrzt, welcher durch die Gewalt des Waſſers in eine Bucht verwan - delt worden. Ich erinnere mich nie, eine ſchoͤnere Wirkung von Licht und Schat - ten geſehen zu haben, als hier durch die dunkele Farbe der immergruͤnen und an - deren Baͤume, und den Silberſchein des rauſchenden Waſſers hervorgebracht wird, noch eine natuͤrlichere und beſſer angeordnete Caſcade, die in einem engen Thale her - ablauft, und in einem ſo praͤchtigen Walde zwiſchen dickem Gebuͤſche liegt.

Ueber der Caſcade macht das hochliegende, alte, finſtere Gebaͤude eine ſchoͤne Perſpective. Es ſteht weit zuruͤck, und linker Hand bemerkt man in mehrerer Tiefe ein halb verſtecktes, und uͤber die Baͤume hervorragendes Pachterhaus, bey dem eine ſich gegen den See herunterziehende Wildbahn anfaͤngt, die theils mit ein - zelnen, theils mit Gruppen von Baͤumen beſetzt iſt. Dieſe angenehme Ausſicht macht einen ſehr lebhaften Contraſt mit dem majeſtaͤtiſchen Anſehen der andern Seite des Waſſerfalls.

Hier ſind die ſteilen Huͤgel oben mit Waldung beſetzt, welche ſich zum Theil auf ihrem luſtigen gruͤnen Boden herunter, und wieder zu einem ſonderbaren Ge - baͤude, der gothiſche Thorweg genannt, hinaufzieht, von da die ebene Wildbahn ſich bis ans Waſſer herab verbreitet, gegen das Haus hingeht, und ſich in einem Hain von alten Eichen und Ulmen verliert.

Das Schiffhaus iſt achteckigt, und inwendig artig mit Medaillons und Frucht - ſchnuren, oder Feſtonen, von Stuck, verziert. Das Fenſter gegen das Waſſer hat mit ſonderbaren grotesken Figuren vermalte Fenſterſcheiben, die zwar eine gute Zier - de geben; allein ſo unterhaltend dies auch den meiſten Perſonen iſt, ſo wird doch da - durch, wenn das Fenſter zu iſt, eine weit intereſſantere Ausſicht unterbrochen.

Von dieſem artigen Gebaͤude gehen Sie durch eine dicke Pflanzung von Kie - fern und allerley Gebuͤſchen, die etliche Schritte lang nicht nur den Teich, ſondern auch den Damm ſehr gluͤcklich verbirgt, ſo daß man den Uebelſtand nicht gewahr wird, der von dieſer Methode, Waſſer zu gewinnen, herruͤhrt. Ein gerader nacken - der Damm iſt allenthalben, wo er ſich zeigt, etwas, das die Augen ſehr beleidigt, und ſchlechte Begriffe von des Gartenkuͤnſtlers Einſichten giebt, weil nichts in der Welt unnatuͤrlicher iſt. Wo der Ort nicht erlaubt, den Boden auszugraben, muß der Damm, um ihn einigermaßen ertraͤglich zu machen, durch dickes Ge - buͤſche gaͤnzlich verſteckt werden. Dies letztere hat man vollkommen beobachtet; waͤ - re eben dieſes in Anſehung der Figur geſchehen, und haͤtte er eine krumme Linie, an -ſtatt163Beſchreibungen von Gaͤrten. ſtatt einer geraden bekommen, ſo haͤtte dies Waſſerſtuͤck keine angenehmere Form haben koͤnnen.

Wenn man eine Zeit lang im Dunkeln gegangen iſt, ſo laͤuft der Weg her - nach am Ufer des Sees fort; gegen die Landſchaft hat man eine freye Ausſicht, und kommt durch eine Thuͤre auf die obgedachte Wildbahn, welche man ſowohl als den Hain von einer vortheilhaften Seite ſieht. Aus einem andern Geſichtspuncte wird das Wohnhaus, das etwas im gothiſchen Geſchmack iſt, ein angenehmer Gegen - ſtand jenſeits des Waſſers.

Indem Sie auf dieſe Weiſe um den Teich gehen, kommen Sie durch eine andere Thuͤre auf ein mit Geſchmack angelegtes Blumenſtuͤck am Rande der Caſca - de. Hier werden Sie ſich, bey dem unaufhoͤrlichen Geraͤuſch des herabſtuͤrzenden Waſſers und bey dem ambroſiſchen Duft von Roſen und Geisblatt, auf eine Bank in der mit Gebuͤſch umgebenen Vertiefung niederſetzen, Ihre Augen auf die Ca - ſcade richten, und durch deren einſtimmiges Getoͤſe in ein ſtilles Nachdenken ver - ſenkt werden. Sie werden auf nichts weiter achten, als zuweilen einen Blick auf das durch den Buſch ſcheinende Schiffhaus und die gegenuͤber ſich oͤffnende Wildbahn werfen.

Die Abſaͤtze der Caſcade erſcheinen in einer wohlangelegten Unordnung; ſie ſind ſteil und gut unterbrochen, an einigen Orten hohl, und ſenkrecht, welches vermuthlich von der Gewalt des Waſſers, welches von einem Abſatz auf den andern ſtuͤrzt, herruͤhrt. Irre ich mich hierin, ſo hat die Kunſt die Natur nie gluͤcklicher nachgeahmt. Wenigſtens haben alle Verſuche, die ich geſehen, um zu verhindern, daß das Waſſer keine rauhen Abſaͤtze oder Spaltungen mache, keine angenehme Wirkung gethan. Glauben Sie mir, alle Bemuͤhungen der Kunſt und des Genies koͤnnen den Abſaͤtzen keine ſo gute Form geben, als die hier durch die unaufhoͤrliche Arbeit des Waſſers von ſelbſt entſtanden iſt.

Indem ich die vielen Abwechſelungen um mich her betrachtete, machte ich die Anmerkung, daß die Caſcaden auf den Seiten buſchigter ſeyn koͤnnten, um ei - nen noch undurchſichtigern Proſpect zu haben, welches unſtreitig allemal bey einer Caſcade ſeyn ſoll. Einſame, dunkle Oerter koͤnnen es nie genug ſeyn, und man muß nichts ſehen, als was dieſen Anſchein noch vermehrt. Das Geraͤuſch des Waſſers uͤberfuͤhrt mich ſchon hinlaͤnglich, daß ſich dasjenige, was die Kunſt hin - zufetzt, auch dazu ſchicken muͤſſe; z. E. ein ununterbrochener finſterer Schatten, ein wildes Anſehen, große Felſenklumpen, mit Epheu umwundene Baͤume, und Ufer mit hohlen Loͤchern.

Y 3In164Anhang.

In mehrerer Hoͤhe werden Sie zwiſchen den Abſaͤtzen der Caſcade alles ſchick - lich, der Natur und dem Charakter gemaͤß finden. Eine Pfoſte z. E. iſt queer uͤber den Fall geworfen, und macht, ſo wenig man auch darauf achtet, einen von den angenehmen Gegenſtaͤnden aus, die ſich durch ihre Simplicitaͤt empfehlen.

Nichts kann reizender ſeyn, als der Gang von dieſem Sitze nach der aͤußern Seite dieſes romantiſchen Orts. Der reißende Strom ſtuͤrzt zu Ihren Fuͤßen zwi - ſchen einer Kluft herab; an einer andern Stelle ſieht man zwiſchen den Baͤumen das Waſſer uͤber die Felſen hinſchaͤumen. Wenn Sie bey der mir ſo ſehr ge - fallenden Pfoſte ſtehen, ſehen Sie den herabfallenden Canal hinunter, der an den Seiten mit Lorbeerbaͤumen beſetzt iſt; die ſchoͤne, maleriſche Lage des Schiffhauſes werden Sie lange mit Vergnuͤgen betrachten: ſehen Sie ruͤckwaͤrts nach der Caſca - de, und nach dem unruhigen Waſſer unten, ſo bekommen Sie andere Empfindun - gen. Gewiß, keine Anlage kann beſſer ſeyn, um Vergnuͤgen und Erſtaunen zu erregen; zugleich fuͤhlt man aber eine Art von Schrecken, wenn man mitten unter dieſem unaufhoͤrlichen Getoͤſe des Waſſers ſteht, und ſieht, mit welcher Gewalt es ſich bricht. Ich geſtehe, daß ich alle Augenblicke dachte, ich wuͤrde von dem Waſ - ſer fortgeriſſen, und in den Abgrund geſchleudert werden.

Wenn man dieſe unnachahmliche Scene verlaͤßt, fuͤhrt der Weg bey den Waſſerbehaͤltniſſen, die ich mehr verſteckt zu ſeyn wuͤnſchte, vorbey in ein dickes Gebuͤſche, darin ein bequemes kaltes Bad angebracht iſt, worauf eine vollkommene Hirtenſcene folgt, welche aus einer Pachterwohnung, Schaftriften, und fruchtbaren mit Rindvieh beſetzten Grasfeldern, einem friſchwachſenden Klump von Ellern, Haſel - ſtraͤuchen und Weiden, und einer gruͤnen, mit Wald umgebenen, abhaͤngigen Wieſe beſteht.

Ehe ich weiter gehe, muß ich anmerken, daß dies der einzige Ort des ganzen Gutes iſt, wo man den natuͤrlichen Schoͤnheiten durch Kunſt haͤtte koͤnnen zu Huͤl - fe kommen; es iſt aber nicht das Geringſte geſchehen. Um mich deutlicher zu er - klaͤren, ſo iſt rechter Hand, etwas uͤber der letztern Caſcade, ein tiefes waldigtes Thal, welches bis an den Huͤgel geht, und eine ſo gluͤckliche Lage und ſo viele Vor - theile hat, als ein Gartenkuͤnſtler nur wuͤnſchen kann; es ließe ſich mit weniger Huͤl - fe zu einer von den ſchoͤnſten arkadiſchen Gegenden machen.

Wenn man dieſe einſame ſchattigte Gegend ihrem Charakter gemaͤß einrich - tete; wenn man die hie und da rieſelnden Quellen ſammlete, bald einen Fall anlegte, bald das Waſſer wieder theilte, und Inſeln formirte, bald wieder gerade fortſchlaͤn - geln ließe; wenn man einen Gang mit vielen Kruͤmmungen, bald auf der Hoͤhe, bald laͤngſt dem Bach, oder nach dem Geſichtspuncte, wohin ſich am beſten Baͤnke ſchi -cken,165Beſchreibungen von Gaͤrten. cken, oder zu einer Urne, oder mit Epheu und Glasſchlacken gezierten Grotte, und allmaͤhlig um die Vertiefung herumleitete, bis er wieder zu der obgedachten Hir - tenſcene fuͤhrte: ſo behaupte ich, daß ſowohl die Gegend und die Grotte von Hagley, als der beruͤhmte Hain der Leaſowes die Schoͤnheiten nicht verdunkeln wuͤrden, welche man in dieſem herrlichen aber vernachlaͤſſigten Thal anbringen koͤnnte.

Wenn eine ſolche Scene anders ein Gegenſtand der Gartenkunſt iſt, wie man ſie denn wirklich als einen Hauptgegenſtand derſelben anſehen muß, ſo hat Envil den Vortheil, einen der vollkommenſten zu liefern.

Nunmehr will ich Sie von dem Pachterhauſe einen ſteilen Huͤgel hinan, nach der aͤußern Seite des Waldes fuͤhren, wo ſich eine beſchattete Bank findet, von der man einen freyen, abwechſelnden und ſehr weiten Proſpect hat.

Zuerſt wird man hier uͤber den romantiſchen Anblick des Felſen bey Kinfare in Verwunderung geſetzt. Wuͤßten Sie nichts davon, ſo wuͤrden Sie ihn fuͤr weitlaͤuftige Ruinen eines ehemals praͤchtigen Schloſſes anſehen. Die Natur zeigt vielleicht ihre ſonderbaren Einfaͤlle nirgends ſtaͤrker, oder hintergeht den Zuſchauer nirgends durch eine lebhaftere Illuſion. Nennen Sie dies einem Fremden die Ruinen vom Schloß Kinfare, ſo wird er keinen Augenblick an Ihrem Vorgeben zweifeln. Er ſteht auf einer ſteilen Anhoͤhe am Fuße eines Berges, und ſtellt natuͤrlich ein al - tes verfallnes gothiſches Gebaͤude vor, das durch die Laͤnge der Zeit, oder durch die Gewalt der Kanonen halb zuſammengefallen iſt.

Sie werden nunmehr Ihre Aufmerkſamkeit auf die uͤbrigen Merkwuͤrdigkei - ten in der Nachbarſchaft lenken, die in der That groß ſind. Sie ſehen die Edge, welche ihre ſchoͤne Maſſe empor hebt, den Thurm der Kirche von Kinfare auf ei - nem waldigten Huͤgel, eine wuͤſte Flaͤche, eine Reihe von Huͤgeln, Bergen, Hol - zungen und gruͤnen Thaͤlern unter einander: alles iſt auffallend. Nicht weniger wird Ihnen der Vorgrund gefallen, der aus einer geraͤumigen Wildbahn und an - gebaueten Laͤndereyen beſteht, die mit einer Pflanzung von Kiefern, welche ſich bis an das untere wuͤſte Land herabziehen, umgeben ſind.

Von hier lenkt ſich der Weg wieder in den dicken ſchattigten Wald, bis man in einem finſtern zum Nachdenken gemachten Orte die Capelle antrifft. Dies Gebaͤude iſt dem verſtorbenen Beſitzer der Leaſowes gewidmet; vielleicht wegen der Aehnlichkeit, die der Ort und die Gegend mit verſchiedenen Oertern von jenen hat, oder weil der Lord es aus Achtung fuͤr gedachten Beſitzer auffuͤhren laſſen. Dem ſey wie ihm wolle, die Natur der Lage bringt die verlangte Wirkung hervor. Der Ort liegt abgelegen, iſt mit Abhaͤngen, und mit einem wilden, un -durch -166Anhang. durchdringlichen Dickigt und Baͤumen umgeben, und es herrſcht hier eine feyerli - che, todte Stille, welche die Scele zu ernſthaftem Nachdenken einladet. Die Fenſter beſtehen aus gemalten Scheiben, die ein heiliges Dunkel in der Capelle verbreiten, und dem Charakter der Capelle gemaͤß ſind.

Unſtreitig hat Envil hin und wieder die lieblichſten Scenen in der Natur aufzuweiſen; wenn ich darunter die gegenwaͤrtige vornehmlich zaͤhle, ſo wird man wohl nicht viel dagegen einzuwenden haben. Das Ganze iſt ſo maleriſch, ſo ganz ungekuͤnſtelt, und ein ſolches Gemiſche einer muntern, großen und lebhaften Scene, daß es unmoͤglich iſt, ſie mit gehoͤrigen Farben abzuſchildern.

Das vornehmſte Gebaͤude, welches man hier ſieht, iſt das Schiffhaus am En - de einer Vertiefung mitten in einer waldigten Gegend. Nach demſelben ſieht man zwiſchen hohen, ſchoͤnen Baͤumen durch, die einzeln auf einer buſchigten Flaͤche ſte - hen; darauf folgen dicht unter einander ſtehende Ellern, Weiden und Eſchen, die gleichſam eine lange ebene Grundlinie formiren, hinter der man einen ſchlaͤngelnden Bach das Thal hinabrauſchen und in einen großen See fallen ſieht. Ein Hain ſcheint dieſen See zu theilen, und ſtoͤßt an eine Kieferpflanzung, die laͤngſt dem Ufer fort bis an das Schiffhaus geht, und ſolches zum Theil umgiebt, und ungemein hebt. Dem Hintergrunde fehlt es auch nicht an unterhaltenden Gegenſtaͤnden. Die Land - ſchaft wechſelt mit Huͤgeln und Thaͤlern ab, und ſtrecket ſich bis zu einem entfern - ten Horizont fort.

Ich ſuchte das Vergnuͤgen dieſer angenehmen Scene ziemlich lange zu ge - nießen, und verließ ſie endlich, wiewohl ungerne, um mich tiefer in den Wald zu begeben. Ich traf hier unter dem kuͤhlen Schatten einer ſich weit ausbreitenden Eiche eine Bank an. Sie lag vor einer Vertiefung, die mit dickem Gebuͤſche beſetzt war, hinter welcher ſich auf einem ſteilen, mit Waldung beſetzten Huͤgel eine Rotunde ungemein reizend erhebt.

