IZt liebt die gantze welt! des Titans glut wird maͤchtig
Die erde zu vermaͤhln / der himmel machet traͤchtig
Mit regen ihren ſchooß / das blumen gelbe jahr
Beſchwaͤngert ihren bauch / der blumen ſommer-haar
Bekleidet allbereits die unbelaubten wipffel:
Des Demus kahlen kopff / und die unwirthbarn gipffel /
Die hier der ſuͤd verſaͤngt / und dort der ſchnee ableckt /
Hat ſchon der bunte lentz mit kraͤutern uͤberdeckt.
Ja ſelbſt die zeit wird braut / die blumen-goͤttin ſchmuͤcket
Ihr ſelbſt das braut-gewand / und ihre kunſt-hand ſtuͤcket
P 3Der230Der Tellus gruͤnen rock mit friſchem roſen-ſchnee
Und weiſſen liljen aus. Hier waͤchſet fetter klee
Auff Heyblens marmor-bruſt; Dort buͤcken die narciſſen
Sich zu den tulpen hin / einander recht zu kuͤſſen.
Hier ſchmeltzt das thraͤnen-ſaltz vom rauchen hyacinth /
Wo die cryſt[a]llen-bach aus hellen klippen rinnt /
Voll luſt ſein herbes leid darinnen zu beſpiegeln.
Indeſſen feuchtet dort mit den bethauten fluͤgeln
Der zucker-ſuͤſſe weſt die wieſe / die faſt lechſt.
Das weiß-beperlte graß / das in den thaͤlern waͤchſt /
Bekraͤntzt der ſternen-thau. Die waͤlder werden duͤſtern
Nun ſich der wurtzeln-ſafft den aͤſten will verſchwiſtern /
Das laute fluͤgel-volck / das ſtumme waſſer-heer /
Ja ſelbſt der kluge menſch / und was lufft / erd’ und meer
Beſeeltes in ſich hat / wird gleichſam jung und rege /
Gereitzet durch den geiſt der Goͤttin / derer wege
Durch alle grentzen gehn / die die natur geſetzt /
Ich meyne Venus dich: du werdeſt gleich geſchaͤtzt
Von andern / die noch nicht dein feuer recht erkennet /
Die deine krafft nicht ruͤhrt / noch deine flamme brennet /
So / wie es ihnen duͤnckt. Verzeihe mir nur hier
Du Gnidus-koͤnigin / daß ich diß ſchlechte dir /
Auff dein bekraͤntzt altar mit ungewaſchner lippe
Im glaͤſer-hellen qvell des pferde-beins Enippe
Zu opffern mich erkuͤhn. O milde geberin
Der viel beredſamkeit / nimm diß mein deutſchen hin.
Gib / daß ein lauter ſchwan von deinem es mir zeige /
Wie ich dich ſingen ſoll. Laß meine lorbeer-zweige
Bey deinen myrthen bluͤhn. Ich ſpanne nun hierauff
Die ſeegel in dein lob / gib / daß nach guten lauff
Die ſeuchte muſchel mag die ſtillen ufer leſen.
Bald erſtlich aber faͤllt / durch wen du ſeyſt geneſen /
Ein eyfer kummer vor. Die meiſten ſind geſinnt /
Du ſeyeſt Jupiters und der Dianen kind.
Viel duͤrffen dir wohl gar dein vater ſtreitig machen /
Und ſagen / daß du nur (wer will des wahns nicht lachen)
Cambyſens kinds kind ſeyſt. In warheit / welcher glaubt
Solch aberglaͤubiſch ding / dem iſt ſein neblicht haupt
Von wahnwitz angefuͤllt. Denn wer hat ie vernommen /
Daß von der tauben ſey ein ſtarcker adler kommen?
Kein bock hat noch wohl nicht ein pferd zur welt gebracht /
Kein kaͤfer einen ſtraus. Und aus der finſtern nacht
Entſpringt kein ſonnen-licht. Die meiſten aber ſagen /
Der himmel habe dich in ſeinen ſchooß getragen /
Al[s]231Als dich der tag gezeugt. Zwar dieſe meynung ſcheint
Mir nicht ſo ungereimt / weil ſie dich nicht verkleint /
Auch keines mangel zeugt. Daß du vom himmel kommen /
Und von den Goͤttern haſt dein weſend thun genommen /
Trifft mit der gottheit ein. So iſt auch weil die welt
Diß weit-umarmtes all wird durch den tag erhellt /
Dein weſen ſchon geweſt. Doch ſcheinet unter allen
Mir keine meynung mehr / als derer / zugefallen /
Die deinen ſtamm erzehln; Daß die geſchwellte flut
Des blau-geſaltznen ſchaums / geſchwaͤngert durch das blut /
Des himmels ſaamen ſey / als aus erzuͤrnten wuͤten /
Saturnus ſichel ihm das manns-glied abgeſchnitten /
So waͤr es durch die lufft gefallen in die ſee /
Und aus erregtem ſchaum ſey unſre Ziprie
Entſproſſen in der flut. Diß machet uns zu wiſſen /
Warum die Griechen erſt dich Aphrodite hieſſen.
Gewißlich / ſaltz und ſchaum koͤmmt deiner eigenſchafft
Und wuͤrckung ziemlich bey. Wo wuͤrde krafft und ſafft
Die ſaͤuge mutter ſonſt vor ihre fruͤchte nehmen?
Wie wuͤrde pflantz und thier ſonſt ihre ſeele ſaͤmen /
Und was durch die geburt / die ewigkeit der welt
Fuͤr ihrem untergang und letzten nichts erhaͤlt?
Wo wuͤrde frucht und brut / und alles marck der erden
In der verſiegnen art gezeuget koͤnnen werden /
Bey mangel deiner glut? Ich ſchweige was von ihr
Du ſchoͤnes meer-ſchaums-kind / die milde mutter dir
Noch ſonſt hat beygepflantz. Daß dieſes alles alle
Nicht ſtracks in einem nu in einem klumpen falle /
Haͤlt deine gutthat auff. Noch eines faͤllt mir bey:
Warum das ſaltz-glaß auch noch ſonſt dir aͤhnlich ſey.
Denn wie das gruͤne ſaltz bald an des monden glaͤntzen /
Bald gar ſich ſchwellt empor zu Ariadnens kraͤntzen /
Bald gar in abgrund faͤllt / wenn bald der laue weſt /
Bald ſuͤd’ und nord darauff mit ſtarcken backen blaͤſt.
So gleicht auch dein beſtand den unbeſtaͤndgen wellen /
Die bald das liebes-ſchiff mit ſaurem ſturm anbellen /
Bald durch erwuͤnſchten wind in einen hafen fuͤhrn /
Um den manch fremder maſt muß jahr und tag verliehrn /
Und doch zu ſcheitern gehn. Ja unſer lieben lehret /
Daß Acidalie dem waſſer angehoͤret;
Denn lieben iſt nichts mehr / als eine ſchifferey /
Das ſchiff iſt unſer hertz / den ſeilen kommen bey
Die ſinn-verwirrungen. Das meer iſt unſer leben /
Die liebes-wellen ſind die angſt / in der wir ſchweben /
P 4Die232Die ſeegel / wo hinein blaͤſt der begierden wind /
Iſt der gedancken tuch. Verlangen / hoffnung / ſind
Die ancker. Der magnet iſt ſchoͤnheit. Unſer ſtrudel
Sind Bathſeben. Der wein und uͤberfluß die rudel.
Der ſtern / nach welchen man die ſteiffen ſeegel lenckt /
Iſt ein benelckter mund. Der port / wohin man denckt /
Iſt eine ſchoͤne frau. Die ufer ſind die bruͤſte.
Die anfahrt iſt ein kuß. Der zielzweck / ſuͤſſe luͤſte.
Wird aber hier umwoͤlckt / durch blinder bruͤnſte rauch /
Die ſonne der vernunfft / ſo folgt der ſchiffbruch auch /
Der ſeelen untergang / und der verderb des leibes:
Denn beyde toͤdtet uns der luſtbrauch eines weibes.
Wer ſchneidet aber dir ſo ruhm als nahmen ab /
Wenn unvernunfft ſich ſtuͤrtzt? gewiß / der hat ſein grab
Im leben ſchon erlangt. Der hat entzuͤndte ſinnen /
Wer nicht dein ſuͤſſes thun muß inniglich gewinnen /
Dem muß ſein kaltes hertz mit eiß umfangen ſeyn /
Dem deiner flammen plitz nicht dringt zur ſeelen ein.
Denn ſoll man / weil der dorn die finger pflegt zu ſtechen /
Sich nicht der roſen haupt bemuͤhen abzubrechen?
Soll fenchel-kraut und klee zu pflantzen ſeyn verwehrt /
Weil ihren ſuͤſſen ſafft die ſchlang’ in gifft verkehrt?
Soll auch die wuͤſte ſee bald unbeſeegelt liegen?
Und ſoll das fluten-pferd nicht mehr die Thetis pfluͤgen /
Wenn einmahl well und wind auff ſeil und ſeegel bell’n.
Und ein zerſchmettert holtz durch eine klap zerſchell’n /
Offt durch des ſchiffers ſchuld / der meiſtens geht verlohren /
Weil er kein vorſichts-wachs ihm ſtopffet fuͤr die ohren;
Wenn die Sirene pfeifft / weil er nicht weiß / wo ſtein
Und ſtrudel / friſcher brunſt / vermieden muͤſſen ſeyn.
Der / wenn die laſter weh’n / die ſeegel ſteiffer ſinnen
Nicht bald herunter faͤllt / noch auch ſein ſchwach beginnen
Will anckern auff vernunfft. Wer in den dorn ſich ſticht /
Mit dem die kaͤyſerin der dornen ſich umflicht /
Mag ſeiner blindheit es / und nicht den weichen blaͤttern
Der roſen rechnen zu. Wiewohl gleich als mit wettern
Der ſommer ſich vermiſcht / gleich als ein myrrthen-ſtrauch
Zu wachſen nicht allein / die ſonne / ſondern auch
Des regens unmuth darff. So koͤnnen auch die ſaaten
Der gruͤnen liebe nicht ſtets an der ſonnen braten;
Es hegt / nechſt dieſer / auch ein fremder anmuths-kuß
Die pflantzen / die ſie waͤrmt. Der wehmuth regen muß /
Aus den geſtirnen qvell’n / in derer brunn die flamme
Zum erſten ſich entſpann / und als die ſeelen-amme
Die233Die liebes-flamme nehrn / die wurtzeln auch benaͤßt
Mit buhler-thraͤnen ſeyn; der ſeuffzer kuͤhler weſt
Muß den halb duͤrren ſtock mit feuchtem hauch anwehen /
Wo man ihn ſuͤſſe frucht ſoll kuͤnfftig tragen ſehen.
Welch wahnwitz war es nun / wenn um ein kurtzes weh /
Um einen ſauren biß man ſolte bald die ſee
Mehr als gewuͤnſchter luſt / mehr als begehrter wonne /
Und was noch mehr entbehrn? auch laͤſt ſich nicht die ſonne
Zueignen fluch und ſchuld / wenn boßheit haus und ſtadt
Steckt durch ein brenn-glaß an; der Venus garten hat
Ja wolffs-milch boͤſer luſt nebſt ihren liljen bluͤhen /
Wenn natter-zungen wolln den reinen ſafft ausziehen.
Sonſt aber klebt kein gifft den holden kraͤutern an /
Die mißbrauch / haß und neid nicht fleckicht machen kan.
Diß und kein ander lob ſteht ſternen eingeſchrieben /
Und marmoln eingepraͤgt. Ja dein beliebtes lieben /
Dein weſen von kind auff / die wercke deiner macht
Hat die Calliope ſelbſt zu pappier gebracht /
Und in das demant-buch der ewigkeit begraben /
Was du zu ruͤhmen werth / wir auch zu wiſſen haben.
Die goͤtter ſind niemahls bemuͤhter um ein ding /
Als um dein ſchiff geweſt / ſo bald der ſchaum auffgieng /
Stund Titan gantz beſchaͤmt / und wolte mit den ſtrahlen
Nicht mehr die kalte ſchooß der matten erden mahlen;
Aurorens guͤldner ſtuhl ſchien auff der ſee zu ſtehn /
Die wellen fiengen an mit roſen auffzugehn /
Die ſonne ſchimmerte nur wie bey duͤſtern naͤchten
Der mond / als wenn umher ſich duͤnne duͤnſte flechten;
man meynte / daß die ſonn ein nebel / daß das meer
Ein himmel / und die lufft zur erden worden waͤr.
Ja ſelbſt die ſchoͤnheit ſchien itzt allererſt gebohren /
Weil himmel / erd und meer fuͤr dir den glantz verlohren;
Du macheſt milch und ſchnee mit deinem halſe grau /
Der marmolſtein ward ſchwartz / das helffenbein ward rau /
Fuͤr deiner glatten ſchooß; die blauen tuͤrckſe ſchienen
Fuͤr deinen adern weiß / die roͤthe der rubienen
Bey deinen lippen fahl; der ſtirnen glantz gieng vor
Dem demant / und die pracht des purpur-bluts verlohr
Die farbe. Ja / fuͤr dir erblaßten die corallen /
Als ſie die wangen ſah’n; die leuchtenden cryſtallen /
Die ſternen wurden ſelbſt fuͤr deiner augen glantz /
Und deinen blincken blind. Aurorens roſen-krantz
Ward welck fuͤr deinem haar. Fuͤr deinem athem buͤßten
Die veilgen den geruch / die liljen fuͤr den bruͤſten /
P 5Ge -234Gepraͤng und ſchoͤnheit ein. Kurtz / unſre Ziprie
War aller frauen frau; Der wolluſt-ſtroͤhme ſee /
Der augen augen-ſtern / die ſonne der goͤttinnen /
Der wolluſt ziel und pfeil / das muſchel-ſchiff / worinnen
Das vordertheil corall / das hintertheil rubin /
Der maſtbaum von ſmaragd / das ſegel carmeſin /
Das faͤhnlein von damaſt / das ſeil aus wurmgeſpinſte /
Das ruder aus ſaphir / und alles ſonſt auffs minſte
gemacht aus perlen war. Der ſchnecken haͤußlein war
Die ſchooß / zugleich in der die mutter dich gebahr.
Dein tempel / dein altar / dein wagen / deine wiege /
Dein himmel / deine burg / dein ſchild und helm im kriege /
Dein bette / ja dein thron / dein ſpiegel / dein gezelt /
Dein garten / dein gemach / ja deine gantze welt.
Auff diß dein ſchiff lein bließ der vater aller blumen /
Der Flora braͤutigam / der zephyr aus Idumen /
Zibet und ambra aus; Neptun hub aus der ſee
Sein cryſtallines haupt verwundernd in die hoͤh /
Und ließ von ſeinem haar auff ſeiner waſſer auen
Corallen-zoͤpffe falln / und perlen-tropffen thauen;
Schlug auch mit ſeiner hand den ſcepter auff das meer /
Daß alle Naͤjaden und goͤtter kamen her /
Die ſchiffahrt Zipriens nach wuͤrden zu beſtellen /
Palemon kam und ritt ein meer-ſchwein auff den wellen /
Dem er von tulipen und roſen ein gebiß
Hatt um das maul gelegt. Der krauſe Nereus ließ
Das ſchuppen-vieh heraus aus Amphitritens bette;
Und Triton zog hervor / an einer langen kette /
Die muſchel fortzuziehn / ein groſſes waſſer-heer /
Das er mit mooſe ſpeiſt / und das das blaue meer
Mit friſchem ſaltze traͤnckt. Die Nymphen / welche lieſſen
Dort den Euphrat / den Niel / und hier die Donau flieſſen /
Von denen eine dar gold / cryſolithen-ſtein /
Und amethiſten laß / und perlen faͤdmet ein;
Dort ab corallen brach / verſtreueten mit hauffen
Ihr reichthum um dein ſchiff / um deine gunſt zu kauffen /
Um diß ihr opffer-werck. Denn eben damahls war /
O meer gewuͤnſchter luſt! des meeres gold / dein haar;
Sein demant dein geſicht / ſein purpur deine wangen;
Dein laͤcheln ſeine perl; ſein gantzes reichthum prangen /
Daß auch die Thetis ſelbſt daruͤber ſchamroth ward.
Kurtz: deine trefflichkeit die war von ſolcher art:
Halb ſeel-loß / halb erzuͤrnt / daß ſie ſich uͤberhoffen /
Durch deine ſchoͤnheit ſah vielfaͤltig uͤbertroffen.
Ja235Ja die beſtuͤrtzung brach mit ſeuffzen auch herfuͤr /
Als ſie die heyrath nun mit Jupitern und ihr
Zu waſſer werden ſah; wiewohl ſie es beſchoͤnet
Mit farben / die der witz im fall der noth entlehnet /
Zum mantel eigner ſchmach / als haͤtte ſie durchaus
Nicht wegen der geſtalt ſie in ſein ſternen-haus
Zu nehmen / und nechſt dem auch in ſein purpur-bette /
Diespiter verſchmaͤht; nein / ſondern Protheus haͤtte
Den Jupiter gewarnt / die heyrath einzuſtelln /
Sonſt moͤcht’ ihr kuͤnfftig ſohn ihn von dem throne faͤlln.
