Galante gedichte. Lob-rede an das liebwertheſte frauen-zim̃er. C. H. v. H.
HOchwerthes jungfern-volck / ihr holden anmuths-ſoñen /
Jhr auserwehlter ſchmuck / der haus und gaſſen ziert.
Wer iſt ſo ſteinern / der euch nicht hat lieb gewonnen?
Und welchen habt ihr nicht mit feſſeln heimgefuͤhrt?
Wer iſt ſo kuͤhn / der darff fuͤr eure augen treten /
Wenn ihr die waaren habt der ſchoͤnheit ausgelegt?
Wer will euch / liebſte / nicht als einen Gott anbeten /
Weil ihr das bildnis ſeyd / das Venus ſelbſt gepraͤgt.
Jedoch ich wil nur bloß ein theil von dem beruͤhren /
Mit welchem die natur euch herrlich hat verſehn.
Der ſinnen ſchiff ſoll mich in ſolche laͤnder fuͤhren /
Wo auff der ſee voll milch nur liebes-winde wehn.
Die bruͤſte ſind mein zweck / die ſchoͤnen marmol-ballen /
Auf welchen Amor ihm ein luſt ſchloß hat gebaut;
Die durch das athem-ſpiel ſich heben und auch fallen /
Auf die der ſonne gold wolriechend ambra thaut.
Sie ſind ein paradieß / in welchem aͤpffel reiffen /
Nach derer ſuͤſſen koſt iedweder Adam lechſt /
Zwey felſen / um die ſtets des Zephirs winde pfeiffen.
Ein garten ſchoͤner tracht / wo die vergnuͤgung waͤchſt.
Ein uͤber-irrdiſch bild / dem alle opffern muͤſſen.
Ein ausgeputzt altar / fuͤr dem die welt ſich beugt.
Ein cryſtallinen quell / aus welchem ſtroͤme fluͤſſen /
Davon die ſuͤßigkeit den Nectar uͤberſteigt.
ASie2Sie ſind zwey ſchweſtern / die in einem bette ſchlaffen /
Davon die eine doch die andre keinmahl druͤckt.
Zwey kammern welche voll von blancken liebes-waffen /
Aus denen Cypripor die goͤldnen pfetle ſchickt.
Sie ſind ein zeher leim / woran die ſinnen kleben;
Ein feuer / welches macht die kaͤltſte hertzen warm;
Ein bezoar / der auch entſeelten giebt das leben;
Ein ſolcher ſchatz / fuͤr dem das reichthum ſelbſt iſt arm.
Ein kraͤfftig himmel-brod / das die verliebten ſchmecken;
Ein alabaſter hauß / ſo mit rubinen prahlt;
Ein ſuͤſſer honigſeim / den matte ſeelen lecken;
Ein himmel / wo das heer der liebes-ſterne ſtrahlt.
Ein ſcharff geſchliffen ſchwerd / das tieffe wunden hauet /
Ein rofen-ſtrauch / der auch im winter roſen bringt.
Ein meer / worauff man der Syrenen kraͤffte ſchauet /
Von denen das geſaͤng biß in die ſeele dringt.
Sie ſind ein ſchnee-gebuͤrg / in welchem funcken glimmen /
Davon der haͤrtſte ſtahl wie weiches wachs zerfleuſt.
Ein waſſer-reicher teich / darinnen fiſche ſchwimmen /
Davon ſich ſattſam ein verliebter magen ſpeiſt.
Sie ſind der jugend luſt / und aller kurtzweil zunder /
Ein krantz / in welchem man die keuſchheits blume ſieht.
Sie kuͤrtzen lange zeit / und ſtifften eitel wunder /
Weil beydes glut und ſchnee auff ihrem throne bluͤht.
Sie ſind ein runder ſarck / wo liebe liegt begraben /
Ein ditrich / welcher auch des hertzens grund auffſchleuſt /
Ein ort / indem nur luſt will ſitz und wohnſtadt haben /
Jn deſſen hoͤlen milch und nectar haͤuffig fleuſt.
Zwey faͤſſer / welche ſind mit julep-ſafft erfuͤllet /
Lockvogel / derer thon ein freyes hertze bind.
Zwey ſonnen / welche zwar mit duͤnnem flor umhuͤllet /
Doch macht ihr heller blitz die klaͤrſten augen blind.
Sie ſind ein zart gewand von ſchwanen-weiſſer ſeide /
Daran man ſehen kan / wie ieder faden ſteht /
Zwey huͤgel / derer hoͤh’ bedecket iſt mit kreide /
Zwey flaͤſchgen / denen nie der wolluſt milch entgeht.
Zwey3Zwey bruͤnne / da nur ſtets geſunde waſſer quellen /
Und wo die duͤrre nicht der adern marck außſaugt.
Zwey jaͤger / welche zahm und wilde thiere faͤllen /
Wo keines wird verſchont / was nur zu fangen taugt.
Zwey ſchneeballn / welche doch unmoͤglich ſchmeltzen koͤnnen /
Womit das jungfern-volck der maͤnner ſeelen ſchmeiſt.
Zwey aufgeſtelte garn / und ſchlingen freyer ſinnen /
Aus denen gar kein menſch / wie klug er iſt / entreiſt.
Zwey kraͤme / wo man hold und freundligkeit ausleget /
Und wo ein rother mund nur kan der kauffmann ſeyn.
Zwey koͤrb / in welchen man bloß marcipan feil traͤget /
Nach derer ſuͤßigkeit die lippen lechſend ſchreyn.
Zwey thuͤrme / derer pracht von elffenbein vollfuͤhret /
Darauff Cupidens pfeil die wache fleißig haͤlt.
Zwey kleinod / derer glantz der jungfern leiber zieret /
Wenn ihre freundligkeit den maͤnnern netze ſtellt.
Sie ſind ein blaſebalg / ein feuer auffzufachen /
Das durch kein mittel nicht kan werden ausgeloͤſcht.
Zwey bette / wo rubin und marmol hochzeit machen /
Wo ſuͤſſe mandel-milch der roſen ſcharlach waͤſcht.
Sie ſind ein ſee-compas / der hurtig rudern heiſſet /
Eh man in hafen der vergnuͤgung wird gebracht.
Ein reiner thron / auff dem der liljen ſilber gleiſſet /
Worauff verliebtes volck nur hat zu ſitzen macht.
Ein werthes heiligthum / das keuſche lippen kuͤſſen /
Fuͤr dem ſich hertz und knie in tieffſter demuth neigt.
Ein meer / aus dem ſich luſt und liebligkeit ergieſſen /
Ein bergwerck / deſſen grund zwey demant-ſteine zeigt.
Doch niemand lobt den brauch die kugeln zu verdecken /
Darauff man ſehen kan / wo lieb - und luſt-land liegt.
Ach ſchoͤnſte! glaubet mir / ihr moͤget ſie verſtecken /
Ein liebes-auge hat dem allen obgeſiegt.
Orontes ſelbſt bezeugt / daß kein verbergen nutze /
Der bruͤſte Pharos hat durch zart gewand geleucht.
Er ruht im liebes-port ietzt unter ihrem ſchutze /
Wenn uns ein rauher ſturm noch um die ſeegel ſtreicht.
A 2Wol4Wol dem nun / der wie er kan ſo vergnuͤget leben!
Den ſo ein weiſſer ſchild fuͤr wehmuths-wunden ſchuͤtzt /
Der ſeinem munde kan dergleichen zucker geben /
Der ſo vergnuͤgt / wie er / im liljen-garten ſitzt!
Der ſo die blumen mag auff weiſſen wieſen brechen;
Der aus der bruͤſte ſchacht rubin und demant graͤbt.
Der roſen ſamlen kan ohn einzig dornen-ſtechen;
Der von der ſpeiß und krafft der ſuͤſſen aͤpffel lebt.
Dem ſo das gluͤcke bluͤht / den es ſo bruder nennet /
Dem eine runde bruſt kan pfuͤhl und polſter ſeyn.
Der in der liebſten ſchooß mit vollem zuͤgel rennet /
Der ſeiner Venus ſo floͤſt liebes-balſam ein.
Heyraths-Gedancken. C. H. v. H.SOl denn die traurigkeit den gantzen geiſt beſchluͤſſen
Und die gewuͤnſchte zeit ſamt aller luſt verfluͤſſen?
Sol denn die einſamkeit / o meiſterin der pein!
Des hanſes beſter ſchatz / des bettes zierrath ſeyn?
Nein / nein / es muͤſſen nicht die ſehnen muͤßig liegen /
Es ſoll das alter hier nicht ohne zeugen ſiegen.
Es iſt gut einſam ſeyn / wenn ſchnee das haupt bedeckt /
Ein winter-kaltes eyß uns in den lenden ſteckt /
Und uns der zeiten zahn die beſten adern ruͤhret.
Wer ſonnen-heiſſe glut noch in den ſehnen fuͤhret /
Der tret in zuverſicht ein gleiches weſen an /
So glut zu halten weiß / und glut erregen kan.
Jſt doch in dieſer ſtadt noch wohl ein bild zu finden /
So die aus Cyperu kan mit ſchoͤnheit uͤberwinden /
Bey welcher der corall den ſuͤſſen mund bedeckt /
Ja ſelbſt der ſonnen krafft in beyden augen ſteckt /
Von welcher lippen nichts als ancker-tropffen fallen /
So ſchnee auff ihrer bruſt vermiſchet mit corallen.
Und welcher mit verdienſt das hohe lob gebuͤhrt /
Daß ſie den ſchwanen ſelbſt die farbe hat entfuͤhrt.
Das5Das iſt ein zeitvertreib / ſo die erwehlen ſollen /
Die in der ſterbligkeit mit recht verfahren wollen.
Muſt alles fleiſch gepaart in Noens kaſten gehn /
Wie will man ungepaart in dieſer welt beſtehn?
Sonnet. Straffe des fuͤrwitzes. C. H. v. H.ALs ich die Lesbie nechſt in der kammer fand /
Da ſie ſich uͤberhin und ſchlaͤffrig angeleget;
So ſchaut ich eine bruſt / die ſchoͤner aͤpffel traͤget /
Als iemals vorgebracht das reiche morgen-land.
Die brunſt zog meinen geiſt / der fuͤrwitz trieb die hand
Zu ſuchen / was ſich hier in dieſem zirck beweget.
Diß hat der Lesbie ſo groſſen zorn erreget /
Daß ſie in hoͤchſtem grimm iſt gegen mich entbrand;
Sie trieb mich von ſich weg / ſie ſtieß mich zu der ſeiten /
Sie hieß mich unverweilt aus ihren augen ſchreiten.
Jch ſprach / indem ſie mich aus ihrer kammer ſtieß /
Dieweil ich allzukuͤhn und mehr als ſichs gebuͤhret /
Die mir verbotne frucht der aͤpffel angeruͤhret /
So ſtoͤſt ein engel mich ietzt aus dem paradieß.
Auff ihre thraͤnen. C. H. v. H.DJe thraͤnen ſtehen dir wie perlen im geſichte /
Und flieſſen wie cryſtall durch wangen / mund und bruſt /
Dein ſeuffzen halte ich nicht mehr vor ein gedichte /
Was deine ſeele kraͤnckt / iſt meiner wol bewuſt.
Und hat mir gleich die angſt den treuen mund geſchloſſen /
Den augen und der hand den zuͤgel angelegt /
So ſchwer ich / daß ich mehr der thraͤnen ausgegoſſen /
Als unſer Oder-ſtrom der klaren tropffen traͤgt.
A 3Kan6Kan beyder thraͤnen-flut allhier zuſammen rinnen /
Komt beyder ſeuffzer wind verbunden in die lufft /
So wird die Venus ſelbſt ihr ſchiffen hier beginnen /
Weil ſie bey reiner flut auch reiner wind berufft.
Fruͤhlings-gedancken. C. H. v. H.KOm Cynthia der fruͤhling trit heran /
Die blume will nicht in der knoſpe bleiben /
Die nachtigal ſtimmt ihre lieder an /
Und will die zeit mit Liebligkeit vertreiben;
Der weinſtock weint zum zeugen ſeiner luſt /
Daß Phoͤbus ihn mit neuen augen gruͤſſet /
Feld / thal und berg ſchmuͤckt lenden / ſchooß und bruſt /
Wenn Flora ſie mit buntem munde kuͤſſet.
Es ruͤhren ſich die kraͤffte der natur /
So durch den froſt vor dieſem war verſchloſſen /
Was adern hat / kommt auff der liebe ſpur /
Und was der thau des himmels hat begoſſen.
Cupido reiſt auff ſeine laute zu /
Die ſaiten ſind des leibes beſte ſehnen /
Jch / Cynthia / verliehre troſt und ruh /
Bewegen dich nicht meine heiſſen thraͤnen?
Komm Cynthia / bewege geiſt und fuß /
Und komm mit mir in einen ſchlechten garten /
Der blumen ſchaar empfindet faſt verdruß /
So lang auff dich / mein ſchoͤnes licht / zu warten
Was noch der froſt mit ſchlechten banden druͤckt /
Und eine luſſt des weiſſen nordens bindet /
Wird alſobald trloͤſet und erquickt /
Wenn ſich der glantz von deiner ſonnen findet /
Trit froͤlich zu / denck auff die blumen nicht /
Dieſelben durch die fuͤſſe zu verderben /
Es iſt ihr wunſch alſo ſeyn zuger[ic]ht /
Und durch den fuß / der himmliſch iſt / zu ſterben.
Doch7Doch liebeſt du vielmehr die ſuͤſſe rub /
Und biſt geſinnt dich in das graß zu ſetzen /
So laͤſt es dir auch dieſe freyheit zu /
Wie ſolte ſie das ſchoͤne theil verletzen.
So trachte nur / weil erd und himmel lacht /
Die ſchoͤne zeit nicht ſchlaͤfrig zu verliehren.
Erwege doch / was jener ſperling macht /
Es will der ſchalck uns in die ſchule fuͤhren.
Schau was man dort mit jener ſchmate thut /
Man nimt den ſtock und pfropffet in die krinne /
Es regt in mir ſich adern geiſt und blut /
Komm / daß ich auch dergleichen ſpiel beginne.
Klage. C. H. v. H.JCh weiß nicht was ich thu / ich weiß nicht was ich bin /
Jch weiß nicht ob ich lieb / ich weiß nicht ob ich haffe /
Es will mir / Florida / nicht leichtlich in den ſinn /
Daß ich dich laſſen ſoll / indem ich dich umfaſſe.
Doch lieb ich dich zu ſehr / ſo liebt dich dieſe nicht /
Die unſern vorſatz kan erhalten und zerbrechen /
Und haſſen kan ich nicht mein auge und mein licht /
Viel eher wolt ich mir das hertze ſelbſt durchſtechen.
Zwey wege ſind allhier / und keiner iſt nicht gut /
Denn beyde ſind geſchickt mein hoffen zu zerſtoͤren;
Es ſtreiten ietzt in mir ſo wol vernunfft als blut /
Doch weiß ich nicht / was ich zu erſte ſolte hoͤren.
Jch bin ein einſam ſchiff / das wind und wellen treibt /
So bey dem ruder auch den ancker hat verlohren /
Jch finde keinen port / da mein geluͤcke bleibt /
Und ſchluͤſſe / daß man mich zum leiden hat gebohren.
Diß was mir endlich ſchaͤrfft die uͤberhaͤuffte noth
Jſt / daß ich nechſt bey dir / dich werde meiden muͤſſen /
Daß mich der hunger plagt / immittelſt korn und brod
Und duͤrrer durſt verzehrt bey brunnen und bey fluͤſſen.
A 4Flo -8Florida. C. H. v. H.MEin ſchiff treibt lufft und wind / mich treibet lieb und
brunſt /
Jch muß in Florida den ſteiffen ancker ſencken /
Beſeegel ich die ſee vergebens und umſonſt /
Soll ich denn ohne frucht das ſchwere ruder lencken?
Gold / perlen / helffenbein begehrt mein hertze nicht /
Das leere Florida ſoll mir die augen fuͤllen /
Und ob dem lande gleich der diamant gebricht /
So iſt es doch genung mir meine brunſt zu ſtillen.
Da ſoll mein wohnhauß ſeyn / da ſollen leib und geiſt
Jn hoͤchſter freundlichkeit zuſammen ſich ergoͤtzen /
Da will ich / wann und wie es das verhaͤngnuͤß heiſt /
Mich in die groſſe zahl der todten laſſen ſetzen.
Doch weil ſo manches ſchiff auff dieſer reiſe bleibt /
Da alles iſt umzirckt mit klippen und mit ſteinen /
So ruff ich Venus an / daß ſie die wellen treibt /
Und vor den ſteuermann mir ſendet ihren kleinen.
Bringt Venus mich an port / und ſetzet mich ans land /
So will ich taͤglich mich zu ihrem tempel fuͤgen /
Und ich verſpreche ihr mit ſinnen / hertz und hand /
Daß ich ins kuͤnfftig will auff bloßer erde liegen.
Auff einen kuß. C. H. v. H.WJe zuͤrnſt du Florida ſo ohne maaß und ziel /
Daß meine zunge hat die graͤntzen uͤbergangen?
Die ſchuld iſt nicht zu groß / und that ſie dir zu viel /
Wie haſt du ſie denn nicht / wie ſies verdient / gefangen?
Doch daß dir kundbar ſey / warum ich es gethan /
Daß ich die zunge dir ließ ſchlund und gaumen lecken /
Jch dachte / weil ſie mehr / als billich / plaudern kan /
Sie moͤchte ſonſt aus neid mein liebes-ſpiel entdecken.
Auff9Auf das Pariſiſche frauenzimmer. C. H. v. H.PAris verweigert mir faſt einen kuß zu ſchencken.
Kein auge wil ſich hier auf meine ſeite lencken /
Das liebliche geſchlecht / ſo reich an flammen iſt /
Hat mich zu einem zweck des haſſes auſſerkiſt.
Es denckt die ſchoͤne ſtadt / daß farbe / haut und haare
Bey mir zu wenig ſind zu handeln ſchoͤne waare /
Und zwingt / daß meine fauſt wirft dieſe worte hin:
Paris verachtet mich / weil ich nicht Paris bin.
Auf ihre Augen. C. H. v. H.DEin auge traͤgt ſich ſchwartz und fuͤhrt das bild der nacht /
Dieweil es meinen witz verwegen umbgebracht.
Augen / bruͤſte. C. H. v. H.WAs ſoll ich von deinen augen / uñ den weiſſen bruͤſten ſagẽ?
Jene ſind der Venus fuͤhrer / dieſe ſind ihr ſieges-wagen.
Jhre haͤnde. C. H. v. H.MJt der wolle / ſo die Phillis in den weichen haͤnden fuͤhret /
Reibt Cupido ſeine pfeile / daß ſie nicht der roſt beruͤhret.
Auf ihren mund. C. H. v. H.HAſtu den ſchoͤnen mund den roſen zugericht /
So pflantz im hertzen doch nur auch: vergiß mein nicht
A 5An10An die Phillis. C. H. v. H.DEr und jener mag vor mir
Das gelobte land ererben;
Laß mich / Phillis / nur bey dir
Auf den hohen huͤgeln ſterben.
Sonnet. C. H. v. H.GAntz traurig / halb entzuͤckt und mit geſchraͤnckten fuͤſſen /
Saß Sylvius und ſprach: Jch fuͤhle todes-macht /
Die ſo mich in das joch der ſuͤſſen pein gebracht /
Die weiß ich dieſen tag nicht billich zu begruͤſſen.
Ach daß die ſtunden nicht wie meine thraͤnen fluͤſſen!
Daß das verhaͤngniß nicht mit mir ein ende macht /
Weil alles uͤber mir in einem nun erwacht /
Und mein verdammtes licht kan keinen troſt genieſſen.
So ſaß er und entſchlief / die augen fielen zu /
Er war ohn allem troſt / er ruht ohn alle ruh.
Er ſchlief dem auge nach / es wachten pein und ſchmertzen /
Jhm ſtieß ein ſuͤßer ſchall die matten augen auf.
Mein Sylvius getroſt und bemme deinen lauf.
Nicht ſuche Lesbien / ſie wohnt in deinem hertzen.
Er iſt gehorſam. C. H. v. H.SOl ich in Lybien die loͤwen-laͤger ſtoͤren?
Soll ich Aetnaͤ ſchlund entzuͤnden meine hand?
Sol ich dir nackt und bloß ins neuen Zembels ſtrand?
Sol ich der ſchwartzen ſee verdorrte leichen mehren?
Sol11Sol ich das Lutherthum in den moſqueen lehren?
Sol ich / wenn Eurus tobt / durch der Egypter ſand?
Sol ich zu deiner luſt erfinden neues land?
Sol ich auf Peters ſtul Calvin und Bezen ehren?
Soll ich bey Zanziba die jungen drachen fangen?
Sol ich das gelbe gift verſchlingen von den ſchlangen?
Dein wille iſt mein zweck / ich bin gehorſams voll /
Es hoͤret / geht und folgt dir ohre / fuß und willen /
Was mir dein mund befihlt / mit freuden zu erfuͤllen /
Nur muthe mir nicht zu / daß ich dich haſſen fol.
Auff ihre ohren-gehaͤnge. C. H. v. H.ZWey cronen zeigten ſich an meiner liebſten ohren /
Von weſten kam ihr gold / von oſt ihr diamant;
Diß alles war vermaͤhlt durch eine kluge hand /
Und fuͤr die Lesbia zu einem ſchmuck erkohren.
Jch weiß nicht wie mir war gelegenheit gebohren /
Daß ich das goͤtter-bild in einem garten fand /
Alß Flora neben ihr / Pomona vor ihr ſtand /
So hab ich dieſes wort / ſo dieſem folgt / verlohrem:
Gecroͤnte Koͤnigin / von mehr als tauſend hertzen /
Die kraͤftig ſind entbrannt von deiner augen kertzen.
Du biſt des himmels kind / und fuͤhrſt des himmels ſchein /
Was ſag ich Koͤnigin? o Goͤttin! ſollen cronen
Der liebes-maͤrtyrer / die du gemacht / belohnen /
So muͤſten ihrer mehr denn tauſend tanſend ſeyn.
Er ſahe ſie uͤber feld gehen. C. H. v. H.ES gieng die Lesbia in einem ſchaͤfer-kleide
Als Hirtin / wie es ſchien / der ſeelen / uͤber feld /
Es ſchaute ſie mit luſt das auge dieſer welt /
Es neigte ſich vor ihr das traͤchtige getraide;
Es12Es kriegte meine luſt auch wieder neue weyde
Von wegen dieſer bruſt / da Venus wache haͤlt;
Der ſchultern / wo ſich zeigt der liebligkeiten feld
Und dann der ſchoͤnen ſchoos / des hafens aller freude /
Jch ſprach: ach Lesbta! wie zierlich geht dein fuß /
Daß Juno / wie mich daucht / ſich ſelbſt entfaͤrben muß /
Und Phoͤbus dich zu ſehn verjuͤngt die alte kertze;
Richt glaube Lesbia / daß du den boden ruͤhrſt /
Und den geſchwinden fuß auf graß und blumen fuͤhrſt /
Es geht ein ieder tritt auf mein verwundtes hertze.
Sie weinete. C. H. v. H.ES brach der Lesbie das ſeufzen durch den mund /
Die roſen hatten hier den liljen weichen muͤſſen.
Man ſah der thraͤnen bach auf beyden wangen fluͤſſen /
Ein heiſſes ach und weh quall aus des hertzens grund.
Jch ſchaute / wie der ſchmertz in ihren augen ſtund /
Wie ihre ſtrahlen ſich durch angſt verdecken lieſſen /
Es lag die freundlichkeit in ohnmacht zu den fuͤſſen.
Und ihr verworren haar that ihre wehmuth kund.
Jch fuͤhlte dieſe noth auf meine ſeele dringen /
Es grif die kalte pein auch meine geiſter an /
Und weil die wehmuth nicht mit freyheit reden kan /
So kont ich endlich nichts als dieſen reim erzwingen:
Wie meinen geiſt belebt der ſchoͤnen augenſchein /
So ſoll ihr weinen itzt auch meine ſuͤndflut ſeyn.
C. H. v. H.HAt das verhaͤngniß mir den ſteg zu dir verzehrt /
Kan ich / o Goͤttin! nicht dein rein altar beruͤhren /
Soll auf dein heiligthum ich keinen finger fuͤhren /
So hat mir doch die pflicht noch keine zeit verwehrt.
Mein13Mein geiſt muß opfer ſeyn / mein hertze wird der herd /
Jch thue / was ich kan / und was ſich wil gebuͤhren /
Jch weiß / du wirſt itzund mehr als genug verſpuͤren /
Was vor ein reiner dampf zu deinem throne faͤhrt.
Jch ehre dich allhier / zwar ohne licht und kertzen /
Durch einen heiſſen trieb / aus einem reinem hertzen /
Die flamme brennet zwar itzt durch verdeckten ſchein /
Und beug ich keine knie / ſo beug ich das gemuͤthe /
Acht woͤrter ruͤhren mir itzunder mein gebluͤte:
Die Gottheit will geehrt / und nicht geſchauet ſeyn.
Auff ihre ſchultern. C. H. v. H.Jſt dieſes ſchnee? nein / nein / ſchnee kan nicht flam̃en fuͤhren.
Jſt dieſes helffenbein? bein weiß nicht weis zu ſeyn.
Jſt hier ein glatter ſchwan? mehr als der ſchwanen ſchein /
Jſt weiche woll allhier? wie kan ſich wolle ruͤhren?
Jſt alabaſter hie? er waͤchſt nicht bey ſaphiren /
Jſt hier ein liljen feld? der acker iſt zu rein.
Was biſt du endlich doch? weil ſchnee und helfenbein /
Weil alabaſter / ſchwan / und liljen ſich verlieren.
Du ſchauſt nun Lesbie / wie mein geringer mund
Vor deine ſchultern weiß kein rechtes wort zu finden /
Doch daß ich nicht zu ſehr darf haͤufen meine ſuͤnden /
So macht ein kurtzer reim dir mein gemuͤthe kund:
Muß Atlas und ſein hals ſich vor dem himmel biegen /
So muͤſſen goͤtter nur auf deinen ſchultern liegen.
Sie naͤhete ein weiſſes tuch. C. H. v. H.ES fuͤhrte Lesbia in ihrer weiſſen hand
Ein wunderſchoͤnes tuch / dem kreide nicht zu gleichen /
So nur alleine will dem ſchnee der haͤnde weichen /
Weil dieſer es beſchuͤtzt vor ihrer augen brand.
Doch14Doch ſcheint es / wie ſich ſelbſt das koͤſtliche gewand
Bloß und alleine will von dieſer ſonne bleichen /
Und muß die nadel gleich durch ſeine faden ſtreichen /
So wird es doch durch diß ie mehr und mehr bekandt.
O wunderſchoͤnes tuch! dir bluͤhet das geluͤcke /
Jhr auge zieret dich / mich toͤdten deſſen blicke /
Dich macht es lieb und werth / mir hat es haß gebracht /
Dein faden fuͤhlt die ſtich / ich fuͤhle ſie im hertzen /
Dir bringt er ehr uñ ruhm / mir macht er noth uñ ſchmerzen /
Dich ſetzt er an den tag / mich in die todes-nacht.
Auff ihre ſchwartze kleidung. C. H. v. H.JCh ſahe Lesbien umſchloſſen und umhuͤllt
Mit kleidung / welche ſelbſt die traurigkeit erfunden /
Es war ein truͤbes tuch ihr um den ſchlaff gebunden /
Und ihre ſtirne war mit wehmuth angefuͤllt:
Doch hat die traurigkeit das himmel-reine bild
Hier gaͤntzlich abzuthun ſich niemahls unterwunden.
Der blitz / ſo unvermerckt aus dieſen naͤchten quillt /
Vermehret meine brunſt faſt alle tag und ſinnden.
Es hat ja Venus ſelbſt ſich ſchoͤner nicht gezeiget /
Als da ſie in dem ſchos des truͤben Aetnens ſaß
Und mit der weiſſen hand die ſchwartzen kohlen laß /
Man ſchaut wie daß ein ſtern aus ſchwartzẽ wolcken ſteiget /
Ja ſelbſt die ſonne zeigt kein angenehmer licht /
Als wenn ſie unvermerckt durch truͤbe wolcken bricht.
Sonnet. C. H. v. H.DJch Lesbia und mich trug nechſt ein geiler wagen /
Gleich als die Cynthia begont den lauff der nacht /
Die Flora hat ihn ſelbſt zu ihrem feſt erdacht /
Und der verbuhlte gott das holtz herbey getragen.
Die15Die farben / ſo mit fleiß allhier begraben lagen /
Die ſagten: Adons blut hat uns hieher gebracht;
Die Venus hatte ſelbſt die eſſe heiß gemacht /
Als ihn mit gutem ſtahl ihr krummer mann beſchlagen.
Und hat ihn dazumahl ein ſchwartzes tuch umhuͤllet /
Schwartz ſtoͤret keinen ſchertz und ſtoͤrt die liebe nicht /
Man ſchaut wie mancher ſtern aus ſchwartzen wolcken bricht /
Und itzt ein wahrer reim aus ſchwartzem munde quillet.
Man ſoll kein wildes pferd nicht ferner mehr bemuͤhen /
Den geilen wagen ſoll die geile taube ziehen.
Er ſahe ſie zu pferde. C. H. v. H.DJe lange Lesbia / ſo meine freyheit bindet /
Erkuͤhnte ſich nechſt hin zu ſchreiten auf ein pferd.
Trug gleich ihr ſchoͤner leib nicht bogen / ſpieß und ſchwerdt /
So fuͤhrt ſie doch den blitz / der alle welt entzuͤndet /
Ein etwas / ſo man fuͤhlt und keiner recht ergruͤndet /
Dem kein Bucephalus ſich recht und wohl erwehrt /
So Alexandern ſelbſt und ſeinen muth verzehrt /
Macht daß ihr pferd den trieb / der himmliſch iſt / empfindet;
Wie wirſtu Heldin denn itzund von mir genant /
Der ich das erſte mahl durch deine glut entbrant /
Jch / deſſen aſche noch ſoll deine wahlſtatt zieren.
Reit / reit / Amazonin / getroſt durch wald und feld:
Doch wiltu daß dein knecht die ſehnen ſteiff behaͤlt /
So muſtu / merck es wol / die bruͤſte nicht verlieren.
An ſeine augen. JHr augen / ſeht forthin nicht Liſimennen an.
Jhr augen / die ich euch mir nur zur marter trage /
Jch ſchwere / daß ich euch bey Cypris thron verklage /
So fern eur lichter blitz mich nicht erretten kan /
Jhr16Jhr habet allzuviel mir itzt ſchon angethan /
Jhr augen / daß ichs euch aus grund des hertzens ſage /
Jhr ſchafft mir wenig luſt / nur lauter angſt und plage.
Jch trete nur durch euch auf dieſe marter-bahn.
Wie iſt es / kan ich euch ihr augen nicht bezwingen?
Ach nein! ich kan nicht mehr / hemt ich gleich euren blitz /
Es wuͤrde Liſimen ſich dennoch in euch dringen /
Wo ſie nicht allbereit ſchon in dem hertzen ſitzt.
Raͤcht / raͤcht ihr augen euch / kan ſie ſich in euch ſpielen /
So laſſet Liſimen auch gleiche ſchmertzen fuͤhlen.
Er fand ſie im gruͤnen ſchlaffen. HJer liegt mein paradieß mit roſen uͤberdeckt /
Die bruͤſte regen ſich / mich mehr und mehr zu quaͤlen /
Der ambra ſteigt hervor aus ihrer ſuͤſſen kaͤlen /
Hir ligt mein paradies im gruͤnen ausgeſtreckt.
Komm / geuß auf ihren mund dein perlenes confect /
Du linder Zephir du / bring ihr die ſanften ſeelen
Aus deinen brunnen her / mit ihr mich zu vermaͤhlen.
Schlaf; aber daß ſie nicht dadurch werd’ aufgeweckt /
St. Dryas! St. Napee! bleibt dort in dem gepuͤſche /
Dieweil ich manchen kuß auf ihrem mund erwiſche /
Sol euer ſchoͤner chor nicht mit ihr ſpielen gehn?
Jndeſſen ſchlafe du hier unter dieſen baͤumen;
Sehnſt du denn aber dich nach ſanften liebes-traͤumen /
So wache ploͤtzlich auf / hier kanſt du einen ſehn.
Sonnet. An die ſterne wegen Barnien. JHr kinder ſuͤſſer nacht / ihr feuer-vollen bruͤder /
Du kleines heer der luft / du himmels-buͤrgerey /
Die du durchs braune feld nach reiner melodey
Erhebeſt deinen tantz / und deine ſchoͤne glteder /
Wenn17Wenn itzt der faule ſchlaff die muͤden augen-lieder
Durch einen faulen ſieg den ſinnen leget bey /
Damit kein wachen mehr bey uns zu ſpuͤren ſey.
Jhr kinder ſuͤſſer nacht legt eure fackeln nieder /
Was ſteht ihr wie zuvor / und lacht den welt-kreiß an?
Laufft durch das goͤldne hauß / verlaſt die fenſter-ſcheiben /
Geht ruͤckwerts / wie ihr ſolt / ich will euch ruͤckwerts treiben /
Geht ruͤckwerts wieder hin die alte finſtre bahn.
Geht kinder wie ihr ſolt / flieht lichter / flieht von mir /
Mein licht / mein augen-ſtern / mein lieb iſt nicht allhier.
Sonnet. Cupido an die ſchoͤne Barnien. HJer laß ich pfeil und glut / die roſen mit den myrten /
Durch die ich vor der zeit in himmel konte gehn.
Hier laß ich krantz und band und alle waffen ſtehn /
Jch flieh / und fliehe fort / und laß es euch ihr hirten.
Kein ſpiel / kein froͤlich ſeyn / kein ſuͤſſes hals-umguͤrten /
Und keine Nymphe ſoll mit ſchallen und gethoͤn
Mich fuͤrderhin durch thal / durch puſch und auen ſehn /
Kein weſt-wind ſoll mich mehr mit ſuͤſſem thau bewirthen /
Weil Barnia mit glantz glut / feuer / licht und gifft /
Pfeil / koͤcher / krantz und ſpeil und alles uͤbertrifft.
Ade / ich gehe fort zu den entfernten wuͤſten /
Doch nehmt hier warnung an / und hoͤret noch ein wort:
Jhr ſterblichen / wenn ich itzund von euch bin fort /
Laſt euch nach Barnien / ſie toͤdtet / nicht geluͤſten.
II. Theil. BSeine18Seine Chur-Printzl. Durchl. von Branden - burg in geſtalt Cupidons / an ihre Churfl. Durchl. die Frau Mutter / als dieſelbe von Hanno - ver wieder kam und man ihr zu ehren ein kleines luſt-ballet tantzete. † † †KOmm / ſchoͤne mutter / komm zuruͤcke /
Dein hof kan ohne dich nicht ſeyn;
Deſſelben groͤſter glantz und ſchein
Steht in den ſtrahlen deiner blicke.
So lange wir dich nicht geſehn /
Jſt gleichſam aller ſchmuck verſchwunden;
Was bleibt in deinen zimmern ſchoͤn /
Wenn wir dich nicht darin gefunden?
Die luſt wird man dir gerne goͤnnen /
So dir Hannover machen kan.
Allein was haben wir gethan /
Daß du ſo lange bleiben koͤnnen?
Es wuͤrde dich wohl iedes land
Als ſeine koͤnigin verehren;
Jedoch iſt dir nicht unbekant /
Daß wir dir naͤher angehoͤren.
Verzeihe dieſer meiner klage
Und der gerechten ungedult;
Die lieb’ allein iſt daran ſchuld /
Die ich dein Chur-Printz zu dir trage.
Du ſprichſt / was dich entfernet hielt /
Das ſey dein kindliches verlangen;
So dencke denn was ich gefuͤhlt /
Dich / ſchoͤne mutter / zu umfangen.
Dich aber nun auch zu behalten /
Komm ich in Cupidons geſtalt /
Und wuͤnſche mir heut die gewalt
Sein amt der liebe zu verwalten.
Man19Man ſagt / daß dieſes ſchlaue kind
Der mutter eigen hertz geruͤhret;
Und ſie bernach / ihm gleich geſinnt /
Jhn uͤberall mit ſich gefuͤhret.
An die auf Doris bruſt verwelckte roſe. † † †WJe haſtu roſe / voller pracht /
Auff Doris bruſt zu ſterben wiſſen?
Hat dich ihr ſchnee beſchaͤmt gemacht /
Daß du davor erbleichen muͤſſen?
Ja freylich blumen-koͤnigin /
Dein purpur weichet dem jeßmin /
Den dieſer ſchoͤne kreiß laͤſt ſpuͤren.
Doch ſorge nicht ob den verluſt.
Du ſtirbſt auff meiner Doris bruſt /
Du ſolſt dadurch gar nichts verlieren.
Jch werde nun dein welckes blat /
Jn meynung Doris bruſt zu kuͤſſen /
An meinen mund zu druͤcken wiſſen /
Und wuͤnſchen / daß an deiner ſtatt
Jch fuͤr dich haͤtte ſterben muͤſſen.
An Jhre Durchl. die itzt vermaͤhite Hertzogin von Curland / uͤber die kalte lufft ihres Curlandes. † † †NJcht fuͤrchte dich / Durchlauchtigſte Princeſſe /
Vor Curlands kalten mitter-nacht;
Sein Printz / der dich verehrt nach deiner groͤſſe /
Jſt ſchon auff deine luſt bedacht.
Dein auge ſelbſt mit ſeinen liebligkeiten
Wird ſich das land nach deinem wunſch bereiten;
Und kennſt du nicht (die warheit mag hier ſchertzen)
B 2Der20Der kalten laͤnder eigenſchafft?
Die liebe hat dort rechte krafft:
Je kaͤlter dort die lufft / je heiſſer ſind die hertzen.
Schertz-reime an den Herrn Marſchalck von Carnitz / den tag nach ſeiner hochzeit mit der von Schoͤningin. † † †DJe ſchoͤnheit deiner braut hat dich verliebt gemacht /
Die wir die Schoͤningin / nach ihrer ſchoͤnheit / nennen;
Und gleichwohl ſagt man uns / daß erſt ſeit dieſer nacht /
Du ihrer ſchoͤnheit preiß beginneſt recht zu kennen.
Jhr reitzendes geſicht / mit munterkeit vermaͤhlt /
Erwieß dir zwar genug der ſchoͤnheit ihre ſtaͤrcke.
Jedoch hat ſie vor dir / biß dieſe nacht / verhehlt
Die allerſuͤſſeſten und ſchoͤnſten wunderwercke.
Heut aber da du ihr den guͤrtel haſt geloͤßt /
Siehſt du den gantzen Schatz vor deinen augen liegen:
Denn eh die Venus nicht die ſchlancken lenden bloͤſt /
Kan ihre ſchoͤnheit nicht der Paris heiſſen ſiegen.
O gluͤcke dieſer nacht / die dich an ſie getraut!
Du freyheſt mehr mit ihr / als ſie von ſich geprieſen.
Die ſchoͤnheit deiner frau iſt groͤſſer denn der braut /
Weil dir die hochzeit erſt ihr Paradieß gewieſen.
Uber die conterfeyen der ſchoͤnſten von Engel - land / die ietziger Churfuͤrſtin zu Brandenburg von daher geſchicket worden. † † †DJe ſchoͤnen Engellaͤnderinnen /
Die man zum wunder uͤberſchickt /
Ent -21Entſatzten ſich ob dem beginnen /
Als ſie Charlotten angeblickt.
Was habt ihr / alle Koͤnigreich /
(Sprach iede) dieſer Fuͤrſtin gleich?
Schickt ihr auch eure Koͤniginnen /
Jhr werdet dennoch nicht gewinnen.
Daruͤber / daß ihre Churfuͤrſtl. Durchl. dieſe conterfeyen in dero zimmer ſetzen laſſen. † † †JHr ſchoͤnen aus dem Engellande
Seyd wohl die gluͤcklichſten der welt /
Daß man euch / uͤber eurem ſtande /
Jn unſer Fuͤrſtin zimmer ſtellt!
Doch iſt es auch bey eurem gluͤcke
Um euren gantzen ruhm geſchehn /
Wo bleiben eure ſchoͤnen blicke /
Sehn wir Charlotten bey euch ſtehn?
Aus dem Frantzoͤſiſchen. An der geliebten bette. † † †WErth und begluͤckter platz / Melindens roſen-bette /
Du eintzger zeuge dieſer welt /
Von aller liebligkeit die ſie verborgen haͤlt /
Ach wenn ich doch dich zum verraͤther haͤtte!
Ach daß du zu getreu und zu verſchwiegen biſt!
Vertraue mir denn nur / was ſonſt erfreulich iſt.
Gedenckt ſie nicht an den / der ſie verehrt im ſchweigen /
Und wenn ſie halb erwacht / mit ſich alleine ſpricht /
Nennt ſie mich unverſehns und in gedancken nicht /
Und hoͤrſt du keinen wunſch aus ihrem hertzen ſteigen?
B 3Uber22Uber drey in Ungariſchen roͤcken ver - kleidete Dames. † † †DRey maſquen lieſſen ſich bey hofe geſtern ſehn
Jn angenehmer tracht und ſehr geſchickten roͤcken:
Man kante ſie gar bald / ſie waren allzu ſchoͤn;
Doch konte die in blau ſich weniger verſtecken.
Verraͤth der diamant ſich in dem ſchatten nicht?
Man weiß ſchon wer ſie ſey / auch ſonder ſie zu nennen.
Denn deckt ſie gleich vor uns ihr himmliſches geſicht;
Kan durch den ſchoͤnen leib man dennoch ſie erkennen.
Uber Jris vollkommene ſchoͤnheit. † † †JRis (klagen ſich die alten)
Jſt in dieſer gantzen ſtadt
Fuͤr das ſchoͤnſte kind zu halten /
Weill ſie gar viel ſchoͤnes hat.
Bey den andern / die uns fliehen /
Sieht man in geringer zahl
Nur gewiſſe blumen bluͤhen:
Aber Jris / uns zur qual /
Jſt ein gantzer blumen-thal.
Als ſie ſich ihm zum neuen jahre ſchenckete. B. N.DEr himmel faͤngt dis jahr mit lauter thraͤnen an /
Und zeigt der erden nichts als nebel / dampff und regen:
Doch Leonore hat das widerſpiel gethan /
Und will auff dieſen tag die ſtuͤrme niederlegen.
Jch hatte ſie erzuͤrnt / und machte mich bereit /
Die ſtraffen ihrer hand mit demuth zu empfangen:
So kehrt ſie nacht in tag / und leid in froͤligkeit /
Und ſtreicht die blaſſe furcht von meinen todten-wangen.
Vor ruthen ſchickt ſie mir ſich ſelber und ihr hertz;
Was23Was koͤnt’ ich beſſers wohl von einem richter hoffen?
Mein geiſt war voller angſt / die ſeele voller ſchmertz /
Nun ſteht mir unverhofft mein gantzer himmel offen.
Begluͤcktes neues jahr! wo brieffe buͤrgen ſeyn /
Und die gedancken ſo wie ihre worte klingen.
Ach aber ſchoͤnſtes bild! du zeigeſt ſonnen-ſchein /
Und wilſt mir in der that nur truͤben regen bringen.
Du ſchenckeſt was du ſchon an andre laͤngſt verſchenckt /
Und giebſt mir / was du doch mit rechte nicht kanſt geben.
Wie will dein Gelidor / den du hierdurch gekraͤnckt /
Nun kuͤnfftig ohne dich und ſonder hertze leben?
Denn deines nimſt du ihm / und ſeines haſt du ſchon.
Doch was bekuͤm̃ern mich doch fremde qual und ſehmertzen?
Was giebet mir hier Rom? was Gelidor vor lohn /
Daß ich mein gluͤcke ſoll zu ſeiner luſt verſchertzen?
Wer ſchenckt / der ſchaue zu / wie viel er halten kan.
Jch nehme / was du mir ſo willig angetragen.
Du kanſt nun / wilſtu gleich / was deine wahl gethan /
Nicht ohne ſchand und ſchmach gar wohl zuruͤcke ſchlagen.
Cupido lehne mir die waffen deiner hand /
Befeßle dieſes hertz mit ketten von rubinen /
Und ſchreib mit goͤldner ſchrifft an ſeine kammer-wand:
Daß niemand in der welt kan zweyen herren dienen.
Auff ſchoͤne augen. ** v. L.JHr ſterne / deren glantz der monden nicht kan gleichen /
Jhr ſonnen / deren ſchein die ſonne ſelbſt muß weichen /
Jhr / die ihr doppelt vor der liebe ſpiegel ſtellt /
Jhr / die ihr j[e]derman / ſo euch nur ſiehet / faͤllt /
Jhr / die ihr gnade wiſt und ungunſt auszutheilen /
Jhr / die ihr beydes koͤnt verletzen und auch heilen /
Jhr / die verzweifflung uns ſo wohl als hoffnung gebt /
B 4Ver -24Verurſacht daß man ſtirbt / und machet daß man lebt.
Jhr ſchoͤnſten augen ſeyds / die ich hier will beſchreiben /
Nah darff ich nicht bey euch / weit kan ich auch nicht bleiben.
Der tag der iſt mir nacht / wenn ich euch ſchaue nicht /
Seh ich euch / werd ich blind / weiß nicht wie mir geſchicht.
Doch dult ich dieſes gern / und will viel lieber leiden /
Als weit entfernet ſeyn / und eure ſchoͤnheit meiden.
Ein eintzig blick von euch vergnuͤget mich viel mehr /
Als ſtrahlen die von ſonn und ſternen kommen her.
Auff einen ſchoͤnen hals. ** v. L.ES war der Lyſis von verwunderung entzuͤcket /
Es war ihm ſeel und finn nicht anders als beſtricket:
Er wuſte ſelbſt nicht recht / wie und was ihm geſchehn /
Jndem er unverhofft was ſonders hatt’ erſehn.
Er dachte hin und her / und kont es nicht ergruͤnden /
Er kunte nicht bey ſich den rechten ſchluͤſſel finden;
Die weiſſe lilien verlohren ihren preiß
Bey dieſem wunder-werck; der ſchnee ſchien nicht mehr weiß.
So kalt als dieſer war / ſo groſſe hitz’ es machte /
Es red’t und ſchwieg zugleich / es ſchien als wenn es lachte /
Jetzt bildet es ihm vor das runde himmels-zelt /
Bald bildet er ihm ein die kugel dieſer welt.
Als nun in ſolchem ſtand war nahe zu ihm kommen
Der kleine liebes-gott / eh ers in acht genommen /
Sprach er ihm alſo zu: nicht wunder Lyſis dich
Ob dieſem was du ſiehſt; gar viel die haben ſich
Verlohren an dem ort / den du anietzt beſchauet /
Wenn ſie zu kuͤhn geweſt / und ſich zu weit getrauet.
Diß iſt der liebe thron / der ſchoͤnheit auffenthalt /
Die wohnung aller luſt / die ſuͤſſeſte gewalt /
Die ſinn / gemuͤth und hertz in ihre bande bringet /
Die alles menſchliche beſieget und bezwinget /
Der ort / wo nichts als nur vergnuͤgung iſt bewuſt /
Der25Der liebligkeiten ſitz / der tempel aller luſt.
Geh / lieber Lyſis / geh / ietzt magſtu nur gedencken /
Wie du ein opffer kanſt in dieſen tempel ſchencken.
Sie ſpeiſet ſeinen vogel aus ihrem munde. J. v. M.MEin zeißgen nehrte ſich bißher von hanff und ruͤben /
Und lieſſe ſeinen tranck ein ſchlechtes waſſer ſeyn.
Es ließ den irrdnen napff ihm mehr als gold belieben /
Und bildet ſich ein ſchloß von ſeinem kaͤficht ein.
Nun merckt der vogel erſt / daß glaß chryſtallen weichet /
Der roſ’ ein neſſel-ſtrauch / dem biſame zibeth /
Nachdem ſein neuer ſtand ſo wenig jenem gleichet /
Als wenig ſchnecken-blut nach andern farben geht.
Es hat ſein altes hauß (von holtze zubereitet /
Mit tannen ausgeziert) um eine hand vertauſcht /
Die ſelbſt der kreide trotzt / und mit der wolle ſtreitet /
Darin der loſe gaſt auff ſeidnen polſtern lauſcht.
Sein ietzigs trinckgeſchirr iſt ein rubinen-becher /
Den rings-um die natur mit perlen ausgeſetzt /
Jn deſſen wunder-ſafft zu ſeinem liebes-koͤcher
Cupido allemahl die guͤldne pfeile netzt.
Mein vogel ſpeiſt allhier nichts als nur amber-kuchen /
Und trinckt den nectar / der aus purpur-roſen quillt.
Der ſuͤſſe ſeelen-thau / den viele geiſter ſuchen /
Hat dieſen gluͤcklichen zum oͤfftern angefuͤllt.
Ach wie verſchwendriſch iſt bißweilen das geluͤcke!
Hier wirfft es alles zu dem / der gar nichts verdient /
Der nichts erkennen kan / und der die holden blicke
Wol um ein korn vertauſcht / daraus ein hanff-ſtiel gruͤnt.
Ach wolte mir einmahl ein ſolcher gluͤcks-ſtern ſcheinen /
Jch wolt empfindlicher / als du mein zeißgen / ſeyn /
Jch weiß den wahren werth von ſolchen edel-ſteinen /
Man nimt die perlen nicht wie ruͤben-ſaamen ein.
B 5Ein26Ein ſolcher goͤtter-ſafft mit roſen uͤberdecket
Reimt ſich / mein armes thier / fuͤr deinen ſchnabel nicht;
Ach dieſe zucker-koſt / die nach jeßminen ſchmecket /
Jſt eintzig und allein den ſeelen zugericht!
Komm tauſch einmahl mit mir: Jch ſchwer bey meinem leben /
Jch will weit mehr vergnuͤgt von deiner taffel gehn.
Du armer vogel nimſt / und kanſt nicht wieder geben;
Jch kans / und muß dennoch dich vorgezogen ſehn.
Sonnet. Er mahlet ihr bildnis. C. E.EJn antlitz / welches nur dem himmel aͤhnlich ſtehet /
Das angebohrne pracht vor tauſenden erhoͤht /
Und das kein pinſel ſich zu mahlen unterſteht /
Jſt meine feder hier zu bilden hoͤchſt bemuͤhet.
Der wangen blumen-kreyß / der voller roſen bluͤhet /
Der augen himmel-blau / des mundes purpur-roͤth /
Der ſtirne helffenbein / die uͤber marmel geht /
Die bruſt / die auch dem ſchnee den ſilber-glantz entziehet /
Des geiſtes ſittſamkeit / den engliſchen verſtand /
Und ſo viel tugenden / die aller welt bekant /
Darff man in ewigkeit von keinem mahler hoffen;
Die kunſt iſt ihm zu hoch: ich ſag’ es ohne ſcheu.
Wer aber ſiehet nicht / daß diß Libore ſey /
Und daß mein feder-kiel ſie gantz genau getroffen?
Sie tadelt / daß diß bildniß ihr nicht gleich ſehe. C. E.WJe? ſoll das bildniß nicht Liboren aͤhnlich ſeyn /
Das ich zu mahlen mich erſt neulich unterfangen?
Trifft augen / ſtirn und mund / und die bemilchte wangen
Nicht mehr als allzuwohl mit ihrer anmuth ein?
Der27Der tadel iſt gantz falſch. Doch nein! verwegner / nein!
Du mahlſt nicht heiß genug der hellen augen ſchein /
Die wangen koͤnten noch ein beßres lob erlangen /
Der rothe nelcken-mund in ſchoͤnrem purpur prangen /
Die ſtirn / da ſcham und zucht die keuſche wohnung haͤlt /
Die iſt nicht weiß genug und praͤchtig vorgeſtellt /
Den glantz / vor welchem ſelbſt die Venus muß erblaſſen /
Den weiß die feder nicht recht ſchimmrend abzufaſſen.
Jch habe dann gefehlt: und will diß fehlen nennen /
Daß ich nicht ſchoͤn genug ſie hab entwerffen koͤnnen.
Auff ihre kaltſinnige veraͤnderung. C. E.MElinde / geht dein feur ſo zeitig ſchon zu end?
Wie geht diß immer zu? kein funcke ſoll ſich ruͤhren /
Du wilt nur ſchnee und eiß in deinen adern fuͤhren /
Jſts moͤglich / hat das blat ſo ploͤtzlich ſich gewendt?
Doch was verwundr’ ich mich? wenn man die flam̃en treñt /
So muß nothwendig ſich derſelben krafft verliehren /
Und kan man dieſes nicht an deinem hertzen ſpuͤren /
Das in zertheilter gunſt vor mich und jeden brennt?
Noch gleichwohl ſoll ich dich als eine goͤttin ehren /
Und meine liebes-glut faſt taͤglich neu vermehren /
Vergeß ich einen blick / ſo iſts nicht recht gethan.
Wie aber reimt ſichs wohl: mein gantzes hertz begehren /
Und von dem deinen kaum den kleinſten theil gewaͤhren?
O nein! Melinde / nein! ſo geht der tauſch nicht an!
Als ſie ſich mit einem glaſe die hand verſchnitten. C. E.SO recht! meyneid’ge hand! ſo werd’ ich einſt gerochen /
Und deine falſchheit wird mit gleicher maaß belohnt.
Ha! unbeſtaͤndige! noch leichter als der mond /
Wie28Wie pflag ich nicht vor dem auff deine treu zu pochen?
Was hab ich mir nicht ſtets vor gunſt von dir verſprochen?
Da aber deine huld auch frembden dienſte frohnt /
Und ſo viel andre mehr dein ſchmeicheln ſchon gewohnt /
So wirſt du billich itzt biß auff das blut geſtochen.
Wol mir! ein ſchlechtes glaß ſucht meinen ſchimpf zu raͤchen!
Die rache geht nach wunſch. Was hab ich nun zu ſprechen?
Fließ dann / treuloſes blut / biß auf den letzten tropffen /
Jch werde nimmermehr die wunde dir verſtopffen:
Und wuͤrde deiner hand das leben ſelbſt entfuͤhret /
Gut! wenn kein ander nur mehr wird durch ſie beruͤhret.
Sie weigert ihm ein armband / das band der freyen hertzen genannt. C. E.BLeib / ſchoͤnſte Solime / bey dem verhaſten wahn /
Daß dir der ordens-band alleine will gebuͤhren /
Und daß er / auſſer dich / ſoll keinen frembden zieren /
Der ſich nicht ſo / wie du / der freyheit ruͤhmen kan.
Jch will es gern geſtehn / daß es um mich gethan /
Du weiſt die blicke ſchon zu meiſterlich zu fuͤhren /
Und kanſt durch ſtille glut das blut in adern ruͤhren /
Ja / legſt dem hertzen ſelbſt die ſchwerſte feſſeln an.
Was wunder / daß ich dann um meine freyheit kommen;
Nur leugne / ſchoͤnſte / nicht / daß du ſie mir genommen /
Und daß dein auge mich und meinen geiſt entbrandt.
