PRIMS Full-text transcription (HTML)
Gedichte
fuͤnffter theil.
Mit Churfl. Saͤchſ. Gn. Privilegio.
Leipzig, BeyThomas Fritſch,1710.
[1]

Galante Und Verliebte Gedichte.

Abbildung der Liebe. C. H. v. H.
DEr liebe roſen-blat hat doͤrner zu gefehrten,
Aus welchen nach der luſt der unluſt fruͤchte bluͤhn;
Sie hebt ihr haupt empor, als wie auf zauber-gerten,
Und kan durch einen blick uns ins gehaͤge ziehn.
Dann ſtoͤſt der freyheit ſchiff an ungeheure klippen,
Es bleibt, eh wirs vermeynt, auf einer ſand-banck ſtehn,
Und lacht kein troſt uns an von roſen-lichten lippen;
So heiſts: O himmel hilff! wir muͤſſen hier vergehn.
Da ſtimmt das hertze an: Verlaſſe mich, o liebe!
Dann heiſts: Entfernet euch, die ihr ans lieben denckt,
Durch lieben wird uns nur der wohlfahrts-himmel truͤbe,
Nichts iſt, was unſre bruſt mehr als die liebe kraͤnckt.
Doch, ſind die dornen weg, ſo greifft man nach den roſen,
Es giebt die beßre zeit uns andre ſinnen ein,
Dann koͤnnen wir vergnuͤgt in den gedancken loſen,
Auf welcher ſeite wiram liebſten wollen ſeyn.
Und ſo verlieren wir die kurtzen lebens-zeiten,
Das ſchiff des lebens laufft dem hafen naͤher zu,
Biß uns der winter pflegt in ſo ein land zu leiten,
Wo man der liebe baum mit erde decket zu.
Hofm. w. V. Th. AAn2Galante und
An zwo Schweſtern.
EJn ungewaſchen mund ſoll unſern thau begruͤßen?
Der frevel muß gewiß nicht ſonder ſtrafe ſeyn:
Ein fleck-und kleck-papier ſoll lilgen-haͤnde kuͤſſen?
Diß iſt vor goͤttinnen gewiß was ungemein.
Der reichthum unſrer gunſt ſteht, ſclave! dir verſchloſſen,
Vor ſolche, gleich wie du, ſind unſre perlen nicht:
Der goͤtter alicant wird nicht dahin gegoſſen,
Wo den gefaͤßen glantz und koſtbar ertzt gebricht.
Dein eiſen reimt ſich nicht vor unſre zug-magneten,
Wir ziehen nur den ſirahl der goͤttlichkeit uns zu,
Wer nicht durch tugend kan die groben ſitten toͤden,
Und fuͤrſtlich uns bedient, hat vor uns gute ruh;
Und du, du kahler knecht! der arm von allen ſchaͤtzen,
Die ſonſten die natur den andern beygelegt,
Du darffſt dich unterſtehn den fuß zu uns zu ſetzen,
Wo ſchoͤnheit und verſtand zuſammen ſind gepraͤgt?
Kein bloͤdes auge kan der ſtrahlen gluth vertragen,
Ein ungemeiner blitz verblendet das geſicht,
Und deiner reime wachs will ſich zur ſonnen wagen?
Erwehle dir davor ein dunckel ſchwefel-licht.
So fuͤhret ihr vielleicht, ihr edlen Venus-toͤchter!
Aus rechter eiferſucht mich und mein ſchreiben an;
Doch eure demuth macht das zoͤrnen zum gelaͤchter,
Und iſt deu thaͤlern ſo, wie bergen, zugethan.
Der hochmuth iſt euch gifft, die hoffart lauter galle,
Jhr ſeyd, wie goͤtter thun, dem ehr-geitz ſchlangen feind,
Doch alſo, daß euch auch zuweilen wohlgefalle,
Wenn man euch ſonne nennt, die vor dem poͤbel ſcheint.
Und das iſt ruͤhmenswerth, wer ſelbſt nichts von ſich halten,
Nicht den verdienten preiß der tugend achten will,
Muß endlich unterm eiß gemeiner leut erkalten:
Sind waaren wo gemein, da gelten ſie nicht viel.
Jch unterſtehe mich, geſteh ich, groſſer ſachen,
Jndem mein ſchlechter brief, der kein gewuͤrtze kennt,
Und den kein balſam-fach noch roſen riechend machen,
Blind hin, unangeſagt auf eure tafel rennt.
Jhr3verliebte Gedichte.
Jhr aber habt ihm ſelbſt den zaum der gunſt gegeben,
Durch eure freundlichkeit wird er ſo keck gefuͤhrt,
Der gnaden-fluͤgel paar kan ihn vom ſtaub erheben,
Durch eurer ſchoͤnheit farb iſt er genug geziert;
Drauf halt ich unverzagt huld und auch ſchuld zuſammen,
Dem feuer-glaß iſt die, der ſonnen jene gleich:
Die ſchuld faͤngt von der huld die mitgetheilten flammen,
Wird wie Vefuvius und Aetna feuer-reich.
Hier zuͤndet nun der danck auf eurem zucht-altare,
Das opffer freudig an, ſo von dem hertzen koͤmmt,
Er braucht zu ſolchem feſt kein kraut noch raͤucher-waare,
Sein weyrauch iſt ein wunſch der fuͤr euch nymfen glimmt.
Theil, himmel! meinen rauch in hundert tauſend ſtuͤcke,
Nimm durch geklaͤrte lufft auch jedes ſtaͤubgen an,
Schick aber gluͤckes-blick ohn alle tuͤck zuruͤcke,
Und ſchwing um dieſe zwo die rothe freuden-fahn.
Laß fix-und irre-ſtern: Es leben beyde! ruffen,
Wirff ihnen roßmarin und biſam-blumen zu,
Luſt ſey der beyden koſt, vergnuͤgung beyder hoffen,
Und ihrer ſchaͤtze ſchatz, o himmel! bleibe du!
Mein opffer iſt verricht, die aſch iſt noch zu ſehen,
Daraus des wunſches ziel als phoͤnix werden ſoll,
Jch weiß, GOtt ſelbſt wird geiſt und athen in ihn wehen;
Wo ſo der wunſch bekleibt, ſo lebt, ihr ſchweſtern, wohl.
Als er ſie an einem ufer ſchlafen fand. C. H.
JHr lieblich rauſchenden, ihr ſpiegel-gleiche ſluthen!
An deren ufer hier faſt wider mein vermuthen,
Die muͤde Celie im ſchlafe traͤumend liegt,
Und, wie ein ſchiff von euch, von ſelbem wird gewiegt;
Euch rath ich, ſchaut nicht her zu dem entbloͤſten beine,
Jhr bleibt ſonſt ſtille ſtehn, und wuͤrdet gar zu ſteine,
Wie euch, ihr wiſt es noch, ſchon einmal iſt geſchehn,
Da ihr, geſteht es nur, etwas zu weit geſehn.
A 2Flieft,4Galante und
Flieſt, ſag ich, flieſſet fort, geht, wo ihr hingehoͤret,
Denn wo die liebe hier den lauff der fluthen ſtoͤret,
So iſts um euch geſchehn; ihr wiſt es ja noch wohl,
Daß eure naͤſſe ſich vorm feuer huͤten ſoll.
Die ufer moͤgt ihr wohl nach eurer wolluſt kuͤſſen,
Auch um das ſchilff und rohr nach eigner regung fließen,
Ja auf die buhlerey zu fremden fluͤſſen gehn,
Nur laſt mir meine bahn unangetaſtet ſtehn.
Jch kan, ich ſchwer es hier, ich kan es nicht vertragen,
Daß ſich ein kahler fluß will an die goͤttin wagen,
Die faſt, wo ihr nicht fromm, die hier ſo naſſe bahn
Durch ihrer blicke macht in grund vertrocknen kan.
Rauſcht, rauſcht ihr wogen fort, und macht hier nicht viel weſen,
Sonſt muß ich hefftiger euch das capitel leſen,
Ja gar durch Celien euch denn zur ſtrafe ziehn,
Der ihr, wofern ihr folgt, noch itzund koͤnt entfliehn.
Nun, es iſt euch geſund, daß ihr euch laſſen rathen,
Und eure wellen heiſt an andre ufer wathen,
So bleibt ihr ſchaden-frey, und ſeyd weit mehr vergnuͤgt,
Als einer der, wie ich, in liebes feſſeln liegt.
Du aber, ſchoͤnſtes bein! vergoͤnne, daß ich wache,
Damit nicht ſonſt ſich was an deinen marmel mache,
Ja gar was anders thu, als ich noch nicht gethan,
Wer iſts, der allemal der gluth entgehen kan?
Doch laß mir dieſes zu, daß ich dich mag beſchauen,
Und hier ein freuden-ſchloß vor mein geſichte bauen,
Du biſt vorher meiſt bloß, drum koſt es wenig muͤh,
Daß ich das uͤbrige von dir herunter zieh.
Mein zweck geht dahinaus die adern zu befuͤhlen,
Und werd ich gleich etwas auch mit den waden ſpielen,
So macht doch dirs nicht viel, es iſt ja menſchen-fleiſch,
Als wie das meine iſt, ich bleibe doch wohl keuſch.
Der ſeidne ſcharlach-ſtrumpff der haͤlt mir ziemlich feſte,
Doch ſeh ich allbereit der roſen-ader aͤſte,
Und inſeln, die ſie macht; wie ſie zun zehen flieſt,
Und da den purpur-ſafft in alle zweiglein gieſt.
Doch pflegt auch wohl der fluß mir irgend zuzuſehen?
Weiß er vielleicht nicht mehr, was ihm vorher geſchehen?
Jhr5verliebte Gedichte.
Jhr fluthen! bleibt ihr ſtehn? was ſoll doch dieſes ſeyn?
Was dringt ihr euch denn ſo um dieſes bloße bein?
Jch ſchwer euch bey dem ſchlaf, in dem die Goͤttin lieget,
Wofern ihr euch nicht bald von hinnen weg verfuͤget,
Es ſoll euch denn gereun, zumal wenn ſie erwacht,
Da weiß ich allbereit, was ſie vor blicke macht.
O ungeſchlachte zeit! wie iſt man nicht geplaget,
Wenn man ein maͤdgen hat, die einem wohl behaget!
So thaͤt es warlich noth, man ſetzte wachen hin,
Sonſt ſucht ein jeder da den ſuͤßen liebs-gewinn.
Man kan vor andern faſt itzund nichts mehr behalten,
Darzu ſo will die treu der maͤdgen auch veralten,
Die goldne zeit iſt weg, da zwey ſich recht gemeynt,
Man ſpuͤrt nicht mehr, daß itzt die treu ſo helle ſcheint.
Doch wo verfall ich hin? ich bin ja bey dem beine,
Jch bin, ja ja ich bin, bey dieſem nur alleine,
Was uͤbermannet mich denn hier die eiferſucht?
Jch habe ja ihr garn zu aller zeit verflucht.
Was bild ich mir denn ein, als giengen auch die fluͤſſe
Zu meiner ſchoͤnſten hin, und ſammleten da kuͤſſe,
Die mir gehoͤrig ſeyn? ach das ein kalter fluß
Mich doch zur eiferſucht itzund bewegen muß!
Das waſſer weiß ja nichts von ſchoͤnheit und von lieben,
Noch wie es ſoll das thun der liebenden veruͤben,
Es fehlt ihm ja verſtand! doch nein, itzt faͤllt mirs ein,
Daß die gewaͤſſer auch verliebet koͤnnen ſeyn.
Verliebte thraͤnen giebts, die uns weit mehr entzuͤnden,
Als wenn durch flammen man uns ſucht zu uͤberwinden,
Die augen brennen mehr, wenn ſie voll waſſer ſtehn,
Als wenn ſie ohne das herum im kopffe gehn.
Drum bin, und hab ich recht, daß ich den fluß beneide,
Damit er ſeine fluth nicht an der ſchoͤnſten weide,
Es iſt gar leicht geſchehn, daß man ein buͤndniß macht,
Dabey der dritte man wird hoͤniſch ausgelacht.
Das graß hier wird mich auch bald eiferſuͤchtig machen,
Es ſcheint, als ſaͤh ich es vor lauter hochmuth lachen,
Weil Celie diß druͤckt, und hier ihr lager haͤlt,
So meynts, es ſey dis ihm zu ehren angeſtellt.
A 3Wie?6Galante und
Wie? wacht ſie irgend auf? mich deucht, daß ſie ſich regte,
Und daß ihr athem ſich etwas zu ſehr bewegte,
Als eines, der ſich nun dem ſchlaf entziehen will,
Und deſſen muͤdigkeit erreicht ein beſſer ziel.
Doch nein, ſie ſchlaͤft ja noch, und zwar ſo ziemlich feſte,
Sie ſchlaͤft, und dieſes iſt vor mich itzt auch das beſte,
Sonſt wuͤrd es ſchlecht beſtellt um ihre gnade ſeyn,
Jch glaub, ich ſchuſterte heut alle wolluſt ein.
Denn daß ich mich allhier bey dieſem lieben kinde,
Und da ihr bein entbloͤft, alleine nur befinde,
Das naͤhme ſie wohl nicht zum allerbeſten an,
Und daͤchte, wunder! was ich irgend ihr gethan.
Die furcht bemeiſtert mich, ich werde muͤſſen weichen,
Eh noch ein ſturm-wind kan in meinen vorſatz ſtreichen;
Doch eh ich weiter geh, ſo nimm, o ſchoͤnſter fuß!
Von mir, zur danckbarkeit, den hoͤchſt-verpflichten kuß.
Und du, ſein beſtes theil, du marmel-gleiche wade!
Vergoͤnne, daß ich dich mit einem auch belade,
Wer weiß, obs noch einmal ſo das geſchicke ſchickt,
Daß mich dein bloßer blick wie dieſesmal erquickt.
Nun laß noch meine hand an deine liljen fuͤhlen,
Laß eine maͤnner-hand mit deinem fleiſche ſpielen:
Wie gerne zwickt ich dich aus bruͤnſtiger begier,
So ſehr, als es erlaubt; doch nein es moͤchte hier,
Die ſchoͤne ſchlafende zu balde munter werden,
Und auch mit ihr, vor mich die zornigen gebehrden,
Drum muß ichs laſſen ſeyn. Ein theil der klugheit iſt,
Wer in dem lieben ihm die maͤßigkeit erkieſt.
Was mach ich? bleib ich hier? wie? oder ſoll ich gehen?
Wie? oder ſoll ich nur da in der naͤhe ſtehen,
Wo ich ſie ſehen kan? was faß ich hier vor rath?
Jch geh, weil ſich mein ſinn zu was entſchloſſen hat.
Jhr gruͤnlich ſcheinenden und faſt betruͤbten fluthen,
An deren ufer hier faſt wider mein vermuthen,
Die ſchoͤne Clelie im ſuͤßen ſchlummer liegt,
Der ſie, als wie ein kind, in einer wiege wiegt;
Euch bitt ich, tretet her, zu dem entbloͤſten beine,
Und laſt mir meinen troſt bey leibe nicht alleine;
Verzeiht7verliebte Gedichte.
Verzeiht mir, was vorher iſt unter uns geſchehn,
Wacht wohl, ich geh wohin, wo ſie mich nicht kan ſehn.
An Roſelinden, Als ſie einen alten mann nehmen wolte.
JCh ſchreibe, was vielleicht dir zorn erregen kan,
Jndem die jugend dir itzund faſt gantz zuwider;
Doch weiß ich eben nicht, was ſie doch dir gethan,
Du faheſt ja vorher nicht ſo auf alle glieder.
Doch itzund iſt bey dir der vorſatz feſt geſtellt,
Kein junger mann ſoll dir, als braut, die lippen kuͤſſen;
Ein alter ſoll es ſeyn, der dich zu frieden ſtellt,
Und gegen welchen du in liebe wilſt zerflieſſen.
Jch weiß nicht, was dir doch muß im gehirne ſeyn,
Du pflegteſt ſonſten ja von den itzt lieben alten,
Die eine junge frau ſehr ſparſamlich erfreun,
Und von derſelben gunſt nicht eben viel zu halten.
Nun iſt das blat gewendt, nun iſt ein junger mann,
Dir, gleichfalls junges kind! ein dorn in deinen augen;
Ein alter aber iſts, aus dem dein auge kan
Das liebes trieſeneth mit vollem ſchlunge ſangen.
Was rath hierbey zu thun? ich weiß gewiß nicht wie
Jch dir die phantaſie ſoll aus dem kopffe bringen?
Biſt du zu ſehr verpflicht, ſo koſt es zuviel muͤh,
Und doch beredet dich nicht mein getreues ſingen.
Was fang ich anders an? ich weiß nicht was ich thu,
Noch was ich ſoll vor troſt bey dieſen zeilen haben;
Er trincket allbereit dir ſeine liebe zu,
Und wuͤnſchet ſich nur bald an deiner bruſt zu laben.
Wilſt du denn irgend gar valet der erdeu-bahn,
Und aller ihrer luſt mit deinem alten geben?
Stimmſt du auch irgend ſchon ein ſterbe-liedgen an?
Und wilſt mit ihm forthin, als wie im cloſter leben?
So laß ichs gerne zu, daß du noch auf der welt,
Ein fleiſchern engel wilſt aus liebes-buſſe werden:
So gehts, wer ſich zu erſt zuviel ans lieben haͤlt,
Der huͤſt hernach davor mit heuchelnden gebehrden.
A 4Zum8Galante und
Zum erſten lachet man die alten ziemlich aus,
Die jungen pflegt man auch nicht wenig zu verſpotten,
Kommt aber ungeluͤck in der verliebten hauß,
So denckt man alle brunſt auf einmahl auszurotten.
Wie geht es aber an? jedweder lacht dabey,
Zumahl die, ſo uns offt mehr, als wir ſelbſten, kennen,
Da ſpottet jedermann denn unſer ziemlich frey,
Und pflegt uns da bald dort was anders anzubrennen.
Du alter Spatian! ſolſt du nun itzt der hahn,
Nachdem das beſte weg, in dieſem korbe heiſſen?
Tritt ja bey leibe nicht auf dieſe dornen-bahn,
Man will dir ein geweyh um deinen ſchaͤdel ſchmeiſſen.
Sie liebt dich itzund zwar; doch dencke, was hier ſteht,
Haſt du ſie einmahl nur an dich als frau genommen,
So dencke, daß hernach ſie ſo wohl extra geht,
Als vor, eh du noch biſt in dieſe falle kommen.
Die katze laͤſſet ja ihr liebes mauſen nicht;
Die woͤlffe ſuchen ſtets, wie vor, im felde, luder;
Und obgleich Roſilis itzund von buße ſpricht,
So fehlt es ihr itzund am rechten ſuͤnden-bruder.
Weil du, Zachaͤus! dir dennoch nicht rathen laͤſt,
So geh nur an dein joch, und ziehe dich zu tode,
Dann feyret Roſilis ein rechtes freuden-feſt,
Um alte maͤnner iſt es itzund ſo die mode.
Zieh, ſchimmel! immer hin, biß daß du liegen bleibſt,
Ein junges weib, das iſt der alten himmels-wagen,
Die ehre bleibet dir, daß du dich einverleibſt
Der zunfft, die dich hernach auch wird zu grabe tragen.
Jch wuͤnſche gute nacht, dir alt - und junges paar!
(Den alten muß ich doch wohl billich oben ſetzen)
Beſtelle dir itzund die lieb-und todes-bahr,
Das eine wird die frau die andre dich ergoͤtzen.
Die ſchoͤne Gelbſuͤchtige.
ZJeht meine ſonne denn der ſonnen farben an?
Will ihr geſichte ſich in koſtbar gold verwandeln?
Was9verliebte Gedichte.
Was iſt? daß ſie itzund ſo ſehr veraͤndern kan?
Daß ſie vor roſen-ſchmuck will ſonnen-zier erhandeln.
Die lilien ſind weg, die roſen ſind dahin,
Der purpur, der vorher die lippen koſtbar machte,
Weicht vor des goldes pracht und laͤſt ihm den gewinn,
Den ihm vorher der ort und vieler lobſpruch brachte.
Die wange, ſo vorher der anmuth wohnung war,
Veraͤndert itzt die art, und wird von golde truͤbe,
Die erſte ſchoͤnheit liegt bereits auf ihrer bahr,
Und, wo ichs ſagen darff, auch ſelber meine liebe.
Doch nein, ich irre mich, ich liebe ja den geiſt,
Mit nichten aber nur die aͤuſſerliche zierde,
Die uns zwar offters auch mit zarter freude ſpeiſt,
Doch uͤberwand bey mir der tugend ehr-begierde.
Nein, nein, Chlorinde nein, ich bin noch ſo geſinnt,
Dein gold, das wird mich nicht an meiner treu verletzen;
Und wo das gluͤcke mir nur mein vergnuͤgen ſpinnt,
So werd ich mich an dir, auch da du gold, ergoͤtzen.
Von allen menſchen wird das gold ja ſehr geliebt,
Warum ſolt ich denn auch nicht deſſen werth erheben,
Wer weiß warum dich itzt der himmel ſo betruͤbt,
Vielleichte zeigt er mir mit dir ein goldnes leben.
Das gold verbrennet nicht, ſo ſoll auch meine treu,
Die ich dir zugeſagt, kein ungemach zerſtreuen,
Gedencke, daß ich noch itzt, wie vor dieſem, ſey,
Der, welcher ſich gedenckt an deiner zier zu freuen.
Laß alles graͤmen ſeyn, weint doch die ſonne nicht,
Ob ſie gleich eben muß dergleichen farbe tragen,
Was dir vielleicht itzund an deiner zier gebricht,
Das wird in kurtzem denn dein aug und mund erjagen.
Mich deucht, es aͤndert ſich bereits die gelbe haut,
Die roſen laſſen ſich ſchon, wie von weitem, ſchauen,
Die anmuth, die ihr vor bey dir ein ſchloß gebaut,
Die wird dir ihren ſchatz bald wiederum vertrauen.
Kommt, kommt ihr lilien! ihr roſen ſaͤnmt euch nicht!
Der purpur muͤſſe ſich auch bald zum lippen legen!
Es eile diß, was itzt Chlorinden noch gebricht,
So kan ihr auge mich, ſo, wie vor dem, bewegen.
A 5Fahr10Galante und
Fahr hin, du falſches gold! du bringſt uns doch nur pein;
Wir wollen, glaub es nur, itzt deiner gern entbehren,
Denn, wenn Chlorinde ſoll deßwegen traurig ſeyn,
So wollen wir uns nicht an deine farbe kehren.
Chlorinde! ſchone dich indeſſen etwas wohl,
Und lache nur vielmehr bey deiner neuen farbe,
Du weiſt ja ohnediß, was es bedeuten ſoll,
Die farbe bringt noch nicht der ſchoͤnheit eine narbe.
Es giebt ja blumen auch, die ſo gefaͤrbet ſind,
Und dennoch pfleget uns nach ihnen zu geluͤſten,
Ja wo das augen-licht dergleichen eine findt,
So bringt man ſie, und ſteckt ſie gar zu jenen bruͤſten.
Die farben ſind ein ſpiel des lichts und der natur,
Und all einander gleich an wuͤrd und am erziehen,
Doch daß das auge mehr liebt der, als jener ſpur,
Jſt nur die bildung ſchuld, um die wir uns bemuͤhen.
Die hoffnung mache dir bald deine wuͤnſche wahr,
Das gold verwandle ſich in roſen, lilien, nelcken,
Die gelbſucht werffe ſich auf eine todten-bahr!
Denn was dich, Schone! kraͤuckt, das muß wie graß verwelcken.
Als ſie ihn nicht kuͤſſen wolte.
DEr garten meiner luſt fuͤhlt itzt ein ungewitter,
Ein ſturm des ungluͤcks weht auf ſeine felder hin,
Die vor gehoffte frucht ſchmeckt coloquinten-bitter,
Jch fuͤhle den verluſt und hoffe doch gewinn.
Die roſen-knoſpen ſind in ihrer bluͤt erſticket,
Kein zefyr nimmt ſich mehr, wie vor, derſelben an,
Die ſonne, die vorher geneigt auf ſie geblicket,
Weiſt, daß ſie ihre gunſt auch nun verhuͤllen kan.
Verdruͤßliches geſchick! und unbelebtes leben!
Da man die ſeele faſt nicht in dem leibe fuͤhlt,
Da man der ſehnſucht bleibt die gantze zeit ergeben,
Und doch durch ſelbige nicht eine frucht erziehlt.
Chlorinde macht mir itzt den liebes-himmel truͤbe,
Doch will ihr regen nicht auf meine lippen ziehn,
Sie11verliebte Gedichte.
Sie ſaget zwar, daß ſie mein weſen annoch liebe,
Doch aber ſoll ich mich um keinen kuß bemuͤhn.
Wie reimt ſich aber das? zwar lieben, doch nicht kuͤſſen?
Wo ſoll ein leben ſeyn, wo doch die ſeele fehlt?
Jch weiß nicht, wes ich mich ſoll in der angſt entſchlieſſen,
Weil mich das ungemach zu ſeinem zweck erwehlt.
O daß ich mir doch ließ das garn der liebe legen,
O daß ich ſo geſchwind darein gegangen bin,
Jch haͤtte dieſes erſt bedeucklich ſolln erwegen,
So fiel auf einmahl nicht der freuden troſt-gewinn.
Was aber iſt zu thun, der fehler iſt geſchehen,
Wer koſt den liebes-ſafft und taumelt darnach nicht?
So gehts, wenn wir auf was mit vollen blicken ſehen,
Nicht aber, ob die luſt auch das vergnuͤgen bricht.
Die liebe leget ja zu kohlen weiſſe kreide,
Zum beſten diamant den ſchlechtſten kieſelſtein,
Zum allergroͤhſten garn die allerzaͤrtſie ſeide,
Das iſt: vor freude noth, vor licht den trauerſchein.
Ein kuß iſt mir verſagt, wie wird es mit dem hertzen,
Wie wird es mit der gunſt und ihrem geiſte ſtehn?
Mich deucht ich ſehe ſchon von weitem groͤßre ſchmertzen,
Und die mir allbereit noch mehr zu hertzen gehn.
Erbarmt euch meiner doch ihr ſternen und du gluͤcke?
(Die ſterne red ich an, weils einer ſonne gilt,)
Und helfft, daß mich ja nicht ein ungemach beſtricke,
Jhr ſeyd ja, die ihr ſonſt der menſchen ſehnſucht ſtillt.
Jch aber will getroſt auf beßre zeiten hoffen,
Die zeit veraͤndert auch der menſchen harten ſinn:
Und hat mich itzund gleich ein harter ſturm betroffen,
So hoff ich doch davor was groſſes zum gewinn.
Die treue muß doch ſtets noch ihren zweck erhalten,
Jſt gleich der anfang ſchwer, wird doch das ende gut.
Jch will die liebe nur indeſſen laſſen walten,
Wer weiß? was heute noch ihr arm vor wunder thut.
Gluͤck -12Galante und
Gluͤckwunſch, als Chlorinde ſich mit dem Citron verſprochen.
DEr himmel lacht euch an, auch bey der winters-zeit,
Er heiſſet euren fuß auf lilg und roſen gehen,
Das zimmer, das euch haͤlt, iſt mit jeſmin durchſtreut,
Jch ſehe tauſendſchoͤn, und was noch ſchoͤner, ſtehen.
Die ſonne ſcheinet auch hier ſtarck auf beyder bruſt,
Sie treibt die flammen ein und fuͤhrt ſie zu dem hertzen,
Es macht euch diß zwar heiß, doch iſts auch eure luſt,
Denn itzund findet ihr ſelbſt in dem ſchmertze ſchertzen.
Doch iſt auch winter hier, ich ſehe ja den ſchnee
Auf jenen wangen dort, und eiß auf deren hoͤhen,
Doch waͤchſt noch unter uns vierblaͤtteriger klee,
Auf dem das gluͤcke ſoll, man ſagts, gebildet ſtehen.
Doch gebt ihr mir itzund wohl nicht gar gerne raum,
Jhr habt itzt ſonſten was, und heimlich, zu verrichten,
Denn liebes-verſe ſind nur gegen dem ein traum,
Was ihr itzunder wolt in eurem hertzen ſchlichten.
Jch weiche gerne weg, und laß euch hier allein,
Verknuͤpffet euch fein feſt, ich werd es wohl erleben,
Daß ein verraͤther denn des gantzen thuns wird ſeyn;
Und eur verbuͤndniß wird ans licht mit freuden geben.
Der winter ſey euch warm, die liebe ſey euch heiß,
Die blumen machen euch den ſommer in dem bette,
Und weil ich euch ſonſt nichts itzt mehr zu ſagen weiß,
So ſchließ ich: Wenn ich doch auch ſo den winter haͤtte!
Die vortrefflichkeit der kuͤſſe. An ***
ACh blumen ſchoͤner art, die deine lippen zieren!
Von roſen will auf dir ein holder purpur bluͤhn,
Mich will ein heiſſer trieb zu deinen knoſpen fuͤhren,
Laß mich den bienen gleich nach ſuͤſſer beute ziehn,
Kein hartes ungeſtuͤm ſoll deine knoſpen brechen,
Kein ſcharffer ſtachel ſoll die zarten lippen ſtechen.
Doch13verliebte Gedichte.
Doch ſo du ſelber wilſt die ſuͤſſe wohnung bauen,
Laß meine lippen dir an ſtatt des ſtockes ſeyn,
Laß mich bald deinen fleiß, o zartes bieuchen! ſchauen,
Komm trag in meinen mund der ſaͤffte necktar ein;
So kan, wenn ich gleich nicht darff deine bluͤten kuͤſſen,
Ein ſuͤſſer alieant von deinen lippen flieſſen.
Auf ihre Schoͤnheit.
WJe! ſoll ich, Schoͤnes kind! dich einen menſchen nennen?
Dich ziert des himmels ſchmuck; nicht falſche pralerey;
Dein holder tugend-glantz heift endlich mich bekennen,
Daß, Edles kind! bey dir, was mehr als irrdiſch ſey.
Der goͤtter angeſicht hat dich gantz eingenommen,
Jn deiner bruſt zeigt ſich des himmels hoher ſchein,
Du biſt entweder nur zu uns vom himmel kommen;
Wo nicht? ſo muß allhier der goͤtter wohnung ſeyn.
Auf Chlorindens unruhige Naͤchte.
ES iſt und bleibt der ſchlaf ein zucker dieſer welt,
An dem jedwedre bruſt ſich muß und will vergnuͤgen,
Kein menſch lebt, welchem nicht derſelbe wohlgefaͤllt,
Und der bey nachte ſich laͤſt deſſen macht beſiegen.
Jedoch Chlorindens augen klagen,
Daß ſie ſich muͤſſen ſtets mit unruh plagen,
Die unruh mattete ſie gaͤntzlich ab,
Und wo die zeit nicht dieſen unfall ſchluͤſſe,
So truͤgen ſie die abgematten fuͤſſe
Noch vor der zeit in das beſtimmte grab.
Doch laß, Chlorinde! mich bey ſo geſtalten ſachen
Die prophezeyungen von andern faͤllen machen,
Die unruh plaget dich, weil du viel hertzen plagſt,
Und ihren geiſt durch viel gedancken nagſt.
Du fuͤhreſt die in banden
Und laͤſt ihr hoffnungs-ſchiff faſt niemals landen,
Drum14Galante und
Drum bringt dir itzund dein geſchicke
Davor cin haͤuffgen ungeluͤcke:
Ach daß du doch nicht eher koͤnteſt ruhn,
Biß du mir wolſt, was ich verlange, thun
Und mich zur zahl, die ſo du liebeſt, zehlen,
Was gilts? es wuͤrden dich die naͤchte nicht mehr quaͤlen.
Berathe dich, was hier zu ſchluͤſſen,
Denn eines wirſt du doch ergreiffen muͤſſen,
Erwehle dir davor entweder mehr die nacht,
Die dich mit ihrer noth faſt gar zu leiche macht;
Wo nicht? ſo laß mich deine liebe ſpuͤren,
Denn wird ſich alles diß verliehren,
Was vor den haß verdient,
Jch bin der baum, auf dem dein wohlſeyn gruͤnt.
Alsdenn wirſt du vergnaͤget ruhn,
Die traͤume werden dich erfreuen,
Die traͤume, die uns ſanffte thun,
Wenn ſie was artiges in unſre ſeele ſtreuen.
Die nacht bricht an,
Das bette wartet ſchon auf die Chlorinde,
Doch ehe du betritſt des ſchlafes bahn,
So mache vor, daß da dein geiſt auch ruhe finde.
Sonſt wird dir dieſe nacht noch zehnmal aͤrger ſeyn,
Dieweil mein hertze will zum ſchlaf um rache ſchreyn.
Die ſchlafende Schoͤne.
DU artzt der muͤdigkeit, du meiſter aller forgen,
Des kummers aͤrgſter feind, du kind der ſtillen nacht,
Dich, ſchlaf! dich meyn ich hier, du ſollſt biß an den morgen
Jn Chloris augen ruhn, daß ſie nicht eh erwacht,
Als biß mein auge ſich an ihr mit luſt geweidet:
So biſt du, ſchoͤner ſchlaf! der liebenden gewinn,
Und wirſt nach billigkeit mit ruhm und lob bekleidet,
Denn alſo jageſt du die noth und drangſal hin.
Du herr der phantaſie! befiehl doch deinen traͤumen,
Den hildern dunckler nacht, daß ſich ihr thun bemuͤh,
Diß,15verliebte Gedichte.
Diß, was den ſchlaf verſtoͤrt, bey ſeite hier zu raͤumen,
Damit deſſelben lauff ja laͤnger ſich verzieh.
Jhr traͤume traͤnckt den geiſt mit ſchoͤnen phantaſien,
Kein luſtſpiel, das galant, muß hier vergeſſen ſeyn,
Damit des ſchlafes zeit ſich laͤnger kan verziehen,
Und durch ſein ſuͤſſes thun auch meinen geiſt erfreun.
Ach wuͤſte Chloris diß, daß hier mein auge wachte,
Und ihre ſchoͤnheit ſeh mit vollen augen an,
Daß hier mein hertz in ſich vor vielen freuden lachte,
So waͤrs um meine luſt und ihre gunſt gethan.
Der athem kuͤhlet hier die roſen-lichten lippen,
Es faͤllt der ſanffte wind auch denen wangen zu,
Und ſtoͤſt an ihre hoͤh als an zwo harte klippen,
Es laͤſt derſelb auch ſelbſt den bruͤſten keine ruh
Und bleht ſie immer auf; man ſiehet deſſen ſpielen
Als wie was ſchoͤnes an; doch ſolte meine hand
An dem, was hier zu ſehn, ſich nur ein wenig kuͤhlen,
So waͤr vom gluͤcke mir das beſte zugewandt.
Was rath iſt hier? ſoll ich mich etwas unterfangen?
Doch nein, die ehrbarkeit die tritt hier in das ſpiel,
Mich deucht, ſie ſpricht, wilſt du was liebes hier erlangen,
So warte biß dein ſtand und deine Chloris will.
Jedoch es wird zu lang, der himmel koͤnt es ſchicken,
Daß meine liebe ſich verachtet muͤſte ſchaun,
Was wuͤrde mich da nicht vor eine ſehnſucht druͤcken,
Jch muͤſte zeitlich mir mein grabmahl laſſen baun.
Die wolluſt reitzet mich, ſie zwingt mir faſt die haͤnde,
Und fuͤhrt ſie unvermerckt zu jenem paradieß,
Das ſchoͤne grentzen hat, und weiſſen marmel-waͤnde,
Und wo der Adam ſich ſelbſt hin verleiten ließ.
Was fang ich hier nun an? dem zwang zu widerſtreben
Jſt zwar was loͤbliches, doch allzuſchwer vor mich;
Jm paradieſe kan man nicht ohn fehler leben,
Mit dieſem troͤſt mein geiſt und kranckes hertze ſich.
Uber16Galante und
Uber ihren Tod.
VOn hertzen iſt allhier ein grabmahl aufgericht,
Denn hier vergruben wir die meiſterin der hertzen;
Jhr daſeyn bracht uns luſt, ihr abzug bringt uns ſchmertzen,
Wir aber ſind ihr doch auch in der grufft verpflicht,
Jhr angedencken kan in uns die lieb erregen,
Und aller unſer bruſt zu vieler luſt bewegen.
Ach koͤnte man (jedoch ich wuͤnſch etwas zu viel)
Nur durch ein loͤſe-geld ihr leben wieder kauffen,
Es ſolt uns nicht zu hoch am werthe ſich belauffen;
Allein wo finden wir zu dieſer axt den ſtiehl?
Der tod der laͤſt ſich nicht durch geld und gold vergnuͤgen,
Es muß, was er verlangt, ihm zu den fuͤßen liegen.
Jch weiß ihr ſchatten irrt noch um die gegend rum,
Und will der wieſen pracht nun zum gefehrten haben;
Nichts konte den ſo wohl als die gemeinſchafft laben,
Drum thut er ſich nach ihr auch in dem tode um.
Ach ſolt er bey uns ſeyn, ſo muͤſte alles weichen,
Was uns verhinderte den entzweck zu erreichen.
Jhr thraͤnen! ſamlet euch zu einer trauer-bach,
Jch will den letzten dienſt durch euch allhier bezahlen,
Jch will mit euch allhier ein angedencken mahlen,
Das unvergleichlich iſt. Fließt thraͤnen, fließt nur nach!
Der thraͤnen koſtbarkeit iſt uͤber alle dinge,
Der beſte diamant iſt gegen ihr geringe.
Schlaf, Schoͤnſt! inzwiſchen wohl in deiner kuͤhlen grufft,
Die liebe wird dich itzt nicht mehr, wie neulich, plagen:
Jtzt kanſt du gute nacht den eitelkeiten ſagen,
Weil dich die einſamkeit aus deren circkeln rufft,
Den heiſſen liebes-brand kuͤhlt itzt die friſche erde,
Und wuͤnſcht, daß ihr dein leib in kurtzem aͤhnlich werde.
Jch mache dekne grufft auch itzt zu meiner grufft,
Wo ich die eitelkeit nun gaͤntzlich will verſcharren,
Und nicht, wie vor geſchehn, wie die verliebten narren,
Weil mich dein zufall itzt von dieſem wege rufft.
Dein grabmahl aber ſoll zu ſeinem ruhme haben,
Daß allda Citron hat ſein liebes-werck vergraben.
Jhr17verliebte Gedichte.
Jhr todten! nehmet ſie in eure blaſſe zahl,
Die hier bey uns ein licht des frauen-volcks geweſen,
Die tugend hatte ſie zum leit-compaß erleſen,
Drum iſt man ſo bemuͤht um ihr gedaͤchtniß-mahl,
Denn dieſe kan doch nicht auch in der grufft erſterben,
Sie kan eh durch den tod ein ander leben erben.
Als ſie wolte die ſterne kennen lernen.
WAs reitzet vor ein ſtern zu dieſer luſt dich an,
Galante Margaris! wilſtu die erde laſſen,
Und jenes ſtern-revier in deine ſinnen faſſen?
Was vor ein zug fuͤhrt dich auf dieſe hohe bahn,
Wo nichts als feuer iſt, wo ſolche lichter brennen,
Die leicht durch einen fall die erde koͤnten trennen?
Weil denn dein himmel-geiſt nicht zu erhalten iſt,
Und an das ſonnen-licht gedencket hinzuetlen,
Weil er ſich itzund will mit erd und himmel theilen,
Den himmel bey der nacht, die erd am tag erkieſt;
So faͤhrt er gluͤcklich auf zu den geſtirnten hoͤhen,
Wo neue lichter ſtets in groſſen circkeln ſtehen.
Die ſonne kennſt du ſchon, des tages großes licht,
Und wo du ſie nicht kennſt, ſo ſchau in deinen ſpiegel;
Was gilts? der loͤſt dir auf hier dieſer reime ſiegel,
Und ſagt dir, daß diß wort ſey ſelbſt auf dich gericht:
Du biſt die ſonne ſelbſt, und kanſt mit deinem ſtrahlen
Auch gantze gegenden zu aller freude mahlen.
Du brennſt ſo ſtarck als ſie, dein heller augen-ſtrahl
Kan ſeine flammen ſelbſt in vieler hertzen treiben;
Jch ſelbſten will, und muß in dieſe zahl mich ſchreiben,
Der ich doch gegen dir ein klarheit-armes thal.
Und welcher lange dir zu nahe wolte ſtehen,
Der wuͤrde ſicherlich vor hitz und licht vergehen.
Der ſonne folgt der mond an macht und wuͤrckung nach,
Sein ſilber kennſtu auch, und daß er hoͤrner traͤget,
Hofm. w. V. Th. BDie18Galante und
Die zu gewiſſer zeit er zu verſtecken pfleget,
Bald wieder ſehen laͤſt, wenn er ſich allgemach
Der ſonnen naͤher weltzt, doch wirſtu diß ſchon wiſſen,
Warum es offters muß das licht der ſonnen miſſen.
Nach dieſem ſchau mit mir die irre-lichter an,
Die man planeten heiſt: Der Jupiter ſteht oben,
Der wuͤrde, meyn ich, nach, weil nach der heyden loben
Jhm cron und ſcepter ſolgt; und was man weiter kan
An ihm vor wunder ſehn, das lehren dich die tichter,
Als in dem fabel-werck die allerbeſten richter.
Wenn nun der himmel wird in deinem kopffe ſtehn,
Wenn du die ſterne wirſt darein gefaſſet haben,
Und deſſen circkel dem gehirue eingegraben,
So laſſe deinen ſinn ſich nicht zu ſehr erhoͤhn,
Daß er, was irrdiſch iſt, nicht alles bald verlachet,
Und alſo auch dadurch mich ungluͤckſeelig machet.
Jhr ſterne, floͤſſet ihr ja andre ſinnen ein!
Saturnus muͤſſe ja nicht in ihr hertze kommen;
Wo aber diß vorher die Venus eingenommen,
So wird der horizont hier ſelbſt beliebet ſeyn;
Kommt Mars denn auch dazu, ſo werden hier die ſinnen
Ein angenehmes ſpiel und freuden-feſt beginnen.
Dann muß die neigung hier, als wie ein fix-ſtern ſtehn,
Damit der liebes-ſtern ſie nicht ſo bald verlaſſe,
Beſondern allezeit ein ſtaͤrcker ſcheinen faſſe,
Wenn ihm die ſtrahlen nur des wohlſeyns nahe ſtehn.
Die milchbahn wird ſich denn in ſchoͤnſter anmuth zeigen,
Und unſern matten geiſt zu neuer freude beugen.
Nun, Sonne! lebe wohl mit deiner ſternen-ſchaar,
Laß ſonne, mond und fix-und irre-ſterne ſcheinen,
So wird die luſt vermehrt der, die es treulich meynen,
Und deren liebe vor dein zeit-vertreiben war.
Jch ſchließ, es wird itzt nacht, drum will ich von den ſternen
Durch meine poeſie nicht deinen geiſt entfernen.
An19verliebte Gedichte.
An Sophronillen.
DEr himmel gebe dir ſo viel vergnuͤgte ſtunden,
So viel als ſchnecken-blut auf deinen wangen liegt,
So viel als lilien den zarten hals umwunden,
So viel als roſen ſtehn, da, wo man kuͤſſe kriegt.
Die ſehn ſucht ſchaͤrffte mir die feder und die ſinnen,
Sie gab den vorſatz mir zum ſchreiben in die hand,
Und hieß mich dieſen brieff, den du hier ſiehſt, beginnen,
Und den dir meine hand nicht ohne furcht geſandt.
Nicht ohne furcht, ſag ich, wer wagt ſich zu der ſonnen,
Daß nicht ſein fluͤgel-werck vom feuer wird verſehrt?
Zum himmel, wo der blitz zu uns kommt abgeronnen,
Der alle welt vor ihm ſich hefftig fuͤrchten lehrt.
Doch nicht allein die furcht, die wohnt in meinem hertzen,
Die liebe ſteht nebſt ihr, und wartet, was dein geiſt
Hierauf vor antwort ſchickt, ob ſchmertzen vor das ſchertzen,
Ob ihn dein brieff vor luſt mit Coloqvinten ſpeiſt.
Jch wage zwar zuviel, daß ich mich unterwinde,
Und hier von liebe ſchreib, ich weiß ja mehr als wohl,
Daß diß bey dir ſo viel gilt als wie eine ſuͤnde,
Ja daß man hier ſich der nur gantz enthalten ſoll.
Jedoch verzeihe mir, o Goͤttin! diß verbrechen,
Mein hertz haſt du vielmehr ja itzt gantz in gewalt,
Daſſelbe kanſtu nun der ſuͤnde wegen ſprechen,
Was gilts, es giebt die ſchuld der himmliſchen geſtalt,
Die dein geſichte traͤgt, und ſo wirſtu die flammen,
Die deine ſchoͤnheit hat in meiner bruſt entzuͤndt,
Und die du ſelbſt erzeugt, nicht gar ſo bald verdammen,
Wer weiß, ob man nicht hier ſonſt andre mittel findt.
Jedoch ich ſchreibe viel, doch waͤr es nicht vonnoͤthen,
Schreib nur ein guͤtig ja auf meinem brieff zuruͤck,
Wo nicht, ſo wird dein nein mich aͤrmſten bald ertoͤden,
Denn deine gunſt iſt ja mein leben und mein gluͤck.
B 2Unter -20Galante und
Unterſchiedene Gedancken.
UNs plaget nichts ſo ſehr, als irrige gedancken,
Wir muͤſſen offtermals in vielen ſachen wancken,
Wenn das gemuͤthe nicht ſein jawort unterſchreibt,
Und bey demſelbigen einmal beſtaͤndig bleibt.
Doch uͤber nichts darff man, als uͤber liebes-plagen
So ſehr, ſo viel, ſo offt, ja unauffhoͤrlich klagen,
Hier hat es große noth, hier faͤllet uns offt an,
Vor welchem man ſich nicht am minſten wehren kan.
Will gleich die lippe nicht von lieben was mehr ſprechen,
So kan ein auge doch bald dieſen vorſatz brechen:
Ein wort, das auf uns zu von ſchoͤnen lippen geht,
Das macht, daß es mit uns gar bald viel anders ſteht.
Der ſchoͤnheit joch iſt uns zu nahe auf dem ruͤcken,
Und es geluͤſtet uns nach deſſen ſchweren druͤcken,
Es ſcheint, als koͤnte man ohndeß nicht lebend ſeyn,
Wir gehen wie ein fiſch ins netze gern darein.
Ach daß das hertze nicht dergleichen tand und ſachen,
Als wie gefaͤrbte ſpreu und nichts weiß zu verlachen!
Naͤchſt dacht ich lange zeit dem weiber-nehmen nach,
Fand aber nichts dabey als lauter ungemach,
Jndem die heyrath ſich als wie ein ſchiff in wellen
Mir gantz beſcheidentlich ließ vor die augen ſtellen.
Wer in demſelben iſt, der wuͤnſchet ihm heraus:
Kommt einmal nur ein weib in unſer freyes hauß,
So hoͤrt die freyheit auf, denn geht es ſpaͤt und morgen,
Ja jeden augenblick an kummer und an ſorgen.
Doch wuͤnſcht iedweder ihm den lieben eheſtand,
Und dencket nicht daran, was vor ein ſchweres band
Da unſrer freyheit nuͤtzt; geluͤſtet gleich die augen
Nach dieſer harmonie, wie lange kan ſie taugen?
Sind nur drey tage hin, ſo denckt man: waͤr ich frey!
Und weiß doch, daß es nun zu ſpaͤt und langſam ſey.
Das meer der heyrath iſt mit ſaltz zu ſehr gefuͤllet,
Wer einmal ſich darinn den durſt der liebe ſtillet,
Der fuͤhlet den verdruß und ſeufftzt nach freyer lufft,
Die doch voruͤber iſt, und ihm zu bleiben rufft.
Wer21verliebte Gedichte.
Wer an dem ufer ſteht, der wuͤnſcht ihm auf die hoͤhe,
Und denckt nicht daß es da ſo ungewiß hergehe,
Daß man gefahr beſorgt, und daß da alle luſt
Jn unluſt ſich verkehrt. Wie manche freye bruſt
Hat in den eheſtand zu treten ihm begehret,
Doch wenn das gluͤcke ſie des wunſches hat gewaͤhret,
So kehrte ſich das ſpiel doch mag es immer ſeyn,
Wer fragt darnach? mich kan die freyheit noch erfreun.
Jch kuͤſſe deren gold, und fuͤhle ſtets vergnuͤgen,
Da dort ein andrer muß an liebes-feſſeln liegen:
Dem himmel ſey gedanckt, der mich noch ſo geliebt,
Daß mich kein boͤſes weib noch zu der zeit betruͤbt.
Der menſch iſt zwar begluͤckt, der ihm bey ſeiner frauen
Auf ihre klugheit kan ein rechtes luſthauß bauen,
Die nicht verbiſſen iſt, nicht zaͤnckiſch, noch erhitzt,
Wenn ihr was irgend nicht, wie ſies verlanget, ſitzt;
Mit welcher er denn kan die laſt der ſorgen theilen,
Und den verwundten geiſt mit ihrer tugend heilen,
Die auch nicht extra geht. Doch ſtille, nicht zu weit,
Damit die feder nicht aus ihrem circkel ſchreit,
Und gleichfalls extra geht; doch iſt die, die man liebet,
Der tugend ſpinnen-feind, wie wird man da betruͤbet!
Da ruffet man den tod, da wuͤnſchet man das grab,
Und ſeufftzet: Himmel, hilff doch meinem uͤbel ab[!]
Alleine da muß man das creutze laͤnger tragen,
Die lieb iſt da gemiſcht mit boͤſen weiber-plagen,
Es hoͤrt ſo bald nicht auf, es muß gelitten ſeyn,
Biß uns die freyheit kan mit ihrem gold erfreun.
Doch ſtille mit der wurſt! wer wird es gerne leſen,
Jedweder fuͤrchtet ſich vor ſolchen ſcharffen beſen,
Man flieht den namen auch, geſchweige denn das thier,
Denn deſſen grauſamkeit bringt uns ums leben ſchier.
Auf ihre Spatzierfahrt.
CHlorinde, wenn du dich hinaus aufs feld bemuͤhſt,
Und da vergnuͤgungen aus allen blumen ziehſt,
B 3So22Galante und
So laſſe doch dein hertz ans lieben auch gedencken;
Fragſtu: wie ſchicket ſich das lieben auf das feld,
Das blumen bey ſich fuͤhrt und anmuth in ſich haͤlt,
Wie kan denn dieſes mich zur liebes-anmuth lencken?
So ſag ich: ja gar recht; es paart ja jedes ſich,
Und diß bedencke du, und denck an mich und dich.
Traum.
MJr kam im ſchlafe vor Dorindens angeficht,
Das zeigt in minen ſich gantz gegen mich verpflicht;
Sie druͤckte mir die hand, und das gewuͤnſchte kuͤſſen,
Ließ ſie ſich dißmuhl nicht, wie andermal, verdruͤſſen.
Jch ſpielte |gantz vergnuͤgt, mit dem was die natur
Jhr ſchoͤnes eingelegt, ich ſah der liebe ſpur.
Doch ich beſann mich bald, daß diß ein traum nur ſey;
Hierauf ſo lieſſen mich des ſchlafes feſſel frey.
Ach! wuͤnſcht ich, da ich noch beſah die leeren haͤnde:
Ach warum hatte denn der traum ſo bald ein ende?
Auf ihre kranckheit.
JHr aͤrtzte, die ihr ſonſt dem tode ſeyd ein tod,
Helfft meiner ſchoͤnſten doch aus ihrer leibes noth,
Helfft, euer lob ſoll auch biß an die wolcken ſteigen,
Und da die ſterne ſelbſt zu eurem ruhme neigen.
Bringt alles, was ihr habt in euren glaͤſern her,
Das beſte elexier, hertzſtaͤrckung und was mehr
Die krancken eilends kan, wie vor, zu rechte bringen,
Jch will zehn oden euch zu eurem ruhme ſingen:
An madrigalen ſoll gleichfalls kein mangel ſeyn:
Sinn-ſchrifften ſtellen ſich bereits im geiſte ein,
Und warten nur auf euch, daß ſie raus ſollen kommen,
Ja uͤberſchrifften hab ich auch ſchon angenommen.
Zwey faͤſſer ſtehn ſchon da von Hipocrenens fluth,
Denn die iſt ſonderlich zum verſe-machen gut,
Jch23verliebte Gedichte.
Jch habe ſie beſtellt um euch recht zu bedienen,
Wenn die geſundheit wird bey Doris wieder gruͤnen.
Und wenn ihr ſie curirt, ſo daͤmpfft ja bald die noth,
Macht ſie, wie ſie vor war, fein appetitlich roth,
Denn blaß ſeyn will mir noch nicht allerdings behagen,
Obgleich die maͤdgen ſich deßwegen offt ſehr plagen:
Drum ſparet keinen fleiß, und nehmt ſie wohl in acht
Daß ihr das uͤbel ihr nicht irgend aͤrger macht.
Schlagt den Hippocrates und nebſt ihm den Galenen
Bey tag und naͤchten auf, und lernt die noth zu hoͤhnen,
Die ihre glieder zwingt, ich will erkenntlich ſeyn,
Glaubt mir, daß ihr euch ſolt deßwegen ſehr erfreun.
Was meynt ihr, iſt ihr auch das kuͤſſen zugelaſſen,
Darff ſie mich auch wohl itzt aus gunſt und lieb umfaſſen,
Wofern es nicht ihr ſchadt, ſo waͤr es mir ſehr lieb,
Denn dieſe kranckheit iſt mein rechter freuden-dieb.
Jhr oden! ſchicket euch, ihr ſolt bald rauß marſchieren,
Jhr madrigal! euch will ich gleichfalls her bald fuͤhren,
Die kranckheit aͤndert ſich, drum komm, o poeſie!
Und zahl den aͤrtzten hier vor ihre kunſt und muͤh.
Jch hoffe, daß es wird, ihr Herren! euch vergnuͤgen,
Wenn euch zu lobe hier zwey tauſend verſe fliegen,
Es mangelt mir an geld, poeten ſind nicht reich,
Darum bezahlt mein geiſt mit den gedichten euch,
Und euer ruhm der ſoll auch nimmermehr erſterben,
Was wolt ihr mehr vor danck vor dieſe that erwerben?
Liſimene an den Damon, Als er ſich in eine andere verliebet.
VErzeihe, liebſter Schatz! dem kuͤhnen unterfaugen,
Womit zum andern mahl dich meine feder ſtoͤhrt;
Laß die gewißheit ſie von deiner gunſt erlangen,
Und hoͤre gnaͤdig an, was deine magd begehrt.
Du weiſt, ich liebe dich mit recht getreuen hertzen,
Und bete dein geſicht als meinen abgott an;
B 4Jch24Galante und
Jch opffre dir allein die flammen meiner kertzen,
Die auch kein geiler wind iemals verblaſen kan.
Mein geiſt weiß ſich nach dir als ſeinem pol zu regen,
Daran die feſte treu als am magnete klebt;
Es fuͤhrt mich deine hand auf meinen liebes-wegen,
Wo gar kein irrlicht-ſchein vor meinen augen ſchwebt.
Und dennoch will ein traum mir meine ruhe ſtoͤhren,
Wenn er beſtaͤndigkeit mit waſſer-farben mahlt;
Es darff faſt, wie mich duͤnckt mir dieſes ſinnbild lehren,
Daß uͤber lieb und lufft ein gleicher einfluß ſtrahlt.
Mein Engel! zuͤrne nicht, was ich dir hier geſchrieben,
Das iſt ein heißer trieb, den liebe zaͤrtlich heiſt;
Du wirſt, ich weiß gewiß, nicht deine magd betruͤben,
Die dir als ſclavin ſtets noch ihre treu erweiſt.
Ach Liebſter! laß dich nicht von frembder ſchoͤnheit blenden,
Und hoͤre nicht ſo bald nach der ſyrenen klang;
Du kommeſt nimmermehr aus ihren moͤrder-haͤnden
Wann deine lippen ſchon gekoſt den wermuths-tranck.
Will ſie gleich immer dich mit falſchem wildpret locken,
Stellt ihre liſtigkeit dir garn und netze auf;
So reiße dich hindurch behend und unerſchrocken,
Und folge nur allein der edlen tugend lauff.
Jndeſſen bleibt mein hertz in keuſchen ſchrancken ſtehen,
Und meine zuverſicht ſchleuſt dieſes zeugniß ein:
Es wird der erden-bau in ſtuͤck und druͤmmer gehen
Als Liſimene dir, mein Damon! untreu ſeyn.
An Philippinen, bey der wie - derkunfft.
DEin Damon ſchreibet hier, geliebte Philippine!
Der deine gunſt weit mehr, als alle ſchaͤtze liebt,
Du weiſt wohl, wie ich dich mit ſteter treu bediene,
Und wie mein hertze ſich dir gantz zu eigen giebt.
Jch ware voller luſt, als nur dein holdes blicken,
Bey meiner wiederkunfft mir in die augen fiel;
Ach!25verliebte Gedichte.
Ach! dacht ich, duͤrfft ich dich an meine bruſt nur druͤcken,
Dich ſchoͤnſtes Venus bild! dich meiner liebe ziel!
Mein wunſch ward mir gewaͤhrt, als ich nach zweyen tagen
Jn voller gluth und pein an deiner ſeiten ſtund,
Jch konte laͤnger nicht der ſonnen-ſtrahl vertragen
Drum wurde meine Qvaal durch ſanffte kuͤſſe kund.
Erzuͤrne dich doch nicht, o Goͤttin meiner ſeelen!
Und ſtoß den treuen knecht nicht ſtracks von dir hinweg.
Soll ich, o aͤrmſter! denn mich annoch laͤnger qvaͤlen?
So geh ich nur getroſt den finſtern todes-ſteg?
Willſt du denn dieſen trieb als einen frevel achten?
Jſt ein verliebter kuß nichts als der folter werth?
Ach lerne|ſchoͤnſte doch die heiße treu betrachten,
Erwege nur die pflicht, die dir dein Damon ſchwert,
Drum Schoͤnſte! ſuche doch die kuͤſſe nicht zu meiden,
Sieh dieſen, der ſie giebt mit holden blicken an,
Und weil ein ieder muß auf dieſer welt was leiden.
So leide doch mein licht, daß ich dich lieben kan.
Galante und verliebte Arien. Auf Leßbien. S. D.
1.
LEßbia, mein leben,
Hat ſich mir ergeben,
Jn gewuͤnſchter pflicht,
Jch will bey ihr ſtehen,
Biß ich werde gehen
Hie aus dieſem licht,
Was vor leid
Jch iederzeit
Um ſie hab ertragen muͤſſen,
Will ich itzt beſchlieſſen.
2.
Die gewuͤnſchten freuden,
So ſie vor mein leiben
B 5Mir26Galante und
Mir ertheilen will,
Soll kein leid beſchweren,
Ja ſie ſollen wehren
Ohne maaß und ziel:
Jhre zier,
Will einig mir,
Sich in allen liebes-faͤllen
Zu gebothe ſtellen.
3.
Aller pracht und prangen
Jhrer ſuͤſſen wangen,
Jhr corallen-mund,
Jhre zarten haͤnde,
Jhrer armen baͤnde
Sind mir nun vergunt:
Ehe muß
Ein uͤberfluß,
Als ein mangel in den ſachen
Mich verdroſſen machen.
4.
Sind im obſt viel kerne,
Wie am himmel ſterne,
Wirfft der Nord viel ſchnee:
Sind viel rauhe wellen,
Wenn die winde bellen
Auf der wuͤſten ſee:
Mehr ſind kuͤß,
Jch meiß gewiß,
Die ſie mir zum liebes-zeichen
Wird mit willen reichen.
5.
Solt ich ſolcher maſſen
Mich gereuen laſſen
Meiner ſorg und pein!
Wer auf ſein verdrieſſen
Diß hat zu genieſſen,
Kan nicht elend ſeyn:
Elend27verliebte Arien.
Elend kan
Nicht ſeyn der mann,
Dem ſein lieb auf alles leiden
Lohnt mit ſolchen freuden.
Der Phillis lobſpruch. S. D.
1.
D Du vormals gruͤnes feld!
O ihr buͤſch und auen!
Mein palaſt und mein gezelt,
Jtzt ein oͤdes grauen!
O ihr baͤche, die ihr klar
Hinzu rauſchen pfleget
Da, wo Pan der Nymphen-ſchaar
Offtermals verjaget.
2.
Meine Phillis zwingt mich euch
Gute nacht zu geben,
Jhr ſeyd traurig, tod und bleich.
Sie iſt gantz mein leben,
Euch iſt durch des herbſtes noth
Alle pracht vergangen,
Sie iſt weiß und ſonnen-roth
Auf den friſchen wangen.
3.
Bey euch ſtuͤrmt es ohne ruh
Und in allen hoͤlen,
Phyllis weht ein theil mir zu
Jhrer edlen ſeelen;
Bey euch muß ohn unterlaß
Sich die lufft ergieſſen,
Sie wird nur von thraͤnen naß
Um die nachtzeit flieſſen.
4. Kei -28Galante und
4.
Keine ſonne lacht mich an,
Jhr geſicht von fernen
Jſt, was mich ergetzen kan,
Trotz den lichten ſternen,
Jch kan in der Phillis ſchooß
Steten fruͤhling ſpuͤhren,
Bey euch moͤcht ich nackt und bloß
Jn der kaͤlt erfrieren.
5.
Darum ſoll nur ſie allein
Mir an ſtatt der felder
Und an ſtatt der berge ſeyn,
Hier ſind meine waͤlder:
Meine blumen ſind allhie,
Wo ich ohne leiden
Meine ſeele ſpaͤt und fruͤh
Sicher werde weiden.
6.
Kein betruͤbtes ſinnen-weh
Soll mich hie erſchrecken,
Jhrer weiſſen arme ſchnee
Wird mich treulich decken,
Mein verliebtes hertze ſoll
Zwiſchen ihren bruͤſten,
Als den buͤgeln, welche voll
Suͤſſer freude, niſten.
7.
Dieſes iſt mein keyſerthum,
Diß ſind meine ſchaͤtze,
Was hat ſonſt bey mir den ruhm,
Daß es mich ergetze?
Dieſes iſt das rechte ziel
Meiner muͤh auf erden:
Was mein hertz gedenckt und will,
Muß mir Phyllis werden.
Zeucht29verliebte Arien.
8.
Zeucht ein kauffmann hin und her
Uber ſtock und ſteine,
Durch die klippen, durch das meer,
Durch die wuͤſten haine,
Was er ſuchet fuͤr und fuͤr,
Und ich mag gedencken,
Muß mir meiner Phyllis zier
Reicher vorrath ſchencken.
9.
Viel erzwingen ihre luſt
Auf den wilden kriegen,
Da ſie offt in reiff und froſt
Unterm himmel liegen;
Unterm himmel darff ich nicht
Reiff und froſt ertragen,
Gleichwol giebet mir mein licht,
Warum ſie ſich plagen.
10.
Die ſind uͤber leut und land
Reich an ſchoͤnen ſtaͤdten,
Dieſe muß der fluͤſſe rand,
Die das meer anbeten;
Meine Phillis, die mich haͤlt,
Kan mich reicher machen,
Sie iſt mir die gantze welt
Bey gar ſchlechten ſachen.
11.
Andre fallen immer hin
Zu des gluͤckes fuͤſſen,
Es um ehr, aus eitlem ſinn
Freundlich zu begruͤſſen,
Nun ſich meiner Phyllis gunſt
An mir hat verliebet,
Jſt mir aller ruhm ein dunſt,
Den das gluͤcke giebet.
12. Bey30Galante und
12.
Bey der Phillis hab ich mich,
Weisheit! dir vermaͤhlet,
Der hat alles, welcher dich
Kluͤglich ihm erwehlet,
Du bey meiner Phyllis biſt,
Die mich vor den blitzen,
So des gluͤckes eigen iſt,
Kraͤfftig weiß zu ſchuͤtzen.
13.
Phillis! mein gewuͤnſchtes guth,
Meine zier und erone!
Du, in derer milch und bluth
Jch am meiſten wohne,
Komm, uns will an ſolchen ort
Venus ſelber leiten,
Wo uns keines gluͤckes nord
Soll noch kan beſtreiten.
Die tugendhaffte Lidia. S. D.
1.
AUf! ihr meine goͤldne ſeiten!
Raffet meinen geiſt von hier,
Lidia will neben mir
Uber lufft und himmel ſchreiten,
Jſt durch meiner ſinnen macht
Auf ein ewig lob bedacht.
2.
Sie erkennt, daß pracht und jugend
Wie ein dampff verrauchen muß,
Darum ſtellt ſie ihren fuß
Auf den pfad ſtandhaffter tugend,
Will durch meiner gaben ſchein
Jmmer jung und ſchoͤne ſeyn.
3. Schau,31verliebte Arien.
3.
Schau, ich reiſſe mich von hinnen!
Sey beſeelt, o meine hand!
Fleuch, du feuriger verſtand
Uber des geſtirnes zinnen,
Suche da hinauf zu gehn,
Wo diß ſchoͤne menſch ſoll ſtehn.
4.
Jhre ſonuen-rothe wangen,
Jhrer augen goͤldnes licht
Und ihr himmel-rund geſicht,
Soll hie neue pracht erlangen,
Pracht, die ewig nicht verbluͤht
Und nicht herbſt noch winter ſieht.
5.
Freue dich, du preiß der ſchoͤnen!
Hie ſoll deiner gaben ſchaar
Sich vor aller zeit gefahr
Mit der ewigkeit becroͤnen:
Keine feindliche gewalt
Soll dir rauben die geſtalt.
6.
Dieſes, was ich von dir ſchreibe,
Hebt mein Phoͤbus ſelber auf,
Daß es von der zeiten lauff
Ewig unbetaſtet bleibe,
Legt es bey, wo gluth und wind
Erd und ſee verbannet ſind.
7.
Starcke waͤlle, thuͤrn und mauren
Fallen mit den jahren ein,
Ertzt und eiſen, ſtahl und ſtein,
Koͤnnen vor der zeit nicht tauren,
Aber deine pracht und zier
Lidia, bleibt fuͤr und fuͤr.
Er32Galante und
Er wuͤnſchet zu heyrathen. S. D.
1.
SOll denn mein junges leben,
Da alles liebt und freyt,
Alleine ſich ergeben
Der langen einſamkeit?
Bleibt denn die freud und luſt
Der ſchleyer-weiſſen bruſt,
Nach der wir alle ſtreben,
Mir ewig unbewuſt?
2.
Die wuͤrme, die nur ſchleichen,
Die ſchnellen fiſch im meer,
Das wild in den geſtraͤuchen,
Der vogel leichtes heer,
Und was ſich in der welt
Durch lufft und fluth erhaͤlt,
Kriegt iedes ſeines gleichen,
So bald es ihm gefaͤllt.
3.
Nur ich muß nicht genieſſen
Worauf diß leben geht,
Das gluͤck will mir verſchlieſſen,
Was andern offen ſteht;
Der fruͤhling meiner zier
Jſt ferne ſchon von hier,
Gleich wie die baͤche fluͤſſen,
So eilt mein herbſt zu mir.
4.
Jch aber muß noch bleiben
So, wie ich vormals war,
Soll nimmer mich beweiben,
Mit keiner ſeyn ein paar;
Das ſuͤſſe wangen roth
Soll nimmer mir die noth
Der einſamkeit vertreiben,
Solch leben iſt ein tod.
5. Du33verliebte Arien.
5.
Du koͤnigin, Dione!
Von der es einig ruͤhrt,
Daß meiner zeiten crone
Mir keine luſt gebiehrt;
Jſt diß der liebe danck,
Die ich mein lebenlang
Von dir und deinem ſohne
Jn meine laute ſang?
6.
Es hat mich nie gefangen,
Was mir verbothen iſt,
Bin nie dem nachgegangen,
Was leib und ſeele buͤſt;
Will keine wilde brunſt:
Nur eines menſchen gunſt
Jn ehren zu erlangen,
Verſuch ich alle kunſt.
7.
Soll ich mir denn erſt rathen,
Wenn ſchon mein winter ſchneyt,
Was thu ich dann vor thaten
Jm ſuͤßen liebes-ſtreit?
Wer jung iſt, liebt den krieg,
Ein alter bleibt zuruͤck,
Denn ſolcher art ſoldaten
Erhalten ſchlechten ſieg.
8.
Nein, itzund will ich haben
Was auf mein leiden dient,
Weil noch die fuͤße traben
Und noch mein alter gruͤnt;
Komm, Venus! ſchleuß mich ein,
Der liebſten, die ich meyn,
Jch will von deinen gaben
Recht ſatt und truncken ſeyn.
Hofm. w. V. Th. CAn34Galante und
An Blandinchen.
1.
BLandinchen! reiner ſchwan,
Der nichts, als ſromm ſeyn, kan!
Dein heller tugend-ſchall,
Du ſchoͤne nachtigall!
Klingt beſſer, als citrinchen,
Blandinchen!
2.
Die lerche mag ich nicht,
Auch ſonſten kein gericht,
Wenns gleich das beſte waͤr
Aus Palaeſtina her,
Als dich, du haſelhuͤnchen!
Blandinchen!
3.
Blandinchen! gold und geld,
Die ſchaͤtze dieſer welt
Sind nur ſpreu gegen dir:
Du bleibeſt meine zier,
Und meiner ſchaͤtze truͤnchen,
Blandinchen!
4.
Wenn deiner lippen kuͤß,
Jch dann und wann genuͤß,
So flieſt ein zucker-thau
Aus deines hertzens-au,
Du honigmachend bienchen!
Blandinchen!
5.
Blandinchen! wenn dein licht
Mir ſcheinet ins geſicht,
So35verliebte Arien.
So ſpuͤr ich, daß die krafft
Mir ſtarcke regung ſchafft
Gar biß ins lincke zinchen,
Blandinchen!
6.
Blandinchen! vor die luſt,
So uns allein bewuſt,
Nimm dieſes haͤubgen an,
Das ſchenckt dir dein galan
Vor deines krantzes ſchuͤnchen,
Blandinchen!
An Celien. C. H.
1.
LAcht ihr ſtunden
Mich von neuem an,
Weil ſich gefunden
Was mich vergnuͤgen kan,
Celie, der ſchoͤnen zier
Jſt wieder hier.
2.
Mein vergnuͤgen
Keimt von neuen auf,
Diß muß erliegen
Was hindert deſſen lauff,
Denn die lippen meiner zier
Sind wieder hier.
3.
Meine flammen
Facht die ſehnſucht an,
Wer will verdammen
Diß, was mich heilen kan?
Weil die bruͤſte, Schoͤnſtes kind!
Hier wieder ſind.
C 2Auf36Galante und
4.
Auf ihr|ſehnen!
Auf! und fiedert euch!
Weg ihr thraͤnen!
Hier iſt mein freuden-reich!
Auge, lippe, bruſt und ſchooß
Sind wieder loß.
5.
Laß uns lieben,
Schoͤnſte! recht vergnuͤgt,
Laſt das betruͤben
Von freuden ſeyn beſiegt:
Nach dem trauren muß erfreun
Das labſal ſeyn.
Er kan das lieben nicht laſſen.
1.
MEin hertze hat der freyheit gold verlohren,
Jch muß, wie vor, der liebe ſclave ſeyn,
Kaum, daß mein mund die dienſtbarkeit verſchworen,
So reißt ein blick den ſchwachen vorſatz ein;
Verhaͤngniß, gluͤck und zeit, ihr meiſter aller ſachen,
Sagt, was wird endlich doch aus mir die liebe machen?
2.
Ein fiſch, der ſich vom angel loßgeriſſen,
Eilt nicht ſo bald dem falſchen koͤder nach;
Ein ſchiffmann wird den ort zu meiden wiſſen,
Allwo er maſt und ſeegel nechſt zerbrach:
Nur ich armſeeligſter bleib itzt an Seyllen hangen,
Ob gleich mein liebes-ſchiff Charybden kaum entgangen.
3.
Jedoch, wer kan die hand zuruͤcke ziehen,
Wenn ſchoͤnheit uns beut ihren nectar an?
Der37verliebte Arien.
Der ſchwache menſch muß ſich umſonſt bemuͤhen,
Weil niemand hier, als engel, leben kan.
Der mund mag noch ſo viel von zucht und keuſchheit ſprechen;
Ein ſchoͤnes auge kan ihm bald den hochmuth brechen.
4.
Ließ Davids hand nicht harff und pſalter liegen,
Als Bathſeba ſein hertz geſetzt in brand?
Und Simſons fauſt verlernete zu ſiegen,
Als ihn ein weib mit ihren ſtricken band;
Selbſt Salomonis witz und klugheit gieng verlohren,
Die weiber-liebe ſchrieb ihn in die zahl der thoren.
5.
Kan ſchoͤnheit nun ſo ſuͤßen neetar ſchencken,
Der fuͤrſten ſtuͤrtzt und helden taumeln lehrt:
Was wunder? wenn mit ihren zauber-traͤncken,
Sie meinen geiſt itz und aufs neu bethoͤrt.
Jch wag es noch einmal und fehl ich auch noch heute;
So iſt mein fehler doch ein fehler großer leute.
Die falſche liebe. C. H.
1.
JHr gemuͤther!
Zieht der falſchen liebe ſplitter
Doch aus eurer bruſt;
Wenig luſt
Bringen ihre ſchaͤtze.
2.
Meine ſeele
Kennet ſchon die dunckle hoͤhle,
Wo die unluſt liegt;
Unvergnuͤgt
Jſt die liebes-grotte.
3.
Noth und jammer
Haben da die naͤchſte kammer,
C 3Wo38Galante und
Wo die liebe wohnt;
Sie verſchont
Nicht die ſchoͤnſten hertzen.
4.
Drum zerreiſſet,
Was nach dieſer liebe heiſſet.
Werfft die ſehnſucht hin;
Der gewinn
Riecht nach bittren myrrhen.
5.
Du, mein hertze!
Fleuch der liebe falſche ſchertze,
Und ihr dampff-altar;
Eine bahr
Jſt ihr wohlluſt-bette.
Die ungluͤckliche liebe.
1.
MEine liebe gleicht den blaͤttern,
Die den roſen-ſtock geziert,
Und von vielen ungluͤcks-wettern
Nun demſelben ſind entfuͤhrt,
Die, von ſtuͤrmen gantz zerriſſen,
Nun den ſtaub der erde kuͤſſen.
3.
Vor war alles zum vergnuͤgen
Und zur wohlluſt angelegt,
Da es nun ſehr hoch geſtiegen,
Was in mir das gluͤck erregt,
Faͤllt der bau, und mein vergnuͤgen
Muß durch deſſen fall erliegen.
3.
Dornen bleiben mir zum beſten,
Das gedaͤchtnis jener luſt
Lagert ſich mit andern gaͤſten
Jener noth in meine bruſt,
Alles39verliebte Arien.
Alles wird nach jener liebe
Nun bey mir verwirrt und truͤbe.
4.
Doch ich will es gerne leiden,
Was das ſchickſal mir beſtimmt,
Meſolan an ſtatt der ſeiden,
Rauch wo vor die gluth geglimmt,
Die wie weyrauch flammen ſpreite,
Und die man den hertzen weihte.
5.
Troͤſte dich demnach, mein hertze!
Nun auf dieſer dornen-bahn,
Dencke daß es nach dem ſchmertze
Wieder beſſer werden kan;
Wechſeln herrſcht ohndem in lieben.
Noth auf luſt, luſt auf betruͤben.
1.
MAg ein ſeuffzer mich begleiten,
Wenn ich ſterb an deiner ſeiten
Jſt mir auch im grabe wohl;
Laß mir deinen mund verſprechen,
Wenn die matten augen brechen,
Daß ich dein auch ſterben ſoll.
2.
Laß auf deinen weichen klippen,
An den ſtrande deiner lippen
Nicht mein ſchiff zu grunde gehn;
Laß mich mit verliebtem winde
Segeln, ſo kan ich geſchwinde
Den verlangten hafen ſehn.
3.
Will dein hertze mich verlaſſen,
So will ich mit luſt erblaſſen.
Und verſchmachten in der brunſt;
C 4Dei -40Sinn-Gedichte.
Deinen mund einmal zu kuͤſſen,
Soll mir meinen tod verſuͤſſen,
Sterb ich nur in deiner gunſt!
Sinn-Gedichte. Uber ihr Himmel-Bette. C. H.
HJer hat die Delie den himmel auf der erden,
Hier ruhet die, die mir viel unruh macht:
Hier ſchlaͤfet die / um die mein geiſt ſtets wacht,
Und traͤumet, unbeſorgt, daß ich zum ſchatten werde;
Hier lieget die, vor der mein hertze liegt,
Und athmet, daß in ſie ein hauffen ſeuffzer fliegt;
Ach athmete ſie doch davon die meinen ein!
So koͤnt ich ſehr begluͤckt durch dieſen himmel ſeyn
Ach wer doch nur, du leichtes decke-bette!
Ein eintzigmal dein amt hier zu verwalten haͤtte!
Es moͤchte zwar in dieſem himmel ein finſternis davon entſtehn /
Wenn ich, als mond, o Sonne! dir das
*Eclipſis annularis.
* mittel gantz bedeckte,
Hingegen wuͤrd es mir weit beſſer als tauſend andern buhlern
gehn,
Weil ich alsdenn im himmel-bette, und auch zugleich im himmel
ſteckte.
Als Delie einen brief zwiſchen ihre bruͤſte ſteckte. C. H.
JSt hier die cantzeley?
Verwahrt man denn die briefe bey den bruͤſten?
Ach! gieb mir auch ein amt hierbey,
Und mache mich zu deinem canceliſten.
O daß41Sinn-Gedichte.
O daß ich doch nicht ein zigeuner bin,
Und meinen leib kan in diß briefgen ſchnuͤren!
Wie gern wolt ich mich doch da hinein partieren,
Und um die blaͤtter mich bemuͤhn.
Jch ſchickte mich in dieſe ſchreiberey,
Die feder iſt mir angebohren.
Drum gieb mir Delie, bey dir doch dieſes frey,
Zu dem mich ſelbſt hat die natur erkohren.
Die gezwungene heyrath. C. H.
JCh ſoll und ſoll nun freyn;
Allein es will mir noch nicht recht in kopff hinein.
Wie fang ichs denn nun an,
Daß ich darein mich finden kan?
Jhr alten ſchul-geſellen!
Da mancher weib und kind ſchon lang am halſe hat,
Ey gebet mir doch einen rath,
Wie unſer eins ſich hier muß ſtellen.
Jch weiß, beym blute! nichts von lieb - und ehſtands-ſachen,
Als nur, wie ich zur noth mich ſoll zum vater machen.
Die ſchul-liebe. C. H.
WJe gut iſt doch der dran,
Der, als ein fuchs, ſich ſchon verplempern kan,
So wird ihm auf den unverſtand
Manch ſchoͤner wechſel zugeſandt.
Jch hab es nicht bedacht,
Sonſt haͤtt ichs eben ſo gemacht.
Vielleicht iſt es mir nicht beſchert geweſen.
Was hilffts? es mag ſchon ſeyn,
Es wird mich kuͤnfftig auch erfreun,
Wenn ich mir eine aus kan leſen,
C 5Da42Sinn-Gedichte.
Da ein ſtipendiat alsdenn ſich muß bequemen,
Und eine junge frau vor eine jungfrau nehmen.
Nach-reue. C. H.
MJch ſoll es ewig reun,
Daß ich nicht bin ein affocate worden;
So koͤnt ich ſchon befoͤdert ſeyn,
Und ſaͤße wo in einem hoͤhern orden.
Jch wolt es nichts nicht achten,
Wenn gleich die leute mich zum boͤſen Chriſten machten,
Es kommt ſchon eine zeit,
Daß man ſie wiederum davor geheit.
Jedoch ich gebe mich nun drein,
Und will nur, was ich bin, auch ferner ſeyn,
So kan ich jedermann recht unter augen treten,
Unds ſiebende gebot mit froherm hertzen beten.
An einem landsmann. C. H.
KOmm, bruder! laß uns dahin gehn,
Wo hundert tauſend mann im freyen felde ſtehn,
Wir wollen uns dazu verdingen,
Daß wir die krancken wiederum zu rechte wollen bringen.
Wir taugen ohnedem in keine große ſtadt,
Weil keiner ſich von uns dar auf geleget hat,
Wie man aus dem urin,
Man ſeh und riech und koſt auch ihn,
Den leuten vor ſoll luͤgen,
Wer weiß, was wir noch da vor beut und ehre kriegen?
Heyraths-gluͤcke. J. G. M.
MJr ſteht ein großes gluͤcke vor,
Jch kan mit leichter muͤh zum ehe-mann itzt werden.
Ein43Sinn-Gedichte.
Ein beut ſeine tochter aus,
Zur mitaifft will er ihr zweytauſend thaler geben.
Und welchem ſie gefaͤllt,
Dem giebt er uͤberdiß auch geld,
Daß er noch laͤnger kan auf hohen ſchulen leben.
Das maͤgdgen iſt auch gut genug,
Und weiß ſich artig auffzufuͤhren;
Wie ſie der maͤnner hertz ſoll ruͤhren,
Dazu iſt ſie auch ziemlich klug.
Allein bey allen dieſen gaben,
Mag ich gleichwol die kuh nicht mit dem kalbe haben:
Ein ſchon gedrucktes pferd
Jſt keines friſchen reuters werth.
An Cratinen. J. G. M.
CRatine! deiner ſchoͤnheit macht
Hat mich zu deiner liebe bracht,
Daß ich mich nur darein muß geben,
Und kuͤnfftig hin als dein gefangner leben:
Jch will auch gerne deine ſeyn,
Nur ſetze keinen weiter ein.
Das verliebte maͤgdgen.
ES bleibt dabey,
Daß jeder menſch verliebet ſey:
Will diß das frauen-volck gleich offters nicht geſtehn,
Und ſchweret ſtein und bein,
Es treffe diß bey ihnen doch nicht ein,
So zeigt ſichs doch denn in der that,
Ob diß ihr wort viel auf ſich hat,
Wenn ihrer zehen ſich um einen mann offt ſchlagen,
Der noch dazu ſich muß mit einer kruͤcke tragen.
Drum44Sinn-Gedichte.
Drum bleibt es bibel-wahr,
Daß uns die maͤgdgen trefflich lieben,
Und wenn wir ſtuͤrben, uns wohl gar
Mit ihren nadeln bald aus unſern graͤbern gruͤben.
An Dorinden, Als ſie auf dem eiſe gefallen. C. H.
DOrinde! du biſt noch begluͤckt zu falle kommen,
Weil deine jungferſchafft nicht ſchaden hat genommen;
Nun nimm dich ja in acht, auf daß die wohlluft-bahn
Dich, durch ihr feurig eis nicht anders faͤllen kan.
An Raſinden. C. H.
WAs iſt es, daß bey uns die jungfern heßlich macht?
Die kleider-ordnung nimmt den meiſten ihre pracht;
Die ordnung iſt gewiß auch zur Raſinde kommen,
Drum hat auf einmal ſie ſo ſchrecklich abgenommen.
Antwort auf **** C. H.
DJe ſchoͤnſte, die durch mich wird kuͤnfftig ſollen kindeln,
Die lieget unbeſo rgt noch in den feuchten windeln,
Jch weiß ſonſt nichts von ihr, als daß ſie dieſes hat,
Warum der Adam dort ſo nah zur Eva trat.
Die wohlluſt. C. H.
DJe wohlluſt koͤnten wir weit beſſer wehluſt heiſſen,
Weil man am ende muß in ſaure aͤpffel beiſſen.
Als45Sinn-Gedichte.
ALs Adam und Eva ſich furchtſam verſtackten,
Da nahmen ſie ein feigen-blat,
Damit ſie die jenige ſchande bedackten,
Die ihre ſchuld entdecket hat;
Doch unſere jungfern entbloͤßen die ſchande.
Was macht es? es wachſen nicht feigen im lande.
Auf eines Juriſten hochzeit. D. V. A.
DEr zweymal wittwer war, nimmt itzt mit gntem muth,
GOtt lob! die dritte frau. Wie? haͤlt der die bilantze,
Der zweymal geht zu grab und dreymal zu dem tantze?
GOtt, der dreyeinig iſt, macht eins hier dreymal gut.
An einem kauffmann. D. V. A.
DJe hochzeit-freuden ſind auf dieſes jahr vollbracht,
Und er, Herr Braͤutigam! iſt, halt ich wohl, der letzte.
Was wuͤnſch ich, daß ihn noch zu guter letzt ergetzte?
Was man zu letzte wuͤnſcht: Ein angenehme nacht.
Uberſchrifft auf eines braͤuti - gams namen. D. V. A.
DU biſt ein ſtern und berg: die nacht gehoͤrt zum ſterne,
So er recht ſcheinen ſoll. Der thal iſt auch noch ferne,
Wo hohe berge ſind. Den nacht-ſchein und den thal
Bringt dir itzt deine braut, mein Sternberg! auf einmal.
Ei -46Sinn-Gedichte.
Eines andern. D. V A.
ES kan nicht anders ſeyn; Adonis muß noch leben.
Die Venus dieſer ſtadt ſteht keinem andern an.
Wer iſt es, der auch wol was anders dencken kan?
Die goͤttin wird ihm ja vor goͤttern ſelbſt gegeben.
Auf eines buchfuͤhrers hochzeit mit Jgfr. Keimannin. D. V. A.
DEr ſeelge Keimann hat der buͤcher viel geſchrieben.
Der wohl-beruͤhmte mann: nur eins iſt uͤbrig blieben,
Das legt zum erſtenmal, Herr Braͤutgam! er itzt auf.
Doch iſt es ſo ein buch, daß ihm nur ſelbſt zu kauff
Und keinem andern ſteht. Er wird es auch behalten.
Weil es ſo reinlich iſt, und ohne fleck und falten.
Der wucher wird auch ſchon all-jaͤhrlich lauffen ein,
Ein wucher, der nicht wird ohn haͤnd und fuͤſſe ſeyn.
Auf eines artztes hochzeit mit Jgfr. Muͤllerin. D. V. A.
DEr purpur, ſeine zier, becroͤnt ihn bey der ſee.
Die Venus ſahe zu, die aus dem meer iſt kommen,
Sie ſagte: weil er mir mein ſchnecken-blut genommen.
So will ich, daß er ſtets zum waſſer mahlen geh.
An hocherfreute eltern uͤber ꝛc. D. V. A.
EMpfangt den lieben ſohn, als euren werthen gaſt,
Und laſt die tochter hin zu ihren liebſten ziehen:
So wird auf einen tag viel ſorge von euch fliehen,
Und ihrer jugend luſt ſchwaͤcht eures alters laſt.
GOtt47Sinn-Gedichte.
GOtt ſteh euch ferner bey! ſo wird allhier auf erden
Das gluͤck der kinder alt, der eltern juͤnger werden.
An Hn. T. Liebnern Pf. in K. D. V. A.
ER liebt, und wird geliebt von ſeiner keuſchen braut;
Er ſelber macht ſie auch zu einer Liebnerinne,
So werden ſie zugleich der liebe gruͤndlich inne,
Weil auf den namen hier die wercke ſind gebaut.
Rede eines braͤutigams und der Fr. Braut. D. V. A.
DEs winters hinterhalt verjaat die zarten blumen,
Des mertzens erſte frucht. Was iſt vor luſt darbey?
Ein ander wehle ſich der faſtnacht mummerey;
Wir ſpielen: uͤbers jahr ſpielt haͤnßgen mit der
*kinderfrau.
* muhmen.
Auf einen braͤutigam. D. V. A.
ARchiſen trug ſein ſohn Aeneas aus den flammen:
Seht aber, wie auch hier die liebe wunder thut:
Der braͤutgam holt die braut zu Rochlitz aus der gluth,
Und eh ein jahr vergeht, ſind ihrer drey beyſammen.
Auf der Venus wirthſchafft-ſpiel in Dreßden. D. V. A.
JCh gebe, ſagte naͤchſt die Venus, etwas zu;
Als nach dem Sachſen-feſt ſchon alles war zur ruh,
Ein Meyer ſoll ſich bald mit einer Vogtin paaren,
Und meine wirthſchaffts-luſt zu tag und nacht erfahren.
Auf48Sinn-Gedichte.
Auf einen andern. D. V. A.
DEr ſchmied nimmt eiſen an, und was noch haͤrter iſt,
Koͤmmt ſeinem hammer zu; Was Schmiedeln zugehoͤret,
Hat uns, und heute zwar, ſein meiſter-ſtuͤck gelehret;
Wann jener pinckt und ſchlaͤgt, und der in buͤchern liſt.
An einen Vater uͤber das abſterben ſeiner letzten tochter. D. V. A.
ACh! das ſcheint faſt zu viel! So dencket fleiſch und blut,
Jtzt, da ſein letztes kind, das hertz-blat unter allen,
Der reſt von dem geſchlecht, iſt vollends abgefallen:
Er aber lebe nur! ſo iſt es alles gut.
Das edle rathhauß wird ihn einen Vater nennen:
So kan er dieſe ſtadt ſelbſt vor ſein kind erkennen.
An einen Wohlſeeligen. D. V. A.
SO reißt ſein edler geiſt ſich endlich von den bauden
Des ſiechen leibes loß, und ſchwingt ſich himmel-an!
Das iſt ein helden-ſprung, den er zu GOtt gethan.
Wo bleibt das podagra? hier in den Niederlanden.
Grabſchrifft. D. V. A.
HJer liegt die Rappoltin: das andre kanſt du wiſſen.
Wenn du den namen hoͤrſt. Jhr eh-herr lebt zwar nicht;
Doch ihrer kinder gluͤck und ſeines namens licht.
Macht, daß ihr ruhm auch wird im grabe leben muͤſſen.
Eines49Sinn-Gedichte.
Eines erſoffenen. D. V. A.
JM waſſer fieng ich an ein neu und Chriſtlich leben;
Jm waſſer hab ich auch mein leben aufgegeben:
Jm waſſer zog ich erſt ſelbſt meinen JEſus an,
Der aus dem waſſer mich zuletzt auch ziehen kan.
An einen leidtragenden chymicum. D. V. A.
DJe pulver, die er macht, die kranckheit zu beſiegen,
Erblickte juͤngſt der tod. Was, ſagt er, ſoll das ſeyn?
Und bließ mit aller macht ſein ſterbe-pulver drein;
Da ſieht man nun ſein kind in ſtaub und pulver liegen.
Eines Ober-poſt-amt-ver - walters. D. V. A.
DJe poſt iſt wohl beſtellt: der leib gehoͤrt zur erden,
Aus der er kommen iſt; die ſeele trifft die bahn,
Und ſteigt in Chriſti blut durch einſchluß himmel-an:
Kein porto kan dafuͤr iemals bezahlet werden.
A. Richters, kauffmanns in L. D. V. A.
DA, leyder l unſer haupt und landes-vater ſtirbt,
Stirbt auch manch unterthan. Was bleibt vor troſt bey
allen?
Das haupt, das allen ſtarb, als heyland, zu gefallen,
Macht, daß, wer in ihm lebt, im tode nicht verdirbt.
Hofm. w. V. Th. DAuf50Sinn-Gedichte
Auf den tod J. M. von Jlkuſch bey Cracau aus Polen, J. U. C. D. V. A.
AUs Polen iſt kein weg ins himmelreich zu finden,
Drum eil ich was ich kan. So ſchertzte liederlich
Ein Frantzmann
*Languetus in epiſt. p. 49. Interrogabam nuper quendam hominem facetum (Gallum fugientis Henrici, hactenus Polo - niæ, mox Galliæ regis comitem A. 1574) qui, inde ægrotus huc (Viennam Auſtriæ) venit, quare in tantum periculum ſe conieciſſet? Reſpondit, ſe metuiſſe, ne ibi moreretur, quoniam exiſtimet, nullam inde viam ad cœlum, quæ ſit trita.
* auff der flucht. Diß aber ſchmertzet dich,
Daß dich dein Polen nicht dem himmel ſoll verbinden.
Doch du erkenneſt ſchon, daß hierinn alles gleich,
Es trifft ein freyer Pol auch hier das Polus-reich.
An einen wein-ſchencken auf den tod ſeiner ehe-frauen. D. V. A.
JM keller hat er wein, und waſſer auf den wangen;
Und beydes ruͤhrt zugleich von GOtt im himmel her.
Ja, iſt des waſſers itzt mehr als ein gantzes meer?
So will GOtt alles ſelbſt in einem ſchlauche fangen.
Wie aber kan ihm denn das waſſer nuͤtzlich ſeyn?
GOtt, ders alleine kan, macht aus dem waſſer wein.
Eines kauffmanns. D. V. A.
DEr tod kam vor dem marckt, dem zahlt ich ſeinen reſt,
Und nach der meſſe wird die letzte ſchuld auf erden
Durch einen trauer-gang mir abgeſtattet werden:
Wohl! daß der himmel mich den wechſel ziehen laͤſt.
Eines51Sinn-Gedichte.
Eines Studentens. D. V. A.
EJn allzufruͤher tod verkuͤrtzt ſein junges leben,
Und raubt uns unſre luſt an ſeiner froͤmmigkeit,
An ſanfftmuth, kunſt und fleiß. GOtt aber trifft die zeit
Und nimmt auf ewig hin, was er ſo kurtz gegeben.
Eines poeten. D. V. A.
HJer lieget ein poet, von einer ſolchen art,
Wie Opitz ſelber war, der meiſter deutſcher lieder:
Die verſe paarten ſich wie wohl-formirte glieder,
Frey, ungezwungen, rein, nicht undeutſch oder hart:
Er hat auch ſich und uns zur ſchande nichts geſchrieben;
Was wunder, daß ſein ruhm bey allen iſt verblieben?
Auf den tod Joh. Huͤlſemanns S. T. D. und P. P. D. V. A.
HJer liegt der goͤldne mund beſchloſſen mit dem ſtein,
Der ſonſt die ſteine ſelbſt durch ſeine krafft bewegte:
Als ihm die redner-kunſt ſein muͤdes alter legte,
Erlanget er, was nicht wird auszureden ſeyn.
Auf einer wittwen ſohn und ihr ſchoͤnes hauß. D. V. A.
MEin Nain war diß werthe trauer-hauß,
Als es mir hat mein braut-bett aufgeſchlagen:
Es will auch noch den ſchbnen namen tragen;
Denn traͤgt man nicht der wittwen ſohn herauß?
D 2Eines52Sinn-Gedichte.
Eines ſteuer-einnehmers. D. V. A.
DJe ſteuern nahm ich ein, und legte rechnung ab,
So, wie es ſich gebuͤhrt. Jtzt, da der reſt zu heben
Und zu erlegen iſt, zahl ich ſelbſt mit dem leben:
Die ſeele kriegt mein GOtt, und meinen leib das grab.
Eines reiſenden. D. V. A.
GLuͤck auf den weg von hier! So wuͤnſchte juͤngſt ſein hauß,
Als er nach Weimar zog, es hat auch eingetroffen,
Weit uͤber aller wunſch und ſein ſelbſt eigen hoffen,
Sein weg gieng himmel-an und aus der welt hinaus.
Auf Herr Hoͤltzeln Med. D. D. V. A.
JCh war der krancken artzt, und offt des todes tod;
Seht die verwechſelung! itzt wird er mir zum leben,
Das in der ewigkeit GOtt pflegt durch ihn zu geben:
O uͤberlebter tod! o freuden-reiche noth!
Das holtz im paradieß macht, daß ich auch muß ſterben,
Der an dem holtze ſtarb laͤſt mich das leben erben.
Eines baumeiſters. D. V. A.
DEr bau zerfaͤllt, die huͤtte wird zur erden,
Der ſeelen hauß: GOtt reiſt es ſelber ein;
Denn weil es dort ſoll unverweßlich ſeyn,
So muß es hier erſt ſtaub und aſche werden.
An53Sinn-Gedichte.
An das R. hauß in L. D. V. A.
OSiech - und todten-hauß! der mann, die frau, das kind
Erkranckt, erblaßt, verſtirbt und zwar in kurtzer weile.
O ſieg - und lebens-hauß! daraus in ſchneller eile
Das kind, die frau, der mann den weg zum himmel findt.
Auf Hn. Wieſnern, pfarrern in L. D. V. A.
DJe blumen waren ſonſt
Und was noch mehr auf gruͤnen wieſen ſtehet,
Des todes ebenbild,
Sie bilden vor, wie es uns menſchen gehet
Wie allzubald die ſchoͤne pracht hinfaͤllet,
Die oͤffters heute viel
Und morgen wenig gilt.
Und alſo iſt uns menſchen unſer ziel
Von ihnen vorgeſtellet,
Und dieſes iſt der tod.
Wie daß ihr den, dem ihr den namen gabt,
Jhr wieſen ihr! itzt vorgebildet habt?
Eines Ober-amtmanns. D. V. A.
DEr laͤnder eigenſchafft und wechſel mit der ſee,
Die kugel-runde welt und ihre vier quartire
Begriff mein enger ſinn: itzt da ich nicht ſtudire,
Erblick ich unter mir diß puͤnctgen aus der hoͤh.
Was wunder, daß ich kont die welt ſo bald hinlegen?
Die kugel und ein punct iſt leichtlich zu bewegen.
D 3Einer54Sinn-Gedichte.
Einer frau an ihren hinterlaſſenen ehe-mann. D. V. A.
ZU tauſend guter nacht! ich laſſe dir die welt
Und kehr im himmel ein; was ich dir uͤberlaſſen,
Sind kinder, ſorg und muͤh, die werden dich umfaſſen,
Wenn einig und allein mein loos auf freude faͤllt.
Was meynſt du wol darbey? hab ich dich uͤbereilet?
GOtt iſt bey dir und mir: iſt das nicht gleich getheilet?
Rede etner Doctorin von und aus ihrem grabe. D. V. A.
HJer ſteht mein eigner ſarg bey meines liebſten ſchrein:
Wir trotzen ſelbſt den tod: der himmel paart die ſeelen,
Und hier iſt leib bey leib in einer grabes-hoͤlen:
So muß auch unſre grufft ein ehe-bette ſeyn.
Eines kauffmanns. D. V. A.
OMonat voller angſt! der ſonſt Auguſtus heiſt,
Und nur die graͤber mehrt! man koͤnnt ihn anders nennen,
Und vor den angſt-monath mit gutem recht erkennen;
Hoͤrt aber, wie es uns Herr itzt verweiſt:
Mir, ſpricht er, hat Auguſt nichts als die angſt genommen,
Drum laßt ihm, was er hat vom Kaͤyſer ſelbſt bekommen.
Auf die pꝛomotion M. Siebenhaaꝛs. D. V. A.
DAs einmal-eins, und was wir drinne zehlen,
Kan keinen reicher machen.
Wer55Sinn-Gedichte.
Wer wuͤrde nicht viel tauſend ſich erwehlen,
Und Croeſus ſelber ſeyn,
Wenn nach der zahl die guͤter traͤffen ein!
Die ſache thut das beſte hier,
Die mit der zahl ſich nuͤtzlich einverleibet,
Dieſelbe blickt bey deiner ſieben fuͤr.
Und dieſe ſieben ſachen
Wirſt du noch beſſer machen.
Jtem. D. V. A.
JCh dachte wol mit ungebundner rede,
(Ligata taugt nicht mehr)
Mein liebſter freund! dir deine neue ehre
Das lorber-laub was beſſer anzuſchnuͤren.
Jch dachte wol; doch ließ ich mich verfuͤhren,
Und band zu viel latein;
Verſichre dich, da band ich alles ein,
Was mir nur moͤglich war.
Jch will auch nicht mein deutſches hertze binden,
Du wirſt es ſtets unangebunden finden.
Die liebe.
DJe roſe ſchicket ſich am beſten zu der liebe;
Vor freund iſt der geruch, die dornen vor die diebe.
Heyrath.
MAnch weib iſt zwar ein narr; doch kriegt ſie einen mann:
Was machts? das geld: warum? daß mancher narr
nichts kan.
D 4An56Sinn-Gedichte.
An Delien. J. J. M.
DU, Delie! biſt deinem garten gleich,
Ja noch vortrefflicher, als ſelbiger gezieret,
Er iſt zwar auch an blumen reich,
Doch hat er niemals mir damit das hertz geruͤhret.
Was nutzt das blumen-werck, das ohne geiſt und leben?
Du aber biſt die rechte blume,
Die meiner matten bruſt viel krafft und labſal ſchickt.
Du, ſag ich, biſt der baum,
An deſſen fruͤchten ſich mein mattes hertz erquickt.
Die haare ſind das laub, die arme deſſen zweige,
Die bluͤthe weiſen mir die wangen,
Die unſer hertz mit ſchoͤner frucht ergetzt,
Man ſieht um deinen mund die amorellen hangen,
Von kirſchen ſind die augen eingeſetzt,
Wer aͤpffel haben will, darff auch nicht lange ſtangen,
Weil man dieſelben hier kan mit dem mund erlangen.
An Cratinen. J. G. M.
ES iſt mit mir geſchehn!
Mein hertze muß vor großer gluth verbrennen,
Wo du, Cratine! nicht wilſt meine treu erkennen,
Und lindern meine pein,
Willt du denn grauſam ſeyn?
Erwege, was der himmel thut,
Wie er mit ſchnee und eiß die duͤrren thaͤler fuͤllet,
Und ihren heiſſen brand und groſſes lechzen ſtillet;
Ach kuͤhle, ſchoͤnes kind! doch auch ſo meine bruſt.
Erfriſche meine matten ſinnen,
Laß mich dein kaltes hertz gewinnen,
Und geuß der lippen thau auf meinen trocknen mund,
So werd ich recht geſund.
Jch will die erde ſeyn, und dich als himmel ſchaͤtzen,
Nur muſt du, merck es wohl! deſſelben flaͤche netzen.
Zi -57Sinn-Gedichte.
Zigeuner.
ES heiſt: Jhr ſaget wahr, und luͤgt doch ohne ſcheu;
Jſt denn das luͤgen und die wahrheit einerley?
An Lupen.
JSt fruchtbar dieſes feld, ſo viel an frucht getragen;
So kan man auch von dir, o Lupa! dieſes ſagen:
Du traͤgſt zwar keine frucht, doch maͤnner ziemlich viel,
Der iſt dir angenehm, wer dich nur duͤngen will.
***
SOlimene muſte lachen,
Als Armando zu ihr kam,
Und ſich in verliebten ſachen
Eine große freyheit nahm:
Der, ſprach ſie, muß hunde fuͤhren,
Der im beutel geld vermiſt,
Keine hand ſoll mich beruͤhren,
Welche nicht verſilbert iſt.
Der leichen-ſtein. C. H.
DJe armen druͤcket man, wenn ſie das leben haben;
Die reichen aber erſt, nachdem ſie ſchon begraben.
Die poeſie. C. H.
ES wird die gantze welt bald ein Parnaſſus ſeyn;
Denn aller orten pflegt es verſe her zu ſchneyn.
D 5An58Sinn-Gedichte.
An ***
JEdweder vers iſt dir zu harte;
Schaut aber man
Dein dichten an,
So klingt es zehnmal haͤrter.
Der eine vers hat ſieben fuͤße,
Der andre hinckt, der dritte zu viel riſſe,
Da ſind die ſylben unrecht angebracht.
Doch weiſt du, wie man jenes beſſer macht,
Gieb nur die fuͤße weg den lahmen bettel-leuten;
Die werden dein verſehn doch noch zum beſten deuten.
Drackens grabmahl.
L auch die gantze welt in flammen untergehn:
So wird doch Drackens grab ohnfehlbar bleiben ſiehn.
Der großſprecher.
WAerſt du ein ſolcher held in kriegen wie in kruͤgen,
Es wuͤrde bald der feind in tauſend ſcherbe fliegen.
Die uͤbel-lohnende liebe.
JCh weiß ſchon, daß die brunſt der liebe grauſam lohnt;
Doch ſchmiedes-kinder ſind der funcken ſchon gewohnt.
Franckreichs hochmuth.
JTzt hat die gantze welt den degen in der hand,
Denn Franckreichs hochmuth will in einen hoͤhern ſtand.
Das verliebte ehe-weib.
EJn buhleriſches weib macht ſtets dem manne plagen:
Fuͤhlt er gleich dieſe nicht, ſo muß er ſie doch tragen.
Jn -59Sinn-Gedichte.
Jnbruͤnſtige liebe, an ***
ACh waͤre noch bey uns das alte Troja da,
So wolt ich Paris ſeyn, du waͤreſt Helena.
Verliebte thraͤnen.
DAs feuer kan aus holtz die feuchten duͤnſte heben;
Die glut der liebe heiſt das auge thraͤnen geben.
Das betruͤbte leben,
MJt ſchmertzen pflegen uns die muͤtter zu gebaͤhren;
Mit ſchmertzen ziehen uns die muͤtter gleichfalls auf;
Mit ſchmertzen muͤſſen ſie dem tod uns auch gewaͤhren;
Wie? iſt das leben nicht ein langer ſchmertzens-lauff!
Als ihm der cloſter-ſtand J. D. S. P. vorgeworffen wurde. L. R. B.
DU narr! du tadelſt zwar den heilgen cloſter-ſtand,
Es muͤſt ein armer muͤnch ſo fromm und einſam leben;
Allein, laß dir ſo viel zu deiner nachricht geben:
Jch habe manche nacht aufs uonnen-fleiſch gewandt,
Denn was der pater thut, kan auch der muͤnch verſuchen;
Wer will ein junges blut zur einſamkeit verfluchen?
Der weiber grauſamkeit. L. R. B.
WAs den weibern angebohren,
Wird wol meiſtens ſchwachheit ſeyn;
Dennoch haben ſie geſchworen,
Daß dem floh kein gantzes bein
An60Sinn-Gedichte.
An dem leibe bleiben ſolte,
Der ſich an ſie reiben wolte.
Als ſie ihren rock auf dem fiſch - troge ſoͤnnete. L. R. B.
DOrens bunter himmel liegt auf dem fiſchtrog ausgeſtreckt,
Schade! daß ihr zarter leib nicht zugleich mit drunter ſteckt,
Jch bemuͤhte mich das recht derer ſonnen zu gebrauchen,
Daß die frantzen rings umher wie die ſpaͤne ſolten rauchen,
Jaden einfluß meiner krafft wolt ich ihr ſo reichlich ſchencken,
Daß ſie binnen kurtzer zeit muͤſt auf etwas anders dencken.
Auf *** F. E. W.
WJe Curtius zu pferd iſt hoͤllen-werts geritten;
So ſprengſt du ebenfalls zu pferde da hinein,
Jndem ein geiles weib hierzu der gaul muß ſeyn,
Der eilt der hoͤllen zu mit hoͤchſtgeſchwinden ſchritten.
Auf die Themis. F. E. W.
JUriſten ſagen ſonſt: daß Themis jungfer ſey,
Und gleichwol hat ſie ſchon offt nothzucht ausgeſtanden;
Wer pflichtet mir daher hierinn nicht voͤllig bey:
Daß keine jungfer faſt auf erden mehr verhanden.
Adonis grabſchrifft. F. E. W.
ES wolte Pluto mich in ſeinen dienſten ſehn;
Doch weil er ſich befuͤrcht, er moͤchte hoͤrner kriegen,
Und61Sinn-Gedichte.
Und ich mit ſeiner frau nur unt - und oben liegen,
Muſt ich zuvor entmannt in ſeine heymath gehn.
Auf ihr einbalſamiren. L. R. B.
XEnander fragte mich: woher es kommen muͤſſe,
Daß jeder gerne wolt um Amarinden ſeyn;
Jch ſprach: daß ich ſo viel von einem bader wiſſe,
Sie balſamire ſich hier da und ſonſt wo ein.
Geld.
DAs geld iſt boͤß und gut: gut, weil es uns ernaͤhrt;
Boͤß aber, weil es offt der leute ſinn verkehrt.
Die ſauer-ſehende. L. R. B.
WAs lachſt du? daß ihr maul ſo auf die ſeite ſteht,
Und lauter ſauer-ſehn ihr aus den minen geht;
O hoͤhne nicht zu fruͤh! wer will calender machen,
Muß alle jubel-jahr nicht mehr als einmal lachen:
Und weil man itzger zeit auf neue mode haͤlt,
Jſt dir ihr ſchlimmes maul zum muſter vorgeſtellt.
Ein ieder narr der traͤgts, wies ihm gewachſen iſt,
Verkehre du es ſelbſt, wo du ſo kuͤnſtlich biſt.
An **
DU gekapter traͤger
Stelle ja dein jauchzen ein,
Denn ich zweiffle, ob dein ſohn dir was aͤhnlich doͤrffte ſeyn,
Wird aus ihm ein junger jaͤger,
So62Sinn-Gedichte.
So verwett ich hembd und hoſen,
Daß du nach der mutter rath noch ums vater-recht muſt loo -
ſen.
Das buͤgel-eiſen. C. H.
DAs buͤgel-eiſen muß die ſchneider wohl verwahren;
Daß ſie nicht vor der zeit zum
*Capricornus.
* bock am himmel fahren.
*
EUch, verſe! mach ich ja am meiſten bey der nacht,
Was wunder? wenn man euch als ſchlechtes zeug veracht;
Doch fehlet euch ſonſt nichts, als des verſtandes licht.
Wohl dem, der dieſes recht in ſeine reime flicht.
Die arme poeſie. C. H.
DJe reichen ehren wir mit langen lob-gedichten:
Warum? Apollo muß ſich nach dem beutel richten.
Die boͤſen poeten. C. H.
AN dichtern fehlt es nicht bey dieſen boͤſen zeiten;
Es fehlt an denen nur, die vor die wahrheit ſtreiten.
Die buͤcher.
DJe buͤcher ſind der ſchatz, der unſre bruſt vergnuͤgt:
Wohl dem, der mehr allhier als bey den ſchatzen liegt.
Hochzeit -63