Denn dieſes waͤre ſchon der Parcen rund entſchlieſſen.
Der vater wuͤrde ſelbſt der Thetis ſohne muͤſſen
An tugend unten ſtehn. Wer aber merckt den fund /
Und haͤlt nicht dieſen ranck fuͤr ausflucht ohne grund?
Es wolte zwar mit ihr ſich Jupiter vermaͤhlen /
Und ſie fuͤr ſeine frau / fuͤr ſeine Juno zehlen /
Wo auff den hochzeit-tag ſonſt keine goͤttin ihr
An anmuth und geſtalt nicht wuͤrde gehen fuͤr.
Allein es hat es ſelbſt der goͤtter fuͤrſt bekennet /
Die liebe / die zuvor in ſeiner bruſt gebrennet /
Diß feuer haͤtte ſich wie ſtaub und rauch verlohrn /
Nachdem die Paphie der ſchwangre ſchaum gebohrn.
Wie wenn Leucothoe mit den bebraͤunten fluͤgeln
Die ſonne deutet an / auff duͤſtern blauen huͤgeln /
Der ſchimmernd-helle glantz der ſternen ſaate weicht /
Und Phoͤbens ſilber-ſchein an beyden horn’ erbleicht /
So bald ihr bruder koͤmmt; die ſingenden Sirenen
Verſtummeten fuͤr dir / die allerſchoͤnſten ſchoͤnen
Parthenope / die ſonſt viel fremde ſegel ſtuͤrtzt /
Und manchen durch ihr lied das leben gar verkuͤrtzt /
Der ihrer ſchoͤnheit traut / die haͤtte ſelbſt faſt muͤſſen
Allhier zu grunde gehn / und Scyllens klippen kuͤſſen /
Weil ſie durch deine huld bezaubert faſt entſchlieff /
Und ihrer ſelbſt vergaß. Als auch der Venus ſchiff
An Ziperns ufer kam / empfieng die ſchooß der erden
Dich / erdens-koͤnigin / mit froͤlichen geberden.
Die Drias ließ den wald / die Nais brunn und fluß /
Die Orcas ihren berg / Silvanus ziegen fuß
Die gruͤnen puͤſche ſtehn; die glaͤſer-hellen fluͤſſe
Vergaſſen ihren lauff / die waͤlder kriegten fuͤſſe /
Die felſen lernten gehn / die berge lieffen dir /
Zu hoͤren deinen mund / zu ſchauen deine zier /
Mehr / als dem Orpheus zu / weil ſie dein wuͤrcken ſteckte
Mit neuen ſinnen an / die hohe ceder ſtreckte
Den236Den langen halß hervor / weil das gedraͤnge nicht
Sie ſich dir naͤhern ließ; das helle tage licht /
Die ſonne konte ſelbſt nicht dringen mit den flammen
Durch dieſes ſommer-hauß / ſo dichte war zuſammen
Geflochten zweig und zweig / wenn nicht der laue weſt /
Der mit den wipffeln ſpielt / und durch die blaͤtter blaͤſt /
Wo einen aſt auffhub. Weil keiner morgenroͤthen /
Ja keiner ſonnen nicht / kein tag nicht iſt von noͤthen /
Wo du / o ſonne / biſt / du / ohne dir der tag
Kein tag iſt / ohne dir die ſonne ſelber mag
Kein licht geheiſſen ſeyn; du / ohne derer hitze
Die flammen ſelber friern. Kein ſtern war hier nicht nuͤtze /
Weil tauſend blumen hier den ſternen giengen fuͤr.
Kein himmel that hier noth / weil dieſes ortes zier
Mehr als ein himmel war / fuͤr deſſen ſtern gebluͤmen
Der himmel ſchwerlich ſich darff einen himmel ruͤhmen.
Hier / wo auff ſmirgeln man die morgenroͤthe fand /
Wo ein ſchoͤn milchern weg ſchnee-weiß von liljen ſtand /
Wo man ſah veilgen ſtehn / bethaut mit perlen-kraͤntzen /
Wo fetter klee auffgieng / wo ſich der ſand auffſchwellt /
Und von narciſſen ſchwamm / da war das ſternen-feld
Der blumen-himmel recht. Wird oben hoch geprieſen
Die ſonne? ſo ſtand hier die ſonne gruͤner wieſen /
Die roſe; leuchtet dort des monden weiſſer kreyß?
Hier ſternte noch ſo ſchoͤn der tulipanen preiß.
Glaͤntzt Berenicens haar an den beſtirnten zimmern?
So ſehe man mit thau und bienen zucker ſchimmern
Der erden haar / das graß. Hier war der gantzen welt
Begriff und meiſter-werck. Hier war das fruͤhlings-zelt
Der Cloris / und das horn der reichſten amatheen;
Hier ſprungen qvelln empor / und baͤder der Napeen;
Die ſchwanen ſtimmten hier mit einer nachtigall
Dir ein geburts-lied an. Es war hier uͤberall
Zugleiche lentz und herbſt; der wald trug bluͤt und fruͤchte;
Der tannen-baum trug oel / das hertz der wilden fichte /
War ſuͤſſer bienen-ſafft; die fette kieffer ſtand
Mit pommerantzen ſchwer; das ſchilfftrug zuckerkand.
Der eich-wald himmel-brod / die kletten-ſtraͤuche ſandeln /
Der ſchleedorn truge wein / die haſel-ſtaude mandeln /
Die diſteln tauſendſchoͤn / der neſſel-ſtrauch gebahr
Thal-liljen / balſam-kraut; die wieſen wurden gar
Zu purpur und ſcharlach; die berge roßmarinen /
Ihr mooß zu majoran / da durch der Ericinen
De[n]237Den ehren-weg zu ziern; der ſand ward gold / die bach
Zu milch und ſilber ſchaum / diß alles folgte nach
Der Azidalien / biß an die goldnen zinnen /
Wohin / ſie auffzuziehn / die himmels-pfoͤrtnerinnen /
Von dannen nahmen mit; denn kleideten ſie ſie
Mit blauen attlaß an / biß uͤber ihre knie.
Ein purpur-rock hieng ihr biß uͤber huͤfft und nabel /
Auff dem / mit perl und gold / Neptunus dreyzacks gabel /
Die ſchluͤſſel des Averns / und Jupiters ſein ſtab /
Die ieder Paphien gehorſamſt uͤbergab /
Mit nadeln war gemacht; das ſchwellende geruͤſte /
Und wunder-rundten baͤll der alabaſter-bruͤſte /
Fieln athmend auff und ab / und gaben einen ſchein
Durch den gewirckten wind / das braune haarſchloß ein
Ein ſtirn-band aus rubin / die krauſen locken hiengen
Um ihrer ſchultern ſchnee. Mit ſolchen zierrath giengen
Sie in ſaphirnen ſaal; der groſſen goͤtter ſchaar /
Die in der himmels-burg damahls zugegen war /
Erhub ſich ingeſammt von den geſtirnten throͤnen /
Und ließ ſie alle leer der allerſchoͤnſten ſchoͤnen /
Biß daß Diespiter / der ſie ſtracks lieb gewann /
Sie ſatzte neben ſich / und fuͤr ſein kind nahm an.
Diß hieß ſich einen brand und um ſich freſſend feuer
Selbſt unters dach geſteckt; die wohlthat kam ſo theuer
Ihr als kein uͤbel an; denn als er einmahl ſich
In ſie faſt halb entzuͤckt; ich / ſprach er / ſchaͤtze dich /
Dich fuͤr mein liebſtes kind. Ich mag kein wort-gepraͤnge
Nicht machen; denn du haſt die liebe nach der laͤnge
Schon gegen dich verſpuͤrt; du traͤgſt den goͤtter-krantz /
Ich habe dich zu mir / nebſt meines ſcepters glantz
Auff dieſen thron geſetzt. Ich bin dir ſo gewogen /
Daß ich der Juno dich faſt habe fuͤrgezogen.
Ich wolt auch / fiele dir an mangel etwas fuͤr /
Dir keinen wunſch verſchmaͤhn; Verſichre dich zu mir
Unfehlbar alles guts. Fehlt dir / du darffſt es ſagen /
Zu deinem anſehn was? Hier habe dieſen wagen
Vom vater dir geſchenckt / aus demant und rubin /
Erkieſe was ihn ſolln fuͤr ſchoͤne thiere ziehn;
Ich habe nur fuͤr mich die adler ausgeleſen;
Des vaters thiere ſind ein drachen-zug geweſen /
Die pferde liebt Neptun / die ochſen Delie /
Die tieger-thiere. Jan / die leuen Ecbele.
Wilſtu fuͤr deinen leib ſchnee-weiſſe ſchwanen haben?
Schau / ſie ſind dir gewaͤhrt. Wie ſoll ich dich begraben?
Die238Die goͤtter ſetzt ich all auff einmahl unter dich /
Und gebe dir gewalt faſt ſelber uͤber mich.
Die Venus waͤre faſt fuͤr freuden gar zerſprungen /
Als ihr das letzte wort in ihrem ohr geklungen.
Ach vater! hub ſie dann mit ſuͤſſem laͤcheln an /
Wenn hat dein kind dir doch zu liebe was gethan?
Wie? ruͤhrt die groſſe huld / ruͤhrt dieſes groſſe lieben
Vom vater-hertzen her? mein wunſch iſt nun beklieben /
Mein ſegen bluͤht und waͤchſt / wenn ich mit ſchwanen darff
Durch die geſtirne fahrn. Nach ſolchen worten warff
Die ſchlaue zauberin die allerſuͤßſten blicke /
Die faͤſſel der vernunff / die linden ſeelen-ſtricke /
Auff ihren vater hin / alſo daß er nun gantz
Von ihr bezaubert ward: Sprach denn / o hoͤchſter glantz
Der goͤtter! darff dein kind / dein kind dich noch was bitten?
Wilſtu mich / vater / noch mit deiner gunſt beſchuͤtten /
Die ich fuͤr vorige dir zwar nicht dancken kan /
So leb ich deine magd. Darauff ſo fieng er an:
Mein kind / du weiſt / daß ich mit dir das hertze theile /
Du ſolſt es haben / ja; wahr iſts / die donner-keile
Begehr ich / fuhr ſie fort / und daß ich eine zeit
Darff mit den plitzen ſpieln. Mein kind / zu weit / zu weit
Gegangen / fieng er an. Es laͤſt ſich einer frauen /
Die ſich nicht zaͤumen kan / nicht bald ein reich vertrauen /
An meinem herrſchen liegt des groſſen himmels heil /
Der wohlſtand aller welt. Die ſpindel und ein keil /
Die nadel und ein ſchwerdt / der ſcepter und ein rocken
Darff zweyerley verſtand. Wer weiß / wie ich erſchrocken
Mit allen goͤttern bin / als das bethoͤrte kind /
Der ſonnen / an vernunfft / und am verſtande blind
Auff Titans wagen ſtieg. Du magſt dich an ihm ſpiegeln;
Denn als ihm nicht bewuſt / die hengſte mit den zuͤgeln
Zu hemmen / ſchlugen ſie die mittel-ſchrancken aus /
Die waͤlder wurden brand / die klippen ſchutt und grauß.
Die brunnen wurden glut / der ſchnee ward funck und flammen /
Und haͤtt ich plitz und keil nicht ſelbſt gerafft zuſammen /
Und aus dem wagen ihn geſtuͤrtzet in die flut /
So waͤre laͤngſt das meer vergluͤmmen in der glut.
Der himmel waͤre rauch / die ſternen waͤren aſche.
Diß ſag’ ich / daß ich mich von allen reine waſche /
Wo dir / indem du dich des plitzes unterfaͤngſt /
Ein unfall widerfaͤhrt. Hier iſt kein feurig hengſt /
Der ſich nicht zaͤumen laͤſt / ſprach Venus zu dem fuͤrſten
Der goͤtter / nein / dein kind / das kan nach ehren duͤrſten /
Nich[t]239Nicht aber folgt / daß ich nicht zu erleſchen bin.
Ich will die fluͤgel zwar des plitzes ſchicken hin /
Wie weit die ſonne kan die blauen huͤgel roͤthen;
Mein plitz ſoll aber wohl nicht eine ſeele toͤdten /
Die nicht den tod ſelbſt wuͤnſcht. Die wunden / die mein pfeil
Soll ſchneiden in das hertz / wird der verwundten heil /
Der krancken artzney ſeyn; du ſelber wirſt begehren /
Daß / vater / ich auff dich ſoll meine koͤcher leeren.
Mein plitz wird ohne noth / mein donnern voller luſt /
Mein ſchmertzen wolluſt ſeyn; mein ziel iſt eine bruſt /
Nicht eines rieſen kopff. So ſey dirs denn verliehen /
Daß dir nach wunſch / ſprach er / der lichte plitz ſoll gluͤen /
Es mag dein zarter arm nun laſſen feuer ſchneyn /
Dein mund den donner ſturm. Hiermit raͤumt er ihr ein
Die ſchwartze wolcken-burg / ſammt allen zorn-ſturms-waffen /
Durch die Enceladus geſchwiſter ſeine ſtraffen
Fuͤr ſeinen hochmuth kriegt. Die goͤttin aber trat
Diß neue donner-werck mit wohlbedachtem rath
Und ernſten eyfer an; denn bald ließ ſie die ſtrahlen
Des goͤttlichen geſichts / die erden-kugel mahlen /
Und rieff den lauen weſt / als ſie ihn durch die lufft
So ſanffte ſahe ſpieln ans Lielibenens klufft /
Nechſt ihr geſtirntes zelt; Geh / rieff ſie / heb die fluͤgel /
Du lentzens vater auff / fleuch uͤber thal und huͤgel /
Fleuch / fleuch / und ſammle mir in deine purpur-ſchuͤrtz
Aus Nebatheen gold / Pachaniens gewuͤrtz /
Hydaſpiſchen geruch / aus Sapphar weyrauch-koͤrner /
Aus Hyblens kraͤuter bruſt / von roſen ſchwere doͤrner /
Von allen graͤfern thau / aus allen reben ſafft /
Den geiſt aus dem metall / und aller kraͤuter krafft.
Der zephyr ſegelte durch die zertheilten luͤffte /
Nach Paphiens befehl / und ſuchte berg und kruͤffte
Der holen erden durch; denn kehrt er ſeinen flug
Den himmel wieder zu. In ſeiner ſchuͤrtze trug
Er aller kraͤuter art; die naſſen federn troffen
Voll balſam und voll thaus. Ja er bracht uͤber hoffen
Mehr / als ihr wunſch erſt war / und ſie von anfang bat /
So viel / als oſt und weſt / und ſuͤd und nord kaum hat.
Die goͤttin aber zog aus dieſen ſachen allen
Ein koͤſtlich waſſer aus / und ſchloß es in cryſtallen
Vermiſcht mit nectar ein. Ja / ſie ließ ſelbſt dabey
Viel fremder kuͤnſte ſtehn / und neue zauberey.
Nach dieſem ſplitterte ſie die geborgten keile
Mit eigner hand entzwey / und ſchaͤrffte ſie / wie pfeile.
Dar240Darauff ſo waͤſſerte ſie in den neuen ſafft
Diß toͤdtliche geſchoß / biß daß die linde krafft
Die keile gantz durchzog / und den geſchaͤrfften ſtahle
Von des Piracmons fauſt in des Vulcanus ſaale
Die haͤrtigkeit benahm. Zu eben ſelber zeit
Ließ ſie den Mulciber / wo Aethna feuer ſpeyt /
Aus gold und helffenbein ihr einen bogen ſchmiden /
Dabey der gute mann ſich muſte ſo ermuͤden /
Daß ihm der ſchweiß ausbrach / weil des Tritonis ſchild
Dianens jaͤger-ſpieß / durch den das ſchnelle wild
Buͤſt / geiſt und leben ein / ja ſelbſt des Aeols kette /
Der Ceres pflugſchaar auch und Famens feld-trompete
Gradivens ſtaͤhlern helm / nicht ſo viel ſaure muͤh
Zu ſchmiden ihm gekoſt. Nach dieſem ruffte ſie
Ihr erſtgebohrnes kind / den blinden liebes-ſchuͤtzen /
Der in der wiegen noch ſchon lernte pfeile ſpitzen /
Zu ſich in ihr gemach / und hieß die ſchwanen ihn
Zur reiſe ſchuͤrren an / und an den wagen ziehn /
An[d]em der boden gold / der auch aus helffenbeine /
Der ſpiegel-glatter ſitz / von alabaſter ſteine /
Die raͤder aus rubin / die axt aus perlen-war’n /
Der kleine bogen-gott / Cupido / muſte fahr’n /
Und ſelber fuhrmann ſeyn; die bunten ſchwanen flogen
Aus der ſaphirnen burg / der ſternbebluͤmten bogen /
Durch der beblauten lufft / rings um bewoͤlcktes feld /
Gleich als der Titan auch das tuͤrckis-blaue zelt
Der himmels-burg durchmaß / zwey glaͤntzende rubinen /
Und zwey Leucothoen / zwey guͤldne ſonnen ſchienen
Am morgen auffzugehn; der Phoͤbus ſpielete
Mit ſeiner ſtrahlen-glut durch himmel / erd und ſee /
Die Venus aber ſchlug mit lauter liebes-plitze /
Mit pfeilen ihrer brunſt auff ihrem demant ſitze
Durch himmel / erd und meer. Wo Florens purpur-hand
Den garten des geſtirns / und das beſtirnte land
Mit morgen-roſen bluͤmt. Wo Calpens felſen-beine
Die Amphitrit abwaͤſcht / wenn mit dem purpur-ſcheine
Der Doris ſilber-ſchaum die abendroͤthe mahlt /
Wo in den heiſſen ſud der hundsſtern brennt und ſtrahlt.
