An Seine Excellentz Den Herrn von Buͤlau / Seiner Hochfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen-Coburg hoch-betrauten ge - heimbden Rath und Hof - Marſchall ꝛc. ꝛc.
Meinen gnaͤdigen Herrn.
NAchdem ich in meinem ver - moͤgen ſo viel nicht habe / als zu ausbildung meines unterthaͤnigſten gemuͤths von noͤthen iſt / ſo habe ich es ſo lange von andern entlehnet. Ich uͤberliefre Ew. Excellentz ein buch / welches ſein weſen frembden / ſein leben dem verleger / und mir nichts als die ord - nung zu dancken hat / in welcher Sie es allhier fuͤr augen ſehen. Dennochuͤber -uͤbergebe ich es als das meinige; nicht weiln ich etliche gedichte dabey habe / welche ich ohne dem Ew. Excellentz / durchleſung unwuͤrdig achte: ſondern / weiln ich alles zu dem ende geſammlet / damit ich es Denenſelben als ein zeugniß meiner allerinnigſten ergeben - heit opffern moͤchte. Ew. Excellentz koͤnnen dieſes geſchencke nicht wohl ver - ſchmaͤhen; weiln Sie viel geringere mit danck annehmen: Ich aber weiß denen nach-kindern des Herrn von Hoffmannswaldau und Lohenſtein keinen beſſern vormund zu ſuchen / als Ew. Excellentz / weiln Sie nicht al - lein ſelbſt in der Poeſie ſehr wohl er - fahren; ſondern auch allen ihren liebha - bern mit einer beſondern neigung zu - gethan ſind. Wenn ich mich nicht er - innerte / daß Ew. Excellentz allen ſchmeicheleyen von natur gehaͤßig / und denenjenigen am meiſten gewogen waͤ -a 3ren /ren / welche Sie am allerwenigſten loben; ſo wuͤrde ich mich ohne zweif - fel bemuͤhen / Dero wohlthaten / wel - che Sie hauffen-weiſe uͤber mich aus - geſchuͤttet / hier auszuſtreichen: So aber begnuͤge ich mich nur zuſagen / daß ich lebens-lang fuͤr Dero hohes wohlſeyn GOtt anruffen und mit dem allereifrigſten reſpecte beharren werde
Ew. Excellentz
unterthaͤnigſt-gehorſamſter knecht
Vor -B. N.
ES giebet viel leute / welche die deutſche poeſie ſo hoch erheben / als ob ſie nach allen ſtuͤcken vollkom - men waͤre; Hingegen hat es auch andere / welche ſie gantz erniedri - gen / und nichts geſchmacktes dar - an finden / als die reimen. Beyde ſind von ihren vorurtheilen ſehr eingenommen. Denn wie ſich die erſten um nichts bekuͤmmern / als was auff ihrem eignen miſte gewachſen: Alſo verachten die andern alles / was nicht ſeinen urſprung aus Franckreich hat. Summa: Es gehet ihnen / wie den kleider - narren / deren etliche alles alte / die andern alles neue fuͤr zierlich halten; ungeachtet ſie ſelbſt nicht wiſſen / was in einem oder dem andern gutes ſte - cket. Wir duͤrffen uns mit unſrer Poeſie ſo klug nicht duͤncken / daß wir die auslaͤnder dagegen ver - kleinern wolten. Denn wir haben noch einen groſ - ſen berg vor uns / und werden noch lange klettern muͤſſen / ehe wir auff den gipffel kommen / auff wel - chem von denen Griechen Homerus und Sopho -a 4cles,Vorrede. cles, von denen Roͤmern Horatius und Maro ge - ſeſſen. Mit den Hochzeit-Begraͤbniß - und Na - mens-Gedichten / damit ſich alle knaben in der ſchule qvaͤlen / iſt es fuͤrwahr nicht ausgerichtet. Es gehoͤ - ret mehr zu einem dichter; und die vers-macher / welche uns eine zeitlang her mit regeln uͤberſchuͤt - tet / moͤgen ſich ſo viel einbilden / als ſie wollen / ſo haben doch die meiſten davon die Poeſie mehr ver - ſtuͤmpelt / als ausgebeſſert. Denn ihr gantzes ab - ſehen iſt / eine leichtſinnige ſchreib-art einzufuͤhren / vermoͤge welcher man einen gantzen bogen voll verſe / ohne ſonderliche bemuͤhung / hinſchmieren moͤge. Von ſcharffſinnigen bey-woͤrtern aber / von klugen erfindungen / und von unterſcheidung der guten und falſchen gedancken / ſagen ſie nichts; Da doch die - ſes die ſeele und die weſentliche theile eines rechtſchaf - fenen gedichtes ſeyn. Daher entſpringen ſo viel pfuſcher / welche auff allen hochzeiten die Venus einfuͤhren / bey allen begraͤbniſſen den tod ausſchel - ten; Und wenn es ja hoch kommt / ihrer Phyllis ein lied vom ſterben herſingen / welches offt mehr todt als der ſaͤnger / und kaͤlter / als ſeine gebietherin ſelber iſt. Zwar haben ſie ihre entſchuldigung: Man muͤſte aus der Poeſie kein handwerck machen / und die jugend bey zeiten zuruͤck halten / damit ſie ſich nicht zu ihrem ſchaden darinnen vertieffte. Allein / wenn die guten leute fein ehrlich ſagten / was zu ei - nem Poeten erfordert wuͤrde / und nur diejenigenzumVorrede. zum dichten ermahnten / welche die natur dazu er - kohren / andere aber bloß einen verß recht urtheilen und unterſcheiden lehrten / ſo haͤtten ſie dieſer ent - ſchuldigung nicht vonnoͤthen. Es ſind keine ſeltza - mere thiere / als Poeten: Denn ſie laſſen ſich / wie die paradieß-voͤgel / alle tauſend jahre kaum einmahl ſehen. Rom hatte bald acht hundert jahr geſtan - den / ehe es den