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Gedichte
ſechſter Theil,
nebenſt einer Vorrede wider die Schmeichler und Tadler der Poeſie.
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Mit Koͤn. und Churf. Saͤchſ. allergnaͤd. Privilegio.
Leipzig,bey Thomas Fritſch,1709.

Dem Hoch - und Wohlgebohrnen Herrn, Hn. Hanns Chriſtoph, Freyherrn von Schweinitz, Herrn auf Tſcheplau und Haußdorff ꝛc.

Hoch - und Wohlgebohrner Frey-Herr / Gnaͤdiger Herr ꝛc.

OB ich wohl nicht ſagen kan, daß meine poeſie, als ſie ſich vor ohngefehr acht jahren das erſte mahl vor der welt ſehen laſſen, gar ungluͤcklich geweſen; ſo habe ich doch nach der zeit nicht im ſinne gehabt, ferner - weit viel zu tichten, und noch weniger was dergleichen an den tag zu geben. Nachdem aber einige Standes-perſonen, denen ich zu gehorſamen meiner ſchuldigkeit zu ſeyn erachtet, ſich meiner anleitung im tichten zu bedienen beliebet, und ich bey ſolcher Ge - legenheit offt ſelbſt ihnen vorgehen und poetiſiren muͤſſen; ſo bin ich, meinen ſchluß zu aͤndern, gleichſam gedrungen, auch end - lich gar beredet worden, meine ſeitdem verfertige getichte, ſo wie die vorigen, ans licht zuſtellen.

DaßZuſchrifft.

Daß aber dieſe geringe poeſie ſich die kuͤhnheit nimmt, in Jhro Hochfrey - herrl. Gnaden zimmer zu treten, iſt freylich ein unterfangen, das allerdings der verzeihung vonnoͤthen haben wird. Wie Sie aber ehmahlen dieſelbe Dero un - ſchaͤtzbaren gewogenheit gewuͤrdiget, und, die finſterniß ihrer einſamkeit zu verlaſſen, ſelbſt angefriſchet; alſo ſchmeichelt ſie ſich mit der ſuͤſſen hoffnung, es werden Jhro Hochfreyherrl. Gnaden Sich ihren ge - horſam nicht mißfallen laſſen, noch auch einer getreuen dienerin nunmehro den zu - tꝛitt abſchlagen, den Sie ihr ehmahlen hoch - geneigt verſtattet haben.

Sie iſt ohnedem ſo ehrgeitzig nicht, allda eine ſtelle zu begehren, wo die groſſen tich - ter Abſchatz, Hoffmannswaldau und Lohenſtein platz genommen; ſon - dern ſie wiꝛd gantz veꝛgnuͤgt ſeyn, wenn Sie ihr unter Dero poeten nur den letzten ort einzuraͤumen geruhen wollen.

Dieſe ehre wird ihr um deſto angeneh - mer ſeyn, je mehr ich weiß, daß Jhro Hochfreyherrliche Gnaden in allen ſtuͤcken wahrhaffter gelahrheit, und dabey in der teutſchen poeſie, es vielen andern): (3Stan -Zuſchrifft. Standes-perſonen zuvorthun, und alſo auch deſto gruͤndlicher davon zu urtheilen wiſſen. Wenn ich die gemeine ſtraſſe ge - hen wolte, ſo wuͤrde allhier die gute gele - genheit, Sie zu loben, nicht verabſaͤumen: Allein ob ich wohl hierzu keines tichtens oder fremden zierraths vonnoͤthen haͤtte, ſondern nur die bloſe wahrheit dahin ſchreiben doͤrffte; ſo befiehlet doch Jhro Gnaden ungemeine beſcheidenheit mir deßfalls zuſchweigen, indem Sie zwar an - derer ihr gebuͤhrendes lob mit vergnuͤgen, Jhr eigenes aber nie anders, als mit un - willen, anzuhoͤren pflegen.

Jch uͤberliefere Jhro Gnaden dem - nach ohne uniſchweiff dieſe meine poeſie in tieffer ehrerbietung, zugleich aber auch den ſechſten theil des insgemein ſo genann - ten neuen Hoffmannswaldaus, der feſten Hoffnung lebend, es werden Jhro Gnaden ſolches mein unterfangen nicht ungnaͤdig aufnehmen. Die beylage wird vielleicht daher nicht unangenehm, auch vor mich nicht anders als vortheilhafft ſeyn koͤnnen, weil ich gewiß bin, daß die da - rinnen enthaltne getichte ſinnreicher koͤpffe die maͤngel meiner Muſe reichlich erſetzenkoͤn -Zuſchrifft. koͤnnen. Jch bin gluͤcklich genung, wenn Sie jene als eine ordentliche Tafel, mei - ne arbeit aber als einen geringen nachtiſch anzuſehen, und mehr meine aufrichtige abſicht, als die ſache ſelbſt, in betrachtung zu ziehen Sich gefallen laſſen.

Ubrigens ſtatte hierbey vor die biß an - hero mir bezeigte unverdiente Gnade ge - horſamſten danck ab, und empfehle mich in geziemender ſubmiſſion Dero fernern gnaͤ - digen wohlwollen, der ich lebenslang verharre

Jhro Hoch-Freyherrlichen Gnaden

unterthaͤniger Leander.

): (4Vor -

Vorrede.

DJe poeſie hat allezeit ihre liebhaber und tadler gefunden, ob wohl jener ihre anzahl faſt immer die groͤſte ge - weſen, und uͤber dieſe triumphieret hat. Jch koͤnnte hiervon eine weit - laͤufftige hiſtorie verfertigen, wenn ſolches die enge einer vorrede erlaubete; ſo aber wird es hoffentlich genug ſeyn, wenn ich blos die gruͤnde, ſo einige, die poeſie zu tadeln, andere aber herauszu - ſtreichen, bewegen, anfuͤhren und beurtheilen werde. Denn ich bin allerdings der unvorgreifflichen mei - nung: daß man auf beyden ſeiten uͤber die ſchnur gehauen, und in denen deßfalls von der geſunden vernunfft geſetzten grentzen nicht geblieben ſey.

2. Man erwege nur die der ticht-kunſt von ihren liebhabern beygelegten lobſpruͤche, ſo werden ſich meine worte von ſich ſelbſt rechtfertigen. Jſt es nicht der ſache zu viel gethan, wenn ſie ihr den vor - zug vor allen wiſſenſchafften gegeben? den ihr doch nicht einmahl alle freyen kuͤnſte geſtatten doͤrffen. Das ſchlimmſte iſt, daß dieſe auf heydniſchen grund gebauete meinung auch ſo gar unter den ſo genann - ten Chriſtlichen ſcridenten mode geworden. Es iſt in wahrheit recht erbaͤrmlich, daß man ſich noch im - mer beredet: Die poeſie ſey eine ſprache der goͤtter;daVorrede. da doch vorlaͤngſt deutlich genug gezeigt worden: daß die goͤtter der heyden, aus aberglauben entſtand - ne getichte, und die in verſen ertheilten oracula, eine ſchlaue erfindung der heydniſchen pfaffen geweſen. Wir finden zwar in unſrer bibel: daß GOtt wahr - hafftig geredet habe; aber nicht: daß er ſich blos ge - bundner reden bedienet.

3. Der goͤttliche tꝛieb, den man deꝛ poeſie zuſchꝛeibt, iſt ebenfalls ein reſt des heydenthums, der ſammt den Muſen laͤngſt ausgepeitſcht ſeyn ſollte. Es iſt nicht ohne: ein poete wird nicht gemacht, ſondern geboh - ren; aber daraus folgt gantz keine goͤttligkeit der menſchlichen tichtkunſt. Ein mathematicus, und redner, wird ebenfalls gebohren, und dennoch blei - ben die matheſis und redekunſt bey allen vernuͤnffti - gen leuten gantz natuͤrliche kuͤnſte. Die menſchen ſind unterſchiedner art, und zwar nach der allwei - ſen vorſehung und einrichtung des unbegreifflichen Schoͤpffers. Einer ſchickt ſich zu dem, der andre zu was andern: und ſo unterſchieden die leibes-miſchun - gen ſeyn, ſo unterſchieden iſt auch die geſchickligkeit der menſchen in anſehen ihres verſtandes. Die ſa - che wird anderwerts weitlaͤufftig ausgefuͤhret, des - wegen ich mich nicht dabey aufhalten, ſondern nur noch dieſes beyfuͤgen will, daß das vorgeben jenes alten poeten:

Conſules fiunt quotannis & novi proconſules: Solus, aut rex, aut poëta non quotannis na - ſcitur.

mehr hoffart als wahrheit hinter ſich habe.

): (54. AberVorrede.

4. Aber iſt die poeſie nicht die wiege der weisheit, und ein innbegriff aller wiſſenſchafften? Wie kan man ihr nun den zugeeigneten vorzug abſprechen? Jedoch es hat nichts zu bedeuten. Geſetzt: daß die erſten weiſen ihre lehre in verſen und reimen vor - getragen; ja laß es ſeyn, daß nicht nur die tichtkunſt, ſondern die vers - und reim-ſchmiederey ſelbſt gleich - ſam die windeln geweſen, darein man die neuge - bohrne philoſophie eingewickelt; ſo ſind doch wieg und windeln noch lange nicht dem darein geleg - ten Kinde zu vergleichen, ich geſchweige denn vorzu - ziehen.

5. Daß die poeſie ein innbegriff aller wiſſenſchaff - ten ſey, koͤnnte ich mit eben dieſer antwort abferti - gen; allein ich will dieſes vorgeben zum uͤberfluß abſonderlich widerlegen. Es iſt eine leere prale - rey der poeten, welche keine wahrheit zum grunde hat. Es ſolte ja wohl ein jeder tichter ein weiſer mann ſeyn, aber nicht darum, weil er ein tichter, ſondern weil er ein menſch iſt. Daher hat es viel groſſe poeten gegeben, die keine wahrhafftige leute gewe - ſen. Doch es iſt hier die rede von den wiſſenſchaff - ten, oder der gelahrheit, und nicht von der weis - heit. Es hat aber faſt gleiche bewandniß. Denn warum ſolte ein ungelehrter kein guter poete ſeyn koͤnnen? Franckreich, ja Teutſchland ſelbſt, hat es uns ja deutlich genung vor augen geſtellet. Die Leanders getichten mit einverleibten brieffe einer ſich unter dem namen Florette verborgnen dame ſind finnreich, artig und mit einem worte poetiſch genung,obVorrede. ob ſie ſchon aus keiner gelehrten feder gefloſſen. Zwar bin ich nicht in gaͤntzlicher abrede, daß ein poete, der die erkenntniß der natur, die ſitten-ſtaats - lehre und hiſtorie zu ſeinen dienſten hat, es viel weiter bringen koͤnne, als einer, ſo dieſer huͤlffe entbloͤſſet iſt. Gleichwie aber einer dennoch die ſpitze des Parnaſſus ohnſtreitig erreichen kan, wenn er ſchon mit keinen metaphyſicaliſchen haken, mathemati - ſchen ſtaͤben oder fern-glaͤſern, und arithmetiſchen wegweiſern verſehen iſt, als wovon man in des Mal - herbe, und Hoffmannswaldaus getichten kei - ne ſpuren ſiehet; alſo iſt es nicht nur irrig, daß die poeſie ein innbegriff aller wiſſenſchafften ſey, ſondern es folgt auch nicht einmahl der auf dieſen ſatz ge - bauete ſchluß von dem erwehnten vorzuge.

6. Die veraͤchter der poeſie ſcheinen ein wenig beſſer zu urtheilen; aber wenn man es bey lichten be - ſiehet, ſo ſind ſie eben ſo wohl zu weit gegangen, und haben einen thurm aufgefuͤhret, der mehr ſand als ſteine zu ſeinem grunde hat. Es kan ſeyn, daß die ticht-kunſt, wie die poeſie von denen Cainiten oder gottloſen entſtanden, und theils die wolluſt, theils den aberglauben, oder andre boͤſe regungen als mut - ter erkennet. Es iſt darum nicht alles ſo gleich an ſich ſelbſt boͤſe, und verwerfflich, das einen boͤſen ur - ſprung hat. Die vieh-zucht, und die eiſen-arbeit kommt eben ſo wohl von Cainiten, als die poeſie; wer ſie aber deßwegen ſchlechterdings verachten und als was boͤſes anſehen wolte, wuͤrde ohne zweifel als ein kerl, der nicht recht unter dem hute verwahret waͤre, ausgelacht werden.

7. DaßVorrede.

7. Daß man ſie eine urheberin der luͤgen und thoͤrichten fabeln, eine hebamme des aberglaubens, ei - ne unſinnige ſchwaͤrmerin, und tochter der raſerey nennet, und ihr alle die pasquille, ſo die poeten ge - macht, und alle das in ihren getichten ausgekramte gifft der geilheit und ſchmeicheley beymiſt, heiſt wahr - hafftig ſehr ſophiſtiſch gehandelt. Sintemahl nach dieſer philoſophie auch die redekunſt ausgebannt werden muͤſte, weil ſie irgend ein Carneades zu ver - theidigung der ungerechtigkeit gemißbrauchet. Ja was wuͤrde endlich ſelbſt aus dem allerheiligſten bu - che, der ſo genannten bibel, werden? aus deren fal - ſchen erklaͤrung und ſchlimmen gebrauch ſo viel ke - tzereyen entſprungen ſind. Zu geſchweigen, daß man gelogen, abgoͤtterey getrieben, geſchwaͤrmet, und ſeinen naͤchſten verleumdet hat, ehe einmahl an die poeſie gedacht worden.

8. Jch bin indeſſen gar nicht in abrede, daß die fa - beln die aͤchten kinder, und die ſinnreichen erfindun - gen die ſeele der poeſie ſeyn. Aber erfindungen und fabeln ſind keine eigentlich ſo genannte luͤgen, wie allen denen, ſo nur das A. B. C. in der morale ſtu - dieret haben, bekannt iſt. Die Schrifft ſelbſt, der brunnen der beſten wahrheit, bedienet ſich der fabeln und gleichniſſe zu befoͤrderung der ſeeligkeit des menſchen, wovon die luͤgen allezeit abgefuͤhrt haben. Des Homeri und Heſiodi getichte moͤchten tauſend fabeln in ſich halten, wenn ſie nur in den ſchrancken der vernunfft geblieben, nicht wieder die ehrerbie - tung gegen GOtt und die regeln der ehrbarkeit ange -ſtoſ -Vorrede. ſtoſſen, oder wenn ihre fabeln nicht vor wahrheiten waͤren verkaufft worden. Fabeln als fabeln ſcha - den niemanden, ja die dem Æſopo zugeſchriebnen, und von dem ſinnreichen de la Fontaine in frantzoͤſi - ſche verſe gebrachte fabeln koͤnnen viel nuͤtzlichen mo - raliſchen buͤchern den preiß ſtrittig machen.

9. Was den punct der raſerey betrifft, ſo iſt es zwar nicht ohne, daß Marini, Taſſo, und vielleicht auch Homerus zuweilen ziemlich auſſer ſich ſelbſt geweſen. Jch glaube auch gar gerne, daß ſich Horatius manchmal zuvor aus dem circkel geſoffen, ehe er eine ode ausgeſonnen. Jch bin aber auch ge - wiß, daß Opitz, Lohenſtein, Hoffmannswal - dau, Gryphius und Neukirch viel herrliche getichte ohne ſo ſeltſame entzuͤckung, und beyhuͤlffe des Bac - chi verfertiget. Dahero koͤmmt es mir eben ſo unge - reimt vor, wenn man die poeſie zu einer tochter der unſinnigkeit, enthuſiaſterey oder voͤllerey macht, als wenn man die philoſophie vor ein kind des Mor - pheus anſehen wolte, weil einige im ſchlafe gar or - dentlich raiſonniren, und hinter wahrheiten zu kom - men pflegen, an die ſie wachend nicht gedacht haben.

10. Man muß die ſuͤnden der poeten mit nichten der poeſie ſelbſt auf den hals werffen. Denn was kan ſie davor, daß ein mit gelde beſtochner Ariſto - phanes den ſo weiſen und gerechten Socrates in einer comoͤdie als den liederlichſten ſophiſten und ver - fuͤhrer der jugend ausſchreyet? Verleumdung, geil - heit und ſchmeicheley ſind laſter, die ſich ſo offt, ja noch wohl tauſendmahl mehr, in ungebundne alsge -Vorrede. gebundne reden kleiden, ohne daß die ehrliche rede - kunſt die geringſte ſchuld daran hat. Denn es iſt nichts ſo unſchuldig, das die thorheit und bosheit nicht ſolte misbrauchen koͤnnen. War Martialis ein ſclaviſcher ſchmeichler? und Catullus ein geiler zotenreiſſer? ſo finden wir hingegen an denen vor - trefflichen Herren Baronen von Abſchatz und Canitz zwey groſſe poeten, an denen man viel zu ruͤhmen, aber nichts dergleichen wird zu tadeln oder auszuſe - tzen haben.

11. Die veraͤchter der tichtkunſt ſind aber doch noch nicht gantz abgefertiget, ſie haben noch mehr pfeile im vorrathe. Die poeten, ſagen ſie, brin - gen gleichwol nichts geſcheutes vor: ſie achten die wahrheit ſo viel als nichts: die einbildungs-krafft iſt ihr abgott und fuͤhrer, welche gleichwol allezeit die latte geweſen, mit welcher die narren gelauffen. Daher iſt die poeſie dem verſtande ſo entgegen, daß, ſo bald als einer darinne excelliret, ſo bald hat er auch denen zum judicio und gedaͤchtniß gehoͤrigen wiſſenſchafften den lauffzettel geben muͤſſen. So - crates hatte die poeſie auch ſtudieret; aber weil er nicht aufhoͤrte, ein weiſer mann zu ſeyn, ſo konnte er auch nicht anfangen, verſe zu machen. Es iſt dem - nach dem Plato gar nicht zu veruͤbeln, daß er keine tichter in ſeiner republic leiden wollen.

12. Aber wie ſo gar ſtumpff ſind dieſe pfeile! und wie klar beweiſen diejenigen, ſo ſie geſchnitzet, daß es auch ſcribenten in proſâ gaͤbe, denen es an der ſecundâ Petri fehlet! Denen poeten ins geſammt ver -ſtandVorrede. ſtand und klugheit abſprechen wollen, heiſt bey hel - len tage die ſonne leugnen. Jch beruffe mich noch - mahlen auf die hochgemeldten vornehmen maͤnner, und ihre der unſterbligkeit wuͤrdige getichte, und auf den unvergleichlichen Herrn von Lohenſtein, deſſen poeſien deutlich genug darthun, daß er ein uner - ſchoͤpfflicher brunnen kluger, weiſer und gelahrter ge - dancken geweſen. Es iſt wahr: Catullus, Joannes Secundus, und andre mehr, haben nicht viel erbauli - ches in ihren verſen; aber Juvenalis, Perſius, Seneca, Gryphius und die bereits gemeldeten haben viel ver - ſtaͤndige ſpruͤche und geſcheide gedancken in ihre goͤldne getichte verſetzet. Ovidius ſelbſt, uͤber deſſen ſchluͤpffrigen und wolluͤſtigen beſchreibungen viele junge leute gleiten und fallen, hat nicht weni - ger gute und weiſe, als ſchlimme und boͤſe ſaͤtze in ſei - nen wercken; wie es mir denn nicht ſchwer fallen ſolte, eine ſo geſunde morale aus ſeinen getichten zu - ſammlen und aufzuweiſen, die, ich will nicht ſagen des Ariſtotelis, ſondern wohl gar des Epicteti ſeiner die wage halten wuͤrde.

13. Daß viele, oder auch die meiſten poeten ſich eben nicht viel um die wahrheit bekuͤmmern, iſt wahr; aber daß ſie alle dieſen ſo groſſen ſchnitzer begehen, wird niemand behaupten koͤnnen. Wenigſtens iſt die poeſie unſchuldig, als welche ſo gar keine feindin nuͤtzlicher wahrheiten iſt, daß ſie vielmehr ſelbige mitten in ihre fabeln zuverſtecken, und durch ihren ausputz andern beliebt zu machen weiß. Und ſo iſt es auch mit dem punct von der einbildungs-krafft be -ſchaf -Vorrede. ſchaffen. Die meiſten poeten laſſen ſich das feuer ihrer imagination dahin reiſſen und auf viele abwege verfuͤhren, wovon ſonderlich Jtalien viel exempel auf - weiſen kan. Aber es giebt doch auch vorſichtige tichter, die ihr ingenium durch ein reiffes urthel zu maͤßigen wiſſen. Der verſtand iſt eine herrliche krafft der menſchlichen ſeele: das ingenium auch; aber wenn ſie von einem ſchlimmen hertzen geleitet und verderbet werden, ſo muß man dieſes verderben nicht ſo wohl ihnen, als dieſem zu ſchreiben. Daher iſt es ein irrthum, wenn man die einbildungs-krafft blos zur latte der narren, und alſo auch die poeſie zu einem tummen thiere machen will, nach dem ſich ein weiſer ihrer eben ſo wohl, und zwar mit groſſen nutzen, be - dienen kan.

14. Die folgende beſchuldigung: daß die mit dem judicio und gedaͤchtniß veꝛknuͤpfften wiſſenſchaff - ten bey der poeſie nicht ſtehen koͤnnen, iſt ſchon wie - derlegt, und koͤnnte man deren ungrund mit vielen exempeln noch weiter umſtoſſen, wenn ich mich nicht der kuͤrtze befleiſſen muͤſte. Doch es mag an wenig genug ſeyn. Der unlaͤngſt der ſterbligkeit entrißne Gryphius war ohnſtreitig ein groſſer poete, und doch darbey ein in re literariâ, der civil-hiſtorie, geo - graphie und politiſchen wiſſenſchafft ungemein ge - lehrter mann. Und an was vor ſtuͤcken der gelahr - heit hat es wohl dem um das werthe vaterland ſo hochverdienten Freyherrn von Abſchatz und dem be - ruͤhmten Lohenſtein gemangelt? Wer in der moral und phyſic, denen zweyen ſtuͤtzen der rechten weis -heit,Vorrede. heit, nichts gethan hat, wird den nahmen eines ho - hen und vollkommnen tichters nimmermehr erwer - ben, wie ſolches von denen, ſo de arte poeticâ geſchrie - ben, ſatſam gezeiget worden.

15. Wie kommt es aber, daß der groſſe philoſo - phus Socꝛates, der die ticht-kunſt doch gelernet, gleich - wohl kein tauglich getichte zu wege bringen koͤnnen? Haben ihn irgend die Muſen darum vom Parnaſſe ge - ſtoſſen, weil er ſeine weisheit nicht wegwerffen wol - len? Nichts weniger denn dieſes. Denn ſonſt wuͤr - den ſie auch den Seneca wieder herunter geſtuͤrtzt ha - ben. Jch habe ſchon oben erwehnt, daß die men - ſchen nicht einerley art ſeyn, und daß nur eine ge - wiſſe gattung ſich zur poeſie ſchicke. Darum hat entweder Socrates das gehoͤrige naturel nicht ge - habt, oder daſſelbe nie recht excoliren wollen. Wiewohl diß alles noch zu unterſuchen waͤre, weil einige vorgeben: daß er dem Euripides in ver - fertigung ſeiner ſchauſpiele geholffen habe.

16. Bey ſolcher bewandtniß kan ich den aus - ſpruch des Plato, krafft deſſen er alle poeten aus ſeiner republic verbannet, nicht ſchlechterdings unterſchreiben. Man muͤſte denn ſagen: daß er blos diejenigen tichter verſtanden, die durch ihre aͤrgerliche wercke, wie Homerus und Heſiodus, die leute zum aberglauben, und zu allerhand lieder - lichen leben angefuͤhret. Auf welche weiſe aber dieſes philoſophi urtheil die poeſie, oder diejenigen, ſo ſich derſelben vernuͤnfftig bedienten, im geringſten nicht treffen wuͤrde. Hat er aber alle poeten ohn): (): (unterVorrede. unterſcheid verbannet, ſo hat er geirret, wie einige fromme kirchen-vaͤter, die ein beſſer gemuͤthe als judi - cium gehabt haben, das viele in Platone zwar ſu - chen, die wenigſten aber antreffen und andern dar - thun koͤnnen.

17. So iſt demnach die poeſie wie eine dame an - zuſehen, welche der eine als eine goͤttin anbeter, und der andre vor eine hure ausſchreyet, da ſie doch keines von beyden, ſondern eine unſchuldige dirne iſt. Man kan die poeſie brauchen und mißbrauchen. Sie iſt ei - ne kunſt, durch gebundne und abgemeßne worte an - dre zu bereden oder zu ergetzen. Berede ich andre was guts? ſo iſt ſie wohl angewehrt; berede ich andre was boͤſes? ſo mißbrauche ich ſie. Bediene ich mich ihrer aber blos zu einer unſchuldigen ergetzung, und halte dabey die gehoͤrige maſe; ſo wird mich niemand deß wegen tadeln koͤnnen, wo er nicht den nahmen ei - nes muͤrriſchen ſauertopffs und heuchlers mit rechte verdienen will.

18. Jch koͤnnte hierbey alle arten der getichte durchgehen, und was ich in anſehen des nutzens und ſchadens, gebrauchs und mißbrauchs gut befinde, inſonderheit eroͤffnen; ich will aber nur mit ein paar worten derer verliebten gedencken. Es ſind viele, ſo ſie durchaus nicht leiden wollen, und ich geſtehe ſelbſt, daß manche weit beſſer gethan, wenn ſie ſtatt derſelben eine geiſtliche aria geſungen haͤtten. Aber darum verwerffe ich ſie doch nicht ſchlechter dings als was boͤſes. Offenbahr geile und unver - ſchaͤmte lieder kan ich nicht entſchuldigen: Aber wieeineVorrede. eine beſcheidne liebe nichts verdammliches an ſich hat; ſo ſeh ich auch nicht, wie man ſelbige mit recht tadeln koͤnne, wenn ſie in verſe eingeſchloſſen wird. Es iſt falſch, daß alle verliebte getichte die fleiſch - liche wolluſt zum grunde haben. Manche ſind ein bloſer ſchertz; viele aber nicht anders anzuſehen, als complimente, die ein jeder galant homme, nach gele - genheit der umſtaͤnde, einem frauenzimmer ſchuldig iſt. Sind dann nun ſchertz und complimente aͤrger - liche und unzulaͤſſige dinge? Julius Cæſar Scaliger hat unterſchiedne verliebte poetiſche ſeuffzer an ſeine Thaumantia abgelaſſen, der doch in ſeinem tempera - ment nichts weniger als wolluſt hatte, auch jederzeit ſich ſo aufgefuͤhret, daß er auf der bahn der liebe nie einen fehlritt begangen. Die beruͤhmte Scudery mag freylich nicht gantz unempfindlich geweſen ſeyn: aber wie man in ihren verliebten romanen nichts lie - derliches, ſondern lauter beſcheidenheit, antrifft; alſo haben diejenigen, ſo neben ihr an einem orte gelebt, ſich jederzeit vergebens bemuͤhet, ſie uͤber einiger liebes-intrigue zu ertappen; daher einige ein recht wunderwerck daraus gemacht: daß eine dame, wel - che die regungen der liebe ſo natuͤrlich und ſinnreich mit der feder ausgedruͤcket, ihren zucker dennoch nie - mahlen gekoſtet, ſondern den ruhm eines unbefleck - ten wandels ungekraͤnckt jederzeit erhalten hat. Jn - deſſen iſt mein abſehen nicht, jemanden zu verferti - gung einiger liebes-getichte zu bereden. Entſchul - digen und einloben ſind ſehr unterſchiedne dinge: ja es giebt perſonen, denen man dergleichen unterfan -): (): (2gunVorrede. gungen billich uͤbel auslegen wuͤrde. Hierunter ge - hoͤren inſonderheit alle die, ſo im geiſtlichen ſtande leben, wie ein jeder, der die grund-regeln der wohlan - ſtaͤndigkeit gelernet, von ſich ſelbſt verſtehen wird. Dahero ich auch ehmahlen einen von dieſer ſorte, als er eine vertheidigung der verliebten poeſie her - ausgeben wolte, es gar aufrichtig widerrathen habe.

19. Dieſer ſechſte theil des insgemein ſogenann - ten neuen Hoffmannswaldau haͤlt ſo wohl ver - liebte als andre arten der getichte, wie die vorherge - gangnen, in ſich. Gleichwie ich aber meine mei - nungen vor keine vorſchrifften ausgebe, darnach ſich andre nothwendig richten muͤſten; alſo uͤberlaſſe ich alles dem vernuͤnfftigen urthel des geehrten leſers. Jch hoffe aber doch, daß viele den Herrn Verleger, ſo dieſe zerſtreuete poefien ſam̃len und in einige ordnung bringen laſſen, mehr loben als tadeln werden. Kan der leſer keinen ſonderbaren nutzen daraus ziehen, ſo iſt es genung, wenn er eine angenehme und unſchul - dige beluſtigung antrifft. Man kan nicht immer ernſthafft ſeyn und arbeiten. Das gemuͤthe bedarff der ruhe und erquickung ſo wohl als der leib: Und wie ein andrer ſich irgend im ſpatzieren gehen mit einem freun - de durch ein freymuͤthig geſpraͤche ergetzet; alſo ſehe ich nicht, warum es was ungereimtes ſeyn ſolte, wenn mancher bey muͤßigen ſtunden, nachdem er mit ſei - nen noͤthigen verrichtungen fertig iſt, ſich mit leſung einiger getichte beluſtiget. Wer darum poetiſche buͤcher verwerffen will, weil er keinen nutzen daraus ziehen kan, der thut wahrhafftig eben ſo thoͤricht, alswennVorrede. wenn er alle blumen-gaͤrte verwuͤſten wolte, weil ſie keine fruͤchte bringen. Zu geſchweigen, daß man dergleichen ſchrifften ohne urſach allen nutzen abſpricht. Verſtaͤndige leute koͤnnen alles zum gu - ten anwenden, und wer kan leugnen, daß artige und ſinnreiche gedancken, natuͤrliche beſchreibungen der ſachen, und lebhaffte ſchilderungen der menſch - lichen regungen das ingenium ſchaͤrffen, und daß die kurtz und nachdruͤcklichen ſitten-regeln ſo groſſe krafft in gebundner, als ungebundner rede haben? Zwar wer vernuͤnfftig iſt, erkennet ſolches leicht von ſich ſelbſt; die veraͤchter der poeſie aber laſ - ſen ſich ſo wenig weiſen, als die ſchmeichler.

): (): (3Auf
Auf die neuen theile von Hoffmanns - waldau. E. G.
DJe leute kuͤmmern ſich,
Was doch bey neuer tichter ſachen
Des Hoffmannswaldau nahmen ſolte machen?
Was gilts: Mein antwort haͤlt den ſtich:
Er zeigt, daß ſeines geiſtes gaben
Nicht gaͤntzlich ausgeſtorben ſeyn.
Und trifft auch dieſer ſchluß nicht richtig ein;
So hoͤrt, ihr ſolt was anders haben:
Wenn Muſen auf den berg der anmuth ſpielen
gehn;
So muß Apollo ja als Præſes oben ſtehn.
Neue

Neue buͤcher.

  • Fabri Antonii codex definitionum forenſium; acceſſerunt jura imperii novisſima & ſaxonica, nec non recentiorum pragmaticorum auctoritates. folio.
  • Iamblichius de vita pythagorica gr. cum verſione latina Vlr. Obrechti & notis Ludolf. Kuſteri: accedit Malchus ſeu Porphyrius, itemque anonymus apud Photium de vita Pythagoræ, c. n. Holſtenii & Rittershuſii. 4. Amſt.
  • de Marca Petri diſſertationes de concordia ſacerdotii & imperii, ſeu de libertatibus eccleſiæ gallicanæ: qui - bus acceſſerunt ejusdem autoris diſſertationes eccleſiaſti - & Bœhmeri obſervationes hoc opus illuſtrantes. fol.
  • Svidæ lexicon, græce & latine, cum notis Kuſteri 3 vol. fol. Cantabrigiæ.
  • Großer Herren, vornehmer Miniſtren und anderer beruͤhm - ten maͤnner gehaltener reden dritter und vierter theil.
  • Neukirchs Benjamin anweiſung zu teutſchen briefen. 8.
  • Einleitung zur heutigen hiſtorie. 10tes ſtuͤck. 8.
  • Ludwigs engliſch-teutſch-frantzoͤſiſches lexicon. 4.
  • Locks Iohann unterricht von erziehung der kinder, nebſt Herrn von Fenelon gedancken von erziehung der toͤch - ter. 8.
  • Des Hertzogs von Savoyen gerechtſam auf des Hertzog - thum Montferat 4.
  • Ludewigs Iohann Peter von maͤngeln und verbeſſerung des teutſchen Lehn-rechts. 8.
  • Eltz holtz Sigmund garten-bau, oder unterricht von der gaͤrtnerey, auf das clima der Marck Brandenburg und der benachbarten laͤnder. 4.
  • Euclidis quæ ſuperſunt omnia gr. lat. c. fig. Gregorius recen - ſuit. fol. Oxoniæ.
  • van Horne Iohannis opuſcula anatomica - chirurgica, notis aliisque accesſionibus illuſtrata a I. W. Pauli. 8.
  • Inventii Ioſephi de ratione diſcendi & docendi ſcholarum ſo - cietatis Ieſu, ex decreto congregationis generalis XIV. 8. Coloniæ.
Weid -
  • Weidlingii Chriſtiani juspublicum imperii romano germani[ci], per definitiones, diviſiones, cauſas, quæſtiones & axioma - ta reſtitutum. fol.
  • Der durchl. Caſſandra odeꝛ Statira liebes-geſchichte, aus dem frantzoͤſiſchen. 5 theile mit fig. 8.
  • Franckenbergs Europaͤiſcher Herold. fol.
  • neu entdeckte geheimniſſe von der ſchoͤnheit der Da - men. 12.
  • Jßbrand Jdes dreyjaͤhrige geſandſchafft von Moſcau nach China, zu lande gethan durch Sieberien und die groſſe Tartarey. aus dem hollaͤnd. uͤberſetzet mit fig. 8.
  • Leben Jhro Kaͤyſ. Maj. Leopoldi des groſſen. 8.
  • Leben der koͤnigin Chriſtina von Schweden, mit fig. 8.
  • Leti Gregorli Leben des beruͤhmten Pabſts Sixti V. 2 theile 8.
  • Relation eines gꝛoßen Miniſtꝛi vom gegenwaͤꝛtigen zuſtan - de des Koͤnigreichs Franckreich. 8.
  • Schauplatz des krieges in Jtalien, oder accurate beſchrei - bung der Lombardey, mit denen grundriſſen der ſtaͤdte und bildniſſen der itzigen Generalen. 8.
  • Weidlings emblematiſcher lob - und trauer-redner. 8.
  • Iulii Pollucis onomaſticum græce & latine, cum commentariis Iungermanni, Kuhnii, Lederlini & Hemſterhuſii fol. Amſt.
  • Schleſiens fliegende Bibliothec, mit allerhand geiſtl. und weltlichen zur wohlredenheit gehoͤrigen, theils bisher eintzelen, theils noch ungedruckten ſtuͤcken der vortreff - lichſten redner dieſes landes verſehen. 4.
  • Kortüms Renat. Andr. buch Hiob aus dem hebreiſchen aufs neue uͤberſetzt, nebſt einer paraphraſi und kurtzen anmer - ckungen. 4.
  • Apperatus novus Virgilii poeticus, ſynonimorum, epithe - torum & elegantiarum poeticarum theſaurum c. expli - cationibus etc. complectens. 2. Vol. 8.
Verliebte
[1]

Verliebte und Galante Getichte. Als Er Melinden durch einen kuß erzoͤrnet hatte. ARIA. C. H. v. H.

1.
MEin fruͤhling iſt verſchwunden,
Jch ſpuͤhre nichts, als rauhe winters-zeit;
Das haupt haͤlt flor umwunden,
Mein hertze ſteht in ſchwartzen boy gekleidt;
Was iſt die groͤſſe meiner miſſethat,
Daß ich mich ſoll im leben ſelbſt begraben?
Mein kind! der himmel lobt nicht dieſen rath,
Du wilſt zu ſchwere buß auf kleine fehler haben.
2.
Jch habe nichts verbrochen,
Mein mund hat deinen purpur nur beruͤhrt;
Muß dieſer ſeyn gerochen
Mit blitz und feur, das dein geſichte fuͤhrt?
Dein glantz wird ja durch keinen kuß verſehrt:
Was himmliſch iſt, wird nie von irꝛdiſchen beflecket.
Was hat die ſonn an ihrem ſchein geſtoͤhrt,
Obgleich ihr helles licht auch ſchwartze erde decket.
VI. Theil. A3. Dein2Verliebte und
3.
Dein himmel iſt umzogen,
Jtzt ſeh ich nichts als nur cometen ſtehn;
Was hat dich nun bewogen,
Melinde! daß dein knecht ſoll untergehn?
Jch bin kein holtz, auch nicht ein harter ſtein,
Mein hertze muß in blut und regung wallen.
Selbſt engel koͤnnen nicht ohn fehler ſeyn,
Du weiſt, wie ſie vor dem auch eben ſind gefallen.
4.
Doch ſinck ich dir zu fuͤſſen,
Melind! allhier liegt dein entſeelter knecht;
Er will die fehler buͤſſen,
Ach! laß erbarmung gehn vor ſtrenges recht,
Nicht ſchaue mich mit harten blicken an!
Kein ſchwaches auge kan den hellen blitz ertragen,
Du weiſt, wie leicht es um uns iſt gethan,
Wenn uns der donner will mit ſcharffen keilen ſchlagen.
5.
Laß deine ſonn aufgehen,
So zeigt mein himmel auch ſein freuden-licht.
Wer kan vor dir beſtehen,
Wenn rach und zorn aus deinen augen bricht?
Druͤm falle nicht der ſtrengen meynung bey:
Daß liebes-ſuͤnden nur ſind durch den tod gehoben.
Die hoͤlle lehret uns, was grauſam ſey,
Den himmel hoͤrt man ſtets von gnad und guͤte loben.
Als er die Lesbia ſich entkleiden ſehen. Sonnet.
DJe ſaubre Lesbia ſaß mit geſchrenckten fuͤſſen,
Jhr netter finger war um ſchuh und ſtruͤmpff bemuͤht.
Hier konnt ich, was ſie doch ſonſt jedem aug entzieht,
Durch einen kuͤhnen blick in ſtiller luſt genieſſen.
Die3Galante Getichte.
Die ſeide hatte kaum dem marmel weichen muͤſſen,
Als ſich der leichte rock von ihrem leibe ſchied;
Doch als die ſichre hand die weiſſe bruſt verrieth,
So ward ich unvermerckt in ohnmacht hingeriſſen:
Die augen ſuncken hin, die beine wurden matt.
Die nackte Silvia ſtieg ſicher in das bad,
Eh ich mein auge konnt aus der verwirrung fuͤhren.
Und alſo ward ſie mir kein gantz entdecktes land.
Doch hat die bloſſe bruſt mir ſo viel krafft entwandt;
Was wuͤrde Silvius nicht in der ſchos verliehren.
Als Flavia in ſeiner gegenwart ihrem huͤndgen liebkoſete. Sonnet.
ES hatte Flavia ihr huͤndgen auf dem ſchos,
Sie ſtopffet ihm das maul mit lauter mandelkernen,
Es fiel manch ſuͤſſer blick aus ihren holden ſternen,
Den dieſes lumpenthier, doch ohn verdienſt, genos.
Sie ſtellet ihm den ſchnee der reinen bruͤſte blos,
Und wolte nicht den mund von ſeinem kuß entfernen,
Jch muſte den verdruß dabey verbeiſſen lernen,
So ſtarck mir auch die gall in mund und hertze flos.
Jndeſſen konnt ich mich der woͤrter nicht erwehren:
Wie gluͤcklich wuͤrde ſich doch meine zeit verzehren,
Waͤr ich, ach Flavia! dein ſo geliebter hund!
Doch weil der himmel mich zum menſchen auserkohren,
So bin ich durch den grimm der Flavia verlohren,
Denn meine flamme leſcht nur ihr gekuͤſter mund.

C. L. Ch. z. H. pf. a. R. &c. mit M. S. Degenfeldin gepflogene liebes-handlung,A 2Jn4Verliebte undJn vier briefen beſchrieben, in deren

  • 1. Er ihr ſeine liebe eroͤffnet,
  • 2. Sie ihn ihrer gegenliebe verſichert,
  • 3. Er es ſeiner gemahlin berichtet,
  • 4. Seine gemahlin ihm antwortet.
Der erſte brief von D. C. v. L.
NJcht ſcheue dich, mein kind! diß ſiegel aufzumachen,
Die du den ſchluͤſſel ſelbſt zu meiner ſeelen haſt.
Was hier geheimnis iſt, ſind dir bekannte ſachen,
Mein antlitz hat dir laͤngſt verrathen meine laſt.
Die aſch auf Aetnens klufft lehrt, daß da feuer ſtecket,
Und meine blaͤſſe zeigt, daß lieb im hertzen glimmt.
Nicht frage, wer in mir ſo ſuͤſſe glut erwecket,
Dein eignes auge fuͤhlt, wo ſie den urſprung nimmt,
Weil heiſſe ſonnen ja nicht leer vom brand ſeyn muͤſſen,
Aus kalten adern nicht ein warmer brunn entſpringt;
Doch wilſt du deinen ſieg ſelbſt von dem ſclaven wiſſen,
So duld es auch dein ohr, wenn itzt ſein feſſel klingt.
Jch liebe dich, mein kind! mit unzertheiltem hertzen,
Nicht laſſe dir das wort unglaublich kommen fuͤr.
Die flammen unſrer eh ſind ausgeleſchte kertzen,
Ja unſer erſte flamm entſteht, mein licht! aus dir.
Jch hab erſt, ſeit ich dir geopffert meine ſeele,
Was lieb und liebens-wehrt, mein kind! von dir gelernt.
Das ew’ge feuer brennt nicht in jedweder hoͤle,
Du weiſt, daß offt der ſchnee wie eine Venus ſternt.
Es ſoll’n ja wohl corall’n ſeyn der gemahlin lippen,
Kein liebreitz, kein magnet begeiſtert aber ſie;
Laͤſt ſich nun ſtahl nicht ziehn von unbeſeelten klippen,
Wer ſchilt, daß ich an ihr mich nicht zu kleben muͤh.
Die augen ſind zwar ſchwartz, doch ausgeleſchte kohlen,
Von denen ſchwefel ſich ſelbſt nicht entzuͤnden kan.
Sie ruͤhmt ſich, ihr geruch beſchaͤme die violen,
Was aber nuͤtzt zibeth, der uns nicht biſamt an?
Die5Galante Getichte.
Die wangen ſind an ihr granaten ohne kerne,
Gebluͤme, das nicht reuͤcht, ein feld von roſen leer.
Die bruͤſte regt kein trieb entflammter liebes-ſterne,
Sie ſind von Zemblens eiß ein zugefroren meer.
Sie ſchleppt der heyrath band wie eine ſclaven-kette;
Sie fleucht, als legten ſich mit mir ihr ſchlangen bey.
Ja find ich einſt noch platz in der gemahlin bette,
So glaub, daß ſie mehr kalt als ſalamander ſey.
Kein feur, darinnen Zevs in flieſſend gold zerronnen,
Kein lodernd ſeufftzen floͤßt ihr laulicht lieben ein,
Der nord-ſtern waͤrmt den Belt mehr, als mich ihre ſonnen,
Sie muͤht ſich ſteinerner als Niobe zu ſeyn.
Will ich zum opffer ihr gleich meine ſeel anzuͤnden,
So duͤnckt ſie ſich doch mir vor ein altar zu gut:
Das fuͤhlen, glaub ich, hat bey ihr ſelbſt kein empfinden,
Und unſer liebes-oͤl braucht ſie vor kalte fluth.
Doch wuͤrde der geduld noch dieſer unmuth weichen,
Waͤr er mit eyferſucht und hochmuth nicht vergallt.
Sie iſt dem roſen-ſtrauch im winter zu vergleichen,
Der keine roſen traͤgt, und doch den dorn behaͤlt.
Urtheile nun, mein kind! ob wir verliebt ſeyn moͤgen?
Selbſt Aetna leſchet aus, wenn zunder ihm gebricht,
Der wahn ehrt goͤtzen nur, die einem ſind entgegen,
Die lieb erkennt den haß vor keinen abgott nicht;
Die Anmuth aber hat den ſitz bey dir erwehlet,
Der unhold wuͤſteney iſt weit von dir verbannt.
Mit deinen ſitten hat der liebreitz ſich vermaͤhlet,
Dein ſchoͤn-ſeyn hat ein garn der freyheit ausgeſpannt,
Jn dieſem ſiehſt du mich hier deinen ſclaven liegen,
Verſtoß nun dieſen nicht, den du ſelbſt feſſelſt an.
Laß mich von deiner hand kein ſchaͤrffer urtheil kriegen,
Als dein liebreitzend aug uns prophezeyen kan.
Die ſonne, welche du zweyfach in augen traͤgeſt,
Pflantzt, wie du mir, den trieb den ſonnenwenden ein;
Die hold, ſo du ſelbſt feil auf deinem mund auslegeſt,
Kan meiner ſeele nicht verbothne waare ſeyn.
A 3Das6Verliebte und
Das kauff-geld, das ich dir vor deine lieb erlege,
Soll ſeyn mein beſter ſchatz, mein hertz, an dieſem iſt
Dis treue ſchrot und korn, du ſelbſt biſt das gepraͤge,
Jch weiß, daß du mit nichts ſonſt zu erkauffen biſt.
Dir aber wird ja muͤntz, auf der dein bild ſteht, gelten,
Ob dich, unſchaͤtzbare, kein ſchatz gleich zahlen kan.
Nicht ſorge, daß ein menſch wird deine liebe ſchelten,
Man nimmt mit fug in dienſt verſtoßne diener an.
Es mag auch alle welt, wie ich dich liebe, wiſſen,
Denn heimlich buhlen iſt zwar ſuͤſſe, ſelten rein.
Mein vorſatz hat in ſich ein redliches entſchluͤſſen,
Das auch der kirche ſelbſt nicht kan verdammlich ſeyn.
Kein haͤßlich rabe zeucht an meinem liebes-wagen,
Die ſchwanen keuſcher luſt ziehn meinen geiſt zu dir,
Von reinen lilgen ſoll dein haupt den braut-krantz tragen,
Mit hochzeit-fackeln uns die tugend leuchten fuͤr.
Die hand des prieſters ſoll dir ſelbſt den trau-ring geben,
Weil freylich du zu hoch fuͤr eine Hagar biſt.
Kurtz: keine raupe ſoll an unſern myrthen kleben,
Die deiner ehr abbricht, und unſern nachruhm friſt.
Kommt dir diß ſeltſam fuͤr, vermaͤhlten ſich vermaͤhlen,
Weil keine Sara mehr den mann zu andern weiſt,
Wo wehrts der himmel uns, zwey ſeelen zu erwehlen,
Bevor wenn eine ſelbſt das band in ſtuͤcke reiſt?
Was taͤglich nicht geſchicht, iſt nicht bald zu verdammen.
Zu dem, der groͤſte theil der menſchen ſpricht es recht:
Die vorwelt labte ſich bey zwey und mehrern flammen:
Ein fuͤrſt iſt auch nicht ſtracks gemeiner ordnung knecht.
Kein eyfrend auge wird dir ſcheele blicke geben,
Weil, die ihr hertz entfernt, ſich ſelbſt zu trennen ſinnt,
Mich wirſt du durch ein ja ins paradieß erheben,
Darinnen aber auch vor dich was ſuͤſſes rinnt.
An meine lincke hand wird man dich zwar nur trauen;
Solch kummer aber faͤllt, wenn ſie, mein ſchatz! verſteht,
Daß man mit mehrer pracht der rechten pflegt zu freyen,
Doch daß die lincke nur von treuem hertzen geht.
Der7Galante Getichte.
Der andre brief.
JCh habe ſeid und brief, durchlauchſter! aufgeriſſen;
Bekuͤmmert, ob nicht auch den faden meiner ruh?
Jch habe ſeine ſchrifft bewillkommt mit viel kuͤſſen,
Ach daß der himmel nicht gall in den zucker thu!
Er und die hoffnung ſpeiſt mich ja mit himmel-brodte,
Der zweifel und die furcht miſcht aber myrrhen ein.
Jch weiß, der fuͤrſten wort und bitten ſind gebote;
Doch reu und unluſt folgt offt aufs gehorſam-ſeyn.
Der eckel haßt hernach, was er erſt angebetet,
Ein erſt gekuͤſter mund wird bald gegeifert an,
Was roſen gleich gebluͤht, wie unkraut ausgejethet,
Weil doch die liebe nicht den wechſel haſſen kan.
Wir frauenzimmer ſind granaten-aͤpffeln gleiche,
Die man von porzellan wirfft endlich auf den miſt;
Die heut ein engel war, heiſt morgen aaß und leiche,
Weil ſarg und braut-bett offt zwey zoll entfernt kaum iſt.
Haͤtt ich auch gleich hiervor nicht, groſſer fuͤrſt, zu ſorgen,
Weil tugend mir von ihm ſagt etwas beſſers wahr;
Denn was ſie heute liebt, haßt ſie gewiß nicht morgen,
Zumahl wenn liebe wird geanckert ans altar.
Muß ſich doch ſchlechtes wachs nicht naͤhern ſolchen ſonnen,
Sonſt ſchmeltzt ihr gunſt-ſtrahl auch die kuͤhnen fluͤgel ab.
Der liebes-zucker iſt in thraͤnen-ſaltz zerronnen,
So offt ein irꝛdiſch mund den goͤttern kuͤſſe gab.
Was kan ein zufall nicht, nicht fremde mißgunſt ſtifften,
Weil gantze ſonnen ja ein woͤlcklein rauben kan?
Was kan der ſpeichel nicht der eyferſucht vergifften?
Sie hengt den tugenden die ſchlimmſten kletten an,
Sie ſchwaͤrtzt mit huͤtten-rauch die himmel-reinen flammen,
Sie wirfft mit ſchmach und koth der unſchuld ebenbild.
Drey wetter ſeh ich ſchon ziehn uͤber mir zuſammen,
Wo liebe mehr bey mir, als kluge vorſicht, gilt.
A 4Beher -8Verliebte und
Behertzige, mein fuͤrſt! wo man mich hin verleitet?
Ob mich verſuchung nicht auf hoͤchſte zinnen ſtellt?
Der anmuth paradieß wird mir ja zubereitet,
Wo nur mein untergang nicht hintern berge haͤlt.
Er reicht den braut-krantz mir vielleicht zum ſchmuck der bahre,
Wo noch mein ſchimpflich ſarg wird werth der kraͤntze ſeyn:
Rubin und diamant ſoll bluͤhmen meine haare,
Ach! druͤckten ſie mir nur nicht gar den ſcheitel ein!
Jedoch ich will mein heil aufs fuͤrſten worte gruͤnden,
Da wird kein fallbret ſeyn, wo er mich anckern heißt,
Des fuͤrſten bloſſes ja muß mehrern glauben finden,
Als die betheurung, ſo mit vielen eyden gleißt.
Die ohnediß iſt magd, und fleiſch im buſen traͤget,
Kan ſolcher dienſtbarkeit ſich ſchwerlich machen frey;
Doch denck er, daß das nicht, wenn man ein reh erleget,
Ein maͤgdgen bringt zu fall, ein meiſter-ſtuͤcke ſey;
Daß reu und untreu ihn weit mehr als mich beflecken,
Denn finſterniß verſtellt nur ſonnen, keinen ſtern.
Jch warte nun, was er, durchlauchſter! wird vollſtrecken,
Mein hertze nennt ihn ſchatz, mein auge nennt ihn herꝛn.
Mein zimmer ſtehet ihm mit meiner ſeelen offen,
Worein der liebe hand noch keinen ſchatz gelegt.
Die heißt itzt deine magd vielmehr vergnuͤgung hoffen,
Als die den fuͤrſten-hut, doch ohne roſen, traͤgt.
Jch weiß nicht, wie ich ſchon vor freuden ſchwanger werde,
Die bruͤſte huͤpffen mir vor tauſend luſt empor,
Die furcht verwandelt ſich in ſpielende gebehrde,
Der liebreitz reitzt mein aug, und anmuth lockt mein ohr.
Mich duͤnckt, ich fuͤhle ſchon, wie er mit tauſend kuͤſſen
Die ſcharlach-lippen labt auf meiner lilgen-bruſt,
Wie ſein und meine ſeel wie wachs zuſammen flieſſen,
Wie er mich uͤberſchwemmt mit einer ſee voll luſt;
Wie ſein rubinen-mund nach meinen aͤpffeln lechſet,
Und als ein ſaugend kind an den granaten zeucht,
Weil kein ſolch honig doch in paradieſen waͤchſet,
Als den ein heiſſer kuß an ſeel und lippen ſtreicht.
Urtheile,9Galante Getichte.
Urtheile, groſſer fuͤrſt! wie weit ich mich vergangen,
Ob mir die liebe nicht bezaubert geiſt und ſinn?
Die furcht dringt auf mein hertz, die ſchamroͤth auf die wangen,
Weil ich verliebt, und ſelbſt nicht mein mehr maͤchtig bin.
Haͤtt ihm mein freyer geiſt wohl geſtern traumen laſſen,
Jch ſollt ins fuͤrſten garn fall’n als ein muͤdes wild?
Jedoch, ich ſelber will des jaͤgers knie umfaſſen,
Weil er freywillig ſich zu mir ins netze huͤllt.
Die hand, die mich verletzt, verbindet meine wunden,
Der pfeil, der in mir ſteckt, geht ihm auch ſelbſt durchs hertz.
Jch habe die artzney ſelbſt in der kranckheit funden,
Die eingefloͤßte pein iſt ein verzuckert ſchmertz.
Empfinde nicht, mein fuͤrſt! mein offenhertzig ſchreiben.
Kalt-ſinnig lieben kan die hertzen nur verhoͤl’n;
Mein feuer aber wird, wenn ich verleſche, bleiben,
Und meine todten-aſch auch in der grufft beſeel’n.
Es mag die fuͤrſtin ja mir laub und gras verſagen,
Die eyferſucht auf mich vergaͤlltes laͤſtern ſpey’n;
Weil hertz und puls mir wird in bruſt und gliedern ſchlagen,
Werd ich ſein brand-altar, der fuͤrſt mein abgott ſeyn.
Ruͤhrt ſchon mein ſtamm nicht her aus fuͤrſtlichem gebluͤte;
Ein dorn, ein heßlich ſtock, traͤgt roſen und den wein:
Mein unverfaͤlſchtes hertz, und ſchwanen-rein gemuͤthe,
Bringt dieſen mangel ihm mit reichem wucher ein.
Mein niedrig auge ſieht auch nicht nach hohen dingen,
Jch buhl um kein gepraͤng, auch fuͤrſten-titul nicht.
Kan ich dir, holder fuͤrſt! nur ſtets vergnuͤgung bringen,
Was acht ichs, wenn der neid mich gleich als magd anſticht.
Doch dieſes buͤndnis darf kein ander ſiegel ſchlieſſen,
Als unverſchrencktes recht, und eines prieſters band,
Die einfalt folget hier, er wird, obs recht ſey, wiſſen,
Daß er die andre frau vertraut der lincken hand.
Jch ſelbſt bin luͤſtern nun nach der vermaͤhlungs-kette,
Und folge, wenn er winckt, ihm zu dem prieſter nach.
Denn vom altare gehn nur ſtuffen in mein bette,
Und durch die kirche kommt man in mein ſchlaf-gemach.
A 5Der10Verliebte und
Der dritte brief.
JCh ſchicke dir, mein ſchatz! kein eingebiſamt ſchreiben,
Nachdem du eckel ſelbſt vor lieb und biſam haſt:
Jch kan in unſrer eh nicht laͤnger eh-los bleiben;
Diß iſt es, was in ſich mein gantzes ſchreiben faßt.
Wie ſchwer kommt mich es an, die ſchwartze tinte brauchen!
Ach moͤchte dieſe ſchrifft durchaus zinober ſeyn!
Allein mein hertz und wunſch muß wie der berg verrauchen,
Der in Jßlaͤndiſch eiß huͤllt ſeine flammen ein.
Die winde, die in mir der liebe feur auffachen,
Fuͤhr’n eitel unmuths-ſchnee aus deiner bruſt empor.
Nichts kan dich zorniger als meine liebe machen,
Ja unſer ſauer-ſehn zeuchſt du dem liebreitz vor.
Dein demant-hertze wird dir mein betruͤbnis ſagen,
Wie dir ein loͤffel luſt um nichts nicht feil geweſt,
Wie du offt einen kuß dem eh-herꝛn abgeſchlagen,
Und ſeinen mund geflohn mehr als ein weſpen-neſt,
Den ſpeichel aͤngſtlicher als toͤdtend gifft verſchmaͤhet,
Dich aber ſelbſt dadurch zur natter nur gemacht,
Den ſpinnen das geſicht, den ruͤcken mir gedrehet,
Dein bett und zimmer mir verſchloſſen jede nacht.
Erwege deinen grimm nur ſelbſt, und meine ſchmertzen,
Dein ſchoͤn-ſeyn locket mich, dein gram-ſeyn ſtoͤßt mich weg,
Magnet beſeelt dein aug, und demant ſteckt im hertzen,
Dein arm verruͤcket mir den ſelbſt geſetzten zweck.
Du fleuchſt fuͤr meiner gunſt, wie ſchatten vor den fuͤſſen,
Doch ſchwermt dein bild um mich, wie motten um das
licht;
So offt ich aber dich umfangen will und kuͤſſen,
Kan irꝛwiſch und geſpenſt ſo bald verſchwinden nicht.
Ein amboß haͤrtet ſich nur von den hammer-ſchlaͤgen;
Je mehr mein hertze klopfft, je eiſerner wirſt du.
Stein-eichen geben nach den winden und dem regen;
Mein thraͤuend ſeufftzen legt dir nur mehr haͤrte zu.
So11Galante Getichte.
So muß ich dich denn nur mit gallen-aͤpffeln ſpeiſen,
Weil lieb und honig dir ein eckelnd eſſen iſt.
Und nun ich mehr verdaut, als ſtrauſſe ſtahl und eiſen,
So hat der himmel mir gelindre koſt erkieſt.
Jch bin zeither wie hartz vom waſſer brennend blieben,
Jtzt heiſcht mir die natur ſelbſt warmen zunder ab.
Jch hab ein neues band der heyrath unterſchrieben,
Mit einer, die dir ſelbſt offt viel vergnuͤgung gab.
Die werd ich morgen mir den prieſter trauen laſſen;
Du aber ſolſt hierdurch gantz nicht verſtoſſen ſeyn.
Mein lincker arm ſoll ſie, die rechte dich umfaſſen,
Du wirſt zu deinem knie ihr zutritt ja verleihn!
Sie wird als halbe magd dir haͤnd und fuͤſſe kuͤſſen,
Jhr bloͤdes auge kennt der Hagar hochmuth nicht.
Mein hertze ſoll dein bild vollkommen in ſich ſchlieſſen,
Wie wenn ein ſpiegel-glaß gleich in zwey ſtuͤcke bricht.
Daß eine ſeele nicht recht lieb zwey ſeelen haͤtte,
Jſt ein verdammter wahn, der eyferſucht ihr kind:
Man ſah zwey graͤfinnen vergnuͤgt in einem bette,
Woraus ſie in ein grab zu Erfurth kommen ſind.
Ein ſtrom, der uͤberlaͤufft und fremde wieſen waͤſſert,
Laͤßt eigne bethe ja darum nicht unbenetzt;
Von vielem ſchoͤpffen wird der brunnen-quell verbeſſert,
Durch wechſel und gebrauch ſo lieb als ſtahl gewetzt.
Jſts aber auch ihr ernſt, daß ſie vor liebe grauen,
Und keine ſuͤßigkeit von ihrem kuͤtzel fuͤhlt,
Kan ſie um ſo vielmehr der luſt vergnuͤgt zuſchauen,
Die ihr nichts ſuͤſſes raubt, und unſern durſt doch kuͤhlt.
Die ſonne ſieht nicht ſcheel auf zwey, drey neben-ſonnen,
Wie daß ſie, ſonne! denn mit einer eyfern will,
Die mein verhaͤngnis eh, als ich, hat lieb gewonnen,
Diß ſteckt dem lieben ja, wie allem, maas und ziel.
Es iſt der hoͤchſte witz, dem himmel beyfall geben,
Wer ſeine ſchluͤſſe ſtuͤrmt, der ſtuͤrtzt ſich ſelbſt in graus;
Der fuͤrſten, wolſtand iſt, gemaͤß dem ſtande leben,
Obgleich die wolluſt ſich theilt in mehr roͤhren aus.
Die12Verliebte und
Die eh iſt ohne dem mit pfropffern unterſtuͤtzet,
Der fuͤrſten ſtamm-baum iſt, wie die, geartet nicht,
Die mit viel zweigen ſtehn fuͤr ſonn und ſturm beſchuͤtzet,
Weil den zertheilten ſtock der aͤſte laſt zerbricht.
Was muͤh ich aber mich erſt gegen dir vergebens,
Daß du zufrieden moͤchſt mit unſerm ſchluſſe ſeyn?
Die klugheit, die du heiſt den circkel dieſes lebens,
Des gluͤckes mittel-punct, die redet dir ſelbſt ein.
Zwar jedes ding ſieht aus, nachdem es wird gedrehet,
Scheint demant doch und gold offt glas und meßing kaum;
Die tugend ſelber wird als laſter offt geſchmaͤhet,
Der neid wirfft auf napell und roſen ſeinen ſchaum.
Dein urtheil aber fuͤhlt den puls in allen ſachen,
Diß laͤſſt ohn zweifel dir nicht mißfall’n unſern ſchluß.
Der faͤhrt mit crocodiln, und reitet auf den drachen,
Der den begierden ſtets den zuͤgel laſſen muß.
Auf ſolchen fall ſoll dir nichts an vergnuͤgung fehlen:
Jch und der Rhein wird dich als ſonn und haupt verehr’n,
So lange du nur die, der wir uns itzt vermaͤhlen,
Wirſt laſſen monde ſeyn, und ſie in nichts verſehr’n.
Wer aber ſich auf ſie wird was geluͤſten laſſen,
Greifft biß zum hertzen uns den augen-apffel an,
Der ſoll mit ſchimpff und ach von unſrer fauſt erblaſſen;
Du weiſt wohl, was die rach erzoͤrnter liebe kan.
Willſt du der einſamkeit denn deine tage weyhen,
Und dich von bett, und tiſch, wie vormahls, ſcheiden ab,
Wird man das innre ſchloß zur wohnung dir verleihen,
Das deiner bangſamkeit offt einen aufhalt gab.
Du haſt hieraus die wahl, auch witz, dich zu beſtreiten,
Nicht lege meinem thun mehr fluch als vorſicht bey,
Und dencke, wenn wir ja auf dieſem eiſe gleiten,
Daß mancher Salomo hier gar gefallen ſey.
Der13Galante Getichte.
Der vierdte brief.
DJe ſollte wohl nicht mehr erſchrecken fuͤr gewittern,
Der ſo viel jahre ſchon der blitz ums haupt geſpielt;
Was fuͤr ein felſern hertz ſollt aber nicht erſchuͤttern,
Wo man den erden-grund ſelbſt mit ſich brechen fuͤhlt?
Der grund-ſtein unſers heyls und hoffnung geht zu grunde,
Denn er zerreißt der eh ihr unzertrennlich band.
Die ohnmacht will mir zu, das wort zerbricht im munde,
Es faͤllt die feder mir ſchon neunmal aus der hand.
Was laͤßt vor antwort ſich auf ſcheide-briefe ſchreiben,
Wodurch mein eh-herꝛ mir mehr als den hals abſpricht?
Ach moͤcht er einen dolch mir eh durchs hertze treiben,
Eh er das buͤndnis trennt, das ſonſt der tod nur bricht.
Denn, himmel! wer will ſich ihn doch bereden laſſen,
Zwey frauen haͤtten wohl in einem bette raum?
Zertheiltes lieben iſt nur ein verbluͤhmtes haſſen,
Ein uͤberzuckert gifft, und ein bezaubert traum.
GOtt ſchuff nur eine Ev aus Adams ſeiner riebe,
Die groſſe ſonne giebt zwey monden nicht ihr licht;
Ein geiſt beſeelt den leib, ein weib des eh-manns liebe,
Und unſer trau-ring hat zwey mittel-puncte nicht.
Wie manchen heyraths-ſchluß zerreiſt itzt brunſt und reue,
Nun man ſie aufs papier, nicht mehr ins hertze ſchreibt;
Jhr ſiegel iſt itzt wachs, vor wars ertz-feſte treue,
Weil keiner laͤnger nicht als wachs beſtaͤndig bleibt.
Einfaͤlt’ge, die ihr traut auf eurer maͤnner eide,
Sie haben euch nicht mehr, als kaͤfer blumen, lieb,
Sie ſind ein ſeiden-wurm, der anfangs zwar ſpinnt ſeide,
Jn kurtzem aber wird ein heßlich molcken-dieb.
Der glatten worte koſt, mit welcher ſie euch ſpeiſen,
Jſt Mithridatens tiſch, der nie von gifft iſt leer;
Jhr treu-ſeyn bricht wie eiß, das ihr erkaufft vor eiſen,
Denn heucheley weiß wind zu machen centner-ſchwer.
Doch14Verliebte und
Doch waͤre dieſes leid noch endlich zu verſchmertzen;
Daß aber leider ſie die ſchuld uns meſſen bey,
Mit ihrem laſtermahl uns unſer antlitz ſchwaͤrtzen,
Jſt unertraͤglich leid, zweyfache tyranney.
Daß ich der liebe gluth mit keuſchheit-ſchnee gekuͤhlet,
Heißt itzt, ich haͤtte gar ihr feuer ausgeleſcht,
Da man mehr wohlthun doch von ſanfftem brande fuͤhlet,
Das oͤl mehr zunder naͤhrt, als ſchaͤumend ſeiffe gaͤſcht.
Die uͤbermaaſe preßt aus pomerantzen gallen,
Ja milckt, ſtatt ſuͤſſer milch, aus ſchlaffen eytern blut,
Ein hefftig loder-licht muß bald in ſtaub zerfallen,
Und allzugroſſe brunſt iſt nicht im lieben gut.
Die pflantzen unſrer eh ſind zeugen meiner liebe,
Allein der eckel iſt der wolluſt mißgeburth.
Betraͤnckten lippen ſind die klaͤrſten brunnen truͤbe,
Fuͤr fremdes waſſer ſtoͤßt man eignen nectar fort.
Die uͤppigkeit verſchmaͤht des ehweibs zucker-kuͤſſe,
Nicht daß ſie haͤßlich ſey, nur daß ſie ehweib iſt.
Dem Adam ſchmeckt die frucht verbotner aͤpffel ſuͤſſe,
Offt wird ein wechſelbalg fuͤr’s ſchoͤnſte kind erkießt.
Und leider er, mein fuͤrſt! nicht ich bin zu bedauren,
Daß er die magd erwehlt, die fuͤrſtin von ſich ſtoͤßt.
Der dir itzt ſuͤſſe wein wird, eh du meynſt, verſauren,
Durch ſolche ſchnoͤde luſt wird unluſt eingefloͤßt.
Je heiſſer itzt die brunſt, je eh wird ſie erkalten,
Der froſt kehrt warme fluth eh, als die kaͤlt, in eiß.
Du pruͤfſt die kirrung nicht ſyreniſcher gedancken,
Jhr zaubrend ſingen lockt in den verderbungs-kreiß.
Wie ſeltſam iſt dein zug! Die brunſt kan ſelber weiſen,
Daß ein demanten hertz in meinen bruͤſten ſchwebt,
Nun aber zeucht magnet bey demant ja kein eiſen,
Wie daß denn noch dein hertz an ſchlechtem eiſen klebt.
Erfahrung lehrt ja wohl, daß eh und eyd verſehret,
Das eh-bett offt entweyht von frembden dirnen ſey;
Das aber iſt bey Teutſch - und Chriſten unerhoͤret,
Daß man ihm einen balg legt als gemahlin bey.
Ach15Galante Getichte.
Ach! moͤchte dieſe nacht mir vor zu grabe leuchten,
Eh man ihr morgen ſteckt die hochzeit-fackeln an!
Werd ich mit thraͤnen wohl genung die wangen feuchten,
Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan?
GOtt ſchick es, wie er will, doch ſoll kein menſch erleben,
Daß ich und meine magd ſolln neben-buhler ſeyn;
Wer einem goͤtzen hat gold und geſtalt gegeben,
Wird ſchwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch ſtreun.
Du aber opfferſt ihr, durchlauchſter, ſeel und hertzen,
Hebſt ſtaub und koth ans brett, der dich ſelbſt fleckicht macht.
Verhuͤll’n die wolcken doch die goͤldnen ſonnen-kertzen,
Die ſie aus ſchlamm und dampff ſo hoch ans licht gebracht.
Und du meynſt unverſehrt dein anſehn zu behalten?
Nein, ſicher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß,
Ein einig fehlſchlag kan ein meiſterſtuͤcke ſpalten,
Man ſchreibt vom monden auf nur ſeine finſternis.
Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-ſtrahlen kroͤnen:)
Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf von dir.
Gedenckſt du gleich dein thun vielfaͤrbig zu beſchoͤnen;
Zeuch laſtern goldſtuͤck an, ſie blicken dennoch fuͤr.
Jch bitte thraͤnend dich, leg alles auf die wage,
Was vor verluſt folgt nicht der hand-voll ſchnoͤden luſt?
Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage,
Jn huren ſteckt mehr brunſt, mehr treu in keuſcher bruſt.
Zur witwe machſt du mich zwar, aber dich zum knechte.
Was redet er mir denn noch ſeine gunſt viel ein?
Mit deiner affter-eh zerreiſſeſt du die rechte,
Ja bey zwey ehen wirſt du erſt recht eh-los ſeyn.
Jedoch, was ſchreib ich viel? Es iſt ein ſchlag ins waſſer,
Jch will die buͤrde nur einpacken zu der flucht,
Wer geile maͤgde liebt, iſt ſeines weibes haſſer;
Der aber liebet recht, der keuſche ſeelen ſucht.
An16Verliebte und
An die Schleſiſche Melpomene. B. N.
DU forderſt, ſchoͤnſte! mich zu reim und verſen aus.
Was aber ſoll ich ſchreiben?
Wenn man an muſen ſchreibt, und mit goͤttinnen ſpricht,
So ſchickt ſich, wie du weiſt, kein falſcher firniß nicht;
Wer aber hertzlich ſpricht, den muß die liebe treiben.
Du weiſt, Melpomene! daß ich dir folgen muß,
Drum mache ſelbſt den ſchluß,
Ob meine feder ſoll falſch oder redlich ſprechen;
Glaub aber dieſes nur, wofern ich falſch muß ſeyn,
So thu ich es bey dir wahrhafftig auf den ſchein,
Jm hertzen werd ich doch nicht das geſetze brechen.
Auf Clelien. C. H.
DEr ſchoͤnen Clelie ſtehn alle ſuͤnden frey:
Das ſtehlen, denn ſie hat mein hertze mir genommen;
Das luͤgen, denn ſie ſpricht: daß dem nicht alſo ſey;
Das morden, ich bin faſt durch ſie ums leben kommen;
Die hoffart, denn ſie ſieht mich offtermahls kaum an;
Die unbarmhertzigkeit, ſie achtet nichts mein klagen;
Ja was vor ſuͤnden man nur immer nennen kan,
Die kan ich insgeſamt von dieſer ſchoͤnen ſagen.
Verliebte rede der geilen Phryne an den Xenocrates: aus des Loredano Scherzi Geniali uͤberſetzt.
UNd du, Xenocrates! wilſt nicht verliebet ſeyn?
Du biſt als wie ein menſch, du biſt als wie ein ſtein.
Das erſte biſt du nicht; wer fleiſch und beine fuͤhrt,
Der wird auch durch ein wort, das Phryne redt, geruͤhrt.
Du17Galante Getichte.
Du ſuchſt in der natur, die doch zur klugheit weiſt,
Und weißt doch nicht das thun, was gantz natuͤrlich heiſt;
Alſo biſt du kein menſch, doch biſt du auch kein ſtein,
Weil in den ſteinen doch noch feuer-funcken ſeyn.
Von wilden thieren iſt dein erſter urſprung nicht,
Weil ja kein wildes thier der liebe widerſpricht;
Ein baͤr, ein elephant, ein tieger iſt verliebt,
Wenn Venus den befehl zur ſuͤſſen wolluſt giebt.
Der himmel, der uns liebt, der hat dich nicht gemacht,
Die welt hat dich auch nicht aus ihrem ſchos gebracht.
Du muſt ein monſtrum ſeyn, das von ſich ſelbſt entſteht,
Und das zu ſeiner zeit auch von ſich ſelbſt vergeht.
Gilt meine ſchoͤnheit nicht, der abgott dieſer welt,
Vor der die hoffart ſelbſt in demuth niederfaͤllt?
Die fuͤrſten waren mir vor dieſem unterthan;
Und ein philoſophus ſieht mich veraͤchtlich an.
Mein nahme konte ſonſt die hertzen an ſich ziehn,
Hier bin ich noch zu ſchwach, da ich zugegen bin.
Mein eigen lob ſtinckt nicht, weil es die probe haͤlt,
Denn, daß ich ſchoͤne ſey, das glaubt die gantze welt.
Ein held, dem weder muth noch gluͤck im kriege fehlt,
Der wird nicht ausgelacht, wenn er ſein lob erzehlt;
Ja wer mich ſchoͤne nennt, dem ſtimmt das echo bey,
Die felſen ſagen ſelbſt, daß Phryne ſchoͤne ſey.
Wiewohl was hilfft mich das, was hilfft mich alle pracht,
Wenn es Xenocrates gleich als wie koth veracht?
Man nennt die ſchoͤnheit zwar den abgott dieſer zeit,
Die herꝛſcherin der welt, den ſtrahl der goͤttlichkeit,
Der augen ſonnen-licht, des mundes honigſeim,
Des alters netz und ſtrick, der jugend vogel-leim;
O falſche heucheley! ach, ſchweigt, ihr luͤgner, ſchweigt,
Weil euch Xenocrates der falſchheit uͤberzeugt.
Doch nein, es bleibt darbey: die ſchoͤnheit triumphirt,
Offt wird durch einen blick ein ſteinern hertz geruͤhrt.
Der groſſe Jupiter verließ ſein himmelreich,
Und ward aus liebes-brunſt den wilden thieren gleich.
VI. Theil. BJa18Verliebte und
Ja Pluto ſelber kam aus ſeiner finſterniß,
Als ſich Proſerpina von ihm entfuͤhren ließ.
Die kette Herculis, die aus dem munde gieng,
Wenn er das wilde volck mit ſeiner rede fieng,
Die ſtellt im bilde vor, was eine ſchoͤnheit kan,
Denn eben ſo ſind ihr die barbarn unterthan;
Wie aber daß mich hier das unthier nicht begehrt?
Xenocrates hat recht, denn er iſt mein nicht werth.
Er ſieht die niedrigkeit, und meine hoheit an,
Die ſein gehirne nicht zuſammen reimen kan:
Hier iſt galauterie, und dort pedauterey,
Er ſieht, daß er ein narꝛ, und ich was kluges ſey.
Es wird dadurch das thier der thorheit uͤberfuͤhrt,
Das in der liebes-luſt das leben ſelbſt verliehrt.
Es ſtirbt, wofern es lebt, und lebet doch mit luſt:
Du aber lebeſt nicht, da du nicht ſterben muſt.
Die eitle phantaſey giebt dir was falſches ein,
Was ſich zuſammen ſchickt, das muß zuſammen ſeyn.
Du ſprichſt zu aller welt: es ſey kein vacuum;
Und gleich wohl hab ich eins zu meinem eigenthum.
O weh der gantzen welt! ſie geht warhafftig ein,
Wofern ein jeder menſch will deiner meynung ſeyn.
Was dieſe welt erhaͤlt, das nennſt du miſſethat;
Alſo verdammſt du das, was dich gezeuget hat.
Ach himmel! haͤtte doch dein vater ſo gedacht,
So haͤtte die natur dich nicht ans licht gebracht.
So waͤr auch in der welt ein ſolches monſtrum nicht,
Das auf den untergang der welt ſein abſehn richt.
Das leben, das du haſt, iſt nur ein capital,
Der himmel, der es lehnt, verlangt ein gratial:
Die ſeelen werden nur auf zinſen augelegt,
Je mehr man kinder hat, je mehr man zinſe traͤgt.
Jſt das philoſophirt, wenn man das ſuͤnde nennt,
Was GOtt und die natur vor ſchuldigkeit erkennt?
Verfluchte welt-weißheit! wer hat doch diß erdacht,
Als wuͤrde man durch ſie den goͤttern gleich geacht?
Wenn19Galante Getichte.
Wenn eſel goͤtter ſind, ſo raͤum ich ſolches ein;
Wiewohl auch dieſes nicht, weil ſie noch kluͤger ſeyn.
Doch itzo merck ich erſt, wohin das abſehn geht,
Daß mein Xenocrates ſo hefftig widerſteht.
Er flieht vor einer luſt, die er doch haben kan,
Und ſchreibet ſich davor den ruhm der tugend an.
Doch aber weit gefehlt; wer nicht im kriege ſteht,
Wer ſeinen feinden nicht friſch unter augen geht,
Wer nicht die waffen braucht, wer ſich nicht was erkuͤhnt,
Der hat gar ſchlechtes lob der tapferkeit verdient.
Jm ſterben ſteckt der ruhm, nicht aber in der flucht,
Man muß zu felde gehn, wofern man ehre ſucht.
Verſuche nur einmahl, ich bin ja nicht vergifft;
Hier iſt der ſuͤſſe mund, der ambra uͤbertrifft,
Hier iſt die weiche hand, die wilde thiere zaͤhmt,
Hier iſt die weiſſe bruſt, ſo marmorſtein beſchaͤmt.
Du nimmſt dir ſchon den ruhm, und haſt noch nicht geſiegt;
Ach lieſſre erſt die ſchlacht, wer weiß, wer unten liegt?
Verachte keinen feind, probier erſt pfeil und ſpieß,
Wenn er zu boden liegt, ſo iſt der ſieg gewiß.
Haſt du mich nicht erkannt, ſo laß mich unveracht,
Die probe geht voran, drauf wird der ſchluß gemacht.
Xenocrates! du klotz, du fels, du ſtahl, du ſtein,
Soll alle meine kunſt an dir verlohren ſeyn?
Das eiß zerſchmeltzet ja, der kalte ſchnee zerflieſt,
Wofern der ſonnen-glantz ſo nah zugegen iſt;
Verachteſt du den mund, der milch und honig geuſt,
Xenocrates! den mund, daraus man wolluſt ſpeiſt?
Verachteſt du den kuß, der aus der ſeel entſteht,
Xenocrates! den kuß, der aus der ſeele geht?
Sieh doch das angeſicht, das alabaſter gleicht,
Sieh doch das feuer an, das aus den augen leucht,
Brich doch die roſen ab, die auf den wangen ſtehn,
Laß doch den ſchnee der bruſt in deiner hand zergehn,
Gebrauche dich der luſt in meinem ſchos zu ruhn,
Und gieb mir wiederum etwas bey dir zu thun.
B 2Doch,20Verliebte und
Doch, Phryne! ſchweig einmahl, er iſt und bleibt ein thor,
Drum wirff die perlen nicht den wilden ſaͤuen vor.
Die ſanffte lager-ſtadt und deine ſuͤſſe ſchos
Jſt nur vor koͤnige, nicht vor philoſophos.
An Calliſten, als ſie ihm ein ſauer geſichte machte. ** B.
1.
JCh bin als wie ein ſchiffer-nachen,
An den der ſturm die wilden fluthen ſchmeißt.
Der liebe macht bemeiftert meinen geiſt,
Und will mich ihr zum ſclaven machen.
Jch ſchiff in einer ſee,
Die wolluſt und begierd aufſchwellen;
Was wunder, wenn ich in den wellen,
Eh ichs vermein, in tauſend druͤmmer geh.
2.
Die klugheit laͤßt das ruder fallen,
Mein ancker ſinckt, mein maſt zerſplittert ſich,
Des himmels grimm geht eintzig uͤber mich,
Jch hoͤre ſeine donner knallen.
Jm hertzen trag ich tag;
Von auſſen ſeh ich ſchwartze naͤchte.
Ach! daß Calliſte doch gedaͤchte,
Daß tag und nacht ſich nicht verſchwiſtern mag.
3.
Verzeih, wo ich zu unbeſcheiden!
Dein antlitz iſts, ſo dieſe nacht gebiehrt.
Wer ſonnen in den augen fuͤhrt,
Muß keinen nebel um ſich leiden.
Verſchleuß dich laͤnger nicht!
Geſetzt, daß ich vor dich nicht tauge,
Lehnt doch des adlers ſtumpffes auge
Selbſt ſeine krafft vom groſſen ſonnen-licht.
4. Wie -21Galante Getichte.
4.
Wiewohl, ich wuͤnſche keine ſonne.
Soll meine fahrt bey truͤb - und tunckler nacht
Durch deinen ſchluß, Calliſte! ſeyn vollbracht,
So goͤnne mir zum minſten dieſe wonne:
Daß beiner bruͤſte ſchein,
Die wie zwey ſtern auf deinen anmuths-hoͤhen
Bald in die hoͤh, bald wieder abwarts gehen,
Mir mein compaß, mein leitſtern moͤge ſeyn!
ARIA.
1.
MEin verhaͤngniß! ſoll ich brennen,
Und doch ohne flammen ſeyn?
Wird man nicht die aſche kennen,
Wo man hertzen aͤſchert ein?
Jch bin kranck am liebes-fieber,
So ich doch verſchweigen ſoll;
Geht der mund nicht deſſen uͤber,
Weſſen unſer hertze voll?
2.
Was ich liebe, kan ich ſehen,
Und muß thun, als ſaͤh ichs nicht.
Mein gemuͤth darff nicht geſtehen,
Was aus meinen augen bricht.
Uber kaͤlte muß ich klagen,
Wenn mich quaͤlet feuers-gluth;
Doch ein bloſer blick wird ſagen,
Jch beſteh aus fleiſch und blut.
3.
Aber wie wird meine liebe
Durch was ſtraͤfliches verſucht!
Jch bin Adams kind und riebe,
Greiffe nach verbotner frucht. B 3Wer22Verliebte und
Wer iſt ſtarck zu widerſtreben,
Wenn die ſchoͤnheit auf uns dringt?
Der die liebligkeit gegeben,
Weiß auch, daß dieſelbe zwingt.
4.
Darff ich oͤffentlich nicht brennen?
Soll mein hertz ein Hecla ſeyn,
Der mit eiß, kein feur zu kennen,
Decket ſeiner flammen ſchein.
Jch will mich zur gluth verfuͤgen,
Gleich als waͤr ich noch ſo kalt.
Mein verhaͤngniß lehrt mich luͤgen,
Darum lern ichs auch ſo bald.
5.
Aber wie ſoll die es mercken,
Welcher die verſtellung gilt?
Bin ich todt in meinen wercken;
Lebt doch noch in mir ihr bild.
Darff kein wort es ihr vertrauen;
Machts die ſtumme liebe kund:
Sie kan ſonder augen ſchauen,
Und redt auch wohl ſonder mund.
An die ſterne. C. H.
JHr ſterne moͤgt euch in die decken
Der nacht und des gewoͤlcks verſtecken.
Jch ſag es euch, huͤllt ja bey zeiten euren ſchein
Jn dunckle ſchatten ein;
Denn Silvia wird itzund durch die gaſſen
Von mir ſich fuͤhren laſſen.
Mein bitten und die nacht
Hat ſie zu dieſer luſt gebracht.
Nun wißt ihr ja, daß ihr nicht koͤnnt beſtehen,
So bald die ſonn iſt willens aufzugehen.
Die23Galante Getichte.
Die gezwungene heyrath. C. H.
1.
MEin leben iſt mir abgeſagt,
Jch ſoll und muß den tod umfaſſen:
Celinde hat mich angeklagt,
Und den proceß mir machen laſſen,
Weil ich die freyheit ihr entfuͤhrt,
Und ſie beruͤhrt
Faſt mehr, als mir zu thun gebuͤhrt.
2.
Jch ſolte zwar, man rieth es mir,
Von hier nach Flandern appelliren,
Celinde moͤcht alsdenn allhier
Mit mir dorthin proceſſe fuͤhren;
Allein ich war etwas zu frey,
Und blieb dabey,
Daß ich die unſchuld ſelber ſey.
3.
Nun iſt mein ende dieſe nacht,
Da man mich aͤrmſten will begraben;
Mein teſtament iſt ſchon gemacht:
Celinde ſoll die erbſchafft haben
So, wie bey mir es ſteht und liegt.
Sie iſt vergnuͤgt,
Weil ſie mein gantz vermoͤgen kriegt.
4.
Ach! ſeht, nun fuͤhrt man mich hinaus:
Hier bringt man mich, den armen ſuͤnder.
Jch zieh, wie die gebadte mauß;
Es lachen druͤber alt und kinder.
Der mantel haͤngt mir wunderlich,
Und zolckert ſich,
Jch aber bin ſelbſt boͤß auf mich.
B 45. Jch24Verliebte und
5.
Jch muß als wie ein Jude gehn,
Kein pfaffe geht mir an der ſeiten;
Jm urthel hoͤrt ich dieſes ſtehn:
Celinde ſoll dich nur begleiten.
Der folge nach, wohin ſie winckt,
Da ſie’s beduͤnckt,
Da man fein ſanffte niederſinckt.
6.
Nun hoͤrt die art des todes an:
Jch ſoll und ſoll mich laſſen ſaͤcken.
Celinde weiſt den marter-plan,
Und will mich ſelbſt ins ſaͤckgen ſtecken.
Sie rufft mir zu: Jns ſaͤckgen nein!
Es iſt zwar klein;
Doch muſt du hier geſacket ſeyn.
Auf ihr hertze.
MEin kind! was iſt dein hertz? Ein ort, da reine tugend
Beliebte froͤmmigkeit, und keuſche flammen hegt;
Es iſt ein feſter ſchild, der bey beliebter jugend
Das wort beſtaͤndigkeit ſtatt ſeiner loſung traͤgt;
Es iſt die ſichre burg, die noch kein feind beſtiegen.
Solt ich darinnen doch nur zur beſatzung liegen!
Feuers-gefahr. C. H.
1.
MEin hertze brennt; Ach! weiß jemand,
Wie man den angelegten brand
Durch ſtille woͤrter kan verſprechen?
Der gebe ſich bey zeiten an,
Und laſſe ſehen, ob er kan
Des feuers wuͤten unterbrechen!
2. Jſt25Galante Getichte.
2.
Jſt ein entlauffner kriegs-knecht hier?
So bringt ihn eilends her zu mir;
Wo nicht? ſo laufft zur klugen frauen:
Denn dieſes iſt ein ſolches paar,
Auf welches man bey der gefahr
Offt gluͤcklich pfleget viel zu bauen.
3.
Doch laſt die kluge frau nur ſeyn;
Mir faͤllt itzund was beſſers ein:
Holt mir an deren ſtatt Belinden!
Denn dieſe koſtets einen kuß,
So weiß ich, daß das feuer muß
Als wie ein ſchneller blitz verſchwinden.
Verliebte thraͤnen. C. H.
WEnn ich an Clelien gedencke,
Wie ſie in naͤchſter fruͤhlings-zeit
Durch ihr gebluͤme mich erfreut;
Wie ihrer kuͤſſe perlen-traͤncke
Mich aus der ſchlaf-ſucht aufgeweckt,
Darein der kummer mich geſteckt;
Ja, wenn ich ferner uͤberlege,
Wie durch des himmels ſtrengen ſchluß
Jch ihrer nun entbehren muß:
So wird die wehmuth in mir rege.
So quaͤlt die ſterbens-angſt die ſinnen:
Mir wird wie einem, dem das ſchwerd
Durch das erſchrockne hertze faͤhrt,
Dem blut und ſeele will entrinnen;
Die augen ſehen nichts als nacht;
Der zungen fehlet alle macht,
Die trauer-woͤrter vorzubringen;
Der jammer haͤlt der thraͤnen lauffB 5Jtzt26Verliebte und
Jtzt wider meinen willen auf,
Wie gern ich ihn auch wolt erzwingen.
So muß ich wie gefeſſelt gehen,
Nichts, als die ſeuffzer ſind mir frey,
Und manchmahl ein verwirꝛt geſchrey,
Das ich doch ſelbſt nicht kan verſtehen.
Doch ſoll es heiſſen: Ach! und weh!
Wo iſt, wo bleibt die Clelie?
Will, oder muß ſie ſich entfernen?
Was iſt es vor ein ungluͤcks-rath,
Von welchem ſie, gezwungen, hat
Mich zu verlaſſen muͤſſen lernen?
Der ort, wo wir uns offt umſchloſſen,
Wo ein geſpraͤch, ein ſchertz, ein ſpiel,
Uns gar niemahls beſchwerlich fiel,
Und wo es offt das gras verdroſſen,
Wenn wir da ungemein vergnuͤgt
Den mund dem munde zugefuͤgt,
Daß jenes ein geraͤuſch erreget, (Diß muſte der verraͤther ſeyn,)
War’s gleich, wiewohl nur uns zum ſchein,
Als wuͤrd es von der lufft beweget;
Der ort nun wird es itzt noch wiſſen,
Was da ihr unbefleckter mund,
Der voller friſcher roſen ſtund,
Vor ſchoͤne reden offt ließ flieſſen;
Sie ſprach: ich ſchwoͤre bey der macht,
Die mich zu lieben hat gebracht,
Daß ich nur dir mein hertz will ſchencken:
Und werd ich wo dawider thun;
So ſoll kein ſegen auf mir ruhn,
Noch deſſen thau mein blum-werck traͤncken.
Ja, hat es dieſer ort vergeſſen;
So iſt nicht weit ein bircken-wald,Jn27Galante Getichte.
Jn deſſen kuͤhlen aufenthalt
Wir oͤffters und mit luſt geſeſſen,
Da wird den rinden eingehaun
Man die verſicherungen ſchaun,
Und in den jungen bircken-rinden
Wird man das wort: Diß iſt mein ſchluß,
Daß ich den Criton haben muß;
Durch ihre hand geſchnitten, finden.
Ach! daͤchte ſie an dieſe rinden,
Die itzund uͤber meiner pein
Aus beyleid hoͤchſt betruͤbet ſeyn,
Und meinen ſchmertzen mit empfinden;
So wuͤrde durch die leere lufft
Von ihr vielleicht mir zugeruft,
Es wuͤrd ein liſpeln um mich ſchweben[,]
Und mir, wie daß noch ihre treu
Und liebe nicht entheiligt ſey;
Gantz deutlich zu verſtehen geben.
So aber iſt es nur vergebens,
Jch bleibe gaͤntzlich ausgethan.
Denn deß ich mich getroͤſten kan,
Jſt blos das ende meines lebens.
Es kan alsdenn mein leichen-ſtein
Mit dieſer ſchrifft bezeichnet ſeyn:
Hier lieget lieb und treu begraben.
Und welcher im voruͤber gehn
Hieraus wird meinen tod verſtehn,
Der wird mit mir erbarmung haben;
Doch eh ich noch die augen ſchlieſſen;
Und meiner ſchmertzen end und ziel
Bey euch, ihr leichen! ſuchen will;
So ſollen vorher alle wiſſen,
Daß, ob ich gleich um ihre zier
Jn rein-geſinnter liebs-begierMich28Verliebte und
Mich faſt zu tode hier muß kraͤncken,
Jch doch um ihres leibes wohl,
Und was ſie ſonſt vergnuͤgen ſoll,
Zum himmel will die augen lencken.
Jch will vor ihre blumen-wangen
Bey allen winden buͤrge ſeyn,
Daß nicht ihr roſen-lichter ſchein
Woll ihnen zum geſpoͤtte prangen,
Damit ſich ſelbe nicht bemuͤhn,
Den purpur ihnen abzuziehn,
Noch ihre blumen zu entblaͤttern;
Die andern blumen, gras und laub
Nehmt, o ihr wind! als euren raub;
Hier aber ſchont mit harten wettern!
O unerbittliches geſchicke!
Laß ja dem wunſch ein gnuͤgen thun!
Sonſt kan ich nicht im grabe ruhn,
Und komm aus jener welt zuruͤcke;
Wiewohl, wo ich vorm tode darff,
Und deſſen ſatzung nicht zu ſcharff,
Wird ohnedem mein leichter ſchatten
Aufſuchen dieſes ſchoͤne kind,
Um ſich, ſo bald er es nur findt,
Mit ſeiner fleiſchlichkeit zu gatten.
Vergleichung der liebe mit den bienen. T. T.
DJe bienen ſind zwar klein;
Jhr kleiner biß macht dennoch groſſe pein:
Und was iſt kleiner als die liebe?
Sie geht durch enge ſtraſſen ein,
Und kan in engem auch verborgen ſeyn.
Sehr offt verhalten ſich derſelben ſcharffe triebe
Jm ſchatten derer augenlieder,
Bald in den ſchoͤnen haaren wieder,
Bald29Galante Getichte.
Bald in den gruͤbchen, die das wange macht,
Wenn dieſes freundlich lacht;
Und dennoch macht ſie auch ſo groß und arge wunden,
Vor die kein menſch noch nicht ein mittel ausgefunden.
Bey uͤberſendung eines ſchatten - oder ſonnen-faͤchers. C. H.
DEn ſelbſt die ſehnſucht faſt zum ſchatten hat gemacht,
Der uͤberſendet dir hier einen ſonnen-ſchatten.
Wie nun beym ſchatten licht, und bey dem tage nacht;
So wollſt du, ſonne! dich mit dieſem gleichfalls gatten!
Der ſchatten folgt dem licht, ich folge, ſonne! dir;
Doch brennen unerhoͤrt mich deines lichtes blicke:
Haͤltſt du hinfuͤro nun dir dieſen ſchatten fuͤr;
So find ich bey dem licht im ſchatten mein geluͤcke.
Der ſchatten kuͤhlt den brand, das licht erwecket ihn;
Doch du, o ſonne! kanſt durch licht und ſchatten kuͤhlen.
Wo deine ſtrahlen ſich der gegen-gunſt hinziehn,
Und wo du ſchatten machſt, iſt fruͤhling-luſt zu fuͤhlen.
Jch flehe dich nun auch, mein licht und ſchatten, an,
Dein licht zertreibe mir das ſchatten-werck der ſinnen,
Ja alles, was mir ſonſt die luſt verfinſtern kan!
Und in dem ſchatten laß mich deine gunſt gewinnen!
Doch deine gunſt muß ſelbſt nicht nur ein ſchatten ſeyn.
Soll ich nun meinen zweck und deine gunſt erlangen;
So laſſe dieſen ſchluß, o ſonne! mich erfreun:
Daß ſich dein ſchatten will mit haͤnden laſſen fangen!
Er ſchicket ihr perlen. C. H.
BEy dieſen perlen liegt zugleich mein armes hertze.
Weil perlen ſonſten nichts als harte thraͤnen ſind;
So30Verliebte und
So zeuget es dadurch von ſeinem groſſen ſchmertze,
Da bey den thraͤnen ſichs in der geſellſchafft findt.
Sie gleichen dir und mir: An haͤrte deinen ſinnen;
An blaͤſſe kommen ſie faſt meinen wangen bey.
Denn wo die ſehnſucht kan die oberhand gewinnen,
Da muß das angeſicht in ſolche liberey.
Doch ihre blaͤſſe kan auch aus der furcht entſpringen,
Der eyfer hat vielleicht denſelben beygebracht,
Daß ihrem ſtrahl bey dir es werde mißgelingen,
Weil deines halſes ſchnee ihr eiß zu nichte macht.
Doch allen ungeacht, wohin mein geiſt ſich neiget,
Da muͤſſen ſie auch hin, wo mein, iſt ihre ruh,
Die morgen-roͤthe hat ſie durch den thau gezeuget,
Darum gehoͤren ſie auch einer ſonne zu.
Nimm ſie erfreuet an, ſo ſchwinden meine ſchmertzen,
Nimm ſie und auch zugleich derſelben art an dich;
Du kenneſt dieſe ja, ſie ſtaͤrckt die matten hertzen,
Ach ſtaͤrcke, Doris! auch mit deinen perlen mich!
Dergleichen perlen ſind vor mein geſchlecht erkohren,
Der himmel machte ſie, da er an uns gedacht;
Und die hat die natur vor Evens volck gebohren,
Und alſo den verluſt der erſten gleich gemacht.
Mein hertze ſehnet ſich nun nach den perlen-traͤncken,
Es ſtellt ſich abgematt bey deinen ſchaͤtzen ein.
Wilſt du vor perlen ihm auch was von perlen ſchencken;
So laß den perlen-kuß davon den anfang ſeyn!
Als ſie ſich nicht wolte bewegen laſſen.
BRauche, fuͤrſtin meiner ſeelen!
Nicht ſo ſtrenge deine macht.
Laß mein hertze nicht ſo quaͤlen,
Das du ſelbſt verliebt gemacht!
Sey nicht ſtets unuͤberwindlich!
Lindre meine liebes-pein!
Seynd die goͤtter doch empfindlich,
Solt es nicht ein engel ſeyn?
Das31Galante Getichte.
Das lob der Silvia, eines geweſenen frauenzimmers in L. G. L.
GEliebte poeſie! mein ſchoͤnſtes zeit-vertreiben!
Wofern ich kuͤnfftig ſoll dein groſſer freund verbleiben,
So gieb mir dieſesmahl vollkommne woͤrter ein,
Wie meine Silvia recht kan beſchrieben ſeyn.
Doch welcher fremde thon beſtrafet diß verlangen?
Und ſpricht: Verwegner menſch! du biſt zu weit gegangen,
Dein bitten iſt umſonſt, wo der betrogne kiel
Die menſchen fahren laͤſt, und engel mahlen will.
Der lobſpruch, welchen wir in reime koͤnnen faſſen,
Wird die vollkommenheit gar ſelten ſehen laſſen.
Und deſſentwegen iſt die Silvia galant,
Weil ihre trefflichkeit den wenigſten bekannt.
Ja, liebſte poeſie! ja freylich iſt dein ſchelten
Gantz billich und gerecht; Doch laß michs nicht entgelten!
Jch ſoll und muß es thun, daß alle welt verſteht,
Wie weit die Silvia mit ihrem lobe geht,
Da eine ſchlechte hand, die ſie kaum angeruͤhret,
So viel vortrefflichkeit in kurtzer zeit geſpuͤret.
Hat man den himmel doch in kupffer abgedruͤckt,
Den noch kein menſchen-kind von ferne nur erblickt;
Kan ein geuͤbter mund gantz ungehindert ſagen,
Was ſich am letzten theil der erden zugetragen,
Den er noch nie geſehn; Zeigt ein ſtock-blinder mann
Die farben offtermahls am allerbeſten an;
So will ich ebenfalls von den erhobnen gaben
Der edlen Silvia ein blindes urtheil haben.
Es hat ihr die geburth ſchon ſo viel ruhm gebracht,
Als man bey andern kaum im ſterben kundbar macht.
Selbſt die natur hielt ſie vors beſte meiſter-ſtuͤcke,
Daruͤber eyferte das blinde weib, das gluͤcke,
Und nahm ihr alſobald den, welcher ſie gezeugt;
Wie wurde Silvia durch dieſen fall gebeugt!
Die32Verliebte und
Die augen machten ſich zu lauter thraͤnen-quellen,
Das hertze wuſte nichts als jammer vorzuſtellen.
Allein der himmel ſprach: Mein engel! weine nicht,
Der ſchaden, welcher dir durch dieſen fall geſchicht,
Jſt ſchon durch mich erſetzt. Ein unvergnuͤgter morgen
Hat oͤffters hinter ſich den ſchoͤnſten tag verborgen.
Wenn deine jugend ſchon an ſturm und wind gewohnt,
So bleibt des alters kern von mancher noth verſchont.
Die perle wuͤrde nicht ſo groſſen werth erlangen,
Wo ſie durchs waſſer nicht viel koſtbarkeit empfangen;
Drum wird bey Silvien der angenehmſte ſchein
Auch durch den thraͤnen-fall gar leicht zu ſehen ſeyn.
Sie ſoll noch als ein ſchatz und kleinod dieſer erden,
Dem geiſt und leibe nach gantz unvergleichlich werden.
Diß alles iſt fuͤrwar nach dieſer zeit erfuͤllt:
Die augen find allhier des himmels ebenbild;
Darinnen aber muß ihr noch der himmel weichen,
Dort iſt ein eintzig licht, hier ſind zwey ſolche zeichen.
Wer dieſen ſonnen ſich nun gar zu nahe macht,
Wird wie durch einen blitz um ſein geſicht gebracht.
Und wo es wahr verbleibt, was man ſonſt pflegt zu ſagen:
Man muͤſſe ſich ins hertz durch dieſe pforten tragen,
So kan ich, Silvia! nicht in dein hertz hinein,
Der eingang ſcheinet mir voll von gefahr zu ſeyn.
Jch wuͤrde mich traun ſelbſt der letzten noth beſtimmen,
Und aus verwegenheit verbrennen und verglimmen.
Die farbe, welche ſich im angeſichte zeigt,
Sieht wie ein neuer ſchnee, roth iſt ſie nicht geneigt.
Und dieſes kommt daher, weil wir, wenn wir uns ſchaͤmen,
Die roͤthe meiſtentheils ins angeſichte nehmen;
Doch meine Silvia hat ſelten was gethan,
Das ſie vor dieſer welt zur ſcham bewegen kan.
Drum darff ihr wangen-feld auch nimmermehr erroͤthen,
Und die erhoͤhte ſtirn iſt frey von allen noͤthen.
Der allerliebſte mund ſieht blos darum ſo klein,
Weil die geheimniſſe der ſeelen gantz allein
Jn33Galante Getichte.
Jn ſeiner macht beruhn, die er wohl muß verwahren,
Und einen kleinen platz vor ihren ausgang ſparen.
Wenn diß gemeine thor bißweilen offen ſteht,
Und ein ſubtiler ritz zu dem verborguen geht,
So ſieht man ohngefaͤhr zwey dutzent weiſſe ſaͤulen,
Die ſich von oſten an gantz biß nach weſten theilen.
Am kinne laͤſſet ſich ein kleines waͤrtzgen ſehn,
Das iſt, ſo viel man mir geſagt, darum geſchehn:
Als unlaͤngſt die natur ſpatzieren gehen ſolte,
Und hier in dieſer ſtadt genau erforſchen wolte,
Wer von den damen wohl die allerbeſte ſey?
So brachte man alsbald die Silvia herbey.
Die war vor andern nett, galant, manierlich, ſchoͤne,
Drum machte die natur bey ihr ein nota benè,
Sie legte gantz ſubtil ein puͤnetgen auf das kinn,
Und ſprach: Man ruffet mich zu andern oͤrtern hin;
Doch laßt das zeichen ſtehn, damit ich dich geſchwinde,
Wenn mir was ſchoͤnes fehlt, hernachmals wieder ſinde.
Nun moͤcht ich der natur gern einen poſſen thun;
Drum wolte Silvia in meinem willen ruhn?
So wuͤrd ich tag fuͤr tag ihr nota benè kuͤſſen,
Biß dieſes zeichen gantz verwiſchet und zerriſſen.
Doch ob man dieſes gleich als wunder-wercke preißt,
So weiß ich doch gewiß, es ſieht der edle geiſt
Noch tauſendmahl ſo ſchoͤn. Die innerſten gemaͤcher
Sind meiſtentheils galant, wenn aͤuſſerlich die daͤcher
Jn vollem putze ſtehn. Zwar bey der Silvia
Jſt, wo ich rathen darff, der einzge mangel da,
Daß ſie die tugenden, ſo viel ſie kan, verſtecket,
Und dergeſtalt davon das wenigſte entdecket.
Doch wie ein heller glantz auch durch die wolcken bricht,
So nimmt uns Silvia das allerminſte nicht.
Es weiß die halbe welt, daß wir bey unſern linden
An ihrer artigkeit das groͤſte kleinod finden.
Ein fremder, welcher ſonſt allhier den gantzen ort,
Doch ſie noch nie geſehn, zieht ſchwerlich weiter fort.
VI. Theil. CMan34Verliebte und
Man ſaget: Daß bey ihr ein wechſel ſey geſchehen,
Und daß zur ſelben zeit die welt nicht recht geſehen,
Da ſie den ſchoͤnſten geiſt, den kaum der zehnte mann
Recht voll und unverfaͤlſcht bey ſich verſpuͤhren kan,
Jn einen ſolchen leib aus unverſtand begraben,
Der ſonſt aus ſchwachheit nur will halbe ſeelen haben.
Sie zuͤndet auf einmahl viel hundert ſeelen an,
Doch ihrem hertzen hat kein fuͤnckgen leid gethan.
Sie fordert ein altar, das blos zu ihren ehren,
Den ausgeſtreuten rauch des opffers ſoll verzehren.
Ein abgenuͤtzter heerd, ein falſcher opffer-knecht,
Und fluͤchtger weyrauch ſind der Silvia zu ſchlecht.
Daher iſt, wie mich deucht, auch dieſer vorſatz kommen,
Daß ſie bißher noch nie ein opffer angenommen.
Wers aber nicht verſteht, wohin diß abſehn zielt,
Der ſpricht: Die Silvia hat lauter falſch geſpielt;
Es koͤnnen uns dabey die augen und die minen,
Und alles, was an ihr, zur ſichern nachricht dienen.
O ſchade! daß ſie nichts von der barmhertzigkeit
Bey andern mercken laͤßt; da gleichſam ſonſt ein ſtreit
Von allen tugenden in ihrer bruſt zu finden,
Da immer eine will die ander uͤberwinden.
Doch dieſe mißgunſt legt ſich bald gefangen hin,
So bald ſich Silvia recht dencket zu bemuͤhn.
Denn ihre tugend macht, als wie der ſtrahl vom lichte
Die augen und das hertz der eulen, gantz zu nichte.
Sie als ein weibs-volck hat ſo viel autoritaͤt,
Daß ihr kein laſter-freund gern an der ſeiten ſteht.
Jn ihrer ſtirnen iſt ein merckmahl eingegraben,
Davor die kuͤhnheit ſelbſt ein ſchrecken muſte haben.
Was ſonſt durch ſauer-ſehn und fluchen kaum geſchicht,
Das wird durch einen winck bey Silvien verricht.
Mit dieſem lernet ſie die welt zu allen dingen
Biß zur unmoͤglichkeit mit leichter muͤhe zwingen.
Hier faͤllt mir etwas ein, das faſt unglaublich ſcheint:
Die Silvia iſt doch dabey ein demuths-freund,
Und35Galante Getichte.
Und wird den blumen gleich: Je hoͤher ſolche ſteigen,
Je tieffer ſie den kopff hin zu der erden neigen.
Was fremde leute faſt zu der erſtaunung fuͤhrt,
Dadurch wird Silvia am wenigſten geruͤhrt.
Sie haͤlt nichts von ſich ſelbſt: Je mehr ſie weiß und lernet,
Je mehr verbleibt ihr hertz von hochmuth weit entfernet.
Jhr beſter zeit-vertreib iſt eine kluge ſchrifft,
Mit dieſem hat ſie ſchon viel loͤbliches geſtifft.
Jhr denckmahl wird zuerſt durch dieſes buͤcher-lieben
Selbſt in das groſſe buch der ewigkeit geſchrieben.
Vors andre ſchaͤmet ſich auch mancher muſen-ſohn,
Daß die gelehrſamkeit bey einer weibs-perſon
Mehr als bey ihm vermag, und wuͤnſchet ihrentwegen
Auf ein gelehrtes werck ſich ebenfalls zu legen.
So dienet Silvia dem naͤchſten und der welt.
Doch welcher diß an ihr vor’s allerbeſte haͤlt,
Betruͤget ſich gar ſehr: Sie bleibet auch darneben
Der wahren froͤmmigkeit im hoͤchſten grad ergeben.
Die bleibet der compaß, ſo ihre lebens-farth,
Biß ſie zum hafen kommt, vor aller noth bewahrt.
Durch dieſe gantz allein kan ſie ſchon auf der erden
Zum engel, und ihr kuß zum paradieſe werden.
Wer Silvien nicht kennt, der geh ins gottes-haus,
Dahin kommt ſie zuerſt, und geht zuletzt heraus.
Da laͤßt ſie alle noth, durch ſingen und durch beten,
Jn wahrer heiligkeit von ihrer ſeelen treten.
Doch wenn du dieſes thuſt, geliebte Silvia!
So ſtehen offtermals viel hundert andre da,
Die gar nicht heilig ſind, die ſich an dir vergaffen,
Die bald das achſel-band in kluge falten raffen,
Bald rock und krauſe ziehn, bald die perruque drehn,
Bald ihren ſchnupff-toback, bald ſonſten was beſehn,
Und die den feder-buſch, der Silvia zu ehren,
Jn einer predigt mehr als hundertmahl verkehren.
Jch ſelbſten geh manchmal in dieſe -- ſchul,
Da biſt du prediger, mein hertz der predig-ſtuhl.
C 2Drum36Verliebte und
Drum wenn das amen kommt, ſo ſchein ich gantz bethoͤret,
Und habe viel geſehn, doch nichts dabey gehoͤret;
Jn vorbitt und gebet ſeufftzt meine bruſt allein:
GOtt laſſe Silvien vollkommen gluͤcklich ſeyn!
Daher geſchicht es auch, daß ihr nicht etwas fehlet,
Und daß kein ſchwacher geiſt die muntre ſeele quaͤlet.
Wiewohl, wenn Silvia gleich nicht ſo gluͤcklich waͤr,
So wuͤrde doch dabey ihr luſtiger humeur
Gantz unveraͤndert ſtehn. Wie ſie bey guten tagen
Die zugedachte luſt weiß maͤßig zu vertragen;
So wird im trauren auch nichts uͤbriges geſpuͤhrt,
Kein unfall geht ſo weit, daß er ihr hertz beruͤhrt.
Sie ſtemmt den matten leib auf ſeine ſorgen-ſaͤulen,
Der geiſt hingegen mag die himmels-lufft zertheilen.
Jhr ſinnbild iſt ein ſchiff, das zwiſchen wellen ſteht,
Und ſelbſten noch nicht weiß, wohin ſein lauffen geht;
Darinnen ſitzt ein kind, das keine ruder lencket,
Auf keine winde ſieht, an keine nothdurfft dencket,
Mit dieſer uͤberſchrifft: Wohin der himmel will!
Erleuchte Silvia! hierinnen thuſt du viel.
Die feder iſt zu ſchlecht, dich gnug heraus zu ſtreichen,
Du haſt darinnen wohl gar wenig deines gleichen.
Hier aber ſtock ich faſt, galaute Silvia!
Jch ſuche noch etwas, doch dieſes iſt nicht da.
Und meineſt du vielleicht, daß ich blos mit dir ſchertze,
So ſage mir doch nur, wo haſt du denn dein hertze?
Jch habe dich nun faſt fuͤnff jahre ſchon gekannt,
Auch andre haben dich viel tauſendmahl genannt.
Doch niemand unter uns erkuͤhnt ſich zu beſchreiben,
Wie du im hertzen ſiehſt, es will verborgen bleiben.
Heißt es etwan mit dir, wie man ſonſt oͤffters ſpricht:
Mein kind iſt gut, allein ihr hertze tauget nicht?
Nein, nein! wie reimt ſich das zu deinen andern thaten?
Jch werde, wie mich deucht, die ſache ſo errathen:
Dein hertz verbleibt ein ſchatz, der faſt verriegelt iſt,
Und den kein bloſes wort, kein bloſer blick aufſchließt.
Es37Galante Getichte.
Es iſt das paradies, zu deſſen luſtbarkeiten
Jm dencken ihrer viel, im wercke wenig ſchreiten.
Diß heiligthum ſoll nur ein hoherprieſter ſehn,
Wie in der alten welt beyn Juden iſt geſchehn;
Und wer das amt verlangt, der muß nebſt andern gaben
Nach recht und billigkeit vornehmlich dieſe haben:
Er muß verſtaͤndig ſeyn; ſonſt lebt er wie ein rind,
An deſſen ſeite zwar die groͤſten ſchaͤtze ſind,
Das aber nimmermehr derſelben werth ergruͤndet,
Und alſo groͤßre luſt bey ſtroh und miſte findet.
Er muß ein buͤcher-freund und ein gelehrter ſeyn;
Sonſt raumt ihm Silvia die herꝛſchafft ſchwerlich ein.
Jn ungelehrter hand wuͤrd ihre klugheit ſterben,
Und mit der klugheit ſonſt auch manche luſt verderben.
Er muß beſtaͤndig ſeyn; Denn wo ſie einen ehrt,
Der lieb und treue mehr, als wohl ſein kleid, verkehrt;
So ſag ich: Silvia hat nun ſo offt gewehlet,
Und beym beſchluſſe doch im noͤthigſten gefehlet.
Doch wenn der rechte kommt, der ihr das hertze nimmt,
So hab ich ihm vor mich die freundſchafft ſchon beſtimmt;
Vielleicht wird er alsdenn nicht allzu viel verſchweigen,
So kan ich auch ihr hertz in meinen verſen zeigen.
Als ſie verreiſen wolte. C. H.
WAs treibt dich, Clelie! zu ſolchen harten ſchluͤſſen?
Was hat dir dieſer ort, was dieſe bruſt gethan?
Daß ſich dein hertze nicht zu frieden geben kan,
Und deinen ſchoͤnen leib von mir entfernt will wiſſen?
Ach ſchoͤnſte! wo du ja wilſt fremde luͤffte kuͤſſen,
Tritt dann dein zarter fuß auf die verwehrte bahn?
So fang ich allbereit vor angſt zu ſterben an,
Und werde bald mein hauß und grab beſtellen muͤſſen.
Doch will ich dich noch hier zu halten mich bemuͤhn:
Mein ſeufftzen ſoll den wind dir gantz zuwider fachen,
C 3Mein38Verliebte und
Mein wuͤnſchen ſoll das rad des wagens ruͤckwaͤrts ziehn,
Den pferden will ich was an ihre fuͤſſe machen;
Ja ich will eher nicht alsdenn zu frieden ſeyn,
Biß dich, o Clelie! dein abſchied wird gereun.
Sonnet. Auf ihren mund. ** T.
DEr purpur, Flavia! der deinen mund bedecket,
Kommt (ich geſteh es zu,) von keiner farbe her:
Nein, blitze kommen nicht aus firniß ohngefaͤhr,
Und in der ſchnecken blut wird keine gluth gehecket.
Was aber haſt du ſonſt vor wunder hier verſtecket?
Dir eckelt vor der lieb, und biſt vom feuer leer;
Und dennoch fuͤhrt dein mund der Venus ihr gewehr,
Das tauſend maͤnner trifft, und ſteten brand erwecket.
Jſt eiß und winter hier bey roſen und bey gluth?
Bluͤhn blumen, da der froſt den gantzen ſtock verderbet?
Doch ja: Jch ſehe ſchon, was deine lippen faͤrbet;
Jhr bunter purpur kommt von dem erhitzten blut,
Das dein bezaubrend aug aus maͤnner-hertzen ziehet:
Was wunder, daß dein mund von roͤth und feuer gluͤhet?
Als ſie ſich abmahlen ließ. ** T.
FLorette! traueſt du dem albern mahler zu,
Daß er dein engliſch bild in farben koͤnne treffen?
Ach laß dich, ſchoͤnſte! nicht den bloͤden kuͤnſtler aͤſfen,
Weil keiner farben glantz ſo ſtrahlen kan wie du.
Wo nun mein treuer rath bey dir, Florette! gilt,
So laß die Venus dir dein blut zur farbe ruͤhren,
Und deinen Seladon auf dich den pinſel fuͤhren;
So ſchaueſt du alsdenn dein wahres ebenbild.
Er39Galante Getichte.
Er weinete, als ſie in das gebuͤrge zog. A. C. T.
WEnn erd und himmel lacht, ſo muß die ſonne ſcheinen:
Wenn dieſe ſich verliert, muß volck und himmel weinen
Wie ſoll mein auge nicht voll thraͤnen-regen ſtehn,
Wenn meine ſonne mir will unter wolcken gehn?
Als ſie zoͤrnete, daß er ihre bruſt beruͤhret. ARIA.
ERbarmeſt du dich nicht?
O ſtrenge raͤcherin der ſuͤnden!
Kanſt du in dem nur kuͤhlung finden,
Wenn mir dein grimm das urtheil ſpricht,
Und dein ſo zornig angeſichte
Den aͤrmſten Seladon ſtellt vor ſein blut-gerichte?
Was dich ſo ſehr geruͤhrt,
War nur ein griff nach deinem hertzen;
Jndeſſen muß ich es verſchmertzen,
Daß du mein hertze gar entfuͤhrt:
Wie haſt denn du nun zoͤrnen ſollen?
Jſt nicht entfuͤhren mehr, als nur entfuͤhren wollen?
Ach! iſt dein hertze ſtein,
Das ſich nur diamanten gleichet,
Das kein erbarmend trieb erweichet?
So reime mir es dannoch ein!
Jch will es als ein altar brauchen;
Laß, ſtrenge goͤttin! nur darauf mein hertze rauchen!
Der ſtein wird endlich weich,
Wenn ihn nur tropffen offt begieſſen.
Auf dein hertz laß ich ſtroͤhnte flieſſen;C 4Du40Verliebte und
Du aber biſt nicht ſteinen gleich:
Sonſt wuͤrde, wenn die thraͤnen rinnen,
Dein felſen-feſtes hertz erweichet werden koͤnnen.
Die ſonne wirfft den ſtrahl
Auf klipp und ſumpff und ſchlechte dinge:
Nur ich, o ſonne! bin zu g’ringe.
Du wuͤrdigſt hecken, berg und thal,
Und laͤßt ſie deinen glantz genuͤſſen:
Nur ich ſoll weiter nichts von deinen ſtrahlen wiſſen.
Jch ſeufftze voll verdruß,
Und quaͤle mich mit gram und reue,
Biß mich der tod davon befreye,
Weil ich durch dich doch ſterben muß.
Schreib du auf meines grabes ſtelle:
Lernt, menſchen! wie der zorn getreue liebe faͤlle.
Auf die mittlere ſchweſter.
1.
DU mittelpunct von meinem hertzen!
Komm, ſage mir fein mit bedacht,
Was mich mit ſolchen liebes-ſchmertzen
Hat gegen dich entzuͤckt gemacht?
Ob das vielleicht die urſach iſt,
Weil du die mittle ſchweſter biſt?
2.
Ach ja, es ſteckt in dieſem worte
Gantz ohne zweifel ſolche krafft,
Die auch bey mir an meinem orte,
Dergleichen wunder-wuͤrckung ſchafft:
Denn du alleine bleibſt mein licht,
Die andern ſchweſtern acht ich nicht.
3. Jch41Galante Getichte.
3.
Jch dencke ſo, dieweil der kuchen
Am beſten in der mitten ſchmeckt;
So muß ich ebenfalls verſuchen,
Wie ſich die mittle ſchweſter leckt,
Und ob es dann zu glauben ſey,
Daß fiſch und jungfern einerley?
4.
Der mittle finger laugt am weitſten;
Ach, mittle ſchweſter! greiff nach mir!
Die mittel-wege ſind am breitſten;
Jſt es nun eben ſo bey dir?
So glaub ich, daß kein ehren-mann
Durch dich zu falle kommen kan.
5.
Man geht doch auf den mittel-wegen
Gantz ſicher nach der tugend zu;
Nun iſt mir viel daran gelegen,
Daß ich fein tugendhafftig thu.
Drum, mittle ſchweſter! gieb dich drein,
Daß ich ein ethicus kan ſeyn!
6.
Mich deucht, als waͤren deine thaten
Fein mittelmaͤßig eingericht:
Du biſt nicht gar zu fromm gerathen,
Und doch auch gar zu loſe nicht;
Nun bin ich eben ſo, mein blut!
Es ſchickt ſich alles trefflich gut.
7.
Nicht gar zu keuſch, nicht voller liebe,
Nicht gar zu arm, und nicht zu reich,
Nicht gar zu munter, nicht zu truͤbe,
Nicht engeln, auch nicht teufeln gleich,
Nicht alt, nicht jung, ſo hin, ſo hin,
So in der mitten bleibt mein ſinn.
C 58. Dann42Verliebte und
8.
Dann, wer ihn gar zu hoch will treiben,
Thut meiſtentheils den groͤſten fall;
Wer in der tieffe ſucht zu bleiben,
Den ſpottet man nur uͤberall;
Wer ſich zu mittel-ſachen haͤlt,
Der dient am beſten in die welt.
9.
Jch halte mich an dich, mein leben!
Nur ſage: Ja! Es ahnt mir wohl:
Du wirſt dich bald darein ergeben,
Daß ich dein eigen bleiben ſoll;
Denn ſonſten wuͤrdeſt du allein
Ohn anfang und ohn ende ſeyn.
10.
Du biſt ja nur ein mittel-ſtuͤcke,
Die andern theile mangeln dir;
Ach, liebes kind! mach dieſe luͤcke
Bey zeiten wieder zu mit mir!
Damit ich ohne tendeley
Dein anfang und dein -- ſey.
ARIA.
1.
SO hat ſich nun, o jammer, angſt und noth!
Mein freuden-ſtern in eine nacht verwandelt?
So wuͤnſch ich mir nur einen ſanfften tod,
Dieweil das ſchickſal grauſam an mir handelt.
Mein ſchiff verſinckt in eine trauer-ſee: Ach, ich vergeh!
2.
Mein printz wird mir durch fremde hand geraubt.
Jch kan, ich mag, ich will nicht laͤnger leben.
Weil mir auch nicht zu hoffen iſt erlaubt,
Will ich mit luſt den matten geiſt aufgeben. Jch43Galante Getichte.
Jch wuͤnſche nur das ende meiner noth: Komm, ſanffter tod!
3.
Der ancker bricht, das ruder iſt entzwey,
Es ſtuͤrmt die ſee, und alle winde raſen.
Mein ſchiffgen laͤufft den hoffnungs-port vorbey,
Es will die noth des lebens licht ausblaſen,
Und alſo kan ich laͤnger nicht beſtehn: Jch muß vergehn.
4.
Dir aber ſoll die aſche, wehrter printz!
Auch in der grufft noch als ein opffer brennen.
Und ob wir ſchon, o ſchmertz! geſchieden ſind;
Soll grufft und tod mich doch von dir nicht trennen.
Fault gleich der leib; ſo bleibt doch fuͤr und fuͤr Der geiſt bey dir.
5.
Denn dieſer ſoll dich, mir geraubten ſchatz,
Dem ſchatten gleich auf weg und ſteg begleiten;
Die lieb umſchraͤnckt kein duͤſtrer todten-platz,
Und ihre gluth vermindern keine zeiten.
Es iſt und bleibt mein beſtes leichen-kleid Beſtaͤndigkeit.
6.
Nur goͤnne mir den troſt in meiner pein,
Daß ich ſtets ſey in deinem angedencken!
Wird aug und hertz bey dir, mein Pharus! ſeyn;
Will ich das ſchiff mit luſt zum grabe lencken.
Auch ſterbende verehr ich deine pracht. Zu guter nacht!
Antwort auf die vorige klag-aria. G. S.
1.
WAs ſingeſt du vom ſterben?
Das kalte grab iſt nicht vor dich. Des44Verliebte und
Des grauſen todes bleicher ſtrich
Muß keine friſche lippen faͤrben.
Dein aug iſt allzu ſchoͤn dazu,
Sich auf die duͤſtre grufft zu lencken.
Das alter ſucht die lange ruh;
Die jugend darff daran nicht ohne zittern dencken.
2.
Der ſcepter, den ein koͤnig
Aus lieb in deinen ſchos gelegt,
Jſt doch kein baum, der dornen traͤgt.
Jſt dieſe gunſt vielleicht zu wenig?
Wie viele lebten hoͤchſt-vergnuͤgt,
Wenn ſie ein eintzig ſtrahl beſchienen!
Und Bellamire ſeufftzt und liegt,
Da gantze ſternen ihr zu der Erquickung dienen.
3.
Daß dich mein mund gekuͤſſet,
Jſt troſt genung vor deinen geiſt;
Die koſt, ſo das gemuͤthe ſpeiſt,
Bleibt deſſentwegen unvermiſſet.
Dein koͤnig liebt dich mehr, als vor;
Vor bahnet ihm der ſchnee der glieder
Die glatte bahn zum liebes-thor:
Jtzt legt ſich blos ſein geiſt zu deinem geiſte nieder.
4.
Drum, kluge Bellamire!
Beſiehl dem munde, daß er ſchweigt,
So offt ein fleiſchlich ach! aufſteigt,
Damit ich dich nicht gantz verliere.
Die ſchoͤnheit hat genung erlangt,
So eines helden fauſt gebunden;
Damit dein witz nun hoͤher prangt,
So zeige, daß er ſelbſt den ſieger uͤberwunden.
5.
Die eyfernden gedancken
Stehn keinem groſſen hertzen an. Die45Galante Getichte.
Die koͤnigliche liebes-bahn
Schließt ſich nicht in gemeine ſchrancken.
Man ſchaut mehr als ein ſchlaf-gemach
Vor einen fuͤrſten zubereitet.
Armandus folgt der ſonne nach,
Die ihren goͤldnen glantz auf berg und thaͤler breitet.
6.
Was wilſt du demnach weinen?
Dein ancker bricht noch nicht entzwey:
Dein ſchiff iſt aller ſtuͤrme frey:
Du ſiehſt den Pharus helle ſcheinen.
Drum ſeegel ungehindert fort!
Dein witz laͤßt dich was groſſes hoffen:
Verſchließt dir Venus ihren port;
So haͤlt die klugheit dir der tugend hafen offen.
Die verſaͤumte liebes-erklaͤrung. Talander.
1.
BEkraͤucktes hertz! was hilfft es dir,
Daß du dein leid verſchwiegen?
Du wirſt doch endlich noch dafuͤr
Jn ſtaub und aſche liegen.
Denn wer da brennt, und ſchweigt die pein,
Der muß zuletzt verbrennet ſeyn.
2.
O ſchoͤne zeit! als mich ihr blick
Zum erſten angezuͤndet!
Was hielt ich da die gluth zuruͤck,
Die nun nicht rettung findet?
Jtzt zeig ich durch die ſpaͤte reu:
Daß reden nun zu langſam ſey.
3.
Wie offt gab es gelegenheit,
Mein leiden dir zu klagen? Wie46Verliebte und
Wie offt befahl es mir die zeit,
Durch ſeufftzen vorzutragen?
Jtzt haͤlt das gantz erzoͤrnte gluͤck
Dir ſeufftzer blick und wort zuruͤck.
4.
Doch ſoll mein geiſt ſtets fertig ſtehn,
Dich ewig zu verehren.
Und muͤßt ich ja in gluth zergehn;
Will ich als Phoͤnix lehren:
Daß, wer von einer ſonne glimmt,
Ein neues leben an ſich nimmt.
Mirtillus an ſeine von ihm entfernte Flavia.
JCh haͤtt es gar gewiß nicht lange mehr getrieben,
Jch laͤg in kurtzer zeit in einer ſtillen grufft;
Allein der ſuͤſſe kuß, den Flavia verſchrieben,
Vergaͤllet mir die luſt zur grauen todes-klufft.
So lange deine gunſt mich noch mit zucker ſpeiſet,
So lange mich dein geiſt noch durch Liſetten kuͤßt;
So lang iſt Flavia mir noch nicht gantz verreiſet,
Ob meine liebe gleich den groͤſten theil vermißt.
Ein etwas iſt genung, Mirtillen zu erhalten,
Ein bloſes wort von dir erquicket meinen geiſt.
Wie ſolte meine bruſt, mein treuer mund erkalten;
Den dein verliebter kiel mit holden kuͤſſen ſpeiſt?
Allein du glaubeſt nicht, daß dieſe kleine faſten
Die ſtarcke krafft gehabt, mich in die grufft zu ziehn;
Wie ſolt ich aber wohl in einer wuͤſten raſten,
Wo keine roſen nicht von deinen lippen bluͤhn?
Jedoch ich irre mich. Dein unglaub iſt gegruͤndet,
Blieb auch dein aug und mund durchaus von mir entfernt;
Dein aug, in dem mein geiſt des lebens ſonne findet,
Dein mund, der mich den ſtand der unſchuld kennen lernt.
Dein47Galante Getichte.
Dein bloſes ebenbild kan meine bruſt beſeelen,
Das treuer liebe fauſt naͤchſthin hinein geſetzt;
Wer ſo begeiſtert wird, denckt an weit andre hoͤlen,
Als in das kalte grab, da keine lieb ergetzt.
Jndeſſen, liebſter ſchatz! obgleich Mirtillus lebet,
Weil deine feder ihm itzt einen kuß verſchreibt;
Obgleich dein ſchatten ſtets vor ſeinen augen ſchwebet,
Und ſelbſt im hertzen ihn an ſtatt der ſeele bleibt;
So kan dein etwas doch noch nicht dem gantzen gleichen:
Das weſen gehet auch dem ſchoͤnſten ſchatten vor.
Die gegenwart allein laͤßt mich den port erreichen,
Die werthe gegenwart, die ich naͤchſthin verlohr.
Empfindlicher verluſt! drum komm, ach komm geſchwinde!
Getreue Flavia! ſonſt bleibt er unerſetzt.
Ob ich das leben gleich in deinem bilde finde;
So werd ich doch durch nichts, als deinen kuß, ergetzt.
Als ſie ihn nicht wieder liebte. Tal.
SO bin ich zwar entzuͤndet;
Jedoch weil meine gluth
Die kuͤhlung nicht nach ihrem wunſche findet,
So kraͤncket ſich ja billig geiſt und muth,
Biß daß es wird verzehrt durch ſolche wuth.
2.
Was hab ich doch verbrochen,
Daß ich verbrannt ſoll ſeyn?
Den zaubrern wird diß urthel ſonſt geſprochen;
Die unſchuld faͤllt hier in die gluth hinein,
Und wird zur aſch durch zweyer augen ſchein.
3.
Nun wohl, ich will verbrennen,
Weil dir es ſo gefaͤllt.
Man wird die treu noch aus der aſche kennen,
Die mein geſchick zu deinen fuͤſſen ſtellt,
Weil’s meinen ſtaub auch vor dein eigen haͤlt.
Sinn -48Sinn-Getichte.