Wo eiß das feld beharſcht / und wo der Taurus wuͤtet /
Ward alles / was da lebt / mit pfeilen uͤberſchuͤttet /
Die unſre Zyprie von ihren bogen ſchoß /
Und durch den lichten plitz in ihre hertzen goß.
Die ſee der liebes-brunſt / der brunn der ſuͤſſen flammen /
Den ſtrohm der ſuͤßigkeit / das blut der lebens-ammen
D[er]241Der menſchen ward voll glut / die ſeele voller pein /
Die ſinnen voller angſt. Menſch / und verliebet ſeyn /
War eines. Die vernunfft vermoͤchte nicht zu ſchlieſſen /
Aus was vor einem qvell die liebe muͤſſe flieſſen.
So hatte ſie dazu kein mittel vor der hand /
Damit ſie dieſer peſt die krancke ſeel’ entband.
Die menſchen marterten ſich mit ſo bittren wunden /
Viel ſuchten / was ſie flohn / und flohen / was ſie funden.
Viel wuͤnſchten ihnen ſelbſt die kranckheit auff den halß /
Und liebten dieſes gifft auff erden uͤber alls.
Viel waren kranck und friſch / und traͤumten / wenn ſie wachten.
Viel waren lebend tod / und weinten / wenn ſie lachten.
Viel wuͤnſchten tag und nacht / und wuſten doch nicht was:
Der ſchmertz hielt an als ſtahl / die hoffnung brach wie glaß.
Hier fiel die ſcepter-hand in hertz aus nagend ſchrecken.
Der ließ den purpur fahrn / und lieff in oͤde hecken /
Der warff den harniſch weg / und kroch in weiber-rock /
Es ſpielte der vor ſchwerd mit einer ſchoͤnen tock.
Hier lieff ein fuͤrſten-kind und huͤtete der ſchaafe;
Dort ward verſtand und witz zu thorheit / zorn und ſchlaafe.
Bald ward ein junges blut wie jener alte matt /
Der ſchon den einen fuß in Charons kahne hatt.
Bald ſtund ein junger menſch wie baͤume ſonder ſaͤffte;
Bald kriegt ein alter greiß der jugend farb und kraͤffte /’
Die ſchoͤnheit ſelber ward durch dieſes ding verſtellt /
So klaͤglich gieng es her auff der beſtuͤrtzten welt /
Als ſich kein artzt nicht fand. Viel meynten in gepuͤſchen
Und ſtiller einſamkeit der kranckheit zu entwiſchen.
Viel ſchlugen heerd und hoff in wilden klippen auff /
Viel auff der wuͤſten ſee. Umſonſt! geh / fleuch und lauff.
Fleuch hin wo Amphitrit in eiß iſt angeſtrenget /
Wo Hyperions rad die reiffe ſaat abſenget.
Fleuch hin / wo Delius aus Thetis ſchooß auffſteht /
Und von der ſternen burg zu golde wieder geht.
Vergebens! dieſer feind folgt mit geſchwinden rennen
Dir auff der ferſen nach. Du giebſt nur zu erkennen
Die faule ſucht / die dich ausaͤdert / reitzt und neckt /
Weil ihr vergiffter pfeil dir in der ſeite ſteckt.
Viel dachten dieſe peſt mit bittern truͤben thraͤnen /
Viel mit entaͤuſerung der ſpeiſen zu entwehnen;
Und als kein kraut nicht halff / ſo ſuchten ſie den tod
Durch meſſer / ſtrang und ſchwerd / den jammerport der noth /
Den ſarg gewuͤnſchter pein. Man hieß das uͤbel lieben /
Und ward bey menſchen nicht diß weſen nur getrieben /
QEs242Es fraß diß ſuͤſſe weh mehr / als ein nagend wurm /
Ja als der krebs um ſich. Denn dieſer donner-ſturm
Der liebes-pfeile traff den Jupiter nicht minder /
Als Beerezinthien und ihre goͤtter-kinder.
Ja auch das ſtumme vieh / das wild / das gleich der pfeil
Dianens ſonſt nicht traff / empfand den liebes-keil /
Was durch die lufft / durch meer und ſtroͤhme pflegt zu ſchwimmen
Fieng voll von liebes-glut / und hertzens-loh zu glimmen;
Die qvelle brannten ſelbſt / die fluͤſſe wurden heiß /
Und diß / was ſonſten gleich den brand zu leſchen weiß.
Denn als die Ziprie den thier-kreyß rings ummeſſen /
Sprach ſie / wir muͤſſen auch der mutter nicht vergeſſen /
Und ihrer Najaden. Damit ſo ſaͤnckte ſie
Den wagen auff die ſee / ſo durch kein holtz noch nie
Der Thyfis war bepfluͤgt / den Colchos ſo geprieſen;
Des Zephyrs ſaͤuſſeln trieb durch die geſaltznen wieſen
Diß neue muſchel-ſchiff. Cupido ließ voran
Die ſchwanen ſchwimmen fort. Er ſelbſt war ſteuer-mann /
Sein goͤldner bogen war der ancker / ſeine pfeile
Die ruͤder / ſeine ſehn’ und ſtricke waren ſeile.
Zum ſeegel brauchete die ſchuͤrtze dieſes kind /
Und mit der flatterung der fluͤgel macht es wind.
Sie aber / Ziprie / die mutter aller zierden /
Die ſchoͤnheits-goͤttin ſchwang die fackel der begierden
Und ſchuͤttete den plitz / den ſchwefel ihrer luſt /
Die flammen ihrer brunſt in Nereus kalte bruſt /
Und in ſein ſchuppen-vieh / die lichten liebes-funcken /
Als ſtrahlen ihrer huld. Die gantze welt lag truncken
In liebe; hertz und ſchmertz war eines. Kein galen
Vermochte ſelber nicht der ſeuche zu entgehn.
Als nun die gantze welt in liebe lag gefangen /
Zog Azidalie mit groſſen ſieges-prangen
Den ſternen wieder zu / und trat den lichten plitz
Dem vater wieder ab. Der gleichfalls einen ritz
In ſeine bruſt empfing. Hier / ſpr[ach]ſie / ſind die keile /
Du groſſer goͤtter-printz / die du[nur]eine weile
Zu brauchen haſt vergoͤnt. Ich habe nun bereit
Mein goͤttlich amt verricht. Der dinge brunn / die zeit
Wird von ſich ſelbſt hinfort ſchon meine flamme ſaͤmen.
Wie aber werd’ ich mich hingegen dir beqvemen?
Den zweck hab ich erlangt / wenn / ſagte ſie / und fiel
Ihm zitternd um den halß / wenn dir gefallen will /
Daß ich dein liebſtes kind / die dir mit nichts kan dancken /
Dich einmahl kuͤſſen darff. Diß hieß der kindheit ſchrancken
Zu[m]243Zum andernmahl verletzt. Dieweil noch dazumahl
Ein unerhoͤrtes ding in den ſmaragden ſaal
Das ſuͤſſe kuͤſſen war. Er ward ſo ſehr entzuͤcket /
Als ſie die lippen ihm auff ſeinen mund gedruͤcket /
Daß er diß neue ding fuͤr ein verzuckert gifft /
Und ein bezaubern hielt. Und recht / ſein weſen trifft
Mit der beſchreibung ein. Wer weiß nicht / daß durch kuͤſſen
Die liebes-flammen ſelbſt in hertz und nieren flieſſen?
Wer weiß nicht daß ein kuß mehr als ein feuer ſey /
Daß iedem gliede fuͤgt abſondre regung bey?
Ein kuß iſt honig-ſafft / die ſaugenden rubinen
Der purpur-lippen ſind die roſen / und die bienen /
Ein balſam / der den mund begeiſtert und erfriſcht /
Daß ſeele / blut und hertz ſich in einander miſcht.
Das kuͤſſen iſt ein thau / den duͤrſtenden gewaͤchſen
Sind warme muͤnde gleich / die ſtets nach kuͤſſen lechſen /
Und fuͤr begierde gluͤhn. Nun dieſes ſuͤſſe thun
Des kuͤſſens ließ / wie vor / den himmel nicht mehr ruhn:
Denn Jupiter nahm wahr / daß er fuͤr ſeine wunden
Durch dieſes labſals haus ein pflaſter hatte funden.
Auch Juno hatt es ſchon der Venus abgelernt
Mit ſamt der Hecate. So weit der himmel ſternt /
Sah man nunmehro nichts als mund und haͤnde druͤcken
Die allerleichſte kunſt / in die ſich auch zu ſchicken
Der ſchwan / die taube weiß / die in dem ſtern-gemach
Der Venus warten auff / und die nicht laͤngſt hernach
In dieſen uͤbungen die menſchen unterwieſen /
Daß Venus uns durch ſie die ſuͤſſe kuß-artzney
Von anfang hat gelehrt; denn als ihr lieben zwey /
Du Venus und dein ſohn / euch auff den guͤldnen wagen
Die bunten tauben lieſt auff dein geburts-feſt tragen /
So ſchnaͤbelten ſie ſich / ſo artlich / als ſie vor
Von ihrer frau geſehn / weil ſie es Zypripor
Abſonderlich gelehrt. Diß neue kurtzweil-treiben
Nahm ſtracks ein ſchaͤfer wahr / der ſich ſelbſt zu entleiben
Fuͤr lauter liebes-angſt bereit entſchloſſen war.
Wie kommts? dacht er bey ſich / daß dieſes tauben paar
Itzt / da doch menſch und vieh fuͤr hertzens-kummer raͤcheln
Und ſchier zu grabe gehn / ſo mit einander laͤcheln /
Und alſo freundlich ſind? Diß wo ichs rathen kan /
Bedeutet etwas guts; itzt / deucht mich / faͤngt ſich an
Die laͤngſt-gewuͤnſchte zeit / die aus dem dreyfuß-ſitze
Der Phoͤbus wahr geſagt: itzt wird ſich brand und hitze
Q 2In244In lauen weſt verkehrn. Hinfort wird lieben luſt /
Ihr wermuth zucker-ſafft / und die bethraͤnte bruſt
Ein qvell der freuden ſeyn. Hiermit ſchloß er die armen
Um ſeine Dorilis / die gleichfalls mit erbarmen
Gepeinigt war zu ſehn. Und als er ſeinen mund
Auff ihren angedruckt / ward er und ſie geſund.
O Nectar-ſuͤſſes kraut! O liebe wunderſalben!
Du Venus waffne dich nur immer meinet-halben /
Hier iſt ein flammend kuß / der deine flammen leſcht /
Ein hauch / der alſobald ein thraͤnend leid abwaͤſcht.
Der goͤtter heroldin / die Fama / ſtieg zu wagen /
Diß anmuths-reiche ding der erden anzutragen /
Ihr / die ihr fuͤhlt / ſprach ſie / die bittre liebes-pein
Schlieſt nun die thraͤnen-bach in euren augen ein.
Der / ſo euch wunden ſchlaͤgt / verbindet auch die wunden /
Der kranckheit artzeney wird auch ihr qvell gefunden /
Eur uͤbel zeiget euch der wolfahrt uͤberfluß /
Die narbe rinnt voll luſt; das pflaſter iſt ein kuß.
Bey ſolcher botſchafft ward die liebe faſt zum himmel /
Das erſte klag-geſchrey zu einem luſt-getuͤmmel.
Und ob die ſeuche zwar zuvor war ſehr gemein /
Fieng doch ihr gegengifft gemeiner an zu ſeyn.
Die gruͤne Dryaden und andre halb-goͤttinnen /
So augenblicklich ſie derſelben wurden innen /
Verhoͤlten nicht / wie vor / ihr ſchmertzlich-brennend weh
Der ſchoͤnen Paphie. Die Nymphen-heilge ſee
Entbrannte voller glut: die felder ſtunden traͤchtig /
Und dieſer ſuͤſſe zeug war endlich alles maͤchtig
Auff erden anzuziehn. Die panther wurden zahm /
Wenn ihres gleichen nur fuͤr ihr geſichte kam.
Die ſchlangen ſahe man ſich in der ſonnen paaren /
Die gruͤne natter ließ ihr gifftig eyter fahren /
Verletzt durch liebes-gifft. Der wolff / der baͤr empfand
Die marter dieſer luſt / und ihren ſeelen-brand.
Dort gatteten ſich fiſch / hier ſchnaͤbelten ſich tauben;
Die krummen ulmen ſelbſt umhalßten ſich mit trauben.
Ja was in feld und puſch und fluͤſſen ſtille lag /
Ward rege durch diß werck. Der tag / der ſchoͤne tag
An welchem dazumahl auff dem demantnen wagen
Die ſchwanen dich zu uns aus Junons burg getragen /
An dem du deine macht / und daß du goͤttin ſeyſt /
Der liebe ſtiffterin / ausdruͤcklich haſt erweiſt /
Soll dreymahl heilig ſeyn. Weil opffer werden brennen /
Wird man mit hoͤchſter luſt das edle Paphos nennen /
Da[s]245Das Paphos / das zuerſt mit deiner erden-fahrt /
Mit deiner ſchoͤnheit blick und gunſt beſeeligt ward.
Das haupt war dir geziert mit einer perlen-krone /
Die der Diespiter auff ſeinem gottheits-throne
Dir ſelbſt hatt’ auffgeſetzt. Der haare band war loß /
Die armen auffgeſtreifft: Die bruͤſte lagen bloß.
Den engen leib umfieng ein gantz ſmaragdner guͤrtel /
Den das verhaͤngniß band / das von der Clothe wuͤrtel
Gedrehte garn beſchloß; inwendig aber war
Liſt / liebe / zauberey / betrug / pein und gefahr /
Und lieblichkeit verſteckt / die hertz und ſinnen ſtuͤrtzet.
Der purpur-mantel war dir etwas auffgeſchuͤrtzet /
Biß an das rechte knie / die goldgeſtickten ſchuh /
Band von dem Jupiter ein braunes haar-band zu.
An guͤrtel war geknuͤpfft ein koͤcher voller pfeile /
Die ſchaͤrffer ſind als plitz / hart wie die donner-keile.
Von deiner achſel hieng ein guͤldner bogen ab /
Ein ſchoͤpffer vieler angſt und mancher freuden-grab.
Diß war dein auffzug da / als du auff erden kameſt /
Und von den ſterblichen die huldigung abnahmeſt.
Als aller hertzen ſchon dein heilig gunſt-altar /
Und ihrer augen licht dein ſchoͤnheits-ſpiegel war;
Die ſchoͤnheit / die in dir den urſprung hat genommen /
Und auch alsbald in dir zum hoͤchſten gipffel kommen.
Die du in dir allein / wenn du die welt verbannſt /
Den menſch zu nichte machſt / noch voͤllig finden kanſt.
Der Pallas milchern halß / des Phoͤbus augen-lieder
Matutens braunes haar / der Juno marmol-glieder /
Der weiſen Delie verguͤldtes ſtern-gezelt /
Der Thetis ſilbern fuß / der Flora blumen feld /
Der Phoͤbe glatter leib / die zweige von corallen
Die lippen Helenens / und ihrer bruͤſte ballen /
Der fruchtbar’n Danee bekandte freundligkeit /
Der Svada zucker-mund / ſind deinen gaben weit
Noch nicht / wie mondenſchein / der ſonnen zu vergleichen /
Fuͤr deiner ſchoͤnheit muß die ſchoͤnheit ſelbſt verbleichen;
Und diß iſt ſonnen-klar. Seit nunmehr beygelegt
Der zanck / den Eris ſchon beym Peleus hat erregt /
Und Hecubens ihr ſohn / den ſelbſt auff Idens wieſen
Du / Juno / Pallas euch zum richter habt erkieſen /
Geurtheilt / daß der preiß des guͤldnen apffels dir /
Als ſchoͤnſten in der welt / und keiner ſonſt gebuͤhr.
