Dem WohlEdlen / Geſtrengen / Veſten / und Hoch - benambten Herren Johann Chriſtian Schmeiſſen von Ehrenpreißberg / Seiner Churfl. Durchl. zu Brandenburg wohlbeſtalten Ambts - Cammer-Rathe. Wie auch / Denen WohlEdlen / Viel-Ehren-Tugend-reichen / Frauen Sabinen gebohrner Schmeiſſin / Deß WohlEdlen / Geſtrengen / Veſten / und Hochbenambten Herren Abrahams von Ecken / Seiner Churf. Durchl: zu Brandend. in dero Hertzogthumb Preuſ - ſen wohlverordneten Hoff - und Gerichts-Rahts / Eheliebſten /
Herren Guſtav-Friedrich Schmeiſſen von Ehrenpreißberg / Der freyen Kuͤnſte Beflieſſenem / Als des Seel. verſtorbenen Herren Johann Schmeiſſens von Ehren-Preißberg / Hinterlaſſenen / hochbetruͤbten Kindern. Wuͤnſche ich von dem Gotte der geduldt und alles troſtes / kraͤfftigen Troſt / Chriſtliche Gedult / Goͤttlichen Segen / und froͤlichen wechſel des Leides in Freude / durch den Troſt Jraelis und jhren Nothhelffer Chriſtum Jeſum.
WAs vor unſterblicher Ruhm / Ehre und Lob dem Jſaac und Jſrael in der Heiligen Bibel nachge - ſchrieben wird / daß ſie jhren Vater / den verleb - ten alten Abraham / ehrlich zur Erden beſtat - tet / 1. B. Moſ. 25 / v. 9. Dem Gotts-fuͤrchti - gen Joſeph / daß er ſeinen Vater Jacob eben in daſſelbe ſein Elter-Vaͤterliches Erb-begraͤbnuͤß im Lande Canaan beygeſetzet / 1. B. Moſ. 50. v. 13. Den Soͤhnen des Matathiæ / und dar - unter inſonderheit dem Simoni / daß ſie jhrem Vater ein hohes Grab in gehauenen Steinen / Seulen und Pfeilern auffrichten laſſen zum ewigen Gedaͤchtnuͤß / 1. Maccab. 2 / v. 70: cap. 13. v. 27. 28. 29. Deſſelben haben Sie ſich eben - maͤſſig allerſeits / jhrem gutten Verdienſte nach / umb jhren Seeligen Herren Vater / als wolge - rahtene Kinder / gebuͤhrend anzunehmen. Alswel -[5]welchem Sie in jhrem Kindlichen Hertzen das beſte und beſtaͤndigſte Monument / Grab-Zei - chen und Trauer-mahl / Jer. 31. v. 21. auffge - richtet haben / daß Sie deſſen ſtetes Ehrerbieti - ges Gedaͤchtnuͤß niemals darauß laſſen oder außleſchen koͤnnen. Das heiſſet billich Momu - mentum ære perennius,
Regaliq̀; ſitu Pyramidum altius,Homt. l. 3. Carm. Od. 30.Quod non imber edax, non Aquilo impotensPosſit diruere, aut innumerabilisAnnorum ſeries, vel fuga temporum.
Ein Denck - und Grabes-Mahl / dem Ertz nicht zuver - Dem die Pyramides an hoͤhe muͤſſen weichen / (gleichen / Das keines RegensMacht / kein ſtarcker Nordwind nicht / Noch folge vieler Jahr und flucht der Zeit zerbricht.
Auß ſolchem Hertzens-grunde jhrer Kindlichen Liebe / Gehorſams und Treue iſts hergequollen / daß Sie nicht allein den entſeelten Coͤrper jhres in GOtt verſchiedenen Herren Vatern / ein Chriſt-ehrliches Begraͤbnuͤß in der Churfuͤrſt - lichen Brandenburgiſchen Haupt - und Reſi - denz Stadt Coͤlln an der Spreu / außgerich - tet / ſondern auch nochmaln an mich begchret haben / die von mir bei ſolchem actu in volckrei - cher anſchnlicher verſamlung gehaltene Leich - Predigt / von neuem zu uͤberſehen / auffs reine zu bringen / und in offentlichen Druck herauß zu geben; alles zu dem Ende / damit Sie jhreA iijhoffnung[6]hoffnung der zukuͤnfftigen Aufferſteyung an tag geben moͤchten / daß der jenige Leichnam / dem Sie ſolche Ehre angethan / als zuvorher ein Tempel des H. Geiſtes / mit ſeiner Seele zu rech ter zeit wiederumb ſolle vereiniget werden / und daß der Mañ / der durch dieſe gedruckte Schrift bei ſeinen Befreundten und Bekandten weit und breit auf dieſer Welt noch leben wuͤrde / ſchon in der andern Welt Gotte lebete.
Denn ober wol gar ferne von jhnen ſein irr - diſches leben nach des Allerhoͤchſten unerforſch - lichem Rahte beſchlieſſen muͤſſen / iſt jhme doch von da der Him̃el ja ſo nahe geweſen / als wenn er in den Armen aller ſeiner anweſenden Kinder entſchlaffen were; wie ſich etwa Monica des H. Auguſtini Mutter vor zeiten damit auff ſol - chen ſchlag getroͤſtet / als ſie nicht koͤnnen / jhrem vorigen ſchluſſe und wuntſche nach / zu jhrem Ehemanne Patritio in ein Grab kommen / ſon -Auguſtinꝰ l. 9. & 11. Confeß. dern zu Oſtia in Welſchland ſterben muͤſſen / daß ſie geſprochen: Nihil longè eſt Deo, & cogno - ſcet in fine ſeculi, unde meum corpus excitan - dum ſit: Es iſt nichts zu weit von Gott abgele - gen / der wird am Ende der Welt am beſten wiſ - ſen / von wañen er meinen Leib auferwecken ſolle.
Umb deßwegen auch / weil Sie ſeiner ſchier - kuͤnfftigen Aufferſtehung zur ewigen Herrlig -keit[7]keit gewiß und verſichert ſein / werden Sie de - ſto eher ſich zu frieden geben / dem fromen Gotte ſtille / und im trauren maſſe halten / und hierin - nen dem heilſamen Rahte des H. Hieronymi folgen / der in Epiſt. 25. die Edle Roͤmerin Pau - lam uͤber dem Todt jhrer Tochter Bleſiliæ mit dieſen worten tröſtet: Lugeatur mortuus, ſed ille, quem gehenna ſuſcipit, quem tartarus de - vorat, in cujus pœnam æternus ignis æſſuat: Nos, qvorum exitus Angelorum turba comita - tur, quibus obviam Chriſtus occurrit, grave - mus magis, ſi diutiùs in tabernaculo iſto mor - tis habitemus: qvia quamdiu hic moramur, à Domino pere grinamur, das iſt: Der Todte mag betrauret werden / den die Helle aufgenom - men / den der Hellengrund verſchlungen / zu deſ - ſen Straffe das helliſche Feuer wuͤttet: Wir / derer ſterben die Engliſche Schaar beglettet / denen Chriſtus ſelber im tode entgegen kommet / ſollen uns vielmehr dagegen beſchweret finden / wenn wir noch laͤnger in dieſer Huͤtten des to - des bleiben ſolten / denn ſo lange wir alhier im Leibe wohnen / ſo wallen wir dem Herren.
Es wird dennoch des Vaters letzter See - gen jhnen auch Abweſenden / doch jederzeit ge - horſamen Kindern / Haͤuſer bauen / alſo / daß wenn Sie in den Fußſtapffen ſeines Glaubensund[8]und Tugenden wandeln / Sie auch werden ſein die geſegneten des Herren / der Himmel und Erden gemacht hat / Ε᾽υσεβέων ϖαίδεοσι τὰ λώἴα, δυσσεβέων δ 'οὔ, ſchreibet auch der Heyde Theocritus, das iſt:
Und noch glaubwuͤrdiger Zeugnuͤß gibt der H. Geiſt / Pſal. 112. v. 2. 3. Das Geſchlechte der Frommen wird geſegnet ſein / Reichthumb und die Fuͤlle wird in jhrem Hauſe ſein / und jhre Gerechtigkeit bleibet ewiglich.
Gott ſey jhrer aller Vater / Troſt und Schutz / umb ſeines heiligen Kindes willen / Amen. Salzwedel den 6 Aprilis im Jahr 1659.
E. E. W. W. E. E. H. H. und W. W. E. E. L. L. Ehren-Dienſt-beflieſſener Samuel Pomarius, Lic. Superintendens.
Die Gnade unſers HErren Jeſu Chriſti / und die Liebe Gottes / und die Gemeinſchafft des Hei -II. Corinth XIV, 13. ligen Geiſtes ſey mit Euch allen / Amen.
ANdaͤchtige / ꝛc. Recht wohl und Chriſtlich iſts geredet / wenn wir ſagen: Wer vor ſtirbt / eh er ſtirbt / der ſtirbt nicht / wenn er ſtirbt. Dann / wer vor ſtirbt / nemlich des Geiſtlichen Todes / da er zwar nicht in Suͤnden ſtirbt / ſondern der Suͤnden durch taͤgliche t[oͤ]dtung derſelben ſtirbt / und der boͤſen gottloſen Welt / wie auch ſeinem ei - genen Fleiſch und Blutte / als dem Alten Adam / durch ſein ſelbſt verleugnung / abſtirbet; Eh er ſtirbt / verſtehe des zeitlichen Todes / da Leib und Seele von einander getrennet wird / und der Menſch den Weg aller Welt ge - hen / und nach Goͤttlicher Satzung einmal ſterben muß / 1. B. Koͤn. 2 / 2. Ebr. 9 / 27. Der ſtirbt nicht / vernim des Ewigen Todes / oder des andern Todes / wie die hel - liſche Verdamniß genennet wird / Offenb. 20 / 14. cap. 21 / 8. wenn er ſtirbt / nemlich des natuͤrlichem Todes / da er die allgemeine Schuld der Natur bezahlen / und al - len irrdiſchen dingen gutte nacht geben muß. Jnmaſſen ſolches der Herzog uͤber Todt und Leben Chriſtus JeſusBſelber[10]Chriſtliche Leichpredigt. ſelber mit einem hohen Eidſchwur betheuret beim Joh. 8. v. 51. 52. da er ſpricht: Warlich / warlich / ich ſage euch / ſo jemand mein Wort wird halten / der wird den Todt nicht fehen und ſchmecken ewiglich. Und abermal ſagt er Joh. 11 / 25. 26. Jch bin die Auffer - ſtehung und das Leben / wer an mich glaͤubt / der wird leben / ob er gleich ſtuͤrbe / und wer da lebet / und glaͤubet an mich / der wird nimmermehr ſter - ben. Auff welchen ſchlag er auch in unſerm Chriſtli - chen Leich-Geſange redend eingefuͤhret wird:
Zwar fuͤr den Unverſtaͤndigen werden die Gerech - ten angeſehen / als ſtirben ſie / und jhr Abſcheid wird fuͤr eine Pein gerechnet / und jhre hinfarth ein ver - derben / aber ſie ſind in Friede / wie das Buch der Weißheit zeuget / cap. 3 / 2. 3.
Das hat numehr vor ſeine Perſon in der that ſelber erfahren / der weiland WohlEdle / Veſte / und Hoch be - na mbte Herr Johann Schmeiß / von Ehrenpreiß - berg / Seiner ChurFuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit zu Brandenburg / Unſers Gnaͤdigſten Herrens / wolbeſtal - ter Factor. Der hat noch bey ſeinen Lebenszeiten die Geiſtliche Sterbe-Kunſt gar wol ſtudiret und practici - ret, in dem er der Suͤnde / der Welt und ſeinem eigenenWillen[11]Chriſtliche Leichpredigt. Willen gaͤntzlich abgeſtorben / und dieſelbe mit allen jhren geſchaͤfften gecreutziget und getoͤdtet / eh er durch denNa - tuͤrlichen Todt auß der beſchwerlichen Wallfarth und Pilgrimſchafft dieſes zeitlichen Lebens / darinnen er in die 60. Jahr zugebracht / abgefodert worden in das Himm - liſche Vaterland / das uns Chriſtus hat zugewand durch ſeinen gang zum Vater / davon eine Chriſtli - che Seele ſonſt zu ſingen pfleget:
Weil er denn nun alſo zuvorher geſtorben / eh’ er geſtor - ben / ſo hat er nicht koͤnnen ſterben / als er geſtorben / ſon - dern iſt vom Tode zum Leben hindurch gedrungen / Joh. 5 / 24. ſintemal er in ſeinem jrrdiſchen Leben ſein Geiſt - liches Leben / Chriſtum / im Hertzen behalten / und alſo numehr das himliſche Leben an jhm offenbahret worden. Allermaſſen Er ſelber uns hiervon aus ſeinem vorlengſt hierzu erkohrnen Leich-Texte / mit mehrem in bevor ſte - hendem Stuͤndlein wird vor predigen laſſen.
Damit nu ſolches geſchehe zu der Hinterlaſſenen kraͤff - tigen Troͤſtung / und unſer aller ſeeligen Erbauung / wol - len wirhierum GOtt den himliſchen Vater / in dem Nahmen des HErren Jeſu / umb den kraͤfftigen Beiſtand des werthen Heiligen Geiſtes / erſuchen in einem Andaͤch - tigen Vater Unſer.