Nichts erfreuet das Auge mehr, als wenn man in einem finſtern, weitlaͤuf - tigen Walde zuweilen eine unvermuthete Durchſicht nach einer Wildbahn, oder ſonſt einem angenehmen Gegenſtande hat. Zu beyden haͤtte man hier die ſchoͤnſte Gelegenheit; man duͤrfte nur das Unterholz ausroden, damit man die Ungleichheit des Bodens, und den Gegenſtand freyer zum Geſichte braͤchte. Geſchaͤhe die - ſes auf die gehoͤrige Art, ſo koͤnnte keine Scene dieſer ganzen Herrſchaft eine ſchoͤ - nere Wirkung thun.

Ich gieng nunmehr einen Weg, der zu den beyden Seiten ſo dick mit Baͤu - men und Straͤuchern beſetzt iſt, daß kein Sonnenſtral durchdringen kann, um dieſe Einſamkeit zu beleben.

Auf167Beſchreibungen von Gaͤrten.

Auf dem Wege von der gedachten Bank unter der Eiche fand ich wenig Veraͤnderungen, ausgenommen in der Vertiefung, aus der ſich wieder ein ſteiler Huͤgel erhebt, der ſtark bewachſen iſt, wie zuvor. Hier lenkt ſich ein anderer Weg rechts; weil ſolcher aber blos zu der Rotunde fuͤhrt, ſo ſtieg ich auf den Huͤgel, und fand, daß der Wald ſich an einer geraͤumigen Ebene endigte, welche eines der ſchoͤn - ſten Stuͤcke von Envil ausmacht. Der Anblick ſetzt zwar nicht in Erſtaunen, verurſacht dem Auge aber ein unausſprechliches Vergnuͤgen, weil es auf dem Ruͤ - cken des Huͤgels, der mit unzaͤhlbaren Heerden von Schafen bedeckt iſt, gleichſam einen ſanften Ruheſtand findet.

Bey jedem Schritte vermehrte ſich meine Erwartung; ſtufenweiſe zeigte ſich immer mehr von der entfernten Landſchaft, bis ich endlich den praͤchtigen Umfang ganz vor mir hatte. Die erhabenen Zeilen Miltons:Dies ſind deine herrlichen Werke, du Vater des Guten! Großer, Allmaͤchtiger! dein iſt dieſer erſtaunende Weltbau, Den du ſo wunderbar ſchoͤn erſchufſt; wie wunderbar mußt du Selbſt nicht, Unausſprechlicher, ſeyn! *)Verlornes Paradies, 5ter Geſ. nach Zacharaͤ’s Ueberſetzung.u. ſ. w. fielen mir ein, als ich hier gieng, und die praͤchtige Ausſicht meine gan - ze Seele erfuͤllte.

Das unfruchtbare wuͤſte Land im Thal war durch Waldung abgeſondert; aber der Kirchthurm von Kinfare, die Edge und der romantiſche Felſen zeigten ſich in großer Schoͤnheit. Eine ſolche Menge von auffallenden Gegenſtaͤnden belebt die ganze Gegend, daß man nicht weiß, wohin man zuerſt, und auf was man vor - nehmlich ſehen ſoll. Auf einer Seite ſcheinen die hohen Huͤgel von Malvern an die von Aberley zu ſtoßen, und dieſe an die von Clee, und letztere wieder an an - dere gekettet; auf der andern erhebt der ſtolze Wreckin ſein Haupt mitten in ei - ner weiten Ebene hoch empor, und iſt von der Natur mit allen ihren Geſchenken reichlich verſehen. Der Rauch entfernter Staͤdte, die Kirchen der umliegenden Doͤrfer, die vielen Huͤgel hinter einander, mit den darunter gemengten Thaͤlern und Feldern, und die weit entlegenen blauen Berge machen dieſe herrliche Ausſicht voll - kommen.

Mitten in dieſem anſehnlichen Thal, das zum Vergnuͤgen und Nutzen des menſchlichen Lebens beſtimmt iſt, ſteht ein Gebaͤude vom gothiſchen Geſchmack,welchesII Band. Z168Anhang. welches die Schaͤferwohnung heißt, und mit hohen Baͤumen umgeben iſt. Ein Zimmer darin iſt mit Silhouetten von des Lords Familie und Freunden geziert. So ſonderbar dieſer Anblick iſt, ſo ſollen ſie doch ſehr aͤhnlich ſeyn. Das andere iſt mit Kupferſtichen verſehen, welche Landſchaften und Proſpecte der vorzuͤglichſten Landhaͤuſer und Gaͤrten vorſtellen. Die Treppe iſt mit alten Landcharten und Lie - dern beklebt. Dies iſt nicht nur unterhaltend, ſondern ſtimmt auch mit dem Cha - rakter eines Hirten uͤberein, den man ſich als den Bewohner dieſes Hauſes vorſtel - len muß.

Wollten Sie den offenen Gang auf dieſer Hoͤhe bis ganz ans Ende fortſetzen, ſo wuͤrden Sie vielleicht noch vielerley Abwechſelungen in der Landſchaft finden. Aber ich muß geſtehen, daß die Verfuͤhrung fuͤr mich nicht ſtark genug war, um den reizenden Ort, wo ich mich befand, zu verlaſſen. Nachdem ich lange genug dar - auf verweilet hatte, war ich nunmehr auch darauf bedacht, die andern Theile des Waldes zu beſuchen. Die Ebene, worauf ich mein Augenmerk im Weitergehen richtete, beſtand aus einem ſehr fruchtbaren Boden mit einem ſo feinen Raſen, wie in einem Boulingrin, oder wie auf den Huͤgeln in Wilthſhire. Sie iſt auf beyden Seiten abhaͤngig, und laͤuft wellenfoͤrmig laͤngſt dem Fuße der Waldung fort. Hin und wieder iſt ſie mit Klumpen von Kiefern, Eichen und alten Taxusbaͤumen be - ſetzt, die den Heerden in den heißen Monaten einen erfriſchenden Schatten geben.

Auf der Seite eines ſchoͤnen Amphitheaters, welches der Huͤgel formirt, und wo man eine liebliche Ausſicht hat, folgte ich einem Fußſteige, und kam bald an die Rotunde. Dies artige Gebaͤude hat viel aͤhnliches mit der zu Hagley, iſt aber, wie mich duͤnkt, nicht ſo helle. Es liegt auf einer Hoͤhe, von der das Au - ge eine liebliche abwechſelnde Landſchaft vor ſich ſieht.

Hier unterſcheidet man am beſten die Haine von Hagley, die Clentiſchen Huͤgel, den Wald von Wichtberry und den Obelisk, ferner die Stadt Dudley bis zu ihrem verfallenen Schloſſe auf dem Gipfel eines ſteilen Huͤgels und in der Nachbarſchaft von andern, die theils angebauet, theils mit Waldung beſetzt ſind; zwiſchen dieſen und Clent entdeckt man ſehr deutlich ein Stuͤck von den Leaſowes, und die Capelle auf dem Huͤgel Brierly. Dieſe Gegenſtaͤnde formiren einen an - genehmen Horizont: es giebt aber andere, die man mehr zu ſeinen Fuͤßen hat; vor - nehmlich die Schulwohnung, die am Rande einer unangebaueten Strecke zwiſchen allerley Pflanzungen von Kiefern, gruͤnen Wildbahnen, und fruchtbaren Feldern wie eingeſchloſſen liegt.

Das artige Gebaͤude reizt nicht nur das Auge, ſondern erregt auch waͤrmere Empfindungen, wenn man weiß, daß hier durch die Freygebigkeit einer Dame,naͤmlich169Beſchreibungen von Gaͤrten. naͤmlich der Dorothea Grey, zwoͤlf arme Maͤdchen erzogen und unterhalten wer - den. Sie hat dies Haus nicht nur erbauet, ſondern auch ein hinlaͤngliches Capi - tal dazu vermacht. Ein edler Beweis ihres wuͤrdigen und gutthaͤtigen Charakters, wodurch ſie ſich bey der ſpaͤten Nachwelt im Andenken erhalten wird.

Der Grund, welcher am Fuße der Rotunde anfaͤngt, hat etwas Romanti - ſches. Eine große Wildbahn ſinkt auf einmal in ein tiefes enges Thal hinab, und iſt mit Waldung eingefaßt, die auf den verſchiedenen Abhaͤngen ſteht. Dies macht eine ſehr ſanfte Scene, worauf das Auge ausruhen kann. Sie werden bedau - ren, daß der gegenuͤberliegende hohe Wald, um einer Durchſicht willen, nach der Kirche zu Kinfare durchgehauen iſt. So groß dieſer Proſpect an andern Orten ſcheinen moͤchte, ſo iſt er doch hier gleichguͤltig. Man hat, meiner Einſicht nach, eine große Schoͤnheit verloren, um eine weit geringere zu erhalten.

Man hat die Durchſicht zwar wieder zugepflanzt; aber ich fuͤrchte, der Wald wird ſeine ehemalige Geſtalt nicht ſo bald wieder erreichen. Vermoͤge einer richtigen Erfahrung gedeihen junge Baͤume ſelten unter den alten. Geſchaͤhe es aber auch, ſo bleibt doch der Uebelſtand noch viele Jahre ſichtbar. Zum Gluͤcke iſt die Durch - ſicht nur ſchmal; die jungen Baͤume moͤgen alſo wachſen oder nicht, ſo werden doch die Zweige der alten mit der Zeit zuſammenwachſen, und die Oeffnung wird ſich verlieren.

Um die Rotunde waren die Haſelſtraͤuche und das Gebuͤſche nicht ſo ſehr dick als vorher, es bekam aber, bald nachdem ich ſie verließ, die vorige Beſchaffenheit wieder, und der Gang war ſo dunkel und einſam, wie vorher; das angenehme Singen der Voͤgel macht aber, daß man ſich keine angenehmere Scene wuͤnſcht.

Ich gieng einen andern Huͤgel hinab, und gelangte, mitten im Schatten und dem begleitenden Geſange der Voͤgel, zu der Halle. Dies Gebaͤude ſchickt ſich ſehr wohl fuͤr ſeinen Platz: denn es ſteht am Rande eines Waldes, der ſich uͤber die hinterwaͤrts liegenden Huͤgel verbreitet, und indem er ſich zu beyden Seiten hinunter zieht, eine Wildbahn formirt, die auf eine lange Strecke von einem frey - ſtehenden Hain eingeſchloſſen wird, uͤber den man eine ſehr angenehme Ausſicht in die Landſchaft hat, und bey heiterm Himmel am Horizont den Thurm von Sedgley und Lords Dudleys Sitz und Park ſehen kann, welche viel zu einem angeneh - men abwechſelnden Proſpect beytragen. Vorzuͤglich wird der Vorgrund Ihre Auf - merkſamkeit auf ſich ziehen. Ich glaube nicht, daß Envil etwas ſchoͤneres auf - weiſen kann, und daß ſich Holzung und Wildbahn gluͤcklicher verbinden laſſen, um ſich wechſelsweiſe ein gefaͤlliges Anſehen zu geben.

Z 2Von170Anhang.

Von dieſer Hirtenſcene fuͤhrte man mich auf einem mit vielen Kruͤmmungen verſehenen Wege wieder mitten in den Wald, wo ich an einem finſtern einſamen Platze eine Urne ganz allein auf einem weichen Raſen ſtehen ſah. Ich betrach - tete ſie mit vielem Vergnuͤgen. Eine wohlangebrachte Urne iſt ein Gegenſtand, der dem Auge ſehr gefaͤllt; an einem unſchicklichen Orte iſt es aber auch etwas ſehr Unangenehmes.

Bey der Fortſetzung des Weges ſtutzte ich, daß ſolcher auf einmal anfieng ein Raſenweg zu werden, anſtatt daß er bisher von Kies gemacht war. Dies laͤßt ſich auf keinerley Weiſe rechtfertigen. Haͤtte der Kies bey einem Gebaͤude aufgehoͤrt, ſo waͤre es doch noch einigermaßen ſchicklich geweſen. Aber auf dieſe Weiſe mit einmal abzubrechen, ohne daß man einſieht, warum, das iſt ein ſon - derbarer Einfall des Gartenkuͤnſtlers, wovon ich bisher noch nichts gewußt habe.

Indem ich auf dieſem Raſenwege fortgieng, kam ich auf einmal an einen außerordentlichen ſteilen Abhang, weswegen der Weg abwaͤrts zur Vermeidung der Gefahr hin und her gefuͤhrt war. Nachdem ich eine Zeit lang auf den ſchat - tigen Kruͤmmungen gegangen, und mich nach Abwechſelung geſehnt hatte, ſtieß ich unvermuthet auf die Huͤtte. Man mag auf das Wort ſelbſt, oder auf die Simplicitaͤt, die gemeiniglich bey den Wohnungen der Duͤrftigkeit herrſcht, oder auf die Beſchreibungen der Dichter ſehen, vermoͤge deren die wahre Gluͤckſelig - keit blos in einem einſamen Landleben zu finden iſt, das thut hier nichts zur Sache; genug eine Huͤtte iſt in einer weitgausgedehnten Gegend, wie dieſe, al - lemal ein Gegenſtand, der Vergnuͤgen und angenehme Begriffe in der Seele erregt, und man wird, ſo viel ich urtheilen kann, nicht leicht eine finden, die in Anſe - hung ihrer Lage mehr Beyfall verdient. Sie iſt mit den ſchoͤnſten waldigten Huͤgeln und Thaͤlern umgeben; ſie liegt ganz einſam, und doch aͤußerſt ange - nehm. Glauben Sie mir, dies ſtroherne Haͤuschen, die vor ihm liegende kleine abhaͤngige Wildbahn, die hohen Baͤume, womit der Platz vor demſelben umge - ben iſt, und die ein vollkommnes Dach uͤber daſſelbe formiren, reizen das Auge eines Mannes von Geſchmack mehr, als der praͤchtigſte Tempel, daran alle Kunſt verſchwendet iſt.

Was halten Sie aber von der hier befindlichen Menagerie auslaͤndiſcher Voͤgel? Es iſt zwar wahr, daß man das bunte Gefieder und die verſchie - denen Arten von Geſchoͤpfen, die aus fernen Laͤndern hieher gebracht ſind, mit Vergnuͤgen anſieht; allein es bleibt doch allemal ſonderbar, und ſcheint noch ſehr ungewiß, ob es ſchicklich ſey, daß in einer Huͤtte eine ſo koſtbare Sache, als eine Menagerie, angelegt worden. Sie werden es vielleicht dadurch entſchuldi -gen,171Beſchreibungen von Gaͤrten. gen, daß hier eine arme Familie unterhalten wird, welche fuͤr die Wartung der Voͤgel ſorgt. Das iſt die Sprache des Mitleidens; es hebt den Einwurf aber nicht, daß die Menagerie ſich fuͤr keinen ſolchen Ort ſchickt. Dieſe gehoͤrt fuͤr einen luſtigen Garten, wo mehr unterhaltende kuͤnſtliche Gegenſtaͤnde ſind, z. E. bey einem Gewaͤchshauſe, wo ſie gleichſam in einiger Verbindung mit den frem - den Pflanzen ſtehen, die aus gleichentfernten Gegenden herbeygeſchafft worden.

Der Weg geht, um den gruͤnen Platz vor dem Hauſe, durch eine vollkom - men waldigte Gegend, nach einer Bank in einem lichten Hain, auf dem ſchoͤnſten Raſen, und lenkt ſich alsdann linker Hand; doch geht auch einer rechter Hand queer durch das gedachte Thal, wo eben die Halle und daruͤber der Wald die ſchoͤnſte Landſchaft darſtellen. Er laͤuft alsdann einen ſteilen Huͤgel in den Wald hinan, worauf Sie ihn verlaſſen, und einen Gang zwiſchen Klumpen von Fichten und andern Baͤumen hinabgehen nach dem gothiſchen Thorwege. Dies iſt ein greßes wohlausgefuͤhrtes Gebaͤude, deſſen mittler Theil aus einem großen Bogen beſteht, und an jeder Seite mit einer Art von Halle verſehen iſt, wovon man die ſchoͤnſte Ausſicht hat. Von der auf der rechten Hand uͤberſieht man einen an - ſehnlichen Strich entfernter Laͤndereyen, der mit Huͤgeln, Waͤldern und Thaͤlern angenehm abwechſelt; auf dem Vorgrunde bemerkt man ein lebhaftes Gemaͤlde, z. E. Wildbahnen, ein Waſſerſtuͤck, das Schiffhaus, eine Halle in einem Fich - tenhain, weitlaͤuftige Pflanzungen, welche ein angebauetes Land mit Getraide, Trif - ten und Brachfeld einſchließt: alles dieſes zuſammen macht eine Landſchaft aus, die den Zuſchauer ungemein unterhaͤlt.

