PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Ein Vermahnung vnd Troſtpredigt /
Zu Ehren-Gedaͤchtnuͤß /
Dem Weyland Wol-Edlen vnd Geſtrengen Herꝛn / Hanß Geoꝛgen von Duͤhr vnd Schoͤnaw / auff Olberßdorff vnd Gimel: Als ſein Todt-verbliechener Adelicher Coͤrper / Auß vnd von ſeinem Ritterſitz Olberß - dorff nach der Gimel / zu ſeinem Ruhe - bettlein abgefuͤhret wardt. 1. Junij, Año 1635. Gehalten in Adelicher Volckreicher Verſamlung /
Jhr fromen Wittwen weinet nicht / Auff Gott ſetzt Ewer Zuverſicht / Er ſtrafft den / der Euch vnrecht thut / Mit Ewren Weißlein meint Ers gutt.
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Gedruckt zurOlſſe/ durchJoh: Boͤſſemeſſer.1635.
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Der Wol-Edlen / Viel-Ehren - reichen / Hoch-Tugentſamen Frawen Elisabetha Duͤhren / geborne Nimptſchen Wittib. Erbfrawen auff Olberßdorff vnd Gimel / Meiner Großguͤnſtigen Frawen vnd Hoͤchſt - geehrten Frawen Gevatterin. GOttes Gnade / Friede / Frewd vnd Troſt inn Gegenwertigem Betruͤbnuͤß vnnd allen Anliegen / neben meinem taͤglichen Vater vnſer / vnd ſchuldigen willigen Dienſten in Chriſto Jeſu durch den H. Geiſt zuvor.

WOl-Edle / Viel-Ehrenreiche Hoch - Tugentſame Großguͤnſtige vñ Hoͤchſt geehrte Fr: Gevatterin. Alle Hiſtorien / in welchen viel wunderliche Exempel / Gluͤckſeliger vnd mit vielen Zeitlichen guͤttern begabter Leute angefuͤhret werden / bezeugen / denn welchen GOtt viel Reichthumb / Ehre / vnd waß in dieſer Welt lieblich vnd anmuhtig ſein mag / auß Gnade vnd Guͤtte beſcheret vnd zugewogen / denen hat Er auch nach ſeiner Weißheit ein ſonderliches Creutzbuͤndlein in der ander Wagſchalen zu - geleget / vnd das groſſe Gluͤck mit gewiſſer proportion des Vngluͤcks / welches denn beydes vom HErrn kompt temperiret, vnd kuͤnſtlich abgezogen: Daß es mit Welt - ſeligen Leuten heiſſet / Sie ſeind als die froͤlichen / aber alle - zeit trawrig / als die alles haben / vnd doch nichts haben.

A ijNu[4]Vorꝛede.

Nu hat Gott der Herr die Fraw Gevatterin / mit vielen Gaben auß lauter Gnaden vñ Barmhertzigkeit fuͤr vielen andern auch gekroͤnet / Jn dem Er Euch von Hoch - berhuͤmten Adelichen / vnd welches das vornehmſte von Gottesfuͤrchtigẽ Eltern hat laſſen zur welt geboꝛen werdẽ / Nebenſt Ewern Herꝛn Brudern vñ Frawen Schweſtern / wol erziehen laſſen / das jene ſeindt nuͤtzliche Herꝛen vnd Maͤnner worden / dieſe aber Adelichen vnd vornehmen Herꝛen vermaͤhlet / all zu gleich / an Zeitlicher Nahrung / reichen Segen Gottes / gutte Leibs Conſtitution, vnd zu foͤrderſt einen ehrlichen Nahmen / bey Freund vnd Feind haben vñ noch erhalten / vnd Jnſonderheit die Fr: Gevat - terin mit anſehnlicher liebreicher vnd friedlicher Heurath neben ſtattlichen Guͤttern begnadet.

Gleichwol aber hat bey ſolcher Reicher beſcherung der H. Chriſt auch die Ruthe darzu geleget / Nemlich / das die Fraw Gevatterin inn jhrem ſonſt allerſeits erwuͤnſchten Eheſtande / eine geraume zeit ohne Leibesfrucht verbliebẽ / vnd der Trewe GOtt mit dem Eheſegen lang verzogen / Welches jhm beyden Adelichen Ehegatten ſchmertzlichen vorkommen / hernach als ſie Gott mit gnedigen Eheſegen beſeliget / vnd jhnen durch jhr hertzliches vnd jnbruͤnſtiges Gebet Leibes erben beſcheret / derer etliche ſo baldt durch den Zeitlichen todt wiederumb abgefodert / welches ohne Schmertzen vñ Hertzens wunden nicht abgegangen. Vnd vber dieß alles / So hat die Fraw Gevatterin / auß ver - hengnuͤß des Gerechten Gottes / in der gemeinen Landes - Pluͤnderung / durch Vnbarmhertzige Soldaten einen mercklichen Schaden an jhrem Haab vñ Gutt vñ anderm Vermoͤgen zu vnterſchiedlichen mahlen erleiden muͤſſen / vnd in dieſem allen ſie ſich als einer fromen Chriſtin eignetgedultig -[5]Vorꝛede.gedultiglich vnd Standthafftig erzeiget / vnd Gott von Hertzen gedancket / das Er jhr inn ſo groſſer Angſt / vnd Drangſal jhren hertzgeliebten Eheſchatz vñ Junckern bey Geſundtheit vnd Wolſtandt erhalten / denn ſie vber alle Guͤtter vnd Schaͤtze hoͤher geachtet / vnd derowegen als ein trewer Ehegatte jhme inn ſeinem gefaſten Kummer freund - vnd troͤſtlich offt zu geredet / Hertz lieber Juncker / laſſet nur den Kummer fahren / vnd verkuͤrtzet Euch ewer Leben ſelbſt nicht: Es muß doch denen die Gott lieben /Rom. 8. alles zum beſten dienen. Haben wir guttes emtpfangenHiob. 2. von der Hand des Herrn / warumb wollen wir auch das boͤſe nicht nehmen? Der Herr hats gegeben / der Herr hats genommen / der Herr wird es wieder geben / der Nahme des Herrn ſey gelobet.

Daß aber nunmehr auch Ewer koͤſtlichſter Schatz vnd Ewer beſter hertzfreund in dieſer Welt / Ewer hertzliebſter Ehejuncker / Euch von Ewer ſeiten geriſſen / das ſchneidet erſt Wunden in Ewer Adeliches hertz / vnd iſt gewißlich / kein ſchlechtes vnd geringes Leid / dadurch Sie in hoͤchſte Trawrigkeit gerathen / welches wie von allen fromen vnd ehrliebenden Leuten / alſo auch von mir im aller beſten / vnd mit hertzlichem mitleiden auffgenom̃en vnd verſtandẽ / Muͤſte der gar ein Eiſernes oder Steineres hertze vnd vn - menſchliche Natur haben / ſo es anders auffnehmen vnd deuten wolte.