Welchen Unſer Seeligverſtorbener Mit-Bru - der bey ſeiner Leich-beſtattung / in der Chriſtlichen Ge - meine / zu erklaͤren vorlengſt beſtimmet hat / wird uns be - ſchrieben in dem 3. und 4. Verß des 3. Capittels der Epiſtel S. Pauli an die Coloſſer / mit nach - folgenden worten:
‘Dann jhr ſeid geſtorben / und Euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in GOtt / wenn aber Chriſtus euer Leben ſich offenbahren wird / dann werdet jhr auch offenbahr werden mit jhm in der Herrligkeit. ’ ()Spruͤch - woͤrt. 8. v. 1. 22. Luc. 11. v. 49.ANdaͤchtige / ꝛc. Wann die ſelbſtaͤndige Weißheit Gottes / Chriſtus Jeſus / ſeinen Mund zu Spruͤchen auffthut / nach der Weiſſagung des 78. Pſalms / (v. 2.) ſo leget Er unter andern vielfaltigen Gleichnuͤſſen / in dem 13. Capitel Matthæi ſeinen Juͤn -v. 45. gern / auch dieſe fuͤr: Abermal iſt gleich das Himmel - reich einem Kauffmann / der gutte Perlen ſuchte /46. und da er eine koͤſtliche Perle fand / gieng er hin / und verkauffte alles / was er hatte / und kauffte die - ſelbige. Worinnen Er denn die Chriſtliche Kirche / als das Geiſtliche Himmelreich / und ein jedes recht-glaͤubi - ges Gliedmaß derſelbigen / unter der Figur eines reichenHandels -[13]Chriſtliche Leichpredigt. Handels-Mannes und Jubelirers / welcher koͤſtliche Perlen ſuchet und findet / gar kuͤnſtlich abmahlet / und in ſolchem Bildniſſe uns zweierley vor Augen ſtellet / nem - lich
Denn da fuͤhret er einen Kauffmann / einen Handels -Ε῎μπορος. ζητε̃ιν, 2 Tim. 1, 17 Marc. 12, 12. Matth. 2, 20. mann ein / der mit ſonderbahrer Muͤhe und groſſem Fleiſ - ſe / wie das Griechiſche woͤrtlein mit ſich bringet / gutte feine Perlen / rechte und echte Edelgeſteine ſuchet / wie er dieſelbige auß dem tieffen Meere aus jhren Muſcheln herauß kriegen / an ſich kauffen / und an hohe Koͤnigliche und Fuͤrſtliche Perſonen verhandeln koͤnne. Wie nu ein ſolcher Kauffmann in ſeinem Handel und Wandel unverdroſſen iſt / groſſe Muͤhe / Sorgfalt und Arbeit an -Horatius l 1. Epiſt. 1. Impiger extremos currit mer cator ad indos,[P]er mare pauperiem fugiens, per ſaxa, per ignes. wendet / auch wol ſeinen negocien nach die weite und breite Welt / zu Waſſer und zu Lande / uͤber Stock und Steine / bey Hitze und Kaͤlte außwandern und durchlauf - fen muß / denn Kauffleute ſind Lauffleute / darbene - ben aber pflegt er ſich wol vorzuſehen / daß er nicht falſche Wahren fuͤr rechte uͤberkomme / daß er nicht Glaß fuͤr Perlen / Beine fuͤr Steine von den Betriegern und Juͤ - den erhandele und an ſich kauffe: Eben alſo und noch viel - mehr ſol ein glaͤubiger Menſch / ſo lange er auff der Pil - grimſchafft dieſer Welt herumb wallen muß / und keine bleibende ſtete haben kan / Ebr. 13 / 14. ſich ſeines Chri - ſtenthumbs mit aller treu / Embſigkeit und fleiß anneh - men / er muß darinnen nicht faul / verdroſſen und nach - laͤſſig ſein / ſondern darnach ringen / daß er durch die en - ge Pforte eingehe / Luc. 13 / 24. Er muß mit gedult in gut - ten Wercken trachten / (ζητου σι, iſt eben das wort das al - hier vorkommet) nach dem ewigen Leben / Rom. 2 / 7: erB iijmuß[14]Chriſtliche Leichpredigt. muß allen fleiß daran wenden / daß er darreiche in ſeinem Glauben Tugend / und in der Tugend Beſcheidenheit / und in der Beſcheidenheit maͤſſigkeit / und in der maͤſſigkeit Gedult / und in der gedult Gottſeligkeit / und in der Gottſe - ligkeit Bruͤderliche Liebe / und in der Bruͤderlichen liebeΠορισ - μὸς. gemeine Liebe / 2 Pet. 1. v. 5. 6. 7. Dann ob zwar die Gottſeeligkeit nicht ein (irrdiſches) Gewerbe / oder ein Haͤndelchen iſt / damit man Ehre oder Gutt moͤge ſuchen / und nicht GOtt dienen allein / wie Herr Lu - therus am Rande gloſſiret / ſo iſt es doch ein groſſer (geiſtlicher) Gewinn / wer Gottſeelig iſt / und laͤſſet jhm begnuͤgen / wie alſo unſere Chriſtliche Handelſchaft der Apoſtel Paulus beſchreibet 1 Timoth. 6. v. 5. 6. Da - bey aber muß auch ein Chriſt fuͤrſichtig wandeln / nicht als die Unweiſen / ſondern als die Weiſen / und ſich in die Zeit ſchicken / denn es iſt boͤſe Zeit / Epheſ. 5 / 15. 16. Ja er muß ſich auch in die Leute ſchicken / denn es ſind boͤſe Leute / es ſind viel falſche Kraͤmer und Leutebetrieger / die verkauffen offtmals Meuſe-Koth fuͤr Pfeffer / das iſt / Menſchengeſatz fuͤr Gottes Gebot / ſie verfaͤlſchen das Wort Gottes / umb des Bauchs und Geitzes willen / wie ein Kretſchmer den Wein faͤlſchet / Luth. Gloß. und handeln nicht auß lauterkeit / und als aus Gott fuͤr Gott in Chriſto / 2 Cor. 2 / 17. Darumb wir uns vor ſol - chen Betriegern auffs fleiſſigſte huͤtten und vorſehen ſol - len / nach Chriſti vermahnung in unſerm Kirchen Ge - ſange:
Hernach führet uns auch Chriſtus in dieſem Gleichniſſe zu gemuͤtte:
Denn nach dem der von jhm vorgeſtelte Kauffmann hatte Perlen geſucht / ſo hat er endlich eine koͤſtliche Per - le gefunden / ϖολὐτιμον μαρλαριτην, eine Perle von ho - hem preiſſe / von theurem werthe / die ſehr edel und koſt - bar geweſen / wie etwa Plinius l. 9. Hiſt. Nat. c. 35. zweier Perlen der Koͤnigin in Egypten Cleopatræ geden - cket / derer eine auff die 250000 Goldguͤlden geſchaͤtzt worden / wie es Budæus l. 2. de Asſe außrechnet / oder wie an der hochſchaͤtzbaren Keiſerlichen Krone Rudolfi des Andern / eine Perle geweſen / ſo groß als eine Muſca - teller-Birne / die umb 30 000 Goldguͤlden verkaufft wor - den / wie ſolches der Kaiſerliche Leib-Medicus Anshel - mus Boëtius bezeuget L. 2. de Gemmis c. 37. An die - ſer edlen theuren Perle hanget der Kauffmann alleine / darauff beruhet er / daruͤber gehet er hin / und verkaufft alle ſeine andere Schaͤtze / alle ſeine koͤſtliche Jubelen / al - le ſeine bewegliche und unbewegliche Guͤtter / und kauffte nur dieſe eintzige theure Perle alleine / der gewiſſen hoff - nung / die ſolte Jhm in groſſer Fuͤrſt - und Herren Hoͤfen ſo viel wieder einbringen / als er an den andern allen ver - lohren habe. Dieſe eintzige koͤſtliche Perle nun / welche ein Menſch nach dielem ſuchen anderer weltlichen Schaͤ - tze und Guͤtter / endlich findet / iſt unſer theurer Seelen - Schatz / Gottes und Marien Sohn / Chriſtus Jeſus / wie uns derſelbe in dem Heiligen Evangelio vorgetragen wird. Der iſt von den Edlen him̃liſchen Thau-Troͤpff - lein Gottes des Heiligen Geiſtes / gleichſam in der Mu -ſchel[16]Chriſtliche Leichpredigt. ſchel und Meerſchnecke des reinen Jungfraͤulichen Lei - bes Mariæ empfangen und gezeuget worden / wie ſon - ſten von den Perlen geſchrieben wird / daß ſie aus dem friſchen Thaue / wenn die Muſcheln ſolchen mit auffge - thanem Munde in ſich ſchoͤpffen / ſich zeugen ſollen; Der iſt der ſchoͤnſte unter den Menſchen Kindern / Pſ. 45 / 3. an Jhm iſt kein flecken / kein mackel der Suͤnden nicht / ſondern iſt gantz rein / hell und klar von lauter Unſchuld / der kan das Hertze eines Chriſten / in der geiſtlichen Ohn - macht und Entſetzung vor dem Zorne Gottes / maͤchtig ſtaͤrcken / Er kan unſere Seele und Lebens-Geiſterlein kraͤfftiglich erquicken / Er kan den Schwindel der geiſtli - chen zweifelmuͤtigkeit vertreiben / daß das Hertze feſte wer - de durch die Gnade Gottes / Ebr. 13 / 9. Er erfriſchet die geiſtlichen Augen unſers Gemuͤts / daß alle von natur uns anklebende Feuchtigkeiten abgetrucknet werden / undMatthiolꝰ in Dioſcor. Lib. 2. c. 4. Franc. Ru - eus deGem mis l. 2. c. 13. wir erleuchtete Augen unſers Verſtandes in Geiſtlichen und Goͤttlichen Sachen bekommen / Eph. 1 / 18. wie ſon - ſten dergleichen Kraͤffte und Tugenden in natuͤrlichen dingen den Perlen die Medici zuſchreiben. Wenn nu ein Chriſt dieſe edle Perle in warem Glauben ergreifft und findet / ſo verachtet / verlaͤſt und verkaufft er daruͤber alle ſeine andere gutte Wercke / alle ſeine zeitliche Ehre / alle ſeine irrdiſche Guͤtter / daran er bißher ſeine luſt und ergetzligkeit gehabt / und hat ſeine eintzige vergnuͤgung an ſeinem liebſten Jeſu / uͤber ſolchem gefundenen Seelen -Victruvius l. 9. c. 3. Schatze ruffet er viel freidiger / als dorte Archimedes uͤber ſeinem erſonnenen Kunſtſtucke auß / ἕυρηκα, ἕυρηκα, ich habs gefunden / ich habs gefunden / daß er dann mit S. Paulo ſaget Phil. 3 / 7. 8. Alles was mir ge - winn war / das habe ich umb Chriſti willen fuͤrSchaden[17]Chriſtliche Leichpredigt. Schaden geachtet / denn ich achte es alles für Scha - den gegen der uͤberſchwencklichen Erkentnuͤß Chri - ſti Jeſu meines HERRen / umb welches willen ich alles hab fuͤr ſchaden gerechnet / und achte es fuͤr Koth / auff daß ich Chriſtum gewinne. Ja er thut daruͤber uͤber Himmel und Erden verzicht / und ſpricht mit dem Koͤniglichen Pſalmiſten Aſſaph / aus Pſal. 73 / 25. 26. (HERR Jeſu) wenn ich nur dich habe /〈…〉〈…〉 ſo frage ich nichts nach Himmel und Erden / wenn mir gleich Leib und Seel verſchmacht / ſo biſtu doch GOtt / allezeit meines Hertzens Troſt und mein Theil. So machte es D. Creuzenach zu Wien / nochMatheſius Sarepta Cruc. 4. Herberg. Magnal. part. 1. Med. 21. mitten unter dem Bapſthumb / als er auff ſeinem Todbet - te nieder lag. Der ſuchte und ſuchte in allen ſeinen gut - ten Wercken / die er die zeit ſeines Lebens uͤber gethan hatte / ob dieſes wolte Troſt geben / ob jenes wolte Troſt geben. Wenn er nu ein guttes Werck vornam / ſprach er / wil denn das nicht helffen? Als das nicht helffen wolt / ſuchte er abermals ein anders herdor / und forſchete aber - mal / wil denn das nicht helffen? Als aber endlich dadurch kein Troſt im Hertzen nicht hafften und ſafften wolte / da ergrieff er mit wahrem Glauben dieſe allein Edle Hertzens-Perle / den HErren Jeſum / und brach in die - ſe worte herauß: Ach / wil denn nu nichts nicht helf - fen / ſo helffe mir das Miſerere mei DEUS propter precioſum ſangvinem Filii tui, qui me famulum tuum redemit, das iſt / Erbarme dich mein O HERRE GOtt / umb des theuren Roſinfarben Bluttes deines Sohnes willen / der mich deinen Diener erloͤſet hat / das halff endlich eintzig und alleine / darauff wards beſſer / darauff ſchlieff er ſanfft und ſeelig ein.