beruͤhmten Virgilius erlebte; Und es iſt faſt keine provintz / welche uns nicht etliche helden oder gelehrte gegeben; Aber der gantze kreyß der welt ruͤhmt ſich kaum etlicher rechtſchaffenen Poeten. Darum hat es ſo groſſe noth nicht / als man meynet; Denn es gehoͤrt gar viel dazu / ehe man ſich in der Poeſie vertieffen kan. Daß aber viel junge leute damit die zeit verderben / und die an - dern guten kuͤnſte an die ſeite ſetzen / ruͤhret von der unerfahrenheit ihrer lehrer her / welche ihnen einbil - den / man brauche zum dichten nichts / als verße ma - chen; da ſich doch alle wiſſenſchafften in einem Po - eten / nicht anders als in einem centro verſammlen muͤſſen / und derjenige nichts gutes ſchreiben kan / welcher nicht alles / was es ſchreibt / mit augen ge - ſehen / mit ohren gehoͤret / und an ſeiner eigenen per - ſon erfahren hat. Die fuͤrnehmſten von den alten Poeten lebten bey hofe / und wurden durch oͤffteres umgehen mit klugen leuten ſo ausgemuſtert / daß ſie an die ſchulfuͤchſereyen / mit welchen wir das papier anietzt beklecken / nicht einſt gedachten. Sie hattena 5da -Vorrede. dabey ſehr wohl ſtudiert; ſie waren die lehrmeiſter der guten ſitten / und hatten von allem / was uns nur in den verſtand und in die ſinnen faͤllt / eine gruͤndliche kaͤnntniß und wiſſenſchafft. Zudem leb - ten ſie zu einer zeit / da man die galanten ſtudia ſehr wohl verſtund / da die Roͤmiſche waffen auffs hoͤch - ſte ſtiegen / und unter der gluͤckſeligen regierung des Kaͤyſers Auguſtus ein ieder gelegenheit genug fand / ſich groß zu machen. Wenn ſie denn etwas dichten wolten / ſo thaten ſie es entweder zu ihrer luſt / oder fuͤr groſſe Herren / oder bey ſeltzamen und beſondern begebenheiten. Hernach uͤberlaſen ſie dasjenige / was ſie machten / wohl zwantzig mahl / und ſtrichen offt beßre verße aus / weder ihre nach - folger geſchrieben haben. Darum konten auch ih - re gemaͤchte nicht anders als herrlich ſeyn; und iſt kein wunder / daß ſie bey allen ihren nachkommen einen ſo unſterblichen preiß und ruhm erworben. Hingegen lernen von uns die meiſten ihre klugheit in der ſchule / bekuͤmmern ſich mehr um worte als gute ſachen / und fangen ſchon an Poeten zu wer - den / ehe ſie noch einmahl wiſſen was verße ſeyn. Wir leben uͤber dieſes in einem lande / wo die kuͤnſte wegen vieler herrſchafften zertheilet ſind / wo man mehr von einem glaſe wein / als liedern haͤlt; Die wenigſten die galanterie noch recht verſtehen / und die Cavaliers diejenige fuͤr ſchulfuͤchſe ſchelten / welche die Frantzoſen fuͤr beaux esprits erkennen. WirlebenVorrede. leben auch zugleich zu einer zeit / da die Deutſchen faſt nicht mehr Deutſche ſeyn; Da die auslaͤndi - ſchen ſprachen den vorzug haben / und es eben ſo ſchimpfflich iſt / deutſch zu reden / als einen ſchwei - tzeriſchen latz oder wamſt zu tragen. Hierzu kom - met unſre eigne unachtſamkeit / daß wir unſere feh - ler gar zu geringe achten / alles hinſudeln / wie es uns in die feder fleuſt / und lieber zehen bogen ſchlim - me verße / weder ſechs zeilen gute machen; Und denn ferner die thorheit derjenigen / welche den lor - beer-krantz um 10. thaler erkauffen / und dadurch den herrlichen namen eines Poeten / welcher uͤber drey oder vieren in der welt noch nicht gebuͤhrt / vie - len ehrlichen gemuͤthern vereckeln / ungeachtet ſie nichts davon haben / als die muͤhe / daß ſie bey unter - zeichnung ihres namens etliche buchſtaben mehr / als andere / ſchreiben. Und dieſes alles iſt urſache / warum die Poeſie in Deutſchland nicht hoͤher ge - ſtiegen. Allein / ſo ſchlecht ſie iſt / ſo iſt ſie doch noch in ſolchem ſtande / daß wir uns derſelben nicht gaͤntz - lich ſchaͤmen duͤrffen; und handelt der gute Jeſuit Bouhours ſehr thoͤricht / wenn er uns unter die Moſcowiter und Barbarn zehlet. Wenn man de - nen frantzoͤſiſchen verßen den reim / und den einhalt ihrer lobgedichte die luͤgen benaͤhme / ſo wuͤrden ſie alle beyde ſehr kahl ausſehen. Denn die erſten ſind ohne reimen nichts weniger als verße / indem ſie al - lenthalben den thon verletzen; Die andern aber ſoſchmei -Vorrede. ſchmeichelhafftig / daß man mit ihrer ſchwachheit muß mitleiden haben. Hingegen iſt die deutſche Poeſie viel zaͤrtlicher / und laͤſt nicht allein im ſcan - diren denen ſyllben ihren natuͤrlichen klang / ſon - dern nimmt auch den accentum pronunciationis, das iſt / die emphaſin eines ieden wortes ſehr wohl in acht / und verdoppelt gleichſam allemahl daſelbſt / wo die krafft der rede ſtecket / den thon / welches weder die Lateiner noch Griechen gethan. Wir wollen zum exempel den beruͤhmten / und meines er - achtens den nachdruͤcklichſten verß des Virgilius nehmen:
Flectere ſi nequeo Sŭperos, Acheronta movebo.