Sinn-Getichte. Auf das gedaͤchtniß-bild Friedrich Wilhelms des Groſſen. B. N.

SToltze Tuͤrcken, freuet euch! Kuͤhne Frantzen, jauchtzt
und ſpringet!
Denn der alle welt erſchreckt, liegt nun auf der todten-bahr.
Jedoch freut, ihr Teutſchen, euch! Denn der groſſe Friedrich
bringet
Wieder durch die kunſt ans licht, was ſchon ſtaub und
aſche war.
Freuet euch, ihr tugenden, und du gantzer muſen-orden!
Der ein fuͤrſten-vater hieß, iſt ein koͤnigs-vater worden.
Auf die behauptete ſouverainitaͤt von Neufchatel und Valengin. B. N.
ES iſt des adlers art, ſein recht und neſt zu ſchuͤtzen,
Er laͤſt den ſtoltzen hahn an ſeinem orte ſitzen,
Und acht nicht ſein geſchrey: pocht er mit Ludewig,
So zeigt des adlers bruſt, ſein ſchild ſey Friederich.
Grabſchrifft eines geitzigen.
MEin geld kam an den tag, ich aber in die nacht,
So ward mein grabmahl zu, mein kaſten aufgemacht.
Gar wenig ſchlaf und ruh hatt ich bey meinem leben;
Was mir der geitz verſagt, hat mir der tod gegeben.
Auf49Sinn-Getichte.
Auf einen verarmten gold-macher.
DEin haußrath iſt ein topff, zwey glaͤſer und drey tiegel,
Vier pfund gehacktes bley, fuͤnff kolben und ſechs ziegel,
Ein beutel ohne geld, ein ſchurtz mit ſtaub gemahlt;
Doch aber reich genung vor den, der rauch bezahlt.
Grabſchrifft der Amaranthe.
STeh, pilgram! wer du biſt, und ſchaue dieſen ſtein,
Jch Venus ſelbſt, ich bins, die ihn hieher getragen.
Fragſt du: Wer ruht allhier? So laß dir dieſes ſagen:
Wenn ich nicht Venus waͤr, ſo muͤſte ſie es ſeyn.
Auf den groſſen William in Engelland.
EUropa ſchleuſt dich nicht mit deinen thaten ein,
Wie ſolte Niederland dir nicht zu niedrig ſeyn?
Faͤhrſt du noch weiter fort, du held von dreyen erden!
So wird dein Engeland dir auch zu enge werden.
Auf einen ruhmraͤthigen paſſagier.
MAdrit und Liſabon hat obulus geſehn,
Er weiß, was in Pariß und Londen iſt geſchehn,
Er zehlt am finger her, was Rom und Florentz weiſet;
Nur dieſes laͤugnet er, daß er durch Worms gereiſet.
Gut macht gluth.
MAn bot dem Livio zu einer heyrath dar
Ein maͤgdgen, das zwar arm, doch guten ſtandes war;
Nur etwas fehlt, ſprach er, daß ich mich nicht erklaͤre:
Die ankunfft waͤr wohl gut, wenn nur die einkunfft waͤre.
VI. Theil. DGrab -50Sinn-Getichte.
Grabſchrifft der Clelia.
HJer lieget Clelia. Mehr darffſt du wohl nicht wiſſen,
Denn dieſer nahme ſchleuſt verſtand und tugend ein.
Jhr geiſt war viel zu groß, der coͤrper viel zu klein,
Und alſo hat der tod ſie beyde trennen muͤſſen.
Als ein praler den korb bekam.
DU denckſt, dein ſchoͤnes kleid ſoll alle maͤgdgen fangen,
Und dein gepudert kopff gewiſſe gunſt erlangen.
O nein! Calliſte ſpricht: Es iſt mit dem kein rath,
Der gold auf hoſen traͤgt, und keines drinnen hat.
Auf eine wind-muͤhle.
SChau hier ein fliegend hauß, das niemahls ſtille ſteht,
Und dennoch auch niemahls von ſeiner ſtelle geht.
Schau eine werckſtatt an, die in den luͤfften ſchwebet,
Die andere ernaͤhrt, und ſelbſt vom winde lebet.
Auf ein offnes ſtaͤdtgen.
DU ſieheſt deinen feind mit offnem angeſicht.
Die mauer iſt dein zaun, das rathhaus deine ſchencke,
Das kuͤh-horn deine poſt, der roͤhr-trog deine traͤncke.
An thoren fehlts dir wohl, jedoch an thooren nicht.
Auf einen unſchuldigen doctor.
WAs iſt es fuͤr ein glas, darein Pillander ſieht?
Es iſt ein theurer ſafft, daraus er ſilber zieht.
Was iſt es vor ein brief, den ſeine feder ſtellt?
Es iſt ein freyer paß. Wohin? Jn jene welt.
Die51Sinn-Getichte.
Die in gedancken reiche braut.
SEchs tauſend thaler hat Florette, wie ſie ſpricht.
Drum wer ſie haben will, muß gute worte geben.
Doch wer den ziffern traut, der kommt gewiß daneben,
Die nullen hat ſie wohl, nur keine ſechſe nicht.
Als ein bauer viel ſoldaten ins quartier bekam.
SChlag die capaunen todt, ſo wirſt du nicht geſchlagen,
Laß wildpret auf den tiſch mit wein und biere tragen,
Setz hecht und karpen vor aufs beſte zugericht;
Die teuffel dieſer art vertreibt kein faſten nicht.
Auf einen verſoffnen kupffer-haͤndler.
MAn haͤlt es in der welt vor ungemeine ſachen,
Wenn ſilber wird aus bley, und gold aus ertz bereit.
Was haͤlt man denn von dir? du uͤbertriffſt es weit,
Weil du aus glaͤſern kanſt den feinſten kupfer machen.
Auf einen flucher.
BLitz, hagel, donner, bley und gantze ſack voll teuffel
Sind deine waffen ſtets, damit du um dich ſchlaͤgſt.
Wo nimmſt du alles her? Jch glaube ſonder zweiffel,
Daß du das erſt im mund, das letzt im hertzen traͤgſt.
Die ſchoͤne leiche.
SChau hier, mein wanderer! die aſche voller flammen,
Den tod voll liebligkeit, den ſarg voll tauſend-ſchoͤn.
Begehreſt du zu ſehn, wie ſonnen untergehn?
Hier ſiehſt du morgen-roͤth und abend-roͤth beyſammen.
D 2Theu -52Sinn-Getichte.
Theurung zu Samaria.
ES galt ein eſels-kopff hier dreyßig ſilberlinge;
Diß las ein Spanier. O! ſprach er, wunder-dinge!
Die eſels-koͤpffe ſind bey uns ja ſo gemein,
Daß ihrer dreyßig kaum fuͤr einen groſchen ſeyn.
Auf einen albern poeten.
DU klageſt immerfort, daß dich die ſterne quaͤlen,
Und daß die ſonne dir nur ein comete ſey.
Allein, mein freund! mich deucht, du giebſt dich gar zu frey:
Der rechte ſtern wird dir in deiner ſtirne fehlen.
Die goldne recommendation.
EIn narr kommt in den rath. Was ſoll das ding be -
deuten?
Gelt! daß ihn nur ſein geld in dieſes amt gebracht?
O du verdammtes amt! was haben wir vor zeiten!
Daß man den Pluto itzt mehr, als den Plato, acht.
Auf einen gepruͤgelten galan.
SOnſt braucht man holtz dazu, wenn man will feuer machen,
Doch, wie man ſieht, bey dir ſind es verkehrte ſachen;
Du bringſt was neues auf, und zeigſt mit zittern an,
Daß man das feuer auch mit holtze leſchen kan.
Auf eines ſein verſoffen weib.
BEym brunnen redte dort Rebecca kluge ſachen;
Beym waſſer laͤſt ſichs noch mit deinem weibe machen.
Weil ſie nur dieſes trinckt, ſo bleibt ſie noch geſcheut;
Doch koͤmmt es an den wein, ſo iſt der narꝛ nicht weit.
Auf53Sinn-Getichte.
Auf einen gewiſſen reichs-tag.
HJer iſt der beſte rath, des andern rath zu ſchwaͤchen.
Hier iſt der beſte ſpruch, einander widerſprechen.
Was prodeſt gleich beſchluͤßt, das reißt proteſt nur ein,
Wie ſoll der reichs-tag nicht zuletzt ein reiß-tag ſeyn?
An einen neuen ehmann.
WEn haſt du denn gefreyt? die beſte von den ſchlimmſten.
Wie iſt ſie am verſtand? die kluͤgſte von den tuͤmmſten.
Jſt ſie auch ſchoͤn genung? Ja wie ein a. b. c.
Was kriegſt du denn mit ihr? Ein cornu copiæ.
Der abgewieſene ſtaats-rath.
JUvenco kam nach hof, und bat befoͤrderung.
Seht, ſprach er, mein geſchlecht hat tauſend jahr geſtanden,
Und manchen held gezeugt. Die antwort war vorhanden:
Der ſtand iſt alt genung, nur der verſtand zu jung.
Grabſchrifft des Grobiani.
DJe grobheit war bey mir mein fuͤnfftes element,
Noch groͤber war der tod, der keine mores kennt.
Zwey ſtaͤdte ſind, die mir doch ruhm erworben haben:
Zu Schweinfurth ward ich jung, zu Ochſenfurth begraben.
Die beregnete Doris.
DEr regen waͤſſerte die arme Doris ein,
Als ſie ſpatzieren gieng, und nicht ans wetter dachte.
Jhr leute, lachet doch! Sie will ein engel ſeyn,
Und wuſte dennoch nicht, was man im himmel machte.
D 3Die54Sinn-Getichte.
Die ſchoͤne glaubens-bruͤder.
WAs glaubſt du? ward gefragt. Die autwort kam geflogen:
Jch glaube nichts. Warum? ſo werd ich nicht be -
trogen.
So glaub ich alles denn, warff ihm ein andrer ein,
Es muß ja etwas wahr von dem geglaubten ſeyn.
Auf ein unartiges frauenzimmer.
WEr Caſpiam bekommt, braucht keinen bienenſtock,
Er braucht kein hackebrett und keine ruͤbehacke:
Wenn ſie am froͤmmſten iſt, ſo ſieht ſie wie ein bock;
Wenn ſie am ſchoͤnſten iſt, ſo gleicht ſie meinem ſacke.
Die ſchein-heilige.
MAn kuͤßte Julien bey einer compagnie,
Da ſeufftzte ſie gar tief. Warum es nun geſchehen,
Befragte ſie ein freund: Jch ſeufftze, ſagte ſie,
Nicht, daß man mich gekuͤßt, nur weil man es geſehen.
Auf einen ungelehrten doctor.
HJer deckt ein ſammtner peltz den hoͤltzernen verſtand,
Zu einem geiſtlichen ward er zu ſchlecht erkannt;
Nichts nutze war er auch in der juriſten orden;
Aus deſperation iſt er ein doctor worden.
Grabſchrifft eines gold-machers.
SChau hier ein volles grab und eine leere kuͤſte,
Hier ruht ein alchymiſt; das echo rufft: im miſte.
Raͤthſel.
DEr bauer ſieht es ſtets, gar ſelten ſehns die reichen,
GOtt ſieht es nimmermehr. Was iſt es? ſeines gleichen.
Auf55Sinn-Getichte.
Auf einen eigen-nuͤtzigen beamten.
EJn ſchaͤfer lieget hier. Soll dichs nicht wunder haben?
Der andre ſchur, wird doch mit gantzer haut begraben.
Auf einen naſen-weiſen ſplitter-richter.
KEin menſch hat recht geredt, kein menſch hat recht gethan;
An allen findeſt du zu beiſſen und zu nagen.
Doch wo du rath bedarfſt, ſo laß dir dieſes ſagen:
Greiff deinen buſen vor, hernach den beſen an.
Grabſchrifft eines ſchmarotzers.
MEin gantzer lebens-lauff beſtehet in neun worten:
Jch kochte nirgends was, und fras doch aller orten.
Auf einen aprill-narren.
WAs iſt zwiſchen dir, und dem, der dich ſchickt, vor unter -
ſcheid?
Nichts, als nur allein die lufft, weil ihr beyde narren ſeyd.
Uber den gehenckten Judas.
ZWey diebe haͤngen hier in dieſem engen raume:
Der beutel haͤngt an mir, ich aber an dem baume.
Als man Spanien, bey lebzeiten des koͤnigs, vertheilte.
DEr adler ſucht ein neſt, die lilgen einen garten,
Die leuen eineu raub, Sanct Peter noch ein ſchwerdt.
So ſpielet man um dich, und miſchet ſchon die karten,
Geht dir der koͤnig ab, ſo iſt martſch ungewehrt.
D 4Auf56Sinn-Getichte.
Auf die langſame einraͤumung Briſachs.
FRanckreich giebt dich nicht zuruͤcke, biß die bruͤcke ruinirt;
Doch es ſind gar andre tuͤcken, die man hier im ſchilde
fuͤhrt.
Wieviel monden wird man noch biß zu deiner freyheit zehlen?
An den pfaͤhlen fehlt es nicht, nur an Ludewigs befehlen.
Auf die endlich erfolgte einraͤumung.
WOhin ſchickſt du deine gaͤſte? Jeder dencke, was er will.
Denn der tag, an dem ſie ſcheiden, iſt der erſte vom aprill.
Auf den Marcell.
DEin bart iſt ziemlich klein: Die nas iſt ſchuld daran,
Weil ſie viel ſchatten giebt, daß er nicht wachſen kan.
Ein jeder zu ſeines gleichen.
MOps kuͤßte ſeine magd; ſie ſprach: Herꝛ! irꝛt euch nicht,
Es ſolte ſonſt wohin, und ihr kommt ins geſicht.
Auf einen papiernen edelmann.
MAn ſiehet, daß dein ſchild nur ſchwartze farben weiſt,
Weil du mehr tint als blut vors vaterland vergeuſt.
Du kommſt von Sebulon, drum prangen deine fahnen
Mit federn, aber nicht mit vaͤterlichen ahnen.
Als ein junges maͤgdgen einen alten mann nahm.
DU ſieheſt auf das geld, nicht auf die grauen haare;
Du gehſt aufs braut-bett zu, dein mann zur todten-baare.
Die freyheit iſt verkaufft, was hilfft dich nun dein freyn?
Am tage wirſt du frau; des nachtes witwe ſeyn.
Die57Sinn-Getichte.
Die himmliſche Clarille.
DEr himmel wird bewegt, die erde ſtehet ſtille:
So glaubt man insgemein, ſo glaubet auch Clarille;
Denn ihre wanckelmuth bezeuget fuͤr und fuͤr,
Es ſey viel himmliſches, nichts irꝛdiſches an ihr.
An Kayſerswerth.
WJe koͤmmts, daß Franckreich dich zu ſchuͤtzen nicht begehrt?
Die trouppen von Burgund ſind wohl ſehr ſchlecht
geuͤbet.
Das machts, es iſt dein platz, wie es der ausgang giebet,
Nicht eines koͤniges, nur eines kayſers werth.
Auf den gefangenen Villeroy.
DEr adler nimmt den hahn aus dem gemachten neſte,
Kein loch iſt ihm zu klein, kein thor iſt ihm zu feſte.
Wer gar zu zeitig will auf fremdem miſte kraͤhn,
Kan, eh man es verſieht, ſich in dem korbe ſehn.
Alte waare geht ſelten ab.
MOps hat ein ſchoͤnes weib; er muß ſie ſelbſten loben,
Von hinten und von forn, von unten an biß oben,
Und daß mans glauben ſoll, ſo ſchwoͤrt er ſtein und bein,
Wenn es ans tauſchen geht, woll er der erſte ſeyn.
Auf den Loth.
ZWey engel haben dich aus einem brand erloͤſt,
Zwey weiber haben dir den andern eingefloͤſt.
Aus was die flucht dich bracht, drein ſtuͤrtzt dich die begier;
Ein Sodom laͤſt du dort, das andre findſt du hier.
D 5An58Sinn-Getichte.
An den alten Chremes.
MAn fragt dich immerfort: Wenn wird die tochter freyn?
Du ſprichſt: Es iſt ſchon zeit, wenn ſie wird mannbar
ſeyn.
Du narꝛ! ſie ſtraft dich ſelbſt mit worten und gebaͤrden;
Gieb ihr nur einen mann, ſie wird ſchon mannbar werden.
Auf ein artiges huͤndgen.
LAbelle! du biſt werth, daß England dich gezeugt,
Daß dich Bolonien mit ſeiner milch geſaͤugt.
Ja waͤr nicht allbereit am himmel ein ſolch zeichen,
So ſolteſt du zu erſt dergleichen ſtell erreichen.
Auf eine ſehr blos gekleidete.
DJe wahrheit pflegt man ſonſt gantz nackt und blos zu kleiden;
Euch beyde muß man doch darinnen unterſcheiden,
Daß jener bloͤſe zeigt, was ſie rechtſchaffen iſt;
Du aber nackt verraͤthſt das, was du nicht mehr biſt.
Auf einen abgedanckten ſoldaten.
DJe beute, die du haſt, ſind ſchrammen im geſicht,
Sind ſteltzen an dem bein, und kruͤcken an den haͤnden.
Doch wundere dich nicht! So gehts an allen enden:
Wo krieg und kruͤge ſeynd, da fehlts an ſcherben nicht.
Das goldne kalb.
WJe reimt ſich gold und gott? das gienge wohl noch hin;
Allein ein kalb darzu, das iſt ein toller ſinn.
Hat man auch jemahls wohl dergleichen ding geleſen?
Die dieſes kalb verehrt, ſind ochſen gar geweſen.
Grab -59Sinn-Getichte.
Grabſchrifft eines cantors.
DA ich am beſten ſang, ſo macht der tod den ſchluß,
Und giebt den tact darein, daß ich pauſiren muß.
Piano klingt es nun an dieſem ſtillen orte:
Jch ſtarb als wie ein ſchall von dem vergangnen worte.
Auf eine veraltete ſchoͤnheit.
DEr winter ſtellt ſich ein, der ſommer iſt vergangen,
Du denckſt nicht mehr, wenn ſich der fruͤhling ange -
fangen:
Wie mancher wird hinfort bey dir vorůber gehn,
Weil man dein roſen-feld ſieht voller quitten ſtehn.
Auf einen ungerathenen buͤcher-ſchreiber.
WJlſt du dich auch, ein buch zu ſchreiben, unterwinden?
Apollo wundert ſich mit der gelehrten welt,
Er giebt auch ſchon befehl, damit es ewig haͤlt,
Dein ungemeines buch in eſels-haut zu binden.
An die Belinde.
WJrff, falſche! deinen blick, wohin es dir beliebet,
Weil er nur lauter rauch und keine flammen giebet.
Ein andrer wickle ſich in deinen netzen ein.
Es reimt ſich nicht bey mir: Mein und gemeine ſeyn.
Abigail.
JCh habe Davids zorn mit freundlichkeit verſoͤhnt,
Daß er mein wittwen-lied mit ſeiner liebe croͤnt.
Jhr weiber, dencket nach! War ich nicht klug und ſchlau?
Jch gab ihm einen korb, ſo ward ich ſeine frau.
Nim -60Sinn-Getichte.
Nimwegen. Rißwig.
NJmwegen hat den weg zum frieden einſt gemacht,
Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht;
Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen muͤſſen.
Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entriſſen.
Auf eine ins kloſter gehende courtiſanin.
DU huͤlleſt muth und gluth in einer kutten ein,
Und wilſt hinfuͤro ſtein in fleiſch und blute ſeyn.
Wer nach der urſach fragt, der nehme dieſe lehre:
Es fehlte Teutſchland noch an einer Valiere.
Grabſchrifft eines teller-leckers.
HJer lieg ich, der ich offt in ſauß und ſchmauß gelegen,
Mein tiſch war uͤberall, mein teller allerwegen.
Wo es mich nichts gekoſt, da gieng ich gerne hin;
Es koſtet mich auch nichts, daß ich geſtorben bin.
Grabſchrifft eines fuchſes.
MAn nahm mir meine haut, und ließ mir fleiſch und bein,
Wiewohl auch dieſe noch der raben fruͤh-ſtuͤck waren.
Ach waͤre doch mein geiſt nur in den ſchwantz gefahren!
So koͤnt ich immerfort bey hofe lebend ſeyn.
Grabſchrifft einer katze.
JCh war der maͤuſe tod, nun bin ich mauſe-todt;
Jch gieng auf andre loß, und kam doch ſelbſt in noth.
Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen,
So muſt ich moͤrder mich vor einem marder fangen.
Auf61Sinn-Getichte.
Auf die neue colonie Darien.
SO macht die neue welt noch immer neue grillen,
Daß man die kaſten will auf ihren kuͤſten fuͤllen.
Wie wirds, ihr Spanier! um euer erbtheil ſtehn?
Die Schotten werden euch nun in die ſchoten gehn.
An den groſſen Leopold.
ES wolte dich die kunſt in alabaſter druͤcken:
Nein! ſprach die ewigkeit, es muß was beſſers ſeyn;
Denn unter welchem wir die goldne zeit erblicken,
Des bildniß muß auch wohl von purem golde ſeyn.
Auf den Joſephum.
GAntz Europa war beſorgt, was man dir vor nahmen gebe.
Ungarn hieß dich Ladisla; Boͤhmen ſprach: Matthias lebe!
Spanien bat einen Philipp, Welſchland einen Siegismund;
Teutſchland, welches bey der wiege voller freud und lachen ſtund,
Wolte ſeinen nahmen auch gleich den andern ihm ertheilen;
Er heiſt Joſeph, rieff es laut, er wird meinen ſchaden heilen.
Auf den tapffern Churfuͤrſten Johann George den III.
DU biſt der dritte printz von drey Johann Georgen,
Und darffſt von keinem nichts, als nur den nahmen, borgen.
Wer deine thaten lieſt, der ſtimmt gar gerne bey,
Daß Wittekind vor dir ein bloſes kind nur ſey.
Wegen Huͤnningen an die Schweitz.
DJe huͤner niſten ſchon in deinen graͤntzen ein,
Wie ſolte nicht der hahn auch nahe bey dir ſeyn?
Auf62Sinn-Getichte.
Auf die hinwegnehmung Elbing.
JCh ſas in fried und ruh; Doch eh ich michs verſah,
So war das thor geſperꝛt, und lauter feinde da.
Jch muß zu frieden ſeyn: Die zeit wird es ſchon lehren,
Ob ich das ſcepter ſoll mehr als den ſebel ehren.
Auf den tod des beruͤhmten D. Alberti in Leipzig.
GLeich da ich deiner grufft die grabſchrifft ſetzen will,
So ſtieß Apollo mich, und wolt es gar nicht haben.
Doch er bedachte ſich; Schreib, ſprach er, nur ſo viel:
Mit dir liegt Schleſien in Meiſſenland begraben.
Auf eine ſchrifft von mehr als einer welt.
JEder glaube, was er will. Andre moͤgen fragen gehen:
Ob die welten im gehirn, oder in der ſtirne ſtehen?
Wer die meinung wahr befindet, dieſer bilde ſich nur ein:
Ey was werden tumme leute in dem hunds-ſtern muͤſſen ſeyn!
Auf den ertz-biſchoff von Cammerich.
MAn fragt, warum der papſt dein buch ſo ſcharff verbannt,
Da er es doch vorhin vor gut und recht befand?
Mich deucht, du haſt ihm viel vom ruhen vorgeleſen,
Drum iſts vor ihn zu tumm, vor dich zu klug geweſen.
Auf die vereinigung des alten und neuen calenders.
NUn wird das alte neu, die welt verjuͤngt ſich immer,
Man liebet neue pracht und neue kluͤgeley.
Zwey ſtuͤcke werden nur nicht wieder bey uns neu,
Die alte teutſche treu, und altes frauenzimmer.
Auf63Sinn-Getichte.
Auf ſeine eigene verſe.
FLieget hin und ſeyd geduldig, wenn man uͤbel von euch ſpricht,
Denn, ſoll ich die wahrheit ſagen? ihr gefallt mir ſelber nicht.
Auf eine liebliche, aber ungeſtalte ſangerin.
NUr die ſtimme, weiter nichts, iſt was an dir zierlich iſt;
Wer dich hoͤrt, der liebet dich; wer dich ſieht, der muß
dich haſſen:
Und wer dich gar wohl betracht, dieſer wird die meinung faſſen,
Daß du eine nachtigalle, aber nur bey nachte, biſt.
Auf ein hoffaͤrtiges, aber armes frauenzimmer.
DU zierſt den kopff mit band, die ſtirn mit krauſen haaren,
Den hals mit perl und gold, die bruſt mit nackten waaren;
Du denckſt, wer da nicht will? Ach nein! du irreſt ſehr:
Was nutzt ein offner kram, wenn das gewoͤlbe leer?
Grabſchrifft eines banquerouten.
MEin kauff hat, leider! ſich in einen lauff verkehrt,
Vor tauſend thaler reich, itzt keines hellers werth.
Nichts bleibt mir, als der troſt, wo der den ſchmertz kan ſtillen:
Daß ich vertrieben bin nur um des glaubens (credit) willen.
An die fraͤulein von **.
DU ſchoͤne Helena! dein glantz iſt ungemein,
Jch wolte dir das hertz aus deiner bruſt entfuͤhren;
So muß mein eigen hertz in flammen ſich verliehren:
Dein Troja kan ich wohl, nur nicht dein Paris ſeyn.
Der64Sinn-Getichte.
Der kraͤmer.
ES war zu --- marckt, Cupido kam in eil,
Und legte waaren aus; es waͤhrte kaum zwey ſtunden,
So hatte dieſer kram ſchon ſeinen mann gefunden.
Fragſt du, was er verkaufft? Er hatte hoͤrner feil.
An der Cloris garten.
DEin garten iſt galant; Doch hat mir unter allen,
Was ſeine ſchoͤnheit giebt, nur diß allein gefallen,
Daß man die uͤberſchrifft an jeder blume lieſt:
Wir ſind noch lange nicht ſo ſchoͤn, als Cloris iſt.
Auf eine heßliche.
WEr dich ſieht und deine magd, der faͤllt mir gar gerne bey,
Daß die dienerin viel ſchoͤner, als die jungfer ſelber ſey.
Schaffe du dein maͤgdgen weg, die dir ſolchen ſchatten giebet;
Sonſten wird der umſtand mehr, als die ſache ſelbſt, geliebet.
Auf die Schwediſche Chriſtina.
DJe tapfferkeit von Alexandern
Nahm koͤnigreich und laͤnder ein;
Du aber ſchenckſt ſie einem andern,
Wie kanſt du
*Sie nahm mit der paͤpſtlichen religion dieſen nahmen, dem papſt Alexandro zu ehren, an.
* Alexandra ſeyn?
Der verfehlte weg.
DEr arme Titius iſt gantz im kopff verwirrt,
Weil ihm Meliſſe hat ein koͤrbgen angehangen.
Er hat den weg verfehlt. Wie iſt es zugegangen,
Daß er von Oſchatz ſich nach Eulenburg verirꝛt?
Grab -65Sinn-Getichte.
Grabſchrifft eines kargen filtzes.
DUrch zinſe ward ich diß, was ich zuvor geweſen,
Durch zinſe ward ich reich, durch zinſe ward ich ſtoltz,
Vor zinſe gab ich her geld, wolle, bier und holtz;
Gieb, leſer! zinſe her, wilſt du die grabſchrifft leſen.
Raͤthſel.
NEptun war gantz entbrannt, die Ceres zu umſchlieſſen,
Sie merckte ſeine gluth, und ließ ſich willig kuͤſſen;
Sein cryſtallinen mund ſog ihren malvaſier,
So zeugten ſie ein kind. Wie hieß der name? Bier.
Ein jeder, was ihm ſchmeckt.
MAn lacht den Daphnis aus, daß er Liſetten kuͤßt,
Weil ſie ſchlecht von geburth, und ſchlecht von ſchoͤn -
heit iſt.
Gnung, daß ſie klugheit hat, wer fraget nach dem ſchmincken?
Man kan wohl guten wein auch aus dem done trincken.
An die Armille.
DJe Chriſt-nacht gab dir zwar den zettel in die hand,
Darauf mein nahme ſtund; wie iſt es denn bewandt,
Daß dich ein andrer hat zu ſeiner braut erleſen?
Das machts, mein zettel iſt von leſch-papier geweſen.
Klage eines alten jungen-geſellen nach der heyrath.
WJe ſchickt ſich funfftzig jahr, und ein verliebter orden?
Wie reimt ſich kalt und warm? ein kuß und graues haar?
Dort fehlte mir ein weib, da ich noch juͤnger war;
Jtzt fehlt der frau ein mann, da ich zu alt bin worden.
VI. Theil. EAuf66Sinn-Getichte.
Auf einen kamm aus elephanten-zaͤhnen. R.
VJel zaͤhne hab ich itzt, vor war ich nur ein zahn:
Genung, daß ich den zanck der haar entſcheiden kan.
Auf die huͤrſte ſeiner liebſten. R.
DAs haar das trug zuvor ein ſchwein auf ſeinem ruͤcken;
Jtzt gilt es mehr, es ſoll der liebſten haare ſchmuͤcken.
Auf einen ſchwamm. R.
JNdem der leichte ſchwamm, nach ausgedruckter fluth,
Den leeren bauch erhebt, iſt er zum waſchen gut.
Auf einen ſpiegel. R.
DEr ſpiegel ſaget uns des hauptes maͤngel an:
Schaut auch in den, der die des hertzens zeigen kan.
Jhre die form eines ſchwanes habende gieß-kanne. R.
WAnn ſie ſich waͤſcht, flieg ich auf ihren haͤnden her:
Wann es vollbracht, ſchwimm ich: ihr becken iſt mein
meer.
Auf eben dieſelbe. R.
SJe leget unter mich die haͤnde fuͤr und fuͤr,
Jch meine ſeel in ſie, drum iſt kein leben hier.
Auf67Sinn-Getichte.
Auf die feder. R.
SOll Rom nicht durch die ganß beſchuͤtzet worden ſeyn?
Wer ſchuͤtzt viel koͤnigreich? Ein kiel davon allein.
Beſchreibung eines briefes. R.
DAs ſchreiben redt, es ſchleuſt das pettſchafft ſeinen mund,
Eroͤffnet thut es mir der liebſten willen kund.
Auf die Argenis Barclaji. R.
DJe welt verehrt einſt Rom; itzt ruffet Rom mich an,
Dieweil es ſeine ſprach aus meiner lernen kan.
Als ſie eine landſchafft mit der nadel ſtuͤckte. R.
OOrpheus! lege nur die wunder-harffe hin;
Der nadel ſuchen baͤum, und thiere nachzuziehn.
Eine von ihr geſtuͤckte blume. R.
MEin gaͤrtner! zweiffle nicht, daß ich getroffen bin:
Hier ſitzt die bien und ſucht ſelbſt honig auszuziehn.
Auf ein armband von lauter rubinen. R.
HJer hat der kuͤnſtler nicht die ſtein in gold geſchloſſen,
Sie ſind ſo roth als blut ſelbſt in ein band gefloſſen.
E 2Von68Sinn-Getichte.
Von dem rechten ſpiegel. R.
DU ſchauſt den ſpiegel an; allein willſt du recht wiſſen,
Wie ſchoͤn und rein du ſeyſt, ſo ſchau in dein gewiſſen.
Die ſcheere ſeiner liebſten. R.
GEdencke, wann ſie mich an einen faden ſetzt,
Daß Lacheſis die ſcheer auch auf dein leben wetzt.
Als ſie eine nadel in geſtalt eines degens in der hand fuͤhrte. R.
WAs wilſt du, edles kind! erſt einen degen tragen?
Die Venus war ja nackt, als ſie den Mars geſchlagen.
Kleinod in geſtalt eines ſchwanes. R.
MJr fehlt die ſtimm: Jedoch wird man ein kleinod bringen,
Das ſchoͤner iſt als ich; ſolt ihr mich hoͤren ſingen.
Auf die franzoͤſiſchen karten. R.
HAlt, oder laß es gehn. Gewinnſt du? Gut. Wo nicht?
Die buß iſt da. Weil man dich um den ſatz beſpricht.
Auf die welchſen karten. R.
BLeib, haſt du etwas guts. Das allerletzte blat,
Bringſt du es an, ſchlaͤgt den, der und koͤnig hat.
Auf69Sinn-Getichte.
Auf das ſchach-ſpiel. R.
DJe krieger ſtehen hier, als wie in einer ſchlacht,
Es nimmt ein jeder ſich und ſeinen feind in acht.
Die gebundne Andromeda in einer ſchilderey. R.
VOr mir der drach: an mir die ketten: unten meer:
Und oben blitz: Ach! ſagt, wo kommt mein Perſeus her!
Die verwandelte Jo in einem gemaͤhlde. R.
SJe iſts noch nicht, ſeht her! Sie wird erſt eine kuh.
Wie wohl ſchickt doch dein ochs, Europa! ſich darzu.
Die verwundete Porcia. R.
MEin Brutus! traure nicht, die wund iſt ſchlecht und klein:
Wo du des Caͤſars fehlſt, muß ſie weit groͤſſer ſeyn.
Die wahrſagende Velleda. R.
ACh! daß der mahler mir den mund nicht aufgethan!
Jch ſagte, Teutſchland! dir des krieges endſchafft an.
Auf einen gebratnen wilden auer-hahn. R.
DAs rauhe baltzen wird, wo feiſte kiefern ſtehn,
Dem hoch-gebruͤſten gaſt, hoff ich, nunmehr vergehn.
E 3Auf70Sinn-Getichte.
Auf einen haſen. R.
WEr von dem haſen ißt, iſt ſieben tage ſchoͤn:
Mir thaͤt es noth; ich laß ihn doch aus freundſchafft
ſtehn.
Auf ein cryſtallin wein-glas. R.
DJana taucht ſich hier mit ihren nymphen ein:
Der fluß iſt wein; Wer trinckt, der muß Actaͤon ſeyn.
Auf einen gebratnen capaun. R.
D ich ſo zart und weich an friſchem fleiſche bin,
Macht, daß fuͤr mir kein hun nicht durffte niederknien.
Auf ein ſchau-eſſen mit einem ausge - ſtopfften pfauen. R.
DAs fleiſch iſt unten zu, die federn oben an:
Genung, daß ſchier der ſchwantz die tafel decken kan.
Auf eine zugerichtete meer-ſchnecke. R.
SEht, wie um dieſe ſchaal ein wurm den andern ſchraubt.
Sie leben; trinckt nicht viel; ſonſt ſuchen ſie das haupt.
Auf die pantoffeln einer ſchoͤnen dame. R.
JHr zeigt den weg, wohin viel wuͤnſch und ſeufftzer gehn:
Wohl dem, der kuͤnfftig kan in euren ſtapffen ſtehn!
Auf71Sinn-Getichte.
Auf ihr nacht-gefaͤß. R.
JCh bin ein glas. Wer mehr in mir begehrt zu ſchaun,
Laß in mich ſein geſicht an ſtatt des bodens baun.
Auf ihre kammer-thuͤre. R.
JHr angel, ſchweigt! damit ſie mich nicht hoͤre flehn:
Wann ich zuruͤcke bin, entdeckt, was ich geſehn.
Die lampe an ihr bette. R.
Ofuͤſſes bett! ich ſeh und kenne deinen thron:
Entbloͤſe, was du wilt, ich ſage nichts davon.
Licht und liebe haben einen ausgang.
WAnn bey der lampe nicht der gulden oͤlkrug ſteht,
Verliſcht das licht: ich auch, wann mir ihr ſchein ent -
geht.
Von ihrem bette. R.
Waͤr ich ihr bett, ich ließ auf hertzen voll vergnuͤgen
Hertz, und auf munde mund, und aug auf auge liegen.
Von traͤumen. R.
Waͤr ich ein traum, ich laͤg im ſchlaf in ihren armen,
Biß daß ihr hertze ſich des meinen wuͤrd erbarmen.
Von der nacht.
Waͤr ich die nacht, ich wolt in dieſer ſchoͤnen auen
Mit meinen ſternen blos auf eine nymphe ſchauen.
E 4Der72Sinn-Getichte.
Der ungluͤckliche freyer. G. H.
JCh ſchickte mich neulich zum ehlichen ſtande,
Trug aber das ja-wort mit koͤrben davon,
Was macht es? Die antwort bekam ich zum lohn;
Jch haͤtte nicht liegende guͤter im lande.
Jch dachte, du naͤrꝛgen! ich freye deßwegen,
Daß ich mich auf liegende gruͤnde will legen.
Der lang-naͤſichte verliebte. G. H.
NAſutus wolte hochzeit machen,
Jch trug ihn bey Charlotten an,
Und proponirte ſeine ſachen;
Sie ſprach: Jch mag noch keinen mann,
Und vor den braͤut gam ſag ich danck,
Denn dieſe nas iſt gar zu lang.
Auf Dorindens unnuͤtzes kirchen-gehen.
DOrinde hat in tempel ſich verliebt,
Und da den heilgen ort durch ihren ſinn betruͤbt.
Nun iſt die ſtrafe da:
Denn als ihr ſchatz die gunſt erfuhr,
So macht er ſich auf die gebahnte ſpur,
Und kam ihr ſo zu nah,
Daß ſie bald wird was junges hoͤren ſchreyn.
Jhr andern, wo ihr auch wolt ſo geſinnet ſeyn:
So ſtellt viel lieber gar das kirchen-gehen ein.
Eben darauf:
JHr jungfern! nehmt euch ein exempel,
Und ſeht, wie es Dorinde macht
Fein alle morgen in dem tempel,
Daß auch bey euch das gluͤck erwacht;Doch73Sinn-Getichte.
Doch dieſes wuͤnſcht euch nicht, was ſie bereits betroffen:
Sie kan, ohn einen mann, itzt auf was junges hoffen.
Abſchieds-koͤrbe.
WEr auf die freyth will gehn,
Muß ſtets in ſorgen ſtehn,
Daß man ihm nicht den tantz verſage,
Und mit dem korbe weiter jage.
Wo einmahl ſich die koͤrbe hingewoͤhnen,
Da pflegen ſie vor mehr den weg zu baͤhnen.
Doch iſts noch gut, daß ſie nicht ſichtbar ſeyn;
Sonſt wuͤrden gar die maͤgdgen
Vor einem ſolchen korbe-traͤger
Wie vor dem pop-hans ſchreyn.
Ach! kaͤmen nur die moden auf,
Daß ſelbſt die maͤgdgen muͤſten gehn
Auf dieſen liebes-kauff!
Was gilts? es wuͤrd um ſie vielleicht noch ſchlimmer
ſtehn.
Viel maͤgdgen wuͤrden ſich gantz lahm an koͤrben tragen:
Nach angebotner gunſt pflegt niemand viel zu fragen.
Die faulen prediger. C. H.
DEr Heyland ſagte wohl: Geht hin in alle welt!
Doch itzt wird der befehl nicht eyfrig gnug beſtellt,
Weil ſehr viel prediger ihn weiter nicht erfuͤllen.
Denn ſeht, fie gehen nicht, ſie reiten auf poſtillen.
Die Doris, mit einem bienſtocke verglichen.
DOris iſt ein bienenſtock, da viel bienen offt geſtecket;
Schade! daß die wolluſt hier laͤngſt den honig abgelecket.
E 5An74Sinn-Getichte.
An einen hahnrey. C. H.
DEn vogel kan und ſoll man an den federn kennen:
Marin! du biſt nun auch mit federn ausgeziert;
Was werd ich demnach dich vor einen vogel nennen?
Mich deucht, der guckguck iſts, der dir ins ſchild gebuͤhrt.
An einen artzt. C. H.
DU und dein weib curirt die krancken um die wette,
Sie, in dem ihrigen, du in dem fremden bette;
Doch hat ſie ihr dadurch ein groͤſſer lob erworben,
Weil ihr noch keiner iſt, dir aber viel geſtorben.
An Silvien. J. C. G.
DU ende meiner noth, und aufang meiner luſt!
Ach waͤre mir doch auch dein mittel-recht bewuſt!
Die gecroͤnten poeten. T. V.
WEnn dieſe, die gecroͤnt, galante tichter ſeyn,
So kommt manch guter mann in ihre zunfft hinein.
Die liebes-erndte. T. V.
WElcher hat die beſten aͤcker? keiner als ein guter mann,
Weil er das, was andre ſaͤen, als ſein eigen, erndten
kan.
Die75Sinn-Getichte.
Die zu fall gekommene jungfrau. U. S.
VOn mancher jungfer heiſts: Die iſt zu falle kommen,
Dieweil ein doppelt hertz in ihrem leibe ſchlaͤgt;
Allein, wer hat wohl das vor fallen angenommen,
Wenn man ſich mit bedacht freywillig niederlegt?
Die wohlfeilen kaͤmme. U. S.
JNs kuͤnfftige wird man die kaͤmme wohlfeil kauffen,
Weil man die hoͤrner ſieht auf allen gaſſen lauffen.
Auf eine pocken-gruͤbichte. J. C. G.
WJrd alle kugeln gleich Eugenius verſchieſſen;
Kan man in dein geſicht doch wieder neue gieſſen.
Die weiber-herꝛſchafft. J. C. G.
DJe maͤnner ſollen ſtets die ober-herꝛſchafft fuͤhren,
Diß hat das Sachſen-recht denſelben zuerkannt;
Allein das kammer-recht das heiſt die frau regieren,
Da giebt ihr ſelbſt der mann den ſcepter in die hand.
Die bucklichte Doris. J. C. G.
DJe Doris will gewiß ſich zum proceſſe ſchicken,
Denn ſie hat allbereits die acten auf dem ruͤcken.
Arme jungfern.
DAs tauſend-guͤlden-kraut iſt bey den maͤgdgen rar,
Wer dieſes ſucht, find offt davor nur frauen-haar.
Auf76Ginn-Getichte.
Auf die um geld buhlende Dorinde.
DOrindens wahl-ſpruch iſt: Wer ſchmiert, der faͤhret wohl;
Das heiſt, daß man ihr vor das gleiß bezahlen ſoll,
Eh daß ſie fahren laͤßt. Doch dieſer faͤhrt zur hoͤllen,
Der ſich als Kutſcher will zu ihrem zeuge ſtellen.
Auf die geitzige Doris.
DU biſt der Doris ſchatz, nicht weil du ſie ſehr liebſt,
Nein; ſondern weil du ihr ſo manche ſchaͤtze giebſt.
An Clelien. C. H.
MAn ſagt: Das gluͤcke ſoll auf einer kugel ſtehn;
Drum laß dir, Clelia! mein leid zu hertzen gehn!
Und wenn ich meine hand zu deinen bruͤſten ſchicke,
So denck, ich ſuche da fuͤr mich ein doppelt gluͤcke.
Die alten weiber. C. H.
DJe alten weiber ſind die groͤſte zier der erden;
Jch mein alsdann, wann ſie hinein geleget werden.
Die bettel-jungen. C. H.
DJe bettel-jungen ſind die allerreichſten knaben,
Weil ſie vor jeder thuͤr etwas zu fordern haben.
Der eheſtand. C. H.
DEr ehſtand iſt ein kartenſpiel,
Da ſpielt ein jeder, der nur will.
Bald77Sinn-Getichte.
Bald gehts, bald nicht, bald gar genau,
Bald trumpfft den mann wohl gar die frau.
Nichts kommt mir wunderlicher hier
Als diß, in dieſem ſpiele, fuͤr,
Daß der verſpielt und unten liegt,
Der doch die beſten ſchlaͤge kriegt.
Die weiber-herꝛſchafft. C. H.
DJe ober-herꝛſchafft ſteht den weibern trefflich an:
Doch iſt das bette ſchuld, daß ſie nicht dauren kan.
An Cornelium. C. H.
DJe goͤtter mahlte man mit hoͤrnern bey den alten;
Jch glaube, daß dein weib, Corneli! dieſes weiß,
Drum giebt ſie ihren leib aus lieb und hoffart preiß,
Daß man ſie ſoll hernach vor eine goͤttin halten.
Das gluͤcke. C. H.
DAs gluͤcke mahlet man in frauenzimmer-tracht,
Weil ſie der unbeſtand ein ander gleiche macht.
Die kuͤſſe. C. H.
DRuckt ein jedweder kuß ein ſchwartzes fleckgen ein;
So wuͤrde dieſes land bald voller mohren ſeyn.
Die78Sinn-Getichte.
Die buhlerey. C. H.
DJe Magdalena hat viel ſchweſtern hinterlaſſen,
Die jung die buhlerey, alt buß und reu umfaſſen.
Die liebe.
ES heiſt die lieb ein beil, wer ſie zuruͤcke lieſt,
Mit welchem vielen ſchon ihr gluͤck enthauptet iſt.
An Selinden. C. H.
SJe faſſet alles wohl; Doch von den rechten dingen
Jſt das geringſte nicht in ſie, mein kind! zu bringen.
An Dorinden wegen ihrer ſtaͤrcke. C. H.
DJe irren nicht, die viel von deiner ſtaͤrcke ſagen,
Weil du die kleine welt ſo leichtlich kanſt ertragen.
Vom extra-gehen der frauen. C. H.
NAchdem das extra-gehn der frauen auf iſt kommen,
Hat mancher ſchwache mann an ſtaͤrcke zugenommen.
Der unverſtaͤndige feld-meſſer. C. H.
DU unterſteheſt dich, die felder abzumeſſen,
Nun ſolteſt du auch, dich zu meſſen, nicht vergeſſen;
Doch glaub ich, dein verſtand wird unermeßlich ſcheinen.
Warum? Das meiſte volck das ſpricht, du haͤtteſt keinen.
Das79Sinn-Getichte.
Das ſtille-ſtehn der ſonne. C. H.
WAs Joſua gethan, thut auch Copernicus,
Daß unſer ſonnen-licht im mittel ſtehen muß.
Zwar jener muſte diß bald wieder laſſen gehn;
Hingegen dieſer heißt ſie noch biß dato ſtehn.
Wer ſieht nun nicht, der hier diß ſtehn begreiffen kan,
Daß mehr Copernicus als Joſua gethan?
An ***.
VErſtehſt du die natur? Wie ſtelleſt du denn mir
Die himmels-kuͤgligen bald ſo, bald anders fuͤr?
Mich deucht, es heiſt von dir und deinem vielen ſtellen,
Du ſpielſt damit, als wie die kinder mit den baͤllen.
Der alliirten ſieg bey Hochſtaͤdt. C. H.
DEr feinde hochmuth liegt bey Hochſtaͤdt auf der baare:
Sagt: Ob ſich hoch und hoch nicht wohl zuſammen paare?
Jtem:
ES iſt der Schellenberg itzt den Frantzoͤſchen horden
Vor ihre pralerey zur trauer-ſchelle worden.
Nun hat der Schellenberg den nahmen von den ſchellen,
Davon dem Ludewig noch ſtets die ohren gellen.
Die toͤdlichen pulver. C. H.
EJn artzt und ein ſoldat ſind faſt einander gleich:
Denn beyde machen viel durch ihre pulver bleich.
An einen punctirer. C. H.
MEin freund! wenn du punctirſt, ſo trifft es allzeit ein,
Daß deine puncte nichts als bloſſe puncte ſeyn.
Das80Sinn-Getichte.
Das Magiſter-M. C. H.
DJe weißheit bringt uns itzt mit ihren ehren-gaben
Wohlfeile zeit ins land: Denn was ſonſt tauſend galt,
Das kan itzt jedermann, gelehrt, reich jung und alt,
Vor funffzehn, ja wohl gar vor zehn, zwoͤlff thaler haben.
Die boͤſen weiber. C. H.
DAs beſt im ſpiel iſt trumpff: Quaͤlt deine Sara dich,
So trumpffe ſie fein offt; Was gilts, ſie beſſert ſich?
Die ſieben weiſen. C. H.
WAs will man Griechenland vor klug und weiſe preiſen?
Es waren ja in ihm nicht mehr, als ſieben weiſen.
Ludwig, Koͤnig in Fr. C. H.
LOuis der groſſe will ein Alexander ſeyn,
Und ſeht, er nimmt auch ſchon die welt, wie jener, ein.
Allein, in einem will noch dieſes gleichniß wancken:
Was jener wuͤrcklich that, thut der erſt in gedancken.
Der unverſtand. C. H.
DJe zeiten Bileams, die ſtellen ſich itzt ein,
Denn aller orten hoͤrt man deſſen pferde ſchreyn;
Doch Bileams ſein pferd, das ſprach noch kluge ſachen,
Da es die heutigen aufs allertuͤmmſte machen.
Die81Sinn-Getichte.
Die juriſten. C. H.
DJe advocaten ſind dem rechte recht gewogen,
Denn von dem rechte wird was rechtes eingezogen.
Auf Fulvien. C. H.
ES traͤgt die Fulvia die bruͤſte ziemlich blos,
Und uͤber diß entbloͤſt ſie heimlich auch die ſchos;
Drum ſagen viel gewiß, daß man um dieſer ſachen
Jhr auch in kurtzer zeit den ruͤcken blos wird machen.
Auf einen ſchlaf-ſuͤchtigen. C. H.
ES heiſt bey dir: Man hat auf erden keine ruh;
Und bringſt die meiſte zeit dennoch mit ſchlafen zu.
An einen, der ſich mit ochſen-zungen beſtechen laſſen. C. H.
DJe ochſen-zungen ſind noch uͤber menſchen-zungen,
Denn deren rede wird durch jener fleiſch bezwungen.
Jtem:
KAn eine zunge dir ſo ſehr die zunge laͤhmen;
So koͤnt ein ochſe dir wohl gar das leben nehmen.
Der Meßias. C. H.
WJr Chriſten habens ſchon, auf das die Juden harren.
Mit ihnen heiſt es nun: Das harren machet narren.
VI. Theil. FDie82Sinn-Getichte.
Die fiſcherey der liebe. C. H.
DJe lieb und fiſcherey
Die kommen beyd einander ziemlich bey.
Denn, wer was liebes will erwiſchen,
Der pflegt herum zu fiſchen;
Und wenn er was erwiſcht,
So wird erſt recht gefiſcht;
Biß endlich ſeinen fluß
Die kinder-mutter fiſchen muß.
Als Titius einem reuter das pferd nahm. M. S. R.
SEht! ſagte Titius, ob ichs nicht redlich meine,
Jch nehme dem das pferd, und helff ihm auf die beine.
Auf einer jungfer ſpruͤchwort: Jch habe nichts. M. S. R.
DU ſprichſt: Jch habe nichts! ſo hab ich was zu lachen;
Mein kind! wir koͤnnen ſchon aus dieſem nichts was
machen.
Jſts keine groſſe nicht, ſo iſts die kleine welt:
Laß mich nur ſchoͤpffer ſeyn, ſo lang es mir gefaͤllt.
Jtem:
JHr jungfern! habt ihr nichts? Zieht nur ins warme bad:
So wird aus nichts ein ding, das haͤnd und fuͤſſe hat.
Die heucheley. T. V.
DEn brillen-haͤndlern iſt ein abbruch nun geſchehn:
Weil alle leute gern itzt durch die finger ſehn.
Grab -83Sinn-Getichte.
Grabſchrifft einer koͤniglichen maitreſſe. C. H.
DEr leib, den Ludewig vor andern hochgeſchaͤtzt,
Wird nun den wuͤrmern hier zur ſpeiſe vorgeſetzt;
Dieſelben koͤnnen ſich itzt vom gebluͤte ſchreiben,
Weil ſie mit dieſem fleiſch auch ihre wolluſt treiben.
Des Epicuri. C. H.
D alles auf der welt muͤß ohngefaͤhr geſchehn,
Darinn ließ ſeine kunſt der Epicurus ſehn,
Der hier im grabe liegt: Wo diß ſo pflegt zu gehen,
So wird er ohngefaͤhr bald wieder auferſtehen.
Des Des-Cartes. C. H.
MEin leſer! zweifle nicht: Ob diß ein grabmahl ſey?
Das cogito macht dich von allem zweifel frey.
Nun percipir auch das noch clarè und diſtinct:
Vom dritten element liegt Cartes hier umringt.
Des Copernici. C. H.
HJer ruht Copernicus; Doch nein, er kan nicht ruhn:
Die erde laufft ja rum, der muß ers gleiche thun.
Er wird auch eher nicht zur wahren ruhe kommen,
Biß ihn die ſonne hat in himmel aufgenommen.
Des Gaſſendi. C. H.
SOll hier Gaſſendus ſeyn? Jhr ſucht ihn viel zu fruͤh;
Es liegt kein leib nicht hier, es ſind nur atomi.
F 2Jtem:84Sinn-Getichte.
Jtem:
GAſſendus lernet hier, es ſey nun gantz gewiß:
Es werd ein atomus zu vielen atomis.
Eines kleinen kindes. C. H.
HJer ruht ein kleines kind! Grab, ſarg und raum iſt klein:
Drum ſoll die grabſchrifft auch ſo, wie das andre, ſeyn.
Eines waſſer-ſuͤchtigen. C. H.
EH ich die welt erblickt, ſo lag ich im gewaͤſſer;
Als ich die welt erblickt, ſo hatt ichs nicht viel beſſer.
Jtzt muß ich nun, (das kan auf meinem grabe ſtehn:)
Auch, wie die erſte welt, durchs waſſer untergehn.
Eines faullentzers.
HJer fault die faule haut, und kan ſich in dem liegen,
Als wie vor auf der welt, nach hertzens-luſt vergnuͤgen;
Doch fuͤrchtet ſie ſich ſehr bey dieſem muͤßig-gehn,
Daß ſie ins kuͤnfftige wird ſollen auferſtehn.
Der jungferſchafft.
HJer liegt die jungferſchafft. Dieweil ſie nichts geweſen,
So kan man auch allhier von ihr nichts weiter leſen.
Einer katzen. C. A. P.
SO ſtreckſt du endlich alle viere nu,
Du wackrer maͤuſe-fiſcher du!
Und85Sinn-Getichte.
Und ſchleußt den thor-weg deines lebens;
Die worte ſind anitzo nur vergebens.
Die maͤuſe ſollen dich, als einen biedermann,
Mit trauer-maͤnteln nachbegleiten,
Die katzen-compagnie ſoll mauen, was ſie kan,
Und dir dein grab bereiten;
Aus lauter maͤuſe-fellen
Bey deinen grabe-ſtellen
Soll dich mit lob auszieren
Der groſſe kater, und dir parentiren.
Auf die an. 1704 ins Reich marchirende Preußiſche trouppen. E. G.
JHr nachbarn! ſchimpfft nicht mehr der Teutſchen lang -
ſamkeit,
Der Preuſſen koͤnig wacht ſchon, eh der hahn noch ſchreyt.
Uber das grab des herꝛn baron von Abſchatz. E. G.
DJe Griechen machen ſich mit ihrem Pindus breit,
Und ruͤhmen den Apoll, als eine goͤttlichkeit;
Allein ſie moͤgen nur mit ihrem pralen ſchweigen:
Diß enge grab kan mehr, als jene berge, zeigen.
Vorzug des herꝛn B. N. vor dem Homer. E. G.
ES ſoll was wunderlichs in Neukirchs augen ſeyn,
Daß der Homerus ſich an ſeine zeit gebunden.
F 3Allein86Sinn-Getichte.
Allein mich nimmt hiebey gantz kein verwundern ein;
Jch habe grund genung fuͤr meine meinung funden:
Denn ſolte dort ein held in dem getichte ſtehn,
So muͤſten fratz und luͤg in einem paare gehn;
Wer aber Friedrichs ruhm will verſen einverleiben,
Der muß ſo wahr als klug, wie Neukirch ſelber, ſchreiben.
Auf herꝛn Chriſtian Weiſens drey ertz-narren. C. G.
DEr weiſe Weiſe hat es hoch genung gebracht,
Daß er die redner-kunſt uns deutlicher gemacht;
Doch glaub ich, daß bey ihm nichts artigers beklieben,
Als da die weiſe fauſt der narren thun beſchrieben.
Das veraͤnderte gluͤcke des Koͤnigs in Franckreich. E. G.
VOr nahm der Frantzmann uns mit ſeinen moden ein,
Nun aber will er ſelbſt der Teutſchen affe ſeyn;
Und wie man vor der zeit das jahr-buch ließ veraͤndern,
So pralet er itzund mit neuen ſtaats-calendern.
Doch jene treibt ihr witz zu hoͤhern dingen auf.
Wir aͤnderten den tag, und er der ſternen lauff.
Sein gantzer himmel muß verkehrt und ruͤckwaͤrts gehen,
Nachdem die ſonne ſoll bey den planeten ſtehen.
Auf einen gewiſſen mathematicum. E. G.
DU biſt und heiſt ein mathematicus,
Und dieſes iſt nicht ohne vorbedacht geſchehn;
Jch mache dieſen ſchluß:
Du87Sinn-Getichte.
Du biſt vorlaͤngſt dazu erkohren,
Drum hat die guͤtige natur
Dich gleich, als du zur welt gebohren,
An ſtatt der waden nur mit linien verſehn.
Auf einen unzeitigen criticum. E. G.
JCh hab im leben ſtets viel urthel abgefaßt,
Und jeden, der was ſchrieb, verwegen angetaſt.
Allein weil ich das recht gar ſelten recht geſprochen,
So hat itzt uͤber mir der tod den ſtab gebrochen.
Als Marcolphus verſe machen wolte. E. G.
MArcolphus ſolt unlaͤngſt begraͤbniß-verſe ſchreiben.
Weil er nun gerne wolt ein guter tichter ſeyn,
Und ſtarcke traͤncke ſonſt geſchickte reime treiben;
Erkaufft er ſich zuvor ein maas zwey-groſchen-wein.
Denn wolt er noch darauf zur tichter queck-brunn hincken;
Allein er war berauſcht, drum fehlt er in dem trincken,
Und traff ich weiß nicht was vor eine miſt-pfuͤtz an;
Was wunder, wann er nun, wie froͤſche, fingen kan?
Auf einen alchymiſten. E. G.
DEr alte Pantalon ſucht ſtets der weiſen ſtein,
Und will vor aller welt ein haupt-gelehrter ſeyn.
Allein wo gleich und gleich ſich auch bey ihm verbinden,
Wird man den narren-ſtein in ſeinem kopffe finden.
F 4Der88Sinn-Getichte.
Der jungfern ja-wort. E. G.
DJe maͤgdgen machen ſich gemeiniglich gar breit,
Als koͤnten ſie vergnuͤgt auch ohne maͤnner leben;
Allein ich glaub es nicht, ihr ſchluß geht viel zu weit.
Denn ſeh man nur einmal ein paar zuſammen geben;
So hat der prediger die Gretgen kaum gefragt,
Wenn ſie das ja-wort ſchon mit vollem halſe ſagt.
Auf einen von Celinden erſchlagenen floh. E. G.
JM leben war ein grab mein liebſtes wohnungs-haus,
Und itzt ſchließt mich der tod von grab und kirch-hof aus;
Doch iſt mein geiſt gewiß in einen himmel kommen,
Weil einer goͤttin hand ihn von mir weggenommen.
Auf einen ſchulmeiſter, aus des Martial. lib. IX ep. 68. E. G.
WElch unſtern hat euch, Mops! in unſre gegend bracht?
Euch, den das kleine volck bald fuͤrchtet, bald verlacht!
Euch, der ihr, eh der hahn ſein Danck dir herre ſchreyt,
Schon mit bewehrter fauſt der jungen aͤrſe bleut!
Euch, der ihr, eh der ſchmidt auf ſtahl und eiſen ſchlaͤgt,
Und, eh man feuer macht, der maͤgdgen eſſen fegt!
Glaubt, wenn in Spanien ein ſtier und ritter ficht,
So hoͤret man fuͤrwahr ein ſolch turnieren nicht.
Drum wuͤnſcht der nachbar, der vor euch nicht ſchlafen kan,
Wenn gleich ſonſt alles ſchlaͤft, euch alle teufel an.
Ja, was die gantze ſtadt vor euer ſchreyen giebt,
Das zahlt er gern allein, wann ihr nur ſtille bliebt.
Auf89Sinn-Getichte.
Auf die vielen kupffer-bilder. E. G.
VOr dieſem war das hertz der Teutſchen ſtahl und eiſen,
Jtzt laͤſt man hertz und kopff in kupffer-blaͤttern weiſen.
Jch zweiffle nicht, mein ſchluß ſtimmt mit der wahrheit ein:
Das, was ſonſt ſtaͤhlern war, muß itzt papieren ſeyn.
Von den narren auf univerſitaͤten. E. G.
MAn wundert ſich,
Warum auf univerſitaͤten,
Die man den ſitz der weißheit nennt,
So greulich viel das muͤde pflaſter treten,
Bey denen man den wurm im erſten anblick kennt,
Allein die urſach iſt noch zu ergruͤnden:
Hier haͤlt die goldne regel ſtich,
Die wir beyn ens-gelehrten finden.
Denn es trifft richtig ein:
Wenn zwey contraria ſimul naturâ ſeyn,
So muß es da, wo weiſe leute leben,
Nothwendig auch viel thoren geben.
Auf die vielen doctor-hochzeiten in . E. G.
JCh weiß nicht, was die maͤgdgen hier betaͤubt,
Daß ſie den doctorn ſo an mantel wachſen.
Des zeugs iſt ja genung in Sachſen,
Da alle ſtaͤdtgen ſolcher maͤnner voll.
Jch daͤcht, ein kauff - und handels-mann
Der ſtuͤnde mit den goldnen ſpitzen
Den tummen ſchachteln beſſer an:
Doch nein, ihr anſchlag iſt nicht toll;
Wer wolt umſonſt ſo lang in ſitzen?
F 5Das90Sinn-Getichte.
Das ſind allhier die beſten gaben;
Wer auf dem unverſtande lebt,
Will freylich gern auch einen gradum haben.
Nur eines faͤllt mir ein:
Jhr profeſſores laßt das doctor-machen ſeyn;
Denn wo man es wird laͤnger treiben,
So kan kein burſchen-maͤgdgen uͤbrig bleiben.
Grabſchrifft eines ketzer-machers. E. G.
EJn flegel, der den ſchwarm der falſchen ketzer ſchlug,
Ein pfeiler, der den bau des himmels auf ſich trug,
Ein helm der eleriſey, der kirchen palliſade,
Der pfaffen trommel-ſpiel, der thorheit retirade,
Der ſchreiber corporal, des papſtes ſtecken-knecht,
Ein zelt, wo neid und haß, und aberglauben zecht:
Des teufels tummel-platz, der ſuͤnder marquetender,
Der boßheit freund und feind, ein ſacrament-verſchwender,
Der faulen prediger geliebtes pulver-horn,
Der eyfrer general, der muͤden zaͤncker ſporn,
Schweigt itzt und ruht allhier; Zum deutlichen exempel,
Daß uns Jrenens ſchloß, der goͤldne friedens-tempel,
Offt mitten in ſich ſchließt, wenn man am haͤrtſten kaͤmpfft.
Er diſputirt nicht mehr, die hitz iſt gantz gedaͤmpfft;
Es hat ſein muͤder geiſt den frieden angenommen,
Nachdem er unverhofft in ketzer-himmel kommen.
Auf das alombre-ſpiel. G. v. A.
ALombre ſpielt mit uns der blaſſe ſchatten-mann:
Er geht mit ſpaten ein, die uns das grab bereiten,
Laͤſt manchen matador der kranckheit uns beſtreiten.
Kein laͤugnen gilt, kein koͤnig nuͤtzt,
Kein gano hilfft, kein baſta ſchuͤtzt;
Ripoſto91Sinn-Getichte.
Ripoſto kommt in ſarg, wir muͤſſen alle dran,
Wer iſt, der ihn zuletzt am todos hindern kan?
Auf zwey pucklichte ehleute. G. S.
HJer ſtraft herꝛ Pocquelin, und ſein ihm gleiches kind,
Dieſelbe alle luͤgen,
Die dieſer falſchen meinung ſind:
Daß zwey gebuͤrge ſich nie recht zuſammen fuͤgen.
Auf einen reichen hahn-rey. G. S.
DEin praͤchtiger pallaſt,
Der ſchoͤnen kinder meng, und alles, was du haſt,
Bleibt ohne widerſpruch ſtets deine.
Deßwegen laͤßt dich auch ein jeder gern in ruh:
Dein nettes weib alleine
Steht anderu leuten zu.
Auf eine vermeinte hermaphroditin.
SElbſt Hercules wagt ſich nicht leicht an zwey:
Drum, Fulvia! ſprich nicht, daß ich zu furchtſam ſey;
Weil unter deinem hemd, ach! ſolt ich nicht erſchrecken?
Ein mann und weib zugleich verborgen ſtecken.
Von der geiſtlichen liebe der Cloris. G. S.
DJe Cloris laͤßt die hofe-leute fahren,
Und laͤßt die pfaffen nur in ihre kammer ein.
Damit die flammen noch, ſo vormahls weltlich waren,
Vor ihrem ende geiſtlich ſeyn.
Von92Sinn-Getichte.
Von der Doris beliebtem kinde. G. S.
DEin kleines kind haͤngt allem manns-volck an,
Und du verwunderſt dich deßwegen;
Allein ich weiß, woran es ihm gelegen:
Es ſuchet, ob es auch den vater finden kan.
Grabſchrifft des in Franckreich verſtor - benen koͤnigs von Engelland Jacob II. A. C. T.
HJer iſt der fremde ſtein, wo fluͤchtig und verjagt
Ein neuer Jacob ſchlaͤft, ein alter koͤnig blieben:
Sein Albion hat ihn aus haß hieher getrieben,
Weil in des vaters hauß er was zu viel gewagt.
Jtzt ſihet er im traum, bey ſturm und ungluͤcks-wettern,
Auf leitern himmel-an den friſchen printzen klettern;
Er ſchaut, wie zwar ſein fuß, und die ſo ſchwache hand
Steigt biß zur Engelsburg, doch nicht in Engelland.
Grabſchrifft des Jtaliaͤniſchen poeten Marini. A. C. T.
JCh war, trotz aller welt! zur poeſie gebohren,
Cupido hatte mich zum liebes-dienſt erkohren;
Damit die reimen nun recht lieblich moͤchten flieſſen,
Ließ er mir einen kiel aus ſeinem fluͤgel ſchlieſſen.
Grabſchrifft eines gehangenen diebes. A. C. T.
DJe parcen zohen mich viel andern menſchen fuͤr,
Sie ſpannen einen ſtrick ſtatt eines fadens mir:
Zur93Sinn-Getichte.
Zur ehre hat man mich am hals damit gezieret;
Haͤtt ich zur danckbarkeit doch ihre ſcheer entfuͤhret!
Eines muſici. ** R.
EJn ſtetes luſtig-ſeyn war mir mein frohes leben,
Jch ſpielte, was man wolt, und was man mir gegeben;
Jtzund pauſir ich zwar, ſo fordert es der chor:
Ach! legte man mir einſt nur kein lamento vor!
Eines fleiſchers. ** R.
SChaf, ochſen, kalb und ſchwein, die haben offt geſchmeckt,
Wie toͤdlich meine fauſt im leben ſey geweſen.
Du, leſer! gehe fort, ſo bald du diß geleſen,
Eh ſich noch meine hand nach deiner gurgel ſtreckt.
Eines kupffer-naſichten. ** R.
MAn ſagt, daß kupffer nur unzeitig ſilber ſey;
Verwundere dich nicht! Jch falle dieſem bey,
Und ſtecke meine naſ in dieſes loch voll erde;
Mein leſer! wuͤnſche nur, daß ſie bald ſilber werde!
Eines taback-ſchmauchers. ** R.
JCh habe mich mit rauch, wie alle welt, genaͤhret,
Denn alles, was ſie liebt, wird von der zeit verzehret.
Mein leſer! goͤnnſt du mir nun eine ſanffte ruh;
So ſetz dich auf mein grab, und rauch taback darzu!
Auf94Sinn-Getichte.
Auf den vertriebenen Engliſchen koͤnig Jacob II. ** R.
DU ſiehſt des vatern bild hier in dem todten ſohne,
Nur iſt ein eintzger ſtrich, der uns unaͤhnlich macht.
Urtheile, wo man ihn am ſchlimmſten angebracht:
Jhm ſieht man’s an dem hals, und mir nur an der erone.
Auf ein gewiß geil frauenzimmer, ſo alle abend auf der fleute douce ſpielte. M.
VJel wuſten nicht, warum die ſchoͤne Margaris
Jn jeder abend-ſtunde
Mit ihrem ſuͤſſen munde
Auf einer floͤte bließ;
Allein anitzo kan ein jeder ſperling fingen,
Was doch die urſach ſey;
Denn jeder faͤllt uns bey:
Daß man den hengſten pfeifft, ſo offt ſie ſollen ſpringen.
Auf den an. 1704 in der ſchlacht auf dem Schellenberg bey Donawerth geblie - benen general Styrum. J. F. C.
UM dieſen Donau-ſtraud, wo Bayern itzt erliegt,
Ward ich ein jahr zuvor nicht ohne ſchimpff befiegt;
Weil ich nun dazumahl geſchlagen leben ſollen,
So hab ich itzt allhier im ſiegen ſterben wollen.
Auf95Hochzeit-Getichte.
Auf Mopſens groſſes maul. C. B.
HAnns Mops hat ſtets die kleffen offen,
Als haͤtt ihn einmal haſen-ſchrot
Von ungefaͤhr hinein getroffen.
Mein! ſagt: Woher kommt doch die noth?
Nimmt er denn das modell zum munde
Sich irgend von dem hunde,
Wenn er ihm groſſe maͤuler macht,
Und Mops von hertzen druͤber lacht?
Nein! ſeine mutter ſah einſt einen eſel gaͤhnen,
Drum muß ſein maul ſich itzund auch ſo dehnen.
Auf den polternden Sterops. C. B.
HErꝛ Sterops ſchlaͤgt ja ohne ruh
Die thuͤren gar erſchrecklich zu,
Was muß ihm denn dran fehlen,
Daß er ſie ſo kan quaͤlen?
Die pfoſten haben ihm ja warlich nichts gethan;
Doch laßt ihn donnern, weil er kan:
Er will durch dieſes ſchlagen
Die duͤnſt ihm aus dem kopffe jagen.

