PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Todes Trutz in Gottes Schutz /
Genommen auß den Worten (. 17. des CXVIII Pſalmes:)Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / und des Herren Werck verkuͤndigen. ()
Und Bey volckreicher Verſamlung und ehrlichem Leichbegengnuͤß des Weyland Wol-Ehrwuͤrdigen / Achtbaren / und Wohlgelähr - ten Herrens Martini Hylleri, geweſenen Probſtes zu St. Maria zur Olſſen / des Fuͤrſtl. Conſiſtorii Adſesſoris, der Priſterſchafft Wolverdieneten Senioris, und Pfarrers zum Döberlin / Alß Er den 20. Auguſti A. C. 1651. in der Kirchen zu St. Ma - rien in ſein beſteltes Ruhkaͤmmerlein Chriſtlich bey - geſetzet worden:
Gedruckt zurOelſſe/ durchJohann Seyfferten/ Anno1652.
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Denen Ehrwuͤrdigen / Achtbaren / und Wolgelaͤhrten Herren M. Chriſtian Hyllern, der Evangeliſchen Gemeine / zu Sdun in der Kron Pohlen / wolverordnetem / treufleißigen Pfarrern / und Herren Tobiæ Lentnern / der Chriſtlichen Gemeine zu Thannhauſen im Schweidnitſchen Fuͤrſten - thumb / treuen Seel-ſorgern. und Herren Daniel Hyllern / ietzo zum Brieg / So wohl / Der Erbaren / Ehr und Tugendſamen Frawen Urſula / gebohrner Hyllerin / Wittiben. Des Seeligen Herren Probſtes hinterlaſſenen Herren Soͤhnen / Aydam / und Tochter uͤbergiebet dieſe Leichpredigt auff dero begehren

C. F. P. L. C.

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Das walte die Heilige und Hochge - lobte Dreyeinigkeit / Amen.

Geliebte / außerwchlte / und zum theil auch ſchmertzlich Be - truͤbete / Das iſt der Alten Krone / wennSir. 25. v. 8. ſie viel erfahren haben / und ihre Ehre iſt / wenn ſie Gott fuͤrchten / ſaget Sirach am XXV. Capitel. Jn welchen worten der weiſe Mann von zwey - erley Zierde alter ehrlicher Leute redet / unter welchen die erſte von ihme in ſeiner Sprache genennet wird ϖολυ - ϖειρία, viel erfahrung / verſtehe vornemlich in ſeinem Am - pte und Beruff / darein Gott einen geſetzet / welche erfah - rung Sirach heiſſet ςέφανον γερόντων, eine Krone der Alten. Denn wie eine Krone das Haupt zieret eines Menſchen / deme ſie auffgeſetzet wird; alſo auch die diel und mannigfaltige Erfahrung der Alten Leute / bey welchen ſie gefunden wird. Die andere Zierde alter Leute iſt ϕόβος κυρίου, des HErren furchte / da der Menſch Gott fuͤrch - tet / als ein liebes Kind ſeinen fromen Vater / und thut / was demſelben gefaͤllig / und huͤttet ſich mit allem fleiß / das es ihn in keinerley wege oder weiſe beleidige / und ſolche Gottes - furcht iſt / wie Sirach in ſeiner Sprache redet / der Alten κάυχημα, Ruhm und Ehre / welche ſie bey Gott angeneh - me / und bey den Menſchen beruͤhmet machet. Denn /A ijwer[4]Chriſtliche Leichpredigt. Sir. 25. v. 13. 14. 15. wer Gott fuͤrchtet / uͤber den iſt niemand. Denn die Furcht Gottes gehet uͤber alles / wer dieſelbe fe - ſi〈…〉〈…〉 helt / weme kan man den vergleichen? ſpricht Si - ra[ch]ferner in oben gedachtem Capitel. Dieſen Ruhm und Ehre der Alten hat auch an Jhme ſehen und leuchten laſ - ſen / der weil and WohlEhrwuͤrdige / GroßAchtbare / und Wolgelehrte Herr MARTINUS HYLLERUS, allhier zur Olſſen geweſener Probſt zu St. Maria / der Priſterſchafft Senior, des Fuͤrſtlichen Conſiſtorii Adſes - ſor, und Pfarrer zum Doͤberlein / welchem als einem ſehr alten / und umb die Kirche Chriſti wolverdienetem Theo - logo wir ietzo zu ehren eine kurtze Leich-Predigt halten ſol - len. Weil wir aber Goͤttlicher Gnade und Beyſtand da - zu beduͤrffen / wollen wir dieſelbe in einem H. Gebet und Vater unſer darumb anſprechen:

E. C. Liebe wolle hierauff anhoͤren etliche wenige / aber ſehr nachdenckliche Worte / welche wir bey dieſer Leichbe - gaͤngnuͤß auff der Leittragenden begehren kuͤrtzlich erkleren wollen / dieſelbe werden uns im Hunderſten und Acht - zehenden Pſalm beſchrieben. . 17. und lauten alſo:

Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / und des HErren Werck verkündi - gen. ()So[5]Chriſtliche Leichpredigt.

So viel ſind worte / welche ietzo ſollen mit wenigem er - kleret werden / der HErr JEſus gebe uns hierzu die Kraft des H. Geiſtes / Amen.

Beliebte und zum theil auch Betruͤbte in dem HER - REN / die Calviniſten oder Reformirten / wie ſie wollen heiſſen / ziehen dieſen Pſalm / der in der Ord - nung der CXVIII. iſt / bloß und ſonderlich nur auff Da - vid / maſſen ſolches unter andern genugſam außweiſet das Argumentum und inhalt in Expoſitione catholicâ Pſal - morum von Auguſtino Marlorato zuſammen getragen. a)a) mibi p. 446. Col. 2. Die Juden / ſo in zwey ſtuͤcke den Pſalm abtheilen / ſa - gen / das in dem erſten gehandelt werde von Davids errettung von allen ſeinen Feinden / in dem andern / welches theil ſich vom 19. Vers anfahe / werde geredet de Templi ædificatione & dedicatione: von des Tempels Baw und deſſen Einweihung / welchen doch widerſpricht Rab. S. Jarchi in Comm. Mich. V. v. 2. welcher den 22. Vers vom Mesſiâ außleget. Gvilielmus Ameſius in ſeinen Lectionibus in omnes Pſalmos Davidis b) der wil ſich derb) Edit. Amſtelod. A. 1635. p. 465. kuͤrtze befleiſſen / und ſchreibet vom inhalt alſo: David in hoc Pſal. â maximis periculis liberatus, & in regno (ſecundum promisſionem DEI) ſtabilitus beneficium hoc divinum ex gratitudine celebrare conatur. Das iſt: Nach dem David auß groſſer Gefaͤhrligkeit errettet / und im Reiche (nach GOttes verhei - ſchung) befeſtiget / bemuͤhet ſich auß danckbar - keit die groſſe Wolthat in dieſem Pſalm zu prei - ſen. Henricus Mollerus D. Theol. c) in dem Argumen -c) Tom. III Comm. in hunc Pſal. pag. 461. to uͤber dieſen Pſalm ſchreibet alſo: Die beſten Interpretes und Außleger haltens dafuͤr / dieſer Pſalm ſey von DavidA iijauffge -[6]Chriſtliche Leichpredigt. auffgeſetzet irgend an einem groſſen Feſte / und in gegen - wart einer groſſen menge Volckes offentlich geſungen / und muſiciret worden / als er (der David) nach Saul und ſei - nes Sohnes Isboſeth Tode vom gantzen Volcke zum Koͤ - nige erwehlet und eingeſetzet worden / mit welchem David einen ſchweren Krieg fuͤhren muͤſſen / weil derſelbe Isboſeth den Abner einen verſuchten Kriegesmann zum Haupte und Fuͤhrer des Kriegesdolcks gehabet / und da gleich David ge - ſieget / und zu Hebron / von allen Staͤmmen Jſra -1. Sam. 5. v. 3. 4. 17. el angenommen / und zum Koͤnige uͤber ſie ge - falbet worden / II. Sam. V. haben ſich doch die Philiſter mit hauffen wider David verſamlet / damit ſie den neuen Koͤnig moͤchten auffreumen / und Jſrae! wieder unter ihr Joch zwingen / und in die Contribution ſetzen. Nach deme aber dieſe in zweyen Schlachten geſchla - gen und verjaget / und David numehr luft bekommen / ha -2. Sam. 6. v. 1. 2. & 6. be er eine groſſe menge Volckes verſamlet / (welches er ex II. Sam. VI. erweiſen wil) und dieſen Pſalm GOtte zur Danckharkeit geſpielet und geſungen / welcher ihn unter ſo viel Gefahr erhalten / und nun auff den Koͤniglichen Thron endlich geſetzet. bißher D. Mollerus. Mit welchem / was dieſe letztere worte belanget / auch zuſtimmet Franciſcusa) mihi pag. 412. Vatablus in ſeinen Annotatis uͤber die Pſalmen a) das nemlich fuͤr ſolche Wolthaten GOTT einhellig als mit ei - nem Munde gelobet wuͤrde. Aber wir laſſen uns dieſe eigene Außlegung der Reformirten gar nicht irren / ſon - dern ſagen beſtaͤndig / das dieſer Pſalm auch ſonderlich von CHRISTO rede / und erweiſen ſolches I. auß den Spruͤchen Heiliger Schrifft / des Neuen Teſtamentes / da der 22. und 23. Vers dieſes Pſalmens außdruͤcklich von CHRISTO ſelbſten auff ſich gezogen wird: Der Stein /den[7]Chriſtliche Leichpredigt. den die Bauleute oerworffen haben iſt zum Eck - ſtein worden. Das iſt vom Herren geſche -Matth. 22. v. 42. Marc. 12. v. 10 11. Luc. 20. v. 17. hen / und iſt ein Wunder fuͤr unſern Augen / wie zu ſehen Matth. XXII. Marc. XII. Luc XX. deßglei - chen von Petro / Actor. IV. und I. Pet. II. darnach der 25: und 26. Vers wird von der Einreitung CHRISTI in die Stadt Jeruſalem angezogen und eingefuͤhret Matth. Act. 4, 11. 1. Petr. 2. v. 7. XXI. Marc. XI. Johan. XII. Hoſianna / dem Soh - ne David gelobet ſey / der da koͤmmet im Nah -Matth. 21. v. 9. Marc. 11. v. 9. Johan. 12. v. 13. men des Herren / Hoſianna in der hoͤhe. Endlich wird der Sechſte Vers dieſes Pſalmens vom A - poſtel zu den Ebræern am XIII. Capitel alſo wiederholet: Der Herr iſt mein Helffer / und wil mich nicht fuͤrchten / was ſolte mir ein Menſch thun?Ebr. 13, 6. welche worte aldar zu dem ende angezogen werden / daß die Frommen ſich nicht alleine verſichern moͤgen das GOTT ihnen das geben werde / was ſie zu unterhaltung und Lebens - mitteln beduͤrfftig ſein werden; ſondern werden nach Da - vids Exempel allezeit an Gott einen ſolchen Helffer haben wieder ihre Feinde / die neben dem Gutte auch des Bluttes der Frommen begehren. II. Auß vielen unſern Theolo - gen iſt klar und offenbar / daß ſie vornemlich von CHRI STO dieſen Pſalm außlegen / als Lutherus, Bugenha - gen / Geſnerus, und viel andere. Sonderlich hat D. Luther an dieſem CXVIII. Pſalm ſeine Luſt und Wolgefallen ge - habet / und ihn ſein ſchones CONFITEMINI genennet /a) im V. Jehniſch. Deutſche Theil Edit 2. fac. 2. fol. 43. & leqq. auch denſelben mit einer herrlichen Außlegung erklaͤret / auch eine ſchoͤne Vorrede an den Ehrwuͤrdigen Herren Friedri - chen Abt zu St. Jlgen zu Nuͤrnberg daruͤber gema - chet Anno 1530. den Erſten Julii ex Eremo. a) Und iſtdieſes[8]Chriſtliche Leichpredigt. dieſes ſo gewiß / das durch dieſe warheit gezwungen Molle - rus ſolches bekennen muß / wenn er Tom. III. Comment.b) pag. 463. in Pſalmos a) ſchreibet: David tamen in hoc Pſal - mo principaliter CHRISTUM refert, cujus ty - pum ſe gerere ſciebat. Estꝙ́ totus Pſalmus vaticinium de afflictionibus, pasſione & re - ſurrectione CHRISTI. Das iſt / iedoch hat Da - vid vornemlich CHRISTUM in dieſem Pſalm abge - bildet / deſſen Vorbild er ſich zu ſein wuſte. Und iſt der gantze Pſalm eine Weiſſagung von CHRISTI Leiden und Aufferſtehung / daher es kommen / das / ſo offt nach derſelben Zeit dieſer Pſalm von den Juden in ih - ren Schulen geleſen worden / ſie denſelben auff den Mesſias gezogen / und unter die Gebete gezehlet / in welchen ſie umb deſſelben Zukunfft baten / wie Hieronymus bezeuget. So weit D. Mollerus. Wann aber / und zu welcher Zeit / wie auch durch was fuͤr anlaß und gelegenheit dieſer von David geſchrieben und auffgeſetzet worden / davon ſein viel und man - cherley muttmaſſungen / davon die Gelehrten / ſo ihnen be - lieben moͤchte / leſen koͤnnen vorgedachten Commentarium Molleri, deßgleichen auch beſehen Eſromi Rudingeri Pa - raphraſin und Notas uͤber dieſelbe. Wir wollen ſich itzo umb dieſes und anders unbekuͤmmert laſſen / und dafuͤr die abgeleſene Worte unſers Leich-Textes / welcher iſt der 17. Verſicul, zu erklaͤren fuͤr uns nehmen / und darauß E. Chriſtlichen Liebe zweyerley zeigen:

I. Chriſti wider den Todt feſte ver - ſicherung.

II. Der[9]Chriſtliche Leichpredigt.

II. Der Goͤttlichen Wercke verkuͤn - digung.

Der HErr JESUS gebe uns zum Lehren und anhoͤren reichlichen die gnade und gabe des H. Geiſtes / umb ſeines H. Nahmens Ehre willen / Amen.