Giebſtu mir dieſes zu / ſo laß ich deinen band /
Und will viel lieber ihn und ſeinen orden miſſen /
Als meine freyheit nicht durch dich beſieget wiſſen.
Als29Als ſie an einem donnerſtage / ihrem nah - mens-tage / von einer reiſe wieder kam. C. E.WJllkommen ſchoͤnſter tag! du bringſt das rechte gluͤcke /
Wornach ſo mancher ſich bißher zu ſehnen pflag /
Du wirſt uns wohl ein recht verkehrter donnerſtag /
Weil deinen donner du durch himmliſches geſchicke
Verkehrſt in lauter luſt und guͤldne freuden-blicke.
Ein ander haſſe dich / ſo ſehr er immer mag /
Er tadle deinen blitz und rauhen wetter-ſchlag;
Nur wiſſe: daß ich mich ſehr hoch an dir erquicke.
Denn / da du nicht allein Liborens nahmens-feſt /
Beſondern auch ſie ſelbſt uns wieder ſchauen laͤſt /
Wie koͤnteſtu uns wol ein groͤſſres gluͤcke weiſen?
O! ſtell dich ſolcher art noch oͤffters bey uns ein /
Du angenehmer tag! Jedoch / was wuͤnſch ich? nein!
Sonſt muͤſte ſie zuvor erſt wieder von uns reiſen.
An etliche ſchreib-federn / die er ihr zuſchickte. C. E.JHr ſtummen redner ihr / ihr mahler der gedancken /
Die ihr die heimligkeit des tieffſten hertzens wißt /
Jhr heuchler / die ihr ſteckt voll trug und arger liſt /
Die ihr bald weint und lacht / bald zuͤrnt und pflegt zu zancken;
Jhr ſilber-roͤhren ihr / aus deren engen ſchrancken
Glut / ſeuffzer / grimm und haß / rach / lieb’ und eifer flieſt;
Jhr aͤrtzte / die ihr ſeyd mit klugheit ausgeruͤſt /
Und keinem treuer dient / als den verliebten krancken:
Geht zur Oranten hin / ihr ſchlauen hexen-meiſter /
Die ihr gantz unvermerckt hertz / ſeele / blut und geiſter
Durch eure ſchwartze kunſt bezaubert und verſtrickt /
Geht / doch mit dem beding / daß ihr mir thut zu wiſſen /
Wie bald Orante ſich zur liebe wird entſchlieſſen /
Und ob ich ewig dann ſoll bleiben unbegluͤckt?
Auff30Auff ihre grauſamkeit. C. E.DOrinde / iſts nun aus mit meinem armen leben?
Hab’ ich nun einſt verzehrt das duͤrre kummer-brod /
Und den vergaͤllten tranck / den deine hand mit bot /
Vor deſſen bittrigkeit noch geiſt und blut erbeben?
Jſts moͤglich / wiltu mich des jammers uͤberheben /
Und ſeh’ ich denn einmahl die endſchafft meiner noth?
Ach! ja / dein grauſam ſeyn bringt endlich mir den todt /
Und will ein ſchwartzes grab mir zur belohnung geben.
Weil dann mein leben nichts in deinen augen gilt /
So ſaͤume nur nicht lang / wann du mich toͤdten wilt /
Und uͤberhebe mich nur zeitig meiner plage:
Doch glaube ſicherlich / du toͤdt’ſt mich nicht allein;
Mein todt wird auch dein todt / und dein verderben ſeyn /
Weil ich dich lebendig in meinem hertzen trage.
Als er kam / loͤſchte ſie das licht aus / daß er ſie nicht ſehen ſolte. C. E.VErſteck dich immer hin! ſchleich heimlich zu der wand!
Loͤſch alle lichter aus! du kanſt mir nicht verſchwinden;
Halt dich noch eins ſo ſtill; ich will dich dennoch ſinden:
Wird aus dem ſchatten nicht das helle licht erkant?
Glaͤntzt nicht bey dunckler nacht ein echter diamant?
Ja / ob die finſterniß ſich ſelbſt wolt unterwinden /
Der ſonnen goͤldnes rad in wolcken einzuſpuͤnden /
So bricht ſie doch hervor durch ihren lichten brand.
Licht / demant / ſonne bleibt in ihrem werth und pracht:
Was ſchad’t die finſterniß / der ſchatten und die nacht?
Jhr glantz kan deſto eh’ uns in die augen ſteigen.
Biſtu mir nun mein licht / demant und ſonnen-ſchein /
So wird die demmerung ſelbſt dein verraͤther ſeyn /
Und dich durch ſchatten / nacht und finſterniß mir zeigen.
Die31Die uͤber ihren entlauffenen ſohn erzuͤrnete Venus. C. E.WAs will der heiſſe zorn? was das vergaͤllte draͤuen?
Und was die ruthe dort in deiner rechten hand?
Wo kommſtu ſo verwirrt / ſo hitzig hergerant?
Wie? Venus / hoͤrſtu nicht? ſie ſchwieg; bald hoͤrt’ ich ſchreyen:
Du abgefeimter dieb! lernſtu dich noch nicht ſcheuen?
Jch habe dir vorlaͤngſt die ruthe zuerkannt;
Nun aber ſolt du ſeyn aus meiner gunſt verbannt.
Halt ſchelm! halt boͤſewicht! es ſoll dir wohl gereuen!
Jch rieff ihr weiter zu: Was? ſuchſtu deinen ſohn?
Er baut bey Solimen gleich itzt den liebes-thron /
Und muͤhet ſich durch ſie die hertzen zu entzuͤnden:
Bald reitzt er durch ihr aug / bald wieder durch den mund /
Ach Venus! raͤche mich; er hat mich auch verwundt /
Lauff hin zur Solime / da da wirſt du ihn finden.
Der verbindliche dienſtag / ihr nahmens-tag. C. E.DEr dienſtag will mich zwar zu deinem dienſt entzuͤnden /
Und reitzet meinen geiſt / zu binden deine hand;
Allein / ſo gern ich will / ſo leidt es nicht mein ſtand:
Wer ſelbſt gebunden iſt / wie kan der andre binden?
Die ſtricke / welche ſich in deinen blicken finden /
Verwickeln mich zu feſt durch ihren wunder-band.
Wie iſt es moͤglich nun / da’s ſo mit mir bewand /
Den marmel deiner hand mit baͤndern zu bewinden?
So binde dich dann ſelbſt / weil ich nicht binden kan /
Und feßle deinen ſinn ein wenig feſter an /
Der ſich nur allzu offt hat meiner luſt entriſſen:
Laß huld und gegengunſt bey uns ſich finden ein;
Jen’s ſoll mein angebind / diß deine loͤſung ſeyn /
Von andrer loͤſung mag ich ſonſt durchaus nicht wiſſen.
Un -32Unterſcheid der ſchwartzen und blauen augen. Auff zwo ſchweſtern. C. E.LJſett und Silvie / ihr perlen unſrer zeit /
Jhr koͤnnt den ſtoltzen preiß vor tauſend andern haben:
Denn eure freundligkeit und ungemeine gaben
Sind ein beruͤhmter zeug der theurſten koſtbarkeit.
Aus eurem weſen ſtrahlt ſelbſt die vollkommenheit /
An eurer anmuth kan ſich alle welt erlaben.
Jch glaub / es iſt ein geiſt in beyder hertz vergraben /
Weil ihr an muntrigkeit euch ſo gar aͤhnlich ſeyd.
Jn einem trefft ihr doch nicht gar zu wohl zuſammen;
Liſett zeigt offenbahr die blauen himmels-flammen
Und den verliebten brand / der durch die augen blitzt;
Hingegen Stlvie brennt heimlich und verſtohlen:
Denn ihr geſchwaͤrtztes aug’ laͤßt wie verloſchne kohlen /
Darinnen gleichwohl feur und glut verborgen ſitzt.
Auff ein ihm verehrtes band. C. E.NJm / Venus / dieſes band aus meinen frohen haͤnden /
Das mir von Solimen juͤngſthin geſchencket iſt /
Jch hab es tauſendmahl zu guter letzt gekuͤſt /
Und will es dir hiemit in deinen tempel ſenden.
Haͤng / wo du wilt / es auff an deinen guͤldnen waͤnden /
Und beut der ſtrengen zeit / die ſtahl und marmel friſt /
Daß ſie nicht gierig ſey / durch falſche tuͤck und liſt
Dem bande weh zu thun / noch ſeine pracht zu ſchaͤnden.
Nim es / als erſtlinge der reinſten freundſchafft / hin /
Du ſiehſt / daß ich getreu / gerecht und danckbar bin /
Drum foͤrdre / wie du pflegſt / mein gluͤck auff dieſer erden /
Schaff / daß mir Solime das hertze ſelber ſchenckt;
Und wenn dein knecht alsdenn nicht ewig an dich denckt /
So laß ihn aller gunſt auf eins verluſtig werden.
Sie33Sie fordert ihme zuͤrnend ihre uhr ab. C. E.GEh hin / verhaßte uhr / zur trotzigen Melinden
So lieb du mir zuvor / ſo feind bin ich dir itzt /
Nachdem du ihren grimm haſt wider mich erhitzt /
Und ſie mit rach und zorn wilt gegen mich entzuͤnden.
Weg nur / ich mag dich nicht! wer kan dich auch ergruͤnden?
Wer weiß / daß ſolch ein haß in deinen raͤdern ſitzt /
Wodurch ihr unmuths-feur ſo grimmig auff mich blitzt?
An deinem zeiger haͤtt’ ichs ewig nicht kont finden.
Doch / was verfolg ich dich? es iſt Melindens art /
Sie hat wohl ehmahls ſchon das ſpiel mir ſo gekart /
Und nichts / als nur verdruß und pein mir wollen goͤnnen;
Die unruh in der uhr iſt ihrer ſinnen bild /
Die will ſie etwan ſehn? Jhr wunſch ſey dann erfuͤllt!
Wie ſchoͤn wird ſie ſich nun darinn nicht ſpiegeln koͤnnen.
Sie ließ ihn im finſtern mit einer laterne zu ſich holen. C. E.WAs ſoll die leuchte doch / die du mir zugeſandt?
Gewiß / ſtatt ihrer kan Cupido mir ſchon dienen;
Denn ob er gleich ſtockblind ſein lebetag erſchienen /
Fuͤhrt er / als gleitsmann / mich doch ſicher bey der hand,
Zudem / er ſcheut das licht und will nicht ſeyn erkant
An der entbloͤßten haut / und den verliebten minen;
Drum wird er ſich auch nie / als nur des nachts / erkuͤhnen /
Wenn dunckle ſchatten ſind / zu ſtreichen durch das land.
Weil nun mein wille wird nach ſeinem wunſch getrieben /
So muß ich mit ihm fort ohn eintzigen bedacht.
Jch folg ihm endlich auch gar gern und mit belieben:
Gnug! wenn er mich nur fuͤhrt zu dich und deiner pracht.
Was hat es denn vor noth / laternen anzuzuͤnden /
Wann ich die ſonne ſelbſt in dir / mein licht / kan finden.
II. Theil. CAn34An ſeine augen. C. E.JHr augen habts gethan! durch euch bin ich betrogen /
Jhr habt / als moͤrder / mich um meine freyheit bracht.
Verraͤther! ſagt einmahl / was habt ihr doch gemacht /
Daß ihr von Solimen die flammen eingeſogen?
Sagt mir: was hat euch doch zu dieſer that bewogen?
Schweigt ſtill von Solimens verfuͤhreriſchen pracht!
Sie iſt nicht ſchnee und eiß. Jch hab es wohl gedacht.
Jhr augen habts gethan! ihr habt mir vorgelogen.
Nun ſeht auch / wie ihr ſie zur gegen-liebe zwingt.
Sagt: daß mein leben ſelbſt ſchon mit dem tode ringt.
Es iſt um mich gethan! jetzt duͤrfft ihr nichts verſchweigen /
Durch euch / als fenſter / ſieht man in das hertz hinein.
Sagt: daß in kurtzen es wird ſtaub und aſche ſeyn /
Denn eure farbe kan davon zur gnuͤge zeugen.
Als ſie ſich mahlen ließ / und es an rother farbe gebrach. C. E.WAs? kuͤnſtler / fehlt es dir an farben zu dem munde?
So rieff ich: als zugleich Aurora ſich erbot
Mit morgen-ſtrahlen ihm zu helffen aus der noth.
Man ſah’ wie Flora ſich mit roſen fertig funde:
Die Thetis holete corallen aus dem grunde:
Die muͤde ſonne gab von ihrem abend-roth:
Die purpur-ſchnecke gieng freywillig in den todt /
Und opfferte ihr blut noch zu derſelben ſtunde.
Die berge lieferten den ſchimmer von rubinen:
Und die granate kam mit ihrem ſafft zu dienen /
Sie ſtellten alle ſich dem kuͤnſtler ſelbſt zur hand;
Jch aber ließ hierbey mein rothes hertz erblicken /
Und ſprach: hier findeſtu glut / flammen / feur und brandt /
Diß wird am beſten ſich zu deinen farben ſchicken.
Auff35Auff ihr abſterben. C. E.ARminde muſtu ſchon des todes opffer werden?
Reißt deſſen kalter arm dich in die grufft hinein?
Ach deine ſittſamkeit und heller tugend-ſchein
Entweicht nur allzu fruͤh der kummer-vollen erden
Wo bleibt die ſtille pracht der hoͤfflichen geberden?
Arminde / ohne dich wird mir die welt zu klein /
Dein ſterben laͤſſet mich nicht mehr am leben ſeyn /
Und haͤuffet meine noth mit tauſend angſt-beſchwerden.
Mit dir iſt meine lieb’ aus dieſer welt gewichen /
Mit dir iſt meine luſt und wohlergehn verblichen /
Dein todt macht mich verwirrt / beſtuͤrtzt und traurens-voll /
Bey dir iſt meine gunſt / hertz / ſeel und geiſt verblieben /
Was kan ich ferner nun wohl auſſer dir mehr lieben /
Als meinen jammer / der mich ehſtens toͤdten ſoll?
Sie ſtirbt am donnerſtage. C. E.VErworffner donnerſtag! du anfang meiner plagen!
Hat man dein donnern wohl je grauſamer geſpuͤhrt /
Als heute / da dein blitz das hertze mir geruͤhrt /
Und alle meine luſt biß in den grund zerſchlagen?
Wie billig kanſtu itzt den ſtrengen nahmen tragen!
Wann hat er jemahls dir mit groͤſſrem recht gebuͤhrt?
Du haſt Arminden / ja! mich ſelber mir entfuͤhrt /
Und ſuchſt in meiner angſt dein ſuͤſſes wohlbehagen.
Wer raͤchet mich an dir? fleh’ ich den himmelan?
Nein! dieſer hat mir mehr / als wie du ſelbſt / gethan.
Jſt diß die freude / die der freytag mir verſprochen /
Als mir der erſte blick von ihrer gunſt geſchah?
Wie war ich dazumahl doch meinem gluͤck ſo nah /
Das ſo erſchrecklich ſich itzt hat an mir gerochen!
C 2Die36Die verlohrne und wieder gefundene Venus. C. E.ACh! mutter trockne doch die thraͤnen von den wangen /
Die dein betruͤbtes kind mit ſeuffzen nach dir ſchickt!
Jch habe dich verlohrn! o kummer / der mich druͤckt!
Wo biſt du? laß mich dich nur einmahl noch umfangen!
Komm! hertzens-mutter komm! ach komm doch bald gegangen /
Eh’ geiſt und leben mir aus blut und adern ruͤckt!
So klagte Cupido in angſt und pein verſtrickt /
Und ſuchte / doch umſonſt / die Venus mit verlangen /
Er weinte fort fuͤr fort. Hier aber weiß ich nicht /
Woher ihm Solime kam ploͤtzlich zu geſicht;
Wie ward er nicht erfreut bey ſo begluͤckten ſtunden?
Er zog die thraͤnen ein / man ſahe / wie er lieff
Und mehr denn tauſendmal ihr diß entgegen rieff:
Bleib / ſchoͤnſte mutter / bleib / itzt hab ich dich gefunden!
Er verehret ſie unter dem bilde der ſonnen we - gen ihres nahmens / Helene / zu teutſch die ſonne genant. C. E.HElene / ſonnen-kind / du fackel dieſer welt /
Du praͤcht’ges meiſter-ſtuͤck des himmels und der erden /
Das ohn erſtaunen nicht kan angeſchauet werden /
Und recht was goͤetliches in ſich verſchloſſen haͤlt;
Ohn dich liegt die natur verfinſtert und verſtellt.
Sie ſeufftzt nach deinem blick und reitzenden geberden /
Und fuͤhlt nur all zuviel der ſchmertzlichſten beſchwerden /
Wann dein belebter glantz was ſparſam auff ſie faͤllt.
O ſonn! ich feyre heut dein hohes nahmens-feſt /
Das an nichts niedriges durchaus mich dencken laͤſt /
Denn37Denn wer zur ſonnen will / muß ſich zum himmel ſchwingen.
Was aber opffr’ ich dir? blut / leben / ſeel und geiſt;
Ja! dieſes iſts / was mir aus deiner guͤte fleuſt /
Wer kan was beſſres dir auch zum geſchencke bringen?
Cupido an ſie / bey uͤberſendung etwas gruͤ - ner myrthen zur braut-krone. C. E.DJß friſche myrthen-laub / das ewig pflegt zu gruͤnen /
Womit die Venus gieng hoͤchſt-praͤchtig aufgeſchmuͤckt /
Als ſie zum goͤtter-feſt ſich neulichſt angeſchickt /
Will ich dir / ſchoͤnſten / hier zu ſenden mich erkuͤhnen.
Denn da du mir ſo ſchoͤn / wie Venus ſelbſt / geſchienen /
Als ich vor kurtzem noch dein helles aug’ erblickt /
Das durch ſein freundlich ſeyn faſt alle welt entzuͤckt;
So muß ihr ſchmuck mit recht auch dir zum ſchmucke dienen.
Du aber / heil’ges laub / das ſolch ein haupt bekroͤnt /
Von dem du allen glantz und alle pracht entlehnt /
Kein gold noch demant iſt dir ferner zu vergleichen;
Wie gluͤcklich biſt du nicht in deinem gruͤnen ſchein?
Von nun an wird dein ſtamm den cedern ſelbſt nicht weichen /
Und eine koͤnigin der ſchoͤnſten baͤume ſeyn.
An ihre entzuͤndende ſchoͤnheit. C. E.WAs geiſt und leben nur in ſeinen adern traͤgt /
Kennt die vollkommenheit der ſchoͤnſten Leonoren /
Die zur verwunderung den menſchen iſt gebohren /
Und faſt die halbe welt durch ihren blick bewegt /
Die durch ein ſuͤſſes wort die hertzen gantz zerſchlaͤgt /
Und taͤglich friſche glut in unſrer bruſt erregt;
C 3Ja /38Ja / die der himmel nur uns zum verderb erkohren /
Daß durch ihr heiſſes feur gieng ſtadt und land verlohren.
Saat mir: wie heiß’ ich wohl die ungluͤcks-ſtiffterin /
Durch die ich ſelbſt zur glut und aſchen worden bin /
Wie wird auffs grauſamſte ſie doch von mir benennet?
Es gleichet ihrem brand kein blitz noch ſonnen-ſchein;
Sie kan mit beßrem fug ein hoͤll’ſches feuer ſeyn /
Das tag und nacht uns brennt / und ſelber doch nicht brennet.
Als ſie ihn ihren liebſten nannte. C. E.LJbore / deine gunſt iſt faſt zu hoch geſtiegen:
Du weiſt ja / wer ich bin / und ſoll dein liebſter ſeyn?
Solch ungemeines gluͤck will mir durchaus nicht ein /
Und heiſt vernunfft und witz bey mir zu boden liegen.
Ach! deine hoͤfftigkeit will mich zu ſtarck beſiegen!
Du gehſt verſchwendriſch um mit deinem gnaden-ſchein.
Denn dencke / was du thuſt: Ein ſchlechter kieſel-ſtein
Soll ſich auff dein geheiß zum diamant verfuͤgen!
Zu perlen legt man ſonſt nicht ſchwartzen ziegel-grauß /
Und neßeln bindet man in keinen blumen-ſtrauß;
Wie ſchickt ſich dann dein glantz zu meinem duncklen weſen!
Libore / glaube mir / du thuſt mir wohl und recht /
Wenn du ins kuͤnfft’ge mich nur nenneſt deinen knecht /
Zu deinem liebſten hat das gluͤck mich nicht erleſen.
Er bindet ſie an. C. E.KOmm Venns / knuͤpffe mir ein band von myrthen-zweigen /
Und miſche deinen ſchmuck den friſchen blaͤttern ein;
Streu Flora / wo du kanſt / jeßmin und nelcken drein.
Auff Thetis! wirſtu nicht aus deinen tieffen ſteigen?
Her -39Hervor! auch du muſt uns die naſſen ſchaͤtze zeigen /
Bring’ runte perlen her / die nur die beſten ſeyn:
Jhr berge / zinſet gold / ihr felſen / edelſtein /
Wir wollen alles hier in eins zuſammen reigen.
Cupido / nimm du drauff diß angenehme band /
Und flicht es Solimen um ihre liljen-hand;
Doch ſag’ ihr auch zugleich von deiner mutter wegen /
Daß ſie dir folgen wird in koͤniglicher pracht /
Um ihr den ſchoͤnheits-preiß / den Eris hat erdacht /
Den goͤldnen apffel ſelbſt zun fuͤſſen hin zu legen.
Als ſie gegen den winter ihre wohnung ver - aͤnderte an einem tage / da die ſonne aus ei - nem zeichen des himmels in das andere trat. C. E.LJbore / die dem glantz des himmels zu vergleichen /
Die uns bißher ſo offt begluͤckt durch ihren ſchein /
Wird wohl was ſpaꝛſam nun die ſtrahlen auf uns ſtreum
Und uns von ferne nur die ſuͤſſen blicke reichen.
Denn ihre ſonne tritt nun in ein andres zeichen /
Und hinterlaͤßt uns nichts / als froſt und ſtrenge pein.
Ja / kan es anders wohl um uns beſchaffen ſeyn /
Wenn licht und ſonne will von unſrer gegend weichen?
Sie ſuche denn vor ſich ein’ andre wohnung aus /
Und aͤndre ihr bißher ſo lang beſtrahltes hauß;
Wer aber darff deßhalb auff das verhaͤngniß fluchen?
O ſtuͤnde mir doch auch dergleichen endrung frey!
Mein geiſt wuͤrd’ heute noch / ich ſag’ es ohne ſchen /
Kein’ andre wohnung ſonſt / als nur ihr hertze / ſuchen.
C 4Er40Er hatte ſie bißhero todt geglaubet / und fin - det ſie unverhofft noch am leben. C. E.JSt diß nicht die geſtalt der trefflichſten Marinthen /
Die ich bißher ſo hoch betrauret und beweint?
Wie geht diß immer zu? wie iſts mit mir gemeint?
Diß ſind die augen ja / die mich ſo ſchnell entzuͤndten /
Und mit verborgner krafft mein lodrend hertz ergruͤndten /
Diß iſt der mund / der gleich den vollen roſen ſcheint /
Die wangen / welchen ſchnee und liljen aͤhnlich ſeynd;
Diß ſind die haͤnde / die ſo manche kunſt erſinnten.
Wie? oder fehl ich auch? gewiß ich glaub es ſchier;
Doch was? ſie iſt es doch! ich ſeh ſie ja vor mir /
Marinthe iſt es ſelbſt! o angenehme ſtunden!
Nein! nein! ſie iſt nicht todt! o hoͤchſt-begluͤckter tag!
Da ich / Marinthe / dich nun wieder ſchauen mag /
Und ſo nach langer nacht dich / meine ſonne / funden.
Als ſie ſich wegen beſſerung ſeiner geſund - heit erfreuete. C. E.KAns auch wol moͤglich ſeyn / daß Phillis nach mir fragt
Daß ſie die todtes-pein und centner-ſchwere leiden /
Die mir vor grauen noch durch marck und adern ſchneiden /
Mehr / als ich ſelber faſt / in ihrer bruſt beklagt?
Jſts moͤglich / daß / da man von meiner beßrung ſagt /
Sie uͤberſchuͤttet wird mit ſo gewognen freuden?
O nein! ich darff mich nicht in ſolcher hoffnung weiden /
Wer dieſes glauben wil / der hat zu viel gewagt.
Wie aber? weiß ich nicht / daß ihr geneigter ſinn /
Von dem ich ehermahls ſo offt geneſen bin /
Auch41Auch noch ietzunder kan durch meine ſchmertzen dringen?
Hinweg dann artzt und cur! ich darff euch ferner nicht /
Denn wenn mir Phillis nur von ihrer freude ſpricht /
So kan diß eine mich ſchon zur geſundheit bringen.
Sie ſagte: ſie wuͤſte nicht / was Venus und Cupido ſey. C. E.WEnn / Amor / wirſtu doch ſolch einen hochmuth ſchwaͤchen /
Leidſtu / daß Solime dir trotzet ins geſicht?
Hoͤr’ / wie veraͤchtlich ſie zu deinem nachtheil ſpricht /
Sie kenne weder dich / noch deine mutter nicht:
Laͤſtu ſo laͤſterlich mit worten auf dich ſtechen?
Wenn wird einſt die gedult in deiner ſeele brechen?
Auff! waffne deinen leib! Es heiſchet noth und pflicht /
Solch eine frevel-that an Solimen zu raͤchen.
Greiff deinen bogen an. Nimm pfeil und blitz zur hand /
Laß deine fackeln ſtehn in lichterlohem brand /
Heb’ an ihr hertze drauff zu martern und zu brennen /
Geuß immer friſches oͤhl zu dieſen flammen hin /
So lange / biß ſie beugt den hart-verſteinten ſinn /
Und deine mutter lernt nebſt deinem nahmen kennen.
Als ihr conrerfait von drey unterſchiedenen mahlern geaͤndert ward. C. E.DOch / Amor / deine fauſt / die wird es wohl verrichten /
Was andern ſaur und ſchwer / ja gar unmoͤglich faͤllt.
Nim deinen ſuͤſſen kiel und zeige dann der welt
Ein bild / das weder zeit noch unfall wird zernichten:
C 5Ent -42Entwirff dein meiſterſtuͤck! du wirſt uns hoͤchſt verpflichten /
Und mach ein antlitz / das die ſchoͤnheit in ſich haͤlt /
Witz / klugheit und verſtand werd’ an die ſtirn geſtellt /
Die anmuth in den mund nebſt ihren ſuͤſſen fruͤchten:
Bild’ augen / derer glut mit ſanfftmuth angefuͤllt /
Mahl wangen / welche ſich in freundlichkeit verhuͤllt /
Die haͤnde ſtell uns vor / als zweene kuͤnſtlerinnen;
Dann brings Liboren hin / und gib ihr den bericht:
Drey mahler koͤnnen es mit farb’ und pinſeln nicht /
Was hier mein kiel gethan / entwerffen noch beginnen.
An ſein von ihr verſtoſſenes hertze. C. E.WJe nun / du armes hertz? wo denckſtu ietzt hinaus?
Wo wirſtu doch hinfort / ſag’ mir / wo wirſtu bleiben /
Weil Solime dich will aus ihrer bruſt vertreiben /
Und du auff ewig ſolt verlaßen dieſes hauß?
O mehr als bitterer! o mehr als herber ſtrauß!
Was haſtu denn gethan? nichts; doch wer wird dirs glaͤubenk
Was aber ſaͤumſtu viel? was ſuchſtu dich zu ſtraͤuben?
Umſonſt / du armes hertz! nur fort mit dir! heraus!
Wohin / verworffnes hertz / wohin wirſtu dich fuͤgen?
Die Chloris iſt zu ſtoltz / da findſtu kein vergnuͤgen:
Arminde iſt ſchon todt: Liſett iſt gar zu ſcheu:
Libore weit entfernt / und Philis ungetreu.
Bleib! bleib! bey Solimen; ſie aber heiſt dich eilen:
Fort dann! ach! kanſtu nicht ein wenig noch verweilen?
Sie ruͤhmte die gegenwaͤrtige ſchoͤnheit einer andern Damen. NEin! nein! Aurora nein! Filinde iſt nicht ſchoͤn /
Kan licht und finſternuͤß auch bey einander ſtehn?
Wie ſchickt ſich ziegel-grauß und perlen doch zuſammen?
Was43Was iſt ihr todtes feur bey deinen wunder-flammen?
Nur eine ſonne bleibt das auge dioſer welt /
Und nur ein himmel iſt / der allen wolgefaͤllt.
So wie dein auge nur das eintzige der erden /
Das mit verwunderung hier muß betrachtet werden:
Und ſiehſtu endlich ja Filindens angeſicht /
So lang es vor dir ſteht / mit neuer ſchoͤnheit prangen /
So muß ihr auge doch von deinen ſtrahlen licht /
Nicht anders als ein ſtern von ſeiner ſonne / fangen.
Er ſendet ihr blumen. C. E.DU wirſt / Aurora / dich der blumen ja nicht ſchaͤmen /
Die meine ſchlechte fauſt dir zum geſchencke beut;
Sie ſeynd ein opffer / das man deiner ſchoͤnheit ſtreut /
Und das die goͤtter ſelbſt von menſchen haͤuden nehmen /
Wer wolte ſie auch nicht zu lieben ſich bequemen /
Da ſie ein meiſter-ſtuͤck des himmels und der zeit /
Und mit ſo reichem ſchmuck gezieret und bekleidt /
Als ob ſie aus dem ſchooß der Venus ſelber kaͤmen?
Wiewohl ſie aber nun der ſonnen toͤchter ſeyn /
Und auch den perlen ſelbſt entziehen ihren ſcheln /
Wird ihnen doch der glantz durch deine pracht benommen /
Und ſiehſtu dieſes nicht itzt / da ſie zu dir kommen /
Wie gerne ſie geſtehn / als halb verwelckte leichen /
Daß irrd’ſche ſchoͤnheit pflegt der himmliſchen zu weichen?
Als ſie in der groͤſten hitze uͤber froſt klagte. C. E.AUrora / die den blitz in beyden augen fuͤhrt /
Auff deren wangen ſich die rothen flammen faͤrben /
Will /44Will / da des himmels glut den gantzen erd-kreyß ruͤhrt /
Jm ſommer / nur allein / vor froſt und kaͤlte ſterben.
Jhr mund / der feur und brand auff ſeinen lippen traͤgt /
Fuͤhrt uͤber ſchnee und eiß ſehr ungegruͤndte klagen /
Und will / ob ſchon die glut uns blut und adern regt /
Doch nur von rauher lufft und kaltem wetter ſagen.
Jhr gantzer leib erſtarrt / die ſtirne ſelbſt erbleicht /
Und ihre liljen-bruſt / die erſt dem helffen-beine /
Jtzt aber halb erblaßt dem todten winter gleicht /
Erſtirbt / verwandelt ſich / und wird wie faſt zum ſteine:
Der fall / der ſie betrifft / iſt ſattſam uns bekandt.
Was aber hier vor rath? wird man ſie ſterben laſſen?
Jſt gar kein retten mehr / kein mittel nicht zur hand?
Auff Amor! laß ſie doch nicht vor der zeit erblaſſen.
Hilff / denn du kanſt es thun durch deinen heiſſen ſtrahl /
Zuͤnd ihre geiſter an / laß ſie in flammen ſchwitzen /
Zerbrich ihr kaltes hertz / das haͤrter noch denn ſtahl /
Fuͤll es biß oben an mit deinen reichen blitzen /
Zerſchmeltze dieſen ſchnee / der ihre bruſt bedeckt /
Und laß ſie brand und glut in allen adern finden;
Doch nim ihr feur in acht / das in den augen ſteckt /
Sonſt moͤcht es beydes dich und alle welt entzuͤnden.
Sie will ihn mahlen lehren. C. E.CLorinden kam ohnlaͤngſt die luſt zu mahlen an /
Sie ſprach: komm her / es iſt im augenblick gethan[;]
Was giebſtu / daß ich dich im zeichnen unterrichte?
Drauff zog ſie mich zu ſich vor ihren ſpiegel hin /
Und zeigte mir ſo fort ihr engliſches geſichte /
Den anmuths-vollen mund / das wohlgeſtalte kin /
Die zunderreiche glut der purpurfarbnen wangen /
Der haͤnde weiſſen ſchnee / der haare lichtes prangen /
Des45Des leibes treffligkeit / der ſtirne hohen ſitz /
Der augen helles feur und diamantnen blitz.
O! rieff ich / hoͤr itzt auff ein ſolches bild zu mahlen;
Sonſt muß ich allzu theur den blick davon bezahlen!
An Liſetten / welche ihm mittel vor die hitze verordnete. C. E.JCh klagte neulich dir / Liſette / voller pein /
Die heiſſe todes-angſt / die mir das hertze ruͤhrte /
Und ſolch ein ſcharffes weh durch meine glieder fuͤhrte /
Daß ich dem himmel ſelbſt um huͤlffe muſte ſchreyn.
Dich jammerte der noth / die meine ſinnen band;
Du ſchlugeſt mittel vor / die zur geneſung dienen:
Cerallen / roſen-ſafft / und was mehr gut geſchienen /
Ward zur errettung mir gantz heilſam zuerkant.
Corallen? fragt ich: ach! ſoll diß ein labſal ſeyn?
Soll diß den krancken geiſt von ſeiner marter retten /
Und aus der ſchwartzen grufft und finſtren todes-ketten
Den abgeſchwaͤchten leib erloͤſen und befreyn?
Jch gieng auff dieſes wort in hoͤchſt-verwirrtem ſinn /
Mit halb-zerſchlagnem muth und ſchier erſtorbnem leben /
Jn hofnung / meine pein durch einen artzt zu heben /
Zur Amaranthen noch denſelben abend hin.
Jch fand ſie / wie gewohnt / in auffgeſchickter pracht;
Das haar in diamant / den leib in gold verhuͤllet /
Die augen voller glut / draus tod und leben quillet /
Die wangen licht wie ſchnee / und perlen gleich geacht /
Deu mund / als einen thron von roſen auffgebaut /Und46
Und als ein rothes meer / gemachſam ſich bewegen /
Und purpur und corall in ſeinen ufern hegen /
Dergleichen die natur nie ſchoͤnres angeſchaut.
Corallen? dacht ich itzt: corallen ſind ja gut!
Hier ſiehſtu rath und troſt dir durch corallen ſpielen;
Hier kanſtu deinen brand auff roſen lippen kuͤhlen /
Und findeſt / was dir wohl bey deiner hitze thut.
Auff dieſes fuͤgt ich mich zur Amaranthen hin:
Doch druͤckt ich meinen mund nur an erhitzte flammen /
Die ſchlagen mehr und mehr ietzt uͤber mich zuſammen /
Und zeigen oͤffentlich / daß ich verlohren bin.
Liſette / falſches bild / was hab ich dir gethan /
Daß du mich umgefuͤhrt / daß du mir vorgelogen /
Und ſo verraͤthriſch mich haſt in ein garn gezogen /
Drauß ich auff ewig mich nicht wieder finden kan?
Jtzt fuͤhl ich meine glut durch friſche glut gehaͤufft /
Den zunder / welcher todt / durch flammen angehitzet /
Ein feur / das mich verzehrt / das tieff im hertzen ſitzet /
Und wie ein ſchneller ſtrom mir durchs geaͤder laͤufft.
Jch fuͤhle meinen geiſt in angſt und vein verſtrickt /
Die ſeele durch den todt / den leib auffs blut erſchrecket.
Ach! Amaranthe / ach! du haſt mich angeſtecket
Und mir des leben ſelbſt durch ſtille liſt entruͤckt.
Komm mehr / Liſette / komm / und ſteh mir troͤſtlich bey!
Komm ietzt / und reiß mich auch aus dieſen ſteiffen banden!
Jch leide bloß durch dich / wo biſt du ietzt verhanden?
Jſt niemand / welcher ſpricht / wie mir zu helffen ſey?
Jhre47Jhre beantwortung. A. E. S.WJe hoͤr’ ich? tadelt man die rothe meer-corallen?
Laͤßt man ſich ihren werth und tugend nicht gefallen?
Braucht man an ihrer ſtatt der lippen roſen-ſchein /
Die zwar von farben roth / doch nicht corallen ſeyn?
Corallen / die die ſchooß der kalten ſee gebohren /
Die die erfahrung hat zur kuͤhlung auserkohren /
Den ſetzet man hindan / und kuͤßt den heiſſen mund /
Der doch den matten geiſt an kuͤhlungs ſtatt verwundt.
Man kan den purpur-mund ja wol corallen nennen /
Doch nicht corallen-werth den lippen zuerkennen:
Sonſt hielt ein guͤldner ſchein auch in ſich goldes-krafft /
Und rothe diſtel-bluͤt / granaten-ſuͤſſen ſafft.
Die roſen kuͤhlen auch / wer ihren zucker ſchmecket;
Doch hat manch roſen-mund offt ſeelen angeſtecket /
Und eine liljen-haut / die ſich mit ſchnee vermaͤhlt /
Hat unter ihrem eyß offt glut und feur verhehlt.
Wer ſchilt nun meinen rath / und meine treue lehren?
Klag’ eintzig uͤber dich / daß du nicht wollen hoͤren;
Der mangel liegt an dir: ach! table nicht die cur /
Corallen helffen ſchon: man ſuch’ die rechte nur.
Auf ihre Augen. C. E.LJſette / leih’ mir eins von deinen ſchoͤnen augen /
Denn meine wollen gar zur liebe nicht mehr taugen /
Sie hegen keine glut / kein feuer / keinen brand /
Kein funcke laͤſt ſich mehr in ihren aͤpffeln finden /
Was luſt und liebreitz heiſt / iſt ihnen unbekant /
Und alle lockung will aus ihren graͤntzen ſchwinden.
Mein48Mein finſtres auge weiß von keiner brunſt zu ſagen /
Es faͤngt im ſelben kaum vor abend an zu tagen;
Hingegen deines fuͤhrt nur lauter ſonnen-ſchein /
Die flammen finden hier den zuwachs ihrer ſtaͤrcke /
Cupido nimmt es ſelbſt fuͤr ſich zur wohnung ein /
Und thut durch deſſen krafft die groͤſten wunder-wercke.
Gib mir / Liſette / dann von deinen augen-ſtrahlen /
Jch habe luſt / dir einſt die blicke zu bezahlen /
Womit du mich ſo feſt umzogen und geruͤhrt;
Mein aug iſt viel zu ſchwach die ſinnen zu beruͤcken /
Ach deines / das zugleich blitz / pfeil und bogen fuͤhrt /
Taugt gar zu ſchoͤn fuͤr mich / dein hertze zu beſtricken!
Auff ihre ſchwartze und ſauerſehende augen. Aus dem Engliſchen. C. E. 1.JHr ſchwartzen augen ihr / eur ſchatten-voller grund
Macht mein verhaͤngniß mir im gluͤck uñ ungluͤck kund /
Wann ihr in liebe laſt die ſtrahlen auff mich ſchieſſen /
So ſeh ich vor mir nichts denn guͤldne berge ſtehn;
Ach! aber / wenn ihr mich veraͤchtlich wolt begruͤſſen /
So heiſt ihr mich ſo fort zum finſtern grabe gehn.
Jhr ſchwartzen augen ihr / in euren dunckeln gruͤnden
Kan ich itzt gluͤck und todt / itzt hoͤll und himmel finden.
2.Die ſonne / die den preiß beym ſternen-heer behaͤlt /
Siebt / gegen euch geſetzt / gantz finſter und verſtellt /Und49
Und muß mit licht und glantz doch eurer ſchoͤnheit weichen;
Jhr gehet fruͤh und ſpat in gleichem ſchmuck verhuͤllt /
Sie kan bey tage nur uns ihre ſtrahlen reichen /
Da ihr zu nachts auch ſeyd mit flammen angefuͤllt.
Jhr ſchwartzen augen ihr / in euren dunckeln gruͤnden
Kan ich itzt gluͤck und todt’ / itzt hoͤll und himmel finden.
3.So wie ein ſchlauer dieb in finſtern winckeln ſteht /
Wann er bey dunckler nacht auff raub und morden geht /
So lauſcht Cupido hier in euren ſchwartzen hoͤlen /
Und iſt auff diebſtal nur / auf liſt und mord bedacht /
Den er zu uͤben ſucht an meiner theuren ſeelen /
Die von mir hoͤher wird / denn Jndiſch gold / geacht.
Jhr ſchwartzen augen ihr / in euren dunckeln gruͤnden /
Kan ich itzt gluͤck und todt / itzt hoͤll und himmel finden.
4.Wer einen ſteiffen blick in eure zirckel fuͤhrt /
Wird ſehen / daß allhier nur liſt und macht regiert /
Und daß Cupido ſelbſt in euren zauber-kreyßen
Durch ſeinen wunder-pfeil in ſchwartzer kunſt ſich uͤbt;
Ja daß er ſeine macht vollkommen zu beweiſen /
Offt manchen ſchwartzen dunſt uns vor die augen ſchiebt.
Jhr ſchwartzen augen ihr / in euren dunckeln gruͤnden
Kan ich itzt gluͤck und todt / itzt hoͤll und himmel finden.
5.Strahlt mich denn immer hin mit ſauren blicken an /
Euch ſteht es gleichwol gut / und mir wird wolgethan.
Ein demant ſchwartz gefaßt / prangt mit weit ſchoͤnrem lichte.
Nachtſtuͤcken wird ihr preiß durch ſchatten nur vermehrt.
Die finſternis verſtaͤrckt in kirchen das geſichte /
Wann brunſt und andacht wird durch helles licht geſtoͤrt.
Jhr ſchwartzen augen ihr / in euren duncklen gruͤnden
Kan ich itzt gluͤck und todt / itzt hoͤll und himmel finden.
II. Theil. DJhre50Jhre augen ſind cometen. C. E.MAn ſagt: Liſette ſey dem himmel anverwandt /
Jhr antlitz zeige nur die ſchoͤnſten ſonnen-blicke /
Jhr auge wiße nichts von ſchelmerey und tuͤcke /
Und was entzuͤndung heißt / ſey ihr noch unbekandt /
Sie kenne keinen haß / ſie wiſſe nichts von plagen /
Noch weniger von ſtoltz und grauſamkeit zu ſagen.
Gewiß! diß alles hegt zwar einen guͤldnen ſchein /
Und will den ſichren ſchluß uns ins gedaͤchtnuͤs binden /
Wir werden lauter gluͤck in ihrem umbgang finden /
Und niemals ohne troſt und ſuͤſſe hoffnung ſeyn:
Die liebe werde ſich mit unſrer luſt vermaͤhlen /
Und die vergnuͤgung uns zum nechſten nachbar wehlen.
Ach! aber weit gefehlt / es iſt umb uns gethan /
Wofern wir auf den ſtein des bloßen anſehns bauen /
Und ihren blicken uns und unſre wohlfahrt trauen /
Was vor veraͤndrung wird man nicht in kurtzem ſehn?
Wo wird alsdenn der troſt / wo wird die hoffnung bleiben /
Wenn nun Liſette wird ihr luſt-ſpiel mit uns treiben?
Zwar ſteh ichs ſelber zu: Sie iſt dem himmel gleich /
Dem himmel aber nur / wenn er in wolcken blitzet /
Wenn er in ſchwartzer lufft die ſcharffen pfeile ſpitzet /
Und zum gehorſam treibt der erden weites reich:
O weh! der armen welt / wie wird die freude ſchwinden /
Wenn man ſtatt ſonnen wird cometen vor ſich finden.
Heult dann / ihr junges volck / eur ende naht herbey /
Liſettens auge will nur lauter unfall draͤuen /
Und nichts als feur und krieg / und ſterben prophezeyen.
Jtzt! itzt! entdeckt ſie erſt und lehrt uns was ſie ſey:Denn51
Denn da ſie ſich geſchickt auff mehr denn tauſend leichen /
Sagt mir; wer wird doch wol Liſettens grimm entweichen?
Sie zuͤrnete mit ihm. C. E.JCh hab’ Oranten juͤngſt nicht auffgeraͤumt gefunden /
Der donner ihres munds / und ihrer augen blitz
Benahm mir allen muth und hemmte meinen witz /
Daß beyde augen mir auch voller thraͤnen ſtunden.
Zwar ſchaͤmt ich anfangs mich; doch fiel mir endlich ein:
Daß blitz und donner nicht kan ohne regen ſeyn.
Auff einen ihr abgezognen ſchwartz - geaͤtzten ring. C. E.SChatz / dem kein demant gleicht / du bild der ewigkeit /
Das keinen anfang zeigt und auch kein ende kennet;
Du abriß des geſtirns / das um den welt-kraͤyß rennet /
Und uns bey ſtiller nacht die bleiche ſtrahlen beut;
Bald ſtell ich mir durch dich und deines zirckels zier
Das groſſe rund der welt / bald gar den himmel fuͤr;
Bald wieder auch die pracht und ſchoͤnheit meiner ſonnen /
Die ihrem weſen nach iſt eine kleine welt /
Die allen uͤberfluß von anmuth in ſich haͤlt /
Und durch verborgne krafft den ſieg mir angewonnen.
Die Phillis liegt in dir / und du in ihr gepraͤgt /
Sie iſt / wie du / ein ring der reinſten liebligkeiten;
Jhr auge kan die krafft den diamanten ſtreiten;
Das haar / das ſich verwirrt in runde locken legt;
Der mund / der wie ein ring von purpur und rubien /
Durch ſeine rothe glut beſchaͤmt den corallien;D 2Die52
Die bruſt / die ſelbſt umkraͤntzt mit weißen marmol-ringen;
Diß und ein mehrers / das die mißgunſt uns verhuͤllt /
Traͤgt in ſich eingedruͤckt dein ſuͤſſes ebenbild /
Und kan durch ſtilles feur die kaͤltſte hertzen zwingen.
Vor trug die Phillis dich an ihrer rechten hand /
Zum zeugniß / daß ſie dich in hoͤchſten wuͤrden hielte.
Ach! aber / da das gluͤck ſo freundlich mit dir ſpielte /
So wurd’ſtu ihr mit liſt / ich weis nicht wie / entwand.
Jtzt fordert Phillis dich mit ungeſtuͤm zuruͤck /
Und goͤnnt mir ferner nicht das laͤngſt gewuͤnſchte gluͤck /
Das ich dich ſoll / wie ſie / an meinem finger tragen;
Sie nimt kein reden an / ſie hoͤrt kein bitten nicht /
Du ſelber ſehnſt dich auch nach ihrem ſonnen-licht /
Und fliehſt vor meiner noth / wie ſie vor meinem klagen.
Geh dann / du leichtes bild der unbeſtaͤndigkeit /
Daß / wie ein rad ſich dreht / bald auff-bald abwerts ſteiget /
Jtzt uns in himmel hebt / und drauff die hoͤlle zeiget /
Du ſpiegel meines gluͤcks / das lauter ungluͤck draͤut.
Dein ſchwartzer anblick ſpricht von marter / angſt und noth /
Von finſternis und nacht / gefaͤngnis / grab und todt;
Du ſtellſt die feſſeln vor / die meinen geiſt umringen /
Die banden / die / wie du / ohn alles ende ſeyn /
Die meine luſt verkehrn in ſorgen-volle pein /
Und hoffnung und gedult letzt zur verzweiflung bringen.
Sie ſuchte ein corallinen hertze / welches ſie verlohren. C. E.AUrora / ſuchſtu was? und haſtu was verlohren?
Jſt irgend ohngefehr was liebes dir entwandt?
Haſtu zu deiner luſt ein etwas außerkohren /
Das durch ſein abſeyn dich itzt ſetzt in kummer-ſtand?
Such -53Suchſtu vielleicht ein hertz mit freundſchafft angefuͤllet /
Ein hertz / das lieb und gunſt zu deinen fuͤſſen legt /
Ein hertz / aus welchem ſelbſt die reinſte treue quillet /
Und deſſen adern nichts als keuſche demuth regt?
Nicht ſuche / ſchoͤnſtes bild / du kanſt bey mir ſchon finden
Ein hertze / das dich ſelbſt als ſeine goͤttin ehrt /
Das ſich auff ewig will zu deinem dienſt verbinden /
Und deſſen reine glut kein ſturm der zeit verſehrt.
Kom̃! kom̃! demnach mein licht! und nimm was dir gebuͤhret /
Reiß dieſen treuen ſchatz nach deinem willen hin /
Und glaube daß ich ſtets / ſo lang mein hertz ſich ruͤhret /
Jn unverruͤckter gunſt dein treuer diener bin.
An ihre augen. C. E.STrahlt / ſchoͤnſte ſonnen / mich mit holden blicken an /
Jhr wißt / was eure glut in meiner ſeelen kan;
Doch nein! verſteckt euch nur / ihr ſpiegel harter ſinnen /
Was nuͤtzt mir eure luſt / und angenehmer ſchertz?
Aurora bleibt doch ſtoltz / und ihr ergrimmtes hertz
Kan niemand durch gewalt noch bitte mehr gewinnen.
Sie erklaͤret ſich ſeine ſchweſter zu ſeyn. C. E.DEs himmels ausſpruch hat mein gluͤcke weit getrieben /
Er heißt mich Phillis nun als eine ſchweſter lieben /
Und will / ich ſoll ihr bruder ſeyn:
Denn weil ja meiner treu ein gleiches recht gebuͤhret /
So will er eben auch mich durch ein wort erfreun /
Das nichts / denn lieb’ und treu / in ſeinem munde fuͤhret.
Der nahme Phillis iſt nur ſchatten-werck geweſen /
Jch ließ ſie bloß daraus ihr ſteinern hertze leſenD 3Und54
Und ihre ſtrenge grauſamkeit /
Die ſie ihr dazumal zur tugend hat erkohren;
Jtzt aber ſoll er ſo / wie jene truͤbe zeit /
Durch dieſen neuen bund auff ewig ſeyn verlohren.
Verhaͤngnis / foͤrdre dann die freundſchafft beyder hertzen /
Und goͤnne / daß ich darff / als Bruder / mit ihr ſchertzen /
Sie thu / was eine ſchweſter ſoll /
Und mich erfreut / das ſtoltze gluͤck genießen /
Daß ich als engel ſie / zwar aller ehren voll;
Doch aber auch dabey als ſchweſter moͤge kuͤßen.
Auff die jungfer K***. C. E.CUpido warff im zorn die fackel aus der hand /
Und ſprach: was nuͤtzt mir mehr dein wundeꝛ-voller brand /
Da ſich die hertzen itzt in harten ſtein verkehren /
Und deine funcken nichts / denn ſchnee und eyß / gebaͤhren?
Denn feuer / das wol eh den himmel angeſteckt /
Und drauff die unter-welt durch ſeinen blitz erſchreckt /
Weiß mehr von keiner glut / und ſeine kraͤffte ſchwinden /
Die ſtahl und eiſen ſonſt / wie duͤnnes rohr / entzuͤnden.
Verkehrt / ihr flammen / auch in nebel / dampff und nacht /
Und bleibt durch dieſen fluch bey aller welt veracht!
So rieff er noch zuletzt zu den verloſchnen braͤnden /
Und wolte ſich hiermit nach ſeinem bogen wenden;
Ach aber! weil er blind und gar zu ſicher war /
So hat’ inzwiſchen ihm die loſe Nymphen-ſchaar
Den ſcharff-geſpitzten pfeil und auffgeſpannten bogen
Durch gantz geſchwinde liſt entruͤckt und weggezogen.
Cupido ward ſo bald des diebſtahls nicht gewahr /
Als er ſehr klaͤglich that; bald raͤufft er ſich ins haar /
Bald ſchlug er an die bruſt / dann fing er an zu weinen /
Daß erd und himmel ſelbſt empfindlich muſten ſcheinen.
Wiewohl diß alles war den Nymphen nur ein ſpott /
Sie hoͤhnten noch dazu den kleinen liebes-gott /
Der /55Der / weil ihm ſein gewehr ſo raͤubriſch war genommen /
Jtzt ohne bogen nicht dorfft in den himmel kommen.
Er riß den flor hinweg / lieff einſam hin und her /
Und klagte den verluſt / als er von ohngefehr
Die art’ge K*** beym nahmen hoͤrte nennen /
Und drauff begierig ward ſie in perſon zu kennen.
Jhr nahme / ſprach er / floͤſt mir wieder hoffnung ein /
Jch werde mehr durch ſie / als iemals / gluͤcklich ſeyn:
Und ob ſchon gram und leid mir itzt die fluͤgel binden;
Doch wieder ſuͤſſen troſt in ihrem umbgang finden.
Wer kennt den zunder nicht und die verdeckte glut /
Und was ein kuͤhnſtock ſonſt vor ſeltne wunder thut?
Gewiß! hier findet man die nahrung ſuͤſſer flammen /
Die ſelbſt der himmel nicht kan richten noch verdammen.
So ſprach er gantz erfreut / als eben drauff geſchah /
Daß er die K*** urploͤtzlich vor ſich ſah /
Er ſah den klugen mund / die augen / bruſt und wangen /
Ach! dacht er bey ſich ſelbſt: was hertzen werd’ ich fangen[;]
Hier ſeh ich ſchon den ſieg / der durch verſtellte liſt
Der welt die freyheit raubt / und mir bereitet iſt;
Man ſoll / ſo kalt man iſt / mehr als zu viel erkennen /
Daß ihre blicke mehr / als meine fackeln / brennen.
Diß war ſein letztes wort / worauff er gleich zur hand
Sich mit der K*** durch eyd und pflicht verband /
Die itzt / wohin ſie nur die ſuͤſſen augen wendet /
Verwirrung / feur und glut durch tauſend hertzen ſendet.
Er ſchenckt ihr beym ſpiele ſein hertze / und auff befragen: was ſie gern mit fuͤſſen traͤte? antwortet ſie: ſein hertze. C. E.DJe ſtoltze Phillis tritt mein hertze nur mit fuͤſſen /
Sie wirfft ihm gallen-tranck ſtatt roſen-zucker fuͤr;
Es ſucht zwar ſonnenſchein / doch find es nacht bey ihr /
Denn ihre blicke ſind ihm lauter finſternißen.
D 4Mein56Mein hertze / das ich doch ihr zum geſchencke bot /
Wird itzt ſo freventlich in ſchimpff und ſpott geriſſen!
Das ſie / als goͤttin / ehrt / muß gar zu peinlich buͤſſen /
Und wider alle ſchuld erleiden ſchmach und todt.
Ach! Phillis / lohnſtu ſo die treue deiner knechte?
Jſt diß der ſuͤſſe danck / den deine gunſt verſpricht?
Nein! Phillis / ſolcher huld und liebe mag ich nicht /
Und dieſe grauſamkeit laufft wider alle rechte.
Ein hertze / das ſich giebt mit allem / was es hat /
Ein hertze / das bereit die gantze welt zu laſſen /
Welch unmenſch koͤnte doch ein ſolches hertze haſſen /
Und thun / wie du gethan / dergleichen frevel-that?
Welch loͤwe ſteht ſo feſt auff ſeinem ſteiffen willen?
Welch tieger nimt / wie du / ſo wenig ſanfftmuth an? /
Wer wehlt doch fleiſch und blut zu ſeiner wolluſt bahn
Und ſucht da ſuͤſſe luſt / wo nichts denn thraͤnen qvillen?