Hochzeit-Getichte. Der kluͤgſte handel, Bey dem hochzeit-feſte herꝛn P. M. vorgeſtellet. B. N.

BEld, Mars und Venus ſind die helden dieſer erden,
Von denen jeder leicht kan uͤberwunden werden:
Nur96Hochzeit-Getichte.
Nur iſt der unterſcheid, daß geld uns offt betriegt,
Mars ohne zorn nicht kaͤmpfft, und Venus kuͤſſend ſiegt.
Was aber thut die welt? Man ſieht den meiſten hauffen
Aus geldſucht in den krieg, durch krieg nach gelde lauffen.
Wir ſteigen auf ein holtz, durchſchwimmen fluth und meer,
Und holen fremdes gut aus weiten laͤndern her.
Warum? Es bringet geld. Geld, das den nachbar treibet,
Daß er, eh man es denckt, an unſre haut ſich reibet,
Und unſer gut beſucht. Denn geht das ſtreiten an,
Ein jeder denckt und meint, er habe recht gethan.
Doch wenn der lange zanck den reichthum aufgefreſſen,
So ſieht man allererſt, wie weit man ſich vergeſſen,
Und von der bahn verirꝛt. Hingegen lebt ein mann
Recht gluͤcklich, der ſich nur im geitze faſſen kan,
Und in der wuth begreifft. Er nimmt, was GOtt beſcheret,
Und ſieht, wie ehermahls ſein vater ſich genaͤhret.
Das iſt: Er laͤſt den krieg fuͤr groſſe herren ſeyn,
Schrenckt ſeine geld-begier in feſte grentzen ein,
Und haͤngt der liebe nach. Der liebe, will ich ſagen,
Die Adam, als er ſchlief, ſchon in der bruſt getragen,
Und wachend fortgepflantzt. Der liebe, die nichts acht,
Und durch verborgne gluth aus zweyen eines macht.
Ein ſolcher zittert nicht, wenn ſich das gluͤcke lencket,
Und ihn durch feind und feur an ſeiner nahrung kraͤncket.
Er kennet keinen ſchatz, als ſeiner liebſten hertz;
Behaͤlt er dieſes nur, ſo giebt er ohne ſchmertz
Den gantzen reichthum hin. Was ich ſo hoch geprieſen,
Hat er, herꝛ braͤutigam! uns allen heut erwieſen,
Da er bey dieſer zeit, die nichts als kriege zeigt,
Da jeder wucher treibt, ins friedens-lager ſteigt,
Und ſeine guͤter theilt. Nun lehrt er, daß er wiſſe,
Was rechter handel ſey. Durch tauſend aͤrgerniſſe,
Durch vortheil und betrug den naͤchſten hintergehn,
Sind dinge, die nunmehr auch kinder ſchon verſtehn.
Vor alters wuſte man von ſolchem kunſt-verkehren
So wenig, als ein baur, wie ſich die ſchlangen naͤhren,
Die97Hochzeit-Getichte.
Die man in Java ſieht. Recht hieß damahls gewinn,
Man gab ein ſtuͤcke brod fuͤr einen braten hin,
Und nahm ein fettes huhn fuͤr garn zu einem kleide.
Ein weib war dazumahl, zu vieler maͤnner freude,
Nicht gegen geld erkaufft, nicht wegen geld erfreyt;
Man zahlte hertz mit hertz, und treu mit redlichkeit,
Und kriegte dennoch wohl mehr, als man offt vermeinte.
Ach waͤr es heute noch! Jedoch es iſt ja heunte,
Da er, herꝛ braͤutigam! den nutz bey ſeite ſtellt,
Gut gegen gut ertauſcht, und ohne liſt und geld
Den groͤſten handel thut; laͤßt andre ſich bemuͤhen,
Und um ein ſtuͤcke gold biß an den Ganges ziehen.
Er reißt auf einmal ſich von allen ſorgen los,
Und findet, was er will, in ſeiner liebſten ſchos.
Sie bringt ihm ſchoͤnheit zu, er zahlet ſie mit lieben:
Ach himmel! laß doch nichts diß edle paar betruͤben!
Ach, Amor! bringe doch die ſchmertzen und die pein,
Die du bißher erweckt, mit ſuͤſſem wucher ein!
Auf die vermaͤhlung des durchl. Heſſen - Caſſeliſchen erb-printzen, mit der Chur - Brandenburgiſchen printzeßin Louiſa, Dorothea, Sophia. An. 1700.
BErlin warff unlaͤngſt von der Spree
Die augen uͤber thal und huͤgel,
Und ſahe, gleichſam als im ſpiegel,
Sein gluͤck und andrer ſtaͤdte weh.
O! rief es, du verachter ſand!
Wirſt mir ja wohl zu lauter eronen:
Denn wo iſt heute doch ein land,
Da mehr erfreute ſeelen wohnen?
VI. Theil. GWenn98Hochzeit-Getichte.
Wenn mancher, den beym uͤberfluß
Gewinſt und mord-begierde plaget,
An ſeiner buͤrger knochen naget,
Und jeder fuͤr ihn ſorgen muß;
So ſorgt mein kluger held fuͤr mich,
Auch mitten unter ſturm und kriegen:
Alsdenn gedenckt er erſt an ſich,
Und an ſein eigenes vergnuͤgen.
Pariß und Londen iſt ſehr groß;
Allein es hat die weiten ſchrancken
Mehr der natur als kunſt zu dancken:
Jch war hingegen oͤd und blos;
Jch hatte kaum ein rechtes dach,
Und konte von natur nichts hoffen;
Doch hab ich alles tauſendfach,
Jn zweyen fuͤrſten angetroffen.
Der eine baute hauß auf hauß:
Der andre will ſie guͤlden ſchaffen;
Er fuͤhrt es aber nicht mit waffen,
Und durch bekannte mittel aus.
Es iſt was altes, daß ein ſtaat
Durch raub und wucher zugenommen:
Mein reichthum muß, auf Friedrichs rath,
Durch wohlthun an verjagten kommen.
Ach! daß doch helden menſchen ſeyn,
Und ſolche fuͤrſten ſterben ſollen!
Viel ſind zwar, die es auch ſeyn wollen;
Sie ſind es aber ſich allein.
Sie ſiegen; doch ein jeder ſtreich
Koſt auch zugleich zwey unterthanen:
Mein Churfuͤrſt mehret land und reich,
Und brauchet nichts als friedens-fahnen.
Das99Hochzeit-Getichte.
Das blut, ſo dich, Tiber! ergetzt
Bey toͤdung deiner naͤchſten freunde,
Schont dieſer auch an ſeinem feinde,
So bald ſich die gefahr geſetzt.
Sein draͤuen iſt zwar eitel that,
Und wenn er ſchlaͤgt, ſo will er ſiegen;
Doch wenn er uͤberwunden hat,
So laͤſt er vater-blicke fliegen.
Erloͤſtes Bonn und Kayſerswerth!
Jhr koͤnnt am beſten hievon zeugen.
Eur gut und alles war ſein eigen:
Die waͤlle lagen umgekehrt;
Warff aber gleich ſein zorn mit euch
Viel tauſend ſtoltze Frantzen nieder;
So ſchenckte dennoch ſein vergleich
Weit mehrern noch das leben wieder.
Drum ſieht man auch um meinen held
Nichts, als vergnuͤgung, heil und ſegen.
Sein ſchwerd hilfft groſſe kriege legen:
Sein hof erſchallt durch alle welt;
Theils weil er kluge diener macht,
Die alles, wie ſie ſollen, fuͤhren;
Theils, weil ihn, nebſt Charlottens pracht,
Auch zwey der groͤſten kinder zieren.
Ach aber! wie geſchiehet mir?
Wo denck ich hin? Was will ich nennen?
Der himmel will die letzten trennen:
Louiſe iſt am laͤngſten hier.
Sie ſcheidet, und (o hartes wort!)
Sie ſcheidet, auf ihr meiſtes leben,
Und nimmt in einem tage fort,
Was hundert jahr kaum wieder geben.
G 2Zwar100Hochzeit-Getichte.
Zwar ſie trifft ein gewuͤnſchtes loß;
Sie kehrt in Heſſens ſtamm zuruͤcke,
Und macht mit ſich und ihrem gluͤcke
Auch zweyer voͤlcker hoffnung groß.
Sie wird durch ein gemahl erfreut,
Der mehr verdienſt als jahre zehlet,
Und dem nichts zur vollkommenheit,
Als eine ſolche fuͤrſtin, fehlet.
Doch dieſes, was ihr ruh gebiehrt,
Heißt mich zum theil in unruh ſtehen.
Jch ſeh, und kan doch auch nicht ſehen,
Wieviel mein hof dabey verliehrt.
Es iſt auf einmal tag und nacht:
Man ſingt und jauchtzt, man ſeufftzt und zaget:
Kein hauß iſt, das nicht heute lacht;
Allein auch keines, das nicht klaget.
Du ſelbſt, mein theurer Friderich!
Gehſt gleichſam bey der luſt im leide:
Louiſens bindniß macht dir freude;
Jhr abzug aber jammert dich.
Du zeigſt in beyden muth und hertz;
Dort aber frey, und hier gezwungen:
Was iſt denn wunder, daß der ſchmertz
Mir auch die thraͤnen abgedrungen?
So weit vertieffte ſich Berlin:
Gleich aber ward des himmels bogen
Mit licht und klarheit uͤberzogen:
Die wolcken fiengen an zu fliehn:
Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie?
Sich in der Spree beſchilfften roͤhren,
Zu tilgung aller angſt und muͤh,
Gantz deutlich dieſe ſtimme hoͤren:
Halt101Hochzeit-Getichte.
Halt ein, Berlin! du klagſt zu ſehr.
Dein hof hat in Charlottens gaben
Mehr, als viel koͤnigreiche haben.
Bleibt dieſe hier, was wilſt du mehr?
Der himmel hat gantz recht gethan.
Gieb Caſſel, was es dir geliehen.
Stund dir von ihm die mutter an:
So laß auch nun die tochter ziehen.
O! ſprach die frohe ſtadt hierauf:
Wer will den ſchluß des Hoͤchſten trennen?
Zeuch hin, du tugend-ſtern der Brennen!
Und geh nunmehr in Heſſen auf!
Du nimmſt des vaters hertz mit dir:
Ach! ſchaffe, daß ſein wunſch gedeye,
Und bring bald einen held herfuͤr,
Der Teutſchland, ihn, und dich erfreue!
Auf die Linck - und Regiußiſche vermaͤhlung, den 8 Junii anno 1700. B. N.
JHr Muſen! helfft mir doch! Jch ſoll ſchon wieder ſingen,
Und ein verliebtes paar in Teutſche verſe bringen:
Und zwar in Schleſien. Jhr kennt diß land und mich,
Jhr wißt auch, wenn ihr wolt, wie vor Budorgis ſich
Zum theil an mir ergetzt. Jetzt ſcheinen meine lieder
Jhm, wo nicht gantz veracht, doch mehr, als ſonſt zuwider.
Mein reim klingt vielen ſchon ſehr matt und ohne krafft,
Warum? Jch traͤuck ihn nicht in muſcateller-ſafft;
Jch ſpeiſ ihn auch nicht mehr mit theuren amber-kuchen:
Denn er iſt alt genung, die nahrung ſelbſt zu ſuchen.
Zibeth und biſam hat ihm manchen dienſt gethan:
Nun will ich einmahl ſehn, was er alleine kan.
G 3Alleine?102Hochzeit-Getichte.
Alleine? fraget ihr: Ja, wie gedacht, alleine.
Denn was ich ehmahls ſchrieb, war weder mein noch ſeine,
Hier hatte Seneca, dort Plato was geſagt;
Da hatt ich einen ſpruch dem Plautus abgejagt;
Und etwan anderswo den Tacitus beſtohlen.
Auf dieſem ſchwachen grund, ich ſag es unverholen,
Baut ich von verſen offt damahls ein gantzes hauß,
Und ziert es noch dazu mit ſinne-bildern aus.
Wie oͤffters muß ich doch der abgeſchmackten ſachen,
Wenn ich zuruͤcke ſeh, noch bey mir ſelber lachen;
Gleichwohl gefielen ſie, und nahmen durch den ſchein,
Wie ſchlecht er immer war, viel hundert leſer ein.
Ha! ſchrie man hier und da; fuͤr dem muß Opitz weichen
Ja, dacht ich, wenn ich ihn nur erſtlich koͤnt erreichen!
Den willen haͤtt ich wohl. So, wie ich es gedacht,
So iſt es auch geſchehn. Jch habe manche nacht
Und manchen tag geſchwitzt; allein ich muß geſtehen,
Daß ich ihm noch umſonſt verſuche nachzugehen.
O grauſamer Horaz! was hat dich doch bewegt,
Daß du uns ſo viel laſt im tichten aufgelegt?
So bald ich nur dein buch mit nutz und ernſt geleſen;
So iſt mir auch nicht mehr im ſchreiben wohl geweſen.
Vor kamen wort und reim; itzt lauff ich ihnen nach:
Vor flog ich himmel-an; itzt thu ich gantz gemach.
Jch ſchleiche, wie ein dachs, aus dem poeten-orden,
Und bin mit groſſer muͤh kaum noch dein ſchuͤler worden.
Kommt, ſprech ich offtermahls, gold, marmel und porphir!
Nein, deuck ich wiederum, flieht, fliehet weit von mir!
Jhr ſeyd mir viel zu theur bey dieſen ſchweren jahren,
Jch habe jung verſchwendt, ich will im alter ſpahren.
Und alſo bin ich nicht mehr nach der neuen welt:
Denn ich erfinde nichts, was in die augen faͤllt.
Was wird denn Schleſien zu meinen verſen ſagen?
Es ſage, was es will; Jch muß es dennoch wagen.
Wir haben hier ein paar, bey deſſen liebes-gluth
Cupidens blinder rath nicht das geringſte thut.
Denn103Hochzeit-Getichte.
Denn beyde wiſſen ſchon, wie man ſich muß vermaͤhlen;
Drum brauchen ſie kein kind zum fuͤhrer zu erwehlen.
Ja, ſprichſt du, iſt es wahr? ſo ſind ſie nicht verliebt.
Sie ſind es und weit mehr, als andre, die betruͤbt
Und voller herben quaal in Venus hoͤlle ſchwitzen,
Die bey der groͤſten freud in tauſend ſorgen ſitzen,
Des morgens halb verruͤckt, des abends naͤrriſch ſeyn,
Von ihrer Margaris auf allen gaſſen ſchreyn:
Und dennoch weder ſie, noch auch ſich ſelber kennen.
Ach! ſolche leute ſind ja billich arm zu nennen,
Denn ſie verhandeln offt, o trauriger gewinn!
Fuͤr eine kleine luſt ihr gantzes gluͤcke hin.
Hochwerth-geſchaͤtzte braut! wie wohl iſt ihr geſchehen,
Daß ſie in ihrer lieb auf nichts, als GOtt, geſehen.
Er that allein den ſpruch bey ihrer erſten wahl;
Er thut, nach allem ſchein, es auch das zweyte mahl.
Cupid und Venus ſind gemahlte fabel-goͤtzen,
Die wir, ich weiß nicht wie, in unſre lieder ſetzen,
Offt aber nicht verſtehn. Sie ſind die boͤſe luſt,
Wenn ich es ſagen ſoll, die manchen unbewuſt
Aus ſeinen ſchrancken reißt. Und doch will man ſich muͤhen,
Durch weit-geſuchten ruhm ſie allem vorzuziehen.
Es wird kein paar getraut, ſie haben es entzuͤndt;
Wie aber ſchickt ſich GOtt, wo Belial ſich ſindt?
Bey heyden gieng es hin, weil doch die gantzen ſchaaren
Der goͤtter halb erticht und halb von menſchen waren:
Allein nachdem die ſchrifft ſie alle laͤngſt zerſtreut,
So ſind wir ja wohl blind, daß uns ihr lob erfreut.
Wir ſiegen uͤber ſie und treten ſie mit fuͤſſen,
Weil wir nunmehr den weg zur liebe beſſer wiſſen.
Geehrt’ſter braͤutigam! ich weiß, er faͤllt mir bey:
Denn ſein exempel zeigt, was kluge liebe ſey.
Es war in einer frau viel gutes ihm verſchwunden;
Heut hat er alles das in ſeiner braut gefunden,
Und warlich noch weit mehr. Denn wer iſt, der nicht ſpuͤhrt,
Daß ſie der himmel ſelbſt mit ſeinen haͤnden fuͤhrt?
G 4Als104Hochzeit-Getichte.
Als ſie und Regius vereint zuſammen kamen,
So wuſte ſie, als kind, noch nicht der liebe nahmen;
Jtzt da ſie es verſteht, ſo ſieht man ſie getraut,
Eh ſie ſich nach der welt im lieben umgeſchaut.
Was kan ich anders denn als gutes prophezeyen?
GOtt hat allhier gepflantzt, GOtt hat auch das gedeyen
Schon laͤngſten abgezielt: Jhr ſolt ſtets ſo begluͤckt,
Als dieſen tag verliebt, und immer ſo entzuͤckt,
Als heute gluͤcklich ſeyn! Jch wolte zwar was ſchreiben;
Allein wo kaͤm ich hin? Wo wuͤrd ich endlich bleiben?
Mein Phoͤbus zuͤrnt ohn dem, daß ich zu frey getraͤumt,
Und ſo viel zeilen hier ſo fluͤchtig hingereimt.
Auf die Seidel-Witkiſche vermaͤhlung. B. N.
FReund nach der alten zeit! ſo mag ich dich wohl nennen,
Wie gluͤcklich iſt der mann, der ſo, wie du, gedenckt;
Der andre kuͤnſteln laͤſt und nach dem gluͤcke rennen,
Sich aber und ſein hertz in GOttes rath geſenckt,
Nimmt, was der himmel giebt, danckt, wenn er was empfangen,
Und willig andern goͤunt, was ſie vor ihm erlangen.
So war es eher dem, als noch die peſt der zeit,
Die ehrſucht und der geitz, in ihrer kindheit waren.
Heut iſt es umgekehrt: Man trotzt die ewigkeit,
Und will zu ſeiner ruh nicht gehen ſonder fahren.
GOtt traͤgt uns langſam fort; Wir legen fluͤgel an:
Er ſucht, was nuͤtzlich iſt; Wir, was uns ſtuͤrtzen kan.
Ha! denckt ein weltling offt: Es kan mir nicht mehr fehlen,
Heut tret ich in den hof, denn in die kammer ein.
Und, ſpricht ein ander thor: Jch mag mich nicht vermaͤhlen,
Es muͤſte denn ein kind mit viertzig tauſend ſeyn.
Er ſpricht es; Doch die zeit zwingt beyde zu geſtehen,
Daß man nur ohne GOtt, nicht wider GOtt, kan gehen.
Wie105Hochzeit-Getichte.
Wie ſehr iſt doch dein hertz von dieſer art entfernt,
Mein Seide! den man nie ſieht in die ferne ſorgen.
Du haſt von jugend auf GOtt recht vertrau’n gelernt;
Wie dir der abend iſt, ſo iſt dir auch der morgen.
Du haſt dir zwar die welt niemahls zu leicht gemacht;
Doch haſt du niemahls auch ſo weit voraus gedacht.
Die heyrath, die du thatſt, geſchah nach GOttes willen;
Nicht aber nach der kunſt der uͤberklugen welt.
Man ſah dich nicht vorher mit geld den kaſten fuͤllen:
Du dachtſt an keinen dienſt, doch war er ſchon beſtellt,
Allein was vielen fehlt, die ohne ſorgen leben,
War, daß du keinen tag ohn arbeit hingegeben.
Drum iſt dir auch dein thun biß dieſen tag gegluͤckt:
Du haſt, was ihrer viel umſonſt zu fruͤh begehren.
Wer deine freunde kennt, und deinen tiſch anblickt,
Der denckt, ſie muͤſten dich das erſte jahr verzehren.
Es leben viel von dir, und gleichwohl ſieht man nicht,
Daß ihnen huͤlff und rath, dir jemahls brod gebricht.
Wie du mit dir gethan, thuſt du mit deinem kinde.
Du giebſt es mit bedacht und ohne kummer hin.
Ob ſich dein ſchwieger-ſohn auch in die nahrung finde!
Ob er bemittelt ſey? das kommt dir nicht in ſinn.
Du ſieheſt auf ſein hertz, und laͤſt den Hoͤchſten rathen.
Der GOtt, der menſchen ſchafft, der ſchafft auch wohl dueaten.
Ach! daͤchte jeder ſo, wie gluͤcklich waͤren wir!
Man wuͤrde nicht ſo viel bey ehen unruh fehen.
Hier wirfft ein wuͤſter mann der frau die maͤngel fuͤr;
Warum? Dieweil ihm nicht an gelde gnug geſchehen:
Dort pocht ein ſtoltzes weib auf ihren klumpen gold,
Und billich; weil ſie doch uns jeden kuß verzollt.
G 5Dein106Hochzeit-Getichte.
Dein kind bringt keinen ſchatz, als gottesfurcht und liebe,
Und ſucht kein gegen-gut, als redlichkeit und treu.
Wer mercket nicht allhier des weiſen himmels triebe?
Wer ſieht nicht, daß ihr hertz dem deinen aͤhnlich ſey?
Nun, iſt ihr hertz dir gleich, ſo iſt auch leicht zu glaͤuben,
Daß ſie, gleichwie dein hauß, ſtets wird geſegnet bleiben.
Jch ſeh der trauung hier zwar nur von ferne zu:
Doch duͤnckt mich, daß mein geiſt ſchon als im ſpiegel ſchauet,
Wie dieſes neue paar ihm ewig-ſuͤſſe ruh,
Dir neue freud und luſt, uns ruhm und ehre bauet.
Mein Seidel! wilſt du mehr? Jch weiß, du biſt zu klug.
Wer kinder gluͤcklich ſieht, der iſt begluͤckt genug.
Das bey der Goldbeck-Senningiſchen vermaͤhlung vertheidigte frauenzimmer. B. N.
MEin freund! wenn Juvenal, der ſpoͤtter jener zeit,
Und Franckreichs Boileau, der feind der ehligkeit,
Es wuͤſten, wie du dich im freyen haſt betragen,
Was wuͤrden ſie doch wohl zu deiner heyrath ſagen?
Denn, iſt es anders wahr, was ihre feder ſpricht,
Daß mit der guͤldnen zeit der keuſchheit helles licht
Zugleich verloſchen iſt; und daß vom wahren lieben
Damahls der ſchatten nur uns nicht zuruͤcke blieben;
Daß kaum Pariß und Rom drey reine frauen zehlt,
Den frommen der verſtand, den klugen tugend fehlt;
Und nunmehr keine lebt, die das verbotne kuͤſſen,
Wie dort Lucretia, mit blute wuͤrde buͤſſen;
So iſt es wohl ſehr viel, wenn du, mein freund! allein
Das findeſt, was ſo ſchwer doch ſoll zu finden ſeyn.
Und iſt es ferner wahr, daß tugend in den frauen
Sich, wie die ſchoͤnheit, nie laͤſt ſonder hoffart ſchauen;
Und107Hochzeit-Getichte.
Und daß derjenige ſein wohl-ſeyn ſchlecht bedenckt,
Der lieber an ein weib, als einen ſtrick, ſich henckt;
So iſt es noch weit mehr, daß du dich zwingen koͤnnen,
Der falle deiner ruh ſo lange nachzurennen.
Erzittre nicht, mein freund! ich rede, wie die welt,
Nicht wie die wahrheit ſpricht. Hat eine frau nur geld,
Und waͤr ſie noch ſo ſchlimm, ſo laͤßt ſich ohn beſinnen
Noch wohl ein Juvenal, ein Boileau gewinnen.
Halt ein! ſchreyt doctor Max, wo zielſt du damit hin?
Die worte ſind ſo wahr, als ich ein doctor bin.
Nur ſacht! ich geb es zu. Doch laß die traͤumer klagen!
Was haben wir nach Rom, was nach Pariß zu fragen?
Ha! faͤhrt mein gegner fort: wer hat dich uͤberfuͤhrt,
Daß Venus nur in Rom und in Pariß regiert?
Dein Teutſchland kan es auch. Hab ich es dann verneinet!
Jch weiß wohl, daß bey uns viel kupfer ſilber ſcheinet.
Daß manches mohren-fell in weiſſer ſchmincke ſteckt;
Die ſtoltze Phyllis ſich mit ſchlechter wolle deckt,
Und manche Margaris fuͤr heiſſer andacht ſtehnet,
Die doch im hertzen ſich nach ihrem Thyrſis ſehnet:
Jch weiß, daß Cynthia den ſchlauen Fritz betriegt,
Und Chryſis eine nacht in zweyen betten liegt;
Daß Doris und ihr ſchatz des mannes ſchweiß verzehren;
Sind aber alle ſo? Und wenn ſie es auch waͤren;
Wo ruͤhrt das uͤbel her? Die maͤnner haben ſchuld.
Die maͤnner? frageſt du; Ja freylich! Nur geduld!
Was ich einmahl geſetzt, das will ich auch erweiſen.
Komm her, mein lieber Max! laß uns zuruͤcke reiſen!
Schuff GOtt ein altes weib und einen jungen mann?
Hieng er der erſten brant wohl einen geld-ſack an?
Hieß er den Adam ſich fein breit zu tiſche ſetzen?
Die frau den acker baun, den mann das meſſer wetzen?
Sprach er: Der mann thut recht, er raſe, wie er will;
Er fluche, ſchnarch und poch; er liebe karten-ſpiel;
Er jage hauß und hof durch den entbrannten magen;
Das weib iſt ſelavin nur; Und haͤtt er ſie geſchlagen,
Haͤtt108Hochzeit-Getichte.
Haͤtt er ihr gut verpraßt, ſo ſoll ſie dennoch gehn,
Und vor der gantzen welt ſein falſches lob erhoͤhn?
O Max! hier find ich nichts. Komm, laß uns weiter wandern!
Ja, ſprichſt du, halte doch nur eines zu dem andern;
GOtt hat gleichwohl den mann des weibes herꝛ genannt;
Gar recht; Und Paulus hat ihn fuͤr ihr haupt erkannt.
Was aber folgt hieraus? Wer andern will gebieten,
Muß ſelber dienſtbar ſeyn, und ſich fuͤr hochmuth huͤten.
Ein wahrer koͤnig ſucht der unterthanen heil:
Das haupt erzoͤrnet ſich nicht auf ein kleiner theil.
Es traͤget mit geduld die ſchwaͤche ſeiner glieder,
Empfindet, was ſie ſchmertzt, quaͤlt aber ſie nicht wieder.
Ach wie gar wenig ſind doch dieſes titels werth!
Wie offt trifft allhier ein, was jenes weib erklaͤrt,
Als ſie das woͤrtgen Herꝛ im druͤcken umgeſetzet.
Mein Max! verzeihe mir, wo dich das wort verletzet!
Du kennſt Celinden wohl. Celinden? Cajus Frau?
Ja die den erſten tag, gleichwie ein morgen-thau,
Sein duͤrres hertz erquickt, itzt aber ſeufftzt und weinet,
Daß ſie zwar andern ſchoͤn, ihm aber heßlich ſcheinet.
Was thut Krumpiſicus, der durch betrug und liſt
Und kuppel-kuͤnſte kaum zum manne worden iſt?
Er hat ein reiches weib: er lebt von ihren zinſen;
Doch, fordert ſie ein kleid? ſo faͤngt er an zu grinſen,
Als wie ein junger wolff, der auf die laͤmmer laurt;
Je mehr ſie ſich beklagt, je mehr er ſie bedaurt.
Jnzwiſchen giebt er nicht, was er doch ſolte geben.
Was will die aͤrmſte thun? Soll ſie mit ehren leben,
So nimmt ſie bey der nacht, was ihr der tag verſagt.
Wie wird Lucilia vom Chremes nicht geplagt?
Sein alter ziegen-bart war reiff genug zum grabe;
Doch ſprach er: Wo ich nicht ein junges weibgen habe,
So ſterb ich vor der zeit. Er hat ſie; aber wie?
Vor er noch mit ruh; itzt druͤckt ihn angſt und muͤh.
Warum? ſie iſt zu ſchoͤn. Wie bald waͤr es geſchehen,
Daß ſie den Silvius am fenſter koͤnte ſehen!
Drum109Hochzeit-Getichte.
Drum ſchielt er, wie ein luchs, durchſuchet ſtub und ſpind,
Verſperret hof und hauß, und heißt das liebe kind
Fein fruͤh zu bette gehn. Jn wahrheit, wohl getroffen!
Die thuͤren ſchließt er zu, das hertze laͤßt er offen.
Wo bleibet Furius, der durch des himmels macht
Ein treues weib beſitzt, die er dennoch veracht?
Der ſtets geliebt will ſeyn, nicht aber wieder lieben,
Nichts duldet, und doch ſelbſt ſich will im zancken uͤben?
Ach! daß ein ſolcher mann doch ſeinen aufenthalt
Nicht in den waͤldern ſucht? Jedoch was fuͤr ein wald
Ernaͤhrt ein ſolches thier? Wo ſieht man wilde baͤren,
Wie grimmig ſie auch ſind, der buhlin fleiſch verzehren?
Wo wirfft ein erocodil, und wo ein tiegerthier,
Dem weibgen, das es liebt, ſtets ſeine maͤngel fuͤr?
Und doch thut es der menſch. O Max! ich muß nur ſchweigen,
Jch moͤchte ſonſten hier mehr, als ich folte, zeigen,
Du kennſt die herren nun. Geh hin! es bleibt dabey,
Daß unkraut unter uns, wie unter frauen, ſey:
Und daß ein kluger mann offt engel auch aus drachen,
Ein boͤſer, teufel kan aus guten engeln machen.
Mein Goldbeck! ſage nun, ob dich die muͤh gereut,
Mit der du ſo viel jahr nach deiner braut gefreyt?
Jch weiß, du biſt zu klug, daß du dich ſolſt vergehen,
Und nicht allzeit, wie itzt, ihr wahres lob geſtehen.
Es iſt uns zu bekannt, und dieſer ſtadt zugleich:
Sie macht dich nicht an geld, und doch an gluͤcke reich:
Und waͤren wir gleich ſelbſt dazu beſtimmt geweſen,
So haͤtten wir dir doch nichts beſſers auserleſen.
Ach! ſo empfange denn, was GOtt mit dir vereint,
Mit ſo viel danckbarkeit, als er es gut gemeint.
Streich alle ſorgen hin, und laß die ſpoͤtter lernen:
Daß heil und ſegen ſich nie von vernunfft entfernen;
Daß, was ein weiſer baut, kein ſturm zuruͤcke treibt;
Der ſtand der keuſchen eh die ſuͤßte buͤndniß bleibt;
Und noch, wie ehermahls, der welt zu trotz und hohne,
Der liebe reiner geiſt auch unter menſchen wohne.
Die110Hochzeit-Getichte.

Die bey der vermaͤhlung ſeiner koͤnigl. hoheit, des Preußiſchen cron-printzen, in einer maſquerade fuͤrgeſtellten vier theile der welt. B. N.

Europa.
WJe lange will Bellona raſen?
Wie lange laͤſſet Mars bey mir zu felde blaſen?
Soll man denn von meinen helden
Nichts, als blut-vergieſſen, melden?
Soll man denn an meinen ſoͤhnen
Nichts, als ſtaub und aſche, eroͤnen?
Die ſtarcken fallen hin, die jugend liegt darnieder!
Taͤglich hoͤrt man todten-ſtimmen, aber ſelten hochzeit-lieder:
Aber ſelten ſolche lieder,
Wie vor dem Apollo ſang,
Eh der donner der cartaunen, eh die freche trommel klang.
O Friderich! du ein ger hoͤrer meiner klagen!
Fama wird es ewig ſagen,
Was dein helden-eyfer kan:
Fama wird es weiter tragen,
Was du bey Turin gethan:
Doch weit heller wird ſie ſagen,
Was dein vater-hertze kan:
Doch viel weiter wird ſie tragen,
Was du dieſen tag gethan.
ARIA.
Ein ander zerſtoͤret durch kriege ſein reich:
Je mehr man ihn ſchlaͤget,
Je mehr er ſich reget;
Du mehreſt dein reich:
Du herꝛſcheſt, du ſiegeſt, du freyeſt zugleich.
Aſia. 111Hochzeit-Getichte.
Aſia.
PReiß-werther koͤnig! Geſegnetes land!
Dein lob iſt weit und breit bekannt.
Wo man was groſſes hoͤrt, da hoͤrt man auch von Brennen,
Da hoͤrt man Preuſſens waffen nennen.
Wie gluͤcklich waͤre doch der Tiger und Euphrat!
Duͤrfften ſie zu deinen fuͤſſen
Nur in ſtiller demuth flieſſen:
Koͤnten ſie auf deinen auen
Jhre freyheit wieder ſchauen.
Das licht, ſo mich vor dem ſo hoch erhaben hat,
Jſt durch meine ſchuld vergangen:
Man ſieht Zion nicht mehr prangen:
Zions licht iſt ausgegangen.
Preiß-werther koͤnig! Geſegnetes land!
Was ſich von mir mit rechte weggewandt,
Jſt eben das, was dich erhoͤhet;
Jſt eben das, wodurch dein thron beſtehet.
ARIA.
GOtt herꝛſcht in dir, und du mit GOtt:
Drum kan es nicht fehlen,
Dein hauß muß ſich mit gluͤcke vermaͤhlen;
Drum kan es nicht fehlen.
Dein gluͤck macht jeden feind zu ſpott.
GOtt herꝛſcht in dir, und du mit GOtt.
Europa.
WAs ſagt denn Aſien zu Preuſſens heyraths-wahl?
Aſia.
DAs, ſo man uͤberall
Zu Friedrichs ruhm erzehlet:
Daß er ſo fuͤr ſeinen printz, wie vor dem fuͤr ſich gewehlet:
Daß er, was erſtorben ſchien, Preuſſen wieder anvermaͤhlet.
Beyde112Hochzeit-Getichte.
Beyde zuſammen.
BRennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!
Was GOtt und Friderich verbunden,
Das iſt kein werck von wenig ſtunden;
Es iſt ein werck der ewigkeit.
Brennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!
Africa.
DAs lob der halben welt iſt viel zu wenig,
Jch kenn dich auch, o groſſer koͤnig!
Jch kenn dich auch und deine macht.
Rom, das vor jeden hat veracht,
Ward doch vom Annibal,
Von meinem Annibal geſchlagen.
Doch Annibal, der Rom geſchlagen,
Der duͤrfft es nicht mit Preuſſen wagen:
Doch Annibal, der Rom geſchwaͤcht,
Der wuͤrde, wenn er leben ſolte,
Der wuͤrde, wenn er fechten wolte,
Noch dieſe ſtunde Preuſſens knecht.
ARIA.
Alles, was die tapffre welt,
Alles, was ſo mancher held
Je gethan, ſein lob zu bauen,
Kan man hier in einem ſchauen:
Kan man hier von Preuſſens helden
Mit der groͤſten wahrheit melden.
Kan man, Friderich! in dir,
Kan man, groſſer ſohn! in dir,
Kan man hier,
Kan man hier in einem ſchauen. Alles113Hochzeit-Getichte.
Alles, was die tapffre welt,
Alles, was ſo mancher held
Je gethan, ſein lob zu bauen,
Kan man hier in einem ſchauen.
America.
DEr degen iſt es nicht allein,
Der Preuſſens nahmen ausgebreitet;
Die ſchoͤnheit hat ihr auch hier einen thron bereitet.
Die ſchoͤnheit, deren ſchein
Laͤngſten von uns weggezogen,
Und nach Norden hingeflogen,
Und in Preuſſen eingezogen.
Was ſo viel tauſend andre ſchoͤnen
Kaum ſonſten einzeln pflegt zu croͤnen,
Kaum ſonſten einzeln bricht herfuͤr;
Das ſahe man vor dem allhier
Sich in Charlotten gantz verbinden:
Das kan, Sophia! man in dir
Noch alles hier beyſammen finden.
ARIA.
Aurora! deine wangen,
Eh Phoͤbus kommt gegangen,
Sind ſchoͤn und wunder-ſchoͤn;
Doch bey Sophiens wangen
Erweckt Aurora kein verlangen:
Doch bey Sophiens prangen,
Kan Phoͤbus nicht beſtehn.
Africa.
GLuͤckſeel ger printz! was viel umſonſt begehren,
Das ſieht man heute dir gewaͤhren:
Das hat der himmel dir vor vieleu zugewandt.
Du findeſt jugend,
Du findeſt tugend,
Du findeſt ſchoͤnheit, du findeſt verſtand.
VI. Theil. HAme -114Hochzeit-Getichte.
America.
GLuͤckſeel’ge braut!
Was ſelbſt Dianen
Den weg zur liebe koͤnte bahnen,
Wird durch die liebe dir anvertraut;
Charlottens geiſt und Friedrichs weſen
Jſt alles in deinem gemahle zu leſen:
Wird alles in ihm dir angetraut.
Alle vier zuſammen.
BRennt, edle flammen!
Brennt ſtets zufammen!
Brennt lange zeit!
Was GOtt und Friderich verbunden,
Das iſt kein werck von wenig ſtunden;
Es iſt ein werck der ewigkeit.
Brennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!

Das in einer muſique fuͤrgeſtellte fruͤh-jahr.

Zephyrus, als der vorbote des fruͤhlings, erſcheinet in der lufft, und muntert alles zur froͤlichkeit auf.
WEicht, weicht! ihr rauhen Norden-winde!
Weicht, weicht geſchwinde!
Die lufft muß heute voll Ambra ſeyn.
Denn Amor und Flora koͤmmt gegangen;
Denn Amor und der fruͤhling zieht ein:
Der fruͤhling zieht ein:
Und Preuſſens ſonnen-ſchein
Hat ſeinen lauff von neuem angefangen. Wie115Hochzeit-Getichte.
Wie ſah man doch mit naſſen wangen
Uns nach Charlotten offt verlangen!
Charlotte! rieffen gaͤrt und felder:
Charlotte! rieffen alle waͤlder:
Charlotte! ſprach
Auch echo nach.
Doch alles weh, das uns verletzt,
Wird nun durch neue luſt erſetzt:
Wird heute, Sophia! durch dich erſetzt.
ARIA.
Alles zagen, alles klagen
Faͤllt durch Amors macht dahin.
Amor toͤdet angſt und ſchmertzen:
Amor heiſſet wieder ſchertzen:
Amor aͤndert hertz und ſinn.
Alles zagen, alles klagen
Faͤllt durch Amors macht dahin.
Der fruͤhling zeiget ſich in begleitung der Flora und Amors in den wolcken.
Der fruͤhling.
NJcht wundre, Flora! dich,
Warum wir vor der zeit erſchienen.
Der groſſe Friderich,
Dem ſo viel laͤnder dienen,
Beſiegt auch die natur, und ſtellt, eh noch das jahr,
Das alte jahr, vergangen,
Den fruͤhling und die Flora dar.
Jch ſeh mein bild in Friedrich Wilhelm prangen;
Du ſiehſt dich auf Sophiens wangen;
Und zwar wir ſehen mehr, als dich und mich.
Denn was iſt doch auf unſern auen
Wohl gegen dieſer pracht zu ſchauen?
Selbſt Anemonens Angeſicht:
Selbſt Anemonens purpur-licht,H 2Das116Hochzeit-Getichte.
Das ſie, ſo bald Adon geſtorben,
O Venus! auf dein wort erworben,
Das noch von ſein und deiner liebe ſpricht,
Kommt bey Sophiens lippen nicht,
Jſt nichts bey Preuſſens crone,
Jſt nichts bey ſeinem helden-ſohne.
ARIA.
Narciſſen und Jeſmin
Sind alles ſchoͤne ſachen:
Sie koͤnnen die augen an ſich ziehn,
Sie koͤnnen froͤlich machen;
Doch koͤnnen ſie nicht beſtaͤndig bluͤhn:
Doch koͤnnen ſie nicht mit Nymphen lachen:
Doch koͤnnen ſie keinen helden ziehn:
Doch koͤnnen ſie nicht unſterblich machen.
Flora.
Oprintz der jahres-zeiten!
O auszug aller froͤlichkeiten!
Du ſageſt, was ich laͤngſt gedacht.
Jch ſchaͤme mich mit meiner blumen-pracht,
Die heute ſich erhoͤhen,
Und morgen doch vergehen:
Die heute voller ſchein,
Und morgen nichts als aſche ſeyn.
So ſind nicht Friedrichs helden-thaten;
Was er bedacht,
Das muß ihm auch gerathen:
Und was ſein arm vollbracht,
Das weiß von keiner todes-nacht.
Er ſpricht; ſo wachſen koͤnigs-cronen:
Er winckt; ſo ſieht man verjagte wohnen:
Er ſchlaͤgt; ſo zittert der feinde thor:
Er freyet; ſo ſteht ſein haus im flor.
Doch wie geringe gleich der glantz der blumen ſcheint;
So iſt es dennoch wohl-gemeint,Wenn117Hochzeit-Getichte.
Wenn wir zu Friedrichs degen
Auch unſre palmen-bluͤte legen:
Wenn wir bey zwey vermaͤhlten hertzen
Auch heute mit klee und roſen ſchertzen.
ARIA.
Jſt Flora nicht den helden gleich,
Die baͤre jagen,
Die feinde ſchlagen;
Jſt Flora nicht ſo wunder-reich,
Als Friedrich im rathen:
Als Friedrich in thaten;
So iſt ſie doch der liebe gleich:
So gleicht ihr doch ein brennend hertze:
So gleicht ihr doch ein held im ſchertze:
So iſt ſie doch der jugend gleich.
Der fruͤhling.
JCh zweiffle ja wohl auch daran,
Daß Flora kan bey helden ſtehen;
Doch weiß man auch, was vor allhier,
Den preiß der gaͤrte zu erhoͤhen,
Offt Preuſſens koͤnigin gethan.
Was Preuſſens koͤnigin gethan,
Daß hoff ich noch von Dorotheen,
Das hoff ich noch, Sophia! von dir.
ARIA.
O ihr angenehmen auen!
Wo das wunder aller frauen,
Wo ſich offt Charlotte fand:
Wo ſie bey ſo vielen ſchoͤnen,
Jhren Friderich zu eroͤuen,
Tauſend reiffe blumen wand.
O ihr angenehmen auen!
Laſſet neue freude ſchauen! H 3Wo118Hochzeit-Getichte.
Wo ſich offt Charlotte fand:
Wo Charlotte blumen wand;
Wird ſich nun Sophia finden:
Wird Sophia cronen winden.
Flora.
SO ſoll denn auch in aller welt,
Wo Flora herrſcht und ordnung haͤlt,
Durchlauchteſte! dein ruhm erſchallen.
Wo blumen ſeynd und auch verfallen,
Wo roſen bluͤhn und auch vergehn,
Do ſoll Sophiens nahme ſtehn.
Die hirten ſollen ihn an alle weiden,
Die jaͤger an die tannen ſchneiden:
Und gleichwie deine waffen,
O junger held! durch ihren ſchein
Viel armen einſtens rettung ſchaffen,
Viel feinden werden ſchrecklich ſeyn;
So ſoll Sophiens lob auf erden:
So ſoll Sophiens bild auf erden
Auch bald durch dich unſterblich werden.
ARIA.
Blaſet, ſchaͤfer! die ſchalmeyen!
Stecket, Gaͤrtner! ſtecket mayen!
Streuet reiche blumen aus!
Kommt, ſchertzende Napeen!
Kommt, Nymphen! aus den ſeen!
Kommt, ſchnelle Dryaden!
Kommt, Oreaden!
Und ſtreut auf koͤnig Friedrichs haus,
Und ſtreut auf der vermaͤhlten haus
Viel reiche blumen aus!
Blaſet, ſchaͤfer! die ſchalmeyen!
Stecket, gaͤrtner! ſtecket mayen!
Streuet reiche blumen aus!
Amor. 119Hochzeit-Getichte.
Amor.
JHr jauchtzet zwar; allein durch meine krafft.
Das iſt der arm, der ruh geſchafft.
Das iſt der bogen,
Durch den ich helden faͤllen kan:
Durch den ich helden retten kan,
Und Preuſſen aus der angſt gezogen.
Was auch der tod, der blaſſe tod gethan,
So hat er dennoch mir nichts an.
Er kan vrrletzen;
Jch kan erſetzen.
Er trennt und bricht:
Er raubet, er toͤdet; doch ſieget er nicht.
ARIA.
Der jammer hat ein ende;
Komm, ſonne! komm und wende
Dein auge Preuſſen zu!
Durch Venus angenehme braͤnde,
Durch Amors ſanffte liebes-baͤnde,
Koͤmmt koͤnig, hof und land zur ruh:
Schoͤpfft alles ſuͤſſe ruh.
Der jammer hat ein ende;
Komm, ſonne! komm und wende
Dein auge Preuſſen zu!
Der fruͤhling.
WJr ſtreiten dir nicht deine macht.
Dein witz hat alles wohl erdacht:
Dein arm hat alles wohl gefuͤhret;
Doch kan dir nicht zuwider ſeyn,
Daß, da ſich hof und ſtadt erfreun,
Auch uns ein ſtrahl der freude ruͤhret.
Flora.
DOch kan dir nicht zuwider ſeyn,
Daß, da ſich hof und land erfreun,
Auch wir bey ſolchen wunder-dingen,
O Amor! deinen ruhm befingen.
H 4Amor. 120Hochzeit-Getichte.
Amor.
SO ſinget denn, und freuet euch!
So ſinget denn alle mit mir zugleich!
Chor.
LEbt, lebt in GOtt, verbundne hertzen!
Lebt voller ſchertzen!
Wachſt ohne zahl!
Wie blumen ſich lieben,
Doch nie betruͤben;
So ſey eur ſchertzen
Auch ohne ſchmertzen!
So ſey eur lieben ſtets ohne qual!
Lebt, lebt in GOtt, verbundne hertzen!
Lebt voller ſchertzen!
Wachſt ohne zahl!

Der in einer muſique fuͤrgeſtellte herbſt. B. N.

Der herbſt erſcheinet nebſt der Diana und dem Bacchus auf einem wagen, welchen von einer ſeiten die Nymphen der Diana, von der andern die Bacchanten begleiten.
Der herbſt.
JHr angenehmen hoͤhen!
Wo ſich Vertumnus offt beklagt,
Eh als Pomona ihm geſagt:
Komm, ſchoͤnſter! komm, ich liebe dich!
Komm, ſchoͤnſter! komm, und kuͤſſe mich!
Jhr angenehmen hoͤhen!
Jhr werdet zeuge ſeyn,
Daß nichts kan von ſich ſelbſt entſtehen:Jhr121Hochzeit-Getichte.
Jhr werdet zeuge ſeyn,
Daß himmel, erde, berg und fluß,
Daß baum und ſtaude lieben muß:
Die fruͤchte, die von uns der erden
Geſchenckt und mitgetheilet werden,
Sind kinder ſuͤſſer triebe,
Sind kinder eingepflantzter liebe.
Die cedern brennen,
Die palmen brennen,
Und fuͤhlen, was ſie noch nicht kennen.
Wie ſolte denn der menſch, der kluge menſch allein,
Der fruͤchte liebt und ſuͤſſen wein,
Den Bacchus-reben offt erfreun,
Ohn alle regung ſeyn?
Wie ſolte denn ein junger held,
Dem Amor in die armen faͤllt,
Dem tugend ſchmeichelt,
Dem ſchoͤnheit heuchelt,
Ein feind der liebe ſeyn?
ARIA.
Mars donnert mit den waffen,
Wenn er uns rache ſchaffen
Und boͤſe ſtrafen will;
Doch wenn ſein eifer ausgekrieget:
Doch wenn ſein helden-arm geſieget,
So ſingt er wieder
Mit Venus lieder,
So iſt die liebe ſein waffen-ſpiel.
Diana.
JCh bin von aller liebe frey:
Und ſoll ich ſagen,
Was mich im hertzen kan ergetzen?
So iſt es jagen:
So iſt es hetzen:
So iſts ein helles wald-geſchrey. H 5Jedoch122Hochzeit-Getichte.
Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget,
So wird mir offt das hertz beweget.
Alsdenn ſo fang ich an zu klagen,
Was ich vor ſelber todt geſchlagen.
Wie gluͤcklich, denck ich offt, ſeyd ihr verliebten doch!
Jhr ſchmiedet euch an kett und joch:
Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen.
Jhr laufft in netz und ſchlingen ein,
Und dennoch koͤnnt ihr in der pein,
Und dennoch koͤnnt ihr ſterbend ſchertzen.
Das wild verliehrt
Die freyheit und zugleich das leben;
Euch wird das leben erſt gegeben,
Wenn man an eure freyheit ruͤhrt:
Euch wird die freyheit erſt gegeben,
Wenn Amor euch das hertz entfuͤhrt.
ARIA.
Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Jn dem holtze ſich verzehren,
Heiſt der zeit den ruͤcken kehren;
Nymphen koͤnnen mehr gewaͤhren,
Als des waldes ungemach.
Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Bacchus.
SO giebt Diana ſich gefangen?
Diana, die Actaͤous angeſicht
So ſchaͤndlich zugericht?
Diana, die, Alphaͤus! dein verlangen
Gehoͤrt, und dennoch nur verlacht.
O Amor! deine macht
Jſt wohl dem weine zu vergleichen:
Wen er nicht faͤllen kan, den pflegt er zu beſchleichen.
Wir fluchen dir und ſchelten dich:
Jndeſſen lachſt du innerlich;Und123Hochzeit-Getichte.
Und zeigſt, indem wir wollen ſiegen
Von ferne, wie wir niederlegen.
O Amor! deine krafft
Jſt ſtaͤrcker, als der reben ſafft.
Er kan die ſinnen nur bethoͤren;
Dich muͤſſen auch die hertzen ehren.
Er kan beruͤcken,
Du kanſt entzuͤcken.
Er ſchwindet wie rauch;
Doch wo du kommſt, da bleibſt du auch.
ARIA.
Suͤſſe zeugin meiner flammen!
Venus! ſprich von deiner macht!
Wein bringt helden offt zuſammen;
Aber wein iſt zu verdammen,
Wenn er, Venus! dich veracht:
Aber wein iſt zu verdammen,
Wenn er keiner ſchoͤnheit acht.
Suͤſſe zengin meiner flammen!
Venus! ſprich von deiner macht!
Diana.
JCh liebe nicht, wie Bacchus ſpricht:
Doch fluch ich auch der liebe nicht,
Mein hertz iſt frey, und ſoll es auch verbleiben[:]
Gleichwol ergetzt es mich,
Wenn keuſche ſeelen ſich
Jns buch der liebe ſchreiben.
Was mich am lieben offt gekraͤnckt,
Jſt, daß man ſchwoͤrt, und anders denckt:
Jſt, daß man mit dem munde kuͤſſet,
Und doch im hertzen ſich vergiſſet.
Ach! denck ich offt, ſo iſt ja nicht der wald:
Denn wie er einmahl wiederſchallt,
So ſchallt er allzeit wieder.
Jch denck es; Doch wo Hymens liederSo124Hochzeit-Getichte.
So klingen, wie allhier geſchieht:
Wo ſich ein koͤnig ſelbſt vor ſeinem ſohn bemuͤht:
Der ſohn ſich an ein haus vermaͤhlet,
Das voller koͤnigs-cronen bluͤht:
Die braut ihr einen printz erwehlet,
Der cron und hertzen an ſich zieht,
Der loͤwen jagen,
Der feinde ſchlagen,
Und alles fuͤr das reich wird wagen;
Da hab ich nichts zu ſagen.
ARIA.
Die ſchoͤnheit iſt doch nur fuͤr helden,
Und helden ſind der ſchoͤnheit lohn:
Wer, was GOtt thut, mit fleiß erkennet,
Wer tugend ſieht und gleich entbrennet,
Von dem iſt nichts als ruhm zu melden:
Der iſt ein wahrer goͤtter-ſohn.
Die ſchoͤnheit iſt doch nur fuͤr helden,
Und helden ſind der ſchoͤnheit lohn.
Der herbſt.
SO recht, wo Amor wird geehrt,
Da wird ein reich nicht leicht zerſtoͤrt:
Die jugend gruͤnt wie waͤlder:
Die ſtaͤdte bluͤhn wie felder:
Und alles traͤget ſuͤſſe frucht.
Jhr Nymphen! die ihr blumen ſucht,
Jhr Nymphen! die ihr aͤpffel brechet,
Und offt im brechen bey euch ſprechet:
O Amor! wie verletzt du mich!
O Amor! wie ergetzt du mich!
Jhr ſprecht es zwar im lachen;
Doch euer ſchertz
Jſt voller ſchmertz.
Jhr nennt es fremde ſachen;Doch125Hochzeit-Getichte.
Doch euer brand
Macht ſchon bekannt,
Was lieben kan fuͤr freuden machen.
ARIA.
Granaten und citronen
Sind aller fruͤchte cronen,
Sind aller gaͤrte preiß;
Doch Amor herꝛſchet uͤber cronen,
Wie feuer uͤber ſchnte und eiß:
Doch Amor herſcht auf kayſer-thronen:
Doch Amor iſt der helden preiß.
Diana.
WOhl denn euch! die ihr redlich liebet!
Eur hertze bleibet nicht betruͤbet:
Es hoffet, eh es ſiegt:
Es jauchzet, wenn es ausgekriegt:
Und ſchwimmt, nach kurtzem leide,
Jn ſeen honig-ſuͤſſer freude.
Wohl euch! durchlauchtes paar!
Jhr macht des landes wuͤnſchen wahr.
So lange man wird hirſche jagen;
So wird man auch von dieſen tagen,
So wird man von den wunder-tagen,
Die Friedrich euch gemacht, noch ſagen.
Bacchus.
SO lange reben trauben tragen,
So wird man auch von dieſen tagen,
So wird man von den freuden-tagen,
Die ihr euch ſelber macht, noch ſagen.
Das chor.
HJmmel! ſegne mit gedeyen,
Was dein arm und weiſer rath
Selber hier vermaͤhlet hat! Wenn126Hochzeit-Getichte.
Wenn ſich gart und feld verneuen:
Wenn die baͤume fruͤchte ſtreuen;
So denck auch an dieſe ſtadt!
So denck auch an Friedrichs that!
Und laß auf Charlottens auen
Jhn Sophiens fruͤchte ſchauen!
Das bitter-ſuͤſſe ding an dem Weiß - und Huͤnrbeiniſchen hochzeit-feſte den 25 October 1705.
ES iſt ein groſſer ſtreit von bitter-ſuͤſſen dingen,
Was unter beyder art mit recht den vorzug hat?
Dort will die wermuth ſich zur erſten ſtelle dringen,
Und hier giebt alle welt dem honig rang und ſtatt.
Doch hat der himmel ſelbſt ein wunder-ding gezeuget,
Das zehnmal ſuͤſſer iſt als aller zucker-cand,
Und deſſen bitterkeit doch wermuth uͤberſteiget,
Und coloquinten ſchimpfft: Das iſt der eheſtand.
Man muß das bittre ding noch vor der hochzeit ſchmecken:
Spendiren, putz und ſtaat macht hier und da verdruß:
So kan auch dieſes nicht den appetit erwecken,
Wenn mancher courtiſan mit koͤrben handeln muß.
Da muß ein kuͤnfftger mann vor ſeine hochzeit ſorgen;
Was koſt das ehren-kleid vor ſich und vor die braut?
Die kuͤche fordert geld, und ſolt er alles borgen,
Was koſt die kammer-pracht? und wer die wohnung baut?
Wie klingt der hochzeit-brief? Was krieget man vor gaͤſte?
Wie wird der gantze ſchwarm recht zu bewirthen ſeyn?
Kommt denn die herꝛlichkeit, ſo ſtellt ſich bey dem feſte
Doch noch was neues ſtets von bittern ſorgen ein:
Bald tritt der marſchall auf, und bald der hochzeit-bitter,
Bald faͤhrt der gaſt zu fruͤh, und bald zu ſpat nach hauß;
Jtzt ſchmaͤlet jung und magd, itzt ſehn die tuͤtſche-muͤtter,
Und bald der muſicant mehr als catoniſch aus;
Man127Hochzeit-Getichte.
Man ſorget vor den tantz. Wills dann ins bette gehen,
So findt ſich tauſend noth: Noth um die erſte krafft;
Noth, wie das nacht-gezeug und andre ſachen ſtehen;
Noth endlich um die ſcham: Noth um die jungferſchafft.
Nach dieſem heiſt es erſt: Schafft loͤffel, ſchuͤſſel, tiegel!
Sorgt vor den kleider-ſchmuck! ſchafft bette, holtz und licht!
Der frau die junge magd, und auch die ſchoͤnſten ſpiegel!
Es fehle, was da will, nur an dem ſtaate nicht.
Dann faͤngt das neue weib allmaͤhlich an zu ſiechen;
Sie merckt, daß ſich der ſchmertz in haupt und ſeite regt;
Sie kan durchaus kein fleiſch vor groſſem eckel riechen;
Sie fuͤhlet, daß das hertz in ihr gedoppelt ſchlaͤgt.
Die ſtunde ruͤckt heran, die wiege zu beſtellen,
Das bett und wochen-zeug will eingekauffet ſeyn,
Man kaufft die windel-ſchnur von mehr als vierzehn ellen,
Und mutter Lieſe buͤßt nicht einen zweyer ein.
Kommt nun der klapper-ſtorch, ſo kommen neue grillen
Vor kind und woͤchnerin, wer ſoll gevatter ſtehn?
Die amme wird gedingt, das haͤnſelgen zu ſtillen,
Ein kinder-maͤgdgen muß der frau zu handen gehn;
So bitter iſt der ſtand. Und ſoll man ihn vergleichen,
So ſtellt Corneli-tag ſein bild leibhafftig dar,
Der manchem zum arreſt kein allzu gutes zeichen
Und zu der ſchlaͤgerey nicht allzugluͤcklich war.
Doch halt, verwegner kiel! der nur die bitterkeiten,
Nicht aber auch zugleich des ehſtands nectar weiſt;
Er iſt das ſuͤſſeſte, ſo gluͤck und luſt bereiten,
Er iſt wie Canaan, da milch und honig fleußt
Der himmel hat ihn nicht ſo zeitlich eingeſetzet,
Als er auf ihn zugleich den zucker ausgeſtreut;
Und ſo der herbe ſchmack den gaumen nur verletzet,
Wie daß die menſchen denn von anbeginn gefreyt?
Geſtohlne waſſer zwar ſind in der kehle ſuͤſſe,
Und mancher machet ſich faſt durch die halbe welt;
Doch kommt das grimmen nach, weil ſtets bey dem genuͤſſe
Furcht, ſchimpff und feiger muth die ſchnoͤde luſt vergaͤllt.
Hinge -128Hochzeit-Getichte.
Hingegen hat ein kuß, den ehr und recht vergoͤnnen,
Der ſorgen aloe hier auf einmahl bezahlt:
Wie ſuͤſſe laͤſſet ſich der liebſten nahme nennen,
Allhier wird ohne ſchuld getaͤndelt und gethalt.
Die liebſte nimmet theil an ſorgen und beſchwerden,
Sie nimmt den mann in acht, und ſorgt fuͤr ſeinem leib:
Weil ihm ſo tag und nacht lang und beſchwerlich werden,
So iſt und bleibet ſie ſein beſter zeit-vertreib.
Wofern er ungefaͤhr vor maͤuſen und vor katzen,
Und zwar die Walpurgs-nacht, nicht richtig ſchlafen kan;
So lernet ſie mit ihm vertraut im bette ſchwatzen,
Er hoͤrt auf jeden traum ſo fort die deutung an.
Wird ihm der nabel kalt, ſo thut ſie es mit willen,
Und wird zu ſeinem troſt ein heiſſer waͤrme-ſtein;
Sie giebt die panacee, Emanuelis pillen,
Wenn er hart-leibig wird, ihm durch ein ſuͤpchen ein.
Dem frauenzimmer zwar iſt ſonſten nichts verhaßter,
Als in der compagnie taback bey bier und thee;
Doch ihm zu liebe fuͤllt ſie wohl ein pfeiffchen knaſter,
Und ſteckt es ſelber an; ſo ſuͤß iſt auch die eh!
Du, hoch-geſchaͤtzter mann! den freundſchafft gunſt und guͤte
Uns laͤngſt verbunden hat, du findeſt zweifels-frey
Das ſuͤſſeſte der eh: Ein kind von ſchoͤner bluͤte
Schwoͤrt dir vor dem altar die ewig-feſte treu;
Drum ſchicken wir den wunſch: Geneuß der ſuͤſſen zeiten!
Die liebe mache dich mit viel vergnuͤgung ſatt!
Daß das ſonſt bittre ding viel centner ſuͤßigkeiten,
Nur aber einen gran von myrrhen fuͤr dich hat!
Die bey dem Corengel-Jacobiſchen hoch - zeit-feſte eroͤrterte curieuſe frage: Ob es beſſer ſey, eine kleine oder groſſe zu heyrathen?
DAs frauenzimmer theilt ſich in zwey claſſen ein,
Und iſt in ſeiner art groß oder etwas klein:
Doch129Hochzeit-Getichte.
Doch wenn ein freyers-mann ſich eines ſoll erwehlen,
So pflegt er meiſtentheils beym ſchluſſe zu verfehlen.
Denn beyde ſcheinen uns vielfachen lobes werth;
An beyden iſt auch was, ſo unſern geiſt beſchwert.
Die groſſen ſchicken ſich, die ſtuben auszuzieren,
Und in dem bette wird man ſie nicht leicht verliehren.
Wenn uns, ich weiß nicht was, zu einem kuſſe zwingt,
Und der verwehnte mund zu fremden lippen dringt;
So kan ein groſſes kind ſich gar zu artig ſchicken:
Man darff ſich nicht ſo ſehr, wie bey den kleinen, buͤcken:
Der puckel wird nicht krumm: das angeſetzte knie
Und unſer ſchwacher leib empfindet wenig muͤh.
Es heißt, man ſoll das weib zu der gehuͤlfin nehmen;
Wo aber kan ſich wohl ein kleines kind bequemen,
Jn noͤthen beyzuſtehn? Sieht doch ein groſſes haus
Nicht nur gemeiniglich von auſſen praͤchtig aus;
Es hat auch innerlich die koͤſtlichſten gemaͤcher:
Auf gleiche weiſe legt die tugend ihre faͤcher
Bey groſſen ſeelen an. Wer ſich durch gold ergetzt,
Und ein halb quentgen ſchon fuͤr ſeine freude ſchaͤtzt;
Den wird ein gantzes pfund gewiß noch mehr erfreuen:
Diß muß ich ebenfalls von weibern prophezeyen.
Setzt ein ſubtiler mund und eine zarte hand
Die armen ſterblichen ſchon in den aͤrgſten brand;
Was wird denn allbereit zur ſelben zeit geſchehen,
Wo ſie was koͤſtliches an ſtarcken gliedern ſehen?
Nichts deſto weniger bleibt dieſes doch mein ſchluß:
Daß man ein kleines weib am ehſten ſuchen muß.
Die iſt viel artiger: Wir koͤnnens aus den wercken
Der guͤtigen natur mehr als zu deutlich mercken:
Wenn dieſe bey der welt was gutes ſchaffen will,
So achtet ſie das maas der groͤſſe nicht gar viel:
Sie laͤßt aus zinn und bley die groͤſten klumpen werden;
Doch das beliebte gold, das beſte marck der erden
Sieht, wenn es zu uns kommt, gemeiniglich gantz klein:
Der beſte diamant verlangt vor ſeinen ſchein
VI. Theil. JKein130Hochzeit-Getichte.
Kein groſſes fundament: Die allerſchoͤnſte ſterne
Stehn von der unter-welt nur bloß darum ſo ferne,
Weil jede ereatur viel artigkeit erweiſt,
So lange man an ihr das weſen kleine heißt.
Was die natur gethan, denckt bey den meiſten ſachen
Nunmehr des kuͤnſtlers hand auch voͤllig nachzumachen:
Ein kleines contrefait kommt hoͤher, als ein bild,
So mit der poſitur zehn meilen faſt erfuͤllt.
Die allerkleinſte uhr, ſo man im ſchiebſack traͤget,
Jſt koſtbarer als die, ſo denen bauren ſchlaͤget.
Der kleinſte mode-hut von Caen und Caudebec
Nimmt unſerm gelde mehr, als groſſe filtze, weg.
Ein gantzer puppen-kram muß mit dem groͤſten zeichen
Vor einem eintzgen ſtuͤck Nuͤrnberger-arbeit weichen.
Und wenn mans recht bedenckt, ſo hat der viel profit,
Der auf ein kleines weib in ſeiner liebe ſieht:
Er darff dem ſchneider nicht ſo viel zum kleide ſchaffen:
Er hat den groͤſten platz, wenn ſie beyſammen ſchlaffen:
Er kan mit ihr bequem auf einer kutſchen ſeyn:
Und ſtellet ſich manchmahl ein loſes gaͤſtgen ein;
So kan er den alsbald mit kalter kuͤche ſchrecken,
Und in den kleider-ſchranck die kleine wirthin ſtecken:
Die dreht ſich zehnmahl um, wenn andre ſtille ſtehn
Und mit der groͤſten laſt recht im gewichte gehn.
Denn bey den kleinen kommt die wuͤrckung aller flammen,
So liebens-wuͤrdig ſind, auf einen fleck zuſammen.
Man ſehe nur die welt! Die zarte nachtigall
Bezwingt und uͤbertrifft durch ihren holden ſchall
Den allerlaͤngſten ſtorch: Wer lerchen-fleiſch kan eſſen,
Wird das erhoͤhte wild von hertzen gern vergeſſen.
So geht es weiter fort: Die allerkleinſte mauß
Haͤlt wohl die ſtaͤrckſte kuh in ihrem rennen aus:
Die kleinſten bienen ſind am fleißigſten im neſte:
Und bey den gurcken iſt die kleinſte wohl die beſte:
Ein zobel-ſchwaͤntzgen gilt mehr als ein pferde-fell:
Das rebhuhn iſt nicht groß, doch fliehet es ſo ſchnell,
Als131Hochzeit-Getichte.
Als ſonſt kein vogel thut: Und aus der kleinſten taſchen
Vermochte Davids hand den rieſen-kopf zu haſchen:
Ein ſeiden-wuͤrmgen nutzt weit mehr auf einem tag,
Als wohl der regen-wurm das gantze jahr vermag:
Die kleinſten beine ſind am beſten vor die taͤntze:
Bey kleinen fuͤchſen ſtehn die allerlaͤngſten ſchwaͤntze:
Die kleinſte leber-wurſt ſchmeckt unſerm appetit
Mehr, als der groſſe darm, den man von ſchweinen zieht:
Und weil die menſchen noch fein zart und kleine bleiben,
Wuͤnſcht jegliches die zeit mit ihnen zu vertreiben:
Es iſt der liebes-gott ja ſelbſten zart und klein,
Und will bey kleinen auch am allerliebſten ſeyn;
Die groſſen kan er nicht mit ſeinem weſen fuͤllen,
Und ſie mit ſeiner luſt nicht wie die kleinen ſtillen.
Und itzund denck ich gleich der ſachen weiter nach,
Da faͤllt mir eben ein, was einſten jener ſprach,
Als ein geheimer zug ſein hertz ſo weit getrieben,
Daß er nun willens war, ſich gleichfalls zu verlieben;
Er ſagte: Dieſer ſtand der ehe kommet mir
Wie ein nothwendiges und ſtarckes uͤbel fuͤr:
Weil von zwey uͤbeln nur das kleinſte zu erwehlen,
So mag mich immerhin ein kleines weibgen quaͤlen.
Er, werther braͤutigam! hat wohl nicht ſo gedacht,
Als man ihm gleichfalls luſt zum freyen beygebracht.
Denn was des menſchen geiſt auf erden kan vergnuͤgen,
Wird in der kleinen braut bey ihm verborgen liegen.
Jch bin darum erfreut! Und weil das letzte ziel
Von meiner poeſie zum wunſche ſchreiten will;
So will ich ſonſten nichts, als dieſe zeilen, ſchreiben:
Die luſt ſoll bey ihm groß, die noth gantz klein verbleiben.
J 2Die132Hochzeit-Getichte.
Die bey der Frantz - und Hallmanniſchen verehligung erwogne jungfer - noth.
DAs ungluͤckſeeligſte geſchlechte dieſer welt,
Der auszug aller noth, der ſammel-platz der ſchmertzen,
Wo kummer und verdruß die ſtete hofſtadt haͤlt,
Seyd ihr, wie mich beduͤnckt, ihr guten jungfer-hertzen!
Der jammer, der euch druͤckt, iſt nicht zu uͤberſehn:
Euch armen kindern muß faſt nichts als alles fehlen;
Und will ich, wo es nur vor wehmuth kan geſchehn,
Hier nur das wenigſte von eurer noth erzehlen.
Wie quaͤlet euch der tag! wie martert euch die nacht!
Wie macht die einſamkeit euch doch ſo unvergnuͤget!
Und wer ein wenig giebt auf eure ſeufftzer acht,
Merckt, daß die kranckheit euch in allen gliedern lieget:
Die augen duͤrffet ihr nicht, wie ihr wollet, drehn,
Und keinen freyen blick nach manns-perſonen wagen,
Gleich faͤngt die mutter an: Solt du nach kerlen ſehn?
Du geiles raben-aas! dich ſoll der guckguck plagen!
Jhr muͤſſet kopf und halß, den roß und maͤulern gleich,
Jm zaum und im gebiß, ja im gewichte, tragen:
Die ohren ſind wie taub, und ihr erroͤthet euch,
So offt man einen ſchertz und luſtig wort will ſagen:
Faſt jede ſylbe kehrt bey euch auf ſchrauben ein:
Die lippen muͤſſet ihr in enge falten faſſen,
Und daß kein biſſen ja zu wichtig moͤchte ſeyn,
Muß offt ein mandelkern ſich viermahl theilen laſſen:
Was aber faͤngt indeß der arme magen an?
Der muß vor erbarkeit ſo durſt als hunger leiden,
Es wird kein guter trunck und rechter biß gethan,
Wenn ihr nicht erſt dabey koͤnnt die geſellſchafft meiden:
Das ſtarcke ſchnuͤren preßt euch lung und leber ein:
Und das beklemmte hertz, das ſo viel ſeufftzer nagen,
Als federn offtermahls in eurem bette ſeyn,
Darf einen kaum davon der liebſten ſchweſter ſagen:
Die133Hochzeit-Getichte.
Die haͤnde fuͤllt man euch mit zwirn und nadeln an,
Jn die ihr lieber wuͤnſcht was maͤnnliches zu ſchlieſſen:
Und lencket euer fuß ſich auf die liebes-bahn,
So fuͤhrt die mutter euch alsbald zum kleppel-kuͤſſen.
So iſt auch ſonſt an euch kein glied von ſchmertzen frey,
Und ſo verbringet ihr, gleich ſiechen, eure tage,
Und muͤſſet zugeſtehn, die jungfer-plage ſey
Noch viel beſchwerlicher, als wohl die mutter-plage.
Hochwerther braͤutigam! die ſchrifft, die ſeine hand
Einſt von dem krancken-weh der jungfern hat geſchrieben,
Hat uns ſo wohl gelehrt derſelben uͤbelſtand,
Als mittel angezeigt, wodurch er wird vertrieben;
Jtzt ſchenckt der himmel ihm ein angenehmes kind,
Das bald die frohe ſchaar der Nymphen wird vermiſſen,
Und das ſich gegen ihm vor liebe kranck befindt:
So wird er es begluͤckt denn auch zu heilen wiſſen,
Jch weiß, die liebe wird hiebey mit eigner hand
Von viel vergnuͤgungen und tauſend lieblichkeiten
Ein labſal, welches ihr noch beyde nicht erkannt,
Zu eurer ſtaͤrckung euch verlobten zu bereiten.
Wohl ihr! begluͤckte braut! daß ihr befreyter fuß
Kan aus dem lazareth der jungfer-ſchaar entweichen!
Und daß itzt taͤglich ihr des liebſten ſuͤſſer kuß
Vor alle boͤſe lufft wird heilungs-mittel reichen!
Mein wunſch, den ihr hiebey in wenig zeilen ſchaut,
Jſt dieſer: Daß euch nichts als ſchertz und luſt vergnuͤge!
Lebt beyde ſtets geſund! doch alſo, daß die braut
Sechs wochen manchmahl kranck, doch ohne ſchmertzen, liege!
Die bey eines baders hochzeit vorgeſtellt; bad-ſtube der liebe. E. G.
JCh weiß nicht, wo man ſich doch nur verſtecken ſoll,
Wann man der liebe will aus aug und haͤnden gehen;J 3Und134Hochzeit-Getichte.
Und liefe ſchon ein Mohr biß an den norden-pol,
So wuͤrde ſie ihm doch wohl auf dem nacken ſtehen.
Denn wenn gleich alle welt die finſtre nacht bedeckt,
Wird doch der liebe glantz am meiſten angeſteckt.
Es macht kein duͤſtrer wald von ihrem lichte frey:
Wie offters pflegt ſie nicht die hoͤlen zu durchkriechen?
Denckt nicht, daß man vor ihr im waſſer ſicher ſey?
Vor dieſem ließ ſie ſich einmahl ins wein-faß pichen;
Doch dieſes haͤtt ich mir wohl nimmermehr gedacht,
Daß ſie ſo offt quartier in badereyen macht.
Das waſſer leſcht ja ſonſt der hitze flammen aus:
Und wo die krancken ſich im ſchmertz und blute baden,
Da bluͤht wohl ordentlich kein ſuͤſſer wolluſt-ſtrauß:
Es ſchickt ſich rauch und dampff nicht in vergnuͤgungs-laden;
Wo feuer wider wunſch den matten leib erhitzt,
Da wird der liebe krafft gar leichtlich ausgeſchwitzt.
Jedoch diß alles reißt den erſten ſchluß nicht ein:
Man kan ſie allerdings in krancken-ſtuben finden,
Nachdem verliebte ja ſtets patienten ſeyn,
Die ſie als aͤrtztin muß mit heil und troſt verbinden.
Schlaͤgt dieſer hauffe nun wo einen wohn-platz auf;
So bringt ſie warlich auch da ihren kram zu kauf.
Jhr krancken! die ihr euch den magen wo verderbt,
Daß hitz und froſt vermengt viel tremulanten ſchlagen,
Und ſich das angeſicht bald roth bald anders faͤrbt,
Jhr duͤrfft mich nur hieher zu unſrer aͤrtztin tragen;
Die traͤgt euch einen ſchatz von fieber-pillen an,
Die kein Hippocrates ſo gut verſchreiben kan.
Weil135Hochzeit-Getichte.
Weil aber alles ſich nicht gleich vor alle ſchickt,
Und die purgantzen offt die kranckheit mehr erregen,
Zumahl wenn ohnmacht euch der ſeiten krafft entzuͤckt;
So muß der patient ſich auch aufs ſchwitzen legen.
Dann giebt ſie perlen-traͤnck und ſtaͤrckungs-tropffen ein,
Die kuͤnſtlicher als zimmt, als moſch und ambra ſeyn.
Wen ein erzoͤrnter ſtrahl der ſonnen blind gemacht,
Und wen ein fenſter-blitz der augen ſchein genommen,
Als ihn ein mocken-geiſt zu nah ans licht gebracht,
Der wird durch ihre cur verneuten geiſt bekommen.
Jhr blinde! tragt den ſtar zu dieſer aͤrtztin hin!
Sie wird das fell gar bald von euren augen ziehn.
Jn bruͤchen iſt ſie ſchon von alters her bekannt:
Sie ſchneidet wurm und ſtein: ſie heilt die tieffſten wunden
Mit biſam-pflaſter zu: ja ſelbſt der kalte brand
Hat oͤffters ihre krafft und widerſtand empfunden.
Und draut ja etwas noch den ſterblichen das grab,
Dem hilfft ihr ſchrepffe-kopf und aderlaſſen ab.
Ja was noch druͤber iſt: Sie macht geſichter neu:
Sie pflegt mit hoher hand die baͤrte ſelbſt zu butzen:
Und ſchafft durch kunſt und fleiß in jhrer baderey,
Daß alte maͤnner offt wie juncker haͤnßgen ſtutzen.
Begluͤckte baderey! Nur diß iſt nicht gar gut:
Daß ſie den badern ſelbſt ſo viel zum poſſen thut.
Jhr guten herren wißt offt nicht, wer vor euch ſitzt,
Wenn jungfern purpur-ſafft aus ihren adern zaͤpffen,
Und ihr der glieder-ſchnee voll blum - und nahmen ritzt,
Daß alle tropffen nichts als treu und liebe ſchrepffen.
Da wird die flitte dann ſo wunderlich geruͤhrt,
Daß man den bad er ſelbſt ins krancken-bette fuͤhrt.
J 4Komm,136Hochzeit-Getichte.
Komm, angenehmes paar! du ſolt mein zeuge ſeyn!
Dein beyſpiel wird uns diß gantz klar beweiſen koͤnnen,
Die liebe zieht davor in deinem zimmer ein,
Und will durch ihre cur dir viel vergnuͤgung goͤnnen:
Wohlan! ſie wohne denn in dieſer baderey,
Und ſchaffe, daß bey dir bald was zu baden ſey!
Die reiſende und in Oßig einkehrende liebe, bey dem Magneriſchen und Klauni - giſchen hochzeit-feſte, 1700.
DJe liebe, deren band die welt zuſammen haͤlt,
Durchlief in einem blick den gantzen kreis der erden:
Ach! ſprach ſie, ſoll mein reich itzt nicht erweitert werden?
Jch ſehe hier die luſt der neu-gebohrnen welt,
Da, wo der himmel ſelbſt die gruͤnen auen kuͤſſet,
Und ſeinen kuͤhlen thau auf gras und blumen gieſſet.
Die angenehme zeit begeiſtert dieſen ſinn,
Jch will durch wald und feld, durch land und waſſer reiſen,
Und dieſes ſcepters macht der gantzen erden weiſen.
Jhr tauben! traget mich zu allen voͤlckern hin!
So fuhr die liebe fort, wie pfeile von dem bogen,
Und hat ſo berg als thal mit ihrer gluth durchzogen.
Jhr erſter austritt war der guten hoffnung port,
Sie kam in Africam, und ſahe nichts als wuͤſten:
Hier, ſprach ſie, mag ein drach und keine liebe niſten!
Sie gieng in Aſien mit ſchnellen fluͤgeln fort:
Auch hier iſt, ſagte ſie, kein thron vor mich geſetzet,
Wo ſich die grauſamkeit mit eitel blute netzet.
Die fluͤgel trugen ſie biß in Americam,
Da lag das wilde volck in gold und ſilber-gruͤfften:Was137Hochzeit-Getichte.
Was werd ich, fragte ſie, bey dieſen tygern ſtifften?
Darauf ſie ihren weg auch zu den inſuln nahm;
Doch kein Canarien ließ ſolchen zucker ſchmecken,
Dabey ſie willens war, die tafel aufzudecken.
Gluͤck zu! du edles land! der laͤnder paradieß!
So rief ſie freudig aus, als ſie Europam ſahe; Jtzt bin ich, fuhr ſie fort, den ſchoͤnen grentzen nahe: Diß iſt mein Colchis hier, hier liegt mein goldnes vließ. Weg mit der neuen welt mit gold - und ſilber-kuͤſten; Auf dieſem ſchau-platz will ich meinen bogen ruͤſten.
Bald ſetzte ſie den fuß bey Hereuls-ſaͤulen aus,
Ulyſſens ſchoͤne ſtadt bekam die erſten blicke;
Allein hier dachte man noch an den tod zuruͤcke,
Es deckte noch der boy das koͤnigliche haus:
Don Petro hatte nur die einſamkeit erwehlet,
Weil ſeine koͤnigin dem tode ſich vermaͤhlet.
Drum gieng die liebe fort, und gruͤſſete Madrit:
Auch hier war ſchlechte luſt, weil des monarchen leben
Der ſteten todes-furcht durch kranckheit uͤbergeben:
Nein, ſprach ſie, wo der tod, da geht die liebe quitt,
Jch ſeegle nach Pariß, wo ſich vor meinen blicken
Der groſſe Ludewig muß ſelber niederbuͤcken.
Doch ihre hoffnung ward zu waſſer und zu wind,
Weil man nur lauter ſtreit allhier im ſinne fuͤhrte,
Und den Maroccer-printz mit einem korbe zierte.
Sie ſchwamm in Engeland, und fand ein labyrinth,
Wo zwietracht ihren ſitz im Parlament genommen,
Und Wilhelms tapferkeit noch manchen feind bekommen.
Wo wend ich, dachte ſie, nun meine deichſel hin?
Die wellen trugen ſie nach Amſterdam zuruͤcke;J 5Allein138Hochzeit-Getichte.
Alle in man gab ihr hier nicht allzuholde blicke:
Die liebe, die hier wohnt, heiſt wucher und gewinn.
So will ich dann, ſprach ſie, nach Norden uͤbergehen,
Wer weiß, wo gluth und muth mir wird zu dienſte ſtehen.
Ach! aber was vor gluth traff ſie in Hollſtein an!
Da man auf Toͤnningen mit lauter blitzen ſpielte,
Und haͤuſer, thurm und wall der erden gleiche wuͤhlte:
Jſt niemand, ſeufftzte ſie, der dieſes leſchen kan?
Jn Schweden ſahe ſie zwar hohe liebe keimen;
Die doch der krieges-gluth bald muß die ſtelle raͤumen.
Nach Polen komm ich nicht: Diß war der liebe ſchluß;
Auguſtus und ſein volck mag ſich vor Riga regen:
Nach Moſcau will ich nicht, weil ich doch allerwegen,
Krieg, feuer, dampf und ſchwerd zur loſung hoͤren muß;
Mag doch das ſchwartze meer mit rothem blute flieſſen;
Mars muß entwaffnet ſeyn, will er die liebe kuͤſſen.
Dir, dir, Germanien! vermeld ich meinen gruß! Weil dich, du treues land! des adlers fluͤgel decket,
Hab ich dir mein panier zu ehren aufgeſtecket.
Jhr fluͤgel, ſchwinget euch! und ruͤſte dich, mein fuß!
Daß ich bald hoͤchſt-vergnuͤgt auf dieſen grentzen ſtehe,
Und bey der fruͤhlings-luſt auf lauter roſen gehe.
Kaum war es ausgeredt, als ſie ſich durch die lufft
Mit ſchneller fluͤchtigkeit nach Teutſchlands boden wandte,
Bald fand ſie einen ort, wo gluth und liebe brannte.
Begluͤcktes Brandenburg! wo dieſe ſtimme rufft: Des Brennus groſſer ſtamm ſoll mit durchlauchten zweigen Auch in der Heſſen land biß an den himmel ſteigen.
Hier goß die liebe nun den ſtaͤrckſten balſam zu:
Sie legte gluth zu gluth, und ketten zu den ketten:Sie139Hochzeit-Getichte.
Sie ſchmuͤckete das zelt mit lauter roſen-betten: Komm, rief ſie, tapfrer printz! komm, nimm die ſuͤſſe ruh! Louiſe wird dein haupt in ihrem ſchoſe wiegen, Und dein entflammtes hertz mit tauſend luſt vergnuͤgen.
Als dieſes und noch mehr die liebe hier gethan,
So eilete ſie fort, ihr angenehmes weſen
An andern hoͤfen auch den printzen vorzuleſen.
Vornehmlich ſetzte ſie nach Oeſtreich ihre bahn: Dort, ſprach ſie, muß mein mund den theuren Joſeph preiſen, Die liebe will ihm ſchon verneute fruͤchte weiſen.
Doch da ſie nun der weg nach ſeinem throne trug,
Fand ſie in Schleſien ein dorff im thale liegen;
Ein ſchall und wohl-geruch, ſo durch die luͤffte ſtiegen,
Ergetzten ihren geiſt, und hemmten ihren flug,
Daß ſie ſich allgemach in dieſe gegend wagte,
Und nach beſchaffenheit deſſelben ortes fragte.
Man gab ihr den bericht: Hier iſt ein kleines land, Aus dem was groſſes kam vor jenen langen jahren, Hier herꝛſchten edele, auch die von fuͤrſten waren, Ja hier regieret noch ein hochgebohrner ſtand, Wo Artemiſia Mauſolens aſche netzet, Und ihm auf ſeine grufft den ehren-tempel ſetzet.
Die liebe war erfreut, und wuͤnſchte diß dabey:
Es wachſe dieſes haus befreyt von leid und neide!
Was aber, fragte ſie, bedeutet dieſe freude?
Die antwort fiel darauf: Herꝛ Wagner, deſſen treu
Bey dieſer herꝛſchafft ihn zu einem Joſeph ſetzet,
Wird heute dieſen tag durch eine braut ergetzet.
Wohlan! verſetzte ſie, diß iſt, was mich vergnuͤgt;
Apollo kennet ihn, und die ihm iſt gewogen,
Die140Hochzeit-Getichte.
Die hat an meiner bruſt der tugend milch geſogen.
Worauf ſie alſobald ſich in das ſchloß verfuͤgt:
Wo ſie ſo wirth als gaſt mit holder anmuth kuͤßte,
Und die verlobeten mit dieſen worten gruͤßte:
Gluͤck zu! dn edles paar! der himmel ſey mit dir!
Der tag Felician verſpricht dir lauter gluͤcke;
Begluͤcktes hochzeit-feſt! begluͤckte ſegens-blicke!
Die liebe ſelbſten kommt hier als ein gaſt zu dir:
Vergnuͤgung iſt dein wirth: Was wilſt du weiter ſagen,
Wenn gluͤck und liebe dich ins hochzeit-bette tragen?
Erfreuter braͤutigam! ſey du Felician!
Und ſie Felicitas, die dich ans hertze ſchlieſſet!
Auf! liebet, uͤbet euch! auf! kuͤſſet und genieſſet!
Jch aber ſchreibe diß in eurer kammer an:
Hier hat die treue ſich mit reiner gunſt verbunden!
Und als ſie diß gethan, ſo war ſie auch verſchwunden.
Der himmel auf erden in der vergnuͤ - gung keuſcher liebe, bey der hoch-freyherꝛl. Sandretzkiſchen und Haugwitziſchen vermaͤhlung 1701. erwogen von B. S. K. G. P.
WEr iſt wol auf der welt, der nicht vergnuͤgung ſucht!
Die kurtze lebens-zeit iſt eine bittre frucht,
Die man mit freude muß, als wie mit zucker, wuͤrtzen;
Ein unmenſch graͤbt ſich nur in blaſſe traurigkeit:
Und wer ſein leben haßt, der ſtirbet vor der zeit,
Wenn er ſich ſelbſten will in gram und ſorge ſtuͤrtzen:
Des kummers folter ſteht nur feigen hertzen an;
Ein aufgeweckter geiſt bricht lilgen in den neſſeln,Und141Hochzeit-Getichte.
Und kocht aus wermuth ſelbſt, was zucker gleichen kan:
Kein niedertraͤchtig ſchmertz mag ſeine ſinnen feſſeln,
Weil er die freudigkeit als ſeine ſchweſter kuͤßt,
Und die vergnuͤgung ihm das halbe leben iſt.
Jm ſchachte findt man gold, und in der aſche gluth.
Der Mohr fiſcht aus der ſee das theure perlen-gut;
Wo aber ſoll der menſch vergnuͤgungs-ſchaͤtze graben?
Der nimmer-ſatte geiſt lacht ſeinen klumpen an,
Das marck der erden iſt, was ihn vergnuͤgen kan,
Und was die haͤnde fuͤllt, ſoll auch das hertze laben.
Allein, wie ſchwaͤrmt der geiſt bey dieſer eitelkeit?
Er bleibt ein ſelave doch auch in den goͤldnen banden,
Des reichthums uͤberfluß frißt die zufriedenheit,
Wenn vor den ſchatz kein ſchutz in gluth und raub vorhanden,
Daß offt ein leeres hertz beym vollen kaſten liegt,
Und dieſe worte ſeufftzt: Hier lebt man unvergnuͤgt.
Ein andrer ſpeiſet ſich mit einer hand-voll wind,
Wenn pracht und herꝛlichkeit ſein ander leben ſind;
Allein die ehrſucht ſpringt wie leichte waſſer-blaſen.
Offt wird vor diamant nur bley und glas getauſcht,
Wenn hoheit durch das gluͤck, wie eine fluth verrauſcht,
Und ungluͤcks-donner offt auf cron und ſcepter raſen.
Viel ſuchen ihre ruh in hoher wiſſenſchafft,
Die auch ein Salomon als leeres ſtuͤckwerck preiſet.
Ein weicher Sybarit laͤchzt nur nach trauben-ſafft,
Obgleich Egyptens topff nur coloquinten ſpeiſet.
Ach! ſagt, ihr ſterblichen! wo wird man nun vergnuͤgt?
Wenn hier vor perl und kern nur ſchaum und ſchaale liegt.
Der himmel bleibet wohl der ſeelen hoͤchſtes gut:
Der macht uns recht vergnuͤgt, wenn die geweyhte gluth,
Die aus dem hertzen bricht, nur nach den wolcken ſteiget.
Doch auſſer dieſem iſt der ehe ſuͤßigkeitEin142Hochzeit-Getichte.
Ein himmel auf der welt, wo die zufriedenheit
Ein irꝛdiſch paradieß und lichtes Goſen zeiget.
Zwar von den farben ſchreibt ein blinder ziemlich blind:
Und wen die liebe nicht mit ihrem moſte traͤncket,
Der kennt die blumen nicht, die ihr gewachſen ſind;
Doch wer die augen nur auf dieſe hertzen lencket,
Die dieſer tag verknuͤpfft, der faͤllt mir gerne bey,
Daß nichts vergnuͤgters iſt, als ſuͤſſe liebes-treu.
Hier ſpeiſt man goͤtter-brod: vergnuͤgung iſt die tracht,
Die immer ſaͤttiget, und nimmer hungrig macht.
Jhr ſuͤſſes manna trotzt die ſeltnen marmeladen,
Wenn hier ein keuſcher kuß auf treuen lippen ſchwimmt,
Wenn in dem hertzen ſelbſt ein ewigs opffer glimmt,
Und geiſter voller gluth in tugend-roſen baden.
Ein jeder morgen thaut auf ihren liebes-klee,
Ein jeder abend wiegt ſie auf vergnuͤgungs-betten;
Hier bluht der fruͤhling auf auch unter eiß und ſchnee,
Und was das hertze knuͤpfft ſind lauter ſauffte ketten:
Wo nun dergleichen luſt aus einem brunnen quillt,
Da wird die keuſche bruſt mit reiner luſt erfuͤllt.
Geſetzt, daß myrrhen offt bey dieſem zucker ſind,
Und daß die eh ſich offt mit einem weh verbind;
Doch muß die laſt in luſt, ſchmertz ſich in ſchertz verkehren:
Wenn dieſe buͤrde nur auf zweyen ſchultern liegt,
Da bleibt ein doppelt hertz im trauren unbeſiegt,
Getheilter kummer muß das labſal ſelbſt gewaͤhren.
Der gleich-geſinnte geiſt lacht, wenn das ungluͤck kracht:
Ein angenehmer blick vertreibet manche grille:
Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finſtrer nacht:
Denn hier iſt nur ein ſinn, ein wunſch und auch ein wille:
Es mag das ſchickſal gleich aus allen winckeln drohn;
So erndten ſie dennoch der eintracht ſuͤſſen lohn.
Wer143Hochzeit-Getichte.
Wer ſagt, daß lieben nicht vergnuͤgtes leben ſey?
Wer heißt die ehe nicht des himmels contrefey?
Kan auch ein duͤrrer kern in ſuͤſſen ſchaalen wohnen:
Auf einem roſen-ſtrauch waͤchſt keine diſtel nicht:
Hier iſt ein gruͤner baum, wo man vergnuͤgung bricht:
Hier wachſen mandeln nur und liebliche citronen.
Schweigt, ihr veraͤchter! nur, die ihr den ſuͤſſen ſtand,
Des kummers aufenthalt, des geiſtes kercker nennet,
Dir ihr faſt alle luſt aus dieſem circul bannt,
Und lieber in das netz der geilen wolluſt rennet;
Die ehe bleibet doch auch in dem groͤſten weh
Des lebens honigſeim, des kummers panacee.
Gluͤckſeelig biſt du nun, hoch-wohlgebohrnes paar!
Der himmel beut dir auch den ſuͤſſen becher dar,
Jn welchem mehr als moſt und muſcateller flieſſet:
Vergnuͤgung windet dir den immergruͤnen krantz:
Sie ſtecket ſternen auf voll licht und voller glantz,
Und ſpeiſt dich mit confect, das alle noth verſuͤſſet:
Die liebe liefert dir die angenehmſte tracht:
Jhr garten zinſet ſchon die goldnen pomerantzen,
Die kein bereiffter nord nicht welck noch duͤrre macht,
Und die kein gaͤrtner kan in ſolcher zierde pflantzen:
Dich haucht der berge thau mit lauter balſam an,
Und weidet deinen thau auf ſchoͤnſter roſen-bahn.
So lebe denn vergnuͤgt! ſo lebe denn erfreut!
Du hoch-verbundnes paar! daß weder leid noch neid
Den bittren gallen-tranck in deinen nectar miſche!
Kein trauriger comet ſtrahl deinen himmel an,
Daß deine ſonne ſich niemahls verfinſtern kan,
Und lauter ſegens-thau dein wohl-ergehn erfriſche!
Die keuſchheit baut dir ſchon den liebes-tempel auf,
Des Hoͤchſten heiligthum veranckert hand und hertzen. Laß144Hochzeit-Getichte.
Laß der vergnuͤgung nun den angenehmſten lauff,
Daß geiſt und leib zugleich in keuſcher liebe ſchertzen!
Viel tauſend gluͤck darzu! So bleibet es darbey:
Daß nichts vergnuͤgters ſonſt, als keuſche liebe, ſey.
Auf die hoch-fuͤrſtl. Pfaltz-Neuburgiſche und Lubomirskyſche vermaͤhlung. G. W. B. v. H.
WAs vor ein ſuͤſſer trieb erfriſcht die matte bruſt,
Der das verhaͤngniß ſtets entriſſen alle luſt,
Und keinen neuen tag bißhers zugezehlet,
Der nicht mit neuer art die ſeele hat gequaͤlet?
Was ſtimmt ein muntres lied in meinem hertzen an,
Da der verſchmachte geiſt vor angſt kaum ſeufftzen kan?
O fragen ohne grund! Wenn man mit freuden ſiehet,
Daß unſer eigen gluͤck in fremder wohlfarth bluͤhet,
Kan man wohl ſeyn betruͤbt? Nein, groſſer Carolus!
Der anfang deiner luſt iſt meiner ſchmertzen ſchluß;
Ja, dein vergnuͤgungs-glantz verguͤldet meine zaͤhren,
Und machet, daß ſie heut in perlen ſich verkehren.
Durchlauchter braͤutigam! Diß iſt der andre tag,
Den ich in Schleſien vor gut erkennen mag,
Mit mir die gantze welt, dieweil in ſeinen ſtunden
Des himmels weiſer ſchluß zwey hertzen hat verbunden,
So die vollkommenheit mit ſinnlichem bedacht
Zum meiſter-ſtuͤcke hat als meiſterin gemacht,
Und ſtets zum muſter wehlt, nachdem ſie alles reiſſet,
Was ſchoͤn, was tugendhafft, und was vollkommen heiſſet,
Offt aber ſehen muß, daß in der mahlerey
Gar ſelten farb und kunſt dem muſter aͤhnlich ſey.
Das lob, ſo vielen nur im wahn der ſchmeichler gruͤnet,
Haſt du, o groſſer held! eh, als erlangt, verdienet:
Was deinen nahmen croͤnt, iſt kein geborgtes gut,
Denn ſeine wurtzel ſprießt aus deinem helden-muth.
Was?145Hochzeit-Getichte.
Was? aus dem groſſen geiſt, der, wo er ſich hinlencket,
Dir ohne reich ein reich in allen hertzen ſchencket.
Thereſia iſt ſchoͤn; doch was von auſſen glaͤntzt,
Hat unbegrentzter ruhm durch ſittſamkeit begrentzt,
Und finſterniß gemacht durch allzugroſſe ſtrahlen;
Die ſonne laͤſt ſich ſehn, und nicht mit farben mahlen.
Schoͤn iſt Thereſia: Nichts geht an ſchoͤnheit ihr,
Doch ihre tugend noch weit ihrer ſchoͤnheit fuͤr.
Was in das auge faͤllt, kan auch das auge truͤgen,
Und, wie ein fauler kern in friſchen ſchaalen, liegen;
Doch reine tugend bleibt befreyt von dieſem ſpruch.
Denn, wie der roſen pracht mit lieblichem geruch
Der gantzen gegend zwar beliebte luſt erwecket,
Aus ſchamroͤth aber ſich mit ihren knoſpen decket,
Und bey der demuth nur noch groͤßre zierde weiſt;
So pfleget in der welt ein groß-geſinnter geiſt
Jn ſtiller ſittſamkeit ſich ſelber zu ergetzen,
Wenn jeder ſieht ſein lob, nicht aber weiß zu ſchaͤtzen.
Jch ſehe wohl, daß ſie voll ſuͤſſer anmuth iſt:
Jch ſehe wohl, daß du bewunderns-wuͤrdig biſt;
Doch ihr vollkommner geiſt in zarter jugend-bluͤthe,
Bey fuͤrſtlicher geburt, dein fuͤrſtliches gemuͤthe,
Die tugend, welche ſich auf ihre ſchoͤnheit gruͤndt,
Die ſchoͤnheit, welche ſich bey deiner tugend findt,
Und euch im nahmen nur bey andre menſchen ſetzet,
Jm weſen aber ſchon vor mehr als menſchen ſchaͤtzet,
Durchlauchtes liebes-paar! ſind gaben, welche man
Zwar ſehen, aber nicht genugſam ruͤhmen kan:
Sind wunder, die ſo ſchwer nach wuͤrden zu beſingen,
Als in ein enges faß den Ocean, zu bringen.
Kein menſch hat ſolchen geiſt, kein geiſt hat ſolche krafft,
Und keine krafft gebiehrt uns ſolche wiſſenſchafft,
So bey dem hohen glantz, in dem du ſtehſt gezieret,
Nicht menſchheit, geiſt und krafft, und wiſſenſchafft verliehret;
Doch ſchlieſſet ſchon dein ruhm den allerkluͤgſten mund,
So macht ihn doch der welt ein ſittſam ſchweigen kund,
VI. Theil. KWenn146Hochzeit-Getichte.
Wenn itzt das gantze land auf dich die blicke wendet,
Und in den blicken dir das gantze hertze ſendet.
Eh in dem wuͤſten nichts, das in der finſtern ſchos
Ein weſen, das nichts war, ein nichts und alles ſchlos,
Feur, waſſer, erde, lufft, zu feur, lufft, waſſer, erden,
Durch erde, waſſer, feur und lufft noch muſte werden,
Ja, eh als die natur vermaͤhlte ſich der welt,
War deine heyrath ſchon im himmel feſt geſtellt,
Und dieſer tag beſtimmt, der uns ſo lieblich glaͤntzet,
Und dein vergoͤttert hauß, mit ewgen myrthen kraͤntzet.
Nun was vom himmel kommt, das wird auch himmliſch ſeyn;
Drum freue dich mit mir! du hoch-betruͤbter Rhein!
Begluͤcktes Schleſien! hilff dieſen tag beſingen,
Der uns bald ſuͤßigkeit wird von dem ſtarcken bringen.
Willkommen! ſchoͤner tag! ſey tauſendmahl gegruͤßt!
Weil du viel werther mir als tauſend tage biſt,
Die nur das zeiten-buch auf ſchwachen blaͤttern traͤget,
Wenn treue liebe dich tieff in die ſeelen praͤget.
Du ſolt das gegen-gifft hinfort von meiner pein,
Du ſolt der jahre ſchluß, und auch ihr anfang ſeyn!
Und welckt mein lorbeer-zweig ſchon bey den creutz-cypreſſen;
So ſchwoͤr ich, daß ich doch dich nimmer will vergeſſen:
Ja dieſe meine bruſt, die keinen ſeufftzer kennt,
Der nicht in danckbarkeit vor meinem hertzog brennt,
Soll ihre wuͤnſche ſtets mit dieſem wunſch anheben:
Es lebe Carolus! Thereſia ſoll leben!
Der abriß wahrer und lob-wuͤrdiger liebe, bey der H. und O. eheverbindung im nahmen eines freundes. G. S.
WJe muß die liebe ſich nicht offtmahls ſchelten laſſen!
Man ſieht ſie als den brunn des meiſten uͤbels an:
Daß147Hochzeit-Getichte.
Daß manche vor der zeit erkrancken und verblaſſen,
Das hat gemeiniglich die heiſſe brunſt gethan:
Wie viele dirnen gehn mit tieffem ach! zu bette,
Weil ſich ein kalter greiß an ihre ſeite ſtreckt?
Wie mancher flatter-hanß liegt an der ſchmermuths-kette,
Weil ſein verwehntes maul nicht ſtets was neues leckt?
Ein ander kratzet ſich gewaltig in dem kopffe,
Nachdem ſein ſtoltzer ſchatz ſein geld und gut verprahlt:
Und jener kriegt ſein weib aus eyfer bey dem zopffe,
Weil ſie ihm ſeinen kuß nicht theur genung bezahlt.
Dort gehet Corydon, der ſich ſo fruͤh verliebet,
Und aus der lehr und ſchul ins hochzeit-bette gieng.
Naͤchſthin ſaß Corniger gebuͤckt und hoͤchſt betruͤbet,
Weil ihm ein langes horn an ſeiner ſtirne hieng.
Jch koͤnte noch ſehr viel dergleichen unheil melden;
Allein das enge blat faßt deſſen menge nicht:
Man kennet ohnedem die unbegluͤckten helden,
Die Venus und ihr ſohn ſo uͤbel zugericht.
Kan aber wohl ein menſch dergleichen liebe loben?
Wer ihr gehorchen will, iſt billich tadelns werth.
Jndeſſen hat ſie doch ſo mancher thor erhoben,
Ob ihn die ſchmeicheley ſchon noch ſo offt gefaͤhrt.
Dergleichen lieb iſt blind, und gleichet einem kinde,
Das unverſtaͤndig iſt, und nichts als ſpielen kan;
Wer blinden leitern ſolgt, der ſchifft mit ſchlechtem winde,
Kein kluger nimmt ein kind zu ſeinem lehrer an.
So iſt die liebe nicht, hoch-werthes paar! beſchaffen,
Zu der dir jeder mund geluͤcke wuͤnſchen muß.
Geſetzt, daß viele ſich aus unverſtand vergaffen;
Hier ſieht und findet man nur einen klugen kuß:
Hier geht die liebe nicht mit zugebundnen augen:
Hier iſt ſie nicht ein kind, das unverſtaͤndig ſpielt.
Es kan ja die vernunfft leicht aus den fingern ſaugen:
Daß eine tumme lieb auf keine wohlfahrt zielt;
Jhr aber, deren lieb auf GOtt und witz gegruͤndet,
Und alſo auch mit recht des lobes wuͤrdig iſt,
K 2Seyd148Hochzeit-Getichte.
Seyd ſicher, daß ihr hier den quell des gluͤckes findet,
Und in ſo edler eh das paradies erkieſt;
Denn wahre liebe wird ſtets dieſen ruhm behalten,
Daß ſie der rechte port vergnuͤgter ſeelen ſey.
Des Hoͤchſten gnade laͤßt ihr feuer nicht erkalten,
Die tugend macht ihr haus von allem tadel frey.
Sie uͤbernimmt ſich nicht; Sie weiß wohl, daß die hitze,
Die keinen zuͤgel hat, in das verderben rennt.
Sie kuͤßt nur, was ihr gleicht; Denn gleichheit iſt die ſtuͤtze,
Darauf ſie ſicher ruht, und keinen wechſel kennt.
Sie iſt nicht ungetreu; Sie folget dem magnete,
Und bleibet unverruͤckt bey ihrem pole ſtehn.
Sie ſieht auf keine pracht; Denn ſtoltz iſt ein comete,
Der denen nur gefaͤllt, die bald zu grunde gehn.
Sie ſieht nicht blos auf geld; Stoͤßt aber das geluͤcke
Doch nicht mit fuͤſſen weg. Man lernt erſt, eh man freyt,
Wovon man leben kan. Wer klug iſt, denckt zuruͤcke,
Und auf das kuͤnfftige, damit ihn nichts gereut.
Die liebe zoͤrnet nicht; Sie iſt nicht unbedaͤchtig;
Ein tugendhafftes paar lebt ſonder eyferſucht.
Sie uͤbereilt ſich nicht; Sie wird erſt klug und maͤchtig,
Damit das alter nicht die fruͤhe gluth verflucht.
Die liebe geitzet nicht; Sie thut ihr was zu gute,
Haͤngt aber doch dabey nicht der verſchwendung nach.
Sie faßt ſich in geduld, und bleibt bey friſchem muthe,
Vertraut dem hoͤchſten GOtt, und ſcheut kein ungemach.
Diß iſt, geehrtſtes paar! der abriß deiner liebe;
Hier iſt kein falſcher ſtrich, kein gifft der ſchmeicheley.
Gehorche, wie du thuſt, nur dieſem edlen triebe,
Daß deiner liebe ruhm dereinſt vollkommen ſey!
Jch weiß, das ende wird den ſchoͤnen anfang croͤnen:
Der himmel, den ihr ehrt, ſpricht ſelbſt ſein ja dazu!
Die freunde wuͤnſchen es! Laßt neid und mißgunſt hoͤhnen;
Wer ſo vernuͤnfftig liebt, der liebt in ſichrer ruh.
Kurtz: Eure liebe weiß kein kluger mund zu tadeln,
Des Hoͤchſten ſegen geht mit euch ins ſchlaf-gemach:
Der149Begraͤbniß-Getichte.
Der liebe, ſo verſtand und wahre tugend adeln,
Folgt lob, geluͤck und ruh ſtets auf dem fuſſe nach.