Da ſtecket in denen beyden woͤrtern Superos und Acheronta die emphaſis, und wuͤrde ohne zwei - fel einer / der es in prosa ſagte / das wort Superos lang und alſo ausſprechen:
Si Sūperos nequeo flectere, Acheronta movebo.
Inzwiſchen hat es der Poet kurtz geſetzt / und unge - achtet man im leſen dem thone helffen kan / ſo klin - get es doch nicht ſo natuͤrlich und ungezwungen / als im deutſchen / da ich ihn nicht allererſt ſuchen darff / und beyde der tonus ſcanſionis und pro - nunciationis genau zuſammen treffen. Z. e. Wenn ein Deutſcher des Virgilii verß in proſa uͤberſetzen ſolte / wuͤrde er ſagen: Wenn mich der himmelnichtVorrede. nicht hoͤren will / ſo mag die hoͤlle helffen. Dieſes kan er nun mit eben dem nachdruck und ohne ver - aͤnderung des thons im verſe folgender geſtalt ſagen:
Hoͤrt mich der himmel nicht / ſo mag die hoͤlle rathen.
Was das ſchmeicheln belanget / ſo ſind die Deut - ſchen in entgegenhaltung der Frantzoſen noch uner - fahren; und ungeachtet auch dieſe ſich entſchuldigen koͤnten / daß ſie andre ſachen mehr auffgeſetzt / und Corneille durch ſeine Tragœdien / Scudery mit ſeinem Alarich, Boileau mit ſeinen Satyren ſich zum wenigſten ja ſo bekandt / als andre mit ihren unnoͤthigen lob-ſpruͤchen gemacht; ſo hat doch der erſte die krafft der Griechen noch nicht erreicht; der andere keinen ſonderlichen ruhm erworben / und der dritte das meiſte dem Juvenalis und Horatius abgeborget. Zwar laͤſt man ihnen gantz gerne die ehre / daß ſie im erfinden ſehr hurtig und in ausbildung ihrer gedancken gantz artig ſeyn: allein ſo geſchwin - de ihre erfindungen gebohren werden / ſo bald neh - men ſie auch wieder ein ende / und muͤſſen die Frantzoſen ſelbſt geſtehen / daß ihre gemuͤths-art / und man moͤchte faſt auch ſagen / ihre ſprache / zu ausfuͤhrung eines vollkommenen helden-gedichtes ſich nicht wohl ſchicket. Gleichwohl ſind nicht al - lein ſie / ſondern auch einige der unſrigen der feſten meynung / daß wir ihnen im dichten noch nicht das waſſer reichen / und ein Deutſcher ſo ſcharffſinnigegedan -Vorrede. gedancken zufuͤhren nicht einmahl faͤhig ſey. Nun koͤnte man ſolche leute zwar bald beſchimpffen / wenn man ihnen nur die gedichte der Jeſuiten oder ande - rer gelehrter leute in latein fuͤrlegte; indem es doch eines iſt / ob man lateiniſch oder deutſch was gutes ſchreibet: Allein wir wollen uns ſo weit hier nicht bemuͤhen / ſondern den beweißthum naͤher ſuchen / und erſtlich zeigen / wie weit die Poeſie bey uns geſtiegen: hernach aber / worinnen ſie noch zuver - beſſern ſey. Der erſte / welcher den deutſchen Poe - ten die bahn gebrochen / iſt Opitz geweſen. Ein mann / welcher ſo viel verſtand / als feuer / viel ſprachen zu ſeinen dienſten / und von allen wiſſen - ſchafften eine gruͤndliche und ungemeine kaͤnntniß gehabt. Ich will eben mit Buchner nicht ſagen / daß er die Poeſie ſo hoch erhoben / daß ihm alle die andern nur folgen muͤſſen: Es iſt aber unſtreitig / daß er darinnen mehr gethan / als man meynet / und daß viel versmacher in Deutſchland leben / welche die kraͤffte dieſes Poeten noch nicht erkennet. Sein lob-gedichte auff den koͤnig von Pohlen iſt unver - beſſerlich / und begreifft nebſt denen nachdruͤcklichen bey-worten / heroiſchen gleichniſſen und kurtz ge - ſetzten redens-arten / viel ſchoͤne gedancken. Ich will zu ſeiner vertheidigung nur etliche ſetzen. p. 2. lin. 5. ſagt er:
DuVorrede.Item p. 6.
