PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
JUCUNDISSIMUM JUSTORUM DIVERSORIUM.
Die Gewuͤntſchte Herberge der Gerechten. Auß dem 1. Verß deß 3. Capittels im Buch der Weißheit:
Bey der Adelichen Sepultur deß Holdſeligen Knaͤbleins Wenceslai,, Deß Wol-Edlen vnd Geſtrengen Herren WENTZELS von ROTKIRCH vnd Pan - then / auff Wintzenberg / ꝛc. geweſe - nen hertzgeliebten einigen Soͤhnleins: Welches den 24. tag Monats Decembris deß ver - floſſenen 1627. Jahres durch ein ſanfftes vnd ſeliges einſchlaf - fen / auß dieſer muͤhſeligen Lebens Pillgramſchafft / in die ge - wuͤntſchte herberge deß ewigen FrewdenLebens befoͤdert / vnd den 20. Januarij deß folgenden 1628. Jahres Chriſtlich zur Erden beſtattet worden. Dargeſtellet Den hoͤchſtbetruͤbten zu Troſt. Jn einer kurtzen Leich-Sermon, fuͤr dem Adelichen Hauſe Wintzenberg.
Gedruckt zumBrieg/ durchAuguſtinum Gruͤndern. A. C. 1628.
[2]
UNI, TRINO, ÆVITERNO S.
& memoriæ
WENCESLAI AROTKIRH ET
Panthen.
WENCESLAI, HÆREDITA -
R[H]IN WINZENBERG,
ET MARIANÆ SCOPPIÆ
Filioli unici puellorum floſculi,
Anno ⅽiↄ iↄ , xxiii. die menſis IXbris nati,
Cujus formæ venuſtas, morum ſuavitas, ingeniolj
ſupra ætatem capacitas
invidiam Parcarum excitarunt
in primo enim ætatis vernantis flore & vigore
inter vota, amplexûs & lacrumas
CARISSIMOR: PARENTUM
(quos in ſqualore, gemitu & cruciatu reliquit)
eheu! extingvitur
& ad vitam verè vitam traducitur
die XXIV menſis Xbris
Anno M DC XXVII.
cum vixiſſet
Annos IV. Hebdom. VI.
Parentes mœſtiſs. amoribus & deliciis
ſuis deſideratiſs.
Hoc monument. promunere extremo, cumlacrumis P. P.
[3]

Paraſceve Concionis.

Das wallt der Vater der Barmhertzigkeit vnd Gott alles Troſtes / in deſſen gnadenhand die See - len der Gerechten ruhen vnd von keiner Qual beruͤ - ret werden: Hochgeliebet vnd gelobet ſambt ſeinem Sohne Jeſu Chriſto vnnd dem heyligen Geiſte / AMEN.

ANdaͤchtige vnnd mehrentheils hochbetruͤbte hertzen / wenn der heilige Geiſt in den Bibliſchen ſchriff - ten von etwa einem truͤbſeligen Schmertzen vnd ſchmertz licher truͤbſeligkeit reden wil / ſo pfleget er ſolche zum offtern de - nen Eltern zu vergleichen welche durch klaͤgliches ableiben jh - res erſten Sohnes oder Kindes in euſſerſte Trawrigkeit verſe - tzet ſeind: Alß Zachariaͤ 11. Sie werden jhn klagen wie man klagt ein einiges Kind / vnnd werden ſich vmb jhn betruͤben wie man ſich betruͤbet vmb ein Erſtes Kind. Vnd Jeremiaͤ 6. O Tochter meines Volcks zeuch Saͤcke an / lege dich in die Aſchen / vnd trag leyde wie vmb einen einigen Sohn.

Was wil Gott der heilige Geiſt hiermit anders lehren / alß das Vaͤter - vnd Muͤtter-lichem hertzen nichts ſchmertzlichers vnd klaͤglichers in dieſer ſterbligkeit begegnen koͤnne / alß toͤdt - liche hinraffung jhrer holdſeligen Ehepflaͤntzlein / zumal wenn es eintzige Soͤhne vnd Erben geweſen / ſo ſich bald in der er - ſien Bluͤt jhres zarten alters wol angelaſſen?

A ijDie -[4]

Dieſer truͤbſelige ſchmertzen vnd ſchmertzliche Truͤbſelig - keit hat in kurtz verwichener zeit / bey vnverhoffter aber gantz ſeliger hinfahrt jhres einigen Soͤhnleins vnd Erbens / leider allzuſehr auch betroffen den Wol-Edlen vnd Geſtrengen Her - ren Wentzeln von Rotkirch vnd Panthen / vnd deſſen hertzge - liebte Gemahlin die Wol-Edle VielEhr vnd Tugendreiche Fraw Marianam Rotkirchin geborne Schkoppin / ꝛc. O deß gantz ſchmertzlichen? O deß klaͤglichen vnd traurigen hertzens - Rieſſes? Ach wie ſolten? ach wie koͤnten ſie jtzo einem ſo lieben vnd werthen von jhrem ſelbſteigenen hertzen abgeriſſenen ſtuͤ - cke / in den Todten-Sarg vnd finſtere grabſtaͤte nachſehen / oh - ne threnenquellende augen / ohne traurige geberden / ohne hertzbrechende ſeufftzer? Sintemal jhnen entzogen worden jh - rer nechſt Gott vnd ſeinem heiligen worte hoͤchſter Schatz / die Fackel jhrer augen / die Frewde jhres hertzens / der Troſt jh - res muͤhſeligen lebens / der Stab jhres herzuſchleichenden al - ters / der Erbe jhrer guͤtter / der fortpflantzer jhres Adelichen Stammes vnd geſchlechtes. O volucrem fortunam! quam citò omnia ex læticia ac voluptate adluctum ac ſacru - mas recidunt, exclamiren wir billich mit Cicerone.

O wie war vnd recht heiſt es mit dieſen hochbetruͤbten A - delichen hertzen: Quanto ferventius diligimus habita, tan - to gra vius ſuſpiramus acdolemus ablata, wie Gregorius redet / das iſt:

Was wir hertzlich lieben bey lebn
Das wird gar ſchmertzlich uͤbergebn.

Denn weil die eingepflantzte Bluts - vnd Muts-liebe ke - genwertiger leidetragender Eltern / gegen jhrem verblichenenEhe -[5]Eheſchaͤtzlein / nechſt Gott im hoͤchſten vnd hefftigſten grad / vnd ſolches jhres hertzens rechtes philtrum geweſen / wie Me - nander die Ehepflaͤntzlein nennet: Ey ſo koͤnnen wir vns gar leicht die rechnung machen / das jhre hertzkrenckung uͤber alle maſſen hefftig / ja ſo groß / das ſie nicht mit worten außgeſpro - chen / mit geberden bezeuget / vnd mit weinen koͤnne dargethan werden. Domeſtica enim mala majora ſunt lacrumis: Kinder ſchmertz gehet Eltern recht ins hertz / ſagte Pſammenitus zum Cambyſe beim Herodoto. Vnd Sene - ca ſpricht: Curæ leves loquuntior, ingentes ſtupent. Wenn die angſt nicht gar zu groß ſo kan man noch etwas her - aus winſeln / wenn ſie aber gar zu hefftig ſo machet ſie die Menſchen gantz ſprachloß.

Aber / O jhr hochbetruͤbte Adeliche hertzen / jhr ſeidt ja ge - tauffte Chriſten. Weil jhr nun Chriſten ſeidt ey ſo muͤſſet jhr nicht trauren wie die Heyden. Weil jhr Chriſten ſeidt / ey ſo wiſſet jhr das ewer Soͤhnlein ein depoſirum vnnd euch von Gott anvertrawtes pfand geweſen / darumb muͤſſet jhr es jh - me nicht vorenthalten / oder / wie boͤſe Schuldleute thun / mit vngedult vnd murren wiedergeben. Weil jhr Chriſten ſeidt / ſo wiſſet jhr das ewer Adeliches Ehepflaͤntzlein vnnd einiges Soͤhnlein nicht verlohren ſondern in der hand GOttes gar wol verwahret iſt / denn alſo ſpricht die Himliſche Weiß - heit Sap: 3.