Au weh! mein hertze ſchreyt! tritt Phillis nicht zu hart /
Es wird gantz gerne ſich nach deinem fuß bequemen /
Jch weiß / du wirſt ihm ja nicht itzt das leben nehmen /
Das ihm doch ehermahls durch dich erhalten ward.
Gib Phillis / gib doch nach / mein hertze laͤſt ſich beugen;
Du ſiehſt ja / wie es ſich nach deinem willen haͤlt;
Wiewol du hoͤrſt mich nicht: thu dann / was dir gefaͤllt.
Tritt zu! mein hertze kan auch bey der marter ſchweigen.
Als ſie ein lied in die darzu geſpielte theorbe ſang. C. E.WAnn / ſchoͤnſtes Fraͤulein / ſich dein kluger mund bewegt /
Und ein beſeelter thon durch deine lippen dringet /
Der durch ein ſuͤſſes lied dem Hoͤchſten opffer bringet /
So wird der himmel ſelbſt zur andacht angeregt.
Ein etwas / das uns auch ſchier aus uns ſelber traͤgt /
Ein gantz geheimer zug / der unſer hertz umringet
Und57Und durch verborgne krafft die geiſter ſelbſt bezwinget /
Zeigt / daß dein hoher ſchall was goͤttlichs in ſich hegt.
Es ſcheint / die engel ſind von oben rab geſtiegen /
Und wollen ſich durch dich zu unſrem chor verfuͤgen:
Denn was man uͤberall nur um ſich hoͤrt und ſpuͤrt /
Und was dein ſchoͤner mund recht himmliſch abgefungen /
Das iſt ein meiſterſtuͤck von ihren reinen zungen /
Wodurch die ſeele gantz wird aus ſich ſelbſt gefuͤhrt.
Auf die ſcheelen augen. 1.JHr ſcheelen augen ihr / wie wohl iſt der daran /
Der einen ſeiten-blick vor euch genieſſen kan:
Es gehet euer glantz vor andrer augen-zier;
Jhr habt den beſten preiß / ihr ſcheelen augen ihr.
2.Was nuͤtzet mir ein ſchein / dadurch man in verdacht /
Dadurch der liebes-bund wird an das licht gebracht?
Jhr aber wiſt davor gantz heimliche manier /
Wie ihr liebaͤugelen ſolt / ihr ſcheelen augen ihr.
3.Manch auserleſnes paar muß durch verliebten ſchein /
Wenns gleiche ſtrahlen wirfft / ſein ſelbſt verraͤther ſeyn /
Es zeiget aller welt die ſehnliche begier /
Die in dem hertzen ſteckt / ihr ſcheelen augen ihr.
4.Jhr aber / wenn ihr gleich gerade von euch blitzt /
So geht es jenen an / der euch zur ſeiten ſitzt /
Den ihr euch außerwehlt / und niemand mercket hier
Den heimlichen verſtand / ihr ſcheelen augen ihr.
5.Jhr ſcheelen augen ſtralt mit goͤtter-gleichem ſchein /
Auch Venus wolte ſelbſt alſo gemahlet ſeyn.
Drum zweiffle niemand nicht / daß euch die gleiche zier
Der ſchoͤnſten Venus gleicht / ihr ſcheelen augen ihr.
D 5Gluͤck -586.Gluͤckſeelig wer alſo verſtohlen brennen kan /
Den greifft kein frembder neid in ſeinem lieben an.
Sein gutes gluͤcke geht den andern allen fuͤr /
Er lebt durch euch begluͤckt / ihr ſcheelen augen ihr.
1.LJſette hat mein hertz auß meiner bruſt gerißen /
Und laͤugnet den veruͤbten raub /
Sie iſt vor meinen bitten taub
Und will nicht vom verluſt / noch von erſtattung wiſſen.
Mein hertze ſelbſt bekennt / es leb allein in ihr;
Sie aber ſpricht darzu: ſie habe nichts von mir.
2.Mein hertze daurt mich nicht / Liſette mag es haben /
Jch liefr es ſelbſt ihr willig ein /
Wo kan wol ſelbes beſſer ſeyn?
Nur ſie verlaͤugne nicht / daß es in ihr begraben.
Ein ſclav erſchrickt ſo ſehr vor ſeinen feſſeln nicht /
Wenn er nur wiſſen ſoll / wer ſelbe zugericht.
3.Geſtehs / Liſette / nur / du haſt es doch genommen /
Der himmel weiſet ſelbſt auff dich /
Jch ſuche auch ſonſt nirgends mich:
Jch weiß ja / wer da hat mein beſtes theil bekommen /
Dein atlaß-weiche hand hats ja aus mir geruͤckt /
Als ich ſie unverhofft an meine bruſt gebruͤckt.
4.Behalts / Liſette / denn / es ſoll dir zugehoͤren /
Nicht ſchaͤme dich des ſchlechten guts:
Das kleinſte troͤpfchen ſeines bluts
Soll mit beſondrer art dich / meine goͤttin / ehren.
Nur goͤnne / daß mir diß zum ruhme werd’ geſetzt:
Des ſchoͤnſten leibes iſt mein hertze werth geſchaͤtzt.
Auff59Auff die ſchwartzen augen derMarilis. 1.WAs iſt das ſchwartze doch / mein kind /
Das ſich in deinen augen findt?
Sag / ob ich irre / wann mich duͤncket /
Daß dir das ferne Morenland
So ſchwartze farben zugeſandt /
Mit welchen du dein aug geſchmincket.
2.Der ſchoͤnen augen ſchwartze pracht
Entwirfft das bild der mitternacht /
Die ſolch unſichtbar eiſen nehret;
Zu dem ſich ſtetig der magnet
Verliebter welt und ſeelen dreht /
Und gleichſam wie gezwungen kehret.
3.Wie aber wird mir umb das hertz?
Bey dieſen augen iſt kein ſchertz /
Jch ſehe dunckle wolcken blitzen /
Jch ſehe ſonnen in der nacht
Und ſpuͤre / daß mit aller macht
Auch ausgeloͤſchte kohlen hitzen.
4.O ſchwartzes aug / ſo alles brennt!
O nacht / die ſelbſt die ſonne blendt!
O finſterniß bey ſtetem lichte!
O licht bey dicker finſterniß!
Wo bleib ich / meine Marilis /
Forthin vor deinem angeſichte?
Ein60Ein kupferhaͤndler an ſeine liebſte. C. S. L.DU tadelſt / eckler ſchatz / nur immer meinen ſpiegel /
Der / wie du ſpoͤttiſch ſagſt / dir gar zu feurig ſcheint:
Jn deinen augen gleich ich einem kupfer-tiegel /
Mir ſelber biſtu gut / nur meiner roͤthe feind.
Es haͤufft ja deine bruſt auf ſchnee carfunckel-ſpitzen /
Es ſchlieſſen deinen halß corallen-baͤnder ein;
Und doch ſoll kein rubin auf meinen wangen blitzen /
Und ich muß dir zum ſpott ein jubilirer ſeyn.
Wie aͤrgert dich ſo ſehr mein zuͤchtiges geſichte /
Das angebohrne ſcham mit purpur uͤberfaͤrbt!
Liebſtu die erbarkeit / ſo haſſe nicht die fruͤchte /
Denn beydes hab’ ich gleich vom vater angeerbt.
Wie kan mein ſcharlach doch ſo uͤbel dir gefallen?
Es ſticht zinober ja die andern farben weg;
Dem purpur bleibet doch der vorzug unter allen;
Wer in das rothe trift / der fehlet nicht den zweck.
Aurora pfleget ſich mit purpur auszukleiden /
Wenn ihr beflammter glantz die finſtre nacht verzehrt.
Der regenbogen kan das licht der augen weiden /
Wenn deſſen bunter creyß den truͤben himmel klaͤrt.
Wer wolte den Vulcan deßwegen heßlich nennen /
Dieweil er feuer-roth in ſeiner ſchmide ſchwitzt?
Wer wolte nicht den Mars vor einen gott erkennen /
Wenn ſein befaͤrbtes kleid der feinde blut beſpruͤtzt?
Was war wol lieblicher und ſchoͤner anzuſehen /
Als da der roſen-dorn der Venus fuß verletzt:
Als auf der marmol-haut ein ſanfter riß geſchehen /
Jndem ihr ſchneller fuß dem buhlen nachgeſetzt?
Es zeigt geſundes blut der geiſter kraft und weſen /
Und das geſunde blut iſt anders nicht als roth.
Wird ſolches angeſchwaͤrtzt / ſo ſucht man zu geneſen.
Und iſt es gar erſtarrt / ſo deutet es den tod.
Es61Es mag die gantze welt die ſchwartzen augen preiſen /
Es hebe wer da will derſelben ruhm empor!
Weit ſchoͤner koͤnnen ſich die rothen lippen weiſen /
Denn dieſe gehen auch den weiſſen bruͤſten vor.
Wer fruͤhlings-roſen bricht / der wil die roͤthſten haben;
Des ſommers leſen wir die rothen beeren ab;
Die rothe aͤpfel ſind des reifen herbſtes gaben;
Der todte winter iſt ein allgemeines grab.
So mag den vorzug denn die rothe farbe nehmen /
Weil himmel und natur nebſt menſchen ſie verſpricht:
Und ich will nimmermehr mich meiner roͤthe ſchaͤmen;
Auch acht’ ich / eckler ſchatz / mehr deines ſpottens nicht.
Mein purpur muß bey dir veraͤchtlich kupfer heißen;
Ob aber wol mein ertzt kein goͤldner fuͤrnis deckt /
So pruͤfe meine treu / ich werde zwar nicht gleiſſen /
Doch zeigen / daß auch gold in meinem kupfer ſteckt.
Der gold - und ſilber-ſchein kan leicht den kaͤufer truͤgen /
Wer tauſcht vor kupfer gold / das ſilber-ertzt vor bley?
Jch geh’ gerade zu / ich will dir gar nicht luͤgen /
Beſihe was mein ſchatz und was mein reichthum ſey.
Geſetzt / ich habe nichts denn kupfer aufzuſetzen /
Genug / daß kupfer auch kan gelt und gangbar ſeyn;
Die kupfer-groſchen ſind die ſchlimſten nicht zu ſchaͤtzen /
Um ſolche wechſelt man auch oft ducaten ein.
Verachteſt du bey mir die funckelnden rubinen /
Und ſprichſt: ach waͤr das geld an cryſtallin gewandt!
So lerne was dir dient / mein ſchatz / und laß dir dienen /
Der koͤſtliche rubin folgt nechſt dem diamant.
Seh ich dir feurig aus / ſo kuͤhle meine flammen /
Und oͤfne deinen bach / daraus mir labſal rinnt;
Sonſt wird uns beyderſeits der tadel-ſpruch verdammen /
Daß ich zu hitzig bin / und du zu kalt geſinnt.
Ja du haſt ſelbſt in mir den Aetna angeleget /
Der flammen uͤber ſich durch naſ’ und augen ſtreut:
Du biſt Enceladus / der meine bruſt beweget /
Und die verborgne glut in mein geſichte ſpeyt.
Laß62Laß deiner gegengunſt ein zeichen mich erkennen /
Und ſpringe meiner noth mit kuͤhlem labſal bey;
Wo nicht ſo laß mich nur mit dir zugleich verbrennen /
So daß dein ſchwanen-leib mein ſcheiter-hauſen ſey.
Du beiſt mich zwar gar oft ein kleiner glaß erwehlen /
Und wilſt / ich ſoll nicht mehr ſo ſtarck als vormals ziehn;
Ja wol! allein du muſt der leber auch befehlen /
Daß ſie nicht weiter kocht / und ich ſo durſtig bin.
Es gluͤhet dieſer ſtein und dampft von rauch und hitze /
Jch finde dieſer qual kein ende / keine ruh;
Jch duͤrſte tag und nacht / ich aͤchze / lechze / ſchwitze /
Jch gieße ſtets / und doch ſchier nie genung / hinzu:
So ſchilt nun wie du wilt / ich will nicht wieder fluchen /
Jchtrage mit gedult / was ich nicht aͤndern kan.
Doch eines faͤllt mir bey / es ſtehet zu verſuchen /
Vielleichte geht zuletzt noch dieſer anſchlag an:
Schleuß deinen buſen auf / nicht uͤbel wird ſichs ſchicken /
Wenn mein rubinen ſchmuck in deinen ſchnee verſteckt:
Jch will mein angeſicht auf deine bruͤſte druͤcken /
Zu ſehn / ob deine milch mein purpur an ſich leckt.
Abbildung der vollkommenen ſchoͤnheit. HOldſeliges geſchlecht / hoͤr an / ich will dichs lehren /
Wie es geſtalt muß ſeyn / was man vor ſchoͤn ſoll ehren.
Liß dieſe zeilen durch / ſo wird dir ſeyn bekant /
Wodurch die Helena ſo trefflich ſchoͤn genant.
Der leib muß ſeine pracht erſt von den farben haben /
Von dieſen muͤſſen drey ſich gleichen ſchwartzen raben /
Drey muͤſſen wie der ſchnee ſo weiß ſeyn anzuſehn /
Drey die an roͤthe ſelbſt den purpur uͤbergehn.
Drey andre muͤſſen ruhm durch ihre kuͤrtz’ erlangen /
Hingegen andre drey mit ſchoͤner laͤnge prangen;
Drey muͤſſen ſeyn was dick / doch wolgebildt dabey /
Darneben muͤſſen ſchmal und ſchlanck ſeyn andre drey.
Die63Die weite muß man auch an eben ſo viel ruͤhmen /
Und andern gleicher zahl will eng zu ſeyn geziemen.
Wenn man zu dieſen fuͤgt drey / welche zierlich klein /
So kan die ſchoͤnheit ſelbſt nicht vollenkommner ſeyn.
Die augen preiſet man / die ſchwartzen kohlen gleichen /
An ſtrahlen aber doch der ſonnen ſelbſt nicht weichen;
Und umb dieſelbe muß ein ſchwartzer bogen gehn /
Dadurch diß ſternen-paar kan uͤberſchattet ſtehn.
Zum dritten muß der puſch / der jene hoͤle decket /
Jn welcher Venus ſelbſt das ziel der brunſt verſtecket /
Gantz eingehuͤllet ſeyn in ſchwartze dunckelheit /
Weil Amor ſolch ein kind / das ſich im dunckeln freut.
Die haare muͤſſen ſeyn ſo weiß / als reine ſeide /
Der alabaſter-halß / wie nie beruͤhrte kreide /
Die zaͤhne muͤßen ſtehn / wie blanckes helffenbein /
Wenn ſie von tadel gantz entfernet ſollen ſeyn.
Er muß weit uͤbergehn die brennenden rubinen /
Soll ſonſt der lippen ſaum den rechten preiß verdienen.
Die wangen / die nicht roth / ſind nicht vollkommen ſchoͤn /
Und auff den bruͤſten ſelbſt muß roth am gipffel ſtehn.
Die zaͤhne muͤßen kurtz nur ſeyn in ihren reihen /
Derſelben maße ſich die fuͤſſe gleichſals weihen.
Diß einz’ge giebet auch den ohren ihren preiß /
Daß man / wie andre theil / ſie ſchoͤn zu nennen weiß.
Es muß ein ſchoͤner leib ſich nach den g’raden ſichten /
Die wie die ſaͤulen ſtehn / in ſeiner laͤnge richten.
Die haͤnde / die mit luſt der liebe zuͤgel fuͤhrn /
Muß / wenn ſie zierlich ſind / gewuͤnſchte laͤnge ziern.
Und ſoll dem Venus-ſohn die liebes-jagt geluͤcken /
Muß er aus langem haar ihm netz und ſehnen ſtricken.
Denn ſoll in ſclaverey die freyheit ſeyn gebracht /
So muͤſſen feßeln ſeyn aus langem haar gemacht.
Es iſt ein ſolcher leib vor andren hoch zu preiſen /
An dem die huͤfften ſich in rechter dicke weiſen.
Auch das / was die natur zum ſitz-platz außerſehn /
Jſt dadurch / wenn es dick und ausgefuͤllet / ſchoͤn.
Und64Und drittens muß der ort / der unſre ſinnen raubet /
Wenn er mit ſchoͤner kraͤuß’ als ein gepuͤſch belaubet /
Seyn einem huͤgel gleich von bergen eingehuͤllt /
So daß er eine hand mit ſeiner dicke fuͤllt.
Die finger / welche ſchmal und zierlich ſich erſtrecken /
Die koͤnnen / was ſonſt halb erſtorben / aufferwecken /
Und arme dieſer art ſind das gewuͤnſchte band /
Wodurch man an das joch der liebe wird geſpañt.
Auch muß ein ſchoͤnes kind ſeyn ſchmal uñ ſchlanck von beinen /
Daß / wenn die flammen ſich im mittel-punct vereinen /
Gantz umb das oberſte das unterſte ſich ſchwenckt /
Gleichwie Adonis ward von Venus eingeſchraͤnckt.
Der weite lob kan man auß dreyen ſtuͤcken lernen:
An augenbraunen / die von ander ſich entfernen /
An lenden / die nicht gar zu nah beyſammen ſtehn /
Vornehmlich wenn man will in Amors irrgang gehn.
Auch muͤßen weit entfernt ſich zeigen jene huͤgel
Der ſchwanen-gleichen bruſt / daß mit verhaͤngtem zuͤgel
Die brunſt / wenn ſie genug mit kuͤßen hat geſpielt /
Durch dieſes thal kan gehn / wo ſie wird abgekuͤhlt.
Drey enge muͤßen ſich bey jenen dreyen weiſen:
Ein roſengleicher mund muß enge ſeyn zu preiſen;
Die ſeiten muͤßen eng und dicht zuſammen ſeyn /
Daß eine ehle ſie bey nah kan ſchließen ein.
Vor allen aber muß die grufft / da Venus lachet /
Wo das / was ſtaͤhlern ſchien / wie wachs wird weich gemachet /
Gantz enge ſeyn / damit wenn unſre brunſt entſteht /
Sie ein und wieder auß mit mehrerm kitzel geht.
Und letzlich muͤßen drey ſeyn zierlich klein zu nennen:
Die naſe muß man erſt deßwegen loben koͤnnen:
Die bruͤſte gleiches falls / die eine hand ſpannt ein;
Die gipffel muͤßen drauff gleich kleinen erdbeern ſeyn.
Wann dann der leib gebildt in ſolchem ſchoͤnen weſen /
So hat zum wohnplatz ihn die liebe ſelbſt erleſen /
Und wann an dieſem auch bald diß bald jenes fehlt /
So hat Cupido ſchon ein anders auserwehlt;
Dann65Dann wann die ſchoͤnheit gleich nicht voͤllig iſt zu finden /
So kan die freundlichkeit doch alles uͤberwinden:
Der nun die ſchoͤnheit nicht auff allen gliedern ſchwebt /
Der rath’ ich / daß ſie ſich durch freundlichkeit erhebt.
Hie ſeht ihr / ſchoͤnſtes volck / wodurch ihr ſchoͤn zu nennen /
Werdt ihr ins kuͤnfftige mir beſſer nachricht goͤnnen /
Soll meine feder euch zum dienſt ſeyn angewand /
Wenn ihr dieſelbe fuͤhrt mit eurer ſchoͤnen hand.
Streit der jungen und alten jungfern / welchen von beyden der vorzug gebuͤhre. Vortrag der jungen. JHr ſchweſtern / die ihr ſchon mehr jahre koͤnnet zehlen /
Als gute zaͤhne noch in eurem munde ſtehn;
Was habt ihr wol vor recht auff unſre luſt zu ſchmaͤhlen?
Meint ihr / wir ſollen euch gleich aus dem wege gehn?
Nein! eh wir eurem trotz den ſtoltzen willen laſſen /
Soll ein geſchaͤrfftes ſtahl des ſtreites richter ſeyn;
Warum ſoll unſern ſchertz ein ſcheeles auge haſſen?
Wir jungen bilden uns mehr als ihr alten ein.
Jhr habt zwar freylich ſchon viel mehr als wir erfahren /
Weil unſre jugend euch noch erſtlich lehrgeld zahlt;
Allein wie? kommt auch wol verſtand noch vor den jahren?
Drum macht ihr euch ſelbſt alt / weñ ihr mit klugheit prahlt.
Was aber acht man doch ein altes ungeheuer?
Ein friſch und junges ding zieht man den alten fuͤr;
Ein alter hering koſt nicht ſo viel als ein neuer /
Ein junges pferd das gilt mehr als ein altes thier.
Wer ſteckt die naſe gern zu faulen pomerantzen?
Wer liebt ein altes licht / das wie der teuffel ſtinckt?
Wer will doch allererſt ein altes ſchloß verſchantzen /
Das allbereits zerfaͤllt und im moraſt verſinckt?
II. Theil. EDrum66Drum muſt ihr alten nun uns jungen maͤdchen weichen /
Jhr ſeyd ſchon halb verdorꝛt / wiꝛ ſeynd noch friſch und gruͤn /
Jhr ſeyd kaum ſchwartzem bley / wir golde zu vergleichen /
Um unſre ſcheitel bluͤht der herrlichſte jeßmin:
Jn unſerm buſen find man ſchnee und brand beyſammen /
Der halß der uͤbertrifft den allerweißten ſchwan /
Auß unſern augen gehn die ſtaͤrckſten liebes-flammen
Und zuͤnden wie ein blitz der maͤnner hertzen an:
Die wangen bluͤhen uns voll lieblicher narciſſen /
Auff denen liljen-milch und roſen-purpur lacht.
Wie mancher pflegt vergnuͤgt auf unſern mund zu kuͤſſen /
Der ihm die ſeel entzuͤckt / das hertz voll feuer macht.
Wir koͤnnen ohne zwang die ſtaͤrckſten uͤberwinden /
Wir ſchlagen unſren feind durch einen holden ſtrahl;
Die liebſten koͤnnen wir ſo feſt als ketten binden
Und fuͤhren ſie erlaͤchtzt zum friſchen liebes-thal.
Dann rufft ein ieder uns nicht anders als / mein engel /
Mein hertzgen / ſchaͤtzgen / kind / mein morgenſteꝛn / mein licht /
Und ſtreut auff unſern ſchooß die ſchoͤnſten nelcken-ſtengel /
Dergleichen eure hand / ihr alten / niemahls bricht.
So bleibts demnach darbey / ihr muͤſt zuruͤcke treten /
Weil euer glantz nicht ſo / wie unſrer / ſchimmern kan;
Doch fangt ins kuͤnfftige nur fleißig an zu beten /
Vielleicht bekommet ihr noch endlich einen mann.
Antwort der alten. JHr naͤrrchen thut gemach / was bildet ihr euch ein?
Was habt ihr thoren viel vom alter zu gedencken?
Jſt dieſes euch verhaſt / ſo laſt euch jung auffhencken /
Halt eure zung im zaum und laſt das ſpotten ſeyn.
Mit eurer prahlerey wird wenig außgericht /
Jhr ſtellt euch allzu ſtoltz und uͤberaus verwegen /
Ach lernt das ding zuvor vernuͤnfftig uͤberlegen /
Was gilts / ob euer mund hernach nicht anders ſpricht.
Daß67Daß ihr uns alte nennt / das thut ihr nur aus neyd /
Dieweil wir nicht mit euch ſo kindiſch taͤndeln wollen /
Wir waͤren ſonſt fuͤrwar noch aͤrger als die tollen /
Es wundert uns / daß ihr noch ſtets ſo kindiſch ſeyd;
Zu dem ſo geht was alt ſehr offt dem jungen vor.
Die jungen ſchoten ſind zwar allzeit angenehmer;
Doch ſind die alten ſchon zum ſtecken viel bequemer /
Denn ihre keime ſchiebt den ſchoͤnſten ſtrauch empor.
Der alte wein iſt ja viel beſſer als der moſt /
Die muͤrben miſpeln ſind doch immerfort die beſten /
Die ſchoͤnſten fruͤchte ſtehn offt an den aͤltſten aͤſten /
Und alter honig wird zuletzt zur zucker-koſt.
Was aber ſagt ihr viel von eurer ſchoͤnheit pracht /
Die ihr bißweilen doch mit flor die flecken decket?
Meint ihr / man wiſſe nicht / daß ihr den ſchalck verſtecket /
Und eure glatte haut mit ſchmincke ſchoͤner macht?
Doch ſeht euch fleißig fuͤr / daß euer ruhm nicht ſaͤllt /
Die ſchoͤnſte roſe wird am zeitigſten gebrochen /
Die ſuͤßſte frucht wird offt von einem wurm geſtochen.
Wohl der / die ihren glantz ſtets unbefleckt behaͤlt!
Wenn man euch engel nennt / ſo nehmt nicht lieber an /
Wie etwan geiſter thun / ſo leiber angenommen /
Das ſpucken doͤrfft euch ſonſt nicht allzu wol bekommen.
Um engel / wie ihr ſeyd / iſts allzubald gethan.
Die liebſten ruffen euch: Mein allerliebſtes kind!
Was gilts / ihr krieget auch der liebe milch zu ſaugen /
Jhr ſeyd ein blumenfeld in eurer buhler augen /
So ſchaut / daß ſich kein wurm zur zucker-roſe findt.
Der euch ſo ſchaͤtzchen nennt / der graͤbt gewißlich nach /
Biß daß er ſeinen ſchatz / und euer bergwerck funden.
Was ſeyd ihr vor ein ſtern / wenn euer glantz verſchwunden?
So euer licht verloͤſcht / wird euer ſchein zur ſchmach.
Drumb ſtellt / bethoͤrte / nur das freche prahlen ein /
Begehrt ihr ie mit uns nicht weiter umzugehen /
So packt euch immer hin / wir werden euch nicht flehen;
Wir bleiben dennoch wol / die wir geweſen ſeyn.
E 2Der68Der Venus ſententz. BEiſt euch nicht ihꝛ rabenaͤßer / ſondeꝛn klaget miꝛ den ſtreit /
Heißet das reſpect erzeiget mir / als eurer obrigkeit?
Nehmt ein ander mahl in acht mir die ſachen vorzutragen /
Sonſten werd’ ich beyder part bald von etwas anders ſagen.
Jtzo aber ſolt ihr wiſſen / daß ich nicht mehr leiden wil /
Daß ihr euch zuſam̃en zancket; drumb ſo ſchweiget alle ſtill /
Und nehmt diß zum urtheil an / gleich itzt ſolt ihr euch verſoͤhnẽ /
Und kein boͤſes laͤſtermaul ſoll die andre mehr verhoͤhnen.
Daß indeßen aber keine von euch alten klagen darff /
Als waͤr ich den jungen guͤnſtig und den alten gaꝛ zu ſcharff;
So beſchließ ich / daß hinfort keine jungfer ſoll auf erden /
Ob ſie gleich ſchon laͤnger lebt / uͤber dreyzehn jahr alt werden.
Verliebte Gedichte. Der Venus klag um Adonis grab.
ADonis grab iſt hier; mehr ſagt die liebe nicht /
Und Venus ſeel entſchlaͤft bey dieſem leichen-ſteine.
Ach hochgeliebter leib! ach werthſte todten-beine!
Ach himmliſcher Adon! mein mattes hertze bricht
Jn lieb und thraͤnen aus: die thraͤnen ſollen zeugen /
Daß meine liebe wird zu keinen zeiten ſchweigen.
Wo iſt Adonis ſarg? wo iſt Adonis grab?
Daß Venus nicht zugleich ſich auf die baare leget /
Wie wenn ein rauher wind die blumen niederſchlaͤget /
Schlaͤgt tulp und nelck entzwey / und bricht die blumen ab.
So war mein lebens-geiſt von hertz und ſeel entrißen /
Als meinen lieben ſchatz ein wildes ſchwein gebißen.
Ach69Ach ewiger verluſt! unwiederruflich fall!
Jch habe deine ſchoos dem himmel vorgezogen /
Holdſeeliger Adon! nun ſeel und geiſt verflogen /
So ſtirbt die Venus auch. Jch hoͤrte faſt den ſchall
Und wie du mich zuletzt / mein tauſend lieb / geſegnet /
Als dir diß ungeheur im finſtern wald begegnet.
Jch ging und ſuchte drauf mein leben in dem haͤyn /
Und fand da meinen tod / Adonis ſternen glieder
Sind durch des wildes biß beſpruͤtzet hin und wieder
Vom ſchaum des rothen bluts. Jch bracht ihm himmel-wein
Und edlen perlen-tranck / hertzſtaͤrckende muſcaten /
Jn hoffnung meinem ſohn und beſten ſchatz zu rathen /
Vergebens ob ich ſchon den weichen mund gekuͤſt /
Und tauſend mahl geſchryn: erwache meine ſeele!
So regte ſich kein glied / ja was ich nicht verheele /
Jch habe ſelbſt zuletzt krafft / ſeel und geiſt vermiſt.
Jch werd auch nimmer ſchoͤn / mein’ anmuth iſt geſtorben /
Und mit Adonis pracht der Venus glantz verdorben.
Bedenck ich jene luſt und gegenwaͤrtig leid /
Ja wenn der himmel gleich in lauter roſen lebte /
Wenn hoͤchſt’ ergoͤtzlichkeit um meine ſcheitel ſchwebte /
So blieb ich unbewegt / biß daß die ſuͤſſe zeit
Mich gab Adonis gunſt / den ich verſchwendriſch kuͤſte /
Sein alabaſter arm umſchraͤnckte meine bruͤſte;
So hat niemand geliebt / und niemand weiß es ſo /
Die ſeelen nur allein beſchloßen was geſchehen /
Der monde hat uns oft gantz holdreich zugeſehen /
Er ward an meiner bruſt / und ich an ſeiner froh;
Sein mund hieß mein rubin / ich ſchenckt ihm himmels-fluͤſſe
Und ſelbte macht ich noch mit liebes-zucker ſuͤſſe.
Nun ſeh ich nichts als noth / und dein verblichner leib /
Mein eintzig liebes kind / entſeelt mein kranckes hertze:
Doch daß ein denckmal ſey / wie hoch ich dich beſchmertze /
So bau ich hier dein grab / das keine zeit zerreib’ /
Und in vergeſſenheit die lange naͤchte ſtuͤrtze /
Mit thraͤnen ſalb ich dich ſtatt weit-geholter wuͤrtze.
E 3Hie70Hier iſt Adonis grab und auch mein heiligthum.
Ein menſch mag bahꝛ und gruſt mit goͤldnen ampeln zieren /
Jch goͤttin will um dich die ſtern als fackeln fuͤhren.
Und wie die leichen ſonſt ſchmuͤckt eine ſchoͤne blum /
So ſoll das ſchoͤne blut in auaͤmonen ſincken /
Und bey dem roſen-lentz in purpur-kleidern blincken.
Was mehr? den leichgeſang / das bittre todten-lied
Stimmt Venus ewig an / der himmel hilfft mir klagen /
Die luͤfte ſeuftzen mit / der weſtenwind ſoll ſagen /
Wie tief ich traurig ſey: Jch bin nicht groß bemuͤht /
Um das beliebte grab viel ſeulen aufzufuͤhren /
Die liebe ſoll es mehr mit ihren wundern zieren.
Daß Artemisja dort des ehmanns aſche tranck /
Jſt viel und liebens werth; Jch opffre meine ſeele /
Die zwar nicht ſichtbar iſt / der lieben grabes-hoͤle;
Und ſaget nun iemand / daß Venus bleich und kranck /
Der wiſſe / da Adon mein troſt und lieb erblichen /
Daß ich zugleich mit ihm bin aus der welt gewichen.
Die uͤberſchrifft wird ſonſt dem marmol einverleibt /
Jch will ſie ins gemuͤth der ſpaͤten nachwelt graben /
Dran ſoll der buler volck den ſchoͤnſten ſpiegel haben /
Wo nicht der große ſchmertz die lieb ins elend treibt:
Hier ruht der ſchoͤnheit ſchatz und Venus holde zierden /
Tritt nicht zu nah hinzu! der ſtein macht die begierden.
Abriß eines verliebten. C. H. v. H.ER iſt ein krancker / den ein ſinnlich fieber plaget /
Ein jaͤger / ſo allzeit auf einem hirſche jaget /
Ein wetterhan / der ſtets nach einem winde ſteht /
Ein ſchif / ſo ungehemmt nach Cypris hafen geht.
Ein maͤrterer der brunſt / den freund und feind belachet /
Ein Morpheus / der ihm ſelbſt bey tage traͤume machet /
Ein71Ein arm gefangener / der ſeine feßel liebt /
Und ſeinen hencker ehrt / wenn er ihm ſtreiche giebt.
Ein Aetna / der voll glut / laͤſt flut und ſtroͤme fließen /
Ein hungriger / der bloß wil rohes fleiſch genießen /
Ein welt Sebaſtian / den Venus ſchuͤtze trifft /
Ein rechter Adams-ſohn / den frauen-hand vergift.
Ein wirth / ein ander kind / laͤſt ernſte ſachen fahren /
Ein haar / ein altes band / ſind ſeine beſten wahren /
Jtzt baut er etwas auf / itzt reiſt ers wieder ein.
Jtzt muß Democritus der ſitten meiſter ſeyn /
Jtzt iſt es Heraclyt. Das hertze / ſo er fuͤhret /
Vergleicht ſich dem metall / das ein magnet geruͤhret.
Sein himmel iſt ihr haupt / die erd iſt ihre ſchoos.
Hier anckert ſeine luſt / es wird der erden kloß
Der uͤberweißte koth dem himmel vorgeſetzet /
Und iſt ihr auge mehr als Venus ſelbſt geſchaͤtzet.
So wundre ich mich nicht / daß man das weib veracht /
Weil ſie die erſte pein zu erſt hat aufgebracht.
Sein eſſen iſt ein kuß / ſein tranck ſind heiſſe thraͤnen /
Die zeit verjaget er mit ſeufftzen und mit ſtehnen.
Und wann ihm etwan traͤumt / wie er die liebſte find /
So hat er nichts als luft / und kuͤſſet nichts als wind.
Denn traͤume / buler / wind ſind gleiches thuns geſellen;
Sein ſchlaffen darf er nicht nach einem wecker ſtellen;
Jndem die weckerin / ſo in dem hertzen ſteckt /
Jhn beſſer / als er wuͤnſcht / aus ſeinem ſchlaff erweckt /
Und ſeinen ſchmertzen ruͤhrt. Zu dornen wird das bette /
So wachet er mit dem im lager in die wette /
Und fuͤhrt der thraͤnen ſtrom um ſeine wangen her /
Bald wil er aus der welt / bald wil er uͤber meer /
Und muß doch wie zuvor in ſeinem hauſe bleiben /
Muß lernen / wie ſein rath nicht ſtetig wil bekleiben.
Wie erſtlich bulerey und die gewoͤlckte nacht
Auf anſchlag / aber nicht auf ausſchlag iſt bedacht;
So laͤſt er ohne ruh ſich fremde ſachen lencken /
Laͤſt in geſunder haut ſich ſeine ſchwachheit kraͤncken /
E 4Liebt72Liebt nacht und finſterniß bey ſonne und bey licht;
Jſt wie ein ſchweres ſchiff / dem der compas gebricht.
Und daß ich nicht zu viel von einer ſache ſage /
Die allen iſt bekandt als allgemeine plage /
So muß der vorhang weg. Das mahlwerck iſt vollbracht /
Hier hat der mahler ſelbſt ſein ebenbild gemacht.
Auf eine uͤberſendete nelcke. C. H. v. H.DU ſendeſt mir das blut von deinem mund und wangen /
Und eine nelcke muß dein theurer bote ſeyn:
Jch ſchaue zwar das blut auf weißen feldern prangen;
Doch ſtellt die waͤrmde ſich hier nicht als nachbar ein.
Die negel ehr ich zwar mit mehr als kauſend kuͤßen /
Jch bin dazu verpflicht / ſie kommt aus deiner hand;
Doch wil nichts feuchtes mir auf mund und lippen fluͤßen:
Was geiſt und waͤrmde heiſt / iſt ihr gantz unbekandt.
Sie weiß mit honigthau mir nicht den mund zu netzen /
Sie kennt das ſchmaͤtzeln nicht und diß was zuͤngeln heiſt /
Sie weiß den purpur nicht auf meinen mund zu ſetzen /
Jch fuͤhle nicht / was mich auf meine lippen beiſt.
Sie weiß mir meinen mund nicht ſchluͤpfrig aufzuſchließen /
Die feuchte kuͤtzelung kennt dieſe nelcke nicht.
Durch warmes boͤben kan ſie keinen kuß verſuͤßen /
Weil naͤße / geiſt und blut der nelcke ſtets gebricht.
Doch koͤmmt die nelcke mir nicht leichtlich aus dem munde /
Jch aber netze fie durch einen heißen kuß.
Ach freundin! wuͤnſche mir doch zeitlich dieſe ſtunde /
Da mich entzuͤcken kan dein reicher uͤberfluß.
Es reiſt mich aus mir ſelbſt ein ſuͤſſes angedencken /
Was mir vor hoͤflichkeit dein kuß hat angethan!
Du wirſt mir einen kuß bey dieſer nelcke ſchencken /
Und zeigen / daß dein mund mehr als die blume kan.
C. H.73C. H. v. H. 1.LAß Sylvia die reine glut /
So mir entzuͤndet geiſt und blut /
Dich liebſte nicht zum zorn bewegen.
Wer kan fuͤr deinen augen ſtehn /
Und unentbrant von dannen gehn /
Wenn ſich des geiſtes trieb will regen[.]
2.Nicht falle doch der meinung bey /
Daß reine liebe ſuͤnde ſey /
Die GOtt in unſer hertz geſchrieben /
Die ſelbſt ſein mund im paradies
Jn uns mit unſerm athem bließ /
Der uns geboten hat zu lieben.
3.Soll meine liebe ſuͤnde ſeyn /
So wiſſe / daß dein ſchoͤner ſchein
Zu dieſer ſuͤnde mich getrieben /
Und glaube / daß die kluge welt
Vor leibliche geſchwiſter haͤlt /
Die ſchoͤnheit und den trieb zu lieben.
4.Drum folg ich der natur gebot /
Jch bin kein ſtein und auch kein gott /
Jch muß in deinen flammen brennen.
Mir iſt gefeſſelt geiſt und muth /
Drum will ich auch des hertzens glut
Vor GOtt und dir nur frey bekennen.
5.Hier iſt mein demuth-volles hertz /
So ſich verbindt in lieb und ſchmertz
Mit gleicher andacht dir zu dienen.
Nun Sylvia das opfer hin /
Laß augen-troſt in deinem ſinn /
Vergiß mein nicht im hertzen gruͤnen.
E 5Jch746.Jch bleibe dein / biß daß mein geiſt
Aus meinem reinem hertzen reiſt /
Biß man mich wird zur leiche machen.
Laß Sylvia mein tauſend-ſchoͤn
Mich nur bey deinen roſen ſtehn /
So will ich aller dornen lachen.
An die Florette. B. N.FLorette ſoll ich denn in flammen untergehn?
Jſt nichts als kalter ſchnee in deiner bruſt zu finden?
Kan ſich dein purpur-munb mit hitze nicht verbinden?
Und ſieht man auch den neyd auff reinen wangen ſtehn?
Ach! ſchaue dich doch ſelbſt mit andern augen an!
Der ſchoͤnheit fuͤrniß kan nicht ewig farbe faſſen /
Dein ſchimrend waßer wird / wie truͤbe glut / erblaſſen;
Denn iede ſtunde zeigt / wie ſie dir trotzen kan.
Was heute carmaſin und ſcharlach uͤberdeckt /
Wo muſchel und corall um alabaſter glaͤntzen /
Was himmel und natur mit roſen-ſchein umkraͤntzen /
Wird morgen durch das gifft der truͤben zeit befleckt.
Der fruͤhling wird dir nicht ſtets um die lippen ſtehn /
Der beſte nelcken-ſtrauch wird endlich hingerißen /
Und deine blumen ſind nur fluͤchtige nareißen /
Die heute praͤchtig bluͤhn / und morgen untergehn.
Dem ſommer folgt der herbſt / dem herbſte winters-zeit /
Florette dencke ſelbſt / wie deine fruͤchte reiffen;
Ach! laß ſie / werthe / doch den winter nicht ergreiffen /
Ein friſcher apfel giebt die beſte liebligkeit.
Schleuß deinen garten auff / weil dich der himmel liebt /
Ein rebenſtock iſt ja fuͤr menſchen aufgeſchoßen /
Was hilfft ein ſuͤſſer trunck / der keinen mund befloßen?
Was nuͤtzt granaten-frucht / die keine kerne giebt?
Ein75Ein weib das fleiſch und blut in ihrem buſen traͤgt /
Und doch die jungfrauſchafft will lebendig begraben /
Jſt werth / wenn ſchlang und wurm den leib gefreſſen haben /
Daß man ihr dieſe ſchrifft auf ihren leich-ſtein praͤgt:
Hier lieget pech und ſtroh / das keine flammen fing /
Ein ſchweflicht weſen / das beym feuer nicht entbrante /
Ein zunder-voller leib / der keine glut erkante /
Ein glantz / der in der lufft wie truͤber rauch verging:
Ein brunn der ſeine quell in feſte mauren ſchloß /
Ein balſam / den wir nur von weitem angerochen.
Ein ſuͤſſer citronat / den keine fauſt gebrochen.
Ein artzt / der ſeine krafft auff kalte tuͤcher goß.
Ein bunter blumen-platz / den ieder nur beſchaut.
Ein feld / das weder pflug noch ſchare durchgeſchnitten.
Ein wolgeziertes pferd / das keinen ſporn erlitten /
Und wie Bucephalus dem ſchatten kaum getraut.
Ein himmel / der nur ſchmertz und keinen troſt gebahr.
Ein amber-voller kram / der keinem feil geweſen /
Und will man alles hier aus einer zeile leſen:
Hier liegt ein todes menſch / das keine menſchin war.
Jm leben wolte ſie die Juno ſelber ſeyn /
Jhr mund vermaͤhlte ſich mit ſchimmrenden rubinen /
Jtzt muß ein kahler ſarg zum trauer-zimmer dienen /
Und ſchlieſt den gantzen reſt in dieſe breter ein.
Florette ſchreckt dich nun die ſchwartze grabes-ſchrifft /
So lerne / ſchoͤnſte / dich doch ſelber recht erkennen /
Laß auch die liebes-glut in deiner bruſt entbrennen /
Und meide mit bedacht das truͤbe todtes-gifft.
Das bette ſteht dir mehr als ſchwartze bahren an;
Der kittel wird dich nicht ſo wie die federn zieren /
Das alter ſoll den tod / die jugend luͤſte ſpuͤren /
Weil ſich der ſommer nicht mit kaͤlte ſchwiſtern kan.
Ein ſchatten volles grab hegt ſchlechte lebens-lufft /
Man kan der lippen ruhm nicht vom gerippe leſen:
Und was dein purpur-mund und deine pracht geweſen /
Zeigt nur dein ebenbild / und keine todten-grufft.
Was76Was iſt die jungfrauſchafft? ein ſchlechtes roſen-blat /
Das mit dem alter auch die kraͤffte laͤſt verſchwinden /
Da pracht und zierde ſich auff kurtze zeit verbinden /
Und der beliebte glantz beſtimmte ſtunden hat.
Ein kurtzer augenblick reiſt alle ſonnen ein /
Kein ſchimmer kan ſo bald / als dieſe glut erblaſſen /
Und daß wir mit der zeit das leben ſelber haſſen /
Komt / daß wir in der zeit zu faul geweſen ſeyn.
Wol der / die ſchertz und luſt in ſtiller andacht treibt /
Die nichts als nectar laͤßt um ihre lippen lachen /
Und das verliebte ſpiel der kleinen wunderſachen
Durch zucker-ſuͤſſe krafft auff alabaſter ſchreibt.
Die kan / wann muth und krafft von winden untergehn /
Wenn auge / mund und hertz wie truͤber dampff verſtreichen /
Und der entſeelte leib im grabe muß erbleichen /
Doch in dem Contrafait der zarten kinder ſtehn!
Auf die bitterkeit der liebe. C. H. v. H.DJe nacht Egyptiens / des Aetna wildes feuer /
Das wuͤten von der ſee / der wuͤſten ungeheuer /
Des drachen gelbes gift / der Garamanten ſand /
Des neuen Zembles eyß / der hoͤllen heiſſer brand /
Der Scythen haupt-gefahr / der donner-berge grauſen /
Des Caucaſus verdruß / des norden kaltes ſauſen /
Jſt nur ein ſchattenwerck und bild derſelben qual /
Damit die Venus hat gezieret ihren ſaal.
An den Celadon. 1.MEin Celadon ſol meine glut /
Die mir durchwandert marck und blut /
Nicht rauch und flammen von ſich treiben /
Soll Aetna in dem hertzen ſtehn /
Und Phlegeton in adern gehn /
Und ihre kraft verborgen bleiben.
Jch772.Jch mameluckin deꝛ natur
Darf keine rechte liebes-ſpur
Vor meines liebſten augen laßen /
Mein hertze ſoll entzuͤndet ſeyn /
Mein hertze fuͤhlt die ſuͤſſe pein /
Und mit den lippen muß ich haßen.
3.Jch weiß nicht / wie die kluge welt
Die thorheit zum geſetze ſtellt /
Und netze macht ſich ſelbſt zu plagen.
Wie kan man / wenn die ſtarcke hand
Uns trift mit feuer / glut und brand /
Von waſſer und von kaͤlte ſagen.
4.Jch zwinge mich ſo viel ich kan /
Und nehme was verſtelltes an /
Beherrſche lippen und geſichte /
Weil doch die gar zu kluge welt
Zu keiner zeit vor ſchweſtern haͤlt /
Bekante brunſt und gut geruͤchte.
5.Mein Celadon bleibt doch geliebt /
Ob ſchon die glut nicht funcken gibt /
Und er mich nicht kan ſehen brennen.
Zeigt mein beſeeltes helffenbein
Gleich nicht der hellen flammen ſchein /
So wird man doch die aſche kennen.
6.Macht gleich mein unverdienter mund
Nicht meiner ſeelen regung kund /
Schwebt brunſt und gunſt nicht auf der ſtirne;
So kan ich doch bey ſtiller nacht /
Wenn nichts als meine liebe wacht /
Dein bildniß kuͤßen im gehirne.
Hoͤrt787.Hoͤrt gleich mein Celadon itzt nicht /
Was mein verliebtes hertze ſpricht
Und meine treue ſeele bringet /
Weiß ſchon die meiſterin der zucht /
Daß meine brunſt die maße ſucht /
Und ſich mein reines auge zwinget.
8.So hof ich dennoch auf die zeit /
Da ſich der glieder zanck und ſtreit
Jn fried und freyheit wird verkehren;
Und daß des hertzens ſuͤſſer brand /
Des willens unbequaͤmes band
Durch ſeine flammen wird verzehren.
9.Und ſolte meiner jugend pracht /
Und dieſes was mich lieblich macht /
Das grab mit aller hofnung haben;
So weiß ich doch / daß jederman
Von meinem hertzen ſagen kan:
Alhier liegt Celadon begraben.
B. N.1.FLorette was umflort dein himmliſch angeſicht?
Kan auch ein blitz auß lichten ſtrahlen ſchieſſen?
Laͤſt jaſpis und ſaphier auch kruͤben regen flieſſen?
Schont denn die ſinſterniß der ſonnen nicht /
Und zeigen die entflammte kertzen /
Daß nichts als nebel und comet
Um deinen liebes-himmel ſteht /
Und nach entbrandter glut ſtets donnerkeilen ſchertzen?
So792.So iſt es: aber ach! was brauchſtu doch fuͤr macht /
Mich ſchwachen ſclaven voͤllig zu beſiegen?
Sprich nur / ſo will ich dir zu deinen fuͤſſen liegen /
Die wunder und natur zu marmel macht.
Jch will die ſchuld mit thraͤnen buͤſſen /
Als zeugen meiner liebes-pein /
Und ſolte dieß zu wenig ſeyn /
So ſoll mein warmes blut zu deinen ferſen flieſſen.
3.Jch laͤugne / werthe / nicht / daß Myrto fehlen kan;
Der fall iſt mir als menſchen angebohren /
Du biſt als engel mir zum richter außerkohren /
Drum nehm ich mit gedult die martern an.
Beſtraffe nur mein bittres leiden
Durch allzu heißen eyfer nicht;
Denn was mir noch das hertze bricht /
Jſt / daß ich armer ſoll von meiner ſeelen ſcheiden.
4.Florette laß dir doch den ſchmertz zu hertzen gehn;
Ein treuer knecht kan Fuͤrſten ja bewegen;
Der himmel ſelber muß die ruthe niederlegen /
Wann wir vor ihm in heißer andacht ſtehn.
Jch falle dir zu deinen fuͤſſen /
Mein hertze brennt dir fuͤr und fuͤr /
Warum wiltu denn laͤnger mir
Vor einen apfel-griff dein Paradieß verſchlieſſen?
5.Verzeihe / ſchoͤnſtes bild / ich rede faſt zu viel:
Ein reiner mund kan alle fehler decken;
Der menſchen liebe kan die goͤtter nicht beflecken /
Man faͤllt nicht / wann man gleich hier fallen will.
Was hab ich armer denn entzieret /
Jndem ich deine liljen-bruſt
Vor zucker-ſuͤßer liebes-luſt
Durch einen feuchten kuß auf erden angeruͤhret?
Wiltu806.Wiltu der tugend nach ein rechter Engel ſeyn /
So muſtu auch / was menſchlich iſt / verdammen:
Deñ ſchoͤn und grauſam ſeyn / ſchickt uͤbel ſich zuſam̃en;
Ein nebel reißt der ſonnen purpur ein;
Und deiner blitze liebes-weſen /
Das aus den lichten augen faͤhrt /
Jſt weiter keiner wunder werth /
Dafern du dir den zorn zum bruder außerleſen.
7.Nun ach! Florette nim die demuth wieder an /
Empfange mich mit gnaden-vollen armen /
Beſtrahle deinen knecht durch quellendes erbarmen /
Der ohne deine gunſt nicht leben kan;
Sprich / daß dein himmel nach dem krachen
Mir wieder voller roſen ſteht /
So muß / noch eh der tag vergeht /
Die ſonne meiner luſt mit friſcher anmuth lachen.
1.WArumb betruͤbſtu mich / der dich ſo hertzlich liebet /
Und ſo viel ſeufftzer dir zum treuen opffer giebet /
Jch dacht / es zeigte licht in deinen augen ſich /
Jtzt find’ ich flecken drein / warum betruͤbſtu mich?
2.Die vormahls treue hand / die ich ſo offt gedruͤcket /
Befind ich nicht mehr treu / ſie hat mich nur beruͤcket;
Auch frembden fingern iſt ihr kuͤtzel ſchon bekandt /
Sie druͤckt mich nicht allein die vormahls treue hand.
3.Die ſchoͤne liljen-bruſt voll lieblicher narciſſen /
Mit roſen auffgeſpitzt / die ich nur pflag zu kuͤſſen /
Hegt frembden lippen nun auch blumen ſuͤſſer luſt /
Warum iſt ſie ſo falſch die ſchoͤne liljen-bruſt?
Die814.Die quelle meiner luſt / ob ſie noch rein verſchloſſen /
Und nicht auch frembde ſaat mit ihrem thau begoſſen?
O nein! verſtreuſtu ſchon die liljen deiner bruſt /
Bleibt auch die ſchooß nicht rein / die quelle meiner luſt.
5.Der mund iſt etwas kreu; doch wills nur alſo ſcheinen /
Jndem er kraͤfftig denckt die fehler zu verneinen;
Doch nein / ich glaub es nicht / bring mir nicht unſchuld bey /
Aug / hand / bruſt / ſchooß ſind falſch / der mund iſt etwas treu.
6.Mein hertz bezwinge dich / daſſelbe zu verlaſſen /
Was du ſo hertzlich liebſt / die untreu muß man haſſen.
Kroͤnt dich / Melinde / nur dergleichen treu / wie mich /
Jch ließ dich nimmermehr; mein hertz bezwinge dich.
Nacht-lied. J. v. M.1.JHr ſtillen luͤffte dieſer nacht /
Mit denen ich zum oͤfftern ſchwatze /
Fangt auff den thon / den meine rede macht /
Und tragt ihn hin nach jenem platze /
Da wo mein engel liegt /
Und in der hut der ſchoͤnſten Amoretten
Auff ſchwanen-bruſt und feder-betten
Wird eingewiegt.
2.Eilt hin und ſeht an meiner ſtatt
Das grab der edlen ſchoͤnheit ſtehen /
Was zeit und gluͤck mir abgeſaget hat /
Das koͤnt ihr unverwehrt durchwehen /
Jhr ſolt der ſpiegel ſeyn /
Darinnen ich diß himmels-bild betrachte /
Was ich verehr und goͤttlich achte /
Wiſt ihr allein.
II. Theil. F3. Jch823.Jch weiß / daß dort der hoͤchſte preiß
Der ſchoͤnheit ausgekramet lieget /
Dran die natur mit ihrem groͤſten fleiß
Ein wunder an das andre fuͤget.
Wer doch ſo ſelig waͤr /
Daß nur ein blick ſo kuͤhn / ſo hoch duͤrfft ſteigen /
Solt er auch gleich ſich wieder neigen
Zur wiederkehr.
4.Sind gleich die augen zugethan;
Die ſonnen ſind nur untergangen /
Um wenn der tag wird wieder brechen an /
Mit mehrer glut und glantz zu prangen.
Die ſchoͤnheit wird bey nacht
Verſtohlen / (und waͤr es gleich nicht ihr wille /)
Viel ſichrer und mit mehrer ſtille
Als tags betracht.
5.Des munds rubin bleibt ohne licht
Und in dem ſchlaff gleich hoch geroͤthet;
Doch dienet er zum kuͤſſen ietzo nicht /
Wer ſchlaͤfft / der ſcheinet halb getoͤdtet.
Drum kan die ſeele nicht
Zum kuͤſſen ſich auff ihre lippen ſetzen /
Und jene ſeele recht ergetzen /
Die kuͤſſe bricht.
6.Schlaff ſanffte / goͤttin / in der pracht /
Der wunder deines leibes gaben /
Der kuͤhlen lufft in dieſer ſtillen nacht
Sey die verwundrung eingegraben /
Die aus dem hertzen quillt /
Das ſich verwirrt in deiner ſchoͤnheit netze
Und gantz mit liebe deiner ſchaͤtze
Jſt angefuͤllt.
Ab -83Abſchieds-lied. S. D.1.MEin hertz enthaͤlt ſich kaum / es will und muß zerbrechen /
Mein geiſt geht in der irr / und kennt ſich ſelbſt nicht wohl /
Weil ich nicht weiß / mein lieb / wenn ich euch werde ſprechen /
Jndem ich itzt ſo weit von hinnen ziehen ſoll.
2.Jhr winde / kehret um / und ſtellt euch mir zu wieder /
Biß daß ich ſie / gleich wie ſie mich / geſegnet hat!
Jhr ſegel haltet an / legt euren hochmuth nieder!
Wir letzen uns noch erſt / und weinen uns recht ſalt.
3.Laſt ab / mein’ Argine / und ſchonet eurer thraͤnen /
Was ſchwaͤcht ihr eu’r geſicht / ich muß doch endlich fort!
Je mehr ihr weint / ie mehr werd’ ich mich nach euch ſehnen /
Und irren ohne troſt dort um den fremden port.
