PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Das Gelehrte / Geehrte / Beſchwerte und Bewerthe Superintendenten - Haubt /
Nach beſchehener Volckreicher und Trawriger Beer - digung Deß Weyland Wol-Ehrwuͤrdigen / Groß-Achtb. und Hochgelehrten Herren CASPARIS Keſelerß / der Kirchen und Ehrw. Prieſterſch. dieſes Liegnitzſchen Fuͤrſtenthumbß Hoch - Verdienten Superintendentens, Deß Fuͤrſtl. Ehe-Gerichtes Adſeſſoris Primar. und der Kirchen zur L. Frawen trewge - weſenen PfarrErß /
Gedruckt inLiegnitzvonZach. Schneidern.
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Deß Durchlauchten / Hochgebohrnen Fuͤrſten und Herren / Herren Ludwig / Hertzogen in Schleſien / zur Liegnitz / Brieg und Goldberg / Unſeres gnaͤdigen Regierenden Landeß - Fuͤrſten und Herrenß / Hoch-Abgeordneter Hoch-Anſchnlicher H. Abgeſandter / Hoch-Edelgebohrener / Geſtrenger Herr Landes-Haubtmann: Der Durchlauchten / Hochgebohrenen Fuͤrſtin und Frawen / Fr. Anna Sophia / Gebohrener Hertzogin zu Mecklen - burg / Vermaͤhleter Hertzogin zur Liegnitz / Brieg und Goldberg / Unſerer gnaͤdigen Fuͤrſtin und Frawen / Hochabgeordn. Hochanſehnl Fr. Abgeſandtin / Hoch-Edelgebohrne / Geſtrenge Fraw Hoffe-Meiſterin;

Hoch -[3]

Hoch-Wol Edelgebohrene / Wol - Edele / Geſtrenge / Hoch - und Wolbe - nambte / Edele / Ehrenveſte / Hoch - und Wolweiſe / Wol Ehrwuͤrdige / Groß - Achtbare / Hoch und Wolgelaͤhrte / beſon - ders Hochgeehrte / Herren und Freunde; Hoch-Wol Edelgebohrene / Wol - Edele / Viel Ehr - und Tugendreiche / Edele / Erbare / Tugendſame Frawen und Jungfrawen:O mein Haubt / mein Haubt! ()

ALſo klaget jener Sohn der Rei - chen Frawen zu Sunem / wenn Er ſich ſehr uͤbel befindet und gar ſtir - bet 2. Reg. 4. Niemand wird mir uͤbel deuten / wenn ich in fuͤr - gehendem allgemeinem luctu der verweyſeten hieſigen Kirchen / und der / ſo zu ſagen / enthaubteten Ehrwuͤrdigen Prieſterſchafft die - ſes Liegn. Fuͤrſtenthumbß / meine Klage abborge ei - nem Kinde. Jch weiß ja / daß dem H. Geiſte nicht mißfaͤllet die Redenßart in der H. Schrifft / da ein Haubt genennet wird / qvicq vid eſt præcipuum, primum & ſummum, daß daß hoͤchſte / erſte und fuͤrnehmbſte iſt. wird daß wort Haubt / der Grundſprache nach / tribuiret und zugeſchrieben ſo denn unlebhafften / Steinen / Baͤwmen / Bergen /A ijdenn[4]denn Thuͤren oder Thoren / der Jacobßleiter ꝛc. alß denn Lebhafften dingen / nemlich / denn Fuͤrſten / Koͤnigen und Herren / denn Regenten und Obrikei - ten / denn alten ehrlichen Leuten / denn wol meriti - reten Maͤnnern / auch denn Theologis und Docto - ribus, ſonderlich denen / die mit hohen gaben fuͤr an - dern außgeruͤſtet / und alſo auch anderen zur inſpe - ction, alß Superintendenten, Decani, Senio - res, und Paſtores fuͤrgeſtellet ſind. Und daß thut der H. Geiſt folgender Uhr ſachen halber:

Wie daß Haubt iſt daß Hoͤchſte und geehr - teſte unter denn Gliedern deß Menſchlichen Leibeß / alſo ſol billich daß Predigampt gehalten werden fuͤr daß hoͤchſte und geehrteſte in der Chriſtlichen Kirchen.