Juſtorum animæ in manu DEI ſunt, & non tangit illos tormentum. ()A iijDer[6]Der Gerechten Seelen ſind in Gottes hand / vnd keine Qual ruͤhret ſie an. ()

Diß ſchoͤne Troſtſpruͤchlein habt jhr zum offtern von ew - rem ſeligen Eheſchaͤtzlein / nicht ohne luſt bey deſſen geſund - heit / aber mit weh mut bey deſſen ſchmertzlichen Kranckheit / angehoͤret: Wolan / hoͤret jhme noch ein mal zu wie es eben mit dieſen gantz troͤſtlichen worten / alß mit einem heylſamen Kuelbaͤndlein aus der Apotheck deß heiligen Geiſtes / ewre ſchmertzliche Hertzenswunden verbinde / zum letzten auszuge aus dieſem Hauſe euch durch meine Perſon Valedicire / auß dem Labirynth der trauergedancken fuͤhre / vnnd ſeinen an jtzo gantz gewuͤntſchten zuſtand euch beſchreibe / damit jhr hinfuͤro getroſt heraus brechen vnd ſprechen koͤnnet:

Vnſers Soͤhnleins Seelichen iſt in Gottes Hand / vnd keine qual ruͤhret daſſelbe an.

Solchen Troſt ewren bekuͤmmerten hertzen deſto tieffer ein zupflantzen / wollen wir itzo / mit Goͤttlicher verleihunge / aus anleitung angezogenen Spruͤchleins / gantz kuͤrtzlich / vnd ſo viel gegenwertiger zuſtand leidet / reden:

De jucundiſsimo juſtorum ex hac vita emi - grantium diverſorio.

Von der ſehr anmuttigen vnd lieblichen Herber - ge / zu welcher die Gerechten durch ein ſeliges ein - ſchlaffen gelangen.

Herre Jeſu / laß vnſer vorhaben deinem heyligen Nahmen zu Ehren / den hochbetruͤbten zu Troſte / vnnd vnsallen[7]allen zur fruchtb arlichen vnterrichtunge gereichen / AMEN.

Tractatio propoſiti thematis.

DAs gantze Lebensleufftlein eines rechtglau - bigen Chriſten iſt nichts anders alß ein jmmerwehren - de Pilgramsfahrt vnd wanderſchafft / all dieweil die glaubigen Kinder GOttes nicht hier auff Erden ſondern im Himmel jhre heymat vnd rechtes Vaterland haben. Dann - hero nennet der Ertz Vater vnd Patriarch Jacob ſeines lebens lauff eine Walfahrt Geneſ. 47. Vnd Koͤnig David nennet ſich einen Bilgram Pſalm 39. Eben alſo ſaget er Pſalm 119. Jch bin ein gaſt auff Erden. Vnd im 1. Buch der Chro - nica cap: 30. ſpricht er: Wir ſind frembdlinge vnd gaͤ - ſte fuͤr dir / wie vnſere Vaͤter alle. Hiermit ſtimmet - berein der Apoſtel Petrus da er 1 cap: 2. ſaget: Jch ermah - ne euch alß die Frembdlinge vnd Bilgrim. Jtem S. Paulus in der 2 zun Corinth: am 5. Weil wir im leibe wohnen / ſo wallen wir dem Herren. zun Ebraͤern am 13. Wir haben hier keine bleibende ſtadt / ſon - dern die zukuͤnfftige ſuchen wir. Vnd im vorhergehen - den 11 Capitel bekennen die heyligen Gottes / das ſie Gaͤ - ſte vnd Frembdlinge auff Erden geweſen.

Damit nun dieſe vnſere Wanderſchafft wol angeleget werde / alß ſollen wir zwar mit dem leibe hier auff Erden wal - len / aber mit dem hertzen vnd gedancken alle ſtunden vnd au -gen -[8]genblick in Himmel reiſen / vnd auff die ewigwerende Herber - ge vnd jmmerbleibende ſtadt deß Himliſchen Frewdenlebens gedencken; Da wir nicht mehr Frembdlinge ſondern Buͤrger mit den heyligen vnd Gottes Haußgenoſ - ſen ſein vnd bleiben werden / Epheſ. 2. Denn wie wir die - ſe Herberge ſchon hier in dieſem leben beſitzen in der hoffnung: alſo ſol dort erfolgen die empfindliche geniſſung vnd wuͤrckliche beſitzunge.

Gleich wie aber ein muͤhſamer Wandersman fleiſſig nach forſchet was vor einen Nahmen vnd zeichen die jhme recom - men dirte gutte herberge habe: Alſo forſchen wir Chriſten alß Geiſtliche Pilgrams Leute billich mit groſſem fleiß / wo die im Himmel vns bereitete herberge anzutreffen / vnnd wie dieſelbe tituliret werde?

Hiervon thut vns vnſer vorhabendes Troſtſpruͤchlein ge - nuͤglichen bericht / alß bey welchem in acht zu nehmen:

I.

Zum Erſten: Hoſpitii præcelſitas, dieſer Her - berge hoheit vnd wichtigkeit.

Mit einem gar ſchoͤnen vnd anmuttigen Nahmen wird ſie tituliret vnd genennet Manus DEI die Hand GOttes. Dieſe Hand iſt nicht etwa ein glied am Leibe Gottes wie vnſere haͤnde an vnſern Leibern. Denn Gott iſt nicht wie ein Menſch geſtalt der augen vnd ohren / armen vnd hende / fleiſch / beine vnd dergleichen was leibliches habe: darumb ſol jhme niemand ſo vngeheure gedancken einkommen laſſen / wie vor zeiten die Antropomorphitæ; Sondern er iſt ein Geiſt Joh. 4. Ein[9]Ein Geiſt aber hat nicht Fleiſch vnnd Beine / ſagt Chriſtus ſelbſt Luc. am 24.

Es werden jhme aber ſolche gliedmaſſen zugeeignet κατ ανθρωποπάθειαν nach Menſchlicher art vnd weiſe / alſo das all - hier nach S. Auguſtini auslegung die hand GOttes ſo viel heiſſet alß Gottes Schutz / krafft vnd Allmacht. Wil demnach die Weißheit Gottes allhier dieſes ſagen: So bald die Seelen der Gerechten aus der jrrdiſchen huͤtten dieſes ſterblichen Leibes ausfahren / ſo bald nimet ſie Gott in ſeinen mechtigen ſchutz vñ ſchirm / behuͤttet vnd bewahret ſie vor allem uͤbel / vnd er - helt ſie in jmmerwehrender frewde / friede vnd ruhe.

Dieſer hohen vnd wichtigen Herberge werden in heiliger Schrifft hin vnnd wieder noch mehr gantz troͤſtliche Nahmen zugeeignet. Jm 1. Buch Sam: cap. 25. wird ſie genennet Faſciculus viventium das Buͤndlein der Lebendi - gen. Luc. am 18. Sinus Abrahæ die Schoß Abrahæ darein alle die jenigen kommen welche ſeines glau - bens vnd verheiſchunge Kinder ſein Rom. 4. Ferner wird dieſe herrliche Herberge Luc. am 23. von Jeſu Chriſto genennet das Paradeyß / nicht zwar das jrrdiſche / ſo zur zeit der Suͤndflutt gantz uͤberſchwemmet vnnd verwuͤſtet wor - den / ſondern das von welchem Theophylactus ſaget: Para - dyſus & regnum cœlorum idem ſunt. Alſo wird ſie ge - nennt Joh: 14. deß Himliſchen Vaters Hauß in wel - chem viel wohnungen ſeind. in der 2 zun Corinth: amB5.[10]5. Ein Hauß nicht mit henden gemacht / ſondern von Gott gebawet. zun Ebr. am 11. ein Stadt von Gott zubereitet. Jn der Offenbahrung Johan 14. Der Ort der Seligkeit. Vnd im 17. cap. Das Newe Je - ruſalem.