CDieſes[18]Chriſtliche Leichpredigt.Dieſes artigen Kauffmanns-Gleichniſſes des HEr - ren JEſu / erinnern wir uns / Geliebte in Chriſto / gar fuͤglich zum Eingange dieſer Predigt / bey gegenwertiger Leich-Beſtattung des Seelig-Verſtorbenen Herrn Schmeiſſens. Denn das war auch ein Kauffman / ein Handelsmann / ein Jubelirer / der mit Perlen und Edel - geſteinen handelte / deßwegen er Land und Waſſer zu Winters - und Sommerszeit durchzogen / und jhme man - chen ſauren Wind laſſen unter die Augen gehen / derge - ſtalt auch Keiſern / Koͤnigen / Chur - und Fuͤrſten und an - dern hohes Standes Perſonen gutte Dienſte und treue Lieferungen gethan. Aber in dem er hin und wieder ſol - che gutte Jrrdiſche Perlen und Kleinodien geſucht / hat er dennoch in ſeiner gantzen Handelſchafft nur eine eintzige Koͤſtliche Geiſtliche Perll gefunden / darauff er beruhet / daran er ſeine Luſt / ſeinen Troſt und auffenthalt gehabt / die er uͤber Gold und viel feines Goldes geliebt mit K. David 119 / 127. der Gold und Demand nicht mag glei - chen / noch man umb ſie mag guͤlden Kleinodt wechſeln / die hoͤher zu wegen denn Perlen / Job. 28 / 17. 18. die er theurer gehalten denn Koͤnigreich und Fuͤrſtenthumb / und Reichthumb fuͤr nichts gehalten gegen ſie / der er keinen Edelgeſtein gegleichet / ſondern alles Gold gegen ſie wie geringen Sand / und Silber gegen ſie wie Koth geach - tet / Buch der Weißheit 6 / 8. 9. nemlich / Chriſtum JESUM / ſein Geiſtliches Seelen-Leben. Uber dieſer Edlen Perlen iſt er bereit geweſen noch bey ſei - nen Lebens-Zeiten / alle ſeine andere Kleinodien und Jubelen / alle Schaͤze und Reichthuͤmer / alle Haab und Ehre in die ſchantze zu ſchlagen / und unter die Fuͤſſe zu tretten / wie er denn kurtz vor ſeinem Ende / auf ſeinemTodt -[19]Chriſtliche Leichpredigt. Todtbette dieſe worte zu mir fuͤhrete / Es iſt doch al - les miteinander in der Welt nur lauter Fantaſey; Uber dieſer edlen Perle hat er auch endlich alles Zeitli - che in ſeinem Tode verlaſſen / Haͤuſer / Kinder und Freun - de / und das ewige Leben / und darinnen Chriſtum Je - ſum / ererbet / wie darauff Chriſtus ſeine Apoſtel dertroͤ - ſtet / als ſie fragten: Sihe / wir haben alles verlaſſen / und ſind dir nachgefolget / was wird nu uns davor? Matth. 19. v. 29. 27. Das iſt das Eine geweſen / welches jhm noth geweſen / das iſt das gutte Theil geweſen / das er erwehlet / welches nu nicht ſol von jhm genom - men werden / nach der zuſage Chriſti beym Luc. 10. v. 42.
Hiervon duͤrffen wir nicht weither geholtes Zeugnuͤß und frembden Beweiß / ſondern er prediget uns gleichſam auß ſeinem vor unſern Augen alhier ſtehendem Sarge / ſelber in ſeinem Leich-Texte davon / wie er ſchon auff dieſer Welt allem Jrrdiſchen ſey abgeſtorben geweſen / als darinnen er nicht habe das Hoͤchſte Gutt / und die Vergnuͤgligkeit ſeiner Seelen finden koͤnnen. Darumb er mit ſeinem Geiſtlichen Seelen-Leben einzig und alleine an Chriſto / als ſeiner edlen Hertzens-Perle / gehangen / welches Leben hier zwar an jhm verborgen geweſen / nu - mehr aber dorte in der ewigen Herrligkeit an jhm offen - bahr worden.
Wollen demnach ohne fernern Ein - und Umbgang zu Schrifftmaͤſſiger Erklaͤrung und Heilſamer Anweh - rung ſolches verleſenen Bibliſchen Textes ſchreiten / und daraus zweierley miteinander abhandeln und betrach - ten / nemlich
C ijTheils[20]Chriſtliche Leichpredigt.Theils das Chriſtliche Sterben / Theils das Chriſtliche Leben.
Amen / HErr JEſu / Amen.
WAs nu anlanget unſern vorgenommenen Er - ſten Punct / da wir mit einander zu betrachten habei. das Chriſtliche Sterben / ſo lauten davon die Anfangs-worte unſers Leichtextes alſo: Dann jhr ſeyd geſtorben. Allhier redet der Apoſtel nicht von einem Natuͤrlichen Sterben / da ein Menſch dem Leibe nach ſtirbt / und ſeine Seele von jhm gefodert wird / Luc. 12 / 28. Dann die Coloſſer / zu welchen er dieſes ſchrieb / waren ja alle dazumahl noch im leben / ſie kunten leſen und hoͤren / was er jhnen in ſeinem Send-Briefe vorpre - digte / und war alſo noch jhr Odem in jhnen / und das Schnauben von GOtt in jhrer Naſen / Job. 27 / 3; ſon - dern es wird an dieſem orte verſtanden das GeiſtlicheSterben /[21]Chriſtliche Leichpredigt. Sterben / der geiſtliche Todt / da ein Chriſt / der dem Lei - be nach lebet / dennoch der Seelen nach / ſeinen Luͤſten / Begierden und Affecten nach / ſtirbet / und ſich als ein todter Menſch / keiner irrdiſchen Haͤndel und Geſchaͤffte / die jhn an ſeiner Seeligkeit hindern koͤnten / nichts an - nimt / ſondern derſelben gantz und gar abſtirbet. Da ſtir - bet ein Chriſt der Welt abe / daß er der Welt nichts ach - tet / gleich wie auch die Welt hingegen ſeiner nicht achtet / ſondern daß er die Welt gleichſam ans Creutze und an Galgen ſchlaͤgt / das iſt / zum hoͤchſten ſchimpfflich und veraͤchtlich helt / wie alſo Paulus redet Gal. 6 / 14. Es ſey ferne von mir ruͤhmen / denn allein von dem Creutze unſers HErren Jeſu Chriſti / durch wel - chen mir die Welt gecreutziget iſt / und ich der Welt. Da ſtirbet ein Chriſt dem Geſetze abe / ſo wol dem Ce - remonial-Geſetze / daß er die Moſaiſchen Levitiſchen Ceremonien ſich nicht laͤſt in ſeinem Gewiſſen binden und gefangen nehmen / davon im vorhergehendem 2 Cap. Col. v. 20. geſchrieben ſtehet: So jhr denn nu abge - ſtorben ſeid mit Chriſto den Satzungen der Welt / was laſſet jhr euch denn fangen mit Satzungen / als lebetet jhr noch in der Welt / ꝛc: Als auch dem Moral-Geſetze / daß er die krafft der Suͤnden / das Ge - ſetze Gottes / 1 Cor. 15 / 57. nicht laͤſt in ſich zu ſeiner ſel - ber vermaledeiung / verfluchung und verdammung leben - dig werden / ſondern krafft des Todes Chriſti den toͤd - tenden Buchſtaben des Geſetzes / 2 Cor. 3 / 6. ſelber toͤd - tet und uͤberwindet / daher Paulus ſpricht / Rom. 7 / 4. Meine Bruͤder / jhr ſeid getoͤdtet dem Geſetze durch den Leib Chriſti / und Gal. 2 / 19. Jch bin durchs Ge - ſetze geſtorben / auff daß ich GOtt lebe / allwo HerrC iijD. Lu -[22]Chriſtliche Leichpredigt. D. Luther am Rande hinzu thut: Durch den Glau - ben / der ein geiſtlich lebendig Geſetz iſt / ſind wir dem Geſetze des Buchſtabens geſtorben / daß wir jhm nicht mehr ſchuldig ſein. Da ſtirbt auch ein Chriſt den Suͤnden abe / nicht zwar dergeſtalt / daß er in Suͤnden ſterbe / daß er in Suͤnden gantz todt und er - ſtorben ſey / denn das wird nur den Gottloſen nachgeſagt Eph. 2 / 1. Coloſſ. 2 / 13. die bleiben im tode / auch wenn ſie noch leben / denn wer den Bruder nicht liebet / der blei - bet im tode / 1 Joh. 3 / 14. die ſind lebendig todt / wie al - ſo von einer Wittwen / die in Wolluͤſten lebet / 1 Tim. 5 / 6. geſchrieben ſtehet / die iſt lebendig todt / lebendig zwar nach dem natuͤrlichen Leben / todt aber nach dem geiſtli - chen Leben: Sondern alſo ſtirbet ein Chriſt den Suͤn - den abe / daß er der Sünden ſterbe / weil nemlich die Krafft der Suͤnden durch die Krafft des Todes Chriſti in jhm getoͤdtet und geſtorben iſt / daß er ſich nu mit wa - rem Glauben der vergebung und toͤdtung aller ſeiner Suͤnden troͤſtet / und von nun an der Tugend lebet / wie alſo der Apoſtel Petrus ſchreibt 1. Epiſt. 2 / 24. Chri - ſtus hat unſre Suͤnde ſelbſt geopffert an ſeinem Leibe / auff dem Holtze / auff daß wir der Suͤnden abgeſtorben / der Gerechtigkeit leben; deme auch S. Paulus zuſtimmet Rom. 6 / 2. 11. Wie ſolten wir in Suͤnden wollen leben / der wir abgeſtorben ſind? Haltet euch dafuͤr / daß jhr der Suͤnde geſtorben ſeid / und lebet GOtte in Chriſto Jeſu unſerm HEr - ren. Das haben alſo die Apoſtoliſche Sinnreiche wor - te auf ſich: Jhr ſeyd geſtorben; daß nemlich die Welt nicht mehr in euch jhr Leben / jhre regung und bewegung / jhre krafft und wirckung hat / daß das Geſetze euch nichtmehr[23]Chriſtliche Leichpredigt. mehr verfluchen und verdammen kan / daß auch die durch den TodtChriſti getoͤdteteSuͤnde / euch nicht mehr ſcha - den kan. Und zwar ſolches alles / dieweil jhr mit Chri - ſto geſtorben ſeid / denn gleich wie die Chriſten mit Chri - ſto aufferſtanden ſein / Coloſſ. 3 / 1. gleich wie ſie ſampt Chriſto lebendig gemacht / und ſampt Jhm in das him - liſche Weſen geſetzt ſind in Chriſto Jeſu / Epheſ. 2 / 5. 6. Alſo ſind ſie mit Chriſto geereutziget / Gal. 2 / 19. Rom. 6 / 6. Sie ſind mit Chriſto geſtorben / denn ſo einer fuͤr alle geſtorben iſt / ſo ſind ſie alle geſtorben / 2. Cor. 5 / 14. ſie ſind ſamt Jhm gepflantzet zu gleichem tode / ſie ſind mit Jhm begraben durch die Tauffe in den Todt / Rom. 6 / 4. 5.
Das iſt uns nu ein ſehr kraͤfftiger Troſt in unſerem Creutze / Anfechtungen und Verfolgungen. Denn weñ ein fromer Chriſt der Welt und der Suͤnde abſterben / und ſich ſelbſt / und alles was in der Welt iſt / umb der Liebe Gottes willen / verlaugnen wil / da gehet ſolches nicht ab ohne groſſen Jrrdiſchen Kampff und Streit des Fleiſches und des Geiſtes / es gehet auch nicht ab ohne groſſe euſſerliche Verachtung / Verleumbdung und Ver - folgung der ſpoͤttiſchen Michal der Epicuriſchen Welt / in dem es jhren gottloſen Anhang befrembdet / daß wir nicht mit jhnen lauffen in daſſeldige wuͤſte unardige weſen / 1 Pet. 4 / 4. Aber da muͤſſen wir bedencken / wir ſind in Chriſto und mit Chriſto geiſtlich geſtorben. Wann uns denn ſchon die Welt daruͤber verachtet und verla - chet / hoͤnet und ſchimpfet / quaͤlet und aͤngſtiget / und das gebrandte Hertzleid anthut / alſo daß wir von wegen al - lerhand kuͤmmerlichen traurigen Gedancken / von wegen vielfaltiger augenſcheinlicher Leibes - und Lebens-gefahr /gleichſam[24]Chriſtliche Leichpredigt. gleichſam taͤglich abſterben / wie alſo Paulus von ſich betheuret / 1 Cor. 15 / 31. Bey unſerm Ruhm / den ich habe in Chriſto Jeſu unſerm HErren / ich ſterbe taͤglich / ſo mus doch auch dieſes alles / denen die GOtt lieben / zum beſten dienen / Rom. 8 / 29. Es mus ſolches ſterben uns zum leben gereichen / und werden wir uͤber diß alles dadurch zu einem deſto ſanffteren natuͤrlichem Sterben / in der letzten Todesſtunde / deſto beſſer gleich - ſam maceriret und præpariret, daß uns dann der Todt nicht ſchwer und ſauer ankommet / weil wir ſchon zuvor - her im Leben deſſelben Krafft gar wol gefuͤhlet und ken - nen haben lernen. Wie denn hiervon gar nachdenckli - che worte unſer Seeliger Herr Lutherus fuͤhret in ſeiner Erſten Leichpredigt / die er dem Theuren Chur-Fuͤrſten zu Sachſen / Hertzog Johanniſſen dem Confeſſori oder Bekenner / welcher nebſt andern Fuͤrſten und Staͤnden die Augſp. Confeſſion Keiſer Carolo V. uͤbergeben / ge - halten / Tomo 5. J. G. F. 499. b. 500. Jhr wiſſet alle / wie er Chriſto nach / vor zweien Jahren zu Aug - ſpurg geſtorben / und den rechten Todt gelitten hat / nicht fuͤr ſich alleine / ſondern fuͤr uns alle / da er alle boͤſe Suppen und Gifft hat muͤſſen außeſ - ſen / die jhm der Teuffel eingeſchencket hatte / daſ - ſelbe iſt der rechte greuliche Todt / da der Teuffel einen mit auffreibet. Da hat unſer lieber Chur - Fuͤrſt Chriſtus Todt und Aufferſtehung fuͤr der gantzen Welt offentlich bekennet / und iſt darauff blieben / hat Land und Leut / ja ſein eigen Leib und Leben daran geſetzet. Wie ſchwer diß Sterben ſey / hat er ohn zweiffel in ſeinem Hertzen wol ge - fuͤhlet. So ſollen wir uns nu deß troͤſten / dasChriſtus[25]Chriſtliche Leichpredigt. Chriſtus geſtorben / und unſer lieber Fuͤrſt in Chriſtus Todt verfaſſet und entſchlaffen iſt / und viel ein herbern Todt zu Augſpurg / denn jetzt / er - litten hat / welchen wir noch taͤglich ohn unterlaß von den Tyrannen und Rotten / ja auch wol von unſerm eigen Gewiſſen und dem Teuffel leiden muͤſſen. Diß iſt das rechte Sterben; das ander leibliche Sterben / das man auf dem Bette dahin faͤhret / iſt nur ein Kinder ſterben / und ein Viehe - ſterben / jenes aber iſt der rechte Maͤnnliche todt / der noch fuͤr unſern Augen ſtehet / daß wir ehe noch einen Halß (ſo es muͤglich were) hingeben wol - ten / ehe wir den Mann / der Jeſus Chriſtus heiſt / verleugnen wolten / das mag ein maͤnnlicher und rechter Todt heiſſen. Biß hieher Lutherus.