Wenn Jch aber mich hinwiederumb erjnnere / waß fuͤr ein Chriſtlichen vnd Gottſeligen wandel Ewer jetzt ge - dachter ſeliger Eheſchatz vñ Juncker vor aller Welt / durch die gantze zeit ſeines Lebens gefuͤhret / waß er fuͤr ein ſchoͤne wolgezogene vnd in Chriſtlichen vnd Adelichen Tugenden geuͤbte Adeliche Ehepflaͤntzlein er hinder jhme gelaſſen /A iijvnd[6]Vorꝛede.vnd bedencke / wie wol er ſich zu ſeinem Sterbſtuͤndlein ge - ſchickt / wie ſanfft vnd Lieblich er in hertzlicher Anruffung vñ ernſter Bekaͤntnuͤß des Sohnes Gottes eingeſchlaffen / auch waß er mit dem Zeitlichen tode / dadurch er alles Creutzes vnd vngluͤcks entlediget / zu Chriſto in die Ewige Seligkeit kommen iſt / fuͤr ein herꝛlichen Wechſel / vnd ge - wuͤnſchten Tauſch gethan hat: So mache Jch mir keinen Zweiffel / das die Fraw Gevatterin / neben dem Labſal Goͤttliches wortes / hievon ein ſonderliche Erquickung vñ Troſt in jhrem Hertzen fuͤhle vnd empfinde. Jch ſeufftze auch ernſtlich zu Gott / das er die Fraw Gevatterin durch die Krafft ſeines H. Geiſtes alſo ſtaͤrcken vnd Corrobori - ren wolle / damit ſie nunmehr / jhren betruͤbten Wittwen - ſtandt / wie Chriſten gebuͤhret / mit gedult tragen / Gottes Gnaͤdigen vnd Vaͤtterlichen willen / ohne welches vns nicht ein Haͤrlein von vnſerm Haupt auff die Erden fallen kan / erkennen der froͤlichen Erſtattung am Juͤngſten tage ſich troͤſten / vnd jhr betruͤbtes Gemuͤhte endlich zu frieden ſtellen werde / vnd dahin iſt auch meine Standt Predigt / welche ich zu letzten Ehren-gedaͤchtnuͤß jhrem hertz liebſten Eheſchatz gethan / gerichtet / welche ich auffzuſetzen vñ auffs Papier zubringen niemals gedacht / Sintemahlen vieler anderer fuͤrtrefflicher vñ gelehꝛter Leute ſchoͤne vñ troͤſtliche Predigten genung am tage / mir auch meine Schwachheit vnd einfalt nicht vnbewuſt: Jedoch / demnach meine Hoch - geehrte Fr: Gevatterin vmb abſchriefft derſelben angehal - ten / als habe ich jhrem willen vñ begehꝛen nach lebẽ wollen / Jn erwegung / das ſolches jhrem geliebten Eheſchatz / vnd meinem hoͤchſtgeehrten geweſenen Herꝛn Gevattern / vnd trewen Hertzfreunde ich nicht allein zur Danckbarkeit fuͤr ſeine mir erzeigte wolthaten ſchuldig / Sondern damit ichauch[7]Vorꝛede.auch jhren Adelichen Vatter Waißlein jhres Hertzlieben Herꝛn Vatern ſeligem ſeiner Adelichen Tugenden / vnd Gottſeligen wandels eine warhafftige Contrafactur vnd Abriß fuͤr die Augen ſtellen moͤgen / damit ſie in Anſcha - wung derſelben / zu Kindtlicher folge vnd Nachoͤhmung moͤchten erwecket / auffgemuntert vnd beweget werden.

Wie Jch nun ſolche vielgedachte StandtPredigt auß trewen hertzen / ſchlecht vñ gerecht gehalten vñ geſchrieben. Alſo thue dieſelbe meiner hoͤchſt geehrten Frawen Gevat - terin in gebuͤhrlicher Demuth zu jhrn Adelichen Haͤnden vberantworten / mit gantz dienſtlicher bitte / die Fr: Ge - vatterin ſambt jhren Erben vnd Erbin / wolle ſie von mir Vnwuͤrdigen Diener Jeſu Chriſti auff vnd annehmen / vnd jhr beydes / ein Troſt in jhrem Wittwen ſtande / vnd Denckmahl hertzlicher Liebe gegen jhrem Hertzgeliebten Eheſchatz ſein laſſen / wie Jch denn nicht zweiffele / die Fr: Gevatterin werde dieſen meinen gutten willen vnd gering ſchaͤtzige arbeit im beſten vernehmen vnd erkennen.

Der Allmaͤchtige getrewe GOtt / der ein Richter der Wittwen vnd ein Vatter der Waiſen iſt / Wolle meine hoͤchſt geehrte Fr: Gevatterin ſambt deroſelben Vatter - waiſelein / jhrer Adelichen vnd betagten Frawen Mutter / Herꝛn Brudern / Frawen vnd Jungfrawen Schweſtern / vnd andern Verwandten bey langem Leben / frieſcher ge - ſundtheit vnd allem Wolſtandt erhalten / troͤſten / ſtaͤrcken / vnd allesjhres Leides hie zeitlich vñ doꝛt Ewiglich ergetzen / w[e]lchem auch ich die Fr: Gevatterin neben jhꝛem gantzen Adelichem Hauſe / in ſeinen Vaͤterlichen Schutz vnd Schirm befehlen thue. Geben zu Milowitz / Am Tage Mar. Heimſuchung / Anno 1635.

Meiner Hoͤchſtgeehrten Fr: Gevatterin Trewer Vorbitter zu Gott Jacobus Hoy Pfarꝛer daſelbſt.

[8]
DAs walt der Ewige Sohn Gottes Chꝛiſtus JEſus aller verlaſſener Waiſen Vater / aller be - truͤbter Wittwen Richter / Hochgelobetſambt ſeinem Him - liſchen Vater vnd dem Heiligen Geiſte jmmer vnd Ewiglich / Amen.

Cælius Rhad. lib. 17.WEnn vor Zeiten / Jhr Adelichen Trawer hertzen / jemand zu Rom oder Alexandria, Todes verblichen war / ſo hatten die Leidtragende jhre Præficas, das iſt / ſonderliche Klagweiber / welche ſie mit Gelt darzu erkaufften / daß ſie das Leid vber ſich nehmen / vnd mit Erbaͤrmlichen heulen / vberfluͤſſigem weinen / vnd Trawrigen geberden die Leute zur Condolentz vnd hertz - lichem Mitleiden bewegen ſolten. Solche falſche vnd ge - winns halben / außgedruckte Threnen bedarff man alhier gar nicht / deñ es ſtehet alda / Die Wol Elde Viel Ehren - reiche vnd Hoch Tugendtſame Fraw Elisabeth Duͤhrin / geborne Nimptſchin / als Hochbetruͤbte Wittib dieſes orts / vnd vergeuſt jhre Thraͤnen auß grundt jhres betruͤbten Hertzens miltiglich / daß ſie jhres trewen Eheſchatzes durch den Zeitlichen todt beraubet iſt / vnd alſo ein Stuͤck jhres Adelichen hertzens verlohren hat / Es ſtehen alda die be - truͤbten Adelichen Vater waißlein / vnd laſſen jhre Kind - liche thraͤnen reichlich flieſſen / weil der bitter todt jhnen jhren hertzlieben Herꝛn Vater auß den Augen genohmen / der fuͤr ſie ſo Trewlich geſorget / vnd ſie zu allem gutten ge - zogen. Es ſtehen alhier die Adeliche Blutsſreunde vnd anverwandte wie auch die trewe Benachbarte / betrawren Hoch vnd mit thraͤnen / das ſie numehr ein trewen freundt vñ Nachbar verlohren / der bey jhnen feſt als eine Mawer gehalten / vnd offt auch mit eygnem Schaden gedienet hat /Es[9]Chriſt - Adeliche Standt-Predigt.Es ſtehet zu gegen die Ehrwuͤrdige Prieſterſchafft mit zur Erden fuͤr Trawrigkeit nieder geſchlagen Geſichte bewei - nen betrawren jhrn Patronum, Fautorem, Hertzfreund / ja Vater / der ſie offt in ſeinem Adelichem Hauſe ſtattlich bewirthet / ergetzet / vnd begabet hat / vnd moͤchten wuͤnſchẽ / daß ſie ſeinen Adelichen Coͤrper zu bezeugung der Danck - barkeit / auff jhren Schultern zu ſeinem Ruhebettlein tragen moͤchten. Denn die Wolthaten jhnen erzeiget / nicht wol außzuſprechen. Denn wie Herr Lutherus an einem orth redet: Collaudandus eſt Princeps publicis Vocibus, ne per ſilentium beneficium quod fecit, maneat incognitum, Das iſt: Man ſoll den Fuͤrſten offentlich loben / auff das durch ſtillſchweigen die Woltha - ten ſo er gethan nicht moͤgen vnbekandt bleiben / Es ſtehen auch die getrewe vnd gehorſame Vnterthanen mit naſſen Augen vnd betruͤbten Hertzen / vnd beweinen jhres Erb - Herꝛn gutthaten / der ſie vor mancherley gefahr geſchuͤtzet / jhnen in vorfallender Noth geholffen / vnd wer iſt vnter dieſer Volckreicher verſamblung / der ſo dieſe TrawerPer - ſonen vnd Leidtragende hertzen anblicket / dadurch zum Chriſtlichem mitleiden nicht bewogen wirdt? Vnd darzu ermahnet vns ſambtlich der nuͤtzliche Haußlehꝛer Syrach. Syr. 18.Mein Kindt / wenn dir jemandt ſtuͤrbet / ſo beweine jhn / vnd Klage jhn / als ſey dir groß Leid geſchehen. Aber wir muͤſſen maß hierin halten / auff das wir nicht ſeindt wie die Heidẽ die keine hoffnung haben / vnd ohne Gott in der Welt ſeindt / darumb Troͤſtet Euch wieder jhr weinende1. Theſſ. 4. vnd Leidtragende hertzen / denn wie obgemelter Hauß - lehrer ſpricht von Trawrigkeit koͤmpt der Todt / vnd desSyr. 38. Hertzens Trawrigkeit Schwaͤchet die Kraͤff[t]e / Sonder - lich die Hertzbetruͤbte Wittwe ſoll eingedenck ſein waß derBalte[10]Chriſt-Adeliche Standt Predigt.alte Kirchenlehrer Chryſoſtomus ſaget: Separata à Viro Deo Unita es. Biſtu durch den Zeitlichen todt von dem man getrennet / So bleibſtu GOtt neher Verwandt / damit nun ſie vnd neben jhr alle betruͤbte vñ Leidtragende hertzen / inn dieſem jhren Hertzbetruͤbnuͤß moͤgen gelabet vnd erquicket werden. So wollen wir ein ſchoͤnes Spꝛuͤch - lein herfuͤr ſuchen / Daſſelbige / jedoch kuͤrtzlich erwegen vñ bewegen / vnd iſt im 68 Pſalm zu finden / Die folgende Wort lauten alſo.

