LEander ſchickt dir diß / was er ſelbſt bringen wolte /
Nichts / ſchoͤnſtes kind / als heyl / wenn lufft und ſee in ruh /
Wenn44Wenn nach der goͤtter ſchluß ich dich auch lieben ſolte /
So kaͤme dieſer brieff nicht deinen haͤnden zu /
Sie ſind mir nicht geneigt / weil ſie mein wuͤnſchen hindern /
Und auch zugleich den lauff auf der bekanten fluht /
Du ſiehſt die ſchwartze dunſt das licht des himmels mindern /
Das kummer-ſchiff und ich verlieren blut und muht.
Der brieff der iſt ſo frech / wie dieſes ſchiffers ſinnen /
Der eintzig und allein dem wind die ſegel gibt /
Abydens wachſam aug verhindert mein beginnen /
Sonſt haͤtt ich gleich wie er mich in dem ſturm geuͤbt /
Den eltern kont es nicht wie vor verſchwiegen bleiben /
Die liebe tritt hervor / wie ſehr man ſie bedeckt.
Jch ſagte / werther brieff / geh / als ich wolte ſchreiben /
Es hat die ſchoͤne haud / mein lieb / nach dir geſtreckt /
Sie wird dich auch vielleicht an ihre lippen druͤcken /
Jndem ihr weiſſer zahn das feſte band zerbeiſt.
Mehr worte kan ich nicht dir heimlich uͤberſchicken /
Weil meine hand das blat genugſam unterweiſt.
Ach wenn ſie doch nicht ſchrieb und wolte ſelber ſchwimmen /
Und truͤge meinen leib durch die erzuͤrnte fluth /
Sie ſteigt zwar offt aus grimm des tiefen meeres kruͤmmen /
Noch dennoch iſt ſie auch zu meiner meldung gut.
Der ſieben naͤchte raum ſcheint uͤber jahr und zeiten /
Seit dem das wilde meer vom heiſſen waſſer giſcht /
Kein ſchlaf hat je gewolt mein mattes hertz beſchreiten /
Jſts anders / ey ſo ſeys daß ſturm auf ſturm ſich miſcht.
Jch ſitz auf einem felß und ſeh an dein geſtade /
Wohin der leib nicht koͤmmt / kommt doch die ſeele hin /
Jch ſeh auch von dem thurn die lichter voller gnade /
Und ſeh’ ich ſie gleich nicht / ſo liegt mirs doch im ſinn.
Jch habe dreymahl mich auf duͤrrem ſand entkleidet /
Jch habe dreymahl nackt der reiſe muͤh verſucht /
Das meer hat alle ſchuld / das mein verlangen ſcheidet /
Der mund / ſo waſſers voll / ermante mich zur flucht.
Nur du / du ungeheur von allen grauſam winden /
Fingſt gleichſam einen krieg verwegen mit mir an.
Du kanſt zwar volck und flucht / doch nicht mein hertze binden /
Zu45Zudem ſo haſt du mir die lieb in bann gethan.
Du biſt zwar kalter art / doch muſt du ſelbſt bekennen /
Daß Oritus je dich in liebes-glut entzuͤndt /
Du wilſt / das niemand ſoll dir deinen paß verrennen /
Den dir die freye lufft dein lieb’ zu rauben goͤnt.
Druͤm ſchone meiner auch / und gib ein lindes wehen /
So muß Hippotades dir auch gelinde ſeyn.
Doch bitt ich nur umſonſt! er ſtuͤrmt und ſtoͤrt mein flehen /
Und mehret mit dem grimm der wellen meine pein.
Ach! waͤren Daͤdali / und ſeines Jcars fluͤgel
So nahe wie das meer / das ſich von ihm benennt!
Jch fuͤhrte meinen leib biß an die ſternen-huͤgel /
Den leib / der ſchwimmend offt die fluten hat getrennt.
Jndes weil wind und well mir huͤlff und troſt verſagen /
Bedenck ich offtermahls des erſten beyſchlafs luſt.