USUS. I. Informatorius.

Dieſes dienet vns vors Erſte zur Vnterrichtung. Denn wir lernen hierauß eigentlich wiſſen vnd verſtehen wohin die Seelen der Gerechten / nach jhrem ſeligen ableiben kommen?

Sie kommen nicht in locum obſcurum in etwa einen frembden vnbewuſten Ort vnd vnbekante Herberge / wie Key ſer Hadrianus bey ſeinem abſcheyde vermeinete / drumb win - ſelte vnd klaͤgelte er ſo jaͤmmerlich:

O animula vagula blandula, Hoſpes comesq́; corporis, Quæ nunc abibis in loca? Pallidula, rigida, nudula, Nec, ut ſoles, dabis jocos. ()Das iſt:

O liebes Seelichen / du bißhero geweſener werther Gaſt vnd geferte deß Leibes / wo ſollen wir nun hinauß? Jn was vor eine wunderſeltzame Herberge werden wir nun gelangen? Alle frewde vnnd ergetzligkeit wird nunmehr mit vns ein ende haben.

So gehen auch die Seelen nicht zu gleich mit dem Leibe vnter / wie vor zeiten Epicurus vnd Demoeritus fabuliret ha - ben. Sie fahren vnd fladern nicht in der lufft herumb / biß ſiealß[11]alß ein Rauch oder Dampff verſchwinden / wie die Stoici da - fuͤr gehalten. Auch kehren ſie nicht aus einem Coͤrper in den andern zur Herberge ein / wie nicht allein Aratus vnd die Py - thagoræi geſchwermet / ſondern auch die Juden ſelbſt vnd mit jhnen Herodes gemeinet / wie zu ſehen Matth: 14. Sondern ſie kommen in die Hand Gottes / das iſt / in ſichere Ruhe vnd jmmerwerende Seligkeit.

Das bezeugen nebenſt vnſerem vorhabenden Texte viel andere Spruͤche vnd Exempel alten vnd newen Teſtamentes. Jn deine haͤnde befehle ich meinen Geiſt / du haſt mich erloͤſet / Herr du trewer Gott / betet der Koͤnig - liche Prophet David im 31. Pſalm. Welche worte der Sohn Davids nach dem fleiſche Jeſus Chriſtus ſelbſt wiederholet hat / wenn er am ſtam̃ deß heyligen Creutzes ruffet vnd ſpricht: Vater ich befehle meinen Geiſt in deine haͤnde. Luc. 23. Vnnd alſo ſagt der Prediger Salomo cap. 12. Der Staub mus wieder zur Erden kommen wie er ge - weſen iſt / vnd der Geiſt wieder zu Gott der jhn ge - geben hat. Jtem Johannis am 12 ſpricht Chriſtus: Wo ich bin da ſol mein Diener auch ſein. Johan: 17. Vater / ich wil / das wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt / das ſie meine herrlig - keit ſehen / die du mir gegeben haſt. Jn der Offenbah - rung Johan: cap. 14. Selig ſind die Todten / die in dem Herren ſterben / von nun an. Ja der Geiſt ſpricht: Sie ruhen von jhrer Arbeit

B ijIn[12]

Jn dieſe gantz herrliche vnd ſelige Herberge wurde Enoch verſetzet / wie zu leſen Geneſ. c. 5. Dahin wurde der Prophe - tiſche Wunderman Elias mit fewrigen Roſſen vnd Wagen abgeholet / im 2 Buch der Koͤnige am 2. Zum zeugniß / das wo - hin ſie geholet vnd inthroniſiret worden / daſelbſt ſollen alle ſelig abgeſtorbene Seelen der gleubigen jhre gewiſſe Herberge vnd jmmerwerende wohnunge haben.

USUS II. Exhortatorius

Zum Andern dienets vns zur Vermahnunge. Dieweil / O lieber Menſch / deine Seele nirgends ſicherer vnnd beſſer verwahret iſt alß in dieſer Herberge, Ey ſo befiehle ja dieſelbe in deiner letzten hinfahrt der allgewaltigen gnadenhand deines Gottes. Laß diß deine groͤſte ſorge / deinen vornembſten kum - mer / dein ſehnlichſtes anliegen ſein / wie du dein Seelichen in ſo herrliche Herberge einfuhriren moͤgeſt.

Gedencke vnd bedencke was der Gottſelige Lehrer Chry - ſoſtomus ſaget:Omnia nobis duplicia dedit DEUS: du - os oculus, duas aures, duas manus, duos pedes. Si igi - tur horum alterum lædatur, per alterum neceſſitati ſub - veniemus. Animam vero dedit unam nobis, ſi hanc per - diderimus, quâ quæſo vivemus? ()Das iſt: Golt der Herr hat vns alles doppelt geben / zwey Augen / zwey Ohren / zwo Haͤnde / zwene Fuͤſſe. Verleuret man ja deren eines / ſo muß das andere das beſte thun. Allein aber eine eintzige Seele hat vns Gott gegeben / wenn du dieſe verleureſt womit wiltu le - ben? Auff was weiſe wiltu ſelig werden.

Darumb ſo mache es wie Koͤnig David / wie der Sohn Davids Chriſtus Jeſus / wie ſein trewer vnnd tewrer liebha -haber[13]ber der heilige Maͤrtyrer Stephanus / welcher alß er vnter den Steinen halb Todt lag ſeufftzete: JESV / nim meinen Geiſt auff. Act. 7. Bete mit Dionylio: Ultimum Ver - bum tuum in cruce, ſit ultimum verbum meum in hac luce. Das iſt:

Das letzte wort am Creutze dein
Jeſu / mein letztes wort laß ſein.
Singe mit der Chriſtlichen Kirchen:
Herr meinen Geiſt befehl ich dir /
Mein Gott / mein Gott / weich nicht von mir /
Nim mich in deine haͤnde /
O warer Gott / auß aller Noth /
Hilff mir am letzten Ende.

So wird an dir erfuͤllet werden was der Herre Chriſtus Johann am 10. von ſeinen gleubigen Schaͤfflein ſaget: Jch gebe jhnen das ewige Leben / ſie werden nimmer - mehr vmbkommen / vnd niemand wird ſie aus mei - ner hand reiſſen.

USUS III. Conſolatorius.

Zum Dritten dienet was wir von der hand Gottes ange - hoͤret zu Troſte / ſonderlich Euch hochbetruͤbten Eltern. Mit was woltet? mit was koͤntet jhr doch ewre Trawrige Hertzen mehr erquicken / alß damit / das ewers ſelig abgeleibten Ehe - ſchaͤtzleins Seelichen allbereit in Gottes ſelbſt eigener hand reſidiret vnd wohnet? O wie wol iſt es in dieſer hand verſorget? O wie reichlich iſt es verſehen? O wie genugſambB iijiſt[14]iſt es verwaret? Kein offentlicher oder heimlicher Feind kan es nunmehr ſchrecken vnd erſtecken: Kein jrriger Lehrer vnd Ke - tzer kan es tribuliren vnd verfuͤhren: Kein Wuͤttrich vnd Ty - rann kan es plagen vnd verjagen: Kein Vngluͤck kan es mehr betreffen: Kein Todt kan es erwuͤrgen.

Darumb / O / ſo laſſet nunmehr ewer uͤbermaͤſſiges graͤ - men vnd kuͤmmern vnterwegen / vnnd goͤnnet ewrem ſelig-ab - geleibten Ehepflaͤntzlein die gewuͤntſchte Herberge / da - rein Gott ſelbſt daſſelbige befoͤdert hat: Denn alle ſeine Trawrigkeit iſt nunmehr zur Frewde worden / zu ſolcher Frewde welche niemand von jhme nemen wird / wie Chriſtus ſelbſt Joh: am 16. verheiſchet.