Vom Erſten.

Damit wir nun / Geliebte und zum theil auch in dem HErren Betruͤbte / zu unſerem erſten Lehr-Puncte ſchreiten / und E. L. weiſen: Chriſti wider den Todt feſte ver - ſicherung / ſo haben wir ſolche zu erſehen auß dem erſten Gliede des 17. Verſes:〈…〉〈…〉, Jch werde nicht ſterben / ſon - dern leben. Denn als die Glaͤubigen Chriſto dem Sie - ger und Uberwuͤnder des Todes gratuliren und Frolocken in dem 16. Vers: Man ſinget mit freuden vom Siege in den Huͤtten der Gerechten: Die rech - te des Herren behelt den Sieg. Erzehlet nu ferner David durch den Heiligen Geiſt / wie CHRISTUS im ſtande ſeiner Ernidrigung ſich nicht allein des Goͤtt - lichen Schutzes und Beyſtandes auß dem Sechſten Vers: Der Herr iſt mit Mir / darumb fuͤrchte Jch mich nicht / was koͤnnen mir Menſchen thun? getroͤſtet und vergewiſſert / ſondern auch auß vorgehender Proph[e]zeihung v. 16. ſich im Todes-Kampff ermundert und auffgerichtet / und bey ſich geſprochen: Jch werde nicht ſterben / verſteher alſo: wie der Teuffel / Juden /BSchrifft -[10]Chriſtliche LeichpredigtSchrifftgelaͤhrte und Phariſeer es gerne ſehen und haben wolten / nemlich daß Jch gar im Tode bliebe; Aber Nein / es wird ihnen weit fehlen / Jch werde unlaͤngſt hernach vom Tode aufferſtehen / darumb ſpricht der HERr nur nicht bloß und allein: Jch werde nicht ſterben / ſondern ſe - tzet auch dazu: ſondern leben / iſt ſo viel als was Er imPſ. 116. v. 9. CXVI. Pſalm ſaget: Jch wil wandeln fuͤr dem HErren im Lande der Lebendigen.

Muß derswegen dieſes unſeres Heylandes außſpruch: Jch werde nicht ſterben / nicht bloß und ſchlechter dinge verſtanden werden / als wenn CHRISTUS gar nicht ge -a) Pſ. 40. v. 7. ſtorben were / denn Er ja willig zum Tode geweſen / wie im XL. Pſalm Er ſelber ſaget: Siehe ich komme /Ebr. 10. v. 7. im Buch iſt von mir geſchrieben. Deinen wil - len / mein Gott / thue ich gerne. a) Sondern iſt auch geſtorben fuͤr unſere ſuͤnde nach der Schrift. 1. Cor. 15. v. 3. I. Cor. XV. Darumb / ſage ich / muß des HERREN wort: Jch werde nicht ſterben / in gewiſſer maß verſtanden werden / nemlich / nicht alſo ſterben / daß Jch im TodeMatth. 9. v. 24. behalten werde. Denn gleich wie CHRISTUS von Jai - ri Toͤchterlein ſagte Matth. IX. das Maͤgdlein iſt nicht tod / welche doch warhafftig geſtorben / wie auß unterſchied -b) Marc. 5 v. 35. licher erzehlung der Evangeliſten zu ſehen / b) und ſpricht dennoch der HErr: Sie iſt nicht geſtorben / weil ſieLuc. 8. v. 49. nicht lange in ſolchem Tode gehlieben / ſondern von dem Sohne Gottes zu dieſem Leben bald darauf wiederumb erwecket worden; alſo muͤſſen auch die worte des 17. VerſesPſalm. 16. v. 10. im CXVIII. Pſalm verſtanden werden: Jch werde nicht ſterben / nemlich / alſo / daß mich der Todt lange be - halten ſolte. Welches im XVI. Pſalm mit den wortenerklaͤret[11]Chriſtliche Leichpredigt. erklaͤret wird: Du wirſt nicht zugeben / das dein Hei - liger verweſe / oder / die Verweſung ſehe / wie der Ebræ - iſche Text lautet. Jſt ſo viel geſagt: Du / mein Vater / wirſt es nicht zulaſſen / daß ich im Grabe durch den Todt dermodere / ſondern wirſt mich im Grabe erhalten / und am dritten Tage Herrlich auferwecken. Und eben das wil der HErr in den worten des CXVIII. Pſalmes an - deuten: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben.

USUS.

HJerauß haben wir zu lernen / das was dem Haupte begegnet / das es auch koͤnne auff die Gliedmaſſen des Geiſtlichen Leibes ge - zogen werden / bevorauß / wenn es rechtmaͤßiger und ge - buͤhrender weiſe geſchiehet. Koͤnnen demnach alle fro - me Chriſten dieſe Worte ihres Erloͤſers in ihrem gan - tzen Leben ihnen wol nuͤtze machen / derer Leben verbor -Col. 3. v. 3. gen iſt mit CHRISTO in GOtt. Col. III. Die der Welt abgeſtorben / das iſt / derſelben ſambt allen ihren Luͤ - ſten abgeſaget. Die haben das anſehen / als wenn ſie ge - ſtorben weren / wie abermahl Paulus an vorgedachtem orte von denſelben ſpricht: ihr ſeyd geſtorben / als wolte Er ſagen / nach der Welt Leute ſinn und meinung ſeit ihr nichts anders als Todte Leute / die weder ihnen ſelbſten noch andern nuͤtze ſein koͤnnen. Denn fuͤr ſolche helt die Welt die Kinder Gottes / und kennen ſie nicht / weil ſie den1. Joh. 3. v. 1. Vater nicht kennen / wie I. Joh. III. geſchrieben iſt. Da denn Troſtes beduͤrffen ſolche verſpottete und geplagte Chri - ſten / wenn ſie vom Teuffel und der Welt gar wollen ver - ſchlungen werden / maſſen Herr D. Luther ihme dieſen Pſalm / ſonderlich den 17. Vers / wol hat zu ſeinem〈…〉〈…〉 eB ijzuge[12]Chriſtliche Leichpredigt. zugebrauchen wiſſen / und wie er denſelben an die Wand in ſeiner Studierſtuben hat gemahlet / alſo hat er vielmehr ſolchen feſte in ſein Hertze gedrucket / vornemlich An. 1530. da nicht allein die Religion, ſondern er ſelber in groſſer ge -pag. 90. b. fahr geſtanden / davon mit mehrem Herr Matheſius in der achten Predigt von D. Luthers Leben kan beſehen wer -1. Pet. 5. v. 9. den. Solche Leiden gehen noch uͤber die Bruͤder in der Welt. I. Pet. V. Wenn ſie in allerley todes gefahr kommen / mit Feuer / Schwerdt / Kercker / verloſſung Hauß und Guͤtter verfolget werden. Und was dieſe nicht thun / das thut der Teuffel ſelbſten / der kan das Wort Gottes nicht leiden / noch alle die / ſo es mit demſelben halten. Er ſetzet denſelben zu im Leben / wie Herr Lutherus ſchreibet uͤber dieſe Worte / mit den hohen Anfechtungen des Glaubens / der Hoffnung / und der Liebe gegen Gott / da kan er ein Hertz ſo belaͤgern und ſtuͤrmen mit Schrecken / Zweifel / Verzagen / das es Gott ſcheuet / und ihme feind wird / alſo das ſolchen Gewiſſen anders nicht iſt / als wenn Gott / Teuffel / Suͤnde / Helle / und Tod ein ding weren / und ſich gleichſam wider einen ſolchen an - gefochtenen Menſchen zuſammen verbunden hetten / und ihme feind worden / da denn freylich kein Feind / wie grau - ſam und maͤchtig er auch iſt / eine Stadt mit ſolcher gewalt ſtuͤrmen kan / als der Teufel die Gewiſſen. Jm ſterben / und auff dem Todtbette kan er es auch / wo ſolches Gott ih - me verhaͤnget und zuleſſet. Da iſt er ein Meiſter / hat numehr das Handwerck uͤber 5000. Jahr und mehr ge - trieben / daß er im Hertzen eines ſterbenden die Suͤnde auf - zublaſen weis / und Goͤttes Zorn anzuzeigen / ja er kan auß einer geringen Suͤnde eine ſolche Angſt anrichten / und ei - ne ſolche Helle bauen / daruͤber der Angſtſchweiß außdrin - get / das man fuͤr groſſem Hertzens-Praſt ſchon dem Todenahet.[13]Chriſtliche Leichpredigt. nahet. Wann nu dergleichen auch bey uns und andern geſchehen moͤchte / ſol ein Chriſt ſich dieſer worte allezeit er - innern: Jch werde nicht ſterben / wie du Teufel gerne wolteſt / ich werde nicht ſterben / wie die Tyrannen / und Gottloſe Welt wil / ſondern nach Gottes willen / weil de - nen die Gott lieben / alle dinge zum beſten dienenRom. 8. v. 28. muͤſſen / Rom. VIII. Jſt alſo in ſolchen Faͤllen das beſte Mittel ſich an die rechte Hand des HERREN hal - ten / Die den Sieg behelt v. 16. im CXVIII. Pſalm / und an CHRISTI worte ſtets gedencken: v. 7. Der HErr iſt mit mir / mir zu helffen. Und ich wil meine Luſt ſehen an meinen Feinden. Wenn ich gleich Leide / ſo Leide ich doch nicht alleine / ſondern CHRISTUS in mir. Wenn ich gleich falle / ſo bleibe ich doch nicht liegen / dennPſal. 37. v. 34. der HERR erhelt mich bey der Hand / Pſ. XXXVII. Und wenn ich auch gleich ſterbe / ſo werde ich doch nicht ſterben / ſondern leben / nach dem klaren außſpruch mei - nes Erloͤſers: Wer an mich glaͤubet / der wird le - ben / ob er gleich ſtuͤrbe / und wer da lebet / und glaͤubet an Mich / der wird nimmermehr ſter -Johan. 11. v. 25. ben / Johan. XI. Und diß glaͤubige Vertrauen gehet da - hin / das ob gleich der Menſch von auſſen traurig / doch von innen durch Krafft und beyſtand des Heiligen Geiſtes froͤ - lich iſt / wie denn ſolches der Apoſtel von ihme und andern bezeuget / da er ſaget: Wir haben allenthalben Truͤb - ſal / aber wir aͤngſten uns nicht / uns iſt bange / aber wir verzagen nicht / wir leiden Verfol - gung / aber wir werden nicht verlaſſen / wir wer - den untergedruckt / aber wir kommen nicht umb. B iijUnd[14]Chriſtliche Leichpredigt. Und tragen umb allezeit das ſterben des HER - REN JESU an unſerm Leibe / auff das2. Cor. 4. v. 8. & ſeqq. auch das Leben des HERREN JESV an unſerem Leibe offenbahr werde. II. Corinth. IV. Und diß haben wir auch auß den worten des HERREN: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / allezeit zu kraͤfftigem Troſt zu mercken / das wir leben oder ſterben /Rom. 14. v. 8. dennoch des HERREN ſein / Rom. XIV. und das un - ſer Leben nicht ſtehe in der Hand und Macht unſerer Fein - de und widerwertigen / ſondern in der Hand und Gewalt unſers Gottes / welcher die ſeinen / ſo offtes ihme gefaͤllet / auß der Hand / derer die ſie haſſen / wie auch auß aller Ge - fahr / darein Er ſie durch ſeine Goͤttliche verordnung kom - men leſſet / maͤchtig erretten kan und wil. Denn der HERR toͤdtet und machet lebendig / Er fuͤhret in die Helle / und wieder herauß / ſaget die frome Mutter1. Sam. 2. v. 6. Samuelis, I. Sam. II. Alſo das ſeine Guͤtte und Macht weit groͤſſer und kraͤftiger iſt bey den Fromen / als die Liſt / Boß - heit und gewalt des Teufels / und aller ſeiner Werckzenge.