Wie daß Haubt iſt das maͤchtigſte und fuͤr - trefflichſte / alſo daß Predigambt / Gott hat ihme da - durch / alß denn mund der jungen Kinder und ſaͤuglin - gen eine macht zugerichtet / umb feiner Feinde willen / daß Er vertilge denn Feind und denn Rachgirigen.

Wie daß Haubt iſt daß allernoͤthigſte und nuͤtzlichſte / ſintemahln auß dem Haubte aller Safft und Krafft durch gewiſſe venas und adern in die un - teren Glieder / und alſo denn gantzen Leib / deſtilli - ret und herabtraͤuffelt / Alſo wircket daß Predigambt / und durch dieſeß der Heil. Geiſt / vermittelß deß wor - teß und Hochwuͤrdigen Sacramenten / in der Chriſtl. Kirchen und einem iedwedern Chriſten wie daß rech - te Chriſtliche / alſo daß wahre geiſtliche Leben:

Durchß Predigambt haben wir / daß wir Leben im Glauben deß Sohnes Gottes / der unß geliebet / und ſich ſelbſt fuͤr unß gegeben hat: Durchß Predig -amb -[5]ambt werden die Heiligen zugerichtet zum Wercke / deß Ambteß / daß der Leib Chriſti erbawet werde.

Demnach ſo werde ich nicht irren / wenn ich bey dem Trawrigen Todeß-Fall und klaͤglichen Sepul - tur deß Weyl. Wol-Ehrwuͤrdigen / Großacht - baren und Hochgelehrten Herren CASPAR KESELERS / unſereß Trewgeweſenen Her - ren Superintendentens, mich gebrauche der Klageworte deß Sunamitiſchen Knabenß / doch gar anderer meinung und in hoͤherem verſtande / und ſage:O mein Haubt / mein Haubt! () iſt ja unſer H. Keſeler geweſen ein Mañ nicht auß dem gemeinen Hauffen deß Volckeß / ſondern Ein Haubt / daß iſt / ein Lehrer / und Leiter deß Volckeß / auch nicht der Letzte / geringſte und wenigſte / ſondern der erſte / hoͤchſte und fuͤrnembſte / nemlich daß Haubt der Ehrwuͤrdigen Prieſterſchafft in dieſem Lieg - nitzſchen Fuͤrſtenthumb / ſo der experientz und Gaben / ſo der eminentz und Ambteß halben.

Sehen wir dieß Haubt recht an / ſo befinden wir / daß wir an unſerem Her. Superintend. gehabtEin Gelehrtes Prieſter-Haubt / ()Einen Mann / der nach Syr. am 39. gelehret im Geſetze deß Herren / der die Weißheit der Alten erforſchet / und in denn Propheten ſtudieret. Dan - nenhero Er die Geſchicklikeit gehabt zu bawen und zu beſſern daß Hauß deß Herren / welche S. Pau - luß die kluge und weiſe Baw-Kunſt nennet 1. Cor. 3. Die Prieſter und Diener / welche David ordneteA iijzum[6]zum dienſt und wercke der Stifftß-Huͤtten und deß Tempelß Gotteß / werden genennet fleiſſige Leute / geſchickt zum Ambte 1. Chron. 27. welchen nahmen S. Paulus im Newen Teſtament behelt / und ſaget / daß die Diener Gotteß ſollen ſeyn ἱκανοὶ, tuͤchtig / oder geſchickt / andere zu lehren. Gleich wie Pharao / der Koͤnig in Egypten wolte haben geſchickte Leute / die ſeinem Viehe fuͤrgeſetzet wuͤrden / Alſo wil der groſſe GOTT geſchickte Leute und Lehrer / die ſeiner ſo thewr erkaufften Herde fuͤrgeſtellet wuͤrden: Wel - che Geſchickligkeit beſtehet nicht nur im Predigen / ſondern auch / daß man verſtehe / waß man prediget / daß man / wie Syr. am 39 ſaget / wiſſe / waß taug oder nicht taug / daß man daß wort der warheit recht theile / und alleß methodicè, klar und deutlichen fuͤrbringe / und allenthalben ſuche daß σοφίσαι ες σω - τηζίαν welcheß dann iſt der Haubt-Zweck der Heiligen Schrifft / und wie S. Paulus 2 Tim. 3. lehret / daß man erba wlich ſey beydeß den Gelehrten und Unge - lehrten / wie abermahln S. Paulus ſaget Rom. 1. daß Er ein ſchuldener ſey beides der Griechen und Ungriechen / der Weiſen und der Unweiſen. Welch ein geſchickter und gelehrter Prediger unſer Herꝛ Superintendens geweſen / erweiſet die Erbawung / welche Er in dieſer Kirchen / auf dieſer Cantzel biß in 42 Jahre / gantz heilſamlich befoͤdert hat: Er war Ein Haubt der Prediger / Ein gelehrteß Prie - ſter-Haubt / Ein geſchickter Schrifftgelehrter / wie Eſra / Ein Lehrer / gelehret zum Himmelreich. Matth. 13.