Textus.

Der Herr iſt ein Vater der Waiſen / vnd ein Richter der Wittwen / Er iſt Gott in ſeiner Heiligen Wohnung.

ANdaͤchtige Adeliche Trawer hertzen / Als der gerechte Gott die Suͤnde des Gott - loſen Koͤnigs Achabs ſeiner Gemahlin / vnd des gantzen Landes mit Duͤrꝛe / Tewrung vñ Hungers noth geſtraffet / wardt der Prophet1 Reg. 17 Elias von Gott ſelbſt gen Zarpath geſandt / nicht zu einem Oberſten der Stadt / nicht[etwa] zu einem reichen Buͤrger / ſondern zu einer armen Wittwen vnd Waiſen / das er ſie beyde in der hoͤchſt bedrengter Zeit troͤſten vnd inn groſſer Hungernoth / durch Wunderwerck Speiſen vnd ernehren ſolte / Sonſt hetten ſie Hungers ſterben muͤſſen / So nun dieſer Heylige Wunder Prophet / ſich nicht geſchewet hat / bey dieſer betruͤbten Wittwen vnd jhrem Vaterwaißlein einzukehren / jhnen Gottes Vattern hertz vnd Vorſorge zu entdecken / vnd ſie mit Troſt in jhꝛem elend zu erquicken /Ey[11]Chriſt-Adeliche Standt Predigt.Ey ſo verdenckt mich nur nicht jhr frome glaͤubige Hertzen / das ich jtzo in dieſem Adelichem Klaghauſe allen trawrigen Wittwen vnd Thraͤnen Waißlein / das Wort rede / vnd jhnen auß GOttes Wort anmelde / wie GOtt gegen ſie beyderſeits affectioniret vnd geſinnet ſey. Denn wie der Prophet Eſaias ſagt / der Herr troͤſtet ſein Volck / vndEſa. 49. Erbarmet ſich ſeiner elenden / wer iſt elender als ein arm[e]Waiſe? als eine verlaßne Wittwe? Die Waiſe hat keinen Vater / die Wittwe keinen Mann / der fuͤr ſie ſorget / der ſie nehret vnd ſchuͤtzet / Waß Wittwen elend ſey / das hat manche frome Wittwe bißhero erfahren / wie groß Waiſen elend ſey / das haben viel arme Waißlein erfahren / vnd wolte Gott das gegenwertige Adeliche Waißlein nicht er - fahren duͤrfften / doch iſt diß jhrer vñ aller verlaſſener ſchoͤ - ner troſt / das der Herr ſein Volck troͤſtet / vnd ſich ſeiner Elenden erbarmet. Von ſolchem Wittwen vnd Waiſen troſt wil ich diß mahl nechſt Goͤttlicher verleyhung reden / vnd iſt ein nuͤtzliche Lehre vor jederman / denn wir koͤnnen doch nicht wiſſen / wer nun mehr vnter vns am eheſten nebẽ dieſe Adeliche hochbetruͤbte Wittwe / in dieſen Creutzorden wird muͤſſen tretten / waß einem begegnet / kan bald dem andern auch begegnen / Wol dem der ſein Hertz in zeiten / mit Troſt vnd Labſal verſorget. Wir wollen aber jetzo von den zweyen ſchoͤnen Ehrentitteln / die der Koͤnigl: Prophet David in abgeleſen Worten Gott dem Herrn giebet reden: Herr Jeſu / der du die weinende Wittwe zu Nain ſelbſt getroͤſtet haſt / Laß dieſen Troſt auch inn den Hertzen aller verlaſſenen Wittwen vnd Waiſen hafften vnd ſafften / Amen.

Anlangende nun vnſern vorgenommenen Lehrpunct / Nemlich von den ſchoͤnen Ehren Titteln / welche der Prophet David Gott dem Herrn giebet. So wird Er Tittuliret.

Erſtlich[12]Chriſt-Adeliche StandtPredigt.

ERſtlich / daß Er ſey ein Vater der Waiſen. Nicht allein zu allen Glaͤubigen ſpricht GOtt / JchEſa. 52. wil Ewer Vater ſein / vnd jhr ſolt meine Soͤhne vñ Toͤch - ter ſein / Sondern auch Jnnſonderheit gegen armen ver - laſſenen Kindern / erklaͤret Er ſich in ſeinem Worte / das Er jhr Vater ſein wolte / die koͤnnen getroſt mit dem1. Joh. 3. H. Johanne ſagen / Sehet / welche eine Liebe hat vns der Vater erzeyget / daß wir GOttes Kinder heiſſen ſollen. Vnd ſolche Vattern trew beweiſet Er gegen Euch / O jhr betruͤbte Waißlein.