Hochzeit-Gedichte.

Bey dem Dobenecker - und Eunoi - ſchen hochzeit-feſte. D. V. M.
Auf, ſchaͤfer!
Auf! wo ihr immer ſteckt,
Wenn euch der herbſt erſchreckt
Mit den betruͤbten tagen,
Die unſre felder plagen.
Auf, ſchaͤfer!
Geſchwinde!
Verlaßt das faule dach,
Und folgt den nymphen nach,
Die heute mit den hirten
Bemuͤhet ſind um myrten.
Geſchwinde!
Erſcheinet!
Mit einem frohen chor;
Sucht alle luſt hervor,
Durch floͤten und ſchalmeyen,
Nebſt angenehmen reyen.
Erſcheinet!
Zu ehren!
Der laͤngſt gewuͤnſchten zeit,
Die itzund hoch erfreut
Zwey treu-verbundne hertzen
Bey ihren hochzeit-kertzen.
Zu ehren!
Dem liebſten!
Der nach viel muͤh und ſchweiß
Erlanget dieſen preiß:
Daß64Hochzeit-Gedichte.
Daß nun in ſeinen armen
Maria wird erwarmen.
Dem liebſten!
Der liebſten!
Die ihre frohe bruſt
Erfuͤllet ſieht mit luſt,
Durch ihres liebſten blicke,
Trotz aller neider tuͤcke.
Der liebſten!
Drum ſinget!
Daß wieſen, thal und wald
Von eurem thon erſchallt,
Daß auch die ſchafe ſpringen
Von eurem hellen klingen.
Drum ſinget!
O himmel!
Verknuͤpffe dieſes band
Durch einen guten ſtand,
Laß ihre fette trifften
Mit mißwachs nicht vergifften.
O himmel!
Beſchluͤſſet!
Und nehmt die pfeiff in acht,
Daß ihr was neues macht,
Wenn wir in einer wiegen,
Sehn einen pachter liegen.
Beſchluͤſſet!
Bey dem Roſchk - und Feſſeliſchen hochzeit-feſtin. Hilarius.
HOchbegluͤckter braͤutigam! werthgeſchaͤtzter freund und vetter!
Dein vertrauter hochzeit-brief hat mein aug und hertz erfreut,
Da dein angenehmes feſt uͤber ungeſtuͤmes wetter
Vollen glantz und ſieg behaͤlt, und die rechte goͤldne zeit
Hoͤchſter65Hochzeit-Gedichte.
Hoͤchſter anmuth deinen geiſt laͤſt nach eignem wunſch genieſſen;
Du erfaͤhrſt, was jeder hofft, doch was wenigen geſchieht:
Deine hoffnung hat vielleicht rechten grund zu finden wiſſen,
Worauf itzt dein wachſend gluͤck durch die lieb iſt aufgebluͤht.
Nein, dem himmel ſchreibt mans zu, welcher durch verborgne wege
Wider der gedancken zweck fuͤhret deine wohlfahrt aus.
Mancher ſinnt auf einen fund, macht ihm tauſend uͤberſchlaͤge,
Und gebiert, wie jener berg, eine laͤcherliche mauß.
Dieſer ſucht Pandoren auf, einen ausbund rarer nymphen,
Welche ſchoͤnheit, tugend, witz, reichthum faſt zum wunder
macht;
Findet aber Hecuben in zerrißnen ſchuh und ſtruͤmpffen,
Wenn der eingebildte wahn aus dem liebes-ſchlaf erwacht.
Dort hat man Penelopen einem freyer vorgeſchlagen,
Derer fleiß-gewohnte hand ſtets in voller arbeit ſey;
Doch er muß den mißverſtand leyder! nur zu ſpaͤt beklagen,
Daß die gleichheits-probe heiſt drockerhaffte tendeley.
Dieſer hat Lucretien ein recht tugend-bild gefunden,
Die den ruhm belobter zucht hoͤher als das leben haͤlt;
Doch darff kein Tarquinius draͤun, ſie toͤdlich zu verwunden,
Denn ſie hat den alten brauch ſolcher einfalt abgeſtellt.
Unlaͤngſt ruͤhmte mir ein freund eine treueſte Alceſte,
Die dem manne zugebracht ein ſehr reich geſegnet hauß;
Doch das cornu copiæ kriegte hin und wieder aͤſte,
Und zu hoͤchſter ungeduld ward ein cornu cervi draus.
Als Placidius naͤchſt ſaß in verwirreten gedancken,
Dacht ich: hat Euſebie keinen troſt vor ihren mann?
Nein, ſein engel kunte nichts, als nur fluchen, ſchelten, zancken,
Gleichwie jenes boͤſe kraut ihrem Socrates gethan.
O verkehrte welt und zeit! Daphne dachte nicht zu fliehen,
Als ihr Phoͤbus wiederkam, brach von ihrem lorbeer-baum
Zweig und laub zum braut-crantz ab: Sirinx wolt ſich nicht ent -
ziehen,
Sondern macht in ihrem ſchilff bald vor zwey perſonen raum.
Dieſes ward in Syracus dem hochloͤblichen gerichte
Alter Griechen kund gethan; hier ſaß Stagyritens geiſt,
Welchen ſchon zwey tauſend jahr, nach glaubwuͤrdiger geſchichte,
Jn Euripens tieffen ſchlund ſchwartze finſterniß beſchleuſt.
Hofm. w. V. Th. EPlato66Hochzeit-Gedichte.
Plato und Pytagoras hatten gleichfalls ihre ſtellen,
Socrates, Euripides und Aeſopus traten auf,
Satzten nebſt dem Thales ſich, ſchickten eiligſt als pedellen,
Wie Demoſthenes geklagt, den Diogenes hinauf,
Und citirten vor das recht das verklagte frauenzimmer.
Circe kam zum erſten vor, welche nach bekanter art
Taͤglich durch verborgnen trieb ihre freyer machte duͤmmer,
Wie den armen Lepidus, der zuletzt ein haſe ward.
Die Aglais hatte ſich zu der naͤſcherey gewoͤhnet,
Aber die Aſterie kannte ſich vor hochmuth nicht,
Wenn Meduſa zoͤrnete, ſtund das haar ihr ausgedehnet,
Als wenn eine ſchlangen-brut offt ſich durch einander flicht.
Und Caſſandra ward geruͤhmt, daß ein naͤsgen anzudrehen,
Oder ſonſt zur ſchrauberey niemand leicht geſchickter ſey.
Andre der beſchuldigten, die was weniges verſehen,
Geh ich in erzehlungen wegen engen raums vorbey.
Hierauf wolt Calphurnia der beklagten unſchuld retten,
Schalt und ſchrie mit ungeſtuͤm, bis ſie Plato ſchweigen hieß,
Deſſen ſich die uͤbrigen dißmal nicht verſehen haͤtten,
Weil die advocatin ſich auf ihr loſes maul verließ.
Der bekaute Lucian kam zu recht gewuͤnſchter ſtunde,
Bot dem frauenzimmer ſich als ein procurator an;
Doch weil ihm kein wahres wort gieng aus dem veꝛlognen munde,
Waren die verklagten wol im proceſſe uͤbel dran.
Endlich gab man den ſententz dem Lycurgus abzufaſſen,
Dieſes innhalts: daß hinfort keine jungfer, engels-kind
Oder goͤttin heiſſen ſoll, auch ſich nicht geluͤſten laſſen
Eine Venus mehr zu ſeyn, weil ſie ſchwache menſchen ſind.
Jndeß ſtund Democritus, hatte mit den armen ſuͤndern,
Welche knoͤtgen knuͤpffeten, einen laͤcherlichen ſpaß,
Fragte ſeinen nachbar aus, ob er bey den reißgebuͤndern
Solche knoten auch gelernt? Freylich, ſprach Protagoras:
Und ließ eine probe ſeyn unſre nymphen zu beſtricken,
Daß ein Gordianſcher knopff ſchwerlich konte feſter ſeyn.
Dieſen nahm Therſites wahr, ſchlich herzu auf ſeinen kruͤcken,
Kuͤßte die gebundne ſchaar, daß ſie muſt um huͤlffe ſchreyn.
Wie des magiſtrats befehl der Diogenes vernommen,
Fuͤhrt er das betruͤbte volck immer nach dem carcer zu,
Mit67Hochzeit-Gedichte.
Mit betheurung, keine wuͤrd aus dem tabulate kommen,
Biß ein ehrlicher galan eine bitte vor ſie thu.
Doch genung! ich ſehe ſchon feuer aus den augen blitzen,
Hundert nadeln ſind auf mich vor den lobgeſang gewetzt,
Zwar die wahrheit koͤnte mich wider ſolchen anfall ſchuͤtzen,
Wer ein gut gewiſſen hat, wird dadurch nicht aufgehetzt.
Doch die ungelegenheit bey den jungfern zu vermeiden,
So entſchuldige das werck, ſprich: Es ſey ein bloſer traum,
Sonſt wird manch beredter mund einen ſchandfleck vor mich
ſchneiden,
Der im gantzen A B C habe nicht genugſam raum.
Aber wo gerath ich hin? Werther Vetter! dieſe zeilen,
Sind zu ſehr von deinem gluͤck und von meiner pflicht ent -
fernt,
Beydes heiſſet meinen fuß von den arreſtirten eilen,
Und an einen ort zu gehn, wo man tugend kennen lernt.
Zwar das hertze wird mir ſchwer; ſolten die erzoͤrnten damen
Nur aus rache im April mir wol einen poſſen thun?
Solte wol der fragende nach dem Feſſeliſchen namen
Jn ein zucht-hauß muͤſſen gehn, und in ſtock und feſſeln ruhn?
Nein, ich folge dir getroſt, denn ich ſehe ſolche feſſel,
Uber deren ſuͤße laſt ſich kein kluger mann beſchwehrt;
Auſſer wer per accidens trifft auf eine boͤſe neſſel,
Dir iſt ein vollkommnes gluͤck durch die Feſſelin beſchehrt,
Zum beweiß: daß wer zuerſt einen ſchatz vom himmel bittet,
Und von ſtiller demuth mehr, als von frechen augen, haͤlt,
Werde nach der liebes-wahl mit viel ſegen uͤberſchuͤttet,
Welcher auf ſein hauß und hof als ein goͤldner regen faͤllt.
Lebe demnach hoͤchſt vergnuͤgt, Werthgeſchaͤtzter Freund und
Vetter!
Deine liebe ſetze dich in ein ſolches paradieß,
Wo dein ſtets begluͤckter fuß tritt auf friſche roſen-blaͤtter,
So der mund, das aug und hertz hat den herrlichſten genieß.
Dich erfreu des himmels gunſt mit gewuͤnſchten maͤyen-tagen,
Die kein ſtuͤrmender April ſtoͤren noch vertilgen kan;
Kurtz, man muͤſſe ſo von dir, als von Fortunato ſagen:
Jener nagelte das gluͤck; und du legſt ihm feſſel an.
E 2Die68Hochzeit-Gedichte.
Die rathſchlagende und wohlſchlieſſende Euſebie
Bey der
Frieß - und Seligmanniſchen Verbindung. D. M. B.
JCh ſolte, Werthes Paar! auch auf dein hochzeit-feſt
Etwas mit netter hand von deinem wohl entwerffen;
Ach aber! wer wird mir die ſtumpffe feder ſchaͤrffen?
Die zeit und einfalt noch gar wenig ſchreiben laͤſt.
Du weiſt es ſelber wohl, wie meine laute klinget,
Und was der ſchwache mund vor ſchlechte lieder ſinget.
Doch weil mauch kluger kopff auch offt im ſchlafe denckt,
Wenn er, ich weiß nicht wie, mit ſuͤßen traͤumen ſpielet,
Daß ſein entzuͤckter geiſt die beſte regung fuͤhlet,
Die ihm die Caſtalis aus ihren quellen ſchenckt,
So will ich es getroſt mit meinen verſen wagen,
Und diß, was aug und ohr gemercket hat, vortragen.
Jch ward durch einen freund ins cabinet gebracht,
Wo die Euſebie bey ihren buͤchern ſaße,
Und gleich mit allem fleiß in dem Menzero laſe,
Was er von gluͤck und heyl der heyrath hat erdacht:
Wie man das erſtere gar leichte koͤnt erlangen,
Wenn nur das letztere mit GOtt waͤr angefangen.
So viel als mir davon noch in die augen fiel,
War, daß man auch den rath der menſchen muͤſte wiſſen,
Wenn man das gantze werck bedaͤchtig wolte ſchluͤſſen,
Und der traͤff allererſt, dem ſchuͤtzen gleich, das ziel,
Wer ihre meynung noch auf eine wage braͤchte,
Und denn durch kluge wahl den ausſchlag recht bedaͤchte.
Jch haͤtte gern noch mehr in dieſer ſchrifft erſehn;
Allein, die goͤttin gab das buch aus ihren haͤnden,
Und ſprach: wo ſoll ich mich bey dieſer zeit hinwenden?
Wie wird mir zweiffelnder im kummer doch geſchehn?
Die klugheit pfleget offt in ihrer kunſt zu fehlen,
Wenn ſie aus zweyen will das allerbeſte wehlen.
Hilff69Hochzeit-Gedichte.
Hilff GOtt! was ſoll ich thun? JA iſt zwar kurtz und klein,
Ach aber! allerdings mit ſchwierigkeit verbunden;
Und NEJN ſchlitzt manchesmal gar vielen tiefe wunden,
Wenn das geluͤcke nicht wie vor, will guͤnſtig ſeyn.
Wie! ſoll ich wol mein kind, die Margaris, mein leben,
Dem, den man mir genennt, zu ſeiner braut hingeben?
Ein ieder lobet ihn von ſeiner ſittſamkeit:
Den Gott-geweihten ſinn ſpuͤrt man in allen thaten;
Jn rechten weiß er ihm und andern wohl zu rathen;
Die feder zeigt verſtand, der mund beſcheidenheit;
Die treu und redligkeit ruͤhmt ihn als einen Chriſten,
Jn dem die falſchheit nicht gewohnet iſt zu niſten.
Sie war nach dem gantz ſtill, und druͤckte hand auf hand,
Die ſeuffzer fiengen an in ihrer bruſt zu beten,
Und als ich naͤher kam zu ihrem ſtuhl getreten,
So merckt ich, daß ſie gleich die bibel vor ihr fandt,
Die ihr bey allem thun in centuer-ſchweren dingen,
Muß vor die ſeele troſt, vors hertze ſtaͤrckung bringen.
Sie ſchlug Tobiam auf und fand daſſelbe blat,
Allwo ſein lieber ſohn die treue Sara findet,
Und ſich mit ihrer gunſt aufs eugels wort verbindet,
Damit er Raguel ſo weit beredet hat:
Die tochter muͤſte wol den keuſchen menſchen lieben,
Weil ſeine gottes-furcht ihr waͤr zu eigen blieben.
Hier, rief Euſebie, ſteht mein verlangter ſchluß:
Ein ander mag nach pracht und eitelkeiten freyen;
Jch achte dieſen dunſt ſo viel als ſchlechte kleyen,
Die mancher mit verdruß bey tiſche dulden muß,
Wenn eine hand voll geld offt zanck und zwietracht ſtiffter,
Und die ſo ſuͤße koſt der liebe gantz vergifftet.
Jch preiſe dieſe wahl, die nach der tugend geht,
Wenn lieb und gottesfurcht die traungs-ringe wechſeln;
Wenn gleichheit und verſtand das hochzeit-bette drechſeln,
Das gegen neid und ſturm auf marmor-ſeulen ſteht.
Drum laſſet mir mein kind und auch den Doctor holen,
Die gottes-furcht reicht ihm der liebe heiße kohlen.
E 3Jch70Hochzeit-Gedichte.
Jch ſahe dich erfreut, du Hochbegluͤcktes Paar!
Mit einem frohen ſchritt in unſer zimmer kommen;
Und als Euſebie dich guͤtigſt angenommen,
So croͤnte dieſer wunſch das blumen-volle haar:
GOtt wolle gnaͤdiglich des frommen Vaters ſegen
Auf dich, mein liebes Kind! und deinen Liebſten legen.
Auf die Conradiſche und Olitziſche hochzeit. D. V. A.
DIe Elbe will dir wohl, der Tagus dieſer lande,
Und fuͤhrt dir mehr als gold, die Liebſte ſelber zu:
So haſt du wohl gefiſcht, und bleibſt nun auch am ſtrande,
Bey der beruͤhmten ſtadt in hoͤchſt-erwuͤnſchter ruh.
Jch hab es zwar gedacht, und von mir ſelbſt geſchrieben,
So offt ein treuer freund nach deiner braut gefragt:
Herr Conrad iſt gewiß der froͤmmſten uͤbrig blieben;
Seht! hab ich nicht ſo gar geluͤcklich wahr-geſagt?
Jch kenne dein gemuͤth und ruͤhme deine proben;
Du biſt ohn heucheley und hoffart deutſch geſinnt;
Nun hoͤr ich gleicher art| auch deine Liebſte loben,
Wie hat der wohl gethan, der eine ſolche findt!
Die ſchoͤnheit hat ihr lob, und laͤſt ſich noch wol nehmen;
Doch, iſt die tugend nicht ohn heuchel-ſchein darbey,
So wolt ich ja fuͤrwahr mich auch der ſchoͤnſten ſchaͤmen,
Und wuͤſte nicht, worzu die ſchoͤnheit nuͤtze ſey.
Geld ſteht auch allen an, und iſt gar bald erworben,
Wenn es nicht mehr als ja (zwey kleine littern) koſt;
Doch geld iſt auch geſchwind und unverhofft verdorben;
Es iſt nicht offt geſchehn, daß es im beutel roſt.
Der adel einer braut, und ihrer eltern fahnen,
Sind billig auch geehrt, und ſteigen hoch empor,
Wen aber helffen doch die laͤngſt-verfaulten ahnen,
Wenn nicht der eltern ruhm bricht bey den kindern vor?
Die tugend hat den preiß, und laͤſt ſich gleichwol paaren,
Mit ſchoͤnheit, geld und ſtand, und ſteht doch oben an.
Und71Hochzeit-Gedichte.
Und ſo viel hab ich auch von deiner braut erfahren,
Wiewol ich alles nicht ſo gruͤndlich wiſſen kan.
Genug! daß tugend iſt zu deiner tugend kommen,
Der ungeſchaͤtzte ſchatz, und den kein kauffmann fuͤhrt.
Die andern hat wol eh ein kluger dieb genommen;
Trotz! daß dir einer nur einmal an dieſen ruͤhrt.
Jch freute mich, mein Freund! diß alles anzuſehen,
Und ſpitzte mich darauf, wie ein vertrauter ſoll;
Wie aber? muß ich nicht im blauen muͤtzgen gehen?
Du kennſt den alten brauch und unſre aͤmter wohl.
Jch ſchicke meine hand, und in der haud mein hertze,
Was wilſt du denn nun mehr, und was kan ich ſonſt thun?
Du irreſt, wann du denckſt, daß ich bey braͤuten ſchertze;
Es iſt faſt ausgeſchertzt, und laͤſt ſich beſſer ruhn.
Doch eines weiß ich noch, das beſte von geſchencken,
Das leg ich noch hierbey, es wird dir dienlich ſeyn:
GOtt iſt es; wenn wir ſein im wunſche nur gedencken,
So ſtellt er ſich bey uns mit ſeinem ſegen ein:
Der ſegne dich nunmehr, mein Freund! mit deiner lieben,
Und lege, was du denckſt, dem braut-ſchatz ſelber zu!
Und hab ich nicht genung nach wunſch und luſt geſchrieben;
So eile du, wie ich, mit deiner braut zur ruh.
Bey dem H. und L. hochzeit-feſte, Von einem, Der gerne bald auch hochzeit machte.
SO bluͤhet endlich dein geluͤcke,
Der himmel lacht dich an, und ſchenckt dir liebes-blicke,
Er giebt dir eine liebe braut,
Die ſich in dich verliebet ſchaut,
Was du ſchon laͤngſt gewuͤnſcht, das iſt dir nunmehr worden;
Du biſt geſetzt in maͤnner-orden.
Jch fuͤhre noch mein einſam leben,
Du haſt der einſamkeit nunmehr valet gegeben;
Das bette ſteigſt du nun ſelb-ander ein,
Wenn andre in der nacht allein
E 4Durch72Hochzeit-Gedichte.
Durch einen falſchen traum das kalte bett-tuch kuͤſſen,
Kanſt du viel andre luſt genieſſen.
Ach! wie viel werden doch zum narren,
Wenn ſie auf den termin ſo lange muͤſſen harren,
Und geht es mit der zeit noch an,
Daß man mit maͤgdgen loͤffeln kan,
Mit was vor ſchwerer noth, muͤh, ſchreiben, ſchicken, lauffen,
Muß man nicht dieſe luſt erkauffen?
Da laͤſt man ſich wohin beſtellen,
Und wenn es richtig iſt, hoͤrt man ein huͤndgen bellen,
Daß man mit aͤuſerſtem verdruß
Sich von der liebſten machen muß.
So will das ſchickſal ſich an unſrer liebe raͤchen,
Und ſolt es uns ein bein zerbrechen.
Dann muß man ſich bereden laſſen,
Die kinder tragen ſich damit auf allen gaſſen:
Da liegt man wie ein hut,
Der ſchmertz thut weh, es ſinckt der muth,
Man ſcharret ſich im grind, und ſchlaͤgt die augen nieder,
Vor ſcham erroͤthen alle glieder.
Mein Freund! du haſt es wohl getroffen,
Dein thun iſt nicht gericht auf ein betruͤglich hoffen;
Wenn andere vor liebes-pein
Wie hirſe-brey ſo muͤrbe ſeyn,
Darff dir nicht furcht und noth geſtrenge lehren ſchreiben,
Du kanſt ja hahn im korbe bleiben.
Drum laß der liebe freyen zuͤgel,
Jm alter ſchmeckt kein kuß, der liebe wahres ſiegel,
Wenn alte treiben courteſie,
So ſchmecket es, ich weiß nicht wie?
Es darff ein runtzel-balg von friſchen liebes-ſachen
Wahrhafftig keinen ſtaat mehr machen.
Nun wenn wir uns zu tiſche ſetzen,
So wird dich Venus noch mit andrer koſt ergetzen;
Da legt ſie deiner braut und dir
Den wunderſchoͤnen ſegen fuͤr,
Den ihr zwar koͤnnt mit loͤffeln eſſen,
Doch werdet uͤbers jahr ihr ihn mit mulden meſſen.
Recept73Hochzeit-Gedichte.
Recept wider die liebe.
JHr liebſten jungfern, ihr, ſo euch das liebes-ſieber
Verzehrt den zarten leib, erſchuͤttert alle glieder,
Mein! nehmt doch diß recept, das ich aus ſchuldigkeit,
Als ein bewaͤhrter artzt euch habe zubereit.
Ein ſtirnblat wird fuͤrwahr den ſchmertzen wenig ſtillen,
Kein ſaͤlbgen auf den ſchlaf wird euren wunſch erfuͤllen:
Nehmt eine mandel halb, und zwar das foͤrdertheil,
Das iſt ein gut recept, und macht die wunden heil.
So welche unter euch die cur nicht laſſen gelten,
Und die probate kunſt vor eitle poſſen ſchelten,
So wird ſich bald die braut ſelbſt meiner nehmen an,
Fragt ſie nur morgen fruͤh, was es bey ihr gethan?
Der doppelte fruͤhling, Bey der doppelt-gluͤcklichen Albert-Sittichiſchen und Albert - Guͤntheriſchen hochzeit, Entworffen von einem Schleſier.
DJe erd iſt doch des himmels ſeine braut;
Die ſchmuͤckt er itzt mit blumen ſtatt der ſeide;
Was Oſt und Weſt ſonſt theures in ſich ſchaut,
Das ſteht beſchaͤmt vor dieſem wunder-kleide.
Poͤsnien entfaͤrben den rubin,
Der perlen ſchnee weicht gerne den nareiſſen,
Der hiacint ſticht jeden tuͤrckis hin,
Der ametiſt hat feilgen nachgehn muͤſſen.
Das ſchlechte graß iſt mit ſmaragd beleget,
Kein purpur fuͤhrt des amaranthen licht,
Was kuͤnſtliches Cathaja ſtickt und traͤget,
Erreicht die kunſt der tulipanen nicht.
Zum zeugniſſe, wie er ſich muͤſſe ſehnen,
Wenn ſeine braut in dieſem ſchmucke lacht;
So iſt gewiß, daß er die liebes-thraͤnen,
Den feuchten thau zu diamanten macht.
O ſchoͤ -74Hochzeit-Gedichte.
O ſchoͤne zeit! die lauter balſam haucht,
Die ambra ſtreut durch die gelinde luͤffte,
Jn der jeſmin von allen blaͤttern raucht,
Und biſam dringt durch rauhe felſen kluͤffte,
Wo nectar aus gemeinen ſteinen ſchwitzt,
Und iedes feld traͤgt tauſend panaceen,
Wo Chloris ſelbſt vergnuͤgt in blumen ſitzt;
Gleichwie ihr fuß nur will auf roſen gehen.
Daß deine gunſt nicht will beſtaͤndig waͤhren,
Daß nicht das jahr ſoll zweymal fruͤhling ſeyn,
Ja, daß die welt nicht fruͤchte kan gebaͤhren,
Die blumen ſtatt der ſchaalen ſchlieſſen ein;
Nein, nein, es iſt diß, was der himmel liebet,
Was iedes jahr ihm wie aufs neu antraut,
Da er indeß bekante kuͤße giebet,
Nur eine welt, ein fruͤhling, eine braut.
Heut aber weiſt ein ungemeines band,
Das zweiffels ohn im himmel iſt gebunden,
Doch auf der welt auch als des gluͤckes pfand,
Den letzten zug und beyfall hat gefunden.
Heut weiſt ein ſchluß, der ewig feſte haͤlt,
Dasjenige, was ſelbſt der lauff der zeiten,
Nicht in den umgang ſeines wechſels ſtellt,
Jm fruͤhlinge zwey fruͤhling an zwey braͤuten.
Die jugend iſt der fruͤhling unſer jahre;
So wie der lentz des jahres jugend heißt;
Der jugend feld traͤgt angenehme waare,
Denn die man vor des fruͤhlings kinder preiſt,
Das blum-werck, ſo die friſche jugend treibet,
Wird ſchoͤner, als des fruͤhlings glantz und luſt:
Wer dieſes nicht wie einen rechts-ſpruch glaͤubet,
Der kuͤſſe nur der liebſten mund und bruſt.
Weil anmuth nun zu fruͤhlings toͤchtern macht
Ein ſchoͤnes paar der angenehmſten ſchweſtern,
Aus denen recht die muntre jugend lacht,
An denen ſelbſt die ſcheelſucht nichts kan laͤſtern.
Weil lilg und roſ erhoͤhen ihre haut,
Der hyacint will auf ſchnee-ballen prangen,
So75Hochzeit-Gedichte.
So wird vielleicht gantz ſonnen-klar geſchaut,
Der fruͤhling ſey hier doppelt angegangen.
Doch wird ihr glantz noch hoͤher angeſtrichen
Von blumen, die die reine ſeele naͤhrt;
Wie blumen bey einander ſtaͤrcker riechen,
So machen ſie die tugenden auch werth.
Diß iſt der ſchmuck, dem kaͤyſer-cronen weichen,
Vor dieſem legt das blut der roſen ein.
Ja wenn die luſt des fruͤhlings wird erbleichen,
Wird dieſer lentz der tugend ewig ſeyn.
Vorzeiten hieß der lentz das heilge jahr,
Dieweil alsdenn das volck geluͤbde machte,
Und vor die huͤlff aus ungluͤck und gefahr,
Offt alle frucht zum goͤtzen-opffer brachte:
Sie beyde ſind bereits GOtt anvertraut,
Als die ſich ſtets der gottes-furcht befleiſſen,
Jedwede nimmt ein geiſtlicher zur braut,
Solt iede nicht ein heilger fruͤhling heiſſen?
Gluͤckſeeligs hauß! das ungemeine gaben,
Der welt befohln, den ſternen zugezehlt,
Muß deine luſt nicht zweyfach ſeyn erhaben;
Weil du zugleich zwey kinder ſiehſt vermaͤhlt.
Und hat dein haupt durch hochgelehrte leute
Bißher geſtuͤtzt ſo lehr-ſtuhl als altar;
So giebt es nun als vater auch zwey braͤute
Denjenigen, wo es vor lehrer war.
Geht, Schoͤnes paar! zum andern paare hin;
Und paaret euch zuſammen in die wette;
Der ſternen heer, das kurtz noch munter ſchien,
Geht ſelber auch zu paaren ſchon zu bette.
Wuͤnſcht denen, die noch itzt in freyheit ſtehn,
Und wenig von dergleichen paaren wiſſen;
Die nur mit euch biß an die kammer gehn,
Daß ſie euch bald zu paaren folgen muͤſſen.
Der fruͤhling ſelbſt, indem ihr hochzeit gebet,
Verſpricht euch nichts, als das vergnuͤgung macht:
Wie ihr itzund in lauter freuden lebet,
So ſoll euch ſeyn eur leben zugebracht.
Euch76Hochzeit-Gedichte.
Euch wird der zeit ihr wechſel nicht beſchweren,
Nur dieſes muß zu mehrer luſt geſchehn,
Eh noch der lentz wird einmal wiederkehren,
Wird euch der herbſt ſchon zweyfach fruchtbar ſehn.
Das vertheidigte frauenzimmer, Bey der Schroͤer - und Loͤſcheriſchen verbindung. C. G. B.
SO offt als uns die luſt zu fremden ſchrifften treibt,
Jn denen man von thun der-alten weiſen ſchreibt,
So dencken wir, weil ſie auf lieb und weiber ſchmehlen:
Es muß den weiſen hier wol an verſtande fehlen.
Wir ſtutzen, wann ihr ſpruch die liebe ſo veracht.
Und das galante volck den teuffeln aͤhnlich macht,
Wann ſie den liebes-trieb ein tolles weſen nennen,
Wann ſie die weiber gar vor menſchen nicht erkennen,
Von denen ſie doch ſelbſt zur welt geboren ſeyn;
Sie bilden beyde ſich als ungeheuer ein,
Und meynen: liebe kan nicht bey der weisheit ſtehen;
Die weiber nimmer ſich mit muſen wohlbegehen,
Und dennoch bauen ſie der liebe gar ein hauß,
Und ſchmuͤcken Muſen ſo, als wie die weiber aus.
Warum? Jhr ſanffter ſinn, ihr angenehmes weſen,
Steht Muſen beſſer an, als wann ſie ſich erleſen,
Der maͤnner allzufrech - und kriegeriſchen muth;
Ein ſanfftes weſen iſt allein zur weisheit gut.
Gewiß, wofern wir uns hier ſollen recht erklaͤren:
Wann keine liebe mehr und keine weiber waͤren,
Wo wuͤrde welt und menſch in wenig jahren ſeyn?
Die liebe floͤßt uns ja das leben ſelber ein;
Sie iſt der geiſt der welt; ſie haͤlt durch ihre flammen
Den wunder-vollen bau noch immerdar zuſammen;
Der iſt ein halber menſch, der ohne liebe lebt;
Die liebe troͤſtet uns, wann erd und himmel bebt;
Die77Hochzeit-Gedichte.
Die liebe hindert uns nicht an der weisheit ſchaͤtzen,
Wer an den kuͤnſten ſich nur ſuchet zu ergetzen,
Den reitzt ihr feuer mehr zu fleiß und eifer an,
Und leitet ſeinen fuß auf einer freuden-bahn.
Diß kan die liebe thun; nicht weniger verdienen
Die weiber hohes lob, indem allein mit ihnen
Zugleich die liebe lebt, und auch zugleich erſtirbt;
Sie ſind das ſchoͤne volck, das alle gunſt erwirbt;
Jhr angenehmer blick kan unſre bruſt erquicken,
Wenn uns der kummer faſt die geiſter will erſticken;
Sie ſind das edelſte, womit die erde prangt,
Und der iſt recht begluͤckt, der ihre gunſt erlangt.
Wir wollen itzund nicht ihr gantzes lob bezeugen,
Doch dieſes koͤnnen wir von ihnen nicht verſchweigen:
Wenn ſie das alterthum aus unſern armen reißt,
Und einen weiſen mann vor ihnen fliehen heiſt;
Weil ſie den muſen feind und unſern fleiß vermindern,
Ja gar durch ihren tand uns im ſtudiren hindern;
So hat ihr eitler wahn nur dieſes ausgedacht,
Jndem ein weib vielmehr uns alles leichter macht;
Sie nimmt die muͤh auf ſich vor unſer hauß zu ſorgen,
Nur daß wir ungeſtoͤrt vom abend bis an morgen,
Und wieder bis zur nacht bey buͤchern koͤnnen ſtehn;
Und nicht ſelbſt in die kuͤch und keller duͤrffen gehn;
Kommt ſie bisweilen ſchon in unſre buͤcher-ſchrancken,
So ſtoͤret ſie uns doch nicht leicht in den gedancken,
Ja ihre liebe ſteigt wol gar die leiter nauf,
Und ſchlaͤget ſelber uns die beſten buͤcher auf;
Wenn wir denn muͤde ſeyn, ſo kan ihr haͤnde-druͤcken,
Jhr kuß, ihr freundlich thun uns ungemein erquicken.
So muß es allezeit in dieſem hauſe gehn,
Wo ein verſtaͤndig weib und treue liebe ſtehn.
Drum, weiſen! haltet nur mit eurem ſpott zuruͤcke;
Glaubt ihr den worten nicht, ſo ſind noch andre ſtuͤcke,
Damit man euren ſinn gewiß beſiegen kan;
Seht! unſre meynung nimmt der kluge Schroͤer an,
Der will euch ingeſamt durch ſein exempel lehren,
Wie man die liebe ſoll und eine frau verehren;
Er78Hochzeit-Gedichte.
Er geht euch an verſtand und hoher weisheit fuͤr,
Darum ſo glaubet ihm, nicht uns: ihm, ſagen wir;
Er wird es allbereit aus der erfahrung wiſſen,
Jndem ſein eh-gemahl, daß ihm der tod entriſſen,
Jhr gantzes leben hat zu ſeiner luſt geweiht,
Und ihn bey truͤber lufft durch ihre treu erfreut.
Jtzt hat er wiederum ihm eine braut erkohren,
Mit der die liebligkeit und ſchoͤnheit iſt geboren;
Es ſcheint, der himmel ſelbſt hat ſie darzu erwehlt,
Jndem ein eh-gemahl dem großen Schroͤer fehlt,
Damit er den verluſt durch dieſe kan erſetzen,
Die auch ein weiber-feind muß gantz vollkommen ſchaͤtzen.
Diß heiſſet, theurer mann! in ſtetem gluͤcke ſtehn:
Naͤchſt ließ der himmel dich bis auf den thron erhoͤhn,
Jtzt will er einen ſchatz dir in die haͤnde reichen,
Vor der auch Helena muß ihre ſegel ſtreichen;
Jhr angenehmer blick wird deinen geiſt erfreun,
Und alle ſpeiſen dir mit zucker uͤberſtreun;
Sie wird die ſorgen-laſt zugleiche helffen tragen,
Und wann dir ihre hand die buͤcher aufgeſchlagen,
So wirſt du deine luſt auf allen blaͤttern ſchaun,
Und deine weisheit noch viel beſſer auferbaun.
Nun deine Schleſier ſind ungemein vergnuͤget,
Weil das geluͤcke dich mit lauter roſen wieget;
Sie ſehen dieſen tag mit ſolchen augen an,
Daraus man ihre pflicht genugſam ſpuͤren kan;
Ja ihre treue dir noch beſſer zu bezeigen,
Soll dieſer ſeuffzer itzt bis in den himmel ſteigen:
Der theure Schroͤer bluͤh; es lebe ſeine braut!
Vergnuͤgung ſey mit ihr ihm ewig anvertraut!
So wird ſich Schleſien an ſeiner lieb ergetzen,
Und noch ein ehrenmahl dem frauenzimmer ſetzen.
Das79Hochzeit-Gedichte.
Das lob der prieſter-ehe, Bey dem G. und P. hochzeit-feſte. P. P.
DIe prieſter-ehen ſind die beſten in der welt,
Weil gleichſam GOtt hier ſelbſt mit menſchen hochzeit haͤlt;
Und ſich durch ſelbige mit ſterblichen verbindet;
Denn prieſter ſtellen ja in ihrer amts-gebuͤhr,
Und was ſie ſonſt auch thun, den Allerhoͤchſten fuͤr,
Der ſich bey ihnen meiſt, wie ſie bey uns, befindet.
Jm lieben legen ſie auch meiſt den rechten grund,
Und richten deſſen zweck nach ihres himmels bund,
Der ſelbſt den menſchen hat befohlen ſich zu lieben;
Die ſaͤulen ſind allhier, treu, tugend und verſtand,
Die der verliebeten hoͤchſt-dauerhafftes band,
Daß ſie kein unbeſtand kan in der luſt betruͤben.
Die welt iſt meiſtentheils nun heute ſo geſinnt,
Daß ſie nur dahin zielt, wo ſie was reichthum findt,
Die reichen maͤgdgen ſind bey vielen itzt die beſten;
Wenn dieſen dingrigen gleich alle tugend fehlt,
Wenn aber ihre hand nur viel dueaten zehlt,
So ſehnet ſie ſich bald nach dieſen reichen gaͤſten.
Allein den prieſtern wird dieſelbe eh verlacht,
Die man mit ſchaͤtzgen nur, nicht mit der liebſten macht,
Sie wiſſen beſſer ſich hierinnen aufzufuͤhren;
Jſt die nur tugend-reich, wohin ihr ſinn ſie traͤgt,
So iſt ſie reich genung und koſtbar eingelegt,
Auch ſo ein ſchoͤnes pfand, bey dem nichts zu verlieren.
So ſind ſie mehr begluͤckt als einer, der aufs geld
Nur ſeiner liebe grund und hoffnung hat geſtellt,
So koͤnnen ſie ſich auch im geiſte recht vergnuͤgen;
Da jener, wenn das geld zu zeitlich fuͤße kriegt,
Und ſeiner wege geht, alsbald wird mißvergnuͤgt,
Und wider ſeine frau muß ſtets im felde liegen.
So bleibets endlich doch und gantz gewiß dabey,
Daß eine prieſter-eh die allerbeſte ſey,
Weil80Hochzeit-Gedichte.
Weil GOtt und tugend hier den grund-ſtein ſelber legen;
Weil ſich die eitelkeit und auch ihr goldner ſchluß
Von dieſer liebes-glut gar weit entfernen muß,
Und weder hand noch fuß noch ſonſten was darff regen.
Hochwerthgeſchaͤtztes Paar! ſo bin ich recht erfreut,
Daß deine lieb auch hat der himmel eingeweiht,
Als welcher ſelbſt iſt hier im ſpiele mit geweſen,
Dir, Liebſte Schweſter! wirfft die liebe roſen zu;
Das gluͤcke ſagt dir auch ins ohr, wie wohl die thu,
Die einen prieſter ihr zum liebſten auserleſen.
Jch ſelbſt bin hoͤchſt vergnuͤgt, weil du ſo biſt vergnuͤgt,
Da dieſer ſchon bereits in deinem hertzen liegt,
Der auch in kurtzem wird in deinen armen liegen;
Du muſt dem himmel lieb, und er dir gnaͤdig ſeyn,
Weil er zum liebſten dir pflegt ſo ein haupt zu weihn,
Daß ſich beym himmel kan, und der in dem vergnuͤgen.
Es macht die folge-zeit bereits ſchon dieſen ſchluß:
Daß eine prieſter-frau ſehr gluͤcklich leben muß.
Diß ſolt du kuͤnfftig auch mit deiner luſt erfahren,
Wenn er wird beym altar in heiſſer andacht ſtehn,
Wenn du als wirthin wirſt herum im hauſe gehn,
So wird der ſeegen ſich mit eurer liebe paaren.
So liebet hoͤchſt-begluͤckt! der himmel ſegne euch!
Sein wille mache euch an leib und ſeele reich!
Euch ſey der prieſter-ſtand ein himmel auf der erden,
So muß, was andre ſonſt am allermeiſten plagt,
Und ihre hertzen wie ein boͤſer wurm zernagt,
Und alle dornen euch zu lauter roſen werden.
Noch eines faͤllt mir itzt, Jhr allerliebſten! bey,
Worinn ein prieſter auch vor andern gluͤcklich ſey;
Als nemlich: wenn er ſoll was junges tauffen laſſen;
So hat ers tauff-geld frey; behaupte, Schweſter! nun
Auch dieſes ſchoͤne recht, ich will auch meines thun,
Und fuͤr euch alle drey wol tauſend wuͤnſch abfaſſen.
Das81Hochzeit-Gedichte.
Das verliebte vogel-ſchießen, Bey dem L. und M. hochzeit-feſtin. C. E. St. L. und S. H.
WJe kommt es doch, daß ſich das vogel-ſchießen-feſt
Mit einer hochzeit-luſt ſo wohl vergleichen laͤſt?
Jſt vogel und geſchuͤtz denn irgend beym vermaͤhlen?
Es muß ja allerdings alſo beſchaffen ſeyn,
Denn ſonſten ſtimmte nicht ſo that als namen ein;
Die that, die wuͤrdig hier mit kurtzem zu erzehlen:
Wenn der Johannis-tag nun vor der thuͤre ſteht,
Und die bekante luſt des ſchießens vor ſich geht,
So ſchauet man zu erſt, wie um die vogel-ſtange
Man tieffe gruben graͤbt, in welchen bier und wein;
Und wurſt, und was man hat, kan frey und ſicher ſeyn;
Wann uns der ſonnen-gluth will machen allzu bange.
Doch wird vorhero auch der vogel aufgeſetzt,
An welchem ſich hernach ſo mancher ſchuͤtz ergetzt,
Und da offt ſchaͤrffer als bey ſeiner liebſten ſchießet:
Nach dieſem werden dann die huͤtten aufgebaut,
Darinn das frauen-volck dieſelbe luſt anſchaut,
Und durch ihr gegenſeyn der maͤnner muͤh verſuͤßet.
Geht denn hernach, wenns zeit, die kirmeß voͤllig an,
So wandert da hinaus, was offt kaum kriechen kan,
Die maͤgdgen gehn zuerſt, hernach die meiſten frauen,
Und dieſe fuͤhren offt die voͤgel bey der hand,
Die ihnen hat ihr ſchuͤtz in liebe zugewandt,
Wenn er hat ſeine kunſt im ſchießen laſſen ſchauen.
Da iſt kein junger menſch, und wer er immer ſey,
Wenn ihn ein maͤgdgen kennt, vom zeichen-loͤſen frey,
(Wiewol die frauen auch ſich dieſer luſt nicht ſchaͤmen)
Wofern er anders ſie und ſeiner liebe ziel
Nicht durch ein grobes nein im buy verkehren will,
Und wie zuvor die koſt von ihren lippen nehmen.
Wird dann manch ſcharffer pfeil dem vogel zugeſtellt;
Und trifft ſichs, daß ein ſpan von ſolchem runter faͤllt;
Hofm. w. V. Th. FDa82Hochzeit-Gedichte.
Da wird ſo mann als frau durch dieſe that vergnuͤget,
Die frau darum, daß ſonſt niemand, als nur ihr mann,
Den vogel auf den peltz ſo artig treffen kan;
Der mann, daß er hierdurch die andern hat beſieget.
Jch weiß, daß oͤffters da manch frauenzimmer denckt:
Ach wuͤrde mancher pfeil doch auch nach mir geleuckt!
Und zwar ein pfeil, der ſich zu ſolchen voͤgeln ſchicket,
Die meines gleichen ſind, ich haͤtte groͤßre luſt,
Und es vergnuͤgte ſich auch mehr des ſchuͤtzens bruſt,
Als wenn er da ein holtz auf einer ſtang erblicket.
So luſtig dieſes ſpiel ſich nun beſchauen laͤſt;
So artig iſt es auch um euer hochzeit-feſt,
Verliebte, die ein band itzt hat vergnuͤgt verbunden!
Meynt ihr, es reime ſich hieher nicht allzuwohl?
So hoͤret, was dis blat euch ferner ſagen ſoll,
Und wo es einen ſchutz vor dieſen ſpruch gefunden.
Doch ehe noch mein mund vergleichet dieſes ſpiel,
So gebt mir erſtlich zu, was ich hier haben will.
Des vogels ſtelle ſoll die Jungfer Braut vertreten,
Die gruben, welche vor der vogel-ſtange ſeyn,
Und wo man traͤgt die koſt vor die verliebten ein,
Die hat der Braͤutigam allein ihm ausgebeten.
Und dieſer bleibet auch der ſchuͤtze hier beſtellt,
Weil laͤngſten ſeiner bruſt vor andern wohlgefaͤllt,
Wenn er geſchuͤtz und pfeil ſoll mit der hand regieren:
Sein bogen iſt gewiß, daß auch die folge-zeit,
Was er vor ſpaͤne hat vom vogel abgeſtreut,
Ein wahres zeugniß wird von ſeinem ſchießen fuͤhren.
Die pfeile, welche nur verliebten brauchbar ſind,
Die ladung, welche man nur bey verliebten findt,
Die will mein kiel aus furcht nicht allzudeutlich ſagen;
Doch wer es noch nicht weiß, und dennoch wiſſen will,
Der kan, wann vor vorbey der hochzeit luſtig ſpiel,
Den Herren Braͤutigam und auch die gaͤſte fragen.
Du, fruchtbares Dobin! biſt das begluͤckte feld,
Wo diß verbundne paar ſein vogel-ſchießen haͤlt:
Die gaͤſte ſind, die hier die luſt vergnuͤgter machen:
Loͤſt irgend heut iemand vor ein ein zeichen ein,
Kan83Hochzeit-Gedichte.
Kan kuͤnfftig noch einmal dergleichen ſchießen ſeyn,
Und wir dabey, wie itzt, von neuem wieder lachen.
Doch iſt es einmal zeit, daß auch mein bogen ſchließt,
Verliebte! die der thau der liebe nun begießt;
Lebt, liebt und bluͤhet wohl! der himmel ſey dem bogen,
Mit dem ihr, was euch ſpeißt, und diß, was euch vergnuͤgt,
Und dieſes, was ihr wuͤnſcht, nach aller luſt beſiegt,
Und dieſem, der ihn fuͤhrt, zu aller zeit gewogen!
Der wunſch ſoll zum beſchluß der treuen zeilen ſtehn:
Wenn kuͤnfftig wir das feſt das andre mal begehn,
Daß unſre vogel-ſtang ein vogel ſoll bezieren,
Daß man von deiner kunſt ſchon einen neuen ſpan
Bey unſrer ſchuͤtzen-zunfft erfreuet ſchauen kan,
Der ſeines ſchuͤtzens ſehn und bogen pflegt zu fuͤhren.
Bey dem W. und T. hochzeit-feſtin ſtellte die ausgaben und einkuͤnffte der verliebten vor. M. F. E. G.
DAs iſt ein ſegens-voller ſtand,
Wo der verlobten ſinn nach liebes-renten trachtet,
Und alles, was nur mund und hand,
Den keuſchen hertzen ſchmeckt, vor lauter reichthum achtet.
Hier giebt man aus. Hier nimmt man wieder ein;
Doch ohne den verluſt und ſchaden,
Weil ſuͤßer zeit-vertreib und marmeladen,
An ſtatt des gelds zur rechnung guͤltig ſeyn.
Die liebe treibet hier zum calculiren an.
Sie lehret uns die blicke ſchaͤtzen,
Ja kuß um kuß zuſammen ſetzen.
Sie weiſet, wie ein paar die welt vermehren kan.
Sind nun die ſachen ſo beſtellt;
So ſteht die renterey auch den verliebten offen.
Dann wo die liebe rechnung haͤlt;
Da laͤſt ſich beyderſeits ein gutes facit hoffen.
F 2Hier84Hochzeit-Gedichte.
Hier darff man nicht auf einen vorzug ſehn,
Bald hat der braͤutigam was auszugeben;
Bald muß er wiederum nach renten ſtreben;
Bald muß es auch von ſeiner braut geſchehn.
Die muͤntze, welche man in dieſer kammer nimmt,
Jſt allem golde vorzuziehen;
Sie wird an keinen weggeliehen,
Weil ſonſten lieb und treu nicht mehr zuſammen ſtimmt.
Die renten ſind auch ruhmes werth,
Denn ſolche gehen um mit angenehmen wercken;
Wer alſo dieſen ſtand begehrt,
Der kan mehr als zu viel den ſegen GOttes mercken.
Hier muß die pflicht der liebe thaͤtig ſeyn,
Hier ſpielet man mit ungemeinen blicken,
Da kommet freundlich thun und haͤnde-druͤcken,
Da keuſche luſt als liebes-renten ein.
Bald giebt man einen kuß und ſuͤßen nectar aus,
Bald zeigen ſich die ſchoͤnſten mienen;
Bald will ein hertz dem andern dienen:
Bald aber bringet man was liebes in das hauß.
Wolan! Hochwerthgeſchaͤtzte Zwey!
Nachdem die guͤtigkeit des himmels euch verbunden;
So hat die liebes-renterey
Ein auserleſnes theil in eurem ſchoos gefunden.
Die tugend, ſo aus allen gliedern lacht;
Die tugend, welche nur von liebe ſchreibet,
Und euren ſinn zum hochzeit-feſte treibet,
Hat euch nunmehr in dieſen ſtand gebracht,
Wo lauter anmuth bluͤht, und wo ſich in der that
Zwey hertzen ihre zeit verſuͤßen,
Wo man etwas von zucker-kuͤſſen
Bald einzunehmen, bald auch auszugeben hat.
So bluͤhe demnach, Edles Paar!
Kein unfall muͤſſe dich in deiner rechnung ſtoͤren!
GOtt gebe dir von jahr zu jahr,
Daß deine renten ſich auf allen ſeiten mehren!
Er85Hochzeit-Gedichte.
Er weide dich auf einer roſen-bahn,
Wo lauter ſegens-thau den grund befeuchtet,
Und allezeit die anmuths-ſonne leuchtet.
Es ſtrahlen dich nicht ſchwartze wolcken an!
Mit kurtzem: Lebe wohl! daß beyder lieb und treu
Die allerſchoͤnſten roſen brechen;
So kan ich mirzugleich verſprechen,
Daß dein erlangtes guth auch meine wohlfahrt ſey.
Der winter im ſommer, oder Die unverloͤſchliche flamme der liebe, Bey dem Radeꝛiſchen hochzeit-feſte, an. 1687.
DJe nacht beſiegte kaum den ſtarcken ſonnenſchein,
Die ſterne waren nur am himmel aufgeſtiegen;
Da wolte mich der ſchlaf ſchon mit gedancken wiegen,
Und praͤgte durch den traum mir dieſe fabel ein:
Jch ſah den großen ſaal der goͤtter offen ſtehn;
Hier blitzte Jupiter mit ſcharffen donner-keilen;
Dort letzte Mavors ſich an ſchweren krieges-pfeilen,
Und ließ den trommel-klang durch alle wolcken gehn.
Nicht weit von dieſem ab ſaß Venus und Vulcan,
Und konten ohne ſcheu ſich mit einander kuͤſſen;
Doch gleich als Pallas kam den engen kreiß zu ſchlieſſen,
Kam Eris auch zugleich mit ihrem apffel an.
Sie warff ihn unverhofft in himmels-circkel ein,
Und rieff vor großer luſt und freuden-vollen lachen:
Wer, goͤtter! kan von euch im winter ſommer machen,
Deß ſoll dis theure gold und dieſer apffel ſeyn.
Mir, mir! ſchrie Jupiter, mir ſteht der apffel zu!
Was kan wol hitziger als meine keile blitzen?
Muß nicht der winter ſelbſt vor meinem donner ſchwitzen?
Stoͤrt nicht mein wetter-ſturm auch Zemblens kalte ruh?
F 3Welch86Hochzeit-Gedichte.
Welch hagel oder eiß daͤmpfft Aetnens heiße gluth?
Wenn darff Encelades die flammen nicht bewegen?
Wenn muß der heckel-berg die flammen niederlegen?
Wenn weicht Veſuvius der ſtaͤrckſten regenfluth?
Was? ſprach der kuͤhne Mars; dis iſt nur ſchatten-ſpiel,
Bringt ſchwere bomben her und ſchwaͤrmende carcaſſen,
Laßt moͤrſel und carthaun erzoͤrntes feuer faſſen,
Sengt, brennet, ſchieſt und trefft in das geſetzte ziel;
Denn geht und ſchaut die frucht von meinem eifer an,
Und ſagt, wenn jung und alt in warmen blute ſchwitzen:
Ob nicht mein pulver mehr als alle donner blitzen,
Und ſelbſt den ſtrengen Nord in hitze ſetzen kan?
Die Pallas ſchuͤtzte ſich mit gleicher tapfferkeit
Und ſprach: Ein kluger geiſt, der keiner laſt gewichen,
Und den die tugend ſelbſt mit anmuth angeſtrichen,
Jſt auch bey winters-zeit von flammen nicht befreyt.
Er ſpielt als diamant mit ſtrahlen in der welt,
Vermiſchet wind und ſturm mit holden fruͤhlings-blicken,
Und weiß das gluͤcke ſelbſt mit kuͤnſten zu beruͤcken:
Drum ſag ich, daß der ſieg auf meine ſeite faͤllt.
Jch weiß nicht, was auch ſchon der hinckende Vulcan
Bey dieſem goͤtter-ſtreit gedachte beyzuſetzen,
Dis ſah ich, daß er kaum die zunge konte wetzen,
Da griff ihn Venus ſchon mit dieſen worten an:
Halt inne, lahmer gott! und ihr auch insgeſamt,
Eur reden iſt umſonſt, eur zancken nur vergebens;
Wie offt hat meine brunſt die fackel eures lebens
Mit hertz-verliebter glut, ihr goͤtter! angeflammt?
Sagt, ob nicht Jupiter zu meinen fuͤßen ſanck,
Als er bald gold, bald ſchwan, bald wieder guckguck worden?
Wo bliebſt du, frecher Mars! mit deinen krieges-horden,
Als mein erhitztes feur durch deine lenden drang?
Du, Pallas! fluchſt allein noch meiner liebes-macht,
Du meynſt der weisheit ſafft der erden einzugieſſen;
Muß aber nicht dein volck wie ſchwaches wachs zerflieffen,
Wenn mein beſeelter blitz um ſeine glieder kracht?
Jch mag nicht laͤnger euch mit zanck beſchwerlich ſeyn:
Jch will den augenblick, ihr goͤtter! kundbar machen,
Daß87Hochzeit-Gedichte.
Daß meine flammen auch auf kalten eiße lachen:
Komm, kleiner Cypripor! fuͤhr die gefangnen ein!
Hier ſchlug ſich von ſich ſelbſt ein goͤldner riegel loß,
Die pforten ſchimmerten von jaſpis und rubinen,
Jch ſah nichts als ſmaragd um alle ſchloͤſſer gruͤnen
Und wie der gantze ſaal mit friſchem nectar floß.
Da trat das kleine kind mit ſeinen ſclaven ein:
Er fuͤhrte ſie beſtrickt mit carmeſiner ſeiden,
Sich ſelbſten hatte er in purpur laſſen kleiden,
Um auch der tugend nicht mehr unbeliebt zu ſeyn.
Seht, ſprach er, wie das feur der adern kaͤlte ſchwaͤcht:
Dein donner, Jupiter! muß endlich doch verſtreichen:
Dein eifer, ſtarcker Mars! muß mit der arch erbleichen;
Drum gebt, ihr goͤtter! mir und meiner mutter recht.
Denn dieſe flamme muß in ewigkeit beſtehn.
Eh ſoll der himmel ſich in fels und ſtein verkehren,
Eh ſoll das tiegerthier ein ſchwaches lamm gebaͤhren,
Als meine liebes-glut von winden untergehn.
Der gantze himmel fiel der großen Venus bey,
Sie fiengen ſaͤmtlich an mit eintracht zu bekennen:
Daß ihre funcken mehr als alle blitzen brennen,
Und daß ihr ſonnenſchein ſtets unverloͤſchlich ſey.
Jch aber ward durch ſie, Geehrte! faſt erſchreckt,
Denn als dem Braͤutigam die maſque loßgeriſſen,
Und ich begierig war den namen auch zu wiſſen,
Da ward herr R er und ſeine braut entdeckt.
Wie! dacht ich bey mir ſelbſt; wie kan es moͤglich ſeyn?
Wer hat euch, Liebſte! doch die ketten umgeſchloſſen?
Welch ſtern hat eurer bruſt die regung eingegoſſen?
Und welcher himmel floͤßt euch dieſen nectar ein?
Der tummel aber ſchloß den ſinnen ihren lauff:
Denn Jupiter ließ kaum die freuden-donner wettern,
Mars ſeine bomben kaum die dicke lufft zerſchmettern,
Da brach mir ſchon der tag die muͤden augen auf.
Und da erkannt ich erſt die blinde phantaſey;
Was aber phantaſey? die nacht war kaum vergangen,
Die wolcken hatten kaum beperlten ſchein gefangen;
Da fiel ihr werther brief ſchon meinem traume bey.
F 4Mein88Hochzeit-Gedichte.
Mein ſchertz ward endlich ernſt; doch dieſe kurtze zeit
Ließ weiter auch nichts mehr, als die gedancken ſchreiben:
Der himmel laß euch ſtets in vollen flammen bleiben!
So bricht kein winter-ſturm euch eure liebligkeit.
Auf die hochzeit Herrn Theodor Steudners, Ph. & M. D. u. Phyſici zu Greiffenberg, Mit Jungfer Anna Barbara Kaͤtzlerin, 1674. J. F. K.
DJe ihr im lazareth der eitlen liebe liegt,
Die luͤſternde begier euch laſt zu ſelaven machen,
Verfuͤhrte ſterblichen! was iſts, das euch vergnuͤgt?
Ein ſchatz, wo ach und weh mit tauſend drachen wachen;
Ein marckt, wo man mehr gifft als mareipan verkaufft;
Ein meer, wo unſer ſchiff offt mann und guth verlohren,
Wo das beſtrittne bot an klipp und felſen laufft,
Wenn ſich die ſtrenge fluth auf unſer haupt verſchworen.
Wie mancher hat die bahr, den dolch und ſtrang erkieſt,
Den Cypris und ihr kind mit ihrer macht beſtritten!
Man weiß, wie fuͤrſt Anton zuletzt gefallen iſt;
Wie Jphis vor der zeit des lebens garn zerſchnitten.
Die achſe Jlions klagt noch den rauhen fall,
Sie flucht der Helenen den zunder ihrer flammen:
Man hoͤrt um Jda noch den leichten widerſchall
Des Paris richt-urtheil und tolle brunſt verdammen.
So iſts: wo man der lieb altaͤr und tempel baut,
Muß klugheit und verſtand den ſeepter niederlegen;
Das fern-glas der vernunfft wird ſchwehrlich augeſchaut,
Wo in befteckter bruſt ſich geile flammen regen.
Die motte ſieht das licht und ſlieget dennoch drein;
Der botsmann kennt die fluth der ungetreuen wellen;
Der89Hochzeit-Gedichte.
Der vogel ſchaut den leim, und will gefangen ſeyn;
Das ſchnelle reh das garn, ſo ihm die jaͤger ſtellen:
So ſtuͤrtzt auch, der da liebt, mit willen in die noth,
Und will das gifft ihm ſelbſt zu ſeinem tode kochen.
Armſeelger aberwitz! der perlen in dem koth,
Und lebens-blumen ſucht bey duͤrren todten-knochen!
Furcht und verzweiffelung ſind ſeine folterbanck,
Der fels, woran offt ehr und tugend ſcheitern muͤſſen,
Wenn das verhaͤngniß ihm itzt reicht den gallen-tranck,
Die ſterne ſeiner luſt vor ihm die augen ſchlieſſen.
Mein ſchwacher kiel erbebt, die hand wird eiß und ſtein;
Der ſtarre mund ſteht an die mittel zu beruͤhren,
Wodurch Jdalia, die ihr gewidmet ſeyn,
Nach zweiffelhafften ſturm will in den hafen fuͤhren.
Man ſteigt zum grauſen Styx durch fremder woͤrter macht,
Und nimmt den Radamanth zum artzt der liebes-wunden,
Der ſeelen bezoar wird leyder! ſchlecht geacht,
Wenn nur ein recipe wird vor den leib gefunden.
Das ſchwartze zauber-ſpiel ſucht bey den geiſtsrn rath,
Wo ein bekanter weg ſich in viel ſtraßen theilet.
Es weiß das große Rom, was dort Palumbus that,
Wenn ſein verfluchter brieff verliebter pein geheilet.
Was mehr? der tolle grimm faͤllt auch die todten an,
Bricht grufft und graͤber auf, und raaſt in kalte leichen,
Dem ſoll ein menſchen-hertz und was nicht helffen kan,
Aus Amors roſen-feld, der wohlluſt mandeln reichen.
Verdammte raſerey! unſeelige begier!
Wie! ſchreckt kein donner euch, entbrannte laſter-ſeelen?
Mahlt euch der zeiten lauff kein blutig beyſpiel fuͤr,
Zwingt euch kein brennend bild der hoͤll’ſchen marter-hoͤlen?
Der porcellan zerſpringt durch eingeſtreutes gifft,
Man kan durch warmes blut den feſten demant ſchwaͤchen.
Wie! kan, was gifft und blut, ja ſchlangen uͤbertrifft,
Nicht auch den kieſelſtein befleckter ſinnen brechen?
Allein wo komm ich hin? wo will der reim hinaus?!
Welch nebel haͤlt verhuͤllt den ſpiegel unſrer ſinnen?
So irrt auf wilder ſee ein leichtes fichten-hauß;
So ſchwaͤrmt das wollen-vieh von ſeinen ſchaͤferinnen.
F 5Ver -90Hochzeit-Gedichte.
Vergieb den frechen trotz, Hochwerthgeſchaͤtztes Paar!
Nicht zoͤrne, daß mein mund darff ſo die liebe ſchmaͤhen:
Jch ſchwehre bey dem thron der kunſt-geſinnten ſchaar,
Du ſolſt dein hohes lob hierdurch vergroͤſſert ſehen.
Es blitzt der diamant weit ſchoͤner durch den flor,
Wenn ſich bey dunckler nacht der Juno luͤffte kuͤhlen;
Man zieht der tugend auch erſt die tapeten vor,
Soll derer wunder-ſtern mit vielen ſtrahlen ſpielen.
Jch weiß, daß deine glut nur reines feuer kennt,
Nicht das der faule weſt der geilheit angeblaſen,
Daß deinen ſilber-ſchmuck kein brandmahl angebrennt,
Die ſo in geiler brunſt ohn zaum und zuͤgel raſen.
Der himmel hohe witz, der beyder ſeelen ziert,
Sah bald der eitelkeit geſtellte moͤrder-ſchlingen;
Jhr irrlicht, welches noch ſo manchen geiſt verfuͤhrt,
War niemals ſtarck genug dich in das garn zu bringen.
Die flamme, ſo nunmehr durch alle glieder faͤhrt,
Entglamm naͤchſt in der burg der lichten feuer-ballen;
Das oͤle gleicher gunſt, das dieſen brand ernaͤhrt,
Ließ ſelbſt Dieſpiter auf ſchloß und ſcheitel fallen.
Weg amber! weg zibeth, und was nach biſam ſchmeckt!
Der himmel darff von euch nicht erſt den zunder nehmen.
Wenn er dis große rund in große flammen ſteckt,
Krafft welcher die natur muß ihre pflantzen ſaͤmen.
Dreymal begluͤckter tag! o angenehmes band!
Womit der Hoͤchſte euch, Geehrtſte! wollen binden;
Das gluͤcke bietet ſchon den marmel ſeiner hand,
Und will um euer haupt itzt ſtete myrthen winden.
Seht! wie der ſonnen gold von der ſaphirnen hoͤh,
Auf euch verdoppelt wirfft die angenehmſten blicke,
Sie fordert eh es zeit, die zelter aus der ſee
Und nennet dieſen tag des himmels meiſter-ſtuͤcke.
Selbſt Amathuſie, die welt-beherrſcherin,
Senckt ihr beflammtes haupt anitzt zu euren fuͤßen;
Jhr uͤbermannter ſohn wirfft pfeil und koͤcher hin,
Und muß als euer knecht des hauptes lorbeern kuͤſſen.
Die Pallas iſt erfreut, daß euch kein falſcher ſchein
Der zaubernden Dion von tugend abgezogen;
Die91Hochzeit-Gedichte.
Die ſchwanen-reine glut aͤtzt euch in marmel ein,
Und bauet eurem ruhm den beſten ſieges-bogen.
Schaut, Keuſche Hertzen! ſchaut, ihr Sonnen dieſer zeit!
Bey denen lieb und zucht in gleichen wuͤrden ſtehen,
So naͤhrt die reine lieb ein meer der ſeeligkeit,
Wenn geilheit, boͤſe luſt und brunſt zu ſcheitern gehen.
Auf eine andere hochzeit.
MEin Bruder! deſſen freud auch mein vergnuͤgen iſt;
Du haſt dir ſo ein kind zur Liebſten auserkieſt,
Aus deren kuͤſſen ich dir nichts als viel geluͤcke
Nach wunſch verſprechen kan. Heyrathen iſt die bruͤcke,
Auf welcher man zum tod und auch zum leben geht.
Wer eine dirne freyt, die weiter nichts verſteht,
Als was den putz betrifft, die keine ſuppe kochen,
Kein ey recht ſieden kan; da iſt in wenig wochen
Die liebe matt und todt. Jſt ſie ein zaͤnckiſch thier,
Das nichts vertragen kan, und das den krug voll bier,
Wenn ihr der mann was ſagt, ihm ins geſichte gieſſet:
Jſt ſie ein fauler balg, den ieder ſchritt verdrieſſet:
Hat ihre wohlluſt nicht an einer koſt genug:
Jſt ſie aufs gute dumm, und nur aufs boͤſe klug;
So wird der eheſtand zu einer rechten hoͤlle.
Dir aber wird er nun zu einer lebens-qvelle.
Die nett Eliſabeth, ſo dich von hertzen liebt,
Und der dein hertze ſich mit lauter luſt ergiebt,
Jſt von der beſten art. Man hat ſie klug erzogen:
Die tugend hat ſie ſelbſt mit ihrer milch geſogen:
Man ſieht die haͤußligkeit in allen ihrem thun:
Und die beſcheidenheit und demuth, welche nun
So ſeltſam werden will, laͤſt dich viel gutes hoffen:
Dir ſteht bey ihr das ſchloß der reinen keuſchheit offen;
Doch aber dir allein. Die muntre wachſamkeit:
Die anmuth, welche dich ſo ungemein erfreut:
Und andre tugenden, ſo deine Liebſte zieren,
Sind blumen, welche dir im winter nicht erfrieren.
Sind92Hochzeit-Gedichte.
Sind blumen, deren krafft dir lauter leben giebt.
Der iſt dann recht begluͤckt, der ſo geluͤcklich liebt.
Wiewol wer die vernunfft naͤchſt GOtt zu rathe ziehet,
Und erſt was loͤbliches zu lernen ſich bemuͤhet,
Eh er ans weib gedenckt, dem iſt der himmel gut,
Dem folgt der ſegen nach in allem, was er thut.
Der muß geluͤcklich freyn, den muß ein kind bedienen,
Dem ſolche tugenden und gaben, wie Reginen,
Die dich itzund umfaßt und kuͤſſet, eigen ſind.
Wer aber ohne GOtt ſein gantzes thun beginnt,
Und von der kindheit an der luſt den zuͤgel ſchieſſen,
Den ſchmalen tugend-ſteg zu wandeln ſich verdrieſſen,
Und ſtets den eitlen wahn der laſter fuͤhren laͤſt,
Der wundre ſich ja nicht, wenn ihm ſein hochzeit-feſt
Die thuͤre zum verdruß und nicht zur freude zeiget.
Was meine poeſie zu deinem ruhm verſchweiget,
Mein Bruder! dieſes ſagt die wohlgetroffne wahl,
Die dich itzt durch die hand des prieſters in den ſaal
Der wahren freude fuͤhrt, die kein verdruß vergaͤllen,
Kein unfall ſtoͤren wird. Denn ob auch ſchon die wellen
Das ſchiff der beſten eh mit ihrer flut erfuͤll’n,
So wird die liebe doch bald alles ſchrecken ſtill’n,
Der draͤuenden gefahr aus aller krafft begegnen.
GOtt aber eure muͤh und heiſſe wuͤnſche ſegnen,
Dieweil ſie alleſammt aus einem hertzen gehn.
Kurtz, bey der eintracht muß der ſegen feſte ſtehn.
Begluͤckter Braͤutigam! wer ſeine muͤh, ſein reiſen,
Wie du, belohnet ſieht, ſich mit vergnuͤgung ſpeiſen,
Und alles hoffen kan, was nur vernuͤnfftig iſt,
Der hat auf dieſer ſee den rechten port erkieſt,
Und alles, was ihm nur die freunde wuͤnſchen koͤnnen.
Willſt du mir aber doch noch einen wunſch vergoͤnnen;
So wuͤnſch ich: weil der ſtand, der euch nunmehr vergnuͤgt,
So lange daurt, als ihr beyſammen lebt und liegt,
Daß Braͤutigam und Braut ſo lange leben muͤſſen,
Bis ſie ihr ebenbild in kindes-kindern kuͤſſen!
Die93Hochzeit-Gedichte.
Die Beſtuͤrmte und eroberte Anneburg, An der Schenckiſch-Bartiſchen hochzeit-feſtivitaͤt. S.
1.
DJe liebe zieht ins feld!
Sie will heut approſchieren,
Beſtuͤrmen und miniren,
Daß ſie den platz behaͤlt.
Drum blaſe man lermen und ruͤhre die ſpiele,
Daß alles auf eine eroberung ziele!
2.
Das nackte fluͤgel-kind
Beſchwinget die paſteyen,
Und pfleget blut zu ſtreuen;
So, wie der blitz geſchwind
Die trefflichſte veſtung mit grimme beſtuͤrmet,
Daß maͤchtiges feuer ſich reichlich aufthuͤrmet.
3.
Zwar wird ein liebes kind
Amazonen verglichen,
Sie iſt noch nie gewichen,
Wenn auch gleich fturm und wind
Die wercke der veſtung hat wollen durchloͤchern,
So fehlt es ihr weder an pfeilen noch koͤchern.
4.
Der augen helles paar
Wirfft leichte feuer-ballen,
So aus der veſtung fallen,
Mit mercklicher gefahr,
Die ihren belagerer hefftig beſtricken,
Und ihm ſo viel blitze als blicke zuſchicken.
5. Der94Hochzeit-Gedichte.
5.
Der bruͤſte hoher wall
Dient ſtatt der batterien,
Auf welchen kugeln gluͤhen;
Trotz! ſprach ſie, daß ein ſchall
Der donnernden moͤrſel und krachenden ſtuͤcke
An meine bewaͤhrte paſteyen anruͤcke.
6.
Doch weiß der ſchlauhe feind
Die burg zu attaqviren,
Und da zu avaneiren,
Wo man es nicht gemeynt.
Die aͤuſerſten poſten ſind ſchleunig erobert,
Es wird die beſatzung zuruͤcke gekobert.
7.
Und gleichwol war ihr ſinn
Zur guͤte nicht zu bringen,
Sie ſprach: ich will noch ringen,
So lang ich munter bin:
Jch liebe raiſon, und verachte die memmen,
Die lieber in milch als in blute ſich ſchwemmen.
8.
Dem feinde wuchs der grimm,
Er eilt in vollem wurme,
Und haͤuffte ſturm mit ſturme,
Nun ſtund es ziemlich ſchlimm:
Er trieb die belagerte ziemlich zu chore,
Und ſchraubte pedarden an ſchloͤſſer und thore.
9.
Da bat ſie um accord,
Ließ die chamade ſchlagen,
Und wolte nichts mehr wagen:
Es war nur um ein wort,
So wurde der ſieger zur guͤte bewogen,
Und kam durch die preſche mit piqven gezogen.
10. Es95Hochzeit-Gedichte.
10.
Es war ſchon ſpaͤte nacht,
Als es das gluͤcke fuͤgte,
Daß er die burg beſiegte,
Da ward ſie ausgelacht.
Jndem ſie ſich ſchmeichelte voͤllig zu ſiegen;
So hieß es: beqveme dich unten zu liegen.
11.
Die ſtrafe gieng noch hin,
So ihr der Mars dietirte,
Damit er auch verirte
Den ſchlechten helden-ſinn:
Sie ſolte nach wenigen monden und tagen
Die trommel anhengen und uͤberall tragen.
Bey der Gerhard-Stiſſeriſchen verbindung, Jm namen der Schilteriſchen tiſch-com - pagnie in Jena. G. Stolle.
EDler Goͤnner! das vergnuͤgen
Reicht dir uͤberall die hand.
Deine tugend, dein verſtand
Koͤnnen nicht verborgen liegen:
Jene ſieht man ſonnen-klar,
Wo du nur einmal geweſen;
Dieſer macht ſich offenbar,
Wenn wir deine ſchrifften leſen.
Solten wir an Breßlau dencken,
Und auf deine vater-ſtadt,
Die dich naͤchſt verlanget hat,
Die vergnuͤgten augen lencken;
Was96Hochzeit-Gedichte.
Was vor goͤnner wuͤrden nicht
Da von deinen gaben zeugen!
Doch es heiſt ein naͤher licht
Uns itzt von der ferne ſchweigen.
Waͤre Schurtzfleiſch noch am leben,
Schurtzfleiſch, Wittenberges zier;
O! was wuͤrde dieſer dir
Vor ein ſchoͤnes zeugniß geben!
Doch wir laſſen ihn nun ruhn;
Was uns dieſer nicht kan weiſen,
Kan der weiſe Roͤſchel thun,
Koͤnnen andre lehrer preiſen.
Leipzig, das die Pleiße netzet,
Nebſt dem Hypocrenen-fluß:
Wo dich Olearius
Durch der Griechen licht ergetzet.
Wo dir Titius erklaͤrt,
Wie das recht recht anzufangen,
Laͤſt, was Wittenberg gewaͤhrt,
Dich auch da nach wunſch erlangen.
Was dir nirgends war verſaget,
Nahmeſt du zu Jena an,
Wo du auf der weisheits-bahn
Dich zur ehren-burg gewaget.
Wo du dich ſo wohl gezeigt:
Wo dein grund-gelehrtes wiſſen
So durch mund und feder ſteigt,
Daß wir dich bewundern muͤſſen.
Hier hat Themis ihre ſchaͤtze
Dir erwuͤnſcht bekant gemacht.
Drum hat Halle dich bedacht,
Und zum lehrer der geſetze
Dich vor wuͤrdig naͤchſt erkannt.
Wie du dich hierbey gewieſen,
Das hat tugend und verſtand
Schon an dir voraus geprieſen.
Weimar,97Hochzeit-Gedichte.
Weimar, wo es an patronen
Der gelahrtheit nicht gebricht,
Unterließ deswegen nicht,
Deine tugend zu belohnen;
Denn ſein Hertzog, welcher ſich
Groß erweiſt an rath und thaten,
Macht aus hoher gnade dich
Zum Regierungs-advocaten.
Doch es ſteiget dein vergnuͤgen,
Edler Gerhard! weiter fort.
Denn es heiſt ein fremder ort
Dich auf ſanfften kuͤſſen liegen.
Qvedlinburg laͤſt deinen geiſt
Durch die ſchoͤnſte glut erqvicken:
Denn was Dorothea weiſt,
Muß den Ephraim entzuͤcken.
Nun iſt nichts mehr, das dir fehlet:
Nun iſt dein vergnuͤgen gantz;
Weil du dir den hochzeit-crantz
Auf den Doctor-hut erwehlet.
Jener kan, wenn dieſer druͤckt,
Alle laſt ertraͤglich machen:
Denn wen ſo ein ſchatz erqvickt,
Der muß auch bey dornen lachen.
Edler Freund! ſo gruͤnt und bluͤhet
Dein vergnuͤgen uͤberall.
Doch du bleibeſt an der Saal,
Weil dein Schatz nach Jena ziehet.
GOtt, der dieſes alſo fuͤgt,
Geb auch ferner ſein gedeyen!
So iſt Dorothee vergnuͤgt,
So kan Ephraim ſich freuen.
Hofm. w. V. Th. GDas98Hochzeit-Gedichte.
Das bey eben derſelben erwogne gluͤcke des Herrn Braͤutigams. G. Stolle.
MEin Freund! Mein ander Jch! dein wachſendes geluͤcke
Macht, daß ich meinen flor halb von den augen zieh:
Daß ich mein truͤbes ach auf eine zeit verdruͤcke,
Und mich bey deiner luſt um einen vers bemuͤh.
Er wird zwar nicht ſo rein und nett, als deiner, flieſſen:
Mein unſtern hat in mir den alten trieb erſteckt;
Doch weil ſich Ephraim und Dorothea kuͤſſen,
So wird der matte geiſt doch etwas aufgeweckt.
Jch wag es dann getroſt. Vielleicht floͤßt deine liebe
Bey meiner herben noth mir noch was ſuͤßes ein.
Und rinnt die Hypoeren in meinen verſen truͤbe,
So wird mein wille doch ohn allen tadel ſeyn.
Du biſt vor langer zeit der Weisheit nachgegangen,
Die weder Socrates noch Antoninus zeigt.
Der himmel ließ dich auch den edlen zweck erlangen,
Und hat dir ihre gunſt vollkommen zugeneigt.
Sie hat dein hertze dann in ihren port gezogen,
Das wie ein ſchwehres ſchiff im meere dieſer welt
Bey ungeſtuͤmer lufft immittelſt well und wogen,
Den vorgeſteckten lauf, trotz nacht und donner! haͤlt.
Du haſt das goͤldne Fließ, ſo Jaſon nie erblicket,
Die ruhe des gemuͤths durch ihren trieb erreicht;
So fern es in der welt den ſterblichen geluͤcket,
Allwo der wetter-ſturm auch offt im hafen ſtreicht.
Drum hat Saline dir der weisheit erantz geſchencket:
Drum haſt du auch bisher nicht ohne krafft gelehrt.
Jhr, die ihr euren ſinn auf faule luͤſte lencket,
Seht, ob ihr auch dereinſt dergleichen lob-ſpruch hoͤrt.
Die, welche du bisher vernuͤnfftig unterrichtet:
Die, welchen nichts ſo lieb, als deine freundſchafft iſt,
Sind zeugen, daß ich dir nichts fremdes angedichtet:
Sind zeugen, daß man hier die klare wahrheit lieſt.
So99Hochzeit-Gedichte.
So ſteigt, Gelehrter Mann! der bau von deinem gluͤcke,
Beſonders, da du dich der Themis anvertraut.
Wie mancher ſteiget zwar, faͤllt aber bald zuruͤcke,
Dieweil er nicht genung auf ſeine wege ſchaut.
Du aber, den der ſtern der klugheit ſtets begleitet,
Koͤmmſt auf der engen bahn der ehren gluͤcklich fort.
Drum hat die Themis dir itzt einen crantz bereitet:
Deßwegen zog ſie dich an einen hoͤhern ort.
Dein Sachſen-ſpiegel wird nebſt andern ſchrifften zeigen,
Daß du den Doctor-hut mit gutem rechte traͤgſt.
Jch will von deinem witz im advociren ſchweigen,
Worauf du dich bisher mit großem fleiße legſt.
Zwar ehr allein gewaͤhrt noch kein vollkommen gluͤcke;
Drum giebt der ehſtand dir nun auch ſein ſchoͤnſtes gut.
Die keuſche Stiſſerin zeigt dir durch ſuͤße blicke
Die auserwehlte luſt, in der die liebe ruht.
Drum biſt du hoͤchſt vergnuͤgt, ich hab es gleich geſpuͤret,
So bald als Qvedlinburg dich Jena wiedergab;
Nachdem du mir erzehlt, wie dich ihr blick geruͤhret:
Dein abriß bildete nichts als vergnuͤgen ab.
Wird nun das reichthum ſich zur ehr und luſt geſellen,
So ſeh ich weiter nichts, ſo deinem gluͤcke fehlt.
Diß aber wird ſich auch ſchon wiſſen einzuſtellen,
Nachdem dein kluger witz ſo einen ſchatz erwehlt.
Doch wuͤrde dir auch ſchon kein reichthum zugeſchicket;
Es iſt dein weiſer ſinn bey wenigen vergnuͤgt.
Lebt nur dein ſchoͤnes Kind, ſo biſt du doch begluͤcket,
Weil die vergnuͤgung dann in deinen armen liegt.
Der ehſtand war ein jahr mein himmel auf der erden,
So fiel mein liebſter ſchatz auf eine todten-bahr.
Laͤſt GOtt, Begluͤckter Freund! mein wuͤnſchen kraͤfftig werden?
So daurt dein himmelreich auf erden funffzig jahr.
G 2Be -100
Begraͤbniß-Gedichte. Trauer-ode Bey gehaltener leichen-rede Ulricaͤ Eleonoraͤ, Koͤnigin in Schweden ꝛc.
1.
JHr Gothen-kinder! weinet blut,
Laſt eurer mutter tod euch recht zu hertzen gehen,
Die trauer-fackel ſchlaͤgt um cronen eine glut,
Daß ſcepter, helm und thron in voller flamme ſtehen:
Es wird der Schwedſche purpur bleich:
Es zittert und erſtaunt das welt-geprießne Norden:
Sein licht iſt ſchwartzen naͤchten gleich,
Weil ihm die Sonne ſelbſt ſo bald verfinſtert worden.
2.
Kaum war der Pindus hier bemuͤht,
Das frohe jubel-jahr in Oſt und Weſt zu ſenden;
Nun giebt der harffen-klang ein traurig klage-lied,
Es ſtirbt die Koͤnigin der Schweden, Gothen, Wenden,
Wofern ihr nur nicht tieger ſeyd,
Muͤſt ihr bey ſolchem fall dem Loͤwen helffen klagen;
Die reiſer trifft zugleich das leyd,
Wenn blitz und donner-keil nach hohen cedern ſchlagen.
3.
Es faͤllt ins grab die marmel-bruſt,
So reiner gottesfurcht iſt ein altar geweſen,
Jhr andacht-volles hertz hat ſie mit tauſend luſt
Dem himmel noch allhier zum opffer auserleſen:
Jhr beten war gleich einer glut,
Und kont aus heiſſem trieb bis an die wolcken ſteigen;
Drum wird nach vieler jahre flut
Auch noch die fromme welt vor ihr die haͤupter neigen.
4. Hat101Begraͤbniß-Gedichte.
4.
Hat iemals klugheit und verſtand
Als weiſe ſeide ſich um cronen-gold gewunden,
So wurde dieſer ſchmuck, der ſeelen perlen-band,
Bey dieſer Koͤnigin in ſchoͤnſter pracht gefunden,
Und weil ihr geiſt recht himmliſch war,
Ließ ſie, nach ſternen art, bedraͤngten heyl genieſſen,
Denn koͤn’ge ſtellen berge dar,
Wovon genad und huͤlff als reiche ſtroͤme flieſſen.
5.
Jtzt, leyder! bricht ihr thron entzwey,
Ach daß den ſcepter auch, wurm, zeit und moder freſſen;
Doch, Schweden! faſſe dich, und dencke diß dabey:
Daß deine Koͤnigin noch nie ſo hoch geſeſſen,
Weil ſie vier theure printzen ſchon
Vor ſich vorangeſchickt aus dieſem welt-getuͤmmel;
Sind auch vier cronen nun ihr lohn;
Denn dreye trug ſie hier, die vierdte giebt der himmel.
6.
Du aber, Nordens großes Licht!
Du Schwedſcher Gideon! regiere noch viel jahre,
Daß, wenn dein Jſrael vor land und glauben ficht,
Sich oͤl und palmen-zweig mit ihren waffen paare;
Wann dann der tapffre CAROL fiegt,
Wird GOtt ſein volck im ſchoos, ihn auf den haͤnden tragen,
Es muß ohndem, wenn Schweden kriegt,
Der winter uͤbern Belt von eiße bruͤcken ſchlagen.
Die beſchaͤmte Hygea, Bey G. A. Luja, Med. D. ſchmertz - lichem abſterben, Durch J. F. O. D.
HYGEA, unſer troſt und Libitinens ſchrecken,
War, wie ſie ſtets gewohnt, vor unſer heyl bemuͤht;
Sie gab bewaͤhrten rath vor blattern, gifft und flecken,
Und wenn der matte leib von brand und ſchmertzen gluͤht:
G 3Be -102Begraͤbniß-Gedichte.
Beſonders wurde ſie von unmuth eingenommen,
Als ihr, Geehrter Herr! ſein ruff zu ohren kommen:
Der Liebſten leben ſteht in aͤuſſerſter gefahr,
Es iſt das auſſenwerck ſchon allbereits erſtiegen,
Drum mache deine kunſt doch eilend offenbar,
Und hilff durch deine macht den frechen feind beſiegen.
Die goͤttin ward hierauf mit bleicher furcht beſtricket,
Sie dachte: Fehlet dem die offt erfahrne kunſt,
Dem ſie bey andern hat ſo vielmal wohl gegluͤcket?
So lacht man meinen arm, und heiſt mein wiſſen dunſt.
Sie rieff: Zergliederung! laß iedermann erkennen,
Daß man dich billig kan mein rechtes auge nennen;
Entdecke, was da ſey die qvelle dieſer pein.
Du edle ſcheide-kunſt! nicht ſpare deine ſaͤffte,
Und zeuch den beſten kern aus kraͤutern, thier und ſtein,
Verneu durch trinckbar gold die ſchon verlohrne kraͤffte.
Sie ſah hierauf erfreut, wie man ihr haͤhne ſchlachte,
Und ſtets ihr opffer-tiſch von neuem weine floß,
Wie man ihr taͤglich mehr geweihte kertzen brachte,
Und machte ſelbſten ſich in ihrem geiſte groß.
Allein es koͤnnen ſich auch goͤtter nicht ſo freuen,
Daß Eris nicht darein kan unluſts-aͤpffel ſtreuen:
Denn Mortens mord-geſchrey verſtoͤrte dieſes feſt;
Sie ſchrie: Wer will ſich mehr auf Phoͤbens macht verlaſſen?
Denn Luja, dem er ſich ſonſt guͤtig finden laͤſt,
Sieht ſeiner ſeelen licht itzt jaͤmmerlich erblaſſen.
Hygea ſtarrte drauf, als wie vom blitz geruͤhret,
Es fiel der ſcepter ihr vor ſchmertzen aus der hand,
Jhr ſitz, den die natur verwundert aufgefuͤhret,
Woran die meß-kunſt auch hatt allen witz gewandt,
Brach unverſehns entzwey. Jhr auge ward verhuͤllet,
Der gantze tempel ward mit nebel angefuͤllet;
Die ſeuffzer ſchalleten aus der entzuͤndten bruſt;
Der adern heiſſer qvell fieng hefftig an zu wallen,
Es war die aͤrmſte kaum ſich von ſich ſelbſt bewuſt,
Daß ſie aus ungeduld ließ dieſe woͤrter fallen:
So103Begraͤbniß-Gedichte.
So windet Morta mir den ſcepter aus den haͤnden?
Die ſich ſo vielmal hat vor meinem thron gebuͤckt,
Da Charon doch ſo offt hat muͤſſen wieder laͤnden,
Und zwar durch meinen ſpruch, wenn er ſchon abgeruͤckt.
Die arge raubet nicht, die meinen kelch verachten,
Nicht die aus uͤberfluß der jahre nach ihr trachten;
Sie windt den lebens-drat auch in der helfft entzwey;
Sie fuͤhrt den winter ein auch mitten in den lentzen;
Jhr frecher blitz traͤgt nicht vor meinen prieſtern ſchen;
Noch, wider die natur, vor ihren lorbeer-kraͤntzen.
Soll ich den laͤſterern ja recht zum ſpott gedeihen:
Es ſey Hygeens kunſt ein bloſes gauckel-ſpiel,
Die krafft, ſo bezoar und ambra mir verleihen,
Verlaͤng und kuͤrtze nicht das ausgeſteckte ziel?
Hilff himmel! laß mich nicht in ſolcher ſchande leben!
Man ſchmaͤht ja deine macht, ſo du mir haſt gegeben.
Wer mir die ſchuld beymißt, wenn ein verruchtes weib
Und unerfahrner tropff, ſo mich aus mißbrauch nennen,
Aus geitz und aberwitz beſtuͤrmt des menſchen leib,
Muß noch Hygeen recht, noch ihre ſoͤhne kennen.
Mehr ließ die ungeduld nicht die erzoͤrnte ſagen,
Der eifer nahm die bruſt, und ſcham die wangen ein,
Sie konte keinen dienſt und keinen ſchmuck vertragen,
Und wolte dieſen tag gantz ungeſtoͤret ſeyn.
Allein es zwang ſie bald ſich anders zu entſchlieffen,
Daß viel vor ihre noth begehrten rath zu wiſſen.
So bald ſie munter ward, und mich erſehen hat,
Der ich nebſt andern mehr im tempel war erſchienen,
So ſprach ſie: Bringe doch dem Luja dieſes blat,
Es wird zu ſeinem troſt und mir zum ſchutze dienen.
Der innhalt war, wie folgt, nach aufgerißnem ſiegel:
Verzeih, Geliebter Freund! daß meine macht gefehlt,
Und nun dein halbes hertz, ein heller tugend-ſpiegel,
Die werthe Liebſte, wird den todten zugezehlt.
Du weiſt, es hat zwar GOtt mir ein ſolch pfand befohlen,
Von dem die ſterblichen ſich offtmal labſal holen,
G 4Wor -104Begraͤbniß-Gedichte.
Woruͤber dennoch er die oberhand behaͤlt.
Der ſonder meine krafft laͤſt neue menſchen werden,
Schickt ihren untergang, auch wenn es ihm gefaͤllt,
Und lindert nur durch mich die menſchlichen beſchwerden.
Und dieſer heiſt auch ſie die erſte ſchuld bezahlen,
Drum gieb ihm willig hin das dir geborgte pfand,
Der geiſt wird alſo los von ſeinen irrdſchen ſchaalen,
(Die doch nicht gantz vergehn) und ruht ins Hoͤchſten hand.
