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Vollſtaͤndige Abhandlung von denen Manufacturen und Fabriken.
Erſter Theil
welcher die allgemeinen Grundſaͤtze und Betrachtungen in ſich enthaͤlt.
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Koppenhagen,Auf Koſten der Rothenſchen Buchhandlung. 1758.

Sr. Hochfreyherrlichen Excellenz dem Hochgebohrnen Freyherrn Johann Hartwig Ernſt Freyherrn von Bernstorff, Ritter des hohen Ordens von Elephanten, Sr. Koͤnigl. Majeſtaͤt von Daͤnemark und Norwegen hochbetrauten Etats-Miniſtre, Gcheimten Rath des geheimten Conſeils, Cammerherrn, Staatsſecretaire der teut - ſchen Canzley und der auslaͤndiſchen Geſchaͤfte, De - putirten in General Landesoͤconomie - und Commerciencollegio ꝛc. Erbherrn auf Wedendorf, Ruͤtingen, Woterſen, Stintenburg ꝛc.

Hochgebohrner Freyherr, Gnaͤdiger Herr,

Wenn ich Ew. Hochfreyherrl. Excellenz dieſe meine Ab - handlung von denen Manu - facturen und Fabriken eherbiethigſt zu - eigne; ſo habe ich gewiß alles vor mir,* 3waswas je ein Schriftſteller vor gegruͤndete Urſachen bey ſeiner Zueignungsſchrift an - fuͤhren kann. Empfangene Gnadenbe - zeugungen, große und erhabene Verdienſte, Liebe vor die Gelehrten und andere ſeltene und uͤberaus liebenswuͤrdige Eigenſchaf - ten, eine vollkommene Kenntniß der ab - gehandelten Materie; alles dieſes, wo - von ſonſt ein einzelner Umſtand ein zu - reichender Bewegungsgrund vor einen Schriftſteller iſt, habe ich hier vereiniget als gerechte Gruͤnde meiner ehrerbiethig - ſten Zueignungsſchrift anzufuͤhren.

Zu der Zeit, da das ungluͤckliche Teutſchland von einem der heftigſtenKriegeKriege erſchuͤttert wird, den je die Ge - ſchichte aufzuweiſen hat, ein Zeitumſtand, der denen Gelehrten gar nicht angenehm ſeyn kann, haben mir Ew. Hochfrey - herrliche Excellenz die Gelegenheit verſchaffet, eine Reiſe in ein Reich zu thun, welches der Friede mit allen ſeinen geſegneten Folgen begluͤckſeeliget und wo der weiſe Friedrich, die Luſt ſeiner Voͤl - ker, herrſchet, der eben ſowohl durch den Schutz, und die Befoͤrderung der Wiſſen - ſchaften, und durch die Mildthaͤtigkeit ſelbſt gegen auswaͤrtige Gelehrte, als durch die Maaßregeln zur Cultur und Aufnahme ſeiner Staaten allen folgen - den Zeiten verehrungswuͤrdig ſeyn wird. * 4Ew.Ew Hochfreyherrl. Excellenz haben auch Zeit meines Aufenthaltes allhier mir eine ſo gnaͤdige Aufnahme und ſo viel Ge - wogenheiten angedeihen laßen, daß, wenn eine der praͤchtigſten Staͤdte von Europa, welche binnen dreyßig Jahren die aller - praͤchtigſte ſeyn wird, wenn die Verſchoͤ - nerung nach der Maaße fortgehet, als ſie ſeit zehn Jahren unter dem weiſen Friedrich angefangen hat, auch ſonſt nichts reizendes vor mich gehabt haͤtte, Dero liebreiche Begegnung mir allein den Auf - enthalt darinnen angenehm gemacht ha - ben wuͤrde. Mein Herz iſt deshalb von den allerlebhaftigſten Regungen der Dank - barkeit durchdrungen; und ich wuͤnſchteeifrigſt,eifrigſt, daß ich meine wahrhaftige und ehrerbiethigſte Erkaͤnntlichkeit durch etwas werkthaͤtigers, als durch die unterthaͤnige Zueignung dieſes geringen Buches zu Ta - ge legen koͤnnte.

Wenn ich aber auch dieſe Pflichten der Dankbarkeit nicht auf mir haͤtte; ſo wuͤrde meine wahre Verehrung gegen Ew. Hochfreyherrl. Excellenz großen und erhabenen Verdienſte und ſo viel andere lie - benswuͤrdige Eigenſchaften, die allemal auf ein rechtſchaffenes und ehrliebendes Herz Eindruck machen muͤſſen, einen ſolchen Zoll der Ehrerbiethung von mir erfordern. * 5EineEine große Einſicht in die Regierungs - kunſt, eine vollkommenſte Kenntniß aller darzu erforderlichen Wiſſenſchaften, ſo - wohl als von der Beſchaffenheit der Staa - ten ſelbſt, die in denen Unterredungen, welche Ew. Hochfreyherrl. Excellenz mich gewuͤrdiget haben, uͤberaus lehrreich vor mich geweſen iſt; eine unermuͤdete Sorgfalt und Arbeitſamkeit die Ehre Dero großen Monarchens und das Gluͤck ſeiner Voͤlker zu befoͤrdern; eine aus den aͤchten Quellen entſpringende Liebe vor die Gelehrten und Beſchuͤtzung der Wiſſen - ſchaften; eine Uneigennuͤtzigkeit ohne Bey - ſpiele, ein Edelmuth ohne Stolz und ein liebreiches Weſen ohne Erniedrigung, wo -mitmit dieſelben alle Herzen an ſich ziehen und das man ſich kaum vorſtellen kann, ohne Ew. Hochfreyherrl. Excellenz ſelbſt aufgewartet zu haben, und das allemal das Kennzeichen eines wahrhaftig edlen und guͤtigen Herzens iſt, eine Großmuth, Freygebigkeit und Erbarmung gegen die Nothleidenden und Armen, die faſt un - glaublich ſeyn wuͤrde, wenn die Welt die Summen wuͤſte, die darauf jaͤhrlich ver - wendet werden, und welche der vollkom - menſte Beweiß iſt, daß jenes liebreiche Weſen aus der rechten Quelle entſpringet; alles dieſes ſind ſolche Eigenſchaften, die Ew. Hochfreyherrl. Excellenz die Verehrung aller dererjenigen erwerbenmuͤſſen,muͤſſen, die nur einiges Gefuͤhl von dem wahren Adel des Herzens und der Menſch - lichkeit haben. Alles dieſes kann ich mit einer Zuverſicht ſchreiben, die vielleicht noch nie ein Verfaſſer der Zueignungs - ſchriften, oder ein Lobredner ſelbſt, gehabt hat. Jch habe weder in der Hauptſtadt, noch auf meinen Reiſen durch die daͤniſchen Staaten einen einzigen Menſchen gefun - den, der uͤber Dero Verdienſte und ge - rechtes Lob nur in etwas zweifelhaftig gedacht und nicht mit feſt verſicherten Herzen davon geſprochen haͤtte, ein Gluͤck, das ſo leicht nie einem Miniſter wieder - faͤhrt, der unmoͤglich alle Forderungen der Menſchen befriedigen kann und dasinin einem Lande, wo die uͤberausgroße Guͤtigkeit der Regierung die Freyheit in Reden nicht einſchraͤnket, nicht weiter zweifelhaftig iſt.

Vielleicht haͤtte ich auch keinen Ge - genſtand meines Buches erwaͤhlen koͤnnen, der Ew. Hochfreyherrl. Excellenz angenehmer geweſen waͤre. Niemand kann von dem großen Nutzen der Manu - facturen und Fabriken vor den Staat und von denen bey ihrer Einfuͤhrung noͤthigen Grundſaͤtzen und Maaßregeln ſo wohl un - terrichtet ſeyn, als Deroſelben; und jederman weiß, was vor außerordentlicheAuf -Aufmerkſamkeit Ew. Hochfreyherrl. Excellenz auf dieſen Gegenſtand ver - wenden, ſo daß ich viele Manufactu - ren nennen koͤnnte, die durch Dero aus - nehmende Vorſorge, ſowohl neuerrichtet, als in groͤſſeres Aufnehmen gebracht wor - den ſind. Ew. Hochfreyh. Excellenz haben mir auch Dero Zufriedenheit zu erkennen gegeben, als ich mein Vorhaben dieſes Buch auszuarbeiten und den Plan davon Denenſelben muͤndlich vorzu - tragen die Ehre hatte; und gleichwie Dieſelben zu erwaͤhnen geruheten, daß der Abſchnitt von denen Hinderniſſen, die ſich bey Einfuͤhrung der Manufacturen im Staate vorfaͤnden und die ſich deſto groͤſſerzeigten,zeigten, je guͤtiger und gelinder die Regie - rungsgrundſaͤtze waͤren, von großer Wich - tigkeit ſey; ſo wuͤnſche ich, daß ich im Stande geweſen bin, dieſe Materie ſol - chergeſtalt auszuarbeiten, daß ich ſo gluͤck - lich bin, Dero gnaͤdigen Beyfall eini - germaßen zu erhalten.

Gleichwie ich uͤbrigens alle meine Zu - friedenheit auf die Fortdauer von Ew. Hochfreyherrl. Excellenz gnaͤdigen Ge - wogenheit ſetze; ſo vereinigen ſich alle mei - ne eifrigſten Wuͤnſche auf das unveraͤn - derliche Wohlergehen und die beſtaͤndige Dauer Dero vornehmen und jedermanſoſo werthen Hauſes, womit ich in vollkom - menſter Erkenntlichkeit und wahrer Ver - ehrung lebenslang verharre

Hochgebohrner Freyherr, Gnaͤdiger Herr, Ew. Hochfreyherrlichen Excellenz

unterthaͤnig gehorſamſter Diener Johann Heinrich Gottlob von Juſti.

Vorbericht.

Jch habe in der Vorrede zu meiner Staatswirth - ſchaft ein Lehrbuch von der Commercienwiſ - ſenſchaft verſprochen. Dieſes Verſprechen iſt zeither unerfuͤllet geblieben und dargegen lege ich hiermit der Welt eine Schrift von einer aͤhnlichen Art, naͤmlich ein ziemlich weitlaͤuftiges Buch von denen Manufacturen und Fabriken vor Augen. Es wird alſo nicht undienlich ſeyn, daß ich die Urſachen anzeige, warum ich die Erfuͤllung des erſten Verſprechens noch etwas ausſetze und indeſſen die gegenwaͤrtige Schrift zu einiger Erſetzung liefere.

Als ich wirklich ſchon in der Ausarbeitung eines Lehrge - baͤudes von der Commercienwiſſenſchaft begriffen war; ſo muß ich frey bekennen, daß ich bey mir ſelbſt eine Unfaͤhigkeit zu dieſem Werke gewahr wurde. Jch bin niemals gewohnt geweſen, aus andern Buͤchern auszuſchreiben; und gleichwie ich es alſobald bemerke, ob ein Schriftſteller aus eigner Erfah - rung und Nachſinnen ſchreibt, oder ob er die Begriffe ande - rer, die er ſelbſt noch nicht genugſam verdauet hat, wenn man**ſoVorbericht. ſo reden kann, zuſammen ſtoppelt; ſo befuͤrchtete ich, daß ver - nuͤnftige Leſer es auch bey meinen Schriften einſehen wuͤrden, wenn ich mit einem andern Kalbe pfluͤgete. Meine Unfaͤhig - keit betraf inſonderheit die Schiffarth und das Seecommer - cium, als von welchen ich nicht ſo zureichende Begriffe hatte, um das Weſentliche davon in den Zuſammenhang eines rich - tigen Lehrgebaͤudes zu bringen; dennoch aber ſchien mir dieſer Theil der Commercienwiſſenſchaft ſo wichtig, daß ich es vor ein ſehr eitles Unternehmen hielt, ohne eine genugſame Kennt - niß dieſes Theiles ein Lehrbuch von der Commercienwiſſenſchaft zu ſchreiben. Da nun ohnedem Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt von Daͤnemark die hoͤchſte Gnade hatten, mir die Koſten zu einer Reiſe nach Koppenhagen allergnaͤdigſt reichen zu laßen; ſo konnte ich mit Grunde hoffen, ſowohl in Koppenhagen ſelbſt, als bey meiner Durchreiſe in Staͤdten, die Schiffarth und Seehandlung treiben, mich in dieſem Puncte noch zu unter - richten; und es ſchien mir dannenhero rathſamer zu ſeyn, die Ausarbeitung meines Buches von der Commercienwiſſen - ſchaft annoch auszuſetzen.

Wenn ich ſtatt deſſen eine vollſtaͤndige Abhandlung von denen Manufacturen und Fabriken auszuarbeiten beſchloß; ſo, deucht mich, habe ich einen Gegenſtand erwaͤhlet, der vor den allergroͤßten Theil von Teutſchland allemal viel wichtiger ſeyn wird, als die Commercien ſelbſt. Der allerwenigſte Theil von Teutſchland hat die natuͤrlichen Vortheile und Gelegen - heit zur Seehandlung, und der kleine Theil, der dieſe Gele - genheit hat, kann ſich vielleicht einen langen Zeitraum hin - durch noch keine Hofnung machen, zu einer bluͤhenden Schif - farth zu gelangen. Ehe wir auch bis auf dieſen Punct kommen koͤnnen; ſo muͤſſen bluͤhende Manufacturen und Fabriken den Grund darzu abgeben; indem, wie ich ſelbſt in dieſem Buche zeige, eine bluͤhende und dauerhaftige Handlung ſchwehrlich moͤglich iſt, wenn ſie nicht auf die Ausfuhre ge - nugſamer Landesproducte gegruͤndet wird. Teutſchland wuͤrde auch ſehr gluͤcklich ſeyn, wenn es nur ſeine Manufacturen inAuf -Vorbericht. Aufnahme und ſeine Fabriken in Flohr braͤchte. Jn Anſe - hung der Manufacturen haben wir alles erreicht, was wir zu wuͤnſchen Urſache haben, wenn wir es dahin bringen koͤnnen, daß wir uns ſelbſt mit den noͤthigſten Manufacturwaaren ver - ſorgen. Die Fabriken aber muͤſſen unſer Hauptwerk und die Quelle der auszufuͤhrenden Landesproducte ſeyn; und in der That hat kein Land ſo viele Naturvortheile darzu, als Teutſch - land, in Anſehung der Menge ſeiner Mineralien. Wir ha - ben auch in den meiſten Fabrikenarbeiten einen Vorzug vor andern Nationen den ſie ſelbſt geſtehen. Es kommt alſo nur darauf an, daß wir die Fabriken recht bluͤhend machen. Wenn wir diejenigen Waaren, die wir unumgaͤnglich von andern Voͤlkern noͤthig haben, mit unſern Fabrikenwaaren balanci - ren und mithin unſer gutes Silber im Lande behalten koͤnnen; ſo iſt kein Land ſo reich als Teutſchland, weil kein Land ſo viel Silberminen hat. Diejenigen, welche Kenntniß von unſern Bergwerken haben, werden mir zugeben, daß 10 bis 12000 Mark Silber das wenigſte iſt, was man annehmen kann, das in Teutſchland woͤchentlich aus der Erde gegraben und zu gut gemacht wird. Eine Nation, die alle Woche anderthalb Ton - nen Goldes reicher werden kann, ohne von andern Voͤlkern abzuhaͤngen oder Hinderniſſe zu beſorgen, die muß gewiß ſehr reich und gluͤcklich werden koͤnnen, wenn ſie nur will. Mich deucht alſo, daß die Manufacturen und Fabriken, als wodurch wir unſer ſchoͤnes Silber im Lande behalten koͤnnen, ein ſehr wichtiges Augenmerk vor Teutſchland ſind.

Man ſcheinet auch an den meiſten Orten dieſe Wahr - heit gar wohl einzuſehen, indem man das Hauptwerk der Bemuͤhungen auf die Einfuͤhrung und Befoͤrderung der Ma - nufacturen und Fabriken richtet. Jch glaube dannenhero, daß eine vollſtaͤndige Abhandlung von dieſen Nahrungsge - ſchaͤften denen Teutſchen nicht anders als angenehm ſeyn kann, zumal da wir hierinnen noch keine Schriften beſitzen, die der Sache eine Genuͤge leiſten. Diejenigen, die von teutſchen Verfaſſern herruͤhren, haben dieſe Sache ſehr wenig erſchoͤ -** 2pfet,Vorbericht. pfet, und die Schriften der Engellaͤnder und Franzoſen von dieſer Materie haben vornaͤmlich den Zuſtand ihrer eigenen Laͤnder zum Augenmerk und ſind uͤberhaupt ſehr mager was die Fabriken anbetrift; wenn ſie auch die Manufacturen gut abhandeln. Jch habe alſo nicht zu befuͤrchten, daß dieſe Schrift vor uͤberfluͤßig gehalten werden moͤchte.

Da ich dieſe Schrift groͤßtentheils auf meiner itzigen Reiſe ausgearbeitet habe; ſo iſt ſie lediglich aus meinen eige - nen Nachſinnen und Gedaͤchtniß gefloſſen, ohne einmal ein einzig Buch dabey nachzuſchlagen. Sie iſt alſo von allen Citationen entbloͤßt, die ich auch ohnedem niemals brauche, wo ſie nicht noͤthig ſind. Ja weil ich nicht einmal meine eignen Schriften bey der Hand gehabt habe; ſo habe ich wei - ter nichts als die Titel davon anfuͤhren koͤnnen.

Es war erſt die Abſicht, daß das ganze Buch zuſammen auf einmal erſcheinen ſollte. Allein es iſt mir wider Vermuthen unter der Ausarbeitung ſtaͤrker angewachſen, als ich vorher beſtimmt hatte, indem ich dem einmal erwaͤhlten Titel einer vollſtaͤndigen Abhandlung gern eine Genuͤge leiſten wollte. Ueberdieß ſtehen mir auf Befehl Sr. Koͤnigl Majeſtaͤt von Daͤnemark einige Reiſen bevor. Da nun einmal das Buch in den Michaels-Meßcatalogum geſetzet worden; ſo habe ich mich entſchließen muͤſſen, den erſten Theil beſonders heraus - zugeben: der zweyte Theil aber wird ohne weitere Vorrede ungeſaͤumt nachfolgen. Koppenhagen den 5. Oct. 1757.

Kurze

Kurze Vorſtellung des Jnnhalts des ganzen Buches.

  • Erſter Theil.
  • Erſte Abtheilung. Allgemeine Betrachtungen uͤber die Manu - facturen und Fabriken.
  • Erſter Abſchnitt: von der Nothwendigkeit und dem Nutzen der Manufacturen und Fabriken.
  • Zweyter Abſchnitt: von dem Zuſammenhange der Manu - facturen und Fabriken mit der geſamten Verfaſſung und Beſchaffenheit des Staats.
  • Dritter Abſchnitt: von der Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von den Maaßregeln und Anſtalten zur Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von denen Befoͤrderungsmitteln der Manufacturen und Fabriken.
  • Vierter Abſchnitt: von denen Hinderniſſen bey Anlegung der Manufacturen und Fabriken.
  • Fuͤnfter Abſchnitt: von der Erhaltung der Manufacturen und Fabriken, oder von denen Maaßregeln ihren Ver - fall abzuwenden.
  • Zweyter Theil, worinnen die beſondern Arten aller und jeder Manufacturen und Fabriken betrachtet werden.
  • Zweyte Abtheilung. Von denen Manufacturen.
  • Erſter Abſchnitt: von denen Wollenmanufacturen.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von denen Tuchmanufacturen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von denen Zeug - und andern wollenmanufacturen.
  • Zweyter Abſchnitt: von denen Leinenmanufacturen.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Battiſt, feinen Spitzen - und Zwirnmanufacturen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von Leinewandmanufacturen.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von Leinen-Damaſt - und andern Leinenwebereyen.
  • Dritter Abſchnitt: von Baumwollenmanufacturen.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Cattunmanufacturen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von andern weiſen und gefaͤrb - ten Baumwollenmanufacturen.
  • Vierter Abſchnitt: von Seidenmanufacturen.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Samtmanufacturen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von gebluͤmten Seidenzeugma - nufacturen.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von glatten ſeidenen Zeugen.
  • Viertes Hauptſtuͤck: von halbſeidenen Zeugen.
  • Dritte Abtheilung. Von denen Fabriken.
  • Erſter Abſchnitt: von Gold - und Silberfabriken.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von den Fabriken der gold und filbern Borden.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von Goldſchlaͤgern, Drathzie - hern und andern dergleichen Fa - brikaturen.
  • Zweyter Abſchnitt: von Metallfabriken.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Meßinghuͤtten.
  • Zweytes Hauptſtuͤck; von Kupfer - und Meßinghaͤm - mern.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von Stuͤck - und Glockengieße - reyen.
  • Viertes Hauptſtuͤck: von andern metalliſchen Fabri - katuren.
  • Dritter Abſchnitt: von Eiſen - und Stahlfabriken.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Eiſengießereyen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von Blechhaͤmmern.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von Stahlhuͤtten.
  • Viertes Hauptſtuͤck: von Gewehrfabriken.
  • Fuͤnftes Hauptſtuͤck: von den Fabriken allerley ſtaͤh - lerner Geraͤthſchaften.
  • Vierter Abſchnitt: von Porcellan - und Glaßfabriken.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von aͤchten Porcellanfabriken.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von unaͤchten Porcellanfabriken.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von Spiegelfabriken.
  • Viertes Hauptſtuͤck: von Glaßfabriken.
  • Fuͤnfter Abſchnitt: von denen Fabrikaturen der minerali - ſchen Salze und Farben.
  • Erſtes Hauptſtuͤck: von Alaun - und Vitriolſiedereyen.
  • Zweytes Hauptſtuͤck: von Schwefel - und Arſenik - huͤtten.
  • Drittes Hauptſtuͤck: von Blaufarbenwerken.
  • Viertes Hauptſtuͤck: von Zinnober - und Sublimat - fabriken.
  • Fuͤnftes Hauptſtuͤck: von Bleyweiß und andern me - talliſchen Zubereitungen.
  • Sechſter Abſchnitt: von denen Fabriken der gefaͤrbten Le - der, Papiere und andern Fabrikaturen.
Erſter
[1]

Erſte Abtheilung. Allgemeine Betrachtungen uͤber die Manufacturen und Fabriken.

A[2][3]

Erſter Abſchnitt. Von der Nothwendigkeit und dem Nutzen der Manufacturen und Fabriken.

Alle Dinge, die durch den Fleiß und dieBegriff von denen Ma - nufacturen und Fabriken in weitläuf - tigen und engen Ver - ſtande. Geſchicklichkeit der Menſchen mehr bearbeitet werden, nachdem ſie von der guͤtigen Hand der Natur hervor - gebracht ſind, und zwar in der Abſicht, der wahren oder eingebildeten menſchlichen Nothdurft deſto beſſer zu ſtatten zu kommen, ſind in weitlaͤuftigem Verſtande Manufactur und Fabrikenarbeiten. Kurz, alle Werke der Kunſt ſind in allgemeinem Verſtande darunter be - griffen; und zwar hat das Wort Kunſt hier einen ſo weitſchichtigen Begriff, daß man die Bemuͤhung des aͤrmſten unter den Landleuten, der Reiſer zuſam - men bindet, um einen Beſen daraus zu machen, mit dieſer Benennung beehren muß. Jn dieſem Verſtande gehoͤren demnach alle Handwerke, ja alle Handarbei - ten, wodurch die von der Natur hervorgebrachtenA 2Dinge4I. Abſchnitt, von der NothwendigkeitDinge eine andere Geſtalt und Gebrauch bekommen, zu denen Manufacturen und Fabriken. Allein in en - gen Verſtande beleget man nur diejenigen Bearbei - tungen der natuͤrlichen Dinge mit dieſen Namen, die erſt in neuern Zeiten bey einer Nation eingefuͤhret worden, oder die erſt bey derſelben in Gang gebracht werden ſollen. Wenn die Bearbeitung der natuͤrlichen Dinge auf ſo vielerley Arten geſchehen kann, die eine faſt unendliche Verſchiedenheit ausmachen koͤnnen; ſo ſiehet man leichte, daß ein arbeitſames und nachdenken - des Volk tauſenderley Erfindungen in dergleichen Be - arbeitungen der Dinge machen kann, die andre Voͤlker nicht haben. So bald ſich andre Voͤlker einbilden wer - den, daß dieſe neuen Erfindungen die Bequemlichkei - ten des Lebens mehr befoͤrdern, es mag dieſe Einbil - dung einigen Grund haben, oder nicht; ſo werden die reichen und vermoͤgenden Perſonen unter dieſen Voͤl - kern ihre natuͤrlichen Guͤther, oder ihr Geld, anwen - den, um ſich dieſe wahren oder eingebildeten groͤſſern Bequemlichkeiten des Lebens zu verſchaffen. Dieſer Erfolg iſt ſo natuͤrlich und unfehlbar, daß er nur durch Aufhebung des Umgangs zwiſchen zwey Voͤlkern und durch andere gewaltſame Mittel gehemmet werden kann: und man muß dannenhero die Furcht, die man hin und wieder bemerket und davon wir unten mehr reden werden, daß ein in denen Manufacturen und Fabriken ſpaͤther anfangendes Volk es ſchwehr oder gar nicht dahin bringen koͤnne, dieſen ſeinen Arbeiten auswaͤrtigen Abſatz zu verſchaffen, groͤßtentheils vor ungegruͤndet halten. Viele Europaͤiſche Nationenbefin -5und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken.befinden ſich in eben der Beſchaffenheit, worinnen wir die meiſten Voͤlker in denen uͤbrigen drey Welttheilen ſehen, naͤmlich, daß ſie aus Mangel der Arbeitſamkeit und des Genie viele kuͤnſtliche Waaren, die zu wahrer oder eingebildeter groͤſſerer Bequemlichkeit des Lebens dienen, nicht zu verfertigen wiſſen, und dannenhero, weil ſie doch ſolche Waaren lieben, ihre natuͤrlichen Guͤther oder ihr Geld davor hingeben. Wenn nun ein ſolches Volk endlich aus ſeiner Schlafſucht auf - wacht, ſich zur Geſchicklichkeit ermuntert und derglei - chen Waaren ſelbſt verfertiget, ſo pfleget es dieſe neuen Arbeiten mit den Namen der Manufacturen und Fa - briken zu belegen. Beſonders findet dieſes bey denen - jenigen Voͤlkern ſtatt, welche bey ihren alten und ge - woͤhnlichen Bearbeitungen der natuͤrlichen Dinge die Einrichtung der Jnnungen und Zuͤnfte eingefuͤhret haben. Alle alte Bearbeitungsarten, werden alsdenn Handwerke genennet, die neuen erſt einzufuͤhrenden Bearbeitungen aber werden mit den Namen der Ma - nufacturen und Fabriken beleget.

Manufacturen und Fabriken werden gemeiniglichUnterſchied unter Ma - nufacturen und Fabri - ken. vor gleich beteudende Woͤrter gehalten und gleichguͤltig gebraucht. Jhre Bedeutung aber iſt in der That von einander unterſchieden. Unter Manufacturen verſte - het man eigentlich diejenigen Bearbeitungen, die bloß mit der Hand ohne Feuer und Hammer geſchehen. Fabriken aber heißen diejenigen Arbeiten, zu welchen Feuer und Hammer, oder aͤhnliche Werkzeuge ange -A 3wendet6I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitwendet werden. Dieſer Unterſchied, der auf die ur - ſpruͤngliche Bedeutung der Worte gegruͤndet iſt, wird in gemeinen Reden ſelten beobachtet. Man ſagt eine Tuch-Camelot-Cammertuchfabrike, welches doch bloß den Namen einer Manufactur erhalten ſolte.

Die Noth - durft in ſtrengem Verſtande iſt bey den Völ - kern nicht zureichend.

Jndem ich mir vorgenommen habe zufoͤrderſt die Nothwendigkeit und den Nutzen der Munufacturen zu erweiſen; ſo wird es nicht ſchwehr fallen, dieſem End - zwecke ein Genuͤge zu leiſten. Es iſt wahr, die wahre Nothdurft der Natur ſchließet ſich in ſehr enge Graͤn - zen ein. Kraͤuter, Wurzeln, Baumfruͤchte, welche die Natur ohne alles Zuthun der Menſchen hervor - bringet, Felle, zu Bedeckung ihrer Bloͤße, wuͤrden viel - leicht in ſtrengſtem Verſtande zu ihrer Nothdurft zu - reichend ſeyn; und in der That, wenn ein Volk ohne alle Ordnung unter ſich und von aller Gemeinſchaft mit andern Voͤlkern abgeſondert lebte; ſo wuͤrde ein ſolches Volk bey dieſen engen Schranken der Noth - durft dem ohngeachtet gluͤcklich ſeyn koͤnnen: in ſo fern die Gluͤckſeeligkeit auf die Erfuͤllung unſerer Wuͤnſche ankoͤmmt. Dieſes Volk wuͤrde keine andere Wuͤnſche kennen. Allein zu geſchweigen, daß der aͤußerſte Grad der Wildheit und Barbarey ſchwerlich mit dem Namen der Gluͤckſeeligkeit beleget werden kann; ſo werden auch dieſe engen Schranken der Nothdurft alſobald auf - hoͤren, ſo bald dieſes Volk einige Ordnung unter ſich errichtet und mit andern Voͤlkern Gemeinſchaft hat. Wenn es eine oberſte Gewalt und mithin verſchiedeneOrd -7und dem Nutzen der Manufact. u. Fabriken.Ordnungen der Buͤrger hat, ſo werden diejenigen, die ſich mit dem Vorzuge vor andern Buͤrgern bekleidet ſe - hen, ſinnreich ſeyn, ſich durch verſchiedene Wege mehrere Bequemlichkeiten des Lebens zu verſchaffen. Sind ſie nicht ſelbſt ſinnreich; ſo werden andere ihren Erfindungs - geiſt anſirengen, um ſich in Anſehung der in Haͤnden habenden Gewalt ihre Gewogenheit zu erwerben. Wenn aber ein Volk Gemeinſchaft mit andern Voͤlkern hat: ſo werden nicht allein die entſtehenden Streitigkeiten und Kriege ein ſolches Volk zu tauſenderley Erfindun - gen noͤthigen; ſondern alle Bequemlichkeiten des Le - bens, die es bey andern Voͤlkern wahrnimmt, werden ſeine Wuͤnſche und Begierden rege machen, ſich derglei - chen ebenfalls zu verſchaffen. Es wird zuerſt ſeine Er - findungskraft oder Nachahmungskunſt aufmuntern, dieſe Bequemlichkeit durch ſeine eigene Arbeit zu erhal - ten. Allein, wenn ihm dieſes nicht gelinget; ſo wer - den die reichen und vermoͤgenden unter dieſem Volke vor dieſe Bequemlichkeit ſo viel von ihren natuͤrlichen Guͤthern hingeben, als ſie entbehren koͤnnen und als das andre Volk davor verlanget. Jndem ſie hierin - nen von dem Willen und der Forderung der andern Nation abhaͤngen; ſo werden ſie folglich vielmehr na - tuͤrliche Guͤther hingeben muͤſſen, als ſie von der zur Bequemlichkeit dienlichen Waare wieder erlangen. Die andere Nation wird ihre Erfindung und ihre kuͤnſt - liche Bearbeitung ſo hoch anrechnen, als es nur immer moͤglich iſt; und dieſer nachtheilige Tauſch wird ſo lan - ge fortgeſetzet werden, bis endlich dieſes Volk ſolche, zur Bequemlichkeit erforderliche, Waare ſelbſt machenA 4lernet.8I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitlernet. Denn wenn die oberſte Gewalt dieſen nachthei - ligen Handel verbiethen wollte; ſo wuͤrde dieſelbe ihre Unterthanen einer Bequemlichkeit des Lebens und folg - lich einer Gluͤckſeeligkeit berauben, die man einmal hat kennen lernen und nach welcher das Verlangen, ohn - geachtet des Verbothes immer fortdauren wird.

Alle durch die Gewohn - heit und Le - bensart ein - geführten Waaren ſind nothwendig.

Man ſiehet leicht, daß es hier gar nicht darauf an - kommt, ob eine durch die Kunſt hervorgebrachte Waare wirklich zur Nothdurft des Lebens erfordert wird, oder nicht. Es iſt genug, wenn ſie die Gewohnheit und Lebensart einmal eingefuͤhret hat und die Bequemlich - keiten des Lebens dadurch vermehret werden. Ja es iſt hier nicht einmal die Frage, ob eine wahre Bequem - lichkeit des Lebens dadurch erreichet wird, oder ob bloß eine eingebildete Bequemlichkeit oder vielmehr eine An - nehmlichkeit des Lebens darauf beruhet. Auch die bloß zur Ueppigkeit und Verſchwendung dienlichen Waaren werden in gewiſſen Betracht allemal nothwendig, ſo bald wir dieſe Ueppigkeit und Verſchwendung durch den Umgang mit andern Voͤlkern haben kennen ler - nen. Wenn die oberſte Gewalt eine ſolche Waare der Ueppigkeit und Verſchwendung verbiethet; ſo entziehet ſie ihren Unterthanen ein Mittel zu ihrer Gluͤckſeeligkeit; indem bey der Gluͤckſeeligkeit faſt alles auf die Einbil - dung und die Befriedigung unſerer Wuͤnſche ankommt. Diejenigen, welche ſich den Ueberfluß verſchaffen koͤn - nen, werden allemal mißvergnuͤgt ſeyn, daß ſie eine Sache entbehren muͤſſen, die ſie unter die Annehmlich -keiten9und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken.keiten und Vorzuͤge des Lebens rechnen. Alle Thaͤtig - keit und Fleiß der Menſchen gruͤndet ſich auf den Trieb, ſich vor andern hervorzuthun. Die Bemuͤhung, Reich - thuͤmer zu erwerben, die edelſten Handlungen der Men - ſchen und alle Tugenden haben keine andere Quelle. Die Regierung wuͤrde entweder dieſen Trieb unter ih - ren Unterthanen erſticken, wenn diejenigen, die ſich ein großes Vermoͤgen erworben haͤtten, ihren Vorzug an Reichthuͤmern durch Ueppigkeit und Verſchwendung nicht ſehen laßen koͤnnten, oder ſie wuͤrde verurſachen, daß die vermoͤgendeſten von ihren Unterthanen ſich in andre Staaten begeben wuͤrden, wo es ihnen erlaubt iſt, allen beliebigen Gebrauch von ihren Reichthuͤmern zu machen.

Hieraus folget, daß alle kuͤnſtliche Waaren, wel -Sie ſind kei - ne Noth - durft des Le - bens, aber eine Noth - durft des Staats. che die Gewohnheit und die Lebensart einmal zur wah - ren oder eingebildeten Bequemlichkeit des Lebens einge - fuͤhret hat, eine wirkliche Nothdurft des Staats ſind, ob ſie gleich an ſich ſelbſt vor nichts weniger, als vor eine wahre Nothdurft des Lebens gehalten werden koͤn - nen. Dieſes iſt ſo wahr, daß auch ſo gar die ſinnli - chen Ergetzlichkeiten unter die Nothdurft des Staats gehoͤren. Ein Land, daß keine Schauſpiele hat, leidet an einer wirklichen Nothdurft des Staats Mangel. Die vermoͤgenden Unterthanen werden entweder in die benachbarten Staaten reiſen, ihr Geld daſelbſt verzeh - ren und mithin den Reichthum des Landes vermindern, um ſich dieſe Ergetzlichkeit zu verſchaffen, oder ſie wer -A 5den10I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitden gar ihren beſtaͤndigen Auffenthalt in ſolchen Laͤn - dern erwaͤhlen, wo ſie dieſe Annehmlichkeit des Lebens beſtaͤndig genießen koͤnnen.

Alle künſtli - che Waaren müſſen dem - nach im Lan - de ſelbſt ver - fertiget wer - den.

Man darf nur weiter ſchließen; ſo wird man auf den Grundſatz geleitet, daß es eine Nothwendigkeit vor den Staat iſt, es in die Wege zu richten, daß alle kuͤnſt - liche Waaren, ſie moͤgen zur Nothdurft, oder zur Be - quemlichkeit, oder nur zur Annehmlichkeit des Lebens dienen, ſo viel es nur immer moͤglich iſt, im Lande ſelbſt verfertiget werden; weil ſie eines Theils alle zum bequemlichen und annehmlichen Leben der Unterthanen und mithin zur Nothdurft des Staats gehoͤren, und weil andern Theils die Einfuͤhrung ſolcher Waaren aus fremden Laͤndern unumgaͤnglich nach ſich ziehet, daß entweder eine groͤſſere Menge von natuͤrlichen Guͤ - thern des Landes oder von baarem Gelde davor aus - gefuͤhret werden muͤſſen.

Das Ver - doth der Ein - fuhre gehö - ret nicht zur Regel, ſon - dern zur Ausnahme.

Man ſiehet auch leicht, daß das Verboth der Ein - fuhre von ſolchen Waaren, die in ſtrengem Verſtande entbehrlich ſind, nicht zu denen ordentlichen Regeln ge - hoͤret; es ſey denn, daß die naͤmlichen oder die aͤhnlichen Waaren, die in allen Abſichten jener Stelle vollkommen erſetzen koͤnnen, im Lande ſelbſt gewonnen werden. Wenn das Verboth der Einfuhre auf eine andere Art gebrauchet wird; ſo iſt ſolches eine Ausnahme von der Regel, die nach guten Grundſaͤtzen nur unter einerbeſon -11und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken.beſondern Beſchaffenheit des Landes ſtattfinden kann. Weil aber nicht alle Waaren mit Vortheil im Lande verfertiget werden koͤnnen; ſo muß man hingegen die Gewinnung und Ausfuhre ſolcher Waaren, darzu die natuͤrliche Beſchaffenheit des Landes die Hand biethet, zu vermehren ſuchen. Nachdem man Gold und Silber als das allgemeine Verguͤtungsmittel aller Guͤther an - genommen hat; ſo muͤſſen die Commercien des Landes eine ſolche Beſchaffenheit haben, daß dadurch mehr Geld in das Land ein-als ausgehet, oder daß wenigſtens der Ein - und Ausgang des Geldes in gleichem Verhaͤltniß ſtehet. Dieſes heißet die Bilanz des Handels und iſt der große und einzige Grundſatz aller Commercien. Man muß aber zu Gewinnung dieſes Gleichgewichtes ſein hauptſaͤchlichſtes Augenmerk mehr auf die Vergroͤſ - ſerung der Ausfuhre, als auf Einſchraͤnkung der Ein - fuhre ſetzen. Die Verminderung der Einfuhre iſt alle - mal eine Ausnahme von der Regel, die nur in dem Falle anzuwenden iſt, wenn die Vergroͤſſerung der Aus - fuhre nicht zu bewirken ſtehet.

Denn es iſt offenbar, daß die Vergroͤſſerung derDie Ver - gröſſerung der Ausfuh - re iſt vor - theilhafti - ger, als die Einfuhre ge - wiſſer Waa - ren zu ver - biethen. Ausfuhre dem Staate ungleich vortheilhaftiger iſt, weil ſie eine groͤſſere Beſchaͤftigung der Menſchen, eine groͤſſere Bevoͤlkerung und mehr natuͤrliche Guͤther vor - ausſetzet, oder bey ihrer Bewirkung nach ſich ziehet. Das Verboth der Einfuhre aber gewiſſer Waaren, worzu man heutiges Tages in den meiſten Staaten ſehr eilfertig greifet, iſt eine weit ſtaͤrkere Ausnahmevon12I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitvon der Regel, welche eine große Ueberlegung und Be - hutſamkeit erfordert und ohne aͤußerſte Noth nicht er - waͤhlet werden ſollte. Es iſt ein gewaltſames Mittel, welches die Freyheit der Commercien einſchraͤnket, der natuͤrlichen Freyheit der Unterthanen Gewalt anthut, indem es den freyen Gebrauch ihres Vermoͤgens und der Annehmlichkeiten des Lebens hintert und welches in auswaͤrtigen Staaten die Repreſſalien nach ſich ziehet, daß die Einfuhre unſerer Landesproducte gleichfalls verbothen wird, wodurch immer neue Schwierigkeiten in dem Kaufhandel entſtehen.

Betrachtung über die ver - bothenen fremden Waaren in Schweden.

Man hat vor kurzen in Schweden die Einfuhre faſt aller Waaren verbothen, die im ſtrengen Ver - ſtande entbehrlich ſind, oder die zum Wohlleben und zur Ueppigkeit dienen. Wenn ſich dieſes Verboth auf eine genaue Ausrechnung von der Ein - und Ausfuhre aller Waaren, oder der allgemeinen Handlungsbilanz, gruͤndet, wie es von dieſer denen oͤconomiſchen Wiſ - ſenſchaften eifrig ergebenen Nation wohl zu vermuthen iſt, und wenn ſie gar keine Mittel und Wege vor ſich geſehen haben, die Ausfuhre ihrer Landesproducte zu vergroͤſſern; ſo ſind dieſe Maaßregeln allerdings zu billigen. Es hat mit der Wirthſchaft des Staats eben die Beſchaffenheit als mit der Haushaltung einer Privatperſon. Der Ein - und Ausgang des Geldes im Staate iſt eben dasjenige, was die Einnahme und Ausgabe eines Privatmannes iſt. Gleichwie nun ein je - der Haushaͤlter natuͤrlicher Weiſe ohnfehlbar zu Grundegehen13und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. gehen muß, deſſen Ausgaben beſtaͤndig ungleich groͤſſer ſind als die Einnahme; ſo muß auch ein Staat endlich in die aͤußerſte Armuth verſetzet werden, aus welchem jaͤhrlich eine viel groͤſſere Summe Geldes ausgehet, als einfließet; und wenn der Privatmann ſeine Ein - nahme, der Staat aber den Einfluß des Geldes auf keine Art vergroͤſſern kann; ſo iſt kein anderes Mittel, den gaͤnzlichen Untergang abzuwenden, als die Ein - ſchraͤnkung des Aufwandes. Allein man muß zugleich geſtehen, daß dieſes eine ſehr traurige Nothwendigkeit vor einen Staat iſt, die denen vermoͤgenden Unter - thanen ſehr empfindlich faͤllt und den Auffenthalt im Lande unangenehm macht, einem großen Theil der Kauf - leute vieles Nachtheil verurſachet, und wenigſtens an - fangs in die Circulation des Geldes und in die ge - ſammten Commercien des Landes einen ſchaͤdlichen Ein - fluß haben kann, der ohne ſehr weiſe Maaßregeln eine lange Zeit ſeine Wirkung zeigen wird. Wenn man alle dieſe Folgen und Schwierigkeiten erwaͤget; ſo muß man faſt zweifeln, ob es ſo viel Muͤhe, Fleiß und Schwierigkeiten verurſachen wuͤrde, die Gewinnung und Ausfuhre der Landesproducte zu vergroͤſſern.

So vortheilhaftig die auswaͤrtigen CommercienEin Staat kann ohne Com̃ercien, aber nicht ohne Manu - facturen ſtark u. blii - hend ſeyn. vor einen Staat ſind; ſo ſind ſie doch nicht ſchlechter - dings nothwendig. Ein Reich kann ſehr maͤchtig, reich und bluͤhend ſeyn, ohne einige Commercien mit aus - waͤrtigen Voͤlkern zu haben; allein niemals kann ein Staat dieſe Eigenſchaften haben, wenn ſeine Manu -facturen14I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitfacturen und Fabriken nicht bluͤhend ſind. Wenn ein Land volkreich iſt, wenn es in einer ſo gluͤcklichen Him - melsgegend liegt, daß die zur Nothdurft und Bequem - lichkeit des menſchlichen Lebens erforderlichen Dinge in demſelben erzeuget werden koͤnnen; ſo ſind bluͤhende Manufacturen und Fabriken, der innerliche Verbrauch der Waaren und der Handel aus einer Provinz in die andere zureichend denen Unterthanen genugſame Be - ſchaͤftigung und Nahrung und dem Staate alle Thaͤ - tigkeit und Staͤrke zu geben, deren er faͤhig iſt. Die - ſes iſt kein Satz, der bloß in der Theorie wahrſchein - lich iſt. Japan iſt ein ſolches Reich, daß ohne aus - waͤrtige Commercien voller Einwohner wimmelt, die alle Nothdurft, Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Lebens genießen. Denn der ſehr eingeſchraͤnkte Handel, den die Hollaͤnder daſelbſt zu fuͤhren Erlaub - niß haben, iſt in Betracht der Groͤße dieſes Reiches von ſo weniger Erheblichkeit, daß er kaum eine Erwaͤh - nung verdienet. Sina und Jndien wuͤrden gleichfalls ohne alle auswaͤrtige Commercien bluͤhende Reiche ſeyn koͤnnen, wenn ſie es nicht vor vortheilhaftiger erachte - ten, uns Europaͤern die Ausfuhre ihrer uͤberfluͤßigen Waaren zu geſtatten und unſer gutes Silber davor anzunehmen.