1.1. Durch gutte erziehung. Waß thut ein trewer Vater wann jhm Gott Kinder beſcheret? Traun er wendet allen moͤglichſten fleiß an / daß ſie wol aufferzogen / vnd zu allem gutten recht angewiſen werden / damit er hie Zeitlich vnd dort Ewig ſrewde an jhnen ſehen moͤge / Vnd das nachEph. 6. dem Apoſtoliſchen befehl. Jhr Vaͤter ziehet auff Ewere Kinder in der Zucht vnd vermahnung zum Herrn. Dieſe Vater trewe erweiſet GOtt nach der Eltern toͤdt - lichen abgang gar reichlich an den armen Waißlein / Er erwecket frome Hertzen / die ſich jhrer annehmen / die ſie in Gottes furcht vnterꝛichten / zu Loͤblichen Tugenden vnd Erbahren Sitten ermahnen / vnd waß redliches lernen laſſen / dadurch ſie nachmals / weñ ſie zu Jahren kommen / Gott vnd dem Nechſten dienen / vnd jhnen ſelbſt nuͤtzlich ſein moͤgen / wird doch wol bißweilen manch verlaſſenes Waißlein / bey Steinfrembden leuten / weit beſſer erzogen / als weil es noch vnter ſeiner Eltern hand vnd Zucht war / Jn dem offters Vater vñ Mutterliebe zu Affenliebe wird / ſtets durch die Finger / vnd vber der Kinder Boßheit nicht einmahl ſaur ſiehet. Wie der Prieſter Eli ſeinen Kindernthet.[13]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.thet. Da gehets denn / wie Syrach ſaget: Ein verwehnet1 Sam. 2. Syr. 30. Eſter 2. Kindt wird muthwillig wie ein Wildtpferdt.

Gedencket an daß arme Maͤgdlein Eſther / die hatte weder Vater noch Mutter / vnd Siehe Gott / der rechte Waiſen Vater / Regierte jhrem Vettern Mardochai ſein Hertz / daß er ſie zur Tochter auffnahm / vñ zu aller Tugent vnd Fromkeit anhielte / Sonder zweiffel iſt auch DanielDan. 1. ein ſolches Waißlein geweſt / welchen nebenſt andern ge - fangenen / der Koͤnig Nebucadnezar von Jeruſalem gen Babel hinweg gefuͤhret hatte / wie wol aber / iſt er inn der frembde aufferzogen worden. Der Koͤnig / weil er einen feinen Verſtandt vnd ſonderliche Geſchickligkeit an jhme verſpuͤrete / hielt jhn nebenſt andern zur Schulen / vnd Gott gab gnade / das er etwas fuͤrtreffliches ſtudirete / vnd nachmals wegen ſeiner Kunſt vnd Weißheit des Koͤnigs vornehmbſter Rath / ja ein Fuͤrſt im gantzen Lande wardt.

Was thet Lois des Timothei GroßMutter? Hat ſie1. Tim. 1. nicht auff regung vnd bewegung Gottes denſelbten als Kindeskindt zum Chriſtlichen glauben befoͤrdert? Laſſet Euch demnach ziehen jhr Adeliche Waißlein / Folget derer Leuth rath vñ vermahnung / die Gott erwecket / vnd Euch an der Eltern ſtelle zuordnet / So wirds Euch wolgehen / vnd jhr werdet lange Leben auff Erden.

Zum Andern / ſo er weiſet Gott ſeine Vatter Trewe /2. durch Nottuͤrfftige Nahrung vnd Vnterhaltung / Ein jeder fromer Vater ſorget Tag vñ Nacht fuͤr ſeine Kinder / damit es jhnen an Speiß / Tranck / vnd Kleidung nicht mangle / Es ſollen nicht die Kinder den Eltern / ſondern die Elter den Kindern Schaͤtze ſamlen ſpricht S. Paulus2. Cor. 12. So aber jemandt die ſeinen nicht verſorget / der hat den Glauben verleugnet / vnd iſt aͤrger denn ein Heide / Eben1 Tim. 2.B ijdieſe[14]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.Eph. 3.dieſe Vorſorge / Traͤgt auch fuͤr Euch / O jhr verlaſſene Waißlein / der Herr Jeſus / der der rechte Vater iſt / vber alles das da Kinder heiſt / im Himmel vnd auffMatt. 6. Erden / vnd beſcheret Euch wunderlich / Huͤlle vnd Fuͤlle / Nehret Gott die Vogel vnter dem Himmel / Kleidet Er die Blumen in Felden vnd Waͤlden / Settiget Er alles waß da lebet mit Wolgefallen? Sorget Er fuͤr alle? EyExod. 2. ſo wird Er gewiß Ewer nicht vergeſſen. Deñ Ewer Vater im Himmel weiß das jhr diß alles beduͤrffet. Das kleine Knaͤblein Moſes wardt inn einem geringem verpichtem Rohrkaͤſtlein / am Vfer des Waſſers inn Schilff geſetzet / vnd war niemandts / ders Eſſen vnd Trencken doͤrffte /Pſal. 27. Es lag alda nit anders / als ein armes Waißlein / welches ſein jammer Liedlein mit ſchmertzen geſungen / Vater vñ Mutter verlaſſen mich / Aber hoͤre doch du Chriſten hertz vnd verwundere dich / wie Wunderlich GOtt alda ſeine Vaterſorge ſehen ließ / des Koͤnigs Tochter ſelbſt / muſte auß Goͤttlicher Regierung vnd Fuͤhrung dahin kommen / vnd ſich des weinenden Kindes auß mitleiden anmaſſen / Sie ließ es herauß nehmen / vnd vbergab es (wiewol vn - wiſſend) ſeiner eyaner Mutter / mit dem befehl / ſie ſolt es Seugen vnd groß ziehen / nachmals jhr gen Hofe bringen / vnd den Lohn fuͤr jhre muͤhe abholen / welches auch alſo in der That erfolget iſt.

Jn waß groſſer Armuth ſteckten jene Vaterwaißlein /2 Reg. 4 zur Zeit des Pꝛopheten Eliſe, Jhr Vater war bey ſchwerer Tewrung inn groſſe Schuldt gerathen / Legte ſich endlich nieder vnd ſtarb fuͤr Sorge vnd Kummer / der Glaubiger drang auff die bekuͤmmerte Wittib / wolte kurtzumb be - zahlet ſein / vnd weil er ſich ſonſt an nichts halten kundte / ſo begehret er nach Landes brauch / die Kinder zu Leib - eigenen Knechten. Was geſchicht? Der GOtt der einVater[15]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.Vater iſt armer Waiſen / hilfft jhr durch den Propheten wunderlich / daß Oel in jhrem Kruͤglein muß quellen wie ein Brunnen / ſo lang jergends ein Gefaͤſſe mehr vorhan - den iſt / davon bezahlet ſie jhre Schuldt / vnd behelt noch ſo viel vbrig / das ſie mit jhren Vaterwaiſen / Nahrung vnd Vnterhalt haben kan / zu dieſem fromen Vater im Himmel nehmet Ewer Zuflucht: Weil du mein Gott vnd Vater biſt / dein Kindt wirſtu verlaſſen nicht / du Vaͤter - liches hertz / Gieb vns heut vnſer taͤglich Brodt / vnd wasEſa. 30. man darff zur Leibes noth / Sehet / Er wird Euch in Truͤb -Pſal. 34. ſal Brodt / vnd inn Engſten Waſſer geben / denn die den Herren ſuchen / haben keinen mangel an niergends einem Gutte.