Auf der linken Seite hat man zum Theil eben die Gegenſtaͤnde, eine weite Ausſicht mit verſchiedenen Waſſerſtuͤcken auf der Wildbahn; zwiſchen feinen Grup - pen von Baͤumen und bluͤhenden Gewaͤchſen zeigt ſich auf eine vorzuͤgliche Art ein Billardſaal.

Wenn Sie bey Fortſetzung des Wegs von der Huͤtte aus dem Walde kom - men, ſo werden Sie von einer Bank unter einer Eller Ihr Augenmerk auf ein großes unregelmaͤßiges Waſſerſtuͤck richten, das zwiſchen den Baͤumen durchſchim - mert. Man hat hier eine artige Scene vor ſich, und einen angenehmen Proſpect in der Ferne. Ehe man an das Waſſer kommt, fuͤhrt eine ſehr ſimple und bey - nahe zu plumpe Bruͤcke uͤber den ſchaͤumenden Strom einer Caſcade, die ſehr na - tuͤrlich uͤber Steine und Schlacken herabſtuͤrzt, und mit dickem Gebuͤſch und rau - hen Abhaͤngen umgeben iſt.

Von dieſem unterhaltenden Orte ſtrecken ſich die Wildbahnen und Waͤlder zu beyden Seiten fort. Der Weg laͤuft am Rande der letztern einen ſteilen Huͤ -Z 3gel172Anhang. gel hinan, und iſt auf der andern Seite gegen die Vertiefungen frey. Meine Augen waren aber mehr auf den Wald und die kuͤhnen Ungleichheiten ſeines Grun - des gerichtet. Ich zog ihn den andern Dingen, die ich beſſer kannte, vor, und bedauerte, daß alles von Brombeerſtraͤuchern ſo verwildert war. Koͤnnte man dieſes Unkraut vertilgen, und ſtatt deſſen Raſen anlegen, ſo wuͤrde es nicht nur ei - ne große Wirkung, ſondern auch die Abwechſelung hervorbringen, die bey einer Waldung von großem Umfange allemal erfordert wird.

Von einem Sitze am Rande des Huͤgels hat man einen Blick nach der Kir - che von Envil, und eine ſchoͤne mit Waſſer untermengte Wildbahn vor ſich; der maͤchtige Wald kruͤmmt ſich am ſteilen Abhange eines tiefen Thals, darin viele Heerden weiden, fort. Nicht weniger Bewunderung verdient der Proſpect vom Schloſſe zu Dudley, und von etlichen Gegenſtaͤnden, die man bereits bey dem gothiſchen Thorwege geſehen hatte.

Wenn Sie dieſe edle Waldungen vermuthlich ungerne verlaſſen, ſo kommen Sie auf einen mit Geſtraͤuche verſehenen Grund, mit untermengten Klumpen von Fichten und andern Baͤumen von vortrefflichen Kronen und dem ſchoͤnſten Wuchſe. Ein breiter Kiesgang, der allmaͤhlig unter ſie hinabfuͤhrt, und mit tauſend ver - ſchiedenen wohlriechenden Gewaͤchſen bepflanzt iſt, wird Sie ſehr unterhalten, ſo wie auch die hin und wieder mit kluger Wahl angebrachte Durchſicht auf die Wildbah - nen und waldigten Huͤgel. Vermittelſt der einen hat man einen auffallenden Pro - ſpect des gothiſchen Thorweges, und durch eine andere ſieht man den Wald, und daruͤber die Spitze eines großen Gebaͤudes hervorragen.

Wenn man ſich dieſem Geſtraͤuche naͤhert, ſo zieht der ſogenannte Billard - ſaal die Aufmerkſamkeit auf ſich. Dies iſt ein wohlangegebenes anſehnliches go - thiſches Gebaͤude, welches dem Erfinder Ehre macht. Inwendig ſieht man al - lenthalben, zumal an der Decke, ſchoͤne Stuckaturzierrathen. An dem einen En - de ſteht die Buͤſte des Homers, und am andern des Cicero ſeine in einer Niſche. In dieſem praͤchtigen Zimmer befindet ſich eine Billardtafel, und eine kleine Or - gel. Aus den Feſtern genießt man eine lebhafte Ausſicht nach dem Garten, der Wildbahn und den Waldungen. Duͤnkt es Ihnen nicht Schade, daß man die - ſes artige Gebaͤude aus keinem andern Geſichtspuncte, als von dem gothiſchen Thorwege, ſehen kann?

Ich ſchlich nunmehr ganz langſam durch die angenehmen ſchattigten Gaͤnge dieſes weitlaͤuftigen Gebuͤſches, und zog die lieblichen Duͤfte der mich umgebenden Blumen und Pflanzen ein; ich betrat den weichen bemooſten Fußboden, und hoͤrte dem Geſange der Voͤgel zu, die durch ihre ſuͤßen Toͤne ihr Vergnuͤgen uͤber dieſenAuf -173Beſchreibungen von Gaͤrten. Aufenthalt zu bezeigen ſchienen. Wo ich mich hinwandte, da laͤchelte mich die Natur an. Mir deuchte, ich ſaͤhe ſie auf jedem Parterre, auf jeder Gruppe von Baͤumen, und auf jeder glatt abgeſchornen Wildbahn ſchweben. Die Verzierun - gen verdienten nicht weniger Beyfall, weil ſie dem Orte ſo angemeſſen ſind. Hier bewunderte ich eine mit vielen Figuren gezierte vortreffliche Vaſe; dort ſtand in ei - nem Klumpen niederhaͤngender Lerchenbaͤume die Schutzgoͤttinn dieſer Scene, eine Flora, in einer artigen Stellung. Ihr Haar war mit Roſen umflochten, und in der ausgeſtreckten Hand hielt ſie einen Strauß von Jaſminen und Geisblaͤttern. Ich naͤherte mich ehrfurchtsvoll dieſer Goͤttinn, als der Beſchuͤtzerinn alles deſſen, wovon ich ein ſo großer Verehrer bin, und machte ihr, wie ein Enthuſiaſt dem Bilde ſeines Schutzheiligen, eine tiefe Verbeugung.

Was meynen Sie aber, wenn Sie, anſtatt dieſer lebloſen Statue, eine le - bendige Schoͤnheit in dieſem elyſiſchen Aufenthalte ſaͤhen? Glauben Sie nicht, wenn ein junges bluͤhendes Maͤdchen, wie Maria in arkadiſchem Ge - wande, von einem ſchoͤnen Wuchſe, von lebhafter Farbe und einem gefaͤlligen An - ſtande; wenn ſie mit einem bezaubernden Blicke Vergnuͤgen und Liebe um ſich her verbreitet, wenn ſie die Laute zu ihrer ſanften melodiſchen Stimme ſpielt, daß die - ſes eine weit empfindſamere Wirkung auf Sie hervorbringen wuͤrde, als der unbe - ſeelte Marmor? Sie laͤcheln. Aber ich nehme es auf mich, in Ihrem und meinem Namen zu entſcheiden. Ich wette, wenn dies liebenswuͤrdige Maͤd - chen von einem Gange in den andern gienge, wir wuͤrden beyde wie bezaubert und voll Bewunderung da ſtehen, und fuͤr keinen andern Gegenſtand Augen haben.

Ich kann die reizenden Gaͤnge von Envil nicht verlaſſen, ohne zu erinnern, daß ſie ſo weitlaͤuftig und ſo unterhaltend ſind, daß ein Tag zu wenig iſt, um alles recht zu genießen. Man kann außen um die ganze Anlage herum reiten; und zum Behuf derer, die fahren wollen, iſt auch ein Weg gemacht. Dies mag einigen gefallen, und der edle Beſitzer erlaubt es denen, die es thun wollen, ſehr gern. Aber fuͤr Perſonen von Geſchmack iſt dieſe Freyheit von geringem Werthe. Sie laſſen ſich mitten unter ſo vielen Schoͤnheiten in kein aͤngſtliches Fuhrwerk einker - kern, da die Scene ſich mit jedem Schritte aͤndert, und jede Abwechſelung im Stande iſt, ihnen ſo viel neues Vergnuͤgen zu machen.

Man kann in der That Plaͤtzen, daruͤber Natur und Geſchmack ſo viel An - nehmlichkeiten verbreitet haben, nicht Aufmerkſamkeit genug ſchenken. Es giebt im Walde noch viele Nebenſtellen, von denen man eben ſolche ſchoͤne Ausſichten von Landſchaften hat, als auf den Baͤnken, wohin der Weg leitet, wie diejeni - gen leicht bemerken werden, die bey Annaͤherung eines ſteilen Huͤgels nicht ſeuf -zen,174Anhang. zen, und die an der Betrachtung ſchoͤner Gegenden einen Geſchmack zu finden wiſſen.

Envil laͤßt ſich keinen Park, aber auch eigentlich keine angebauete Feldge - gend nennen. Es hat von allen Theilen der Gartenkunſt etwas, und kann als ein Park, als eine Feldgegend, und als eine Anlage zum Spazierreiten betrach - tet werden. Am meiſten hat es von einem Park, und das iſt auch eigentlich der Charakter von Envil.

Sollte der Plan eines Parks vorzuͤglich ausgefuͤhrt werden, welches der Beſitzer, wie man ſagt, Willens iſt, ſo wird das itzt ſchon ſo reizende Envil es noch weit mehr werden, und dadurch ſolche Vorzuͤge erhalten, daß man es fuͤr einen der vollkommenſten Oerter, die nur anzutreffen ſind, halten muß.

V. Beſchrei -175Beſchreibungen von Gaͤrten.

V. Beſchreibung des Parks zu Hackfall*)Ein Landſitz des Herrn Aislabie in Yorkſhire. Die Beſchreibung iſt aus Youngs Reiſe durch die noͤrdlichen Provinzen von England ꝛc. 1. Th. 11. Br.

Hackfall verdient, daß man viele Meilen darum reiſet. Beym Eintritte in den Park von der Seite von Swinton hat man den erſten ſchoͤnen Ge - ſichtspunct von einem vorragenden Huͤgel mit einem kleinen Gebaͤude. Ein rau - ſchender Strom fließt zwiſchen einzelnen Baͤumen durch; zur Rechten ſieht man durch eine lange Oeffnung von Huͤgeln herabhangender Waͤlder, die ſich endlich in eine finſtere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt Masham nebſt dem Thurme ragt uͤber die am Waſſer ſtehenden Baͤume hervor; nichts kann maleri - ſcher ſeyn. Das Gebaͤude ſteht im Schatten von Baͤumen, welches mit dem glaͤn - zenden Waſſer einen ſchoͤnen Contraſt macht. Die Haͤuſer, welche uͤber die am Waſſer ſtehenden Baͤume hervorragen, ſcheinen gleichſam darauf hervor zu wachſen.

Der Weg laͤuft laͤngſt dem Ufer des Fluſſes fort, und erhebt ſich zu einem offenen achteckigten Platze, der reizende Ausſichten liefert. Zur Rechten entdeckt man einen großen mit Buſchwerk beſetzten Huͤgel, der ein majeſtaͤtiſches Anſehen hat; auf demſelben ſind Ruinen angelegt, die uͤber eine Vertiefung von Baͤumen hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich durch ſein Geraͤuſch uͤber Felſen ergoͤtzt. Das Gemaͤlde wird unendlich durch das Getoͤſe des Fluſſes verſchoͤnert, ob er gleich hinter den Baͤumen verſteckt iſt; man ſtellt ſich den Fall und den Strom weit praͤchtiger vor, da das Ganze hingegen verlieren wuͤrde, ſobald man es ſaͤhe.

Von hier kruͤmmt ſich der Weg durch einen hohen Luſtwald, und fuͤhrt zu einem Tempel von baͤuriſchem Werke an einem Waſſerbaſſin, in deſſen Mitte ſich ein nie - driger Waſſerſtral empor hebt. Auf der Seite faͤllt ein kleiner Waſſerfall in die - ſes Baſſin; vor ſich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde geſpaltene Felſen. Weiterhin uͤberſieht man aus einer Grotte eine ſehr maleriſche Scene, naͤm - lich einen von der Natur gemachten Waſſerfall; das Waſſer faͤllt in verſchiedenen Abſaͤtzen vierzig Fuß hoch zwiſchen hohen Baͤumen herunter, und ſcheint durch ei - ne Zauberkraft hervorgebracht zu ſeyn.

DieſeII Band. A a176Anhang.

Dieſe Schoͤnheiten haͤufen ſich, ſo wie man weiter kommt. Ein neuer Waſ - ſerfall bricht aus einer Hoͤhle in dem Felſen hervor, und ſtuͤrzt ſich von einem Klum - pen auf den andern, bis er ſich in das Gebuͤſch verliert. Eine nicht weit von die - ſem Platze befindliche Bank zeigt dieſe Caſcade aus einem andern Geſichtspuncte, indem man das Waſſer zu ſeinen Fuͤßen uͤber das Gras wegfließen ſieht; und zur Rech - ten wird man den Fluß gewahr, welcher ſchnell zwiſchen den Felſen fortrauſcht.

Folgt man den Kruͤmmungen des Weges, ſo kommt man an das ſogenannte Fiſcherhaus, welches aus einem kleinen achteckigten Zimmer beſteht, und von gewiſ - ſen Verſteinerungen gemacht iſt. Es ſteht auf einem kleinen dick mit Baͤumen be - ſetzten Huͤgel; zu den Fuͤßen bekoͤmmt der Fluß eine Biegung, und iſt auf beyden Sei - ten mit uͤberhangenden Baͤumen umgeben; er rauſcht uͤber die Klippen weg, und zwiſchen Waͤnden von Felſen, die oben mit Waldung beſetzt ſind. Auf der einen Seite ſieht man eine angenehme Landſchaft mit zween Waſſerfaͤllen, welche durch ei - nen vorragenden Hain von einander getrennt werden. Der zur Rechten nimmt die ganze Spaltung des Felſens ein, und die daran ſtehenden Baͤume verbreiten ihre Ae - ſte daruͤber. Der andere faͤllt nicht uͤber ſolche große Felſenklumpen hin; man ſieht ihn zwiſchen artigen Baͤumen, die einen Huͤgel bekleiden, welcher oben mit einem Ge - baͤude geziert iſt.

Von dieſer ſchoͤnen Scene geht man an den Fluß hinab, und verfolgt ſolchen bis an einen reizenden Ort, uͤber dem Felſenwaͤnde ſtehen, aus deren Kluͤften allerley Geſtraͤuche hervorwaͤchſt, und auf welchen Ziegen weiden. Ruͤckwaͤrts ſieht man die Caſcaden in einer Vertiefung des Waldes. Geht man etwas weiter den Huͤgel hinan, ſo ſieht man den in drey Arme getheilten Fluß; am Ufer liegt ein zerſtreutes Dorf, und zwiſchen den Huͤgeln verliert ſich das Auge in eine weite Ferne.

Auf dem Ruͤckwege waͤhlten wir den Weg, der bey der Fiſcherwohnung vorbey den Huͤgel linker Hand hinauffuͤhrt. Zuerſt erreicht man eine Bank, daruͤber die Baͤu - me haͤngen, und ſieht zu ſeinen Fuͤßen einen Waſſerfall, der aus einem Felſen unter dicken Baͤumen hervorbricht, und etwas weiter einen zweyten. Dies iſt eine einſa - me Gegend; und man bleibt ſtehen, um ſich hier an den ſanften Schoͤnheiten der Na - tur zu ergoͤtzen.

Indem man den Huͤgel hinangeht, hat man beſtaͤndige Waſſerfaͤlle auf der Seite; das Waſſer faͤllt in ſchmalen Abſaͤtzen von einem Felſen auf den andern, und iſt diesſeits mit dicker Waldung und jenſeits mit buſchigten Felſen eingefaßt. Man kommt endlich an den ſogenannten Sitz von Kent, da ſich eine Landſchaft in einem gezierten kuͤnſtlichen Style zeigt. Vor ſich hat man eine doppelte Caſcade, die aus einem dunkeln Orte, der halb aus Waldung, halb aus Felſen beſteht, herabfaͤllt, undunten177Beſchreibungen von Gaͤrten. unten nach einem kurzen Laufe einen zweyten Fall in den ofterwaͤhnten Fluß bekommt, welcher in ſeinem ſteinigten Bette zu den Fuͤßen des Zuſchauers fortlaͤuft. Der ein Amphitheater um dieſen Waſſerfall formirende Wald nimmt ſich edel aus, und das Ganze giebt das ſchoͤnſte Gemaͤlde. Linker Hand ſieht man, durch eine dem An - ſcheine nach von der Natur gemachte Oeffnung von Baͤumen, die von den Huͤgeln zu beyden Seiten herabhaͤngenden Waͤlder, und uͤber dieſe hin einen weiten Proſpect.