Bringt ſterben der natur und aͤrtzten nichts als fchrecken;
So kan es Chriſten doch nur eitel troſt erwecken.
Diß iſt der weiſen ſtein, der alle plagen hebt,
Drum will ſie laͤnger nicht in dieſer welt verweilen,
Weil hier nach ihm umſonſt ein irrdſcher Hermes ſtrebt,
Soll ſie der Trismegiſt des himmels ewig heilen.
Die gluͤcklich-verkehrte hoffnung, Bey Tit. Herrn Maximilian R. v. P. u. W.
DEr Schotten koͤnigin, das muſter vieler pein,
Die ein geſchaͤrfftes beil in Engelland gefaͤllet,
Und die der nachwelt ſich zum ſchau-ſpiel aufgeſtellet;
Grub ihren fenſtern diß mit diamanten ein,
Und ſchrieb, wofern es wahr, was man zu ſchreiben pfleget:
Der hoffnung ſpitze hat mich in den ſtaub geleget.
Was dieſe koͤnigin ihr ſelber zugedacht,
Jſt ein gemeiner ſatz, den ſonſt die meiſten fuͤhlen.
Das hoffen laͤſt uns erſt mit hundert ſaͤtzen ſpielen,
Und endlich iſts ein traum, wenn wir erſt aufgewacht.
Wer auf der hoffnung berg die ſpitze faſt erſtiegen,
Muß offtmals unverhofft geſtuͤrtzt im grunde liegen.
Man hofft bey abend-roth verklaͤrte morgen-zeit,
Pflegt gleich der tag darauf in nebel ſich zu huͤllen,
Und in der blitzen macht vor ſonnen gold zu fuͤllen
Die aͤpffel eſſen wir, die uns die wohlluſt beut,
Jn105Begraͤbniß-Gedichte.
Jn meynung durch den biß das leben zu verſuͤßen,
Wenn wir mit ſchmertz und tod die koſt bezahlen muͤſſen.
Die hoffnung ſtellt ſich uns mit einem ancker vor;
Wir glaͤuben, daß das ſchiff der fluͤchtigen gedancken
Nicht doͤrffe durch gewalt von ſeiner ſtellung wancken.
Da bricht der ancker offt, wie leichtes ſchilff und rohr.
Was groß und nahe ſcheint, was faſt in unſern haͤnden,
Verbirgt ſich, wenn die zeit ihr fern-glas pflegt zu wenden:
So ſchlaͤgt die hoffnung fehl. Die furcht, ihr widerſpiel,
Pflegt auch im ausgang offt, ſich anders zu vermaͤhlen,
Ein ſchuͤtze, der den ſchuß ſich fuͤrchtet zu verfehlen,
Trifft manchmal unverhofft das vorgeſteckte ziel.
So hat ein ſichrer leib, den faſt der tod gebunden,
Doch die geſundheit offt in kaltem giffte funden.
Ein zufall, der uns nicht, wie wir gewuͤnſcht, beruͤhrt,
Ein creutz und jammer-ſtrahl von goͤttlichem geſchicke,
Erſcheinen uns durch furcht, als lauter donner-blicke:
Da doch ein laͤger opſt offt honig in ſich fuͤhrt.
So fuͤrchten wir den weg des todes zu beſchreiten,
Der doch ein zugang iſt zu tauſend liebligkeiten,
Wie unſer große boll die ruder treibt und lenckt,
So muß das leichte ſchiff der furcht und hoffnung fahren,
Er laͤſſet deſſen thun ſich mit verwirrung paaren,
Der trotzig wolcken-an mit ſeinem Babel denckt,
Und wer aus furcht ſchon meynt den abgrund zu beruͤhren,
Den kan er an das haupt der guten hoffnung fuͤhren.
Hoch-Edle! derer geiſt itzt nichts als ſeuffzen kan,
Was unſre feder ſchreibt von umgekehrten hoffen,
Hat auf gewiſſe maß bey ihnen eingetroffen,
Und auf gewiſſe maß ſich anders dargethan.
Jhr gutes hoffen hat theils ihnen fehl geſchlagen;
Theils aber kan der mund auch von erfuͤllung ſagen.
Es war die meynung ja der nun entſeelten pein:
Der die ergrimmte hand des todes hat gefaͤllet,
Und ihn der langen reyh der todten zugeſellet,
Der ſolte mit der zeit den ahnen gleiche ſeyn,
Und hier durch tugenden des hauſes ruhm erhoͤhen,
Und ſonderlich den weg des theuren vaters gehen.
G 5Diß106Begraͤbniß-Gedichte.
Diß hoffen war gewiß auf guten grund gebaut:
Er ließ der froͤmmigkeit ſtets ausſchlag und gewichte,
Und gab den zunder ſelbſt zu dieſem hoffnungs-lichte:
Wir haben ſeinen fleiß nicht ſonder luſt geſchaut.
Sein ſteiffer vorſatz war, durch emſiges ſtudiren
Der vaͤter ehren-mahl noch hoͤher aufzufuͤhren.
Er ließ des hertzens hauß nicht einen land-weg ſeyn;
Die pforten ſtunden hier nicht einem ieden offen;
Die laſter haben ſie verſchloſſen angetroffen,
Es nahm die tugend nur diß edle zimmer ein.
Drum konte dieſer troſt aus ſolchen wurtzeln gruͤnen:
Es wuͤrde gleiches thun auch gleichen lohn verdienen.
Doch daß dis hoffen nicht erfuͤllet werden kan,
Und daß der ſchoͤne bau ſo lieblicher gedancken
Doch muſte durch den tod zu ſeinem falle wancken,
Zeigt dero wehmuth uns mit tauſend thraͤnen an.
Nur ſarg und bahre ſteht dem hertzen eingepraͤget,
Man klagt: die hoffnung ſey in erd und ſtaub geleget;
Doch wie ſo gluͤcklich hat diß hoffen ſich verkehrt?
Den ahnen gleich zu ſeyn, war wuͤnſchen und verlangen,
Drum iſt des ſohnes geiſt dem vater nachgegangen,
Ob zwar nicht ſolcher art, wie ſie vielleicht begehrt;
Er hat des todes pfad gleich ſo, wie er, genommen,
Und iſt durch gleichen weg, zu gleicher klarheit kommen.
Wie gar ſo angenehm wird deſſen ankunfft ſeyn!
Wie wird ſich ſo vergnuͤgt der geiſter freundſchafft kuͤſſen!
Mit ihnen wird die luſt ein ewig buͤndniß ſchlieſſen;
Denn ihre hoffnung reißt kein truͤber wechſel ein.
Die ehre mag ſich hier auf hoͤchſten gipffeln zeigen,
Es kan der Seelige die himmel uͤberſteigen.
Demnach ſo ruhe wohl, mit ruhm, Erblaßter Pein!
Verſchlaf in deiner grufft den reſt der letzten zeiten!
Dich wiederum zu ſehn, dich ewig zu begleiten,
Wird unterdeſſen uns ein feſtes hoffen ſeyn.
Muſt du gleich, als ein ſtern der jugend, untergehen;
Aus deiner aſche wird ein ſonnen-licht entſtehen.
GOt -107Begraͤbniß-Gedichte.
GOttes gnaden-reiches todes-urtheil zum leben, Geſprochen uͤber TIT. Herrn R. T. ꝛc. D. V. A.
1.
DEr ſchoͤppen-ſtuhl, ein kleinod dieſer ſtadt,
Dergleichen man kaum hat,
Und fremde ſelbſt als ihr oracul ehren;
Das ſonſten im gericht
Die todes-urthel ſpricht,
Muß itzo ſelbſt dergleichen ausſpruch hoͤren.
2.
Wie geht es zu? Herr Teller, der allhier
Geſeſſen fuͤr und fuͤr,
Und vielen hat das leben abgeſprochen;
Mein Freund, der liebe mann,
Hoͤrt itzund ſelber an,
Daß uͤber ihn auch ſey der ſtab gebrochen.
3.
Wem that er was? er lebte fromm und ſtill;
Es war ſein wunſch und will,
GOtt, und zugleich dem naͤchſten recht zu dienen:
Des vatern theurer geiſt
Hat ſich in ihm erweiſt:
Jhm iſt zu bald der letzte tag erſchienen.
4.
Der Werthe Mann, wie hat er ſich erbaut,
Und wacker umgeſchaut,
Als Sud und Weſt ihn willig aufgenommen;
Er reiſte hin und her
Zu land und uͤber meer,
Und war geſund vorlaͤngſten wiederkommen.
5. Er108Begraͤbniß-Gedichte.
5.
Er nahm auch drauf an gluͤck und ehren zu,
Und ſaß in guter ruh,
Vergnuͤgt in GOtt, und ſeiner perlen-crone;
Herr Berlichs hohes hauß
Gab ihm den ſchatz heraus,
Und GOtt vielmehr, der tugend ſelbſt zum lohne.
6.
Ach ein verluſt, der kaum zu ſchaͤtzen war,
Bey ihrer todten-bahr,
Als dieſer ſchatz ihm zeitlich war genommen,
GOtt aber fuͤhrt ihn an,
Daß er kam auf die bahn,
Da er hernach dergleichen hat bekommen.
7.
Jn Laußnitz liegt die ſchoͤn und liebe ſtadt,
Mein Zittau, das ihm hat
Den andern ſchatz, von perlen-art, gegeben;
Herr Harttichs edles hauß
Sieht wie der himmel aus;
Wer darein freyt, kan wohl auf erden leben.
8.
Ach aber! itzt ſitzt ſie, die Werthe Frau,
Jn keiner goͤldnen au:
Jhr ehſtand iſt zum bittern wehſtand worden;
Die kinder neben ihr
Beklagen fuͤr und fuͤr
Der wittwen noth und ihren waͤyſen-orden.
9.
GOtt aber iſts, der alles hat gemacht,
Wenn an ihn wird gedacht,
Laͤſt ſich allhier kein todtes-urtheil hoͤren.
Es iſt durch Chriſti blut
Schon alles mit ihm gut;
So ſitzen ſie, wie er, in neuen ehren.
Der109Begraͤbniß-Gedichte.
Der zeitliche verluſt und ewige troſt, Bey TIT. Herrn M. H. Hors, ꝛc. Leich-begaͤngniß. D. V. A.
1.
DJe krauckheiten, die uns plagen,
Und den leib zu grabe tragen,
Sind der erſten ſuͤnde ſold:
Vor geſundheit, ſtaͤrck und leben,
Wurde naͤſcherey gegeben,
Aſche kriegten wir vor gold.
2.
Demnach haben GOtt die krancken,
Vor die medicin zu dancken,
Die naͤchſt ihm ihr helffer iſt;
Alle kraͤuter und metallen
Muͤſſen ihr zu fuße fallen,
Und verſchaffen ruh und friſt.
3.
Aber daß ſie ſelber ſterben,
Die das leben uns erwerben,
Scheinet hart und faſt zu viel.
Der ſuccurs, der vor uns krieget,
Wird zu zeitlich ſelbſt beſieget;
Sterben iſt doch aller ziel.
4.
O daß wir bey unſern linden
Dieſes itzt an dir empfinden,
O du großer Podalir!
Deine ſonderbare gaben,
Die wir ſonſt genoſſen haben,
Fehlen uns nun fuͤr und fuͤr.
5. Deine110Begraͤbniß-Gedichte.
5.
Deine kunſt, die du geuͤbet,
Und die gantze ſtadt geliebet,
Lag auf einem guten grund.
Michael, der aͤrtzte crone,
Nahm dich auf zu ſeinem ſohne,
Du beſaßt ſein gantzes pfund.
6.
Holland mit den klugen Britten
Und des Frantzmanns nette ſitten,
Haſt du kluͤglich angeſehn.
Was die weiſen Welſchen weiſen,
Muſt in deinen langen reiſen
Dir durch aug und haͤnde gehn.
7.
Breßlau wolte deine gaben
Bald darauf gantz eigen haben,
Und verſprach dir ſeine gunſt.
Aber Leipzig hat vor allen
Dir von anfang wohl gefallen,
Als die mutter deiner kunſt.
8.
Hier biſt du bisher gewachſen,
Und die Haͤupter unſrer Sachſen
Haben ſelber dich erhoͤht.
Deine kuͤnſte, ihre proben,
Muſten ihre helden loben,
Wo die Saal und Elbe geht.
9.
Unſre hohe Pindus-ſpitzen
Ließen dich auf ihnen ſitzen,
Jn dem purpur Rector-hut.
Die catheder hat dein lehren
Unſre jugend laſſen hoͤren,
Die ſchon gute proben thut.
10. O111Begraͤbniß-Gedichte.
10.
O verluſt! den wir nun ſehen.
Da er voͤllig iſt geſchehen;
Eher denckt man kaum daran.
Finſterniß folgt nach dem lichte,
Und das leben wird zu nichte,
Wenn der artzt iſt weggethan.
11.
O gewinn! den ihm hingegen
GOtt im himmel will zulegen
Auf ſein wahres Chriſtenthum,
Dort hat er in JEſu wunden,
Seine panacee gefunden,
Hier hat er der Chriſten ruhm.
12.
O ein troſt vor die betruͤbten!
Denn ſie wiſſen den geliebten
Jtzt bey ſeinem zweck und ziel:
Und die hoffnung bleibt uns allen,
Wenn die aͤrtzte ſelbſt hinfallen,
Daß der Hoͤchſt uns heilen will.
Das klagende Goldberg, Bey Tit. Herrn Johann Preuſſes, Diaconi der kirchen zu Goldberg, todes-falle. D. M. B.
SO blitzt der himmel nun auf meine mauren loß?
Verſetzt er keil auf keil mit ſeinen donner-wettern?
Will er denn meinen berg itzt gantz und gar zerſchmettern?
O mehr als harter ſchlag! o flammen-voller ſtoß!
Wenn uͤber meiner ſtadt ſo offte feuer knallen,
Muß der erſchellte bau in aſch und ſtaub verfallen.
Mein112Begraͤbniß-Gedichte.
Mein haupt iſt noch entzwey, ich weiß nicht wo ich bin,
Die wolcken fallen mir auf den bedraͤngten ruͤcken,
Jhr ungeſtuͤmer bruch will meinen leib erdruͤcken.
O weh! es iſt geſchehn! ich ſinck in ohnmacht hin!
Der offt geqvetſchte fuß kan laͤnger nicht mehr ſtehen,
Weil das, worauf er ruht, in druͤmmern muß zergehen.
Mein ungluͤcks-brauſend meer, treibt wie vorhin ſein ſpiel,
Jch weiß die boͤſe zeit, ich rechne noch die wochen,
Da ein erboſter wind den maſt-baum hat zerbrochen,
Daß er zerſplittert weg von meinem ſchiffe fiel.
O Hertel! Theurer Mann! was hab ich ſchon vernommen,
Seit daß dein blaſſer leib ins todten-meer iſt kommen;
Das war der erſte ſturm, drauf brach die mitter-nacht,
Jn der die wolcken ſich mit finſterniß umzogen,
Daraus ein ſtarcker knall mit krachen kam geflogen,
Der meinen ſteuer-mann auch um das leben bracht.
Ach Hallmann! Großer Mann! wie biſt du fortgeſchwommen,
Sind uͤber meinen port viel tauſend ſtrudel kommen.
Du ancker meiner ruh! o meines kummers troſt!
Jch mochte meine laſt auf deine ſchultern legen,
Trotz ſchrecken, furcht und angſt! trotz allen ſcharffen ſchlaͤgen!
Und war gleich haß und neid auf meinen hals erboſt,
So wuſte deine hand das ruder ſo zu ruͤhren,
Daß mich kein zwirbel-rad auf klippen konte fuͤhren;
Wie dein compaß verruͤckt, ward der durchbohrte kahn
Jn einem ſtrengen Nord von wellen hingeriſſen,
Bald tieff, bald in die hoͤh, als wie ein ball, geſchmiſſen,
Ja er griff voller zorn den letzten ancker an.
Das war mein Suͤßenbach, der aus den todten-koͤpffen
Mich ſtatt der ſuͤßen fluth laͤſt bittre thraͤnen ſchoͤpffen.
So ſchlug der lichte ſtrahl in meinen rath-ſtuhl ein.
Ach waͤr er nur nicht auch in Zions tempel kommen!
Daraus er meinen glantz, faſt alles gold genommen:
Das ſchoͤne heiligthum verlohr der prieſter ſchein,
Als Sper und Stiller ſich zu ihren vaͤtern machten,
Die cantzel und altar in großen kummer brachten.
Ach! Theuren Lehrer! ach! waͤr euch die angſt bewuſt!
Jhr wuͤrdet recht beſtuͤrtzt aus euren graͤbern brechen,
Und113Begraͤbniß-Gedichte.
Und meiner ſeelen troſt, der mit euch ſtarb, zuſprechen.
Denn mir liegt ertz und bley auf der beſchwehrten bruſt;
Bin ich ins gottes-hauß mit andacht gleich getreten,
So laͤſt verwirrung mich nicht vor den ſorgen beten.
So pruͤft GOtt meinen ſinn: ſo ſtuͤrtzt er mich in grauß:
Und demnach will ſein grimm in heiſſem eifer wuͤtten,
Denſelben tag vor tag auf meine ſcheitel ſchuͤtten,
Nun die erhitzte hand mir reißt den pfeiler aus,
Der ſteiff und unbewegt die kirche halff erhalten,
Da ſich ihr feſter grund erſchuͤttert wolte ſpalten.
Jhr ſteine moͤget ſelbſt der feder zeuge ſeyn,
Wie Preuſſens helden-geiſt hat vor den riß geſtanden,
Als in der wahrheit-burg die groͤſte noth verhanden.
Jhm fielen dazumal offt die gedancken ein:
Man muͤſte, wolte man mit teufels-luͤgen kriegen,
Wie Pauli glaubens-ſchild, mit GOttes worte ſiegen.
Wie that der friſche mund nicht ſeine lippen auf?
Er ließ der ſtimme thon, poſaunen-gleich, erſchallen,
Und Moſes hoͤllen-fluch von ſeiner zunge fallen,
Kein draͤuen, neid, gefahr verhemmte dieſen lauff;
Nein, er war unverzagt die wahrheit anzuſagen,
Die die verkehrte welt gar uͤbel kan vertragen.
Wer aber auch zu ihm in ſeinen beicht-ſtuhl trat,
Dem wurde ſeelig wohl um das geklemmte hertze:
Es brannte lichter-loh die glaubens-helle kertze:
Die muͤde hand ward ſtarck, das knie erqvickte rath:
Die angſt zerſtreute ſich, weil GOttes zorn verfoͤhnet:
Und der zerknirſchte geiſt war nun mit luſt gecroͤnet.
O was erfahr ich doch! der liegt ſchon in der grufft,
Der mir den ſchweren ſtreich, die tief-geſchlagnen wunden
Mit ſalb aus Gilead ſo kraͤfftig hat verbunden.
Sein tod, o jammer-wort! weiſt mich in eine klufft,
Da ſorge, ſchrecken, noth, pein, foltern, ketten, degen,
Sich mit verzweiffelung ums eingeweide legen.
Der ſchmertz frißt weiter fort, wenn ich das angſt-geſchrey
Der treuen buͤrgerſchafft, und wittib hoͤre klingen,
Das ſaltz der thraͤnen ſeh aus ihren augen dringen:
Die cantzel bleibet nicht von dieſem winſeln frey;
Hofm. w. V. Th. HEin114Begraͤbniß-Gedichte.
Ein iedes heult und klagt: der wird mir weggeriſſen,
Den mich der Hoͤchſte ließ als prieſter, eh-mann, kuͤſſen.
Es traͤgt ein hohes hauß mit mir den ſchwartzen flor,
Man ſieht cypreſſen itzt bey ſeinen cedern ſtehen,
An ſtatt der roſen-art die wermuth-ſtaud aufgehen;
Wer dieſes hauß nur kennt, thut ſich in boy hervor,
Laͤſt den gebrochnen thon der trauer-lieder hoͤren,
Um des erſtarrten ſarg mit ſeuffzern zu verehren.
So lieg ich aͤrmſte nun hier unter meiner laſt!
Gefoltert und geplagt mit tauſend hertzens-riſſen;
Jch will auch gern die ſchuld durch dieſe marter buͤſſen,
Die du mir, großer GOtt! laͤngſt zuerkennet haſt.
Jch kuͤſſe deinen ſchluß und die erzoͤrnte blicke;
Doch halt vor dieſesmal den untergang zuruͤcke!
Kommt, frommen buͤrger! kommt, werfft weyrauch aufs altar!
Helfft mich, Betruͤbteſte! vor deſſen ſteine ſetzen,
Wir wollen GOttes zorn mit thraͤnen lange netzen;
Damit ich einſt vergnuͤgt, wie groß auch die gefahr,
Mit frohen augen kan auf den beſtuͤrmten hoͤhen
Jm ungewitter ſehn den regen-bogen ſtehen.
Der irrdiſche verluſt an baum und frucht, und deſſen himmliſche erſetzung, Bey Fr. A. S. F. beerdigung. D. V. A.
1.
DEr rauhe herbſt, ſo arm er ſonſt mag ſeyn,
Fuͤhrt itzt viel guͤther ein,
Die dieſes jahr Pomona hat getragen:
Wie manche ſchoͤne frucht,
Die wol ein fremder ſucht,
Wird itzt daheim vom gaͤrtner abgeſchlagen?
2.
Das iſt der zins, den uns die erde traͤgt,
Und die natur erlegt,
Wenn115Begraͤbniß-Gedichte.
Wenn ſie zuvor fein wohl bedienet worden.
Herr Schamberg iſt der mann,
Der zeugniß geben kan:
Oſt-Jndien iſt ihm gefolgt in Norden.
3.
Die Pleiße ſieht, was dort die ſee gethan,
Allhier mit freuden an,
Wie die uatur und kunſt beyſammen ſtehen.
Sie ſelber giebt den thau
Zum ſchoͤnen garten-bau,
Und ſchaͤmt ſich nicht durch ſein revier zu gehen.
4.
Was wunder, daß Hamadryas hier wohnt,
Die nymphe, die dem lohnt,
Der ſie geliebt, mit obſt aus ſeinem garten.
Der baͤume große zahl
Loͤſt ſich auch dieſesmal
Durch ihre frucht von vielen hundert arten.
5.
Wer aber ſetzt die axt den baͤumen an,
Die ihr amt wohl gethan?
Wer raubt ihr obſt, und reißt ſie aus der erden?
Die frucht mag von ſich gehn,
Sie aber bleiben ſtehn,
Und koͤnnen offt von neuem fruchtbar werden.
6.
Ach aber! ach! was iſt itzund geſchehn,
Ach! da wir, leyder! ſehn,
Wie mit der frucht der ſtamm ſelbſt iſt verdorben.
Wer hat den riß gethan?
Wen geht der ſchaden an?
Jn Schambergs hauß iſt frau und kind geſtorben.
7.
Es war ein reiß von einer edlen art,
Mit gleicher art gepaart,
H 2Und116Begraͤbniß-Gedichte.
Und wolte nun auch ſolche fruͤchte tragen.
Allein des Hoͤchſten hand
Hat alles umgewandt,
Und mit der frucht den baum ſelbſt umgeſchlagen.
8.
So dencken wir, wenn wir die erd anſehn,
Und was auf ihr geſchehn:
Ein anders iſt im himmel zu erblicken.
Ach ſehet! ſeht geſchwind,
Wie mutter und ihr kind
Jn Chriſti ſchoos mit luſt zuſammen ruͤcken.
9.
Da leben ſie und ſterben nimmermehr;
Und hier bleibt ruhm und ehr
Jn vollem glantz, den ſie hat hinterlaſſen.
Es wird ihr tugend-ſchein
An ſtatt der kinder ſeyn:
Wer wolte nicht auch dieſe frucht umfaſſen?
Ruhe im alter auf unruh in der jugend, Bey Herrn J. M. Leichen-begaͤngniß. D. V. A.
1.
WEr in dem fruͤhling ſeiner jahre
Gar wenig ſtill geſeſſen hat,
Und koͤmmt im alter auf die bahre,
Der ſchwitzet fruͤh und ruhet ſpat.
Er weiß ſich in die zeit zu ſchicken,
Und wenn ſie kommt, auch abzudruͤcken.
2. Wie,117Begraͤbniß-Gedichte.
2.
Wie, wenn ein ſchiff die ſtoltzen wellen,
Nach Sud und Nord, nach Oſt und Weſt
Sich hin und her hat laſſen prellen,
Jm port die ſegel fallen laͤſt:
So kan, wer jung viel ausgeſtanden,
Mit guter ruh im alter landen.
3.
Herr Muͤnchen iſt es ſo geluͤcket,
Daß er, nach ſeiner jugend laſt
Die ruh im alter hat erblicket,
Und nun im himmel gantz umfaßt.
Die ſonn iſt ihm hier aufgegangen,
Dort aber kann er ſie umfangen.
4.
Er ſtammte her aus edlen blute,
Und wurde jung zur friedens-zeit.
Jhm aber kam es nicht zu gute;
Auf friede folgte krieg und ſtreit,
Was hat er in den fruͤhlings-jahren
Vor froſt und hitze nicht erfahren?
5.
Ein edler geiſt iſt wie die ſlammen,
Die uͤber rauch und flammen gehn:
Wenn alles ungluͤck kommt zuſammen,
Bleibt er in vollem glantze ſtehn.
So wuſte ſich Herr Muͤnch zu ſchicken,
Was hat ihn koͤnnen unterdruͤcken?
6.
Er gieng aus ſeinem vaterlande,
Und kam bey großen Herren an,
Mit was vor treu, witz und verſtande
Hat er es andern vorgethan?
Des Kaͤyſers freund, rath und legate
Erfuhr, was ſeine feder thate.
H 37. Was118Begraͤbniß-Gedichte.
7.
Was ſag ich mehr von andern proben,
Die Franckreich, Deutſch - und Niederland
Jn ſeinen reiſen muſte loben,
Es liebt ihn, wer ihn nur gekannt.
Was wunder, daß er hier in Sachſen
Jn frieden endlich hochgewachſen?
8.
Die goͤldne zeit, der edle frieden,
Kam endlich wieder bey uns an,
Wie hat ihm da, als einem muͤden,
Die ruh auch ſanfft und wohlgethan.
Des landes ſchatz war bey den linden,
Jn ſeiner treuen hand zu finden.
9.
Da ruht er nun bey viel beſchwerden,
War GOtt und ſeinem Fuͤrſten treu;
Und da ihn GOtt nimmt von der erden,
Bleibt ſein andencken friſch und neu.
Sein guter ruhm wird bey uns bleiben,
Weil man wird ſteuer-zeddul ſchreiben.
Schmertzliches leyd Des Ryſſeliſchen Hauſes, Bey hertzlicher freude des gautzen landes, Als TIT. Herr H. v. R. beerdiget wnrde. D. V. A.
1.
WAs iſt geſchehn, wie ſieht ihr werthes hauß
Ach leyder! itzund aus?
Was119Begraͤbniß-Gedichte.
Was macht allhier die menge der eypreſſen?
Der Sachſe triumphirt,
Und weil es ſich gebuͤhrt,
Muß Leipzig itzt der palmen nicht vergeſſett.
2.
Ein ieder rufft: Du Landes-Vater, du!
Victorie! gluͤck zu!
Die raut iſt dir zum lorbeer-krantze worden,
Ein ieder ſchmuͤckt ſein hauß
Mit ſieges-palmen aus,
Weil du vertreibſt der Tuͤrcken raub und morden.
3.
Wie ſtellſt du dann, du Edles Eltern-Paar!
Dich itzt ſo traurig dar?
Was weineſt du, wenn andre froͤlich ſingen?
Wirff die cypreſſen hin,
Die palmen ſind noch gruͤn,
Du kanſt ſie itzt dem Sachſen-Helden bringen.
4.
Ach aber! ach! wenn Tuͤrck und Tartar weicht,
So koͤmmt der tod und ſchleicht
Jn euer hauß, und raubt das allerbeſte;
Der allerliebſte Sohn,
Muß mit ihm ſelbſt davon,
Und was noch mehr, kein ander bleibt im reſte.
5.
O ungeluͤck! o ſchaden und verluſt!
O wunden einer bruſt,
Die euch der tod, durch ſeinen tod, geſchlagen!
Der alters-ſtab zubricht,
Und des geſchlechtes licht
Wird ausgeloͤſcht, und in die grufft getragen.
6.
Es bleibt darbey, daß eltern traurig ſind,
Wenn auch ein kleines kind
H 4Muß120Begraͤbniß-Gedichte.
Muß in der wieg und an der bruſt verderben.
Ach aber! was vor ſchmertz
Trifft denn der eltern hertz,
Wenn, wie allhier, ein großer ſohn muß ſterben.
7.
Er war ein baum, da man nach voller bluͤt
Viel ſchoͤne fruͤchte ſieht,
Und allbereits kan auf den nutzen dencken.
Er war ein reiches ſchiff,
Das ſchon in hafen lief;
Was koͤnte mehr die frommen eltern kraͤncken?
8.
Doch nur getroſt! wo dient allhier ein ort,
Zu einem ſichern port?
Schaut uͤber euch, da ſeht ihr ihn anlaͤnden,
Dort bluͤht er fuͤr und fuͤr,
Und ſeiner fruͤchte zier
Bleibt wohl verwahrt in JEſus treuen haͤnden.
9.
Er triumphirt, nachdem er ſelber ſiegt,
Und die, ſo ihn bekriegt,
Tod, ſuͤnd und welt hat in die flucht geſchlagen;
Er fuͤhrt ein ſieges-pfand
Von palmen in der hand;
Wie! wollen ſie noch laͤnger ihn beklagen?
10.
Triumph, triumph! ſo ſiegt ihr Sohn und wir;
GOtt ſey gedanckt dafuͤr!
Dort iſt der Tuͤrck und hier der tod vertrieben;
Wie ſolten wir allein
Noch ferner traurig ſeyn?
Jhr lieber Sohn iſt GOtt zur beute blieben.
Die121Begraͤbniß-Gedichte.
Die Allerbeſte reiſe in einem ſeeligen tode, Fr. R. M. S. geb. C. D. V. A.
1.
WO iſt ihr edler geiſt
Und himmel-volle ſeele
Aus ihrer leibes-hoͤle,
So ploͤtzlich bingereiſt?
Wie hat ſie ſich erhoben?
Jhr hingang iſt zu loben.
2.
Wer wird es nicht geſtehn,
Herr Schamberg kan erweiſen,
Daß ſeiner Liebſten reiſen
Weit uͤber ſeine gehn.
Oſt-Jndien iſt ferne;
Noch weiter ſind die ſterne.
3.
Was hat er nicht geſehn
Zu waſſer und zu lande?
Was iſt in ſeinem ſtande
Vor nutz darbey geſchehn?
Es brauchen edle geiſter
Meiſt die natur zum meiſter.
4.
Was aber vor gefahr
Jſt auch dabey geweſen?
Es laͤſt ſich leichter leſen,
Als ſelber ſtellen dar;
Wo kranckheit, ſturm und wellen
Zu barbarn ſich geſellen.
H 55. O122Begraͤbniß - Gedichte.
5.
O aber! wie ſo gut
Und gar von andrer weiſe
Jſt ſeiner Liebſten reiſe,
Die ſie in himmel thut!
Sie zieht zu ihrer ſonne
Mit lauter freud und wonne.
6.
Dort folget nun die that,
Da unter viel beſchwerden,
Die hoffnung hier auf erden,
Jhr vorgebirge hat.
Kein ſturm kan ihr mehr ſchaden,
Jhr ſchiff iſt ausgeladen.
7.
Was geht ſie Zeylan an?
Hat Holland ſein ergetzen
An Java reichen ſchaͤtzen?
Damit iſts nicht gethan.
Das paradieß vor allen,
Hat ihr allein gefallen.
8.
Sie laͤſt zwar auf der ſee
So mann als kinder ſchweben,
Und ihr betruͤbtes leben
Fuͤhlt lauter ach und weh:
Und dennoch wird ihr ſegen
Auch dieſen ſturm bald legen.
9.
Sie aber bleibt in ruh,
Und außer allem leide,
Jn ſteter luſt und freude;
Wir wuͤnſchen gluͤck darzu:
Und ſtehn am ufer ſtille,
HErr! bis geſchieht dein wille.
Der123Begraͤbniß-Gedichte.
Der Seelig-ſterbenden verluſt und gewinſt, Bey H. C. B. grabe. D. V. A.
1.
GOtt lob! der marckt geht an;
Es macht der fremden menge
Die gaſſen ziemlich enge:
Die boͤrß iſt aufgethan:
Mercur laͤſt ſeine waaren
Schon hin und wieder fahren.
2.
Was macht der tod hierbey?
Wo iſt der hergekommen?
Wer hat ihn eingenommen
Mit ſeiner ſchacherey?
Man muß ihm leib und leben
Vor ſtaub und aſche geben.
3.
Sein handel iſt zwar alt;
Seit Eva mit der ſchlangen
Den naſchmarckt angefangen,
Hauſiert er mannigfalt:
Es thut in allen laden
Der ſtoͤrer großen ſchaden.
4.
Was vor ein capital
Hat er itzt aufgehoben?
Er greifft im ſturm und toben
Selbſt nach dem principal;
Er hat mit ſeinen knochen
Der meß ihr recht gebrochen.
5. Wer124Begraͤbniß-Gedichte.
5.
Wer kennt Herr Brummern nicht?
Wer ruͤhmt nicht ſeinen handel
Und vollen tugend-wandel?
Den hat er hingericht.
Jhn heiſt er mit ſich gehen,
Und laͤſt die waaren ſtehen.
6.
Sonſt zahlt man der natur
Die ſchuld mit grauen haaren;
Und in den beſten jahren
Lacht man des todes nur;
Ein anders, wie wir ſehen,
Jſt itzund hier geſchehen.
7.
Es ſtirbt nicht allezeit
Ein mann von ſolchen reiſen,
Den Deutſch und fremde preiſen
Nach wuͤrden weit und breit.
Wie hat die netten ſitten
Der tod ſo hart beſtritten!
8.
Es klagt ihn, wer nur kan;
Wer ſieht der Liebſten ſchmertzen
Und in der freundſchafft hertzen
Das leid ohn unmuth an?
Der tod hat uͤber hoffen
Den kauff zu bald getroffen.
9.
So dencket fleiſch und blut:
GOtt wird ſie anders lehren;
Wie! wollen ſie nicht hoͤren,
Was ihm geſchieht zu gut?
Es iſt im handels-orden
Der tod ſein leben worden.
Der125Begraͤbniß-Gedichte.
Der zeitlich-ſterbende und ewig-lebende phoͤnix, Herrn M. J. C. G. ꝛc. D. V. A.
1.
DIe hoffnung iſt nun aus,
Das war die letzte flamme
Aus Geyers edlem ſtamme,
Ein ſtifft vom gantzen hauß,
Das zwar die ſchweſtern zieren
Doch nicht den namen fuͤhren.
2
Es iſt zwar laͤngſt geſchehn,
Daß aus der Geyer orden
Ein eintzler phoͤnix worden;
Mehr hat man nicht geſehn:
Doch da er muſte ſterben,
Ließ er auch einen erben.
3.
Jch ziele hier auf dich,
Du phoͤnix dieſer lande!
Du adler in dem ſtande,
Den GOtt behaͤlt vor ſich!
Du Nathan! deſſen gaben
Wir itzt an Spenern haben.
4.
Du hatteſt einen Sohn,
Mein Geyer! erſter ehe,
Der aber bald, o wehe!
Eilt aus der welt davon.
Er haͤtte ſonſt auf erden
Ein phoͤnix koͤnnen werden.
5. Wie126Begraͤbniß-Gedichte.
5.
Wie ruͤhmlich war ſein fleiß:
Wie wuſt er ſein ſtudiren
So nuͤtzlich fort zu fuͤhren!
Die tugend war ſein preiß:
Sein lorbeer und eypreſſen
Sind bey mir unvergeſſen.
6.
Es bliebe nicht darbey:
Wir konten uns getrauen
Am andern ſohn zu ſchauen,
Daß er ein phoͤnix ſey;
An dem des vaters gaben
Wir ſolten wieder haben.
7.
Er war von guter art,
Des himmels reine flammen
Verbunden ſich zuſammen,
Als er geboren ward:
Carpzoys und Geyers namen,
Sind der gerechten ſaamen.
8.
Ein ſolcher doppel-ſtamm
Kan gute fruͤchte bringen;
Ein phoͤnix muß ſich ſchwingen
Aus einer ſolchen flamm:
Hier iſt es auch geſchehen;
Wer hat es nicht geſehen?
9.
Wer weiß nicht, wie er ſchon
Der tugend ſich ergeben,
Bey ſeines Vaters leben
Der wohlgerathne Sohn?
Man ſah in jungen jahren
Jhn mit den Muſen paaren.
10. Der127Begraͤbniß-Gedichte.
10.
Der Mutter treue hand
Fuͤhrt ihn zu unſern linden;
Wo gleiche kunſt zu finden,
Hat ſie ihn hingeſandt:
Tuͤbingen, Straßburg, Gießen,
Ließ nectar auf ihn flieſſen.
11.
Nun war es an der zeit,
Nachdem er wiederkommen,
Und trefflich zugenommen,
Daß er ſie auch erfreut:
Allein ſie geht im leide;
Wo bleibet ihre freude?
12.
GOtt hat es ſelbſt gethan,
Woruͤber ſie will klagen,
Jhr phoͤnix laͤſt ſich tragen
Zu ſeinem pelican:
Der wird ihn einſt verjuͤngen,
Und wieder zu ihr bringen.
Auf den unerſetzlichen verluſt des unver - gleichlichen heldens, Johann Wilhelms, Hertzogs zu Sachſen, Kaͤyſerl. General-Feld-Mar - ſchall-Lieutenants ꝛc. ſo an. 1707. den 15. Auguſti vor Toulon geblieben. G. S. Keßler.
DEr himmel hat ſich nun vor Deutſchland aufgeklaͤret:
Der truͤbe jammer ſtreicht mit ſeiner macht vorbey:
Es hat uns mancher tag die frohe poſt gewaͤhret,
Daß heyl und ſegen nun bey unſern waffen ſey.
Das128Begraͤbniß-Gedichte.
Das gluͤcke ließ uns zwar einſt in gerechter ſache
Als ein zerſtoßnes ſchiff an rauhen klippen ſtehn;
Wir ſeufftzten, doch umſonſt, daß die erzoͤrnte rache
Moͤcht in gerechtem muth auf unſre feinde gehn.
Die Schelde lieff betruͤbt, dem Ocean zu ſagen:
Es dringe word und tod bey ihrem ufer ein.
Der Rheinſtrom eilte nach faſt gleiche noth zu klagen;
Er muſte mehr von blut als trauben traͤchtig ſeyn.
Und der entfernte Po trieb die beſtuͤrtzten wellen,
Jn furcht und bloͤder angſt durch oͤde wuͤſten hin;
Die Donau wolte gar zu lauter unmuth ſchwellen,
Und ließ ihr truͤbes naß durch dicke leichen ziehn.
Gantz Deutſchland lag entſetzt als in den letzten zuͤgen,
Weil ihm das meſſer faſt an ſeine kehle ſtieß.
Die freyheit ſolte ſich in Franckreichs ketten ſchmiegen,
So jener frechheit ſchon in unſern grentzen wieß.
Doch goͤnnt der himmel nur der bosheit ihre freude,
Wie man den buben wein am nahen galgen ſchenckt:
Das unrecht wird erhoͤht zu groͤßerm fall und leide,
Weil, was im munde ſchmeckt, offt in den daͤrmen kraͤnckt.
Seit dem Eugenius ſein tapffres ſchwerd gezuͤcket,
Wovon Stamboldens reich noch manche wunde fuͤhlt;
Seit dem die Britten uns den Gideon geſchicket,
Der auf gemeines heyl mit ſeinen waffen zielt:
So ſchmuͤckt ſich unſer land mit frohen lorbeer-zweigen,
Wirfft ſeine trauer ab, und zieht den purpur an.
Der Deutſche kan getroſt die Alpen uͤberſteigen,
Der unerſchrockne muth bricht ihm die harte bahn.
Der Var-ſtrom klagt und zagt, ſeit dem an ſeinem ſtrande
Ein unermuͤdet heer das große lager ſchantzt.
Die weite kuͤſte bebt, daß unweit ihrem ſande
Die nahe flotte ſchon die kuͤhnen maſten pflantzt.
Marſeille buͤcket ſich, es hoͤrt den donner knallen,
Der in ergrimter macht aufs nahe Toulon ſchlaͤgt;
Das bange Dauphine laͤſt muth und hoffnung fallen,
Weil ſich das ungemach in dem gebirge regt.
Paris iſt außer ſich, der große Ludwig zittert,
Er ſoll nicht mehr, wie vor, der große Ludwig ſeyn.
Das129Hochzeit-Gedichte.
Das ſteuer-ruder bricht, das leere ſchiff erſchuͤttert,
Und nimmt aus furchtſamkeit die ſtoltzen flaggen ein.
So iſt die frohe poſt der laͤnder durchgedrungen,
Die mit vereinter krafft in ihren waffen ſtehn;
So iſt manch freuden-lied zu unſer luſt erklungen:
Die goͤldne freyheit ſoll in ſieges-kraͤntzen gehn.
Jndeſſen dencket man auf friſche lorbeer-cronen,
Die pflicht und danckbarkeit den deutſchen helden reicht;
Die demuth muͤhet ſich die thaten zu belohnen,
Vor deren treffligkeit das alte Rom entweicht.
Jan Wilhelms tapffrer geiſt liegt Sachſen in dem ſinne;
Wenn uns ein neuer brief von neuen thaten ſagt,
Wird unſre neugier auch der helden-proben inne,
Jndem Jan Wilhelm auch ſein blut dabey gewagt.
Die freude laͤſt ſich drauf in tauſend ſeelen ſpuͤren,
Darzu ein ieder mund ein frohes vivat ſpricht.
Wir dencken Wilhelms haupt mit palmen auszuzieren,
So bald ein friedens-blick auf unſre grentzen bricht.
Doch ſpielt der morgen ſchon mit heitren ſonnen-lichte,
Wenn ein beliebter ſtrahl bey fruͤhen ſtunden lacht;
So wird die anmuth doch in einem nu zu nichte,
So bald ein wolcken-zug den mittag duͤſter macht.
Die hoffnung will uns offt mit ſuͤßem manna ſpeiſen,
Doch wird ein mara-tranck zum letzten aufgeſetzt.
Der abend thoͤnet offt mit bangen trauer-weiſen,
Wo uns zu mittag noch ein freuden-lied ergetzt.
Die buͤhne dieſer welt ſtellt ihre froͤligkeiten
Zu allgemeiner luſt bey erſten ſeenen auf;
Doch treten ſchertz und ſpiel gar ſchleunig auf die ſeiten,
Es hemmt ein jaͤher fall der wohlluſt ihren lauff.
Wir lachen in der ſee, und ſehen den delphinen
Jn ſanffter ſpiegel-fluth bey ihrem tantze zu.
Der himmel (dencket man) muß unſre fahrt bedienen,
Der angenehme weſt befoͤrdert unſre ruh.
Doch eh wir uns verſehn, will ſturm und wetter toben,
Und faͤllt den ſchweren maſt mit allen kraͤfften am;
Die ſee ſtoͤßt unten auf, der rauhe nord von oben,
Daß man dem ungemach offt nicht entrinnen kan.
Hofm. w. V. Th. JVer -130Begraͤbniß-Gedichte.
Verwirrtes thun der welt! verkehrte wechſel-gaͤnge!
Nach ſchoͤnen blumen folgt der neſſel-uͤberfluß;
Es ſiehet luſt und leid in aͤngſtlichem gedraͤnge,
Da jene dieſem doch, als ſtaͤrckern, weichen muß.
Was aber ſoll ich lang mit dunckeln worten ſpielen?
Jch ſage kuͤhnlich aus, was meine ſeele kraͤnckt:
Will ſchon das bange weh in marck und adern wuͤhlen;
Sind mir die lippen doch zu klagen nicht verſchrenckt.
Jan Wilhelm iſt dahin! Darff man der poſt auch glauben,
Die als ein donner-ſchlag in ohr und hertze bricht?
Wie? ſolt ein ſchneller fall den theuren Fuͤrſten rauben?
Vielleicht daß noch ein brief der zeitung widerſpricht!
Ach leyder! allzuwahr, Jan Wilhelm iſt verblichen,
Als ein verfluchtes bley nach ſeinem haupte ſchlug.
Es iſt der große Printz uns allzufruͤh entwichen,
Der zu gemeinem heyl die ſtrengen waffen trug.
Was ſoll ich nun, o Held! von deinen thaten ſagen?
Du haſt dein lob nicht gern im leben angehoͤrt.
Soll ich den fruͤhen tod mit tauſend thraͤnen klagen?
Es wird ein helden-grab mit thraͤnen ſchlecht geehrt.
Dein leben darff ich wol die tugend-kette nennen,
Da ſich ein goͤldnes glied ſtets in das andre ſchlingt.
Du gabſt die treffligkeit mit ſolcher krafft zu kennen,
Vor welchen ſelbſt der neid als ſprach-los niederſinckt.
Kaum iſt dein Helden-geiſt dem wiegen-band entgangen,
Als dich ein hoher muth auf hohe thaten weiſt.
Du haſt mit ſolchem ruhm dein leben angefangen,
Als mancher ſonſten nie der wercke lauff beſchleuſt.
Zwar ſcheint dein Fuͤrſten-glantz in ungemeiner flamme,
Dir theilt dein großes Hauß die reinſten ſtrahlen mit,
Es kennt der creiß der welt den ruhm von deinem ſtamme,
Der mit den ſternen faſt in gleiche circkel tritt;
Jedennoch wolteſt du ein Fuͤrſt mehr von gemuͤthe
Als von gebluͤte ſeyn. Der name ziert dich zwar,
Dich ehrt der Rauten-ſtock, dich preiſet dein gebluͤte;
Doch macht dich dein verdienſt vor allen offenbar.
Es wuͤrget Herculs fauſt ſchon ungeheure drachen,
Wenn er die mutter-bruſt noch in der wiege kuͤßt.
Es131Begraͤbniß-Gedichte.
Es will ſich Hannibal ſchon an die Roͤmer machen,
Wenn er der eltern zucht noch nicht entwachſen iſt.
Der loͤwe zeiget ja die unerſchrockne klauen,
Wenn er vor zaͤrtligkeit noch in der hoͤle liegt.
Der adler laͤſt die krafft an ſeinen federn ſchauen,
Ob ſeine ſchwachheit ſich noch in dem neſte ſchmiegt;
Dein aufgeweckter muth ließ ſeine wercke ſehen,
Als ſich die kindheit noch in deinen gliedern regt;
Und dein erhitzter geiſt wolt in dem harniſch gehen,
Wenn andrer bloͤdigkeit ſich noch mit purpur traͤgt.
Jedoch auf krieg und blut, auf ſchwerd und pulver dencken,
Eh man das edle blut nach wuͤrden ſchaͤtzen kan,
Kan zwar des namens glantz bis an die ſterne lencken,
Doch klebet tyranney den großen thaten an.
Verſtand und gottesfurcht ſind die erwehlten zuͤgel,
Womit ein muntrer held die muntre ſeele fuͤhrt:
Verſtand und gottesfurcht ſind die geſtaͤrckten fluͤgel,
Womit er adlern gleich den ſchnellen flug regiert.
Jan Wilhelm ließ ſich nicht die gaͤhe hitze treiben,
Wie die verwegenheit ſich offt zum degen wagt,
Sein hertze muſte ſich dem Hoͤchſten erſt verſchreiben,
Eh er der welt den dienſt zu kriegen zugeſagt.
Es ſchien, der ernſt waͤr ihm von Ernſten angeboren,
Den itzt die affter-welt mit recht den Frommen heiſt;
Er hatt ihm Gottes wort zur regel auserkohren,
Als welches uns die kunſt ein land zu ſchuͤtzen, weiſt.
Zwar will ein Julian des bibel-leſens ſpotten,
Dieweil nach ſeinem ſinn es feige hertzen macht,
Er jagt die Chriſten fort aus ſeinen krieges-rotten,
Weil andacht, wie er denckt, im treffen zagt und ſchmacht;
Doch kan das heilge blat mehr wahrer helden ſtellen,
Als uns Homerens ſchrifft in dummen fabeln zeigt.
Ein trieb von jener macht kan ja mehr feinde faͤllen,
Als ſonſt Achillens fauſt Trojanen niederbeugt.
Dir lag, Durchlauchtigſter! dein GOtt in den gedancken,
Und ſein geliebtes wort nahm deine ſinnen ein,
Dich hielt des Hoͤchſten furcht in den geſetzten ſchrancken,
Doch war die andacht nicht ein bloſer heuchel-ſchein
J 2Nach132Begraͤbniß-Gedichte.
Nach argliſt unſrer welt; Man fuͤhret GOtt im munde,
Man ruͤhmt die heiligkeit, man ſtellt ſich redlich an,
Man legt das Chriſtenthum im regiment zum grunde,
Nur daß man fuͤglicher das volck regieren kan;
Jm hertzen glaubt man nichts. Mit worten GOtt beken -
nen,
Jm hertzen doch noch mehr voll heißer andacht gluͤhn,
War Wilhelms emſig thun. Die ſeuffzer muſten brennen,
Wenn ſich ſein hoher geiſt wolt um ein werck bemuͤhn,
Das unſer heyl betraff. Schreibt Ajax ſchon das beten
Jn blinder wuͤterey den feigen memmen zu:
Will der von Friedland nicht vor ſeinen Schoͤpffer treten,
Sucht im geſtirne gluͤck und in den puncten ruh,
Eh er ein treffen wagt; So waren Wilhelms ſinnen
Von einer frommen art weit anders abgericht.
Des glaubens wurde man zwar aus den wercken innen,
Doch that er in geheim dem Hoͤchſten ſeine pflicht.
Sein tempel war ſein zelt. Darff ich, o Wilhelm! ſagen,
Was deine tugend uns hier ſtets verborgen hat?
Wie offte wolt ich mich zu deinem zelte wagen!
Jedoch begeht ein knecht nicht leicht die kuͤhne that,
Daß er den Printzen ſtoͤrt; vielleichte moͤchtſt du ſchlafen;
Denn wen die nacht bemuͤht, der ſucht am tage raſt.
Vielleichte (dacht ich) macht dir wol ein buch zu ſchaffen;
Denn dieſes haſt du auch gar offt zur hand gefaßt.
Die ſtille trieb mich ab: Doch wolte ſichs nicht ſchicken,
Wenn mich die wichtigkeit nicht ferner ſaͤumen hieß,
So gieng ich naͤher zu; da kont ich offt erblicken,
Was andacht, eifer, ernſt und GOttes liebe wieß.
Du lagſt auf tieffem knie mit treu-gefaltnen haͤnden,
Und flehteſt deinen GOtt um huͤlff und ſegen an.
Sich von den menſchen weg zur leiſen ſtille wenden,
Jſt wahrer andacht werck, die kraͤfftig beten kan.
Zwar wird ein Thraſo wol die eckle naſe ruͤmpffen,
Doch Wilhelm acht den ſpruch der tadler gar nicht viel.
Die hoͤlle pfleget dis nach ihrer art zu ſchimpffen,
Was nach dem himmel ſteigt, und GOtt gefallen will.
Wo133Begraͤbniß-Gedichte.
Wo nun das Chriſtenthum zum ſichren grunde lieget,
So wird der tugend-bau gar leichtlich aufgefuͤhrt;
Und wo man fleiſch und blut durch GOttes wort beſieget,
Hat witz und klugheit auch die ſeelen ausgeziert.
Du biſt, Durchlauchtigſter! der niedrigkeit entflogen,
Und dein verſuchter ſinn, dein himmliſcher verſtand,
Nach welchem du genau der ſachen werth erwogen,
Macht deinen großen ruhm der weiten welt bekant.
Zwar darff es nicht bey dir, von fremden dis zu borgen,
Was dir ein volles maaß vorlaͤngſten beygelegt;
Doch war dein friſcher muth voll ungeſaͤumter ſorgen,
Ein trieb, der andre zeucht, hat dich auch angeregt.
Du dachteſt in die welt. Du haſt die herrligkeiten
Und fremder voͤlcker thun begierig angeſchaut.
Dir wieß der erſte zug die ſchoͤnen ſeltenheiten,
Worauf das Niederland ſo pracht als nutzen baut.
Dich ſah das freye volck mit unverwandten blicken,
Als das ſchon bey ſich ſelbſt aus deinen augen laſ:
Daß deine ſtarcke fauſt ſolt ihren Staat begluͤcken,
Der damals ſchon nicht mehr in ſichrer ruhe ſaß.
Dich trug die ſee darauf ins große reich der Britten,
Es nahm dich Engelland als deutſchen engel an.
Du ſaheſt Londens pracht und ſeiner buͤrger ſitten,
Wie ſich die Themſe naͤhrt und auch beſchuͤtzen kan.
Der große William wieß dir viel liebes-zeichen,
Er nahm an dir, o Printz! was ungemeines wahr;
Sein Withal muſte dir die holden kuͤſſe reichen,
Dein ſtern macht ſeinen glantz durch helden offenbar.
Hat einſt der Sachſen macht das Britten-volck bezwungen,
Und ihren thron daſelbſt zur herrſchafft aufgefuͤhrt;
So iſt Jan Wilhelms huld von neuen durchgedrungen,
Von welchen jedes hertz ſich als bezwungen ſpuͤrt.
Allein das feuer kan doch keine ruhe finden,
Es treibet ſeine loh in lichten flammen auf.
Der himmel weiß ſich doch auf keine ruh zu gruͤnden,
Er gehet um und um, weil der gewohnte lauff
Die ruh in unruh ſucht. Du gleichſt den heißen flammen,
O mehr als theurer Held! und weiſt von keiner ruh.
J 3Dein134Begraͤbniß-Gedichte.
Dein angeborner muth muß von dem himmel ſtammen,
Du thuſt dir ſelbſt die thuͤr zur ſanfften ſtille zu,
Und geheſt weiter fort. Das unermuͤdte reiſen
Jſt deiner ſinnen luſt. Es ruͤhmet Wallenſtein,
Daß Welſchland ihm allein was kluges koͤnnen weiſen,
Und ſeine lehrerin in ſeltnen kuͤnſten ſeyn:
Er dachte keinen faſt der freundſchafft werth zu ſchaͤtzen,
Der auf den Apennin nicht ſeinen fuß gewagt:
Jch koͤnte mich dem ſpruch gar wohl entgegen ſetzen,
Da man oracul auch an naͤhern orten fragt;
Doch Wilhelm iſt bemuͤht Jtalien zu ſchauen,
Das paradieß der welt, Europens ſchoͤnſte pracht,
Der anmuth luſt-revier, wo die natur will bauen,
Was anderswo die kunſt mit ſaurem fleiße macht.
Hier ſaheſt du das feld, das einſt von deinen kriegen
Und deinem helden-muth ſolt in dem rauche ſtehn:
Hier ſahſt du manche ſtadt, die einſt nach deinen ſiegen,
Jn tieffer niedrigkeit dir ſolt entgegen gehn,
Wo Hannibal gekaͤmpfft, wo Fabius geſaͤumet,
Wo Caͤſars ſtarcker arm die ſieges-fahnen trug,
Wo Alarich erhitzt den eifer ausgeſchaͤumet,
Wo Totila die macht der feigen Welſchen ſchlug.
Hier fiel das ſtoltze Rom dir endlich ins geſichte,
Die große herrſcherin der alten vorder-welt:
Was uns ein blat geſagt, was ehmals die geſchichte
Vor grauer zeit gelehrt, iſt hier noch aufgeſtellt;
Doch als ein ſchatten-bild. Es liegt das aas der zeiten,
Das ſein gerippe nun mit neuer pracht geſchmuͤckt.
Die ſaͤulen trotzten einſt die ſpaͤten ewigkeiten,
Man findt das ertzt nicht mehr, der marmor iſt zerſtuͤckt.
Hier ſahſt du, Kluger Fuͤrſt! wie zeit und ſchickſal ſpielen;
Wie ein bejahrtes reich ſich ſelbſt verzehren muß;
Wie tod und untergang auf cron und throne zielen;
Wer heut das haupt erhebt, liegt morgen unterm fuß.
Doch was in Rom vergeht, kommt in Venedig wieder,
Weil die regierungs-form faſt jener alten gleicht,
Die pracht des großen raths und ſeiner edlen glieder
Jſt wuͤrdig, daß auch Rom vor ihm die ſegel ſtreicht.
Dein135Begraͤbniß-Gedichte.
Dein auge ſaͤumet nicht die wunder anzumercken,
So mitten in der ſee in vielen inſuln ſtehn,
Wie noth und kunſt den ort durch druͤcken kan beſtaͤrcken,
Da ſeine kahue doch durch alle gaſſen gehn.
Auf reiſen kan man mehr in einem tage wiſſen,
Als uns ein gantzes jahr aus ſtummen buͤchern lehrt.
Und dis, worauf, o Printz! dein eifer war befliſſen,
Hat die erfahrung dir begierig zugekehrt.
Doch ſoll ich anders nichts, als Wilhelms reiſen zehlen?
Nein: Ob Vlyſſes ſchon durch ſee und laͤnder ſchweifft;
So will ihm dennoch viel an ſeinem ruhme fehlen,
Wenn ſeine rege fauſt nicht nach dem degen greifft.
Jan Wilhelms ernſter muth ſchaut endlich nach den waffen,
So ihm des himmels ſchluß vorlaͤngſten zuerkannt:
Ein kluger printz verſteht, worzu er ſey erſchaffen,
Nicht vor ſein eigen wohl, nur vor das vaterland.
Der Rhein hat ihn zuerſt in blanckem ſtahl erblicket,
Der ihm beym erſten gruß den friſchen lorbeer wieß.
Es war das krieges-volck in ehren-furcht entzuͤcket,
Als dieſer junge held den degen blincken ließ.
Doch Willjam, deſſen arm die ſchwache freyheit decket,
Als ihr ein kuͤhner feind faſt an das hertze griff,
Hat unſers Fuͤrſten muth durch neue huld erwecket,
So ihn ins Niederland zu großen thaten rieff.
Hier war der tummel-platz, da Wilhelm ſeine proben
Jn muntrer freudigkeit dem großen Willjam gab;
Was unſer Wilhelm thut, muß jener Willjam loben,
Die wahrheit ſtattet ſelbſt ein treues zeugniß ab.
Hier haſt du, Großer Printz! kein ungemach geſcheuet:
Was andern grauen macht, war dir ein rechtes ſpiel:
Ob hunger, hitz und durſt, ob froſt und nebel draͤuet:
Ob die geſtaͤrckte macht der feinde ſchrecken will;
So achtſt du dieſes nicht; du zeigeſt deine kraͤffte,
Die GOtt und die natur dem helden-geiſt verliehn,
Du kenneſt uͤberall die wichtigſten geſchaͤffte,
Wie fern ſich ieder muß um ſeine pflicht bemuͤhn.
Wo ein beqvemes feld, das lager abzuſtechen,
Wie ein beſetzter paß wohl anzugreiffen ſey;
J 4Wie136Begraͤbniß-Gedichte.
Wie durch erdachte liſt der nahe feind zu ſchwaͤchen,
Wohin der fuß-knecht ſoll, und wo die reuterey
Jn guter ordnung gehn. Wie die armee zu ſtellen,
Was in erhitzter ſchlacht den beſten vortheil giebt;
Wie im gewagten ſturm an den beſchloßnen waͤllen
Beſcheid zu geben ſey, was die ſoldaten uͤbt,
Und in der ſtrenge haͤlt; Und andre krieges-wercke,
Die hatteſt du allhier als handwerck auserwehlt;
Doch kommen witz und muth zu der gewuͤnſchten ſtaͤrcke,
Als Willjam endlich dich zu ſeinen helden zehlt.
So lang die Sambre wird ihr gelbes ufer kuͤſſen,
Wo ſich die truͤbe Maas in ihre fluthen miſcht,
Wird ſie den helden-trieb der nach-welt ſagen muͤſſen,
Der unſern Wilhelm hier zu kriegen angefriſcht.
Doch Ryßwick ſchencket uns den nun erſtrittnen friede,
Der krieg bekommt ein loch, die helden gehn zur ruh.
Du aber, Tapffrer Printz! biſt lange noch nicht muͤde,
Und zeuchſt dir hier und da die arbeit ſelbſten zu,
Laͤſt deine trouppen nicht in ſtiller muße lauren;
Es dient ein ſtilles thun vor gute krieger nicht.
Der Tuͤrcke trotzet noch in Belgrads feſten mauren,
Ob ihm ſchon mancher ſieg die rauhen kraͤffte bricht.
Hier woltſt du muth und blut vor GOttes ehre wagen,
Wo der verfluchte feind in blindem eifer kaͤmpfft,
Du wolteſt hier das ſchwerd vor unſre freyheit tragen,
Bis der gerechte GOtt das tolle heer gedaͤmpfft.
Der große Leopold, ſo bald du nur erſchienen,
Hat dir huld, lieb und hof nach wuͤrden aufgethan;
Du ſaheſt uͤberall des großen Kaͤyſers mienen,
Als einen morgen-ſchein voll goͤldner ſtrahlen an.
Allein ein ſchnelles nun, ein unverſehn geſchicke,
Das uns der himmel gab, hemmt deiner waffen lauff,
Doch deine tugend nicht. Der friede zeigt die blicke,
Und giebt durch einen ſchluß die muͤrben fahnen auf.
Der himmel ſegnet dich: du wolteſt friede ſchaffen,
Doch eh du dich bemuͤhſt, iſt ſchon der zweck erlangt.
Es bleibt der friede doch ein ziel getreuer waffen,
Der nach vollbrachtem ſtreit in friſchen palmen prangt.
Sich137Begraͤbniß-Gedichte.
Sich nur an krieg und blut nach rauher art ergetzen,
Und vor dem friedens-brief den hut ins auge ziehn,
Der armen leute raub vor ſeinen reichthum ſchaͤtzen,
Und ſich im krieg auf krieg, im mord auf mord bemuͤhn,
Steht keinen helden an. Sie kriegen, daß ſie ſiegen,
Sie ſiegen, bis die ruh ein treues volck erqvickt.
So kanſt du, Großer Printz! den helden-muth vergnuͤgen,
Als nun ein lieber ſchluß das oͤde land begluͤckt.
Hat ſchon kein Muſelmann dein tapffres ſchwerd empfunden,
Hat er doch deinen muth verwundernd angeſehn;
Es fuͤhlt der Tuͤrcken heer von dir zwar keine wunden,
Doch muß dein tugend-glantz ihm tieff ins hertze gehn.
Die barbarn ſahen dich, als ſie um friede baten,
Als der geſandten zunfft ins deutſche lager kam.
Sie ſtarrten uͤber dir, daß, als ſie naͤher traten,
Dein unverzagter blick ihr hertz in feſſel nahm,
Doch feſſel voller gunſt. Du ſelber trugſt verlangen,
Das ungeſchlachte volck genauer zu beſchaun.
Jhr lager ſolte dich nach ihrem wunſch empfangen,
So weit ihr kuͤhner arm kont ihre zelter baun.
Es ehrte dich das heer; die angeſehne Baſſen
Die zogen deine zier Stamboldens printzen vor.
Die frechen Thracier, die ſchnaubenden Circaſſen
Die huben, Wilhelm! dich in ihrem ſinn empor.
Das dumme heyden-volck von Boſphors kalten ſande,
Von des Maͤotis pful, vom Dnieper, von der Don,
Von Taurus klippen her, vom heißen Nilus-ſtrande.
Bey allen trugeſt du den groͤſten preis davon.
Sie ſchaͤtzten ſich begluͤckt, daß ſie den printzen ſahen,
Der ſie, doch ohne ſchwerd, mit ſtillen mienen ſprach,
Daß du zu ihnen kontſt und ſie zu dir ſich nahen,
Da doch kein ungeſtuͤm den umgang unterbrach.
Da nun Europa ſich mit friedens-palmen croͤnet,
Und das verbrauchte ſchwerd zu krummen ſicheln ſchleifft,
Was iſts, das ferner dir den weg zum ruhme baͤhnet,
Wenn dein bemuͤhter arm nicht ſchild und ſpieß ergreifft?
Es ſchien, ob waͤreſt du zun waffen nur geboren,
Als dich der himmel ſelbſt bisher zu felde rief,
J 5Doch138Begraͤbniß-Gedichte.
Doch nein, Jan Wilhelm hat die zeiten nicht verlohren,
Zu welchen unſre welt in ſichrer ruhe ſchlief.
Zwar wer ihn ſieht das volck in glut und flammen fuͤhren,
Wenn ſein erzoͤrnter muth ſich an den feinden reibt,
Der meynt, es waͤre nichts ſein taͤgliches ſtudiren,
Als was die krieges-kunſt in ihren ſchulen treibt.
Alleine wenn er ſich laͤſt an den hoͤfen ſehen,
Wo mancher koͤnig ihn und ſeine tugend ſchaͤtzt,
So gab ſein gantzes thun uns etwas zu verſtehen,
Als ob er nie die hand in krieg und blut genetzt.
Es muſte Willjams huld in deiner ſeele leben,
Und weil er einſt mit dir auf Engliſch ſich verband,
So wilſt du abermals dich an die Thems erheben,
Dich tragen GOtt und ſchiff zum ſchoͤnen Engelland,
Das deine thaten kennt. Du ſaheſt Willjams hertze
Jtzt in gemehrter gunſt die liebes-funcken ſtreun,
Die freundſchafft brannte nun gleich einer lichten kertze,
Worauf kein ſcheeler neid den geiffer dorffte ſpeyn.
Die Seine hieß dich drauf, Durchlauchtigſter! willkommen,
Paris, das allen pracht Europens in ſich ſchleuſt,
Hat dich in ſeinen ſchoos, als Printzen, angenommen,
Dem Louis nach verdienſt die hoͤchſte gunſt erweiſt.
Dis iſt der tugend art, daß ſie ein feind auch liebet,
Ein feind, der noch verſtand in ſeinen ſinnen hegt;
Man ehrt den edelſtein, der ſtrahlen von ſich giebet,
Ob ihn die fremde hand in fremdem golde traͤgt;
Der ſtoltze Frantzmann ſteht in nichtigen gedancken:
Daß unſre Deutſchen plump und ſonder anmuth ſind;
Er zeucht die artigkeit in allzuenge ſchrancken,
Die ſich nach ſeinem kopff nur an der Seine findt.
Der kuͤhne Bouhours ſucht recht gruͤndlich zu erweiſen,
Es ſey ein deutſch gehirn zur klugheit ungeſchickt;
Er ſpricht: der himmel ſey bey uns von ſtahl und eiſen,
Der ſeine haͤrtigkeit auch in die ſeelen druͤckt.
Allein was dienet es mit fingern zu bemercken,
Wo der bekante glantz der ſonnen-fackel brennt?
Es ſoll kein widerſtreit das gegentheil beſtaͤrcken,
Das auch ein bloͤdes aug aus den exempeln kennt.
Paris139Begraͤbniß-Gedichte.
Paris geſtunde ſich in ſeinem wahn betrogen,
Hier ſtach der wahre glantz die falſchen farben ab.
Die pral-ſucht hat ihr wort beſchimpfft zuruͤck gezogen,
Als ihr ein Sachſen-Printz der klugheit proben gab.
Verſtand und artigkeit die waren hier verbunden,
Gleich als der zwillings-ſtern in ſeinem creiſe blinckt:
Der Gallier hat hier ein wahres muſter funden,
Daß noch kein deutſches blut vor ſeinem hochmuth ſinckt.
Jndeſſen da Paris mit ſeinen liebligkeiten
Die deutſche tugend ſonſt mit ſchlauen netzen faͤngt,
Wilſt du, Behertzter Printz! nicht auf dem eiſe gleiten,
Jndem dein helden-muth auf große wercke denckt.
Der Schweden zwoͤlffter Carl ließ ſpieß und ſchwerdter klingen,
Dort wo der Duͤna-ſtrom die kalten felder netzt;
Er wolte fremde macht, mit eigner macht verdringen,
Die Wolg und Weichſel ihm in ſeine reiche ſetzt.
Jan Willhelm ruhet nicht; er will dem großen Helden,
Der nichts als ſiege kennt und ſeiner thaten preiß
Durch erd und himmel traͤgt, auch ſeinen muth vermelden,
Ob ſchon die gantze welt davon zu ſagen weiß.
Das wilde Ruſſen-volck hat deine fauſt empfunden,
Die als ein donner-keil auf ihre haͤupter fiel,
Wo ſich die dickſte ſchlacht mit glied auf glied verbunden,
Da iſt dein ſieges-platz, der dich beeroͤnen will.
Du konteſt Carlens geiſt nach ſeinem wunſch vergnuͤgen,
Und ſtundeſt in der reih der helden oben an.
Du kontſt der feinde macht und Carlens hertz beſiegen,
Daß jene liegt, und dieß dich innig lieben kan.
Will ihn die billigkeit dem Alexander gleichen,
Muſt du Hephaͤſtion an ſeiner ſeite ſeyn;
Will ihm die danckbarkeit verbundne cronen reichen,
So ſlicht ſie deinen ruhm als diamanten drein.
Alleine ſoll mein kiel den rauhen fall vergeſſen,
Als dich ein wilder ſchlag an jene klippen warff?
Kan meine ſchwachheit ſchon den helden-lauf nicht meſſen,
So weiß ich, daß ich doch dis wunder melden darff:
Du biſt durch mord und glut, als uͤberwinder, gangen;
Doch wiegelt nun die ſee die ſtoltzen wellen auf.
Ach140Begraͤbniß-Gedichte.
Ach jammer! da Stockholm den Printzen ſoll empfangen,
So hemmt ein rauher ſturm der fernen reiſe lauff;
Jedoch nicht ohngefehr: Dis iſt des Hoͤchſten liebe,
Die ein geſchwaͤchter menſch auf ſeinem ſchoos erblickt,
Er macht den tag zu nacht, das heitre wetter truͤbe,
Doch ſo, daß ſeine gunſt uns aus den aͤngſten ruͤckt.
Wer will der kraͤuter krafft, der aͤrtzte witz erkennen,
Wenn nicht der blaſſe tod uns offt die ſenſe wieß?
Wer wolt das ſonnen-licht den troſt der erden nennen,
Wo nicht ein kalter froſt auf unſre felder bließ?
Wer will des Hoͤchſten huld und ſeine liebe preiſen,
Wenn nicht die bange noth an leib und ſeele ſtuͤrmt?
Jan Wilhelm kan alsdann mit ſeinen fingern weiſen,
Wie weit ihn GOttes macht in ſeiner noth beſchirmt.
Der himmel ſchwaͤrtzet ſich, die ſtrenge winde ſauſen,
Die wellen ſchaumen auf, die rauhe ſee erregt
Die ungeſtuͤme flut, die grimme wogen brauſen,
Da ihr erhitzter zorn an ſchiff und ſegel ſchlaͤgt;
Das ſchiff wanckt hin und her, die maſten ſtuͤrtzen nieder,
Der kiel ſteigt himmel-an, der ſteuermann erblaßt,
Jtzt ſpringt ſein ruder auf, und itzo ſinckt es wieder,
Der botsmann, der verzagt die ſtarcken towen faßt /
Nimmt alle ſegel ein: Die ſchwachen blancken ſchuͤttern,
Der fock bricht hinten ab, und der meſan zerſchellt,
Das ſchiff iſt ohne ſchutz, die untern breter ſplittern,
Da alle hoffnung nun mit allen maſten faͤllt,
So plumpt der ſchiffer noch, das waſſer auszugießen,
Das durch den weiten leck in die cajute brach.
Die angſt begreifft ſich nicht, und weiß nichts mehr zu ſchluͤßen;
Weil der zerſchlagne reſt im letzten ungemach
Gar an die klippen faͤhrt: Der ruffet, jener laͤrmet,
Der betet, jener bebt: Das ſchiff ſtoͤſt an das land
Und prellet doch zuruͤck, das rauhe wetter ſchwaͤrmet
Und liefert, was es trifft, der rauhen ungluͤcks-hand.
Doch kan des Caͤſars trotz die wilde ſee verlachen,
Die ihm den untergang in ihren wellen droht,
Kan er dem ſchiffer-volck noch troſt und hoffnung machen,
Und rufft: Mein gluͤcke ſteht mir dennoch zu gebot;
So141Begraͤbniß-Gedichte.
So wird, Jan Wilhelm! dir dein GOtt zu einer klippe!
Und fuͤhrt dich unverletzt den feſten klippen zu,
Ob ſchon der rauhe ſturm, das muͤrbe ſchiff-gerippe
Jn tauſend ſtuͤcke ſchlaͤgt, du findſt an klippen ruh.
Arion faͤllt ins meer, doch reichen ihm delphinen
Zu ſeiner rettung noch den breiten ruͤcken dar;
Dir iſt, o Theurer Printz! auch huͤlff und troſt erſchienen,
Als der gebrochne maſt noch deine bruͤcke war.
Es ſah dich Hernoͤſand an harten felſen ſchweben,
Und ließ ein friſches boot zu deinem ufer gehn.
Stockholm erblicket dich in dem verneuten leben,
Und laͤſt nach deiner angſt die freuden-zeichen ſehn.
Jndeſſen lieff die poſt in dein getreues Sachſen,
Es that die danckbarkeit ein treues opffer ab;
Wir wuͤnſchten, daß dein heyl noch ferner moͤchte wachſen,
Da uns des Hoͤchſten gunſt der liebe proben gab.
Die ſehnſucht wartet auf, dich ſelber anzuſchauen,
Da unſre demuth dir ſchon palmen-kraͤntze flicht.
Wir hoffen, du wirſt einſt hier deine ruhe bauen,
Weil auch ein langer ſchweiß des Herculs kraͤffte bricht.
Du koͤmmſt, wir ſehen dich, doch die gewuͤnſchte freuden
Verfallen, roſen gleich, in wenig ſtunden hin,
So will des tages-licht, des abends abzuſcheiden,
Der welt zu kurtzem troſt aus ſeinem morgen ziehn.
Du kommſt; doch laͤſſet dich dein helden-geiſt nicht raſten;
Das vaterland wird doch im lande nicht beſchuͤtzt:
Die ſchultern ſind gewohnt, ſie tragen ſchwere laſten,
Worunter manches blut in bangen ſorgen ſchwitzt,
Zu ihrer ſondern luſt. Der große Joſeph hoͤret
Der großen thaten ruff. Hat dich einſt Leopold
Nach ſtand und nach verdienſt, Durchlauchtſter Printz! geehret,
So ahmt ihm Joſeph nach und zeigt dir gleiche hold.
Dein ruhm durchſchallt die welt, und Hollands Staat wird in -
nen,
Wie deine tapffre fauſt manch großes werck veruͤbt.
Der Britten Koͤnigin koͤmmt noch zu danckbarn ſinnen,
Daß William einſten dich vor andern printzen liebt.
Die142Begraͤbniß-Gedichte.
Die ehre laufft dir nach, du willſt Europen zeigen,
Wie dein beſorgter geiſt des landes rettung ſucht:
Du willſt als Hannibal die Alpen uͤberſteigen,
Du deutſcher Hannibal! der aller arbeit flucht,
So keine feinde ſchreckt: Turins entſetzte mauren,
Allwo Marſinens ſchwerd auf deine trouppen ſchlug,
Die werden laͤnger nicht als ruhm und ehre dauren,
Die ſieg und tapfferkeit dir dort entgegen trug.
Es raucht der ſchlancke Po vom donner der karthaunen,
So den erzoͤrnten feind an ſeinen ufer faͤllt,
Und Alexandria erblicket mit erſtaunen,
Daß ſich dein muthig heer an ihre pforten ſtellt.
Cremon und Mantua und Maͤyland werden melden,
So lang der Apennin die nahen wolcken ruͤhrt:
Daß Sachſens Wilhelm hier, der auszug deutſcher helden,
Den degen vor das land in ſtetem ſiege fuͤhrt.
Es ſiehet Piemont in klippichten gebirgen,
Daß auch kein harter fels die deutſchen printzen ſchreckt,
Ein Hercul kan nicht mehr die ungeheuer wuͤrgen,
Wenn Gades ſeinem muth die letzte grentzen ſteckt;
Doch gehſt du weiter fort, du weiſt von keinen ſaͤulen,
So dir die ruhe ſetzt. Es mocht in alter zeit
Der alten Deutſchen heer die Alpen uͤbereilen,
Daß ſich das freche Rom vor ihren waffen ſcheut;
So iſt kein Deutſcher noch die Alpen uͤbergangen,
Wo ſich Jtalien von Franckreichs grentzen trennt;
Du kanſt als erſter Held bey deinen Deutſchen prangen,
Den Var - und Rhone-ſtrom in ſeinem harniſch kennt.
Armin, der helden keru, der alten ritter ehre,
Der deutſchen freyheit troſt, der Welſchen harter zwang,
Trifft mit erhitzter macht auf Varus ſtoltze heere,
Und draͤut Auguſtens thron den letzten untergang.
Was jene helden trieb, iſt dir ins blut gepraͤget,
Und jener tapfferkeit ermannet deinen geiſt;
Was jenen ehmals hat die ſtrenge hand gereget,
Jſts, was dir itzo noch die ehren-cronen weiſt.
Des Wittekindens muth erhitzet dein gemuͤthe,
Der einſten ſeinen blitz der Weſer ſehen ließ,
Es143Begraͤbniß-Gedichte.
Es ſteckt was Saͤchſiſches in Saͤchſiſchem gebluͤte,
Das ſchon vor langer zeit in deine flammen bließ.
Des großen Bernhards ruhm, vor welchem Luͤtzen zittert,
Vor deſſen ſchilden noch das feſte Breyſach bebt,
Der vor das vaterland dem donner gleich, gewittert,
Hat in geſippter krafft, o Wilhelm! dich belebr.
Du kanſt, o Großer Printz! die uͤppigkeit verachten,
Die ſonſt mit leichtem garn die groͤſten helden faͤngt;
Du kanſt bey ſtrenger noth in durſt und hunger ſchmachten,
Weil ſich kein weiches thun in deine waffen mengt.
Will ſchon die zaͤrtligkeit in manche helden ſchleichen,
Und laͤufft die eitle pracht ſchon manchen printzen nach;
So muß die wohlluſt doch von deiner thuͤre weichen,
Du bannſt den ſchnoͤden tand aus deinem ſchlaf-gemach.
Es iſt ein leichtes werck die ſchnelle regung zwingen,
Wo das geſetze ſchreckt und die gelegenheit
Das thor verriegelt hat. Doch mit der wohlluſt ringen,
Wo man nicht ſclaven gleich, die tugend-regeln ſcheut.
Jſt wahrer tugend lob. Dir, Wilhelm! ſtehet offen,
Was andern die gefahr genau verriegelt hat;
Doch hat der ſuͤße pfeil dein hertze nie getroffen,
Dein trieb, der himmliſch iſt, ſcheut iede ſchnoͤde that,
So weiche ſeelen lockt. Wie mancher uͤberwindet,
Was die geſchickte kunſt ſonſt vor unzwingbar haͤlt?
Doch, wenn der heiße zorn die harte ſeel entzuͤndet,
So wird der muntre gelſt, den ſelaven gleich, gefaͤllt.
Wo bosheit, liſt und trotz das fromme recht verletzet,
So reißt der eifer zwar Jan Wilhelms ernſten muth,
Doch hat ſich die vernunfft der regung beygeſetzet,
Die ohne muͤrriſch-ſeyn auf ſtille waage ruht.
Jan Wilhelm leget zwar den feind zu ſeinen fuͤßen,
Doch legt er ſeinen zorn ihm ſelber auch zu fuß:
Ob andre ſich vor ihm, als knechte, buͤcken muͤſſen,
So ſchaut, wie ſich ſein zorn fuͤr ihm auch buͤcken muß,
O Edler Helden-Preis! Und forſcht man nach der qvelle,
Woraus dis große thun den erſten urſprung nahm;
Bemercket das geſicht der wurtzel eigne ſtelle,
Woraus der ſchoͤne zweig mit ſeinen fruͤchten kam,
So144Begraͤbniß-Gedichte.
So iſts das nuͤchtern ſeyn. Offt ſencken große geiſter,
Verſtand, witz, muth und ernſt in große glaͤſer ein;
Wird der geliebte trunck des tapffren blutes meiſter,
So muß der helden-muth der ſclaven diener ſeyn,
Und kennt ſich ſelbſten nicht; Will andre zwar regieren,
Doch iſt der volle leib den knechten unterthan;
Und ſoll man eine that mit klugen haͤnden fuͤhren,
So greifft das duͤſtre haupt die ſache ruͤckwerts an.
Jan Wilhelms thaten hat kein ſolcher ſchmutz beflecket,
Ein Printz, der redligkeit, der GOtt und tugend ehrt,
Der ſein erhabnes ziel nicht an die erde ſtecket,
Fleucht das verdammte thun, ſo kluge ſinnen ſtoͤrt:
Dis iſts, das, Wilhelm! dich in großer Fuͤrſten orden,
Gleich als das ſonnen-licht, zum ſternen-reihen bringt;
Dis iſts, wodurch dein preis dem himmel aͤhnlich worden,
Der mit vermehrtem ſchein, durch oſt und weſten dringt.
Es ehret dich die welt und miſchet mit der liebe
Die ungezwungne furcht; Es ſiehet dich der knecht
Als ſeinen Fuͤrſten an, doch in dem ehren-triebe
Legt deine ſanfftmuth ihm ein unverhofftes recht
Getreuer freundſchafft bey; dis ſind die goͤldne ſchlingen,
Jn welche ſich die welt mit ihrer freyheit ſchmiegt;
So laͤſt das niedre volck die bloͤden hertzen zwingen,
Wenn ſie kein ſtrenges wort, nur huld und gunſt beſiegt.
Will ſich Caligula nichts an die liebe kehren,
Und glaubet, daß ſein thron genug beſchuͤtzet ſey,
Wenn ihn der unterthan mit banger furcht muß ehren,
Setzt ſich ein grimmer haß ſchon allen pflichten bey;
So will ein Titus doch den ſcepter feſter halten,
Wenn ihn das frohe Rom die luſt der erde nennt.
Trajanus kan ſein reich in fichrer macht verwalten,
Wenn die verbundne welt ihn als den beſten kennt;
Jan Wilhelm! deine gunſt dringt durch die theuren ſeelen,
Gleich als ein friſcher thau in duͤrre furchen ein,
Du liebſt, und wirſt geliebt, und wenn ſich andre quaͤlen,
Daß ſie auf ihrem ſtuhl nicht koͤnnen ſicher ſeyn,
So ſchuͤtzt die liebe dich. Doch nicht nur bey den kleinen,
So die ergebenheit zu ihren pflichten zwingt;
Auch145Begraͤbniß-Gedichte.
Auch große laſſen dir die gegenblicke ſcheinen,
So bald dein liebes-ſtrahl in ihre hertzen dringt.
Dich liebt dein Sachſen-land, Jan Wilhelm iſt ſein hoffen,
Der treuen wuͤnſche ziel, der troſt in ungemach,
Der ancker, wenn ein ſturm das arme land betroffen,
Es ſieht ihm Thuͤringen als ſeinem ruder nach.
Doch jammer! dieſes licht faͤllt in der aſche nieder,
Ein unverſehner ſchlag reißt unſre ſaͤulen ein:
Jan Wilhelms Sonne koͤmmt aus ihrer grufft nicht wieder,
Wir muͤſſen ihm zu fruͤh die ſterbe-fackeln weihn;
Ach leyder! allzufruͤh muß unſre Ceder ſincken,
Auf welcher ſich der bau gemeiner wohlfahrt ſtuͤtzt;
So will ein rauhes beil den ſtaͤrckſten pfeilern wincken,
Worauf ein treues land in ſichrer ruhe ſitzt!
Es ruͤckt der Große Printz mit unerſchrocknen fuͤßen,
Mit aufgewecktem muth an Toulons mauren an,
Jhm folgt das muntre volck den nahen feind zu gruͤßen,
Der an dem walle noch die Deutſchen trotzen kan.
Jan Wilhelm ſteht behertzt, die harten keule ſchwaͤrmen
Auf ſeine tronppen zu; der feind laͤſt ſeine macht
Mit ungewohntem zorn in dampff und feuer laͤrmen,
Bis die verwegenheit ſie aus der ordnung bracht.
Die glieder ſind verwirrt, die reihen ſind zerſtuͤcket,
Da ſich der kuͤhne feind mit in die rotten mengt;
Die leute ſind entſetzt, entkraͤfftet und verruͤcket,
Daß ieder ſelbſt vor ſich auf flucht und rettung denckt.
Jan Wilhelm weichet nicht, ſchent weder ſchwerd noch flammen,
Die in vereinter glut um ſeine ſcheitel gehn,
Giebt ordre, treibt das volck, bringt glied und glied zuſammen,
Laͤſt ſein ermanntes hertz in neuen kraͤfften ſehn.
Die feinde wuͤten fort, und trotzen mit der menge,
Die als ein dicker ſturm auf unſern Printzen faͤllt:
Die trouppen druͤcken ſich in feurigem gedraͤnge,
Wo der behertzte Printz gleich ſtarcken mauren haͤlt.
Ob hagel, blitz und glut um unſern Printzen ſpielen:
Ob ein geſchwaͤrtzter dampff ihm vor die augen zeucht:
Ob tauſend kugeln ſchon nach ſeinem haupte zielen,
Und manch gezuͤckter ſtahl ihm an das hertze ſtreicht;
Hofm. w. V. Th. KSo146Begraͤbniß-Gedichte.
So ſteht er doch getroſt. Er laͤſſet ſeinem muthe
Jn voller freudigkeit den muntern zuͤgel ab.
Er faͤllt! Ein Simſon ſucht mit ſeinem eignen blute,
Jn ſeiner feinde ſturtz ein edles helden-grab:
Er faͤllt! Jan Wilhelm faͤllt! Vermaledeyte waͤlle,
Bey welchen dieſer Fuͤrſt als opffer niederſinckt!
Vermaledeyter platz! verworffne lager-ſtelle,
Wo man ein ſolches garn vor große Helden ſchlingt!
Verfluchtes bley, das ſich darff auf den ſcheitel wagen,
Dem unſre demuth ſchon die goͤldnen cronen beut!
Verfluchtes bley, ſo darff ein ſolches auge ſchlagen,
Vor deſſen blitzen ſich doch iedes auge ſcheut!
So faͤllt der Printz dahin! Wer will den ſchluß ergruͤnden,
Den nun des Hoͤchſten zorn auf Deutſchlands grentzen macht?
Vielleicht iſt dis die frucht von unſern ſchweren ſuͤnden!
Wer weiß nun, welches ſchwerd auf unſre rache wacht?
Jm fall ein pfeiler ſinckt, ſo muß das hauß zerſchuͤttern:
Jm fall ein eckſtein bricht, ſo faͤllt das muͤrbe dach,
Und will ein ſtarcker riß den feſten grund zerſplittern,
So ſtuͤrtzt der gantze bau in noth und ungemach.
GOtt reißt die Helden weg; Er hat vielleicht den waffen
Und ihrem friſchen lauff ein kurtzes ziel geſetzt.
Ach Toulon kan ja ſchon in ſichrer ruhe ſchlaffen,
Seit dem es ſeinen fuß in Wilhelms blut genetzt.
Kaum iſt die harte poſt die zelter durchgeſtrichen,
Als ein gezognes ach auf allen zungen ſchwebt:
Die bange ſtimme klagt: Es iſt ein Held verblichen,
Der unſrer deutſchen welt zu ruhm und troſt gelebt.
Es ſeufftzt Eugenens mund, daß ihm ſein aug und hertze;
Daß ihm ſein treuſter Held zu fruͤh entfallen ſey.
Faßt ſich ein tapffrer muth ſchon mitten in dem ſchmertze,
So bringt doch der verluſt hier manchen jammer bey.
Des großen Joſephs hof laͤſt ſeine klagen hoͤren,
Und nimmt den trauer-brief als ungluͤcks-boten an;
Die Britten wollen ihn mit ihrem beyleid ehren,
Es traurt der zwoͤlffte Carl um ſeinen Jonathan.
Ja Preuſſens Friederich, der ſich mit ihm verbunden,
Und ihn, als ſeinen Sohn, in voller gunſt erkannt,
Klagt,147Begraͤbniß-Gedichte.
Klagt, daß nunmehr ein Printz aus unſrer welt verſchwunden,
Dem erd und himmel ſelbſt die liebe zugewandt.
Das ſchoͤne Niederland vermeldet den provintzen:
Daß itzt ein edelſtein aus ihrem ringe faͤllt,
Seit dem ein harter fall den auszug tapffrer Printzen
Durch einen jaͤhen tod den leichen beygeſellt.
Jedoch was andre nur mit leiſen zungen ſprechen,
Beweinet Friedenſtein mit vollem thraͤuen-fluß.
Man ſieht die blitze zwar in fremde grentzen brechen,
Doch daß der donner hier die mauren ſchlagen muß.
Was andrer muth erregt, bewegt hier das gebluͤte,
Was andrer haut verletzt, dringt hier zum hertzen ein!
Zwey bruͤder gleicher treu von gleicher art und guͤte,
Die wollen durch den tod nicht gern getrennet ſeyn.
Es ſeuffzet Friederich, daß ihm ein ſchild entfallen,
Der ſein getreues land und liebſtes volck bedeckt,
Man hoͤrt das angſt-geſchrey durch die palaͤſte fallen,
Das zu gem einer noth die unterthanen ſchreckt.
Betruͤbtes Sachſen-land! wer will den riß ergaͤntzen?
Jſt denn kein balſam da, der deine wunden heilt?
Das ungluͤck drohet dir auf den bedraͤngten grentzen,
Dir wird ein volles maaß der thraͤnen zugetheilt.
Du klageſt; und wer will die bittren klagen ſchmaͤhen?
Dir gehu zu deiner noth nur ungluͤcks-ſternen auf;
Dir will ein rauher ſturm in das geſichte wehen,
Und kein geſtaͤrckter ſchutz hemmt ſolcher winde lauff.
Zwar iſt Jan Wilhelms ruhm im minſten nicht geſtorben,
Weil ihn die ewigkeit in ihre ſaͤulen graͤbt.
Er hat durch ſeine fauſt das große lob erworben,
Das in verjuͤngter krafft durch alle zeiten lebt.
So lang die mittel-ſee bey Toulons hafen ſtrandet,