Zum dritten / beweiſet Gott ſeine Vater Trew / durch3. Vaͤterliche Zuͤchtigung. Bey fromen Eltern gehets nach dem gemeinen Sprichwort: Je lieber Kindt je ſchaͤrffer Ruthe: Warumb aber? Thorheit ſtaͤckt dem Knaben imProv. 22 Hertzen / aber die Ruthe der Zucht / wird ſie ferne von jhm treiben / Spricht Salomon / Wer ſein Kindt lieb hat / der helts ſtets vnter der Ruhten / das er hernach frewde an jhmSyr. 30. erlebe / ſaget Syrach / Eben das thut auch bey Euch der frome Gott im Himmel / Gedenckt nur nicht jhr Adeliche Waißlein / ob Euch gleich Ewer hertzlieber vnd nunmehr ſeliger Herꝛ Vater waß ſtattliches verlaſſen / das jhr dero - wegen auff lautern Roſen gehë wollet / ſondern jhr werdet offters muͤſſen heulen vnd weinen / Jhr ſeidt doch in der Welt nicht Engel rein / Maſſen denn kein Menſch iſt / der nicht Suͤndiget / ſpricht Salomo / Ja fuͤr Gott iſt auchEccl. 7. der vnſchuldige nicht vnſchuldig / Wann die Suͤnde nunExo. 14. mit vnterleufft / ſo faſſet Gott billich ſeine Vater ruthe inJer. 30. die Hand / vnd ſpricht / Zuͤchtigen wil Jch dich mit maſſen /B iiijauff[16]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.auff das du dich nicht Vnſchuldig halteſt. Dencket aber darneben nicht in ſolchem Creutzſtande / als hette Gott ſein Vaterhertz von Euch gewandt. Nein trawn / jhr Ade - liche Waißlein / Er thut es viel mehr auß hertzlicher Liebe / auff das er Euch bekehre / from vnd Selig mache. Jch wilPſal. 89. jhre Suͤnde mit der Ruthen heimſuchen / ſpricht GOtt / vnd jhre Miſſethat mit Plagen / aber meine Gnade wil Jch nicht von jhnen wenden / vnd meine Warheit nicht laſſen fallen. Jch wil meinen Bundt nicht entheiligen / vnd nicht aͤndern / waß auß meinem Munde gegangen iſt. Prov. 3.Vnd Koͤnig Salomo ſpricht. Mein Kindt verwirff die Zucht des Herren nicht / vnd ſey nicht vngedultig vber ſeiner Straffe / deñ welchen der Herr liebet / den ſtraffet er / vnd hat wolgefallen an jhm / wie ein Vater an ſeinem Sohne.

Erſchrecket derowegen nicht / fuͤr der Wolmeinenden Zucht ruthe Ewres Himliſchen Vaters / denn ſie iſt ein klarer beweiß ſeiner Liebe / wie hievon die Epiſtel an dieHeb. 12. Hebreer traͤfflich ſchoͤn redet / So jhr die die Zuͤchtigung erduldet / ſo erbeut ſich Gott Euch als Kindern / denn wo iſt ein Sohn / den der Vater nicht Zuͤchtiget? Seidt jhr aber ohne Zuͤchtigung / welcher ſie alle ſeindt theilhafftig worden / So ſeidt jhr Baſtarte vnd nicht Kinder / Auch ſo wir haben vnſere Leibliche Vaͤter zu Zuͤchtigern gehabt / vnd ſeind geſchewet / ſollen dem wir nicht vielmehꝛ Vnter - than ſein / dem Geiſtlichem Vater das wir Leben? Vnd jene zwar haben vns gezuͤchtiget / wenig Tage nach jhrem duͤncken / dieſer aber zu Nutz / auff das wir ſeine Heiligung erlangen / alle Zuͤchtigung aber / wann ſie da iſt / dunckt ſie vns nicht frewde / ſondern Trawrigkeit ſein / aber darnach wird ſie geben eine Friedſame frucht der Gerechtigkeit / denen / die dadurch geuͤbet ſein.

End -[17]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.

Endlich beweiſet GOtt der Herr ſeine Vatertrew / durch hertzliche Erbarmung / Ach Vater vnd Mutter - hertz iſt doch recht ein jammeriges hertz / Haben die Kinder geſuͤndiget / ſuchen aber gnade vnd beſſern ſich / bald iſt alles vergeben vnd vergeſſen. Der verlohrne Sohn hat es ſehrLuc. 15. arg gemacht / dennoch / da er dem Vater zu Fuſſe fiel / vnd from wardt / denſelben Augenblick war aller Zorn dahin / Eben ein ſolch jammerig Hertz traͤget auch der Herr Jeſus zu Euch / jhr Adeliche Waißlein / Habt jhr gejrꝛet vnd vbels gethan / gehet hin zu Ewerm Vater vnd ſprecht: Herr gedencke nicht der Suͤnde meiner Jugendt vndPſal. 25. meiner Vbertrettung / Gedencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit vmb deiner guͤtte willen / ſo wird er ſeinen Zorn ſincken laſſen / denn wie ſich ein Vater vber Kinder erbarmet / ſo erbarmet ſich der Herr vber die ſo jhn fuͤrchten.

Mit dieſen Troſtworten hat Chriſtianus Koͤnig innAn. 1559. Circumci - ſionis Dei. Dennemarck ſein Lebẽ beſchloſſen / Nach 29 Jahren ſtirbt ſein Sohn Koͤnig Friedrich / der begehret / man ſolte jhm in ſeinem Letzten ſtuͤndlein nichts anders fuͤrhalten / denn Erſtlich den Spruch Chriſti / Alſo hat Gott die Welt ge -Joh. 3. liebet / ꝛc. Darnach den 25 Pſalm: Nach dir Herr verlanget mich / ꝛc. Vnd letztlich den 103 Pſalm.

Nun Lob meine Seele den Herrn / ꝛc. Da nun ſolches geſchicht / vnd man koͤm̃t auff[diese] Wort / Wie ſich ein Vater vber Kinder erbarmet / ꝛc. Da ſpricht er mit heller ſtimme: Daß iſt wahr / das iſt wahr / vnd giebt mit dem Worte ſeinen Geiſt auff. Gerathet jhr in Creutz vnd Vngluͤck / wie denn gemeiniglich die boͤſe Welt verlaſſene Waiſen am hefftigſten thut neiden / O Bettet hertzlich / Klaget Ewere noth / dem der Ewer Vater iſt / FuͤrwahrCEwer[18]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.Ewer Elend vnd Drangſal wird jhme zu Hertzen gehen / vnd Er wird Euch mit ſeinem ſtarcken Arm beyſpringen /Gen. 21. Gedenckt an Jſmael / der wirdt mit ſeiner Mutter / der Hagar / auß Abrahambs Hauſe geſtoſſen / vnd mit einem wenig Brodt / vnd Fleſchlein voll Waſſers abgewieſen / waß war dieſes Kindt anders? als ein elend Waißlein? Jn der Wuͤſten verjrꝛen ſie ſich / vnd kom̃en in ſolche noth / daß ſie beyde nicht anders gedencken / denn ſie muͤſſen da - ſelbſt verſchmachten / wer thut hie das beſte? Abrahamb kundte jhnen nicht helffen / denn er war abweſende / wuſte auch nichts vmb jhre Noth vnd gefahr / Gott aber als der rechte Vater / nimbt ſich auß hertzlicher Erbarmung / dieſes verlaſſenes Kindes dermaſſen an / daß er nicht allein daſſel - be ſein elend wiederwendet / ſondern jhn auch zu groſſen Ehren bringet / alſo das nachmalhs Zwoͤff Fuͤrſten vnd tapffere Helden von jhm geboren werden / fuͤr welchen ſich andere Leute gefuͤrchtet / vnd jhrer Gewalt ſich vnter - worffen haben. Wer war Joſeph in Egypten? VaterGen. 41. vnd Mutter loß / vnd kam vnſchuldig ins Gefaͤngnuͤß / GOtt aber Erbarmet ſich ſeines Truͤbſals / wiederwandt ſeine Noth / vnd erhub jhn zu Fuͤrſtlicher dignitet vnd Herꝛligkeit. Solt jhr ſterben? So ſeidt getroſt / vnd dencket / Gen Himmel zu dem Vater mein / fahr ich auß dieſem Leben / deñ iſt Gott Ewer Vater / ſo ſeidt jhr ſeine Kinder / Seidt jhr aber Kinder / ſo ſeidt jhr auch Erben / Nemlich GOttes erben / vnd miterben Chriſti / Jſt doch dieſer ſchoͤne Waiſen troſt / mit keinem Gelde zu bezahlen.

Hoͤret nun auch mit Andacht / weſſen ſich betruͤbte Witt - wen zu troͤſten haben.