Nunmehr iſt es kommen aus dem Leyd in die Frewd / aus dieſem Elendsthal in deß Himliſchen Vaters Frewdenſaal / aus der CreutzBurg in die EngelsBurg / aus der gefaͤhrlig - keit in die herrligkeit / ex fide in ſpeciem, ex via in patriam, ex peregrinatione in manſionem. Aus dem Glauben ins Schawen / aus der frembde ins Vaterland / aus der ABC Schul in die Himliſche hohe Schul / ubi dolor non ſenti - tur, ubi gemitus non auditur, ubi triſte nil videtur, ubi læticia ſemper habetur, ubi malum nunquam timetur, quoniam ibi ſummum bonum poſſidetur, wie Auguſti - nus in ſoliloquiis gar ſchoͤn redet / das iſt: Wo kein ſchmertz gefuͤhlet / kein klag noch geſchrey gehoͤret / keine trawrigkeit geſehen / kein Vngluͤck gefuͤrchtet wird / weil man das hoͤchſte gutt geneuſſet vnd be - ſitzet.

II. [15]

II.

Zum Andern iſt bey vnſerm Text in acht zu ne - men: Beata juſtorum ſocietas, die uͤberaus ſelige geſellſchafft der Gerechten / Denn alſo ſichet im Text: Die Seelen der Gerechten ſind in Gottes Hand.

Die geſellſchafft der Gerechten iſt in dieſem Suͤndlichen Leben ſehr duͤnne vnd geringe. Wie denn die Goͤttliche Ma - jeſtat ſelbſt deßhalben klage fuͤhret im 4. Pſalm: Sie ſind alle abgewichen / vnnd alleſambt vntuͤchtig / da iſt keiner der guts thue / auch nicht einer. Vnnd das iſts was Eliphas ſaget im Buch Hiob cap: 15. Was iſt ein Menſch das der ſolte rein ſein / vnd das ſolt gerecht ſein der vom Weibe gebohren iſt? Siehe / vnter ſei - nen Heyligen iſt keiner ohne tadel / vnd die Himmel ſind nicht rein fuͤr jhm. Wie viel mehr ein Menſch / der ein grewel vnnd ſchnoͤde iſt / der Vnrecht ſeufft wie waſſer. Sonderlich aber giebts S. Paulus gnugſamb zu verſtehen wenn er zun Roͤmern am dritten aufftritt vnd das gantze Menſchliche geſchlecht der Vngerechtigkeit beſchuldi - get / ſagende: Sie ſind allzumal Suͤnder / vnd man - geln deß Ruhms den ſie vor Gott haben ſolten.

Denn es gilt hier nicht die juſtitia politica derer auch die vernuͤnfftigen Heyden ſich befliſſen: Wie denn Plutarchus von Ariſtide ſchreibet / Er habe der Gerechtigkeit dermaſſen obgelegen / das er auch den zunahmen Juſti eines Gerechtenerlan -[16]erlanget vnd von jhm offentlich geſaget worden: Hic vir non vult videri ſed eſſe juſtus: Der Mann wil nicht nur mit dem Namen ſondern in der That fuͤr gerecht gehalten werden.

So ſchreibet auch Valerius Maximus von dem Edlen Roͤmer Fabricio, das / alß jhm die Saniter eine groſſe Sum̃ geldes angeboten / er ſolches gaͤntzlich ausgeſchlagen / welchs jhme denn einen ſo groſſen Namen gebracht / das Pyrrhus ſich nicht geſchewet von jhme zu ſchreiben / Hic vir difficilius ab honeſtate, quam Sol â ſuo curſu dimoveri potuit. Die - ſer Mann konte viel ſchwerrlicher von der Erbarkeit / alß die Sonn von jhrem Lauff / abgehalten werden.

Nichts weniger wird von den Hiſtoricis geruͤhmet vnnd auffs beſte heraus geſtrichen Scipio Africanus wegen veruͤb - ter keuſcheit bey einnehmung der Stadt Carthaginis / alß er dem Juͤngling Allucio, welcher ein Fuͤrſt Celtiberiæ war / ſeine uͤberaus ſchoͤne Braut vnverletzet zuſtellete. Vber wel - cher that ſich maͤnniglich verwundert vnnd geſaget: Veniſſe juvenem Diis im mortalibus ſimilem. Nunmehr habe ſich ein Juͤngling funden ſo den vnſterblichtn Goͤttern gleich were. Wie hiervon beim Livio, Plutarcho vnd andern weitleuffti - ger zu leſen iſt.

Aber dieſe Heydniſche Gerechtigkeit / weil ſie nicht aus dem glauben herkommet / iſt Suͤnde / wie Paulus zun Roͤ - mern am 15. bezeuget.

Nichts gilt auch hier Juſtitia Phariſaica die Gerechtigkeit der Phariſeer vnd Schrifftgelehrten / welche von Jeſu Chri - ſto ſelbſt verworffen wird Matth. 5.

Sondern es muß hier das beſte thun vnd vns in die Him -liſche[17]liſche Herberge der Hand Gottes zur geſellſchafft der Gerech - ten verhelffen Juſtitia imputativa die zugerechnete Gerechtig - keit Jeſu Chriſti / welcher iſt der Herr vnſere Gerech - tigkeit / Jeremiaͤ am 23. Davon der Himliſche Vater ſelbſt ſaget: Eſaiaͤ am 53. cap. Durch ſein erkentnuͤß wird mein Knecht der Gerechte viel gerecht machen / deñ er treget jhre Suͤnde. Vnd das iſts auch was der Apo - ſtel S. Paulus ſaget in der 1 an die Corinthier am 1. Jeſus Chriſtus iſt vns gemacht von Gott zur Weißheit vnd Gerechtigkeit / zur heyligung vnd Erloͤſung.

Dieſe Gerechtigkeit Chriſti muͤſſenwir vns zueignen Erſt - lich: Injuſtitiæ ingenitæ ingenua confeſſione, durch freywil liges erkentniß vñ bekaͤntnus vnſerer angeerbtẽ vngerechtigkeit vnd Suͤnde / mit David aus dem 51. Pſalm ſagende: Siehe / ich bin aus ſuͤndlichem Saamen gezeuget / vnnd meine Mutter hat mich in Suͤnden empfangen. Jtem aus dem 143. Pſalm: Herr gehe nicht ins gerich - te mit deinem Knechte / denn fuͤr dir iſt kein lebendi - ger Gerecht. Mit Daniele aus ſeinem 9 Capittel: Tibi Domine juſtitia. Herr du biſt Gerecht / wir aber muͤſſen vns ſchemen. Vnd denn aus dem gebet des Her - ren: Vergib vns vnſere ſchulde. Tunc enim juſti ſu - mus cum nos peccatores fatemur, & juſtitia noſtra non ex proprio, ſed ex DEI miſericordia conſiſtit: ſaget Hie - ronimus: Das iſt: Alß denn werden wir gerecht / wenn wir vns alß arme Suͤnder angeben / vnd vnſere gerechtigkeit nichtCin[18]in vns ſelbſt ſondern in GOttes gnade vnnd Barmhertzigkeit ſuchen.

Nachmals muͤſſen wir vns auch Chriſti gerechtigkeit appli - ciren: Fideli meriti Chriſti apprehenſione. Wenn wir das tewre verdienſt Jeſu Chriſti vnfers erloͤſers mit warem glau - ben ergreiffen: Denn er hat ſich vnter das geſetze ge - than / das er vns vom Fluch deß geſetzes erloͤſete / zun Galat. am 3. Gott hat den der von keiner Suͤnde wuſte fuͤr vns zur Suͤnde gemacht / auff das wir fuͤr jhm wuͤrden die Gerechtigkeit die fuͤr Gott gilt. zun Roͤmern am 3 Der iſt die gnugthuung fuͤr vnſere Suͤnde / in der 1. Johan: am 2. Es iſt in keinem an - dern heyl / iſt auch kein ander Name den Menſchen gegeben darinnen wir ſollen ſelig werden / ſaget der Apoſtel Petrus Actorum am 4. Wir gleuben durch die gnade Jeſu Chriſti ſelig zu werden / wie auch vn - ſere Vaͤter / Actor: 15. Nicht vmb der wercke willen der Gerechtigkeit die wir gethan / ſondern nach ſei - ner groſſen Barmhertzigkeit macht er vns ſelig / ſagt S. Paulus zu Tito am 2.