Und noch mehr p. 7.
Was koͤnte wohl ſchoͤner als dieſes geſaget wer - den? Jedoch / womit man nicht meyne / daß er hier allein zu hauſe ſey / will ich noch etwas aus ſeinem Veſuv anfuͤhren. p. 29. ſagt er:
Und in ſeinem Vielgutt p. 56. ſagt er:
It. kurtz darauff:
Endlich will man ein exempel einer ſatyriſche[n]ſchreib-art haben / ſo findet man ſolches p. 57.
Ich hoͤre auff dem geneigten leſer mit anfuͤhru[ng]eines mehrern beſchwerlich zu ſeyn / und ich haͤt[te]auch dieſes wenige wohl weggelaſſen / wenn ich[es]nicht um derjenigen willen thaͤte / welche meyne[n]daß ſie lauter wunder-dinge im Boileau finden / u[nd]dennoch nicht wiſſen / was in unſerm allererſte[n]Poete[n]Vorrede. Poeten / dem Opitz / ſtecket. Es iſt keiner von den alten frantzoͤſiſchen dichtern ſo gluͤcklich / daß man ihn heutiges tages mehr achten ſolte: aber gewiß / ſo lange der welt-kreyß ſtehet / und die deutſche ſpra - che nur deutſch verbleibet / wird wohl niemand die - ſes / was ich aus unſerm Opitz hier angezogen / we - der tadeln noch verbeſſern koͤnnen. Und wenn wir uns alle bemuͤheten / den weg zugehen / den er ge - gangen; das iſt: durch leſung der Griechen und Roͤmer klug zu werden; ihre gedancken mit an - muth anzubringen / und endlich eigne aus unſrem gehirne auszubruͤten / ſo wuͤrden wir denen Fran - tzoſen bald naͤher kommen / und uͤber die ungleich - heit unſrer und ihrer ſchrifften nicht mehr klagen doͤrffen: maſſen ſie doch alles / was ſie ſagen / de - nen alten entweder nachgeafft oder abgeſtohlen. Nach Opitzen ſind Tſcherning / Dach und Flem - ming gefolget / deren erſter ihm aber nicht beykom - met: Der andere iſt unvergleichlich in geiſtlichen liedern und ungemein gluͤcklich in uͤberſetzung der pſalmen / und iſt nur ſchade / daß man ſeine ſachen der welt nicht mehr bekandt gemacht: Den drit - ten ziehet Herr Morhoff nicht allein Opitzen / ſon - dern auch faſt allen andern vor. Allein meines er - achtens iſt er zwar ein guter Poet / und behaͤlt noch wohl heute den ruhm / daß er unter ſeinen lands - leuten am beſten geſungen; wenn ich ihn aber bey die drey beruͤhmten maͤnner / Gryphius, Hoff -b 2manns -Vorrede. mannswaldau und Lohenſtein ſtelle / ſo duͤrffte ich faſt von ihm und ſeines gleichen das urthel faͤllen / was man vor zeiten von denen helden des koͤnigs Davids ſagte: Sie waren zwar groſſe helden / aber ſie kamen nicht an die zahl der drey. Denn dieſe haben nicht allein den Opitz weit gluͤcklicher als Flemming gefolget; ſondern in gewiſſen ſtuͤcken auch uͤbertroffen. Und zwar / was den Herrn Gryphius belanget / ſo iſt unſtreitig / daß ſeine ge - lehrſamkeit unmaͤßlich / ſein verſtand unvergleich - lich / und ſo wohl in erfindung als ausbildung der dinge ſehr hurtig und ſchnell geweſen. Seine Tra - gœdien ſind voller krafft / alle bey-woͤrter wohl ausgeſonnen / und wenn ich die warheit ſagen ſoll / ſo maͤnnlich / nachdruͤcklich und donnernd / daß es ihm keiner von allen ſeinen nachfolgern hierinnen gleich gethan. In bewegung und vorſtellung der affecten hat er ebenfalls etwas ſonderliches. Ich will deſſen nur ein exempel geben; p. 11. klaget die verlaſſene wittib des ermordeten Leo Armenius folgender geſtalt:
So fehlet es ihm auch nicht an ſcharffſinnigen ge - dancken und denen ſo genannten luſibus ingenii. Pag. 400. im Stuart fuͤhret er den koͤnig alſo re - dend ein:
Was man aber am meiſten an dieſem manne be - wundern muß / iſt / daß er in luſtigen ſachen eben ſo gluͤcklich geweſen iſt / als in traurigen. Welches ſein ſchwaͤrmender ſchaͤfer Horribilicribifax, Dorn-roſe und andere wercke gnug bezeugen.