4.Jch will in meine ſeel ein kleines hauß euch bauen /
Jn welches eure ſtets ſoll eingeſchloſſen ſeyn /
Und will hergegen euch auch meine ſeele trauen /
Die hebt euch auff / und ſchlieſt ſie eurer ſeelen ein.
5.Kein thraͤnlein flieſſet ietzt von euren bleichen wangen /
Und muß kein ſeuffzer auch aus eurem hertzen gehn /
Jch habe ſie mit fleiß zur beylag auffgefangen /
Und laſſe meine ſeel hiemit gefuͤllet ſtehn.
6.Die ſollen mit mir ziehn durch wetter / wind und wellen /
Jch nehme ſie fuͤr euch zu meiner liebſten an /
Auff daß ſie euer bild mir ſtets fuͤr augen ſtellen /
Und tragen / was ich ſelbſt nicht mit mir nehmen kan.
7.Mit ihnen will ich mich beſprechen und ergetzen /
Sie ſollen ſeyn mein troſt in noth und traurigkeit;F 2Kein84
Kein gluͤck / kein boͤſer fall ſoll mir diß volck verletzen /
Kein ſturm und wilde fluth / auch keiner winde ſtreit /
8.Kein frembdes weib ſoll ſie durch ihre gunſt vertreiben /
Sie ſollen (hilfft mir Gott geſund hie zu euch her /)
Bezeugen meine treu und mein beſtaͤndig-bleiben /
Und ſagen / wie ich nie ein ander lieb begehr.
9.Jhr werdet ſelbſt alsdann es an mir koͤnnen ſchlieſſen /
Wenn dieſes euer pfand durch meiner augen bach
Aus lieb und froͤligkeit euch wird entgegen flieſſen /
Und ruͤhmen meinen ſinn / mein lieben vor und nach.
10.Mit dem bedinge nun geh ich von euch zu ſcheiden.
Du / Venus / die du uns zuſammen haſt gefuͤhrt /
Komm abentlich zu ſteur mit deinem licht uns beyden /
Was ſie und mich betrifft / werd auch an dir geſpuͤhrt.
11.Traur ich wo / oder ſie / ſo zeige deine wangen
Erblaſt / als waͤreſt du auch neben uns in noth:
Stehts wohl um ſie und mich / ſo ſolt du / goͤldne / prangen
Mit deinem beſten glantz gemahlet roſen-roth.
12.Und wo mir je mein lieb will etwas ſagen laſſen /
So ſchick dein liebes volck fuͤr ihren zarten mund /
Die meiner liebſten red’ in ihre koͤcher faſſen /
Und thun ſie nachmahls mir vom hohen himmel kund.
13.Muß gleich das wilde meer uns von einander trennen /
So wollen wir durch dich dennoch beyſammen ſeyn /
Und unſer beyder thun und leben ſtets erkennen /
Uns freuen in dem gluͤck und troͤſten in der pein.
An85An Climenen. C. E.MEin urtheil iſt: ich ſoll verbrennen /
Und doch darff ich die glut nicht nennen /
Die meinen geiſt verzehrt.
Die ſinnen ſind verkehrt /
Noch gleichwohl muß ich ſchweigen.
Mein hertz ſoll ſtahl und eiſen ſeyn;
Wer aber hat doch fleiſch und bein /
Dem blut und regung nicht auch in die ſeele ſteigen?
Climene / du kanſt meine flammen
Fuͤrwahr mit rechte nicht verdammen:
Denn dein verliebter blitz
Hemmt ſelber meinen witz /
Und wilſt du mehr noch wiſſen?
Dein heiſſer ſtrahl hat mich entzuͤndt /
Mein feu’r iſt deiner ſonnen kind /
Wie ſoll ich aͤrmſter denn nicht ſeine mutter kuͤſſen?
Ach! leugne nicht / was du veruͤbet /
Jch bin ein menſch / und drum verliebet;
Laß engel / engel ſeyn /
Sie fuͤhlen keine pein;
Wir aber haben glieder /
Und ſind aus fleiſch und blut erbaut /
Wem vor des leibes bloͤſſe graut /
Der bring uns Adams ſtand und Evens unſchuld wieder.
Du ſteheſt ſelbſt / ich bin getrieben /
Der himmel will / ich ſoll dich lieben:
Denn mein entbrandter ſchmertz
Leidt ferner keinen ſchertz /
Dein blick hat mich entzuͤndet /
Jch brenne nur / dieweil ich muß /
So zeige nun durch einen kuß /
Daß man zwar dort den todt / hier aber leben findet.
F 3Sie86Sie hat ſich mit einem meſſer verſehret. C. E.MJch jam̃ert deiner hand / mich ſchmertzen deine wunden /
Die du / Climene / juͤngſt durch einen ſchnitt empfunden;
Das meſſer / welches dich biß auff das blut geruͤhrt /
Hat mich und meinen geiſt in gleiche noth geriſſen /
Jch muß ſo wohl / wie du / den kuͤhnen frevel buͤſſen /
Den es nur wider dich allein hat ausgefuͤhrt.
Diß leid ich neben dir; nur du fuͤhlſt nicht die ſchmertzen /
Die dein erhitztes aug’ in meiner bruſt erregt;
Der ſchaden iſt zu groß / den mir die liebe ſchlaͤgt /
Climene / lache nicht / hier gilt fuͤrwahr kein ſchertzen:
Denn eine wunde / die das hertze ſelber trifft /
Hat ſelten etwas guts / offt gar den todt geſtifft.
Er giebt ſich der liebe gefangen. C. E.NJmm dann die waffen hin /
Cupido / gott der liebe /
Jch folge dir und deinem heiſſen triebe /
Und mag des eitlen ruhms der ſtoltzen freyheit nicht.
Jch opffre dir das hertz / den leichten ſinn /
Den unbeſtand / und was ich bin /
Ja ſelber mein vergnuͤgen.
Dein ſtrahl; doch nein! Aurorens angeſicht
Hat ſeinen blitz auff meine bruſt gericht /
Und ſucht mich armen voͤllig zu beſiegen /
Sie traͤgt den ſieg davon / und dir bleibt der gewinn;
Nimm dann die waffen hin.
Er87Er ſahe ſie wider die gewohnheit bey noch gantz fruͤhem morgen. C. E.MElinde / deine gunſt will mich zu fruͤh begluͤcken /
Mein ſchlumꝛend auge waꝛ vom ſchlaffe kaum eꝛwacht /
Da kont es allbereits an deiner pracht erblicken
Ein etwas / ſo dich ſelbſt der ſonnen aͤhnlich macht.
Jch ſah’ ein lodrend feur aus deinen augen blitzen /
Und einen ſolchen brand / der ſonnen nur gebuͤhrt;
Ein feur / das durch und durch die geiſter kan erhitzen /
Und ſternen-gleiche krafft in ſeinen ſtrahlen fuͤhrt.
Hegt nun dein heiſſes aug’ der ſonnen glut und flammen /
Trifft glantz und wuͤrckung ſelbſt ſo reichlich bey dir ein /
So wirſtu warlich nicht ein kuͤhnes wort verdammen /
Das dich mit hoͤchſtem recht heiſt meine ſonne ſeyn.
Die ſonne bringt den tag / der tag giebt freud und leben;
Melinde / glaube mir / du biſt mein ſonnen-licht /
Drum kanſtu anders nichts als anmuth von dir geben /
Wenn dein befeurter glantz durch beyde augen bricht.
Und wie der ſonnen glut die gantze welt erhitzet /
Und alle flammen auch durch ihre krafft beſiegt;
So weiſtu / wann dein feur auff unſre hertzen blitzet /
Daß geiſt und ſeele ſelbſt durch ſolchen brand erliegt.
Hat in der alten welt bey den bethoͤrten heyden
Der ſonnen / als eim gott / ein goͤttlich lob gehoͤrt;
Wie viel mit groͤſſerm recht kan man auff erden leiden /
Daß du als goͤttin wirſt von aller welt verehrt.
Denn laß die ſonne gleich den kreyß des himmels zieren /
Laß ihren glantz auch gehn weit uͤber ſternen-pracht;
So wird ſie warlich dir auch nicht den ruhm entfuͤhren /
Daß dich der himmel ſelbſt zur irrdſchen ſonne macht.
Genug! ich kan nicht wohl von deinen ſonnen ſprechen /
Ein ſterblich auge wird durch ſolchen glantz verblendt;
Nur laß ihr feuer nicht zu hefftig auff mich ſtechen /
Sonſt glaube fuͤr gewiß / daß ſich mein leben end.
F 4Man88Man ſchertzte / ſie waͤre eine dame aus England. C. E.MAn ſagt / Celinde ſey von Engliſchem gebluͤte;
Jch laͤugne warlich nicht / was aller welt bekandt /
Es giebts uns ſattſam kund ihr engliſcher verſtand /
Jhr engliſch weſen und ihr himmliſches gemuͤthe.
Noch mehr: die anmuth / die in ihren mund gepraͤget /
Die ſchoͤne aͤhnligkeit / die ſie mit engeln fuͤhrt /
Macht / daß vor andern ihr ein ſolches wort gebuͤhrt /
Das nichts / denn liebligkeit in ſeinen ſylben traͤget.
Celinde / weil du nun ein engel biſt zu nennen /
Weil nichts / als engliſches aus deinen augen blitzt;
So laß dann deine bruſt in liebe ſeyn erhitzt:
Denn liebe laͤſſet ſich von engeln niemahls trennen.
Ja wilt du engel ſeyn / ſo muſtu dich bemuͤhen /
Daß deine gegenwart mir oͤffters ſey gemein.
Du weiſt / daß engel doch gern um die menſchen ſeyn;
Wie kanſtu denn mit recht dein auge mir entziehen?
Der ſterbende liebhaber. Jn eines andern nahmen. C. E.MEin hertze bricht mir ſchon: es zittern meine glieder:
Die augen ſind umwoͤlckt mit truͤber dunckelheit:
Bringt meinen ſarg herbey: reicht her das ſterbe-kleid:
Stimmt / eulen / euren thon: hebt an die trauer-lieder:
Erſcheine blaſſer todt / ſetz bey den ſarg dich nieder /
Du ſolt der marſchall ſeyn von meinem grab-geleit:
Folgt geiſter / paar bey paar / es iſt ſchon hohe zeit:
Folg’ angſt als ſchweſter mir / folgt ſchreck und rach als bruͤder:
Veſuv und Aetna leucht ſtatt fackeln mir zur ſeiten;
Dein89Dein brauſen / nord-wind / ſoll die todten-glocke laͤuten.
Du aber / armes hertz / ſey du der leichen-ſtein;
Laß jeden wandersmann die bittre grabſchrifft leſen:
Charlottens grauſamkeit riß hier mein leben ein;
Jch aber bin ihr treu biß in den todt geweſen.
An Doretten. C. E.JCh brenn in einer ſtummen glut /
Und opffre leben / geiſt und blut /
Dorette / deinen wunder-flammen;
Mein feuer quillt aus deinem brand /
Es nimt im hertzen uͤberhand /
Und du wilt meine glut verdammen?
Betrachte doch dein heiſſes licht /
Das aus ſo ſuͤſſen augen bricht /
Und lerne deine macht erkennen.
Mein hertz iſt nicht von ſtahl und ſtein /
Es muß bey dir empfindlich ſeyn /
Und wider deinen willen brennen.
Nicht tadle denn die reine glut /
Die dir ja keinen ſchaden thut /
Und doch aus deiner krafft entſpringet.
Jch bin vergnuͤgt bey meiner noth
Und liebe gar den ſuͤſſen todt /
Der mich durch dich zum ſterben zwinget.
1.DU blume Schleſtens / du ſonne dieſer welt /
Die die annehmligkeit auff purpur-blaͤttern traͤget /
Auf welche Venus ſelbſt ihr ebenbild gepraͤget /
Als / irrdſche goͤttin / ſie dich kaum ans licht geſtellt.
Du biſt der ſchoͤnheit preiß / ein auszug aller zierden;
Doch auch ein marmolſtein an fuͤhlen und begierden.
F 52. Wirff902.Wirff itzt von deinem blitz auch einen ſchlechten blick
Auff deinen armen knecht / und laß ihn einmahl wiſſen /
Daß deine hohe gunſt will auff die knechtſchafft fluͤſſen /
So lebet er in ruh / ſo lebet er in gluͤck.
Es wird die hohe gunſt ihn ewig dir verbinden /
Wenn dein erhaͤrter ſinn aus ſeel und leib wird ſchwinden.
3.Doch alles iſt umſonſt / es iſt um mich geſchehn /
Die ſcharlach-lippen ſind entgeiſterte corallen /
Der kugeln ſchoͤnes paar / nur alabaſter-ballen /
Auff welchen man noch nie die regung hat geſehn.
Sol der granaten ſchmuck auf deinen amber-lippen
Faſt mehr entſeelet ſeyn / als berge / felß und klippen?
4.Bedencke ſchoͤnes kind / wilſtu ein bild ja ſeyn /
Daß todte bilder auch annehmligkeiten geben /
Dein eigen conterfait ſah ich nechſt um mich ſchweben /
Als ſich ein ſuͤſſer ſchlaff bey mir geſtellet ein.
Es wolt die liebligkeit ſich dar auch laſſen finden /
Und mit der ſchoͤnheit ſich verſchweſtern und verbinden.
5.Mehr hab ich nicht geſehn: ich bin mit dem vergnuͤgt /
Was eine taffel mir erwuͤnſchter ſtunden zeigte /
Als ſich ſo holden-reich die ſonne zu mir neigte.
Jch ſah / mit einem wort / dich engel da beſiegt.
Es ſchertzten mund und blick mit ſuͤſſen liebes-flammen /
Und der beſeelte ſchnee vermengte ſich zuſammen.
6.Wie haſtu dazumahl / als dich der ſchlaff umſchraͤnckt /
Du wunder der natur! auch eine pein empfunden /
Als dein vergoͤttert bild in den begluͤckten ſtunden
Mit ſchalen reicher gunſt der lippen mich getraͤnckt?
Haſtu / dir unbewuſt / mich dar erquicken koͤnnen /
So kanſtu einen blick mir itzt auch wohl vergoͤnnen.
7. Es917.Es pflegte vor die welt / gereitzt durch falſchen wahn /
Zu beten an ein bild / zu ehren einen goͤtzen;
Sol ich dich auffs altar / als gott und bildniß / ſetzen /
So nim mein ſeuffzen doch und auch mein bitten an:
Und ſoll ich roſen-kind nicht alſobald verderben /
So laß mit einem kuß mich deine gunſt erwerben.
An Liſimenen. 1.LJſimene liebſt du nicht?
Wilſtu ewig einſam leben?
Soll der augen ſternend licht
Mir nicht die vergnuͤgung geben?
Ach die ſonnen ſind zu ſchoͤne /
Liſimene!
2.Jſt der lippen ihr rubin
Vor die todten nur erkohren?
Gibſt du ſo die roſen hin /
Die vor goͤtter ſind gebehren?
Ach der purpur iſt zu ſchoͤne /
Liſimene!
3.Traͤgt nicht deine zarte hand /
Der die perle nicht zu gleichen /
Ein verwundtes hertz im band?
Kan dich dieſes nicht erweichen?
Ach die haͤnde ſind zu ſchoͤne /
Liſimene!
4.Es haͤngt an dem weiſſen ſchild /
Der die runden huͤgel traͤget /
An dem halſe ja ein bild /
Da Cupido drauff gepraͤget. Ach92
Ach der hals der iſt zu ſchoͤne /
Liſimene!
5.Soll der marmor deiner bruſt /
Welchen du mit fleiß verhuͤllet /
Nicht zum lieben tragen luſt /
Wenn er auff und nieder quillet?
Ach die aͤpffel ſind zu ſchoͤne /
Liſimene!
6.Ach ich bitte / zuͤrne nicht /
Daß ich neulich auff der wieſen
Gantz verſtohlen / o mein licht!
Konte deinen leib erkieſen.
Ach der leib der war zu ſchoͤne /
Liſimene!
7.Es trit dein geſchickter fuß
Die betruͤbten einſamkeiten /
Wie ich glaube / mit verdruß /
Weil ich ihn naͤchſt ſahe gleiten.
Ach die fuͤſſe ſind zu ſchoͤne /
Liſimene!
8.Schoͤnſte / nimſt du den nicht an /
Der ſich itzt vor deinem throne
Leget als dein unterthan?
Giebſt du dich ihm nicht zu lohne?
Nein! ach nein! du biſt zu ſchoͤne /
Liſimene!
An die Magdalis / ſie moͤchte ſich kuͤſſen laſſen. 1.WJlſt du mir Magdalis /
Princeßin meiner ſinnen /Der93
Der ſchoͤnheit goͤldnes fliß /
Ein kuͤßgen nicht vergoͤnnen?
Ein kuß iſt ambroſiner ſafft /
Der nichts als nur vergnuͤgen ſchafft.
2.Scheu dich o goͤttin nicht
Jm kuͤſſen dich zu uͤben /
Weil ſelbſt der ſterne licht
Sich uͤber in dem lieben /
Man ſchaut ſie paar bey paaren ſtehn /
Die ſonne mit dem monde gehn.
3.Es will ein ſchlechtes blat
Sich in das andre ſchluͤſſen /
Und was kein leben hat /
Das uͤbt ſich doch im kuͤſſen:
Die einſamkeit iſt ſeine pein /
Und kan allein vergnuͤgt nicht ſeyn.
4.Man ſieht / wie nach und nach
Ein fluß das ufer kuͤſſet /
Wenn ſeine ſilber-bach
Mit ſanfften rauſchen fluͤſſet /
Und das ſmaragden gleiche graß
Bleibt offt vons thauens kuͤſſen naß.
5.Nichts ward zur ſtraff geſetzt /
Als kuͤſſende umſchloſſen
Zwey goͤtter dort ein netz;
Man lachte nur der poſſen /
Daß ein verkruͤmmter alt Vulcan
Nicht ſo wie Mavors kuͤſſen kan.
6.Der liebe altes recht
Befiehlt den mund zu kuͤſſen /
Es will kurtz / rund und ſchlecht /Wer94
Wer kuͤſſe will genieſſen /
Daß er auff einen zucker-kuß
Candirte kuͤſſe ſetzen muß.
7.Es iſt die beſte koſt
Wenn mund am munde klebet /
Ein kuß ſetzt keinen roſt /
Wer kuͤſſen widerſtrebet /
Der kennt kein rechtes hertz-confect /
Das liebenden am beſten ſchmeckt.
8.Gedencke / daß corall /
Das deine lippen heget /
Jſt goͤldenes metall /
Auff das man kuͤſſend praͤget
Der liebligkeit ihr ebenbild /
Das nur aus deinem marmor quillt.
9.Drum ſtraffe / ſchoͤnſte / nicht /
Daß ich zu offte kuͤſſe /
Nur glaube / o mein licht!
Daß ich davor ſchon buͤſſe /
Es iſt / ſeit ich dich nicht geſehn /
Um mich und meine kuͤß’ geſchehn.
Liebes-ſchreiben Graf Rudolphs an die Leonore. EJn blat / das von der luſt der liebe faſt geſchwollen /
An dem ich armer ſelbſt das feſte ſiegel bin /
Und was ich ſonſten kan in dieſen zedel rollen /
Faͤllt / Leonore / dir zu demen fuͤſſen hin.
Nicht frage was es will: mein hertze ſteht dir offen /
Komm ſchaue diß nur ſelbſt mit friſchen augen an?
Drum laß ihm auch ein theil von deiner wehmuth hoffen /
Und dencke / daß ich itzt nicht anders ſchreiben kan.
Jch95Jch darff nun weiter nicht geſchminckte worte fuͤhren /
Wie purpur und ſcarlat von deinen lippen lacht:
Wie deiner augen blitz kan alle glieder ruͤhren /
Und ſterne ſelber offt zu blaſſen fackeln macht.
Die ſchoͤnheit laͤſt ſich nicht in enge federn zwingen /
Ein ſchimmrend antlitz iſt vor pinſel auch zu groß:
Gnug / daß die geiſter noch durch alle nieren dringen /
Durch die der liebe ſtrom in meine lenden ſchoß.
Der ſchmertz hat der gedult den zuͤgel abgeriſſen /
Jch ſchlieſſe mich nicht mehr in blinde circkel ein:
Und wilt du noch ein wort von deinem Rudolph wiſſen;
Er will dein ſchlaff-genoß und auch dein liebſter ſeyn.
Nicht taͤdle vor der zeit das luͤſtrende beginnen /
Der kitzel / der mich ſticht / iſt deiner liebe kind.
Wie ſoll ich armer denn auff fremde mittel ſinnen /
Weil man die beſte koſt doch bey der mutter findt.
Du laͤſt ja ſelber glut zu meinen ampeln ſchieſſen /
Dein brennend oͤle flammt auch meine kertzen an:
So laß denn auch den thau um meine glieder flieſſen /
Der durch beperlte krafft die flammen kuͤhlen kan.
Die liebe laͤſt ſich nicht durch ſtumme ſeuffzer daͤmpffen /
Ein abgeſchmackter kuß fuͤhrt ſchlechte liebligkeit:
Und wer ſich ſelber will durch ſtille glut bekaͤmpffen /
Hat feuer zwar geſchoͤpfft / nicht aber ausgeſtreut.
Darffſt du doch nicht die bahn durch deinen fehler brechen /
Die mutter hat es ſchon vor dieſem auch gethan /
Und Eva ſchaute ſelbſt / ohn alles widerſprechen /
Das kinder-bette vor / als ihre hochzeit / an.
Die freuden-feſte ſind nur menſchliche geſetze /
Da man die gaͤſte ſatt / den prieſter reicher macht.
Was hat der poͤbel nicht durch flattrendes geſchwaͤtze
Vor miſſethaten offt aus reiner luſt erdacht?
Wir irren in der welt auff feder-weichen ſtegen /
Der glaube legt uns offt vor roſen doͤrner bey /
Und die gefahr wird noch die blinde furcht erregen /
Daß auch kein liljen-blat mehr ohne diſteln ſey.
Hier96Hier ſoll die zunge ſich vor manchem offt entſetzen /
Dort ſtoͤſt der eckel uns aus cryſtallin empor /
Hier will ein ſchwartzer blick die ſonne ſelbſt verletzen /
Und ſtellt das reinſte gold mit truͤben farben vor /
Die buͤcher wollen uns zu mammelucken machen;
Wer aber kennet nicht den zunder der natur?
Muß nicht noch alle welt der ſtillen anmuth lachen /
Die Caͤſar auff der bruſt Cleopatrens erfuhr?
Selbſt Maſaniſſa liegt zu Sophonisbens fuͤſſen /
Und Alexander fiel vor ſeine feindin hin:
Drumb wird der poͤbel leicht den fehler bergen muͤſſen /
Daß ich in deinen ſchoß / mein ſchatz / geſuncken bin.
Laß nur die bloͤde furcht dich laͤnger nicht erſchrecken /
Reiß der entbrandten luſt die ſchwache feſſel loß /
Und zeige was den geiſt vor duͤnne tuͤcher decken /
Der mit dem leben dir in alle glieder floß
Du wirſt es ſelber wohl an deiner bruſt empfinden /
Was vor ein ſuͤſſer dampff aus ihren bergen quillt /
Wenn flammen / lufft und ſchnee mit ambra ſich verbinden /
Und der beſeelte platz von reinem winde ſchwillt.
Kein funcke ſpielt umſonſt von den bemilchten wangen /
Die fruͤchte ſind dir nicht vergebens angepfropfft /
Und dein verliebter geiſt haͤlt ſelber ſich gefangen /
Dafern du der natur die quelle zugeſtopfft.
Auch liljen reiſſen wir in gruͤner jugend nieder /
Aus roſen preſſet man erſt nach der bluͤthe ſafft /
Und tulipanen bluͤhn mit gleicher anmuth wieder /
Wenn ein erwuͤnſchter bruch der wurtzel lufft geſchafft.
Wer laͤſt den reben nicht die blaͤtter vor beſchneiden?
Welch garten ruͤhmet ſich wohl fremder arbeit nicht?
So muß ſich die natur auff ihren auen weiden /
Biß der verliebte zeug in volle kraͤffte bricht.
Die ſtroͤme muͤſſen ſelbſt aus ihren adern ruͤcken.
Ein zugedeckter brunn iſt keiner augen werth /
Und einen ſchoͤnen ort mit ſchweren ſchloͤſſern druͤcken /
Heiſt ſtuben zwar verwahrt / nicht aber ausgekehrt.
Nun97Nun ach / bedencke dich / entlarve die gedancken /
Und ſchaue dich noch eins als Leonoren an /
Denn mache ſelbſt den ſchluß / ob meine feder wancken /
Und mein begluͤckter fuß auff wolle ſtraucheln kan.
Jch fuͤhle ſchon den dampff der balſamirten luͤſte /
Der kuͤtzel ſchmecket ſchon den zucker dieſer zeit /
Und jede regung lehrt / wie deine marmel-bruͤſte
Selbſt himmel und natur mit nelcken uͤberſtreut.
Jch falle gantz umgarnt zu deinen liebes-fuͤſſen /
Und ſtelle mich als knecht auff deinen willen ein;
Doch dencke biß dabey / daß trauben zwar verfluͤſſen /
Und mandeln oͤffters auch fuͤr treue ſclaven ſeyn.
Der kuͤtzel / den die luſt wird in die glieder treiben /
Hegt / werthes kind / vor dich auch moſcateller-ſafft /
Ein augenblick ſoll dir auff deine roſen ſchreiben /
Daß allzu groſſe brunſt auch groſſe kuͤhlung ſchafft.
Mehr wird die gegenwart von deiner huld genieſſen:
Ein offt erregtes wort bekroͤnet nur die that:
Doch glaube / wo du laͤſt zinnober auff mich flieſſen /
Daß Rudolph perlen-milch vor deine flammen hat.
Sinn-Gedichte. Unterſchiedene perſonen aus dem kleinen luſt - ballette / welches Sr. Churfl. Durchl. von Sachſen / Johann Beorg dem Vierdten / zu ehren den 9 Februarii anno 1692 in Ber - lin getantzet worden. † † †
1. Mercurius / der voꝛredner / verkuͤndiget die an - kunfft der goͤtter bey dem angeſtellten ballet / und entſchuldiget / mit der uͤbermaͤßigen freude und der eilfertigkeit / die dabey beſorgliche unordnung.DEr Sachſen hohes Haupt iſt nach Berlin gekommen /
Deß freut ſich Brandenburg / und jeder ſtand und zunfft.
Soldaten / ſtadt und land / und die es nur vernommen /
Verheiſſen ſich was guts von der zuſammenkunfft.
Die jugend huͤpfft und ſpringt / und ſelbſt der Nymphen menge /
Ja goͤtter lauffen zu und halten einen tantz;
Nicht aber warte man auff kunſt bey dem gedraͤnge;
Die freude / die man zeigt / gilt mehr als die cadantz.
Wer kan bey wahrer luſt ſich nach geſetzen zwingen /
Wenn man vor freudigkeit ſich ſelbſt nicht halten kan?
Die zeit war auch zu kurtz ein recht ballet zu bringen /
Der Held / den es verehrt / nimt unſern willen an.
2. Mars warnet die vom himmel kommende Goͤttinnen und ihre Nymphen vor die beyden jungen Helden / Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. von Sachſen und dero Herrn Bruder Hertzog Friedrichen.Goͤttinnen mit der Nymphen-ſchaar /
Seht99Seht daß ihr nicht zu nah der erden ruͤcket;
Nachdem vordeß euch ſchaͤffer ſchon entzuͤcket /
Was ſeyd ihr nicht bey Fuͤrſten in gefahr!
Seht jenen jungen Held /
Und jenen Printz / der ſich vor euch geſtellt /
Jch fuͤrchte ſehr / ihr werdet vor dem ſcheiden
Was menſchliches von dieſen menſchen leiden.
3. Die beyden vom himmel kom̃ende goͤttinnen entſetzen ſich uͤber der ausbuͤndigen geſtalt Jhrer Durchlauchtigkeiten der Churfuͤrſtin von Bran - denburg / und der Fr. Marggraͤfin von Anſpach.DEr liebes-gott / und wir goͤttinnen /
Der mit uns ſeinen thron verlaͤſt /
Beſuchen auch diß freuden-feſt /
Ein hertz vielleicht da zu gewinnen.
Man weiß von goͤttern und goͤttinnen /
Daß ſie der liebe ſuͤßte frucht
Nur auff der unter-welt geſucht.
Was aber ſeheu wir auf erden?
Sitzt doch bey jener Fuͤrſten-ſchaar
Das praͤchtigſte goͤttinnen-paar /
Das je gebohren koͤnnen werden.
Eilt ſchweſtern wieder von der erden /
Sie ſind im himmel kaum ſo ſchoͤn /
Als wir ſie hier auff erden ſehn.
4. Cupido / der kleine Marggraf von Anſpach / von ſeiner mutter der Venus.JCh bin der kleine wunder-knabe /
Dem oſt und weſt zu fuͤſſen liegt /
Weil ich die ſchoͤne mutter habe /
Die uͤber alle goͤtter ſiegt.
G 2Wer100Wer kennt nicht meines bogens tuͤcke?
Doch ſiegt die mutter mehr als er;
Sie zwingt mit einem bloſſen blicke
Mehr als mein gantzes koͤcher-heer.
O moͤchte ſie bey dieſem reihen /
Da alles ſchertzt bey tantz und wein /
Mir einmahl ihre augen leihen /
Was hertzen ſolten dienſtbar ſeyn!
5. Die vier ſchaͤfferinnen / ſo vier cammer-fraͤu - leins / ruͤhmen ihre beherrſcherin die Churfuͤrſtin von Brandenburg / und wuͤnſchen die Fr. Marg - graͤfin mit ihrem frauen-zimmer allezeit in Berlin zu ſehen.WJe ruhig lebt nicht von uns allen
Jedwede treue Schaͤfferin?
Dieweil wir dienen und gefallen
Der allerbeſten Churfuͤrſtin.
Wir ſingen ſtets / bey unſerm weiden /
Der Fuͤrſtin ruhm auff allen heiden;
Und ieder ſchaͤffer / der ſie ſieht /
Geſteht ihr herrſchafft und gebiet.
Doch wuͤrden unſre bunten auen
Viel voͤller und vergnuͤgter ſtehn;
Waͤr allezeit darauf zu ſchauen /
Die wir ietzt bey uns weiden ſehn.
Wir meinen dich / mit deinen ſchwanen / Eleonora / geh es ein:
Was brauchſt du deiner unterthanen?
Wohin du kommſt / wird alles dein.
6. Dia -1016. Diana / das Frl. Wolffskehl / ſo eine braut. JCh jage was ich kan / die helden zu bewirthen /
Und werde / wie ein wild / vom liebes-gott erjagt.
Wer kennt Endymion / den ſo geſchlancken hirten?
Der hat mich uͤberraſcht; wer haͤtt’ es mir geſagt!
So geht es / wenn man ſich gar zu vermeſſen wagt:
Man jagt und wird erjagt;
Jtzt ſuch ich / fuͤr den wald / der Venus liebes-myrthen.
7. Die vier matroſen an Se. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen.VErzeih uns junger held / daß wir matroſen fragen:
[Du kanſt es uns vielleicht aus der erfahrung ſagen /]
Gleicht uns die liebe nicht auff unſern ruder-baͤncken?
Jm rudern kehren wir den ruͤcken nach dem port;
Und der iſt doch der ort /
Wohin wir unſer ſchiff mit allen kraͤfften lencken.
Die ſchlauen liebenden / die machens freylich ſo /
Sie ſtellen ſich gar kalt / und brennen lichter-loh:
Sie ſehen nicht dahin / wohin ſie doch gedencken.
8. Die vier bauern. Der erſte bauer troͤſtet ſich bey dieſen ſchweren zeiten mit der guten obrigkeit die wir haben.WAs wollen wir denn arme bauren /
Da alles heute ſich ergetzt /
Allein des krieges wegen trauren /
Der uns in manche ſorgen ſetzt?
G 3Es102Es ſind ja freylich ſchwere zeiten /
Der Rhein iſt voller hertzeleid;
Doch ſchauen wir es nur von weiten /
Durch ſorgfalt unſrer obrigkeit.
Wer weiß nicht / daß ein Herr regieret /
Der uns an rechten vaters ſtatt?
Und der auch / wie es ihm gebuͤhret /
Die wuͤrdigſte gemahlin hat?
Der andere erzehlet abſonderlich die ge - muͤths-gaben Sr. Churfl. Durchl. WJr haben einen weiſen Fuͤrſten /
Der fromm / gerecht und tapffer iſt /
Der nicht (wie viel nach blute duͤrſten /)
Die Unterthanen plagt und friſt.
Er iſt genaͤdig / liebt die ſeinen /
Bleibt aber allen laſtern feind;
Und derer / die es treulich meinen /
Jſt er zugleich ein guter freund.
Der dritte preiſet die vollkommenheit der Churfuͤrſtl. Gemahlin. ES zeugt von ihrem hohen ſtande
Selbſt unſer Fuͤrſtin geiſt und leib /
Sie iſt in unſerm gantzen lande
Die kluͤgſte frau / das ſchoͤnſte weib.
Wer wolte ſie nicht herrſchen laſſen?
Sie herrſcht mit billiger gewalt.
Sie uͤbertrifft die unterſaſſen
An hoheit / tugend und geſtalt.
Der vierdte ruͤhmet die gute nachbarſchafft und die verdienſte Sr. Churfl. Durchl. von Sachſen. ES muß auch unſer gluͤcke wachſen
Durch unſre gute nachbarſchafft /
Weil103Weil der erwuͤnſchte Held der Sachſen
Mit uns vereinigt ſeine krafft.
Er hat als Printz ſo groſſe proben
Von ſeiner tugend abgelegt /
Daß / da ihn GOtt zur Chur erhoben /
Gantz Teutſchland ihn auff haͤnden traͤgt.
Die bauern alle vier zuſammen thun einen wunſch. SO laſſen wir den himmel walten /
Wie ſeiner allmacht es gefaͤllt;
Wenn wir die herrſchafft nur behalten /
Sind wir die gluͤcklichſten der welt.
Wir wuͤnſchen ihnen langes leben /
Und ihrem hohen werthen gaſt /
Daß GOtt ihm ein Gemahl mag geben /
Wie du / o thenrev Friedrich! haſt.
Grabſchrifft des Ducs und Mareſchalls von Schomberg / der / wie bekandt / in der letzten Jrr - laͤndiſchen ſchlacht geblieben.JCh dient’ als General vier groſſen Potentaten /
Jn Franckreich / Engeland / der Marck und Poringall.
Der Kaͤyſer ſuchte mich / nebſt den vereinten Staaten /
Jch ward durch meinen arm Lord / Grand / Duc / Mareſchall
Jch halff vier*Portugall und die drey Britanniſche kronen.
* koͤnigreich an ihre rechten erben / Und gab mein gantzes gluͤck fuͤr meinen glauben hin.
Diß war mehr als genug / dadurch beruͤhmt zu ſterben;
Doch macht mein helden-tod mich erſtlich was ich bin.
Jch ſtarb in einer ſchlacht: (diß wird den neid beſchaͤmen!
Jch ſtarb / als ich geſiegt / diß iſt was mich erhebt.
Wer wird dem grauen haupt ietzt ſeine lorbeer nehmen /
Nun es auff ſelben ſtirbt / und ſie mit ſich begraͤbt?
G 4War -104Warum er in der Jrrlaͤndiſchen ſchlacht bleiben muͤſſen? † † †GLeich bey der erſten ſchlacht fuͤr der Britanner kronen /
Bleibt Schomberg im gefecht / und Wilhelm ſiegt allein.
Warum? weil dieſer held den ſieg und ſeine thronen
Sonſt keinem / als ſich ſelbſt / hat ſollen ſchuldig ſeyn.
Wer koͤnig von Engelland ſey / Wilhelm oder Jacob? † † †WJlhelm ficht und Jacob ziehet /
Fragſt du / wer denn koͤnig bleibt?
Der / der aus dem reiche fliehet /
Oder der den andern treibt?
Jacob ſpricht / ich muß mich ſchaͤmen /
Wilhelm kan nur Koͤnig ſeyn.
Solt’ er Engelland nicht nehmen?
Raͤum’ ichs ihm doch ſelber ein.
Grabſchrifft des Printz Alexanders aus Cur - land / welcher nebſt den gebruͤdern / der beyden Grafen von Dohna / A. 1686 in dem bekandten ſturme vor Ofen geblieben. † † †ZWeen Grafen fielen mit / als Ofen mich begraben.
Es ſolte ja ein Fuͤrſt auch ein gefolge haben.
Und daß ich ſicher waͤr’ hier unter dieſem ſtein /
So muſten dieſe zween / zween treue bruͤder ſeyn.
Der aͤlteſte fiel erſt / hernach ich / in der mitten.
Der juͤngſte blieb nach mir / ſo / wie wir auch geſtritten.
Wie artig nimt der tod / der ſonſt verwirrung macht /
Die ordnung der natur und ſtandes hier in acht!
Uber105Uber das Friedrich Wilhelms - oder ſo genañte Leipziger-Thor zu Berlin / an welchem Anno 1688 den 1 Sept. der blitz kurtz nach dem tode des ſel. Churfuͤrſtens / von der ihm zu ehren geſetzten uͤberſchrifft / dieſe worte beruͤhret hatte: FRIDERICVS, ELECTOR, FELIX. Friedrich / Churfuͤrſt / gluͤckſeelig. † † †DEr blitz beruͤhrte juͤngſt die eine von den pforten /
Und traff die uͤberſchrifft am Friedrich Wilhelms-thor.
Der vorwitz iſt beſorgt / ob den geſtreifften worten;
Was aber ſtellt man ſich fuͤr fremde deutung vor?
Der held / dem diß geweiht / iſt aus der welt gewichen /
So*Diß glaubten die alten / wenn es / wie hier / ohne verletzung / und bald nach dem tode desjenigen geſchah / dem es zu ehren auffgerichtet. Jtzt regierende Churfuͤrſtl. Durchl.
* heiligt denn der blitz diß ſein gedaͤchtnißmahl / Und hat / zu unſerm troſt / hingegen unterſtrichen /
Was uns von ihm verbleibt. Welch hoͤchſt erwuͤnſchte wahl!
Sein † Friedrich / Chur und gluͤck iſt uns zuruͤck geblieben;
Wer glaubt dem himmel nicht / der dieſes unterſchrieben?
Wider die allzu argwoͤhniſche maͤnner. † † †AUs furcht / er werde das / was er verdient zu ſeyn /
Sperrt er das arme weib als wie ein hencker ein.
Sein argwohn kommt von nichts / als ſeinem boͤſen leben.
Er weiß was er gethan; drum kan er achtung geben.
Sie iſt die tugend ſelbſt / ein engel in dem hauß;
Er aber fuͤrchtet ſich / die rache bleibt nicht aus.
Er fuͤhlt ſich alle tag / ob er es ſchon geworden /
Ob er die zeichen ſpuͤrt von dem beſorgten orden.
G 5Was106Was hilfft da ihre treu? ſie hat doch keine ruh.
Worzu ſie ihn nicht macht / da machet er ſich zu.
Er machet ſich ja ſelbſt zum hanrey in gedancken /
Wie kan er anders thun / als mit der frauen zancken?
Uber einen / der noch im traur-jahre wieder heyrathet / und die neugeheyrathete gleichfalls in demſelben jahre verliehret. † † †DEr kaum die erſte frau / ſo gut ſie war / bedaurt /
Will um der andern todt vor hertzeleid ſich toͤdten.
Alleine haͤtt’ er nur die erſte recht betraurt /
So haͤtt’ er dieſer traur anietzo nicht von noͤthen.
Die fuͤnff vornehmſten perſonen aus der zu ehren Sr. Hochfuͤrſtlichen Durchl. von Hanno - ver angeſtelleten wirthſchafft / in Coͤlln an der Spree den 10 Dec. 1692. † † † Ein Venetianer von dem Venetianiſchen Edelmann / Sr. Hochfuͤrſtl. Durchl. dem Hertzoge von Hannover.DJß iſt ein Edler unſrer ſtadt /
Der allerdings in den geberden
Was groſſes und erhabnes hat /
Und bey uns Doge muͤſte werden;
Wenn107Wenn Teutſchland ſeinen helden-thaten
Nicht etwas hoͤhers auffgethan;
Wiewol die hoheit aller Staaten
Jhn nicht genug erhoͤhen kan.
Die deutſche Frau / Jhro Hochfuͤrſtl. Durchl. die Hertzogin. DJe deutſche frau voll ernſt und guͤte
Zeigt uns der Deutſchen majeſtaͤt;
Doch iſt ihr koͤniglich gebluͤte
Das minſte ſtuͤck das ſie erhoͤht.
Die ſprache vieler nationen
Hat ſich in ihren mund geſetzt;
Und traͤgt ſie gleich nicht ſo viel kronen /
Wird ſie doch derer werth geſchaͤtzt.
Der alte Deutſche / Se. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Brandenburg.DEr Deutſche / der durch ſeinen fleiß
Bey den entbrandten krieges-flammen
Das deutſche reich zu retten weiß /
Und haupt und glieder haͤlt zuſammen /
Laͤßt ſeine deutſche redligkeit
Jn allen ſeinen thaten ſpuͤren /
Und allerdings ſein deutſches kleid
Muß uns der warheit uͤberfuͤhren.
Die ſchifferin / Jhre Churfuͤrſtl. Durchl. die Churfuͤrſtin / deren mann der Hannoͤveriſche ober-ſtallmeiſter der von Harling. DEr ſchiffer / der bißher nach Jndien gefahren
Und Mogols reichem ſchatz im handel nachgeſtellt /
Vergiſt nunmehr das gold aus jener fremden welt /
Nun ihn des loßes gunſt ſo gluͤcklich wollen paaren.
Er108Er ſpricht / wie ſolt’ ich mich den wellen anvertrauen /
Was hat denn Jndien das meinen ſchaͤtzen gleich?
Ein bloſſer augenblick von meiner neuen frauen /
Vergnuͤgt und gilt auch mehr als Mogols gantzes reich.
Der apothecker / Se. Hochfuͤrſtl. Durchl. der Erb-Printz von Hannover.EJn Printz / ſo der ſchwadronen-orden
Gar offt gefuͤhrt in kampff und feld /
Jſt heut ein apothecker worden /
Weil es das loß ſo angeſtellt.
Was aber zeigt des gluͤckes tand /
Das ſonſt die menſchen pflegt zu aͤffen?
Als daß des klugen Printzens hand
Jn allem kan die doſe treffen.
Schlaff-zedel. C. H. v. H.HJer liegt den vollerey und wolluſt hat beſtricket /
Der unter Bachus fahn ſich wohl gehalten hat /
Den noch die ſuͤſſe laſt von ſtarckem weine druͤcket /
Und ſtetig wohl gefolgt der gurgel naſſem rath.
Den manche Delila in ihrer ſchoß geſchloſſen /
Und deſſen thaten noch das haupt von Elſaß kennt /
Der manches reine feld mit ſeiner brunſt begoſſen /
Und ſo mich recht beduͤnckt / auch in dem ſchlaffe brennt.
Schlaf / ſchlaf / es wachet doch das uhrwerck im gehirne /
Der Venus ſchluͤpffrigkeit / des Bacchus toller wein
Beſtricket dir itzund die boßheit-reiche ſtirne /
Und zeiget dir mit fleiß / was beyde goͤtter ſeyn.
An109An jhre thraͤnen. C. H. v. H.NUn Livia du haſt bey ungluͤck lauter gluͤcke:
Dein waſſer brennt mich mehr als ſonſten deine blicke.
Auf die abbildung einer todten jungfrauen. C. H. v. H.DJe Venus hatte ſelbſt um deinen mund geſchrieben:
Die vorſchrifft iſt verloͤſcht / die nachſchrifft iſt geblieben.
Auf zwey ungleiche bruͤder. DEin ſohn zu Genua iſt dick und ungeſchickt;
Der zu Siena zart / ſo mann und weib erquickt.
Nim dieſem hembd und rock / gieb jenem glaß und wein /
So kan Cupido hier und dort ein Bachus ſeyn.
Warheit. ** v. L.WArheit ſolte vor bey hofe / ſonſten nirgends ſeltzam ſeyn.
Jtzund iſt der warheit mangel aller orten ſehr gemein.
Auf einen klein-naͤſichren. ** v. L.EHer koͤnt man ſonnen-ſtaͤubgen / ob es gleich ſchon ſpaͤt /
erkennen /
Als ein naͤſgen / wann es helle / wer wolt es denn naſe nennen?
Auf Spurcam. ** v. L.WUndre dich ja / Spurca / nicht / daß du keinen mann
kanſt kriegen;
Wer begehret wohl ein bett / da viel tauſend gaͤſte liegen?
Blon -110Blondille. ** v. L.MAnnes ſorge macht Blondillen / ſonſten nichts nicht / un -
gemach /
Wolte keiner zu ihr kommen / lief ſie ſelbſt doch ihnen nach.
Letzlich fand ſich dennoch einer / der ſich trauen ließ mit ihr /
Sie gab ihm aus gutem willen vor der zeit ein kind dafuͤr.
Mora. ** v. L.MOra / die will keine jungfer / ſondern eine fraͤulein ſeyn.
Und was wunder? weil von jungfern nichts an ihr als
nahm und ſchein.
Falſches alter. ** v. L.DU haſt mit dem kopff geaͤndert auch dein hertz / du falſcher
greiß /
Diß iſt ſchwartz wie raben worden / und dein kopf hingegẽ weiß.
Bonna. ** v. L.BOnna ruͤhmt ſich / daß ſie alles eigentlich uñ wol gedenckt /
Nur diß weiß ſie nicht mehr / welchem ſie die jungfrau -
ſchafft geſchenckt.
Auff einen tadler. ** v. L.JEnes maul in deinen augen iſt zu groß und diß zu klein /
Dieſe hat zu grobe haͤnde / jene ſolten weiſſer ſeyn;
Ja faſt alles / was nicht ſchoͤn / kanſtu wohl an andern kennen /
Nur dich ſelber kennſt du nicht / weil dich alle / tadler / nennen.
Grab -111Grabſchrifft eines geitzigen. ** v. L.WUndre dich du leſer nicht / was die urſach muͤſſe / ſeyn /
Daß mit eiſen dieſes grab uͤberdeckt iſt / nicht mit ſtein.
Der / ſo drinnen ruhen ſoll / war wie eiſern in dem leben /
Drum hat eiſen nach dem todt eine deck’ ihm muͤſſen geben.
Auff Daphnen. ** v. L.DAphne die war zwar verliebet / doch fuͤrſichtig auch dabey:
Scheuet / ſprach ſie / nur die mutter; bey mir ſteht euch
alles frey.
Die liebe. ** v. L.WUndre dich nicht / daß die liebe meiſtens unbeſtaͤndig iſt;
Venus die hat eine ſtelle beyn planeten ihr erkieſt.
Auf einen tadler. ** v. L.SO du auf das aͤꝛgſte wilſt / Momus / einen menſch verachtẽ /
Kanſtu vor den ſpiegel gehn / und dich ſelber da betrachtẽ.
Alchimie. ** v. L.WAs iſt die Alchimie / als eine kunſt zu luͤgen?
Was dient ſie anders wohl / als menſchen zu betruͤgen?
Was bringt ſie dir / mein freund / als aſche / ſeuffzer / ſchweiß /
Als hoffnung / leeren wind / und ſchande vor den fleiß?
Kuͤſſen. 112Kuͤſſen. ** v. L.JM kuͤſſen trifft ein menſch nicht leicht das rechte ziel /
Je mehr man hat gekuͤſt / je mehr man kuͤſſen will /
Je mehr man wird gekuͤſt / je mehr man wuͤnſcht diß ſpiel.
Tugend adelt. ** v. L.GAr viel edler iſt ein edler / den beglaͤntzet tugendſchein /
Als der / bey dem / ſtatt der tugend / alte wapen muͤſſen ſeyn.
Auff den Nova. ** v. L.NOva will den beſten freund / weil er lebet / gar nicht kennen /
Trotz! demſelben der ihn ſolt vetter oder ſchwager nennen:
Doch weñ reich’ aus ihrer zahl / waͤren es auch bauren / ſterben;
Will er von denſelbigen / als der nechſte vetter / erben.
Gleich und gleich. ** v. L.AM beſten iſts / daß gleiche gleich ſich paaren /
Die alten nicht mit den / ſo jung an jahren;
Die jungen nicht mit dem / ſo grau von haaren;
Die runtzlich ſind / mit ſchoͤnen und mit klaren /
Die milden nicht mit denen / ſo da ſparen /
Die arm / mit dem ſo reich an geld und waaren.
Denn thun ſie es / ſo muͤſſen ſie erfahren /
Ein braut-bett werde leicht zu ſchwartzen bahren.
Plau -113Plauderer. ** v. L.GRoße plaudrer insgemein nicht viel nuͤtzen oder tuͤgen;
Denn duꝛch viel es plaudeꝛn wird meiſt gebohren vieles luͤgen.
Der welt brauch. ** v. L.SChein floh die alte welt / und liebte nur das ſeyn:
Seyn haßt die neue welt / und ſuchet nur den ſchein.
Boͤſe weiber. ** v. L.NJchts iſt auf erden uͤber boͤſe weiber /
Sie freſſen ihren maͤnnern aus das hertz;
Sie machen matt die ſonſten friſche leiber /
Gebaͤhren nichts / als unruh / ſorgen / ſchmertz /
Sie ſaugen aus das marck aus allen beinen /
Und machen ſie durch zancken muͤd und faul /
Daß ſie gleich ausgedorrtem holtze ſcheinen /
Und wie ein duͤrr und abgeſchlagner gaul.
Man hoͤrt ſie wie die boͤſen hunde bellen /
Wenn ſie einmal von zorn und grimm entbrandt;
Kein gutes wort kan ſie zu frieden ſtellen /
Sie wollen allzeit haben oberhand.
Der mann muß donner / hagel / hoͤren ſtuͤndlich /
Es heiſt: du bettelhund / bey tag und nacht;
Zu allen ſchlaͤgen ſind ſie unempfindlich /
Und werden aͤrger nur dadurch gemacht.
II. Theil. HAlte114Alte hoffaͤrtige weiber. ** v. L.WAs nuͤtzt es / daß ihr euch mit ſolchem fleiß und ſorgen
Die duͤrren beine deckt / bemahlt die gelbe haut /
Die runtzeln machet glatt / beſpiegelt / und beſchaut /
Nicht nur die halbe nacht / auch noch den gantzen morgen?
Denckt ihr durch dieſes lieb und gunſt euch zu erwecken?
O eitles narrenwerck! haut bleibt haut / bein bleibt bein.
Man keñt / was weiß / was gelb / was glatt / was runtzeln ſeyn /
Ein ſtock / der bleibt ein ſtock / ob ihn gold / ſeide decken.
Man liebet altes geld / nicht aber alte leiber;
Die welt die haſſet euch / ob ihr ſie ſchon nicht haſſt /
Jhr machet ihr beſchwerd / wie ſehr ihr ſie umfaſt /
Es iſt kein aͤrger ding / als alt - und ſtoltze weiber.
An mann-freunden. ** v. L.WArum tadelt man deñ mich / daß ich bin den maͤñern huld?
Waꝛ mein vater nicht ein mann? es iſt angebohꝛne ſchuld.
Eyferſucht. ** v. L.EYferſucht die dient zu nichts / als zu ſchimpff und eigner
ſchande /
Wenn ſich ſelbſt ein weib nicht haͤlt / halten keine feſte bande:
Es hilfft keine ſtarcke thuͤr. Die iſt keuſch und fehler rein /
Die ſich huͤtet / daß der mann nicht erſt darff der huͤtter ſeyn.
Gu -115Guter nahme. ** v. L.EHr verſchwindet / gluͤck vergeht / geld nimmt ab und alle
ſachen:
Nichts kan frey vom untergang als ein guter nahme machen.
Auf Mollem. ** v. L.MOllis kan nie muͤßig ſeyn /
Trinckt er nicht / ſo ſchenckt er ein;
Und ſo bald er ſatt geſpeiſet /
Er ſo fort zu bette reiſet.
Auf Rilpum. ** v. L.RJlpus wolt ein frauenzimmer gleich hin kuͤſſen auf den
mund /
Selbe gab ihm hoͤniſch antwoꝛt / ſpꝛach: diß iſt ihm nicht geſund /
Und fuͤr andre ſchon beſtellt. Sein gerichte das iſt hinden /
Er wird eben dieſes fleiſch / doch im andern ſode finden.
Alchimie. ** v. L.KUnſt ohne kunſt iſt Alchimie / ſtuͤckweꝛck iſt ihr gantzes wißẽ:
Nutz / den man daran erlangt / hencken oder betteln muͤſſen.
Auf Aſinium. ** v. L.WAs iſt noͤthig / daß du viel ruͤhmeſt die / ſo dich gebohren /
Jeder merckt es gleich an dir und an deinen eſels-ohren.
H 2Auf116Auf Blandam. ** v. L.BLanda wird durch einen fall nicht ſo leicht zu ſchaden
kommen;
Denn beym fallen hat ſie acht / daß ſie wird in arm genommen.
Auf Zoilum. ** v. L.TAdle frey und nach belieben meine ſachen und auch mich;
Mir wirds nicht verdruß erwecken / denn viel hundert tad -
len dich.
Uber einen ihr genommenen kuß. WAs klagt Beliſe viel mich eines diebſtals an /
Und fuͤhrt um einen kuß proceß auf leib und leben?
Jch leide / was das recht fuͤr ſtraffe drauf gethan /
Und will / was ich entwandt / ihr fuͤnffach wiedergeben.
Auf Lupam. ** v. L.VOrmahls wards fuͤr eine ſuͤnde von dem jungfer-volck
geacht /
Wenn ſie noch in ihrem ſtande maͤnner haͤtten angelacht.
Lupa meint; es waͤre ſuͤnd / wofuͤr ſie muͤſt ewig buͤſſen /
Wenn ſie nicht / was maͤnner ſeynd / haͤtt / als jungfer / ſollen
wiſſen.
Witt -117Wittwen. Jungfern. ** v. L.VJel beſſer iſt es ja / daß man fuͤr wittwen jungfern liebe.
Denn wer trinckt gerne wein / den andre ſchon gemachet
truͤbe?
Wer kauffet gerne diß / was andre laͤngſten abgetragen?
Nach dem / was gantz / wird man viel eh / als nach zerbroch -
nen fragen.
Laura will in keinen ſpiegel mehr ſehen. E. N.NArciſſus liebet ſich /
Wenn er ſein angeſicht in einem brunnen ſieht /
Wie milch und blut ſo ſchoͤn darinnen bluͤht:
Drumb will er nicht von dieſem ſpiegel gehen /
Er ſieht ſie drinnen ſtehen /
Und denckt / daß ihn ein goͤttlich bild bethoͤrt.
Hier iſt es umgekehrt /
Wenn Laura ſich im ſpiegel will beſchauen /
So faͤngt ihr an zu grauen /
Und laufft zum hauſe naus /
Als wenn der teuffel ſelbſt zum ſpiegel ſeh’ heraus.