Entlich: muß ſolche zueignung der Gerechtigkeit Jeſu Chriſti geſchehen: Novæ vitæ inchoatione, Wenn wir der Suͤnden abſterben vnd der gerechtigkeit leben / wie geſchrieben ſtehet in der 1. Petri am 2 Weñ wir frucht - bare Baͤume ſein die da gutte fruͤchte bringen /Math:[19]Matth: am 7. Wenn wir Gott dienen ohn furcht vn - ſer lebenlang / in heyligkeit vnnd gerechtigkeit die jhm gefellig iſt Luc. 1. Wenn wir vnſer Liecht laſſen leuchten fuͤr den Menſchen / das ſie vnſere gutte wercke ſehen / vnd den Vater im Himmel preyſen / Wie Chriſtus befiehlet Matth: am 5.

Vnd hieraus vernehmen wir nun das zur geſellſchafft der Gerechten gehoͤren die jenigen ſo jhre Suͤnde erkennen / Chri - ſtum Jeſum mit warem glauben ergreiffen / ſeines Verdienſts ſich troͤſten / vnd eines vnſtraͤfflichen lebens vnd wandels / mit huͤlff vnd beyſtand deß heyligen Geiſtes ſich befleiſſen.

Hier iſt nun dieſe frage zueroͤrtern nothwendig: Ob denn auch die zarten Kinder ſo durch den zeitlichen Todt in der erſten blůt jhres Alters / vnnd fuͤr vnſern augen gar zu fruͤzeitig / hin geraffet werden / vnter dieſe der Gerechten geſellſchafft koͤñen gerechnet werden? Antwort: Ja freylich / den in der heiligen Tauffe iſt jhnen die gerechtigkeit Jeſu Chriſti appliciret vnnd zugeeignet worden. Wie viel ewer getaufft ſein / ſagt Paulus zun Galatern am 3. die haben Chriſtum ange - zogen.

Weil ſie denn dieſen heyligen Rock vnd Schmuck angele - get / ey ſo koͤnnen ſie auch damit fuͤr GOtt prangen / ruͤhmen vnd ſagen aus dem 61. Capitel Eſaiaͤ: Jch frewe mich in dem Herren / vnnd meine Seele iſt froͤlich in mei - nem Gott / denn er hat mich angezogen mit Kley - dern deß heylß / vnd mit dem Rock der gerechtigkeitC ijge -[20]gekleidet. Wie einen Breutigam mit Prieſterlichem ſchmuck gezieret / vnd wie eine Braut in jhrem ge - ſchmeide berdet.

So ſagt auch der Trewhertzige Liebhaber der Menſchen vornemlich aber der kleinen Kinder Chriſtus Jeſus Matth. 18 Es iſt nicht der wille ewres Vaters im Himmel das einer aus dieſen geringſten vmbkomme. Vnnd Marei am 10 Laſſet die Kindlein zu mir kommen vñ wehret jhnen nicht: Denn ſolcher iſt das Reich Gottes.

USUS.

Hierauß hoͤret jhr nun vnd wiſſets gewiß / O jhr Adeliche hochbetruͤbte Eltern / das ewer Soͤhnlein der Seelen nach ſich auch nunmehr vnter der ſeli - gen geſellſchafft der Gerechten befindet. Was ſolte euch nun anmuttigers? was koͤnte euch troͤſtlichers geſaget werden?

Ewer ſeliges Soͤhnlein hat gemein-vnd geſell-ſchafft vors Erſte / mit Gott ſelber / denn es iſt mit JEſu Chriſto im Pa - radiß Luc am 23. Wo Chriſtus iſt da ſol ewer Soͤhn - lein / alß Chriſti diener / auch ſein / Johan: am 12. Er hat jhme die ſtaͤte bereitet / Joh: am 14. Da ſie - het es ſeine herrligkeit Johan: am 17. Es iſt bey dem Herren allezeit / in der 1. an die Theſſal am 4. Es lebet mit jhme / in der 2. an Timoth. am 2. Es ſtehet fuͤr demLamb[21]Lamb vnd Thron Gottes / vnd dienet jhm. Apocal. am 7. Es ſichet jhn von angeſicht zu angeſicht / 1. Corinth: 13. Es exclamiret mit dem Ertz Vater Jacob: Jch habe Gott von angeſicht geſehen / vnd meine Seele iſt geneſen / Geneſ. am 32. O beata viſio! videre Chriſtum in nobis & nos in Chriſto, felici jucunditate, & jucunda felicitate ſaget Bernhardus. O deß uͤberauß ſe - ligen anſchawens / wenn wir Chriſtum ſehen in vns / vnd vns in Chriſto / in gluͤckſeliger froͤligkeit vnd froͤlicher gluͤckſeligkeit. Das mag Frewde uͤber alle frewde / Wonne uͤber alle wonne ſein? Dannhero auch die heyligen Gottes zu jeder zeit ſo inn - bruͤnſtig darnach gewuͤntſchet haben / alß David in ſeinem 42. Pſalm: Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott: Wenn werde ich dahin kommen / das ich Gottes Angeſicht ſchawe? Jtem im 17. Pſalm Jch wil ſchawen dein Antlitz in gerechtigkeit. Der gedultige Creutztraͤger Hiob hat in ſeiner hoͤchſten drangſelig - keit faſt ſein halbes Himmelreich daran / wenn er mit den ge - dancken deß zukuͤnfftigen gluͤckſeligen anſchawens Gottes ſich delectiret / drumb ſpricht er im 19. Capitel ſeines Buchs: Jch weiß das mein Erloͤſer lebet / vnd er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vnnd werde darnach mit dieſer meiner haut vmbgeben werden / vnd werde in meinem Fleiſche Gott ſehen / denſel - ben werde ich mir ſehen / vnd meine Augen werden jhn ſchawen.

C iijNach[22]

Nach dieſer geſellſchafft vnnd froͤlichem anſchawen wuͤnt - ſchet S. Paulus zun Philip: am 1. Jch habe luſt abzu - ſcheiden vnd bey Chriſto zu ſein. Augnſtinus Mori de - ſidero ut videam JESUM meum. Beda Deſiderat anima mea videre Regem in decore ſuo.

Vors Ander / hat ewer Soͤhnlein gemein - vnd geſellſchafft mit allen Engeln vnd Ertzengeln / mit allen Cherubim vnnd Seraphim / mit allen Thronen / Fuͤrſtenthumben vnd Herr - ſchafften / dieſen allen iſts nunmehr nach Chriſti auſſage Mat - thaͤi am 22. gleich worden. Gleich iſts jhnen:

1. An heyligkeit vnnd gerechtigkeit / in ſolcher iſt es nun - mehr / gleich wie die heiligen Engel / dermaſſen befeſtiget / das es keinen ſuͤndlichen feyltritt in ewigkeit nicht mehr thun kan.

2. An geſundheit / denn der Herr hat alle ſeine ge - brechen geheilet / Pſalm 103. Nemo ibi dicet viſita æ - grotum, quia erit ibi ſempiterna ſanitas, Niemand wird dort ſagen koͤnnen / beſuche dieſen oder jenen Krancken / denn es wird allda eine ewige geſundheit ſein / ſaget Auguſtinus.

3. An glaͤntzender Klarheit / Denn die Gerechten werden leuchten wie die Sonne in jhres Vaters Reiche / wie Chriſtus ſelbſt ſagt Matth: 3.

4. An geſchickligkeit vnd weißheit.

Vnd denn 5. an Vnſterbligkeit; Weil der Todt forthin vber daſſelbe nicht mehr herſchen wird.