Man lag im erſten ſchlaff (dis dencken hemmt mein klagen)
Als ich den buler-weg zu erſte treten muſt.
Jch ſaͤumte mich nicht lang / als muth und kleider fielen /
Von hertz und leib hinweg / begab ich mich ins meer.
Jch ſahe vor mir her Dianens Silber ſpielen /
Die gab mir das geleit mit ihrem ſternen-heer.
Jch ſahe ſie und ſprach: Laß goͤttin dies gelingen /
Und bilde deinen ſinn des Cadmus hoͤlen ein.
Es laͤſt Endymian dein hertz nicht ſtahl umbringen /
Drum laß mein bulen dir doch nicht zu wider ſeyn.
Du goͤttin haſt ein menſch / das ſterblich war / erkohren /
Und mein erkorner ſchatz iſt ſelbſt ein goͤttlich bild /
Und ihre ſitten hat ein himmliſch hertz geboren /
Goͤttinnen haben ſich in ihre zier verhuͤlt.
Nechſt Cyprien und dir iſt keine / die ihr gleichet /
Trau nicht auf meine wort und ſchau ſie ſelbſten an.
Gleichwie der ſternen heer in ſeiner glut verbleichet /
Wenn dein verſilbert horn betrifft des himmels bahn.
So iſt auch ſie / mein licht / die ſchoͤnſte unter allen /
Und wo du zweiflen wirſt / ſo irrt dein blinder ſchein.
Dis red ich / und was mehr dergleichen kan gefallen /
Als ich im waſſer ſelbſt mein traͤger muſte ſeyn.
Es46Es ſchiene lunens bild in den gewoͤlbten wogen /
Und war ein ſteter glantz zu ſehn bey ſtiller nacht.
Auch kam kein einig ſchall zu dem gehoͤr geflogen /
Als wenn der leib die fluht des waſſers murmeln macht /
Nur die Aleiones gedachten ihres treuen /
Und ſungen / dauchte mich / ein ſuͤſſes trauer-weh /
Und da die ſchultern mir nicht kraͤffte wolten leihen /
So draug mit ſtarcker macht der leib doch in die hoͤh /
Jch ſah ein licht / und ſprach: dort iſt es / was mich feuert /
An jenem ufer wohnt mein licht und werther ſchein.
Da wurden alſobald die kraͤffte mir crneuert /
Und dauchte mich die fluht des meeres linder ſeyn.
Damit der leib auch nicht die kaͤlte fuͤhlen koͤnte /
So muſte mir darvor die glut der liebe ſtehn /
Je mehr ich auch dem ſtrand zu nahen mich begunte /
Und ſich die bahn verkuͤrtzt / je weiter wolt ich gehn.
Jch wurde kaum geſehn / ſo wuchs mir muth und ſinnen /
Dein auge goß dem leib erneurte kraͤffte ein:
Jch wolt im ſchwimmeu auch der liebſten gunſt gewinnen /
Mein arm der lenckte ſich nach deiner augen ſchein /
Die alte ließ dich nicht gern biß ans ufer ſteigen /
Jch hab es ſelbſt geſehn und habe dir getraut /
Du ſchloſt mich in den arm / mich auch in deine kuͤſſe /
Die goͤtter uͤbers meer zu locken kraͤfftig ſeyn.
Du machſt dich ſelber nackt / daß mich nicht friren muͤſſe /
Du huͤlſt mein naſſes haar in deinen hauptſchleyr ein /
Das andre weiß die nacht / der turm und wir verlibte /
Und denn alich dieſes licht / das mir zum erſten ſchien.
Die freude zehlt man nicht / ſo unſre luſt veruͤbte /
Gleichwie der Helleſpont nicht ſeines ſchilffes bluͤhn.
Je ſchneller zeit und raum bey unſer luſt verfloſſen /
So ward doch ſelbe nicht mit muͤßiggang verbracht.
Es hatte Lucifer den himmel aufgeſchloſſen /
Und aus des Titans bett Aurora ſich gemacht.