Ein Land, ohne Manu - facturen und Fabriken kann wenig bevölkert ſeyn.

Es laͤßt ſich leicht erweiſen, daß ein Land, welches keine Manufacturen und Fabriken hat, kaum halb ſo ſtark bevoͤlkert ſeyn kann, als ein anderer Staat, der mit dieſen Gewerben auf eine bluͤhende Art verſehen iſt. Ein15und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. Ein Land, das nur Ackerbau und Viehzucht hat, erfor - dert eine ſehr maͤßige Anzahl Haͤnde, um die Oberflaͤche der Erden zu dieſen Endzwecken zu bearbeiten. Man mag ſich die Eintheilung des Eigenthums in einem ſol - chen Lande vorſtellen, wie man immer will; ſo koͤnnen hoͤchſtens nur eben ſo viel Eigenthuͤmer der Laͤndereyen, Befehlshaber uͤber dieſe arbeitſamen Haͤnde, Soldaten zu ihrer Vertheidigung und andere Bediente der ober - ſten Gewalt vorhanden ſeyn, als Leute zum Ackerbau und der Viehzucht darinnen befindlich ſind. Alles, was man annehmen kann, iſt, daß noch eben ſo viel Handwerker als ein dritter Theil der Einwohner ſtatt - finden koͤnnen, welche die unumgaͤnglichen Nothwendig - keiten des Lebens vor die vorhergehenden zwey Drittel Einwohner verfertigen. Da man nun die Haͤnde be - rechnen kann, die zu Bearbeitung einer gewiſſen Ober - flaͤche der Erden erfordert werden; ſo werden die Ein - wohner eines ſolchen Landes allemal ſehr maͤßig ſeyn. Es wird einem ſolchen Lande nichts helfen, wenn ſich ſeine Einwohner fruchtbar bezeugen. Da die uͤbrige Anzahl der Menſchen keine Beſchaͤftigung und Unter - halt finden koͤnnen; ſo werden ſie genoͤthiget werden aus ihrem Vaterlande auszugehen und anderwaͤrts ihre Nahrung zu ſuchen.

Man ſiehet auch leicht, daß es zu VermehrungDie Frucht - barkeit des Bodens hilft ohne Manu - facturen zur Bevölke - rung nichts. der Einwohner wenig beytraͤgt, der Boden des Landes mag fruchtbar ſeyn, oder nicht. Jſt der Boden des Landes fruchtbar und das Land hat Ausfuhre ſeinesGetrai -16I. Abſchnitt, von der NothwendigkeitGetraides und ſeiner uͤbrigen Fruͤchte; ſo folget daraus weiter nichts, als daß die Eigenthuͤmer der Laͤndereyen etwas mehr Vortheil davon haben; und wahrſchein - licher Weiſe wird dieſes die Wirkung haben, daß die wohlhabenden Eigenthuͤmer der Laͤndereyen einige un - nuͤtze Bediente bloß zum Staate oder zur Pracht mehr unterhalten. Dieſe Vermehrung der Einwohner aber wird allemal nur ſehr wenig betragen. Hat aber das Land keine Ausfuhre des Getraides und andrer Land - wirthſchaftsproducte; ſo iſt der fruchtbareſte Boden von gar keinen Nutzen. Die Eigenthuͤmer der Laͤnde - reyen wollen natuͤrlicher Weiſe keine unnuͤtze Arbeit un - ternehmen laßen. Sie richten ſich alſo mit dem An - bau des Landes nach dem, aus der Erfahrung befun - denen, Abſatz ihrer Producte ein: und ſie laßen nichts mehr anbauen, als ſie ſelbſt verbrauchen und wahr - ſcheinlich verkaufen werden. Die uͤbrigen Laͤndereyen bleiben gaͤnzlich unbebauet liegen. Statt deſſen alſo, daß ein fruchtbarer Boden die Anzahl der Einwohner vermehren ſollte; ſo vermindert er ſie in dieſem Falle vielmehr. Dieſes, was aus der Natur der Sache folget, iſt auch durch die Erfahrung genugſam beſtaͤti - get worden. Man ſiehet in Ungarn den fruchtbareſten Boden unbebauet liegen; und dieſes geſegnete Land hat ſehr wenig Einwohner, weil es demſelben an auswaͤr - tigen Abſatz ſeiner Producte fehlet.

Dieſes wird durch die Crfahrung beſtätiget.

Man darf nur diejenigen Laͤnder, die keine Manu - facturen und Fabriken haben, aufmerkſam betrachten;ſo17und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. ſo wird man von der Wahrheit aller dieſer Saͤtze ge - nugſam uͤberzeuget werden. Die Anzahl ihrer Einwoh - ner wird allemal ſehr maͤßig ſeyn: und wenn man die Groͤße derſelben, die Beſchaffenheit des Bodens, die Art und Weiſe die Landwirthſchaft zu treiben kennet, und daraus die Anzahl Menſchen berechnet, die zu Cultivi - rung des Bodens erfordert werden; ſo darf man nur dieſe Summe noch zweymal nehmen; ſo wird man die Anzahl aller Einwohner haben, die bey einer wirklichen Zaͤhlung bis auf wenige tauſend zutreffen wird, wie ich bereits bey verſchiedenen Staaten den Ueberſchlag ge - macht und hernach ziemlich richtig befunden habe. Ein ſolches Land wird wenig oder gar keine Staͤdte haben, die dieſen Namen in der That verdienen. Seine Land - ſtaͤdte werden mit Mauren umgebene Doͤrfer ſeyn, worinnen man Landwirthſchaft treibt und worinnen die unentbehrlichen Handwerker wohnen. Die Hauptſtadt des Landes wird die einzige bluͤhende Stadt im Staate ſeyn, als woſelbſt der Auffenthalt des Hofes und der Vornehmen und der Zuſammenfluß des Geldes aus dem Lande nothwendig mehrere Gewerbe nach ſich zie - hen muͤſſen.

Eine ganz andere Beſchaffenheit aber wird es mitGroße Be - völkerung der Länder, die blühende Manufactu - ren und Fa - briken ha - ben. einem Lande haben, welches bluͤhende Manufacturen und Fabriken hat. Ein ſolches Land wird voller bluͤ - henden Staͤdte ſeyn und wenn es keine andere Manu - facturen und Fabriken hat, als nur der innerliche Ver - brauch erfordert; ſo wird es noch einmal ſo viel Ein -Bwohner18I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitwohner haben, als das vorhergedachte Land; wenn aber ſeine Manufacturwaaren ſtarken auswaͤrtigen Vertrieb finden; ſo kann es gar leicht noch zweymal ſo viel Einwohner in ſich ſchließen. Die große Ver - mehrung der Einwohner durch die Manufacturen und Fabriken iſt leicht einzuſehen. Außer der großen Menge Menſchen, die dadurch Nahrung und Unterhalt finden: ſo beduͤrfen dieſe Arbeiter wiederum tauſend andere Nothwendigkeiten des Lebens, welches natuͤrlicher Weiſe eine Vermehrung aller Handwerker und Gewerbe nach ſich ziehet; und da dieſe Handwerker den Verbrauch der Manufacturen und aller anderer Nothwendigkeit vermehren; ſo gehet die Vermehrung der Einwohner beſtaͤndig fort. Selbſt die Landwirthſchaft koͤmmt dadurch in mehrere Aufnahme und das platte Land kann dannenhero mehr Einwohner haben. Der ge - wiſſe Abſatz der Landwirthſchaftsproducte ermuntert die Landleute, den Boden des Landes immer mehr zu cultiviren. Die Staͤdte des Landes werden alsdenn das - jenige, was ſie ihrem Endzwecke nach ſeyn ſollen, naͤm - lich der Zuſammenhang aller Gewerbe in dem Staate und die großen Pulsadern, wodurch das Geld, als das Blut des Staats circuliret und dem ganzen Staats - coͤrper Leben und Thaͤtigkeit giebt. Die Landleute verſorgen die Einwohner der Staͤdte mit allen Arten von natuͤrlichen Guͤthern und holen alle kuͤnſtlichen Waaren zu ihrer Nothdurft und Bequemlichkeit in denen Staͤdten; und beyde befinden ſich wohl dabey.

Auch19und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken.

Auch dieſes iſt durch die Erfahrung allenthalbenDieſer be - völkerte Zu - ſtand wird durch die Er - fahrung er - wieſen. beſtaͤtiget worden. Wenn man die Liſten der Geſtorbe - nen und Gebohrnen, oder die Anzahl der Einwohner ſelbſt, wie ſie von einigen Staaten bekannt ſind, be - trachtet; ſo wird man allemal finden, daß in einem Lande, wo nur mittelmaͤßige Manufacturen und Fa - briken zum eigenen innerlichen Gebrauch ſtattfinden, die Staͤdte, wo nicht mehr, doch eben ſo viel Einwohner in ſich halten, als das platte Land. Wenn aber die Manufacturen und Fabriken durch auswaͤrtigen Vertrieb ſehr bluͤhend ſind; ſo werden ſich die Einwoh - ner der Staͤdte gegen die Einwohner des platten Lan - des allemal wie zwey gegen eines verhalten. Jn Frank - reich, Engelland und den Niederlanden wird man alle - mal dieſes letztere Verhaͤltniß wahrnehmen; ſo wie in Sachſen, Brandenburg und andern teutſchen Staaten die erſte Proportion ſtattfindet. Wenn man allein auf die Bevoͤlkerung des Landes ſiehet: ſo muß man ſo gar behaupten, daß die auslaͤndiſchen Commercien bey weiten nicht ſo viel darzu beytragen, als die Ma - nufacturen und Fabriken. Dieſe letztern beſchaͤftigen naͤmlich weit mehr Haͤnde, als die Commercien; in - dem auf einem Schiffe, das eine große Menge Waa - ren fortſchaffet, oͤfters zehn und hundertmal weniger Leute erfordert werden, als dieſe Waaren zu verferti - gen. Die Laͤnder, die gleichſam mit Staͤdten beſaͤet ſind, haben auch dieſe Menge von Staͤdten nicht den auswaͤrtigen Commercien, ſondern den Manufacturen und Fabriken zu danken. Es hat vielleicht kein Land ſo viel Staͤdte, als die Niederlande. Allein alle dieſeB 2Staͤdte20I. Abſchnitt, von der NothwendigkeitStaͤdte ſind zur Zeit der Manufacturen und Fabriken im dreyzehnten, vierzehnten und funfzehnten Jahrhun - dert entſtanden, da die Niederlande noch wenig oder gar keine Schiffarth trieben: und die auswaͤrtigen Commercien in den letztern Jahrhunderten haben mei - nes Wiſſen zu Entſtehung keiner einzigen neuen Stadt Gelegenheit gegeben.

Auf der Be - völkerung beruher die Stärke ei - nes Staats.

Jch habe nicht noͤthig hier weitlaͤuftig auszufuͤhren, von was vor Wichtigkeit die Bevoͤlkerung vor einen Staat iſt. Dieſes gehoͤret unter die erſten Grundſaͤtze der Staatskunſt, die von jedermann willig zugegeben werden. Niemand laͤugnet, daß die Macht, Staͤrke und Gluͤckſeeligkeit eines Staats auf die Bevoͤlkerung und den Reichthum einzig und allein ankommen. Man kann aber aus dieſen allgemeinen und bekannten Grund - ſaͤtzen auf einen Satz fortſchließen, der vielleicht nicht ſo bekannt iſt, naͤmlich, daß je enger die Menſchen auf einer Oberflaͤche der Erden beyſammen wohnen, deſto ſtaͤrker und thaͤtiger ſind ſie allemal, ſowohl in Anſe - hung ihrer innerlichen Verfaſſung, als gegen auswaͤr - tige Feinde. Eine Million Menſchen, die in einer Oberflaͤche von zweyhundert Quadratmeilen bey einan - der wohnen, ſind vielmal ſtaͤrker als eine andere Mil - lion Menſchen, die in tauſend Quadratmeilen zerſtreuet wohnen. Es wuͤrde ſich dieſes ausfuͤhrlich zeigen laßen, wenn es zu meinem gegenwaͤrtigen Endzwecke noͤthig waͤre.

Es21und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken.

Es iſt hierbey nicht außer Acht zu laßen, daß dieEs iſt eine wichtige Sa - che, die Un - terthanen nützlich zu beſchäftigen. Unterthanen durch die Manufacturen und Fabriken auf eine nuͤtzliche Art beſchaͤftiget werden. Wenn es moͤglich waͤre, daß ein Regent ſeinen Unterthanen alle Nothdurft und Bequemlichkeit des Lebens verſchaffen koͤnnte, ohne, daß ſie zu arbeiten noͤthig haͤtten, ſo wuͤrde eine ſehr wichtige Frage vor den Regenten und ſeine Miniſters entſtehen, womit ſie zu beſchaͤftigen waͤren, daß ſie weder einander ſelbſt, noch dem Staate zur Laſt fallen moͤchten. Sparta fand ſich gewiſſer - maaßen in dieſer Beſchaffenheit, weil die Spartaner ein unterwuͤrfiges Volk die Eloten hatten, das zu ih - rem Unterhalte arbeiten muſte. So wenig Weisheit ich ſonſt in den Geſetzen des Lycurgus finde; ſo muß ich doch geſtehen, daß er die Nothwendigkeit, ſeine Buͤrger zu beſchaͤftigen, ſehr wohl einſahe, und daher ruͤhrten die Geſetze von denen gemeinſchaftlichen Leibes - uͤbungen und Ergetzlichkeiten, die er ihnen vorſchrieb. Der Punct von der Beſchaͤftigung der Unterthanen verdienet gewiß mehr Aufmerkſamkeit, als die meiſten Regierungen darauf verwenden. Ein Land, das keine Manufacturen und Fabriken hat, wird auch allemal traͤge, ſchlaͤfrige und unthaͤtige Unterthanen haben. Sie werden den Ackerbau, die Viehzucht und die un - entbehrlichen Handwerke nach dem alten Schlendrian ſo nachlaͤßig hintreiben, das platte Land und die Land - ſtaͤdte werden in Elend und Duͤrftigkeit, die Haupt - ſtadt aber, die alle Kraͤfte des Landes an ſich ziehet, wird in Ueppigkeit und Verſchwendung leben und zum Guten eben dieſe Traͤgheit an ſich wahrnehmen laßen. B 3Das22I. Abſchnitt, von der NothwendigkeitDas iſt das Bild von den meiſten catholiſchen Staa - ten in Teutſchland; und es iſt nicht zu laͤugnen, daß dieſes ein ſehr betruͤbtes Bild iſt. Eine ſolche Beſchaf - fenheit hat in alle weiſe Maaßregeln der Regierung und in die Staͤrke des Staats einen ſehr nachtheiligen Einfluß; und verhintert alles Gute, was die oberſte Gewalt zu veranſtalten in Begriff iſt.

Ohne Ma - nufacturen und Fabri - ken können keine blu - hende Com - mercien ſtattfinden.

Ob ich zwar glaube, daß die Manufacturen und Fabriken die erſte und vorzuͤglichſte Aufmerkſamkeit der Regierung noch vor den auswaͤrtigen Commercien ver - dienen, davon die Gruͤnde in der vorhergehenden Aus - fuͤhrung vor Augen liegen; ſo iſt doch nicht zu laͤugnen, daß die Commercien von uͤberaus großen Nutzen vor den Staat ſind. Allein es iſt gar nicht moͤglich zu bluͤhenden und dauerhaftigen auswaͤrtigen Commercien zu gelangen, wenn nicht bluͤhende Manufacturen und Fabriken den Grund darzu abgeben. Dieſe Wahrheit iſt ſo wichtig, daß ich ſie ausfuͤhrlich eroͤrtern muß.

Es giebt drey Haupt - arten des auswärtigen Handels.

Jch habe in meiner Staatswirthſchaft in den Grundſaͤtzen der Policey und in andern meinen Schrif - ten gezeiget, daß es eigentlich drey Hauptarten der Commercien giebt. Die erſte iſt, wenn man auswaͤr - tige Waaren zum Verbrauch im Lande kommen laͤßt und davor Geld außer Landes ſendet. Die andere Art iſt, wenn man auslaͤndiſche Waaren abholet, um ſol - che wieder an andre Nationen zu verhandeln; und diedritte23und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. dritte Art beſtehet in dem Handel, der mit den eignen Producten des Landes an auswaͤrtige Voͤlker getrieben wird. Es iſt vielleicht kein Volk, das eine Art dieſes Handels einzig und allein treibt. Gemeiniglich finden alle drey Arten des Handels mit einander vermiſcht ſtatt. Allein die Guͤte der Handlung beruhet bloß auf dem Verhaͤltniß, in welchen dieſe dreyerley Arten des Handels getrieben werden, und man kann den Vortheil der Handlung nie gruͤndlich einſehen, wenn man nicht dieſe dreyerley Arten des Handels wohl auseinander ſetzet.

Die erſte Art des Handels iſt unſtreitig eine ſehr1) Fremde Waaren zu verbrauchen und davor Geld auszu - führen iſt ein ſchädlicher Handel. ſchaͤdliche Art der auswaͤrtigen Commercien. Sie verdienet hier kaum eine Erwaͤhnung, da wir von bluͤ - henden und vortheilhaftigen auswaͤrtigen Commercien reden wollen. Wenn ein Volk auslaͤndiſche Waaren vor Geld kommen laͤßt, um ſie ſelbſt zu verbrauchen, ſo treibet dieſes Volk einen ſehr nachtheiligen Handel: und wenn daſſelbe durch Bergwerke, oder auf andre Art, keinen neuen Geldzufluß hat; ſo muß endlich die - ſes Volk in das aͤußerſte Elend und Armuth gerathen. Es muß endlich ein Zeitpunct kommen, da dieſer ſchaͤd - liche Handel von ſelbſt aufhoͤret. Wenn es kein Geld mehr hat, die Waaren der Auslaͤnder zu bezahlen; ſo nehmen dieſe Commercien von ſelbſt ein trauriges Ende. Selten wird ein Volk, wenn es nur in etwas klug iſt, dieſen betruͤbten Zeitpunct abwarten. Es wird, wenn es das allgemeine Elend, aus dem großen Geldmangel, ſtark zu empfinden anfaͤngt, alle auslaͤndiſche WaarenB 4ver -24I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitverbiethen, die nicht aͤußerſt nothwendig ſind. Ob - gleich dieſes Verboth denen annoch wohlhabenden Leu - ten im Lande ſehr empfindlich faͤllt und viele andere ſchaͤd - liche Folgen vor den Staat hat: wie ich oben erinnert habe; ſo iſt es doch eine traurige Nothwendigkeit, wenn ein ſolches Volk die Bilanz der Handlung auf keine andre Art zu gewinnen Hofnung hat.

2) Fremde Waaren wieder an andere Völ - ker zu ver - handeln, macht heu - tiges Tages ſchwerlich blühende Com̃ercien.

Die zweyte Art des Handels, daß man Waaren von andern Voͤlkern abholet, um ſie wieder an andere Voͤlker zu verkaufen, iſt zwar allerdings ein vortheil - haftiger Handel. Die Haͤnde der Unterthanen wer - den nicht allein dabey in der Schiffarth und auf andre Art nuͤtzlich beſchaͤftiget, ſondern er giebt auch in der That zu Vermehrung des Reichthums des Staats Anlaß, weil der Wiederverkauf der Waaren nicht ohne Vortheil geſchiehet. Allein zu geſchweigen, daß dieſe Art des Handels eine beſondere Lage des Landes erfor - dert; ſo iſt es auch weit gefehlet, daß daraus genugſam gegruͤndete und dauerhaftige Commercien entſtehen koͤnnten. Dieſer Handel kann nicht laͤnger beſtehen, als die zwey Nationen, mit welchen wir dieſe Com - mercien treiben, einfaͤltig genug ſind, daß ſie ihren wahren Vortheil nicht einſehen. So bald das eine Volk einſehen lernet, daß es ſeine Waaren andern Voͤlkern ſelbſt zufuͤhren kann, oder ſo bald dieſe Voͤlker begreifen, daß es ihnen vortheilhaftiger iſt, die Waaren, die ſie noͤthig haben, aus der erſten Hand abzuholen; ſo iſt es mit dieſem Handel geſchehen. Man25und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. Man hat hin und wieder von dieſer Art des Handels allzuguͤnſtige Begriffe, und wendet alle erſinnliche Maaßregeln an, ſich denſelben zu verſchaffen. Das Beyſpiel der Hollaͤnder, die durch dieſen Handel reich geworden ſind, iſt Urſache, daß man ſich eine große Vorſtellung davon macht. Allein die Hollaͤnder ha - ben ſich dieſen Handel erworben, als die uͤbrigen Europaͤiſchen Nationen noch ſchlechte Begriffe von denen Commercien hatten und hierinnen ihren wahren Vortheil wenig einſahen. Wenn es nicht zu laͤugnen iſt, daß der hollaͤndiſche Handel in dieſem Jahrhun - derte ſehr in Abnahme gerathen iſt; ſo iſt es haupt - ſaͤchlich von dieſer Art der Commercien zu verſtehen; und da heute zu Tage alle Nationen auf die Hand - lungsvortheile aufmerkſam ſind; ſo iſt es zu vermu - then, daß ſie dieſe Art der Handlung ganz und gar einbuͤßen und daß bloß ihre Manufacturen und Fabri - ken und inſonderheit die Producte aus ihren weitlaͤufti - gen Beſitzungen in Oſtindien ihre Commercien vor dem gaͤnzlichen Verfall ſchuͤtzen werden. Je aufge - klaͤhrter alſo heutiges Tages die Einſichten in dem Com - mercien weſen ſind, und je mehr ſich ietzo alle Nationen bemuͤhen, ſelbſt unmittelbar Handlung und Schiffarth zu treiben, deſtoweniger kann ſich zu unſern Zeiten ein Volk Rechnung machen, durch dieſen Weg zu bluͤhen - den Commercien zu gelangen.

Es bleibet demnach nichts als die dritte Art des3) Der Ver - kauf der Landespro - ducte ver - Handels uͤbrig, der ſich auf die eigenen LandesproducteB 5gruͤndet,26I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitſchaffet al - lein dauer - haftige blü - hende Com - mercien,gruͤndet, von welchen ſich ein Volk verſprechen kann, daß es nicht allein bluͤhende, ſondern auch wohlgegruͤn - dete und dauerhaftige Commercien erlangen kann. Die Landesproducte beruhen faſt allein auf denen Ma - nufacturen und Fabriken, weil man heutiges Tages ſo viel immer moͤglich vermeidet, die natuͤrlichen Guͤther roh auszufuͤhren; indem man endlich einzuſehen gelernet hat, daß dieſe rohen Materialien vielen Menſchen Be - ſchaͤftigung und Nahrung geben koͤnnen, wenn ſie im Lande bearbeitet werden. Jn der That ſind die Ma - nufacturen und Fabriken der beſte Grund der Com - mercien. Wenn ſich ein Volk bemuͤhet alle Arten der gekuͤnſtelten Waaren ſelbſt zu verfertigen, ſo viel es nach Beſchaffenheit des Landes und der Himmelsgegend nur immer moͤglich iſt; und wenn es dadurch verhin - tert, daß unnoͤthiger Weiſe kein Geld aus dem Lande fließet: ſo iſt nichts ſo leicht als die Bilanz in der Handlung zu gewinnen, als worinnen bluͤhende und vortheilhaftige Commercien hauptſaͤchlich beſtehen. Es ſind vielleicht wenig Lande, die nicht vorzuͤgliche Na - turgaben haben. Die Vorſehung, welche alle Voͤlker durch den Umgang und die Commercien, als durch ein gemeinſchaftliches Band, mit einander verknuͤpfen wollen, hat einem jeden Lande und Himmelsgegend ge - wiſſe Guͤther mitgetheilet, welche in andern Staaten und Erdſtrichen entweder gar nicht, oder doch nicht in ſolcher Guͤthe und Menge anzutreffen ſind. Wenn alſo ein Land diejenigen Naturgaben und Materialien, die ihm vorzuͤglich eigen ſind, oder die es in Menge haben kann, wohl nutzet und bearbeitet; ſo wird esallemal27und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. allemal Waaren haben, die andere Voͤlker unumgaͤng - lich beduͤrfen, oder die es ſo wohlfeil geben kann, daß es den Abſatz vorzuͤglich, an ſich ziehen wird. Es wird alſo nicht allein diejenigen Waaren davor erhalten koͤn - nen, die es nach Beſchaffenheit des Landes und der Himmelsgegend nicht gewinnen kann, ſondern es wird auch gar leicht ſeine Commercien in ſolchen Stand ſe - tzen koͤnnen, daß es von andern Voͤlkern noch baar Geld herausbekommt und mithin der Reichthum des Landes immer mehr vermehret wird. Die Moͤglich - keit hiervon iſt wo nicht bey allen, doch bey den mei - ſten Voͤlkern ſchwerlich zu laͤugnen. Wenn ein Volk uͤber das andere die Handlungsbilanz gewinnet; ſo kommt es bloß auf den groͤſſern Fleiß, Arbeitſamkeit, Thaͤtigkeit, auf ein beſſeres Genie und kluͤger eingerich - tete Maaßregeln an.

Man hoͤret nicht ſelten den Einwurf, daß es heu -Der Ein - wurf von dem Manger des auswär - tigen Ver - triebes der Manufactur und Fabri - kenwaaren wird geho - ben. tiges Tages ſehr ſchwehr falle, denen Manufactur und Fabrikenwaaren auswaͤrtigen Abſatz zu verſchaf - fen, weil alle Staaten auf Errichtung der Manufa - cturen und Fabriken bedacht ſind und mithin der Kaͤu - fer immer weniger werden und weil einige Voͤlker ihre Arbeiten zu einer ſo großen Vollkommenheit gebracht haben, daß die neuanfangenden ſchwehrlich Hofnung haben, ihnen den Debit abzugewinnen. Jch will dieſes von verſchiednen Manufacturwaaren leicht zu - geben. Die Engellaͤnder, Hollaͤnder und Franzoſen haben in denen meiſten Manufacturarbeiten einen ſogroßen28I. Abſchnitt, von der Nothwendigkeitgroßen Vorſprung, daß ein neuanfangendes Volk ſie ſchwehrlich einholen, geſchweige ihnen den Abſatz beneh - men wird. Unterdeſſen ſind die Schwierigkeiten nicht unuͤberwindlich. Frankreich hat in denen Manufa - cturen viel ſpaͤther angefangen, als Engelland und Holland: und hat ſie doch in einer gar kurzen Zeit zur Vollkommenheit und zu auswaͤrtigen Vertrieb ge - bracht. Es iſt auch gewiß, daß ein jedes Volk ſich wenigſtens in dem Falle alſobald bey ſeinen Manufa - cturwaaren auswaͤrtigen Abſatz verſprechen kann, ſo - bald es dabey neue, denen Kaͤufern gefallende, Erfin - dungen anbringen wird. Man hat das neue ſaͤchſi - ſche Blau und Gruͤn auf ſchlechten Tuͤchern in fremde Laͤnder gehen und theuer bezahlen ſehen, bloß weil dieſe neuen, obzwar wenig dauerhaftigen Farben das Auge reizten. Wenn aber auch bey denen Manufactur - waaren kein auswaͤrtiger Vertrieb zu erhalten ſtuͤnde; ſo wird der Staat allemal genug gewinnen, wenn ſie zum innerlichen Verbrauch zureichen, die Haͤnde der Un - terthanen dadurch nuͤzlich beſchaͤftiget, die Einfuͤhrung fremder Waaren dieſer Art gehindert und mithin große Geldſummen im Lande behalten werden. Al - lein in Anſehung der Fabrikenwaaren iſt dieſer Ein - wurf, daß der auswaͤrtige Debit ſchwehrlich zu erhal - ten waͤre, gaͤnzlich ungegruͤndet. Die Arbeiten aus denen Metallen, die unedlen Metalle ſelbſt, die mine - raliſchen Farben und Salze und andere Bergwerks - producte ſind ſolche Waaren, von welchen man ſich ganz unfehlbaren auswaͤrtigen Abſatz zu verſprechen hat. Die wenigſten europaͤiſchen Voͤlker ſind mit die -ſen29und dem Nutzen der Manuf. u. Fabriken. ſen Waaren genugſam verſehen, oder ſie koͤnnen bey ihnen wegen des theuern Holzpreißes nicht mit Vortheil verfertiget werden. Dieſes findet ſich bey denen Voͤlkern, welche die ſtaͤrkſte Handlung treiben, am meiſten; und dennoch koͤnnen dieſelben aller dieſer Waaren, ſowohl zu ihren haͤußlichen Gebrauch, als zu Behuf ihrer Manu - facturen nicht entrathen. Ein Land, das mit dieſen Gaben der Natur verſehen iſt, hat alſo den vortreflich - ſten Grund zu bluͤhenden und dauerhaftigen Commer - cien; und es kann davor nicht allein alle ſeine noth - wendigen auslaͤndiſchen Waaren und Materialien er - halten, ſondern auch den Reichthum des Staats be - ſtaͤndig vergroͤſſern. Die Bergwerksproducte verdie - nen folglich inſonderheit eines der hauptſaͤchlichſten Augenmerke einer weiſen Regierung.

Wenn alſo, wie ich oben gezeiget habe, Manufa -Die Manu - facturen und Fabriken ſind alſo der Grund von Bevölkeꝛung und Reich - thum. cturen und Fabriken der Grund von der Bevoͤlkerung des Staats ſind; ſo ſind ſie auch eine unerſchoͤpfliche Quelle ſeines Reichthums. Bevoͤlkerung und Reich - thum aber ſind es, worauf die Macht, die Staͤrke und die Gluͤckſeeligkeit eines Staats allein ankommen. Mich deucht daß dieſes genug ſeyn kann, die Nothwen - digkeit und Nuͤtzlichkeit der Manufacturen und Fabriken zu beweiſen.

Zwey -30II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.

Zweyter Abſchnitt. Von dem Zuſammenhange der Manufacturen und Fabriken mit der geſammten Verfaſ - ſung und Beſchaffenheit des Staats.

Ein Staat hat in allen ſeinen Thei - len den ge - naueſten Zu - ſam̃enhang.

Ein Staat iſt ein einfacher Koͤrper, der in allen ſeinen Theilen den allergenaueſten Zuſammen - hang mit einander hat. Es kann demnach in dem geringſten ſeiner Theile nichts vorgehen, was ſich nicht auf das ganze beziehet und was nicht in alle uͤbrige Theile ſeinen Einfluß hat. Nichts iſt einer Maſchine ſo aͤhnlich als der große Koͤrper des Staats. Alle Raͤder und Triebfedern, welche dieſe große Ma - ſchine in Bewegung ſetzen, muͤſſen das allervollkom - menſte Verhaͤltniß mit einander haben. Man kann in keinem Theile dieſer Maſchine eine Verbeſſerung mit guten Erfolge vornehmen, wenn nicht alle uͤbrigen Theile damit uͤbereinſtimmen. Man wuͤrde ſonſt einen monſtroͤſen Theil in die Maſchine einflicken, der an - ſtatt dieſelbe zu verbeſſern, den guten Fortgang der uͤbrigen Raͤder und Triebfedern hemmen wuͤrde.

Bey allen Anſtalten muß man vor allen Dingen auf den Zu - ſammenhang des Ganzen ſehen.

Bey allen neuen Anſtalten und Maaßregeln des Staats muß man demnach vor allen Dingen auf den Zuſammenhang des Ganzen ſehen; und wenn vieleVer -31mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats. Verbeſſerungen des Staats nicht die gehofte Wirkung zeigen, ohngeachtet die Anſtalten gut ſind; ſo iſt gewiß die Urſache, daß es an der Uebereinſtimmung des Gan - zen ermangelt. Viele Bediente des Staats haben eine große Beleſenheit in denen zur Regierungskunſt erfor - derlichen Wiſſenſchaften und eine große Erfahrung in denen darzu dienlichen Anſtalten. Allein es fehlet ih - nen an der Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen, und die beſten Maaßregeln haben dannenhero keineswe - ges den gehoften Fortgang, oder wenn der Fortgang erzwungen wird; ſo wird in dem einen Theile des Staatscoͤrpers vielmehr Schaden verurſachet, als die neue Verbeſſerung gutes wirket. Es iſt wahr, dieſe Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen iſt gar nicht leicht. Sie iſt der hoͤchſte Punct in der Staats - wiſſenſchaft. Sie iſt die Frucht eines ſehr muͤhſamen Nachſinnens und wohluͤberlegter und zuſammenge - haͤngter Grundſaͤtze, die man ſich gemacht hat. Allein ſie iſt unumgaͤnglich nothwendig; und inſonderheit ſollte der Regente allemal dieſe Einſicht in den Zuſammen - hang des Ganzen auf das vollkommenſte beſitzen. Nie - mals ſolten Kleinigkeiten der Gegenſtand ſeiner Bemuͤ - hung und Vorſorge ſeyn, ſondern nur dasjenige, was den Zuſammenhang des Ganzen betrift. Der Regent ſoll weder Finanzminiſter, noch Preſident des Com - mercienweſens, noch Kriegesminiſter oder Juſtizpreſi - dent ſeyn. Er ſoll nur die Seele aller derer verſchie - denen Departements ſeyn, in welchen die Geſchaͤfte des Staats abgehandelt werden.

Da32II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.
Die Manu - facturen müſſen alſo mit der übri - gen Beſchaf - fenheit des Staats in guten Ver - hältniſſe ſte - hen.

Da auf dieſen Zuſammenhang des Ganzen oder auf die Uebereinſtimmung aller Theile des Staats - koͤrpers ſo ungemein viel ankommt; ſo ſiehet man leicht, daß man ſich in denen Manufacturen und Fabriken wenig guten Fortgang zu verſprechen hat, wenn nicht alle uͤbrigen Theile des Staatskoͤrpers damit in uͤber - einſtimmenden Verhaͤltniſſe ſtehen. Ehe wir alſo die Maaßregeln und Mittel zu Gruͤndung und Anlegung der Manufacturen und Fabriken vortragen: ſo iſt es noͤthig den Zuſammenhang zu zeigen, den dieſelben mit der geſammten Verfaſſung, Beſchaffenheit und uͤbri - gen Einrichtung des Staats haben. Es zeiget ſich hier ein ſo weites Feld, daß wir allein einen ganzen Tractat erfuͤllen wuͤrden, wenn wir dieſen Zuſammen - hang auf das genaueſte und vollſtaͤndigſte vorſtellen wollten. Wir koͤnnen alſo nur das Verhaͤltniß der vornehmſten Verfaſſungen und Beſchaffenheiten des Staats gegen die Manufacturen und Fabriken betrach - ten, die einen ſo ſtarken und unmittelbaren Einfluß dabey haben, daß man ſich ohne eine gute Ueberein - ſtimmung derſelben wenig Fortgang in dieſem Puncte zu verſprechen hat.

Zuſammen - hang der Manufactu - ren mit der Religion.

Wir wollen mit der Religion, als der ehrwuͤrdig - ſten Sache den Anfang machen. Wenn es moͤglich waͤre, daß ein Staat ohne gewaltſame Mittel und Ein - ſchraͤnkung der Gewiſſen die Einigkeit im Glauben er - halten koͤnnte; ſo wuͤrde dieſer Zuſtand allen andern vorzuziehen ſeyn. Er wuͤrde allen Gliedern und Ord -nungen33mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.nungen des Staats ein Vertrauen, eine Liebe und eine Einigkeit gegen einander geben, die zu der Thaͤtigkeit der Unterthanen und den guten Fortgang aller Maaß - regeln und Anſtalten ſehr viel beytragen. Der Zwie - ſpalt in der Religion und inſonderheit die oͤffentliche Aus - uͤbung des Gottesdienſtes zweyer Religionspartheyen iſt kein Zuſtand, den man in einer Stadt, oder in dem geſammten Staate, wuͤnſchen ſoll. Wenn es demnach moͤglich iſt bluͤhende Manufacturen und Fabriken zu Stande zu bringen, ohne die oͤffentliche uneingeſchraͤnk - te Ausuͤbung eines gegenſeitigen Gottesdienſtes zuzu - laßen, ſo wird dieſes allemal mehr anzurathen ſeyn, ob ich gleich weit entfernet bin, zu glauben, daß es beſſer ſey ein armes Land, das die Reinigkeit des Glau - bens beſitzet, als ein reiches, mit vielerley Religions - ſecten erfuͤlltes, Land zu haben; daß es beſſer ſey gar keine Manufacturen und Fabriken zu haben, als ſolche mit Einfuͤhrung der Ketzereyen zu gruͤnden. Wenn man aber die oͤffentliche Ausuͤbung des Gottesdienſtes verſchiedenen Religionspartheyen zulaͤßt: ſo muß die Regierung allemal dieſen Enthuſiasmus oder die Bi - gotterie in allen Religionen zu maͤßigen wiſſen, der ſeinen Naͤchſten bloß deshalb haſſet, weil er einer an - dern Glaubensmeinung zugethan iſt. Dieſer Haß, welcher die Quelle der Partheyen und der Unruhen iſt, kann ohnedem ſchwehrlich bey dem Poͤbel ſtattfinden, wenn man ihn nicht zugleich in einer gewiſſen Dumm - heit und Unwiſſenheit erhaͤlt, welche mit der Geſchick - lichkeit und dem Erfindungsgeiſte, welche die Manu - facturen und Fabriken erforden, wenig vertraͤglich iſt. CWenn34II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.Wenn die Manufacturen und Fabriken in verſchiede - nen teutſchen catholiſchen Staaten wenig Fortgang haben, ſo iſt ſolches großen theils auch dieſer Dummheit und Unwiſſenheit zuzuſchreiben, in welcher die catholi - ſche Geiſtlichkeit den Poͤbel zu erhalten, recht eifrig befliſſen iſt. Jndem ihr Anſehn und Reichthum auf dieſer Bigotterie des Poͤbels beruhet; ſo macht ihnen alles Furcht, was das gemeine Volk mit der Zeit er - leuchten koͤnte; und alle Wege, Mittel und Anſtalten, die dahin fuͤhren koͤnten, finden an ihnen geſchwohrne Feinde. Allein ſo viel Vortheil ſie davon haben den Poͤbel in dieſer Dummheit zu erhalten: ſo viel Jn - treſſe hat auf der andern Seite der Staat dieſen Aber - glauben und Unwiſſenheit auszurotten; ſowohl um das Genie und die Geſchicklichkeit des Volkes zu Ma - nufacturen und Fabriken zu bilden, als den Reichthum der Geiſtlichkeit zu verhuͤten, welcher der Circulation des Geldes und der Thaͤtigkeit und Arbeitſamkeit des Volkes, Dinge, die bey den Manufacturen ſo noͤthig ſind, wenig zutraͤglich iſt.

Nothwen - digkeit der Gewiſſens - freiheit bey denen Ma - nufacturen.

Man mag aber die oͤffentliche Ausuͤbung verſchie - dener Religionen zulaßen, oder nicht; ſo muß doch allemal in einem Lande, das bluͤhende Manufacturen und Fabriken haben will, eine vollkommene Gewiſſens - freyheit ſtattfinden. Niemand darf wegen deſſen, was er vor ſich in der Stille glaubet, oder wegen der Art, womit er Gott in ſeinem Hauſe dienet, zur Ver - antwortung gezogen werden. Die Beherrſchung derGewiſ -35mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.Gewiſſen iſt ohnedem außer dem Bezirk der Macht der Regierung; und geſchickte Leute wohnen nicht gerne in einem Lande, wo der Neid und die Verfolgung ei - nen Ketzereyproceß wider ſie erregen kann. Der tolle Eifer Ketzergerichte zu halten, iſt auch heutiges Tages ziemlich aus der Mode gekommen; und vielleicht wuͤr - de ietzo Spanien ſelbſt Bedenken tragen durch dieſen thoͤrichten Weg die Manufacturen aus ſeinen Landen zu vertreiben, wie es ehedem in den Niederlanden ge - than hat.

Nach der Religion verdienet die Frage in Erwaͤ -Ob die un - umſchränkte Gewalt dem Wachsthu - me der Ma - nufacturen zuträglich iſt. gung gezogen zu werden, welche Regierungsform de - nen Manufacturen und Fabriken am zutraͤglichſten iſt. Ehedem ſtand man in den Gedanken, daß die Com - mercien und Manufacturen unter einer unumſchraͤnk - ten Gewalt ſchwehrlich zu einen rechten Flohr gelan - gen koͤnten; ſondern die Luft der freyen Republiken ſey es, die zu ihren Gedeihen und Wachsthum erfor - dert werde. Man ſchließet nur allzugern aus Bey - ſpielen; eine Art zu ſchließen, welcher faſt allemal die Gruͤndlichkeit ermangelt, weil die Beyſpiele hoͤchſtens nur dienen die Schluͤſſe zu beſtaͤtigen. Man hatte be - merket, daß ehedem die freyen Republiken den meiſten Handel und Manufacturen gehabt hatten. Tyrus, Carthago, Venedig, Genua, die Hanſeeſtaͤdte, Hol - land, die alle durch ihren Handel ſo beruͤhmt gewor - den waren, leuchteten allzuſtark in die Augen. Viel - leicht wird man ins kuͤnftige auf eben dieſe Art ſchlieſ -C 2ſen,36II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.ſen, daß die Commercien und Manufacturen unter einer unumſchraͤnkten Gewalt am beſten in Flohr zu bringen ſind. Frankreich iſt hier ein Beyſpiel, das vor zehn andere gelten kann. Colbert brachte in einer ſehr kurzen Zeit die bluͤhendeſten Manufacturen zu Stande; und in dieſem Jahrhunderte hat Frankreich gezeiget, daß es auch moͤglich iſt, die Commercien un - ter einer uneingeſchraͤnkten Herrſchaft in einen verwun - dernswuͤrdigen Flohr zu bringen. Der gluͤckliche Anfang, den einige andere europaͤiſche unumſchraͤnkte Monarchen zu unſern Zeiten in denen Commercien und Manufacturen gemacht haben, duͤrfte bald mehr dergleichen Beyſpiele an die Hand geben. So viel iſt gewiß, daß wenn die Republiken eine lange Zeit beduͤr - fen um die Commercien und Manufacturen zu gruͤn - den und in Flohr zu bringen: ſo kann der unum - ſchraͤnkte Monarch in gar kurzer Zeit damit zu Stande kommen, wenn er nur ſonſt die rechten Wege erwaͤh - let. Eben ſeine unumſchraͤnkte Gewalt giebt ihm tau - ſenderley Mittel an die Hand, welche die freyen Repu - bliken nicht haben. Er iſt das Muſter, wornach ſich die ganze Nation bildet. Er darf nur an einer Sache einen Gefallen bezeugen: ſo wird dieſe Sache ſo fort eine allgemeine Achtung erhalten. Die Beloh - nungen, dieſes kraͤftigſte, unfehlbarſte und ſchleunigſte Befoͤrderungsmittel der Manufacturen und Fabriken kann eine Republik, die durch Nebenabſichten und Partheyen geleitet wird, niemals ſo wohl anwenden, als ein unumſchraͤnkter Monarch. Er iſt der Brunn - quell aller Gnaden: und da er nach Gefallen Scha -tzungen37mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.tzungen auflegen kann; ſo fehlet es ihm nie an Mit - teln zu Belohnungen. Dieſes findet in den freyen Re - publiken und eingeſchraͤnkten Regierungsformen weit mehr Schwierigkeit. Diejenigen, auf welche es an - kommt, die Schatzungen zu bewilligen und anzuwen - den, haben nicht allemal den Willen und die Einſicht, den das Engliſche Parlament oͤfters ruͤhmlich bezeuget hat, naͤmlich durch Belohnungen und andern Aufwand vor die Commercien und Manufacturen einen Saa - men auszuſtreuen, der bey guten Maaßregeln gar bald hundertfaͤltige Fruͤchte bringen wird. Wenn man die - ſes erwaͤget und wenn man dabey vorausſetzet, daß die unumſchraͤnkte Gewalt mit Weisheit, Gerechtigkeit und Guͤte gefuͤhret wird, dergeſtalt, daß ein jeder Un - terthan ſeines Eigenthums vollkommen verſichert iſt und eine vernuͤnftige Freyheit genießet; ſo iſt es ſo weit gefehlt, daß eine unumſchraͤnkte Gewalt der Gruͤn - dung und Flohr der Manufacturen und Fabriken ent - gegen ſeyn ſolte, daß ſie vielmehr in einem ſolchen Lande viel ſchleuniger in einen bluͤhenden Zuſtand ge - ſetzet werden koͤnnen.