Applicatio ad piè de-functum. Und das hat unſer Seel: Herr Probſt wol erfah - ren / darumb er dieſes Spruͤchlein ſehr lieb gehabet / und in allerhand Gefahr und Noth / ſo ihme zeit ſeines Lebens / be - vorauß in dem H. Predigambte auffgeſtoſſen / ſich deſſelben wohl zu bedienen wiſſen / ſonderlich ſo offte ihme Leibes Schwachheit begegnet / und ſeines HERREN worte be - hertziget: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / wo du mein Gott mich noch ferner in meinem Ambte haben wilſt / wird die truͤbe Zeit und trauriges Ungewitter wohl ſich aͤndern / und ſich eriñert der worte des fromen Biſchoffs: Domine, ſi tibi utilis ſum, non recuſo laborem. HERR /[15]Chriſtliche Leichpredigt. HERR / erkenneſtu daß ich deiner Kirchen noch nutze bin / wil ich keine Muͤhe noch Arbeit ſcheuen. Und ſo betete auch D. David Rungius in ſeiner groſſen Kranckheit: ſi adhuc ſum utilis Scholæ & Eccleſiæ, reſtitue mihi amisſas vires animi & corporis, qvi po -a) Videa - tur Concio funebris per D. Sa - lom. Geſ - nerum ba - bita Wite - bergæ An. 1604. p. 55. Sap. 3. v. 1. tes ſuſcitare mortuos. a) Neben dem hat unſer Herr Hyllerus offt / und alſo auch recht und wohl geſaget: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben. Denn ob er wol dem Leibe nach geſtorben / ſo lebet er doch der Seelen nach in Gottes Hand. Sap. III. Er lebet und wird leben im Gedaͤchtnuͤß ſeiner Kirchkinder nicht hier alleine / ſondern auch anders wo / ſo offte ſie ſich ſeiner beweg-und troͤſt - lichen Predigten Gottſeelig erinnern werden: Er lebet und wird leben in ſeinen Schrifften / ſonderlich in dem gutten und troſtreichen Wercke der Meditationum uͤber das Leiden unſers HErren JESU CHRISTI. So nu Horatius b) ſeiner Vers halber mit Ruhm geſa -b) 3. Carm. 30. v. 6. 7. get:

Non omnis moriar: multaꝙ́ par sme[i]Vitabit Libitinam usꝙ ego poſterâ Creſcam laude recens. Nicht werd ich ſterben gantz: ein groſſes theil von mir Der Nach-Welt bleiben wird / und leben fuͤr und fuͤr. ()

So nu / ſage ich / Horatius ſeiner Poëterey halber der lan - gen gedaͤchtnuͤß / und zwar nicht ungereimet oder unwar - hafftig ſich verſichert / wie viel mehr koͤnnen wir von unſe - rem Herren Probſt ſeiner Troſtreichen Schrifften halber ſagen / und nicht unfuͤglich auch ſeine Gedancken darauff ziehen: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben. Und ſo viel von CHRISTI wider den Tod feſte verſicherung.

Darauff[16]Chriſtliche Leichpredigt.

Darauff folget nun billich das II. Nemlich: Der Goͤttlichen Wercke verkuͤn - digung.

Denn ſo folgen die worte . 17. des CXVIII. Pſal - mes auffeinander: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / und des HERREN Werck verkuͤndigen. Chriſtus ſaget: Jch werde leben / aber nicht muͤßig / ſondern werde des HErren Werck verkuͤn - digen. Dabey denn Zweyerley wohl in acht zu nehmen:

  • I. Was CHRISTUS hat verkuͤndigen wollen.
  • II. Wie und auf was weiſe Er ſolches zu wercke gerichtet.

(1) Was CHRISTUS hat verkuͤndigen wollen.

Da ſtehet im Texte: Die Wercke des HERREN. Was dieſes vor wercke geweſen / zeiget uns anderwerts derPſ. 22. v. 23 Sohn Gottes in der Perſon Davids im XXII. Pſalm: Jch wil deinen Nahmen predigen meinen Bruͤ - dern / Jch wil dich in der Gemeine ruͤhmen. Als wolte der HERR ſagen: Mein Vater / Jch wil alles das jenige / was zu erklaͤrung und erleuterung deines We - ſens und Willens gehoͤrig / und alles was zum Preiß dei nes Lobes dienet (denn beydes wird unter dem woͤrtleinPſ. 5. v. 12. Nahmen begriffen / wenn daſſelbe von Gott gebrauchetMich. 5. v. 4. cap. 6. v. 9. wird / wie auß fleißiger betrachtung im V. Pſalm v. 12. und Mich. VI. v. 9. und anderswo zu ſehen) davon wil ich pre - digen meinen Bruͤdern. Denn wie Er gethan im Stan -Rom. 15. v. 8. de ſeiner Erniedrigung / da Er geweſen ein Diener der Beſchneidung / Rom. XV. und alſo vornemlich im Juͤdi -ſchen[17]Chriſtliche Leichpredigt. ſchen Lande geprediget / und dadurch erwieſen / mit Lehren und Wundern / daß Er erſtlich zu den verlohrnen Scha -Matth. 15. v. 24. fen von dem Hauſe Jſrael geſendet worden / Matth. XV. alſo hat Er wohl nach ſeiner Siegreichen Aufferſte - hung und Himmelfahrt den Nahmen des HERRen predigen allen Voͤlckern / und ſie dadurch lehrenMatth. 28 v. 29. laſſen Matth. XXVIII. und geboten allen Men - ſchen an allen Enden Buſſe zu thun / Act. XVII.Act. 17. v. 30. aber gleichwol hat dieſes muͤſſen zu Jeruſalem angeho -Luc. 24. v. 47. ben / Luc. XXIV. und den Juden zuvor geprediget werden / maſſen ſolches Paulus und Barnabas zu Antiochiâ im Lande Piſidiâ frey offentlich zu den Juden ſagen: Euch muſte zu erſt das Wort Gottes geſaget werden. Nun ihr es aber von euch ſtoſſet / und achtet euch ſelbſt nicht werth des ewigen Lebens / ſiehe / ſo wenden wir uns zu den Heyden. Das ſein nu die Wercke des HERREN / die CHRISTUS im Stande ſeiner Erniedrigung ſelbſten verkuͤndiget / und im Stande ſeiner Erhoͤhung durch ſeine trewe Diener / Apoſtel und Juͤnger / und wird durch ſolch verkuͤndigen der Goͤttlichen Wercke abſonderlich CHRISTI Prophetiſches Ampt angedeutet. Und das wehret nun noch heute / wer ſolches Predigen mit ſanfftmut annimmet / die werden Gottes Kinder durch den Glauben an Chriſtum Je - sum, Gal. III. und die Jhn alſo aufnehmen / de -Gal. 3. v. 26. nen giebet Er macht Gottes Kinder zu werden /Joh. 1. v. 12 die an ſeinen Nahmen glaͤuben / Joh. 1. und ſein Gottes Erben und Miterben Chriſti. Rom. VIII,Rom. 8. v. 17. Cund[18]Chriſtliche Leichpredigt. und Chriſti Bruͤder / die Gottes Wort hoͤrenLuc. 8. v. 21. und thun / Luc. VIII. Denn wer Gottes willen thut / der iſt mein Bruder / Schweſter undMatth. 12. v. 48. 49. Mutter / ſaget CHRISTUS ſelbſten Matth. XII. Was nun im XXII. Pſalm iſt Gottes Nahmen predigen;Marc. 3. v. 35. eben das iſt im CXVIII. Pſalm: Des HERREN Werck verkuͤndigen. Und wird alſo / das jenige / was CHRISTUS verkuͤndigen wollen / in ſeiner Sprache ge -Crellius l. de Deo & attr. div. cap. 11. pag. 57. nant〈…〉〈…〉 / das Wort Jah, ob zwar etliche meinen / es werde deriviret und hergenommen vom〈…〉〈…〉 / und zu - ſammen gezogen auß einem dreyſylbigen in ein einſylbiges woͤrtlein. Hieronymus meinet im gegentheil / der Nahme Gottes〈…〉〈…〉 komme her vom Nahmen〈…〉〈…〉; iedoch ſo iſt Merceri, Pagnini und anderer erfahrnen Ebreer meinung viel richtiger / welche lehren / das〈…〉〈…〉 decurtatum und ver - kuͤrtzet / da auß dem Worte〈…〉〈…〉 / die letzten zwey Buch - ſtaben gleichſam abgeſchnitten / und nicht / wie Crellius wil / die zwey mittelen außgeworffen / und der erſte und letzte im gedachten Nahmen Gottes zuſammen gezogen werden. Wie wohl andere gelehrte und der Ebræiſchen Sprachen wol kuͤndige / das Jah fuͤr ein primitivum halten / das von keinem andern herkomme / und gaͤntzlich vom nomine tetra - grammato〈…〉〈…〉 unterſchieden / theiles / das dieſes〈…〉〈…〉 ei - nen Punct hat / den die Ebræer Mappik heiſſen / theils / weil offt in H. Schrifft dieſe zwey Nahmen zuſammen ge -Eſa. 12, 2. ſetzet / wenn ſie als fuͤr unterſchiedene Goͤttliche Nahmen gebrauchet werden / als Eſaiæ XII. 〈…〉〈…〉/ Jah Jehovah, Lutherus hat es gegeben: Gott der HERR iſt meine ſtaͤrcke. Deßgleichen Eſaiæ XXVI. In Jah Jehovah / Luth. Gott der HERR iſt ein Felß ewiglich. Einmahl a - ber iſt unfehlbar und gewiß / das dieſes〈…〉〈…〉 iſt ein eigent -licher[19]Chriſtliche Leichpredigt. licher Nahme Gottes / wird auch in Heiliger Schrifft nirgend anders / als von dem einigen wahren Gotte ge - brauchet / und eben wie der Nahme JEHOVAH Gotte al - leine zugeeignet / wie im LXVIII. Pſalm zu ſehen: Jah nomen ejus. Lutherus: Er heiſſet HERR. Bleibet demnach dabey / das dis woͤrtlein〈…〉〈…〉 ein eigentlicher Nah - me Gottes ſey / und dannhero kan ſolches / wie andere no mina propria oder eigentliche Benennungs-Nahmen in andern Sprachen behalten werden / maſſen es denn auch im worte Hallelu-jah von den Grichen / Lateinern / und Deutſchen behalten wird / welches das Goͤttliche weſen etlicher maſſen bedeute und anzeige / wegen der verwandt - nuͤß / die es hat mit dem Nahmen〈…〉〈…〉 / wie es denn auß gegenhaltung der jenigen Spruͤche leichtlich abzunehmen / in welchen oberzehlter Nahme gefunden wird. Und die - ſes groſſen HErren Wercke hat nu CHRISTUS ver - kuͤndiget nach der art und weiſe / wie zuvor erklaͤret wor - den. Und ſo viel / was CHRISTUS hat verkuͤndi - gen wollen.

(2.) Wie und auff was weiſe Er ſol - ches zu wercke gerichtet.

Das zeiget in unſerem Spruͤchlein der H. Geiſt mit dem worte aſapper, welches â rad. 〈…〉〈…〉herkommet / und heiſt in ſeiner rechten bedeutung auch das allergering - ſte in einer Sache gar genaue handeln und erzehlen / wie die fleißigen Mathematici zuthun pflegen / geſtalt auff ſolch fleißiges erzehlen vom Weſen und Willen Gottes der H. Geiſt ſiehet Joh. I. Niemand hat GOtt ie geſe -1. Joh. 1. v. 18. hen. Der eingebohrne Sohn / der in des Va - ters Schoß iſt / der hat es uns verkuͤndiget. C ijUnd[20]Chriſtliche Leichpredigt. Und wird demnach durch das Ebræiſche grundwoͤrtlein die gedoppelte Art und Weiſe das Evangelium im Neuen Te - ſtament fortzupflantzen angezeiget / ſintemahl die Apo - ſtel theiles durch muͤndliche Predigt / theiles durch Schrifften die Geheimnuͤß des Glaubens / erklaͤret und außgeleget / und auff ſolche weiſe die Leute zu Chriſti Juͤngern gemacht.

USUS. Hierauß haben wir zu lernen.

I.