Vors Dritte / hat es geſellſchafft mit allen Außer - wehleten / Es ſiehet nicht alleine Abraham / Jſaac / Jacob vnd andere heilige ErtzVaͤter vnnd Ertz Muͤtter / alle hocher -lauchte[23]lauchte Propheten / Apoſtel vnnd Maͤrterer / alle ſeine ſelige An Herrn GroßVaͤter vnd GroßMuͤtter im Reiche Got - tes / Luc. am 13. Sondern es ſitzet auch mit jhnen zu Tiſch / Matth. 8. Helt mit jhnen allerley anmuttige vnd hey - lige geſpraͤche / wie Chriſtus / auff dem Berge Thabor / mit Moſe vnd Elia / wie zu leſen Matth: am 17. Es ſtehet vnter der groſſen Schaar auß allen Heyden Voͤlckern vnd ſprachen fuͤr dem Stul vnd fuͤr dem Lamb / angethan mit einem weiſſen Kleide / hat einen Palmenzweig in ſeiner hand / erhebet ſein Zuͤnglein vnd Stimlein / vnd intoniret mit den allerheiligſten Cherubim vnd Seraphim: Heylig / heylig / heylig iſt Gott der Herre Zebaoth. Es ſinget mit den helleuch tenden Weyhenacht Engeln das Gloria in excelſis Deo, Ehre ſey Gott in der hoͤhe. Mit David das Benedictus vnd Alleluja. Mit Maria das Magnificat. Jn ſ[u] mma: Es ſinget von der gnade des Herren ewiglich / Pſalm 89.

O der groſſen Frewde die kein Auge geſehen / kein Ohre gehoͤret / vnd in keines Menſchen hertze kommen iſt? Welche Gott ſelbſt bereitet hat / denen die jhn lieben / wie Eſa - ias cap. 64. vnd S. Paulus in der 1. an die Corinthier am 2. bezeugen. Das heiſt / meine ich ja / recht wie die Chriſtliche Kirche jtziger zeit ſinget:

Ubi ſunt gaudia Nirgends mehr denn da / Da die Engel ſingenNova[24]Nova Cantica Vnd die Schellen klingen in Regis curia Eya weren wir da?

III.

Zum Dritten iſt in vnſerm Spruch zu betrach - ten â tormentis ſecuritas. Das der gerechten See - len aller Qual vnd plag befreyet werden: Denn alſo ſpricht die Himliſche Weißheit: Keine Qual ruͤret ſie an.

Es iſt aber vornemlich Zweyerley Qual ſo den Menſchen beruͤret: Eins iſt Tormentum temporaneum eine zeitliche / das ander iſt Sempiternum eine jmmerwerende.

Die zeitliche Qual betreffende / alß ſtellet ſich ſelbige bey allen Menſchen gemeiniglich viel eher ein alß man jhr einen Boten ſchicket / alſo das der gedultige Creutztraͤger Hiob gar wol vnd recht ſaget in ſeinem Buch cap: 7. Muß nicht der Menſch jmmer im ſtreit ſein auff Erden / vnd ſeine Tage ſeind wie eines Taͤgeloͤhners? Vnd im 14. Cap. Der Menſch vom Weibe gebohren lebt kurtze zeit / vnd iſt vol vnruhe. Moſes der Mann Gottes ſtimbt hier - mit uͤberein wenn er im 90. Pſalm von deß Menſchen leben bezeuget / das wenns auch am koͤſtlichſten ſo ſey es dolor & labor muͤhe vnnd arbeit. Der Weyſe Lehrer Syrach faſſet Menſchliche Qual gleich in ein Buͤndlein zu - ſammen in ſeinem Buch am 40. Capitel / wenn er ſpricht:Es[25]Es iſt ein eleud jaͤmmerlich ding vmb aller Men - ſchen leben / von Mutterleibe an / biß ſie wieder in die Erden begraben werden die vnſer aller Mutter iſt: Da iſt jmmer ſorge / furcht / hoffnung / vnnd zu letzt der Todt / ſo wol bey dem der in hohen Ehren ſitzt / alß bey dem geringſten auff Erden / So wol bey dem der Seiden vnnd Kron tregt / alß bey dem der einen groben Kittel an hat. Da iſt jmmer zorn / eyver / wiederwertigkeit / vnfriede / Todesgefahr / Neid vnd Zanck. ꝛc. Der alte Lehrer Auguſtinus ſtimmet hiermit uͤberein wenn er ſpricht: In hac vita copia eſt tribu - lationis & inopia conſolationis; Jn dieſem leben giebts mehr Trawer-alß Frewden-tage / mehr angſt-alß Troſt-ſtun - den. Cui non vita tormentum eſt? fraget Seneca;

Vita fugax hominum multorum plena malorum
Wer kan in dieſem leben ſein
Ohne Qual / angſt / truͤbſal vnd pein?

Vnd der Poet Juvenalis Sat. 10.

Hæc data pœna diu viventibus, ut renovata Semper clade domus, multisq́; in luctibus, inq́; Perpetuo mœrore, & nigra veſte ſeneſcant. ()

Sonderlich aber ſetzet der Sathan den Rechtgleubigen mehr alß andern zu mit Qual vnd Sorge / Schwermut vnd Trawrigkeit. Das prognoſticon Chriſti Johan am 16. Plorabitis & lamentabimini: Jhr werdet weinen vnd heulen / wird an jhnen redlich vnd reichlich war gema -Dchet. [26]chet. Sie lauffen in dieſem Leben nicht in einem Rennplatz da ſie ein vorgeſteckt ziel hetten / in dieſer Welt das ende erreichen vnd darnach ruhe haben koͤnten: Sondern in einem Circkel da man allwege wiederumb zum anfange gelanget. Das iſt: Ein Creutz vnd Sorge beut der andern die hand / eine Traw - rigkeit vnd Vngluͤck folgt auff das andere. Unius mali finis eſt principium altcrius: deß einen Vngluͤcks außgang iſt deß andern anfang ſagt Seneca.

Qual vnnd Marter findet ſich in vitæ noſtræ exordio: Jn vnſers Lebens anfange / naſcimur enim cum mœrore, Weinen vnd heulen iſt vnſere erſte ſtimm / welche wir auch die folgende gantze zeit vnſeres lebens continuiren

Qual vnd Marter findet ſich auch in vitæ noſtræ medio in vnſers lebens Progreſs vnnd fortgange / vivimus enim cum labore, der ſaure Naſenſchweiß bleibet nicht auſſen / mit den Jahren vnd dem alter vermehren ſich auch die ſorgen vnd kuͤmmerniß.

Qual vnd Marter findet ſich entlich in ultimo vitæ ter - mino: bey vnſers lebens außgange / morimur enim cum dolore, ſintemal es ohne ſchmertzen nicht abgehet / wenn leib vnd Seele durch den Todt von einander getrennet werden / vnd der Menſch die Schuld der Natur bezahlen muß. Vnd diß iſt die zeitliche Qual.

Anlangende nun ferner die ewige oder jmmerwerende / alß iſts eine ſolche Qual derer grauſamkeit nicht gnugſam aus geſprochen werden koͤnte / wenn gleich alle Raͤßlein vnd graͤß - lein auff dem gantzen weiten vnd breiten Erdbodem / vnd alle Sandkoͤrnlein im Meer Zungen hetten. Davon redet derPro -[27]Prophet Malcachi am 4. cap: Siehe / es kombt ein Tag der brennen ſol wie ein Ofen / da werden alle Ver - aͤchter vnd Gottloſen ſtro ſein / vnnd der kuͤnfftige tag wird ſie anzuͤnden / ſpricht der Herre Zebaoth / vnd wird jhnen weder Wurtzel noch Zweige laſſen Es wird ſein ein ewig vnausleſchlich Fewer Math am 3 vnd 25. Ein Fewerofen darinn heulen vnnd Zeenklappen Math. am 15. Eine ewige Schmach Dan 12. Ein ewiges verderbeu in der 2. zun Theſ. am 1.