Wollen wir nun aber alſo in Chriſto geſtorben / und der Welt und Suͤnde abgeſtorben ſein / ſo muͤſſen wir die - ſe Vermahnung und Warnung dabey in acht neh - men / daß wir uns nicht allzuſehr umb das Jrrdiſche und Zeitliche bekuͤmmern und annehmen. Denn ein geſtor - bener Menſch der fragt nichts mehr darnach / wie es in der Welt zugehe / oder was er in der Welt zuruͤcke laſſe / ſondern er giebet in dem letzten augenblick ſeines Lebens allen weltlichen Sachen und Sorgen auff einmal gutte nacht. Darauff fuͤhret uns der Apoſtel in unſerm verleſe - nen Texte mit dem woͤrtlein dann / da er ſchreibet: Dañ jhr ſeid geſtorben / gibt hiermit die Urſach der kurtz-vor - hergeſetzten Vermahnung v. 1. 2. Seid jhr nu mit Chriſto aufferſtanden / ſo ſuchet was droben iſt / da Chriſtus iſt / ſitzend zur rechten Gottes / trach - tet nach dem das droben iſt / und nicht nach demDdas[26]Chriſtliche Leichpredigt. das auff Erden iſt. DANN jhr ſeid geſtorben. Die jenigen Menſchen die ſich alſo ſehr umb das Zeit - liche bekuͤmmern / und in das Jrrdiſche vertieffen / die geben damit zu verſtehen / daß ſie noch nicht recht geiſtli - cher weiſe geſtorben ſein / ſondern daß die Welt und die Suͤnde noch in jhrem Leibe / jhre Kraͤffte und Geſcheffte bey jhnen außuͤbe und treibe / und ſich alſo allenthalben lebendig und thaͤtig erzeige. Wo aber das Weltliche Leben in dem Hertzen eines Menſchen iſt / da kan das Chriſtliche Sterben in demſelben nicht ſein / dann die Welt und Chriſtus ſind ſchnur-ſtracks wider einander / das Leben der Welt iſt der Todt Chriſti / und das Leben Chriſti iſt der Todt der Welt. Darumb welcher der Suͤnden und gottloſen Welt abſterben wil / der mu sdas Suͤnden - und Welt-Leben fahren laſſen: So laſſet nu die Suͤnde nicht herſchen in eurem ſterblichen Lei - be / jhr gehorſam zu ſein in jhren Luͤſten / auch bege - bet nicht der Suͤnden eure Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit / ſondern begebet euch ſelbſt Got - te / als die da auß den Todten lebendig ſind / und eure Glieder GOtte zu Waffen der Gerechtigkeit / Rom. 6 / 12. 13. Habt nicht lieb die Welt / noch was in der Welt iſt / ſo jemand die Welt lieb hat / in dem iſt nicht die Liebe des Vaters / denn alles was in der Welt iſt / nemlich Fleiſches luſt / und der Augen luſt / und hoffaͤrtiges Leben iſt nicht vom Vater / ſon - dern von der Welt / und die Welt vergehet mit jh - rer Luſt / wer aber den Willen Gottes thut / der bleibt in Ewigkeit / 1 Joh. 2 / 15. 16. 17. Recht wol ſchrei - bet der H. Auguſtinus Serm. 33. de Verbis Domini: A - mor rerum terrenarum eſt viſcus ſpiritualium penna -rum. [27]Chriſtliche Leichpredigt. rum, Die Liebe der Jrrdiſchen Dinge iſt ein Vogel - leim der geiſtlichen Fluͤgel / daß wir uns dann mit un - ſern Gedancken nicht koͤnnen in Himmel ſchwingen / ſon - dern mit unſerer Seelen und Geiſte nur an der Erden kleben bleiben / daß wir nicht koͤnnen als die geiſtliche Adler empor fliehen / die Sonne der Gerechtigkeit / Chri - ſtum JEſum / zur rechten Hand des Vaters / mit unver - wandtem Geſichte anzuſchauen / ſondern daß wir als die blinden Maulwoͤrffe nur in die Erde uns vergraben / und das Zeitliche und Jrrdiſche dem Ewigen und Himmli - ſchen bey weiten vorziehen. Daruͤber die Chriſtliche Kirche viel ſehnliche Wehklage fuͤhret / wenn ſie ſinget:
Und an einem andern orte:
Uber ſolches verkehrtes Urtheil der Welt-geſinneten Leu - te verwundern wir uns hillich mit dem H. Bernhardo Lib. 1. de Intern. Converſ. und ſagen: Tribuit Mundus parva, & vix ſervitur Cupiditate magnâ. Tribuit Deus maguaD ij& æter -[28]Chriſtliche Leichpredigt. & æterna, & vix ſervitur ei unà horà. Interdum pro uno numiſmate uſq; ad mortem litigatur, pro cœleſti au - tem regno nec pes à terrô levatur. Das iſt: Die Welt gibt geringe Sachen / und es wird jhr mit groſſer Begierigkeit gedienet: GOtt gibet groſſe und ewige Guͤtter / und es wird jhme kaum eine Stunde gedienet. Bißweilen wird umb einen Groſchen biß auff den Todt geſtritten und gezan - cket / aber umb des himmliſchen Reiches willen wird manchmal nicht ein Fuß von der Erde weg - geſetzet. Aber das iſt ein gewiſſes zeichen / daß die Welt und die Suͤnde bey ſolchen Welt-Leuten noch nicht er - ſtorben und getoͤdtet ſey / ſondern daß ſie noch in jhrem Leibe / ſich bey jhnen rege und bewege / kraͤfftig / thaͤtig und geſchaͤfftig erweiſe. Und das iſt Eines / nemlich das Chriſtliche Sterben / wie ein Chriſt durch Abſa - gung und verleugnung ſeiner ſelbſt / der Welt / der Suͤn - de / und ſeinem eignen boͤſen Willen und reitzendem Flei - ſche und Blute abſterben ſol / und ſich dargegen gleich - ſam als ein todter und lebloſer Menſch verhalten und anſtellen.
Fuͤr das Ander haben wir auch auß vorhaben - dem Leich-Texte mit einander zubeobachten das Chriſtliche Leben. Davon zeuget S. Paulus mit dieſen worten: Euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in GOtt / wenn aber Chriſtus euer Leben ſich offenbahren wird / denn werdet jhr auch of - fenbahr werden mit Jhm in der Herrligkeit. Al - hier macht der Heilige Mann Gottes / auß antrieb des H. Geiſtes / zweyerley Leben eines Chriſten-Menſchẽ nam - hafftig / nemlich das Geiſtliche Leben / das alhier indieſer[29]Chriſtliche Leichpredigt. dieſer Welt verborgen iſt / und dann das Himmliſche Leben / das dorte in jener Welt offenbar werden ſol. Es iſt zwar ſolches nicht ein zweyfaches Leben der ſub - ſtantz und Weſen nach / ſintemal alle die Stuͤcke / die zum weſen des Ewigen Lebens und der immerwehrenden See - ligkeit gehoͤren / ein Chriſt allbereit hie auff Erden ſchon in Beſitzung hat / nur daß ſolches alles dorte in jener Welt deſto klaͤrer / offenbarer und vollkomner werden ſol / dan - nenhero Chriſtus ſpricht / Joh. 3 / 36. Wer an den Sohn glaͤubet / der hat das Ewige Leben / und Joh. 5 / 24. Wer mein Wort haͤlt / und glaͤubet dem / der mich geſandt hat / der hat das Ewige Leben / und iſt vom Tode zum Leben hindurch gedrungen. Hievon ſchreibet Herr D.Tom. 6. Wittenb. Lat. f. 700. B. Luther gar ſchoͤn in ſeinem herrlichen Commentario uͤber Geneſin cap. 48, 21. Fides nihil aliud eſt, niſi vita vera in iſto DEO. Tanta vis eſt fidei, quæ nos vivos facit ex mortuis. Ac ſanè eâ ipsâ horâ quâ incipimus credere & verbum apprehendere, etiam vivere inci - pimus vitâ æternâ, Der Glaube iſt nichts anders als das ware Leben in GOtt. Der Glaube hat eine ſolche Krafft / die uns auß Todten Lebendig machet / und fuͤrwar eben in derſelben Stunde / da wir anfangen zu glauben / und das Wort / zuer - greiffen / da fangen wir auch an ein ewiges Leben zu leben. Gleichwol aber ſo beſtehet der Unterſcheid zwiſchen dem Geiſtlichen und Himmliſchen Leben an ſonderbahren Qualitaͤten / und gewiſſen Zufaͤllen und Eigenſchafften / daß das jenige / was allhier noch unvoll - kommen iſt / dorte ſol vollkommen werden / was alhier verborgen iſt / dorte ſol offenbar werden / was alhier mit groſſem Kampffe und Streite dermenget iſt / und dabeyD iijwir[30]Chriſtliche Leichpredigt. wir allzeit in Sorge der verlierung ſtehen muͤſſen / wo wir ſuͤndigen / dorte in vollem Triumphe und immerwehrend unvergaͤnglich bey uns bleiben wird / was wir hier hoffen / das ſollen wir dort ſchawen nach den Spruͤchen / Rom. 8 / 24. Wir ſind wol ſeelig / doch in der Hoffnung / 1 Pet. 1 / 5. Euch / die jhr auß Gottes macht durch den Glauben bewahret werdet zur Seeligkeit / welche zubereitet iſt / daß ſie offenbahr werde zu der letzten Zeit / 1 Joh. 3 / 2. Meine Lieben / wir ſind ſchon Gottes Kinder / (Sind wir aber Kinder / ſo ſind wir auch Erben / nemlich Gottes Erben und Miterben Chriſti / Rom. 8 / 17.) und iſt noch nicht erſchienen / was wir ſein werden / wir wiſſen aber / wenns erſcheinen wird / daß wir Jhm gleich ſein werden / denn wir werden jhn ſehen wie Er iſt. Welches alles denn einem Chriſten den hoͤchſten Seelen-Troſt gibet / daß er mitten auff dieſer Welt ſchon in dem Himmel / mitten in der Schwachheit ſchon in der Herrligkeit / ja mitten in dem Tode ſchon im Ewigen Leben iſt.
Eben Er in der Haußpoſtill uͤber Evangeliũ vom gutten Hirten: Es iſt eine Kunſt einen Chriſten recht kennen / ja man kan jhn auff Erden nicht recht ken - nen. Denn welcher Menſch kan ſagen / daß er im Ewigen Leben ſey. Gleichwol muͤſſen wir beken - nen / iſt auch lauter warheit / daß ein Kind / welches noch mit Todt / Suͤnde und allerley Schwachheit be - laden iſt / da man kein ewiges Leben anſiehet / von ſeiner Tauffe bald anhebt ewig zu leben. Wie gehet das zu? Siehet mans doch nicht / ſondern man ſie - het nur das alte Leben. Aber uͤber das alte und ſuͤnd - liche Leben hat Gott ein ewiges Leben gemacht / darin wir bereit leben / dem Worte und Glauben nach zu - rechnen / ob wirs gleich noch nicht ſehen noch fuͤhlen.