Und ihr gehaͤufftes ſaltz an jene kuͤſte traͤgt,
So lang ein muͤdes ſchiff an jenen ufern landet,
So lang die wilde flut an jene mauren ſchlaͤgt;
So lange wird die welt den Sachſen-Printzen kennen,
Der ſeinen Helden-geiſt dort ſeinem himmel gab;
So lange wird der glantz von ſeinen thaten brennen:
Es faͤllt das oͤle nicht von ſolchen lampen ab.
K 2Jan148Begraͤbniß-Gedichte.
Jan Wilhelms name lebt. Doch bringt das angedencken
Uns nur ein groͤßer bild des großen jammers bey;
Glaubt, daß ie mehr wir nur auf ihn die augen lencken,
Uns dieſes Helden fall auch mehr empfindlich ſey.
Jan Wilhelm iſt dahin! wir ſehen nur die glieder,
Die uns ein fernes land als uͤberreſt geſchickt;
Und dieſe ſencken wir zu ihrer ruhe nieder;
So wird uns aller troſt in einem nu entruͤckt!
Jch miſche meine noth in die gemeinen thraͤnen,
Du wirſt, Durchlauchter Printz! mein lichter norden-pol;
Nach dieſem muß ich mich, gleich als magnetiſch, ſehnen,
Der ſchein von deiner gunſt ſah auf mein gantzes wohl.
Dein leben ſchaffte mir ein recht vergnuͤgtes leben,
Jtzt hat dein tod mich faſt den todten zugepaart.
Jch kan, doch bin ich nichts, ein wahres zeugniß geben:
Dein tugend wandel war von rechter Fuͤrſten-art.
Jndeſſen da du mich ſonſt oͤffters angehoͤret,
So hoͤrſt du nun nicht mehr, was dir ein diener klagt;
Da dich ein ſchlechter reim mit eiteln thraͤnen ehret,
Haſt du der nichtigkeit vergebnen tand entſagt.
Jan Wilhelm ſieht nicht mehr in dieſe welt zuruͤcke,
Wo uns die truͤbe noth in ihre circkel ſchleuſt;
Jhm giebt die ewigkeit erfreute ſegens-blicke,
Wo ihn ein engliſch heer auf Edens felder weiſt.
Er hat vor GOttes ruhm und vor das land geſtritten,
Jtzt traͤgt er im triumph den ſieges-erantz davon;
Er hat, wie Fuͤrſten ziemt, auch vor das land gelitten,
Jtzt giebt der Lebens-Fuͤrſt ihm ſeinen Fuͤrſten-lohn.
Du aber, Großer GOTT! nach deſſen wort und win -
cken,
Der erden weiter creiß in ſtillen regeln geht,
Du ſchaffeſt, daß wir itzt aus jammer-baͤchen trincken,
Du machſt, daß unſer land in tieffen ſorgen ſteht.
Du ſchlaͤgſt uns, Großer GOtt! wir ehren deine ſchlaͤge,
Und kuͤſſen deine hand, ſo uns die ruthe zeigt.
Es gehet deine macht durch unverhoffte wege,
Die uns in unſer ſchuld den harten ruͤcken beugt.
Ach!149Begraͤbniß-Gedichte.
Ach! wo die liebe noch dein treues hertze ruͤhret,
So heile dieſen ſchlag! Hilff, daß nach dieſer nacht,
Wo noch die Majeſtaͤt den Vater-titul fuͤhret,
Ein froher morgen-ſtern auf unſern Friedrich lacht.
Die Den 1 Sept. 1708 verblichene, und von den Muſen hertzl. beweinete Graͤfin von Neithardt, geborne von Crane, ꝛc. B. N.
ES war ein tag der angſt und banger finſterniß:
Der ſturm, der mit gewalt aus ſeinen angeln riß,
Bedeckte feld und lufft mit ſchrecken-vollen blitzen:
Die matte taube flog in enge felſen-ritzen:
Das abgejagte reh nach ſeinem lager zu:
Der hirte ſtund erblaßt: Der jaͤger ſuchte ruh:
Der gantze Pindus war mit ſchwartzer nacht umzogen,
Und Phoͤbus ſtuͤtzte ſich betruͤbt auf ſeinen bogen,
Betruͤbt auf ſeinen arm und auf ſein floͤten-ſpiel;
Als ihm Melpomene halb todt zu fuͤßen fiel.
O Vater! brach ſie los; was biſt du doch geweſen,
Als ehmals alle welt von deiner hand geneſen?
Was aber biſt du nun? Ein artzt, der nur betruͤbt.
Es ſtirbet, der dich ehrt; Es ſtirbet, der dich liebt.
So war es nicht vor dem. Egyptens wunder-ſaͤulen,
Sind zeugen, daß durch dich man alles konte heilen.
Jtzt ſtirbet alles weg: Und dennoch ſoll der ſtein,
Der ſtein, den du beſeelſt, noch hier auf erden ſeyn.
Man ſucht ihn tag und nacht auf angefeurten kohlen;
Ach! aber nur umſonſt: Das wunder bleibt verholen;
Und Phoͤbus iſt nunmehr ein bloſer leyer-mann,
Ein mann, der verſe macht, und nichts als ſpielen kan.
K 3So150Begraͤbniß-Gedichte.
So ſprach Melpomene voll zittern und mit zagen.
Doch, fuhr ſie weiter fort, was hilfft mein armes klagen?
Du fuͤhlſt, du ruͤhrſt dich nicht. Hoͤr aber unſre noth!
Die kluge Neithardtin! dein liebſtes Kind iſt todt:
Wie, wenn ein donner-keil die ceder-aͤſte ſchlaͤget,
Alsdenn das wellen-heer fuͤr bloſer angſt ſich reget,
Und an einander faͤhrt: die frucht ſteht in gefahr:
Der hagel lagert ſich, wo vor der waitzen war;
So ſtund es dieſen tag auch um die Pierinnen,
Der jammer unterbrach das uhrwerck ihrer ſinnen:
Und iede rieff erſtarrt: Nehmt, Parcen! nehmt mich hin!
Jch bin doch beſſer nicht, als unſre Neithardtin,
Als unſre Graͤfin war, die, was uns nur gelungen,
Was Sappho nur geſpielt, viel ſchoͤner abgeſungen.
Apollo warff beſchaͤmt die augen in den thal;
Doch endlich hub er an: Mehrt doch nicht meine qvaal!
Was ihr mir heute ſagt, hab ich ſchon laͤngſt erkennet.
Jch bin nicht, was man mich in blinden fabeln nennet;
Jch mag es auch nicht ſeyn. Denn kunſt und medicin
Bringt manchen zwar ins grab; allein dem tod entfliehn
Und immer lebend ſeyn, kan, wie wir taͤglich ſehen,
Jhr Muſen! anders nicht, als durch euch ſelbſt geſchehen.
Stimmt harff und lauten an, und ſinnet auf ein lied,
Das meiner freundin gleicht, mich aus dem ſchimpffe zieht.
Den augenblick verſchwand der donner hartes knallen:
Die wolcken theilten ſich in tauſend kleine ballen;
Der helle tag erſchien: Und Phoͤbus ſelber ſang
So ſtarck, daß berg und thal verdoppelt wiederklang.
Wer heute (ſang er) nicht gedenckt mit uns zu weinen,
Der bau ihm eine grufft bey drachen und in ſteinen.
Wer heute (ſang er) nichts zu Neithardts troſte ſpricht,
Der ruͤhme ſeiner ſich und auch der Muſen nicht.
Was Phoͤbus ſang und ſprach, hat Fama nicht verſchwiegen.
Man hoͤrt ihr lautes horn durch alle gaſſen fliegen.
Schreibt, dichter! (rufft ſie) nicht, wie ſonſten, um gewinn!
Schreibt, dichter! mit verſtand, denn euer glantz iſt hin.
Jndem ſie dieſes ſagt, ſo ſteigt ein brennend feuer
Jn meinen adern auf. Jch greiffe nach der leyer;
Jch151Begraͤbniß-Gedichte.
Jch will, ich ſpiele ſchon. Ach aber! wie? und was?
Legt man zu roſen auch laub und gemeines gras?
Laͤßt man bey floͤten auch ein haber-rohr erklingen?
Budorgis reget ſich, und ſeine ſchwaͤne ſchwingen
Sich uͤber mich empor: Der krancke Roſenroth
Beweget, ob ihn gleich der Graͤfin ſchneller tod
So ſehr, als mich erſchreckt, doch die zerbrochnen glieder,
Und ſetzt ſich gantz erblaßt bey ihrem grabe nieder.
Hier ſingt er, was vor dem kaum Orpheus gethan:
Der ſtieg zur hoͤllen ab; er ſteiget himmel-an,
Und ſpricht: Getroſt, mein Graf! ich ſeh die lebens-crone,
Mit der die Todte prangt: Jch ſeh ſie auf dem throne
Der ehren ewig ſtehn. Was er im geiſte ſagt,
Das ſag ich froͤlich nach: Jch habe mich gewagt,
Dis wunder-bild zu ſehn: Jch hab es auch gehoͤret.
Was hat ihr frommer mund mich damals nicht gelehret!
Wie hat ihr ſuͤßes ſpiel mich damals nicht ergetzt!
Klagt andre, die man kaum der klage wuͤrdig ſchaͤtzt!
Klagt andre, deren ruff muß wie der leib verſchwinden!
Die ſtets unſterblich ſeyn, bis ſie den tod empfinden,
Und ieden todes-ſchritt mit ſchwerem willen thun.
Wer in der erde kan, wie unſre Graͤfin, ruhn,
Und doch auf erden laͤſt ſein ſtetes lob erſchallen,
Dem ſind mehr jahre zu, als jahre weggefallen.
Ach! koͤnnt ihr alle doch, die ihr der ſtoltzen welt
Fußfaͤllig weyrauch ſtreut, und mehr nach guth und geld,
Als wahrer weisheit ſtrebt, hier ein exempel faſſen,
Wie man bey voller luſt ſoll alle luſt verlaſſen!
Was unſre Graͤfin war, iſt euch genug bekant.
Sie war groß an geburt, noch groͤßer an verſtand,
Und dreymal groͤßer noch in ihrem eh-gemahle.
Jhr koſtbares gemach gliech einem goͤtter-ſaale,
Wo aber niemand doch, als Pallas, tafel hielt,
Die Muſen ſich ergetzt, und Phoͤbus aufgeſpielt.
Jhr bette war ein feld der allerſchoͤnſten fruͤchte;
Jhr cabinet ein brunn der herrlichſten gedichte;
Jhr hauß ein freuden-hauß: Allein was andern kaum
Zu laſſen moͤglich ſcheint, ſchien ihr ein bloſer traum.
K 4Sie152Begraͤbniß-Gedichte.
Sie muͤhte ſich nur klein, nicht aber groß zu werden;
Sie floh durch den verſtand den labyrinth der erden;
Sie liebt ihr eh-gemahl, doch mehr den großen GOtt:
Mit Muſen trieb ſie ſchertz, doch auch zuweilen ſpott,
Wenn ſie mit ihrer kunſt nur an der wohlluſt hiengen,
Den rechten weg vorbey, mit winde ſchwanger giengen.
Jhr eignes ſaͤyten-ſpiel, das dich, Anacreon!
Jn vielem uͤbertraff, verwandelte den thon
Jn einen lob-geſang, in buß - und trauer-lieder:
Und alſo gab ſie GOtt, was GOtt ihr ſchenckte, wieder;
So gar, daß ſie das brodt ſo feind als freunden brach,
Und nichts fuͤr ſich behielt, als kranckheit, angſt und ſchmach;
Als einen bittern ſchmertz, der ſie gantz ausgeſogen;
Doch nur den leib zermalmt, den geiſt zu GOtt gezogen.
Lernt, blinde ſterblichen! wie man hier klug und wohl
Kan leben: lernet auch, wie man recht ſterben ſoll.
Du aber, Theurer Graf! der heute mehr verlohren,
Als in viel zeiten uns nicht wieder wird geboren,
Beweine deinen Schatz! Sie iſt der thraͤnen werth:
Wein aber auch alſo, daß ſie dich nicht verzehrt.
Was dich vergnuͤgt, iſt hin! Laß dich nun das vergnuͤgen,
Was weder tod noch grab, noch hoͤlle kan beſiegen!
Schau! wie ihr Heyland ſie zu ſeiner heerde fuͤhrt!
Schau! wie der nachruff ſie mit tauſend lorbeern ziert!
Was ieder von ihr ſchreibt, und was man noch wird ſchreiben,
Dis laß, ſtatt ihrer nun dein liebſtes bildniß bleiben!
Betracht es, wenn die nacht aus deiner kammer geht!
Betracht es, wenn die nacht vor deinem bette ſteht!
Und darff ich, wie ihr geiſt, mich flehend zu dir wenden:
So goͤnn uns noch einmal ein lied von deinen haͤnden,
Und ſchreib auf roͤmiſch her, was wir nur halb gethan:
Schreib deine Graͤfin ſelbſt im buch der ſternen an.
Auf153Begraͤbniß-Gedichte.
Auf das abſterben Fr. Eleonoren von Tarnauin, geb. von Fuͤrſtin, 1685. in Breßlau. Chr. Knorr.
VErzeihe, Seelige! daß ich bey deinem grabe,
Dein bildniß noch einmal darff aus dem ſarge ziehn,
Der vorſatz, den hierbey ich in dem hertzen habe,
Jſt, daß dein hoher ruhm ſoll nach dem tode bluͤhn.
Die aſche ſoll von dir in blumen ſich verkehren,
Von denen meine fauſt dir einen crantz verſpricht,
Den keiner raute gifft, kein ſchimmel kan verzehren:
Denn wahre tugend ſtirbt auch nach dem tode nicht.
Jch weiß zwar, daß ein thor hat in die welt geſchrieben:
Die tugend waͤre nur der maͤnner eigenthum;
Es koͤnte dieſes bild kein frauen-hertze lieben,
Denn großmuth zeuge bloß den wahren ehren-ruhm;
Allein welch kluger geiſt wird ſolchen wahnwitz hegen,
Als ziere dieſes gold nicht auch der frauen haupt?
Gewiß, man ſolte den bey ſchlang und ottern legen,
Der dis geſchlechte ſchimpfft, und deſſen ehre raubt.
Jſt gleich das erſte weib aus Adams ribbe kommen,
So war ſie doch, wie er, des Hoͤchſten ebenbild,
Der fleiſch zu ihrem bau, zu jenem leim genommen,
Und beyd auf einen ſchlag mit ſeiner krafft erfuͤllt.
Die ſchrifften laſſen uns viel ſolcher weiber ſchauen,
Die es an tugenden den maͤnnern vorgethan;
Es darff ſie kein Bernin in feſten marmel hauen,
Wer ihre tempel ſucht, der ſehe buͤcher an.
Des Hoͤchſten finger ſelbſt hat ihren ruhm beſchrieben.
Jhr lob ſteht oben an in Sirachs cancelley.
Hier hat er ſeinen kiel den ſternen gleich, getrieben,
Zu zeigen, daß ihr glantz nicht zu erreichen ſey.
Gewiß, ein weibes-bild von engliſchen geberden,
Die wahre gottesfurcht in reiner ſeelen hegt.
Bey der vernunfft und zucht vertraute ſchweſtern werden,
Die aller worte gold auf kluge ſchaalen legt,
K 5Die154Begraͤbniß-Gedichte.
Die ihren eh-gemahl von gantzem hertzen liebet,
Den keuſchen atlas nicht durch geilen kuß befleckt,
Die ſich in ſtetem lauff rechtſchaffner tugend uͤbet,
Und alle koſt verſchmaͤht, ſo nach der wohlluſt ſchmeckt.
Die durch der weisheit maſt das wirthſchaffts-ſchiff regieret,
Und manchen ſorgen-ſturm durch kluge ſanfftmuth ſtillt.
Die kinder und geſind auf tugend-pfaden fuͤhret,
Und durch verborgnen witz das hauß mit ſegen fuͤllt.
Ein ſo beſchaffnes weib iſt ihres mannes ſonne:
Der ancker, dran das wohl des gantzes hauſes hangt:
Ein wahres paradieß, umzaͤunt mit ſuͤßer wonne,
Ein baum, der bald mit bluͤt und bald mit fruͤchten prangt.
Kein theurer perlen-ſehmuck kan ihren werth erreichen,
Kein demant, haͤtt er auch der Florentiner hoͤh,
Der weiſen ſeltner ſtein muß ihren wuͤrden weichen;
Genug: der himmel ſelbſt iſt in dergleichen eh.
Hier weiß ich, duͤrffte ſich ein kluͤgling unterwinden
Zu ſagen: Du beſchreibſt zwar, wie ein weib ſoll ſeyn,
Wo aber wird man ſie von ſolcher gattung finden?
Man ſchreibt vielleicht nicht viel in das regiſter ein?
Wir ſehn bey dieſer zeit mehr geiler Meſſalinen,
Als keuſcher Porzien: dir thun es wenig nach,
Jhr garten traͤgt itzund mehr diſteln als jeſminen,
Man kaufft ein qventlein luſt vor tauſend ungemach.
Allein die ſpinne kan auch gifft aus roſen ſaugen,
Dem, ſo die goldſucht hat, kommt alles gelbe fuͤr;
Ein demant ſcheint wie glas in ungewaſchnen augen,
Wer nichts als laſter ehrt, kennt keine tugend-zier.
Wer tadelt unter uns die lieblichen granaten,
Wo hundert kerne gut, doch einer faͤulniß hegt?
Wer pflantzt nicht hoͤchſt vergnuͤgt die pomerantzen-ſchnaten,
Ob iede gleich davon nicht allzeit fruͤchte traͤgt?
Jſt wo ein weib nicht gut, ſo will ich tauſend zehlen,
Die an vortreffligkeit den engeln gleiche gehn,
Gewiß, es wuͤrde mir gar bald an worten fehlen,
Wenn ich ihr hohes lob zur gnuͤge wolt erhoͤhn.
Jſt iemand, welcher nicht will meinen reimen trauen,
Der ſeh, o Seelige! nur deine tugend an;
So155Begraͤbniß-Gedichte.
So wird er gleich ein bild vollkommner weiber ſchauen,
Von denen ſelbſt der neid nicht uͤbel ſprechen kan.
Hochwerther! deſſen aug in heißen thraͤnen ſchwimmet,
Und den die rauhe qvaal faſt ſelbſt zur leiche macht,
Jch weiß, daß itzt dein hertz in tauſend funcken glimmet,
Und alles dis bejaht, was ich hier vorgebracht.
Dir iſt am beſten kund ihr ungemeines weſen,
Wie ſie an tugenden recht eine Fuͤrſtin war.
Drum kan man auch an dir nichts als betruͤbniß leſen,
Denn das, was du geliebt, liegt auf der todten-bahr.
Jedoch was wilſt du viel den ſchluß des himmels aͤndern?
Verlaß die traurigkeit und ehre ſeinen rath.
Vergnuͤge dich zugleich mit beyden liebes-pfaͤndern,
Die dir die Seelige noch hinterlaſſen hat.
Sie war der Rahel gleich im tode, wie im leben,
Drum muſt ihr letztes kind ein ſohn der ſchmertzen ſeyn,
Du aber, um ihr noch den letzten dienſt zu geben,
Schreib auch mit Jacob dort auf ihren grabe-ſtein:
Hier ruht mein augen-troſt, ein weib von ſeltnen gaben,
Mein leit-ſtern, meine luſt, ſo mich allein vergnuͤgt;
Zwey leichen ſind allhier in einer grufft begraben,
Weil neben ihr zugleich mein treues hertze liegt.
Der Bey dem abſterben des welt-beruͤhmten Polyhiſtoris, Conrad Samuel Schurtzfleiſches, Sachſen-Weimariſchen Raths und Pro - feſſoris Honorarii zu Wittenberg, an. 1708. den 7. Julii empfundene verluſt. B. C. Richard, Bibliothec. zu Jena.
WIe, wenn das frohe licht, das alle welt geziert,
Sich in ein ſchwartzes meer der finſterniß verliert,
Ge -156Begraͤbniß-Gedichte.
Gedancken, aug und geiſt in eine tieffe fallen:
Wie, wenn ein ſchneller ſturm, der harten donner knallen
Den baum zu druͤmmern ſchlaͤgt, der frucht und ſchatten gab;
So ſtarret hand und mund, da ich das offne grab,
Jn welches Schurtzfleiſch ſinckt, gantz unverhofft erblicke.
So huͤllt mein Vater ſich, mein Lehrer und mein Gluͤcke
Nun in ein leichen-tuch! und zwar auf einen tag!
Wer iſt, der dieſen ſchmertz geſchickt entwerffen mag?
Denn ſolten thraͤnen gleich an ſtatt der farbe dienen,
So wuͤrde ſich doch kaum Timantes was erkuͤhnen.
Ein ſchmertz, wie dieſer iſt, wird durch ein ſterbe-tuch
Weit beſſer zugedeckt, als durch ein gantzes buch,
Als mit des pinſels kunſt, lebendig abgeſchildert.
Was ſonſt die ſeuffzer hemmt, die bittern klagen mildert,
Vermehrt der zaͤhren fluß: Jch weine nicht allein,
Des Pindus lorbeer-wald wird ein cypreſſen-haͤyn:
Selbſt die gelahrtheit zagt; man ſpuͤrt in ihren mauren
Nichts als ein angſt-geſchrey, nichts als ein bloſes trauren:
Es bricht der thraͤnen-flut durch ihre lichter vor:
Die ohnmacht hengt ihr zu: Der Muſen gantzes ehor
Wirfft craͤntz und ſpielwerck hin, und ſchlaͤgt die zarten bruͤſte,
Weil Schurtzfleiſch, ihre luſt, auf einem traur-geruͤſte
Vor ihren augen liegt: Ach klagt ich doch allein!
So koͤnte der Parnaß noch meine zuflucht ſeyn;
So aber klagt er ſelbſt: Wie ſolt er auch nicht klagen?
Da Schurtzfleiſch, deſſen hand die barbarey geſchlagen:
Da Schurtzfleiſch, deſſen mund den feinden zum verdruß
Der Muſen ruhm erhoͤht, erblaßt verſtummen muß.
Wie klagt er nicht vor dem, da Scaliger geſtorben!
Du haſt, Beruͤhmter Mann! ſo großes lob erworben,
Als dieſer Fuͤrſten-Sohn: Dir war das alterthum
So wol als ihm bekant, ob du ſchon deinen ruhm
Nicht ſelber auspoſaunt: Du haſt die klugen ſchrifften,
Die Rom und Griechenland ein ewig denckmahl ſtifften,
Von erſter jugend an in deinen kopff gefaßt.
Dir war es eine luſt, was manchen eine laſt,
Ja gar unmoͤglich ſcheint: Bey tag und nacht ſtudiren,
Und doch die munterkeit des geiſtes nicht verlieren,
Wann157Begraͤbniß-Gedichte.
Wann Leucoreens wohl, wenn die gelehrte welt
Schurtzfleiſchens rath bedarff: Wenn man vom rauhen Belt,
Von allen laͤndern faſt, die deinen namen nennen,
Durch einen weiſen trieb, dich, Großer Mann! zu kennen,
Nach Wittenberg gereiſt: iſt kein gemeines lob.
Was den Salmaſius bis an die ſtern erhob,
Der ſprachen wiſſenſchafft, die kundſchafft guter buͤcher,
War groͤßer noch bey dir: Verhaßte leichen-tuͤcher!
Was leget ihr mit ihm nicht in die finſtre grufft!
Mit dir, Gelehrter Greiß! der auch die tieffſte klufft
Des alterthums durchdrang: Was Rom noch großes zeiget:
Was da noch vor verſtand aus alten graͤbern ſteiget,
Hat kein Gruterus ſo, wie Schurtzfleiſch, unterſucht.
Die halb-verloſchne ſchrifft, die mancher ohne frucht
Zu leſen ſich bemuͤht, hat uns dein witz erklaͤret,
Dem nichts zu dunckel war: Ach daß der tod verzehret,
Was unerſetzlich bleibt! Nun liegt der theure ſchatz,
Und macht der klugen welt zu neuen klagen platz:
Nun liegt die ſeltne frucht der offt-gethanen reiſen.
Dein alter Livius wuͤrd uns viel neues weiſen;
So aber hat der tod die theure muͤh zerſtuͤckt,
Und uns das ſchoͤnſte licht mit deiner hand entruͤckt.
Unſchaͤtzbarer verluſt! Wer ſolte ſich nicht kraͤncken?
Denn Deutſchland ſieht noch mehr, als den Thuan verſencken.
Dein Waldeck, der offt mehr durch ſeinen rath verricht,
Als mancher, der mit macht ins feindes lager bricht,
Stirbt noch einmal mit dir. Was will ich weiter ſagen?
Man darff nur Engelland, man darff nur Franckreich fragen,
Und Welſchland, wo man dich erſtaunend angehoͤrt,
Nebſt Holland, wo dich mehr als Graͤvius verehrt.
Kurtz: Halb Europa wird die thraͤnen loben muͤſſen.
Es iſt ja faſt kein land, das nicht dein hohes wiſſen
Mit ſeinem glantz erfuͤllt, das Schurtzfleiſch nicht geſchaut,
Und dem nicht deine fauſt ein ehren-mahl gebaut.
Wenn gantze Laͤnder nun mit dir ſo viel verlieren:
Die Muſen deinen ſarg mit thraͤnen-perlen zieren:
Die weiſe Leucoris bey deiner bahre liegt:
Dein bruder, der ſich vor an nichts als dir vergnuͤgt,
Nun158Begraͤbniß-Gedichte.
Nun vor den buͤcher-ſaal ihm deine grufft erwehlet;
Was wunder, wenn mein geiſt betruͤbte ſtunden zehlet,
Und aus ſich ſelber koͤmmt? Ach himmel! kan es ſeyn?
Du pflegſt die wiſſenſchafft ſonſt ſtuͤckweis auszuſtreun,
Hier aber hatte ſie mein Schurtzfleiſch gantz beyſammen,
Und dennoch ſtirbet er. Soll man den ſchluß verdammen,
Der den Demoſthenes, wie ſtumme lippen trifft?
Der großer lente mund, ſo wol des todes gifft,
Als den bethoͤrten ſchwarm des poͤbels, trincken heißet?
Der witz und unverſtand in eine grube ſchmeißet?
Nein! meine poeſie! du geheſt allzuweit.
Schau nur, der himmel zeigt den beſten unterſcheid,
Und daͤmpfft des zweiffels dunſt: Denn ignoranten ſterben;
Mein Schurtzfleiſch aber lebt. Laß ſeinen leib verderben,
Sein ruhm bleibt dennoch ſtehn, den Famens goldne fahn
Bis an die ſonne fuͤhrt: Der geiſt ſteigt himmel-an,
Siegt uͤber aſch und graus, und ruht an jenem bronnen,
Daraus der weisheit-ſtrom in unſre welt geronnen,
Wo ihn die ewigkeit in ihrem ſchoos umfaßt.
Dis hebt in etwas noch die centner-ſchwere laſt
Von der beklemten bruſt. Was dienen auch die thraͤnen?
Heißt uns ſein wahl-ſpruch nicht das zagen abgewoͤhnen,
Und unerſchrocken ſtehn? Er gieng uns ja voran.
Wir folgen ihm denn nach. Betruͤbter! der die bahn
Des großen Bruders geht, du kanſt die wehmuth lindern.
Dein ungemeiner fleiß kan den verluſt vermindern,
Der noch die thraͤnen naͤhrt. Dein unerſchoͤpffter geiſt,
Macht, daß man dich bereits den andern Schurtzfleiſch heiſt:
Du wirſt es auch ſtets ſeyn. Drum unterbrich die klagen,
Damit ſie dich nicht auch, wie ihn, zu grabe tragen.
Dein leben iſt ſein ruhm. Drum lebe, Großer Freund!
Und weil dein Bruder es ſo wohl mit mir gemeynt,
So tritt an ſeine ſtatt. Ach ſchau, was ich erblicke!
Vielleicht haͤlt dieſer glantz die klagen was zuruͤcke.
Der Pindus zeiget ſich in ungemeiner pracht:
Ein ſonnen-gleiches licht daͤmpfft die betruͤbte nacht:
Die Muſen ſind bemuͤht ein ehren-mahl zu zimmern,
Da Schurtzfleiſch als ein ſtern von erſter groͤße ſchimmern
Und159Begraͤbniß-Gedichte.
Und ewig ſtrahlen ſoll. Genung, mein Schurtzfleiſch lebt!
Mein Schurtzſleiſch, den der ruff aus aſch und moder hebt.
Es wird ſein hohes lob, auch nach dem tode ſteigen.
Europa denckt darauf, drum will ich gerne ſchweigen.
Auf das abſterben Herrn Ernſt Heinrich Wedels, Med. Doct. und Prof. Publ. Extraord. zu Jena ꝛc. den 17. Apr. 1709. Jm namen ſeiner tiſch-compagnie. G. S.
DEr ungeheure froſt, den unſre welt empfunden,
War zu gemeinem heyl und troſte kaum verſchwunden,
Als der geſchmoltzne ſchnee von berg und felſen flos
Und nebſt dem muͤrben eiß ſich in ein meer ergos,
Das thaͤler, wieſen, feld und aͤcker uͤberſchwemmet.
Nun hat der frohe lentz die fluten zwar getaͤmmet,
Und theils ſchon abgefuͤhrt: Der landmann iſt erfreut,
Die ſtadt verſpricht ihr ſelbſt nicht ſchlechte nutzbarkeit
Aus der verlohrnen flut: Die theurung ſcheint zu fallen,
Die taͤglich ſteigen wolt; Allein was vor ein knallen
Bricht aus der wolcken-nacht auf des Parnaſſus hoͤh?
Wo unſrer Muſen witz auch unter kalten ſchnee
Der weisheit blumen pflantzt. Was hat der blitz getroffen?
Wir ſchauen unverhofft Hygeens tempel offen.
Der eine pfeiler liegt zerdruͤmmert und entzwey:
Der Meditrine mund bricht in ein angſt-geſchrey
Und herbes ſeuffzen aus: So muß mein Wedel ſterben?
So nimmt des todes macht des großen Vaters Erben,
Sein kluges Ebenbild auf einen ſchlag dahin.
Was hilfft dich deine kunſt? betruͤbte Meditrin!
So klagt Hygeens mund. Sie muß auch freylich klagen,
Nachdem er ſo erwuͤnſcht dem Vater nachgeſchlagen,
Dem160Begraͤbniß-Gedichte.
Dem Vater, deſſen ruhm durch ſo viel laͤnder geht,
Dem Vater, deſſen witz ihn taͤglich mehr erhoͤht.
Was dieſer itzund iſt, das fieng er an zu werden:
Der fortgang war gewiß, er aber darff auf erden
Nicht ferner nuͤtzlich ſeyn: des harten himmels ſchluß
Macht, daß allhier der artzt ſelbſt zeitlich ſterben muß.
Es klagt die gantze ſtadt, und was ihm ſonſt ſein leben
Bedaͤchtig anvertraut: Nach andrer beſten ſtreben
Hielt er vor ſeinen nutz: Wir fallen ſelber bey,
Daß dieſes Sternes fall ſehr zu beweinen ſey;
Jndem er uns bisher den ſchoͤnen weg geleitet,
Wo die erfahrung geht, und der verſtand nicht gleitet,
Der weg, der in das chor des hohen tempels fuͤhrt,
Jn dem Hygea ſitzt: wo ſich die nacht verliert,
Womit Morvonens grimm den armen menſchen draͤuet,
Ach daß uns dieſer Stern ſo kurtze zeit erfreuet!
Wie manches irr-licht bleibt und ſtrahlet in der welt,
Obgleich viel tauſenden ſein ſtrahlen ſchaͤdlich faͤllt?
So iſt kein Wedel nicht. Erblaßter! deſſen ſeele
Uns allzufruͤh verlaͤſt, und deſſen leib die hoͤle
Des grabes itzt umfaͤngt, dir bleibet doch der ruhm,
Daß du recht treu gelehrt, zu deinem eigenthum.
Nun ſtirbet dieſe treu. Ach daß ſie doch noch lebte!
Ach daß nicht der Parnaß von deinem falle bebte!
Wiewol ſie lebet noch in deiner hoͤrer bruſt.
Wem iſt die redligkeit der Lehrer unbewuſt,
Die noch am leben ſind und unſern tempel ſtuͤtzen?
Dein Vater, welchem wir zu ſeinen fuͤßen ſitzen,
Jſt annoch unſer troſt. Drum wuͤnſchet unſre pflicht:
Daß GOtt, der kaͤlte, flut und alles unterbricht,
Was uns verderben kan, die macht zuruͤcke ziehe,
So uns in trauren ſetzt: Daß unſer Pindus bluͤhe:
Und der, ſo den verluſt durch ungefaͤrbte treu
Und wiſſenſchafft erſetzt, ein andrer Wedel ſey.
Als161Begraͤbniß-Gedichte.
Als TIT. Herr A. S. von Hohberg an. 1687 zu Franckf. an einer toͤdli - chen wunde blieb. W. A. von Stoſch.
JCh weiß nicht, Seeligſter! ob ich zu tadeln bin,
Daß ich mehr thraͤnen itzt, als dinte muß vergießen;
Denn dein verſcharrter leib reißt meine geiſter hin,
Und laͤſt mir nichts als blut in meine feder fließen.
Dein muth, dein ernſter fleiß, und deine freundligkeit
Stehn als drey Gratien noch ſtets vor meinen augen,
Und laſſen, ob man dich mit ſande gleich beſtreut,
Mich doch die liebe noch aus deinem grabe ſaugen.
Ach daß doch wind und ſturm auch hohe berge trifft!
Jch baut auf deinen grund ſchon tauſend freuden-ſaͤulen;
Nun ſeh ich, wie der tod uns die geſetze ſtifft,
Und wie die gipffel ſelbſt zu dem verderben eilen.
Doch dis wird, Seeligſter! dir nur zuwider ſeyn,
Und du muſt ſelbſt vielleicht uns dieſes troſt-mahl reichen:
Schenckt uns des himmels zorn gleich gall und wermuth ein;
So ſoll ſie die vernunfft mit zucker doch beſtreichen.
Wohlan! Jch goͤnne dir der ſeelen ſuͤße ruh:
Jch laſſe deinen geiſt im hohen himmel ſchweben,
Und ruffe dir zuletzt nur dieſe worte zu:
Kanſt du nicht irdiſch ſeyn, ſo will ich himmliſch leben.
Auf eben deſſelben abſterben. L. Hertel.
SO, wie ein donner-keil durch hohe cedern faͤhrt,
Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert,
So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt,
Da ſie, Betruͤbteſte! vor ſeinem donner zittert.
Hofm. w. V. Th. LMein162Begraͤbniß-Gedichte.
Mein brief ſoll voller troſt und voller zucker ſeyn;
Was aber ſoll mir doch die ſchwache feder ruͤhren,
Jndem wir halb erſtarrt eypreſſen-zweige ſtreun,
Und ihren liebſten Sohn zum ſchwartzen grabe fuͤhren?
Ach allzulieber Sohn! Ach allzufinſtres grab!
Wie bald kan gluͤck und zeit doch ſeinen wechſel finden?
Wie bald faͤllt doch die frucht der reiffen hoffnung ab,
Wenn unſer lebens-baum laͤſt ſeine krafft verſchwinden?
So unbeſtaͤndig iſt der große Barmach nicht:
So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren,
Als wenn des himmels ſchluß durch die gedancken bricht,
Und unſre Babel ſich wie ſchatten-werck verzehren.
Wer ruͤhmte, Seeligſter! nicht deiner tugend glantz,
Der, wie ein feigen-baum vor bluͤte, frucht getragen,
Als dir die tugend ſelbſt den bunten lorbeer-crantz
Und ihren ehrenpreiß um deinen kopff geſchlagen?
Und dennoch ſchleuſt die grufft itzt deinen ſchimmer ein,
Der Freunde luſt-ſtern muß mit deiner luſt verbleichen,
Und dein entſeelter mund muß ſelber zeuge ſeyn,
Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen.
Des Vaters edler ruhm, der Ahnen tapfferkeit,
Wird nunmehr allererſt auf erden ſich vermiſſen,
Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit,
Dich, als ihr ebenbild, der ſtoltzen welt entriſſen;
Doch dieſes nicht allein; das theure Schleſien,
Faͤngt auch an uͤber dich, als ihren Sohn, zu klagen,
Und ſchaut mit thraͤnen an, daß hier die Najaden,
Und nicht ſein mutter-arm dich ſoll zu grabe tragen.
Zuletzt kommt Themis ſelbſt, und denn die tapfferkeit,
Die bricht den feſten ſchild bey deiner grufft in ſtuͤcken,
Und jene hat den leib mit flohren uͤberſtreut,
Und will dich noch als kind an ihre bruͤſte druͤcken.
Dis ſchreib ich aber nicht, was deiner Bruͤder weh
Vor liebes-ſeuffzer laͤſt nach deiner ſeele ſchießen,
Noch wie die Mutter ſelbſt aus ihrer hertzens-ſee
Das ſaltz der thraͤnen laͤſt als runde perlen fließen.
Ein offt beklagter tod verdoppelt nur die pein,
Und der muß grauſamer, als raſende Cyrcaſſen,
Und163Begraͤbniß-Gedichte.
Und unempfindlicher, als wilde Mohren ſeyn,
Der nicht auf deinen ruhm ſoll friſche thraͤnen laſſen.
Welch nebel aber klebt doch meinen augen an?
Genug! Betruͤbteſte! die thraͤnen ſind verſtrichen,
Jhr allerliebſter Sohn tritt auf des himmels bahn,
Und iſt dem Ninive der erden ausgewichen.
Sein blut-beſpritzter leib macht nun in JEſus ſchoos
Die roſen-rothe bahn zu reinen ſilber-qvellen,
Nachdem die ſeele ſich von allen ſuͤnden los,
Vor GOttes augen kan in weiſen atlas ſtellen.
Die engel waſchen ſelbſt der wunden ſcharlach ab,
Und lehren, wie er ſoll dem Hoͤchſten opffer bringen;
Er, der zu guter nacht durch das bedeckte grab
An ſeine Freunde noch laͤſt dieſen troſt erklingen:
Ade! ich lebe wohl, und iſt gleich meine bruſt
So, wie der abend-glantz bepurpert untergangen,
So glaubt, daß nach der zeit die ſonne meiner luſt
Auch wie der morgen wird in vollem golde prangen.
Der rechte Jſraeliter, vorgeſtellt Bey der beerdigung Herrn J. Dewerdecks, wein-han - delsmanns in Liegnitz. B. S.
JTzt, da man ſchwartz und weiß mit einer feder ſchreibt,
Da gall und honigſeim aus einem munde qvellen,
Und wenn die augen ſich wie tauben-blicke ſtellen,
Das hertze doch ein neſt vergiffter ſchlangen bleibt:
Jtzt, ſag ich, iſt die zeit, da redliche gemuͤther
Kaum mit der aloe in funffzig jahren bluͤhn:
Es waͤchſt die wahre treu wie ſeltnes winter-gruͤn,
Und iſt ſo angenehm, als die verlegnen guͤther:
L 2Der164Begraͤbniß-Gedichte.
Der zeiten finſterniß umnebelt dieſes licht,
Daß ſeine funcken kaum noch in der aſche glimmen,
Und weil hertz, mund und hand ſo ſchlecht zuſammen ſtimmen,
So bleibt die loſung ſtets: Vertraue keinem nicht.
Seit dem politiſch-ſeyn zur mode morden iſt,
Hoͤrt man die redligkeit der einfalt titul fuͤhren:
Der wahrheit edles gold muß glantz und werth verlieren,
Weil lauter ſchlacken-werck der menſchen thun umſchlieſt.
Die unart dieſer welt giebt eiß vor cryſtallinen,
Und huͤllt die ſchwartze bruſt in ſchwanen-federn ein.
Es muß die falſchheit kunſt, die tuͤcke tugend ſeyn,
Und worte voller pracht zu lauter feſſeln dienen.
Der menſchen falſches hertz kommt einer uhren bey,
Die anders ſchlaͤgt und zeigt; ja die erfahrung lehret,
Daß offt der groͤſte freund, den man am meiſten ehret,
Jm munde Seneca, im hertzen Nero ſey.
Jhr! die ihr noch ſehr tieff in ſolcher larve ſteckt,
Entbloͤſet das geſicht bey dieſen todten-gruͤfften,
Wo wir der redligkeit das letzte denckmahl ſtifften.
Hier ruht ein ehren-mann, den zwar die erde deckt,
Doch deſſen nachruhm kan auch in dem tode zeigen,
Daß weder grufft noch nacht die tugend decken kan.
Schaut den erblaßten mund als einen lehrer an,
Der euch geſetze giebt im reden und im ſchweigen:
Wie man vor GOtt und welt ſich ohne falſch bezeigt.
Lernt euren wandel hier auf treu und wahrheit gruͤnden,
Lernt, wie man wort und werck durch liebe muß verbinden,
Damit ein guter ruch aus eurem grabe ſteigt.
Verzeihe, Seeligſter! wenn ich dich loben will,
Du biſt bey lebens-zeit dem ruhme feind geweſen;
Doch was die wahrheit ſchreibt, das mag ein ieder leſen:
Es war die redligkeit dein auserleſnes ziel.
Dein thun haſt du wol nicht mit worten ausgemeſſen,
Das hertze ſelber gab den ausſchlag in der that;
Und165Begraͤbniß-Gedichte.
Und wer als einen freund dich recht erkennet hat,
Der wird auch deiner treu im grabe nicht vergeſſen.
Du boteſt deine hand mit deutſchem hertzen dar,
Dem, der dir ſeine noth und ſeinen kummer klagte;
Kein wunder, wenn man nun bey deinem tode ſagte:
Die leute deiner art ſind, leyder! gar zu rar.
Wie unverfaͤlſcht war doch dein guter lebens-lauf?
Es heuchelt ja die welt mit ihrem Chriſtenthume:
Sie ſucht nur euſerlich die froͤmmigkeit zum ruhme;
Dir aber gieng das licht in deinem hertzen auf.
Dein eifriges gebet, dein ſtetes bibel-leſen,
Dein fleißig kirchen-gehn, die koͤnnen zeuge ſeyn,
Daß deine gottesfurcht kein angemaſter ſchein,
Und daß dein glaube nicht ein todter ruhm geweſen.
Des HErren vorhof war dein angenehmſter gang,
Da deine fuͤße ſtets in ſeinem tempel ſtunden:
Wie offte haſt du doch die haͤnde da gewunden,
Wenn Joſephs ſchaden dir ſehr tieff zu hertzen drang.
Nicht Jacobs namen nur, auch Jacobs froͤmmigkeit,
War es, du Seeliger, was dich beruͤhmet machte,
Kein wunder, daß dir GOtt auch Jacobs ſegen brachte.
Wer GOtt zum ſtecken hat, und ſeiner ſich erfreut,
Dem muß ein wander-ſtab zu großen heeren werden,
Der findt in fremder lufft ein liebes vaterland.
Dis alles haſt du nun in ſtiller furcht erkannt:
Es zog dich der magnet nicht nieder nach der erden;
Dein geiſt ſtieg himmel-an mit ungezwungner art,
Du hielteſt geld und gut nur vor geborgte gaben,
Drum muſten ſie bey dir auch einen entzweck haben,
Der GOtt zu ehren kam, dem naͤchſten nuͤtzlich ward.
Du kern der deutſchen treu! o ſchade, daß die bruſt,
Die voller redligkeit, ſo zeitlich ſoll verweſen!
Soll man die zeitung ſchon von deinem tode leſen,
Da kaum den deinigen die kranckheit iſt bewuſt?
L 3O all -166Begraͤbniß-Gedichte.
O allzu großer riß! o unverhofftes leiden!
Wiewol! du ſehneſt dich aus dieſer falſchen welt,
Wo kaum der tauſende die liebes-probe haͤlt.
Dort gehſt du, Treuer Knecht! zu deines HErren freuden.
Der will dein ſchoͤnes loos aufs lieblichſte erhoͤhn.
Das buch der Redlichen iſt leyder! hier verſchwunden:
Hier, haſt du es geſucht, dort haſt du es gefunden,
Dort wird dein name auch auf ſeinen blaͤttern ſtehn.
Laſt, Hoch-Betruͤbte! nach, den thraͤnen hold zu ſeyn.
Zwar eure ſtuͤtze faͤllt, der mund iſt gantz verſchloſſen:
Durch deſſen beten euch viel ſegen zugefloſſen:
Der tod reißt euren troſt und eure hoffnung ein;
Doch aber troͤſtet euch! Es iſt des HErren wille,
Der will, und kan und mag nichts ungereimtes thun.
Laſt die gebeine nur von eurem Vater ruhn:
Wer weiß, was uns betrifft; er ſchlaͤfet in der ſtille.
GOtt hat ihn weggerafft von aller noth und pein,
Und ſeinen muͤden fuß nach Edens brunn gelencket,
Wo er den frohen geiſt mit lauter leben traͤncket.
Denckt, daß ein Jacob muß in Abrams ſchooſe ſeyn.
Seht hier, ihr ſterblichen! das bild der redligkeit.
Beſpiegelt euch allhier, ihr falſchgeſinnten geiſter!
Hier hilfft kein feigenblat, kein uͤbertuͤnchter kleiſter,
Der tod zieht allen aus das falſche moden-kleid.
Drum wolt ihr ruhm und lob zum ſterbe-kittel haben,
So zieht die redligkeit bey eurem leben an.
Wer, wie der Seelige, ſo ruͤhmlich ſterben kan,
Dem wird die tugend ſelbſt ſein lob in marmor graben.
Ach ja! wir ſehen ſchon, wie ſehr ihr ihn geklagt,
Und ihm die grabſchrifft ſetzt: Mein leſer! wilſt du wiſſen,
Wer hier ſein mattes haupt zur ruhe legen muͤſſen?
Er lebte ſchlecht und recht. Jch habe gnug geſagt.
Ver -167
Vermiſchte Gedichte. Auf Sr. Koͤnigl. Maj. in Daͤnnemarck, Friederichs des Vierdten Hohen geburts-tag, Als Sie von Jhrer reiſe aus Norwegen gluͤcklich zuruͤcke kam. P. C. L.
1.
DEr himmel wird itzt wieder klar
Den eifrigen und ſtets getreuen Daͤnen:
Denn du, o Sonne! biſt nun dar
Und unterbrichſt ihr unterthaͤnigſt ſehnen:
Nun faͤngt es wiederum in unſerm Coppenhagen
Bey deiner gegenwart, o Koͤnig! an zu tagen.
2.
Durch deiner hohen gnaden ſchein
Jſt bis anher das ſtets gefrorne Norden,
Wo kaͤlt und eiß geſchwiſter ſeyn,
Faſt aufgeloͤſt, und gantz erhitzet worden;
Als nun aus Norden ſelbſt der nordwind muſte fliehen,
So hieß dein abzug ihn in unſre hertzen ziehen.
3.
Das ſchiff, das dich nun wiederbracht,
Das wollen wir zu dem am himmel ſetzen;
Weil GOtt durch deſſen ſchoos gemacht,
Daß uns dein ſtrahl kan wiederum ergetzen:
Die winde, die, o Held! in deſſen ſegel bließen,
Das war’n die ſeuffzer, ſo aus unſern hertzen ſtießen.
L 44. Un -168Vermiſchte Gedichte.
4.
Unſchaͤtzbar iſt des tages zeit,
Die, Koͤnig! dich, uns wieder hat gegeben,
Weil unſre nacht durch ſie zerſtreut,
Daß jeder kan von furcht befreyet leben;
Es will das gantze land ſich in verjuͤngten freuden,
Daß du, o Sonne! da, an deinen ſtrahlen weiden.
5.
Man ſolte dir itzt tempel baun,
Und da dein bild wie goͤttlich faſt verehren:
Weil du dein reich laͤſt dieſes ſchaun,
Wodurch es bluͤht, und deine macht kan mehren:
Und da Europa muß zum blut-altare dienen;
Heißt du den frieden doch in deinen laͤndern gruͤnen.
6.
Der himmel, der dich, Held! beſchuͤtzt,
Dich Vater-Haupt der Daͤnſchen koͤnigreiche;
Der deine Cronen unterſtuͤtzt,
Daß ihren ſchmuck kein feindlich ſturm beſtreiche,
Der oͤffne kuͤnfftig auch die ſchaalen ſeiner guͤtte,
Daß Daͤnnemarck erfaͤhrt die fruͤchte dieſer bitte.
7.
Laß Friedrichs und Louyſens bruſt,
Den Salomon, dis Kleinod unſrer zeiten,
Zu ihrer und der Daͤnen luſt,
Noch lange nicht die ſterbligkeit beſtreiten,
Sey du ihr ſchutz-geſtirn, und laſſe deinen ſegen
Um dieſe Haͤupter ſich, und deren reiche legen.
Als die Durchlauchtigſte Princeßin, Wilhelmina Carolina, Marggraͤ - fin zu Brandenburg ꝛc. ꝛc. durch Wittenberg reiſete.
1.
AUf, thraͤnen-voller wolcken-ſaal!
Laß einen angenehmen ſtrahl
Auf169Vermiſchte Gedichte.
Auf unſern hohen berg und ſeine grentzen fließen,
Laß der umbuͤllten ſterne ſchein
Doch ſtaͤrcker als den ſchatten ſeyn,
Und mit demſelbigen ein hohes Haupt begruͤßen.
2.
Hoͤrt aber nicht des ſturmes lauf
Durch unſers bitten opffer auf,
So ſoll dein ſchatten doch nicht unſern vorſatz trennen,
Die hertzen, die zu dieſer zeit
Ein hohes Sonnen-licht erfreut,
Die ſollen wie ein ſtern der erſten groͤße brennen.
3.
Doch wird ihr ſtrahl mehr funcken ſtreun,
Wo ſie dein hoher ſonnenſchein,
Koſtbarer Diamant Durchlauchter Princeßinnen!
Den Francken, ja die gantze welt,
Vor ein unſchaͤtzbar kleinod haͤlt,
Von ſeiner gnade laͤſt nur einen blick gewinnen.
4.
Wem Fuͤrſten-augen gnaͤdig ſind,
Dem wird ſein opffer bald entzuͤndt,
Das gluͤcke lacht ihn an mit himmliſchem gedeyen,
Er lacht, wenn gleich der himmel weint,
Weil ihm ein andre Sonne ſcheint,
Daruͤber geiſt und bruſt ſich hoͤchlich kan erfreuen.
5.
Wie iſt der tag doch ſo begluͤckt,
Da uns der himmel zugeſchickt,
Des vaterlandes wohl und himmliſches vergnuͤgen,
Da Carolinens hoher ſchluß
Gab unſern grentzen einen gruß,
Und unſre hertzen ließ zu ihren fuͤßen liegen.
6.
Der himmel, der vor Cronen wacht,
Und auf der Fuͤrſten heyl bedacht,
L 5Der170Vermiſchte Gedichte.
Der laͤſt dein reiſen ihm auch hoͤchſt ſeyn angelegen,
Wir ſchau’n, wie deſſen reines licht
Hinfuͤhro durch die wolcken bricht,
Und ſtets zugegen iſt auf deinen Fuͤrſten-wegen.
7.
Berlin, die wunder-volle ſtadt,
Die eine welt faſt in ſich hat,
Legt ihren purpur an, weil ſie von deinen ſtrahlen,
Die nur des himmels ſtarcke hand
Jn deinen blick vor helden band,
Schant ihren ſchoͤnen kreiß noch angenehmer mahlen.
8.
So fahre denn vergnuͤgt dahin,
Wo dich, Durchlauchter Fuͤrſten-ſinn,
Die zarte regung fuͤhrt, wo Friederich regieret,
Der himmel lencke deinen fuß,
Durch ſeinen wunder-weiſen ſchluß,
Er mache, daß dein haupt auch einſten cronen fuͤhret.
Als Der Durchlauchtigſte Fuͤrſt und Herr, Herr Wilhelm Friedrich, Marg - graf zu Brandenburg ꝛc. ꝛc. durch Wittenberg reiſete.
JHr luͤffte! klaͤrt euch aus, und heißet unſer feld
Nebſt ſeinen gegenden mit holden blicken lachen:
Baut von vergnuͤgungen ein anmuths-volles zelt,
Und laſt heut alle luſt der ſchoͤnen zeit erwachen:
Streut moſch und ambra aus, und balſamirt den kreiß,
Der nur itzund von luſt und hertzens-wuͤnſchen weiß.
Wie171Vermiſchte Gedichte.
Wie iſt der himmel doch der Francken bruſt geneigt,
Daß ihr ſein vater-ſinn hat Anſpachs hohe Sonnen
Jn unſerm Horizont und Sions-berg gezeigt,
Und uns dadurch den ſchatz des gluͤckes giebt gewonnen:
Wie wird der ort von uns in tieffſter pflicht gekuͤßt,
Wo Wilhelmina war, und Wilhelm Friedrich iſt.
Durchlauchtes Fuͤrſten-Haupt, und hoher Helden-Geiſt,
Den naͤchſt der himmel hieß des landes Vater werden,
Wie wurde ſinn und bruſt mit goͤtter-koſt geſpeiſt,
Als wie des landes wohl und luſtige geberden,
So ihm der himmel hat durch dich, o Held! verehrt,
Durch einen freuden-ſchall der gantzen welt gehoͤrt.
Doch itzt lacht uns das gluͤck mit mehrern ſtrahlen an,
Weil unſre bruſt ſich ſelbſt zu deinen fuͤßen legen,
Und deinem ſcepter heyl und ſegen wuͤnſchen kan,
Damit kein naher ſturm kan ſeinen grund bewegen,
Mit unſrer meynung ſtimmt der himmel ſelbſten ein,
Was wunder! wenn dein wohl wird diamanten ſeyn.
Dis wuͤnſcht der unterthan, dis hofft das edle land,
Und unſer hertze ſingt bereits die freuden-lieder,
Weil ſich der himmel ſelbſt durch dich, o Werthes Pfand!
Auf unſre felder laͤſt nebſt dem geluͤcke nieder,
Man hoͤret, wie mit uns, durch die zertheilte lufft,
Jedwedes landes-kind dergleichen wuͤnſche rufft:
Der himmel wohne da, wo Wilhelm Friedrich lebt,
Und ſeine felder ſchuͤtzt mit ſeinem hohen ſchatten,
Wo er durch tugend ihm den helden-purpur webt,
Den viele ſeines ſtamms ſchon laͤngſt erſtritten hatten,
Der ſegen ſchuͤtte ſich auf ſein Durchlauchtes Hauß,
Und auf das gantze land mit tauſend ſtroͤmen aus!
Nun fuͤhre dich begluͤckt der himmel in die ſtadt
Wo dein Geſchlechte Cron und Koͤnigs-purpur traͤget,
Wo dem geluͤcke ſchon ein ſtern befohlen hat,
Daß es ſtets deinen wunſch mit einem ja beleget.
Dein wohlſeyn iſt der ſtamm, worauf die freude liegt,
An der fich land und volck und unſre bruſt vergnuͤgt.
Auf172Vermiſchte Gedichte.
Auf den geburts-tag ſeines eintzi - gen Freundes. D. M. B.
FLeuch, finſterniß! mit deiner truͤben nacht!
Wer deine wolcken liebt, den foltern bange ſchmertzen,
Wer aber nicht auf ſorgen iſt bedacht,
Der wuͤnſchet dir den tod mit einem frohen hertzen,
Drum fleuch nur fort! in meiner hellen bruſt
Scheint freud und luſt.
Scheint freud und luſt auf meinen muntern geiſt;
So kan ich auch vergnuͤgt die freuden-lieder ſingen,
Die mich das licht durch ſeine ſtrahlen heiſt,
Das licht, das ſchoͤne licht, das mir will roſen bringen,
Die dieſen tag in voller bluͤte ſtehn
Recht friſch und ſchoͤn.
Recht friſch und ſchoͤn iſt heute dieſer tag,
Da mein geehrter Freund vor zwey und zwantzig jahren
Das erſte mal in einer wiegen lag,
Und durch des himmels gunſt den ſegen kont erfahren,
Daß GOttes arm die ſeinen maͤchtig ſchuͤtzt,
Wenn alles blitzt.
Wenn alles blitzt, ſo lebt mein Jonathan,
Dem ich mein gantzes hertz als eigen uͤbergeben,
Ja wo ich noch was beſſers lieffern kan,
Das ſeiner liebe werth, ſo iſt es wol mein leben,
Das ſchon vorlaͤngſt liegt als ein freundſchaffts-pfand
Jn ſeiner hand.
Jn ſeiner hand, die treu und glauben haͤlt,
Liegt auch mein gantzes heyl verwahrt und eingeſchloſſen,
Er iſt ein freund, nicht nach der falſchen welt,
Der, wenn ſein fettes maul das gute hat genoſſen,
Des andern noth verlaͤſt zur winters-zeit
Jn traurigkeit.
Jn173Vermiſchte Gedichte.
Jn traurigkeit ſchenckt er mir troͤſtung ein,
Und wenn der rauhe ſturm ein ungewitter draͤuet,
So will ſein hertz in meinem hertzen ſeyn,
Das ſich zugleich betruͤbt, und keinen hagel ſcheuet,
Sein treuer fuß beſucht mein armes hauß,
Wenn alles aus.
Wenn alles aus, ſo iſt der freund mit mir,
Der ſeine redligkeit in keine ſeide bindet;
Ein deutſches wort das bleibet ſeine zier,
Darauf die tugend ſich in ihren thaten gruͤndet.
Drum danck ich auch dem himmel vor den Freund,
Der es ſo meynt.
Der es ſo meynt, dem geh es immer wohl!
Es muͤß in ſeiner ſchoos das gluͤcke ſelber liegen!
Der weg ſey gut, worauf er gehen ſoll,
Damit der ſchenckel kan, was andre faͤllt, beſiegen!
Kurtz: Alles heyl becroͤne haupt und haar,
Noch manches jahr!
Noch manches jahr erſcheine dieſes licht,
Bis daß des alters ſchnee auf ſeinem ſchaͤdel glaͤntzet:
Bis daß das volck zu ihm Herr Paſtor ſpricht:
Und ihn ein keuſches weib mit neuen freuden craͤntzet:
Bis daß ein ſohn der mutter hertz erfreut,
Und Vater! ſchreyt.
Auf denſelben. D. M. B.
BRich, winter!
Zerſchmeltze ſchnee und eiß,
Auf daß der erden-kreiß
Sich nicht bey rauhen tagen
Darff uͤber dich beklagen.
Brich, winter!
Lacht,174Vermiſchte Gedichte.
Lacht, felder!
Jn einer gruͤnen pracht,
Die alles luſtig macht,
Tragt roſen und violen,
Wir muͤſſen ſie itzt holen.
Lacht, felder!
Holt, Muſen!
Der ſchoͤnſten blumen glantz,
Und windet einen crantz,
Denſelben zu beehren,
Der euch pflegt ſtets zu hoͤren.
Holt, Muſen!
Erfriſchet
Sein hoͤchſt-beſtuͤrtztes haupt,
Dem alle luſt geraubt
Bey uͤberhaͤufften ſorgen,
Durch kummer und durch borgen.
Erfriſchet!
Geluͤcke!
Wirff deinen reichen klos
Jn ſeine leere ſchoos,
Und laß ihn einſt erwarmen,
Jn deinen goldnen armen.
Geluͤcke!
Erblaſſe,
Du molchen-gelber neid!
Der du ihn lange zeit
Mit giffte ſo beſpruͤtzet,
Daß er daruͤber ſchwitzet.
Erblaſſe!
Beſchuͤtze,
O tugend! deinen Sohn
Vor falſchem ſpott und hohn!
Dem175Vermiſchte Gedichte.
Dem boͤſe zungen dichten
Die ehre zu vernichten,
Beſchuͤtze!
O ſonne!
Beſcheine dieſe zeit
Mit luſt und froͤligkeit,
Zutreibe keil und blitzen,
Die ſich auf ſie erhitzen.
O ſonne!
Bringt lauten!
Und ſpielt dem matten ohr
Die frohen woͤrter vor:
Dis licht ſoll ſich erklaͤren,
Und lange jahre waͤhren.
Bringt lauten!
Ach himmel!
Erhalte dieſen Freund,
Der es rechtſchaffen meynt,
Vermehre ſeine kraͤffte,
Durch neue lebens-ſaͤffte,
Ach himmel!
So lebe,
Des ſchwachen hauſes zier!
Und gruͤne fuͤr und fuͤr,
Daß ſich von deinen zweigen
Noch große ſtaͤmme zeigen.
So lebe.
Drum gehe!
Aus deinem lazareth,
Um das ein dornbuſch ſteht,
Du wirſt auf unſern auen
Das roſenthal erſt bauen.
Drum gehe!
Auf176Vermiſchte Gedichte.
Auf Chur Bayern und Sachſen bey gluͤcklichem entſatz der ſtadt Wien. Sonnet.
KOmm aus des grabes nacht, komm, Maximilian!
Und du, o Moritz! laß die ſterbe-kleider liegen!
Schaut euren Enckeln zu, wie ſie ſo herrlich ſiegen!
Und was ſie vor das heyl der Chriſtenheit gethan.
Der Hund fiel Oeſterreich mit hoͤchſtem wuͤten an:
Es ſchien, als waͤr die angſt aufs aͤuſerſte geſtiegen;
Jndem ſo kamen ſie und zeigten durch ihr kriegen,
Daß Deutſchland in der noth noch Helden ſtellen kan.
Hier hat kein eigen-nutz, kein ſchaͤndlicher gewinn,
Um den die meiſten ſonſt anitzt zu felde ziehn,
Den ſchoͤnen lorbeer-crantz, der beyde ziert, geflochten.
Euch, Helden! wird mit recht der lob-ſpruch zuerkannt:
Daß ihr vor GOttes ehr und vor das vaterland
Aus bloſer redligkeit und deutſcher treu gefochten.
An den General Stahrenberg, den Commendanten in Wien. Sonnet.
HEld! den die Chriſtenheit mit tauſend palmen-zweigen,
Als einen Hunniad und Scanderbegg verehrt!
Daß Wien, das edle Wien! der Tuͤrcke nicht zuſtoͤrt:
Daß ſich der Jſter nicht darff vor dem Boſphor neigen:
Und daß die ſonne noch kan ihre ſtrahlen zeigen:
Das dauckt man dir, o Held! der du die welt gelehrt,
Was witz und tugend kan; die ihren ruhm vermehrt,
Wenn ihr die fluten ſchon bis an die lippen ſteigen.
Jtzt muß der tolle ſchwarm geſchimpfft zuruͤcke gehn,
Und ſeines monden ſchein mit blut verduͤſtert ſehn:
Er177Vermiſchte Gedichte.
Er muß vor Chriſti creutz aus furcht die fahne ſencken,
Und wird mit hoͤchſtem ſchmertz an dich und Wien gedencken.
Doch gieb es willig nach, o tapffrer Stahrenberg!
Es iſt nicht dein allein, es iſt des Hoͤchſten werck.
Bey dem einzuge, und der darauf am 28 Nov. 1708 erfolgten vermaͤhlung Friedrich, Koͤniges in Preuſſen, Und Sophia Louyſa, geb. Hertzogin von Mecklenburg. B. N.
DJe lange nacht iſt hin, und der ſo ſchwere tag,
Da Preuſſens herrligkeit auf todten-kuͤſſen lag:
Da unſre hoffnung fiel, und man in zweyen leichen,
Der ſchoͤnheit Sonne ſah, der jugend Luſt erbleichen.
Charlotte ſtarb vorher, und Friderich hernach:
Der zarte Friderich, von dem ein ieder ſprach:
So war dein Koͤnig auch, o Preuſſen! in der wiegen,
Dis kind wird ſo, wie er, bey ruh und friede ſiegen,
Durch guͤte maͤchtig ſeyn. Was aber ſind wir doch?
Wir ſegeln auf der ſee der freuden allzuhoch,
Und prophezeyhen offt von weit entfernten dingen;
Jndeſſen laͤſſet GOtt uns naͤhere gelingen,
Die keiner abgezielt. So groß als dazumal
Des landes jauchzen war; ſo groß war auch die qval,
Als unſer wunſch verſchwand, und wir in wenig tagen,
Das, was uns kaum ergetzt, ſchon wieder muſten klagen.
Wie dorten den Marcell das große Rom bereut:
Wie du, o Maro! ſangſt von ſeiner tapfferkeit:
Und wie Octavia erſtarrt, als ſie geleſen,
Was ihr Marcellus war, und wuͤrde ſeyn geweſen:
Hofm. w. V. Th. MSo178Vermiſchte Gedichte.
So brach auch unſer hertz, ſo ſang auch unſer chor,
Das chor des Muſen-volcks, viel leiſer als zuvor.
Die meiſten ſeuffzten nur, und ſchrieben aller orten
Zwar Preuſſens thaten an; doch nur mit halben worten:
Doch noch mit halber furcht, daß dieſe bittre pein
Von einer maͤchtigern nicht moͤchte mutter ſeyn.
Wie? rieffen wir beſtuͤrtzt: Jſt dieſes nun das gluͤcke,
Das unſern Koͤnig croͤnt? Flieht, zeiten! flieht zuruͤcke!
Verfloßne kehret um! und zeigt dem himmel an,
Was unſer Friderich fuͤr GOttes heer gethan.
Sagt, armen! wie er euch mit wohlthat unterſtuͤtzet:
Sagt, reiche! wie er euch durch ſtrenges recht geſchuͤtzet;
Sprecht, freunde! was ſein arm fuͤr euer heyl gewagt:
Sprecht, feinde! was ſein mund zu eurer ruh geſagt.
So ſchry’n, ſo klagten wir: Der ſchmertz drang in die glieder:
Die glieder gaben ihn dem munde doppelt wieder:
Der mund behielt ihn nicht; er trug ihn in den wald,
Allwo er, wie man ſagt, noch heute wiederſchallt:
Allwo auch, wie man ſpricht, die treue Philomele
Nicht ſo, wie ſonſten nur, in ihrer wittwen-hoͤle,
Den raub der jungen klagt, den todten buhlen meynt;
Nein! ſondern inniglich um unſern Printzen weint.
Der Preuſſen Held allein, ihr großer Held alleine,
Blieb im gewichte ſtehn, gleich einem felſen-ſteine,
An den das wilde meer zwar ſeine wellen ſchlaͤgt,
Der aber mehr die flut, als ihn die flut bewegt.
Jhn druͤckte ja wol auch, was wir ſo ſchwer empfunden:
Er fuͤhlte mehr, als wir, die tieffe ſeiner wunden:
Doch unſer troſt zu ſeyn, verbarg er alles leid:
Doch laͤnger uns zu ſehn, zog er auf kurtze zeit
Aus unſern augen weg: Es iſt in kuͤhlen gruͤnden,
Wo Zechus einſt gewohnt, ein kleiner ort zu finden,
Der immer luſtig iſt, wo immer waſſer qvillt,
Das der geſunden durſt, der krancken ſchmertzen ftillt.
Man ſagt: daß Phoͤbus hier ſein lager aufgeſchlagen,
Als er der Daphne raub in ſtiller angſt ertragen:
Daß er halb-todten hier das leben wiederbracht,
Und eben auch allhier ſein ſuͤßes ſpiel erdacht;
Sein179Vermiſchte Gedichte.
Sein ſuͤßes lauten-ſpiel, bey dem er offt das eſſen,
Dich endlich, Hyacinth! dich, Daphne! ſelbſt, vergeſſen.
Hier war es, da der Held faſt kranck ſich niederließ;
Der wunſch, den gantz Berlin aus vollem hertzen ſtieß,
War vom verhaͤngniſſe ſchon laͤngſten unterſchrieben.
Jch will, ſprach es, dein Fuͤrſt ſoll leben und auch lieben,
Und wieder froͤlich ſeyn. Geh, Amor! fuͤhr es fort:
Geh auch, Vergeſſenheit! Eilt! flieget an den ort,
Wo Koͤnig Friedrich iſt. Du, geuß ihm, wenn er wincket,
Von Lethens waſſer zu! Du, floͤß ihm, wenn er trincket,
Der liebe balſam ein! Geſagt und auch geſchehn!
Der Koͤnig hatte kaum den wunder-brunn geſehn;
Kaum hatt er hand und mund am becher angeſetzet;
Als ihn, ich weiß nicht, was fuͤr eine luſt, ergetzet:
Als er, ich weiß nicht, was fuͤr einen trieb empfieng,
Der erſtlich in das blut, denn in die ſinnen gieng,
Und endlich meiſter ward. Ach! ſprach der fromme Koͤnig,
Was ſeyd ihr ſchaͤfer doch! Jhr habt an guͤthern wenig,
Doch freude mehr als ich. Jhr liebet ohne ſchen:
Und wo cypreſſen ſeyn, legt ihr auch myrthen bey.
Stirbt euch die Phyllis hin, nehmt ihr die Doris wieder.
Jch ſteh mit aengſten auf, mit angſt leg ich mich nieder,
Und ſchleppe, wo ich geh, ſtets meine Todte nach.
Ach! rieff der wiederſchall: Wer klagt mein ungemach?
Wer, fuhr der Koͤnig fort, erſetzt mir, die ich liebe?
Die liebe, klang der thal: Daß liebe nur betruͤbe,
Das weiß ich, ſprach der Held: Von ihr kommt meine muͤh.
Jſt liebe mehr als witz? mehr als philoſophie?
Sophie, rieff echo nach: Schmertzhafftes angedencken!
Verſetzte Friderich: Kanſt du ſie wiederſchencken?
Charlotte iſt erblaßt, die ſchoͤne Koͤnigin.
Mit ihr ſtarb auch Sophie. Sophie iſt, ſchwer ich, hin!
Schwerin erklang der wald: Soll ſie Schwerin mir geben?
Wohlan! ſo laſt uns denn hin nach Schwerin erheben!
Sprach abermals der Held. Wie wenn ein funcke ſich
Jn feſte ballen ſetzt, nicht bald auch aͤuſerlich
Die gantze glut erſcheint: Sie koͤmmet nur geſchlichen:
Sie wartet, bis ihr feind, die feuchtigkeit gewichen
M 2Und180Vermiſchte Gedichte.
Und alles feurig iſt: Denn dringt ſie durch das haus,
Greifft dach und giebel an, und ſchlaͤgt in flammen aus:
So ſchleichet Amor auch: Erſt reitzt er uns zum ſchauen;
Denn macht er unvermerckt, daß wir ihm weiter trauen:
Und endlich bricht er los. Der Koͤnig kam und ſah:
Er ſah, er ſtutzt, und gleich war auch das feuer da,
Das Dido ehermals in dir die alten flammen
Mit neuen ausgeloͤſcht: Wer, fragt er, kan verdammen,
Was GOtt und himmel will? Charlotte, gute nacht!
Das ſey das letzte mal betruͤbt an dich gedacht.
Hinfort will ich erfreut dich in Sophien nennen,
Und in der Lebenden noch fuͤr die Todte brennen.
Was unſer Held geſagt, das iſt nunmehr vollbracht.
Er kommt und bringt den Schatz, der todte lebend macht.
Er bringt die Koͤnigin: Der ſtuͤcke ſtarckes knallen
Laͤſt, Amor! deinen ſieg hoch in der lufft erſchallen:
Und Fama nimmt den ſchall, und traͤgt ihn durch die welt,
Viel weiter, als der Mohr, als Peru tafel haͤlt.
Wir alle ſeynd erſtaunt. Wir ſehn das neue wunder,
Das unſern Held entzuͤndt, und er mit gleichem zunder
Zum lieben angefeurt: Schaut! wie ſie nach ihm blickt!
Schaut! wie auch ihn zugleich ihr holder blick erqvickt!
Sie zweiffelt, ob ſie ihn; er, ob er ſie recht hoͤret:
Das ohr wird durch das hertz, dis durch den mund geftoͤret:
Und eines klaget ſtets das andre ſchertzend an,
Da keines doch fuͤr luſt weiß, was es ſelbſt gethan:
So lacht Aurora nicht, da ſie auf ihrem wagen,
Dem keuſchen Cephalus, Dich lieb ich, konte ſagen:
So ſeufftzte Phoͤbus nicht, da er Boline, ſprach,
Boline, fliehe nicht! Apollo folgt dir nach:
Als deine Fuͤrſtin jauchtzt, Held! daß ſie dich bewogen;
Als dich, o Held! verlangt, eh ſie hier eingezogen.
Was iſt unmoͤglich nun nach dieſer neuen that?
Wer lebt, dem nur hiervon jemals getraͤumet hat?
Gleichwol iſt es geſchehn, mein Koͤnig! und erfuͤllet.
Was keiner ie gehofft, hat unſern ſchmertz geſtillet.
Wir dencken nun nicht mehr an die verrauchte zeit:
Wir dencken nur, wie du, auf ſuͤße froͤligkeit:
Auf181Vermiſchte Gedichte.
Auf lorbeern, die dich, Held! als Sieger, croͤnen ſollen:
Auf roſen, die wir dir, Sophia! ſtreuen wollen.
O Preuſſen! preiſe GOtt! da Mars ſonſt alles druͤckt,
Bellona raſt und tobt, die hoͤlle faſt erſchrickt,
Die tieffe ſich bewegt, und die verdammten ſeelen
Kaum fuͤr der bomben laſt, in ihren jammer-hoͤlen
Hinweiter ſicher ſeyn; ſo ſitzeſt du in ruh:
So werffen wir vergnuͤgt einander blumen zu:
Wie etwan, Salomo! zu deiner zeit geſchehen,
Da man nur fried und gold, nicht krieg und blut geſehen:
Da Thyrſis nicht geklagt: Mein Koͤnig faͤllt mir ſchwer;
Und alle welt noch rieff: Mehr Salomonen her!
GOtt hat uns zwar verſucht; doch nur auf wenig ſtunden.
Was uns das grab entruͤckt, das iſt auch ſchon verwunden.
Nun Friedrich wieder liebt, nun er ſo gluͤcklich liebt,
Scheint alles nur ein traum, was uns iemals betruͤbt.
Das war es, was wir offt von ihm erbitten wolten:
Allein wir wuſten nicht, ob wir es bitten ſolten.
Jtzt kommt er uns zuvor, und bringt auf einen tag
Mehr, als wir ie gedacht, als keiner bitten mag.
Was Amphitrite ſoll und Pallas ſeyn geweſen:
Was uns Diana ſcheint, wenn wir die fabeln leſeu;
Jſt nicht mehr fabel-werck. Heut wird es offenbar.
Jn dir, Sophie! allein ſtellt er ſie alle dar.
Du biſt mehr als das heer der heydniſchen goͤttinnen:
Dort muſte der poet die tugend nur erſinnen;
Hier tritt ſie lebend auf. Wir ſchauen dich nicht an
Als eine Koͤnigin, die uns gebieten kan:
Nicht als ein Ober-haupt, das ieder muß verehren:
Nein; ſondern als ein bild, das uns die demuth lehren,
Und kuͤnfftig der vernunfft zur regel dienen ſoll:
So war nicht Griechenland von Hectors thaten voll,
Nicht von Alcidens ruhm; als wir von deinen ſtrahlen.
Man darff nicht, ruffen wir, erſt Preuſſens ſiege mahlen!
Was Friderich in dir dem lande zugewandt,
Jſt mehr, als was ſein arm durch alle ſiege fand.
Weicht, ſtoltzen herrſcher! weicht! die ihr mit falſchen waffen,
Wie Pyrrhus, alles denckt in euren ſchoos zu raffen!
M 3Die182Vermiſchte Gedichte.
Die ihr bey friede, krieg! bey kriegen, friede! ſchreyt:
Mit todten-knochen ſpielt, von blute truncken ſeyd:
Jhr habt kaum einen theil von einem wahren helden,
Was wird man, wenn ihr ſterbt, von euch in buͤchern melden?
Nichts, als, daß ihr geſiegt; doch auch ſehr viel gewagt:
Ein fremdes land zerſtoͤrt; doch eures auch geplagt:
Und offt in einer nacht, da wir der ruh genoffen,
Ein gantzes fuͤrſtenthum vor einer ſtadt verſchoſſen.
Wer ſo auf ehre denckt, der dencket nur auf ſchein.
Ein held muß lauter hertz, doch auch voll tugend ſeyn.
Dein Koͤnig, Preuſſen-land! iſt auch gewohnt zu ſiegen:
Allein ſein ſieg iſt ſtets das ende von den kriegen:
Sein krieg ein friedens-ſchild: Sein ſchwerd der feder-kiel,
Der maas und regel ſchreibt, wenn man uns ſtoͤren will.
Er ſchlaͤget, wenn er muß: Doch mitten in den wellen
Der ſtrengen krieges-flut, ſieht man ihn rechte ſtellen:
Sieht man ihn ſtaͤdte baun, mit GOtt zu rathe gehn,
Und den halb-leeren thron durch neuen glantz erhoͤhn.
O ewig-großer Held! O Vater! moͤcht ich ſprechen:
Wo nehm ich feuer her, ſo ſchleunig auszubrechen,
Als es dein lob erheiſcht? Dir iſt es nur ein ſpiel,
Mit wundern umzugehn; Uns aber iſts zuviel,
Sie nur recht anzuſchaun. Wir dichten, wir beſchreiben:
Doch weil wir gantz verruͤckt bey einem ſtehen bleiben,
So ſieht dein auge ſchon, was dich noch groͤßer macht:
So hat dir GOtt auch ſchon was hoͤhers zugedacht.
So zieh denn ein, o Held! zieh ein, du Licht der Schoͤnen!
Jhr ſeyd allein geſchickt, euch nach verdienſt zu croͤnen,
Eu’r eigner lohn zu ſeyn. Das donnernde geſchuͤtz
Kracht abermals empor: Doch ſo kan nicht der blitz
Aus den canonen gehn, aus den carthaunen dringen,
Als wir von lauter wunſch frolockend wiederklingen.
Komm! rufft ein jeder, komm! Verlangte Koͤnigin!
Sieh nicht auf gold und pracht! nimm unſre hertzen hin!
Wenn dir das gluͤcke wird in vollen ampeln brennen,
So glaube, daß wir dir noch weit ein mehrers goͤnnen.
Wenn Amor ſprechen wird: Schlaf, Sonne! ſchlafe doch!
So dencke nur alsdenn, gantz Preuſſen wachet noch,
Und183Vermiſchte Gedichte.
Und lieget vor dein heyl mit weyrauch auf den knien;
Denck auch ſo, wenn die nacht wird aus der kammer fliehen!
Denck es, wenn ſich dein Held mit dir zur tafel ſetzt!
Wir finden nichts an dir, was uns nicht auch ergetzt.
Du findeſt nichts an uns, als treu-ergebne ſeelen,
Als zungen voller brand, die nie dein lob verheelen.
So ſpricht das gantze volck; GOtt hoͤre, was es ſpricht!
Er ſchlage, was aus neid dein wohlſeyn unterbricht!
Er ſegne, was dich liebt! Jedoch, wer will dich neiden?
Was unſer Friderich heißt ſeinen thron bekleiden,
Jſt uͤber allen neid. Herrſcht beyderſeits in ruh!
Die liebe wehe ſtets euch ambra-luͤffte zu!
Der himmel ſey vor euch zu allen ſtunden offen!
Er ſey es, wo ſonſt viel nichts duͤrffen von ihm hoffen!
Er ſey es, eh euch noch gefahr und uͤbel kraͤnckt!
Und wo mein frohes hertz darff wuͤnſchen, was es denckt:
So laß er mit der zeit in eurem reich auf erden,
Die grentze des Codans zum mittel-punete werden!
Auf einen, der zu Wittenberg Magiſter wurde.
WJr wallen, Edler Freund! in gar betruͤbten zeiten.
Was haben wir nicht ſchon vor uͤppigkeit erlebt?
Dort will ein ſonderling des Hoͤchſten wort beſtreiten,
Dieweil es ſeinem ſtoltz und frevel widerſtrebt:
Hier will ein flatter-geiſt bis in den himmel fliegen,
Und ſieht nicht, daß er ſich grad in die hoͤlle ſtuͤrtzt.
Jnſonderheit will itzt der ſchwarm der ſpoͤtter ſiegen,
Der, was er redt und ſchreibt, mit gifft und galle wuͤrtzt.
Die klugheit, ſo ihn fuͤhrt, durchſtoͤret alle haͤuſer.
Die tempel bleiben nicht von ſeiner wut verſchont.
Hier gilt kein anſehn mehr, er macht ſich ſelbſt an Kaͤyſer,
Und endlich gar an den, der in dem himmel wohnt.
Deswegen darff es uns mit nichten wunder nehmen,
Wenn dieſe ſchlangen-zucht auch in dem Pindus wuͤhlt:
M 4Wenn184Vermiſchte Gedichte.
Wenn dieſe ſpoͤtter ſich nicht vor den Muſen ſchaͤmen,
Und ihr entbrannter grimm ſich an den lorbeern kuͤhlt.
Du weiſt, Gelehrter Freund! wie man den crantz verhoͤnet,
Womit der weisheit hand den klugen fleiß bedenckt.
Womit itzt Leucoris die werthen ſoͤhne eroͤnet,
So ihre beſte zeit der wiſſenſchafft geſchenckt.
Doch wie der ſonnen licht wol ohne flecken bleibet,
Wenn ihr gleich jener thor mit tauſend pfeilen draͤut:
Ein wohlgepflantztes reis auch gar erwuͤnſcht bekleibet,
Wenn ſchon die ſpinn ihr gifft an ſeine blaͤtter ſpeyt;
So wird der lorbeer-crantz wol unverwelcklich gruͤnen,
Und vor der ſpoͤtter blitz und donner ſicher ſtehn,
Die weisheit pfleget ihn auf ihren ehren-buͤhnen,
Wenn Mom und Zoilus mit ſchimpff zu grunde gehn.
Geſetzt, daß manchmal auch das volck der idioten
Ein glied von ihrer zunfft auf den Parnaſſus bringt;
Hat man doch kindern offt gar Cronen angeboten,
Zu welchen ſich nur ſonſt ein kluges alter ſchwingt.
Und dennoch bleibt der glantz der Maieſtaͤt in ehren.
Was kan in dieſer welt ohn alle fehler ſeyn?
Die ſpoͤtter, die das gras im felde wachſen hoͤren,
Wird die vollkommenheit wol ſchwehrlich ie erfreun.
Genung, daß Deutſchland noch ſehr viel Magiſter kennet,
Die ihren lorbeer-crantz durch ihren witz verdient.
Genung, daß Leucoris viel ſolche maͤnner nennet,
Die keiner mit vernunfft zu tadeln ſich erkuͤhnt.
Genung, daß wir an dir ein ſolches muſter finden,
Gelehrt - und kluger Ruͤhr! das ieder loben muß.
Wer ſeinen ehren-bau ſo feſt, als du, kan gruͤnden,
Traͤgt den magiſter-hut den ſpoͤttern zum verdruß.
Dein Vater hatte dich vernuͤnfftig auferzogen,
Und dir den erſten weg zur weisheit kund gethan.
Du biſt dem Vater auch bald ruͤhmlich nachgeflogen,
An dem ſich Dreßden itzt nach wunſch erbauen kan.
Drum185Vermiſchte Gedichte.
Drum nahm dich Philuree nach hingelegten ſchulen,
Als einen muntern Sohn mit beyden armen auf.
Verſchlendert mancher thor allda die zeit mit buhlen.
So fuͤhrte dich dein witz gantz einen andern lauf.
Doch als die Muſen hier aus furcht des krieges wichen,
So muſte Jena dir ein ſichrer hafen ſeyn.
Wenn andre durch die ſtadt nach einem dorffe ſtrichen,
So wuſte ſich dein geiſt mit leſen zu erfreun.
Du haſt, was Foͤrtſch gelehrt, Buddeus ausgeleget,
Und Lungershauſens fleiß ſubtiles vorgebracht,
Bedaͤchtig unterſucht, wie ein gemuͤthe pfleget,
Das ſeine jahre nicht dem Schlendrian verpacht.
Wie die begierde nun, was gruͤndliches zu wiſſen,
Sich nicht ſo binden laͤſt, und offt noch weiter geht;
So eilteſt du dahin, wo Elb und Elſter fließen,
Und Luthers eifer noch auf der catheder ſteht.
Hier haſt du deinen ſleiß noch ferner ſpuͤren laſſen:
Hier hat die wiſſenſchafft ihr rechtes ziel erlangt.
Wir muͤhen uns umſonſt dein lob hier abzufaſſen,
Nachdem dein haupt bereits mit friſchen lorbeern prangt.
Aus lorbeern, welche dir die weisheit aufgeſetzet,
Die weisheit, die den mund der ſpoͤtter ſtopffen kan.
Drum zeigen wir allein, wie uns die ehr ergetzet,
Die dein verdienſt belohnt, in dieſen zeilen an.
Doch wuͤnſchen wir zugleich, daß trotz den ſchlimmen zeiten,
Dich GOttes ſegens-hand noch fernerweit erfreu,
Und daß der lorbeer-crantz, den Muſen zubereiten,
Den ſpoͤttern zum verdruß noch ſtets in ehren ſey!
M 5Als186Vermiſchte Gedichte.
Als Tit. Hr. Johann Franciſcus Buddeus, S S. Theologiæ Doct. und Prof. zu Jena, an. 1708 den 9 Aug. Pro-Rector Magnificus wurde. G. A. v. M.
ES ſcheinet zwar ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn.
Denn muß der liebe glut nicht bey der furcht erkalten?
Die ſanfftmuth ſtimmet ſchlecht mit zucht und ſtrafen ein.
Ein lehrer herrſcht ja nicht; er zeigt durch weiſe liebe
Und ſonder allen zwanck den lernenden die bahn;
Wer aber herrſcht, der zwingt durch des geſetzes triebe,
Und ſtrengt mit ſtraf und zucht uns zum gehorſam an.
Die ſtrafe zeuget furcht; Mit kluger ſanfftmuth lehren
Zieht lauter liebe nach, die keine furcht vertraͤgt.
Wer herrſcht, der lehret nicht; man muß ſein urtheil hoͤren,
Das allen widerſpruch mit macht zu boden legt.
So ſcheint es denn ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn.
Solt aber maucher es auch vor unmoͤglich halten,
So trifft die moͤgligkeit doch mit der wahrheit ein.
Wie viele Vaͤter ſieht man lehren und regieren?
Es koͤnnen lieb und ernſt gar wol beyſammen ſtehn.
Wir doͤrffen nur den witz auf hohe ſchulen fuͤhren,
So wird der zweiffel bald als wie ein dampff vergehn.
Hier iſt der weisheit quell; hier iſt es, wo wir lernen,
Daß, was unmoͤglich ſcheint, wol moͤglich werden kan.
Wir wollen uns nicht erſt bis in die fremd entfernen,
Saline zeiget uns das ſchoͤnſte beyſpiel an;
Saline, wo ſo viel beruͤhmte Maͤnner lehren,
Die dennoch den Parnaß mit großem ruhm regiert.
Saline, wo wir itzt Buddeens namen ehren,
Den ſein verdienſt zwar mehr, als alle titul ziert.
Ehr -187Vermiſchte Gedichte.
Ehrwuͤrdigſter Patron! du haſt es ſchon gewieſen:
Daß kluge lehrer auch klug im regieren ſind.
Fridricianens mund hat ſchon an dir geprieſen,
Was unſer Saal-Athen in hoffnung itzt beginnt.
Jn hoffnung, da es dir den ſcepter anvertrauet,
Und ſeinen purpur itzt um deine ſchultern legt.
Jn hoffnung, aber die auf feſte gruͤnde bauet,
So keiner wellen macht, kein harter ſturm bewegt.
Die buͤrd iſt freylich ſchwehr; doch wie du ſtets mit freuden
Dein lehr-amt pflegſt zu thun, auch ehmals dieſe laſt,
Die manche lieber gar, als allzuwichtig, meiden,
Mit unerſchoͤpfftem muth zugleich getragen haſt;
So wird ſie dich itzund auch nicht zu boden druͤcken.
Wen GOtt mit ſolcher krafft des Geiſtes ausgeruͤſt,
Der weiß durch muͤh und witz in alles ſich zu ſchicken,
Dabey ein ſchwacher geiſt offt muth und rath vermiſt.
Du wirſt den unterſcheid der aͤmter nicht vermengen;
Du wirſt den lernenden mit lieb entgegen gehn,
Und doch dem eigenſinn der bosheit nichts verhengen,
Denn dieſem wird dein ernſt mit ſtrafen widerſtehn.
Du wirſt die irrenden durch GOttes wort beſtreiten,
Und durch der wahrheit licht den unverſtand zerſtreun:
Du wirſt die unſchuld ſtets durch treuen ſchutz begleiten,
Und durch gerechtigkeit dein Saal-Athen erfreun.
Die Vaͤter, welche dir mit ruhm zur ſeite ſitzen,
Gehn dir mit gutem rath und beyſtand an die hand.
Sie helffen dir das recht und die geſetze ſchuͤtzen;
So bluͤht durch dich und ſie des Pindus ruheſtand.
Die jugend wird dich ſelbſt als einen Vater ehren,
Sie weiß, daß du mit ernſt vor ihre wohlfahrt wachſt:
Die jugend, welche du durch deine weiſe lehren
Und dein exempel klug und auch gehorſam machſt.
Sie laͤſt ſich nicht den wahn der falſchen zungen blenden,
Sie bleibet, wie bisher, dem reinen Lehrer hold.
Die wolcken koͤnnen uns die ſonne nicht entwenden,
So hefftig als ſie ihr ſchon offtmals beygewolt.
Du lehreſt treu und klug, du wirſt auch klug regieren:
Der Hoͤchſte, der dich liebt, ſteht dir mit ſegen bey.
Er188Vermiſchte Gedichte.
Er wird mit ehr und ruhm den ſchwehren ſcepter zieren,
Damit dein regiment nichts als vergnuͤgen ſey.
Saline wuͤnſchet es. GOtt laſſe dich nur leben,
So ſteigt der wuͤnſche ziel wie cedern in die hoͤh:
So wird Buddeus uns ein ſchoͤn exempel geben:
Daß lehr und regiment wohl bey einander ſteh.