Von Jſmenien. E. N.WEm gleicht ſich doch Jſmeniens geſtalt?
Jſt wol die bruſt ein alabaſter-ſtein?
So waͤre ſie auch kalt.
Doch iſt der mund ein glaͤntzender rubin /
So muͤſt er harte ſeyn.
H 3Soll118Soll purpur wol die vollen wangen mahlen?
Auch dieſes trift nicht ein /
Sie wuͤrden bleicher ſeyn.
Sind ihrer augen ſtrahlen
Ein helles ſonnen-licht?
Auch diß iſt nicht zu glaͤuben /
So koͤnte man vor ihren ſtrahlen bleiben.
Was iſt ſie denn? Jch weiß es ſelber nicht /
Wie man ſie ſoll benennen /
Ach ſolch ein wunderbild iſt ſchwerlich zu erkennen.
Senicio ein alter kerl iſt kranck. E. N.JHr aͤrtzte kommt herbey /
Senicio liegt ſehr gefaͤhrlich nieder /
Jhr fragt / woher die kranckheit kommen ſey?
Jch weiß es nicht / obs daher ruͤhren mag /
Als ihm vergangnen tag
Die junge magd die ſtieffel ausgezogen /
So ſchlug ihm was in unterſchiedne glieder;
Die kranckheit iſt mir zwar noch unbekant /
Jch waͤhne nur / es ſey der kalte brand.
Cupido iſt gefangen. E. N.HAlt liegſtu nun vor mir /
Und bitteſt um quartier?
Du kleiner baͤrenheuter /
Wohlan du haſt pardon.
Verlangſtu auch noch deine’ rantzion?
So lege mir ein tauſend kuͤße dar.
Sie ſind bey dir wol ſchwerlich im vermoͤgen /
Drum laß ſie nur Charlottens mund erlegen /
Jch119Jch warte wol ein halbes viertel-jahr /
Und auch vielleicht noch laͤnger /
Wofern ſie mir auf ieglichen termin
Zweymahl ſo viel zum intereſſe zahlet.
Bey ſolcher ſchuld geht ſolcher wucher hin.
Doch nein / ich mag nicht borgen /
Vergnuͤge mich / ſonſt ſtirbſtu noch vor morgen.
An Selimenen. E. N.DEin angeſicht iſt eine reiche ſee /
Wo purpur-muſcheln wachſen.
Die bruͤſte ſind der Aetna ſelbſt zu nennen:
Denn außen liegt ein wollen-weicher ſchnee /
Da innerlich viel tauſend flammen brennen.
Vor dieſem ſtuͤrtzte ſich Empedocles hinein.
Solt auch mein ſchickſal ſeyn /
Das lebens-garn im feuer abzukuͤrtzen /
So moͤcht ich mich in dieſe flammen ſtuͤrtzen.
Auf einen kuß. E. N.EJn kuß! ein kuß! ein kuß!
Ach ich bin gantz entzuͤckt /
Da mich doch nur ein eintziger erquickt /
Ein kuß / das iſt ein kuß.
Ach ſoll ich noch mehr ſagen /
So muß ich noch einmahl die ſuͤſſen lippen fragen /
Wovor man wol ſolch labſal halten muß?
Doch / Jris / ſtimme nur mit hundert kuͤßen bey /
Jch ſage ſo / daß kuͤßen in der liebe
Die quinteßence ſey.
H 4Von120Von der ſchoͤnen Laura. E. N.DJe Laura denckt / ſie ſey vortreflich ſchoͤne.
Und wenn ich ſie nur hoͤhne /
So bildet ſie ſich doch die wahrheit ein.
Sag ich zum ſpaß / die wangen waͤren roſen /
Die dennoch quitten ſeyn /
So weiß ſie ſich abſcheulich lieb-zu koſen.
Nenn ich die augen ſonnen /
Die um und um mit butter voll geronnen /
So giebt ſie mir ein ſolch entzuͤckt geſichte /
Als wie ein kater nieſt.
Nenn ich den halß und buſen alabaſtern /
Der gelber marmel iſt /
So ſchicket ſie ſich gar zu einem kuße /
Da denck ich mit verdruße:
Du blinde welt / wie lange ſchenckſtu raſtern?
An Liſetten. E. N.SO wilſtu nun durchaus ins nonnen-cloſter gehn /
Und in der heiligkeit als eine ſchweſter ſtehn?
Nun gut / ich habe mir den muͤnchs-ſtand vorgenommen /
So darf ein bruder wol zu einer ſchweſter kommen.
Liſette laß mich nur in deine zelle nein /
Jm beten ſolſtu ſelbſt mein paternoſter ſeyn.
Aman -121Amando traͤgt ein affection-baͤndgen am rocke auf der bruſt. E. N.AMando trit nunmehr in einen ritter-orden /
Wo lauter haſen ſeyn. Ein baͤndgen iſt ſein ruhm /
Das ihm die liebſte gab. Er nennts ein heiligthum.
Jſt groͤßre fantaſie auch ie erhoͤret worden?
So gehts. Er bauet nun auf dieſes band ſein heil:
Doch wenn mans recht beſieht / ſo iſts ein narren-ſeil.
An die betrogene Laurette. E. N.JA traue nur ſtudenten
Und ihren complimenten /
Das ſind die rechten gaͤſte.
Sie ſtellen ſich zwar treflich ehrenveſte /
Und ſchweren ſtein und bein /
Wenns zum verſprechen geht /
Und halten doch nicht die geringſte ſachen.
Wer ihre art und minen nicht verſteht /
Und was ſie ſonſt vor artge leutgen ſeyn /
Der kan ſich bald treuhertzig laſſen machen /
Und wird doch bey der naſe rumgefuͤhrt.
Sie achtens nicht ein maͤgdgen zu betruͤgen /
Wann ſie nur geld und weiſſe waͤſche kriegen.
Dein beſtes iſt / du muſts zum beſten kehren.
Studenten muͤſſen ſich recht wunderlich ernehren.
Madrigal Auf die vielen kraͤhen in ‒ ‒ E. N.MAn fragte mich in einer compagnie:
Warum iſt doch ſo viel geſchmeiße hie
H 5Von122Von kraͤhen und von raben?
Jch ſagte: weil ſie gute nahrung haben /
So laſſen ſie ſich in der menge ſehen;
Denn wo viel ſchinder ſeyn /
Da gibt es auch viel kraͤhen.
Maregilis iſt ein dieb. E. N.MAregilis hat mir das hertz geſtohlen /
Schickt in die facultaͤt
Und laſt ein urtheil holen;
Doch wann es hier nach gunſt und gaben geht /
So ſchickt in ſchoͤppenſtuhl.
Laͤufft ſo ein urtheil ein /
Sie waͤre mit den ſtraffen zu belangen /
Die ſonſt vor diebe ſeyn /
So laſſet ſie an meine lippen hangen.
Madrigal. Einer verwundert ſich uͤber ‒ ‒ E. N.JCh wundre mich / daß hier die univerſitaͤt
Jn ſolchem flore ſteht.
Jch wundre mich / daß hier in allen ſtaͤnden
Ein ieglich ding recht ordentlich beſtellt.
Und will ich mich nach ſchoͤnen ſachen wenden /
So ſind ich hier die ſchoͤnſten von der welt.
Jch will itzt nicht von ſchoͤnen haͤuſern ſagen /
Man ſehe nur das frauenzimmer an /
So will ich ieden fragen /
Ob er ſich wol genug verwundern kan?
Kurtz: alles iſt zu ‒ ‒ wunderns werth.
Doch gibt mir diß den groͤſten wunder ein /
Daß gleichwohl hier die ſchinder ehrlich ſeyn.
Aman -123Amando bekehret ſich. E. N.DJe liebe leſcht nun aus / da ihre pfaͤnder brennen.
Man ſoll mein kaltes hertz an dieſer glut erkennen.
Jhr briefe lodert auf / ihr lieder muͤſt hinein /
Du ſolſt / du zauberband / zu ſtaub und aſche ſeyn.
So bleibt mir dieſer troſt von meinen liebes-ſachen /
Daß ſie zu guter letzt ein freuden-feuer machen.
Auf ein gewiſſes hauß. E. N.DJe zihim wohnen hier /
Die ohim auch deßgleichen /
Man findet da der igel ihr quartier /
Und hoͤret bald von drachen und von eulen
Eins umb das andre heulen:
Bald ſchwartze raben ſchreyen /
Die geyer und die weyhen /
Und was noch mehr von ſolcher rauber-zunfft /
Die halten hier auch die zuſammenkunfft.
Feldteuffel und dergleichen ſaubre geiſter /
So ihnen aͤhnlich ſeyn /
Die finden ſich mit ihrem obermeiſter
Jn groſſer anzahl ein.
Der kobolt legt auch ſeinen kram hier aus.
Nun rathe zu: Was iſt das vor ein hauß?
Madrigal Auf die vielfaͤltigen arten der ſchuͤrtzen beym frauenzimmer. E. N.SJe fangen wohl recht artge moden an:
Die eine ſetzt ſich was vom golde dran /
Die /124Die andre traͤget frangen /
Und die Brabanter ſpitzen /
Die andre hat / ich weiß nicht was / dran ſitzen.
Die naͤhet ſie mit ihrem nahmen aus /
Die eine macht des liebſten ſeinen draus.
Soll ich davon mein wenig urtheil faͤllen /
So moͤchten ſie noch wohl zu dulden ſeyn;
Man nehe nur die worte mit darein:
Hierunter iſt der nechſte weg zur hoͤllen.
Mammaͤus wil ſich erſaͤuffen. E. N.MAmmaͤus klaget ſtets / und fluchet auf die liebe /
Jndem ſie allemahl ſein ziel zuruͤcke triebe.
Er klaget / flucht / und ſpricht: ich muß des todes ſeyn.
Die martern mehren ſich und druͤcken mich mit hauffen.
Wie werd ich ihrer loß? ich will ins waſſer lauffen.
Jch dachte: gut / ſo kommt ein ſtockfiſch mehr hinein.
Ein guter wunſch. E. N.FErrando hat ein weib das nicht den hencker werth.
Er ſchmiert ſie weidlich ab. Ein eſel oder pferd
Kan dieſe ſchlaͤge nicht auf ſeinem buckel tragen.
Sie hat es zwar verdient. Doch dieſes faͤllt mir ein:
Ach ſchade / daß die frau nicht ſoll von golde ſeyn /
So koͤnte doch der mann ducaten aus ihr ſchlagen.
Von weibern. E. N.EJn ſchmeichler ruͤhmt ein weib / ſie ſey ein himmelreich;
Doch wer die warheit liebt / der wird daruͤber lachen /
Hin -125Hingegen umbgekehrt den klugen ausſpruch machen:
Ein weib iſt eine grufft und ſelbſt der hoͤllen gleich.
Drum muß die ſeele ſich vor dieſer grufft bewahren /
Wer wolte thoͤricht ſeyn und in die hoͤlle fahren?
Sie erblickte ſich im ſpiegel. C. E.GRiſette ſchaute ſich in einem ſpiegel an;
So bald ſie inne ward ihr runtzlichtes geſichte /
Der gantz zerbrochnen zaͤhn’ halbausgefaulte ſchichte /
Und was mehr ſcheußliches ſich an ihr finden kan /
Die außgedorrte haut der abgefleiſchten wangen /
Und das begreißte haar umb ihren ſcheitel hangen /
Rieff ſie mit blintzenden und halb erſtorbnen augen:
Vor funffzig jahren ſah’ ich mich weit ſchoͤner an /
Da ich nichts aͤhnlichs nun mehr an mir finden kan;
Die ſpiegel muͤſſen itzt in warheit nicht mehr taugen.
Sie wolte noch keinen mann haben. C. E.CElindens mannbarkeit faͤngt zeitig an zu reiffen /
Nur ſitzt die jungfrauſchafft bey ihr noch gar zu tieff;
Sie leidt zwar keinen mann / doch manchen ehrengriff /
Da ſie ſich in der eh’ von vielen vor-laͤßt greiffen.
Er ſpielte gegen ſie ungluͤcklich. C. E.WEr ſagt / daß ich nicht ſolt im ſpielen gluͤcklich ſeyn?
Gantz falſch! wer alſo ſpielt wie ich / der darff nicht klagen /
Jch kan gewinn und gluͤck doch ſtets vom ſpiele tragen /
Bekomm ich gleich kein ſpiel / iſt doch Celinde mein.
An129[126]An eine hoffaͤrtige heßliche. C. E.NJcht bilde dir was ein / Licene / theurſtes bild /
Wann dein beruffner preiß die gantze ſtadt erfuͤllt.
Weißt du woher es kommt / du niedlichs ungeheuer?
Die kleidung macht dich nur / und nicht die ſchoͤnheit theuer.
Auff Corvinum. C. E.DEr ſcheußliche Corvin betheurte neulich hoch /
Lupine ſey der geiſt zu ſeines coͤrpers hoͤle.
O allzu freches wort! rieff ich; wie ſchickt ſich doch
Zu deinem raben-leib ſolch eine ſchoͤne ſeele?
Nach dem Hollaͤndiſchen. C. E.VEit nimmt eine hur zum weibe / nicht um ſchoͤnheit / ſtand
und gut /
Nein! nur bloß aus geilen luͤſten / weil ſie ſeinen willen thut /
Jtzt duͤnckt er ſich viel zu ſeyn / und vor andern wol gepoſtet /
Weil er das umſonſt geneußt / welches andern geld gekoſtet.
Sie ließ zur ader. C. E.ALs Doris neulich ließ ihr ſchwartz-gebranntes blut /
Und man mir hoffnung gab: Sie wuͤrd itzt beſſer werden /
So rieff ich: nur umſonſt! Sie zeigt ja ſelbſt der erden /
Daß auch / wie kranck ſie iſt / das blut nicht an ihr gut.
Auff127Auf ihr bildniß. C. E.WEil unſer auge nicht den glantz der engel leidet /
Ein engel aber gern beyn menſchen wolte ſeyn;
So hat er endlich ſich und ſeinen wunder-ſchein
Hier in ein ſterblich bild zu unſrer luſt verkleidet.
Auf daſſelbe. C. E.WEr keine ſonne nicht / noch blitze kan vertragen /
Der muß ſich nicht zu nah zu dieſem bilde wagen.
Sie foderte im ſpiel hertzen. C. E.DU ſpieleſt hertzen aus / und ſprichſt zu mir: bekennt!
Da doch mein hertze laͤngſt vom leibe mir getrennt:
Jch habe denn kein hertz / als nur des hertzens rinden /
Wiltu mein hertze ſelbſt / kanſtu bey dir es finden.
Er bekam kein ſpiel. C. E.DJe karten ſind zwar gut / die meine hand itzt fuͤhrt;
Was aber helffen ſie / wenn dir das gluͤcke dienet?
Wer mit dem gluͤcke ſelbſt zu ſpielen ſich erkuͤhnet /
Was wunder / wenn er auch das beſte ſpiel verliehrt.
Sie hatte alle hertzen in der hand. C. E.MEin hertze fehlt dir noch / ob ſchon du alle hertzen
Jn deiner engen hand zuſammen haͤltſt gefaßt;
Doch nein! es fehlt dir nicht / weil du es ohne ſchertzen /
Ob gleich nicht in der hand / doch feſt im hertzen haſt.
Sie128Sie ſticht den hertzen knecht mit der dame. C. E.DJe dame ſticht den knecht / und diß bleibt ungerochen?
Jedoch / es muß ſo ſeyn; du ſpieleſt wol und recht /
Und machſt es eben ſo mir / deinem armen knecht /
Dem du vorlaͤngſten ſchon ſein hertze weggeſtochen.
Sie ſpielet die hertzen dame aus. C. E.MAn laß die dame gehn; ſie acht der knechte nicht.
Es muß ein koͤnig ſeyn / der ſolch ein hertze ſticht.
Und bin ich nun dein knecht / welch thoͤrichtes beginnen /
Daß ich mich unterſteh dein hertze zu gewinnen?
Sie ſpielete die hertzen dame aus / ein ander gab den koͤnig drauff; Er ſticht beydes mit der zehen. C. E.SPiel auff dein eines hertz; es ſoll mir nicht entrinnen /
Und ſchluͤg ein ander gleich den koͤnig ſelber drein:
Ein hertz iſt nur zu ſchwach; zehn hertzen muͤſſens ſeyn /
Wofern man anders will dein eines hertz gewinnen.
Er ſtach die dame mit dem hertzen aͤß. C. E.WJe trotzt die dame doch und prahlet ſonder ſcheu /
Als ob kein hertze mehr / das ihr gewachſen ſey?
Halt ein! hier iſt ein blat / das / weiß ich / ſoll dich lehren:
Daͤß noch ein hertze ſey / das auch die damen ehren.
Sie129Sie nimmt ihm die hertzen zehen mit der dame weg. C. E.NUr friſch! das ſpiel iſt mein / ſo vieler hertzen wegen /
Sagt mir: welch hertz iſt wol zehn hertzen uͤberlegen?
Wie aber? ſticht man mich? halt! doch ich muß’s verſchmertzen /
Ein damen hertz gilt mehr / als zehen andre hertzen.
Sie gieng blau gekleidet. C. E.DEin wolgeſtalter leib / die ſittſame geberden /
Der zarten glieder pracht und ihre treffligkeit /
Gehn / Leonore / gantz in blauen ſtoff verkleidt;
Warum? dieweil du biſt ein himmel auff der erden.
Sie ſahe in den ſpiegel. C. E.JCh ſah Auroren ſich nach ihrem ſpiegel drehen /
Und fand in ſelbigem ihr antlitz wunderſchoͤn /
Aurora! rieff ich drauff / muſtu nicht ſelbſt geſtehn /
Daß man noch nie ein glaß hat ſchoͤner ſpiegeln ſehen?
Auff einen ungeſchickten Medicum. C. E.BUllus iſt ein artzt geworden und verſteht das hand -
werck nicht /
Leſen hat er nie gelernet / und das ſchreiben will ihm fehlen /
Gleichwohl kan er lauter gluͤck unter ſeine curen zehlen.
Die recepte / die er giebet / ſind von andren eingericht.
Vor das fieber / vor den ſtein / vor die ſtiche zu dem hertzen
Traͤgt er beyde ſaͤcke voll / und beſtillt die groͤſte ſchmertzen.
II. Theil. JJu -130Julep / edle hertzens-pulver / pillen / ſafft und elixir /
Zieht er / wie das gluͤck es fuͤget / aus der taſchen bald herfuͤr /
Schickt es in die apotheck / und ſo bald es eingenommen /
Spricht er zu dem krancken drauff: GOtt laß alles wol be -
kommen.
Auff die hochzeit des Churfuͤrſtl. Brandenb. hoff - und cammer-gerichts-raths Hn. BEWERTS mit der Jungfer Lehmannin. C. E.JCh nahm mir neulich vor die hochzeit zu beſingen /
Und den verlangten tag / da ihr geehrten zwey
Einander ſaget zu gunſt / lieb und ew’ge treu;
Allein / es war umſonſt / mir wolte nichts gelingen /
Die freude ließ ſich nicht in enge reimen zwingen /
Jch ſchrieb und aͤnderte wohl zehnmal eine reih /
Biß ich voll ungedult auffſprang / und rieff: es ſey!
Jch kan unmoͤglich heut ein wort zu wege bringen.
Apollo ſah’ an mir den unmuths-vollen ſinn;
Was? ſchalt er / ſetzſtu denn nicht eine zeile hin?
Ach! ſchaͤme dich / und laß dir nimmer das belieben!
Begreiffe dich und nim die feder noch zur hand /
Der wille wird gar offt auch vor die that erkannt:
Schreib ihre nahmen nur / ſo haſtu gnug geſchrieben.
JOHAN VVOLGANG BEWERDT. HELENE MARGVERITE LEHMANIN. Durch buchſtaben-wechſel: O libe! vermaͤhl ihr gemuͤtt wohl genau ann einander!
An131An denſelben / als er ſeine liebſte das erſte mahl an ſeinem nahmens-tage ſprach. C. E.WOlgang / der gang iſt wohl und gluͤcklich unterfangen /
Da du das erſte mahl zu deiner braut gegangen.
Ach die zuſammenkunfft war frembd und ungemein /
Du traffeſt einen tag / der deinen nahmen fuͤhrte /
Und wie der himmel ſelbſt das gantze ſpiel regierte /
So muſte dieſer tag auch gar ein Freytag ſeyn.
Welch ein geheimniß laͤſt in dieſem fall ſich finden?
Du ſolteſt dich mit ihr befreyen und verbinden /
Der außgang wuͤrde wol und gut von ſtatten gehn.
Ja das verhaͤngnis hat dein nahmens-feſt erkohren /
Damit der ſchluß gewiß und ſicher koͤnte ſtehn:
Du ſeyſt fuͤr ſie benennt / wie ſie fuͤr dich gebohren.
Ein anders. C. E.ALs Venus ohngefehr auff die gedancken kam /
Nach ihrem tag(*)Der freytag / zu lateiniſch / der Venus tag.
(*) zu ſehn / und den calender nahm / Weiß ich nicht / wie es ſich zu deinem vortheil ſchickte /
Daß ſie gantz unverhofft dein nahmens-feſt erblickte.
Berintho / ſprach ſie / der mir ſo viel ehr erweißt /
Der mich und meinen ſohn nach hoͤchſten wuͤrden preißt /
Den ich / dieweil er lebt / getren und werth erfunden /
Wie? ſolte dieſer nicht von mir ſeyn angebunden?
Hierauff verknuͤpffte ſie hertz / ſeele / muth und hand /
Und deine freyheit ſelbſt mit einem perlen-band. (**)Perle / zu lateiniſch / Margarita / iſt der liebſten nahme.
(**) Wie artig / rieff ſie / wird es dem Berintho ſtehen /
Wenn er ins kuͤnfftige wird ſo gebunden gehen.
Grabſchrifften.
J 2Einer132Einer braut die am hochzeit-tage geſtorben. HJer ruht die / die nicht frau und dennoch war getraut /
Die innig hat geliebt / und wieder ward geliebet /
Die ihren mann durch nichts / als ihren todt betruͤbet /
Und daß er ſie im ſarg / nicht in dem bett geſchaut.
Einer ſchoͤnen. HJer liegt die / welcher nichts an ſchoͤnheit konte gleichen /
Der die vollkommenſten an tugend muſten weichen /
Die alle hertzen zwang durch anmuths-volle blicke.
Der tod / der nahm zu bald ihr und der welt dis gluͤcke.
Eines alten boͤſen weibes. EJn ſchaͤdlich baſiliſck / ein grimmig tieger-thier /
Ein weib / das wie ein hund zum beiſſen trug begier /
Und in dem leben hat gleich einer ſau gerochen /
Die iſt in dieſes loͤch nur allzu ſpaͤt gekrochen.
Einer kuplerin. WAr ich ſelbſt nicht bequem zu dem / was liebe giebet /
So halff ich dieſem doch / was liebt und ward geliebet /
So kont ich aller welt luſt und vergnuͤgung geben /
Nur mir nicht / was mir lieb: Ein etwas laͤnger leben.
Einer betagten Jungfrau. NJcht wundre leſer dich / daß ſich in ſo viel jahren
Die jungfrau / die hier ruht / nicht hat verlangt zu paaren.
Der todt hat ſie ihm laͤngſt erwehlt zu einer braut /
Weil ſie ſo fett wie er / und mehr als reich an haut.
Eines133Eines Findlings. JCh ward ein kind / und doch ward ich nie kind genennet /
Weil ich die eltern nie und ſie mich nicht erkennet.
Letzt nahm die erde mich / als aller mutter / auff /
Jch fand im ſterben diß / was nicht im lebenslauff.
Eines braͤutigams. WJe meiner hoffnung ſchiff gleich gluͤcklich ſolte landen /
So muſt es bey dem port ohn alle huͤlffe ſtranden.
Der tod nahms leben mir / wie ich auff hochzeit dachte /
Jn lauter freuden ſchwamm / und braut-caleuder machte.
Eines bequemen mannes. MJr hat das trincken mehr / als lieben / freude bracht /
Weil dieſes kraͤffte nahm / und jenes ſtaͤrcke macht:
Doch iſt mein weib dabey nicht unvergnuͤgt geblieben /
Sie ließ mir frey den trunck / ich ließ ihr frey das lieben.
Jtem. DU / der du gehſt vorbey / vergoͤnne mir die ruh!
Jch war ein guter mann / der krum gieng und gebuͤcket /
Von ſolcher laſt beſchwert / die druͤckt und nicht erdruͤcket /
Als ich nahm unten ab / ſo nahm ich oben zu.
Jtem. NJemand der klage ja das gluͤcke faͤlſchlich an /
Daß es zu ſparſam ſey mit allen ſeinen gaben /
Die crone / die ich trug / iſt ohne muͤh zu haben /
Weil ſie ein freundlich weib im ſchlaff erwerben kan.
J 3Jtem134Jtem. DJe hoſen burft ich nur aus weibes bette hencken /
So war es ſchon genung / es folgte drauff ein kind.
Wer nicht vererbet iſt / der laß ihm dieſe ſchencken /
Wer weiß / ob andre ſo / wie meine / kraͤfftig ſind?
Jtem. MEin leſer / tritt ja nicht zu nah zu dieſem ſtein /
Es liegt hier eingeſenckt Actaͤons wahrer erbe /
Der nur mit horn werck trieb im leben ſein gewerbe.
Vielleicht darff dieſes gut itzt deine erbſchafft ſeyn.
Jtem. WEr nicht gedultig iſt / der komm zu meinem grabe /
Und lerne: daß gedult die allergroͤſte gabe.
Faſt alles uͤbel kam auf meinen kopff und mich;
Doch lidt ichs / weil mein weib trug ſchwerer noch als ich.
Jtem. DEm nechſten dient ich vor mit meinem geiſt und leibe /
Zu zeiten auch wol gar mit meinem lieben weibe;
Ja auch nach meinem tod ſind nuͤtzlich meine ſachen /
Von meinen hoͤrnern kan man feſte kaͤmme machen.
Jtem. MAn hat mich oftermahls genennet hahn und reh /
Nach dieſem als ich kaum war kommen in die eh:
Der todt der nahm mich doch / ließ ſichs nicht fechten an /
Ob ich ein rechter menſch / ein reh ſey oder hahn.
Jtem. JCh hatte weder reich noch thron / und war gekroͤnet /
Bey meiner frau macht ſich faſt ieder ſtand belehnet.
Denckt nicht / daß mein geſchlecht mit mir gegangen ein /
Weil ſolcher koͤnige noch viel auf erden ſeyn.
Eines135Eines trunckenboldes. EJn meiſter beym toback / ein held bey bier und wein /
Ein eſel von verſtand / ein affe von geberden /
Ein menſch dem nahmen nach / den wercken nach ein ſchwein /
Der muſte toll und voll hier eingeſencket werden.
Eines ſackpfeiffers. JCh machte knecht und magd recht luſtig duꝛch mein pfeiffen /
Niemahls war ich beſchwert zum druͤcken / blaſen / greiffen /
Jtzt liegt nach meinem todt die pfeiffe gantz allein.
Thu mir den liebes-dienſt und blaß einmahl darein!
Eines tauben und ſtummen. OB ich gleich taub zur welt gebracht war und gebohren /
Ob ich ſchon nie kein wort aus meinem mund verlohren /
Und nicht was ſuͤnde heiſt kont hoͤren oder ſagen /
So muſt ich doch den tod / der ſuͤnden ſtraffe / tragen.
Eines ſchuſters. JCh konte ziehen lang das leder mit den zaͤhnen /
Wenn in der arbeit es nicht langen wolte zu;
Das leben aber nicht mir etwas laͤnger dehnen /
Da mirs doch lieber war / als alle meine ſchuh.
Eines kamm-machers. DJe hoͤrner und die bein die haben mich ernaͤhret /
Faſt iedem hab ich was zu ſeinem haupt gewaͤhret.
Der todt / ſo ſorge trug fuͤr ſein verdorrt gebein /
Nahm mir das leben / bloß daß er kont ſicher ſeyn.
J 4Jtem136Jtem. JCh habe manches horn verthan und auch verkaufft /
Da dennoch in der welt es voller hoͤrner laufft.
Jhr / die ihr etwan auch mit ſolcher laſt beladen /
Klagt / daß ich ſchon bin tod / zu eurem groͤſten ſchaden.
Eines igels. MEin leib war wol verſehn mit vielen ſcharffen ſpitzen /
Daß meine feind’ ich kont mit ſelben ſtech - und ritzen.
Des todes ſtachel hat mich endlich doch gefaͤllt;
Diß troͤſtet mich: ich ſtarb gewaffnet wie ein held.
Eines dachs-hundes. KEin loch war mir zu tieff und keines auch zu klein /
Jch ſuchte fuchs und dachs / dem jaͤger zu gefallen /
Jch buͤßte letzlich doch im loch mein leben ein /
Drumb trau den loͤchern nicht und wuͤhle nicht in allen.
Eines wuͤrmchens / das zwiſchen einer ſchoͤ - nen damen augen umkommen. VOn einer ſonnen hab ichs leben erſt bekommen /
Zwey ſonnen haben drauff mir wieder-es-genommen.
Wie ſolt ich aͤrmſter wurm ertragen doppel-ſchein /
Da fuͤr zwey ſonnen ſelbſt die welt iſt viel zu klein.
Eines flohes / der auf einem ſchoͤnen halß geſeſſen. WEil ich zu geitzig war zu koſten von der ſpeiſe /
Die den verliebten offt ſo groſſen hunger macht;
So hat die ſuͤſſe koſt mich um das leben bracht:
Drum wer da koſten will / lern erſt die rechte weiſe.
Eines137Eines gehangenen. DJe parcen haben mir das leben nicht genommen /
Die ſonſten ſpinnerin der lebens-faden ſind:
Jch bin durch einen menſch und ſtrang um ſelbes kommen;
Ach daß bey menſchen man ſo groſſe ſtrenge findt!
Eines ſcharffrichters. DEr menſch - und hunde-feind / des todes lieutenant /
Der viel pflag vor der zeit dem tode zuzufuͤhren /
Liegt hier: Jm fall ſein grab von hunden wird erkant /
So duͤrfften ſie es leicht mit einem denckmahl zieren.
Grabſchrifft des Aretini. J. P. HJer lieget Aretin / der Fuͤrſten nur geſchaͤndet /
Dem ſeine ſchmaͤhſucht nichts als dieſes grab geendet.
Nur GOtt und himmel blieb von ihm noch unvernicht /
Verwundre dich nicht drob: Er kante beyde nicht.
Hochzeit-Gedichte.
Die ſchlaffende Venus Nach des Claudiani lateiniſchen. DJe ſonne hatte kaum den mittag heiß gemacht /
Als Venus gantz ermatt ihr eine hoͤl erwehlet /
Wo weder ſchlaff noch ruh / noch kuͤhler ſchatten fehlet /
Und wo ein reben-blat gab dunckel-gruͤne nacht /
Jn die ein linder weſt mit ſanftem rauſchen ſpielte /
Und ſo der goͤttin hertz und muͤde ſeele kuͤhlte.
Sie warf die ſternen-pracht / die glieder in das graß /
Der blumen hoͤchſter wunſch war ſo gedruͤckt zu werden /
Die nelcke ſchien ein feur / die roſ’ ein ſtern der erden /
Die veilg ein blau ſaphir / die lilg ein ſpiegelglaß /
Und Venus goldnes haupt entſchlieff nur auff narciſſen.
Jesminen legten ſich zu pfuͤl und unterkuͤſſen /
So lag die luſt der welt ohn alle kleider bloß /
Jndem die volle bruſt die trauben nachbar nennte /
Und der belebte ſchnee von zwey rubinen brennte.
Hold / freude / lieb und gunſt ruht’ in der ſchoͤnen ſchoos /
Der ſuͤß geſchwollne mund war etwas aufgeſchloſſen /
Aus dem die zucker-baͤch und nectar-quellen floſſen.
Den ſchlaf ergoͤtzte noch ein angenehmer bach /
Der ſein bemoſtes haupt mit reinem ſilber traͤnckte /
Und nichts als liebligkeit auf gruͤne wieſen lenckte /
Der etwas zitternd floß / und kuͤſſe nach und nach
Dem lieben ufer gab / das lorber-baͤume zierten /
Um die die Gratien holdreiche taͤntze fuͤhrten /
Biß ſie auch muͤd und matt die augen ſchloſſen zu.
Die liebes-engel gehn indeſſen wie ſie wollen /
Und dencken daß ſie ſamt der mutter ruhen ſollen;
Der bogen hengt am baum / der pfeil hat ſeine ruh.
Der leere koͤcher ſeuftzt allein nach liebes-flammen /
Die fluͤgel-knaben gehn / und ſpielen eins zuſammen /
Die139Die laufen ins geſtraͤuch / und nehmen neſter aus /
Die andern ſchwingen ſich auf hohe jelmen-baͤume /
Theils leſen aͤpfel auf / theils huͤten / daß die traͤume
Der goͤttin niemand ſtoͤhr / der bindet einen ſtraus
Von friſchem kraͤntzelwerck / und jener jagt die Faunen /
Wirft feuer in ihr hertz / daß ſie vor lieb erſtaunen.
Drauf bricht ein laut geſchrey der Venus holden traum /
Und von der naͤchſten ſtadt kommt neue poſt geflogen /
Die Chloris haͤtte ſchon den brautrock angezogen.
Mirmillo ſey der ſchatz; wald / acker / thal und baum
Beſingen eben diß: Als Cypris aufgefahren /
So wie ſie ſich gelegt in ungeflochtnen haaren /
Jhr zarter finger druͤckt dem ſchlaff die augen aus /
Sie ruft dem liebes-volck / und unter tauſend engeln
Vermerckt ſie alſobald / daß Hymen muͤſte mangeln /
Wie / ſagt ſie / iſt denn itzt mein braut-gott nicht zu hauß /
Ohn deſſen angetrieb darff niemand ſich vermaͤhlen /
Noch irgend ihm ein lieb ohn ſein bewuſt erwehlen?
Doch ſeht / dort ſpuͤr ich ihn / er pfeifft ein hirten-lied /
Singt ſeinen alten thon und dencket nicht ans lieben /
Treibt ſein gewohntes ſpiel / ſo er ſchon laͤngſt getrieben.
So bald der Hymen nur der liebe mutter ſiht /
Entfaͤllt ihm pfeif und kunſt / die ſcham mahlt ſeine wangen /
Gleichwie die morgenroͤth in purpur kommt gegangen.
Die augen ſchimmern hell / das nie beſchnittne haar
Schien ohne zierrath ſchoͤn: Sie faͤngt ihn an zu fragen /
Wie er nur immer luſt zu pfeiffen koͤnne tragen?
Daß er der Nymphen nicht / ſo brennten / nehme wahr /
Und vielmehr ſeine freud’ an rauhen felſen habe /
Als daß er baͤumen wo ein lied von lieb eingrabe.
Er ſprach: mich wunderts ſehr / o goͤttin! daß ſolch eh
Dir unbewuſt mag ſeyn; zwey hochberuͤhmte haͤuſer
Verknuͤpfen wuͤrd’ und glantz / und flechten lorber-reiſer
Um ihre ſcheitel rum; des ehrenſtandes hoͤh
Erfordert gleich gedicht / des braͤutgams groſſe tugend
Verſchonet auch zugleich der braut hochedlen jugend.
Als140Alß Venus diß gehoͤrt / ſo ſchmuͤckt ſie bald ihr haupt
Mit perlen und demant / flicht ketten an die haare /
Er kieſt zum hochzeit-kleid des hoͤchſten purpurs waare /
Der wagen wird mit blum und kraͤntzen ringſt belaubt /
Der weg / wohin ſie reiſt / reucht wie das land Jdumen /
Der tauben zaͤume ſind die allerſchoͤnſten blumen /
Dem wagen / der von ſtein und lauter golde ſtralt /
Sind ztſchiz und ztſchizernde die geil verbulten ſpatzen
Vereinigt nachgefolgt; der andern voͤgel ſchwatzen
Zeigt an der goͤttin fahrt / wie ihre ſchoͤnheit mahlt /
Des himmels lichter ſchein / der erden blumen-menge
Und angeborne zier treibt haͤuffiges gepraͤnge.
Die Venus hatte kaum das hochzeit-hauß beruͤhrt /
Bald ſtreut die liebes-ſchaaꝛ des fruͤhlings ſchmuck uñ gabẽ /
Den roſen-hagel aus / und was man ſonſt kan haben /
Wird uͤppig ausgetheilt / was Tmolus nur gebiehrt
Und was Arabien vor edlen balſam giebet /
Was Syrien erwehlt und Paleſtina liebet.
Cytera nimmt darauf das hochvertraute paar /
Verſpricht ihm ſtete gunſt und junge ſtammes-erben /
Sagt: wie die jungferſchafft bey allen muͤſſe ſterben /
Und daß ein neues licht entſteh von ſolcher baar.
Knuͤpft endlich beyder hertz mit fried und gold zuſammen /
Und wuͤnſchet ſtete glut den neuvermaͤhlten flammen.
Hochzeit-lied Auß Rom nach Koͤnigsberg geſchrieben. 1.BRuder / ſieh / wie wol dieß faͤllt /
Jch beſeh’ die große welt /
Und du thuſt es bey der kleinen!
Rom / der Chriſten haupt / haͤlt mich /
Und dein ſchatz / Chriſtinchen / dich.
Wol! wann Bruͤder ſich ſo einen!
Wol! ruff ich bey meinem ſtand!
Wol! auch du bey deinem band!
Jch1412.Jch beſehe mit begier /
Was an alterthuͤmern hier /
Was an gaͤrten / was an fluͤſſen /
Huͤgeln / gruͤnden / graͤbern / ſtein /
Schrifften / oder ſonſt mag ſeyn /
Welches wuͤrdig iſt zu wiſſen:
Denn ſo klein faſt nichtes iſt /
Drauß nicht etwas guts erſprieſt.
3.Du beſchauſt das meiſter-ſtuͤck /
Das der Hoͤchſte hielt zuruͤck /
Biß ſich alles fertig fuͤnde.
Du haſt doppelt huͤgeln hier /
Die dem Pindus ſelbſt gehn fuͤr /
Du haſt deine fluͤß und gruͤnde /
Da / wenn wo zu heiß der tag /
Deine lieb’ ſich kuͤhlen mag.
4.Deine gaͤrten tragen dir
Des ie laͤng ie liebers zier /
Tauſendſchoͤn und Amaranthen:
Tag und nacht / und mannes-treu /
Augentroſt und was dabey
Von dergleichen anverwandten /
Die kein Tyfoli allhier
Noch Fraskati bringt herfuͤr.
5.Was von graͤbern iſt gedacht /
Jſt / was dir das bette macht /
Drein die jungfrauſchafft ſich leget /
Und bedecket mit dem ſtein
Der vergeſſenheit will ſeyn /
Darauff dieſe ſchrifft gepraͤget:
Dieſer todt / der hier regiert /
Jſt / drauß alles leben ruͤhrt.
6. Jch1426.Jch nahm uͤberall in acht /
Was ein land gluͤckſeelig macht /
Wie das regiment beſtellet /
Wie der handel eingericht /
Was fuͤꝛ buͤndniß gut und nicht /
Wie der ein den andern ſchnellet /
Was fuͤr ſitten hier gemein /
Dort fuͤr art der leute ſeyn.
7.Du greiffſt ſelbſt den ſcepter an /
Da du dich wirffſt auff zum mann
Eine fraue zu regieren:
Jrr’ ich oder glaub ich recht /
Daß es wol ſo viel ſeyn moͤcht /
Als ein weites land zu fuͤhren:
Sonderlich wenn ſie von muth /
Daß ſie gerne traͤgt den hut.
8.Du auch muſt nicht minder ſehn /
Daß dein feld mag fruchtbar ſtehn /
Was dein handel ſoll erjagen /
Was dein buͤndniß bringet ein /
Sollen lauter Erben ſeyn /
Die dein ſchatz wird jaͤhrlich tragen;
Und ſo haben ich und du
Unſre arbeit immerzu.
9.Dieß iſt nur der unterſcheid
Unter uns vertrauten beyden /
Daß ich immerfort muß wallen
Und in unbeſtaͤndigkeit /
Meinem ſtand nach / jeberzeit /
Der bald ſo / bald ſo kan fallen /
Und gantz nichts von meiner reiſ’ /
Als was GOtt will / ſicher weiß.
Du14310.Du hingegen kommſt zur ruh /
Laͤſt fort / wer will wandern zu /
Reiſeſt ſonder boͤſen wegen /
Schiffeſt ſonder ſturm und wind /
Reiteſt / wo nicht raͤuber ſind /
Gehſt / wo du dich auch kanſt legen /
Und biſt / ſumma / uͤberall
Sonder furcht fuͤr feindes fall.
11.Wol / ich goͤnne dir dieß gern /
Will es einſt mein gluͤckes-ſtern /
Daß ich auch ſo gut ſoll fahren /
Krieg’ ich endlich wol das mein /
Du muſt hier ber erſte ſeyn /
Der du mir gehſt vor an jahren /
Und was mir noch mangelt meiſt
Schon von dieſem ſtande weiſt.
12.Schreibe gleichwohl / wie es dir
Fort in deiner welt ſchlaͤgt fuͤr /
Wie ich meine dir entdecke:
Was der himmel hier dich heiß /
Wie weit ſich der erden-kreiß
Und ihr horizont erſtrecke /
Wo die mittel-linje ſteht
Und wie hoch der pol erhoͤht.
13.Jn der groſſen friert es itzt /
Daß ihr kaum euch gnugſam ſchuͤtzt /
Deine / weiß ich / iſt gelinde;
Oder / wo noch kalt der ſtand /
Haſtu Venus an der hand
Neben ihrem ſuͤſſen kinde /
Wo dieſelben kehren ein /
Kan es ſchwerlich froſtig ſeyn.
Drum14414.Drumb beſtelle deine welt /
Wie es ſelber dir gefaͤllt /
Nur mach’ / wenn nach GOttes willen
Jch euch wieder ſehen ſoll /
Daß du alles ſeegens voll
Meinen wunſch wol moͤgſt erfuͤllen /
Und da ich dich / bruder / ließ /
Vater / dann erfreuet gruͤß.
Auff die hochzeit eines guten freundes. An die tantzende braut / und das uͤbrige hochzeit - liche frauenzimmer. C. E.TAntzt! guͤldne Nymphen / tantzt! hat alles ſeine zeit /
So iſt nun tantzens-zeit / da ſich die ſterne neigen /
Und zur gewuͤnſchten nacht euch nichts denn froͤligkeit
Bey dieſer hochzeit-luſt aus offnem himmel zeigen.
Jhr ſonnen die ihr ſteht / wenn mond und ſonne faͤllt /
Und noch die ſtrahlen zeigt / wenn alles licht verſchwindet.
Zerſchmeltzet itzt den ſchnee der annoch freyen welt /
Die ſich ſchon halb geruͤhrt in euren ſtrꝛcken findet.
Bewaffnet eur geſicht mit ſtiller freundligkeit /
Laßt die verdeckte glut durch mund und augen ſpielen /
Und ieden / der ſich euch zu widerſetzen draͤut /
Den ſuͤſſen wunder-brandt in blut und adern fuͤhlen.
Tantzt! tantzt! Jhr Gratien / laßt eurer glieder pracht /
Und den geſchickten leib biß zur verwundrung ſchauen?
Ach! aber gebt zugleich auf eure freyheit acht;
Dem guten Wetter darff man nicht zu ſicher trauen.
Jhr tantzet nicht allein; Cupido ſieht euch zu /
Und Venus ſelber iſt in euren reihen kommen:
Sie hat wol ehermals den Nymphen ihre ruh /
Cupido aber gar die hertzen mit genommen.
Jtzt145Jetzt wirfft er angeln aus. Hier legt er netz und ſtrick;
Dort aber ſucht er euch verſchmitzt ins garn zu bringen.
Es iſt um euch gethan / wofern ihm dieſer tuͤck /
Und ſolch ein meiſter-ſtreich nach wunſche wird gelingen.
Was aber ſorgt ihr viel? ach! ſchoͤnſte / gebt euch doch!
Jhr ſeyd die erſten nicht / die dieſe regung kennen;
Die braut zieht ſelber mit am ſuͤſſen liebes-joch /
Der zur ergetzung heut die hochzeit-fackeln brennen;
Die flamme keuſcher brunſt / die ihre ſeele ruͤhrt /
Wird ſie / ihr werdt es ſehn / noch dieſen abend buͤſſen;
Jhr / und nicht ſie allein / werd itzt mit auffgefuͤhrt /
Sie tantzet nur voran / ihr werdet folgen muͤſſen.
Mich deucht / ich ſpuͤr auch ſchon / daß Venus endlich ſiegt /
Und daß ihr kleiner ſohn nicht alle macht verlohren.
Seht! ſeht! wie eiffrig man ſich zur Melinden fuͤgt;
Wie hier wird lieb und gunſt / dort treu und huld geſchworen.
Wie man die Dorilis um ihre neigung bitt /
Und bey Auroren ſich laͤſt keine muͤh verdrieſſen;
Wie man dort Sylvien verfolgt auff ieden ſchritt /
Und ietzt die haͤnde druͤckt / ietzt ſucht den mund zu kuͤſſen.
Die glut bemeiſtert ſchon der augen ſuͤſſes licht /
Die funcken aͤuſſern ſich / die in der ſeelen ſtecken.
Orante thut verliebt / ſie lacht und ſcheut ſich nicht
Den gantz geheimen brand durch blicke zu entdecken.
Mirtille ſteht beſchaͤmt / ſieht bald auff mich und dich /
Und laͤſt manch ſchlipffrig wort ſich in die ohren ſagen:
Climene giebt ſich gar; nur Phillis weigert ſich /
Die will ihr hertze gantz mit ſich nach hauſe tragen.
Auff eine hochzeit. MAn fragt mich was die ehe ſey?
Das kan ich warlich keinem ſagen;
Denn daͤcht ich gleich den kopff entzwey /
So koͤnt ich doch in vierzehn tagen /II. Theil. KUnd146
Und waͤr ich auch nur gantz allein /
Nicht mit mir ſelber einig ſeyn.
2.Man leſe vor und hinter ſich /
Die ehe iſt und bleibet ehe;
Und iſt es ſo gar wunderlich /
Daß ich es ſelber nicht verſtehe /
Wie zwey und eins / und eins und zwey
Nur eins und doch gedoppelt ſey.
3.Das iſt ein ſeltzam einmahl ein /
Wann zwey auff eins gerechnet werden.
Soll diß in aller einnahm ſeyn /
So iſt kein beſſer ding auff erden:
Doch das behaͤlt die eh vor ſich /
Drum iſts ſo wunder-wunderlich.
4.Das capital iſt bey dem mann /
Hab ich wohl ehmahls hoͤren ſagen;
Und was an renten fallen kan /
Das muͤſſe dann das weibgen tragen.
Jch weiß es nicht / es ſteht dahin /
Jch bleibe noch auff meinem ſinn.
5.Zwey hertzen ſollen eines ſeyn /
So / ſpricht man / ſey die eh vollkommen.
Diß will mir gantz und gar nicht ein /
Daß eine muß ja ſeyn genommen:
So eins des diebſtals ſich beſchwert /
So iſt das andre henckens werth.
6.Und treten dann gleich zwey in eins /
So iſt die ſache nicht gehoben:
Denn wie man ſaget / eins iſt keins;
Und ſind dann zwey in eins geſchoben /So147
So muͤſſen beydes zwey und ein
Nicht mehr als keins und nichtes ſeyn.
7.Auch hat kein theil ein gantzes hertz;
Denn iſt es ja bey einem jeden /
So iſt ihr lieben nur ein ſchertz /
Und iſt kein theil damit zu frieden /
Hat liebe keinen falſchen ſchein /
So muß das hertz getheilet ſeyn.
8.Jſt aber denn das hertz getheilt /
Wird jedes nur ein halbes tragen /
Wie wuͤrde denn der bruch geheilt?
Da moͤcht ein kalter brand zuſchlagen.
Ein halbes hertz kan nicht beſtehn /
Es muͤſte denn auff ſteltzen gehn.
9.So kan man ein verliebtes hertz
Nicht doppelt / auch nicht einfach nennen /
Nicht halb / nicht gantz / und ohne ſchertz /
Wenn ich die warheit ſol bekennen /
So denck ich wohl und ſag es frey /
Daß gar kein hertz in beyden ſey.
10.Soll aber das das hertze ſeyn /
Das ſtets ſo zappelt und ſich reget?
So bild ich mir wohl gaͤntzlich ein /
Wenn erſt der puls der liebe ſchlaͤget /
Daß die verliebten insgemein
Sonſt nichts als lauter hertze ſeyn.
11.Herr braͤutigam was duͤncket euch /
Jhr habt das lehrgeld nun gegeben /
Seyd ihr euch beyd am hertzen gleich /
Die ihr zuſammen ſollet leben? K 2Wo148
Wo nicht / ſo ſaget mir dabey /
Bey welchem theil das meiſte ſey.
12.Doch halt ich / wißt ihrs ſelbſt noch nicht /
Drum wird es auff erfahrung ſtehen /
Jhr ſolt noch heut vors liebs-gericht /
Da ſolt ihr eure part verſehen /
Jch wette / wenn ich gleich verliehr /
Die liebſte hat mehr hertz als ihr.
Auf das Waltsgott - und Hilmanniſche hochzeit-feſt. NJm werther bruder diß / ſo gut als meine liebe
Dir in der einſamkeit von ferne dienen kan.
Es ſteht mein Helicon ietzunder etwas truͤbe:
Dir bricht ein helles licht / mir nacht und ſchatten an
Dein himmel ſchmuͤcket ſich mit einer goͤldnen ſonne /
Es duͤnckt mich deine luſt ein bloſſer traum zu ſeyn /
Du lebſt wie du verlangſt in ſuͤſſer Oſter-wonne;
Allein bey mir allhier faͤllt erſt die faſten ein.
Doch ſchau / der ferne weg zeucht mich von deinen freuden
Nicht gar ſo gaͤntzlich ab: es will mein beſtes ich
An deiner froͤligkeit ſich gegenwaͤrtig weiden;
Mich duͤnckt / ich ſeh bereits dich / theurer bruder / dich.
Jch komme gantz zu dir / und laſſe nur die ſchaale /
Und das befleiſchte hauß bey ſeinen muſen ſtehn:
Jch komm und ſehe dich in einem hochzeit-ſaale /
Und ein recht himmliſch kind an deiner ſeite gehn.
Entbrich dich doch ſo viel von deiner hochzeit-freude /
Und ſchau noch einſt zuruͤck / wohin das gluͤcke zielt:
Wie ſelbtes dich nunmehr in lauter roſen weide /
Nachdem es manchen dorn in deine bruſt geſpielt.
Dich riß ein feſter ſchluß in abgelegne graͤntzen /
Wo einſt der erden-kreiß ein knecht und ſclave hieß;
Wo149Wo dich der himmel ließ in neuer wuͤrde glaͤntzen /
Jndem man dir den lohn der Hygiene wies.
Zwar erſtlich ſtroͤmte dir das gluͤcke nicht zu wider /
Es ſchien als waͤr es dir mehr als zu viel geneigt /
Es ſatzte dich die fluth durch ſanffte weſten nieder /
Da wo die zier der welt aus Thetis buſen ſteigt.
Und weil dir jederzeit die ſeele groſſer ſtaͤdte
Mehr als der bau gefiel: ſo rieth Hygea dir
Zu ſchaun / was die natur vor kuͤnſtliches geraͤthe
Stellt der verwunderung an Arnus ufern fuͤr.
Drauff ſaheſtu das aaß der fuͤrſtin aller reiche /
Wo / was die Donau iſt / vorhin die Tyber war:
Und merckteſt: daß die zeit / die allgemeine ſeuche /
Der menſchen ewigkeit ſelbſt leget auff die bahr.
Hier ſchien dein ſchutz-geſtirn ſich nach und nach zu neigen /
Jndem manch wilder ſturm auff deine ſeegel drang /
Es ſchiene dir die fluth ein naſſes grab zu zeigen /
Die fluth / die Cajus einſt in eine bruͤcke zwang.
Doch hat das gluͤcke dir auch wiederum gebluͤhet;
Allein es ſtuͤrtzte dich dort wieder in gefahr:
Da wo Jtalien beflammten athem ziehet /
Jndem ſchon Plinius dein nechſter nachbar war.
Und jetzo ſchuͤttete das gluͤcke ſeine blitzen
Auff dich viel haͤrter aus; ein ſcharffer donnerſchlag
Schien einen ſchweren keil auf deine bruſt zu ſpitzen /
Als Griechenland bereits vor deinen fuͤſſen lag:
Du hatteſt kaum das land / das werthe land beſchritten /
Was vor geraumer zeit der muſen mutter hieß /
Als gleich ein feindlich ſchall und angeranntes wuͤtten
Dich mit genauer noth ſo fort zu ſchiffe wieß.
Hier gab der himmel auch ein feindliches geſichte /
Ein wetter ſchloß den tag in nacht und wolcken ein:
Der mittag wurd’ allein durch rauhe blitzen lichte /
Und trennte wolck und nacht nur durch geborgten ſchein.
Die ſeegel winſelten mit klaͤglichem gethoͤne /
Die luͤffte pfiffen ſelbſt ein furchtſam todten-lied /
K 3Die150Die hoͤchſt-erregte ſee brach ruder / ſtrick und ſehne /
Biß endlich doch der tod ſamt blitz und wolcken ſchied.
Jtzt iſt nun alles hin: des gluͤckes ſaure minen /
Die fuͤllen ſich nunmehr mit lauter lachen an;
Die uͤberſtandne noth muß dir zur wolluſt dienen /
Weil dich der rechte port nun voͤllig troͤſten kan.
Du haſt den port erreicht / wenn dich dein ſchoͤner engel /
Begluͤckter bruder / dich an ihre lippen druͤckt /
Bey der ein Argus auch nicht die geringſten maͤngel /
Auch nicht den minſten fleck an geiſt und leib erblickt.
Wie ſoll diß auge dich nicht gantz in flammen ſtecken /
Das ſo viel geiſt und glut auf deine ſeele ſchmeiſt?
Wie muß doch wohl ein kuß von ſolchen lippen ſchmecken /
Wo ſolch ein nectar-ſafft auff hohen nelcken fleuſt?
Mich duͤnckt / mein auge ſiht / wie deine geiſter wallen /
Jm fall du an den zweck entbrandter kuͤſſe denckſt;
Es iſt als hoͤrt’ ich ſelbſt der lippen lautes ſchallen /
Wenn du an deiner braut verliebten wangen henckſt.
Was wird die nette hand dir nicht vor wincke geben /
Die hand / die ſelbſt der ſchnee ſieht ziemlich neidiſch an?
Wie ſolte ſelbte denn nicht deinen trieb beleben /
Die / was geſtorben war / zum leben wecken kan?
Genug / dein braͤutgen winckt; umfaſſe bruſt und ſeiten /
Und dencke wohl darauff / wenn dich dein ſchatz erblickt:
Wie doch ein braͤutigam ſoll dieſe ſprache deuten /
Wenn die verliebte braut auff ihn ein auge druͤckt.