Er[7]

Er warEin Geehrteß Kirchen-Haubt / ()Nicht / wie der Herr Chriſtus genennet wird / ein Haubt ſeiner Gemeine; auch nicht / wie der Bapſt zu Rom geneñet werden wil / daß Sichtbare Haubt der Chriſtl. Kirchen / ach nein! ach nein! Sondern nach der H. Schrifftarth / welchermaſſen dieſelbe nennet ein Haubt / alleß daß / daß eine hoͤhe / und fuͤr andern einen fuͤrzug hat; und nach der Evangeli - ſchen Ambts-Art / welchermaſſen Jhme befohlen war zu ſein Ein Haubt / daß iſt / Superintendens und Inſpector der Kirchen und der Prieſterſchafft im Liegnitzſchen Fuͤrſtenthumb; Speculator, Ein Waͤchter / Ein Schawer / geſetzet uͤber daß Hauß deß Liegnißſchen Jſraelis; Ein Biſchoff / ἀπὀ τοὐ ἐπισκοεῖν, der fleiſſig auſſehe / und achtung gebe / wie in der Kirchen Gottes zugehet / damit alles ehr - lich und ordentlich zugehe; qvi prodeſſe diligat, non præeſſe, wie Auguſtinus redet; Ein Geiſt - licher Aaron, der ſeine Bruͤder die Leviten immer in conſpectu, im Angeſicht / im gedaͤchtniß habe / und in ſeinem Hertzen trage; Ein rechter Pauluß / der da ſorge trage fuͤr alle Gemeinen; Ein Apoca - lyptiſcher Cherub / voll Augen / der / wenns moͤglich were / alle ſchritte und wercke ſeiner untergebenen Prie - ſter beſchawe / der da waͤre alß ein großmuͤttiger Loͤw durch freudigkeit am worte; alß ein arbeitſames Kalb durch unverdroſſenheit im Ambte; Ein ſanff[t]muͤtti - ger Menſch / durch leutſelikeit gegen die ſchwachenam[8]am troſte; Alß ein hochfligender Adler / durch die warheit und lauterkeit in der Lehre. Solcher maſſen hat unſer Herr Superintendens getragen die Haubt-Ehre; Wie daß Haubt die ehre hat fuͤr anderen Gliedmaſſen; Alſo hat die Fuͤrſtliche Obrikeit Jhn gewuͤrdiget ſolcher Hohen Titul - Ehre / die Ehrwuͤrdige Prieſterſchafft mit gebuͤh - render Ambtß - und Gehorſambß-Ehre; Die Kirchen und Gemeinden mit williger reſpect - und Liebes-Ehre. S. Paulus wil / daß man die Elte - ſten / die wol fuͤrſtehen / zwyfacher ehren werth halten ſolle / ſonderlich die zugleich arbeiten im Wort und in der Lehre; Dannenhero unſer H. Superint billich hoher ehren werth gehalten worden / der wol fuͤrgeſtaͤ - den / und zugleich gearbeitet hat im worte und in der Lehre. Hoher Ehren werth ſind groſſer Herren Le - gaten und Abgeſandten: Hoͤherer ehren ein Legat - und Mundbothe daß groſſen Gottes und Herren / ein Haußhalter und Diener JESU Chriſti; Der Hoͤchſten aber ein Superintendens; Ein Samuel / der da iſt / an Gottes ſtat / oder von Gottes wegen / ein Auffſeher deß Chors der Propheten.