Als Herr D. Joh. Franciſcus Buddeus das Academiſche Regiment wieder niederlegte. Jm namen Herr M. Uhles.

Weisheit.
Guͤtig und gerecht regieren
Jſt der weiſen eigenthum,
Und es ſo zu ende fuͤhren
Bleibt allein der klugheit ruhm.
Guͤtig und gerecht regieren
Jſt der weiſen eigenthum.
Dis zeiget uns Buddeens beyſpiel an,
Gerechtigkeit.
Buddeens, dem bisher der weiſen Vaͤter rath
Den ſcepter anvertrauet hat,
Die Muſen-ſoͤhne recht zu fuͤhren,
Und dieſes Saal-Athen mit fried und ruh zu zieren.
Das iſt es, was bisher Buddeens witz gethan.
Er hat das recht vernuͤnfftig abgewogen,
Jndem kein eigen-nutz die ſchaalen ausgefuͤllt.
Weisheit.
Das macht, daß ihn die weisheit auferzogen,
Das macht, daß er die klugheit eingeſogen,
Die itzt aus ſeinem mund und ſeiner feder qvillt.
Gottes -189Vermiſchte Gedichte.
Gottesfurcht.
Das macht, daß GOttes Geiſt,
Dem ſich ein kluger ſinn zu dienen ſtets befleißt,
Mit ſeiner lieb und furcht ſein hertze zubereitet.
Gerechtigkeit.
Dis iſt die furcht, nach der er ſich und die vertraute jugend
leitet,
Daß ſie nicht aus den ſchrancken ſchreitet.
Sanfftmuth.
Dis iſt die liebe,
Nach welcher er der ſanfftmuth holde triebe
Der ſtrengen gerechtigkeit beygeſellt.
Und ſo ſein regiment auf feſten grund geſtellt.
Weisheit.
Wem es an weisheit fehlt,
Der hat ſich ſonder ſtreit
Mit der gerechtigkeit,
Mit gottesfurcht und ſanfftmuth nie vermaͤhlt.
Aria.
Guͤtig und gerecht regieren
Jſt der weiſen eigenthum
Und es ſo zu ende fuͤhren,
Bleibt allein der klugheit ruhm.
Guͤtig und gerecht regieren
Jſt der weiſen eigenthum.
Gerechtigkeit.
So fallt, ihr ſchweſtern! mir denn bey:
Daß Buddeus klug im lehren und auch im regieren ſey.
Das gantze Saal-Athen
Will ſelber ſeinen ruhm erhoͤhn.
Sein ſcepter hat die bosheit nur gedruͤcket.
Sanfftmuth.
Die unſchuld aber ſtets erqvicket.
Weis -190Vermiſchte Gedichte.
Weisheit.
Drum legt er ihn nunmehr mit ehren hin.
Denn dieſes iſt der weiſen ihr gewinn.
Gottesfurcht.
Dis iſt der ſegen,
Mit welchem die ihr amt darnieder legen,
Die GOttes willen thun:
Die ſeine furcht zum angel-ſterne ſetzen,
Muß nach abgenommner laſt lauter ehr und ruh ergetzen.
Weisheit.
So ſtimmen wir denn mit einander ein:
Daß dieſer Große Mann,
Den ſelbſt der neid mit keinem rechte tadeln kan,
Das ſchoͤne Saal-Athen,
Wo ſich gerechtigkeit und weisheit ſtets erhoͤhn,
Noch viele jahre moͤg erfreun.
Drum, ſchweſtern! auf! kommt, ſtimmet mit mir ein.
Alle zuſammen.
Aria.
Steh, Lehrer der jugend!
Du Leit-ſtern der tugend!
Steh ferner und bluͤh!
GOtt kehre die feinde
Noch ſelber in freunde!
GOtt ſegne die muͤh!
GOtt ſegne dein lehren!
So bleibſt du in ehren;
So lebſt du vergnuͤgt.
So croͤnet die jugend
Recht, weisheit und tugend;
So haſt du geſiegt.
Als191Vermiſchte Gedichte.
Als N. N. Medicinæ Licentiat wurde.
NJmm hin, Gelehrter Freund! den wohlverdienten preiß:
Nimm hin vor deine muͤh der ehre lorbeer-reiß,
So Meditrinens hand um deine ſchlaͤfe windet.
Was mancher nur durch geld und fremde mittel findet,
Gewaͤhrt dir dein verdienſt. Du haſt von jugend auf
Die wiſſenſchafft geliebt. Dein gantzer lebens-lauff
Jſt tugend, fleiß und witz. Man kan es zeitig mercken,
Was eine roſe wird. Es ließ in deinen wercken
Auch in der kindheit ſchon ſich etwas kluges ſehn.
Den faulen muͤßiggang ohn allen zwang verſchmaͤhn,
Zeigt nichts gemeines an. Du biſt nicht umgeſchlagen,
Wie viele, die erhitzt erſt nach viel buͤchern fragen,
Und doch in kurtzer zeit derſelben feinde ſeyn.
Die Eltern konten ſich an deinem fleiß erfreun,
Weil er beſtaͤndig war. Du haſt das gold der ſtunden
Nicht liederlich verpraßt. Du haſt den trieb empfunden,
Der zum Parnaſſus fuͤhrt, und ihn nicht unterdruͤckt.
Die hohe ſchule hat ſchon manchen heimgeſchickt,
Der nicht ſo viel gewuſt, als du bereits verſtanden,
Als du nach Jena kamſt. Du warſt in allen landen
Ein ſchon bekanter gaſt, dieweil dein muntrer witz
Sie fleißig durchſtudirt. Der alten Roͤmer ſitz,
Der Griechen kluges thun, die nuͤtzlichſten geſchichte,
Die theure rede-kunſt, was der vernunfft zum lichte,
Zur regel dienen kan, dis alles hatteſt du
Jn deinen kopff gebracht. Ein freund beqvemer ruh
Bringt nicht ſo viel mit ſich auf univerſitaͤten,
Drum konteſt du begluͤckt die ſchoͤne bahn betreten,
Auf welcher Treuner dich zur tugend angefuͤhrt.
Hamberger lehrte dich, was ſo wol nuͤtzt als ziert,
Jndem er dir den grund von der natur erklaͤrte,
Und durch den augenſchein der ſaͤtze ſchluß bewaͤhrte.
Wer ſo geruͤſtet iſt, der ſcheuet keinen ſand,
Kein irrlicht, keinen ſturm, er wagt ſich mit verſtand
Jn192Vermiſchte Gedichte.
Jn die geheime burg der hohen Meditrine,
Allwo dir Krauſens witz den weg zur heilungs-buͤhne
Aufrichtig kund gethan. Drauf ſtellte Schlevogt dir
Der coͤrper oͤffnung vor, und oͤffnete die thuͤr
Zur edlen ſcheide-kunſt. Wie du noch mehr begriffen
Morbonens ſyrten, baͤnck und ſtrudel zu umſchiffen:
Was Wedels kluger mund, was dich ſein Sohn gelehrt,
Mit was vor eifer du den lehrern zugehoͤrt,
Das laͤſt uns zeit und blat nicht ſo genau beſchreiben.
Jnzwiſchen kan dein lob doch nicht verborgen bleiben,
Nun du hier oͤffentlich auf die catheder ſteigſt,
Und deine wiſſenſchafft und deren gruͤnde zeigſt.
Wiewol du haſt vorhin ſchon oͤffters diſputiret.
Heut aber thuſt du dar, daß dir der crantz gebuͤhret,
Womit Hygeens hand den treuen fleiß belohnt.
Wofern der ſegen nun ſtets bey der tugend wohnt,
So wird ſie dich alsbald zur Doctor-wuͤrd erhoͤhen
Und dein beginnen ſtets nach deinem wunſche gehen.
Als der welt-beruͤhmte Herr George Wolffgang Wedel, Theoret. P. P. zu Jena d. 12 Novembr. 1708 ſeinen geburts-tag begienge, Jm namen ſeiner tiſch-compagnie. G. S.
WEnn alles ſich erfreut, was Wedels namen nennt,
Wenn ieder ſich vergnuͤgt, der den geburts-ſtern kennt,
Der itzt ſo herrlich ſtrahlt; wie ſolten wir denn ſchweigen?
Wie ſolten dieſe nicht auch ihr vergnuͤgen zeigen,
Die taͤglich neben dir an einem tiſche ſeyn,
Und ſich, Hoch-Edler Herr! an deinem witz erfreun?
Wohlan! wir wollen nicht die ſchoͤne zeit verſaͤumen;
Wir wollen deinen ruhm zu deinem gluͤcke reimen.
Dis193Vermiſchte Gedichte.
Dis fordert dein verdienſt, dis heiſchet unſre pflicht:
Wir wiſſen allzuwohl, daß offt ein bloſes licht,
Nach manches dichters wahn der ſonnen gleiche ſchimmert.
Allein ein falſcher ruhm, den ſchmeicheley gezimmert,
Verſchwindet wie ein dampff. Dein namen aber ſteht,
Weil ihn der wahrheit mund, der tugend hand erhoͤht.
Geſetzt, daß mancher ſich aus ſtoltzer thorheit bruͤſtet,
Und ſchreyt: daß Padua vorlaͤngſt nach ihm geluͤſtet:
Daß vieler Fuͤrſten hof, daß Holl - und Engelland,
Und Byzanz ſelber ſchon ſein rares lob erkannt;
So hat das freche maul den poͤbel nur belogen.
Den aber hat gewiß ſein glaube nicht betrogen,
Der dir die ehre giebt, ſo jener nicht verdient.
Daß in Salinen noch Hygeens lorbeer gruͤnt,
Jſt, Ungemeiner Mann! dir groͤſten theils zu dancken.
Dein ſchreiben fuͤhrt dich nicht nur außer Deutſchlands ſchran -
cken;
Dein lehren thut es auch. Dis ziehet vieler ſinn
Aus weit-entfernter lufft zu deinen fuͤßen hin.
Zwar mancher hat ja wol gelehrt und auch geſchrieben;
Doch iſt ſein gantzer ruhm darinnen ſtehn geblieben:
Dein ruhm geht weiter fort. Das lehren croͤnt die that.
Was die erfahrung erſt durch dich bewaͤhret hat,
Das lehrſt und ſchreibeſt du. Wir kennen deine gaben,
Die große Fuͤrſten offt an dir geprieſen haben;
Die Deutſchland, wenn dich einſt des hohen himmels ſchluß
Nicht mehr der erde goͤnnt, mit dir, betrauren muß.
Drum biſt du allem ſturm der neider uͤberlegen:
Drum wuͤnſcht das gantze land dir tauſendfachen ſegen:
Drum laͤſt der Hoͤchſte dich vollkommen gluͤcklich ſeyn,
Und in dem alter noch mit einem ſohn erfreun.
Er hat uns zwar durch dich ſchon einen auferzogen,
Der dir mit ſeltnem fleiß in ehren nachgeflogen;
Der uns erkennen laͤſt, daß auch ein großer Mann,
Der GOtt und klugheit liebt, was großes zeugen kan.
Wie aber? Wollen wir die andern zwey vergeſſen?
Nein! denn man darff ihr lob nicht nach den jahren meſſen,
Hofm. w. V. Th. NSie194Vermiſchte Gedichte.
Sie folgen ruͤhmlich nach: So liebt der himmel dich:
So mehrt durch ſeine gunſt dein ruhm und ſegen ſich.
Doch weil vier ſoͤhne ja noch mehr, als drey, vergnuͤgen,
So muß der viert itzund in deinen armen liegen.
Wie ſoll die freude nun nicht unvergleichlich ſeyn?
Wie ſoll ſich unſre pflicht nicht neben dir erfreun?
Jndeſſen ſehen wir dich doch noch hoͤher ſteigen,
Wenn auch der juͤngſte ſohn wird ſeine tugend zeigen.
Nun wiſſen wir zwar nicht, ob du die freud erlebſt;
Doch wie du nach dem wohl des krancken naͤchſten ſtrebſt,
Und viele, die ſonſt laͤngſt im grabe liegen muͤſſen,
Durch deinen witz und fleiß dem nahen tod entriſſen.
So wuͤnſchen nicht nur wir, es wuͤnſcht die gantze ſtadt,
Und die gelehrte welt, ſo dich zum Pharus hat,
Wenn ſie Morbonens klipp und ſtrudel lehrt vermeiden:
Es moͤge Wedels geiſt nicht eh von hinnen ſcheiden,
Bis er den gluͤckes-punct, den ihm die hoffnung zeigt,
Friſch und geſund erlangt. Der himmel iſt geneigt.
Der dir ſo viel geluͤck und jahr und ruhm gegeben,
Laͤſt dich auch unſern wunſch, wie dieſen tag, erleben.
Als Herr G. S. Hamm Anno 1708 im Octobr. de Atheo è ſtructura τȣ̃ ἐγϰεφάλȣ convin - cendo diſputirte, Jm namen etl. ſeiner Landes-leute. G. S.
DU ſteigſt, Gelehrter Freund! auf die catheder hin,
Und weiſeſt, daß dein geiſt, dein aufgeweckter ſinn,
Nicht an der erde klebt, noch wie die bloͤden ſchnecken
Das gantze leben durch ſich in ſich ſelbſt verſtecken,
Und niemals zeigen will; Du biſt gantz andrer art.
Jndeſſen hat dein fleiß doch keine zeit geſpart,
Zu195Vermiſchte Gedichte.
Zu lernen, wie man krafft und witz zuſammen faſſen,
Und die gedancken nicht aus ihren ſchrancken laſſen;
Nein, ſondern in ſich ſelbſt offt ſtille ſtehen muß.
Du kennſt der tugend bahn, und ehrſt der weisheit ſchluß.
Niemals zu hauſe ſeyn, ſich hin und her zerſtreuen,
Die ſtill und einſamkeit, als einen kercker, ſcheuen,
Verraͤth den unverſtand; Wer klug ſtudiren will,
Denckt allem, was er lieſt und hoͤret, in der ſtill
Und recht bedaͤchtig nach: Er folget dem magnete,
Den kein umirrend licht, kein ſchimmernder planete
Von ſeinem pole zieht. Dis iſt ein ſchoͤner ruhm:
Dis iſt, Gelehrter Hamm! dein wahres eigenthum,
Und ſoll es auch ſtets ſeyn. Man mag ſich wol ergetzen;
Denn GOtt ließ zu dem tag auch nacht und abend ſetzen.
Wer niemals ruhen will, der ſchreitet allzuweit,
Beleidigt die natur, und ſtuͤrtzet vor der zeit
Jn eine todten-grufft. Beſtaͤndig muͤßig gehen
Heißt gar nichts nuͤtze ſeyn: Man muß im mittel ſtehen.
Wer das ſtudiret hat, der hat ſehr viel gethan.
Das aber, Werther Hamm! das iſt die tugend-bahn,
Davon kein eitler zug dich auf die ſeite wendet:
Dis weiß dein Regensburg, ſo dich hieher geſendet.
Urſinus, und wer mehr in dir den grund gelegt,
Bekraͤfftiget dein lob, das unſre feder regt.
Der grundgelehrte Foͤrtſch, aus deſſen goͤldnem munde
Du GOttes weisheit lernſt: Bey dem du keine ſtunde
Vergebens angewandt: faͤllt uns hierinnen bey,
Buddeus, dem die peſt der ſchnoͤden ſchmeicheley
So ſehr zuwider iſt, als er die wahrheit liebet:
Der alles, was er lehrt, auch thut und ſelber uͤbet:
Buddeus, deſſen treu und lehre wohl beſteht,
So ſehr auch haß und neid ſich wider ihn erhoͤht,
Kennt deinen klugen fleiß; Doch daß ihn alle kennen,
So laͤſſeſt du dein licht nicht laͤnger ſtille brennen,
Und trittſt nun oͤffentlich in der catheder auf:
Zeigſt unſerm Saal-Athen daß du den ſchwehren lauff
Der goͤttlichen Sophie vernuͤnfftig angefangen.
Wer durch die creatur zum Schoͤpffer hingegangen,
N 2Und196Vermiſchte Gedichte.
Und GOttes ebenbild im menſchen aufgeſucht,
Studirt recht, wie er ſoll: Wer die vernunfft verflucht,
Wird kein Theologus. Zwar aus den grentzen ſchweiffen,
Macht, daß wir offt vor GOtt, nur das geſchoͤpff ergreiffen:
So hat Spinoſa ſich durch aberwitz verirrt.
Doch wer bedachtſam geht, wird nicht ſo bald verwirrt,
Wofern er nur vorher ſich ſelbſt recht kennen lernen;
Vor dieſer fackel muß ſich aller dunſt entfernen,
Der ſonſt den ſterblichen GOtt aus den augen reißt.
Dis iſt das rechte licht, nach welchem ſich dein geiſt
Zur himmliſchen Sophie die ebne bahn gebrochen.
Drum laͤſſeſt du den ſchwarm der atheiſten pochen,
Und ſteheſt unverzagt: Du ſcheueſt keinen kampff:
Zerſtreueſt mit vernunfft den ſtoltzen ſchein und dampff,
Der ihren witz verblendt: Du dringſt durch ihre ſtirne
Durch guter gruͤnde macht, und zeigſt, daß ihr gehirne
Des glaubens zeuge ſey, der einen GOtt verehrt.
So wird ihr falſcher bau recht durch ſie ſelbſt zerſtoͤrt.
So ſchlaͤget ſie dein witz mit ihren eignen waffen:
So kan ſie die vernunfft durch deinen kiel beſtraffen,
Doch auch durch deinen mund: Und alſo weiſeſt du,
Was du mit beyden kanſt. Wir wuͤnſchen dir darzu
Den ſegen, den ohndem der Hoͤchſte gerne giebet,
Dem, der ihn recht erkennt, und ſeinen namen liebet,
Du aber liebeſt ihn. Wie tieff du ihn erkannt,
Zeigt itzund hand und mund, und wird das vaterland,
Wenn du es dermaleinſt durch reine GOttes-lehren
Vielleicht erbauen wirſt, noch weit vollkommner hoͤren.
Als Herr L. E. F. K. Doctor wurde. J. F. St.
GEliebtes Qvedlinburg! umguͤrte dich mit freuden,
Dieweil dein Kettner itzt den Doctor-hut empfaͤngt:
Dein197Vermiſchte Gedichte.
Dein Kettner, der dich pflegt mit himmels-koſt zu weiden,
Und kein gefaͤhrlich gifft in ſeine lehren mengt.
Dergleichen prieſter ſind vor andern hoch zu halten,
Jemehr das unkraut ſich in Zions gaͤrten dringt.
Der andacht feuer will bey manchem gar erkalten,
Der mit dem munde doch GOtt taͤglich opffer bringt.
So iſt dein Kettner nicht; von ſo verkehrten lehrern
Jſt, Werthes Qvedlinburg! dein heiligthum befreyt.
Wo ſo ein Haupt regiert, da fehlt es an verehrern
Des reinen glaubens nicht, da herrſcht die heiligkeit.
Wer unſern Kettner kennt, der wird ihn loben muͤſſen,
Und den ertheilten ruhm ihm gerne zugeſtehn.
Jn dieſem Lehrer paart ſich wiſſen und gewiſſen,
Die itzt bey vielen nicht in einem paare gehn.
Wer weiß nicht, wie itzund der ſchwarm der ignoranten
Ohn alle wiſſenſchafft des Geiſtes amt begehrt;
Wie manche lieber gar die froͤmmigkeit verbannten,
Weil wohlluſt, geitz und ſtoltz ihr glaubens-oͤl verzehrt.
Jn einem prieſter muß die froͤmmigkeit nicht fehlen,
Doch ohne wiſſenſchafft kan ſie nicht richtig ſeyn.
Wer demnach eine nur von beyden will erwehlen,
Der ſtellt ſich in das chor bethoͤrter lehrer ein.
Jn unſerm Kettner ſieht man beyde ſich umfaſſen:
Er ſcheut den aberwitz, der rotten geiſter nicht,
Wie die, ſo die vernunfft als wie den Satan haſſen,
Weil ſie durch alle macht der falſchen ſchluͤſſe bricht.
Er kan des Hoͤchſten wort in ſeinen ſprachen leſen,
Er kennet auch zugleich die grentzen der vernunfft,
Spinoza iſt vor ihn nicht zu ſubtil geweſen,
Er weiß die falſche kunſt, der atheiſten zunfft.
Socinens rotte muß vor ſeiner feder zittern,
Die wahre lehre bleibt auf feſtem grunde ſtehn.
Es kan kein falſcher wahn den glaubens-grund erſchuͤttern,
Er muß, als wie der ſchnee bey heiſſer glut, zergehn.
Zu dieſem wiſſen kommt auch endlich das gewiſſen,
Das Kettners klugen geiſt zur gottesfurcht gefuͤhrt.
Wer weiß nicht, wie er ſich der ſchnoͤden welt entriſſen,
Und wie ſein wandel ſtets ſein hohes amt geziert?
N 3Sein198Vermiſchte Gedichte.
Sein predigen weiß nichts von eitlen kuͤnſteleyen,
Doch iſt es voller krafft, weil es ſein thun bewaͤhrt.
Es muß der ſuͤnder ſich vor ſeiner ſtrafe ſcheuen,
Weil ſem exempel ſelbſt ihm durch die ſinne faͤhrt.
Dis heißt ein prieſter ſeyn! Drum croͤnt ihn GOtt mit ſegen,
Und hat ihn als ein licht in Zion aufgeſtellt:
Drum iſt er allem haß der neider uͤberlegen,
Der ſonſt der tugend ſelbſt die beſte koſt vergaͤllt.
Drum hat ihn Qvedlinburg der ehre werth geſchaͤtzet,
Daß er der lehrer Haupt und Hoherprieſter ſey:
Drum hat die klugheit ihn zum Kirchen-Rath geſetzet,
Drum wird ſein ehren-ruhm noch alle tage neu.
Wie ruhmlich er bisher der kirchen vorgeſtanden,
Weiß ieder, der ihn kennt, und von ihm reden hoͤrt.
Dahero ſchallet auch ſein nam in andern landen,
Denn wahre tugend wird doch uͤberall geehrt.
Drum hat das Saal-Athen, allwo die reine lehre
Des wahren Chriſtenthums in vollem flore ſteht,
Ehrwuͤrdigſter Patron! zu einer neuen ehre,
Zur Doctor-wuͤrde dich, itzt nach verdienſt erhoͤht.
So ſteigt und bluͤhet der, ſo GOttes ehre liebet,
Der loͤblich lehrt und thut, und einem baume gleicht,
Der kuͤhlen ſchatten bringt und ſchoͤne blaͤtter giebet,
Doch aber auch dabey die beſten fruͤchte reicht.
Du wirſt auch ferner bluͤhn, denn GOttes milde gnade
Verlaͤſt die Lehrer nicht, ſo er geſendet hat.
Steh wie ein lorbeer-ſtamm, daß dir kein donner ſchade,
So nuͤtzet Qvedlinburg dein lehren, thun und rath.
Das werthe Qvedlinburg, das dich, als ein exempel
Rechtſchaffner prieſter, liebt, graͤbt dieſen ſchluß in ſtein,
Ja ſelber in das hertz: Der, ſo in meinem tempel,
Als Hoherprieſter lehrt, muß ſo, wie Kettner ſeyn.
Streit199Vermiſchte Gedichte.