Begraͤbniß-Getichte.

Auf das abſterben herꝛn Raymond Faltzens, weit-beruͤhmten koͤniglichen Preußiſchen medailleurs. B. N.
DA Bonn durch Preuſſens ſtarcken held
Und Coͤhorns donner niederfaͤllt:
Da Wien die freuden-paucken ruͤhret;
So leidt hingegen Phoͤbus noth,
Und klagt, daß er durch Faltzens tod
Mehr, als ein gantzes heer, verliehret.
Zoͤrnt nicht, ihr helden! die ihr denckt,
Daß alles an dem degen hengt:
Jhr ſeyd der bruſt-ſchild unſers lebens;
Doch, ſoll euch einſt die nach-welt ſehn,
So muß es durch die kunſt geſchehn:
Sonft iſt eur hoher ruhm vergebens.
Jhr rennet wall und mauren an;
Wir ſagen, was ihr habt gethan:
Jhr ſterbet; Unſre wercke bleiben.
Camill! wer daͤchte noch an dich,
Geſchaͤh es nicht durch kupffer-ſtich,
Geſchaͤh es nicht durch kunſt und ſehreiben?
K 3Ja,150Begraͤbniß-Getichte.
Ja, Friedrich! deine croͤnungs-that,
Die keinen zuſatz noͤthig hat,
Und groͤſſer iſt, als wir es meinen,
Die wuͤrde, koͤnten ſtahl und ſtein
Und buͤcher nicht die zeugen ſeyn,
Uns ſelbſt als eine fabel ſcheinen.
Drum haſt du bey der groſſen macht
Auch ſtets auf groſſen ruhm gedacht,
Und ſo viel kuͤnſtler aufgefuͤhret,
Daß man nicht wohl zu ſagen weiß,
Ob dir mehr in dem felde preiß,
Ob in der muſen chor gebuͤhret.
Dein Faltz, den Phoͤbus itzt beklagt,
War ſchon an Franckreich halb verſagt;
Jedoch dein glantz hat ihn bewogen,
Daß er Pariß fuͤr nichts geſchaͤtzt,
Den ſchein der wahrheit nachgeſetzt,
Die tugend laſtern vorgezogen.
Und dergeſtalt muß Ludewig
Wohl freylich uͤber deinen ſieg,
O groſſer held! fuͤr eyfer breunen:
Schlag, ſpricht er, wie man ſchlaͤgt und ficht,
Beraub mich nur der kuͤnſtler nicht,
Die, was mir fehlt, erſetzen koͤnnen.
Ach! koͤnteſt du doch auch zugleich
So, wie du dir ein koͤnigreich,
So, wie du unſer heyl gebauet,
Uns Faltzen aus dem grabe ziehn,
Durch deſſen kuͤnſtliches bemuͤhn
Die gantze welt dein bildniß ſchauet;
Was151Begraͤbniß-Getichte.
Was wunder wuͤrden wir nicht ſehn,
Die ja zum theile ſchon geſchehn,
Theils aber bald geſchehen werden!
Allein GOtt zieht den ſchau-platz zu:
Faltz geht zu ſeiner ſeelen-ruh,
Und ſeine kunſt mit ihm zur erden.
Jhr Muſen! die ihr in der hoͤh,
Jhr Nymphen! die ihr an der Spree
Und kuͤhlen ufern pflegt zu wohnen,
Huͤllt ſeinen leib in ſcharlach ein!
Streut roſen auf den leichen-ſtein!
Pflantzt in den umkreis anemonen!
Der viel unſterblich hat gemacht,
Liegt nunmehr in des todes nacht;
Doch, was er andern hat gegeben,
Das bleibt ihm wieder zum gewinn?
Sie werden ewiglich durch ihn,
Er wird in ihrem bilde leben.
An einen betruͤbten witwer im nahmen eines andern. B. N.
BEnug, genug geweint! die tugend fordert nicht,
Daß man ſo lange zeit von tod und grabe ſpricht.
Dein eh-gemahl, o freund! hat freylich viel beſeſſen,
Was GOtt viel anderen nur ſparſam zugemeſſen:
Sie war von hertzen fromm, und ſah ſchon in der welt,
Was ſie nun ewig ſieht: Was uns gefangen haͤlt,
Und manchem, wenn er ſtirbt, kaum moͤglich iſt zu haſſen,
Das alles ſah man ſie ſchon lebend hier verlaſſen:
K 4Sie152Begraͤbniß-Getichte.
Sie war dein ander hertz, des hauſes freuden-licht,
Der kinder ehren-bild, des naͤchſten zuverſicht.
Und alſo ſcheint es zwar, ob muͤſt du ſie beklagen;
Jedoch was dir dein hertz, dein kranckes hertz zerſchlagen,
Das eben ſolte ja zum troſte dir gedeyn.
Was klagſt du? Einen leib, der aller angſt und pein
Nunmehr entriſſen iſt? Was klagſt du? Eine ſeele,
Die ihr gefaͤngniß flieht, und aus der ſuͤnden-hoͤle
Sich nach dem himmel ſchwingt? Wie? oder klagſt du dich?
Klagſt du dein armes haus? Ach freylich, ſprichſt du, mich!
Ach freylich, kind und haus! Laß ab von deinen thraͤnen!
Wer liebt, der muß ſich ſtets nach ſolchen dingen ſehnen,
Die das geliebt erfreun. Dein treues eh-gemahl
Hat fuͤnff und zwantzig jahr im haus und uͤberall,
Naͤchſt GOtt und ihrer ſeel, auf nichts als dich geſehen:
Das gluͤcke, das dir ſchien, war auch ihr wohl-ergehen:
Der kummer, der dich traff, war auch ihr trauer-brod;
Liebſt du nun ſo, wie ſie, was klagſt du ihren tod,
Der ſie ſo gluͤcklich macht? Was weinſt du, daß ſie ſtirbet,
Da ſie zwar viel verlaͤſt, jedoch weit mehr erwirbet?
Ja da ſie, ſtirbt ſie gleich, dennoch lebendig bleibt,
Weil ſie ihr weſen laͤngſt den kindern einverleibt.
Laß andre traurig ſeyn, wo alles muß verſchwinden;
Du kanſt der mutter bild in jeder tochter finden.
Trauer-klage eines fuͤrnehmen witwers uͤber den tod ſeiner gemahlin. B. N.
WEnn ich, o ſeeligſte! noch an den tag gedencke,
Da, was ich itzund bin, von mir noch ferne ſchien:
Und wenn ich wieder mich nach deinem grabe lencke,
Wo jammer augſt und noth auf mich zuſammen ziehn;
Ach! ſo begreiff ich nicht, ob ſterben oder leben?
Ob elend oder gluͤck auf erden beſſer ſey?
Du153Begraͤbniß-Getichte.
Du haſt mir freylich wohl viel luſt allhier gegeben;
Allein ſie iſt dahin, und ſo, wie du, vorbey.
Jch bin nicht, was ich war; ich bin es nur geweſen:
Dein mund, der mich ergetzt, iſt nur ein leerer traum:
Dein geiſt, der mich erquickt, iſt ja wohl noch zu leſen:
Man ſchreibt und ſpricht von ihm; Allein ich kenn ihn kaum.
Denn alles, was man ſagt, vermehrt nur meine ſchmertzen,
So, wie du, werthe! ſie vor dieſem abgekehrt.
Du wareſt meiſterin von mir und meinem hertzen;
Jtzt iſt es ohne dich: Drum wird es auch verzehrt.
Ach! warum ſcheideſt du? o crone meiner ſeelen!
Und warum werd ich nicht vor meiner liebſten bleich?
Und wenn ſie ſcheiden muß, ihr ſinſtern todten-hoͤlen!
Warum bedecket ihr uns beyde nicht zugleich?
Sie iſt nun wuͤrcklich todt; Jch ſterb all augen-blicke
An kraͤfften und an ruh; und dennoch ſterb ich nicht.
Sie lebt mehr als zuvor, und herꝛſcht in vollem gluͤcke;
Da mir inzwiſchen troſt und auch der tod gebricht.
O liebſte! dencke nicht, daß ich dein wohl beweine;
Jch wein um mich allein: dir goͤnn ich deinen ſtand.
Ein weiſer trauret doch, und waͤr er auch von ſteine,
Der ſo viel gutes klagt, als ich an dir gekannt.
Haus, kinder, bette, tiſch, ſind deſſen klare zeugen,
Jch ſeh, wohin ich will, ſo fehlt mir nichts, als du.
Mit dir erwach ich fruͤh, eh ſich die ſterne neigen:
Mit dir geh ich bey nacht auch wiederum zur ruh.
Wiewohl, was ſag ich ruh? zu meinen langen ſorgen,
Die, wenn ein ander ſchlaͤft, bey mir erſt auferſtehn:
Die taͤglich neue krafft aus deiner aſche borgen,
Ohn ende wachend ſeyn, und nie zu bette gehn.
Die doch ich geh zu weit. Es iſt des himmels wille,
Daß du zur ruhe kommſt, und ich hier leiden ſoll.
Drum leid ich mit geduld, und halte willig ſtille,
Er thue, was er will; ſo thut er dennoch wohl.
Von ihm hab ich vor dem dein treues hertz empfangen:
Er nimmet es mit recht auch wieder von mir hin;
K 5Doch154Begraͤbniß-Getichte.
Doch meines nimmt er nicht. Mein ſeufftzen und verlangen
Macht, iſt es gleich umſonſt, daß ich noch immer bin,
Was ich vorhin geweſt. So lange man wird hoͤren,
Daß gruͤne reben ſich an todten ulmen freun;
So lange will ich dich in meiner bruſt verehren:
So lange ſoll dein bild in meinem hertzen ſeyn.
Bey dem ſeeligen hintritt herꝛn Michael Ludolffs, Koͤnigl. Preußiſchen land - ſchafftlichen Secretarii. B. N.
WEnn ich, ſeeligſter! dein hertz,
Wenn ich dein bekannt gemuͤthe,
Deine ſanfftmuth, deine guͤte,
Wenn ich deiner freunde ſchmertz
Gleich aufs hoͤchſte wolte treiben;
Wuͤrd ich doch die wahrheit ſchreiben:
Alles ſeufftzt und klagt um dich;
Und es bleibt nicht bey den deinen[:]
Man ſieht auch die kirche weinen:
Land und ſtadt betruͤbet ſich,
Daß mit dir heut in der erden
So viel ſoll begraben werden.
Selbſt der Preuſſen groſſer held
Der bey dieſen ſtrengen zeiten
Sehr viel von geuͤbten leuten,
Und noch mehr von treuen, haͤlt,
Wuͤrde, wuͤſt er dein erblaſſen,
Dich nicht unbedauert laſſen;
Wuͤſt er aber deine laſt,
Und haͤtt er, wie wir, erfahremWie155Begraͤbniß-Getichte.
Wie du dich in dreyßig jahren
Jhm gantz aufgeopffert haſt;
Ach! ſo wuͤrd er warlich morgen
Schon fuͤr deine kinder ſorgen.
Doch er ſorget allbereit.
Geht, ihr abgezehrte glieder!
Leget euch zur ruhe nieder,
Und genießt der ewigkeit!
Da wir andern unterdeſſen
Friedrichs ruhm und thaten meſſen:
Da wir alle tag und nacht,
Koͤnig der begluͤckten Preuſſen!
Uns mit eyfer deß befleiſſen,
Was uns dir gefaͤllig macht;
Und ein jeder dir ſein leben
Wuͤnſcht zum opfer hiuzugeben.
O! wie gluͤcklich iſt der mann!
Der die zinſen abgetragen,
Und wie Ludolff frey kan ſagen:
Herꝛ! ich hab es ſchon gethan.
Denn was kan mehr ruhm erwerben,
Als fuͤr land und koͤnig ſterben?
Die in ihrem GOtt hoͤchſt-ſeelig verſchie - dene, und von ihrem groſſen gemahl hoͤchſt-ſchmertzlich beklagte koͤnigin der Preuſſen.
JHr Muſen! die ihr mich, der Preuſſen held zu ſingen,
Offt gluͤcklich angefeurt, helfft meine feder zwingen,
Und156Begraͤbniß-Getichte.
Und fuͤhrt ſie von der hoͤh, nach der ich luͤſtern bin,
Von Friedrichs ſieges-bahn zu ſeinen thraͤnen hin!
Sein unerſchoͤpffter muth iſt weit genung erklungen,
Seit dem ihm noth und recht die waffen abgedrungen.
Dem Frantze ſchuͤttert noch die kaum erlauffue haut,
Wenn er auf Schwabens feld betruͤbt zuruͤcke ſchaut,
Und an den tag gedenckt, da Ludwigs groſſe thaten
Mit ſchrecken in die macht der finſterniß gerathen,
Und auf einmahl verleſcht. Was Preuſſen da gethan,
Das zeigen, ſchweig ich gleich, viel andre beſſer an.
Dißmahl betracht ich nicht, wie unſer koͤnig blitzet,
Wann ihn der feinde trotz, der freunde ſchmach erhitzet;
Nein! ſondern, wie er ſelbſt halb todt darnieder liegt;
Und dennoch uͤber tod und auch ſich ſelbſten ſiegt.
Charlott, ach! kan ich auch diß groſſe wort noch ſprechen?
Charlotte iſt erblaßt: und unſre augen brechen
Zugleich fuͤr kalter angſt. Wir ſehen nichts, als nacht:
Und gleichwohl ſehen wir Europens zierd und pracht,
Des groͤſten helden luſt, der damen preiß und erone,
Das muͤtterliche haupt von einem koͤnigs-ſohne,
Minervens ebenbild, der keuſchen liebe ſitz,
Und alles, was jemahls natur, verſtand und witz
Nur herꝛliches gezeugt, nur ſchoͤnes kan erdencken,
Jns haus, ins ſchwartze haus der bleichen ſchaar verſencken.
Ach! leider! allzuviel! zuviel auf einen ſchlag!
Wer iſt, ber unſern ſchmertz nur halb ergruͤnden mag!
Und wer, der recht beſchreibt, was unſer koͤnig fuͤhlet?
Wie dort, Euridice! dein Orpheus geſpielet,
Wenn er des morgens ſchon mit ſeiner zitter klang:
Wenn er des abends noch von deiner liebe ſang;
So ſieht man Friedrichen ſich um Charlotten quaͤlen:
So hoͤrt man ſeinen mund ihr reiches lob erzehlen.
Jſt, ſpricht er, in der welt auch was Charlotten gleich?
An ihr allein haͤtt ich ein gantzes koͤnigreich.
Jhr157Begraͤbniß-Getichte.
Jhr auge war geſchickt, auch feinden zu gefallen:
Jhr holder mund ein ſitz von tauſend nachtigallen;
Und dennoch ſtirbet ſie: Und dennoch muß ich thun,
Was ich von ihr gehofft, wenn ich einſt wuͤrde ruhn.
Jſts moͤglich? Hier verſchmacht das wort ihm auf den lippen:
Er aͤchtzt, er ſtehnet nur. Wie wenn an harten klippen
Ein ſtarckes ſchiff anſtoͤßt, und zwar nicht gantz zerſchellt;
Doch aber mit gewalt ins meer zuruͤcke prellt:
Alsdenn der ſteuer-mann die muͤde hand laͤßt ſincken,
Das ende ſeiner pein, den bitt: rn tod zu trincken:
So ſcheinet es auch hier. Allein, ich ſag: es ſcheint;
Denn da der groſſe fuͤrſt fuͤr angſt zu ſterben meint,
So kommt die ſchnelle poſt: Turin muß unterliegen,
Wo Friedrichs trouppen ihm nicht gleich zu huͤlffe fliegen.
Alsbald ermuntert ſich ſein halb-erloſchner geiſt:
Der held wacht wieder auf. Er hoͤrt, er winckt, er weiſt,
Und endlich bricht er los: Was? Will mein kranckes ſtehnen,
Da man um ehre kaͤmpfft, mich an den ſchlaf gewoͤhnen,
Und Franckreich dienſte thun? Nein! nein! des reiches flor
Geht leichen, geht verluſt, geht meinem ſchmertzen vor.
Eilt! helden! die wir laͤngſt zu dieſer that erwehlet!
Theilt ſo viel wunden aus, als man hie ſeufftzer zehlet!
Jch lege meinen ſchatz und viel mit ihr ins grab,
Wiſcht durch der feinde ſchimpff mir meine thraͤnen ab!
Charlotte fordert es. Charlotte, die gelebet,
Jtzt todt iſt, aber doch in euren hertzen ſchwebet.
Geſagt; und auch geſchehn. Die trouppen eilen fort,
Jch ſeh von ferne ſchon den uͤberwindungs-ort.
Jhr tichter! ſinnet nur auf neue jubel-lieder!
Savoyen iſt erloͤſt, und Preuſſen jauchtzet wieder.
Mein koͤnig! dieſes iſt, was ich ſchon offt geſagt,
Daß nur ein Titus war, der jedermann behagt,
Und nur ein Friedrich lebt, den alle welt itzt liebet.
Man ſchau dich, wie man will, froh oder auch betruͤbet;
So biſt du allzeit groß. Ein ander weint ja wohl;
Allein er weiß alsdenn nicht, wie er herꝛſchen ſoll.
Du158Begraͤbniß-Getichte.
Du weinſt und herꝛſcheſt auch: Und beyderley geſchiehet
Von dir mit ſolcher art, als man von keinem ſiehet,
Der doch nur eines thut. Der koͤnig ſtrahlt und bricht
Aus allen thaten vor: Und wer iſt, der ihn nicht
Bey deiner trauer findt? Charlotte hatte gaben,
Die wenig eintzeln kaum, die meiſten gar nicht haben:
Allein du fuͤhrſt ſie auch mit ſolcher pracht dahin,
Herꝛ! als begruͤbeſt du der erden koͤnigin.
Sie war allein geſchickt, dein auge zu ergetzen:
Du biſt allein geſchickt, ſie in die grufft zu ſetzen.
Jedoch, was ſag ich grufft? Du biſt allein geſchickt
Zu uͤberwinden, held! was andre niederdruͤckt.
Viel wuͤrden, haͤtten ſie nur halb ſo viel beſeſſen,
Bey ſolcher aͤnderung pflicht und ſich ſelbſt vergeſſen;
Du bleibſt ſtets, der du biſt: Und da dein hertze ſich
Kaum fuͤr betruͤbniß kennt, gehſt du doch ordentlich
Jn allem deinen thun, und laͤßt ein grabmahl bauen,
Bey deſſen glantze man dich und zugleich kan ſchauen,
Wieviel du, herꝛ! begraͤbſt. Eh dieſes kaum gethan,
So legt dein eyfer ſchon ein hauß der tugend an:
Und zwar hier in Berlin, wo man nun alles lernet,
Was unſern adel ſonſt reich nach Pariß entfernet,
Und arm zuruͤcke ſchickt: Ja, wo an dir allein,
Held! mehr zu lernen iſt, als alle kuͤnſte ſeyn.
Fuͤrwahr das rechte maas in lieb und leid zu finden,
Jm felde ſchrecklich ſeyn, academien gruͤnden,
Sind dinge, die wohl nie auf einen tag geſchehn.
Und hier geſchehn ſie doch. Wir koͤnnen nicht mehr ſehn,
Was nicht auch ſeltſam iſt, und andern, die es hoͤren,
Als eine fabel klingt. Stadt, land und reich vermehren,
Und nachbarn huͤlffe thun, iſt viel; nicht aber hier:
Europa hoffet noch was groͤſſeres von dir.
Und ach! was ſolte man von deiner hand nicht hoffen,
Da, was kein menſch gehofft, ſo herꝛlich eingetroffen?
Wie gluͤcklich ſind wir denn, da uns der himmel ſchlaͤgt,
Daß er die groͤſte laſt auf deine ſchulter legt,
Die159Begraͤbniß-Getichte.
Die mehr vermag, als wir! Daß er den theil genommen,
Der zu verliehren uns zwar ſchmertzlich angekommen;
Doch dir am ſchwerſten faͤllt! Er ſtraft uns ja wohl ſehr;
Doch ſtund in ſeiner hand noch mehr, und zehnmahl
mehr.
Denn haͤtt er deinen printz, haͤtt er ihm dich erkohren,
Hilff GOtt! was haͤtten wir, was kirch und ſchul verlohren!
So leideſt du mit uns, was wir allein verſchuldt:
Du leideſt mehr, als wir; doch alles mit geduld.
Ja, wenn ichs ſagen ſoll, du thuſt es faſt mit freuden,
Damit dein land nur nicht was mehrers duͤrffe leiden.
O ungemeiner held! wer will ſich unterſtehn,
Mit dir das ſitten-feld des troſtes durchzugehn?
Quillt die geduld aus GOtt, wie ſie wahrhafftig quillet;
So ſieht man ja genug, womit dein hertz erfuͤllet,
Und uͤberſchuͤttet iſt. Der jammer, der dich beugt,
Jſt nur ein ſpiegel, herꝛ! der deine groͤſſe zeigt.
Denn wer bewundert nicht das, was du juͤngſt geſprochen?
Mein cron-printz, war dein wort, entſchloß vor wenig wochen,
Nach Engelland zu gehn. Doch ſeht! er laͤſt es ſeyn:
Und ſeine mutter zieht ins land der engel ein.
Genug zu deiner ruh! gnug zu Charlottens ehre!
Dein hertz hat obgeſiegt durch dieſe glaubens-lehre.
Jch ſelber werd entruͤckt, und weiß nicht, wo ich bin,
Jch ſehe noch einmahl die groſſe koͤnigin.
Jch ſeh die majeſtaͤt, die nie ein kind betruͤbte:
Jch ſeh den hohen geiſt, der doch die demuth liebte:
Die ſuͤſſe freundlichkeit, die alle welt durchdrang;
Mehr aber, held! an dir, als aller welt, bezwang:
Jch ſeh; allein weit mehr, als ich vor dem erblicket:
Jhr kleid iſt um und um mit ſternen ausgeſchmuͤcket:
Jhr wohl-ſeyn lauter licht, und ein, ich weiß nicht, was,
Das Paulus zwar gehoͤrt, bald aber auch vergaß.
Aus dieſer herꝛlichkeit, zu der man uns muß treiben,
Rufft ſie mir guͤtig zu; Schreib, wenn du ja wilſt ſchreiben:
Hier160Begraͤbniß-Getichte.
Hier liegt Charlottens leib, an dem ſie nichts ergetzt,
Als daß ihn Friderich der liebe werth geſchatzt.
Der geiſt herꝛſcht allbereit auf einem hoͤhern throne;
Doch, wilſt du ihn noch ſehn, ſo ſuch ihn in dem ſohne!
Die thraͤnen der Muſen bey dem grabe des freyherꝛn und groſſen koͤniglichen ſtaats-miniſters herꝛn Pauls von Fuchs. B. N.
WEinet! weint! ihr Pierinnen!
Und du gantzes Muſen-heer!
Kluge lieder auszuſinnen,
Jſt wohl dieſesmahl zu ſchwer.
Wir ſind viel zu ſehr betruͤbet:
Pindus auen leiden noth;
Denn der ſie ſo hoch geliebet,
Der erlauchte Fuchs iſt todt.
Helden ruͤhmen ſeine thaten:
Fuͤrſten ſagen, was ſein geiſt
Zu Europens heil gerathen:
Andre, was die kirche preiſt.
Seine treu, (iſt es zu wenig?)
Seiner weisheit tieffen grund,
Klagt ein noch viel weiſer koͤnig:
Wir beklagen ſeinen mund.
Seinen mund, der deinen feinden,
Preuſſen! wie ein donner war:Seinen161Begraͤbniß-Getichte.
Seinen mund, der deinen freunden,
Teutſchland! hertz und muth gebahr:
Seinen mund, der, was die Griechen,
Was die Roͤmer vorgebracht,
Zwar offt hoch heraus geſtrichen,
Doch viel ſchoͤner noch gemacht.
Groſſer mann! du wirſt verſencket:
Ach! verſenckte man doch nicht,
Was dir GOtt voraus geſchencket,
Auch zugleich dein hohes licht!
Wer wird kuͤnfftig uns vorſtehen?
Wer ſtimmt unſer ſaiten-ſpiel,
Wenn die kunſt zu grabe gehen,
Und der meiſter ſterben will?
Was Apollo vor geweſen,
Warſt du wuͤrcklich in Berlin.
Tauſend ſind durch dich geneſen,
Die der huͤlffe ſich verziehn.
Allem zorne fiel der wille,
Wo dein ſuͤſſes wort erklang:
Gantze heere ſtunden ſtille,
Wenn dein mund vom frieden ſang.
So herꝛſcht nicht ein warmer regen,
Wenn er ſchnee und eiß durchdringt:
So kan Orpheus nicht bewegen,
Wenn er vor der hoͤllen ſingt;
Als ein ſatz aus deinem munde
Jeden einwurff uͤberwog;
Als dein mund zur rechten ſtunde
Aller hertzen an ſich zog.
Weint! verlaßne Muſen! weinet!
Diß geſchah fuͤr hof und land. VI. Theil. LAch!162Begraͤbniß-Getichte.
Ach! was hat er, wie es ſcheinet,
Nicht fuͤr mich an euch gewandt!
Phoͤbus muſte ſich offt kraͤncken,
Wenig klang von uns ihm wohl;
Aber Fuchs wieß, wie man dencken,
Wie man artig ſprechen ſoll.
Er vermied die ſtoltzen grillen,
Die ſo manchen Jcarus
Seinen kopff mit winde fuͤllen,
Und viel ohren mit verdruß;
Was er ſagte, war natuͤrlich,
Und dennoch dabey ſo ſchoͤn,
Daß es, Plato! kaum ſo zierlich
Koͤnt aus deinem munde gehn.
Darff ich mich von kleinen dingen,
Die doch mehr, als menſchlich ſeyn,
Gar zu unſerm helden ſchwingen,
So trifft herꝛ und diener ein.
Friedrich muſte Teutſchland lehren,
Wie man Gallien bekriegt;
Fuchs hat zu der Teutſchen ehren
Franckreichs witz und kunſt beſiegt.
Arme redner und poeten!
Kanitz ſanck ins grabes nacht:
Kanitz, der die Teutſchen floͤten
Auf den hoͤchſten thon gebracht:
Heute muß auch Fuchs verbleichen,
Fuchs, der redner preiß und eron:
Und ſo zieht in zweyen leichen
Unſer gantzer ruhm davon.
Ach daß ich doch koͤnte ſchreiben!
Doch die feder ſcheut das licht. Vers163Begraͤbniß-Getichte.
Vers und reim ſo hoch zu treiben,
Jſt fuͤr meines gleichen nicht.
Fuchs iſt viel zu groß geweſen;
Wer es etwa nicht gemeint,
Der mag ſeine wercke leſen:
Hier iſt nur der mund beweint.
Auf das abſterben Frau Anna Eleonora Schmidin, gebohrner Vickin, in Breßlau. C. G.
WAs kan die liebe nicht vor wunder-dinge zeuͤgen?
Jhr ſonnen-gleicher glantz dringt durch des todes nacht.
Sie iſt durch keinen ſturm, wie ſehr er tobt, zu beugen,
Weil ſie, wie Argus ſelbſt, bey einem grabe wacht.
Kommt, die ihr zweifeln moͤgt! Erweget, was ich ſchreibe!
Seht unſrer Schmidin grufft nicht ohn entſetzen an!
Und ſprecht: O ebenbild von einem treuen weibe!
Diß hat der heiſſe trieb der keuſchen gluth gethan.
Man mache nur nicht mehr ein ſonderbares weſen,
Wann ſich in Jndien ein frauenbild verbrennt.
Was wir in Thevenots und andrer reiſen leſen,
Wird billich eine frucht der raſerey genennt;
Wenn ſie ein toller brauch nicht auf den holtz-ſtoß truͤge,
So wuͤrde man gewiß ein klares beyſpiel ſchaun,
Wie ſie der maͤnner tod zum oͤffterſten vergnuͤge,
Und wie der Moͤhrin pflicht gar wenig zuzutraun.
Was ein Euripides von der Alceſte tichtet,
Das wird als fabel-werck veraͤchtlich angeſehn:
Und was die Porcia, wie Brutus fiel, verrichtet,
Jſt aus verzweifelung, nicht wahrer treu, geſchehn.
Hier aber finden wir ein ſehnliches verlangen,
Das ein getrenntes hertz nach ſeiner helffte traͤgt,
Und eine traurigkeit, die ſonder eitles prangen
Sich mit dem ehgemahl auf eine baare legt.
L 2Mag164Begraͤbniß-Getichte.
Mag doch Sulpicia den Lentulus begleiten:
Sperꝛ Epponine ſich mit dem Sabinus ein;
Du ſolſt, o ſeelige! bey dieſen letzten zeiten
Ein muſter treuer pflicht und keuſcher liebe ſeyn.
Dein eh-ſchatz, welchen du bey leben hochgehalten,
Der dich hinwiederum mehr, als ſich ſelbſt, geliebt,
Und der dich, was man ſonſt an unterſchiednen alten
Als etwas fremdes lobt, mit willen nie betruͤbt:
Dein eh-ſchatz muß ſich itzt in jener welt erfreuen,
Wenn er dich ſo geſchwind an ſeiner ſeite ſieht;
Und wenn ihr beyderſeits, als wie die ſchoͤnen maͤyen,
Jm pfingſt-feſt vor dem thron des Allerhoͤchſten bluͤht.
Jhm gieng, als er nichts mehr nach unſerm thun gefraget,
Doch deine kuͤmmerniß und dein betruͤbniß nah.
Er wuſte, wie man hier die frommen witben plaget:
Wenn manche ſeufftzt und aͤchtzt, ſo iſt kein helffer da.
Elias kan nicht ſtets das oͤl im kruge fuͤllen,
Und das propheten-weib miſt den Eliſa ſehr;
Wann GOttes huͤlffe fehlt, ſo geht es nicht nach willen:
Man giebt den thraͤnenden gar ſelten ein gehoͤr.
Drum ſtieg ihm deine qual, dein jammer-ſtand zu hertzen;
Doch ſtellt er alles GOtt, der wayſen vater, heim:
Und ſchau, wie wenden ſich die uͤberhaͤufften ſchmertzen,
Und wie empfindeſt du den ſuͤſſen honigſeim!
Jch kan dich itzt nicht mehr vor eine wittib ſchaͤtzen,
Denn JEſus hat dich ſelbſt zu ſeiner braut erkieſt.
O ungemeiner troſt! o himmliſches ergetzen!
O wonne! die von uns nicht auszuſprechen iſt.
Jtzt wird die angſt getilgt, und das betruͤbte ſehnen
Jn reiche luſt verkehrt. Wer wolte deiner grufft
Mit ſeufftzern ohne zahl, und uͤberhaͤufften thraͤnen,
Umſonſt beſchwerlich ſeyn? GOtt hat dich heimgerufft!
Hoch-ſeeligſte! gluͤck zu! Wie ſehr die kinder weinen,
Wie hefftig immermehr die freunde traurig ſind;
So muß bey ihnen doch des himmels troſt erſcheinen,
Es heiſt: Du biſt erloͤſt, du biſt des herren kind.
Drum165Begraͤbniß-Getichte.
Drum ſtellt die wehmuth ein, und ſtreut die roſen-blaͤtter,
Die Annia verlangt, nachdem ſie ihrem ſchatz
Biß in das grab gefolgt, bey dieſem ſommer-wetter
Auf den gecroͤnten ſarg! Macht der vergnuͤgung platz!
Trennt die vereinigten durch kein vergeblich graͤmen,
Goͤnnt ihnen ihre ruh und ſanffte ſicherheit!
Sonſt doͤrfften euch ſo Griech - als Roͤmer bald beſchaͤmen,
Die bey dergleichen fall ſich ſonderbar erfreut.
Entweicht! was macht ihr hier an dieſem trauer-orte?
Die nunmehr ſeeligſte ruͤhrt ferner keine noth.
Doch wiederholt vorher des weiſen koͤnigs worte:
Die unbefleckte lieb iſt ſtaͤrcker als der tod.
Als herꝛ Johann David Kretſchmar auſſer ſeinem vaterland in Leipzig den 20 April 1706 zur erden beſtaͤt - tiget wurde. G. S.
WEiß eine perle nicht den kieſel auszuhalten?
Und muß ein kluger kopff viel eher noch erkalten,
Als ein verwehnter thor, der nichts gelernet hat,
Als was ihm Rhenius und irgend der Donat
Mit ruthen eingepauckt? Es iſt wohl ſchwer zu faſſen;
Allein wir muͤſſen doch den himmel walten laſſen,
Der weiſer iſt, als wir. Sonſt iſt es freylich wahr,
Daß mein erblaſter freund was ungemeines war.
Wie wuſte Gryphius nicht ſeinen witz zn loben?
Fridrieiana kennt und ruͤhmt noch ſeine proben:
Wie uns Carteſius die augen aufgethan:
Und wie Thomaſens muth den alten Schlendrian,
Den viele ſtuͤmper uns ſo kraͤfftig angeprieſen,
Nun vollends ausgefegt, und uns die bahn gewieſen,
So uns das innerſte der ſitten-lehr entdeckt,
So ſehr die heucheley auch dieſen ſchatz verſteckt;
L 3Was166Begraͤbniß-Getichte.
Was Galilaͤus ſchreibt und Tſchirnhaus ausgeſonnen:
Was ſchoͤn und artiges aus Bayles kiel geronnen
Wie Coehorn und Vauban die veſtungen gebaut:
Ein Hevel durch ein glas mehr ſtern im himmel ſchaut,
Als keiner vorgeſehn: Was Weigels kopff erfunden:
Hambergers tieffer ſinn in den gelehrten ſtunden
Von der natur erklaͤrt, und die Philoſophie
Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge muͤh
Des nunmehr ſeeligen in kurtzer zeit begriffen.
Wann andre voller brunſt nach einem dorffe lieffen,
Wo man verſtand und ehr, und geld und zeit verpraßt;
So hatteſt du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt,
Das nach der weißheit ſchmeckt, und eine ſtraſſe zeiget,
Auf der man in die burg der wahren ehre ſteiget,
Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm iſt noch nicht gantz:
Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz.
Du haſt das ſchwere jus ſo fleißig ausſtudiret,
Als einer, der mit recht den doctor-titul fuͤhret.
Das corpus juris geht nicht einem jeden ein,
Und will vor manchem nichts als eine buͤrde ſeyn;
Dir war es eine luſt, nachdem du Stryckens gloſſen,
Aus deſſen munde nur, was wichtig, kommt gefloſſen,
Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht;
Denn ſolcher lichter glantz zerſtreuet alle nacht.
Erweg ich noch darzu, was du auf deinen reiſen
Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu preiſen?
Doch ſag ich weiter nichts, als daß du das gethan,
Was einen in der welt vollkommen machen kan.
Wie ſolte nun dein tod nicht die verwandten ſchmertzen?
Hoch-edle! dieſer ſchlag dringt auch durch andre hertzen,
Dieweil er auf einmahl ſo viel zu grabe traͤgt.
Was vor ein herber ſchmertz hier meine feder regt,
Erweiſet dieſe ſchrifft, wo nichts in ordnung ſtehet,
Und mancher reim und vers mit ſchlechten fuͤſſen gehet;
Ja, lieff er auch ſchon gut; ſo iſt mein freund doch hin!
Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin;
Und167Begraͤbniß-Getichte.
Und dennoch ſoll ich mich zu einem troͤſter ſchicken.
Zwar, haͤtt ich deinen witz? es ſolte ſchon geluͤcken;
So aber fallen mir nur dieſe woͤrter ein:
Das, was der Hoͤchſte will, muß gut und heilſam ſeyn.
Er dencket nicht, wie wir: Wir ſchauen auf die jugend,
Und das, was uns gefaͤllt; allein die reiffe tugend
Macht auch, was jung iſt, alt. Ach augen! weinet nicht,
Daß unſer ſeeliger hier keine dornen bricht:
Laßt doch die thraͤnen uns wie ſeinen leib begraben!
Denn was vollkommen iſt, das muß der himmel haben.
Als Jhrer Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi glorwuͤrd. andenckens ſolenne funeralien von denen Herren land-ſtaͤnden der fuͤr - ſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer allerunterthaͤnigſt celebriret wurden, d. 9. Jun. 1705.
BRoßmaͤchtigſter monarch! auf deſſen todten-baare
Europa, welches du, bey ſchwerer krieges-laſt,
Durch deinen rath und fleiß ſo offt erhalten haſt,
Den reichen koͤnigs-ſchmuck von dem beperlten haare
Wehmuͤthig niederlegt, ſchau aus der ewigkeit,
Wo dein erquickter geiſt die wahre ruh gefunden,
Das unausſprechliche, das ungemeine leid,
Zu welchem uns die pflicht, die ſchuldigkeit verbunden,
Und das man dir allein noch uͤberreichen kan,
Mit der gewoͤhnlichen genad und ſanſftmuth an!
Wir liefern dir nicht gold, noch balſam, nard und myrrhen,
Auch nicht ein traur-gewand von koͤſtlichem asbeſt,
Das die verweſung trotzt, und nichts vermodern laͤſt:
Wir bringen keinen ſafft in goͤldenen geſchirren,
Den Socotora zeugt, und Jndien gewaͤhrt;L 4Doch168Begraͤbniß-Getichte.
Doch ſtellen wir davor die ungefaͤrbten hertzen,
Die ein ergrimmter ſchmertz in heiſſer angſt verzehrt.
Sie brennen kraͤfftiger, als ampeln und als kertzen,
Und wuͤnſchen allerſeits, auf deinem leichen-ſtein
Ein opffer reiner treu und redlichkeit zu ſeyn.
Wiewohl! was moͤgen wir in ſolchem kummer zagen?
Da du in ſteter luſt und ſteter wonne ſchwebſt,
Und dir ein ehren-kleid von ſeid und purpur webſt,
Ein kleid, dergleichen nur die uͤberwinder tragen.
Unſterblicher monarch! du biſt uns nicht entruͤckt;
Du biſt vielmehr dahin zu unſerm troſt gelanget,
Wo dein verklaͤrtes aug auf ſo viel laͤnder blickt,
Und das gecroͤnte haupt mit tauſend ſternen pranget.
Da ſtehſt du, trotz der nacht! trotz dem gehaͤufften weh!
Als ein Palladium und ſchutz-bild in der hoͤh.
Glorwuͤrdigſter monarch! von deſſen helden-thaten
So Stambol, als Pariß, mit zittern hoͤren muß,
Auf was vor feinde trat dein unerſchrockner fuß!
Und was iſt deiner fauſt nicht wunderbar gerathen!
Dein donner, deſſen krafft ſelbſt von dem himmel ſtammt:
Dein donner, den der HErꝛ mit pfeilen ausgeruͤſtet,
Hat, als man ihm zur rach und eyfer angeflammt,
Nebucadnezars bild, das greuel-bild, verwuͤſtet:
Es fiel ſo hahn als hund, zu beyder ſchimpf und hohn,
Wie dort Sennacherib von dem verbannten thron.
Was Carl der fuͤnffte that, iſt gegen deinen ſiegen
Ein bloſſes kinder-ſpiel. Er ließ den Solyman
Vor Wien zuruͤcke gehn; Diß war genug gethan!
Doch wolte ſich zu dir ein hoͤher gluͤck verfuͤgen:
Als Mechmets toller ſchwarm den kayſer-ſitz beſprang,
Und Kara Muſtapha mit hundert tauſend horden
Die laͤnder uͤberſchwemmt, iſt des tyrannen zwang
Durch deiner waffen blitz zu ſtaub und aſche worden:
Der palm - und lorbeer-krantz war von der ſchoͤnſten art,
Als gantz Pannonien durch dich erloͤſet ward.
Und169Begraͤbniß-Getichte.
Und wie verdienteſt du den groſſen ehren-nahmen
Des Mehrers deines reichs, und auch der chriſtenheit,
Als du den Jſter-ſtrom von ſeinem joch befreyt:
Als ſegen, gluͤck und ſieg ſtets auf einander kamen!
So lernt ein Jſmael, der nach dem erſten fall,
Da ſein geſchlagnes heer faſt in der Raab erſoffen,
Mit gutem recht beklagt, durch der carthaunen-knall,
Was von dem friedens-bruch, den Franckreich rieth, zu hoffen:
So wird des Amalecks verfluchte macht erſchreckt,
Wenn Moſes ſeine hand zum heiligthum ausſtreckt.
Denn warum ſolte diß von uns verſchwiegen bleiben,
Was deine gottes-furcht ſehr offt geſtanden hat,
Daß diß beſondre gluͤck des himmels wunderthat,
Und dem gerechten arm des Hoͤchſten zuzuſchreiben?
Durch dieſen wurd zugleich der Pharao geſtuͤrtzt,
Der ſtoltze Pharao, der dich an deinem erbe,
Mehr durch verdammte tuͤck, als durch gewalt, verkuͤrtzt.
Jtzt ſieht er, was die liſt vor einen lohn erwerbe,
Und wie derjenige zu dem verderben laͤufft,
Der unrecht und betrug wie waſſer in ſich ſaͤufft.
Doch was erkuͤhnt man ſich, diß weiter zu entwerffen,
Was dir des HErren hand und ſonderbahrer rath,
Da gifft und meuchel-mord auf dich gewuͤtet hat,
Vor heyl und huͤlff erzeigt? Wer will die feder ſchaͤrffen?
Wer ſtellt die tugenden, die froͤmmigkeit, die huld,
Die ernſte majeſtaͤt, die liebe zu den kuͤnſten,
Die unvergleichlich war, die klugheit, die geduld,
Und die gerechtigkeit, die unter den geſpinnſten
Des purpurs allemahl die oberhand behaͤlt,
Vollkommen an das licht, und zeigt ſie aller welt?
Wir ſind zu ſchwach darzu, und wuͤrden vor dem ſehnen,
Das jeder unter uns nach deiner guͤte fuͤhlt,
Jtzt, da ſo viel gefahr auf unſre ſcheitel zielt,
Gantz matt und krafft-los ſtehn; Wenn bey ſo vielen thraͤnen
Sich nicht ein neuer ſtrahl, ein neues licht gezeigt,L 5Das170Begraͤbniß-Getichte.
Das in der finſterniß, als wie die ſonne, glaͤntzet.
Dein Joſeph, welcher hertz und ſinnen zu ſich neigt:
Dein Joſeph, den ſo ſieg, als ehre, laͤngſt bekraͤntzet:
Dein Joſeph, welcher dir durchgehends aͤhnlich iſt,
Wird itzt zu unſerm haupt und aufenthalt erkieſt.
Zu dieſem wendet man das thraͤnende geſichte,
Und wuͤnſcht, daß er auf uns, die des monarchen tod
Jn tieffen kummer-ſtand und jammer-volle noth
Mehr als zuviel geſetzt, ſo hertz als augen richte!
So wird, wie Leopold der ahnen hohen ruhm
Durch ſeine tugenden und thaten uͤberſtiegen,
Auch Joſeph, der ihm laͤngſt zu ſeinem eigenthum
So furcht als lieb erwehlt, der voͤlcker wunſch vergnuͤgen,
Und ſo, naͤchſt GOttes ſchutz, in allem ſeinem thun
Des groſſen vaters gluͤck und ſegen auf ihm ruhn!
Der bey dem hoch-adel. leich-begaͤngniß tit. Herꝛn Niclas von Mohl auf Muͤhl - Raͤdlitz, des fuͤrſtenthums Liegnitz lan - des-aͤlteſten, entworffene bau des menſchlichen lebens. B. S.
JHr, die ihr ſaud vor gold, und ſchaum vor perlen acht,
Die ihr auf glas und eiß der wohlfarth pfeiler ſetzet,
Und euren eitlen ruhm in ertz und marmor aͤtzet,
Kommt hier zu dieſer grufft, holt licht bey dieſer nacht!
Werfft eure larven ab, die voller ſchwindel ſtecken,
Die ein gefirnſter wahn um eure ſchlaͤfe huͤllt!
Hier iſt ein richter-platz, wo kein verſtellen gilt,
Ein ſpiegel, der euch nichts von flecken wird verdecken,
Da jedermann ſein bild in fremder aſche ſieht.
Der lehrer iſt der tod; ſein ſtuhl die leichen-bahre;
Jndem er groß und klein auf ſeinen ſchau-platz zieht,
So rufft er nur ſo viel: O eitle lebens-jahre!
Wie171Begraͤbniß-Getichte.
Wie ſeelig war die zeit, da man auf gruͤnes gras
Ein ſchatticht lauber-zelt von ulmen-baͤumen ſetzte,
Und eine wand von holtz vor feſte mauren ſchaͤtzte,
Da man mit guter ruh in ſchlechten huͤtten ſaß!
Allein, wie aͤndert ſich das weſen unſrer zeiten?
Wenn ſchloͤſſer in der lufft, im waſſer thuͤrme ſtehn:
Wenn die pallaͤſte ſich dem himmel gleich erhoͤhn:
Und neue rieſen ſtets mit denen goͤttern ſtreiten.
Man bricht der erden ſchacht, der felſen abgrund auf:
Der wald muß cedern-holtz, die fluthen perlen geben:
Man pflantzet berge fort, und hemmt der wellen lauff:
Man baut, als wolte man gantz ohne ſterben leben.
Wo ſtieg die vorwelt nicht mit ihrem vorwitz hin?
Wenn Babels finger will biß an die wolcken reichen,
So muß ein ſtoltzer thurm dem hoͤchſten berge gleichen:
Dort ruͤhmt Mauſolus grab die groſſe meiſterin:
Dort muß ein ſchilfficht grund Dianens tempel tragen:
Wenn ſich der Cyrus ſonſt in goͤldne waͤnde ſchlieſt,
Und um des Nilus ſtrand ein berg ein grabmahl iſt.
Des Hammons goͤtzen-bild laͤſt wunder von ſich ſagen:
Ein praͤchtiger Coloß macht Nhodis ufer werth;
Allein! wo ſind ſie nun mit ihrem pracht geblieben?
Die zeit hat ſie verſtoͤrt, der wurm hat ſie verzehrt,
Und ihr gedaͤchtniß iſt kaum in den ſand geſchrieben.
Melaus mag ſein haus von helffenbeine baun,
Die nach-welt wird es doch als eine fabel leſen:
Wer iſt Atpalipa, und wo ſein ſitz geweſen,
Der aus ſaphiere ließ des bodens pflaſter haun?
Fragt nach des Scaurus burg, die voller muſchel-fruͤchte!
Sucht das eryſtallne ſchloß, darinne Druſus ſaß!
Der ſturm friſt ertz wie holtz, bricht ſteine wie das glas:
Das rauhe ſchickſal macht porphir und gold zu nichte:
Die zeit ſieht ſolchen ſchmuck mit ſcheelen augen an:
Sie ſucht den graͤbern ſelbſt ein grabmahl zu bereiten:
Sie macht den ſchoͤnſten bau zu einem aſchen-plan,
Und graͤbt den titul drauf: Hier liegen eitelkeiten:
Gebt172Begraͤbniß-Getichte.
Gebt Perſien den ruhm, daß es die kunſt gebahr,
Des nahmens ewigkeit in ſtein und kalck zu praͤgen!
Laſt Syrien den grund zur wunder-ſaͤulen legen,
Und ſagt, daß Griechenland im bauen meiſter war:
Erhebet Rom mit ruhm, die mutter der palaͤſte,
Und nennet dieſe ſtadt der ſtaͤdte wunder-werck:
Entwerfft das Vatican, ruͤhmt des Quirinus berg,
Das groſſe Capitol und Alexanders veſte:
Sagt, was Farneſius und was Colonn gebaut,
Auch was ſich praͤchtiges von dem Borgheſi ſchreibet!
Doch wenn ihr alles diß entſetzlich angeſchaut,
So findet ihr doch nichts, was immer etwas bleibet.
Geht weiter in die welt! ſeht, was Europa hat!
Wie ſich Jberien mit Philipps kloſter zieret:
Und wie Verſailles der liljen ſcepter fuͤhret!
Vergeſſet nicht den Haag, das dorff trotz einer ſtadt!
Laſt euch das Witehall, das haus von Ryßwick zeigen:
Beſchauet das Serrail, wo Gog und Magog ſitzt:
Seht, wo der printzen printz ſich auf die fuͤrſten ſtuͤtzt,
Und wo palaͤſte ſich vor unſern adler neigen:
Bewundert Brennus bau, den hand und klugheit ſchmuͤckt:
Fragt jegliche provintz, wodurch ſie kenntlich werde!
Doch ſagt mir, ob ihr auch was ewiges erblickt?
Mich deucht, die antwort faͤllt: Die erde traͤgt nur erde.
Drum ſchlieſt die augen auf, ihr buͤrger dieſer welt!
Erkennt des lebens traum, die ſchwindſucht dieſer zeiten!
Laſt groſſer fuͤrſten fuß auf alabaſter gleiten!
Der tod hemmt ihren gaug, der moder friſt ihr zelt.
Und wenn ihr berg auf berg, thuͤrm uͤber thuͤrme ſetzet;
So bleibt doch wirth und haus des wechſels unterthau.
Rom ſah des Nero burg mit blaſſem eyfer an,
Bey dem rubin und gold vor ſcherbel nur geſchaͤtzet;
Nach Vejos, rieff das volck: Rom wird ein eintzig haus!
So wird auch neid und zeit der kuͤhnen nach-welt lachen!
Ja beyde ruffen ſchon in allen grentzen aus:
Man will die gantze welt zu einem hauſe machen.
Wer173Begraͤbniß-Getichte.
Wer ſaltz in ſeiner bruſt, witz im gehirne fuͤhrt,
Der wird bey dieſer grufft die ſinnen nicht entfernen,
Und von den todten auch des lebens klugheit lernen.
Schaut, ſterbliche! der ſarg, den boy und kertze ziert,
Jſt nun das letzte haus auf dieſer morſchen erden,
Jn welchem der von Mohl der glieder bau verſchlieſt,
Seit dem die ewigkeit der ſeelen loſung iſt.
Jhm hat die ſpaͤte welt viel muͤſſen ſchuldig werden,
Weil er des landes troſt, der kirchen auge war;
Doch wer den nachruhm will in wenig zeilen leſen,
Der ſchreibe nur ſoviel auf ſeinen denck-altar:
Sein gantzes leben iſt ein rechter bau geweſen.
Gleichwie ein irꝛdiſch ſtoff des Adams urſprung hieß;
So war ſein lebens-bau zwar nur von ſchlechter erden,
Doch muſt er durch den geiſt zu einem tempel werden,
Daran die tugend ſelbſt den zierath bauen ließ.
Wenn ſonſten farb und gips die zimmer herꝛlich machen;
So ſahe man bey ihm der ahnen vorbild ſtehn:
Es durffte hier kein gold das auſſenwerck erhoͤhn,
Der ſinnen ſchoͤnſter ſchmuck beſtund in klugen ſachen:
Er war des landes thurm, der auf die vorſicht ſtund:
Ein zeughaus voller witz, wo rath und that zu ſchauen:
Ein pfeiler vor dem fall, ein ungemeiner grund,
Darauf die wohlfarth ließ ihr leib-gedinge bauen.
Lernt, ſterbliche! worinn der ſeelen bau beſteht!
Sein beſter grund-ſtein war gebet und GOttes guͤte,
Der kalck die einigkeit, der ſand ein gut gemuͤthe,
Der eckſtein die geduld und wahre pietaͤt,
Die pfoſten ſtrich er an mit blute von dem lamme,
So offt des wuͤrgers geiſt bey ihm voruͤber gieng:
Und daß ſein ſchwaches haus niemahls den fall empfieng,
So untergrub er ſtets das holtz vom creutzes-ſtamme:
Auf ſeinen treppen ſtieg der engel auf und ab:
Sein beſtes fenſter war ein unverfaͤlſcht gewiſſen:
Wer auf ſein chriſtenthum in allen achtung gab,
Kunt aus dem hauſe leicht des wirthes adel ſchluͤſſen.
Nicht174Begraͤbniß-Getichte.
Nicht ehrſucht, nicht begier, auf erden groß zu ſeyn,
Bewog das graue haupt, im bauen ſich zu uͤben;
Die liebe gegen GOtt hat ihn darzu getrieben:
Der unterthanen heyl gab ihm den vorſatz ein.
Hier ſteht des HErren haus, die ſteine moͤgen ſagen,
Was Joas hier gebaut, was Eßra hier gethan:
Zeigt nicht der ſchoͤne thurm, als wie ein finger, an,
Wohin der theure geiſt ſtets ſeine luſt getragen?
Das heiſt, was GOtt geſchenckt, zu ſeinem dienſte weyhn.
Wie ſeelig iſt der bau, den ſolche haͤnde fuͤhren!
Da druͤckt die ewigkeit des glaubens denck-ſpruch ein:
Den felſen ſoll auch nicht der hoͤllen-pforte ruͤhren.
Da Schleſien das ſchwerd an ſtatt der ſichel hielt,
Empfand Muͤhl-Raͤdlitz auch, was krieg und feinde waren;
Doch der hoch-ſeelige hat nach den eiſern jahren,
Diß vaͤterliche theil mit wohlfarth angefuͤllt.
Auguſtus hatte nur ein Rom von thon bekommen,
Und hinterließ es doch von marmel aufgericht;
Zwar ſteiget der von Mohl auf dieſe ſtaffeln nicht:
Doch hat ſein gut durch ihn ſo herꝛlich zugenommen,
Daß man ſein lob mit recht in feſten marmor graͤbt,
Weil er, wie Joſeph, offt das korn-haus aufgeſchloſſen,
Den ſeinen, nicht ſich ſelbſt, zur nutzbarkeit gelebt,
Und zwar des bauens-laſt, doch nicht die luſt, genoſſen.
Ach! daß ſein lebens-band den untergang geſehn!
Die zeit beſchneyt mit moos unnuͤtze pyramiden,
Und will der tugend ſelbſt des todes feſſel ſchmieden.
O ſchickſal voller ſchmertz! jedoch es muß geſchehn!
Wie kan ein hoher geiſt in Kedars huͤtten bleiben,
Und in der ſterblichkeit des Meſechs ſclave ſeyn?
Die ſeele reiſt zuletzt des leibes kercker ein,
Und muß der glieder reſt der erden einverleiben.
So gehe, theurer Mohl! geh in dein letztes haus!
Laß hier, was ſterblich iſt, in dieſer kammer liegen!
Wir alle ruffen nach: Dein bauen iſt zwar aus;
Dort aber wird den geiſt ein ewigs haus vergnuͤgen.
Mich175Begraͤbniß-Getichte.
Mich daͤucht, ich hoͤre dich bey Salems luſt-panier
Ein unausſprechlich lied im friedens-tempel ſingen,
Die ſeraphinen ſinds, die deinen geiſt umringen:
Hier iſt es gut zu ſeyn, das iſt die wohnung hier,
Wo vor des lammes ſtuhl ſich tauſend knie beugen:
Die huͤtte, welche doch von keiner hand gebaut:
Der praͤchtige pallaſt, den noch kein blick geſchaut:
Hier ſind Allein, ich muß vor groſſem wunder ſchweigen,
Weil ich der haͤuſer haus doch nicht beſchreiben kan,
Darinnen er itzund das buͤrger-recht genommen.
Betruͤbte! ſchauet diß nur in gedancken an!
Wohl dem, der nach dem bau, wie er, zum ſchauen kommen!
Komm, du verlaßnes gut! komm Brauchitſchdorff herzu!
Gieſt eure ſchaalen aus bey dieſer werthen leiche!
Wißt, daß ein groſſer hier, ein vater hier erbleiche!
Doch goͤnnt ihm auch das loos der himmel-ſtillen ruh!
Erſchuͤttert euer haus durch dieſes falles beben,
Und muß ein klaͤglich ach! durch alle zimmer gehn?
Aus dieſer aſche wird ein Phoͤnix auferſtehn:
Was euch mit Mohlen ſtirbt, wird durch den Haugwitz leben:
Der ſegen ruht auf ihm. So muͤſſe dann ſein haus,
Wie Obed-Edoms ſeyn, zu lauter heyl erkohren!
Lebt der, und Mohl in ihm, ſo rufft ihr freudig aus:
Wir haben zwar ſehr viel, jedoch auch nichts, verlohren.
Jhr aber, die ihr noch an dieſer erden klebt,
Und immer jahr auf jahr in eurem wandel bauet,
Gedenckt, daß tod und zeit auf eure muͤhe ſchauet,
Und offt ein augenblick die hand im wercke hebt.
Soll euch die ſpaͤte welt in euren wercken preiſen;
So bauet GOtt zum ruhm, der welt zur nutzbarkeit,
Wie der von Mohl gethan, und macht euch ſtets bereit,
Aus der vergaͤnglichkeit demſelben nachzureiſen!
Mein liebſtes vaterland! GOtt ſtehe vor dem riß!
Er wolle dieſes amt durch ein ſolch haupt bekleiden,
Das Joſephs ſchaden ſieht! Denn dieſes iſt gewiß:
Wenn Archymedes ſtirbt, muß Syracuſa leiden.
Die176Begraͤbniß-Getichte.
Die bey dem grabe tit. herꝛn Balthaſar Gottfried von Nieſemeuſchel geleiſtete letzte pflicht 1706. B. S.
HOchſeeliger! dein grab iſt ſchon vorlaͤngſt gebaut;
Vier jahre haben dir den ſarg bißher gezimmert,
Da kaum ein ſchwacher blick die welt noch angeſchimmert:
Du ſturbeſt tag fuͤr tag, nicht wie man ſonnen ſchaut,
Nach ihrem untergang zur morgen-roͤthe kehren;
Dein balſam wolte ſich nur nach und nach verzehren,
Und deine kranckheit war prophete von der nacht,
Die endlich in der grufft uns alle gleiche macht.
So gieng dein edler geiſt ſchon durch die morſchen glieder,
Wie ein geweyhter hauch, zu ſeiner quelle hin:
Und alſo war bey dir der himmels-buͤrger ſinn,
Die ſterben, eh man ſtirbt, ſo ſterben ſie nicht wieder.
Kein wunder, wenn der leib der ſeelen lazareth,
Daß die bekerckerten ſich aus den feſſeln ſehnen,
Wann ihnen tod und grufft den weg zur freyheit baͤhnen,
Natur hegt eine gluth, die nach der hoͤhe geht,
Und heiſſet brunnen auch ins meer ſich wieder ſtuͤrtzen:
Wenn lauter wermuth will des lebens koſt verwuͤrtzen,
So leckt der matte hirſch nach einem friſchen naß:
Ein ſchiff ſticht durch die ſee, und folget dem compaß:
Der pilgrim flieht den wald, wo moͤrder in den gruben:
Der tauben fluͤgel eilt, wenn es zur arche geht:
Es freut ſich Jſrael, wenn es am Jordan ſteht:
Und Loth geht jauchzende aus Sodom von den buben;
So war dein ſinn, dein hertz, du uͤberirrd’ſcher geiſt!
Schon laͤngſt der todten welt und ihrer luſt geſtorben:
Du hatteſt einen zug vom creutz-magnet erworben,
Der immer uͤber ſich die kraͤffte ſteigen heiſt.
Was auf der erden war, ſchien dir, wie glas-cryſtallen;
Hingegen lieſſeſt du die ſchaͤtze dir gefallen,
Die177Begraͤbniß-Getichte.
Die uns die ewigkeit in ihrer tieffe zeigt.
Ein menſch, der nur ſein knie vor mammons throne beugt,
Stirbt freylich, wenn er ſtirbt, mit halb-gebrochnem hertzen;
Dir war der abſchied leicht, den du vorlaͤngſt gemacht,
Jndem du alle welt ſo wuͤrdig nicht geacht,
Des himmels theures gut dagegen zu verſchertzen.
Unſchaͤtzbarer gewinn! der nichts zu etwas macht:
Ein reichthum, der uns muß auch in die grufft begleiten.
Laſt heidniſche vernunfft um einen balſam ſtreiten,
Dadurch das leben wird im ſterben wiederbracht!
Ein Chriſte lachet nur, wenn man Mauſolens ſtaube
Ein lebendiges grab in der gemahlin macht;
Hier redet GOttes mund, und hier bekennt der glaube,
Daß, wer in Chriſto ſtirbt, zum leben wird gebracht.
Der tod iſt todt! O ſieg, der mehr als palmen traͤget!
Das grab heiſt nur die ruh, das ſterben ein gewinn:
Der hafen bringet uns zur guten hoffnung hin:
Der leib wird in den ſand zum ſchatze beygeleget.
Noch mehr hat dich dein tod unſterblich hier gemacht:
Des lebens hertzog ließ ſein haupt am holtze ſincken,
Und wolte gleich vor dich des todes galle trincken,
Als man den tag erlebt, der dir den abſchied bracht.
Der ſtille freytag ward zum frey - und freuden-tage:
Dein JEſus ruffte laut, das war die letzte klage:
So drang dein geiſt getroſt zur offnen ſeiten ein,
Es ſolte nur dein grab in JEſus wunden ſeyn.
O ungemeiner tod! Doch weg mit dieſem worte!
Ein ſchlaf, ein artzt, ein ſieg, ein abſchied aller pein,
Soll uns dein ſterben nun in Chriſti tode ſeyn:
Sein creutz und ſeine grufft iſt deine lebens-pforte.
Nun nicht mehr ſterbender, du wohl-geſtorbner du!
Es geht dein ſiecher leib zum weſen durchs verweſen:
Der kalten glieder reſt kan in der grufft geneſen:
Die beſte medicin iſt deine ſanffte ruh.
Dein geiſt iſt hingeruͤckt, wo reine geiſter ſchweben:
Jtzt wird Charlotte dir den kuß in Zion geben.
VI. Theil. MDer178Begraͤbniß-Getichte.
Der theure greiß, der dir die tochter anvertraut,
Der ſchon ins andre jahr das land von erden baut,
Heiſt dich willkommen ſeyn dort vor des alten throne.
Jtzt weidet euch das lamm, das auf dem ſtuhle ſitzt:
Jtzt wandelt euer fuß, wo keine natter ritzt:
Jtzt glaͤntzet euer haupt von Zions ſternen-crone.
Jch habe, ſeeligſter! dein auge nicht gedruͤckt:
Jch habe deinen geiſt mit ſegnen nicht begleitet,
Wie ich die letzte pflicht zu jener zeit bedeutet,
Da mir ein Haugwitz ſtarb, der mich ſo offt erquickt;
So muß die hand-voll ſand von ferne das erſetzen,
Was ich im geiſte hier zu deiner aſche ſtreu;
Doch da ich auch mit dir mich muß in ſchrifften letzen,
So ſtirbt mein Haugwitz mir recht noch einmahl darbey.
GOtt rieff mich ja durch euch, da ich den leib-rock kriegte:
Jtzt halt ihr beyde um den ſterbe-kuͤttel an;
Doch ich beſcheide mich: Der HErꝛ hat es gethan!
Du ſiegeſt auch itzund, wie dorten jener ſiegte.
Steh, uͤberwinder! nun in deiner ſieges-pracht!
Dein kleid iſt licht und glantz im purpur-felde worden:
Hier iſt das goldne vließ in dieſem ritter-orden;
Triumph heiſt dein geſang, zu dem der himmel lacht.
Wir wollen deine grufft mit einem ſiegel ſchlieſſen,
Jn dem der lebens-ruhm, wie diamanten, ſteht;
Doch wird man dieſen ort nicht einen kercker gruͤſſen,
Weil eine ſchrifft zugleich wie marmel iſt erhoͤht:
Hier ſtarb (was ſag ich ſtarb?) hier gieng zum andern leben
Durch einen ſanfften tod an Chriſti todes-tag,
Der bey vier jahren ſchon wie gantz erſtorben lag,
Dem hat des HErren tod das leben hier gegeben.
Nun wend ich mich zu dir, du halb-erſtorbnes hertz!
Sie wollen, gnaͤdige! in thraͤnen ſich begraben,
Weil ſie den beſten ſchatz der grufft vertrauet haben:
Die wunden ſind ſehr tieff, der ſchmertzen uͤber ſchmertz.
Der weinſtock triefft, wenn ihm die trauben abgeriſſen:
Wie ſolten nicht bey ſie die witwen-thraͤnen flieſſen?
Doch179Begraͤbniß-Getichte.
Doch ich beſinne mich, was ihre feder ſchrieb:
Es iſt der HErꝛ mein GOtt, er thue, was ihm lieb.
So wird mir ſelbſt der troſt in meinen mund gegeben:
Jch ſeh die thraͤnen ſchon in freuden-wein verkehrt,
Weil der, ſo ewig ſtirbt, die thraͤnen nur begehrt;
Nicht aber ihr gemahl, der kan unſterblich leben.
Das beſchwerliche aber doch herꝛliche prie - ſter-amt, erwogen bey dem grabe Herꝛn Johann Gottfried Moͤrlini, paſtoris in Royn und Blumerode, nachdem ſelbiger anno 1698, nach gehaltener predigt, auf der cantzel verſchieden. B. S. Trauer-ode.
1.
STeig, Aaron! auf den berg!
Laß Jſrael die letzte predigt hoͤren!
Beſchleuß des HErren werck!
Die ſterbe-kunſt ſolſt du durchs ſterben lehren,
Wie wohl iſt der in ſeinem tode dran,
Der mitten im beruffe ſterben kan!
2.
Zeuch aus die ſterblichkeit,
Die huͤllen, die nur mott und ſchimmel freſſen!
Nimm hin das weiſſe kleid,
An welchem weder licht noch pracht vergeſſen!
Die cantzel muß Elias wagen ſeyn,
Drauf fahre nun zu Edens grentzen ein!
3.
Geh aus Egypten aus,
Durchs rothe meer der theuren JEſus-wunden,M 2Jn180Begraͤbniß-Getichte.
Jn deines vaters haus
Haſt du das rechte Canaau gefunden,
Wo lebens-milch und friedens-honig flieſt,
Wo cron und lohn der lehrer haupt umſchließt.
4.
Tritt an den letzten ſtreit!
Die wahl-ſtadt iſt der ort, wo du gelehret:
Der ſieg iſt nicht mehr weit,
Der dir, als ſtreitern Chriſti zugehoͤret.
Dein tod und dein triumph iſt einerley:
Faͤllt ſchon der leib, bleibt doch die ſeele frey.
5.
Ach HErꝛ! laß Simeon
Jn fried und ruh zu ſeinen vaͤtern fahren!
Ach ja! du ſieheſt ſchon
Der heiden heyl, der cherubinen ſchaaren:
Ach! wie vergnuͤgt wird dieſe ſtimme ſeyn:
Geh, treuer knecht! zu GOttes rechten ein!
A und O!
D bley und cronen-gold gar offt verſchweſtert ſeyn:
Daß purpur, ſchweiß und blut ſich meiſtentheils verbinden,
Und auch die dornen ſich bey koͤnig-roſen finden,
Schreibt nicht Savedra nur der printzen hertzen ein;
Es muſte dieſes ſelbſt ein helden-geiſt bekennen,
Als ſein geſalbtes haupt zur hoͤchſten ehre kam,
Und durch geburth und wahl die teutſche crone nahm:
Hier, ſprach er, mag ich wohl die wuͤrde buͤrde nennen,
Denn alle perlen ſind der thraͤnen contrefay:
Ja, jeder diamant kommt zwar den cronen bey;
Doch iſt er ein prophet von manchen ungluͤcks-hlitzen,
Und kan das matte hertz wie lauter dornen ritzen.
Zwar cantzel und altar reimt ſich zum throne nicht:
Von ſceptern iſt es ſchwer, auf buch und creutz zu ſchluͤſſen;
Doch wird die wahrheit ſelbſt den ausſchlag geben muͤſſen,
Daß auch der prieſter amt mehr dorn als roſen bricht.
Wenn181Begraͤbniß-Getichte.
Wenn dort Nicetius der kirchen inful traͤget,
Und Triers biſchoffs-ſtab in ſeiner hand erblickt,
So fuͤhlt er eine laſt, die haupt und ſchultern druͤckt,
Und ſein gemuͤth und hertz in bange feſſel leget:
Er ſieht, wie luſt in laſt, ruhm in verdruß ſich kehrt,
Daß, wer durch muͤh und fleiß ein biſchoffs-amt begehrt,
Zwar etwas koͤſtlichs ſucht, doch auch erfahren muͤſſe,
Daß ſeine wuͤrde ſich mit einer buͤrde kuͤſſe.
Ein ungeſtuͤmmes meer hegt ſo viel klippen nicht,
Als faͤhrlichkeiten hier dem Paulus ſchiffbruch draͤuen:
Die welt vergnuͤget ſich, das creutzige! zu ſchreyen,
Wenn ſie als natter ſtets der lehrer ferſen ſticht:
Der, ſo von anfang her als moͤrder ſich erzeiget,
Hat offt durch Doegs fauſt der prieſter blut verſpritzt,
Und eine Jſebel zu tollem grimm erhitzt,
Daß der propheten hals zum ſchwerdte ſich geneiget.
Wenn Noa buſſe rufft, wird er der ſuͤnder ſpott:
Zu Sodom lauret man auf den gerechten Loth:
Gefaͤngniß muß zuletzt Johannis wahrheit kraͤncken,
Und ſein geheiligt haupt dem geilen tantze ſchencken.
Geſetzt, daß pfahl und ſtahl der lehrer noch verſchont,
Daß man die glieder nicht in pech und ſchwefel kreiſchet,
Und ſie mit beil und pfeil biß auf den tod zerfleiſchet;
So werden ſie doch meiſt mit zorn und hohn belohnt.
Wenn Ahab ſeinen grimm will gegen Micha weiſen:
Wenn nichts als murren ſich vor Moſes treue zeigt,
Und ein Oneſimus des Paulus hertze beugt;
Da muß ein prieſter ſich mit bittrer wermuth ſpeiſen.
Obgleich Ambroſius mit lippen-zucker traͤnckt,
Und ein Chryſoſtomus gold aus dem munde ſchenckt;
Die unbußfertigkeit, das eyfern, kraͤncken, wachen,
Muß den Eliam offt des lebens muͤde machen.
Doch die nativitaͤt hat ihnen laͤngſt geſtellt
Der kirchen ober-hirt, der groͤſte der propheten,
Jhr ſchickſal wuͤrde ſeyn verhoͤhnen, laͤſtern, toͤden,
Verfolgung in der welt, weil ſie nicht von der welt.
M 3Der182Begraͤbniß-Getichte.
Der meiſter muſte ſchon die dornen-crone tragen,
Was wunder, wenn den knecht die ſcharffe ſpitze ſticht?
Und endlich iſt es klar, weßwegen es geſchicht,
Daß welt und ſatan ſtets der lehrer ſeelen plagen.
Es ſieht der hoͤllen-wolff, daß treuer hirten wacht
Schon manches ſchaͤfgen hat aus ſeinem rachen bracht:
Naͤchſt dieſem kan die welt ſie darum nicht vertragen,
Weil ſie mehr weh als ſanfft mit ihrem ſtabe ſchlagen.
Jch ſchweige, daß der haß offt nach dem tode lebt:
Denn wie des baumes fall die fruͤchte ſelbſten fuͤhlen,
So will die welt den muth an weib und kindern kuͤhlen,
Zu derer ungluͤcks-fall ſie fleißig gruben graͤbt.
Jch melde nicht, was ſonſt vor truͤbſal und vor jammer
Der treuen lehrer hertz in ſcharffe diſteln legt,
Und ihnen auf die bruſt des creutzes wappen praͤgt;
Der himmel hoͤret es, es weiß es ihre kammer,
Wie offt gefahr und angſt um ihre ſcheitel ſtreicht,
Wenn ein verfuͤhriſch wolff um ihren ſchaf-ſtall ſchleicht:
Wenn ſie offt muͤd und matt bey ſolchen elends-tagen,
Nur aufgeloͤſt zu ſehn, ein ſanfft verlangen tragen.
Sie ſtreuen in geduld des wortes milde ſaat,
Da ſie doch heerlinge vor gute trauben leſen:
Ja wenn die erndte groß und wohl beſtellt geweſen,
Sind doch die wenigſten, die GOtt gewehlet hat.
Wenn ſie die glaͤubigen mit angſt gebaͤhren muͤſſen,
Und aber manches kind die mutter ſelber haßt:
Wenn offt ein zarter baum kaum eine wurtzel faßt,
Den ſie mit ſchweiß und fleiß verbinden und begieſſen,
Da er doch einen wurm in ſeiner rinde heckt,
Und mit vergifftem thau das junge blut befleckt:
Das heiſt vergebne muͤh, das ſind beſchwerlichkeiten,
Die eines lehrers amt biß in das grab begleiten.
Was iſt ein prediger? Ein hell-beflammtes licht,
Das ſelbſten ſich verzehrt, indem es andern leuchtet;
Die lippen ſind ein brunn, der vieler hertz befeuchtet,
Jndeſſen auf ſein haupt des creutzes ſonne ſticht.
Wie183Begraͤbniß-Getichte.
Wie bienen ſammlet er des honigs ſuͤſſe ſpeiſe,
Vor einen fremden mund, nicht vor ſich ſelbſten ein:
Sein brod iſt angſt und muͤh, die thraͤnen ſind ſein wein:
Der haupt-pfuͤhl iſt ein ſtein, wie Jacob auf der reiſe
Dem ſorgen-vollen haupt dergleichen kuͤſſen gab,
Biß daß der ſaure ſtand zuletzte durch das grab
Zu ſeinem ſchluſſe kommt, und ſie nach ſturm und winden,
Der ruhe ſuͤſſen port in ihrem ſarge finden.
Doch ſeht den groſchen auch zur andern ſeiten an!
Beſchwerung und gefahr verdunckeln nicht die ſtrahlen,
Es prangt der prieſter-ſtand mit ſolchen ehren-mahlen,
Dabey man leid und neid gar leicht vergefſen kan.
Sein ſchickſal gleicht ſich zwar den truͤben finſterniſſen,
Darinn ihr ruhm und ſtern nur deſto heller ſtrahlt.
Und iſt das creutze ſchon an ihre bruſt gemahlt;
Doch muß das hertze ſich mit lauter roſen kuͤſſen.
Ein brunn wird zwar getruͤbt, doch wieder ausgeklaͤrt:
Sie werden zwar gedruckt, doch ihnen widerfaͤhrt
Diß leiden nur zum ruhm, daß ſie durch creutz und plagen
Dem HErren aͤhnlich ſind, und ſeine zeichen tragen.
O! was vor hellen glantz giebt dieſer gegen-ſchein!
Ein lehrer kommt von GOtt, als leuchter von dem lichte,
Er ſiehet ſtets im geiſt des Hoͤchſten angeſichte,
Wie ſolt er nicht bey uns ein irꝛdſcher engel ſeyn?
Er iſt es, welchem GOtt geheimniſſe vertrauet,
Er fuͤhrt des geiſtes amt, darinnen ihm gebuͤhrt,
Daß er durch Chriſti krafft des HErren kriege fuͤhrt,
Wenn er durch mund und hand an GOttes tempel bauet,
Durch lehr und leben ſich ſelbſt zum exempel macht,
Und alſo Chriſti reich ſtets zu vermehren tracht:
Das iſt ein ſchoͤn geruch, der nach den himmel ſteiget,
Und ſeine lieblichkeit gedoppelt fruchtbar weiſet.
Jſt das nicht ehr und ruhm, des HErren bothe ſeyn,
Und GOttes gnaden-bund auf ſeinen lippen tragen?
Will man nach licht und recht, nach troſt und lehre fragen,
Hier hoͤrt man voller krafft des ruffers ſtimme ſchreyn;
M 4Ein184Begraͤbniß-Getichte.
Ein reiner prediger iſt eine ſuͤſſe quelle,
Da offt ein durſtig hirſch das friſche waſſer leckt:
Ein donner, der das hertz der ſichern ſuͤnder ſchreckt:
Ein zeug-haus voller rath, da man auf alle faͤlle
Sich wider noth und tod die waffen holen kan:
Wer ihn beleidiget, greifft GOttes augen an:
Er ſteht an Chriſti ſtadt: Wer will den HErren hoͤren,
Der muß durch lieb und furcht auch den geſandten ehren.
Nun Aarons ruthe bluͤht, der lehrer ruhm iſt klar:
Die taube, derer mund des friedens oͤl-blat bringet:
Der Jacob, der mit GOtt durch heiſſes beten ringet:
Die zunge, welche dort vom geiſte feurig war:
Das bruſt-bild Zebaoths, das ihre ſchultern zieret:
Und was noch mehr vor glantz von Moſis ſtirne faͤllt:
Hat laͤngſt das prieſter-amt ſo herꝛlich vorgeſtellt,
Daß ſeiner wuͤrdigkeit das ſchoͤnſte lob gebuͤhret.
Doch alles dieſes iſt vor weniges geacht,
Wenn man den gnaden-lohn der ewigkeit betracht:
Die crone mein ich hier, die ſie nach dieſen tagen,
Einſt vor des lammes ſtuhl auf ihrem haupte tragen.
Die lehrer leuchten dort, als wie des himmels glantz,
Die zur gerechtigkeit viel ſeelen angewieſen,
Die werden dermahleins den ſternen gleich geprieſen.
O ungemeiner tod! O ſchoͤner ſieges-krantz!
Hier faͤllt die feder hin, weil doch nicht zu beſchreiben,
Was noch kein ohr gehoͤrt, kein auge nie erblickt.
Wenn Paulum gleich der geiſt im dritten himmel ruͤckt;
So muß, was er geſehn, doch unausſprechlich bleiben.
Wohl dem nun, der bey GOtt der lehrer crone traͤgt,
Wenn er ſein heilig amt im tode niederlegt,
Der auf dem berge Hor mit Aaron ſich entkleidet,
Und den erloͤſten geiſt in GOttes antlitz weidet!
Gluͤckſeeliger Moͤrlin! Jch wende mich zu dir,
Denn du geneußt itzund den kern von dieſem allem,
Nachdem dein ſchoͤnes loos aufs lieblichſte gefallen.
Du warſt bey lebens-zeit der reinen lehrer zier:
Dein185Begraͤbniß-Getichte.
Dein ruͤhmliches geſchlecht hat ſchon von grauen jahren
Jn GOttes heiligthum den vorhang aufgethan:
Es haͤngt die pietaͤt dir von den eltern an,
Die ihrem GOtt getreu, der kirchen nuͤtzlich waren:
Was wunder! daß ihr geiſt gedoppelt auf dich kam,
Daß GOtt als hirten dich zu zweyen heerden nahm,
Und dir durch theuren ruff ein ſolches amt vertraute,
Darinn dein frommer geiſt mit groſſem nutzen baute.
Die cantzel und altar, als ſteine, zeugen mir,
Wie du dein liebes volck mit manna haſt geſpeiſet,
Und gegen alle dich als vater ſtets erweiſet:
Du trugeſt kern und ſafft, nicht taube ſchalen, fuͤr:
Dein lehren war nicht leer, wenn glauben, lieben, hoffen,
Als wie ein klee-blat, dir in mund und hertz gegruͤnt,
Und deiner ſeelen-ſchaar zur ſuͤſſen koſt gedient:
Wenn deine lippen offt von lauter honig troffen;
So reichte deine bruſt die milch des troſtes dar,
Und machte Chriſti wort in reicher maaſe wahr:
Wer dieſen theuren fels im glauben kan umſchlieſſen,
Von deſſen leibe ſoll ein ſtrohm des lebens flieſſen.
Zwar dein geheiligt amt war nicht von ſorgen frey,
Das, wenn du zucker gabſt, offt gallen erndten muͤſſen;
Doch dieſes konte dir den groͤſten ſchmertz verſuͤſſen,
Daß truͤbſal, creutz und ſchmach der lehrer crone ſey,
Und ſie nach muͤh und tod des lebens kleinod erben.
So war der fleiß dein preiß, daß du die groͤſte laſt
Mit luſt und freundlichkeit auf dich genommen haſt,
Du wolteſt ſtehende, wie jener kaͤyſer, ſterben.
Nun dieſes iſt erfuͤllt, da dir des HErren hand
Auf deinem predig-ſtuhl das ſcheiden zuerkannt:
Gantz Blumeroda ſoll von deinem ende zeugen,
Ja ſelbſt die ſteine nicht den ſanfften tod verſchweigen.
Die leichen-predigt haſt du ſelber dir gethan,
Und, was du ſonſt gelehrt, durch deinen tod verſiegelt.
Wohl dem, der ſich an dir und deinem ende ſpiegelt!
Der lernet, wie man ſanfft und ſeelig ſterben kan.
M 5Jtzund186Begraͤbniß-Getichte.
Jtzund geneuſt dein geiſt der edlen himmels-ſchaͤtze,
Allwo der palmen-zweig in deinen haͤnden gruͤnt:
Dein haupt iſt ſchon gecroͤnt, und deine treu verdient,
Daß man die kurtze ſchrifft an deine cantzel ſetze:
Hier ſchloß der prediger die predigt und den mund,
Judem er zwiſchen GOtt und ſeiner heerde ſtund;
Durch einen ſanfften tod iſt er im himmel-orden,
Und bey den aͤltiſten ein ewig prieſter worden.
Auf das abſterben des beruͤhmten Pro - feſſoris Hallenſis, Herꝛn Chriſtoph Cellarii, im nahmen einer tiſch - compagnie. G. S.
SJch in dem labyrinth der alten nicht vergehn:
Die wunder von Athen und Latium verſtehn:
Der ſprachen zierlichkeit recht aus dem grunde wiſſen:
Der kuͤnſte weiten kreis in das gehirne ſchlieſſen:
Aus finſtrer ſchrifften nacht ein licht der wahrheit ziehn:
Sich um den grauen witz vergangner zeit bemuͤhn:
Den halb-verfallnen ſchacht des alterthums durchkriechen:
Das, was der naſſe ſchwamm der jahre weggeſtrichen,
Und ſonſt zerſtuͤcket liegt, wie ein zerſchmettert glas,
Da man die ſtuͤcke kaum mit muͤh zuſammen las,
Durch hurtigen verſtand erſetzen und ergaͤntzen:
Sich uͤber den bezirck und die gemeine grentzen
Des poͤvels ſelbſt erhoͤhn: Was Socrates gefragt:
Democritus belacht: Heraclitus beklagt:
Der ruhig Epicur nach ſeiner luſt erſonnen;
Was Pyrrho vor ein garn des zweifels angeſponnen,
Und wie ein ſeiden-wurm ſich ſelbſt darein verwebt:
Wie Ariſtoteles nach dem beweiß geſtrebt:
Gewiſſen grund geſucht: Das goͤldne mittel funden,
Jn dem die tugend ruht: Warum ſein ruhm verſchwunden?
Was187Begraͤbniß-Getichte.
Was in der aͤltern welt der ſieben weiſen mund
Vor raͤthſel aufgeloͤſt: Des Hermes tieffen grund:
Und was Pythagoras aus ſtoltz und neid verſchwiegen:
Wie ſich Empedocles durch abgeſchmackte luͤgen
Durchaus vergoͤttern wolln: Was Plato ſpeculirt,
Und vor ideen einſt als weißheit eingefuͤhrt:
Wie grob und huͤndiſch ſich der Cynicus vergangen:
Wie Zeno ſich geſchaͤmt: Womit die redner prangen,
Die Rom, die Griechenland erſtaunend angehoͤrt:
Was ein Quintilian, ein Tullius gelehrt:
Der praͤchtige poet in ſeinen vers geſchloſſen:
Was Livius erzehlt: Der alten ſchoͤne gloſſen:
Des Strabo riß der welt: Und was allhier der fleiß
Auf dieſes enge blat nicht zu entwerſſen weiß:
Diß alles, und noch mehr in ſeinem kopff verfaſſen,
Und doch den hochmuth ſich nicht uͤbermeiſtern laſſen:
Diß heiſt ein criticus und polyhiſtor ſeyn.
Wie rar iſt dieſes lob! Die wiſſenſchafft allein
Findt jezuweilen wohl ein faͤhiges gehirne:
So ſteigt Salmaſius vor vielen zum geſtirne,
Faͤllt aber durch den ſtoltz weit tieffer, als er ſteigt.
Die unerſchoͤpffte muͤh, ſo ein Menage zeigt:
Sein critiſcher geſchmack, ſein angebrachtes leſen,
Weiſt, daß ſein muntrer kopff kein leeres haus geweſen;
Schaut man ihn aber auch nach ſeinem hertzen an,
So ſchaut man, wie er ſich nicht ſattſam ruͤhmen kan;
Dann weicht der ſuͤſſe preiß, den man ihm vor gewehret,
Dieweil ihn der geſtanck der prahlerey verzehret,
Die klar am tage liegt. So blaͤht das wiſſen auf,
Wenn nicht der weißheit krafft des lebens ſchnellen lauff
Jn ihren ſchrancken haͤlt, und nach der demuth leitet.
Das iſt, o ſeeliger! was deinen ruhm ausbreitet,
Was du geſchrieben haſt, das zeigt dein wiſſen an,
Und wer dich angehoͤrt, der weiß auch, daß kein wahn
Gelehrter prahlerey dir den verſtand verdunckelt.
Wer Holland durchgerelſt, weiß, wie dein nahme funckelt,
Und188Begraͤbniß-Getichte.
Und Teutſchland ehre bringt. Wiewohl wer kennt dich nicht?
Wem iſt Cellarius, der reinen redner licht
Und Pharus, unbekannt? Zwar deine feder lieget,
Weil deine fauſt erſtarꝛt: weil es der himmel fuͤget,
Daß den erblaßten leib ein enger ſarg umſchraͤnckt.
Doch wie den reinen geiſt das paradies umfaͤngt;
So ſoll dein ehren-ruf auch hier unſterblich bleiben.
Die wahrheit ſelber wird auf deinen leich-ſtein ſchreiben:
Hier lieget, was die welt nicht ohne ſchmertz vermiſt,
Ein groſſer criticus, doch noch ein groͤſſrer Chriſt.
Das gluͤcke der hochedel-gebohrnen Frauen, Frauen Catharinen Stryckin, gebohrnen Wordenhoffin, des beruͤhmten JCti, Herꝛn Samuel Strycks, Koͤnigl. Preußiſchen geheimen raths, Frauen gemahlin, bey ihrem anno 1707 erfolgten abſterben, vorgeſtellt im nahmen des Herꝛn Profeſſ. Ludovici ſaͤm̃tl. tiſch-compagnie. G. S.
EJn jeder menſch ſtrebt nach geluͤckt,
Es iſt in die natur geſetzt.
Wohl dieſem, den des Hoͤchſten blicke,
Der holden gnade werth geſchaͤtzt!
Wie vieler wuͤnſche ſind hier nichtig!
Das gluͤcke will den ruͤcken drehn.
Es ſind nicht aller augen tuͤchtig,
Die ſonnen-ſtrahlen anzuſehn.
GOtt189Begraͤbniß-Getichte.
GOtt hat auch viel verborgne wege:
Den fuͤhrt er auf der roſen-bahn,
Den andern durch viel wuͤſte ſtege,
Jn das verlangte Canaan.
Drum muß hier die vernunfft nicht kluͤgeln,
Der vorwitz hemme ſeinen lauff!
Das, was der himmel will verriegeln,
Schlieſt keines menſchen klugheit auf.
Dich, nunmehr ſeelige matrone!
Hat er die ſanffte bahn gefuͤhrt.
Es hat des gluͤckes ſchoͤne crone
Dein gantzes leben ausgeziert.
Du warſt ein kind von edlen eltern.
Das gluͤcke wolte dich erhoͤhn:
Deßwegen muſten deine keltern
Voll moſt, und ſonder eßig ſtehn.
Du gleichteſt den gepflantzten ſchnaten,
Die wegen ſonne, fleiß und wind,
Und durch begieſſen wohl gerathen,
Wenn ſie in gutem boden ſind.
Du lieſſeſt dich vernuͤnfftig leiten,
Die auferziehung ſchlug wohl an,
So daß man ſchon bey dieſen zeiten,
Von deinem gluͤcke ſagen kan.
Dann aber wurd es mehr vollkommen,
Als dich der groſſe Stryck umfieng,
Den du zum eh-gemahl genommen,
Der dir mit lieb entgegen gieng.
Hier hat die edelſte vergnuͤgung
Dir ihre ſchaͤtze kund gemacht,
Und durch des Hoͤchſten weiſe fuͤgung
Dich zu der wahren ruh gebracht.
Es190Begraͤbniß-Getichte.
Es herꝛſchte zwar von zarter jugend
Die froͤmmigkeit in deiner bruſt;
Wem aber iſt die macht der tugend
Jn ihrem wachsthum unbewuſt?
Die Gottesfurcht hat ihre grade;
Kein ceder-reis wird gleich ein baum:
Der menſch nimmt zu durch fleiß und gnade,
GOtt ſelber goͤnnt ihm zeit und raum.
Diß wachsthum war dein liebſtes gluͤcke,
Das himmelreich dein eintzig ziel:
Wiewohl indeß durch ſein geſchicke
Dir auch der erden gut zufiel.
Hier war kein mangel zu erſtatten,
Vergnuͤgung fuͤllte dein gemach:
Die ehre folgte, wie der ſchatten,
Der tugend-vollen Stryckin nach.
Du aber, hoͤchſt-begluͤckte ſeele!
Warſt nicht von der gemeinen art,
Ob dir aus dieſer duͤſtren hoͤle
Gleich ein beliebtes Eden ward.
Du lieſſeſt ſchaͤtz und welt-getuͤmmel
Dir nicht die minſte hindrung ſeyn,
Und alſo giengſt du in den himmel
Bey noch nicht ſpaͤtem alter ein.
Die Stryckin iſt dann nicht geſtorben:
Diß ſey der troſt, der thraͤnen daͤmpfft!
Sie hat den ſieges-krantz erworben:
Sie hat den guten kampff gekaͤmpfft:
Sie hat, wornach ihr geiſt geſtrebet:
Sie hat ein gut, das nie verdirbt.
Wie ſeelig iſt, der alſo lebet!
Noch ſeeliger, der alſo ſtirbt!
Auf191Begraͤbniß-Getichte.
Auf das abſterben eben derſelben, im nahmen anderer. G. S.
JHr, die ihr euch den wahn der welt verblenden laſſet,
Und den verkehrten ſchluß in die gedancken faſſet,
Die wahre gottesfurcht ſey lauter fantaſey,
Schaut unſre Stryckin an! Jhr tugend-volles leben
Kan euch in dieſer nacht ein helles licht abgeben,
Jch weiß, es faͤllt euch dann ein ander urtheil bey.
Wir geben gerne zu: Daß in Egyptens wuͤſten
Mehr molch und crocodil, als fromme tauben, niſten:
Und daß die froͤmmigkeit ein ſeltner vogel iſt.
Wir geben gerne nach: Daß menſchen ihre flecken
Mit einem bloſſen ſchein, und ſich mit maſquen decken,
So daß man offt den wolff ſelbſt vor ein ſchaf erkieſt.
Doch falſcher purpur kan nicht aͤchtem purpur gleichen:
Es wird kein ſchlechter ſtein den diamant erreichen,
So ſehr ihn auch die kunſt mit folgen helffen kan.
Man muß die geiſter nur recht auf die probe ſtellen.
Man kennt die worte ſchon, die aus den hertzen quellen,
Die wercke geben bald den Phariſaͤer an.
Der Stryckin, deren leib hier auf dem ſarge lieget,
Der Stryckin, deren geiſt die hoͤchſte ruh vergnuͤget,
Der Stryckin gottesfurcht hielt alle proben aus.
Erwegt, wie ſie gelebt! Jhr wandel liegt am tage.
Der weiſen urtheil croͤnt hier die gemeine ſage:
Der Stryckin hertze war kein uͤbertuͤnchtes haus.
Bißweilen huͤllt die noth uns in das kleid der tugend;
Jhr ſchien des gluͤckes gunſt von ihrer gruͤnen jugend,
Von ihrer wiegen an, biß in die finſtre grufft.
Die mittel fehlten nicht, der welt ſich zu bedienen,
Man ſah der ehren krantz um ihre ſchlaͤfe gruͤnen.
Jndeſſen daͤmpfft ihr geiſt der eitlen regung dufft.
Der hochmuth iſt ihr nie in ihren kopff geſtiegen,
Sie hieß die prahlerey zu ihren fuͤſſen liegen,
Und192Begraͤbniß-Getichte.
Und ſtieg durch niedrigkeit des geiſtes himmel-waͤrts.
Gebet und maͤßigkeit verſtattete den luͤſten
Hier keinen eingang nicht. Sie gieng die bahn der Chriſten:
Jhr mund wieß jederzeit ein GOtt geweihtes hertz.
Sie pflegte keine zeit mit karten zu verſpielen;
Ein andacht-volles buch, das itzund bey ſo vielen
Verworffen liegen muß, war ihre groͤſte luſt.
Es hat kein neid und geitz ihr hertze zugeſchloſſen.
Was hat das armuth nicht von ihrer hand genoſſen?
Wem iſt die mildigkeit der Stryckin unbewuſt?
Zeigt dieſer wercke glantz nicht ihren wahren glauben?
Wer kan die gottesfurcht wohl einer ſeele rauben,
Die alle reitzungen der ſchnoͤden welt beſiegt?
Kommt! die ihr fromme ſucht, wo ihr ſie finden wollet!
Der leib, um welchen itzt ſo manche thraͤne rollet,
Bewohnt ein ſolcher geiſt, der ſich an GOtt vergnuͤgt.
Laßt, feige ſeelen! laßt euch dieſes beyſpiel dienen,
Geht unſrer Stryckin nach, biß ihr die hohen buͤhnen
Des Chriſtenthums erreicht, die man ſo ferne ſieht.
Du aber, groſſer Stryck! der du ihr vorgegangen,
Um deſſen weiſes haupt der Themis perlen prangen,
Sey nicht bey ihrer grufft mit truͤber angſt bemuͤht.
Dein ſchatz, den du bedaurſt, ſingt itzund freuden-lieder,
Du ſieheſt ſie dereinſt in jenem reiche wieder.
Jndeſſen, weil der HErꝛ dich noch der erde goͤnnt,
So goͤnne, daß ſie dich nicht vor der zeit verliehre,
Damit dein hoher witz Fridricianen ziere,
Den recht und billigkeit ihr wahres kleinod nennt!
Auf193Begraͤbniß-Getichte.
Auf das abſterben der hoch-gebohrnen Frauen, Frauen Reginen Jſabellen, vermaͤhlter Graͤfin von Hohberg, ꝛc. ꝛc. B. S.
BEthraͤnter Fuͤrſtenſtein! es ſchallet noch die ſtimme,
Die dir vor kurtzer zeit ein harter bote war.
Es zittert dein pallaſt noch vor des todes grimme,
Entſetzen, furcht und angſt ſtellt dir ein Nebo dar.
Auch deine herꝛlichkeit ward durch die trauer-wolcke
Jn tieffſtes leid verhuͤllt, in eitel nacht verſenckt.
Dein gipffel, der zuvor mit froͤlichkeit getraͤnckt,
Ward bald in thraͤnennaß; ja du mit deinem volcke
Stundſt, wie durch einen blitz verſtarret und geruͤhrt,
Weil dir der fruͤhe tod ach! gar zu viel entfuͤhrt.
Man hoͤrt das echo noch in deinen thaͤlern weinen:
O ſchmertzlicher verluſt nach kurtzen ſonnen-ſcheinen!
Dein Hohberg ſatzte ſich tieff in den ſtaub darnieder;
Bey dieſer leiche ſtarb, was vor ſein leben hieß.
Der ſchmertz gieng biß ins hertz durch die erſtarꝛten glieder;
Es ward ein thraͤnen-feld, wo vor ein paradies.
Und welche feder mag ſo eine ſchrifft verfaſſen,
Ob blut und zaͤhren gleich zur dinte worden ſeyn,
Die uns ein ſolches leid und ſolche hertzens-pein
Nach ihrer hefftigkeit kan deutlich leſen laſſen?
Schreib an, o Fuͤrſtenſtein! den tag als einen tag,
Den keine ſchwartze ſchrifft nicht gnug bezeichnen mag.
Wie ſolte nicht ein flor um deine ſcheitel hangen,
Weil deine ſonne dir im mittag untergangen?
Wie Welſchland itzt erſtaunt der berge riß beſchauet,
Wie Napoli beſtuͤrtzt die felſen beben hoͤrt,
Wenn dorten Gibellin nur pech und ſchwefel thauet,
Und ſeines nachbars land mit aſch und graus zerſtoͤrt:
So ſieht man auch um dich der unterthauen huͤtten
Voll angſt und traurigkeit, da ſo ein riß geſchieht,
VI. Theil. NJn194Begraͤbniß-Getichte.
Jn den man ihren ſchatz mit leid verborgen ſieht.
Der himmel ward ein fels, und ließ ſich nicht erbitten,
Der ſchluß war einmahl da: Du ſolteſt, Fuͤrſtenſtein!
Ein ſchau-platz kurtzer luſt und langen traurens ſeyn,
Ein ſtein, den kuͤnfftig man zum marmor ſolte ſetzen,
Und nichts als ach! und ach! darein zum denckmahl aͤtzen.
Doch wo verfall ich hin? Hinweg mit den gedancken!
Die wie ein neuer riß in friſche wunden gehn.
Beflorter Fuͤrſtenſtein! enthuͤlle deine ſchrancken,
Und laſſe nicht dein haupt in ſolchem nebel ſtehn!
Es iſt ja freylich ſo: Dein ſchmuck iſt aſche worden,
Jn deinen thaͤlern rauſcht gerechter thraͤnen bach,
Gar billig rufft ein berg dem anderen mit ach!
Und wer nur um dich wohnt, erwehlt den jammer-orden,
Doch wie dein ſcheitel auch biß an die wolcken ſteht,
Und alſo dein geſicht ſtets nach der hoͤhe geht;
So dencke, daß der ſchlag, der dich ſo hart zerſpalten,
Von niemand, als von GOtt, den nachdruck hat erhalten.
Der himmel hatte dir ein kleinod anvertrauet,
Die graͤfin, die man ſtets vor unvergleichlich hielt,
An welcher die natur gantz nichts umſonſt gebauet,
Die crone des geſchlechts, der tugend ebenbild.
Jn ihr war froͤmmigkeit, und ein rechtſchaffen weſen:
Das hielte ſie vor ſchmuck, was ſie in Chriſto fand,
Jhr hertze war wohl recht der ſanfftmuth vaterland.
Die graͤfin hatte dir dein Conrad auserleſen,
Du nahmſt auch dieſen ſchatz wie einen engel an,
Die huͤgel huͤpffeten, und auch dein unterthan,
Die haͤnde ſahe man von allen unterlegen,
Begluͤckter Fuͤrſtenſtein! ſo rieff man allerwegen.
Ach aber! wie ſo bald ward hertz und ſchatz begraben!
Du ſaheſt kaum dein licht, ſo war die nacht ſchon da.
Wiewohl, beſinne dich! Es iſt der Hoͤchſte ja,
Der dir die graͤfin gab, und auch will wieder haben.
Das, was ſie itzt beſitzt, iſt auch ihr Fuͤrſtenſtein,
Den eckſtein hat ſie laͤngſt im glauben lieb gewonnen,
Auf195Begraͤbniß-Getichte.
Auf dieſem ſteine ſchlief ſie Jacobitiſch ein;
Noch naͤher, als bey dir, iſt ſie nun bey der ſonnen.
Bedencke dieſen zug! Zwar du verliehreſt viel;
Doch du verliehreſt nichts, weil GOtt dich troͤſten will.
Dein Hohberg darff nur hin nach hohen bergen ſehen,
GOtt laͤſt ihm zwar ſehr weh, doch auch zum wohl, geſchehen.
Soll dir ein denckmahl ſeyn in deinen fels gegraben?
So merck ihr ende nur, das ungemeine war.
Hier wirſt du balſam gnung auch von der wehmuth haben,
Es ſtellt ſich ſelbſt der tod zu deinem troſte dar.
Wie freudig war der geiſt, der recht nach Zion leckte!
Wie willig riß das hertz ſich von der erden los!
Was auf der zunge lag, das war ihr JEſus blos,
Vor deſſen ſuͤßigkeit ſie keine ſchmertzen ſchmeckte:
Die ſchlaͤge hieß ſie gunſt, die GOtt zu fuͤhlen gab:
Jhr ſiech-bett GOttes hand, und ihre luſt das grab:
Jhr mund troff ſtets von blut, das JEſus laſſen flieſſen:
Von dieſem wolte ſie, und ſonſt von gar nichts wiſſen.
So war ſie himmliſch ſchon, ob ſie gleich noch auf erden,
Jhr Conrad ſchien ihr wohl ein zug noch in der welt;
Sie letzte ſich mit ihm durch ſehnliche gebaͤrden,
Die lippen ſegneten, wie thau vom himmel faͤllt.
Doch uͤberließ ſie ihn zuletzt aus ihren armen,
Sie uͤbergab ihn dem, dem aller troſt bewuſt,
Und legte gaͤntzlich ſich an ihres JEſu bruſt,
Auch im erkalten nun durch liebe zu erwarmen.
Das letzte JEſus-wort muß auch ihr letztes ſeyn,
Man ſang: Es iſt vollbracht! ſo ſchlief ſie lieblich ein,
Wie ſonnen untergehn, in angenehmer ſtille,
Gieng der erloͤſte geiſt zu Zions reicher fuͤlle.
Laß nun, o Fuͤrſtenſtein! nicht immer thraͤnen ſchwitzen!
Das iſt kein opfer nicht vor die, ſo ſeelig ſind.
Hochſchmertz-betruͤbter graf! die wunden immer ritzen
Macht keinen feſten hand, der uns mit GOtt verbindt.
Was GOtt thut, das iſt wohl! diß war der letzte wille,
Den der erblaſte mund vor ſie zum troſte gab,
N 2Bey196Begraͤbniß-Getichte.
Bey dem verharren ſie. GOtt wiſche thraͤnen ab,
Die um den Fuͤrſtenſtein und in Berlin die fuͤlle
Bißher vergoſſen ſind; Der ſegen finde ſtatt,
Den die hoch-ſeeligſte vor ſie gegeben hat!
Sie ſtarb, doch nicht ihr ruhm, der glaͤntzt noch immer helle:
Jn ihrem hertzen lebt Regina Jſabelle.
Als der Herꝛ Profeſſ. J. F. Ludovici in Halle ſein eintziges toͤchterlein zur erden beſtattete. Jm nahmen ſeiner tiſch-compagnie. G. S.
SO muſt du, zartes kind! ſchon auf die rauhe bahn,
Die auch das alter kaum ohn zittern ſchauen kan!
O allzuherber tritt vor noch ſo weiche fuͤſſe!
Es hat dein linder mund der eltern treue kuͤſſe
Nur kurtze zeit geſchmeckt, ſo ſchenckt des todes hand
Dir bittre myrrhen ein. Zu ſchneller unbeſtand!
Ach allzuſchwerer ſchluß! Rinnt, rinnt betruͤbte thraͤnen!
Welch vater ſoll ſich nicht nach einem kinde ſehnen,
Das er ſo fruͤh vermißt? Ja welche mutter ſinckt,
Wenn man ihr ebenbild ihr aus den armen ringt,
Wenn es der tod umfaſt, nicht in ein meer der zaͤhren?
Die knoſpe, die noch erſt die blume will gewaͤhren,
Jſt der bedaurung werth, wenn ſie vom ſtocke bricht.
Wiewohl ein roſen-knopff gleicht Leonoren nicht,
Ob ſie der unfall ſchon allhier zuſammen paaret.
Ein kind iſt doch weit mehr, als was ein krug verwahret,
Ob es ſchen Jndien uns theuer zugeſchickt,
Weil GOtt ſein ebenbild in ſeine ſeele druͤckt.
Drum, hoch-betruͤbte! laßt, laßt eure thraͤnen rollen,
Die hier den perlen-ſchmuck zum krantze geben ſollen,
Der eure todte croͤnt! Ein kind von guter art,
An dem der himmel nichts von ſeiner gunſt geſpart,
Jſt197Begraͤbniß-Getichte.
Jſt wuͤrdig, ſolchen ſchatz mit ſich ins grab zu ſchlieſſen.
Wie ſollt auch nicht der brunn der augen ſich ergieſſen,
Wenn uns der tod ein ſtuͤck aus unſern hertzen reißt?
Das chor der Gratien, ſo ſeinen holden geiſt
Bald mit der erſten milch Lenoren eingefloͤſſet,
Macht ſelbſt die wangen naß. Die eltern-liebe ſtoͤffet
Dann billich ſeufftzer aus. Der anverwandten mund
Giebt bey der kleinen leich ihr groſſes beyleyd kund.
Sie pflantzen um den ſarg die traurigen cypreſſen.
Wir koͤnnen ſelbſt hierbey die blumen nicht vergeſſen,
Die unſre tieffe pflicht um dieſe bahre ſtreut.
Doch iſt kein balſam da, der die durch traurigkeit
Geſchlagne wunden heilt? Wir koͤnnen nicht verneinen,
Daß ſtatt der ſternen hier nur finſtre wolcken ſcheinen,
Und daß gar wenig troſt in unſer hertze ſteigt,
Wenn man der augen licht hin zu dem grabe neigt.
Allein, wie offtermahls aus aufgeritzten baͤumen
Ein heilſam waſſer quillt, und meere perlen ſchaͤumen,
Wenn der erhitzte ſturm die hoͤchſten wellen ſchmeiſt;
So wird, wenn der von harm zu tieff gebogne geiſt
Sich von dem ſchwartzen ſarg auf jenes Eden lencket,
Wo tauſend ſonnen ſind, das, was es vor gekraͤncket,
Ein ſchatten, der ſo ſchnell, als wie ein blitz, vergeht.
Hier iſt es, wo der brunn des wahren troſtes ſteht,
Dahin kein Seneca betruͤbte ſeelen fuͤhret,
So hoch er immer ſteigt. Ein Chriſt, der viel verliehret,
Verliehret dennoch nichts, wenn nur ſein geiſt erwacht,
Und durch des hertzens krafft dem hertzen fluͤgel macht,
Um aus der finſterniß ſich dahin aufzuſchwingen,
Allwo ſein alles wohnt, das alles wiederbringen,
Und nichts verwerffen kan, was ſeinen ſohn umfaſt.
Diß, hoch-betruͤbtes haus! waͤltzt hoffentlich die laſt
Von der beklemmten bruſt. Denn der die kinder liebet,
Hat das beliebte kind, das ferner nichts betruͤbet,
Als eine theure blum, ins paradieß verſetzt,
Wo ihm kein winter draͤut. Darum, hoch-edle! netzt
N 3Die198Begraͤbniß-Getichte.
Die wangen nur nicht mehr. Das, was der tod begraͤbet,
Jſt nicht, was ihr beweint; denn Leonora lebet.
Eben darauf. C. G. R.
ES ſind, gelehrter mann! vier winter faſt begraben,
Seit dem ich dich gekannt, gehoͤrt und hochgeſchaͤtzt:
Darum ich offt gewuͤnſcht, gelegenheit zu haben,
Zu zeigen, was ein kiel verbundner diener ſetzt;
Es hat ſich aber nichts dergleichen fuͤgen wollen,
Biß deines kindes tod mich itzt zum tichter macht.
Ach! haͤtt ich doch ein lied von freude ſchreiben ſollen!
Ach! wuͤſte doch dein tag von keiner trauer-nacht!
Dein kind, das liebſte kind, die zarte Leonore
Vergeht als wie ein licht, das kaum entglommen iſt;
Drum deckt dein antlitz ſich mit einem duncklen flore,
Jn deinem zimmer wird nur ach! und boy erkieſt.
Man hoͤret nun nicht mehr das angeuehme lallen,
Damit ihr kleiner mund der eltern hertz erfreut:
Jhr unſchuld-voller ſchertz, der allen wohl gefallen,
Und viel verdruß verſuͤßt, kehrt ſich in herbes leid.
Der muntre Friedrich ſucht die ſchweſter zwar zu wecken;
Allein ſie ſchlaͤft den ſchlaf, den niemand ſtoͤhren kan;
Drum ſteht er gantz beſtuͤrtzt, es will ihm nichts mehr ſchmecken,
Und giebt mit truͤbem ach! ſein liebſtes ſpielwerck an.
Hoch-wertheſter patron! es ſchieſſen die cypreſſen
Dir ſelber allzu fruͤh in deinem garten auf.
Der hoffnungs-bau verfaͤllt, man kan es leicht ermeſſen,
Dein ſchoͤner vorſatz hemmt den angefangnen lauff.
Der himmel hatte dich zwey kinder kuͤſſen laſſen,
Es ließ uns die vernunfft was ſeltnes propheceyn:
Die tochter wolt in ſich der mutter tugend faſſen,
Der ſohn ein contrefait des klugen vaters ſeyn;
Allein199Begraͤbniß-Getichte.
Allein wie irren doch die allerbeſten ſchluͤſſe,
Wenn GOtt uns einen ſtrich in unſre rechnung macht!
Dein vorſatz war gerecht, die hoffnung zucker-ſuͤſſe;
Der heyland aber hat ein ander ziel erdacht.
Eleonor erbleicht, die weichen glieder ſtarren,
Die augen ſincken hin, ihr blick verliehret ſich,
Jhr geiſt darff laͤnger nicht in dieſer welt verharren,
Und dieſes ſcheiden iſt vor dich ein hertzens-ſtich.
GOtt aber meint es gut, ja beſſer, als wir dencken,
Ob ſeine wege gleich verborgne raͤthſel ſind.
Wer weiß, ob uns die grufft, die itzt von thraͤnen-traͤncken
Und todten-waſſer quillt, nicht troſt und leben rinnt.
GOtt meint es warlich gut, auch wann er boͤſe ſcheinet,
Auch wenn er unſer haupt mit aſch und moder deckt.
Ein David wird erquickt, indem er aͤchtzt und weinet:
Man ſiehet, daß ein dorn offt voller roſen ſteckt.
Hoch-wertheſter patron! dir ſind die weiſen buͤcher
Des troſtes ja ſo wohl, als der Aſtree, bekannt,
Drum laß den duͤſtren flor, die naſſen wehmuth-tuͤcher
Nur einen augenblick aus augen, ſinn und hand!
Jch weiß, es wird ein blat das lange trauren lindern:
Jch weiß, es klaͤret ſich der himmel etwas aus,
Der itzt ſo duͤſter laͤßt. Ja um dein leid zu mindern,
So wirff nur einen blick auf dein geliebtes haus.
Kommt Leonore dir nicht weiter zu geſichte?
Jſt deine tochter todt? ſo lebt doch Friderich,
Dein liebſtes ſoͤhngen, noch, die hoffnung vieler fruͤchte;
Vor den und deinen ſchatz troͤſt und erhalte dich!
Aus dieſem reiſe ſoll noch einſt ein baum entſtehen,
Es wird noch dieſer ſohn ein andrer vater ſeyn.
Drum kan der hoffnungs-ſtern nicht gaͤntzlich untergehen:
So bricht durch truͤbe nacht gleichwohl ein ſonnen-ſchein.
Fuͤhrt aber doch der ſchmertz dich ſtets auf Leonoren?
Wird noch nicht troſt genung bey ihrer bahr erkieſt?
So denck an ihren geiſt, als welcher neu-gebohren,
Und in der ewigkeit ein holder engel iſt.
N 4Ver -200Vermiſchte Getichte.