Wie nun das Fewer ewig / alſo wird die Qual auch ewig ſein / der Rauch vnd dampff jhrer Qual wird auff - ſteigẽ von ewigkeit zu ewigkeit / Ap. 14. In inferno ignis erit inextingvibilis, frigus intolerabile, vermis immor - talis, fætor intolerabilis, tenebtæ palpabiles, flagella - dentium, horrida viſio Dœmonum, confuſio peccato rum, deſperatio omnium bonorum. Erit enim miſeris mors ſine morte, defectus ſine defectu, quia mors ibi ſemper incipit, & deficere nequit. Jn der Hellen wird ein vnausleſchliches Fewer ſein / eine vnertraͤgliche kaͤlte / ein vn - ſterblicher wurm / ein vnleidlicher geſtanck / eine Finſterniß die man greiffen kan / ſtreiche der Schlagenden / ſchreckliche ge - ſichter der helliſchen Geiſter / ſchande der Suͤnder / verzwey - felung an allem gutten. Den elenden verdambten wird es ſein ein Todt ohne todt / denn der Todt hebt ſich allzeit an / vnd iſt deſſen keine endſchafft zu hoffen / ſagt Gregorius. Vnd S. D ijBern -[28]Bernhardus: Jbi fletus erit ob ignem qui non extingvitur, ſtridor ob vermem qui non moritur. Fletus ex dolore; ſtridor ex furore. Dort wird heulen ſein wegen deß vnſterb - lichen Wurmes der ſie ohne auffhoͤren nagen vnd plagen wird. Jſt eben das was der Prophet Eſaias cap. 66. ſaget: Jhr Wurm wird nicht ſterben / vnd jhr Fewer wird nicht verleſchen / vnd werden allem fleiſch ein grewel ſein.

Es werden zwar die Leiber der ewig gequeleten glaͤntzen vñ leuchten / aber nicht wie die Leiber der außerwehleten von Eng - liſcher Klarheit / ſondern von grauſamen Fewersflam̃en vnd helliſchem zuͤndſchwefel / davon werden ſie gluͤen vnd glaͤntzen. Vnd ob ſie ſchon fuͤr vnd fuͤrbrennen / koͤnnen ſie doch nimmer mehr ausbrennen / ſondern ſie werden gleich wie das wuͤrmlein Salamandra im fewer vnverletzet je lenger je friſcher verbleibẽ.

Von dem Roͤmiſchen Bapſt Alexandro wird geſchrieben das er ein beſonderes Wunderkleid von Salamanderhaaren gehabt / wenn man ſolches ſaubern wollen / iſts nicht mit waſ - ſer vnd Seiffen gewaſchen ſondern ins fewer geworffen / durch daſſelbe gantz nichts verſehret / ſondern purificiret vnd ſchoͤn hellglentzend worden. Eben alſo wirds auch mit den gequele - ten Coͤrpern der verdampten in abgrund der hellen beſchaffen ſein: Sie liegen in der helle wie Schaffe / der todt na - get ſie / ſtehet im 49. Pſalmen.

O der ſchrecklichen Qual! O deß grauſamen jam̃ers wel - chem kein qual vnd jammer zu vergleichen / da die gequeleten ruffen: O jhr Berge fallet vber vns! O jhr huͤgel be - decket vns / Apoc. 6. Wer wolte nun nicht mit Anshelmo andaͤchtig ſeufftzen vnd beten: O JESU, JESU! miſerere meidum[29]dum tempus eſt miſerendi, ne me damnes in tempore judicandi. O mein Herre Jeſu erbarme dich meiner armen Seelen hier in der gnadenzeit / auff das ich dem geſtrengen E - wigen gerichte entgehen moͤge. Vnd mit Hieronymo: Li - benter nunc tormenta patiar, ut futura gloria mihi reſer - vetur. Jch wil willig vnd gerne hier in dieſem Leben gequelet vnnd Pantzerfeget werden / auff das ich die zukuͤnfftige ewige glori vnd herrligkeit nicht verſchertze.

Jch wil jtzo nicht weitleufftiger reden von der ſchrecklichen qual vnd pein welche den Verdampten daraus entſtehen wird / das ſie deß anſchawens der Goͤttlichen hohen Majeſtat ewig werden beraubet ſein muͤſſen. Davon Chryſoſtomus ſchrei - bet: Terribilis eſt gehenna, terribilior facies judicis irati, terribiliſſima vero â facie DEI elongatio ſempiterna. das iſt: Schrecklich wird ſein das ewige Fewer / noch ſchreckli - cher das angeſicht deß geſtrengen vnd gerechten Richters / am aller ſchrecklichſten aber das ſie deß anſchawens Goͤttlichen Antlitzes ewiglich werden entrathen muͤſſen.

Nun / geliebte / dieſer doppelten zeitlichen vnnd Ewigen Qual vnd pein werden die Seelen der Gerechten durch jhren ſeligen abſchied befreyet. Jhre trawrigkeit wird in frew - de verkehret Johan. 16. Der Herr Herr wird alle Threnen von jhrem angeſicht abwiſchen Eſaiæ am 25. Apocal. am 7. Weil ſie hier mit Thraͤnen geſe - et / ſollen ſie dort mit frewden erndten. Jn Summa Es kan ſie weder zeitliche noch ewige Qual mehr beruͤhren / in - maſſen den ſolches nicht allein vnſer Text / ſondern auch einD iijglaub -[30]glaubwuͤrdiger Engel gar herrlich bezeuget / in der heimlichen Offenbahrung Johannis am 14 da der Evangeliſt ſpricht: Vnd ich hoͤrete eine Stim̃e vom Himmel zu mir ſa - gen / ſchreibe / ſelig ſind die Todten / die in dem Her - ren ſterben von nun an / Ja der Geiſt ſpricht: Sie ruhen von jhrer Arbeit / vnnd jhre werck folgen jh - nen nach.

USUS.

Dieſes nuͤtzet vnd dienet / Erſtlich vns allen in gemein Ad exhortationem zur vermahnunge / das wir nem - lich vnſerer ſchantze wol war nehmen / deß lebens beſſerung nicht auffſchieben ſondern in der zeit der gnaden rechtſchaffene Buſſe thun ſollen / damit wir nicht mit dem reichen ſchlaͤmmer in den Ort der qual gelangen Luc. am 16.

Viel Menſchen werden auff vnſers Herren Gottesgrund vnd Bodem gefunden / welche jhrer Buß einen ſehr langen Termin anſetzen / vnd ſelbige ad magnum annum Platonis auffſchieben / von denen Bonaventura ſaget:

Cras peccatores ſpondent ficti meliores, Cras ſemper clamant qui bona carnis amant. ()

Sie ſingen das Rabenlied Cras, Cras, Morgen oder - ber Morgen wollen ſie ſich mit dem lieben GOtt verſoͤhnen / Morgen oder uͤber Morgen wollen ſie ſich bey dem Beichtſtul præſentiren vnd einſtellen: Es werden aber der lieben morgen denn ſo viel / das endlichen nichts drauß wird / ſondern mancher procraſtinator in ſeinen Suͤnden ohne Beicht vnd Abſolu - tion dahin fehret.

Darumb[31]

Darumb / O jhr meine geliebten; Heute / heute ſo jhr die ſtimme deß Herren hoͤret / ſo verſtopffet ewre Ohren vnd hertzen nicht / wie David im 95. Pſalm ver - mahnet. Dahin auch Syrach ſiehet cap. 5. Liebes Kind / verzeuch nicht dich zum Herren zu bekehren / vnnd ſchiebe es nicht von einem tage auff den andern / deñ ſein zorn kombt ploͤtzlich / vnd wirds rechen / vnnd dich verterben. Vnd der alte Lehrer Auguſtinus ſtellet deß - halben auch gar eine trewhertzige Vermahnunge an vns vnnd ſpricht: Noli differre ô homo remedia ſalutis tuæ, neſcis enim quando anima tua â te repetatur. Lieber Menſch / ſchiebe ja die Artzney deiner Seelen nicht auff / denn du weiſt nicht vmb welche zeit vnd ſtunde dieſelbe von dir wird genom̃en werden. Ja der Herre Chriſtus ſelber ſpricht Luc. am 12 Capitel: Wachet vnd betet / denn jhr wiſſet nicht zu welcher zeit deß Menſchen Sohn kommen wird. Vnd abermal ſaget Auguſtinus: Pænitentiam agite in fle - tu & lamento, ut digni riderepoſſitis in gloria beatorum: Thut buß mit heulen vnd weinen / damit jhr in der Außerweh - leten Ehre vnd herrligkeit wuͤrdiglich lachen koͤnnet.