Der Weg fuͤhrt endlich auf die oberſte Spitze des Huͤgels, wo kuͤnſtliche Rui - nen angelegt ſind. Von dem Platze vor demſelben hat man einen[bewundernswuͤr -] digen Proſpect. Man ſieht unten im Thale den Fluß in vielen Kruͤmmungen, und hoͤrt ſein Geraͤuſche ſehr deutlich, ob er gleich in einer anſehnlichen Tiefe fließt. Das Thal kruͤmmt ſich gleichſam um ein hohes Vorgebirge, deſſen abhaͤngiger Ruͤcken, wie alle andere Huͤgel, mit dicker Waldung beſetzt iſt, wodurch der praͤchtigſte Keſ - ſel von Wald entſteht. Jenſeits des Waſſers in der Tiefe liegt die Fiſcherwohnung ſehr maleriſch. In der Ferne hat man die groͤßte Abwechſelung: zur Rechten ſetzt der Horizont dem Auge Graͤnzen; vor ſich ſieht man zwanzig Meilen weit bis an den Huͤgel von Hambleton. Das ganze Thal iſt mit Staͤdten, Doͤrfern, Ritter - guͤtern, und Kirchſpitzen gleichſam beſaͤet. Den Dom zu Yorck ſieht man in ei - ner Entfernung von dreyßig Meilen, und viele andere Orte mehr.

A a 2VI. Be -178Anhang.

VI. Beſchreibung des Parks zu Painshill. *)Ein Landſitz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Dieſe und die naͤchſtfol - gende Beſchreibung von Persfield iſt von Herrn Whately aus ſeinen bekannten Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen.

Das Wohnhaus zu Painshill ſtehet an dem einen aͤußerſten Ende des halben Mondes auf einem Berge, deſſen Ausſicht ſich auf der einen Seite gegen das Land oͤffnet, auf der andern aber von dem Park verſperret iſt. Der Anblick iſt reizend; und der ganze Ort iſt in einem vortrefflichen Gaͤrtnergeſchmack angelegt, indem man blos auf das Vergnuͤgen geſehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus von dem Park abgeſondert wird, iſt ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be - finden ſich alle auslaͤndiſche Gewaͤchſe waͤhrend des Sommers, mit gemeinen Straͤu - chern und beſtaͤndig auf einander folgenden Blumen untermiſcht. Der Raum vor dem Haufe iſt mit Verzierungen angefuͤllt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab - wechſelung, und verſchiedene Arten ſchoͤner Baͤume ſind an den Seiten in kleinen luftigen Pflanzungen geſetzt.

Dieſer Berg iſt von einem andern weit groͤßern durch ein kleines Thal abgeſon - dert; und auf dem Gipfel der andern Anhoͤhe erſcheint eine ganz verſchiedene Sce - ne von einem gleich uͤber einem großen Weinberge, der ſich auf der ganzen Sei - te verbreitet, angebrachten Sommerhauſe. Dieſe iſt zwar ſchoͤn, aber ein Um - ſtand, der am wenigſten einnimmt. Die Aufmerkſamkeit wird von einer gebaue - ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der Gegend gehoͤrigen abhaͤngenden Waldes gezogen. Dieſer iſt nicht nur an ſich ſelbſt ein edler Gegenſtand, ſondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver - gnuͤgen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er iſt von dem gegenwaͤrtigen Beſitzer angelegt worden. Vermittelſt ſeiner Lage, ſeiner Aus - dehnung und ſeiner Dicke, hat er ſchon den Anſchein eines großen und erwach - ſenen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung behaͤlt. Dem auf dieſe Art bedeckten Berge gegenuͤber ſtehet ein anderer in der Landge - gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend iſt. Haͤt - ten alle dieſe Hoͤhen eben demſelben Beſitzer zugehoͤrt, und waͤren ſie alle aufeben179Beſchreibungen von Gaͤrten. eben dieſelbe Art uͤberpflanzet worden: ſo wuͤrden ſie eine eben ſo große, eine eben ſo romanhafte Scene gebildet haben, als irgend eine unter denjenigen ſeyn kann, die wir ſelten ſehen, aber allezeit als bloße Werke der Natur, die durch den An - wuchs von Jahrhunderten zur Reife gediehen, mit Bewunderung betrachten.

Dennoch aber iſt ganz Painshill eine neue Schoͤpfung. Eine Verwegenheit in dem Entwurfe, und ein gluͤcklicher Erfolg in der Ausfuͤhrung, begleiten die bewun - dernswuͤrdigen Bemuͤhungen, welche hier die Kunſt angewendet hat, es der Natur gleich zu thun. Ein anderer Geſichtspunct von eben derſelben Hoͤhe zeiget eine Land - ſchaft, die ſich von der vorigen in allen beſondern Umſtaͤnden, ausgenommen in An - ſehung des Zeitlaufs ihres wirklichen Daſeyns, unterſcheidet. Sie iſt gaͤnzlich in dem Bezirke, und kann von einem offenen gothiſchen Gebaͤude uͤberſehen werden, welches recht an dem Rande einer ſteilen Anhoͤhe angebracht iſt, die unmittelbar aus der Tiefe uͤber einen ſchoͤnen kuͤnſtlichen See hinaufſteiget. Dieſer ganze See kann nirgends auf einmal uͤberſehen werden. Allein vermoͤge ſeiner Figur, der Anlage verſchiedener Inſeln, und einiger auf denſelben und an den Ufern befindlichen Baͤu - me, ſcheinet er allezeit groͤßer zu ſeyn, als er wirklich iſt. Zur Linken iſt eine fortlaufende Waldung, um nur die Ausſicht auf das Land zu verwehren; zur Rech - ten zeigt ſich der ganze Park; und vorwaͤrts erſcheinet hinter dem Waſſer der abhaͤn - gige Wald. Dieſer konnte zwar auch vorhin uͤberſehen werden; allein hier verbrei - tet er ſich queer uͤber die ganze Ausſicht, ſo daß ſeine ganze Ausdehnung und alle ſeine Abwechſelungen in die Augen fallen. Ein breiter aus dem See kom - mender Fluß geht unter einer aus fuͤnf Schwibboͤgen beſtehenden und nahe bey dem Ausfluſſe angebrachten Bruͤcke dahin; worauf er ſeinen Lauf gegen den Wald richtet, und am Fuſſe deſſelben fortſtroͤmet. An der Seite des Berges iſt eine kleine Einſiedlerwohnung errichtet, welche von dichten Gebuͤſchen eingeſchloſſen und gaͤnzlich uͤberſchattet wird. Und in einer weiten Entfernung zur Rechten erhebt ſich uͤber die oberſte Spitze des Berges ein ſehr hoher Thurm, der uͤber alle Baͤume hervorragt. In der Gegend der Einſiedlerwohnung verbreitet das dichte Gebuͤſche und das dunkle Gruͤn eine gewiſſe Melancholie. An andern Orten ſind die Schattirungen gemiſcht; und an dem einen laͤßt ein ſchwaches ſchimmerndes Licht eine Oeffnung in dem Walde ſehen, und giebt dadurch ſeiner Einfoͤrmig - keit eine Abwechſelung, ohne ſeine Groͤße zu vermindern. Durch dieſe ganze praͤchtige Scene iſt Uebereinſtimmung mitten in der Abwechſelung erhalten wor - den. Alle Theile haben eine ungezwungene Verbindung. Die Pflanzungen in der Tiefe vereinigen ſich mit dem am Berge haͤngenden Walde; und diejenigen, die ſich auf den hoͤhern Theilen des Parks zeigen, vertheilen ſich in Haine, dieA a 3ſich180Anhang. ſich weiter in Klumpe zergliedern, und ſich endlich in einzelne Baͤume zerſtreuen. Der Boden iſt ſehr abwechſelnd: allein von allen Seiten hat er die Ausſicht auf den See; je naͤher ſeine Abhaͤngigkeit demſelben kommt, deſto allmaͤhliger wird ſie, bis ſie ſich endlich ganz unvermerkt ins Waſſer verliert. Die Haine und Fluren an den Abhaͤngen ſind ſchoͤn und fruchtbar. Der ziemlich große See, der von den luſtigen Gebuͤſchen an ſeinen Ufern und von der in ſeiner Oberflache ſich ſpiegeln - den Bruͤcke ein reizendes Anſehen bekommt, belebt die ganze Landſchaft, und die Strecke und Hoͤhe des abhaͤngigen Waldes giebt dem Ganzen ein Anſehen von Hoheit.

Ein geſchlaͤngelter Weg fuͤhret ganz allmaͤhlig von dem gothiſchen Gebaͤude zu dem See hinunter; worauf ein breiter Spaziergang laͤngſt an den Ufern hin, und dann weiter uͤber eine Inſel fortgeſetzt iſt, wo er auf der einen Seite dicht am Waſſer hingeht, auf der andern aber mit Gebuͤſchen beſetzt iſt. Dieſe Gegend iſt vollkommen einſam; allein die Einſamkeit ſelbſt iſt angenehm. Der See iſt ruhig; er iſt aber voll bis an den Rand des Ufers, und wird niemals durch Schatten ver - dunkelt. Der Spaziergang iſt nicht rauh, ſondern beynahe eben, und gehet recht an dem Rande des Waſſers weg. Die Waldung, welche alle Ausſicht in die Land - gegend verſchließt, beſteht aus den ſchoͤnſten Baͤumen von der hoͤchſten lichtgruͤnen Farbe, und hat eine Einfaſſung von Straͤuchern und Blumen. Obgleich faſt der ganze Ort mit Gehoͤlz umringt iſt, ſo iſt er dennoch an ſich ſelbſt frey und luftig; drey Bruͤcken, ein ruinirter Schwibbogen und eine Grotte unterſtuͤtzen ſei - ne Schoͤnheit; und das gothiſche Gebaͤude, welches noch ſehr nahe erſcheint, und ſich ſenkrecht uͤber den See erhebt, verbindet ſich auch mit dieſer Scene.

Jedoch ſind dieſe Gegenſtaͤnde nirgends auf einmal ſichtbar; ſie kommen nur einer nach dem andern zum Vorſchein, ſo wie ſich der Spaziergang veraͤndert, ſo daß ihre Menge dem Auftritte nicht zur Laſt wird, ſondern ihn nur mit einer oͤftern Erblickung derſelben bereichert.

Von dieſer vortrefflich gezierten Gegend iſt der Uebergang in eine andere, wo ſich die unbearbeitete Natur im hoͤchſten Grade ſehen laͤßt, ſehr ploͤtzlich und beynahe unmittelbar. Dieſe iſt nicht ſchrecklich, nicht romanhaft, ſondern nur ranh. Sie beſteht aus einem Walde, der einen großen Strich eines gaͤnzlich unebenen Landes bedecket. Die Wege durch denſelben ſind nur von den Gebuͤſchen und Gewaͤchſen gereiniget, welche dem Boden von Natur eigen ſind. Bald werden ſie auf allen Sei - ten von dichten Gebuͤſchen eingeſchloſſen; bald ſind ſie nur durch das Farnkraut in den freyern Plaͤtzen gebahnt worden; und ſelbſt die Lerchenbaͤume und Tannen, die ſich zur Seite des Hauptweges mit Buchen vermiſchen, ſund in einem ſolchen Zuſtandeeiner181Beſchreibungen von Gaͤrten. einer ſcheinbaren Vernachlaͤſſigung erhalten worden, daß man ſie vielmehr fuͤr ein Werk der Wildniß, als fuͤr eine Verzierung der Spaziergaͤnge, anſieht. Dieſes iſt der abhaͤngige Wald, der vorhin ein ſo edler Gegenſtand war, und nunmehr in der Ferne ein ſo ſtiller Aufenthalt der Einſamkeit wird. Bey dem Thurme iſt er duͤnne; aber in der Gegend der Einſiedlerwohnung iſt er mit ſehr dunkelgruͤnen Baͤumen ver - dicket. Ein ſchmaler, finſterer Fußſteig, uͤber welchen Tannen weghaͤngen, und auf dem das Farnkraut nur erſticket, nicht aber ausgerottet zu ſeyn ſcheint, ja wo kaum ein Blaͤttchen Gras aufwachſen kann, fuͤhret zu der Huͤtte. Sie iſt aus Staͤm - men von Baͤumen und Wurzeln zuſammengeſetzt. Die Anlage und Einrichtung iſt ſo einfach, als die Materialien; und die innere Auskleidung iſt alt und roh. Alle zu dem Charakter gehoͤrigen Umſtaͤnde, ſowohl in dem Zugange, als bey dem Eintritte, find vollkommen rein und unverfaͤlſcht beybehalten worden. In dem zwey - ten Raume aber wechſeln ſie auf einmal mit einer Ausſicht auf die Gaͤrten und auf die Landgegend ab, welche hier mit allem Ueberfluſſe von Einwohnern und Feld - bau erſcheint. Von dem Thurme auf dem Gipfel des Berges zeigt ſich ein anderer Proſpect, der zwar weit ausgedehnter, aber doch nicht reizender, als der vorige iſt. Die Gegenſtaͤnde ſind theils nicht ſo auserleſen ſchoͤn; theils erſcheinen ſie nicht in einer ſo vortheilhaften Lage. Einige unter ihnen ſind zu weit entfernt; andere kom - men zu nahe vor das Auge; und ein großer Theil einer rauhen und unbearbeiteten Ge - gend verbreitet ſich zwiſchen ihnen, und uͤberwoͤlket die ganze Ausſicht.

Nicht weit von dem Thurme iſt eine bis auf den hoͤchſten Grad gezierte und ver - beſſerte Scene, in der ein großes doriſches Gebaͤude ſtehet, welches man den Bachus - tempel nennet. An dem Vordertheile zeigt ſich ein ſchoͤner bedeckter Gang, uͤber dem Eingange ein reich verzierter Giebel, und auf jeder Seite eine Reihe von Pfeilern. Inwendig iſt er mit vielen antiken Bruſtſtuͤcken, und in der Mitte mit einer anſtaͤndi - gen Statue des Gottes verziert. Uebrigens hat der ganze Ort nichts von jenem feſt - lichen Glanze, den man ſo oft auf eine ganz unnatuͤrliche Weiſe mit einem ſolchen Cha - rakter verbindet; ſondern er iſt ohne laͤcherlichen Zwang reichlich mit Licht, Pracht und Verzierungen verſehen. Die Lage deſſelben iſt auf einer Anhoͤhe, die eine vor - treffliche Ausſicht hat. Der Gipfel des Berges aber iſt meiſtentheils eben, je - doch mit verſchiedenen dichten Gebuͤſchen beſetzt, durch welche ſich hier und da brei - te Spaziergaͤnge hindurch winden. Dieſe laufen ſo oft in einander, und ihre Ver - bindung iſt ſo angenehm, daß ſich die Vorſtellung des Ganzen niemals in den da - durch gemachten Abtheilungen verliert. Auch ſelbſt die Theile ſind, gleich dem Gan - zen, groß; und ſtimmen uͤberdies mit einander in der Anlage uͤberein. Folglich koͤn - nen die Unterbrechungen niemals das Anſehen der Groͤße vernichten: ſie veraͤndernnur182Anhang. nur die aͤußern Graͤnzen derſelben, und vervielfaͤltigen die Figuren. Mit der Wich - tigkeit, welche dieſer Auftritt von ſo großen Strecken erhaͤlt, verbindet ſich aller Reichthum, deſſen Waldungen faͤhig ſind. Die dichtern Gebuͤſche beſtehen aus Blu - menſtraͤuchern; und die freyen Plaͤtze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflichſten Baͤume, welche die Wege einfaſſen oder uͤberkreuzen, eine ſonderbare Verſchoͤnerung. Nichts aber iſt klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwuͤrdig.