Und billig kont er auch kein ander urtheil ſprechen /
Wiewol die Pallas ihn mit weißheit zu beſtechen /
Q 3Die246Die Juno mit gewalt und reichthum hat verſucht /
Umſonſt. Wie ſehr ihn neid und ehrſucht hat verflucht;
Das urtheil blieb beliebt / die ſoll die ſchoͤnſte leben /
Die Paris dieſen preiß wird zum geſchencke geben.
Nun haͤtt’ er ja in nichts nicht weißlicher gethan /
Als was ſein auge weiſt. Ich lache derer wahn /
Die ihn / ich weiß nicht wie / mit was fuͤr worten ſchmaͤhen /
Daß er nicht gold noch macht / noch weißheit angeſehen.
Schau / alberner verſtand! Hat ſie ihn nicht begabt
Mit dem / was Troja nicht / nicht Phrygien gehabt?
Was Sparta groß gemacht / mit Helena / dem wunder /
Um derentwegen bloß hernach des krieges-zunder
Die burg des Aſtarachs / das alte koͤnigs-hauß /
Des groſſen Iliums / in abgebrannten grauß
Und aſche hat verkehrt? Was kont er doch nicht ſchauen
An ſeiner Tintaris / der fuͤrſtin aller frauen?
Gewißlich ſtimm’ ich hier auch Paris meynung bey:
Daß eine ſchoͤne frau ein halber himmel ſey.
Was iſt uns denn gedient mit Gangens perlen-ſande /
Mit Tagus goͤldnen ſchaum und mit dem hohen ſtande?
Man ſchleuſt den freyen ſinn zu ſteter hertzens-pein /
Zu armer ſeelen-qvaal in reiche kiſten ein.
Kein gold kan uns alsbald ein ſchoͤnes weib erwerben /
Die ſchoͤnheit aber geld. Der adel / den wir erben /
Sucht endlich dieſen zweck / und uͤbertritt ſein ziel /
Wenn er offt fuͤrs geſchlecht unedle ſchoͤnheit will.
Den purpur wirfft man weg. Denn liebe darff die ſeide /
Indem ſie nackend iſt / zu keinem hoffarts-kleide.
Sobald ein koͤnig liebt / wird ſeines ſcepters gold
Ein hoͤltzern hirten-ſtab. Die unverfaͤlſchte hold
Weiß von dem hochmuth nicht; Die gunſt von keinen pralen /
Der krone koſtbar ertz zerſchmiltzet fuͤr den ſirahlen
Der heiſſen ſeelen-brunſt / die klugheit und die macht
Wird von der liebe nur bethoͤrt und ausgelacht.
Wir / wenn wir von kind auff bey Pallas fahn vergrauen /
Und auff der weißheit grund nicht ſchlechte thuͤrme bauen /
So haben wir auff nichts / als deſſen zweck gezielt /
Und wird das gantze thun auff ſonſten nichts geſpielt /
Als auff ein ſchoͤnes weib. Diß ſind der liebe wercke!
Diß iſt der weißheit danck / diß iſt der ſchoͤnheit ſtaͤrcke /
Des feuers / welches eis wie ſchwefel zuͤndet an /
Der kette / die den ſinn / als demant faͤſſeln kan /
Der ſonne / deren ſtrahl durch alle glieder plitzet /
Des pfeiles / welcher auch ein ſteinern hertz zerritzet.
De[r]247Der blume / die die tulp’ und roſe blaſſer macht.
Der ſuͤſſen zauberey / die durch die ſeele kracht;
Der perle / nach der ſich die Gottheit ſelbſt umſiehet /
Der wurtzel / wo heraus die liebes-pflantze bluͤhet /
Die in den augen kaͤumt / im athem ſich bewegt /
In der geſchwoͤllten ſchooß die ſuͤſſen fruͤchte traͤgt;
Die ihre liebes-ſaat auff warmen bruͤſten ſaͤmet /
Die Scythen menſchlich macht / die wilden loͤwen zaͤhmet /
Die mord-luſt ſaͤnfftiget / und heiſſen blut-durſt leſcht /
Die der erzuͤrnten rach all ihren grimm abwaͤſcht.
Die ſchwartze mitternacht / als lichten tag erhellet /
Die kieſel ſchmeltzt wie wachs / die ſtahl wie glaß zerſchellet.
Die ſtaͤdte baut und bricht / die kronen traͤgt und ſchlaͤgt /
Und gantzer laͤnder brand durch einen blick erregt
Kan diß die ſchoͤnheit thun? was wuͤrde ſie erſt ſtifften /
Die ſchoͤnheits koͤnigin? entſpringt aus erden-gruͤfften
Dergleichen artlich ding / was wird im himmel bluͤhn /
Wenn die vollkommenheit wird bey der ſchoͤnheit gluͤhn?
Brennt eiß und ſchnee ſo ſehr / wie wuͤrde ſchwefel brennen /
Wo ſie der ſterblichkeit der menſchen zu erkennen
Verliehe noch einmahl ihr ſternend angeſicht?
Man ſolle ſich ſo leicht an Gorgons kopffe nicht
Zu einem ſteine ſeh’n / als ſie mit ihren blicken
Uns wuͤrde / wunders-voll / und gantz erſtaunt verzuͤcken.
Wiewohl ſie nicht ſo ſtoltz und ſchaͤdlich / wie ich meyn’ /
Als die Diana dort / im bade wuͤrde ſeyn /
Die des Acteons kopff (wiewohl ſie es beſchoͤnte
Mit des geſtrafften ſchuld) mit hirſchgeweyhen kroͤnte /
Daß kein geheimniß nicht von ihr wuͤrd’ offenbahrt /
Weil er vielleicht an ihr der maͤngel innen ward.
Nein Venus duͤrffte ſich wohl nackend laſſen ſehen /
Weil Momus ſchon vorlaͤngſt an ihr nichts koͤnnen ſchmaͤhen /
Als die gehoͤrnten ſchuh. Wiewohl ſein gifftig aug
Offt auch die ſchoͤnheit ſchmaͤht / und ihm faſt nichts nicht taug.
Man kan aus dieſen nur der ſchoͤnheit ausbund ſchlieſſen /
Daß / als Apelles dich ſo kuͤnſtlich abgeriſſen /
Den ſterblichen gebrach ſo kluge meiſter-hand /
Die ſich / ſein halbes werck zu enden / unterſtand.
Die Juno uͤberwieß ihr eigenes gewiſſen /
Daß ſie ſelbſt endlich hat mit theurem eyde muͤſſen
Beym Styx es reden aus / daß unſre Venus ihr
An ſchoͤnheit / an geſtalt / an anmuth gehe fuͤr;
Ja allen in der welt. Wo nun die ſchoͤnheits-ſtrahlen
So uͤbergoͤttlich dich mit feuchten farben mahlen /
Q 4Daß248Daß du der ſchoͤnheit ſtern der ſternen ſchoͤnheit biſt /
Wer weiß / was noch in dir und deiner ſchoͤnheit iſt
Fuͤr innerlicher preiß? ſchoͤn ſeyn iſt eine gabe /
Die die natur uns ſchenckt / daß man ein vorrecht habe
Fuͤr andern in der welt. Es iſt der ſinnen frau /
Der geiſter geiſt und herr. Der aͤuſerliche bau
Der glieder / und der glantz / des roͤthenden gebluͤtes
Gibt zeugniß von der glut und tugend des gemuͤthes /
Die in den hertzen brennt. So wenig als ein kreyß
Iſt ohne mittelpunct / ſo wenig ſchnee und eiß
Kan ohne kaͤlte ſeyn / die ſonne ſonder leuchten /
Der himmel ohne ſtern / der regen ohne feuchten /
Diß feuer ohne brand / der mittag ohne licht /
So wenig kan ein ſchoͤn - und wolgeſtalt geſicht
Auch ohne tugend bluͤh’n. Denn wer hal iemahls pflegen
In ſchalen aus ſmaragd geringen koth zu legen?
Man ſchleuſt die perl in gold / den biſam in damaſt /
Den amber in ſaphyr. Kein marmolner pallaſt
Hegt einen Corydon. Kein Printz pflegt zu bewohnen
Ein rauchicht hirten-hauß. Man ſetzet gold und kronen
Den eulen ſelten auff. Wie ſolte die natur /
Die kluge mutter / denn ſo unrecht ihre ſchnur
An Goͤttern meſſen aus / die hurtigen gelencke
Der glieder artlichkeit ſind der gemuͤths-geſchencke
Bedeutungen an ihr. Hingegen ſpuͤrt man bald
Des hertzens niedrigkeit aus heßlicher geſtalt.
Zudem ſo iſt ſie auch nicht nur fuͤr ſich alleine
Die goͤttin / ſo ſehr ſchoͤn. Kein menſch iſt der verneine /
Du qvell der freundlichkeit! daß du der wolluſt hauß /
Der brunn der ſchoͤnheit biſt. Du theileſt beydes aus.
Die ſtoltze Juno muß von deiner hand empfangen
Die perlen auff der bruſt / die roſen auff den wangen /
Den purpur auff den mund. Du muſt den hals beziehn
Mit ſchnee / das haar mit gold / die lippen mit rubin /
Die ſchooß mit helffenbein. Noch mehrers: du kanſt ſtifften /
Daß friſche ſchoͤnheit waͤchſt aus harten ſtein und gruͤfften /
Daß ein Theſites offt / ein hinckender Vulcan /
Ein ſchoͤn Achilles wird. Wer dencket nicht daran /
Der iemals deine gunſt und huld hat wahrgenommen /
Von wannen Phaon hat die ſchoͤnheit her bekommen /
Der alle ſterblichen / ja goͤtter ſelber faſt
An ſchoͤnheit uͤbertraff. Wer weiß nicht daß du haſt
In alabaſter ihm ein balſam-oel verehret
An ſtatt des ſchiffer-lohns / mit ſalben ihn gelehret
Die249Die haut zu ſtreichen an / davon ſein gantzer leib
Zu lauter ſchoͤnheit ward. In Lesbos wohnt kein weib /
Das nicht durch Phaons zier und anmuth angezuͤndet /
In ihren augen luſt / im hertzen pein empfindet;
Und Sappho bevoraus wird raſende fuͤr brunſt /
Daß ſie ſich ſelbſt nicht kennt. Zwar manche lernt die kunſt /
Die ſchminck und mahlerey. Es borget glantz und ſchimmer
Annehmlicher geſtalt noch itzt das frauenzimmer /
Die haare biſamt ſtaub / den athem zimmet ein /
Und blum und purpur muß der wangen farbe ſeyn.
Geklaͤrter morgen-thau den glantz der haut erheben /
Die Venus aber kan noch mehr als ſchoͤnheit geben /
Den kalten geußt ſie glut / den friſchen pflantzt ſie pein /
Den krancken rege luſt / den todten ſeelen ein.
Sie kan ſelbſt der natur geſtellte richtſchnur meiſtern /
Ein unbeſeeltes hertz / ein marmol-bild begeiſtern.
Hier iſt Pigmalion / der ihr es zeugniß giebt /
Der in ſein eigen werck ſich einmahl ſo verliebt /
Daß er durch tumme brunſt gezwungen ward zu wuͤten /
Durch wahnwitz angefriſcht die Gnidie zu bitten
Um ſo ein ſchoͤnes weib / als ſein geſchnitztes bild /
Sein augen-abgott war; der wunſch ward ihm erfuͤllt /
Der marmol ward beſeelt durch Ericinens guͤte /
Der adern tuͤrckis ward erfuͤllet mit gebluͤte /
Es roͤthete ſich an der wangen helffenbein /
Der glieder eiß ward kalt / und kurtz: der todte ſtein
Ward ein vernuͤnfftig menſch / der kinder hat gezeuget /
Die mit der mutter-milch des Paphus mund geſaͤuget.
Lernt nun ihr ſterblichen / und ſtimmt mir ieder bey /
Daß unſre Paphie der brunn der ſchoͤnheit ſey.
Die wurtzel ſuͤſſer luſt / der ſtamm der meiſter-gaben /
Der qvell der regungen / die feuer in ſich haben;
Das meer / aus welchem rinnt der ſanfftmuth milder ſafft /
Der wahre lebend qvell / der klugen wiſſenſchafft /
Das volck / das die natur halb mann / halb weib ließ werden /
Wo ſtets der Sirius den nackten kreyß der erden
Mit heiſſem durſte plagt; das volck hat die geburt
Des kuͤnfftigen geluͤcks nicht aus Orions gurt /
Den offtmahls wolck und dunſt und mißgeburten kleiden /
Nicht aus der geiſter-grufft / nicht aus den eingeweiden.
Nein! nur durch einen aſt aus deinem unterricht
Verkuͤndigen gelernt / was Amathea nicht
Durch des Apollo geiſt aus der Cremoner hecken /
Ja ſelbſt kaum Jupiter hat wiſſen zu entdecken /
Q 5Als250Als bey Dodona noch ein eichbaum zum altar
Erkieſt ſtund / und ſein geiſt durch tauben ſagte wahr.
Auch ſonſt ein Calehas mehr; Wiewohl es heute zwar
Wolln viel in zweiffel ziehn. Allein ihr wahn verſchwindet /
Wenn ſich der glaube ſelbſt uns in die haͤnde findet.
Trifft man auff dieſen tag wohl einen buhler an /
Der nicht ſein kunfftig gluͤck zur noth errathen kan?
Er kan aus dem geſicht / aus den verliebten ſternen
Der braunen Flavia den kuͤnfftgen zuſtand lernen /
Wenn itzt ihr ſtrahlend plitz an ihren himmel ſteigt /
Und als der nord-ſtern ihm die fremden fahrten zeigt.
Wenn itzt an Dorilen die wangen-roſen lachen /
So weiß Damaͤtas ihm die rechnung ſchon zu machen /
Daß in dem myrrthen-puſch um die beſtimmte zeit
Sie ſeiner warten will. Gehts aber an das leid /
Und daß die mutter will / ſie ſoll zu hauſe bleiben /
So weiß ſies an die ſtirn unſichtbarlich zu ſchreiben /
Es ſey ein hinderniß bey ihr gefallen ein /
Sie woll ein andermahl zu ſeinen dienſten ſeyn.
Roſellens purpur-mund / auff dem er offt erwarmet /
Wenn er den nackten ſchnee der warmen bruſt umarmet /
Iſt ihm ein ſonnen-rad / nachdem er ſein geſicht
Als ein beſeeltes bild der ſonnen-wende richt /
An der er muß fuͤr brunſt / als die verſengte ſaaten
Des duͤrren Libyens / an ſteten flammen braten;
Wenn die corallen-pracht den ſeuffzer-balſam ſchwitzt /
Und in der hertzen eiß verliebtes feuer ſpritzt.
O heilge Ziprie! wenn hier der himmel goͤnnte /
Daß man das groſſe buch der welt durchblaͤttern koͤnte /
Dem wuͤrd iedwedes blat fuͤr ſinn und augen ſtelln /
Der menſchen luſt und witz ſey deinen wohlthats-qvelln
Zu eignen einig zu? das ſuͤſſe ſpiel der ſaiten /
Die ſorgen toͤdterin / der ſporn der froͤligkeiten /
Die linde zauberey / die einen hurtig macht /
Der faul und ſchlaͤffrig iſt / die einen / welcher wacht /
In tieffen ſchlaff verſenckt; die thraͤnen kan zum lachen /
Die traurigkeit zur luſt / den ſchmertz zum ſchertze machen /
Den zorn in ſanfftmuth kehrn / die flucht in tapfferkeit /
Die kranckheit in gedult / die lange lange zeit
In einen augenblick; die herrſcherin der ſinnen /
Die ſterbende beſeelt / das wilde mißbeginnen
Der grimmen tyger zaͤhmt / dem panther hertz und muth /
Das gifft den ſchlangen nimmt / die ſeele / marck und blut
Mit251Mit flammen ſtecket an / den monden und die fluͤſſe
Kan heiſſen ſtille ſtehn / den tieffen eichen fuͤſſe /
Den felſen ohren giebt / des abgrunds trauer-geiſt
Aus dem gemuͤthe jagt / und einen ruͤckweg weiſt /
Ans tage-licht der welt / aus der beſchwaͤrtzten hoͤllen /
Die edle freuden-kunſt / die wetter / wind und wellen
Durch ſanfften hall beherrſcht; der harffen heller klang /
Der lauten kuͤnſtlich ſpiel / der floͤten kunſtgeſang /
Sind deiner ſinnen-werck / und deine luſt-geſchencke /
Apollo muß es ſelbſt / der meiſter kluger raͤncke /
Der liebe zugeſtehn; er habe zwar gemacht
Die leyer / aber ſie ſey vor von ihr erdacht.