Allein gleichwie man von einer unumſchraͤnktenUnter der despotiſchen Gewalt kön - nen die Ma - nufacturen ſchwehrlich blühend werden. Alleinherrſchaft die despotiſche Regierungsform wohl unterſcheiden muß; ſo bin ich weit entfernt zu glau - ben, daß die Manufacturen und Fabriken unter Aus - uͤbung der despotiſchen Gewalt eben ſowohl gedeihen koͤnnen. Dieſes Ungeheuer unter den Regierungsfor - men hat keine Unterthanen, ſondern elende Sclaven,C 3denen38II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.denen aller Muth und Luft zu Fleiß und Geſchick - lichkeit darnieder geſchlagen iſt. Wenn Guͤther, Stand, Ehre und Leben bloß von der eigenſinnigen Willkuͤhr des Despoten und ſeiner Miniſter abhaͤngen; ſo wird Niemand große Luſt haben, ſich durch Fleiß und Arbeitſamkeit Guͤther zu erwerben, deren Genuß ſo ungewiß iſt. Am allerwenigſten aber wird jemand geneigt ſeyn, ſich in Manufacturen und Fabriken ein - zulaßen, deren weitlaͤuftige Anſtalten ihren Eigenthuͤ - mer mehr als eine andere Nahrungsart an das Land verknuͤpfen. Zur Kaufmannſchaft werden ſich noch eher Unternehmer finden, zumal wenn man ſich die Hofnung machen kann, bald reich zu werden, um her - nach ein ſo uͤbel beherrſchtes Land verlaßen zu koͤnnen. Es iſt wahr, der Despote kann ſeine Unterthanen gar leicht zwingen, Manufacturen und Fabriken zu unter - nehmen, ſo wie der Pruͤgel des Guardian zu Algier einen Sclaven gar leicht dahin bringen kann, ein Hand - werk auszuuͤben, das er vorher nie gelernet hat. Allein die Gewalt des Despoten und der Pruͤgel des Guardian werden die aufgezwungene Handthierung ihren beyden elenden Sclaven niemals in behoͤriger Vollkommen - heit beybringen; und die mit Gewalt erzwungenen Ma - nufacturen werden mithin eine ſchlechte Beſchaffenheit haben. Wenn die Manufacturen und Fabriken zu ih - rer Vollkommenheit gelangen ſollen; ſo wird darzu Genie, Luſt, Fleiß und Aufmerkſamkeit erfordert; und dieſes ſind Fruͤchte der Freyheit und einer gerechten und guͤtigen Regierung, nicht aber der despotiſchen Gewalt.

Die39mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.

Die Manufacturen und Fabriken haben mit denenZuſammen - hang der Wiſſenſchaf - ten mit de - nen Manu - facturen. Wiſſenſchaften einen ganz ungezweifelten ſtarken Zu - ſammenhang; und der gute Fortgang dieſer Nah - rungsgeſchaͤfte kommt vielleicht mehr, als man es ſich gemeiniglich einbildet, auf den Zuſtand der Gelehrſam - keit im Lande an. Wo mich mein Gedaͤchtniß nicht truͤgt; ſo iſt es Herr Hume, welcher ſaget, man ſolle ſich nicht einbilden, daß ein Volk ein Stuͤcke Tuch in ſeiner Vollkommenheit zubereiten werde, das in der Sternkunde ganz und gar unwiſſend ſey. So wenig Einfluß die Sternkunde in die Zubereitung eines Stuͤ - ckes Tuches zu haben ſcheinet; ſo iſt es doch gewiß, daß eine gaͤnzliche Unwiſſenheit in dieſer Wiſſenſchaft einen gar ſchlechten Zuſtand der Gelehrſamkeit uͤberhaupt an - zeiget; und folglich hat die Nation die Barbarey noch nicht abgeleget. Die Wiſſenſchaften allein ſind es, welche das Genie und den Verſtand eines Volkes bil - den und aufklaͤren; und der bluͤhende Zuſtand der Wiſ - ſenſchaften hat auch in die Vernunft dererjenigen ihren Einfluß, die in eigentlichen Verſtande der Gelehrſam - keit nicht ergeben ſind. Ein Volk, bey welchem die Wiſſenſchaften bluͤhen, wird demnach allemal mehr Einſicht, Genie, Faͤhigkeit und Erfindungskraft haben, als ein anderes, bey welchem die Wiſſenſchaften in ſchlechten Zuſtande ſind; und das erſte Volk wird mit - hin die Manufacturen und Fabriken ungleich eher zu ihrer Vollkommenheit bringen koͤnnen als das andere. Die Erfahrung ſcheinet auch dieſen Einfluß der Wiſſen - ſchaften gar ſehr zu beſtaͤrken. Als noch Jtalien allein der Sitz der Wiſſenſchaften, das uͤbrige Europa aberC 4noch40II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.noch mit der Finſterniß der Barbarey bedecket war; ſo war auch zugleich Jtalien allein der Sitz der Ma - nufacturen; und ſo wie in neuern Zeiten Engelland, Frankreich und Holland die Wiſſenſchaften unter den uͤbrigen Europaͤiſchen Nationen bey ſich in Flohr ge - ſetzet haben: ſo haben ſie auch am erſten ihre Manu - facturen zur Vollkommenheit gebracht.

Näherer Einfluß der Wiſſenſchaf - ten in die Manufactu - ren und Fa - briken.

Die Wiſſenſchaften unterſtuͤtzen jedoch die Manu - facturen und Fabriken nicht allein darinnen, daß ſie den Verſtand der Nation aufklaͤhren; ſondern ſie ha - ben auch einen naͤhern und unmittelbaren Einfluß da - bey. Wenn die Wiſſenſchaften uͤberhaupt den End - zweck haben, die menſchliche Erkenntniß zu erweitern und den Nutzen der Republik zu befoͤrdern; ſo ſiehet man leicht, daß es auch Wiſſenſchaften geben muß, welche denen Manufacturen und Fabriken zu ſtatten kommen. Wir haben auch wirklich dergleichen. Jch darf nur die Mechanik, die Meßkunſt, die Chymie und uͤberhaupt die Naturkunde nennen; ſo wird man mir leicht zugeben, daß die Manufacturen und Fabriken von dieſen Wiſſenſchaften hauptſaͤchlich ihre Vollkom - menheit erwarten muͤſſen. Jch geſtehe gern, daß die Wiſſenſchaften vielleicht zeither denen Manufacturen und Fabriken nicht allen den Nutzen geleiſtet haben, den man mit Recht von ihnen fordern konnte. Allein das iſt mehr ein Fehler der Gelehrten, die zeither mehr denen bloß ſpeculativiſchen Dingen, als dem wahren Nuͤtzlichen ergeben geweſen ſind, als daß man dieſesdenen41mit der Verfaſſ. und Beſchaff. des Staats.denen Wiſſenſchaften ſelbſt beymeſſen koͤnnte. Man kann jedoch nicht laͤugnen, daß zeither inſonderheit die Geſellſchaften der Wiſſenſchaften gar viel zur Aufnah - me und Vollkommenheit der Manufacturen und Fa - briken beygetragen haben; und die Regierungen koͤn - nen dieſe Geſellſchaften gar leicht dahin bringen, daß ſie weit mehr hierinnen leiſten. Man ſiehet alſo leicht, wie viel es bey denen Manufacturen und Fabriken zu - gleich auf die Vorſorge vor das Aufnehmen der Wiſ - ſenſchaften und auf die Aufmunterung zu dem Nuͤtzli - chen in der Gelehrſamkeit ankommt.

Den allerengſten Zuſammenhang haben die Manu -Die Land - wirthſchaft hat mit de - nen Manu - facturen den engſten Zu - ſam̃enhang. facturen und Fabriken mit der Landwirthſchaft. Die Landwirthſchaft muß nicht allein die Lebensmittel zu Unterhaltung der Arbeiter liefern, ſondern ſie muß auch die vornemſten Materialien zu denen Manufactu - ren an die Hand geben. Der gute Fortgang der Ma - nufacturen und Fabriken kommt großen theils darauf an, daß die Arbeiter wohlfeil leben koͤnnen und daß die Materialien guten Preißes zu haben ſind. Hier - aus entſteht der wohlfeile Preis der Waaren; und auf denſelben beruhet hauptſaͤchlich ſowohl der auswaͤrtige Vertrieb der Waaren, als auch der innerliche Ver - brauch, wenn man nicht durch gewaltſame Mittel den innerlichen Verbrauch befoͤrdern will, die jedoch nicht allerdings die gehofte Wirkung haben, wie wir unten mit mehrern zeigen werden. Es kann aber weder derC 5wohl -42II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.wohlfeile Preis der Lebensmittel noch der Materialien erhalten werden, wenn nicht ein großer Zuſammenfluß dieſer Waaren vorhanden iſt. Dieſer große Zuſam - menfluß aber entſtehet allein aus der Vollkommenheit der Landwirthſchaft. Es iſt dannenhero gar nicht moͤglich, daß die Manufacturen und Fabriken bluͤhend ſeyn koͤnnen, wenn nicht zugleich die Landwirthſchaft in moͤglichſter Vollkommenheit getrieben wird; und gleichwie die Vollkommenheit der Landwirthſchaft zu dem guten Zuſtande der Manufacturen und Fabriken gar viel beytraͤgt; ſo ziehen gemeiniglich bluͤhende Ma - nufacturen und Fabriken auch einen bluͤhenden Zuſtand der Landwirthſchaft nach ſich. Wenn ſich die Arbeiter bey denen Manufacturen und Fabriken vermehren und die Landleute folglich alle ihre Producte ſo fort guten Preißes abſetzen koͤnnen; ſo erreget dieſes den Fleiß der Landleute, daß ſie ihren Boden auf das beſte cultivi - ren und dieſe Producte in Menge zu erzeugen ſuchen. Dieſer Ueberfluß von Producten ziehet ſodann ihren wohlfeilen Preiß nach ſich. Es iſt alſo ein Wechſel - einfluß vorhanden, der zwiſchen beyden den allerge - naueſten und engſten Zuſammenhang veranlaßet. Man findet dannenhero gemeiniglich, daß die Aufnahme der Manufacturen und der Landwirthſchaft mit gleichen Schritten fortgehen. Dieſes beweiſet das Beyſpiel von Engelland, wo die Landwirthſchaft nach der Maaße zur Vollkommenheit geſtiegen iſt, wie die Manufactu - ren immer bluͤhender geworden ſind.

Man43mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.

Man wuͤrde einen wenig gegruͤndeten EinwurfDer Ein - wurf, daß man Lebens - mittel und Materialien kaufen kön - ne, wird ge - hoben. vorbringen, wenn man ſagen wollte, daß man ſowohl das Getraide, als die Materialien zu denen Manufa - cturen von andern Voͤlkern vor Geld erlangen kann. Zu geſchweigen, daß davor große Geldſummen außer Landes gehen; ſo werden dieſe Dinge durch die Koſten der Herbeyſchaffung allemal vertheuret, welches denen Manufacturen und Fabriken |gar nicht zutraͤglich iſt, deren guter Fortgang hauptſaͤchlich auf den wohlfeilen Preiß der Arbeitsleute und der Materialien ankommt. Was aber noch mehr iſt: ſo wird ein ſolches Land nie - mals genugſam gegruͤndete Manufacturen haben. Sie werden allemal von andern Voͤlkern abhaͤngen und gleichſam nur Bittweiſe beſtehen. Die geringſten Zwiſtigkeiten, die dieſes Volk mit andern Staaten ha - ben wird, werden ſeine Manufacturen hemmen, ſo - wohl wenn andre Voͤlker ihnen das Getraide und die Materialien vorenthalten, als wenn ſeine Feinde deſſen Schiffarth ſtoͤhren. Das Beyſpiel der Koͤnigin Eli - ſabeth, welche die Ausfuhre der Wolle verboth, und, da ſie bey dieſem Verbothe ſtandhaftig beharrete, viele Niederlaͤndiſche Fabricanten aus Mangel der Mate - rialien noͤthigte die Niederlande zu verlaßen und ſich in Engelland niederzulaßen, lehret uns, wie ſchlecht ge - gruͤndet ſolche Manufacturen ſind, die in Anſehung der Materialien von andern Voͤlkern abhaͤngen. Man muß auch befuͤrchten, daß diejenigen Voͤlker, welche in denen Materialien andrer Nationen arbeiten, kuͤnf - tig immer ſchlechter daran ſeyn werden. Ein jedes Volk lernet ſeinen Vortheil immer beſſer einſehen undſuchet44II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.ſuchet die Ausfuhre der rohen Waaren zu verhintern und ſolche ſelbſt zu verarbeiten. Die Hollaͤnder, die ſo wenig eigene Materialien haben, muͤſſen aus dieſem Grunde vor ihre Manufacturen eben ſo viel befuͤrchten, als ſie ſchon vor ihre Commercien mit fremden Waaren er - fahren haben. Kurz, es iſt eine Wahrheit, die nie - mand laͤugnen kann, daß dasjenige Volk am allerſtaͤrk - ſten iſt, das die Beyhuͤlfe andrer Voͤlker am wenigſten bedarf; und es iſt mithin ein Grundſatz einer jeden weiſen Regierung alle nur erſinnliche Maaßregeln und Anſtalten zu ergreifen, daß alles moͤgliche im Lande ſelbſt gewonnen werde, um ſo wenig, als es immer moͤglich iſt, von andern Nationen abzuhaͤngen. Aus dieſem Grunde verdienet die Landwirthſchaft, die zu dem bluͤhenden Zuſtande der Manufacturen und Fa - briken ſo viel beytraͤgt, die allergroͤßte Sorgfalt einer weiſen Regierung. Die Landwirthſchaft iſt jedoch in den meiſten Staaten noch gar weit von ihrer Voll - kommenheit entfernet. Sina und Engelland ſind viel - leicht die einzigen Laͤnder, wo man die Landwirthſchaft auf einen großen Punct der Vollkommenheit gebracht hat; und inſonderheit verdienete die Landwirthſchaft in Engelland von andern Voͤlkern mehr nachgeahmet zu werden, als es geſchiehet. Jch kann mich hier nicht ein - laßen die Mittel und Maaßregeln zu Verbeſſerung der Landwirthſchaft vorzuſchlagen. Dieſer Gegenſtand iſt ſo wichtig und weitlaͤuftig, als daß er beylaͤufig abgehandelt werden koͤnnte. Jch habe beſchloſſen, einen beſondern Tractat von Verbeſſerung der Landwirthſchaft zu ſchrei - ben, der vielleicht kuͤnftige Oſtermeſſe erſcheinen wird.

Jch45mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.

Jch habe in dem vorhergehenden Abſchnitte gezei -Sehr ge - nauer Zu - ſam̃enhang der Manu - facturen mit den Com̃er - cien des Lan - des. get, daß die Manufacturen und Fabriken der Grund bluͤhender und dauerhaftiger Commercien ſind. Man kann demnach von ſelbſt leicht erachten, daß dieſe Nah - rungsgeſchaͤfte mit dem Commercienweſen des Landes in dem allergenaueſten und engſten Zuſammenhange ſtehen; und in der That, ſo wie die Manufacturen und Fa - briken der Grund dauerhaftiger Commercien ſind; ſo iſt hingegen der Kaufhandel eines der groͤßten Befoͤrde - rungsmittel der Manufacturen und Fabriken. Wenn der auswaͤrtige Vertrieb durch die Commercien nicht zu erhalten ſtehet; ſo iſt es mit dieſen Nahrungsgeſchaͤf - ten bald gethan. Der Manufacturier und Fabricant, wenn er ſeine Waaren nicht verkaufen kann, ſiehet ſich bald genoͤthiget mit weiterer Verfertigung innen zu halten, ſo bald ſein Verlag oder ſeine Hofnung des kuͤnftigen beſſern Abſatzes zu Ende gehet; und wenn die Commercien des Landes in ſchlechten Stande ſind, ſo daß die Haupt - und Nebenmaterialien der Manu - facturen und Fabriken gar nicht, oder um hohen Preiß zu erhalten ſind; ſo leiden auch natuͤrlicher Weiſe dieſe Nahrungsgeſchaͤfte gar ſehr darunter. Eine jede Hin - terniß und Hemmung der Commercien empfinden alſo auch ſofort die Manufacturen und Fabriken; und es kann weder bey dem einen noch bey dem andern etwas vorgehen, das nicht ſofort ſeinen Einfluß in die an - dere Art der Nahrungsgeſchaͤfte erſtrecket. Dieſes beweiſet, wie gar enge das Band zwiſchen beyden iſt. Unterdeſſen iſt es gewiß, daß das Band zwiſchen bey - den bey derjenigen Nation am allerengſten iſt, die am -meiſten46II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.meiſten auswaͤrtige Beyhuͤlfe bedarf, davon wir kurz vorhin geredet haben. Dahingegen eine Nation, die alle Nothwendigkeiten, oder doch die meiſten, ſelbſt gewinnet, von der Hemmung der Commercien nicht ſo viel leidet.

Man muß demnach bey denen Ma - nufacturen auch beſtän - dig auf die Commercien ſehen.

Jn Anſehung dieſes gar genauen Verhaͤltniſſes verdienen die Commercien eine große Sorgfalt und beſtaͤndige Ruͤckſicht in allen Maaßregeln bey denen Manufacturen, und man darf weder bey dem einen noch bey dem andern eine Neuerung und Verbeſſerung vornehmen, ohne vorher ſehr weißlich zu uͤberlegen, was ſolches vor Einfluß und Wirkung bey der andern Art der Nahrungsgeſchaͤfte haben werde. Jch will hier nicht die Mittel vorſchlagen, wie die Ausfuhre und der Debit der Manufactur - und Fabrikenwaaren durch die Commercien zu befoͤrdern iſt. Wir werden hiervon in dem folgenden Hauptſtuͤcke handeln, als woſelbſt die eigentliche Stelle davon iſt. Jch kann auch hier nicht die Maaßregeln zur Aufnahme der Commercien vortragen. Dieſes iſt nicht unſer Ge - genſtand allhier. So viel aber muß ich hier anmer - ken, daß wenn die Manufacturen und Fabriken ohne große Unterſtuͤtzung und Beyhuͤlfe der Regierung nicht gegruͤndet und bluͤhend werden koͤnnen; ſo brauchen die Commercien nichts als Freyheit. So bald der Kaufmann etwas dabey gewinnen kann; ſo wird er ſowohl die Manufactur - und Fabrikenwaaren ausfuͤh - ren, als auch alle ihre benoͤthigte Waaren kommenlaßen.47mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.laßen. Die Freyheit iſt die Seele der Commercien; und der Staat thut alles, was er zu Befoͤrderung der - ſelben thun kann, wenn er dieſe Freyheit, in ſo weit ſie vernuͤnftig iſt und dem wahren Beſten des Staats keinen Nachtheil verurſachet, geſtattet und ihnen keine Hinterniſſe im Weg leget. Die Aufnahme der Com - mercien kommt nicht ſowohl auf Befoͤrderungsmittel, als auf Wegraͤumung der Hinterniſſe an.

Jnſonderheit aber muß ſich der Staat ſehr huͤten,Man muß die Manu - facturen nicht zum Nachtheil der Commer - cien unter - ſtützen. daß er die Manufacturen und Fabriken nicht mit dem Nachtheile der Commercien unterſtuͤtzet. Dieſes iſt ein ſehr falſches Unterſtuͤtzungsmittel. Da beyde Nahrungsgeſchaͤfte ſo genau mit einander verbunden ſind; ſo koͤnnen die Commercien keinen Nachtheil lei - den, daß er nicht auf die Manufacturen und Fabriken zuruͤckfaͤllt. Unterdeſſen habe ich in gar vielen Staa - ten wahrgenommen, daß man wirklich die Manufa - cturen und Fabriken mit dem Schaden der Kaufman - ſchaft unterſtuͤtzet. Jch muß demnach hiervon etwas ausfuͤhrlicher handeln.

Seitdem man in Teutſchland und in verſchiedenenOb die Kaufleute die Manufa - cturen zu hintern ſu - chen. andern Staaten die Manufacturen und Fabriken zu gruͤnden geſucht hat; ſo haben die Kaufleute faſt allent - halben das Vorurtheil wider ſich erreget, daß ſie die Aufnahme der Manufacturen und Fabriken zu hintern ſuchen; und ich habe bereits in meiner Staatswirth -ſchaft48II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.ſchaft geſtanden, daß dieſes Vorurtheil nicht ungegruͤn - det iſt, weil die Kaufleute bey denen auslaͤndiſchen Waaren mehr gewinnen und ihren großen Gewinnſt beſſer verbergen koͤnnen, weil ſie außerhalb Landes eher Credit finden, als in denen Niederlagen der Landes - manufacturen, und weil ſie oͤfters die auslaͤndiſchen Waaren auf Gegenhandlung und Gegenrechnung er - halten und mithin gedoppelt gewinnen koͤnnen. Es iſt gewiß, daß die Freyheit der Commercien, dieſe zaͤrtliche Sache, alsdenn aufhoͤret, wenn ſie zum Nachtheil des Staats gereichet; und man muß alſo die Kaufleute anhalten, daß ſie den nachtheiligen Ge - winnſt an den auslaͤndiſchen Waaren fahren laßen und ſich an die innlaͤndiſchen halten muͤſſen.

Man muß daraus nur gerechte Fol - ge ziehen.

Allein daraus folget weiter nichts, als daß man die Kaufleute in gerechten Schranken halten muͤſſe: und man muß ſich aus dem eingeriſſenen Vorurtheile nicht bewegen laßen, daß man die Kaufleute allzuhart halte und die Manufacturiers auf ihre Koſten und Nachtheil unterſtuͤtzet. Es liegt dem Staate gar ſehr daran, reiche und vermoͤgende Kaufleute zu haben. Tauſend dem Lande nuͤtzliche Unternehmungen muͤſſen ſonſt nachbleiben. Man wird aber ſo wenig vermoͤ - gende Kaufleute haben, daß vielmehr gar keine Kaufleute mehr vorhanden ſeyn werden, wenn man ihm nicht ge - winnen laͤßt. Der Gewinnſt iſt die einzige Triebfeder des Kaufmanns.

Es49mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.

Es iſt ſchlechterdings nothwendig, daß die Manu -Die Landes - manufactu - ren müſſen mit den aus - ländiſchen einerley Preiß hal - ten, wenn der Kanf - mann beſte - hen ſoll. facturen und Fabriken des Landes mit denen auslaͤndi - ſchen Waaren von eben der Art und Guͤte einerley Preiß halten. Außerdem iſt es gar nicht moͤglich daß der Kaufmann dabey beſtehen kann. Er wird ent - weder nichts dabey gewinnen, oder, welches auf einer - ley hinauslaͤuft, er wird keinen Abſatz haben. Man wende mir nicht ein, daß man ſchon die Einfuhre der fremden Waaren durch gute Maaßregeln hintern und die Unterthanen zum Verbrauch der Landeswaaren noͤ - thigen kann. So bald der Unterſchied in dem Preiße der Waaren ſehr merklich iſt; ſo werden ſich die Un - terthanen die auslaͤndiſchen ohngeachtet des Verbothes und aller Maaßregeln zu verſchaffen wiſſen. Die al - lergroͤßte Strenge wird nur wenige Wirkung haben. Je ſtrenger und ſorgfaͤltiger die Aufſicht iſt, je mehr werden die kuͤhnen unter den Unterthanen kluͤgeln, um die Aufſicht dennoch zu hintergehen. Die Beyſpiele in allen Laͤndern, inſonderheit wo der Tobak und das Salz landesherrliche Einkuͤnfte ausmachen und in ſehr hohen Preiße ſind, beweiſen dieſes genugſam. Und bey dem allen iſt es noch eine ſehr große Frage, ob die Sache wichtig genug iſt, die Unterthanen einer ſo aͤußerſten Strenge zu unterwerfen, welche die natuͤrli - che Freyheit ſehr uͤber den Haufen wirft und viele Men - ſchen ungluͤcklich macht, und ob dieſes mit denen Be - griffen von einer guͤtigen Regierung beſtehen kann. Vor allen Dingen aber fragt es ſich, ob keine andere Mittel vorhanden ſind; Und mich deucht, dieſe koͤn - nen nicht fehlen. Man muß naͤmlich die Manufactu -Dren50II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.ren und Fabriken des Landes ſo lange auf Koſten des Staats unterſtuͤtzen, bis ſie mit denen auslaͤndiſchen Waaren gleicher Art und Guͤte einerley Preiß halten koͤnnen und man muß denen Urſachen, warum dieſes zeither nicht geſchehen koͤnnen, ſo ſorgfaͤltig nachſpuͤren und die Hinterniſſe mit ſolcher Application zu heben ſuchen, bis man es endlich zu dem verlangten End - zwecke gebracht hat. Es wird allemal vor den Unter - than beſſer ſeyn, wenn er zu Unterſtuͤtzung der Ma - nufacturen und Fabriken etwas mehr contribuiret, als wenn er zu Verhuͤtung der Einfuhre fremder Waaren der aͤußerſten Strenge ausgeſetzet iſt. Es iſt auch vor ſeinen Beutel ganz einerley, ob er etwas mehr Abga - ben entrichtet, oder ob er die Landesmanufacturen theu - rer bezahlen muß, da er ſie außer dieſer großen Strenge wohlfeiler erhalten koͤnnte. Dieſes Uebrige, was er mehr bezahlen muß, iſt allemal ſo gut als eine Abgabe.

Denen Ma - nufacturen muß der ein - zelne Ver - kauf nicht ge - ſtattet wer - den.

Jch kann mich hier nicht in alle Umſtaͤnde einlaßen, womit man in verſchiedenen Landen die Manufacturiers und Fabricanten zum Nachtheil der Kaufleute beguͤn - ſtiget. Dieſes einzige will ich nur noch anfuͤhren, daß man in einigen Landen denen Manufacturiers ſo gar den einzeln Verkauf ihrer Waaren geſtattet. Man ſiehet leicht, wie ſehr dieſes denen Kaufleuten zum Nachtheil gereichet. Der Tuchmacher, der Camelot - macher kann freylich eine Elle ſeiner Waare allemal wohlfeiler geben, als der Kaufmann, der damit han - delt; und mithin iſt es einerley, dieſe Erlaubniß denenManu -51mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.Manufacturiers zu geben, oder dieſe Art von Kaufleu - ten gar abzuſchaffen, weil ſie weiter keinen Debit fin - den werden. Jch kann mich unmoͤglich uͤberreden, daß dieſes denen guten Grundſaͤtzen gemaͤß ſeyn ſollte; und ich habe die Unrichtigkeit und Schaͤdlichkeit dieſer Maaßregeln in denen Goͤttingiſchen Jntelligenzblaͤt - tern in einer beſondern Abhandlung ſo uͤberzeugend ausgefuͤhret, daß ich einen gewiſſen Bedienten bey dem Commercien und Manufacturweſen, welcher den Grundſatz hatte, daß alles, was ein jeder ſelbſt ver - fertigte, er auch einzeln zu verkaufen befugt ſeyn muͤſſe, und der dieſen Grundſatz im Staate ſehr gel - tend gemacht hatte, zum Beyfall bewogen habe. Meine Gruͤnde in dieſer Abhandlung, die ich hier nicht wie - derholen will, kommen darauf an, daß die Erhaltung der Kaufleute dem Staate nothwendig und nuͤtzlich iſt; daß je mehr eine Waare durch viele Haͤnde gehet, je mehr Menſchen dadurch ernehret werden und je vor - theilhafter iſt es vor den Staat; daß dem Manufa - cturier der einzelne Verkauf ſelbſt nachtheilig iſt, weil er ſeine Verfertigung auf den einzeln Verkauf ein - ſchraͤnken wird in Anſehung des in die Augen fallenden groͤſſern Vortheils und daß er mithin dadurch ſich abhal - ten laßen wird, auswaͤrtigen Debit zu ſuchen und ſeine Manufactur in einem viel groͤſſern Umfange und Erſtre - ckung zu treiben, wodurch er mehrern Vortheil erlangen wuͤrde; und dieſe letztere Urſache iſt auch ſehr wichtig vor den Staat, weil der bluͤhende Zuſtand der Manufactu - ren hauptſaͤchlich auf ihre Menge und auf die weitlaͤuf - tige Erſtreckung der angelegten Werke ankommt.

D 2Es52II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.
Zuſammen - hang der Po - licey mit de - nen Manu - facturen und Fabriken.

Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß nicht auch die Manufacturen und Fabriken einen genauen Zuſam - menhang mit der Einrichtung der Policey im Lande haben. Jch rede hier nicht von der Policey in weit - laͤuftigen Verſtande. Jn dieſem Begriffe ſind alle Maaßregeln zu Anlegung und Gruͤndung der Manu - facturen ſelbſt nichts anders als Policeyanſtalten. Wir nehmen hier die Policey in engern Verſtande, wo ſie die Erhaltung der Ruhe, der guten Ordnung, und der Geſundheit, die Abwendung der Ungluͤcksfaͤlle und den Zuſammenhang aller Nahrungsarten und Gewerbe un - ter den Unterthanen zum Endzwecke hat; und man ſiehet leicht, wie viel gute Policeyanſtalten in dieſen Dingen zu Befoͤrderung der Manufacturen und Fa - briken beytragen koͤnnen. Beſonders iſt es eine der nothwendigſten Vorſorge der Policey in einem Lande, wo bluͤhende Manufacturen und Fabriken ſeyn ſollen, daß die Lebensmittel und andere zur menſchlichen Noth - durft unentbehrlichen Dinge beſtaͤndig in einem wohl - feilen Preiße erhalten werden. Der Lohn der Arbeiter und folglich der wohlfeile Preiß der Manufactur und Fabrikenwaaren haͤnget davon ab; und wir haben ſchon oben erinnert, daß der auslaͤndiſche und inlaͤndiſche Vertrieb und mithin der gute Fortgang der Manufa - cturen hauptſaͤchlich darauf beruhet. Die Policey kann alſo in dieſem Puncte niemals zu viel Vorſorge bezeugen. Eben ſo noͤthig ſind gute Feueranſtalten und Feueraſſecuranzſocietaͤten zur Aufnahme der Ma - nufacturen und Fabriken. Der Fabricant wird da - durch vor dieſen Ungluͤcksfaͤllen geſichert, die oͤftersdas53mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.das beſte Werk zu Grunde richten; und es iſt vor den Staat nicht ſo leicht neue Werke wieder anzulegen, wenn eine wichtige Fabrike zu Grunde gegangen iſt.

Auch die Einrichtung des Finanzweſens im LandeZuſammen - hang des Finanzwe - ſens mit de - nen Manu - facturen. Schädlich - keit großer Abgaben. hat mit denen Manufacturen und Fabriken einen groſ - ſen Zuſammenhang; und es kommt bey der Aufnahme derſelben vielleicht mehr, als man es ſich gemeiniglich einbildet, auf die Beſchaffenheit der Abgaben im Lan - de an. Große und unerſchwingliche Abgaben, unter deren Laſt die Unterthanen ſeufzen, ſind vermoͤgend allen Muth und Fleiß niederzuſchlagen. Der Unter - than in halber Verzweifelung, daß er ſiehet, wie ihm alle ſeine Arbeit nichts hilft, um ſich die Bequemlichkei - ten des Lebens zu verſchaffen und Vermoͤgen zu erwer - ben, weil die Groͤße der Abgaben ihm nichts uͤbrig laͤßt, verliehret endlich alle Luſt zur Arbeitſamkeit. Da er einmal empfindet, daß er elend und ungluͤcklich ſeyn muß, ſo wird er zu allen traͤge und nachlaͤßig: und er ſuchet ſeine Gluͤckſeeligkeit in der Faulheit und dem Muͤßiggange. Viele Staaten koͤnnten Beyſpiele an die Hand geben, daß eine große Haͤrte der Regie - rung und unerſchwingliche Abgaben ein vorher arbeit - ſames Volk gaͤnzlich traͤg, faul und unthaͤtig machen kann. Unterdeſſen iſt es nicht ſowohl die Groͤße der Abgaben an ſich ſelbſt, welche die Arbeitſamkeit dar - nieder ſchlaͤgt, ſondern vielmehr die Ungleichheit und die uͤble Einrichtung in Hebung der Contributionen. Wenn die Vermoͤgenden mit denen Abgaben verſcho -D 3net54II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.net werden, wenn die ganze Laſt derſelben auf das ar - beitſame Volk faͤllt, wenn die Finanzen ſolchergeſtalt eingerichtet ſind, daß dadurch die Arbeitſamkeit gehin - tert wird, ſo hat man ſich in denen Manufacturen we - nig Fortgang zu verſprechen und diejenigen, ſo bereits gegruͤndet ſind, werden bald aufhoͤren. Der Kirchen - ſtaat kann uns hier ſtatt aller Beyſpiele dienen wie ſehr die Arbeitſamkeit durch eine uͤble Einrichtung des Finanzweſens zu Boden geſchlagen werden kann. Seitdem die paͤbſtliche Kammer das Monopolium des Kornhandels an ſich gezogen und daraus eine große Revenuͤe gemacht hat, indem die Unterthanen alle Fruͤchte wohlfeil an ſie verkaufen und ſie der Cammer wieder theuer abkaufen muͤſſen: ſo ſind die fruchtbare - ſten Felder zu Wuͤſten und dieſer Luſtgarten von Eu - ropa einer Einoͤde gleich geworden. Eine der groͤßten Geſchicklichkeiten in dem Finanzweſen kommt darauf an, die Abgaben ſolchergeſtalt cinzurichten, daß da - durch die Arbeitſamkeit immer mehr befoͤrdert werde.

Wenig Ab - gaben kön - men gleich - falls einen ſchädlichen Einfluß ha - ben.

Wenn große und unerſchwingliche Abgaben den Fleiß und die Thaͤtigkeit eines Volkes darnieder ſchla - gen; ſo muß man jedoch daraus nicht auf den Gegen - ſatz ſchließen, naͤmlich, daß geringe und gar keine Ab - gaben die Arbeitſamkeit zu befoͤrdern an ſich ſelbſt ver - moͤgend waͤren. Eine ſolche Beſchaffenheit kann viel - mehr die entgegengeſetzte Wirkung hervorbringen und in Verbindung mit andern Umſtaͤnden die Faulheit und Traͤgheit des Volkes veranlaſſen. Jch habe die -ſen55mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.ſen Satz ſchon in meiner Staatswirthſchaft behauptet und mit guten Gruͤnden unterſtuͤtzet; und ich bin noch immer dieſer Meinung, ob ſie gleich einigen paradox ſcheinen mag. Die Menſchen in ihren natuͤrlichen rohen Zuſtande neigen nur allzuſehr zur Faulheit. Die Teutſchen in ihren barbariſchen Zeiten hielten es vor eine Schande zu arbeiten; und der Freyherr von Hollberg in ſeiner daͤniſchen und norwegiſchen Staats - geſchichte zeiget, daß auch die uͤbrigen nordiſchen Voͤl - ker ihre Gluͤckſeeligkeit in der Faulheit und in Freſſen und Saufen geſuchet haben. Jhre Begriffe von einer kuͤnftigen Gluͤckſeeligkeit, liefen lediglich dahinaus; und ſie erwarteten von ihren Odin zur Belohnung ih - rer Tapferkeit nichts als dergleichen Wohlleben. Die - ſer natuͤrliche Hang der Menſchen zur Faulheit zeiget ſich demnach gemeiniglich, wenn ſie ein fruchtbares Land bewohnen und wenig oder gar keine Abgaben ha - ben. Da alsdenn der Lebensunterhalt bey weniger Arbeit nicht ſchwehr wird: ſo haben die wenigſten Luſt viel zu arbeiten. Es ermangelt demnach nicht allein die Arbeitſamkeit in denen Manufacturen, ſondern der Landmann cultiviret den Boden gar ſchlecht. Was er erzeuget, das verzehret er ſelbſt, weil ihn die Abga - ben nicht noͤthigen baar Geld herbey zu ſchaffen. Die Staͤdte haben alſo wenig Zufuhre; und der noͤthige Zuſammenhang zwiſchen den Manufacturen und der Landwirthſchaft ermangelt folglich. Dahingegen muß er ſich ungleich mehr regen, mehr Producte er - zeugen und ſolche zu Gelde machen, wenn er ziemliche Abgaben zu bezahlen hat. Mittelmaͤßige AbgabenD 4ſind56II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.ſind alſo wohl der Arbeitſamkeit am zutraͤglichſten. Dieſer Satz erfordert indeſſen eine Ausnahme bey ei - nem unfruchtbaren Lande. Hier haben die Menſchen ohnedem Muͤhe ſich zu ernehren; und die Beſchaffen - heit, daß die Unterthanen wenig oder gar keine Abga - ben haben, kann einem ſolchen Lande faſt nur allein Bewohner verſchaffen. Die Schweitz hat den großen Fortgang den ſie in dieſem Jahrhunderte in denen Manufacturen gemacht hat großentheils der Beſchaf - fenheit zu danken daß die Einwohner von allen Con - tributionen gaͤnzlich frey ſind.

Auf die Ein - richtung der Abgaben kommt gar viel an.

Es iſt hier nicht die Stelle, zu zeigen, wie die Ab - gaben, inſonderheit bey dem Eingange und Ausgan - ge der Waaren eingerichtet ſeyn muͤſſen, wenn die Manufacturen und Fabriken in Aufnahme kommen ſollen. Dieſes gehoͤret zu denen eigentlichen Befoͤr - derungsmitteln der Manufacturen und wird dannen - hero in dem folgenden Abſchnitte ſeinen Platz finden. Allein wir koͤnnen uns nicht entbrechen allhier in et - was zu zeigen, wie ſehr es zu Befoͤrderung der Ma - nufacturen und Fabriken darauf ankommt, auf was vor einen Fuß die Abgaben gehoben, oder auf was vor Gegenſtaͤnde ſie geleget werden. Man hat nur dreyerley Gegenſtaͤnde der Contributionen, die unbe - weglichen Guͤther, die beweglichen Guͤther, oder die Waaren und die Perſonen der Unterthanen. Da die Abgaben von denen unbeweglichen Guͤthern zu der Beduͤrfniß eines Staats faſt niemals zureichen: ſo iſtcs57mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.es eine ſehr angelegentliche Frage, ob es dem Aufneh - men der Manufacturen zutraͤglicher iſt die Waaren, oder die Perſonen der Unterthanen bey denen Abga - ben zum hauptſaͤchlichſten Gegenſtande zu erwaͤhlen.

Die Acciſen, Licenten, Mauthen und Aufſchlaͤ -Die Acciſen und Licen - ten vertheu - ren die Le - bensmittel und ſind mithin den Manufactu - ren ſchadlich. ge, oder mit was vor Namen ſie ſonſt beleget wer - den, die nichts anders als eine Contribution auf be - wegliche Guͤther oder Waaren und zwar inſonderheit auf diejenigen ſind, die im Lande verbrauchet werden, ſind ſeit einem Jahrhundert eine gar beliebte Art der Abgaben in Europa geworden, die faſt in allen Staa - ten eingefuͤhret worden iſt; und faſt alle Cameraliſten ſind davor eingenommen. Allein ich kann mich dem ohngeachtet nicht uͤberreden, daß ſie eine dem Nah - rungsſtande und denen Manufacturen und Fabriken vortheilhaftige Art der Abgabe ſind. Es iſt wahr, dieſe Abgaben haben viel reizendes an ſich, wenn man weiter auf nichts, als auf die Einkuͤnfte des Staats ſieht. Sie heben ſich gleichſam von ſelbſt ohne alle Strenge und Execution; und da ſie gemeiniglich auf die unentbehrlichſten Dinge zur Nothdurft des Lebens geleget werden; ſo iſt man verſichert große Summen ohnfehlbar dadurch zu erheben. Allein wer ſiehet nicht, daß eben dadurch, daß die Acciſen oder Licen - ten auf die unentbehrlichſten Lebensmittel geleget wer - den, nothwendig eine Vertheuerung dieſer Dinge dar - aus entſtehen muß; und dieſe Vertheuerung, die nothwendig einen hoͤhern Lohn der Arbeiter und mithinD 5auch58II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.auch einen theurern Preiß der Waaren nach ſich zie - hen muß, iſt vielleicht eine der allerſchaͤdlichſten Sa - chen wider das Aufnehmen der Manufacturen und Fabriken. Wir haben ſchon oben erinnert, daß ſo - wohl der auswaͤrtige Abgang auf den wohlfeilen Preiß der Waaren ankommt; als daß auch der innerliche Verbrauch der Waaren mit der alleraͤußerſten Strenge ſchwehrlich zu erzwingen iſt, wenn die Manufactur - waaren des Landes gegen die auswaͤrtigen von einerley Guͤte einen gar zu merklichen Unterſchied des Preißes haben.

Die Acciſen ſtimmen überhaupt mit den gu - ten Grund - ſätzen des Finanzwe - ſens nicht überein.

Dieſes iſt es nicht allein, was die Acciſen und Li - centen verwerflich macht. Jch habe in dem ſechſten Stuͤcke der neuen Wahrheiten in einer ausfuͤhrlichen Abhandlung gezeiget, daß dieſe Abgaben mit keinem einzigen Grundſatze uͤbereinſtimmen, den man vernuͤnf - tiger Weiſe bey der Einrichtung der Contributionen zum Grunde legen muß, wenn man anders die Wohl - farth des Staats und die Aufnahme des Nahrungs - ſtandes vor Augen haben will. Sie ſind dem Grund - ſatze von der gerechten Gleichheit der Abgaben unter denen Unterthanen nicht gemaͤß, weil diejenigen, ſo ſparſam leben, oder ſich an wohlfeilen Markttaͤgen mit denen Nothwendigkeiten verſorgen, dadurch we - nig betroffen werden, und weil dieſe Abgaben auf die - jenigen, die ſchon von ihren Grundſtuͤcken Contribu - tionen entrichtet haben, gleichfalls wieder und oͤfters am haͤrteſten fallen. Sie ſind dem Nahrungsſtandenicht59mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.nicht befoͤrderlich, weil die ſtrengen Viſitationen und die dabey vorfallende Verzoͤgerung denen Gewerben hinterlich und nachtheilig ſind. Sie ſind keine gewiſ - ſen und beſtimmten Abgaben, worauf der Staat un - fehlbare Rechnung machen kann, weil dabey die Be - truͤgereyen der Unterthanen und der Unterſchleif der Bedienten unmoͤglich vermieden werden kann: und ſie muͤſſen endlich mit viel groͤßern Unkoſten erhoben wer - den, als andere Abgaben, weil dabey eine Menge von Aufſehern und Bedienten noͤthig ſind, ſo daß das Land zu Unterhalt derſelben mit faſt noch einmal ſo viel Abgaben beſchwehret werden muß, als dadurch in die Landesherrlichen Caſſen eingehet. Wenn man alles dieſes erwaͤget, welches ich in gedachter Abhand - lung ausfuͤhrlich vorgeſtellet und allen Einwuͤrfen be - gegnet habe: ſo wird ſchwehrlich ein vernuͤnftiger Ca - meraliſt laͤugnen koͤnnen, daß dieſe Abgaben dem Staate und inſonderheit denen Manufacturen und Fabriken wenig zutraͤglich ſind; und die an gedachten Orte von mir vorgeſchlagene Gewerbeſteuer die auf den Gewinnſt der Gewerbe und die dabey anzuwen - denden Perſonen eingerichtet iſt, wuͤrde dieſe Nah - rungsgeſchaͤffte ungleich mehr befoͤrdern.