Hier endigen ſich die Gegenden, woraus der aͤußerſte Theil des halben Monds beſteht. Von hier aber bis zu dem Wohnhauſe fuͤhret ein offener Spaziergang durch den Park. Neben dieſem Gange iſt auf einer anmuthigen Hoͤhe ein Zelt aufgeſchla - gen, und zwar gleich uͤber dem Waſſer, welches ſich von hier weit vortheilhafter als aus einem jeden andern Geſichtspunkt zeiget. Die breiteſte Ausdehnung deſſelben erſcheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es ſich nach verſchiedenen Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in dieſelben hinein, bald ſo, daß es dieſelben umringt. Die Hauptbruͤcke von fuͤnf Pfeilern iſt gleich vor dem Geſich - te; und in der Ferne, tief im Walde, erſcheint eine andere, die aus einem einzelnen Bogen beſteht, und uͤber einen Fluß geſpannt iſt, der ſich ein wenig hinter ihr ver - liert. Die Lage der letztern iſt der erſtern ganz entgegengeſetzt, ſo daß das Auge laͤngſt an der einen hin, und unter der andern wegſehen kann. Ueberdies iſt die groͤßere aus Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals koͤnnen zween Gegenſtaͤnde von einer Benennung, ſowohl in der Geſtalt als Lage, ſo verſchieden ſeyn als dieſe. Auch die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwechſelung. An einem Orte ſind ſie of - fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand des Waſſers herab laͤuft, bisweilen aber auch einen Zwiſchenraum fuͤr einen Spazier - gang uͤbrig laͤßt. Die Wege ſind entweder laͤngſt an den Seiten hingefuͤhrt; oder ſie zeigen ſich in einer Oeffnung des dichteſten Gehoͤlzes; oder ſcheinen endlich ſich hier und da um daſſelbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche ſich hier in der Fer - ne ſehen laͤßt, wie ſie hinter einer breiten Oeffnung zwiſchen dem abhaͤngigen Walde auf der einen Seite, und zwiſchen der mit dem gothiſchen Thurme gekroͤnten Anhoͤ - he auf der andern, ſich uͤber dieſe maleriſche und abwechſelnde Scene erhebt.

VII. Be -183Beſchreibungen von Gaͤrten.

VII. Beſchreibung des Parks zu Persfield. *)Ein Landſitz des Herrn Morris, bey Chepſtowe in Monmouthſhire.

Persfield iſt kein großer Ort. Der Park beſteht ungefaͤhr aus dreyhundert Mor - gen Landes, und das Haus ſtehet in der Mitte deſſelben. Auf der einen Seite des Weges zu demſelben ſind die Ungleichheiten des Bodens ganz allmaͤh - lig, und mit artigen Pflanzungen beſetzt. Aber nichts iſt hier groß. Auf der andern Seite faͤllt eine uͤberall ſehr abhaͤngige Wildbahn in ein tiefes Thal herab, welches in der Mitte eine beſondere Anhoͤhe hat. Die Abhaͤnge unterſcheiden ſich durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Baͤume ſtehet zerſtreut in der Tiefe herum. Dieſe Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den Wald ſind Alleen angelegt, die ſich am Ende deſſelben gegen die romanhaften Auf - tritte oͤffnen, welche den Park umſchließen, und den Ruhm von Persfield ausma - chen. Die Wye fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß hat eine ſchlammigte Farbe; allein die Richtung ſeines Laufs iſt ſehr abwechſelnd, indem er ſich anfangs in der Geſtalt eines Hufeiſens kruͤmmet, alsdenn in einer gro - ßen Wendung nach dem Staͤdtchen Chepſtowe, und darauf nach der Severn zu fließt. Die Ufer ſind hohe Berge. Dieſe ſind auf den Seiten an verſchiedenen Or - ten ſteil, oder ſtehen hervor, oder ſind ausgehoͤhlt. Die Gipfel derſelben ſind rund. Ueberhaupt ſind ſie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Felſen vermiſcht. Bald zeigen ſie ſich von vorne, bald in der Perſpective; bald weichen ſie zuruͤck, um nicht den Lauf des Fluſſes zu hemmen; bald ſchließen ſie ſich hinter einer Wendung deſſelben zuſammen; ſie ſcheinen ſich zu vereinigen, indem ſich einer uͤber den andern erhebt, oder hinter den andern zuruͤckzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn einſchließt, kroͤnet eine weit geſtreckte Reihe von dieſen Bergen, von welchen man die auf dem entgegengeſetzten Ufer befindlichen, nebſt der Landgegend, welche uͤber oder zwiſchen denſelben erſcheint, uͤberſehen kann. Indem ſie dem gekruͤmmten Laufe des Fluſſes nachgehen, ſo kommen ihre Seiten, welche alle bewachſen und ſchoͤn ſind, nach und nach zum Vorſchein; und der Geſichtspunct in der einen Gegend wird ein Gegenſtand des folgenden. An verſchiedenen Orten iſt die Hauptfigur, welche vor - zuͤglich in die Augen faͤllt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, ſenkrechter, hoher,undII Band. B b184Anhang. und auf einem Berge ſtehender Fels. Ruinen aͤhnlich zu ſeyn, iſt den Felſen gemei - niglich eigen; aber nirgends wird man Truͤmmern von einem einzelnen Baue finden, welche dieſer ungeheuren Laſt gleich waͤren. Sie ſcheinet die Ueberbleibſel einer Stadt auszumachen; und andere kleinere um dieſelbe herum zerſtreute Haufen erſcheinen als ſchwaͤchere Spuren des ehemaligen Umfangs, und vergroͤßern die Aehnlichkeit. Dieſer Fels laͤuft auf der Anhoͤhe fort, bis dieſe die Graͤnze des Draner Waldes be - zeichnet. Die Seiten deſſelben ſind aus unermeßlichen Steinbaͤnken zuſammenge - ſetzt, aber nicht hoͤckerigt; der Gipfel iſt kahl und uneben, aber nicht zackigt. Von dem Fuße deſſelben laͤuft ein mit einem dichten Gebuͤſche bedeckter Abhang ganz all - maͤhlig nach der Wye herab; jedoch iſt dieſer an einem Orte, durch eine Einfaſſung von kleinern Felſen, die ſich alle von jenem in der Farbe und in der Richtung unter - ſcheiden, ganz ſteil abgebrochen. Aus der Grotte ſcheinet er ſich unmittelbar uͤber ei - nen dichten Wald zu erheben, welcher ſich an einem Berge hinunter, bis unter den Geſichtspunct, und uͤber das Thal, durch welches die Wye fließt, hinuͤber verbrei - tet, und zwar ſo, daß er den Fluß unſichtbar macht; worauf er an den gegenuͤberſte - henden Ufern ununterbrochen bis zu dem Fuße des Felſen hinaufſteigt. Aus einem andern Gebaͤude erſcheinet er an ſich ſelbſt, ohne den Fuß; wieder aus einem andern zeigt er ſich mit allem ſeinem Zubehoͤr gegenuͤber; und bisweilen wird der Anblick deſ - ſelben hier und da durch Baͤume unterbrochen, hinter welchen man ſeine lange Linie, durch die Oeffnungen zwiſchen denſelben, in einer weiten Entfernung kann fortlaufen ſehen.

Einen andern Hauptgegenſtand machen die ſehenswuͤrdigen und weitlaͤuftigen Ruinen des Schloſſes von Chepſtowe aus. Sie ruͤcken ſo weit bis an den wirkli - chen Rand eines ſenkrechten Felſen hervor, und ſind mit demſelben ſo unmittelbar ver - bunden, daß von den Spitzen der Thuͤrme auf den Mauren bis herunter zum Fluße nur ein einziger Abſturz zu ſeyn ſcheinet. Eben derſelbe Epheu, welcher die Seiten des einen uͤberzieht, ſchlaͤngelt und windet ſich zwiſchen den abgebrochenen Stuͤcken des andern in einander. Viele Thuͤrme, verſchiedene Mauren und große Ueberbleib - ſel von der Capelle ſtehen noch. Gleich bey dem Schloſſe iſt eine im hoͤchſten Grade romanhafte hoͤlzerne Bruͤcke; ſie iſt ſehr alt, ſeltſam, und in einer außerordentlichen Hoͤhe uͤber dem Fluße angelegt, wo ſie an der einen Seite nach den Ruinen, und an der andern auf einige felſigte Berge zu fuͤhren ſcheint. Das Schloß iſt dem Sommer - hauſe zu Persfield ſo nahe, daß man kleine Dinge in demſelben deutlich erkennen kann. Aus andern weit entferntern Gegenden, ſogar von der Wildbahn und von einem He - ckengebuͤſche an der Seite derſelben, iſt es vollkommen zu ſehen, und allezeit ſchoͤn, es mag allein erſcheinen, oder mit der Bruͤcke, mit der Stadt, mit mehrern oder weni -gern185Beſchreibungen von Gaͤrten. gern der fruchtbaren Wieſen, die ſich auf den Ufern der Wye zeigen, bis dieſe drey (eng - liſche) Meilen weiter unten in die Severn faͤllt. Eine lange Strecke von dieſem letztern Fluſſe nebſt den roͤthlichen Klippen deſſelben, und die ſchoͤne erhabene Landgegend in den Grafſchaften Somerſet und Glouceſter machen insgemein die Graͤnzen der Ausſicht.

Die meiſten von den um Persfield herumliegenden Bergen ſind voll von Fel - ſen. Verſchiedene derſelben ſind mit abhaͤngigen Waldungen untermiſcht; und ſie ruͤcken entweder ein wenig vor dieſen hervor, oder ziehen ſich unter dieſelben zu - ruͤck; Baͤume ſtehen ihnen entweder im Ruͤcken, oder auf ihren Gipfeln, oder ſondern ſie von einander ab. Auf dem Wege zu der Hoͤhle erſcheinet ſehr oft eine lange Reihe derſelben in der Perſpective, mit einer ſehr dunkeln Farbe, und mit Gebuͤſchen in ihren Abſtaͤnden von einander. An andern Orten ſind die Fel - ſen weit wilder und ſeltſamer. Bald ſtehen ſie auf den Gipfeln der hoͤchſten Berge, bald in der Tiefe ſo niedrig als der Fluß. In einer Gegend ſcheinen ſie innere Gegenſtaͤnde zu ſeyn; und in einer andern zeigen ſie ſich nur im Hin - tergrunde.

Um die Auftritte von Persfield romanhaft zu machen, vereinigen ſich mit den Felſen die Waͤlder. Sie ſind uͤberall in der ganzen Gegend ſehr zahl - reich. Sie bedecken die Gipfel der Berge; ſie laufen an den ſteilen Abhaͤngen herab, oder erfuͤllen die Tiefen der Thaͤler. Bald ſind ſie dem Geſichtspuncte gegenuͤber; bald erheben ſie ſich uͤber denſelben; bald ſenken ſie ſich unter den - ſelben hinab. An einem Orte ſcheinen ſie ſich hinter einander zuruͤckzuzie - hen, und im Zuruͤckgehen dunkler zu werden; und an einem andern wird eine Oeffnung zwiſchen zween von einem dritten, der weit uͤber jene hinaus entfernt iſt, verſperrt. Von einer ſpitzigen Hoͤhe, welche the Lover’s Leap genennt wird, kann man eine zuſammenhangende Oberflaͤche vom dickſten Laubwerk uͤber - ſehen, welche ſich uͤber eine große unmittelbar uͤber dem Standort befindliche Tie - fe verbreitet. Unter dem chineſiſchen Palaſte hat der Lauf der Wye die Ge - ſtalt eines Hufeiſens. Auf der einen Seite wird ſie von dem halben Cirkel ei - nes abhaͤngigen Waldes eingeſchloſſen, auf der andern aber von den ſteilen Ab - haͤngen eines einen halben Mond vorſtellenden Berges eingefaßt; und der große Fels fuͤllet den Abſtand derſelben aus. Mitten in dieſem rauhen Auftritte liegt die von dem Fluſſe gemachte Halbinſel, die zum wenigſten eine (engliſche) Meile in die Laͤnge hat, und aufs beſte angebauet iſt. Nahe bey der Erdenge iſt der Boden anſehnlich erhaben; und von da ſenket er ſich in einer abwechſelnden Ober - flaͤche herab, bis er an dem andern Ende, am Rande des Waſſers, ganz ebenB 2wird.186Anhang. wird. Der ganze Ort iſt in Saatfelder und Triften abgetheilt; und dieſe ſind durch Hecken, durch lebendiges Gehoͤlz und Dickigte von einander abgeſondert. Kleinere Gruppen und einzelne Baͤume ſtehen auf den Wieſen im Freyen; und Haͤuſer und andere zum Feldbau gehoͤrige Gebaͤude ſind hier und da unter den - felben herumgeſtreut. Dieſe ſo bearbeitete Natur macht mit einer ſo wilden, von der ſie umringt iſt, eine hoͤchſt reizende Landſchaft aus.

Man koͤmmt zu den verſchiedenen fuͤr die Ausſicht beſtimmten Oertern insgemein durch dichte Alleen. Allein bey dem chineſiſchen Palaſte hoͤren die Hecken auf, und von da fuͤhret ein Fußſteig, durch den obern Theil des Parks, zu einem laͤndlichen Tempel, von welchem man auf der einen Seite einige von den bisher beſchriebenen ro - manhaften Scenen, und auf der andern die angebaueten Berge und reichen Thaͤler von Monmouthſhire uͤberſehen kann. Auf die rauhen und praͤchtigen Auftritte der Natur folget nunmehr eine angenehme, fruchtbare und ſchoͤne Landgegend, die durch Umzaͤunungen abgetheilt, aber mit keinem Gehoͤlze beſetzt, noch durch Felſen und ſteile Abſtuͤrze unterbrochen iſt, ſondern deren ganze Abwechfelung blos in kleinen Er - hoͤhungen und allmaͤhligen Abhaͤngen beſtehet. Dennoch aber iſt die Ausſicht nicht unbelebt. Die Berge erſcheinen in derſelben ſehr hoch; und ein großes Stuͤck von der Severn, welche hier in einer Strecke von etlichen (engliſchen) Meilen geſehen wer - den kann, indem ſich zugleich die Wye und der Avon mit ihr vereinigen, macht die Graͤnze derſelben.

Von dem Tempel kommt man auf einer Straße zu der ſogenannten Windeliff, ei - ner Hoͤhe, welche alle die uͤbrigen uͤberſteigt, und von der man das Ganze mit einem Blick uͤberſehen kann. Die Wye fließt am Fuße des Berges vorbey; die Halbinſel liegt gleich vor demſelben; die tiefe Bucht des halbcirkelfoͤrmigen abhaͤngigen Wal - des faͤllt voͤllig in die Augen; uͤber einem Theile deſſelben erſcheinet der große Fels; ſein ganzer Fuß, alle ſeine Nebentheile ſind hier zu ſehen; die unmittelbar hinter demſel - ben liegende Landgegend iſt mit angenehmen Huͤgeln angefuͤllt; und die hoͤhern Land - ſchaften in den Grafſchaften Somerſet und Glouceſter erheben ſich am Horizont. Die Severn ſcheinet hinter Chepſtowe drey bis vier (engliſche) Meilen breit zu ſeyn, wie ſie es denn auch wirklich iſt. Denn nicht weit von der Stadt erweitert ſie ſich beyna - he in einen See. Die Grafſchaft Monmouth macht da das diesſeitige Ufer; und zwiſchen den ſchoͤnen Bergen derſelben erſcheinen in einer weiten Entfernung die Gebir - ge von Brecnock und Glamonganſhire. Wenige Proſpecte kommen dieſem in der Groͤße, Abwechſelung und Hoheit gleich. Er ſchließt alle die edelſten Auftritte von Persfield in ſich, die mit einigen der ſchoͤnſten Landſchaften in England umringt ſind.

VIII. Be -187Beſchreibungen von Gaͤrten.

VIII. Beſchreibung des Parks zu Guiſcard. *)Dieſe Beſchreibung, die aus der Théorie des Jardins (8. Paris, 1776. S. 267-306. Man ſehe 1. B. S. 134.) ge - nommen iſt, und deren aufgeklaͤrter Ver - faſſer die Gartenkunſt ſchon laͤnger alszehn Jahre ausgeuͤbt hat, beweiſet zugleich, wie gluͤcklich ſich zuweilen die alte verkehr - te Manier in neue Anlagen von Geſchmack umſchaffen laͤßt.