II. DEnn fuͤrs Ander / So wird Gott der HErr in vnſerm abgeleſenen Spruͤchlein genennet /Ein[19]Chriſt - Adeliche Standt-Predigt.Ein Gerechter Wittwen Richter. Denn alſo ſpricht Koͤnig David / Der Herr iſt ein Richter der Wittwen / durch das Woͤrtlein Richter wird nach art / der Heiligen Schriefft ſo viel verſtanden als trewe Obrigkeit / wie er - zeiget ſich aber ein fromer vñ gerechter Richter gegen ſeine[Vnterthanen].

Erſtlich: Er liebet ſie hertzlich / Sinnet Tag vñ NachtI. auff jhr beſtes / vnd befoͤrtdert jhre Wolfarth / ſo viel moͤg - lich / nach dem Apoſtoliſchen befehl. Regieret jemands /Rom. 12 ſo ſey er Sorgfaͤltig. Liebte doch Codruß ſeine Vnter - thanen ſo hoch / daß er ſich jhrent wegen im Kriege frey - willig erſchlagen ließ.

O Jhr fromen Wittwen / nimmermehr kan ein Regent ſeine Vnterthanen ſo lieb haben / als Euch der hoͤchſte Gott hat / GOtt iſt die Liebe ſelber / Jhr ſeidt ja ſeiner Haͤnde1. Joh. 4. werck / ſo wol als andere / der Euch gemacht hat / Jſt Ewer Mañ / Herr Zebaoth iſt ſein Nahme / Nun heiſt es aber:Eſa. 54. Gott du liebeſt alles das da iſt / vnd haſſeſt nichts waßSap. 11. du gemacht haſt / denn du haſt freylich nichts bereitet / da du Haß zu hatteſt / wie ſolt Er euch denn gram ſein? Jhr ſeidt auch vnter denen / fuͤr welche Chriſtus auß hertzlicher Liebe ſein Leben gelaſſen hat / davon S. Paulus ſaget /Eph. 5. Chriſtus hat ſeine Gemeine geliebet / vnd ſich ſelbſt fuͤr ſie gegeben / Jhr ſeidt eben ſo wol Miterben der Gnaden des Lebens / als andere Weibes Perſonen. 1. Pet. 3.

Wie trewlich Sorget der Liebe Gott fuͤr Euch / Befahl Er doch mit Ernſt im Alten Teſtament den KindernDeut. 14 Jſrael / daß ſie allewege auffs dritte Jahr den Zehenden von allem einkommen deſſelben Jahres muſten ins Thor bringen / vnd bey der Obrigkeit einſchuͤtten / daß theilte man hernach auß / vnter die Leviten / arme Wittwen vndC ijWaiſen[20]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.Waiſen / die nichts einzuerndten / vnd ſonſten geringe ein - kommen hatten / vergaß jemandt eine Garbe auff dem Felde / ſo duͤrffte er nicht vmbkehren dieſelbte zu holen: Sondern er muſte ſolche den Fremblingen / den Waiſen vnd Wittwen laſſen / Schuͤttelten ſie jhr Oel vnd Obſt - baͤume / ſo durfften ſie nicht Nachſchuͤtteln / Vnd in der Weinleſe nicht nachleſen / Sie muſten das vbrige vnſers Herrn GOttes Kindern laſſen / dieſes Geſetz iſt ein offentlich Zeugnuͤß / daß jhr wiſſen ſolt / GOtt ſorge fuͤr Euch / vnd wolle Euch in ewrem elend nicht Hunger ſterben1. Reg. 17. Luc. 7. laſſen / Ja auß Liebe Pranget GOtt mit Euch vor allen andern im Alten vnd Newen Teſtament / vnd muß hie vñ dort eine arme Wittwe / zu aller erſt die ehre haben / das jhꝛ Sohn lebendig gemacht wirdt. Jm Alten iſt die Wittwe zu Zarpath / im Newen die Wittwe zu Nain / Ja eben dieſem Weibe erweiſet Chꝛiſtus mit allen ſeinen Gliedern das Er ſie Lieb habe / Seine Augen ſehen ſie an / ſein Hertz traͤgt mitleiden mit jhr / ſein Mundt troͤſtet ſie / ſeine Fuͤſſe tretten zu jhr / ſeine Hende ſchewen ſich niche den Sarch anzuruͤhren / dariñen der todte Sohn ligt / alle jhre Traw -Luc. 21. rigkeit wird durch[Chriſtum] zur Frewde. Wie bald ſaheLuc 2. Er jene arme Wittwe / die zwey Scherfflein in Gottes - kaſten legte / Ließ jhr Trewes hertz gefallen vnd ruͤhmete ſie gewaltiglich: Hanna war eine Alte betagte Wittwe / vnd ſiehe / in jhrem Hertzen ruhete der H. Geiſt / als in ſeinem Tempel / auß dieſem vñ andern koͤnnet jhꝛ richtig ſchlieſſen / das jhr bey Gott in gnaden ſeidt / Liebet Euch nun dieſer Herr / ſo ſchadets Euch nicht / wenn Euch gleich alle Welt feindt wehre / jhr koͤnnet getroſt ſagen mit KoͤnigPſal. 40. David / Jch bin wol arm vnd elend / aber der HErꝛ ſorget fuͤr mich / fuͤr den Gott ſorget / der iſt wol verſorget.

Zum[21]Chriſt - Adeliche Standt Predigt.

Zum Andern / Ein trewer Richter oder Obrigkeit / leſt2. maͤnniglich auß ſeinen Vnterthanen gerne fuͤr ſich / hoͤret ſein Anliegen willig / vnd beſcheidet jhn freundlich / nach dem befehl des Allerhoͤchſten / der da ſaget / keine Perſon im Gerichte ſolt jhr anſehen / ſondern ſolt den kleinen hoͤren wie den groſſen / Eben deſſen habt jhr Euch zu frewen / O jhr bekuͤmmerten Wittwen / Jn Ewer noth moͤget jhr kuͤhnlich fuͤr jhn tretten vnd beten / Er hoͤret alles waß jhr redet / waß jhr klaget vñ ſaget / So bald der Elende ruffet / hoͤrets der Herr / vnd die Rache wird eilends kommen / ſagt Syrach / Er wendet ſich zum Gebet der verlaſſenen /Syr. 21. ſpricht David / vnd damit jhr nicht vermeinen duͤrffet /Pſ. 102. das gehe Euch nicht an / Siehe / ſo wendet ſich Syrach ab - ſonderlich zu Euch vñ ſpricht / Gott verachtet des WaiſenSyr. 35. Gebet nicht / noch die Wittwe / weñ ſie klaget / die Threnen der Wittwen flieſſen wol die Backen herab / ſie ſchreyen aber vberſich wieder den / der ſie herauß dringet.

Als Hagar inn der Wuͤſten mit jhrem Soͤhnlein beyGen. 21. aͤuſſerſter noth / jhre Stimme auffhub / betete vñ weinete / ward ſie Gnaͤdiglich von Gott erhoͤret / getroͤſtet vnd er - rettet: Sara Raguelis Tochter gieng in jhrem betruͤbnuͤß /Tob. 3. in jhre Kammer oben im Hauſe / klagte Gott dem Gerech - ten Richter jhre Noth / vnd hielt an mit beten und weinet drey Tag vnd drey Nacht / Bald in derſelbten ſtunde ward jhr Gebet erhoͤret / von dem Herrn im Himmel / vnd der Heilige Raphael / der Engel des Herrn ward ge - ſand das er jhr huͤlffe. Jn gleichem thet die frome Judith / als ſie vnd die gantze Buͤrgerſchafft zu Bethulien / in der hoͤchſten Kriegs gefahr waren / gieng ſie in jhr Kaͤm̃erlein / bekleidet ſich mit einem Sacke / Strewete Aſche auff jhr Haͤupt / fiiel nieder fuͤr dem Herrn / Schrey zu jhmC iijvnd[22]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.Jud. 9.vnd ſprach / Hilff mir armen Witewen Herr mein Gott / Erhoͤre mein armes Gebet / die ich allein auff deine Barmhertzigkeit vertrawe / vnd ſiehe / jhr Seufftzen ward erhoͤret / vnd ſie ward jhrer bitte gewehret / Jſt das nicht troͤſtlich / Wer iſt ſo frech vnd Gottloſe / der ſich an Euch reiben darff / weil jhr fuͤr dem Allerhoͤchſten Richter ſo bald Audientz erlanget.

