Sinn-Getichte. Auf das gedaͤchtniß-bild Friedrich Wilhelms des Groſſen. B. N.
SToltze Tuͤrcken, freuet euch! Kuͤhne Frantzen, jauchtzt
und ſpringet!
Denn der alle welt erſchreckt, liegt nun auf der todten-bahr.
Jedoch freut, ihr Teutſchen, euch! Denn der groſſe Friedrich
bringet
Wieder durch die kunſt ans licht, was ſchon ſtaub und
aſche war.
Freuet euch, ihr tugenden, und du gantzer muſen-orden!
Der ein fuͤrſten-vater hieß, iſt ein koͤnigs-vater worden.
Auf die behauptete ſouverainitaͤt von Neufchatel und Valengin. B. N. ES iſt des adlers art, ſein recht und neſt zu ſchuͤtzen,
Er laͤſt den ſtoltzen hahn an ſeinem orte ſitzen,
Und acht nicht ſein geſchrey: pocht er mit Ludewig,
So zeigt des adlers bruſt, ſein ſchild ſey Friederich.
Grabſchrifft eines geitzigen. MEin geld kam an den tag, ich aber in die nacht,
So ward mein grabmahl zu, mein kaſten aufgemacht.
Gar wenig ſchlaf und ruh hatt’ ich bey meinem leben;
Was mir der geitz verſagt, hat mir der tod gegeben.
Auf49Auf einen verarmten gold-macher. DEin haußrath iſt ein topff, zwey glaͤſer und drey tiegel,
Vier pfund gehacktes bley, fuͤnff kolben und ſechs ziegel,
Ein beutel ohne geld, ein ſchurtz mit ſtaub gemahlt;
Doch aber reich genung vor den, der rauch bezahlt.
Grabſchrifft der Amaranthe. STeh, pilgram! wer du biſt, und ſchaue dieſen ſtein,
Jch Venus ſelbſt, ich bins, die ihn hieher getragen.
Fragſt du: Wer ruht allhier? So laß dir dieſes ſagen:
Wenn ich nicht Venus waͤr, ſo muͤſte ſie es ſeyn.
Auf den groſſen William in Engelland. EUropa ſchleuſt dich nicht mit deinen thaten ein,
Wie ſolte Niederland dir nicht zu niedrig ſeyn?
Faͤhrſt du noch weiter fort, du held von dreyen erden!
So wird dein Engeland dir auch zu enge werden.
Auf einen ruhmraͤthigen paſſagier. MAdrit und Liſabon hat obulus geſehn,
Er weiß, was in Pariß und Londen iſt geſchehn,
Er zehlt am finger her, was Rom und Florentz weiſet;
Nur dieſes laͤugnet er, daß er durch Worms gereiſet.
Gut macht gluth. MAn bot dem Livio zu einer heyrath dar
Ein maͤgdgen, das zwar arm, doch guten ſtandes war;
Nur etwas fehlt, ſprach er, daß ich mich nicht erklaͤre:
Die ankunfft waͤr wohl gut, wenn nur die einkunfft waͤre.
VI. Theil. DGrab -50Grabſchrifft der Clelia. HJer lieget Clelia. Mehr darffſt du wohl nicht wiſſen,
Denn dieſer nahme ſchleuſt verſtand und tugend ein.
Jhr geiſt war viel zu groß, der coͤrper viel zu klein,
Und alſo hat der tod ſie beyde trennen muͤſſen.
Als ein praler den korb bekam. DU denckſt, dein ſchoͤnes kleid ſoll alle maͤgdgen fangen,
Und dein gepudert kopff gewiſſe gunſt erlangen.
O nein! Calliſte ſpricht: Es iſt mit dem kein rath,
Der gold auf hoſen traͤgt, und keines drinnen hat.
Auf eine wind-muͤhle. SChau hier ein fliegend hauß, das niemahls ſtille ſteht,
Und dennoch auch niemahls von ſeiner ſtelle geht.
Schau eine werckſtatt an, die in den luͤfften ſchwebet,
Die andere ernaͤhrt, und ſelbſt vom winde lebet.
Auf ein offnes ſtaͤdtgen. DU ſieheſt deinen feind mit offnem angeſicht.
Die mauer iſt dein zaun, das rathhaus deine ſchencke,
Das kuͤh-horn deine poſt, der roͤhr-trog deine traͤncke.
An thoren fehlts dir wohl, jedoch an thooren nicht.
Auf einen unſchuldigen doctor. WAs iſt es fuͤr ein glas, darein Pillander ſieht?
Es iſt ein theurer ſafft, daraus er ſilber zieht.
Was iſt es vor ein brief, den ſeine feder ſtellt?
Es iſt ein freyer paß. Wohin? Jn jene welt.
Die51Die in gedancken reiche braut. SEchs tauſend thaler hat Florette, wie ſie ſpricht.
Drum wer ſie haben will, muß gute worte geben.
Doch wer den ziffern traut, der kommt gewiß daneben,
Die nullen hat ſie wohl, nur keine ſechſe nicht.
Als ein bauer viel ſoldaten ins quartier bekam. SChlag die capaunen todt, ſo wirſt du nicht geſchlagen,
Laß wildpret auf den tiſch mit wein und biere tragen,
Setz hecht und karpen vor aufs beſte zugericht;
Die teuffel dieſer art vertreibt kein faſten nicht.
Auf einen verſoffnen kupffer-haͤndler. MAn haͤlt es in der welt vor ungemeine ſachen,
Wenn ſilber wird aus bley, und gold aus ertz bereit.
Was haͤlt man denn von dir? du uͤbertriffſt es weit,
Weil du aus glaͤſern kanſt den feinſten kupfer machen.
Auf einen flucher. BLitz, hagel, donner, bley und gantze ſack voll teuffel
Sind deine waffen ſtets, damit du um dich ſchlaͤgſt.
Wo nimmſt du alles her? Jch glaube ſonder zweiffel,
Daß du das erſt im mund’, das letzt im hertzen traͤgſt.
Die ſchoͤne leiche. SChau hier, mein wanderer! die aſche voller flammen,
Den tod voll liebligkeit, den ſarg voll tauſend-ſchoͤn.
Begehreſt du zu ſehn, wie ſonnen untergehn?
Hier ſiehſt du morgen-roͤth und abend-roͤth beyſammen.
D 2Theu -52Theurung zu Samaria. ES galt ein eſels-kopff hier dreyßig ſilberlinge;
Diß las ein Spanier. O! ſprach er, wunder-dinge!
Die eſels-koͤpffe ſind bey uns ja ſo gemein,
Daß ihrer dreyßig kaum fuͤr einen groſchen ſeyn.
Auf einen albern poeten. DU klageſt immerfort, daß dich die ſterne quaͤlen,
Und daß die ſonne dir nur ein comete ſey.
Allein, mein freund! mich deucht, du giebſt dich gar zu frey:
Der rechte ſtern wird dir in deiner ſtirne fehlen.
Die goldne recommendation. EIn narr kommt in den rath. Was ſoll das ding be -
deuten?
Gelt! daß ihn nur ſein geld in dieſes amt gebracht?
O du verdammtes amt! was haben wir vor zeiten!
Daß man den Pluto itzt mehr, als den Plato, acht.
Auf einen gepruͤgelten galan. SOnſt braucht man holtz dazu, wenn man will feuer machen,
Doch, wie man ſieht, bey dir ſind es verkehrte ſachen;
Du bringſt was neues auf, und zeigſt mit zittern an,
Daß man das feuer auch mit holtze leſchen kan.
Auf eines ſein verſoffen weib. BEym brunnen redte dort Rebecca kluge ſachen;
Beym waſſer laͤſt ſichs noch mit deinem weibe machen.
Weil ſie nur dieſes trinckt, ſo bleibt ſie noch geſcheut;
Doch koͤmmt es an den wein, ſo iſt der narꝛ nicht weit.
Auf53Auf einen gewiſſen reichs-tag. HJer iſt der beſte rath, des andern rath zu ſchwaͤchen.
Hier iſt der beſte ſpruch, einander widerſprechen.
Was prodeſt gleich beſchluͤßt, das reißt proteſt nur ein,
Wie ſoll der reichs-tag nicht zuletzt ein reiß-tag ſeyn?
An einen neuen ehmann. WEn haſt du denn gefreyt? die beſte von den ſchlimmſten.
Wie iſt ſie am verſtand? die kluͤgſte von den tuͤmmſten.
Jſt ſie auch ſchoͤn genung? Ja wie ein a. b. c.
Was kriegſt du denn mit ihr? Ein cornu copiæ.
Der abgewieſene ſtaats-rath. JUvenco kam nach hof, und bat befoͤrderung.
Seht, ſprach er, mein geſchlecht hat tauſend jahr geſtanden,
Und manchen held gezeugt. Die antwort war vorhanden:
Der ſtand iſt alt genung, nur der verſtand zu jung.
Grabſchrifft des Grobiani. DJe grobheit war bey mir mein fuͤnfftes element,
Noch groͤber war der tod, der keine mores kennt.
Zwey ſtaͤdte ſind, die mir doch ruhm erworben haben:
Zu Schweinfurth ward ich jung, zu Ochſenfurth begraben.
Die beregnete Doris. DEr regen waͤſſerte die arme Doris ein,
Als ſie ſpatzieren gieng, und nicht ans wetter dachte.
Jhr leute, lachet doch! Sie will ein engel ſeyn,
Und wuſte dennoch nicht, was man im himmel machte.
D 3Die54Die ſchoͤne glaubens-bruͤder. WAs glaubſt du? ward gefragt. Die autwort kam geflogen:
Jch glaube nichts. Warum? ſo werd ich nicht be -
trogen.
So glaub ich alles denn, warff ihm ein andrer ein,
Es muß ja etwas wahr von dem geglaubten ſeyn.
Auf ein unartiges frauenzimmer. WEr Caſpiam bekommt, braucht keinen bienenſtock,
Er braucht kein hackebrett und keine ruͤbehacke:
Wenn ſie am froͤmmſten iſt, ſo ſieht ſie wie ein bock;
Wenn ſie am ſchoͤnſten iſt, ſo gleicht ſie meinem ſacke.
Die ſchein-heilige. MAn kuͤßte Julien bey einer compagnie,
Da ſeufftzte ſie gar tief. Warum es nun geſchehen,
Befragte ſie ein freund: Jch ſeufftze, ſagte ſie,
Nicht, daß man mich gekuͤßt, nur weil man es geſehen.
Auf einen ungelehrten doctor. HJer deckt ein ſammtner peltz den hoͤltzernen verſtand,
Zu einem geiſtlichen ward er zu ſchlecht erkannt;
Nichts nutze war er auch in der juriſten orden;
Aus deſperation iſt er ein doctor worden.
Grabſchrifft eines gold-machers. SChau hier ein volles grab und eine leere kuͤſte,
Hier ruht ein alchymiſt; das echo rufft: im miſte.
Raͤthſel. DEr bauer ſieht es ſtets, gar ſelten ſehns die reichen,
GOtt ſieht es nimmermehr. Was iſt es? ſeines gleichen.
Auf55Auf einen eigen-nuͤtzigen beamten. EJn ſchaͤfer lieget hier. Soll dichs nicht wunder haben?
Der andre ſchur, wird doch mit gantzer haut begraben.
Auf einen naſen-weiſen ſplitter-richter. KEin menſch hat recht geredt, kein menſch hat recht gethan;
An allen findeſt du zu beiſſen und zu nagen.
Doch wo du rath bedarfſt, ſo laß dir dieſes ſagen:
Greiff deinen buſen vor, hernach den beſen an.
Grabſchrifft eines ſchmarotzers. MEin gantzer lebens-lauff beſtehet in neun worten:
Jch kochte nirgends was, und fras doch aller orten.
Auf einen aprill-narren. WAs iſt zwiſchen dir, und dem, der dich ſchickt, vor unter -
ſcheid?
Nichts, als nur allein die lufft, weil ihr beyde narren ſeyd.
Uber den gehenckten Judas. ZWey diebe haͤngen hier in dieſem engen raume:
Der beutel haͤngt an mir, ich aber an dem baume.
Als man Spanien, bey lebzeiten des koͤnigs, vertheilte. DEr adler ſucht ein neſt, die lilgen einen garten,
Die leuen eineu raub, Sanct Peter noch ein ſchwerdt.
So ſpielet man um dich, und miſchet ſchon die karten,
Geht dir der koͤnig ab, ſo iſt martſch ungewehrt.
D 4Auf56Auf die langſame einraͤumung Briſachs. FRanckreich giebt dich nicht zuruͤcke, biß die bruͤcke ruinirt;
Doch es ſind gar andre tuͤcken, die man hier im ſchilde
fuͤhrt.
Wieviel monden wird man noch biß zu deiner freyheit zehlen?
An den pfaͤhlen fehlt es nicht, nur an Ludewigs befehlen.
Auf die endlich erfolgte einraͤumung. WOhin ſchickſt du deine gaͤſte? Jeder dencke, was er will.
Denn der tag, an dem ſie ſcheiden, iſt der erſte vom aprill.
Auf den Marcell. DEin bart iſt ziemlich klein: Die nas’ iſt ſchuld daran,
Weil ſie viel ſchatten giebt, daß er nicht wachſen kan.
Ein jeder zu ſeines gleichen. MOps kuͤßte ſeine magd; ſie ſprach: Herꝛ! irꝛt euch nicht,
Es ſolte ſonſt wohin, und ihr kommt ins geſicht.
Auf einen papiernen edelmann. MAn ſiehet, daß dein ſchild nur ſchwartze farben weiſt,
Weil du mehr tint’ als blut vors vaterland vergeuſt.
Du kommſt von Sebulon, drum prangen deine fahnen
Mit federn, aber nicht mit vaͤterlichen ahnen.
Als ein junges maͤgdgen einen alten mann nahm. DU ſieheſt auf das geld, nicht auf die grauen haare;
Du gehſt aufs braut-bett zu, dein mann zur todten-baare.
Die freyheit iſt verkaufft, was hilfft dich nun dein freyn?
Am tage wirſt du frau; des nachtes witwe ſeyn.
Die57Die himmliſche Clarille. DEr himmel wird bewegt, die erde ſtehet ſtille:
So glaubt man insgemein, ſo glaubet auch Clarille;
Denn ihre wanckelmuth bezeuget fuͤr und fuͤr,
Es ſey viel himmliſches, nichts irꝛdiſches an ihr.
An Kayſerswerth. WJe koͤmmts, daß Franckreich dich zu ſchuͤtzen nicht begehrt?
Die trouppen von Burgund ſind wohl ſehr ſchlecht
geuͤbet.
Das machts, es iſt dein platz, wie es der ausgang giebet,
Nicht eines koͤniges, nur eines kayſers werth.
Auf den gefangenen Villeroy. DEr adler nimmt den hahn aus dem gemachten neſte,
Kein loch iſt ihm zu klein, kein thor iſt ihm zu feſte.
Wer gar zu zeitig will auf fremdem miſte kraͤhn,
Kan, eh man es verſieht, ſich in dem korbe ſehn.
Alte waare geht ſelten ab. MOps hat ein ſchoͤnes weib; er muß ſie ſelbſten loben,
Von hinten und von forn, von unten an biß oben,
Und daß mans glauben ſoll, ſo ſchwoͤrt er ſtein und bein,
Wenn es ans tauſchen geht, woll’ er der erſte ſeyn.
Auf den Loth. ZWey engel haben dich aus einem brand’ erloͤſt,
Zwey weiber haben dir den andern eingefloͤſt.
Aus was die flucht dich bracht, drein ſtuͤrtzt dich die begier;
Ein Sodom laͤſt du dort, das andre findſt du hier.
D 5An58An den alten Chremes. MAn fragt dich immerfort: Wenn wird die tochter freyn?
Du ſprichſt: Es iſt ſchon zeit, wenn ſie wird mannbar
ſeyn.
Du narꝛ! ſie ſtraft dich ſelbſt mit worten und gebaͤrden;
Gieb ihr nur einen mann, ſie wird ſchon mannbar werden.
Auf ein artiges huͤndgen. LAbelle! du biſt werth, daß England dich gezeugt,
Daß dich Bolonien mit ſeiner milch geſaͤugt.
Ja waͤr nicht allbereit am himmel ein ſolch zeichen,
So ſolteſt du zu erſt dergleichen ſtell erreichen.
Auf eine ſehr blos gekleidete. DJe wahrheit pflegt man ſonſt gantz nackt und blos zu kleiden;
Euch beyde muß man doch darinnen unterſcheiden,
Daß jener bloͤſe zeigt, was ſie rechtſchaffen iſt;
Du aber nackt verraͤthſt das, was du nicht mehr biſt.
Auf einen abgedanckten ſoldaten. DJe beute, die du haſt, ſind ſchrammen im geſicht,
Sind ſteltzen an dem bein, und kruͤcken an den haͤnden.
Doch wundere dich nicht! So gehts an allen enden:
Wo krieg und kruͤge ſeynd, da fehlts an ſcherben nicht.
Das goldne kalb. WJe reimt ſich gold und gott? das gienge wohl noch hin;
Allein ein kalb darzu, das iſt ein toller ſinn.
Hat man auch jemahls wohl dergleichen ding geleſen?
Die dieſes kalb verehrt, ſind ochſen gar geweſen.
Grab -59Grabſchrifft eines cantors. DA ich am beſten ſang, ſo macht der tod den ſchluß,
Und giebt den tact darein, daß ich pauſiren muß.
Piano klingt es nun an dieſem ſtillen orte:
Jch ſtarb als wie ein ſchall von dem vergangnen worte.
Auf eine veraltete ſchoͤnheit. DEr winter ſtellt ſich ein, der ſommer iſt vergangen,
Du denckſt nicht mehr, wenn ſich der fruͤhling ange -
fangen:
Wie mancher wird hinfort bey dir vorůber gehn,
Weil man dein roſen-feld ſieht voller quitten ſtehn.
Auf einen ungerathenen buͤcher-ſchreiber. WJlſt du dich auch, ein buch zu ſchreiben, unterwinden?
Apollo wundert ſich mit der gelehrten welt,
Er giebt auch ſchon befehl, damit es ewig haͤlt,
Dein ungemeines buch in eſels-haut zu binden.
An die Belinde. WJrff, falſche! deinen blick, wohin es dir beliebet,
Weil er nur lauter rauch und keine flammen giebet.
Ein andrer wickle ſich in deinen netzen ein.
Es reimt ſich nicht bey mir: Mein und gemeine ſeyn.
Abigail. JCh habe Davids zorn mit freundlichkeit verſoͤhnt,
Daß er mein wittwen-lied mit ſeiner liebe croͤnt.
Jhr weiber, dencket nach! War ich nicht klug und ſchlau?
Jch gab ihm einen korb, ſo ward ich ſeine frau.
Nim -60Nimwegen. Rißwig. NJmwegen hat den weg zum frieden einſt gemacht,
Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht;
Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen muͤſſen.
Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entriſſen.
Auf eine ins kloſter gehende courtiſanin. DU huͤlleſt muth und gluth in einer kutten ein,
Und wilſt hinfuͤro ſtein in fleiſch und blute ſeyn.
Wer nach der urſach fragt, der nehme dieſe lehre:
Es fehlte Teutſchland noch an einer Valiere.
Grabſchrifft eines teller-leckers. HJer lieg ich, der ich offt in ſauß und ſchmauß gelegen,
Mein tiſch war uͤberall, mein teller allerwegen.
Wo es mich nichts gekoſt, da gieng ich gerne hin;
Es koſtet mich auch nichts, daß ich geſtorben bin.
Grabſchrifft eines fuchſes. MAn nahm mir meine haut, und ließ mir fleiſch und bein,
Wiewohl auch dieſe noch der raben fruͤh-ſtuͤck waren.
Ach waͤre doch mein geiſt nur in den ſchwantz gefahren!
So koͤnt ich immerfort bey hofe lebend ſeyn.
Grabſchrifft einer katze. JCh war der maͤuſe tod, nun bin ich mauſe-todt;
Jch gieng auf andre loß, und kam doch ſelbſt in noth.
Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen,
So muſt’ ich moͤrder mich vor einem marder fangen.
Auf61Auf die neue colonie Darien. SO macht die neue welt noch immer neue grillen,
Daß man die kaſten will auf ihren kuͤſten fuͤllen.
Wie wirds, ihr Spanier! um euer erbtheil ſtehn?
Die Schotten werden euch nun in die ſchoten gehn.
An den groſſen Leopold. ES wolte dich die kunſt in alabaſter druͤcken:
Nein! ſprach die ewigkeit, es muß was beſſers ſeyn;
Denn unter welchem wir die goldne zeit erblicken,
Des bildniß muß auch wohl von purem golde ſeyn.
Auf den Joſephum. GAntz Europa war beſorgt, was man dir vor nahmen gebe.
Ungarn hieß dich Ladisla; Boͤhmen ſprach: Matthias lebe!
Spanien bat einen Philipp, Welſchland einen Siegismund;
Teutſchland, welches bey der wiege voller freud und lachen ſtund,
Wolte ſeinen nahmen auch gleich den andern ihm ertheilen;
Er heiſt Joſeph, rieff es laut, er wird meinen ſchaden heilen.
Auf den tapffern Churfuͤrſten Johann George den III. DU biſt der dritte printz von drey Johann Georgen,
Und darffſt von keinem nichts, als nur den nahmen, borgen.
Wer deine thaten lieſt, der ſtimmt gar gerne bey,
Daß Wittekind vor dir ein bloſes kind nur ſey.
Wegen Huͤnningen an die Schweitz. DJe huͤner niſten ſchon in deinen graͤntzen ein,
Wie ſolte nicht der hahn auch nahe bey dir ſeyn?
Auf62Auf die hinwegnehmung Elbing. JCh ſas in fried und ruh; Doch eh ich michs verſah,
So war das thor geſperꝛt, und lauter feinde da.
Jch muß zu frieden ſeyn: Die zeit wird es ſchon lehren,
Ob ich das ſcepter ſoll mehr als den ſebel ehren.
Auf den tod des beruͤhmten D. Alberti in Leipzig. GLeich da ich deiner grufft die grabſchrifft ſetzen will,
So ſtieß Apollo mich, und wolt es gar nicht haben.
Doch er bedachte ſich; Schreib, ſprach er, nur ſo viel:
Mit dir liegt Schleſien in Meiſſenland begraben.
Auf eine ſchrifft von mehr als einer welt. JEder glaube, was er will. Andre moͤgen fragen gehen:
Ob die welten im gehirn, oder in der ſtirne ſtehen?
Wer die meinung wahr befindet, dieſer bilde ſich nur ein:
Ey was werden tumme leute in dem hunds-ſtern muͤſſen ſeyn!
Auf den ertz-biſchoff von Cammerich. MAn fragt, warum der papſt dein buch ſo ſcharff verbannt,
Da er es doch vorhin vor gut und recht befand?
Mich deucht, du haſt ihm viel vom ruhen vorgeleſen,
Drum iſts vor ihn zu tumm, vor dich zu klug geweſen.
Auf die vereinigung des alten und neuen calenders. NUn wird das alte neu, die welt verjuͤngt ſich immer,
Man liebet neue pracht und neue kluͤgeley.
Zwey ſtuͤcke werden nur nicht wieder bey uns neu,
Die alte teutſche treu, und altes frauenzimmer.
Auf63Auf ſeine eigene verſe. FLieget hin und ſeyd geduldig, wenn man uͤbel von euch ſpricht,
Denn, ſoll ich die wahrheit ſagen? ihr gefallt mir ſelber nicht.
Auf eine liebliche, aber ungeſtalte ſangerin. NUr die ſtimme, weiter nichts, iſt was an dir zierlich iſt;
Wer dich hoͤrt, der liebet dich; wer dich ſieht, der muß
dich haſſen:
Und wer dich gar wohl betracht, dieſer wird die meinung faſſen,
Daß du eine nachtigalle, aber nur bey nachte, biſt.
Auf ein hoffaͤrtiges, aber armes frauenzimmer. DU zierſt den kopff mit band, die ſtirn mit krauſen haaren,
Den hals mit perl und gold, die bruſt mit nackten waaren;
Du denckſt, wer da nicht will? Ach nein! du irreſt ſehr:
Was nutzt ein offner kram, wenn das gewoͤlbe leer?
Grabſchrifft eines banquerouten. MEin kauff hat, leider! ſich in einen lauff verkehrt,
Vor tauſend thaler reich, itzt keines hellers werth.
Nichts bleibt mir, als der troſt, wo der den ſchmertz kan ſtillen:
Daß ich vertrieben bin nur um des glaubens (credit) willen.
An die fraͤulein von **. DU ſchoͤne Helena! dein glantz iſt ungemein,
Jch wolte dir das hertz aus deiner bruſt entfuͤhren;
So muß mein eigen hertz in flammen ſich verliehren:
Dein Troja kan ich wohl, nur nicht dein Paris ſeyn.
Der64Der kraͤmer. ES war zu --- marckt, Cupido kam in eil,
Und legte waaren aus; es waͤhrte kaum zwey ſtunden,
So hatte dieſer kram ſchon ſeinen mann gefunden.
Fragſt du, was er verkaufft? Er hatte hoͤrner feil.
An der Cloris garten. DEin garten iſt galant; Doch hat mir unter allen,
Was ſeine ſchoͤnheit giebt, nur diß allein gefallen,
Daß man die uͤberſchrifft an jeder blume lieſt:
Wir ſind noch lange nicht ſo ſchoͤn, als Cloris iſt.
Auf eine heßliche. WEr dich ſieht und deine magd, der faͤllt mir gar gerne bey,
Daß die dienerin viel ſchoͤner, als die jungfer ſelber ſey.
Schaffe du dein maͤgdgen weg, die dir ſolchen ſchatten giebet;
Sonſten wird der umſtand mehr, als die ſache ſelbſt, geliebet.
Auf die Schwediſche Chriſtina. DJe tapfferkeit von Alexandern
Nahm koͤnigreich und laͤnder ein;
Du aber ſchenckſt ſie einem andern,
Wie kanſt du*Sie nahm mit der paͤpſtlichen religion dieſen nahmen, dem papſt Alexandro zu ehren, an.
* Alexandra ſeyn? Der verfehlte weg. DEr arme Titius iſt gantz im kopff verwirrt,
Weil ihm Meliſſe hat ein koͤrbgen angehangen.
Er hat den weg verfehlt. Wie iſt es zugegangen,
Daß er von Oſchatz ſich nach Eulenburg verirꝛt?
Grab -65Grabſchrifft eines kargen filtzes. DUrch zinſe ward ich diß, was ich zuvor geweſen,
Durch zinſe ward ich reich, durch zinſe ward ich ſtoltz,
Vor zinſe gab ich her geld, wolle, bier und holtz;
Gieb, leſer! zinſe her, wilſt du die grabſchrifft leſen.
Raͤthſel. NEptun war gantz entbrannt, die Ceres zu umſchlieſſen,
Sie merckte ſeine gluth, und ließ ſich willig kuͤſſen;
Sein cryſtallinen mund ſog ihren malvaſier,
So zeugten ſie ein kind. Wie hieß der name? Bier.
Ein jeder, was ihm ſchmeckt. MAn lacht den Daphnis aus, daß er Liſetten kuͤßt,
Weil ſie ſchlecht von geburth, und ſchlecht von ſchoͤn -
heit iſt.
Gnung, daß ſie klugheit hat, wer fraget nach dem ſchmincken?
Man kan wohl guten wein auch aus dem done trincken.
An die Armille. DJe Chriſt-nacht gab dir zwar den zettel in die hand,
Darauf mein nahme ſtund; wie iſt es denn bewandt,
Daß dich ein andrer hat zu ſeiner braut erleſen?
Das machts, mein zettel iſt von leſch-papier geweſen.
Klage eines alten jungen-geſellen nach der heyrath. WJe ſchickt ſich funfftzig jahr, und ein verliebter orden?
Wie reimt ſich kalt und warm? ein kuß und graues haar?
Dort fehlte mir ein weib, da ich noch juͤnger war;
Jtzt fehlt der frau ein mann, da ich zu alt bin worden.
VI. Theil. EAuf66Auf einen kamm aus elephanten-zaͤhnen. R. VJel zaͤhne hab ich itzt, vor war ich nur ein zahn:
Genung, daß ich den zanck der haar’ entſcheiden kan.
Auf die huͤrſte ſeiner liebſten. R. DAs haar das trug zuvor ein ſchwein auf ſeinem ruͤcken;
Jtzt gilt es mehr, es ſoll der liebſten haare ſchmuͤcken.
Auf einen ſchwamm. R. JNdem der leichte ſchwamm, nach ausgedruckter fluth,
Den leeren bauch erhebt, iſt er zum waſchen gut.
Auf einen ſpiegel. R. DEr ſpiegel ſaget uns des hauptes maͤngel an:
Schaut auch in den, der die des hertzens zeigen kan.
Jhre die form eines ſchwanes habende gieß-kanne. R. WAnn ſie ſich waͤſcht, flieg ich auf ihren haͤnden her:
Wann es vollbracht, ſchwimm ich: ihr becken iſt mein
meer.
Auf eben dieſelbe. R. SJe leget unter mich die haͤnde fuͤr und fuͤr,
Jch meine ſeel’ in ſie, drum iſt kein leben hier.
Auf67Auf die feder. R.SOll Rom nicht durch die ganß beſchuͤtzet worden ſeyn?
Wer ſchuͤtzt viel koͤnigreich? Ein kiel davon allein.
Beſchreibung eines briefes. R.DAs ſchreiben redt, es ſchleuſt das pettſchafft ſeinen mund,
Eroͤffnet thut es mir der liebſten willen kund.
Auf die Argenis Barclaji. R.DJe welt verehrt einſt Rom; itzt ruffet Rom mich an,
Dieweil es ſeine ſprach’ aus meiner lernen kan.
Als ſie eine landſchafft mit der nadel ſtuͤckte. R.OOrpheus! lege nur die wunder-harffe hin;
Der nadel ſuchen baͤum’, und thiere nachzuziehn.
Eine von ihr geſtuͤckte blume. R.MEin gaͤrtner! zweiffle nicht, daß ich getroffen bin:
Hier ſitzt die bien’ und ſucht ſelbſt honig auszuziehn.
Auf ein armband von lauter rubinen. R.HJer hat der kuͤnſtler nicht die ſtein in gold geſchloſſen,
Sie ſind ſo roth als blut ſelbſt in ein band gefloſſen.
E 2Von68Von dem rechten ſpiegel. R.DU ſchauſt den ſpiegel an; allein willſt du recht wiſſen,
Wie ſchoͤn und rein du ſeyſt, ſo ſchau in dein gewiſſen.
Die ſcheere ſeiner liebſten. R.GEdencke, wann ſie mich an einen faden ſetzt,
Daß Lacheſis die ſcheer’ auch auf dein leben wetzt.
Als ſie eine nadel in geſtalt eines degens in der hand fuͤhrte. R.WAs wilſt du, edles kind! erſt einen degen tragen?
Die Venus war ja nackt, als ſie den Mars geſchlagen.
Kleinod in geſtalt eines ſchwanes. R.MJr fehlt die ſtimm: Jedoch wird man ein kleinod bringen,
Das ſchoͤner iſt als ich; ſolt ihr mich hoͤren ſingen.
Auf die franzoͤſiſchen karten. R.HAlt, oder laß es gehn. Gewinnſt du? Gut. Wo nicht?
Die buß iſt da. Weil man dich um den ſatz beſpricht.
Auf die welchſen karten. R.BLeib, haſt du etwas guts. Das allerletzte blat,
Bringſt du es an, ſchlaͤgt den, der eß und koͤnig hat.
Auf69Auf das ſchach-ſpiel. R.DJe krieger ſtehen hier, als wie in einer ſchlacht,
Es nimmt ein jeder ſich und ſeinen feind in acht.
Die gebundne Andromeda in einer ſchilderey. R.VOr mir der drach: an mir die ketten: unten meer:
Und oben blitz: Ach! ſagt, wo kommt mein Perſeus her!
Die verwandelte Jo in einem gemaͤhlde. R.SJe iſts noch nicht, ſeht her! Sie wird erſt eine kuh.
Wie wohl ſchickt doch dein ochs, Europa! ſich darzu.
Die verwundete Porcia. R.MEin Brutus! traure nicht, die wund iſt ſchlecht und klein:
Wo du des Caͤſars fehlſt, muß ſie weit groͤſſer ſeyn.
Die wahrſagende Velleda. R.ACh! daß der mahler mir den mund nicht aufgethan!
Jch ſagte, Teutſchland! dir des krieges endſchafft an.
Auf einen gebratnen wilden auer-hahn. R.DAs rauhe baltzen wird, wo feiſte kiefern ſtehn,
Dem hoch-gebruͤſten gaſt, hoff ich, nunmehr vergehn.
E 3Auf70Auf einen haſen. R.WEr von dem haſen ißt, iſt ſieben tage ſchoͤn:
Mir thaͤt es noth; ich laß ihn doch aus freundſchafft
ſtehn.
Auf ein cryſtallin wein-glas. R.DJana taucht ſich hier mit ihren nymphen ein:
Der fluß iſt wein; Wer trinckt, der muß Actaͤon ſeyn.
Auf einen gebratnen capaun. R.DAß ich ſo zart und weich an friſchem fleiſche bin,
Macht, daß fuͤr mir kein hun nicht durffte niederknien.
Auf ein ſchau-eſſen mit einem ausge - ſtopfften pfauen. R.DAs fleiſch iſt unten zu, die federn oben an:
Genung, daß ſchier der ſchwantz die tafel decken kan.
Auf eine zugerichtete meer-ſchnecke. R.SEht, wie um dieſe ſchaal ein wurm den andern ſchraubt.
Sie leben; trinckt nicht viel; ſonſt ſuchen ſie das haupt.
Auf die pantoffeln einer ſchoͤnen dame. R.JHr zeigt den weg, wohin viel wuͤnſch und ſeufftzer gehn:
Wohl dem, der kuͤnfftig kan in euren ſtapffen ſtehn!
Auf71Auf ihr nacht-gefaͤß. R.JCh bin ein glas. Wer mehr in mir begehrt zu ſchaun,
Laß in mich ſein geſicht an ſtatt des bodens baun.
Auf ihre kammer-thuͤre. R.JHr angel, ſchweigt! damit ſie mich nicht hoͤre flehn:
Wann ich zuruͤcke bin, entdeckt, was ich geſehn.
Die lampe an ihr bette. R.Ofuͤſſes bett! ich ſeh und kenne deinen thron:
Entbloͤſe, was du wilt, ich ſage nichts davon.
Licht und liebe haben einen ausgang. WAnn bey der lampe nicht der gulden’ oͤlkrug ſteht,
Verliſcht das licht: ich auch, wann mir ihr ſchein ent -
geht.
Von ihrem bette. R.Waͤr’ ich ihr bett, ich ließ’ auf hertzen voll vergnuͤgen
Hertz, und auf munde mund, und aug’ auf auge liegen.
Von traͤumen. R.Waͤr’ ich ein traum, ich laͤg’ im ſchlaf in ihren armen,
Biß daß ihr hertze ſich des meinen wuͤrd’ erbarmen.
Von der nacht. Waͤr’ ich die nacht, ich wolt’ in dieſer ſchoͤnen auen
Mit meinen ſternen blos auf eine nymphe ſchauen.
E 4Der72Der ungluͤckliche freyer. G. H. JCh ſchickte mich neulich zum ehlichen ſtande,
Trug aber das ja-wort mit koͤrben davon,
Was macht es? Die antwort bekam ich zum lohn;
Jch haͤtte nicht liegende guͤter im lande.