Was das vornembſte Ambt der Heiligen Apoſtel geweſen / und noch heute zu tage aller treuen Lehrer und Prediger. Nemlich dieſes / daß ſie die Wercke des Herren verkuͤndigen. Das Heilige Evangelium / die froͤliche Botſchafft den erſchro - ckenen Hertzen verkuͤndigen / und das Geheimnuͤß of - fenbahren / das von der Welt her verſchwiegen geweſt iſt / Nu aber offenbaret / auch kund ge - macht durch der Propheten Schrifft / auß be - fehl des ewigen Gottes / den Gehorſam des Glaubens auffzurichten unter allen Heyden. Rom. 16. v. 25. Rom. XVI. und zu verkuͤndigen den unauß - ſprechlichen Reichthumb CHRISTI / und zuer - leuchten iederman / welche da ſey die Gemein - ſchaft deß Geheimnuͤß / das von der Welt her inEpheſ. 3. v. 4. 5. 6. 9. Gott iſt verborgen geweſen. Eph. III. Nu aber offenbaret iſt ſeinen Heiligen / welchen Gott ge -wolt[21]Chriſtliche Leichpredigt. wolt hat kund thun / welcher da ſey der herrliche Reichthum dieſes Geheimnuß unter den Hey - den (welches iſt Christus in euch) der da iſt die hoffnung der Herrligkeit. Dehn wir ver - kuͤndigen / und vermahnen alle Menſchen / und lehren alle Menſchen mit aller Weißheit / auff daß wir darſtellen einen ieglichen Menſchen vol - kommen in Christo Jesu: ſaget abermahl Paulus Coloſ. I. Und dieſes alles heiſſet der Apoſtel abermahlCol. 1. v. 26. 27. 28. reden von der heimlichen verborgenen Weiß heit Gottes / welche GOTT verordnet hat vor der Welt zu unſerer Herrligkeit. I. Corinth. II. 1. Cor. 2. v. 7. Denn wenn der Menſch nicht geſuͤndiget hette / were die - ſes Geheimnuͤß auß der Schoß des Vaters nicht herfuͤr brachtworden / Johan. I. Und CHRISTUS huͤtte denJoh. 1. v. 18. Saamen Abraham nicht angenommen / Ebr. II. Ebr. 2. v. 16. Und were alſo verſchwiegen blieben. Aber nach dem klaͤglichen Suͤndenfall hat es der Sohn Gottes bald offen - baret in dem Erſten Evangelio Gen. III. Jch wil feind -Gen. 3. v. 15. ſchaft ſetzen zwiſchen dir und dem Weibe / zwei - ſchen deinem Saamen / und ihrem Saamen / derſelbe ſol dir den Kopff zutreten. Diß Geheim - nuͤß haben hernach verkuͤndiger alle Heilige Propheten: Von dieſem (Jesu) zeugen alle Propheten / das durch ſeinen Nahmen / alle die an Jhn glaͤuben / vergebung der Suͤnde empfahen ſollen / Act. X.Actor. 10. v. 43. Dieſes Werck des HERREN hat CHRISTUS ſelbſten /C iijabſonder -[22]Chriſtliche Leichpredigt. abſonderlich dem Nicodemo offenbaret / Alſo hat Gott die Welt geliebet / daß Er ſeinen eingebohrnen Sohn gab / auf das alle / die an Jhn glaͤuben /Joban. 3. v. 16. nicht verlohren werden / ſondern das ewige Le - ben haben. Joh. III. Dieſe Wercke des HERREN haben auch noch CHRISTI Himmelfahrt die Apoſtel an allen Orten verkuͤndiget / wenn ſie mit Petro gelehret haben: Es iſt in keinem andern Heil / iſt auch kein an - der Nahme den Menſchen gegeben / darinnenActor. 4. v. 12. wir ſollen Seelig werden / Actor. IV. Deßgleichen: Wir glaͤuben durch die Gnade des HerrenAct. 15. v. 11. Jesu Christi Seelig zu werden / Actor. XV. Und alſo ſollen noch heute des HERREN Werck verkuͤn - digen alle treue Lehrer und Prediger / und hiemit thun das Werck eines Evangeliſchen Predigers / und2. Tim. 4. v. 5. ihr Ambt redlich außrichten. II. Tim. IV.

II.

Haben ſie auch wol die art und weiſe zu beobachten / nach welcher ſie des Herren Werck verkuͤndigen ſollen / das ſol geſchehen durch genaues erzehlen / beſchreiben und erleuteren. Welches im Neuen Teſtament der Apoſtel heiſſet: Das Wort2. Tim. 2. v. 15. der Warheit recht theilen / II. Tim. II. Die meiſten Interpretes und Außlaͤger ſagen / daß der Apoſtel eine verbluͤmte art zu reden hrauche / genommen von den Pri - ſtern im Alten Teſtament / welche die Opffer nach uͤbli - chem gebrauch zertheileten und außtheileten einem ieden das theil / ſo ihme zugehoͤrte. Etliche wollen / es ſey die Rede genommen von denen / die in Gaſtungen die Speiſe zerſchnitten / und außtheileten. Die Grichenſagen[23]Chriſtliche Leichpredigt. ſagen: τέμιεις ὁδο῀ν, den Weg auffthun / oder weiſen / und καινοτομεῖν heiſt bey ihnen / novas vias ſecare, das iſt / neuer Sachen ſich unterfangen / wird demnach ὀρϑοτομει῀ν, ſo viel ſein / als ein Ding recht fuͤr die hand nehmen / und das Wort der Warheit recht theilen heiſſet / die Heilige Schrifft / als Gottes Wort / nicht allei - ne recht erklaͤren und außlegen / nach dem rechten verſtand und meinung Gottes des Heiligen Geiſtes / ſon - dern auch ſolche Erklaͤrung alſo anſtellen / daß ſie ſich zum Nutze und Verſtande ſeiner Zuhoͤrer wol ſchuͤ - cke und reime. Sol nun das recht und wol geſchehen /2. Tim. 3. v. 15. ſo muß fuͤrwar ein treuer Lehrer mit Timotheo von Kind auff die Heilige Schrift wiſſen / II. Tim. III. Vnd durch gewonheit geuͤbte Sinne habenEbr. 5. v. 14. zum unterſcheid des gutten / und des boͤſen Ebr. V. und mit Apollos maͤchtig ſein in der SchriftAct. 18. v. 24. Actor. XVIII. und halten ob dem Worte / das gewiß iſt / und lehren kan / auff daß er maͤchtig ſey zu ermahnen durch die heilſame Lehre / und zu ſtraffen die Wiederſprecher. Tit. I. Was dazuTit. 1. v. 9. heutiges Tages fuͤr Sorge / Koſten / Muͤhe und Fleiß ge - hoͤre / wiſſen die jenigen am beſten / die es GOTT zu eh - ren / und ihren Kirch-Kindern zum beſten verſuchet haben / und die ſich einig und allein deſſen befleiſſen / das / was ſie reden / daß ſie es als Gottes Wort reden. I. Petr.1. Pet. 4. v. 11. IV. Denn das iſt der richtigſte und beſte Weg des HER - REN Werck zu verkuͤndigen.

III.

Worzu aber / und zu was ende ſol man des HERREN Werck verkuͤndigen? Darauffiſt[24]Chriſtliche Leichpredigt. iſt die gewiſte antwort: es ſol geſchehen zu Gottes Lob / Preiß und Ehre. Jn unſerem Leich-Text wird zwar nur das wort Verkuͤndigen / oder nach dem nachdruck des Ebræiſchen Worts / genau und fleißig erzehlen und beſchreiben / gebrauchet / es wird aber auch darunter das conſeqvens, und die billich drauff folgende Goͤttliche Eh - re und Preiß verſtanden / welches der Heilige Geiſt imPſ. 22. v. 23 XXII. Pſalm mit außdruͤcklichen Worten dazu ſetzet: Jch wil dich in der Gemeine ruͤhmen. Und zu dem ende hat CHRISTUS die Wercke des HERREN verkuͤn - diget / auch die Heilige Apoſtel: Zu dem Ende ſollen auch trewe Lehrer und Chriſti Diener ihre Predigten und gan - tzes Ambt anſtellen und derrichten / auff das Gott fuͤr die - ſe groſſe geheimnuͤß ohn unterlaß ſchuldige DanckbarkeitPſ. 111. v. 1. 2 geopffert werde nach der unterweiſung des CXI. Pſalmes: Jch dancke dem HERREN von gantzem Her - tzen im raht der Fromen / und in der Gemeine. Groß ſind die Wercke des HERREN / wer ihr achtet / der hat eitel Luſt daran. Denn diß iſt nicht der wenigſte Zweck und endurſache der offentlichen Verſam - lungen / das Gott von allen in gemein und inſonderheit fuͤr ſeine unzehliche Wolthaten geprieſen werde / geſtalt David zu der gleichen Gottesdinſt in ſeinem Exilio und Verfol - gung ein ſehnliches verlangen getragen. Jch wolte ger - ne hingehen mit dem Hauffen / und mit ihnen wallen zum Hauſe Gottes / mit Frolocken undPſ. 42. v. 5. Dancken unter dem Hauffen / die da feyren.Eſa. 56. v. 7. im XLII. Pſalm. Denn wie der Tempel oder Gottes -Pſ. 43. v. 3. 4. Hauß ſol ein Bete-Hauß / Eſaiæ LVI. alſo ſol es auch ein Danck-Hauß ſein / davon im XLIII. Pſalm ſtehet:Sende[25]Chriſtliche Leichpredigt. Sende dein Licht und deine Warheit / daß ſie mich leiten / und bringen zu deinem H. Berge / und zu deiner Wohnunge / daß ich hienein gehe zum Altar Gottes / zu dem GOtt / der meine Freude und Wonne iſt / und dir Gott auf der Harfen dancke / mein Gott.

Dieſes haben zu einer treuhertzigen Warnung die jenigen Maul-Chriſten zu mercken / die zwar auch in die Gemeine des HERREN kommen / aber denſelben ſchlecht in der Gemeine ruͤhmen / ſondern in ihrem gantzen Leben des HERREN Nahmen / und ſeine Wercke mißbrauchen zum Fluchen / Gotteslaͤſtern / leichtfertigem Schweren / muthwilliger Ungerechtigkeit / Fleiſches Luſt / Augenluſt / und hoffertigem Leben / und allen andern greu - lichen Schandlaſtern; die verkuͤndigen nicht die Wer - cke des HERREN / ſondern des leidigen Teuffels / von deme ſie gefangen ſind zu ſeinem Willen / II. Tim. II.2. Tim. 2. v. 26. und ſind lebendig tod / I. Tim. V. Und eine unnuͤtze Laſt des Erdbodems / wenn ſie ſich gleich noch fuͤr ſo groſſe1. Tim. 5. v. 6. Lichter der Welt / und Seulen der Kirchen / und Gemeinen Nutzes ſchaͤtzen und halten.

Anders hat es gemacht unſer Seeliger Herr Senior und Probſt / der hat ſein Ambt dergeſtalt in acht genommen / daß er ihme angelegen ſein laſſen / des HERREN Werck zuverkuͤndigen / hat ſolches auch mit groſſem Fleiß und ernſt gethan / und ſolches an unterſchiedenen Orten / da - hin ihn der HERR beruffen / inſonderheit zum Jawer / Reichenbach / und denn alhier in der Fuͤrſtlichen Re - ſidentz Stadt Olſſen / und dieſes ſo viel und lange Jahre / maſſen mit mehrem unſers Herren Senioris EhrenzeugnuͤßDerwei -[26]Chriſtliche Leichpredigterweiſen wird / dahin wir uns geliebter kurtze ziehen / hat alſo unſer Herr Probſt ſo ſchriſſt-alß muͤnd-lich groſſen Natz in der Kirchen Chriſti geſchaffet. Weil Er nun mit Paulo ſeinen Lauf vollendet / und glauben gehalten / zweiffeln wir keines weges / daß ihme auch nicht albereit ſolte bey - geleget ſein die Krone der Gerechtigkeit / welche ihm der HERR an jenem Tage / der gerechte Richter /2. Tim. 4. v. 7. 8. geben wird. II. Tim. IV. Darzu auch uns allen verhelf - fen wolle die Heilige und Hochgelobte Dreyeinigkeit: Der wir vornemlich zu Ehren zu dem Mahl auß dem kurtzen / aber ſehr nachdencklichem Leich-Text E. C. Liebe gedachte zwey Lehr-Punct gezeiget / nemlich. I. Chriſti wider den Todt feſte Verſicherung / II. Der Goͤttlichen Wer - cke verkuͤndigung. Jhme ſey Lob / Preiß und Danck geſaget ietzo und in Ewigkeit / AMEN.

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Lebens[27]

Lebens - und Able - bens Bericht.

Nun iſt es an dem / daß Wir / auch etwas ſagen und anhoͤ - ren von dem Ehrwuͤrdigen / Achtbarn / Wol - gelarten / umb die Kirche Gottes viel Jahr wolverdienten / auch in der Verfolgung / und anderemCreutz und Truͤbſalen wolverſuchten H. Martino Hyllero, wel - ches wolabgearbeiteter / ermuͤdeter und durch den Tod ſanft und ſelig verblichener alter Leichnam an ietzo in ſein Ruhe - bettlein ſoll beygeleget werden / und ſeine mirabiles, & pla - ſingulares fortunæ (ita vocabimus in ſano illo & ſo - brio ſenſu) periodos erzehlen.

Er iſt durch Goͤttliche Providentz und Vorſehung imParentes, Jahr Chriſti 1575. den 28. Septemb, in der Stadt Stri - gaw von Chriſtlichen und daſelbſt wolgeehrten Eltern auf dieſe Welt gebohren worden.