Pan / den die pfeiffe ſo bey hirten macht geprieſen /
Ward von der liebes-brunſt zum erſten unterwieſen /
Wie ein gehoͤltes ſchilff zu einer feld-ſchalmey /
Ein ausgebortes holtz zur floͤte dienlich ſey.
Der harffen erſter brauch iſt Zipripors erfinden:
Denn als er einmahl nahm in Lemnos duͤſtren gruͤnden /
Der hammer dreyſchlag war / die durch den hellen fall
Der ambos von ſich gab dreyfachen wiederſchall /
Bezog er fluͤchtig noch den bogen mit zwey ſehnen /
Und als er eine nach der andern auszudehnen
Fing mit den fingern an / gebahr der unterſchied
Der dreyen ſaiten ihm ein neues ſchaͤffer-lied.
Cupido ſchwung alsbald fuͤr freuden ſeine fluͤgel
Der mutter-zimmer zu / die fuͤr den guͤldnen ſpiegel
Ihr gleich mit helffenbein zurichtete das haar /
Das durch den weſt-wind ihr verwirret worden war.
Fuͤr freuden wuſt er faſt kein wort nicht fuͤrzubringen /
Das lachen war ſein gruß / der eintritt tantz und ſpringen /
Sein gantzes reden war ſein neues ſaiten-ſpiel;
Die goͤttin (der diß werck nicht minder wohlgefiel /
Als der ſo ſchlaue witz / der noch blut-jungen jahre)
Laß auff den eſtrich ſtracks der ausgeſtreuten haare
Verſtreutes ſilber auff / und ſpannte ſolches aus
Auff ihres muſchel-ſchiffs beperltes ſchnecken-haus.
Darauff fieng ſie ſo ſchoͤn und lieblich an zu ſchlagen /
Daß Jupiter ſein ſchloß / der Phoͤbus ſeinen wagen /
Diespiters gemahl und ſchweſter ihren ſtuhl /
Neptun ſein glaͤſern reich / der Pluto ſeinen pfuhl /
Der Mars ſein zeughaus ließ / und in die ſternen-bogen
Der dritten himmels-burg / zu hoͤren / kam gezogen /
Der laute neuen thon; Ihr anmuth-reiches ſpiel /
Daß der geſammten ſchaar ſo hertzlich wohlgefiel;
Daß252Daß ſelbſt auch Jupiter / der himmel und die ſternen
Sich muͤh’ten ihr die kunſt in ſpielen abzulernen /
Die lufft und echo nahm den ſuͤſſen wiederſchall
Am allerbeſten wahr. Von der die nachtigall
Die wald-Terpſichore / der wieſen luſt-Sirene /
So meiſterlich begriff ihr luſtiges gethoͤne /
Daß der Silvanus ſelbſt ſein wald-horn / und der Pan
Die floͤte war bemuͤht nach ihr zu ſtimmen an.
Ja biß auff dieſe zeit wird / was in kluͤfften ſtecket /
Was wald und dach beſchleußt / zur liebes-brunſt erwecket /
Durch ihr verliebtes lied. Trifft nun nicht artlich ein /
Daß ſaiten und geſang der Venus toͤchter ſeyn?
Nun ſaͤiten und geſang die liebe ſelbſt gebaͤhren /
Die ſaiten / die als oel die liebes-ampel nehren /
Die als ein blaſebalg der liebe wunder-glut
Im hertzen fachen auff / und das erfrorne blut
Mit waͤrme faͤchten an; Wißt auch / die weißheits-traͤume
Sind nicht die mißgeburt der gruͤnen lorbeer-baͤume;
Es hat kein pferde-brunn / kein hippocrenen-ſafft /
Kein ſterbender geſang der ſchwanen / eine krafft
Zu floͤſſen in das haupt die ader und die gabe
Der edlen poeſie; daß aber lieben habe
Das lieder-tichten uns am erſten unterricht /
Darff beſſerem beweiß / als die erfahrung / nicht.
Legt der poeten ſinn zuſammen auff die wage /
Nicht einer iſt / der nicht zum lieben liebe trage;
Dem Naſo pflantzt die brunſt die kunſt das tichten ein /
Wie ſoll die poeſie denn nicht die tochter ſeyn?
Soll ich den urſprung denn auch ihrer ſchweſter weiſen /
Der mahlerey; die offt anmuthiger zu ſpeiſen
Die laſſen augen weiß / als kuͤhler thau das graß /
Als ſuͤſſe koſt den leib? der brunnen ſpiegel-glaß
Des lichten ſchattens hat den grund-riß zwar geleget /
Ein buhler aber hat den pinſel erſt beweget /
Der zum gedaͤchtniß ihr / als er die liebſte ließ /
Nach ſeinem ſchatten ſich an eine wand abriß /
Biß Venus ſelbſt gelehrt faſt alles / auſſers leben /
Durch farben miſchungen den ſtummen marmor geben /
Daß itzo ſolche kunſt / als aͤffin der natur /
Die wuͤrckung des verſtands / die gantzen ſinnen-uhr
Das alter / die geſtalt / die hitze des gebluͤtes /
Den ernſt / die froͤmmigkeit / die gaben des gemuͤthes /
Ja alles / was man nur den menſchen ſchauet an /
Auff ſtahl / auff pergamen / auff marmol bilden kan.
Nur253Nur deiner himmels-gunſt beliebte ſonnen-ſtrahlen /
Kan kein Praxiteles / noch kein Apelles mahlen.
Thimantes mag mir auch nur ſeinen mantel leihn /
Daß ich / o goͤttin / kan in ſolchem huͤllen ein
Dein unbeſchreiblich lob der guͤte / die fuͤr jahren /
Fuͤr tauſend erndten ſchon die vor-welt hat erfahren /
Die vor-welt / welche ſchon / o brunn der freundligkeit /
O wohlthats-ſtiffterin! zu des Saturnus-zeit
Aus deinen wuͤrckungen und deiner hold hat muͤſſen
Durch ſchluͤſſe der natur die gottheits-wuͤrde ſchlieſſen.
Laß Zypern zeuge ſeyn / und Geidus heiligthum /
Die tempel Amatſus / wie hoch dein ewig ruhm /
Der auff altaren wuchs. Wo Memnons mutter ſtrahlen
Begunten dieſes rund der erden zu bemahlen /
Ward allenthalben dir / (wiewohl aus ſchuldes pflicht)
Zu deinem gottesdienſt ein tempel auffgericht.
Die Pythie ſelbſt hieß mit gruͤnend-friſchen myrrthen
Und roſen-doͤrnern dir die opffer-tiſch umguͤrten /
So offt dein tag anbrach; die erſte gabe war /
Die du dir wiedmen lieſt / ein weiſſes tauben-paar /
Weil ihre reinigkeit / und girrend lautes lachen
Dir ſonderlich gefiel. Weil Delius wird wachen
Bleibt Idalus der ruhm / und des Atenors ſtadt /
Daß man manch tauſend paar dir da geſchlachtet hat.
Nachdem das wald-ſchwein auch den buhlen dir erbiſſen /
Hat eines jaͤhrlich dir geſchlachtet werden muͤſſen /
Weil deiner rache brunſt / und deines eyfers glut /
Durch nichts zu leſchen war / als durch das moͤrder-blut.
Geſetzt / daß itzt / wie weit der Niel die ufer kruͤmmet /
Der abgeſpuͤlte ſand voll heilger flammen glimmet /
Darauff der Iſis gans / und noch ein kalb dazu
Zum denckmahl braten muß. Laß die geweyhte kuh
Des Jupiters gemahl / den hund den hahn / den geyer /
Dem Mavors heilig ſeyn / und auff Lyaͤus feuer
Zwoͤlff boͤcke ſchlachten ab / ſo weit die huͤgel ſind
Mit reben uͤberdeckt / und was man ſonſt mehr find /
Damit manch volck die gunſt der goͤtter will erbitten /
Durch diß wird Paphie dein ruhm dir nicht beſchnitten.
Man macht aus allen dem alleine dieſen ſchluß:
Daß man dich deſto mehr fuͤr ihnen fuͤrchten muß.
So weiß auch Amathus und Paphus und Zythere /
Und Geidus nicht allein von deiner gottheit ehre /
Wo Cinthius erwacht / wo er zu golde geht /
Sol kein altar nicht ſeyn / wo nicht dein bildniß ſteht.
Wer254Wer weiß von deinem grimm / und den gerechten ſtraffen /
Von / in dem maͤnner-blut / gefaͤrbten weiber-waffen /
Der inſul Lemnos nicht? man nimmt das blut-bad noch
In warmer ſuͤnde wahr; denn als du dich ſo hoch
Und ſehr verletzt befandſt / als die bethoͤrten frauen
Dir wolten kein altar / und keinen tempel bauen;
Da brach dein ernſter grimm / und ernſter eyffer loß /
Indem du gaͤntzlich ſie aus ihrer maͤnner ſchooß /
Und aus der eh’ verwarffſt / als aus den Thracer huͤtten /
Von fremden haus und tiſch und bette war beſchritten /
Biß daß der weiber grimm hat auff beſtimmte nacht
Die maͤnner allzumahl erbaͤrmlich umgebracht.
Doch / was verſchließ ich hier in dieſen engen ſchrancken
Der kleinen unter-welt die feurigen gedancken?
Verwirff / o heiſſer geiſt / den kaltgeſinnten wahn /
Und fluͤgel dich empor auff die geſtirnte bahn /
Wohin die goͤttin dich mit ihren flammen leitet /
Wenn itzt ihr braunes haar den hellen tag andeutet /
Der auch den matten leib mit friſcher ruh erneut /
Wenn itzt des Morpheus horn das feuchte ſchlaff-kraut ſtreut.
Fleuch hin / vergeiſterter / zu den ſaphirnen zimmern /
Wo aller goͤtter thron / und tauſend fackeln ſchimmern /
Schau / ob du Jupitern zugegen finden wirſt /
Den ſtets nach frauen-fleiſch mehr als nach nectar duͤrſt.
Wer weiß warum wir itzt Tharapne Cyrnus nennen?
Warum itzt baͤr und ſchwan bey den geſtirne brennen?
Wer wohl des Hercules und Dardans vater ſey?
Und ſtimmt nicht alſobald der alten meynung bey /
Daß der Diespiter der demant feſten ketten
Der liebe tragen muß / kein fels / kein ſchloß / kein retten /
Kein auffſehn Danae / kein keuſch ſeyn ſchuͤtzet dich /
Wenn ihn die liebe plagt / und ſolt er zehnmahl ſich
In flieſſend gold verkehrn; Ja / wenn was ſtaͤhlern waͤre /
Er druͤnge ſich hindurch; die fuͤrſtin zweyer meere /
Das maͤchtige Corinth ſchaut auff den thuͤrmen zu /
Wie freundlich Jupiter / als kuckuck / ſuͤſſe ruh /
Und mit gewuͤnſchter pein gewuͤnſchte luſt empfindet
In ſeiner ſchweſter ſchloß. Europens ſchoͤnheit zuͤndet
Ein feuer in ihm an / daß auch im waſſer glimmt /
Wenn er in well und ſchaum mit ihr nach Gnoſos ſchwim̃t.
Er laͤſt ſich als ein ſchwan den ſchwachen adler jagen /
Aus Ledens ſchooß die frucht der liebe weg zu tragen /
Daß er Antiopens nach luſt genieſſen kan /
Nimmt er den ziegenrock und Faunus hoͤrner an.
Warum255Warum ward Ganymed auff ſeines alters fluͤgeln
An goͤtter-tiſch geholt von Idens gruͤnen huͤgeln?
Diß kind ward nicht umſonſt von ihn ſo hoch geſchaͤtzt /
Daß Hebe ſelber ward / ihm zugefalln / entſetzt
Des treuen goͤtter-dienſts; der Semlen flammen machen /
Daß er zur flammen wird; ſo kan die liebe krachen.
Diß iſt der liebe ſtrahl / die dem der plitz erregt /
Den ſcepter und den plitz aus ſeinen haͤnden ſchlaͤgt.
Diana ſteigt herab auff die gewoͤlckten luͤffte
Zu dem Endymion in Cadmus duͤſtre gruͤffte /
Der ihr der armen ſchnee um ihre bruͤſte ſchraͤnckt /
Biß Delius / weil er fuͤr ſie die ochſen lenckt /
Sie in der anmuth ſtoͤhrt. Neptunus kalte wellen
Wolln faſt fuͤr ſolcher glut biß an den monden ſchwellen /
Faͤllt ihm Amymone bald Amphitrit auch ein.
Ja er will eh’ ein pferd / eh’ auſſer waſſer ſeyn /
Eh’ er die Ceres laͤſt. Will Daphne ſich erwehren
Fuͤr des Apollo brunſt und feurigem begehren /
So hilfft ihr vater ſelbſt zu dem beſchmertzten ach /
Daß ihr ſchnee-weiſſer leib an Hellons ſilber-bach
Zu lorbeer-aͤſten wird. Cocythus wellen raſen /
Und woll’n den ſchwefel-rauch biß an die ſternen blaſen /
Weil Pluto gantz und gar mit ſeinem erbtheil nicht
Zufrieden ſtehen will; er draͤut der bruͤder licht /
Weil fuͤr der liebes-glut die nacht ihn nicht kan ſchirmen /
Des Sturnus waſſerburg ergrimmt es zu beſtuͤrmen /
Als Ephialtes thaͤt. Er giebt ſich auch nicht eh’
Zu der gewehnten ruh / als die Proſerpine
Der mutter ward entfuͤhrt / und ſie ſein hochzeit-bette /
Wie auch den ſtuhl beſteigt; Wenn Cynthie ſich haͤtte
Der keuſchheit hundertmahl gewiedmet und verſagt /
Sie kan den liebes-pfeil auff keiner wilden jagt
In keinen puſch entfliehn; ſo ſehr liegt in den ſinnen
Ihr Britomantes ihr; daß Syrinx kan entrinnen
Den gott Arcadiens / wird ihr geſchlancker leib
Ein unbeſeeltes ſchilff. Kurtz: ein beliebtes weib
Bezwingt den himmel ſelbſt / den zorn-ſturm ernſter rache /
Ja die geharnſchte welt; der Diomedes mache
Sich groͤſſer als er iſt / mit ſeiner frechen that /
Daß er der Zyprie die hand verwundet hat.
Geſetzt / es ſey was dran! er hat nach wenig jahren
An der Agialen der goͤttin rach erfahren /
Die flammen ihres grimms. Er muß ſein vaterland
Sehn hintern ruͤcken an / ob Troja ſchon im brand
Und256Und in der aſchen liegt. Die Juno mag ja wuͤten /
Und auff ihr Pergamus den heiſſen zorn ausſchuͤtten /
Die Cytheree baut aus den verbrannten grauß
Die ewige ſtadt Rom / das haupt der welt / daraus.
Fuͤr der die Juno ſelbſt auch nichts hat koͤnnen retten /
Daß ſie nicht ihre ſtadt haͤtt’ in den ſtaub getreten /
Daß itzo ſaate waͤchſt / und fette laͤmmer gehn /
Wo vor Carthago ſtund. Heiſt diß im lichte ſtehn
Dem / der zur ſonnen ſteigt? Wer ferner liebe traͤget
Zu wiſſen / was fuͤr krafft der Venus geiſt erreget /
Der ſchau den zweykampff an / und jenen groſſen tag /
Als der geharnſchte Mars zu ihren fuͤſſen lag /
Bezwungen ohne ſchwerdt. Als ſie die donner-keile
Den goͤtter-fuͤrſten nahm / dem Einthius die pfeile /
Die ruthe dem Mercur / dem Bachus ſeinen krantz /
Alciten ſeinen ſpieß / der Hecate den glantz /
Die gabel dem Neptun. Ich muß denſelben loben /
Der / goͤttin / dich ſo hoch durch mahl-werck hat erhoben /
Als er dein bild aus gold und helffenbein geetzt /
Und auff dein ſternend haupt den welt-kreyß hat geſetzt.
Weil ruͤhmlich deine macht durch himmel / erd und wellen
Biß in den abgrund dringt / da Pluto mit der hoͤllen /
Ein ander mit der lufft / Neptunus mit der ſee
Zufrieden leben muß. Man mahlt der haͤnde ſchnee
Geziert mit gold und mahn; des apffels gold-ball weiſet
Auff deiner ſchoͤnheit gold: das braune mahn-haupt preiſet
Dein wincken / deine krafft / die hertzen und verſtand /
Und ſinnen ſchlaͤffert ein; die allmach deiner hand
Iſt ferner ſonnen-klar aus dieſem nur zu ſchlieſſen /
Daß alle goͤtter faſt ihr dienſte leiſten muͤſſen.
Die Ceres ſchenckt dir koſt zur nahrung deiner glut /
Der wein-gott trauben-ſafft und mildes erden-blut /
Daß dieſe / die verzagt ſeyn in den liebes-kriegen /
Erfriſcht und hertzhafft macht; denn kan ein ieder ſiegen /
Ob er ſich gleich zuvor nie tapffer hat erzeigt /
Wenn ihm der friſche trunck in kopff und ſtirne ſteigt.