Das Beyſpiel der Hollaͤnder iſt hierinnen vor an -Der Ein - wurf von dem Bey - ſpiel der Holländer wird geho - ben. dre Staaten ſehr verfuͤhreriſch geweſen. Sie haben dieſe Art der Abgaben auf die zu verbrauchenden Waaren in viel ſtaͤrkerer Maaße gehabt, als andre Staaten; und die Commercten und Manufacturenhaben60II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.haben dennoch dabey vortreflich gebluͤhet. Allein man hat bey dieſer Nachahmung nicht erwogen, daß ſich Holland in ganz andern Umſtaͤnden befunden hat, als andere europaͤiſche Staaten. Holland hatte eine große Menge Volkes, davon die wenigſten unbewegliche Guͤ - ther beſaßen und ſich dennoch reichlich ernehreten. Man mußte alſo bey denen großen Ausgaben des Staats in dem langwierigen und koſtbaren Kriege mit Spanien auf andre Arten der Abgaben denken. Auf dieſe oder jene Art der Conſumptibilien eine Abgabe zu legen, war der leichteſte Weg die Einkuͤnfte des Staats zu vermehren, der am wenigſten Schwierig - keiten fand, weil dieſe Abgaben im Anfange ſehr ge - ringe waren. Es iſt wahrſcheinlich, daß die Staaten anfangs ſelbſt nicht daran gedacht haben einen allge - meinen Contributionsfuß daraus zu machen. So wie ſich die Beduͤrfniſſe des Staats vermehreten, ſo mußten ſie nach und nach dieſe Abgaben erhoͤhen und auf alle andre Arten der Conſumptibilien erſtrecken, weil dieſer Weg einmal gebahnet und leicht war. Dieſe Abgaben wurden nicht eher ſtark und beſchwehr - lich, als bis ihre Commercien und Manufacturen uͤber - aus bluͤhend waren. Da ſie in vielen Zweigen der Commercien das Monopolium hatten: ſo fielen ihnen dieſe Abgaben nicht nachtheilig. Der Preiß hieng von ihrer Willkuͤhr ab; und andre Voͤlker mußten ihnen ihre beſchwehrlichen Abgaben zu Hauſe uͤbertra - gen helfen. Unterdeßen waren dieſe Abgaben ihrem Nahrungsſtande allemal ſchaͤdlich. Dieſer Schade aber wurde nicht eher merklich, als bis andre Voͤlkerſich61mit der Verfaſſ. und Beſchaff. des Staats.ſich gleichfalls ſtark auf die Commercien legten; und man kann ſicher behaupten, daß dieſe Beſchaffenheit der Abgaben gar viel zu dem Verfall ihres Handels beygetragen haben. Andere Voͤlker wuͤrden niemals im Stande geweſen ſeyn, ihnen dieſen und jenen Zweig der Handlung zu entreißen, wenn ſie nicht ihre Waa - ren wohlfeiler als die Hollaͤnder haͤtten geben koͤnnen, welche, mit ihnen gleichen Preiß zu halten, wegen der ſtarken Abgaben auf die nothwendigſten Dinge des Lebens und andre Waaren, nicht im Stande waren. Ueberdieß waren die Hollaͤnder uͤber die Maaßen der Sparſamkeit ergeben. Sie ſuchten ihren Pracht und Vorzug in einer uͤbertriebenen Reinigkeit der Haͤuſer und in andern Dingen, worauf keine Abgaben hafte - ten. Von dieſer Sparſamkeit ſind andre Voͤlker weit entfernet; und ehe ſich die vermoͤgenden Einwohner anderer Laͤnder durch ſtarke Abgaben auf die nothwen - digſten Dinge zu einer ſolchen Sparſamkeit zwingen ließen; ſo wuͤrden ſich vielleicht viele nach andern Laͤn - dern umſehen, wo ſie ihre verſchwenderiſche Lebensart mit wenigern Koſten fortſetzen koͤnnten. Dieſe ſpar - ſame Lebensart, welche dem Zuſtand der Hollaͤnder ſehr gemaͤß iſt, weil ſie den groͤßten Theil ihrer Nothwen - digkeiten, von andern Voͤlkern einkaufen muͤſſen, iſt der Wohlfarth andrer Staaten, welche die meiſten Guͤther des Lebens ſelbſt erzeugen, nicht einmal zutraͤg - lich. Ein ſparſamer Unterthan iſt in Betracht des Zuſammenhanges eines bluͤhenden Nahrungsſtandes der allerunnuͤtzlichſte, weil er, ſo viel an ihm iſt, an - dern Unterthanen die Nahrung entziehet und verurſa -chet,62II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.chet, daß der Staat weniger bevoͤlkert ſeyn kann. Ein Staat, der viel Landesproducte erzeuget, wird alle - mal am beſten bluͤhen, wenn ſeine Einwohner ſehr fleißig, aber wenig ſparſam ſind. Nur die Ver - ſchwendung, die mit Faulheit verknuͤpfet iſt, ſchadet dem Lande. Wenn die Einwohner einer Stadt oder Landes wenig arbeiten und doch wohl leben wollen; ſo hat dieſes ſehr ſchaͤdliche Folgen, inſonderheit auf die Manufacturen, weil in einer ſolchen Stadt alles theuer werden muß; indem jedermann vor ſeine weni - ge Arbeit dennoch viel Geld haben will, um ſeiner Verſchwendung eine Genuͤge leiſten zu koͤnnen. Al - lein, wenn die Einwohner fleißig ſind und dabey ver - ſchwenden: ſo hat dieſes auf den Nahrungsſtand und die Manufacturen die gluͤcklichſten Folgen, weil da - durch ein großer Zuſammenfluß von Waaren entſtehet und alle Theile und Zweige der Gewerbe belebt wer - den, Umſtaͤnde, worauf ihr bluͤhender Zuſtand allein ankommt. Wenn demnach einige geglaubt haben, daß die Acciſen und Licenten deshalb anzupreiſen ſind, weil jedermann ſeine Sparſamkeit dabey zu ſtatten kommt; und es derjenige, der viel aufwendet und mit - hin viel entrichtet, ſich ſelbſt und ſeinem freyen Willen beyzumeſſen habe: ſo wuͤrde ich dieſes vielmehr vor ei - nen Fehler in der Einrichtung der Abgaben, als vor einen Vorzug halten. Die gerechte Gleichheit in de - nen Abgaben muß ſich auf das Vermoͤgen und den Gewinnſt eines jeden Unterthan, nicht aber auf ihre Sparſamkeit oder Verſchwendung gruͤnden. Man wuͤrde vielmehr Urſache haben auf Abgaben zu ſinnen,wodurch63mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.wodurch die Unterthanen von der Sparſamkeit in Ver - brauch der Landesproducte und Waaren zuruͤckgehalten werden koͤnnten.

Ueberhaupt muß man ſagen, daß die Abgaben inAllgemeine Vorſtellung von dem Einfluſſe det Abgaben in das Wohl des Staats. einem Lande wohl eingerichtet ſind, wenn ſie mit dem geſammten Nahrungsſtande einen genauen Zuſammen - hang haben. Das Geld iſt das Blut des Staats, ſo wie die Regierung das Herz deſſelben iſt. Durch die Abgaben wird das Blut in das Herz gefuͤhret; und ein wohl eingerichteter Aufwand der Regierung trei - bet das Blut wieder in die Adern zuruͤck. Die Ar - beitſamkeit iſt die Waͤrme, welche die Lebhaftigkeit die - ſes Umlaufes befoͤrdert; und ein Staat kann nur nach dem Verhaͤltniſſe geſund oder gluͤcklich ſeyn, als dieſe Triebfeder des Umlaufs wohl beſchaffen iſt und als die Aufſteigung des Blutes nach dem Herzen und der Ausfluß aus dieſer großen Blutkammer in allen Theilen oder Adern das richtigſte und auf das beſte zuſammenhaͤngende Verhaͤltniß haben. Die große Kunſt des Cameraliſten und die Weisheit in Einrichtung der Finanzen, kommt demnach darauf an, daß die Abgaben die Arbeitſamkeit befoͤrdern, das Ge - nie der Unterthanen zu nuͤtzlichen Gewerben aufmun - tern und zu dem Verbrauch und der Ausfuͤhrung der Landesproducte anreizen. Vielleicht ſind die Abgaben in den wenigſten Landen alſo eingerichtet. Allein dieſe Einrichtung iſt gar nicht unmoͤglich. Der vortrefli - che Colbert hat ſchon dieſe Grundſaͤtze zum Theil mitdem64II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.dem gluͤcklichſten Erfolge angewendet. Es iſt hier nicht der Ort, wo wir ausfuͤhrlich davon handeln koͤn - nen. Vielleicht werde ich hierzu einmal eine beſondere Schrift beſtimmen.

Von dem Zuſammen - hange des Münzwe - ſens mit den Manufactu - ren.

Wir kommen nunmehr auf den Zuſammenhang des Muͤnzweſens mit denen Manufacturen und Fabriken: und man ſiehet ſchon aus denen vorhergehenden Ge - danken, wie genau das Verhaͤltniß zwiſchen beyden iſt. Wenn das Blut in dem Coͤrper wohl circuli - ren ſoll; ſo muͤſſen dieſe Adern ein geſundes Gebluͤt in ſich haben; und wahrhaftig, wenn die Muͤnzen des Landes ſchlecht beſchaffen ſind: ſo kann man ſich ſo wenig bluͤhende Manufacturen und Fabriken, als an - dere bluͤhende Theile des Nahrungsſtandes verſpre - chen. Man mag das Geld als vorſtellende Zeichen von den Waaren, oder als einen wirklichen allgemei - nen und hoͤchſten Werth und Verguͤtungsmittel aller Guͤther anſehen, Begriffe die keinesweges gleichguͤltig ſind, weil daraus gar verſchiedene Saͤtze in dem Muͤnz - weſen folgen; ſo kommt dennoch allemal die Lebhaftig - keit der Circulation darauf an, daß man verſichert iſt, man koͤnne dieſe Zeichen oder dieſes allgemeine Ver - guͤtungsmittel in eben dem Verhaͤltniß wieder ausge - ben, als man es empfangen hat. Allein dieſe Zuver - ſicht ermangelt bey einem ſchlechten Muͤnzweſen. Wenn es auch moͤglich waͤre, daß man ſchlechte Muͤn - zen im Lande ohne das verderbliche Agio in eben dem Werth wieder ausgeben koͤnnte; ſo wird es uns dochallemal65mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.allemal bey denen Auslaͤndern fehlen, ſie in eben dem Verhaͤltniſſe anzubringen, und dieſes ziehet nothwendig entweder die Vertheurung der Waaren oder das Agio auch im Lande nach ſich. Ein jedes Mißtrauen hem - met die Circulation des Geldes, ſo wie das Schrecken das Gebluͤt ſtockend macht. Bey einem ſchlechten Muͤnzweſen aber ereignen ſich beſtaͤndig vielerley Arten des Mißtrauens, ſowohl in Anſehung der Veraͤnde - rungen der Muͤnzen ſelbſt, die zum Vorſchein kommen, als des Wechſelcourſes; und eine jede Hemmung der Circulation, ſie ſey ſo klein und unmerklich als ſie wolle, hat allemal einen nachtheiligen Einfluß in den Nah - rungsſtand. Die Manufacturen und Fabriken leiden inſonderheit dabey, nicht allein weil die Auslaͤnder ihre Waaren mit der ſchlechten Landesmuͤnze bezahlen, ſon - dern weil die Arbeiter mit ihren Lohn bey der Vertheu - rung der Lebensmittel nicht beſtehen koͤnnen. Jn der That iſt es ein wahrer Verluſt ſowohl vor das Land, als den Regenten ſelbſt, wenn ſchlechte Muͤnzen ge - praͤget, und fremden geringhaltigen Gelde der Eingang geſtattet wird; und es iſt einer der allerſchaͤdlichſten Wege, wodurch nicht allein die Auslaͤnder allemal ge - winnen, ſondern auch die Commercien des Landes auf vielerley Art Schaden leiden. Es iſt dieſes bey Gele - genheit des ietzigen Muͤnzverderbens in Teutſchland in verſchiedenen Schriften und inſonderheit in einem Tra - ctat: Urſachen des verderbten Muͤnzweſens in Teutſch - land, gruͤndlich gezeiget worden, deren Gruͤnde zu wie - derholen allhier zu weitlaͤuftig ſeyn wuͤrde.

EWenn66II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.
Von dem Umlaufe der Papiere ſtatt des Geldes.

Wenn der Nahrungsſtand bluͤhen und die Circu - lation des Geldes ſtark und lebhaft geſchehen ſoll; ſo muß eine genugſame Menge Geldes in den Gewerben vorhanden ſeyn. Da nicht alle Staaten die darzu er - forderliche Menge Geldes gehabt haben; ſo iſt man darauf gefallen, ſtatt des Geldes Papiere circuliren zu laßen. Dieſes ſind nichts anders als vorſtellende Zei - chen des Geldes; und man muß eben daraus ſchließen, daß der Begriff, nach welchen man das Geld als vorſtel - lende Zeichen der Guͤther anſiehet, nicht allzurichtig iſt. Denn vorſtellende Zeichen von vorſtellenden Zeichen iſt ein wenig widerſinniſch; wie denn auch der Begriff, daß das Geld das Verguͤtungsmittel aller Guͤther ſey, allein der Begriff iſt, der zu richtigen Saͤtzen in dem Muͤnzweſen fuͤhret. Man muß geſtehen, daß die Er - findung, vorſtellende Zeichen des Geldes zu machen, eine ſehr gluͤckliche Erfindung iſt. Die Summe des Geldes im Lande wird dadurch gleichſam noch einmal ſo ſtark vermehret und dieſe Vermehrung thut bey ei - nem vollkommenen Credit dieſer Papiere in der Circu - lation eben die Dienſte, als wenn ſie wirklich geſchehen waͤre. Unterdeſſen iſt doch dieſes Mittel nur in dem Fall der Nothwendigkeit anzurathen, naͤmlich, wenn die circulirende Summe nicht groß genug iſt, oder wenn der Staat Schulden hat; da es denn die Pflicht einer weiſen Regierung iſt, dieſen Schuldſcheinen ei - nen vollkommenen Credit und Circulation zu verſchaf - fen, um einen an ſich ſelbſt eben nicht vortheilhaftigen Umſtand dem Staate und dem Nahrungsſtande nuͤtz - lich zu machen. Es iſt dieſes in allen Betracht eingewalt -67mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.gewaltſames Arzeneymittel, das mit großer Behutſam - keit und Ueberlegung anzuwenden iſt, und es wuͤrde eben ſo thoͤricht ſeyn, ohne Noth vorſtellende Zeichen des Geldes zu machen, als wenn man ſich zum Spaß trepaniren oder fremd Blut in ſeine Adern ſpruͤtzen ließe. Es koͤnnen ſich verſchiedene Umſtaͤnde und Zu - faͤlle ereignen, daß aus einer ſolchen unnoͤthigen Ver - wegenheit ſehr ſchaͤdliche Folgen entſtehen.

Es kommt bey dieſen vorſtellenden Zeichen allesVollkom̃ner Credit, den dieſe Papiere haben müſ - ſen. darauf an, daß ſie beſtaͤndig in dem allervollkommenſten Credit erhalten werden; und ſo lange dieſes geſchiehet: ſo haben ſie in der Circulation des Geldes und mithin in allen Zweigen des Nahrungsſtandes den vortreflich - ſten Nutzen. Allein ſo bald dieſer Credit ſinket: ſo ha - ben ſie weit betruͤbtere Folgen, als ſie vorher Nutzen gehabt haben. Es iſt eben das, als wenn ein heftiger Blutſturz auf einmal eine große Menge Gebluͤte aus dem Koͤrper herausſtoͤßet. Die Circulation des Gel - des wird allenthalben gehemmet und alle Gewerbe lei - den auf das empfindlichſte, inſonderheit aber die Manu - facturen und Fabriken. Da die Kaufleute und Entre - prenneuͤrs dieſe vorſtellenden Zeichen nicht weiter an den Mann bringen koͤnnen; ſo haben ſie keine Mittel ihre Arbeiter zu bezahlen, davon folglich ein großer Theil außer Nahrung und Brod geſetzet werden; und die Sache kann ſo weit gehen, daß die bluͤhendeſten Manufacturen und Fabriken einen Stoß leiden, davon ſie ſich nicht wieder aufhelfen koͤnnen. Man hat ſchon in verſchiedenen Landen die Folgen davon geſehen; undE 2Engel -68II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.Engelland ſtand einſtmals in Gefahr, alle betruͤbte Wirkungen davon zu ſehen, wenn man nicht ſchleunige Huͤlfsmuͤttel angewendet haͤtte. Dieſe Folgen ſind auch ſo leicht einzuſehen, daß ich glaube, ein Miniſter koͤnne ſeine grobe Unwiſſenheit und gaͤnzliche Unfaͤhig - keit zu ſeinem Amte auf keine ſtaͤrkere Art zu Tage le - gen, als wenn er den Credit der Papiere des Staats in Verfall kommen laͤßt. Es kann keine Noth des Staats ſo groß ſeyn, daß er die Sorgfalt, dieſen Cre - dit zu erhalten, aufgiebt. Denn anſtatt dadurch in einer andern Noth Huͤlfe zu erhalten; ſo wird die Noth des Staats immer groͤſſer, weil alle diejenigen, ſo dieſe Papiere in Haͤnden haben, zufallen, um ihr Geld zu erhalten. Dahingegen, wenn er den Credit aufrecht erhaͤlt; ſo hat er eben dadurch in allen andern Noͤthen des Staats tauſenderley Huͤlfsmittel. Wenn er alſo auch in Geheim die Juwelen des Regenten und ſein eigenes Vermoͤgen anwenden ſolte, um die Jntreſſen von denen Schuldſcheinen des Staats zu entrichten, oder denen Bancoglaͤubigern, die bey beſondern, Furcht - erweckenden, Umſtaͤnden ihre Papiere bezahlet haben wollen, auszuzahlen, als welche Mittel allemal zu Er - haltung des Credits zureichen: denn ſo bald die Banco in dergleichen Umſtaͤnden auszuzahlen anfaͤngt; ſo wer - den die uͤbrigen nicht weiter auf die Bezahlung drin - gen; ſo muß er dieſe Mittel nie zu empfindlich halten. Sie ſind eine unumgaͤngliche Nothwendigkeit; oder man muß von ſeiner Faͤhigkeit und von ſeinen Willen die Wohlfarth des Staats zu befoͤrdern und die aͤußerſte Noth zu verhuͤten ein ſchlechtes Urtheil faͤllen.

Eben69mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.

Eben dieſe Grundſaͤtze geben uns endlich auch zuEinfluß des Credits in die Manufa - cturen. erkennen, in was vor genauer Verbindung der Credit uͤberhaupt mit dem Wohlſtande der Manufacturen und Fabriken ſtehet. Nicht allein der allgemeine Credit der Nation, welcher auf die Papiere des Staats und auf den guten Glauben der Nation bey andern Voͤlkern an - kommt, muß aufrecht erhalten werden; ſondern der be - ſondere Credit im Lande erfordert eben ſo viel Sorg - falt. Der beſondere Credit beſtehet in der Leichtigkeit und dem Zutrauen, womit die Gewerbetreibenden Perſonen einander ihr Vermoͤgen anvertrauen; und man ſiehet leicht, was vor Einfluß dieſes in den Wohl - ſtand der Manufacturen und Fabriken haben muß, de - ren bluͤhender Zuſtand erfordert, daß ihre Waaren haͤu - fig und oͤfters aus einer Hand in die andere gehen. Dieſer beſondere Credit kommt auf gute Wechſelrechte und auf eine ſchleunige und unpartheyiſche Handhabung der Gerechtigkeit an, davon ich in denen Grundſaͤtzen der Policey und in andern meinen Schriften weitlaͤuf - tiger gehandelt habe und mich dannenhero hier dabey nicht aufhalten will.

E 3Drit -70III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndung

Dritter Abſchnitt. Von Anlegung und Gruͤndung der Manu - facturen und Fabriken.

Eintheilung dieſes Ab - ſchnittes in zwey Haupt - ſtücke.

Nachdem wir in denen vorhergehenden Abſchnitten ſowohl die Nothwendigkeit und den Nutzen der Manufacturen und Fabriken, als auch ihren Zuſammenhang mit denen geſammten Verfaſſun - gen und Beſchaffenheiten des Staats gezeiget haben; ſo kommen wir nunmehro auf die wichtige Materie von Anlegung und Gruͤndung dieſer Nahrungsge - ſchaͤfte. Da dieſes das Hauptaugenmerk in der gegen - waͤrtigen erſten Abtheilung ausmacht, woran denen Leſern am meiſten liegen wird; ſo finden wir vor noͤ - thig, die darinnen vorkommenden Materien zufoͤrderſt wohl aus einander zu ſetzen. Man ſiehet leicht, daß es hier auf zweyerley Hauptbetrachtungen ankommt. Wir muͤſſen uns naͤmlich zufoͤrderſt um die Maaßre - geln und Anſtalten bekuͤmmern, die bey Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken erfordert werden; und ſodann muͤſſen wir erwaͤgen, was vor Befoͤrderungsmittel noͤthig ſind, um dieſen Maaßre - geln und Anſtalten einen gluͤcklichen Fortgang zu ver - ſchaffen. Dieſes giebt alſo Anlaß, daß wir dieſen Ab - ſchnitt in zwey Hauptſtuͤcke eintheilen, in welchen wir die gemeldeten zwey Hauptbetrachtungen vortragen wollen.

Erſtes71der Manufacturen und Fabriken.

Erſtes Hauptſtuͤck des dritten Abſchnittes, Von denen Maaßregeln und Anſtalten zu Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken.

Wir haben oben gezeiget, daß die ManufacturenMan muß diejenigen Manufactu - ren zuerſt anlegen, wo - vor das mei - ſte Geld außer Lan - des gehet. und Fabriken einem Lande nothwendig und nuͤtz - lich ſind. Man muß dieſes von allen Arten derſelben ohne Unterſchied behaupten. Eine jede erſpahret den Ausfluß des Geldes aus dem Lande; eine jede kann zu auswaͤrtigen Commercien und mithin zu Bereicherung des Landes dienen und eine jede beſchaͤftiget die Haͤnde der Unterthanen mit nuͤtzlicher Arbeit und verſchaffet ihnen Nahrung und Unterhalt. Eine weiſe Regie - rung muß demnach den großen Grundſatz haben, alle und jede Arten der Manufacturen und Fabriken, die nach Beſchaffenheit des Landes und der Himmelsge - gend nur immer moͤglich ſind, im Lande anlegen zu laßen. Allein, wenn es noch im Lande mit denen Ma - nufacturen und Fabriken, außer denen gemeinen un - umgaͤnglichen Handwerken, ziemlich leer ausſiehet; ſo kann man nicht auf einmal alle und jede Manufacturen zugleich anlegen. Man muß mit einigen den Anfang machen; und da fragt es ſich, welche vor andern den Vorzug verdienen. Man kann hierauf kurz antwor - ten, daß man die nothwendigſten Manufacturen und Fabriken zuerſt anlegen muß. Diejenigen Manufa - cturen und Fabriken ſind aber allemal am nothwen - digſten, vor welche das meiſte Geld außer Landes gehet. Der große Endzweck der Manufacturen und FabrikenE 4beru -72III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungberuhet lediglich darauf, dieſen Ausfluß des Geldes zu verhuͤten. Wenn aber einige Arten von Manufactu - ren und Fabrikenwaaren das Geld ziemlich in gleicher Maaße außer Landes ziehen: ſo verdienet diejenige Art den Vorzug, durch welche die meiſten Menſchen ernaͤh - ret werden koͤnnen. Die Nahrung und der Unterhalt der Einwohner iſt dasjenige, was nach dem Ausfluß des Geldes die meiſte Aufmerkſamkeit verdienet. Unter - deſſen muß man allemal auf den groͤſſern Ausfluß des Geldes zuerſt ſehen. Der Ausfluß des Geldes iſt das eigentliche Uebel und die Krankheit des Staats, wel - che das Land arm und endlich ſelbſt zu Anlegung dieſer Nahrungsgeſchaͤfte unfaͤhig macht. Man muß aber zuerſt die Krankheit des Koͤrpers heben, ehe die Glie - der deſſelben ihre behoͤrigen Verrichtungen antreten koͤnnen.

Auf was Art ſich| die Re - gierung dieſe Keñtniß er - werben muß.

Es iſt dannenhero unumgaͤnglich noͤthig, daß die Regierung wiſſen muß, vor welche Arten der Waaren das meiſte Geld außer Landes gehet. Die Kenntniß aller Umſtaͤnde muß allemal vorhergehen, wenn man heilſame Maaßregeln ergreifen will. Es kann der Re - gierung nicht ſchwehr fallen, dieſe Kenntniß zu erlan - gen. Die Zoͤlle, die zur Direction und Einſicht in den Zuſtand der Commercien allemal nothwendig ſeyn wuͤrden, wenn man auch nicht den Endzweck auf die Einkuͤnfte des Staats richtete, muͤſſen hier den noͤthi - gen Unterricht an die Hand geben; und gleichwie ein wohleingerichtetes Zollweſen erfordert, daß auch dieje -nigen73der Manufacturen und Fabriken. nigen Waaren und ihr Werth in denen Zollregiſtern verzeichnet ſeyn muͤſſen, die bey dem Ein - oder Aus - gange nichts entrichten; ſo muß die Kenntniß aus de - nen Zollregiſtern allerdings zuverlaͤßig ſeyn. Zu dem Ende muͤſſen alle Jahre von denen ein und ausgehen - den Waaren und ihren Werth der Regierung aus de - nen Zollregiſtern richtige Extracte vorgeleget werden, die in Tabellen gebracht werden koͤnnen, damit der Re - gent und ſeine Miniſter alles auf einmal uͤberſehen koͤn - nen. Es iſt gewiß, daß man ſchwehrlich die allerge - naueſte Richtigkeit von denen aus - und eingehenden Waaren aus denen Zollregiſtern erwarten kann, weil viele Zollbetruͤgereyen vorgehen und der wahre Werth der Waaren oͤfters verſchwiegen wird. Allein eine ſehr genaue Richtigkeit iſt auch hier nicht noͤthig. Man wird doch allemal ſehen, welche Waaren das meiſte Geld außer Landes ziehen; und wenn man glaubt, daß es noͤthig iſt, die Sache mit einer genauern Richtig - keit zu wiſſen; ſo kann man den Zollregiſtern mit an - dern Unterſuchungen zu Huͤlfe kommen. Man kann z. E. die Kaufleute, Handwerker und alle andere Unterthanen einige Jahre hindurch anhalten, daß ſie bey Ende eines jeden Jahres ein Verzeichniß eingeben muͤſſen, was vor Waaren ſie aus andern Laͤndern ha - ben kommen laßen, wie viel eine jede an Werth betraͤgt und was ein jeder an Landeswaaren in auswaͤrtige Staaten ausgefuͤhret und verkaufet hat. Dieſe Ver - zeichniſſe muͤſſen von denen Obrigkeiten in Tabellen ge - bracht und daraus allgemeine Tabellen und Extracte uͤber eine jede Provinz gemacht werden. Dieſes Ver -E 5fahren74III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungfahren muß Niemand zu muͤhſam ſcheinen. Die Re - gierung kann niemals gegruͤndete Maaßregeln in denen Commercien und Manufacturen ergreifen, wenn ſie nicht eine ſehr genaue Kenntniß von dem Zuſtande der - ſelben hat. Jn den Preußiſchen Landen hat man dieſe Verzeichniſſe vor einigen Jahren wirklich eingeben laßen. Ja man iſt ſo gar ſo weit gegangen, daß man einen jeden Hauswirth hat aufzeichnen laßen, was er vor Waaren aus andern preußiſchen Provinzen hat kommen laßen und wieder von den Waaren der Pro - vinz in andre preußiſche Staaten verfuͤhret und ver - handelt hat. Auch dieſes iſt eine nuͤtzliche Verfuͤgung. Die Regierung muß nicht allein die Beſchaffenheit des auswaͤrtigen Handels genau kennen, ſondern ſie muß auch die Staͤrke des Handels wiſſen, den eine Provinz mit der andern treibet. Alsdenn tappet ſie nicht im Finſtern und ihre Maaßregeln ſind nicht auf gerathe wohl ergriffen; ein gemeiner, aber großer Fehler vie - ler Regierungen und den man es vielleicht am meiſten beymeßen muß, wenn viele Anſtalten einen ſchlechten Fortgang haben.

Sodann muß man zuförderſt geſchickte Leute und Arbeiter zu denen Ma - nufacturen kommen laßen.

Wenn man nun alſo diejenigen Arten von Manu - facturen und Fabriken weiß, auf deren Anlegung man am erſten bedacht ſeyn muß; ſo muß man zufoͤrderſt bemuͤhet ſeyn, Leute und Arbeiter herbeyzuſchaffen, welche die Anlegung und Verfertigung ſolcher Manu - facturen genugſam verſtehen. Da man hier voraus - ſetzet, daß ein ſolches Land noch wenig oder gar keineManu -75der Manufacturen und Fabriken. Manufacturen und Fabriken hat; ſo muͤſſen dieſe Leute faſt allemal aus auswaͤrtigen Landen verſchrieben wer - den, wo die anzulegenden Manufacturen in Flohr ſind; und man muß in ſolchen Landen jemand haben, der geſchickte und ehrliche Leute auszuſuchen im Stande iſt. Man muß hauptſaͤchlich auf zweyerley Arten von Leu - ten ſein Augenmerk richten, naͤmlich auf gemeine Ar - beiter und auf Leute, welche eine Manufactur oder Fabrike, oder dieſen oder jenen beſondern Theil derſel - ben zu dirigiren wiſſen. Dieſe letztern, worauf es hauptſaͤchlich ankommt, muͤſſen nicht allein das We - ſentliche einer Manufactur oder Fabrike in allen darzu erforderlichen Arbeiten, ſondern auch die oͤconomiſche Einrichtung derſelben genugſam verſtehen. Es finden ſich zwar von ſelbſt oͤfters viel Leute ein, wenn es be - kannt wird, daß man auf Anlegung von Manufactu - ren und Fabriken bedacht iſt. Allein, ob ich zwar nicht davor halte, daß man ſolche Leute abweiſen ſoll; ſo muß man ſich doch auf ſolche niemals allein verlaßen. Solche Ankoͤmmlinge ſind gemeiniglich Ebentheuer, die mehr von ſich ausgeben, als ſie zu leiſten im Stande ſind; und es iſt bey vielen neuangelegten Fabriken eine Urſache ihres Unterganges geweſen, daß man die Di - rection und Einrichtung ſolchen Leuten anvertrauet hat, die ſich von ſelbſt eingefunden haben. Man muß zur erſten Gruͤndung Leute haben, die ſelbſt in ihren eigenen Lande davor bekannt ſind, daß ſie der Einrich - tung eines ſolchen Werkes vorſtehen koͤnnen, oder ge - ſchickte Arbeiter ſind und zu Erlangung derſelben muß man ſich keine Koſten dauren laßen. Wenn man ein -mal76III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungmal ſolche Leute hat; ſo werden auch diejenigen, die ſich von ſelbſt melden, brauchbar ſeyn; weil ſie von denen erſten gepruͤfet werden koͤnnen; ob ſie zu demjenigen, was ſie von ſich ruͤhmen, geſchickt ſind.

Man muß die Einge - bohrnen zu Hulfe neh - men und ſie von den Fremden unterrichten laßen.

Man muß ſich die Koſten zu Erlangung ſolcher Leute, nicht außerordentlich groß vorſtellen. Man braucht deren nur wenige aus auswaͤrtigen Landen zu verſchreiben. Ein guter Theil andre werden ſich von ſelbſt melden; und es giebt in einem jeden Lande Ein - gebohrne, die durch einen kurzen Unterricht in den Stand geſetzet werden koͤnnen, daß ſie bey denen neu - anzulegenden Manufacturen und Fabriken brauchbar ſind. Z. E. Wenn man Seidenmanufacturen anle - gen wollte; ſo wird es ſelten in einem Lande ſo ſchlecht ausſehen, daß nicht Bordenwirker und Leineweber dar - innen vorhanden ſeyn ſollten. Ein jeder Bordenwir - ker und Leineweber aber, der einen offenen Kopf hat, beſonders aber wenn der letztere leinenen Damaſt zu weben verſtehet, muß durch einen vierwoͤchentlichen Un - terricht dahin gebracht werden koͤnnen, daß er bey den beſten und kuͤnſtlichſten Seidenmanufacturen brauchbar iſt. Eben ſo koͤnnen offene Koͤpfe von denen Schloͤſ - ſern und Schmieden des Landes gar leicht unterrichtet werden, um bey allen Arten von Fabriken, die in Feuer arbeiten, mit gebrauchet zu werden. Ja es iſt ſo gar eine der aller nothwendigſten Maaßregeln, daß man die Landeseinwohner auf das baldigſte unterrichten laͤßt, damit die neuangelegten Werke nicht eingehen, wenndie77der Manufacturen und Fabriken. die Fremden das Heimweh bekommen, oder allzuunbil - lige Forderungen machen; und zu dem Ende muͤſſen denen Fremden nicht allein erwachſene Landeseinwoh - ner obgedachtermaaßen zu Gehuͤlfen gegeben, ſondern ih - nen auch viele junge Lehrlinge von guten Faͤhigkeiten un - tergeben werden. Beyde, wenn ſie aufmerkſam ſind, wer - den ſich gar bald von allen Arten der Arbeiten auf das voll - kommenſte unterrichten koͤnnen, weil die fremden Beyar - beiter, dazu ſie allenthalben Gehuͤlfen brauchen, ſchwehr - lich etwas zuruͤckzuhalten im Stande ſind. Unterdeßen muß man allemal denen Fremden wohl begegnen und ſich durch keine liſtigen Wendungen und Vorſpiegelun - gen der Eingebohrnen bewegen laßen, ihnen Verdruß zu verurſachen und uͤbel mitzuſpielen. Dieſes muß ein hauptſaͤchliches Augenmerk der Miniſters ſeyn; und man muß denen Fremden eher etwas nachſehen, als ihnen uͤbel begegnen, weil ein Hof, der bluͤhende Ma - nufacturen und Fabriken zu Stande bringen will, nichts ſo ſehr zu vermeiden hat, als daß ein uͤbles Ge - ſchrey in andern Landen von der Begegnung gegen die Fremden entſtehet. Man wird bey einem ſolchen Ge - ſchrey ſehr ſchwehr in andern Vorfaͤllen geſchickte Leu - te erhalten koͤnnen. Wenigſtens wird man alsdenn ſehr hohe und beſchwehrliche Bedingungen zugeſtehen muͤſſen. Wenn auch die Fremden verſichert ſind, daß man ſie nicht durch Verdruß und Beleidigungen dahin bringen wird, in ihr Vaterland zuruͤck zu gehen, ſo bald man ſie nicht mehr noͤthig zu haben glaubet; ſo werden die Fremden keine Urſache haben in ihren Un - terricht der Landeseinwohner zuruͤckhaltend zu ſeyn.

Nach -78III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndung
Bey denen Manufactur Gebäuden muß man die großen Ko - ſten vermei - den.

Nachdem man die zu Anlegung der Manufactu - ren und Fabriken noͤthigen geſchickten Leute bey der Hand hat; ſo entſtehet gemeiniglich die Frage von de - nen darzu erforderlichen Gebaͤuden; und hier hat man in gar vielen Landen den Fehler begangen, daß man gleich Anfangs zu dieſem Ende große und koſtbare Ge - baͤude aufgefuͤhret hat. Gleichwie ich die allgemeine Anmerkung gemacht habe, daß man in den meiſten Lan - den bey ſolchen neuen Anſtalten mehr auf dasjenige ſie - het, was in das Auge faͤllt und in auswaͤrtigen Lan - den Aufſehen macht, als daß man das Hauptaugen - merk auf das Gruͤndliche und Weſentliche richten ſollte; ſo haͤlt man es vor eine Art der Schande, wenn ein ſolches neues Werk nicht auch aͤußerlich glaͤnzen ſollte. Es iſt aber dieſes wirklich ein großer Fehler. Zuge - ſchweigen, daß einiger Jahre Zeit verſplittert wird, ehe man mit ſolchen großen Gebaͤuden zu Stande kommt; ſo gehet dadurch ein großer Theil des Capitals außer Haͤnden, daß zu Anlegung ſolcher neuen Anſtalten be - ſtimmt iſt; und wenn hernach der Nachdruck in dem Aufwande fehlet, oder die Fabriken die aufgewendeten großen Koſten nicht verintreßiren; ſo geraͤth das ganze Werk ins Stocken, oder man beſchuldiget die Manu - facturen und Fabriken ſelbſt, daß ſie nach denen Um - ſtaͤnden des Landes nicht eintraͤglich und vortheilhaftig ſind, da man doch nichts als denen unrechten Maaß - regeln die Urſache des ſchlechten Fortganges beyzumeſ - ſen hat. Ueberhaupt iſt die Aufwendung großer Ko - ſten wider das Weſen und den Endzweck dieſer Nah - rungsgeſchaͤfte. Der gute Fortgang der Manufactu -ren79der Manufacturen und Fabriken. ren und Fabriken kommt auf den inn - und auslaͤndi - ſchen Debit an. Der Debit haͤngt, wie wir mehr - malen errinnert haben, von dem wohlfeilen Preiß der Waaren ab. Wenn man aber große Koſten aufwen - det; ſo will man dieſelben verintreßiret haben; und folglich muß notwendig eine Vertheurung der Waaren entſtehen. Es gehoͤret demnach nothwendig unter die guten Maaßregeln, daß man in Anſehung der Gebaͤu - de, ſo viel moͤglich, die Koſten ſchonet. Man wird allenthalben alte, aber noch gute Gebaͤude zu kaufen bekommen koͤnnen, die mit wenigen Koſten zu dem vor - habenden Endzwecke eingerichtet und in brauchbaren Stand geſetzet werden koͤnnen. Bey guten Fortgange der Fabriken koͤnnen ſolche Gebaͤude allemal erweitert und mithin das Werk mehr ausgebreitet werden; und dieſes iſt allemal ſicherer, als wenn bey dem Verfall der Fabrike ein großes Gebaͤude unnuͤtze wird und nichts als den leeren Namen eines wohlgemeinten, aber uͤbel - veranſtalteten Unternehmens uͤbrig behaͤlt. Erfordern dieſe oder jene Arten der Fabriken ſchlechterdings gleich anfangs einen großen Umfang; ſo wird man allemal große Gebaͤude im Lande finden, die entweder zu kau - fen ſtehen, oder die dem Landesherrn gehoͤren und we - nig Nutzen haben. Es iſt in verſchiednen Landen ein großer Ueberfluß von Landesherrlichen Schloͤßern und Haͤuſern. Jedes Amt iſt faſt mit einem ſolchen herr - ſchaftlichen Gebaͤude verſehen, darunter es viele giebt, die der Landesherr kaum einmal in ſeinem Leben ein paar Tage bewohnet. Solche uͤberfluͤßigen Gebaͤude ſind ohnedem wider die guten Grundſaͤtze des Finanzwe -ſens.80III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungſens. Sie erfordern viel Koſten, um ſie in baulichen Weſen zu erhalten; und uͤberdieß wird gemeiniglich ein beſondrer Bedienter beſoldet, der in dem Gebaͤude wohnet und die Aufſicht daruͤber hat. Der vorherge - hende Koͤnig von Preußen, der eine ſehr große Ein - ſicht in das Finanzweſen hatte, hat ſich ſolcher Gebaͤu - de um ein geringes entlediget; und er hat gewiß guten Grund darzu gehabt: Zu was vor einen nuͤtzlichern Endzweck koͤnnten ſie aber wohl angewendet werden, als ſie zu Manufacturen und Fabriken zu gebrauchen, welche dem Lande Nahrung und Reichthum verſchaffen?

Jn was vor Orten und Gegenden des Landes die Fabriken anzulegen ſind.

Es iſt gar nicht gleichguͤltig in welchen Orten und Gegenden des Landes die Manufacturen und Fabriken angeleget werden. Die gute Grundregel iſt: Da muß eine jede Art der Manufacturen und Fabriken angele - get werden, wo die groͤßten Bequemlichkeiten und Vor - theile mit den wenigſten Koſten vor dieſelbe zu haben ſind. Dieſe Grundregel erſchoͤpfet die ganze Sache. Man muß auf die Naͤhe der Materialien ſehen und z. E. Wollenmanufacturen werden in einer Gegend zu errichten ſeyn, wo die beſte Schaafzucht iſt; ſo wie metalliſche Fabriken an ſolchen Orten anzulegen ſind, wo die Metalle und Bergwerksproducte in der Naͤhe ſind; dahingegen wenn man mit fremden Materialien arbeitet, ein Ort zu erwaͤhlen iſt, welcher die Bequem - lichkeit der Schiffarth hat. Man muß auch auf die Bequemlichkeit ſehen, wo die Arbeiter in Menge und in wohlfeilen Preiß zu haben ſind. Zuweilen erfor -dert81der Manufacturen und Fabriken. dert ein Nebenumſtand viele Aufmerkſamkeit, z. E. ob das Waßer zu der Fabrike dienlich iſt, wie bey denen Faͤrbereyen, Stahlmachen und dergleichen allerdings erwogen werden muß, wiewohl ich glaube, daß dieſer letztere Umſtand durch die Kunſt zu verbeſſern iſt, wenn ein Ort dieſen Vortheil nicht hat. Hat ein Ort die - ſen, ein andrer aber jenen Vortheil; ſo muͤſſen dieſe Vortheile gegen einander berechnet werden, um zu ent - ſcheiden, welcher wichtiger iſt. Ohne ſolche Berech - nungen wird man allemal in Finſtern tappen. Es fragt ſich auch, ob dieſem oder jenem Orte die erman - gelnde Bequemlichkeit durch Fleiß und Muͤhe nicht ver - ſchaffet werden kann. Z. E. dieſer Ort hat die Ma - terialien in der Naͤhe, es ſcheinen aber die Arbeiter zu fehlen, deren inſonderheit bey denen Spinnereyen eine große Menge erfordert werden. Da fragt es ſich, ob dieſer letztere Umſtand nicht gehoben und die Land - leute zur Spinnerey angewoͤhnet werden koͤnnen. Jch glaube allerdings. Die ungemein betraͤchtliche Cat - tunfabrike auf der Schwechat, einige Meilen von Wien, die mehr als 10000 Menſchen ernehret, hat Anfangs mit dieſem Puncte große Muͤhe gehabt. Jetzo ſpinnen die Landleute in einem Diſtricte von vielen Meilen ſo gern, daß ſie zuweilen nicht alle Arbeit be - kommen koͤnnen. Es kommt nur darauf an, daß ſie ihren damit verbundenen Vortheil begreifen lernen.

Meines Erachtens muß die Haupt - und Reſidenz -Jn der Reſi - denzſtadt muß man ſtadt der letztere Ort ſeyn, auf welchen man bey Anle -Fgung82III. Abſchn. von Anlegung und Gruͤndungdie Manu - facturen nicht anle - gen.gung der Manufacturen und Fabriken denket; und man muß außer ganz beſondern Umſtaͤnden auf alle Art vermeiden, ſie daſelbſt anlegen zu laßen. Jn der Hauptſtadt des Landes iſt es allemal ungleich theurer, als in allen andern Gegenden, ſowohl in Anſehung der Haußmiethe, als der Lebensmittel. Die Arbeiter muͤſſen alſo theurer bezahlt werden und dieſes vertheuret die Waaren, welches dem guten Fortgange dieſer Nah - rungsgeſchaͤfte gerade zuwider iſt, wie mehrmalen er - innert worden. Ueberdieß hat die Hauptſtadt durch den Aufwand des Hofes und einer großen Menge von Staatsbedienten und durch den Zuſammenfluß der Fremden aus andern Landen und aus allen Provinzen, die den Hof ſuchen, ohnedem ſchon Nahrung genug. Es iſt aber eine ſehr nothwendige Maxime eines wei - ſen Regenten, daß er die Nahrung und die Circulation des Geldes allenthalben in ſeinen Staaten gleich zu ver - breiten ſuchet. So bald das Gebluͤt in dem gering - ſten Theile des menſchlichen Koͤrpers ſtocket; ſo leidet der ganze Koͤrper; und eben ſo leidet der Koͤrper des Staats, wenn es auch in denen entfernteſten Gegen - den an genugſamer Nahrung und Umlaufe des Gel - des mangelt. Die natuͤrlichen Gaben und Vortheile dieſer Gegenden werden ſolchen Falls keinesweges recht genutzet; und ſie tragen zu den Kraͤften des Staats bey weiten nicht ſo viel bey, als ſie thun koͤnnten. Jch habe hiervon in meiner Staatswirthſchaft gehandelt und verſchiedene Mittel gezeiget, wodurch ein weiſer Regent ſich bemuͤhen muß, auch in den entfernteſten Provinzen eine genugſame Menge Geldes zur Circu -lation83der Manufacturen und Fabriken. lation zu bringen, worunter die Manufacturen und Fabriken eines der vornehmſten ſind. Es iſt wahr, dieſe Nahrungsgeſchaͤfte ziehen ſich ſehr leicht nach der Reſidenzſtadt. Die Fremden, welche man zu Anle - gung und Verwaltung dieſer Werke in das Land kom - men laͤßt, wohnen lieber in der Hauptſtadt; die Be - dienten des Staats, welche die Direction und Ober - aufſicht dabey fuͤhren, wollen ſie gerne in der Naͤhe haben; und in der Hauptſtadt finden ſich allemal eher vermoͤgende Leute, welche dergleichen Werke unterneh - men, die natuͤrlicher Weiſe gern dabey gegenwaͤrtig ſeyn wollen, ohne daß ſie Luſt haben, aus der Haupt - ſtadt wegzuziehen. Die Reſidenzſtadt hat vor die mei - ſten Menſchen gar viele Reizungen. Das ſind in der That wichtige Urſachen, die gemeiniglich wider die guten Grundſaͤtze die Oberhand behalten, ob man gleich dieſe Grundſaͤtze gar wohl weiß. Allein ein weiſer Regent und weiſe Miniſters muͤſſen dennoch wider alle dieſe Verſuchungen ſtandhaft ſeyn. Die guten Grund - ſaͤtze zu verſtehen, ſtandhaft dabey zu beharren und die - ſelben wohl in Ausuͤbung zu bringen, dieſes iſt es, was einen Staat gluͤcklich macht.