Der Geiſtreiche Theologus Herr D. Philippus Nicolai erklaͤret dieſe Troſt-volle Lehre mit zweyen ſchoͤnen Gleichnuͤſſen von einem Kinde in Mutter - leibe / und von einem Blinden beym Sonnenſchein / wenn er in ſeinem 4. Buch vom Ewigen Leben am[ſ]ol. 438. ſqq. 1. cap. alſo ſchreibet: Gleich wie ein Kind in Mutter - leibe ſein natuͤrliches Leben hat / und iſt allbereit in der Welt / allein / das ſolch Leben iſt verſchloſſen und verborgen / und kan die ſchoͤne Welt nicht ſehen. So bald es aber ſeine Haut die ſecundinam ableget / und komt durch die natuͤrliche Geburt von der Mutter zur Welt / da ſiehet es das weltliche Weſen fuͤr ſich / verwundert ſich des Lichts / ſo jhm fuͤr ſeine Eugelein ſcheinet / und hoͤret die freundliche holdſelige Stimme ſeiner Mutter / als auch anderer Freunde[,]ſeinerBruͤder -[32]Chriſtliche Leichpredigt. Bruͤderlein und Schweſterlein / die es heben / kuͤſſen / hertzen / tragen / wiegen und troͤſtlich anlachen. Nicht anders gehet es zu mit der Außerwehlten Seelen. Auff dieſer Welt ligt jhr himmliſch Leben und See - ligkeit (wie S. Paulus redet) im Wort verborgen / ſintemal Gottes Wort iſt jhr Uterus, jhr muͤtterli - cher Leib und Geiſtliche Behauſung. Darzu iſt ſie auch mit dem Alten Adam und ſterblichem Leibe als mit einer alten Haut umbgeben / daß ſie die Himmli - ſche Seeligkeit nicht ſehen kan / ſondern wandelt gar im Glauben / und nicht im ſchauen: So bald ſie a - ber jhren Leichnam durch den zeitlichen Todt als eine Huͤtte abgeleget hat / da iſt ſie auß dem Reich desGlau - bens / in das Reich des ſchauens / und ſiehet augen - ſcheinlich die Herrligkeit Gottes / helt geſpraͤch mit den heiligen Engeln / hat die himmliſche Freude fuͤr jhren Augen gegenwertig / und kan ſich deren nicht gnugſam verwundern. Ja es iſt das ewige Leben eines Gottſeeligen Chriſten (ſo bald er in dem HEr - ren einſchlaͤfft) recht wie eine eroͤfnung der Augen / und auffſchlieſſung der Ohren / daß die Seele ſihet / als were ſie bißher blind geweſt / und hoͤret / als were ſie bißher taub geweſt. Denn gleich als wenn die helle klare Sonne irgend einen tauben und blinden Men - ſchen umbfienge / deßgleichen wenn allerley Seiten - ſpiel / C〈…〉〈…〉 mbeln / Harffen / Orgel und dergleichen / mit voller macht fuͤr ſeinen Ohren klingeten / ſolches al - les konte der arme Menſch / wegen ſeiner Blindheit und Taubheit / weder ſehen noch hoͤren / und doch gleichwol ſo lebte er mitten in dem klaren Sonnen - ſ[ch]ein / und mitten unter den lieblichen Spielleuten:Wenn[33]Chriſtliche Leichpredigt. Wenn nun ein gutter Oculiſt und Artzt keme / und den Staren ſteche / und riſſe dem Blinden das dicke hinderliche Fell von ſeinen Augen / und eroͤffnete jhm die Ohren / daß er das Licht alßbald ſehen / und den lieblichen Schall alßbald hoͤren koͤnte / was meinet jhr / daß er dencken wuͤrde? ſonderlich da er ſehe den hellen Tag / die liebe Sonne / die ſchoͤne Welt / und hoͤrete die wollautende Cymbeln / Poſaunen / Schal - mejen und dergleichen Jnſtrumenta umb ſich her! Da wuͤrde er bekennen und ſagen / ſein voriges Le - ben were der halbe Todt geweſt / und numehr be - finde er erſt / und werde recht gewahr / was das Le - ben ſey / und ein Leben heiſſe. Alſo koͤnnet jhr euch auch fein einbilden den unterſchiedlichen zuſtand un - ſers himmliſchen Lebens. Denn es iſt ein recht - glaͤubiger Chriſt auff dieſer Welt ſchon ſeelig / und hat den Allmaͤchtigen HErren Zebaoth / GOtt Va - ter / Sohn / und Heiligen Geiſt / mit ſeinen Heiligen Engeln / als eine Himmliſche Feurige Wagenburg umb ſich her gegenwertig / und iſt kein zweiffel / die lieben Engel / ſo umb jhn her ſind / preiſen allewege jhren Schoͤpffer / und ſingen ohn unterlaß: Heilig / Heilig / Heilig iſt GOtt der HERR Zebaoth. Al - lein es kan ein Chriſt auff dieſer Welt ſolchen him - liſchen Glantz / Maſeſtaͤt und Herrligkeit Gottes und ſeiner Außerwehlten Engel / nicht leiblich ſehen noch hoͤren / dieweil er wandelt im glauben und nicht im ſchauen / und iſt dazu (wie die Schrifft ſaget) mit dem ſterdlichen Leichnam / als mit einer irrdiſchen Huͤtten beſchweret. Derowegen liegts an dem / daß er nur den alten Adam gantz außzieß: /[und d]urchEden[34]Chriſtliche Leichpredigt. den zeitlichen Todt aller dinge von ſeinem ſuͤndlichen Leibe auffgeloͤſet werde. Alsdann hat er die him - liſche Herrligkeit flugs im Geſichte / und ſchwebet in unaußſprechlich er Freude / mitten unter den Engeln Gottes. Hie darff er keine raumliche Aufffahrt gen Himmel / wenn er geſtorben iſt / ſondern iſt nach ablegung ſeines toͤdtlichen Coͤrpers fort im Para - deiß / gleich wie ein Blinder nach eroͤfnung ſeiner Au - gen / fort aus dem Reich ſeiner leiblichen Finſternuͤß in das Reich des Schauens komt / nicht durch eine raumliche Aufffarth oder Niederfarth / ſondern al - lein durch ablegung und abwerffung des dicken hin - derlichen Felles / und der dicken Schupen vor ſeinen Augen / die jhm das Geſicht hinderten: Jnmaſſen auch S. Auguſtinus bezeuget in ſeinem Buch de„ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ cognitione veræ Vitæ cap. 4. mit nachfolgenden worten: Daß man ſagt und meinet / es werden die Seelen hinauff gen Himmel gefuͤhret / und auch hi - neingebracht / ſolches wird nach unſern Augen ge - redet / weil uns duͤncke / daß der hohe Himmel uͤber der Sonnen glantz noch viel heller ſey. Aber ſo bald die Seelen auffgeloͤſet ſind / werden ſie raum - lich nicht beweget / noch an irgend einen leiblichen Ort gefuͤhret / GOtt von dannen anzuſchauen: ſon - dern ſo bald ſie von jhrem Leichnam abgeſondert ſind / werden ſie den Engeln und Heiligen zugeſellet / und genieſſen das Himmelreich / nemlich GOttes Anſchauung innerhalb der Welt und auſſerhalb der Welt / von allen ſeiten her / ohne verzug / als eben[we]nn ein Blinder in der Sonnen ſaſſe / und der Son -[nen]klarheit (da jhm ſeine Augen geoͤffnet wuͤrden) alsbald genoͤſſe.]
Belangende nu I. Das Geiſtliche Leben / eines Chriſten / ſo lauten davon dieſe wort: Euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in GOtt. Duch das Le - ben der Chriſten verſtehet alhier der Apoſtel zufoͤrderſt und eigendlich das Jnnerliche Glaubens-Leben / davon er auch ſonſten ruͤhmet / Gal. 2 / 20. Jch lebe / doch nu nicht ich / ſondern Chriſtus lebet in mir / denn was ich ietzt lebe im Fleiſch / das lebe ich in dem Glau - ben des Sohnes Gottes / der mich geliebet hat / und ſich ſelbſt fuͤr mich dargegeben. Darauß entſprin - get dann das Euſerliche heilige Tugend-Leben / davon 2 Cor. 5 / 15. Chriſtus iſt darumb fuͤr ſie alle ge - ſtorben / auff daß die ſo da leben / hinfort nicht jh - nen ſelbſt leben / ſondern dem / der fuͤr ſie geſtorben und aufferſtanden iſt / item v. 17. Jſt iemand in Chriſto / ſo iſt er eine neue Creatur. Dieſes Chriſt - liche Leben eines rechtglaͤubigen Menſchen iſt alhier in dieſer Welt verborgen / ob es ſchone da zugegen iſt / ſoκέκρυπται κεκρυμ - μένῳ ἔκρυψε. ſihets doch da kein Menſch nicht / es iſt als wie ein ver - borgner Schatz in einem Acker / Matth. 13 / 44. welchen ein Menſch fand / und verbarg jhn / der zwar ſchoͤne da zur ſtelle war / aber niemand ſahe jhn von auſſen. Es gehet damit zu / als mit dem Kindlein Moſes / das zwar da in ſeiner Cryptâ, in ſeiner Thecâ, in ſeinem Kaͤſtlein unbegraben lag / 2 B. Moſ. 2 / 3. 5. aber niemand ſahe ſolches / biß die Tochter Pharao das Kaͤſtlein auffthat / und das Knaͤblein herauß nahm. Eben alſo hat ein Chriſt ſchon auff dieſer Welt das Ewige Leben gar ge - wiß in ſich und bey ſich / es iſt aber ſolches noch im Gei - ſte verborgen unter der Decke des Goͤttlichen Werts und vielfaltigen Creutzes / und ſol dorte nach dieſer Welt erſtG〈…〉〈…〉an[36]Chriſtliche Leichpredigt. an uns recht offenbaret werden in der Herrligkeit. Sol - ches Leben aber iſt verborgen mit Chriſto / denn gleich wie die Chriſten mit Chriſto leben / gleich wie ſie mit Chriſto ſterben / mit Chriſto geereutziget ſein / mit Chri - ſto lebendig gemacht ſein / alſo ſind ſie auch mit Chriſto verborgen / denn gleich wie es dem Haupte ergangen / alſo und nicht anders muß es den Gliedmaſſen auch ergehen. Nun hat Chriſtus auff dieſer Welt ſeine Goͤttliche Eh - re / Majeſtaͤt und Hoheit gantz heimlich und verborgen gehalten / daß ſie die Menſchen / ja die Teuffel ſelber nicht erkennet haben / wie davon die Chriſtliche Kirche ſinget:
Jeſus Chriſtus / ob Er wol in Goͤttlicher geſtalt war / erniedriget er doch ſich ſelbſt / Phil. 2. Darum iſt auch der Chriſten hoheit und Herrligkeit ſamt Chriſto gantz verborgen und verdeckt in dieſer Welt. Und zwar ſo iſt ſolches geiſtliche Leben der Chriſten verborgen mit Chri - ſto in GOtt / denn Gott iſt eintzig und allein der Ur - ſprung / Brunnquell und Haupt-Urſache ſolches geiſt - lichen Lebens / daher es genennet wird das Leben das auß GOtt iſt / Epheſ. 4 / 18. Denn von Natur ſind wir alle todt in Suͤnden / aber Gott muß uns ſamt Chriſto lebendig machen / und ſamt Jhm ins himmliſche weſen verſetzen in Chriſto Jeſu / Epheſ. 2 / 5. 6.