Sein Vater iſt geweſt der Erbare und Wolgeachte Herr Martinus Hyller, Buͤrger und Becker allda / ein Mann antiqvâ Virtute & Fide. Seine Mutter / die Erbare und Tugendſame Fraw Urſula Fiſcherin von Hirſchberg / welche von dem Herrn Prediger zurStrigaw in ihrer Leich - predigt das Zeugnis gehabt / und mit Warheit / daß ſie ſey geweſt / eine fleißige Beſucherin der lieben Kirchen / eine hertzliche andaͤchtige Beterin / eine Mutter der Armen / ihrD ijHauß[28]Chrenzeugnuͤß. Piorum li - beris meli ora con - tingunt, impiorum verò non. Hauß eine Zuflucht der Duͤrfftigen / ihre Hand eine mild - reiche Geberin der Allmoſen / den Krancken und Nothlei - denden in den Hoſpitalen / und Hauß-armen Leuten; Dar - umb denn auch der mildreiche Gott dieſe Ehleute in ihrer Nahrung und Haußhaltung ſo reichlich geſegnet / daß ſieVox Ora - culi. dieſen ihren Sohn von ihrem eygenen Vermoͤgen / und ohn einiges Menſchen zuthun ehrlich auff den einheimiſchen und auch auſſer Landes auff der Hohen Schul zu Witten - berg haben halten koͤnnen.

Von gedachten ſeinen lieben Eltern / iſt Er / ſo bald er von Gott ihnen beſcheret / zu dem Sacrament der heiligen Tauffe befoͤrdert / durch ein andaͤchtiges Gebet in derſelben / dem Allmaͤchtigen Gott wiederumb vorgetragen / auß des Satans Reich geriſſen / in das Buch der Lebendigen ein - verleibet / und nach des Vaters Nahmen Martinus genen - net worden.

Hernachmals iſt er von ihnen zu allem dem erzogenFueritia. und gehalten worden / was Chriſtlich / was erbar und heyl - ſam iſt / ſonderlich aber zum Glauben / Liebe und wahrer Furcht und Erkaͤntnuͤs Gottes. Und weil ſie bey ihm ein feines Ingenium befunden / daß / wie eine ſchoͤne Baum - bluͤte auff kuͤnfftige gute Fruͤchte eine ſchoͤne anzeigung ge - weſt / haͤtten ſie auch gern dem lieben Gott zu Ehren / ſeiner Kirchen zum beſten / und ihnen ſelbſt zu ſonderer Frend und Troſt / einen gelehrten Menſchen auß ihm aufferzie - hen wollen.

Weil aber mit dem wachſen ſeiner Kindheit auch al - lerley Kranckheit / als immer anhaltenden reiſſen im Lei - be / Anſprung / boͤſe hitzige Blattern / und anders mehr mit ihm gewachſen / und alſo das Kind mit lauter Kranckheit erzogen worden / hat es der Vaterzween Winter nachein -ander[29]Ehrenzeugnuͤß. ander auff ſeinen Armen in die Schule / und wiederumb anheim getragen.

Hat alſo die prima artium fundamenta in patria Scho - la zu Strigaw gelegt / unter dem Rectorat des Ehrnve - ſten und Wolbenambten Herrn Caſparis Koſchwitii eines fromen und recht-treuen Schul-Manns / darzu er von ſei - nen Eltern mit allem ernſt iſt angehalten worden.

Denn weil der Vater ein umb etwas ernſter Mann ge - weſt / hat er ſeine Kinder in ſcharffer diſciplin daheim ge - halten. Wenn dieſer ſein Sohn auß der Schulen kom - men / hat er bald muͤſſen auffſagen und auffweiſen / was er gelernet und geſchrieben; nach Tiſche hat er ihn wiederumb friſch zu den Buͤchern getrieben. Hat er aber geſagt / er haͤtte nichts außwendiges zu lernen / oder zu ſchreiben / hat er ihm in der Wirtſchafft was zu thun aufferleget / darmit ihm alle gelegenheit mit anderen muthwilligen Buben auff den Gaſſen und vor den Thoren herumb zuſchwermen / iſt ab - geſchnitten worden. Adoleſcen - tiæ Studia.

Anno 1590. iſt er von ſeinen lieben Eltern / ſeine Stu - dia zu continuiren, gen Breßlaw verſchuͤcket worden / da er bey nahe gantzer 7. Jahr zubracht. Vier Jahr in dem beruͤhmten Gymnaſio zu St. Eliſabeth / als das Rectorat daſelbſt verwaltet hat Herr M. Nicolaus Steinberg / und Collegen geweſt M. Melchior Weigler / M. Martinus Lang / und M. Georgius Seidel.

Drey Jahr iſt er ein Alumnus geweſt der Schulen zu St. Maria Magdalena / welcher Schulen Rector da - mals geweſt / der recht-treue und hochfleißige Herr M. Ca - ſpar Pridmannus; Con Rector aber der Hochgelahrte H: M. Johannes Hoͤchelshoven / welches privatus diſcipulus & Auditor, die gantzen Drey Jahr er geweſt / deſſen groſſeD iijTreue[30]Ehrenzeugnuͤß. Treue und Fleiß / ſo Er an ihn angewand / er / als ein danck - barer Diſcipulus, niemals gnug ruͤhmen und preiſen koͤn - nen; inſonderheit / daß er dieſe Gutthat an ihm erwieſen / und wie er / wenn ihn der liebe Gott in kuͤnfftiger Zeit ins Predigampt wuͤrde vociren, ſolte einen Textum Biblicum beweglich ableſen / kuͤnſtlich reſolviren, oratoriè tractiren / recht pronunciren / ſo treulich / oder vielmehr Vaͤterlich / ihn angewieſen.

Ja er hat offt geruͤhmet und gar gern bekennet / daß er alles daſſelbige / was in ſeinem Vermoͤgen geweſt / eine taug - liche Predigt nicht allein zu machen / ſondern auch coram facie Eccleſiæ, daß es in die Hertzen der Zuhoͤrer dringe / und beharliche aculeos in animis Auditorum hinterlaſſe / abzureden / nach Gott / dieſem lieben treuen Præceptori allein zu dancken gehabet.

Als er nun gedachte 7. Jahr in den Breßliſchen Schu - len / ſeinen Studiis fleißig obgelegen / und darinnen ſeine ar - tes & lingvas, gute Kuͤnſte und Sprachen / neben dem Stu - dio pictatis ſtudiret und erlernet / iſt er von ſeinen lieben Eltern Anno 1597. auff die Hochberuͤhmte Hohe-Schul Wittenberg mit nothwendiger Unterhaltung abgefertiget / nach dem Er zuvor den alten ritum depoſitionis zu Leipzig außgeſtanden / von Herrn Erhardo Lauterbachen / damals Facultatis Philoſophicæ Adjuncto, hernach aber S. Theo - logiæ D. und Superintendenten zu Zeitz / examiniret und abſolviret worden / auch bis ins dritte Jahr allda verblie - ben.

Auff dieſer Univerſitet iſt er ein Studioſus geweſt unter dem Magnifico Rectore M. Antonio Evonymo, Logices & Ethices Profesſore P. der Vortrefflichſten Theologo - rum, ſo der mild-reiche Gott ſeiner Chriſtenheit zu de[r]Zeit[31]Ehrenzeugnuͤß. Zeit gegeden hat. Dieſe ſind geweſt / Herr D. Ægidius Hun - nius, Herr D. Salomon Geſnerus, Herr D. David Run - gius, Herr D. Leonhardus Hutterus, welches er fuͤr der groͤſten Gluͤckſeligkeitẽ eine gehalten / ſo der liebe frome Gott auff dieſer Welt ihm hat wiederfahren laſſen / und hertzlich Jhm dafuͤr gedancket.

Und weil er von Jugend auff groſſe Luſt und Liebe zuStudia A - cademica. der Heiligen Schrifft / ad quam vel tacito naturæ inſtin - ctu, vel divino qvodam afflatu unicè propendebat, und wuͤrdigen Predigampt getragen / auch ſeines lieben Vaters und Mutter hoͤchlicher Wuntſch geweſt / daß ſie dem Hoch - gelobten Sohn des Allmaͤchtigen Gottes / der das heilige Predigampt einig und allein durch ſein Blut / Wunden und Tod gar teuer erworben / und eingeſetzet hat / von ihrem Vermoͤgen / das ihnen der guͤttigſte Gott / durch ſeinen mil - den Segen beſcheret hatte / einen treuen Diener in ſeiner Kirchen aufferziehen moͤchten; Als hat er auch neben dem lieben Gebet und inſtaͤndig anhaltendem moͤglichſtem Fleiß und Muͤhe / all ſein Studiren zu dem einigen Ziel und Zweck gerichtet / daß er dem Allerhoͤchſten Gott im Himmel / und ſeiner Kirche hie auff Erden fruchtbarlich und mit groſſem Nutzen dienen moͤchte. Exercitia conciona - toria.

Jn anmerckung auch / daß die groͤſte Laſt und das fuͤr - nemſte Werck des Predigampts / deſſentwegen die Kirchen -1. Tim. 5. v. 17. 1. Cor. 2, 4. 2. Cor. 2 v. 17. 2. Cor. 4, 2. 1. Cor. 4, 2. Matth. 24. v. 45. Joan. 7. v. 1〈…〉〈…〉 Mal. 2. v. 2 1. Cor. 〈…〉〈…〉1, 2. Cal. 4. v. 1[9] diener zweyfacher Ehren werth ſind / iſt das Predigen / wenn ſie das Wort recht erklaren / mit erweiſung des Geiſtes und der Krafft; mit Lauterkeit / als vor dem Angeſichte Gottes; mit Trew und Verſtand; auß rechtem Eyfer der Ehren Gottes / und der Zuhoͤrer Heyl; als hat er ſich zu Wittem - berg zeitlich darzu gehalten / und zwar durch dieſe gelegen - heit.

Es[32]Ehrenzeugnuͤß.

Es hat auff einem Dorffe Biltzig genandt / ohngefehr eine kleine Meile von dannen gelegen / ein alter Prediger gewohnet / der vom Philippo Melanchthone, dem Herrn Præceptore (wie er ihn hat zunennen pflegen) hinaus war geſetzet worden.

Weil aber derſelbe hohen Alters und groſſer Schwach - heit halben / das Predigen nicht mehr verrichten koͤnnen / hat Herr D. Geſnerus bey dem Herrn Superintendenten Herrn D. Hunnio, dem Herrn Hyllero erlanget und zu we - ge gebracht / daß er ein gantzes Jahr alle Sontage ſelbigen Orth mit einer Predigt verſehen hat; und da ſonſten kein Studioſus hat predigen doͤrffen / wenn er nicht zuvorhin die gantze Predigt de verbo ad verbum auffgeſetzt / dem Herrn D. Hunnio zum unterſchreiben gebracht / hat Er nur die erſte / und hernach keine mehr zu præſentiren von ihm be - gehret.

Promotio - nes fiunt per gradꝰ, non per ſaltus. Nach dem er nach außgang zweyer Jahr und was druͤ - ber geweſt / Anno 1599. wiederumb von Wittemberg an - heim gelanget / hat er ſeinen Eltern daheim nicht lange doͤrf - fen beſchwerlich ſeyn / ſondern unſer lieber Gott hat ihn bald mit einer gutten Gelegenheit verſehen / in dem der Woled - le / Geſtrenge und Wolbenambte Herr Georg von Reib - nitz auff Arnsdorff / Leippe und Steinſeiffen / ſeinem einigen Sohn zu einem Moderatori morum & ſtudiorum ihn vo - ciret, da er ſehr gutte gelegenheit gehabt / ſeine ſtudia Theo - logica zu continuiren, und in concionando ſich zu exerci - ren, welches auch ſo wol gerathen / daß er von gedachtem Herrn Reibnitzes Tochter Mann (titul) Herrn Fridrichen von Knobelsdorff auff Contzendorff und Pilgramsdorff zu der vacirenden Paſtorat-Stell zu Pilgramsdorff Anno 1601. iſt vociret worden / cui vocationi ut divinæ, liben -ter[33]Ehrenzeugnuͤß. ter paruit, und ſie im Nahmen des Allerhoͤchſten Gottes acceptiret und angenommen hat.

Auff ſolche Ordinariam & legitimam vocationem, hat er ſich alſobald nach Wittenberg zu ſeinen vorgenenten alten Herren Præceptoren erhaben / die ſacros ordines petiret, die er auch auff vorhergehendes gnugſames examen, ſo von (titul) Herrn D. Hunnio, und Herrn M. Henrico Sil - berman geſchehen / in der Pfarrkirchen zu Wittenberg / von allen vieren Herren Doctoribus Theologiæ ohn alles wi - derſprechen / erlanget hat.

Wie Er mit ſeinem guten Contento wiederumb nach Hauſe gelanget / iſt er in ſein Ampt angetreten zu Pilgrams - dorff in dem Namen des Allerhoͤchſten.