Der Herr von Hoffmannswaldau / welcher ein ſchuͤler des Opitzes geweſen / hat ihm doch gantz ei - nen andern weg / als Opitz und Gryphius erweh - let; indem er ſich ſehr an die Italiaͤner gehalten / und die liebliche ſchreib-art / welche nunmehr in Schleſien herrſchet / am erſten eingefuͤhret. Zwar muß ich geſtehen / daß ſein ſtylus zu Tragœdien oder heroiſchen gedichten ſich nicht wohl ſchickenb 3wuͤr -Vorrede. wuͤrde: allein er hat ſich auch an dergleichen dinge niemahls gemacht; ſondern hat ſeine meiſte kunſt in galanten und verliebten materien angewandt / worinnen er ſich auch ſo ſinnreich erwieſen / daß man ihn billig fuͤr den deutſchen Ovidius preiſen mag. Sein Paſtor fido iſt beſſer uͤberſetzt / als der Frantzoͤſiſche; ſeine grabſchrifften ſind voller geiſt; die liebes-briefe / auſſer etlichen harten metaphoren / ſo er von den Welſchen behalten / nicht zuverbeſſern; und aus ſeinen begraͤbniß-gedichten kan man ſehen / daß es ihm an ernſthafften und moraliſchen gedan - cken auch nicht gemangelt: Seine liebes-lieder aber haben ihm nicht allein uͤber alle deutſche / ſondern auch uͤber die meiſten auslaͤndiſchen Poeten den ſitz erworben / und ich glaube ſchwerlich / daß ihm den - ſelbigen auch ins kuͤnfftige iemand beſtreiten wird.
Wir wollen ihm aber laſſen / und wenden uns zu dem fuͤrtrefflichen Herrn v. Lohenſtein / deſſen nahme bereits ſo weit erſchollen / daß er unſre aus - blaſung nicht mehr vonnoͤthen hat. Alle ſeine ge - dancken ſind ſcharffſinnig / ſeine ausbildungen zier - lich / und wenn ich die wahrheit ſagen ſoll / ſo fin - det man in dieſem eintzigen faſt alles beyſammen / was ſich in denen andern nur eintzeln zeiget. Denn er hat nicht allein von Opitzen die heroiſche / von Gryphio die bewegliche / und von Hoffmanns - waldau die liebliche art angenommen; ſondern auch viel neues hinzu gethan / und abſonderlich inſen -Vorrede. ſententien / gleichniſſen / und hohen erfindungen ſich hoͤchſt-gluͤcklich erwieſen. Seine Tragœdien ſind von den beſten. Seine geiſtliche gedancken voller krafft / uñ ſeine begraͤbniß-gedichte unvergleich - lich. In ſeinem Arminius aber hat er ſich als einen rechten Poeten erwieſen / und ſo viel artige / kur - tze und geiſt-volle dinge erſonnen / daß wir uns nicht ſchaͤmen duͤrffen / dieſelbigen allen heutigen Fran - tzoſen entgegen zuſetzen. Ich weiß wohl / daß die wenigſten ihnen die muͤhe nehmen / dieſes herrliche buch durchzuleſen. Darum werde ich hoffentlich nicht unrecht thun / wenn ich einige ſinn-gedichte allhier zum exempel anfuͤhre / um denenjenigen / welche die Deutſchen ſo hoher gedancken unfaͤhig achten / dadurch die augen zu oͤffnen. Part. 1. p. 243. hat er uͤber die Olympia / welche zu bewahrung[i]h - rer keuſchheit den Armeniſchen Koͤnig Artabaces und ſich ſelbſt erſtach / folgende gedancken:
Uber die vermaͤhlung Herrmanns und ſeiner Thus - nelda hat er part. 1. p. 1423. folgendes Sonnet:
Bey dem begraͤbniſſe des Kaͤyſers Auguſtus hat er unter andern ſinn-ſchrifften part. 2. p. 952. auch dieſe:
Item part. 2. p. 953.
Item part. 2. p. 975.
Und part. 2. p. 1420. beſchreibet er die annehmlig - keit der liebe ſolcher geſtalt:
Dieſes ſind nur die geringſten ſeiner ſcharffſin - nigen gedancken / und wer ihm die zeit nehmen will / die geſchichte des Arminius durchzublaͤt - tern / wird deren wohl tauſend finden. Es iſt nur ſchade / daß dieſer ungemeine mann uͤber dem ſchluſſe ſeines werckes ſterben muͤſſen / und ſolches nebſt ſeinen andern ſchrifften nicht noch einmahl uͤ - berſehen koͤnnen. Denn was ihn etliche beſchuldi - gen / daß er an vielen oͤrtern zu hart / oder auch gar zu gelehrt geſchrieben / wuͤrde ohne zweifel ſchon laͤngſt geaͤndert ſeyn / wenn ihm die zeit und geſchaͤffte an ausputzung dieſer ſeiner geburten nicht ſtets gehin - dert haͤtten. So aber hat man ſie dem leſer ſo lie -b 5fernVorrede. fern muͤſſen / wie er ſie am erſten zur welt gebracht / und muͤſſen dannenhero diejenigen / welche ſie ſehen ſie nicht als vollkommene kinder / ſondern bloß als erſtlinge oder unreiffe fruͤchte betrachten / welche vielleicht gantz anders ſchmecken wuͤrden / wenn ſie die ſonne ſeines verſtandes noch einmahl beſchienen haͤtte.