Vermiſchte Getichte.

ARIA. Wider das ungeduldige murren. C. H. v. H.
1.
MAn muß dem himmel weichen,
Und vor der ſternen krafft
Die ſchlaffen ſeegel ſtreichen:
Des gluͤckes eigenſchafft
Verfolget harte ſinnen:
Hier hilfft kein ſtreit, kein krieg,
Man kan allhier den ſieg
Nur mit geduld gewinnen.
2.
Denn flucht ihr aufs geſchicke
So haͤufft ihr ſtraf und ſchuld,
Und euer ungeluͤcke
Wird gros durch ungeduld.
Die ſtarcke macht von oben
Verlacht der menſchen wuth,
Die mit erboſtem muth
Auf ihr verhaͤngniß toben.
3.
Klagt ihr die fluͤchtigkeiten
Der guten ſtunden an:
Sprecht ihr, der lauff der zeiten,
Hab euch gewalt gethan;
Wo wolt ihr recht erlangen?
Wer will der richter ſeyn?
Wird eure ſeelen-pein
Dadurch ein end empfangen?
4. Und201Vermiſchte Getichte.
4.
Und was? Wir ſind ja knechte
Des himmels, der uns ſchlaͤgt:
Wir leiden gar mit rechte,
Was er uns auferlegt:
Wir ſind leibeigne ſelaven:
Das murren ziemt uns nicht,
Wenn uns das zorn-gericht
Des herren will beſtrafen.
5.
Kein mittel iſt zu finden,
Dadurch ein tapffrer mann
Den ſauren ungluͤcks-winden
Die ſtirne bieten kan,
Als wann er willig leidet
Das, was er leiden muß,
Biß ihm des himmels ſchluß
Ein beſſer gut beſcheidet.
Auf den geburts-tag ſeiner Hoch-Fuͤrſtl. Durchl. Hertzog Albrechts zu Sachſen-Coburg, ꝛc. B. N.
JHr muͤden ſchafe! geht, genieſſet eurer ruh!
Und ſchließt die augen dort an jenem berge zu,
Wo Coburgs reicher Pan auf den begruͤnten auen
Uns neulich unverhofft ließ ſeine laͤmmer ſchauen!
Du aber, groſſer Fuͤrſt! nimm meine lieder an!
Denn ob ich aͤrmſter gleich nichts hohes ſingen kan,
Und etwan nicht mein rohr und meine weiden-floͤte
So majeſtaͤtiſch klingt, als deine feld-trompete;
So weiß ich dennoch wohl, daß dir die ſchaͤferey
Und unſer hirten-ſpiel nicht gantz zuwider ſey:
Sonſt haͤtteſt du, o Mars! nicht noch vor wenig tagen
Dein tapffer krieges-zelt bey huͤrden aufgeſchlagen.
N 5Es202Vermiſchte Getichte.
Es ſind fuͤnff wochen um, daß ich die kuͤhnheit nahm,
Und aus der Brennen land in dieſe grentzen kam.
Das erſte, was ich ſah, und ewig will gedencken,
War, daß du woll und vieh ließt deiner fuͤrſtin ſchencken.
Ach! dacht ich bey mir ſelbſt: Jſt hier noch guͤldne zeit,
Da Mars die halbe welt mit kugelu uͤberſtreut?
Da ſich ein teutſcher mann nicht mehr in Teutſchland kennet:
Ein kind den vater nicht in ſeiner ſprache nennet:
Die ſpeiſe nach Pariß, der wein nach Welſchland ſchmeckt:
Und offt ein gantzer kram in einem kleide ſteckt?
Weiß Coburg noch allein nicht von den fetten tagen,
Die ſo viel reiche mehr, als peſt und krieg, geſchlagen?
Die dir, o Hannibal! den degen ſtumpff gemacht:
Das aufgeblehte Rom durch Rom zu falle bracht:
Und unſer vaterland biß auf das blut ausſaugen?
So dacht ich, und belief die gegend mit den augen,
Jch ſah bald feld und hof, bald kirch und ſchulen an;
Doch alles, was ich ſah, war klug und wohl gethan.
Denn Albrechts hoher witz erſchien in allen ſtaͤnden,
So artig, daß ich nichts ſah ohne noth verſchwenden,
Und gleichwohl alles fand, was fuͤrſten zugehoͤrt.
Die mauren waren noch durch keinen feind verſehrt:
Die buͤrger wuſten mir nichts widrigas zu ſagen,
Als was bey theurer zeit die gantze welt muß klagen.
Mit kurtzem: Jch erfuhr, daß gluͤck und froͤlichkeit
Die roſen nicht allein in feldern ausgeſtreut:
Und daß man eben ſo, wie in den kuͤhlen gruͤnden,
Bey hofe ſchaͤfer kan und wahre tugend finden.
Und warlich, wo ein land nach wunſche ſoll gedeyn,
So muß ſein ober-herꝛ ein halber ſchaͤfer ſeyn,
Und ja ſo wohl, als wir, bey angebrochnem morgen,
Nach ſeinem amte ſehn, und fuͤr die heerde ſorgen.
Wir leben zwar fuͤr uns; doch mehr fuͤr unſer vieh:
Wir eſſen unſer brod zwar freudig; doch mit muͤh:
Und wachen, wenn wir uns gleich halb zu bette legen:
So muß ein kluger fuͤrſt auch noch die fluͤgel regen,
Wenn203Vermiſchte Getichte.
Wenn ſich die gantze welt in tieffen ſchlaf begraͤbt.
Wer ihm alleine nur, und nicht dem ſtaate lebt,
Jſt keiner crone werth. Denn ſich wohl zu regieren,
Jſt zwar ſehr groſſe kunſt; Doch groͤßre, andre fuͤhren:
Die groͤſte, beydes thun. Und es iſt gantz gemein,
Daß der, dem jeder dient, muß vielen dienſtbar ſeyn.
Der lohn fuͤr unſre muͤh iſt ſuͤſſe milch und wolle:
Wir wiſſen, daß man nichts zu ſehr beſchweren ſolle,
Und ziehn den ſchafen nicht gleich haut und leder ab:
Ein fuͤrſt lebt freylich nicht durch ſeinen bloſſen ſtab,
Und muß, wofern er ſoll die laͤnder recht beſchuͤtzen,
Nicht, wie der poͤfel gehn, und in dem winckel ſitzen;
Allein er muß auch nicht das recht in macht verdrehn,
Und mehr auf falſche pracht, als wahre nothdurfft ſehn:
Denn jeder bauer, der durch ſeine laſt verdirbet,
Jſt zeuge, daß er ſchon an ſeinem gluͤcke ſtirbet.
Wir armen ſchaͤfer ſind mit weid und vieh vergnuͤgt:
Wir forſchen nicht, wie groß der nachbarn wieſe liegt:
Wie weit ihr acker grentzt: Wie viel ſie laͤmmer zehlen:
Und wie wir endlich gar uns moͤchten reicher ſtehlen.
Was iſt doch ſchaͤndlicher, als wenn ein groſſer fuͤrſt,
Gleichwie ein tieger-thier, nach fremdem blute duͤrſt:
Sich durch betrug und liſt in fette laͤnder ſpielet:
Mit Alexandern faſt die halbe welt durchwuͤhlet,
Und hundert tauſend mann vor eine Feſtung giebt?
Wenn er die ehrſucht mehr, als ſein gewiſſen, liebt:
Mit eyd und ſchwuͤren ſchertzt: Das voͤlcker-recht verlachet:
Schon wieder krieg anhebt, indem er friede machet:
Und meint, er habe mehr als Scipio gethan,
Wenn er zwey worte nur in titul flicken kan?
Die wahre herꝛſchungs-kunſt beſteht in keinen meilen,
Man kan ein groſſes land gar leicht ins kleine theilen;
Der aber iſt ein held, der durch vernunfft und fleiß
Das, was ihm GOtt geſchenckt, wohl zu erhalten weiß.
So artig findet man in ſchaͤfern abgeriſſen,
Was ein gecroͤntes haurt ſoll auf dem throne wiſſen.
Allein204Vermiſchte Getichte.
Allein wer, groſſer Fuͤrſt! weiß, was durch dich geſchehn,
Und was du taͤglich thuſt, darff keinen ſchaͤfer ſehn;
Denn alles, was man wuͤnſcht, daß andre lernen moͤchten,
Das haſt du ſchon gethan. Du ſieheſt nach den rechten:
Du gehſt die kammer durch, und wendeſt den verſtand,
Wenn der und jener ſchlaͤft, offt ſelber an das land:
Du laͤſt eh etwas dir, als deinen buͤrgern fehlen:
Du ſtreiteſt wider die, ſo fremde laͤnder ſtehlen:
Und man begreiffet kaum, indem man dich betracht,
Was dich, erlauchter! hat, fried oder krieg? gemacht.
Erlaube demnach mir, die ſeufftzer abzuſingen,
Die heute, kluger Fuͤrſt! dir deine ſchaͤfer bringen:
Jhr milden himmel! ſchauet,
Wie unſer feld ſich bauet
Und wieder fruͤchte bringt!
Hoͤrt, wie die laͤmmer ſchreyen,
Wie ſich die ſchafe freuen,
Wie unſre floͤte klingt!
Diß alles kan erweiſen,
Daß uns das moͤrder-eiſen
Des krieges nicht beruͤhrt:
Und daß, wenn andre wuͤten
Man unter Albrechts huͤtten
Ein ſtilles leben fuͤhrt.
Jhr himmel! ſeyd geprieſen,
Daß ihr an uns erwieſen,
Was wir doch nicht verdient:
Schaut aber auch zuruͤcke,
Und ſchafft, daß Albrechts gluͤcke
Wie unſre wieſen gruͤnt!
Sein witz und ſeine ſorgen
Gebaͤhren alle morgen
Uns neuen fruͤhlings-ſchein:
Drum laſt ihn ewig leben!
Wo nicht, ſo ſchafft uns reben,
Die wie der vater ſeyn!
Bey205Vermiſchte Getichte.
Bey gluͤcklicher jahr-feyer des croͤnungs - tages Seiner Koͤnigl. Maͤjeſtaͤt in Preuſſen. B. N.
WJr haben nun ein jahr mit freuden hingelegt,
Seit dem der Preuſſen held die koͤnigs-crone traͤgt:
Wer Friedrichs thaten ſchaͤtzet,
Der glaubt, es ſey bereits ein ſeculum vorbey:
Wen fried und ruh ergetzet,
Der meinet, daß es kaum ein tag geweſen ſey.
Wer freut ſich nicht mit mir ob dieſer guͤldnen zeit?
Mars ſteht in vollen waffen,
Und giebt der gantzen welt mehr, als ſie wuͤnſcht, zu ſchaffen:
Bey uns ruͤhrt er ſich auch; doch voll gerechtigkeit!
Da andre reiche ſchon auf ihr verderben zeigen,
So ſieht man unſers ſteigen.
Durch weſſen krafft, wo nicht durch dich, o Friderich?
Jndem du fertig ſtehſt, fuͤr deinen freund zu ſchlagen,
So hoͤreſt du zugleich auf deiner buͤrger klagen;
Und iſt der tag ſo kurtz, nimmſt du die nacht darzu.
Recht ſchaffen, kirchen bauen,
Sind dinge, die wir hier zu allen zeiten ſchauen.
Du haͤltſt in einer hand Europ und Preuſſens ruh:
Nur iſt der unterſcheid,
Daß du den grund zur erſten mit dem degen,
Zur andern, wie bekannt, mit liebe pflegſt zu legen.
Wiewohl du wuͤrdeſt nie mit krieg und waffen draͤun,
Koͤnt alle welt, wie du, nur klug und friedlich ſeyn.
O himmel! der du uns ſo hoch und theur begluͤckt,
Der du in einen held diß alles eingedruͤckt,
Was ſeiner vaͤter geiſt nur eintzeln hat beſeſſen;
Laß ſeiner jahre ziel nach der natur nicht meſſen!
Wir ſchaun, was uns vor dem in eilfen war gegeben:
Ach! laß ihn auch ſo lang, als ihrer eilfe, leben!
An206Vermiſchte Getichte.
An Seine Koͤnigliche Hoheit den Cron - Printz, als dieſelben in hoher gegenwart Seiner Koͤniglichen Majeſtaͤt dero probe zu pferd ab - legeten. B. N.
WOhin? erhitzter printz! wohin ſo jung und fruͤh?
Was andern ſorge macht, das lernſt du ohne muͤh.
Buch, mahler, tantz, muſie, und was uns ſonſt beſchweret,
Sind kaum ſo fluͤchtig da, als ſie dein ſinn begehret,
Und dein verſtand begreifft. Hierbey beruht es nicht;
Du ſiehſt bey buch und ſpiel auch auf der helden pflicht:
Lernſt, wie man glieder ſtellt, und wie man hauptmann werde:
Und heute fuͤhrſt du gar, behertzter printz! zu pferde
Vor aller augen dich, als einen meiſter, auf.
Baur, der dich ſelbſt gelehrt, bewundert deinen lauff.
Der muntre Wartenberg, den man bey ſechtzig jahren,
Wie vor bey dreyßigen, ſieht keine kraͤffte ſparen,
Setzt mit vollkommner kunſt durch die bedraͤngte bahn,
Blickt aber dich zugleich nicht ohn erſtaunen an,
Und denckt: Wenn ſolche ding itzt und ſo jung geſchehen,
Was wird man einſt, o printz! bey deiner mannheit ſehen?
Was meinſt du, was hierbey dein groſſer vater fuͤhlt?
Er mercket, daß aus dir ein Alexander ſpielt;
Drum will er deinen muth an keine grentzen binden,
Und laͤſt dir gerne zu, ein neues reich zu finden.
Vergiß nur, hoher printz! wie Alexander, nicht,
Daß deines vaters hand die trouppen abgericht,
Dein erb-reich dir gepflantzt, und mittel beygetragen,
Durch die du mit der zeit kanſt deine feinde ſchlagen.
Dein vater flieht und haßt Philippus falſchen ſchein:
Drum muſt du froͤmmer auch, als Alexander, ſeyn.
Schaͤ -207Vermiſchte Getichte.

Schaͤfer-gedancken bey einer jagt Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen. B. N.

Dametas. Corydon.
DAmetas ſetzte ſich, und warff die muͤden glieder,
Und ſeinen hirten-ſtock bey einer buche nieder,
Und endlich hub er an: Was meinſt du, Corydon?
Was will diß wald-geſchrey und dieſer helle thon?
Jſt etwan Sylvius heut auf die jagt gezogen?
Der groſſe Sylvius, von deſſen arm und bogen
Ein jeder ſchaͤfer ſpricht?
Corydon.
So iſt es: Feld und wald
Sind froͤlich, daß einmahl ſein holes ertz erſchallt.
Wir ſelber freuen uns. Warum? Darff man nicht fragen,
Wer uns ergetzen will, mag nur das wild verjagen.
Dametas.
O armer Corydon! Du kennſt die helden nicht:
Das iſt das g’ringſte nur, was Sylvius verricht.
Geh nur in jene ſtadt! da hoͤrt man andre thaten.
Europens gluͤcke baun, zu Teutſchlands wohlfarth rathen,
Und dennoch auch zugleich auf ſchaͤfer-huͤtten ſehn:
Jſt mehr, als du gedenckſt. Wie leicht kan es geſchehn,
Daß man das wild verſcheucht? Allein den feind zertheilen,
Und bald von hie, bald da, der noth entgegen eilen:
Sind dinge, die man zwar von helden hoffen muß;
Doch thut ſie keiner ſo, wie unſer Sylvius.
Corydon.
Wie unſer Sylvius? Es iſt mir unverborgen.
Mein treuer Dorylas erzehlt mir alle morgen,
Was man bey hofe ſagt. Jch hoͤr es zitternd an,
Und dencke, wenn ein held allein ſo viel gethan,
Wo wird doch endlich noch der kreis der erden bleiben?
Pan ſorge fuͤr mein vieh, hilff meine laͤmmer treiben! Du208Vermiſchte Getichte.
Du aber mein Damet, nimm deine feld-ſchalmey,
Und ſtimme, wie du pflegſt, itzt meinen liedern bey.
So ſtarck als aloen fuͤr gnemonen bluͤhen;
So weit iſt unſer held den helden vorzuziehen.
Die meiſten druͤcken nur; er aber ſchuͤtzt die welt:
Sie ſuchen mit gewalt, was ihm zu fuſſe faͤllt,
Und in die armen laufft. Jhr hirten! ſtimmt die floͤten!
Wer ſolche helden ſingt, hat vieler kunſt vonnoͤthen.
Dametas.
So weit der kleine baͤr vom ſuͤder-pole weicht;
So weit geht auch der ruhm, den Sylvius erreicht.
Viel heiſſen koͤnige, und ſind der diener ſclaven;
Er fuͤhrt das ruder ſelbſt, und ſchifft die falſchen hafen
Mit groſſer kunſt vorbey. Jhr hirten! haltet ein!
Wer unſern held beſingt, muß mehr als irꝛdiſch ſeyn.
Corydon.
Wenn meine heerde ſchlaͤft, und wir zur ruh gegangen,
So hat ſchon Sylvius zu wachen angefangen.
Die zeit, in der ich ſpiel und ohne ſorgen bin,
Die bringt er voller muͤh fuͤr unſer wohlſeyn hin,
Und machet ſie zu gold. Jhr hirten! ſtimmt die floͤten!
Wer ſolche helden ſingt, hat vieler kunſt vonnoͤthen.
Dametas.
Wenn meine heerde wacht, und uns der hunger quaͤlt,
So hat ſchon Sylvius den vorrath abgezehlt,
Und ſpeiſet mich und ſie. Sonſt hoͤrt man ſich beſchweren,
Daß fuͤrſten anderwerts der buͤrger blut verzehren;
Hier gehts auch fremden wohl. Jhr hirten! haltet ein!
Wer unſern held beſingt, muß mehr als irꝛdiſch ſeyn.
Corydon.
So lange nicht ein wolff aus liebe laͤmmer zeuget:
So lange nicht der klee cypreſſen uͤberſteiget;
So lange ſoll mein rohr den Sylvius erhoͤhn:
So lange ſoll ſein lob auf allen fichten ſtehn.
Er hat es laͤngſt verdient. Jhr hirten! ſtimmt die floͤten!
Wer ſolche helden ſingt, hat vieler kunſt vonnoͤthen.
Dame -209Vermiſchte Getichte.
Dametas.
So lange noch der thau die matten felder traͤnckt:
So lange ſich die Spree nach ihrer Havel lenckt;
So ſoll auch Sylvius auf meinen lippen ſchweben:
So ſoll ſein groſſer ruhm in unſern liedern leben;
Jedoch ſie ſind zu ſchlecht. Jhr hirten! haltet ein!
Wer unſern held beſingt, muß mehr als irꝛdiſch ſeyn.

Streit des alten und neuen Seculi bey dem geburths-feſte Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen, ꝛc. in einer muſique aller - unterthaͤnigſt fuͤrgeſtellet, d. 12. Jul. 1701. B. N.