Jch dachte, du naͤrꝛgen! ich freye deßwegen,
Daß ich mich auf liegende gruͤnde will legen.
Der lang-naͤſichte verliebte. G. H. NAſutus wolte hochzeit machen,
Jch trug ihn bey Charlotten an,
Und proponirte ſeine ſachen;
Sie ſprach: Jch mag noch keinen mann,
Und vor den braͤut’ gam ſag ich danck,
Denn dieſe nas iſt gar zu lang.
Auf Dorindens unnuͤtzes kirchen-gehen. DOrinde hat in tempel ſich verliebt,
Und da den heilgen ort durch ihren ſinn betruͤbt.
Nun iſt die ſtrafe da:
Denn als ihr ſchatz die gunſt erfuhr,
So macht er ſich auf die gebahnte ſpur,
Und kam ihr ſo zu nah,
Daß ſie bald wird was junges hoͤren ſchreyn.
Jhr andern, wo ihr auch wolt ſo geſinnet ſeyn:
So ſtellt viel lieber gar das kirchen-gehen ein.
Eben darauf:JHr jungfern! nehmt euch ein exempel,
Und ſeht, wie es Dorinde macht
Fein alle morgen in dem tempel,
Daß auch bey euch das gluͤck erwacht;Doch73
Doch dieſes wuͤnſcht euch nicht, was ſie bereits betroffen:
Sie kan, ohn einen mann, itzt auf was junges hoffen.
Abſchieds-koͤrbe. WEr auf die freyth will gehn,
Muß ſtets in ſorgen ſtehn,
Daß man ihm nicht den tantz verſage,
Und mit dem korbe weiter jage.
Wo einmahl ſich die koͤrbe hingewoͤhnen,
Da pflegen ſie vor mehr den weg zu baͤhnen.
Doch iſts noch gut, daß ſie nicht ſichtbar ſeyn;
Sonſt wuͤrden gar die maͤgdgen
Vor einem ſolchen korbe-traͤger
Wie vor dem pop-hans ſchreyn.
Ach! kaͤmen nur die moden auf,
Daß ſelbſt die maͤgdgen muͤſten gehn
Auf dieſen liebes-kauff!
Was gilts? es wuͤrd’ um ſie vielleicht noch ſchlimmer
ſtehn.
Viel maͤgdgen wuͤrden ſich gantz lahm an koͤrben tragen:
Nach angebotner gunſt pflegt niemand viel zu fragen.
Die faulen prediger. C. H. DEr Heyland ſagte wohl: Geht hin in alle welt!
Doch itzt wird der befehl nicht eyfrig gnug beſtellt,
Weil ſehr viel prediger ihn weiter nicht erfuͤllen.
Denn ſeht, fie gehen nicht, ſie reiten auf poſtillen.
Die Doris, mit einem bienſtocke verglichen. DOris iſt ein bienenſtock, da viel bienen offt geſtecket;
Schade! daß die wolluſt hier laͤngſt den honig abgelecket.
E 5An74An einen hahnrey. C. H. DEn vogel kan und ſoll man an den federn kennen:
Marin! du biſt nun auch mit federn ausgeziert;
Was werd’ ich demnach dich vor einen vogel nennen?
Mich deucht, der guckguck iſts, der dir ins ſchild gebuͤhrt.
An einen artzt. C. H. DU und dein weib curirt die krancken um die wette,
Sie, in dem ihrigen, du in dem fremden bette;
Doch hat ſie ihr dadurch ein groͤſſer lob erworben,
Weil ihr noch keiner iſt, dir aber viel geſtorben.
An Silvien. J. C. G. DU ende meiner noth, und aufang meiner luſt!
Ach waͤre mir doch auch dein mittel-recht bewuſt!
Die gecroͤnten poeten. T. V. WEnn dieſe, die gecroͤnt, galante tichter ſeyn,
So kommt manch guter mann in ihre zunfft hinein.
Die liebes-erndte. T. V. WElcher hat die beſten aͤcker? keiner als ein guter mann,
Weil er das, was andre ſaͤen, als ſein eigen, erndten
kan.
Die75Die zu fall gekommene jungfrau. U. S. VOn mancher jungfer heiſts: Die iſt zu falle kommen,
Dieweil ein doppelt hertz in ihrem leibe ſchlaͤgt;
Allein, wer hat wohl das vor fallen angenommen,
Wenn man ſich mit bedacht freywillig niederlegt?
Die wohlfeilen kaͤmme. U. S. JNs kuͤnfftige wird man die kaͤmme wohlfeil kauffen,
Weil man die hoͤrner ſieht auf allen gaſſen lauffen.
Auf eine pocken-gruͤbichte. J. C. G. WJrd alle kugeln gleich Eugenius verſchieſſen;
Kan man in dein geſicht doch wieder neue gieſſen.
Die weiber-herꝛſchafft. J. C. G. DJe maͤnner ſollen ſtets die ober-herꝛſchafft fuͤhren,
Diß hat das Sachſen-recht denſelben zuerkannt;
Allein das kammer-recht das heiſt die frau regieren,
Da giebt ihr ſelbſt der mann den ſcepter in die hand.
Die bucklichte Doris. J. C. G. DJe Doris will gewiß ſich zum proceſſe ſchicken,
Denn ſie hat allbereits die acten auf dem ruͤcken.
Arme jungfern. DAs tauſend-guͤlden-kraut iſt bey den maͤgdgen rar,
Wer dieſes ſucht, find offt davor nur frauen-haar.
Auf76Auf die um geld buhlende Dorinde. DOrindens wahl-ſpruch iſt: Wer ſchmiert, der faͤhret wohl;
Das heiſt, daß man ihr vor das gleiß bezahlen ſoll,
Eh daß ſie fahren laͤßt. Doch dieſer faͤhrt zur hoͤllen,
Der ſich als Kutſcher will zu ihrem zeuge ſtellen.
Auf die geitzige Doris. DU biſt der Doris ſchatz, nicht weil du ſie ſehr liebſt,
Nein; ſondern weil du ihr ſo manche ſchaͤtze giebſt.
An Clelien. C. H. MAn ſagt: Das gluͤcke ſoll’ auf einer kugel ſtehn;
Drum laß dir, Clelia! mein leid zu hertzen gehn!
Und wenn ich meine hand zu deinen bruͤſten ſchicke,
So denck’, ich ſuche da fuͤr mich ein doppelt gluͤcke.
Die alten weiber. C. H. DJe alten weiber ſind die groͤſte zier der erden;
Jch mein’ alsdann, wann ſie hinein geleget werden.
Die bettel-jungen. C. H. DJe bettel-jungen ſind die allerreichſten knaben,
Weil ſie vor jeder thuͤr etwas zu fordern haben.
Der eheſtand. C. H. DEr ehſtand iſt ein kartenſpiel,
Da ſpielt ein jeder, der nur will.
Bald77Bald gehts, bald nicht, bald gar genau,
Bald trumpfft den mann wohl gar die frau.
Nichts kommt mir wunderlicher hier
Als diß, in dieſem ſpiele, fuͤr,
Daß der verſpielt und unten liegt,
Der doch die beſten ſchlaͤge kriegt.
Die weiber-herꝛſchafft. C. H. DJe ober-herꝛſchafft ſteht den weibern trefflich an:
Doch iſt das bette ſchuld, daß ſie nicht dauren kan.
An Cornelium. C. H. DJe goͤtter mahlte man mit hoͤrnern bey den alten;
Jch glaube, daß dein weib, Corneli! dieſes weiß,
Drum giebt ſie ihren leib aus lieb und hoffart preiß,
Daß man ſie ſoll hernach vor eine goͤttin halten.
Das gluͤcke. C. H. DAs gluͤcke mahlet man in frauenzimmer-tracht,
Weil ſie der unbeſtand ein ander gleiche macht.
Die kuͤſſe. C. H. DRuckt ein jedweder kuß ein ſchwartzes fleckgen ein;
So wuͤrde dieſes land bald voller mohren ſeyn.
Die78Die buhlerey. C. H. DJe Magdalena hat viel ſchweſtern hinterlaſſen,
Die jung die buhlerey, alt buß und reu umfaſſen.
Die liebe. ES heiſt die lieb ein beil, wer ſie zuruͤcke lieſt,
Mit welchem vielen ſchon ihr gluͤck enthauptet iſt.
An Selinden. C. H. SJe faſſet alles wohl; Doch von den rechten dingen
Jſt das geringſte nicht in ſie, mein kind! zu bringen.
An Dorinden wegen ihrer ſtaͤrcke. C. H. DJe irren nicht, die viel von deiner ſtaͤrcke ſagen,
Weil du die kleine welt ſo leichtlich kanſt ertragen.
Vom extra-gehen der frauen. C. H. NAchdem das extra-gehn der frauen auf iſt kommen,
Hat mancher ſchwache mann an ſtaͤrcke zugenommen.
Der unverſtaͤndige feld-meſſer. C. H. DU unterſteheſt dich, die felder abzumeſſen,
Nun ſolteſt du auch, dich zu meſſen, nicht vergeſſen;
Doch glaub ich, dein verſtand wird unermeßlich ſcheinen.
Warum? Das meiſte volck das ſpricht, du haͤtteſt keinen.
Das79Das ſtille-ſtehn der ſonne. C. H. WAs Joſua gethan, thut auch Copernicus,
Daß unſer ſonnen-licht im mittel ſtehen muß.
Zwar jener muſte diß bald wieder laſſen gehn;
Hingegen dieſer heißt ſie noch biß dato ſtehn.
Wer ſieht nun nicht, der hier diß ſtehn begreiffen kan,
Daß mehr Copernicus als Joſua gethan?
An ***. VErſtehſt du die natur? Wie ſtelleſt du denn mir
Die himmels-kuͤgligen bald ſo, bald anders fuͤr?
Mich deucht, es heiſt von dir und deinem vielen ſtellen,
Du ſpielſt damit, als wie die kinder mit den baͤllen.
Der alliirten ſieg bey Hochſtaͤdt. C. H. DEr feinde hochmuth liegt bey Hochſtaͤdt auf der baare:
Sagt: Ob ſich hoch und hoch nicht wohl zuſammen paare?
Jtem:ES iſt der Schellenberg itzt den Frantzoͤſchen horden
Vor ihre pralerey zur trauer-ſchelle worden.
Nun hat der Schellenberg den nahmen von den ſchellen,
Davon dem Ludewig noch ſtets die ohren gellen.
Die toͤdlichen pulver. C. H. EJn artzt und ein ſoldat ſind faſt einander gleich:
Denn beyde machen viel durch ihre pulver bleich.
An einen punctirer. C. H. MEin freund! wenn du punctirſt, ſo trifft es allzeit ein,
Daß deine puncte nichts als bloſſe puncte ſeyn.
Das80Das Magiſter-M. C. H. DJe weißheit bringt uns itzt mit ihren ehren-gaben
Wohlfeile zeit ins land: Denn was ſonſt tauſend galt,
Das kan itzt jedermann, gelehrt, reich jung und alt,
Vor funffzehn, ja wohl gar vor zehn, zwoͤlff thaler haben.
Die boͤſen weiber. C. H. DAs beſt’ im ſpiel iſt trumpff: Quaͤlt deine Sara dich,
So trumpffe ſie fein offt; Was gilts, ſie beſſert ſich?
Die ſieben weiſen. C. H. WAs will man Griechenland vor klug und weiſe preiſen?
Es waren ja in ihm nicht mehr, als ſieben weiſen.
Ludwig, Koͤnig in Fr. C. H. LOuis der groſſe will ein Alexander ſeyn,
Und ſeht, er nimmt auch ſchon die welt, wie jener, ein.
Allein, in einem will noch dieſes gleichniß wancken:
Was jener wuͤrcklich that, thut der erſt in gedancken.
Der unverſtand. C. H. DJe zeiten Bileams, die ſtellen ſich itzt ein,
Denn aller orten hoͤrt man deſſen pferde ſchreyn;
Doch Bileams ſein pferd, das ſprach noch kluge ſachen,
Da es die heutigen aufs allertuͤmmſte machen.
Die81Die juriſten. C. H.DJe advocaten ſind dem rechte recht gewogen,
Denn von dem rechte wird was rechtes eingezogen.
Auf Fulvien. C. H.ES traͤgt die Fulvia die bruͤſte ziemlich blos,
Und uͤber diß entbloͤſt ſie heimlich auch die ſchos;
Drum ſagen viel gewiß, daß man um dieſer ſachen
Jhr auch in kurtzer zeit den ruͤcken blos wird machen.
Auf einen ſchlaf-ſuͤchtigen. C. H.ES heiſt bey dir: Man hat auf erden keine ruh;
Und bringſt die meiſte zeit dennoch mit ſchlafen zu.
An einen, der ſich mit ochſen-zungen beſtechen laſſen. C. H.DJe ochſen-zungen ſind noch uͤber menſchen-zungen,
Denn deren rede wird durch jener fleiſch bezwungen.
Jtem:KAn eine zunge dir ſo ſehr die zunge laͤhmen;
So koͤnt’ ein ochſe dir wohl gar das leben nehmen.
Der Meßias. C. H.WJr Chriſten habens ſchon, auf das die Juden harren.
Mit ihnen heiſt es nun: Das harren machet narren.
VI. Theil. FDie82Die fiſcherey der liebe. C. H.DJe lieb und fiſcherey
Die kommen beyd’ einander ziemlich bey.
Denn, wer was liebes will erwiſchen,
Der pflegt herum zu fiſchen;
Und wenn er was erwiſcht,
So wird erſt recht gefiſcht;
Biß endlich ſeinen fluß
Die kinder-mutter fiſchen muß.
Als Titius einem reuter das pferd nahm. M. S. R.SEht! ſagte Titius, ob ichs nicht redlich meine,
Jch nehme dem das pferd, und helff ihm auf die beine.
Auf einer jungfer ſpruͤchwort: Jch habe nichts. M. S. R.DU ſprichſt: Jch habe nichts! ſo hab ich was zu lachen;
Mein kind! wir koͤnnen ſchon aus dieſem nichts was
machen.
Jſts keine groſſe nicht, ſo iſts die kleine welt:
Laß mich nur ſchoͤpffer ſeyn, ſo lang es mir gefaͤllt.
Jtem:JHr jungfern! habt ihr nichts? Zieht nur ins warme bad:
So wird aus nichts ein ding, das haͤnd und fuͤſſe hat.
Die heucheley. T. V.DEn brillen-haͤndlern iſt ein abbruch nun geſchehn:
Weil alle leute gern itzt durch die finger ſehn.
Grab -83Grabſchrifft einer koͤniglichen maitreſſe. C. H.DEr leib, den Ludewig vor andern hochgeſchaͤtzt,
Wird nun den wuͤrmern hier zur ſpeiſe vorgeſetzt;
Dieſelben koͤnnen ſich itzt vom gebluͤte ſchreiben,
Weil ſie mit dieſem fleiſch auch ihre wolluſt treiben.
Des Epicuri. C. H.DAß alles auf der welt muͤß’ ohngefaͤhr geſchehn,
Darinn ließ ſeine kunſt der Epicurus ſehn,
Der hier im grabe liegt: Wo diß ſo pflegt zu gehen,
So wird er ohngefaͤhr bald wieder auferſtehen.
Des Des-Cartes. C. H.MEin leſer! zweifle nicht: Ob diß ein grabmahl ſey?
Das cogito macht dich von allem zweifel frey.
Nun percipir auch das noch clarè und diſtinct:
Vom dritten element liegt Cartes hier umringt.
Des Copernici. C. H.HJer ruht Copernicus; Doch nein, er kan nicht ruhn:
Die erde laufft ja rum, der muß ers gleiche thun.
Er wird auch eher nicht zur wahren ruhe kommen,
Biß ihn die ſonne hat in himmel aufgenommen.
Des Gaſſendi. C. H.SOll hier Gaſſendus ſeyn? Jhr ſucht ihn viel zu fruͤh;
Es liegt kein leib nicht hier, es ſind nur atomi.
F 2Jtem:84Jtem:GAſſendus lernet hier, es ſey nun gantz gewiß:
Es werd’ ein atomus zu vielen atomis.
Eines kleinen kindes. C. H.HJer ruht ein kleines kind! Grab, ſarg und raum iſt klein:
Drum ſoll die grabſchrifft auch ſo, wie das andre, ſeyn.
Eines waſſer-ſuͤchtigen. C. H.EH ich die welt erblickt, ſo lag ich im gewaͤſſer;
Als ich die welt erblickt, ſo hatt’ ichs nicht viel beſſer.
Jtzt muß ich nun, (das kan auf meinem grabe ſtehn:)
Auch, wie die erſte welt, durchs waſſer untergehn.
Eines faullentzers. HJer fault die faule haut, und kan ſich in dem liegen,
Als wie vor auf der welt, nach hertzens-luſt vergnuͤgen;
Doch fuͤrchtet ſie ſich ſehr bey dieſem muͤßig-gehn,
Daß ſie ins kuͤnfftige wird ſollen auferſtehn.
Der jungferſchafft. HJer liegt die jungferſchafft. Dieweil ſie nichts geweſen,
So kan man auch allhier von ihr nichts weiter leſen.
Einer katzen. C. A. P.SO ſtreckſt du endlich alle viere nu,
Du wackrer maͤuſe-fiſcher du!
Und85Und ſchleußt den thor-weg deines lebens;
Die worte ſind anitzo nur vergebens.
Die maͤuſe ſollen dich, als einen biedermann,
Mit trauer-maͤnteln nachbegleiten,
Die katzen-compagnie ſoll mauen, was ſie kan,
Und dir dein grab bereiten;
Aus lauter maͤuſe-fellen
Bey deinen grabe-ſtellen
Soll dich mit lob auszieren
Der groſſe kater, und dir parentiren.
Auf die an. 1704 ins Reich marchirende Preußiſche trouppen. E. G. JHr nachbarn! ſchimpfft nicht mehr der Teutſchen lang -
ſamkeit,
Der Preuſſen koͤnig wacht ſchon, eh der hahn noch ſchreyt.
Uber das grab des herꝛn baron von Abſchatz. E. G. DJe Griechen machen ſich mit ihrem Pindus breit,
Und ruͤhmen den Apoll’, als eine goͤttlichkeit;
Allein ſie moͤgen nur mit ihrem pralen ſchweigen:
Diß enge grab kan mehr, als jene berge, zeigen.
Vorzug des herꝛn B. N. vor dem Homer. E. G. ES ſoll was wunderlichs in Neukirchs augen ſeyn,
Daß der Homerus ſich an ſeine zeit gebunden.
F 3Allein86Allein mich nimmt hiebey gantz kein verwundern ein;
Jch habe grund genung fuͤr meine meinung funden:
Denn ſolte dort ein held in dem getichte ſtehn,
So muͤſten fratz’ und luͤg’ in einem paare gehn;
Wer aber Friedrichs ruhm will verſen einverleiben,
Der muß ſo wahr als klug, wie Neukirch ſelber, ſchreiben.
Auf herꝛn Chriſtian Weiſens drey ertz-narren. C. G.DEr weiſe Weiſe hat es hoch genung gebracht,
Daß er die redner-kunſt uns deutlicher gemacht;
Doch glaub ich, daß bey ihm nichts artigers beklieben,
Als da die weiſe fauſt der narren thun beſchrieben.
Das veraͤnderte gluͤcke des Koͤnigs in Franckreich. E. G. VOr nahm der Frantzmann uns mit ſeinen moden ein,
Nun aber will er ſelbſt der Teutſchen affe ſeyn;
Und wie man vor der zeit das jahr-buch ließ veraͤndern,
So pralet er itzund mit neuen ſtaats-calendern.
Doch jene treibt ihr witz zu hoͤhern dingen auf.
Wir aͤnderten den tag, und er der ſternen lauff.
Sein gantzer himmel muß verkehrt und ruͤckwaͤrts gehen,
Nachdem die ſonne ſoll bey den planeten ſtehen.
Auf einen gewiſſen mathematicum. E. G. DU biſt und heiſt ein mathematicus,
Und dieſes iſt nicht ohne vorbedacht geſchehn;
Jch mache dieſen ſchluß:
Du87Du biſt vorlaͤngſt dazu erkohren,
Drum hat die guͤtige natur
Dich gleich, als du zur welt gebohren,
An ſtatt der waden nur mit linien verſehn.
Auf einen unzeitigen criticum. E. G. JCh hab’ im leben ſtets viel urthel abgefaßt,
Und jeden, der was ſchrieb, verwegen angetaſt.
Allein weil ich das recht gar ſelten recht geſprochen,
So hat itzt uͤber mir der tod den ſtab gebrochen.
Als Marcolphus verſe machen wolte. E. G. MArcolphus ſolt’ unlaͤngſt begraͤbniß-verſe ſchreiben.
Weil er nun gerne wolt’ ein guter tichter ſeyn,
Und ſtarcke traͤncke ſonſt geſchickte reime treiben;
Erkaufft er ſich zuvor ein maas zwey-groſchen-wein.
Denn wolt’ er noch darauf zur tichter queck-brunn hincken;
Allein er war berauſcht, drum fehlt er in dem trincken,
Und traff ich weiß nicht was vor eine miſt-pfuͤtz an;
Was wunder, wann er nun, wie froͤſche, fingen kan?
Auf einen alchymiſten. E. G. DEr alte Pantalon ſucht ſtets der weiſen ſtein,
Und will vor aller welt ein haupt-gelehrter ſeyn.
Allein wo gleich und gleich ſich auch bey ihm verbinden,
Wird man den narren-ſtein in ſeinem kopffe finden.
F 4Der88Der jungfern ja-wort. E. G. DJe maͤgdgen machen ſich gemeiniglich gar breit,
Als koͤnten ſie vergnuͤgt auch ohne maͤnner leben;
Allein ich glaub es nicht, ihr ſchluß geht viel zu weit.
Denn ſeh man nur einmal ein paar zuſammen geben;
So hat der prediger die Gretgen kaum gefragt,
Wenn ſie das ja-wort ſchon mit vollem halſe ſagt.
Auf einen von Celinden erſchlagenen floh. E. G. JM leben war ein grab mein liebſtes wohnungs-haus,
Und itzt ſchließt mich der tod von grab und kirch-hof aus;
Doch iſt mein geiſt gewiß in einen himmel kommen,
Weil einer goͤttin hand ihn von mir weggenommen.
Auf einen ſchulmeiſter, aus des Martial. lib. IX ep. 68. E. G. WElch unſtern hat euch, Mops! in unſre gegend bracht?
Euch, den das kleine volck bald fuͤrchtet, bald verlacht!
Euch, der ihr, eh der hahn ſein Danck dir herre ſchreyt,
Schon mit bewehrter fauſt der jungen aͤrſe bleut!
Euch, der ihr, eh der ſchmidt auf ſtahl und eiſen ſchlaͤgt,
Und, eh man feuer macht, der maͤgdgen eſſen fegt!
Glaubt, wenn in Spanien ein ſtier und ritter ficht,
So hoͤret man fuͤrwahr ein ſolch turnieren nicht.
Drum wuͤnſcht der nachbar, der vor euch nicht ſchlafen kan,
Wenn gleich ſonſt alles ſchlaͤft, euch alle teufel an.
Ja, was die gantze ſtadt vor euer ſchreyen giebt,
Das zahlt’ er gern allein, wann ihr nur ſtille bliebt.
Auf89Auf die vielen kupffer-bilder. E. G. VOr dieſem war das hertz der Teutſchen ſtahl und eiſen,
Jtzt laͤſt man hertz und kopff in kupffer-blaͤttern weiſen.
Jch zweiffle nicht, mein ſchluß ſtimmt mit der wahrheit ein:
Das, was ſonſt ſtaͤhlern war, muß itzt papieren ſeyn.
Von den narren auf univerſitaͤten. E. G. MAn wundert ſich,
Warum auf univerſitaͤten,
Die man den ſitz der weißheit nennt,
So greulich viel das muͤde pflaſter treten,
Bey denen man den wurm im erſten anblick kennt,
Allein die urſach iſt noch zu ergruͤnden:
Hier haͤlt die goldne regel ſtich,
Die wir beyn ens-gelehrten finden.
Denn es trifft richtig ein:
Wenn zwey contraria ſimul naturâ ſeyn,
So muß es da, wo weiſe leute leben,
Nothwendig auch viel thoren geben.
Auf die vielen doctor-hochzeiten in ‒ ‒ ‒. E. G. JCh weiß nicht, was die maͤgdgen hier betaͤubt,
Daß ſie den doctorn ſo an mantel wachſen.
Des zeugs iſt ja genung in Sachſen,
Da alle ſtaͤdtgen ſolcher maͤnner voll.
Jch daͤcht’, ein kauff - und handels-mann
Der ſtuͤnde mit den goldnen ſpitzen
Den tummen ſchachteln beſſer an:
Doch nein, ihr anſchlag iſt nicht toll;
Wer wolt’ umſonſt ſo lang in ‒ ‒ ſitzen?
F 5Das90Das ſind allhier die beſten gaben;
Wer auf dem unverſtande lebt,
Will freylich gern auch einen gradum haben.
Nur eines faͤllt mir ein:
Jhr profeſſores laßt das doctor-machen ſeyn;
Denn wo man es wird laͤnger treiben,
So kan kein burſchen-maͤgdgen uͤbrig bleiben.
Grabſchrifft eines ketzer-machers. E. G. EJn flegel, der den ſchwarm der falſchen ketzer ſchlug,
Ein pfeiler, der den bau des himmels auf ſich trug,
Ein helm der eleriſey, der kirchen palliſade,
Der pfaffen trommel-ſpiel, der thorheit retirade,
Der ſchreiber corporal, des papſtes ſtecken-knecht,
Ein zelt, wo neid und haß, und aberglauben zecht:
Des teufels tummel-platz, der ſuͤnder marquetender,
Der boßheit freund und feind, ein ſacrament-verſchwender,
Der faulen prediger geliebtes pulver-horn,
Der eyfrer general, der muͤden zaͤncker ſporn,
Schweigt itzt und ruht allhier; Zum deutlichen exempel,
Daß uns Jrenens ſchloß, der goͤldne friedens-tempel,
Offt mitten in ſich ſchließt, wenn man am haͤrtſten kaͤmpfft.
Er diſputirt nicht mehr, die hitz iſt gantz gedaͤmpfft;
Es hat ſein muͤder geiſt den frieden angenommen,
Nachdem er unverhofft in ketzer-himmel kommen.
Auf das alombre-ſpiel. G. v. A.ALombre ſpielt mit uns der blaſſe ſchatten-mann:
Er geht mit ſpaten ein, die uns das grab bereiten,
Laͤſt manchen matador der kranckheit uns beſtreiten.
Kein laͤugnen gilt, kein koͤnig nuͤtzt,
Kein gano hilfft, kein baſta ſchuͤtzt;
Ripoſto91Ripoſto kommt in ſarg, wir muͤſſen alle dran,
Wer iſt, der ihn zuletzt am todos hindern kan?
Auf zwey pucklichte ehleute. G. S. HJer ſtraft herꝛ Pocquelin, und ſein ihm gleiches kind,
Dieſelbe alle luͤgen,
Die dieſer falſchen meinung ſind:
Daß zwey gebuͤrge ſich nie recht zuſammen fuͤgen.
Auf einen reichen hahn-rey. G. S. DEin praͤchtiger pallaſt,
Der ſchoͤnen kinder meng’, und alles, was du haſt,
Bleibt ohne widerſpruch ſtets deine.
Deßwegen laͤßt dich auch ein jeder gern in ruh:
Dein nettes weib alleine
Steht anderu leuten zu.
Auf eine vermeinte hermaphroditin. SElbſt Hercules wagt ſich nicht leicht an zwey:
Drum, Fulvia! ſprich nicht, daß ich zu furchtſam ſey;
Weil unter deinem hemd, ach! ſolt’ ich nicht erſchrecken?
Ein mann und weib zugleich verborgen ſtecken.
Von der geiſtlichen liebe der Cloris. G. S. DJe Cloris laͤßt die hofe-leute fahren,
Und laͤßt die pfaffen nur in ihre kammer ein.
Damit die flammen noch, ſo vormahls weltlich waren,
Vor ihrem ende geiſtlich ſeyn.
Von92Von der Doris beliebtem kinde. G. S. DEin kleines kind haͤngt allem manns-volck an,
Und du verwunderſt dich deßwegen;
Allein ich weiß, woran es ihm gelegen:
Es ſuchet, ob es auch den vater finden kan.
Grabſchrifft des in Franckreich verſtor - benen koͤnigs von Engelland Jacob II. A. C. T.HJer iſt der fremde ſtein, wo fluͤchtig und verjagt
Ein neuer Jacob ſchlaͤft, ein alter koͤnig blieben:
Sein Albion hat ihn aus haß hieher getrieben,
Weil in des vaters hauß er was zu viel gewagt.
Jtzt ſihet er im traum, bey ſturm und ungluͤcks-wettern,
Auf leitern himmel-an den friſchen printzen klettern;
Er ſchaut, wie zwar ſein fuß, und die ſo ſchwache hand
Steigt biß zur Engelsburg, doch nicht in Engelland.
Grabſchrifft des Jtaliaͤniſchen poeten Marini. A. C. T.JCh war, trotz aller welt! zur poeſie gebohren,
Cupido hatte mich zum liebes-dienſt erkohren;
Damit die reimen nun recht lieblich moͤchten flieſſen,
Ließ er mir einen kiel aus ſeinem fluͤgel ſchlieſſen.
Grabſchrifft eines gehangenen diebes. A. C. T.DJe parcen zohen mich viel andern menſchen fuͤr,
Sie ſpannen einen ſtrick ſtatt eines fadens mir:
Zur93Zur ehre hat man mich am hals damit gezieret;
Haͤtt’ ich zur danckbarkeit doch ihre ſcheer entfuͤhret!
Eines muſici. ** R. EJn ſtetes luſtig-ſeyn war mir mein frohes leben,
Jch ſpielte, was man wolt, und was man mir gegeben;
Jtzund pauſir ich zwar, ſo fordert es der chor:
Ach! legte man mir einſt nur kein lamento vor!
Eines fleiſchers. ** R. SChaf’, ochſen, kalb und ſchwein, die haben offt geſchmeckt,
Wie toͤdlich meine fauſt im leben ſey geweſen.
Du, leſer! gehe fort, ſo bald du diß geleſen,
Eh ſich noch meine hand nach deiner gurgel ſtreckt.
Eines kupffer-naſichten. ** R. MAn ſagt, daß kupffer nur unzeitig ſilber ſey;
Verwundere dich nicht! Jch falle dieſem bey,
Und ſtecke meine naſ’ in dieſes loch voll erde;
Mein leſer! wuͤnſche nur, daß ſie bald ſilber werde!
Eines taback-ſchmauchers. ** R. JCh habe mich mit rauch, wie alle welt, genaͤhret,
Denn alles, was ſie liebt, wird von der zeit verzehret.
Mein leſer! goͤnnſt du mir nun eine ſanffte ruh;
So ſetz dich auf mein grab, und rauch taback darzu!
Auf94Auf den vertriebenen Engliſchen koͤnig Jacob II. ** R. DU ſiehſt des vatern bild hier in dem todten ſohne,
Nur iſt ein eintzger ſtrich, der uns unaͤhnlich macht.
Urtheile, wo man ihn am ſchlimmſten angebracht:
Jhm ſieht man’s an dem hals, und mir nur an der erone.
Auf ein gewiß geil frauenzimmer, ſo alle abend auf der fleute douce ſpielte. M. VJel wuſten nicht, warum die ſchoͤne Margaris
Jn jeder abend-ſtunde
Mit ihrem ſuͤſſen munde
Auf einer floͤte bließ;
Allein anitzo kan ein jeder ſperling fingen,
Was doch die urſach ſey;
Denn jeder faͤllt uns bey:
Daß man den hengſten pfeifft, ſo offt ſie ſollen ſpringen.
Auf den an. 1704 in der ſchlacht auf dem Schellenberg bey Donawerth geblie - benen general Styrum. J. F. C.UM dieſen Donau-ſtraud, wo Bayern itzt erliegt,
Ward ich ein jahr zuvor nicht ohne ſchimpff befiegt;
Weil ich nun dazumahl geſchlagen leben ſollen,
So hab ich itzt allhier im ſiegen ſterben wollen.
Auf95Auf Mopſens groſſes maul. C. B.HAnns Mops hat ſtets die kleffen offen,
Als haͤtt’ ihn einmal haſen-ſchrot
Von ungefaͤhr hinein getroffen.
Mein! ſagt: Woher kommt doch die noth?
Nimmt er denn das modell zum munde
Sich irgend von dem hunde,
Wenn er ihm groſſe maͤuler macht,
Und Mops von hertzen druͤber lacht?
Nein! ſeine mutter ſah einſt einen eſel gaͤhnen,
Drum muß ſein maul ſich itzund auch ſo dehnen.
Auf den polternden Sterops. C. B.HErꝛ Sterops ſchlaͤgt ja ohne ruh
Die thuͤren gar erſchrecklich zu,
Was muß ihm denn dran fehlen,
Daß er ſie ſo kan quaͤlen?
Die pfoſten haben ihm ja warlich nichts gethan;
Doch laßt ihn donnern, weil er kan:
Er will durch dieſes ſchlagen
Die duͤnſt’ ihm aus dem kopffe jagen.
Hochzeit-Getichte. Der kluͤgſte handel, Bey dem hochzeit-feſte herꝛn P. M. vorgeſtellet. B. N.
BEld, Mars und Venus ſind die helden dieſer erden,
Von denen jeder leicht kan uͤberwunden werden:
Nur96Nur iſt der unterſcheid, daß geld uns offt betriegt,
Mars ohne zorn nicht kaͤmpfft, und Venus kuͤſſend ſiegt.
Was aber thut die welt? Man ſieht den meiſten hauffen
Aus geldſucht in den krieg, durch krieg nach gelde lauffen.
Wir ſteigen auf ein holtz, durchſchwimmen fluth und meer,
Und holen fremdes gut aus weiten laͤndern her.
Warum? Es bringet geld. Geld, das den nachbar treibet,
Daß er, eh man es denckt, an unſre haut ſich reibet,
Und unſer gut beſucht. Denn geht das ſtreiten an,
Ein jeder denckt und meint, er habe recht gethan.
Doch wenn der lange zanck den reichthum aufgefreſſen,
So ſieht man allererſt, wie weit man ſich vergeſſen,
Und von der bahn verirꝛt. Hingegen lebt ein mann
Recht gluͤcklich, der ſich nur im geitze faſſen kan,
Und in der wuth begreifft. Er nimmt, was GOtt beſcheret,
Und ſieht, wie ehermahls ſein vater ſich genaͤhret.
Das iſt: Er laͤſt den krieg fuͤr groſſe herren ſeyn,
Schrenckt ſeine geld-begier in feſte grentzen ein,
Und haͤngt der liebe nach. Der liebe, will ich ſagen,
Die Adam, als er ſchlief, ſchon in der bruſt getragen,
Und wachend fortgepflantzt. Der liebe, die nichts acht,
Und durch verborgne gluth aus zweyen eines macht.
Ein ſolcher zittert nicht, wenn ſich das gluͤcke lencket,
Und ihn durch feind und feur an ſeiner nahrung kraͤncket.