Unſer Herr Superintendens iſt auch geweſenEin beſchwertes Ambteß - Haubt / ()Ein Nagel / daran man allerley Laſt gehenget: Ein Laſttraͤger / der wol tragen koͤnnen; Ein Mann / der recht Maͤnnlich und ſtarck geweſen / und / auff ge -wiſſe[9]wiſſe maſſe / Maͤnnlicher alß Moſe / der unter der laſt geſaget: Jch vermag das Volck nicht allein alles er - tragen / denn es iſt mir zu ſchwer. Unſer Herr Supe - rintendens hat getragen

Die Unterrichtß - und obſichts-Beſchwerung / Eine Laſt / die groß und ſchwer iſt. Wer lehren ſol / der muß ſonſt nichtes zu thun haben / Syr. 39. Waß mei - nen wir / die Inſpections - und obſichts-muͤhe zu thun gemachet unſer em H. Superint. wie ſehr offte ſie Jhn von ſeinen Meditationibus und Unterrichts-ſorgen abgezogen habe: Er hat getragen

Die Rathß - und Kirchen-Gerichts beſchwe - rung / in ſachen nicht allein daß offentliche Kirchẽ - Gerichte / das Fuͤrſtl. Conſiſtor. ſondern auch daß abſonderliche Ambts-Gerichte / daß Superinten - denten - Ambt / anlangende / da iſt Er angelauffen worden wie Paulus / ſo in Eheſachẽ / alß in Ambtß - und Kirchen-ſachen: Da iſt Er auch geweſen Sin - gulare oraculum, wenn Er rath gab / ſo war es / alß wenn man GOTT ſelber rath gefraget hette: Securum aſylum, zu Jhme / alß einer ſtarcken ge - wahrſam und ſicherung / mochten die Diener deß Herrn in Ambtß-Kummer freudige Zuflucht neh - men: Er war Commune bonum, ein allgemei - nes Kirchen - und Prieſter-Gut. Von dem Kaͤy - ſer Nero ſchreibet Vellejus Paterculus nur ein ei - niges mahl / daß er einen actum verrichtet / und dabey ſich beruͤhmet: Hoc Reipublicæ cauſsâ facio, daß thue ich dem gemeinẽ weſen zum beſten. Unſer H. Su - perintendens, qvicqvid fecit, Reipubl. Chri -Bſtianæ[10]ſtianæ caußa fecit, hat alles / was er gethan / dem gemeinẽ Kirchenweſen zum beſten gethan. Sum̃a / Er hat getragen viele und groſſe beſchwerungen. So das H. Predigambt fuͤr ſich iſt nicht πάζεζγον, nicht πεζί〈…〉〈…〉 ζγον oder ὸῶζον, nicht ein neben Werck / nicht eine faule Pfruͤnde / koͤſtliche præbende, uñ gnaͤdige Herr - ſchafft / ſondern ἔζγον, Ein Werck / Ein Geſchaͤffte / und zwar καλὸνἔζγον, opus arduum, nec otium, ſed negociorum negocium, Ein Muͤhe-Laſt - und Arbeitß-Werck / So iſt ja freylich das Hohe Superintend. Ambt daß allermuͤhſeligſte / ge - ſchaͤfftigſte und Laſtvolleſte Werck: da leicht zu - gedencken / daß unſer Herr Superintend, alß ein be - ſchwerteß Ambteß-Haubt / offtmahln auff ſeinem Bette / mit Jacob / alß auf einem harten Steine werde gelegen und wolerfahren haben / was Hieron. Epiſt. 83. ad Ocean ſchreibet / Episcopatum eſſe opus, non dignitatem, laborem non delicias, opù per qvod humilitate decreſcat, non intun esca faſtigio, daß Biſchoffs-Ambt ſey kein Muͤſſiggang, Wolluſt - und Pracht-Werck / ſondern ein ſchwereſ - Ambt / daß einen mehr demuͤttiget / alß erhoͤhet.