Nach abgang dieſer dreyen beruͤhmten Maͤnner haben ſich in Schleſien Herr Muͤhlpfort / Herr v. Aßig / und die noch lebenden Herr v. Abſchatz / und Herr Gryphius bekandt gemacht / und verdienen abſonderlich die letzten / daß man ſie unter die ſtuͤ - tzen unſerer verfallenden Poeſie wohl zehlen darff. Von auswaͤrtigen / welche durch dichten einigen ruhm erworben / will ich meine gedancken dißmahl verſchweigen; man moͤchte mich / als einen Schle - ſier fuͤr allzu partheyiſch halten. Jedoch werde ich hoffentlich nicht ſuͤndigen / wenn ich an ſtatt der an - dern aller des ſel. Herrn Morhoffs und Herrn v. Beſſer gedencke. Der erſte ſchreibt zwar ſo lieb - lich nicht / als gelehrt. Er hat aber ſehr wohl ver - ſtanden / was zu einem gedichte erfordert wird. Der andere iſt in beyden ſehr gluͤcklich / und hat nicht allein einen ſcharffen geſchmack von guten gedan - cken / ſondern ſchreibet auch ſolche verße / welche ein iegliches ohr vergnuͤgen koͤnnen. Und nun ſol - te man wohl meynen / daß es um die deutſche Poe - ſie ſehr wohl beſchaffen / und wenig zu ihrer voll -kom -Vorrede. kommenheit mehr uͤbrig waͤre: Allein / wie ich ſchon oben erinnert / daß es dem Herrn Opitz noch an zierligkeit / dem Herrn v. Hoffmannswaldau an ernſthafftigkeit / dem Herrn v. Lohenſtein aber an zeit gemangelt; alſo koͤnte ich leicht von allen andern auch etwas zu ſagen finden / wenn ich mich nicht ſelbſt fuͤr ungeſchickt hielte / von leuten / wel - che kluͤger ſind / als ich / mein urthel zu faͤllen. Es wird vielleicht anderwaͤrts gelegenheit geben / meine gedancken hieruͤber auszulaſſen. Inzwiſchen waͤ - ren wir gluͤcklich / wenn ſich keine andere leute mehr als ſolche / wie ich anitzt beſchrieben / im dichten uͤb - ten. Die Poeſie wuͤrde bald hoͤher ſteigen / und es waͤre ein leichtes / dasjenige / was etwan noch ruͤck - ſtaͤndig iſt / nachzuhohlen. Aber ſo iſt das ſchnat - tern der gaͤnſe ſo groß / daß man die ſchwanen da - vor kaum hoͤren kan; Denn ein ieder Schulmei - ſter will nunmehr verße machen / und ungeachtet man ſolche arbeit von der gelehrten leicht unter - ſcheiden kan / ſo verfuͤhrt man doch dadurch junge leute / und verblendet ſie mit ſo vielen vorurtheilen / daß ſie hernach lebenslang von der rechten Poeſie keinen geſchmack bekommen. Jedoch waͤre mei - nes erachtens noch ein mittel / von dieſem irr - gan - ge ſich auszuwickeln / wenn man nur folgende re - geln in acht nehme: Erſtlich unterſuche man ſich ſelber / ob dasjenige / was uns zur Poeſie anreitzet / ein natuͤrlicher trieb / oder nur ein gemachtes ver -langenVorrede. langen ſey. Iſt das letzte / ſo laſſe man doch nur das dichten bleiben; Denn gar keine verße zu ma - chen / iſt ſchlechte ſchande / ſchlimme aber zu ma - chen / iſt etwas naͤrriſches. Die hochzeiten und be - graͤbniſſe wuͤrden doch wohl vollzogen werden / wenn man gleich nicht allemahl dabey reimte; und wolte man ja einen ſchatz anbinden / ſo fin - den ſich noch allezeit gute leute / welche um etliche groſchen ein lied / oder ein verdorbenes Sonnet auffſetzen. Verſpuͤret man aber von natur zum dichten eine ſonderliche begierde und faͤhigkeit / ſo forſche man wieder / wie weit ſie gehe / und ob man ein bloſſer verßmacher / oder ein galanter dichter / oder in der Poeſie groß zu werden gedencke. Das erſte iſt am allergemeinſten: denn die meiſten be - gnuͤgen ſich damit / wenn ſie nur auff einen na - mens-tag oder hochzeit etwas fingen / oder ein lu - ſtiges lied hinſchreiben koͤnnen; Und ſolche brau - chen zu ihrer vollkommenheit ſchlechte muͤhe; wie - wohl es beſſer waͤre / wenn ſie gar zu hauſe blieben / und zaͤrtliche ohren mit ihren gedichten nicht erſt beſchwerten. Zu dem andern gehoͤren feurige und auffgeweckte gemuͤther / welche in der galanterie ſehr wohl erfahren / im erfinden kurtz / in der ausarbeitung hurtig / und in allen ihren gedan - cken ſeltzam ſeyn. Und ſolchen will ich rathen / daß ſie von den Lateinern den Ovidius, Martialis, Au - ſonius, und auffs hoͤchſte den Claudianus; vondenenVorrede. denen Deutſchen den Hoffmannswaldau; von de - nen Frantzoſen aber Boileau, les vers choiſis de Bouhours, und die im mereur galant begriffene gedichte leſen: Daß ſie niemahls eher ſchreiben / als biß ſie ſich dazu geſchickt befinden / keine ſtunde da - mit