Er kennet keinen ſchatz, als ſeiner liebſten hertz;
Behaͤlt er dieſes nur, ſo giebt er ohne ſchmertz
Den gantzen reichthum hin. Was ich ſo hoch geprieſen,
Hat er, herꝛ braͤutigam! uns allen heut erwieſen,
Da er bey dieſer zeit, die nichts als kriege zeigt,
Da jeder wucher treibt, ins friedens-lager ſteigt,
Und ſeine guͤter theilt. Nun lehrt er, daß er wiſſe,
Was rechter handel ſey. Durch tauſend aͤrgerniſſe,
Durch vortheil und betrug den naͤchſten hintergehn,
Sind dinge, die nunmehr auch kinder ſchon verſtehn.
Vor alters wuſte man von ſolchem kunſt-verkehren
So wenig, als ein baur, wie ſich die ſchlangen naͤhren,
Die97Die man in Java ſieht. Recht hieß damahls gewinn,
Man gab ein ſtuͤcke brod fuͤr einen braten hin,
Und nahm ein fettes huhn fuͤr garn zu einem kleide.
Ein weib war dazumahl, zu vieler maͤnner freude,
Nicht gegen geld erkaufft, nicht wegen geld erfreyt;
Man zahlte hertz mit hertz, und treu mit redlichkeit,
Und kriegte dennoch wohl mehr, als man offt vermeinte.
Ach waͤr es heute noch! Jedoch es iſt ja heunte,
Da er, herꝛ braͤutigam! den nutz bey ſeite ſtellt,
Gut gegen gut ertauſcht, und ohne liſt und geld
Den groͤſten handel thut; laͤßt andre ſich bemuͤhen,
Und um ein ſtuͤcke gold biß an den Ganges ziehen.
Er reißt auf einmal ſich von allen ſorgen los,
Und findet, was er will, in ſeiner liebſten ſchos.
Sie bringt ihm ſchoͤnheit zu, er zahlet ſie mit lieben:
Ach himmel! laß doch nichts diß edle paar betruͤben!
Ach, Amor! bringe doch die ſchmertzen und die pein,
Die du bißher erweckt, mit ſuͤſſem wucher ein!
Auf die vermaͤhlung des durchl. Heſſen - Caſſeliſchen erb-printzen, mit der Chur - Brandenburgiſchen printzeßin Louiſa, Dorothea, Sophia. An. 1700. BErlin warff unlaͤngſt von der Spree
Die augen uͤber thal und huͤgel,
Und ſahe, gleichſam als im ſpiegel,
Sein gluͤck und andrer ſtaͤdte weh.
O! rief es, du verachter ſand!
Wirſt mir ja wohl zu lauter eronen:
Denn wo iſt heute doch ein land,
Da mehr erfreute ſeelen wohnen?
VI. Theil. GWenn98Wenn mancher, den beym uͤberfluß
Gewinſt und mord-begierde plaget,
An ſeiner buͤrger knochen naget,
Und jeder fuͤr ihn ſorgen muß;
So ſorgt mein kluger held fuͤr mich,
Auch mitten unter ſturm und kriegen:
Alsdenn gedenckt er erſt an ſich,
Und an ſein eigenes vergnuͤgen.
Pariß und Londen iſt ſehr groß;
Allein es hat die weiten ſchrancken
Mehr der natur als kunſt zu dancken:
Jch war hingegen oͤd und blos;
Jch hatte kaum ein rechtes dach,
Und konte von natur nichts hoffen;
Doch hab ich alles tauſendfach,
Jn zweyen fuͤrſten angetroffen.
Der eine baute hauß auf hauß:
Der andre will ſie guͤlden ſchaffen;
Er fuͤhrt es aber nicht mit waffen,
Und durch bekannte mittel aus.
Es iſt was altes, daß ein ſtaat
Durch raub und wucher zugenommen:
Mein reichthum muß, auf Friedrichs rath,
Durch wohlthun an verjagten kommen.
Ach! daß doch helden menſchen ſeyn,
Und ſolche fuͤrſten ſterben ſollen!
Viel ſind zwar, die es auch ſeyn wollen;
Sie ſind es aber ſich allein.
Sie ſiegen; doch ein jeder ſtreich
Koſt auch zugleich zwey unterthanen:
Mein Churfuͤrſt mehret land und reich,
Und brauchet nichts als friedens-fahnen.
Das99Das blut, ſo dich, Tiber! ergetzt
Bey toͤdung deiner naͤchſten freunde,
Schont dieſer auch an ſeinem feinde,
So bald ſich die gefahr geſetzt.
Sein draͤuen iſt zwar eitel that,
Und wenn er ſchlaͤgt, ſo will er ſiegen;
Doch wenn er uͤberwunden hat,
So laͤſt er vater-blicke fliegen.
Erloͤſtes Bonn und Kayſerswerth!
Jhr koͤnnt am beſten hievon zeugen.
Eur gut und alles war ſein eigen:
Die waͤlle lagen umgekehrt;
Warff aber gleich ſein zorn mit euch
Viel tauſend ſtoltze Frantzen nieder;
So ſchenckte dennoch ſein vergleich
Weit mehrern noch das leben wieder.
Drum ſieht man auch um meinen held
Nichts, als vergnuͤgung, heil und ſegen.
Sein ſchwerd hilfft groſſe kriege legen:
Sein hof erſchallt durch alle welt;
Theils weil er kluge diener macht,
Die alles, wie ſie ſollen, fuͤhren;
Theils, weil ihn, nebſt Charlottens pracht,
Auch zwey der groͤſten kinder zieren.
Ach aber! wie geſchiehet mir?
Wo denck ich hin? Was will ich nennen?
Der himmel will die letzten trennen:
Louiſe iſt am laͤngſten hier.
Sie ſcheidet, und (o hartes wort!)
Sie ſcheidet, auf ihr meiſtes leben,
Und nimmt in einem tage fort,
Was hundert jahr kaum wieder geben.
G 2Zwar100Zwar ſie trifft ein gewuͤnſchtes loß;
Sie kehrt in Heſſens ſtamm zuruͤcke,
Und macht mit ſich und ihrem gluͤcke
Auch zweyer voͤlcker hoffnung groß.
Sie wird durch ein gemahl erfreut,
Der mehr verdienſt als jahre zehlet,
Und dem nichts zur vollkommenheit,
Als eine ſolche fuͤrſtin, fehlet.
Doch dieſes, was ihr ruh gebiehrt,
Heißt mich zum theil in unruh ſtehen.
Jch ſeh’, und kan doch auch nicht ſehen,
Wieviel mein hof dabey verliehrt.
Es iſt auf einmal tag und nacht:
Man ſingt und jauchtzt, man ſeufftzt und zaget:
Kein hauß iſt, das nicht heute lacht;
Allein auch keines, das nicht klaget.
Du ſelbſt, mein theurer Friderich!
Gehſt gleichſam bey der luſt im leide:
Louiſens bindniß macht dir freude;
Jhr abzug aber jammert dich.
Du zeigſt in beyden muth und hertz;
Dort aber frey, und hier gezwungen:
Was iſt denn wunder, daß der ſchmertz
Mir auch die thraͤnen abgedrungen?
So weit vertieffte ſich Berlin:
Gleich aber ward des himmels bogen
Mit licht und klarheit uͤberzogen:
Die wolcken fiengen an zu fliehn:
Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie?
Sich in der Spree beſchilfften roͤhren,
Zu tilgung aller angſt und muͤh,
Gantz deutlich dieſe ſtimme hoͤren:
Halt101Halt ein, Berlin! du klagſt zu ſehr.
Dein hof hat in Charlottens gaben
Mehr, als viel koͤnigreiche haben.
Bleibt dieſe hier, was wilſt du mehr?
Der himmel hat gantz recht gethan.
Gieb Caſſel, was es dir geliehen.
Stund dir von ihm die mutter an:
So laß auch nun die tochter ziehen.
O! ſprach die frohe ſtadt hierauf:
Wer will den ſchluß des Hoͤchſten trennen?
Zeuch hin, du tugend-ſtern der Brennen!
Und geh nunmehr in Heſſen auf!
Du nimmſt des vaters hertz mit dir:
Ach! ſchaffe, daß ſein wunſch gedeye,
Und bring bald einen held herfuͤr,
Der Teutſchland, ihn, und dich erfreue!
Auf die Linck - und Regiußiſche vermaͤhlung, den 8 Junii anno 1700. B. N. JHr Muſen! helfft mir doch! Jch ſoll ſchon wieder ſingen,
Und ein verliebtes paar in Teutſche verſe bringen:
Und zwar in Schleſien. Jhr kennt diß land und mich,
Jhr wißt auch, wenn ihr wolt, wie vor Budorgis ſich
Zum theil an mir ergetzt. Jetzt ſcheinen meine lieder
Jhm, wo nicht gantz veracht, doch mehr, als ſonſt zuwider.
Mein reim klingt vielen ſchon ſehr matt und ohne krafft,
Warum? Jch traͤuck ihn nicht in muſcateller-ſafft;
Jch ſpeiſ’ ihn auch nicht mehr mit theuren amber-kuchen:
Denn er iſt alt genung, die nahrung ſelbſt zu ſuchen.
Zibeth und biſam hat ihm manchen dienſt gethan:
Nun will ich einmahl ſehn, was er alleine kan.
G 3Alleine?102Alleine? fraget ihr: Ja, wie gedacht, alleine.
Denn was ich ehmahls ſchrieb, war weder mein noch ſeine,
Hier hatte Seneca, dort Plato was geſagt;
Da hatt’ ich einen ſpruch dem Plautus abgejagt;
Und etwan anderswo den Tacitus beſtohlen.
Auf dieſem ſchwachen grund, ich ſag es unverholen,
Baut’ ich von verſen offt damahls ein gantzes hauß,
Und ziert’ es noch dazu mit ſinne-bildern aus.
Wie oͤffters muß ich doch der abgeſchmackten ſachen,
Wenn ich zuruͤcke ſeh’, noch bey mir ſelber lachen;
Gleichwohl gefielen ſie, und nahmen durch den ſchein,
Wie ſchlecht er immer war, viel hundert leſer ein.
Ha! ſchrie man hier und da; fuͤr dem muß Opitz weichen
Ja, dacht ich, wenn ich ihn nur erſtlich koͤnt’ erreichen!
Den willen haͤtt’ ich wohl. So, wie ich es gedacht,
So iſt es auch geſchehn. Jch habe manche nacht
Und manchen tag geſchwitzt; allein ich muß geſtehen,
Daß ich ihm noch umſonſt verſuche nachzugehen.
O grauſamer Horaz! was hat dich doch bewegt,
Daß du uns ſo viel laſt im tichten aufgelegt?
So bald ich nur dein buch mit nutz und ernſt geleſen;
So iſt mir auch nicht mehr im ſchreiben wohl geweſen.
Vor kamen wort und reim; itzt lauff ich ihnen nach:
Vor flog ich himmel-an; itzt thu ich gantz gemach.
Jch ſchleiche, wie ein dachs, aus dem poeten-orden,
Und bin mit groſſer muͤh kaum noch dein ſchuͤler worden.
Kommt, ſprech ich offtermahls, gold, marmel und porphir!
Nein, deuck’ ich wiederum, flieht, fliehet weit von mir!
Jhr ſeyd mir viel zu theur bey dieſen ſchweren jahren,
Jch habe jung verſchwendt, ich will im alter ſpahren.
Und alſo bin ich nicht mehr nach der neuen welt:
Denn ich erfinde nichts, was in die augen faͤllt.
Was wird denn Schleſien zu meinen verſen ſagen?
Es ſage, was es will; Jch muß es dennoch wagen.
Wir haben hier ein paar, bey deſſen liebes-gluth
Cupidens blinder rath nicht das geringſte thut.
Denn103Denn beyde wiſſen ſchon, wie man ſich muß vermaͤhlen;
Drum brauchen ſie kein kind zum fuͤhrer zu erwehlen.
Ja, ſprichſt du, iſt es wahr? ſo ſind ſie nicht verliebt.
Sie ſind es und weit mehr, als andre, die betruͤbt
Und voller herben quaal in Venus hoͤlle ſchwitzen,
Die bey der groͤſten freud in tauſend ſorgen ſitzen,
Des morgens halb verruͤckt, des abends naͤrriſch ſeyn,
Von ihrer Margaris auf allen gaſſen ſchreyn:
Und dennoch weder ſie, noch auch ſich ſelber kennen.
Ach! ſolche leute ſind ja billich arm zu nennen,
Denn ſie verhandeln offt, o trauriger gewinn!
Fuͤr eine kleine luſt ihr gantzes gluͤcke hin.
Hochwerth-geſchaͤtzte braut! wie wohl iſt ihr geſchehen,
Daß ſie in ihrer lieb auf nichts, als GOtt, geſehen.
Er that allein den ſpruch bey ihrer erſten wahl;
Er thut, nach allem ſchein, es auch das zweyte mahl.
Cupid und Venus ſind gemahlte fabel-goͤtzen,
Die wir, ich weiß nicht wie, in unſre lieder ſetzen,
Offt aber nicht verſtehn. Sie ſind die boͤſe luſt,
Wenn ich es ſagen ſoll, die manchen unbewuſt
Aus ſeinen ſchrancken reißt. Und doch will man ſich muͤhen,
Durch weit-geſuchten ruhm ſie allem vorzuziehen.
Es wird kein paar getraut, ſie haben es entzuͤndt;
Wie aber ſchickt ſich GOtt, wo Belial ſich ſindt?
Bey heyden gieng es hin, weil doch die gantzen ſchaaren
Der goͤtter halb erticht und halb von menſchen waren:
Allein nachdem die ſchrifft ſie alle laͤngſt zerſtreut,
So ſind wir ja wohl blind, daß uns ihr lob erfreut.
Wir ſiegen uͤber ſie und treten ſie mit fuͤſſen,
Weil wir nunmehr den weg zur liebe beſſer wiſſen.
Geehrt’ſter braͤutigam! ich weiß, er faͤllt mir bey:
Denn ſein exempel zeigt, was kluge liebe ſey.
Es war in einer frau viel gutes ihm verſchwunden;
Heut hat er alles das in ſeiner braut gefunden,
Und warlich noch weit mehr. Denn wer iſt, der nicht ſpuͤhrt,
Daß ſie der himmel ſelbſt mit ſeinen haͤnden fuͤhrt?
G 4Als104Als ſie und Regius vereint zuſammen kamen,
So wuſte ſie, als kind, noch nicht der liebe nahmen;
Jtzt da ſie es verſteht, ſo ſieht man ſie getraut,
Eh ſie ſich nach der welt im lieben umgeſchaut.
Was kan ich anders denn als gutes prophezeyen?
GOtt hat allhier gepflantzt, GOtt hat auch das gedeyen
Schon laͤngſten abgezielt: Jhr ſolt ſtets ſo begluͤckt,
Als dieſen tag verliebt, und immer ſo entzuͤckt,
Als heute gluͤcklich ſeyn! Jch wolte zwar was ſchreiben;
Allein wo kaͤm ich hin? Wo wuͤrd ich endlich bleiben?
Mein Phoͤbus zuͤrnt ohn dem, daß ich zu frey getraͤumt,
Und ſo viel zeilen hier ſo fluͤchtig hingereimt.
Auf die Seidel-Witkiſche vermaͤhlung. B. N. FReund nach der alten zeit! ſo mag ich dich wohl nennen,
Wie gluͤcklich iſt der mann, der ſo, wie du, gedenckt;
Der andre kuͤnſteln laͤſt und nach dem gluͤcke rennen,
Sich aber und ſein hertz in GOttes rath geſenckt,
Nimmt, was der himmel giebt, danckt, wenn er was empfangen,
Und willig andern goͤunt, was ſie vor ihm erlangen.
So war es eher dem, als noch die peſt der zeit,
Die ehrſucht und der geitz, in ihrer kindheit waren.
Heut iſt es umgekehrt: Man trotzt die ewigkeit,
Und will zu ſeiner ruh nicht gehen ſonder fahren.
GOtt traͤgt uns langſam fort; Wir legen fluͤgel an:
Er ſucht, was nuͤtzlich iſt; Wir, was uns ſtuͤrtzen kan.
Ha! denckt ein weltling offt: Es kan mir nicht mehr fehlen,
Heut tret ich in den hof, denn in die kammer ein.
Und, ſpricht ein ander thor: Jch mag mich nicht vermaͤhlen,
Es muͤſte denn ein kind mit viertzig tauſend ſeyn.
Er ſpricht es; Doch die zeit zwingt beyde zu geſtehen,
Daß man nur ohne GOtt, nicht wider GOtt, kan gehen.
Wie105Wie ſehr iſt doch dein hertz von dieſer art entfernt,
Mein Seide! den man nie ſieht in die ferne ſorgen.
Du haſt von jugend auf GOtt recht vertrau’n gelernt;
Wie dir der abend iſt, ſo iſt dir auch der morgen.
Du haſt dir zwar die welt niemahls zu leicht gemacht;
Doch haſt du niemahls auch ſo weit voraus gedacht.
Die heyrath, die du thatſt, geſchah’ nach GOttes willen;
Nicht aber nach der kunſt der uͤberklugen welt.
Man ſah’ dich nicht vorher mit geld den kaſten fuͤllen:
Du dachtſt an keinen dienſt, doch war er ſchon beſtellt,
Allein was vielen fehlt, die ohne ſorgen leben,
War, daß du keinen tag ohn arbeit hingegeben.
Drum iſt dir auch dein thun biß dieſen tag gegluͤckt:
Du haſt, was ihrer viel umſonſt zu fruͤh begehren.
Wer deine freunde kennt, und deinen tiſch anblickt,
Der denckt, ſie muͤſten dich das erſte jahr verzehren.
Es leben viel von dir, und gleichwohl ſieht man nicht,
Daß ihnen huͤlff und rath, dir jemahls brod gebricht.
Wie du mit dir gethan, thuſt du mit deinem kinde.
Du giebſt es mit bedacht und ohne kummer hin.
Ob ſich dein ſchwieger-ſohn auch in die nahrung finde!
Ob er bemittelt ſey? das kommt dir nicht in ſinn.
Du ſieheſt auf ſein hertz, und laͤſt den Hoͤchſten rathen.
Der GOtt, der menſchen ſchafft, der ſchafft auch wohl dueaten.
Ach! daͤchte jeder ſo, wie gluͤcklich waͤren wir!
Man wuͤrde nicht ſo viel bey ehen unruh fehen.
Hier wirfft ein wuͤſter mann der frau die maͤngel fuͤr;
Warum? Dieweil ihm nicht an gelde gnug geſchehen:
Dort pocht ein ſtoltzes weib auf ihren klumpen gold,
Und billich; weil ſie doch uns jeden kuß verzollt.
G 5Dein106Dein kind bringt keinen ſchatz, als gottesfurcht und liebe,
Und ſucht kein gegen-gut, als redlichkeit und treu.
Wer mercket nicht allhier des weiſen himmels triebe?
Wer ſieht nicht, daß ihr hertz dem deinen aͤhnlich ſey?
Nun, iſt ihr hertz dir gleich, ſo iſt auch leicht zu glaͤuben,
Daß ſie, gleichwie dein hauß, ſtets wird geſegnet bleiben.
Jch ſeh der trauung hier zwar nur von ferne zu:
Doch duͤnckt mich, daß mein geiſt ſchon als im ſpiegel ſchauet,
Wie dieſes neue paar ihm ewig-ſuͤſſe ruh,
Dir neue freud und luſt, uns ruhm und ehre bauet.
Mein Seidel! wilſt du mehr? Jch weiß, du biſt zu klug.
Wer kinder gluͤcklich ſieht, der iſt begluͤckt genug.
Das bey der Goldbeck-Senningiſchen vermaͤhlung vertheidigte frauenzimmer. B. N. MEin freund! wenn Juvenal, der ſpoͤtter jener zeit,
Und Franckreichs Boileau, der feind der ehligkeit,
Es wuͤſten, wie du dich im freyen haſt betragen,
Was wuͤrden ſie doch wohl zu deiner heyrath ſagen?
Denn, iſt es anders wahr, was ihre feder ſpricht,
Daß mit der guͤldnen zeit der keuſchheit helles licht
Zugleich verloſchen iſt; und daß vom wahren lieben
Damahls der ſchatten nur uns nicht zuruͤcke blieben;
Daß kaum Pariß und Rom drey reine frauen zehlt,
Den frommen der verſtand, den klugen tugend fehlt;
Und nunmehr keine lebt, die das verbotne kuͤſſen,
Wie dort Lucretia, mit blute wuͤrde buͤſſen;
So iſt es wohl ſehr viel, wenn du, mein freund! allein
Das findeſt, was ſo ſchwer doch ſoll zu finden ſeyn.
Und iſt es ferner wahr, daß tugend in den frauen
Sich, wie die ſchoͤnheit, nie laͤſt ſonder hoffart ſchauen;
Und107Und daß derjenige ſein wohl-ſeyn ſchlecht bedenckt,
Der lieber an ein weib, als einen ſtrick, ſich henckt;
So iſt es noch weit mehr, daß du dich zwingen koͤnnen,
Der falle deiner ruh ſo lange nachzurennen.
Erzittre nicht, mein freund! ich rede, wie die welt,
Nicht wie die wahrheit ſpricht. Hat eine frau nur geld,
Und waͤr ſie noch ſo ſchlimm, ſo laͤßt ſich ohn beſinnen
Noch wohl ein Juvenal, ein Boileau gewinnen.
Halt ein! ſchreyt doctor Max, wo zielſt du damit hin?
Die worte ſind ſo wahr, als ich ein doctor bin.
Nur ſacht’! ich geb es zu. Doch laß die traͤumer klagen!
Was haben wir nach Rom, was nach Pariß zu fragen?
Ha! faͤhrt mein gegner fort: wer hat dich uͤberfuͤhrt,
Daß Venus nur in Rom und in Pariß regiert?
Dein Teutſchland kan es auch. Hab ich es dann verneinet!
Jch weiß wohl, daß bey uns viel kupfer ſilber ſcheinet.
Daß manches mohren-fell in weiſſer ſchmincke ſteckt;
Die ſtoltze Phyllis ſich mit ſchlechter wolle deckt,
Und manche Margaris fuͤr heiſſer andacht ſtehnet,
Die doch im hertzen ſich nach ihrem Thyrſis ſehnet:
Jch weiß, daß Cynthia den ſchlauen Fritz betriegt,
Und Chryſis eine nacht in zweyen betten liegt;
Daß Doris und ihr ſchatz des mannes ſchweiß verzehren;
Sind aber alle ſo? Und wenn ſie es auch waͤren;
Wo ruͤhrt das uͤbel her? Die maͤnner haben ſchuld.
Die maͤnner? frageſt du; Ja freylich! Nur geduld!
Was ich einmahl geſetzt, das will ich auch erweiſen.
Komm her, mein lieber Max! laß uns zuruͤcke reiſen!
Schuff GOtt ein altes weib und einen jungen mann?
Hieng er der erſten brant wohl einen geld-ſack an?
Hieß er den Adam ſich fein breit zu tiſche ſetzen?
Die frau den acker baun, den mann das meſſer wetzen?
Sprach er: Der mann thut recht, er raſe, wie er will;
Er fluche, ſchnarch’ und poch; er liebe karten-ſpiel;
Er jage hauß und hof durch den entbrannten magen;
Das weib iſt ſelavin nur; Und haͤtt’ er ſie geſchlagen,
Haͤtt’108Haͤtt’ er ihr gut verpraßt, ſo ſoll ſie dennoch gehn,
Und vor der gantzen welt ſein falſches lob erhoͤhn?
O Max! hier find ich nichts. Komm, laß uns weiter wandern!
Ja, ſprichſt du, halte doch nur eines zu dem andern;
GOtt hat gleichwohl den mann des weibes herꝛ genannt;
Gar recht; Und Paulus hat ihn fuͤr ihr haupt erkannt.
Was aber folgt hieraus? Wer andern will gebieten,
Muß ſelber dienſtbar ſeyn, und ſich fuͤr hochmuth huͤten.
Ein wahrer koͤnig ſucht der unterthanen heil:
Das haupt erzoͤrnet ſich nicht auf ein kleiner theil.
Es traͤget mit geduld die ſchwaͤche ſeiner glieder,
Empfindet, was ſie ſchmertzt, quaͤlt aber ſie nicht wieder.
Ach wie gar wenig ſind doch dieſes titels werth!
Wie offt trifft allhier ein, was jenes weib erklaͤrt,
Als ſie das woͤrtgen Herꝛ im druͤcken umgeſetzet.
Mein Max! verzeihe mir, wo dich das wort verletzet!
Du kennſt Celinden wohl. Celinden? Cajus Frau?
Ja die den erſten tag, gleichwie ein morgen-thau,
Sein duͤrres hertz erquickt, itzt aber ſeufftzt und weinet,
Daß ſie zwar andern ſchoͤn, ihm aber heßlich ſcheinet.
Was thut Krumpiſicus, der durch betrug und liſt
Und kuppel-kuͤnſte kaum zum manne worden iſt?
Er hat ein reiches weib: er lebt von ihren zinſen;
Doch, fordert ſie ein kleid? ſo faͤngt er an zu grinſen,
Als wie ein junger wolff, der auf die laͤmmer laurt;
Je mehr ſie ſich beklagt, je mehr er ſie bedaurt.
Jnzwiſchen giebt er nicht, was er doch ſolte geben.
Was will die aͤrmſte thun? Soll ſie mit ehren leben,
So nimmt ſie bey der nacht, was ihr der tag verſagt.
Wie wird Lucilia vom Chremes nicht geplagt?
Sein alter ziegen-bart war reiff genug zum grabe;
Doch ſprach er: Wo ich nicht ein junges weibgen habe,
So ſterb ich vor der zeit. Er hat ſie; aber wie?
Vor aß er noch mit ruh; itzt druͤckt ihn angſt und muͤh.
Warum? ſie iſt zu ſchoͤn. Wie bald waͤr es geſchehen,
Daß ſie den Silvius am fenſter koͤnte ſehen!
Drum109Drum ſchielt er, wie ein luchs, durchſuchet ſtub’ und ſpind,
Verſperret hof und hauß, und heißt das liebe kind
Fein fruͤh zu bette gehn. Jn wahrheit, wohl getroffen!
Die thuͤren ſchließt er zu, das hertze laͤßt er offen.
Wo bleibet Furius, der durch des himmels macht
Ein treues weib beſitzt, die er dennoch veracht?
Der ſtets geliebt will ſeyn, nicht aber wieder lieben,
Nichts duldet, und doch ſelbſt ſich will im zancken uͤben?
Ach! daß ein ſolcher mann doch ſeinen aufenthalt
Nicht in den waͤldern ſucht? Jedoch was fuͤr ein wald
Ernaͤhrt ein ſolches thier? Wo ſieht man wilde baͤren,
Wie grimmig ſie auch ſind, der buhlin fleiſch verzehren?
Wo wirfft ein erocodil, und wo ein tiegerthier,
Dem weibgen, das es liebt, ſtets ſeine maͤngel fuͤr?
Und doch thut es der menſch. O Max! ich muß nur ſchweigen,
Jch moͤchte ſonſten hier mehr, als ich folte, zeigen,
Du kennſt die herren nun. Geh hin! es bleibt dabey,
Daß unkraut unter uns, wie unter frauen, ſey:
Und daß ein kluger mann offt engel auch aus drachen,
Ein boͤſer, teufel kan aus guten engeln machen.
Mein Goldbeck! ſage nun, ob dich die muͤh’ gereut,
Mit der du ſo viel jahr nach deiner braut gefreyt?
Jch weiß, du biſt zu klug, daß du dich ſolſt vergehen,
Und nicht allzeit, wie itzt, ihr wahres lob geſtehen.
Es iſt uns zu bekannt, und dieſer ſtadt zugleich:
Sie macht dich nicht an geld, und doch an gluͤcke reich:
Und waͤren wir gleich ſelbſt dazu beſtimmt geweſen,
So haͤtten wir dir doch nichts beſſers auserleſen.
Ach! ſo empfange denn, was GOtt mit dir vereint,
Mit ſo viel danckbarkeit, als er es gut gemeint.
Streich alle ſorgen hin, und laß die ſpoͤtter lernen:
Daß heil und ſegen ſich nie von vernunfft entfernen;
Daß, was ein weiſer baut, kein ſturm zuruͤcke treibt;
Der ſtand der keuſchen eh’ die ſuͤßte buͤndniß bleibt;
Und noch, wie ehermahls, der welt zu trotz und hohne,
Der liebe reiner geiſt auch unter menſchen wohne.
Die110Die bey der vermaͤhlung ſeiner koͤnigl. hoheit, des Preußiſchen cron-printzen, in einer maſquerade fuͤrgeſtellten vier theile der welt. B. N.
Europa. WJe lange will Bellona raſen?
Wie lange laͤſſet Mars bey mir zu felde blaſen?
Soll man denn von meinen helden
Nichts, als blut-vergieſſen, melden?
Soll man denn an meinen ſoͤhnen
Nichts, als ſtaub und aſche, eroͤnen?
Die ſtarcken fallen hin, die jugend liegt darnieder!
Taͤglich hoͤrt man todten-ſtimmen, aber ſelten hochzeit-lieder:
Aber ſelten ſolche lieder,
Wie vor dem Apollo ſang,
Eh der donner der cartaunen, eh die freche trommel klang.
O Friderich! du ein’ ger hoͤrer meiner klagen!
Fama wird es ewig ſagen,
Was dein helden-eyfer kan:
Fama wird es weiter tragen,
Was du bey Turin gethan:
Doch weit heller wird ſie ſagen,
Was dein vater-hertze kan:
Doch viel weiter wird ſie tragen,
Was du dieſen tag gethan.
ARIA. Ein ander zerſtoͤret durch kriege ſein reich:
Je mehr man ihn ſchlaͤget,
Je mehr er ſich reget;
Du mehreſt dein reich:
Du herꝛſcheſt, du ſiegeſt, du freyeſt zugleich.
Aſia. 111Aſia. PReiß-werther koͤnig! Geſegnetes land!
Dein lob iſt weit und breit bekannt.
Wo man was groſſes hoͤrt, da hoͤrt man auch von Brennen,
Da hoͤrt man Preuſſens waffen nennen.
Wie gluͤcklich waͤre doch der Tiger und Euphrat!
Duͤrfften ſie zu deinen fuͤſſen
Nur in ſtiller demuth flieſſen:
Koͤnten ſie auf deinen auen
Jhre freyheit wieder ſchauen.
Das licht, ſo mich vor dem ſo hoch erhaben hat,
Jſt durch meine ſchuld vergangen:
Man ſieht Zion nicht mehr prangen:
Zions licht iſt ausgegangen.
Preiß-werther koͤnig! Geſegnetes land!
Was ſich von mir mit rechte weggewandt,
Jſt eben das, was dich erhoͤhet;
Jſt eben das, wodurch dein thron beſtehet.
ARIA. GOtt herꝛſcht in dir, und du mit GOtt:
Drum kan es nicht fehlen,
Dein hauß muß ſich mit gluͤcke vermaͤhlen;
Drum kan es nicht fehlen.
Dein gluͤck macht jeden feind zu ſpott.
GOtt herꝛſcht in dir, und du mit GOtt.
Europa. WAs ſagt denn Aſien zu Preuſſens heyraths-wahl?
Aſia. DAs, ſo man uͤberall
Zu Friedrichs ruhm erzehlet:
Daß er ſo fuͤr ſeinen printz, wie vor dem fuͤr ſich gewehlet:
Daß er, was erſtorben ſchien, Preuſſen wieder anvermaͤhlet.
Beyde112Beyde zuſammen. BRennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!
Was GOtt und Friderich verbunden,
Das iſt kein werck von wenig ſtunden;
Es iſt ein werck der ewigkeit.
Brennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!
Africa. DAs lob der halben welt iſt viel zu wenig,
Jch kenn’ dich auch, o groſſer koͤnig!
Jch kenn’ dich auch und deine macht.
Rom, das vor jeden hat veracht,
Ward doch vom Annibal,
Von meinem Annibal geſchlagen.
Doch Annibal, der Rom geſchlagen,
Der duͤrfft’ es nicht mit Preuſſen wagen:
Doch Annibal, der Rom geſchwaͤcht,
Der wuͤrde, wenn er leben ſolte,
Der wuͤrde, wenn er fechten wolte,
Noch dieſe ſtunde Preuſſens knecht.
ARIA. Alles, was die tapffre welt,
Alles, was ſo mancher held
Je gethan, ſein lob zu bauen,
Kan man hier in einem ſchauen:
Kan man hier von Preuſſens helden
Mit der groͤſten wahrheit melden.
Kan man, Friderich! in dir,
Kan man, groſſer ſohn! in dir,
Kan man hier,
Kan man hier in einem ſchauen. Alles113
Alles, was die tapffre welt,
Alles, was ſo mancher held
Je gethan, ſein lob zu bauen,
Kan man hier in einem ſchauen.
America. DEr degen iſt es nicht allein,
Der Preuſſens nahmen ausgebreitet;
Die ſchoͤnheit hat ihr auch hier einen thron bereitet.
Die ſchoͤnheit, deren ſchein
Laͤngſten von uns weggezogen,
Und nach Norden hingeflogen,
Und in Preuſſen eingezogen.
Was ſo viel tauſend andre ſchoͤnen
Kaum ſonſten einzeln pflegt zu croͤnen,
Kaum ſonſten einzeln bricht herfuͤr;
Das ſahe man vor dem allhier
Sich in Charlotten gantz verbinden:
Das kan, Sophia! man in dir
Noch alles hier beyſammen finden.
ARIA. Aurora! deine wangen,
Eh’ Phoͤbus kommt gegangen,
Sind ſchoͤn und wunder-ſchoͤn;
Doch bey Sophiens wangen
Erweckt Aurora kein verlangen:
Doch bey Sophiens prangen,
Kan Phoͤbus nicht beſtehn.
Africa. GLuͤckſeel’ ger printz! was viel umſonſt begehren,
Das ſieht man heute dir gewaͤhren:
Das hat der himmel dir vor vieleu zugewandt.
Du findeſt jugend,
Du findeſt tugend,
Du findeſt ſchoͤnheit, du findeſt verſtand.
VI. Theil. HAme -114America. GLuͤckſeel’ge braut!
Was ſelbſt Dianen
Den weg zur liebe koͤnte bahnen,
Wird durch die liebe dir anvertraut;
Charlottens geiſt und Friedrichs weſen
Jſt alles in deinem gemahle zu leſen:
Wird alles in ihm dir angetraut.
Alle vier zuſammen. BRennt, edle flammen!
Brennt ſtets zufammen!
Brennt lange zeit!
Was GOtt und Friderich verbunden,
Das iſt kein werck von wenig ſtunden;
Es iſt ein werck der ewigkeit.
Brennt, edle flammen!
Brennt ſtets zuſammen!
Brennt lange zeit!
Das in einer muſique fuͤrgeſtellte fruͤh-jahr.
Zephyrus, als der vorbote des fruͤhlings, erſcheinet in der lufft, und muntert alles zur froͤlichkeit auf.
WEicht, weicht! ihr rauhen Norden-winde!
Weicht, weicht geſchwinde!
Die lufft muß heute voll Ambra ſeyn.
Denn Amor und Flora koͤmmt gegangen;
Denn Amor und der fruͤhling zieht ein:
Der fruͤhling zieht ein:
Und Preuſſens ſonnen-ſchein
Hat ſeinen lauff von neuem angefangen. Wie115
Wie ſah’ man doch mit naſſen wangen
Uns nach Charlotten offt verlangen!
Charlotte! rieffen gaͤrt’ und felder:
Charlotte! rieffen alle waͤlder:
Charlotte! ſprach
Auch echo nach.