Geh hin / ich folge dir aus deinem hochzeit-ſaale /
Es wuͤnſcht mein treuer geiſt / was du im ſinne traͤgſt:
Er ruſſet dir gluͤck zu! wenn du im liljen-thale
Dir einen feſten grund zu deinem gluͤcke legſt.
Aria / im nahmen des Herrn Braͤutigams. SO giebſt du dich mein kind in deines dieners armen /
Und ſieheſt meinen ſchmertz mit milden augen an!
Du151Du pflagſt dem himmel gleich dich endlich zu erbarmen;
Nach dem du mir das joch der feſſel angethan.
Doch laß dich ſcham und furcht nur laͤnger nicht verweilen:
Es iſt ein himmliſch werck: die matten ſeelen heilen.
Mein engel roͤthe nicht die unentweihte wangen /
Und lieffre willig mir den werthen jungfern-crantz.
Ach wuͤnſche laͤnger nicht in ſolcher zier zu prangen /
Es iſt ein falſcher ſchmuck / und ein geſchminckter glantz.
Verwirff die muͤrbe pracht / die zwar die ſcheitel ſchmuͤcket /
Und doch die freyheit nur mit centner-laſten druͤcket.
Bedencke nur vielmehr du / meine werthe taube /
Wie du der Venus magſt geſchickt entgegen gehn.
Es wird dir / liebſter ſchatz / die ſuͤſſe frauen-haube /
Mehr als du ſelber denckſt / geſichert / artig ſtehn;
Drum ſchaue nur getroſt die zarten blumen beugen /
Weil doch ein Phoͤnix ſoll aus ihrer aſche ſteigen.
Verwirff das rauhe pfand der unerfahrnen ſitten /
Und lerne was die glut der warmen adern will.
Es ſchaut der ſtrenge crantz genau nach allen tritten /
Und ſetzt der jungferſchafft ein gar zu enges ziel.
Wie kan ein weſpen-ſtich die blumen leicht verletzen /
Und ein erhitzter ſtrahl ſie aller zier entſetzen!
Drum ach beſeuffze nicht du engel meine liebe /
Und achte meinen kuß vor keine galle nicht;
Der beſte nectar-ſafft ſchmeckt in der erſten truͤbe /
Gnug / daß man auch zugleich von dornen roſen bricht.
Dann pflegt das groͤſte leid die beſte luſt zu machen /
Wenn man nach kurtzem weh die ſeuffzer kan belachen.
Nun ſchatz / der abend-ſtern tritt allgemach zur wache /
Und die empfindligkeit wil ſchon zu bette ſeyn.
Cupido ſteht und lauſcht vor unſerm ſchlaffgemache /
Und fordert ſelbſt den ſchmuck von deiner ſcheitel ein;
Er rufft: verliebtes paar / komm / ſchleuß den muͤden reihen /
Die glut iſt ſchon bereit / das opffer einzuweihen.
Mich deucht / ich breche ſchon die himmel-ſuͤſſe kuͤſſe
Von deinen lippen ab: drum engel eile doch;
Die ſeele wallet ſchon auff die verliebten biſſe /
K 4Ach152Ach komm und laß den crantz / das kleine kummer-joch;
Denn ſoll er dich hinfort nicht zieren / meine ſchoͤne /
So ſchau / daß dich hiervor der nahmen; mutter / kroͤne.
Die ſiegende ſchoͤnheit / bey der hochzeit H. E. v. B. mit Jgf. A. L. C. H. P.DJe goͤttin aus dem ſchaum der ſaltzen-fluth gebohren /
Der eine muſchel war zur wiegen auserkohren /
Als ſie zu allererſt an Cyprus ufern ſchwam /
Der auch die maͤchtigſten ſich unterthan erkanten /
Der alle ſterblichen ein groſſes opffer branten /
So bald ihr heller glantz nur aus den wellen kam /
Ließ neulich einen thron in ihren garten ſetzen /
Daß ſie ſich am geruch der roſen moͤcht ergoͤtzen /
Die dort das gantze jahr in voller bluͤthe ſtehn.
Der ſtuhl war lauter gold verſetzet mit rubinen /
Die bey der ſonnen glantz als lauter roſen ſchienen /
Aus welchen immer fort verliebte flammen gehn.
Am ober-deckel war durch kuͤnſtlers hand gegraben /
Wie viel der liebes-fahn den eid geleiſtet haben.
An ieder ſeite ſtund ein ſpiegel fremder art /
Jn deſſen wunder-glaß die ſchoͤne konte mercken /
Wer durch das weite rund in lieb und liebes-wercken
Mit ſeuffzen und mit luſt ihr eingeweihet ward.
Auff dieſes thrones ſpitz da ſahe man ſich kuͤſſen
Das weiſſe tauben-paar / die ohne lehrer wiſſen /
Das kuͤſſen ſuͤſſes oͤhl zu reinen flammen ſey.
Es hielt zur lincken hand der leichte ſchwanen-wagen /
Der dieſe fuͤrſtin muß durch lufft und waſſer tragen /
Wann ein verliebtes paar ſie ſelber lockt herbey.
Jhr kleid war ſilber-ſtuͤck mit ſeide durch gewebet
Von farben als die ſee / wann ſie ſich nicht erhebet.
Des guͤrtels hohes blau ſtrich ſelbſt der himmel an /
Der auff der huͤffte war geknuͤpfft mit demant-ſpangen /
Den153Den ſchleier ließ ſie um die zarten ſchultern hangen /
Dadurch er die geſtalt bewegter fluth gewan.
Den alabaſter hals hielt eine ſchnur umfaſſet
Von perln aus morgen-land / vor deren glantz erblaſſet
Die groͤſte pracht der welt. Jhr braungelocktes haar
Schwam auf dem anmuths-ſee der reinen liljen-bruͤſte /
Jhr gantzes weſen ſchien ein paradieß der luͤſte /
Da lieb und majeſtaͤt durch huld verknuͤpffet war.
Zu ihren ſuͤſſen ſaß der kleine welt-regierer /
Das weit beruͤhmte kind / der blinde ſeelen-fuͤhrer /
Der in entzuͤckungs-krafft der ſchoͤnen mutter gleicht.
Sein holder ruͤcken trug die wolluſt-reichen waffen /
Die er (der traͤgen welt erhitzten muth zu ſchaffen)
Jm theuren ambra-ſafft aus Cypris becher weicht.
Ach mutter fieng er an (und kuͤſſet ihre haͤnde)
Sind auff der gantzen welt auch feſtre ſeelen-baͤnde /
Als die ein ſchoͤnes aug aus ſeinen ſtrahlen flicht?
Der demant ſchneidet glaß / glut kan durch eiſen dringen /
Hingegen beydes kan theils fluth / theils hammer zwingen /
Was aber iſt das ſonſt durch ſeel und geiſter bricht?
Sie ſind der heiſſe brunn / da blitz und feuer quillet /
Der ort da krieg und ſieg mit anmuth ſich umhuͤllet /
Der platz da freundligkeit und ſchoͤnheit ſelber wacht.
Sie reden ohne wort / man kan aus ihnen ſehen /
Wann hoffnung / lieb und furcht durch hertz und ſinnen gehen /
Was lieben heiſt / iſt erſt durch ſie nur auffgebracht.
Doch ſiegt die ſchoͤnheit nicht / wo nicht die mund-rubinen
Jn ihrem ſeelen-krieg als treue kaͤmpffer dienen /
Dieweil ihr purpur auch voll brand und flammen ſteckt.
Um dieſe roſen fleuſt der thau verliebter ſeelen /
Die zimmetreiche luſt der warmen lippen-hoͤhlen
Hat manchen ſchwachen geiſt zur munterkeit erweckt.
Hier iſt das luſt-revier / wo ſich die ſeelen kuͤſſen /
Wann zwey verliebete mit lippen lippen ſchlieſſen.
Der reine goͤtter-tranck gleicht nicht der liebligkeit /
Die hier die freundligkeit aus ſchoͤnheits ſchalen ſchencket.
K 5Hier154Hier iſt das netz wo ſich ein freyer geiſt verſchrencket /
Das immer tag und nacht zum hertzen-fang bereit.
Das angenehme feld der bunt-bebluͤmten wangen
Hat auch nicht wenig krafft mir ſeel und hertz zu fangen /
Weil ieder ruh und luſt auff dieſen nelcken ſucht.
Hier paart ſich milch und blut / hier ſind die anmuths-wieſen /
Hier will die ſchoͤnheit nicht durch firniß ſeyn geprieſen /
Hier waͤchſt vor aug und hand ein himmel-ſuͤſſe frucht.
Der bruͤſte ſchnee-gebuͤrg / das zucker-roſen bringet /
Sind felſen da der ſieg der ſchoͤnheit recht gelinget.
Hier ſind vom himmel ſelbſt jaſminen eingeſetzt.
Und wer dieſelben wird in ihren thaͤlern pfluͤcken /
Den kan das ſchlaue garn der liebe leicht beruͤcken /
Wann ihn die zauberey der kurtzen luſt ergetzt.
Wenn dieſe berge ſich durch ſchnelle ſeuffzer heben /
So muß in ſclaverey die freyheit ſelbſt ſich geben /
Auff ihren ballen ſteht der liebe blut-geruͤſt /
Darauff ſie geiſt und muth in feſte ketten leget.
Hier hat der himmel ſelbſt ſein bildniß eingepraͤget.
Hier iſt das liljen-feld / da milch und ambra flieſt.
Die ſchoͤnheit triumphirt nach allen ihren ſiegen /
Wann ſich zu bruͤſt - und aug - und wangen haͤnde fuͤgen /
Da vor der ſanffte ſchwan mit ſeinen federn weicht.
Die ſchoͤnſten finger ſind die angenehmen ſchlingen /
Dadurch ein hertz ſich leicht in dienſtbarkeit laͤſt bringen /
Dieweil kein ſtaͤhlern band ſich ihren kraͤfften gleicht.
Ja kuͤrtzlich ſchoͤnheit iſt das heiligthum der ſeelen /
Dem alle koͤnige ihr hertz zum opffer wehlen /
Jn ihren nelcken wird die liebe ſelbſt gewiegt /
Sie uͤberſteigt die pracht der morgen-roͤthe fluͤgel.
Voraus wann freundligkeit regiert der ſchoͤnheit zuͤgel /
So wird die gantze welt ohn widerſtand beſiegt.
Diß lehrt das edle paar / das ietzt durch keuſche flammen /
Frau mutter / ihre macht in Roſtock knuͤpfft zuſammen /
Bey denen zierd und kunſt in gleichem grade ſtehn /
Die ſchoͤnheit dieſer braut hat voͤllig obgeſieget /
Daß155Daß ihren liebſten nichts als ihre huld vergnuͤget /
Dieweil was er gewuͤnſcht er bloß an ihr geſehn.
Es hat ihn muͤh und ſchweiß nicht koͤnnen uͤberwinden /
Er ließ im ehren-kampff ſich unverdroſſen finden /
Er hat den klugen geiſt den ſternen zugelenckt /
Es hat die falſche luſt ihm niemals luſt erwecket /
Jhn hat allein ergetzt / was nach dem himmel ſchmecket /
Biß daß ihm Themis ſelbſt den lorbeer-krantz geſchenckt.
Nun aber weicht er gern / dieweil ihn ſchoͤnheit zwinget /
Jndem ein frommes kind ihn in die feſſel bringet /
Davon ſein hertze nie begehret frey zu ſeyn.
Ein ſolches tugend-bild das keuſchheit aufferzogen /
Das aus der mutter bruſt die froͤmmigkeit geſogen /
Nimt ihm itzt ſeel und geiſt mit lauter anmuth ein.
Der himmel haͤtt es nicht gewuͤnſchter koͤnnen fuͤgen /
Als daß ein ſolches paar einander muß vergnuͤgen /
Ein ſolch vollkommen paar / dem nichts als mangel fehlt.
Der edle braͤutigam kriegt alles nach verlangen /
Er kan ſein himmels bild / ſie ihren troſt umfangen /
Jſt auch wohl auff der welt ein beſſer paar erwehlt?
Hier ſchwieg der knabe ſtill / und wolte gleichſam wiſſen /
Ob er der warheit nicht in allem ſich befliſſen.
Worauff die goͤttin diß mit holdem laͤcheln ſprach:
Mein ſohn / du redeſt recht; die ſchoͤnheit muß gewinnen /
Wann ſie mit freundligkeit bezaubert freye ſinnen /
Wie dieſes treue paar itzt giebet an den tag.
Der himmel laſſe ſie ſo manches gluͤck erleben /
Als bienen um den ſafft von Hyblens bruͤſten ſchweben /
Als ſternen an dem ſaal des weiten himmels ſtehn /
Als wuͤnſche durch die lufft vor ihre wolfahrt fliegen /
Als ſchnecken / ſand und ſtein an Balthis ufern liegen /
Als wellen auf der ſee / und fiſch in wellen gehn.
Es muͤſſen ihre jahr an Neſtors alter reichen /
Jhr gluͤck ſey angefuͤllt mit lauter freuden-zeichen /
Mit ehren-palmen wird ihr ſcheitel ſeyn bekraͤntzt.
Das ſchickſal muͤſſe ſie und ihren ſaamen mehren /
Daß156Daß ihr beruͤhmtes lob ſo lange koͤnne waͤhren /
So lange Phoͤbus an den himmels-hoͤhen glaͤntzt.
Dar hielt die goͤttin ein. Und meine feder ſincket /
Sie wuͤnſcht euch gute nacht / weil Heſperus ſchon wincket
Und euch zu bette rufft. Geht fangt das ſchertzen an /
Geht angenehmes paar das feuer zu vermehren /
Die flammen werden euch das loͤſchen ſelber lehren /
Dadurch man unſre braut einſt mutter nennen kan.
Tugend der beſte ſchatz in der ehe / bey der E. und K. hochzeit-freude. DEr menſchen wachſamkeit / das nimmer muͤde ſorgen /
Die arbeit ſonder ziel / die ruhe ſonder ruh /
So biß zum abend waͤchſt und ſteigt vom hellen morgen /
Diß alles ſucht gewinn und rennet ſchaͤtzen zu.
Der bergmann graͤbet ſich lebendig in die gruͤffte /
Warum? der todte ſchatz des ſilbers locket ihn.
Was ſcheuet ein ſoldat die donner-ſchwangern luͤffte /
Wann er an ſchaͤtzen reich kan von der wahlſtatt ziehn?
Ein kauffmann faͤhrt mit luſt von weſten biß zu oſten /
Zu ſammlen geld auff geld / zu haͤuffen gold auff gold;
Er laͤſt ſichs fleiß und ſchweiß und ſaure muͤhe koſten /
Biß ihm das gluͤck gelacht / das ſchickſal wohlgewolt.
Wie aber ſucht nicht auch die liebe theure guͤter /
Und pflegt ſie ſich nicht auch nach ſchaͤtzen umzuſehn?
Nachdem die regung treibt der liebenden gemuͤther /
Wird bald auff diß / bald das derſelben wahl geſchehn.
Die ſchoͤnheit zeigt ſich erſt in koſtbarem gepraͤge;
Die muͤntze ſolcher art gilt durch die gantze welt.
Das hertze wird erhitzt / die ſinnen werden rege /
So bald dergleichen ſtuͤck uns in die augen faͤllt.
Jedoch / wie manchem bleibt nur kupffer in den haͤnden /
Er wehlet ertz vor gold / vor ſilber waſſerbley;
Wird er die muͤntze nur auff jene ſeite wenden /
So ſieht er / daß ſie nicht vom beſten ſchlage ſey.
Das157Das bild der phantaſey / der menſchen groſſer goͤtze /
Die ehre / machet auch allhier die laͤden auff /
Und daß ich deutlicher die rechte meynung ſetze:
Man ſchlieſt offt mit dem amt / nicht mit der braut den kauff.
Wiewohl die reue pflegt ſich offt mit einzudingen /
Wann zwar des Jovis ſtand / doch Juno nicht gefaͤllt.
Zu dem: zu ehren ſoll man nicht durch ehen dringen /
Weil dieſe ſtuffe doch gar ſelten feſte haͤlt.
Und endlich findet man / die ſich dem mammon weihen /
Jn meynung; bey metall da wache ſanffte ruh;
Die mit den haͤnden mehr / als mit den augen freyen /
O blinde! druͤckt doch nicht die augen beyde zu!
Jhr feſſelt hertz und ſinn / wer kan euch alſo retten?
Wer will ein ſclave doch des ſchnoͤden geldes ſeyn?
Jhr legt die ducatons an ſchloͤſſer und an ketten /
Und ſchlieſſet eure luſt mit in den kaſten ein.
So gehts den thoͤrichten / ſie greiffen nach den ſchatten /
Denn ſchoͤnheit / ehre / geld doch lauter ſchatten ſind;
Wird aber ſich ein menſch erſt mit der tugend gatten /
So iſt gewiß / daß er ſchoͤn-reich-ſeyn mit gewinnt.
Denn tugend iſts allein / ſo lieben lieblich machet /
Die ſchoͤnheit ſonder ſie / iſt ſchlackwerck ſonder gold;
Die ehre ſchlaͤfft / wo nicht bey ihr die tugend wachet /
Und reichthum bleibet auch der edlen tugend ſold.
Die liebe ſtammt von GOtt und iſt ein heilig weſen /
Sie leget mit verdruß ein falſches mundwerck an /
Und wer die liebe ſich als liebe auserleſen /
Der hat den beſten fund in dieſer welt gethan.
Geehrtes paar / ſo itzt in ſolchem gluͤcke pranget /
Und dem nichts ſchaͤtzbarers als wahre tugend iſt /
Jhr findet beyderſeits den ſchatz ſo ihr verlanget /
Und was ein treu gemuͤth in ſein gemuͤthe ſchlieſt.
Hier ſtrahlet witz und kunſt der ſchatz geuͤbter ſinnen /
Dort glaͤntzt der tugend gold / das ſilber weiſſer treu /
Wie ſolte dieſes nicht ein ander lieb gewinnen
Und gern beyſammen ſeyn von aller falſchheit frey.
Ein158Ein ſtein in gold gefaßt wirfft cryſtallinen ſchimmer;
Wo tugend tugend kuͤßt / da muß es helle ſeyn /
Ein himmel wird alsdenn das braut-gemach und zimmer /
Wann man in ſolchem ſchmuck als engel tritt hinein.
Es will die liebligkeit das weiche bette machen /
Die federn lieffert ihr der Venus weiſſer ſchwan /
Die eintracht ruͤhmet ſich im ſchlaffgemach zu wachen /
Und tritt ein ſolches amt mit allen freuden an.
So liebet dann vergnuͤgt / und brauchet dieſe ſchaͤtze /
Die GOtt / natur und gluͤck euch reichlich mitgetheilt /
Es will der liebe ſchluß / es fordert ihr geſetze /
Daß man mit ihrem gut nicht in den kaſten eilt.
Der himmel wird hinfort mit ſeegen euch bethauen
Und euer fuß wird ſtets auf gluͤckes-roſen gehn /
Jhr werdet euer wohl in vollem wachsthum ſchauen:
Denn wo die tugend bluͤht / muß auch die wolfahrt ſtehn.
Die wiege kan indeß auff junge ſchaͤtze hoffen /
Es praͤge ſich darauff der eltern bildniß ein /
So hat die fabel dort / hier warheit eingetroffen;
Ein diamanten-paar das koͤnne fruchtbar ſeyn.
Die durch blumen abgebildete liebe bey dem hochzeit-feſte Herrn L. v. K. mit C. K. C. H. P.SO weit als menſchen-witz und auge durchgedrungen /
Macht lieb’ und liebes-trieb durch unzaͤhlbare zungen
Ein’ unumſchraͤnckte macht und holdes etwas kund /
Und ob das ſaltz der ſee auch gleich ihr erſtes weſen /
Die perlen-muſchel ihr zur wiege war erleſen /
Reicht ihre herrſchafft doch biß an des himmels rund.
Denn daß die liebe wohnt im ſchaum der wilden wellen /
Kans meeres fruchtbarkeit durch brutt der fiſch’ erhellen;
Ja waͤr’ ein wallfiſch nicht in liebe brennend heiß /
So159So wuͤrd’ ers waſſer nicht wie ſiedend von ſich ſchicken /
Kein meerſchwein leihet dem Arion ſeinen ruͤcken /
Das / wie ſein gantz geſchlecht / nicht auch zu lieben weiß.
Noch mehr / die wellen ſelbſt umarmen ſtrand und klippen /
Sechs ſtunden kuͤßt die fluth der ufer feuchte lippen /
Sechs ſtunden ſchlaͤfft die ebb’ in hohler ſtroͤme ſchooß.
Die ſilberne Dian druͤckt ſelbſt die gruͤnen bruͤſte
Des ſchilffichten Neptuns / wann ſie der ſee geruͤſte
Zweymahl in tag und nacht macht klein und wieder groß.
Der himmel gleichesfals muß ſich zur liebe ſchicken /
Er laͤſſet ſie mit gold auff blauen atlaß ſticken /
Von Phoͤbus ſonnen-rad biß auf ſein kleinſtes kind /
Es liebet ſonn und mond / es lieben alle ſternen /
Endymion laͤſt es zuſamt der Daphne lernen /
Daß auch die irrenden im lieben ſtandhafft ſind.
Des nordens kalter baͤr hat ehmahls ſelbſt gebrennet /
Die leyer zeuget noch / wies Orpheus fuß gerennet
Um ſein’ Euricide / ſelbſt in Avernus nacht.
Des thier-kreiß zweytes bild haͤlt noch die brunſt verſtecket /
Die eiferſucht hat in Jnnonens bruſt erwecket /
Als um Europen ſich ihr mann zum ſtier gemacht.
Wie liebet Titan nicht der erden alte glieder?
Er machet alle jahr zu ſeiner braut ſie wieder /
Wann er die berg 'erwaͤrmt biß in der thaͤler grufft.
Der himmel laͤchelt zwar mit mehr als Argus augen;
Doch wenn die lied ihm will der kraͤffte marck ausſaugen /
So ſeuffzt ſein klagend mund mit donner durch die lufft.
Diß ſtellet uns zwar vor ein ſchoͤnes bild der liebe /
Doch kan ein kluger geiſt liebreichre liebes-triebe
Am farben-reichen rock bebluͤmter gaͤrten ſehn /
Da miſchet die natur / wie Amor / ſchnee und flammen /
Da fuͤgt ſie blaß und roth / artzney und gifft zuſammen /
Da laͤſt ſie neſſeln-brand beym oͤhl der liljen ſtehn.
Daß in gekroͤntem haupt auch liebes-triebe wohnen /
Beweiſt das purpur-kleid der ſtoltzen kaͤyſer-kronen /
Die aber darum nicht von thraͤnen-tropffen leer.
Die160Die ſtets gekroͤnte frucht der koͤrnichten granaten
Laͤſt an dem ſcharlach-ſchmuck der theuren blum’ errathen /
Daß koͤnige zu fuͤhrn / der liebe nicht zu ſchwer.
Was das verliebte Rom der heiligkeit geweihet /
Jſt in dem purpur-hut von liebe nicht befreyet /
Diß ſtellets Cardinals blut-rothe blume fuͤr.
Und hat der adel gleich ein recht durch ritter-ſpohren /
So iſt die liebe doch bey bauren nicht verlohren /
Weil bauer-roſen auch ſind eine garten-zier.
Daß ſie die gantze welt beherrſcht in ihren graͤntzen
Zeigt ſie mit blumen an / der ſchnee-ball-baum laͤſt glaͤntzen
Des kalten nordens bild; der braunen Jris flor
Die Suſa mitgetheilt / mit dem was dunckles decket
Den ſchwartzen tulipan / lehrt wie ſie angeſtecket
Jm heiſſen Africa den halb-verbrandten Mohr.
Sie herrſcht beym rieſen-volck und bey dem heer der zwergen /
Die griechiſch Aloe / die gleich den ſtoltzen bergen /
Jhr haupt zum himmel ſtreckt / zeigt jenes klaͤrlich an.
Die braune niedrigkeit der Mertzen-veilgen zeuget /
Daß / weil die liebe ſich auch zu den zwergen neiget /
Die eiferſucht auch nicht davon entfernt ſeyn kan.
Die ſpielend’ Orchis die bald menſchen-bilder traͤget /
Bald thiere / voͤgel / ja bald ungeziefer heget
Jn ihrer fremden blum / thut allen augen kund /
Daß nicht allein der menſch den trieb der liebe ſpuͤret /
Beſondern / daß worinn ein lebens-geiſt ſich ruͤhret /
Sey alles insgeſamt gefaſt in dieſen bund.
Die eigenſchafften ſelbſt der all-erfuͤllnden flammen
Stehn auff der garten feld in blumen-ſchrifft beyſammen:
Die rothe roſe weiſ’t entzuͤndter hertzen brand /
Die winden mancherley / der ephen ſamt den kletten
Sind gleich in ihrer art den feſſeln und den ketten /
Damit die ſchlaue lieb umſchlinget hertz und hand.
Der himmel-ſchluͤſſel dient die kraͤfften anzuzeigen /
Weil durch die lieb’ allein der himmel zu erſteigen.
Daß alle welt ſie ehrt / zeigt ſich im ehren preiß.
Wie161Wie ſuͤſſe daß ſie ſey / erſieht man an Meliſſen /
Weil die die bienen nur des honigs wegen kuͤſſen.
Die mannes-treu beſtaͤrckt / daß ſie von treue weiß.
Wo dann nun lieb und treu / da findet ſich verlangen /
Die ſonnen-wende ſagts / die ſich nach Phoͤbus wangen
Als ihrem abgott kehrt. Es ſehnt der augen licht /
Wann ihm ſein augen-troſt ein zeitlang nur verborgen;
Wie die faſt welcke blum nach dem bethauten morgen /
Und bleibt der eintz’ge troſt und wunſch: vergiß mein nicht.
Beſtaͤndigkeit laͤſt ſich in unverwelcktem weſen
An der unſterbligkeit der amaranthen leſen /
Die ſelbſt der allmacht buch ausziert mit ew’gem ruhm.
Die zart’ anemone / die frucht der ſchoͤnſten thraͤnen /
Die Venus um Adon vergoß / als ſie mit ſehnen
Die keuſchheit angelobt / verbleibt der keuſchheit blum.
Die blaſſe furcht dringt ſich auch in der gaͤrten auen /
Man kan ihr aͤhnlichs bild an weiſſen roſen ſchauen.
Denn lieben ohne furcht iſt noch nicht auff der welt.
Es kan die Eiferſucht nicht ſchaͤrffern gifft ausſtreuen /
Wenn liebes-blumen erſt anfangen zu gedeyen /
Als gifftiger napell in ſeinen helmen haͤlt.
Die hoffnung zeiget ſich an aller blumen ſtuͤtzen /
Dieweil die blaͤtter / die an ihren ſtengeln ſitzen /
Jn gruͤner hoffnungs-farb und anmuth ſind geziert.
Nur eintzig colchis blum entſpringt aus bloſſer erden /
Die will / verzweiffelung! dein rechtes bildniß werden /
Weil ihre blume lieb’ ohn hoffnungs-blaͤtter fuͤhrt.
Was ferner liebens werth an einer ſchoͤnen frauen /
Das laͤſt der garten-ſchmuck in aller voͤlle ſchauen /
Die ſchoͤnheit zeugt an ihr nichts als was blumen gleich.
Der blaue hyazinth durch Phoͤbus wunſch entſproſſen /
Zeigt holdes augen-blau / in welches eingegoſſen
Die funcken ſeiner macht / das gantze ſternen-reich.
Der roſen ſcharlach / mit dem glantze der jaßminen
Kan zarter wangen feld zum gleichen abriß dienen /
Der flachen ſtirne glantz reicht jenes ſilber dar /
II. Theil. LDas162Das auff dem zepter bluͤht der milch-beſchaͤmten liljen /
Das angenehme gold wolriechender junckiljen
Zeigt als im ſpiegel an ein gold-geziertes haar.
Das blut der lippen quillt auf blut-beſeelten nelcken /
Mit dieſem zuſatz doch / daß jene nimmer welcken /
Weil ſtets der liebes-thau auff ihren blaͤttern ſchwebt /
Der ſuͤſſer anmuth als die muſcus-roſe kennet /
Ja noch mit mehrer glut und roͤthern kohlen brennet /
Als auf der feurigen ranunckel blaͤttern lebt.
Die bruͤſte / die der welt mit wolluſt-milch liebkoſen /
Sind blumen-toͤpffe / die gefuͤllt mit tuberoſen /
Sind betten / die beſaͤt mit tauſend tauſend-ſchoͤn;
Sind gaͤrten / darinn bluͤt der pomerantzen bluͤhet /
Auf deren ſtaͤmmen ſchon der fruͤchte purpur gluͤhet /
Sind berg’ / in deren thal der thaͤler liljen ſtehn.
Die runden armen ſind narciſſen-ſchwangre weiden /
Die ſammit-blume zeigt der haͤnde ſammt und ſeiden /
Die ringel-blume deutt der finger zierrath an.
Und was in Eden ſonſt an Even war zu preiſen /
Das will an blumen ſich in unſern gaͤrten weiſen /
Dar Ev’ und Edens-bild man taͤglich ſchauen kan.
Hier ſieht er / theurer freund / den meine ſinne ehren!
Hier ſieht er / was uns kan ein ſchoͤner garten lehren /
Hier ſieht er abgemahlt was blum - und liebreich iſt /
Der himmel will ihn heut in ſolchen garten ſetzen /
An deſſen blumen er ſich taͤglich kan ergetzen /
Biß zu gewuͤnſchter zeit er ſeine fruͤchte kuͤſt.
Er find an ſeinem ſchatz / was meine hand beſchrieben
Am ſchoͤnſten blumen-ſtrauß / er findet / was zu lieben
Jn einem garten iſt / an ihrer gegenwart;
Doch mit dem unterſcheid / daß wann er vor ſie brennet /
Sie ſelbe flammen mit gantz gleicher glut erkennet /
Die ja ſo wohl an ihr-als ſeiner bruſt verſcharrt.
Nun dann / ſo lebt und liebt in blumen-reichen freuden /
(Jch kan / mein wertheſter! noch nicht von blumen ſcheiden /)
Biß knoſpen aus der blum’ / aus knoſpen fruͤcht entſtehn /
Der163Der himmel woll’ an euch ein edle jucca zeigen /
Aus deren doppel-ſtamm ſtets wechſel-aͤſte ſteigen /
Die jaͤhrlich einen zweig in bluͤte laſſen ſehn.
Es bluͤhet engel-ſuͤß an felſen und an eichen /
So muͤſſ’ auch euer ſuͤß ſich eich - und felſen gleichen /
Lieb ſtoͤckel welcke nicht bey euch durchs gantze jahr /
Kein gifft der wolffes-milch / kein mehlthau thu euch ſchade /
Hingegen bluͤhe ſtets die reiche GOttes-gnade /
Biß daß cypreſſen kroͤnt eur winter-graues haar.
Auf die hochzeit Hn. Friedrich Perlitzes mit Jungfer Anna Dorothea Sommers. C. S. L.JTzt da die ſchwalben gleich beginnen abzuziehen /
Und dieſer lande ſich verliehren allgemach /
So ſucht herr Perlitz auch dem winter zu entfliehen /
Und zeucht mit dieſer ſchaar dem warmen ſommer nach.
Mich duͤnckt ich werde nicht was ungereimtes ſetzen /
Wenn meine feder ihn den ſchwalben aͤhnlich macht.
Die frechen adler ſind den raͤubern gleich zu ſchaͤtzen /
Und tauben machet faſt die einfalt gar veracht.
Bey ſchwalben aber iſt mit unſchuld witz verbunden /
Wie uns ihr kluͤglich thun und frommer wandel zeigt:
Und beydes hat bey ihm / herr braͤutigam / gefunden /
Wer ſein gemuͤth erforſcht und ihm nicht abgeneigt.
Die ſchwalben ſind mit ſchwartz bekleidet auf dem ruͤcken;
Und dieſe farbe ſchlaͤgt auch ſeinem ſtande bey:
Wie jener reine bruſt beſchneete liljen ſchmuͤcken;
So iſt ſein hertz geziert mit ungefaͤrbter treu.
Wo Gottes-haͤuſer ſind / da niſten an den waͤnden
Nicht ungern / wie man ſieht / ſich dieſe voͤgel ein:
So hat ihn GOttes ſchluß in tempel wollen ſenden /
Und ſeine wohnſtatt wird nah an der kirchen ſeyn.
Jſts alſo / wie gar viel von den gelehrten ſchreiben /
Daß ſich die ſchwalbe nur allein im fluge nehrt;
L 2So164So kan auch dieſesfals das gleichniß fuͤglich bleiben /
Dieweil ihm GOtt ſein theil bey ſteter muͤh beſchert.
Die ſchwalbe bringet uns die freuden-poſt getragen /
Wenn der begruͤnte lentz nunmehro vor der thuͤr:
Und Evangelium heiſt gute botſchafft ſagen /
Das traͤgt er oͤffentlich dem volcke GOttes fuͤr.
Die ſchwalben-neſter ſind mit federn auffgebettet /
Vielleicht iſt eben ſo ſein lager zugericht.
Wie jene von gewalt der aberglaub errettet:
So weiß er / daß ſein amt ihm ſicherheit verſpricht.
Und alſo kan er ſich den ſchwalben zugeſellen /
Weil gleich und gleiche doch ſich wohl zuſammen ſchickt;
Er darff nur den compas nach ſeiner liebſten ſtellen /
So hat ſein zug alsbald ins ſommer-land geruͤckt /
Er wird in ihrem ſchoß den ſchoͤnſten ſommer finden /
Als die ohn urſach nicht ſich von dem ſommer nennt.
Sie wird durch freundlich thun ihm hertz und geiſt entzuͤnden /
Mit feuer das zwar waͤrmt / und dennoch nicht verbrennt.
Er wird ohn unterlaß gut wetter bey ihr haben /
Zwey ſonnen ſcheinen ihn aus ihren augen an.
Die pflantze ſeiner luſt wird thau vor regen laben /
Der von den lippen faͤllt / und lebend machen kan.
Sie wird ihn nicht allein mit ſuͤſſer bluͤth erfreuen /
Er wird zu ſeiner zeit auch reiffe fruͤchte ſchau’n /
Er wird mit tauſend luſt die garben hoͤren ſchreyen /
Und eine ſcheune denn ins wochen-bette bau’n.
Der himmel wolle gluͤck zu dieſem zuge geben /
Den mit den ſchwalben er nach ſeinem ſommer thut /
Er laſſe ſein geniſt in lauter perlen ſchweben /
Beſchirmet vor gewalt / geſichert vor der glut.
Und wie man insgemein das ſprichwort angenommen /
Daß eine ſchwalbe nicht den bunten fruͤhling macht:
So ſoll er nicht zu uns den ſommer wieder kommen /
Er habe denn mit ſich ein ſchwaͤlbchen noch gebracht.
Auf165Auf Hn. J. Raͤdelten mit jungfer S. C. v. Sommerfeld hochzeit. DEr ſommer reiſt nunmehr der blumen purpur ein /
Die felder bruͤſten ſich mit koͤrner-vollen aͤhren
Und lehren: daß der menſch ſoll wie der acker ſeyn /
Und nach der blumen-zeit auch rechte frucht gewaͤhren.
Denn wie ein roſen-ſtrauch den ſtoltzen carmaſin
Auch mit den blaͤttern laͤſt in truͤber lufft verſchwinden:
So laͤſt die jugend offt den lebens-glantz verbluͤhn /
Wo frucht und bluͤte ſich nicht vor der zeit verbinden.
Sie hat / hochwerthe braut / in ihrer fruͤhlings-zeit
Mehr blumen / als der lentz narciſſen / auffgetragen:
Wie nun ein ſommer-feld nach blumen fruͤchte ſtreut /
So denckt auch ihre frucht im ſommer auszuſchlagen /
Drum faͤngt ſie mit bedacht ein ander leben an /
Sucht glut und ſonnenſchein in ihres liebſten augen;
Und wie der morgen-thau die felder kuͤhlen kan /
So will ſie wieder krafft aus ſeinen lippen ſaugen.
Und dieſes nicht umſonſt: denn wenn der himmel blitzt /
Wenn donner / wind und ſturm auff alle felder ſchlagen;
So weiß ſie / daß ihr feld in ſtetem friede ſitzt
Und ſonder alle furcht kan ſeine fruͤchte tragen.
Drum wuͤnſch ich: lebet wohl und brauchet eurer zeit.
Der himmel laſſe nichts als gold und perlen thauen /
Biß daß eu’r ſommerfeld gefuͤllte koͤrner ſtreut /
Und ihr die fruchtbarkeit laßt in der wiege ſchauen.
Auf die hochzeit Hn. C. B. mit jungfer M. E. W. DJr wuͤnſch’ ich / werther freund / mehr freudenreiche ſtunden;
Als anmuths-roſen auf derſelben wangen ſteh’n /
Die durch des himmels trieb ſich deiner hand verbunden /
Und will / o ſchoͤne nacht! mit dir zu bette geh’n;L 3Dir166
Dir wuͤnſch ich einen may voll lieblicher jeßminen /
Die keine zeit verdirbt / und immerwaͤhrend gruͤnen.
Mir aber wuͤnſch ich glut und flammenreiche ſinnen /
Ein blat mit amber-rauch und biſam-oͤl benetzt;
Und einen kiel / daraus Budorgis reden rinnen /
Damit der fremde reim einheimſchen gleich geſchaͤtzt /
Von dir / geehrter freund / mit froͤlichen geberden /
Bey deinem freuden-feſt kan durchgeleſen werden.
Es ſtund mir dazumahl ein feld der freuden offen /
Jch weiß nicht / wie ich dich daſſelbe mahl empfieng;
Als ich dich reiſenden zum erſten angetroffen /
Da deiner kuͤnſte ſchiff gefuͤll’t zu hauſe gieng /
Und du aus Preuſſen ſchon mit dem zuruͤcke kommen /
Was ich mir in der Marck zu holen vorgenommen.
Der inhalt deſſen war: (ſo viel ich noch gedencke)
Willkommen liebſter freund / der muſen ſchoͤnſte zier;
Du kommſt vom Helicon / wohin ich mich erſt lencke /
Der Hoͤchſte leite dich / und ſey zugleich mit mir:
Er laſſe dich zu hauß in ſteten freuden ſchweben /
Und mir von deinem thun viel gute nachricht geben.
Jch hatte kurtze zeit die fremde lufft gefuͤhlet /
Und bey der muſen-ſchaar mich kaum bekant gemacht;
Bey Hippocrenens quell mich wenig abgekuͤhlet /
Und der Minerva noch nicht oͤffters opffer bracht /
Als mir ein liebſtes blat (was ich von GOtt begehrte /)
Von dir / mein hertzens-freund / erwuͤnſchte poſt gewaͤhrte.
Dein vetter / der von Brieg nach Padua gegangen / (Schrieb eine treue hand) und ruͤhmlich diſputir’t;
Hat von dem muſen gott dort einen crantz-empfangen /
Der ſein gelehrtes haupt mit ſchoͤnen blumen zier’t /Jſt167
Jſt auch von GOtt gefuͤhrt geſund zuruͤcke kommen /
Und hat ihm einen ſtand vor vielen eingenommen.
Jetzt kommt die andre poſt / ein kern der liebligkeiten /
Ein ausbund aller luſt / ein meer der froͤligkeit;
Ein ambroſinen-thau / ſo mich von allen ſeiten
Mit roſen-ſafft benetzt / und wolluſt uͤberſtreut:
Die freude / die mich ietzt der himmel laͤſt genieſſen /
Macht / daß der reime werck nicht will wie ſonſten fluͤſſen.
Ein bild der Gratien / des himmels meiſter-ſtuͤcke /
Das einen blumen-may auff ihren wangen traͤgt /
Und ihrer eltern ruhm / geiſt / leben / witz und blicke
Nebſt einem inbegriff der tugend in ſich hegt;
Hat durch des Hoͤchſten ſchluß / o wohl erhoͤrtes bitten!
Mit dir / vergnuͤgter freund / den eh-ſtand eingeſchritten.
Mit dieſer braut wird dir dein ſaurer ſchweiß belohnet /
Den du zu Koͤnigsberg / mein vetter / angelegt;
Da du den Pindus-berg viel jahre durch bewohnet /
Und Aganippens quell ohn unterlaß beweg’t;
Mit dieſem ſchmucke wird dein Doctor-hut gezieret /
Und was ein Aeſculap gezeugt / dir zugefuͤhret.
So nehmt / verliebte zwey / von deſſen treuen haͤnden /
Der dieſen freuden-tag entfernt im geiſte haͤlt /
Was er in dieſem reim ſtatt ſeiner wollen ſenden
Und itzt in einem wunſch zu euren fuͤſſen ſtellt;
So wuͤnſcht ein treuer freund aus unverfaͤlſchtem hertzen:
So reimt ein muſen-ſohn auf eure liebes-kertzen:
Sie lebe / ſchoͤnſte braut / forthin in eitel freuden /
Sie lebe ſonder ſchmertz / ſie leb’ in eitel luſt;
Die anmuth lege ſich wie ein gewand von ſeiden /
Von gold und diamant um ihre ſchwanen-bruſt;L 4Der168
Der juley / den ihr grtzt ihr wird zu koſten geben /
Vertreib’ ihr allen ſchmertz / und frucht’ ein langes leben.
Der aber / ſo anietzt erregte flammen fuͤhlet /
Den Amathuntens ſohn mit ſeinem pfeil beruͤhrt /
Sey fort in ſeiner glut von dieſem ſchnee gekuͤhlet /
Den ſein geliebter ſchatz auff ihren bruͤſten fuͤhrt:
Es muͤſſe dieſer grtzt ſein amt nach GOtt verwalten /
Viel lebend machen / und vom tode viel erhalten!
Vermiſchte Gedichte.
An Seine Churfuͤrſtl. Durchl. zu Brandenburg Friedrich Wilhelm / Uber ihre anno 1686 unter dem von Schoͤ - ning nach Ungern geſchickte auxiliar - voͤlcker. † † †WOhin Großmaͤchtigſter wird noch dein nahme ſteigen?
Wem hat nicht Brandenburg ſchon ſchrecken eingejagt?
Soll ſich dein kuͤhnes heer nun auch den kaͤyſern zeigen /
Nachdem es ſich genug mit koͤnigen gewagt?
Denn zieht es nicht ins feld den Tuͤrckſchen zu bekriegen /
Und fuͤr die majeſtaͤt des Roͤmiſchen zu ſiegen?
Der groſſe Leopold verfolgt die Saracenen /
An denen ſchon ſein arm viel wunders hat gethan;
Und weil ein neuer zug ſoll ſeine ſiege kroͤnen /
Spricht er dich dieſes mahl um deinen beyſtand an:
Weil ihm dein volck bekandt / und man ihm auch geprieſen /
Wie es vor Neutra(*)Anno 1664 halfen die von Sr. Churfl. Durchl. ihrer Kaͤy - ſerl. Majeſtaͤt wider den Tuͤrcken / unter commando des Her - tzogen von Holſtein / zu huͤlffe geſchickte voͤlcker Neutra und Lebentz belaͤgern und erobern; und als die Tuͤrcken die - ſen letzten platz entſetzen wolten / ſchlugen die Brandenbur - giſchen nebſt denen Kaͤyſerlichen ſie dergeſtalt zuruͤcke / daß der Erbfeind viel ſtuͤcke und mannſchafft dabey ein - buͤßete.
(*) ſchon und Lebentz ſich erwieſen. Wie205Wie treulich ratheſt du dem gantzen vaterlande!
Du haſt zu erſt daheim der unruh abgewehrt;
Und da der ſtilleſtand**Man meinet den anno 1684 auf 20 jahr zwiſchen dem Reiche und Spanien mit Franckreich gemachten ſtillſtand.
** / durch deinen rath / zum ſtande / Schickſt du auch außerweꝛts dein laͤngſt gerufnes ſchwerdt.
Wofuͤr man aber dir um ſo vielmehr verbunden;
Als du die ſicherheit vorher dazu erfunden.
Durch dich hat man nunmehr mit einem nur zu kaͤmpfen /
Und iederman behaͤlt die arme darzu frey.
Wie leicht laͤſt ſich ein feur von vielen haͤnden daͤmpfen?
Doch deine langſamkeit traͤgt hier das meiſte bey;
So daß die nachwelt auch von dir wird muͤſſen ſagen:
Des Fabius verzug hat Hannibaln geſchlagen.
Dein heer iſt im beſitz der groͤſten helden-thaten /
Sein fuͤhrer***Der von Schoͤning.
*** klug und kuͤhn / der keinen ſebel ſcheut: Du ſelbſt der es geſandt / der Vater der ſoldaten /
Und wider den es zieht / der feind der Chriſtenheit.
Diß und das Roͤmſche haupt / das recht von ſeinen ſachen /
Kan uns nunmehr den ſieg ſo viel gewiſſer machen.
Beſonders wird dein volck hierdurch erweckt zum ſtreiten /
Daß es dich / ſeinen Mars / zu pferde hat geſehn;
Denn da du dich verjuͤngſt / und kraͤffte nimſt zu reiten /****Es iſt bekant / daß Se. Churfl. Durchl. dero nach Ungarn gehende voͤlcker zu pferde beſehen; ſo aber nur darum an - gefuͤhret wird / daß Seine Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit es im 67ſten jahre ihres alters thun koͤnnen.
**** Kriegt es auch neuen muth auf ſeinen feind zu gehn.
Wobey du aber auch dem reiche wollen zeigen:
Daß du / zu deſſen dienſt / noch kanſt zu pferde ſteigen.
Zwar206Zwar / was du dieſen zug nach Ungarn haſt ernennet /
Jſt nur ein kleiner theil und ausſchuß deiner macht.
Allein hat es nicht eh ein groſſes heer getrennet /
Und gantze ordnungen / mit GOtt / zur flucht gebracht?
So wird es auch anitzt den alten nahmen raͤchen /
Und auch dem Mahomet die ſtaͤrckſten laͤger brechen.
Sieht es dich gleich nicht ſelbſt mit ſich zu felde ziehen /
Schlieſt deine tugend ſich doch deinen waffen ein.
Wie vor Achillis ſchild*Man dichtet / daß / als Achilles ſeinem freunde dem Patroclus ſeine waffen wider die Trojaner geliehen / dieſe fuͤr ſelbige geflohen / glaubende Achilles ſtritte ſelbſt mit ihnen.
* die helden Trojens fliehen; So wird in fremder hand dein ſchwerdt auch ſchrecklich ſeyn.
Voraus wenn in der that / an deiner leute klauen /
Achilles unſer zeit /**Wie Churfuͤrſt Albrecht der teutſche Achilles genant wor - den; alſo nennet ietzige Churfl. Durchl. der beruͤhmte Schle - ſier / Caſpar von Lohenſtein / den andern Achilles ſeines hau - ſes und Teutſchlandes.
** der Barber dich wird ſchauen. Zu dem ſoll dieſes volck auch nicht alleine ſtreiten;
Der wunſch der chriſtenheit begleitet deſſen pfad /
Und deinem adler ſteht der Roͤmiſche zur ſeiten /
Der ſich zu gleichen kampff mit dir vereinigt hat.
Weil nun die adler ſonſt ein ſinnebild der ſtaͤrcke /
Verheiſt uns euer bund auch lauter wunderwercke.
Zieht denn ihr adler hin mit euren adler-fahnen /
Jhr voͤgel Jupiters erſteigt des monden hauß:
Der himmel wird euch ſelbſt die ſtraſſe darzu bahnen /
Und dieſe unter-welt macht dieſen ſchluß daraus:
Wenn unſer adler erſt den monden uͤberſtiegen /
So koͤnnen ſie hernach leicht in die ſonne fliegen.
Danck -207Danckſagung Des befreyten Unter-Rheins an Se. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Brandenburg Friedrich den Dritten. Nach der uͤbergabe von Bonn Anno 1689. † † † Inſtat vi patria Pyrrhus. 2. æn. 491.SO recht / du deutſches volck / ihr tapfern Alemannen /
Es koſtet euch nur ernſt die Frantzen zu verbannen.
So oft’ ihr euch am Rhein geruͤſtet laſſen ſehn /
Kan ſchon / von alters her / kein Gallier beſtehn.
Wo ſind die rauber hin? ein zug hat ſie zerſtreuet /
Und mein beſchwerter ſtrohm iſt wiederumb befreyet.
Euch hab’ ich ſchon gedanckt / beſchirmer um den Mayn /*Die Maintz wieder einnahmen / und unter denen auch Seine Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit zu Sachſen Johann Georg der Dritte.
* Nun komm ich auch zu dir / held an dem Unter-Rhein.
Jung und ſieghaffter Held / ruhm des beruͤhmten Brennen /
Wie wuͤrdig wird man itzt dich ſeinen folger nennen!
Faͤngt doch dein regiment mit ſolchen wundern an /
Die Friedrich Wilhelm ſelbſt / im alter erſt / gethan.
Du treibſt im erſten jahr dein und der welt gewerbe.
Du bringeſt deinen Freund zu ſeinem Koͤnigs-erbe.
Der vorſchub deines heers befoͤrdert dieſen ſchluß /
Daß er / ſo ſchwer es ſchien / dennoch gelingen muß.
Du ſtaͤrckſt die Bataver / deckſt dein’ und ihre laͤnder.
Du knuͤpffeſt in dem reich die allerfeſten baͤnder.
Durch deinen klugen rath hat Teutſchland ſich vereint /
Und ſchlaͤgt mit einer hand den allgemeinen feind.
Jhr helden war dein wort / die fuͤrſten zu erwecken:
Welch ungeheures feur darf unſern Rhein erſchrecken?
Ein208Ein volck / dem vor der zeit vor unſerm blick*Sæpe numero ſeſe cum iis congreſſos, ne vultum quidem atque aciem oculorum ferre potuiſſe, erzehlen von den Teut - ſchen die Gallier ſelbſt bey dem Cæſar lib. 1. de bello Gall.
* gegraut / Hat eines uͤberfalls ſich abermahls getraut.
Woher ruͤhrt dieſer muth? das ſind nicht ihre wercke.
Sie brauchen unſern zwiſt zu ihrer traͤgheit ſtaͤrcke.
Bey unſer einigkeit hat Caͤſar auch gezagt;
Da itzt ein Koͤnigreich ſich uns zu hoͤnen wagt.
Seht doch den frevel an. Uns ſtaͤdt und land verheeren /
Nennt**Jn dem damahls ausgegebenen Manifeſt.
** Franckreich / zum geſpott / des reiches ruh begehren. Uns / die ſelbſt Koͤnige / ſchreibt es geſetz und ſpruch;
Und / daß wir uns verwahrt /***Durch das zu Augſpurg gemachte buͤndniß.
*** iſt ihm ein friedens-bruch. Wie nun / ſoll Gallien die teutſchen ufer draͤngen?
Genug gedult gehabt der langmuth nachzuhaͤngen.
Jhr helden wachet auf / und ſamlet eure macht /
Hier ſteht gantz Brandenburg fuͤr euch zu hauf gebracht;
Wir ſind und heiſſen noch die ſtreitbaren Germanen.
Der bund ward kaum beliebt / ſo zogen deine fahnen.
Dein heer / zu welches ſich mehr voͤlcker zugeſellt /
Schlug gleich / bey Ordingen / die draͤnger aus dem feld:
Nahm Rheinberg / durch vergleich / wie ſie es eingenommen;
Und wo vor ehmahls ſelbſt ihr Koͤnig muͤſſen kommen.
Jm fruͤhling / da man nun den groͤſten grimm befahrt /
Verſtaͤrckteſt du den zug mit deiner gegenwart.
Als hauptmann ſah man dich vor deinen ſcharen ziehen /
Und vor denſelben her die wachen feinde fliehen:
Du zwangſt in einem lauf das feſte Kaͤyſerswerth:
Du wandteſt dich nach Coͤlln / das deinen ſchutz begehrt:
Erſtiegſt die Bonner-ſchantz’ / und nach gelegten bruͤcken /
Befahlſtu / uͤber mich / die laͤger fortzuruͤcken /
Hier209Hier ſtundſt du unbedeckt / behertzter Friederich.
Wo aber bliebſt denn du / du groſſer Ludewig?
Auf zwantzig meilen war kein mann von dir zu ſpuͤren /
Obgleich du*Auf der von Feuillade ihm aufgerichteten ehren-feule.
* im triumph mich ſpoͤttlich duͤrffen fuͤhren. Wilſt du ein ſieger ſeyn / hier haͤtt’ es ſich gehoͤrt.
Du aber ſiegeſt gern / wenn keiner dich verſtoͤrt.
Die Teutſchen haͤtten wohl zu ernſtlich moͤgen rechten.
Wo man dir widerſteht / verſchmaͤheſtu zu fechten.
Hingegen Zepter-Fuͤrſt / du ſtellteſt dich vor Bonn.
Das feld / diß Mont-Royal / erſchuͤtterte davon.
Du lieſt auch dein Gemahl um deine laͤger ſitzen /
Durch dieſer Pallas blick die kaͤmpfer zu erhitzen.
Du hieltſt / und warteſt lang’ / ob ein entſatz zu ſehn:
Allein ſie kommen nicht / wenn wir bewaffnet ſtehn.
Dem frieden einbruch thun / beſchleichen und verrathen /
Sind ihrer tapferkeit bequeme wunderthaten.
Du grifſt darauf den platz mit feuer-wercken an.
Du machteſt dir zugleich die gegend unterthan /
Hieſt aus dem Trieriſchen den regen Boufler jagen;
Da Bonn indeß zerfiel von deiner moͤrſer lagen.
Dein Weiler macht’ auch hier die feuers-macht bekand /
Die ehmals ſchon Stetin / und gantz Stralſund verbrand.
Doch / als auch diß nicht half / ſo muſten deine hauffen
Mit einem vollen ſturm an dieſe feſtung lauffen.
Der feind geſtand es dir / daß er dergleichen kampf
Noch nimmer nicht erlebt. Jhn wuͤrgte ſtreich und dampf /
Jhm halfen weder wehr / noch burg / noch hohe ſchantzen /
Du muſteſt / noch den tag / die piquen darauf pflantzen.
So bald man zum gefecht das frohe zeichen gab /
Sprang dein erhitztes volck von obenwerts hinab.
Du hatteſt nur beſtimmt den graben einzunehmen;
Umſonſt / es muſt’ auch ſich das ravelin bequemen.
VielII. Theil. O210Viel liefen ungezaͤhmt gar auf den ſteilen wall.
Da merckte Hazefeld den vorgeſetzten fall /
Er eilte den vergleich / nach deinem wunſch / zu ſchlieſſen /
Und dich / der ihn bezwang / als ſieges-herrn zu gruͤſſen.
Das heiſt den wetter-ſtrahl gluͤckſelig ausgelegt /
Der deinen nahmen ſtrich / und nun die Frantzen ſchlaͤgt.
Der himmel / der dein haupt nach deinem vater kroͤnet /
Hat mit der donnerkrafft deſſelben dich belehnet.
Welch groſſes meiſter-ſtuͤck fuͤr einen jungen held!
Du lagſt / wie dein ſoldat / in offenem gezelt.
Dein erſter feind iſt gleich der allerſtoltzſte Koͤnig.