verderben / als welche ſie zu ihrer ergetzung ausgeſetzt / und endlich in allen dingen der maͤßig - keit folgen. So kan es nicht anders ſeyn / als daß ſie die hochachtung der gantzen welt erwerben. Die dritten muͤſſen nicht allein an natuͤrlichen ga - ben viel reicher / ſondern auch in erfindungen tieff - ſinniger / in der arbeit gedultiger / und in der ſchreib-art feſter und mehr poliret ſeyn. Sie muͤſ - ſen uͤber dieſes entweder ſelbſt mittel / oder doch auskoͤmmlichen unterhalt / und zum wenigſten bey ihren amts-geſchaͤfften die freyheit haben / daß ſie drey oder vier ſtunden des tages verſchwenden duͤrffen. Fuͤr allen dingen aber muͤſſen ſie viel ſpra - chen verſtehen / in allen wiſſenſchafften wohlge - gruͤndet / in der welt erfahren / durch eigene zu - faͤlle gewitziget / ihrer affecten meiſter / und in ur - theilung anderer leute gebrechen vernuͤnfftig ſeyn. Und alsdenn iſt es zeit / daß ſie allgemach anfan - gen Poeten zu werden / welches aber ohne leſung und unterſcheidung poetiſcher buͤcher nicht wohl ge - ſchehen kan. Ich ſage / ohne leſung und unterſchei - dung: Denn man muß nicht alle durchgehends leſen / ſondern nur die beſten / und zwar diejeni -gen /Vorrede. gen / welche uns zu ſtaͤrckung unſers verſtandes / o - der zu ausfuͤhrung unſerer materie am meiſten die - nen. Wir koͤnnen aber die Poeten in zweyerley ſorten / nemlich in alte und neue / und jene wieder in Griechen und Roͤmer / dieſe in auslaͤnder und einheimiſche theilen. Unter denen Griechen hat in heroiſchen gedichten den vorzug Homerus, in Tra - goͤdien Sophocles, in Oden Pindarus und Ana - creon. Von den Roͤmern kan man in verliebten ſachen den Ovidius, in Tragoͤdien den Seneca, in Oden den Horatius, in lob-gedichten den Claudia - nus, in ſatyriſchen den Juvenalis und Perſius, in helden - und ſchaͤfer-gedichten aber den unvergleich - lichen Virgilius leſen. Die uͤbrigen haben entwe - der viel falſche gedancken / oder ſind doch ſo beſchaf - fen / daß man ſich ohne deren durchblaͤtterung wohl behelffen kan. Von denen heutigen auslaͤndern excelliren ſonderlich in geiſtlichen ſachen die Engel - laͤnder; in ſcharffſinnigen / in Oden und in ſchaͤ - fer-gedichten die Welſchen; in ſatyriſchen die Hol - laͤnder; in galanten aber / in lob-gedichten und ſchau-ſpielen die Frantzoſen. Die einheimiſchen oder deutſchen Poeten lieſet man fuͤrnemlich wegen des ſtyli. Weilen aber dieſer nach erforderung der materien mancherley iſt / ſo muß man auch hier ei - nen unterſcheid machen / und von Opitz und Flem - ming die heroiſche; von Gryphius die bewegliche und durchdringende; von Hoffmannswaldau dielieb -Vorrede. liebliche / galante und verliebte; von Lohenſtein die ſcharffſinnige / ſpruchreiche und gelehrte / und alſo von einem ieden eine beſondere ſchreib-art lernen / und durch deren kuͤnſtliche vermiſchung diejenige zu wege bringen / welche die Lateiner den ſtylum ſublimem nennen. In Comoͤdien haben Herr Gryphius und Herr Weiſe etwas gethan. Der erſte giebet an luſtigkeit dem Moliere nichts nach / hat aber mehr auff kurtzweil als durchziehung der laſter geſehen. In dem andern iſt der ſtylus gut / ungeachtet ſeine Comoͤdien / wegen der vielen per - ſonen / ſo er dazu gebrauchen muͤſſen / mit denen regeln des Theatri nicht ſehr zuſammen ſtimmen. Es iſt auch nicht zu hoffen / daß wir viel beſſere er - leben werden / weiln es nicht der muͤhe lohnet Co - moͤdien zu machen / wo man nicht zum wenigſten die freude hat / ſie ſpielen zu ſehen. Von ſatyri - ſchen dingen haben wir noch gar nichts auffzuwei - ſen / als was Herr Rachelius geſchrieben / und Herr Opitz hin und wieder in ſeinen gedichten mit einge - ſtreuet. Aber es iſt nichts vollkommenes / und es waͤre zu wuͤnſchen / daß ſich iemand faͤnde / wel - cher uns auch in dieſem ſtuͤcke befriedigen koͤnte. Jedoch / wir fallen zu weit / und ſchwatzen von dingen / welche die allerwenigſten von uns von noͤ - then haben. Denn unter tauſenden iſt kaum einer ſo gluͤckſelig / daß er ſich zur Poeſie rechtſchaffen ſchickete; und ſo er es ja endlich iſt / ſo gebricht esihmVorrede. ihm doch entweder an gedult oder zeit / oder am ge - luͤcke in ſeiner befoͤrderung; und alſo am fuͤrnehm - ſten / welches zu einem dichter erfodert wird / nem - lich / an einem froͤlichen