Jn demſelbigen Jahr hat Er ſich auch in den heiligenConjugi - um. Eheſtand umb Martini eingelaſſen / mit der damals Wol - Erbarn / Viel Ehrentugendreichen Jungfrauen Maria / des WohlEhrwuͤrdigen / Achtbaren / und Wohlgelarten Herrn Caſpar Poley / wolverdienten Predigers der Chriſt - lichen Kirchen zu Cunern im Strigniſchen Weichbilde ge - legen / und der Wolerbaren / VielEhrenreichen Frauen Sabinen gebohrnen Koſchwitzin von der Strigaw / Ehe - leiblichen Tochter / mit dero Er einen Gottſeligen und friedlichen Eheſtand gefuͤhret 48. Jahr. Unſer lieber Gott hat ſie geſegnet mit 8. Kindern / 3. Soͤhnen / und 5. Toͤchtern / unter denen der juͤngſte und letzte iſt M. Chriſti - anus, ietziger Zeit der Evangeliſchen Deutſchen Nation zu Zduny in der Cron Polen Prediger.

Demnach aber von dem von Reibnitz und ſeiner gelieb -Munia Ec - cleſiaſtica Anno 1601 ten Haußfrauen / er mit dieſer gewiſſen und außgedruckten condition von Arnsdorff nach Pilgramsdorff war gelaſ - ſen worden / das / weil eine Chriſtliche erbauliche reforma -Etion[34]Ehrenzeugnuͤß. tion bey ihrer Kirchen hoͤchſt noͤhtig zu ſein ſcheinete / ſie ſol - ten recht haben zu derſelbigen ihn wiederumb abzufodern / iſt ſolches eher als man vermeinet / nemlich nach verflieſſung eines Jahres / geſchehen.

Als er Anno 1602. dahin kommen / hilff Gott / wie hat dieſer junge Mann ſo viel unrichtiges Weſen bey derſelbi - gen Kirchen funden! Wie viel boͤſe und feſtſteckende Ge - wonheiten waren außzureuten! Wie viel Guttes und Nuͤtz - liches war einzufuͤhren! Wie war ſo eine groſſe Unwiſſen - heit in den Leuten! daß auch die Elteſten nicht wuſten zuſa -Dato uno in conveni - ente, ſeqv - untur infi - nita. gen / ob auch mehr als ein Gott waͤre[?]Wer Chriſtus ſey[?]Wer ſie erloͤſet habe[?]ꝛc. Es war auch keine Beichte bey die - ſer Kirchen / war auch niemand ſo alt / auch nicht die Leute von Achtzig Jahren / die iemals haͤtten gehoͤret etwas von der Beicht / wuſten auch nicht was Beichten war.

Unſer Herr Hyllerus aber / der dieſen einigen Zweck vor ſich hatte / ut non tantùm ornamento familiæ ſuæ, ſed etiam magno uſui Eccleſiæ Chriſti & communi hominum ſocietati eſſe poſſet, machte dieſen Schluß bey ihm / die Beichte ſolte und muͤſte eingefuͤhret / und das gantze Kir - chen Weſen in einen beſſern Stand gebracht werden / da - mit deſto beſſer gelegenheit waͤre die Leute in fide & in vita zu informiren / wie ſchwer / und faſt unmoͤglich es ſich auch anſehen ließ. Denn die Leute hatten harte Koͤpffe / ſtack - ten die meiſte Zeit bey Tag und Nacht umb den wuͤſten to - ben Rieſenberg herumb bey dem Kohlbrennen / und andern Arbeiten / da ſie gar verwilderten.

War demnach her / machte eine kurtze Beichte / auch kur - tze Fragſtuͤcke / laß ſie allemahl nach den Predigten den Leu - ten vor / gab ſie in die Schule / daß ſie die Knaben muſten abſchreiben / außwendig lernen / und von den Kindern ler -neten[35]Ehrenzeugnuͤß. neten ſie daheime[V] ater / Mutter / Geſinde. Aber was geſchiehet? Da er nun die Beiche fein unter die Leute bracht hatte / wolte niemand den anfang machen zum Beichten / keiner wolte der erſte ſeyn / biß er endlichen mit gutem Glimpflichen Worten einen Alten feinen Pawers - Mann uͤberredet / daß Er mit ſeinem gantzen familia, zu dieſem Ehriſtlichen nothwendigen Werck den anfang mach - te / dem die andern bald nach folgeten / lieſſen ſich wol unter - weiſen in doctrinâ Chriſtianâ & in moribus, wie unben - dig ſie auch zuvor waren / alſo / daß er Obedientiores & mi tiores Auditores nicht wuͤntſchen thaͤte.

Nun die verwilderte Kirche war angerichtet; die unben - digen Leute waren ſanfftmuͤtig; die Unwiſſenden waren in Sachen / die Seligkeit betreffend / fein angewieſen worden / und ſtund das gantze Kirchen Weſen in ſchoͤner und voller Bluͤth; ſo kompt unſer lieber Gott / nach verflieſſang Fuͤnff Jahren / und ſpricht: Auff! Jch wil dich auß dem Gebuͤrg in das Land hinunter fuͤhren / und zwar in dein Vaterland zur Strigaw / zu einer verweiſeten Diaconat-Stelle / da ich dir wiederumb zu ſchaffen gnug geben wil.

Was ſolt Er thun? Weil er ſich umb die Stelle niemals hatte bemuͤhet / weil es das Vaterland war / muſte er nur dencken: Qvoniam ſunt omnia commoda â Patria acce -Cic. 1. de Orat. pta, nullum incommodum pro patriâ grave putandum eſt. Ließ ſich demnach bereden / und folgte ſeinem lieben Gott dahin / wiewol nicht ohn groſſes Weinen und Weh - klagen der ſehr gutten geneigten Herrſchafft / die er allda muſte verlaſſen / und ſo dieſen jungen Mann ſehr hoch liebe - ten / Ehreten / und in allen ſchweren Sachen ſeinem gutten treuen Rath folgeten / wie jung er auch noch war.

Wie er zu außgang des 1607 Jahres dahin kam / und amE ijerſten[36]Ehrenzeugnuͤß. Non eſt vir fortis & ſtrenuus, qvi laborẽ fugit: ve - rùm ubi creſcit illi animus, ipsâ rerum difficulta - te. Sen:erſten Tage des angehenden 1608. Jahres / ſeine erſt Pre - digt ablegte / fand er allda alle Haͤnde voller Arbeit.

Es ward aber ſolche ſeine Treue / Muͤhe / Fleiß und hoch - ſchwere Arbeit mit ſchlechtem Danck angenommen / am wenigſten aber von denen die es am erſten haͤtten ſollen er - kennen / und Patroni der Kirchen waren / vermeinten / er waͤre ſolche bey nahe unmenſchliche Arbeit / auch mit ſo groſ - ſer Gefahr / wie er denn einmal in einem inficirten Hauſe 5. Perſonen daheime communicirete / die alle 5. bald nach der Communion weggeſtorben / und der Gloͤckner darzu / der mit ihm war / zu thun ſchuldig / auch darumb / weil die Strigaw ſein Vaterland waͤre / und man ihn fuͤr andern dahin vociret haͤtte. Muſte alſo in der that erfah - ren / was der oberſte Prediger Koͤnig geſagt hat: Non eſtMatth. 13. . 57. Propheta inhonoratus niſi in patriâ ſuâ, & inter co gnatos. Das iſt; Ein Prophet gilt nirgend weniger /Marc. 6〈…〉〈…〉 . 4. denn im Vaterland / und daheime bey den Seinen.

Er haͤtte aber bald in dem andern Jahr auß dieſer Muͤh - ſeeligkeit ſich koͤnnen loß wircken. Denn es kam in eige - ner Perſon zu ihm der WolEdle / und Geſtrenge Herr Wolff Ditrich von Roynaw / auff Gulaw und Teichenaw der Fuͤrſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer Landesbeſtal - ter / offerirte ihm die Vocation zu der damals beruͤhmten Dorff-Stelle der Kirchen zu Wirben / eine kleine Meilwe - ges von der Schweidnitz gelegen / und hielt inſtaͤndig an / er wolte ſich dahin beſtellen laſſen. Herr Hyllerus aber dach -1. Cor. 7. 20. Cœleſtis〈…〉〈…〉 ra qvos premit mi ſeros facit,[H]umana〈…〉〈…〉 ullos Sen:〈…〉〈…〉 ragœd. te / Vocationes ſæpè ſunt tentationes, entſchuldigte ſich auffs beſte und zierlichſte / und bleib in vocatione, qvâ vo catuserat; Biß er nicht lange darnach eine anſehliche Vo cation zum Jauer bekam / die er acceptirete / und daruͤber der Rath zur Strigaw dermaſſen irritiret, und ad immoderatam[37]Ehrenzeugnuͤß. deratam iram commoviret worden / daß ſie auch nicht eine Valet-Predigt zu thun ihm vergoͤnnen wolten. Mit der Vocation aber nach dem Jauer iſts alſo hergegangen.

Anno 1613. bekam von der Roͤm. Kayſ. Maytt. der Hoch Edle und Geſtrenge Herr Caſpar von Warnßdorff / auff Oder und Nider Guͤßmansdorff / und dem Koͤniglichen Burglehn zum Jauer / ernſtlichen Befehl / er ſolte die alte Kloſter Kirche daſelbſt zu S. Mariæ / in dero viel Jahr kein Moͤnch geweſt / auch keine Gottesdienſte waren verrichtet worden / auch keine Intraden noch Einkommen hatte / mit einem Prediger beſtellen / oder wolten Jhre Maytt. ſeldſten Prediger dahin ſchicken.

Der Herr LandesHauptman proponirte die Sache E. E. Raht der Stadt Jauer / und in dem man in KummerNem̃o tàm Divos ha - buit faven - tes, Craſtinum ut posſit ſibi polli - ceri. ſtehet / wo man Mittel hernehmen ſolte zu einer herlichen Beſoldung / wird faſt ploͤtzlich von der Hand Gottes in der Kirchen geruͤhret / und auß dieſem Leben / in dem es heißt: nemo ſibi promittat, qvod dies craſtinus non promit - tit, in das Himmliſche und Ewige transferiret, der Archi - diaconus daſelbſt. Geriethen demnach auff dieſe Gedan -Du. Am - broſius Profius. cken / ſie wolten verſuchen / ob ſie koͤndten einen Mañ finden / der zur Arbeit tauglich / und unbeſchweret / und die Kirchen allebeyde mit predigen und anderen Amptsdienſten verſor -Generoſos animos la bor nutrit. Sen: gen koͤnte / und geriethen im herumb ſinnen auff Herrn Hyl - lerum zur Strigaw / der von wegen ſeiner vielen und ſchwe - ren Arbeit / ſo er allda verichtet hatte / auch den feinen und ruhmwirdigen Gaben zu predigen / ſo ihm der mildreiche Gott beygeleget hatte / Senatui populoq̀; Javorano wohl bekant war.

Als ein Ehrenveſter und Wolweiſer Raht dieſen Vor - ſchlag dem Herrn Landes Hauptman eroͤfnete / haben Jhr Geſtr: Herrn Hyllerum nach dem Jauer verſchrieben / dieE iijSache[38]Ehrenzeugnuͤß. Sæpè ma - jori fortu - locum feci[t]inju - ria. Multa ceciderunt ut altius ſurgerent & in majus. Seneca. Sache ihm proponiret, daß er die Vocation zu deyden Kirchen wolte acceptiren, multis & prægnantibus ratio - nibus perſvadiret. Er ſolte bedencken die Vocation ſey divina; er ſolte wol erwegen / was es fuͤr eine Ehr ihm ſey / daß ihn Gott wuͤrdigen wolte / daß er Jhm eine Kirche ſol - te reformiren, und in derſelbigen der erſte Evangeliſche Prediger ſeyn / mit dem groſſen und gewiſſen erbitten / wuͤr - de es ihm zu viel werden / in die laͤnge beyde Kirchen zu verſorgen / ſo wolte das Kayſerliche Ampt zu dem erſten Paſtorat, das in den Fuͤrſtenthuͤmern Schweidnitz und Jauer ſich entledigen wuͤrde / ihn promoviren; worauff er Jhr Geſtr. dem Herrn Landes Hauptman die zuſage hat thun muͤſſen / die Vocation acceptiret, zu dem erſten E - vangeliſchen Prediger in der KloſterKirchen / und zu dem Diacono primario in der PfarKirchen ſich laſſen beſtel - len / am heiligen Pfingſtag / deſſelbigen Jahres / die erſtenSatis ſva - viter eqvi - tat, qvem gratia Dei portat. Zwo Predigten in beyden Kirchen gethan / und dieſelbigen muͤhſeligen beyde Aempter / nach dem Maß der Gaben / ſo der aller gnaͤdigſte Guͤttigſte Gott dargegeben / verwaltet / auch den 84. Pſalmen Davids am Mitwoch in der Klo - ſterkirchen geprediget / und hernach zu gutem GedaͤchtnißIn omni - negotio tria potis - ſimum at - tendenda; qvid liceat ſecundum æqvitatẽ, qvid dece at, ſecun - dum hone - ſtatem; & qvid expe - diat ſecun - dum utili - tatem. drucken laſſen.