3.Zum dritten / Ein jeder Gerechter Richter in der Welt / Forſchet fleiſſig nach / biß er auff den rechten grundt kom̃e / Leſt ſich kein Anſehen der Perſon / noch Geſchencke blendenDeut. 26 vnd jrꝛe machen: Sondern er erhelt einen jeden bey ſeinem habenden Recht / nach dem befehl des Herrn: Du ſolt das Recht nicht beugen / vnd ſolt auch kein Perſon anſehen / noch Geſchencke nehmen / denn die Geſchencke machen die Weiſen blindt vnd verkehren die Sache der Gerechten / viel fleiſſiger / viel eygentlicher fragt der Gerechte Richter Chriſtus Jeſus nach Euch / O jhr betruͤbten Wittwen / Er nimbt ſich Ewer in billichen Sachen trewlich an / vnd hilfft Euch zu Ewren Rechte / der Herr ſchaffet Ge - rechtigkeit vnd Gerichte allen / die vnrecht leiden / ſagetPſ. 103. Koͤnig David / Er befihlt auch mit Ernſt aller Chriſtlichen Obrigkeit vnd ſpricht / Du ſolt das Recht der frembdlingẽDeut. 24. vnd der Waiſen nicht beugen / vnd der Wittwen KleidtEzech. 7. nicht zu Pfandt nehmen. Vnd anders wo / Thut nicht vnrecht den Wittwen / Waiſen / Frembdlingen vñ armen. Ja Gott thut ſchoͤne Verheiſchungen allen Richtern auff Erden / die den Wittwen zu jhrem Rechte verhelffen /Eſa. 1. Schaffet dem Waiſen Recht / vnd helfft der Wittwen ſachen / So kompt dann / vnd laſſet vns mit einander Rechten / ſpricht der Herr / Weñ Ewer Suͤnde gleich Blutroth iſt / ſo ſoll ſie doch Schneeweiß werden / vnd weñſie[23]Chriſt - Adeliche StandtPredigt.ſie gleich iſt wie Roſinfarbe / ſo ſol ſie doch wie Wolle werdẽ. Halt dich gegen die Waiſen / wie ein Vater / vnd gegen jhꝛe Mutter wie ein Haußherꝛ / ſo wirſtu ſein wie ein Sohn des Allerhoͤchſten / vnd Er wirdt dich lieber haben deñ dich deine Mutter hat / ſagt Syrach. Dieſen befehl Gottes /Syr. 4. hat wol bedacht David / denn als die Wittwe von Thekoa jhn vmb hilff anflohe / ſprach er / Gehe hin / Jch wil fuͤr2. Sam. 14. dich gebieten / wer wider dich redet / den bring zu mir / ſo ſol er nicht mehr dich antaſten / jener Richter war ſonſt einLuc. 18. Trotziger vngerechter Kopff / dennoch da die arme Wittwe / ſo jnſtaͤndig bey jhm anhielt / halff er jhr zu jhrem Rechte. Als zur Zeit dem Hochloͤblichen Kayſ: Rudolpho I. Eine bekuͤmmerte Wittwe jhre noth klagen wolte / vñ die Raͤhte ſie weg ſtoſſen wolten / wardt der Kayſer Vnwillig / vnd ſprach / Laſſet das arme Weib fuͤr mich / denn ich bin nicht darumb Kayſer worden / daß ich mich / wie ein Vogel / ins Gebaur ſol ſperꝛen vnd verſchlieſſen laſſen / Wer es aber nicht thut / ſondern ſich an verlaſſenen / wieder Recht vnd Billigkeit vergreifft / von dem ſagt der Gerechte Richter imDeut. 27. Himmel / verflucht ſey / der das Recht des Frembdlings / der Waiſen vnd der Wittwen beuget / vnd alles Volck ſol ſagen Amen / Ja es geſchehe jhm alſo.

Endlich ein fromer Richter / Schuͤtzet ſeine gehorſame4. Vnterthanen / nach aͤuſſerſtem vermoͤgen / vnd ſtraffet die jenigen gewaltiglich / die Sie beleidigen: Daher ſagtRom. 13. S. Paulus / die Obrigkeit traͤgt das Schwerdt nicht vmb ſonſt / Sie iſt Gottes dienerin / Eine Recherin zur ſtraffe / vber den der boͤſes thut / Eben diß thut auch der Oberſte Richter an Euch / O jhr bedrengten Wittwen / der HErꝛ iſt der armen Schutz / ein Schutz in der Noth / Er behuͤtetPſal. 9. Frembdlingen vnd Waiſen / ſagt der Koͤnig David / vndPſ. 146.C iiijhelt[24]Chriſt-Adeliche Standt Predigt.helt die Wittwen / vnd kehret zu ruͤck den Weg der Gott - loſen.

Tob. 3.Wer hat Schutz gehalten der fromen Sara / welche auß GOttes Verhaͤngnuͤß Siebenmahl inn den Trawrigen Wittwenſtandt gerathen? Hat nicht der Gerechte Gott / jhr vnſchuldt an Tages liecht gebracht / vnd jhre Wieder - ſacherin zu Schanden geſetzet? Wer hat erꝛettet / von der Gewalt jhres Schuldtherꝛen / jene Propheten Wittib zur2. Reg. 4 Zeit Eliſe? Hats nicht Gott gethan? Wer hat beſchir - met Judith fuͤr den geylen Soldaten Holofernes? SieJud. 4. ſaget ſelber: So wahr der Herr lebet / hat Er mich durch ſeinen Engel behuͤttet / das ich nicht bin vervnrei - niget worden / ſo lang ich bin auſſen geweſen / vnd hat mich ohne Suͤnde wieder her gebꝛacht mit groſſen Frewden vnd Sieg / darumb dancket jhm alle / denn Er iſt guͤttig / vnd hilffet jmmerdar.

Wer ſich wider Euch ſetzet / der entgehet der ſtraffe nichtExo. 21. Bedencket die Ernſte Wort Gottes / da er ſpricht / Jhr ſolt keine Wittwen vñ Waiſen beleidigen / wirſtu ſie beleidigẽ / ſo werden ſie zu mir ſchreyen / vnd Jch werde jhr ſchreyen erhoͤren / So wird mein Zorn ergrimmen / daß Jch euch mit dem Schwerdt toͤdte / vnd Ewere Weiber Wittwen / vnd Ewere Kinder Waiſen werden.