Streit der vier jahr-zeiten und zwoͤlff monate um das Oeſterreichi - ſche gluͤcke. Chr. Gryphius.

Die vier jahr-zeiten zuſammen.
KOmmt, Werthen ſoͤhne! kommt und croͤnet unſer haupt
Mit Oeſterreichs ſo palm-als lorbeer-zweigen;
Sucht euch vor aller welt zu zeigen,
Sagt, ob das gluͤck nicht ieglichem erlaubt,
Was angenehmes, zum behagen
Des großen Kaͤyſers, beyzutragen?
Ob nicht eur vergnuͤgen
Durch Leopolds und Joſephs heyl geſtiegen?
Der Sommer.
Der Fruͤhling hat gewiß das wenigſte gethan.
Der Fruͤhling.
Was ficht dich ſtoltzen an?
Du praleſt zwar mit deinen reichen garben;
Doch werd ich auch nicht voͤllig darben.
Der Herbſt.
Wer wolte mir den preiß benehmen?
Jhr muͤſt euch alle vor mir ſchaͤmen.
Der Winter.
Jch werde nicht alleine ſtehn,
Man kan auch unter ſchnee und froſt
Bey auserleſner goͤtter-koſt
Manch angenehmes feſt begehn.
Jch werde nicht alleine ſtehn.
Alle viere.
Der ſtreit iſt leichtlich zu emſcheiden,
Entdeckt nur, was ihr bey den freuden,
N 4Der200Vermiſchte Gedichte.
Der beyden Fuͤrſten habt gethan,
O kinder! daß man fuͤglich kan
Von allem eurem thun und dichten
Gantz ohne ſchmeicheley und unparteyiſch richten.
Der Fruͤhling.
Fangt an, o ſoͤhne!
Laſt die welt ein urtheil faͤllen,
Und zeigt meinen vermeſſenen geſellen,
Daß uns das gluͤck ſo gut, als andre, croͤne.
Der Mertz.
Jch hab in meinen tagen
Den ſieg von Kaniſcha
(a)Kaniſcha ward den 26 Mertz an. 1690 erobert.
(a) darvon getragen.
Die feſten waͤlle muſten ſich
Durch hunger zu dem joch beqvemen.
Der April.
Was ruͤhmſt du dich?
Jch habe mich auch nicht zu ſchaͤmen.
Zwang ich nicht Neutra
(b)den 3 April 1664.
(b) durch den degen?
War nicht Stuhl-Weißenburg,
(c)den 19 April 1688.
(c)
Das auch durch hunger fiel, ein reicher fruͤhlings-ſegen?
Der Fruͤhling.
Was aber ſagt der ſchoͤne Maͤy?
Bleibt der alleine gantz zuruͤcke?
Jſt bey des großen Kaͤyſers gluͤcke
Vor ihn kein frohes luſt-geſchrey?
Was ſaget denn der ſchoͤne Maͤy ¿
Der Maͤy.
Jch aͤrmſter muß geſtehn,
Es will mir aller muth vergehn.
Mir iſt bey meinem ſchoͤnſten prangen
Kein holder gluͤcks-ſtern aufgegangen.
Jch201Vermiſchte Gedichte.
Jch ſchaͤme mich, leyder!
Und fuͤrchte, die neider
Werden gegen mich die zaͤhne wetzen,
Und mich in die reyh der verworffenen ſetzen.
Der Sommer.
Dein pracht, o Fruͤhling! iſt nicht groß,
Du giebſt dich, leyder! allzublos.
Jch kan mit meinen werthen ſoͤhnen
Den großen Kaͤyſer beſſer croͤnen.
Jch ſchuͤtt ihm palmen in die ſchoos
Du aber giebſt dich allzublos.
Der Brach-monat.
Wer Leopolds geburts-tag zeigt
(d)Den 9 Jun. 1640.
(d)
Hat, glaub ich, allen obgeſieget.
Doch wenn er auch noch hoͤher ſteigt,
Und cronen zu den ſceptern fuͤget
(e)Leopoldus ward den 16 Jun. 1655 zum Koͤnige in Hungarn erwehlet, und den 27 geeroͤnet.
(e),
Wenn er ihm printzen
(f)den 22 Jun. 1682 Ertz-Hertzog Leopold geboren.
(f) und feſtungen
(g)den 5 Jun. 1692 ward Groß-Waradein erobert.
(g) ſchenckt;
So iſt er wol werth, daß man ſeiner am beſten gedenckt.
Der Heu-monat.
Halt, bruder! halt an!
Was hab ich gethan?
Jch gab ihm die crone des Roͤmiſchen reichs
(h)den 18 Jul. 1688 gieng die wahl vor ſich.
(h)
Und der laͤnder heyl und hoffen,
Joſeph, hat auf mich getroffen
(i)den 26 Jul. 1678 ward Koͤ - nig Joſeph geboren.
(i).
Beyde zuſammen.
Weil Leopold und Joſeph bey uns bluͤhen,
So ſind wir wol den andern vorzuziehen.
N 5Der202Vermiſchte Gedichte.
Der Auguſt-oder Obſt-monat.
Schlieſt, bruͤder! ſchlieſt mich nicht
So ſchleunig aus der zahl,
Du gabſt ihm durch die wahl,
Jch ſteh es zu, die deutſche Kaͤyſer-crone;
Jch aber band ſie um ſein haupt
(k)Den 1 Auguſt. 1658 ward Leopoldus zum Roͤmiſchen Kaͤyſer gecroͤnet.
(k):
Du croͤnteſt ihn mit einem edlen Sohne;
Jch aber mit viel wunderbaren ſiegen;
Sanct Gotthard
(l)den 1 Aug. 1644.
(l), Vivarin
(m)den 19 Aug.
(m)
(m)1685.
(m), Gran
(n)den Aug.
(n), Mohatz
(o)den 12 Aug. 1687.
(o) wer -
den zeigen,
Und Salankemen
(p)den 19 Aug. 1691.
(p) wird nicht ſchweigen.
Der Herbſt.
Es ſcheint bey ſo viel freuden-ſonnen,
Als haͤttet ihr das ſpiel gewonnen:
Doch werden meine kinder weiſen,
Daß auch an ihnen viel zu preiſen.
Wofern es ſiegens gilt, ſo ſieg ich in die wette.
Der September.
Mir iſt, als wenn ich es ſchon in den haͤnden haͤtte.
Komm, tapffres Wien!
Hab ich dich nicht entſetzt
(q)den 12 Septemb. 1683.
(q),
Und Ofen gewonnen
(r)den 2 Sept 1686.
(r)?
Komm, Niſſa
(s)den 24 Sept. 1689.
(s)! komm, Jagodin
(t)den 2 Sept. 1689.
(t)!
Komm, Belgrad
(u)den 8 Sept. 1688.
(u)! wo der Tuͤrcken tr[o]tz zerronen.
Komm, Philippsburg
(w)den 17 Sept. 1676.
(w)! kom̃, Maͤyntz
(x)den 8
(x)
(x)Sept. 1689.
(x)! kom̃, Eſſeck
(y)den Sept. 1687.
(y)
und Demmin(z)den 7 Sept. 1659.!
Durch mich kan Leopold mit taufend lorbeern bluͤhn.
Der203Vermiſchte Gedichte.
Der October.
Setzt Barackan
(a)Den 20 Octob. 1683.
(a)
Und Bonn
(b)den 10 Octob. 1689.
(b) und Gran
(c)den 27 Octob. 1683.
(c)
Genau zuſammen;
Setzt gantz Sclavonien darzu,
Denckt aber, daß der laͤnder ruh
Auf Hertzog Carls geburt beſtanden
(d)den 1 Octob. 1685.
(d)
Und dieſe war bey mir verhanden.
Der November.
Daß Agria
(e)den 28 Novemb. 1687.
(e) dem Muhamed entgieng,
Und daß die Kaͤyſerin der Hungarn cron empfieng
(f)den 29 Novemb. 1681.
(f),
Sind blicke von den ſtrahlen,
Mit welchen meine tag und ſtunden freudig pralen.
Der Winter.
Pralt der Herbſt mit reiffen fruͤchten,
Darff er mich doch nicht vernichten,
Mich, der palm-und myrthen-reiſer
Unſerm ungemeinen Kaͤyſer,
Jn den duͤſtren winter-ſtunden,
Um ſein frohes haupt gewunden.
Prangt der Herbſt mit reiffen fruͤchten,
Darff er mich doch nicht vernichten.
Der December.
Goͤtter-kind, Eleonore!
Jch ſtellte dich dem Kaͤyſer an die ſeite
(g)den 14 Decemb. 1676.
(g)
Als die allerſchoͤnſte beute;
Und dein gecroͤnter Sohn
Printz Joſeph ſtieg auf Hungarns goldnen thron
(h)den 9 Decemb. 1687.
(h).
Der204Vermiſchte Gedichte.
Der Jenner.
Was will ich von Sigeth
(i)Den Jan. 1689.
(i) und Mongatſch
(k)den 27 Jan. 1688.
(k) worte machen?
Mir kan ein ander gluͤcke lachen,
Als Augſpurg, der Roͤmer geſegnete crone,
So Mutter
(l)den 19 Jan. 1690.
(l) als Sohne
(m)den 24 Jan. 1690.
(m)
Mit Deutſchlands jubel aufgeſetzt,
Und faſt die gantze welt mit dieſer poſt ergetzt;
Da herrſchte ja des Jenners ſchein,
Wer wolte mir denn vorzuziehen ſeyn?
Der Hornung.
Wer aber gab Joſeph Amaliens preiß
(n)den 24 Febr. 1699.
(n)
Und ein gewuͤnſchtes myrthen-reiß,
Als ich? Jſt Leopolds vergnuͤgen
Durch dieſe heyrath nicht bis in die hoͤh geſtiegen?
Der Winter.
Jhr habt faſt alle recht;
Doch wenn man es genau betrachtet,
So werden die gewiß am meiſten hochgeachtet,
Jn welchen Leopold und Joſeph iſt geboren,
Die GOtt zu ſaͤulen dieſer welt erkohren.
Und alſo wird der preiß
Mit ſonderbarem fleiß,
Dem Brach-und Heu-mont zugeeignet,
Und der Sommer ſoll nebſt ihnen
Mehr als der Lentz, der Herbſt und Winter gruͤnen.
Die vier jahrs-zeiten und zwoͤlff monate
zuſammen.
So recht! So recht!
Es kan nicht anders ſeyn,
Des205Vermiſchte Gedichte.
Des himmels glantz, der ſternen chor,
Schreibt uns dis urtheil ſelber vor:
Die ſind vor andern zu erheben,
Wo Leopold und Joſeph leben.
Dieſe nachfolgende zeilen ſind aus einer Englaͤndiſchen arie ins Deutſche uͤberſetzet, und gleichfals bey dieſem actu hinter dem theatro abgeſungen worden.
TRaut doch nicht dem frauenzimmer,
Trauet nicht der leeren gunſt,
Es iſt nur ein falſcher ſchimmer
Und ein nebel und ein dunſt.
Wenn es ſich verliebt auffuͤhret
Hat es gar ein ander ziel:
Glaubt, wir werden ſtets vexiret,
Und ſind nur ihr gauckel-ſpiel.
Er entſaget der poeſie. E. G.
JCh weiß nicht, was ich noch poetiſiren ſoll:
Es ſchmeckt das ſchlechte zeug noch immer manchem wohl,
Und ieder tag will faſt ein reimgen von mir haben;
Jch aber dencke ſtets mein dichten zu begraben.
Zu zeiten koͤmmt mich zwar ein kleiner kuͤtzel an:
Allein wie butter nicht beym feuer dauren kan;
So muß der ſchnelle trieb ſich auch gar bald verlieren.
So bald die feder nur will ein paar zeilen ſchmieren,
Die zwar zu anfangs gold, am ende ſteingen ſeyn,
Und praͤgt ich Jupitern und auch die Venus drein;
So muß ich doch alsbald des albern zeuges lachen,
So bald nur der verſtand bey ſolchen ſchoͤnen ſachen,
Selbſt206Vermiſchte Gedichte.
Selbſt ſeine bloͤſe zeigt. Denn ſchmeiß ich alles hin,
Und ſchwere tauſendmal, daß ich kein dichter bin:
Die feder wird zerſtampt: die dinte wird vergoſſen,
Aus der doch auch vorhin zuweilen was gefloſſen,
Das toll in ohren klang. Bald fang ich wieder an
Und ſuche mit verdruß, ob ich noch dichten kan,
Beſonders wenn ich ſeh, wie andre geld verdienen,
Bey denen witz und kunſt, gleich klee im winter, gruͤnen,
Da miſcht ſich denn der geitz in alle zeilen ein:
Der will vors henckers danck: ich ſoll ein dichter ſeyn:
Jch ſoll mit Laps und Taps um ziel und wette kriegen:
Jch ſoll, dem Neuburg gleich, bey großen Herren luͤgen:
Jch ſoll das, was noch nie in unſer welt geſchehn,
Und was nicht werden wird, auch in dem dunckeln ſehn:
Jch ſoll der Fuͤrſten witz, der diener redligkeiten:
Jch ſoll die froͤmmigkeit, die doch bey unſern zeiten
Ein rares wildpret iſt; ich ſoll die kluge kunſt,
Die bey den meiſten nichts, als aufgeblaſner dunſt,
An allen prieſtern ſehn: Jch ſoll die keuſchheit preiſen,
Mit der die jungfern noch bis zu den ſternen reiſen,
Wo der Lucretien ihr altes bildniß ſteht:
Jch ſoll der frauen treu, die doch ſo bald vergeht,
So bald das licht verloͤſcht, bis an den himmel heben:
Jch ſoll des Hercules und Herculiskens leben
An unſerm Sterops ſchaun: Ja was? ich ſoll noch mehr:
Jch ſoll den ochſen-fuß, und traͤt er noch ſo ſehr,
Vor eine engel-hand ums geld paßiren laſſen:
Jch ſoll die kindergen in lauter gold einfaſſen,
Die doch wol geſtern noch die windeln voll gethan:
Jch ſoll mit angſt und muͤh den ungeſchickten Pan,
Der doch das duͤmmſte vieh auf unſrer deutſchen erden,
Den ein erzoͤrnter ſchluß zunaͤchſt hieß Doctor werden,
Vor den Cujacius und Duaren anſehn:
Ja endlich ſoll ich auch wol auf die wahrheit ſchmaͤhn,
Und das, was laſter heiſt, vor reine tugend ſchelten:
Der geitz ſpricht fein dabey: er woll es wohl vergelten:
Jch ſolle vor die muͤh ſchon wohl vergnuͤget ſeyn:
Dis bringe zehnmal mehr, als die critiqven, ein.
Jch207Vermiſchte Gedichte.
Jch fang auch denn wol an, ich will den Sterops preiſen,
Und ſagen, wie er ſich auf den bemuͤhten reiſen,
Die nur ſein ofen weiß, vortrefflich wohl verſucht:
Jch ſage: daß er ſtets die faule luſt verflucht,
Und daß der muͤde ſchweiß ihn hoch empor gehoben.
Jch muͤh mich, Dumpifern wie einen gott zu loben,
Jch ſinge, wie er ſtets der wahren tugend hold,
Den laſtern feind geweſt: wie er das ſchoͤnſte gold
Als gifft und peſt gehaßt: wie er nie durch geſchencke,
Und auch noch weniger durch tief-geſuchte raͤncke
Das kluge recht verdreht, und bilde mir dabey
Nun gantz gewißlich ein, daß ich ein dichter ſey;
Allein ſo bald ich nur das blat zum drucker ſchicke,
So uͤberzeugt mich ſchon mein grimmig ungeluͤcke,
Daß ich das handwerck doch noch lauge nicht gelernt,
Durch das man ſich anitzt vom poͤbel weg entfernt,
Denn wenn der bogen kaum bis zu der helffte kommen,
So wird er wider wunſch ſchon wieder weggenommen,
Es kommet ein verbot, der druck wird confiſcirt,
Weil ich die feder noch, wie vor, zu ſcharff gefuͤhrt:
Es heiſt: Der kerle will doch alles reformiren,
Er mißbraucht ſeinen kopff: Er ſolte fein ſtudiren,
Wie man bey dieſer welt zu ehren kommen will,
Denn haͤtte ſeine muͤh ein viel beliebter ziel.
Was fang ich denn nun an? Jch will fein ſtille ſitzen,
Und mir den ſchwachen kopff mit keinem reim erhitzen.
Man ſieht doch, daß er das noch lange nicht verſteht,
Wodurch die poeſie itzt zu den ſternen geht.
Wohlan! ich will es denn auch kuͤhnlich laſſen bleiben,
Und meinetwegen mag der hencker verſe ſchreiben!
Auf die poeſie. G. Liſt.
DU hoch-geprieſne kunſt! du nectar kluger ſinnen!
Dich muß ein edler geiſt, als perle, lieb gewinnen.
Du208Vermiſchte Gedichte.
Du hauch! der nur aus GOtt auf reine hertzen geht,
Du ſchatz! der auch dem roſt und motten widerſteht.
Jch bin dir als ein kind ſchon heimlich nachgegangen,
Jch ſuchte tag und nacht den lorbeer zu erlangen.
Du ſteheſt mit mir auf, du legeſt dich mit mir,
Jch ziehe deinen crantz der ſchoͤnſten crone fuͤr.
Und haſt du gleich bisher dem unvergnuͤgten magen
Noch keinen rothen wein, noch wildpret eingetragen;
So ſchleppeſt du mir doch die peſt nicht in das hauß,
Vielleicht bricht kuͤnfftig noch dein goͤldner nutzen aus.
Weiß ein geſchickter kopff was hohes vorzubringen,
Und nicht mann, weib und ding alleine herzuſingen,
So oͤffnet er dadurch die uͤberſchwehre bahn,
Die zu der Fuͤrſten gunſt auf roſen fuͤhren kan.
Ja viele haben offt durch fleiß in wenig ſtunden,
Bey goͤttern dieſer welt faſt einen himmel funden;
Da mancher, der da ſchlaͤft, nicht ſelten mit verdruß,
Jn einem neſſel-ſtrauß zu tantze gehen muß.
So bleibeſt du demnach mein eintziges vergnuͤgen,
Durch dich will ich den neid mit ſeinem gifft beſiegen.
Du mehr als zarte luſt! du zuckerſt meine pein,
Und wirſt des kummers tod und grab der ſorgen ſeyn.
Auf den ſchlafenden Jonas. Madrigal. G. L.
ACh, Jona! laß dich doch erwecken,
Der abgrund reißt ſich auf,
Und ſuchet dich mit wellen zu bedecken;
Der ſchaum der fluten ſchieſt vorbey,
Und will durch ſeine raſerey,
Die ſee zu deinem grabe machen.
So wickle dich aus deinen traͤumen.
Wenn flut und alle wetter krachen,
Ja209Vermiſchte Gedichte.
Ja tolle wellen ſchaͤumen,
Muß ieder auf der wache ſtehn.
Wer wolte ſicher ſchlafen gehn?
Judas-kuß. Madrigal. G. L.
DU mehr als bittrer kuß,
Dein weſen uͤbertrifft
Den aͤrgſten ſpinnen-gifft,
Wovon man bald erſtarren muß.
Es hat dir Satan zugepfiffen,
Auf wuͤrgen auszugehn.
Du hinterlaͤſt noch deines gleichen,
So dieſe kunſt ſo wol, als du, verſtehn,
Und gar zu gern den naͤchſten hinterſchleichen,
Ja durch das viele kuͤſſen
Zugleich den tod mit einzuhauchen wiſſen.
Auf die wohlluſt. Madrigal. G. L.
JCh ſeh den leim der wohlluſt liegen,
Doch es gefaͤllt mir nicht
Auf einen aſt zu fliegen,
Wo mir die feder haͤngen bleibt.
Jch weiß ſchon, wie die kreide ſchreibt.
Wie mancher, der ſich bey der jagd
Zu tief in einen puſch gewagt,
Hat ſeine grentzen uͤberſchritten
Und iſt lahm wieder heim geritten.
Hofm. w. V. Th. OGrab -210Vermiſchte Gedichte.
Grabſchrifft einer koͤchin. G. L.
JCh machte kurtz und gut den beſten ſchnitzer lahm,
Der ſteiff und wohl geſchaͤrfft in meine kuͤche kam.
Den gaͤſten gab ich fleiſch, den kern von ſuͤßen dingen,
Nun will ich auch dem tod die kalte ſchaale bringen.
Grabſchrifft einer alten jungfer. G. L.
DJe hitze war vorbey, und ſchiene zu erkalten,
Die lippen wurden blaß, die augen roth und weit:
Die ſtirne wieß nunmehr die ungeſchickten falten;
Drum deckte man mich zu, es war die hoͤchſte zeit.
Nur dieſes wundert mich, daß du mir in dem leben
Den jungfer-titul noch beſtaͤndig haſt gegeben;
Da du ihn doch wohl kennſt, der mir die knoſpe nahm,
Eh noch das rothe blatt recht vorgekrochen kam.
Auf das gluͤcke. Madrigal. G. L.
TRau doch dem gluͤcke nicht zu viel:
Es laͤſt nicht immer auf dem ſpiel,
Die charte guͤtig fallen.
Wer heut auf ſeinem ruͤcken liegt,
Wird morgen abgeſchmiſſen,
Und leichte hingeriſſen,
Als dampff, der an die wolcken fliegt.
Wenn hohe ſaͤiten lieblich klingen,
So muͤſſen ſie am erſten ſpringen.
Auf211Vermiſchte Gedichte.
Auf einen alten gaͤrtner, ſo ein jun - ges maͤgdgen geheyrathet hatte. G. L.
ALter bart! was nimmſt du fuͤr?
Dieſes ſind verkehrte poſſen.
Warum haſt du doch die thuͤr
Zu dem garten aufgeſchloſſen?
Nunmehr darffſt du bey dem graben
Kein geraͤth mit ſcharten haben.
Du muſt friſchen ſaamen kauffen,
Oder bey der ſchlimmen zeit,
Wenn ſich alle welt erfreut,
Schaͤndlich aus dem pacht entlauffen.
Lob der einſamkeit. G. L.
1.
EJnſamkeit mag immerhin
Schimpfflich ausgehoͤnet werden,
Nichts vergnuͤget mich auf erden,
Als wenn ich alleine bin.
2.
Stilles leben hilfft dem geiſt
Auf verborgne ſpur zu ſinnen,
Und daſſelbe zu gewinnen,
Was gerecht und edel heiſt.
3.
Giebt das ungluͤck einen ſtich,
Und verdoppelt mir die ſorgen,
Bleibt es doch der welt verborgen,
Und die ſtille troͤſtet mich.
O 24. Dieſes212Vermiſchte Gedichte.
4.
Dieſes lobet mein gedicht:
Jch mag ihr die ſchmertzen klagen,
Oder meine freude ſagen,
Einſamkeit verraͤth mich nicht.
Auf die ſorgen. Madrigal. G. L.
JHr ſorgen! fuͤhrt euch ab,
Jhr moͤchtet meinem leben
Die letzte oͤlung geben;
Zieht hin und kommt nicht wieder her,
Bis erde, lufft und meer
Jn einen klumpen fließen;
Jhr blaſt ein feuer an,
Und daß es ewig lodern kan,
Wolt ihr noch oͤl in ſeine flammen gießen?
Die ſind als narren zu verlachen,
Die ſich durch euch ſelbſt einen irrgang machen.
Es kehret ſich alles um. Madrigal. G. L.
DJe welt iſt um und um geſtuͤrtzt:
Der alte deutſche glaube
Schmeckt kaum ſo gut, als eine faule traube.
Die wahrheit iſt mit ſchimpff verjaget,
Und wegen mord und ehebruch verklaget.
Die adler werden ſo gemein,
Daß ihrer mehr als kleine muͤcken ſeyn.
Es213Vermiſchte Gedichte.
Es wird noch wol die ſonne kalt,
Der himmel krumm und ungeſtalt,
Der wermuth ſuͤßer wein,
Die ſchatten lichter ſeyn.
Es wird ſich alles ſo verdrehen,
Daß wir zuletzt noch auf den koͤpffen ſtehen.
Auf das frantzoͤſiſche Te Deum Laudamus. G. L.
JHr Frantzen ſtimmet offt das Te Laudamus an,
Da in den hertzen ſelbſt ein Miſerere klinget:
Es iſt kein wunder nicht, daß ein verzagter hahn,
Wenn er ein wetter merckt am allerhellſten ſinget.
Auf ein junges maͤgdgen, ſo ſich an einen alten ſoldaten hienge. G. L.
MAegdgen! deine jungferſchafft iſt kaum heute jung ge -
worden,
Ach du kauffeſt dich zu fruͤh in den welcken weiber-orden.
Sage doch, was dienet dir ein ſo ſteiffer krieges-mann,
Dem ein exercirtes heer kaum die lantze brechen kan?
Auf die liederlichen vers-verderber. Madrigal. G. L.
JHr ungeſtimmten floͤten
Verhungerter poeten!
O 3Pfeifft214Vermiſchte Gedichte.
Pfeifft vor ein maas verdorbnes bier
Der welt verwegne poffen fuͤr.
Geht ohngefehr dem dorff ein richter ab,
Wie foltert ihr den kopff durch tieffes ſinnen,
Und ſeyd bemuͤht bey deſſen grab
Durch einen reim ein tag-lohn zu gewinnen.
Vor kleines geld verkaufft man große luͤgen,
Die ſtein und eiſen uͤberwiegen.
Schlaf aus, du traͤumender poet!
Suchſt du die todten aufzuwecken,
So muſt du ſelbſt nach geiſt und leben ſchmecken.
Auf den im vorigen ſeculo der Chri - ſtenheit von den Tuͤrcken angedroh - ten untergang. G. L.
SChlag muthig los, du flammen-reiche lufft!
Wilſt du der wuth verwegner hunde ſchonen?
Schmeiß dieſen ſchwarm in eine finſtre klufft,
Wo drachen-brut und baſiliſken wohnen.
Zerſchmettre doch ſein ſcharffes mord-gewehr,
Daß von dem blut erſchlagner Chriſten ſchaͤumet!
Es iſt ja ſonſt dem donner nicht zu ſchwer,
Daß er die welt mit ſeinem bruͤllen zaͤumet.
Bewegt dich nicht ein banges angſt-geſchrey,
Das unſer mund mit ſchrecken von ſich blaͤſet?
Jndem der feind aus grimm und raferey
Das feſte ſchwerd uns in die ſeite ſtoͤſet.
Ach ſiehe doch der waffen tollheit an!
Jhr kuhner ſtich iſt wie ein biß der ſchlangen.
Was furien und tieger nicht gethan,
Das haben ſie auf einen tag begangen.
Verſluchtes bley! das der canonen krafft
Mit lichtem dampff bis an die wolcken ſpielet.
Ver -215Vermiſchte Gedichte.
Verdammtes heer! das in dem rothen ſafft
Von unſerm blut die ſchwartzen bruͤſte kuͤhlet!
Wer blaͤſet euch denn ſolchen frevel ein,
Ein frommes volck mit feuer auszurotten?
Soll dieſes denn die helden-probe ſeyn,
Als ihr vermeynt den himmel zu verſpotten?
Jtzt ſchweiget GOtt zu eurer bosheit ſtill;
Doch wird es wol einmal gewiß geſchehen.
Denn muͤſſet ihr, es komme wie es will,
Des adlers macht in eurem lande ſehen.
Auf einen ungluͤcklich verheyra - theten. G. L.
1.
HArte, derbe puͤffe,
Wenig gute ſuͤffe,
Machen trefflich matt,
Aber ſelten ſatt.
2.
Halb-gekochte ſpeiſe,
Ungeheure laͤuſe,
Eine boͤſe frau,
Machen zeitig grau.
3.
Schwere hoͤrner tragen,
Und mit eſeln jagen,
Machet haͤuffig ſchweiß,
Und den ruͤcken heiß.
4.
Auf den baͤncken liegen,
Fremde kinder wiegen,
O 4Jſt216Vermiſchte Arien.
Jſt verzweiffelt ſchwer,
Und vexiret ſehr.
5.
Ey ſo mag die ehe
Wol ein ſchlimmes wehe
Und ein ſaurer wein
Armer ſchelmen ſeyn.
Vermiſchte Arien. An eine alte brantewein-ſchweſter.
1.
ALte mutter! ſchaͤmt euch doch,
Daß ihr eure alte ſachen
Annoch wolt gemeine machen,
Und zieht noch am liebes-joch.
Ach miſcht ihr euch, alte! noch unter die nymphen,
Als wolte der nebel die ſterne beſchimpffen.
2.
Muß das nicht poßierlich ſtehn,
Wenn die tochter mit der mutter,
Alter ſpeck und ſtinck’chte hutter,
Beyde courteſiren gehn;
So lernen die jungen in zeiten von alten
Hinfuͤhro die guͤther mit nutzen verwalten.
3.
Niemals koͤnnt ihr nuͤchtern ſeyn,
Denn ihr tragt die bisgen heller
Nach taback und in den keller,
Und der liebe brantewein,
Der217Vermiſchte Gedichte.
Der muß euch ſo morgens als abends ergetzen,
Und ſolt er euch lunge und leber verletzen.
4.
Nun wohlan! bekehrt euch doch!
Heute habt ihr zeit zur buße;
Morgen iſts ſchon nicht mehr muße,
Denn ihr ſterbt wol heute noch:
Drum ſchickt euch nur immer zum ſeeligen ende,
Befehlet die ſeele in goͤttliche haͤnde.
Die nuͤtzliche ſchneider-ſcheere.
1.
JHr ausgehangnen ſchneider-ſcheeren!
Der ſo genannten boͤcke ſchild!
Jhr werdet mirs ja nicht verwehren,
Weil euch doch alles gleiche gilt,
Daß ich mag euer bild auf dieſe blaͤtter mahlen,
Es wird weit praͤchtiger, als Piters flecke, pralen.
2.
Jhr ſeyd der ſchneider alchymiſten,
Jhr macht und bringet ihnen geld;
Wenn ſie nicht eure huͤlffe wuͤßten,
So waͤr es ſchlecht um ſie beſtellt.
Das buͤgel-eiſen giebt den meiſten zwars gewichte,
Doch machet euer nutz deſſelben krafft zu nichte.
3.
Es fuͤhren euch die kleider-boͤcke;
Doch dis vermehret euren ruhm,
Jhr lacht offt uͤber das gemecke,
Der herren ſchneider eigenth[um],
Wenn dieſe meiſter ſich, vor jene ſchlitz-krabaten
Die moden zu erſehn, in ihrer zunfft berathen.
O 54. Es218Vermiſchte Arien.
4.
Es lebe demnach dieſes mittel,
Das ſchoͤne pluder-hoſen macht,
So wird noch mancher maͤgde-kittel
Ans helle tage-licht gebracht:
Doch leben ſie, ſo ſollt ihr ſcheeren gleichfalls leben,
Damit man euer lob zum capricorn kan heben.
Die vergnuͤgung. S. D.
1.
WOhl dem, der ſich nur laͤſt begnuͤgen
Daran, was ihm auf GOttes gunſt
Das gluͤck ohnfehlbar zu muß fuͤgen,
Und nehrt ſich redlich ſeiner kunſt:
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
2
Wie bald kan reichthum dich verlaſſen?
So biſt du elend gnug daran;
Kunſt aber wird dich ſtets umfaſſen,
Sie nehret treulich ihren mann.
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
3.
Giebt ſie mir nicht viel goldes-tonnen,
So macht ſie mich doch beſſer ſatt,
Als den ſein geld, der viel gewonnen,
Und herr nicht iſt, deß, was er hat.
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
4. Wie219Vermiſchte Arien.
4.
Wie manchem hat der krieg genommen,
Was ihm vorhin das gluͤcke gab,
Der itzt fuͤr alles geld bekommen
Nur einen kahlen bettel-ſtab!
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
5.
Wer was gelernt, ſcheut keine waffen,
Die kunſt iſt ihm fuͤr alles geld;
Der muß in ſteten aͤngſten ſchlaffen,
Der nur den ſchatz im kaſten haͤlt.
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
6.
Was ich beſitz, iſt nicht im kaſten;
Will iemand meinen guͤthern an,
Der muß mein leben ſelbſt antaſten,
Jſt dis nun hin, was darff ich dann?
Ein ander halt auf geld und guth,
Jch liebe kunſt und freyen muth.
7.
Bring mich dahin aus dieſem lande,
Wo nie der tag recht bricht herfuͤr,
Durch kunſt kan ich im fremden ſande
So ſeelig leben, gleich wie hier!
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
8.
Muß gleich die kunſt nach brodt itzt gehen,
Wie man von ihr veraͤchtlich ſchwaͤtzt;
So will ich dennoch bey ihr ſtehen,
Weil ſie mich inniglich ergetzt.
Ein220Vermiſchte Arien.
Ein ander halt auf geld und guth;
Jch liebe kunſt und freyen muth.
9.
Wenn mir der Hoͤchſte das nur giebet,
Was mir zu leben noͤthig iſt,
Und eine ſeele, die mich liebet,
Und mich vor allen auserkieſt;
So lieb ich uͤber geld und guth,
Sie, und die kuͤnſt und freyen muth.
Aria wider die neider.
1.
JCh muß mich endlich noch verſchlieſſen,
Jhr neider! kommt und ſperrt mich ein;
So darff es euch nicht mehr verdrießen,
Daß mir die leute guͤnſtig ſeyn:
So ſitz ich dann in guter ruh,
Und hoͤre euren poſſen zu.
2.
Jhr wiſſet alle meine thaten:
Jch darff nicht auf die gaſſe gehn,
So bin ich ſchon bey euch verrathen,
Und muß im zeddul oben ſtehn.
Das macht, der waͤchter iſt beſtellt,
Der mich in ſteter hut behaͤlt.
3.
Allein ihr mercket nicht die tuͤcke;
Die waͤchter ſind euch nicht getreu:
Sie bringen euch manch falſches ſtuͤcke,
Und manche derbe luͤgen bey.
Denn was mein tage nicht geſchehn,
Das haben ſie von mir geſehn.
4. Bald221Vermiſchte Arien.
4.
Bald treffen ſie bey finſtern ſtunden,
Mich mitten auf den gaſſen an:
Bald werd ich hier, bald da gefunden,
Und habe nirgends recht gethan.
Allein ſie haben bey der nacht
Die brillen nicht recht klar gemacht.
5.
Jch ſetze mir offt vor, zu ſchweigen,
So wird die einfalt angeklagt:
Und will ich mich was frey bezeigen,
So hab ich gleich zu viel geſagt.
Wo treff ich dieſen meiſter an,
Der mich die kuͤnſte lehren kan.
6.
Wiewol ich werde mich nicht kraͤncken,
Mein hertz iſt mir noch viel zu gut.
Jhr neider duͤrffet nicht gedencken,
Daß mir das leiden wehe thut.
Die unſchuld kan in dieſer pein
Mein allerbeſtes labſal ſeyn.
7.
Gewiß, ich muß nur eurer lachen,
Ob ich euch noch ſo alber bin.
Jhr moͤgt es kuͤnfftig aͤrger machen,
Trett ſelber auf die wachen hin,
Und nehmet dann bey tag und nacht
Mein thun und laſſen wohl in acht.
8.
Jndeſſen dient es mir zum beſten:
Jch ſage nichts, doch merck ich wohl,
Wie man bey ſolchen ſchlimmen gaͤſten
Sich kuͤnfftig recht verhalten ſoll.
Jch weiß ſchon, was im hertzen ſteckt,
Ob gleich der kuß nach zucker ſchmeck[t].
9. Jhr222Leanders aus Schleſien
9.
Jhr moͤgt die unſchuld immer haſſen,
Genung, daß ſie der himmel liebt.
Jhr muͤſſet mir doch endlich laſſen,
Was deſſen gunſt und gnade giebt.
Will der mir wohl, ſo hab ich’s gut,
Und achte nicht, was mißgunſt thut.

Leanders aus Schleſien Deutſche Gedichte.

Verliebte und Galante Gedichte.