Wie er kaum zum Jawer recht ſich hatte eingerichtet / kamen zween vornehme Herren zu ihm von der Lignitz / die begehrten von ihm inſtendig / er ſolte ſich zu dem Paſtorat bey der Haupt-Kirchen zu S. Peter und Paul in der Fuͤrſt - lichen Stadt Lignitz beſtellen laſſen / und brauchten argu - menta ſatis plauſibilia ihn zu bewegen. Er aber entſchul - digte ſich honeſtè & modeſtè, propter cauſas gravisſimas, domi ſibi notas.

Anno 1617. fodert ihn unſer lieber Gott wiederumb auff / durch E. E. und Wolweiſen Rath der StadtReichen -bach /[39]Ehrenzeugnuͤß. bach / zu dem Paſtorat ihrer Kirchen / und zwar / ohn alle ſein zathun und gedancken wie ſie deñ ihm zu Troſt und zuehren dieſe Worte in ſeine Vocation geſetzet: daß ſie inter ſuſpi - tia & conſilia, ohn einiges frembden Menſchen zu dieſem ende dienende Commendation auff ſeine Per - ſon gerathen waren. Welche Vocation Herr Hyllerus auff vorhergehendes andaͤchtiges Gebet / auch gehaltenem reiffen Rath mit gutten lieben Herren und Freunden / im Nahmen des Allerhoͤchſten Gottes acceptiret und ange - nommen.

Wie ſchwer es zugegangen / und wie viel Muͤhe es geko - ſtet E. E. und Wolweiſen Rath von dem Herrn Landes - Hauptman / und einem Ehrnveſten Rath zum Jawer die d[i]misſion zuerlangen / wil ſich nicht gebuͤhren viel Worte davon zu machen. Jſt gnug / daß es ohne das vielen ehrlichen Leuten bekandt iſt.

Jſt demnach den 16. Martii zu Reichenbach gluͤcklich angelanget; Dominica Palmarum die erſte Predigt ge - than; auch das ſchwere und muͤhſelige Ampt verrichtet / biß Anno 1629. das unſelige Seligmachen angegangen / dar - von mehr ſol gedacht werden / da er den 25. Januarii von ſeinem Ampt verſtoſſen; Biß er Anno 1631. umb Oſtern / von dem Durchlauchtigen und Hochgekornen Fuͤrſten und Herrn / Herrn Georgio Rudolpho Hertzogen zur Lignitz / Brieg und Goldberg / auff J. F. Gn. Cammer-Gut Groß - wandritſch zum Paſtoren und Inſpectoren uͤber Eylff Kir -Perſer per petienda, parit pati. entia pal - mam. Perdura! pulchrum pro pieta te pati. chen vociret und beruffen worden.

Weil aber durch zuthun und Bemuͤhung des Churfuͤr - ſten zu Sachſen / die in den Fuͤrſtenthumern Schweidnitz und Jawer / von ihren Aemptern entſetzte und in das Exili - um verjagte Prediger / alle wiederumb zu ihren Kirchen re - vociret worden; als hat Herr Hyllerus von dem Paͤpſti -ſchen[40]Ehrenzeugnuͤß. ſchen Rath zu Reichenbach Anno 1632. im Advent ſeine Vocation auch bekommen / hat ſeine gute Stelle muͤſſen ver - laſſen / die in dem Babſtum verirrete und verwirrete Schafe zu rechte zu bringen / wiederumb dahin ziehen muͤſſen / und an dem H. Chriſt-tag die erſte Predigt gethan.

Gedachte ſeine Officia und Aempter hat Er alſo ver - waltet / ut nontàm ca ipſi, qvàm ille ipſis ornamento eſſet.

Fidelitas & diligentia in Officiis. Die Lehre die er in ſeinem Ampt gefuͤhret / iſt recht und gut Lutheriſch geweſt / und wie er der unveraͤnderten Aug - ſpurgiſchen Confesſion An. 1530. Kayſer Carolo V. uͤber -Ego impi - um judica - rem, niſi qvameunq́; religionem veram ju - dicaret, non eam quoq́; tue ri, & con - trarias e - vertere conaretur. Bodin: Me thod. Hi - ſtor: cap. 4. geben / mit Mund und Hertzen zugethan; alſo iſt er von al - len darwider lauffenden Jrrthumen und ihren Patronis mit Mund und Hertzen abgethan geweſt.

Von unnoͤtigem / nichts nutzendem diſputiren hat er we - nig gehalten; wenn es aber hat ſein muͤſſen / wenn er einen Text zu predigen gehabt / auß dem irrige Lehrer / und ihre irrige Lehr haben muͤſſen widerleget werden / hat er ſein red - lich Gemuͤth / Eyfer und Beſtaͤndigkeit herrlich an den tag gegeben / und auß GottesMund und der H. SchrifftGrund / ihre errores ſeinen Zuhoͤrern treulich angezeiget / und das nicht mit ungeſtuͤmen Scheltworten / ſondern mit ſanfftmuͤt - tigem Geiſt; wie er denn die aberglaͤubiſchen Greuel ſeinen Reichenbaͤchiſchen Kirchkindern dermaſſen bekand gemacht /Sæpè ſub ſordido pallio ſum - ma latet ſapientia. und dieſelbigen unwidertreiblich alſo unterwieſen / und Sie ſo weit gebracht / daß auch ſchlechte einfaͤltige Layen die hoch - trabenden Reformanten / wenn ſie zu der Unterweiſung zu ihnen kommen muͤſſen / dermaſſen eingetrieben / und ein ſo ſtarcken obſtat gehalten / daß ſie ihnen gar nicht antworten koͤnnen.

Neben denen gewoͤhnlichen Sontags Evangelien und Jaͤhrlichen Pasſton-Predigten / hat Herr Hyllerus mit predigen erklaͤret / den Propheten Amos / den ProphetenEſaiam,[41]Ehrenzeugnuͤß. Eſaiam, den Propheten Daniel / die zwey Buͤcher Samue - lis, das ander Buch Moſe / das Buch Joſuæ.

Das iſt eine gewiſſe anzeigung / daß er kein FaullentzerAnimum non faci - unt, qvi animum non ha - bent. geweſt / ſondern hat es ihm recht ſauer werden laſſen / wie auch ſein eyffriger und feuriger Geiſt im predigen gnugſam bezeugete.

Seine Predigten hat er dahin gerichtet / das allein Got - tes Ehre befoͤrdert; die Zuhoͤrer in der reinen Lehre / und Evangeliſchen Religion wol gegruͤndet; die Schwachglaͤu - bigen geſtaͤrcket; die Betruͤbten kraͤfftig getroͤſtet; die Jr - renden wol unterwieſen; die Hertzen der verhaͤrtenden Suͤn - der erweichet / und auff den Weg der Gottſeligkeit bracht wuͤrden. Volebat prodeſſe, qvibus debebat præeſſe.

Das Straff-Ampt hat er wider alle StandesPerſonen /Ut vitia re dargueret Pictas ju bebat, ut perſonas diſſet, Charitas non per - mittebat. keinen außgenommen / gefuͤhret / aber mit aller Beſcheiden - heit / circumſpectè und vorſichtiglich / doch recht eyffrig im Geiſt / nach der gewaltigen Vermahnung des groſſen Apo - ſtels: Predige das Wort / halt an / es ſey zu rechter zeit oder zur unzeit / ſtraffe / drewe / ermane mit aller Gedult und Lehre. 2. Tim. 4.

Jnſonderheit hat er in allen ſeinen Predigten ſeine Zuhoͤ - rer zu einem beſſeren Chriſtenthum / auß allen Kraͤfften und gantzem Vermoͤgen angemahnet; Wann es dahin kom - men / hat alles was in dem Manne geweſt / predigen muͤſſen. Ach wie offt! Ach wie hoͤchlich hat Er in ſeinen Predigten es beklagt / daß wir nahe kein Chriſtenthum mehr haben / daß wir nur Chriſten mit dem Namen ſeyn! Wie hat Er geklaget uͤber die groſſe Ungerechtigkeit / die in allen Staͤn - den vorgehet! Wie hat er geklaget / das niemand bey der ſo hoch nothwendigen Reformation des heutigen unchriſtli - chen Chriſtenthums / etwas thun wolte / ſondern daß der groͤ - ſte Theil der Menſchen dahin leben / ein ieder nach ſeinemFhumor[42]Ehrenzeugnuͤß. humor und einbildungen / aber gar wenig nach den Geboten und Willen des Allerhoͤchſten Gottes.

Jn ſeinem Leben und Wandel / war er erbar und einge - zogen; in der Converſation, freundlich; in der Kleidung / meßig; in der Hauß - und Kinderzucht ernſtlich; in Beſuch - ung der Krancken fleißig; in verrichtung der Betſtunden Abends und Morgens emſig; gegen Freunden und Be - kandten / vertreulich; gegen den Hoͤhern / ehrerbietig; gegen Armen wolthaͤtig; gegen iedermaͤnniglich / ſittig und ver - traͤglich. Jedoch aber hat er / wie alle Menſchen / ſeine Feh -Nemo ſine Crimine vivit. ler und Maͤngel auch gehabt / die er aber gar gerne erken - net / hertzlichen bereuet / und den lieben Gott umb gnaͤdige vergehung aller ſeiner Suͤnden demuͤtig gebeten.

Libri editi. Uber diß hat er auch etliche feine nuͤtzliche Buͤcher ge - ſchrieben und drucken laſſen / dadurch er denn eine beſonde -Unum eſt inſatiabili - ter paran - dum; pro - ſpera ſui. memoria. Tacit, An - nal. lib. 4. re celebritet, und gutten herrlichen Nahmen / nicht alleine daheim / ſondern auch auſer Landen erlanget / die auch der - maſſen ſchnell ſind auffgekaufft worden / daß ſie zum fuͤnff - ten und ſechſten mahl haben wiederumb auffgeleget / und auffs neue muͤſſen gedruckt werden.

Zu gleicher weiſe aber / wie kein Gluͤck[i]mmer in vollerCalamita - tes variæ. Bluͤth ſtehet / ſondern hat ſeine abwechſelungem alſo iſt auch unſers Herr Hylleri gluͤcklicher Wohlſtand / mit vielem Creutz und Truͤbſal vermenget geweſt.

Bald hat ihn ſchmertzlich betruͤbet der traurige Hintrit / zu unterſchiedenen Zeiten / ſeiner 5. lieben fromen Kinder; bald die graſſirende gifftige Peſt / die er nicht allein in ſeinem Hauſe / ſondern auch an ſeinem Leibe gehabt. Bald ande - re ſchwere und langwirige Kranckheiten / die er außſtehen muͤſſen; bald die ſtrengen. Verfolgungen / die uͤber Jhn und die ſeinigen ergangen.

Als Anno. 1629. den 20. Januarii der H. v. D. mit6. Fah -[43]Ehrenzeugnuͤß. 6. Fahuen Fußvolck in die Stadt Schweidnitz kam / und eine Tyranniſche Reformation anſtellte / ſchickte er den 24. Januarii darauff eine Poſt nach Reichenbach nur muͤndlich / die Stadt ſolte ſich in puncto erklaͤren in der Nacht / ob ſie die Paͤpſtiſche Religion annehmen wolte / wo nicht / wolte er ſie auff den Morgen mit Schwerdt und Feuer darzu trei -Perditur in puncto, qvod non reparatur in anno. ben; darein der Rath und die Stadt willigten / und uͤberga - ben in derſelbigen ungluͤckſeligen Nacht ihre Religion, auff die ſie getaufft waren / dahin.

Bekam alſo Herr Hyllerus in der Nacht / wie auch ſei - ne Herren Collegæ, von dem Rath ihren Abſchied / der mu - ſte auff den Morgen fruͤhe / und mit ſeinen lieben Weib und Kindern; und zu Fuſſe; und in der groͤſten und grimmig - ſten Kaͤlte; und mit hinterlaſſung alles des ſeinigen / zur Stadt hinauß / und wuſte nicht / wo er die erſte Nacht ſein Qvartier nehmen ſolte. O wie viel gab es da naſſe Au - gen / und warm Waſſer!

Anno 1633. den 2. Febr. war der Tag Mariæ Lichtmes / kamen der Oberſte Goͤtz und Oberſter Jllaw mit einem groſſen Volck fuͤr die Stadt. Und weil man 3. Jahr den blinden Goͤtzen geleuchtet / ſo ließ Gott an dieſem Tage wieder leuchten durch die Soldaten mit ſeiner Straffe.