Hierinnen iſt nu die Lehre enthalten von dem Zuſtan - de der Chriſtlichen Kirchen / und eines iedweden glaͤubi - gen Gliedmaſſes der Chriſtlichen Kirchen / daß nemlich[j]hr geiſ[tlic]hes Glaubens - und Tugend-Leben alhier auff dieſer W〈…〉〈…〉 verborge〈…〉〈…〉 ſey. Denn gleich wie Chriſtusdas[37]Chriſtliche Leichpredigt. das Haupt in einem zweyfachen Stande betracht wird / nemlich in dem Stande der Erniedrigung / da Er keine Geſtalt noch Schoͤne hatte / wir ſahen Jhn / aber da war keine Geſtalt / die uns gefallen hette / Er war der aller - verachteſte uñ unwertheſte / voller Schmertzẽ und Kranck - heit / Er war ſo veracht das man das Angeſicht vor jhm verbarg / darumb haben wir jhn nichts geacht / Eſa. 53 / 2. 3. Und dann in dem Stande der Erhoͤhung / da Er nu ſich geſetzet hat zu der Rechten der Majeſtaͤt in der hoͤhe / Ebr. 1 / 3. Da jhn GOtt der Vater geſetzt hat zu ſeiner Rechten im Himmel / uͤber alle Fuͤrſtenthum / Ge - walt / Macht / Herrſchafft / und alles was genennet mag werden / nicht allein in dieſer Welt / ſondern auch in der zukuͤnfftigen / und hat alle Dinge unter ſeine Fuͤſſe gethan / Epheſ. 1 / 20. 21. 22. Eben alſo befindet ſich auch der Coͤrper Chriſti / die Chriſtliche Kirche / und ein jedes wa - res Gliedmaß dieſes Hauptes und Leibes in einem ſol - chen zwiefachen Stande / hier zwar im Stande der Er - niedrigung / dorte aber im Stande der Erhoͤhung. Von dem Stande der Erhoͤhung und Herrligkeit werden wir hernach zn handeln haben. Jn dieſem zeitlichen Leben aber iſt ſie im Stande der Erniedrigung und veraͤchtlig - keit. Da iſt die Chriſtliche Kirche nicht ein ſolches eu - ſerliches gepraͤnge und weſen / das allen Menſchen in die Augen leuchtet / funckelt und ſchimmert / als wie etwa der Roͤmiſche Cardinal und Jeſuit Bellarminus ſchreibet L. 3. de Eccleſ. cap. 2. §. atq̀; hoc. Eccleſia eſt cœtus ho - minum ita viſibilis & palpabilis, ut eſt cœtus Populi Romani, vel Regnum Galliæ vel Respublica Veneta - rum; das iſt / die Kirche iſt ein hauffe der Leute / alſo ſicht[-]barlich und handgreiflich / als wie der hauffe des Roͤmi -E iijſchen[38]Chriſtliche Leichpredigt. ſchen Volckes / oder das Koͤnigreich Franckreich / oder die Republick der Venediger iſt: ſondern es iſt ein ver - borgner hauffe / wie geſchrieben ſtehet Pſ. 83 / 4. Sie ma - chen liſtige Anſchläge wider dein Volck / und rath - ſchlagen wider deine verborgene / Lutherus: Das ſind die in Glauben der Welt verborgen leben / daß man ſie fuͤr Ketzer helt. So ſagt Chriſtus Luc. 17 / 20. 21. Das Reich Gottes komt nicht mit euſerli - chen Geberdẽ / (μετα ϖαρατηρήσεως, mit euſerlichem gepraͤn - ge / mit groſſen Ceremonien / mit ſonderlicher obſervanz) Man wird auch nicht ſagen / Sihe hie oder da iſt es / denn ſehet das Reich Gottes iſt inwendig in euch. Eben alſo iſt auch ein Chriſt auff dieſer Welt gantz verborgen / er fuhret nur vor ſich her ein ſtilles gott - fürchtiges eingezognes Leben / daß da die gantze Welt nicht ſtehet und ſpuͤret / was an jhm und in jhm iſt: Nie - mand ſihet ſeinen Glauben / den er im Hertzen hat / Nie - mand kennet ſeine Wercke / ob dieſelbige rechtſchaffen gut und wol gemeinet ſein / ſondern das weiß alles alleine GOtt der HErr. Und dennoch iſt er warhafftig ein Kind Gottes / ein Bruder und Schweſter Chriſti / ein groſſer Himmels-Fuͤrſt / ja ein Triumphirlicher Uber - winder der Welt / des Teuffels / des Todes und der Hell. Denn des Koͤniges Tochter die iſt gantz herrlich inwen - dig / Pſal. 45 / 14.
Das iſt nun der groͤſte Troſt eines Chriſten-Men - ſchen mitten in ſeinem Creutze / wenn er ſchon von der gan - tzen Welt verachtet und verlachet / vernichtet und gerich - tet wird / wie denn geſchrieben ſtehet Job. 12 / 4. 5. Der Ger[ec]hte und Frome muß verlachet ſein / und iſt ein ve[r]achtet Lichtlein voͤn den gedancken der Stol -tzen /[39]Chriſtliche Leichpredigt. tzen / ſo weiß er dennoch / daß er in Gotte und in Chriſto lebet / daß ſein geiſtliches Leben in ſeinem Hertzen bey jh - me gewiß und thaͤtig ſey / ob es ſchon vor den Augen al - ler Leute verborgen iſt / denn der feſte Grund Gottes beſtehet und hat dieſen Siegel / der HERR ken - net die ſeinen / 2 Tim. 2 / 19. Wann ſchon ein Chriſt al - hier unter den truͤben Wolcken des Creutzes verdecket und verſtecket lieget / ſol er dennoch die Sonne der Gerech - tigkeit Chriſtum Jeſum / die Sonne alles Heils und Troſts in ſeinem Gewiſſen iederzeit erblicken / ja dort in jenem Leben ſollen die Gerechten leuchten wie die Sonne in jh - res Vaters Reich / Matth. 13 / 43.
Wir ſollen aber auch hierauß eine gutte Warnung mit uns nehmen wider die Ruhmraͤtigkeit. Manche meinen / darinnen beſtehe eben das rechte Chriſtliche Le - ben / das ware Chriſtenthumb / wann ſie nur viel von jh - ren gutten Wercken / von Allmoſen geben / von Faſten / vom Beten / vom ſingen / vom Kirchengehen / vom Sa - crament gebrauchen zu ruͤhmen wiſſen / da halten ſie ſich vor die beſten und außerleſenſte Chriſten / aber nein / das machts nicht auß. Das Chriſtenthumb beſtehet nicht in ſolchen euſerlichen Bluͤten und Blaͤttern / ſondern es beſtehet in der Warheit des waren Glaubens / der Gott alleine bekant iſt / und dann in der Frucht eines gottſeeli - gen Lebens / da ein Menſch reich iſt an gutten Wercken / voll gutter Wercke und Allmoſen / Apoſt. Geſch. 9 / 36. und dennoch nicht viel davon redet und ruͤhmet / ſondern ſich vielmehr richtet nach der Lehre Chriſti / Matth. 6 / 3. 4. 6. Wenn du Allmoſen gibeſt / ſo laß deine Hand nicht wiſſen / was die rechte thut / auff daß dein All - moſen[verborgen ſey / und d]ein Vater / der in dasverbor -[40]Chriſtliche Leichpredigt. verborgene ſihet / wird dirs vergeltẽ offentlich / und wenn du beteſt / ſo gehe in dein Kaͤmmerlein / und ſchleuß die Thuͤre zu / und bete zu deinem Vater im verborgen / und dein Vater der in das verbor - gen ſihet / wird dirs vergelten offendlich / v. 17. 18. Wenn du faſteſt / ſo ſalbe dein Haupt / und waſche dein Angeſicht / auff daß du nicht ſcheineſt fuͤr den Leuten mit deinem Faſten / ſondern fuͤr deinem Vater welcher verborgen iſt / und dein Vater / der in das verborgen ſihet / wird dirs vergelten offent - lich. Von dem Jugurthâ ſchreibt Salluſtius in Bello Jugurthino dieſe worte: Plurimum facere, & minimum de ſe loqui ſolitus, omnia agebat ſine oſtentatione a - gendi, das iſt / Er pflegt viel zuthun / und wenig von ſich zu reden / und war in allen ſeinen Sachen thaͤtig und auß - richtſam / doch ohne Ruhmſucht / begehrte damit nicht von andern geſehen oder gelobet zu ſein. Das ſind die beſten Politici, die nicht groſſe Complementen und weitlaͤuff - tige Worte gebrauchen / die nicht viel pralens und auff - ſchneidens von jhren groſſen meriten machen / ſondern die immerfort in ſtillem weſen jhrer Herren Dienſte treu - lich verrichten / und daun auch dem nothduͤrfftigen Nech - ſten mit rath und that beyſpringen. Alſo ſind auch das die beſte Chriſten / die darnach ringen / daß ſie ſtille ſein / und das jhre ſchaffen / 1 Theſſ. 4 / 11. Derer verborgener Menſch des Hertzens unverruckt iſt mit ſanfftem und ſtil - lem Geiſte / das iſt koͤſtlich vor GOtt / 1 Pet. 3 / 4. Denn das iſt nicht ein Juͤde / der außwendig ein Juͤde iſt / auch iſt das nicht eine Beſchneidung / die außwendig im Fleiſche geſchicht / ſondern das iſt ein Juͤde / der inwendig verborgen iſt / und die[Beſ]chneidung des Hertzens iſt eineBeſchnei -[41]Chriſtliche Leichpredigt. Beſchneidung / die im Geiſt und nicht im Buchſtaben geſchicht / welches Lob iſt nicht auß dem Menſchen / ſon - dern auß GOtt / Rom. 2 / 28. 29. Jn Summa / es blei - bet bey den worten Gottes / Es gehet nicht wie einMenſch ſiehet / ein Menſch ſiehet was vor augen iſt / der HErr aber ſthet das Hertze an / 1 Sam. 16 / 7. Und das iſt das Geiſtliche Leben.
Anreichende aber II. Das Himmliſche Leben; ſo berichtet uns dann ferner der Apoſtel in dieſen worten: Wann aber Chriſtus euer Leben ſich offenbahren wird / denn werdet jhr auch offenbar werden mit Jhm in der Herrligkeit. Bindet alſo abermals Haupt und Gliedmaſſen aneinander / und redet theils von der offenbahrung Chriſti theils von der offenbahrung der Chriſten. Die Offenbahrung Chriſti iſt der Ur - ſprund des himmliſchen Lebens / die Offenbahrung der Chriſten aber iſt eben die Natur und Eigenſchafft ſel - ber des Himmliſchen Lebens.
Von der Offenbahrung Chriſti lauten dieſe wor - te: Wenn aber Chriſtus euer Leben ſich offenbah - ren wird. Das iſt ein ſehr anmuttit[g]er und troͤſtlicher Titel / daß Chriſtus unſer Leben genennet wird / wie auch Paulus Phil. 1 / 21. ſolches wiederholet und ſpricht / Chriſtus iſt mein Leben / und ſterben iſt mein ge - win. Urſache / denn Chriſtus gibt uns das natuͤrliche Leben / da er uns ſamt dem Vater und H. Geiſt in Mut - terleibe gebildet / Haut und Fleiſch angezogen / und durch ſein auffſehẽ unſern Odem bewahret hat / Job. 10 / 8 11. 12. Da Er uns von Mutterleibe an lebendig erhelt / und thut uns alles guts / Sir. 50 / 24. da Er uns gibt Geſundheit /. Leben und Seegen / Sir. 34 / 20. ja〈…〉〈…〉 wir in jhm leben /F〈…〉〈…〉weben[42]Chriſtliche Leichpredigt. weben und ſind / Ap. Geſch. 17 / 28. Chriſtus gibt uns auch das Geiſtliche Leben / denn da wir von Natur todt ſind in Suͤnden / hat uns GOtt ſamt Chriſto lebendig gemacht / Eph. 2 / 5. der faͤngt nu in uns ein neues Leben durch den Glauben an / davon Paulus ruͤhmet Gal. 2 / 20. Jch lebe / doch nu nicht ich / ſondern Chriſtus lebet in mir / denn was ich ietzt lebe im Fleiſch / das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes / der mich geliebet hat / und ſich ſelbſt fuͤr mich dargegeben / Er machet uns zu neu - en Creaturen / iſt jemand in Chriſto / ſo iſt er eine neue Creatur / 2 Cor 5 / 17. Chriſtus gibt uns endlich das Himmliſche Leben / denn darumb iſt Er in die Welt kommen / das ſeine Schaͤflein das Leben und volle gnuͤ - ge haben ſollen / Joh. 10 / 11. Da bindet Er denn unſere Seelen in das Buͤndlein der lebendigen / 1 Sam. 25 / 29. ja Er ſagt ſelber Joh. 11 / 25. 26. Jch bin die Aufferſte - hung und das Leben / wer an mich glaͤubet / der wird leben / ob er gleich ſtuͤrbe / und wer da lebet und glaͤubet an mich / der wird nimmermehr ſterben. Und darnmb wird Er genennet der Fuͤrſt des Lebens Ap. Geſch. 3 / 15.
Das iſt nu unſer hoͤchſter Troſt im Leben / wenn wir auf dieſer Welt von boͤſen Menſchen angefochtẽ / geneidet / gehaſſet und verfolget werden / welche uns die aͤrg[ſt]en Bubenſtuͤcke beweiſen / daß wir manchmal lieber moͤch - ten wuͤntſchen geſtorben zu ſein / als laͤnger zu leben / Ei ſo iſt Chriſtus unſer Leben / der lebet in uns und wir in jhm / darumb ſol uns der Teuffel und ſeine Braut die Welt / wol zu frieden laſſen / und von jhme nicht ſcheiden / Rom. 8 / 39. So lange Chriſtus lebet / ſo lange muͤſſen die Chriſten auch leben. Damit hat ſich unſer Seeliger Herr Lutherus get〈…〉〈…〉 enn de〈…〉〈…〉 die ſch〈…〉〈…〉 eſte An -fechtung[43]Chriſtliche Leichpredigt. fechtung und Betruͤbnis gerathen / hat er auff den Tiſch vor ſich geſchrieben dieſe Buchſtaben V.I.V.I.T. das iſt / Er lebet / daher der Chriſtliche Poet diß Diſtichon ge - macht:
Das Leben lebt in mir / Chriſt / dem ich mich ergebẽ / Wo der nicht lebete / ſo wuͤnſcht’ ich nicht zu leben.
Als die Chriſten aus Leipzig An. 1532. umb des Evan - gelii willen von jhrem Fuͤrſten waren verjaget und ins Elend getrieben worden / hat D. Luther eine ſonderbare Troſtſchrifft an ſie gethan / die beſchleuſt er endlich mit dieſen Prophetiſchen nach dencklichen worten: Gott der5. Jeniſch - deutſchen Theil ſol. 508. b. Vater ſtaͤrcke euch durch ſeinen reichen Geiſt in Chriſto Jeſu / und nicht in Hertzog Georgen / denn Chriſtus lebet / und H. G. ſtirbet / das iſt gewiß.