Doch alles weh, das uns verletzt,
Wird nun durch neue luſt erſetzt:
Wird heute, Sophia! durch dich erſetzt.
ARIA. Alles zagen, alles klagen
Faͤllt durch Amors macht dahin.
Amor toͤdet angſt und ſchmertzen:
Amor heiſſet wieder ſchertzen:
Amor aͤndert hertz und ſinn.
Alles zagen, alles klagen
Faͤllt durch Amors macht dahin.
Der fruͤhling zeiget ſich in begleitung der Flora und Amors in den wolcken.
Der fruͤhling. NJcht wundre, Flora! dich,
Warum wir vor der zeit erſchienen.
Der groſſe Friderich,
Dem ſo viel laͤnder dienen,
Beſiegt auch die natur, und ſtellt, eh noch das jahr,
Das alte jahr, vergangen,
Den fruͤhling und die Flora dar.
Jch ſeh’ mein bild in Friedrich Wilhelm prangen;
Du ſiehſt dich auf Sophiens wangen;
Und zwar wir ſehen mehr, als dich und mich.
Denn was iſt doch auf unſern auen
Wohl gegen dieſer pracht zu ſchauen?
Selbſt Anemonens Angeſicht:
Selbſt Anemonens purpur-licht,H 2Das116
Das ſie, ſo bald Adon geſtorben,
O Venus! auf dein wort erworben,
Das noch von ſein’ und deiner liebe ſpricht,
Kommt bey Sophiens lippen nicht,
Jſt nichts bey Preuſſens crone,
Jſt nichts bey ſeinem helden-ſohne.
ARIA. Narciſſen und Jeſmin
Sind alles ſchoͤne ſachen:
Sie koͤnnen die augen an ſich ziehn,
Sie koͤnnen froͤlich machen;
Doch koͤnnen ſie nicht beſtaͤndig bluͤhn:
Doch koͤnnen ſie nicht mit Nymphen lachen:
Doch koͤnnen ſie keinen helden ziehn:
Doch koͤnnen ſie nicht unſterblich machen.
Flora. Oprintz der jahres-zeiten!
O auszug aller froͤlichkeiten!
Du ſageſt, was ich laͤngſt gedacht.
Jch ſchaͤme mich mit meiner blumen-pracht,
Die heute ſich erhoͤhen,
Und morgen doch vergehen:
Die heute voller ſchein,
Und morgen nichts als aſche ſeyn.
So ſind nicht Friedrichs helden-thaten;
Was er bedacht,
Das muß ihm auch gerathen:
Und was ſein arm vollbracht,
Das weiß von keiner todes-nacht.
Er ſpricht; ſo wachſen koͤnigs-cronen:
Er winckt; ſo ſieht man verjagte wohnen:
Er ſchlaͤgt; ſo zittert der feinde thor:
Er freyet; ſo ſteht ſein haus im flor.
Doch wie geringe gleich der glantz der blumen ſcheint;
So iſt es dennoch wohl-gemeint,Wenn117
Wenn wir zu Friedrichs degen
Auch unſre palmen-bluͤte legen:
Wenn wir bey zwey vermaͤhlten hertzen
Auch heute mit klee und roſen ſchertzen.
ARIA. Jſt Flora nicht den helden gleich,
Die baͤre jagen,
Die feinde ſchlagen;
Jſt Flora nicht ſo wunder-reich,
Als Friedrich im rathen:
Als Friedrich in thaten;
So iſt ſie doch der liebe gleich:
So gleicht ihr doch ein brennend hertze:
So gleicht ihr doch ein held im ſchertze:
So iſt ſie doch der jugend gleich.
Der fruͤhling. JCh zweiffle ja wohl auch daran,
Daß Flora kan bey helden ſtehen;
Doch weiß man auch, was vor allhier,
Den preiß der gaͤrte zu erhoͤhen,
Offt Preuſſens koͤnigin gethan.
Was Preuſſens koͤnigin gethan,
Daß hoff’ ich noch von Dorotheen,
Das hoff’ ich noch, Sophia! von dir.
ARIA. O ihr angenehmen auen!
Wo das wunder aller frauen,
Wo ſich offt Charlotte fand:
Wo ſie bey ſo vielen ſchoͤnen,
Jhren Friderich zu eroͤuen,
Tauſend reiffe blumen wand.
O ihr angenehmen auen!
Laſſet neue freude ſchauen! H 3Wo118
Wo ſich offt Charlotte fand:
Wo Charlotte blumen wand;
Wird ſich nun Sophia finden:
Wird Sophia cronen winden.
Flora. SO ſoll denn auch in aller welt,
Wo Flora herrſcht und ordnung haͤlt,
Durchlauchteſte! dein ruhm erſchallen.
Wo blumen ſeynd und auch verfallen,
Wo roſen bluͤhn und auch vergehn,
Do ſoll Sophiens nahme ſtehn.
Die hirten ſollen ihn an alle weiden,
Die jaͤger an die tannen ſchneiden:
Und gleichwie deine waffen,
O junger held! durch ihren ſchein
Viel armen einſtens rettung ſchaffen,
Viel feinden werden ſchrecklich ſeyn;
So ſoll Sophiens lob auf erden:
So ſoll Sophiens bild auf erden
Auch bald durch dich unſterblich werden.
ARIA. Blaſet, ſchaͤfer! die ſchalmeyen!
Stecket, Gaͤrtner! ſtecket mayen!
Streuet reiche blumen aus!
Kommt, ſchertzende Napeen!
Kommt, Nymphen! aus den ſeen!
Kommt, ſchnelle Dryaden!
Kommt, Oreaden!
Und ſtreut auf koͤnig Friedrichs haus,
Und ſtreut auf der vermaͤhlten haus
Viel reiche blumen aus!
Blaſet, ſchaͤfer! die ſchalmeyen!
Stecket, gaͤrtner! ſtecket mayen!
Streuet reiche blumen aus!
Amor. 119Amor. JHr jauchtzet zwar; allein durch meine krafft.
Das iſt der arm, der ruh’ geſchafft.
Das iſt der bogen,
Durch den ich helden faͤllen kan:
Durch den ich helden retten kan,
Und Preuſſen aus der angſt gezogen.
Was auch der tod, der blaſſe tod gethan,
So hat er dennoch mir nichts an.
Er kan vrrletzen;
Jch kan erſetzen.
Er trennt und bricht:
Er raubet, er toͤdet; doch ſieget er nicht.
ARIA. Der jammer hat ein ende;
Komm, ſonne! komm und wende
Dein auge Preuſſen zu!
Durch Venus angenehme braͤnde,
Durch Amors ſanffte liebes-baͤnde,
Koͤmmt koͤnig, hof und land zur ruh:
Schoͤpfft alles ſuͤſſe ruh.
Der jammer hat ein ende;
Komm, ſonne! komm und wende
Dein auge Preuſſen zu!
Der fruͤhling. WJr ſtreiten dir nicht deine macht.
Dein witz hat alles wohl erdacht:
Dein arm hat alles wohl gefuͤhret;
Doch kan dir nicht zuwider ſeyn,
Daß, da ſich hof und ſtadt erfreun,
Auch uns ein ſtrahl der freude ruͤhret.
Flora. DOch kan dir nicht zuwider ſeyn,
Daß, da ſich hof und land erfreun,
Auch wir bey ſolchen wunder-dingen,
O Amor! deinen ruhm befingen.
H 4Amor. 120Amor. SO ſinget denn, und freuet euch!
So ſinget denn alle mit mir zugleich!
Chor. LEbt, lebt in GOtt, verbundne hertzen!
Lebt voller ſchertzen!
Wachſt ohne zahl!
Wie blumen ſich lieben,
Doch nie betruͤben;
So ſey eur ſchertzen
Auch ohne ſchmertzen!
So ſey eur lieben ſtets ohne qual!
Lebt, lebt in GOtt, verbundne hertzen!
Lebt voller ſchertzen!
Wachſt ohne zahl!
Der in einer muſique fuͤrgeſtellte herbſt. B. N.
Der herbſt erſcheinet nebſt der Diana und dem Bacchus auf einem wagen, welchen von einer ſeiten die Nymphen der Diana, von der andern die Bacchanten begleiten.
Der herbſt. JHr angenehmen hoͤhen!
Wo ſich Vertumnus offt beklagt,
Eh’ als Pomona ihm geſagt:
Komm, ſchoͤnſter! komm, ich liebe dich!
Komm, ſchoͤnſter! komm, und kuͤſſe mich!
Jhr angenehmen hoͤhen!
Jhr werdet zeuge ſeyn,
Daß nichts kan von ſich ſelbſt entſtehen:Jhr121
Jhr werdet zeuge ſeyn,
Daß himmel, erde, berg und fluß,
Daß baum und ſtaude lieben muß:
Die fruͤchte, die von uns der erden
Geſchenckt und mitgetheilet werden,
Sind kinder ſuͤſſer triebe,
Sind kinder eingepflantzter liebe.
Die cedern brennen,
Die palmen brennen,
Und fuͤhlen, was ſie noch nicht kennen.
Wie ſolte denn der menſch, der kluge menſch allein,
Der fruͤchte liebt und ſuͤſſen wein,
Den Bacchus-reben offt erfreun,
Ohn alle regung ſeyn?
Wie ſolte denn ein junger held,
Dem Amor in die armen faͤllt,
Dem tugend ſchmeichelt,
Dem ſchoͤnheit heuchelt,
Ein feind der liebe ſeyn?
ARIA. Mars donnert mit den waffen,
Wenn er uns rache ſchaffen
Und boͤſe ſtrafen will;
Doch wenn ſein eifer ausgekrieget:
Doch wenn ſein helden-arm geſieget,
So ſingt er wieder
Mit Venus lieder,
So iſt die liebe ſein waffen-ſpiel.
Diana. JCh bin von aller liebe frey:
Und ſoll ich ſagen,
Was mich im hertzen kan ergetzen?
So iſt es jagen:
So iſt es hetzen:
So iſts ein helles wald-geſchrey. H 5Jedoch122
Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget,
So wird mir offt das hertz beweget.
Alsdenn ſo fang ich an zu klagen,
Was ich vor ſelber todt geſchlagen.
Wie gluͤcklich, denck ich offt, ſeyd ihr verliebten doch!
Jhr ſchmiedet euch an kett und joch:
Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen.
Jhr laufft in netz und ſchlingen ein,
Und dennoch koͤnnt ihr in der pein,
Und dennoch koͤnnt ihr ſterbend ſchertzen.
Das wild verliehrt
Die freyheit und zugleich das leben;
Euch wird das leben erſt gegeben,
Wenn man an eure freyheit ruͤhrt:
Euch wird die freyheit erſt gegeben,
Wenn Amor euch das hertz entfuͤhrt.
ARIA. Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Jn dem holtze ſich verzehren,
Heiſt der zeit den ruͤcken kehren;
Nymphen koͤnnen mehr gewaͤhren,
Als des waldes ungemach.
Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Bacchus. SO giebt Diana ſich gefangen?
Diana, die Actaͤous angeſicht
So ſchaͤndlich zugericht?
Diana, die, Alphaͤus! dein verlangen
Gehoͤrt, und dennoch nur verlacht.
O Amor! deine macht
Jſt wohl dem weine zu vergleichen:
Wen er nicht faͤllen kan, den pflegt er zu beſchleichen.
Wir fluchen dir und ſchelten dich:
Jndeſſen lachſt du innerlich;Und123
Und zeigſt, indem wir wollen ſiegen
Von ferne, wie wir niederlegen.
O Amor! deine krafft
Jſt ſtaͤrcker, als der reben ſafft.
Er kan die ſinnen nur bethoͤren;
Dich muͤſſen auch die hertzen ehren.
Er kan beruͤcken,
Du kanſt entzuͤcken.
Er ſchwindet wie rauch;
Doch wo du kommſt, da bleibſt du auch.
ARIA. Suͤſſe zeugin meiner flammen!
Venus! ſprich von deiner macht!
Wein bringt helden offt zuſammen;
Aber wein iſt zu verdammen,
Wenn er, Venus! dich veracht:
Aber wein iſt zu verdammen,
Wenn er keiner ſchoͤnheit acht.
Suͤſſe zengin meiner flammen!
Venus! ſprich von deiner macht!
Diana. JCh liebe nicht, wie Bacchus ſpricht:
Doch fluch ich auch der liebe nicht,
Mein hertz iſt frey, und ſoll es auch verbleiben[:]
Gleichwol ergetzt es mich,
Wenn keuſche ſeelen ſich
Jns buch der liebe ſchreiben.
Was mich am lieben offt gekraͤnckt,
Jſt, daß man ſchwoͤrt, und anders denckt:
Jſt, daß man mit dem munde kuͤſſet,
Und doch im hertzen ſich vergiſſet.
Ach! denck ich offt, ſo iſt ja nicht der wald:
Denn wie er einmahl wiederſchallt,
So ſchallt er allzeit wieder.
Jch denck es; Doch wo Hymens liederSo124
So klingen, wie allhier geſchieht:
Wo ſich ein koͤnig ſelbſt vor ſeinem ſohn bemuͤht:
Der ſohn ſich an ein haus vermaͤhlet,
Das voller koͤnigs-cronen bluͤht:
Die braut ihr einen printz erwehlet,
Der cron und hertzen an ſich zieht,
Der loͤwen jagen,
Der feinde ſchlagen,
Und alles fuͤr das reich wird wagen;
Da hab ich nichts zu ſagen.
ARIA. Die ſchoͤnheit iſt doch nur fuͤr helden,
Und helden ſind der ſchoͤnheit lohn:
Wer, was GOtt thut, mit fleiß erkennet,
Wer tugend ſieht und gleich entbrennet,
Von dem iſt nichts als ruhm zu melden:
Der iſt ein wahrer goͤtter-ſohn.
Die ſchoͤnheit iſt doch nur fuͤr helden,
Und helden ſind der ſchoͤnheit lohn.
Der herbſt. SO recht, wo Amor wird geehrt,
Da wird ein reich nicht leicht zerſtoͤrt:
Die jugend gruͤnt wie waͤlder:
Die ſtaͤdte bluͤhn wie felder:
Und alles traͤget ſuͤſſe frucht.
Jhr Nymphen! die ihr blumen ſucht,
Jhr Nymphen! die ihr aͤpffel brechet,
Und offt im brechen bey euch ſprechet:
O Amor! wie verletzt du mich!
O Amor! wie ergetzt du mich!
Jhr ſprecht es zwar im lachen;
Doch euer ſchertz
Jſt voller ſchmertz.
Jhr nennt es fremde ſachen;Doch125
Doch euer brand
Macht ſchon bekannt,
Was lieben kan fuͤr freuden machen.
ARIA. Granaten und citronen
Sind aller fruͤchte cronen,
Sind aller gaͤrte preiß;
Doch Amor herꝛſchet uͤber cronen,
Wie feuer uͤber ſchnte und eiß:
Doch Amor herſcht auf kayſer-thronen:
Doch Amor iſt der helden preiß.
Diana. WOhl denn euch! die ihr redlich liebet!
Eur hertze bleibet nicht betruͤbet:
Es hoffet, eh’ es ſiegt:
Es jauchzet, wenn es ausgekriegt:
Und ſchwimmt, nach kurtzem leide,
Jn ſeen honig-ſuͤſſer freude.
Wohl euch! durchlauchtes paar!
Jhr macht des landes wuͤnſchen wahr.
So lange man wird hirſche jagen;
So wird man auch von dieſen tagen,
So wird man von den wunder-tagen,
Die Friedrich euch gemacht, noch ſagen.
Bacchus. SO lange reben trauben tragen,
So wird man auch von dieſen tagen,
So wird man von den freuden-tagen,
Die ihr euch ſelber macht, noch ſagen.
Das chor. HJmmel! ſegne mit gedeyen,
Was dein arm und weiſer rath
Selber hier vermaͤhlet hat! Wenn126
Wenn ſich gart und feld verneuen:
Wenn die baͤume fruͤchte ſtreuen;
So denck auch an dieſe ſtadt!
So denck auch an Friedrichs that!
Und laß auf Charlottens auen
Jhn Sophiens fruͤchte ſchauen!
Das bitter-ſuͤſſe ding an dem Weiß - und Huͤnrbeiniſchen hochzeit-feſte den 25 October 1705.ES iſt ein groſſer ſtreit von bitter-ſuͤſſen dingen,
Was unter beyder art mit recht den vorzug hat?
Dort will die wermuth ſich zur erſten ſtelle dringen,
Und hier giebt alle welt dem honig rang und ſtatt.
Doch hat der himmel ſelbſt ein wunder-ding gezeuget,
Das zehnmal ſuͤſſer iſt als aller zucker-cand,
Und deſſen bitterkeit doch wermuth uͤberſteiget,
Und coloquinten ſchimpfft: Das iſt der eheſtand.
Man muß das bittre ding noch vor der hochzeit ſchmecken:
Spendiren, putz und ſtaat macht hier und da verdruß:
So kan auch dieſes nicht den appetit erwecken,
Wenn mancher courtiſan mit koͤrben handeln muß.
Da muß ein kuͤnfftger mann vor ſeine hochzeit ſorgen;
Was koſt das ehren-kleid vor ſich und vor die braut?
Die kuͤche fordert geld, und ſolt’ er alles borgen,
Was koſt die kammer-pracht? und wer die wohnung baut?
Wie klingt der hochzeit-brief? Was krieget man vor gaͤſte?
Wie wird der gantze ſchwarm recht zu bewirthen ſeyn?
Kommt denn die herꝛlichkeit, ſo ſtellt ſich bey dem feſte
Doch noch was neues ſtets von bittern ſorgen ein:
Bald tritt der marſchall auf, und bald der hochzeit-bitter,
Bald faͤhrt der gaſt zu fruͤh, und bald zu ſpat nach hauß;
Jtzt ſchmaͤlet jung und magd, itzt ſehn die tuͤtſche-muͤtter,
Und bald der muſicant mehr als catoniſch aus;
Man127Man ſorget vor den tantz. Wills dann ins bette gehen,
So findt ſich tauſend noth: Noth um die erſte krafft;
Noth, wie das nacht-gezeug und andre ſachen ſtehen;
Noth endlich um die ſcham: Noth um die jungferſchafft.
Nach dieſem heiſt es erſt: Schafft loͤffel, ſchuͤſſel, tiegel!
Sorgt vor den kleider-ſchmuck! ſchafft bette, holtz und licht!
Der frau die junge magd, und auch die ſchoͤnſten ſpiegel!
Es fehle, was da will, nur an dem ſtaate nicht.
Dann faͤngt das neue weib allmaͤhlich an zu ſiechen;
Sie merckt, daß ſich der ſchmertz in haupt und ſeite regt;
Sie kan durchaus kein fleiſch vor groſſem eckel riechen;
Sie fuͤhlet, daß das hertz in ihr gedoppelt ſchlaͤgt.
Die ſtunde ruͤckt heran, die wiege zu beſtellen,
Das bett und wochen-zeug will eingekauffet ſeyn,
Man kaufft die windel-ſchnur von mehr als vierzehn ellen,
Und mutter Lieſe buͤßt nicht einen zweyer ein.
Kommt nun der klapper-ſtorch, ſo kommen neue grillen
Vor kind und woͤchnerin, wer ſoll gevatter ſtehn?
Die amme wird gedingt, das haͤnſelgen zu ſtillen,
Ein kinder-maͤgdgen muß der frau zu handen gehn;
So bitter iſt der ſtand. Und ſoll man ihn vergleichen,
So ſtellt Corneli-tag ſein bild leibhafftig dar,
Der manchem zum arreſt kein allzu gutes zeichen
Und zu der ſchlaͤgerey nicht allzugluͤcklich war.
Doch halt, verwegner kiel! der nur die bitterkeiten,
Nicht aber auch zugleich des ehſtands nectar weiſt;
Er iſt das ſuͤſſeſte, ſo gluͤck und luſt bereiten,
Er iſt wie Canaan, da milch und honig fleußt
Der himmel hat ihn nicht ſo zeitlich eingeſetzet,
Als er auf ihn zugleich den zucker ausgeſtreut;
Und ſo der herbe ſchmack den gaumen nur verletzet,
Wie daß die menſchen denn von anbeginn gefreyt?
Geſtohlne waſſer zwar ſind in der kehle ſuͤſſe,
Und mancher machet ſich faſt durch die halbe welt;
Doch kommt das grimmen nach, weil ſtets bey dem genuͤſſe
Furcht, ſchimpff und feiger muth die ſchnoͤde luſt vergaͤllt.
Hinge -128Hingegen hat ein kuß, den ehr und recht vergoͤnnen,
Der ſorgen aloe hier auf einmahl bezahlt:
Wie ſuͤſſe laͤſſet ſich der liebſten nahme nennen,
Allhier wird ohne ſchuld getaͤndelt und gethalt.
Die liebſte nimmet theil an ſorgen und beſchwerden,
Sie nimmt den mann in acht, und ſorgt fuͤr ſeinem leib:
Weil ihm ſo tag und nacht lang und beſchwerlich werden,
So iſt und bleibet ſie ſein beſter zeit-vertreib.
Wofern er ungefaͤhr vor maͤuſen und vor katzen,
Und zwar die Walpurgs-nacht, nicht richtig ſchlafen kan;
So lernet ſie mit ihm vertraut im bette ſchwatzen,
Er hoͤrt auf jeden traum ſo fort die deutung an.
Wird ihm der nabel kalt, ſo thut ſie es mit willen,
Und wird zu ſeinem troſt ein heiſſer waͤrme-ſtein;
Sie giebt die panacee, Emanuelis pillen,
Wenn er hart-leibig wird, ihm durch ein ſuͤpchen ein.
Dem frauenzimmer zwar iſt ſonſten nichts verhaßter,
Als in der compagnie taback bey bier und thee;
Doch ihm zu liebe fuͤllt ſie wohl ein pfeiffchen knaſter,
Und ſteckt es ſelber an; ſo ſuͤß iſt auch die eh!
Du, hoch-geſchaͤtzter mann! den freundſchafft gunſt und guͤte
Uns laͤngſt verbunden hat, du findeſt zweifels-frey
Das ſuͤſſeſte der eh: Ein kind von ſchoͤner bluͤte
Schwoͤrt dir vor dem altar die ewig-feſte treu;
Drum ſchicken wir den wunſch: Geneuß der ſuͤſſen zeiten!
Die liebe mache dich mit viel vergnuͤgung ſatt!
Daß das ſonſt bittre ding viel centner ſuͤßigkeiten,
Nur aber einen gran von myrrhen fuͤr dich hat!
Die bey dem Corengel-Jacobiſchen hoch - zeit-feſte eroͤrterte curieuſe frage: Ob es beſſer ſey, eine kleine oder groſſe zu heyrathen? DAs frauenzimmer theilt ſich in zwey claſſen ein,
Und iſt in ſeiner art groß oder etwas klein:
Doch129Doch wenn ein freyers-mann ſich eines ſoll erwehlen,
So pflegt er meiſtentheils beym ſchluſſe zu verfehlen.
Denn beyde ſcheinen uns vielfachen lobes werth;
An beyden iſt auch was, ſo unſern geiſt beſchwert.
Die groſſen ſchicken ſich, die ſtuben auszuzieren,
Und in dem bette wird man ſie nicht leicht verliehren.
Wenn uns, ich weiß nicht was, zu einem kuſſe zwingt,
Und der verwehnte mund zu fremden lippen dringt;
So kan ein groſſes kind ſich gar zu artig ſchicken:
Man darff ſich nicht ſo ſehr, wie bey den kleinen, buͤcken:
Der puckel wird nicht krumm: das angeſetzte knie
Und unſer ſchwacher leib empfindet wenig muͤh.
Es heißt, man ſoll das weib zu der gehuͤlfin nehmen;
Wo aber kan ſich wohl ein kleines kind bequemen,
Jn noͤthen beyzuſtehn? Sieht doch ein groſſes haus
Nicht nur gemeiniglich von auſſen praͤchtig aus;
Es hat auch innerlich die koͤſtlichſten gemaͤcher:
Auf gleiche weiſe legt die tugend ihre faͤcher
Bey groſſen ſeelen an. Wer ſich durch gold ergetzt,
Und ein halb quentgen ſchon fuͤr ſeine freude ſchaͤtzt;
Den wird ein gantzes pfund gewiß noch mehr erfreuen:
Diß muß ich ebenfalls von weibern prophezeyen.
Setzt ein ſubtiler mund und eine zarte hand
Die armen ſterblichen ſchon in den aͤrgſten brand;
Was wird denn allbereit zur ſelben zeit geſchehen,
Wo ſie was koͤſtliches an ſtarcken gliedern ſehen?
Nichts deſto weniger bleibt dieſes doch mein ſchluß:
Daß man ein kleines weib am ehſten ſuchen muß.
Die iſt viel artiger: Wir koͤnnens aus den wercken
Der guͤtigen natur mehr als zu deutlich mercken:
Wenn dieſe bey der welt was gutes ſchaffen will,
So achtet ſie das maas der groͤſſe nicht gar viel:
Sie laͤßt aus zinn und bley die groͤſten klumpen werden;
Doch das beliebte gold, das beſte marck der erden
Sieht, wenn es zu uns kommt, gemeiniglich gantz klein:
Der beſte diamant verlangt vor ſeinen ſchein
VI. Theil. JKein130Kein groſſes fundament: Die allerſchoͤnſte ſterne
Stehn von der unter-welt nur bloß darum ſo ferne,
Weil jede ereatur viel artigkeit erweiſt,
So lange man an ihr das weſen kleine heißt.
Was die natur gethan, denckt bey den meiſten ſachen
Nunmehr des kuͤnſtlers hand auch voͤllig nachzumachen:
Ein kleines contrefait kommt hoͤher, als ein bild,
So mit der poſitur zehn meilen faſt erfuͤllt.
Die allerkleinſte uhr, ſo man im ſchiebſack traͤget,
Jſt koſtbarer als die, ſo denen bauren ſchlaͤget.
Der kleinſte mode-hut von Caen und Caudebec
Nimmt unſerm gelde mehr, als groſſe filtze, weg.
Ein gantzer puppen-kram muß mit dem groͤſten zeichen
Vor einem eintzgen ſtuͤck Nuͤrnberger-arbeit weichen.
Und wenn mans recht bedenckt, ſo hat der viel profit,
Der auf ein kleines weib in ſeiner liebe ſieht:
Er darff dem ſchneider nicht ſo viel zum kleide ſchaffen:
Er hat den groͤſten platz, wenn ſie beyſammen ſchlaffen:
Er kan mit ihr bequem auf einer kutſchen ſeyn:
Und ſtellet ſich manchmahl ein loſes gaͤſtgen ein;
So kan er den alsbald mit kalter kuͤche ſchrecken,
Und in den kleider-ſchranck die kleine wirthin ſtecken:
Die dreht ſich zehnmahl um, wenn andre ſtille ſtehn
Und mit der groͤſten laſt recht im gewichte gehn.
Denn bey den kleinen kommt die wuͤrckung aller flammen,
So liebens-wuͤrdig ſind, auf einen fleck zuſammen.
Man ſehe nur die welt! Die zarte nachtigall
Bezwingt und uͤbertrifft durch ihren holden ſchall
Den allerlaͤngſten ſtorch: Wer lerchen-fleiſch kan eſſen,
Wird das erhoͤhte wild von hertzen gern vergeſſen.
So geht es weiter fort: Die allerkleinſte mauß
Haͤlt wohl die ſtaͤrckſte kuh in ihrem rennen aus:
Die kleinſten bienen ſind am fleißigſten im neſte:
Und bey den gurcken iſt die kleinſte wohl die beſte:
Ein zobel-ſchwaͤntzgen gilt mehr als ein pferde-fell:
Das rebhuhn iſt nicht groß, doch fliehet es ſo ſchnell,
Als131Als ſonſt kein vogel thut: Und aus der kleinſten taſchen
Vermochte Davids hand den rieſen-kopf zu haſchen:
Ein ſeiden-wuͤrmgen nutzt weit mehr auf einem tag,
Als wohl der regen-wurm das gantze jahr vermag:
Die kleinſten beine ſind am beſten vor die taͤntze:
Bey kleinen fuͤchſen ſtehn die allerlaͤngſten ſchwaͤntze:
Die kleinſte leber-wurſt ſchmeckt unſerm appetit
Mehr, als der groſſe darm, den man von ſchweinen zieht:
Und weil die menſchen noch fein zart und kleine bleiben,
Wuͤnſcht jegliches die zeit mit ihnen zu vertreiben:
Es iſt der liebes-gott ja ſelbſten zart und klein,
Und will bey kleinen auch am allerliebſten ſeyn;
Die groſſen kan er nicht mit ſeinem weſen fuͤllen,
Und ſie mit ſeiner luſt nicht wie die kleinen ſtillen.
Und itzund denck ich gleich der ſachen weiter nach,
Da faͤllt mir eben ein, was einſten jener ſprach,
Als ein geheimer zug ſein hertz ſo weit getrieben,
Daß er nun willens war, ſich gleichfalls zu verlieben;
Er ſagte: Dieſer ſtand der ehe kommet mir
Wie ein nothwendiges und ſtarckes uͤbel fuͤr:
Weil von zwey uͤbeln nur das kleinſte zu erwehlen,
So mag mich immerhin ein kleines weibgen quaͤlen.
Er, werther braͤutigam! hat wohl nicht ſo gedacht,
Als man ihm gleichfalls luſt zum freyen beygebracht.
Denn was des menſchen geiſt auf erden kan vergnuͤgen,
Wird in der kleinen braut bey ihm verborgen liegen.
Jch bin darum erfreut! Und weil das letzte ziel
Von meiner poeſie zum wunſche ſchreiten will;
So will ich ſonſten nichts, als dieſe zeilen, ſchreiben:
Die luſt ſoll bey ihm groß, die noth gantz klein verbleiben.
J 2Die132Die bey der Frantz - und Hallmanniſchen verehligung erwogne jungfer - noth. DAs ungluͤckſeeligſte geſchlechte dieſer welt,
Der auszug aller noth, der ſammel-platz der ſchmertzen,
Wo kummer und verdruß die ſtete hofſtadt haͤlt,
Seyd ihr, wie mich beduͤnckt, ihr guten jungfer-hertzen!
Der jammer, der euch druͤckt, iſt nicht zu uͤberſehn:
Euch armen kindern muß faſt nichts als alles fehlen;
Und will ich, wo es nur vor wehmuth kan geſchehn,
Hier nur das wenigſte von eurer noth erzehlen.
Wie quaͤlet euch der tag! wie martert euch die nacht!
Wie macht die einſamkeit euch doch ſo unvergnuͤget!
Und wer ein wenig giebt auf eure ſeufftzer acht,
Merckt, daß die kranckheit euch in allen gliedern lieget:
Die augen duͤrffet ihr nicht, wie ihr wollet, drehn,
Und keinen freyen blick nach manns-perſonen wagen,
Gleich faͤngt die mutter an: Solt du nach kerlen ſehn?
Du geiles raben-aas! dich ſoll der guckguck plagen!
Jhr muͤſſet kopf und halß, den roß und maͤulern gleich,
Jm zaum und im gebiß, ja im gewichte, tragen:
Die ohren ſind wie taub, und ihr erroͤthet euch,
So offt man einen ſchertz und luſtig wort will ſagen:
Faſt jede ſylbe kehrt bey euch auf ſchrauben ein:
Die lippen muͤſſet ihr in enge falten faſſen,
Und daß kein biſſen ja zu wichtig moͤchte ſeyn,
Muß offt ein mandelkern ſich viermahl theilen laſſen:
Was aber faͤngt indeß der arme magen an?
Der muß vor erbarkeit ſo durſt als hunger leiden,
Es wird kein guter trunck und rechter biß gethan,
Wenn ihr nicht erſt dabey koͤnnt die geſellſchafft meiden:
Das ſtarcke ſchnuͤren preßt euch lung und leber ein:
Und das beklemmte hertz, das ſo viel ſeufftzer nagen,
Als federn offtermahls in eurem bette ſeyn,
Darf einen kaum davon der liebſten ſchweſter ſagen:
Die133Die haͤnde fuͤllt man euch mit zwirn und nadeln an,
Jn die ihr lieber wuͤnſcht was maͤnnliches zu ſchlieſſen:
Und lencket euer fuß ſich auf die liebes-bahn,
So fuͤhrt die mutter euch alsbald zum kleppel-kuͤſſen.
So iſt auch ſonſt an euch kein glied von ſchmertzen frey,
Und ſo verbringet ihr, gleich ſiechen, eure tage,
Und muͤſſet zugeſtehn, die jungfer-plage ſey
Noch viel beſchwerlicher, als wohl die mutter-plage.
Hochwerther braͤutigam! die ſchrifft, die ſeine hand
Einſt von dem krancken-weh der jungfern hat geſchrieben,
Hat uns ſo wohl gelehrt derſelben uͤbelſtand,
Als mittel angezeigt, wodurch er wird vertrieben;
Jtzt ſchenckt der himmel ihm ein angenehmes kind,
Das bald die frohe ſchaar der Nymphen wird vermiſſen,
Und das ſich gegen ihm vor liebe kranck befindt:
So wird er es begluͤckt denn auch zu heilen wiſſen,
Jch weiß, die liebe wird hiebey mit eigner hand
Von viel vergnuͤgungen und tauſend lieblichkeiten
Ein labſal, welches ihr noch beyde nicht erkannt,
Zu eurer ſtaͤrckung euch verlobten zu bereiten.
Wohl ihr! begluͤckte braut! daß ihr befreyter fuß
Kan aus dem lazareth der jungfer-ſchaar entweichen!
Und daß itzt taͤglich ihr des liebſten ſuͤſſer kuß
Vor alle boͤſe lufft wird heilungs-mittel reichen!
Mein wunſch, den ihr hiebey in wenig zeilen ſchaut,
Jſt dieſer: Daß euch nichts als ſchertz und luſt vergnuͤge!
Lebt beyde ſtets geſund! doch alſo, daß die braut
Sechs wochen manchmahl kranck, doch ohne ſchmertzen, liege!
Die bey eines baders hochzeit vorgeſtellt; bad-ſtube der liebe. E. G. JCh weiß nicht, wo man ſich doch nur verſtecken ſoll,
Wann man der liebe will aus aug und haͤnden gehen;J 3Und134
Und liefe ſchon ein Mohr biß an den norden-pol,
So wuͤrde ſie ihm doch wohl auf dem nacken ſtehen.
Denn wenn gleich alle welt die finſtre nacht bedeckt,
Wird doch der liebe glantz am meiſten angeſteckt.
Es macht kein duͤſtrer wald von ihrem lichte frey:
Wie offters pflegt ſie nicht die hoͤlen zu durchkriechen?
Denckt nicht, daß man vor ihr im waſſer ſicher ſey?
Vor dieſem ließ ſie ſich einmahl ins wein-faß pichen;
Doch dieſes haͤtt ich mir wohl nimmermehr gedacht,
Daß ſie ſo offt quartier in badereyen macht.
Das waſſer leſcht ja ſonſt der hitze flammen aus:
Und wo die krancken ſich im ſchmertz und blute baden,
Da bluͤht wohl ordentlich kein ſuͤſſer wolluſt-ſtrauß:
Es ſchickt ſich rauch und dampff nicht in vergnuͤgungs-laden;
Wo feuer wider wunſch den matten leib erhitzt,
Da wird der liebe krafft gar leichtlich ausgeſchwitzt.
Jedoch diß alles reißt den erſten ſchluß nicht ein:
Man kan ſie allerdings in krancken-ſtuben finden,
Nachdem verliebte ja ſtets patienten ſeyn,
Die ſie als aͤrtztin muß mit heil und troſt verbinden.