An Sylvien, Wegen ſeiner finſtern wohnung.
JCh gebe gerne zu, daß in dein nettes zimmer,
O Sylvia! mehr licht, als in das meine, faͤllt;
Denn dieſes kennt nicht mehr, als einer ſonne ſchimmer,
Da deines meiſtentheils drey ſonnen in ſich haͤlt.
Der Andreini gedancken von un - beſtaͤndig verliebten.
HErtzen, welche bald entbrennen, aber auch alsbald er -
kalten,
Kommen mir
Wie ſpiegel fuͤr,
Die ein iedes bild annehmen, und kein eintziges behalten.
An223Verliebte und Galante Gedichte.
An Sylvien, als ſie ihm aus der hand ſein kuͤnfftig gluͤcke ſagen wolte.
WAs macht dein ſchoͤner blick in meiner ſchlechten hand?
Wilſt du ihr ſchwartzes fell an deinen ſonnen bleichen?
Was gruͤbelt doch dein aug in den verwirrten zeichen?
Jn dieſen tiefen liegt kein richtiger verſtand.
Du wilſt mein kuͤnfftig gluͤck im Venus-berge finden,
Und dein verwegner witz merckt alle narben an.
Jndeſſen wirſt du doch nichts deutliches ergruͤnden,
Weil die bewußte kunſt gar leichte truͤgen kan.
Jedoch wo Sylvia im ernſt, und nicht im ſchertze
Mein kuͤnfftig gluͤcke ſucht, und mir es ſagen will,
So frag an ſtatt der hand, in der es allzu viel
Verſchloßne raͤtzel giebt, o Sylvia! dein hertze.
Schifffarth der liebe.
DJe liebe ſchiffte durch den Sund,
Jhr Pharus war der wohlluſt kertze,
Die muſchel Amarillens mund,
Die anfuhrt mein getreues hertze.
Als ihn Albanie mit einem ſchnee - ball geworffen. Sonnet.
JCh weiß nicht, wie ich mich naͤchſthin verleiten ließ,
Es mit Albanien auf ſchnee-baͤll anzunehmen.
Jch muſte mich mit ihr an einen ort beqvemen,
Da uns die einſamkeit aus aller augen riß.
Es muſte ſich der ſchnee, der mehr als perlen gließ,
Vor der entbloͤſten haut der zarten haͤnde ſchaͤmen.
Allein224Leanders aus Schleſien
Allein ich hob kaum an, die waffen vorzunehmen,
Als mich Albanie ſchon auf das hertze ſchmieß.
Sie lacht, und ich erſchrack; ſie lief, und ich blieb ſtehen.
Es wolte mir der ſchnee in meiner fauſt zergehen.
Jch fuͤhlt, ich weiß nicht, was vor feuer in der bruſt.
Denn daß Albanie den Cypripor agiret,
Und in den kalten ball, den ſie ſo wohl gefuͤhret,
Der liebe glnt verſteckt, das hatt ich nicht gewuſt.
An Sylvien, warum er nicht mehr ſo fertig dichten koͤnne.
ES kommt dir fremde vor, daß ich mit meinen verſen,
Die ſonſt geſchwinde gehn, itzund gar langſam bin.
Die Muſen wollen nicht beſtaͤndig in mir herrſchen,
Es weicht ihr heißer zug mit deinen augen hin.
Jch habe, wie es ſcheint, mich gaͤntzlich ausgeleeret,
Und wenn ich dichten will, ſo fehlt es uͤberall.
Verdruß und einſamkeit hat alle krafft verzehret,
Und meine poeſie giebt ſchon das todten-mahl.
Denn ob ich dann und wann gleich ein paar reime dichte,
So fehlet ihnen doch die alte liebligkeit:
Der friſche lorbeerbaum, wird eine duͤrre ſichte,
Und der erhitzte geiſt bald in die lufft zerſtreut.
Das macht, daß ich nicht mehr aus dieſen brunnen trincke,
Die itzund in der welt der dichter ſtaͤrcke ſind,
Und daß ich gantz umſonſt den ſuͤßen ſternen wincke,
Von denen thau und krafft in haupt und adern rinnt.
Die Muſen wollen ſich nicht meiner mehr bedienen,
Sie wenden ihre gunſt weit edlern ſchwanen zu.
Jch darff mich nicht, wie vor, auf den Parnaß erkuͤhnen,
Und finde kaum zur noth bey ſeiner wurtzel ruh.
Mein einſames revier, wo turteltauben aͤchzen,
Und keine nachtigaln den truͤben ſinn erfreun,
Macht zwar, daß hertz und mund offt nach erqvickung lechzen,
Doch giebt es mir nicht viel von ſchoͤnen liedern ein.
Wer225Verliebte und Galante Gedichte.
Wer lauter tholen hoͤrt, ſchreyt endlich auch wie tholen,
Und wen kein muntrer trieb aus ſeinem ſchlaf erweckt,
Der ſucht gewiß ſein licht bey ausgeloͤſchten kohlen,
Und macht kein ſuͤßes lied, das zarten geiſtern ſchmeckt.
Will aber Sylvia mich gleichwol ſingen hoͤren,
Und meine muſe ſehn, wie ſie vor dieſem war;
So muß ſie mich fein offt mit ihren blicken ehren,
Denn ſolcher ſtrahlen glantz macht truͤbe ſinnen klar.
Sobald als ich dich ſeh, und deiner augen ſonnen
Mir im geſichte ſtehn, ſo ſtehn die geiſter auf,
Der ſchon erſtorbne trieb hat wiederum gewonnen,
Und meine poeſie beginnt den erſten lauf.
Gleichwie ein nelcken-knopff, wenn er im ſchatten ſtecket,
Geringe kraͤffte zeigt und zugeſchloſſen ſteht,
Dann aber offen wird und ſeine blaͤtter ſtrecket,
Wenn das gewuͤnſchte licht ſich uͤber ihn erhoͤht;
So weckt auch deine gunſt mein ſchlaͤfriges gemuͤthe
Durch ihre ſtrahlen auf, und giebt den ſinnen krafft:
Sie ruͤhret und erhitzt das laugſame gebluͤte,
Du glaubeſt nimmermehr, wieviel dein anblick ſchafft.
Drum, Edle Sylvia! ſoll ich ſo fertig dichten,
Als ich zuvor gethan, ſo muß ich alſobald
Aus meiner einſamkeit in dieſe gegend fluͤchten,
Wo deine ſanffte ſtimm, o Nachtigall! erſchallt.
Wo aber Sylvia ſich nicht als Phoͤbus zeiget,
Dein zimmer mein Parnaß, dein licht mein feuer iſt,
Und Aganippens flut aus deinen lippen ſteiget;
So glaube, daß dein mund nichts liebliches mehr lieſt.
Denn ohne fremden trieb wird nichts in uns beweget,
Die verſe fallen mir nicht von ſich ſelber ein;
Allein wenn Laura kommt und unſre geiſter reget,
So kan ein dichter auch leicht ein Petrarcha ſeyn.
An Melinden wegen ſeiner l
DU tadelſt meine lieb, unbillige Melinde!
Jhr lallen und ihr ſchertz erwecket dir verdruß
Hofm. w. V. Th. P226Leanders aus Schleſien
Dein mund verlanget nichts, als einen kuͤhlen kuß;
Doch wer begehret wol ſo viel von einem kinde?
Von maͤnnern fordert man mit rechte ſolche ſachen;
Denn ernſt und klugheit zieht nicht bey den kindern ein:
Soll meine liebe nun klug und verſtaͤndig ſeyn,
So muſt du ſie zuvor zu einem manne machen.
An Sylvien, als ſie vor ihm flohe.
ACh, Sylvia! wo fleuchſt du hin?
Wilſt du mich denn im grabe wiſſen?
Du meynſt, ich werde ſterben muͤſſen,
Jndem ich ohne dich auch ohne hertze bin.
Doch eben darum ſterb ich nicht,
Weil mir des todes ſchmertz gebricht.
Beſtimmſt du mich nun dieſem ſchmertze,
So ſteh mit deinem fliehen an,
Und liefre mir mein zartes hertze,
Damit ich ihn empfinden kan.
Augen, die muſchel der liebe.
FLorettens augen ſind der liebe muſchel-hauß,
Von dannen ſtieg ſie naͤchſt in meinem hertzen aus.
Von ſeinem hertzen.
[C]Upido ſchlug mein hertz Arminden in die hand.
[A]ch! rieff ich: Holdes Kind! verwahr dis zarte pfand,
[Und laß e]s weiter nicht ergimmte ſchlaͤge fuͤhlen:
[Man muß]mit hertzen nicht, wie mit dem halle ſpielen.
Von227Verliebte und Galante Gedichte.
Von Liſetten, als ſie ſich nicht wol - len kuͤſſen laſſen.
MEin! warum wehret ſich Liſette,
Wenn man ihr oͤffentlich ein kuͤßgen geben will?
Die antwort iſt nicht ſchwer: Weil ſie das ſuͤße ſpiel
Viel lieber im verborgnen haͤtte.
Er ſuchet Sylviens gegen-liebe.
DEr ſonne ſanfftes aug iſt immer ohne neid,
Sie wirfft den hohen glantz auch in die tiefſten thaͤler,
Drum glaube, Sylvia! es iſt kein großer fehler,
Wenn deine gunſt ihr licht gleich auf mein hertze ſtreut.
Jch gebe gerne zu, daß ich verwegen bin,
Jndem ich mich zu dir, als einer ſonne, wage;
Denck aber auch, dein knecht ſchau niemals freuden-tage,
Es nehme dann dein ſtern die finſtern nebel hin.
Erſchrick nicht vor der glut, ſie fuͤhret keinen rauch:
Wo ſie nur ſtille brennt, da bringt ſie viel vergnuͤgen.
Die dornen, welche dir und mir im wege liegen,
Verwandeln witz und treu in einen roſen-ſtrauch.
Sey offentlich ſo ſtoltz und ernſthafft als du willſt,
Jch will dir offentlich auch nichts als ehrſucht zeigen,
Wofern du meine glut, die ſonſt beſtaͤndig ſchweigen
Und deiner ſchonen wird, nur im verborgnen ſtillſt.
Allein, du traueſt nicht, dein argwohn iſt zu ſcharff,
Du denckſt, ich wuͤrde mir die groͤſte freyheit geben.
Jch aber ſchwere dir, durchaus vergnuͤgt zu leben,
Wenn auge, mund und hand nur mit dir ſpielen darff.
Als er ſie zu einem ſpatziergange be - reden wolte.
DArff auch Leanders mund die kuͤhne bitte wagen:
Es wolle Sylvia mit ihm ſpatzieren gehn?
P 2Ach228Leanders aus Schleſien
Ach nein! es darff mein wunſch ſich nicht ſo weit erhoͤhn;
Die kuͤhnheit iſt zu groß, ich muß es ſelber ſagen.
Jndeſſen hoͤr ich doch die ſchoͤne Flora klagen,
Daß deine fuͤße nicht in ihren blumen ſtehn.
Die ſonne ſcheinet auch nicht ohngefehr ſo ſchoͤn;
Sie wuͤnſcht ihr reines licht dem deinen beyzutragen.
Der ſanffte Zephyrus kan ohne dich nicht ſeyn,
Er biſamt ſeine lufft mit deinem othem ein.
Die vogel ſingen nur, wo Sylvia ſpatzieret:
Wo Flora, ſonn und lufft nur nichts erhalten kan,
Und keine nachtigall dich in das gruͤne fuͤhret,
So ſteh ich billich itzt mit meinem bitten an.
Von Melindens munde.
ALlzugeringe fauſt! unwuͤrdiges papier!
Jch weiß Melindens mund nicht lebhafft abzuſchildern:
Es ſchickt mein pinſel ſich nicht zu dergleichen bildern,
Und ein nur blaſſes blat faßt keine ſolche zier.
Es ſtarrt, o ſchoͤnſter mund! ſo mund als hand vor dir,
Denn meine poeſie will allbereits verwildern;
Doch dein gelinder kuß kan alle haͤrte mildern:
Und wen dein othem ruͤhrt, der tritt getroſt herfuͤr.
Wohlan! ſo ſey es denn: Die farbe deiner lippen
Steigt hoͤher, als die pracht von den corallen-klippen,
Und wer im tode liegt, den macht ihr feuer friſch.
Zwar andern ſchlaͤgt die bruſt weit eine ſuͤßre wunde;
Allein ich bin vergnuͤgt, hab ich auf deinem munde,
Du andre Helena! nur einen freyen tiſch.
Gedancken bey einem gemahlten Cupido mit einer verloſchenen fackel.
JSt dir, o Liebe! doch die fackel ausgegangen:
Hat irgend Daphne dir den poſſen angethan?
Geh,229Verliebte und Galante Gedichte.
Geh, zuͤnde ſie alsbald von ihren augen an!
Vielleichte kanſt du noch dein hohes ziel erlangen;
Allein du folgeſt nicht, ich finde kein gehoͤr:
Du laͤſſeſt dich den blitz in ihren augen ſchrecken;
Doch komme nicht zu mir, die fackel anzuſtecken,
Was aſche worden iſt, das giebt kein feuer mehr.
***
NJchts kan des lebens ſauren wein
Mehr verſuͤſſen,
Als lieben, und geliebet ſeyn
Und es wiſſen.
***
SO in mienen, als im hertzen
Jmmer froͤlich ſeyn und lachen,
Und kein traurig auge machen,
Heißt nicht lieben, ſondern ſchertzen.
Vertheidigung der biene, ſo Syl - vien geſtochen hatte.
DU haſt die arme bien ohn alles recht erdruͤckt,
Ob gleich ihr zarter ſtich dein ſuͤßes fleiſch verletzet.
Denn als ſie deinen mund, den ſchoͤnen mund, erblickt,
So hat ſie freylich wol den ſtachel angeſetzet;
Doch finne nur recht nach, warum ſie es gethan?
Sie ſahe deinen mund vor friſche roſen an.
Aria aus einer frantzoͤſiſchen opera.
O Nachtigall! entfleuch doch nicht!
Laß deine lieder ſicher hoͤren.
P 3Jch230Leanders aus Schleſien
Jch ſuche nicht die ruh zu ſtoͤren,
Die dir der freye wald verſpricht:
Jch komme nicht mit pfeil und bogen,
Leb immer hin in freyheit, luſt und ſchertz;
Jch komme nur, und ſeuffz ach! um mein armes
hertz,
Das mir, o tiefer ſchmertz!
Die falſche lieb entzogen.
Aus dem frantzoͤſiſchen des Pays.
SO bald das ſonnen-licht die muͤden augenlieder
Nach der genoßnen ruh von ihrem ſchlaf erweckt,
Und das verliebte kind die alabaſter-glieder
Mit einem linden ach im bette von ſich ſtreckt,
So gehn viel hundert luͤſt in ihrer bruſt ſpatzieren,
Die ſanffte kuͤtzelung durchſtreichet geiſt und ſinn,
Und die entzuͤckungen, ſo marck und adern ruͤhren,
Zieh’n ſie gantz außer ſich in den gedancken hin.
Die liebe ſchmeichelt ihr, ſie loͤſcht der ſehnſucht kohlen,
Und baut aus ihrem bett ein ſchloß der einſamkeit,
Da kan ſie in der ruh die wohlluſt wiederholen,
Mit der ſie ſich zuvor in unruh hat erfreut.
Auf eine ſchilderey, darauf die Pſy - che die Liebe umarmete, und von der man ſagte, daß es der Sylvia portrait waͤre. Aus eben demſelben.
DU magſt dis ſchoͤne bild ein meiſterſtuͤcke nennen,
Jch falle dir darinnen bey.
Daß aber Sylvia hier abgeſchildert ſey,
Das wirſt du nimmermehr mich uͤberreden koͤnnen.
Geficht und farbe trifft zwar richtig uͤberein;
Weil aber Pſyche ſich hier mit der Liebe traͤget,
Und231Verliebte und Galante Gedichte.
Und dieſes zarte kind an ihre lippen leget,
So kan es Sylvia nicht ſeyn.
Aus dem welſchen des Marini. Cantatrice crudele.
JHr felſen und ihr baͤum, entflieht doch Daphnens grimme,
Und laſt ihr ſingen euch nicht ins verderben ziehn.
Die unempfindligkeit wird zwar wol von euch fliehn;
Allein ſo bald ſie flieht, und ihr von Daphnens ſtimme
Stimm und bewegung kriegt, ſo wird ſie ſelbſt ein ſtein,
Ja tauber gegen euch, als baͤum und felſen ſeyn.
Als ſie ihn mit waſſer beſpruͤtzte. Aus dem welſchen des Michiele.
DEin erbarmen koͤmmt zu langſam, haͤtte deine mar -
mel-hand
Auch ſchon itzt um meinetwegen alle brunnen ausgeleert.
Es iſt hier nichts mehr zu loͤſchen; denn der heißen liebe brand
Hat mein allzuzartes hertze ſchon in aſch und ſtaub verkehrt.
Aus dem welſchen des Menagio.
DU frageſt, ſchoͤne Magdalis!
Wird deine glut auch lange brennen?
Ach Schatz! wie kan ich das erkennen?
Die todes-ſtund iſt ungewiß.
Aus dem welſchen des Petrarca.
DJs iſt die wuͤſteney, die ſich mein fuß erkieſt,
Wenn ich des hertzens qvaal mit ſtillen lippen klage,
P 4Jch,232Leanders aus Schleſien
Jch, der ich voller furcht noch wol den augen ſage,
Sich fleißig umzuſehn, ob alles einſam iſt.
Denn wo du, einſamkeit! mir deinen ſchutz entziehſt,
So ſieht die gantze welt, was ich im hertzen trage;
Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage
Leicht aus der naſſen ſchrifft der truͤben augen lieſt.
Wiewol, ob meine pein gleich keine menſchen ſchauen,
So keunet ihr ſie doch, ihr felſen, puͤſch und auen!
Zum minſten hab ich noch kein ſo gar einſam feld,
Wie ſehr ich mich bemuͤht, in dieſer wuͤſt ergruͤndet,
Da ſich die liebe nicht an meiner ſeite findet,
Und unveraͤnderlich mit mir geſpraͤche haͤlt.
Auf eine ſchwalbe, die ihn in einem ſuͤßen ſchlafe ſtoͤrte. Aus dem Anacreon uͤberſetzt.
Kuͤhne feindin meiner ruh!
Du verwaſchne ſchwalbe du!
Sage, wie ſoll ich mich raͤchen?
Soll ich dir die beine brechen?
Feindin meiner luſt und ruh!
Du verwegner vogel du!
Soll ich dir die fluͤgel nehmen,
Oder gar die zunge laͤhmen,
Wie der grimme Tereus that?
Zum verzeihn iſt wol kein rath.
Denn was haſt du alle morgen,
Wenn ſich Phoͤbus noch verborgen,
Und mich ſuͤße traͤum erfreu’n,
Mir die ohren voll zu ſchrey’n?
Ja dazu noch Bellarmiren
Aus den armen zu entfuͤhren?
Als233Verliebte und Galante Gedichte.
Als ſie ihn mit ſchnee geworffen. Aus dem welſchen des Michiele.
DOrine ließ ſich einſt geluͤſten,
Jn aller eyl
Mit einem kalten pfeil
Sich wider mich zu ruͤſten.
Jch ließ ohn alle furcht dem wurffe freyen lauff,
Und nahm den ſanfften ſtreich mit bloſem lachen auf,
Weil ich nicht glauben wolte,
Daß der gelinde ſchnee, den ſie zuſammen rollte,
Jm ernſt verwunden ſolte;
Allein der glaube kam mir zeitlich in die hand,
Denn ich befaud
Auf dieſen kalten wurff, obwol mit ſuͤßen ſchmertzen,
Der liebe brandmahl in dem hertzen.
Bombice d’Amore. Aus dem welſchen des Marini.
JCh bin mein eigner ungluͤcks-ſchmid
Und, wie ein ſeiden-wurm, nur ſinnreich mich zu kraͤncken.
Jch ſollt auf wahre ruh gedencken,
Und bin um lauter angſt bemuͤht.
Mein hertze nehret ſich von duͤrren hoffnungs-blaͤttern,
Und meine liebe ſucht auf einen baum zu klettern,
Der weder frucht noch ſchatten geben kan.
Jch ſpinn und fange zwar viel ſchoͤne faden an.
Was aber ſind es? nichts, als flatternde gedancken,
Die der begierden hand in meines hauptes ſchrancken,
Nur immer mehr und mehr verwickelt und verſtrickt,
Bis ſie der tod zerſtuͤckt.
So bau ich mir, o ſeltſames verhaͤngniß!
Mit eigner hand und kunſt ein bangſames gefaͤngniß,
Und endlich gar mein eigen grab.
P 5Aus234Leanders aus Schleſien
Aus dem welſchen des Michiele.
KOmmt dich ein ſtarcker durſt bey heißem wetter an,
So will dir ieder brunn mit friſchem waſſer dienen.
Wie aber, daß mein geiſt aus deinen mund-rubinen
Nicht auch, wie Sylvia, erqvickung ſchoͤpffen kan?
Die kalten brunnen ſind mitleidender als du;
Sie ſtillen dir den durſt, den ſie doch nicht erwecket,
Du aber haſt mein hertz ſelbſt in den brand geſtecket,
Und ſchließeſt ihm gleichwol den brunn der kuͤhlung zu.
Uberſetzung des vierten idyllii Bionis.
DJe Muſen fuͤrchten ſich nicht vor der holden Liebe,
Sie ehren ſie vielmehr, und folgen ihrem triebe
Mit hoͤchſter wohlluſt nach. Wer ihre gunſt begehrt,
Und unempfindlich iſt, den achten ſie kaum werth
Nur einmal anzuſehn. Doch wer von liebe ſingen
Und ſeuffzer dichten will, dem wird es bald gelingen.
Die verſe ſtellen ſich faſt ohne dencken ein,
Und was ſein kopff beginnt, muß ſchoͤn und ſinnreich ſeyn.
Dis iſt kein falſcher ſatz, ich kan es ſelbſt bezeugen,
Denn wenn ich mich bemuͤh den himmel zu erſteigen,
Und einen hohen GOtt daſelbſt beſingen will,
So ſtarrt die bloͤde zung und zittert als ein kiel,
Wenn ihn der wind beruͤhrt. Doch wenn ich dich ergreiffe,
Mein ſteter zeit-vertreib, mein luſt-ſpiel, meine pfeiffe!
Und Daphnen, oder ja der Liebe ſuͤße macht,
Wie ich vorhin gethan, zu ruͤhmen bin bedacht,
So giebt ein ſtiller trieb mir alle kraͤffte wieder,
Und meine floͤte ſpielt die angenehmſten lieder.
An235Verliebte und Galante Gedichte.
An Sylvien, Als ſie ihm lange zeit nicht geſchrieben.
WJll deine ſchoͤne fauſt, die ſich doch ſonſt befleißt,
Das, was dein hertz befiehlt, getreulich auszurichten,
Mich gar nicht mehr durch ihre ſchrifft verpflichten?
Ach, Sylvia! ich weiß wohl, was das heißt.
Mich deucht, ihr ſchweigen will auch ohne ſchrifft und blat
Durch die beſtaͤndigkeit mir dieſe nachricht ſagen,
Die meine furcht ſchon offt dem hertzen vorgetragen:
Daß Sylvia mich laͤngſt vergeſſen hat.
Auf ihre unempfindligkeit.
DJe augen meiner Caroline
Sind von ſaphyr: die lippen zwey rubine;
Was mach ich aber aus der hand?
Nichts als ein werck von glattem elffenbeine.
Jſt nicht die bruſt aus weißem marmelſteine?
Und ihres hertzens zeug ein bloſer diamant?
Was wunder ich mich denn, daß ieder pfeil zerſpringet,
Den Amor bey ihr angebracht?
Und daß mein treues ach nicht in ihr hertze dringet,
Nachdem ſie die natur aus bein und ſtein gemacht.
Als ſie ihn gefraget, warum er ſo blaß ausſehe?
FLorette! deine gunſt koͤmmt, leyder! itzt zu ſpat,
Nachdem mein hertze ſchon dein blitz verzehret hat.
Jndeſſen ſoll ich dir doch fagen,
Woher die todten-farbe ruͤhrt,
So mein geſichte fuͤhrt.
Allein, was darffſt du erſt viel fragen?
Du236Leanders aus Schleſien
Du weiſt wohl, daß der majoran,
Dem man die wurtzel ausgeriſſen,
Auch bey dem fleißigſten begießen
Verwelcken muß, und nicht mehr bluͤhen kan.
Er vergleicht ſich mit ihrer nach - tigall.
BEliebte nachtigall! es ſchließt dich zwar Liſette
So wol als mich, in einen kercker ein.
Wir liegen beyd an einer kette,
Allein dein zuſtand will doch nicht der meine ſeyn.
Denn was erwirbt dir nicht die anmuth deiner weiſen?
Es pflegt dich ihre gunſt mit eigner hand zu ſpeiſen.
Mir aber, hin ich gleich zum ſingen ſtets bereit,
Will ihres hertzens grauſamkeit
Noch keinen andern lohn gewaͤhren,
Als duͤrres brodt der angſt, und waſſer bittrer zaͤhren.
Aria.
1.
M ich denn nichts, als klage-lieder ſingen,
Und nur ein ſpiel der ſternen ſeyn?
Soll meine ruh mir ſelber unruh bringen?
Erndt ich bey roſen dornen ein?
Ach, verhaͤngniß! aͤndre dich,
Sonſt wird dein ſchluß Melindens todes-ſtich.
2.
Es zeigt ſich zwar die angenehmſte ſonne;
Doch ſtehn die wolcken ſtets dabey:
Die nacht der angſt ſteht immer bey der wonne.
Mein gluͤck iſt lauter tyranney.
Ach, verhaͤngniß! aͤndre dich,
Sonſt wird dein ſchluß Melindens todes-ſtich.
3. Kan237Verliebte und Galante Gedichte.
3.
Kan ich das licht nicht ohne nebel haben,
So laß mich in dem ſchatten ſtehn.
Will deine gunſt nicht die gefahr begraben,
So mag ich nicht auf marmel gehn?
Ach, verhaͤngniß! aͤndre dich,
Sonſt wird dein ſchluß Melindens todes-ſtich.
Als ſie ſchlief, uͤber ihre geſchloſ - ſene augen.
JHr ſternen! die ihr ſonſt auch ſternen uͤberwindet,
Jhr ſchlaft und zeigt gleichwol den blitz der grauſamkeit.
Ach augen! thut ihr das, nun ihr geſchloſſen ſeyd;
Was wuͤrdet ihr nicht thun, wenn ihr noch offen ſtuͤndet?
Als den Thyrſis eine biene ge - ſtochen.
DJe ſchoͤne Doris ſchlief, als eine biene flog
Und ſuͤßen honig-ſafft aus ihren roſen ſog,
Darauf in ſtiller eil ſich zu dem Thyrſis machte
Und einen bittern ſtich in ſeine lippen brachte,
Es iſt dem faulen kerl auch recht dadurch geſchehn.
Denn warum hat er ſich nicht beſſer vorgeſehn.
Er haͤtte, wenn er ſelbſt nur honig haben wollen,
Der muntern bien allhier die muͤh erſparen ſollen.
Vorzug der blauen augen vor den ſchwartzen.
1.
LJchtem blitz und ſchoͤnen augen
Wird keine ſeele widerſtehn.
Ein238Leanders aus Schleſien
Ein ſtrahl kan alle krafft aus unſern adern ſaugen,
Den eine ſchoͤne laͤſt aus ihren ſonnen gehn.
Da weiß kein diamant zu halten,
Ein recht verliebter blick kan harte falſen ſpalten.
2.
Durch zwey augen und die ſonne
Beſteht die klein und große welt:
Auf dieſe gruͤndet ſich der himmel unſrer wonne,
Denn waͤren beyde nicht, ſo ſtuͤnd es ſchlecht beſtellt.
Die ſonn erleuchtet finſtre hoͤlen:
Der holden augen licht erqvickt betruͤbte ſeelen.
3.
Augen ſind der liebe wiege;
Jn dieſen muſcheln waͤchſt das kind,
Vor deſſen wunder-krafft ein adler eine fliege,
Und ſtarcke rieſen nur geſchwaͤchte zwerge ſind.
Jn ſolchen angenehmen wellen
Laͤſt die vergnuͤgung ihr die lagerſtatt beſtellen.
4.
Gleichwol ſtreuen iede ſterne
Nicht einen ſuͤßen glantz von ſich.
Wo der Orion brennt, da creutzt kein ſchiffer gerne:
Kein ſchwartzes auge labt, ergetzt und reitzet mich.
Die finſterniß iſt mir zuwider;
Vor nacht und ſchatten ſchlag ich ſtets mein auge nieder.
5.
Blauen augen bleibt die crone,
Weil ihre farbe goͤttlich iſt.
Hier ſitzt die anmuth ſelbſt auf dem ſapphirnen throne,
Wenn ſie der menſchligkeit ein holdes urthel lieſt.
Aus ſchwartzen wolcken fahren blitze,
Aus blauen aber ſpielt beliebte ſonnen-hitze.
6.
Schwartz ſtammt aus der finſtern hoͤlle;
Blau ſchreihet ſich vom himmel her.
Welch239Verliebte und Galante Gedichte.
Welch aug ergetzt ſich nicht an einer blauen welle?
Von einer ſchwartzen grufft wird uns das hertze ſchwer.
Jn blauen augen iſt mehr feuer.
Jn duncklen ſternen ſind beliebte ſtrahlen theuer.
7.
Schoͤne muͤtter, ſchoͤne kinder,
Kein mohr erzieht ein weiſſes kind.
Ein helden-vater zeugt nur lauter uͤberwinder,
Gleichwie der perlen-than nur aus den wolcken rinnt.
Soll Venus erd und himmel gruͤßen,
Muß ſie die blaue ſee als ihre mutter kuͤſſen.
8.
Geht nur hin, ihr ſchwartzen lichter!
Die blauen gehen euch weit fuͤr.
Jhr himmliſch feuer croͤnt die trefflichſten geſichter:
Sie ſind der redlichſten und kluͤgſten geiſter zier.
Und aus der Pallas blauen augen
Weiß die gelehre welt die groͤſte krafft zu ſaugen.
9.
Venus ſelbſt kam aus den fluthen
Mit blauen augen auf die welt;
Doch als Adonis ſich zu tode muſte bluten,
So ward ihr alle freud und alle luſt vergaͤllt:
Drum ließ ſie, um der wehmuth willen,
Der blauen augen licht mit ſchwartzem flohr umhuͤllen.
10.
Zoͤrnet nicht, ihr ſchwartzen kertzen!
Daß ich den blauen beſſer will.
Genug, daß euer blitz in tauſend andern hertzen
Den hohen preiß gewinnt. Ein ieder hat ſein ziel.
Doch weit von mir, ihr ſchwartzen diebe!
Es muß nichts ſchwartzes ſeyn, darein ich mich verliebe.
11.
Perlen wachſen nicht in eßig:
Wer ſucht die ſonn in finſtrer nacht?
Jch240Leanders aus Schleſien
Jch bin und bleibe ſtets der dunckelheit gehaͤßig,
Weil blitz und donner meiſt aus ſchwartzen wolcken kracht.
Will Venus meine freyheit ſchwaͤchen,
So muß ihr goldner pfeil aus allen wolcken brechen?
An einen guten freund.
DU ruͤhmeſt dieſen ort, in den dich Amor fuͤhret,
Von wegen ſeiner ſchaͤtz, als eine neue welt.
Und ich geſteh es ſelbſt, wer, was Roſetten zieret,
Nicht vor was ſonderlich-und ungemeines haͤlt,
Der hat der ſchoͤnheit werth noch nicht genau erkannt.
Doch prale nicht zu viel! darff deine freye hand
Jn dieſem Jndien gleich gold und perlen leſen:
Genug, daß ich allhier Columbus bin geweſen.
Auf die Amarillis und ihr con - terſait.
AMarillis und ihr bildniß kommen richtig uͤberein;
Weil ſie beyde voller ſchoͤnheit, aber unempfindlich ſeyn.
Schertz-gedichte.
ALs ich und Chloris naͤchſt im friſchen gruͤnen ſpielten,
Und bey beqvemer lufft die muͤden glieder kuͤhlten,
So traff ſich ohngefehr, daß eine biene ſaß,
Und den beperlten thau von friſchen roſen laß.
Ach! rieff ich: Wilſt du mir nicht gleiche luſt vergoͤnnen?
Das wird, verſetzte ſie: wol nicht geſchehen koͤnnen.
Sehr wohl, Beliebtes Kind! fiel ich hier wieder ein:
Du kanſt der roſen-knopff, ich will die biene ſeyn.
Auf241Verliebte und Galante Gedichte.
Auf die unempfindliche Daphne.
GEliebtes Licht, doch allzukaltes Kind!
Du gleicheſt recht den diamanten ſteinen,
Die in der glut faſt zu verbrennen ſcheinen,
Und dennoch kalt und unempfindlich ſind.
Auf das grab Johannis Secundi, Hagienſis.
HJer liegt die kluge fauſt, ſo Julien geſchnitzt:
Das, was Neaͤrens kuß erqvicket und erhitzt,
Muß hier den kalten ſtanb der ſchweren erde kuͤßen.
Ach, Leſer! weine doch, und kuͤße deſſen grab,
Der lauter honig ließ aus ſeiner feder fließen,
Und der gelehrten welt ſo ſuͤße kuͤße gab.
Abriß eines ehrerbietigen liebha - bers. Aus dem Arioſti.
EIn geiſt, der bruͤnſtig liebt, und doch nichts wagen will,
Hofft wenig, fordert nichts, wuͤnſcht aber trefflich viel.
Als ihn Liſette ungnaͤdig anblickte.
ES lebt die gantze welt durch zweyer augen krafft,
Durch zweyer augen blitz wird Damon hingerafft.
Auf den in ſich verliebten Naꝛciſſus.
NArciſſus flieht die lieb, und wird in ſich verliebt,
Als ihm ein heller brunn ſein bild zu ſchauen giebt:
Wird ihm Diana nun den ſpiegel nicht entruͤcken,
So muß er zweiffels-ohn in glut und flut erſticken.
Hofm. w. V. Th. QEr242Leanders aus Schleſien
Er vergleicht ihre augen mit dem Amor. Aus dem welſchen des Gaſparo Murtola.
JN Daphnens ſchoͤuen augen
Wird Amor uns gar artig vorgeſtellt.
Das reine licht, ſo hier durch enge circkel faͤllt,
Kan ihm zu ſeiner fackel taugen.
Die ſternen hat er ihm zum bogen auserwehlt,
Die pfeile ſchnitzet er aus ihren ſcharffen blicken;
Und daß es endlich auch an keinen fluͤgeln fehlt,
So muͤſſen ſich dazu die augen-lieder ſchicken.
Auf der Phillis ungemeine gunſt.
SO offt ich mund und arm auf Phillis achſeln lege,
So muß ich wol geſtehn, wenn ich es recht erwege,
Daß dieſes holde kind mit mir zu ſchoͤne thut,
Weil ſelbſt der himmel nur auf harten
*Auf dem berge Atlas, wie die poeten dichten.
* achſeln ruht.
Schertz-gedichte an Daphnen.
ACh, Daphne! hilff mir doch! es iſt mit mir geſchehn:
Der mißvergnuͤgte mund zoͤrnt und bekriegt die augen;
Dieweil ſie ihre luſt faſt alle tage ſehn,
Und ſeine lippen nur am hunger-tuche ſaugen.
Drum komm und lege dich in dieſe haͤndel ein,
Und laß Leandern nicht ſo lang in ſorgen ſtehen;
Doch ſoll der friede bald und wohl von ſtatten gehen,
So muß der handlungs-ort auf deinem munde ſeyn.
Er243Verliebte und Galante Gedichte.
Er ſtellt der Amarillis ihre grau - ſamkeit vor.
1.
WEr kan der ſuͤßen macht der liebe widerſtehn?
Es muß der ſtrenge Mars in ihren banden gehn.
Was iſt wol in der welt, das ihr nicht dienen muͤſſe?
Lufft, erd und himmel liebt. So weit die ſonne ſticht,
Legt ihr ein ieder menſch das hertze vor die fuͤße;
Nur Amarillis nicht.
2.
Wer laͤſt der ſeuffzer ſchall, ſo ein getreuer geiſt,
(Der in der unſchuld ſich mit angſt und kummer ſpeiſt,)
Aus duͤrrem munde ſtoͤſt, ihm nicht zu hertzen ſteigen?
Des himmels ſtarcker zorn, ſo durch die wolcken bricht,
Laͤſt ſich, ſo groß er iſt, durch ach und wehmuth beugen;
Nur Amarillis nicht.
3.
Ein ſtein wird nach und nach vom regen ausgeſchweifft:
Es wird der ſteruen grimm durch thraͤnen-flut erfaͤufft.
Die wellen haben offt auch felſen umgeſchmiſſen.
Ein wenig waſſer loͤſcht der flammen heißes licht:
Der menſch wird durch die krafft der thraͤuen hingeriſſen;
Nur Amarillis nicht.
4.
Ach, ſchoͤne Grauſame! ſo wilſt du mehr als ſtein,
Und himmel, und dabey ein wilder unmenſch ſeyn?
Laß thraͤnen, lieb und ach doch deinen grimm vertilgen;
Damit der himmel dir nicht dieſes urtheil ſpricht:
Es geh die gantze welt auf roſen und auf lilgen;
Nur Amarillis nicht.
Sonnet. Aus dem frantzoͤſiſchen des Voitûre.
ES ließ ſich Florida, der ſchoͤnheit ebenbild,
Bey kuͤhler abend-zeit in roſen-tracht erblicken,
Q 2Sie244Leanders aus Schleſien
Sie wußte ſich ſo licht und glaͤntzend auszuſchmuͤcken,
Daß ſie die gantze welt vor die Aurora hielt.
Es war die linde lufft mit ſuͤßem ſchall erfuͤllt,
Die erde gruͤßte ſie mit tauſend blumen-ſtuͤcken,
Man ſah die ſternen ſich auf ihren abſchied ſchicken,
Wie, wenn Aurorens thau der muſcheln ſehnſucht ſtillt.
Die ſonne ließ die ſchoos der holden Thetis fahren,
Bließ ihre flammen auf, die ſchon verloſchen waren,
Und ließ die deichſel ſich zu unſrer Schoͤnen drehn.
Die Thetis hatte ſelbſt der vorzug eingenommen;
Doch war ihr Florida kaum unter augen kommen,
So kroch ſie in das meer und ließ ſich nicht mehr ſehn.
Als ſie ſich in einem brunnen ſpie - gelte. Aus dem welſchen des Ceſare Orſino.
DJe du entſchloſſen biſt
Nur dich allein nicht zu verachten,
Kauſt deine ſchoͤnheit zwar in dieſem brunn betrachten;
Doch von der grauſamkeit, die deine bruſt verſchlieſt,
Wirſt du gewiß allda gantz keine ſpur ergruͤnden.
Haſt |du nun luſt ihr wahres bild zu finden,
Das dir kein brunn noch ſpiegel zeigen kan;
So komm und ſchau es hier in meinen thraͤnen an.
Geſpraͤche zwiſchen dem Filidor und der Sylvia. Aus dem Pays.
F. WArum ſo gar allein? Geliebte Sylvie!
Gefaͤllt dir dieſer puſch mehr als die bunten matten?
S. Jch hielt mit allem fleiß in dieſem gruͤnen ſchatten
Auf meinen Filidor, den ich ſo gerne ſeh.
F. Ach waͤre dieſes ſo! o wie vergnuͤgt waͤr ich!
So bluͤhte meine luſt, und ſtuͤrb meine plage.
S. Der245Verliebte und Galante Gedichte.
S. Der himmel weiß gar wohl, daß ich die wahrheit ſage;
Allein berichte doch, wie ſteht es ſonſt um dich?
F. Meynſt du, was mich betrifft? Jch komm itzunder gleich
Aus unſrem dorffe her, du kennſt wohl Amarillen:
Die that ſehr groß mit mir, doch wider meinen willen,
Jch frage viel nach ihr, und waͤr ſie noch ſo reich.
S. Jch weiß wahrhafftig nicht, (ich muß es nur geſtehn)
Ob dir zu trauen iſt. Es koͤnte leicht geſchehen,
Du kriegteſt anderweit ein ander kind zu ſehen,
So ſchoͤner waͤr, als ich, denn moͤcht ich immer gehn.
F. Befuͤrchte dieſes nicht. Du magſt geſichert ſeyn,
Daß Filidor es recht von grund der ſeele meyne.
Jch liebe keine mehr; ich ſterbe blos der deine.
Drum bilde dir von mir nicht ſo viel arges ein.
Mein geiſt gelobet dir bey dieſen eichen an:
Mein mund ſoll keinen ſonſt, als nur den deinen, kuͤſſen.
Wenn ſchon ein engel uns das hertze hat entriſſen,
Wer glaubt wol, daß ein menſch es ihm entfuͤhren kan?
S. Was aber wilſt du denn von meiner armen hand
Vor deine ſuͤße treu vor angenehme ſachen?
Wie gerne wolt ich dich zu einem fuͤrſten machen;
Allein du ſieheſt wol, ich habe ſelbſt kein land.
F. Ach, Liebſte Sylvia! du kanſt durch deine hold
Mich uͤber alles gluͤck erhabner fuͤrſten ſetzen:
Mag doch ein koͤnig ſich an gold und perlen letzen;
Dein hertze gilt mir mehr, als perle, land und gold.
S. Ach weh! ich ſinck entzuͤckt zu deinen armen hin.
Der himmel leitet mich zu dieſem angelſterne.
Nimm alles von mir hin, ich goͤnne dir es gerne;
Denn dein vergnuͤgen iſt mein leben und gewinn.
Aus eben demſelben.
D die vergnuͤgungen, dich, Allerſchoͤnſtes kind!
Zu hoͤren und zu ſehn, gar ſuͤß und niedlich ſind;
Daß hundert buhler ſich durchaus geluͤcklich nennen,
Wenn ſie nur Daphnen ſehn und Daphnen hoͤren koͤnnen;
Q 3Das246Leanders aus Schleſien
Das nimmt Leander zwar nicht ohne beyfall an:
Hat aber hand und mund denn allen werth verlohren?
Jſt weiter nichts an mir, was Daphne laben kan,
Als nur der zarte durſt der augen und der ohren?
Als ſie im ſchertz geſagt: daß die liebe bey ihr nur in den augen, bey ihm aber im hertzen wohne. Aus dem welſchen des Marc Antonio Virtuani.
DEin ſchertz ſtimmt mit der wahrheit ein,
Weil ich der liebe glut in meinem hertzen ſpuͤre.
Ja, Chloris! du haſt recht, denn deiner augen ſchein
Beweiſt, daß Amor ſelbſt derſelben blicke fuͤhre.
Nur bloß die wuͤrckung macht bey uns den unterſcheid;
Nachdem der loſe dieb dein kaltes hertz ergetzet,
Mich aber nur in angſt und heiße flammen ſetzet.
Wie waͤr ich demnach ſo erfreut,
Wenn es der himmel fuͤgen ſolte,
Daß Amsr ſeinen platz in uns verwechſeln wolte!
Aus dem frantzoͤſiſchen des Pays.
ACh, Zephyr-winde! ſeyd bey Daphnen nicht ſo kuͤhne!
Stellt die zu freyen ſeuffzer ein!
Befuͤrchtet ihr euch nicht vor einer ſauren miene?
Wie koͤnnt ihr ſo verwegen ſeyn?
Jſt euch denn nicht bewuſt,
Wie uͤbel manchem ſchon das ſeuffzen iſt bekommen,
Der ſich doch nicht ſo viel, als ihr, heraus genommen?
Viel hundert haben ſchon darum ins grab gemuſt.
Aus247Verliebte und Galante Gedichte.
Aus eben demſelben, Als ihm die Floris gerathen, der Phillis ſeine liebe zu entdecken.
ACh, Floris! meine lieb iſt noch ein junges kind.
Wie? ſoll das arme ding ſchon mutter ſprechen koͤnnen?
Du ſprichſt: Sie ſolle ſich der Phillis ſclavin nennen,
Und ſagen: daß ihr glantz der Venus abgewinnt.
Sie ſoll der augen nacht, den ſchnee der zarten bruſt,
Der wangen lilgen-feld, bis zu der ſonne fuͤhren,
Den anmuth-vollen mund mit friſchen roſen zieren,
Und ruffen: Phillis iſt das paradieß der luſt.
Doch meine liebe ſchwimmt noch in den erſten thraͤnen,
Wer kan ein windel-kind ſo zeitlich abgewehnen?
Nein, Schoͤne Freundin! nein, dein vorſchlag geht nicht an.
Jch weiß wohl, daß ein kind von anderthalben tagen
Noch ach und thraͤnen muß in mund und augen tragen;
Nicht aber, daß es lacht und worte machen kan.
Aus eben demſelben, Als ſie ihm das ſchweigen anbeſohlen.
DU haſt mir, Sylvia! das ſchweigen auferleget;
Wohlan! ich will gehorſam ſeyn:
Obgleich die hefftigkeit der tief-geſetzten pein,
So zung als hertze reget.
Doch, Sylvia! ſteht dir mein tod nicht an,
Du urſprung meiner plagen!
So laß, damit ich doch mein leben retten kan,
Mich nur ein wort zu meinem artzte ſagen.
Aus eben demſelben.
VErgnuͤgungen, die ſchon ein groß geraͤuſche geben,
Sind lange nicht der kern vollkommner ſuͤßigkeit.
Q 4Die248Leanders aus Schleſien
Die liebe ſucht die ſtill und die zufriedenheit.
Und alſo muß man nur nach einem buhler ſtreben,
Der dieſen punct verſteht, und deſſen folg erkieſt:
Daß die verſchwiegenheit der liebe zucker iſt.
Denn ſolche Thyrſiße, die viel zu pralen wiſſen,
Nicht aber das verſtehn, daß ſie verraͤther ſeyn,
Hoͤrt man nur uͤberall von ihrem gluͤcke ſchreyn,
Und ſingen, was ſie hier und da vor gunſt genießen.
Denn ihrer unvernufft will dieſes gar nicht ein:
Daß Mars und Amor nicht von gleichem ſinne ſeyn.
Denn Amor liebt die ſtill, und Mars liebt das getuͤmmel;
Wo man die trommel ruͤhrt, wo der trompeten ſchall,
Die rauhe lufft erfuͤllt, und der carthaunen knall
Raſ’t, donnert, kracht und tobt, da baut ihm Mars den himmel;
Hingegen Amor will nach ſtillen hoͤlen ziehn,
Und auch den ſchwaͤchſten hall wie blitz und donner fliehn.
Auf eine in ihrem buſen verwelcken - de roſe. Aus dem welſchen des Aleſſandro Gatti.
Du ausbund ſchoͤner roſen!
Kan es wol moͤglich ſeyn, daß du auf Daphnens bruſt
Der wohlluſt ſanfften ſitz beruͤhreſt,
Und dennoch ſafft und krafft verliehreſt?
Ach kaͤm es Daphnen an, mir alſo liebzukoſen!
So faͤnd ich gantz gewiß, wo du verſchmachten muſt,
Den himmel meines lebens;
Allein ich ſeuffze, wuͤnſch und hoffe nur vergebens.
Denn ſie, als feindin meiner ruh,
Denckt, allem anſehn nach, mir nur die hoͤlle zu.
Grabſchrifft einer hure.
HJer fault das wunder-ſchoͤne bild,
So ieder vor die Venus hielt:
Man249Verliebte und Galante Gedichte.
Man kannte ſie in allen landen:
Sie kannt auch ſelber iedermann:
Und wie ſie allen angeſtanden;
So ſtund ihr auch ein ieder an.
Auf die demuͤthige Flavia.
FLavia gab ihre demuth augenſcheinlich an den tag,
Weil ſie unter junggeſellen allezeit nur unten lag.
Der Chloris antwort an den Adon, der ihr ſeine liebe angetragen, und gegen-liebe verlanget.
ES iſt zu viel, Adon! ſich alſo gleich verlieben:
Es iſt zu viel, Adon! alsbald halbtodt zu ſeyn;
Doch was die feder gleich auf das papier geſchrieben,
Das trifft deswegen nicht auch mit dem hertzen ein.
Ein wort iſt doch kein pfeil. Es koſtet wenig dinte,
So ſtirbt man hundert mal auf allen blaͤttern hin.
Drum halt ich deinen brief vor eine bloſe finte,
Darauf ich, viel zu bau’n, noch nicht verſehen bin.
Du haſt nur bloſen ſchertz in bleichen ernſt gekleidet,
Jch weiß wohl, daß Adon nicht ſo geſchwinde liebt;
Dieweil ſein kluger geiſt die uͤbereilung meidet,
So ihren dienern nichts, als reu zu lohne giebt.
Verzeih denn, Werther Freund! daß ich der marter lache,
Die deine poeſie der hoͤllen gleiche macht:
Gereimte klagen ſind gar eine leichte ſache;
Wie bald iſt, was nicht iſt, in einen vers gebracht?
Du ſprichſt zwar: Wo ich dir kein pflaſter uͤberſende,
So werdeſt du ein raub des blaſſen todes ſeyn;
Allein es geht mit dir noch lange nicht zum ende.
Und welch Galenus giebt geſunden artzney ein?
Wer auf dem tode liegt, wird keine verſe dichten.
(Schau, wie dein eigen brief mir dein gemuͤth entdeckt).
Q 3Die250Leanders aus Schleſien
Die ſeuffzer laſſen ſich nach keiner regel richten,
Wenn ſchmertz und todes-angſt in marck und adern ſteckt.
Unmoͤglich iſt es nicht, daß dich ein aug entzuͤndet,
Doch meines klageſt du mit hoͤchſtem unrecht an,
Nachdem es keinen ſtrahl in ſeinem ſterne findet,
Der ein ſo edles hertz in flammen ſetzen kan.
Und koͤnnt ich mich auch das ſchon uͤberreden laſſen;
So wuͤrd ich dennoch nicht von allem zweiffel los.
Denn hertzen, die ſo bald und hefftig funcken faſſen,
Verfallen insgemein in mehr als eine ſchoos.
Aus dem fꝛantzoͤſiſchen des Paſſeratii.
DU angenehmes heer, das in den luͤfften ſchwirrt,
Und das des voglers hand mit ſuͤßen koͤrnern kirrt,
Jhr vogel, die ihr faſt nicht ſicher ſingen koͤnnet!
Ach ſpringt mir doch zu lieb in meinem vorſatz bey,
Daß mir, ſo wol als euch, einmal geholffen ſey!
Jhr kennt den vogel wohl, den man die liebe nennet;
Der iſt es, der uns nicht zu ruh und frieden laͤſt,
Der ſo viel klagen uns aus hertz und munde preſt,
Dem paſſet fleißig auf und laſt euch nicht betruͤgen:
Wenn ihr ihn nun ertappt, ſo gebt ihm zwar qvartier;
Doch bringt ihn wohl gefaßt und abgepfluͤckt zu mir:
So ſoll der vogel uns nicht mehr ins hertze fliegen.
Auf ein ſchoͤnes kind einer ſchoͤnen mutter.
ZArt und ſchnee-weißes kind! das an der Daphne bruͤſten,
Nach denen ſo viel haͤnd und muͤnd umſonſt geluͤſten,
Als eine muntre bien an ſuͤßen roſen haͤngt,
Und ſich an ſtatt der milch, mit nectar-ſaͤfften traͤnckt;
Mein auge kan in dir nichts menſchliches erkennen.
Weil du nun goͤttlich biſt, wie ſoll ich dich denn nennen?
Zwar251Verliebte und Galante Gedichte.
Zwar wenn ich Daphnen ſeh ſo koͤmmt mir Venus ein,
Drum wirſt du, als ihr ſohn, gewiß Cupido ſeyn.
Von ihrer unempfindligkeit.
BElebter ſchnee der ſchoͤnen bruſt!
Verliebter augen zweck und luſt!
Es ſcheint, daß die natur dich ſo wol haßt als liebet,
Weil ſie, ſo groß ſie auch die pracht
Von deinen ſchoͤnen bergen macht,
Dir dennoch einen ſtein an ſtatt des hertzens giebet.
Er vergleicht ſich mit dem berg Aetna.
DJeweil der wunderberg der welt
Jn ſeiner bruſt nur feuer haͤlt,
Den gipffel aber nichts, als kalter ſchnee, beruͤhret,
So muß Roſette wol ein ander Aetna ſeyn;
Nur daß ſie mir zur groͤßten pein
Jm hertzen ſchnee, im haupte feuer fuͤhret.
An Sylvien, als ſie ſeine klagen nicht anhoͤren wolte.
WJe weiß dein mund zu klagen,
Wenn irgend eine bien ihm einen ſtich verſetzt;
Allein wenn Sylvia die hertzen ſelbſt verletzt,
Da hat kein menſch ein wort zu ſagen.
Uber die entfernung ſeiner liebſten.
SO bald die ſonne kommt, und ihren glantz erhoͤht,
So muß der kalte ſchnee in linder flut verſchießen:
Und252Leanders aus Schleſien
Und ich hingegen muß in thraͤnen-ſaltz zerfließen,
Wenn meine ſonne weicht, wenn Daphne von mir geht.
Der verzweiffelte liebhaber.
ACh! bricht dein grimm den porcellan
Der ſuͤßen hoffnung gantz in druͤmmer?
Du blickeſt meiner flammen ſchimmer,
Als ein geborgtes weſen an.
Und ſpiel ich gleich betruͤbte lieder;
So ſchlaͤgt dein kalter ſinn doch ihre kraͤffte nieder.
Dein geiſt verachtet meine treu:
Du frageſt nichts nach angſt und ſehnen,
Und ſtelleſt die verliebten thraͤnen
Jn der verlohrnen perlen reih.
Die ſeuffzer ſind verworffne zeugen,
Und muͤſſen nur umſonſt aus treuen hertzen ſteigen.
Ach, ſchoͤne Daphne! ſtrenges Kind!
Wilſt du den diamanten gleichen,
Die man mit blute muß erweichen,
So ſchaue, was dein knecht beginnt;
Der um dein hertze zu gewinnen,
Hier ſtatt der dinte laͤſt der adern purpur rinnen.
Er vergleicht ſich mit dem Jcarus.
JCh bin wie Jcarus bemuͤht,
Mich aus dem kercker wegzubringen,
Jn welchen mich die ehrfurcht eingeſperrt.
Verliebte blaͤtter ſind die ſchwingen,
Durch die mein hertze ſich zu ſeiner ſonne zieht.
Doch ach, verwegenheit! du bringeſt bittre fruͤchte,
So hoch du dich erhebſt und prangſt;
Denn ihr erhitzter ſtrahl macht meinen flug zunichte,
Und uͤberliefert mich den wellen tiefer angſt.
Auf253Verliebte und Galante Gedichte.
Auf Sylvien, welche allezeit, wenn ſie die violine ſtrich, dabey zu laͤcheln pflegte.
ACh, loſe Sylvia! ich habe laͤngſt gedacht:
Weßwegen lacht ſie doch, wenn ſie ein artig ſtuͤcke
Auf ihrer violine macht?
Doch hab ich es zu meinem ungeluͤcke
Nicht eh, als itzt, heraus gebracht.
Du lachſt, ach ja! du lachſt, wenn du den bogen fuͤhreſt,
Und dem Apollo gleichſt,
Weil du dem ſcheine nach nur auf die ſaͤiten ſtreichſt,
Und in der that mein hertz, als eine Venus, ruͤhreſt.
Die verliebte verwandlung.
DU haſt, o Liebe! mich erſt in ein reh verkehrt,
Das ſeines jaͤgers pfeil in zarter bruſt getragen:
Hernach in einen ſchwan, der ſich zu tode ſingt:
Und dann in eine blum, in die die flamme dringt,
So von der ſonne kommt, und allen ſafft verzehrt:
Hierauf verlohr ich mich in einen thraͤnen-regen:
Und itzund muß ich, mir zur pein,
Ein ſalamander ſeyn,
Der in der ſtrahlen-glut, ſo Daphnens augen hegen,
Verſchmachtet, und doch auch ſein ſchmachtend hertze naͤhrt.
Jedennoch wolt ich mich im minſten nicht beklagen,
Wenn deine wunder-macht,
Die mir bisher nichts ſuͤßes zugedacht,
Mir endlich noch die gunſt gewaͤhrte,
Und mich vor meinem tod in Daphnens ſchatz verkehrte.
Auf254Leanders aus Schleſien
Auf eine in ihrem buſen ſteckende roſe. Aus dem welſchen des Murtola.
DJe blume, ſo aus deinen bruͤſten,
Als wie die morgenroͤth aus ſchoͤnen wolcken lacht,
Jſt zwar dem ſcheine nach zur roſ allein gemacht;
Jch aber ſchau in ihr die liebe ſelber niſten.
Der helle purpur, der allhier
Die weichen alabaſtev-huͤgel
Mit ſeinem glantze croͤnt, ſtellt ihre fackel fuͤr,
Die dsrnen ſind die pfeil, die blaͤtter ſind die fluͤgel.
Auf ihre ſchoͤnen augen.
Aus was vor ungemeinem zeuge
Sind dieſer ſternen pracht,
Vor welchen ich mein hertze beuge,
O Liebe! doch gemacht?
Jn wahrheit, ſo viel glantz in enge circkel bringen;
Und eine ſolche glut in zartes fleiſch zu zwingen,
Jſt etwas, das kein witz, der irdiſch iſt, erdenckt;
Jedoch die lieb iſt blind, ſo kan ich ſicher ſchluͤßen:
Daß du, o Amor! dir die augen ausgeriſſen,
Und ſie der Sylvia geſchenckt.
Auf den von ſeiner Daphne ge - liebten brunn.
GLuͤckſeliges cryſtall, es ziert dich keine kunſt,
Und doch beſtrahlet dich die ſonne ſeltner gunſt,
Weil Daphne ſich in dir den gantzen tag beſpiegelt,
Mir aber weg und thor zu ihrer huld verriegelt.
Dein waſſer iſt ſo kalt, und hat gleichwol die krafft,
Daß Daphne ſich an dir, ich weiß nicht wie, vergafft.
Hin -255Verliebte und Galante Gedichte.
Hingegen ſteigt mein ach aus flammen-reichen lippen,
Und findet dennoch nichts, als taube marmel-klippen.
Denn Daphne hoͤrt mich nicht, mein ſeuffzen wird verlacht,
Jhr zartes ohre giebt blos auf dein liſpeln acht,
Und wuͤrd, ich weiß es ſchon, dein ihm beliebtes rauſchen
Nicht um den lauten-klang des Phoͤbus ſelbſt vertauſchen.
Vor ihren blicken hat mein hertze gute ruh,
Jhr holdes auge ſieht nur deinen qvellen zu.
Sie ſpiegelt ſich in dir, ſie denckt nicht an narciſſen,
Und daß man andre nur, nicht aber ſich kan kuͤſſen.
Wenn ſie die ſonne ſticht, ſo laͤſt ſie deine flut
Um ihre glieder gehn, auf welchen milch und blut,
So wie in roſen ſpielt; ich aber muß verſchmachten,
Und, leyder! gantz umſonſt nach ſuͤßer kuͤhlung trachten.
Allzubegluͤckter brunn! ſag, ob mein eiferſucht
Nicht billig uͤber dir, als einem feinde, flucht?
Denn waͤreſt du nicht da, wer weiß, ob nicht die bronnen,
So mein geſichte traͤgt, laͤngſt Daphnens gunſt gewonnen.
Allein, mein eifer iſt ein donner ohne krafft,
Denn wo der himmel mir nicht rath und huͤlffe ſchafft,
So wird mein hertze zwar ein brunnen der beſchwerden,
Doch nicht ein aufenthalt der ſchoͤnen Daphnen werden.
Auf Daphnens ſchoͤne augen. Aus dem welſchen des Gaſparo Murtola.
DEr augen funckelnder ſaphir
Stellt mir das ebenbild von zweyen himmeln fuͤr.
Der ſternen reines licht vertritt der ſonnen ſchein,
Und der engel, deſſen haͤnden
Sie anvertrauet ſind, und der ſie pflegt zu wenden,
Kan niemand ſonſt, als Amor ſeyn.
Als ſie mit ihm diſputiren wolte.
LJebwerthe Magdalis! ich mag nicht diſputiren,
Wer unter uns das recht auf ſeiner ſeiten hat.
Es256Leanders aus Schleſien
Es wuͤrde der proceß mir allzuſchwer zu fuͤhren.
Die Liebe giebt vielleicht den allerbeſten rath.
Sie ſpricht: Ey gieb ihr recht, was auch ihr mund beſchluͤßt.
Und dieſes thu ich auch, dieweil du ſchoͤne biſt.
An Sylvien, wegen ihres hundes.
WJeviel geluͤcklicher iſt dieſer hund, als ich!
Er kuͤſſet deinen mund, ich aber niemals dich.
Daß der ſatz: Die Liebe iſt blind; nicht richtig ſey.
JCh ſtieg auf einen fels, die Liebe ſtieg mir nach:
Jch ſprung in eine bach, ſo ſchwam ſie mir entgegen.
Jch lief und floh vor ihr aus aͤuſerſtem vermoͤgen,
Sie aber folgte mir durch alles ungemach.
Jch ſuchte zwar naͤchſthin in abgelegnen hecken,
Wo dicke finſterniß und grauſe tieffen ſind,
Vor ihren angen mich auf ewig zu verſtecken;
Lernt aber uͤberall: Die Liebe ſey nicht blind.
Auf die mann-gierige Fulvia.
SO offt als Fulvia von ihrem fenſter blickt,
Und einen ſuͤßen ſtrahl auf unſre ſtraße ſchickt,
So offte denck ich auch: Die blum iſt reiff zum pfluͤcken;
Sonſt wuͤrde ſie ihr haupt nicht nach der erde buͤcken.
Als Sylvia auf der laute ſpielte.
ACh, Sylvia! hoͤr auf zu ſpielen,
Denn ſonſt begehſt du einen mord.
Doch nein! ſpiel immer fort,
So kan ich noch mit luſt den ſtoß des todes fuͤhlen.
Zwar,257Verliebte und Galante Gedichte.
Zwar, kaltes Kind! du lachſt;
Allein hier laͤſt es ſich nicht ſchertzen.
So viel du tremulanten machſt,
So viel empfind ich ſtich im hertzen.
Aria. Jm namen eines cavalier.
1.
SOll ich deine bande kuͤſſen?
Kleiner Amor! nein, ach nein!
Nein, ach nein! an meinen fuͤßen
Muͤſſen keine feſſel ſeyn.
Soll ich deine bande kuͤſſen?
Kleiner Amor! nein, ach nein!
2.
Sclaven lauffen mit den ketten;
Große ſeelen herrſchen nur:
Jn den weichen wohlluſt-betten
Laͤſt die großmuth keine ſpur.
Sclaven lauffen mit den ketten;
Große ſeelen herrſchen nur.
3.
Nein! doch ja! was? edles kuͤſſen
Stehet auch wol Helden an:
Weil man ſo die zeit verſuͤßen,
Und doch ruͤhmlich leben kan.
Nein! doch ja! was? edles kuͤſſen
Stehet auch wol Helden an.
Als Floris eine blume in ihren bu - ſen ſteckte.
SO gern ich auch die weichen huͤgel kuͤßte,
Die Floris ſtets vor mir verſteckt;
Hofm. w. V. Th. RSo258Leanders aus Schleſien
So hat die zarte furcht vor ihrem ſtrengen zorne
Mich gleichwol davon abgeſchreckt.
Doch wenn ich mich nur zu verwandeln wuͤßte!
Koͤnnt ich nur eine blum, als wie Nareiſſus, ſeyn;
So traͤffe mein verlangen dennoch ein:
Denn Floris legte mich ſelbſt zwiſchen ihre bruͤſte.
Er findet in ihrer gegenwart uͤber - all den himmel.
FAhr ich deßwegen in die hoͤlle,
Weil ich, was ſterblich iſt,
Jn dir, Calpurnia! zur goͤttin auserkieſt?
So iſt doch auch vorlaͤngſt ſchon eine ſtelle,
Von wegen deiner grauſamkeit,
Allda vor dich bereit,
Ja deine qvaal wird groͤßer ſeyn, als meine;
Denn einmal ſtrafet dich die hoͤll, in der ich bin;
Dann zieht mein anblick dich in neue marter hin.
Jch aber, weil mein aug an deiner anmuth ſcheine
Sich hier erqvicken kan,
Treff in der hoͤlle ſelbſt noch meinen himmel an.
Antwort der Sylvia an den Flo - rindo, der ihr in einem ſchreiben ſeine liebe entdecket.
FLorindo ſchertzet nur: Jch ſehe zwar ſein ſchreiben;
Allein ſein hertze liegt noch nicht in meiner hand,
Und waͤr es auch ſchon da, wie lange wuͤrd es bleiben?
Jch weiß gewiß, es liebt den ſuͤßen unbeſtand.
Denn die veraͤnderung bringt allezeit ergetzen.
Es ſchleicht bey einer koſt ſich bald der eckel ein,
Und was man anfangs pflag dem golde gleich zu ſchaͤtzen.
Das muß nach kurtzer zeit wie altes eiſen ſeyn.
Die259Verliebte und Galante Gedichte.
Die feſſel, ſo mein blick Florinden angeleget,
Sind dem papiere nur, nicht dir und mir bewuſt.
Ja weil mein auge nichts von herrſchſucht in ſich heget,
So nenn ich deine band ein ſpielwerck deiner luſt.
Ein ſo galanter kopff kan leichtlich was erſinnen,
Das dichten ſteht ohndem den beſten dichtern frey.
Truͤg ich den lorbeer-crantz, ich wolt es auch beginnen,
Jch ſchriebe, daß mein hertz wie deines, bruͤnſtig ſey.
So aber, weil mich noch Apollo nicht gecroͤnet,
So ſetz ich weiter nichts, als was die wahrheit iſt.
Jch weiß es ohnedem, daß mich Florindo hoͤhnet,
Weil man in meiner nacht gantz keinen glantz erkieſt.
Wie kan des himmels krafft in meinen augen ſtecken?
Legt eine goͤttin ſich auch kranck, wie ich, dahin?
Mein glaube weiß ſich nicht ſo weit hinaus zu ſtrecken,
So leichtlich als ich ſonſt des glaubens faͤhig bin.
Ein geiſt, wie deiner iſt, der alles kan verachten,
Der aus den perlen ſand, und gold zu kothe macht,
Wird wol ein weibes-bild nicht zu vergoͤttern trachten,
Der ſelbſt der Schoͤpffer nur das dienen zugedacht.
Drum ſage mir nicht vor: daß ich dir was befohlen;
Das bitten kommt uns zwar, doch kein befehlen zu.
Dein liebes-feuer iſt ein feuer kalter kohlen,
Und deine leidenſchafft laͤſt dich in guter ruh.
Jndeſſen kan ich es vor keine kuͤhnheit ſchelten,
Daß mir Florindens hand ſo nette verſe ſchickt;
Ja kan mein bitten was bey deiner Muſe gelten,
So werd ich kuͤnfftig mehr durch ihren ſchertz erqvickt.
Madrigal.
WAer ich die nachtigall, die Florabelle liebt,
Und der ſie nichts als kuͤß und zucker giebt;
So waͤren ihr auch meine liebes-lieder
Vielleichte richt zuwider.
Drum, Amor! der du einſt den Jupiter zum ſchwan
Und weiß nicht, was gemacht, ſchau meine ſehnſucht an,
R 2Die260Leanders aus Schleſien
Die ſich ſo gerne moͤcht in Florabellen ſpiegeln.
Verwandle mich demnach fein bald
Jn dieſe zart und artige geſtalt;
Mach alle regungen zu fluͤgeln;
Mach aus den ſeuffzern reine lufft,
Damit ich nach dem ziele ſtreiche,
Dahin mich mein verlangen rufft,
Und in ihren ſchoͤnen augen mein gewuͤnſchtes neſt erreiche!
Doch was vor furcht hemmt meinen heißen ſchluß?
Muß ich die fluͤgel ſincken laſſen?
Darff denn mein hertze nicht die ſuͤße kuͤhnheit faſſen?
Nein, nein! weil es ſo netz als pfeile fuͤrchten muß.
Als er Sylvien des Ovidii ver - wandlungs-buͤcher uͤberſendete.
HIer legt Ovidius
Sein ſchoͤnſtes werck zu deinen fuͤßen,
Und wuͤnſcht, o Sylvia! die ſchoͤne fauſt zu kuͤſſen,
Vor der ſich alles neigen muß.
Ließ es nur fleißig durch, ſo wirſt du menſchen finden,
Die ihrer liebe glut in brunn und meer verkehrt:
Daß aber mich die brunſt ſo weit noch nicht verzehrt,
Jſt unſchwer zu ergruͤnden.
Denn obſchon meiner thraͤnen lauf
Mich laͤngſt zum fluß und brunnen machen koͤnnen,
So locken doch die flammen, die mich brennen,
Die blicke Sylviens ſtets meine thraͤnen auf.
Daphne uͤberwindet ihren affect.
ALs Thyrſis ſich den guckguck reiten ließ
Die muntre Sylvia zu lieben,
Wie konnte Daphnen das betruͤben!
Es trieb die traurigkeit ſie in das paradies,
Und261Verliebte und Galante Gedichte.
Und ſtieß am ufer ihr die woͤrter von dem mund:
Abtruͤnniger, verlogner, falſcher hund!
Machſt du nach ſo viel theuren ſchwuͤren,
Dir kein gewiſſen nicht, mich hinters licht zu fuͤhren?
So reiſſe dieſer ſtrom mich aus der angſt und ſchande!
Hiermit erhob ſie ſich, der fuß war ſchon am ſtrande,
Und zum abſprung ausgeſtreckt;
Doch als der nahe tod ein grauſen ihr erweckt,
So zog ſie zitternde den zarten fuß zuruͤcke,
Und rief: Bin ich nicht tumm? es ſind zu gutem gluͤcke
Ja noch viel hirten da,
Kuͤßt Thyrſis gleich itzund die Sylvia;
Es kan vor mich noch hundert buhler geben,
Jch aber habe doch mehr nicht als nur ein leben.
Als er ſeine Liebſte vor eine ſchoͤ - nere fahren ließ.
JNdem ein edelſtein
Durch ſeinen ſuͤßen wunder-ſchein
Bemuͤhet iſt mein aug an ſich zu hefften,
So tritt ein andrer vor, der mit noch ſtaͤrckern kraͤfften
Demſelben ſeinen glantz, und mir das hertz entzieht.
Ach, Amor! wilſt du mir einmal zu dienſte leben,
So mache, daß er bald in mich verſetzet ſey;
Das gold iſt meine treu,
Und wenn das feuer nicht in deiner werckſtatt gluͤht,
Kan meine liebe ſchon hierzu die glut hergeben.
Die gluͤckliche nachtigall.
Du kern der nachigallen!
Mein zuſtand trifft faſt mit dem deinen zu:
Jch bin gefangen, gleichwie du:
Du ſingſt, und ich ſing auch, um dieſer zu gefallen,
R 3Die262Leanders aus Schleſien
Die mir und dir die feſſel angelegt.
Doch mein verhaͤngniß will dir nicht in allem gleichen,
Dieweil dein lied die Sylvia bewegt;
So ſingeſt du und lebſt, ich ſing und muß erbleichen.
Sein ſehen bringt ihm den tod.
SChau ich dich nicht, mein Leben!
So iſt mein ende da:
Und ſchau ich dich, du kalte Sylvia!
So muß ich doch den geiſt aufgeben,
Denn deine grauſamkeit erbarmt ſich keiner noth.
Elender lohn, den lieb und treu verſpricht!
Jch ſchau mein Leben oder nicht;
So kuͤſſet mich der kalte tod.
Als ſie ihn fragte: Warum er ſo blaß waͤre?
LIſette! wilt du wiſſen,
Warum mein wange denn ſo blaſſe farbe fuͤhrt?
So darffſt du nur die liebe fragen;
Denn dieſe wird dir ſagen:
Daß das feuer, ſo den demant deiner hellen augen ziert,
Mein hertze ſchon durchaus verzehret,
Davon die aſche mir itzt ins geſichte faͤhret.
Er giebt ihr ſein mitleiden zu er - kennen.
SO weineſt du? ach ja, du weinſt, mein Leben!
Und ich, ich ſelber wein, und muß in aͤngſten ſchweben;
Denn deine wehmuth dringt in meiner adern blut:
Wiewol ſie redet nicht; Doch wilſt du ſie verſtehn?
So263Verliebte und Galante Gedichte.
So laß nur einen blick in meine ſterne gehn,
Dann wirſt du ſie ſchon zu erkennen wiſſen,
Und durch den trieb erbarmnis-voller glut
Mein eigen hertze ſehn in deinen thraͤnen fließen.
Als ſie graue haare bekam, und doch noch ſchoͤn war. Aus dem welſchen.
ES iſt kein wunder nicht,
Daß bey dir der kalte winter andrer ſchoͤnen lentz abſticht,
Weil offt die roſ im Jenner bluͤhet,
Da man noch ſchnee in dem Aprille ſiehet.
Das aber iſt ein werck, das etwas hoͤher ſteigt,
Und der verwundrung werth zu achten,
Wenn wir den Jenner itzt in deinem haar betrachten,
Da der April ſich im geſichte zeiget.
Als ſie in großen ſchmertzen da - nieder lag.
JNdem ich einen blick nach deinen ſternen ſende,
Und ſchaue, wie die qval dir faſt die augen bricht,
So denck ich fernerweit an meine wunden nicht.
Daß ſich dein jammer nur zu meinem hertzen wende!
So ſeuffz ich, Flavia! blos um dich zu befreyn:
Ach wolte mich, o innigſtes ergetzen!
Der himmel doch ſo wuͤrdig ſchaͤtzen,
Und ließ in deiner angſt mich gleich des todes ſeyn!
Als ſie ſich in einem brunnen ſpiegelte.
CLimene wirfft den blick nur einem brunnen zu,
Und laͤſſet mich in guter ruh.
R 4Ach264Leanders aus Schleſien
Ach aber, werthes Licht!
Denckſt du denn an Narciſſen nicht?
Laß ſeinen fall dir doch die grufft verriegeln,
Und ſchau nicht mehr hinein:
Willſt du dich aber ſicher ſpiegeln;
So laß mein naſſes aug an ſtatt des brunnen ſeyn!
Auf eine hohe perſon, als ſie einen goldnen ring angeſtecket.
WAs macht der goldne ring in deiner netten hand?
Er iſt zu ſchlecht den finger zu umſchließen,
Den lieb und ſchoͤnheit ſelbſt begierig ſind zu kuͤſſen;
Doch iſt mir auch kein ſchoͤnerer bekant.
Es wollte denn des himmels reiner creiß
Sich in dergleichen enge faſſen,
Und vor den diamant durch wunder-vollen fleiß,
Der ſonne mittel-punct darein verſetzen laſſen.
Aus dem welſchen der Andreini.
CUpido iſt in Sylvien entbrannt,
Drum opffert er mit demuth-voller hand,
Als einer goͤttin ihr mein hertze.
Es brennt auch ſchon als eine lichte kertze.
Doch, himmel! iſt das recht? Cupido traͤgt den lohn,
Die Sylvia den ruhm, und ich nur ſchmertz davon.
***
ES ſatzte Sylvio ſich zu Liſetten nieder,
Und ſprach: Du haſſeſt mich, weil mir ein ſchatz gebricht;
Allein weißt du denn nicht,
Daß die lieb ein lohn der liebe, nicht ein lohn des goldes iſt?
Wie? oder bin ich dir deswegen nur zuwider,
Dieweil dein aug an mir nichts zierliches erkieſt?
So265Verliebte und Galante Gedichte.
So fuͤhr es doch nur auf mein hertze,
Das ſich ſo ſchoͤn, als dein geſichte, ſchaͤtzt,
Nachdem der liebe fauſt, die offtmals pfeil und kertze,
Zu kiel und griffel macht, dein bild darein geaͤtzt.
Steht dir nun dieſes, was dir gleichet,
Und dem ſonſt alle ſchoͤnheit weichet,
Liſette! nicht an meinem hertzen an;
Was iſt denn in der welt, ſo dir gefallen kan?
Als ſie eine ſchlange in den haͤn - den hielt.
DAs, was du mir in deinen haͤnden weiſeſt,
Jſt keine wahre ſchlange nicht:
Es will nur deine grauſamkeit,
Damit du meine liebe ſpeiſeſt,
Unter dieſes ungeziefers ſchein
Uns ſichtbar und handgreifflich ſeyn.
Zwar weil dein angeſicht
Ein feld voll roſen heiſſen kan,
Und deine weiſſe fauſt nur lilgen von ſich ſtreut,
So geht es endlich an,
Daß unter dieſer blumen-decke
Auch eine wahre ſchlange ſtecke.
An Sylvien, von der haͤrtigkeit ihres hertzens.
ALs, ſtrenge Sylvia! dich deine ſchoͤne mutter
Noch unter ihrem hertzen trug;
So fuͤgt es ſich, daß ihr ein theurer diamant
Recht kraͤfftig in die augen blitzte:
Weil nun deſſelben lichter zug
Die luſt darnach ie mehr und mehr in ihr erhitzte,
So fuͤhrte ſie von ohngefehr die hand
R 5Jn266Leanders aus Schleſien
Jn ſolcher regung zu dem hertzen,
Dadurch ſie, aber blos zu mehrung meiner ſchmertzen,
Das wunder-werck in dich gelegt,
Daß deine bruſt ein hertz aus diamanten traͤgt.
Als ſie die hand vor ihr geſichte hielt.
WEil deine finger ſchnee, und deiner augen licht
Zwey heiſſe ſonnen ſeyn,
Ach ſo vermaure doch mit deiner weichen hand
Dein helles antlitz nicht.
Zeuch ſie, eh deine blicke
Den heiſſen ſtrahl darauf gewandt,
Doch bald zuruͤcke,
Weil deinem Damon zum verdruß
Bey dieſen ſonnen ſonſt ihr ſchnee zerſchmeltzen muß.
Als er gelegenheit hatte, ſie zu kuͤſſen.
BRingt mich dein ſuͤßer blick, o Flavia! ums leben,
Was wuͤrde nicht ein kuß von deinem munde thun?
Doch ſchweig, du tummer mund, und laß den kummer ruhn!
Sie lacht ja deiner bloͤden ſchluͤſſe:
Es hat dann keine noth.
Drum ſchweig, und ſetze kuͤß auf kuͤſſe.
Denn giebt dir einer ſchon den tod;
So wird der andre doch das leben
Dir alſo gleich mit wucher wiedergeben.
Er entdeckt ſein verlangen nach ei - nem kuße.
JCh habe wol gehoͤrt, o Venus! daß dein ſohn
Dir aus der ſchoos entflogen,
Und267Verliebte und Galante Gedichte.
Und deine wachſamkeit betrogen.
Jſt des verraͤthers lohn
Nun, wie man ſagt, ein kuß? ſo gieb dich doch zufrieden,
Und ſuch ihn weiter nicht.
Ertheile mir nur den verſprochnen preiß,
Oder mache, daß der mund, der ſich ſtets von mir geſchieden,
Mir laͤnger nicht ihn abzuſchlagen weiß;
Denn deines ſohnes aufenthalt
Jſt kein entlegner wald;
Nein, ſondern Flavia, mein paradies und licht.
Auf ihre thraͤnen.
AUrora weint, und Sylvia weint auch:
Doch gehen dieſer ihre thraͤnen,
So ein verborgner ſchmertz ihr aus dem hertzen druͤckt,
An koſtbarkeit weit, weit vor jenen,
Ob ihre krafft gleich wald und feld erqvickt.
Glaubſt du es nicht, Aurora! auf mein wort,
So ſchicke nur dein aug an dieſen werthen ort,
So wirſt du ſehn, daß deine reinen zaͤhren
Sich nur in thau verkehren,
Da das, was Sylvien aus ihren augen rinnt,
Die allerſchoͤnſten perlen ſind.
Die verſchwiegene liebe.
MEin liebes-ſecretair biſt du allein, mein hertze!
Wie Amors ſuͤße kertze
Mich naͤchſt entzuͤndet hat, das weißt du gantz allein.
Die ſeuffzer wollen zwar allhier verraͤther ſeyn,
Und oͤffnen allbereits der lippen freye pforte;
Doch, ſeuffzer! bleibt zuruͤck, und brecht nicht durch den mund,
Es wird ſonſt allzu kund
Um wen ich in der ſtille buhle;
Denn in der liebes-ſchule
Sind heiſſe ſeuffzer ſchon ſo viel, als klare worte.
Als268Leanders aus Schleſien
Als er ſie ſahe kirſchen eſſen.
ES ſatzte Flavia ſich in das gruͤne gras,
Als ihre hand viel kirſchen abgepfluͤcket:
Jndem ſie nun dieſelben as,
So ſtund Leander gantz entzuͤcket.
Sein auge konnte nicht die lippen unterſcheiden,
Und gleichwol war er ihr gantz nah,
Weil er nichts als rothe kirſchen in blutrothen kirſchen ſah.
Als er ſie vergebens ſuchte.
WO biſt du denn, mein holdes Licht?
So frag ich; aber ach! weßwegen frag ich nicht,
Wo ich mich ſelbſt befinde?
Leb ich in dir,
Und du in mir?
So bin ich ja bey meinem liebſten Kinde.
Jndeſſen ſuch ich, wo ich kan,
Und treffe dich doch nirgends an.
Ja was unglaublich ſcheint, mein angenehmſtes Licht!
Jch weiß es, wo ich bin, und weiß es doch auch nicht.
Als er ſie gekuͤſſet hatte.
DIe ſchlau und eiferſuͤchtge liebe
Bewachte Florabellens mund.
Jndem ich nun aus vorwitz-vollem triebe
Nach dieſen friſchen roſen ſtund,
(Worunter Amor ſich verſteckte)
Und endlich auch den ſafft der ſuͤßen blumen ſchmeckte,
So ſtach die liebe zu, wie eine biene thut;
Der ſtich durchlief das heiſſe blut,
Und drang, iedoch nicht ohne ſuͤße ſchmertzen,
Mir von dem munde zu dem hertzen.
Als269Verliebte und Galante Gedichte.
Als die liebe ſein hertz entzuͤndet.
HAſt du mein hertze dir zur herberg auserſehn;
So ſage mir, o blinder Cypripor!
Weßwegen nimmſt du denn ſo tolle ſtreiche vor,
Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrenneſt.
Nun ſeh ich, daß du auch
Selbſt deinen nutzen nicht erkenneſt;
Denn dencke doch, iſt dis ſo dein gebrauch,
Wer wird ſich wol hinfort beqvemen,
Dich in ſein haus, ja gar ins hertz zu nehmen?
Als er auf dem wege zu Flavien begriffen war.
1.
DIe ſtunden werden tage,
Weil ich, mein Licht! von dir entfernet bin:
Flieht, ſtunden, flieht doch bald dahin!
Daß ich nicht mehr auf das verhaͤngniß klage.
Denn laͤnger ohne dich, o Flavia! zu ſeyn,
Jſt eine hoͤllen-gleiche pein.
2.
Jndeſſen, ſanffte winde!
Die ihr vorlaͤngſt mein heiſſes ſehnen wißt,
Macht, daß mein ach die lippen kuͤßt,
Auf denen ich allein mein labſal finde.
Du aber ſchicke mir, zum leit-ſtern meiner ruh,
Durch dieſe poſt ein kuͤßgen zu.
3.
Doch weichet, ihr gedancken!
Den mund vergnuͤgt kein eingebildter kuß:
Jhr mehrt zuletzt nur den verdruß,
Und fuͤhrt den geiſt noch weiter aus den ſchrancken.
Denn270Leanders aus Schleſien
Denn kuͤſſe, die zu uns durch winde kommen ſind,
Sind auch ſonſt nichts als lauter wind.
4.
Drum flieht, ihr phantaſien!
Ein weiſer ſinn hengt keinen grillen nach:
Denn die vernunfft heißt allgemach
Der ſorgen dampff vor ihrem lichte fliehen.
Sie zeigt, daß die geduld auch bey den dornen lacht,
Und aus den tagen ſtunden macht.
Von ſeiner mit ehr-furcht ver - knuͤpfften liebe.
DEr Garamanten brunn hat dieſe wunder-krafft,
Daß er bey nachte zu gefrieren,
Des tages aber recht zu brennen pflegt.
Jn mir laͤſt ſich was ungemeines ſpuͤren,
Weil meine bruſt zugleich ſo hitz als kaͤlte traͤgt;
Denn ich wuͤſte keine ſtunden,
Seit dem ich Sylvien erblickt,
Und ihre majeſtaͤt und ſchoͤnheit mich entzuͤckt,
Daß ich nicht heiſſe lieb und kalte furcht empfunden.
Auf eine von ihr getoͤdete biene.
ALs unlaͤngſt eine zarte biene
Die ſchoͤne Sylvia auf ihre lippen ſtach,
Und nun begriffen war ſich weiter zu begeben,
So folgt ihr Sylviens erzoͤrnter finger nach,
Und brachte ſie durch einen druck ums leben.
Doch allzuwohl vergoltner ſtich!
Wer waͤre gluͤcklicher als ich?
Wenn ich von ihr dergleichen gunſt erwuͤrbe,
Und alſo an der thuͤr des paradieſes ſtuͤrbe.
Die271Verliebte und Galante Gedichte.
Die mit manier entdeckte liebe.
JCh ſoll dir, Floris! ſagen:
Wer dieſe fiſcherin doch ſey,
Der ich begierig bin ein kuͤßgen anzutragen.
Wohlan! ich will es thun, trit nur fein nah herbey,
Und ſchau in dieſen bach; in deſſen klaren gruͤnden
Wirſt du ſie wenigſtens im ſchatten ſehn und finden.
Als er ſeine liebe gern offenbaren wolte.
SChweig ich, ſo nimmt mein ſchmertz von tag zu tage zu.
Red ich, ſo waͤchſt ihr zorn zum nachtheil meiner ruh.
Hier oͤffnet Seylla ſich, dort ſteht Charybdis offen;
Was iſt nun hier vor mich zu hoffen?
Drum, Liebe! nimm dich meiner an,
Und fuͤhre Sylvien die tief-verborgnen ſchmertzen
Durch meiner augen ſprach und nachdruck ſo zu hertzen,
Daß ſie nicht anders thun, als ſich erbarmen kan.
Als er ſich in ſie verliebet.
JNdem ich mein geſichte
Auf Flaviens gerolltes haar,
Und ihre ſchoͤnen augen richte,
So faͤllt mein hertz in doppelte gefahr.
Kurtz: Amor will mich toͤden oder fangen:
Um nun das letzte zu erlangen,
So muß ihr ſauber haar ihm ſtatt des netzes ſeyn.
Die augen aber ſind die bogen;
Die pfeilen liefert ihm der holden blicke ſchein.
Jedoch wer hat ſich ie dergleichen garn entzogen?
Kommt, pfeile! ſelbſt, kommt haͤuffig angeflogen!
Jhr272Leanders aus Schleſien
Jhr ſeyd doch allzuſuͤß und ſchoͤn,
Um euch aus bloſer furcht des todes zu entgehn.
Auf ihre unbarmhertzigkeit.
SOll denn mein heiſſes ach und weinen gar nichts taugen?
Es iſt ein theurer zoll des hertzens und der augen,
Der wie dein harter grimm von tag zu tage ſteigt.
Wenn deinen ſtrengen ſinn nun ſelbſt die zeit nicht beugt,
So kan es nicht mehr lange waͤhren,
Es muß ſich meine bruſt in den Veſuvius,
Der augen naſſer uͤberfluß
Sich in ein meer, dein ſinn in einen fels verkehren.
An die grauſame Sylvia.
MEin hertz iſt nun kein hertz, indem es, Sylvia!
Durch deinen grimm zu einer hoͤlle worden,
Jn der die martern, angſt und pein
Ewig und unſterblich ſeyn.
Da wirſt du (wo dir vor manch ehren-dienſt geſchehn)
Auch wenn du allereits den orden
Der todten fuͤhren wirſt, der pein kein ende ſehn.
Schau, ſtrenge Sylvia!
Die ſtraf iſt wuͤrcklich da.
Es hat dein eigenſinn, dem du zu viel vertrauet,
Aus deinem tempel dir ein hoͤllen-reich gebauet.
Ver -273Vermiſchte Gedichte.

Vermiſchte Gedichte.