Der alte Park war ohngefaͤhr vierhundert Acker groß, und in ſeiner innern Ein - richtung vollkommen regulaͤr. Vor dem Schloſſe ſah man eine lange Auf - fahrt, wodurch aber niemand fuhr, und die nicht angelegt war, weil man ſie noͤthig hatte, ſondern weil es die Mode ſo mit ſich brachte, daß allemal eine gerade Al - lee auf die Mitte des Schloſſes zugehen mußte, wenn man ihrer gleich entuͤbrigt ſeyn konnte. Das Ende derſelben ſtieß an einige Hoͤfe und Vorhoͤfe. Zwiſchen dieſen und dem Gartenparterre lag das Schloß nach einer mehr altfraͤnkiſchen und gewoͤhn - lichen, als angenehm in die Augen fallenden Einrichtung. Auf der rechten und lin - ken Seite waren nach allen moͤglichen geometriſchen Figuren Luſtwaͤldchen gepflanzt. Das Gehoͤlz war nach der Laͤnge und der Queere mit geraden Alleen durchhauen; ho - he Hecken umgaben die Dickigte ſo genau, daß man nur blos in den Alleen gehen, und uͤber fuͤnf Sechstel des Parks nicht genießen konnte. Das Wohnhaus mit den Zubehoͤrungen war mit großen tiefen Graͤben umgeben, die es weder zu einem ange - nehmen noch gefunden Aufenthalt machten. Die zwar großen, aber regelmaͤßigen Baſſins des Parks konnte man nicht anders ſehen, als wenn man auf ihren hohen und ſteilen Einfaſſungen ſtund. Das Waſſer darin war ſtehend; und hieraus kann man ſchon ſchließen, daß ſie mit allerhand Waſſerpflanzen angefuͤllt waren, die es unge - ſund machten, und einen haͤßlichen Anblick gaben.

Der Boden ſtieg allmaͤhlig gegen das Schloß an, von dem man weiter keine Ausſicht hatte, als auf ein ſymmetriſches Parterre, das mit zwo Alleen viereckig geſchnittener Baͤume eingefaßt war, und am Ende derſelben durch eine breite Oeff - nung in dem Walde. Der hoͤchſte Theil des Bodens ſchnitt den Himmel in gera - der Linie ab, und ſtellte den Augen einen an Gegenſtaͤnden leeren Horizont dar. Der feſte thonigte Boden machte das Gehen zu allen Zeiten beſchwerlich; Naͤſſe verwan - delte ihn gleich in tiefen Koth; und bey trocknem Wetter wurden die geharkten Gaͤn -B b 3ge,188Anhang. ge, die einzigen, wo man gehen konnte, ſo hart und hoͤckerig, daß die Fuͤße gleich ermuͤdeten.

Meine Abſicht bey der Beſchreibung der ehemaligen Gaͤrten zu Guiſcard, die ſo ſchoͤn waren, als regelmaͤßig angelegte Gaͤrten nur ſeyn koͤnnen,*)Der Herzog von Aumont hatte den Garten bey dieſem Park, den man fuͤr den ſchoͤnſten in der Provinz hielt, vormals ſelbſt anlegen laſſen. Allein weder dieſer große Ruf, noch die Liebe, die man na - tuͤrlicherweiſe fuͤr ſeine eignen Anlagen hat, verblendeten ihn nicht bis auf den Grad, daß er gegen eine Anlage von beſſerm Ge -ſchmack haͤtte unempfindlich bleiben ſollen. Aus Neigung zu den Kuͤnſten opferte er ſei - nen Park auf, und nicht aus Begierde, immer neue Veraͤnderungen zu machen, wodurch ſich diejenigen, welche die Mittel in Haͤnden haben, ſolche zu befriedigen, nur gar zu oft hinreißen laſſen. iſt nicht, ihre Fehler zu zeigen, ſondern dem Kunſtverſtaͤndigen nur einige Anleitung zu geben, wie er Parks von dieſer Art benutzen kann. Seit ohngefaͤhr fuͤnf Jahren, da ich mich damit beſchaͤftige, thun die bereits zu Stande gebrachten Theile alle Wirkung, die man ſonſt nur erſt dreyßig Jahre nach der Anlage erhaͤlt. Es iſt gegenwaͤrtig nichts mehr von der ehemaligen Geſtalt uͤbrig: alle gerade Linien und gezwungene Ein - faſſungen ſind verſchwunden; von allen nach der Schnur angelegten Alleen, wovon das Gehoͤlze voll war, ſieht man keine Spur mehr; und der vormals ganz veraͤnderte Boden hat ſeinen natuͤrlichen Abhang wieder bekommen.

Der Park iſt nunmehr noch einmal ſo groß als zuvor: beym erſten Anblick zei - gen ſich drey Haupttheile, welche zuſammengenommen einen auffallenden Proſpect dar - ſtellen. Vor dem Schloſſe liegt ein ſehr großer Raſenplatz; daran ſtoͤßt ein See von einem anſehnlichen Umfange, und hinter demſelben zeigt ſich ein weitlaͤuftiges Ge - hoͤlz. Die Graͤben um das Schloß ſind ausgefuͤllt, ſo daß es unmittelbar an ge - dachten Raſenplatz ſtoͤßt, und nun mitten im Garten ſteht. Anſtatt daß es vormals da ſtand, wo der Boden am tiefſten war, ſcheint es jetzt vermoͤge der Umſchaffung des Bodens auf der Haͤlfte eines Abhanges zu liegen. Gegen Abend hat es die Ausſicht uͤber den Park: vor ſich hat man den Raſenplatz und das ihn einfaſſende Gehoͤlz; man ſieht einen Theil des Sees, und die jenſeits deſſelben angelegten Pflanzungen oͤff - nen ſich vor einem artigen Thale.

Das Schloß iſt zwar ein neues Gebaͤude, es fehlt ihm aber das der Wohnung eines vornehmen Herrn ſo anſtaͤndige edle Anſehen nicht. Im Ganzen herrſcht etwas Großes; weil die eine Ecke gegen den Garten ſtoͤßt, ſo uͤberſieht man von den mei - ſten Geſichtspuncten zwo Seiten deſſelben, welches verurſacht, daß die Maſſe de - ſto groͤßer ſcheint. Es hat nach Proportion ſeines Standorts eine ſchickliche Groͤße;ſelbſt189Beſchreibungen von Gaͤrten. ſelbſt die Farbe der Mauerziegel, wovon es zum Theil gebauet iſt, harmonirt beſſer zum Colorit einer Landſchaft, als alle mit Kalk beworfne Mauern. Der ſtarke Vorſprung der Fluͤgel, die Abwechſelung der Daͤcher von ungleicher Hoͤhe und Form, geben dem Ganzen ein Anſehen, das den Wohnſitz eines Großen verraͤth.

Der große Raſenplatz geht um zwo Seiten des Gebaͤudes herum. Auf der Mittagsſeite erhebt er ſich gegen ſolches, und auf der Abendſeite ſenkt er ſich noch all - maͤhliger gegen den See hinab. Auf eben dieſer Seite formirt ſich nicht weit vom Schloſſe aus einigen reichen unter Felſen hervordringenden Quellen ein Baſſin, und aus dieſem fließt ein artiger Bach, der mit ſeinem hellen Waſſer uͤber einen ſandigen Boden fortrieſelt. Laͤngſt demſelben ſind Baͤume, die gern am Waſſer ſtehen, geſetzt; er laͤuft den Raſenplatz gegen Abend hinab, und nachdem er ſich mit verſchiedenen Kruͤmmungen, die das kleine Thal veranlaßt, durch ſolches gewunden, faͤllt er jen - ſeits dem Thale gegenuͤber in den See.

An der Ecke von jeder Seite des Schloſſes fangen die Pflanzungen und Spazier - gaͤnge im Schatten an. Wenn man von der Terraſſe herabgeht, iſt das Gebaͤude auf der linken Seite mit einem Gebuͤſche vermittelſt eines Ganges verbunden, der durch Klumpen angenehmer Baͤume und bluͤhender Straͤucher fuͤhrt, deren Geruch die kuͤhlen Morgenwinde in jenem verbreiten.

Dieſes Gebuͤſch ſchließt den großen, gegen Mittag liegenden Raſenplatz auf der linken Seite nach einer ſanft fortlaufenden Linie ein; hin und wieder ſieht man durch Oeffnungen die ſchoͤnſten Blumen, womit es ſo reichlich verſehen iſt, und die nach aller - ley Formen angelegten Klumpen Baͤume. Ferner genießt man des Anblicks von dem vornehmſten lichten Platze in demſelben, und der Wirkungen des Schattens, den die Baͤume auf den glatten Raſenteppich werfen.

Hernach ſpringt gedachte Einfaſſungslinie vermittelſt einer dicken Lindenpflan - zung auf einmal vor, wodurch der dahinterliegende Wald nicht nur eine mehrere Entfernung zu bekommen ſcheint, ſondern man glaubt auch, daß der Raſenplatz ſich weit hinter derſelben hineinzieht; er ſtoͤßt hier auch wirklich an eine Straße, die durch einen Theil des Gehoͤlzes geht. Die Einfaſſungslinie kommt hierauf mit einer gro - ßen Kruͤmmung wieder zuruͤck, und ſchließt den Raſenplatz gegen Mittag ein. In - dem ſie wieder zuruͤcklaͤuft, wird ſie durch eine Anhoͤhe ſehr natuͤrlich unterbrochen, welche ihren wellenfoͤrmigen Ruͤcken bald zeigt, bald wieder in den Pflanzungen ver - birgt. Die auf dem Vorgrunde angebrachten kleinen Klumpen und einzelnen Baͤume tragen auch das Ihrige dazu bey, dieſe Linie zu unterbrechen; hin und wieder ſenkt ſie ſich herab, um den Eingang in das Holz zu erleichtern, welches durch die verſchie - denen Oeffnungen gleichſam dazu einzuladen ſcheinet.

Wenn190Anhang.

Wenn die Einfaſſungsline jene Anhoͤhe der Ecke des Schloſſes gegenuͤber er - reicht hat, wendet ſie ſich auf einmal, und begrenzt die linke Seite des Raſenplatzes gegen Abend. Die Anhoͤhe nimmt nunmehr allmaͤhlig ab, und verſchwindet zu - letzt auf dem Abhange des Bodens, welcher immer ſtaͤrker wird, und einen ſanften Ruͤcken formirt, gegen den der Raſen hinanſteigt, und ſich zuletzt zwiſchen Klumpen von Baͤumen verliert, die in gehoͤrigen Entfernungen von einander liegen, und immer dicker werden, je mehr ſie an Tiefe zunehmen. Vor dieſen ſtehen bald einzelne Baͤume, bald hier und da ein Buſch, wodurch jene Einfaſſungslinie unter - brochen wird, und deſto weniger mit dem Raſen abſticht. Dieſe Pflanzungen ſtre - cken ſich beynahe bis zum Ufer des Sees hinab.

Neben der andern Seite des Schloſſes liegt ein großer Pavillon: bey demſel - ben faͤngt ſich eine Partie einzeln und weitlaͤuftig ſtehender Baͤume an, die einen gro - ßen Raum einnehmen, und die rechte Seite des weſtlichen Raſenplatzes einfaſſen. Mitten durch dieſe Pflanzung laͤuft ein breiter Weg bis zu dem einen Ende des Sees, wo er in eine Allee von Ulmenbaͤumen faͤllt, wo vormals der Park aufhoͤrte. Man hat ſolche ſtehen laſſen, weil ſie theils eine wenig intereſſante Gegend verſtecken, theils den See auf eine angenehme Weiſe beſchatten; doch ſind diejenigen umgeſchlagen, welche vor dem obgedachten Thale ſtunden, und die Ausſicht auf eine artige mit Wei - den beſetzte Wieſe hinderten, die ſo, wie ſie ſich weiter fortſtreckt, anlaͤuft, und zu - letzt an einen entfernten den Horizont umgebenden Wald ſtoͤßt. Durch dieſen arti - gen Zufall hat man aus dem Schloſſe den reizenden Anblick eines lebhaften laͤndlichen Gemaͤldes jenſeits des Sees; der Park, welcher auf dieſer Seite zu viel Einfoͤrmiges hat, bekoͤmmt dadurch ein neues Leben, und ſcheint viel groͤßer, weil man geſucht hat, die Pflanzungen ſo mit dem entfernten Walde zu verbinden, daß ein jeder ſich einbildet, ſie machen zuſammen nur ein einziges Ganzes aus.

Durch die ganze Partie der ſich beym großen Pavillon anfangenden einzel - nen Baͤume hebt ſich das Schloß nicht nur deſto beſſer, ſondern ſie verbindet es auch beſſer mit dem Garten, von dem es ſonſt zu ſehr abgeſondert ſcheinen wuͤrde. *)Hohe Baͤume, die bis nahe an das Gebaͤude gehen, ſind ein vortreffliches Mittel, dieſe Verbindung zu bewirken, und eine genaue Communication zwiſchen bey - den hervorzubringen. Das Gebaͤudehebt ſich dadurch beſſer, und bekommt eine weit intereſſantere Lage, als bey Anlagen, wo dieſes nicht beobachtet wor - den iſt.

Eine andre Raſenflaͤche, welche eigentlich nur eine Fortſetzung der Abendſeite von der oftgedachten großen iſt, die ſich rechts unter obigen einzeln ſtehenden Baͤu - men fortſtreckt, nimmt den Platz des ehemaligen Vorhofs ein; und wer noch dasVorur -191Beſchreibungen von Gaͤrten. Vorurtheil hegt, daß dergleichen bey einem großen Gebaͤude noͤthig iſt, mag ihn da - fuͤr anſehen. Er bekommt ſeine Form durch eine Einfaſſung von Baͤumen, die in zwey oder drey große Klumpen getheilt ſind, und auf der einen Seite an die obi - gen einzeln gepflanzten Baͤume, auf der andern hingegen an die Plantationen ſtoßen, womit das eine Ende des Sees beſetzt iſt.

Wenn man auf dem gegen Suͤden angelegten Raſenplatze bis uͤber die mehr er - waͤhnte dicke Lindenpflanzung hinausgeht, kommt man linker Hand auf den durch einen Theil des Waldes gehenden Weg, welcher ſeiner ganzen Laͤnge nach mit Raſen bewachſen iſt. Man wird bald eine hoͤlzerne Bruͤcke gewahr, daraus man ſchließt, daß ſolcher noch weiter fortlaufe. Sie iſt uͤber einen ſchmalen Bach geſchlagen, der hier in einen kleinen laͤnglichrunden mit hohen Baͤumen beſetzten See faͤllt. Sein Waſſer kommt von einigen Quellen her, die man ehemals mit vielen Koſten weit her geleitet hatte, um in dem großen Parterre drey ſchwache ſpringende Waſſer zu be - kommen. So unbedeutend dieſer Bach auch iſt, ſo giebt er doch dem kleinen Thal, welches er mitten im Walde durchlaͤuft, durch die kuͤhle Luft, die er verſchafft, durch ſeinen ſchnellen Lauf, und durch das Geraͤuſch, welches die kleinen Waſſerfaͤlle und die ihm im Wege ſtehenden Baͤume veranlaſſen, die angenehmſte Abwechſelung. Ich glaube nicht, daß man bey der jetzigen Wirkung des Waſſers Urſache habe, diejeni - ge, wozu er vormals beſtimmt war, zu bereuen.

Von der Bruͤcke an durchlaͤuft der Raſenweg das linker Hand liegende Gehoͤlz; er wird bald breiter, bald ſchmaͤler, und fuͤhrt nach vielen Kruͤmmungen, die alle - zeit große Partien darſtellen, nach einem alten, aus hohen Baͤumen beſtehenden Ge - hoͤlz, welches am Ende des Parks liegt, und mit verſchiedenen Wegen durchhauen iſt. Der eine, den man vor ſich ſieht, geht von einer Ecke bis zur andern, und endigt ſich auf einer platten, ſich ins Freye hinausſireckenden Anhoͤhe, wo das Gehoͤlz einen Winkel macht. Vermoͤge dieſer Lage uͤberſieht man eine ſchoͤne Landſchaft, die einen ſehr wei - ten Horizont hat. Vor ſich ſieht man auf eine unregelmaͤßig mit Baͤumen bepflanzte Wieſe hinab, die von einem Bache gewaͤſſert wird. Doͤrfer und einzeln liegende Haͤu - ſer verſchoͤnern und beleben die Landſchaft; die mit Waldung bedeckten Huͤgel erſtrecken ſich weit in die Ferne, und ziehen ſich in die Laͤnge mit dem Thale fort, bis dieſes ſich zuletzt zwiſchen ihnen verliert. Wo die Waldung aufhoͤrt, fangen ſich herabwaͤrts aller - ley fruchtbare und auf verſchiedene Art angebauete Felder an. Auf der linken Seite veraͤndert ſich die Scene: man ſieht nur eine Einfaſſung von Bergen, deren Gipfel beynahe einen halben Cirkel formiren. Sie geben einen finſtern Anblick, theils weil ſie viel naͤher als jene liegen, und an einander haͤngen, theils weil ſie ſehr dick mit Wald beſetzt ſind, und daher keine entfernte Durchſicht darſtellen. AufII Band. C cder192Anhang. der rechten Hand ſieht man einen Theil des Sees, uͤber welchen eine noch anzulegen - de Pachterey mit ihrer Feldwirthſchaft, den Gebaͤuden und Einzaͤunungen zum Ge - ſichtspuncte dienen ſoll.