Er iſt auch geweſenEin bewehrteß Chriſten-Haubt ()Oder / daß Jchß recht gebe / Ein gutter Chriſt. Aber! Wer wird an der Gottſeligkeit und Chriſtenthumb deß H. Superintendentens zweiffeln? Bonus Theologus eſt bonus Chriſtianus; Die wahre Theologia beſtehet ſo wol in praxi alß in Theo - riâ. Ein gutter Theologus hat daß geheimniß deß[Glauben][11]Glaubens in guttem gewiſſen. Er ruͤhmet mit jenem vornehmen bekandtẽ Theologo: Ut docui, ut potui,M. A. T. ſt udui bene vivere: wie gelchret / ſo gelebet. Wie nun unſer H. Super. alß angehoͤret / ein gutter Theol. alſo iſt er auch ein gutter Chriſt geweſen darumb nicht vonnoͤthen davon neue weitlaͤufftigkeit zu machen.

Und ein ſolches Haubt iſt Er geweſen. Ab! fuit! Er iſts leider geweſen! Geweſen das Haubt / daß uns gelehret / daß wir geſehen und gehoͤret; Das Haubt / daß wir geliebet und geeh - ret! Das Haubt / daß wir gar embſig und kuͤhnlich beſehweret! Das Haubt / daß wir erfunden haben bewehret! Ahfuit! iſt geweſen! O daß wir tod - ten aufferwecken koͤndten / wir wolten dahin arbei - ten / daß dieſes unſer Haubt noch lebete / und ob un - ſern Haͤubtern ferner ſchwebete: Aber was wuͤnſchen wir? Der Todt hoͤret nicht: ſo bleibet auch der Rath deß Herren ſeſt ſtehen / und laͤſſet ſich nicht endern.

bleibet nur bey dem Seufftzer:O mein Haubt / mein Haubt! () ſeufftzet die verwaͤyſete Kirche: O mein Haubt / mein Haubt! denn das Haubt / das Sie trewlich gelehret / von welchem / alß von dem Haubte Aarons / der allerkoͤſtlichſte Balſam der heilſamen Lehren und ermahnungen / auf Sie gefloſſen / das iſt nun hin!

ſeufftzet Eine Ehrw. Prieſterſchafft: O mein Haubt / mein Haubt! Denn das Haubt / das da ackroͤnet war mit der Crone der Ehren und vieler er - fahrung / das Haubt / das ſo munterlich gewachet / ſo weißlich gerathen / und alſo als ein Elias uͤber demB ijEliſa[12]Eliſa geweſen / das iſt von Jhren Haͤubten wegge - nommen!

ſeufftzet die Hochbetruͤbte Fr. Wittib / ſambt dem einigen Stab und Stecken Jhres hohen Al - ters / dem eintzigen H. Sohne / und jhrer Freuden / der Fr. Tochter: O mein Haubt / mein Haubt! Denn Jhr Haubt iſt nun dahin! Die Crone Jhres Haubtes iſt abgefallen! Sie iſt eine Wittib / ein Coͤrper ohne Haubt.

Es ſeufftzet der H. Sohn / nicht nur alß Sohn / ſon - dern alß Collega, und Mitglied im Predig-Ambte: O mein Hanbt / mein Haubt! Denn Er hat mit dem H. Vater zu gleich auch das Haubt verlohren.

Und / waß ich zufoͤrderſt und bald anfaͤnglichen hette anfuͤhren ſollen / ſo iſt kein zweiffel / daß Der Durchl. Hochgebohrene Fuͤrſt und Herr / Herr LUDWJG / Hertzog in Schleſien / zur Liegnitz Brieg und Goldberg / unſer Regierender Gnaͤ - diger Fuͤrſt und Herr / nicht ohne bewegung Deh - ro Fuͤrſtl. Gemuͤttes empfinden / daß daß Haubt / welches Dehro Hochtragende Biſchoffliche gewalt / mit groſſer auctorität und gravitât allenthalben / und allezeit præſentiret uñ gehalten / numehr im tode lieget / und ſeinen vertraweten Biſchoffs-Stab und hohe Ambtes-Sorge / auf Befehl deß groſſen Gottes / zu Dero Fuͤrſtl. Fuͤſſen niedergeleget hat.