Das iſt auch unſer groͤſter Troſt im Sterben / wenn uns die gantze Welt verlaͤſt / und der Todt an das Hertze ſtoͤſt / wann ſchon das natuͤrliche Leben ſelber uns entſte - het / ſo ſollen wir unſer geiſtliches Leben / Chriſtum / in warem glauben ergreiffen / feſte im Hertzen halten / und mit Jacob ſagen / Jch laſſe dich nicht / du ſegneſt mich dann / 1 B. M. 32 / 26. Chriſtus iſt mein Leben / und ſter - ben iſt mein gewin / Phil. 1 / 21. Herr Jeſu Chriſt mei - nes Lebens Licht / mein hoͤchſter Troſt und zuverſicht / Der HErr iſt mein Licht und mein Heil / fuͤr wem ſolt ich mich fuͤrchten / der HErr iſt meines Lebens krafft / warumb ſolt mir grauen / Pſ. 27 / 1. Jch weiß daß mein Erloͤſer lebet / und Er wird mich hernach auß der Erden wieder aufferwecken / Job. 1920. [ia]〈…〉〈…〉
FVon[44]Chriſtliche Leichpredigt.Von dieſem unſerm Leben bezeuget der Apoſtel / daß es ſich offenbaren werde: Wenn euer Leben ſich offen - baren wird. Solche Offenbarung des HERren Chri - ſti wird geſchehen am herzunahenden lieben JuͤngſtenTa - ge / wann Er ſichtbarlich wiederkommen wird zum Ge - richte / wie er zwar ſichtbarlich iſt gen Himmel gefahren / nach dem außſpruche der H. Engel / Ap. Geſch. 1 / 11. Dieſer Jeſus / wlecher von euch iſt auffgenommen gen Himmel / wird kommen wie jhr jhn geſehen habet gen Himmel fahren. Alſo wird die wieder - kunfft Chriſti zum Gerichte eine Offenbahrung genennet 2 Theſſ. 1 / 17. da geſchrieben ſtehet: Euch die jhr Truͤb - ſal leidet / wird GOtt ruhe geben mit uns / wann nun der Herr Jeſus wird offenbahret werden vom Himmel / ſamt den Engeln ſeiner Krafft. Worauß denn dieſe Lehre folget / daß der Herr Chriſtus nach ſeiner Menſch - lichen Natur uns ietzo allezeit und allenthalben gegen - wertig ſey / und nur nach derſelbigen am Juͤngſten Tage erſcheinen und offenbar werden ſolte. Denn nach wel - cher Natur Er an jenem Tage ſol offenbaret werden / und aller Welt ſichtbarlich erſcheinen / nach derſelben iſt Er uns jetzo ſchone gegenwertig / wiewol unſichtbarlicher wei - ſe. Denn was klar / augenſcheinlich und offenbar ge - macht wird / das iſt ſchon in der that gegenwertig / ob es ſchon nicht vor aller Leute Augen und Sinnen ſichtbar iſt. Nu wird aber Chriſtus unſer Leben an jenem Tage offenbar werden / nach der angenommenen Menſchlichen Natur / denn die Goͤttliche Natur kan als ein Geiſt nicht geſehen werden / Joh. 1 / 18. cap. 4 / 24. 1 Tim. 6 / 16. ſon - dern des Menſchen Sohn wird kommen in ſeiner Herr - ligkeit / und alle Heilige Engel mit jhm / Matth. 25 / 31. Darumb[45]Chriſtliche Leichpredigt. Darum̃ iſt Er auch nach ſeiner heiligen Menſchheit ſchon bey uns zugegen. Ach davon wuͤrden wir gar einen ſchlechten Troſt haben / wann der Menſch gewordene Chriſtus nur nach ſeiner Gottheit bey uns auff Erden gegenwertig were / denn die Goͤttliche Natur iſt an und vor ſich ſelber ein verzehrend Feuer / ein gerechter Rich - ter / die da Suͤnde und Miſſethat nicht kan ungeſtraffet laſſen / Eſa. 33 / 14. Wer iſt unter uns / der bey einem verzehrenden Feuer wohnen moͤge? Wer iſt unter uns / der bey der ewigen Gottheit wohnet? Aber durch das heilige Fleiſch Chriſti / durch die hochgelobte Menſchheit Chriſti / iſt das wunderbare Temperament zwiſchen der Gerechtigkeit und Barmhertzigkeit Gottes getroffen und geſchloſſen worden / daß wir nu haben einen GOtt und Mittler zwiſchen GOtt und Menſchen / nem - lich den Menſchen Chriſtum Jeſum / 1. Tim. 2 / 5. Er Er hat uns verſoͤhnet mit dem Leibe ſeines Fleiſches durch den Tod / Col. 1 / 22. Er hat durch ſein Fleiſch weggenom - men die Feindſchafft / Epheſ. 2 / 14. deſſen koͤnnen wir uns außbuͤndig wol troͤſten in allem unſerm Creutze / Noth / Ungluͤck und Widerwertigkeit / daß Chriſtus unſer Le - ben / Chriſtus unſer lieber Bruder / Chriſtus unſer nech - ſter Blutsfreund bey und mit uns ſey / und zwar auch nach der Natur / nach welcher Er unſer Bruder iſt / nach welcher Er unſers Fleiſches und Bluttes theilhafftig iſt / doch ohne die Suͤnde / Ebr. 2 / 14. Aber dieſe Evangeli - ſche Lehre nebſt Wiederlegung der Calviniſchen Ge - gen-Lehre wird zu anderer Zeit we[itl]aͤufftiger außgefuͤh - ret. Wir muͤſſen wegen verfloſſener Zeit zum Beſch luß eilen / und noch gar mit wenigem auch mit einander han - deln:
Von der Offenbahrung der Chriſten / Darvon ſtehet in den letzten worten des Textes: Dann werdet jhr auch offenbahr werden mit jhm in der Herrligkeit. Gleich wie Chriſtus am Juͤngſten Tage / als des Menſchen Sohn / kommen und ſich offenbahren wird in ſeiner Herrligkeit / Matth. 25 / 31. alſo ſollen auch ſeine Chriſten mit jhm am Juͤngſten Tage offenbar wer - den in jhrer Herrligkeit. Das hat jhnen Chriſtus in ſei - nem letzten Gebete bey ſeinem himmliſchen Vater erhal - ten und zu wege gebracht / Joh. 17 / 22. 24. Jch habe jhnen gegeben die Herrligkeit / die du mir gegeben haſt / Vater ich wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt. Jſt alſo das him - liſche Leben der Chriſten / ſeiner qualitaͤt und Eigenſchafft nach / nichts anders als eine Offenbarung. Was alhier tunckel / verborgen / verdeckt und verſtecket geweſen iſt / das ſol alles dort hell / klar und offenbahr gemacht wer - den. Ein groſſes iſts / wenn einer in eines weltlichen Koͤniges oder Fuͤrſtens innerſte Kammer und Gemach gefuͤhret wird / und alles mit Augen ſihet / was ſonſten fuͤr andern verborgen iſt / wie alſo Hißkias von den Legaten aus Babylon bezeuget / Eſa. 39 / 4. Alles was in meinem Hauſe iſt / haben ſie geſehen / und iſt nichts daß ich jhnen nicht hette gezeiget in meinen Schaͤtzen. Was iſt aber das gegen dem / daß dorte die Glaͤubigen in die himmli - ſche Schatz - und Raths-Kammer des Koͤniges aller Koͤ - nige Chriſti Jeſu ſollen eingefuͤhret werden / davon die Geiſtliche Braut ruͤhmet / Hohel. 1 / 4. Der Koͤnig fuͤh - ret mich in ſeine Kammer / da ſol jhnen alles mitein - ander vorgezeiget und offendar gemacht werden / was al - hier von Glaubensgeheimniſſen verborgen und tunckelgeweſen[47]Chriſtliche Leichpredigt. geweſen iſt / denn unſer Wiſſen iſt hier nur ſtuͤckwerck / und unſer Weiſſagen iſt ſtuͤckwerck / wann aber kommen wird das vollkommene / ſo wird das Stuͤckwerck auffhoͤren / wir ſehen jetzo durch einen Spiegel in einem tunckeln wort / denn aber von Angeſicht zu Angeſicht / 1 Cor. 13 / 9. 10. 12. Proſper L. 1. de vitâ contemplativâ cap. 4. Non latebit jam perfectè beatos aliquid ſecretorum, quia quod eſt longe præſtantius, ipſum viſuri ſunt mundis cordibus DEum. Da werden auch die Kinder Gottes in jhrer herrliakeit offenbahret werden / die vorher auff dieſer Welt ſich haben muͤſſen buͤcken und duͤcken / und zu jedermans[F]ußh〈…〉〈…〉 der gebrauchen laſſen. Alßdann wird der Gerechte ſtehen mit groſſer Freudigkeit wider die ſo jhn geaͤngſtet haben / und ſo ſeine Arbeit verworffen ha - ben / wie iſt er nu gezehlet unter die Kinder Gottes / und ſein Erbe iſt unter den Heiligen? Buch der Weißheit 5 / 1. ſqq.
So tröſtet Euch nu mit dieſen Worten unterein - ander allemiteinander die jhr hier auff Erden unter dem Creutze und Armut verborgen / verſteckt und verdeckt lie - get / da die Welt faſt nichts von euch weiß / da ſie von eurem Glauben und Chriſtenthumb nichts nicht weiß oder helt / ſondern die jhr Gott allein bekandt und wiſſen - de ſeyd / Euer Leben iſt zwar hier verborgen mit Chriſto in Gott / wenn aber euer Leben Chriſtus Jeſus am Juͤng - ſten Tage ſich offenbahren wird / da werdet jhr auch mit Jhm offenbar werden in der Herrligkeit; Meine lieben / wir ſind ſchon Gottes Kinder / e[ſ]iſt aber noch nicht er - ſchienen / was wir ſein werden / wir wiſſen aber / wenn es erſcheinen wird / daß wir werden Gotte gleich ſein / und Jhn ſehen wie Er iſt / 1 Joh. 3 / 2. Das iſt ie gewißlichwar /[48]Chriſtliche Leichpredigt. war / ſterben wir mit / ſo werden wir mit leben / dulden wir mit / ſo werden wir mit herrſchen / 2 Tim. 2 / 11. 12. Jch halte es dafuͤr / daß dieſer Zeit Leiden der Herrligkeit nicht werth ſey / die an uns ſol offenbahret werden / Rom. 8 / 18. Jn Summa / Wir tragen umb allezeit das Sterben des HERREN Jeſu an unſerm Leibe / auff daß auch das Leben des HErren Jeſu an un - ſermLeibe offenbahr werde / wie alſo der Apoſtel Pau - lus das Chriſtliche Sterben und das Chriſtliche Le - ben / davon dieſe unſere gantze Predigt geweſen / zuſam - men bindet / 2 Cor. 4 / 10.
Nu ſolche Offenbahrung der herrlichen Seeligkeit / und Seeligen Herrligkeit der Kinder Gottes im Ewigen Leben / wolle uns allerſeits zu ſeiner zeit in Gnaden und Freuden wiederfahren laſſen / unſer eintziges Gnaden - und Freuden-Leben Chriſtus Jeſus / Jhme ſey zuſamt dem Himmliſchen Vater und Heiligen GeiſteOffenb. 5 / 13. Lob und Ehre / und Preiß / Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit / AMEN.
ANlangend unſers ſelig-verſtorbenen Mit - bruders / des weiland WolEdlen / Veſten / und Hochbenahmten Herren Johann Schmeiß / von Ehren Preiß-berg / Churfuͤrſtl. Brandenburg. Factoris, dieſes Orts bekandte Ehrliche Ankunft / Chriſtlichen Wandel / und ſeeliges Abſterben;
So iſt derſelbe an dieſe Welt gebohren zu Budiſſin im Marggraffthum Ober-Lauſemtz im Jahr 1599 den 6. Septemb. Styli novi, nach Mittage zwiſchen 12. und 1. Uhr:
Sein Herr Vater iſt geweſen / der weiland Edle / Ehrenveſte und Wolgeachte Herr Geor - ge Schmeiß.
Seine Fr. Mutter war die Edle / Viel-Ehr und Tugendreiche Fr. Anna / eine gebohrue Guͤliſchin. ꝛc. ꝛc.
So bald nun dieſer unſer ſeelig verſtorbener Mitbruder zur Welt gebohren / habe〈…〉〈…〉 dieſe ſe[y -]ne liebe Eltern jhn faͤrderlichſt zur H. Tauffe bringen / dem Herrn Chriſto einverleiben /Gund[50]und den Nahmen Johannes geben laſſen.
Nach dem ſie auch verſpuͤret / daß bey Jhm ein gutes Ingenium, darauß wol ein tapfer ge - lehrter Mann werden koͤnte / ſich befunden / haben ſie Jhn mit fleiß anfangs zur Schule gehalten / biß ins 18. Jahr ſeines Alters / wo - ſelbſt er zugleich im Schreiben und Rechnen / nebenſt andern freyen Kuͤnſten / abſonderlich in der Gottesfurcht und Ermahnung zum Her - ren / aufferzogen worden. Aldieweil ſie aber verſpuͤret / daß ſein Gemüthe mehr zum Handel als zum Studiren oder andern Gewerbe ge - neiget / haben ſie jhn zur Kauffmanſchafft / wel - che er ſelbſt erwehlet / auch gerne gelaſſen / da er ſich denn nach Leiptzig begeben / uͤmb aldar die Handelung / ſonderlich das Buchhalten zu er - lernen: Jn welchem ſeinen vorhaben er auch etliche Jahr lang fleiſſig beharret: Biß Er endlich Anno 1621. ſelber im Nahmen Gottes vor ſich zu Handeln angefangen / und mit Eh - ren ſo viel vor ſich gebracht / daß er einem an - dern nicht in die Haͤnde ſehen duͤrffen / maſſen denn ſeine und ſeiner Conſorten negocien in allen vornehmbſten Handel - und Reichs Staͤ - ten / in und auſſerhalb Deutſchland beruͤhmetworden /[51]worden / ſonderlich in Keyſerlichen / Koͤnigli - chen-Polniſchen / DaͤnneMaͤrckiſchen / Chur - und Fuͤrſtlichen Hoͤfen / woſelbſt er unterthaͤ - nigſte Liefferung offt gethan hat.