Das neue Seculum.
AUrora ſtrich des Phoͤbus bahn
Mit neuen roſen-farben an!
Jhr muſen! ſingt, und helfft mein lob erhoͤhen!
Der groſſe Friderich mehrt ſeiner jahre zahl,
Und will das erſtemahl
Als koͤnig dieſen tag begehen.
Wer hat mehr theil hieran, als ich?
Mein erſtes werck iſt koͤnig Friderich.
Mit mir iſt er, mit ihm bin ich gebohren:
Ein monat, eine zeit
Hat Preuſſens koͤnigreich verneut,
Und mich zur ſtiffterin erkohren.
Flieht, ihr zeiten! flieht zuruͤcke!
Alte jahre ſchaͤmet euch!
Euer allergroͤſtes gluͤcke
Kommt nicht meiner jugend gleich:
Denn mein erſtes helden-ſtuͤcke
War auch gleich ein koͤnigreich. VI. Theil. OFlieht210Vermiſchte Getichte.
Flieht, ihr zeiten! flieht zuruͤcke!
Alte jahre ſchaͤmet euch!
Das alte Seculum.
Gemach! gemach! wir haben auch zu ſprechen:
Das werck, das dich unſterblich macht,
Kan unſern ruhm nicht ſchwaͤchen.
Du haſt vollbracht,
Was wir laͤngſt angefangen.
Haͤtt ich den koͤnig nicht der welt geſchenckt:
Haͤtt ich ihn mit der milch der tugend nicht getraͤnckt;
So wuͤrdeſt du wohl ſchwerlich itzt mit ſeinem purpur prangen.
Du giebeſt ihm die cron, ich muß es zugeſtehn;
Doch haͤtt er ſie nicht eher nehmen koͤnnen?
Wen macht und ſein verdienſt erhoͤhn,
Der kan ſich allzeit koͤnig nennen.
Daß Friedrichs ehre gruͤnet,
Daß er den thron verdienet,
Das kommt allein von mir:
Daß er den thron beſteiget,
Und ſich als koͤnig zeiget,
Das iſt ein werck von dir.
Daß Friedrichs ehre ꝛc.
Das neue Seculum.
Es ſey, wie du geſagt; doch wer will ſtreiten,
Daß nicht bey unſern zeiten
Bald werde mehr geſchehn?
Jn dir ließ Friedrichs gluͤck die morgen-roͤthe ſehn;
Jn mir wird ſeine ſonne ſcheinen.
Jhr laͤnder! ſprecht fuͤr mich,
Wo ſeine waffen ſich
Schon regen und ehſtens zu ſiegen vermeinen.
Mars wachet auf,
Bellona blaͤſt zu felde,
Und zeiget unſerm helde
Schon einen hoͤhern lauff. Fama211Vermiſchte Getichte.
Fama! ſtoß in die trompeten!
Europa! freue dich!
Europa! ruͤhme mich!
Denn wer hofft bey dieſen noͤthen
Nicht auf meinen Friderich?
Fama ꝛc.
Das alte Seculum.
Jch gebe mich beſiegt:
Denn Friedrichs tugend iſt mir unverborgen,
Ein jeder morgen
Vermehret ſeinen ſchein
Und tritt mit neuen thaten ein.
Jch werd es zwar nicht ſchauen,
Doch darff ich der erfahrung trauen,
Die mich noch nie verfuͤhrt;
So treibet ihn der geiſt, der den Achill geruͤhrt:
So ſeh ich ſchon den adler auf den hoͤhen
Der aufgeblaſnen feinde ſtehen.
Du haſt geſiegt! Jch weiche dir:
Doch glaube mir,
Es kan nicht fehlen:
Wer deine thaten wird erzehlen,
Der wird auch ſagen, was ich gethan;
Jch weiche dir.
Du haſt geſiegt! Jch weiche dir:
Doch glaube mir ꝛc.
Das neue Seculum.
Man wird es freylich ſagen:
Denn Fama wird ſein lob biß an die ſterne tragen.
Apollo ruͤhret ſchon
Den angenehmen floͤten-thon,
Und laͤſt die muſen dir in klugen ſchrifften
Viel reiche Mauſoleen ſtifften.
Je hoͤher ſich der adler hebt,
Je laͤnger Preuſſens koͤnig lebt,O 2Je212Vermiſchte Getichte.
Je mehr wird euch auf erden
Von dir und mir geſprochen werden.
Ein guter anfang, ein gutes ende,
Hat nichts als ehre zum eigenthum.
Eilt, ſtunden! behende!
Je ſchneller ende;
Je ſchneller ruhm.
Doch haltet zuruͤcke!
Je laͤnger gluͤcke;
Je groͤſſer ruhm.
Ein guter anfang, ein gutes ende ꝛc.
Das alte Seculum.
So mache denn, o guͤldne zeit! dich voͤllig offenbar!
Zerſtreue die gefahr,
Die Teutſchland und Europa ſchrecket!
Mein groͤſtes ungluͤck iſt, daß ich zu grabe geh,
Und daß mein grab doch nicht das weh
Der gantzen welt bedecket.
Jedoch waͤr es bedeckt, was bliebe dir zu thun?
Der helden hertze kan nicht ruhn,
Und Friedrichs geiſt hat dieſes gleichſam eigen,
Daß er ſich niemahls groͤſſer pflegt,
Als in der noth, zu zeigen.
Jch ſcheide:
Mein Koͤnig! gute nacht!
Ehmahls warſt du meine freude;
Jtzo kenn ich kaum fuͤr neide
Mich bey deiner neuen pracht.
Doch ich wehre meinem neide,
Und verlaſſe dich voll freude;
Weil du doch
Nichts als meinen wunſch vollbracht.
Jch ſcheide:
Mein Koͤnig, gute nacht!
Das213Vermiſchte Getichte.
Das neue Seculum.
Mein Koͤnig! guten tag!
Wo man ſo reden mag.
Jch brenne fuͤr verlangen,
Das naͤchſte jahr mit dir noch ſchoͤner anzufangen.
Wer kennet deinen muth,
Und fuͤhlet keine gluth?
Wer kan dich nennen,
Und darff nicht brennen?
Wer ſieht dich an, und liebet dich nicht?
Du haſt ſehr viel durch waffen ausgericht;
Weit aber mehr durch liebe.
Stadt, volck und land iſt voller liebes-triebe,
Und hat, was ich ans licht gebracht,
Dir laͤngſten zugedacht.
Durch liebe herꝛſcht ein held im hertzen,
Durch liebe waͤchſt der unterthan.
Venus leget offt mit ſchmertzen
Ketten, band und feſſel an;
Aber ein held beſiegt die hertzen,
Und wird doch keinem gewalt gethan:
Aber ein held rerjagt die ſchmertzen,
Und faͤnget es doch durch lieben an.
Durch liebe herꝛſcht ein held ꝛc.
Das Chor.
Lebe! Preuſſens groſſer Koͤnig!
Lebe! theurer Friderich!
Unſer wunſch iſt viel zu wenig
Fuͤr dein groffes hertz und dich:
Darum ſetze GOtt in ruh
Mehr, als wir gedencken, zu!
Darum laſſe GOtt auf erden
Dich, wie den Auguſtus, werden!
Lebe! Preuſſens groſſer koͤnig!
Lebe! theurer Friderich!
O 3Uber214Vermiſchte Getichte.
Uber die mancherley und zu einer zeit geſchehene verrichtungen Seiner Koͤniglichen Majeſtaͤt in Preuſſen. B. N.
ROm ließ vorzeiten es in buͤcher einverleiben,
Daß Caͤſar, wann er laß, auch hoͤren, reden, ſchreiben,
Und alſo viererley auf einmahl konte thun.
Was ehmahls Caͤſar that, thut Preuſſens Koͤnig nun,
Wer kennt nicht ſeinen geiſt und deſſen hohe gaben?
Er lieſet, hoͤret, ſchreibt und redet nicht allein:
Er ordnet auch zugleich, wie das und jenes ſeyn,
Was der zum lohne ſoll, und der zur ſtrafe haben;
Fragt nicht, warum ers thut? Es mangelt ihm an zeit:
Denn was braucht Teutſchlands ruh, und was Europens ſtreit
Fuͤr groſſe ſorgen nicht? Drum muß er ja wohl eilen,
Und das beyſammen thun, was andre koͤnnen theilen.
Schau aber, Preuſſen! hier des weiſen koͤnigs rath!
Es war ein Caͤſar nur, der ſolche wunder that.
Dein Friedrich that ſie nach, und hat ihn uͤbertroffen;
Wie ſollen wir in ihm nicht einen koͤnig hoffen?
Der ſchluß bleibt unbewegt:
Wer kayſer uͤbertrifft, die Rom und auch der erden
Durch klugheit und verſtand geſetze vorgelegt:
Muß, wo nicht kayſer ſelbſt, doch kayſern gleiche werden.
Der zum drittenmahl hoͤchſt-gluͤcklich gefeyerte eroͤnungs-tag Seiner Koͤniglichen Majeſtaͤt in Preuſſen. B. N.
EJn hoͤher mag dein reich, o groſſer Koͤnig! ſingen,
Den dein befehl erwehlt, und weißheit auserſehn:Jch215Vermiſchte Getichte.
Jch ſteige nicht ſo hoch, und bleibe nur bey dingen,
Die zwar unſterblich ſind, doch einen tag geſchehn.
Man ſucht umſonſt, dein lob auf einmahl auszutragen:
Wer einen tag beſingt, hat ſchon genug zu ſagen.
Rom war mit jahren groß, Auguſtus mit der zeit,
Und beyde ſind durch geitz und vieles blut geſtiegen.
Dich fuͤhrt die tugend auf, und fuͤhrt dich ſchon ſo weit,
Daß keiner dir getraut, mit ehren nachzufliegen.
Dort ſtrich man jeden held mit hoͤhern farben an;
Hier iſt es kunſt genung, wenn man dich treffen kan.
Wie weit iſt doch der ruhm der Griechen nicht erſchollen,
Der mit Perſepolis auch ſeinen witz verbrannt?
Ach! haͤtt er ſo, wie du, der tugend folgen ſollen,
So waͤr uns wohl vielleicht ſein nahme wohl bekannt.
Was ihn beruͤhmt gemacht, war andern abgedrungen;
Die groͤſſe deines reichs iſt aus dir ſelbſt entſprungen.
Kein ſaurer buͤrger-ſchweiß hat deinen thron benetzt.
Was wir darbey gethan, war wuͤnſchen, flehn und beten:
Wir hatten dich darauf im hertzen zwar geſetzt;
Doch eh es moͤglich ſchien, hattſt du ihn ſchon betreten.
Du thaͤtſt es ohne zwang, und doch aus eigner macht:
Ein tag hat uns zur ruh, dich auf den thron gebracht.
O ſegens-voller tag! der nun zum drittenmahle
Kommt, und ſo offt er kommt, auch neue wunder zeigt.
Dein koͤnig, Brandenburg! blitzt mit des himmels ſtrahle,
Und hat dennoch ein hertz, das ſich zur erden beugt.
Er ſchreckt, er ſchlaͤgt, er tritt Europens feinde nieder:
GOtt giebt er heute ſich, macht, ehr und crone wieder.
Das werck iſt ungemein, daß er ſich ſelbſt gecroͤnt;
Doch, was er damahls that, wuͤnſcht mancher noch zu koͤnnen.
Das iſt viel herꝛlicher, daß er ſein thun verhoͤhnt:
Den koͤnig niederlegt: Den ſieger weiß zu nennen:
Dort nahm er, was ihm GOtt aus milder huld verhengt;
Hier iſt er ſchon ſo reich, daß er zuruͤcke ſchenckt.
O 4Jhr,216Vermiſchte Getichte.
Jhr, die ihr helden nicht von raͤubern unterſcheidet,
Aus menſchen goͤtter macht, an GOtt zu tadeln findt,
Mit lobe des Trajan offt einen Nero kleidet,
Das, was der erſte war, an andern nur erſinnt,
Und meint: Es gelte gleich, ein fuͤrſt ſey, wie er wolle;
Lernt hier, was tugend ſey! Lernt, wie man loben ſolle!
Jhr ſetzt umſonſt der welt verguͤldte goͤtzen vor.
Wer weiß, warum ihr ſchreibt, der weiß auch, daß ihr truͤget.
Singt itzund, wenn ihr koͤnnt, nach eures helden ohr,
Da ſeine macht erbebt, ſein trotz im ſtaube lieget.
Der einen tag durch euch offt mehr, als Caͤſar that,
Weiß heute weder ſich, noch euch, noch andern rath.
Wie gluͤcklich iſt ein land, wo man die wahrheit ſchreibet;
Darff dencken, was man will, und ſagen, was man denckt:
Wo GOtt der hoͤchſte rath, ſein wort die ſtaats-kunſt bleibet:
Der Fuͤrſt den krieges-ſtab nach den geſetzen lenckt,
Und ſo, wie unſer held, ſo offt er trifft und ſchlaͤget,
Jn einer hand das ſchwerd und auch die rechte traͤget.
Wir wiſſen, was es iſt, und nehmen durch ihn mehr,
Als wir gedencken, zu. Wenn andre ſich vergehen,
Fuͤr hochmuth truncken ſeyn, und doch ſich nicht ſo ſehr
Durch wege der vernunfft, als falſche liſt, erhoͤhen;
So bleibet ihm der ruhm, daß Preuſſen ſagen kan:
Das hat mein Friderich und auch ſein GOtt gethan.
Die zeugen ſind nicht weit. Reich, erbſchafft, ſiege, bauen,
Hof, kirchen, ritter, ſtaat, pracht, kuͤnſte, ſtaͤdte, land,
Die alle ſagen mehr, als wir mit augen ſchauen,
Und machen ihn und uns der gantzen welt bekannt.
Kaufft andre euer lob von raſenden poeten;
Hier treten thaten auf: Was iſt die kunſt vonnoͤthen?
Je mehr man ſchreibt; je mehr hat unſer held verricht:
Eh man zu felde folgt, hoͤrt man ihn ſchon gewinnen.
So hoch ſteigt der geſang der ſchwachen muſen nicht:
Wir brauchen zeit und jahr, was gutes auszuſinnen.
Die tugend zeiget wohl, daß ſie, ich rede frey,
Bey andern gaͤſtin nur, bey ihm zu hauſe ſey.
Wie217Vermiſchte Getichte.
Wie wird mir? Seh ich recht, ſo ſeh ich, groſſer Koͤnig!
Dich in der ſterblichkeit mit ſternen ſchon bedeckt;
Was du gethan, iſt groß; Doch ſcheints fuͤr dich zu wenig,
GOtt hat noch deiner macht ein hoͤher ziel geſteckt:
Du haſt bißher den krieg, wie fuͤrſten will gebuͤhren,
Fuͤr land und reich gefuͤhrt; Jtzt ſolſt du ſeinen fuͤhren.
Schau! wie der himmel winckt, da die bedraͤngte ſchaar
Von deiner mutter-ſtadt in neuen aͤngſten ſtehet:
Da das, was einmahl ſchon dem tod entriſſen war,
Zwar dir zu theile wird, doch auch zu grunde gehet.
Held! dein verdruß iſt groß, der dir hierbey geſchieht,
Doch dieſes iſt weit mehr, was man hier GOtt entzieht.
Brich auf und raͤche GOtt! Du biſt darzu erwehlet,
Daß du vollenden ſolſt, was er beſchloſſen hat.
Der irret, der den ſieg nach volck und trouppen zehlet;
Wem GOtt zur ſeiten ſteht, dem fehlet nicht die that.
Dein feind ſey, wer er will, ſo hat er doch erfahren,
Daß wir ſchon offt geſiegt, auch wenn wir ſchwaͤcher waren.
Jedoch du gehſt bereits, und oͤffneſt eine bahn,
Die dich zum wunder macht, uns ungeſchickt zum loben.
Die ſtaats-liſt ſiehet dich als ihren meiſter an,
Der ſpielend niedertritt, was ſie mit muͤh erhoben:
Sie hatt Europens reich fuͤr einen nur beſtimmt;
Du machſt, daß jeglicher ihm nur das ſeine nimmt.
Das ſeh ich, groſſer Held! Ach denck einmahl zuruͤcke,
Was, da man dich gecroͤnt, mein reim dir prophezeyt.
Jch ſprach, und glaube noch, es habe das geluͤcke
Dir, oder deinem ſohn, ein neues reich bereit.
Du erbſt ein fuͤrſtenthum der herꝛlichſten auf erden,
Wie leichtlich kan es nicht zum koͤnigreiche werden.
Es werde! rufft die Marck und dein verdienſt zugleich.
Der himmel ſetze dich zum beyſpiel aller helden!
Die ſonne Galliens ſteh, wie der monde, bleich,
Wenn Fama deinen ſieg wird den Antillen melden!
Wer aber, Koͤnig! denckt bey dieſer zelt an mich?
Du haſt, was ich geſagt; Jch lebe kuͤmmerlich.
O 5Unter -218Vermiſchte Getichte.
Unterthaͤnigſte gedancken bey dem von Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen aufgerichteten gedaͤchtniß-bilde Friedrich Wilhelm des Groſſen. B. N.
VErſchlafne Muſen! wacht von eurem ſchlummer auf!
Mein koͤnig ruͤhret ſich, und eilt in vollem lauff
Eur ſeitenſpiel vorbey; um hof und volck zu lehren:
Wie man den vater ſoll, die wahre tugend, ehren.
Er haͤlt es, wie ihr ſeht, nicht mit der eitlen welt,
Da offt ein kuͤhner printz ſein falſches bild aufſtellt,
Zeigt, was er nie geweſt, ſucht, was er nicht verſtehet,
Vom vater aber ſchweigt, der ihn dennoch erhoͤhet;
Mein koͤnig zeiget frey, was Friedrich Wilhelm war,
Und ſtellt ihn groͤſſer noch, als er geweſen, dar.
Er goͤnnt ihm nicht allein den ruhm der hohen thaten,
Durch die ſo mancher ſchluß, ſo mancher krieg gerathen:
Er raͤumte, koͤnt es nur, o himmel! moͤglich ſeyn,
Jhm auch wohl dieſen tag noch thron und ſcepter ein,
Und lieſſe diß und das, und wohl noch mehr geſchehn;
Koͤnnt er den vater nur durch ſich geeroͤnet ſehen.
Doch was er ihm nicht mehr im leben ſchencken kan,
Das hat er, wie bekannt, der aſche noch gethan.
Es ſtarb der ſeeligſte noch in dem fuͤrſten-orden:
Nun iſt er in der grufft ein koͤnigs-vater worden.
Vergroͤſſerung genung! Doch hierbey bleibt es nicht;
Mein koͤnig bringet ihn auch endlich an das licht,
Und heiſt ihn durch die kunſt von neuem wieder leben;
Und alſo giebt er mehr, als man ihm ſelbſt gegeben.
Der vater gab ihm nur ein leben kurtzer zeit;
Er croͤnt den vater gar mit der unſterblichkeit.
O ſegens-werther Sohn! o ungemeiner Koͤnig!
Auch dieſes, glaub ich, iſt fuͤr dich annoch zu wenig. Denn219Vermiſchte Getichte.
Denn wer ergruͤndet, Herꝛ! doch deines geiſtes ziel?
Was uns unmoͤglich ſcheint, das iſt dir nur ein ſpiel.
Dein vater war ſo groß, das keiner durffte hoffen,
Jhm jemahls gleich zu gehn; Du haſt ihn uͤbertroffen.
Du renneſt zwar mit ihm auf einer ehren-bahn:
Allein du trateſt ſie bald viel begluͤckter an.
Den ruhm, den er verließ, als er uns abgeſtorben,
Haſt du ſchon fiebenfach nur, weil du herꝛſchſt, erworben.
Jch ſchmeichle nicht, o Held! denn wer erſtaunet nicht,
So offt man heute noch von deinem vater ſpricht?
Sein nahm iſt in der welt viel weiter durchgedrungen,
Als man von Brennus fauſt, von Titus lob geſungen?
Allein wem iſt auch nicht dein ſtarcker arm bekanut?
Wer denckt nicht, groſſer Held! an dich und Engelland?
Wie du das reich geſtuͤtzt, und deines feſt gebauet?
Wer weiß nicht, daß man hier auf einmahl alles ſchauet,
Womit man anderswo nur ſtuͤcken-weiſe prangt?
Und daß du endlich gar das ohne ſtreit erlangt,
Wozu die ahnen nicht durch blut und leichen kamen?
Europa zitterte fuͤr deines vaters nahmen:
Herꝛ! in den deinigen iſt alle welt verliebt.
Was jener abgezielt, das haſt du ausgeuͤbt;
Und was er nicht gedacht, das hat dein witz vollzogen.
Er griff die Tuͤrcken an; Vor dir ſind ſie zerflogen:
Er fuͤhrte krieg mit muͤh; Du fuͤhrſt ihn voller ruh:
Er ſchlug; Du ſchlaͤgeſt auch, und baueſt noch darzu:
Denn wo du voͤlcker wirbſt, ſieht man auch ziegel tragen;
Das that man ehmahls nicht. Soll ich die urſach ſagen?
Dein vater war nicht ſchuld; Der himmel fuͤgt es ſo!
Warum war David nicht ſo groß als Salomo?
Jedoch, ſo groß du biſt, haſt du dich doch beſeſſen:
Du kontſt dich ohne ſcheu nach deinen kraͤfften meſſen;
Allein du ziehſt dich ein, und ſchaͤtzſt des vaters ruhm
Mehr, als dein eignes lob, Herꝛ! fuͤr dein eigenthum.
Trat wo ein kuͤnſtler auf, haſt du ihn angenommen:
Du ließt ſie weit und breit aus ferneu landen kommen:Damit220Vermiſchte Getichte.
Damit dein vater nur, wie vor durch tugend-ſchein,
So itzt im bilde noch moͤcht unvergleichlich ſeyn.
Was du und wir gewuͤnſcht, iſt nun einmahl erfuͤllet.
Dein vater ſtehet auf: Die hertzen ſind geſtillet:
Berlin ſieht dich und ihn, und bleibet zweifels-voll,
Wen es am meiſten itzt von euch bewundern ſoll:
Ob dieſem, der der welt ſo einen ſohn gezeuget?
Ob den, aus dem der geiſt des vaters doppelt ſteiget?
O Herꝛ! was doͤrffſt du mehr nach ſo viel dingen thun?
Ein andrer wuͤrde nun hier ſuchen auszuruhn;
Du aber eileſt fort, laͤſt hof und muſen ſingen,
Und ſuchſt mit deiner macht dem reiche beyzuſpringen:
Dem reiche, das bereits in ſorgen halb verſchmacht;
Jtzt aber, da du kommſt, fuͤr freuden aufgewacht:
Das niemahls unterliegt, und allzeit pflegt zu ſiegen,
Wenn deine trouppen ihm, o Held! zu huͤlffe fliegen.
Die ohren klingen mir, und hoͤr ich mit verſtand,
So hat der himmel dir das feld ſchon zuerkannt,
Und rufft: Man wird allzeit viel groſſe fuͤrſten zehlen;
Doch ſolt Europa ſich nur einen wollen wehlen,
Und wuͤrde von der welt ein eintzig haupt begehrt:
So waͤr es keiner ſo, wie Preuſſens koͤnig werth.
Wiewohl du achtſt es nicht. Denn was dich, Herꝛ! vergnuͤget,
Jſt, wenn ſo frennd als feind fein gleich das ſeine krieget;
Und jeder von dir glaubt, daß, wie die that es weiſt,
Du zwar mehr reiche werth, doch nicht beduͤrfftig, ſeyſt.
Ach! wenn du alles denn, was du nur wilſt, vollbringeſt:
Wenn du ſo wohl dich ſelbſt, als deinen feind, bezwingeſt:
Bedraͤngten ruhe ſchaffſt: Die wiſſenſchafften pflegſt:
Die kuͤnſte, wie ein kind, auf deinen armen traͤgſt;
Wie kommt es denn, o Held! daß da ich von dir ſchreibe,
Jch unter tauſenden allein verlaſſen bleibe?
Geſetzt, ich haͤtte nichts als reimen nur gelernt:
Jſt denn die poeſie von hofe nun entfernt?
Auguſtus war wie du: Er ſchuͤtzt und pflantzte cronen:
Doch ſah man um ſein haus auch manchen tichter wohnen;Mein221Vermiſchte Getichte.
Mein Koͤnig! denck an mich und deine macht zugleich!
Hier iſt ein ſchlechter vers: Du haſt ein weites reich.
Bin ich gleich nicht Virgil, wie du Auguſt, auf erden:
So koͤnt ich es doch wohl bey deinen thaten werden.
Doch thue, was du wilſt. Jch aͤndre nicht den ſinn:
Jch liebe dennoch dich, ob ich gleich elend bin.
Heiß mich, wenn dirs gefaͤllt, bey wilden Mohren leben;
Jch will bey Mohren auch dein wahres lob erheben.
Verſage mir das brod, das von der tafel faͤllt;
Jch ſinge dennoch fort. Ja ich will, groſſer Held!
Solt ich noch aͤrmer ſeyn, ſolt ich auch hungers ſterben,
Doch die unſterblichkeit durch deinen ruhm erwerben.
Uber die eroberung der feſtung Geldern. B. N.
GEldern liegt und buͤcket ſich,
Starcker Held! zu deinen fuͤſſen;
Und Europa ſieht durch dich
Froͤlich ſeinen feldzug ſchlieſſen.
Du fiengſt ihn am erſten an,
Dort, als Bonn dir muſte weichen;
Jtzund haſt du ohne leichen,
Ohne blut ihn abgethan.
Herꝛ! wer ſieget ſo, wie du?
Andre opffern gantze heere;
Deines nimmt im felde zu,
Als ob es zu hauſe waͤre.
Wenig tauſend mann von dir,
Die doch keinen ſturm gewaget,
Schreiben ihm geſetze fuͤr.
Prahlt, ihr Frantzen! wie ihr pflegt,
Daß ihr Landau weggenommen;
Wer mit ſo viel wunden ſchlaͤgt,
Hat ſehr wenig einbekommen.
Blut222Vermiſchte Getichte.
Blut verſchwenden iſt kein ruhm:
So kan auch ein Barbar kriegen;
Aber ohne ſchaden ſiegen,
Jſt der helden eigenthum.
So ſchlug Joſua vor dem;
Heute thut es unſer Koͤnig.
Vielen iſt die macht bequem;
Seinem ſieg iſt ſie zu wenig,
Weil es zwar durch volck geſchehn,
Aber auch muß ſo gerathen,
Daß man gleich aus Friedrichs thaten
Kan die thaten GOttes ſehn.
Wer erkennt ſie nicht allhier?
Wer geſteht, o preiß der helden!
Nicht gantz williglich mit mir?
Daß man nichts von dir kan melden,
Daß man nichts von dir erticht,
Was nicht GOttes finger lencket,
Was du nicht, eh man es dencket,
Schon viel groͤſſer ausgericht.
Deine wercke ſind bekannt,
Und man darff ſie nicht erſt ſagen.
Wer noch zweifelt, mag dein land,
Mag die feinde ſelber fragen.
Dieſe zittern, wo du biſt;
Jenes, wenn du von ihm eileſt;
Weil doch, wo du dich verweileſt,
Auch zugleich ſein leben iſt.
Unvergleichlicher Regent!
Du herꝛſchſt vielen zum exempel.
Wer dich nur von weitem kennt,
Wird auch gleich dein ehren-tempel;
Wer dich aber naͤher ſchaut,
Wird, wohin er ſich auch wendet,
So durch deinen hof geblendet,
Daß er kaum den augen traut.
Herꝛ!223Vermiſchte Getichte.
Herꝛ! iſt es denn wunderns-werth?
Da ich gar dein lob geſungen:
Daß ich da mein brod begehrt,
Wo man mir mein hertz bezwungen.
Mancher haͤtte brod fuͤr mich;
Doch ich bin nicht mehr zu binden,
Denn man kan wohl herren finden,
Aber keinen Friderich.
Aber keinen ſolchen held,
Der faſt taͤglich neue thaten
Meiner Muſ entgegen ſtellt,
Wenn ſie will in ſchlaf gerathen.
Dieſes, Herꝛ! macht mich allein,
Waͤr ichs nicht, zu deinem ſclaven:
Warum muß des gluͤckes hafen
Mir denn ſtets verſchloſſen ſeyn?
An Seine Hochfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit den juͤngern Hertzog von Wuͤrtenberg - Oels, da Dieſelben auf der Univerſitaͤt Franckfurth bey oͤffentlicher jubel-feyer, und in hoher gegenwart Sr. Koͤniglichen Majeſtaͤt von Preuſſen, Dero bißher ge - tragenes amt, als Magnificentiſſimus niederlegten. B. N.
DArff ich, da der Helicon
Sich an allen ecken reget,
Und ſein froher jubel-thon
Faſt die gantze Marck beweget,
Das mit augen anzuſchaun,
Was wir von den guͤldnen tagen,Was224Vermiſchte Getichte.
Was wir von den Muſen ſagen:
Darff ich, ſag ich, mich getraun,
Da wo tauſend floͤten klingen,
Theurer Printz! ein lied zu ſingen.
Ach! ſo hoffe nicht ein lied,
Das Achillen dort ergetzte,
Als ſein grimm von glied zu glied
Jn die ſchaar der feinde ſetzte;
Phoͤbus ſinnt auf ſuͤſſe zeit:
Phoͤbus, der dich, Herꝛ! erſehen,
Seiner heerde fuͤrzuſtehen:
Phoͤbus, der ſich, Herꝛ! erfreut,
Daß du ſeinem gantzen orden
Biſt zum tugend-bilde worden.
Groſſes hertze! zuͤrne nicht,
Wo ein theil der fruͤhen ſtunden,
Die du auf den krieg gericht,
Dir bey dieſer ruh verſchwunden!
Helden muͤſſen helden ſeyn,
Eh der degen ſie entdecket,
Trotz und blinde kuͤhnheit ſchrecket;
Aber weißheit dringet ein:
Aber weißheit herꝛſcht und ſieget,
Wenn der muth im ſtaube lieget.
Schau! da kommt ein koͤnig her.
Hundert tauſend hohe ſorgen
Machen ihm den abend ſchwer,
Hundert tauſend auch den morgen:
Gantz Europa ſieht auf ihn:
Jedem ſoll er huͤlffe ſchaffen;
Gleichwohl ſieht man bey den waffen,
Die ihn tag und nacht bemuͤhn,
Die viel ſtoltze feinde kraͤncken,
Jhn auch an den Pindus dencken.
Eh225Vermiſchte Getichte.
Eh er nach dem throne gieng;
Pflantzt er ſitze der gelehrten:
Eh er ſeine cron empfieng;
Croͤnt er, die die tugend ehrten:
Baut der Pallas vor ein haus,
Sprach er, an der kuͤhlen Saale!
Baut! rief er zum zweyten mahle:
Dann ſo fuͤhrt auch meines aus!
Pallas hat ihr haus beſchritten:
Seines iſt kaum in der mitten.
Warum thut er dieſes doch?
Weil die weißheit ihn erzogen.
Alſo blieb ihr Caͤſar noch,
Da er Rom beſaß, gewogen.
Als der groſſe Scipio
Mit den wilden Mohren kaͤmpffte:
Als er dich, Carthago! daͤmpffte;
War er doch des abends froh,
Wenn er nach ſo ſaurem ſchwitzen
Konte bey den Muſen ſitzen.
Dencke, Printz! einmahl daran!
Muth und hertze wird dich treiben,
Wo man ſeinen nahmen kan
Jn das buch der ſterne ſchreiben;
Aber wenn du ausgekriegt,
Wenn die kraͤffte werden brechen,
Wirſt du doch noch einmahl ſprechen:
Wohl dem, der ſich ſelbſt beſiegt!
Wohl dem, der auf Aons hoͤhen
Kan in ſtiller ruhe gehen!
Ach! ſo goͤnn auch dieſem tag,
Daß Apollo mit den ſeinenVI. Theil. PSich226Vermiſchte Getichte.
Sich an dir ergetzen mag!
Gluͤcklicher kan niemand ſcheinen,
Als du wuͤrcklich heute biſt.
Preuſſens held iſt ſelbſt zugegen,
Sieht dein amt dich niederlegen:
Hoͤrt, wie es verwaltet iſt.
O was kan aus dieſen dingen,
Printz! dir nicht fuͤr ruhm entſpringen!
Viel, was in der welt geſchieht,
Kan noch! einmahl leicht geſchehen;
Aber, was man heute ſieht,
Wird man nicht mehr wieder ſehen.
Hundert jahre koͤnnen dich,
Groſſer tag! uns neu gewaͤhren;
Aber hundert jahr gebaͤhren
Dennoch keinen Friderich:
Keinen ſolchen reichs-beſchuͤtzer:
Keinen ſolchen Muſen-ſtuͤtzer.
Printz! befluͤgle ſinn und geiſt,
Um ihm nach und nach zu gleichen!
Haſt du nicht, was maͤchtig heiſt:
Herꝛſchſt du nicht in weiten reichen;
Ey! ſo braucht dein Jthaca,
Das der zeiten ſturm zerriſſen,
Ja ſo witzige Ulyſſen,
Als ein reiches Bengala.
Der iſt groß genung auf erden:
Der nur weiſe tracht zu werden.
Unter -227Vermiſchte Getichte.
Unterthaͤnigſte freude der Muſen uͤber den gluͤcklich erſchienenen geburts-tag Sr. Hochfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit, Hertzog Carl Friedrichs von Wuͤrten - berg-Oels, ꝛc. B. N.
NJcht wundre dich, o Printz! daß wir auf unſern auen
Von ferne, was du thuſt, und wie du lebeſt, ſchauen!
Es geht kein tag vorbey, da man uns nicht erzehlt,
Was du dir in Berlin zur uͤbung auserwehlt.
Denckt nicht, rufft Fama ſtets, daß er euch kan vergeſſen!
So weiß nicht witz und kunſt die felder auszumeſſen,
Als euer Carl die zeit. Wenn andre ſchlafen gehn,
Und fruͤh, wenn ſie erwacht, ſchon wieder muͤßig ſtehn;
So denckt er erſtlich nach an andre kluge lehren:
So iſt er ſchon bereit, ſie wieder anzuhoͤren.
Der hof, wie weit ſich auch ſein hoher glantz erſtreckt,
Hat doch bißher in ihm noch keine luſt erweckt,
Als dieſe: Daß er dem, den keiner kan erreichen,
Der Preuſſen koͤnige an wahrer tugend gleichen,
Und daß, was dieſer laͤſt in groſſen dingen ſehn,
Durch ihn nur einſtens moͤg in kleineren geſchehn,
Die, ob nicht ſo viel macht und ſo viel gluͤckes-gaben,
Doch ebenfalls verſtand und weißheit noͤthig haben.
Was Fama ſagt und ſpricht, das hat der Helicon,
Printz! ſchon voraus gewuſt. Er nennt dich ſeinen ſohn:
Er wird dich mit der zeit auch ſeinen vater nennen.
Wenn andre ohne noth in krieg und ungluͤck rennen,
Und ihrer ahnen ruhm durch fremdes blut erhoͤhn;
So wird dein treues land in ſuͤſſem friede ſtehn:
So wird der Muſen heer, an ſtatt der moͤrder-ſpitzen,
Um deine wohnung ſeyn, mit dir zur tafel ſitzen.
Und warum erſtlich wird? wir thun es allbereit:
Wo du zugegen biſt, da ſind wir auch nicht weit.
P 2Kan228Vermiſchte Getichte.
Kan man uns gleich nicht ſehn, ſo hoͤrt man uns doch ſprechen.
Denn ſo viel woͤrter, Herꝛ! aus klugen lippen brechen,
Aus lippen, welche ſtets dein offner becher traͤnckt;
So vielmahl wird dein geiſt mit unſerem vermengt:
So vielmahl ſiehſt du uns. Auguſtus! dein vergnuͤgen
War gros und uͤbergros, als nach ſo ſchweren ſiegen
Maͤcenas zwar dein rath, doch auch zur Muſen-ſchaar,
Die dich ſehr offt erquickt, dein treuer fuͤhrer war.
Du lieſ’ſt das ſtoltze Rom in dem gehirne ſchwellen,
Und giengſt indeſſen hin zu Hypocrenens quellen:
Da legtſt du cron und muͤh, den hof - und krieges-ſinn,
Und was ſonſt eitel war, zu Phoͤbus fuͤſſen hin.
Was du, o groſſer Held! im alter erſt erfahren,
Schmeckt unſer weiſer Carl in ſeinen zarten jahren:
Jhm fehlt zwar deine macht, und deiner waffen licht;
Doch fehlt ihm deine ruh und auch Maͤcenas nicht.
Wie ſolten wir denn nicht an ſeinem feſte ſingen?
Steh auf, Elyſien! laß deine floͤten klingen!
Die, obgleich auch verſtimmt, doch noch die beſten ſeyn.
Es iſt des himmels ſchluß: Carl ſoll dich einſt erfreun,
Bey dir hat unſer licht zu brennen angefangen:
Bey dir ſoll es durch ihn zur hoͤchſten krafft gelangen.
O allzutheurer Printz! Sieh doch, wie unſer geiſt,
Jndem er dich betracht, aus ſeinen ſchrancken reißt:
Er ſchwingt ſich von der Spree auf Aventinus hoͤhen,
Von Rom nach Schleſien. So gar geſchwinde gehen
Doch ſonſt die Muſen nicht. Sie lieben maͤßigkeit,
Wie du, o kluger Printz! nicht nur zur tafel-zeit:
Nicht nur bey ſchertz und luſt; Nein! ſondern auch im ſchreiben:
Nichts kan ſie leicht zu hoch, und nichts zu niedrig treiben.
Sie folgen der natur, und ſchencken ihren wein,
Zwar artig und geſchickt, doch ohne prahlen, ein.
Was ruͤhrt uns heute dann? Ach! ſoll man es bekennen?
Nichts, nichts, als daß wir, Printz! dir alles moͤchten goͤnnen,
Was du mit augen hier an Friedrichs tugend ſiehſt,
Und jeder vom Auguſt und deſſen gluͤcke lieſt.
Fahr229Vermiſchte Getichte.
Fahr in den buͤchern fort, die du dir auserleſen!
So iſt auch Sylvius dein ahn-herꝛ ſchon geweſen:
Der weiſe Sylvius, der zwar auch Nimrod hieß;
Sich aber in der that, wie Salomo, bewieß.
Wer cronen ſucht und ſchuͤtzt, der brauche ſchwerd und degen;
Jn dir herꝛſcht guͤtigkeit. Drum laß dich nicht bewegen,
Zu wuͤnſchen, was zwar gros, doch auch viel elend macht.
Ein jahr, das ein Achill im lager zugebracht,
Jſt offt ſo viel nicht werth, als eine ſuͤſſe ſtunde:
Da man ſich ſelbſt betracht, und aus der Pallas munde,
Der immer quellend iſt, die milch der weißheit ſaugt.
Was iſt doch wohl ein fuͤrſt, der nur zum jagen taugt,
Von nichts als thieren ſpricht, und andern ihr vermoͤgen
Aus ihrem beutel preßt? Wenn ſeine hengſte floͤgen,
So wuͤrden ſie dennoch ihm ſtets zu langſam ſeyn.
Jnzwiſchen geht das land und auch die nahrung ein:
Das recht liegt umgekehrt: Die armen ſtehn verlaſſen:
Warum? Es traut niemand, das ruder anzufaſſen;
Denn jeder ſchlaͤft alsdenn, laͤſt ſeinen herren blos,
Und trinckt wohl gar mit ihm auf ſein verderben los.
Printz! bleibe, wie du biſt, und laß die welt ſich plagen!
Wer nach der weißheit forſcht, der hat genung zu jagen.
Ein fuͤrſt kan alles thun, was GOtt erlaubt und will;
Doch fordert GOtt von ihm in allem maas und ziel.
Die weißheit iſt allein ohn ende, ziel und ſchrancken:
Sie zeigt uns die natur: Sie ſchaͤrffet die gedancken:
Sie laͤutert licht und recht: Sie traͤnckt: Sie machet ſatt:
Und macht doch, daß man ſtets noch luſt zu lernen hat.
Durch dieſe kanſt du, Printz! einſt zu der hoheit ſteigen,
Die uns die meiſten nur in langen titeln zeigen;
Durch dieſe wirſt du ſeyn, was keiner, den der wahn
Der erden noch bethoͤrt, auf erden werden kan.
Wir werden deinen ruhm biß an die ſterne fuͤhren:
Und du wirſt als ein ſtern uns unter fuͤrſten zieren.
Wer aber thut, o Printz! hier mehr? Wir oder du?
Wir geben dir dein tob: Du giebeſt zeug darzu.
P 3An230Vermiſchte Getichte.
An einen, welcher ſich nach hof und in fuͤrſtliche dienſte begeben ſolte. B. N.
GEh hin, geprieſner mann! wohin des gluͤckes huld
Dich heiſt aus deinem lager ruͤcken!
Bequem dich aber vor zur hoͤflichen gedult,
Und lern dich in das guͤldne joch und in die ſuͤſſen ſchmertzen
ſchicken!
Der hof iſt eine ſee;
Laß deiner hoffnung ſchiff nicht weit vom ufer ſchweben!
Wer ſtillen tieffen traut, und auf des meeres hoͤh
Sich will mit gantzem wind und vollen ſegeln heben,
Faͤllt durch verleumdung offt in harte klippen ein,
Und ſtoͤſſet an des neiders ſtein
Mit ſchrecken ſeinen kahn in ſtuͤcken.
Dann ſchwimmt der gantze bau zu deiner ſchande fort,
Und jeder lacht dich aus, daß du von deinem port
So thoͤricht abgeſchifft: Der maſt-baum liegt darnieder,
Und kommet ſelten mehr zu ſeinem herren wieder.
Bleht dich die ruhmſucht auf? ſo ſetz ihr maas und ziel!
Die ehre pflegt ein feiges hertz zu haſſen,
Ein ſtoltzes zu verlaſſen.
Sey keinem andern hart; Dich ſtrafe ſtets zuviel!
Bemuͤh dich nicht, die ſtirne zu verſtellen,
Und laß dein augenlied von keiner hoffarth ſchwellen!
Das gluͤck iſt wandelbar, und aͤndert leicht den ſchein:
Drum ſorge bloß dahin, wie du moͤgſt ehrlich ſeyn.
Nicht wuͤnſche, daß es dir ſtets froͤlich moͤge gehen!
Der purpur, den du traͤgſt, ſtirbt und verliehret ſich:
Der ſtern, der itzund ſcheint, kan bald in wolcken ſtehen:
Und wie iſt zeit und jahr nicht ſelbſt veraͤnderlich?
Der iſt der gluͤcklichſte, der keinem gluͤcke trauet;
Und wer, wenn ihn ein jeder ſchauet,
Sich doch im finſtern wuͤnſcht, der iſt ein weiſer mann.
Wie?231Vermiſchte Getichte.
Wie? weiſt du es noch nicht?
Des hofes treppen ſind von porcellan und glaſe zugericht:
Man ſteigt, indem man abwerts geht, man faͤllt, indem man
aufwerts ſteiget,
Und wird im augenblick offt biß in ſtaub gebeuget.
Verachte dich ſtets ſelbſt! Jm andern traue GOtt!
Vergebne ſorge bringt dem hertzen nichts als plagen,
Und unſre jammer-klagen
Vermehren nur die noth.
Zeigt dir der himmel blitz? So leide ſeine ſchlaͤge!
Lockt dich die wolluſt an? So weich ihr aus dem wege!
Liebkoſet dir das gluͤck? So ſetze dich zur ruh!
Draͤut dir ein ſchwacher feind? So lache nur darzu!
Biſt du beliebt? So halt die gunſt mit haͤnd und fuͤſſen!
Liegſt du? So kanſt du ja den muͤßiggang genießen:
Steigſt du? So laß niemahls ſo groſſe freude ſehn!
Wirſt du erniedriget? Wohl! laß es auch geſchehn!
Trotzt dein verfolger dich? So zwinge dein geſicht!
Thut es dir weh? Ey ſo beſchwer dich nicht!
Mehr weiß ich dir nicht zu befehlen;
Durch tugend wirſt du ſtehn:
Die tugend kan allein erhoͤhn:
Die tugend wird dich auch zu den begluͤckten zehlen.
Allerunterthaͤnigſte ſupplique der armee in Jtalien an Jhro Kayſerl. Majeſtaͤt, 1705. B. v. H.
GRoßmaͤchtigſter Monarch! verzeih, wenn tauſend ſchmertzen
Die ſcufftzer mit gewalt mir preſſen aus dem hertzen:
Wenn bleiche duͤrfftigkeit die hand mit zittern regt,
Und nichts als lauter noth zu deinen fuͤſſen legt!
Vergieb, wenn mein geſang vielleicht zu traurig klinget,
Jtzund da jedermann die ſieges-lieder ſinget!
P 4Man232Vermiſchte Getichte.
Man ſiehet offtermahls, daß da cypreſſen ſtehn,
Allwo die lorbeer-baͤum ihr gruͤnes haupt erhoͤhn:
Daß auf den hellen klang der ſchallenden trompeten
Bisweilen uns gefaͤllt der thon der ſanfften floͤten.
Begluͤckter Leopold! wer dein verhaͤngniß kennt,
Muß ſagen, daß dich GOtt zum muſter hat ernennt,
Der laſterhafften welt in deinem gluͤck zu zeigen:
Daß nur die tugend kan das ungluͤck uͤberſteigen.
Durch dieſen wunder-glantz, der deine ſeele ziert,
Wird jedes hertz entzuͤndt, wird jeder geiſt geruͤhrt,
Und dein beruffnes lob ſo weit und hoch getrieben,
Daß man gezwungen iſt, o Kayſer! dich zu lieben.
Wo waͤr am Donau-ſtrom ein Proteſtanten-heer,
Wenn dieſe liebe nicht ſein nord-geſtirne waͤr?
Will ein verblendter fuͤrſt der crone dich berauben,
So gilt kein unterſchied, kein zancken mehr im glauben.
Hier ſtirbt der unterthan, dort der getreue freund
Mit ſolcher luſt vor dich, daß der und jener meint:
Er koͤnne loͤblicher ſein leben nicht beſchlieſſen.
Ein jeder ſucht den tod; ſo daß man nicht kan wiſſen,
Was auf dem ſieges-platz mehr zu bedauren ſey:
Ob deiner freunde lieb? ob deiner knechte treu?
Was kan ich weiter mehr von dir, o Kayſer! ſagen?
Als daß mein fremdes volck, durch tapfferkeit getragen,
Von hundert meilen kommt, zu ſtuͤtzen deinen thron,
Und nichts als deine huld vor ſich begehrt zum lohn.
Dort ſchreibt ein weiſer mann: Daß es nicht einen giebet,
Der ſonder eigen-nutz allein die tugend liebet;
Und der im gegentheil den laſtern widerſteht,
Wenn ihr vergiffter lohn uns in der welt erhoͤht.
Ach! ſolteſt du itzund, o kluger Roͤmer! leben!
Jch weiß, du wuͤrdeſt ſelbſt diß ſchoͤne zeugniß geben:
Daß, wenn ein Leopold das kayſerthum regiert,
Die tugend nur allein uns zu der tugend fuͤhrt.
Wer aber iſt einmahl zu deinem thron getreten,
Und hat vergebens dich, o Kayſer! was gebeten?
Was233Vermiſchte Getichte.
Was man begehrt von dir, das wird uns gleich gewaͤhrt,
Und offt noch mehr gewaͤhrt, als man von dir begehrt.
Du zeigeſt dich betruͤbt, wenn eine ſtund verfloſſen,
Jn der dein unterthan nichts gutes hat genoſſen.
Dein gros-geſinnter geiſt richt ſich nach keiner zahl:
Er ſchencket ohne maas: Er giebet auf einmahl;
Drum muß man billich ihn der ſonnen aͤhnlich preiſen,
Die allzeit unzertheilt der welt ſich pflegt zu weiſen,
Und etwan ihren glantz nicht einem nur gewaͤhrt,
Nein, ſondern ihre gunſt auf alle menſchen kehrt.
Auf alle? Doch was angſt hat mir den ſinn benommen!
Jch will, und kan doch nicht, ich kan nicht weiter kommen.
Auf alle? Zuͤrne nicht, wenn die erinnrung mir
Bey dieſen worten itzt ſtellt meinen jammer fuͤr.
Wenn ich vor deinem thron erblaſſet niederfalle,
Und klaͤglich ſeufftzen muß: Auf uns nicht; ſonſt auf alle.
Gerechter Leopold! ach! biſt du allgemein:
Wie kommt es denn, daß wir von dir vergeſſen ſeyn?
Doch ſchwartzer wolcken-dunſt kan ſonnen-klarheit ſchwaͤrtzen;
Jch fuͤrchte gleiche noth bey deinem vater-hertzen:
Jch fuͤrchte, daß der ſturm des neides uns beruͤhrt,
Und unſre ſeufftzer weit von deinen ohren fuͤhrt.
Drum, blaſſe ſchmertzen! kommt verhungert und zerriſſen!
Begleitet mich itzund zu meines kayſers fuͤſſen!
Schau, groſſer Potentat! diß iſt die krieges-ſchaar,
Die vor ſo gros, ſo ſchoͤn, und ſo gefuͤrchtet war.
Betrachte, was wir ſeynd, und was wir ſeynd geweſen!
Ein volck, das Caͤſar ſelbſt zum heer haͤtt auserleſen;
Jtzund ein ſchatten-bild, das um die graͤber ſchwebt,
Und nur aus liebe noch zu dir ein wenig lebt.
Diß ſind wir, wenn wir nichts als unſer elend ſchauen:
Wann, naͤher uns zu ſehn, die feinde ſich nicht trauen;
Doch wenn man lermen ſchlaͤgt, und zu den waffen ſchreyt:
So ſieht man durch die krafft der wahren tapfferkeit
Diß matte todten-bild zum wunderwerck der erden,
Ein unbeſiegtes heer von lauter helden werden.
P 5Ach!234Vermiſchte Getichte.
Ach! koͤnte diß dein aug, o Kayſer! ſchauen an,
Was in derſelben zeit die liebe vor dich kan!
Der kaum den ſchwachen leib vor hunger konnt ertragen,
Der laufft, der freuet ſich, vor dich ſein blut zu wagen;
Doch kommen wir zuruͤck, als ſieger aus dem ſtreit,
So muͤſſen wir an ſtatt der ſuͤſſen froͤlichkeit,
Die allezeit der lohn der uͤberwinder blieben,
Beweinen, daß uns nicht der tod hat aufgerieben.
Hier lieget der ſoldat, durch hunger abgematt,
Und ſtirbt, dieweil er nichts, den leib zu ſtaͤrcken, hat.
Dort ſitzt der officier, und traͤncket ſich mit zaͤhren,
Dieweil er nicht mehr weiß, wie er ſich ſoll ernaͤhren.
Barmhertzger Leopold! beweget dich dann nicht
Mein jammer, welcher itzt in dieſen zeilen ſpricht?
Kanſt du wohl ſehen zu, daß die aus noth verderben,
Die tauſendmahl vor dich aus liebe wolten ſterben?
Jch bitt, o Kayſer! dich, um das getreue blut,
So deine fiege croͤnt, um dieſe thraͤnen-fluth,
So meine wangen netzt; Ach! laß uns einmahl ſchauen,
Daß wir vergebens nicht auf deine guͤte bauen:
Damit der ſchluß hinfort ein helles luſt-geſchrey,
Und nicht ſo, wie itzund, ein bittres ſeufftzen ſey!
Als Jhro Churfuͤrſtl. Durchl. von Pfaltz zu Weiſſenfels bey dem mann-ſchieſſen der buͤrgerſchafft den haupt-gewinnſt, als ſchuͤtzen-koͤnig, an. 1704 davon trugen. Jm nahmen der ſchuͤtzen - compagnie. M. S. R.
KOmm! ſo ruffet itzt der Rhein: Komm! ſo muß die
Donau ſagen:
Theurer Churfuͤrſt! komm zu uns! Denn die feinde ſind
geſchlagen.
Jtzo235Vermiſchte Getichte.
Jtzo hat zu zweyen mahlen GOtt ein ſolches werck gethan,
Daß die ungemeinen ſiege kaum die nach-welt glauben kan.
Komm! und laß dein hohes haupt mit dem lorbeer nun be -
lohnen,
Der dir ſchon geflochten iſt. Denn die ehr und ſieges-cronen,
Die ein ander Maccabaͤus und ein Gideon empfaͤngt,
Werden an den pyramiden deines nahmens aufgehengt.
Denn du muſt der Atlas ſeyn, welcher Leopoldens himmel,
Das iſt, unſer Teutſches Reich, mitten in dem kriegs-getuͤmmel
Durch ein patriotiſch hertze tapffermuͤthig unterſtuͤtzt,
Und mit volck, mit rath und ſorgen die gekraͤnckte freyheit ſtuͤtzt.
Komm! vergnuͤge wiederum deiner treuen lande ſehnen!
Komm! und laß die ewigkeit dich mit ſolchem ſegen croͤnen,
Welcher, weil der welt-bau ſtehet, dir wird unverwelcklich ſeyn!
Komm! ſo muß die Donau ſagen: Komm! ſo ruffet itzt der
Rhein:
Bleib! ſo ſpricht Anguſtusburg: Bleib! ſo muß die Saale ruͤffen:
Theurer Churfuͤrſt! bleib noch hier! Denn durch dich ſind uns
die ſtuffen
Zu gantz ungemeinem ruhme biß in graue zeit gebaut,
Da man dich, als eine ſonne, auf dem weiſſen felſen ſchaut.
Ach! du kanſt doch nimmermehr deine guͤte nicht verneinen:
Deine holde gegenwart muß uns noch zur freude ſcheinen:
Deine freundſchafft, deine liebe, kuͤſſet unſern Salomon:
Und die armen buͤrger tragen auch ein gnaden-theil davon.
Denn da hier, auf alten brauch, nach dem manne ward geſchoſſen,
Hat die ſchuͤtzen-compagnie ſo ein ſtoltzes gluͤck genoſſen,
Das vorher noch nie geweſen, ſchwerlich auch wird wieder
ſeyn,
Denn du legteſt das geſetzte gleich den andern auch mit ein.
Doch das gluͤcke wolte ſie noch zu groͤſſern ehren bringen:
Da man ſiebenfach certirt, muſt es dennoch ſo gelingen,
Daß das loos vom haupt-gewinnſte bloß vor dich gefallen
iſt,
Und man dich, nach ſchuͤtzen-rechte, nun als ihren koͤnig
gruͤßt!
Zwar236Vermiſchte Getichte.
Zwar vor dich, Durchlauchtigſter! iſts ein ſchlechtes ding zu
nennen:
Deine chur und deine macht laͤſt uns einen fuͤrſten kennen,
Der an koͤniglicher wuͤrde keiner fremden crone weicht;
Aber uns iſts eine freude, die biß an die wolcken reicht.
Ja naͤchſt dieſem iſt es uns, als ein gluͤcklich omen blieben:
Wie du hier als koͤnig biſt und als ſieger eingeſchrieben;
So wird rechter ſieg dich croͤnen. Selbſt der himmel macht
den ſchluß:
Daß der feind der teutſchen freyheit ſich vor Pfaltz noch bie -
gen muß.
Nun wir haben deine huld auch recht koͤniglich geſpuͤhret,
Weil ſich noch ein tropffen blut in der buͤrger adern ruͤhret:
Und ſo lange die geſellſchafft dieſer ſchuͤtzen wird beſtehn;
Soll der preiß von deinem nahmen nun und nimmermehr
vergehn.
Ziehſt du endlich von uns hin? Ey ſo zeuch mit tauſend ſegen!
Dir geht dort dein Duͤſſeldorff in entzuͤckter luſt entgegen:
Hier begleiten dich die hertzen, daß dir danckbarkeit und treu,
Gleich den eignen unterthanen, unterthan und eigen ſey.
Das lob von L… einem gewiſſen ſtaͤdtgen in T. E. G.
SPrecht andre, wie ihr wollt, das lob von Byzantz aus:
Und laſt den Samazar mit dem Venedig pralen:
Setzt euch den kupfferſtich von Amſterdam ins haus:
Laſt Londen und Pariß an eure waͤnde mahlen;
Jch, den die mutter-milch ſo hoch nicht aufgeſchwemmt,
Will auch am liebſten nur bey kleinen dingen bleiben,
Und wo der ſchwere reim mir nicht die feder hemmt,
Dein wohl-verdientes lob, mein Lobeda! beſchreiben.
Jch glaube, daß du es zwar nicht benoͤthigt biſt:
Es hat mir auch kein freund das wamſt darum zerriſſen;
Doch237Vermiſchte Getichte.
Doch ob mich ſchon kein menſch jemahls darum begruͤßt:
Genung, daß du es mir auch nicht bezahlen muͤſſen.
Manch praler kaufft ſein lob des jahres zweymahl ein,
Und wenn das nahmens-licht gleich gantz obſcur erſchienen;
So muͤſſen (doch ums geld) ein dutzent ſchlucker ſeyn,
Die das beruͤhmte feſt mit einem reim bedienen.
Giebt wo ein kunſt-monarch ein bibel-buch heraus,
So laͤſt er ein ſonnet zu ſeinem kupffer machen,
Und praͤſentirt wohl gar den gantzen Muſen-ſchmaus;
Wer wolte denn dein lob, mein Lobeda! verlachen?
Dein anſehn, glaube mir, verdient mit beſſerm recht,
Es, da man alles lobt, nicht gaͤntzlich zu vergeſſen,
Als mancher buͤcher-wurm und ſylben-kraͤmer-knecht,
Haͤtt er den Cicero gleich biß aufs holtz gefreſſen.
Denn ob die thuͤrme gleich nicht an die wolcken gehn;
So hat dich doch die kunſt an einen berg geſchmiſſen,
Der, ſolt er anders nur in Griechen-lande ſtehn,
Ohn allen zweifel haͤtt Olympus heiſſen muͤſſen.
Das ufer, wo die Saal mit ihren fluthen ſpielt,
Kan, wenn bey kuͤhler nacht die nachtigallen ſingen,
Dem Cato, wenn er auch ſonſt keine regung fuͤhlt,
Mit ſeiner luſtbarkeit ein groß vergnuͤgen bringen.
Der luͤgen-ſchmied, Homer, hat dich nur nicht gekennt,
Sonſt haͤtt er dich gewiß der Venus eingegeben.
Denn wenn die ſonne gleich nicht wie in Cypern brennt;
So kan die liebe doch an deinem ufer leben.
Jhr matten! die ihr ſonſt der wolluſt decken ſeyd,
Jhr moͤgt, wenn ſonn und wind durch weid - und erlen ſpielen,
Voritzo zeugen ſeyn von der erwuͤnſchten zeit,
Die viel verliebte paar um dieſe gegend fuͤhlen.
Die Muſen machen ſonſt den Pindus-berg beruͤhmt,
Die doch wohl anders nichts, als alte hexen, waren;
Hier, glaub ich, wuͤrd uns nur durch ſchrifften was beniemt,
So koͤnte man noch wohl was ruͤhmlichers erfahren.
Wer weiß, hat nicht Armin dein altes ſchloß bewohnt?
Vielleichte zeigt ſich noch ein merckmahl der Druiden,
Das238Vermiſchte Getichte.
Das biß auf unſre zeit das alterthum verſchont.
Laſt, critici! euch nur das ſuchen nicht ermuͤden!
Grabt alle ſteingen auf: Durchkriecht der hoͤlen klufft:
Seht, ob ſich irgendwo ein alte ziffer findet:
Sucht einen Drudden-fuß: Sucht eine aſchen-grufft!
Jch ſchwere, daß der fleis euch Lobeda verbindet;
Doch nein! denn Lobeda wird hier nicht danckbar ſeyn:
Es darff den ruhm nicht erſt aus tieffen hoͤlen graben:
Der glantz des alterthums iſt ein geborgter ſchein;
Wer lob erwerben will, muß ſelbſt die ehre haben,
Die haſt du, Lobeda! und als dein eigenthum:
Wenn dich die ſpoͤtter gleich ein kleines weſen nennen;
Dein enger umzirck hat weit ausgeſpannten ruhm,
Bey allen, welche dich mit deinem innhalt kennen.
Offt hat ein kleiner leib ein groſſes hertz umfaſt:
Ein kleiner garten traͤgt offtmahls die ſchoͤnſten fruͤchte:
Ein zwerg haͤlt offt an witz der groͤſten erden laſt,
Die von den rieſen ſtammt, ein ſchoͤnes gleich-gewichte.
Wenn gleich das pflaſter nicht mit quater-ſteinen prangt;
Man darff die tritte doch nicht in dem kothe zehlen.
Mich deucht, wenn Grand Louis noch ſeinen zweck erlangt,
Er wird an ſtatt Pariß zur reſidentz dich wehlen.
Die mauren ſehen zwar, als wie zu Jer’cho aus:
Die waͤll und graͤben ſind auch leichte zu erſteigen:
Man ſieht kein proviant - kein zeug - noch pulver-haus;
Doch dieſes alles kan dir keine ſchande zeigen.
Der mauren einfall zeugt von deiner tapfferkeit,
Die ſchon der teutſche krieg den ſternen eingeſchrieben;
Allein, wie koͤmmt es doch, daß ſie ſo lange zeit,
Und biß auf dieſen tag, noch ungebaut geblieben?
Diß eben lehret uns, daß du nicht furchtſam ſeyſt,
Und daß die buͤrger ſelbſt als dicke mauren ſtehen.
Geſetzt nun, daß man dich ein kleines weſen heiſt;
Hierinnen kanſt du wohl auch laͤndern gleiche gehen.
Manch Sterops, der ſich ſonſt gewaltig mauſig macht,
Und alle ſtunden will zu einem helden werden,
Weil239Vermiſchte Getichte.
Weil er vermauret iſt, kriecht, wenn ein ſtuͤcke kracht,
Mit hertz und hoſ und wamſt ſechs klafftern in die erden.
Nein! nein! ihr ſeyd nicht ſo; Jhr ſteht wie klotz und ſtein,
Und duͤrfft die feſtbarkeit nicht in die erde graben.
Zwar waͤr mit andern euch manch laſter nur gemein,
Jhr wuͤrdet zweiffels-frey ſchon wall und mauren haben.
Wie manche mauer hat der ehbruch nicht gebaut!
Es weiß der kinder ſchaar, die auf dem pflaſter lauffen,
Und ihren vater noch nicht auf der welt geſchaut,
Wohl ſelten, wer darzu die ſteine muͤſſen kauffen:
Jndeſſen weiß es der, ſo ſie bezahlet hat.
Er ſchickt zum uͤberfluß bey jedem oſter-feſte
Etwas ins wayſen-hauß, und etwas vor den rath;
So bauen wayſen dann die praͤchtigen pallaͤſte.
Hier pralt das rath-haus nicht, wie manches armen-haus:
Man laͤſt das theure gold nicht auf die fenſter mahlen;
Allein es ſieht auch ſonſt nicht ſo gefaͤhrlich aus:
Man darff hier nicht ſo offt vor fenſter-laden zahlen:
Es darff kein haͤſcher-ſchwarm mit flegeln lauſchen ſtehn:
Es laſſen andere Philiſter ſich bewachen:
Der Morgenſtern darff hier nicht patroulliren gehn,
Wenn unſre buͤrger ſich zuſammen luſtig machen:
Hier geht es meiſtentheils gar ſtill und ruhig zu:
Man ſieht kein tolles ſchwerd auf menſchen-leiber raſen:
Und ſtoͤrt ein affter-ſtern ja irgend unſre ruh,
So laͤſt man hand und hand auf mund und augen graſen:
So bringt man allezeit des lebens ſchatz davon,
Und macht den tapffern leib nicht vor der zeit zur aſchen:
Bekommt ſchon jemand was vom ſchellenmarckt zum lohn,
So wird es bald mit bier und kraͤtzer abgewaſchen;
Jndeſſen fuͤrchtet ihr geſchoß und degen nicht:
Man hoͤrt da keinen Fuchs durch marckt und gaſſen wetzen:
Der, ob ihm gleich gehirn und witz und hertz gebricht,
Doch ſchon die halbe ſtadt in zittern denckt zu ſetzen.
Bey euch wohnt fried und luſt, es weichet zanck und ſtreit:
Und wer von Lobeda den nahmen nicht wird kennen,
Der -240Vermiſchte Getichte.
Derſelbe mag mit recht, du wunder unſrer zeit!
Dich eine friedens-ſtadt vor fremden ohren nennen;
Diß macht dein weiſer rath, der vor die wohlfahrt wacht.
Die ſorgeu und die muͤh der rechts-erfahrnen vaͤter,
Die haben deine ruh in ſolchen ſtand gebracht.
Das rath-haus naͤhret hier nicht land - und ſtadt-verraͤther:
Und nennt man gleich bey dir nicht den Juſtinian:
Wird ſchon der Baldus nicht zum zeugen angenommen;
Wer weiß, was kuͤnfftig noch allhier geſchehen kan,
Nachdem der kleine Struv ein teutſches wamſt bekommen.
Deßwegen bleibt bey mir die meinung feſt geſtellt:
Du biſt und heiſt mit recht ein zierrath dieſer erden.
Und wenn des gluͤckes ſchluß nach meinen wuͤnſchen faͤllt;
So muſt du mit der zeit ein halber himmel werden.
Allein mein reim iſt aus. Jhr tichter unſrer zeit!
Jhr! denen hand und kiel des hofmanns geiſter leiten,
Schreibt! weil die poeſie mir nicht die krafft verleiht,
Schreibt Lobeda ins buch der grauen ewigkeit!
Auf einen ungereimt-befoͤrderten. E. G.
1.
WJe wunderlich ſpielt doch das gluͤcke,
Mit denen, die es foͤrdern ſoll!
Der Corydon geht an der kruͤcke;
Und dennoch klinget alles wohl:
Witz, klugheit und verſtand ſind alle lahm geſchoſſen;
Doch helffen ihm die narren-poſſen.
2.
Wie wunderlich ſpielt doch das gluͤcke!
Jhr leutgen! ſeht ihn nur recht an!
Wo doch das herꝛliche geſchicke,
Das ſeinen rang verdienen kan;
Jch weiß, ihr koͤnnet nichts, als dieſe woͤrter, ſagen:
Den hat das gluͤck empor getragen.
3. Wie241Vermiſchte Getichte.
3.
Wie wunderlich ſpielt das geluͤcke!
Allein, verzeiht mir! irꝛt euch nicht!
Der Corydon hat eine ficke,
Wo niemahls ſaltz und ſchmaltz gebricht.
Wer dieſe ſachen kan in ſeinen beutel ſuchen,
Der kan des gluͤckes macht verfluchen.
4.
Allein, wie ſpielt doch da das gluͤcke,
Wenn Corydon die predigt ſagt,
Und ihr ein gantz halb dutzent ſtuͤcke
Von ihm vergnuͤgt nach hauſe tragt!
Schlagt nur den eingang nach in Mayers troſt-poſtillen,
So koͤnnt ihr dieſen zweiffel ſtillen.
5.
Wie wunderlich ſpielt doch das gluͤcke!
Dem tritt der pfarr den beicht-ſtuhl ab,
Und geht mit ſeiner Peters-picke
Freywillig in das todten-grab.
Warum? Der herꝛ Johanns will ſeine tochter haben,
Drum laſt ihn immerhin begraben.
6.
Wie wunderlich ſpielt abers gluͤcke,
Wenn ſein examen recht beſteht,
Obgleich ein elephant und muͤcke
Dabey in einem paare geht!
Ey! lernet nur, wie er, ein ſtetes ja-wort ſprechen,
So kan euch kein patron gebrechen.
7.
So wunderlich ſpielt unſer gluͤcke!
Drum nehmt es ja recht wohl in acht:
Damit es euch auch einſt erblicke,
Wenn ſeine gunſt Ehrwuͤrden macht.
Laut geben, predigen, recht glauben und beweiben,
So wird euch kein patron vertreiben.
VI. Theil. QAuf242Vermiſchte Getichte.
Auf einen unwuͤrdigen Doctor medicinæ. E. G.
1.
JHr Muſen ſingt!
Nun zieht Hans Taps die Doctor-hoſen an;
Und macht erzoͤrnte minen,
Die patienten zu bedienen,
Wodurch er tod und teufel ſcheiden kan.
Es zittern und beben des todes geſellen,
Und wollen ſich ſelber die graͤber beſtellen.
2.
Jhr Muſen ſingt!
Du armer tod! ſo wirſt du coujonirt!
Gelt! ſolche pillen-helden,
Die koͤnnen dir den abſchied melden,
Der dich von uns in ferne grentzen fuͤhrt.
Ach tropffen! ach pulver! ach gluͤckliche pillen!
Ach! laſt uns die laͤnder mit doctorn erfuͤllen!
3.
Jhr Muſen ſingt!
Der lincke ſtrumpff iſt gluͤcklich angebracht;
Potz blicktz! wie knackt die ſeide
Zu groſſem hertzeleide!
Die ſtruͤmpffe hat der teufel gar gemacht.
Doch ſtille! ſie ſollen ihn ſelber verjagen,
So offt ſie dem doctor morbatum rum tragen.
4.
Jhr Muſen ſingt!
Der doctor knuͤpfft die kuͤrmes-weſte zu,
Und ſieht ſchon mit belieben
Den knoͤpffen thaler angeſchrieben.
Herꝛ Doctor! macht mir nicht zu groſſen ſchmu!
Die hunde, ſo ſonſten nicht Juden vertragen,
Die moͤchten euch irgend mit ihnen verjagen,
5. Jhr243Vermiſchte Getichte.
5.
Jhr Muſen ſingt!
Nun nimmt Hanns Taps den ſpitzen-mantel um,
Und koͤmmt mit gravitaͤten
Zum doctor-ſchmaͤußgen angetreten.
Bey meiner ſeel! er iſt fuͤrwahr nicht tumm.
Nur letzlich, da hatt ſich die ergoſſen:
Da iſt ihm ein bißgen gehirne verfloſſen.
6.
Jhr Muſen ſingt!
Der doctor kommt mit ſeinem gantzen ſtaat.
Nun iſt er abgebacken,
Und hat mehr dignitaͤt im nacken,
Als Hippocras jemahls beſeſſen hat.
Jhr maͤgdgen! ach! kommt doch aus fenſter gelauffen!
Die doctor ſind heute ſehr wohlfeil zu kauffen.
7.
Jhr Muſen ſingt!
Nun iſt der karrn einmahl in dr .. gefuͤhrt:
Und wird auch drinnen bleiben,
Biß man von hinten zu wird ſchreiben.
Jndeſſen faͤhrt, wer mit ducaten ſchmiert.
Jhr meſten! ihr glaͤſer! ihr krauſen und titten!
Kommt alle zu eurem herꝛ doctor geritten!
Aria von der hoffnung.
1.
HOffnung macht doch nicht zu ſchanden,
Ob ſie gleich geduld begehrt:
Wenn das boͤſe uͤberſtanden,
Wird man auch des guten werth.
Strecken ſich die langen eichen
Nach behauen mehr empor:
Auf den zarten roſen-ſtraͤuchen
Waͤchſt der dorn den roſen vor:Q 2Und244Vermiſchte Getichte.
Und wer Canaan will ſehen,
Muß erſt durch die wuͤſten gehen.
2.
Heiſts gleich offt: Ach wir ertrincken!
Nun geht alle hoffnung drauf!
Wenn das ſchiff will unterſincken,
Wachet erſt der helffer auf.
Rettung kommt doch ſtets zu rechte,
Wenn es uns am ſchlimmſten geht:
Gleich als wenn die laͤngſten naͤchte,
Und die ſonn am hoͤchſten ſteht:
Denn ein ſtarcker wetter-regen
Pflegt am erſten ſich zu legen.
3.
Fruͤhlings-fieber uͤberwunden,
Seynd den leibern gar geſund.
Wenn die wunden einſt verbunden,
Lacht der vorbethraͤnte mund.
Wills das gluͤck gleich lange machen,
Eh es uns zu huͤlfe zieht;
Hoffnung iſt ein traum im wachen,
Wo man lauter himmel ſieht.
Hoffnung, gluͤcklicher zu werden,
Tilgt die groͤſſe der beſchwerden.
4.
Drum, o ſeele! laß das klagen
Bey der widerwaͤrtigkeit!
Der wird heilen, der geſchlagen,
Harrc nur noch kurtze zeit!
Wenn das gluͤck einſt ausgeſchlafen,
Alsdenn wird es munter ſeyn.
David bleibt nicht bey den ſchafen:
Auf den ſturm folgt ſonnen-ſchein.
Und wer warten kan und hoffen,
Dem ſteht gluͤck und himmel offen.
Fluͤch -245Vermiſchte Getichte.
Fluͤchtigkeit des menſchlichen lebens. MADRIGAL.
ES hat ſonſt alles ſeine zeit:
Der fruͤhling darff nicht vor dem ſommer ſterben:
Den ſommer kan nichts, als der herbſt, verderben:
Der herbſt weicht eher nicht, als biß der winter ſchneyt.
Allein der arme menſch,
Der billig, wie das jahr, vier alter ſolte leben:
Muß geiſt und leben offt, eh er gelebt, hingeben.
Die kindheit ſtirbt, eh ſie die welt erblickt:
Die jugend, eh ſie uns laͤſt ihre bluͤthe ſchauen:
Ein weib, eh noch die frucht aus ihrem lager ruͤckt.
Und alſo iſt zwar allem hier zu trauen;
Nur unſerm leben nicht.
Jedoch geduld! wir aͤndern nur den garten,
Und unſer ſonnen-licht;
Denn weil uns taͤglich hier an pflegung was gebricht,
So kan der himmel uns bey ſich am beſten warten.
Bey der zu Jena dem Herꝛn M. L. Weiſ - ſenborn conferirten Adjunctur. E. G.
JHr, die ihr in der welt mit weißheits-tituln prangt,
Und durch gelehrſamkeit auch bey der nach-welt lebet;
Habt den geprieſnen ruhm zwar mit verdienſt erlangt:
Daß ihr den ſterblichen geſchickte ſegeln gebet;
Allein erzoͤrnt euch nicht! Man muß es doch geſtehn:
Es kan ein ſpruͤchwort offt zehn buͤchern gleiche gehn;
Und wenn hat wohl ein ſpruch von euch ſo eingetroffen,
Als dieſer: Daß die welt in meinungen erſoffen.
Wer bey der ſonne nicht mit eulen-augen ſieht,
Kan dieſer woͤrter krafft auch von ſich ſelbſt erkennen;
Wem aber eigenſinn der ſinnen licht entzieht,
Dem wuͤrde man umſonſt geborgte fackeln brennen. Q 3Jndeß246Vermiſchte Getichte.
Jndeß will ja jemand die wahrheit klaͤrer ſehn,
Und denckt, man wolle nur die welt vergebens ſchmaͤhn:
Der kan zum uͤberfluß auf viel gelehrte ſchauen,
Die thuͤrm und ſchloͤſſer offt auf wahn und meinung bauen.
Jtzt langt die dinte nicht, es fehlt papier und zeit,
Das alte weſpen-neſt der meinungen zu ſtoͤren:
Wenn deun des himmels-glantz kohl-ſchwartze flocken ſchneyt:
Und andre affen gern die gaͤnſe reden hoͤren:
Ja wenn Democritus bey leid und trauren lacht:
Leucipp der erden ball zu einer trommel macht:
Wenn der Cleanthes ſie will ſtatt der kegel brauchen:
Und andre ſich den kopff in naſſe luſſt eintauchen.
Diß alles hat bereits das alterthum verdeckt;
Allein man darff nicht erſt in jene zeiten lauffen,
Weil man zu unſrer zeit auch grillen ausgeheckt.
Man kan pedanterie noch aller orten kauffen.
Wie wird die ſtirne nicht in falten eingelegt,
Wenn ein ertichtes bild auf das gehirne ſchlaͤgt:
Es ſtrotzt der weißheits-ſack, und zieht den kopff zur erden,
Als wolte mancher noch zum karꝛn-geſpane werden.
Darbey hefft man den mund mit hundert klammern an,
Wie die beſchwerer thun, wann ſie die geiſter bannen;
Kommt aber eine zeit, da man nicht ſchweigen kan,
So moͤchte man ein pferd vor jede ſilbe ſpannen.
Wer faͤllt nunmehr mit mir nicht auch der meinung bey?
Daß der Pythagoras noch nicht geſtorben ſey.
Ja wenn gelehrte ſich vor aller welt verſchlieſſen:
So wird Diogeues auch wohl noch leben muͤſſen.
Was bildet mancher ſich nicht auf den mantel ein!
Bald will der kragen ſich nicht auf die ſchulter ſchmiegen:
Bald fehlet ſonſten was: Da muß man ernſthafft ſeyn,
Als haͤtte man bereits den freyheits-brief zum luͤgen:Dabey247Vermiſchte Getichte.
Dabey wird auch der bart ſo trotzig aufgeſteckt,
Als haͤtten fledermaͤuß und ratzen da geheckt.
Wenn ſich gelehrte nun ſo wunderlich gebaͤrden,
Was wunder? daß ſie denn auch zu pedanten werden.
Allein gemach! gemach! man glaubt es doch wohl nicht;
Die welt iſt ja nicht gantz in meinungen erſoffen,
Und die gelehrten ſind nicht ſtets ſo zugericht;
Sie werden dann und wann wohl kluͤger angetroffen.
Geehrter Weiſſenborn! dein weißheits-brunn quillt klar,
Und ſtellt dein ebenbild gewiß gantz anders dar;
Drum wirſt du unbeſchwert uns dein exempel goͤnnen,
Damit wir dieſen ſchimpff recht widerlegen koͤnnen.
Jhr ſpoͤtter! die ihr gifft aus honig-blumen zieht,
Jhr werdet hier vor euch nichts zu beſchmeiſſen finden;
Hier iſt gelehrſamkeit mit grillen nicht bemuͤht:
Es laͤſt der muntre geiſt ſich keine meinung binden:
Das, was der redner kern in mund und ſchrifften weiſt:
Das iſts, was ſeinen ruhm ſchon fernen oͤrtern preißt.
Ja von den Muſen ſelbſt hat man den ſpruch vernommen:
Gelehrt, beredt und klug iſt hier zuſammen kommen.
Diß alles hat der ſchluß derjenigen bedacht,
Die hier mit grund und krafft den bau der weißheit ſtuͤtzen:
Der deiner klarheit ſchein noch mehr aus licht gebracht,
Nachdem er dich itzt heiſt an ihre ſeite ſitzen.
Wie aber dieſes nur der erſte anblick iſt,
Mit welchem dich das gluͤck in unſerm Jena gruͤßt;
So ſchreibt der freunde wunſch mit froͤlichen gebaͤrden:
Dein ſchoͤnes ebenbild muß noch bekannter werden.
Q 4Auf248Vermiſchte Getichte.
Auf eben denſelben. E. G.
WJe fiſche, die der ſtrom am ufer ausgelegt,
Nach duͤnner kuͤhlungs-lufft mit vollem halſe ſchnappen;
So ſind wir, wenn der wind der hoffnung uns bewegt:
Wir muͤhn uns, rauch und dampf ſtatt wolluſt zu ertappen.
Den ſchlieſt der liebes-wurm in thorheits-feſſel ein:
Ein Midas will ſich nur am koth von golde freun:
Die aber, ſo hievon nicht brillen-glas bekommen,
Die werden von dem ſchein der ehren eingenommen.
Bald ſchicket man die luſt mit voͤgeln durch die lufft:
Dem ſoll ein hund und pferd vergnuͤgungs-zucker ſchaffen:
Und wenn das jaͤger-horn uns keine haſen rufft,
So haͤngen wir uns gar an katzen und an affen.
Jn ſumma, jeder ſucht ein fremdes element,
Biß man, wie motten, ſich am lichte ſelbſt verbrennt;
Wo aber Thales uns ſoll weiſe lehren geben:
So wird die ſchoͤnſte luſt bey kuͤhlen brunnen leben.
Aus brunnen quillt der leim, durch den die welt gebaut:
Jm brunnen liegt das bild der ſterblichen begraben;
Wer da ſein conterfait nicht wie Actaͤon ſchaut,
Der kan nicht an ſich ſelbſt verdruß und eckel haben:
Wenn koͤnigs-toͤchter auch nach tieffen quellen ſehn,
Wie zu Fontainebleau von Claudia geſchehn:
So mag man den mit recht zum Cerbero verkauffen,
Der nichts beliebtes ſieht aus Thetis adern lauffen.
Diß hat der kluge geiſt desjenigen bedacht,
Der einſt Minervens bild ließ in das waſſer ſtellen,
Wobey der pinſel noch viel artig zeug gemacht,
Mit dieſer uͤberſchrifft: Hier muß vergnuͤgung quellen.
Gewiß! hat wo ein bild ein ding recht ausgedruͤckt,
So iſt es dieſer hand vor andern wohl gegluͤckt.
Denn ſeht: Die weißheit iſt aus liebendem verlangen
Der menſchen ſchimmer auch ins waſſer nachgegangen.
Jhr249Vermiſchte Getichte.
Jhr brunnen! die ihr klar aus erd und felſen ſteigt,
Jhr moͤgt, wie Caſtalis, mit eurem glantze pralen;
Der quell, wo ſich ihr ſchein polirten augen zeigt,
Kan auch eryſtall beſchimpfft mit rothen flecken mahlen.
Drum kommt Miſanthropus fuͤrwahr erbaͤrmlich blind,
Wenn er auf truͤben koth verfaulter grillen ſinnt;
Und der wird nimmermehr von ihrem nectar lecken,
Der ſich an pfuͤtzen haͤlt, wo froͤſch und kroͤten hecken.
Zwar ſtuͤmper, die den weg zu hohen bergen fliehn,
Die muͤſſen freylich nur im kothe ſitzen bleiben;
Allein, wo geiſt und muth ſich mit geduld bemuͤhn,
Da laͤſt man ſich nicht leicht von ſeinem zwecke treiben;
Denn der Hippocrates und ſeiner ſoͤhne ſchaar
Macht taͤglich dieſen ſchluß durch die erfahrung war:
Daß brunnen, die ſich hoch durch berg und klippen heben,
Dem, der ſie oben ſucht, das beſte waſſer geben.
Der brunn des Plinius nahm taͤglich ab und zu;
Hier ſieht der anmuths-quell zu keinen zeiten ſtille,
Zu zeigen: Daß GOtt ſelbſt was bey der ſache thu,
Und daß die ewigkeit hier roͤhr und adern fuͤlle.
Die katzbach Schleſiens hat ſonſten gold gefuͤhrt:
Hier ſpielt ein perlen-thau, der alle glieder ruͤhrt:
Ja, wie die lahmen ſonſt in warme baͤder hincken,
So kan der geiſt ſich hier geſund und weiſe trincken.
Und wen ein paradies mit gruͤner luſt ergetzt,
Der kan den himmel ſelbſt um dieſe gegend finden:
Wo ſich ein gantzer wald von kuͤnſten hingeſetzt:
Und wo vier ſtroͤme ſich an einen urſprung binden:
Wo liebe, die der kern und grund der tugend iſt,
Mit klugheit untermengt durch die canaͤle flieſt:
Da wo die tapferkeit laͤſt friſche ſtroͤme ſchieſſen,
Die mit beſcheidenheit zuletzt in einen flieſſen.
Q 5Ge -250Vermiſchte Getichte.
Geehrter Weiſſenborn! den heut der weiſen rath
An ihre ſeite ſetzt, dich muß man hier befragen:
Dich, den der weißheits-brunn bißher vergnuͤget hat.
Du wirſt ein frohes ja zu unſern worten ſagen;
Denn wer der weiſen ſchrifft ſo hurtig durchgeſucht,
Und, was nach thorheit ſchmeckt, mit recht und ernſt verflucht:
Ja wen die Gratien ſich ſelber zugeſellen,
Der wird den beſten ſchluß von dieſem brunnen faͤllen.
Wohlan! ſo quelle denn dein weißheits-brunn ſtets klar,
Und zeige dir den weg zu hoͤhern ehren-buͤhnen!
Der abfluß ſtelle ſich zu keinen zeiten dar,
Damit du kanſt der welt mit raren fruͤchten dienen!
Uns aber, die dein gluͤck, gleichwie dich ſelbſt, ergetzt,
Laß, wenn der himmel es noch kuͤnfftig feſter ſetzt,
Und wenn dir gluͤck und zeit was mehrers wird beſtellen,
Aus deinem freundſchaffts-brunn vergnuͤgungs-ſtroͤme quellen!
Als Herꝛ J. P. Artopœus an. 1706 d. 20 Jan. zu Halle Medic. Doct. wurde. E. G.
JHr! die ihr, von dem wahn des poͤbels eingenommen,
Das werck der medicin als gauckel-poſſen ſchmaͤht,
Jhr habt vorlaͤngſten zwar ſchon euren text bekommen;
Jedoch, weil ihr noch offt durch ſtaar und huͤlſen ſeht,
So will die poeſie ohn alles kopff-zerbrechen,
Aus lieb euch noch einmahl das fell von augen ſtechen.
Gefaͤllt euch dieſes nicht, ſo reiſt es ſelbſt entzwey,
Und ſprecht die medicin von eurem ſchimpffen frey.
Der ehrgeitz darff ſie nicht zum werck der goͤtter machen?
Sie braucht zu ihrem ruhm nicht abgeſchmackten wahn;
Sie pfleget ſelbſt den ſchwarm der alten zu verlachen,
Und liebet einen ſchluß, den man beweiſen kan. Die251Vermiſchte Getichte.
Die thiere haben ſie vielleicht zuerſt getrieben;
Allein was dieſen GOtt in die natur geſchrieben,
Das kommt, und wenn es euch auch noch ſo ſeltſam waͤr,
Aus keinem andern rath, als GOttes weißheit, her.
Jhr ſprecht: Wie kan denn das ein goͤttlich wiſſen heiſſen,
Wo ungewißheit ſich zum grund und regel macht,
Und wo zehn lehrer ſich mit tauſend grillen ſchmeiſſen,
Wenn einer einen wurm von neuem vorgebracht?
Allein, verzeiht es mir! Die hoͤchſt gewiſſen kuͤnſte
Sind auch zuweilen nichts als leere meinungs-duͤnſte:
Zudem ſo ſagt uns doch, wo man bewieſen findt,
Daß andre lehrer frey von allem zweifel ſind?
Erfahrung kan allhier ſchon gute meiſter machen,
Und wenn vernunfft dabey nicht ausgeſchloſſen iſt;
So findet man durch ſie den kern bewehrter ſachen,
Durch die ein augenblick offt bahr und grab verſchlieſt,
Drum, ſpoͤtter! die ihr wolt dem tod apoſtel werben,
Laſt erſtlich euren wurm in dem gehirne ſterben:
Denn gebt beym Cous euch mit andern fragen an,
Ob dieſer euch vielleicht mit voͤlckern dienen kan?
Zwar wenn Pillificus ſtets leichen muß begleiten,
Und mit der todten-poſt ein gut verſtaͤndniß hat,
So moͤchtet ihr vor ihn wohl ein quartier hereiten;
Allein der nahmen macht nicht den geſundheits-rath.
Sonſt ſtuͤnd ein gruͤner Mops, der wurtzeln graben lernen,
Wie Aeſculapius, vorlaͤngſten bey den ſternen;
Schreibt aber ihn die kunſt nicht ins regiſter ein,
So kan er, wie er will, bey euch in dienſten ſeyn.
Wen der Hippocrates ſoll zum collegen wehlen,
Der muß zu unſrer zeit aus andern augen ſehn:
Er darff die krancken nicht mit langen fiebern quaͤlen.
Und wenn der herbſt geſund, auf boͤſe zeiten ſchmaͤhn. Die252Vermiſchte Getichte.
Die krancken werden ihn ſchon von ſich ſelbſten ſuchen:
Drum darff er nicht die peſt auf ſtaͤdt und laͤnder fluchen;
Und alſo faͤllt auch hier die bittre ſchmaͤhung hin,
Daß aͤrtzte ſelbſt das weh auf ihre krancken ziehn.
Jhr tollen ſterblichen! was wolt ihr eure flecken,
Die geiſt und leib zugleich ins lazareth gebracht,
Doch ſo vergebens hier mit feigen-blaͤttern decken?
Der zorn, der euren kopff zum patienten macht:
Der geitz, der mit verdruß nur halbe biſſen zehlet:
Die ſinds, durch die ihr euch ſelbſt die geſundheit ſtehlet;
Und wenn der luͤſte brand vernunfft nicht loͤſchen kan,
So macht ihr euch ja ſelbſt den aͤrtzten unterthau.
So aͤndert dann den ſchluß, und laſt die regeln gelten,
Die ihre kunſt mit fleiß zu eurem nutzen ſetzt:
Hoͤrt auf, die gold-tinctur und ſuͤß eſſentz zu ſchelten:
Und was man ſonſten noch von panaceen ſchaͤtzt.
Ja! wenn die beutel ſelbſt einmahl purgiren muͤſſen,
So laſt euch nimmermehr das zinſe-geld verdrieſſen:
Denn euer ſchimpff bewegt doch nicht des Sirachs ſchluß,
Daß man die medicin als goͤttlich ehren muß.
Verzeih, geehrter freund! bey deiner ehren-ſtunde,
Wenn uns das gegentheil auf dein exempel fuͤhrt:
Denn, wenn die wiſſenſchafft aus unſers Wedels munde,
Nebſt dem, was Seevogt lehrt, und eignes wiſſen ziert:
Wem Stahl und Hoffmanns hand die doctor-wuͤrde goͤnnen,
Der wird die ſchmaͤhungen recht widerlegen koͤnnen.
Jndeſſen wuͤnſchen wir als freunde noch darbey:
Daß deine medicin ſtets ohne tadel ſey!
Die253Vermiſchte Getichte.
Die freude der Themis, als Herꝛ J. P. Kreß, der Rechten Licentiat, zu Jena die Doctor-wuͤrde erlangte. E. G.
JHr rechte, denen liſt offt tod und ſchatten draut,
Wenn ein verſteckter pfeil nach meinem hertzen zielet,
Lacht kuͤnſftig, wenn ein feind verſtrickte fallen baut,
Und irꝛthum mit betrug auf unſre ſchantzen ſpielet!
Wenn rechts-gelehrte ſich um Themis burg bemuͤhn,
So muß der trauer-dunſt von unſern augen ziehn.
Diß war vor kurtzer zeit der rechts-gelahrheit ſpruch.
Als Kreſſens doctor-hut ihr zu geſichte kommen;
So bald eroͤffnete ſich der geſetze buch:
Die rechte wurden gantz vor freuden eingenommen:
Ja ſelbſt das todte recht, das Griechenland begraͤbt,
Das wurde gleichſam neu durch ihren ruff belebt.
Das groſſe recht der welt, das unſers ſchoͤpffers macht
Mit feſtem diamant in Adams bruſt geſchrieben,
Dem Grot und Pufendorff ein neues licht gebracht,
Und das biß dieſe zeit noch unverdeckt geblieben,
Empfand von neuem ſchon ein noch verklaͤrter licht,
Weil Kreßens lehren ihm verjuͤngten glantz verſpricht.
Geſetze, die uns Rom aus jenen zeiten goͤnnt,
Da groſſe kayſer ſelbſt des rechtens vaͤter waren:
Kommt! und erfahrt, wie ihr noch heute leben koͤnnt,
Wenn eure ſpruͤche ſich mit unſern rechten paaren:
Wer ſo, wie Kreß, das buch der alten zeit durchſucht,
Vor dem eroͤffnet ſich vollkommen eure frucht.
Euch tritt das heiligthum der alten Teutſchen bey,
Daß des Arminens fauſt der ſterblichkeit entriſſen,Und254Vermiſchte Getichte.
Und freut ſich, daß ſein recht noch nicht vergeſſen ſey,
So uns Conringius und Schilter zeigen muͤſſen:
Denn was uns dieſer fleiß aus jener zeit entdeckt,
Bleibt der gelehrſamkeit des Kreßens unverſteckt.
Drum ſieht man auch zugleich, wie jener klugheit licht,
Die den erlauchten ſtaat des Teutſchen reichs verbindet,
Und fuͤrſten unter ſich des rechtes urtheil ſpricht,
Bereits an Kreßens fleiß ſchon ihr vergnuͤgen findet;
Wohl dem! der ſo, wie er, die ſeltne klugheit lehrt,
Die ein Kulpiſius und Monzambano lehrt.
Der kirche ſelber geht ein neues wohl-ſeyn auf,
Wenn ſich der Paͤbſte recht muß unterſuchen laſſen:
Drum zeigte ſie ihm ſelbſt den fortgefuͤhrten lauff,
Den die hiſtorien von ihr noch in ſich faſſen.
Wer ohne vor-urtheil diß zeit-buch durchgeſchaut,
Der hat ſein kirchen-recht auf felſen-grund gebaut.
Jhr! die ihr euer recht nur ſtuͤcken-weiſe ſchmeckt,
Laſt das verwundern ſeyn, wenn unſers Kreßens wiſſen
Sich, eurer meinung nach, vielleicht zu weit erſtreckt:
Wenn klugheit und vernunfft die wege zeigen muͤſſen.
Wen Frieß und Slevogt fuͤhrt, wen ein Thomaſius
Und Stryck viel jahr gelehrt, verdient dergleichen ſchluß.
Gelehrter Kreß! verzeih, wenn die erfreute poſt,
Die itzt vom Saal-Parnaß durch ſchnee und wolcken dringet,
Den hertzen, die du kennſt, trotz aller zeiten froſt!
Durch deinen doctor-hut erfreute flammen bringet:
Wenn ſich die rechte ſelbſt mit freuden-zeichen muͤhn,
Darf unſre ſchuldigkeit kein nebel uͤberziehn.
So nimm denn einen wunſch von denen freuden an,
Die taͤglich neue frucht aus deinen lippen leſen:Der255Vermiſchte Getichte.
Der himmel, dem dein recht in allem unterthan,
Der uͤber deinem fleiß auch ſelbſt vergnuͤgt geweſen,
Der laſſe dieſe luſt ſich taͤglich mehr verneun!
So wird das Saal-Athen, wie Themis, ſich erfreun.
Als tit. Herꝛ Wolff Abraham von Gerß - dorf zum amts-hauptmann erwehlet wurde.
DEin wohlſeyn, edles land! iſt gros und ungemein:
Der himmel ſcheinet dir vor andern ſehr geneiget:
Haſt du, wie Rhodus, ſchon nicht taͤglich ſonnen-ſchein;
So ſiehſt du, wie dein glantz aus vielen ſonnen ſteiget.
Dein rechtes ſonnen-licht iſt Friderich Auguſt,
Der ſo viel huld und ſchutz, als Phoͤbus, ſtrahlen giebet:
Dein land-vogt, welcher dich, wie dieſer vater, liebet,
Traͤgt ſeines fuͤrſten bild mehr in als auf der bruſt;
Und ob von dieſem zwar an ehren-vollem leben
Viel groſſe ſich bemuͤhn, den widerſchein zu geben:
So ſieht man doch, daß der, ſo ihm am nahmen gleicht,
Den abriß auch zugleich von ſeiner tugend reicht;
So daß ſie allerſeits in deinen frohen grentzen,
Den neben-ſonnen gleich, von einem lichte glaͤntzen.
Es legt der adel itzt ein klares zeugniß dar,
Der, groſſer Gerßdorff! dich zu ſeinem haupte wehlet.
Er hat, weil ihm ſo wohl bey deinem vater war,
Ein gleiches ehren-maas dem ſohne zugezehlet.
Man traͤgt ein ſolches amt nur klugen haͤuptern an:
Wer ſtarcke ſchultern hat, dem wird viel aufgeleget:
Ein Atlas muß es ſeyn, der ſo viel wolcken traͤget,
Auf deſſen gipfel ſelbſt der himmel ruhen kan.
Es kan kein Phaeton den ſonnen-wagen fuͤhren,
Und auch kein ſchwaches kind ein ſchweres ſchiff regieren. Weil256Vermiſchte Getichte.
Weil nun dein ſeltner witz und hurtiger verſtand,
Den ſchnellen blitzen gleich, faſt uͤberall bekannt;
So kan man bey dein amt, als eine crone, ſchreiben:
Sie muß dem wuͤrdigſten allein zu theile bleiben.
Natur und himmel hat darzu dich ausgeruͤſt;
Wem deine jugend-zeit nur halb bekannt geweſen,
Spricht, daß du jeden tag an witz gewachſen biſt,
Und daß man bluͤth und frucht von dir zugleich geleſen:
Dein auge hat nur das, was ruͤhmlich war, geliebt,
Und weil dir wohl bewuſt, daß reiſen und ſtudiren
Des adels pracht-gebaͤu, gleich zweyen pfeilern, zieren;
So haſt du billich dich in beyden ſo geuͤbt,
Daß ruhm und gluͤcke ſich mit allen ihren gaben
Um deine freundſchafft faſt hernach gezancket haben.
Und da du dreyzehn jahr die ehren-volle laſt
Als landes-aͤlteſter mit ruhm getragen haſt,
Jſt ja des fuͤrſten gunſt, der ſtaͤnde wahl zu loben,
Die dich nach aller wunſch zum hauptmann hat erhoben.
Und alſo weiß man faſt von dieſer wuͤrde nicht:
Ob ſelbte mehr durch dich, als du durch ſie, geehret?
Weil uͤber diß von dir die hoffnung nichts verſpricht,
Als was dem lande nuͤtzt, der adel gerne hoͤret.
Man troͤſtet ſich bereits nach mehr als guͤldner zeit:
Du wirſt, gleich einer gluth, die boͤſen zwar verbrennen,
Den frommen aber auch viel waͤrme geben koͤnnen;
Und deine klugheit wird an muntrer wachſamkeit
Dem kranich aͤhnlich ſeyn, der durch ſein ſtehn und wachen
Kan andern ſicherheit und ruh im ſchlafe machen.
Mein vater hofft denn auch in deiner gunſt zu ſtehn,
Und wuͤnſcht, es muͤſſe dir wie Phalereo gehn:
Daß dir vor deine treu moͤg in dem gantzen Sachſen
Ein neues ehren-mahl mit jedem tage wachſen!
Als257Vermiſchte Getichte.
Als Herꝛ Chriſtoph Ferdinand Kamper an. 1706 den gradum Doctoris beyder Rechten erhielt, im nahmen der in Jena ſtudierenden Schleſier. E. G.
BEgluͤckte Themis-burg! dein grund muß ewig ſtehn,
Und wird durch keinen ſturm der zeiten umgeriſſen,
So lang als raͤthe noch in deinen thoren gehn,
Die recht und billichkeit geſchickt zu handeln wiſſen.
Ob ein Lycurgus ſchon vorlaͤngſt vermodert iſt,
Und Numa ſeinen glantz in aſch und ſtaub verſchlieſt:
So traͤgt doch unſre zeit noch kluge Labeonen,
Bey denen recht und licht, als treue ſchweſtern, wohnen.
Es will das theure recht nicht blind gewogen ſeyn:
Man muß hier gantz genau das gleich-gewichte kennen;
Drum ſtimmt ein kluger nicht in ſchluß und urtheil ein,
Wo ſtatt des rechten lichts geborgte lampen brennen.
Die wahrheit, ſo man nur mit fremden augen ſieht,
Gleicht ſchaͤtzen, die ein traum aus falſchen bergen zieht;
Und die, wie Capito, blos auf die alten trauen,
Bekommen nur den ſchaum der rechte zu beſchauen.
Wer die gelehrſamkeit nicht blos nach brode mißt,
Sucht tieffer in die klufft derſelben einzudringen:
Und weil man ſonſten leicht den rechten grund vergißt,
So muß ſich der verſtand zuerſt in ordnung bringen.
Das zeigt der weiſen kunſt, ſo regeln ausgedacht,
Nach denen unſer geiſt bewaͤhrte ſchluͤſſe macht:
Die oͤffnet ihm das thor in den entfernten thronen,
Wo die vernunfft regiert, und recht und wahrheit wohnen.
Doch kan die wahrheit nicht entbloͤßt von tugend ſeyn;
Denn wer die laſter ſoll mit ſtrengen ſtrafen raͤchen,VI. Theil. RUnd258Vermiſchte Getichte.
Und das gedruͤckte volck mit huͤlff und rath erfreun,
Muß denen neigungen zuvor den willen brechen.
Wer ſeiner urtheil grund auf tollen vorwitz ſetzt,
Und nach geſchencken ſpricht, wird ſelten hochgeſchaͤtzt;
Doch wiſſen darff nicht frey von dem gewiſſen bleiben:
Drum muß ein Seneca ſich ſelbſt geſetze ſchreiben.
Drauf wird die goͤldne burg der Themis aufgethan:
Und wen ein kluger zweck auf dieſen weg getrieben,
Der greifft, wie Grotius, das recht des himmels an,
Das unſer Schoͤpfer ſelbſt in unſre bruſt geſchrieben:
Diß zeigt den feſten grund und das gewiſſe licht,
Das groſſen koͤnigen und voͤlckern urtheil ſpricht:
Es heiſt den tieffen quell uns klar vor augen kommen,
Aus dem Athen und Rom ihr erſtes recht genommen.
So denn verſteht man erſt, was ein Juſtinian
Aus ſtuͤcken alter zeit der nach-welt aufgehoben:
Man ſieht, was recht und fleis, betrug und liſt gethan:
Man tadelt nicht, was recht; man lernt nicht laſter loben.
Was ein Pomponius und Ulpian gelehrt,
Wird, wie ſie ſelbſt begehrt, verſtaͤndig angehoͤrt:
Und wer das alte Rom ſich wohl beſchreiben laſſen,
Kan ihrer ſpruͤche krafft offt von ſich ſelbſten faſſen.
Das alte Teutſchland reicht zugleich geſetze dar,
So viel die ſchrifften uns von jenen zeiten goͤnnen:
Und die erfahrung macht den ſchluß noch taͤglich wahr,
Daß unſre grentzen auch juriſten zeigen koͤnnen.
Drum wer ſich Byzantz blos mit Rom zum zwecke ſtellt,
Und den Tribonian vor ſeinen abgott haͤlt,
Kennt Teutſchlands gaben nicht, und hat noch nie geleſen,
Wie Lyncker, Schilter, Stryck ums recht bemuͤht geweſen.
Begluͤcktes Saal-Athen! wo ein erwuͤnſchtes feſt
Den weg zur Themis-burg uns in exempeln zeiget:Die259Vermiſchte Getichte.
Die deiner lehrer ſchluß als lehrer ſchauen laͤſt:
Wie klugheit, kunſt und fleiß zum ehren-gipfel ſteiget.
Die freude, die man hier bey deinem flore ſpuͤrt,
Wird durch der luͤffte gunſt weit in die welt gefuͤhrt:
Und unſer Schleſien laͤſt auf den breiten auen,
Die Guttalus benetzt, auch ſein vergnuͤgen ſchauen.
Begluͤcktes Schleſien! das ſolche ſoͤhne zeugt,
Die licht und recht zugleich aus welt und buͤchern lernen.
So kan der alte ruhm, der an die wolcken ſteigt,
Bey der gelehrten welt ſich nie von dir entfernen;
Dein Kamper ſtellet dir itzt ſein exempel dar,
Und macht den reiffen ſchluß des weiſen Hanckens wahr:
Ja was der kluge Krantz vorlaͤngſt an ihm erblicket,
Das wird auf dieſen tag vortrefflich ausgedruͤcket.
Dein Kamper hat den weg vernuͤnfftig angeſtellt:
Erſt muſte Treuner ihn den grund der weißheit zeigen,
Der weißheit, die vernunfft und nutzen in ſich haͤlt:
Dann kunte ſein verſtand zur rechts-gelahrheit zeigen,
Wo Beyer, Bohſe, Floͤrck, die fackeln aufgeſteckt,
Die Roms und Teutſchlands recht ihm mit vernunfft entdeckt:
Darauf Wildvogels fleis und Slevogts kluge gloſſen
Jhm noch dazu das recht der kirchen aufgeſchloſſen.
Erlaube, werther freund! daß unſre liebes-pflicht,
Zu der die tugend uns ſam̃t der vernunfft verbindet,
Anitzt mit dir zugleich die freuden-roſen bricht,
Die dein gelehrter fleiß auf ſchnee und eiſe findet.
Laß den getreuen wunſch von unſrer hand beſtehn:
Der himmel, der dich heißt in lehrer-orden gehn,
Der ſchaffe, daß dein fleiß auf der gelehrten reiſe,
Viel andern dieſen weg zur rechts-gelahrheit weiſe!
R 2Der260Vermiſchte Getichte.
Der vergebens, obwohl treulich, gewarnete.
JCh haͤtte nicht gedacht, wie ich erleben wolte,
Daß einen alten fuchs man dennoch fangen ſolte:
Denn der wohl andere viel tauſendmahl verlacht,
Tapt itzo ſelber ein; das haͤtt ich nicht gedacht.
Erinnerſt du dich nicht der vormahls ſchoͤnen zeiten,
Da du nach deiner luſt kontſt fremde pferde reiten?
Wie du den beſten ſchatz der freyheit itzt verlierſt,
Nun du ein eigen pferd an deine krippe fuͤhrſt.
Und zwar, da ſchon bey dir der haber will veralten,
Wie wirſt du immerhin den ſtrengen dienſt verwalten?
Denn dieſes glaube nur, daß ſolch ein klepperlein
Will teutſch geſtriegelt und franzoͤſch gefuͤttert ſeyn.
Jch weiß noch wohl die zeit, daß du dem frey’n entſagteſt,
Und mit verliebtem mund: Jſt ſie noch droben? fragteſt.
Da ſtund es wohl um dich, da konteſt du mit ruh
Mir, und ich wieder dir, ein halbes bringen zu.
Da mocht ein pfeiffgen noch in deinen haͤnden glimmen:
Man dorfft uns keine zeit, zu bett zu gehn, beſtimmen,
Wie leyder! wird geſchehn: Wo haſt du hingedacht,
Daß du, ein freyer mann, zum ſclaven dich gemacht?
Du kunteſt franc und frey, wohin du wolteſt, wandern:
Mißfiel dir ort und dienſt, ſo nahmſt du einen andern;
Nun aber iſts um dich, mein lieber freund! gethan:
Man haͤngt dir liſtiglich den ehſtands-kleppel an,
An welchem du gewiß mit nicht geringen plagen,
Mit kummer und verdruß dich wirſt zu tode tragen;
Jch rathe, wo es nicht zu ſpaͤte moͤchte ſeyn,
Wenn du mit ehren kanſt, ſo bleib vor dich allein!
Zwar weiß ich, daß du offt wirſt bey dir ſelber fragen:
Was mag doch dieſer mann von meiner heyrath ſagen,
Der ſelber iſt beweibt, und der ſo liederlich
Vor dieſem hat geliebt, daß meiſter Michel ſich
Halb261Vermiſchte Getichte.
Halb krumm und lahm curirt? Wie traurig kunt er ſitzen,
Wenn er ihn kommen ſah mit pflaſtern, wicken, ſpritzen!
Wie oͤffters hat er doch dieſelbe nacht verflucht,
Da auf dem Donau-ſtrom die Venus wurd beſucht!
Und was dergleichen mehr, wer weiß ſie all zu nennen?
Mein freund! die wahrheit iſts, ich muß es ſelbſt bekennen,
Deß ich ſo liederlich, wie du, vorhin gelebt:
Viel terpentin gebraucht: Viel pflaſter aufgeklebt:
Ja, daß ich endlich, um den ſuͤnden abzukommen,
Mir hab ein eigen weib auf meinen leib genommen:
Mit welcher mirs gegluͤckt, mit der ich leben kan,
Nach meines hertzens wunſch, als ein vergnuͤgter mann;
Und alſo hab ichs zwar nach meinem theil getroffen,
Doch, was ich ſchon erlangt, das muſt du erſtlich hoffen.
Wie? wenn dein engelgen dereinſt, wie jene, ſpricht:
Mein kind! was lernet man doch wohl bey hofe nicht?
Es iſt gefahr dabey, wenn man in deinen jahren
Erſt an das freyen denckt: Der fruͤhling muß ſich paaren.
Wenn in dem winter ſchon die ſonn in ſteinbock tritt,
Da bringt das zeichen auch gewiß die hoͤrner mit.
Jſts aber nicht mehr zeit? So wuͤnſch ich dir von hertzen,
Daß du nur mit geduld dein leiden moͤgſt verſchmertzen,
Und wenn es endlich nicht iſt ferner auszuſtehn,
Gecroͤnt, als maͤrtyrer, dann in den himmel gehn!
Der mit geitz vermaͤhlte eigen-ſinn.
MEin freund! ich frage dich: Jſts wohl der rede werth,
Daß die erzuͤrnte laus dir in die leber faͤhrt,
Jndem ich blos allein zum zeit-vertreib geſchrieben,
Und du an ehr und gut gantz unbeſchaͤdigt blieben?
Denn was in ſolcher ſchrifft zum poſſen vorgebracht,
Hat dich gewiß nicht kranck, geſchweige todt, gemacht.
Was gilts? wenn andern man dergleichen ſchreiben wollen,
Wie haͤtteſt du alsbald ſo treulich helffen ſollen!
R 3Jch262Vermiſchte Getichte.
Jch glaub auch ſicherlich, daß keinem auſſer dir
Dergleichen lapperey empfindlich kaͤme fuͤr.
So iſts, wer gerne tantzt, dem iſt gar leicht zu pfeiffen:
Dein gantzes naturell iſt murren, klagen, keiffen,
Drum mag bald etwas ſeyn, das dein gebluͤth erhitzt.
Wenn eine fliege nur etwas zu lange ſitzt,
Biſt du ſchon ſorgen-voll, daß bey ſo langem harren
Sie moͤge dir den kalck von deinen waͤnden ſcharren.
Ja, brummſt du bey dir ſelbſt, es kan gar licht ge -
ſchehn,
Daß man auf ſolche art die wand muß loͤchricht ſehn.
Du zuͤrneſt bitterlich, wenn molcken um die lichte
Umſchwaͤrmend kommen an, dir fliegen ins geſichte,
Du ſchlaͤgeſt hefftig zu, und ſprichſt: Wenn man be -
denckt,
Wie ſehr die nahrung wird durch ſolch ein aas ge -
kraͤnckt,
Und wie viel talg nicht bleibt an ſeinen fluͤgeln hangen.
Was man bey einem licht kan ſehen und erlangen,
Da braucht man ſolcher zwey. Legſt du dich dann zur
ruh,
Bringſt du die gantze nacht mit ſolchen dingen zu,
Die nicht der muͤhe werth: Denckſt, was in dreyßig jahren
Dir noch vor ungemach einſt koͤnne wiederfahren:
Und was ein ander laͤßt auf GOtt und zeit beruhn,
Wilſt du durch aberwitz und eigne ſorgfalt thun.
Was, ſprichſt du bey dir ſelbſt, iſt aus des nachbars garten
Vor mich nicht vor verluſt und ſchade zu gewarten?
Die reiſer, ſo er hat nicht weit von meiner wand
Gar ordentlich gepflantzt, die koͤnnen nach der hand
Als baͤume, die belaubt, in vollem wachsthum ſtehen:
Ey, wenn ſie nun den thau und regen laſſen gehen,
Auf meine gute wand, ſo mags nicht anders ſeyn,
Sie faͤllt in kurtzer zeit biß auf den grundſtein ein.
Was leiden und gefahr hab ich noch zu vermuthen,
Wenn groſſer regen koͤmmt, daß mich die ſtrengen fluthen
Nicht263Vermiſchte Getichte.
Nicht nehmen gar dahin? Schon zweymahl iſts ge -
ſchehn,
Daß man bey einem haar mich untergehen ſehn.
Der hencker hat ſein ſpiel, wie balde kan ſichs fuͤgen,
Daß mir ein groſſer ſtorch kan an die ſcheune fliegen.
Wie wenn mein kleinſter ſohn ein ſchwalben-neſt zer -
bricht,
Und dieſe ſchwalbe mir hernach die kuͤhe ſticht:
So koͤnt ich ja fuͤrwahr bey ſo geſtalten ſachen
Gar keine butter nicht, und wenig kaͤſe machen.
Diß ſey von dieſem gnung. Kommt dann die erndte-zeit,
Die ſonſten jedermann vergnuͤget und erfreut,
So haſt du deine laſt, durchrenneſt felder, fluhren,
Beſiehſt der menſchen tritt, und zehlſt der maͤuſe ſpuhren.
An deinem acker iſt fuͤrwahr kein leerer rein,
Er muß, wie du vermeinſt, gantz abgeſchnitten ſeyn;
Wird denn nach deinem wunſch, und uͤber ſein verhoffen,
Ein ſolcher armer dieb erhaſcht und angetroffen,
Jſt keine gnade da, er muß mit dir herein,
Und kan nach deinem ſinn nicht gnung beſtrafet ſeyn.
Will ſich das feder-vieh nur etwan unterſtehen,
Aus bloſer unvernunfft auf deine ſaat zu gehen:
So ſchwingeſt du den ſtock, und wirffſt aus aller macht,
So lange, biß davon etwas iſt umgebracht:
Du rupffſt die federn aus, die rache zu vollenden,
Und ſtreuſt ſie hier und da herum an allen enden,
Damit daß huhn und ganß zu ihrem ſchrecken ſehn,
Was hier mit ihnen ſey vor eine ſchlacht geſchehn.
Faͤngt das getreide nun allmaͤhlich an zu reiffen,
Dann pflegſt du ſtuͤck vor ſtuͤck gar fleißig durchzuſtreiffen:
Und daß du wiſſen kanſt, ob halm und korn geſund,
So ziehſt du beyde ſie gar zierlich durch den mund.
Kommt denn die zeit heran, zur erndte ſelbſt zu ſchreiten,
Wie biſt du denn bemuͤht, die ſeile auszubreiten:
Und wenn nun diß geſchehn, vermeineſt du, du haſt
Getragen allzuſtarck des tages hitz und laſt.
R 4Ent -264Vermiſchte Getichte.
Entſchluͤſſet man ſich denn, getreidig einzufuͤhren,
So ſiehſt du fleißig drauf, kein koͤrngen zu verliehren,
Und wo in deinem ſinn dir deren eins entfaͤllt,
So iſt in deinem ſinn die erndte ſchlecht beſtellt.
Zeigt denn der ſchoͤne herbſt die reichen garten-fruͤchte,
So wird dein kurtzer ſchlaf um ſo viel mehr zu nichte:
Ey dieſes kan den kopff dir gar zu ſehr verwirrn!
Da zehlſt du eigentlich die aͤpffel und die birn.
Und wenn ein wenig wind die leichten blaͤtter ruͤhret,
Was wird vor groſſe noth ſo gleich bey dir geſpuͤhret!
Faͤllt dann ein pflaͤumgen ab, durch maden weich ge -
macht,
Haſt du dich allbereit an bettel-ſtab gebracht.
Und wenn es nur alsdenn in deiner macht beſtuͤnde,
Du ſchluͤgeſt dich auch wohl mit maden und dem winde,
Die, deiner meinung nach, dich allzuhart verletzt,
Daß vieler zeiten zeit den ſchaden nicht erſetzt.
Was aber, was hilfft das, was nutzen ſolche grillen?
Gewißlich glaube mir, daß man um deren willen
Dich ſelten gerne ſieht, weil jeder auf dich paſſt,
Was du wohl abermahl vor eine klage haſt.
Die fehlen nimmermehr; Doch aber muſt du wiſſen,
Daß dieſe fehler dir vormahls dein gluͤck entriſſen:
Jch hab es offt gehoͤrt, es ſtoͤſt ſich mancher dran,
Dieweil ein jeder nicht ſolch knarren dulden kan.
Doch nimm es, wie du wilt, was du allhier wirſt finden,
Die wahrheit wird dich ſelbſt zu einem ja verbinden.
Der auf eine zeit gluͤcklich verungluͤckte.
WEich dem verhaͤngniß itzt, du mehr als tapffrer mann!
Laß den ergrimmten neid nach ſeinen willen toben!
Denn eben dieſes ſind der tugend wahre proben,
Die gluͤck und ungluͤck ſieht mit gleichen augen an:
Die, wenn gleich alles ſich will wider ſie erregen,
Doch im geringſten nicht laͤſt ihren muth bewegen.
Erfah -265Vermiſchte Getichte.
Erfahrung und verſtand hat dir ja laͤngſt entdeckt,
Wie nur des hofes luft auf lauterm eiſe leite,
Und offtmahls ſonder ſchuld ein fallen zubereite,
Wenn ihre falſche koſt am allerbeſten ſchmeckt.
Hier will die ſonne nicht ſtets ſonder wolcken ſcheinen:
Der, ſo den morgen lacht, muß offt den abend weinen.
Daß auch nicht allezeit herꝛ, oder vaterland,
Mit gleicher danckbarkeit bezahle muͤh und wunden,
Die mancher braver held nur blos um ſie empfunden,
Als er ſein tapffres blut in ihren dienſt verwand;
Das wuͤrde, wenn er nur anitzo noch am leben,
Uns der ein wahres zeugniß geben.
Wie manchem wird gelohnt, als ob er mit verrath,
Mit untreu, trug und liſt, ſich uͤberall beſchmuͤtzet,
Der doch der unſchuld ſelbſt in ihrem ſchoſe ſitzet,
Und nichts denn reine treu erwieſen in der that.
Hier iſt Parmenio, und zeigt die moͤrder-wunde,
Die vor den langen dienſt er ſonder ſchuld empfunde.
Was that nicht Mutius, als mit der rechten hand
Jm auge ſeines feinds er jeue flamme nehrte,
Die zwar derſelben fleiſch, doch nicht den ruhm verzehrte,
Den ruhm, der ſonder ſchlacht den feind hier uͤberwand.
Den feind, der ſich getraut viel reiche zu bekriegen,
Kan blos ein Mutius mit ſeinem muth beſiegen.
Nun dieſer nahm die hand; du nimmſt den ehren-ruhm,
Und lerneſt ihn anitzt die feuer-proben kennen:
Jtzt muß er in der gluth der groͤſten neider brennen;
Doch bleibt die reinigkeit ſein ſtetes eigenthum.
Dein felſen-feſter mund wird ſeinen lorbeer finden,
Und mehr, denn Mutius, die neider uͤberwinden.
R 5Dein266Vermiſchte Getichte.
Dein unfall zwinget dir die hohen geiſter ein:
Durch großmuth und geduld wirſt du gewißlich ſchauen,
Wie dir dein eigner feind wird ehren-ſtaffeln bauen,
Und wie ſein untergang wird dein erhoͤhen ſeyn;
Wie er noch ſelber ſich wird durch ſich ſelbſt entkraͤfften,
Und deinen ehren-preis hoch an die wolcken hefften.
Man hoͤrt nicht allezeit des wetters harten ſchall:
Es will der ſchnelle blitz nicht ſtets die lufft durchſtreichen:
Und vor der ſonnen muß der dicke nebel weichen:
Das wieder-auferſtehn erfolget auf den fall;
So wird ein hoher glantz durch truͤbe wolcken dringen,
Des unfalls ſchwartze nacht und finſterniß bezwingen.
Die tugend, wie man weiß, verbleibet ein magnet
Des neides, welchen ſie beſtaͤndig nach ſich ziehet,
Und, deſſen los zu ſeyn, ſie ſich vergebens muͤhet:
Dieweil er ſtets mit ihr in gleichem wachsthum ſteht.
Je mehr mit ehr und ruhm wir unſern wandel ſchmuͤcken,
Je ſtrenger pflegt der neid die pfeile los zu druͤcken.
Die ſterne leuchten nur am ſchoͤnſten bey der nacht:
Die morgen-roͤthe wird aus finſterniß gebohren;
Mit nichten hat dein ruhm den alten glantz verlohren,
Weil dieſe truͤbe zeit ihn immer klaͤrer macht.
Er hat der palmen laſt ſich wollen einverleiben,
Je ſchwerer ihre laſt, je hoͤher ſie ſich treiben.
Die beſten perlen ſchleuſt die ſchwartze muſchel ein:
Die ſchoͤnſten roſen ſtehn in dick-vermengten hecken;
Doch dieſes alles kan nicht ihre pracht bedecken,
Sie muͤſſen des geruchs und auges labſal ſeyn;
So bleibt auf deinem ruhm, den dornen itzt umkraͤntzen,
Der perlen reinigkeit, der roſen purpur-glaͤntzen.
Held!267Vermiſchte Getichte.
Held! deſſen tapfferkeit nord, oſt und weſten kennt,
Von dem Pannonien und Pommern weiß zu ſagen,
Und deſſen nahme nur die feinde pflegt zu jagen,
Ja deſſen hoher glantz bey denen ſternen brennt!
Gieb nur ein wenig nach: Die baͤume, ſo ſich biegen,
Kan auch der groͤſte ſturm zu keiner zeit beſiegen.
O groſſer ehren-mann! es iſt der unbeſtand
Ja leider einverleibt den allergroͤſten dingen,
Und keines menſchen witz kan das verhaͤngnis zwingen:
Das kugel-runde gluͤck hat niemand in der hand.
Wer ein beſtaͤndig wohl hienieden denckt zu finden,
Wird ſeinen hoffnungs-bau auf lauter truͤb-ſand gruͤnden.
Der unmuth groͤſſert nur und mindert nicht das leid;
Es iſt des feindes luſt, wenn wir das hertze nagen,
Und unſern ſinn und leib mit tauſend martern plagen.
Ermuntre deinen geiſt, und warte nur der zeit!
Das gluͤcke, das anitzt will nackt und barfuß gehen,
Wird bald nach neuer art in gold und ſcharlach ſtehen.
Als tit. Herꝛ S. K. Heydenreich zu Jena Licentiatus medicinæ wurde, im nahmen der Schleſiſchen lands - mannſchafft. E. G.
JHr prieſter der natur, und engel dieſer welt!
Die ihr der ſeelen ſchloß mit feſter hand bewachet!
Verzeiht, wenn unſer blick etwas verwegen faͤllt,
Und ſich ins heiligthum der Hygiene machet!
Der tag, da ihre huld ſich einen diener weiht,
Macht unſern wuͤnſchen ja darzu gelegenheit,
Und will den vorhang ſtets von ihren augen ziehen:
Wer wolte dieſen glantz mit eulen-augen fliehen?
Jn268Vermiſchte Getichte.
Jn kluͤffte bauet man nicht tempel und altar:
Was nuͤtzt ein koͤnigs-ſchmuck bey duͤſtren todten-beinen?
Die ſonne ſtellet ſich der menſchen augen dar,
Und lichter duͤrffen nicht in finſtern kerckern ſcheinen.
Jhr ſeyd genung begluͤckt, daß ſich das reich der welt
Mit ſeiner ſchaͤtze pracht zu euren dienſten ſtellt:
Da Hygienens macht in waſſer, lufft und gruͤnden,
Ja in dem himmel ſelbſt kan rare ſchaͤtze finden.
Wenn der beliebte lentz die wieſen traͤchtig macht,
Und unſre gaͤrten ſich mit tauſend farben mahlen;
So muß der anmuths-platz, wo Florens purpur lacht,
Euch die geſchoͤpffte luſt mit theurer frucht bezahlen
Sehn andre aͤuſſerlich nur ſchatten, laub und ſchein;
So ſteiget euer geiſt ins waſſer ſelbſt hinein,
Und laͤſt der augen licht durch alle adern dringen,
Die tieff verborgne krafft daraus hervor zu bringen.
Kriecht andre, wie ihr wolt, in tieffer kluͤfften ſchacht!
Durchſucht der erden marck: Verfolgt das ſchnelle gluͤcke
Durch wellen, fluth und ſee: Holt fremder laͤnder pracht!
Jhr bringt doch alle nichts, als fremden koth zuruͤcke.
Wem Hygienens hand den weg nach Colchis weiſt,
Der hat weit nuͤtzlicher, als andrer fuß, gereiſt:
Der bringt, wann eure ſchaͤtz euch tauſend ſorgen geben,
Durch ſein erworbnes fließ viel ſterblichen das leben.
Jhm muß das gantze heer der welt zu dienſte ſtehn:
Die voͤgel muͤſſen hier die fluͤgel niederlegen:
Das ungezaͤhmte wild muß in gehorſam gehn,
Und ſeinen krancken-tiſch mit medicin verpflegen:
Die wilde fluth der ſee wirfft perlen-muſchel aus:
Die ſchlang und kroͤte bringt ſelbſt ſegen in ſein haus;
Denn Hygienen muß der aͤrgſte ſchaum auf erden
Zu theurer gold-tinctur, und gifft zu balſam werden.
Und269Vermiſchte Getichte.
Und ſo beherꝛſcht ihr witz den bau der groſſen welt!
Der menſch, die kleine, wuͤnſcht ſich ſelber ihr regioren,
So bald der muͤde puls aus ſeiner ordnung faͤllt,
Und ſchmertz und ſorgen uns ins krancken-bette fuͤhren.
Die diener, ſo ſie ſchickt, ſind eine engel-poſt:
Man ehret ihren kram als eine zucker-koſt:
Ja wenn die menſchen ſtets von hohen ſteuren klagen,
So ſieht man doch zu ihr ein froͤlich opffer tragen.
Begluͤcktes Cous-volck! wenn deiner ſchaͤtze pracht
So unvergleichlich iſt: Euch muß das reich der erden,
Wenn Hygienens gunſt von ihrem throne lacht,
Und euren fleiß belohnt, ein halber himmel werden.
Jhr aber! die ihr nichts als pulver reiben koͤnnt!
Denckt nicht, daß euch das gluͤck dergleichen ſchaͤtze goͤnnt;
Ein alt recepten-buch und kram verlegner titten
Kan Hygienens gunſt nicht, wie ihr meint, erbitten.
Nein! ſtimper nimmt ſie nicht zu ihren dienſten an;
Verſtand, gelehrſamkeit und klugheit ſind die gaben,
Durch die man ihre huld zu wege bringen kan:
Wer dieſe mit ſich bringt, kan ihre ſchaͤtze haben.
Gelehrter Heydenreich! verzeih, wenn dieſer ſchluß
Sich itzt von deinem fleiß ein beyſpiel nehmen muß!
Die goͤttin ſelber will durch dein exempel zeigen,
Wie arbeit und verſtand zu ihren ſchaͤtzen ſteigen.
Wir kennen deinen fleiß, den Breßlau ſchon geſehn,
Als kluge buͤcher dir die liebſten ſchaͤtze waren:
Wir wiſſen, was durch ihn in Wittenberg geſchehn:
Und was von deinem thun der Pleiſſen-ſtrand erfahren.
Nur dieſes weiß man nicht, warum dein kluger geiſt
Nicht laͤngſten mit der poſt dem doctor nachgereiſt,
Und dir ein weg beliebt, den Taps und Mops vergeſſen,
Die die gelehrſamkeit nach einem brod-korb meſſen.
Jedoch,270Vermiſchte Getichte.
Jedoch, du wolteſt nicht ein halber doctor ſeyn,
Und die gelahrheit nur bey einem zipffel faſſen;
Die weißheit gab dir ſelbſt die klugen lehren ein,
Du ſolteſt dir ihr reich durchaus entlarven laſſen.
Drum hat vernunfft und kunſt dir gar genau entdeckt,
Was die natur in ſich, und in uns ſelbſt verſteckt:
Und die, ſo dieſe kunſt in ihre ſchrifft verſchlieſſen,
Die haben ſelbſt darzu die fackeln tragen muͤſſen.
Jtzt aber freuet ſich das werthe Saal-Athen,
Das ſo viel jahre dich als ſeinen ſohn umfangen:
Es ſah dich ſonſt mit luſt zum groſſen Wedel gehn;
Jtzt ſieht es dich durch ihn den ehren-lohn erlangen.
Wohlan! auch Schleſien hat einen theil daran!
Und wie dein gluͤck und ruhm auch uns erfreuen kan:
So wuͤnſchen wir ſonſt nichts zu den erlangten ſchaͤtzen,
Als mit verbundner hand des himmels ja zu ſetzen.
Aria von der rechten ſtandhafftigkeit im ungluͤcke. C. G. R.
HEmme deine rauhe klagen!
Stille deiner thraͤnen lauff!
Werthe ſeele! denn die plagen
Hoͤren nicht durch kummer auf.
Warum friſſt du dir das hertze
Mit erdachter bitterkeit?
Deine ſeufftzer, nicht der ſchmertze,
Sind dein gantzes hertzeleid.
Jn dem ungluͤck froͤlich leben,
Will zwar ſaſt unmoͤglich ſeyn;
Wetter, die die erd erbeben,
Floͤſen billich ſchrecken ein. Wann271Vermiſchte Getichte.
Wann die donner-ſchlaͤge knallen,
Wird der groͤſte fels geruͤhrt:
Und wenn ſchloſſ und hagel fallen,
Wird uns blum und luſt entfuͤhrt.
Dencke nur diß zu behalten,
Daß zwar furcht erlaubet ſey;
Doch vor ſchrecken gar erkalten,
Bleibet niemahls tadel-frey.
Niederfallen wird geſtrafet;
Zittern nicht. Die wahre ruh,
Die gelaſſenheit verſchaffet,
Koͤmmt nicht eiteln luͤſten zu.
So, wie die geſchlancken weiden,
Die kein ſturm-wind nicht verletzt,
Doch ſich nicht mit bluͤthen kleiden;
So bleib du auch feſt geſetzt.
Der wird unverletzt getroffen,
Der, trotz auch der ſchwerſten laſt!
Durch geduld und ſtilles hoffen
Jn dem himmel wurtzeln faſſt.
Auf den gluͤcklichen geburts-tag Jhro Hochfuͤrſtl. Durchl. Carl Philipp, Pfaltzgr. am Rhein. G. W. B. U. H.
GOtt lob! daß ich den tag, den ſchoͤnen tag gefunden,
Der dich der welt geſchenckt, und mir die ſuͤſſen ſtunden
Jtzt ſchenckt, o groſſer Carl! in den ich deinem ruhm
Zum opffer bringen kan, was ihm zum eigenthum
Aus mir, ja aus der bruſt der gantzen welt, gehoͤret,
Ein hertze, das den glantz von deiner tugend ehret.
Zwar wird mein floͤten-thon vor dich zu niedrig ſeyn:
Du biſt in allem groß, ich bin in allem klein.
Doch272Vermiſchte Getichte.
Doch wenn die furcht ſchon will den vorſatz hintertreiben,
So heiſſet mich dennoch die liebe von dir ſchreiben.
Ein jeder redet wohl, wo ſo viel tugend ſteht:
Zu preiſen dich, o Held! iſt jeder ein poet:
Die Muſen doͤrffen nicht die ſchwachen ſinnen ſtaͤrcken.
Was andre ſuchen weit, find ich in deinen wercken:
Jch ſchau in einem tag in dir mehr wunder an,
Als ich zu deinem lob im jahre ſchreiben kan.
Eh ich dich ſeh, als kind, machſt du dich ſchon zum helden:
Eh ich dich ehr als held, will mir dein thun ſchon melden,
Daß du ein halb-gott biſt: Du ſitzſt im ſternen-dach,
Eh dir mein ſchneller ſinn folgt auf der erde nach.
Kaum kan ich deinen ruhm am Donau-ſtrom erreichen;
So prangſt du ſchon am Rhein mit neuen ſieges-zeichen.
Wo es am ſchaͤrffſten geht, da reiſt dein helden-ſinn
Vor allen anderen des kayſers ſchwager hin.
Du ſtreiteſt nur um ehr, und ſchaͤtzeſt dich vergnuͤget,
Wann deine tapfferkeit vor fremde wohlfarth ſieget:
Du ſchweigſt alleine ſtill, wann jeder von dir ſpricht;
Was jeder an dir ſieht, ſiehſt du alleine nicht.
Und wann in ſchmeicheley die meiſten ſich ergetzen,
Kan auch ein ſittſam lob dein zaͤrtlich ohr verletzen.
Durch dieſes haſt du dir gemachet eine bahn,
Die zwar ein jeder ſucht, doch keiner finden kan;
Und ſind ſie jemand ſchon, haſt du den lauff vollendet,
Eh er den ſchweren fuß zum erſten ſchritt gewendet.
Ja eh ein lorbeer-zweig um deine ſtirn vergruͤnt,
Haſt du den andern ſchon laͤngſt wiederum verdient.
Der erden groͤſter gott vergoͤttert dein gebluͤthe;
Doch aber noch vielmehr dein himmliſches gemuͤthe:
Dein haus iſt hoch genung; Doch wenn es moͤglich waͤr,
Daß es koͤnt hoͤher ſeyn, ſo kaͤm es von dir her.
Ja wenn annoch die zeit, die goldne zeit, regierte,
Da weißheit und verdienſt allein zum throne fuͤhrte,
Und ſich des purpurs pracht nur ſchloß in tugend ein;
So wuͤrdeſt du ſchon laͤngſt ein groſſer koͤnig ſeyn;
Doch273Vermiſchte Getichte.
Doch ob dich ſchon kein reich zu dieſer ehr erhaben,
So biſt du es gleichwohl nach deinen hohen gaben.
Wer, groſſer Carl! dich kennt, wer dich nur ſiehet an,
Der nennt alsbald mit luſt ſich deinen unterthan.
Je wen’ger duͤnckſt du dich, je mehr du biſt erhoben:
Was vor ein fremder wird dich ſehen, und nicht loben?
Jndem ſich deine gunſt ſo gnaͤdig auf ihn kehrt,
Als wie das tieffſte thal der ſonnen ſtrahl durchfaͤhrt,
Und dennoch, ob er ſchon die niedrigkeit beruͤhret,
Von ſeiner majeſtaͤt dabey doch nichts verliehret.
O groß-geſinnter Held! hier ſchweigt die feder ſtill,
Dieweil das hertze ſelbſt zu ſylben werden will,
Ja gar die ſeel zum reim, wenn ſie bey ſich erweget,
Wie lieblich deine gunſt mich zu beſtrahlen pfleget.
Wie offt hab ich geſagt: Rom liebte den Auguſt,
Doch Titus ward auf ihn genennt des landes luſt;
Diß aber weiß ich wohl, daß niemand auf der erden,
Wie unſer groſſer Carl, geliebt wird jemahls werden.
Und wenn ich diß geſagt, klag ich mich ſelber an,
Daß ich zur gnuͤge nicht dein lob ausbreiten kan,
Und daß in meiner bruſt nicht tauſend hertzen leben,
Um tauſend hertzen dir zum opffer hinzugeben.
Wiewohl, der himmel ſchon hat meinen wunſch erſetzt,
Wenn er dir eines ſchenckt, was man vor tauſend ſchaͤtzt,
Jndem Thereſia ihr edles hertz dir giebet,
Und dich, o krieges-gott! der liebe mutter liebet.
O ſchoͤn! o gleiches paar! du ſtelleſt uns in dir
Der tugend ebenbild, der ſchoͤnheit abriß fuͤr:
Was man in einem ſucht, kan man in beyden finden,
Weil ſich in deinem ja verdienſt und lohn verbinden.
Was aber ſaͤumſt du doch, zu zeigen uns das gluͤck,
Das durch verzug ein jahr uns macht zum angenblick?
Ach! laß die pfeiler nicht von unſrer hoffnung wancken,
Und troͤſt uns in der that, und nicht nur in gedancken!
Ey brich, o werther tag! ey brich doch einmahl an,
Damit ich bald an dir vergnuͤget ſagen kan:
VI. Theil. SDaß274Vermiſchte Getichte.
Daß ich zwey gute tag in Schleſien gezehlet,
Der unſern Carl uns ſchenckt, der unſern Carl vermaͤhlet.
Gratulations-getichte an Herꝛn David Rheniſch, Predigern und Prof. zu Breßlau. Andreas Tſcherning.
WJr muͤſſen freylich nur, wir armes volck! bekennen,
Daß erde, feuer, lufft und waſſer ſchroͤcklich brennen,
Aus eyfer gegen uns: Des hohen himmels haus,
Das ſchuͤttet ſeinen zorn mit blitz und donner aus
Von allen ecken her, nachdem ſo ſchwere plagen
Jn dieſer ſee der welt mit macht zuſammen ſchlagen
Auf unſern ſuͤnden-hals; Doch gleichwohl iſt ein GOtt,
Der ſeiner gnaden licht laͤſt ſcheinen in der noth,
Wann Caurus um den maſt mit harten ſtuͤrmen ſauſet,
Wann die erzuͤrnte fluth um alle ſeiten brauſet,
Und will mit uns grund ab: Dem nichts ſich bergen kan:
Der, ob er ſchon betruͤbt, nimmt dennoch wieder an;
Nur daß man eyfrig blaͤſt die ſtarcken buß-poſaunen
Aus feindſchafft unſrer ſchuld, und auch die bet-karthaunen,
Die himmels-brecher, pflantzt vor GOttes ſchoͤne ſtadt,
Und zeucht nicht eher ab, biß man das ja-wort hat.
Das goldne ſonnen-rad hat fuͤnffmahl ſeinen wagen
Durch alle zeichen ſchon am himmel durchgetragen,
Seit mich das vaterland hat heiſſen fremde ſeyn,
Als das gewiſſens-ſchwerd nicht blos durch marck und bein,
Auch durch die ſeele, drang. Wann ich, auf jene zeiten,
Des feindes uͤbermuth und ſtrenge grauſamkeiten
Zuruͤck gedencken will, was ich nur angeſchaut,
So werd ich gantz beſtuͤrtzt, mir ſchuͤttert haar und haut
Der freyheit wurden band und ketten angeleget,
So ſich von dieſer laſt ein wenig kaum noch reget:
Der weg zum tempel ſtund mit waffen gantz umhuͤllt,
Mit ruthen ausgefegt, mit menſchen-tand erfuͤllt,
Durch275Vermiſchte Getichte.
Durch ungehirntes volck. Wo vor der zarten jugend
So ruͤhmlich ward gezeigt die ſtraſſe zu der tugend,
Da ſtund ein wildes pferd: Der lehrer ward verjagt,
Der raths-herꝛ abgedanckt, der burgers-mann geplagt,
Mit trutzen und gewalt. Die ſolten nachmahls vaͤter
Des vaterlandes ſeyn, ſo bey dem rauhen wetter,
Und ſonder einen zwang, wo falſcher wind geweht,
Und hoheit und gewinn den mantel hingedreht.
Da kan man recht und wohl gewuͤnſchtes leben fuͤhren,
Wo weiſe leute ſind, die eine ſtadt regieren.
O freylich! ſolte der beherꝛſchen eine ſtadt,
Der uͤber ſeine frau das regiment nicht hat?
Soll der wohl ander volck zu einer lehre zwingen,
Der ſelber keinen grund des glaubens vor kan bringen,
Des glaubens, den er fuͤhrt? Er ſchreyet etwas an,
Das weder ihm vor ſich, noch andern, helffen kan.
Heiſt dieſes ſeinen GOtt von gantzem hertzen lieben,
Den naͤchſten, als ſich ſelbſt? Ja wohl, es heiſt betruͤben.
Was mit gewalt geſchicht, macht keinen Chriſten nicht;
Ein bogen, der zu ſehr geſpannet iſt, zerbricht.
Zu falſchem gottesdienſt der menſchen ſeelen treiben,
Heiſt gut gigantiſch ſeyn. Laß einen jeden bleiben;
Und ſagt er was aus noth, das hertz iſt weit davon:
Fromm vor ſich ſelber ſeyn, das heiſt religion.
Jch ſprach: Jſt Buntzlau dann der gantze kreis der erden?
Will GOtt nur hier allein, ſonſt nicht gefunden werden?
Jſt nicht noch raum genung, ſo weit von oſten weſt,
So weit der ſonnen gold die ſtrahlen fallen laͤſt?
Muß einer haus und hof und alle wolluſt meiden?
Es iſt ein ſchoͤner ſpott, vor GOttes ehre leiden.
Der ſchaͤme ſich, der blos um grober uͤbelthat,
Und um verraͤtherey, muß weichen von der ſtadt.
Der HErꝛ, fuͤr deſſen grimm hier alles muß erzittern,
Der himmel furchtſam ſeyn, die ſtarcken berge ſplittern,
Die ungeſtuͤmme ſee mit ihren wellen fliehn,
Muß ſelber uͤber meer aus haß der feinde ziehn.
S 2Der276Vermiſchte Getichte.
Der feurige Thesbit, dem ſeel und leib zuſammen
Gen himmel ward geholt, vom kutſchen voller flammen,
Der muſte gleichwohl vor der Jſebel entgehn:
Den Chriſtus ſonderlich ließ an der ſeiten ſtehn,
Den er ſo trefflich ſehr vor andern pflag zu lieben,
Ward durch des kayſers bann in Pathmos hin vertrieben;
Doch koͤmmt man anderswo bißweilen beſſer an,
Als kaum ein guter freund zu hauſe rathen kan.
Es gieng dem Joſeph traun in ſolchem elends-ſtande
Weit beſſer, als zuvor, in ſeinem vaterlande,
Dieweil er alle noth, ſo auf die bruͤder fiel,
Jn guter ruh verſchlief im lande, wo der Nil
An ſtatt des regens iſt. Jn meinem ſtrengen orden,
Darein ich war geſetzt, iſt Breßlau endlich worden
Der hafen meiner ruh, ſo mir nicht mißgefaͤllt.
Es ehre, wer da will, die goͤttin dieſer welt,
Die groſſe mutter Rom; Jch ruͤhme mehr die gaben,
Mit welchen Breßlau iſt, die edle ſtadt, erhaben,
Der auszug der natur, der erden ſchoͤne zier:
Doch meiner Muſen ſchutz und aufenthalt in ihr,
Herꝛ Rheniſch! euch noch mehr. Viel eher ſoll der wagen
Des hellen Phaethons durch alle haͤuſer jagen,
Als ich durch euren ruhm. Das hertze voller treu,
Und immer wohl zu thun, das fuͤhrt ihr blos und frey:
Jhr dencket, was ihr redt, und redet, was ihr dencket,
Tragt nicht was heimliches im hertzen tieff verſencket,
Das andern ſchaden bringt: Jhr ſchencket klaren wein,
Seyd ſonder alles falſch, und haßt der worte ſchein,
Die glatte henckerey: Wornach wir ſollen hauen,
Das koͤnnen wir an euch, als einem ſpiegel, ſchauen.
O wohl dem, welcher ſo, wie ihr, kein anders thut,
Herꝛ Rheniſch! als wozu ein junges freyes blut
Gantz ſicher kommen mag, und auf die wage ſetzen
Das weſen, ſo er fuͤhrt. Ein ſtein pflegt ſtahl zu wetzen,
Ein lehrer junges volck; Der lehrt in wahrheit nicht,
Den ſeine lehre ſelbſt mit ſchanden unrecht ſpricht.
Jhr277Vermiſchte Getichte.
Jhr weiſet mir voraus, was einer muß beginnen,
Der das beruͤhmte ſchloß der weißheit will gewinnen,
Die nimmer untergeht: Jhr zeiget aus der ſchrifft,
Was GOtt, ſo viel man zwar hier wiſſen kan, betrifft,
Und wie der menſch die welt ſoll unter ſich verachten,
Hergegen bald nach dem am allermeiſten trachten,
Was keines wetters macht, kein ſtarcker nord zubricht,
Kein dieb nicht ſtehlen kan, und keine motte ſticht:
Jhr macht uns offenbahr das thun der blinden heyden,
Den fremden gottes-dienſt vom wahren unterſcheiden:
Jhr, meiner Muſen troſt! ihr gebt uns zu verſtehn,
Was des Ariſtons ſohn, der lehrer zu Athen,
Was Tullius zu Rom, was raſende Sibyllen,
Was Stagirites glaubt von GOttes thun und willen,
Was Maro, wenn er ſchreibt von der Cumaner magd,
Unwiſſentlich daſelbſt von Chriſtus hat geſagt:
Was man von denen hat, die ſonſten weiſe waren,
Und in erſchaffner krafft der ſachen wohl erfahren:
Was ſie von GOtt gelehrt: Was frommer Chriſten amt:
Warum der Tantalus zur hoͤllen ſey verdammt:
Warum der weiſſe baͤr noch nie hat ſeinen wagen
Nach der Bootes hin ins blaue ſaltz getragen:
Warum doch jenes bild bey Ariadne kniet:
Wie daß man auch ſo ſchoͤn und wohl gemahlet ſieht
Thaumantis tochter ſchweiff, den brennenden cometen,
Den boten boͤſer poſt, den traurigen propheten:
Wie diß und jenes iſt: Wie Perſeus fluͤchtig ſteht:
Caßiopea ſitzt: Wie Phoͤbus untergeht:
Wie Hecate nach ihm ihr bleiches ſilber ſchicket,
Und mit der ſternen ſchaar hin auf die wache ruͤcket:
Und was dergleichen mehr. Jhr ſeyd, was guten rath
Und treue zucht betrifft, an meiner eltern ſtatt.
Lehrt mich der jugend peſt, die faule wolluſt haſſen
Des teufels unterpfuͤl, hingegen dieſes faſſen,
Was gut und tugend heiſt. Denn wer die junge zeit
Durch muͤßiggang verderbt, kriegt auf das alter leyd.
S 3Durch278Vermiſchte Getichte.
Durch nichts thun legen wir uns auf die ſchlimme ſeiten,
Und lernen boͤſes thun. Die moͤrderin der zeiten,
Das zucker-ſuͤſſe gifft, ſaugt alle kraͤffte aus:
Wie roſt das eiſen friſt, verzehret hof und haus.
Woruͤber andre ſich faſt blind und hoͤckricht ſitzen,
Daruͤber darff nicht erſt ein ſolcher lange ſchwitzen,
Der ſeiner jahre lentz auf ſprachen und verſtand,
Und auf das edle lob der tugend hat gewandt.
Daß ich auch mit der zeit mich aus dem ſtaube ſchwinge,
Und von der dicken zahl des armen volckes dringe,
Das an der erden klebt, ſteht ihr mir ſtattlich bey,
Wie hefftig mich auch druͤckt die laſt der armuthey,
Die ſchweſter guter art. Jhr leitet meine ſinnen,
Herꝛ Rheniſch! auf die burg der zarten Pierinnen,
Die meine freude ſind. Mein weſen, das ich fuͤhr,
Jſt luſt zur wiſſenſchafft, iſt feder und papier.
Diß ſchenck euch alles ich an ſtatt der vielen gaben,
Die meiner Muſen krafft bißher erhalten haben,
Wie ſchlecht ſie immer iſt. An mehrer dinge ſtatt
Laſt euch das hertze ſeyn, und dencket, vor die that
Nimmt GOtt das hertze ſelbſt. Der wolle gnaͤdig geben,
Herꝛ Rheniſch! euch die zeit, die ihr verdient zu leben!
Damit ihr lange moͤgt der kirchen ſchmuck und ſchein,
Der Muſen werther ſchutz, der tugend ſpiegel ſeyn.
Er lege guͤtig hin das wechſel eurer jahre,
O Atlas meiner noth! daß euch nicht widerfahre,
Was vieler weiſen ſchaar von dieſem alter glaubt,
Daß, wenn der grimme tod nicht gantz das leben raubt,
Doch gleichwohl er gefahr und ſchiffbruch muͤſſe leiden.
Hat nicht Demoſthenem, ſo viel wir uns beſcheiden,
Hat nicht den Hannibal, hat nicht der redner pracht,
Den groſſen Cicero, diß wechſel umgebracht?
Lutherus kunte nicht diß alter uͤberſchreiten,
Und auch Melanchthon nicht, das edle paar der zeiten,
Die diener GOttes krafft. Doch GOtt, der alles kan,
Bindt ſich an keinen ort, an keine zeiten an.
Der279Vermiſchte Getichte.
Der helffe, daß euch nichts im minſten mag verletzen,
Will gleich ein harter ſturm an euch, Herꝛ Rheniſch! ſetzen.
Er ſchuͤtte mildiglich auf euch und euer haus
Aus gnaden ſtille ruh und allen ſegen aus,
Daß ich noch ferner kan derſelben ruh genieſſen,
Und ihr auch neben uns der goͤtter GOtt begruͤſſen
Mit feurigem gebet: Er wolle dieſer pein,
Der ſchweren krieges-laſt, ein ende laſſen ſeyn,
Und auſſer der gefahr, nach tauſend frommer flehen,
Stadt, feld, heerd und altar in frieden laſſen ſehen!
Wir ſeynd des ſpieles ſatt, und werden es gewahr:
Wo Mars die trommel ruͤhrt, raucht ſelten ein altar.
Gluͤckwunſch an Se. Churfuͤrſtl. Durchl. J. G. III. bey gluͤckl. antritt des 1691 jahrs, im nahmen der univerſitaͤt Wittenberg. J. G. N.
THeurer troſt bedraͤngter zeiten!
Hector der verfolgten welt!
Dem gantz Teutſchland ſich zur ſeiten,
Auch wohl gar zun fuͤſſen, ſtellt:
Dem die vorwelt zinſen reicht,
Ja vor welchem oſt und weſten offt die ſtoltzen ſeegel ſtreicht.
2.
Nimm mit gnaͤdigem gemuͤthe,
Was die demuth bringen kan!
Denn es ſieht des himmels-guͤte
Auch ein ſpaͤtes opfer an.
Fehlt uns gleich dein ſonnenlicht;
So vergeſſen deine ſtrahlen doch der hyacinthen nicht.
S 43. Unſres280Vermiſchte Getichte.
3.
Unſres Pindus hohe ſpitzen
Stunden hier und da verletzt;
Doch nun haſt du guͤldne ſtuͤtzen
Unter dieſen riß geſetzt:
Deinen Elb-ſtrohm haͤltſt du rein,
Und laͤufft ſonſt das waſſer truͤbe, muß es hier cry - ſtallen ſeyn.
4.
Laß die faleonetten knallen!
Unſer ſitz bleibt unbewegt:
Laß die feuer-kugeln fallen!
Nichts iſt, das den lorbeer ſchlaͤgt;
Wenn wir in den ſchatten gehn,
Muß dein haupt bey ſturm und wetter unter freyem himmel ſtehn.
5.
Faͤrbte nicht dein ſchwerd vom blute,
Als der barbarn hauffen fiel?
Und war deinem helden-muthe
Doch ein bloſes kinder-ſpiel:
Tollheit gab dir ſelbſt den plan:
Vor der rauten wich die lilie, vor der hennen floh der hahn.
6.
Deine ſchwerder laͤſt du glaͤntzen,
Wie ein groſſer Wittekind,
Als durch den die Saͤchſchen grentzen
Gegen weſt befeſtigt ſind;
Denn ſo iſt dein geiſt erhitzt,
Daß er mit der heitern ſonnen gleich auf einem wagen ſitzt.
7.
Himmel ſprich in dieſem jahre
Unſer Chur-haus truͤbſal frey,
Daß es ſamt dem theuren paare
Aller welt ein wunder ſey! Laß281Vermiſchte Getichte.
Laß den gluͤck-ſtern bey ihm ſtehn,
Und ihr wohl-ſeyn gleich den pfeilen nach der fern - ſten hoͤhe gehn!
8.
Diß Athen, als Sachſens-hertze,
Jſt dir, vater! hoch verpflicht,
Und verlangt gleich einer kertze
Von der ſonnen ſelbſt ein licht:
Unſer Zion ſtellt ſich ein,
Drum laß die bedraͤngte tochter ſtets forthin dein ſchos-kind ſeyn!
Als ſeine Magnific. tit. Herꝛ Sam. Stryck, JCtus &c. d. 6 Decemb. 1690 ſeinen anzug in Wittenberg hielt, wurde in einer nacht - muſic gegenwaͤrtige arie praͤſentiret von denen auf bemeldter aca - demie ſtudierenden. J. G. N.
ERfreutes Wittenberg! eroͤffue ſteg und bahn!
Denn es begruͤſſet dich ein groſſer Ulpian,
Der ehmahls unter deinen feigen
Bey fruͤher morgenroͤthe ſaß,
Und von den hoch-erhabnen zweigen
Die allerſchoͤnſten fruͤchte las.
Nun findeſt du den ſohn ſo herꝛlich und ſo gros,
Daß er kaum ruhen kan in ſeiner mutter ſchos.
2.
Es iſt was goͤttliches, das fuͤrſten-ſinne lenckt,
Und unſerm Elb-Athen diß theure kleinod ſchenckt:
Was ſehen wir nunmehr vor lichter!
Wie werffen ſie den hellen ſchein!
Drum ſey die kluge welt itzt richter,
Ob hier nicht Pindus-hoͤhen ſeyn. S 5Denn282Vermiſchte Getichte.
Denn was ein toller neid aus bittrem hertzen ſpricht,
Das ſchadet uns ſeither an unſerm flore nicht.
3.
Der tapffre Friderich, das hoch-geprieſne haupt,
Hat uns Aſtraͤens hertz aus milder huld erlaubt.
Die Oder netzte ſeine ſpuren,
Wo taͤglich noch ſein lob aufgeht:
Es liebten ihn zwo hohe Churen,
Ja ſelbſt die groͤſte majeſtaͤt.
Doch, was von andern iſt ſo herꝛlich ausgeaͤtzt,
Das hat Chur-Sachſen ſich zum eckſtein hingeſetzt.
4.
Wir bilden uns von dir was ungemeines ein:
Du wirſt ein Scipio und andrer Solon ſeyn.
Gantz fuͤrſtlich biſt du am verſtande:
Man nennet dich ein licht der ſtadt,
Und ein oracul in dem lande,
Das hier den weiſen ausſpruch hat.
Dein unverdroßner geiſt hats laͤngſt dahin gebracht,
Daß deine trefflichkeit die nach-welt ſchamroth macht.
5.
Es ſcheint, der rauhe nord verhindre deinen zug;
Doch biſt du dir ein licht und ſonne ſelbſt genug:
Der glantz, der durch die augenlieder,
Als wie die lichten ſterne, lacht,
Erſtattet uns den fruͤhling wieder,
Wenn alles wetter tobt und kracht:
Der Elb-ſtrom wuͤrde laͤngſt mit ſtarckem eiſe gehn
Wenn er von deinem ſtrahl getraute zu beſtehn.
6.
Der Charitinen volck eilt mit erhitztem lauff,
Und hebet vor dein heil entbloͤſte haͤupter auf:
GOtt laſſe helm und ſchwerder ſiegen!
Der adler ſteh der rauten bey!
Daß wir in deren ſchatten liegen,
Als ob hier unſre frey-ſtadt ſey!
Ein mehrers finden wir in unſern kraͤfften nicht,
Diß iſt der erſte wunſch, das angeld unſrer pflicht.
Gluͤck -283Vermiſchte Getichte.
Gluͤckwuͤnſchung der univerſitaͤt Witten - berg an Jhro Excellentz Herꝛn H. A. von Schoͤning, ꝛc. bey antritt der von Seiner Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen ihm gnaͤ - digſt aufgetragenen General - Feld-Marſchalls-Charge. J. G. N.
TApffrer feldherꝛ unſrer zeit! der ſich laͤſt vom himmel treiben,
Und, als wie ein helles licht, nirgend kan verſchloſſen bleiben:
Der bey regen, ſturm und wetter ſeinen fuß zu felde lenckt,
Und die angereitzten ſchwerder in der feinde blute traͤnckt!
Teutſchland kennet deinen muth, wie du in ſo vielen zuͤgen
Bey der unerſchrocknen welt laͤngſthin einen ruhm beſtiegen:
Von ſo manchen donner-ſchlaͤgen iſt dein friſches hertz erweckt,
Eiſen, pulver, ſpieß und feuer haben dich niemahls erſchreckt.
Norden blies auf ſuͤden los, daß die ſtaͤrckſten mauren bebten,
Und die laͤnder allbereit zwiſchen thuͤr und angel ſchwebten;
Doch der nord-wind wich mit ſchrecken von den ſteilen felſen ab,
Da ſich deinem aufgebote ſund und inſul untergab.
Preuſſen neunt dich Hannibal; Denn die auf und nieder ſtrichen
Sind vor deinem paucken-ſchall biß an ihren ort gewichen:
Der bißher noch freche ſieger ließ dir ſelbſt die ſieges-fahn,
Denn du hatteſt in dem treffen als ein Hercules gethan.
Alſo hat dein ſtarcker blitz auch in Ofen eingeſchlagen,
Und, was ehmahls hat geherꝛſcht, muß anitzo feſſel tragen;
Sehet! ſprach der groſſe kayſer, was allhier ein Teutſcher thut,
Denn ſein tropffen uͤberwieget hundert tonnen Tuͤrcken-blut.
Drauf erfolgte der triumph, da die feld-trompeten klungen:
Da vor deiner ſieges-pracht die erhitzten hengſte ſprungen:
Da die ſclaven deinen fuͤſſen nur ein ſchemmel wolten ſeyn:
Hiemit zog der ſchoͤne ſieger, als ein welt-bezwinger ein.
Darum liebt der Sachſen Mars dein ſo ritterliches weſen,
Daß er dich vor unſer heyl hat zum werckzeug auserleſen:
Dieſem284Vermiſchte Getichte.
Dieſem bleibſt du Agamemnon, der vor Troja triumphirt:
Und biſt wie ein ander Pyrrhus, der Achillens waffen fuͤhrt.
Zeuch mit deinem David hin, daß des milden himmels guͤte
Deinen kuͤraß, helm und ſtahl ſtets mit ſegen uͤberſchuͤtte!
Unſer troſt, Johann George, ſchaffe dieſen grentzen ruh!
Ja er ſchlieſſe, wie Auguſtus, dreymahl Janus tempel zu!
Leucoris wird ihren ſohn hinfort ihren vater nennen,
Und als eine dienerin gegen ihn aus liebe brennen;
Gnung, daß dieſe werthe mutter einen adler hat gezeugt,
Der nunmehr den Saͤchſchen him̃el wieder zu uns kindern neigt.
Der ſtaats-mantel, oder die einbildung.
1.
ES iſt ein wort bey den gelehrten,
Das heiſſet man opinio:
Als ſolches meine freunde hoͤrten,
So fragten ſie: Was heiſt denn ſo?
Jch ſprach: Jch wills euch kuͤrtzlich ſagen,
Es heiſt ein mantel auf latein,
Den alle ſolche leute tragen,
Die in der welt was groſes ſeyn.
2.
Den mantel trugen ſchon die alten,
Denn dieſes war ihr ehren-kleid:
Die nach-welt hat die tracht behalten,
Und dieſe waͤhrt biß dieſe zeit.
Der mantel decket alle maͤngel,
Und weil ſich mancher drein verhuͤllt!
So kommt es, daß gar offt ein pengel
So viel, als ein gelehrter, gilt.
3.
Wie mancher gilt mit ſeinen lehren
So viel, als ein propheten-kind:
Er laͤſſet keine worte hoͤren,
Die nicht, als wie orackel ſind:Er285Vermiſchte Getichte.
Er iſt, wie dort der hohe prieſter:
Die welt erſchallt vor ſeinem ruhm;
Und meritirt kaum einen kuͤſter:
Das macht, er hat den mantel um.
4.
Ein ander, der das recht verſtehet,
Der tritt, als wie ein gott, herein,
Und wenn man nur von weitem gehet,
So muß der hut herunter ſeyn;
Ach! ſolte man den mantel rauben,
Der ſeine ſchande decken muß,
So wuͤrde man wahrhafftig glauben,
Er waͤre kaum notarius.
5.
Manch medicus lebt ſehr bequeme,
Und macht die kaſten ziemlich ſchwer:
Man daͤchte, peſt und hunger kaͤme,
Wann dieſer nicht zugegen waͤr;
Doch oͤffters trifft man in den meſſen
Wohl einen land-betruͤger an,
Der hat ſo viel, als er vergeſſen:
Drum ſehet, was der mantel kan.
6.
Wohlan! bey ſo geſtalten ſachen
Schmaͤhlt auf die neue kleidung nicht:
Es laͤſt kein menſch ein neues machen,
Weil es das alte noch verricht;
Wir ſind den vaͤtern nachgeſchlagen,
Die kinder machens eben ſo:
Den mantel, den wir alle tragen,
Der heiſt und bleibt opinio.
Aller -286Vermiſchte Getichte.
Allerunterthaͤnigſte gedancken bey der geburt Sr. Koͤnigl. Hoheit des Printzen von Orange. Virgil. Ecl. IV. Pacatumque reget patriis virtutibus orbem. V. N.
HAlt ein, du ſtarcker knall der blitzenden karthaunen!
Dein donner meldet uns zwar einen helden an;
Allein ihr ſaget nicht, ihr feurigen poſaunen!
Was GOtt auf dieſen tag fuͤr wunder mehr gethan.
Jhr bringet nur die poſt: Es iſt ein printz gebohren;
Jch aber ſeh bereits, wozu ihn GOtt erkohren.
Die laͤger ſchwitzten juͤngſt vor Suſa dampff und blut:
Zu Neuburg kaͤmpffte man noch ſchaͤrffer ohne wunden;
Wer ſprach nicht, Puiſieux! von deiner ſtoltzen wuth?
Und damahls hofften wir diß kind zu allen ſtunden;
Doch, da ſich Neuburg giebt, die lager ruhig ſeyn,
So ſtellt ſich dieſer printz am tage Clemens ein.
Noch mehr: Die erde ſchlief beſtuͤrmt von rauhen winden:
Die hirten wachten auf aus angſt der feuers-noth:
Die fichten zitterten, wie gras und junge linden:
Die linden dachten noch an ihren kalten tod;
Doch da der printz erſcheint, ſo ſieht man alles flichen:
Es muß ſich ſchrecken, furcht, nacht, wind und ſturm verziehen.
So tritt die aloe mit ihrer pracht hervor,
Wenn ihre bluͤthen ſich aus ihrem kercker ſchwingen:
So bricht aurorens licht das finſtre wellen-thor,
Wenn ſie der truͤben welt will goͤldne zeiten bringen;
Und ſo war auch dein tag, o groſſer Friederich!
Die lufft empfieng dich kaum, ſo buͤckte Preuſſen ſich.
Wer merckt, o Koͤnig! nicht, was GOttes finger zeigen?
Du kommſt durch dieſes kind von neuem in die welt:Es287Vermiſchte Getichte.
Es wird, wie du, mehr land einſt ohne blut erſteigen,
Als tauſend andern kaum durch feur zu fuſſe faͤllt:
Es wird voll guͤt und huld, voll fuͤßigkeit, wie reben,
Und dennoch ſtaͤrcker ſeyn, als die nach ſtaͤrcke ſtreben.
Kein ſpaͤt geſetzter thron wird voller roſen bluͤhn:
Man wird von oͤl und wein auf allen huͤgeln ſagen:
Den treuen unterthan wird keine laſt bemuͤhn,
Als die ihm wuͤrcklich kan zehnfachen wucher tragen.
Doch wenn es wird geſchehn, (denckt, Preuſſen! denckt an mich!)
So wird ein jeder ſchreyn: So war auch Friderich.
Der erſte Friderich, der dieſes reich gebauet;
Hier herꝛſchet nur ſein bild, und ſeiner tugend frucht.
Kommt, fremde koͤnige! kommt voͤlcker her und ſchauet,
Was man gar offt umſonſt in gold und purpur ſucht!
Prangt dieſer enckel ſo? wie muſte der nicht prangen,
Der ihm von kindheit auf mit weißheit vorgegangen.
O Koͤnig! iſt auch noch wohl etwas auſſer GOtt,
Das dich im geiſte mehr als diß erfreuen koͤnte?
Der ruhm des Antonins ward endlich nur ein ſpott,
Nachdem man ſeinen ſohn den ſpott der erden nennte:
Und der iſt warlich nur annoch ein halber held,
Der keinen, der ihm gleicht, zum erben aufgeſtellt.
Hier ſieht man ihrer zwey: Der eine wird dir gleichen;
Der andre gleicht dir ſchon. O angenehmes pfand!
Laß, Fama! was du hoͤrſt, durch beyde pole ſtreichen!
Macht, Muſen! unſer gluͤck der gantzen welt bekant!
Kommt endlich, Gratien! und ſingt bey dieſer wiegen
Dem jungen Hercules von ſeinen tugend-ſiegen!
Er druͤckt die ſchlange ſchon, die ihn zu ſchaden tracht.
Das freche Gallien bewegt die burg der hoͤllen:
Rufft allen Furien aus der verdammten nacht,
Und will ſie wider uns und ihn zu felde ſtellen. Schlaf288Vermiſchte Getichte.
Schlaf aber nur, o Printz! Die deine waͤchter ſind,
Seynd ſtaͤrcker, als dein feind, als jenes hoͤllen-kind.
Die zeit kommt auch heran, da Bourbon einſt mit ſchrecken
Wird fuͤhlen, was fuͤr blut in deinen adern ſteckt;
Dann wird der himmel uns das wunder einſt entdecken,
Warum er aber dich um dieſe zeit erweckt:
Da dich der Preuſſen haupt die klugheit im regieren,
Dein vater aber kan den degen lehren fuͤhren.
Dein vater, der vorlaͤngſt von rach-begierde brennt,
Sein ausgelocktes ſchwerd in deren bruſt zu faͤrben,
Die, was dir zugehoͤrt, ſo ſchaͤndlich abgetrennt,
Und dein Oranien, wie eine fluth, verderben.
Bißher hielt ſeinen muth lieb und gehorſam ein,
Er trat als Phoͤbus auf; Nun will er Mavors ſeyn.
Mich deucht, ich ſeh ihn ſchon auf den erlauchten hoͤhen,
Wo eur Achilles ſich, ihr Brennen! groß gemacht:
Wo Friedrich Wilhelm flog, und alle helde ſtehen,
Die noch die tapffre welt mit ehr und furcht betracht.
Mißgoͤnn ihm nicht, o Printz! die ſchnelle ſeiner blitzen!
Was ſeine fauſt gewinnt, das wird dein arm beſchuͤtzen.
Fuͤr dich iſt ſuͤſſe ruh und ſolche zeit bereit,
Die unſer Friderich, der weiſe Friedrich liebet.
Wohl dem der ſo, wie er, bey aller tapfferkeit
Nur fuͤr die freunde ſchlaͤgt und keinen je betruͤbet:
Denn der iſt ja wohl gros, der erd und land erwirbt;
Doch groͤſſer, der es mehrt, und doch in frieden ſtirbt.
Verhaͤngniß! das du laͤngſt auf deinem grauen throns
Den ſchluß voraus gefaſt, was kuͤnfftig ſoll geſchehn,
Mach meine wercke wahr, und laß von dieſem ſohne
Einſt unſern Salomo viel reiffe proben ſehn!
Jedoch, was fleh ich erſt? Du haſt ihm mehr gegeben,
Als aller witz begreifft; Er wird auch das erleben.
Die289