Schlaͤgt dieſer hauffe nun wo einen wohn-platz auf;
So bringt ſie warlich auch da ihren kram zu kauf.
Jhr krancken! die ihr euch den magen wo verderbt,
Daß hitz und froſt vermengt viel tremulanten ſchlagen,
Und ſich das angeſicht bald roth bald anders faͤrbt,
Jhr duͤrfft mich nur hieher zu unſrer aͤrtztin tragen;
Die traͤgt euch einen ſchatz von fieber-pillen an,
Die kein Hippocrates ſo gut verſchreiben kan.
Weil135Weil aber alles ſich nicht gleich vor alle ſchickt,
Und die purgantzen offt die kranckheit mehr erregen,
Zumahl wenn ohnmacht euch der ſeiten krafft entzuͤckt;
So muß der patient ſich auch aufs ſchwitzen legen.
Dann giebt ſie perlen-traͤnck und ſtaͤrckungs-tropffen ein,
Die kuͤnſtlicher als zimmt, als moſch und ambra ſeyn.
Wen ein erzoͤrnter ſtrahl der ſonnen blind gemacht,
Und wen ein fenſter-blitz der augen ſchein genommen,
Als ihn ein mocken-geiſt zu nah ans licht gebracht,
Der wird durch ihre cur verneuten geiſt bekommen.
Jhr blinde! tragt den ſtar zu dieſer aͤrtztin hin!
Sie wird das fell gar bald von euren augen ziehn.
Jn bruͤchen iſt ſie ſchon von alters her bekannt:
Sie ſchneidet wurm und ſtein: ſie heilt die tieffſten wunden
Mit biſam-pflaſter zu: ja ſelbſt der kalte brand
Hat oͤffters ihre krafft und widerſtand empfunden.
Und draut ja etwas noch den ſterblichen das grab,
Dem hilfft ihr ſchrepffe-kopf und aderlaſſen ab.
Ja was noch druͤber iſt: Sie macht geſichter neu:
Sie pflegt mit hoher hand die baͤrte ſelbſt zu butzen:
Und ſchafft durch kunſt und fleiß in jhrer baderey,
Daß alte maͤnner offt wie juncker haͤnßgen ſtutzen.
Begluͤckte baderey! Nur diß iſt nicht gar gut:
Daß ſie den badern ſelbſt ſo viel zum poſſen thut.
Jhr guten herren wißt offt nicht, wer vor euch ſitzt,
Wenn jungfern purpur-ſafft aus ihren adern zaͤpffen,
Und ihr der glieder-ſchnee voll blum - und nahmen ritzt,
Daß alle tropffen nichts als treu und liebe ſchrepffen.
Da wird die flitte dann ſo wunderlich geruͤhrt,
Daß man den bad er ſelbſt ins krancken-bette fuͤhrt.
J 4Komm,136Komm, angenehmes paar! du ſolt mein zeuge ſeyn!
Dein beyſpiel wird uns diß gantz klar beweiſen koͤnnen,
Die liebe zieht davor in deinem zimmer ein,
Und will durch ihre cur dir viel vergnuͤgung goͤnnen:
Wohlan! ſie wohne denn in dieſer baderey,
Und ſchaffe, daß bey dir bald was zu baden ſey!
Die reiſende und in Oßig einkehrende liebe, bey dem Magneriſchen und Klauni - giſchen hochzeit-feſte, 1700. DJe liebe, deren band die welt zuſammen haͤlt,
Durchlief in einem blick den gantzen kreis der erden:
Ach! ſprach ſie, ſoll mein reich itzt nicht erweitert werden?
Jch ſehe hier die luſt der neu-gebohrnen welt,
Da, wo der himmel ſelbſt die gruͤnen auen kuͤſſet,
Und ſeinen kuͤhlen thau auf gras und blumen gieſſet.
Die angenehme zeit begeiſtert dieſen ſinn,
Jch will durch wald und feld, durch land und waſſer reiſen,
Und dieſes ſcepters macht der gantzen erden weiſen.
Jhr tauben! traget mich zu allen voͤlckern hin!
So fuhr die liebe fort, wie pfeile von dem bogen,
Und hat ſo berg als thal mit ihrer gluth durchzogen.
Jhr erſter austritt war der guten hoffnung port,
Sie kam in Africam, und ſahe nichts als wuͤſten:
Hier, ſprach ſie, mag ein drach und keine liebe niſten!
Sie gieng in Aſien mit ſchnellen fluͤgeln fort:
Auch hier iſt, ſagte ſie, kein thron vor mich geſetzet,
Wo ſich die grauſamkeit mit eitel blute netzet.
Die fluͤgel trugen ſie biß in Americam,
Da lag das wilde volck in gold und ſilber-gruͤfften:Was137
Was werd ich, fragte ſie, bey dieſen tygern ſtifften?
Darauf ſie ihren weg auch zu den inſuln nahm;
Doch kein Canarien ließ ſolchen zucker ſchmecken,
Dabey ſie willens war, die tafel aufzudecken.
Gluͤck zu! du edles land! der laͤnder paradieß!
So rief ſie freudig aus, als ſie Europam ſahe; “Jtzt bin ich, fuhr ſie fort, den ſchoͤnen grentzen nahe: „ Diß iſt mein Colchis hier, hier liegt mein goldnes vließ. „ Weg mit der neuen welt mit gold - und ſilber-kuͤſten; „ Auf dieſem ſchau-platz will ich meinen bogen ruͤſten.
Bald ſetzte ſie den fuß bey Hereuls-ſaͤulen aus,
Ulyſſens ſchoͤne ſtadt bekam die erſten blicke;
Allein hier dachte man noch an den tod zuruͤcke,
Es deckte noch der boy das koͤnigliche haus:
Don Petro hatte nur die einſamkeit erwehlet,
Weil ſeine koͤnigin dem tode ſich vermaͤhlet.
Drum gieng die liebe fort, und gruͤſſete Madrit:
Auch hier war ſchlechte luſt, weil des monarchen leben
Der ſteten todes-furcht durch kranckheit uͤbergeben:
Nein, ſprach ſie, wo der tod, da geht die liebe quitt,
Jch ſeegle nach Pariß, wo ſich vor meinen blicken
Der groſſe Ludewig muß ſelber niederbuͤcken.
Doch ihre hoffnung ward zu waſſer und zu wind,
Weil man nur lauter ſtreit allhier im ſinne fuͤhrte,
Und den Maroccer-printz mit einem korbe zierte.
Sie ſchwamm in Engeland, und fand ein labyrinth,
Wo zwietracht ihren ſitz im Parlament genommen,
Und Wilhelms tapferkeit noch manchen feind bekommen.
Wo wend ich, dachte ſie, nun meine deichſel hin?
Die wellen trugen ſie nach Amſterdam zuruͤcke;J 5Allein138
Alle in man gab ihr hier nicht allzuholde blicke:
Die liebe, die hier wohnt, heiſt wucher und gewinn.
So will ich dann, ſprach ſie, nach Norden uͤbergehen,
Wer weiß, wo gluth und muth mir wird zu dienſte ſtehen.
Ach! aber was vor gluth traff ſie in Hollſtein an!
Da man auf Toͤnningen mit lauter blitzen ſpielte,
Und haͤuſer, thurm und wall der erden gleiche wuͤhlte:
Jſt niemand, ſeufftzte ſie, der dieſes leſchen kan?
Jn Schweden ſahe ſie zwar hohe liebe keimen;
Die doch der krieges-gluth bald muß die ſtelle raͤumen.
“Nach Polen komm ich nicht: Diß war der liebe ſchluß;
„ Auguſtus und ſein volck mag ſich vor Riga regen:
„ Nach Moſcau will ich nicht, weil ich doch allerwegen,
„ Krieg, feuer, dampf und ſchwerd zur loſung hoͤren muß;
„ Mag doch das ſchwartze meer mit rothem blute flieſſen;
„ Mars muß entwaffnet ſeyn, will er die liebe kuͤſſen.
“Dir, dir, Germanien! vermeld ich meinen gruß! „ Weil dich, du treues land! des adlers fluͤgel decket,
„ Hab ich dir mein panier zu ehren aufgeſtecket.
„ Jhr fluͤgel, ſchwinget euch! und ruͤſte dich, mein fuß!
„ Daß ich bald hoͤchſt-vergnuͤgt auf dieſen grentzen ſtehe,
„ Und bey der fruͤhlings-luſt auf lauter roſen gehe.
Kaum war es ausgeredt, als ſie ſich durch die lufft
Mit ſchneller fluͤchtigkeit nach Teutſchlands boden wandte,
Bald fand ſie einen ort, wo gluth und liebe brannte.
Begluͤcktes Brandenburg! wo dieſe ſtimme rufft: “Des Brennus groſſer ſtamm ſoll mit durchlauchten zweigen „ Auch in der Heſſen land biß an den himmel ſteigen.
Hier goß die liebe nun den ſtaͤrckſten balſam zu:
Sie legte gluth zu gluth, und ketten zu den ketten:Sie139
Sie ſchmuͤckete das zelt mit lauter roſen-betten: “Komm, rief ſie, tapfrer printz! komm, nimm die ſuͤſſe ruh! „ Louiſe wird dein haupt in ihrem ſchoſe wiegen, „ Und dein entflammtes hertz mit tauſend luſt vergnuͤgen.
Als dieſes und noch mehr die liebe hier gethan,
So eilete ſie fort, ihr angenehmes weſen
An andern hoͤfen auch den printzen vorzuleſen.
Vornehmlich ſetzte ſie nach Oeſtreich ihre bahn: “Dort, ſprach ſie, muß mein mund den theuren Joſeph preiſen, „ Die liebe will ihm ſchon verneute fruͤchte weiſen.
Doch da ſie nun der weg nach ſeinem throne trug,
Fand ſie in Schleſien ein dorff im thale liegen;
Ein ſchall und wohl-geruch, ſo durch die luͤffte ſtiegen,
Ergetzten ihren geiſt, und hemmten ihren flug,
Daß ſie ſich allgemach in dieſe gegend wagte,
Und nach beſchaffenheit deſſelben ortes fragte.
Man gab ihr den bericht: “Hier iſt ein kleines land, „ Aus dem was groſſes kam vor jenen langen jahren, „ Hier herꝛſchten edele, auch die von fuͤrſten waren, „ Ja hier regieret noch ein hochgebohrner ſtand, „ Wo Artemiſia Mauſolens aſche netzet, „ Und ihm auf ſeine grufft den ehren-tempel ſetzet.
Die liebe war erfreut, und wuͤnſchte diß dabey:
“Es wachſe dieſes haus befreyt von leid und neide!
„ Was aber, fragte ſie, bedeutet dieſe freude?
Die antwort fiel darauf: Herꝛ Wagner, deſſen treu
Bey dieſer herꝛſchafft ihn zu einem Joſeph ſetzet,
Wird heute dieſen tag durch eine braut ergetzet.
“Wohlan! verſetzte ſie, diß iſt, was mich vergnuͤgt;
„ Apollo kennet ihn, und die ihm iſt gewogen,
Die140„ Die hat an meiner bruſt der tugend milch geſogen.
Worauf ſie alſobald ſich in das ſchloß verfuͤgt:
Wo ſie ſo wirth als gaſt mit holder anmuth kuͤßte,
Und die verlobeten mit dieſen worten gruͤßte:
“Gluͤck zu! dn edles paar! der himmel ſey mit dir!
„ Der tag Felician verſpricht dir lauter gluͤcke;
„ Begluͤcktes hochzeit-feſt! begluͤckte ſegens-blicke!
„ Die liebe ſelbſten kommt hier als ein gaſt zu dir:
„ Vergnuͤgung iſt dein wirth: Was wilſt du weiter ſagen,
„ Wenn gluͤck und liebe dich ins hochzeit-bette tragen?
“Erfreuter braͤutigam! ſey du Felician!
„ Und ſie Felicitas, die dich ans hertze ſchlieſſet!
„ Auf! liebet, uͤbet euch! auf! kuͤſſet und genieſſet!
„ Jch aber ſchreibe diß in eurer kammer an:
„ Hier hat die treue ſich mit reiner gunſt verbunden!
„ Und als ſie diß gethan, ſo war ſie auch verſchwunden.
Der himmel auf erden in der vergnuͤ - gung keuſcher liebe, bey der hoch-freyherꝛl. Sandretzkiſchen und Haugwitziſchen vermaͤhlung 1701. erwogen von B. S. K. G. P. WEr iſt wol auf der welt, der nicht vergnuͤgung ſucht!
Die kurtze lebens-zeit iſt eine bittre frucht,
Die man mit freude muß, als wie mit zucker, wuͤrtzen;
Ein unmenſch graͤbt ſich nur in blaſſe traurigkeit:
Und wer ſein leben haßt, der ſtirbet vor der zeit,
Wenn er ſich ſelbſten will in gram und ſorge ſtuͤrtzen:
Des kummers folter ſteht nur feigen hertzen an;
Ein aufgeweckter geiſt bricht lilgen in den neſſeln,Und141
Und kocht aus wermuth ſelbſt, was zucker gleichen kan:
Kein niedertraͤchtig ſchmertz mag ſeine ſinnen feſſeln,
Weil er die freudigkeit als ſeine ſchweſter kuͤßt,
Und die vergnuͤgung ihm das halbe leben iſt.
Jm ſchachte findt man gold, und in der aſche gluth.
Der Mohr fiſcht aus der ſee das theure perlen-gut;
Wo aber ſoll der menſch vergnuͤgungs-ſchaͤtze graben?
Der nimmer-ſatte geiſt lacht ſeinen klumpen an,
Das marck der erden iſt, was ihn vergnuͤgen kan,
Und was die haͤnde fuͤllt, ſoll auch das hertze laben.
Allein, wie ſchwaͤrmt der geiſt bey dieſer eitelkeit?
Er bleibt ein ſelave doch auch in den goͤldnen banden,
Des reichthums uͤberfluß frißt die zufriedenheit,
Wenn vor den ſchatz kein ſchutz in gluth und raub vorhanden,
Daß offt ein leeres hertz beym vollen kaſten liegt,
Und dieſe worte ſeufftzt: Hier lebt man unvergnuͤgt.
Ein andrer ſpeiſet ſich mit einer hand-voll wind,
Wenn pracht und herꝛlichkeit ſein ander leben ſind;
Allein die ehrſucht ſpringt wie leichte waſſer-blaſen.
Offt wird vor diamant nur bley und glas getauſcht,
Wenn hoheit durch das gluͤck, wie eine fluth verrauſcht,
Und ungluͤcks-donner offt auf cron und ſcepter raſen.
Viel ſuchen ihre ruh in hoher wiſſenſchafft,
Die auch ein Salomon als leeres ſtuͤckwerck preiſet.
Ein weicher Sybarit laͤchzt nur nach trauben-ſafft,
Obgleich Egyptens topff nur coloquinten ſpeiſet.
Ach! ſagt, ihr ſterblichen! wo wird man nun vergnuͤgt?
Wenn hier vor perl und kern nur ſchaum und ſchaale liegt.
Der himmel bleibet wohl der ſeelen hoͤchſtes gut:
Der macht uns recht vergnuͤgt, wenn die geweyhte gluth,
Die aus dem hertzen bricht, nur nach den wolcken ſteiget.
Doch auſſer dieſem iſt der ehe ſuͤßigkeitEin142
Ein himmel auf der welt, wo die zufriedenheit
Ein irꝛdiſch paradieß und lichtes Goſen zeiget.
Zwar von den farben ſchreibt ein blinder ziemlich blind:
Und wen die liebe nicht mit ihrem moſte traͤncket,
Der kennt die blumen nicht, die ihr gewachſen ſind;
Doch wer die augen nur auf dieſe hertzen lencket,
Die dieſer tag verknuͤpfft, der faͤllt mir gerne bey,
Daß nichts vergnuͤgters iſt, als ſuͤſſe liebes-treu.
Hier ſpeiſt man goͤtter-brod: vergnuͤgung iſt die tracht,
Die immer ſaͤttiget, und nimmer hungrig macht.
Jhr ſuͤſſes manna trotzt die ſeltnen marmeladen,
Wenn hier ein keuſcher kuß auf treuen lippen ſchwimmt,
Wenn in dem hertzen ſelbſt ein ewigs opffer glimmt,
Und geiſter voller gluth in tugend-roſen baden.
Ein jeder morgen thaut auf ihren liebes-klee,
Ein jeder abend wiegt ſie auf vergnuͤgungs-betten;
Hier bluht der fruͤhling auf auch unter eiß und ſchnee,
Und was das hertze knuͤpfft ſind lauter ſauffte ketten:
Wo nun dergleichen luſt aus einem brunnen quillt,
Da wird die keuſche bruſt mit reiner luſt erfuͤllt.
Geſetzt, daß myrrhen offt bey dieſem zucker ſind,
Und daß die eh ſich offt mit einem weh verbind;
Doch muß die laſt in luſt, ſchmertz ſich in ſchertz verkehren:
Wenn dieſe buͤrde nur auf zweyen ſchultern liegt,
Da bleibt ein doppelt hertz im trauren unbeſiegt,
Getheilter kummer muß das labſal ſelbſt gewaͤhren.
Der gleich-geſinnte geiſt lacht, wenn das ungluͤck kracht:
Ein angenehmer blick vertreibet manche grille:
Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finſtrer nacht:
Denn hier iſt nur ein ſinn, ein wunſch und auch ein wille:
Es mag das ſchickſal gleich aus allen winckeln drohn;
So erndten ſie dennoch der eintracht ſuͤſſen lohn.
Wer143Wer ſagt, daß lieben nicht vergnuͤgtes leben ſey?
Wer heißt die ehe nicht des himmels contrefey?
Kan auch ein duͤrrer kern in ſuͤſſen ſchaalen wohnen:
Auf einem roſen-ſtrauch waͤchſt keine diſtel nicht:
Hier iſt ein gruͤner baum, wo man vergnuͤgung bricht:
Hier wachſen mandeln nur und liebliche citronen.
Schweigt, ihr veraͤchter! nur, die ihr den ſuͤſſen ſtand,
Des kummers aufenthalt, des geiſtes kercker nennet,
Dir ihr faſt alle luſt aus dieſem circul bannt,
Und lieber in das netz der geilen wolluſt rennet;
Die ehe bleibet doch auch in dem groͤſten weh
Des lebens honigſeim, des kummers panacee.
Gluͤckſeelig biſt du nun, hoch-wohlgebohrnes paar!
Der himmel beut dir auch den ſuͤſſen becher dar,
Jn welchem mehr als moſt und muſcateller flieſſet:
Vergnuͤgung windet dir den immergruͤnen krantz:
Sie ſtecket ſternen auf voll licht und voller glantz,
Und ſpeiſt dich mit confect, das alle noth verſuͤſſet:
Die liebe liefert dir die angenehmſte tracht:
Jhr garten zinſet ſchon die goldnen pomerantzen,
Die kein bereiffter nord nicht welck noch duͤrre macht,
Und die kein gaͤrtner kan in ſolcher zierde pflantzen:
Dich haucht der berge thau mit lauter balſam an,
Und weidet deinen thau auf ſchoͤnſter roſen-bahn.
So lebe denn vergnuͤgt! ſo lebe denn erfreut!
Du hoch-verbundnes paar! daß weder leid noch neid
Den bittren gallen-tranck in deinen nectar miſche!
Kein trauriger comet ſtrahl deinen himmel an,
Daß deine ſonne ſich niemahls verfinſtern kan,
Und lauter ſegens-thau dein wohl-ergehn erfriſche!
Die keuſchheit baut dir ſchon den liebes-tempel auf,
Des Hoͤchſten heiligthum veranckert hand und hertzen. Laß144
Laß der vergnuͤgung nun den angenehmſten lauff,
Daß geiſt und leib zugleich in keuſcher liebe ſchertzen!
Viel tauſend gluͤck darzu! So bleibet es darbey:
Daß nichts vergnuͤgters ſonſt, als keuſche liebe, ſey.
Auf die hoch-fuͤrſtl. Pfaltz-Neuburgiſche und Lubomirskyſche vermaͤhlung. G. W. B. v. H. WAs vor ein ſuͤſſer trieb erfriſcht die matte bruſt,
Der das verhaͤngniß ſtets entriſſen alle luſt,
Und keinen neuen tag bißhers zugezehlet,
Der nicht mit neuer art die ſeele hat gequaͤlet?
Was ſtimmt ein muntres lied in meinem hertzen an,
Da der verſchmachte geiſt vor angſt kaum ſeufftzen kan?
O fragen ohne grund! Wenn man mit freuden ſiehet,
Daß unſer eigen gluͤck in fremder wohlfarth bluͤhet,
Kan man wohl ſeyn betruͤbt? Nein, groſſer Carolus!
Der anfang deiner luſt iſt meiner ſchmertzen ſchluß;
Ja, dein vergnuͤgungs-glantz verguͤldet meine zaͤhren,
Und machet, daß ſie heut in perlen ſich verkehren.
Durchlauchter braͤutigam! Diß iſt der andre tag,
Den ich in Schleſien vor gut erkennen mag,
Mit mir die gantze welt, dieweil in ſeinen ſtunden
Des himmels weiſer ſchluß zwey hertzen hat verbunden,
So die vollkommenheit mit ſinnlichem bedacht
Zum meiſter-ſtuͤcke hat als meiſterin gemacht,
Und ſtets zum muſter wehlt, nachdem ſie alles reiſſet,
Was ſchoͤn, was tugendhafft, und was vollkommen heiſſet,
Offt aber ſehen muß, daß in der mahlerey
Gar ſelten farb und kunſt dem muſter aͤhnlich ſey.
Das lob, ſo vielen nur im wahn der ſchmeichler gruͤnet,
Haſt du, o groſſer held! eh, als erlangt, verdienet:
Was deinen nahmen croͤnt, iſt kein geborgtes gut,
Denn ſeine wurtzel ſprießt aus deinem helden-muth.
Was?145Was? aus dem groſſen geiſt, der, wo er ſich hinlencket,
Dir ohne reich ein reich in allen hertzen ſchencket.
Thereſia iſt ſchoͤn; doch was von auſſen glaͤntzt,
Hat unbegrentzter ruhm durch ſittſamkeit begrentzt,
Und finſterniß gemacht durch allzugroſſe ſtrahlen;
Die ſonne laͤſt ſich ſehn, und nicht mit farben mahlen.
Schoͤn iſt Thereſia: Nichts geht an ſchoͤnheit ihr,
Doch ihre tugend noch weit ihrer ſchoͤnheit fuͤr.
Was in das auge faͤllt, kan auch das auge truͤgen,
Und, wie ein fauler kern in friſchen ſchaalen, liegen;
Doch reine tugend bleibt befreyt von dieſem ſpruch.
Denn, wie der roſen pracht mit lieblichem geruch
Der gantzen gegend zwar beliebte luſt erwecket,
Aus ſchamroͤth’ aber ſich mit ihren knoſpen decket,
Und bey der demuth nur noch groͤßre zierde weiſt;
So pfleget in der welt ein groß-geſinnter geiſt
Jn ſtiller ſittſamkeit ſich ſelber zu ergetzen,
Wenn jeder ſieht ſein lob, nicht aber weiß zu ſchaͤtzen.
Jch ſehe wohl, daß ſie voll ſuͤſſer anmuth iſt:
Jch ſehe wohl, daß du bewunderns-wuͤrdig biſt;
Doch ihr vollkommner geiſt in zarter jugend-bluͤthe,
Bey fuͤrſtlicher geburt, dein fuͤrſtliches gemuͤthe,
Die tugend, welche ſich auf ihre ſchoͤnheit gruͤndt,
Die ſchoͤnheit, welche ſich bey deiner tugend findt,
Und euch im nahmen nur bey andre menſchen ſetzet,
Jm weſen aber ſchon vor mehr als menſchen ſchaͤtzet,
Durchlauchtes liebes-paar! ſind gaben, welche man
Zwar ſehen, aber nicht genugſam ruͤhmen kan:
Sind wunder, die ſo ſchwer nach wuͤrden zu beſingen,
Als in ein enges faß den Ocean, zu bringen.
Kein menſch hat ſolchen geiſt, kein geiſt hat ſolche krafft,
Und keine krafft gebiehrt uns ſolche wiſſenſchafft,
So bey dem hohen glantz, in dem du ſtehſt gezieret,
Nicht menſchheit, geiſt und krafft, und wiſſenſchafft verliehret;
Doch ſchlieſſet ſchon dein ruhm den allerkluͤgſten mund,
So macht ihn doch der welt ein ſittſam ſchweigen kund,
VI. Theil. KWenn146Wenn itzt das gantze land auf dich die blicke wendet,
Und in den blicken dir das gantze hertze ſendet.
Eh in dem wuͤſten nichts, das in der finſtern ſchos
Ein weſen, das nichts war, ein nichts und alles ſchlos,
Feur, waſſer, erde, lufft, zu feur, lufft, waſſer, erden,
Durch erde, waſſer, feur und lufft noch muſte werden,
Ja, eh als die natur vermaͤhlte ſich der welt,
War deine heyrath ſchon im himmel feſt geſtellt,
Und dieſer tag beſtimmt, der uns ſo lieblich glaͤntzet,
Und dein vergoͤttert hauß, mit ewgen myrthen kraͤntzet.
Nun was vom himmel kommt, das wird auch himmliſch ſeyn;
Drum freue dich mit mir! du hoch-betruͤbter Rhein!
Begluͤcktes Schleſien! hilff dieſen tag beſingen,
Der uns bald ſuͤßigkeit wird von dem ſtarcken bringen.
Willkommen! ſchoͤner tag! ſey tauſendmahl gegruͤßt!
Weil du viel werther mir als tauſend tage biſt,
Die nur das zeiten-buch auf ſchwachen blaͤttern traͤget,
Wenn treue liebe dich tieff in die ſeelen praͤget.
Du ſolt das gegen-gifft hinfort von meiner pein,
Du ſolt der jahre ſchluß, und auch ihr anfang ſeyn!
Und welckt mein lorbeer-zweig ſchon bey den creutz-cypreſſen;
So ſchwoͤr ich, daß ich doch dich nimmer will vergeſſen:
Ja dieſe meine bruſt, die keinen ſeufftzer kennt,
Der nicht in danckbarkeit vor meinem hertzog brennt,
Soll ihre wuͤnſche ſtets mit dieſem wunſch anheben:
Es lebe Carolus! Thereſia ſoll leben!
Der abriß wahrer und lob-wuͤrdiger liebe, bey der H. und O. eheverbindung im nahmen eines freundes. G. S. WJe muß die liebe ſich nicht offtmahls ſchelten laſſen!
Man ſieht ſie als den brunn des meiſten uͤbels an:
Daß147Daß manche vor der zeit erkrancken und verblaſſen,
Das hat gemeiniglich die heiſſe brunſt gethan:
Wie viele dirnen gehn mit tieffem ach! zu bette,
Weil ſich ein kalter greiß an ihre ſeite ſtreckt?
Wie mancher flatter-hanß liegt an der ſchmermuths-kette,
Weil ſein verwehntes maul nicht ſtets was neues leckt?
Ein ander kratzet ſich gewaltig in dem kopffe,
Nachdem ſein ſtoltzer ſchatz ſein geld und gut verprahlt:
Und jener kriegt ſein weib aus eyfer bey dem zopffe,
Weil ſie ihm ſeinen kuß nicht theur genung bezahlt.
Dort gehet Corydon, der ſich ſo fruͤh verliebet,
Und aus der lehr und ſchul ins hochzeit-bette gieng.
Naͤchſthin ſaß Corniger gebuͤckt und hoͤchſt betruͤbet,
Weil ihm ein langes horn an ſeiner ſtirne hieng.
Jch koͤnte noch ſehr viel dergleichen unheil melden;
Allein das enge blat faßt deſſen menge nicht:
Man kennet ohnedem die unbegluͤckten helden,
Die Venus und ihr ſohn ſo uͤbel zugericht.
Kan aber wohl ein menſch dergleichen liebe loben?
Wer ihr gehorchen will, iſt billich tadelns werth.
Jndeſſen hat ſie doch ſo mancher thor erhoben,
Ob ihn die ſchmeicheley ſchon noch ſo offt gefaͤhrt.
Dergleichen lieb iſt blind, und gleichet einem kinde,
Das unverſtaͤndig iſt, und nichts als ſpielen kan;
Wer blinden leitern ſolgt, der ſchifft mit ſchlechtem winde,
Kein kluger nimmt ein kind zu ſeinem lehrer an.
So iſt die liebe nicht, hoch-werthes paar! beſchaffen,
Zu der dir jeder mund geluͤcke wuͤnſchen muß.
Geſetzt, daß viele ſich aus unverſtand vergaffen;
Hier ſieht und findet man nur einen klugen kuß:
Hier geht die liebe nicht mit zugebundnen augen:
Hier iſt ſie nicht ein kind, das unverſtaͤndig ſpielt.
Es kan ja die vernunfft leicht aus den fingern ſaugen:
Daß eine tumme lieb auf keine wohlfahrt zielt;
Jhr aber, deren lieb auf GOtt und witz gegruͤndet,
Und alſo auch mit recht des lobes wuͤrdig iſt,
K 2Seyd148Seyd ſicher, daß ihr hier den quell des gluͤckes findet,
Und in ſo edler eh das paradies erkieſt;
Denn wahre liebe wird ſtets dieſen ruhm behalten,
Daß ſie der rechte port vergnuͤgter ſeelen ſey.
Des Hoͤchſten gnade laͤßt ihr feuer nicht erkalten,
Die tugend macht ihr haus von allem tadel frey.
Sie uͤbernimmt ſich nicht; Sie weiß wohl, daß die hitze,
Die keinen zuͤgel hat, in das verderben rennt.
Sie kuͤßt nur, was ihr gleicht; Denn gleichheit iſt die ſtuͤtze,
Darauf ſie ſicher ruht, und keinen wechſel kennt.
Sie iſt nicht ungetreu; Sie folget dem magnete,
Und bleibet unverruͤckt bey ihrem pole ſtehn.
Sie ſieht auf keine pracht; Denn ſtoltz iſt ein comete,
Der denen nur gefaͤllt, die bald zu grunde gehn.
Sie ſieht nicht blos auf geld; Stoͤßt aber das geluͤcke
Doch nicht mit fuͤſſen weg. Man lernt erſt, eh man freyt,
Wovon man leben kan. Wer klug iſt, denckt zuruͤcke,
Und auf das kuͤnfftige, damit ihn nichts gereut.
Die liebe zoͤrnet nicht; Sie iſt nicht unbedaͤchtig;
Ein tugendhafftes paar lebt ſonder eyferſucht.
Sie uͤbereilt ſich nicht; Sie wird erſt klug und maͤchtig,
Damit das alter nicht die fruͤhe gluth verflucht.
Die liebe geitzet nicht; Sie thut ihr was zu gute,
Haͤngt aber doch dabey nicht der verſchwendung nach.
Sie faßt ſich in geduld, und bleibt bey friſchem muthe,
Vertraut dem hoͤchſten GOtt, und ſcheut kein ungemach.
Diß iſt, geehrtſtes paar! der abriß deiner liebe;
Hier iſt kein falſcher ſtrich, kein gifft der ſchmeicheley.
Gehorche, wie du thuſt, nur dieſem edlen triebe,
Daß deiner liebe ruhm dereinſt vollkommen ſey!
Jch weiß, das ende wird den ſchoͤnen anfang croͤnen:
Der himmel, den ihr ehrt, ſpricht ſelbſt ſein ja dazu!
Die freunde wuͤnſchen es! Laßt neid und mißgunſt hoͤhnen;
Wer ſo vernuͤnfftig liebt, der liebt in ſichrer ruh.
Kurtz: Eure liebe weiß kein kluger mund zu tadeln,
Des Hoͤchſten ſegen geht mit euch ins ſchlaf-gemach:
Der149Der liebe, ſo verſtand und wahre tugend adeln,
Folgt lob, geluͤck und ruh ſtets auf dem fuſſe nach.
Begraͤbniß-Getichte.
Auf das abſterben herꝛn Raymond Faltzens, weit-beruͤhmten koͤniglichen Preußiſchen medailleurs. B. N. DA Bonn durch Preuſſens ſtarcken held
Und Coͤhorns donner niederfaͤllt:
Da Wien die freuden-paucken ruͤhret;
So leidt hingegen Phoͤbus noth,
Und klagt, daß er durch Faltzens tod
Mehr, als ein gantzes heer, verliehret.
Zoͤrnt nicht, ihr helden! die ihr denckt,
Daß alles an dem degen hengt:
Jhr ſeyd der bruſt-ſchild unſers lebens;
Doch, ſoll euch einſt die nach-welt ſehn,
So muß es durch die kunſt geſchehn:
Sonft iſt eur hoher ruhm vergebens.
Jhr rennet wall und mauren an;
Wir ſagen, was ihr habt gethan:
Jhr ſterbet; Unſre wercke bleiben.
Camill! wer daͤchte noch an dich,
Geſchaͤh es nicht durch kupffer-ſtich,
Geſchaͤh es nicht durch kunſt und ſehreiben?
K 3Ja,150Ja, Friedrich! deine croͤnungs-that,
Die keinen zuſatz noͤthig hat,
Und groͤſſer iſt, als wir es meinen,
Die wuͤrde, koͤnten ſtahl und ſtein
Und buͤcher nicht die zeugen ſeyn,
Uns ſelbſt als eine fabel ſcheinen.
Drum haſt du bey der groſſen macht
Auch ſtets auf groſſen ruhm gedacht,
Und ſo viel kuͤnſtler aufgefuͤhret,
Daß man nicht wohl zu ſagen weiß,
Ob dir mehr in dem felde preiß,
Ob in der muſen chor gebuͤhret.
Dein Faltz, den Phoͤbus itzt beklagt,
War ſchon an Franckreich halb verſagt;
Jedoch dein glantz hat ihn bewogen,
Daß er Pariß fuͤr nichts geſchaͤtzt,
Den ſchein der wahrheit nachgeſetzt,
Die tugend laſtern vorgezogen.
Und dergeſtalt muß Ludewig
Wohl freylich uͤber deinen ſieg,
O groſſer held! fuͤr eyfer breunen:
Schlag, ſpricht er, wie man ſchlaͤgt und ficht,
Beraub mich nur der kuͤnſtler nicht,
Die, was mir fehlt, erſetzen koͤnnen.
Ach! koͤnteſt du doch auch zugleich
So, wie du dir ein koͤnigreich,
So, wie du unſer heyl gebauet,
Uns Faltzen aus dem grabe ziehn,
Durch deſſen kuͤnſtliches bemuͤhn
Die gantze welt dein bildniß ſchauet;
Was151Was wunder wuͤrden wir nicht ſehn,
Die ja zum theile ſchon geſchehn,
Theils aber bald geſchehen werden!
Allein GOtt zieht den ſchau-platz zu:
Faltz geht zu ſeiner ſeelen-ruh,
Und ſeine kunſt mit ihm zur erden.
Jhr Muſen! die ihr in der hoͤh’,
Jhr Nymphen! die ihr an der Spree
Und kuͤhlen ufern pflegt zu wohnen,
Huͤllt ſeinen leib in ſcharlach ein!
Streut roſen auf den leichen-ſtein!
Pflantzt in den umkreis anemonen!
Der viel unſterblich hat gemacht,
Liegt nunmehr in des todes nacht;
Doch, was er andern hat gegeben,
Das bleibt ihm wieder zum gewinn?