Jch laͤugne nicht, daß ſich oͤfters ſehr großeDie Schwie - rigkeiten Manufactu - ren in Land - ſtädten an - zulegen, kön - nen gehoben werden. Schwierigkeiten entgegen ſtellen, wenn man die Manu - facturen und Fabriken an andern Orten, als in der Hauptſtadt, einrichten will. Allein ich laͤugne, daß dieſe Schwierigkeiten unuͤberwindlich ſind. So groß oͤfters die Schwierigkeit zu ſeyn ſcheinet, in einer Ge -F 2gend84III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndunggend genugſame Arbeiter zu denen Manufacturen zu finden; ſo laͤßt ſich ſolche doch durch Fleiß und gute Maaßregeln heben, wie wir oben durch das Beyſpiel der großen Oeſterreichiſchen Cattunfabrike gezeiget ha - ben. Noch groͤſſer aber ſcheinet die Schwierigkeit zu ſeyn, wenn die Landſtaͤdte, die ſonſt zu Anlegung der Ma - nufacturen und Fabriken geſchickt waͤren, eine ſo ſchlechte Beſchaffenheit haben, daß auf ihre Markttaͤ - ge, die nur den Namen nach vorhanden ſind, nicht einmal genugſame Victualien zum Unterhalt der Fa - brikenarbeiter kommen. Unterdeſſen iſt auch dieſe Schwierigkeit nicht unuͤberwindlich. Es iſt gewiß, daß ein weiſer Regente alles ausrichten kann, was er nur will, wenn er nur die behoͤrigen Maaßregeln er - greifet und anwendet. Man kann einer ſolchen Land - ſtadt allerdings die benoͤthigte Zufuhre verſchaffen, wenn man denen umliegenden Landleuten einen ſchweh - ren Zoll aufleget; ſo bald ſie ihre Victualien wo an - ders hinfuͤhren, als in diejenige Stadt, wohin man die Zufuhre verſchaffen will. Damit aber die Land - leute ſich nicht zu beſchwehren haben, daß ſie ihre Vi - ctualien in dieſer Stadt nicht loßwerden koͤnnen, wel - ches die gemeine Ausflucht iſt, wenn man eine noch ungewohnte Zufuhre an einen gewißen Ort ziehen will; ſo muß man ein Magazin veranſtalten, welches nach 10 oder 11 Uhr dasjenige um den Marktpreiß aufkau - fet, was noch unverkauft vorhanden iſt. Dieſe Maaßregeln wird man nur eine kurze Zeit noͤthig ha - ben; ſo wird ſich die Zufuhre auf beſtaͤndig dahin ziehen, zumal wenn die angelegten Manufacturenund85der Manufacturen und Fabriken. und Fabriken in Aufnahme kommen und mithin immer - mehr daſelbſt conſumiret wird.

Wir kommen nunmehro auf die Entreprenneurs derOb der Re - gent ſelbſt auf ſeine Rechnung und Ge - winnſt Ma - nufacturen anlegen ſoll. Manufacturen und Fabriken: und da fragt es ſich zu - foͤrderſt, ob der Regent ſelbſt auf ſeine eigne Rechnung und Gewinnſt dergleichen Werke anlegen ſoll. Man braucht nur eine geringe Kenntniß in denen guten Grundſaͤtzen zur Aufnahme der Staaten zu haben; ſo muß man dieſe Frage mit Nein beantworten. Die Gluͤckſeeligkeit der Unterthanen und mithin der Wohl - ſtand des Regenten ſelbſt, denn beyde ſind von einan - der unzertrennlich, beruhet auf bluͤhender Nahrung und Gewerben. Dieſe muß der Regent befoͤrdern. Allein er muß nicht ſelbſt Nahrung und Gewerbe trei - ben. Nichts iſt einem bluͤhenden Nahrungsſtande ſo ſehr entgegen, als eben dieſes. Wenn der Regent ſelbſt in ſeinem Lande der Generalkaufmann, Manu - facturherr, Apotheker, Weißbierbrauer, Branntewein - brenner, Schaͤfer und dergleichen iſt, wie verſchiedene teutſche Fuͤrſten angefangen haben; ſo kann er zwar ſeine Unterthanen noͤthigen, daß ſie ihm ſeine Waare abnehmen, aber niemals wird er es dahin bringen, daß die Auslaͤnder mit ihm handeln und daß durch ſeine Un - ternehmungen Geld in das Land kommt. Er kann es vielleicht durch großen Fleiß und Aufſicht und durch den willkuͤhrlich geſetzten Preiß ſeiner Waaren erzwin - gen, daß er ſelbſt Vortheil davon hat, aber ſeine Un - terthanen werden deſto aͤrmer und elender ſeyn; undF 3dann86III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungdann iſt er allemal auch ein armer Fuͤrſt, er mag noch ſo große Schaͤtze beſitzen. Er iſt alsdenn zwar ein rei - cher Privatmann, aber nichts weniger als ein reicher Fuͤrſt. Ueberdieß pflegen dergleichen Unternehmun - gen auf Rechnung und Gewinnſt des Regenten gar ſelten einen gluͤcklichen Fortgang zu haben. Viele Fuͤrſten haben es mit dem Schaden ihrer Kammern oder ihrer Chatoulle erfahren, daß man niemals wohl thut, die guten Grundſaͤtze außer Augen zu ſetzen. Die Directeurs ſolcher fuͤrſtlichen Manufacturen und Fa - briken wollen ſtarke Beſoldungen haben, ſind vielleicht auf ihren Nebenvortheil bedacht und wenden dennoch nicht ſo viel Fleiß und Aufſicht an, als ein Eigenthuͤ - mer, deſſen Schaden und Vortheil von ſeiner Auf - merkſamkeit abhaͤngt. Die Arbeiter und alles denkt, daß es auf Rechnung des Fuͤrſten gehet; und das iſt gemeiniglich ein Bewegungsgrund weniger zu arbei - ten und mehr auf ihren eigenen Vortheil zu ſehen. Außer einer ganz beſondern Aufmerkſamkeit des Fuͤr - ſten ſelbſt gehen demnach dergleichen Unternehmungen allemal zu Grunde. Ja ich weiß Beyſpiele, daß Pri - vatperſonen wichtige Fabriken gehabt haben, die vor ſie ſehr eintraͤglich geweſen ſind. Dieſes iſt ein Bewe - gungsgrund vor die Finanzminiſters geweſen, die Hand darnach auszuſtrecken; und man hat die Eigenthuͤmer genoͤthiget, ſolche dem Regenten kaͤuflich zu uͤberlaßen. Allein ſie ſind nicht ſo bald ein Eigenthum des Regen - ten geworden, als dieſe vorher bluͤhenden Fabriken in Abnahme und Verfall gerathen ſind, und man hat ſich genoͤthiget geſehen, ſolche entweder gar aufhoͤrenzu87der Manufacturen und Fabriken. zu laßen, oder mit großen Verluſt wieder an Privat - perſonen zu verkaufen. Die Urſachen des Verfalls ſind vorhin gezeiget. Alles was der Regent thun ſoll, iſt, daß er Manufacturen und Fabriken anleget, bloß ſie im Lande zu gruͤnden und in Gang zu bringen. Die - ſes iſt eine loͤbliche Vorſorge und Unternehmung, zu - mal wenn es ſchwehr haͤlt, im Lande Entreprenneurs zu finden. Allein ſo bald ſie in Gang gebracht ſind und beſtehen koͤnnen; ſo muß er ſie an Privatperſonen uͤberlaßen, wenn er guten Grundſaͤtzen gemaͤß verfah - ren will.

Wenn es zu rechtfertigen iſt, daß der Regent ſelbſtZu Bedürf - niß des Kriegshee - res kann der Regent Fa - briken anle - gen. auf ſeine Rechnung Manufacturen und Fabriken an - legt; ſo iſt es zu Verfertigung der Nothwendigkeiten vor ſein Kriegesheer. Hier iſt der Regent ſelbſt Haus - haͤlter; und es kann einem Haushaͤlter nicht verdacht werden, wenn er ſeine Nothwendigkeiten ſelbſt verfer - tigen laͤßt. Ueberdieß, wenn er hier durch eine gute Wirthſchaft etwas erſpahren kann; ſo iſt es ſo gut, als erſpahret er ſeinen Unterthanen etwas, weil ſie deſto mehr Abgaben entrichten muͤſſen, je mehr die Unter - haltung des Kriegsheeres Aufwand verurſachet. Wenn er die Nothwendigkeiten vor ſein Kriegesheer einkauft; ſo haben einige ſeiner Unterthanen Nahrung und Ge - winnſt dabey. Allein wenn er durch Anlegung eigner Manufacturen und Fabriken etwas an dem Aufwande erſpahret; ſo gewinnen dabey alle ſeine Unterthanen in Anſehung der Verminderung der Abgaben. Es kannF 4auch88III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungauch dem unerlaubten Vortheile, welche die Regi - ments und Compagnie Commendanten, oder die Liefe - ranten, und gemeiniglich beyde zugleich in vielen Lan - den dabey machen und wodurch entweder der Monarch, oder der arme Soldat, hintergangen wird, auf keine beßre Art vorgebogen werden, als wenn der Regent dieſe Nothwendigkeiten ſelbſt verfertigen laͤßt. Un - terdeſſen werden dabey eine große Aufſicht und kluge Maaßregeln erfordert. Denn wenn die Directeurs ſolcher Anſtalten gleichfalls ihren eignen unerlaubten Vortheil dabey ziehen, ſo iſt es allemal beſſer ſich der Lieferanten zu bedienen, weil der Reichthum eines Kauf - manns oder eines Manufacturherrn mehr Einfluß in einen bluͤhenden Nahrungsſtand hat, als der Reich - thum eines Bedienten des Staats. Zu dem Ende iſt es anzurathen, daß der Regent zwar uͤberhaupt die Anſtalt unterhaͤlt und die Materialien anſchaft, daß er aber die Arbeit Admediationsweiſe an dem wenigſt fordernden verdinget, z. E. daß er vor die Verferti - gung eines Rohres zum Feuergewehr, vor eine Sebel - klinge, vor eine 12 pfuͤndige Canone zu gießen und zu bohren, vor eine Elle Tuch zu machen und zu faͤr - ben u. ſ. w. ſo und ſo viel bezahlet, als man Licitati - onsweiſe mit ihm uͤbereingekommen iſt. Dieſe Anſtal - ten koͤnnen alsdenn viel genauer uͤberſehen und die Nachlaͤßigkeit und der Unterſchleif vermieden werden. Jch habe auch ſchon in meiner Staatswirthſchaft erin - nert, daß die Direction der Manufacturen und Fabri - ken zum Behuf des Kriegheeres allemal beſſer denen Finanzcollegiis als denen Kriegesbedienten uͤberlaßenwird,89der Manufacturen und Fabriken. wird, weil zu vermuthen iſt, daß die erſtern die oͤco - nomiſche Einrichtung viel beſſer verſtehen, als die letz - tern. Wenigſtens wenn eine vermiſchte Direction von Finanz - und Kriegesbedienten darzu verordnet wird; ſo muͤſſen die Kriegesbedienten nur die Direction in Anſehung der Qualitaͤt der zu verfertigenden Dinge, die Finanzbedienten aber die Haushaltung dabey haben.

Wenn es demnach guten Grundſaͤtzen nicht gemaͤßDie Manu - facturen und Fabriken können drey - erley Arten der Unter - nehmer ha - ben. iſt, daß der Regent ſelbſt auf ſeine Rechnung und Ge - winnſt die Manufacturen und Fabriken anleget; ſo fragt es ſich, welche Art der Unternehmer hier am dien - lichſten und nuͤtzlichſten ſind. Jch geſtehe gern, daß wenn dieſe Nahrungsgeſchaͤfte einmal im Lande voll - kommen gegruͤndet und bluͤhend ſind; ſo kann es dem Regenten ganz gleichguͤltig ſeyn, wer ſich damit ab - giebt und ſein Vermoͤgen in dieſe Unternehmungen waget. Allein ein ganz anderes iſt es, wenn die Ma - nufacturen und Fabriken erſt angeleget und eingefuͤhret werden ſollen. Der gluͤckliche Fortgang dieſer neuan - zulegenden Werke haͤnget gar ſehr von der Beſchaffen - heit der Unternehmer ab; und da zu einem guten Er - folg in dieſen neuanzulegenden Werken es ſchlechter - dings noͤthig iſt, daß ſie die Regierung unterſtuͤtzet; ſo fragt es ſich, was vor Leuten die Regierung dieſe Unterſtuͤtzung angedeihen laßen ſoll, wenn ſie ſich davon einen gluͤcklichen Fortgang und die Erreichung ihres End - zwecks verſprechen ſoll. Es koͤnnen hier dreyerley Ar - ten von Unternehmern ſtatt finden; es kann naͤmlichF 5ein90III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungein einzelner Entreprenneur eine Manufactur und Fa - brikenwerk unternehmen, eine große Menge von Arbei - tern unterhalten, oder einzelne Meiſter verlegen. Auf eben dieſe Art kann 2) eine Manufactur und Fabrike von einer ganzen Geſellſchaft unternommen werden; und 3) koͤnnen viele einzelne Meiſter in ſolchen Manu - factur - und Fabrikenarbeiten vorhanden ſeyn, die ſich alle ſelbſt verlegen, ohne von einem einzelnen Entre - prenneur oder einer Geſellſchaft abzuhaͤngen. Einen jeden von dieſen drey Wegen wollen wir beſonders un - terſuchen, um zu beſtimmen, welcher davon zu einen gluͤcklichen Fortgang der Manufacturen und Fabriken am vortheilhaftigſten iſt, und daher die Unterſtuͤtzung der Regierung am meiſten verdienet.

1) Ein ein - zelner En - treprenneur einer Ma - nufactur oder Fabrike iſt nicht an - zurathen.

Man hat zwar in verſchiedenen Landen den Weg erwaͤhlet, die Manufacturen und Fabriken durch ein - zelne Entreprenneurs, die man von Seiten der Regie - rung unterſtuͤtzet hat, anlegen zu laßen; und in der That wenn der Entreprenneur die erforderliche Kennt - niß und Faͤhigkeit hat, wenn er klug, fleißig und haus - haͤltig iſt; ſo iſt dieſes der kuͤrzeſte Weg, bald und ſchleunig etwas anſehnliches von Manufacturen und Fabriken zu Stande zu bringen. Allein ich glaube dem ohngeachtet nicht, daß dieſer Weg ſehr anzurathen iſt, wenn es angehet auf denen beyden andern Wegen zu eben dieſem Endzwecke zu gelangen. Wenigſtens iſt es allemal ein unſicherer Weg; und ſo lange die Manufacturen und Fabriken in den Haͤnden ſolchereinzel -91der Manufacturen und Fabriken. einzelner Entreprenneurs ſind; ſo kann man nicht ſagen, daß dieſe Nahrungsgeſchaͤfte genugſam im Lande ge - gruͤndet ſind. Tauſenderley Zufaͤlle koͤnnen denenſel - ben ſo fort ein Ende machen. Wenn ſich die Regie - rung in dem Vertrauen auf die Geſchicklichkeit des Entreprenneurs geirret hat, wenn er bey aller ſeiner Geſchicklichkeit keine gute oͤconomiſche Einrichtung des Werkes verſtehet; wenn er kein fleißiger und thaͤtiger Mann iſt; ſo wird die Fabrike einen ſchlechten Fort - gang haben, und die Unterſtuͤtzung der Regierung wird vergeblich aufgewendet ſeyn. Allein, wenn auch das Werk anfangs einen guten Fortgang zu haben ſcheinet; ſo ſchwillt eben durch dieſen guten Fortgang oͤfters der Hochmuth des Entreprenneurs auf. Er will große Titel haben und ſich ſehen laßen; er faͤlt in Verſchwendung, Dinge, die ſich nur gar zu oft ereignet haben; und er ziehet ſich ſeinen Untergang zu, wobey nicht allein der Vorſchuß der Regierung verlohren ge - het, ſondern auch die Fabrike oͤfters ſelbſt ihren Unter - gang findet; indem nicht ſo gleich Leute bey der Hand ſind, die ſie fortſetzen wollen und koͤnnen. Ja wenn auch dieſes ſich nicht ereignet; ſo macht oͤfters der Tod des Entreprenneurs der Fabrike ein Ende, indem ſeine Kinder und Erben entweder eine andere Lebensart er - griffen, oder nicht die Geſchicklichkeit ihres Vaters und Erblaßers haben. Kurz, alle Vorfaͤlle, die den Entre - prenneur zu Boden werfen, ſetzen auch die auf dieſe Art errichteten Manufacturen und Fabriken in Gefahr, weil ſie bloß auf die Perſon deſſelben gegruͤndet ſind. Ueberdieß wollen dergleichen Entreprenneurs faſt alle -mal92III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungmal auf keine andere Art ihr Vermoͤgen in dergleichen Unternehmungen wagen, wenn ſie nicht Monopolia oder andere Freyheiten erhalten, welche der Anlegung andrer Fabriken dieſer Art in Wege ſtehen und mithin den bluͤhenden Zuſtand dieſer Nahrungsgeſchaͤfte ver - hindern. Was aber am meiſten zu erwaͤgen iſt; ſo ſchnei - den gemeiniglich dergleichen Entreprenneurs denen Meiſtern und Arbeitern den Lohn ſo knapp zu, daß ſie kaum das Leben kuͤmmerlich durchbringen koͤnnen. Die - ſes verhindert, daß weder fremde geſchickte Arbeiter in dem Lande ſich etabliren, noch ſich die Landeseinge - bohrnen dieſen Nahrungsgeſchaͤften ergeben. Laͤnder und Nahrungsarten, wo nichts zu gewinnen iſt, wer - den nicht ſtark geſuchet. Wenn man alles dieſes erwaͤ - get; ſo darf man ſchwehrlich erwarten, daß man auf dieſem Wege zu einen bluͤhenden Zuſtande der Manu - facturen und Fabriken gelangen wird.

2) Geſell - ſchaften zur Anlegung ſind nur bey denen Fa - briken, nicht aber bey Manufactu - ren anzura - then.

Wenn man ſich ſtatt der einzelnen Entreprenneurs der Geſellſchaften bedienet, um ſolche Werke unterneh - men zu laßen; ſo hat man alles dieſes weit weniger zu befuͤrchten. Wenn ſich viele vermoͤgende Leute in eine Geſellſchaft mit einander vereinigen, um eine wichtige Fabrike anzulegen; ſo koͤnnen ſie eher ein anſehnliches Capital zuſammen bringen. Wenn hier ein Mitglied zu Grunde gehet; ſo ſchadet dieſes der Fabrike nichts, indem deſſen Stelle leicht wieder erſetzet wird. Eine ſolche Geſellſchaft ſtirbt niemals aus. Viele Augen koͤnnen allemal mehr als zwey Augen ſehen. Wennein93der Manufacturen und Fabriken. ein Mitglied, welches die Sache genugſam verſtehet, die Hauptdirection fuͤhret; ſo werden die andern ihres eignen Vortheils wegen die Buͤcher und die Haushal - tung fleißig nachſehen. Die Erfahrung hat auch be - reits in verſchiedenen Landen genugſam gezeiget, daß die von ſolchen Geſellſchaften unternommenen Werke einen viel beſſern Fortgang gehabt haben, als die Un - ternehmungen einzelner Entreprenneurs. So lange die obgedachte oͤſterreichiſche große Cattunfabrike ein - zelne Entreprenneurs gehabt hat: ſo hat es nie mit derſelben recht fortgewolt. Allein unter der ietzigen Geſellſchaft iſt ſie gar bald in einen ſehr bluͤhenden Zu - ſtand gekommen. Jch verſtehe aber hier eine einge - ſchraͤnkte Geſellſchaft, die ſich uͤber 6 bis 8 Perſonen nicht erſtrecket. Wenn man bey ſolchen Werken eine Menge von Jntereſſenten nach Art der Actien zulaͤßt, wo keiner das Recht hat ſich um die Haushaltung des Werkes zu bekuͤmmern, außer auf denen allgemeinen Zuſammenkuͤnften; ſo kommt alles auf die Geſchick - lichkeit, den Fleiß und die Ehrlichkeit der Directeurs an; und es werden weiſe Einrichtungen und Geſetze erfordert, wenn dieſe auf ſolche Art unternommenen Werke einen guten Fortgang haben ſollen. Unter - deſſen will ich ſolche Geſellſchaften nicht ohne alle Ein - ſchraͤnkung anrathen. Jch glaube, daß ſie nur bey de - nen Fabriken im eigentlichen Verſtande dienlich ſind, oder kurz nur bey allen ſolchen Werken, wo eine ein - zige große Fabrike zureichend iſt, ſowohl das Land zu verſorgen, als auch auswaͤrtige Commercien damit zu treiben. Bey denen Manufacturen und allen andernWerken,94III. Abſch. von Anlegung und GruͤndungWerken, deren Waaren nicht allein ſehr ſtark im Lande conſumiret werden; ſondern womit auch ein ausge - breitetes auswaͤrtiges Commercium ſtattfinden kann, wuͤrden ſolche Geſellſchaften vielweniger anzupreiſen ſeyn. Eine ſolche Geſellſchaft kann ihr Werk niemals zu einer ſolchen Groͤße erweitern, daß ſie ſowohl das Land verſorgen, als auch Waaren zu wichtigen aus - waͤrtigen Commercien liefern kann; und gemeiniglich erſtrecken ſie ſelbſt ihre Abſicht nicht weiter als auf den Debit im Lande. So groß die mehrerwehnte oͤſter - reichiſche Cattunfabrike iſt und ohngeachtet in Hollitſch in Ungarn noch eine andere gleichfalls ſehr wichtige Cattunfabrike ſich befindet; ſo koͤnnen ſie doch nicht genugſame Waaren vor die oͤſterreichiſchen teutſchen Lande liefern. Es muß denen Kaufleuten erlaubet werden, noch jaͤhrlich einige tauſend Stuͤcke fremden Cattun einzufuͤhren. Will man von andern Geſell - ſchaften in eben derſelben Art der Manufacturen mehr ſolche Werke errichten laßen; ſo entſtehet allemal ein ſolcher Neid, Haß und Feindſchaft unter ihnen, daß ſie einander nichts als Hinterniſſe in Weg zu legen ſuchen, die beyden gleich ſchaͤdlich und verderblich ſind. Wenigſtens wuͤrde ich alſo niemals rathen, die Seiden, Wollen und Leinewandmanufacturen, als deren Waa - ren ein uͤberaus großes Conſumo haben, durch ſolche Geſellſchaften anlegen zu laßen.

3) Viele Mei - ſter und Ma - nufactu - riers, die ſich

Bey dieſen Arten von Manufacturen wird demnach der dritte Weg am dienlichſten ſeyn, naͤmlich daß mandieſelben95der Manufacturen und Fabriken. dieſelben durch viele einzelne Meiſter und Manufactu -ſelbſt verle - gen, ſind bey Wollen, Seiden, und Leinenma - nufacturen am dienlich - ſten. riers anzulegen und zu gruͤnden ſuchet, die weder von einem einzeln Entreprenneur, noch von einer Geſell - ſchaft abhaͤngen, ſondern die ſich ſelbſt zu verlegen im Stande ſind; und in der That iſt dieſes die allerbeſte Art, welche dem Staate am vortheilhaftigſten iſt. Alle dieſe drey Arten von Manufacturen erfordern nichts weniger, als daß ſie in weitlaͤuftigen Anſtalten getrieben werden, ſo wie viele Fabriken, die in Feuer arbeiten, allerdings nothwendig machen, wenn ſie mit Vortheil getrieben werden ſollen. Es iſt ganz einer - ley, ob hundert Tuchmacher jaͤhrlich 4000 Stuͤck Tuch verfertigen, oder ob dieſe 4000 Stuͤck Tuch in einer einzigen zuſammenhangenden Anſtalt gearbeitet wer - den. Weder in dem einen noch in dem andern Falle kann die Arbeit mit groͤſſern Vortheil, Bequemlichkeit und Erleichterung geſchehen. Hundert Tuchmanufa - cturiers machen aber eine viel dauerhaftigere Gruͤndung dieſes Nahrungsgeſchaͤftes aus, als eine einzige große Tuchfabrike, die durch vielerley Zufaͤlle einen großen Stoß bekommen und zu Grunde gehen kann; dahin - gegen dieſe Befuͤrchtung bey hundert Tuchmachern um hundertmal geringer iſt. Es iſt auch vor den Staat und den Nahrungsſtand allemal ungleich vortheilhaf - tiger, wenn hundert Familien im Wohlſtande und gu - ter Nahrung ſind, als wenn dieſe hundert Familien in Elend und Duͤrftigkeit leben, und dargegen der Vor - theil von ihrer Arbeit einer einzigen Familie, oder einer Geſellſchaft von 6 oder 8 Familien zufließet. Wenn man es auch dahin bringet, daß ſich dieſe Manufactu -riers96III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungriers ſelbſt verlegen koͤnnen und von ihren Fleiß und Arbeit mit Bequemlichkeit leben koͤnnen; ſo iſt es eben dieſes Beyſpiel, was andre anreizet, ſich auf eben dieſe Nahrungsart zu legen. Dadurch wird ein groͤſſerer Zuſammenfluß von Arbeitern und Waaren veranlaßet; und das iſt es eben, worauf der bluͤhende Zuſtand der Manufacturen ankommt.

Die Regie - rung muß die anzule - genden Ma - nufacturen und Fabriken unterſtützen.

Es iſt gar kein Zweifel, daß nicht dieſe Geſellſchaf - ten und dieſe einzeln Manufacturiers und Meiſters von der Regierung unterſtuͤtzet werden muͤſſen, wenn man neue Fabriken und Manufacturen im Lande anlegen will. Die erſte Anlegung erfordert große Koſten. Die Anleger haben einen noch ganz ungebaͤhnten Weg vor ſich. Die meiſten Arbeiter muͤſſen erſt unterrichtet werden, die Unterthanen ſind zu der Spinnerey und andern Nebenarbeiten nicht gewohnet. Man muß alſo dieſe Arbeiten anfangs theurer bezahlen, damit die Leute durch die Hofnung des Gewinnſtes darzu ange - reizet werden. Wenn die Unternehmer alle dieſe groͤſ - ſern Koſten aus ihren Beutel allein tragen ſollen; ſo werden ſie ſich entweder mit der Anlegung gar nicht abgeben, oder ſie werden ihre Waaren deſto theurer verkaufen muͤſſen. Dieſes letztere aber hindert nicht allein den auswaͤrtigen, ſondern auch den innlaͤndiſchen Abſatz. Dennoch beruhet der gluͤckliche Fortgang die - ſer Werke hauptſaͤchlich darauf; und die ſtrengſte Auf - ſicht die Einfuhre der auslaͤndiſchen Waaren eben dieſer Art zu verhindern, iſt ein unwirkſames Mittel deninlaͤn -97der Manufacturen und Fabriken. inlaͤndiſchen Debit zu befoͤrdern, wie wir in dem zwey - ten Abſchnitte gezeiget haben. Wer ſiehet alſo nicht, daß die Unterſtuͤtzung der Regierung vor die neuange - legten Manufacturen und Fabriken ſchlechterdings nothwendig iſt.

Der große Colbert, als er die Wollen und Sei -Von Col - berts Mittel, die Manu - facturen durch Prä - mien in Flohr zu bringen. denmanufacturen in Frankreich in Flohr bringen wollte, erwaͤhlete ein Mittel, das den gluͤcklichſten Erfolg hatte und dieſe Manufacturen binnen gar kurzer Zeit auf eine verwundernswuͤrdige Weiſe in Flohr brachte. Nachdem er Reglements herausgegeben hatte, wie die Tuͤcher und ſeidenen Zeuge nach ihrer Laͤnge, Breite, Schwehre, Guͤthe und uͤbrigen Beſchaffenheiten ver - fertiget werden ſollten; ſo ſetzte er auf jedes Stuͤck Tuch und Seidenzeug einen Louisd’or Belohnung aus, die man nach Vorſchrift der Reglements verfertigen wuͤrde. Dieſes war eine ſolche Aufmunterung, daß man ſich mit großer Begierde auf dieſe Manufacturen legte; und dieſe Nahrungsgeſchaͤfte wurden hierdurch und durch andre gute Maaßregeln des vortreflichen Colberts, die ich unten bey Gelegenheit erwehnen werde, binnen wenig Jahren uͤberaus bluͤhend. Es iſt wahr, Colbert wendete auf dieſe Art unermaͤßliche Summen aus des Koͤniges Caſſen auf, um dieſen Endzweck zu erreichen. Allein, indem er dargegen die Abgaben er - hoͤhete; ſo koſteten ſie dem Koͤnige im Grunde gar nichts. Er nahm dasjenige mit der einen Hand, was er mit der andern gab; und ich glaube, daß die Erhoͤ -Ghung98III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndunghung der Abgaben ſelten aus ſo gutem Grunde und mit ſo vieler Weisheit geſchehen kann, als zu dieſem End - zwecke. Es wuͤrde mathematiſch durch richtige Aus - rechnungen zu erweiſen ſeyn, daß man beſſer thut durch großen Aufwand binnen kurzer Zeit den Nahrungs - ſtand bluͤhend zu machen, als wenn man wenig auf - wendet und dargegen viele Jahre und vielleicht ein hal - bes Jahrhundert verfließen laͤßt, ehe man einen bluͤ - henden Nahrungsſtand darſtellet. Wobey noch zu er - waͤgen iſt, daß die Staͤrke und die Macht des Staats auf einem bluͤhenden Nahrungsſtande groͤßtentheils be - ruhet und daß die Unterthanen eben durch dieſen bluͤ - henden Nahrungsſtand gar bald in die Beſchaffenheit geſetzet werden, die erhoͤheten Abgaben ohne ihre Be - ſchwehrlichkeit zu ertragen. Unterdeſſen befinden ſich nicht alle Laͤnder in Anſehung der unumſchraͤnkten Macht und der Menge der Einwohner in einer ſolchen Beſchaffenheit wie Frankreich, daß dieſes Mittel zu gebrauchen keine Bedenklichkeiten vorwalteten, und daß die Regierung eben ſo viel vor die Manufacturen und Fabriken aufzuwenden im Stande waͤre. Frank - reich war auch damals nicht von allen Manufacturen entbloͤßt. Man hatte ſchon unter Heinrich dem vierten einen guten Anfang gemacht. Es kam nur darauf an, die Manufacturen binnen kurzer Zeit in einen bluͤhen - den Zuſtand zu ſetzen. Hierzu waren dieſe Belohnun - gen das ſicherſte und wirkſamſte Mittel. Allein viel - leicht wuͤrde es nicht einmal zugereichet haben, wenn die Manufacturen zuerſt haͤtten angefangen und ge - gruͤndet werden ſollen. Es iſt alſo noͤthig, daß wirnoch99der Manufacturen und Fabriken. noch andre Unterſtuͤtzungsarten, welche die Regierung dieſen Nahrungsgeſchaͤften angedeihen laßen kann, be - trachten.

Man hat in vielen Staaten das Mittel erwaͤhletDie Geld - vorſchüße der Regie - rung an die Fabriken werden wi - derrathen. den Entreprenneur einer Fabrike oder die einzeln Mei - ſter und Manufacturiers mit Geldvorſchuͤßen zu un - terſtuͤtzen. Allein ich muß frey bekennen, daß ich die - ſes Mittel gar nicht vor rathſam finde. Wenn die Regierung nicht große Vorſichten bey ihren Vorſchuͤſ - ſen braucht; ſo gehet gar oͤfters der groͤßte Theil ver - lohren, ohne daß ſie ihren Endzweck der zu gruͤndenden Manufacturen erreicht. Diejenigen, die ſich in ein an - dres Land wenden, um ſich daſelbſt zu Anlegung dieſer Nahrungsgeſchaͤfte brauchen zu laßen, haben ſelten viel Vermoͤgen. Sie ſuchen eben dadurch ihren Zuſtand zu verbeſſern, daß ſie dieſe Veraͤnderung vornehmen. Die Vermoͤgenden entſchließen ſich ſehr ſchwehr darzu. Wenn man alſo auf eine vollkommene Sicherheit der vorzuſchießenden Gelder dringet; ſo kann der Vorſchuß gar nicht ſtatt finden. Dahingegen, wenn man die Vorſchuͤße ohne Sicherheit waget; ſo wenden dieſe Neuankoͤmmlinge, die oͤfters ſo viel Geld noch nie in Haͤnden gehabt haben, dieſelben nicht ſelten zu ihrer Eitelkeit an, um ſich in ihrer Haushaltung anſehnlich einzurichten, wo ſie es nicht gar verſchwenden, ſtatt deſſen, daß ſie es zu vollkommener Einrichtung ihres neuanzulegenden Nahrungsgeſchaͤftes gebrauchen ſoll - ten; und die Manufactur oder Fabrike kommt ſchlechtG 2oder100III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungoder gar nicht zu Stande, ſo wie oͤfters die Vorſchuͤße verlohren gehen. Wenn man aber vor die Sicherheit der vorzuſchießenden Gelder ſehr beſorget iſt, ſolche nur auf wenige Jahre herleihet und alsdenn auf die Wie - derbezahlung, auf die Einſicht der Buͤcher oder auf eine vollkommene Sicherheit dringet; ſo iſt dieſes dem guten Fortgang der neuen Fabriken ſehr hinderlich, wo ſie nicht gar dadurch wieder uͤber den Haufen geworfen werden. Jch weiß verſchiedene Beyſpiele in einem ge - wiſſen Lande, wo man vor die Sicherheit der vorge - ſchoßenen Gelder allemal ſehr beſorget war, und nach wenig Jahren entweder auf die Bezahlung drang, oder die Waaren zur Sicherheit verlangte, daß dadurch Fa - briken, welche den beſten Anſchein und Hofnung hat - ten, wieder zu Grunde gegangen ſind. Man findet alſo auf beyden Seiten ſo viel Schwierigkeiten, daß dieſes Mittel ſchwehrlich anzurathen iſt. Wir wollen demnach verſuchen etwas beſſeres vorzuſchlagen.

Es muß in dem Wirth - ſchaftsetat von den Ein - künften des Staats zu Unterſtü - tzung der Manufactu - ren eine jährliche Summe ausgewor - fen werden.

Jch ſetze voraus, daß ein Staat, der den vernuͤnf - tigen Entſchluß faßet, Manufacturen und Fabriken zu gruͤnden und in Aufnahme zu bringen, einen ordentli - chen formirten Wirthſchaftsetat uͤber alle ſeine Ein - kuͤnfte und Ausgaben hat, wovon ich in dem zweyten Theil meiner Staatswirthſchaft ausfuͤhrlich gehandelt und die Grade der Nothwendigkeit und Nuͤtzlichkeit der Ausgaben gezeiget habe. Fehlet es noch an einem ſol - chen ordentlich und weislich eingerichteten Wirthſchafts - etat; ſo hat dieſer Staat ein ſehr großes Gebrechen. Er101der Manufacturen und Fabriken. Er wirthſchaftet auf gerathewohl; ſeine Ausgaben ſind nicht nach den Graden der Nothwendigkeit und Nuͤtz - lichkeit, ſondern nach der Gelegenheit, wie die Fonds darzu vorhanden ſind, eingerichtet; und die vor Alters feſtgeſetzten unuͤberlegten Ausgaben werden verewiget. Ein ſolcher Staat uͤberſiehet ſeine Ausgaben niemals in ganzen und in Zuſammenhange auf die geſammte Wohlfarth des Staats, deren Befoͤrderung das ein - zige Augenmerk aller Ausgaben ſeyn muß. Wuͤrde ein ſolcher Staat ſeine Ausgaben in dieſer Abſicht und Zuſammenhange uͤberſehen; ſo wuͤrde er allemal er - ſchrecken, was vor uͤberfluͤßige, entbehrliche und un - nuͤtze Ausgaben er hat und was vor nothwendiger und nuͤtzlicher Aufwand unterlaßen wird. Kurz, ein ſolcher Staat lieget an einer großen Krankheit; und ehe er etwas thut; ſo muß er ſich von dieſer Krankheit zu heilen ſuchen. Ehe man nicht das Uebel der Krankheit in unſern Adern und Eingeweiden zu heben ſuchet; ſo kann man den Gliedern nicht die gewuͤnſchte Staͤrke und Thaͤtigkeit geben. Wir wollen demnach voraus - ſetzen, daß dieſer Wirthſchaftsetat bereits formiret iſt, und daß darinnen unter den Ausgaben des Staats zu Gruͤndung und Aufnahme der Manufacturen und Fa - briken eine gerechte Summe jaͤhrlich ausgeſetzet iſt. Dieſe Summe kann in einem mittelmaͤßig maͤch - tigen Staate, der ein 10 bis 12 Millionen Rthlr. jaͤhr - licher Einkuͤnfte hat, kaum weniger als 30000 Thaler ſeyn, wenn man anders die Ausgaben nach ihrer Nuͤtz - lichkeit und Nothwendigkeit zu dem Beſten des Staats einrichten will: und in der That, wenn man die un -G 3noͤthi -102III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungnoͤthigen und uͤberfluͤßigen Ausgaben vermeidet; ſo wird eine ſolche Summe gar keine Beſchwehrlichkeit verurſachen.

Wie die Ge - ſellſchaften, ſo Fabriken anlegen, von dieſer ausge - worfenen Summe zu unterſtützen.

Da nun dieſe Summe nicht zu Vorſchuͤßen an die Fabricanten, ſondern zu wirklichen Aufwande zum Be - ſten der Manufacturen und Fabriken zu beſtimmen iſt; ſo kommt alles darauf an, wie dieſe Summe kluͤglich anzuwenden iſt, damit der dabey vorwaltende End - zweck die Manufacturen und Fabriken anzulegen, zu gruͤnden und in Flohr zu bringen, in der That erreichet werde. Wir haben oben gezeigt, daß man vor allen Dingen geſchickte Leute und Arbeiter in das Land zie - hen muß. Wenn man den zehnten Theil dieſer Sum - me zu Reiſekoſten vor ſie aufwendet; ſo wird man jaͤhrlich 50 geſchickte Leute in das Land bekommen koͤn - nen. Diejenigen Fremden, welche die vollkommenſte Kenntniß von einer gewiſſen Art der Manufacturen und Fabriken beſitzen und ſie dannenhero anzulegen, ein - zurichten und zu dirigiren im Stande ſind, werden am beſten an das Land gebunden, wenn man ihnen eine jaͤhrliche Penſion reicht. Dieſe Penſion braucht nur aus 3, 4 bis 500 Rthlrn. zu beſtehen nach der Wichtigkeit der Fabriken, und vor zwey Zehentheile der obgedachten Summe, oder vor 6000 Rthlr. wird man die Directeurs von 18 bis 20 Fabriken mit Penſionen unterhalten koͤn - nen. Es iſt zugleich rathſam, daß der Directeur Mitintereßende der Geſellſchaft ſey, die eine Fabrike auf ihre Koſten anleget; weil ſich die Directeurs die Sacheviel103der Manufacturen und Fabriken. viel eifriger angelegen ſeyn laßen werden, wenn ihr eig - ner Vortheil mit der Aufnahme des Werkes verbunden iſt. Es iſt billig, daß dem Directeur vor ſeine Wiſ - ſenſchaft ein Antheil an der Geſellſchaft zugeſtanden werde, wenn er auch ſeinen Antheil der Koſten zu An - legung des Werkes nicht herzuſchießen im Stande iſt. Kann er aber ſeinen Antheil der Koſten gleich andern Mitgliedern tragen; ſo kann man ihm willig zwey An - theile zugeſtehen. Es wird ſolches, wenn er ein ge - ſchickter und fleißiger Mann iſt, dem Werke deſto vor - theilhaftiger ſeyn. Man muß es zugleich der Geſell - ſchaft uͤberlaßen, ſich wegen eines gewiſſen Gehaltes vor die Direction mit ihm zu vergleichen, weil die Pen - ſion des Staats nur ein Zuſchuß und Anreizung iſt, im Lande zu bleiben. Damit aber die Geſellſchaft deſto eher die Unternehmung wage: ſo iſt die beſte Art der Unterſtuͤtzung, welche der Staat einer ſolchen Geſell - ſchaft in Anſehung des groͤſſern Aufwandes, den ſolche neuanzulegende Werke obgedachter maaßen erfordern, wohl dieſe, daß die Regierung ſich verbindlich macht, die erſten 6 Jahre uͤber einen gewiſſen Zuſchuß jaͤhrlich zu der Fabrike zu reichen. Dieſer Zuſchuß wird am beſten nach der Menge der Waaren eingerichtet, wel - che jaͤhrlich verfertiget werden. Denn ſonſt koͤnnte die Geſellſchaft dieſen Zuſchuß jaͤhrlich ziehen, ohne daß ſie die Fabrike in rechten Gang und Aufnahme braͤchte. Es iſt billig, daß die Regierung denjenigen Theil des Arbeitslohnes traͤgt, den die Geſellſchaft mehr aufwen - den muß, indem dieſe Arbeit noch ganz neu und un - gewohnt im Lande iſt, um das Volk darzu anzureizenG 4und104III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungund nach und nach anzugewoͤhnen. Dieſe Uebermaaße der Koſten an jeden Stuͤck oder Centner Waare kann leicht berechnet werden. Dahingegen muß die Geſell - ſchaft mit den Auslaͤndern vollkommen einerley Preiß der Waaren halten. Und ſie kann es auch alsdenn thun, weil ſie die Koſten des Gebaͤudes, der anzuſchaf - fenden Geraͤthſchaften und des ordentlichen Arbeits - lohnes nicht in Betracht ziehen darf, als welches die Auslaͤnder eben ſowohl aufwenden muͤſſen, als wir; wie ihnen denn davor das Eigenthum verbleibt. Wenn die Regierung alle 6 Jahr drey neue Fabriken anlegen laͤßt, wenn man rechnet, daß eine jede von dieſen Fabriken, eine in die andre gerechnet, jaͤhrlich zwey tauſend Thaler Zuſchuß erfordert; ſo wird ſie hierzu gleichfalls zwey Zehntheile von obgedachter Summe aufwenden, und die Anlegung und Gruͤndung dieſer neuen Nahrungsge - ſchaͤfte wird mit großen Schritten fortgehen. An - fangs koͤnnen auch mehr Fabriken angeleget werden, weil die Penſionen der Directeurs noch nicht ſo hoch anſteigen, als die vorhin aufgefuͤhrte Rechnung vor - ausſetzet. Die Regierung hat ſich zwar um die Con - tracte, welche dieſe Geſellſchaften mit ihren Hauptar - beitern ſchließet, nicht zu bekuͤmmern. Allein es iſt ei - ner jeden Geſellſchaft zu rathen, daß ſie ihre Hauptar - beiter, worauf der gute Fortgang des Werkes am mei - ſten ankommt, auf das engſte mit dem Werke zu ver - binden ſuchet. Dieſes kann nicht beſſer geſchehen, als wenn die Contracte ſolchergeſtalt eingerichtet werden, daß der eigne Vortheil der Hauptarbeiter waͤchſet, nach - dem das Werk mehr in Aufnahme kommt. Verſchie -dene105der Manufacturen und Fabriken. dene Fabriken haben dieſe Regel mit guten Nutzen be - folget; und man hat eben dieſes bey einer Cammertuch - fabrike in Schleswig beobachtet, die uͤberhaupt mit großer Klugheit eingerichtet iſt und die ſehr viel ver - ſpricht.