Seinen Eheſtand anreichend / hat er ſich auff Raht guter Freunde / aus ſonderbahren Providentz des Allerhoͤchſten / in ein Chriſtli - ches Ehegeloͤbnis mit der weiland Edlen viel - Ehr-Sitt - und Tugendſahmen damahlen Jungfrauen Maria / einer gebohrnen Ried - lin / den 6. Aug. 1628. eingelaſſen / welche jhme dann folgig den 26. Septemb. ernandten Jah - res / in Breßlaw ehelichen beygeleget worden / alwo er auch ſein Buͤrgerrecht damahls ge - wonnen / und mit dieſer ſeiner Eheliebſten / in friedlicher Ehe / ſo zu Breßlau / ſo zu Koͤnigs - berg in Preuſſen / gelebet biß Anno 1648 / deſſen Jahres den 21 Maji abends gegen 5. Uhr / die - ſe ſeine hertzgeliebte Ehefrau dieſe Welt geſeg - net / und in Koͤntgsberg verſchieden iſt / nach dem er mit Jhr in wehrender Ehe gezeuget 5. Soͤhne und 6. Toͤchter / woͤvon noch zwene Soͤhne / als Herr Johan Chriſttan / Seiner Churfl. Durchl. zu Brandenb. Ambts-Cam - mer-Rath / und hoͤchſtermeldter Sr: Churfl. G ijDurchl.[52]Durchl. Rendent in Breßlau / itzo wegen Herren und anderer hochnoͤtigen Geſchaͤfften abweſend / und Guſtav. Friederich, ſo alhier / und den Studien nachfolget / worzu jhn ſein ſeel. Herr Vater gewiedmet hat: wie auch drey Töchter / unter denen die wolEdle viel Ehr - Sitt - und Tugendreiche Fr. Sabina / des wol - Edlen / Geſtrengen / Veſten und Hochbenahm - ten Hn. Abraham von Ecken / Seiner Churf. Durchl. zu Brandenb. in dero Hertzogthum Preuſſen wolverordneten Hoff - und Gerichts - Rahts Eheliebſte / ſo Jhrem ſel. Hn. Vater zu Ehren den weiten und gefaͤhrlichen Weg / ohn anſehen ſie jhren Ehe Herren unpaß hinter ſich laſſen muͤſſen / anhero gereiſet / und mit weh - muͤtigen Hertzen Jhrem Seel. Herrn Vater das Geleite biß in ſein Ruhekaͤmmerlein gege - ben. Der Vater alles Troſtes troͤſte Sie uͤmb dieſer jhrer Pietaͤt und Kindlicher liebe willen / wie einen ſeine Mutter troͤſtet / und erfreue Sie hin wiederumb mit eheſter gluͤcklicher wie - der erſehung jhres Eheliebſtens und andern Neuenjahre. Segen / wie denn auch dero bey - den zu Koͤnigsberg in Preuſſen hinterlaſſenen Jungfrauen Schweſtern / als die WolEdlen /viel[53]viel Ehr-Sitt - und Tugendreichen Jungfrau - en / Jungfrau Helenam / und Jungfrau Evam Mariam / und gantze hochloͤbliche Familiam, ſo hier / ſo in der Frembde.
Als er nun durch Abſterben ſeines itzt wol - gedachten Ehegattens / in den betruͤbten Wit - wer Stand geſetzet / iſt er in demſelbigen zehen gantzer Jahr / und drůber / biß an ſein ſeeliges Ende / verblieben.
Jn ſeinem Leben und Wandel hat er ſich zu - forderſt jederzeit dahin bemuͤhet / Gotte / ſei - ner Obrigkeit und dem Nechſten zu gefallen / Wie denn ſein erwehltes Symbolum geweſen:
Aus welchem denn zu erſehen / wie in ſeinem Chriſtenthumb er gegen ſeinem Gotte und ſei - nem Nechſten ſey geſinnet geweſen wie er denn bey dieſen betrůbten Kriegszeiten unter verluſt mancher ſeiner muͤhſeligen Nahrung in allerG iijgedult[54]gedult ſeinem Gott ſtille gehalten / und andere Betruͤbte mit ſeinem Exempel offt getroͤſtet / und alſo ſich weder Todt noch Leben von ſei - nem Gott und Erloͤſer Chriſto Jeſu ſcheiden laſſen.
Wie auch ſeine Gedult ſich in der letzten und tödlichen Kranckheit außgewieſen / darin er ohn gefehr den 21. Novemb. des verwichenen Jahrs gefallen / und ſich am Steine / ſeiner al - ten Kranckheit / geklaget / auch ſich der Herren Medicorum als Herrn D. Weiſii, Herrn D. Pancovii, und Herrn D. Atzholtzen / welche gleichestheils an jhrer fleiſſigen beſuchung und verſchreibung der koſtbahreſten Medicamenten nichts ermangeln laſſen / gebrauchet. Weil a - ber darzu bald andere Symptomata, ſonderlich die Miltz Kranckheit und continuirliche inner - liche Hitze geſchlagen / und dergeſtalt jhn ein - genommen / daß er auch ſelbſt nicht des Lagers auffzukommen vermeinet / hat er ſeiner See - len Cur allen andern vorgezogen / und deß - wegen nach mir als ſeinem Beicht-Vater ge - ſchicket / auch in aller Devotion und Ehrerbie - tung ſich das H. Nachtmahl des Herren rei - chen laſſen / w〈…〉〈…〉 ches / nach dem es geſchehen /hat[55]hat er ſich in Gottes willen beſtaͤndig erge - ben (wofern der Allerhoͤchſte Gott nicht ſeinen uͤbrig unerzogenen Kindern zu gute / jhm das Leben friſten wolte) auch guten Herren und Freunden / Hohes und Niedriges Standes / ſo jhn beſuchet / gerne zugehoͤret / wenn ſie von Sterbegedancken und Chriſtlicher vorberei - tung erinnert / wie er denn zu beten und ſingen / da er nicht mehr mit der Sprache fort gekunt / angemahnet / und bekennet / er empfinde Her - tzens Troſt davon. Jn ſolchem Glauben / Ge - beth und Hoffnung des Ewigen und beſſeren Lebens / iſt er biß an ſein ſeeliges Ende verhar - ret / und im wahren Glauben auff das Ver - dienſt Chriſti / unter dem Gebet und Geſang der uͤmbſtehenden / im Herren ſanfft und ſee - lig entſchlaffen den 8. Decemb. des itzt verwi - chenen Jahres uͤmb 6. uhr vormittage: Sei - nes Alters 59. Jahr. 3. Monath / eine Woche und 2. Tage: ꝛc.
ALſo haben Wir nun abermal einen Chriſtli - chen und Ehrlichen Mann auß unſer er Gemei - ne verlohren. Jch kan dem gutt[en]H. Schmeißdas[56]das warhaffte Ehren-Zeugnuͤß geben / ſo lange er meiner Seelen-Pflege gebraucht / und mit mir gutte Bekandſchafft und Freundſchafft gepflogen / daß ich allezeit ein rechtes Chriſtliches / auffrichti - ges Hertze an jhm verſpuͤret habe. Fleiſſig hat Er ſich zu Got[teſ]Wort / und der lieben Kirchen / gehalten / alſo daß er unter den Erſten hinein ge - kommen / und unter den letzten herauß gegangen / auch die Heiligen Wochen-Predigten / welche lei - der! dieſes Ortes gar ſchnode und veraͤchtlich von den meiſten gehalten werden / und die ordentlichen Betſtunden embſig beſuchet. Von Hohen Po - tentaten / und derer Hohen Raͤthen und Miniſtris, die auch ſchone ſeines Glaubens nicht waren / hat er jederzeit gantz devot und reverenter gebalten und geredet / und denen alle tieffſte Unterthänig - keit und ſchuldigſten reſpect erzeiget / geſtalt auch ſein Symbolum dahin ziehlet / welches wir ietzo in den Perſonalibus angefuͤhret:
Denn da war er von ſeinen Reinen Predigern gar wol und gnugſam informiret / daß ein Chriſt wol koͤnne ein Redlicher Lutheraner bleiben / und alſo ſeinem Gotte treu ſein / und doch auch darneben ein redliches Hertze gegen ſeiner Hohen Obrigkeit / und dero hohen Bodienten / haben und behalten / daß gar wol be[yſa]mmen ſtehen k[]nne / GOtte ge - ben / was Gottes iſt / und auch dem Keiſer / wasdes[57]des Keyſers iſt / wie Chriſtus ſelber ſolches an ein - ander bindet / Matth. 22 / 21. wir koͤnnen gar wol GOtt fuͤrchten / und doch auch den Koͤnig ehren / nach der verknuͤpffung S. Petri / 1. Ep. 2 / 17. Jn - ſonderheit hat mich dermal eins das an demSeeli - gen Manne ſehr afficiret und b[ew]eget / als er ſich eines alten Churfuͤrſtlichen Bedienten ſo treulich annahm / der alhier ſterbe-kranck darnieder lag / und ſein Weib und Kind in der ferne zuruͤcke ge - laſſen hatte / dem wartete unſer Verſtorbener Herr Schmeiß ſehr fleiſſig auff / daß jhm an gut - ter Wartung und noͤtiger Arzenejung nichts er - mangeln ſolte / trug auch auff den fall ſeines Ab - ſterbens / eine hertzliche Sorgfalt umb jhn und die Seinigen / aus keiner andern Urſache / wie er ſag - te / als daß er mit demſelben Manne an unterſchie - denen Zeiten und Orten auff ſeiner Reiſe were be - kandt worden / und hette allzeit ein ehrliches Her - tze an jhm vermercket. Ja / jener kam wieder auf / und lebet noch / Herr Schmeiß aber hat eher ſter - ben muͤſſen / und ſich andere umb ſein Begräbnuͤß bekuͤmmern laſſen. Das iſt aber eben das rechte verborgene Leben der Chriſten in Chriſto mit GOtt / wenn ſie ſich der Frembden und verlaſſe - nen / und derer ſonderlich treulich annehmen / von denen ſie kein wiedergelt zugewarten haben / denn ſolches geſchiehet aus reinem lautern Hertzen / nur bloß umb Chriſtlicher Liebe und umb des Gebo - tes Gottes willen / da ſind ſie ſeelig / wenn ſie Wohl - that erzeigen an denen / die es jhnen nicht haben zu vergelten / denn es wird jhnen[ve]rgolten werdenHin[58]in der Aufferſtehung der Gerechten / Luc. 14 / 14. Wie Er nu alſo ſein Geiſtliches Leben alhier in Chriſto verborgen gehabt / alſo wird dorte das himmliſche Leben an jhm offenbar werden in der Herrligkeit / wenn nu Chriſtus ſein Leben ſich of - fenbahren wird / und jhn mit ſich fuͤhren zu der Engel Choͤren. Unterdeſſen troͤſte GOTT / der Gedult und alles Troſtes / gantz kräfftiglich mit dem Troſte ſeines Heiligen Geiſtes / die hinterlaſ - ſene Herren Soͤhne / Frau und Jungfrauen Toͤchter / und Herren Eidam / uͤber dieſem noch nicht vermuttetem Todesfall jhres lieben Herrn VATERN; Er verbinde was zuſchlagen iſt / Er heile was verwundet iſt / Er ſtaͤrcke was ſchwach und krafftloß iſt / und erſetze anderweit dieſe zuhan - den geſtoſſene Traurigkeit mit deſto grſſerer Er - gtzlichkeit / Er laſſe jhnen nach dem Ungewitter die Sonne wieder ſcheinen / und nach dem heulen und weinen uͤberſchütte Er ſie mit Freuden. Ab - ſonderlich ſey geſegnet dem HErren die FrauToch - ter / welche auß Kindlicher Liebe und Ehre einen ſo weiten / beſchwerlichen und gefaͤhrlichen Weg / von Koͤnigsberg auß Preußen biß hieher / abgerei - ſet iſt / jhrem verblichenen Herren Vater auch die letzte Ehre / dem vierden Gebote zu folge / zu erzei - gen / und das Geleite zu ſeinem Ruhebettlein zu geben. GOtt vergelte jhr ſolche hertzliche Treue / ſeiner Gnaden-Verhei〈…〉〈…〉 und nach / mit allem wol - ergehen und lang[e]m Leben / und geleite und brin - ge ſie durch den Schutz ſeiner heiligen Engel wie - derumb geſun[d u]nd ſicher zu den lieben jhrigen;uns[59]Uns aber allemiteinander beſchere Er zu rechter zeit eine ſeelige nachfarth / umb unſers Neugebor - nen Jmmanuels und Heilandes Chriſti Jeſu wil - len / in deſſen Nahmen wir nochmaln vor das Angeſichte der Hohen Goͤttlichen Majeſtaͤt treten / und alſo beten:
Vater Unſer / ꝛc.
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