Die erden-mahlerin / die fruͤhlings-goͤttin ſtreichet
Das kraͤuter-reiche feld / das ſich ſmaragden gleichet /
Mit tauſend farben an / die ſich ſo ſelig ſchaͤtzt /
Daß Cyprens goͤttin ſich zur huͤterin geſetzt
Ins guͤldne ſchlaff-gemach / weil der verliebten pein
Muß viel verſchwiegener / als ſonſt ein diebſtahl ſeyn.
Die gold-goͤttinnen wolln kein lieber amt verwalten
Als Palopaphien zur freundin zu behalten /
Ihr257Ihr kniend warten auff. Wie denn der zucker-ſafft
Des friſchen perlen-thaus nicht ſo beliebte krafft
Den duͤrſtgen kraͤutern giebt / als wie wenn die geberden
Mit ſuͤſſer freundlichkeit durchaus bethauet werden;
Wenn itzt der liebes-plitz / ſo aus den augen ſpielt /
Daß man in ſeel und hertz die ſchaͤrffſten pfeile fuͤhlt.
Will Roſelinde denn noch woͤrte bey geſellen /
Daß aus den lippen ihr die ſuͤſſen reden qvellen /
Und folget uͤber diß ein feuchter zucker-kuß /
So iſt kein kieſel nicht der ſie nicht lieben muß.
Ja eine glut wird ihm in marck und bein geſpielet /
Daß er die aſchen eh’ als vor die flamm gefuͤhlet /
Die hertz und augen friſt. Die augen aber ſind
Der mund / durch dem in ihm der liebes-balſam rinnt /
Die ſchoͤnheits-ſonne ſpeiſt ſein hungriges geſichte
Der liebſten ſtrahlen ſind die nehrenden gerichte /
Ihr anblick ſchaͤrffet ihm ſein von der thraͤnen-flut
Um waͤſſert augen licht / nichts minder / als die glut
Des braunen ſonnen-rads / den adlern es verklaͤret /
Wenn denn der liebſte ſo kein auge nicht verkehret /
Daß beydes als ein ſtein / auff ihrer glieder ſchnee
Nun gantz entſeel’t erſtarr’t[;]ſo wall’t als in der ſee
Ein abgemergelt ſchiff / als in den ſtuͤrmenden luͤfften
Ein vogel / die vernunfft. Das hertze liegt mit kluͤfften
Des unmuths uͤberhaͤufft / und lockt die augen ab
Von ſeinem jammer-zweck / weil ihn ſein thraͤnen-grab
Scheint ihre ſchooß zu ſeyn; die bruͤſte ſeine bahre /
Der armen band ſein ſarg / und ihre braune haare
Die ſtricke / die ihm ſinn’ und ſeele faͤſſeln an.
Ja ihm beduͤnckt daß er von ferne ſchauen kan
Den ſchiffbruch erſter ruh / wenn ihrer augen-ſonne
Durch ſeine ſeele ſticht / biß daß die anmuths-wonne
Den hertzen dieſe gall alſo verzuckert macht /
Als waͤr’ es nectar-ſafft / der zwar den mund anlacht /
Die hertzen aber ſterb’t / biß daß die wangens-zierde
Der ſchlaͤffrigen vernunfft / den nebel der begierde /
Fuͤr ihr geſichte zeucht / daß ſie hernach ſo blind
In ihren urtheil iſt / als nicht die augen ſind.
Hat denn die ſchoͤnheit ſo den armen gar beſtritten /
So iſt ſein wunſch der tod / ſein weiſe-ſeyn iſt wuͤten /
Die lufft / ſein othen-hohl’n iſt ſeuffzen / ſeine ſprach
Iſt ſtumm ſeyn; ſeine luſt der unluſt ungemach.
Er ſieht der ſternen-luſt in ihren holden wincken
Will / wuͤnſcht / und muß in ſich aus ihren ſtrahlen trincken
RDie258Die flamme / die ihn friſt. Iſt endlich gantz und gar
Verzaubert gegen ſie. Denn decket er ihr zwar
Nicht ſeinen kummer auff / verhoͤlet doch indeſſen
Denſelbigen nicht gantz. Lebt ſeiner ſelbſt vergeſſen /
Weil er an ſie nur denckt. Kriegt furchtſam in der ruh /
Goͤnn’t und mißgoͤnnt ihm ſelbſt. Kein wind ſoll nicht hinzu /
Kein weſt ſoll ſie nicht an - als ſeine ſeuffzer wehen.
Kein ſcheler ſtern ſoll nicht ſein liebes lieb anſehen /
Er moͤchte ſonſten auch verlieben ſich in ſie;
Er acht des himmels nicht / und meynt die wohlfahrt bluͤh’
Ihm gruͤner hier als dort. Er ſchaͤtzet fuͤr ſein leben /
Den geiſt in ihrer ſchooß mit ſchmertzen auffzugeben.
Die angſt haͤlt er fuͤr troſt / ihr abſeyn fuͤr den tod /
Ihr anblick iſt ſein tranck / ihr kuß ſein himmel-brod.
Denn / wenn ihm hitz und angſt vernunfft und ſinne ſtopffen /
Preſt jene kalten ſchweiß / und dieſe thraͤnen tropffen
Den krancken augen aus / biß dieſe / die er liebt /
Ihm endlich dieſes noch zu ſeuffzen kraͤffte giebt:
Ich brenne / brenn ich? nein! ich haͤtte dieſe braͤnde
Mit thraͤnen / die ich hier vergieſſe ſonder ende /
Fuͤrlaͤngſt ſchon ausgeleſcht. Iſts marter / das ich fuͤhl?
Ach! wie kans marter ſeyn / was ich ſtets leiden will.
Iſts eine luſt? ja wohl! kan eine luſt verletzen?
Nein / nein! noch diß / noch das. So iſt diß thun zu ſchaͤtzen
Fuͤr eitle phantaſie und thorheit. Nein / ach nein!
Ich haſſe ja mein weh / wie kan es thorheit ſeyn?
Iſts lieben? Liebe wird ſich ſelber ja nicht haſſen.
Iſts haß? Haß wird uns wohl nicht ſo vereinigt laſſen.
Iſts hitze? freurt mich doch. Iſts kaͤlte? mir iſt heiß.
Ich weiß nicht / was ich will / ich will nicht / was ich weiß!
Ich bin nach kranckheit kranck / und will doch nicht erkrancken /
Was iſts denn / das mich kraͤnckt? ſinds nichtige gedancken?
Ich denck ja allezeit nicht mehr zu dencken dran?
Ich fuͤhl’ es warheit ſeyn / und iſt doch nur ein wahn.
Lieb’ ich aus zwang? wie kan ich mich denn ſelber zwingen?
Lieb ich freywilliglich / was muß mich denn ſo dringen?
Die wunde fuͤhl’ ich zwar / fuͤhl aber keinen pfeil;
Ich bin begarrnt / beſtrickt / allein kein band / kein ſeil /
Kein netze ſchau’ ich nicht. Entſchlag dich dieſer ſchmertzen
Mein hertze! thoͤrichter! ich rede zu dem hertzen /
Und hab es eingebuͤſt. Ich leb’ in luſt und noth.
Leb ich? Ich ſterbe ja. Ich ſterb und bin nicht tod.
O urſprung meines tods! Mein leben / Roſelinde!
Mein angſt-brunn und mein heil! nimm dieſe ſeuffzer-winde
Zu[m]259Zum letzten opffer an. Ich liebe! denn erblaſt /
Erſtummt er und erſtirbt / biß ſie des coͤrpers gaſt /
Den geiſt / durch einen kuß / durch wenig liebes-blicke
Dem todten wiedergiebt. Kommt denn das wiedergluͤcke
Des wegziehns / ach! ſo zeucht ſein hertze / ſeel und ſinn
Mit ihrer ſeelen weg / ruht nicht / wuͤnſcht auch nur hin;
Und ſolte well’ und meer ihn von der liebſten ſcheiden /
So muß er bey ihr ſeyn. Es will den tod eh’ leiden
Leander / eh’ er ſich getrennt durch dieſe flut /
Soll von der Ero ſehn. Achillens helden-muth
Will nun zum weibe faſt um Colchas tochter werden:
Und Hercules verliehrt ſein halbes lob auff erden /
Nachdem er ſo gar viel auff ſchoͤne wangen baut /
Daß er die ſpindel nimmt / und aus der loͤwen haut
In einen weibs-rock kreucht. Mars weiß hievon zu ſagen /
Wie er / als er ſein heer / und den geſtaͤhlten wagen
Aus ſeinem Thracien nach Pergamus gewand /
Sey in die warme ſchooß der Paphien entbrannt;
Der Paphien / die ihr zu ſelber zeit gerade /
Wie er nach Troja kam / in Xanthus lauen bade /
Den kalten ſchweiß wuſch ab / als ſie ſich ſo erhitzt
In der gehaltnen ſchlacht. Kein plitz / kein donner ritzt
Die klippen ſo entzwey / wie ihre ſchoͤnheit flamme
Der geiſter donner-keil / die angſt und ſchmertzens-amme /
Sein eiſern hertz durchdrang / als er die goͤttin kaum
Mit einem ſtrahl erblickt. Denn ob der marmol-ſchaum
Zwar ſolche ſchoͤnheit war geſonnen zuverſtecken /
So ſchimmerte ſie doch / als aus den duͤſtren hecken /
Ein irrlicht / als ein ſtern / durch die beſchwaͤrtzte nacht /
Wie brauner malvaſier aus glaſe-muſcheln lacht.
Ihr purpurn antlitz warff von ſich ſo grauſſe ſtrahlen /
Wie Titan / wenn er fruͤh die ſee pflegt zu bemahlen.
Von ihren augen ward der kalte fluß zur glut /
Das ufer zu rubin / ihr haar / daß mit der flut
Sich ſchwimmend kraͤuſelte / war gleichſam anzuſchauen
Wie gold / das von ſich ließ beperltes ſilber thauen.
So offt der zucker-wind es zubekuͤſſen kam /
Die ſchnee-geballte milch / des liebes-aͤpffel ſchwam
In der geſchaͤumten bach / biß an die qvell-corallen /
Die runde ſchooß benahm den waͤßrigten cryſtallen
Den klaren perlen-glantz. Ihr mund thaͤt klaͤrlich dar /
Daß er die ſonne nun im waſſer-manne war;
Zu der der wilde Mars auch ſeinen ſtern zu ſetzen
Bereits verurſacht ward. Wer kan dergleichen netzen
R 2Ent -260Entkommen? fieng er an. Ich geh’ es willig ein /
Und ſoll die liebes-glut hinfort im waſſer ſeyn.
So will ich willig ſelbſt in eine bach zerflieſſen /
Und mit dem Acis auch die fetten graͤſer kuͤſſen /
Als nachtbarn meiner luſt. Weg harniſch / helm und ſchwerd!
Sie ſind nun ſperlingen zu neſtern unverwerth.
Ihr tauben moͤget wohl in meinem helme bruͤten /
Mein ſpieß mag immerfort von kindern ſeyn beritten /
Der lantzen hab’ ich ſatt / ein ander nehme dich /
Ich liebe liebes-krieg. Hierauff begab er ſich
Zur Venus in das bad. Diß that das liebes-kaͤmpffen /
Das aller helden palm’ und ſieges-lob kan daͤmpffen /
Dort liegt der praler nun / der ſich ſo hoch verließ
Auff ſeiner armen macht. Hier liegen ſchwerd und ſpieß
In wachs und bley zermalm’t. Die ſpinnen weben / flechten
Sich um den roſtern ſchild. Hier giebt es mehr zu fechten /
Sein feind iſt eine frau / die lieb iſt kraut und loth /
Die rede iſts geſchoß / vergnuͤgung iſt ihr tod.
Ihr koͤcher / die geſtalt / der augen-thron / der bogen /
Hier koͤmmt an ſtatt des pfeils ein liebes-blick geflogen.
Die lantze / die man hier muß werffen / iſt ein kuß /
Die lippen ſind der ſchild / ihr kampff ein frieden-ſchluß.
Der krieg / vertrauligkeit / der ſtreit - und ſieges-wagen
Iſt der begierden flug. Der platz / worauff ſie ſchlagen /
Iſt eine nackte ſchooß; der beyden bruͤſte berg
Gebraucht man zur paſtey. Ihr brennend feuer-werck
Iſt heiſſer ſeuffzen ach. Des lermens feld-trompette
Ein freundlich-laͤchelnd-mund. Das lager iſt ein bette /
Die wunden gehn ins fleiſch / nicht aber durch die haut.
Das blut iſt thraͤnen-ſaltz / das die verſchaͤmte braut
Die erſte nacht vergeuſt: Die ſchlacht iſt liebes-koſen /
Die ſieges-kraͤntze ſeynd nicht palmen / ſondern roſen.
Die frucht / um welche man das gantze treffen haͤlt /
Kommt nach neun monden erſt vollkommen auff die welt.
Hier iſt ein doppelt heer / das miteinander krieget /
Der ſieger wird beſiegt / und der beſiegte ſieget /
Biß endlich beydes heer wird ein vereinigt leib /
Das itzo ſtaͤrckſte theil / das ſonſten ſchwaͤchſte weib
Kaͤmpfft als ein ſtoltzer loͤw / die nicht beſtritten werden
Als durch die demut kan und freundlichen geberden /
Die dem bezwungenen ſich allererſt ergiebt /
Und ſonſten keinen nicht / als der ſie nothdraͤngt / liebt;
Wer wolte nun nicht hier behertzt zu felde liegen /
Wo Venus leib ſtandart und ihre fahnen fliegen?
W[o]261Wo ſie ſelbſt hertzogin / Cupido feldherr iſt /
Mars ein gemeiner knecht. Wo Jupiter ſich ruͤſt /
Und ein ſoldate wird. Wo uͤberfluß das laͤger /
Der wein das waſſer iſt / und Bachus waffen-traͤger:
Wo Ceres uͤberall vollauff zur tafel traͤgt /
Wo alles / was gleich ſonſt nicht krieg / nicht feindſchafft hegt /
Was keine zwietracht liebt / zu felde mitte lieget.
Des Neſtors zitternd arm / Aeſtus gicht-hand krieget
In dieſen ſchlachten noch. Denn ob der liebes geiſt /
Die ſuͤſſe ſeelen-braut / ſonſt zwar nur allermeiſt
Der jugend ſich vermaͤhlt / ſo muß zu vielen mahlen
Des alters ſilber-haar dennoch der ſchoͤnheit ſtrahlen /
Der liebe donner fuͤhl’n. Ja / wenn die flammen-ſee
Der brunſt einmahl entzuͤndt des kalten alters ſchnee /
Und anzuglimmen faͤngt in grauer haͤupter aſchen /
Kan nichts nicht als der tod die wilde brunſt abwaſchen /
Die ſchneller waͤchſt und laͤufft als eine feuers-glut
Die kuͤhnicht holtz ergreifft. Wenn gleich ein junges blut
Die liebe flammet an / ſo kuͤhlt ſie auch die ſchmertzen.
Verwundet ſie die angſt / ſo ſalbet ſie die hertzen
Mit hoffnungs-balſam an. Denn aber iſts gethan /
Kommt einem alten erſt der liebes-kuͤtzel an.
Er liebt diß / was ihn haßt / wuͤnſcht erſt nach tag und ſonnen /
Nun ſchon ſein jugend-lentz mit naͤchten iſt umſponnen.
Er irrt gleich als ein ſchiff / das keinen hafen weiß /
Und weil ſein wunſch zwar gut / ſein koͤnnen aber eiß /
Sein lieben ohnmacht iſt / ſo kan er diß beſuͤſſen
Der liebſten nicht einmahl den zehnden theil genieſſen.
Und endlich laͤufft die luſt auff weh’ / die flamm’ aufrauch /
Der ſchertz auff hoͤrner aus. So hat ſie im gebrauch
Zu lohnen dieſe ab / die / weil die adern gluͤh’ten /
Weil marck in beinen glamm / die erſten jahres-bluͤten
Zu opffern ſich erwehr’n auffs heiffe luſt-altar.
So nehmt ihr klugen denn dergleichen endſpruch wahr:
Die ſchoͤnheit ſey ein licht / die liebe ſey ein ſchatten /
Wenn jene nicht mehr brennt / ſo kommt uns die zu ſtatten
Bey keiner hitze nicht. Man kan nicht / was man will /
Und will nicht was man kan. Diß iſt der liebe ſpiel.
Die alten neue glut / den ſterbenden das leben /
Dem / was beſeel’t nicht iſt / kan geiſt und ſeele geben.
Lufft / erde / ſee und feur / ja dieſe gantze welt
Wird durch der liebe geiſt begeiſtert und erhellt.
Gib achtung / wenn die nacht ſo viel geſtirne mahlen /
Was meynſtu / daß ſie ſind / die feuer-lichten ſtrahlen?