Zum Andern dienets inſonderheit Ad Conſolationem zu erfrewlichem Troſte den hoͤchſtbetruͤbten Adelichen Eltern. Denn dieſe hoͤren wie wol jhrem ſeligen Eheſchaͤtzlein wieder - fahren / wie vielen tormentis, derer es in dieſer truͤbſeligen Welt hette gewertig ſein muͤſſen / entzogen / zu was vor ge - wuͤntſchter ruhe vnd ſicherheit es gelanget.

Ach gedencket doch vnd bedencket / jhr Adeliche Trawer -hertzen /[32]hertzen / welche vnſelige Eltern die ſein / welche an jhren Kin - dern abfall von der waren Religion vnd ander ſuͤndliches Gott loſes weſen vnd leben / ſo jtzo bey dieſer letzten boͤſen Welt oh - ne ſchew begangen wird / erfahren?

Fuͤhret euch doch zu gemuͤth / welche elende vnd recht truͤb - ſelige Wayßlein dieſes ſein / derer Eltern bey dieſen ſorglichen zeiten durch den allgemeinen Menſchenwuͤrger den Todt hin - geraffet / die Ehepflaͤntzlein aber noch zart vnd vnerzogen hin - terlaſſen werden. Was iſt ſolcher ſterbenden Eltern groͤſte klage auff dem Todtbette alß von jhren vnmuͤndigen Kindern? Wie gerne wolte ich doch ſterben / ſpricht manches in hoͤchſter Todesangſt liegendes Vater - vnd Mutterhertze / wenn nur dieſe nicht weren / dieſe ſinds welche mir meinen abſchiedt ſo ſchmertzlich machen.

Nun ſolches hefftigen / ins hertz ſteigenden Kummers ſeid jhr nun mehr (alßviel ewer geweſenes Soͤhnlein concerni - ret) gantz quit vnd geuͤbriget. Jhr koͤñet getroſt mit der Mac - cabaͤiſchen Mutter beym Nazianzeno ſagen: Theſaurum noſtrum DEO tradidimus, non periiſti, mi fili, ſed aliò migraſti. Vnſer / nechſt Gott / liebſtes Eheſchaͤtzlein / vnſer ei - niges fromes vnd gehorſames Soͤhnlein haben wir Gott dem Himliſchen Vater in ſeinen Schatzkaſten zu verwaren vber - antwortet. Du biſt nicht vmbkommen vnd verlohren / O lieb - ſtes Schaͤtzlein / ſondern auß dieſer boͤſen Welt in das rechte Vaterland deß ewigen Lebens gewandert / da Frewde die fuͤlle / vnnd lieblich weſen zur rechten Gottes ewig - lich / wie David redet im 16. Pſalm. Ubi amænitas verna - lis, tranquillitas æſtualis ubertas & fertilitas autumna -lis,[33]lis, tranquillitas hyemalis, daſelbſt wird ſein deß Lentzens liebligkeit / deß Sommers herrligkeit / deß Herbſts uͤberfluß vnd fruchtbarkeit / vnd deß Winters Friedſamkeit.

Vnd welchs das aller troͤſtlichſte / ſo duͤrfft jhr an gewiſſer reſtitution ewres nunmehr ſeligen Himmelspflaͤntzleins gar nicht zweiffeln. Denn gleich wie die Wittwe zu Nain jhren Sohn Luc. am 7. Wie Jairus der Schulobriſte zu Caper - naum ſein Toͤchterlein Matth. am 9. Wie Martha vnd Ma - ria jhren Brudern Lazarum Johan: am 11. Wiederumb le - bendig erlanget: Eben alſo ſol auch euch auff den bald ange - henden Majeſtaͤtiſchen Juͤngſten tag mit beſonderer groſſer Frewde wiederumb zu geſtellet werden die Fackel ewrer augen / die Frewde ewres hertzens / der Troſt ewres Lebens.

Deſſen verſichert Euch ewer ſeliges Soͤhnlein ſelber / weñ es jtzo beym letzten auszuge aus dieſem Hauſe vnd Hofe euch alſo valediciret.

Geſegne euch Gott der Herre /
Jhr vielgeliebten mein.
Trawret nicht allzu ſehre
Vber den abſcheid mein /
Beſtendig bleibt im glauben /
Wir werden in kurtzer zeit /
Einander wiedr anſchawen
Dort in der Ewigkeit.

Valedictio.

EWolan[34]

WOlan nun / Wenceslae / du Frewde vnd wol - luſt nicht mehr deines jrrdiſchen ſondern deß Himliſchen Vaters / jetzt nimbſtu dem Leibe nach deinen Abſchied aus dem Hauſe deiner liebẽ Eltern vnd Groß-Eltern / jtzo gar bald ſol dein verblaſtes Coͤrperlein alß ein edles Weitzenkoͤrnlein in die Er - den davon es genommen eingeſtrewet / vnd deinen ſeligen vorfahren an die ſeit geſetzet werden. O ge - ſeguet ſey ſolch dein auszug / geſegnet ſey ſolche dei - ne einſenckung in die Erden? Ruhe vnnd ſchlaffe nun? ruhe vnd ſchlaffe ſanfft vnd ſeliglich biß auff den lieben Juͤngſten tag / da dein Coͤrperlein wie - derumb herfuͤr kommen / mit der Seelen vereini - get / die Himliſche Herberge deß ewigen Frewden - lebens mit allen außerwehleten einnehmen / vnd in der Hand Gottes aller Qual uͤberhaben / vnauff - hoͤrender Frewde vnd wonne geniſſen wird. Helffe es dir / helffe es auch vns Jeſus Chriſtus der vns ſolche Herberge mit ſeinem Roſinfar - ben Blut tewer erworben hat / AMEN.

MA -[35]

MANIBUS PIENTISS. Puelli piè defuncti.

I.
Non TE jam curæ, TE non tormenta fatigant,
Nec mala, queîs agimur concutimurq́; premunt.
Sed TIBI blanda quies parta hoſpitiumq́; perenne:
Aſpectu frueris colloquioq́; DEI.
Reſtituet tandem TE utriq́; JEHOVA parenti,
In Paradiſiacis, mors ubi nulla, locis.
II.
Non habitâ ratione domûs vel ſtirpis avitæ
Immiſit falcem Mors truculenta Tibi.
Nîl decor & lepidi mores, & blandula lingvæ
Dulcedo, ingenii flos, pietatis amor,
Nîl votum gemitu mixtum, vernansq́; juventus
Profuit: heu meruit talia lapſus Adæ!
III.
Ut placidè, ante dies extincte puelle, quiescas
Ut benè ſit ſanctis manibus & cineri:
En Charites violas libant, Zephyrusq; hyacinthos,
Balſama munda venus, cinnama Apollo parat;
Chloris odoratas laurûs, Dictynna amaranthum,
Nos lacrumas tumulo, WENCESILAE, tuo.

Collacrumans P. Vincentius Stephanus.

[36]

About this transcription

TextJucundissimum justorum diversorium
Author Vincentius Stephanus
Extent36 images; 6978 tokens; 2735 types; 47906 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationJucundissimum justorum diversorium Die Gewüntschte Herberge der Gerechten Vincentius Stephanus. . 36 S. August GründerBrieg1628.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 29/28-29 / 522423

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:59Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 29/28-29 / 522423
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.