Wir haͤuffen kuß auf kuß / eilfertig und verſtolen /
Und klagen / daß die nacht ſo enge ſtunden hat.
Als mir die alte drauf den abſchied anbefohlen /
So ſucht ich vor dem thurm das kalte meer-geſtad /
Wir47Wir ſchieden thraͤnens-voll / ich ſehe ſtets zuruͤcke /
So lang ich meinen ſtern die liebſt erblicken mag.
So offt ich zu dir ſchwim / erheb ich mein geluͤcke /
Und wenn ich ruͤckwerts kehr / iſt ſchiffbruch meine klag /
Lieb / glaub es ſicherlich / der weg zu dir iſt eben /
Der heimweg wird ein berg von aufgeſchwolner fluht /
Jch kan und wil nicht mehr im vaterlande leben /
Jn meiner eignen ſtadt verſchwind mir geiſt und blut /
Die ſeelen ſo vereint / zerteilt die ſchnoͤde welle /
Ein bodem / ein gemuͤth verſagt zwey leibern platz.
Jch ſchencke dir Abyd gib mir des Seſtos ſtelle /
Mein land das iſt ja dein / und deines meines ſchatz.
Warum werd ich betruͤbt / wenn ſich der abgrund truͤbet?
Was darff der leichte wind mir ſaͤumſal ſtreuen ein?
Es wiſſen die Delphin / wie bruͤnſtig wir geliebet /
Jch kan den fiſchen auch ſo unbekant nicht ſeyn.
Man ſiht jetzt ſchon die fahrt / wo ich bin durch geſchwommen /
Nicht anders wie das rad den weg zu zeichnen pflegt.
Jch klagte / daß ich nicht ſolt oͤffters zu dir kommen /
Nun iſt mir durch den wind auch dieſe bahn gelegt.
Das Athamantis meer ſoll grau von wellen ſcheinen /
Es habe nicht ein ſchiff an ſeinem fuhrt beſtand.
Hier dieſes kan ſich wohl mit jenes toben reimen /
Weil hier ein jungfern bild ihr naſſes grabmahl fand.
Der ort iſt ſehr beſchryn / daß helle hier erſoffen /
Jch bitte / daß es mir nicht auch dergleichen thut.
Und neyde faſt den Phryx / den ſolches gluͤck betroffen /
Daß ihn ein goldnes ſchaf getragen durch die fluth.
Jch wil kein vieh noch ſchiff / nur daß ich in den kruͤmmen
Mit meines leibes macht zertrenne fluth und bahn.
Jch brauch auch keiner kunſt; iſt mir vergoͤnt zu ſchwimmen /
So fahr / und fuͤhr ich mich / und werd auch ſelbſt der kahn.
Mich ſol nicht Helice noch Arctus fackel fuͤhren /
Weil unſer liebe nur gemeiner ſterne lacht /
Der mag Andromeden und auch die cron beruͤhren /
Ja gar die Parrhaſis / die ſtaͤte kaͤlte macht.
Ob Zevs / ob Liber und der Perſeus je geliebet /
So iſts doch nicht genung / daß ſie mein leitſtern ſeyn.
Es48Es iſt ein ander licht / das mir die richtſchnur gibet /
Denn mitten in der nacht brennt ſein gewuͤnſchter ſchein.
So bald ich dieſes ſeh / wolt ich nach Colchos reiſen /
Und wo des Argo ſchiff zuvor den weg geſucht.
Jm ſchwimmen wuͤrd ich mich fuͤr den Balaͤnen weiſen /
Und dem der goͤttlich ſchien / durch eines krautes frucht.
Die armen ſind offt matt von embſigen bewegen /
Des waſſers ſtarcke macht ermuͤdet ihre krafft.
Doch ſollen ſie ſich nur um meine liebſte legen /
So ſuchen ſie den lohn / den muͤh und arbeit ſchafft.