Sie werden ewiglich durch ihn,
Er wird in ihrem bilde leben.
An einen betruͤbten witwer im nahmen eines andern. B. N. BEnug, genug geweint! die tugend fordert nicht,
Daß man ſo lange zeit von tod und grabe ſpricht.
Dein eh-gemahl, o freund! hat freylich viel beſeſſen,
Was GOtt viel anderen nur ſparſam zugemeſſen:
Sie war von hertzen fromm, und ſah’ ſchon in der welt,
Was ſie nun ewig ſieht: Was uns gefangen haͤlt,
Und manchem, wenn er ſtirbt, kaum moͤglich iſt zu haſſen,
Das alles ſah’ man ſie ſchon lebend hier verlaſſen:
K 4Sie152Sie war dein ander hertz, des hauſes freuden-licht,
Der kinder ehren-bild, des naͤchſten zuverſicht.
Und alſo ſcheint es zwar, ob muͤſt du ſie beklagen;
Jedoch was dir dein hertz, dein kranckes hertz zerſchlagen,
Das eben ſolte ja zum troſte dir gedeyn.
Was klagſt du? Einen leib, der aller angſt und pein
Nunmehr entriſſen iſt? Was klagſt du? Eine ſeele,
Die ihr gefaͤngniß flieht, und aus der ſuͤnden-hoͤle
Sich nach dem himmel ſchwingt? Wie? oder klagſt du dich?
Klagſt du dein armes haus? Ach freylich, ſprichſt du, mich!
Ach freylich, kind und haus! Laß ab von deinen thraͤnen!
Wer liebt, der muß ſich ſtets nach ſolchen dingen ſehnen,
Die das geliebt’ erfreun. Dein treues eh-gemahl
Hat fuͤnff und zwantzig jahr im haus und uͤberall,
Naͤchſt GOtt und ihrer ſeel, auf nichts als dich geſehen:
Das gluͤcke, das dir ſchien, war auch ihr wohl-ergehen:
Der kummer, der dich traff, war auch ihr trauer-brod;
Liebſt du nun ſo, wie ſie, was klagſt du ihren tod,
Der ſie ſo gluͤcklich macht? Was weinſt du, daß ſie ſtirbet,
Da ſie zwar viel verlaͤſt, jedoch weit mehr erwirbet?
Ja da ſie, ſtirbt ſie gleich, dennoch lebendig bleibt,
Weil ſie ihr weſen laͤngſt den kindern einverleibt.
Laß andre traurig ſeyn, wo alles muß verſchwinden;
Du kanſt der mutter bild in jeder tochter finden.
Trauer-klage eines fuͤrnehmen witwers uͤber den tod ſeiner gemahlin. B. N. WEnn ich, o ſeeligſte! noch an den tag gedencke,
Da, was ich itzund bin, von mir noch ferne ſchien:
Und wenn ich wieder mich nach deinem grabe lencke,
Wo jammer augſt und noth auf mich zuſammen ziehn;
Ach! ſo begreiff ich nicht, ob ſterben oder leben?
Ob elend oder gluͤck auf erden beſſer ſey?
Du153Du haſt mir freylich wohl viel luſt allhier gegeben;
Allein ſie iſt dahin, und ſo, wie du, vorbey.
Jch bin nicht, was ich war; ich bin es nur geweſen:
Dein mund, der mich ergetzt, iſt nur ein leerer traum:
Dein geiſt, der mich erquickt, iſt ja wohl noch zu leſen:
Man ſchreibt und ſpricht von ihm; Allein ich kenn ihn kaum.
Denn alles, was man ſagt, vermehrt nur meine ſchmertzen,
So, wie du, werthe! ſie vor dieſem abgekehrt.
Du wareſt meiſterin von mir und meinem hertzen;
Jtzt iſt es ohne dich: Drum wird es auch verzehrt.
Ach! warum ſcheideſt du? o crone meiner ſeelen!
Und warum werd ich nicht vor meiner liebſten bleich?
Und wenn ſie ſcheiden muß, ihr ſinſtern todten-hoͤlen!
Warum bedecket ihr uns beyde nicht zugleich?
Sie iſt nun wuͤrcklich todt; Jch ſterb’ all’ augen-blicke
An kraͤfften und an ruh; und dennoch ſterb’ ich nicht.
Sie lebt mehr als zuvor, und herꝛſcht in vollem gluͤcke;
Da mir inzwiſchen troſt und auch der tod gebricht.
O liebſte! dencke nicht, daß ich dein wohl beweine;
Jch wein um mich allein: dir goͤnn’ ich deinen ſtand.
Ein weiſer trauret doch, und waͤr er auch von ſteine,
Der ſo viel gutes klagt, als ich an dir gekannt.
Haus, kinder, bette, tiſch, ſind deſſen klare zeugen,
Jch ſeh, wohin ich will, ſo fehlt mir nichts, als du.
Mit dir erwach ich fruͤh, eh ſich die ſterne neigen:
Mit dir geh ich bey nacht auch wiederum zur ruh.
Wiewohl, was ſag ich ruh? zu meinen langen ſorgen,
Die, wenn ein ander ſchlaͤft, bey mir erſt auferſtehn:
Die taͤglich neue krafft aus deiner aſche borgen,
Ohn ende wachend ſeyn, und nie zu bette gehn.
Die ‒ ‒ doch ich geh zu weit. Es iſt des himmels wille,
Daß du zur ruhe kommſt, und ich hier leiden ſoll.
Drum leid ich mit geduld, und halte willig ſtille,
Er thue, was er will; ſo thut er dennoch wohl.
Von ihm hab ich vor dem dein treues hertz empfangen:
Er nimmet es mit recht auch wieder von mir hin;
K 5Doch154Doch meines nimmt er nicht. Mein ſeufftzen und verlangen
Macht, iſt es gleich umſonſt, daß ich noch immer bin,
Was ich vorhin geweſt. So lange man wird hoͤren,
Daß gruͤne reben ſich an todten ulmen freun;
So lange will ich dich in meiner bruſt verehren:
So lange ſoll dein bild in meinem hertzen ſeyn.
Bey dem ſeeligen hintritt herꝛn Michael Ludolffs, Koͤnigl. Preußiſchen land - ſchafftlichen Secretarii. B. N.WEnn ich, ſeeligſter! dein hertz,
Wenn ich dein bekannt gemuͤthe,
Deine ſanfftmuth, deine guͤte,
Wenn ich deiner freunde ſchmertz
Gleich aufs hoͤchſte wolte treiben;
Wuͤrd’ ich doch die wahrheit ſchreiben:
Alles ſeufftzt und klagt um dich;
Und es bleibt nicht bey den deinen[:]
Man ſieht auch die kirche weinen:
Land und ſtadt betruͤbet ſich,
Daß mit dir heut in der erden
So viel ſoll begraben werden.
Selbſt der Preuſſen groſſer held
Der bey dieſen ſtrengen zeiten
Sehr viel von geuͤbten leuten,
Und noch mehr von treuen, haͤlt,
Wuͤrde, wuͤſt’ er dein erblaſſen,
Dich nicht unbedauert laſſen;
Wuͤſt’ er aber deine laſt,
Und haͤtt’ er, wie wir, erfahremWie155
Wie du dich in dreyßig jahren
Jhm gantz aufgeopffert haſt;
Ach! ſo wuͤrd’ er warlich morgen
Schon fuͤr deine kinder ſorgen.
Doch er ſorget allbereit.
Geht, ihr abgezehrte glieder!
Leget euch zur ruhe nieder,
Und genießt der ewigkeit!
Da wir andern unterdeſſen
Friedrichs ruhm und thaten meſſen:
Da wir alle tag und nacht,
Koͤnig der begluͤckten Preuſſen!
Uns mit eyfer deß befleiſſen,
Was uns dir gefaͤllig macht;
Und ein jeder dir ſein leben
Wuͤnſcht zum opfer hiuzugeben.
O! wie gluͤcklich iſt der mann!
Der die zinſen abgetragen,
Und wie Ludolff frey kan ſagen:
Herꝛ! ich hab es ſchon gethan.
Denn was kan mehr ruhm erwerben,
Als fuͤr land und koͤnig ſterben?
Die in ihrem GOtt hoͤchſt-ſeelig verſchie - dene, und von ihrem groſſen gemahl hoͤchſt-ſchmertzlich beklagte koͤnigin der Preuſſen. JHr Muſen! die ihr mich, der Preuſſen held zu ſingen,
Offt gluͤcklich angefeurt, helfft meine feder zwingen,
Und156Und fuͤhrt ſie von der hoͤh’, nach der ich luͤſtern bin,
Von Friedrichs ſieges-bahn zu ſeinen thraͤnen hin!
Sein unerſchoͤpffter muth iſt weit genung erklungen,
Seit dem ihm noth und recht die waffen abgedrungen.
Dem Frantze ſchuͤttert noch die kaum erlauffue haut,
Wenn er auf Schwabens feld betruͤbt zuruͤcke ſchaut,
Und an den tag gedenckt, da Ludwigs groſſe thaten
Mit ſchrecken in die macht der finſterniß gerathen,
Und auf einmahl verleſcht. Was Preuſſen da gethan,
Das zeigen, ſchweig ich gleich, viel andre beſſer an.
Dißmahl betracht ich nicht, wie unſer koͤnig blitzet,
Wann ihn der feinde trotz, der freunde ſchmach erhitzet;
Nein! ſondern, wie er ſelbſt halb todt darnieder liegt;
Und dennoch uͤber tod und auch ſich ſelbſten ſiegt.
Charlott’, ach! kan ich auch diß groſſe wort noch ſprechen?
Charlotte iſt erblaßt: und unſre augen brechen
Zugleich fuͤr kalter angſt. Wir ſehen nichts, als nacht:
Und gleichwohl ſehen wir Europens zierd’ und pracht,
Des groͤſten helden luſt, der damen preiß und erone,
Das muͤtterliche haupt von einem koͤnigs-ſohne,
Minervens ebenbild, der keuſchen liebe ſitz,
Und alles, was jemahls natur, verſtand und witz
Nur herꝛliches gezeugt, nur ſchoͤnes kan erdencken,
Jns haus, ins ſchwartze haus der bleichen ſchaar verſencken.
Ach! leider! allzuviel! zuviel auf einen ſchlag!
Wer iſt, ber unſern ſchmertz nur halb ergruͤnden mag!
Und wer, der recht beſchreibt, was unſer koͤnig fuͤhlet?
Wie dort, Euridice! dein Orpheus geſpielet,
Wenn er des morgens ſchon mit ſeiner zitter klang:
Wenn er des abends noch von deiner liebe ſang;
So ſieht man Friedrichen ſich um Charlotten quaͤlen:
So hoͤrt man ſeinen mund ihr reiches lob erzehlen.
Jſt, ſpricht er, in der welt auch was Charlotten gleich?
An ihr allein haͤtt’ ich ein gantzes koͤnigreich.
Jhr157Jhr auge war geſchickt, auch feinden zu gefallen:
Jhr holder mund ein ſitz von tauſend nachtigallen;
Und dennoch ſtirbet ſie: Und dennoch muß ich thun,
Was ich von ihr gehofft, wenn ich einſt wuͤrde ruhn.
Jſts moͤglich? Hier verſchmacht das wort ihm auf den lippen:
Er aͤchtzt, er ſtehnet nur. Wie wenn an harten klippen
Ein ſtarckes ſchiff anſtoͤßt, und zwar nicht gantz zerſchellt;
Doch aber mit gewalt ins meer zuruͤcke prellt:
Alsdenn der ſteuer-mann die muͤde hand laͤßt ſincken,
Das ende ſeiner pein, den bitt: rn tod zu trincken:
So ſcheinet es auch hier. Allein, ich ſag: es ſcheint;
Denn da der groſſe fuͤrſt fuͤr angſt zu ſterben meint,
So kommt die ſchnelle poſt: Turin muß unterliegen,
Wo Friedrichs trouppen ihm nicht gleich zu huͤlffe fliegen.
Alsbald ermuntert ſich ſein halb-erloſchner geiſt:
Der held wacht wieder auf. Er hoͤrt, er winckt, er weiſt,
Und endlich bricht er los: Was? Will mein kranckes ſtehnen,
Da man um ehre kaͤmpfft, mich an den ſchlaf gewoͤhnen,
Und Franckreich dienſte thun? Nein! nein! des reiches flor
Geht leichen, geht verluſt, geht meinem ſchmertzen vor.
Eilt! helden! die wir laͤngſt zu dieſer that erwehlet!
Theilt ſo viel wunden aus, als man hie ſeufftzer zehlet!
Jch lege meinen ſchatz und viel mit ihr ins grab,
Wiſcht durch der feinde ſchimpff mir meine thraͤnen ab!
Charlotte fordert es. Charlotte, die gelebet,
Jtzt todt iſt, aber doch in euren hertzen ſchwebet.
Geſagt; und auch geſchehn. Die trouppen eilen fort,
Jch ſeh’ von ferne ſchon den uͤberwindungs-ort.
Jhr tichter! ſinnet nur auf neue jubel-lieder!
Savoyen iſt erloͤſt, und Preuſſen jauchtzet wieder.
Mein koͤnig! dieſes iſt, was ich ſchon offt geſagt,
Daß nur ein Titus war, der jedermann behagt,
Und nur ein Friedrich lebt, den alle welt itzt liebet.
Man ſchau dich, wie man will, froh oder auch betruͤbet;
So biſt du allzeit groß. Ein ander weint ja wohl;
Allein er weiß alsdenn nicht, wie er herꝛſchen ſoll.
Du158Du weinſt und herꝛſcheſt auch: Und beyderley geſchiehet
Von dir mit ſolcher art, als man von keinem ſiehet,
Der doch nur eines thut. Der koͤnig ſtrahlt und bricht
Aus allen thaten vor: Und wer iſt, der ihn nicht
Bey deiner trauer findt? Charlotte hatte gaben,
Die wenig eintzeln kaum, die meiſten gar nicht haben:
Allein du fuͤhrſt ſie auch mit ſolcher pracht dahin,
Herꝛ! als begruͤbeſt du der erden koͤnigin.
Sie war allein geſchickt, dein auge zu ergetzen:
Du biſt allein geſchickt, ſie in die grufft zu ſetzen.
Jedoch, was ſag ich grufft? Du biſt allein geſchickt
Zu uͤberwinden, held! was andre niederdruͤckt.
Viel wuͤrden, haͤtten ſie nur halb ſo viel beſeſſen,
Bey ſolcher aͤnderung pflicht und ſich ſelbſt vergeſſen;
Du bleibſt ſtets, der du biſt: Und da dein hertze ſich
Kaum fuͤr betruͤbniß kennt, gehſt du doch ordentlich
Jn allem deinen thun, und laͤßt ein grabmahl bauen,
Bey deſſen glantze man dich und zugleich kan ſchauen,
Wieviel du, herꝛ! begraͤbſt. Eh’ dieſes kaum gethan,
So legt dein eyfer ſchon ein hauß der tugend an:
Und zwar hier in Berlin, wo man nun alles lernet,
Was unſern adel ſonſt reich nach Pariß entfernet,
Und arm zuruͤcke ſchickt: Ja, wo an dir allein,
Held! mehr zu lernen iſt, als alle kuͤnſte ſeyn.
Fuͤrwahr das rechte maas in lieb und leid zu finden,
Jm felde ſchrecklich ſeyn, academien gruͤnden,
Sind dinge, die wohl nie auf einen tag geſchehn.
Und hier geſchehn ſie doch. Wir koͤnnen nicht mehr ſehn,
Was nicht auch ſeltſam iſt, und andern, die es hoͤren,
Als eine fabel klingt. Stadt, land und reich vermehren,
Und nachbarn huͤlffe thun, iſt viel; nicht aber hier:
Europa hoffet noch was groͤſſeres von dir.
Und ach! was ſolte man von deiner hand nicht hoffen,
Da, was kein menſch gehofft, ſo herꝛlich eingetroffen?
Wie gluͤcklich ſind wir denn, da uns der himmel ſchlaͤgt,
Daß er die groͤſte laſt auf deine ſchulter legt,
Die159Die mehr vermag, als wir! Daß er den theil genommen,
Der zu verliehren uns zwar ſchmertzlich angekommen;
Doch dir am ſchwerſten faͤllt! Er ſtraft uns ja wohl ſehr;
Doch ſtund in ſeiner hand noch mehr, und zehnmahl
mehr.
Denn haͤtt’ er deinen printz, haͤtt’ er ihm dich erkohren,
Hilff GOtt! was haͤtten wir, was kirch und ſchul verlohren!
So leideſt du mit uns, was wir allein verſchuldt:
Du leideſt mehr, als wir; doch alles mit geduld.
Ja, wenn ichs ſagen ſoll, du thuſt es faſt mit freuden,
Damit dein land nur nicht was mehrers duͤrffe leiden.
O ungemeiner held! wer will ſich unterſtehn,
Mit dir das ſitten-feld des troſtes durchzugehn?
Quillt die geduld aus GOtt, wie ſie wahrhafftig quillet;
So ſieht man ja genug, womit dein hertz erfuͤllet,
Und uͤberſchuͤttet iſt. Der jammer, der dich beugt,
Jſt nur ein ſpiegel, herꝛ! der deine groͤſſe zeigt.
Denn wer bewundert nicht das, was du juͤngſt geſprochen?
Mein cron-printz, war dein wort, entſchloß vor wenig wochen,
Nach Engelland zu gehn. Doch ſeht! er laͤſt es ſeyn:
Und ſeine mutter zieht ins land der engel ein.
Genug zu deiner ruh! gnug zu Charlottens ehre!
Dein hertz hat obgeſiegt durch dieſe glaubens-lehre.
Jch ſelber werd entruͤckt, und weiß nicht, wo ich bin,
Jch ſehe noch einmahl die groſſe koͤnigin.
Jch ſeh die majeſtaͤt, die nie ein kind betruͤbte:
Jch ſeh’ den hohen geiſt, der doch die demuth liebte:
Die ſuͤſſe freundlichkeit, die alle welt durchdrang;
Mehr aber, held! an dir, als aller welt, bezwang:
Jch ſeh; allein weit mehr, als ich vor dem erblicket:
Jhr kleid iſt um und um mit ſternen ausgeſchmuͤcket:
Jhr wohl-ſeyn lauter licht, und ein, ich weiß nicht, was,
Das Paulus zwar gehoͤrt, bald aber auch vergaß.
Aus dieſer herꝛlichkeit, zu der man uns muß treiben,
Rufft ſie mir guͤtig zu; Schreib, wenn du ja wilſt ſchreiben:
Hier160Hier liegt Charlottens leib, an dem ſie nichts ergetzt,
Als daß ihn Friderich der liebe werth geſchatzt.
Der geiſt herꝛſcht allbereit auf einem hoͤhern throne;
Doch, wilſt du ihn noch ſehn, ſo ſuch ihn in dem ſohne!
Die thraͤnen der Muſen bey dem grabe des freyherꝛn und groſſen koͤniglichen ſtaats-miniſters herꝛn Pauls von Fuchs. B. N.WEinet! weint! ihr Pierinnen!
Und du gantzes Muſen-heer!
Kluge lieder auszuſinnen,
Jſt wohl dieſesmahl zu ſchwer.
Wir ſind viel zu ſehr betruͤbet:
Pindus auen leiden noth;
Denn der ſie ſo hoch geliebet,
Der erlauchte Fuchs iſt todt.
Helden ruͤhmen ſeine thaten:
Fuͤrſten ſagen, was ſein geiſt
Zu Europens heil gerathen:
Andre, was die kirche preiſt.
Seine treu, (iſt es zu wenig?)
Seiner weisheit tieffen grund,
Klagt ein noch viel weiſer koͤnig:
Wir beklagen ſeinen mund.
Seinen mund, der deinen feinden,
Preuſſen! wie ein donner war:Seinen161
Seinen mund, der deinen freunden,
Teutſchland! hertz und muth gebahr:
Seinen mund, der, was die Griechen,
Was die Roͤmer vorgebracht,
Zwar offt hoch heraus geſtrichen,
Doch viel ſchoͤner noch gemacht.
Groſſer mann! du wirſt verſencket:
Ach! verſenckte man doch nicht,
Was dir GOtt voraus geſchencket,
Auch zugleich dein hohes licht!
Wer wird kuͤnfftig uns vorſtehen?
Wer ſtimmt unſer ſaiten-ſpiel,
Wenn die kunſt zu grabe gehen,
Und der meiſter ſterben will?
Was Apollo vor geweſen,
Warſt du wuͤrcklich in Berlin.
Tauſend ſind durch dich geneſen,
Die der huͤlffe ſich verziehn.
Allem zorne fiel der wille,
Wo dein ſuͤſſes wort erklang:
Gantze heere ſtunden ſtille,
Wenn dein mund vom frieden ſang.
So herꝛſcht nicht ein warmer regen,
Wenn er ſchnee und eiß durchdringt:
So kan Orpheus nicht bewegen,
Wenn er vor der hoͤllen ſingt;
Als ein ſatz aus deinem munde
Jeden einwurff uͤberwog;
Als dein mund zur rechten ſtunde
Aller hertzen an ſich zog.
Weint! verlaßne Muſen! weinet!
Diß geſchah fuͤr hof und land. VI. Theil. LAch!162
Ach! was hat er, wie es ſcheinet,
Nicht fuͤr mich an euch gewandt!
Phoͤbus muſte ſich offt kraͤncken,
Wenig klang von uns ihm wohl;
Aber Fuchs wieß, wie man dencken,
Wie man artig ſprechen ſoll.
Er vermied die ſtoltzen grillen,
Die ſo manchen Jcarus
Seinen kopff mit winde fuͤllen,
Und viel ohren mit verdruß;
Was er ſagte, war natuͤrlich,
Und dennoch dabey ſo ſchoͤn,
Daß es, Plato! kaum ſo zierlich
Koͤnt aus deinem munde gehn.
Darff ich mich von kleinen dingen,
Die doch mehr, als menſchlich ſeyn,
Gar zu unſerm helden ſchwingen,
So trifft herꝛ und diener ein.
Friedrich muſte Teutſchland lehren,
Wie man Gallien bekriegt;
Fuchs hat zu der Teutſchen ehren
Franckreichs witz und kunſt beſiegt.
Arme redner und poeten!
Kanitz ſanck ins grabes nacht:
Kanitz, der die Teutſchen floͤten
Auf den hoͤchſten thon gebracht:
Heute muß auch Fuchs verbleichen,
Fuchs, der redner preiß und eron:
Und ſo zieht in zweyen leichen
Unſer gantzer ruhm davon.
Ach daß ich doch koͤnte ſchreiben!
Doch die feder ſcheut das licht. Vers163
Vers und reim ſo hoch zu treiben,
Jſt fuͤr meines gleichen nicht.
Fuchs iſt viel zu groß geweſen;
Wer es etwa nicht gemeint,
Der mag ſeine wercke leſen:
Hier iſt nur der mund beweint.
Auf das abſterben Frau Anna Eleonora Schmidin, gebohrner Vickin, in Breßlau. C. G.WAs kan die liebe nicht vor wunder-dinge zeuͤgen?
Jhr ſonnen-gleicher glantz dringt durch des todes nacht.
Sie iſt durch keinen ſturm, wie ſehr er tobt, zu beugen,
Weil ſie, wie Argus ſelbſt, bey einem grabe wacht.
Kommt, die ihr zweifeln moͤgt! Erweget, was ich ſchreibe!
Seht unſrer Schmidin grufft nicht ohn entſetzen an!
Und ſprecht: O ebenbild von einem treuen weibe!
Diß hat der heiſſe trieb der keuſchen gluth gethan.
Man mache nur nicht mehr ein ſonderbares weſen,
Wann ſich in Jndien ein frauenbild verbrennt.
Was wir in Thevenots und andrer reiſen leſen,
Wird billich eine frucht der raſerey genennt;
Wenn ſie ein toller brauch nicht auf den holtz-ſtoß truͤge,
So wuͤrde man gewiß ein klares beyſpiel ſchaun,
Wie ſie der maͤnner tod zum oͤffterſten vergnuͤge,
Und wie der Moͤhrin pflicht gar wenig zuzutraun.
Was ein Euripides von der Alceſte tichtet,
Das wird als fabel-werck veraͤchtlich angeſehn:
Und was die Porcia, wie Brutus fiel, verrichtet,
Jſt aus verzweifelung, nicht wahrer treu, geſchehn.
Hier aber finden wir ein ſehnliches verlangen,
Das ein getrenntes hertz nach ſeiner helffte traͤgt,
Und eine traurigkeit, die ſonder eitles prangen
Sich mit dem ehgemahl auf eine baare legt.
L 2Mag164Mag doch Sulpicia den Lentulus begleiten:
Sperꝛ’ Epponine ſich mit dem Sabinus ein;
Du ſolſt, o ſeelige! bey dieſen letzten zeiten
Ein muſter treuer pflicht und keuſcher liebe ſeyn.
Dein eh-ſchatz, welchen du bey leben hochgehalten,
Der dich hinwiederum mehr, als ſich ſelbſt, geliebt,
Und der dich, was man ſonſt an unterſchiednen alten
Als etwas fremdes lobt, mit willen nie betruͤbt:
Dein eh-ſchatz muß ſich itzt in jener welt erfreuen,
Wenn er dich ſo geſchwind an ſeiner ſeite ſieht;
Und wenn ihr beyderſeits, als wie die ſchoͤnen maͤyen,
Jm pfingſt-feſt vor dem thron des Allerhoͤchſten bluͤht.
Jhm gieng, als er nichts mehr nach unſerm thun gefraget,
Doch deine kuͤmmerniß und dein betruͤbniß nah.
Er wuſte, wie man hier die frommen witben plaget:
Wenn manche ſeufftzt und aͤchtzt, ſo iſt kein helffer da.
Elias kan nicht ſtets das oͤl im kruge fuͤllen,
Und das propheten-weib miſt den Eliſa ſehr;
Wann GOttes huͤlffe fehlt, ſo geht es nicht nach willen:
Man giebt den thraͤnenden gar ſelten ein gehoͤr.
Drum ſtieg ihm deine qual, dein jammer-ſtand zu hertzen;
Doch ſtellt er alles GOtt, der wayſen vater, heim:
Und ſchau, wie wenden ſich die uͤberhaͤufften ſchmertzen,
Und wie empfindeſt du den ſuͤſſen honigſeim!
Jch kan dich itzt nicht mehr vor eine wittib ſchaͤtzen,
Denn JEſus hat dich ſelbſt zu ſeiner braut erkieſt.
O ungemeiner troſt! o himmliſches ergetzen!
O wonne! die von uns nicht auszuſprechen iſt.
Jtzt wird die angſt getilgt, und das betruͤbte ſehnen
Jn reiche luſt verkehrt. Wer wolte deiner grufft
Mit ſeufftzern ohne zahl, und uͤberhaͤufften thraͤnen,
Umſonſt beſchwerlich ſeyn? GOtt hat dich heimgerufft!
Hoch-ſeeligſte! gluͤck zu! Wie ſehr die kinder weinen,
Wie hefftig immermehr die freunde traurig ſind;
So muß bey ihnen doch des himmels troſt erſcheinen,
Es heiſt: Du biſt erloͤſt, du biſt des herren kind.
Drum165Drum ſtellt die wehmuth ein, und ſtreut die roſen-blaͤtter,
Die Annia verlangt, nachdem ſie ihrem ſchatz
Biß in das grab gefolgt, bey dieſem ſommer-wetter
Auf den gecroͤnten ſarg! Macht der vergnuͤgung platz!
Trennt die vereinigten durch kein vergeblich graͤmen,
Goͤnnt ihnen ihre ruh und ſanffte ſicherheit!
Sonſt doͤrfften euch ſo Griech - als Roͤmer bald beſchaͤmen,
Die bey dergleichen fall ſich ſonderbar erfreut.
Entweicht! was macht ihr hier an dieſem trauer-orte?
Die nunmehr ſeeligſte ruͤhrt ferner keine noth.
Doch wiederholt vorher des weiſen koͤnigs worte:
Die unbefleckte lieb’ iſt ſtaͤrcker als der tod.
Als herꝛ Johann David Kretſchmar auſſer ſeinem vaterland in Leipzig den 20 April 1706 zur erden beſtaͤt - tiget wurde. G. S. WEiß eine perle nicht den kieſel auszuhalten?
Und muß ein kluger kopff viel eher noch erkalten,
Als ein verwehnter thor, der nichts gelernet hat,
Als was ihm Rhenius und irgend der Donat
Mit ruthen eingepauckt? Es iſt wohl ſchwer zu faſſen;
Allein wir muͤſſen doch den himmel walten laſſen,
Der weiſer iſt, als wir. Sonſt iſt es freylich wahr,
Daß mein erblaſter freund was ungemeines war.
Wie wuſte Gryphius nicht ſeinen witz zn loben?
Fridrieiana kennt und ruͤhmt noch ſeine proben:
Wie uns Carteſius die augen aufgethan:
Und wie Thomaſens muth den alten Schlendrian,
Den viele ſtuͤmper uns ſo kraͤfftig angeprieſen,
Nun vollends ausgefegt, und uns die bahn gewieſen,
So uns das innerſte der ſitten-lehr entdeckt,
So ſehr die heucheley auch dieſen ſchatz verſteckt;
L 3Was166Was Galilaͤus ſchreibt und Tſchirnhaus ausgeſonnen:
Was ſchoͤn und artiges aus Bayles kiel geronnen
Wie Coehorn und Vauban die veſtungen gebaut:
Ein Hevel durch ein glas mehr ſtern im himmel ſchaut,
Als keiner vorgeſehn: Was Weigels kopff erfunden:
Hambergers tieffer ſinn in den gelehrten ſtunden
Von der natur erklaͤrt, und die Philoſophie
Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge muͤh
Des nunmehr ſeeligen in kurtzer zeit begriffen.
Wann andre voller brunſt nach einem dorffe lieffen,
Wo man verſtand und ehr, und geld und zeit verpraßt;
So hatteſt du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt,
Das nach der weißheit ſchmeckt, und eine ſtraſſe zeiget,
Auf der man in die burg der wahren ehre ſteiget,
Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm iſt noch nicht gantz:
Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz.
Du haſt das ſchwere jus ſo fleißig ausſtudiret,
Als einer, der mit recht den doctor-titul fuͤhret.
Das corpus juris geht nicht einem jeden ein,
Und will vor manchem nichts als eine buͤrde ſeyn;
Dir war es eine luſt, nachdem du Stryckens gloſſen,
Aus deſſen munde nur, was wichtig, kommt gefloſſen,
Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht;
Denn ſolcher lichter glantz zerſtreuet alle nacht.
Erweg’ ich noch darzu, was du auf deinen reiſen
Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu preiſen?
Doch ſag’ ich weiter nichts, als daß du das gethan,
Was einen in der welt vollkommen machen kan.
Wie ſolte nun dein tod nicht die verwandten ſchmertzen?
Hoch-edle! dieſer ſchlag dringt auch durch andre hertzen,
Dieweil er auf einmahl ſo viel zu grabe traͤgt.
Was vor ein herber ſchmertz hier meine feder regt,
Erweiſet dieſe ſchrifft, wo nichts in ordnung ſtehet,
Und mancher reim und vers mit ſchlechten fuͤſſen gehet;
Ja, lieff er auch ſchon gut; ſo iſt mein freund doch hin!
Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin;
Und167Und dennoch ſoll ich mich zu einem troͤſter ſchicken.
Zwar, haͤtt ich deinen witz? es ſolte ſchon geluͤcken;
So aber fallen mir nur dieſe woͤrter ein:
Das, was der Hoͤchſte will, muß gut und heilſam ſeyn.
Er dencket nicht, wie wir: Wir ſchauen auf die jugend,
Und das, was uns gefaͤllt; allein die reiffe tugend
Macht auch, was jung iſt, alt. Ach augen! weinet nicht,
Daß unſer ſeeliger hier keine dornen bricht:
Laßt doch die thraͤnen uns wie ſeinen leib begraben!
Denn was vollkommen iſt, das muß der himmel haben.
Als Jhrer Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi glorwuͤrd. andenckens ſolenne funeralien von denen Herren land-ſtaͤnden der fuͤr - ſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer allerunterthaͤnigſt celebriret wurden, d. 9. Jun. 1705. BRoßmaͤchtigſter monarch! auf deſſen todten-baare
Europa, welches du, bey ſchwerer krieges-laſt,
Durch deinen rath und fleiß ſo offt erhalten haſt,
Den reichen koͤnigs-ſchmuck von dem beperlten haare
Wehmuͤthig niederlegt, ſchau aus der ewigkeit,
Wo dein erquickter geiſt die wahre ruh gefunden,
Das unausſprechliche, das ungemeine leid,
Zu welchem uns die pflicht, die ſchuldigkeit verbunden,
Und das man dir allein noch uͤberreichen kan,
Mit der gewoͤhnlichen genad’ und ſanſftmuth an!
Wir liefern dir nicht gold, noch balſam, nard’ und myrrhen,
Auch nicht ein traur-gewand von koͤſtlichem asbeſt,
Das die verweſung trotzt, und nichts vermodern laͤſt:
Wir bringen keinen ſafft in goͤldenen geſchirren,
Den Socotora zeugt, und Jndien gewaͤhrt;L 4Doch168
Doch ſtellen wir davor die ungefaͤrbten hertzen,
Die ein ergrimmter ſchmertz in heiſſer angſt verzehrt.
Sie brennen kraͤfftiger, als ampeln und als kertzen,
Und wuͤnſchen allerſeits, auf deinem leichen-ſtein
Ein opffer reiner treu und redlichkeit zu ſeyn.
Wiewohl! was moͤgen wir in ſolchem kummer zagen?
Da du in ſteter luſt und ſteter wonne ſchwebſt,
Und dir ein ehren-kleid von ſeid und purpur webſt,
Ein kleid, dergleichen nur die uͤberwinder tragen.
Unſterblicher monarch! du biſt uns nicht entruͤckt;
Du biſt vielmehr dahin zu unſerm troſt gelanget,
Wo dein verklaͤrtes aug auf ſo viel laͤnder blickt,
Und das gecroͤnte haupt mit tauſend ſternen pranget.
Da ſtehſt du, trotz der nacht! trotz dem gehaͤufften weh!
Als ein Palladium und ſchutz-bild in der hoͤh.
Glorwuͤrdigſter monarch! von deſſen helden-thaten
So Stambol, als Pariß, mit zittern hoͤren muß,
Auf was vor feinde trat dein unerſchrockner fuß!
Und was iſt deiner fauſt nicht wunderbar gerathen!
Dein donner, deſſen krafft ſelbſt von dem himmel ſtammt:
Dein donner, den der HErꝛ mit pfeilen ausgeruͤſtet,
Hat, als man ihm zur rach und eyfer angeflammt,
Nebucadnezars bild, das greuel-bild, verwuͤſtet:
Es fiel ſo hahn als hund, zu beyder ſchimpf und hohn,
Wie dort Sennacherib von dem verbannten thron.
Was Carl der fuͤnffte that, iſt gegen deinen ſiegen
Ein bloſſes kinder-ſpiel. Er ließ den Solyman
Vor Wien zuruͤcke gehn; Diß war genug gethan!
Doch wolte ſich zu dir ein hoͤher gluͤck verfuͤgen:
Als Mechmets toller ſchwarm den kayſer-ſitz beſprang,
Und Kara Muſtapha mit hundert tauſend horden
Die laͤnder uͤberſchwemmt, iſt des tyrannen zwang
Durch deiner waffen blitz zu ſtaub und aſche worden:
Der palm - und lorbeer-krantz war von der ſchoͤnſten art,
Als gantz Pannonien durch dich erloͤſet ward.