Uberſetzungen Aus des Thomæ a Kempis buche Von der nachfolge Chriſti. Des erſten buches Erſtes capitel.
1.
WOhl dieſem, der mir folgt, und mein gofuͤhrtes leben
Vor eine regel haͤlt, nach der man wandeln muß:
Wer licht und himmel ſucht, der faſſe den entſchluß,
Sich auf die dunckle bahn des creutzes zu begeben.
So ſprach des Vaters Wort, das Wort, das weder fleiß,
Noch engliſcher verſtand recht auszudruͤcken weiß.
2.
Was ſind der heiligen geheimniß-volle lehren,
Als tropffen aus der ſee, die JEſus von ſich geußt?
Er iſt der reine brunn, aus dem das leben fleußt.
Wer lautre wahrheit ſucht, der darff nur JEſum hoͤren,
Und auf die wege ſehn, die er gegangen iſt,
So hat er ihm gewiß das rechte licht erkieſt.
3.
Doch muſt du ſeinen Geiſt dich ſtets regieren laſſen;
Sonſt wird das himmel-brodt vor dir verborgen ſeyn.
Denn mancher laͤſt das wort zu beyden ohren ein,
Und weiß doch ſeine krafft nicht von ſich ſelbſt zu faſſen.
Drum wer die wahrheit liebt und nach erleuchtung ſtrebt,
Der lebe, wie der HErr, das Leben ſelbſt, gelebt.
Hofm. w. V. Th. S4. Was274Leanders aus Schleſien
4.
Was hilfft es, wenn wir gleich beſtaͤndig diſputiren,
Ob, warum, und wie GOtt dreyeinig iſt und heiſt?
Wenn unſer hertze ſich der demuth nicht befleißt,
Ohn welche wir umſonſt den Chriſten-namen fuͤhren.
Denn Chriſtus lehret uns: daß zanck und ſtoltz, der welt,
Und dem Drey-Einigen nur demuth wohl gefaͤllt.
5.
Der ausdruck hoher wort und ſpitziger gedancken
Macht keinen Heiligen und keinen Chriſten nicht.
GOtt ſieht mehr, was man thut, als was die lippe ſpricht.
Wer mit der ſuͤnde kaͤmpfft, und in den tugend-ſchrancken
Den fieges-preiß gewinnt, und GOtt die ehre giebt,
Der iſt allein der mann, den JEſus ehrt und liebt.
6.
Weiß ich die buße gleich nicht kuͤnſtlich zu beſchreiben;
Genug: daß buß und reu mein hertze kraͤfftig ruͤhrt.
Haſt du die bibel ſchon bis auf den band ſtudirt,
Und alle wiſſenſchafft, die ketzer einzutreiben;
So iſt es gleichwol nichts, ſo viel du auch gefaßt,
Wo du nicht GOttes gnad, und lieb, und glauben haſt.
7.
Die hoͤchſte weisheit iſt GOtt lieben und ihm dienen,
Und vor das himmelreich das reich der welt verſchmaͤhn.
Denn die auf eitle ſchaͤtz und ehr und wohlluſt ſehn,
Erwehlen ſand und koth vor perlen und rubinen.
Der iſt ein großer thor, und hat ſehr weit gefehlt,
Der vor die ewigkeit, was zeitlich iſt, erwehlt.
8.
O tolle raſerey! man ſucht ein langes leben,
Und giebt der heiligkeit des lebens gute nacht;
So wird der lebens-brunn, des HErren wort, verlacht,
Jndem die ſterblichen an todter erde kleben.
Man eilt den freunden nach, die wie der ſchnee zergehn;
Und die beſtaͤndig ſind, die laͤſt man gerne ſtehn.
9. Doch275Vermiſchte Gedichte.
9.
Doch laß die thoren ſich in dieſer welt vergaffen.
Du weißt, was Salomon aus der erfahrung hat:
Das aug (und ohre) ſieht (und hoͤrt) ſich nimmer ſatt.
Dis uͤberlege wohl, und wende dich rechtſchaffen
Von dem, was ſichtbar iſt, zu dem, was niemand ſieht,
Damit der himmel dir nicht alle gnad entzieht.
Das andere capitel.
1.
DEr menſch iſt von natur begierig viel zu wiſſen:
Doch ohne gottesfurcht hilfft keine wiſſenſchafft.
Ein bauer, der nicht erſt nach hohen grillen gafft,
Und in der demuth GOtt zu dienen iſt befliſſen,
Jſt beſſer, denn ein thor, der durch die ſternen rennt,
Und ſich vor uͤbermuth und weisheit ſelbſt nicht kennt.
2.
Wer ſich nun ſelbſt recht kennt, der wird ihm ſchlecht gefallen:
Jch weiß, es kommt ihm nichts als lauter demuth ein.
Drum muß das menſchen-lob ihm hoͤchſt verdruͤßlich ſeyn.
Denn wenn ich alles wuͤſt, und haͤtte bey dem allen
Des Hoͤchſten liebe nicht; ſo wuͤrd ich doch vor GOtt,
Der auf das leben ſieht, zu ſchanden und zum ſpott.
3.
Drum ſetze deiner luſt, zu wiſſen, ziel und ende.
Viel wiſſen bringt viel ſorg, und denn auch viel betrug.
Wer viel gegruͤbelt hat, der haͤlt ſich ſelbſt vor klug,
Und will, daß alle welt zu ihm nach weisheit ſende.
Viel dinge nuͤtzen nichts, wenn man ſie ſchon mit fleiß
Jn ſeinen kopff gefaßt, und zu entſcheiden weiß.
4.
Der iſt ein großer narr, der mehr auf andre ſachen,
Als an ſein heyl gedenckt, daran doch alles liegt.
S 2Von276Leanders aus Schleſien
Von vielen worten wird die ſeele nicht vergnuͤgt;
Es muß des Geiſtes krafft das hertze freudig machen.
Darum, wer JEſum tief in ſein gemuͤthe druͤckt,
Und ihn im glauben liebt, der wird gewiß erqvickt.
5.
Wer große dinge weiß, ſoll einſt ein urtheil hoͤren,
Das unertraͤglich iſt, wofern er uͤbel lebt,
Und nicht das, was er weiß, auch auszuuͤben ſtrebt,
Drum uͤberhebe dich nicht wegen hoher lehren,
Und großer wiſſenſchafft. Mein! folge meinem rath
Und fuͤrchte GOtt, der dir ſo viel vertrauet hat.
6.
Bringt dir der Satan bey: Du habeſt mehr vergeſſen,
Als Salomo gewußt; ſo wiß, es iſt noch viel,
Was GOtt vor dir verbirgt, und andern ſagen will.
Du kanſt die wiſſenſchafft doch nicht alleine freſſen.
Drum ſey nicht allzuklug, bekenne vielmehr frey:
Daß deine gantze kunſt vor GOtt nur thorheit ſey.
7.
Ja warum macheſt du aus andern idioten?
Kennſt du denn dich und ſie? o unberathner thor!
Zeuch dich dem naͤchſten nicht ſo gar verwegen vor.
Willſt du recht weiſe ſeyn, ſo zeuch nach den geboten,
So GOttes weisheit giebt, die ſtoltzen ſegel ein,
Und lern in niedrigkeit ſtill und verborgen ſeyn.
8.
Nichts iſt erbaulicher, als ſich rechtſchaffen kennen.
Wer ſeinen naͤchſten hoch, ſich ſelbſt vor gar nichts haͤlt,
Und ob ſein bruder gleich in ſchwere ſuͤnden faͤllt,
Sich doch nicht beſſer ſchaͤtzt, den kan man weiſe nennen.
Drum wenn du auch ſchon ſiehſt, daß ieder fallen kan,
So ſiehe dennoch dich ſtets vor den ſchwaͤchſten an.
Das277Vermiſchte Gedichte.
Das dritte capitel.
1.
WIe ſelig iſt ein menſch, der aus der wahrheit munde
Das wort des lebens lerut, und ſie ſelbſt reden hoͤrt.
Von menſchen wird der menſch doch nicht ſo wohl ge -
lehrt.
Und von ihm ſelber kommt kein hertze bis zum grunde.
Ach waruni zancken wir um dinge, die ſubtil
Und doch nichts nuͤtze ſind? da GOtt um ſolcher willen,
Den, der ſie gleich nicht weiß, doch nicht verdammen will.
Denn GOtt ſieht auf das hertz, und nicht auf unſre grillen.
2.
Wir aber gehn dennoch und kuͤmmern uns um ſachen,
Die doch mehr unſer ſchad, als unſer nutzen ſind.
So bleibt der tolle menſch bey heller ſonne blind.
Ach laſt uns doch einmal von dieſem ſchlaf erwachen!
Die ſtreit - und rede-kunſt gilt hier wahrhafftig nicht.
Von ſolchen eltern wird die wahrheit nicht gebohren,
Wo nicht des Lichtes wort des hertzens nebel bricht,
Und allen irrthum daͤmpfft, ſo gehen wir verlohren.
3.
Denn alle dinge ſind aus einem Wort entſproſſen,
Und alles lehret uns zu dieſem Worte gehn.
Wer dieſes nicht vernimmt, der kan auch nichts verſtehn,
Weil es der anfang iſt, aus dem der witz gefloſſen.
Drum wer in allen dich, und alles in dir liebt,
Der mag von dir, o Wort! du brunnen aller gaben!
Wohl einen feſten ſinn, der ſich im guten uͤbt,
Und ein in GOtt vergnuͤgt und ruhig hertze haben.
4.
Drum, o du einige, du ewig-lichte Wahrheit!
Vereinige mich doch mit dir in deiner brunſt!
Was ich ſonſt leſ und hoͤr, iſt freylich nur ein dunſt
Vor deines Geiſtes krafft, und deines wortes klarheit.
S 3Was278Leanders aus Schleſien
Was meine ſeele wuͤnſcht, das find ich blos in dir.
Drum ſchweigt, ihr Lehrer! ſchweigt! und alle welt ſey ſtille!
Du aber red allein, ach red allein zu mir,
Damit nichts, als dein wort des hertzens grund erfuͤlle.
5.
Je mehr man in ihm ſelbſt der einfalt ſich befleißet,
Und aus der aͤuſern welt in ſein gewiſſen geht,
Je tiefre dinge man ohn alle muͤh verſteht,
Weil GOtt den niedrigen licht und verſtand verheißet.
Ein geiſt, der lanter iſt, und an der einfalt haͤlt,
Laͤſt durch geſchaͤffte ſich nicht hin und her zerſtreuen,
Er flieht den eigen-ruhm, verleugnet neid und welt,
Und will ſich uͤber nichts, als GOttes ehr erfreuen.
6.
Wer mit der creutzigung der wilden luͤſte ſaͤumet;
Der macht ihm ſeine laſt unuͤberwindlich groß.
Drum giebt ein frommer menſch von auſſen ſich nicht blos,
Er habe denn zuvor innwendig aufgeraͤumet.
Die boͤſe neigung muß durchaus getoͤdtet ſeyn,
Und deine liebe ſich nach der vernunfft regieren.
Denn der begierden ſturm reißt alle tugend ein,
Und laͤſt das hertze nicht die ſanffte wahrheit fuͤhren.
7.
Das muß ich wol geſtehn: Sich ſelber uͤberwinden,
Jſt vor den zarten ſinn der ſchwerſte krieg und ſtreit.
Jndeſſen muſt du dich aus GOttes krafft bereit,
Und niemals traͤg und faul, zu ſolchem kampffe finden.
Das ſoll die arbeit ſeyn, davon wir itzt nicht ruhn.
Der menſch muß tag vor tag ſich in dem HErren ſtaͤrcken;
Denn hier iſt keine ruh, wir haben ſtets zu thun;
Dort aber ruhen wir von allen unſern wercken.
8.
Was uns vollkommen ſcheint, iſt dennoch unvollkommen.
Der helleſte verſtand hat gleichwol nacht und dunſt.
Die279Vermiſchte Gedichte.
Die ſelbſt-erkenntniß iſt weit uͤber alle kunſt.
Wohl dieſem, der von ſich die maſqve weggenommen,
Und ſeine nichtigkeit in demuth zugeſteht!
Denn wahre demuth iſt die rechte Jacobs-leiter.
Ein phariſaͤer faͤllt, ie mehr er ſich erhoͤht,
Wer ſich erniedriget, der kommt bey GOtt viel weiter.
9.
Jch habe mit dem wahn der thoren nichts zu ſchaffen,
Da alle wiſſenſchafft und kunſt verworffen heiſt.
Was GOtt verworffen hat, verdammt kein guter geiſt,
Doch wenn wir alle kunſt und witz zuſammen raffen,
So ſind ſie dennoch nicht der tugend vorzuziehn:
Ein gut gewiſſen iſt weit beſſer, als viel wiſſen.
Und die ſich ſonſt um nichts, als um verſtand bemuͤhn,
Die werden von dem ſtrom des irrthums hingeriſſen.
10.
Ach daß man ſich ſo ſehr der heiligung befliſſe,
Der wahren heiligung, die reine fruͤchte traͤgt,
Als man ſich auf gezaͤnck und leere fragen legt;
So waͤren in der welt nicht ſo viel aͤrgerniſſe!
Allein die froͤmmigkeit hat vor uns gute ruh,
Dieweil ſie mehrentheils nicht große titel bringet;
Drum eilet man der welt, und ihren ſchulen zu,
Wo Ariſtoteles von eitler ehre ſinget.
11.
Doch, wird der Richter auch an jenem tage fragen,
Wie viel du diſputirt und durchgeleſen haſt?
Nein! ſondern ob du auch dem HErren ſeine laſt
Jn creutzigung der welt geduldig nachgetragen.
Wo iſt die excellentz, die vor nicht langer zeit
Auf der catheder ſtund und ſich ſo hoch vermeſſen?
Jm leben macht er ſich mit vielem wiſſen breit;
Jtzt aber, da er liegt, iſt ſeiner ſchon vergeſſen.
S 412. Wie280Leanders aus Schleſien
12.
Wie bald vergeht der ruhm, den uns die welt gegeben:
Ach haͤtteſt du ſo gut gelebt, als diſputirt,
So ſpraͤche man mit recht: Er hatte wohl ſtudirt.
Denn wie viel menſchen ſind, die nach dem ſchatten ſtreben,
Und in der nichtigkeit der eitlen kunſt vergehn.
GOtt laͤſt ſich nur durch lieb und tiefe demuth finden;
Sie aber ſuchen ſich durch klugheit zu erhoͤhn,
Bis ſie mit ihrem wahn, als wie ein rauch, verſchwinden.
13.
Der iſt alleine groß, wer nicht nach ehre trachtet,
Klein in ihm ſelber iſt, und große liebe weiſt.
Der iſt ein kluger geiſt, der das, was irdiſch heißt,
Und nur das fleiſch ergetzt, vor koth und treber achtet,
Weil er ſonſt keinen ſchatz, als JEſum, liebt und ſucht.
Und wer des HErren wort vor ſeine beſte ſpeiſe
Jn ſeinem leben haͤlt, den eigenſinn verflucht,
Und GOtt gehorchen lernt, der iſt wahrhafftig weiſe.
Das vierte capitel.
NJmm dich genau in acht! man muß nicht alles glauben,
Was der gemeine ruff von unſerm naͤchſten ſpricht.
Die ſpinne ſetzt ihr gifft auch auf die reinſten trauben.
Wer kennt den leichten ſinn des frechen volckes nicht?
Drum ſiehe dich wohl vor, und denck an GOttes willen,
Der dich zur lieb ermahnt, und nicht zum richter macht:
Denn ob die wenigſten gleich ſein gebot erfuͤllen,
So gieb doch, weil du kanſt, der ſchwachheit gute nacht.
Wo das nur ſchwachheit iſt, wenn eine boͤſe ſage
Vom naͤchſten, mehr bey uns, als eine gute gilt.
Leg alles, was du hoͤrſt, bedachtſam auf die wage,
Und wiſſe, daß man offt die unſchuld ſelber ſchilt.
Du muſt dem bruder nicht ſein wort zu poltzen drehen.
Der Liebe mantel deckt viel ſolche fehler zu.
Was281Vermiſchte Gedichte.
Was jenem wiederfuhr, kan auch von dir geſchehen,
Der angebshrne fall laͤſt uns doch wenig ruh.
Die beſte klugheit iſt: Bedaͤchtig ſeyn und leben,
Und niemals allzuſteif auf ſeinem kopffe ſtehn.
Man muß den leuten nicht durchgehends glauben geben,
Noch mit den zeitungen durch alle ſtraßen gehn.
Bekuͤmmre dich vielmehr um dich und deine ſuͤnden,
Als um des nachbars thun, weil du dir naͤher biſt;
Wiewol du wirſt vor dich dein hertze nicht ergruͤnden,
Des menſchen eigenlieb iſt voll verborgner liſt.
Darum vertrau dich GOtt, und einem weiſen freunde,
Der ein gelaͤutert hertz und viel erfahrung hat.
Fleiſch, welt und eigenſinn fleuch, als die aͤrgſten feinde,
Und ſuche nirgends ſonſt, als nur bey frommen rath.
Wer alſo thut und lebt, der wandelt klug und ſicher.
O ſeele! wandle doch den wahren tugend-lauf.
Ein GOtt-gelaßner geiſt bedarff nicht erſt viel buͤcher,
Denn GOtt thut ihm das buch vollkommner weisheit auf.
Das fuͤnffte capitel.
WEr aus der bibel nichts als kluge reden lernen,
Und nicht vielmehr daſelbſt die wahrheit ſuchen will,
Der trifft nicht auf den zweck; er folget falſchen ſternen
Und macht des HErren wort zu einem bloſen ſpiel.
GOtt lehrt uns in der ſchrifft nur lauter wahrheit ſinden:
Und wer die bibel nicht in dieſem geiſte lieſt,
Der ſie geſchrieben hat, der wird nicht viel ergruͤnden,
Dieweil ſie der natur ein dunckles raͤtzel iſt.
Drum ſo verſteig dich nicht in ſpitzigen gedancken,
Und ſuch in GOttes wort blos, was die ſeel erbaut.
Ein weiſes hertze muß nicht von der einfalt wancken,
Denn der koͤmmt hier nicht fort, dem ſchon vor dieſer graut.
Ein and acht-reiches buch, das nach der einfalt ſchmecket,
Muß uns ſo angenehm, als hohe reden ſeyn.
Denn obgleich Seneca voll tiefer ſpruͤche ſtecket,
So machen ſie dich doch von keiner ſuͤnde rein.
S 5Be -282Leanders aus Schleſien
Bekommeſt du ein buch, ſo ließ es blos aus liebe
Der lautern wahrheit durch, obgleich die tolle welt
Erſt auf den autor ſieht, und aus verkehrtem triebe
Das ſchoͤnſt und beſte buch offt vor verwerfflich haͤlt.
Ein kluger merckt auf das, was er geſchrieben ſiehet,
Und nicht auf die perſon, die es geſchrieben hat.
Bisweilen giebt ein maun, der ſchein und ehre fliehet,
Uns in der tiefſten noth den allerkluͤgſten rath,
Der menſchen anſehn iſt ein ſtern, der bald verſchwindet,
Die wahrheit aber bleibt, wenn alles untergeht.
Die wahrheit, die man offt bey albern leuten findet,
Und die Carneades und Plato nicht verſteht.
GOtt offenbaret ſich ohn abſicht der perſonen:
Er macht uns ſeinen rath durch arme fiſcher kund.
Man ſieht der wahrheit geiſt noch bey der einfalt wohnen,
GOtt legt ſein hohes wort auch in der kinder mund.
Laß dich den vorwitz nicht in deinem leſen hindern:
Was GOtt verbergen will, das laß verborgen ſeyn.
Die fackel der vernunfft wird dieſe nacht nicht mindern.
Sie blendet dich vielmehr durch ihren falſchen ſchein.
Darum bemuͤhe dich nicht in die hoͤh zu klimmen,
Wo man am ſicherſten auf ebner erden ſteht.
Die bibel iſt ein meer, da elephanten ſchwimmen,
Und da ein niedrig ſchaf mit trocknem fuße geht.
Wilſt du die heilge ſchrifft mit nutzen durchſtudieren,
So laß des glaubens licht der ſeele leit-ſtern ſeyn,
Und in der einfalt dich den geiſt der demuth fuͤhren,
So dringeſt du gewiß in die geheimniß ein.
Jn die geheimniße, in die kein ſtoltzer meiſter,
So hoch er ſich vermißt, mit ſeiner klugheit dringt.
Denn GOttes wahrheit flieht die aufgeblaßnen geiſter,
Die nun ein eitler zug zum bibel-leſen bringt.
Drum laß dich iederzeit den ſinn der demuth leiten,
Und ſchlag der heiligen erklaͤrung nicht in wind.
Verwirff die reden nicht, die von erfahrnen leuten
Nach GOttes ſinn und rath genau gepruͤfet ſind.
Laß dich die gleichniſſe der alten nicht verdrießen,
Ob ſie gleich fleiſch und blut vor ſchlecht und dunckel ſchaͤtzt.
GOtt283Vermiſchte Gedichte.
GOtt weiß zu rechter zeit dir alles aufzuſchließen;
Denn ihr erleuchter geiſt hat nichts umſonſt geſetzt.
Das ſechſte capitel.
SO bald der ſchwache menſch dem hitzigen verlangen
Des blinden fleiſches folgt, ſo geht die unruh an.
Denn hoffart, luſt und geitz ſind drey vergiffte ſchlangen,
Vor denen, wo ſie ſind, kein friede wohnen kan.
Wer aber arm am geiſt und niedrig am gemuͤthe,
Nach Chriſti willen iſt, der kommt zur wahren ruh.
Denn ſolchen duͤrfftigen wirfft GOttes reiche guͤte
Den unvergaͤnglichen und ſichern frieden zu.
Ein menſch, der ſich noch ſelbſt nicht voͤllig uͤberwunden,
Thut den verſuchungen gar ſchlechten widerſtand;
Wenn der begierden macht nur mit ihm angebunden,
So haben ſie ihn auch ſchon wieder in der hand.
Denn wer dem geiſte nach nicht ſatſam zugensmmen,
Und mit dem hertzen noch ſehr an dem fleiſche hengt,
Dem faͤllt es allzuſchwer den luͤſten zu entkommen,
Jn deren abgrund er mit vollem zuͤgel ſprengt.
Geſetzt, er laſſe ſich das wort der gnade halten,
So wird er doch betruͤbt, daß er gehorchen ſoll.
Ein lauer eifer kan im augenblick erkalten;
Drum wache, kaͤmpff und bet, und uͤberwinde wohl.
Wilſt du dich aber nicht in GOttes ordnung ſchicken,
Und zoͤrneſt uͤber dem, das dir im wege ſteht,
Schlaͤgſt du des Geiſtes joch und ſauffte band in ſtuͤcken,
Und rennſt, wohin dein wunſch und eigner wille geht;
So wirſt du bald darauf in dem gewiſſen fuͤhlen,
Daß eigenſinn und luſt die ſchaͤrffſten hencker ſind,
Die aͤrger als ein baͤr in marck und adern wuͤhlen,
So bald uns ihre liſt und ſchmeicheley gewinnt.
Drum bleibt es ausgemacht, daß der, ſo ſeinem willen
Und den begierden folgt, den frieden niemals kriegt.
Den aber wird der HErr gewiß mit fried erfuͤllen,
Wer ſich der welt entreißt, und ſeine luſt beſiegt.
Flieht284Leanders aus Schleſien
Flieht nun die wahre ruh vor irrdiſchen gemuͤthern,
So laß dem Geiſte doch, o ſeele! freye macht,
Und gieb dem eigenſinn des fleiſches, und den guͤtern
Der unruh-vollen welt im glauben gute nacht.
Das ſiebende capitel.
WJe eitel iſt der menſch, wenn er auf menſchen bauet,
Und ſeine zuverſicht auf creaturen ſetzt.
Der iſt wahrhafftig arm, dem vor der armuth grauet,
Und das, was irrdiſch heißt, vor ſeinen reichthum ſchaͤtzt.
Drum ſey nicht ſo geſinnt, und nimm in reiner liebe
Des theuren JEſu dich der armen bruͤder an.
Verzweifle an dir ſelbſt, und widerſteh dem triebe,
Der dir wol viel verſpricht, doch nichts gewaͤhren kan.
Vertraue lieber GOtt, als deinen eignen wercken:
Wer auf genade baut, der kommt am beſten fort.
Wo wir nicht unſern geiſt in ſeinem Geiſte ſtaͤrcken,
So fahren wir gewiß gar langſam an den port.
Laß deinen willen ſich in GOttes willen ſencken,
So wird der HErr mit dir, und deinem willen ſeyn,
Hier iſt an keine kunſt und menſchen-krafft zu dencken,
Die hoffnung dieſer welt trifft niemals richtig ein.
Drum ſetze dein vertraun nur auf des Hoͤchſten gnade,
Die allen niedrigen empor zu helffen pflegt,
Den aber, der von ſich die trefflichſte parade
Und großes weſen macht, ſtuͤrtzt und zu boden ſchlaͤgt.
Ruͤhm und verlaß dich nicht auf deine freund und habe,
Auf ſolchen uͤbermuth folgt offt der groͤſte ſpott.
Den ſtoltzen Goliath ſtuͤrtzt auch ein kleiner knabe;
Drum wer ſich ruͤhmen will, der ruͤhme ſich in GOtt.
Ja GOtt, der alle ding, und uͤber alle dinge
Sich ſelbſt auch geben will. O unbeſonnenheit
Der raſend-tollen welt! ſie achtet GOtt geringe,
Und nimmt fuͤr alles gut das nichts der eitelkeit.
Biſt du itzt ſchoͤn und friſch, erwarte nur das alter:
Vielleichte ſtellt ſich auch noch heut ein fieber ein,
Dann285Vermiſchte Gedichte.
Dann doͤrffteſt du gewiß in kurtzem ungeſtalter,
Und deiner glieder ſtoltz ſchon etwas zahmer ſeyn.
Biſt du geſchickt und klug? ach laß es dich nicht duͤncken.
Denn wer ihm ſelbſt gefaͤllt, gefaͤllt dem himmel nicht.
GOtt, deſſen alles iſt, laͤſt nur die gnade ſincken,
So iſt dein hoher ſinn ein leuchter ohne licht.
Drum nimm dir nichts voraus. Wer ſich den froͤmmſten nennet,
Und in der heucheley ſich ſelbſt bewundern kan,
Den ſieht der große GOtt, der das verborgne kennet,
Und nicht betragen wird, ſtets vor den aͤrgſten an.
Denn GOttes urtheil geht weit tiefer, als der duͤnckel
Der bloͤden ſterblichen, die offt der ſchein betruͤgt.
Sein ſcharffes auge dringt in alle hertzens-winckel,
Jn welchen vor der welt manch ſchalck verborgen liegt.
Sind deine wercke gleich bey menſchen hochgeachtet,
So koͤnnen ſie bey GOtt doch wol verworffen ſeyn.
Wer GOtt den eigen-ruhm zu einem opffer ſchlachet,
Den wird die ewigkeit mit ehr und ruhm erfreun.
Jſt etwas guts an dir; ſo halt doch andre beſſer
Und heiliger denn dich. Denn ein gebrochner ſinn,
Jn dem die demuth herrſcht, ſteigt uͤber alle ſchloͤſſer
Und allen eigen-ruhm der phariſaͤer hin.
Wenn du dich in der welt vor den geringſten ſchaͤtzeſt,
Was ſchadet dir es? nichts: das aber allzu viel,
Wenn du dich auch, o menſch! blos uͤber einen ſetzeſt,
Weil GOtt die demuth nur mit friede eroͤnen will.
Wie ſolteſt du nun nicht den ſtoltzen ſinn verdammen,
Der nichts als hoͤllen-angſt und marter bringen kan.
Ach uͤberwinde dich, und zuͤnd ihn durch die flammen
Des Geiſtes und der reu GOtt als ein opffer an.
Das achte capitel.
MAn darff ſein hertze nicht ſtets auf der zunge tragen:
Ein weiſer ſchleußt die zung in ſeinem hertzen ein.
Drum muſt du, was dich druͤckt, nicht einem ieden ſagen;
Denn dein gewiſſens-rath kan nur ein frommer ſeyn.
Ein286Leanders aus Schleſien
Ein frommer, welchen Gott und die erfahrung weiſe
Und in geheimnißen ſtill und getreu gemacht:
Drum halt dich iederzeit zu einem ſolchen greiſe;
Deun bey der jugend wird nichts ſicher angebracht.
Lern eingezogen ſeyn, und fleuch die frechen buben,
Mit denen du zuvor bekant geweſen biſt.
Fleuch großer herren hoͤf, und alle dieſe ſtuben,
Wo man der redligkeit und menſchen-furcht vergißt.
Denn trug und heucheley geziemet keinen Chriſten.
Die einfalt ſtehet dir am allerbeſten an.
Geſelle dich allein zu rechten pietiſten,
Ob ſie die rohe welt ſchon nicht vertragen kan.
Mit dieſen mache dich, durch unſchuld-volle ſitten
Und unterredungen nach Chriſti ſinn, gemein.
Der weisheit ſchuͤler ſind bey weiſen wohl gelitten,
Wenn ſie nur in der zucht ſtill und gehorſam ſeyn.
Bewahre deinen ſchritt, und geh der weiber muͤßig:
Jhr umgang ſtuͤrtzet dich ſonſt in gefahr und ſpott:
Bey ihnen wird man bald der keuſchheit uͤberdruͤßig;
Drum fleuch ſie, und befiehl die frommen deinem Gott.
Mit engeln und mit Gott allein gemeinſchafft pflegen
Jſt wol die ſicherſte geſellſchafft auf der welt.
Wer andre kundſchafft ſucht, der wagt es ſehr verwegen;
Drum ſey dein hertze ſtets dem himmel zugeſellt.
Die liebe gegen all und iede menſchen uͤben,
Steht Chriſtlich; doch zu viel gemeinſchafft iſt nicht gut.
Man kan die bruͤder auch in ſeiner kammer lieben,
Jndem man vor ihr heyl bitt und gebete thut.
Ein mann, der in der fern als eine ſonne ſcheinet,
Verliehret in der naͤh offt allen glantz und ſchein;
Denn was der kluge mund gleich auszurichten meynet,
Das reiſſen meiſtentheils die fremden ſitten ein.
Das neunte capitel.
GEhorſam leben iſt weit ſichrer, als befehlen:
Denn unterthaͤnig ſeyn iſt kein geringes gut;
Wie -287Vermiſchte Gedichte.
Wiewol die wenigſten nach dieſer regel wehlen,
Weil das gehorſams-joch dem fleiſche bange thut.
Drum dient der groͤſte theil aus noth und nicht aus liebe;
Doch wer die ſanffte laſt nicht ohne murren traͤgt,
Der hat ihm, wenn er ſich ſchon vor verdruß begruͤbe,
Nur eine groͤßre buͤrd auf ſeinen hals gelegt.
Drum lerne durch den Geiſt des fleiſches hoffart ſtillen,
Sonſt uͤbergiebſt du dich der aͤrgſten tyranney;
Denn wo das hertze nicht ſich um des Hoͤchſten willen
Freymuͤthig unterwirfft, ſo wirſt du niemals frey.
Glaubſt du es aber nicht, ſo lerne mit verlierung
Der allzutheuren zeit, was hier dein auge lieſt;
Und ſage mir alsdenn, ob auſſer der regierung,
Die uns in Chriſto fuͤhrt, die ruh zu finden iſt.
Der eingebildte wahn hat ihrer viel betrogen,
Denn die zufriedenheit liegt an dem orte nicht:
Ein tugendhaffter mann ruht zwiſchen well und wogen,
Wenn einem thoren auch in hafen ruh gebricht.
Es iſt wol, leyder! wahr, daß ieder ſeinen willen
Und eigenſinn allein vor ſeinen herrn erkennt;
Was die begierde ſagt, das muß die hand erfuͤllen,
Und wer das ſtrafen will, der wird ein feind genennt.
Doch wo wir GOttes ehr und unſre wohlfahrt ſuchen,
So muß die eigenheit nicht unſer abgott ſeyn.
Ach lerne, lieber menſch! den eigenſinn verfluchen,
Und raͤume, was du kanſt, des friedens wege ein.
Denn wo iſt ſolch ein menſch, der alles ausſtudiret,
Und der in dieſer welt nichts mehr zu lernen hat?
Wer ihm alleine glaubt, wird insgemein verfuͤhret:
Wer ſicher gehen will, ſucht auch bey andern rath.
Jſt deine meynung gut, und dein gehorſam hertze
Schlaͤgt ſie aus Gottes rath und antrieb in den wind,
So glaube, daß dein geiſt nach uͤberſtandnem ſchmertze
Vor das vermeynte gut das hoͤchſte gut gewinnt.
Wer andern rath ertheilt, geht lange nicht ſo ſicher,
Als der ſich rathen laͤſt, wie die erfahrung zeigt.
Zucht und gehorſam macht viel kluͤger, als viel buͤcher,
Weil Gott den niedrigen nichts heilſames verſchweigt.
Drum288Leanders aus Schleſten
Drum folg und lerne dich in den gehorſam ſchicken:
Gewoͤhne die vernunfft zur unterthaͤnigkeit,
Und laß ben eigenſinn dir nicht das ziel verruͤcken,
Den frechen eigenſinn, den uns der HErr verbeut.
Man mag bisweilen wol gar gute ſchluͤſſe faſſen;
Doch widerſpenſtig ſeyn, und als ein ſtoͤrrig holtz
Von treuen fuͤhrern ſich zu nichts bewegen laſſen
Heißt bey verſtaͤndigen nur unverſtand und ſtoltz.
Das zehnte capitel.
ENtfleuch der eitelkeit des irrdiſchen getuͤmmels,
Und meide, wie du kanſt, die haͤndel dieſer welt!
Denn man vergißt dabey gemeiniglich des himmels,
Ob man gleich ſein geſpraͤch in lautrer einfalt haͤlt.
Wenn wir der eitelkeit ſchon unſre worte ſchencken,
So ſpielet ſie ſich leicht auch in die thaten ein,
Und alſo koͤnnen wir, eh wir daran gedencken,
Des Satans und der welt leib-eigne ſclaven ſeyn.
Jch ſprach offt bey mir ſelbſt: Ach haͤtteſt du geſchwiegen,
Und von den menſchen dich in eine wuͤſt entfernt!
Was findet doch ein menſch im ſchwatzen vor vergnuͤgen,
Das man mit ſo viel angſt, muͤh und gefahr erlernt.
Das macht es, daß wir uns ſo gerne troͤſten laſſen,
Und unſrer creutzigung bald uͤberdruͤßig ſind.
Es meynt der ſchwache geiſt ſich wiederum zu faſſen,
So bald ein lieber mund ſich aufzuthun beginnt.
Wir reden allzugern von dingen, die wir lieben,
Und klagen, daß wir nur auf dorn und diſteln ruhn,
Damit wir unſern freund durch unſer ach betruͤben.
Ach daß wir menſchen doch ſo unvernuͤnfftig thun!
Der aͤuſerliche troſt iſt uns gewiß nichts nuͤtze,
Er haͤlt vielmehr die krafft des innern troſtes auf:
Drum, ſeele! wache, bet und daͤmpffe deine hitze;
Du weiſt, die theure zeit hat einen ſchnellen lauff.
Befiehlt dir deine pflicht, das ſchweigen aufzuheben,
So ſiehe, daß dein mund klug und behutſam ſey:
Ein289Vermiſchte Gedichte.
Ein wohlerwogner ſpruch kan großen nutzen geben,
Und ein gelindes wort legt manches uͤbel bey.
Daß man die zunge nicht ſo, wie man ſoll, bewahret,
Und manchmal uͤber ſie bis in die hoͤlle faͤllt;
Das thut die ſicherheit, daß man ſich nichts befahret,
Ob gleich der feind ſein garn uns vor den augen ſtellt.
Drum ſiehe dich wohl vor! und ſchweigſt du ſchon zu zeiten,
So laß doch deinen mund nicht unaufhoͤrlich ruhn;
Weil geiſtliche geſpraͤch und reden unter leuten,
Die gleiches ſinnes ſind, viel zur erbauung thun.
Das eilffte capitel.
WJlſt du dein ſchwaches hertz in wahrem friede ſtaͤrcken;
So uͤberwirff dich nicht mit andrer leute wercken.
Denn was ein fremder thut, geht dich ohndem nicht an.
Wer ſeinen vorwitz nicht im zaume halten kan,
Und ſich in ſorgen miſcht, die ſinn und geiſt zerſtreuen,
Wie ſoll der himmel den mit langer ruh erfreuen,
An die er wenig denckt? Es bleibet wol dabey:
Daß niemand ſeliger, als ein gemuͤthe ſey,
Das vor der ſtoltzen welt zwar tief verborgen lieget,
Doch in der ſtille ſich mit ſeinem GOtt vergnuͤget,
Und in der einfalt bleibt. O einfalt! theurer ſchatz!
Wo du das hertze fuͤllſt, da nimmt der friede platz.
Was hat den heiligen in finſtren wuͤſteneyen,
Wo keine reitzungen den aͤuſern ſinn erfreuen,
Das ungemeine licht geheimer ding entdeckt?
Nichts, als der ernſte fleiß, den ſie daran geſtreckt,
Sich aller luͤſternheit des fleiſches zu entſchlagen,
Und der begierden ſchwarm aus ihrer bruſt zu jagen,
Der allen frieden ſtoͤrt. Verwundrungs-werther fleiß!
Von dem man in der welt itzt, leyder! wenig weiß!
Jndem wir allzuviel nach fremden dingen gaffen,
So eitel ſie auch ſind. Wer iſt, der ſich rechtſchaffen
Zur beſſerung entſchleuſt, und unablaͤßig kaͤmpfft,
Bis er die ſchlangen-zucht der wilden luͤſte daͤmpfft?
Hofm. w. V. Th. TEs290Leanders aus Schleſien
Es iſt kein eifer da, der unſern muth entzuͤnde,
Man fiegt in langer zeit kaum uͤber eine ſuͤnde,
Und alſo kommen wir auch niemals an das ziel.
Wer in geheimniſſen verſtaͤndig werden will,
Der muß der bosheit wuſt erſt aus dem hertzen raͤumen;
Allein, ſo lange wir mit der verleugnung ſaͤumen,
Und voll begierden ſind, ſo wird gewiß nichts draus;
Denn GOttes ſtimm und licht ſucht nur ein einſam haus,
Wo alles ſauber iſt, und keine Teufel ſchwermen.
Die groͤſte hinderniß entſtehet aus dem lermen,
Den vorwitz, neid und luſt im ſeelen-grunde macht.
Wie herrlich wuͤrd es doch uns allen eingebracht,
Wenn wir uns nach und nach von dem geraͤuſch entfernten,
Und in der ſtrengen zucht den vaͤtern folgen lernten,
Die bis aufs blut gekaͤmpfft, und keine muͤh geſcheut;
So aber darff die lufft der widerwaͤrtigkeit
Nur nicht mehr ſanffte gehn, ſo fallen wir ſchon nieder,
Und wenden voller angſt die zarten augen-lieder
Auf eitlen menſchen-troſt. Ach! warum ſtehn wir nicht
Als Helden, derer muth kein ſturm der feinde bricht?
Wir wuͤrden, hielten wir nur hurtig aus, bald mercken,
Wie wunderbar der HErr ſein treues volck zu ſtaͤrcken
Und zu vertreten weiß. Denn der uns in den ſtreit
Und vor die feinde ſtellt, die voller grauſamkeit
Auf unſre ſeele gehn, will nicht, daß wir verzagen;
Nein! ſondern daß wir ſie friſch aus dem felde ſchlagen;
Und triumphirer ſeyn. Der iſt kein krieges-mann,
Der einen pantzer traͤngt, wenn er nicht fechten kan.
Es braucht geringe kunſt, ſich einen Chriſten nennen,
Und mit dem munde ſich zur creutzes-fahn bekennen,
Vor der das hertze flieht. Vor dem altare knien,
Und einen rauhen ſack an ſeine lenden ziehn:
Des jahres ſieben mal zu GOttes tiſche treten,
Und wie viel ſtunden lang das Pater noſter beten:
Durch hunger und durch durſt das wilde fleiſch caſtey’n;
Ein feind der gaſt-gebot und complimenten ſeyn:
Kein frauenzimmer ſehn: den kopff zur erden hengen:
Stets mit der bihel gehn: mit heiligen gefaͤngen
Sich291Vermiſchte Gedichte.
Sich tag und nacht bemuͤhn, heiſt noch kein Chriſtenthum.
Jn ceremonien ſucht nur ein heuchler ruhm.
Setz ich den gottesdienſt in aͤuſerliche dinge,
So iſt die andacht aus; ſo halt ich GOtt geringe;
Jndem ich ihn allein mit huͤlſen ſpeiſen will,
Da ihm der kern gehoͤrt. Es iſt kein kinderſpiel,
Ein wahrer Chriſt zu ſeyn: Man muß es erſtlich meynen,
Und ohne heuchelwerck vor ſeinem GOtt erſcheinen,
Der auf das hertze ſieht, und keinen friede giebt,
Als wo man ſeinen Geiſt in reiner einfalt liebt.
Drum auf! laſt uns die axt gleich an die wurtzel ſetzen;
Des glaubens blanckes ſchwerdt auf die begierden wetzen;
Und fechten, bis der feind, der uns ſo ſcharff bekriegt,
Und ſo viel unruh macht, tod vor den fuͤßen liegt.
Man uͤberwirfft ſich zwar mit vielen ſuͤnden-buͤrden,
Doch wenn wir alle jahr nur einer ledig wuͤrden,
So koͤnten wir der laſt einſt uͤberhoben ſeyn.
Stimmt auch der fortgang nur mit unſerm anfang ein,
Das ende wuͤrde ſich ſo lange nicht verweilen;
Allein ſo hitzig wir zum erſten angriff eilen,
So ſchlaͤffrig fahren wir in der bekehrung fort.
Wem vor dem ruder graut, ſchifft langſam an den port.
Man muß die haͤnde nicht im wercke ſincken laſſen,
Das hertze mit geduld, den geiſt in hoffnung faſſen,
So nimmt die beſſerung im glauben taͤglich zu:
Wie wenig eifert man itzt um die ſeelen-ruh!
Wenn unſre flammen nur nicht gantz und gar erkalten,
Und etwa einen ſtrahl der erſten brunſt behalten,
So heißt es ſchon genug. Wo iſt ein rechter muth,
Der bis ans ende daurt? Jſt dein beginnen gut,
Und ernſt zum kampffe da, ſo koͤnnen die beſchwerden,
So wichtig als ſie ſind, nicht unertraͤglich werden,
Wenn nur ein tapffrer ſinn den vorſatz unterſtuͤtzt,
Der ſich nichts ſchrecken laͤſt, weil ihn der himmel ſchuͤtzt.
Scheint dir es allzuſchwer, dich anders zu gewoͤhnen?
So dencke: Was der kampff, und was vor muͤh und thraͤnen
Man zur vollkommenheit der ſelbſt-verlaͤugnung braucht.
Wer der begierden brand ſchon taͤglich untertaucht,
T 2Er -292Leanders aus Schleſien
Erſaͤufft ſie dennoch kaum. Wer aber kleine ſachen
Nicht uͤberwinden lernt, was will er endlich machen,
Wenn es ans große koͤmmt. Ach widerſteh der luſt,
Eh ſie zum laſter wird; und halte ſinn und bruſt
Von aller unart ab: Denn wer dergleichen ſchuaten
Zur wurtzel kommen laͤſt, der hat ſich ſchlecht berathen.
O menſch! bedenck es doch, und ſchau der erden ſand
Nicht mehr vor perlen an. Verwirff den leeren tand,
Damit dich Satan ſonſt in labyrinthe fuͤhret;
Trittſt du nun an den kampff, und thuſt was dir gebuͤhret;
So werden engel, GOtt, und menſchen ſich erfreun,
Und dir ein ieder tag ein ſchritt zum friede ſeyn.
Das zwoͤlffte capitel.
1.
WOhl uns, wenn creutz und angſt uns in die ſchule fuͤhren!
Denn alſo lernet man fein in ſich ſelber gehn.
Wie uͤbel duͤrfft es itzt um dem Manaſſe ſtehn;
Haͤtt ihn der Hoͤchſte nicht durch ſo viel jammer-thuͤren
Zur buß, und durch die buß aus der verdammten nacht
Der hoͤllen, an das licht der ſeeligkeit gebracht.
2.
Jm gluͤcke wird der menſch ſein elend ſelten inne:
Man ſieht der erden ſchaͤtz als unvergaͤnglich an;
Daͤmpfft aber creutz und pein den vorgefaßten wahn,
So ſieht man ſonnen-klar: die welt ſey eine ſpinne,
Die falſch gewebe wirckt, ihr himmelreich ein traum,
Und unſer hoffnungs-grund ein leichter meeres-ſchaum.
3.
Es iſt ſehr gut fuͤr uns, wenn manchmal rohe leute
Jhr falſches laͤſter-gifft auf unſre tugend ſpeyn.
Der ehrgeitz niſtet ſonſt leicht in den hertzen ein.
So aber tragen wir der demuth gold zur beute,
Von293Vermiſchte Gedichte.
Von der verlaͤumdung weg. So iſt ein bittrer feind
Uns manchmal nuͤtzlicher, als ein geneigter freund.
4.
Die unverdiente ſchmach verſetzet durch ihr ſtuͤrmen
Des eyfers lauen trieb in eine volle glut:
Denn wenn uns alle welt gewalt und unrecht thut,
Und niemand reden will, die unſchuld zu beſchirmen;
So nimmt man GOtt allein, der alles ſehen kan,
Und unſer hertze kennt, zu ſeinem zeugen an.
5.
Ach! daß wir uns nicht gantz in GOttes ſchutz begeben
Und in die einſamkeit des ſichren felſens fliehn!
So wuͤrden wir uns nicht um menſchen-troſt bemuͤhn,
Und mit den lippen noch an faulen pfuͤtzen kleben.
Weil da der lebens-brunn aus offnen fieinen qvillt,
Und den empfundnen durſt der duͤrre ſeele ſtillt.
6.
Jndeſſen laͤſt ſich doch die gnade nicht ermuͤden,
Bis das gemuͤthe ſich ihr voͤllig uͤbergiebt;
Denn wer aus ſchwachheit noch die creaturen liebt,
Dem nimmt ſie unverſehns den aͤuſerlichen frieden,
Und was der arme menſch zu ſeinem troſt erkieſt;
Dann ſieht der arme menſch, daß alles eitel iſt.
7.
Denn giebt er gerne zu, daß auſſer GOttes guͤte
Kein brunn des friedens iſt. Dann leidet er, und ſchreyt
Mit brennnender begierd: O geiſt der ewigkeit!
Wenn iſt es aus mit mir? Wenn werd ich einſt die huͤtte
Des leibes, und der angſt des eitlen lebens los?
Ach komm und nimm mich auf in deine frieden-ſchoos!
T 3Aria294Leanders aus Schleſien
Aria Von der hoffnung.
1.
WAs beginnt ihr? ihr gedancken!
Sollen eure finſtre ſchrancken
Lauter labyrinthe ſeyn?
Knuͤpfft ihr nichts, als zweiffels-knoten?
Nein, ach nein! mit dieſen noten
Stimmt mein hertze gar nicht ein.
2.
Jch will hoffen; ob die ſternen
Sich gleich itzt von mir entfernen,
Und nicht ſcheinen, wie ich will.
Die geduld kan alles beugen:
Offt bringt ein gelaßnes ſchweigen
Uns am beſten an das ziel.
3.
Darum weicht, ihr phantaſien!
Euer aͤngſtliches bemuͤhen
Schifft auf lauter Syrten zu.
Nur beſtaͤndigkeit, mein hertze!
Steiffer hoffnung lichte kertze
Zeigt die beſte bahn zur ruh!
4.
Laß die wilden wellen toben,
Schwimmt dein ſchiff doch immer oben!
Jſt dein ancker doch noch gantz.
Auf den ſtillen wohlluſt-baͤthen,
Wo wir ſanfft und ſicher treten,
Croͤnet uns kein ſieges-crantz.
5.
Fuͤrchteſt du dich fuͤr dem ſtranden:
Hoffnung macht niemals zu ſchanden /
Wenn295Vermiſchte Gedichte.
Wenn ſie nur vernunfft regiert.
Manchmal wird ein leichter nachen
Unter klippen, ſturm und krachen
Jn den ſichern port gefuͤhrt.
6.
Muſcheln oͤffnen ihre ſchaalen,
Bis das licht der morgen-ſtrahlen
Sie mit glantz und thau erfuͤllt.
Zeit und witz kan perlen fangen
Und ein ruhiges verlangen
Bleibt gewiß nicht ungeſtillt.
Aria Von der geduld.
1.
GEtroſt, mein geiſt! wenn ſturm und donner draͤuen.
Die ungeduld haͤlt keinen ab.
Ein gleicher ſinn kan ſich beſtaͤndig freuen.
Die angſt iſt ein lebendig grab.
Und ein allzuharter mund
Wird endlich auch von einem kuſſe wund.
2.
Laß haß und neid, laß die verleumbdung blitzeu;
Die unſchuld bleidet unverletzt.
So lange ſie geduld und tugend ſchuͤtzen,
So wird der pfeil umſonſt gewetzt.
Denn der wahrheit klarer ſchein
Wird doch einmal der falſchheit dampff zerſtrean.
3.
Aus ungeduld ſein eigen hertze freſſen;
Heiſt wider ſich zu felde gehn.
T 4Es296Leanders aus Schleſien
Es muß der menſch nicht ſeiner ſelbſt vergeſſen,
Und auf des feindes ſeite ſtehn.
Denn welch ſchiffer fuͤhrt den kahn
Mit eignem fleiß auf ſand und klippen an?
4.
Verzweifflung daͤmpfft ohndem kein ungeluͤcke:
Sie ſieht durch ein vergroͤßrungs-glas:
Sie macht ein haar zu einem henckers-ſtricke,
Und kennet weder ziel noch maaß.
Die geduld muß hier allein
Der ſeele luſt und unſre zuſlucht ſeyn.
5.
Jch will den geiſt nur in geduld erhalten:
Die wetter muͤſſen doch vergehn,
Und ſolten ſich auch erd und abgrund ſpalten;
So bleibt gleichwol der himmel ſtehn.
Jſt der himmel nun noch da,
So ſeh ich mich noch keinem falle nah.
6.
Was will ich mich nun in der angſt verliehren?
Mein feind verdient die ehre nicht:
Es kan ſein gifft nicht an mein hertze ruͤhren,
Weil mir der himmel ſchutz verſpricht.
Leid ich gleich ohn alle ſchuld;
So leid ich doch mit ruhiger geduld.
Gemiſchte Betrachtungen, Meiſt aus dem frantzoͤſiſchen der Mad. des Houlieres.
KLagſt du, o menſch! den tod, wenn er zum hertzen drin -
get,
Der uͤbereilung an, ſo kennft du ihn noch nicht:
Er297Vermiſchte Gedichte.
Er kommt mit dir zur welt; Das allererſte licht
Schleppt ſeinen ſchatten nach: Sein arm, der alles zwinget,
Macht, daß dein hochmuth ihm beſtaͤndig zinſen muß.
Der menſch hat, eh er ſtirbt, zu ſterben angefangen:
Der letzte ſtos, wodurch wir in die grufft gelangen,
Jſt wahrlich nicht der tod; es iſt nur ſein beſchluß.
**
AUswuͤrffe der natur! ihr unbeſeelten ſtuͤcke,
Jſt euer gluͤcke nicht des groͤſten neides werth?
Die zeit, die alles ſonſt verſchlimmert und verzehrt,
Erwirbet euch, nicht uns, das ſchaͤtzbarſte geluͤcke.
Was hebt man theurer auf, als einen alten ſtein?
Der ſchnelle wandrer bleibt bey ſchutt und grauſe ſtehen:
Ein halb vermodert bild laͤſt ihn ſo bald nicht gehen;
Und unſer alter traͤgt nichts als verachtung ein.
**
WAs hilfft der hohe witz, damit dein ehrgeitz ſtutzet?
Geſetzt, daß du, o menſch! der kluͤffte grund durch -
rennſt,
Die kraͤffte der natur, der laͤnder ſitten kennſt,
Und alles inne haſt, was großen hoͤfen nutzet.
Geſetzt: daß dein verſtand biß in den himmel ſteigt,
Und in der monden-welt die buͤrger kennen lernet;
Es bleibt die weisheit doch noch weit von dir entfernet,
Weil keine wiſſenſchafft dir deine thorheit zeigt.
**
DIe armuth bringt zwar angſt; doch hat ſie auch vergnuͤ -
get.
Jch gebe gerne zu: da, wo ſie eingekehrt,
Verbleibt kein ſchmeichler mehr: die ſtube wird geleert:
Luſt, pracht und anſehn flieht: was ſich zuvor geſchmieget,
T 5Em -298Leanders aus Schleſien
Empoͤrt ſich gegen den, der ferner nichts vermag:
Die perlen kehren ſich alsdenn in heiſſe thraͤnen;
Doch macht die armuth gleich noch ſo viel noth und ſehnen,
So legt ſie doch allein die wahren freund an tag.
**
DJe Floris weiß ſich viel, weil ſie die ſchoͤnheit zieret:
Und dieſer zierath iſt gleichwol kein wahres guth,
Weil der auf ſeinen grund ſo hoch gethuͤrmte muth
Wie ſchnee zu waſſer wird und nur verdruß gebiehret.
Die Floris heißt ja wol ein allerliebſtes kind;
Der buhler menge wuͤnſcht, daß ſie der himmel croͤne;
Allein die ſchoͤnen ſind nur wenig jahre ſchoͤne,
Dann kommt die lange zeit, da ſie es nicht mehr ſind.
**
OMenſch! du dummes thier, du gauckelſpiel des gluͤckes,
Und der geſetze knecht, ſo geitz und ſtoltz erdacht!
Weßwegen zitterſt du doch vor des todes macht,
Und wuͤrdigeſt das grab nicht eines ſteiffen blickes?
Du, dem das leben doch durchaus beſchwerlich faͤllt,
Verlaß den feigen ſinn, der deinen witz verblendet;
Und wiß: es iſt der ſtreich, der unſer leben endet,
So hart er immer ſcheint, der letzt in dieſer welt.
**
JHr helden! pralet nicht mit euren blut’gen ſiegen:
Es iſt ein ſchlechter ruhm, den man auf leichen baut.
Der faſt die halbe welt vor ſeinen fuͤßen ſchaut,
Muß offt vor einer hur auf ſeinen knien liegen.
Und reißt die wohlluſt nicht das ſchwerd aus ſeiner hand;
So muß er doch ſo wol, als feige memmen, ſterben.
Die ehre hilfft ihn nichts, ſo ſeine glieder erben,
Die faͤulnis ſetzt uns all in einen gleichen ſtand.
Ein299Vermiſchte Gedichte.
**
EJn Milo bruͤſtet ſich, denn er kan ochſen tragen:
Ein ſchwacher David ſtuͤrtzt den ſtaͤrckſten Goliath.
Dort geht ein elephant, der rieſen auf ſich hat.
Und wellen koͤnnen auch Coloſſen niederſchlagen.
Was well und wind nicht kan, das thut der zeiten lauf.
Die weide, ſo ſich biegt, kan harte kiefern trutzen;
Doch wenn die weiden ſchon mit ſchlancken zweigen ſtutzen,
So reibt ſie doch die glut ſo wol, als kiefern, auf.
**
WEiß man die danckbarkeit nicht uͤberall zu loben?
Jndeſſen laͤſt ſie ſich an wenig orten ſehn.
So lange Damons wind in deine ſegel wehn,
Und du noch hoffnung haſt, wird jener ſtets erhoben.
Haſt du die wohlthat weg, ſo mag er ewig ruhn:
So will kein Criton mehr ſich, wie vorhin beqvemen.
Was du dich nicht geſchaͤmt vom Damon anzunehmen,
Das ſchaͤmſt du dich hernach ihm wieder anzuthun.
**
DJe eigenlieb iſt doch die allerduͤmmſte liebe!
Und dennoch opffert ihr ſelbſt die gelehrte welt.
Wohl dieſem, dem das lob der ſchmeichler nicht gefaͤllt!
Ach wenn doch Barbon nicht noch laͤnger buͤcher ſchriebe!
Er iſt zu arm an witz; Kurtz: er iſt gar nicht klug.
An reichthum fehlt ihm nichts, GOtt hat ihm viel beſchieden;
Jnzwiſchen iſt der narr mit dieſem ſchlecht zufrieden,
An jenem aber hat ſein hertze gar genug.
**
DU biſt nicht mehr ſo geil, drum willſt du heilig heiſſen:
Drum denckſt du bey dir ſelbſt: nun hab ich mich be -
kehrt;
Nun300Leanders aus Schleſien
Nun witz und tugend mir der keuſchdeit ſchatz gewehrt,
Den ſoll kein liebes-blitz mir aus dem hertzen reiſſen.
Denck aber nicht zu viel, dein dencken iſt ein wahn.
Dein hochmuth, den du liebſt, laͤſt dich es nicht erwegen;
Denn dieſer ſucht in dir der tugend beyzulegen,
Was doch des alters macht und nicht dein witz gethan.
**
MAcht mir nicht ſo ein werck aus den verdorbnen Heyden,
So ihnen ohne furcht das leben abgekuͤrtzt:
Sie hatten, da ſie ſich ſelbſt in den tod geſtuͤrtzt,
Jn dieſem leben noch viel ungemach zu leiden.
Das leben hatte dann nichts ſuͤßes mehr vor ſie:
Ein tod war leidlicher als tauſend auszuſtehen.
Jm ungeluͤcke nicht aus ungeduld vergehen,
Jſt ſchwerer, als der tod; der koſtet ſchlechte muͤh.
**
DJe pyramiden ſtehn offt mehr als tauſend jahre:
Der arme menſch lebt nicht den zehnden theil davon,
Jndeſſen iſt er doch, wie ſie, ein erden-ſohn.
Ein nichts legt ſeinen leib in kurtzem auf die bahre;
Und jene reißt kein ſtreit der elementen ein.
Hat GOttes ebenbild ſo wenig krafft und ſtaͤrcke?
Kommt, weiſen! und erſtaunt, dieweil des Hoͤchſten wercke
Weit, weit gebrechlicher, als menſchen wercke ſeyn.
**
WAs ſucheſt du, o menſch! mit der vernunfft zu prangen?
Jch weiß, man nennet ſie das allerbeſte guth.
Jch aber ſchaue nicht, was ſie uns gutes thut.
Wenn wir, als kinder, noch an mutter-bruͤſten hangen,
So301Vermiſchte Gedichte.
So iſt ſie ſelbſt ein kind. Kommt denn die juͤnglingſchafft,
So tantzet die vernunfft nach ſchnoͤder luͤſte willen.
Jm alter plaget ſie den kopff mit ſorg und grillen,
Und endlich wird ſie noch vor uns hinweggerafft.
**
ES ſchmeckt nach eigenſinn, nicht aber nach verſtande,
Wenn man die thoren nicht vor augen leiden kan.
Ein Phariſaͤer nimmt zwar keinen ſuͤnder an:
Wer nicht ſo denckt, wie er, den wuͤnſcht er aus dem lande;
Doch wer verſtaͤndig iſt, flieht ihren umgang nicht,
So koͤnnen ſie von ihm, er auch von ihnen lernen.
Wer von den thoren ſich beſtaͤndig will entfernen,
Der ſeh erſt, daß er ſich vor ſeiner ſelbſt entbricht.
**
WEr ſeine lebens-zeit zu keinem menſchen kommen:
Die jahre dem Homer und Priſcian geſchenckt:
Jrrt, wenn er in der welt ſo fortzukommen denckt.
Wer hat an ſeinen hof pedanten aufgenommen?
Ein ignorante zeigt: (wenn er zu leben weiß)
Der umgang mit der welt mit etwas witz und glimpffe
Behalte, dem Latein und Griechiſchen zum ſchimpffe,
Was gluͤck und nutz betrifft, noch allezeit den preiß.
**
DRum bleib, Orbilius! wo du bisher geweſen,
Und wage dich ja nicht in die galante welt:
Du redeſt nicht was ihr, ſie nicht, was dir gefaͤllt.
Was ſucheſt du ihr denn was ſchoͤnes vorzuleſen.
Was jener Frantzmann ſagt, iſt wol ein wahres wort:
Gelehrte, welche nie aus ihrer kammer weichen,
Sind (fuͤchſe! merckt es doch!) geſpenſtern zu vergleichen.
Wo dieſe ſpuͤcken gehn, da rennet alles fort.
Der302Leanders aus Schleſien
**
DEr menſchliche verſtand hat allzuenge grentzen:
So lang er auch ſtudiert, ſo ſcharff er immer iſt,
So hat er dennoch nie den feſten grund erkieſt;
Es will der wahrheit licht in dieſer nacht nicht glaͤntzen.
Die rarſte wiſſenſchafft, ſo wie cometen ſternt,
Jſt weit gefaͤhrlicher, als wenn man nichts ſtudieret.
Die tieffen labyrinth, in welche ſie uns fuͤhret,
Sind zeugen, daß ſie uns offt nichts als zweiffeln lernt.
Aria. Als ihm ſeine Daphne geſtorben. Leander.
1.
JHr vergnuͤgten ſtunden!
Wo ſeyd, wo ſeyd ihr hin?
Ach ihr bleibt verſchwunden,
Nun ich verlaſſen bin.
Meinen Schatz, ach herbe noth!
Umfaßt der kalte tod.
2.
Fließt, ihr milden thraͤnen!
Mein Schatz iſt ihrer werth.
Zeigt das bange ſehnen,
So mich itzund verzehrt:
Zeigt, daß meine lieb und tren
Noch ungeſtorben ſey.
3.
Was mich nie betruͤbet,
Macht mich nun ſtets betruͤbt,
Was mich treu geliebet,
Und ich auch treu geliebt,
Stirbt303Vermiſchte Gedichte.
Stirbt dahin, und meine luſt
Zugleich in meiner bruſt.
4.
Flieht, ach flieht, ihr ſtunden!
Jch bin des lebens ſatt,
Weil vor meine wunden
Es hier kein pflaſter hat.
Denn der troſt, ſo mir gefaͤllt,
Jſt nicht mehr in der welt.
5.
Daphne kommt nicht wieder,
Drum eil ich itzt zu ihr.
Tragt, betruͤbte lieder!
Jhr dieſen vorſatz fuͤr.
Macht, daß ſie aus ihrer grufft
Dem treuen Damon rufft.
6.
Liebſte grabes-hoͤle,
Eroͤffne dich vor mich!
So zieht Daphnens ſeele
Die meinige zu ſich.
Durch den tod kan ich allein
Bald wieder bey ihr ſeyn.
Als Damon abſchied von ihm ge - nommen hatte.
1.
NUn iſt mein vergnuͤgen
Mit meinem Damon hin!
Denn bey thraͤnen-kruͤgen
Erqvicket ſich kein ſinn,
Ein304Leanders aus Schleſien
Ein von uns entfernter freund
Wird billich ſtets beweint.
2.
Alles ſcheinet truͤbe,
Wo uns das licht gebricht:
Und entfernte liebe
Vergnuͤgt die freunde nicht.
Thyrſis ſitzt nun gantz allein,
Wie kan er froͤlich ſeyn?
3.
Schmeckt auch eine pfeiffe,
Wenn man ſie einſam raucht?
Wenn ich ſie ergreiffe,
So wird ja wol geſchmaucht;
Doch ſie iſt kaum angebrannt,
So faͤllt ſie aus der hand.
4.
Holde morgen-ſtunden!
Jhr ſeyd mir lauter nacht.
Damon iſt verſchwunden,
Der euch beliebt gemacht;
Damon, der ſo niedlich fang,
Wenn meine zitter klang.
5.
Jhr gewuͤnſchten naͤchte,
Seyd wie der rauch zerſtreut.
Wer euch wiederbraͤchte,
Daͤmpfft alle traurigkeit.
Aber dieſer hoffnung kind
Jſt lauter dunſt und wind.
6.
Daß doch freunde ſcheiden,
Die ſich ſo wohl begehn!
Darff305Vermiſchte Gedichte.
Darff kein ſchloß der freuden
Auf feſtem grunde ſtehn?
Nein! dieweil des himmels rath
Es ſo beſchloſſen hat.
7.
Damons angedencken
Soll noch mein leben ſeyn.
Laß mich alles kraͤncken;
Faͤllt mir nur Damon ein,
So iſt doch noch in der welt
Ein troſt, der mir gefaͤllt.
Poetiſcher brief-wechſel. Leander an Floretten.
JCh halte zwar mein wort, annehmliche Florette!
Es ſtellet ſich mein brief in tieffer demuth ein:
Allein die poeſie liegt gleichſam an der kette,
Die verſe wollen mir nicht recht gehorſam ſeyn.
Das macht, ich leb itzund an einem rauhen orte,
Wo nichts als herbe flut aus tieffen brunnen ſteigt,
Und kenne keine pracht, kein blumwerck netter worte,
Das ſich auf deinem mund als wie ein fruͤhling zeigt.
Jndeſſen ſchreib ich doch, weil du es ſelbſt befohlen.
Vielleichte wird mein geiſt durch deinen aufgeweckt.
Wer deine verſe lieſt, der kan ſich leicht erhohlen,
Weil lauter kern und ſafft in ſolchen ſchalen ſteckt.
Und darum freu ich mich ſchon auf dein antwort-ſchreiben;
Wo dieſe freude nicht allzu verwegen iſt.
Jedoch Florette laͤſt den hoffnungs-baum bekleiben,
Damit Leander einſt was auserleſnes lieſt.
Denn iſt man gleich bißher faſt uͤberfuͤllt geweſen,
Nachdem ein ieder Mops, den dichter-krantz begehrt,
So iſt der beſte vers, den ich bißher geleſen,
Doch nicht einmal ſo viel, als dein geringſter, werth:
Wofern dein hoher kiel auch iemals was geringes
Auf das papier geſetzt. Zum minſten iſt dein geiſt
Hofm. w. V. Th. UEin306Leanders aus Schleſien
Ein abgeſagter feind des abgeſchmackten dinges,
Womit der gaͤnſe ſchwarm den albern poͤvel ſpeiſt.
Was aber will ich viel an das geſchnatter dencken,
Da ich ein ſuͤßes lied von ſchwanen hoffen kan?
Denn wen die Muſen ſelbſt aus ihren brunnen traͤncken,
Der bringet allerdings nichts ſchlechtes auf die bahn.
Florett! ich zweiffle nicht, daß dich die Muſen lieben:
Jch weiß, was ich naͤchſthin von deiner hand geſehn.
Wenn Bav und Mevius dergleichen verſe ſchrieben,
So wuͤrde dem Parnaß ein großer dienſt geſchehn.
Und darum ſchaͤm ich mich, daß ich nicht beſſer ſchreibe,
Jndem mein ſchlechter brief nicht einen blick verdient,
Daß ich durchgehends nur ein leer geſchwaͤtze treibe,
Und als ein Phaeton mich allzu viel erkuͤhnt.
Diß eben dringt mich auch, ſo gut ich kan, zu ſchluͤſſen,
Denn der, ſo uͤbel ſchreibt, ſchreibt allezeit zu viel.
Laͤſt aber doch Florett ein antwort-ſchreiben flieſſen,
So glaube, daß ich es mit freuden kuͤſſen will.
Florette an Leandern.
LEander ſchreibt zu viel: er lobt mein niedrig dichten,
Und haͤlt ſein lauten-ſpiel nur einer leyer gleich;
Doch ſollt Apollo hier die gantze ſache ſchlichten,
Jch weiß, mein ſchwartzer brief wuͤrd augenblicklich bleich.
Jch ſag: er ſchaͤmte ſich; denn meine ſchwache feder
Kennt keinen adler nicht, der ſie getragen hat,
Sie wuchs vor kurtzer zeit aus ſchlechtem gaͤnſe-leder;
Drum ſchreibt Florette kahl, es weiſt es dieſes blat.
Gewiß, ich ſcheue mich die antwort aufzuſetzen,
Es faͤllt mir nicht ein wort, nicht eine ſylbe bey:
Jch wolte ſie zwar wol wie gold in marmel aͤtzen;
Allein es heiſt von mir: ſie ſagt nur einerley.
Leander koͤnteſt du mir hand und feder fuͤhren,
Jch weiß, ein iedes wort erweichte ſtahl und ſtein.
Die mauren wuͤrden ſelbſt den ſuͤßen thon verſpuͤren,
Und Orpheus muͤſte mir in demuth dienſtbar ſeyn.
Jedoch307Vermiſchte Gedichte.
Jedoch du kanſt nicht ſelbſt vor dich die antwort ſchreiben.
Man hoͤrt auch offtermals das kleine zeischen an.
Die nachtigall kan uns nicht ſtets die zeit vertreiben,
Drum ließ von meiner hand, was ich itzt reimen kan.
Soll ich hinfuͤhro mehr von deinen haͤnden leſen?
So glaube, daß mich diß gantz ungemein vergnuͤgt.
Jn deinen verſen zeigt ſich ein beſonders weſen,
Das unſre hertzen mehr als ertz und glantz beſiegt.
Leander ſchreibt von flut, von flut aus tieffen bruͤnnen;
Und ſpricht, die poeſie ſey darum bey ihm matt.
Was ſoll ich aber wol in einem hofe ſinnen,
Das nicht die eigenſchafft der harten ſteine hat?
Jedoch dein hoͤflich ſeyn nimmt gleichwol mit vor willen,
Seind ſchon die verſe nicht galant, beliebt, noch frey.
Jch wolte meine pflicht, ſo gut ich kan, erfuͤllen.
Nur, bitt ich, reiß den brief, als er verdient, entzwey.
Leander an Floretten.
JCh ſchreibe nicht zu viel, preißwuͤrdige Florette!
Dein auserleſner brief faͤllt meiner feder bey.
Apollo ſelber ſpricht: daß nichts ſo ſchoͤn und nette
Als dein beliebter vers, o andre Sapho! ſey.
Und darum darffſt du dich des dichtens gar nicht ſchaͤmen.
Die ſonne ſchaͤmet ſich der goldnen ſtrahlen nicht.
Jch aber moͤchte wol vom Pindus abſchied nehmen,
Weil meine ſchlechte fauſt doch keine lorbeer bricht.
Wenn auch ein adler mir ſchon ſeine federn ſchenckte,
So wuͤſt ich dennoch nicht, wie man ſie fuͤhren ſoll,
Weil ſie kein hoher geiſt, als wie der deine, lenckte.
Allein Florette ſchreibt mit ieder feder wohl.
Drum iſt es nichts als ſchertz, wenn deine Muſe klaget;
Daß ihr Leander nicht die hand im dichten fuͤhrt.
Denn was ſie von der krafft der ſuͤßen worte ſaget,
Jſt, glaub es nur, ein lob, ſo dir allein gebuͤhrt.
Jch weiß die ſteine nicht, wie Orpheus, zu bewegen,
Man ſieht ſie noch, wie vor, an ihrer ſtelle ſtehn.
U 2Und308Leanders aus Schleſien
Und koͤnten ſie ſich auch, bey meinem ſingen, regen,
Sie wuͤrden vor verdruß mir aus dem wege gehn.
Jndeſſen wilſt du doch, daß ich noch ferner dichte:
Und weil du ſo befiehlſt, ſo dicht ich, wie ich kan.
Denn ſchaͤmt ſich meine nacht ſchon vor dem hellen lichte,
So ſteht mir dennoch auch kein ungehorſam an.
Wiewol ich kan in dem dir nicht gehorſam leben,
Was deines briefes ſchluß von meiner hand begehrt.
Denn deine ſchreiben ſind nur wuͤrdig aufzuheben,
Leanders aber nichts als heiſſer flammen werth.
Leander an Floretten, als er lange zeit keinen vers von ihr geſehn.
FLorette! meine poeſie
Liegt allbereit in letzten zuͤgen.
Soll ſie nun nicht im grabe liegen,
So nimm dir, Schoͤnſte! doch die muͤh,
Sie von den nahen todes-ketten
Durch deine verſe zu erretten.
Florettens antwort.
LEanders kleiner brief iſt mir zu haͤnden kommen,
Leanders, welcher ſtets was nettes dichten kan.
Denn weil ein kluger geiſt bey dir den ſitz genommen,
So zeigt dein kleiner brief von dir was großes an.
Jedoch was ſchertzeſt du vom grab und letzten zuͤgen?
Was haͤlt’ſt du mich vor dir, ſo ich niemalen bin?
Sollt ich die aͤrtztin ſeyn, ſo muͤſteſt du erliegen,
Denn meiner verſe krafft ſinckt vor den deinen hin.
Und wilſt du ja hinfort noch an Floretten ſchreiben,
So ſinne ſelbſt was aus, wovon der inhalt ſey.
Mir will von meiner hand niemals ein brief bekleiben,
Es trage denn zuvor dein kiel die wuͤrckung bey.
Leanders309Vermiſchte Gedichte.
Leanders gegen-antwort. Sonnet.
LEanders poeſie lag auf dem krancken-bette,
Und ſann, nach ſchwanen art, ſchon auf ein ſterbe-lied:
Es drang der kalte ſchweiß faſt durch ein iedes glied:
Man wuſte keinen artzt, der ihr gerathen haͤtte.
Biß deine Muſe ſich, o himmliſche Florette!
Mit einer ſchnellen cur zu ihrem heil bemuͤht.
Denn als dein ſchreiben ihr kaum in die hand gerieth,
So brach, ich weiß nicht wie, Morbonens harte kette.
Der nebel, ſo bereits der augen licht umfieng.
Die kaͤlte, ſo ſich ſchon an hertz und adern hieng,
Verlohr ſich, als ein blitz, vor deinen ſchoͤnen verſen.
Komm nun, und leugne mehr, Florette! daß dein geiſt,
Der krancken Muſen hilfft und ſie dem grab entreißt,
Wie Phoͤbus, faͤhig ſey den Pindus zu beherrſchen.
An Floretten, da ſie ihm auflegte, eine arie von der hoffnung zu ver - fertigen.
LEanders hertze muß mit der verzweifflung ringen,
Weil ihm Florettens kiel kein wort zur antwort giebt.
Wie kan die Muſe nun, die ſich ſo tieff betruͤbt,
Ein angenehmes lied von ſuͤſſer hoffnung ſingen?
Florette an Leandern.
LEander ſolte mir zuvor von hoffnung ſingen,
Noch eh mein ſtumpffer kiel die antwort aufgeſetzt.
Denn eben dieſe koͤnt ihn zur
*Wegen meiner abgeſchmackten gedancken.
* verzweifflung bringen,
Und alſo wuͤrde ja mein hoffnungs-lied verletzt.
U 3Leanders310Leanders aus Schleſien
Leanders antwort.
DJe ausflucht iſt umſonſt; denn was Florette dencket,
Und zu papiere bringt, iſt allezeit galant.
Zwar wo ein bittrer ſchluß die ſuͤße liebe kraͤncket,
So bin ich allerdings zu herber angſt verbannt.
Jndeſſen darff ich doch nicht ungehorſam bleiben,
Drum nimm nunmehr das lied von deiner hoffnung an.
Und laß den zarten kiel nur ſo viel antwort ſchreiben,
Damit Leanders hertz auch etwas hoffen kan.
Seladon an Leandern.
SO nimm, Leander! hin, was ich im gruͤnen ſchreibe,
Jm gruͤnen, wo mich naͤchſt dein beyſeyn hat ergoͤtzt.
Und glaube: daß ich dir, wie ſonſt, verbunden bleibe,
Wenn dieſes ſchlechte blat dich in vergnuͤgung ſetzt.
Jch ſchaue nichts um mir, als blumen, gras und baͤume,
Du aber biſt entfernt, und doch betracht ich dich.
So iſts, wir ſchmeucheln uns durch angenehme traͤume,
Wie aber geht es dir? gedenckſt du auch an mich?
Gewiß, ich wuͤnſche dir ſo viel vergnuͤgte ſtunden,
Als jener große baum beliebte blaͤtter naͤhrt.
Du haſt den wermuth-ſafft ſchon allzu wohl empfunden,
Drum hoff auch, daß das gluͤck dir honigſeim beſchert.
Wohl dem, der ſich zuvor rechtſchaffen weiß zu ſchmiegen.
Zufriedenheit bleibt doch der edlen tugend lohn.
Und wie dieſelbe dich vollkommen wird vergnuͤgen;
So bleib ich unverruͤckt dein treuer Seladon.
Leanders antwort.
WEnn meine verſe nicht ſo ſuͤß als deine klingen,
So wiſſe, daß ich ſie in meinem bette ſchrieb.
Man hoͤrt die nachtigall in keiner kammer ſingen,
Sie hat nur gruͤne gaͤrt und roſenthaͤler lieb.
Jch311Vermiſchte Gedichte.
Jch ſchaue nichts hiervon. Doch ſchaut ich nur Floretten,
Und dich, mein Seladsn! ſo ſchaut ich ſchon genung.
Jch truͤge voller luſt die ſchweren ungluͤcks-ketten,
Und ſpuͤrte zweiffels-frey weit mehr beruhigung.
Jndeſſen troͤſtet mich doch euer angedencken.
Es hindert Seladon viel unmuth und verdruß.
Will das verhaͤngniß mich mit gall und myrrhen traͤncken,
So geb ich in der angſt Floretten einen kuß.
Wie ſollt ich armer ſonſt die bitterkeit verſuͤßen?
Jch weiß, Florette ſelbſt ſieht meiner kuͤhnheit nach.
Zum minſten heiſt kein recht vor die gedancken buͤſſen.
Weil auch wohl Joſeph ſich nicht ihrer gantz entbrach.
So unterhalt ich mich mein Seladon im geiſte.
Drum frage ja nicht mehr: Gedenckſt du auch an mich?
Jch wuͤſte keinen tag, da ich nicht zu dir reiſte.
Wer liebt, und reiſet nicht? ich aber liebe dich.
Jch liebe dich gewiß, und will dich ewig lieben,
Denn dieſe liebe ſoll mit mir zu grabe gehn.
Das gluͤcke mag an mir die ſchaͤrffſten waffen uͤben,
Kan ich nur allezeit in deiner freundſchafft ſtehn.
Du ſchreibſt: ich ſchaue nichts als blumen, gras und baͤume.
Ach freund! ich ſchaue noch kein angenehmes feld.
Jndeſſen fuͤhret mich dein vers auf ſuͤße traͤume,
Ob das verhaͤngniß mir gleich deinen wunſch vergaͤllt.
Und alſo ſieheſt du, was du vorlaͤngſt geleſen:
Leanders unſtern will ein fix-geſtirne ſeyn.
Doch wie die hoffnung noch niemals mein artzt geweſen,
So geht mir dieſer ſatz nicht eben bitter ein.
Jch bin es ſchon gewohnt den wermuth-ſafft zu ſchmecken;
Vielleichte dient er mir mehr als der honigſeim.
Die wohlluſt moͤchte zwar ſehr gerne zucker lecken,
Doch faͤllt ſie mit der zeit dem tod und grab anheim.
Das gluͤcke laͤſt ohndem ſich nicht durch murren zwingen,
Drum trag ich mit geduld, was ich nicht aͤndern kan.
Und will mein dornenpuſch mir keine roſen bringen,
So ſchau ich ſie gleichwol bey meinen freunden an.
Jch will, wie Socrates, aus ſchmertzen wohlluſt ſaugen.
Ein andrer hoff und ſchrey, biß er im grabe liegt.
U 4Wenn312Leanders aus Schleſien
Wenn meine verſe nur der ſchoͤnen ſchweſter taugen,
Und Seladon mich liebt; ſo bin ich ſchon vergnuͤgt.
Leander an Floretten, als ſie von ihm einen langen brief verlangt.
DU forderſt, Schoͤnes Kind! von mir ein langes ſchreiben,
Jch aber zweiffle ſehr, daß ich es lieffern kan.
Denn wer die poeſie ſo ſelten pflegt zu treiben,
Der bringt nach vieler muͤh kaum etwas auf die bahn.
Du haſt mir ohne dem die feder laͤngſt verſchnitten,
Nachdem ich dir nicht mehr von liebe ſchreiben darff.
Drum iſt Leanders kiel noch wohl bey dir gelidten,
So ſey ins kuͤnfftige nicht gegen ihn ſo ſcharff.
Jndeſſen weil du doch das harte ſchweigen brechen
Und deinen freund aufs neu mit briefen ehren wilft,
So laß die dornen nicht durch deine roſen ſtechen,
Damit du allezeit ſonſt deine ſchreiben fuͤllſt.
Es darff kein Oedipus dir dieſes raͤtzel loͤſen:
Dein ungemeiner witz geht tieffer als man denckt.
Gieb keinem argwohn platz, dieweil er nur durch boͤſen
Und nichtigen verdacht die zarte ſeele kraͤnckt.
Laß eher dieſen ſatz in ſeiner tieffe ſtecken,
Wofern er dunckel ſcheint, und ließ, was klaͤrer iſt.
Und darff mein vorwitz ſich biß auf dein thun erſtrecken,
So ſage: was itzund dein kluges auge lieſt.
Was macht die Clelia? ſpreugt ſie noch durch die Tyber?
Faͤllt dem Heſiodus kein deutſcher dichter ein?
Geht das beſchloßne Rom nicht an Porſennen uͤber?
Und wird Aruntius bald in dem hafen ſeyn?
Will Celer nicht einmal die ſuͤße ſchwermuth laſſen?
Schilt Bereliſens mund noch auf die untreu los?
Will denn Andronodor die einſamkeit umfaſſen?
Und macht Herminius nur ſtille flammen gros?
Was ſpricht Xenocrates? nennt er die ſanfften bande
Der liebe, nach wie vor, ein großes ungemach?
Wo313Vermiſchte Gedichte.
Wo bleibt der kluge riß von dem gelobten lande,
Das den Horatius ſo in die augen ſtach?
Florette laͤßt du mich nach dieſer carte reiſen,
Die Clelia ſo nett und ſinnreich aufgeſetzt,
So wirſt du mir den weg in einen hafen weiſen,
Da mich nach tieffer angſt die hoͤchſte luſt ergetzt.
Mißfaͤllt dir dieſer reim; ſo ſey er weggeſtrichen.
Jch ſuche keine luſt, die dir nicht auch beliebt.
Drum wend ich mich dahin, wovon ich abgewichen,
Und was dir, Werthes Licht! ſo viel vergnuͤgen giebt.
Spielt Diſon noch den mann? liebt Cimber noch verholen?
Dringt nicht ſein heiſſes ach durch Aramenens bruſt?
Jſt Elieſer ſchon der finſtern grufft befohlen?
Wie? oder hebt er ſich noch durch den todes-wuſt?
Was macht Stratonica? Soll ihr Seleucus ſterben?
Wird der verraͤther nicht bey zeiten eingebracht?
Und will Antiochus in ſtummer glut verderben,
Die ſonſt auch bloͤde kuͤhn, und todte lebend macht?
Sinnreicher zeit-vertreib! Gluͤckſeelige Florette!
Wie ruhig iſt dein ſtand! wie ſuͤß iſt dein genieß!
Bald fuͤhrt Arminius, bald Cimber dich zu bette,
Bald ſetzt ein ſchoͤner traum dich in das paradieß.
Genung! der geiſt entweicht; er will mich nicht mehr treiben.
Hier haſt du meinen brief. Ach richte nicht zu ſcharff!
Und ſoll ich kuͤnfftig mehr und laͤugre briefe ſchreiben;
So goͤnne, daß ich dir von liebe ſagen darff.
Florettens antwort.
JCh will Leandern nur mit fluͤcht’ger feder ſchreiben,
Weil Bereliſens hertz mir etwas fluͤchtig ſcheint.
Jch meyn, es war zu ſchwach, und pflegte bald zu glaͤuben,
Und darum war ſie auch vielleicht der untreu feind.
Waͤr aber ihre bruſt nicht allzu weich geweſen,
So doͤrfften wir auch itzt nicht ihre klagen leſen.
Wohl der, ſo demnach weiß, wie maͤnner-kreide ſchreibt,
Und daß der meiſten hertz ein wetter-han verbleibt.
Leanders314Leanders aus Schleſien
Leanders gegen-antwort.
WEr den geſchickten kiel ſo fluͤchtig weiß zu fuͤhren,
Zeigt, daß ſein hertze nicht gantz unbeweglich ſey.
Wiewol, Florette laͤſt mehr haͤrt als ſchwaͤche ſpuͤren,
Denn Berelis und du ſind gar nicht einerley.
Sie war ein weiches wachs, du wilſt dem marmel gleichen;
Doch zeit und regen hat auch marmel ausgehoͤlt.
Und endlich kan der menſch nicht aller regung weichen,
Weil ihn der himmel ſelbſt mit ihrer glut beſeelt.
Wer allzu leichte glaubt, geht freylich allzu ſicher.
Die hertzen ſtimmen nicht ſtets mit den lippen ein.
Die unbedachtſamkeit wuͤrckt lauter thraͤnen-tuͤcher,
Drum muß der klugheit licht der liebe leitſtern ſeyn.
Daß Ariadne ſich ſo bald verlaſſen ſchaute,
Und ehre, gluͤck und ruh an einen nagel hieng,
Das machte, weil ſie gleich der blinden regung traute,
Und nicht mit der vernunfft vorher zu rathe gieng.
Die wahre liebe geht nicht mit verbundnen augen,
Sie ſucht vor, eh ſie liebt, was liebens-wuͤrdig iſt.
Denn laͤßt einander ihm ſchon iede dirne taugen,
So hat Leander doch ein edler ziel erkieſt.
Es mag Florettens mund die wetter-haͤne ſchelten,
Sie wiſſe gantz genau, wie ihre kreide ſchreibt,
Die welt ſey ihrer voll; ich kan es nicht entgelten,
Weil mein magnet, wie vor, bey ſeinem pole bleibt.
Laͤſt eine Helena den Menelaus ſitzen,
Und ſtoͤſt Semiramis den Ninus in die grufft;
So kan doch jener ſchuld Alceſten nicht beſchmitzen,
Denn ihre liebe drang biß in die todes-klufft.
Das was cometen draͤun, den ſternen zuzuſchreiben
Waͤr allzu ungerecht, und kein erwogner ſchluß.
Mag doch Aeneas falſch, und Theſeus untreu bleiben;
Deßwegen haͤlt Aruntz und Cimber dennoch fuß.
Drum uͤbereil dich nicht, vernuͤnfftige Florette
Folg Aramenen nach und pruͤfe hertz und ſinn.
Die tugend iſt mein zug, dein witz iſt meine kette.
Dergleichen feſſel wirfft kein kluger leichtlich hin.
Du315Vermiſchte Gedichte.
Du wilſt den maͤnnern zwar nur untreu zu erkennen,
Und meyneſt: ihre glut ſey nur ein kurtzer ſchein;
Doch wenn die meiſten ſchon in falſchen flammen brennen,
So kan Leander doch treu und beſtaͤndig ſeyn.
Seladon an Leandern, als ihn die - ſer gefragt, was ihm in der Scudery ih - rer Clelia mißfallen.
MEin Freund! Heſiodus iſts, ſo mir nicht gefaͤllt,
Weil er kein einzig wort von deutſchen dichtern meldt;
Jnſonderheit weil er von dir nichts hat geſchrieben,
Und weil Leander iſt von ihm verſchwiegen blieben.
Jch aber will itzund weit beſſer prophezeyn:
Leander wird noch einſt ein großer dichter ſeyn.
Leander an den Seladon.
JCh zoͤrne darum nicht, daß dieſer Muſen-ſohn,
Als ihn des Phoͤbus geiſt ſo ungemein entzuͤcket,
Auf der geweihten hoͤh des edlen Heliron
Mich in der dichter-zunfft mit keinem aug erblicket;
Das aber aͤrgert mich, daß er dich uͤberſehn,
Und von Floretten ſelbſt aus neid nichts melden wollen.
Denn iſt es gleich, mein Freund! um deinen ſchluß geſchehn;
Jndem ich mit gewalt zum dichter werden ſollen;
So laͤſt Florette mich doch ſicher prophezeyn:
Sie werde Seudery, und du ihr bruder ſeyn.
Seladon an Leandern.
LEander bindet mich, drum ſchreib ich auch gebunden.
Er feſſelt mich mit gunſt, o ſuͤſſe dienſtbarkeit!
Jch kuͤß in wahrheit noch die angenehmen ſtunden,
Da dich mein auge ſah, wo aber iſt die zeit?
Sie316Leanders aus Schleſien
Sie iſt als wie ein fluß gantz unvermerckt entwichen.
Doch unſre liebe bleibt ſo feſt als helffenbein.
Und haſt du gleich mein hertz auf keinen ſtein geſtrichen,
Wird es doch bey der prob ein glantz der freundſchafft ſeyn.
Der bunte roſenthal iſt itzt mein ſchreibe-zimmer;
Die hand mein ſchreibe-tiſch, die dint ein bleyweiß-ſtifft.
Schreib ich nicht, wie ich will, ſo denck ich gleichwol immer:
Wenn meine feder nur Leanders fehler trifft.
Jedoch, was fehler! was? kan auch Leander fehlen?
Das, was er fehler nennt, iſt offtmals ein magnet.
Kein dieb kan ſo verſchmitzt, als er, die hertzen ſtehlen.
Er weis bald, welcher wind in unſre ſeegel geht.
Doch halt! ich ſchreib itzt nicht ſein bildniß abzudruͤcken,
Die farben wuͤrden mir auch nicht zu dienſte ſtehn.
Das, was ich will, kanſt du aus dieſer zeil erblicken.
Mag es Leandern noch vergnuͤgt und wohl ergehn?
So viel erlaubt die zeit. So viel iſt mein verlangen.
Drum ſchreibe bald, mein Freund! daß dich der himmel liebt.
Und hat er dich noch mehr zu lieben angefangen,
So glaub auch, daß er mir durch dich vergnuͤgung giebt.
Noch eins. Die nachtigall laͤſt gleich Leandern gruͤßen,
Und goͤnnet ihm, wie ſich, den ſitz der ſanfften ruh.
Jhr beyde, wenn ihr ſingt, koͤnnt unſern geiſt verſuͤßen:
Dir und der nachtigall hoͤr’ich am liebſten zu.
Leanders antwort an den Seladon.
DEin brief, den ich itzund auf meinem tiſche funden,
Dein brief, mein Seladon! den deine gunſt gemacht,
Hat meinen matten geiſt mit friſcher luſt umwunden,
Und ſtatt der worte mir nur roſen uͤberbracht.
Drum hab ich ihn auch gleich an meinen mund gedruͤcket,
Denn was ſo liebreich iſt, das muß gekuͤſſet ſeyn.
Allein ſo ſehr mich auch dein holder kiel erquicket,
So kan dein treuer mund mich doch weit mehr erfreun.
Gewiß,317Vermiſchte Gedichte.
Gewiß, es liegt die zeit mir immer in gedancken,
Da die vertrauligkeit mit uns ſpatzieren gieng:
Da der vergnuͤgte ſinn in einem gruͤnen ſchrancken
Der ſorgen ſchwere laſt gantz an den nagel hieng:
Da wir bey friſcher milch nicht kalte worte machten,
Und unſre liebe ſich nach wunſch und luſt beſprach:
Da wir bald an ein buch, bald an die Floris dachten;
Nun aber folget mir faſt nichts als unmuth nach.
Denn Seladon iſt weg, ich kan ihn nicht mehr ſchauen.
Er ſitzt im roſen-puſch, und wo Florette ſingt;
Jch aber lieg und geh in abgeſchiednen auen,
Da kein dergleichen lied vor meinen ohren klingt.
Jch kan der freyen lufft nicht ſo, wie du, genieſſen:
Bey truͤbem waſſer quillt kein tropffen reiner luſt.
Die verſe wollen auch nicht, wie die deinen, flieſſen.
Mehr ſag ich itzund nicht, es iſt dir vor bewuſt.
Was aber frageſt du: Kan auch Leander fehlen?
Ach ſtelle, wo du wilſt, die hohen lobſpruͤch ein.
Koͤnnt ich, ſo wie du ſchreibſt, die freyen hertzen ſiehlen,
Florettens wuͤrde laͤngſt in meinen haͤnden ſeyn.
Denn ließ ich wieſen, gaͤrt und alle waͤlder ſtehen;
Jch ſagte: Schatten, fluͤß und vogel gute nacht!
Und wuͤrde gantz vergnuͤgt in dieſes zimmer gehen,
Das mir des himmels hand zum paradieſe macht.
Den gruß, den du mir bringſt, der wird Floretten gelten,
Weil ſie der nachtigall im fingen gleiche geht.
Denn ihre liebligkeit will meine Muſe ſchelten,
Jndem ihr tieffer thon ſich nicht ſo hoch erhoͤht.
Es wuͤnſcht zwar Seladon Leandern viel vergnuͤgen;
Allein dein ſuͤßer wunſch verbleibet ohne frucht;
Denn meine liebe muß in lauter aͤngſten liegen,
Weil deine ſchweſter ſie ſtets zu ermorden ſucht.
Drum mache, daß ihr grimm nicht mein geluͤcke ſtoͤre.
Denn ihrer augen gunſt iſt meines hertzens ruh.
Ja mache, daß ich bald Floretten ſingen hoͤre:
Jhr und dem Seladon hoͤr ich am liebſten zu.
Regiſter

Regiſter Derer in dieſem fuͤnfften theil ent - haltenen gedichte.

A.

  • ACh blumen ſchoͤner art12
  • Ach bricht dein grimm den porcellan L. 252
  • Ach Daphne! hilff mir doch L. 242
  • Ach das ſcheint faſt zu viel D. V. A. 48
  • Ach, Floris! meine lieb iſt noch L. 247
  • Ach, Jona! laß dich doch erwecken G. L. 208
  • Ach, loſe Sylvia! ich habe laͤngſt L. 253
  • Ach, Sylvia! hoͤr auf zu ſpielen L. 256
  • Ach, Sylvia! wo fleuchſt du hin L. 226
  • Ach, waͤre noch bey uns59
  • Ach, Zephyr-winde! ſeyd bey Daphnen L. 246
  • Allzu geringe fauſt L. 228
  • Als Adam und Eva ſich furchtſam D. V. A. 45
  • Als ich und Chloris naͤchſt L. 240
  • Als, ſtrenge Sylvia L. 265
  • Als Thyrſis ſich den guckguck L. 260
  • Als unlaͤngſt eine zarte biene L. 270
  • Alte mutter! ſchaͤmt euch doch216
  • Alter bart! was nimmſt du fuͤr G. L. 211
  • Amaryllis und ihr bildniß L. 240
  • Anchiſen trug ſein ſohn D. V. A. 47
  • An dichtern fehlt es nicht C. H. 62
  • Auf! ihr meine goͤldne ſeiten S. D. 30
  • Auf, ſchaͤfer! auf! wo ihr immer ſteckt D. B. M. 63
  • Auf, thraͤnen-voller wolcken-ſaal168
  • Aurora weint, und Sylvia L. 267
  • Aus Polen iſt kein weg D. V. A. 50
  • Aus was vor ungemeinem zeuge L. 254
  • Auswuͤrffe der natur L. 297

B.

  • BElebter ſchnee der ſchoͤnen bruſt L. 251
  • Beliebte nachtigall L. 236
Blandin -Regiſter.
  • Blandinchen! reiner ſchwan34
  • Brich, winter! zerſchmeltze ſchnee D. M. B. 173
  • Bringt mich dein ſuͤßer blick L. 236

C.

  • CHlorinde wenn du dich21
  • Climene wirfft den blick L. 263
  • Cratine! deiner ſchoͤnheit macht J. G. M. 43
  • Cupido iſt in Sylvien entbrannt L. 264
  • Cupido ſchlug mein hertz L. 226

D.

  • DA leyder! unſer haupt D. V. A. 49
  • Darff auch Leanders mund L. 227
  • Das buͤgel-eiſen muß C. H. 62
  • Das einmal-eins, und was D. V. A. 54
  • Das feuer kam aus holtz59
  • Das geld iſt boͤß und gut61
  • Das iſt ein ſegens-voller ſtand M. F. E. G. 83
  • Daß die vergnuͤgungen L. 245
  • Das, was du mir in deinem L. 265
  • Dein brief, den ich itzund L. 316
  • Dein Damon ſchreibet hier24
  • Dein erbarmen koͤmmt zu langſam L. 231
  • Dein ſchertz ſtimmt mit der wahrheit ein L. 246
  • Der augen funckelnder ſaphir L. 255
  • Der bau zerfaͤllt, die huͤtte wird D. V. A. 52
  • Der Garamanten brunn L. 270
  • Der garten meiner luſt10
  • Der himmel gebe dir ſo viel19
  • Der himmel hat ſich nun G. S. K. 127
  • Der himmel lacht euch an12
  • Der himmel wird itzt wieder klar P. C. L. 167
  • Der laͤnder eigenſchafft D. V. A. 53
  • Der liebe roſen-blat C. H. v. H. 1
  • Der menſch iſt von natur L. 275
  • Der menſchliche verſtand L. 302
  • Der purpur, ſeine zier D. V. A. 46
  • Der rauhe herbſt, ſo arm er ſonſt114
  • Der ſchmid nimmt eiſen an D. V. A. 48
  • Der ſchoͤppenſtuhl, ein kleinod D. V. A. 107
  • Der Schotten koͤnigin104
  • Der ſeelge Keimann hat D. V. A. 46
  • Der ſonne ſanfftes aug L. 227
  • Der tod kam vor dem marckt50
  • Der ungeheure froſt G. S. 159
Hofm. w. V. Th. XDerRegiſter.
  • Der zweymal wittwer war D. V. A. 45
  • Des winters hinterhalt D. V. A. 47
  • Die armen druͤcket man C. H. 57
  • Die armuth bringt zwar angſt L. 297
  • Die augen meiner Caroline L. 235
  • Die ausflucht iſt umſonſt L. 310
  • Die blumen waren ſonſt D. V. A. 53
  • Die blume, ſo aus deinen bruͤſten L. 254
  • Die buͤcher ſind der ſchatz62
  • Die du entſchloſſen biſt L. 244
  • Die eigen-lieb iſt doch L. 299
  • Die Elbe will dir wohl D. V. A. 70
  • Die erd iſt doch des himmels73
  • Die Floris weiß ſich viel L. 298
  • Die hitze war vorbey G. L. 210
  • Die hochzeit-freuden ſind D. V. A. 45
  • Die hoffnung iſt nun aus D. V. A. 125
  • Die ihr im lazareth J. F. K. 88
  • Die kranckheiten, die uns plagen D. V. A. 109
  • Die lange nacht iſt hin B. N. 177
  • Die liebe ſchiffte durch den Sund L. 223
  • Die liebe zieht ins feld S. 93
  • Die Muſen fuͤrchten ſich L. 234
  • Die nacht beſiegte kaum85
  • Die poſt iſt wohl beſtellt D. V. A. 49
  • Die prieſter-ehen ſind P. P. 79
  • Die pulver, die er macht D. V. A. 49
  • Die pyramiden ſtehn L. 300
  • Die reichen ehren wir C. H. 62
  • Die roſe ſchicket ſich am beſten55
  • Die ſchlau und eiferſuͤchtge L. 268
  • Die ſchoͤne Doris ſchlief L. 237
  • Die ſchoͤnſte, die durch mich C. H. 44
  • Die ſteuern nahm ich ein D. V. A. 52
  • Die ſtunden werden tage L. 269
  • Dieweil der wunder-berg L. 251
  • Die welt iſt um und um G. L. 212
  • Die wohlluſt koͤnten wir C. H. 44
  • Dis iſt die wuͤſteney L. 231
  • Dorens bunter himmel liegt L. R. B. 60
  • Dorinde! du biſt noch begluͤckt C. H. 44
  • Dorine ließ ſich einſt geluͤſten L. 233
  • Drum bleib Orbilius L. 301
  • Du angenehmes heer L. 250
DuRegiſter.
  • Du artzt der muͤdigkeit14
  • Du ausbund ſchoͤner roſen L. 248
  • Du biſt ein ſtern und berg D. V. A. 45
  • Du biſt nicht mehr ſo geil L. 299
  • Du Delie! biſt deinen gaͤrten gleich J. J. M. 56
  • Du forderſt, Schoͤnes Kind L. 312
  • Du frageſt, Schoͤne Magdalis L. 213
  • Du gekappter traͤger61
  • Du haſt die arme bien ohn alles L. 229
  • Du haſt mir, Sylvia L. 247
  • Du haſt, o Liebe! mich erſt in L. 253
  • Du hochgeprieſne kunſt G. L. 207
  • Du kern der nachtigallen L. 261
  • Du magſt dis ſchoͤne bild L. 230
  • Du mehr als bittrer kuß G. L. 209
  • Du narr! du tadelſt zwar L. R. B. 59
  • Du ruͤhmeſt dieſen ort L. 240
  • Du ſteigſt, Gelehrter Freund G. S. 194
  • Du tadelſt meine lieb L. 225

E.

  • EDler Goͤnner! das vergnuͤgen93
  • Ein allzu fruͤher tod D. V. A. 51
  • Ein buhleriſches weib58
  • Ein geiſt, der bruͤnſtig liebt L. 241
  • Ein Milo bruͤſtet ſich L. 299
  • Einſamkeit mag immerhin211
  • Ein ungeweſchen mund2
  • Empfangt den lieben ſohn D. V. A. 46
  • Entfleuch der eitelkeit L. 288
  • Er liebt, und wird geliebt D. V. A. 47
  • Es bleibt dabey, daß ieder43
  • Es heißt: Jhr ſaget wahr57
  • Es iſt kein wunder nicht L. 263
  • Es iſt mit mir geſchehn J. G. M. 56
  • Es iſt und bleibt der ſchlaf13
  • Es iſt zu viel, Adon L. 249
  • Es kan nicht anders ſeyn D. V. A. 46
  • Es kommt dir frembde vor L. 224
  • Es lebt die gantze welt L. 241
  • Es ließ ſich Florida L. 243
  • Es ſatzte Flavia L. 268
  • Es ſatzte Sylvio L. 264
  • Es ſcheinet zwar ſehr ſchwer G. A. v. M. 186
  • Es ſchmeckt nach eigenſinn L. 301
X 2EsRegiſter.
  • Es war ein tag der angſt B. N. 149
  • Es wird die gantze welt C. H. 57
  • Es wolte Pluto mlch F. E. W. 60
  • Euch, verſe! mach ich ja62

F.

  • FAhr ich deßwegen in die hoͤlle L. 258
  • Flavia gab ihre demuth L. 249
  • Fleuch, finſterniß D. M. B. 172
  • Florette! deine gunſt L. 235
  • Florette! meine poeſie L. 308
  • Florettens augen ſind L. 226
  • Florinde ſchertzet nur L. 258

G.

  • GEhorſam leben iſt weit ſichrer L. 286
  • Geliebtes Licht, doch allzu kleines kind L. 241
  • Geliebtes Quedlinburg! J. F. St. 196
  • Getroſt, mein geiſt! wenn ſturm L. 295
  • Gluͤck auf den weg von hier! D. V. A. 52
  • Gluͤckſeeliges cryſtall L. 254
  • GOtt lob! der marckt geht an D. V. A. 123
  • Guͤtig und gerecht regieren188

H.

  • HArte, derbe puͤffe, wenig gute ſuͤffe G. L. 215
  • Haſt du mein hertze dir L. 269
  • Held! den die Chriſtenheit176
  • Hertzen, welche bald entbrennen222
  • Hier ſault das wunder-ſchoͤne bild L. 248
  • Hier hat die Delie den himmel C. H. 40
  • Hier lieget ein poet D. V. A. 51
  • Hier liegt der goͤldne mund D. V. A. 51
  • Hier liegt die kluge fauſt L. 241
  • Hier liegt die Rappoltin D. V. A. 48
  • Hier liegt Ovidius L. 260
  • Hier ſteht mein eigner ſarg D. V. A. 54
  • Hochbegluͤckter braͤutigam! 64
  • Hygea, unſer troſt J. F. v. D. 101

J.

  • JCh bin mein eigner ungluͤcks-ſchmied L. 233
  • Jch bin, wie Jearus, bemuͤht L. 252
  • Jch gebe gerne zu, daß in dein L. 222
  • Jch gebe, ſagte naͤchſt die Venus D. V. A. 47
  • Jch habe wohl gehoͤrt L. 266
  • Jch halte zwar mein wort L. 305
  • Jch dachte wohl mit ungebundner rede D. V. A. 55
JchRegiſter.
  • Jch machte kurtz und gut G. L. 210
  • Jch muß mich endlich noch verſchlieſſen220
  • Jch ſchreibe nicht zu viel L. 307
  • Jch ſchreibe, was vielleicht7
  • Jch ſeh den leim der wohlluſt G. L. 209
  • Jch ſoll dir, Floris! ſagen L. 271
  • Jch ſolte, Werthes Paar! D. M. B. 68
  • Jch ſoll und ſoll nun freyn C. H. 41
  • Jch ſtieg auf einen fels L. 256
  • Jch war der krancken artzt D. V. A. 52
  • Jch weiß nicht, Seeligſter W. A. v. S. 161
  • Jch weiß nicht, was ich noch E. G. 205
  • Jch weiß nicht, wie ich mich L. 223
  • Jch weiß ſchon, daß die brunſt58
  • Jch will Leandern nur L. 313
  • Jch zoͤrne darum nicht L. 315
  • Jedweder vers iſt dir zu harte58
  • Jhr aͤrtzte, die ihr ſonſt22
  • Jhr ausgehangnen ſchneider-ſcheeren217
  • Jhr felſen und ihr baͤum L. 231
  • Jhr Frantzen! ſtimmet offt G. L. 213
  • Jhr gemuͤther! Zieht der falſchen37
  • Jhr Gothen-kinder weinet blut100
  • Jhr helden! pralet nicht L. 298
  • Jhr lieblich rauſchenden C. H. 3
  • Jhr liebſten jungfern ihr73
  • Jhr luͤffte! klaͤrt euch aus170
  • Jhr ſorgen! fuͤhrt euch ab G. L. 222
  • Jhr ſternen! die ihr ſonſt L. 237
  • Jhr vergnuͤgten ſtunden L. 302
  • Jhr ungeſtimmten floͤten G. L. 213
  • Jm keller hat er wein D. V. A. 50
  • Jm waſſer fieng ich an D. V. A. 49
  • Jn Daphnens ſchoͤnen augen L. 242
  • Jndem ein edelſtein L. 261
  • Jndem ich einen blick L. 263
  • Jndem ich mein geſichte L. 271
  • Jſt dir, o Liebe! doch die fackel L. 228
  • Jſt fruchtbar dieſes feld57
  • Jſt hier die cantzeley C. H. 40
  • Juriſten ſagen ſonſt F. E. W. 60
  • Jtzt, da man ſchwartz und weiß B. S. 163
  • Jtzt hat die gantze welt58
X 3K. KlagſtRegiſter.

K.

  • KLagſt du, o menſch! den tod L. 296
  • Komm aus des grabes nacht176
  • Komm, bruder! laß uns dahin gehen C. H. 42
  • Kommt dich ein ſtarcker durſt L. 234
  • Kommt, Werthen Soͤhne! kommt C. G. 199
  • Kuͤhne feindin meiner ruh L. 232

L.

  • LAcht, ihr ſtunden! mich von neuem an C. H. 35
  • Laß auch die gantze welt58
  • Leander bindet mich L. 315
  • Leander ſchreibt zu viel L. 306
  • Leanders hertze muß L. 309
  • Leanders kleiner brief L. 308
  • Leander ſolte mir L. 309
  • Leanders poeſie L. 309
  • Leßbia, mein leben S. D. 25
  • Lichtem blitz und ſchoͤnen augen L. 237
  • Liebwerthe Magdalis L. 255
  • Liſette! wilſt du wiſſen L. 262

M.

  • MAcht nur nicht ſo ein werck L. 300
  • Maͤgdgen! deine jungferſchafft G. L. 213
  • Mag ein ſeuffzer mich begleiten39
  • Manch weib iſt zwar ein narr55
  • Man darff ſein hertze nicht L. 285
  • Mein Bruder! deſſen freund91
  • Meine liebe gleicht den blaͤttern38
  • Mein Freund! Heſiodus L. 315
  • Mein Freund! mein ander Jch98
  • Mein hertze hat der freyheit gold36
  • Mein hertz iſt nun kein hertz L. 272
  • Mein liebes-ſecretaͤr L. 267
  • Mein Nain war diß werthe D. V. A. 51
  • Mein! warum wehret ſich L. 227
  • Mich ſoll es ewig reun C. H. 42
  • Mir kam im ſchlafe vor22
  • Mir ſteht ein großes gluͤcke vor J. G. M. 42
  • Mit ſchmertzen pflegen uns59
  • Muß ich denn nichts, als klage-lieder L. 236

N.

  • NAreiſſus flieht die lieb L. 241
  • Nichts kan des lebens ſauren wein L. 229
  • Nimm dich genau in acht L. 280
NimmRegiſter.
  • Nimm hin, Gelehrter Freund191
  • Nun iſt mein vergnuͤgen L. 303

O.

  • O Du vormals gruͤnes feld! S. D. 27
  • O menſch! du dummes thier L. 298
  • O monat voller angſt D. V. A. 54
  • O nachtigall! entfleuch doch nicht L. 229
  • O ſiech - und todten-hauß53

S.

  • SChlag mutdig los, du G. L. 214
  • Schweig ich, ſo nimmt mein ſchmertz L. 271
  • So bald das ſonnen-licht L. 230
  • So bald der ſchwache menſch L. 283
  • So bald die ſonne kommt L. 251
  • So blitzt der himmel nun D. M. B. 111
  • So bluͤhet endlich dein geluͤcke71
  • So gern ich auch die weichen L. 257
  • So in mienen, als im hertzen L. 229
  • Solimene muſte lachen57
  • Soll denn mein heiſſes ach L. 272
  • Soll denn mein junges leben S. D. 32
  • Soll ich deine bande kuͤſſen L. 257
  • So offt als Flavia von ihrem fenſter blickt L. 256
  • So offt als uns die luſt C. G. B. 76
  • So offt ich mund und arm L. 242
  • So reißt ſein edler geiſt D. V. A. 48
  • So, wie ein donner-keil L. H. 161

T.

  • TRaue doch dem gluͤcke nicht G. L. 210
  • Traut doch nicht dem frauenzimmer205

V.

  • VErgnuͤgungen, die ſchon L. 247
  • Verzeihe, Liebſter ſchatz! dem23
  • Verzeihe, Seelige! daß ich C. K. 153
  • Uns plaget nichts ſo ſehr als irrige20
  • Von hertzen iſt allhier ein grab-mahl16

W.

  • Waͤr ich die nachtigall L. 259
  • Waͤrſt du ein ſolcher held58
  • Warum ſo gar allein L. 244
  • Was beginnt ihr? ihr gedancken L. 294
  • Was den weibern angebohren L. R. B. 59
  • Was hilfft der hohe witz L. 297
  • Was iſt es, das bey uns C. H. 44
WasRegiſter.
  • Was iſt geſchehn? wie ſieht D. V. A. 118
  • Was lachſt du? daß ihr maul L. R. B. 61
  • Was macht dein ſchoͤner blick L. 223
  • Was macht der goldne ring L. 264
  • Was reitzet vor ein ſtern17
  • Was ſucheſt du, o menſch L. 300
  • Weil deine finger ſchnee L. 266
  • Weiß man die danckbarkeit L. 299
  • Wenn alles ſich erfreut G. S. 192
  • Wenn meine verſe nicht L. 310
  • Wer aus der bibel nichts L. 281
  • Wer den geſchickten kiel L. 314
  • Wer in dem fruͤhling ſeiner jahre D. V. A. 116
  • Wer kan der ſuͤßen macht L. 243
  • Wer ſeine lebens-zeit L. 301
  • Wie Curtius zu pferd E. F. W. 60
  • Wie eitel iſt der menſch L. 284
  • Wie gut iſt doch der dran C. H. 41
  • Wie koͤmmt es doch, daß ſich C. E. S. u. S. H. 81
  • Wie ſeelig iſt ein menſch L. 277
  • Wie ſoll ich, Schoͤnes Kind13
  • Wie viel geluͤcklicher iſt dieſer held L. 256
  • Wie weiß dein mund zu klagen L. 251
  • Wie wenn das frohe licht B. C. 155
  • Will deine ſchoͤne fauſt L. 235
  • Wilſt du dein ſchwaches hertz L. 289
  • Wir wollen, Edler Freund183
  • Wohl dem, der ſich nur laͤſt S. D. 218
  • Wohl dieſem, der mir folgt L. 273
  • Wohl uns, wenn creutz und angſt L. 292
  • Wo iſt ihr edler geiſt D. V. A. 121
  • Wo iſt denn mein holdes licht L. 268

X.

  • XEnander fragte mich L. R. B. 61

Z.

  • ZArt und ſchnee-weiſſes kind L. 250
  • Zieht meine ſonne denn8
  • Zu tauſend guter nacht D. V. A. 54

About this transcription

TextHerrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte
Author Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Extent329 images; 76859 tokens; 11759 types; 486823 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationHerrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte fünffter theil Christian Hofmann von Hofmannswaldau. . 317 S., [4] Bl. FritschLeipzig1710.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 P GERM II, 8504:5

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:41Z
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Holding LibrarySUB Göttingen
ShelfmarkSUB Göttingen, 8 P GERM II, 8504:5
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