Nachdem wir die Art und Weiſe vorgetragen ha -Auf was Art die einzeln Manufactu - riers und Meiſters von der Re - gierung zu unterſtützen find. ben, wie die Regierung die Geſellſchaften am beſten un - terſtuͤtzen kann, die Fabriken anlegen; ſo kommen wir nunmehro auf die Unterſtuͤtzung der einzeln Manufa - cturiers und Meiſter bey denen Seiden-Wollen und Leinenmanufacturen, als bey welchen wir die Geſell - ſchaften, als Entreprenneurs derſelben, nicht vor dienlich erachtet haben. Da hier das Hauptaugenmerk der Re - gierung dahin gerichtet ſeyn muß, dieſe Leute in den Stand zu ſetzen, daß ſie ſich ſelbſt verlegen koͤnnen; ſo iſt das erſte, was ſie hierinnen thun kann, daß ſie dieſelben mit Stuͤhlen und Handwerkszeuge zu Ausuͤ - bung ihrer Manufacturarbeit verſiehet. Wenn man vor - ausſetzet, daß unter den 50 geſchickten fremden Arbeitern, welche die Regierung vermoͤge der auszuzahlenden Rei - ſekoſten jaͤhrlich in das Land ziehet, 30 Seiden-Wollen - und Leinenarbeiter ſind; und wenn man annimmt, daß ein Stuhl und| Handwerksgeraͤthe vor einen Arbeiter, ei - nen in das andre gerechnet, 50 rthlr. koſtet; ſo wird ſie nur den zwanzigſten Theil von der jaͤhrlich ausgeworfnen Summe noͤthig haben, um dieſe 30 Arbeiter damit zu ver - ſehen. Es wird rathſam ſeyn, daß man ihnen nur die Helf - te der Summe ſchenket, was der Stuhl und das Hand -G 5werks -106III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungwerksgeraͤthe gekoſtet hat und daß man ihnen die uͤbrige Helfte nach und nach alle Jahre etwas weniges bezah - len laͤßt; indem man dadurch ein Recht behalten wird, auf unordentliche Wirthe aufmerkſam zu ſeyn, daß ſie das Handwerksgeraͤthe nicht veraͤußern duͤrfen. Wenn ſie nun ſolchergeſtalt zu arbeiten in Stand geſetzet ſind; ſo muͤſſen ſie gegen kuͤnftige Bezahlung mit denen er - ſten Materialien verſehen werden, um ihre Arbeit an - fangen zu koͤnnen, davon wir ſogleich bey Gelegen - heit des Manufacturhauſes in mehrern handeln wer - den. Endlich aber wird es noͤthig ſeyn, daß die Re - gierung einem jeden einzeln Meiſter und Manufacturier die erſten 6 Jahre uͤber ein gewiſſes Praͤmium vor ein jedes Stuͤck Seidenzeug, Tuch und feine Leinewand, die nach Vorſchrift der Reglements verfertiget ſind, auszahlet, ſowohl um dieſe Meiſter zu deſto mehrern Fleiß zu ermuntern, als ihnen den Anfangs theurern Lohn der Spinnerey uͤbertragen zu helfen. Es wird genug ſeyn, wenn ſie vor jedes Stuͤck Seidenzeug, Tuch und feine Leinewand zwey Rthaler Praͤmium bezahlet; und wenn man annimmt, daß von ſolchen neuange - henden Manufacturiers jaͤhrlich 4500 Stuͤck verfer - tiget werden: ſo werden hierzu drey Zehentheile des jaͤhrlich beſtimmten Aufwandes erfordert. Es bleiben demnach noch drey Zwanzigtheile von der jaͤhrlich aus - geworfenen Summe uͤbrig; und dieſe muͤſſen zu Un - terhaltung eines Manufacturhauſes verwendet werden, wovon wir nunmehr etwas ausfuͤhrlicher handeln muͤſſen.

Wenn107der Manufacturen und Fabriken.

Wenn eine weiſe Regierung den Entſchluß faſſetNothwen - digkeit eines Manufa - cturhauſes und deſſen Einrichtung in Anſehung des Unter - richtes. die Manufacturen in dem Lande anzulegen und|zu gruͤn - den; ſo muß ein Manufacturhaus die allererſte An - ſtalt und Einrichtung ſeyn. Dieſes iſt gleichſam der Grund und die Stuͤtze des ganzen neuanzulegenden Manufacturweſens. Da zu dieſem Hauſe ein ſtarkes Capital erfordert wird; ſo muß der Regent wenigſtens ein hundert tauſend Thaler aus ſeinem Schatz darzu beſtimmen, oder die zu Unterſtuͤtzung der Manufactu - ren in dem Wirthſchaftsetat ausgeworfene jaͤhrliche Summe muß einige Jahre geſammlet werden, damit man ein ſolches Capital zuſammen bekommt, ehe ſonſt etwas wichtiges in denen Manufacturen unternommen wird. Dieſes Manufacturhaus muß zufoͤrderſt den Endzweck haben, daß in allen und jeden Arten der Ma - nufacturen darinnen Unterricht gegeben wird. Zu dem Ende muß es nicht allein zu allen Arten der Ma - nufacturen eingerichtet ſeyn; ſondern es muͤſſen auch geſchickte Fremde in jeder Manufactur verſchrieben werden, die weiter nichts thun, als andre unterrich - ten, um die Geſchicklichkeit in denen Manufacturen im Lande zu verbreiten. Man muß nicht allein faͤhige Kna - ben aus denen Waiſenhaͤuſern darinnen lernen laßen, ſon - dern auch erwachſene Landeseinwohner, die darzu Luſt ha - ben, muͤſſen ohnentgeldlich darinnen unterwieſen wer - den. Zu dem Ende muß alle Verfaſſung der Zuͤnfte daraus verbannet ſeyn. Die Lehrzeit muß an keine Jahre gebunden ſeyn; ſondern wenn jemand in 6 Wo - chen eine gewiſſe Manufacturarbeit erlernen kann; ſo muß das eben ſo guͤltig ſeyn, als wenn er drey undmehr108III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungmehr Jahre in der Lehre geſtanden haͤtte. Der Ma - nufacturinſpector muß auf dieſen Unterricht ein un - verwendetes Auge haben und alle 14 Tage Pruͤfungen anſtellen, was die Lehrlinge gelernet haben. Dieſes Manufacturhaus muß auch allen Fremden, die ſich von ſelbſt melden, offen ſtehen. Sie muͤſſen daſelbſt Handwerksgeraͤthe und Materialien finden, um nicht allein ihren Unterhalt zu haben, ſondern auch zu ihren Etabliſſement etwas vor ſich zu bringen. Wannenhers das Manufacturhaus von ſeinen Arbeitern keinen Vor - theil nehmen muß. Man wird zugleich die ſich von ſelbſt meldenden Fremden waͤhrender ihrer Arbeit in dem Manufacturhauſe pruͤfen koͤnnen, ob ſie geſchickte und ordentliche Leute ſind und die Unterſtuͤtzung zu ih - ren Etabliſſement im Lande verdienen. Wenn ſie auch Frau und Kinder mitbringen: ſo ſind ſie zu denen ver - ſchiedenen Arbeiten darinnen alle brauchbar. Damit die Arbeiter nicht zerſtreuet und von der Arbeit verſaͤu - met werden: ſo muͤſſen ſie mit ordentlichen und reinli - chen Eßen verſehen werden, davor ihnen an ihren woͤ - chentlichen Verdienſt etwas gewiſſes abzuziehen iſt. Es muß die genaueſte Ordnung und Aufſicht darinnen ein - gefuͤhret ſeyn, als welche die Seele in dieſem Hauſe ſeyn muß.

Einrichtung des Manufa - cturhauſes in Anſehung großer Ma - ſchinen und Werke zum Behuf der

Hiernaͤchſt muͤſſen in dem Manufacturhauſe alle diejenigen mechaniſchen Werke und Anſtalten vorhan - den ſeyn, die zur Zubereitung verſchiedener Arten von Manufacturen erfordert werden, die aber zu koſtbarſind,109der Manufacturen und Fabriken. ſind, als daß ſie von einem einzeln Meiſter und Manu -Manufactu - ren. facturier unterhalten werden koͤnnen. Hierher gehoͤren nebſt vielerley Maſchinen inſonderheit ein Seidenfilato - rium, desgleichen große Preßen, Walkmuͤhlen und Faͤr - bereyen. Diejenigen von dieſen Anſtalten, ſo in dem Hauſe ſelbſt nicht ſeyn koͤnnen, muͤſſen doch mit dem Manufacturhauſe aufs genaueſte verbunden ſeyn und von da aus dirigiret werden. Jn allen ſolchen An - ſtalten muß man die groͤßte Vollkommenheit zu errei - chen ſuchen und vor die Zubereitung der Waaren nichts mehr nehmen, als was die Unterhaltung ſolcher Ne - benanſtalten koſtet. Dieſes Hauß muß nicht den End - zweck haben Vortheil davon zu ziehen, ſondern die Ma - nufacturen zu unterſtuͤtzen und zu befoͤrdern.

Einer der hauptſaͤchlichſten Endzwecke des Manu -Das Manu - facturhaus muß denen Manufactu - riers mit de - nen Mate - rialien an die Hand ger hen. facturhauſes muß ſeyn, denen neuangehenden Manu - facturiers und Meiſters mit denen erforderlichen Haupt - und Nebenmaterialien zu ihren Arbeiten an die Hand zu gehen, damit ſie ſich ſelbſt zu verlegen nach und nach in den Stand geſetzet werden, ohne daß ſie von Entre - prenneurs und Verlegern abhaͤngen duͤrfen. Zu dem Ende muß das Manufacturhaus alle Arten von Ma - terialien an ſolchen Orten einkaufen, wo ſie am beſten und wohlfeileſten zu haben ſind und den Transport mit moͤglichſter Erſpahrung der Unkoſten veranſtalten, da - mit ſie denen Manufacturiers um den maͤßigſten Preiß verlaßen werden koͤnnen. Sie muͤſſen naͤmlich um dasjenige Geld denen Manufacturiers verlaßen wer -den,110III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungden, was ſie dem Manufacturhauſe zu ſtehen kom - men, ohne den geringſten Vortheil daran zu ſuchen. Die Directeurs des Manufacturhauſes muͤſſen dem - nach nicht allein als geſchickte und Handelsverſtaͤndige, ſondern auch als ſehr ehrliche Leute bekannt ſeyn; und wenn ſie ſich geluͤſten laßen, bey dem Einkauf und Ver - kauf ihren eignen Vortheil zu ſuchen, wie es freylich hier unter hunderterley Kunſtgriffen moͤglich iſt; ſo muͤſ - ſen ſie auf das alleraͤußerſte beſtrafet werden. Jn der That wuͤrden ſie alsdenn die allerabſcheulichſte Art von Dieben ſeyn, vor welche der Strang noch viel zu we - nig iſt, weil ſie nicht allein den Regenten und den gan - zen Staat beſtehlen, ſondern auch die weiſe Abſicht des Regenten, den Nahrungsſtand durch die Manufactu - ren bluͤhend zu machen, als worauf die Wohlfarth und die Staͤrke des Staats ankommt, gaͤnzlich hindern; denn die Manufacturen koͤnnen unmoͤglich Fortgang haben, wenn hierinnen Betruͤgereyen vorgehen und die Materialien denen Manufacturiers theuer angerechnet werden. Sie bezeugen ſich alſo als wahre Feinde des geſammten gemeinen Weſens. Ein jeder neuangehen - der Manufacturier muß aber ſo viel Materialien aus dem Manufacturhauſe auf Credit bekommen koͤnnen, als er zu dem Erſten Anfange ſeiner Arbeit noͤthig hat. Die Summe, die |einem jeden creditiret werden ſoll, muß in dem Reglement des Manufacturhauſes feſtge - ſetzet werden. Sie darf nur maͤßig ſeyn und bey de - nen Seidenmanufacturiers ſich uͤber 100 Rthlr. nicht erſtrecken und bey denen Wollen - und Leinewandmanu - facturiers, iſt ſie nicht einmal ſo hoch noͤthig, um ſiein111der Manufacturen und Fabriken. in den Stand zu ſetzen ihre Arbeit anfangen zu koͤnnen. So wie ſie ihre Arbeit an das Manufacturhaus liefern, oder in ſo fern ſie hinlaͤngliche Sicherheit verſchaffen koͤnnen, muͤſſen ſie allemal mehr Materialien empfan - gen. Es iſt wahr, das Manufacturhaus wird mit der creditirten Summe allemal in Gefahr ſtehen; und es werden ſich Faͤlle ereignen, daß es wirklich dieſe Sum - me verliehret. Allein ſo viel muß und kann es alle - mal wagen. Ohne Koſten und Verluſt laßen ſich dieſe Nahrungsgeſchaͤfte nicht im Lande gruͤnden. Unter - deſſen wird der daraus entſpringende Verluſt nicht ſehr groß ſeyn. Es wuͤrde ſehr viel ſeyn, wenn dieſe cre - ditirte Summe bey dem vierten Theil der neuangehen - den Manufacturiers verlohren gehen ſollte. Der Ver - luſt gehoͤret zu den Koſten des Manufacturhauſes und wird allemal ertraͤglich ſeyn. Die Regierung waget auch dabey niemals ſo viel als wenn ſie einzelne Entre - prenneurs mit großen Summen unterſtuͤtzet. Die Er - reichung des Endzweckes aber, ſo viel Familien in gute Nahrung und Wohlſtand zu ſetzen und mithin die Ma - nufacturen dauerhaftig zu gruͤnden, iſt allemal vor den Staat ungleich vortheilhaftiger.

Endlich muß mit dem Manufacturhauſe eine Waa -Von der Waarennie - derlage bey dem Manu - facturhauſe. renniederlage verbunden werden, wohin ſowohl die Ma - nufacturiers ihre verfertigten Waaren liefern, als die Kaufleute ihre benoͤthigten Waaren einkaufen koͤn - nen. Daß die Manufacturiers ihre fertigen Waa - ren gegen einen gerechten Preiß ſo fort abſetzen koͤnnen,ohne112III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungohne daß ſie von den Kaufleuten in dem Verkauf ihrer Waaren gedruͤcket werden, dieſes iſt eine von denen allernoͤthigſten Anſtalten bey denen neu einzufuͤhrenden Manufacturen, damit die Manufacturiers in den Stand geſetzet werden, ſich ſo fort neue Materialien an - zuſchaffen und fortzuarbeiten. Als der vortrefliche Col - bert obgedachter maaßen durch die ausgeſetzten Praͤmien die Verfertigung der Manufacturwaaren haͤufig ver - anlaßete: ſo ſahe er gar bald, daß dieſe Praͤmien allein nicht zureichen wollten. Die Manufacturiers ſtelleten ihm vor, daß ſie zwar ihre Waaren nach denen Regle - ments verfertiget und die Praͤmien empfangen haͤtten; allein dieſe Waaren blieben ihnen uͤber dem Halſe, wenn ſie dieſelben nicht um einen geringen Preiß verſchleu - dern wollten. Sie befaͤnden ſich demnach außer Stande die erforderlichen Materialien anzuſchaffen und ihre Arbeit fortzuſetzen. Colbert errichtete demnach Nie - derlagen, worinnen alle nach denen Reglements ver - fertigte Waaren um einen gerechten Preiß, bey wel - chen die Manufacturiers beſtehen konnten, aufgekau - fet wurden, die er theils im Lande, theils durch den damals zugleich eroͤfneten Handel nach der Tuͤrkey ohne Schaden des Koͤniges wieder abzuſetzen wuſte; und die Manufacturen fanden weiter gar keine Hinderniß, ſon - dern gelangten gar bald in einen ſehr bluͤhenden Zu - ſtand. Eben dieſe Anſtalt muß in einem jeden Lande gemacht werden, wo man neue Manufacturen einfuͤh - ren und gruͤnden will; und eine ſolche Niederlage wird am beſten mit dem Manufacturhauſe verbunden. Ein jedes Stuͤck Waare, wenn es nach denen Reglementsdie113der Manufacturen und Fabriken. die Beſchauanſtalten paßiret, muß zugleich taxiret werden: und der geſchaͤtzte Werth muß dem Manu - facturier, wenn er es in die Niederlage liefert, ſo fort entweder in baaren Gelde, oder in Materialien, wie er es verlanget, bezahlet werden. Bey dieſer Taxe muß man ſtrenge auf den Preiß der auswaͤrtigen Waaren, von eben dieſer Art, Guͤthe und Beſchaffenheit ſehen, den ſie in der Großhandlung aus der erſten Hand ha - ben; und gleichwie die Niederlage des Manufacturhau - ſes, das in allen ſeinen Anſtalten und Unternehmungen ganz ohne Vortheil verfahren muß, ſolche Waaren um eben dieſen Preiß wieder an die Kaufleute des Landes zu verlaßen hat; ſo haben die Kaufleute an den innlaͤn - diſchen Manufacturen, wenn ſie ſolche wieder einzeln verkaufen, eben ſo viel und in Anſehung der erſpahren - den Fracht noch mehr Vortheil, als an den auswaͤr - tigen; und die Abſicht wird mithin erreichet, daß die innlaͤndiſchen Waaren mit den auswaͤrtigen vollkom - men in einerley Preiße ſtehen koͤnnen, eine Sache, die zur Aufnahme der Manufacturen, wie wir mehrmalen erinnert haben, ſo unumgaͤnglich nothwendig iſt. Die innlaͤndiſchen Kaufleute haben alsdenn auch keine Urſache die Landesmanufacturen mit gehaͤßigen Augen anzuſe - hen, und damit ihnen um ſo mehr aller Grund darzu benommen werde; ſo iſt es dienlich, daß das Manu - facturhaus denen innlaͤndiſchen Kaufleuten auf 6 Mo - nathe Credit giebt, weil ſie ſolchen gemeiniglich bey den Auslaͤndern erhalten koͤnnen. Dieſe Einrichtung findet in der Manufacturniederlage zu Koppenhagen wirklich ſtatt und verdienet allenthalben nachgeahmet zu werden.

HMan114III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndung
Die Koſten eines ſolchen Manufa - cturhauſes ſind nicht zu hoch.

Man ſiehet demnach, warum ich ein ſo großes Capital vor das Manufacturhaus erfordert habe; und wenn man deſſen vorgeſchlagene Einrichtung erwaͤget; ſo werden vielleicht viele glauben, daß hunderttauſend Thaler eher zu wenig als zu viel ſind. Allein wenn man bedenket, daß die Manufacturen bey ihren An - fange wenig ſind und alſo keinen uͤbermaͤßigen Verlag erfordern, und daß wie die Manufacturen anwachſen, auch vor die verfertigten Waaren wieder Geld eingehet; ſo wird man dieſes Capital ſchon vor zureichend erach - ten. So bald auch die Manufacturen von großer Wichtigkeit werden, ſo daß ſie nicht allein vor den Verbrauch im Lande zureichen, ſondern auch Waaren vor die auswaͤrtigen Commercien liefern; ſo wird das Manufacturhaus nach und nach entbehrlich werden. Diejenigen ſo ſich ſelbſt verlegen koͤnnen, werden ſich nicht zu dem Manufacturhauſe wenden; und die Ma - nufacturiers werden nicht noͤthig haben, ihre Waa - ren in die Niederlage zu verkaufen, da ſie durch den auswaͤrtigen Handel geſucht werden, ſo wie die Kauf - leute eben deshalb des gerechten Werthes ſich nicht wer - den entbrechen koͤnnen. Alles dieſes ſind die natuͤrli - chen Folgen von bluͤhenden Manufacturen. Viel - leicht ſtehen auch einige in den Gedanken, daß drey Zwanzigtheile von der ausgeworfenen Summe, oder 4500 Rthlr. zur jaͤhrlichen Unterhaltung des Manu - facturhauſes nicht zureichen wuͤrden. Allein das Ma - nufacturhaus hat nichts zu beſtreiten, als die Unter - haltung der Bedienten, des Gebaͤudes, der Maſchinen und Geraͤthſchaften und den Verluſt zu tragen, der ſichaus115der Manufacturen und Fabriken. aus dem Credit an die Manufacturiers und aus denen ſich begebenden Ungluͤcksfaͤllen ereignet. Alle, ſo dar - innen arbeiten, werden von ihren Verdienſt ernaͤhret; und dieſe jaͤhrliche Summe wird alſo ſchon zureichen.

Alle diejenigen, welche von Einfuͤhrung der Ma -Das Manu - facturhaus iſt das dien - lichſte Mit - tel, daß ſich die Manufa - cturiers ſelbſt verle - gen können, welches ſonſt die ſchwie - rigſte Sache bey Einfüh - rung der Ma - nufacturen iſt. nufacturen und Fabriken geſchrieben haben, ſind der Meinung geweſen, daß der Verlag der Manufactu - riers und Fabrikanten die allerſchwierigſte Sache ſey. Der Freyherr von Schroͤder in ſeiner fuͤrſtlichen Schatz - und Rentkammer glaubet, daß dieſes der angelegent - lichſte Punct ſey, um dieſe Nahrungsgeſchaͤfte und uͤberhaupt den Nahrungsſtand bluͤhend zu machen; und er ſchlaͤgt deshalb ſeinen Landesfuͤrſtlichen Wechſel vor, der zwar ſinnreich iſt, der aber unuͤberwindliche Schwie - rigkeiten und Fehler zeigen wuͤrde, wenn er in Ausuͤ - bung gebracht werden ſollte, wie ich in meiner Staats - wirthſchaft, in meiner Monatſchrift und in den goͤt - tingiſchen Jntelligenzblaͤttern aus guten Gruͤnden dar - gethan habe. Eben dieſes waren die Gedanken des Herrn Regierungsrath von Cronhelm zu Gluͤckſtadt, deſſen Tod ich eben ietzt mit einem wahren Bedauren aus den Zeitungen erſehe, da ich dieſes ſchreibe und deſſen Verdienſte und Andenken bey mir allemal ſehr theuer und werth ſeyn werden, weil ich einen ungemei - nen Eifer und Begierde an dem Aufnehmen des Nah - rungsſtandes und dem Beſten ſeiner Mitbuͤrger zu ar - beiten, bey ihm gefunden habe. Er meinete in ſeinen Briefen, womit er mich beehret hat, daß die Einfuͤh - rung der Manufacturen und Fabriken und uͤberhauptH 2das116III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungdas Aufnehmen des ganzen Nahrungsſtandes lediglich darauf ankaͤme, Mittel ausfuͤndig zu machen, wodurch die Leute Verlag in die Haͤnde bekommen koͤnnten, die zwar alle Luſt haͤtten, ſich zu regen und nuͤtzliche Ge - werbe zu treiben, denen es aber groͤßtentheils an den Mitteln darzu ermangele. Er glaubete, wenn man eine Anſtalt machen koͤnnte, daß die Leute allemal ge - gen 5 von Hunderten Geld zu ihren Gewerben haben koͤnnten; ſo wuͤrde die groͤßte Hinterniß gegen das Aufnehmen des Nahrungsſtandes gehoben ſeyn. Allein in Goͤttingen und andern hannoͤveriſchen Staͤdten koͤn - nen die Manufacturiers und Fabrikanten auf denen Leihekammern allemal gegen 3 pro Cent Geld erhalten; und dieſe Anſtalten, werden doch ſehr wenig gebraucht. Alle Anſtalten, die man nur immer zu dem Ende machen kann, erfordern, daß das Geld nicht ohne Si - cherheit weggegeben werde. Sie koͤnnen ſonſt nicht beſtehen. Dieſe Sicherheit macht es nothwendig, daß kaum die Helfte des Werthes auf die zu verſetzenden Mobilien und Waaren gegeben werden kann, weil man von der Wiedereinloͤſung nicht verſichert iſt und weil die Verkaufung der Pfaͤnder durch die Auction geſche - hen muß, wodurch oͤfters wenig davor erhalten wird. Es kann aber einem Manufacturier ſehr wenig damit gedienet ſeyn, auf ſeine Waaren kaum halb ſo viel ge - liehen zu bekommen, als ſie werth ſind. Wie will er ſeine Manufactur fortſetzen und doch auch leben koͤn - nen, wenn er auf ſeine Waaren kaum ſo viel geliehen bekommt, als ihm die Materialien darzu gekoſtet haben. Er kann natuͤrlicher Weiſe immer weniger Materialienein -117der Manufacturen und Fabriken. einkaufen und ſeine Nahrung kommt immer mehr in Abgang. Dieſen Fehler hat des Freyherrn von Schroͤder vorgeſchlagener landesfuͤrſtl. Wechſel, des - gleichen alle Lombard und Leihehaͤuſer, und alle An - ſtalten, die man nur erfinden kann, werden gleichfalls dieſes Gebrechen haben, weil ſie ohne Sicherheit des auszuleihenden Geldes nicht beſtehen koͤnnen. Es iſt demnach in der That kein beſſeres Mittel die Manu - facturiers zu verlegen, als die ietzt von mir vorgeſchla - gene Einrichtung des Manufacturhauſes. So bald der Manufacturier ſeine Waaren fertig hat; ſo kann er ſie vor ihren gerechten Werth in dem Manufactur - hauſe abſetzen. Er kann ſo fort Materialien zu ande - rer Arbeit guten Kaufes erhalten, als auch zugleich das benoͤthigte baare Geld zu Fuͤhrung ſeiner Haus - haltung haben. Wenn er fleißig und haushaͤltig iſt; ſo kann er allemal um ſo viel mehr Materialien neh - men, als er an der Arbeit gewinnet; und er kann mit - hin ſein Gewerbe nach und nach vergroͤſſern. Es iſt wahr, dieſe Vergroͤſſerung ſeines Gewerbes wird nur langſam geſchehen, allein ſie wird deſto ſicherer und gruͤndlicher ſeyn und den Manufacturier weder der Gefahr ausſetzen von ſeinen Glaͤubigern uͤber den Hau - fen geworfen zu werden, noch werden ihm die Jntereſſen einen Theil ſeines Gewinnſtes wegnehmen. Je mehr auch die angelegten Manufacturen einen guten Fort - gang haben, und je mehr Geld dadurch im Lande behal - ten wird, deſto lebhaftiger wird der Nahrungsſtand und die Circulation des Geldes werden. Vieles Geld, das bey einem uͤbel beſchaffenen Nahrungsſtande langeH 3Zeit118III. Abſch. von Anlegung und GruͤndungZeit in dem Kaſten gelegen hat, wird zum Vorſchein kommen, weil man damit gewinnen kann. Dieſes wird in alle Gewerbe ſeinen Einfluß haben. Die Jn - tereſſen werden fallen und fleißige Leute werden gar keine Muͤhe haben Geld zu bekommen, ihr Gewerbe zu ver - groͤſſern und mehr zu gewinnen. Kurz, es iſt ſchwehr - lich ein anderes Mittel, das gruͤndlich und zuverlaͤßig iſt. Alle andere Projecte, denen Manufacturiers Verlag zu verſchaffen, werden auf Chimaͤren hinaus - laufen und in der Ausuͤbung unthunlich befunden werden.

Verſchiede - ne andere Umſtände des Manu - facturhau - ſes.

Da dieſes Hauptſtuͤck ohnedem ſtark anwaͤchſt; ſo kann ich mich nicht in alle beſondere Einrichtungen und Umſtaͤnde eines ſolchen Manufacturhauſes einlaßen. So viel will ich nur noch erinnern, daß aus eben den Gruͤnden, warum ich die Anlegung der Manufacturen in der Reſidenzſtadt widerrathen habe, auch das Ma - nufacturhaus nicht darinnen ſtattfinden kann. Es muß in einer Stadt angeleget werden, die man zu dem Hauptſitz der Manufacturen am ſchicklichſten haͤlt; und ſo bald ſich die Manufacturen auch in andern Staͤdten ausbreiten, ſo muß vor alle Waaren und Briefe, die an das Manufacturhaus gehen, die Poſtfreyheit zuge - ſtanden werden, wenigſtens auf eine Zeitlang, bis dieſe Nahrungsgeſchaͤfte genugſam gegruͤndet ſind; wie denn auch alle andere Mittel nicht geſpahret werden muͤſſen, wodurch dieſe Anſtalt befoͤrdert und erleichtert werden kann. Denn noch einmal, ſie iſt der Grund desganzen119der Manufacturen und Fabriken. ganzen Manufacturweſens, worauf der gluͤckliche Fort - gang hauptſaͤchlich ankommt.

So bald man ein Manufacturhaus einrichtet; ſoVon der Er - richtung und Beſchaffen - heit eines Manufa - cturcollegii. muß man auch den Bedacht auf Errichtung eines Ma - nufacturcollegii nehmen, und ohne ein ſolches Collegium kann man ſich ſchwehrlich einen gluͤcklichen Erfolg in de - nen anzulegenden Manufacturen verſprechen. Dieſes Manufacturcollegium kann ein beſonderes Departement des Commerciencollegii ſeyn; indem ich auch dieſes Colle - gium als nothwendig vorausſetze, wenn man ſich etwas wirkſames zu Aufnahme der Commercien verſprechen will. Es kann vielleicht in denen Finanz-Krieges-und andern Geſchaͤften des Staats gleichguͤltig ſeyn, ob ſie durch einzelne Miniſters mit unterhabenden Commiſſa - rien, oder durch Collegia verwaltet werden. Allein die Commercienangelegenheiten ſind vor die Wohlfarth des Staats allzuwichtig und erfordern eine allzugenaue und vollkommene Einſicht in das Weſen der Sache, als daß man ſie der Entſcheidung eines einzigen Mannes an - vertrauen koͤnnte. Frankreich, welches es vielleicht ſeiner unumſchraͤnkten Regierungsform am gemaͤßeſten haͤlt, die Geſchaͤfte des Staats durch einzelne Mini - ſters verwalten zu laßen, hat doch gemeiniglich vor die Commercienangelegenheiten ein beſonderes Collegium niedergeſetzt. Dieſes Manufacturcollegium als ein beſonderes Departement des Commerciencollegii, kann demnach aus einigen Mitgliedern dieſes letztern Collegii, welche in das Manufacturweſen die meiſte EinſichtH 4haben,120III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndunghaben, und aus einigen Leuten beſtehen, die ſelbſt Manu - facturen gehabt oder dirigiret haben. Wenn ich nicht vor dienlich erachte, Kaufleute in das Commerciencol - legium zu ſetzen, weil ihre Grundſaͤtze gemeiniglich von den richtigen Grundſaͤtzen des Staats ſehr verſchieden ſind; ſo halte ich es hingegen vor unumgaͤnglich noth - wendig, Leute die bey den Manufacturen und Fabriken hergekommen ſind, in das Manufacturcollegium zu ziehen, weil die Einrichtung und Direction der Manu - facturen ſchwehrlich mit Nutzen geſchehen kann, wenn man nicht alle darzu erforderliche Arbeiten und Um - ſtaͤnde aus dem Grunde verſtehet.

Nöthige Re - glements u. Ordnungen von der Be - ſchaffenheit der zu ver - fertigenden Waaren.

Hiernaͤchſt muß es eine der erſten Maaßregeln ſeyn, daß man Reglements und Ordnungen publiciren laͤßt, wie die zu verfertigenden Manufacturen-und Fabriken - waaren beſchaffen ſeyn ſollen. Bey denen Manufa - cturen muß nicht allein die Laͤnge und Breite der Stuͤcke, die Beſchaffenheit des Aufzuges, der Kette, derer da - zu zu gebrauchenden Gezeuge und Schemel und mit wie viel Schlaͤgen gearbeitet werden ſoll, ſondern auch das Gewichte vorgeſchrieben werden, wie viel ein Stuͤck Seidenzeug oder Tuch von ſolcher Laͤnge und Breite wiegen ſoll, weil die Feine und Guͤte hauptſaͤchlich darauf ankommt; ja bey verſchiedenen Manufacturen iſt es noͤthig zu beſtimmen, aus wie viel Faͤden der Auf - zug beſtehen ſoll. Eben ſo muß auch bey denen Fa - briken die Beſchaffenheit derer in Feuer zu arbeitenden Waaren vorgeſchrieben und die aͤußerlichen Kennzeichenzum121der Manufacturen und Fabriken. zum Unterſchied der Waaren, entweder auf die Waare ſelbſt, oder auf die Faͤſſer, worinnen man ſie einpacket, beſtimmet werden, wie dergleichen Reglements in Sachſen bey der Schmalte, bey den verzinnten Ble - chen und andern Fabriken vorhanden ſind. Dieſe Reglements und Ordnungen ſind nicht allein noͤthig, damit wirklich gute und tuͤchtige Waaren verfertiget werden, ſondern auch vornehmlich deshalb, damit die Waaren in dem Großhandel gangbar werden. Jn dem großen Commercio kann man ſich unmoͤglich Zeit nehmen, ein jedes Stuͤck Waare beſonders zu unter - ſuchen. Man muß es auf Treu und Glauben anneh - men. Daher muß der Kaufmann verſichert ſeyn, daß, wenn ihm ein Stuͤck, oder Faß Waare mit dieſen Zei - chen zu Geſichte kommt, daß es dieſe Beſchaffenheit haben und eine gute und tuͤchtige Waare ſeyn werde. Er ſiehet auf die Ordnungen, die in einem Lande ſind und wie daruͤber gehalten wird, wenn er ſich in einen Kauf einlaßen will. Diejenigen Laͤnder alſo, die dergleichen Reglements und Ordnungen nicht haben, koͤnnen ſich auch niemals verſprechen, daß ihre Producte gangbare Waaren in den Commercien werden. Der auswaͤr - tige Kaufmann unterlaͤßt lieber mit ſolchen Laͤndern zu handeln, als daß er jedes Stuͤck oder Faß Waare ſorg - faͤltig unterſuchen ſollte, um ſich vor denen Betruͤge - reyen zu huͤten, und ehe er ſich einer ſolchen weitlaͤuf - tigen und zeitverſplitternden Unterſuchung gleichfalls ausſetzen ſollte, wenn er die Waaren wieder in Ganzen verkaufen will. Diejenigen Laͤnder, welche dieſe Re - glements unterlaßen, verſtehen alſo die MaaßregelnH 5zur122III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungzur Aufnahme der Commercien ſehr ſchlecht, und ich weiß wirklich viele Laͤnder, die nicht allein die Materia - lien zu verſchiedenen Waaren haben, ſondern die auch wirklich gute und tuͤchtige Waaren verfertigen, die aber wegen dieſes Mangels nicht in die Commercien gehen. Z. E. in Niederſachſen wird an vielen Orten eine feine Leinwand verfertiget, die oͤfters die ſchleſiſche uͤbertrift, ja die einer hollaͤndiſchen nichts nachgiebt, wenn man die Zubereitung ausnimmt. Allein weil dergleichen Reglements ermangeln und weil man in der Laͤnge und Breite der Stuͤcke nicht die geringſte Gleichfoͤrmigkeit beobachtet: ſo wird ſie niemals eine Waare vor die Commercien, ſondern ſie wird hoͤchſtens in Hamburg, Luͤbeck und Bremen als Hausleinewand verkaufet. Mit der oͤſterreichiſchen Leinewand hatte es ehedem eben dieſe Beſchaffenheit. Allein ſeitdem man vor ohngefaͤhr 8 Jahren ein Reglement daruͤber herausgegeben hat; ſo hat ſie ſchon angefangen eine Kaufmannswaare zu werden. Jn den meiſten teut - ſchen Staaten, ohngeachtet man das Anſehen haben will, die Manufacturen zu gruͤnden, fehlet es noch gar ſehr an ſolchen Reglements. Nur in denen preußi - ſchen Staaten, wo man die wahren Maaßregeln ſelten außer Acht laͤßt, haben alle Arten von Manufacturen die umſtaͤndlichſten und vortreflichſten Ordnungen, und man muß dieſelben zu Rathe ziehen, wenn man der - gleichen Reglements verfertigen will.

Da123der Manufacturen und Fabriken.

Da es bey denen Manufacturen gar viel auf dieNöthige Re - giements über die Schönheit und Dauer - haftigkeit der Farben. Schoͤnheit und Dauerhaftigkeit der Farben ankommt: ſo muͤſſen noch beſondere Farbenreglements und Ord - nungen publiciret werden. Jn denenſelben iſt vorzu - ſchreiben, auf was vor Art und mit was vor Mate - rialien gefaͤrbet werden ſoll, weil viele Materialien zwar eine Farbe von guten Anfehn, aber von ſchlechter Dauerhaftigkeit geben. Der vortrefliche Colbert hat ſich hierinnen viel Muͤhe gegeben und Frankreich hat auch nach ſeiner Zeit dieſe Sorgfalt nicht außer Acht gelaßen. Es iſt beſtaͤndig einem oder zwey Mitglie - dern der Akademie zu Paris von der Regierung aufge - geben worden, in denen Farben Verſuche anzuſtellen, um dasjenige, was ſie zu Verſchoͤnerung und groͤſſerer Dauerhaftigkeit der Farben herausbringen, in denen Reglements geſetzlich vorzuſchreiben, und dergleichen Nutzen ſollten ſich die Manufacturen und Fabriken von denen Wiſſenſchaften allemal verſprechen koͤnnen. Dieſe Vorſorge der franzoͤſiſchen Regierung iſt auch nicht ohne Nutzen geweſen. Die franzoͤſiſchen Manu - facturen gehen an Schoͤnheit der Farben allen andern vor; und dergleichen Sorgfalt iſt auch noͤthig, wenn man wirkſame Maaßregeln zur Aufnahme der Manu - facturen ergreifen will.

Alle dieſe Reglements und Ordnungen wuͤrden we -Von der Be - ſchaffenheit der Beſchau - anſtalten, damit die Reglements beobachtet werden. nig helfen, wenn die Regierung nicht davor ſorgte, daß ſie genau befolget und ausgeuͤbet wuͤrden. Wenn dieſes in der That geſchehen ſoll; ſo ſind ſtrenge Be -ſchau -124III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungſchauanſtalten noͤthig. Jn denenſelben muß genau unterſuchet werden, ob die verfertigten Waaren die in denen Reglements vorgeſchriebenen Beſchaffenheiten haben oder nicht. Haben ſie große Fehler und Maͤn - gel: ſo muͤſſen ſie gar nicht paßiret werden. Haben ſie aber nur einen geringen Fehler: ſo muß wenigſtens dieſer Fehler bemerket und dem Orte, wo er ſich befin - det, gegen uͤber am Rande, ein Stempel aufgedruckt werden, wiewohl auch dieſe letztern Waaren nicht zum Commercio außerhalb Landes gebraucht, ſondern nur im Lande ſelbſt conſumiret werden ſollten. Es hat kein Land ſo vortrefliche Beſchauanſtalten als Engelland. Ein jedes Stuͤck von Manufacturwaaren muß drey - mal in Beſchau genommen werden. Die erſte Be - ſchauung geſchiehet von denen Handwerksobermeiſtern; und das Stuͤck, wenn es gut iſt, bekommt das Hand - werksſiegel oder Zeichen. Sodann gehet es in die Beſchauanſtalten der Stadt, die gemeiniglich aus einem Rathsherrn, oder andern Bedienten des Raths und aus einigen andern angeſehenen der Sache genugſam kundigen Buͤrgern beſtehen; und das Stuͤck, nachdem es gut befunden worden, bekommt hier das Zeichen oder Stempel der Stadt. Endlich gehet die Arbeit in die Koͤnigl. Beſchauanſtalt, die in jeder Grafſchaft errichtet iſt, und hier wird es am allerſtrengſten ge - nommen und der Koͤnigl. Stempel wird nicht ohne die allergenaueſte Unterſuchung angehaͤngt. Allein eben dieſer ſtrengen Beſchauanſtalten wegen haben die engliſche Manufacturen vor allen andern in der Welt in der Guͤthe den Vorzug erlanget; und die Auslaͤnderkoͤnnen125der Manufacturen und Fabriken. koͤnnen auf das allervollkommenſte verſichert ſeyn, daß alle Waaren, die mit den Beſchauſiegeln verſehen ſind, ſehr gut und tuͤchtig ſeyn werden. Jn der That, wenn man ſich auf auswaͤrtigen Debit Rechnung machen will, ſo ſind dieſe Beſchauanſtalten eine der nothwen - digſten. Man hat zwar ſelten in einem Staate un - terlaßen, ſo bald man auf die Einfuͤhrung der Manu - facturen bedacht geweſen iſt, auch dieſe Beſchauanſtal - ten anzuordnen. Allein ſie werden gemeiniglich ſo nachlaͤßig und ſo obenhin ausgeuͤbet, daß es eben das iſt, als waͤren ſie gar nicht vorhanden. Jch weiß nicht, was man von denenjenigen ſagen ſoll, die ſolche Beſchauanſtalten als eine Beſchwerde und Bedruͤckung der Manufacturiers anſehen. Wenigſtens habe ich dieſe Meinung in gedruckten Schriften geleſen, deren Verfaſſer ſich mit keiner geringen Einſicht in das Beſte des Staats und des Nahrungsſtandes geſchmeichelt haben. Alle Antwort, die ſie verdienen, iſt, daß man ihnen den Rath giebt, ſich mit denen guten Grund - ſaͤtzen der Commercienwiſſenſchaft beſſer bekannt zu machen.

Man hat in vielen Staaten auch Reglements undVon den Re - gleinents über den Ar - beitslohn der Manu - facturarbei - ter. Ordnungen uͤber den Lohn der Arbeiter; wie man denn vor ohngefaͤhr 8 Jahren in Wien eine Ordnung pu - blicirte, worinnen das Arbeitslohn beſtimmt war, das ein jeder Seidenmanufacturier ſeinen Geſellen vor eine Elle Seidenzeug von allen und jeden Arten zu entrich - ten haͤtte. Allein, wenn dergleichen Ordnungen ihrenNutzen126III. Abſch. von Anlegung und GruͤndungNutzen haben ſollen; ſo muͤſſen ſie faſt auf eine jede Provinz verſchiedentlich eingerichtet werden, weil der Preiß der Lebensmittel faſt in allen Provinzen ſehr ver - ſchieden iſt; und wenn darauf nicht geſehen wird; ſo koͤnnen dergleichen Ordnungen keine Billigkeit haben. Sie erfordern auch eine oͤftere Abaͤnderung, wenn Veraͤnderungen in dem Muͤnzweſen vorgehen, oder der Preiß der Lebensmittel auf beſtaͤndig merklich ge - ſtiegen, oder gefallen iſt. Wenn dergleichen Veraͤn - derungen nicht geſchehen; ſo bekommen entweder der - gleichen Ordnungen ihren Platz unter den alten außer Gebrauch gekommenen Geſetzen, oder es wird nur da - durch Unheil und Nachtheil verurſachet, wenn derje - nige Theil, welcher ſeinen Vortheil bey dieſen Ordnun - gen findet, ſich hartnaͤckig darauf ſteifet. Ueberhaupt wird der Nutzen nicht ſehr groß ſeyn, der aus ſolchen Ordnungen erwaͤchſet.

Beſtändige Bemühun - gen, die Ma - nufacturen zu erweitern und zu ver - beſſern, wel - ches auf die Einſicht der Gebrechen ankommt.

Nachdem die Manufacturen und Fabriken nur in etwas im Gange ſind; ſo muß das Manufacturcolle - gium unaufhoͤrlich auf deren Erweiterung und Verbeſ - ſerung bedacht ſeyn. Die Erweiterung geſchiehet, wenn man nicht allein die angelegten Werke nach der Maaße, wie ſie einen guten Fortgang haben und Gewinnſt ab - werfen, mit Gebaͤuden, Werkſtaͤden und Arbeitern ver - mehret, oder immer mehr Meiſter und Manufacturiers in das Land ziehet, ſondern auch wenn man ganz neue Manufacturen und Fabriken anrichtet, welches nach der im Eingange dieſes Hauptſtuͤckes feſtgeſetzten Grund -regel127der Manufacturen und Fabriken. regel geſchehen muß, naͤmlich, daß diejenigen immer zu - erſt angeleget werden muͤſſen, wodurch das meiſte Geld außer Landes gehet und wodurch die meiſten Menſchen ernaͤhret werden koͤnnen. Die Verbeſſerung aber ſo - wohl als die Erweiterung erfordert eine unaufhoͤrliche Unterſuchung von dem Zuſtande der Manufacturen und Fabriken. Zu dem Ende muß das Manufactur - collegium laͤngſtens alle Vierteljahre von dem Zuſtande dieſer Nahrungsgeſchaͤfte die allergenaueſten Berichte und Tabellen erfordern, aus welchen die Zahl der Werk - ſtaͤde, und Meiſter, der Haupt - und Nebenarbeiter, der Geraͤthſchaften, der Materialien, ſo ſie verarbeiten, des Preißes derſelben und woher ſie erlanget werden, der Waaren, ſo verfertiget werden, ihres Preißes und Ab - ſatzes deutlich und umſtaͤndlich zu erſehen ſind. Wenn nun zugleich die Proben von allen Arten von Arbeiten mit eingeſendet werden; ſo kann es dem Manufactur - collegio nicht ſchwehr fallen, die Maͤngel und Gebrechen, die etwann dabey noch vorwalten einzuſehen und auf deren Verbeſſerung den Bedacht zu nehmen.