Und169Und wie verdienteſt du den groſſen ehren-nahmen
Des Mehrers deines reichs, und auch der chriſtenheit,
Als du den Jſter-ſtrom von ſeinem joch befreyt:
Als ſegen, gluͤck und ſieg ſtets auf einander kamen!
So lernt ein Jſmael, der nach dem erſten fall,
Da ſein geſchlagnes heer faſt in der Raab erſoffen,
Mit gutem recht beklagt, durch der carthaunen-knall,
Was von dem friedens-bruch, den Franckreich rieth, zu hoffen:
So wird des Amalecks verfluchte macht erſchreckt,
Wenn Moſes ſeine hand zum heiligthum ausſtreckt.
Denn warum ſolte diß von uns verſchwiegen bleiben,
Was deine gottes-furcht ſehr offt geſtanden hat,
Daß diß beſondre gluͤck des himmels wunderthat,
Und dem gerechten arm des Hoͤchſten zuzuſchreiben?
Durch dieſen wurd zugleich der Pharao geſtuͤrtzt,
Der ſtoltze Pharao, der dich an deinem erbe,
Mehr durch verdammte tuͤck, als durch gewalt, verkuͤrtzt.
Jtzt ſieht er, was die liſt vor einen lohn erwerbe,
Und wie derjenige zu dem verderben laͤufft,
Der unrecht und betrug wie waſſer in ſich ſaͤufft.
Doch was erkuͤhnt man ſich, diß weiter zu entwerffen,
Was dir des HErren hand und ſonderbahrer rath,
Da gifft und meuchel-mord auf dich gewuͤtet hat,
Vor heyl und huͤlff erzeigt? Wer will die feder ſchaͤrffen?
Wer ſtellt die tugenden, die froͤmmigkeit, die huld,
Die ernſte majeſtaͤt, die liebe zu den kuͤnſten,
Die unvergleichlich war, die klugheit, die geduld,
Und die gerechtigkeit, die unter den geſpinnſten
Des purpurs allemahl die oberhand behaͤlt,
Vollkommen an das licht, und zeigt ſie aller welt?
Wir ſind zu ſchwach darzu, und wuͤrden vor dem ſehnen,
Das jeder unter uns nach deiner guͤte fuͤhlt,
Jtzt, da ſo viel gefahr auf unſre ſcheitel zielt,
Gantz matt und krafft-los ſtehn; Wenn bey ſo vielen thraͤnen
Sich nicht ein neuer ſtrahl, ein neues licht gezeigt,L 5Das170
Das in der finſterniß, als wie die ſonne, glaͤntzet.
Dein Joſeph, welcher hertz und ſinnen zu ſich neigt:
Dein Joſeph, den ſo ſieg, als ehre, laͤngſt bekraͤntzet:
Dein Joſeph, welcher dir durchgehends aͤhnlich iſt,
Wird itzt zu unſerm haupt und aufenthalt erkieſt.
Zu dieſem wendet man das thraͤnende geſichte,
Und wuͤnſcht, daß er auf uns, die des monarchen tod
Jn tieffen kummer-ſtand und jammer-volle noth
Mehr als zuviel geſetzt, ſo hertz als augen richte!
So wird, wie Leopold der ahnen hohen ruhm
Durch ſeine tugenden und thaten uͤberſtiegen,
Auch Joſeph, der ihm laͤngſt zu ſeinem eigenthum
So furcht als lieb erwehlt, der voͤlcker wunſch vergnuͤgen,
Und ſo, naͤchſt GOttes ſchutz, in allem ſeinem thun
Des groſſen vaters gluͤck und ſegen auf ihm ruhn!
Der bey dem hoch-adel. leich-begaͤngniß tit. Herꝛn Niclas von Mohl auf Muͤhl - Raͤdlitz, des fuͤrſtenthums Liegnitz lan - des-aͤlteſten, entworffene bau des menſchlichen lebens. B. S.JHr, die ihr ſaud vor gold, und ſchaum vor perlen acht,
Die ihr auf glas und eiß der wohlfarth pfeiler ſetzet,
Und euren eitlen ruhm in ertz und marmor aͤtzet,
Kommt hier zu dieſer grufft, holt licht bey dieſer nacht!
Werfft eure larven ab, die voller ſchwindel ſtecken,
Die ein gefirnſter wahn um eure ſchlaͤfe huͤllt!
Hier iſt ein richter-platz, wo kein verſtellen gilt,
Ein ſpiegel, der euch nichts von flecken wird verdecken,
Da jedermann ſein bild in fremder aſche ſieht.
Der lehrer iſt der tod; ſein ſtuhl die leichen-bahre;
Jndem er groß und klein auf ſeinen ſchau-platz zieht,
So rufft er nur ſo viel: O eitle lebens-jahre!
Wie171Wie ſeelig war die zeit, da man auf gruͤnes gras
Ein ſchatticht lauber-zelt von ulmen-baͤumen ſetzte,
Und eine wand von holtz vor feſte mauren ſchaͤtzte,
Da man mit guter ruh in ſchlechten huͤtten ſaß!
Allein, wie aͤndert ſich das weſen unſrer zeiten?
Wenn ſchloͤſſer in der lufft, im waſſer thuͤrme ſtehn:
Wenn die pallaͤſte ſich dem himmel gleich erhoͤhn:
Und neue rieſen ſtets mit denen goͤttern ſtreiten.
Man bricht der erden ſchacht, der felſen abgrund auf:
Der wald muß cedern-holtz, die fluthen perlen geben:
Man pflantzet berge fort, und hemmt der wellen lauff:
Man baut, als wolte man gantz ohne ſterben leben.
Wo ſtieg die vorwelt nicht mit ihrem vorwitz hin?
Wenn Babels finger will biß an die wolcken reichen,
So muß ein ſtoltzer thurm dem hoͤchſten berge gleichen:
Dort ruͤhmt Mauſolus grab die groſſe meiſterin:
Dort muß ein ſchilfficht grund Dianens tempel tragen:
Wenn ſich der Cyrus ſonſt in goͤldne waͤnde ſchlieſt,
Und um des Nilus ſtrand ein berg ein grabmahl iſt.
Des Hammons goͤtzen-bild laͤſt wunder von ſich ſagen:
Ein praͤchtiger Coloß macht Nhodis ufer werth;
Allein! wo ſind ſie nun mit ihrem pracht geblieben?
Die zeit hat ſie verſtoͤrt, der wurm hat ſie verzehrt,
Und ihr gedaͤchtniß iſt kaum in den ſand geſchrieben.
Melaus mag ſein haus von helffenbeine baun,
Die nach-welt wird es doch als eine fabel leſen:
Wer iſt Atpalipa, und wo ſein ſitz geweſen,
Der aus ſaphiere ließ des bodens pflaſter haun?
Fragt nach des Scaurus burg, die voller muſchel-fruͤchte!
Sucht das eryſtallne ſchloß, darinne Druſus ſaß!
Der ſturm friſt ertz wie holtz, bricht ſteine wie das glas:
Das rauhe ſchickſal macht porphir und gold zu nichte:
Die zeit ſieht ſolchen ſchmuck mit ſcheelen augen an:
Sie ſucht den graͤbern ſelbſt ein grabmahl zu bereiten:
Sie macht den ſchoͤnſten bau zu einem aſchen-plan,
Und graͤbt den titul drauf: Hier liegen eitelkeiten:
Gebt172Gebt Perſien den ruhm, daß es die kunſt gebahr,
Des nahmens ewigkeit in ſtein und kalck zu praͤgen!
Laſt Syrien den grund zur wunder-ſaͤulen legen,
Und ſagt, daß Griechenland im bauen meiſter war:
Erhebet Rom mit ruhm, die mutter der palaͤſte,
Und nennet dieſe ſtadt der ſtaͤdte wunder-werck:
Entwerfft das Vatican, ruͤhmt des Quirinus berg,
Das groſſe Capitol und Alexanders veſte:
Sagt, was Farneſius und was Colonn gebaut,
Auch was ſich praͤchtiges von dem Borgheſi ſchreibet!
Doch wenn ihr alles diß entſetzlich angeſchaut,
So findet ihr doch nichts, was immer etwas bleibet.
Geht weiter in die welt! ſeht, was Europa hat!
Wie ſich Jberien mit Philipps kloſter zieret:
Und wie Verſailles der liljen ſcepter fuͤhret!
Vergeſſet nicht den Haag, das dorff trotz einer ſtadt!
Laſt euch das Witehall, das haus von Ryßwick zeigen:
Beſchauet das Serrail, wo Gog und Magog ſitzt:
Seht, wo der printzen printz ſich auf die fuͤrſten ſtuͤtzt,
Und wo palaͤſte ſich vor unſern adler neigen:
Bewundert Brennus bau, den hand und klugheit ſchmuͤckt:
Fragt jegliche provintz, wodurch ſie kenntlich werde!
Doch ſagt mir, ob ihr auch was ewiges erblickt?
Mich deucht, die antwort faͤllt: Die erde traͤgt nur erde.
Drum ſchlieſt die augen auf, ihr buͤrger dieſer welt!
Erkennt des lebens traum, die ſchwindſucht dieſer zeiten!
Laſt groſſer fuͤrſten fuß auf alabaſter gleiten!
Der tod hemmt ihren gaug, der moder friſt ihr zelt.
Und wenn ihr berg auf berg, thuͤrm’ uͤber thuͤrme ſetzet;
So bleibt doch wirth und haus des wechſels unterthau.
Rom ſah des Nero burg mit blaſſem eyfer an,
Bey dem rubin und gold vor ſcherbel nur geſchaͤtzet;
Nach Vejos, rieff das volck: Rom wird ein eintzig haus!
So wird auch neid und zeit der kuͤhnen nach-welt lachen!
Ja beyde ruffen ſchon in allen grentzen aus:
Man will die gantze welt zu einem hauſe machen.
Wer173Wer ſaltz in ſeiner bruſt, witz im gehirne fuͤhrt,
Der wird bey dieſer grufft die ſinnen nicht entfernen,
Und von den todten auch des lebens klugheit lernen.
Schaut, ſterbliche! der ſarg, den boy und kertze ziert,
Jſt nun das letzte haus auf dieſer morſchen erden,
Jn welchem der von Mohl der glieder bau verſchlieſt,
Seit dem die ewigkeit der ſeelen loſung iſt.
Jhm hat die ſpaͤte welt viel muͤſſen ſchuldig werden,
Weil er des landes troſt, der kirchen auge war;
Doch wer den nachruhm will in wenig zeilen leſen,
Der ſchreibe nur ſoviel auf ſeinen denck-altar:
Sein gantzes leben iſt ein rechter bau geweſen.
Gleichwie ein irꝛdiſch ſtoff des Adams urſprung hieß;
So war ſein lebens-bau zwar nur von ſchlechter erden,
Doch muſt er durch den geiſt zu einem tempel werden,
Daran die tugend ſelbſt den zierath bauen ließ.
Wenn ſonſten farb und gips die zimmer herꝛlich machen;
So ſahe man bey ihm der ahnen vorbild ſtehn:
Es durffte hier kein gold das auſſenwerck erhoͤhn,
Der ſinnen ſchoͤnſter ſchmuck beſtund in klugen ſachen:
Er war des landes thurm, der auf die vorſicht ſtund:
Ein zeughaus voller witz, wo rath und that zu ſchauen:
Ein pfeiler vor dem fall, ein ungemeiner grund,
Darauf die wohlfarth ließ ihr leib-gedinge bauen.
Lernt, ſterbliche! worinn der ſeelen bau beſteht!
Sein beſter grund-ſtein war gebet und GOttes guͤte,
Der kalck die einigkeit, der ſand ein gut gemuͤthe,
Der eckſtein die geduld und wahre pietaͤt,
Die pfoſten ſtrich er an mit blute von dem lamme,
So offt des wuͤrgers geiſt bey ihm voruͤber gieng:
Und daß ſein ſchwaches haus niemahls den fall empfieng,
So untergrub er ſtets das holtz vom creutzes-ſtamme:
Auf ſeinen treppen ſtieg der engel auf und ab:
Sein beſtes fenſter war ein unverfaͤlſcht gewiſſen:
Wer auf ſein chriſtenthum in allen achtung gab,
Kunt’ aus dem hauſe leicht des wirthes adel ſchluͤſſen.
Nicht174Nicht ehrſucht, nicht begier, auf erden groß zu ſeyn,
Bewog das graue haupt, im bauen ſich zu uͤben;
Die liebe gegen GOtt hat ihn darzu getrieben:
Der unterthanen heyl gab ihm den vorſatz ein.
Hier ſteht des HErren haus, die ſteine moͤgen ſagen,
Was Joas hier gebaut, was Eßra hier gethan:
Zeigt nicht der ſchoͤne thurm, als wie ein finger, an,
Wohin der theure geiſt ſtets ſeine luſt getragen?
Das heiſt, was GOtt geſchenckt, zu ſeinem dienſte weyhn.
Wie ſeelig iſt der bau, den ſolche haͤnde fuͤhren!
Da druͤckt die ewigkeit des glaubens denck-ſpruch ein:
Den felſen ſoll auch nicht der hoͤllen-pforte ruͤhren.
Da Schleſien das ſchwerd an ſtatt der ſichel hielt,
Empfand Muͤhl-Raͤdlitz auch, was krieg und feinde waren;
Doch der hoch-ſeelige hat nach den eiſern jahren,
Diß vaͤterliche theil mit wohlfarth angefuͤllt.
Auguſtus hatte nur ein Rom von thon bekommen,
Und hinterließ es doch von marmel aufgericht;
Zwar ſteiget der von Mohl auf dieſe ſtaffeln nicht:
Doch hat ſein gut durch ihn ſo herꝛlich zugenommen,
Daß man ſein lob mit recht in feſten marmor graͤbt,
Weil er, wie Joſeph, offt das korn-haus aufgeſchloſſen,
Den ſeinen, nicht ſich ſelbſt, zur nutzbarkeit gelebt,
Und zwar des bauens-laſt, doch nicht die luſt, genoſſen.
Ach! daß ſein lebens-band den untergang geſehn!
Die zeit beſchneyt mit moos unnuͤtze pyramiden,
Und will der tugend ſelbſt des todes feſſel ſchmieden.
O ſchickſal voller ſchmertz! jedoch es muß geſchehn!
Wie kan ein hoher geiſt in Kedars huͤtten bleiben,
Und in der ſterblichkeit des Meſechs ſclave ſeyn?
Die ſeele reiſt zuletzt des leibes kercker ein,
Und muß der glieder reſt der erden einverleiben.
So gehe, theurer Mohl! geh in dein letztes haus!
Laß hier, was ſterblich iſt, in dieſer kammer liegen!
Wir alle ruffen nach: Dein bauen iſt zwar aus;
Dort aber wird den geiſt ein ewigs haus vergnuͤgen.
Mich175Mich daͤucht, ich hoͤre dich bey Salems luſt-panier
Ein unausſprechlich lied im friedens-tempel ſingen,
Die ſeraphinen ſinds, die deinen geiſt umringen:
Hier iſt es gut zu ſeyn, das iſt die wohnung hier,
Wo vor des lammes ſtuhl ſich tauſend knie beugen:
Die huͤtte, welche doch von keiner hand gebaut:
Der praͤchtige pallaſt, den noch kein blick geſchaut:
Hier ſind ‒ ‒ ‒ Allein, ich muß vor groſſem wunder ſchweigen,
Weil ich der haͤuſer haus doch nicht beſchreiben kan,
Darinnen er itzund das buͤrger-recht genommen.
Betruͤbte! ſchauet diß nur in gedancken an!
Wohl dem, der nach dem bau, wie er, zum ſchauen kommen!
Komm, du verlaßnes gut! komm Brauchitſchdorff herzu!
Gieſt eure ſchaalen aus bey dieſer werthen leiche!
Wißt, daß ein groſſer hier, ein vater hier erbleiche!
Doch goͤnnt ihm auch das loos der himmel-ſtillen ruh!
Erſchuͤttert euer haus durch dieſes falles beben,
Und muß ein klaͤglich ach! durch alle zimmer gehn?
Aus dieſer aſche wird ein Phoͤnix auferſtehn:
Was euch mit Mohlen ſtirbt, wird durch den Haugwitz leben:
Der ſegen ruht auf ihm. So muͤſſe dann ſein haus,
Wie Obed-Edoms ſeyn, zu lauter heyl erkohren!
Lebt der, und Mohl in ihm, ſo rufft ihr freudig aus:
Wir haben zwar ſehr viel, jedoch auch nichts, verlohren.
Jhr aber, die ihr noch an dieſer erden klebt,
Und immer jahr auf jahr in eurem wandel bauet,
Gedenckt, daß tod und zeit auf eure muͤhe ſchauet,
Und offt ein augenblick die hand im wercke hebt.
Soll euch die ſpaͤte welt in euren wercken preiſen;
So bauet GOtt zum ruhm, der welt zur nutzbarkeit,
Wie der von Mohl gethan, und macht euch ſtets bereit,
Aus der vergaͤnglichkeit demſelben nachzureiſen!
Mein liebſtes vaterland! GOtt ſtehe vor dem riß!
Er wolle dieſes amt durch ein ſolch haupt bekleiden,
Das Joſephs ſchaden ſieht! Denn dieſes iſt gewiß:
Wenn Archymedes ſtirbt, muß Syracuſa leiden.
Die176Die bey dem grabe tit. herꝛn Balthaſar Gottfried von Nieſemeuſchel geleiſtete letzte pflicht 1706. B. S.HOchſeeliger! dein grab iſt ſchon vorlaͤngſt gebaut;
Vier jahre haben dir den ſarg bißher gezimmert,
Da kaum ein ſchwacher blick die welt noch angeſchimmert:
Du ſturbeſt tag fuͤr tag, nicht wie man ſonnen ſchaut,
Nach ihrem untergang zur morgen-roͤthe kehren;
Dein balſam wolte ſich nur nach und nach verzehren,
Und deine kranckheit war prophete von der nacht,
Die endlich in der grufft uns alle gleiche macht.
So gieng dein edler geiſt ſchon durch die morſchen glieder,
Wie ein geweyhter hauch, zu ſeiner quelle hin:
Und alſo war bey dir der himmels-buͤrger ſinn,
Die ſterben, eh man ſtirbt, ſo ſterben ſie nicht wieder.
Kein wunder, wenn der leib der ſeelen lazareth,
Daß die bekerckerten ſich aus den feſſeln ſehnen,
Wann ihnen tod und grufft den weg zur freyheit baͤhnen,
Natur hegt eine gluth, die nach der hoͤhe geht,
Und heiſſet brunnen auch ins meer ſich wieder ſtuͤrtzen:
Wenn lauter wermuth will des lebens koſt verwuͤrtzen,
So leckt der matte hirſch nach einem friſchen naß:
Ein ſchiff ſticht durch die ſee, und folget dem compaß:
Der pilgrim flieht den wald, wo moͤrder in den gruben:
Der tauben fluͤgel eilt, wenn es zur arche geht:
Es freut ſich Jſrael, wenn es am Jordan ſteht:
Und Loth geht jauchzende aus Sodom von den buben;
So war dein ſinn, dein hertz, du uͤberirrd’ſcher geiſt!
Schon laͤngſt der todten welt und ihrer luſt geſtorben:
Du hatteſt einen zug vom creutz-magnet erworben,
Der immer uͤber ſich die kraͤffte ſteigen heiſt.
Was auf der erden war, ſchien dir, wie glas-cryſtallen;
Hingegen lieſſeſt du die ſchaͤtze dir gefallen,
Die177Die uns die ewigkeit in ihrer tieffe zeigt.
Ein menſch, der nur ſein knie vor mammons throne beugt,
Stirbt freylich, wenn er ſtirbt, mit halb-gebrochnem hertzen;
Dir war der abſchied leicht, den du vorlaͤngſt gemacht,
Jndem du alle welt ſo wuͤrdig nicht geacht,
Des himmels theures gut dagegen zu verſchertzen.
Unſchaͤtzbarer gewinn! der nichts zu etwas macht:
Ein reichthum, der uns muß auch in die grufft begleiten.
Laſt heidniſche vernunfft um einen balſam ſtreiten,
Dadurch das leben wird im ſterben wiederbracht!
Ein Chriſte lachet nur, wenn man Mauſolens ſtaube
Ein lebendiges grab in der gemahlin macht;
Hier redet GOttes mund, und hier bekennt der glaube,
Daß, wer in Chriſto ſtirbt, zum leben wird gebracht.
Der tod iſt todt! O ſieg, der mehr als palmen traͤget!
Das grab heiſt nur die ruh, das ſterben ein gewinn:
Der hafen bringet uns zur guten hoffnung hin:
Der leib wird in den ſand zum ſchatze beygeleget.
Noch mehr hat dich dein tod unſterblich hier gemacht:
Des lebens hertzog ließ ſein haupt am holtze ſincken,
Und wolte gleich vor dich des todes galle trincken,
Als man den tag erlebt, der dir den abſchied bracht.
Der ſtille freytag ward zum frey - und freuden-tage:
Dein JEſus ruffte laut, das war die letzte klage:
So drang dein geiſt getroſt zur offnen ſeiten ein,
Es ſolte nur dein grab in JEſus wunden ſeyn.
O ungemeiner tod! Doch weg mit dieſem worte!
Ein ſchlaf, ein artzt, ein ſieg, ein abſchied aller pein,
Soll uns dein ſterben nun in Chriſti tode ſeyn:
Sein creutz und ſeine grufft iſt deine lebens-pforte.
Nun nicht mehr ſterbender, du wohl-geſtorbner du!
Es geht dein ſiecher leib zum weſen durchs verweſen:
Der kalten glieder reſt kan in der grufft geneſen:
Die beſte medicin iſt deine ſanffte ruh.
Dein geiſt iſt hingeruͤckt, wo reine geiſter ſchweben:
Jtzt wird Charlotte dir den kuß in Zion geben.
VI. Theil. MDer178Der theure greiß, der dir die tochter anvertraut,
Der ſchon ins andre jahr das land von erden baut,
Heiſt dich willkommen ſeyn dort vor des alten throne.
Jtzt weidet euch das lamm, das auf dem ſtuhle ſitzt:
Jtzt wandelt euer fuß, wo keine natter ritzt:
Jtzt glaͤntzet euer haupt von Zions ſternen-crone.
Jch habe, ſeeligſter! dein auge nicht gedruͤckt:
Jch habe deinen geiſt mit ſegnen nicht begleitet,
Wie ich die letzte pflicht zu jener zeit bedeutet,
Da mir ein Haugwitz ſtarb, der mich ſo offt erquickt;
So muß die hand-voll ſand von ferne das erſetzen,
Was ich im geiſte hier zu deiner aſche ſtreu;
Doch da ich auch mit dir mich muß in ſchrifften letzen,
So ſtirbt mein Haugwitz mir recht noch einmahl darbey.
GOtt rieff mich ja durch euch, da ich den leib-rock kriegte:
Jtzt halt ihr beyde um den ſterbe-kuͤttel an;
Doch ich beſcheide mich: Der HErꝛ hat es gethan!
Du ſiegeſt auch itzund, wie dorten jener ſiegte.
Steh, uͤberwinder! nun in deiner ſieges-pracht!
Dein kleid iſt licht und glantz im purpur-felde worden:
Hier iſt das goldne vließ in dieſem ritter-orden;
Triumph heiſt dein geſang, zu dem der himmel lacht.
Wir wollen deine grufft mit einem ſiegel ſchlieſſen,
Jn dem der lebens-ruhm, wie diamanten, ſteht;
Doch wird man dieſen ort nicht einen kercker gruͤſſen,
Weil eine ſchrifft zugleich wie marmel iſt erhoͤht:
Hier ſtarb (was ſag ich ſtarb?) hier gieng zum andern leben
Durch einen ſanfften tod an Chriſti todes-tag,
Der bey vier jahren ſchon wie gantz erſtorben lag,
Dem hat des HErren tod das leben hier gegeben.
Nun wend ich mich zu dir, du halb-erſtorbnes hertz!
Sie wollen, gnaͤdige! in thraͤnen ſich begraben,
Weil ſie den beſten ſchatz der grufft vertrauet haben:
Die wunden ſind ſehr tieff, der ſchmertzen uͤber ſchmertz.
Der weinſtock triefft, wenn ihm die trauben abgeriſſen:
Wie ſolten nicht bey ſie die witwen-thraͤnen flieſſen?
Doch179Doch ich beſinne mich, was ihre feder ſchrieb:
Es iſt der HErꝛ mein GOtt, er thue, was ihm lieb.
So wird mir ſelbſt der troſt in meinen mund gegeben:
Jch ſeh die thraͤnen ſchon in freuden-wein verkehrt,
Weil der, ſo ewig ſtirbt, die thraͤnen nur begehrt;
Nicht aber ihr gemahl, der kan unſterblich leben.
Das beſchwerliche aber doch herꝛliche prie - ſter-amt, erwogen bey dem grabe Herꝛn Johann Gottfried Moͤrlini, paſtoris in Royn und Blumerode, nachdem ſelbiger anno 1698, nach gehaltener predigt, auf der cantzel verſchieden. B. S. Trauer-ode. 1.STeig, Aaron! auf den berg!
Laß Jſrael die letzte predigt hoͤren!
Beſchleuß des HErren werck!
Die ſterbe-kunſt ſolſt du durchs ſterben lehren,
Wie wohl iſt der in ſeinem tode dran,
Der mitten im beruffe ſterben kan!
2.Zeuch aus die ſterblichkeit,
Die huͤllen, die nur mott und ſchimmel freſſen!
Nimm hin das weiſſe kleid,
An welchem weder licht noch pracht vergeſſen!
Die cantzel muß Elias wagen ſeyn,
Drauf fahre nun zu Edens grentzen ein!
3.Geh aus Egypten aus,
Durchs rothe meer der theuren JEſus-wunden,M 2Jn180
Jn deines vaters haus
Haſt du das rechte Canaau gefunden,
Wo lebens-milch und friedens-honig flieſt,
Wo cron und lohn der lehrer haupt umſchließt.
4.Tritt an den letzten ſtreit!
Die wahl-ſtadt iſt der ort, wo du gelehret:
Der ſieg iſt nicht mehr weit,
Der dir, als ſtreitern Chriſti zugehoͤret.
Dein tod und dein triumph iſt einerley:
Faͤllt ſchon der leib, bleibt doch die ſeele frey.
5.Ach HErꝛ! laß Simeon
Jn fried und ruh zu ſeinen vaͤtern fahren!
Ach ja! du ſieheſt ſchon
Der heiden heyl, der cherubinen ſchaaren:
Ach! wie vergnuͤgt wird dieſe ſtimme ſeyn:
Geh, treuer knecht! zu GOttes rechten ein!
A und O! DAß bley und cronen-gold gar offt verſchweſtert ſeyn:
Daß purpur, ſchweiß und blut ſich meiſtentheils verbinden,
Und auch die dornen ſich bey koͤnig-roſen finden,
Schreibt nicht Savedra nur der printzen hertzen ein;
Es muſte dieſes ſelbſt ein helden-geiſt bekennen,
Als ſein geſalbtes haupt zur hoͤchſten ehre kam,
Und durch geburth und wahl die teutſche crone nahm:
Hier, ſprach er, mag ich wohl die wuͤrde buͤrde nennen,
Denn alle perlen ſind der thraͤnen contrefay:
Ja, jeder diamant kommt zwar den cronen bey;
Doch iſt er ein prophet von manchen ungluͤcks-hlitzen,
Und kan das matte hertz wie lauter dornen ritzen.
Zwar cantzel und altar reimt ſich zum throne nicht:
Von ſceptern iſt es ſchwer, auf buch und creutz zu ſchluͤſſen;
Doch wird die wahrheit ſelbſt den ausſchlag geben muͤſſen,
Daß auch der prieſter amt mehr dorn als roſen bricht.
Wenn181Wenn dort Nicetius der kirchen inful traͤget,
Und Triers biſchoffs-ſtab in ſeiner hand erblickt,
So fuͤhlt er eine laſt, die haupt und ſchultern druͤckt,
Und ſein gemuͤth und hertz in bange feſſel leget:
Er ſieht, wie luſt in laſt, ruhm in verdruß ſich kehrt,
Daß, wer durch muͤh und fleiß ein biſchoffs-amt begehrt,
Zwar etwas koͤſtlichs ſucht, doch auch erfahren muͤſſe,
Daß ſeine wuͤrde ſich mit einer buͤrde kuͤſſe.
Ein ungeſtuͤmmes meer hegt ſo viel klippen nicht,
Als faͤhrlichkeiten hier dem Paulus ſchiffbruch draͤuen:
Die welt vergnuͤget ſich, das creutzige! zu ſchreyen,
Wenn ſie als natter ſtets der lehrer ferſen ſticht:
Der, ſo von anfang her als moͤrder ſich erzeiget,
Hat offt durch Doegs fauſt der prieſter blut verſpritzt,
Und eine Jſebel zu tollem grimm erhitzt,
Daß der propheten hals zum ſchwerdte ſich geneiget.
Wenn Noa buſſe rufft, wird er der ſuͤnder ſpott:
Zu Sodom lauret man auf den gerechten Loth:
Gefaͤngniß muß zuletzt Johannis wahrheit kraͤncken,
Und ſein geheiligt haupt dem geilen tantze ſchencken.
Geſetzt, daß pfahl und ſtahl der lehrer noch verſchont,
Daß man die glieder nicht in pech und ſchwefel kreiſchet,
Und ſie mit beil und pfeil biß auf den tod zerfleiſchet;
So werden ſie doch meiſt mit zorn und hohn belohnt.
Wenn Ahab ſeinen grimm will gegen Micha weiſen:
Wenn nichts als murren ſich vor Moſes treue zeigt,
Und ein Oneſimus des Paulus hertze beugt;
Da muß ein prieſter ſich mit bittrer wermuth ſpeiſen.
Obgleich Ambroſius mit lippen-zucker traͤnckt,
Und ein Chryſoſtomus gold aus dem munde ſchenckt;
Die unbußfertigkeit, das eyfern, kraͤncken, wachen,
Muß den Eliam offt des lebens muͤde machen.
Doch die nativitaͤt hat ihnen laͤngſt geſtellt
Der kirchen ober-hirt, der groͤſte der propheten,
Jhr ſchickſal wuͤrde ſeyn verhoͤhnen, laͤſtern, toͤden,
Verfolgung in der welt, weil ſie nicht von der welt.
M 3Der182Der meiſter muſte ſchon die dornen-crone tragen,
Was wunder, wenn den knecht die ſcharffe ſpitze ſticht?
Und endlich iſt es klar, weßwegen es geſchicht,
Daß welt und ſatan ſtets der lehrer ſeelen plagen.
Es ſieht der hoͤllen-wolff, daß treuer hirten wacht
Schon manches ſchaͤfgen hat aus ſeinem rachen bracht:
Naͤchſt dieſem kan die welt ſie darum nicht vertragen,
Weil ſie mehr weh als ſanfft mit ihrem ſtabe ſchlagen.
Jch ſchweige, daß der haß offt nach dem tode lebt:
Denn wie des baumes fall die fruͤchte ſelbſten fuͤhlen,
So will die welt den muth an weib und kindern kuͤhlen,
Zu derer ungluͤcks-fall ſie fleißig gruben graͤbt.
Jch melde nicht, was ſonſt vor truͤbſal und vor jammer
Der treuen lehrer hertz in ſcharffe diſteln legt,
Und ihnen auf die bruſt des creutzes wappen praͤgt;
Der himmel hoͤret es, es weiß es ihre kammer,
Wie offt gefahr und angſt um ihre ſcheitel ſtreicht,
Wenn ein verfuͤhriſch wolff um ihren ſchaf-ſtall ſchleicht:
Wenn ſie offt muͤd und matt bey ſolchen elends-tagen,
Nur aufgeloͤſt zu ſehn, ein ſanfft verlangen tragen.
Sie ſtreuen in geduld des wortes milde ſaat,
Da ſie doch heerlinge vor gute trauben leſen:
Ja wenn die erndte groß und wohl beſtellt geweſen,
Sind doch die wenigſten, die GOtt gewehlet hat.
Wenn ſie die glaͤubigen mit angſt gebaͤhren muͤſſen,
Und aber manches kind die mutter ſelber haßt:
Wenn offt ein zarter baum kaum eine wurtzel faßt,
Den ſie mit ſchweiß und fleiß verbinden und begieſſen,
Da er doch einen wurm in ſeiner rinde heckt,
Und mit vergifftem thau das junge blut befleckt:
Das heiſt vergebne muͤh, das ſind beſchwerlichkeiten,
Die eines lehrers amt biß in das grab begleiten.
Was iſt ein prediger? Ein hell-beflammtes licht,
Das ſelbſten ſich verzehrt, indem es andern leuchtet;
Die lippen ſind ein brunn, der vieler hertz befeuchtet,
Jndeſſen auf ſein haupt des creutzes ſonne ſticht.
Wie183Wie bienen ſammlet er des honigs ſuͤſſe ſpeiſe,
Vor einen fremden mund, nicht vor ſich ſelbſten ein:
Sein brod iſt angſt und muͤh, die thraͤnen ſind ſein wein:
Der haupt-pfuͤhl iſt ein ſtein, wie Jacob auf der reiſe
Dem ſorgen-vollen haupt dergleichen kuͤſſen gab,
Biß daß der ſaure ſtand zuletzte durch das grab
Zu ſeinem ſchluſſe kommt, und ſie nach ſturm und winden,
Der ruhe ſuͤſſen port in ihrem ſarge finden.
Doch ſeht den groſchen auch zur andern ſeiten an!
Beſchwerung und gefahr verdunckeln nicht die ſtrahlen,
Es prangt der prieſter-ſtand mit ſolchen ehren-mahlen,
Dabey man leid und neid gar leicht vergefſen kan.
Sein ſchickſal gleicht ſich zwar den truͤben finſterniſſen,
Darinn ihr ruhm und ſtern nur deſto heller ſtrahlt.
Und iſt das creutze ſchon an ihre bruſt gemahlt;
Doch muß das hertze ſich mit lauter roſen kuͤſſen.
Ein brunn wird zwar getruͤbt, doch wieder ausgeklaͤrt:
Sie werden zwar gedruckt, doch ihnen widerfaͤhrt
Diß leiden nur zum ruhm, daß ſie durch creutz und plagen
Dem HErren aͤhnlich ſind, und ſeine zeichen tragen.
O! was vor hellen glantz giebt dieſer gegen-ſchein!
Ein lehrer kommt von GOtt, als leuchter von dem lichte,
Er ſiehet ſtets im geiſt des Hoͤchſten angeſichte,
Wie ſolt er nicht bey uns ein irꝛdſcher engel ſeyn?
Er iſt es, welchem GOtt geheimniſſe vertrauet,
Er fuͤhrt des geiſtes amt, darinnen ihm gebuͤhrt,
Daß er durch Chriſti krafft des HErren kriege fuͤhrt,
Wenn er durch mund und hand an GOttes tempel bauet,
Durch lehr und leben ſich ſelbſt zum exempel macht,
Und alſo Chriſti reich ſtets zu vermehren tracht:
Das iſt ein ſchoͤn geruch, der nach den himmel ſteiget,
Und ſeine lieblichkeit gedoppelt fruchtbar weiſet.
Jſt das nicht ehr und ruhm, des HErren bothe ſeyn,
Und GOttes gnaden-bund auf ſeinen lippen tragen?