Leanders aus Schleſien Teutſche Getichte.

Verliebte und Galante Getichte. Als ihn Melinde mit ſeinen thraͤnen beſpritzte.

MElinde, die gewiß Dianen wenig weicht,
Netzt ihrer haͤnde ſchnee in den verliebten zaͤhren,
Die meiner angen quell ihr als ein opffer reicht,
Und will mit dieſem naß mich in ein wild verkehren.
Jndeſſen iſt gleichwohl ihr wille nicht geſchehn:
Vielleichte, weil ich ſie noch niemahls nackt geſehn.
Als Daphne in ſeiner gegenwart die violine ſtrich.
ACh! warum flieh ich nicht, wenn unſre Daphne ſpielt?
Jch weiß doch, daß ihr ſpiel auf mein begraͤbniß zielt:
Denn ihre linden ſtrich und wohl-geſetzte noten
Sind freylich weiter nichts, als ſuͤſſe todes-boten.
Der bogen, den ſie fuͤhrt, iſt Paphiens geſchoß.
Laͤſt ſie, dem anſehn nach, gleich keine pfeile los;
So ſeh ich dennoch wohl, daß eine violine
Der ſchlauen Daphne mehr, als hundert koͤcher, diene.
Ach ja! ich fuͤhle ſchon der tremulanten krafft,
Die gegen uns ſo viel, als ſcharffe pfeile, ſchafft:
Allein wer wolte nicht den ſtich des todes fuͤhlen,
Wenn liebes-engel uns die ſterbe-lieder ſpielen?
VI. Theil. TAn290Leanders aus Schleſien
An Sylvien, wie er ohne ſie leben koͤnne?
DU biſt, o Sylvia! mein leben,
Und gleichwohl leb ich ohne dich;
Soll ich nun dir, mein ander ich!
Deßwegen red und antwort geben?
So wiß, es muß dein contrefait
Jn meinem hertzen dich vertreten:
Denn Seladon iſt auch erfreut,
Nur deinen ſchatten anzubeten.
Laͤſt nun der holden liebe gunſt
Und ihres zarten pinſels kunſt
Jn mir dein bildniß nicht verderben;
O Sylvia! wie kan ich ſterben?
An eben dieſelbe wegen ſeiner finſtern wohnung.
ES iſt dir leid, daß nicht mehr licht
Durch meine ſtuben-fenſter bricht;
Doch kehre du nur bey mir ein!
So wird es voller ſonne ſeyn.
Auf die ſich mit blumen naͤhrende Florette. Aus dem Pays. Sonnet.
FLorette! dein geſchmack iſt ziemlich ungemein:
Du wilſt, man ſolle dir ſonſt nichts als blumen geben,
Man ſieht die lilien offt an den perlen kleben,
Wo deine zaͤhne nicht noch mehr als perlen ſeyn.
Der roſen-lichte mund nimmt lauter roſen ein:
Der ſchoͤnſten nelcke tod iſt deiner zunge leben:
Die veilge kan ſich kaum aus ihrer wurtzel heben,
So legt dein hunger ihr ſchon einen leichen-ſtein.
Allein291Verliebte und Galante Getichte.
Allein bedenckſt du auch, was dir der winter draͤuet,
Der aller gaͤrten pracht in ſeinem grimm zerſtreuet,
Biß auf den blumen-ſchmuck, den deine ſchoͤnheit weiſt?
Florett! entwehne dich dergleichen lecker-biſſen;
Sonſt wirſt du, wenn die zeit dir dieſe koſt entreiſt,
Aus harter hungers-noth dich ſelbſt verzehren muͤſſen.
Er vergleicht ſich mit einer uhr. Aus dem Welſchen des Petrazzi.
ES mag Florette lachen!
So will der himmel doch ein uhrwerck aus mir machen,
Wo der gedancken lauff an ſtatt der raͤder iſt.
Mein aͤngſtig ſehnen bleibt zur unruh auserkieſt,
Weil jenes ſich, wie dieſes ſtets, beweget:
Mein hertze ſoll das gloͤckgen ſeyn,
Auf dem der liebe ſtrahl und deiner blicke ſchein
Die ſtunden und minuten ſchlaͤget.
Du aber, ſuͤſſer glantz! der mich gebunden fuͤhrt,
Und meine ſonne ziert,
Nach der ich ſo viel ſeuſſtzer ſende,
Du biſt der mittel-punct, um welchen ich mich wende.
Als ſie vor ihm weinte. Aus dem Welſchen des Marini.
ES iſt wohl wahr, Liſette weinet;
Doch darum wunder ich mich nicht,
Weil die gelinde bach, ſo aus den augen bricht,
Ein fremdes quell zu haben ſcheinet.
Drum bilde dir nicht ein: Leander ſey betrogen;
Er kennt die ſonnen wohl, womit Liſette blitzt:
Die ſind es, ſo die fluth, ſo meine ſeele ſchwitzt,
Aus meiner augen brunn in den cryſtall gezogen.
Und alſo iſt es falſch, daß mich Liſette liebt;
Jſt ſie gleich gegen mich mitleidend und betruͤbt,
T 2So292Leanders aus Schleſien
So iſt ſie es doch nur zum ſcheine:
Denn ihre thraͤnen ſind nicht ihre, ſondern meine.
Leanders abſchied von Floretten.
LEander, dem vorlaͤngſt an Dobroborens quellen
Der vorſatz, ſich nur blos der weißheit heimzuſtellen,
Die ſuͤſſe poeſie durchaus verſaltzen hat;
Kam dennoch, als ihn naͤchſt ſein liebſter Thirſis hat:
Er moͤchte doch mit ihm in fremde felder ſchauen!
Auf einen andern ſinn; Jndem er aus den auen,
Die ihn bißher ergetzt, an jenes ufer gieng,
Wo ſeine floͤte noch an einer linde hieng,
Die er begierig nahm und in den ſtillen gruͤnden,
Wo um Floretten ſich die holden Muſen finden,
Den abſchied, der itzt folgt, in ſeine floͤte ſang,
Daß ufer, wald und feld von dem gethoͤn erklang.
Ach! rief er: Zoͤrnet nicht! zoͤrnt nicht, gerechten ſterne!
Daß ich mich wiederum von dem geluͤbd entferne!
Die ſuͤnd iſt freylich gros; allein ſie iſt ſo ſchoͤn,
Daß ich gezwungen bin, ſie dennoch zu begehn,
Wenn eure ſtrahlen auch zu ſcharffen blitzen wuͤrden.
Wiewohl! ihr thut es nicht; Jhr wißt wohl, daß die huͤrden
Der lieb und poeſie brunn und behaͤltniß ſind:
Wenn nun die Hypocren aus allen baͤchen rinnt,
Und eine ſchaͤferin die alten funcken ruͤhret,
Die nebſt der lieblichkeit verſtand und tugend zieret,
Wie kan es anders ſeyn, als daß Leanders hand
Die floͤte, ſo ſein mund aus andacht naͤchſt verbannt,
Aus lieb itzt wieder nimmt? Doch nehm ich ſie ſchon wieder;
So ſoll ſie dennoch gleich, ſo bald die abſchieds-lieder
Den reinen wunſch erfuͤllt, wie vor, verworffen ſeyn.
Jhr aber, feld und thal! nehmt meine klagen ein!
Und du, o wiederhall! laß ſie Floretten hoͤren!
Ach! daß die ſternen doch der hoffnung ſchloß zerſtoͤren,
So der gedancken hand ſo ſinnreich aufgebaut.
Du weiſt es, ſtiller wald! was ich dir anvertraut:
Jhr293Verliebte und Galante Getichte.
Jhr baͤume! wißt es auch, was ich in euch gegraben,
Ob zeit und unfall gleich die ſchrifft vertilget haben.
Des fluſſes tieffe ſchos traͤgt ſo viel tropffen nicht,
Als dieſer roſen-buſch, wo Venus blumen bricht,
Gebrochne ſeufftzer fuͤhrt, ſo meine bruſt gebohren.
Doch wo gerath ich hin? Macht mich der ſchmertz zum thoren?
Was ſing ich? Ach Florett! ich weiß nicht, wo ich bin,
Der wind der traurigkeit fuͤhrt meine geiſter hin.
Jch bin, als wie ein kahn, auf ungeſtuͤmen fluthen;
Jndeſſen kanſt du doch leicht meinen zweck vermuthen,
Obſchon kein foͤrmlich wort aus meinen lippen flieſt,
Weil deiner augen witz auch die gedancken lieſt.
Wiewohl, du kanſt es faſt in jeder mien erblicken,
Leander muͤſſe ſich auf einen abſchied ſchicken.
O abſchied voller pein! Hier ſtarꝛte zung und mund:
Der augen naſſer blick gab ſeine wehmuth kund:
Es ließ die kalte fauſt die leichte floͤte fahren:
Und endlich ſanck er ſelbſt, da, wo er vor zwey jahren
Mit ſeinem Seladon vergnuͤgt und tichtend ſaß,
Vor tieffer mattigkeit in das bethaute gras.
Es hatte nur ſein geiſt ſich wieder aufgeſchwungen,
So rieff er: Blaͤtter! kommt und werdet mir zu zungen,
Und ſaget, was ſo ſchwer von meinen lippen geht!
Doch weil ihr alleſammt noch zugeſchloſſen ſteht,
Und mich der ſuͤſſe mund der holden nachtigallen
Jtzt nicht vertreten kan; ſo laß mein ſchwaches lallen,
Beliebte ſchaͤferin! dir nicht entgegen ſeyn!
Erzuͤrnſt du dich doch nicht, wenn deine ſchafe ſchreyn;
Doch was vergleich ich mich mit den begluͤckten ſchafen,
Die immer um dich ſind, an deiner ſeite ſchlafen,
Und die manch ſanffter ſtrich von deiner hand ergetzt,
Vor der die wolle ſich nicht weich und ſauber ſchaͤtzt,
Ja, die mein ſchlechter mund nicht wuͤrdig iſt zu kuͤſſen.
Florette! gute nacht! ich muß mein lallen ſchlieſſen:
Denn die verwirrung laͤſt mir nichts gereimtes zu.
Florette! gute nacht! du leitſtern meiner ruh!
T 3Jch294Leanders aus Schleſien
Jch darff nicht laͤnger mehr an deinen grentzen weiden:
Der himmel noͤthigt mich, itzt in ein land zu ſcheiden,
Jn dem zwar vieles iſt, was mich vergnuͤgen kan;
Doch treff ich dich, mein kind! und meinen freund nicht an:
So kan das paradies mir ſelbſt verdruͤßlich werden,
Und alſo bleib ich doch, krieg ich ſchon hundert heerden
Und tauſend felder ein, betruͤbt und unvergnuͤgt:
Wofern der himmel nicht einſt das geluͤcke fuͤgt,
Daß dein und meine ſchaf aus einem bache trincken:
Daß der bemooſte brunn, in den die ſterne ſincken,
Wenn ſich Florettens bild in ſein cryſtall verſenckt,
Auch einſt mein ſpiegel wird; und, was mein hertze denckt,
Doch eine zarte furcht mir nicht vergoͤnnt zu ſagen,
Der zephyr aber laͤngſt Floretten zugetragen,
Einſt in der that geſchicht! Ach hoffnung! lebe wohl!
Jch weiß wohl, daß man nicht auf thuͤrne trauen ſoll,
Die deine haͤnde nur auf ſand und traͤume bauen.
Drum lebe wohl! mein kind! ich ſoll dich nicht mehr ſchauen.
Der turtel-taube girꝛn, die mich vorlaͤngſt gekennt,
Hat uns auch wohl geſagt, daß uns der himmel trennt;
Und alſo ſoll ich dich nicht ferner ſingen hoͤren,
Mein lied wird auch nicht mehr Florettens ruh verſtoͤren:
Es ſoll kein roſen-krantz, den du gewunden haſt,
Um meine ſchlaͤfe bluͤhn. Das urtheil iſt gefaßt;
Doch hat es, holdes kind! dein kiel nicht unterſchrieben:
So iſt gleichwohl ein blat der hoffnung uͤbrig blieben:
Ein blat, das ſcharffe luſt zwar bald entfuͤhren kan;
Das aber, ſcheinet es Florettens gunſt nur an,
Mir dennoch faͤhig iſt, viel ſuͤſſes anzudeuten.
Verlohrne fantaſie! ich muß von dannen ſchreiten.
Florette! gute nacht! Und du, mein Seladon!
Der ſchaͤferinnen luſt, der Muſen liebſter ſohn,
Leb allezeit vergnuͤgt! ich muß auch dich verlaſſen,
So ſehr ich auch gewuͤnſcht, dich ewig zu umfaſſen:
Dich, deſſen liebe mich ſo ungemein ergetzt:
Dich, deſſen netter vers mich in verwundrung ſetzt:
Dich,295Verliebte und Galante Getichte.
Dich, deſſen ſtimme blos Florettens ſtimme weichet,
Und der mein heiſrer thon auch nicht das waſſer reichet.
Beliebter Seladon! O angenehmer tag!
Da ich an deiner ſeit in dieſem walde lag!
Da wir zum zeit-vertreib auf linder floͤte ſpielten,
Und den erhitzten fuß in dunckeln ſchatten kuͤhlten!
Jtzt iſt es aus, mein freund! der himmel macht den ſchluß:
Daß ich ſo wohl von dir, als von Floretten, muß.
Getreuer Seladon! annehmlichſte Florette!
Wie reiſt ich ſo vergnuͤgt, wenn unſre freundſchaffts-kette
Durch ſtete gegenwart ein feſtes kleeblat waͤr!
So fuͤhrt der guckguck itzt den reiſe-geiſt daher,
Der lauter trennung macht. O trennung voller ſchmertzen!
Wiewohl! du trenneſt nur den leib, doch nicht die hertzen:
Und daß die nahmen auch ſelbſt nicht geſchieden ſeyn,
So ſchneid ich ſie geſchraͤnckt hier in drey fichten ein,
So wie mein hirten-ſtab ſie ſchon vorlaͤngſt getragen.
So ſchloß Leanders mund die tieffen abſchieds-klagen,
Und that, wie er geſagt. Zwar ſoll er noch zuletzt,
Eh er den ſchweren fuß von dannen fortgeſetzt,
Jn einen eichen-baum ſo viel geſchrieben haben:
Leanders hertze liegt nicht weit von hier begraben,
Und wo du wiſſen wilſt, wovon er ſich noch regt?
So wiſſe: Daß ſein leib ein fremdes hertze traͤgt.
Als ſie ſeine lieder gelobet hatte.
EJn ſchwan ſingt niemahls ſchoͤne,
Als wenn er ſterben ſoll.
Drum, Daphne! lebe wohl!
Denn, weil mein klag-gethoͤne
Dir itzt ſo ſuͤſſe klingt, und dein gemuͤth erfreut:
So iſt mein ende wohl nicht weit.
T 4Lean -296Leanders aus Schleſien
Leander an Sylvien, als er ihr das ver - ſprochne huͤndgen ſchicken ſolte.
GEliebte Sylvia! ſtuͤnd es in meinen haͤnden,
So kuͤßte dir itzund dein huͤndgen fuß und hand;
So aber kan ich nichts, als leere verſe, ſenden,
Die dein gerechter zorn vielleicht zur gluth verbannt.
Jch bin zwar auſſer ſchuld, ſo fern das ſchnoͤde gluͤcke
Mich nicht gewaͤhren laͤſt, was ich dir zugeſagt;
Doch warum hielt ich nicht das kuͤhne wort zuruͤcke?
Wohl dieſem! der ja nichts auf gut geluͤcke wagt.
Du haſt dann, ſchoͤnes kind! das ſchoͤnſte recht zu zuͤrnen,
Biß ich die miſſethat vollkommen abgebuͤßt:
Wiewohl, du gleichſt vielmehr den guͤtigen geſtirnen,
Aus denen lauter gold geneigter ſtrahlen fließt.
Diß, hoff ich. Sylvia! laß meine hoffnung gelten,
Weil die vergebung dir nicht wenig ehre bringt!
Die cantzel ſelber pflegt, auf zorn und grimm zu ſchelten:
Du weiſt, wie Seeligmann auf lieb und ſanfftmuth dringt.
Man muß die predigten der prieſter nicht verwerffen,
Denn ihre wachſamkeit bewahrt des HErren haus:
Sie wiſſen bald das ſchwerd des cherubims zu ſchaͤrffen,
Und jagen uns damit von Edens garten aus.
Ach! koͤnnt ich meine lieb itzt in ein huͤndgen kehren!
So waͤr ich meiner furcht am allerbeſten los:
Jch weiß, du wuͤrdeſt es mit eigner hand ernaͤhren:
Es ruhte manche ſtund auf deiner ſanfften ſchos.
Du wuͤrdeſt ihm auch ſelbſt das bette nicht verſchlieſſen,
Jn welches Sylvia die zarten glieder ſtreckt:
Es duͤrffte dir getroſt die reinen lippen kuͤſſen,
Wo krafft und lieblichkeit in warmen roſen ſteckt.
Sonſt koſtet es viel muͤh, ein huͤndgen abzurichten;
Hier aber haͤtteſt du dergleichen ſorge nicht:
Es wuͤrde dir zu lieb auf lauter kuͤnſte tichten!
Dein auge waͤr ſein ſtern, dein augen-winck ſein licht.
Es297Verliebte und Galante Getichte.
Es wuͤrd unnoͤthig ſeyn, ihm eine magd zu halten,
Jch weiß, es fuͤhrte ſich ſtets rein und ſauber auf;
Es wuͤrde lieber ſelbſt des dieners ſtatt verwalten:
Dir ewig treu zu ſeyn, das waͤr ſein lebens-lauff.
Verſuchte man es gleich, mit mandeln zu beſtechen:
Gieng ihm die ſchmeicheley gleich niedlich um den mund;
So macht es, wolte man ihm hals und beine brechen,
Doch nicht das bitterſte zu deinem nachtheil kund.
Die diebe wuͤrd es wohl, nicht aber dich verrathen:
Und haͤtt ein frecher thor dich wider willen lieb;
So thaͤt es eben das, was Mops und Hylax thaten,
Als ein erhitzter wolff nach einem laͤmmgen hieb.
Ein jeder muͤſte dir in tieffer ehr-furcht dienen:
Dein huͤndgen laurte ſtets auf deiner buhler zweck:
Und, wolte ſich ein kerl an deinen mund erkuͤhnen,
So biß er ihm gewiß die geile zunge weg.
Wie fleißig muß man ſonſt vor ſchoͤne hunde wachen:
Der vorwitz fuͤhret ſie offt auf verbothne bahn;
Dein huͤndgen, holdes kind! wuͤrd es weit anders machen,
Nachdem ihm auſſer dir kein menſch gefallen kan.
Dein auge muͤſte ſich nicht ſtets zur thuͤre lencken:
Es regt auf dein gebot nicht einen fuß von dir:
Und wolte man es gleich mit honig-ſuppen traͤncken,
So zoͤg es dieſer koſt gleichwohl dein waſſer fuͤr.
Es naͤhme, muͤſt es auch daruͤber gar verſchmachten,
Den zucker ſelber nicht aus einer fremden hand:
Wolt auch ein bloſer ſchalck, es wegzumauſen, trachten,
So macht es ihn alsbald durch ein geſchrey bekannt.
Du aber duͤrffteſt ihm das eſſen nicht erſt mahlen,
Es ließ auch trocken brod ihm wohl zu halſe gehn;
Wolt aber Sylvia die koſt mit kuͤſſen zahlen,
So ließ es marcipan, milch und roſinen ſtehn.
Doch muͤſte Sylvia den ſchoͤnen ſtreich nicht wiſſen,
Daß dieſes huͤndgen nur Leanders liebe waͤr;
Sonſt wuͤrd es augenblicks ihr zimmer raͤumen muͤſſen:
Sie ſchickt es mit der poſt gleich wiederum hieher.
T 5Ja,298Leanders aus Schleſien
Ja lieſſe ſie es auch ein wenig bey ihr bleiben,
So ſagte ſie ihm doch nichts ſuͤſſes in das ohr;
Jch will die ſache nicht ausfuͤhrlicher beſchreiben,
Die ſchlaue Sylvia weiß alles laͤngſt zuvor.
Koͤnnt auch Leander ſchon den poſſen heimlich ſpielen:
Kennt auch ſchon Sylvia hier meine liebe nicht;
So wuͤrd ich dennoch nie den ſuͤſſen zweck erzielen,
So lang es mir an kunſt und auch an macht gebricht.
Es folget die natur nicht unſern fantaſien:
Ja Sylvia weiß wohl, daß ich nicht hexen kan.
Cupido will ſich ſelbſt hierinnen nicht bemuͤhen,
Er ſchauet deinen blitz nicht ohne zittern an.
Jch weiß dann, holdes kind! kein huͤndgen aufzubringen:
Jch bin nicht ſchlau genung, der ſtrafe zu entgehn:
Jch ſinne, wie ich will, ſo will kein fund gelingen:
Drum bin ich nur bereit, dein urthel auszuſtehn.
Der zorn verbietet dir ohn zweifel, zu verweilen:
Mich daͤucht, er liefert blitz und donner wider mich;
Allein du folgſt ihm nicht, denn wer das uͤbereilen
Aus uͤbereilung ſtraft, ſtraft niemand mehr, als ſich.
An Sylvien, uͤber die bey ihr verlohrne freyheit.
JCh habe naͤchſt bey dir die freyheit eingebuͤßt,
Und moͤchte mir ſie gerne wiederholen:
Denn deine ſchoͤnheit hat mir ſie gewiß geſtohlen,
Jch weiß, daß ſie die groͤſte diebin iſt.
Drum kan ich nicht umhin, es hilfft kein ſchreyn noch fluchen;
Jch muß ſie durch und durch beſuchen.
Auf ihre blaͤſſe.
DEr blaͤſſe matter ſchein,
So Daphnens antlitz eingenommen,
Muß299Verliebte und Galante Getichte.
Muß meines hertzens aſche ſeyn,
Das naͤchſt durch ihre gluth den letzten reſt bekommen.
Nun geht das leich-begaͤngniß an;
Jedoch ich bin vergnuͤgt, weil ich mich ruͤhmen kan,
Daß mein hertze Daphnens ſchoͤnheit noch zu ſeiner bahre habe.
Die liebe ſelbſt bedient ſich ihrer blicke pracht,
Und leuchtet ihm in dieſer trauer-nacht
Mit tauſend lichtern itzt zu grabe.
Auf einen hyacinth, der zwiſchen ihren bruͤſten hieng.
BEliebter hyacinth! der auf den roſen-huͤgeln,
Um die Cupido lauſcht, und auf die hertzen paßt,
Die crone ſencket und erblaßt,
Es kan mein zuſtand ſich recht in dem deinen ſpiegeln.
Denn Amarillis iſt uns allen beyden ſcharff:
Dich hat ſie von dem ſtock und mir das hertz entriſſen;
Allein dir iſt vergoͤnnt, das paradies zu kuͤſſen,
Dahin ſich nicht einmahl mein auge wagen darff.
Amor, ein fiſcher.
DJe liebe, ſo allhier die fluͤgel weggelegt,
Stellt ſich, als einen fiſcher ein:
Die truͤbe bach beperlter zaͤhren
Soll mit gewalt ihm einen fang gewaͤhren.
Deßwegen muß ein haar, ſo meine Phyllis traͤgt,
Und ein blick, der in den ſeelen eine kuͤhne luſt erregt,
Der koͤder und das garn, ihr aber fiſche, ſeyn.
Doch, hertzen! laſt euch nicht nach dieſer koſt verlangen!
Jch kenn ihn ſchon, den kleinen boͤſewicht,
Er locket euch nur an, und kommt wahrhafftig nicht,
Um euch zu ſaͤttigen, er kommt nur euch zu fangen.
Aria300Leanders aus Schleſien
Aria wider die wanckelmuͤthigkeit ſeiner liebe.
1.
FLatternde liebe!
Wo eileſt du hin?
Ein geſetzter ſinn
Folget einem edlern triebe,
Den kein neben-licht,
Ja der donner ſelbſt, nicht unterbricht.
2.
Jrrende ſterne
Bedeuten nicht viel:
Ein beſtaͤndig ziel
Jagt die unruh in die ferne.
Taugt auch ein magnet,
Der nicht ſtets nach einem pole ſteht?
3.
Fluͤchtige flammen
Verzehren ſich bald:
Einen pappel-wald
Schlaͤgt ein ſchwacher ſturm vonſammen;
Wahre liebe bleibt,
Wie ein ceder-baum, der recht bekleibt.
4.
Macht eine ſonne
Den monden vergnuͤgt,
Der nicht eckel kriegt
Vor ſo alter koſt und wonne;
Warum findeſt du
Nicht in einem ſterne luſt und ruh?
5.
Darum, o liebe!
Vollende den flug!
Handle treu und klug,
Und gehorche doch dem triebe,
Der nach leib und geiſt
Dich Ambretten ſtets umfaſſen heiſt!
Als301Verliebte und Galante Getichte.
Als ſich Flavia uͤber ihre pocken-gruben beklagte. MADRIGAL.
WAs zoͤrneſt du doch auf die pocken?
Verachte nur die gruͤbgen nicht,
Die ſelbſt die liebe zugericht,
Um deſto ſicherer die hertzen anzulocken!
Zwar anfangs grub ſie ſich blos in ein gruͤbgen ein;
Doch meinte ſie allda nicht recht verſteckt zu ſeyn:
Deßwegen machte ſie noch mehr dergleichen hoͤlen,
Wo ſie mit ſchlauer liſt auf die verliebten ſeelen
Zu deiner luft mit netz und bogen zielt.
Glaubſt du es nicht?
Mein allerliebſtes licht!
So ſchau nur auf mein hertz, das noch die wunde fuͤhlt,
Und unter ſuͤſſem ſchertz und lallen
Hier in die grub und in dein netz gefallen.
Auf ihre kalten haͤnde.
DU liebſt, mein ſchatz! und biſt doch immer kalt;
Jſt denn bey dir allein die lieb ein froſtig weſen?
Wie? oder ſoll mein aug aus dieſer kaͤlte leſen,
Daß keine wahre lieb in deinen adern wallt?
Nein, Flavia! dein kuß und die getreuen blicke
Verjagen hier den argwohn aller ruͤcke,
Und zeigen, daß dein geiſt in allem ernſte liebt;
Doch, daß dein zarter leib ſo wenig waͤrme giebt,
Macht blos die reine ſcham: Denn dieſe zwingt die flammen
Jn deinem hertzen ſo zuſammen,
Daß man auf deiner glieder bahn
Nur ſchnee, und keine ſpuhr des feuers, finden kan.
ARIA. 302Leanders aus Schleſien
ARIA
1.
SAubere Florette!
Wie begluͤckt waͤr ich!
Druͤckte mich und dich
Doch nur eine liebes-kette!
Aber ſo will ſie allein
Nur vor mich geſchmiedet ſeyn.
2.
Aus zertrennten flammen
Steiget keine luſt;
Schlaͤgt in beyder bruſt
Die verliebte gluth zuſammen,
So wird durch verbundnes ach
Zucker aus dem ungemach.
3.
Zimmer werden hoͤlen
Durch die einſamkeit;
Und die klufft erfreut
Zwey in lieb entbrannte ſeelen:
Denn ihr treu-verbundner ſinn
Jaget alle ſchatten hin.
4.
Darum, ach Florette!
Lege deinen geiſt,
Wie die liebe weiſt,
Doch zu mir an eine kette!
Denn alſo gefangen ſeyn,
Traͤgt mehr, als die freyheit, ein.
Als er keine gegen-liebe hoffen kunte.
ACh allerliebſte thraͤnen!
Jhr boten meiner herben pein!
Kan ein ſo reines ſehnen
Durch eure krafft dann nicht geſtillet ſeyn?
Jſt303Vermiſchte Getichte.
Jſt es unmoͤglich, dieſes hertze,
Das uͤber des Myrtillus ſchmertze
Sich nicht erbarmen will, noch endlich zu erweichen?
So leſcht zum wenigſten durch eure milde fluth,
O thraͤnen! meine gluth!
Oder wachſet ſo weit an,
Damit ich und mein ſchmertz in euch ertrincken kan!

Vermiſchte Getichte.