Wenn ſich in dem Manufacturcollegio Leute befin -Alle Fehler und Mangel bey den Ma - nufacturen müſſen geho - ben werden. den, welche der Sache genugſam gewachſen ſind; ſo muß das Collegium auch allemal die Urſache einſehen koͤnnen, warum es etwann mit dieſer oder jener Manu - factur und Fabrike nicht recht fortwill. Sehen ſie aber die Urſachen ein; ſo muͤſſen auch allemal Mittel ausfindig gemacht werden koͤnnen, um die Gebrechen und Hinterniſſe zu heben. Man muß dieſes behaupten,die128III. Abſch. von Anlegung und Gruͤndungdie Fehler moͤgen auch beſtehen worinnen ſie wollen; und ich getraue mir allemal zu erweiſen, daß die immer - fortdaurenden Maͤngel und Gebrechen bloß dem Man - gel der Einſicht oder der Nachlaͤßigkeit dererjenigen zuzuſchreiben ſind, welche die Direction und Aufſicht uͤber die Manufacturen und Fabriken haben. Wenn es ſo gar an der noͤthigen Kunſt und Geſchicklichkeit in dieſer oder jener beſonderer Arbeit der Manufactur fehlete; ſo iſt auch hier Rath zu verſchaffen; und es iſt allemal beſſer, diejenigen, welche die Sache verſte - hen ſollten, geſtehen den Mangel ihrer Wiſſenſchaft in dieſem oder jenem Stuͤcke, weil ein Menſch nicht in allen vollkommen ſeyn kann, als daß ſie ihre Unwiſſen - heit und dieſen Mangel der Fabrike zu verbergen ſu - chen. Man kann vor Geld alles moͤglich machen; und wenn man auch wegen eines ſolchen Mangels nicht beſondere Leute, deren Wiſſenſchaft demſelben abhelfen kann, aus andern Landen kommen laßen will; ſo kann man die ermangelnde Kunſt vor ein weniges Geld erkaufen. Bey der oͤſterreichiſchen Cattunfabrike auf der Schwechat, als ſie ſchon ſehr in Flohr war, erman - gelten noch vier Farben, welche der Directeur der Cattundruckerey und die Druckermeiſter nicht dauer - haftig zu machen wuſten. Es waren dieſes keine Hauptfarben, ſondern nur zuſammengeſetzte Farben. Dennoch ſahe man es als einen Mangel an, dem man abhelfen muͤſte. Man ſchrieb nach Holland und ließ einem daſigen Druckermeiſter in einer Cattunfabrik unter der Hand 50 Ducaten vor jede Farbe biethen. Dieſer communicirte ſie, die Farben wurden probiretund129der Manufacturen und Fabriken. und gut und dauerhaftig befunden. Man bezahlete das Geld und der Mangel war gehoben. Auf dieſe und aͤhnliche Art koͤnnen gewiß alle andere Maͤngel und Gebrechen verbeßert werden, wenn man nur Einſicht und Aufmerkſamkeit hat.

Zweytes Hauptſtuͤck des dritten Abſchnittes, Von denen Befoͤrderungsmitteln der Manufacturen und Fabriken.

Wir kommen nunmehro auf das zweyte Hauptau -Nothwen - digkeit der Beförde - rungsmittel. genmerk bey Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken naͤmlich auf die Befoͤr - derungsmittel derſelben; und in der That iſt dieſes ſo weſentlich nothwendig, als das erſte. Die beſten und kluͤgſten Maaßregeln und Anſtalten zu Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken wuͤrden ganz vergeblich ſeyn, und die angelegten Werke wuͤr - den gar bald wieder ihren Untergang finden; wenn man nicht durch dienliche Mittel und Maaßregeln die neuen Manufacturen zu befoͤrdern und dauerhaftig und bluͤhend zu machen wuͤſte.

Der gute Zuſammenhang und die vollkommeneDer gute Zuſammen - hang mit den übrigen Ein - richtungen des Staats ſind Beför - derungsmit - tel. Uebereinſtimmung der Manufacturen und Fabriken mit allen andern Beſchaffenheiten und Einrichtungen des Staats, wovon wir im zweyten Abſchnitte gehan - delt haben, iſt eines der groͤßten und wirkſamſten Be - foͤrderungsmittel dieſer Nahrungsgeſchaͤfte. WirJhaben130III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnhaben daſelbſt genugſam gezeiget, wie groß der gegen - ſeitige oder gleichmaͤßige Einfluß der Wißenſchaften, der Landwirthſchaft, der Commercien, der Policey und vieler andern Einrichtungen des Staats in die Manu - facturen und Fabriken iſt; und daß man ſich ohne dem - ſelben ſchwehrlich einen guten Fortgang in denenſelben verſprechen kann. Dieſer wirkſame Einfluß iſt dem - nach allerdings eines der wichtigſten Befoͤrderungsmit - tel. Allein außer dieſem guten Zuſammenhange giebt es noch andere Befoͤrderungsmittel, die wir hier vor - ſtellig machen wollen.

Außerdem wird erfor - dert Achtung vor die Ma - nufacturiers und Fabri - kanten.

Unter dieſe Befoͤrderungsmittel muß man zufoͤr - derſt die Achtung rechnen, die man denen Manu - facturiers und Fabrikanten im Staate billigerweiſe an - gedeihen laßen muß. Die Manufacturen und Fabri - ken, wenn ſie die Wohlfarth des Staats befoͤrdern ſollen, muͤſſen in Menge getrieben werden; und man bilde ſich nur nicht ein, daß viele Leute ſich auf dieſe Nahrungsgeſchaͤfte legen werden, wenn ſie nicht in Hochachtung ſtehen. Die Wahrſcheinlichkeit Reich - thum zu erwerben, iſt es nicht allein, was eine Nah - rungsart beliebt macht; die Menſchen wollen auch die Vergnuͤgung ihrer Ehrbegierde dabey finden; und wenn die Eltern eine in wenig Hochachtung ſtehende Lebensart nicht verlaßen, ſo bald ſie etwas Vermoͤgen dabey erworben haben; ſo ſind doch allemal die Kin - der wenig geneigt dieſelbe fortzuſetzen, ſo daß oͤfters die beſten Werke der Eltern nach ihren Tode ihre End -ſchaft131der Manufacturen und Fabriken. ſchaft erlangen. Man ſiehet endlich in Teutſchland und noch mehr in den daͤniſchen Staaten das elende Vorurtheil, daß die Commercien und Manufacturen geringſchaͤtzige und dem Adel nachtheilige Nahrungs - geſchaͤfte ſind, immermehr verſchwinden. Die ange - ſehenſten Leute ſowohl ihrer Geburth als Wuͤrden nach, halten es in dieſen letztern Landen ſich nicht vor nach - theilig ſich bey denen Manufacturen und Fabriken ein - zulaßen; und ich koͤnnte unter andern einen Herrn von hohen Stande, und ſehr alten Geſchlechte nennen, der mit eben ſo viel Ruhm ſeiner vornehmen Bedienung vorſtehet, als er mit verwundernswuͤrdiger Einſicht und Ordnung und dem gluͤcklichſten Erfolge Manufacturen und Fabriken anleget. Jn der That, wenn auch die Lebens - und Nahrungsarten nach der Maaße Achtung verdienen, als ſie den Nutzen des Staats befoͤrdern; und ich kenne keinen andern Grund der Achtung; ſo muß man aus dem erſten Abſchnitte uͤberzeuget ſeyn, daß die Manufacturiers und Fabrikanten unter denen verſchiedenen Staͤnden und Lebensarten einen vorzuͤg - lichen Grad der Achtung verdienen.

Es iſt ſehr gewiß, daß es nur auf den RegentenDer Regent hat vielerley Mittel ’eine Nahrungs - art in Ach - tung zu ſe - tzen. ankommt, eine gewiße Lebensart in Achtung und folg - lich in Flohr zu ſetzen: denn das letztere iſt eine natuͤr - liche Folge aus dem erſten. Er hat hierzu tauſender - ley Mittel in Haͤnden, die er niemals vergeblich anwen - det, wenn er ſie mit Klugheit gebrauchet. Als der mit vielen großen Eigenſchaften begabte Koͤnig FriedrichJ 2Wil -132III. Abſch. von denen BefoͤrderungsmittelnWilhelm von Preußen zur Regierung kam; ſo war die Landwirthſchaft in ſeinen Staaten in ſchlechtem Zu - ſtande. Es wollten ſich nicht einmal Pachter zu denen Cammerguͤthern finden. Allein das gnaͤdige Auge, womit dieſer kluge Koͤnig einen fleißigen und geſchick - ten Landwirth anſah, die Charactere von Amtmaͤnnern und Oberamtmaͤnnern, womit er ſo gar auch einen vernuͤnftigen Bauer begnadigte, wenn er eine Domaine pachtete und in der Landwirthſchaftskunſt etwas vor - zuͤgliches leiſtete, brachte die Landoeconomie gar bald in Flohr. Die Folge davon war, daß ſich bey ieder Licitation der Cammerguͤther eine große Menge Pach - ter fanden, welche den Pacht nach und nach dergeſtalt ſteigerten, daß die meiſten Cammerguͤther noch zwey - mal ſo viel Einkuͤnfte brachten, als ſie bey Anfang ſei - ner Regierung eingetragen hatten. Jn der That hat ein Regent bloß an denen zu ertheilenden Characteren eine unerſchoͤpfliche Quelle ſeine Unterthanen zu allen denenjenigen Gewerben und Nahrungsgeſchaͤften auf - zumuntern, die dem Lande nuͤtzlich ſind, wenn er naͤm - lich dieſe Charactere mit Weisheit austheilet. Dieſe Weisheit kommt faſt lediglich darauf an, daß ſie nie - mals bloß vor Geld erkaufet werden koͤnnen, ſondern daß derjenige, welcher damit bekleidet werden ſoll, in ſeiner Lebensart und Gewerbe etwas beſonderes dem Lande nuͤtzliches geleiſtet haben muß. Wenn man ſich zur feſten und unverbruͤchlichen Regel ſetzet, daß kein Beſitzer eines Landguthes einen Character erhalten kann, der nicht neue, nuͤtzliche oder wenigſtens im Lande noch nicht eingefuͤhrte Erfindungen und Beartungsarten in derLand133der Manufacturen und Fabriken. Landwirthſchaft gemacht und betrieben, oder unfrucht - bare Heiden und Moraͤſte angebauet und nutzbar ge - macht hat, daß kein Kaufmann characteriſiret werden ſoll, der nicht eine neue, dem Lande nuͤtzliche Handlung und Gewerbe zu Stande gebracht hat, kurz, daß nie - mand anders einen Titel und Rang erlangen kann, der nicht beſondere und ungezweifelte Verdienſte vor ſich hat, wie bald wuͤrde man nicht die Landwirthſchaft und die Commercien bluͤhen und die wuͤſten Gegenden des Landes cultiviret ſehen. Dieſes Mittel wuͤrde inſon - derheit in Daͤnemark von großer Wirkung ſeyn, wo die Beſitzer der Landguͤther entweder von Adel oder mit einem Character verſehen ſeyn muͤßen, wenn ſie gewiſſe anſehnliche Privilegia und Freyheiten genießen wollen. Zugleich wuͤrde die Geringſchaͤtzigkeit der Charactere vermieden werden, die allemal gewiß erfolget, wo die - ſelben bloß vor Geld ertheilet werden. Die Ausloͤ - ſungsgebuͤhren vor die Decrete wuͤrden demohngeach - tet dabey ſtatt finden koͤnnen. Man ſiehet leicht, daß die Charactere eben ſo wirkſam bey denen Manufactu - ren und Fabriken ſeyn werden, wenn man diejenigen damit bekleidet, die eine neue Art der Manufacturen und Fabriken oder ſonſt ein wichtiges Werk in dieſen Nahrungsgeſchaͤften angeleget und in Flohr gebracht haben. Es waͤre aber zu wuͤnſchen, daß man mit Er - theilung ſolcher Charactere nicht eben ſehr eilete. Man ertheilet oͤfters denen Anlegern neuer Manufacturen und Fabriken dasjenige viel zu fruͤhzeitig, was die Belohnung eines dauerhaftigen, bluͤhenden und nicht mehr zweifelhaftigen Werkes ſeyn ſolte. Wir habenJ 3ſchon134III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnſchon oben davon geredet, daß dieſe fruͤhzeitigen Titel mehr die Eitelkeit und Verſchwendung und folglich den Untergang des Fabrikanten nach ſich ziehen, als daß ſie das angelegte Werk befoͤrdern ſollten.

Auch die ge - meinen Ma - nufacturar - beiter müßen gewißer - maaßen in Achtung ſte - hen.

Die Achtung vor die Manufacturiers und Fabri - kanten muß ſich nicht allein auf die Anleger ſolcher Werke ſondern auch auf die gemeinen Arbeiter erſtre - cken Sie muͤſſen von der Werbung und Soldaten - dienſten befreyet ſeyn. Man kann ihnen in Degen tragen, wenn es einmal im Lande andern Kuͤnſten und Gewerben geſtattet wird, in Kopfſteuern und andern kleinen Abgaben verſchiedene Vorzuͤge zugeſtehen; und was wuͤrde es nicht vor eine Aufmunterung zu dieſen Nahrungsgeſchaͤften ſeyn, wenn man verordnete, daß in Landen, wo die Leibeigenſchaft ſtatt findet, derjenige, ſo gewiße Jahre bey denen Manufacturen und Fabri - ken gearbeitet hat, von dieſem Joche frey ſeyn ſollte. Der Landesherr koͤnnte dem Herrn des Leibeigenen da - vor eine Verguͤtung zugeſtehen, wenn er ſich aus Guͤ - tigkeit ſeiner landesherrlichen Befugniß und hoͤchſten Gewalt nicht gebrauchen wollte, die man ihm in allen Dingen, die zum allgemeinen Beſten des Staats gerei - chen, nicht abſprechen kann. Wenn aber auch dieſes nicht geſchaͤhe, ſo wuͤrden die Herren der Leibeigenen dabey nichts einbuͤßen. Eben dieſe Leibeigenſchaft und der Mangel der Nahrung veranlaßet in ſolchen Laͤn - dern, daß jaͤhrlich eine große Menge Leibeigenen aus dem Lande gehen, um in andern Staaten ihren Un - terhalt und ein beßeres Schickſahl zu finden, ohne daßes135der Manufacturen und Fabriken. es ihre Herren zu verhuͤten im Stande ſind. Dieſe Leib - eigenen gehen auf dieſe Art nicht allein vor ſie, ſondern auch vor das Land verlohren; dahingegen ſie bey mei - nem Vorſchlage wenigſtens vor das Land beybehalten werden wuͤrden.

Naͤchſt der Achtung vor die Manufacturiers undEin anderes Beförde - rungsmittel iſt die Anrei - zung zu neu - en Erfindun - gen. Fabrikanten iſt die Anreizung zu neuen Erfindungen in Manufactur und Fabrikenſachen ein nicht außer Augen zu ſetzendes Befoͤrderungsmittel. Es ſind vielleicht bey keiner Sache ſo viel neue Erfindungen, moͤglich, als bey denen Manufacturen und Fabriken. Die Fabriken ſind ſo unerſchoͤpflich an neuen Erfindungen, als es ihre Quelle, die Chymie, ſelbſt iſt; und bey denen Manufacturen koͤnnen tauſend Veraͤnderungen, tauſend neue Deßeins und tauſend neue Bearbeitungsarten ausfindig gemacht werden. Wir haben ſchon oben erinnert, wie nuͤtzlich die neuen Erfindungen bey dieſen Nahrungsgeſchaͤften ſind und daß ſich vermoͤge derſelben auch vor die ſpaͤt an - fangenden Nationen der auswaͤrtige Debit erreichen laͤßt. Ja man kann ſagen, der Erfindungsgeiſt iſt die Seele der Manufacturen und Fabriken; und eine ſinnreiche Nation wird es allemal darinnen am weiteſten bringen. Dieſe Er - findungen koͤnnen entweder ganz neu ſeyn, oder ſie koͤnnen es nur vor dieſe beſondere Nation ſeyn. So iſt z. E. die Raff inirung des Borax an ſich ſelbſt keine neue Erfindung; ſie wird es aber außer Venedig und Hol - land vor eine jede andere Nation ſeyn. Beyde Arten der Erfindungen ſind gleich nuͤtzlich, und zu beyden muͤſſen die Unterthanen angereizet werden. Dieſe An -J 4reizun -136III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnreizung geſchiehet auf keine kraͤftigere Art als durch Be - lohnungen. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß hier alle Staa - ten, welche die Einfuͤhrung der Manufacturen und Fa - briken zum Augenmerk haben, das Beyſpiel des Eng - liſchen Parlaments nachahmen moͤchten, welches alle neue nuͤtzliche Erfindungen großmuͤthig belohnet, in - dem es denen Erfindern oͤfters wichtige Geldſummen auszahlet, mit der Bedingung, daß ein jeder ſeine Er - findung bekannt machen muß, oder wenn es dem Er - finder ein Privilegium excluſivum ertheilet; ſo geſchie - het es doch allemal mit der Bedingung, daß er allen denenjenigen ſeine Erfindung mittheilen ſoll, die ihm eine gewiſſe Summe Geldes davor zahlen, als wodurch zugleich die Schaͤdlichkeit der Monopolien verhuͤtet wird. Es iſt wahr nicht alle Regierungen koͤnnen ſo viel Geld auf Belohnungen verwenden, als das engli - ſche Parlament zu thun im Stande iſt. Allein ſie werden allemal ihre Wirkungen haben, wenn ſie auch in viel geringerer Maaße ausgetheilet werden. Be - ſonders iſt es noͤthig, daß man auf ſolche Erfindungen gewiſſe anſehnliche Praͤmien ſetzet, an welchen zur Auf - nahme der Manufacturen und Fabriken und des Nah - rungsſtandes am meiſten gelegen iſt. Patriotiſche Pri - vatperſonen wuͤrden dieſe Abſicht der Regierung ſehr befoͤrdern koͤnnen, wenn ſie nach dem Beyſpiel der An - tigallicaniſchen Societaͤt in Engelland die Manufactu - riers und Fabrikanten auf alle Art aufmuntern und auf dieſe oder jene Erfindungen, oder im Lande noch nicht eingefuͤhrte Arbeiten, kleine Praͤmien ausſetzen wollten. Die vereinigte Bemuͤhung einer ſolchen Geſellſchaftwuͤr -137der Manufacturen und Fabriken. wuͤrde bey einer wohl uͤberlegten Einrichtung von einem jeden Mitgliede nur einen maͤßigen jaͤhrlichen Beytrag erfordern, der bemittelten Leuten wenig zur Laſt fallen koͤnnte; und es wuͤrde in der That allen andern Na - tionen zur Schande gereichen, wenn allein die Engel - laͤnder einer ſolchen edlen Liebe vor das Vaterland und ſolcher großmuͤthigen Empfindungen faͤhig waͤren. Der Regent, welcher der Brunquell aller Gnaden iſt, hat tauſenderley Mittel in Haͤnden, den lobenswuͤrdi - gen Eifer ſolcher Patrioten zu belohnen, ohne daß ſol - ches zum Nachtheil ſeiner Finanzen geſchehen darf. Er darf ſich nur zur Regel ſetzen, daß er dieſe patriotiſchen Bemuͤhungen unter die wahren Verdienſte rechnen will; ſo wird er, wenn ſeine Regierung mit Weis - heit gefuͤhret wird, dieſen nuͤtzlichen Eifer nicht unbe - lohnet laßen.

Wir kommen nunmehr auf das große Befoͤrde -Das große Beförde - rungsmittel iſt der Debit der Manufa - ctur und Fa - brikenwaa - ren. rungsmittel der Manufacturen und Fabriken, welches das allerwichtigſte und gleichſam der Jnbegriff vieler andern Befoͤrderungsmittel iſt. Dieſes iſt der Debit oder Abſatz der Manufactur - und Fabrikenwaaren. Es iſt gewiß, daß der gute Fortgang der Manufactu - ren hauptſaͤchlich und faſt allein darauf ankommt; ſo daß bey Anlegung aller Fabrikaturen die erſte Ueberle - gung ſeyn muß, ob man ſich auch genugſamen Abſatz der zu verfertigenden Waaren zu verſprechen hat; und es wuͤrde eine unverzeihliche Thorheit ſeyn, wenn man große und koſtbare Anſtalten zu Verfertigung ſolcher Waaren machen wollte, die wenig gebrauchet werden,J 5oder138III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnoder die bald außer der Mode kommen koͤnnen, oder die in andern Landen ſo wohlfeil und gut gemacht wer - den, daß| unſere dargegen wahrſcheinlicher Weiſe nie - mals geſuchet werden duͤrften. Eine Waare mag noch ſo ſchoͤn und gut ſeyn und die Anſtalten zu deren Fa - brikatur moͤgen noch ſo wohl und weißlich eingerichtet ſeyn, ſo iſt das alles vergeblich, und die Fabrike wird gar bald zu Grunde gehen muͤſſen, wenn der Debit der - ſelben ermangelt. Eine Waare, die keinen Abſatz hat, iſt auch alles Werthes beraubt; und die Koſten, die daran verwendet werden, ſind ſo gut als weggeworfen. Die Hofnung eines kuͤnftigen, aber entfernten Abſatzes kann bey Anlegung der Fabriken nicht einmal zurei - chend ſeyn. Das groͤßte Vermoͤgen wuͤrde erſchoͤpfet werden, wenn man beſtaͤndig aufwenden und nichts dargegen einnehmen ſollte. So gewiß iſt es demnach, daß der Abſatz das große Augenmerk und das haupt - ſaͤchlichſte Befoͤrderungsmittel aller Manufacturen und Fabriken iſt. Es iſt mithin noͤthig, daß wir dieſes große Befoͤrderungsmittel mit dem ganzen Zuſam - menhang von Huͤlfsmitteln, die es unter ſich begreift, ausfuͤhrlich abhandeln. Zu dem Ende wollen wir zu - foͤrderſt die Mittel und Maaßregeln erwaͤgen, wodurch uͤberhaupt der Debit der Manufactur - und Fabriken - waaren befoͤrdert wird: und gleichwie der Debit in den inlaͤndiſchen und auswaͤrtigen einzutheilen iſt; ſo wollen wir ſodann die Mittel vorſtellig machen, wo - durch eine jede Art inſonderheit erreichet wird.

Wenn139der Manufacturen und Fabriken.

Wenn der Debit uͤberhaupt befoͤrdert werden ſoll;Zu dem De - bit über - haupt wer - den dreyer - ley Eigen - ſchaften der Waaren er - fordert; 1) die Güte und Tüch - tigkeit der - ſelben. ſo muͤſſen die Waaren dreyerley Eigenſchaften haben; ſie muͤſſen gut oder tuͤchtig, ſchoͤn und wohlfeil ſeyn. Wir haben von der Guͤte und Tuͤchtigkeit der Waaren ſchon in dem vorhergehenden Hauptſtuͤcke gehandelt und zu dem Ende vor noͤthig befunden, daß uͤber die Beſchaffenheit derſelben Reglements und Vorſchriften gegeben und ſtrenge Beſchauanſtalten angeordnet wer - den. Jn dieſen Reglements muß man die groͤßte Guͤte und Tuͤchtigkeit der Waaren zum Augenmerk haben; und wenn es Voͤlker giebt, welche dieſe oder jene Waare in einer groͤſſern Guͤte und Tuͤchtigkeit ver - fertigen, als wir, ſo muß die Regierung alle nur moͤgliche Maaßregeln ergreifen, um eben dieſe Guͤte und Tuͤchtigkeit bey den Landeswaaren einzufuͤhren. Es wird ihr gewiß niemals fehlſchlagen, wenn ſie die Sache mit Ernſt und Klugheit angreift. Jn ſolchen Dingen, als die Zubereitung der Waaren iſt, finden niemals undurchdringliche Geheimniſſe ſtatt. Wir muͤſſen jedoch hier eine Einſchraͤnkung hinzufuͤgen, naͤmlich die Waaren muͤſſen nie von einerley Guͤte und Tuͤchtigkeit ſeyn. Der Geſchmack und die Abſicht der Kaͤufer iſt allemal verſchieden und hiernach muß man ſich bey Verfertigung der Waaren richten. Dieſes findet ſowohl bey inlaͤndiſchen als auslaͤndiſchen Kaͤu - fern ſtatt; und in Anſehung der Auslaͤnder muß man ſich inſonderheit nach dem Geſchmack dererjenigen Na - tionen richten, mit welchen wir den meiſten Handel in dieſer oder jener Art Waaren haben. Der Wille des Kaͤufers hat hier allemal den Vorzug; und der Ver -kaͤufer140III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnkaͤufer mag ſich noch ſo ſehr uͤber den ſchlechten Ge - ſchmack des Kaͤufers aufhalten; ſo laͤßt ihm der Kaͤu - fer mit allen ſeinen ſchoͤnen Geſchmack, mit aller ſeiner Klugheit und mit ſamt ſeinen Waaren ſitzen. Es hat ſich oͤfters eine Nation dergeſtalt an eine gewiſſe Be - ſchaffenheit der Waaren gewoͤhnet, daß man ihr ver - geblich beſſere Waaren zufuͤhret; ſie verlanget dieſes Beſſere nicht. Niemand wird ſich einfallen laßen zu laͤugnen, daß die engliſchen Tuͤcher nicht viel beſſer und tuͤchtiger ſeyn ſollten, als die Hollaͤndiſchen. Dennoch haben die Hollaͤnder allemal einen großen Vorzug in dem Tuchhandel nach Rußland gehabt, weil ſich ein - mal ganz Rußland an die leichtern hollaͤndiſchen Tuͤ - cher gewoͤhnet hat. So wie die Hollaͤnder nicht wohl gethan haben wuͤrden, wenn ſie Tuͤcher von eben der Guͤte und Tuͤchtigkeit, als die Engliſchen haͤtten nach Rußland bringen wollen; ſo haben die Engellaͤnder nicht allen ihren Vortheil beobachtet, daß ſie ſich nicht nach dem Geſchmack der Rußen bequemet und eine leichtere Art Tuͤcher vor ſie verfertiget haben. Hier - aus folget, daß allemal Waaren von verſchiedener Guͤte und Richtigkeit verfertiget werden muͤſſen, und dieſes muß ſchon in denen Reglements beſtimmet wer - den. Niemals aber muß die verſchiedene Guͤte auf die begangenen Fehler und Nachlaͤßigkeiten der Arbei - ter ankommen. Auch bey dieſer verſchiedenen Guͤte muß eine jede Waare in ihrer Art vollkommen, naͤm - lich denen Reglements gemaͤß gearbeitet ſeyn.

Die141der Manufacturen und Fabriken.

Die Schoͤnheit der Waaren begreifet zwar in phi -2) Die Schönheit der Waaren. loſophiſchen und weitlaͤuftigen Verſtande auch die Guͤte und Tuͤchtigkeit derſelben in ſich. Allein hier verſtehen wir unter der Schoͤnheit nur das aͤußerliche, was das Auge reizet. Dieſes, welches allemal den Kaͤufern gefaͤllt, ihr Geſchmack und Abſicht mag auch noch ſo verſchieden ſeyn, muß man allen Arten von Waaren zu geben ſuchen, ſie moͤgen auch der Guͤte nach beſchaf - fen ſeyn, wie ſie wollen. Man findet oͤfters, daß Waa - ren ſehr geſucht werden, die von innrer Guͤte ſehr ſchlecht ſind, die aber durch ihr aͤußerliches Anſehen das Auge vergnuͤgen. Dieſe aͤußerliche Schoͤnheit kommt gemeiniglich auf die Beſchaffenheit der Farben, auf den Glanz und auf die Deſſeins an; und vielleicht iſt es hauptſaͤchlich dasjenige, was den franzoͤſiſchen Waaren zeither einen ſo großen Abſatz verſchaffet hat. Man muß dannenhero bey Anlegung der Manufactu - ren und Fabriken beſtaͤndig bedacht ſeyn, denen Waa - ren alle moͤgliche aͤußerliche Schoͤnheiten zu geben. Allein je mehr neue Manufacturen und Fabriken dieſes Augenmerk noͤthig haben, wenn ſie vor denen andern bereits in Flohr ſtehenden Werken aufkommen wollen; ſo habe ich doch bemerket, daß es gar oͤfters daran er - mangelt. Waaren, die an ſich ſelbſt nicht von gerin - ger Guͤte geweſen ſind, haben durch ihr aͤußerliches Anſehen ein viel ſchlechteres Urtheil von ſich veran - laßet, als ſie in der That verdienet haben.

Die142III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
3) Der wohl - feile Preiß der Waaren.

Die dritte Eigenſchaft der Waaren, wodurch der Debit uͤberhaupt befoͤrdert wird, iſt, daß ſie wohlfeil ſeyn muͤſſen; und dieſe Urſache des Abſatzes iſt ſo wich - tig, daß faſt alles darauf ankommt, indem ſo gar oͤf - ters Waaren großen Abgang haben, bloß weil ſie wohl - feil ſind, ob gleich an ihrer Guͤte, Tuͤchtigkeit und Schoͤn - heit vieles auszuſetzen iſt. Jn der That iſt der wohl - feile Preiß das allerwirkſamſte Mittel, den Debit an ſich zu ziehen. Der Kaufmann, der bloß durch ſeinen groͤſſern Vortheil geleitet wird, wenn ihm durch das Verboth der Einfuhre nicht die Haͤnde gebunden ſind, wird ſo fort mit uns handeln, wenn er eben ſo gute und tuͤchtige Waaren von uns empfaͤngt, davon ihm an Ort und Stelle das Stuͤck nur um ein weniges wohlfeiler zu ſtehen kommt, als er dieſe Waaren zeither einzukaufen gewohnt geweſen iſt; und wenn der Un - terſchied des Preißes ſehr betraͤchtlich iſt; ſo wird er dennoch unſere Waaren ſuchen, ob er gleich einige Maͤngel in Anſehung ihrer Guͤte und Schoͤnheit be - merket. Er wird ſich allemal darauf verlaßen, daß ſeine Abkaͤufer nicht gleiche Einſicht und Abſicht haben werden. Der wohlfeile Preiß der Waaren muß dem - nach eines der allerwichtigſten Augenmerke bey neu an - zulegenden Manufacturen und Fabriken ſeyn, wohin alle Anſtalten, als auf ihren Mittelpunct gerichtet ſeyn muͤſſen. Es giebt verſchiedene Urſachen, welche zu dem wohlfeilen Preiße der Waaren das ihrige beytra - gen, davon wir demnach die wichtigſten hier vorſtellig machen muͤſſen.

Jch143der Manufacturen und Fabriken.

Jch habe ſchon in dem zweyten Abſchnitte gezeiget,Der wohl - feile Preiß der Waaren wird beför - dert, a) Durch wohlfeile Le - bensmittel. wie viel der wohlfeile Preiß der Lebensmittel zu dem wohlfeilen Preiße der Waaren beytraͤgt, und daß die - jenigen Prinzen ihren wahren Vortheil ſehr ſchlecht verſtehen, welche die ſtaͤrkſten Abgaben auf die Con - ſumtion der nothwendigſten Lebensmittel legen. So anſehnlich und gewiß dadurch ihre Einkuͤnfte werden; ſo ſehr verhindern ſie dadurch das Aufkommen der Manufacturen und Fabriken und mithin einen aus - waͤrtigen vortheilhaftigen Handel, welcher doch die Quelle von dem Reichthum ihrer Staaten und ihrer eignen Macht iſt. Jndem aber das Aufkommen der Manufacturen und Fabriken verhindert wird; ſo wird zugleich durch die gegenſeitige natuͤrliche Wirkung das Geld vor ſo viele Waaren zur Nothdurft und Bequem - lichkeit des menſchlichen Lebens außer Landes getrieben; und da dieſes nach und nach die aͤußerſte Armuth des Landes nach ſich ziehen muß; ſo muß endlich ein Zeit - punct kommen, in welchem die Quelle der anſehnlichen und gewiſſen Abgaben auf die nothwendigſten Con - ſumptibilien, welche ſo viel Reizungen vor die Came - raliſten haben, faſt gaͤnzlich verdrocknen wird, weil ſich die Unterthanen wegen Armuth außer Stande be - finden, ſolche zu entrichten. Jch habe auch in eben die - ſem Abſchnitte gezeiget, wie viel die Flohr der Land - wirthſchaft zu dem gluͤcklichen Fortgange der Manu - facturen und Fabriken beytraͤgt; denn je mehr die Landwirthſchaft bluͤhet, je wohlfeiler werden allemal auch die Lebensmittel ſeyn; und deſto weniger Theu - rung wird man zu befuͤrchten haben, die allemal gleich -ſam144III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnſam eine Peſt vor die Manufacturen und Fabriken iſt. Seitdem Engelland ſeine Landwirthſchaft in einen ſo vollkommenen Zuſtand geſetzet hat; ſo hat man daſelbſt wenig oder nichts von einer Theurung erfahren, ohn - geachtet Frankreich, Teutſchland und andere Nach - barn von Engelland binnen dieſen Zeitraume einigemal ſehr ſtark damit heimgeſuchet worden ſind.

b) Durch den wohlfei - len Preiß der Mateꝛialien.

Der bluͤhende Zuſtand der Landwirthſchaft giebt noch ein anderes Huͤlfsmittel zu dem wohlfeilen Preiße der Manufactur - und Fabrikenwaaren an die Hand. Dieſes iſt der wohlfeile Preiß der Materialien; und in der That iſt dieſes Huͤlfsmittel ſo nothwendig und wirkſam, daß es alle Aufmerkſamkeit verdienet. Es befoͤrdert nicht allein den wohlfeilen Preiß der Waaren, ſondern wir haben auch ſchon in denen vorhergehenden Abſchnitten verſchiedentlich erinnert, daß dadurch der Ausfluß des Geldes erſpahret wird und daß man von andern Nationen immer weniger abhaͤngig iſt, je we - niger man Materialien von ihnen noͤthig hat. Es muß demnach eine der hauptſaͤchlichſten Maaßregeln der Regierung ſeyn, daß alle Materialien ſo viel moͤg - lich im Lande ſelbſt gewonnen und zu einem wohlfeilen Preiße gebracht werden. Es iſt dannenhero rathſam auf die nothwendigſten Materialien gewiſſe Praͤmien vor diejenigen auszuſetzen, die ſolche in einer beſtimm - ten anſehnlichen Quantitaͤt gewinnen; ſo wie es zu Bewirkung eines wohlfeilen Preißes zuweilen noͤthig iſt, die Ausfuhre gewiſſer Materialen bey den haͤrteſtenStrafen145der Manufacturen und Fabriken. Strafen zu verbiethen. Der Koͤnig Friedrich Wil - helm von Preußen, der ſo gar die Lebensſtrafe auf die Ausfuhre der Wolle ſetzte, bewirkte durch dieſes Mit - tel einen merklich wohlfeilern Preiß der Wolle in ſeinen Landen, gegen deren Preiß in andern Staaten; und der gute Fortgang der Wollenmanufacturen in denen brandenburgiſchen Staaten, die jaͤhrlich vor eine ſehr betraͤchtliche Summe Waaren auf die leipziger Meſſen liefern, ohne ihren Abſatz in andern Staaten zu rech - nen, iſt dieſer Urſache groͤßtentheils beyzumeſſen. Diejenigen Staaten, welche in andern Welttheilen Co - lonien haben, koͤnnen ſich vor andern Laͤndern eines großen Vorzugs ruͤhmen. Sie koͤnnen daſelbſt viele Materialien gewinnen, welche andere Laͤnder ihrer Him - melsgegend nach nicht erzeugen koͤnnen; und dieſes iſt eben der eigentliche Endzweck ſolcher Colonien. Sie koͤnnen weder Handel, noch Manufacturen und Fa - briken haben, ohne dem Hauptſtaate, von dem ſie ab - haͤngen, nachtheilig zu fallen; und das Hauptaugen - merk einer weiſen Regierung bey ſolchen Colonien muß ſeyn, alle natuͤrliche Vortheile derſelben zu Erzeugung der Materialien zu nutzen. Wenn zwar dergleichen Materialien in denen Colonien erzeuget werden, ſolche aber in hohen Preiße ſind; ſo liegt gewiß der Fehler an der uͤblen Einrichtung der Colonien und an der Beſchaffenheit des Handels aus dem Hauptſtaate da - hin. Viele Gebrechen in der Regierungs - und Policey - verfaſſung ſolcher Colonien koͤnnen in denenſelben eine Theurung verurſachen, da es doch in denenſelben na - tuͤrlicher Weiſe am allerwohlfeileſten ſeyn ſollte; ſoKwie146III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnwie die Kaufleute des Hauptſtaates, die den Handel nach denen Colonien in Haͤnden haben, durch einen unmaͤßigen Vortheil gleichfalls eine Theurung in de - nenſelben veranlaßen koͤnnen. Allein ſo bald eine weiſe Regierung die Urſachen der Theurung in denen Colo - nien aufmerkſam unterſuchet; ſo wird es ihr auch nicht ſchwehr fallen, dieſelbe durch wirkſame Maaßregeln aufhoͤrend zu machen.

c) Durch wohlfeilen Arbeitslohn.

Um zu einen wohlfeilen Preiße der Waaren zu gelangen; ſo iſt es auch noͤthig, daß das Arbeitslohn maͤßig iſt. Wir haben ſchon verſchiedentlich erinnert, daß der wohlfeile Arbeitslohn faſt allein von dem wohl - feilen Preiße der Lebensmittel abhaͤngt; und in ſo weit iſt alſo dieſes Huͤlfsmittel eine Folge aus einen der vor - hergehenden Mitteln. Allein es giebt noch ein ande - res Huͤlfsmittel die Arbeit wohlfeil zu haben, welches mit dem wohlfeilen Preiße der Lebensmittel keinen Zu - ſammenhang hat. Dieſes iſt, daß man, wo moͤglich, die Menſchenhaͤnde erſpahret, und ſich davor der Ma - ſchinen bedienet, indem oͤfters eine Maſchine in einem Tage ſo viel verrichten kann, als hundert Menſchen - haͤnde nicht ausrichten koͤnnen. Das Geſetz der Spar - ſamkeit, welches ein Geſetz der Natur iſt, die niemals uͤberfluͤßige und zahlreiche Kraͤfte anwendet, wo ſie ihren Endzweck mit wenigern Kraͤften erreichen kann, iſt noch mehr ein Geſetz eines weiſen Regenten, der niemals etwas uͤberfluͤßiges aufwenden ſoll, und der mit den Haͤnden und der Arbeit ſeiner Unterthanen eben ſoſparſam147der Manufacturen und Fabriken. ſparſam zu verfahren Urſache hat, als in der ganzen uͤbrigen Oeconomie des Staats. Jch kenne den Ein - wurf, den man gemeiniglich wider dergleichen Maſchi - nen zu machen pfleget, naͤmlich, daß dadurch vielen hundert Menſchen die Nahrung und der Unterhalt entzogen wuͤrde; und ich weiß auch, daß man an ver - ſchiedenen Orten die Schwachheit gehabt hat, die nuͤtz - lichſten Maſchinen dieſer Urſachen halber zu verwerfen. Allein einen ſolchen Einwurf zu wiſſen und denſelben vor laͤcherlich und ungereimt zu halten, muß bey einer vernuͤnftigen Einſicht ganz einerley ſeyn. Nach ver - nuͤnftigen Grundſaͤtzen, wuͤrde dieſer Einwurf alsdenn erſt einigen Betracht verdienen, wenn ein Staat ſol - chergeſtalt bevoͤlkert waͤre, daß es eine Unmoͤglichkeit waͤre, denen durch eine Maſchine erſpahrenden Men - ſchenhaͤnden eine anderweitige Beſchaͤftigung zu ver - ſchaffen; und auf einen ſolchen Punct der Bevoͤlke - rung wird wohl niemals ein Staat gelangen; ſo wenig, als es jemals einer weiſen Regierung fehlen kann, de - nen dadurch erledigten Menſchenhaͤnden anderweit nuͤtz - liche Arbeit zu verſchaffen. Ob dieſe Veraͤnderung mit der gaͤnzlichen Zufriedenheit der Arbeiter geſchie - het, dieſes iſt eine ganz andere Frage, die von eben der Natur und Beſchaffenheit iſt, als wenn man Beden - ken traͤgt, ſichtbare Fehler in der Verfaſſung und Ein - richtung des Staats zu verbeſſern, aus Furcht denen - jenigen wehe zu thun, die zeither aus dieſer fehlerhaf - ten Einrichtung ihren Nutzen gezogen haben. Solche Fragen koͤnnen Niemand einen Augenblick in Zweifel ſetzen, ſo bald man eine andere Frage aufwirft, obK 2naͤmlich148III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnnaͤmlich das allgemeine Beſte des Staats, oder der be - ſondere Nutzen einiger Privatperſonen vorzuziehen ſey. Jch laͤugne gar nicht, daß ein weiſer und guͤtiger Re - gente, denenjenigen eine billige Verguͤtung, oder an - derweite Verſorgung angedeihen laßen muß, die bey einer Verbeſſerung des Staats Schaden leiden, oder außer Brod geſetzet werden, wenn ſie an der fehlerhaf - tigen Einrichtung, die verbeſſert wird, keine Schuld tragen. Allein daß dieſe Verbeſſerung deshalb ganz und gar nachbleiben muͤſte, das iſt einer der aller un - gereimteſten Saͤtze, der auf nichts weniger hinaus - laͤuft, als alle Gebrechen des Staats zu verewigen. Unterdeſſen haben, leider! die Betrachtungen vor den Privatvortheil in den meiſten Staaten uͤberaus großes Gewichte; und faſt alles Gute wird dadurch gehin - dert. So bald das Privatintreſſe einiger Leute von Anſehen dabey leidet; ſo darf man ſich nur nicht ein - bilden, daß eine Verbeſſerung, wenn ſie auch noch ſo offenbar und heilſam waͤre, zu Stande kommen wird.

d) Durch einen großen Zuſammen - fluß von Waaren.