Ein ander gegenpart war zum verſuch zu wenig.
Du ritteſt vor den wall / und auch auf kundſchafft aus.
Wer redet nicht / beſtuͤrtzt / vom Poppelsdorfſchen ſtraus /
Die kugeln ſchneyten recht / die vor dir niederfielen.
Du lachteſt der gefahr / die auf dich ſchien zu zielen.
Du ſahſt den wercken zu / und munterteſt ſie auf.
Du ordneteſt den ſturm / und ſeinen gantzen lauf.
Und wie war uͤberdiß dem thun ſo unterſchieden!
Du ſtuͤrmeteſt vor Bonn / und ſchloſt in Holſtein frieden.
O weiſer Fuͤrſt und held / du dritter Friederich!
Dein Vater lebt in dir; o wie verehr’ ich dich!
Welch unerſchoͤpffter rath muß deinen ſtaat beſeelen;
Doch welch ein loͤwen-hertz muß ſelbigem befehlen!
Kan mehr ein feldzug thun? du ſchlaͤgſt der Frantzen kern;
Du bringſt den unter-Rhein an ſeinen rechten herrn.
Erhaͤltſt das platte land / und zwingſt zur uͤbergabe
Die ſtaͤrckſten feſtungen / die ich am ufer habe.
Hat ſich Tiberius ein mahl am Rhein geſetzt /
Hab’ ich viel billiger dich deſſen werth geſchaͤtzt.
Die Nyenpfen ſingen ſchon in ihren muſchel-grotten
Von dir / und deinem ſtern / der freudigen Charlotten.
Weil mich dein helden-arm dem joche da entreiſt /
Alwo mein fluß / getheilt / ſich in das meer ergeuſt:
Wil ich auch deinen ruhm / durch alle beyde thuͤren /
Jn den welt-ocean / nebſt deinem nahmen / fuͤhren.
Erſt211Erſt ſag’ ichs Engeland / wo man dich gerne ſieht:
Wo dein Oranjen-ſtamm / im dritten Wilhelm / bluͤht.
Euch taſtet Ludwig an / er hat ſich viel vermeſſen /
Er duͤrffte ſich den tod an den Orangen eſſen.
Hernachmahls mach’ ich es in Franckreich ſelbſt bekant;
Sein Koͤnig weiß es zwar / doch nicht ſein armes land.
Die Teutſchen haben dort ſtets unterliegen muͤſſen;
Nun ſoll man auch daſelbſt von ihren ſiegen wißen.
Allein / noch nicht genug: beharret in dem ſtreit.
Ermahne / wie du thuſt / das reich zur einigkeit.
Euch fuͤrſten iſt der Rhein ein gar zu enger ſchrancken;
Jhr muͤſſet nach Paris zu euren alten Francken.
Der vorſchlag ſcheinet ſchwer; doch nur im anbegin.
Faͤhrſt du ſo weiter fort / fuͤhrſt du ſie ſelbſt dahin.
Jhr Teutſchen habt ja Rom und deſſen macht verſchlungen /
Das vormahls Gallien / euch aber nie bezwungen.
Zogt ihr die meiſterin / das kaͤyſerthum zu euch;
Warum nicht die provintz / der Frantzen koͤnigreich?
Dann wird / an meiner ſtatt / die ſtoltze Sene beben /
Und lernen daß annoch die ſchreck-Germanen leben.
Dann wird euch ingeſamt / ihr helden / euer Rhein /
Und dir der niedertheil auf ewig danckbar ſeyn!
O 2Aus212Aus dem lob-gedichte Friedrich Wilhelms des Großen / Chur-Fuͤrſtens zu Brandenburg. Der ſeegen und abſchied Seiner Churfuͤrſtlichen Durchl. an ihren / von der Oraniſchen Gemahlin / hinter - laſſenen Erb - und Chur-Printzen Friedrich. † † †DU aber / Friederich / mein aͤltſt - und theurſter ſohn /
Du erbe meines reichs / nim ein den vater-thron /
Sey freudig und getroſt / und laß vor nichts dir grauen:
So ſchwer des zepters hefft auch immer anzuſchauen.
Jch laſſe dir viel land; doch auch viel faͤhigkeit /
Jch kenne deinen muth zum frieden und zum ſtreit.
Die thaten meines lauffs kan zwar kein jahrbuch faßen;
Doch hab ich viel / noch viel zu thun dir hinterlaſſen.
Die groͤſſe hat / nechſt GOtt / dein Brandenburg von mir;
Doch die gluͤckſeeligkeit erwartet es von dir.
Du biſt der eintzige / den ich mir kan erkieſen /
Von der verſtorbenen Oraniſchen Luyſen.
Doch lebt von dem gebluͤt ein Wilhelm noch der welt /
Der mit dir ſein geſchlecht und meinen ruhm erhaͤlt.
Es werden (wo mein tod vermag zu prophezeyen)
Vor euch ſich koͤnige der groͤſten reiche ſcheuen.
Er nimt / (ich ſeh’ es ſchon) ſein koͤnigs-erbtheil ein /
Und du wirſt ihm / als freund / hierinn behuͤlflich ſeyn.
Er wird / nach dem geſetz / ein frevel-kind verjagen /
Und du wirſt unterdeß den bunds-genoſſen ſchlagen.
Der213Der neid hat euch bißher veraͤchtlich angeſehn /
Nun aber wird euch GOtt ſelbſt uͤber ihn erhoͤhn.
Jhr werdet beyde ſeyn / die Streitbaren und Dritten;
Du Friederich bey uns / er Wilhelm bey den Britten;
Du in dem Roͤmſchen reich / er aber uͤber meer /
Und beydes wird beſtehn durch euer krieges-heer.
Jhr habt euch beyde zwar getheilt in meinen nahmen;
Doch werdt ihr / ungetheilt / beſchuͤtzen euren ſaamen.
Ein blut / ein muth / ein hertz wird ſchrecken euren ſeind /
Und wenn ihr euch und mich alſo in euch vereint /
Wird Fridrich Wilhelms geiſt (der himmel woll’ es geben!)
Jn euren tugenden und nahmen ewig leben.
Als Se. Churfl. Durchlauchtigk. zu Brandenburg Friedrich der Dritte das dritte jahr ihrer regierung zuruͤckgeleget. DRey jahre ſind es nun / gluͤckſeelig ausgefuͤhret /
Daß Churfuͤrſt Friederich der Dritte hat regieret.
Wer die geſchichte wird von den drey jahren leſen /
Wird dencken / daß es gar drey Friederichs geweſen.
Sonnet An Se. Churfl. Durchl. zu Brandenburg uͤber den wider Franckreich erhaltenen erſten ſieg bey Ordingen. † † †JUng und erhitzter held auf helden’-reiche thaten /
Du faͤngſt dein regiment mit lauter wunder an;
Du haſt in einem jahr zehn jahre werck gethan.
Hie hilfft dein kuͤhnes heer; dort hilfft dein anſehn rathen.
O 3Hier214Hier retteſt du das reich; dort kroͤnſt du Potentaten.
Dein Schoͤning / der nur juͤngſt den aufgeblaßnen Hahn
Durch deines Adlers macht vertrieben von dem plan /
Zeigt / daß du alles kanſt mit deinen kern-ſoldaten.
Was werden ſie noch thun bey deiner gegenwart?
Dein Groſſer Vater lebt ja noch auf ſolche art /
Und bleibt durch deinen muth der theure reichs-beſchirmer.
Wolan dann Friederich! raff auff dein gantzes heer /
Erweiſ’ uns in dem reich wie neulich uͤber meer:
Daß du ein raͤcher ſeyſt der ſtoltzen freyheits-ſtuͤrmer;
Du gabſt zu deſſen heil den allererſten rath /
Du biſt auch / ihm zum ſchutz / der erſte mit der that.
Jhrer Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Neu-erhaltener ſieg bey Salankement in Ungarn / Durch beyſtand der Chur-Brandenbur - giſchen huͤlffs-voͤlcker. † † †UNgarn muß auch dieſes jahr
Mit den Brandenburgern ſiegen;
Und beweiſet wunderbar /
Wie ſichs immer muͤſſen fuͤgen /
Daß ſo offt wir uns zum ſtreit
Fuͤr dis Koͤnigreich verbunden;
Leopold daun allezeit
Ungezweifelt uͤberwunden.
Ofens nie gezaͤhmter wall
Ward durch uns zu erſt erbrochen;
Und den letzten uͤberfall
Hat itzt dieſer ſieg gerochen.
Was der Groß-Vizier gewan
Jſt durch dieſe ſchlacht zernichtet;
Und was hat auff dieſem plan
Nicht vorlaͤngſt ein Sparr verrichtet?
Aber215Aber kan es anders ſeyn?
Oeſterreichs und unſre waffen
Scheinen gleichſam uͤberein
Und fuͤr einen mann geſchaffen.
Adler faſt einander gleich /
Die von einem ſtamm entſproſſen /
Sind einander fuͤr das reich
Auch die beſten huͤlffs-genoſſen.
Wohl uns bey der eigenſchafft!
Wie ſie itzt fuͤr Ungarn ſtreiten /
Alſo wird ſich ihre krafft
Bald auf Franckreich ſelbſt erbreiten.
Wenn die Adler erſt den mond /
Als die vor-maur uͤberſtiegen;
Werden ſie / wie ſie gewohnt /
Leichter in die ſonne fliegen.
Uber Sr. Churfl. Durchl. zu Brandenburg Friedrich des Dritten Erfreulichſten geburts-tag / den 1 Julii 1692. † † †JNdem wir bey der ſchweren zeit
Das hertz mit vielen ſorgen kraͤncken /
Antwortet uns der himmel heut /
Und ſpricht: Was kan ich euch mehr ſchencken?
Erhalt ich euren Friedrich nicht?
Den ich auch ferner will bewachen /
Und deſſen tugend euch verſpricht /
Euch allerſeits begluͤckt zu machen.
Zwar hat mans bey dem truͤben blick
Des krieges noch nicht recht empfunden;
Doch bindet ſich auch unſer gluͤck
An keine ſelbſt-geſetzte ſtunden. O 4Was216
Was uns von dir / mein Fuͤrſt / bewuſt /
Heißt uns die ſichre hoffnung faſſen /
Daß du uns gluͤcklich machen muſt /
Wird dir nur zeit genug gelaſſen.
So muß bey deines feſtes ſchein /
Die wohlfahrt uͤber uns zu ſchuͤtten /
Dis einzig unſre ſorge ſeyn /
Dir zeit und jahre zu erbitten.
Der himmel / der dir gnaͤdig iſt /
Verleih’ uns nur dein langes leben!
Das uͤbrige wird durch die friſt
Uns dann ſchon deine tugend geben.
An Se. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Brandenburg / uͤber dero und der Gemahlin reiſe / zum neuen Churfuͤrſten nach Hannover / den 18 Jan. 1693. ZEuch Friedrich mit Charlotten bin
Hannovers Chur-hut zu begruͤſſen /
Und mit der neuen Churfuͤrſtinn /
Des landes freude zu genieſſen.
Du ſiehſt / wie dieſes hohe hauß
An glantz fuͤr dich auch zugenommen;
Nachdem du dein gemahl daraus /
Und mit ihr ſolches recht bekommen.
Diß hauß ſteigt wieder in den ſtand /
Den es vor langer zeit beſeſſen;
Doch hat es weniger das land /
Als deſſen fuͤrſt ſich beyzumeſſen.
Das reich / und ſelbſt des Kaͤyſers thron /
Sind ſeiner tugend ſo verbunden /
Daß ſie ſonſt keinen andern lohn
Fuͤr ſeine tapferkeit gefunden.
Was217Was iedem vorfahr noch zu ſchwer /
Muß endlich Ernſt Auguſt vollfuͤhren.
Und war nicht ſolches laͤngſt vorher
An ſeiner hohen eh zu ſpuͤren?
Es war der kluge Fuͤrſt bedacht /
Sich koͤniglich erſt zu vermaͤhlen.
Denn was die Koͤnigs-wuͤrde macht /
Kont’ ihm durch eine Chur nicht fehlen.
Nun was ſein muth beſchloſſen hat /
Jſt ſeinen thaten ſchon gelungen;
Gluͤckſeelig / Friedrich / wo dein rath
Jhm hierin huͤlfreich beygeſprungen!
Wer eltern ehrt / ehrt die natur /
Wie aber kan man ſie mehr ehren?
Als daß ein Sohn / mit einer Chur /
Des Vaters Hoheit hilfft vermehren.
An die mißgunſt. SEy / mißgunſt / ruhig mit der zeit /
Ob Ernſt Auguſtens neuer ehre.
Was findet doch an ihm dein neid /
Das nicht des Chur-huts wuͤrdig waͤre?
Verdienſt und ſtamm / ſein ſtand im reich /
Sein koͤnigs-hertz in allen ſachen /
Koͤnt’ ihn nicht koͤnigen nur gleich /
Beſondern gar zum koͤnig machen.
Noch ſchweigt man der Gemahlin thron /
Und ſeinen groſſen Schwieger-Sohn.
O 5Auf218Auf das treffen bey Landen an den Marggꝛaff Carl Philip von Brandenburg. DEn ſieg / der durch den ſpruch der tugend unſer war /
Hat mit gewalt das gluͤck uns aus der fauſt geriſſen /
Das gluͤck / ſo uns verfolgt / und denen gantz und gar
Sich nicht verbinden will / die unſers bunds genieſſen.
Drumb muͤſſen wir das feld / ſo mit des feindes blut
Wir reichlich durchgenetzt / ihm / als dem fleger / laſſen /
Und um ein ſpann-breit erd / ſo wir mit groſſem muth
Auffs aͤuſſerſte behaupt / den ruͤckweg endlich faſſen.
Wann uns der nachruff nicht unuͤberwindlich ſchreibt /
Wird uns die ehre doch das lob der braven geben:
Auch uͤberwunden ſeyn / wann die gewalt es treibt /
Hat einen ſieg bey ſich / und laͤſt mit ruhme leben.
So ſteht man unbewegt den großen Wilhelm ſtehn /
Und hertzen mit der macht und menge zu vergleichen /
Der tapfre Bojoar laͤſt unerſchrocken ſehn /
Wie man zum groſſen werck die tapffre hand muß reichen.
Du auch / des vaterlands geweihter troſt und luſt /
Du unerſchreckner Carl / des groſſen Vaters ſpiegel /
Stehſt dieſen beyden bey mit felſen-gleicher bruſt /
Fuͤhrſt an dein heer / und laͤſt der tapfferkeit den zuͤgel.
Dir / Hertzog / jauchtzt dein volck / und deine gegenwart
Zuͤndt glut und feuer an den muthigen ſoldaten:
Des feindes raſerey hingegen ſtutzt und ſtarrt /
Und wird als bloͤd und feig durch deine helden-thaten.
Daß dein ſo junges blut ſo tapffres weſen hegt /
Jſt / was dem feinde ſelbſt unſchaͤtzbar ſcheint zu ſchaͤtzen /
Daß was dein groſſer muth ihm als fuͤr augen legt /
Zwingt ihn / daß er dir ſelbſt muß ehren-bogen ſetzen.
Diß lachet der Jber / und laͤſt ſein ſchoͤnes gold /
Das er und Tagus zinſt / mit reichen adern flieſſen /
Der Belg und Bataver liebt dich / und iſt dir hold /
Der Britten ſtrand erſchallt von deinen ehren-gruͤſſen.
Diß219Diß iſt ein troſt fuͤr uns! hierdurch wird uns erſetzt /
Was uns vorhin betruͤbt und unſern geiſt gequaͤlet:
Wir lachen unſers bluts / und wie wir ſeyn verletzt /
Dieweil man ſelbiges zu deinem ruhme zehlet.
Wenn das verhaͤngniß goͤnnt / daß Brennus adler ſich /
Die ietzt zerſtreuet ſeyn / zuſammen moͤgen bringen /
Und durch den kuͤhnen flug / vereiniget durch dich
Und deine tapfre fauſt / dem feind entgegen ſchwingen:
So wird es wiederum nach altem ruhme gehn;
(Die hoffnung triegt mich nicht) mit kriegen und mit ſiegen:
Des Brennus nahme wird unuͤberwindlich ſtehn /
Und was ſich feindlich nennt zu deſſen fuͤſſen liegen.
Diß laß dein werck auch ſeyn / ſo deinen ſtamm-baum ziert;
Die wahre weiſſagung auff dich / du zier der Brennen /
Gibt mir mein Helicon / daß man dich billig wird
Auch nach dem fuͤnfften einſt den ſechſten Carl benennen!
Die glorwuͤrdigſte thaten des Durchl. Hauſes Hohen-Zollern wider die Tuͤrcken an den Großmaͤchtigſten Churfuͤrſten zu Brandenburg Friedrich Wilhelm den Groſſen. GRoßmaͤchtigſter Marcell / du adler von den helden /
Der ſich durch tapfferkeit bis an die ſonne ſchwingt /
Die welt kan mehr von dir als Alexandern melden /
Kein ore iſt / wo man nicht von deinen thaten fingt.
Die Barbern reden noch vom blitze der granaten /
Den dein erlauchter glantz auff ihren kopf geſtreut /
Und deine Majeſtaͤt verehren Potentaten /
Vor deren waffen ſich auch wohl ein Caͤſar ſcheut /
Die Tartarey hat ſchon vor zweymahl funffzehn jahren
Zu dir nach Koͤnigsberg geſandten abgeſchickt /
Jtzt kommen andre mehr auch von dem groſſen Czaaren /
Wer weiß / wer kuͤnfftig noch nach deinem throne blickt?
Die220Die Tuͤrcken fuͤrchten ſich vor dir als vor dem wetter /
Weil dein geſchuͤtz ſo ſtarck auf ſie gedonnert hat /
Sie ſagen ſelbſt / du ſeyſt der Chriſten ihr erretter /
Vor deiner krieges-macht beſtehe keine ſtadt:
So muß / Durchlauchtigſter / dein ſtarcker arm bezeigen /
Daß Brandenburgiſch blut voll lebens-geiſter ſteckt /
Daß aus beruͤhmtem ſtamm auch wieder helden ſteigen /
Vor derer kuͤhnen fauſt die barbarey erſchreckt.
Gewiß von adlern wird auch adlers-art gebohren /
Und wie die wurtzel iſt / ſo pflegt die frucht zu ſeyn /
Der Ahnen ehr und ruhm die ſind der tugend ſporen /
Jhr blut das floͤßt zugleich den andern feuer ein.
Darumb ſo waͤchſt noch ſtets der Brandenburger hertze /
Das durch entflammten trieb die ſchoͤnſten palmen findt;
Es brennt in ihrer bruſt noch immerfort die kertze /
Die in dem erſten ſtamm die tugend angezuͤndt.
Das hauß von Zollern hat den feſten grund geleget /
Darauf die tapferkeit ihr luſt-hauß aufgebaut /
Man hat den edlen zweig / der ſo viel fruͤchte traͤget /
Schon vor ſehr langer zeit in ſchoͤnſter pracht geſchaut.
Der tapffre Rudolph war ſchon vor achthundert jahren
Des Kaͤyſers Heinrichs arm / als er die Hunnen ſchlug /
Und dieſe helden-art iſt nachmals fortgefahren /
Sie machte ſich beruͤhmt durch manchen krieges-zug.
Wer hat der Chriſtenheit den untergang geſchworen /
Auff den nicht dis geſchlecht den blancken ſtahl gewetzt?
Es zitterten vor ihm ſchon dazumahl die Mohren /
Und ſeine klinge ward mit Scythen-blut benetzt.
Als Mahumedis brut zu leben angefangen /
Und das gelobte land in wuͤſteney verkehrt /
Jſt Burggraff Conrad ſelbſt dem feind entgegen gangen /
Jſt nun nicht dieſe that der ſchoͤnſten cronen werth?
Von dem Johann kan noch die ſchnelle Donau ſagen /
Was ſeine treue hand an Sigismund gethan;
Denn als der Bajazeth den Kaͤyſer gantz geſchlagen /
Errettet jener ihn durch einen kleinen kahn.
Durch221Durch Friedrich / der zu erſt den Chur-hut uͤberkommen /
Wuchs auff den Boͤhmſchen krieg der goͤldne friedensſtab /
Der Tuͤrcke hat durch ihn gantz gluͤcklich abgenommen /
Weil ſeine hand dem reich viel tauſend guͤlden gab.
Der andre Friedrich war dem Tamerlan ein ſchrecken /
Daß deßfals Pohlen ihn zur crone ruffen ließ /
Albertus halff das feld mit Tuͤrcken-blut bedecken /
Weßwegen man ihn denn Achill der Teutſchen hieß.
Nachdem nun auch Johann / ſonſt Cicero genennet /
Durch ſeinen mund den ſtreit umb Schleſien geſchlicht /
So hat der Kaͤyſer / gleich wie alle welt bekennet /
Von dar den krieges-zug auff Moldau zugericht.
Der erſte Joachim hat auch mit holden worten
Das Roͤmſche reich ſo ſehr auff drachenblut erhitzt /
Daß vieler Fuͤrſten macht an unterſchiednen orten
Auff den geſchwornen feind der Chriſten loßgeblitzt.
Vom andern Joachim weiß Oeſtreich zu erzehlen /
Daß Solymann von ihm ſehr hart geſchlagen ſey /
Und weil die Teutſchen ihn zum general erwaͤhlen /
So legt man ihm mit recht den nahmen Hector bey.
Johann Georgens ruhm ſteht noch in friſcher bluͤthe /
So lange danckbarkeit den helden cronen macht /
Europa ruͤhmet noch ſein feuriges gemuͤthe /
Das mit dem hoͤchſten fleiß der Chriſten beyl bewacht.
Von dieſem groſſen baum ſind nun die cedern kommen /
Die mit der hoheit itzt biß an den himmel gehn /
Jhr theures wachsthum hat ſo reichlich zugenommen /
Daß auch die aͤſte ſchon voll guͤldner fruͤchte ſtehn.
Jhr werther ſchatten bringt dem vaterlande ſeegen /
Den Teutſchen tauſend gluͤck / den Chriſten ſicherheit.
Wer fuͤrcht ſich unter ihm vor hagel / brand und regen /
Den Oßmanns hoͤllen-geiſt auff GOttes kinder ſtreut?
Weiß Maximilian der andre nicht zu zeugen /
Daß Jochim Friederich ein blitz den Tuͤrcken ſey?
Die welt wird nimmermehr von ſeinem lobe ſchweigen /
Den grundſtein ſeines ruhms bricht keine zeit entzwey.
Jo -222Johannes Sigismund / von welchem man erzehlet /
Daß er mit einem ſtern zugleich aufgangen ſey /
Hat ſeiner tochter hertz mit Bethlehem vermaͤhlet /
Drumb fuͤrchte ſich vor ihm die gantze Barbarey.
George Wilhelm gab dem reiche neues leben /
Weil er den alten brand der zwietracht ausgethan /
Drum kunt es ſeinen arm um deſto mehr erheben /
Und griff mit munterm geiſt die Janitſcharen an.
Nun du / Durchlauchtigſter / haſt auch durch tapffre waffen
Dem Achmet offtermahls den ſtoltzen halß gedruͤckt /
Du machſt durch deine krafft demſelben viel zu ſchaffen /
So offt du friſches volck dem Kaͤyſer zugeſchickt.
Die groſſe Pforte muß vor deiner macht erſchuͤttern /
Wann dein geſchuͤtze brennt / zerſchmeltzt der Tuͤrcken hertz /
Vor deiner ſchaaren macht ſieht man die feinde zittern /
Wann du die glieder ſchlaͤgſt / ſo fuͤhlt ihr haupt den ſchmertz.
Ward Neutra nicht durch dich vom Tuͤrckſchen joch befreyet /
Des feindes untergang war dein erwuͤnſchtes ſpiel /
Leventz ſtand um und um mit leichen uͤberſtreuet /
Weil der Barbaren macht durch deine waffen fiel.
Weil du dein tapffres volck zu unterſchiednen mahlen
Auff Achmets ſtoltzen hals den Pohlen zugeſchickt /
So wollen ſie dafuͤr dir gruͤnen lorbeer zahlen /
Der mit dem gipffel ſchon bis an den mond geruͤckt.
Kaum haſtu neulichſt dich in Ungarn ſehen laſſen /
So fielen bald darauff die ſtaͤrckſten mauren ein /
Vor deiner klarheit muß der halbe mond verblaſſen:
Denn wo die ſonne ſtrahlt / da darff kein mond nicht ſeyn.
Jtzt iſt Jeruſalem / was Babylon geweſen /
Weil deines eyffers glut vor Ofen feurig war.
Kein menſch darff nun daſelbſt den Alcoran noch leſen /
Und niemand opffert mehr auff Belials altar.
So weiß der groſſe GOtt die ſeinigen zu ſchuͤtzen /
Wann er den wilden feind durch tapffre Fuͤrſten ſchlaͤgt:
Wil ſie ein ſcorpion mit ſeinem gifft beſpruͤtzen /
So wird der beſtie gar bald ihr haupt erlegt.
Ge -223Gewiß der himmel hat die hand mit in dem ſpiele /
Und ſtellte ſich der feind gleich wie ein crocodill /
GOtt macht den blitz zum pfeil / und ſeinen kopf zum ziele /
Es ſteht auf ſein gebot auch gar die ſonne ſtill.
Die helden aber ſind hierbey des Hoͤchſten haͤnde /
Durch die er ſeine ſtadt / die Sionsburg / beſchirmt /
Wann er ihr hertze ruͤhrt / ſo laufft der krieg zum ende /
Der friede bluͤhet ſchon / auch wann der feind noch ſtuͤrmt.
Drumb muͤſſen wir ihr haupt mit ſiegeszeichen kroͤnen /
Wir aͤtzen ihren ruhm in diamanten ein /
Apollo der befiehlt auch ſeinen liebſten ſoͤhnen /
Daß ſie mit zung und ſchrifft ſtets ſollen fertig ſeyn.
So nimm nun / theurer held / du wunder unſrer zeiten /
Auch deines knechtes ſchrift von ihm genaͤdig an /
Wir wollen uns dabey zu einem wunſch bereiten /
Und zweiffeln nicht / du bleibſt den Muſen zugethan.
GOtt aller Herren HErr laß deine waffen ſiegen /
Es muͤſſe ſtets dein volck als feſte thuͤrme ſtehn /
So wird noch Mahumed zu deinen fuͤſſen liegen /
Und wer die chriſten druͤckt / vor dir zu grunde gehn.
Auff des Marggraffen zu Baden Ludwig Wilhelms gluͤckliche landung in Engelland 1694. G. C. K. Teutſchland. WJe? will mein atlas ietzt von ſeiner ſtaͤte weichen?
Haͤlt mich ſein helden-arm nicht wie er vor gethan〈…〉〈…〉
Soll dann mein ſchutz-geſtirn ſchon ſeinen weſt erreichen /
Eh’ als ſein milder ſtrahl mich recht erwaͤrmen kan?
Verlaͤſt mein tapfrer Fuͤrſt mich nun in meinen noͤthen /
Die ſeine gegenwart nur erſt gemindert hat?
Wer wird der feinde macht am Rhein und Neckar toͤdten /
Wann mir ein Fabius entzieht den klugen rath?
Sein224Sein feſtgeſetzter geiſt eilt zu den kuͤhnen Britten /
Kein ſturm noch ungemach hemm’t dieſen groſſen ſchluß /
Es ſcheint / er hat nunmehr erd’ / feuer / meer beſtritten /
Weil iedes element ihm dienſtbar werden muß.
Jhr voͤlcker Albions / die muth und tugend zieret /
Nehmt meinen helden doch / mein kleinod / wol in acht /
Und wiſſet / daß mit ſich er unſre hertzen fuͤhret /
Und vor der Chriſten heil noch unermuͤdet wacht.
Engelland. DEin zuſtand gehet mir mehr als du denckſt zu hertzen /
Gleichwie mein ſteiffer bund der liebe zeugniß iſt;
Doch laß auch dieſes wort ietzt lindern deine ſchmertzen:
Daß dein Arminius den hafen hat erkießt.
Das gluͤcke / ſo vor ihm ſelbſt ſeine ſeegel ſtreichet /
Ja ſein gefehrte ſtets geſchworen hat zu ſeyn /
Hat dieſes theure pfand / vom himmel uͤberreichet /
Jns koͤniges palaſt mit luſt gefuͤhret ein.
Jch kenne ſein verdienſt und ſeine wunder-thaten /
Die bey der ewigkeit ſtets aufgezeichnet ſteh’n;
Jch weiß es / daß er nie an ſeinen feind gerathen /
Daß man nicht auch den ſieg von ihm erlang’t geſeh’n.
Die Donau hat er offt mit Tuͤrcken-blut gefaͤrbet /
Conſtantinopel iſt noch ietzt bey ſich beſtuͤrtzt /
Daß bey Salankemen er ihre macht verderbet /
Und ihres Divans rath durch tapferkeit verkuͤrtzt.
Teutſchland. SO muß das gluͤcke dann das ſteuer-ruder fuͤhren /
So offt ein Caͤſar ſich der wilden ſee vertrau’t?
Und mein durchleuchter Held kan nichts als wohlſeyn ſpuͤren /
Wann bey den Britten er die Majeſtaͤten ſchau’t.
Des225Des groſſen Wilhelms gunſt / Mariens gnaden-blicke /
Die wie das morgen-licht die welt erfreuen kan /
Sind ſeiner tugend lohn / ein koͤſtliches geſticke;
Denn adler ſehen nur der ſonnen ſtrahlen an.
Da wird ſein treuer geiſt auch auff mein beſtes dencken /
Und uͤber meine ruh’ offt mit zu rathe geh’n /
Der Hoͤchſte / deſſen hand mir ihn hat wollen ſchencken /
Der laß ihn mich vergnuͤgt in kurtzen wieder ſeh’n.
Euch aber / die ihr ietzt dem gluͤck im ſchoſſe ſitzet /
Und aus der ſichern ruh’ der goͤldnen zeiten lacht /
Beſchwer ich bey der treu / die unſer buͤndnis ſtuͤtzet /
Daß meinen fuͤrſten ihr zu lieben ſeyd bedacht.
Engelland. JA freylich ſorget man fuͤr dein und mein vergnuͤgen /
Und diß ſicht unſern feind am allermeiſten an /
Dem des verhaͤngniß ſpruch / in fernern krieges-zuͤgen /
Den laͤngſt beſchloß’nen fall bereits hat kund gethan.
Auf Teutſchland / laß uns dann macht / muth und treu verneuẽ.
Ein edler friede wird doch nur durch ſtreit gekroͤnt.
Mein Koͤnig und dein held / die uns in noth erfreuen /
Die werden nur durch diß / was uns behagt / verſoͤhnt.
Wie aber wird von mir dein theurer Fuͤrſt geehret?
Den ich den meinen auch mit rechte nennen mag.
Sein elter vater hat mir dieſen ruhm gewaͤhret /
Da er in meiner ſchoß erblickt den erſten tag.
Es liebt ſein ohre zwar mehr der carthaunen knallen;
Doch ſeine freundlichkeit verſchmaͤh’t kein ſchlechtes lied /
Das meiner toͤchter chor zu ſeinem lob laͤſt ſchallen /
Wo an der Themſe man die weiſſe ſchwanen ſieh’t.
II. Theil. PDie226Die Themſe-Nymphen. Aria. 1.KOmm tapffrer Gideon / zu palmen auserkohren /
Nachdem du Midian bekriegt /
Und Tuͤrck und Tartar haſt beſiegt;
Wird unter Jſrael dein ruhm ſtets neugebohren.
Wir nehmen dich mit jauchzen an /
Es ſinget / was nur ſingen kan:
Erklinget ihr ſtimmen bey lauten und geigen /
Weil trummeln / canonen und paucken jetzt ſchweigen.
2.Der Adler / welchen nord / ſuͤd / oſt und weſt verehret /
Hat ſich an deiner glut erquickt /
Da du den fahlen mond erſtickt /
Und durch den heiſſen ſtrahl den Alcoran verſehret;
Uns aber muß dein helden-ſchein
Ein aufbot dieſer lieder ſeyn:
Erklinget ihr ſtimmen bey lauten und geigen /
Weil trummeln / canonen und paucken jetzt ſchweigen.
3.Dein nahme / welcher ſonſt dem donner gleich gewittert /
Der blitz und ſchlaͤge mit ſich fuͤhrt /
Und wo der Helleſpont ſich ruͤhrt /
Die Dardanellen hat durch ſeinen knall erſchuͤttert;
Jſt uns ein angenehmer klang /
Bey deines ruhmes lobgeſang:
Erklinget ihr ſtimmen bey lauten und geigen /
Weil trummeln / canonen und paucken jetzt ſchweigen.
4.Was moͤgen wir uns nicht von deiner fauſt verſprechen?
Die ſo viel wunderwercke thut;
Wann unſres Koͤnigs witz und muth
Der feinde ſtoltze macht mit dir zugleich wird brechen. Dann227
Dann werden unſre zungen ſich /
Wie itzt / erheben freudiglich:
Erklinget ihr ſtimmen bey lauten und geigen /
Weil trummeln / canonen und paucken ietzt ſchweigen.
5.Laſt immer Mond und Hahn uns tauſend uͤbel draͤuen /
Der Mond bleibt doch vor Sonnen bleich /
Und England nicht / noch Oeſterreich /
Erſchrickt vor hahn / geſchrey / wie dort Cyrenens leuen.
Es ſicht uns keine furcht nicht an /
Als unſer mund hier zeigen kan:
Erklinget ihr ſtimmen bey lauten und geigen /
Weil trummeln / canonen und paucken ietzt ſchweigen?
6.Es ſegne / tapffrer Fuͤrſt / der Hoͤchſte dein beginnen /
Der deinen arm zu ſtreiten lehr’t /
Und ihm ſo manchen ſieg gewaͤhr’t:
Er ſchuͤtze deinen leib / und ſtaͤrcke deine ſinnen /
So wird / ſo lang’ der Themſe ſtrand /
Und unſre ſchoͤnheit bleibt bekandt /
Erklingen dein nahme bey lauten und geigen /
Wann trummeln / canonen und paucken gleich ſchweigen.
Auf die croͤnung des Roͤmiſchen Koͤniges Joſephi. AUff! auff bereite dich du gantzes rund der erden /
Vom auf - zum niedergang / von ſuͤd biß mitternacht /
Laß unſern Koͤnige / laß unſern Joſeph werden /
Was ihn zwar groͤſſer nicht / doch ausgezierter macht.
Gib / fernes Peru / gold aus deinen reichen kluͤfften /
Die GOtt und gluͤck geſchenckt dem ſtamm von Oeſterreich;
Daraus vor Joſephs haupt die crone ſelbſt zu ſtifften /
Der auff der gantzen welt iſt keiner crone gleich.
Du fremdes Decan muſt ihm diamanten ſchicken /
An deren werth nicht reicht / Florentz / dein wunder-ſtein /
P 2Damit228Damit der cronen gold ſo herrlich auszuſchmuͤcken /
Daß ſelbſt der ſonnen glantz nicht glaͤntzender kan ſeyn.
Verbrandtes morgenland treib an die braune Mohren /
Laß weiſſe perlen hol’n aus deiner gruͤnen fluth /
Zu dieſes koͤnigs ſchmuck hat die natur erkohren /
Was berg und wellen fuͤhrn als ihr koſtbarſtes gut.
Laß weites Mexico dein coxenil erſetzen /
Wann Tyrus purpur nicht den mantel roͤthet an;
Doch nein / wir wollen ihn mit eignem blute netzen /
Weil diß die teutſche treu noch mehr beweiſen kan.
Ceilon beut helffenbein / das rothe meer corallen /
Den marmor Welſchland an zu ſeines thrones ſtand;
Doch ſind ihm mehr gerecht die Zembliſchen cryſtallen /
Die zwar nur eiß / doch eiß das ewig wird genannt.
Wolan dann / wann er glaͤntzt in koͤniglichem weſen /
Das ſelbſt nachs Hoͤchſten wort was goͤttlichs in ſich haͤlt /
So ſoll ihm unſer hertz zum altar ſein erleſen /
Vor dem getreue brunſt auff ihre knie faͤllt.
Wir wollen vor ſein heyl unloͤſchbar feuer weihen /
Das ſchoͤnre kohlen naͤhrt als ſelbſt der ſternen licht /
Jn dieſes wollen wir ſo haͤuffig weyrauch ſtreuen /
Daß kaum der ſonnen glantz durch ſeine wolcken bricht.
Du biſt gluͤckſeeliges Arabien erkohrn /
Daß dieſer groſſe fuͤrſt ſolch rauchwerck von dir nimt.
Denn weil das gluͤck ſich ſelbſt zu ſeinem heyl verſchworen /
Muß auch was gluͤcklichs ſeyn das ihm zum opffer glimmt.
Wir wuͤnſchen nur indeß mit niedrigen geberden /
Daß unſer teutſcher held ſey ſeinen Teutſchen hold /
So liebet unſer geiſt / ſo ehren wir auff erden
Nichts eifriger als ihn / nechſt GOtt und Leopold.
Uber -229Uberſetzung der fuͤnfften Satyre des Boilcau. **DEr adel iſt alsdenn kein bloſſer dunſt zu nennen /
Wenn man aus ſolchem blut / das helden zeugen koͤnnen /
Entſprieſt / und nach dem ſatz / den ſtrenge tugend ſtifft /
Auch ſo der ahnen ſpur / wie du / mein Dangeau / trifft.
Nur kraͤnckt mich / wenn ein thor / der ſich in ſchnoͤden luͤſten
Pflegt eintzig und allein mit ſeinem ſtand zu bruͤſten /
So unverſchaͤmte pracht mit fremdem ſchmucke treibt /
Und andrer leute lob auff ſeine rechnung ſchreibt /
Sein tapfferes geſchlecht mag durch beruͤhmte ſachen /
Die aͤltſte chronicken zu dicken buͤchern machen.
Geſetzt: daß ein Capet / der Franckreichs ſcepter fuͤhrt /
Der ahnen ritter-ſchild mit liljen ausgeziert;
Wozu ſoll aber ihm der leere vorrath dienen /
Wenn er von ſolchem ſtamm / der ehmahls groß geſchienen /
Der welt nichts weiſen kan / als ein verlegnes blat /
An dem das pergament der wurm geſchonet hat?
Wenn er was goͤttliches an ſeiner quelle ſpuͤret /
Und doch in ſeinem ſinn zugleich iſt uͤberfuͤhret /
Daß man nichts groſſes mehr an ihm zu ſehen kriegt:
Als daß ein ſtoltzer jeck in weicher wolluſt liegt.
Doch ſcheint es / wenn er ſich ſo uͤbermuͤthig blehet /
Daß ſich nach ſeinem winck des himmels axe drehet /
Und daß des ſchoͤpffers hand / mit reiffem vorbedacht /
Jhn aus viel beſſerm thon / als mich / hervor gebracht.
Was iſt es fuͤr ein thier / du geiſt von hohen gaben!
Das wir gemeiniglich am allerliebſten haben?
Jſts nicht ein muntres pferd / das krafft und feuer blaͤßt /
Und keinem neben ſich das ziel erreichen laͤßt?
Da offt ein koppelgaul wird ohngefehr bezahlet /
Ob gleich manch ſchoͤnes roß in ſeinem ſtamm-baum prahlet /
Und traͤgt / wenn er nicht taugt / den rentzel uͤber land /
Wo man das ſchind-vieh nicht gar in die karre ſpannt.
P 3Wie230Wie aber / wilſt denn du uns andre ſo bethoͤren /
Daß iederman an dir ſoll was vergangnes ehren?
Mein freund du irreſt dich / und kenneſt nicht die welt /
Wo ich nicht tugend ſeh’ / da ſeh ich keinen held.
Getranſt du dich dein blut von helden herzuleiten /
So zeig’ auch gleiche glut / wie ſie zu ihren zeiten /
Ein hertz das ehre ſucht / und das die laſter ſcheu’t.
Lebſt du wie ſichs gebuͤhrt / fleuchſt ungerechtigkeit /
Kanſt den / der dich beſtuͤrmt / von deinen mauren treiben /
Und biß zum morgen-thau im harniſch ſtecken bleiben /
Alsdenn erkenn’ ich dich / daß du recht edel biſt /
Weil man aus deinem thun des adels probe liſt.
Alsdenn ſey dir vergoͤnnt die ahnen zu erleſen
Aus denen / welche ſelbſt monarchen ſind geweſen /
Jns tauſende gelied magſt du zuruͤcke gehn /
Die laͤngſt verſtrichne zeit ſoll dir zu dienſte ſtehn /
Du kanſt der helden reih / wenn dirs gefaͤllt / durchwandern /
Komm von Achilles her / von Caͤſarn / Alexandern.
Der neid der ſtreut umſonſt dir einen zweiffel ein /
Und biſt du nicht ihr ſohn / ſo ſolteſt du es ſeyn.
Hingegen / haſt du gleich beweiß genug in haͤnden /
Daß du von grad zu grad ſtammſt aus Alcidens lenden;
Schlaͤgſt aber aus der art / ſo legt der eltern grab
Am erſten wider dich ein ſchlimmes zeugniß ab /
Und ihrer wuͤrde glantz / den du beginnſt zu ſchwaͤchen /
Beleuchtet deſto mehr dein ſchaͤndliches verbrechen /
Es hilfft nicht / daß du dich mit ihren nahmen deckſt /
Wenn du dich auf der haut des muͤſſigganges ſtreckſt.
Und wilſt du dergeſtalt der ahnen ſchutz gebrauchen?
So wird er wie ein dampff und leichter noch verrauchen.
Du bleibſt ein bloͤder held / der in geheim betreugt /
Ob er gleich oͤffentlich viel goͤldne berge leugt.
Ein falſcher / der verraͤth und lauter meineyd bruͤtet /
Ein thor / doch ſo ein thor / der in dem wahnwitz wuͤtet /
Und wenn man den entwurff in zweyen worten faſt:
Von einem ſchoͤnen baum ein abgefaulter aſt.
Wird231Wird meiner Muſen zorn ſich auch zu ſehr ergieſſen?
Laͤſt ſie nicht ſchon zu viel vergaͤllte worte flieſſen?
Sie geht vielleicht zu weit und kennt die weiſe nicht /
Nach der man insgemein mit ſtands-perſonen ſpricht.
Wolan ſo will ich denn mit glimpff nur dieſes fragen:
Jſts lange daß man hoͤrt von deinem adel ſagen?
Schon gantzer tauſend jahr. Und dein bekandtes hauß
Steckt ſeiner ahnen zahl auff zwey und dreyßig aus.
Jn warheit / das iſt viel / zumahl da zu erweiſen /
Daß ihrer titul pracht faſt alle ſchrifften preiſen /
Jhr nahme lebt / und trutzt dem ſchiffbruch rauher zeit /
Das alles iſt ſehr gut; doch wer ſchwert einen eyd /
Daß binnen ſolcher friſt der muͤtter keuſches lieben
Den maͤnnern immer treu / den buhlern ſeind geblieben;
Daß nie ein kuͤhner freund ſie gluͤcklich angelacht /
Und durch den adel-ſtand dir einen ſtreich gemacht;
Und daß ein reines blut aus nicht geringerm orden /
Stets durch Lucretien dir zugefloͤſſet worden?
Verflucht ſey jener tag / an dem der eitle tand
Zu erſt die reinigkeit der ſitten weggebannt.
Als die noch zarte welt lag gleichſam in der wiegen /
Durfft einer ſich auff nichts als auff die unſchuld triegen /
Das volck das war vergnuͤgt und in geſetzen gleich /
Verdienſt war adels werth und galt ein koͤnigreich.
Da fand man keinen held / der ſich auf herkunfft ſtuͤtzte /
Und der nicht von ſich ſelbſt mit eignen ſtrahlen blitzte /
Biß daß man mit der zeit die tugend ſo verließ /
Daß man ſie buͤrgerlich / das laſter edel hieß.
Der neu’ erwachſne ſtand hielt andre bald fuͤr ſclaven /
Das land ward uͤberſchwemmt von Herren und von Grafen /
Man hatte tugend gnug / wenn man ſich titul gab /
Und wieß an ſtatt des kerns die welt mit ſchalen ab.
Bald ward ein wapen-recht mit regeln auserſonnen /
Daß / weil es im gehirn der ſchwaͤrmer angeſponnen /
Jhm eigne woͤrter macht und unvernehmlich ſpricht /
Die ſchilde bald bekroͤnt / bald in vier theile bricht.
P 4Bald232Bald pfaͤhlt und gegenpfaͤhlt / bald kerbet und verbindet /
Und was dergleichen mehr die herolds-kunſt erfindet.
Da ward nun die vernunfft der therheit unterthan /
Die ehre war beſchaͤmt / denn keiner ſah ſie an /
Die koſten nahmen zu / man ließ verſchwendung ſpuͤhren
Den vorzug der geburt nach wuͤrden auszufuͤhren /
Man baute ſchloͤſſer auff / und gab zum unterſcheid
Der hoffbedienten ſchaar ein bunt gebraͤmtes kleid.
Da muſte man viel troß zum anſehn bey ſich haben /
Und wer gar vornehm war / der hielt ſich edel-knaben.
Als aber geld und gut des adels bald verſchwand /
Und er zum unterhalt kein leichter mittel fand /
Ward er aus duͤrfftigkeit in einer kunſt geuͤbet /
Die allenthalben borgt / und nichts nicht wieder giebet /
Kein ſcherge war ſo frech / der ſich an ihm vergriff
Und wenn ein glaͤubiger nach der bezahlung lieff /
Ließ ihn ein ſolcher herr fuͤr ſeiner ſchwelle frieren /
Biß man ihn zum beſchluß ſah’ in den ſchuld-thurn fuͤhren /
Da er / wiewohl zu ſpaͤt / ſein ungemach beklagt /
Wenn ihn des richters ſpruch von hauß und hof gejagt:
Diß gab gelegenheit / in dem die nothdurfft fehlte /
Daß er aus lumpen-volck ein reiches weib erwehlte /
Der ahnen alterthum das gab er in den kauff
Und halff ſich auß dem ſchimpff mit ſchande wieder auff.
Denn wo der adel nicht den ſchein vom golde lehnet /
Und bloß ſein alter liebt / ſo bleibt er wohl verhoͤnet /
Ein ieder haͤlt ihn werth / ins toll-hauß einzugehn /
Und wer ihm anverwandt / der will es nicht geſtehn.
Jſt aber iemand reich / nach dem wird alles fragen /
Ja haͤtt’ er in Pariß gleich liberey getragen /
Und wuͤſte ſelber nicht / wie recht ſein nahme ſey /
Ein ſchmeichler ſteht ihm bald mit hundert ahnen bey /
Und wird ihn / wer er iſt / aus den geſchichten lehren.
Auff! Dangeau / den verdienſt und gluͤck fuͤr andern ehren /
Der du des hofes meer ſo kluͤglich durchgeſpuͤrt /
Daß deine tugend nie die klippen hat beruͤhrt /
Dich233Dich hat des koͤnigs huld zu einem ſtand geruffen /
Da du ihn taͤglich ſiehſt auff neuen ſieges-ſtuffen;
Und wie was goͤttliches / das ihm iſt eingepraͤgt /
Mehr als der liljen glantz an ihm zu ſchimmern pflegt.
Wie ers veraͤchtlich haͤlt / wenn andre majeſtaͤten
Vor ihrer uͤppigkeit im purpur nicht erroͤthen /
Wie er die traͤge luſt fuͤr eine buͤrde ſchaͤtzt /
Dem wanckelbaren gluͤck durch klugheit graͤntzen ſetzt.
Und ihm ſein wohlergehn mit eignen haͤnden bauet /
So daß der erden-kreiß an ihm ein muſter ſchauet /
Wie man ſoll koͤnig ſeyn; auf! ſag ich / ſey bemuͤht /
Wenn dein rechtſchaffner muth den ruhm zum zweck erſteht /
Wie du durch treuen dienſt / und tapfferes beginnen /
Magſt deines herren hertz je mehr und mehr gewinnen /
Und zeig ihm / daß er heut noch unterthanen findt /
Die ſolches koͤniges / wie er iſt / wuͤrdig ſind.
Aus dem Franzoͤiſchen des beruͤhmten Boilcau. B. N. An den koͤnig. JUng und behertzter held / fuͤrſt / deſſen witz und liſt
Nicht eine ſpaͤte frucht des faulen alters iſt;
Der nach der goͤtter art auff keinen diener bauet /
Allein in allem herrſcht / und alles ſelber ſchauet.
Mein koͤnig und mein herr / wofern ich mit bedacht
Bißher fuͤr deinen ruhm noch keinen verß gemacht;
So iſt es darum nicht / als ob ich / wie ich ſolte /
Dir den verdienten preiß nicht willig opffern wolte:
Nein; ſondern weil ich nicht zum loben tuͤchtig bin:
Denn meine Muſe bebt / und mein verwirrter ſinn
Erzittert fuͤr der laſt ſo einer ſchweren buͤrde;
Aus furcht / im fall ich dich nicht recht beſingen wuͤrde /
Daß ich bey deiner pracht und deiner hoheit ſchein /
Auf deinen lorbeer-krantz nur duͤrffte flecken ſtreun.
P 5Drum234Drum mag ich ſelber mich mit keinem wahne blenden /
Jch meſſe meinen lauff nach meinen ſchwachen lenden /
Und bin vernuͤnfftiger bey meiner bloͤdigkeit /
Als andre / die mit ſchimpff und aus verwegenheit /
Durch abgeſchmackten rauch dir dein altar entzieren:
Die auf der ehren-bahn / wo nutz und geitz ſie fuͤhren /
An deinem nahmen ſich faſt halb zu tode ſchreyn /
Durch meldung deiner macht dir nur beſchwerlich ſeyn /
Und taͤglich / wie du weiſt / mit einer heiſern kehlen
Dir dein ſelbeignes thun und deinen ſieg erzehlen.
Der faͤngt ein ſchaͤfer-lied mit ſtoltzen worten an /
Und ſtellet eingangs gleich ſich ſelber auff die bahn;
Jndem er ſeinen ruhm an jede zeile haͤnget /
Und dein durchlauchtes lob mit narren-dunſt vermenget.
Ein ander quaͤlt umſonſt beym reimen den verſtand
Und nimt wohl zwantzig mahl die raſpel in die hand /
Und endlich ſucht er dich / o ungemeine ſachen!
Am ende des Sonnets der ſonne gleich zu machen.
Zwar ihre feder iſt vom Helicon veracht:
Die Muſen haben laͤngſt zur fabel ſie gemacht:
Calliope hat nie die ſtuͤmper angeſprochen;
Und Pegaſus hat ſich fuͤr ihnen gar verkrochen.
Jedennoch wenn man ſieht / mit was fuͤr zuverſicht
Jhr frecher hochmuth dir Apollens gunſt verſpricht /
So daͤchte man wohl gar / daß ſie ſein hertz in ketten /
Und den geweihten berg zu ihren dienſten haͤtten.
Ja wenn man ihnen glaubt / ſo ſind ſie in der welt
Vom Phoͤbus gantz allein fuͤr deinen ruhm beſtellt /
Und dein geprieſner nahm’ in ſuͤden / weſt und norden /
Jſt / ihrer meynung nach / durch ſie unſterblich worden.
Dein nahme / welcher doch durch ſein belebtes licht
Jhr baͤuriſches gebluͤt’ ein wenig auffgericht:
Und der allein gemacht / daß ihre kluge grillen
Nicht laͤngſt den hohlen bauch der matten wuͤrmer fuͤllen.
Denn dieſer ſchuͤtzet ſie: gleich wie man etwa ſieht /
Daß ſich ein ſchwacher baum durch ſtuͤtzen auffwerts zieht /
Der235Der ohne dieſe krafft / durch die er nun kan ſteigen /
Sich ſonſten gantz verſchmacht zur erden wuͤrde neigen.
Doch alles ſtraff ich nicht / und mein vermeßner kiel
Verwirfft nicht / daß man dir / o held / gefallen will.
Von ſo unzehlichen / die deinen nahmen nennen /
Kennt die Apollo ſchon / die dich recht loben koͤnnen.
Und unter dieſer zahl / die deine thaten preißt /
Findt man ſo wohl Corneill’ als Pelletierens geiſt.
Das aber kan ich nicht in meinem hertzen leiden /
Daß einer / der den verß muß nach dem reime ſchneiden /
Sich gantz unnoͤthig zwingt / dir weyrauch aufzuſtreun.
Wer den Auguſt beſingt / der muß ein Maro ſeyn.
Und jener held that recht / der nicht geſtatten wolte /
Daß / nechſt Apellens hand / ihn iemand mahlen ſolte.
Jch demnach / der den mund des Phoͤbus nie geſchmeckt /
Und von den Muſen bloß ein wenig milch geleckt /
Denck’ immer / daß die zeit mich noch wird kluͤger machen.
Darum bemuͤh ich mich nur in geringen ſachen:
Und da dein helden-arm / fuͤr dem die erde bebt /
Mit blitzen in der hand recht und geſetz’ erhebt /
Und die verſtockten weiß mit ſtraffen zu bedraͤuen /
Brauch ich den feder-kiel / die laſter auszuſchreyen;
Klag’ ohne ſchmeicheley mich ſelbſt am ſchaͤrffſten an /
Und ſage dem papier offt was mein hertz gethan.
Daher / wenn ſich in mir die ſtraff-begierde ruͤhret /
Folg’ ich der biene nach / die / wenn der lentz regieret /
Die krafft den blumen ſtiehlt / und honig daraus ſchafft:
So koch’ aus thorheit ich hingegen wermuth-ſafft.
Jch wandre alles durch / wovon ich nur kan ſingen /
Und halte keinen weg / an ſtatt / den kiel zu zwingen /
Erlaub’ ich ihm vielmehr / ich muß es nur geſtehn /
Bey dieſer freyen kunſt gerade durchzugehn.
Das alleraͤrgſte iſt / daß ich das maul verbrenne
Und gerne jedes ding bey ſeinem nahmen nenne:
Das macht / daß ihrer viel ein ſtiller zorn entzuͤndt /
Die nemlich auſſen ſchnee / von innen kohlen ſind:
Aus236Aus furcht / daß ſo ein mann / den luſt und ernſt auffwecken /
Nicht ihnen mit der zeit die larven gar abdecken /
Und nach erlangter macht die ſitten umzudrehn /
Der warheit allzuweit moͤcht in das hertze ſehn.
Ein ſo vergifftes volck nimt auch den bloſſen nahmen
Von einer ſtachel-ſchrifft zu einem zwietrachts-ſaamen /
Schleppt jeden / der nur lacht / zum richter mit gewalt /
Und wo nur in der ſtadt der kleinſte ruff erſchallt /
Daß ein gelehrter kopff ſich etwa will bemuͤhen /
Jhr heuchleriſches thun in buͤchern durchzuziehen /
So hoͤrt man / wie die brut auf allen gaſſen ſchreyt:
Paris / es iſt geſchehn um ehr und redligkeit!
Ein ſo abſcheulich werck iſt nie zuvor erhoͤret:
Das heiſſet / wider recht und himmel ſich empoͤret.
Allein verſtellet euch / ihr luͤgner / noch ſo wol!
Ein kluger weiß ohndem / wie viel er glauben ſoll.