Von dem elende des menſchlichen lebens.
1.
ARmſeeliges geluͤcke!
Das auf der welt des menſchen hertze trifft!
Der donner unterbricht die ſchoͤnſten ſonnen-blicke:
Und was man zucker nennt, iſt offt das aͤrgſte gifft:
Die ſterne werden uns zu feurigen cometen,
Und die erfahrung zeigt: Daß auch wohl engel toͤden.
2.
Was ſind die ſuͤſſen roſen,
Wenn ſie der dorn vor unſern haͤnden ſchuͤtzt?
Der himmel pflegt uns zwar von ferne zu liebkoſen;
Kommt man ihm aber nah, ſo fuͤhlt man, daß er blitzt.
Es baut der ſelbſt-betrug nur ſchloͤſſer in die luͤffte:
Denn, eh man es bedenckt, ſo ſind es todten-gruͤffte.
3.
Des lebens erſter morgen
Hebt ſich bey uns mit bittren thraͤnen an.
Ein ausgekrochner wurm weiß vor ſich ſelbſt zu ſorgen;
Da der gebohrne menſch ihm gar nicht helffen kan:
Er lernt mit fallen gehn, und wird, wenn falſche freunde
Nicht ſeine hencker ſind, ihm endlich ſelbſt zum feinde.
4. Man304Leanders aus Schleſien
4.
Man ſchwatzt wohl vom geluͤcke,
Und ſchreibet uns viel weg und mittel fuͤr;
Allein der meiſter ſelbſt weicht von der bahn zuruͤcke:
Und die vergnuͤgung kennt nur woͤrter und papier.
Denn ob ihr ſchatten gleich die lippen eingenommen;
So iſt ihr weſen doch nicht in das hertze kommen.
5.
Die nelcken werden neſſeln:
Der perlen pracht verwandelt ſich in ſand:
Die freyheit will uns ſelbſt in enge bande feſſeln:
Nichts iſt beſtaͤndiger, als angſt und unbeſtand.
Die ſonnen kommen uns geſchwind aus dem gefichte;
Die wolcken aber macht nicht bald ein ſtern zunichte.
6.
Des menſchen gantzes weſen
Jſt durch und durch mit unruh angefuͤllt:
Man kan das ungeluͤck auf allen gliedern leſen,
Weil nichts zugegen iſt, was die begierden ſtillt.
Denn wenn ihm fuß und hand ſchon alles vorgenommen:
So hat das hertze doch noch keine ruh bekommen.
7.
Das auge mag fich ſehnen,
Und unſer mund nach der vergnuͤgung ſchreyn.
Die ſehn-ſucht badet ſich gemeiniglich in thraͤnen,
Und ein vergebnes wort bringt nichts als ſeufftzer ein.
Die lippen werden zwar von langem klagen muͤde;
Doch dieſe mattigkeit iſt noch kein hertzens-friede.
8.
Die aͤngſtlichen gedancken
Verlaſſen uns auch in dem ſchlafe nicht.
Der menſchen ungeluͤck iſt auſſer allen ſchrancken,
Weil weder tag noch nacht ſein wuͤten unterbricht.
Die unruh, die uns plagt, iſt allezeit daheime:
Und quaͤlt das wachen nicht; ſo ſchrecken doch die traͤume.
9. Kommt305Vermiſchte Getichte.
9.
Kommt auch gleich eine ſtunde,
Die uns den ſchatz erwuͤnſchter ruh verheißt;
So dringt die lieblichkeit uns dennoch kaum zum munde,
Wenn die verwoͤhnte bruſt ſchon wieder wermuth ſpeiſt.
Die hoffnung ſpielt mit uns, als wie mit einem kinde,
Setzt marmeladen vor, und fuͤllet uns mit winde.
10.
O himmel und verhaͤngniß!
Beſchlieſt doch einſt das lange trauerſpiel!
Macht allem ungeluͤck ein ſchnelles leich-begaͤngniß,
Und gebt uns ſo viel ruh, als unſer hertze will!
Zerſtoͤrt den labyrinth der langſamen beſchwerden,
Daß erd und hertzen uns zu paradieſen werden!
Aria auf den geburts-tag Jhro Hoheit des Koͤnigl. Cron - und Chur-Branden - burgiſchen Chur-Printzens anno 1701 im nahmen der univerſitaͤt zu Halle verfertiget.
1.
FRidriciana geh! leg allen kummer nieder!
Weil deine ſonne wieder ſcheint:
Und hat dein auge naͤchſt geweint?
So denck itzt blos auf freuden-lieder.
Morbonens nebel ſind zerſtreut,
Die um dein ſchutz-geſtirne zogen:
Denn ſeiner ſtrahlen trefflichkeit
Hat durch des himmels gunſt die wolcken uͤberwogen.
2.
Dein Friedrich Wilhelm lebt: Betrachte nur den ſchimmer,
Den itzund ſein geburts-ſtern weiſt!
Fuͤhrt dieſer glantz den treuen geiſt
Nicht in die ſchoͤnſten freuden-zimmer? VI. Theil. USein306Leanders aus Schleſien
Sein adler ſchwingt in froher luſt
Die muntren fluͤgel nach der ſonne;
Wir aber weihen unſre bruſt
Jn tieffſter demuths-pflicht zu tempeln reiner wonne.
3.
Verſchmaͤhe, groſſer Printz! nicht die gelinden floͤten,
So treu und demuth hoͤren laͤßt!
Es fordert dein erlauchtes feſt
Zwar lauter praͤchtige trompeten;
Du biſt uns aber allzugros:
Wir wiſſen nicht ſo hoch zu ſteigen;
Doch ſind wir an vermoͤgen blos:
So ſoll ein heiſſer wunſch doch von dem willen zeugen.
4.
Es laͤßt ohndem dein ruhm ſich nicht in verſe zwingen:
Du folgſt dem groſſen vater nach.
Die tugend ſcheut kein ungemach,
Sich zu den ſternen aufzuſchwingen.
Du ſchauſt die helden-thaten an,
So Alexandern aufgewecket;
Doch, was Achillens bildniß kan,
Hat deiner ahnen ruhm weit kraͤfftiger vollſtrecket.
5.
Fridriciana kan von deiner großmuth ſagen,
Die deines ſcepters huld erquickt.
Fridriciana lebt begluͤckt,
Und weiß von nichts als freuden-tagen.
Der himmel hemmt der wetter trutz,
Er ſchuͤtzt der groſſen eltern cronen;
Und laͤßt uns unter Friedrichs ſchutz
Durch dich, erlauchter Printz! in ſicherm friede wohnen.
6.
Bluͤh, koͤniglicher ſtamm! daß dir kein donner ſchade!
Dein wachsthum mehrt auch unſre ruh.
Die crone faͤllt dem ſcepter zu,
Uns aber koͤnigliche gnade. Ver -307Vermiſchte Getichte.
Verdoppelt ſich der hoheit licht,
Daß wir dich cron - und chur-printz nennen:
Wie ſoll Fridriciana nicht
Bey ſolchem zwillings-ſchein ſich doppelt freuen koͤnnen?
7.
Bluͤh, Friedrich Wilhelm! bluͤh! und wachs an helden-thaten!
Verewige dein hohes haus!
Der himmel ſchuͤtte ſegen aus,
Und laſſe deinen ruhm gerathen!
Die weisheit ſey dein purpur-kleid!
GOtt wolle deinen ruhm beſchuͤtzen!
So wirſt du, trotz der grufft und zeit!
Jn Famens tempel einſt, als eine ſonne, blitzen.
Der XIII Pſalm.
HJlff HErꝛ! das reine gold iſt mehrentheils verſchmoltzen,
Und dein getreues volck nimmt augenſcheinlich ab:
Das los faͤllt in der welt nur immer vor die ſtoltzen,
Und wer nicht mitte macht, muß an den bettel-ſtab.
Die prieſter zancken ſich um abgeſchmackte grillen:
Jhr gantzes Chriſtenthum iſt lauter heucheley:
Sie wollen lehrer ſeyn, und dein geſetz erfuͤllen;
Doch ihre predigten ſind nur ein leer geſchrey.
Denn ihre lehre quillt aus keinem ſuͤſſen brunnen,
Weil in dem hertzen nichts, als gall und boßheit, ſteckt.
Aus faulen pfuͤtzen kommt kein lebens-ſtrohm gerunnen:
Dein wort kennt keinen geiſt, den ſuͤnd und ſchuld befleckt,
Und gleichwohl muͤſſen wir und deine diener ſchweigen.
HErꝛ! rotte dieſen ſchwarm und alle heuchler aus,
Die dir und deinem volck itzund zu kopffe ſteigen,
Und immer ſtehn und ſchreyn: Hier iſt des HErren haus!
Erfuͤlle deinen bund, und rette deine kinder,
Die Babels tyranney durch ihre pfaffen druͤckt!
Und ſchick uns lehrer zu, durch deren mund der ſuͤnder
Von ſeinem wege laͤßt und ſich zur buſſe ſchickt!
U 2Laß308Leanders aus Schleſien
Laß keinen miedling mehr bey deiner heerde wuͤtten,
Und ſtell uns hirten vor, die recht beruffen ſeyn,
Die balſam auf das hertz erſchrockner ſeelen ſchuͤtten,
Und der verruchten ſchaar mit deinem donner draͤun!
Ja, HErꝛ! du wirſt es thun. Denn was dein mund verſprochen,
Jſt nicht ein menſchen-wort, das leichtlich fehlen kan.
Mag doch die ketzer-rott indeſſen galle kochen;
Sie feuren doch dadurch nur deinen eyfer an.
Du wirſt uns ſtarck genung vor dem geſchmeiſſe ſchuͤtzen,
Das unertraͤglich herꝛſcht und unſre freyheit hemmt;
HErꝛ! laß durch deinen arm den bau der kirche ſtuͤtzen,
Damit des ſatans reich nicht alles uͤberſchwemmt!
Der LXXIV Pſalm.
HErꝛ! warum muͤſſen wir ſo gar verſtoſſen ſeyn?
Erbarmeſt du dich nicht der ſchafe deiner weide?
Kommt dir dein eigenthum, dein Zion, nicht mehr ein?
Jſt unſer untergang ein aufgang deiner freude?
Verſtoͤſſeſt du das volck, ſo du erwehlet haſt?
Tritſt du Jeruſalem und Jſrael mit fuͤſſen?
Ach GOtt! dein heiligthum und unſer luſt-pallaſt
Wird von der feinde ſturm erbaͤrmlich umgeriſſen.
Jn deinen ſchulen bruͤllt der heyden laͤſter-geiſt.
Kanſt du den goͤtzen-dienſt in deinem tempel ſchauen?
Dein nahme wird entweiht, und dein altar zerreiſt.
Schau! wie die raſenden in baͤnck und pfoſten hauen.
Die freche grauſamkeit brennt alle haͤuſer aus,
Wo vor kein ander wort, als dein geſetz, erſchollen:
Der ſchulen hohe pracht iſt nichts als ziegel-graus:
Wir ſehn kein zeichen mehr, auf das wir mercken ſollen.
Die prieſter bleiben ſtumm, und der prophete ſchweigt.
O GOtt! wie lange ſoll der widerſacher toben?
Dein knecht muß untergehn, und, der dich laͤſtert, ſteigt,
Und hat ſich uͤber dich und deinen berg erhoben.
Warum309Vermiſchte Getichte.
Warum entzeuchſt du uns den beyſtand deiner hand?
Was ſoll der goͤtzen-ſchwarm in deinem tempel machen?
Wiewohl! du bleibſt doch GOtt, der das bedraͤngte land
Durch treuen arm erhaͤlt, wenn gleich die pfeiler krachen.
Du biſt von alters her mein koͤnig, der mich ſchuͤtzt:
Du kanſt auch alles thun, du kanſt der ſee gebieten:
Und wenn dein ſtarcker zorn mit ſeinem donner blitzt,
So muß der drachen-kopff ſo blut als gifft verſchuͤtten.
Kein wallſiſch ſteht fuͤr dir, er muß zu grunde gehn,
Und in der wuͤſteney dem volcke ſpeiſe bringen.
So bald dein mund gebeut, ſo muͤſſen ſtroͤhme ſtehn,
Und aus der felſen hoͤh die ſchoͤnſten baͤche ſpringen.
Du giebſt uns tag und nacht, und laͤſſeſt in der welt
Die ſternen ihren lauff, die laͤnder grentzen haben:
Machſt, daß der warme lentz des winters eiß zerſchellt,
Und daß die menſchen ſich im herbſt und ſommer laben.
Nun, ſo gedencke doch, HErꝛ! an dein eigenthum,
Und laß den ſtoltzen feind dich nicht vergebens ſpotten!
Vertheidige dein volck, errette deinen ruhm,
Und ſaͤume dich nicht mehr, die goͤtzen auszurotten!
Vergiß der armen nicht, ſo deine kinder ſind!
Laß deine turtel-taub erwuͤnſchte zuflucht finden!
Mach alle woͤlffe lahm, und alle feinde blind!
Und weide deine herd in wohl bedeckten gruͤnden!
Gedenck an deinen bund, und laß dein Zion nicht!
Denn das ſonſt ſchoͤne land iſt jaͤmmerlich verheeret:
Die haͤuſer ſind zerſtoͤrt, der mauer ſtaͤrcke bricht:
Und die bevolckte ſtadt iſt meiſtens ausgeleeret.
Laß den geringen nicht veraͤchtlich untergehn!
Weil ſeine lippen ſtets von deinem lob erſchallen.
HErꝛ! fuͤhre ſelbſt dein recht, und laß das ſpoͤtt-gethoͤn,
Und die verdammte ſchmach auf ihre ſtiffter fallen!
Vergiß der feinde nicht, und denck an ihr geſchrey!
Die hoͤllen-gleiche wuth giebt ſich noch immer bloͤſſer.
Drum zeige, was dein arm und was dein nahme ſey;
Sonſt wird ihr uͤbermuth von tag zu tage groͤſſer.
U 3Der310Leanders aus Schleſien
Der LXXIX Pſalm.
HErꝛ! ſchaue, wie die feind in deinem erbe toben!
Dein berg, o Heiliger! dein tempel iſt entweihte
Die ſtadt Jeruſalem ein bild der eitelkeit:
Der frommen leichen ſind aus ihrer grufft gehoben.
Man wirfft die heiligen den tollen hunden vor,
Und das vergoßne blut ſchwimmt biß an Salems thor:
Der todten-coͤrper meng erfuͤllte feld und gaſſen,
Und niemand war allda, der ſie begraben laſſen.
2.
So muͤſſen wir ein ſpott der ſtoltzen nachbarn werden:
Die ungeheure ſchmach ſteigt uͤber unſer haupt:
Die ehre Zions liegt, die cronen ſind geraubt:
HErꝛ! lindre doch einmahl die ſchrecklichen beſchwerden!
Wie lange ſoll dein zorn, als wie ein feuer, gluͤhn?
Laß uͤber Babylon das ungewitter ziehn!
Und brich auf dieſe los, die deiner ſtets vergeſſen,
Jeruſalem verheert, und Jacob aufgefreſſen!
3.
Vergiß der alten ſchuld, und zeig uns dein erbarmen!
Du ſieheſt allzuwohl, wie wenig unſrer ſind.
Hilff, treuer helffer! hilff! Denn Jſrael, dein kind,
Weiß keine zuflucht mehr, als, GOtt! zu deinen armen.
Rett uns, damit dein ruhm und nahmen ewig ſteht!
Rett uns, damit dein lob in Salem nicht vergeht!
Und laß der ſuͤnden-bruth, die dich, o Hoͤchſter! kraͤncken,
Durch deine hohe gnad ins meeres abgrund ſencken!
4.
Ach! warum wilſt du nicht der heyden maͤuler ſtopffen?
Die dir zu trotze ſchreyn: Wo iſt nun euer GOtt?
HErꝛ! raͤche doch vor uns den allergroͤſten ſpott,
Das abgefloßne blut, und unſre thraͤnen-tropffen!
Laß der gefangnen ach nicht ohne kraͤffte ſeyn!
Halt das gezuͤckte ſchwerd der rauhen moͤrder ein!
Und laß der nachbarn kopff, die deinen nahmen aͤffen,
Den angethanen ſchimpff noch ſechsmahl ſchaͤrffer treffen!
5. Wir311Vermiſchte Getichte.
5.
Wir aber, die wir dich als einen vater lieben,
Und in der tieffſten angſt auf dich alleine ſehn,
Wir, denen freud und luſt itzund den ruͤcken drehn,
Erheben deinen ruhm, weil unſre ſeelen gieben.
Wir wiſſen: Daß du uns nicht gaͤntzlich unterdruͤckſt,
Und, als ein treuer hirt, einſt deine ſchaf erquickſt.
Drum wollen wir dich auch, wenn du der feinde toben
Zu boden legen wirſt, mit ſtetem dancke loben.
Der LXXXII Pſalm.
GOtt ſtehet allezeit, und ſieht auf die gemeine:
Wißt, goͤtter! daß der HErꝛ der goͤtter richter heiſt.
Wie kommt es, daß ihr euch des rechtes nicht befleiſt?
Ein jeder nimmt geſchenck, und ſiehet auf das ſeine.
Wie lange richtet ihr aus gunſt und heucheley?
Schafft einſt den armen recht, und ſpringt den waiſen bey!
Helfft dem, der duͤrfftig iſt, und ſtraft die falſcheu tuͤcken,
Damit die maͤchtigen nicht den geringen druͤcken!
2.
Wiewohl! ihr bleibet taub, und laſſet euch nichts ſagen:
Jhr haßt das reine licht, und wolt im finſtern ſeyn.
Drum geht der feſte grund des landes wohlfarth ein:
Drum hoͤret man das volck auf allen gaſſen klagen.
Der HErꝛ hat wohl geſagt: Daß ihr die obrigkeit,
Daß ihr des Hoͤchſten ſoͤhn, und daß ihr goͤtter ſeyd;
Jhr werdet aber doch, wie ſchlechte menſchen ſterben,
Und als tyrannen einſt in tieffer angſt verderben.
3.
Drum mache dich ſelbſt auf, und hoͤre das gewinſel,
O GOtt! weil niemand hoͤrt, der nicht geſchencke kriegt,
Du ſieheſt, wie das land faſt in dem tode liegt.
Das elend, das hier herꝛſcht, entwirfft kein zarter pinſel;
Der reichen herꝛſchens-ſucht und ungerechtigkeit
Jſt deinen heiligen ein unausſprechlich leyd. U 4Damit312Leanders aus Schleſien
Damit es nun vor ſie nicht unertraͤglich werde,
So komm, o HErꝛ der welt! und richte ſelbſt die erde!
Abriß einer boͤſen zeit.
DEr prieſter zancket, geitzt und ſaufft,
Und treibet nichts als faul geſchwaͤtze:
Die boßheit achtet kein geſetze,
Weil man das recht ums geld erkaufft.
Die aͤrtzte pflegen wohl zu morden,
Drum iſt bißhero hoͤll und tod
Viel reicher, als der himmel worden:
Ach! wer behertzigt dieſe noth!
Vom undanck.
UM dir den undanck abzumahlen,
So bilde dir ihn alſo ein:
Der hochmuth will nicht ſchuldig ſeyn,
Und eigenliebe will nicht zahlen.
Von der redlichkeit.
DJe worte ſind das weib, die thaten ſind der mann:
Wo trifft man dieſes paar itzund gepaaret an?
GOtt wird ein menſch.
GOtt ward aus lauter lieb ein armes menſchen-kind;
Wir dancken ihm mit haß, und bleiben, wie wir ſind.
An einen freund.
FReund! folge meinem rath, und meide burg und ſtadt,
Wo mancher ſeinen GOtt und ſich verlohren hat!
Fleuch auf das ſtille land! Da ſind nicht ſo viel ſuͤnden:
Und lerne durch die furcht, GOtt und dich ſelber finden!
Der313Vermiſchte Getichte.
Der 37 vers des 119 Pſalms.
UNſer augen ſind wie ſterne, die beſtaͤndig irre gehn;
Doch HErꝛ! der du ewig bleibeſt, mache, daß ſie
ſtille ſtehn!
Laß ſie nicht nach lehren gaffen, die mehr boͤſ als nuͤtzlich ſind:
Deine liebe nuͤtzt und beſſert, und viel wiſſen macht nur blind.
Die liebe zum ſelbſt-betrug.
WEnn uns ein freund betreugt, ſo hat man viel zu klagen:
Wenn man ſich ſelbſt betreugt, da hat es nichts zu ſagen.
Der kriegs-knechte einer eroͤffnete ſeine ſeite mit einem ſpeer. Joh. 19 v. 34.
O ungerechter ſtich vor dich!
Den deine ſeit, o Heyland! fuͤhlet;
Und dennoch gantz erwuͤnſcht vor mich,
Weil er den zorn des vaters kuͤhlet!
Verhaßter und auch liebſter ſpieß!
Du ſtichſt zwar in das wahre leben;
Doch nur, um in das paradies
Uns einen ſchluͤſſel abzugeben.
Lag unſer heyl bißher verſteckt?
Lag unſer ſchatz in GOtt vergraben?
So hat, was nirgends war zu haben,
Nunmehr des feindes ſpeer entdeckt.
Jch kuͤß, o himmel! deinen ſchluß!
Nachdem durch dich der welt zu gute
Ein mord-gewehr zur wuͤnſchel-ruthe
Und blut zu golde werden muß.
U 5Ver -314Leanders aus Schleſien
Verlaͤugnung der welt.
WEr ſich verlaͤugnen will, und dieſe welt verlaſſen,
Der muß, was menſchlich iſt, und nicht die menſchen haſſen.
Auf den Euripides.
DEin ruhm, Euripides! taurt biß auf dieſe ſtunde,
Du haſt manch trauer-ſpiel beweglich aufgefuͤhrt;
Das aber, da die wuth der aufgehetzten hunde
Dich ſterbend vorgeſtellt, hat uns weit mehr geruͤhrt.
Noͤthige haushaltungs-regel.
VErzaͤrtle deine magd nicht viel,
Und halt ſie ſtreng in deinem brodte!
Wenn man die ſau ſchon ſtreicheln will,
So waͤltzet ſie ſich gar im kothe.
Auf einen gelehrten bettler.
GRillirus! deine wiſſenſchafft,
Jn die du dich ſo ſehr vergafft,
Jſt nur ein dunſt in meinen augen:
Weil ſie dein geld und dich verzehrt.
Was ſolt auch wohl ein handwerck taugen,
Das ſeinen meiſter nicht ernaͤhrt?
Auf einen, der alle leute fuͤr narren haͤlt.
WEr aller welt den witz abſpricht,
Hat ihn wahrhafftig ſelber nicht.
Auf einen groskoͤpffichten ignoranten.
DAmit dich jeder kennt, ſo ſchreib auf deine ſtirne:
Hier iſt ein groſſer kopff, und dennoch kein gehirne.
Auf315Vermiſchte Getichte.
Auf einen gefallenen ſtern-gucker.
DEr vor die ſternen maß, der mißt itzund die erde,
Zum zeugniß: Daß ein fall offt unſer meiſter werde.
DEm beichtiger, dem artzt und advocaten
Geh grade zu! ſonſt kan dir keiner rathen.
NUn glaub ich, was man ſonſt als eine fabel lieſt:
Daß Themis in der that nicht mehr auf erden iſt.
Glaubſt du es nicht? So ſag: Ob auch zu dieſer zeit
Was ungerechters iſt, als die gerechtigkeit?
DJe falſchheit huͤllet ſich in finſtre nebel ein;
Wo aber wahrheit iſt, da muß auch klarheit ſeyn.
NUr nicht zuviel getraut! Denn trauen bringt gefahr:
Wer leichtlich nichts erlaubt, dem wird auch nichts ge -
nommen.
Laͤſt man den teuffel ſchon biß in die kirche kommen,
So ſteigt er endlich gar auf cantzel und altar.
Der weg zur wahren ehre.
DEn naͤchſten hoch, und ſich vor gar nichts, achten,
Heiſt mit vernunfft nach ruhm und ehre trachten.
Chriſten kan man keine nativitaͤt ſtellen.
CHriſten fuͤhret kein plauete:
GOtt allein iſt ihr prophete.
Man316Leanders aus Schleſien
MAn ſagt nur ſeine kleinen fehler, die groſſen bleiben
ungenannt:
Drum klagt man uͤber das gedaͤchtniß, und niemahls uͤber den
verſtand.
JSt ſchon dein hertze gar zu klein;
So kan an dir nichts groſſes ſeyn.
EJn thoͤrichter ſieht nichts, obgleich ſehr viel geſchiehet,
Das ein geſcheuter mann durch ſeinen witz erkieſt:
Warum? Dieweil ein narꝛ der tummen meinung iſt,
Daß er ſchon alles ſeh, wenn er nur ſich anſiehet.
DU biſt blinder, als ein blinder, der kein auge brauchen kan.
Denn du ſiehſt nur die geſchoͤpffe, und er ſieht den
ſchoͤpffer an.
WO man nichts an deinem wandel, als nur etwas, tadeln
kan,
O ſo zeiget dieſes etwas eine groſſe tugend an.
DAs gluͤcke kan uns nicht die wahre hoheit geben:
Denn dieſes goldne flies erfordert eigne muͤh.
Die cron erhoͤht uns nicht; Nein! wir erhoͤhen ſie,
Jndem wir ihre laſt auf unſer haupt erheben.
Ein zwerg hoͤrt in der hoͤh nicht auf, ein zwerg zu ſeyn:
Und in der tieffen wird kein groſſer rieſe klein;
Doch kan ein rieſ ein zwerg durch knechtiſche gebaͤrden,
Wie durch verſtand und muth, ein zwerg, ein rieſe werden.
JHr zornigen! druͤckt dieſen ſchluß
Doch feſt in des gedaͤchtniß ein:
Der unertraͤgliche verdruß
Jſt, andern unertraͤglich ſeyn.
Jn317Vermiſchte Getichte.
JN unſerm eignen thun und tichten
Sind wir gemeiniglich nicht klug;
Und wenn wir unſern naͤchſten richten,
Da haben wir verſtand genug.
WJr wuͤrden uns nicht ſo erfreun,
Daß andre voller fehler ſeyn,
Wenn wir dergleichen fleck und kletten
Nicht an uns ſelber haͤngen haͤtten.
DEr, ſo in ſich die ruh nicht finden kan,
Trifft ſie gewiß auch anderwaͤrts nicht an.
EJn wort ein wort, ein mann ein mann, galt in der that
nur bey den alten:
Denn unſre ſuper-kluge welt will nichts von ſolcher einfalt
halten.
SEht, ſeht, wie ſtrotzt Aſinius,
Weil er nach hofe kommen muß!
Denn er verſteht noch nicht, was alle bauren ſagen,
Und taͤglich die erfahrung weiſt:
Daß man die eſel nicht, als nur zum ſaͤcke tragen
Nach hofe kommen heiſt.
FReund! gehe nicht zu weit, halt dich in deinen ſchrancken!
Du weiſt wohl, wie es ſtets den ſtaats-propheten geht:
Und ich verſichre dich: Der koͤnige gedancken
Sind buͤcher, die gewiß kein unterthan verſteht.
WAſchillis iſt ein weib, ſo alle briefe lieſt:
Was in der ſtadt geſchieht, das muß zu ihr gelangen:
Sie weiß, was kommen wird, ſie weiß, was vorgegangen:
Und endlich weiß ſie auch das, was doch nirgends iſt.
Wundre318Leanders aus Schleſien
WUndre dich nicht, daß ein narꝛ ſeinen weg ſo ſchnelle gehet,
Da ein meiſter langſam iſt, und nicht ſelten ſtille ſtehet.
Jenen leitet wahn und boßheit, die nur rennt und nicht ver -
weilt;
Dieſen aber witz und tugend, die ſich niemahls uͤbereilt.
WEr die geſchicklichkeit nicht ſucht, als auf den ſchein,
Der macht ſich ungeſchickt, einſt recht geſchickt zu ſeyn.
DEr weiſen klugheit iſt, ſich zeigen;
Der narren aber, ſtille ſchweigen.
DEnn iſt das hertze voͤllig rein,
Wenn die gedancken ruhig ſeyn.
EJn junger ſinn wird leichte wendig;
Ein alter hund wird ſchwerlich baͤndig.
AN der hunde hincken,
An der huren wincken,
An der narren duͤncken,
An der weiber zaͤhren,
An der kraͤmer ſchweren,
Muß ſich niemand kehren.
WElch jung erkuͤhnt ſich nicht, den Jrus auszuziſchen?
Ein jeder will die ſchuh an arme leute wiſchen.
DEn vogel kennt man am geſange,
Den guten topff aus ſeinem klange;
Die319Vermiſchte Getichte.
Die lippen ſind des hertzens pforte,
Den narrn verrathen ſeine worte.
VOr narren, kinder, weib und wein,
Wird leichtlich nichts verborgen ſeyn.
DEr geitz bringt eben nicht viel ein:
Was muß er nicht vor reden hoͤren?
Es iſt viel beſſer arm mit ehren,
Als reich, mit ſpott und ſchande ſeyn.
WEr auf zwey achſeln traͤgt, der iſt kein treuer knecht:
Wer zweyen herren dient, der dienet keinem recht.
EJn ſchneller rath geht langſam an;
Ein langſamer iſt bald gethan.
WEr redet, der ſaͤ’t aus; wer ſchweiget, erndtet ein:
Und wie die ausſat war, ſo wird die erndte ſeyn.
Als einer ſeinem dieb pardonniren wolte.
D Furbienus dir verſpricht:
Er wolle nicht mehr griffe machen,
Da muß ich deiner einfalt lachen;
Die katze laͤßt das mauſen nicht.
Mors miſeros fugit.
DEr tod kommt eben nicht, wenn man ihn gerne ſieht,
Er flieht den, der ihn ſucht; und ſucht den, der ihn flieht.
DEr weisheit ſtrenger ernſt taugt nicht in allen faͤllen,
Es iſt offt klug gethan, ſich etwas naͤrriſch ſtellen.
Gedan -320Leanders aus Schleſien
Gedancken des gefallenen und wieder durch Chriſtum erloͤſten menſchen.
1.
O Heilige Dreyeinigkeit!
Wie ſeelig war ich doch, als ich zur goͤldnen zeit
Dein theures ebenbild, ſo wuͤrcklich war, als hieß!
Da wareſt du mein gut, mein ruhm, mein paradies.
2.
Ach aber! ach die goldne zeit
Ward bald zu finſtrem bley, als ich der unſchuld kleid
So liederlich verſchertzt, das wahre gut verflucht,
Und in des ſatans hand gut, ehr und luſt geſucht.
3.
Da gieng dein ebenbild dahin;
Daß ich itzund ein bild der boͤſen ſchlange bin,
Weil ich ihr luͤgen-wort der wahrheit vorgeſetzt,
Und den, der alles iſt, als lauter nichts geſchaͤtzt.
4.
Ach! waͤr ich nichts, ich ſuͤnden-knecht!
So waͤr ich, als ein nichts, von dem erzuͤrnten recht
Und von dem urtheil frey, das der, ſo alles iſt,
Jtzt, leider! uͤber mich verdammten ſuͤnder lieſt.
5.
Werd ich von deinem zorn erwuͤrgt?
Jſt nirgends keine klufft, die mich vor dir verbirgt?
Ach nein! Dein donner ſchlaͤgt auch in den abgrund ein,
Und wen du treffen wilſt, kan nirgend ſicher ſeyn.
6.
Der grimm hat ſeinen freyen lauff.
Weh mir! wo ſoll ich hin? Der himmel thut ſich auf.
Weh mir! nun bin ich hin! Nun muß ich untergehn!
Denn welch geſchoͤpffe kan vor ſeinem ſchoͤpffer ſtehn?
7.
Doch irꝛ ich? oder ſeh ich recht?
Mich deucht, (o ſuͤſſer blick vor mich verworffnen knecht!) Des321Vermiſchte Getichte.
Des hoͤchſten liebe laͤſt den thron des himmels ſtehn,
Und will mir unverhofft mit troſt entgegen gehn.
8.
So iſt es: GOtt erniedrigt ſich,
Und wird, o wunder-werck! ein armer menſch, wie ich.
Das wort nimmt fleiſch und blut in einer jungfrau an:
Damit ich durch das wort im geiſte leben kan.
9.
O unvergleichlicher entſchluß!
Das leben kommt und ſtirbt, weil ich ſonſt ſterben muß.
GOtt nimmt durch ſeinen tod dem tode ſeine macht,
Und ſtuͤrtzt der ſchlangen wuth, die mich zu fall gebracht.
10.
Die unſchuld ſelbſt zahlt meine ſchuld,
Und GOttes eyfer ſtillt die leidende geduld,
Den eyfer, den mein fleiſch, den meine miſſethat,
Und mein verruchtes hertz allein entzuͤndet hat.
11.
Die luſt, den ehrgeitz, und den neid, (Damit die ſuͤnde mich zu ihrem prieſter weiht,)
Buͤßt JEſus, der mich liebt durch unverdiente ſchmach,
Durch ſtrenge duͤrfftigkeit und hartes ungemach.
12.
Nun ſchau ich recht, o Heilge Drey!
Daß deines hertzens grund ein brunn der liebe ſey:
Jndem du deinen feind ſo unausſprechlich liebſt,
Und dich dem buͤſſenden in Chriſto wiedergiebſt.
13.
Wiewohl ich bleib ein klotz und ſcheit,
Wo mir dein ſtarcker geiſt nicht krafft zur buſſe leiht:
Denn ſatan bildet ſich durch hochmuth, geitz und luſt
Noch immer, wie zuvor, in meiner offnen bruſt.
14.
Drum hilff, daß des erloͤſers geiſt
Jn mir den goͤtzen-bau des teufels niederreiſt:
Daß ich durch buſſe, glaub und liebe davon frey,
Und dir zum ebenbild aufs neu geſchaffen ſey.
VI. Theil. XBey322Leanders aus Schleſien
Bey dem Hallmann-Frantziſchen hochzeit-feſte.
Haͤtt ich mit Schleſien nicht die verliebten lieder
Und gleichſam allen zug zum tichten hingelegt;
So legt ich nicht ſo offt die ſtumpffe feder nieder,
Die itzund, wie du ſiehſt, kein rechter trieb bewegt.
Jch ſchmuͤckte meinen vers mit den beliebten roſen,
Die, o belobte Braut! in deinem nahmen ſtehn:
Und unterlieſſe nicht den lippen liebzukoſen,
Die deinem braͤutigam ſo wohl entgegen gehn.
Den lippen, welche noch mit friſchen blumen prangen:
Die keine falſche bien jemahlen angeruͤhrt:
Dergleichen ſind gewiß itzt ſeltſam zu erlangen,
Da man die weſpen faſt in allen gaͤrten ſpuͤrt.
Doch muͤſt ich ſie allein mit ſolchen worten loben,
Die, auserleſne Braut! ſo nett als deine ſeyn.
Wiewohl! ich haͤtte dich doch nicht genung erhoben;
Denn deine tugend nimmt weit groͤſſre ſchrancken ein.
Drum zeigt ich: Daß dein ſchatz dich recht zu ſchaͤtzen wiſſen,
Der ſich am hefftigſten in deinen geiſt verliebt,
Jn deinen edlen geiſt, den welt und himmel kuͤſſen,
Und dem die mißgunſt ſelbſt ein gutes zeugniß giebt,
Zwar ſiehet er den leib nicht mit des Zeno augen,
Und deſſen niedrigkeit, als unvollkommen, an:
Er weiß, daß perlen mehr als kieſel-ſteine taugen,
Ob man die letzten gleich weit groͤſſer haben kan.
Jedennoch weiß er auch: Daß ſonne lufft und ſtunde
Der zarten farb und haut nicht wenig abbruch thun:
Drum ſtehet ſeine lieb auf einem feſtern grunde,
Und will im hertzen mehr, als in den armen, ruhn.
Solt ich noch weiter gehn; ſo geben deine minen,
Und deines braͤutigams durchdringender verſtand,
Den Meditrine kennt, dich ferner zu bedienen,
Mir endlich zeug genung zum tichten an die hand.
Doch323Vermiſchte Getichte.
Doch weil die Muſen ſich vor meinen feind erklaͤret,
Und eure demuth ſelbſt mich gleichſam ſchweigen heiſt:
So kan ich auch ſonſt nichts, als dieſen wunſch, gewaͤhren,
Der aus dem hertzen mehr, als aus der feder, fleuſt.
Der himmel ſegne dich, und laſſe ſeine fluͤgel
Durchaus-vergnuͤgtes paar! ſtets deine decke ſeyn!
Gluͤck und zufriedenheit ſey deines bundes ſiegel,
Daß beyder hertzen ſich in wahrer luſt erfreun!
GOtt ſey dein ſchutz und ſchirm, ſo ſteckt kein kaltes fieber
Und keine zwietrachts-peſt dich und dein lager an!
Er pflantz in haus und hertz je laͤnger und je lieber,
Und liefre, was ihr hofft, und ich nicht ſchreiben kan!
Ein mehrers weiß ich nicht auf das papier zu bringen,
Weil, wie ich ſchon geſagt, mir trieb und kunſt gebricht:
Wiewohl! wo nachtigalln und edle ſchwanen ſingen,
Da hoͤrt man ohnedem die leichten fincken nicht.
Drum uͤberlaß ich das vor ausgeuͤbtre ſinnen,
Was meine poeſie nicht auszudruͤcken weiß:
Mich deucht, ich ſehe ſchon ein ſolches lied beginnen,
Das voller feuer iſt, wie meines voller eiß.
Jndeſſen, ob wir auch ſchon alle verſe traͤumen,
Und niemand, edles Paar! der Muſen trieb verſaͤumt;
So bin ich doch gewiß: Daß unter allen reimen
Sich braut und braͤutigam am allerbeſten reimt.
Bey der beerdigung tit. Fr. M. Cath. Stryckin, geb. Alexandrin, an. 1706 d. 26 Nov. im nahmen Herꝛn Lic. B.
JCh geb es leichte zu, Hoch-edler! daß die wunden,
So deiner liebſten tod dir in das hertze ſchlaͤgt,
Allzuempfindlich ſind: Jch hab es auch empfunden,
Und weiß, was dieſer ſchlag vor angſt und pein erregt.
X 2Drum324Leanders aus Schleſien
Drum unterſteh ich mich, dein klagen nicht zu tadeln;
Denn welch geſetze lehrt uns unbeweglich ſeyn?
Scharꝛt doch, was tugend, witz und nette ſitten adeln,
Auch ſelbſt ein ſtoicus nicht ohne thraͤnen ein.
Jch kenne den verluſt, und weiß, was du verlohren;
Dergleichen perlen ſind itzt kein gemeiner ſchatz:
Ein tugend-reiches weib iſt nicht ſo bald gebohren:
Die tugend findet nicht in allen frauen platz.
Man findet Helenen, die ſchwanen im geſichte,
Und in der ſeele doch ſo ſchwartz, als raben, ſeyn;
Denn die erfahrung macht des Plato ſatz zu nichte:
Die tugend kehre ſtets in ſchoͤnen leibern ein.
Dein weinen iſt gerecht. Weil deine Catharine,
Dem geiſt und leibe nach, vollkommen ſchoͤne war;
Ach! waͤre ſie doch noch! ſo kehrte ſich die buͤhne
Der ſuͤſſen liebe nicht in eine todten-bahr.
Drum, edle thraͤnen! rinnt, die liebe will es haben:
Dein groſſer vater faͤllt ſelbſt deiner wehmuth bey:
Ach! daß wir doch, was fromm und ſeltſam iſt, begraben!
Jſt in der gantzen welt nichts vor dem tode frey?
Weiß denn Papinian hier keinen rath zu geben?
Darff der geſetzte tag nicht abgeſchrieben ſeyn?
Hat denn die jugend nicht ein groͤſſer recht zu leben?
Und ſchlaͤgt der donner auch in gruͤne myrthen ein?
Ach leyder! ja er ſchlaͤgt, und hat bereits geſchlagen,
Daß dein beſtuͤrtzter geiſt kaum bey ſich ſelber iſt.
Dein ſchatz, dein holder ſchatz, wird in die grufft getragen,
Wo man nur einſamkeit und finſterniß erkieſt.
Die roſen wandeln ſich in traurige eypreſſen;
Allein, was reiß ich hier die wunden weiter auf?
Wo aug und traurigkeit gemuͤth und hertze preſſen,
Da laͤſt man ohnedem den thraͤnen ihren lauff.
Und darum ſolt ich nur bewaͤhrte pflaſter bringen;
Doch wer die harffe ſelbſt an bittre weyden haͤngt,
Dem kan, Hoch-edler Stryck! kein rechter troſt gelingen:
Wie ſehr man immerhin auf oͤl und balſam denckt.
Zwar,325Vermiſchte Getichte.
Zwar, wer wie Brunnemann die bibel in dem hertzen,
Und alſo ſich nicht blos mit menſchen-buͤchern traͤgt,
Dem fehlt es nicht an troſt, obgleich die wuth der ſchmertzen
Manch unterbrochnes ach! in geiſt und mund erregt.
Er weiß, daß keine krafft verſtimmter klage-lieder,
Wenn ſie auch Orpheus ſpielt, die todten wiederbringt:
Und daß der freye geiſt nicht wie die ſtarren glieder
Jn die betruͤbte nacht des finſtern grabes ſinckt.
Drum ſchaue, wo du kanſt, doch auf die himmels-buͤhne:
Mich deucht, dein hertze wird durch dieſen blick erneurt:
Weil dein verklaͤrter ſchatz, die reine Catharine,
Jhr frohes nahmens-feſt bey tauſend engeln feyrt.
Auf das abſterben tit. Herꝛn Johann Chriſtoph Lucas Ratisbonenſis, J. U. Licen - tiati, im nahmen Jhro Exc. des Herꝛn Geh. Rath Strycks ſaͤm̃tl. tiſch-compagnie.
SOlft du, wohl-edler Freund! ſchon in dem ſarge liegen?
Muſt du ſo unverhofft ein raub des todes ſeyn?
Kan witz und jugend nicht die ſterblichkeit beſiegen?
Und ſtuͤrmt der rauhe nord auch in die lorbern ein?
Wir wundern uns zwar nicht, daß in den ſommer-tagen,
Jndem der ſonne gluth die halbe welt erhitzt,
Die harten donner-keil in baͤum und haͤuſer ſchlagen,
Und wenn ein eichen-ſtamm nicht allzuſicher ſitzt;
Daß aber itzt dein haupt des todes blitz empfunden,
Nachdem ihn Themis naͤchſt der lorbern werth geſchaͤtzt:
Das ſind uns allerdings gantz ungemeine wunden,
Vor denen witz und muth ſich in verwundrung ſetzt.
Soll kein entbrannter ſchlag die friſchen lorbern treffen?
Ach! warum ſchuͤtzen ſie Aſtraͤcus prieſter nicht?
Es ſcheine: Der ſtrenge tod will unſre klugheit aͤffen,
Und kuͤmmert ſich nicht viel, was ihre regel ſpricht.
X 3Wir326Leanders aus Schleſien
Wir gruͤnden uns umſonſt auf alte ſaͤtz und buͤcher.
Er hoͤrt nicht, was der menſch hier vor gerichte hegt;
Die lorbern bleiben ſchon vor keinem donner ſicher,
Wenn ſie gleich Phoͤbus ſelbſt auf ſeiner ſcheitel traͤgt.
Du biſt, erblaſter Freund! ein allzuklar exempel,
Das uns nicht ohne ſchmertz der wahrheit uͤberfuͤhrt;
Dich ſchuͤtzt kein lorber-krantz, kein hoher ehren-tempel,
Kein buch, kein goͤldner ring, mit dem dich Themis ziert.
Wir ſchauen deinen leib nur in die grufft verſencken:
Dein allzufruͤher tod preßt tauſend thraͤnen aus;
Doch ſtirbt die tugend nicht: Dein ruͤhmlich angedencken
Schwingt, als ein adler, ſich biß an das ſonnen-haus.
Wer ſo, wie du, gelebt, kan ohnedem nicht ſterben:
Wer dich gekennet hat, kennt auch dein chriſtenthum;
Und wenn die lorbern gleich verdorren und verderben,
So bluͤht und tauret doch dein wahrer ehren-ruhm.
Die Themis will dir ſelbſt ein ſchoͤnes denckmahl ſtifften,
Sie ſtellt uns deinen fleiß zu einem muſter vor:
Du ſchaͤrffteſt deinen witz in leſung kluger ſchrifften,
Wenn mancher ſeine zeit durch muͤßiggang verlohr.
Und darum konteſt du mit ehren lorbern tragen:
Fridriciana croͤnt die idioten nicht;
Man muß die barbarey erſt aus dem felde ſchlagen,
Eh man die cron erlangt, ſo die gelahrheit flicht.
Wer dich gehoͤret hat, der weiß, wie du geſieget,
Und was der groſſe Stryck dir fuͤr ein lob ertheilt.
Wer weiß, ob nicht der troſt, der hier verborgen lieget,
Des vaters tieffen ſchmertz in etwas daͤmpfft und heilt.
Es geht wohl bitter ein, wenn ſolche ſoͤhn erblaſſen;
Doch wer mit ehren ſtirbt, der ſtirbt nicht allzufruͤh.
Dergleichen ſchluͤſſe ſind zwar freylich ſchwer zu faſſen:
Und wer ſo viel verliehrt, lernt ſie nicht ohne muͤh.
Je doch, Betruͤbte! glaubt, ihr habet nichts verlohren:
Denn das, was ihr beweint, umfaßt kein marmel-ſtein;
Es war der edle geiſt nicht vor die welt gebohren,
Die engel fuͤhrten ihn ins reich der himmel ein.
Ver -327Vermiſchte Getichte.
Verwandelt euch der tod die lorbern in cypreſſen;
So wiſſet, daß ſein geiſt an lauter freude denckt.
Er kan den doctor-ring leicht auf der welt vergeſſen,
Weil ihn der weite kreis der ewigkeit umfaͤngt.
Der erden leere pracht liegt unter ſeinen fuͤſſen:
Sein ehren-kleid beſchaͤmt das hoͤchſte purpur-tuch:
Und will er etwas mehr, als alle weiſen, wiſſen,
So oͤffnet ihm der HErꝛ das goͤldne lebens-buch.
Was aber ſchauen wir um deine ſcheitel glaͤntzen?
O glantz! der ewig taurt, und mehr als himmliſch iſt!
Weg mit der cronen-pracht! weg mit den lorber-kraͤntzen!
Man hat was koͤſtlichers vor dieſe ſtirn erkieſt.
Durchaus-begluͤckter Freund! wir ſchauen manch exempel,
Daß man in dieſer welt mit eiteln tituln prangt;
Du aber haſt itzund in jenem ehren-tempel
Von GOtt den hoͤchſten grad der wahren ehr erlangt.
Auf einen feigen held.
UM Schlendors zagheit hat es warlich ſchlechte noth:
Er laͤſt ihm keinen nicht leicht auf die haube kommen.
Denn als ſich eine laus die freyheit ausgenommen;
So kriegt er ſie beym kopff, und ſchlug ſie mauſe-todt.
Als Haſaus mit dem katzen-freſſer haͤndel hatte.
HAſaͤus, der ſonſt viel verdaun und weichen kan,
Der nahm es unlaͤngſt doch mit einem vielfraß an,
Er ſpreuſte ſich und ſchrie: Der kerl wird mich nicht freſſen;
Allein wer katzen frißt, kan auch wohl haſen eſſen.
Auf einen unverſtaͤndigen vers-richter.
ALs ich noch ſchlimme verſe ſchrieb,
So waren ſie dir trefflich lieb;
X 4Jtzt328Leanders aus Schleſien
Jtzt aber pflegſt du nur zu lachen:
Mein tichten ſteht dir nicht mehr an.
Daher ich ſicher ſchluͤſſen kan:
Jch muͤß itzt beſſre reime machen.
Auf einen feind der poeten.
JCh ſtimme mit dir ein:
Daß viel poeten thoren ſeyn.
Jndeſſen, weil der Pegaſus
Vor dir vergebens ſpringen muß;
So mach ich dieſen feſten ſchluß:
Es ſind nicht alle thoren
Zur poeſie gebohren.
Grabſchrifft eines liederlichen clerici.
HJer hat der pater Schoͤps ſein grab,
Der, als der kalte tod ihn in den arm genommen,
Zwar ſeine ſeele GOtt mit thraͤnen uͤbergab;
Allein man weiß doch nicht, ob er ſie angenommen.
Von einem ſoldaten, der wider die Fran - zoſen gedient, und an der frantzoſen geſtorben.
TEnellus wagt es immer hin,
Und hatte ſich ſehr hoch vermeſſen,
Er wolte die Frantzoſen freſſen;
Doch die frantzoſen fraſſen ihn.
Die bey dem mauſolæo redende Artemiſia.
Aus der Gallerie des Femmes fortes des le Moyne.
SChaut dieſes denckmahl an, wo ehr und traurigkeit
Auf gleichen thronen herꝛſcht! Seht, was noch keine zeit
Und329Vermiſchte Getichte.
Und kunſt gewieſen hat! Das Aſien gebaut,
Wodurch ſich die natur ſelbſt uͤberwunden ſchaut!
Der liebe griffel hat die grabſchrifft eingeaͤtzt,
Und ſtatt der farbe ſie mit thraͤnen voll genetzt:
Sie baut in dieſer grufft vor meines fuͤrſten ruhm,
Dem tode zum verdruß ein ewig heiligthum.
Doch liebe! welch ein fleck beſchmuͤtzt dein ehren-kleid,
Wenn ich die marmel hier zu neben-buhlern leid?
Und meiner ſeele gluth, die keiner thraͤnen guß
Zu leſchen faͤhig iſt, mit ihnen theilen muß?
Nein, Artemiſia! nachdem Mauſolens geiſt
Jtzt in das blaſſe feld der todten abgereiſt,
So muß die liebe doch die ſtrahlen von ſich ſtreun,
Und auch die aſche ſelbſt in dir lebendig ſeyn.
Als tit. Herꝛ Profeſſor Buddeus zu Halle d. 19 Jun. 1705 Doctor Theologiæ ernennet wurde, im nahmen einiger ſeiner haus-purſche.
DJe weisheit der vernunfft iſt kein geringes licht,
Wenn der begierden dampff nicht ihren ſchein verdunckelt:
Sie iſt dem monden gleich, der in den naͤchten funckelt,
Wenn keiner wolcken dunſt die ſtrahlen unterbricht:
Sie lehrt die kleine welt ſich durch die groß erbauen,
Und laͤßt den ſchoͤpffer uns aus den geſchoͤpffen ſchauen.
2.
Der menſch wuͤrd ohne ſie kein rechter menſch nicht ſeyn:
Sie weiſt ihm, was er iſt: Sie giebt ihm ſitten-regeln:
Sie iſt der ſee-compaß, nachdem die klugen ſegeln:
Sie zeigt die ſtrudel an, ſo uns den ſchiffbruch draͤun:
Sie macht den ſelbſt-betrug, den falſchen ſchein zu nichte,
Und zieht der heucheley die larve vom geſichte.
X 5Doch330Leanders aus Schleſien
3.
Doch wie des monden glantz noch keinen tag gemacht:
Sein blaſſer ſchimmer auch mehr kaͤlt als feuer fuͤhret;
So daͤmpfft der weisheit licht, ſo die vernunfft gebiehret,
Wie ſehr es immer ſtrahlt, doch noch nicht alle nacht.
Es zeiget zwar das grab, in das die ſeele ſpringet;
Giebt aber keine krafft, die uns zum leben bringet.
4.
Die ſonne bringt allein den klaren tag zur welt;
Das wort des Hoͤchſten kan allein das hertz verklaͤren.
Was weder Socrates noch Seneca gewaͤhren,
Wird hier durch GOttes mund uns praͤchtig vorgeſtellt.
Drum doͤrffen wir nicht mehr in labyrinthen ſchweben,
Denn hier iſt GOttes Sohn ſelbſt wahrheit, weg und leben.
5.
Du haſt, gelehrter Mann! diß beſſer ausſtudirt,
Als unſre federn es hier abzubilden wiſſen:
Du haſt uns die vernunfft ſo deutlich abgeriſſen,
Und ihrer weisheit grund ſo gruͤndlich aufgefuͤhrt:
Daß Epictetus ſelbſt die ſtoltzen ſegel ſtreichet, Montaigne ſich entfaͤrbt, und Charron gerne weichet.
6.
Doch wer dich loben ſoll, muß ein Buddens ſeyn;
Wir wiſſen unſern kiel nicht ſo geſchickt zu ſchaͤrffen:
Die tugend kan ihr lob am beſten ſelbſt entwerffen:
Sie darff der blumen nicht, ſo ihr die Muſen ſtreun:
Das ſchweigen iſt ihr kiel: Die thateu ſind die ſchrifften,
Die bey der klugen welt das ſchoͤnſte denckmahl ſtifften.
7.
Fuͤhrt aber die vernunfft uns zu der menſchheit an,
So weiß uns die Sophie ſchon hoͤher auszuruͤſten:
Die himmliſche Sophie, ſo uns zu wahren chriſten
Durch die genade macht, die alles wuͤrcken kan.
Denn ob wir gleich zu nacht den monden nicht verfluchen;
So muͤſſen wir den tag doch bey der ſonne ſuchen.
8. Fridri -331Vermiſchte Getichte.
8.
Fridriciana weiß, wie du ihn hier geſucht:
Wie du, beruͤhmter Mann! ihn auch vorlaͤngſt gefunden:
Drum hat ſie dir nunmehr den ehren-krantz gewunden,
Den du bißher verdient. Diß iſt der tugend frucht.
Drum will das Saal-Athen, ſo deine groſſe gaben
Uns hier nicht goͤnnen will, dich itzt zum lehrer haben.
9.
Jn wahrheit dein verluſt geht uns recht bitter ein:
Wir hoͤren dann nicht mehr die goͤldnen ſitten-lehren.
Denn Jena will von dir die wahre weisheit hoͤren:
Der eigenſinn und wahn umſonſt das ende draͤun.
Denn, ſolt auch ſonne, mond und alle welt vergehen;
So bleibt doch GOttes wort auf feſtem fuſſe ſtehen.
10.
Ehrwuͤrdigſter Patron! Wir ehron deinen ſchluß,
Weil ihn vernunfft und ſchrifft nicht auszuſetzen wiſſen:
Laͤßt hier dein mund nicht mehr der weisheit ſtroͤme flieſſen,
Der weisheit, ſo der neid ſelbſt weisheit nennen muß;
So laͤſſet deine lieb uns dennoch nichts entbehren.
Denn was der mund verſagt, das muß die hand gewaͤhren.
11.
Was hat nicht ſchon die welt von dieſer hand geſchaut?
Was hat die Cabbala dir nicht vor licht zu dancken?
Allein diß kurtze blat faßt in ſo engen ſchrancken
Die ehren-ſaͤulen nicht, ſo dir dein witz gebaut.
Denn deine ſchrifften ſind die ruͤhmlichſten Coloſſen,
Dieweil ſie die vernunfft, nicht eitler ſtoltz, gegoſſen.
12.
Wohl dir, geehrter Mann! Der Hoͤchſte ſegne dich!
Und laſſe ſeinen geiſt den deinen taͤglich ſtaͤrcken!
So lehrſt du, wie bißher, mit worten und mit wercken:
Ein ſolches lehren haͤlt den allerbeſten ſtich.
Und dieſen, der mit krafft und nachdruck in den ſachen
Der weisheit handeln ſoll, muß GOtt zum Doctor machen.
Auf332Leanders aus Schleſien
Auf den Herꝛn von Hoffmannswaldau.
DEin kiel, beruͤhmter Mann! ſo nur von honig rinnt,
Und amber-tropffen fuͤhrt, hat nirgend ſeines gleichen:
Es muß Marini dir die ſieges-crone reichen,
Weil deine lieblichkeit der ſeinen abgewinnt.
Sagt, tichter! ſagt es aus! was ſeine lieder ſind?
Ob ihre kraͤffte nicht ein ſtaͤhlern hertz erweichen?
Es mag Amphion nur die ſtoltzen ſegel ſtreichen,
Denn ſeiner harffe krafft iſt fabel, dunſt und wind.
Daß itzt die lieblichkeit ſo wenig Muſen naͤhret,
Macht deine poeſie, die ſie gantz ausgeleeret.
Apollo ſieht dich ſelbſt mit neid und eyfer an.
Er haͤtte dir zwar laͤngſt den lorber-krantz geraubet;
Doch er getraut ſich nicht, dieweil er ſelbſt nicht glaubet:
Daß ſeine laute dir die wage halten kan.
Erklaͤrung der lateiniſchen worte, ſo zu Liegnitz in der Piaſtiſchen grufft unter den vier Fuͤrſtlichen ſtatuen geleſen werden:
Unter der ſtatue der Hertzoglichen Frau Mutter ſteht: Heu mihi ſoli!
VErlaßne Fuͤrſtin! ach! dein Hertzog iſt dahin!
Jch ſchau es allzuwohl, daß ich gantz einſam bin.
O himmel! ſolt ich mich nun nicht zu tode weinen?
Denn wann die ſonne ſtirbt, wie kan der monde ſcheinen?
Unter der ſtatue des alten Hertzogs: Neſcia gnati.
SChauſt du nicht, wie dein ſohn die nacht der einſamkeit
Durch ſeiner tugenden erlauchten glantz zerſtreut?
Ein printz, wie dieſer iſt, kan auf den trauer-buͤhnen
Auch ſeiner mutter wohl vor eine ſonne dienen.
Unter333Vermiſchte Getichte.
Unter der ſtatue des Printzen. Aſſequor ipſe.
ALein es folgt dein ſohn dir in das ſternen-dach,
Mein Vater und mein Fuͤrſt! ſelbſt auf dem fuſſe nach;
Doch, Hertzogin! getroſt! ſind wir nicht mehr auf erden,
So wird dir Leopold zu einer ſonne werden.
Unter der ſtatue der Printzeßin. Spes ubi noſtra?
O Duͤſtre finſterniß! Der hoffnung ſtern und licht
Jſt leider ausgeleſcht! Ach! hilfft der himmel nicht,
Und laͤßt in dieſer nacht mir eine ſonne ſcheinen;
So muß Charlotte ſich gewiß zu tode weinen.
Auf das kupffer-bild H. R. T.
DAfern pedanterie, geſchmuͤnckter tugend ſchein,
Und irꝛthum, in der welt drey ungeheuer ſeyn;
So ſchau den Hercules, der ſeine ſieges-fahn
Auf ihre koͤpffe pflantzt, in dieſem kupffer an.
An eine weinende ſchoͤnheit.
DJe perlen ſchlieſſet man in goͤldne kaſten ein,
Denn ihre koſtbarkeit iſt mehr als gold zu ſchaͤtzen:
Die perlen ſollen ſonſt gefrorne thraͤnen ſeyn,
Womit aurora pflegt die muſcheln zu benetzen.
Drum hemm, o Schoͤnſte! doch der edlen zaͤhren lauff!
Laß dieſen ſchoͤnen thau nicht ſo ſchlechthin verſchieſſen!
Heb ihn als perlen-ſafft in deinen augen auf!
Wo nicht, ſo laß ihn nur in gold und jaſpis flieſſen.
Der vergnuͤgte Diogenes.
WAs keine wolluſt zeigt, kein groſſer fuͤrſt beſitzt,
Und mancher criticus zwar lang auf dem Parnaſſe,
Doch334Leanders aus Schleſien
Doch gantz vergebens ſucht: Ja was kein geitz erſchwitzt;
Genießt Diogenes in einem engen faſſe.
Vom Statio, dem lateiniſchen tichter.
ES kam dem
*Siehe die von Baillet edirten Jugemens des ſavans ſur les principaux ouvrages des poetes tom. 2. p. 422.
* Strada vor: Der groſſe Statius,
Vor dem offt Maro ſelbſt die ſegel ſtreichen muß,
Stuͤnd auf des Pindus ſpitz, als wenn er fallen ſolte;
Mir aber kommt es vor, als wenn er noch nicht wolte.
Der ſterbende Hannibal.
WJe iſt mir? Bin ich blind? Ha! ſchaͤndlicher verraͤther!
O himmel! wo iſt treu, wenn ſie ein koͤnig bricht?
Verdammter Pruſias! bin ich ein miſſethaͤter?
Vergißt der wilde feind denn aller helden pflicht?
Rom! Rom! wo bleibt dein ruhm, den du dir in der jugend
Durch ſeltne großmuth auch bey feinden haſt gemacht?
Jch ſchaue nur zuviel, du giebſt der edlen tugend
Aus frechem uͤbermuth itzt eine gute nacht.
Wilſt du im alter erſt zu einem wolffe werden?
Rom! Rom! wo bleibt dein ruhm, wenn deſſen grund verfaͤllt?
Du machſt dich endlich gar zum ungeheur auf erden,
Weil tuͤck und meichel-mord dein ehren-bild verſtellt.
Biſt du das groſſe Rom, wo witz und tugend wohnet?
Und wo die raths-herꝛn gar den goͤttern aͤhnlich ſind?
Biſt du das groſſe Rom, das auch der feinde ſchonet:
Wann nicht die tapfferkeit den ſieges-krantz gewinnt?
Wo ſind die helden hin, ſo deine ſchos gebohren?
Wo iſt Fabricius, der helden-wercke that?
Ach ja! die tugend hat das buͤrger-recht verlohren,
Nachdem der bosheit grimm das hefft in haͤnden hat.
Man335Vermiſchte Getichte.
Man denckt itzund nicht mehr an tapffrer ahnen thaten:
Ein jeder folget blos dem ſporne ſeiner wuth;
Doch kan der tugend macht nicht ihren helden rathen?
Straft denn der himmel nicht, was grimm und bosheit thut?
Darff meineyd und betrug auf ſichern thronen ſitzen?
Lacht des geluͤckes gunſt nur die verraͤther an?
Verhaͤngniß ſonder recht! Du laͤßt die tugend ſchwitzen,
Wann ein verdammter ſchelm in roſen ſchlafen kan.
Beſtuͤrtzter Hannibal! in was vor labyrinthe
Reißt dich die ungeduld, das blendwerck der vernunfft?
Wenn gleich dein eyfer itzt auf donner-worte ſinnte;
So weiß die freyheit doch von keiner wiederkunfft.
Die freyheit, ſo bißher mein abgott iſt geweſen,
Geht, eh ich ſelbſt vergeh, wie flammen in den wind,
Und heißt mich zum verdruß den ſchweren ausſpruch leſen:
Daß adler eben ſo, wie kaͤfer, ſterblich ſind.
Doch ſoll ein edler fuß beſchimpffte feſſel tragen?
Muß Hannibal nun erſt ein feiger ſclave ſeyn?
Soll man den helden-arm in band und eiſen ſchlagen?
Schlieſt deinen freyen geiſt ein duͤſtrer kercker ein?
Nein, Hannibal! dein ruhm, der in entfernten laͤndern
Der barbarn ohren fuͤllt, und biß an Thule dringt:
Dein nahmen, den kein grimm der zeiten darff veraͤndern:
Dein ruf, den Famens hand biß an die ſonne ſchwingt,
Kan eine ſolche nacht und engen zwang nicht leiden:
Sein blitz ſchlaͤgt kett und band, als rohr und glas, entzwey.
Eh muß ein kalter dolch die tapffre bruſt durchſchneiden:
Eh Rom ſich ruͤhmen ſoll, daß ich ſein ſclave ſey.
Jch kan der feinde trutz in meinem zimmer ſchlagen.
Wenn der behertzte geiſt nur hand und ſebel regt.
So darff kein ſtoltzer mund der frechen Roͤmer ſagen:
Es wurde Hannibal von meiner fauſt erlegt.
Jſt gleich das offne ſchloß mit feinden rings umgeben:
Sind tauſend ſchwerdter ſchon auf dieſen hals gezuckt;
So wird doch Hannibal gantz ungebunden leben:
Dann ein geſetzter geiſt wird niemahls unterdruckt.
Es336Leanders aus Schleſien
Es mag der Roͤmer ſchwarm burg, thor und hof verwachen;
Der ſeele bleibet doch die freyheit unverwehrt:
Sie kan der groͤſten macht und aller ſtuͤrme lachen:
Denn ihren helden-ſchluß bricht kein geſchliffen ſchwerd.
Nein, Rom! du ſolſt dich nicht der ſtoltzen ehre ruͤhmen,
Daß Hannibal ein knie vor dir gebogen hat:
Die niedertraͤchtigkeit will helden nicht geziemen,
Und wahrer tugend graut vor einer ſolchen that.
Solt ich aus zagheit itzt der Roͤmer fuͤſſe kuͤſſen?
Der Roͤmer? Die mich ſtets mit zittern angeſchaut?
Nein, Hannibal! tritt hier der feinde ſchluß mit fuͤſſen,
Nachdem der himmel ihm ein ſchloß der freyheit baut.
Stirb, unerſchrockner held! wo helden ſterben koͤnnen:
Eutreiſſe dich behertzt gedraͤuter dienſtbarkeit!
Entbrich dich deiner laſt, um in die burg zu rennen,
Wo dich der tugend hand mit cronen uͤberſtreut.
Drum auf! auf! Hannibal! ermuntre deine geiſter!
Laß deinen helden-muth auch in dem tode ſehn!
Sey keines Roͤmers knecht! verbleib dein eigner meiſter!
Sonſt iſt es gantz um dich und deinen ruhm geſchehn.
Ergreiff das ſcharffe ſchwerd! gebrauch die ſcharffe lantze!
Stoß den entbloͤſten dolch durch die behertzte bruſt!
So ſproßt aus deinem blut dir eine nachruhms-pflantze,
Der keines kerckers dunſt, kein untergang bewußt.
Doch halt! der adern brunn muß keine klinge faͤrben,
Woran das ſchwartze blut verhaßter Roͤmer klebt;
Nein, groſſer Hannibal! du kanſt durch das nicht ſterben,
Was deinen feinden einſt den ſterbe-rock gewebt.
Denck an des vatern wort! Denn was man jung geſchworen,
Muß ein geſetzter ſinn im alter nicht bereun;
Jſt des Hamilears blut der Roͤmer feind gebohren:
So muß es Hannibal auch in dem tode ſeyn.
Doch wo gerath ich hin? Was ſollen ſo viel worte?
Die feinde brechen ja mit allen kraͤfften ein;
Auf! hurtig Hannibal! auf! oͤffne dir die pforte!
Wer zu den ſternen will, muß ſchnell und munter ſeyn.
Keomm!337Vermiſchte Getichte.
Komm, auserleſnes gifft! komm! oͤffne mir den kercker!
Daß der verſchloſſne geiſt das freye licht erblickt!
Jſt meine fauſt nicht mehr, ſo iſt das bertze ſtaͤrcker,
Als was das freche Rom mir auf den nacken ſchickt.
Behertzter Hannibal! nun ſcheidet deine ſeele:
Nun wird das bange Rom der ſchweren ſorge los.
Folgt, diener! folgt mir nach! ſucht keine finſtre hoͤle!
So macht der nachruhm euch doch nach dem tode gros.
Rom! raſe, wie du wilſt; Der ſeele bande brechen:
Schau! dein geſchworner feind ſteigt an den ſonnen-kreis.
Wird deine thorheit ſich ſchon an dem coͤrper raͤchen;
Genung, daß Hannibal zu triumphiren weiß.
Nehnit, ſternen! nehmt mich auf! und wo es euren ſchluͤſſen
Nicht gantz zuwider iſt, ſo ſtuͤrtzt der feinde pracht!
Und laſſt aus meiner aſch ein helden-hertz entſpriſſen,
Das Rom in graus verkehrt, und zum triumphe macht!
Auf die lang-zaͤhnichte Blaſille.
MAn wundert ſich, warum Blaſille keinen mann,
Den ſie doch gerne haͤtt, annoch bekommen kan;
Die urſach iſt verhaſſt, doch will ich ſie erwehnen:
Ein jeder fuͤrchtet ſich vor ihren langen zaͤhnen.
Aria von der einſamkeit.
1.
EJnſamkeit! mein aufenthalt!
Tieffe thaͤler! hohe berge!
Schwerer ſorgen gruͤfft und ſaͤrge!
Und du auserleſner wald,
Wo ſo viel vergnuͤgung bluͤhet!
Jn euch liegt der magnet, der mein gemuͤthe ziehet.
2.
Viel gemeinſchafft, viel verdruß!
Groſſe titel laſſ ich gerne,VI. Theil. YEs338Leanders aus Schleſien
Es ſind ſchalen ohne kerne,
Die man theuer zahlen muß.
Jn der demuth lebt man ſicher:
Der ſcharlach kehrt ſich offt in klag - und thraͤnen-tuͤcher.
3.
Aber du, o einſamkeit!
Machſt uns nicht mit ſorgen muͤde:
Du erquickeſt uns mit friede,
Den kein harter ſturm zerſtreut.
Unter deinen lorber-blaͤttern
Befuͤrchtet ſich mein geiſt vor keinen donner-wettern.
4.
Eyferſucht, verleumdung, neid
Naſen nur auf hohe zinnen:
Und ihr gifftiges beginnen
Steht nach keiner einſamkeit;
Denn ein haus von ſchlechter ſtirne
Kommt ſolchen Furien nicht leichtlich ins gehirne.
5.
Jch bekuͤmmre mich nicht viel,
Ob mein einſames gefilde
Einem andern gleich zu wilde,
Und zu fruchtbar ſcheinen will;
Weil ihm vor dem orte grauet,
Da man nicht viel gepraͤng und viel geſellſchafft ſchauet.
6.
Gleichwohl macht die einſamkeit
Meinem hertzen niemahls bange:
Keine ſtunde waͤhrt zu lange,
Man vertreibt ſich ſchon die zeit;
Denn ein buch von guten ſachen
Kan auch den laͤngſten tag zum augenblicke mathen.
7.
Unſre regung, fleiſch und blut
Recht vernuͤnfftig zu bekriegen,Und339Vermiſchte Getichte.
Und ihm ſelber obzuſiegen,
Lernt ſich nirgends ſonſt ſo gut,
Als in abgelegnen buͤſchen,
Wo keine ſchmeichler uns was in die ohren ziſchen.
8.
O gewuͤnſchtes paradies!
Wo uns keine boͤſe ſchlange
Und kein ſchrecken-bild macht bange:
Wie vergnuͤgt iſt dein genieß!
Denn der zucker deiner fruͤchte
Macht alle ſaure pein durch ſeine krafft zu nichte.
9.
Schwermuth, unruh, grimm und ſpott
Machen hier gantz kein getuͤmmel:
Friede bauet hier den himmel,
Denn, wo fried iſt, da iſt GOtt,
Der auch unter ſchlechten kiefern
Den ſchatten ſauffter ruh uns haͤuffig weiß zu liefern.
10.
O vergnuͤgtes einſam-ſeyn!
Deine grotten, deine hoͤlen
Floͤſen den gelaſſnen ſeelen
Lauter tugend-balſam ein;
Und was ich am hoͤchſten ſchaͤtze:
Die freyheit kennet hier kein knechtiſches geſetze.
11.
Drum ade! verhaßte ſtadt!
Du gefaͤngniß der gemuͤther!
Wo man, ſtatt der wahren guͤter,
Nichts als dunſt und firniß hat.
Hertze, fuß und alle glieder
Gehn nach der einſamkeit, und kommen ſchwerlich wieder.
Y 2War -340Leanders aus Schleſien
Warum die jungfern itzt ſo zeitlich heyrathen?
DEr jungfer-krantz iſt ſchwer: und bricht das alter ein,
So muß das arme ding verlegne waare ſeyn;
Welch kluger wolte nun die damen itzt verdencken,
Daß ſie den jungfer-krantz bald an den nagel hencken?
Was zur poeſie erfordert werde.
ZUr poeſie gehoͤrt erfahrung, witz und zeit,
Ein angebohrner trieb, ruh, luſt und einſamkeit.
Grabſchrifft des Timons, eines Griechiſchen Philoſophi.
VErwundert euch nur nicht, daß Timons leichen-ſtein
So ferne von Athen in dieſer wuͤſte lieget:
Weil ihn die einſamkeit mehr als die ſtadt vergnuͤget,
So muſte ſie ſein haus und auch ſein kirch-hof ſeyn.
Abbildung etlicher thorheiten, ſo ſonderlich auf univerſitaͤten paßiren.
1.
BEh nur! geh, verbuhlte dirne!
Jch begehre keinen kuß:
Ob an deiner geilen ſtirne
Gleich manch ſchiff zerſcheitern muß.
Die ſich dir zum ſelaven machen,
Sind wahrhafftig auszulachen.
2.
Heiſſt das nicht rechtſchaffen raſen,
Wenn ein kerl ſich ſo verliebt? Unge -341Vermiſchte Getichte.
Ungeacht man ſeiner naſen
Einen bock zu riechen giebt;
Wenn wir auf ſo faule pfuͤtzen
Unſer ſummum bonum ſtuͤtzen?
3.
Doch, es laͤßt bey nah noch kahler,
Wenn der thor die ſchritte mißt:
Wenn der aufgeblaſne prahler
Hundert kerl und degen frißt;
Da ſich doch vor ſeinen fluͤchen
Selbſt die maͤuſe nicht verkriechen.
4.
Unterweilen großzuſprechen,
Jſt gar eine ſchlechte kunſt:
Aber mit dem haͤlſe-brechen,
Jſt es manchmahl lauter dunſt;
Denn vor einem guten pruͤgel
Hengt herꝛ Rodomont die fluͤgel.
5.
Doch iſt das nicht auch ein jecke,
Der um einen pfenning beißt?
Der mit einem ball voll d
Dorten nach dem hunde ſchmeißt?
Der den beutel fleißig ſpicket,
Und ihm ſelbſt die ſchuhe flicket?
6.
Aber ſagt, iſt der viel kluͤger,
Der den teufel provocirt?
Weil ihn irgend ein betruͤger
Um den beutel was vexirt;
Und die gelder zum verpraſſen,
Nicht will laͤnger bey ihm laſſen?
7.
Hat er ſich dazu beſoffen,
Denn geht erſt der bettel an. Y 3Alles,342Leanders aus Schleſien
Alles, was ihn itzt betroffen,
Hat der arme ſtein gethan;
Darum muß er, ſich zu raͤchen,
Seine kling an ihm zerbrechen.
8.
Manchmahl kommt zu groſſem gluͤcke
Noch die haͤſcher-ſchaar darzu,
Und bringt die begoßne ficke
Jn ein finſtres loch zur ruh;
Weil die ſteine vor den hieben
Sonſt nicht auf der gaffe blieben.
9.
Die zu einſprechen,
Denen ſolte zwar mein kiel
Auch allhier den jecken ſtechen:
Doch es waͤre gar zu viel;
Weil ohn dem die truͤben zeiten
Sie zuletzt anheim begleiten.
10.
Aber die verſoffnen ſchweine,
Die mir ſtets den kopff voll ſchreyn:
Wenn ſie von vier-pfennig-weine
Voll courag und feuer ſeyn;
Muͤſſen auf ihr ſchreyn und ſpeyen
Eines auf die ſchnautze kreyen.
11.
Leute, die ſo offte goͤcken,
Kriegen einen leeren kopff:
Und ertappt man ſie im bloͤcken,
O! ſo ſteht der arme tropff
Bey dem allgemeinen ſpotte,
Wie ein ſuͤnder von der ſprotte.
12.
Recht! ſpricht ein gelehrter knauſer,
Die haluncken ſind es werth;Doch343Vermiſchte Getichte.
Doch geduld, du grkllen-lauſer!
Dir iſt auch noch was beſchert,
Die gelehrten baͤncklein-ſaͤnger
Sind die aͤrgſten muͤßig-gaͤnger.
13.
Sich mit tauſend grillen ſchlagen,
Jſt kein ehren-werther fleis,
Wenn dein kopff gleich alle fragen
Aus dem Scot und Thomas weiß,
Ja das gras ſelbſt wachſen hoͤret;
Heißt es doch: Du biſt bethoͤret.
14.
Doch ich irre, weil ich hoͤre,
Daß der herꝛ iſt,
Und des Stagiriten lehre
Mit dem groͤſten beyfall lieſt.
Denn ich rede von ſtudenten,
Und nicht von ſo groſſen enten.
Auf einen kirch-hof.
DJe hier begraben ſind, die haben auch gelebet,
Und der du dieſes lieſt, muſt eben dieſe bahn.
Die ſtund iſt nicht mehr weit, in der man dich begraͤbet;
Jndeſſen denckſt du wohl am wenigſten daran.
Die vergnuͤgte einſamkeit.
AUsbuͤndiges revier, wo nichts verbotnes waͤchſt!
Hier iſt die einſamkeit, der himmel ſtiller hertzen!
Wornach der matte geiſt wohl hundertmahl gelechſt,
Wenn der verruchte neid, der ſtets die unſchuld ſchwaͤrtzen
Und unterdrucken will, mir manchen tag und nacht
Des lebens ſuͤßigkeit zu gall und gifft gemacht.
Y 42. O344Leanders aus Schleſien
2.
O angenehmer ort! den mir des himmels ſchluß
Zum aufenthalt beſtimmt! Wie kommſt du mir ſo ſuͤſſe
Und ſo vergnuͤglich vor! Cryſtallen-klarer fluß!
Der du die gegend zierſt, und durch die ſchnellen guͤſſe
Ein ſanfftes rauſchen machſt! Du ſtehſt mir trefflich an,
Weil ſich gehoͤr und geiſt an dir ergetzen kan.
3.
Ticht ich ein kurtzes lied zu meiner eignen luſt,
So dient dein ſilber-ſtrohm mir ſtatt der Hypocrene:
Und wenn die ſonne ſticht, ſo labſt du mund und bruſt:
Dein ufer iſt mein ſitz, dein rieſelndes gethoͤne
Mein ſuͤſſes lautenſpiel, das keine lufft verſtimmt,
Und alle traurigkeit aus den gedancken nimmt.
4.
Werff ich den angel aus, ſo fang ich manchesmahl
Jn deiner kalten fluth die koͤſtlichſten forellen,
Denn dieſe ſtreichen hier in ungemeiner zahl;
Ja die vergnuͤgung will aus allen orten quellen.
Kurtz: Wie dem Araber kein balſam je gebricht;
So fehlt es mir allhier auch an ergetzung nicht.
5.
Laßt der poeten kunſt den ehmahls groſſen berg
Der Muſen an den kreis der goͤldnen ſonne fuͤhren!
Er iſt, ich ſag es frey, vor denen nur ein zwerg,
So dieſes paradies mit ihrem ſchatten zieren;
Obgleich kein lorber-baum, nach dem der ehrgeitz lechſt
Und tolle ſpruͤnge macht, auf ihrem ruͤcken waͤchſt.
6.
Verkehrt Theſſaliens beruͤhmter felder ſchos
Jhr tichter in ein grab der allerſchwerſten ſorgen!
Hier macht der eigne ſchmuck die gruͤnen thaͤler gros,
Und ihre zierde darff nicht fremden beyſatz borgen.
Jch weiß, Semiramis ließ ihre gaͤrte ſtehn,
Und wuͤrde gantz vergnuͤgt allhier ſpatzieren gehn.
7. Weg,345Vermiſchte Getichte.
7.
Weg, falſche Venus! weg! lauff in dein Cypern hin!
Und decke dich daſelbſt mit den erkieſten myrthen!
Ob gleich auf unſrer au nicht geile blumen bluͤhn;
So kan mich dennoch wohl die lieblichkeit bewirthen.
Prahlt dieſer wieſen ſchmeltz mit tulp - und roſen nicht;
Genung: Daß unſre hand klee und violen bricht.
8.
Steigt aus der reinen bach kein ſuͤſſes zucker-rohr;
So laͤßt die biene doch geſundes honig flieſſen.
Thut kein Amphion ſich um dieſe fluth hervor;
Die ohren koͤnnen hier viel rein’re luſt genieſſen,
Wenn finck und nachtigall von denen aͤſten ſingt,
Und echo den geſang wohl doppelt wiederbringt.
9.
Beliebte wuͤſteney! vergnuͤgungs-volle nacht!
Geht hin, Arcadier! und ruͤhmet eure waͤlder!
Kommt aber auch und ſchaut, was dieſe herꝛlich macht:
Und wie der baͤume ſtoltz biß an die ſternen-felder
Die hohen gipffel treibt. Ach! auserleſner wald!
Du biſt mein luſt-revier! du biſt mein aufenthalt!
10.
Gelaſſner Seladon! Hier bluͤht die ſuͤſſe ruh,
So deinen geiſt entzuͤckt, und aus ſich ſelber fuͤhret:
Hier ſchlieſſt der anmuth krafft der ſorgen brunnquell zu:
Hier, wo gelinder weſt die ſchlancken pappeln ruͤhret:
Da ſich der muͤde hirſch an reiche linden ſtreckt,
Und ein geheimer trieb die matten ſinnen weckt.
11.
Schreib, kluger Plinius
*Plinius lib. 1. epiſt. 9.
*! von deiner einſamkeit!
Es kan mein ſchlechter kiel ſo viel als deiner ſagen.
Jch hoͤr und ſchaue nichts, als was mein heetz erfreut:
Es ſtoͤret kein tumult mein ruhiges behagen.
Der tempel, den ihm einſt Harpocrates erkieſt,
Wird kaum ſo ſtille ſeyn, als mein behaͤltniß iſt.
Y 512. Mein346Leanders aus Schleſien
12.
Mein zimmer kennt zwar nichts von ungemeiner pracht:
Es ſcheint die armuth ſey in ſelbigem zu hauſe;
Jedoch mit prahlen iſt auch wenig ausgemacht:
Der praͤchtigſte pallaſt
*Vide Firmiani Gygen Gall. p. m. 101. ſeqq.
* iſt offt die groͤſte elauſe.
Schlieſt einen Socrates
**Dergleichen gedancken fuͤhrt Seneca de Vita beata cap. 27, da er ausdruͤcklich ſagt: Socratem intrando carcerem purgaviſſe, omnique honeſtiorem curiâ reddidiſſe. Deß - gleichen in Conſolat. ad Helviam matrem cap. 13: Socrates eodem illo vultu, quo aliquando ſolus triginta tyrannos in ordinem redegerat, carcerem intravit, ignominiam ipſi loco detracturus. Neque enim poterat carcer videri, in quo Socrates erat.
** der ſiuſtre kercker ein;
So kan er denn ſo gut, als manches rath-haus ſeyn.
13.
Jſt meine wohnung ſchlecht? bin ich doch auch nicht gros:
Ein zimmer, wo geſund und ſauber iſt zu wohnen,
Jſt gut genung vor uns: Und bricht der donner los?
So wuͤnſch ich mich ohndem mit ſchloͤſſern zu verſchonen,
Weil meiſtentheils der ſchlag
***Hiervon ſinget Seneca Tragicus hin und wieder gar kraͤfftig. z. e. in Hippolyto:
Servat placidos obſcura quies,
Præbet ſomnos caſa ſecuros;
Admota æthereis culmina ſedibus
Euros excipiunt, excipiunt notos &c.
non capit unquam
Magnos motus humilis tecti
Vicina domus.
Und der Autor der Octaviæ:
Bene paupertas
Humili tecto contenta latet.
Quatiunt altas ſæpe procellæ,
Aut evertit fortuna domos.
*** auf hohe giebel geht,
Wenn ein geringes dach in ſicherm friede ſteht.
14. Jhr,347Vermiſchte Getichte.
14.
Jhr, die beruff und ſtand zu etwas groſſem treibt!
Folgt eurem triebe nach! ich ſuch euch nicht zu tadeln:
Jch weiß, was Curtius von Alexandern ſchreibt
Und wieviel andre mehr beruͤhmte thaten adeln.
Geht! ſucht den groͤſten hof, wo die erfahrung gilt,
Und man durch klugheit offt viel ungewitter ſtillt.
15.
Rennt! die ihr waffen liebt, und laßt den ſcharffen ſtahl
Jn der bezwungnen feind erſchrockne bruͤſte gleiten!
Jhr ſteigt durch tapfferkeit auf einen ehren-ſaal;
Mich will der weißheits-ſtern in jene laͤnder leiten,
Wo liebe kayſer iſt, wo lauter friede wohnt,
Und GOtt zwar der geduld, doch keiner rache lohnt.
16.
Ein andrer ſuche ſich in einer groſſen ſtadt
Durch geld und wiſſenſchafft hoch an das bret zu bringen!
Wer ſeine ſaiten ſchon zu hoch geſpannet hat,
Dem pflegen ſie gewiß gar bald entzwey zu ſpringen:
Man darff es ſchlecht verſehn, ſo iſt der titel hin;
Jch bin vergnuͤgt genung
*Seneca in Thyeſte:
Stet, quicunque volet, potens
Aulæ culmine lubrico;
Me dulcis ſaturet quies.
Obſcuro poſitus loco
Leni perfruar otio.
Nullis nota Quiritibus
Ætas per tacitum fluat.
*, wenn ich ſchon gar nichts bin.
17.
Geprieſnes einſam-ſeyn! wo ruh und friede wacht!
Hier hab ich weder feind
**Horatius lib. 1 ep. 14 verſ. 37 ſq. Non iſtic obliquo oculo mea commoda quisquam Limat, non odio obſcuro, morſuque venenat. Sonderlich gehoͤrt hieher die ſchoͤne beſchreibung von der vergnuͤgten einſamkeit des land-lebens, ſo Seneca dem Hippolyto in den mund gelegt. Der anfang iſt:
** noch neider zu beſorgen:Es348Leanders aus Schleſien
Es giebt kein hoͤniſch aug auf meine thaten acht:
Auf einen ſtillen ſchlaf folgt ein gewuͤnſchter morgen.
Ja, wenn man es bedenckt, wo iſt bequemre zeit,
Recht in ſich ſelbſt zu gehn
*Seneca de Vita beata cap. 28: Circi nobis magno conſenſu vitia commendant. Licet nihil aliud, quod ſit ſalutare, tentemus, proderit tamen, in ſe ipſum ſecedere. Melio - res erimus ſinguli &c.
*, als in der einſamkeit?
18.
Drum kreucht Democritus
**Laert. lib. 5 in vita Democriti; und Lucianus Oper. tom. 2 p. m. 349.
** in eine duͤſtre grufft:
Der weisheit amber ſteigt auch aus verfaulten ſaͤrgen:
Daß Heraclitus
***Heraclitus und Timon ſind allezeit als Miſanthropen ausgeſchrien worden, auch ſelbſt vom Plinio, der ſie doch inter autores maximos ſapientiæ rechnet; jedoch wie Ta - naquil Faber den letztern aus dem Platone defendiret, alſo habe ich darum die ſache in zweifel gezogen, weil ich in dem leben des Heracliti und Timon, wie es Laertius be - ſchrieben, unterſchiedne data angetroffen, die ſich mit dem genie eines oſoris hominum nicht wohl combiniren laſſen. de qua re alibi pluribus.
*** gar in einer felſen-klufft,
Wie Timon ſich ſo gern in gaͤrten will verbergen,
Jſt, wenn man es erwegt, viel eher eine that,
Die menſchen-lieb, als haß zu ihrer abſicht hat.
19.
Mit andern umzugehn
****Alſo fuͤhret der Herꝛ von Lohenſtein eine perſon in ſeinem Arminio redend ein: Jch halte es vor eine eigenſchafft der weiſen, mit ſich ſelbſt zu reden wiſſen. Denn mit an - dern kan jeder aus dem poͤvel ſich beſprechen. Dieſe
****, iſt eine groſſe kunſt;
Noch ſchwerer aber iſt, mit ſich zu reden wiſſen:Und
**
Non alia magis eſt libera & vitio carens
Ritusque melius vita quæ priſcos colat,
Quam quæ relictis mœnibus &c.
**349Vermiſchte Getichte.
Und dieſe wiſſenſchafft heißt kein gemahlter dunſt:
Sie laͤutert den verſtand von allen finſterniſſen,
Und ſuͤhret unſer hertz in wahre ſicherheit;
Allein, wo lernt man ſie, als in der einſamkeit?
20.
Die groͤſten geiſter zieht der einſamkeit magnet:
Adonis ſucht in ihr
*Dieſer koͤnig in Cypern erleichterte ſein mit reichs-ſorgen be - laͤſtetes gemuͤthe in einem einſamen blumen-garten.
* das labſal ſeiner ſeele:
Der groß Arioviſt
**Dieſes gruͤndet ſich blos auf des Herꝛn von Lohenſtein Arminium.
**, den ſtand und macht erhoͤht,
Fand endlich ruh und grab in einer duͤſtren hoͤle.
Was macht, o Salomo
***vid. Nicolaus Fauquetus in der vorrede uͤber ſeine Con - ſeils de la ſageſſe, ſo anno 1691 aus dem Frantzoͤſiſchen ins Teutſche vertirt heraus kommen.
***! ſonſt, als das ſtille land,
Dir die vergaͤnglichkeit der eitlen luſt bekannt?
21.
Wo ſchoͤpfft Alcinous
(a)vid. Lohenſt. Armin. im 2 theil p. 431.
(a) und Atlas ſanffte ruh?
Wo hieng Semiramis die ſorgen an den nagel?
Wo legt ihm Seneca
(b)vid. Lipſius de Vita & ſcriptis Senecæ p. 25 & 32 ed. in 8; und des Maſcaron letzte worte des ſterbenden Senecæ pag. 46. 50.
(b) ſo groſſe weißheit zu?
Wo lehret Epicur
(c)Jn einem garten, allwo er faſt alle ſeine zeit zubrachte. vid. Laert. lib. 10; und Thomaſii monath-geſpr. P. 2 p. 125 ſeq.
(c), dem kein verleumdungs-hagel
(d)vide Rondelium in Epicuri vita p. m. 15. 35.
(d)Der
****philoſophie mochte kayſer Conrad haben, deſſen denckſpruch war: Rede wenig mit andern, viel mit dir ſelbſten. An - tiſthenes rogatus, quidnam ex philoſophia lucratus eſſet? Mecum, ait, colloqui poſſe. Laert. lib. VI.
****350Leanders aus Schleſien
Der ſeele wolluſt nahm? Und wo hat Statius
(e)Statius hat ſeine meiſten getichte in ſeinem vorwerg, un - weit Neapolis, verfortiget.
(e)
Es faſt dahin gebracht
(f)Dieſes iſt Hugonis Grotii meinung in einem briefe an Gronovium, der datirt iſt zu Paris den 10 December 1637: Papinium, Vir doctiſſime, magni feci ſemper, ut qui Vir - gilio omnigena eruditione haut multum cedat, ſpiritu an - tem poëtico certè quibusdam in partibus, ſi per critico - dicere liceat, dubiam ei faciat palmam.
(f), daß Maro weichen muß?
22.
Jn ſtillen gaͤrten ſteckt ein ſonderbahrer zug.
Wer weiß nicht, was Auguſt
(g)vid. Senec. de Brevitate vitæ cap. 5.
(g), das vorbild kluger kayſer,
Zu dieſer lebens-art vor groſſe neigung trug?
Zog Diocletian
(h)vid. Eutropius lib. 96 Aurelius Victor de Cæſaribus; & Pomponius Lætus in Compendio Rom. Hiſtor.
(h), der ſo viel ſieges-reiſer
Schon um die ſtirne trug, nicht ſeinen purpur aus,
Und nahm vor hof und ſtadt
(i)Diocletianus privatus in villa, quæ haut procul à Salonis eſt, præclaro otio ſenuit, inuſitata virtute uſus &c. Eutro - pius. Mr. des Coûtures redet hiervon gar ſchoͤn in der Mo - rale d’Epicure p. m. 198.
(i) ein niedrig garten-haus?
23.
Maͤcenas
(k)vid. Lohenſteins Arminius, vornehmlich part. 1 p. 147.
(k), den Auguſt in ſolchen ehren hielt,
Weil ſein geſchickter kopff ſo wohl zu rathen wuſte,
Hielt offt die einſamkeit vor ſeinen beſten ſchild,
Wenn er mit eyferſucht und ſorgen kaͤmpffen muſte.
Der tapffre Scipio
(l)Africanus vitam Linterni egit ſine deſiderio urbis &c. Livius dec. IV lib. 8. Adde Plutarch. in Scipione; und Ciceron, de Officiis lib. 3.
(l) wehlt, als der grimme neid
Jhm nach der ehre grieff, den ſchutz der einſamkeit.
24. Daß351Vermiſchte Getichte.
24.
Daß Cartes
(m)Carteſius, ut tanto liberius ſoli ſuæ rationi excolendæ vacaret, vitam elegit ſolitariam, & loca vivendi à turbis, ab aula, & à ſtrepitu remotiora, quo tanto & feliciùs & faciliùs cogitationibus ſuis vacaret, iisque ſolis ſeſe ob - lectaret. Heerebord in Epiſtola Meletematibus Philoſophicis præmiſſa, & ad Acad. Lugd. Bat. Curatores ſcripta p. 14.
(m) ſo beruͤhmt durch ſeine ſchrifften ward,
Das hatt er groſſen theils der einſamkeit zu dancken:
Sie nutzt verſichert mehr, als mantel ſtock und bart:
Sie bringt den ſtillen geiſt auf hurtige gedancken:
Sie iſt das vaterland, ſo keine buͤrger kennt,
Als die der wahrheit mund gelehrt und heilig nennt.
25.
Die vaͤter waren ihr mehr als zuviel geneigt.
Macht Hieronymus
(n)Hieronymus ad Ruſticum Monachum Epiſt. 4: Unus - quisque ſuo ſenſu ducitur; mihi oppidum, carcer & ſo - litudo paradiſus eſt.
(n) ſie nicht zum paradieſe?
Was hat Macarius ihr nicht vor ehr erzeigt?
Und wie viel andern mehr iſt eine gruͤne wieſe
Der unſchuld Canaan, die ſtadt ein ſchlangen-neſt,
Und ein verlaßner ort der beſte port geweſt?
26.
Geſetzt, daß einſam-ſeyn ein ſchlechtes anſehn hat:
Die ſchoͤnſte perle ſteckt in einer rauhen ſchale;
Wie offte huͤllt man gifft in purpur und ſcarlat?
Man faͤllt auf nichts ſo leicht, als einem marmel-ſaal,
Es iſt, ich geb es nach, die burg der einſamkeit
Von anſehn rauh und ſchlecht, doch voll zufriedenheit.
27.
Gewuͤnſchtes einſam-ſeyn! ich finde nichts an dir
Und deiner trefflichkeit mit wahrheit auszuſetzen.
Zieht dich der kluge Carl
(o)Carolus V. der den kayſerlichen thron mit einer einſamen zelle verwechſelte.
(o) ſo vielen cronen fuͤr;
So iſt dein aufenthalt wohl billich hoch zu ſchaͤtzen. Jch352Leanders aus Schleſien
Jch ſchaͤtze dich auch hoch, und nenne deinen ruhm,
Den dir die wahrheit giebt, mein liebſtes eigenthum.
28.
Zwar, wer die menſchen flieht, ſie nicht zu lieben weiß,
Und ſich auf lebens-lang in eine wuͤſt entfernet,
Der hat den kopff voll gritz, und eine bruſt voll eiß.
Doch wer vernuͤnfftig iſt, hat ſchon ſo viel gelernet:
Daß ein verlaßner ort, ja eine wuͤſteney,
Der groͤſten compagnie offt vorzuziehen ſey.
29.
Wie offte bringt ein menſch den andern in gefahr!
Hier kan ich ungeſtoͤrt
(p)Siehe des Couſture Morale d Epicure p. m. 198.
(p) recht in mir ſelbſt ſtudieren;
So macht es Molinos
(q)Oder, wie er auch ſonſt genennet wird, Petrus Molinæus. Siehe ſeine ſchoͤne vorrede, ſo er dem tractat vom ſeelen - friede præmittiret.
(q), als er alleine war:
Und des Petrarcha
(r)Vide vitam Petrarchæ, ſo vor ſeinen wercken ſtehet.
(r) that ſchien gleichen zweck zu fuͤhren.
Wer ſtets geſellſchafft ſucht, der iſt nicht viel bey ſich;
Hier ſchau ich meiſtentheils nur blos auf GOtt und mich.
30.
Wieviel gelehrte ſind auf lauter ruhm bedacht,
Und ſehn nicht, wie ſie g’rad in ihr verderben rennen!
Es hat ſich mancher zwar bekannt genung gemacht:
Sich aber doch dabey
(s)Der ſatz iſt nachdencklich beym Seneca Tragico:
Illi mors gravis incubat,
Qui, notus nimis omnibus,
Ignotus moritur ſibi.
(s) nicht ſelber lernen koͤnnen;
Jch ſuche keinen ruhm: Hab ich mich ſelbſt beſiegt,
Und recht genau erkennt; ſo bin ich ſchon vergnuͤgt.
ARIA. 353Vermiſchte Getichte.
ARIA
WErthes vergnuͤgen! umarme mich doch!
Schlag der ſorgen hartes joch,
Die mein hertze ſonſt erdruͤcken,
Doch zu tauſend ſtuͤcken!
2.
Wuͤtende ſtuͤrme! beſaͤnfftiget euch!
Laßt, auf wilder wellen ſtreich,
Mich bey ſtiller fluth und winden
Einſt den ſtillen hafen finden.
3.
Sternen! begluͤckt mein vernuͤnfftiges ziel!
Glaubt, ich wuͤnſche nicht zu viel;
Denn ich ſuch auf ſo viel leiden
Keinen port der freuden.
4.
Huͤpffende luͤſte begleitet verdruß:
Und ein allzuſuͤſſer kuß,
Da ſich ſeel und ſeele gatten,
Pflegt nur abzumatten.
5.
Wahres vergnuͤgen! dich ſuch ich allein.
Wie gluͤcklich wuͤrd ich ſeyn,
Haͤtt ich nur, ſtatt freud und ſchmertzen,
Deine ruh im hertzen!
Auf eine von drey anmuthigen damen bediente fuͤrſtin.
UM unſre fuͤrſtin ſpielt drey holder damen ſchein:
Das chor der Gratien muß um die Venus ſeyn.
MADRIGAL aus dem Welſchen.
ACh! lerne doch dem buhler nicht vertraun,
Der ſeine treu auf freche ſchwuͤre gruͤndet,VI. Theil. ZUnd354Leanders aus Schleſien
Und die fluͤgel ſeiner liebe nur an leichte worte bindet;
Denn dieſes heißt ein haus auf ſand und wellen baun.
Vermaß ſich Thyrſis nicht, dir ewig treu zu ſeyn,
Als er mit angenommnen klagen
Dich naͤchſt dahin gebracht, ihm gegen-liebe zuzuſagen?
Jtzt ſchaut er dich kaum uͤber achſel an.
Allzugetreues hertze!
Werd einſt mit ſchaden klug!
Einmahl betrogen ſeyn, iſt warlich gar genug.
Ach! Floris! ſolteſt du noch dermahleinſt erfahren,
Wie deiner ſchoͤnheit licht mein hertz in aſche kehrt;
Jch weiß, du wuͤrdeſt noch,
Wenn meine glieder ſich ſchon mit dem ſande paaren,
Und ſie der wuͤrmer mund verzehrt,
Mitleiden mit mir tragen.
Koͤnnt es doch moͤglich ſeyn,
Und dir, wo nicht ein menſch, doch nur ein kalter ſtein,
Die ſchoͤne nachricht ſagen,
Warum dein Seladon ſo bald verfallen iſt!
Allein, es geht unmoͤglich an,
Weil das, was niemand weiß, auch niemand melden kan.
Wiewohl, das iſt mein troſt, den ich noch hier erwerbe,
Der mich in ſtiller luſt dem blaſſen tode giebt:
Daß, weil mein kuͤhner geiſt dich, ſchoͤnſtes kind! geliebt,
Jch blos aus tieffer ehr-furcht ſterbe.
Grabſchrifft eines geſcheuten harlequin.
JCh lachte ſelber nicht; und doch hab ich gemacht,
Daß vieler thoren mund ihr eigen thun belacht.
Und alſo that ich mehr, als ein Democritus:
Wie kommt es, daß er weiſ, ich naͤrriſch, heiſſen muß.
Die nachtigall im gebauer. Aus dem Franzoͤſiſchen des Herꝛn du Trouſſer.
DJe muntre nachtigall, vor derer holdem ſingen
Die andern voͤgel ſich nicht wuſten aufzuſchwingen,
Bekam355Vermiſchte Getichte.
Bekam in kurtzer zeit des oͤden waldes ſatt:
Jhr ticht und trachten war von dannen in die ſondt.
Was? alſo ließ ſie fich in ihrer mund-art hoͤren:
Was will ich doch den wald mit meinem ſingen ehren?
Und mir faſt tag und nacht den hals in ſtuͤcken ſchreyn?
Ob meine lieder noch ſo unvergleichlich ſeyn,
Was hab ich hier davon? Den eulen zu gefallen,
Und vor das tumme wild ein kuͤnſtlich ſtuͤck erſchallen,
Heißt einen leeren ſchlag ins kalte waſſer thun.
Laß eine hirtin hier im kuͤhlen ſchatten ruhn;
So hoͤret ſie doch mehr, was ihr der buhler faget,
Als was ein vogel ſingt. Nachdem ſie ſo geklaget,
So war ihr letzter gall: Verworffuer aufenthalt!
Jhr puͤſche! gute nacht! Dann ſtriech ſie durch den wald,
Ließ baͤum und thaͤler ſtehn, floh uͤber ſtraͤuch und hecken,
Setzt uͤber doͤrffer, baͤch, und ließ ſich nichts erſchrecken,
Biß ſie die kleine welt, das praͤchtige Pariß,
Durch ihren flug erlangt, und ſich da fangen ließ.
Man ſteckte ſie alsbald in einen engen kercker:
Den trug man in ein haus, und hieug ihn in dem ercker
Des ſchoͤnſten zimmers auf. Die zunge wurde los,
Von der der honigſeim der reinſten ſtimme flos.
Man hoͤrte ſie mit luſt: Auf ihr ſo ſuͤſſes ſchlagen
Lieff alles haͤuffig zu: Jhr ruhm ward fortgetragen
Noch ferner, als der ſchall von ihrer zunge gieng.
Die nachtigall war froh: Weil doch ein jedes ding,
Was neu iſt, ſuͤſſe ſchmeckt. Sie ließ Floretten ſorgen:
So hieß das ſchoͤne kind, von dem ſie alle morgen
Mit eigner hand geſpeiſt und auch getraͤncket ward:
Sie wolt auch keine fauſt, ſo niedlich und ſo zart
Sie immer mochte ſeyn, ſonſt am gebauer leiden.
Was that die nachtigall? Sie ſtiminte voller freuden
Ein holdes danck-lied an. Sie ſang: O wie vergnuͤgt!
O wie vergnuͤgt bin ich! wenn es das ſchickſal fuͤgt,
Daß mein begluͤckter ſtand ſo lang als ewig dauret!
Er daurte nicht ſo lang, als man bey hofe trauret;
Z 2Denn356Leanders aus Schleſien
Denn wie uns mit der zeit ein herber uͤberdruß
Den honig ſelbſt vergaͤllt; So ward der zucker-fluß,
Der unſre nachtigall ſo angenehm ergetzet,
Jhr endlich wermuth-ſafft: Was ſie ſo hoch-geſchaͤtzet,
Florettens ſchmeicheley, gefiel ihr nun nicht mehr:
Man pfieff ihr ſuͤſſe vor; ſie gab doch kein gehoͤr,
Seit die gefangenſchafft ihr in den kopff geſtiegen:
Jhr wunſch war, wiederum in ihren wald zu fliegen;
Allein ſie konte nicht, der keſicht hielt ſie auf,
Der goͤldne keſicht hemmt in ihr der freuden lauf:
Die holde zunge ſchwieg. Es klungen keine lieder:
Der menſchen gegen-wart wurd ihr durchaus zuwider:
Sie wolt alleine ſeyn. Die ſtille traurigkeit
Nahm taͤglich in ihr zu. Sie ſeufftzt: O goͤldne zeit!
Wo biſt, wo biſt du hin? Soll ich, als ſclavin girren?
Kan ich nicht, wie zuvor, um die gebuͤſche ſchwirren,
Wo meine mutter ſang, die ſchweſtern eingeſtimmt?
So muß das kleine tacht, ſo noch im hertzen glimmt,
Alsbald verloſchen ſeyn. Die ſorgende Florette
Macht ihr in ihrer hand zwar ein gar ſanfftes bette:
Die lippen floͤſten ihr den ſafft des lebens zu;
Doch ihr geſchloſſner mund ſprach: Laß mich nur zur ruh,
Du meine moͤrderin! Die ſchwachen fluͤgel fielen:
Der kopff ſanck hinterwerts, und ſchlos mit mattem ſchieles
Die augen und ſich ſelbſt in beyde ſittig ein.
Kurtz: Dieſe traurigkeit legt ihr den leichen-ſtein.
Ein kercker wird doch wohl ein kercker ſeyn und heiſſen:
Er mag auch noch ſo lieblich gleiſſen.
Zuweilen iſt an dem, was man ſo liebreich ſchaͤtzt,
Nichts, als der nahm und ſchein, der aug und ohr ergetzt.
Auf Liſettens ſeeliges abſterben.
LJſette ſchlief ſo ſanfft und ſeclig ein:
Daß, wenn es koͤnte moͤglich ſeyn,
Daß auch die engel ſterben ſolten,
Sie gantz gewiß nicht anders ſterben wolten.
Von357Vermiſchte Getichte.
Von dem menſchlichen elende.
ES ſchließt der arme menſch, wenn er den lebens-lauff
Jn dieſer welt beginnt, vielmehr zu bittrem weinen,
Als um das licht zu ſehn, die muͤden augen auf:
Er fuͤhlt die ſclaverey alsbald an arm und beinen:
Die windeln feſſeln ihn: Und wenn ihn dann die bruſt
Der mutter nicht mehr ſaͤugt, ſo wird ihm ſeine luſt
Mit ruthen eingetraͤnckt, durch ſtrenge zucht vergaͤllet.
Hat ihn die mannbarkeit auf freyen fuß geſtellet,
So machen lieb und gluͤck aus ihm ein gauckelſpiel:
Er muß ſein brod im ſchweiß und thraͤnen eſſen:
Und offt erlangt er kaum ſo viel,
Wenn kranckheit, feind und noth ihn auf das ſchaͤrffſte preſſen.
Bricht dann zuletzt das alter ein,
So ſtuͤtzet er mit einem morſchen ſtabe
Den abgezehrten leib, und hincket ſo zu ſeinem grabe:
Drauf deckt den reſt ein ſchmaler ſtein.
Was iſt nun, armer menſch! dein troſt und dein vergnuͤgen?
Nichts, als nur diß allein,
Daß wieg und grab nah bey einander liegen.
Das 3. capitel des buches Hiob.
DUrchaus-verlohrner tag! da ich gebohren bin!
Durchaus-verlohrner tag! da mich ein weib empfangen
Tag! der verworffen bleibt, den menſch und ſonne fliehn:
Den himmel und natur nicht mehr zu ſehn verlangen!
Dein glantz verwandle ſich in grauſe dunckelheit!
Man muͤſſe dich nicht mehr in dem calender leſen!
Und du verdammte nacht! verlaß das buch der zeit,
Und bleib ſo tieff verdeckt, als waͤrſt du nie geweſen!
Die furcht der einſamkeit ſchließ alles jauchtzen aus!
Und man verfluche dich in allen zauber-verſen;
Dein himmel aber ſey ein ſchwartzes wolcken-haus,
Jn welchem ſtatt der ſtorn angſt-volle nebel herꝛſchen!
Z 3Die358Leanders aus Schleſien
Die hoffnung, die du haſt, zerflatter in die lufft!
Aurora muͤſſe dir kein ſuͤſſes aug ertheilen!
Der ſchoͤpffer ſtoſſe dich in eine bange klufft,
Wo blaſſer jammer wohnt, und wuͤſte voͤgel heulen!
Warum verſperꝛteſt du dem Hiob nicht die welt?
Warum verbargſt du nicht die qual vor meinen augen?
So wuͤrde mir die ruh nicht, wie itzund, vergaͤllt,
Da meine lippen nichts als herbe thraͤnen ſaugen.
Ach! warum ſtarb ich nicht, da ich gebohren war?
Warum vergieng ich nicht, eh mich das licht beruͤhret?
Denn unſer mutter ſchos iſt doch die beſte bahr,
Jndem ſie alle pein mit uns zu grabe fuͤhret.
Ach! warum ſchloß der tod nicht mund und augen zu,
Eh ich die ſuͤſſe krafft der mutter-milch genoſſen?
So ſchlief ich ohne ſchmertz, und laͤg in ſtiller ruh:
Denn dieſe bleibet doch nur in der grufft verſchloſſen.
Jn tieffen graͤbern hat kein fuͤrſte was zuvor:
Denn der verſtorbnen fried iſt gleiche durch gegruͤndet.
Wohl dieſem! der den tod noch, eh er an das thor
Des bangen lebens kommt in ſeiner mutter findet.
Jm grabe hoͤret doch der feinde raſen auf:
Das maul der laͤſterer wuͤhlt nur in bloſem ſande:
Des todes ſtarcke fauſt haͤlt alles elend auf,
Und wen ſie frey gemacht, der fuͤhlet keine bande.
O grab! du ſanffter ort! dir gleichet kein pallaſt.
Denn wieviel kummer wohnt auch unter goͤldnen decken;
Bey dir hat jedermann die angenehmſte raſt,
Von der ihn weder blitz noch donner-keil erwecken.
Jn deinem hofe gilt kein anſehn der perſon:
Hier iſt kein herꝛ zu gros, und auch kein knecht zu wenig:
Hier iſt ein ſchlechter ſtuhl ſo koſtbar als ein thron:
Und der geringſte ruht ſo ſicher als ein koͤnig.
Wie gluͤcklich waͤr ein menſch, dem dieſes lebens-licht
Nur wie cometen ſcheint, wenn er bald ſterben koͤnte:
Er ruffet zwar den tod, allein er hoͤrt ihn nicht,
Ob er ihm gleich mit luſt in haͤnd und armen rennte.
Ach359Vermiſchte Getichte.
Ach aber! groſſer GOtt! Was iſt ein ſchwacher mann,
Der ſich faſt nicht mehr kennt, doch auf der erden nuͤtze?
Du ſieheſt, daß ich mich vor angſt nicht laſſen kan;
Und dennoch wird dein zorn zu meiner lebens-ſtuͤtze.
Ach ja! der ſeufftzer koſt iſt Hiobs taͤglich brod:
Mein heulen faͤhrt heraus, wie ſtarcke waſſer-fluthen:
Jch bin ein ſammel-platz der ungeheuren noth.
Kan ein verwundter geiſt ſich nicht zu tode bluten?
Nun fuͤhl ich, was die furcht mir laͤngſt zuvor geſagt:
Und was ich offt beſorgt, das hat mich itzt betroffen.
Ach, ſchmertzen, die ihr mich in marck und adern plagt!
Wenn machet ihr mir einſt die burg des todes offen?
Denn mein geluͤck iſt aus! ich bin nicht, der ich war
Der himmel hat den bau der ſtillen ruh zerriſſen:
Mein leben iſt mein tod, das betten meine bahr;
Jch aber bin ein brunn, aus welchem thraͤnen flieſſen.
Das 4. capitel.
WEnn ein getreuer freund ſchon mit dir reden will,
So kan es doch dein ſchmertz vielleichte nicht vertragen;
Allein der ungeduld gehoͤret maas und ziel:
Und darum muß ich dir die trockne wahrheit ſagen.
War auch ein weiſ’rer mann, als Hiob, auf der welt?
So lange dir der HErꝛ des hertzens wunſch erfuͤllet,
Da fand des naͤchſten bruſt, was krafft und muth erhaͤlt:
Und dein behertzter mund hat manche pein geſtillet.
Nun aber, da dich GOtt auf ſcharffe dornen legt,
So liegt die tapfferkeit auf einmahl in dem ſtaube:
Da wird dein weiches hertz, als wie ein rohr, bewegt,
Und Hiobs ſeele girꝛt, als eine turtel-taube.
Jſt deine gottesfurcht nun nicht ein bloſer traum?
Und deiner hoffnung ſchloß ein haus von karten-blaͤttern?
Bebt der erſchrockne geiſt nicht als ein pappel-baum?
Und laͤſt ſich nicht dein muth, wie ſproͤder dohn zerſchmettern?
Wenn hat des HErren zorn der unſchuld zugeſetzt?
Und wahre froͤmmigkeit mit ruthen heimgeſuchet?
Z 4Meinſt360Leand. aus Schleſien Verm. Get.
Meinſt du: Daß GOtt ſein ſchwerd auf die gerechten wetzt,
Und einen heiligen ſo, wie itzt dich, verfluchet?
Das hab ich wohl geſehn, daß heuchler, die nur muͤh
Und ungluͤck ausgeſaͤ’t, auch ungluͤck einbekommen:
Daß die vergnuͤgte ruh verruchte ſuͤnder flieh:
Und daß des himmels grimm ſchon manchen hingenommen.
Denn wenn die loͤwen gleich aus vollem rachen bruͤlln,
Und mit der ſcharffen klau in zarten hertzen wuͤhlen:
So muͤſſen ſie zuletzt doch eine grube fuͤlln,
Und die erhitzte wuth in eignem blute kuͤhlen.
Doch hoͤre, was dir itzt ein treuer freund entdeckt,
Und was der himmel mir in kurtzem offenbaret:
Jch hab ein wort gehoͤrt, in dem viel nachdruck ſteckt,
Und ſolches biß daher als einen ſchatz verwahret.
Gleich, als der matte ſchlaf die ſanfften glieder band,
Und ich in tieffer nacht mit ſchweren traͤumen ſpielte:
So ſatzte mich die furcht in einen bangen ſtand,
Jn dem ich lanter angſt und kuͤhles ſchrecken fuͤhlte:
Die haare giengen mir, ſo viel ich weiß, berg-an,
Jndem ein ſchneller geiſt bey mir voruͤber reunte.
Gleich ſtund ein fremdes bild, das ich nicht nennen kan,
Nachdem ich in der angſt mich ſelber kaum erkennte.
Die wuͤſte gegend nahm ein ſtilles grauſen ein;
Bald aber hoͤrte man die ſtarcken wort erſchallen:
Soll GOtt nicht heiliger, als ſchlechte menſchen, ſeyn?
Muß das geſchoͤpffe nicht vor ſeinem ſchoͤpffer fallen?
Kan man vor dem beſtehn, der alles haͤlt und macht?
Die engel ſelber ſind nichts gegen ihm als thoren;
Was ruͤhmt ſich denn der menſch in ſeiner irꝛdnen pracht,
Der ſich in Adam ſchon durch aberwitz verlohren?
Wie ploͤtzlich wird ſein leib ein ſcheußlich ſchlangen-haus!
Das licht der ewigkeit iſt weit von ihm verborgen:
Es braucht geringe muͤh, ſo iſt er aſch und graus:
Des todes abend ſteckt offt in dem lebens-morgen.
Regi -

Regiſter derer in dieſem ſchſten theil enthal - tenen getichte.

  • ACh! daß der mahler R. 69
  • Ach! lerne doch dem buh - ler nicht L. 353
  • Ach! warum flieh ich nicht L. 289
  • Allein, es folgt dein ſohn L. 333
  • Alombre ſpielt mit G. v. A. 90
  • Als ich noch ſchlim̃e verſe L. 327
  • An der hunde hincken L. 318
  • Armſeeliges geluͤcke L. 303
  • Aurora ſtrich des Phoͤbus bahn B. N. 209
  • Ausbuͤndiges revier L. 343
  • Begluͤckte Themis-burg E. G. 257
  • Berlin warff unlaͤngſt von der Spree97
  • Betraͤhnter Fuͤrſtenſtein B. S. 193
  • Bey dieſen perlen liegt C. H. 29
  • Beym brunnen redte dort52
  • Bleib, haſt du etwas guts R. 68
  • Blitz, hagel, donner, bley51
  • Brauche, fuͤrſtin meiner ſeelen30
  • Chriſten fuͤhret kein planete315
  • Da Bonn durch Preuſſens ſtar - cken held B. N. 149
  • Dafern pedauterie L. 333
  • Da ich am beſten ſang59
  • Dametas ſetzte ſich B. N. 207
  • Damit ſich jeder kennet L. 314
  • Darff ich, da der Helicon B. N. 223
  • Des beſt im ſpiel iſt trumpff80
  • Das bley und cronen-gold180
  • Das fleiſch iſt unten zu R. 70
  • Das frauenzimmer theilt128
  • Das gluͤcke kan uns nicht L. 316
  • Das gluͤcke mahlet man C. H. 77
  • Das haar, das trug zuvor R. 66
  • Das rauhe baltzen wird R. 69
  • Das ſchreiben redt R. 67
  • Das tauſend-guͤlden-kraut75
  • Das ungluͤckſeeligſte132
  • Daß alles auf der welt C. H. 83
  • Daß Furbienus dir L. 319
  • Daß ich ſo zart und weich R. 70
  • Dein bart iſt ziemlich klein56
  • Dein garten iſt galant64
  • Dein hausrath iſt ein topff, (goldmacher) 49
  • Dein kiel, beruͤhmter mann L. 332
  • Dein kleines kind G. S. 92
  • Dein praͤchtiger pallaſt G. S. 91
  • Dein ruhm, Euripides L. 314
  • Dein wohl-ſeyn, edles land255
  • Dem beichtiger, dem artzt L. 315
  • Den brillen-haͤndlern iſt T. V. 82
  • Den naͤchſten hoch und ſich L. 315
  • Den ſelbſt die ſehnſucht C. H. 29
  • Den vogel kan und ſoll C. H. 74
  • Den vogel kennt man L. 318
  • Denn iſt das hertze318
  • Der adler nimmt den hahn57
Z 5DerRegiſter.
  • Der adler ſucht ein neſt55
  • Der alte Pantalon E. G. 87
  • Der arme Titius64
  • Der bauer ſieht es ſtets54
  • Der blaͤſſe matter ſchein L. 294
  • Der ehſtand iſt ein karten-ſpiel C. H. 76
  • Der feinde hochmuth liegt C. H. 79
  • Der geitz bringt eben nicht L. 319
  • Der Heyland ſagte wohl C. H. 73
  • Der himmel wird bewegt57
  • Der jungfer-krantz iſt ſchwer L. 340
  • Der leib, den Ludewig C. H. 83
  • Der prieſter zancket, geitzt L. 310
  • Der purpur, Flavia T. 38
  • Der regen waͤſſerte53
  • Der ſchoͤnen Clelie C. H. 16
  • Der, ſo in ſich L. 317
  • Der ſpiegel ſaget uns R. 66
  • Der tod kommt eben nicht L. 319
  • Der vor die ſternen maß L. 315
  • Der weiſe Weiſe hat E. G. 86
  • Der weiſen klugheit iſt L. 318
  • Der weisheit ſtreuger ernſt L. 319
  • Der winter ſtellt ſich ein59
  • Diana taucht ſich hier R. 70
  • Die advocaten ſind C. H. 81
  • Die alten weiber ſind C. H. 76
  • Die bettel-jungen ſind C. H. 76
  • Die beute, die du haſt58
  • Die bienen ſind zwar klein T. T. 28
  • Die Chriſt-nacht gab dir zwar65
  • Die Cloris laͤßt G. S. 91
  • Die Doris will gewiß J. C. G. 75
  • Die falſchheit huͤllet ſich L. 315
  • Die goͤtter mahlte man C. H. 77
  • Die Griechen machen ſich E. G. 85
  • Die grobheit war bey mir53
  • Die hier begraben ſind L. 343
  • Die huͤner niſten ſchon61
  • Die irren nicht C. H. 78
  • Die krieger ſtehen hier R. 69
  • Die liebe, deren band136
  • Die liebe, ſo allhier L. 299
  • Die lieb und fiſcherey C. H. 82
  • Die maͤgdgen machen ſich E. G. 88
  • Die maͤnner ſollen J. C. G. 75
  • Die Magdalena hat C. H. 78
  • Die muntre nachtigall L. 353
  • Die ober-herꝛſchafft ſteht C. H. 77
  • Die ochſen-zungen ſind C. H. 81
  • Die parcen zohen mich A. C. T. 92
  • Die perlen ſchlieſſet man L. 333
  • Die ſaubre Lesbia2
  • Die ſolte wohl nicht mehr D. C. v. L. 13
  • Die tapfferkeit von Alexand. 64
  • Die wahrheit pflegt man ſonſt58
  • Die weisheit bringt uns itzt C. H. 80
  • Die weisheit der vernunfft L. 329
  • Die welt verehrt einſt Rom R. 67
  • Die worte ſind das weib L. 312
  • Die zeiten Bileams C. H. 80
Dorin -Regiſter.
  • Dorinde hat im tempel ſich ver - liebt72
  • Dorindens wahl-ſpruch iſt76
  • Doris iſt ein bien en-ſtock73
  • Druckt ein jedweder kuß C. H. 77
  • Du biſt blinder, als ein blinder L. 316
  • Du biſt der Doris ſchatz76
  • Du biſt der dritte printz61
  • Du biſt, o Sylvia L. 290
  • Du biſt und heißt E. G. 86
  • Du denckſt, dein ſchoͤnes kleid50
  • Du ende meiner noth J. C. G. 74
  • Du forderſt, ſchoͤnſte mich B. N. 16
  • Du huͤlleſt muth und gluth60
  • Du klageſt immerfort52
  • Du liebſt, mein ſchatz L. 301
  • Du mittel-pnnct von meinem hertzen40
  • Durchaus-verlohrner tag L. 357
  • Durch zinſe ward ich diß65
  • Du ſchauſt den ſpiegel an R. 86
  • Du ſchoͤne Helena63
  • Du ſieheſt auf das geld56
  • Du ſieheſt deinen feind50
  • Du ſiehſt des vatern bild R. 94
  • Du ſprichſt: Jch habe nichts M. S. R. 82
  • Du und dein weib curirt C. H. 74
  • Du unterſteheſt dich C. H. 78
  • Du zierſt den kopff mit band63
  • Eh ich die welt erblickt C. H. 84
  • Ein artzt und ein ſoldat C. H. 79
  • Ein flegel, der den ſchwarm E. G. 90
  • Ein hoͤher mag dein reich B. N. 214
  • Ein jeder menſch ſtrebt nach geluͤcke G. S. 188
  • Ein narꝛ kommt in den rath52
  • Einſanikeit! mein aufenthalt L. 337
  • Ein ſchaͤfer lieget hier55
  • Ein ſchneller rath L. 319
  • Ein ſchwan ſingt niemahls ſchoͤne L. 295
  • Ein ſtetes luſtig-ſeyn R. 93
  • Ein thoͤrichter ſieht nichts L. 316
  • Ein wort, ein wort, ein mann ein mann L. 317
  • Erbarmeſt du dich nicht39
  • Erfreutes Wittenberg J. G. N. 281
  • Es galt ein eſels-kopff52
  • Es hatte Flavia3
  • Es hat ſonſt alles ſeine zeit245
  • Es heiſt bey dir C. H. 81
  • Es heiſt die lieb ein beil78
  • Es iſt der Schellenberg79
  • Es iſt des adlers art B. N. 48
  • Es iſt dir leid L. 290
  • Es iſt ein groſſer ſtreit126
  • Es iſt ein wort284
  • Es iſt wohl wahr L. 291
  • Es kam dem Strada vor L. 334
  • Es mag Florette lachen291
  • Es ſchließt der arme L. 357
  • Es ſind, geiehrter mann C G. R. 198
EsRegiſter.
  • Es ſoll was wunderlichs E. G. 85
  • Es traͤgt die Fulvia C. H. 81
  • Es war zu marckt64
  • Es wolte dich die kunſt61
  • Europa ſchleuſt dich nicht49
  • Flatternde liebe L. 300
  • Flieget hin und ſeyd geduldig63
  • Florette! dein geſchmack L. 290
  • Florette! traueſt du T. 38
  • Franckreich giebt dich nicht zu - ruͤcke (Briſach) 56
  • Freund! folge meinem rath L. 312
  • Freund! gehe nicht zu weit L. 317
  • Freund nach der alten zeit B. N. 104
  • Fridriciana geh! leg allen L. 305
  • Gantz Europa war beforgt61
  • Gaſſendus lernet hier84
  • Gedencke, wenn ſie mich R. 68
  • Geh hin, geprieſuer mann B. N. 230
  • Geh nur! geh, verbuhlte dirne L. 340
  • Gekraͤncktes hertz Tal. 45
  • Geldern liegt und buͤcket ſich B. N. 221
  • Geld, Mars und Venus ſind B. N. 95
  • Geliebte poeſie G. L. 31
  • Geliebter hyacinth L. 299
  • Geliebte Sylvia L. 296
  • Genung, genung geweint B. N. 151
  • Gleich da ich deiner grufft62
  • GOtt lob! daß ich den tag G. W. B. U. H. 271
  • GOtt ſtehet allezeit L. 311
  • GOtt ward aus lauter lieb L. 312
  • Grillirus! deine wiſſenſchafft L. 314
  • Großmaͤchtigſter monarch! auf167
  • Großmaͤchtigſter monarch! ver - zeih B. v. H. 231
  • Haͤtt ich mit Schleſien L. 322
  • Halt ein! du ſtarcker knall B. N. 286
  • Halt, oder laß es gehn R. 68
  • Hanns Mops hat ſtets C. B. 95
  • Haſaͤus, der ſonſt viel L. 327
  • Hemme deine rauhe klagen C. G. R. 270
  • Herꝛ Sterops ſchlaͤgt C. B. 95
  • Herꝛ! ſchaue, wie die feind L. 310
  • Herꝛ! warum muͤſſen wir L. 308
  • Hier deckt ein ſammtner peltz54
  • Hier fault die faule haut84
  • Hier hat der kuͤnſtler nicht R. 67
  • Hier hat der pater Schoͤps L. 328
  • Hier iſt der beſte rath53
  • Hier iſt der fremde ſtein A. C. T. 92
  • Hier lieget Clelia50
  • Hier lieg ich, der ich offt60
  • Hier liegt die jungferſchafft84
  • Hier ruht Copernicus C. H. 83
  • Hier ruht ein kleines kind C. H. 84
  • Hier ſtraft Hr. Pocquelin G. S. 91
HilffRegiſter.
  • Hilff, Herꝛ! das reine gold L. 307
  • Hochſeeliger! dein grab B. S. 176
  • Hoffnung macht doch nicht zu ſchandenb43
  • Jch bin, als wie ein ſchiffer - nachen B. 20
  • Jch bin ein glas R. 71
  • Jch geb es leichte zu L. 323
  • Jch habe Davids zorn59
  • Jch habe mich mit rauch R. 93
  • Jch habe naͤchſt bey dir L. 298
  • Jch habe ſeid und brief D. C. v. L. 7
  • Jch hab im leben ſtets E. G. 87
  • Jch haͤtt es gar gewiß46
  • Jch haͤtte nicht gedacht260
  • Jch lachte ſelber nicht L. 354
  • Jch ſaß in fried und ruh62
  • Jch ſchicke dir, mein ſchatz D. C. v. L. 10
  • Jch ſchickte mich neulich G. H. 72
  • Jch ſtimme mit dir ein L. 328
  • Jch war der maͤuſe tod60
  • Jch war, trotz aller welt A. C. T. 92
  • Jch weiß nicht, was E. G. 89
  • Jch weiß nicht, wo man ſich E. G. 133
  • Jeder glaube, was er will62
  • Jhr angel! ſchweigt R. 71
  • Jhr angenehmen hoͤhen B. N. 120
  • Jhr, die ihr euch den wahn G. S. 191
  • Jhr, die ihr in der welt E. G. 245
  • Jhr, die ihr ſand vor gold B. S. 170
  • Jhr, die ihr von dem wahn E. G. 250
  • Jhr, jungfern! habt ihr nichts82
  • Jhr jungfern! nehmt euch ein exempel72
  • Jhr muͤden ſchafe! geht B. N. 201
  • Jhr Muſen! die ihr mich155
  • Jhr Muſen! helfft mir doch B. N. 101
  • Jhr Muſen ſingt E G. 242
  • Jhr nachbarn! ſchimpfft nicht mehr E. G. 85
  • Jhr prieſter der natur E. G. 267
  • Jhr rechte, denen liſt E. G. 253
  • Jhr ſterne, moͤgt euch C. H. 22
  • Jhr zeigt den weg R. 70
  • Jhr zornigen! druͤckt dieſen ſchluß L. 316
  • Jm leben war ein grab E. G. 88
  • Jndem der leichte ſchwamm R. 66
  • Jns kuͤnfftige wird man U. S. 75
  • Jn unſerm eignen thun L. 317
  • Jſt ſchon dein hertze gar zu klein L. 316
  • Juvenco kam nach hof53
  • Kan eine zunge dir81
  • Kein menſch hat recht geredt55
  • Komm! ſo ruffet itzt der Rhein M. S. R. 234
  • Labelle! du biſt werth58
Lean -Regiſter.
  • Leander, dem vorlaͤngſt L. 292
  • Liſette ſchlief ſo ſanfft L. 356
  • Louis der groſſe will C. H. 80
  • Madrit und Liſſabon49
  • Man bot dem Livioibid.
  • Man fragt dich immerfort58
  • Man fragt, warum der papſt62
  • Man haͤlt es in der welt51
  • Man kuͤßte Julien54
  • Man lacht den Daphnis aus65
  • Man muß dem himmel weichen C. H. v. H. 200
  • Man nahm mir meine haut60
  • Man ſagt: Das gluͤcke ſoll C. H. 76
  • Man ſagt: Daß kupfer nur R. 93
  • Man ſagt nur ſeine kleinen feh - ler L. 316
  • Man ſiehet, daß dein ſchild56
  • Man wundert ſich, warum auf E. G. 89
  • Man wundert ſich, warum Bla - ſille337
  • Marcolphus ſolt unlaͤngſt E. G. 87
  • Mein Brutus! traure nicht R. 69
  • Mein freund! ich frage dich261
  • Mein freund! wenn du pun - ctirſt C. H. 79
  • Mein freund! wenn Juvenal B. N. 106
  • Mein fruͤhling iſt verſchwunden C. H. v. H. 1
  • Mein gaͤrtner! zweifle nicht R. 67
  • Mein gantzer lebens-laun (ſchmarotzer) 55
  • Mein geld kam an den tag48
  • Mein hertze brennt C. H. 24
  • Mein kauff hat, leider! ſich63
  • Mein kind! was iſt dein hertz24
  • Mein leben iſt mir abgeſagt C. H. 23
  • Mein leſer! zweiffle nicht C. H. 83
  • Mein verhaͤngniß! ſoll ich bren - nen21
  • Melinde, die gewiß L. 289
  • Mir fehlt die ſtimm R. 68
  • Mops hat ein ſchoͤnes weib57
  • Mops kuͤſſte ſeine magd56
  • Nachdem das extra-gehn C. H. 78
  • Naſutus wolte hochzeit machen G. H. 72
  • Neptun war gantz enthrannt (bier) 65
  • Nicht ſcheue dich, mein kind! D. C. v. L. 4
  • Nicht wundre dich, o printz B. N. 227
  • Nimwegen hat den weg60
  • Nun glaub ich, was man ſonſt L. 315
  • Nun wird das alte neu62
  • Nur die ſtimme weiter nichts63
  • Nur nicht zuviel getraut! L. 315
  • O duͤſtre finſterniß L. 333
  • O Heilige Dreyeinigkeit L. 320
  • O Orpheus! lege nur R. 67
  • O ſuͤſſes bett! ich ſeh R. 71
ORegiſter.
  • O ungerechter ſtich L. 313
  • Rom ließ vorzeiten es B. N. 214
  • Saubere Florette L. 329
  • Schaf, ochſen, kalb und R. 93
  • Schau hier ein fliegend haus (wind-muͤhle) 50
  • Schau hier ein volles grab (goldmacher) 54
  • Schau hier, mein wanderer51
  • Schauſt du nicht, wie dein L. 332
  • Schaut dieſes denckmahl an328
  • Schlag die capaunen todt51
  • Sechs tauſend thaler hat51
  • Seht! ſagte Titius M. S. R. 82
  • Seht, ſeht, wie ſtrotzt L. 317
  • Seht, wie um dieſe ſchaal R. 70
  • Selbſt Hercules wagt ſich91
  • Sich in dem labyrinth G. S. 186
  • Sie faſſet alles wohl C. H. 78
  • Sie iſts noch nicht, ſeht her! R. 69
  • Sie leget unter mich R. 66
  • So bin ich zwar entzuͤndet Tgl. 47
  • So hat dich nun, o jammer42
  • Soll hier Gaſſendus C. H. 83
  • Soll Rom nicht durch die R. 67
  • Solſt du, wohl-edler L. 325
  • So macht die neue welt61
  • So muſt du, zartes G. S. 196
  • Sonſt braucht man holtz dazu52
  • So ſtreckſt du endlich C. A. P. 84
  • Sprecht andre, wie E. G. 236
  • Steh, pilgram! wer du biſt49
  • Steig, Aaron! auf den B. S. 179
  • Stoltze Tuͤrcken! freuet B. N48
  • Tapffrer feldherꝛ unſrer zeit J. G. N. 283
  • Tenellus wagt es im̃erhin L. 328
  • Theurer troſt bedraͤngter zeiten J. G. N. 279
  • Verlaßne fuͤrſtin! ach L. 332
  • Verſchlafne Muſen! wacht B. N. 218
  • Verſtehſt du die natur79
  • Verwundert euch nur L. 340
  • Verzaͤrtle deine magd L. 314
  • Viel wuſten nicht, warum M. 94
  • Viel zaͤhne hab ich itzt R. 66
  • Um dieſen Donau-ſtrand J. F. C. 94
  • Um dir den undanck abzumah - len L. 312
  • Um Schlendors zagheit L. 327
  • Um unſre fuͤrſtin ſpielt L. 353
  • Und du, Xenocrates16
  • Unſer’augen ſind wie ſterne L313
  • Von mancher jungfer heiſts U. S. 75
  • Vor dieſem war das E. G. 89
  • Vor war der drach R. 69
  • Vor nahm der Frantzm. E. G. 86
  • Vor narren, kinder, weib L. 319
  • Waͤr ich die nacht71
  • Waͤr ich ein traum R. ibid.
  • Waͤr ich ihr bett R. ibid.
  • Wann bey der lampe nichtibid.
  • Wann ſie ſich waͤſcht R. 66
  • Waſchillis iſt ein weib L. 317
  • Was glaubſt du? ward gefragt54
  • Was Joſua gethan C. H. 79
  • Was iſt es fuͤr ein glas50
  • Was iſt zwiſchen dir und dem55
  • Was kan die liebe nicht E. G. 163
  • Was keine wolluſt zeigt L. 333
  • Was ſingeſt du vom G. S. 43
  • Was treibt dich Clelie C. H. 37
WasRegiſter.
  • Was vor ein ſuͤſſer trieb G. W. B. v. H. 144
  • Was will man Griech. C. H. 80
  • Was wilſt du, edles kind R. 68
  • Was zoͤrneſt du L. 301
  • Weich dem verhaͤngniß itzt264
  • Weicht! weicht! ihr rauhen114
  • Weinet! weint! ihꝛ Pieꝛ. B. N. 160
  • Weiß eine perle nicht G. S. 165
  • Welcher hat die beſten T. V. 74
  • Welch jung erkuͤhnt ſich L. 318
  • Welch unſtern hat euch E. G. 88
  • Wen haſt du denn gefreyt53
  • Wenn dieſe, die gecroͤnt T. V74
  • Wenn ein getreuer freund L. 359
  • Wenn crd u. him̃el A. C. T. 39
  • Wenn ich an Clelicn C. H. 25
  • Wenn ich, o ſeeligſte B. N. 152
  • Wenn ich, ſeeligſter B. N. 154
  • Wenn uns ein freund L. 313
  • Wer aller welt L. 314
  • Wer auf die freyth will gehn73
  • Wer auf zwey achſeln traͤgt L. 319
  • Wer Caſpien bekommt54
  • Wer dich ſieht und deine64
  • Wer die geſchicklichkeit L. 318
  • Wer iſt wohl B. S. K. G. P. 140
  • Wer redet, der ſaͤt aus L. 319
  • Wer ſich verlaͤugnen will L. 314
  • Werthes vergnuͤgen L. 353
  • Wer von dem haſen ißt R. 70
  • Wie fiſche die der ſtrom E. G. 248
  • Wie iſt mir? bin ich blind L. 334
  • Wie koͤm̃ts, daß Franckreich dich (Kayſerswerth) 57
  • Wie lange will Bellona B. N. 110
  • Wie muß die liebe fich G. S. 146
  • Wie reimt ſich gold und GOtt? (golden kalb) 58
  • Wie ſchickt ſich funfftzig jahr65
  • Wie wunderlich ſpielt E. G. 240
  • Wilſt du dich auch ein buch59
  • Wir Chriſten habens C. H. 81
  • Wir habẽ nun ein jahr B. N. 205
  • Wird alle kugeln J. C. G. 75
  • Wirff, falſche! deinen blick59
  • Wir muͤſſen freylich A. T. 274
  • Wir wuͤrden uns nicht L. 317
  • Wohin? erhitzter printz B. N. 206
  • Wohin ſchickſt du deine gaͤſte56
  • Wo man nichts an deinem L. 316
  • Wundre dich nicht, daß ein L. 318
  • Zur poeſie gehoͤrt L. 340
  • Zwey diebe haͤngen hier55
  • Zwey engel haben dich (Loth) 57

CORRIGENDA.

Pag. 86. lin. 9. vor C. G. lies: E. G. p. 134. lin. antepen. vor mich lies: euch. p. 135. lin. 3. vor ſeiten lies: ſeelen, und vor entzuͤckt lies: entruͤckt. ib. lin. 6. vor kuͤnſtlicher lies: koͤſtlicher. ib. lin. 8. vor wen lies: wem. ib. lin. 9. vor mocken-geiſt lies: motten-geiſt. p. 143. lin. 9. vor dir ihr faſt lies: die ihr faſt. p. 178 lin. 2 vor von er - den lies: von Eden. p. 182. lin. 20. vor zu ſehn lies: zu ſeyn. p. 193. lin. 13. vor ward bald in thraͤnen naß lies: ward bald ein thranen - naß. p. 197. lin. 22. vor das, was es lies: das, was ihn. ibid. lin. 28. vor des hertzens krafft lies: des glaubens krafft. p. 212. lin. 1. vor euch lies: auch. p 215. lin. 11. vor der Griechen lies: des Griechen. ibid. lin. 14. vor wohl bekannt lies: kaum bekannt. p. 237. lin. 7. vor bibel-buch lies fibel-buch. p. 240. lin. 18. vor grauen ewigkeit lies: grauen ewigkeiten. p. 242. lin 8. vor teufel ſcheiden lies: teu - fel ſchrecken. p. 245. lin. 25. vor geſchickte ſegeln lies: geſchickte regeln. p. 267. lin. 19. vor S. K. lies: S. R. ibid. lin. pen. vor ſtets lies: ſelbſt. p. 268. lin. 14. vor ins waſſer lies; ins weſen. p. 270. lin. antepen. vor ſaſt lies: faſt.

ENDE.

About this transcription

TextHerrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte
Author Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Extent393 images; 91632 tokens; 14129 types; 588640 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationHerrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte sechster Theil Christian Hofmann von Hofmannswaldau. . [12] Bl., 360 S., [4] Bl. LehmannLeipzig1709.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 P GERM II, 8509:6

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:42Z
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Holding LibrarySUB Göttingen
ShelfmarkSUB Göttingen, 8 P GERM II, 8509:6
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