Als die Stadt eroͤbert ward / hilff Gott! wie ward ſo tyranniſch gehandelt mit der armen unſchuldigen Buͤrger - ſchafft! Es lag auff dem Burglehn eine gantze Compagni Reuter / dero Rittmeiſter war ein Boͤhmiſcher Herr / die Kayſerlichen accordirten mit ihm / hielten aber nichts wasNulla fides pietasq́; vi. ris, qvi ca - ſtra ſeqv - untur. ſie ihnen zuſagten / ſondern nach getroffenem Accord mu - ſten ſie das Gewehr darnieder legen / als es geſchehen / ließ ſie Jllaw alle niederhauen auff dem Burglehn / von dem Rittmeiſter an / biß auff den letzten Mann. Das war er - ſchrecklich und mit weinen anzuſehen.

F ijJn[44]Ehrenzeugnuͤß.

Jn ſolchem tyranniſchen Blutbade ward unſerm Herrn Hyllero nicht allein ſein gantzes Hauß gepluͤndert / die Ge - maͤcher / Kiſten und Kaſten auffgeſchlagen / Bette / Kleider / umb viel hundert Reichsthalerſchoͤne kleine Leinwat / vielBellum à belluis no mẽ habet. Ludovie. Vives in 4. de Civitate Dei. gezogene theuere Zwilich-arbeit / Silberweg / Geld und Geldes werth / alles hinweg geraubt / ſondern er Herr Hyl - ler ſelbſt ward von einem Spaniſchen Capitain mit ſei - nem Sohn Chriſtiano, der damals noch ein Schulknabe war / gefangen / muſte ſich thewer ranzioniren / ward zu Mit - ternacht durch ſeine Soldaten / durch die Stadt mit groſ - ſem verhoͤnen / verſpotten / und verlachen / auff den Leitern / auff denen ſie hatten die Stadt erſtiegen / uͤber die Stadt - mauren hinaus gefuͤhret / und muſten die halbe Nacht biß auff folgenden Mittag in groſſer Klaͤte bey einem gerin - gen Wachfeuerlein / im Felde und in lauter Todesangſt / was mit ihnen man angeben wuͤrde / ſitzen bleiben / biß er der Capitain hinaus kam / mit harten Worten erſtlich ihn anredete / hernach aber etwas gelinder ward / ließ ſie in die Vorſtadt in ein Hauß convoiren, da ſie ſich biß auff die Nacht verſtecken muſten / darnach in der finſtern Nacht ſich auffmachen / in groſſem Schnee und Kaͤlte auff dem Feld herumb terminiren / biß ſie in ein Dorff kamen / und ein warmes Stuͤblein erlangeten.

Unterdes ward ſeine Haußfraw mit einer Tochter und einer Dienerin in der Stadt herumb gejagt / von den Sol - daten / hin und wieder geſucht / biß ſie endlich in ein Hauß verſtecket ward / da ſie hleiben konten. Wuſten alſo Herr Hyllerus etliche Tage nicht / wo ſeine liebe Haußfraw mit der Tochter / und ſie nicht / wo ihr Herr mit dem Sohne war Da war Angſt / da war Hertzens Angſt verhanden.

Anno 1634. den[3]〈…〉〈…〉. Maij fielen die Kayſerlichen / nach dem ſie vor der Lignitz geſchlagen worden / in die Stadt Reichen -bach[45]Ehrenzeugnuͤß. bach ploͤtzlich ein / namen eine grauſame Pluͤnderung vor / gantzer 7. Tage lang. Da wurden wiederumb alle Kam - mern und Kaſten auffgeſchlagen. Da ward aller Vorath an Gold / Silber / Betten / Kleidern / Maltz / Bier / Wein / Handwercks hinweg geraubet. Da ward auß der Kirchen hinweggenommen alles Geld / Kelche / Altartuͤcher / Ka - ſeln / und was faſt eines Groſchens werth war. Es war ei - ne Grundpluͤnderung.

Bey dieſer unmenſchlichen Pluͤnderung ſtackte Herr Hyl - lerus in einem wuͤſten finſtern Keller auſſer ſeinem Hauſe / biß er auff die Nacht / da es ein wenig ſtille ward / ſich wiede - rumb heraus machte / und dieſelbige Nacht durch die Pfor - ten hinaus gelaſſen / mit ſeinem Weib und Tochter auf Breß - law zugieng / mit abermahliger hinterlaſſung alles Hauß - und Vorrahts / daß er nach der erſten Pluͤnderung wieder - umb eingeſchaffet / das alles den rauberiſchen Soldaten muſte Preiß gelaſſen werden.

Nach dem das ungeſtuͤme Wetter voruͤber war / kam Herr Hyllerus wiederumb von Breßlaw zu Reichenbach zu ſeiner Kirchen / verrichtete ſein Ampt mitten unter den Pa -Satius eſt injuriam ferre, qvam in - ferre. piſten treulich und redlich wie zuvor / biß Anno 1635. den 4. Novembris der Kayſerliche Ampts Cantzler / vom Jaw - er dahin kam / brachte Befehl / daß bald die Evangeliſchen Kirchen ſolten geſperret / und die Prediger abgeſchaffet wer - den / da Herr Hyllerus abermahl fort gemuſt / und mit denÆqvum eſt ut placeat homini, qvicqvid placet Deo. Lipſ. Seinigen nacher Breßlaw in das muͤhſelige Exilium ſich begeben / darzu der damalige von der Evangeliſchen Reli - gion abgefallene Paͤpſtiſche Rath ſtarck geholffen / und nicht ruheten / biß ſie ihren ereuen wold erdienten Prediger wiede - tumb auß dem Wege raͤumeten.

Anno 1638. ward er von dem Durchlauchten / Hochge - bohrnen Fuͤrſten und Herrn / Herrn Carl Fridrichen /F iijHertzo -[46]Ehrenzeugnuͤß. Hertzogen zu Moͤnſterberg und Oelß /[G]raffen zu Glatz / Herrn auff Sternberg / Jaiſchwitz und Medzibor / Chriſt - milder Gedaͤchtnuͤß / von Breßlaw auß ſeinem Exilio in die Fuͤrſtliche Stadt Oelß / zum Probſt bey S. Mariæ Kirch - en / zum Prediger nacher Doͤberle / zu des Fuͤrſtlichen Con - ſiſtorii Adſesſoren, und der Prieſterſchafft ſelbigen Fuͤr - ſtenthums Senioren legitimè vociret und beruffen.

Solche Ehrenſtelle hat unſer Herr Hyllerus ruͤhmlichen verwaltet 13. Jahr / wie treulich er ſein Ambt in dieſer Fuͤrſtl. Stadt verwaltet / wie mit groſſem Ernſt und Eyfer bey der geweſenẽ groſſenKrieges gefahr er ſeine vertraute liebe Au - ditores zur hertzlichenBuß dermahnet / wird nicht allein ein ieder frommer Chriſt diß bekennen muͤſſen / ſondern es be - zeugens auch ſeine Pœnitentialia Olsnenſia und Oelßniſche Bußpredigten / die er in offenen Druck hat außgehen laſſen.

Groſſe Kriegesangſt / Gefahr und Erſchreckniß hat er allhier außgeſtanden / nicht allein auff dem Wege in ſeinen Amptsgeſchaͤfften nacher Doͤberlin / ſondern auch in der Stadt zu Hauſe. Jnſonderheit iſt zu mercken das groſſe Erſchrecknis / ſo er vor etlichen Jahren / als Schwediſche Qvarniſon hier gelegen / bey Nacht gehabt / umb 2. Uhr / da etliche Soldaten im Probſthoffe ihm ſampt den lieben Sei - nigen uͤberfallen / die bloſſen Degen ihnen im Hauſe ange - ſetzet / daß ſie haben Geld bekennen ſollen / und all das be - ſte am Geld und Geldes werth im gantzen Hauſe hinweg genommen / und alſo wieder mit dem Diebſtal / (der offent - lichen vielfaltigen Pluͤnderungen zugeſchweigen) ſtillſch wei - gend daron gegangen.

Anno 1648. den 8. Martii hat der liebe frome Gott / un - ſern Herrn Hyllerum in den elenden Wittiberſtand verſe - tzet / und ihm ſeine liebe Ehe - und Haußfraw / die groſſe Creustraͤgerin / von ſeiner Seiten hinweg geriſſen / und die -ſelbe[47]Ehrenzeugnuͤß. ſelbe hoͤchlichen betrauret / daß er auch vielmal in die Probſt - Kirche gegangen / und bey ihrem Grabſtaͤdtlein manche lie - bes-Thraͤnen vergoſſen. Jn ſolchem ſeinem traurigen Wit - werſtande iſt er ſtill und einſam verblieben 2. Jahr und 22 Wochen / biß an ſeinen ſeeligen Tod / mit dem ſichs alſo ver - halten / wie folgen thut.

Vergangenen dritten Julii in dieſem 1651. Jahr / hat ihnUltimus vitæ actus. die Hand des Hoͤchſten beruͤhret auff der rechten Seiten / an welchem Tage ſeine liebe Kinder von Zduny auß Po - len / ihren alten Herrn Vater zubeſuchen einmahl na - cher Oelſſe kommen / und uͤber dieſemFall hoͤchlich erſchro - cken waren / daß er den rechten Arm und Schenckel nicht ſtille hat halten koͤnnen / auch mit der Rede allerdings nicht fort kommen konte / da denn alßbald zu dem beruͤhmten Medico und Practico tit: Herrn D. Scheflero allhier iſt geſchicket / und er conſuliret worden / welcher auch willig iſt geweſen alſobald zuerſcheinen / und ihm koͤſtliche medica - menta zum brauchen verordnet / die auch ihren effect er - reicht haben / das nechſt Goͤttlicher Huͤlffe unſer Herr Hyl - lerus nach wenig Wochen zimliche Beſſerung vermercket / und dem lieben Gott fuͤr dieſe groſſe Huͤlffe offentlich hat dancken laſſen / auch ſolches Lob - und Danckopffer in eigener Perſon Dom. 9. poſt Trinit. zum Doͤberlin / und in der Stad ſelbſten verrichtet. Dom. 10. poſt Tr. als heute vor 8. tagen / hat er ſein Ampt aufm Lande und in der Stadt abermals verrichtet / und ſeine letzten zwo Predigten von der erbaͤrm - lichen Zerſtoͤrung der beruͤhmten Stadt Jeruſalem gehal - ten. Da hat nun iederman in guter Hoffnung geſtanden / es wuͤrde mit dem Herrn Probſt von tage zu tage ie laͤnger ie beſſer werden. Der frome Gott im Himmel aber hat es viel anders diſponirt gehabt. DenDinſtag fruͤh poſt Dom. 10. Trinit. drey virtel auff 7. Uhr hat er ſich geklaget / erhabe[48]Ehrenzeugnuͤß. habe vergangene Nacht nicht wol geruhet / und ihm ſey gar uͤbel / hat ſich auch ein Schlucken und groſſer Angſt - und Todes-Schweiß am Geſichte funden / und ohn allen zwei - fel der vorige Schlagfluß geweſen / als er gleich ſein Gebet - buͤchlin in Haͤnden gehabt. Da dann Fr. Catharina die Haußhalterin ihn gefraget / wie ihm waͤhre / ob er ſich auch noch verſtuͤnde / darauff er zweymal ja / ja / geantwortet / und ihr die Hand feſte gedrucket. Darauff bald zum Herrn Medico und auch Herrn Archidiacono geſchicket worden / welche bald in eyl erſchienen / und wol geſehen / das es ſein letztes Stuͤndlein ſey. Jſt derowegen ihm zugeſchryen wor - den kurtze Stoßgebetlein: Jn deine Haͤnde befehl ich dir / ꝛc. Jtem / O HErr JESU mein höchſtesGutt / Jch bitt dich durch dein theures Blutt / mach mir mein letztes Ende gutt / welches ſein taͤgliches Tiſchge - betlein iſt geweſen. Darauff der Seel. Herr Probſt gantz ſtille biß umb 8. Uhr gelegen / und alſo ſanffte und ſeelig eingeſchlaffen ohn alle Ungeberde / als er ſein hohes Alter gebracht hat auff 76. Jahr / weniger 6. Wochen und zwey Tage / ſein Predigampt auff 50. und ſeinen Eheſtand auff 48. Jahr.

Der Allgewaltige Gott verleihe dem alten grauen Hau - pte eine ſanffte Ruhe in der Erden / die unſer aller Mutter iſt / an jenem groſſen Tage aber / welcher wird ſein Dies re - ſtitutionis omnium, wolle Er Leib und Seel wiederumb vereinigen / in die ewige Frewde / Glori und Herrligkeit ein - fuͤhren / uns uͤberbliebene von aller Eitelkeit dieſer Welt / damit wir in dieſelbige zu weit uns nicht verlieben / abfuͤhren / und zu ſeiner Zeit ſeelig hernach fuͤhren / AMEN.

ENDE.

About this transcription

TextTodes Trutz in Gottes Schutz
Author Christoph Freitag
Extent48 images; 11777 tokens; 3778 types; 79864 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTodes Trutz in Gottes Schutz Genommen auß den Worten ꝟ. 17. des CXVIII Psalmes Christoph Freitag. . 48 S. Johann SeyffertOels1652.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 W 124/14-15 / 537789

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:18Z
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