2. Paral. 33.Koͤnig Manaſſes hatte manchem tapffern Mann ohne Schuldt vnd Vrſach hinrichten laſſen / vnd dero geſtalt durch ſolche Tyranney viel Weiber zu Wittwen gemacht / Vber den ließ endtlich GOtt der Gerechte Richter die Fuͤrſten des Heeres des Koͤniges zu Aſſur kommen / die ſchlugen jhn in die Feſſel vnd Ketten / vnd fuͤhreten jhn /2. Reg. 19. wie einen Hundt gen Babel. Da Senacherib der ſtoltze freche Koͤnig zu Aſſyrien / fuͤr Jeruſalem geſchlagen wardver -[25]Chriſt - Adeliche Standt Predigt.verdroß es jhn hefftig / vnd ließ in ſeiner Anheimkunfft viel Jſraeliten toͤdten / O wie manch fromes Weib wardt in den Trawrigen Wittwenſtandt geſetzet / denſelben er - ſchlugen nachmahls auß Gerechtem Gericht ſeine eygene Soͤhne im Hauſe Nißrach ſeines Gottes / vber dem Gebet. Als Heliodorus ſich zu Jeruſalem trotziglich vnterſtundt /2. Macc. 3. auß dem Tempel das Geldt zu nehmen / welches Wittiben vnd Waiſen dem Gotteskaſten zu verwahren vbergeben hatten / da rennete ein Engel GOttes inn geſtalt eines ſchrecklichen Ritters / mit aller Macht auff jhn zu / ſtieß jhn mit den foͤrdern zweyen Fuͤſſen / auff beyden ſeiten ſtunden zweene Junge Geſellen / ſtarck vnd ſchoͤne / vnd ſehr wol bekleidet / die ſchlugen getroſt auff jhn / das er fuͤr Ohn - macht zur Erden ſangk / vnd jhme das Geſichte vergieng / vnd er lag alſo fuͤr todt / vnd vermocht kein Wort zu reden. Hette auch der Hohe Prieſter nicht ſo hertzlich fuͤr jhn ge - bettet / ſo were er in ſeinen Suͤnden dahin geſtorben vnd Ewig verdorben.

Eben dieſer Richter trew des Allmaͤchtigen Gottes / hat ſich auch in der That zu getroͤſten / dieſe Hochbetruͤbte Ade - liche Wittib / O fleiſſig wird Er fuͤr Sie ſorgen / daß Sie vberall Spurzeichen ſeiner Liebe wirdt ſehen vnd mercken / wirdt es jhr Kummerhafftig inn jhrem Stande ergehn / ſo kan ſie kuͤhnlich fuͤr jhn tretten / jhme jhre noth klagen / vnd mit andaͤchtigem Gebete jhn anfliehen / Er wirdt ſie hoͤren / vnd Gnaͤdig erhoͤren / Solt jhr auch etwas zu vn - recht widerfahren / ſo wirdt es der Gerechte Richter nicht vngerochen laſſen. Jn betrachtung deſſen ſol ſie nun jhr Hochbetruͤbtes Adeliches hertz vnd gemuͤthe zu frieden ſtel - len / jhꝛe flieſſende Thꝛaͤnen zu rucke halten / vnd bedencken / waß ſie vor einen herꝛlichen Wechſel getroffen / Jn dem ſieDan[26]Chriſt-Adeliche StandtPredigt.an ſtatt des Sterblichen vnd Ohnmaͤchtigen / mit einem Vnſterblichen vnd Allmaͤchtigen Pfleger / Ernehrer vnd Beſchuͤtzer verſorget iſt / worzu ſie auch jhr Hertzliebſter vñ nunmehr ſeliger Eheſchatz vermahnet / vnd ſie gleichſam wie wol mit ſtillſchweigendem Munde auß ſeinem Sarch anredet / mit dieſen Worten:

O Trewes hertz / O hertz trew vber alle hertzẽ /
Betrawre nicht meinen Todt / mit ſo viel Angſt vnd
Schmertzen.
Halt in Gedult GOtt ſtill / der mich zu ſich geruͤckt /
Vnd meine Seele in frewd auff ſeiner Schoß erquickt.
Haſtu mich Lieb / wie du nichts kanſt deñ hertzlich lieben.
So goͤnne mir mein gluͤck / thue dich nicht mehr betruͤbẽ.
Das Leben inn der Welt tawret eine kurtze Zeit /
Zuſammen bringt vns Gott / dort in der Ewigkeit.
Diß iſt das Creutz / ſo dir GOtt ſelbſt hat auffgeleget.
Er thut / wie Er zu thun mit ſeinen Kindern pfleget.
Nichts wiederfaͤhret dir waß andern nicht geſchehen.
Gott leſſet auff der Reyh den bittern Creutzkelch gehen.
Dencke nicht / du ſeyeſt von jhm in deiner noth verlaſſen.
Er ſteupet wol ſein Volck / doch ſteupet ers mit maſſen.
Ein kleinen Augenblick verbirgt Er ſich von dir.
Die Gnade ſo darauff erfolgt / wird wehren fuͤr vñ fuͤr.
Er troͤſtet durch ſein Wort die von jhme troſt begehren.
Er lindert dem die Noth / der ſich zu jhm thut kehren.
Ja weñ ſein Stuͤndlein koͤmpt vertreibet er alles leidt.
Wer Thraͤnen ſeet auß / der Erndtet lauter frewdt.

Dich aber / O ſeliger H. Duͤhr wollen wir nun zu deinem Schlaffkaͤmmerlein begleiten / zu Olbersdorff wirſtn nicht mehr ſitzen / kein ſpitziger Creutzdorn wird dich mehr ritzen /das[27]das Hauß des Friedes ſtets wehrender Frewde wohne vnd Luſt / iſt dir vor dieſe Angſtwelt gegebẽ worden. Nu werdẽ wir arme Prieſter nicht mehr deinen Geburts tag alhiero begehen / wie wir Jaͤhrlichen pflegten zu thun / denn jetzo begehen wir den Letzten / vnd zwar den beſten / an welchem du deinen ſeligen Eingang habeſt inn das Ewige frewden Leben / das Loß iſt dir gefallen auffs Lieblichſte / dir iſt ein ſchoͤn Erbtheil worden.

Du haſt alhiero viel Sorgen / Angſt / Kummer vnd Kranckheit außgeſtanden / vnd endlich durch den Zeitlichen todt dein Leben beſchloſſen / alhiero hat biß dato dein Ade - licher Coͤrper geruhet / jetzundt wirdt er nun auß dieſem Adelichen Hauſe gefuͤhret / deine Seele iſt allbereit bey Chriſto deinem Erloͤſer / deſſen beſtendiger Liebhaber du alhiero geweſen biſt / Solcher Liebe wirſtu genieſſen Ewig - lich / dieſen deinen Leib / vnd alle deine Gebeine / wirdt Chriſtus Jeſus durch ſeine Engel bewahren / das nichts davon vmbkomme / biß er jhn an jenem Tage / zu Ewigem Liecht vnd vnauffhoͤrlicher Frewde erwecken wirdt.

Nun Zeuch hin mit Friede / vnd ſey geſegnet von vns allen / Chriſtus Jeſus ſegne deinen Außgang auß dieſem Adelichem Ritterſitz / vnd deinen Eingang in dein Ruhe - kaͤmmerlein / darinnen Lieg vnd Schlaffe mit Frieden / der Herr dein Erloͤſer wirdt dir helffen / daß du ſicher wohnen moͤgeſt / der lang gewuͤnſchte Frewden morgen / iſt nicht weit / da wirſtu aufferſtehen / von deinem Erloͤſer mit deiner haut vmbgeben / als dañ ſollen jhn deine Augen ſchawen / vnd ſeine Herꝛligkeit ſehen allezeit / Vnd wir werden dich wider ſehen / vnd vns mit dir fuͤr dem Throne Gottes frewen Ewiglich / drauff fahre hin mit Frewden. GOTT verleyhe vns zu rechter Zeit eine Selige Nachfahrt / vmb Jeſu Chriſti willen / Amen.

About this transcription

TextEin Vermahnung vnd Trostpredigt/ Zu Ehren-Gedächtnüß
Author Jacob Hoy
Extent27 images; 6675 tokens; 2316 types; 44851 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEin Vermahnung vnd Trostpredigt/ Zu Ehren-Gedächtnüß Dem Weyland Wol-Edlen vnd Gestrengen Herrn/ Hanß Georgen von Dühr vnd Schönaw Jacob Hoy. . 27 S. Johan BössemesserOels1635.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 18/7-8 / 508143

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:40Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 18/7-8 / 508143
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