Will man nach licht und recht, nach troſt und lehre fragen,
Hier hoͤrt man voller krafft des ruffers ſtimme ſchreyn;
M 4Ein184Ein reiner prediger iſt eine ſuͤſſe quelle,
Da offt ein durſtig hirſch das friſche waſſer leckt:
Ein donner, der das hertz der ſichern ſuͤnder ſchreckt:
Ein zeug-haus voller rath, da man auf alle faͤlle
Sich wider noth und tod die waffen holen kan:
Wer ihn beleidiget, greifft GOttes augen an:
Er ſteht an Chriſti ſtadt: Wer will den HErren hoͤren,
Der muß durch lieb und furcht auch den geſandten ehren.
Nun Aarons ruthe bluͤht, der lehrer ruhm iſt klar:
Die taube, derer mund des friedens oͤl-blat bringet:
Der Jacob, der mit GOtt durch heiſſes beten ringet:
Die zunge, welche dort vom geiſte feurig war:
Das bruſt-bild Zebaoths, das ihre ſchultern zieret:
Und was noch mehr vor glantz von Moſis ſtirne faͤllt:
Hat laͤngſt das prieſter-amt ſo herꝛlich vorgeſtellt,
Daß ſeiner wuͤrdigkeit das ſchoͤnſte lob gebuͤhret.
Doch alles dieſes iſt vor weniges geacht,
Wenn man den gnaden-lohn der ewigkeit betracht:
Die crone mein ich hier, die ſie nach dieſen tagen,
Einſt vor des lammes ſtuhl auf ihrem haupte tragen.
Die lehrer leuchten dort, als wie des himmels glantz,
Die zur gerechtigkeit viel ſeelen angewieſen,
Die werden dermahleins den ſternen gleich geprieſen.
O ungemeiner tod! O ſchoͤner ſieges-krantz!
Hier faͤllt die feder hin, weil doch nicht zu beſchreiben,
Was noch kein ohr gehoͤrt, kein auge nie erblickt.
Wenn Paulum gleich der geiſt im dritten himmel ruͤckt;
So muß, was er geſehn, doch unausſprechlich bleiben.
Wohl dem nun, der bey GOtt der lehrer crone traͤgt,
Wenn er ſein heilig amt im tode niederlegt,
Der auf dem berge Hor mit Aaron ſich entkleidet,
Und den erloͤſten geiſt in GOttes antlitz weidet!
Gluͤckſeeliger Moͤrlin! Jch wende mich zu dir,
Denn du geneußt itzund den kern von dieſem allem,
Nachdem dein ſchoͤnes loos aufs lieblichſte gefallen.
Du warſt bey lebens-zeit der reinen lehrer zier:
Dein185Dein ruͤhmliches geſchlecht hat ſchon von grauen jahren
Jn GOttes heiligthum den vorhang aufgethan:
Es haͤngt die pietaͤt dir von den eltern an,
Die ihrem GOtt getreu, der kirchen nuͤtzlich waren:
Was wunder! daß ihr geiſt gedoppelt auf dich kam,
Daß GOtt als hirten dich zu zweyen heerden nahm,
Und dir durch theuren ruff ein ſolches amt vertraute,
Darinn dein frommer geiſt mit groſſem nutzen baute.
Die cantzel und altar, als ſteine, zeugen mir,
Wie du dein liebes volck mit manna haſt geſpeiſet,
Und gegen alle dich als vater ſtets erweiſet:
Du trugeſt kern und ſafft, nicht taube ſchalen, fuͤr:
Dein lehren war nicht leer, wenn glauben, lieben, hoffen,
Als wie ein klee-blat, dir in mund und hertz gegruͤnt,
Und deiner ſeelen-ſchaar zur ſuͤſſen koſt gedient:
Wenn deine lippen offt von lauter honig troffen;
So reichte deine bruſt die milch des troſtes dar,
Und machte Chriſti wort in reicher maaſe wahr:
Wer dieſen theuren fels im glauben kan umſchlieſſen,
Von deſſen leibe ſoll ein ſtrohm des lebens flieſſen.
Zwar dein geheiligt amt war nicht von ſorgen frey,
Das, wenn du zucker gabſt, offt gallen erndten muͤſſen;
Doch dieſes konte dir den groͤſten ſchmertz verſuͤſſen,
Daß truͤbſal, creutz und ſchmach der lehrer crone ſey,
Und ſie nach muͤh und tod des lebens kleinod erben.
So war der fleiß dein preiß, daß du die groͤſte laſt
Mit luſt und freundlichkeit auf dich genommen haſt,
Du wolteſt ſtehende, wie jener kaͤyſer, ſterben.
Nun dieſes iſt erfuͤllt, da dir des HErren hand
Auf deinem predig-ſtuhl das ſcheiden zuerkannt:
Gantz Blumeroda ſoll von deinem ende zeugen,
Ja ſelbſt die ſteine nicht den ſanfften tod verſchweigen.
Die leichen-predigt haſt du ſelber dir gethan,
Und, was du ſonſt gelehrt, durch deinen tod verſiegelt.
Wohl dem, der ſich an dir und deinem ende ſpiegelt!
Der lernet, wie man ſanfft und ſeelig ſterben kan.
M 5Jtzund186Jtzund geneuſt dein geiſt der edlen himmels-ſchaͤtze,
Allwo der palmen-zweig in deinen haͤnden gruͤnt:
Dein haupt iſt ſchon gecroͤnt, und deine treu verdient,
Daß man die kurtze ſchrifft an deine cantzel ſetze:
Hier ſchloß der prediger die predigt und den mund,
Judem er zwiſchen GOtt und ſeiner heerde ſtund;
Durch einen ſanfften tod iſt er im himmel-orden,
Und bey den aͤltiſten ein ewig prieſter worden.
Auf das abſterben des beruͤhmten Pro - feſſoris Hallenſis, Herꝛn Chriſtoph Cellarii, im nahmen einer tiſch - compagnie. G. S. SJch in dem labyrinth der alten nicht vergehn:
Die wunder von Athen und Latium verſtehn:
Der ſprachen zierlichkeit recht aus dem grunde wiſſen:
Der kuͤnſte weiten kreis in das gehirne ſchlieſſen:
Aus finſtrer ſchrifften nacht ein licht der wahrheit ziehn:
Sich um den grauen witz vergangner zeit bemuͤhn:
Den halb-verfallnen ſchacht des alterthums durchkriechen:
Das, was der naſſe ſchwamm der jahre weggeſtrichen,
Und ſonſt zerſtuͤcket liegt, wie ein zerſchmettert glas,
Da man die ſtuͤcke kaum mit muͤh zuſammen las,
Durch hurtigen verſtand erſetzen und ergaͤntzen:
Sich uͤber den bezirck und die gemeine grentzen
Des poͤvels ſelbſt erhoͤhn: Was Socrates gefragt:
Democritus belacht: Heraclitus beklagt:
Der ruhig’ Epicur nach ſeiner luſt erſonnen;
Was Pyrrho vor ein garn des zweifels angeſponnen,
Und wie ein ſeiden-wurm ſich ſelbſt darein verwebt:
Wie Ariſtoteles nach dem beweiß geſtrebt:
Gewiſſen grund geſucht: Das goͤldne mittel funden,
Jn dem die tugend ruht: Warum ſein ruhm verſchwunden?
Was187Was in der aͤltern welt der ſieben weiſen mund
Vor raͤthſel aufgeloͤſt: Des Hermes tieffen grund:
Und was Pythagoras aus ſtoltz und neid verſchwiegen:
Wie ſich Empedocles durch abgeſchmackte luͤgen
Durchaus vergoͤttern wolln: Was Plato ſpeculirt,
Und vor ideen einſt als weißheit eingefuͤhrt:
Wie grob und huͤndiſch ſich der Cynicus vergangen:
Wie Zeno ſich geſchaͤmt: Womit die redner prangen,
Die Rom, die Griechenland erſtaunend angehoͤrt:
Was ein Quintilian, ein Tullius gelehrt:
Der praͤchtige poet in ſeinen vers geſchloſſen:
Was Livius erzehlt: Der alten ſchoͤne gloſſen:
Des Strabo riß der welt: Und was allhier der fleiß
Auf dieſes enge blat nicht zu entwerſſen weiß:
Diß alles, und noch mehr in ſeinem kopff verfaſſen,
Und doch den hochmuth ſich nicht uͤbermeiſtern laſſen:
Diß heiſt ein criticus und polyhiſtor ſeyn.
Wie rar iſt dieſes lob! Die wiſſenſchafft allein
Findt jezuweilen wohl ein faͤhiges gehirne:
So ſteigt Salmaſius vor vielen zum geſtirne,
Faͤllt aber durch den ſtoltz weit tieffer, als er ſteigt.
Die unerſchoͤpffte muͤh, ſo ein Menage zeigt:
Sein critiſcher geſchmack, ſein angebrachtes leſen,
Weiſt, daß ſein muntrer kopff kein leeres haus geweſen;
Schaut man ihn aber auch nach ſeinem hertzen an,
So ſchaut man, wie er ſich nicht ſattſam ruͤhmen kan;
Dann weicht der ſuͤſſe preiß, den man ihm vor gewehret,
Dieweil ihn der geſtanck der prahlerey verzehret,
Die klar am tage liegt. So blaͤht das wiſſen auf,
Wenn nicht der weißheit krafft des lebens ſchnellen lauff
Jn ihren ſchrancken haͤlt, und nach der demuth leitet.
Das iſt, o ſeeliger! was deinen ruhm ausbreitet,
Was du geſchrieben haſt, das zeigt dein wiſſen an,
Und wer dich angehoͤrt, der weiß auch, daß kein wahn
Gelehrter prahlerey dir den verſtand verdunckelt.
Wer Holland durchgerelſt, weiß, wie dein nahme funckelt,
Und188Und Teutſchland ehre bringt. Wiewohl wer kennt dich nicht?
Wem iſt Cellarius, der reinen redner licht
Und Pharus, unbekannt? Zwar deine feder lieget,
Weil deine fauſt erſtarꝛt: weil es der himmel fuͤget,
Daß den erblaßten leib ein enger ſarg umſchraͤnckt.
Doch wie den reinen geiſt das paradies umfaͤngt;
So ſoll dein ehren-ruf auch hier unſterblich bleiben.
Die wahrheit ſelber wird auf deinen leich-ſtein ſchreiben:
Hier lieget, was die welt nicht ohne ſchmertz vermiſt,
Ein groſſer criticus, doch noch ein groͤſſrer Chriſt.
Das gluͤcke der hochedel-gebohrnen Frauen, Frauen Catharinen Stryckin, gebohrnen Wordenhoffin, des beruͤhmten JCti, Herꝛn Samuel Strycks, Koͤnigl. Preußiſchen geheimen raths, Frauen gemahlin, bey ihrem anno 1707 erfolgten abſterben, vorgeſtellt im nahmen des Herꝛn Profeſſ. Ludovici ſaͤm̃tl. tiſch-compagnie. G. S. EJn jeder menſch ſtrebt nach geluͤckt,
Es iſt in die natur geſetzt.
Wohl dieſem, den des Hoͤchſten blicke,
Der holden gnade werth geſchaͤtzt!
Wie vieler wuͤnſche ſind hier nichtig!
Das gluͤcke will den ruͤcken drehn.
Es ſind nicht aller augen tuͤchtig,
Die ſonnen-ſtrahlen anzuſehn.
GOtt189GOtt hat auch viel verborgne wege:
Den fuͤhrt er auf der roſen-bahn,
Den andern durch viel wuͤſte ſtege,
Jn das verlangte Canaan.
Drum muß hier die vernunfft nicht kluͤgeln,
Der vorwitz hemme ſeinen lauff!
Das, was der himmel will verriegeln,
Schlieſt keines menſchen klugheit auf.
Dich, nunmehr ſeelige matrone!
Hat er die ſanffte bahn gefuͤhrt.
Es hat des gluͤckes ſchoͤne crone
Dein gantzes leben ausgeziert.
Du warſt ein kind von edlen eltern.
Das gluͤcke wolte dich erhoͤhn:
Deßwegen muſten deine keltern
Voll moſt, und ſonder eßig ſtehn.
Du gleichteſt den gepflantzten ſchnaten,
Die wegen ſonne, fleiß und wind,
Und durch begieſſen wohl gerathen,
Wenn ſie in gutem boden ſind.
Du lieſſeſt dich vernuͤnfftig leiten,
Die auferziehung ſchlug wohl an,
So daß man ſchon bey dieſen zeiten,
Von deinem gluͤcke ſagen kan.
Dann aber wurd es mehr vollkommen,
Als dich der groſſe Stryck umfieng,
Den du zum eh-gemahl genommen,
Der dir mit lieb entgegen gieng.
Hier hat die edelſte vergnuͤgung
Dir ihre ſchaͤtze kund gemacht,
Und durch des Hoͤchſten weiſe fuͤgung
Dich zu der wahren ruh gebracht.
Es190Es herꝛſchte zwar von zarter jugend
Die froͤmmigkeit in deiner bruſt;
Wem aber iſt die macht der tugend
Jn ihrem wachsthum unbewuſt?
Die Gottesfurcht hat ihre grade;
Kein ceder-reis wird gleich ein baum:
Der menſch nimmt zu durch fleiß und gnade,
GOtt ſelber goͤnnt ihm zeit und raum.
Diß wachsthum war dein liebſtes gluͤcke,
Das himmelreich dein eintzig ziel:
Wiewohl indeß durch ſein geſchicke
Dir auch der erden gut zufiel.
Hier war kein mangel zu erſtatten,
Vergnuͤgung fuͤllte dein gemach:
Die ehre folgte, wie der ſchatten,
Der tugend-vollen Stryckin nach.
Du aber, hoͤchſt-begluͤckte ſeele!
Warſt nicht von der gemeinen art,
Ob dir aus dieſer duͤſtren hoͤle
Gleich ein beliebtes Eden ward.
Du lieſſeſt ſchaͤtz und welt-getuͤmmel
Dir nicht die minſte hindrung ſeyn,
Und alſo giengſt du in den himmel
Bey noch nicht ſpaͤtem alter ein.
Die Stryckin iſt dann nicht geſtorben:
Diß ſey der troſt, der thraͤnen daͤmpfft!
Sie hat den ſieges-krantz erworben:
Sie hat den guten kampff gekaͤmpfft:
Sie hat, wornach ihr geiſt geſtrebet:
Sie hat ein gut, das nie verdirbt.
Wie ſeelig iſt, der alſo lebet!
Noch ſeeliger, der alſo ſtirbt!
Auf191Auf das abſterben eben derſelben, im nahmen anderer. G. S. JHr, die ihr euch den wahn der welt verblenden laſſet,
Und den verkehrten ſchluß in die gedancken faſſet,
Die wahre gottesfurcht ſey lauter fantaſey,
Schaut unſre Stryckin an! Jhr tugend-volles leben
Kan euch in dieſer nacht ein helles licht abgeben,
Jch weiß, es faͤllt euch dann ein ander urtheil bey.
Wir geben gerne zu: Daß in Egyptens wuͤſten
Mehr molch und crocodil, als fromme tauben, niſten:
Und daß die froͤmmigkeit ein ſeltner vogel iſt.
Wir geben gerne nach: Daß menſchen ihre flecken
Mit einem bloſſen ſchein, und ſich mit maſquen decken,
So daß man offt den wolff ſelbſt vor ein ſchaf erkieſt.
Doch falſcher purpur kan nicht aͤchtem purpur gleichen:
Es wird kein ſchlechter ſtein den diamant erreichen,
So ſehr ihn auch die kunſt mit folgen helffen kan.
Man muß die geiſter nur recht auf die probe ſtellen.
Man kennt die worte ſchon, die aus den hertzen quellen,
Die wercke geben bald den Phariſaͤer an.
Der Stryckin, deren leib hier auf dem ſarge lieget,
Der Stryckin, deren geiſt die hoͤchſte ruh vergnuͤget,
Der Stryckin gottesfurcht hielt alle proben aus.
Erwegt, wie ſie gelebt! Jhr wandel liegt am tage.
Der weiſen urtheil croͤnt hier die gemeine ſage:
Der Stryckin hertze war kein uͤbertuͤnchtes haus.
Bißweilen huͤllt die noth uns in das kleid der tugend;
Jhr ſchien des gluͤckes gunſt von ihrer gruͤnen jugend,
Von ihrer wiegen an, biß in die finſtre grufft.
Die mittel fehlten nicht, der welt ſich zu bedienen,
Man ſah der ehren krantz um ihre ſchlaͤfe gruͤnen.
Jndeſſen daͤmpfft ihr geiſt der eitlen regung dufft.
Der hochmuth iſt ihr nie in ihren kopff geſtiegen,
Sie hieß die prahlerey zu ihren fuͤſſen liegen,
Und192Und ſtieg durch niedrigkeit des geiſtes himmel-waͤrts.
Gebet und maͤßigkeit verſtattete den luͤſten
Hier keinen eingang nicht. Sie gieng die bahn der Chriſten:
Jhr mund wieß jederzeit ein GOtt geweihtes hertz.
Sie pflegte keine zeit mit karten zu verſpielen;
Ein andacht-volles buch, das itzund bey ſo vielen
Verworffen liegen muß, war ihre groͤſte luſt.
Es hat kein neid und geitz ihr hertze zugeſchloſſen.
Was hat das armuth nicht von ihrer hand genoſſen?
Wem iſt die mildigkeit der Stryckin unbewuſt?
Zeigt dieſer wercke glantz nicht ihren wahren glauben?
Wer kan die gottesfurcht wohl einer ſeele rauben,
Die alle reitzungen der ſchnoͤden welt beſiegt?
Kommt! die ihr fromme ſucht, wo ihr ſie finden wollet!
Der leib, um welchen itzt ſo manche thraͤne rollet,
Bewohnt ein ſolcher geiſt, der ſich an GOtt vergnuͤgt.
Laßt, feige ſeelen! laßt euch dieſes beyſpiel dienen,
Geht unſrer Stryckin nach, biß ihr die hohen buͤhnen
Des Chriſtenthums erreicht, die man ſo ferne ſieht.
Du aber, groſſer Stryck! der du ihr vorgegangen,
Um deſſen weiſes haupt der Themis perlen prangen,
Sey nicht bey ihrer grufft mit truͤber angſt bemuͤht.
Dein ſchatz, den du bedaurſt, ſingt itzund freuden-lieder,
Du ſieheſt ſie dereinſt in jenem reiche wieder.
Jndeſſen, weil der HErꝛ dich noch der erde goͤnnt,
So goͤnne, daß ſie dich nicht vor der zeit verliehre,
Damit dein hoher witz Fridricianen ziere,
Den recht und billigkeit ihr wahres kleinod nennt!
Auf193Auf das abſterben der hoch-gebohrnen Frauen, Frauen Reginen Jſabellen, vermaͤhlter Graͤfin von Hohberg, ꝛc. ꝛc. B. S.BEthraͤnter Fuͤrſtenſtein! es ſchallet noch die ſtimme,
Die dir vor kurtzer zeit ein harter bote war.
Es zittert dein pallaſt noch vor des todes grimme,
Entſetzen, furcht und angſt ſtellt dir ein Nebo dar.
Auch deine herꝛlichkeit ward durch die trauer-wolcke
Jn tieffſtes leid verhuͤllt, in eitel nacht verſenckt.
Dein gipffel, der zuvor mit froͤlichkeit getraͤnckt,
Ward bald in thraͤnennaß; ja du mit deinem volcke
Stundſt, wie durch einen blitz verſtarret und geruͤhrt,
Weil dir der fruͤhe tod ach! gar zu viel entfuͤhrt.
Man hoͤrt das echo noch in deinen thaͤlern weinen:
O ſchmertzlicher verluſt nach kurtzen ſonnen-ſcheinen!
Dein Hohberg ſatzte ſich tieff in den ſtaub darnieder;
Bey dieſer leiche ſtarb, was vor ſein leben hieß.
Der ſchmertz gieng biß ins hertz durch die erſtarꝛten glieder;
Es ward ein thraͤnen-feld, wo vor ein paradies.
Und welche feder mag ſo eine ſchrifft verfaſſen,
Ob blut und zaͤhren gleich zur dinte worden ſeyn,
Die uns ein ſolches leid und ſolche hertzens-pein
Nach ihrer hefftigkeit kan deutlich leſen laſſen?
Schreib an, o Fuͤrſtenſtein! den tag als einen tag,
Den keine ſchwartze ſchrifft nicht gnug bezeichnen mag.
Wie ſolte nicht ein flor um deine ſcheitel hangen,
Weil deine ſonne dir im mittag untergangen?
Wie Welſchland itzt erſtaunt der berge riß beſchauet,
Wie Napoli beſtuͤrtzt die felſen beben hoͤrt,
Wenn dorten Gibellin nur pech und ſchwefel thauet,
Und ſeines nachbars land mit aſch und graus zerſtoͤrt:
So ſieht man auch um dich der unterthauen huͤtten
Voll angſt und traurigkeit, da ſo ein riß geſchieht,
VI. Theil. NJn194Jn den man ihren ſchatz mit leid verborgen ſieht.
Der himmel ward ein fels, und ließ ſich nicht erbitten,
Der ſchluß war einmahl da: Du ſolteſt, Fuͤrſtenſtein!
Ein ſchau-platz kurtzer luſt und langen traurens ſeyn,
Ein ſtein, den kuͤnfftig man zum marmor ſolte ſetzen,
Und nichts als ach! und ach! darein zum denckmahl aͤtzen.
Doch wo verfall ich hin? Hinweg mit den gedancken!
Die wie ein neuer riß in friſche wunden gehn.
Beflorter Fuͤrſtenſtein! enthuͤlle deine ſchrancken,
Und laſſe nicht dein haupt in ſolchem nebel ſtehn!
Es iſt ja freylich ſo: Dein ſchmuck iſt aſche worden,
Jn deinen thaͤlern rauſcht gerechter thraͤnen bach,
Gar billig rufft ein berg dem anderen mit ach!
Und wer nur um dich wohnt, erwehlt den jammer-orden,
Doch wie dein ſcheitel auch biß an die wolcken ſteht,
Und alſo dein geſicht ſtets nach der hoͤhe geht;
So dencke, daß der ſchlag, der dich ſo hart zerſpalten,
Von niemand, als von GOtt, den nachdruck hat erhalten.
Der himmel hatte dir ein kleinod anvertrauet,
Die graͤfin, die man ſtets vor unvergleichlich hielt,
An welcher die natur gantz nichts umſonſt gebauet,
Die crone des geſchlechts, der tugend ebenbild.
Jn ihr war froͤmmigkeit, und ein rechtſchaffen weſen:
Das hielte ſie vor ſchmuck, was ſie in Chriſto fand,
Jhr hertze war wohl recht der ſanfftmuth vaterland.
Die graͤfin hatte dir dein Conrad auserleſen,
Du nahmſt auch dieſen ſchatz wie einen engel an,
Die huͤgel huͤpffeten, und auch dein unterthan,
Die haͤnde ſahe man von allen unterlegen,
Begluͤckter Fuͤrſtenſtein! ſo rieff man allerwegen.
Ach aber! wie ſo bald ward hertz und ſchatz begraben!
Du ſaheſt kaum dein licht, ſo war die nacht ſchon da.
Wiewohl, beſinne dich! Es iſt der Hoͤchſte ja,
Der dir die graͤfin gab, und auch will wieder haben.
Das, was ſie itzt beſitzt, iſt auch ihr Fuͤrſtenſtein,
Den eckſtein hat ſie laͤngſt im glauben lieb gewonnen,
Auf195Auf dieſem ſteine ſchlief ſie Jacobitiſch ein;
Noch naͤher, als bey dir, iſt ſie nun bey der ſonnen.
Bedencke dieſen zug! Zwar du verliehreſt viel;
Doch du verliehreſt nichts, weil GOtt dich troͤſten will.
Dein Hohberg darff nur hin nach hohen bergen ſehen,
GOtt laͤſt ihm zwar ſehr weh, doch auch zum wohl, geſchehen.
Soll dir ein denckmahl ſeyn in deinen fels gegraben?
So merck ihr ende nur, das ungemeine war.
Hier wirſt du balſam gnung auch von der wehmuth haben,
Es ſtellt ſich ſelbſt der tod zu deinem troſte dar.
Wie freudig war der geiſt, der recht nach Zion leckte!
Wie willig riß das hertz ſich von der erden los!
Was auf der zunge lag, das war ihr JEſus blos,
Vor deſſen ſuͤßigkeit ſie keine ſchmertzen ſchmeckte:
Die ſchlaͤge hieß ſie gunſt, die GOtt zu fuͤhlen gab:
Jhr ſiech-bett GOttes hand, und ihre luſt das grab:
Jhr mund troff ſtets von blut, das JEſus laſſen flieſſen:
Von dieſem wolte ſie, und ſonſt von gar nichts wiſſen.
So war ſie himmliſch ſchon, ob ſie gleich noch auf erden,
Jhr Conrad ſchien ihr wohl ein zug noch in der welt;
Sie letzte ſich mit ihm durch ſehnliche gebaͤrden,
Die lippen ſegneten, wie thau vom himmel faͤllt.
Doch uͤberließ ſie ihn zuletzt aus ihren armen,
Sie uͤbergab ihn dem, dem aller troſt bewuſt,
Und legte gaͤntzlich ſich an ihres JEſu bruſt,
Auch im erkalten nun durch liebe zu erwarmen.
Das letzte JEſus-wort muß auch ihr letztes ſeyn,
Man ſang: Es iſt vollbracht! ſo ſchlief ſie lieblich ein,
Wie ſonnen untergehn, in angenehmer ſtille,
Gieng der erloͤſte geiſt zu Zions reicher fuͤlle.
Laß nun, o Fuͤrſtenſtein! nicht immer thraͤnen ſchwitzen!
Das iſt kein opfer nicht vor die, ſo ſeelig ſind.
Hochſchmertz-betruͤbter graf! die wunden immer ritzen
Macht keinen feſten hand, der uns mit GOtt verbindt.
Was GOtt thut, das iſt wohl! diß war der letzte wille,
Den der erblaſte mund vor ſie zum troſte gab,
N 2Bey196Bey dem verharren ſie. GOtt wiſche thraͤnen ab,
Die um den Fuͤrſtenſtein und in Berlin die fuͤlle
Bißher vergoſſen ſind; Der ſegen finde ſtatt,
Den die hoch-ſeeligſte vor ſie gegeben hat!
Sie ſtarb, doch nicht ihr ruhm, der glaͤntzt noch immer helle:
Jn ihrem hertzen lebt Regina Jſabelle.
Als der Herꝛ Profeſſ. J. F. Ludovici in Halle ſein eintziges toͤchterlein zur erden beſtattete. Jm nahmen ſeiner tiſch-compagnie. G. S.SO muſt du, zartes kind! ſchon auf die rauhe bahn,
Die auch das alter kaum ohn zittern ſchauen kan!
O allzuherber tritt vor noch ſo weiche fuͤſſe!
Es hat dein linder mund der eltern treue kuͤſſe
Nur kurtze zeit geſchmeckt, ſo ſchenckt des todes hand
Dir bittre myrrhen ein. Zu ſchneller unbeſtand!
Ach allzuſchwerer ſchluß! Rinnt, rinnt betruͤbte thraͤnen!
Welch vater ſoll ſich nicht nach einem kinde ſehnen,
Das er ſo fruͤh vermißt? Ja welche mutter ſinckt,
Wenn man ihr ebenbild ihr aus den armen ringt,
Wenn es der tod umfaſt, nicht in ein meer der zaͤhren?
Die knoſpe, die noch erſt die blume will gewaͤhren,
Jſt der bedaurung werth, wenn ſie vom ſtocke bricht.
Wiewohl ein roſen-knopff gleicht Leonoren nicht,
Ob ſie der unfall ſchon allhier zuſammen paaret.
Ein kind iſt doch weit mehr, als was ein krug verwahret,
Ob es ſchen Jndien uns theuer zugeſchickt,
Weil GOtt ſein ebenbild in ſeine ſeele druͤckt.
Drum, hoch-betruͤbte! laßt, laßt eure thraͤnen rollen,
Die hier den perlen-ſchmuck zum krantze geben ſollen,
Der eure todte croͤnt! Ein kind von guter art,
An dem der himmel nichts von ſeiner gunſt geſpart,
Jſt197Jſt wuͤrdig, ſolchen ſchatz mit ſich ins grab zu ſchlieſſen.
Wie ſollt auch nicht der brunn der augen ſich ergieſſen,
Wenn uns der tod ein ſtuͤck aus unſern hertzen reißt?
Das chor der Gratien, ſo ſeinen holden geiſt
Bald mit der erſten milch Lenoren eingefloͤſſet,
Macht ſelbſt die wangen naß. Die eltern-liebe ſtoͤffet
Dann billich ſeufftzer aus. Der anverwandten mund
Giebt bey der kleinen leich ihr groſſes beyleyd kund.
Sie pflantzen um den ſarg die traurigen cypreſſen.
Wir koͤnnen ſelbſt hierbey die blumen nicht vergeſſen,
Die unſre tieffe pflicht um dieſe bahre ſtreut.
Doch iſt kein balſam da, der die durch traurigkeit
Geſchlagne wunden heilt? Wir koͤnnen nicht verneinen,
Daß ſtatt der ſternen hier nur finſtre wolcken ſcheinen,
Und daß gar wenig troſt in unſer hertze ſteigt,
Wenn man der augen licht hin zu dem grabe neigt.
Allein, wie offtermahls aus aufgeritzten baͤumen
Ein heilſam waſſer quillt, und meere perlen ſchaͤumen,
Wenn der erhitzte ſturm die hoͤchſten wellen ſchmeiſt;
So wird, wenn der von harm zu tieff gebogne geiſt
Sich von dem ſchwartzen ſarg auf jenes Eden lencket,
Wo tauſend ſonnen ſind, das, was es vor gekraͤncket,
Ein ſchatten, der ſo ſchnell, als wie ein blitz, vergeht.
Hier iſt es, wo der brunn des wahren troſtes ſteht,
Dahin kein Seneca betruͤbte ſeelen fuͤhret,
So hoch er immer ſteigt. Ein Chriſt, der viel verliehret,
Verliehret dennoch nichts, wenn nur ſein geiſt erwacht,
Und durch des hertzens krafft dem hertzen fluͤgel macht,
Um aus der finſterniß ſich dahin aufzuſchwingen,
Allwo ſein alles wohnt, das alles wiederbringen,
Und nichts verwerffen kan, was ſeinen ſohn umfaſt.
Diß, hoch-betruͤbtes haus! waͤltzt hoffentlich die laſt
Von der beklemmten bruſt. Denn der die kinder liebet,
Hat das beliebte kind, das ferner nichts betruͤbet,
Als eine theure blum, ins paradieß verſetzt,
Wo ihm kein winter draͤut. Darum, hoch-edle! netzt
N 3Die198Die wangen nur nicht mehr. Das, was der tod begraͤbet,
Jſt nicht, was ihr beweint; denn Leonora lebet.
Eben darauf. C. G. R.ES ſind, gelehrter mann! vier winter faſt begraben,
Seit dem ich dich gekannt, gehoͤrt und hochgeſchaͤtzt:
Darum ich offt gewuͤnſcht, gelegenheit zu haben,
Zu zeigen, was ein kiel verbundner diener ſetzt;
Es hat ſich aber nichts dergleichen fuͤgen wollen,
Biß deines kindes tod mich itzt zum tichter macht.
Ach! haͤtt ich doch ein lied von freude ſchreiben ſollen!
Ach! wuͤſte doch dein tag von keiner trauer-nacht!
Dein kind, das liebſte kind, die zarte Leonore
Vergeht als wie ein licht, das kaum entglommen iſt;
Drum deckt dein antlitz ſich mit einem duncklen flore,
Jn deinem zimmer wird nur ach! und boy erkieſt.
Man hoͤret nun nicht mehr das angeuehme lallen,
Damit ihr kleiner mund der eltern hertz erfreut:
Jhr unſchuld-voller ſchertz, der allen wohl gefallen,
Und viel verdruß verſuͤßt, kehrt ſich in herbes leid.
Der muntre Friedrich ſucht die ſchweſter zwar zu wecken;
Allein ſie ſchlaͤft den ſchlaf, den niemand ſtoͤhren kan;
Drum ſteht er gantz beſtuͤrtzt, es will ihm nichts mehr ſchmecken,
Und giebt mit truͤbem ach! ſein liebſtes ſpielwerck an.
Hoch-wertheſter patron! es ſchieſſen die cypreſſen
Dir ſelber allzu fruͤh in deinem garten auf.
Der hoffnungs-bau verfaͤllt, man kan es leicht ermeſſen,
Dein ſchoͤner vorſatz hemmt den angefangnen lauff.
Der himmel hatte dich zwey kinder kuͤſſen laſſen,
Es ließ uns die vernunfft was ſeltnes propheceyn:
Die tochter wolt in ſich der mutter tugend faſſen,
Der ſohn ein contrefait des klugen vaters ſeyn;
Allein199Allein wie irren doch die allerbeſten ſchluͤſſe,
Wenn GOtt uns einen ſtrich in unſre rechnung macht!
Dein vorſatz war gerecht, die hoffnung zucker-ſuͤſſe;
Der heyland aber hat ein ander ziel erdacht.
Eleonor erbleicht, die weichen glieder ſtarren,
Die augen ſincken hin, ihr blick verliehret ſich,
Jhr geiſt darff laͤnger nicht in dieſer welt verharren,
Und dieſes ſcheiden iſt vor dich ein hertzens-ſtich.
GOtt aber meint es gut, ja beſſer, als wir dencken,
Ob ſeine wege gleich verborgne raͤthſel ſind.
Wer weiß, ob uns die grufft, die itzt von thraͤnen-traͤncken
Und todten-waſſer quillt, nicht troſt und leben rinnt.
GOtt meint es warlich gut, auch wann er boͤſe ſcheinet,
Auch wenn er unſer haupt mit aſch und moder deckt.
Ein David wird erquickt, indem er aͤchtzt und weinet:
Man ſiehet, daß ein dorn offt voller roſen ſteckt.
Hoch-wertheſter patron! dir ſind die weiſen buͤcher
Des troſtes ja ſo wohl, als der Aſtree, bekannt,
Drum laß den duͤſtren flor, die naſſen wehmuth-tuͤcher
Nur einen augenblick aus augen, ſinn und hand!
Jch weiß, es wird ein blat das lange trauren lindern:
Jch weiß, es klaͤret ſich der himmel etwas aus,
Der itzt ſo duͤſter laͤßt. Ja um dein leid zu mindern,
So wirff nur einen blick auf dein geliebtes haus.
Kommt Leonore dir nicht weiter zu geſichte?
Jſt deine tochter todt? ſo lebt doch Friderich,
Dein liebſtes ſoͤhngen, noch, die hoffnung vieler fruͤchte;
Vor den und deinen ſchatz troͤſt’ und erhalte dich!
Aus dieſem reiſe ſoll noch einſt ein baum entſtehen,
Es wird noch dieſer ſohn ein andrer vater ſeyn.
Drum kan der hoffnungs-ſtern nicht gaͤntzlich untergehen:
So bricht durch truͤbe nacht gleichwohl ein ſonnen-ſchein.
Fuͤhrt aber doch der ſchmertz dich ſtets auf Leonoren?
Wird noch nicht troſt genung bey ihrer bahr erkieſt?
So denck an ihren geiſt, als welcher neu-gebohren,
Und in der ewigkeit ein holder engel iſt.