R 3Was262Was will ihr glimmen wohl? Bild es dir kuͤhnlich ein /
Daß ſie von liebes-glut alſo erhitzet ſeyn.
Schau an das blaue dach der ſchimmernden gewoͤlber:
Der himmel / glaub’ es / fuͤhlt die liebes-flammen ſelber /
Daß er die erde nur genuͤglich ſchauen kan /
So blickt er ſie die nacht mit tauſend augen an.
Es mangelt ihm auch nicht an reichen liebes-ſeegen /
Er ſchwaͤngert ihren bauch mit fruchtbar-reichen regen /
Davon ſie dann auch graß / laub / baͤume / blumen-kraut /
Und ſonſt noch viel gebiert. Sie ſelbſt die gruͤne braut /
Die groſſe Tellus liebt den himmel gleichfalls wieder /
Der hole gruͤffte-ſchall / das leben ihrer glieder
Sind zeichen ihrer gunſt / und zeugen ihrer pein /
Ins gruͤne haar flicht ſie vielfaͤrbicht blum-werck ein.
Die ſchooß beperlet ſie mit gold und edelſteinen /
Dem liebſten deſto ſchoͤn - und holder zu erſcheinen /
Der / daß er gleichfalls ihr nicht minder wol gefaͤllt /
Mit demant und rubin ſein tuͤrckis-blaues zelt /
Gleich als mit roſen / ſtickt. Man ſpuͤret an gewaͤchſen /
Daß ſie die liebe ruͤhr’t. Die tannen-baͤume lechſen /
Die lange Ceder ſeuffzt. Meynſtu vergebens? nein!
Aus heiſſer liebes-brunſt / die ſie ſo ſehr nimmt ein /
Die macht daß myrrthen ſich mit andern myrrthen kuͤſſen /
Daß jenen ulmen-baum die reben rings umſchlieſſen /
Daß eppig uͤberall ſich um die erlen flicht /
Und um die doͤrner ſchrenckt; und wenn ſie wer zerbricht /
So weinen ſie vor leid / daß ſich ein theil entfernen
Von liebes-aͤſten ſoll. Die goͤldnen wieſen-ſternen /
Der erde gelbes haar / die edlen blumen fuͤhl’n
Der liebe zauber-werck in ihren wurtzeln ſpiel’n /
Die perlen ihres thaus ſind bittre liebes-thraͤnen;
Der kraͤfftige geruch iſt ihr verliebtes ſehnen /
Und ihrer ſeuffzen hauch; der farbe purpur-blut
Auff ihren knoſpen iſt die lichte liebes-glut.
Die liebes-blume kan fuͤr liebe nicht verwelcken /
Ihr feuer faͤrbet an die ſcharlach-rothen nelcken /
Und macht die veilgen blaß. Das fluͤchtge lentzen-kind
Zuvor des Phoͤbus wunſch / der ſchwartze Hyacinth
Iſt itzt / und war auch vor von liebes-brunſt entzuͤndet /
Eh er zur blume ward. Dieweil man brunnen findet /
Brennt der narciſſen ſchnee vor lauter liebes-glut /
Verliebt ſo ſehr / als vor / wie die cryſtallne flut
Sein ſchoͤnheits-ſpiegel war. Daß ſich die ſonnen-wende
Stets zu der ſonnen kehrt. Diß thun die liebes-braͤnde /
Weil263Weil ſie des Cynthius noch nicht vergeſſen kan /
Den ſie / die Cynthie / vor auch ſo ſtarr ſah an /
Weil ſie beym leben war. Der ſaffran liebt die winden;
Es buhlt der eichen-baum noch immer mit den linden /
So viel als Crocus ie die Smilax hatte lieb /
Und als Philemon noch mit ſeiner Bancis trieb
Der wolluſt ſuͤſſes thun. Ja ſelbſt die lorbeer-baͤume
Der Daphne mißgeburt / die vor fuͤr dunſt und traͤume
Des Phoͤbus lieben hielt / buhl’n itzo mit der nacht
Des ſchattens / und das ſchilff der bloͤden Syrinx lacht
Der mutter keuſchheit aus. Adonis hatte lieben /
Weil er beym leben war / noch nicht genung getrieben
Mit ſeiner Idalis. Sie hatt’ ihm dieſe pein /
Diß feuer alſo tieff in adern / marck und bein /
Und in das hertz gedruckt / daß aus der glieder aſchen
Der tod nicht hat gekoͤnnt die ſcharffen flammen waſchen;
Sein laues blut mag noch mit blumen ſchwanger ſtehn
Als folgern ſeiner brunſt. Betrachte nur wie ſchoͤn
Die garten-ſonnen dort / die tulipanen bluͤhen /
Die roͤthe deutet an / wie ſie fuͤr liebe gluͤhen /
Daß manche dort ihr haupt ſo auff die ſeite buͤckt /
Geſchicht vielleicht / daß ſie was liebes wo erblickt.
Schau wie die lilje dort zu ſilber-klaren fluͤſſen
Die milchern wangen ſenckt! ſie will den buhler kuͤſſen /
Den lieben fluß / der ſich durch manch umfelſtes thal /
Um ſie zu finden / kruͤmmt. O heiſſer liebes-ſtrahl!
Der auch die kaͤlte warm / das eiß kan brennend machen /
Daß brunnen / qvell’ und bach in lichten flammen krachen;
In flammen / die der brand der luͤſte zuͤndet an /
Die weder ſee / noch ſchnee / noch waſſer leſchenkan /
Als nur die liebe ſelbſt. Wer von verliebten fluͤſſen /
Wer von den ſeuffzern will der buhler brunnen wiſſen /
Der komm und ſchaue nur Alpheus flammen an /
Dem Arethuſens qvell auch nicht entlauffen kan /
Durch ihren thraͤnen-tod. Er kreucht durch berg und kluͤffte /
Durch das geſaltzne meer und durch die holen gruͤffte /
Biß in Trinacrien aus Elis gar ihr nach;
Wo er ſich denn mit ihr / und ſeine brunſt und bach
Mit ihrem qvell vermiſcht. Was man in Biblis qvellen /
Mit angenehmen rauſch und zittern auff ſieht ſchwellen /
Das iſt der thraͤnen-bach / die ihr auff dieſen tag
Die liebe noch preſt aus. Der Anos gleichfalls mag
Mit ſeiner ſtrengen flut nicht an der ſonnen rinnen /
Die ſilber-adern ziehn liebreitzend ihn von hinnen /
R 4Den264Den kreucht er biß ins reich des reichen Pluto nach.
Und der Pactol vermiſcht die perlen ſeiner bach
Mit ſeines bodens-gold. Ja ſelbſt das marck der erden
Hat ſeele / glut und geiſt zuneigender geberden /
Die ſteine / das metall / regt ein verborgner ſtrahl /
Der ziehende magnet kuͤſt den verliebten ſtahl.
Und daß das minſte ja nicht unverliebet bliebe /
So liebt die koͤnigin / die liebe / ſelbſt die liebe /
Die groſſe goͤttin dient dem ſelber / deſſen frau
Und mutter ſie doch iſt. Dann ſolte wohl ein bau
Noch ſonſt was / deſſen ſich der meiſter wolte ſchaͤmen /
Jemanden wolgefall’n? Wer wolte fruͤchte ſaͤmen /
Dafaͤr man eckel hat? Zwar als der goͤtter ſchaar
Einmal in Amathus bey ihr zu gaſte war /
Und ihr der nectar-ſafft ſtieg etwas in die ſtirne /
Gab ſie ſich / zwar aus ſchertz (wie offt noch manche dirne)
Fuͤr eine jungfrau aus: doch als der vater ſie
Daruͤber ſchnell ſah’ an / ſprach Juno / die doch nie
Viel ſeide mit ihr ſpan / ſie haͤtte ſich wohl muͤſſen
Mit waſſer aus dem qvell des Canathus begieſſen /
Durch deſſen krafft ſie ſelbſt die jungferſchafft vielmahl
Schon haͤtte wiederkriegt: wiewohl der liebe ſtrahl
Nicht dieſe / die gleich liebt / muß bald zur frauen machen /
Man kan diß feuer ja noch wohl ſo ſehr / bewachen /
Daß es viel weiter nicht / als biß zur lippe greifft
Wo ein benaͤßter kuß den gantzen leib erſaͤufft.
Allein / ſie wird es ſelbſt im ernſt nicht widerſtreben /
Die ſonne wuͤrd’ uns ſonſt bald einen zeugen geben /
Die aller welt entdeckt / wie zwiſchen ihrer ſchooß
Der matte krieges-gott / von helm und harniſch bloß /
Von ihr gefangen lag / und beyde von den netzen
Des krummen Mulcibers. Ein menſch kan ſie verletzen
Durch ihren eignen pfeil. Anchiſens lieben muß
Ihr liebes pflaſter ſeyn; der hohe Gargarus
Ihr richt-platz und ihr hauß / das graß ihr hochzeit-bette;
Die hoͤl’ ihr ſchlaff-gemach. Aus was fuͤr ſaamen haͤtte
Sie ſo viel kinder her / als aus der liebes-pein?
Die aller mutter iſt. Ich will hier nur allein
Zwar ihres kinds / doch auch des peinigers gedencken /
Des kleinen Zipripors / der ſie ſo bald zu kraͤncken
Als iemand fremdes pflegt / auff den ſchon klage kam /
Als noch die mutter-milch ihm auff der zunge ſchwam /
Daß er bald Jupitern den donner-keil verſteckte /
Bald mit der Juno ſich und ihren pfauen nerkte /
Bal[d]265Bald mit der Venus ſelbſt. Und ob die mutter zwar
Vielmahl das loſe kind zu ſtraffen willens war /
So wuſt es dennoch ſtets ihr artlich zu entkommen;
Nur einmahl / als der dieb den guͤrtel ihr genommen /
Ließ ſie ihn eine frucht aus Lixus garten ſchaun /
Und fordert ihn zu ihr. Erſt wolt er wohl nicht traun /
Dennoch geluͤſtet ihn den guͤldnen ball zu kriegen /
Fieng’ alſo freundlich an die achſeln einzuſchmiegen /
Schwang ſich zu ihrer ſchooß ins blancke ſternen-haus /
Und breitete wie weit die regen fluͤgel aus /
Die durch und durch beſternt mit jungfern augen waren /
Gleich als ein pfauen-ſchwantz. Mit ſeinen guͤldnen haaren
Verwickelt er ſich ihr um ihren marmol-arm /
Sein leib war finger-nackt / und doch nichts minder warm /
Von ſonn’ und hitze braun. Viel hertzen voller wunden
Hatt’ er ihm in ein tuch von ſcharrlach eingebunden /
Die ſein blutruͤnſtig pfeil / der an der ſeite hieng /
So greulich zugericht. Allein / alsbald empfieng
Die ſchlaue mutter ihn mit einer roſen ruthen /
Daß beyder backen ihm fieng haͤuffig an zu bluten /
Fuhr endlich ihm alſo mit rauen worten an:
Laß ſchau’n / ob man mit nichts dich / natter / zaͤhmen kan.
Dich loſen geyers kopff / dich ſtiffter vieler ſchmertzen /
Dich gifftgen ſeelen-wurm / dich raͤuber zarter hertzen /
Dich moͤrder der vernunfft? du darffſt mir itzt nicht viel /
Du blindes huren-kind / ſo will ich pflitz und kiel
Mit ſammt den bogen dir in tauſend ſtuͤcke ſchlagen /
Und dich / ich weiß nicht ſelbſt wohin / ins elend jagen;
Ins elend / wo noch tag / noch ſonne dich beſcheint /
Diß ſoll dein lohn itzt ſeyn / nun alle welt dir feind /
Und auch der himmel iſt. Das kind der ſuſſen luͤſte
Fiel ihr um ihren hals / und kuͤſt ihr ihre bruͤſte /
Entſchuldigte ſich auch; er waͤre nur ein kind /
Und voller unverſtand / darzu ja auch noch blind.
Sie muͤſte nur ſein irrn ihm noch zu gute halten.
Ein kind / ſprach ſie / biſt du / weil du nicht kanſt veralten!
Du und dein wuͤrcken iſt geweſen mit der zeit /
Dein herrſchen mit der welt. Auch iſt dirs gar nicht leid
Fuͤr deine ſchelmerey. Blind kanſt du dich ja nennen /
Du hundert-aͤugichter / weil / die vor liebe brennen /
Durch dich verblendet ſind. Wie wuͤrdeſt du ſo wohl
Soͤnſt treffen aller bruſt? dir dennoch aber ſoll
Es dißmahl ſeyn geſchenckt / kanſtu mir buͤrgen ſetzen /
Und bey dem Styx mir ſchwehrn / daß du mich zu verletzen
R 5Nicht266Nicht mehr geſonnen ſeyſt? dein heiſch iſt meine luſt /
Sprach er / und ſtieß hiermit ihr in die lincke bruſt
Den allerſchaͤrffſten pfeil / der iemahls in ein hertze
Von ihm geſchoſſen war; das gifft zog mit dem ſchmertze
Durch adern / fleiſch und blut / und nahm die ſinnen ein;
Sie aber halb entſeelt von unverſehner pein
Zog das geſchliffne gold aus ihren warmen wunden /
Auff das / mit diamant geſchrieben ward gefunden:
Ich brenn’ / ich brenn’ Adon! ihr auge nahm kaum wahr
Die ſchrifft / als ihre brunſt in ihr ſchon luſt gebahr /
Zu finden ihren ſchatz. Bald ließ ſie ſich bekleiden
Mit waͤßrigtem tobin aus graſe-gruͤner ſeiden /
Wie ſonſt die Cynthie zur jagd iſt angethan.
Auff ihrer achſel hieng ein elephanten-zahn /
Ein bogen an der ſeit / ein koͤcher an dem ruͤcken /
Ein mond an ihrer ſtirn. Von ihren anmuths-blicken
Ward die von ſonn’ und glut verſengte ſtraſſe gruͤn /
Daß der verdorrte dorn ſo ſcharff ward / und ſo kuͤhn /
Den nackten marmol-fuß der Zyprie zu ritzen /
Biß er ſein purpur-blut ließ auff die roſe ſpritzen /
Von dem ihr milchern haupt verkehrt ward in corall /
Die blaͤtter in rubin; der unverhoffte fall
Vermochte dennoch nicht ihr ſuchen auffzuſchieben /
Sie gieng der ſpure nach / die ihr ihr neues lieben
Und das verhaͤngniß wieß / biß ſie im tieffen ſchlaff
Vergraben den Adon / ihr hertzens-ziel antraff.
Sein bette war das gras / ſein koͤcher war das kuͤſſen /
Sie aber / als ſie ihm den perlen-ſchweiß begieſſen
Die roſen-wangen ſah’ / entſchloß ſie mit der hand
Ihm kuͤhnlich zuzuweh’n. Allein ihr ſeelen-brandt
Nahm durch diß wehen zu. Ihr anblick war der ſaamen
Von ihrer liebes-glut / und ihrer ſeelen-hahmen
War ſeiner ſchoͤnheit ſtrahl / fuͤr der die roſe bleich /
Die lilje ſchamroth ward. Ihr himmliſch koͤnigreich
War ſein benelckter mund; das irrſchiff ihres hertzen
Zog ſeil und ſegel auff nach ſeinen augen-kertzen /
Wie ein von well und ſturm bekriegter ſteuermann /
Der bruder Helenens zwey ſternen lachet an /
Als zeichen ſtiller ruh. Ihr ſpiegel meines lebens /
Ihr ſonnen meiner luſt! laſt / ſprach ſie / nicht vergebens
Mich wuͤnſchen einen blick. Mein licht / mein freuden-tag
Erwachet mir mit euch. Ach daß der ſchlaff nur mag
Das blaſſe todten-kind / das ſchatten-bild der hoͤllen /
In euren himmel zieh’n! Wie kan ſich bey geſellen
Den267Den ſternen duͤſtrer rauch? doch muß es alſo ſeyn?
So preßt ihn mein geſicht in ſeine ſinnen ein.
Alsbald wieß Morpheus ihm in einem ſinnen-ſpiegel
Ihr himmel-ſchoͤnes bild. Sein hertze kriegte fluͤgel /
Und zog in derer bruſt / die ihn im traume ſchon
Zu ihrer liebe zwang. Sein mund / der augen-thron /
Sein lachend antlitz war der ziel-zweck ihrer augen /
Sie wuͤnſchte nur an ihm die roſen zu beſaugen
Des warmen lippen-pfads. Und weil ſie ihm das glaß
Des mundes anzuruͤhrn ſich furchte / ward das graß
Nechſt ihm von ihr gekuͤßt. Bald ſenckte ſie ſich nieder
Zu kuͤſſen ſein rubin / bald reu’te ſie es wieder /
Und flohe ſeinen mund / gleich wie ein ſchaͤfer pflegt /
Dem eine natter ſich hat an die bach gelegt /
Aus der er trincken will. Biß daß der wunſch der luͤſte
Noch ihre furcht bezwang / und ſie ſo ſehr ihn kuͤßte /
Daß ſchatten / ſchlaff und traum auff einmahl ihn verließ /
Den itzt verwunderung mit vollem ſturm anſtieß /
Als er die goͤttin ſah. Du darffſt hier nicht erſchrecken /
Mein hertze / fieng ſie an / ich habe dich erwecken
Aus zwang aus noth gemuſt / durch einen feuchten kuß /
Weil ich mir einen dorn getreten in den fuß.