Jhr ſucht euch aͤuſerlich mit tugend auszuſchmuͤcken /
Da euren feigen geiſt doch ſtoltz und hoffart druͤcken.
Eur hertze kennt ſich wohl: drum fliehet es das licht
Und iſt nicht gerne da / wo man die warheit ſpricht:
Eur hertz / das / wie es ſcheint / zwar GOttes wort verſpeyet /
Und dennoch den Tartuff’ und Moliere ſcheuet.
Doch wo verfall ich hin? mein fehler hengt mir an.
Du ſieheſt / groſſer held / daß ich nicht ſchmeicheln kan.
Jch mag wie andre nicht aus zwergen groſſe ſachen /
Aus haſen Hercules / aus narren engel machen.
Jch lauffe keinem nach / und meine flamme brennt
Fuͤr keinen Jupiter / der nicht die tugend kennt.
Man wird mich niemals ſehn / auch gar in ſolchen dingen /
Die deinen ruhm angehn / ſinn und gedancken zwingen.
Und wie gefaͤhrlich auch mir deine macht kan ſeyn;
So ſolte / ſtimmte nicht das hertze mit mir ein /
Mir dennoch weder gut / noch hoffnung / noch behagen /
Dir zu gefallen auch nur einen verß abjagen.
Alleine wenn ich ſeh / wie muͤhſam ſich dein geiſt
Jn mehrung deines reichs und deiner macht erweiſt;
An237An ſtatt / daß mancher fuͤrſt / den ſchweiß und arbeit ſchrecket /
Den halb verfaulten fuß nicht aus dem lande ſtrecket:
Ja wenn ich ferner ſchau / wie dein gemeßner rath
Durch ſuͤſſen uͤberfluß das volck bereichert hat;
Wie Tag’ und Tiber ſich zu deinen fuͤſſen buͤcken;
Die flotte ſonder furcht ins freye meer kan ruͤcken;
Und dein geuͤbtes heer / das deinen großmuth liebt /
Dem adler ſeine krafft und ſtaͤrcke wiedergiebt:
Wie Franckreich unter dir dem gluͤcke ſelbſt befiehlet:
Wie deine krieges-macht zur ſee den meiſter ſpielet:
Und endlich / wie man gold / auch wider fluth und wind /
An oͤrtern / wo die ſonn es ſelber bildet / findt;
So frage ich nicht erſt / was ſaget Phoͤbus oben:
Denn alles brennt in mir und hebt dich an zu loben.
Jedoch den augenblick ſpringt die vernunfft herbey /
Die unterbricht den lauff der ſchoͤnen phantaſey /
Und laͤſt mich aͤrmſten ſehn / wie ſehr ich mich vergangen /
Daß ich dich ohne krafft zu ſingen angefangen.
Alsbald entſetz’ ich mich und mein erſchrockner kiel
Steckt bey ſo ſchwerer laſt ihm ein gewiſſes ziel /
Und will nicht weiter gehn. Drum ſchließ ich meine reimen /
Und wie ein ſchiff entweicht / wenn meer und wellen ſchaͤumen /
So ſeh’ ich auch nicht an / mein koͤnig / wo ich bin /
Entreiſſe der gefahr und flieh zum ufer hin.
Die erſte Satyre. B. N. DAmon / der groſſe mann / der ſo geraume zeit /
Durch ſeinen muſen-ſchertz hat hof und ſtadt erfreut /
Jnzwiſchen aber ſich in grobes tuch nur kleidet:
Jm winter kaͤlt und froſt / im ſommer hitze leidet;
Und deſſen trockner leib und hungrige geſtalt
Den ruhm gar ſehr beſchimpfft / der doch von ihm erſchallt /
Ward endlich muͤd und ſatt ſein guͤtgen zu verſchwenden /
Und ſo viel ſauren ſchweiß an einen reim zu wenden /
Da -238Dadurch er nichts verdient / wohl aber in gefahr /
Jn ſchulden / um ſein kleid und alles kommen war;
So daß er nichts bey ſich als ſeinen kummer fuͤhrte:
Drum ſucht er fried und ruh / die er doch nirgends ſpuͤrte /
Und ſann auf ſichre flucht und einen wuͤſten hayn /
Wo weder rath noch knecht ihm koͤnte ſchaͤdlich ſeyn.
Bevor die krumme hand der ihm verhaſten rechte
Jhn in das finſtre loch des kerckers werffen moͤchte /
Und er noch etwan gar ſich ſchimpflich muͤſte ſehn
Bey ſeiner lorbeer-pracht im gruͤnen hute gehn.
Jedoch indem er ſchied / gantz blaß und abgezehret
Als einer / den die laſt der ſuͤnde noch beſchweret /
Zur letzten faſten-zeit; ſo ſah er auf ſein hauß
Und ſtieß voll grimm und feu’r noch dieſe woͤrter aus:
Weil denn in dieſer ſtadt / wo Phoͤdus ſtets gewohnet /
Verdienſt und klugheit nicht wie vormahls wird belohnet;
Weil die Poeten ja von GOtt verlaſſen ſind /
Und man hier weder ſcham / noch wahre tugend findt;
So laſt uns einen ort in hohlen felſen ſuchen /
Wo uns kein haͤſcher-knecht / kein ſcherge mehr darff fluchen.
Und weil wir ohne dem umſonſt zum himmel ſchreyn /
So laßt der zeit zu trotz uns einſt verborgen ſeyn.
Dieweil noch meinen fuß kein ſchwerer feſſel druͤcket;
Dieweil ſich nicht mein leib fuͤr grauem alter buͤcket /
Mein gang / gleichwie zuvor / noch alle ſchritte mißt /
Und meines lebens reſt nicht gantz verſponnen iſt:
Das iſt der beſte rath / den ich mir ietzt kan geben.
Es lebe Goͤrg’ allhier / weil Goͤrge hier kan leben /
Den eine million / die ſein betrug erſchnellt /
Aus einem pfaff und knecht in grafen hat verſtellt.
Es lebe Jacob hier / der durch ſein kluges ſcheren
Uns noch mehr ſchaden wird / als peſt und krieg gebaͤhren;
Der ſeine rennten gar ins A. B. C. gebracht /
Und einen band daraus / wie Caleßin / erdacht;
Er herrſch’ in dieſer ſtadt! Er kan mit rechte lachen.
Jch aber in Paris was ſolt ich doch hier machen?
Jch239Jch bin nicht auff betrug und falſchheit abgericht;
Und waͤr ich es auch gleich / nein / luͤgen mag ich nicht.
Jch kan den uͤbermuth der narren nicht verſchweigen /
Fuͤr denen andre ſich des ſoldes wegen beugen:
Jch ſchreibe kein ſonnet mit ſchmeicheln in die welt /
Und wen ich loben will / den lob ich ohne geld.
Fuͤr ein ſo ſchlechtes amt bin ich zu hoch gebohren:
Mein geiſt iſt etwas ſtarck und baͤuriſch abgejohren;
Jch ſage / wie es iſt. Ein ſieb nenn’ ich ein ſieb /
Ein kaͤtzgen eine katz / und Rolet einen dieb.
Verliebten weiß ich nichts geſchicktes auszuſinnen /
Jch kan auch nicht die kunſt die maͤgdchen zu gewinnen /
Und leb in dieſer ſtadt ſo einſam und verzagt /
Als ein halb-todter leib / den die verſtopffung plagt.
Wer aber / wirfft man ein / heiſt ſolche tugend lieben /
Die man ſonſt nirgends ſieht als in ſpitaͤlen uͤben?
Die hoffart ſtehet nur bey gut und gelde fein /
Ein armer aber muß zum dienen willig ſeyn.
Durch kuppeln kan ein mann den noth und hunger ſchwaͤchen /
Den einfluß und die macht der falſchen ſterne brechen.
Durch kuppeln hebt das gluͤck / bey dieſer harten zeit /
Auch ſchreiber / wenn es will / zur hoͤchſten herrligkeit.
So gar iſt tugend ietzt vom ſchickſal unterdruͤcket.
Ein ſchulfuchs triumphirt und wird empor geruͤcket /
Der / haͤtt’ er oͤffters nicht durch falſche wiſſenſchafft
Das grade krumm gemacht / und durch der ſtimmen krafft
Das arme land gepreßt / wol ſonſt an ſeinem wagen
Selbſt wuͤrde kutſcher ſeyn und liebereyen tragen.
Jch weiß wohl / daß die furcht / von wegen dieſer that /
Erſt neulich einen mann von uns entfernet hat:
Allein die taxe hat ihn nur umſonſt geſchrecket:
Man wird ihn wieder bald mit fremder pracht bedecket /
Und raͤuberey geſpickt durch alle gaſſen gehn /
Und GOtt / der ihn doch haßt / verzweiffelt pochen ſehn.
Jndeß / daß Pelletier den todten knochen gleichet /
Und240Und ſtets von einer thuͤr zur andern betteln ſchleichet /
Der doch die kunſt verſteht / die ieder kluger ehrt /
Und Monmaur eher zeit hat in Paris gelehrt.
Zwar unſer koͤnig zieht zu unſerm groſſen gluͤcke
Den ſchwachen Phoͤbus noch aus dem ſpital zuruͤcke /
Erhaͤlt ihn fuͤr dem fall und wirfft bey krieg und ruh
Den Muſen offtermals geneigte blicke zu.
Man weiß / daß dieſer held bloß nach verdienſt erhebet:
Was aber hilfft Auguſt / wo kein Mecaͤnas lebet?
Wer wolte ſich doch wohl bey meiner ſchweren pein
So viel erniedrigen und meine ſtuͤtze ſeyn?
Und waͤr auch dieſes gleich; wie braͤch ich durch den hauffen
Der reimer / die ihn meiſt aus hunger uͤberlauffen /
Die ſtets die erſten ſind / wo ſeine hand ſich ruͤhrt /
Und ſtehlen / was doch offt dem letzten nur gebuͤhrt.
Gleichwie die weſpen thun / die ſelber nichts verdienen /
Und doch den honigſeim der arbeits-vollen bienen
Jn ihren rachen ziehn. Drum habet gute nacht /
Gewinſte / weil ihr nur verwegne gluͤcklich macht.
Amandus hatte nichts als ſeine kunſt zum beſten /
Sein gut und erbtheil war ein rock mit einer weſten /
Ein blat / wo fiat ſtund / ein bett’ / ein ſtruͤmpffchen lichts /
Und endlich kurtz geſagt: Amandus hatte nichts.
Als er nun muͤde war ſein leben ſo zu fuͤhren /
Dacht er durch dieſes nichts dem gluͤcke nachzuſpuͤren /
Und kam zu einer zeit bey hofe / voller wahn /
Mit einer gantzen laſt von ſchoͤnen verſen an.
Wie lieff es aber ab? Er kam mit ſchimpffe wieder /
Warff voller ſchand und ſpott ſich auf das bette nieder /
Und ſeuffzte / biß zuletzt das fieber und der gram /
Noch eh’ er hungers ſtarb / ihn von der erde nahm.
Poeten waren zwar vordem bey hofe mode;
Heut aber ſchmecken ſie der welt nach narren-ſode.
Schreib einer noch ſo klug / und mit der groͤſten muͤh /
So hat er doch nicht mehr das gluͤck des Angeli.
Was241Was ſoll ich denn nun thun mein elend einſt zu enden?
Soll ich vom Helicon zum Bartolus mich wenden?
Und Louets buch durchgehn / das ſo viel zaͤucker macht?
Wie? oder ſoll ich gar in einer langen tracht
Den advocaten-ſaal mit meinem rocke kehren?
Ach! dieſes bloſſe wort kan meinen muth verzehren.
Jch? ſolt ein anwald ſeyn in dieſer wilden ſtadt?
Wo die gerechtigkeit laͤngſt ihren abſchied hat;
Die unſchuld betteln geht / und bey ſo vielen rechten
Ein ieder mit gewalt das unrecht will verfechten;
Wo man das ſchwartze weiß / weiß ſchwartz zu machen ſinnt;
Wo Patru weniger als Mazier gewinnt /
Und zungen-dreſcher offt den Cicero beſchaͤmen?
Ha! eh’ ein ſolcher ſchluß ſoll meinen ſinn einnehmen /
Eh ſoll auf ſanct Johann das waſſer eiß und ſtein /
Arnaud ein Huguenot / Pavin ein heuchler ſeyn.
Wolan! ſo laſt uns denn diß freche land verlaſſen /
Wo gluͤck und redligkeit ſich unauffhoͤrlich haſſen:
Wo laſter / ſchand’ und liſt mit voller macht regiert /
Die falſchheit cron und ſchwerd / betrug den ſcepter fuͤhrt:
Wo man die wiſſenſchafft verfolget / druͤcket / plaget /
Und als ein huren-kind von hauß und hoff verjaget:
Wo man auff nichts mehr denckt / als wie man ſtehlen will:
Wo alles mich verdreuſt: wo ‒ ‒ doch ich ſchweige ſtill.
Wer iſt nun wohl ſo kalt / der ob ſo groben ſuͤnden /
Wenn er ſie taͤglich ſieht / nicht ſolte zorn empfinden?
Und dem nicht / wenn er ſie mit ernſte durch-wil ziehn /
Auch ohne Phoͤbus krafft die beſten reime bluͤhn?
Nein / nein / ſo offt man ſich hierinnen ſucht zu zeigen /
So darff man nicht / wie ſonſt / auff den Parnaſſus ſteigen:
Apollo darff auch nicht erſt unſer helffer ſeyn;
Denn was er ſagen kan / giebt ſchon der eifer ein.
Sieh’ da / ſpricht mancher hier / du faͤngeſt an zu raſen.
So hohe redens-art ſchmeckt nach gelehrten haſen.
Geh’ auf die cantzel hin / und juͤckt dich ja das maul /
So mache da das volck durch deine reden faul.
II. Theil. QDa242Da kanſt du was du wilſt / gut oder uͤbel ſprechen.
So ſchwatzt ein blinder narr / den meine ſchrifften ſtechen.
Der bey der thorheit ſich gantz klug und ſicher acht /
Wenn er fein hoͤhniſch nur mein ernſtes thun verlacht /
Der bald den himmel pocht / bald wie die froͤſche zittert /
Der GOtt nicht eher kennt / biß er ein fieber wittert /
Und keine hand auffhebt / als wenn es knallt und blitzt;
So bald es aber klar / ſchon wieder ſpotten ſitzt.
Denn daß ein ſolcher menſch alsdenn zu dencken pflege /
Daß GOtt durch ſeine macht den bau der welt bewege /
Und daß nach dieſer zeit ein ander leben ſey /
Wird er zum wenigſten bey ſeiner pralerey /
Doch muͤndlich nicht geſtehn: ich aber / der ich glaͤube /
Daß keine ſeele ſterb’ und GOtt den donner treibe /
Befinde / daß ich mich von hier entfernen ſoll.
Wohlan! ich weiche denn. Paris / gehab dich wohl!
Die andre Satyre. An den Herrn von Moliere. B. N. BEruͤhmt und ſeltner geiſt / der wegen ſeiner gaben
Nicht weiß / was ihrer viel fuͤr muͤh im dichten haben.
Fuͤr dem Apollo ſelbſt muß ſeinen ſchatz ausſtreu’n /
Und der gar wohl verſteht / was gute verſe ſeyn.
Erfahrner held in dem / was witz und kunſt ergruͤndet /
Moliere / ſage doch / wie man die reimen findet.
Man ſchwuͤre / wenn du wilſt / ſo lieffen ſie dir nach;
So gar fließt ieder verß dir ſonder ungemach.
Du darffſt nicht allererſt viel in gedancken traͤumen /
Denn was dein mund nur ſpricht / das ſind ſchon lauteꝛ reimen:
Jch aber / den der wahn und eine blinde macht
Zur ſtraffe / wie es ſcheint / aus reimen hat gebracht /
Bekenne / daß ich mich oft nur umſonſt erhitze.
Jch ſuche mehr / als du; ich ſinne / denck und ſchwitze /
Und ſpare weder fruͤh noch abends meinen fleiß;
Doch243Doch ſagt das hertze ſchwartz / ſo ſpricht die dinte weiß.
Red’ in gedancken ich von einer hof-figure /
So reimt mein feder-kiel darauff den abt von Pure.
Fehlt mir ein groſſer mann und dichter in dem ſchluß /
So ſpricht der reim Kainant / an ſtatt Virgilius.
Mit einem wort’: ich mag mich hin und her bewegen /
So laufft mir dennoch ſtets das widerſpiel entgegen.
Weil ich mit aller muͤh nun nichts erſinnen kan /
So denck’ ich weiter nicht fuͤr ſchmertz und eifer dran /
Verfluche mit verdruß die geiſter / die mich treiben /
Und ſchwere tauſendmahl / nicht mehr ein wort zu ſchreiben.
Doch wenn ich lange zeit den Muſen-gott verflucht /
So find ich offt den reim / wo ich ihn nicht geſucht.
Alsbald durchdringt die glut vom neuen meine glieder:
Jch nehme / doch mit zwang / papier und dinte wieder /
Vergeſſe meinen eyd / und warte ſonder ziel /
Biß wieder nach und nach ein verßchen kommen will.
Ach waͤre doch mein geiſt nur nicht ſo undeſcheiden /
Und koͤnte wenigſtens ein hartes beywort leiden;
So waͤr ich auch vielleicht wie andre woͤrter-reich;
Denn alles guͤlte mir alsdenn im reimen gleich.
Rennt ich die Roſilis / der erden luſt und wonne /
So ſetzt’ ich gleich darauff: ſchoͤn / wie die liebe ſonne.
Erhuͤb’ ich aber gar in verſen einen held /
So ſpraͤch ich augenblicks / das wunder dieſer welt.
Und alſo duͤrfft ich nur von lauter wunder-dingen /
Von himmel / ſtern und licht und ſeltner ſchoͤnheit ſingen:
Und wenn ich nur fein offt ſo ſtoltze woͤrter-pracht
Haͤtt’ ohne muͤh und kunſt im dichten angebracht;
Ja / wann ich noch dazu der ſyllben thon verletzte /
Und bald ein woͤrtgen hier / das andre dahin ſetzte /
So koͤnten / traͤff es gleich auch nur in ſtuͤcken ein /
Doch meine verſe leicht Malherbens aͤhnlich ſeyn.
So aber will mein geiſt ſich leider! nicht bequemen /
Er mag zum ſchluſſe nichts / als was ſich ſchicket / nehmen /
Und kan unmoͤglich ſehn / daß meine redens-art
Q 2Sich244Sich mit der zeile bloß des reimes wegen paart.
Wenn er vier worte ſagt / laͤſt er nur eines bleiben;
So daß ich offt mein werck muß zwantzig mahl umſchreiben.
Verflucht ſey doch der mann / der bloß aus unbedacht
Die erſten regeln hat im reimen auffgebracht:
Der ſeiner reden krafft in zahlen eingeſchraͤncket /
Und ſie nebſt der vernunfft in ſolche noth verſencket!
Waͤr dieſes handwerck nicht / was haͤtt’ ich fuͤr gewinn?
Die tage lieffen mir voll ſuͤſſer ſtunden hin:
Jch duͤrffte nichts mehr thun / als ſingen / trincken / lachen /
Und wie ein thumherr mich nach willen luſtig machen.
Jch koͤnte ruhig ſeyn / bey zeiten ſchlaffen gehn /
Bey tage muͤßig ſeyn und ohne ſorgen ſtehn.
Und weil mein hertz ohndem zum grame ſich nicht ſchicket /
Ein feind der mißgunſt iſt / die ehrſucht niederdruͤcket /
Die ſtoltze gegenwart der groſſen herren ſcheut /
Und der Fortuna nicht im Louvre weyrauch ſtreut.
Wie gluͤcklich waͤr ich doch / wenn / meine ruh zu ſtoͤren /
Nur das verhaͤngniß mich nicht haͤtte reimen lehren.
Allein ſeit dem der wahn / den dieſe peſt gebiehrt /
Durch ſeinen nabel mir die ſinnen hat geruͤhrt /
Und ein verdammter geiſt / bloß ſeinen ſpott zu treiben /
Mich auf den ſchluß gebracht / recht wohl und rein zu ſchreiben;
So ſitz ich tag fuͤr tag bey einem wercke ſtill /
Veraͤndre diß und das / was ſich nicht reimen will:
Flick’ an und ſtreiche weg / und heb offt an zu fluchen /
Daß mich die Muſen nicht wie Pelletieren ſuchen.
Begluͤckter Scuderi! du ſchwitzeſt nicht wie wir /
Und bringeſt monatlich ein neues werck herfuͤr.
Zwar deine ſchrifften ſind nichts als gemeine lieder /
Ohn arbeit / ohne kunſt / und der vernunfft zuwider:
Allein ſie treffen doch / was man auch ſagen kan /
Viel narren zum verkauff und auch zum leſen an.
Und endlich wenn der reim am ende richtig klinget /
Was iſt es denn nun mehr / ob der verſtand ſich zwinget?
Der iſt in warheit wohl rechtſchaffen arm und blind /
Der245Der ſeinen freyen geiſt an kunſt und regeln bind’t.
Ein narr hat tauſendmahl mehr luſt in ſeinem dichten /
Er darff ſich / wenn er reimt / nach keinen woͤrtern richten /
Liebt alles / was er macht / und bildet ſelbſt ihm ein /
Daß er und ſeine ſchrifft die groͤſten wunder ſeyn.
Allein ein hoher geiſt ſucht nur umſonſt auff erden /
Jn dieſer ſchweren kunſt vollkommen klug zu werden.
Er iſt ſtets mißvergnuͤgt ob dem / was er verricht /
Gefaͤllet aller welt / nur bloß ihm ſelber nicht;
Und da ein ieder menſch ihn preiſen muß und lieben /
Wuͤnſcht er zu ſeiner ruh: er haͤtte nichts geſchrieben.
Drum bitt ich nochmahls dich / du fuͤrſt der dichterey /
Moliere / bringe mir die kunſt zu reimen bey:
Jſt aber dieſes dir unmoͤglich / mir zu zeigen /
So lehre mich die kunſt im reimen gar zu ſchweigen.
Auff den nahmens-tag Hn. Nicolaus Will - mann / Churfuͤrſtl. Brandenburgiſchen amts - und ſteuer-raths. B. N. DJe kluge welt hat noch biß heute nicht ergruͤndt /
Was Martyr dennoch will vor eine warheit ſchreiben;
Ob in Longuca ſich ein wunder-brunn befindt /
Der alte leiber kan in junge formen treiben:
Diß aber iſt gewiß: daß GOttes ſtille krafft
Verlebten dingen offt das meiſte leben ſchafft.
Wie ſpielt nicht die natur an dem geſtirnten bogen?
Des monden ſilber faͤllt und nimmet wieder zu:
Die wolcken werden ab - und wieder auffgezogen:Q 3Die246
Die ſonnen-kugel ſucht in der bewegung ruh /
Und da wir alle gleich von ihrer flamme zehren /
Sieht man ſie taͤglich doch ein neues feur gebaͤhren:
Diß thut der himmel nur; was nicht die unter-welt?
Die uns mehr wunder laͤßt als jener ſterne ſchauen.
Denn wenn die graue zeit den marmel faſt verſtellt /
Muß witz und kunſt daraus erſt groſſe tempel bauen /
Und die erfahrung giebt: daß barben und der wein
Jm alter koͤſtlicher als in der jugend ſeyn.
Ein crocodil der waͤchſt / ſo lang er ſich beweget:
Die ſtroͤme mehren ſich durch ihren weiten lauff.
Je mehr ein feigen-baum auf erden fruͤchte traͤget /
Je mehr ſetzt die natur ihm wieder knoſpen auf.
Ein adler kan ihm ſelbſt die jugend wieder bringen /
Ein todter phoͤnix ſich aus ſtaub und aſche ſchwingen.
Der arme menſch allein bricht wie der porcellan /
Und ſteckt voll ungemach / wie duͤnſte voller regen.
Er weint / ſo bald er nur die augen auffgethan /
Mit thraͤnen muß er ſich auch wieder niederlegen /
Und iedem kinde zeigt ſein ſchreyend A und E /
Daß man mit Armuth auf / mit Elend untergeh.
Drum reißt die ungedult zuweilen aus den ſchrancken /
Und floͤßt den ſterblichen die falſche lehren ein:
Die goͤtter waͤren nichts als ſchatten und gedancken;
Sonſt muͤſte ja der menſch mehr wie die thiere ſeyn.
Denn dieſe ſchlieffen offt auf roſen und jaßminen /
Wenn jenem tod und blitz an ſtatt der ſonne ſchienen.
So denckt die blinde welt: doch ſonder alles recht.
Denn fleiſch und blut ſind nicht die nahrung unſrer ſeelen.
Je mehr der matte leib ſich an begierden ſchwaͤcht /
Je weiter ruͤckt der geiſt aus ſeinen moͤrder-hoͤlen;
Weil / wenn die roſen uns am munde niedergehn /
Die ſeelen insgemein erſt in der bluͤte ſtehn.
Und247Und alſo waͤchſt der menſch an weißheit und verſtande /
So wie die thiere nur an gliedern und geſtalt.
Die geile jugend fliegt / wie mutten nach dem brande /
Die maͤnner werden ſchon in ſuͤnden wieder kalt;
Ein alter aber kan am ende beyden zeigen:
Wie weit ein Jcarus ſoll in die wolcken ſteigen.
Sein ſilber-weiſſes haupt iſt lauter redligkeit /
Und oͤffnet doch zugleich ein zimmer voller kohlen /
Aus dem die armen troſt in der bedraͤngten zeit /
Die fuͤrſten rath und licht / gelehrte flammen holen.
Drum hat uns Syrach ſchon wie Sparta dargethan:
Daß man das alter nicht genug verehren kan.
Erlaube demnach auch du crone grauer weiſen /
Daß mein gemuͤthe dir ein kleines opffer bringt.
Jch ſuche dir hiemit nicht deinen ruhm zu preiſen /
Den auff der ſtraſſen ſchon ein jedes kind beſingt;
Nicht deine groſſe treu / die wie ein regen-bogen
Dem gantzen lande nichts als ſonne zugezogen.
Dein geiſt iſt viel zu groß vor feder und papier /
Nachdem ihn die natur ſo offters umgegoſſen:
Doch der genaden-brunn / den GOttes guͤte dir
Durch deinen nahmens-tag vom neuen aufgeſchloſſen /
Hat wie der Muſen-quell / durch ſeine wunder-macht /
Mein hertze ſtatt der kunſt in dieſe reimen bracht.
Jhr himmel ſchwaͤngert euch mit ſegen und gedeyen
Und ſchließt diß theure haupt in friſche roſen ein!
Schafft daß die luͤffte gold / die wolcken perlen. ſchneyen /
Die ſpeiſen ambroſin / die traͤncke nectar ſeyn /
Und wenn euch Willmann wird um euren willen fragen /
So laßt ihm allemal / man will / zuruͤcke ſagen.
Q 4An248An den General Fabian Ferſon / als er Ao. 1675 mit erſter ſchiffarth nach Stockholm ankam. E. C. S. WEnn / welt-beruͤhmter held / ein knecht ſich darff erkuͤhnen /
Nach aller moͤglichkeit dich heute zu bedienen /
So hab ich diß zu thun vor andern gutes recht;
Denn ich erkenne mich fuͤr deinen ſchlechten knecht.
Jch lege mich hiermit zu deinen fuͤſſen nieder /
Und uͤberreiche dir die unvollkommne lieder /
Mit welchen ich in eil den frohen tag beehrt /
An welchem du geſund bey uns biſt eingekehrt.
Wir dancken GOtt dafuͤr / ob ſchon die lieben deinen /
Die du zuruͤcke lieſt / umb dich noch traurig ſcheinen /
Fuͤrnehmlich weil ihr feind in voller ruͤſtung ſteht /
Und / wie berichtet wird / an ihre graͤntzen geht.
Man ſagt / die Duͤn’ als ſie dein abſeyn haͤtt vernommen /
Sey in der wilden ſee ſehr weit dir nachgeſchwommen /
Und weil ſie dich nicht fand / hat ſie / die nun betagt /
Jhr ſchilfficht haupt beraufft und dich ſehr hoch beklagt.
Es rieff dir ſehnlich nach ihr gantzes hoffgeſinde /
Vor allen andern doch die junge Duͤnamuͤnde /
Die ihre tochter iſt / rieff immer dieſe wort:
Ach vater! ziehſt du weg? ach vater! ziehſt du fort?
O ach! und laͤſſeſt mich in haͤnden meiner neider?
Jndem ſie dieſes ſprach / zerriß ſie ihre kleider /
Wie ihre mutter that; ſeit dieſes iſt geſchehn /
Hat man ſie beyde bloß und nackend gehn geſehn.
Wie ſchmertzlich ſie nun dort dein abſeyn ietzt bereuen /
So hertzlich koͤnnen wir uns deiner ankunfft freuen;
Der alte Mehler ſelbſt / wie mir wird fuͤrgebracht /
Hat unter ſeinem eiß heut uͤber laut gelacht.
Es ſtroͤhmte neben ihm die liebliche Syrene
Durch ihre ſilberfluth ein jauchzendes gethoͤne /
So daß ihr heller ſchall den fluth-cryſtall durchbrach:
Die klippen ſprachen ihm mit ſchweren lippen nach
Und249Und ſperrten kluͤffte auff; der hall fiel in die gruͤffte /
Und Echo rieff ihm nach in weite breite luͤffte /
Die luͤffte drehten ſich durch ſtaͤdte / feld und wald:
So iſt dem ankunfft nun im gantzen land erſchallt.
Die meiſte / welche ſich nebſt mir derſelben freuen /
Begunten uͤberall zu jauchzen und zu ſchreyen /
So lange biß der Loͤw in dieſer mitternacht
Von ihrem freuden-ſchall aus ſeinem ſchlaff erwacht.
Der hochgeehrtſte Loͤw / ſo ſeine guͤldne klauen
Anietzt zum erſten mahl den feinden giebt zu ſchauen /
Und gleich in ſchrancken ſpringt / erfreuete ſich ſehr /
Als er die poſt vernahm: daß Ferſon kommen waͤr.
Sein praͤchtiges Stockholm / nach dem es dich empfangen /
Spꝛach: dieſes iſt der mann / nach dem ich trug verlangen /
Sey ſehr willkommen hier / du kuͤhner krieges-held /
Dem ſelbſt der wilde Mars verzagt zu ſuͤſſen faͤllt.
Weil dir denn iederman rieff gluͤck und heyl entgegen /
Beſchloß ich meine pflicht in reimen abzulegen /
Und brach in hoͤchſter eil / wie unſer Phoͤbus weiß /
Held! dir zu ehren ab diß duͤrre lorbeer-reiß.
Jch hatte neulich zwar mir gaͤntzlich fuͤrgenommen /
Gantz nicht / ja nimmermehr auff Aons hoͤh zu kommen /
Nur darum / weil man hier die tichterey verlacht /
Weil ſie hans liederlich zum bettel-ſtabe macht.
Jch waͤr auch gantz gewiß bey dieſem vorſatz blieben /
Und haͤtte dieſe kunſt nicht wiederum getrieben /
Wo nicht mein freyer ſinn / der unerſaͤttlich geitzt /
Nach groſſer herren gunſt mich hierzu angereitzt.
Diß aber reitzt mich mehr: Jch weiß daß du vordeſſen
Auf Poͤons Helicon haſt oben an geſeſſen /
Und daß du tichter wohl zu unterſcheiden weiſt
Von bettlern / welche lang auf ihre kunſt gereiſt.
Die gehen mich nichts an / auch nicht die meiſter-ſaͤnger /
Die lange ſylben kurtz und kurtze ſylben laͤnger /
Als ſich gebuͤhret / ziehn / nachdem das hoͤltzgen iſt /
Womit ihr aberwitz die armen reime miſt.
Q 5Wer250Wer nach der elen reimt / den muß man tichter nennen /
Ob am gedichte gleich nichts tuͤchtigs zu erkennen /
Er iſt / er heiſt und bleibt ein kuͤnſtlicher poet /
Warum? weil P. L. C. nach ſeinem nahmen ſteht.
Diß ſey und bleib er auch / biß andre ihn vertreiben /
Und ihn zu Nuͤrenberg in pritſchen-orden ſchreiben.
Jch habe meines theils auf aff - und haſen-jagt
Noch keinen hund gehetzt / auch keinen ſchluß gewagt.
Fuͤr dieſe ſchnoͤde luſt bemuͤh ich mich zu melden
Von groſſer tapfferkeit beruͤhmter krieges-helden /
Wie der und jener ſich durch ſeine feinde drung /
Und ſich durch ſchwerd uñ ſpieß uñ dampf zun wolckẽ ſchwung.
Zwar ich bin nicht geſinnt vor dieſes mahl zu ſagen /
Was / Ferſon / deine fauſt vor ruhm davon getragen /
Als du mit ſelbiger Gradivum ſelbſt bekaͤmpfft /
Sein blutig ſchwerd geraubt und ihn damit gedaͤmpfft.
Wer diß verrichten ſoll / muß Buchners hohe gaben /
Muß Gryphens hohen geiſt und donner-worte haben /
Er muß beredet ſeyn als unſer Opitz iſt /
Der erſte teutſche ſchwan / und ruͤſtig ſeyn als Riſt /
Er muß entzuͤndet ſeyn von Flemmings himmels-flammen /
Wer nicht von jugend an der dreymal-dreyen ammen
Gelehrte bruſt geſaugt / darff ſich nicht unterſtehn /
Dich ſternen gleichen held noch hoͤher zu erhoͤhn.
Drum will ich deinen ruhm viel lieber hier verſchweigen
Und mich mit worten nicht / wie Phaeton / verſteigen /
Der / weil er uͤberſchritt ſein vorgeſtecktes ziel /
Schnell uͤber hals und kopff vom himmel runter fiel.
Woferne dieſer reim / der dir zun fuͤſſen lieget /
Dein auge ſchauen kan / ſo bin ich ſchon vergnuͤget;
Wenn aber finſterniß ihm ſolt im lichte ſtehn /
So wird die ſonne mir heut blutig untergehn.
Damit nun dieſer tag befreyet ſey vom leide /
So goͤnn auch mir ein theil von deiner ankunffts-freude /
Und nim / ich weiß du kanſt / dich deines dieners an /
Sonſt iſt es um mein gluͤck und wolfarth gantz gethan.
Jch251Jch bitte dich / durch dich / durch deine tapffre ahnen /
Durch deinen helden-muth / durch deine ſieges-fahnen /
Durch dein vergoͤttert lob / das ſich durch belt und feld
Und welt geſchwungen hat biß an der ſternen zelt.
Laß meine hoffnung nicht vor dißmahl mich betruͤgen /
Hilff mir durch deinen ſieg mein ungluͤck uͤberſiegen /
So ſoll der frohe tag / an dem du eingekehrt /
Benebenſt dir / von mir / ſeyn ewig hochgeehrt.
An den Hn. Gaͤrtner von Gaͤrtenberg zu Stockholm zugeſchrieben. E. C. S. VErzeih mir / Mecaͤnat / wenn dieſe ſchlechte zeilen
Zu unbequemer zeit zu deinen fuͤſſen eilen /
Wenn meiner feder mund nicht redet nach gebuͤhr /
So bitt’ ich / ſtoß mich nicht von deiner garten-thuͤr.
Weil ich die gaͤrtner-kunſt von jugend an geliebet
Und mich nach moͤgligkeit in ſelbiger geuͤbet /
Hat ſelbſt Apollo mir / aus ſonderbarer gunſt /
Mit eigner hand gelehrt ein theil von ſelber kunſt.
Er fuͤhrte mich mit ſich in einen ſchoͤnen garten;
Weil ich nun willig war den blumen auffzuwarten /
Hab ich mit ſtetem fleiß es letzt dahin gebracht /
Daß er mich uͤber ſie zum gaͤrtner hat gemacht.
Der garten / welchen zwar ſonſt niemand noch geſchauet /
Als nur der dichter ſchaar / war ziemlich ungebauet /
Zur rechten ſtund ein wald / zur lincken Floren zelt /
Hier ein erhoͤhter berg / dort gruͤn durchkleetes feld.
Es gienge Caſtalis mit perlen-weiſſen fuͤſſen
Jm garten hin und her die blumen zu begieſſen /
Bey meinem garten-hauß an einer ſchoͤnen ſtell
Entſprunge Hippocren / die hell und ſchnelle quell /
Mit murmeindem geraͤuſch und fuͤhrte gold im ſande /
Es ſtunden roſen-puͤſch an ihrem gruͤnen ſtrande /
Jn ſelber wohnete der helle wiederſchall /
Mit252Mit dem beſprachte ſich die laute nachtigal.
Der garten / wie gedacht / war uͤberall geſchmuͤcket /
Mit ſchoͤnen blumen hier / mit kraͤutern dort geſticket /
Mein’ augen haben ſtets / was ſie begehrt / geſchaut /
Nur keine muͤntze nicht und tauſend-guͤlden kraut.
Mein Phoͤbus hatte ſich auf beyde nicht befliſſen /
Auch nicht auf loͤffel-kraut und nichtige narciſſen /
Weil ſie ſo fluͤchtig ſeyn. Zu ſelber ſchoͤnen zeit
Wuſt ich von keiner angſt / von keinem hertzen-leid.
Jch ſah’ den ehren preiß in ſeiner ehre ſitzen /
Die hohe ſonnen-blum als eine ſonne blitzen /
Die kecke lilje ſtund in ihrer gelben glut /
Die raut in graß-ſchmaragd / die roſ’ in milch und blut.
Jch ſah den nelcken-ſtock ſein purpur-kleid empfangen /
Mein ſchoͤnes tauſend-ſchoͤn vor tauſend blumen prangen /
Und meinte / daß mein hertz / das damahls war im meer
Voll unerſchoͤpffter luſt / nicht zu betruͤben waͤr.
Nun aber hat die zeit / mit der ſich alles endet /
Mich aller luſt beraubt / mir alle freud’ entwendet;
O Solon! du haſt recht / ſo lange Titan tagt!
O Solon! du haſt wahr und mehr als wahr geſagt.
Jndem du niemand nicht vor gluͤcklich haſt erkennet /
Eh ſeine ſeele ab - vom leibe ſich getrennet /
O Solon! du haſt recht. Als ich im garten ſaß /
Und vor der blumen zier faſt meiner ſelbſt vergaß /
Erhub ſich unverhofft ein unausſprechlich brauſen /
Der wuͤttrich Boreas hub grauſam an zu ſauſen /
Der ſturm nahm ſchrecklich zu / es ruderte die ſee
Aus ihren ſyrten raus zum himmel in die hoͤh.
Die weite breite lufft ward uͤberall bezogen
Mit dicker finſterniß und truͤben waſſer-wogen;
Die wolcken rollten fort / ihr rauher donner-knall
Erſchuͤtterte die lufft / es zitterte der ball
Der erden ſelbſt vor furcht; es raſſelten die waͤlder
Und praſſelten vom ſturm / der meine blumen-felder
Mit ſchloſſen / regen / blitz und ſchrecken uͤberfiel;
So253So wurde mir verruͤckt mein vorgeſetztes ziel.
Mein gaꝛten iſt verheert / die blumen ſind verſchneyet /
Von lufft aus mitternacht die meiſten abgemeyet.
Mein gruͤnes wintergruͤn hat ſeinen todt geſehn /
Und meinem tauſendſchoͤn iſt eben ſo geſchehn.
Der kirſchbaum / als der ſturm ſo wuͤteriſch gehandelt /
Hat ſeine gruͤne frucht in rothes blut verwandelt /
Die roſe hat aus ſchmertz ihr auge zugedruͤckt /
Und thraͤnen raus gepreſt / als ſie den froſt erblickt /
Er fiel in ſeinem grimm auff meinen laͤnger-lieber /
Und uͤberſchuͤttet ihn mit ſeinem todten fieber:
Ein eintzig bluͤmchen nur kam ihm nicht zu geſicht;
Diß / gaͤrtner / ſchenck ich dir / es heißt: vergiß mein nicht.
Woferne ſich dein knecht zu bitten darff erkuͤhnen /
So bitt ich / wann es moͤcht in deinen garten dienen /
Vergoͤnn’ ihm einen ort; wird es nicht untergehn /
So ſoll es ewiglich zu deinen dienſten ſtehn.
Mein poley iſt verwelckt / der hyacinth verſchwunden /
Die roßmarin verſchwartzt; wo vormahls veilgen ſtunden
Schießt bittrer wermuth auf; fuͤr gruͤnen majoran
Dringt blaue ſorge vor und ſtrenger wiederthan.
Nun leb’ ich gar in furcht / es werd’ ein ſturm aus norden
Mir meinen lorbeer-wald noch jaͤmmerlich ermorden /
Weil ſich der moͤrder ſchon um aſt und gipffel ſchwingt
Und mit der blaͤtter zier um leib und leben ringt.
Giebt mir der Hoͤchſte nicht / wornach mein hertze ſtrebet /
So hat mein ehren-preiß die ſterbligkeit erlebet /
Auch mein vergiß mein nicht / nimt diß erſt ſeinen tod /
So liegt mein hoͤchſtes gluͤck in ſeiner letzten noth.
Diß kraut / vergiß mein nicht / traͤgt dir dein knecht entgegen /
Und gleich itzt will er es zu deinen fuͤſſen legen:
Zum zeichen daß er dir zu dienen willig iſt /
Biß mein / vergiß mein nicht / letzt ſeiner ſelbſt vergißt.
Hilff! denn du kanſt es thun / dein arm iſt unverkuͤrtzet /
Hilff dieſem / der ſein gluͤck in abgrund hat geſtuͤrtzet /
Er -254Erwege dieſe wort / und reiche dem die hand /
Der nichts beſtaͤndigs hat als gluͤckes-unbeſtand.
Der verbrandte Cupido. DJe liebliche Dione /
Der ſchoͤnheit ſchoͤnſte krone /
Saß nechſt auf ihrem throne /
Und rief dem kleinen ſohne /
Dem nackten fluͤgel-ſchuͤtzen /
Dem ſchuͤtzen / der mit flitzen
Kan vieler hertz zerſchlitzen /
Und tieffe wunden ritzen /
Und heiſſe flammen ſpruͤtzen.
Komm / ſagte ſie / geliebter /
Jm lieben ausgeuͤbter /
Und bitte mir ietzt gaͤſte
Zu meinem nahmens-feſte.
Du ſolt die jungfern laden /
Die ſchwimmenden Najaden /
Die gruͤnen Oreaden /
Wie auch die Nereinen /
Samt ihren luſt-Delphinen /
Die ſchnellen feld-Napeen /
Und was du mehr ſtehſt gehen
Von meinem frauen-zimmer.
Doch huͤte dich / du ſchlimmer /
Daß du mir keine hertzeſt /
Noch gantz verwegen ſchertzeſt.
Wenn du ſie eingeladen /
So bitte nicht Menaden
Und bockgefuͤſte Faunen /
Die auf den feld-poſaunen /
Ein garſtig lermen blaſen.
Denn maͤnner / ſo nur raſen /
Die kan ich gar nicht leiden
Bey meiner wolluſt freuden.
Du255Du muſt mir ſchoͤne knaben /
Die blut und geiſter haben /
Zu meinem feſte bitten /
Sonſt iſt die luſt verſchnitten.
Die lieblich koͤnnen ſingen /
Die hurtig koͤnnen ſpringen /
Die tapffer koͤnnen ringen
Und bey geſtalten dingen
Dem frauen-zimmer bringen
Beliebt’ ergoͤtzligkeiten /
Und luſt-vollkommenheiten.
Als liebreitz diß gehoͤret /
Umfiel er gantz bethoͤret
Der mutter perlen-bruͤſte /
Die er ſo ſehnlich kuͤſte /
Daß auch auf ſeinen lippen /
Den hochgeſchwollnen klippen /
Der purpur blieben kleben /
Und den befaſten reben
Der ſilberreichen bruͤſte /
Der liebe luſt-geruͤſte.
Drauff iſt er ausgeflogen /
Eliſien durchzogen /
Und hat die Venerillen /
Die ſchoͤnen Chileſillen /
Die braunen Amarillen /
Die weiſſen Violillen
Und keuſche Galateen /
Die edlen Aſtereen
Zu dieſem feſt geladen /
Und ſeiner mutter gnaden
Dienſtfertig angezeiget /
Demuͤthig ſich gebeuget /
Sie bey der hand gefuͤhret /
Mit myrthen ſie gezieret /
Jn roſen eingeſchmieret /
Ließ256Ließ ſie zur mutter kommen /
Die ſie in ſchooß genommen /
Mit nectar ſie getraͤncket /
Und mildiglich geſchencket.
Drauff koͤmmt der liebe waͤchter
Und treibt ein hell gelaͤchter
Fuͤr Venus goͤldnem throne
Und rieff: mein iſt die crone!
Seht dieſe junggeſellen /
Wie ſie ſich koͤnnen ſtellen /
Die ſollen heute tantzen /
Und ihre fuͤſſe pflantzen
Jn kunſtgebognen reihen /
Auf / blaſet die ſchalmeyen.
Jch nehme dieſen becher /
Der ſchweren ſorgen brecher /
Jch wills der ſchoͤnſten bringen /
Es ſoll mir noch gelingen.
Auf meiner mutter gluͤcke /
Des himmels meiſterſtuͤcke /
Auff meiner mutter leben
Muß dieſer becher ſchweben
Jn aller hand und munde /
Bald leert er zu der ſtunde
Die umgeſtuͤrtzte ſchale /
Und ſpielet auf dem ſaale.
Weil aber tauſend fackeln
An goͤldnen leuchtern wackeln /
Und in den ſchoͤnen zimmern
Viel hundert ampeln ſchimmern /
Sind die entbrandten funcken
Auf ſeinen kopff geſuncken.
Bald brennen ihm die haare /
Die goldgekraͤuſte waare /
Bald ſchlaͤget in den flammen
Der fluͤgel ſchwung zuſammen /
Und257Und Amor waͤr verbrennet /
Wenn nicht herzugerennet
Die Venus und holdinnen /
Samt ieden menſch-goͤttinnen.
Sie ſalben drauf den knaben
Mit reichen balſams-gaben /
Die ſtaͤrckenden jesminen /
Die muͤſſen dazu dienen /
Wie auch des ambers ſeele /
Das roſ - und liljen-oͤle /
Und was mehr zu erdencken
Von kraͤfftigen getraͤncken.
Darnach entſteht ein klagen /
Wer ihn zu bett ſoll tragen /
Von jungfern wil nicht eine /
Sie ſprechen: ja der kleine
Und abgefeimte ſchelme
Hat unter ſeinem helme
Noch liſt und tuͤck verborgen.
Er hat die liebes-ſorgen
Uns in das hertz gegoſſen /
Ja unerhoͤrte poſſen
Gleich denen die geſchoſſen
Uns in die ſeel geſprenget /
Und gut und blut vermenget.
Am beſten daß er hencket /
Und daß man ihn ertraͤncket /
Damit nicht ferner ſchmertzen
Beſtuͤrmen unſre hertzen.
Das frauenzimmer lauffet /
Und ſiht / wie diß’ ihn rauffet /
Und die mit zangen zwicket /
Ein andre faſt zerſtuͤcket;
Nur uͤber den gantz armen
Traͤgt eine noch erbarmen.
II. Theil. RDa -258Damit er friede haͤtte /
So fuͤhrt ſie ihn ins bette.
Als Venus diß geſehen /
Was Amor war geſchehen /
Verſprach ſie hoch und heilig /
Es ſolte nicht nachtheilig
Den Nymphen ſeyn und heiſſen /
Sie wolle ſich befleiſſen /
Daß bey den wenig tagen
Ein iedes moͤchte ſagen:
Die ſchoͤnſten von den Nymphen /
Die nicht der neid kan ſchimpfen /
Traͤgt nunmehr krantz und krone
Fuͤr ihre treu zu lohne.
Das ſpiel. C. H. v. H.ES iſt ein ſchalck der zeit / ein zunder zu dem zancken /
Ein rechtes freundſchafts-gifft / ein hencker der gedancken /
Des krieges ebenbild / ein diebſtahl den man liebt /
Ein weſen / ſo kein chriſt recht mit gewiſſen uͤbt /
Ein ſuͤſſes hexenwerck / ein ungewiſſes lachen /
Und daß ich nicht zu viel darff von dem ſpiele machen /
Wenn der beruͤhmte tag wirfft erd und himmel ein /
So wird das ſpielen doch der teufel labſal ſeyn.
Verzweifflungs-gedichte. C. H. v. H.DJe augen ſchloß ich traurig zu /
Die haͤnde deckten meine ſtirne /
Jch war entbloͤſt von luſt und ruh /
Der kummer fuͤhlte das gehirne /Bald259
Bald wacht ich auff / bald ſchlieff ich ein /
Bald wolt ich tod und aſche ſeyn /
Bald wuͤnſcht ich weit von hier zu leben;
Und daß ja nichts ſey unbekant /
So hat die thorheit / meiner hand
Papier und feder uͤbergeben.
Auf auf mein ſinn und du mein fuß /
Jch kan nicht laͤnger hier verziehen /
Mein warten bringet mir verdruß /
Jch wuͤnſche von der welt zu fliehen.
Jch ſpey auf ſcepter und auff gold /
Man ſey mir feind / man ſey mir hold /
Es ſoll mich beydes gleich erquicken;
Die liebe / ſo uns naͤrriſch macht
Und uns bezwingt mit dicker nacht /
Soll mir nicht den compaß verruͤcken.
Jch lache / wenn ich uͤberhin
Mein tummes leben uͤberlege /
Und diß / worauf ich kommen bin /
Jn den gedancken recht erwege /
Mir zittern beydes marck und bein /
Die ſtirne wird wie eyß und ſtein /
Es will gebluͤt und geiſt erſtarren;
Genug geirrt / genung geklagt /
Den irrthum hat die zeit verjagt /
Jch will nicht laͤnger hier verharren.
Jch eil in eine weiſſe gruft /
Die keine ſonne hat beruͤhret /
Und da die eingeſperrte luft
Uns zeitlich zu dem tode fuͤhret /
Der ſchlangen gifft und drachen rauch /
Der fuͤlle naſe / bruſt und bauch /R 2Und260
Und endlich meinen geiſt vertreibe /
Auf daß die ausgedorrte bruſt
Als eine recht beſtimmte koſt
Fuͤr junger drachen zaͤhne bleibe.
Und werd ich ja nicht hingericht /
Durch ſchlangengift geſchickt zu toͤdten /
Will keine drachen-mutter nicht
Mir freundlich ſeyn in meinen noͤthen /
So lauf ich in das heiſſe land /
Jn welchem der entbrannte ſand
Nichts als die loͤwen will ernehren /
Die werden endlich meine noth (Denn nichts begehr ich als den todt)
Und auch zugleich mein fleiſch verzehren.
Und will mir weder gifft noch zahn
Die ſeele von dem leibe ſcheiden /
Jſt nichts ſo mich verzehren kan /
So mag dich doch nicht ferner leiden:
Es ſoll mir dieſe ſchwache hand
Sein wider meine bruſt gewand /
Sie ſoll den ſchnoͤden leib durchſtechen;
Hat mich das faule blut geplagt /
Und in viel groſſe noth gejagt /
So bin ich fertig mich zu raͤchen.
Die haare gehn den bergen zu /
Wenn ich erwege dieſes leben /
Bey welchem froͤligkeit und ruh
Verſchworen hat mir platz zu geben.
Jch bin ein todter der da geht /
Ein gas ſo auf den fuͤſſen ſteht /
Und ein verfaulter ohne bahre /
Ein brand von boͤſer brunſt gemacht /
Ein ſcheuſal / deſſen ieder lacht /
Ein enger kram verachter wahre.
Und261Und daß die feder nicht zu viel
Von meinem boͤſen leben ſage /
So habe ſie hiermit ihr ziel /
Jch will nicht daß ſie ferner klage /
Mit dieſem geht mein wallen an /
Wol iedem der da bleiben kan /
Mein wolſeyn ſuch ich im verderben.
Jhr guten freunde / gute nacht /
Der wunſch ſey euch von mir vermacht /
Mein leben mag mein feind ererben.
Hundspoſſen. C. H. v. H.SO will ich auch / daß meine lieder /
Du hingelegter Rodomont /
Dem glut und muth in augen ſtund /
Beſingen deine kalten glieder.
Nur klag ich / daß kein harzicht ſchwein
Hat ſollen dein geferte ſeyn /
Und neben dir ſich ſtrecken muͤſſen /
Daß dein und deines feindes blut
Nicht ſchaͤumig ſoll zuſammen flieſſen /
Und roth beſiegeln deinen muth.
Doch weil du ſchienſt zu ſeyn gebohren
Um Jupiters gezelt zu ſtehn /
Und durch ſein donnerreich zu gehn /
Ward dir ein donner-tod erkohren /
Ein donner ſo aus eiſen kracht /
Den ſchwefel und ſalpeter macht /
Wenn hitz und kaͤlt einander fliehen /
Schlug dein geſchicktes haupt entzwey;
Wir aber wollen uns bemuͤhen /
Daß deiner unvergeſſen ſey.
R 3Kommt262Kommt ihr bekanten hoͤllen-hunde /
Die kleinen reckel ruff ich nicht /
Den kraft und wuͤrdigkeit gebricht /
Heult eifrig aus dem tiefen ſchlunde /
Heult traurig durch die gantze nacht /
Biß daß der himmels-hund erwacht /
Von dem die heiſſen tag entſprieſſen.
Jch weiß / er heult ſo gut als ihr /
Daß ſich der baͤr wird fuͤrchten muͤſſen /
Und neben ihm der kuͤhne ſtier.
Des Cerberus gedritten rachen
Wird auch eroͤfnen dieſer fall /
Er ſoll durch ungemeinen ſchall
Den hof des Pluto wacker machen[!]
Der ſchwartze pfoͤrtner / den die laſt
Der ſchweren ketten hat umfaſt /
Wuͤnſcht Rodomonden zu empfangen.
Der aͤrmſte fuͤhlt beſchwer und pein /
Verlangt die freyheit zu erlangen
Und Rodomonden gleich zu ſeyn.
Nun Rodomond ſpielt auf dem ſtrande /
Da der recht edlen hunde geiſt
Der groſſen wolluſt ſich befleiſt /
Jn einem wunderſchoͤnen lande.
Er rennt und fuͤhlt nicht muͤdigkeit /
Reich an vergnuͤgung / arm an leid /
Schertzt mit Dianens geilen hunden /
Er iſt auf bulerey bedacht /
Nur dis / was ich nicht recht befunden /
Jſt / daß er keine junge macht.
Trinck -263Trinck-lied. WJr folgen dem gemuͤths-tyrannen /
Der ſucht die luſt in glaß und kannen /
Er geht des Bachus ſatzung ein /
Er wirft die pfeil in nechſten graben /
Und wuͤnſcht kein ander glaß zu haben /
Als ſeinen helm / bald voll zu ſeyn.
Sein gantzes volck iſt ihm getrennet /
Er zecht / daß er ſich ſelbſt nicht kennet /
Wiewohl er ohne binde kaͤmpft.
Er ſencket allbereit die naſe /
Man ſiht / wie er mit einem glaſe
Den reſt von ſeiner fackel daͤmpft.
Ein ander mag die Chloris kuͤſſen