Jch ſelbſt / mit meinen Her. Collegis und Ambteßbruͤdern kan nichts alß ſeufftzen: O mein Haubt / O mein Haubt! Denn auch unſer Haubt und Fuͤrgaͤnger / unſer Hirt und Lehrer / unſer groſſer Freund und Vater iſt geſtorben.

Ach[13]

Ach was ſollen wir dieſem gelehreten und ge - ehreten Haubte thun? Mit was dienſte koͤnnen wir nun nach dem Tode verehren? Mit klagen iſt Jh - me nichts gedienet: Denn es iſt an dem orthe der freu - den / da kein klagen mehr iſt / in dem Leben / da kein todt iſt. hat nun die Crone das bewehrte Haubt; ruhet nun ſtill uñ ſanffte das beſchwerte Haubt; iſt kommen von einer vergaͤnglichen und ſterblich - en / zu einer unvergaͤnglichen und ewigen Ehre / daß geehrte Haubt; Jtzt hat und ſiehet / was es hier geglaͤubet / waß gehoffet / was es auch geprediget hat daß gelehrte Haubt; Societas ejuscum Patre, Filio & Spiritu Sancto; hat nun gemeinſchaft mit Gott Vater / Sohn / und Heil. Geiſte. Darumb ſo iſt es unnoͤthig zu klagen; Wir ſollen Jhme viel - mehr gratuliren / und von Hertzen goͤnnen / die herr - liche Crone / die liebliche Ruhe / die ewige Ehre / die Himliſche Freude; Wir ſollen dieſes Ehrwuͤr - dige Haubt balſamiren, wie die Maria zu Betha - nien daß Haubt Jeſu Chriſti / wir ſollen es uͤberſchuͤt - ten mit dem Balſam deß wol meritireten Ruhmes / der ſchuldigen und danckbaren gedaͤchtnis / der Wohl - thaͤtigkeit und Liebe kegen die hinterlaſſenen betruͤbten Seinigen; ja mit dem Balſam deß letzten wuntſches und Valet-Segens auß den Sprichw. Sal. am 10. Cap. Denn Segen habe das Haubt dieſes Ge - rechten! Das wird dem Seel. H. Superinten - denten ſo wol thun alß ein Balſam auff ſeinem Haubte.

B iijDaß[14]

Daß nun unſer gnaͤdiger Landes-Fuͤrſt und Herr / wie auch Unſere gnaͤdige Fuͤrſtin und Fraw / ſolches an dem Sel. H. Superintendenten zu thun gnaͤdigſt geſonnen / deſſen verſichern Dieſelb - ten allbereit die Hochbetr. Leidtragenden durch Dehro Hoch-abgeordnete Fuͤrſtl. Geſandſchafften / welche Hohe Fuͤrſtl. Fuͤrſtl. Gnaden ſie auch demuͤt - tigſt erkennen / unterthaͤnigſt ruͤhmen / und / daß der Gott aller Goͤtter / Dehro Durchlauchte Fuͤrſtl. Fuͤrſtl. Haͤubter dafuͤr mit Fuͤrſtl. reichen Seegen uͤberſchuͤtten / und Sie zum Seegen ſetzen wolle immer und ewiglich / gehorſamlich und hertzbruͤnſtiglich wuͤn - ſchen / zu Dehro Fuͤrſtl. gnaͤdigem Schutze ſich ferner in aller Untertaͤnigkeit empfehlende.