Weil denn ſich gar von mir verlohren mein geſinde /
So iſt mein wunſch / daß ihn mir deine hand verbinde /
Hier hab’ ich mir ein kraut / das ich mir ſelbſt gepfropfft /
Weil es das bluten weiß zu ſtillen / ausgerupfft.
Adonis war hierbey kein eiß / kein holtz erfunden /
Er band mit ſanffter hand das kraut ihr auff die wunden /
Er / deſſen hertze wund von ihrer wunde ward.
Ach! hat der boͤſe dorn / ſprach er / der wilden art /
Dreyfache Cynthie / nicht gegen dir vergeſſen!
Was iſt diß fuͤr ein brunn / wo der corall aus ſchnee /
Aus liljen purpur waͤchſt / und die zinober-ſee /
Aus alabaſter qvillt? ein urſprung meiner ſchmertzen!
Ach / ach / was ſchneidet ſie in meinem krancken hertzen
Fuͤr tieffe wunden mir? Hat dieſes roſen-blut /
Hat dieſe marmol-haut die kraͤffte / flamm und glut
Zu pflantzen in die bruſt? ich muß / ich muß vergehen /
Und weiß es nicht von was. Ich muß es nur geſtehen /
O Delos koͤnigin / dein ſternend angeſicht /
Iſt meiner augen-zweck / und meiner ſeelen licht /
Die durch bezauberung aus dieſer bruſt gezogen;
Alsbald warff Paphie zahn / koͤcher / mond und bogen
Dianens268Dianens von ſich weg. Ich liebe dich Adon /
Ich bin der ſchoͤnheit frau / der liebe qvell und thron
Nicht eine jaͤgerin / fieng ſie ſamt tauſend kuͤſſen
Und ſeuffzern zu ihm an die reden auszugieſſen /
Wo deine ſeele nur mich gleichfalls wieder liebt /
Werd ich und du geſund. Dein knecht / dein ſclave giebt /
Fieng er halb thraͤnend an / geiſt / hertze / ſeel und ſinnen /
Dir himmels-koͤnigin / wo deiner gottheit zinnen
Nur unſre ſterblichkeit mit dieſem ehren kan /
Die dich alleine ſoll mit andacht beten an.
Nichts ſterblichs iſt an dir! denn deiner ſchoͤnheit ſchimmer
Gehoͤret / fieng ſie an / in die geſtirnten zimmer.
Du biſt mein ſchatz / mein wunſch / mein engel / meine wonne /
Und mehr als mein halb ich / mein himmel / meine ſonne /
Und hoͤchſter augen-troſt. Das haupt / den mund / die bruͤſte /
Die augen / meine ſchooß / den himmel bittrer luͤſte /
Verpfaͤnd ich dir hiermit zum zeugniß / daß ich dein /
Und du der meine biſt. Wunſch / hertz und mund traff ein
Bey der verwechſelung ſo angenehmer worte;
Denn bald eroͤffnete ſie ihm die wolluſt-pforte.
Ja / als ſie mund auff mund ihm ſenckte / bruſt auff bruſt /
Genoſſe ſie die frucht der pein / das ziel der luſt.
Sie hatten nun ſo viel den ſchnoͤden krieg getrieben /
Daß Venus zwar nicht ſatt / doch muͤde war im lieben /
Als ihr der roſen-ſtrauch in ihr geſichte kam /
Auff dem noch ihres bluts halb lauer purpur ſchwam.
Du ſchoͤne roſe biſt / fieng zu ihr an Dione /
Die blumen-kaͤyſerin / die / als auff einem throne /
Des ſtiles von ſmaragd ihr haupt den himmel zeigt /
Daß der geſtirne gunſt mit thau / als milche ſaͤugt /
Die aus der erden-ſchooß als eine goͤttin bluͤhet /
Wenn itzt die ſonne ſie mit einem blick anſiehet /
Und ihre wurtzeln waͤrmt. Dein braͤutgam iſt der weſt /
Der nichts als biſam-wind auff dein gewaͤchſe blaͤſt.
Es kroͤnet deine pracht in allen nichts vergebens,
Der dinge mutter hat / dir wolluſt meines lebens /
Bewaffnet deinen ſtock / daß deiner ſchoͤnheit glantz
Den vorwitz was entflieh / indem dein koͤnigs-krantz
Aus golde / dein geruch von weyrauch / deine blaͤtter
Aus ſchnee und ſcharlach ſind. Der plitz / die donner-wetter
Solln kuͤnfftig weniger dich / als die lorbeern ruͤhr’n /
Die goͤtter ſollen ſich mit deinem purpur zier’n.
Ich ſelber will hinfort mir deine knoſpen flechten
In mein gekraͤuſelt haar; gleich als bey duͤſtern naͤchten
De[s]269Des weiſſen monden-kreyß den ſternen ſchimmert fuͤr /
So uͤberſternet auch der bunten graͤſer-zier
Der roſe ſilber-ſchein. Dich meiner ſchoͤnheit ſpiegel /
Und meines purpur-bluts / dich perle feſter huͤgel /
Dich heller wieſen-ſtern / dich edles fruͤhlings-kind /
Auff welcher ſuͤſſer ſafft / wie Lontens zucker rinnt;
Dich auge des Aprils / dich diamant der auen /
Kan ohne freude nicht die ſchoͤne ſonne ſchauen;
Das ſtern-gewoͤlbe ſelbſt geſtehet dieſes frey /
Daß zwar die ſonne wohl des himmels roſe ſey;
Du aber / roſe ſelbſt / das ſonnen-rad der erden /
Die morgen-roͤthe muß ſchon ſchamroth fuͤr dir werden /
Die ſcheele Juno wird dich in ihr ſchlaff-gemach
Zu pflantzen ſeyn bemuͤht. Der Thetis blaues dach
Bepurpurt ſich mit dir. Mit dir ſoll Cloris glaͤntzen /
Die Nymphen aber ſolln mit dir ihr haupt bekraͤntzen.
Ja keine / keine frau ſoll ſeyn mein liebes-kind /
An der nicht wang und mund bebluͤmt mit roſen ſind.
Und daß diß lob / womit die roſe wird geprieſen /
Ihr auch ſey ernſt geweſt / hat ihre that erwieſen /
Indem ſie den Adon / den urſprung ihrer pein /
und ihres hertzens-hertz / als ihm das wilde ſchwein
Verkuͤrtzte lieb und geiſt / ließ zu der roſe werden;
Auch wie du ſonſt noch mehr die flache ſchooß der erden
Mit blumen haſt geſchmuͤckt / giebt Cloris ſelber zu /
Und weiß dir ſchoͤnen danck / daß gleichfalls Venus du /
Der liljen mutter biſt. Denn ob zwar die poeten /
Die ſich was falſches offt zu dichten nicht erroͤthen /
Der liljen milch-geburt aus blinder heuchelniß
Der Juno ſchreiben zu / ſo iſt es doch gewiß
Der warheit aͤhnlicher / was einmahl in Idumen
Auff einer gaſterey die koͤnigin der blumen /
Die fruͤhlings-frau / bekennt; Es traͤnckte Zyprie /
Sprach ſie / einmahl ihr kind mit ihrer zucker-ſee /
Die aus den tuͤrckſen qvillt / der warmen perlen-bruͤſte /
Da ſog der kleine dieb ſo geitzig / gleich als muͤſte
Der adern trieffend qvell biß auff den ſeichten grund
Auff einmahl ſeyn verzehrt / daß ſein bemilchter mund
Ihm endlich uͤberlieff / und in die naͤchſten graͤſer
Ein theil der milch entfloß / gleich als die biſam-glaͤſer
Voll Idumeer-ſaffts / der laue weſt auff wald /
Auff wieſ’ und graß ausgoß / der hauchte ſie alsbald
Mit zimmet-athem an. Der Thetis toͤchter lieſſen
Der muſcheln perlen-ſafft auff diß gewaͤchſe flieſſen /
Die270Die lilje des geſtirns / der naͤchte glantz und frau
That auff ihr ſilber-horn / und feuchtet es mit thau.
Als es die ſonne nun auch waͤrmte durch ihr gluͤhen /
Da ſahe man heraus die erſten liljen bluͤhen /
Die Jupiter hernach ins ſtern-haus ſtreuen ließ /
Weil Zephyr doppelt ihr den ſuͤſſen geiſt zubließ.
Daß ja der himmel auch nichts minder als die erde
Um diß ihr gutthats-werck verpflichtet ewig werde /
Zu dancken ihrer hold / die nicht ermangeln kan /
Wo ſie zugegen iſt. O blicke mich auch an!
Du hertzens-wenderin / du aller wolluſt amme /
Du aller freuden-brunn / mit deiner liebes-flamme /
Geneigter als bißher! Laß endlich Minds kind
Mir einmahl ſchlieſſen auff der unhold labyrinth!
Laß einen Perſeus mir aus den begierdens-ketten
Mein halb verzweiffelt hertz durch neue gunſt erretten /
Laß einmahl noch auff mich die ſtrahlen ſchieſſen her /
Die ſonne des geluͤcks / die in mein thraͤnen-meer
Sich laͤngſt hat eingeſenckt. Ich will es gerne leiden /
Mein liebes-pfeil der mag mir hundert wunden ſchneiden /
Wo nur daſſelbige wird auch bebalſamt ſeyn
Mit treuer gegen-gunſt; das feuer und die pein /
Die aus der ſchwefel-klufft der gegen-liebe qvillet /
Iſt wie ein balſam-oel / das alle ſchmertzen ſtillet.
Wenn aber / die man liebt / nicht gleichfalls wieder liebt /
Und nichts / als ſchnee und eiß / und haß zu dancke giebt /
So faͤngt die brunſt erſt recht mit funcken an zu ſpielen /
Daß weder kraut noch zeit die liebes-hitze kuͤhlen /
Ja auch der tod nicht kan / wenn gleich der matte geiſt
In das Eliſer-feld aus ſeinem coͤrper reiſt.
Wie viel man in der welt ſonſt liebes hat beſeſſen /
Gold / freund ſchafft / ehrenſtand und tugend wird vergeſſen;
Die liebe ſtirbt nur nicht / ob ſchon der ſchatten-fuß
Des Charons kahn betritt / und uͤber Lethens fluß
In das geheime thal der trauer-felder ſcheidet /
Der alte liebes-pfeil / das ſeelen-meſſer / ſchneidet
Dort ſchmertzlicher / als hier; die ungezaͤhmte luſt
Brennt der Paſiphoe noch immer in der bruſt.
Der Dido ſteckt das ſchwerdt noch immer in den bruͤſten /
Und Phoͤdra laͤſſet ſich des ſtieff-ſohns noch geluͤſten;
Driaminee fluch’t auff Neſſus blutig kleid /
Laodamiens geiſt bezuckert ihr das leid
Im ſchatten ihres manns / und ſtirbet ohne ſterben;
Evadnens liebe kan kein holtz-ſtoß nicht verderben /
Sie271Sie brennt das kalte kind / wiewohl ſie nicht verbrennt /
Das feuer wird anitzt an Helenen erkennt.
Die lippen ſind ihr noch befeuchtet von den kuͤſſen /
Ihr holer athem iſt der ſeuffzer noch befliſſen /
Die ſtrahlen faͤrben noch die blaſſen wangen an /
Die waͤrmde bleibet noch dem ſchatten zugethan.
Das thraͤnen-oel muß noch die liebes-ampel nehren /
Das leben ſcheint ſich erſt in weinen zu verkehren.
Der ſchon verweßte leib / die todten-aſche glimmt
In ihrem ſarge noch; das lieb[e]s-ambra ſchwimmt
Noch in der duͤrren maus / in den verdorrten beinen /
Ja die geſammte ſchaar / die Venus ie beſcheinen
Mit ihrer ſonnen ließ / befindet ſich allhier /
Und traͤgt Perſephonen die hochzeit-fackeln fuͤr /
Der auch gleich auff der welt nur in der bruſt empfunden
Den ſtumpffen pfeil aus bley / empfunden neue wunden
Beym duͤſtern Erebus. Es pflantzet neue pein
Der liebe guͤldner ſtrahl den leichten geiſtern ein /
Erſt nach der hoͤllen-fahrt. Wie? wird das halsabſtuͤrtzen
Von dem Leucathes denn die liebes-brunſt verkuͤrtzen /
Wenn die vergeſſungs-nacht das himmel-helle licht /
Sie nicht verfinſtern kan. Nein / wahre liebe bricht
So leichtlich nicht / als glaß. Es wurtzelt ſich das lieben /
Dafern ſein ſaamen iſt im hertzen recht beklieben /
Durch keinen fall bald aus. Kan weder eiß noch ſchnee /
Noch das gefrorne meer / noch Lethens blaſſe ſee
Der liebe feuer ſtill’n / viel minder wird das baden
In des Silenus bach der liebe brunſt entladen
Den angeflammten geiſt. Die ſchoͤne Venus webt
Kein ſchwaches ſpinnen-garn. Die matte ſeele klebt
Erſt an dem leim recht an / wenn ſie ſich loßzudrehen
Am beſten iſt bemuͤht; der thorheit blindes ſehen /
Die durch ein rauten-blat zu waſſer machen will /
O goͤttin / deine glut / ſetzt ein zu enge ziel
Der unbegreiffligkeit; denn eulen die verblinden /
Wenn ſie das ſtrahlen-qvell der ſonne wolln ergruͤnden.
Wie kan die ſterbligkeit dich meiſtern durch ein blat /
Wenn ſie / dich ſonne / nicht zu ſchauen augen hat?
Heiſt dieſe kuͤhnheit nicht den himmel ſtuͤrmen wollen?
Da ſolche richter doch ſich billig ſpiegeln ſollen
An allen / welche ſtets das rach-ſchwerdt hat erjagt /
Wenn ſie der goͤtter lob zu mindern ſich gewagt.
Hat an dem Marſyas Apollo das verbrechen /
Den vorwitz Niobens Latone koͤnnen raͤchen?
Hat272Hat Salomonens-kopff den hoffarts-wahn gebuͤſt /
Und Tamiris die ſchuld Calliopen gemuͤßt
Mit ſeinen augen zahl’n. So wuͤrd es noch viel minder
Dergleichen frevelern ergehen was gelinder /
Dafern dein ſinn ſo ſehr zur rache truͤge luſt /
Und dir / o koͤnigin / nicht waͤre vorbewuſt.
Sie koͤnten aͤrger nicht den ſtoltzen frevel buͤſſen /
Als daß ſie deine gunſt dein zucker muͤſten miſſen /
Wenn ſie vom ferne ſchau’n mit ſcheelen augen an /
Wie mancher / der die lieb / der luſt gebrauchen kan.
O groſſe kaͤyſerin der ſtern-bebluͤmten zinnen /
Beherrſcherin der welt / beſuͤſſerin der ſinnen /
Du ſorgen-toͤdterin / du brunn der freundlichkeit /
Du mutter ſuͤſſer pein / verkuͤrtzerin der zeit /
Gebaͤhrerin der luſt / vermehrerin der dinge /
Vergib mir / daß ich dir nur leere worte bringe /
So ſchlechtes ding / das nicht den goͤttern zugehoͤrt /
Und dir / die alle welt mit tauſend opffern ehrt.
Ja weil ein menſchlich fuß die hohen goͤtter-throͤne
Doch nicht beſteigen kan / ſoll meine Philomene
Mein abgott / meine luſt / mein engel / meine pein /
Mein leben / meine qvaal / und meine Venus ſeyn.
Dafern ich denn nun ihr / als ſchoͤnſten auff der erde /
Mein hertze / mein gantz ich zu eigen geben werde /
So nimm / o Venus / doch ſolch opffer an von mir /
Nicht anders / als es ſelbſt gewiedmet waͤre dir.
So lang ich werd ihr knecht / ſie meine goͤttin bleiben /
So lange mich zu ihr wird mein verhaͤngniß treiben /
So lang ihr ſchoͤn-ſeyn wird mein himmliſches altar /
Ihr mund mein lippen-zweck / ihr gold durchmengtes haar
Mein ſeelen-netze ſeyn / ihr leben meine wonne /
Ihr augen-licht mein tag / ihr antlitz meine ſonne /
So lange wird dein preiß mein athem / deine pein
Mein ſingen / deine bruſt mein liebes-tempel ſeyn.