Um dieſer herrlichen Ausſicht, welche ſich uͤber zwey Drittel des Horizonts er - ſireckt, und nach einem langen Gange durch den Wald um deſto mehr uͤberraſcht, mit deſto mehrerer Bequemlichkeit genießen zu koͤnnen, ſoll auf dieſer platten Anhoͤ - he ein Pavillon angelegt werden. Die Natur ſcheint ſolche hier recht dazu geſchaf - fen zu haben, und hat ſie noch uͤberdies mit einigen friſchen und dickbelaubten Ei - chen beſetzt, welche den Proſpect gleichſam in verſchiedene Gemaͤlde abtheilen.

Auf der rechten Seite ziehet ſich der Abhang hinum, und wird ſteiler als alle, die man bisher durchwandert hat. Der Boden zeigt den ſchoͤnſten Wieſe - wachs, und iſt hin und wieder mit majeſtaͤtiſchen Eichen beſetzt. Sie ſtehen ſehr weitlaͤuftig; und weil ſie von Zeit zu Zeit ausgeputzt werden, ſo iſt ihr gerader Stamm von unten bis an die Krone nur mit kleinen Zweigen bewachſen. Dieſe Weide geht bis in ein kuͤhles Thal hinab, welches ſich gegen den Wald zu erweitert, und in - dem es ſich in dieſen hineinſtreckt, gleichſam einen Keſſel formirt, der ſich an einem ſteilen Abhange endiget. Der gruͤne Raſen, welcher ihn deckt, zieht ſich allmaͤhlig hinum, geht unter den Gebaͤuden der projectirten Pachterey weg, und endigt ſich end - lich an dem großen See.

Um den Gang dieſes Raſenweges nicht zu unterbrechen, habe ich bisher noch nichts von den drey Nebenwegen geſagt, auf welche man ſtoͤßt, indem man jenen verfolgt. Der erſte fuͤhrt zu einem großen lichten Platz, der von allerley Arten von Baͤumen umgeben iſt, die ſowohl durch dieſe Abwechſelung, als durch die Art, wie ſie geſetzt ſind, einen guten Contraſt machen. Man geht zuvor durch ein ſehr finſtres Gebuͤſche, und bekommt ſolchen alsdenn auf einmal zu Geſicht. Er thut eine deſto groͤßere Wirkung, weil er im Hintergrunde an einen zweyten ſtoͤßt, den man nur durch etliche Baͤume entdeckt, wodurch es aber ſcheint, als ob der Platz ſehr tief hin - ter gienge.

Eine auf der linken Seite anzulegende ſchlechte Meyerey ſoll ein Gebaͤude abgeben, das ſich zu dieſer laͤndlichen Scene vollkommen ſchickt. Das Haus wird von Leimen und Holz gebauet, mit Stroh gedeckt, und kommt gegen das obige alte Gehoͤlz von hohen Baͤumen zu ſtehen. Die Einzaͤunungen beſtehen aus verwilder - ten Hecken und hoͤlzernen Zaunpfaͤhlen. Das Ganze wird man nicht anders als zwiſchen verſchiednen Klumpen hoher Baͤume hindurch zu Geſicht bekommen. Der Ort dieſer Scene, welcher mit keinem andern Gegenſtande in Verbindung ſteht, und nichts als eine große Weide voll Vieh mitten im Holze darſtellt, wird dem Ge -maͤlde193Beſchreibungen von Gaͤrten. maͤlde den wahren laͤndlichen Charakter geben, ſo wie er ſich fuͤr eine Pachterey von dieſer Art ſchickt.

Wenn man uͤber dieſe beyden lichten Plaͤtze geht, kommt man an Gehoͤlz, das aus vielen Klumpen Waldbaͤumen von allerley Art, Groͤße und Umfange zuſammen - geſetzt iſt. Der gruͤne Raſen, worauf ſie ſtehen, bietet den Spazierenden eine Men - ge von Wegen zum Durchwandern dar. Wenn dieſe Klumpen gleich nicht dicht zu - ſammenhaͤngen, ſo verbreiten ſie doch einen beſtaͤndigen Schatten, unter welchem man nach verſchiedenen Kruͤmmungen zur obigen landwirthſchaftlichen Pachterey auf den Ruͤcken eines Abhangs, der bis zum See geht, gelangt. Von der Hoͤhe die - ſes Abhanges uͤberſieht man dieſes herrliche Waſſerſtuͤck in ſeinem ganzen Um - fange, und kann von ſeinen Ufern und den Abwechſelungen, die es verſchoͤnern, urtheilen.

Der zweyte Nebenweg faͤngt auf einem Kreuzwege an, der durch die umher - ſtehenden Baͤume angenehm in die Augen faͤllt. Linker Hand iſt er durch den Wald[bi]s an die Heerſtraße durchgehauen. Hier ſoll ein ſehr ſimples Haus und eine ſchlech - te Vermachung von Zaunpfaͤhlen den Eingang zum Park und die Auffahrt nach dem Schloſſe anzeigen. Auf der andern Seite der Heerſtraße iſt ein Schlag - baum, weil hier ein Weg durch ein großes Holz angelegt iſt, theils um die Ausfuhr des Holzes zu erleichtern, theils um deſto bequemer darin jagen zu koͤn - nen; man kann auch noch durch einen andern Weg in dieſes Holz, das am wenig - ſten unter allen beſucht wird, gelangen. Ein dritter Weg faͤngt ſich bey der Bruͤcke an; ſeine Abſicht iſt nicht nur, den Wald mit dem Park deſto genauer zu verbinden, ſondern auch einen zum Spazierenfahren oder Reiten beſtimmten Weg zu verlaͤngern, von dem ich bald mehr ſagen, und zugleich die Regeln, nach wel - chen er entworfen worden, anzeigen werde.

Man wuͤrde dieſer Menge von Gehoͤlz bald uͤberdruͤßig werden, wenn ich nicht geſucht haͤtte, allenthalben die groͤßte Abwechſelung anzubringen, es durch lichte Plaͤtze hier und da zu unterbrechen, und ihm theils durch neue Gemaͤlde und Ausſichten, theils durch die Art der Pflanzung und der Formen, welche die Klumpen bekommen, neue Nuͤancen und einen andern Charakter zu geben. Bald ſind es große Partien weitlaͤuftig ſtehender Baͤume, darunter man frey durchwegſehen kann, die nur einen leichten, jedoch nicht unterbrochenen Schatten geben, und daher weder das Wachſen des Graſes noch den freyen Durchzug der Luft hindern; bald ſind es Gehauigte von verſchiedenem Alter und verſchiedener Dicke: in einigen ſtehet hin und wieder nur ein großer Baum; andere haben kleine lichte Plaͤtze und angenehme Fußſteige: bald kommt man an ein altesC c 2Stuͤck194Anhang. Stuͤck Holzung, welches durch ſeinen beſtaͤndigen kuͤhlen und finſtern Schatten im heißen Sommer ſehr angenehm iſt; die Baͤume ſind hier, weil ſie dichte ſtehen, deſto mehr in die Hoͤhe gefahren, und ſowohl die Hoͤhe als die Dunkelheit geben ihnen eine gewiſſe Feyerlichkeit. Weiterhin verirrt man ſich in eine Rei - he von Dickigten von allerley Art: einige ſind leichter und duͤnner; die andern de - ſto undurchdringlicher. Allenthalben hat man entweder den freyen Himmel, oder einen beſtaͤndigen dunkeln Schatten. Mit einem Worte, dieſer Wald macht eine Folge von kleinern Gehoͤlzen aller Art aus, welche bey jedem Schritte eine neue unerwartete Wirkung hervorbringen.

In etlichen Jahren werden dieſe noch viel auffallender ſeyn, weil die Baͤu - me, die ſonſt dicht bey einander ſtunden, und in Ermangelung friſcher Luft kei - ne Zweige treiben konnten, nunmehr ausgelichtet ſind, daß ſie ſich frey ausbrei - ten, und wieder Aeſte und Laub bekommen koͤnnen. Aus dem, was bereits ſeit der Zeit, da dieſe heilſame Operation vorgenommen worden, geſchehen, laͤßt ſich auf d[as]ſchließen, was man in der Folge davon zu gewarten hat.

Dieſes Gehoͤlz wird dadurch noch um ein Großes angenehmer gemacht, daß man nicht nur dafuͤr geſorgt, den Ungleichheiten des Bodens allenthalben einen ſanften Abhang zu geben, weswegen man durchgehends leicht und bequem geht, worauf das groͤßte Vergnuͤgen des Spazierengehens beruhet; ſondern daß man auch alles mit ſchoͤnem Raſen bedeckt hat, wie die ſchon zu Stande gebrachten Par - tien zeigen: ferner, daß man eine Menge feſter Gaͤnge angelegt, deren man ſich zu allen Jahrszeiten, zu allen Stunden des Tages ungehindert bedienen kann, und welche allenthalben umher und wieder in einander laufen, ſo daß der Spaziergaͤnger zu allen Stellen des Parks gefuͤhret wird, die ſeinee Aufmerkſamkeit werth ſind. Er kann hier alſo auf eine bequeme und leichte Art herumirren, und alle Plaͤtze dieſer großen Flaͤche befuchen, wo er ohne Unterlaß eine abwechſelnde Folge von Ge - hoͤlz und Gebuͤſch antrifft, wo er einen beſtaͤndigen Schatten genießt, und durch alles, was Scenen dieſer Art nur Angenehmes haben, gereizt wird.

Ich habe bereits erwaͤhnt, daß das an der Heerſtraße liegende Haus mit ei - ner Vermachung von Zaunpfaͤhlen zum Eingang in den Park und zur Auffahrt nach dem Schloſſe dient. Man gelangt auch wirklich zu dem letztern vermittelſt des Raſenweges, der hoͤlzernen Bruͤcke uͤber den Bach, und des gegen Suͤden lie - genden Raſenplatzes. Dieſe Auffahrt, welche einen Theil des Gartens ausmacht, und, ſo wie man ſie durchfaͤhrt, dem Auge ein Stuͤck nach dem andern davon darſtellt, verdientwegen195Beſchreibungen von Gaͤrten. wegen der Abwechſelung in den Gegenſtaͤnden und Lagen ohnſtreitig einen großen Vorzug vor jenen geraden Alleen von gleichhohen und ſich einander aͤhnlich ſehenden Baͤumen, die deſto trauriger und langweiliger ſind, je mehr eingebildete Schoͤnheit, das heißt Laͤnge, ſie haben.

Der See verdient wegen der großen Rolle, die er in dieſem Garten ſpielt, noch einige Bemerkungen. Dieſes große Waſſerbehaͤltniß, welches uͤber ſechzig Acker Landes einnimmt, wird bald vollendet ſeyn. Urſpruͤnglich beſtand dieſer See aus zween Teichen, deren einer hoͤher als der andre, einer in dem Park, und der andre vor demſelben lag; zwiſchen beyden gieng ein breiter Weg durch. Beyde ſind jetzt in dem Park eingeſchloſſen, und werden bald mit einander vereinigt wer - den, um einen einzigen laͤnglichen See von unregelmaͤßiger Form auszumachen. Die Ufer werden ſich nach der ungleichen Lage des daranſtoßenden Landes richten. Gegen den großen Raſenplatz hat der Boden einen unmerklichen Abhang, zumal dem Schloſſe gegenuͤber: daher kann man das Waſſer aus demſelben bequem uͤber - ſehen; und die kleinen Wellen, welche der Wind beſtaͤndig gegen das Ufer ſchlaͤgt, halten das Waſſer rein und klar. Hin und wieder dringt er mit anſehnlichen Buch - ten von verſchiedener Groͤße in das Ufer; an andern Orten ſchiebt ſich eine Land - zunge hinein, und noͤthigt das Waſſer, ſich zuruͤckzuziehen. Auf der Seite gegen - uͤber iſt das Ufer ſteiler, gleichfoͤrmiger, und zum Theil mit Pflanzungen beſetzt. An einigen Stellen ſtoßen dieſe dicht ans Waſſer, tauchen ſo zu ſagen hinein, und ſpiegeln ſich darin; an andern ſind ſie weiter davon entfernt, daß man die abwechſelnde Ungleichheit des Ufers deutlich ſehen kann. Entweder richten ſie ſich nach der Form deſſelben, oder machen einen Contraſt damit. Dieſe beſtaͤndi - gen Abwechſelungen werden einen nicht geringen Theil ihrer Schoͤnheit aus - machen.

Mitten in dieſen Plantationen wird man kleine laͤndliche Luſtgebuͤſche, mit Weiden beſetzte Fußſteige, Schatten von Baͤumen aller Art, und mit Raſen be - legte Plaͤtze antreffen. Hier wird man fuͤr die flach fortſchießenden Stralen der nie - dergehenden Sonne des Abends einen kuͤhlen und angenehmen Spaziergang ha - ben. Man ſieht von hier aus, außer dem Proſpect uͤber den See, einen Theil des Parks, der aus dieſem Standpuncte neue Gemaͤlde darſtellt, den Raſenplatz mit dem darauf ſtehenden Schloſſe, den großen mit einzelnen Baͤumen beſetzten Platz, welcher an ſelbiges ſtoͤßt, und was man jenfeits deſſelben ſonſt noch zu Geſichte bekommt. Auf dem gegenuͤber liegenden, mit anſehnlichen Baͤumen beſetzten, undC c 3dadurch196Anhang. dadurch noch hoͤher ſcheinenden Ufer wird man die Augen an deren majeſtaͤtiſchem Anblick weiden. Wird dieſer See nun vollends erſt mit einer Menge von allerley Arten Waſſervoͤgeln, mit Kaͤhnen und Luſtfahrzeugen beſetzt ſeyn, und die Ma - ſten und Wimpel ſich mit den Baͤumen vermiſchen, wie belebt wird alsdenn die ganze Scene werden, und was fuͤr Reiz dieſes große Waſſerbehaͤltniß er - halten!

Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittagsſeite, ſo waͤſſert er einen Theil der zur Pachterey gehoͤrigen Laͤndereyen. Dieſe Scene, welche von ganz andrer Art. als die von der Meyerey iſt, hat man mit Fleiß am Ende des Parks an dem ſchicklichſten Orte fuͤr ſie angebracht; und da ſie mit ihm verbunden iſt, ſo wird ſie eine neue Abwechſelung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die Gebaͤude und die Zubehoͤrungen werden Gemaͤlde von andrer Art, die aber zum Ganzen nicht unſchicklich ſind, darſtellen. Die Beſchaͤftigungen des Landbaues, das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden dieſem Theil ein Leben verſchaf - fen; und der Herr von Guiſcard wird zuweilen auf die ſo nuͤtzlichen Arbeiten des Landmannes einen Blick werfen, und dieſe Verbindung des Angenehmen mit dem Nuͤtzlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnuͤgens und der Zerſtreuung anbie - ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. *)Die Reizungen der Natur, die Ab - wechſelungen in den Gemaͤlden, die an - genehmen Ausſichten, die anlockenden Spaziergaͤnge, die Geſundheit, mit einem Worte, was einen nach der Natur ange - legten Garten intereſſant macht, alle die - ſe Vortheile ſind nicht die einzigen, wel - che er verſchaffet: es kommt noch einer dazu, der ſie angenehmer macht, als man ſich vielleicht einbildet, und das iſt ihre Nutzung. Es giebt wenig Partien in dem Garten zu Guiſcard, die nicht eine Einnahme gewaͤhren. Der große Raſen - platz giebt eine ſehr gute Wieſe ab; alle Theile des Waldes ſind in regelmaͤßige Schlaͤge eingetheilt; die Waſſer ſind fiſch -reich. Im Walde liegen große Weiden fuͤr das Rindvieh, welche Zoͤglinge lie - fern, die zugleich das Amt der Gaͤrtner bey den Raſenplaͤtzen verrichten, und ſol - che durch das Abweiden in gutem Stande erhalten. Ueberdies hat man nicht noͤ - thig, viele Koſten auf die Unterhaltung die - ſes Parks zu wenden: man braucht weder auszuputzen, noch zu ſcheeren, noch zu har - ken. Alle Blumen, die eine taͤgliche War - tung erfordern, ſind daraus verbannt: es giebt hier keine erzwungne Waſſerkuͤn - ſte, keine Mauern zu Einfaſſungen der Terraſſen und des Gartens; alle Gaͤnge und Fußſteige ſind feſt und dauerhaft ange - legt.

Ich197Beſchreibungen von Gaͤrten.