Daß auch EE. Geſtr. Geſtr. die Hochloͤbl. Fuͤrſtl. Regierung / Ein Ehrenv. und Hochweiſ. Rath / Eine Ehrw. geſambte Prieſterſchafft / die Herren Rector und Collegæ bey der Schu - le / die Herr. von der Cantzley und Rent Camer / die Herr. allerſeits / Ein Hochl. Hoch - und Wol - Adeliches / auch Buͤrgerliches Frawenzimmer / Eine gantze loͤbl. Buͤrgerſchafft / dem Seeligen Haubte / keinmal an Balſam und Oele meritire - ten ruhmes und gedaͤchtnis werden ermangeln laſſen / deſſen geben Sie auff heute gleichenfalls großgunſti - ge / und gutte anzeigung; Und wenn die Hochbetruͤbte Fraw Wittib / Herr Sohn / und Fraw Tochter hie - durch Sich kraͤfftiglich auffgerichtet befinden / So iſ auch Jhr eintzig hertzlicher wunſch / daß der Geber al - les gutten wolle wie E. E. Geſtr. Geſtr. und E. C. Hochw[15]Hochw. Rath mit dem Geiſt der Weißheit und deß Verſtandes / deß Rathes und der Staͤrcke zu heilſa - mer Ambtes fuͤhrung iederzeit erfuͤllen / Alſo Sie ſambt den Herren / Frauen und Jungfrauen allerſeits / Einer gantz Loͤblichen Commun und Stadt / in er - freulichem auffnehmen / gutten Frieden / und ge - wnuͤſchter ruhe immerdar erhalten / Dehnenſelbten zu aller angenehmen und moͤglichen Dienſtgefliſſen - heit ſich ergebende.

Der Herr / der Gott uͤber alles lebendi - ges Fleiſch / der da Haͤubter in Jſrael emſetzet und ordnet / abſetzet und endert / wolle Jhme an die Stelle deß nun durch ſeinen willen abgefallenen Superintendenten - Haubtes erſehen ein ander gelehrtes und bewehrtes Haubt / das einen gut - ten verſtand habe am HErrn / das da halte ob dem Fuͤrbilde der heilſamen Worte / und ſein Ambt redlich außrichte: Ein Haubt / das fuͤr der Gemeine deß HErren auß und eingehe / und ſie auß-und einfuͤhre / das die Gemeine deß Her - ren nicht ſey wie Schaffe ohne Hirten / wie ein Heer ohne Haubt / das nicht die boßheit Jhren Kopff auffrichte / und allerhand unheil wieder diß Lignitzſche Jſraẽl / und ſagen: Sie haben kein Haubt und keinen Schutz mehr / nun wollen wir ſie uͤberziehen und außrotten. 1. Macc. 12. 54.

Derſelbte getrewe GOtt wolle die verwundeten und bluttenden Hertzen der Hochbetruͤbten verbinden und heilen / der Frau Wittib krafft und ſtaͤrcke ſeyn / den H. Sohn / denn einigen Keſeleriſchen Stammund[16]und nahmens Erben / ſambt der Fr. Tochter / lange Zeit erhalten / Erbewahre deß verſtorbenen Herren Superinten denten Seele in ſeiner Hand / denn Leib in dem Schos der Erden / biß auf jenen groſſen Tag / da Er mit allen Außerwehlten ſein Haubt wird froͤ - lich wiederumb aufheben / die ewige Erloͤſung erſe - hen! das Euge Serve bone mit unaußſprechlichen Freuden und ehren vernehmen / und die Crone der Gerechtigkeit und deß Lebens davon tragen: Da Er denn auch unſer durch mancherley Elend und Truͤbſalen zur Erden gebeugetes Haubt wieder auffrichten / und zu ewigen herrlichen und ſeligen eh - ren ſetzen wolle / Amen! Amen!

Wir ſchlieſſen numehr / und reden unſeren Seel. Herren Superintendenten mit denen / et - was verenderten worten / an / damit fuͤr ein 34. Jah - ren eben an dieſem Orthe / Ein Fuͤrtrefflicher Mann einem Hochverdienten und Hochberuͤhmbten Supe - rintendenten parentiret hat;

G. B. D. M. S. G. Dulce caput, Keselere, ſolo ſub - tracte labanti, Æternùm ſalve, perpetuumq́; vale!

About this transcription

TextDas Gelehrte/ Geehrte/ Beschwerte und Bewerthe Superintendenten-Haubt
Author Laurentius Baudis
Extent16 images; 2967 tokens; 1361 types; 21401 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDas Gelehrte/ Geehrte/ Beschwerte und Bewerthe Superintendenten-Haubt Laurentius Baudis. . 16 S. Zacharias SchneiderLiegnitz1662.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 W 2062/4-5 / 539565

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:19Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 W 2062/4-5 / 539565
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