gemuͤthe. Dannenhero thun diejenigen am beſten / welche die mittel-ſtraſſe halten / ſich bloß auff galante gedichte legen / und um die geheimniſſe der hohen Poeſie unbekuͤmmert laſſen. Allein / weil man auch hierzu / wie ſchon gemeldet / ohne vorgaͤnger nicht wohl gelangen kan; ſo hat man dahin geſonnen / wie man ein werck verfertigen moͤchte / welches aus unſerer eige - nen leute arbeit beſtuͤnde / und den leſer / wo nicht in allen / doch in den meiſten ſtuͤcken vergnuͤgen koͤn - te. Und dieſes iſt die urſache / warum man gegen - waͤrtige gedichte zuſammen getragen / und in einem begriffe zeigen wollen / was man in vielen unſerer Landsleute bißher umſonſt geſucht. Es ſind nicht ſachen / welche man aus buͤchern gezogen; ſondern die meiſten ſind entweder noch gar nicht / oder doch nur ſtuͤckweiſe geſehen worden. Hierunter fuͤhren den vorzug die Hoffmannswaldauiſchen / von wel - chen ich wohl ſagen kan / daß viel darunter ſind / welche die vorhin gedruckten gedancken weit uͤber - treffen. Neben dieſen erſcheinen etliche noch uͤbrige gedichte vom Herrn von Lohenſtein / und wird man hoffentlich nicht uͤbel nehmen / daß man abſonderlich deſſen Venus hier eingeruͤcket. Sie hat einen ſol - chen nachbar am Hoffmannswaldau / daß ſie ſich ſei -nerVorrede. ner geſellſchafft nicht ſchaͤmen darff. Die andern / welche ſo guͤtig geweſen / und dieſes werck durch ihre arbeit vergroͤſſern helffen / wollen lieber unbekandt / als genennet ſeyn; und zu dem ende hat man kei - nen eintzigen namen hier ausgedruckt / etliche aber auch nur mit kreutzen bezeichnet. Meines ortes waͤre ich ſo ehrgeitzig nicht geweſen / einige von meinen gedichten mit beyzuſchlieſſen / wenn diejenigen / welche man ausdruͤcklich hierum erſucht / uns nicht gaͤntzlich allen beytrag verſaget haͤtten. Denn ich kenne mei - ne unvermoͤgenheit allzu wohl / und bin dem Auto - ri der Diſſertation de Poëtis hujus ſeculi ſchlecht verbunden / daß er mich ſo gewaltig ausgeſtrichen; mich fehler beſchuldiget / derer ich nicht einmahl faͤ - hig bin; und hingegen dinge an mir gelobet / die er doch ohne zweiffel getadelt haͤtte / wenn er die regeln der hohen Poeſie verſtuͤnde. Allein es gehet nicht allemahl wie man will; der herr verleger brauch - te noch etliche bogen / derowegen muß man es mir zu gute halten / daß ich ſie mit meinen einfaͤllen dißmahl beſudelt. Sonſten habe ich mir die kuͤhnheit ge - nommen / ſo wohl in den Hoffmannswaldauiſchen ſa - chen / als auch in der Venus des Herrn von Lohen - ſtein / dasjenige / was unrecht geſchrieben war / zu verbeſſern; das ausgelaßne zu erſetzen / und etliche hohe gedancken / ſo ſie vielleicht ihrer damahligen ju - gend wegen nicht recht bedacht / in ordnung zu brin - gen. Ich zweiffle nicht / daß ſie es weit gluͤcklichercver -Vorrede. verrichten wuͤrden / wenn ſie noch ſelber lebten; In - zwiſchen hoffe ich doch auch / daß man ſich mit meiner geringen bemuͤhung begnuͤgen werde. Solten et - wan die lieder verſehen ſeyn / und etliche / ſo ich dem Herrn v. Hoffmannswaldau gegeben / einem andern zuſtehen / ſo wird ſich hoffentlich dieſes namens nie - mand zu ſchaͤmen / dieſer groſſe Mann aber auch kei - nen ſchimpff davon haben / weiln ich ihm keine zu - geeignet / welche nicht denen ſeinigen in allem gleich geſchienen. Allzu freye gedancken habe ich in dieſes werck nicht ruͤcken wollen; und dafern ſich ja einige darinnen finden / ſo ſind ſie wider meinen willen mit eingeſchlichen. Endlich hoffet ſo wohl der verleger / als ich / daß dieſes buch nicht allein zu iedermanns beluſtigung / ſondern auch zu vieler erbauung dienen / und manchem den unterſcheid zwiſchen der galanten und pedantiſchen dicht-kunſt zeigen werde. Wird es wohl auffgenommen / ſo duͤrffte dieſer theil leicht noch einen gebaͤhren / in welchem man alles / was in dieſem verſehen worden / ſich auff das aͤuſerſte zu erſe - tzen bemuͤhen wird. So moͤchte man ſich auch wohl bereden laſſen / eheſtens der deutſchen Poeten ſcharff - ſinnige gedancken nebſt einer deutſchen Mythologie heraus zu geben. Inzwiſchen ergetze ſich der ge - neigte Leſer an dieſem wenigen / und fahre wohl!
Ernſt Auguſt / Churfuͤrſt in Braun - ſweig und in Luͤneburg Durch verſetzung der buchſtaben: Glaub! Uns Teutſchen wirſtu ru / aus Un - gern fride bringen.