Ich habe verſprochen, den zum Reiten und Fahren beſtimmten Weg anzu - zeigen. Hierzu iſt der Park der wahre Ort. Die alten Roͤmer, welche ſo viel auf Leibesbewegung hielten, und ſolche theils aus Neigung, theils aus Vorſor - ge fuͤr ihre Geſundheit trieben, hatten einen ausdruͤcklich dazu beſtimmten Ort in ihren Gaͤrten; und nannten denjenigen fuͤr die Leibesuͤbung Xyſtus, und den zum Reiten Hippodromus. *)Man ſehe den 6 Brief des 5 Buchs, und den 17 Brief des 2 Buchs vom juͤn - gern Plinius, darin er die Gaͤrten ſeinesTuſculaniſchen und Laurentiniſchen Land - gutes beſchreibt.Dieſe aus dem Griechiſchen entlehnten Woͤrter zeigen an, daß ſolche auch in dieſem Lande uͤblich waren. Wir haben zwar das Reiten und Fahren beybehalten, aber bisher nie daran gedacht, es auf eine angenehme Art anzuſtellen. Die Englaͤnder, welche dieſe Bewegung ſehr lieben, ſind zuerſt darauf gefallen, bey der Anlage ihrer Gaͤrten ſolche Wege, wobey dieſer Endzweck erreicht wird, anzubringen. Zu Guiſcard habe ich mich nach folgenden Grund - ſaͤtzen gerichtet.

Mich duͤnkt, daß die vornehmſte Annehmlichkeit eines ſolchen Fahrweges in der Abwechſelung der Lagen, der Gemaͤlde, und der Ausſichten beſteht, die man auf einer ſolchen Spazierfahrt antrifft; daß die Auf - und Abfahrten bey Anhoͤhen allemal ſehr gemach angelegt, und der Boden ſelbſt zu allen Zeiten ſowohl zu Pferde als fuͤr die Kutſchen brauchbar ſeyn muß. Wer einen ſolchen Weg ma - chen will, muß nie wieder auf dieſelbe Stelle, wo er ſchon einmal geweſen, zu - ruͤckkommen; er muß auf der einen Seite abfahren, und auf der andern wieder zu - ruͤckkehren: folglich muß der Weg einen ziemlichen Umfang haben. Weil man aber nicht allemal Luſt hat, eine weite Spazierfahrt zu machen, ſo habe ich fuͤr noͤthig erachtet, ihn ſo einzurichten, daß man ihn nach Belieben abkuͤrzen kann, ohne umkehren zu duͤrfen. Bey aller dieſer Vorſicht wuͤrde ein ſolcher Weg doch langweilig werden, wenn er ſo eingeſchloſſen waͤre, daß man nirgends von ihm abgehen koͤnnte; er muß alſo zwar ſo deutlich angelegt ſeyn, daß man ſich nirgends auf demſelben verirren kann, aber keinesweges ſo abgeſchnitten, wie z. B. ein Fußſteig zwiſchen zwo Hecken, oder eine Heerſtraße mit einem Graben auf jeder Seite. Man muß, zumal in dieſem Falle, einem jeden ſeinen Willen laſſen, und ihm die Freyheit nicht nehmen. Man bemuͤhe ſich, den Spaziergaͤnger durch einen wohlgeebneten und harten Boden, durch die Hoffnung zum Vergnuͤ - gen, durch die Reizungen der ſchoͤnen Wirkungen der Natur, durch allerley unter -weges198Anhang. weges angebrachte Abwechſelungen und Annehmlichkeiten anzulocken, und ſuche ihn dadurch zur Fortſetzung ſeines Ganges zu bewegen; zwinge ihn aber niemals da - zu. Aller Zwang macht verdrießlich, und die Einfoͤrmigkeit Langeweile. Oh - ne Freyheit gefaͤllt eben ſo wenig etwas, als es ein Vergnuͤgen ohne Abwechſelung giebt.

Noch eine Regel habe ich fuͤr noͤthig erachtet feſtzuſetzen. Ein ſolcher Fahrweg muß naͤmlich nicht allezeit ein beſondres Stuͤck des Gartens, durch den er laͤuft, ausmachen. Zuweilen wenn die Localumſtaͤnde es zulaſſen, und die Ab - wechſelung es erfordert, geht es wohl an, ihn von dem Garten abzuſondern; ei - gentlich aber ſoll er, wenn er einen Theil deſſelben ausmacht, ſo darein verwebt ſeyn, daß man ihn nicht anders bemerkt, als wenn man dadurch faͤhrt. Endlich hat es mir auch noͤthig geſchienen, auf den vorzuͤglichſten Stellen Ruheplaͤtze an - zulegen, wo man ſich bey dieſer ſo zutraͤglichen Bewegung mit Vergnuͤgen auf - haͤlt und ausruhet. Faͤnde man nun auch hin und wieder Zufluchtsoͤrter, und ei - nen Schutz gegen ein ploͤtzlich uͤbereilendes Ungewitter, ſo wuͤrde den Vorzuͤgen ei - nes ſolchen Parks nichts fehlen.

Dies ſind die Regeln, die ich mir bey der Anlage des Fahrweges zu Guiſcard zum Geſetze gemacht habe. Er iſt mit dem Garten aufs genaueſte verbunden, oder vielmehr eins mit demſelben. In allen Lagen, die man unter - weges antrifft, ſie moͤgen innerhalb oder außerhalb des Gartens ſeyn, herrſcht viel Abwechſelung. Allenthalben laͤuft der Weg allmaͤhlig auf - und abwaͤrts. Er faͤngt ſich gleich bey dem Schloſſe an, geht uͤber den gegen Mittag liegenden Ra - ſenplatz nach der hoͤlzernen Bruͤcke uͤber den kleinen Bach, durchſchneidet die oͤf - fentliche Heerſtraße. Von hier laͤuft er durch den großen Wald. Auf der ei - nen Seite hat man dickes Holz, und auf der linken einzeln ſtehende Baͤume, um des Proſpects zu genießen. Die Fahrt durch dieſen weitlaͤuftigen Wald dauert, vermoͤge der vielen Wege, die durchgehauen ſind, lange; man kann ſie aber auch nach Belieben abkuͤrzen. Wer aber durch alle paſſiren will, verfolget diejenigen, die in runden Kruͤmmungen fortlaufen, welches das Unterſcheidungskennzeichen iſt. Die - ſe fuͤhren zu dem Ausgange, und bringen wieder durch einen Weg, der zur Ver - bindung dienet, nach dem Park zuruͤck. Indeſſen uͤberſieht man zwiſchen dem Walde und dem Park eine große Strecke Landes, welche verſchiedene ſehr artige Landſchaften darſtellet. Man kommt alsdenn bald an das alte hohe Holz, und verfolgt den Weg bis zu dem am Ende deſſelbigen liegenden Pavillon. Nichtweit199Beſchreibungen von Gaͤrten. weit davon fuͤhrt er in das Thal unterhalb den großen See hinab, und laͤuft an den gegenuͤber liegenden Ruͤcken durch angebauete Felder, die auf den Seiten mit Baͤumen bepflanzt ſind, wieder hinan. Hier entdeckt man rechts die in der Entfernung gegen Oſten liegenden und mit Waldung beſetzten Berge; vor ſich hat man einen Theil des Sees, und oberhalb deſſelben das alte hohe kurz zuvor paſſirte Gehoͤlz, welches am Rande des Abhangs eine ſchoͤne Linie for - mirt, die ſich in das beſchriebne tiefe Thal hinabzieht, und darin verliert. Endlich fuͤhrt dieſer Weg zu einem Gatterthor, vermittelſt deſſen man auf die Ulmenallee kommt. Man faͤhrt alsdenn laͤngſt dem See hin durch die Pflan - zungen, bis zu der großen Partie einzelner Baͤume, die an das Schloß ſtoßen, und kommt alſo auf der Seite zuruͤck, welche der, wo man abgefahren, gerade gegenuͤber liegt.

Man wird hin und wieder auf dieſem Fahrwege Oerter anlegen, wohin man beym Ungewitter ſeine Zuflucht nehmen kann, und die Stellen, welche die ſchoͤnſten Proſpecte darſtellen, wird man mit Ruheplaͤtzen verſehen.

Dieſer vorgeſchriebene Fahrweg betraͤgt eine Laͤnge von mehr als 4000 Klaftern, und hat alle Abwechſelungen, welche die Localumſtaͤnde der Gegend nur liefern koͤnnen. Er geht durch Waldungen, Felder, Wieſen, Raſenſtuͤ - cke; bald laͤuft er gerade fort, bald ſteigt er, und bald lenkt er ſich wieder all - maͤhlig abwaͤrts. Man kann ihn auch auf verſchiedene Weiſe abkuͤrzen, indem man entweder nicht in das große Holz faͤhrt, oder den Weg durch die ange - baueten Felder vermeidet; ja, man kann auch eine Spazierfahrt anſtellen, ohne aus dem Park zu kommen. Man folgt in dieſem Falle nur den Raſenwegen, faͤhrt durch das alte hohe Gehoͤlz, hernach unterhalb der Pachterey bis an das Ufer des Sees hinab, und von da uͤber den gegen Weſten liegenden Raſenplatz nach dem Schloſſe zuruͤck.

Ich uͤbergehe viele kleine einzelne Stuͤcke, welche dieſen Park verſchoͤnern, weil es mich zu weit fuͤhren wuͤrde. Das bisher geſagte mag genug ſeyn, um zu zeigen, wie der Platz, die verſchiedenen Lagen, und der alte Park genutzt wor - den, und einen Begriff von dem Plan und ſeinen Wirkungen zu geben. Man wird hieraus abnehmen koͤnnen, daß ich mich bemuͤht habe, dem Boden ſeine na - tuͤrliche Lage, und dem Gewaͤſſer einen großen Charakter zu geben, und vornehm -II Band. D dlich200Anhang. Beſchreibungen von Gaͤrten. lich den Waldungen alle die Annehmlichkeiten und Abwechſelungen zu verſchaffen, deren dieſer wichtige Theil des Gartens in Betracht ſeiner Lage und des Proſpects, den er giebt, nur faͤhig iſt. Hat dieſer Park gleich keine von den auffallenden Scenen in der Natur, dergleichen große Felſen, brauſende Waſſerfaͤlle, ploͤtzliche Unterbrechungen des Bodens durch ſteile Gruͤnde u. ſ. w. ſind, ſo bedauert man dieſen Mangel doch nicht, weil er ohnehin ſo viel Abwechſelungen hat, daß man jene nicht einmal verlanget.

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Verzeich -[201]

Verzeichniß der Kupferverzierungen.

  • Nr. 1. Schloß Friedensburg gegen den Garten. S. 4
  • Nr. 2. Schloß Hirſchholm gegen den Haupteingang. S. 6.
  • Nr. 3. Neues Gebaͤude in dem Garten zu Hirſchholm. S. 8.
  • Nr. 4. Schloß Sophienberg gegen das Meer. S. 11.
  • Nr. 5. Neues Gebaͤude in dem Friedrichsburger Schloßgarten. S. 13.
    • Aus dem zweyten Theil des Daͤniſchen Vitrun. Kopenhagen 1749.
  • Nr. 6. Schloß Carlberg gegen Norden. S. 24.
  • Nr. 7. Schloß Saalſtadt gegen Morgen. S. 30.
    • Aus dem erſten Theil der Suecia antiqua et hodierna.
  • Nr. 8. 9. Landhaͤuſer, Erfindungen von de Neufforge in ſeinem Reeueil Elémen - taire d’Architecture &c. Paris, 1767. S. 33. 37.
  • Nr. 10. 11. Gegenden von Brandt. S. 39. 43.
  • Nr. 12. 13. 14. Landhaͤuſer von Halfpenny’s Erfindung in ſeinem New and com - pleat Syſtem of Architecture delineated &c. London, 1749. S. 46. 47. 48.
  • Nr. 15. Landhaus von Nette, aus ſeinen Adelichen Land - und Luſthaͤuſern. S. 52.
  • Nr. 16. 17. 18. 19. Gegenden von Brandt. S. 55. 56. 57. 58.
  • Nr. 20. Rouſſeau’s Grab. S. 59.
  • Nr. 21. Gegend von Brandt mit Sulzers Denkmal. S. 61.
  • Nr. 22. Gartenhaus, Erfindung von Nette. S. 64.
  • Nr. 23. 24. 25. Italieniſche Villen an der Brenta. S. 70. 74. 75.
    • Aus den Delizie della Brenta &c.
      *)Das Werk des Coſta, das in dem 1. B. dieſer Theorie der Gartenkunſt S. 31 angefuͤhrt worden, und das uͤberaus ſelten anzutreffen iſt, habe ich unter einem etwas verſchiedenen Titel erhalten. Es iſt dieſer: Le Delicie della Brenta o ſia Raccolta di Perſpective de più bel Palazzi, Villagi e Caſini di Campagna, che ſi veggono ſulle due ſponde di detto Fiume da Padoua ſino alla Laguna Veneta. Opera diviſa in due Volumi in fog. Reale, che contiene 144 Vedute inciſe in rame col - le loro Iſcrizioni, che ſi vendono dall Al - brizzi in Venezia. Ohne Jahrzahl. Das Werk fuͤhrt zugleich dieſen franzoͤſiſchen Titel: Les Délices della Brenta ou Recueil de Per - ſpectives des plus beaux Palais, Villages & Maiſons de campagne, qui ſe voient auxdeux bords de cette Riviere depuis la ville de Padoue jusqu’à la Lagune de Venife. II Vol. fol. Royal. 144 Plancheſ. Ich kann nun ein Urtheil hinzufuͤgen. Dieſe Sammlung iſt faſt in dem Geſchmack der von den toſcaniſchen Villen, die an dem erwaͤhnten Ort angezeigt iſt. Die wenigſten Gebaͤude ſind in einem reinen Ar - chitekturgeſchmack, und die unter Nr. 23. 24. 25. nachgebildeten Villen ſchienen mir noch die beſten. Viele ſind alt; einige ſind unfoͤrmliche Maſſen von Schloͤſſern. Alle aber haben eine reizende Lage an den Ufern der Brenta, die mit artigen Fahrzeugen und geſchaͤftigen Menſchen belsbt ſind. Der Stich zeigt wenig Fleiß. Uebrigens ſind die Blaͤtter von keiner Beſchreibung oder Erlaͤu - terung begleitet.
      *)
D d 2Nr. 26.[202]
  • Nr. 26. Gegend von Brandt. S. 84.
  • Nr. 27. Italieniſche Ville von Palladio. S. 86.
  • Nr. 28. Gegend von Brandt. S. 89.
  • Nr. 29. 30. 31. 32. Italieniſche Villen von Palladio. S. 90. 95. 100. 102.
  • Nr. 33. Gegend von Brandt. S. 103.
  • Nr. 34. 35. 36. 37. Italieniſche Villen von Palladio. S. 104. 106. 110. 113.
  • Nr. 38. Landhaus zu Kew. S. 115.
    • Aus Chambers Plans &c. of the Gardens and Buildings at Kew. London, 1763.
  • Nr. 39. Gegend von Brandt. S. 118.
  • Nr. 40. Landhaus zu Houghton in Norfolk, von der Weſtſeite. S. 124.
    • Aus The Plans, Elevations and Sections of Houghton in Norfolk; the Seat of the Rt. Honourable Sr. Robert Walpole &c. Publiſhed by J. Ware. fol. 1735.
  • Nr. 41. Landhaus zu Bernſtorf bey Kopenhagen. S. 129.
  • Nr. 42. Landhaus zu Proetzel, einige Stunden von Berlin. S. Bernouilli’s Reiſen durch Brandenburg, 1779. 1 B. S. 12. u. ſ. S. 134.
  • Nr. 43. 44. Pavillons auf dem Heeſchenberg. S. 139. 146.
  • Nr. 45. Neues Wohngebaͤude auf Schirenſee. S. 150.
  • Nr. 46. Pavillon zu Sielbeck. S. 152.
  • Nr. 47. Landhaus bey Darmſtadt. S. 158.
  • Nr. 48. Gegend von Brandt. S. 160.
  • Nr. 49. Ein Gartenhaus von Goldmann. S. 200.

About this transcription

TextTheorie der Gartenkunst
Author Christian Cay Lorenz Hirschfeld
Extent206 images; 64097 tokens; 9570 types; 459587 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTheorie der Gartenkunst Zweyter Band Christian Cay Lorenz Hirschfeld. . IV, 200 S. : Ill. WeidmannLeipzig1780.

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UB Heidelberg UB Heidelberg, T 355 RES::2URL: http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/titel/1186051

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Gartenbau; Wissenschaft; Architektur; core; ready; china

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