Du biſt zwar wuͤrdig in dem himmel ſtets zu ſchweben /
Nur / ſchoͤne / wohne noch auf unſerm erden-creyß /
Wo nicht / ſo muſt du mir gewiſſe nachricht geben /
Wie ich in gleicher eyl zu dir in himmel reiß.
Ach aber du biſt hier / und ſehe dich doch ſelten /
Mein hertz wird mit der ſee von ſtetem ſtuͤrmen tol.
Ob mich kein weites meer entfernt / was ſol es gelten /
Das enge waſſer iſt gekruͤmter wuͤrbel voll.
Jch moͤchte nicht am end der welt die liebſte wiſſen /
Und daß ich ſo zertheilt in meiner hoffnung waͤr.
Jch muß in ſchmeltzend wachs / wenn ich ihr nach / zerfluͤſſen
Und koͤmmt ſie ſelber nicht / ſo trit die liebe her /
Jch kan faſt mit der hand als nachbar ſie ergreiffen /
Und das druͤckt meinem aug unzehlich thraͤnen aus.
Mein woͤllen gleicht mit dem / ſo hungrig aͤpffel reiffen /
Und niemahls ſeine ſieht / der durſtig bey dem ſchmauß.
Soll ohn der wellen gunſt ich niemahls dich beſitzen?
Macht mich in meiner brunſt kein winter ſo begluͤckt?
So ſoll mir well und wind zu meiner hoffnung nuͤtzen /
Wiewohl ſich well und wind nur zum betruͤben ſchickt.
Der ſommer iſt noch dar / wie wann der Plejas ſterne /
Der Baͤr und Ziegen-ſchein verderben ſee und flucht.
Jch gantz verwegner menſch darf ohne nacht-laterne
Dem meere mich vertraun / gereitzt von heiſſer glut.
Und daß du nachgedenckſt / wie ich allein verſpreche /
Was kuͤnfftig iſt / ſo ſol mein wort im wercke ſeyn.
Geſetzt / daß auch der ſturm die leichten ſegel ſchwaͤche /
Jch lege meinen leib dem zorn der wellen ein:
Ent -49Entweder gluͤck und heyl muß mich verwegnen ſegnen /
Wo nicht / ſo ſchleuſt der todt die kummerhaffte brunſt.
Geſchichts / ſo wuͤnſch ich dir / daß dir mein leib begegnen
Jn deinem hafen mag / und ſpuͤren huld und gunſt.
Dein traͤnend auge wird die naſſe leichen zieren /
Und ſagen ach! ich bin die urſach ſolcher pein /
Dir wird mein untergang das treue hertze ruͤhren /
Der innhalt dieſes briefs wird dir verdruͤßlich ſeyn.
Nur klage weiter nicht / beſenftige die wellen
Vielmehr mit einem wundſch / der ſich dem meinem gleicht;
Erbiet ein wenig ruh / biß ich mich ein kan ſtellen /
Denn tobe wind und fluth / wenn ich dich nur erreicht.
Hier wird mein muͤdes ſchiff verlangte ruhſtad finden /
An keinem waſſer ſteht mein leichter kahn ſo feſt.
Hier mag mich Boreas mit ſeinen ketten binden /
Spilt doch auf deiner bruſt / ſchatz / dein verliebter weſt /
Zum ſchwimmen werd ich traͤg / und theils behutſam werden /
Nicht der verſtockten fluth zu fluchen / wie vorhin.
Vor welle / ſturm und ſee erkieß ich nur die erden /
Da du / und ich von dir in arm geſchloſſen bin.
Die urſach haͤlt mich auf / und wils der winter leiden /
So laß ich ehſter zeit des leibes ruder gehn /
Du ſende mir dein licht / den leitſtern meiner freuden /
Befiel daß die latern muß auf dem turme ſtehn.
Jndeſſen ſol mein brief nachtlager bey dir bitten /
Laß ſchoͤnſte dieſen gaſt dir nicht zu wider ſeyn /
Jch wuͤnſche / wenn verzug und ſaͤumnis abgeſchnitten /
Perſoͤnlich / liebſtes kind / bey dir zu kehren ein.