Endlich wird auch zu dem wohlfeilen Preiße der Manufactur - und Fabrikenwaaren erfordert, daß ſie in Menge verfertiget werden, oder daß ein Zuſammen - fluß vieler Waaren von einerley Art entſtehet. Jemehr Verkaͤufer vorhanden ſind, die alle ihre Waaren ins Geld ſetzen wollen, je wohlfeiler werden allemal die Waaren loßgeſchlagen werden. Man ſiehet leicht, daß es demnach noͤthig iſt die Werke in einerley Art der Manufacturen und Fabriken zu vervielfaͤltigen. Folglich149der Manufacturen und Fabriken. Folglich muß es ein unverletzlicher Grundſatz einer weiſen Regierung ſeyn, niemals uͤber eine Art der Manufacturen und Fabriken, ſie ſey auch, welche ſie wollen, Monopolien oder ausſchließende Privilegien zu ertheilen. Der Monopoliſt, der verſichert iſt, daß ihm kein anderer den Kauf verderben kann, wird ſeine Waaren niemals wohlfeilen Preißes geben; und nie - mals wird er ſie in ſolcher Menge verfertigen, daß er ſich derſelben maͤßigen Preißes zu entledigen genoͤthi - get ſehe. Er wird die Verfertigung auf den Abſatz in der Stadt oder in dem Lande einſchraͤnken, worinnen er das Monopolium hat, und man darf bey den Mo - nopolien niemals daran denken, mit ſolchen Waaren zu einen auswaͤrtigen Handel zu gelangen, der doch den Reichthum des Landes allein befoͤrdern kann, als welches eine der Hauptabſichten eines Staats ſeyn muß. Ehedem hat man dieſe Wahrheiten wenig eingeſehen; und man war faſt in allen Landen ſehr fertig Mono - polien zu ertheilen; indem man dieſes als die leichteſte Art anſahe, Manufacturen und Fabriken zu Stande zu bringen. Allein heute zu Tage iſt man faſt allent - halben mit den guten Grundſaͤtzen beſſer bekannt ge - worden; und in Staaten, wo man glaubt, daß die Privatperſonen dem ohngeachtet kein Unrecht und Nachtheil leiden muͤſſen, wenn es darauf ankoͤmmt, die Fehler der vorhergehenden Regierungen zu verbeſ - ſern, ſiehet man ſich genoͤthiget, ſolche Privilegien mit großen Koſten wieder an ſich zu kaufen. Wenigſtens hat man in Daͤnemark, wo ohngeachtet der unum - ſchraͤnkten Regierungsform die allerguͤtigſten und gelin -K 3deſten150III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelndeſten Grundſaͤtze herrſchen, verſchiedene Beyſpiele ge - ſehen, daß Se ietzt preißwuͤrdigſt regierende koͤnigliche Majeſtaͤt dergleichen von ihren Vorfahren ertheilte Privilegien mit anſehnlichen auf viele tauſend Thaler ſich belaufenden Geldſummen verguͤtet und zuruͤckge - nommen haben. Unterdeſſen, wenn auch die Mono - polien vermieden werden; ſo gehet es doch niemals ohne Schwierigkeiten ab, wenn verſchiedene große Werke in einerley Art der Manufacturen oder Fabriken zu Stande kommen ſollen. Dieſe Werke ſelbſt legen einander tauſenderley Hinderniſſe in den Weg. Wir werden davon in dem folgenden Abſchnitte mit mehrern handeln. Derohalben iſt es allemal beſſer in ſolchen Manufacturen und Fabriken, wo ein einziges großes Werk zu Verſorgung des Landes und zum auswaͤrti - gen Handel nicht zureicht, nach unſerm Rathe in dem vorhergehenden Hauptſtuͤcke nur einzelne Fabrikanten zuzulaßen. Wo viele einzelne Fabrikanten mit einan - der eifern: ſo hat der Neid und der Haß gegen einan - der keine ſchaͤdliche Wirkung, weil keiner unter ihnen von ſolchen Anſehn iſt, daß er dem andern die Wirkung ſeines Haßes empfinden laßen koͤnnte. Jhr Neid hat vielmehr die gluͤckliche Wirkung, daß ſie einander durch ihren Fleiß, durch ihre Erfindungskraft und durch ihre beſſere Waaren zu uͤbertreffen ſuchen, um einander den Debit abzugewinnen; und dieſes iſt eben dasjenige, was die Regierung zu wuͤnſchen hat. Wenn es einigen gelinget auf dieſe Art ihr Gluͤck zu machen; ſo werden dieſe Beyſpiele eine große Anreizung vor an - dere ſeyn, eben dieſen Weg zu erwaͤhlen, und dieVerviel -151der Manufacturen und Fabriken. Vervielfaͤltigung der Manufacturen und mithin der Zuſammenfluß der Waaren wird von ſelbſt entſtehen. Der Debit ſelbſt traͤget zu dem groͤſſern Zuſammenfluß der Waaren ein großes bey, ohngeachtet dieſes der End - zweck des groͤſſern Zuſammenfluſſes und des wohlfeilen Preißes der Waaren iſt. Allein man wird in allen wohl uͤbereinſtimmenden Maaßregeln einer weiſen Regierung wahrnehmen, daß die wirkende Urſache und der End - zweck einen gleichmaͤßigen Einfluß in einander haben, und daß immer eines das andere befoͤrdert. Der inlaͤndiſche Debit erſpahret den Ausfluß des Geldes, der auslaͤndi - ſche ziehet neues Geld in das Land. Beydes macht die Circulation des Geldes lebhaftiger. Die Manufacturen und Fabriken werden belebt. Jhre Eigenthuͤmer gewin - nen; und dieſes reizet immer mehr Leute ſich darauf zu legen, wodurch der Zuſammenfluß der Waaren, der wohl - feile Preiß und der Debit der Waaren immer mehr ver - groͤſſert und der gegenſeitige Einfluß immer ſtaͤrker wird. Eben dieſen gegenſeitigen Einfluß muß man von der Be - voͤlkerung behaupten. Die Manufacturen und Fabri - ken kommen zuerſt der Bevoͤlkerung zu ſtatten; indem dadurch Fremde in das Land gezogen und die Untertha - nen, die aus Mangel der Nahrung auszuwandern pflegen, zuruͤck gehalten werden. Allein eben dieſe Bevoͤlkerung befoͤrdert hinwiederum das Wachsthum und die Verviel - faͤltigung der Manufacturen und Fabriken, und mithin den groͤſſern Zuſammenfluß der Waaren. Denn je mehr ein Staat bevoͤlkert iſt, deſto mehr werden ſich Leute fin - den, die bey denen Manufacturen u. Fabriken ihren Un - terhalt ſuchen. Man muß es gleichſam vor einen Probier -K 4ſtein152III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnſtein der aͤchten Grundſaͤtze anſehen, daß alle Maaß - regeln auf das allergenaueſte zuſammenhaͤngen und daß immer eine Anſtalt die andere unterſtuͤtzet und befoͤr - dert. Jn der That koͤnnen auch die wahren Regie - rungsgrundſaͤtze keine andere Wirkung haben. Denn zielen ſie nicht alle zu einerley Endzwecke, naͤmlich zu dem gemeinſchaftlichen Beſten des geſamten Staats ab?

Der wohl - feile Preiß findet bey ſolchen Waa - ren eine Aus - nahme, da - von das Land das Mono - polium hat.

So noͤthig es demnach iſt, den Bedacht auf einen wohlfeilen Preiß der Waarer zu nehmen, um den Ab - ſatz derſelben allgemein zu befoͤrdern; ſo muß man doch von dieſer Regel eine Ausnahme machen, die aber nur in ſehr wenig Faͤllen ſtatt finden wird. Wenn naͤm - lich der Staat das Monopolium in einer gewiſſen Art von Waaren hat; ſo iſt es nicht noͤthig, dieſe Waa - ren allzuwohlfeil herunter zu ſetzen; ſondern es iſt ſei - nem Nutzen gemaͤß allen moͤglichen Vortheil daraus zu ziehen, der nur immer nach der Maaße der Nothwen - digkeit und Unentbehrlichkeit dieſer Waare daraus zu erhalten ſtehet. Die Voͤlker haben nie unterlaßen, dieſe Ausnahme vor Augen zu haben. So lange Sachſen gleichſam das Monopolium der blauen Schmalte gehabt hat; ſo haben die ſaͤchſiſchen Gewer - ken dieſer Blaufarbenwerke ſich ihre Waaren wohl be - zahlen laßen; ja ſie haben ſo gar die Muͤnzſorten an Ducaten oder Louis d’or beſtimmet, in welcher ſie ihre Farbe bezahlet haben wollen. Eben ſo haben die Hol - laͤnder in Anſehung der Gewuͤrzwaaren verfahren. Nachdem ſie zufoͤrderſt alle kluge Maaßregeln genom -men153der Manufacturen und Fabriken. men hatten, um zu verhuͤten, daß die Gewuͤrze nicht in die Haͤnde andrer Voͤlker gerathen moͤchten; ſo ha - ben ſie lieber ihren uͤberfluͤßigen Vorrath von Zeit zu Zeit verbrennen, als ſich deßen durch einen wohlfeilen Preiß entledigen wollen. Man kann dieſe Maaßre - geln nach der Staatskunſt nicht verdammen, weil es allemal erlaubt iſt, aus einer Sache, die in unſren Eigenthum und Gewalt iſt, allen nur moͤglichen Vor - theil zu ziehen: und vielleicht wird auch die Sitten - lehre nichts darwider einzuwenden haben, wenn es eine Sache betrift, die nicht zu denen Nothwendigkeiten des Lebens gehoͤret und deren Verderbung mithin Nie - mand in Noth und Duͤrftigkeit ſetzet. Allein der Umſtand, daß ein Volk das Monopolium einer ge - wiſſen Art von Waaren an ſich ziehen kann, ereignet ſich nur nicht allzuhaͤufig.

Nachdem wir nunmehro die Mittel erwogen ha -Mittel, den inländiſchen Debit zu be - fördern. ben, wodurch der Abſatz der Waaren uͤberhaupt befoͤr - dert wird; ſo kommen wir nunmehro auf die zwey Hauptarten des Debits ins beſondere und zwar wollen wir zufoͤrderſt die Maaßregeln betrachten, wodurch der inlaͤndiſche Debit der Manufactur-und Fabriken - waaren erreichet wird.

Hier haben wir es nun zufoͤrderſt mit der Einrich -1) Die Ein - richtung der Zölle iſt das Hauptmittel des inlän - diſchen De - bits; darzu gehört tung der Zoͤlle zu thun. Die Zoͤlle ſind der große Leitfaden, womit die Regierung die Commercien des Landes zur Aufnahme derſelben und zu |Befoͤrderung der Wohlfarth des Staats nach ihren WohlgefallenK 5diri -154III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelndirigiren kann, und wenn ein Staat gar keine Aufla - gen zu erheben noͤthig haͤtte; ſo wuͤrden doch die Zoͤlle nothwendig ſeyn, damit die Commercien nicht einen dem Staate nachtheiligen Gang nehmen koͤnnen. Jn - ſonderheit aber kommt es bey dem Debit der inlaͤndi - ſchen Waaren gar ungemein viel auf die Einrichtung der Zoͤlle an; und die groͤßte Weisheit der Regierung muß damit beſchaͤftiget ſeyn. So bald man die Zoͤlle von der Seite der Cameraleinkuͤnfte betrachtet; ſo iſt man ſchon in Gefahr, in Fehler und Jrrthuͤmer zu gerathen. Derohalben ſollte auch die Verfaſſung der Zollgeſetze nicht dem Cammercollegio, ſondern viel - mehr dem Commerciencollegio uͤberlaßen werden, weil die Einkuͤnfte hier allemal |nur hoͤchſtens einen Nebenzweck ausmachen koͤnnen und weil die Zoͤlle nach der Beſchaffenheit und dem Laufe der Commer - cien beſtaͤndig veraͤndert werden muͤſſen. Wenn dem - nach die teutſchen Reichsgeſetze denen Reichsſtaͤnden die Erhoͤhung der Zoͤlle in ihren Landen verbiethen; ſo entziehen ſie ihnen eine Sache, die ihnen zu der Wohl - farth ihrer Staaten, deren Beſorgung ihnen doch ver - moͤge der Landeshoheit uͤberlaßen iſt, unumgaͤnglich nothwendig iſt; und dieſes Reichsgeſetz iſt mithin mit der Landeshoheit der Staͤnde gar nicht vertraͤglich. Ueberhaupt aber iſt dieſes Reichsgeſetz ungemein ſchaͤd - lich. Denn die Erhoͤhung der Zoͤlle zu verbiethen und ſich doch von Reichswegen weder um Commercien - tractate mit auswaͤrtigen Voͤlkern und den Lauf der Commercien ſelbſt zu bekuͤmmern, noch ſich bemuͤhen, den teutſchen Waaren in andern Laͤndern Eingang zuver -155der Manufacturen und Fabriken. verſchaffen, noch vermoͤge des Rechtes der Repreßalien ſremde Waaren zu verbiethen oder mit hoͤhern Zoͤllen zu belegen; das iſt eben ſo viel, als wenn die Reichsge - ſetze geflißentlich verordneten, daß allen Nachbarn von Teutſchland frey ſtehen ſolle, daſſelbe nach eignen Gefal - len durch die Commercien zu bevortheilen. Jn der That geſchiehet dieſes auch; und es wuͤrde noch mehr geſche - hen, wenn nicht die maͤchtigen Reichsſtaͤnde ſich der Acciſe und Licenten ſtatt der Zoͤlle, als eines Leitfadens der Commercien zu bedienen pflegten, ein Mittel, wel - ches aber auf andre Art ſeine ſchaͤdlichen Folgen hat, wie ich oben in dem zweyten Abſchnitte gezeiget habe.

Wenn die Einrichtung der Zoͤlle zu Befoͤrderunga) Die frem - den Waa - ren von der nämlichen Art, als ſie im Lande verfertiget werden, ſind gänzlich zu verbiethen. des inlaͤndiſchen Debits der Manufactur-und Fabri - kenwaaren gereichen ſoll; ſo muß zufoͤrderſt die Ein - fuhre ſolcher auslaͤndiſchen Waaren, davon wir die naͤmlichen in unſern Manufacturen und Fabriken ver - fertigen, ganz und gar verbothen werden. Nicht allein die Befoͤrderung des Abſatzes, ſondern auch die Verhuͤtung des Ausfluſſes des Geldes machen dieſes Verboth nothwendig, weil ſowohl die Unterthanen gemeiniglich die fremden Waaren mehr lieben, als weil die Kaufleute aus denen oben angefuͤhrten Urſa - chen, allemal mehr Neigung zu den auslaͤndiſchen als inlaͤndiſchen Waaren haben. Wenn man aus Betracht vor eine gewiſſe Nation ihre Waaren nicht gaͤnzlich verbiethen will; ſo pfleget man auf ſolche Waaren ei - nen ſehr hohen Zoll aufzulegen. Ein Zoll, der dieHelfte156III. Abſch. von denen BefoͤrderungsmittelnHelfte des Werthes der Waaren ausmacht, iſt allemal von eben der Wirkung, als ein gaͤnzliches Verboth, weil der Kaufmann bey einem ſolchen Zoll unmoͤglich beſtehen kann. Ueberhaupt kann man ſagen, daß das gaͤnzliche Verboth einer gewiſſen Sorte von auslaͤndi - ſchen Waaren eine ſehr aufmerkſame Betrachtung er - fordert, ehe man darzu ſchreitet. Man muß vor allen Dingen erwaͤgen, ob ein ſolches Verboth wegen der Commercientractate thunlich iſt, die wir mit andern Voͤlkern haben. Sodann iſt es ſelten rathſam, dieſe Art Waaren nur von dieſem oder jenem beſondern Volke zu verbiethen. Ein allgemeines Verboth, zumal wenn wir eben dieſe Art Waaren ſelbſt verfertigen und dieſe billige Urſache des Verbothes anfuͤhren, iſt niemals ſo beleidigend, als wenn wir nur die Waaren dieſes oder jenes beſondern Volkes verbiethen. Wenn wir aber auch ein allgemeines Verboth ergehen laßen; ſo muß man doch allemal die Geſtalt und den Zuſammenhang der Commercien des Landes mit andern Voͤlkern wohl in Betracht ziehen; beſonders aber muß man die Be - ſchaffenheit der Commercien mit demjenigen Volke, von welchem wir die zu verbiethende Waare am mei - ſten empfangen haben, genau erwaͤgen. Wenn dieſes Volk ſehr viele Landesproducte von uns kaufet, wenn es eben dieſe Waaren von andern Voͤlkern eben ſo gut, bequem und wohlfeil haben kann; ſo iſt es ſelten rath - ſam, ein ſolches Verboth ergehen zu laßen. Dieſes Volk wird ſchwehrlich unterlaßen unſere Landespro - ducte gleichfalls zu verbiethen; und der Schaden iſt alsdenn oͤfters groͤſſer, als der daraus entſpringendeVor -157der Manufacturen und Fabriken. Vortheil. Wenn nun vollends unſere Manufactur - und Fabrikenwaaten, deren Abſatz zu befoͤrdern wir das Verboth ergehen laßen, nicht ſo gut und wohlfeil ſind, als die auslaͤndiſchen eben dieſer Art und wenn folglich ohngeachtet des Verbothes dieſe Waaren heim - lich eingefuͤhret werden, welches die groͤßte Strenge, wie wir oben erinnert haben, ſchwehrlich verhindern kann; ſo iſt der Nachtheil deſto groͤſſer. Wir belei - digen andre Voͤlker durch das Verboth und leiden ver - moͤge gerechter Repreßalien Nachtheil an unſern Com - mercien und dennoch wird der Endzweck den Abſatz un - ſrer Fabrikenwaaren zu befoͤrdern, nur ſchlecht erreichet. Kurz! wenn ich meine wahre Meinung ſagen ſoll; ſo bin ich vor ein ſolches Verboth wenig geneigt, ohngeacht es eine in Europa allgemein angenommene Regel zu ſeyn ſcheinet, wodurch man aber nichts gewinnet, als daß die Commercien, dieſes gemeinſchaftliche Band aller Voͤlker, ſchwehr gemacht wird. Das Hauptwerk kommt allemal auf die Guͤte und den wohlfeilen Preiß unſerer Waaren an; und hiervon muß man allemal mehr Wirkung erwarten, als von dem Verboth der auslaͤndiſchen Waaren eben dieſer Art. Folglich muß auch das Hauptaugenmerk darauf gerichtet ſeyn.

Diejenigen auslaͤndiſchen Waaren, wovon zwarb) Die frem - den Waa - ren, davon wir die ahn - lichen ſelbſt verfertigen; ſind mit ho - hen Zöllen zu beſchweh - ren. die naͤmliche Art nicht in unſern Landesmanufacturen und Fabriken verfertiget wird, die aber doch mit un - ſern Landeswaaren eine aͤhnliche Beſchaffenheit haben und zu einerley Endzwecke gebrauchet werden koͤnnen,folglich158III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnfolglich den Abſatz derſelben ſchwaͤchen, koͤnnen zwar nicht gaͤnzlich verbothen werden, weil es zu hart ſeyn wuͤrde, denen Unterthanen eine wahre oder vermeinte Bequemlichkeit und mithin ein Mittel zu ihrer Gluͤck - ſeeligkeit zu entziehen, indem in Anſehung der Gluͤck - ſeeligkeit die Wahrheit und die Einbildung einerley Wirkung haben, wie ſchon oben erinnert worden iſt. Allein, da dieſe Waaren doch den Debit der Landes - waaren ſchwaͤchen und da es nicht unbillig iſt, daß die - jenigen, die ſich alle Bequemlichkeiten des Lebens zu verſchaffen im Stande ſind, auch zu den Koſten des Staats das meiſte beytragen; ſo muͤſſen dergleichen Waaren mit hohen Zoͤllen und Eingangsrechten be - ſchweret werden. Die eigentliche Beſtimmung der Groͤße der Zoͤlle kommt auf den Grad des Nachtheils an, den ſie unſern Manufacturen und Fabriken zufuͤgen. Je mehr ſie den Debit unſrer Waaren verhindern, deſto hoͤher muͤſſen ſie beleget werden. Uebrigens muß man dabey eben ſowohl, als bey dem vorhergedachten gaͤnzlichen Verboth der Waaren auf die Commercien - tractate und auf die Beſchaffenheit des Handels mit dieſer oder jener beſondern Nation ſehen. Ein Volk, das viel von unſern Landeswaaren conſumiret wird hier allemal mehr Betracht verdienen, als ein anderes.

c) Die übri - gen fremden Waaren ſind nach dem Grade der Nothwen - digkeit mit Zöllen zu be - legen.

Diejenigen fremden Waaren, welche dem Abſatz der unſrigen keinen Nachtheil zufuͤgen, muͤſſen nur mit geringen Zoͤllen beſchwehret werden. Die Zoͤlle duͤrfen kein Weg der ordentlichen Abgaben ſeyn. Jhr159der Manufacturen und Fabriken. Jhr Hauptzweck muß allemal auf die Direction der Commercien gerichtet ſeyn, und zwar die Bilanz in denenſelben mit auswaͤrtigen Voͤlkern zu gewinnen. Je nothwendiger derohalben eine fremde Waare im Lande iſt, deſto geringer muͤſſen die darauf gelegten Zoͤlle ſeyn, dahingegen die entbehrlichen Waaren und unter denenſelben diejenigen, wovor viel Geld außer Landes gehet, etwas hoͤher mit Zoͤllen beleget werden muͤſſen, ob ſie gleich dem Debit der unſrigen nicht nach - theilig ſind. Nach eben dieſen Grundſaͤtzen muͤſſen die fremden Materialien, die wir zu unſern Manufactu - ren und Fabriken unumgaͤnglich noͤthig haben, mit gar keinen Zoͤllen beſchwehret werden. Dieſe Mate - rialien ſind vor die allernothwendigſten fremden Waa - ren zu achten; und die darauf gelegten Abgaben koͤn - nen nichts als die Vertheurung unſerer Manufactur - und Fabrikenwaaren wirken, welches denen vorhin aus - gefuͤhrten vernuͤnftigen Grundſaͤtzen gerade zuwider iſt.

Wenn unſre Manufactur-und Fabrikenwaarend) Die Lan - deswaaren dürfen bey ihren Trans - port im Lan - de gar keinen Zöllen und Abgaben un - terworfen werden. im Lande aus einer Hand in die andere gehen und Zoll - ſtaͤdte paßiren; ſo koͤnnen nach eben dieſen Grundſaͤtzen weder Zoͤlle, noch Conſumtions und andere Abgaben davon genommen werden. Es iſt hier kein vernuͤnf - tiger Grund der Abgaben vorhanden, der mit der Wohlfarth des Staats uͤbereinſtimmet. Vielmehr wuͤrde dadurch eine Theurung dieſer Waaren entſtehen, die man nach der obigen Ausfuͤhrung auf alle Art zu vermeiden hat.

Naͤchſt160III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
2) Durch die Anordnung des Gebrau - ches der Lan - desmanufa - cturen in be - ſondern Fäl - len.

Naͤchſt der klugen Einrichtung der Zoͤlle koͤnnen noch verſchiedene andere Mittel angewendet werden, um den inlaͤndiſchen Debit der Manufactur-und Fabri - kenwaaren zu befoͤrdern. Hierzu gehoͤret vornaͤmlich, daß man den Gebrauch der Landesmanufacturen, in beſondern Faͤllen, wodurch ein großer Verbrauch die - ſer Waaren geſchehen kann, ausdruͤcklich anordnet. Jn Engelland iſt das Geſetz gegeben, daß alle Toden in Boy gekleidet werden muͤſſen. Hierdurch wird nicht allein ein groͤſſerer unnoͤthiger Aufwand vermieden, ſondern es geſchiehet auch dadurch ein großes Conſumo in dieſer Art von Wollenmanufacturen. Man ſiehet nicht, warum nicht eben dergleichen Geſetz in andern Staaten bey der Bekleidung der Toden bey der Trau - er der Bediente und in andern Faͤllen ſtatt finden koͤnnte.

3) Durch Beförde - rung der Ueppigkeit mit den Lan - deswaaren.

Ueberhaupt muß man ſagen, daß die Ueppigkeit, die mit denen Manufacturen und Fabrikenwaaren des Landes getrieben wird, eines der allerwirkſamſten Befoͤrderungsmittel vor den inlaͤndiſchen Debit iſt. Die Ueppigkeit iſt nur in ſo fern ſchaͤdlich, als ſie mit auslaͤndiſchen Waaren getrieben wird, und wenn ſie in dieſem oder jenen beſondern Falle dergeſtalt zur herr - ſchenden Mode wird, daß ſich Niemand in dieſen Faͤl - len derſelben entbrechen kann, ohne in den Augen ſeiner Mitbuͤrger geringſchaͤtzig zu werden. Jch habe dieſes in den Grundſaͤtzen der Policeywißenſchaft ausfuͤhrlich gezeiget. Jn allen andern Faͤllen iſt die Ueppigkeitdem161der Manufacturen und Fabriken. dem Nahrungsſtande ungemein zutraͤglich. Sie iſt die innerliche Waͤrme des Staatskoͤrpers, wodurch die Circulation des Geldes, als des Bluthes dieſes Koͤr - pers, allenthalben gleichfoͤrmig und lebhaftig wird. Man kann ſich keinen elendern und aͤrmern Staat vorſtellen, als denjenigen, worinnen gar keine Uep - pigkeit ſtatt findet. Wenn ſich alle Menſchen mit der Nothdurft in ſtrengen Verſtande begnuͤgen wolten, was vor eine Menge von Nahrungsgeſchaͤften und Handthierungsarten, wuͤrden nicht ganz und gar auf - hoͤren, und wie eingeſchraͤnkt wuͤrden nicht ſelbſt dieje - nigen getrieben werden, die zur wahren Nothdurft des Lebens erfordert werden. Ein ſolcher Staat ohne Uep - pigkeit wuͤrde vielleicht kaum die Helfte der Menſchen ernehren koͤnnen, als ein anderer und wuͤrde in einer Traͤgheit und Schlaͤfrigkeit begraben liegen, die ſeine wenigen Kraͤfte vollends unbrauchbar machte. Wenn vollends der Unterſchied der Staͤnde und des Vermoͤ - gens in einem ſolchen Staate ſtatt faͤnde und die Vornehmen und Reichen wollten ſich allein auf die Nothdurft einſchraͤnken; ſo wuͤrden die armen Ein - wohner, die allemal der groͤſte Theil ſind, in dem aller - elendeſten Zuſtande leben, der ſie entweder zur Verzwei - felung treiben, oder ſie ganz und gar vor den Staat unnuͤtze machen wuͤrde. Man ſiehet demnach, daß die Regierung nichts weniger thun muß, als die Ueppig - keit mit den inlaͤndiſchen Waaren zu unterdruͤcken, ſon - dern daß ſie vielmehr die Ueppigkeit in Verbrauch die - ſer Waaren auf alle Art befoͤrdern muß, wenn der in - laͤndiſche Debit erreichet werden ſoll.

LWir162III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
Von dem ausländi - ſchen Debit, welcher be - wirket wird;

Wir kommen endlich auf den auslaͤndiſchen Abſatz der Manufacturen und Fabrikenwaaren, welcher zu Befoͤrderung dieſer Nahrungsgeſchaͤfte von uͤberaus großer Wichtigkeit iſt. Denn ſo bald man einen be - traͤchtlichen auswaͤrtigen Abſatz erlanget hat; ſo iſt der Flohr der Manufacturen und Fabriken eine natuͤrliche Folge davon. So bald vor dieſe Waaren Geld in das Land eingehet, ſo bekommen dieſe Nahrungsge - ſchaͤfte neue und vermehrte Kraͤfte. Die Manufactu - riers und Fabrikanten vermehren ihre Arbeiter, die Circulation des Geldes wird groͤſſer und lebhaftiger; es gehet mehr Geld in die Haͤnde des Kaufmanns vor eine groͤſſere Menge von Materialien, die man verbrau - chet; und aus den Haͤnden des Kaufmanns, des Land - manns und des Arbeiters gehet dieſes Geld in alle an - dere Arten von Nahrungsgeſchaͤften uͤber, ſo daß alle und jede den Einfluß davon empfinden. Jn der That iſt keine Bereicherung des Staats dem Lande und inſon - heit dem Nahrungsſtande ſo nuͤtzlich, als diejenige, ſo durch die Commercien und Manufacturen geſchiehet; und man kann behaupten, daß eine Million, wenn ſie durch Krieg, durch reiche Bergwerke oder auf andere Art dem Reichthume des Staats hinzugeſetzet wird, vor das Aufnehmen des Nahrungsſtandes bey weiten nicht ſo geſeegnete Folgen hat, als eine halbe Million, ſo durch den auslaͤndiſchen Debit der Manufacturen und Fabri - kenwaaren in das Land eingehet. Es iſt wahr, es iſt vor eine Nation, die heutiges Tages die Manufacturen und Fabriken erſt gruͤnden und bluͤhend machen will, ſehr ſchwehr ſich auslaͤndiſchen Debit zu verſchaffen. Die163der Manufacturen und Fabriken. Die andern Nationen haben bereits viele Vortheile uͤber ſie und einen allzugroßen Vorſprung. Unter - deßen iſt es doch nicht ganz unmoͤglich. Der wohlfeile Preiß der Waaren, den wir unter den allgemeinen Mittel, den Debit uͤberhaupt zu befoͤrdern, betrachtet haben, hat hier eine uͤberaus große Wirkung. Die Schweitzer, die ziemlich ſpaͤth ihre Manufacturen an - gefangen haben, ſind zu einem betraͤchtlichen auswaͤr - tigen Debit gelanget, bloß wegen des wohlfeilen Prei - ßes ihrer Waaren, worzu der gaͤnzliche Mangel aller Abgaben nicht wenig beytraͤgt. Eben dieſe gute Wir - kung haben auch die neuen Erfindungen in denen Ma - nufacturen und Fabriken, davon wir gleichfalls oben gehandelt haben. Allein es giebt auch noch andre Mit - tel, die zu dem auslaͤndiſchen Debit nicht wenig bey - tragen; und je ſchwehrer die Sache iſt, deſto mehr verdienet ſie unſern Fleiß und Aufmerkſamkeit, zumal da es vor den Nahrungsſtand und den Reichthum des Staats eine ſo uͤberaus wichtige Sache iſt. Wir wollen demnach die wirkſamſten Mittel zu Befoͤrderung des auslaͤndiſchen Abſatzes allhier vortragen.

So wie eine gute Einrichtung der Zoͤlle den inlaͤn -1) Durch eine gute Einrich - tung der Zöl - le. diſchen Debit ſehr befoͤrdert; ſo kommt es auch bey Erreichung des auslaͤndiſchen Debits gar viel darauf an. Wenn die Regierung die Zoͤlle, dieſen Leitfaden der Com - mercien, mit kluger Hand fuͤhret; ſo kann ſie dadurch gar viel ausrichten. Laßt uns ſehen, was ſie zu thun hat.

L 2Die164III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
a) Jn Anſe - hung der ausgehen - den Waa - ren, welche mit gar kei - nen Zöllen zu belegen ſind.

Die ausgehenden Waaren muͤſſen mit gar keinen Zoͤllen beſchwehret werden. Dergleichen Zoͤlle wuͤr - den die Vertheurung der Waaren nach ſich ziehen, die, wie wir mehrmalen erinnert haben, dem auslaͤndiſchen Debit ſo nachtheilig iſt. Der Staat gewinnet auch ſo viel dabey, wenn Landeswaaren ausgefuͤhret werden und dargegen Geld in das Land eingehet, daß er ſeinen Vortheil ſehr uͤbel verſtehet, wenn er dieſen Gewinnſt durch die Zoͤlle hindern, oder wenigſtens verringern und ſchwehr machen wollte. Dieſe Regel muß ſich auf alle andere denen Zoͤllen aͤhnliche Abgaben erſtre - cken. Wenn ein Schiff Landeswaaren geladen hat und ausfuͤhret; ſo muß es in dem Hafen-Anker - und Admiralitaͤts-Gelde und allen andern Arten der Abga - ben ungleich leidlicher gehalten werden, als andere Schiffe, die dergleichen nicht auf haben. Je mehr die geladenen Landeswaaren werth ſind und je mehr der Staat die Ausfuhre dieſer oder jener Art der Waare zu befoͤrdern wuͤnſchet, deſto mehr Vorzug muß ein ſolches Schiff in denen Abgaben zu genießen haben. Dieſes wird ungleich beßere Wirkung haben, als wenn man, nach dem Vorſchlag des Herrn Cammerrath Zinkens und einiger andern Schriftſteller, die Fremden ſo Waaren in das Land eingefuͤhret haben, geſetzlich noͤthigen wollte, dargegen wieder Landeswaaren auszu - fuͤhren. Dieſer Vorſchlag, der zu tauſend Schwierig - keiten und Auswegen Gelegenheit geben wuͤrde, iſt auch der Handelsfreiheit gerade entgegen. Er iſt auch gar nicht noͤthig, wenn man die Zoͤlle und andere Abgaben kluͤglich einrichtet. Ein Schiffer oder Fuhrmann iſtohne -165der Manufacturen und Fabriken. ohnedem geneigt nicht ledig zuruͤck zu fahren, ſondern auch mit der Ruͤckfracht etwas zu verdienen. Wenn er nun vollends in Anſehung der Abgaben viele Vor - theile bey dieſer Ruͤckfracht ſiehet; ſo wird er ſich alle erſinnliche Muͤhe darum geben. Ueberhaupt muß die Regierung ihre hauptſaͤchlichſte Aufmerkſamkeit und Abſicht darauf richten, daß die Landeswaaren nicht durch die Schiffe fremder Nationen, ſondern durch die Schiffe ihres Volkes ausgefuͤhret werden. Ein Activhandel iſt ungleich vortheilhaftiger als ein Paßivhandel. Allein die darzu erforderlichen Maaßregeln gehoͤren nicht hier - her, ſondern in eine Abhandlung von den Commercien.

Von dieſer Regel, daß die ausgehenden WaarenEinige Aus - nahmen von der vorher - gehenden Regel. mit gar keinen Zoͤllen zu belegen ſind, werden nur we - nige Ausnahmen zu machen ſeyn. Wenn die Ausfuh - re der rohen Materialien erlaubt iſt, weil die Landes - fabriken noch nicht im Stande ſind, ſie ſaͤmmtlich zu verarbeiten; ſo iſt es allerdings rathſam die auszu - fuͤhrenden Materialien mit etwas ſtarken Zoͤllen zu be - legen. Man wird dadurch nicht allein ihre allzuhaͤu - fige Ausfuhre verhindern und mithin deren wohlfeilen Preiß im Lande befoͤrdern; ſondern, wenn ſie die Aus - laͤnder ohngeachtet der erhoͤheten Zoͤlle ausfuͤhren; ſo wird dadurch der Preiß ihrer Waaren vertheuret, wir aber werden die unſrigen wohlfeiler geben und ihnen folglich den Debit abgewinnen koͤnnen. Mit denenje - nigen Waaren, die zwar im Lande einige Zubereitung empfangen haben, die aber ausgefuͤhret und von an - dern Nationen vollkommener gemacht werden; hat esL 3eine166III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelneine gleiche Bewandniß. Eine andere Ausnahme von der vorhin aufgefuͤhrten Regel findet ſtatt, wenn die Waaren aus unſern Manufacturen und Fabriken ſo wohlfeil ſind, daß ſie ohngeachtet eines maͤßigen dar - auf gelegten Zolles in denen vornehmſten Handelsplaͤ - tzen dennoch wohlfeilern Preißes zu ſtehen kommen, als die naͤmlichen Waaren andrer Voͤlker; oder wenn die Fracht und andere Unkoſten nach den vornehmſten Handelsplaͤtzen aus unſern Landen viel geringer zu ſte - hen kommen, als aus andern Staaten. Der Staat kann alsdenn die Einkuͤnfte eines maͤßigen Zolles allerdings ziehen, weil der Hauptendzweck eines wohlfeilern Preißes und folglich des Abſatzes dabey nicht verlohren gehet. Allein ein Miniſter, welcher die Zoͤlle einzurichten hat, muß darinnen vollkommen ſicher und zuverlaͤßig ver - fahren. Eine gute Handelscorreſpondenz muß der Grund ſeiner Einrichtung ſeyn: Er muß den Cour - rantenpreiß in den vornehmſten Handelsplaͤtzen wiſſen; er muß den Preiß wiſſen, wovor andere Voͤlker die naͤmlichen Waaren aus der erſten Hand verkaufen; und er muß den Betrag der Fracht und anderer Unkoſten wiſſen, welche der Transport der naͤmlichen Waaren dieſer Voͤlker bis in die vornehmſten Handelsplaͤtze ko - ſtet. Alsdenn wird er zuverlaͤßig die Zoͤlle der Landes - waaren einrichten koͤnnen, ohne ihrem Debit Nachtheil zuzufuͤgen. Man ſiehet leicht ein, daß ſo bald bey an - dern Voͤlkern in demjenigen, worauf ſich die Einrich - tung unſerer Zoͤlle gruͤndet, eine Veraͤnderung vorge - het, auch die Zoͤlle nach Maaßgebung dieſer Veraͤnde - rung anders eingerichtet werden muͤſſen.

Die167der Manufacturen und Fabriken.

Die Einrichtung der Zoͤlle auf die durchgehendenb) Jn Anſe - hung der durchgehen - den Waa - ren, die ſtark mit Zöllen zu be - legen find. Waaren kann gleichfalls zu dem auslaͤndiſchen Debit unſerer Landeswaaren gar viel beytragen. Diejenigen fremden durchgehenden Waaren, davon wir die naͤm - lichen im Lande gewinnen, muͤſſen mit ſehr hohen Zoͤl - len beleget werden. Die durchgehenden Waaren, die unſern Landeswaaren aͤhnlich ſind, und mithin unſern Debit ſchwaͤchen, muͤſſen gleichfalls mit hohen, jedoch gegen die vorigen etwas gemaͤßigtern Zoͤllen beſchwe - ret werden; und alle andere durchgehende Waaren ſind zwar maͤßigen aber nicht allzugeringen Zoͤllen zu unter - werfen, in ſo ferne ſich naͤmlich der Staat, durch deßen Gebieth die Waaren gehen, gegen fremde Nationen durch Tractate und andere Verbindlichkeiten zu einer gewißen Beſchaffenheit der Zoͤlle nicht anheiſchig ge - macht hat. Vielleicht duͤrfte man wider dieſe vorge - ſchlagene Einrichtung der Zoͤlle verſchiedenes zu erin - nern haben; und ich muß ſie alſo mit Gruͤnden unter - ſtuͤtzen. Wenn ein Staat eine ſo gluͤckliche Lage hat, daß andere Nationen mit denen benoͤthigten fremden Waaren ſich nicht anders verſorgen koͤnnen, als ſolche durch die, ſeinem Gebiethe unterworfenen, Meerengen, Fluͤße und Landſtraßen durchzufuͤhren; ſo kann man ihm wohl nicht abſprechen, daß er befugt iſt, von dieſer gluͤcklichen Lage allen moͤglichen Vortheil zu zie - hen. Wenn es wahr iſt, daß die Voͤlker uͤber dasje - nige, was ſie beſitzen und in ihrer Gewalt iſt, ein Ei - genthum haben, wie niemand laͤugnen kann; ſo kann man auch nicht beſtreiten, daß ſie ihr Eigenthum ſo hoch zu nutzen befugt ſind, als ſie immer koͤnnen. ManL 4kann168III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnkann demnach vielweniger von einem Volke verlangen, daß es mit ſeinem Schaden andern Voͤlkern Gefaͤllig - keiten erzeigen ſoll. Es gereichet aber allerdings zum Nachtheil eines Volkes, wenn man ihm den Debit ſei - ner Landeswaaren ſchwaͤchet, und doch die naͤmlichen oder die aͤhnlichen Waaren, die man von demſelben kaufen koͤnnte, durch ſein Land fuͤhren will. Das be - nachbarte Volk, das alſo verfaͤhret, giebt dadurch zu erkennen, daß es wenig Betracht und Gefaͤlligkeit vor uns hat. Wie kann es alſo von uns die Gefaͤlligkeit erwarten, daß wir mit Außerachtſetzung unſeres eige - nen Vortheils ihren Nutzen oder ihren Eigenſinn befoͤr - dern ſollen. Denn es geſchiehet entweder aus Vor - theil oder aus Eigenſinn, daß ſie unſere Landeswaaren nicht kaufen wollen. Daß wir andern Voͤlkern un - ſere Meere, Fluͤße und Landſtraßen gebrauchen laßen, iſt unſtreitig eine Gefaͤlligkeit, nicht aber eine Schul - digkeit. Das Voͤlkerrecht kann uns eine ſolche Durch - fuhre der Waaren nicht auferlegen, als in ſo ferne ſie mit unſern Nutzen, nicht aber mit unſern Schaden ver - bunden iſt. Ja es kann uns hierinnen uͤberhaupt nichts vorſchreiben, als in ſo fern wir Gegengefaͤlligkeiten erwar - ten, oder Repreßalien zu befuͤrchten haben. Die Voͤl - ker wuͤrden ſonſt kein freyes Eigenthum haben. Ein Volk, das mit fremden Voͤlkern keinen Handel treiben kann, als ſich der Durchfuhre durch unſer Land zu ge - brauchen, wird ſchon durch die natuͤrliche Beſchaffen - heit ſeiner Lage angewieſen, daß es mit andern Voͤlkern nicht unmittelbar handeln kann, ſondern daß es durch unſer Mittel und Haͤnde mit ihnen Commercien treibenmuß.169der Manufacturen und Fabriken. muß. Es ſollte alſo alle ſeine fremde Waaren, die es durch unſer Land fuͤhret, aus unſrer Hand nehmen. Will es uns dieſen Vortheil nicht goͤnnen; ſo ſind wir auch nicht ſchuldig, ſeinen Vortheil zu befoͤrdern, ſon - dern wir ſind befugt, ſeinen geſuchten Vortheil durch ſtarke Zoͤlle ſchwehr zu machen. Jedermann hat ein Recht zufoͤrderſt ſeinen Vortheil zu ſuchen, in ſo fern er Niemand beleidiget und ſolches mit ſeinen Pflichten und eingegangenen Verbindlichkeiten beſtehen kann. Alle Menſchen verfahren auch nicht anders. Ein jeder ſiehet auf ſeinen Vortheil. Niemand kann ihm die - ſes uͤbel nehmen. Diejenigen, die dieſes nicht thun, ſind uneigennuͤtzig und großmuͤthig. Allein die Uneigennuͤtzigkeit und Großmuͤthigkeit iſt keine Eigen - ſchaft der Voͤlker. Eine weiſe Regierung muß den Nutzen des Volkes vor Augen haben. Dieſes erfor - dert der Endzweck der Republiken, welcher die hoͤchſt - moͤglichſte gemeinſchaftliche Gluͤckſeeligkeit iſt. Ein Staat kann niemals zu viel Gluͤckſeeligkeit erlangen. Wenn man dieſe Saͤtze erwaͤget; ſo wird man die neuern Handelsſtreitigkeiten zwiſchen Preußen und Sachſen beurtheilen koͤnnen. Sachſen hat die Durch - fuhre ſeiner Waaren durch die preußiſchen Lande noͤ - thig. Preußen hat in Anſehung der Zoͤlle freye Haͤnde und gegen Sachſen keine Verbindlichkeiten. Sachſen ſuchet ſeinen Vortheil durch einen unmittelbaren Han - del nach Hamburg, und weiter; und Preußen glau - bet, daß es nicht ſchuldig ſey den Vortheil von Sach - ſen mit Außerachtſetzung ſeines eigenen zu befoͤrdern. Sachſen verlanget von Preußen Gefaͤlligkeiten undL 5Preu -170III. Abſch. von denen BefoͤrderungsmittelnPreußen glaubet, daß Sachſen keine Gefaͤlligkeiten gegen ihn bezeuget, ſondern daß es vielmehr ſeiner Handlung durch den leipziger Stapel auf alle Art Nachtheil zuzufuͤgen ſuchet. Hieraus kann man mit ei - nem Blicke uͤberſehen, ob Preußen die Vorwuͤrfe verdie - net, die man demſelben in denen bey Gelegenheit des ietzigen Krieges herausgekommenen Schriften wegen dieſer Handelsſtreitigkeiten gemacht hat. Es iſt viel - leicht noch kein Volk in der Welt geweſen, daß nicht den Handel ſeiner Nachbarn zu verringern und ſeinen eignen zu vergroͤſſern geſucht hat, zumal, wenn die Nachbarn die Durchfuhre durch ſein Land noͤthig ha - ben, um ihren Handel zu fuͤhren; und man erwartet allzuviel, wenn man ein anderes Betragen von den Voͤlkern verlanget.

2) Durch auszuſetzen - de Pramien auf die Aus - fuhre der beträchtlich - ſten Landes - waaren.

Die gute Einrichtung der Zoͤlle will nicht einmal zu Befoͤrderung des auslaͤndiſchen Debits allemal zu - reichen, ſondern man muß noch mehr thun und auf die Ausfuhre ſolcher Waaren, die das Land haͤufig ge - winnet und deren auslaͤndiſcher Debit ſehr wichtig wer - den kann, gewiſſe Praͤmien ausſetzen. Dieſe Praͤmien ſind ſehr anreizend, wenn ſie auch nur den 15ten oder 20ſten Theil des Werthes der Waaren betragen; und man wird ſich alsdenn alle erſinnliche Muͤhe geben, ſie bey den Auslaͤndern abzuſetzen. Es iſt rathſam, daß die Praͤmien nur in dem Falle gegeben werden, wenn der Preiß der Waaren maͤßig iſt und eine gewiſſe Sum - me nicht uͤberſteiget. Dieſes dienet den wohlfeilen Preiß der Waaren zu erhalten, der zu dem auslaͤndi -ſchen171der Manufacturen und Fabriken. ſchen Debit ſo nuͤtzlich iſt; wie es denn uͤberhaupt kei - ner Praͤmien bedarf, wenn die Auslaͤnder ſolche Waa - ren um einen hoͤhern Preiß kaufen. Der innlaͤndiſche Fabrikant oder Kaufmann findet alsdenn ohnedem ge - nugſamen Vortheil dabey. Die Engellaͤnder haben dieſes Mittel der auszuſetzenden Praͤmien nunmehr ſeit 80 Jahren bey der Ausfuhre des Getraides angewen - det; und die Sache hat den allergluͤcklichſten Erfolg gehabt. Man muß von dieſem Zeitpuncte den uͤber - aus bluͤhenden Zuſtand der engliſchen Landwirthſchaft anrechnen. Da das Getraide wegen der Praͤmien auf die Ausfuhre allezeit uͤberfluͤßige Kaͤufer gefunden hat; ſo hat man alle Winkel von der Oberflaͤche urbar zu machen und auf die beſtmoͤglichſte Art zu nutzen ge - ſuchet, um ſich die beliebte Waare des Getraides in Menge zu verſchaffen. Dieſe Ausfuhre hat nichts weniger als eine Theurung des Getraides verurſachet, weil die Praͤmien nur ſtatt gefunden haben, wenn der Werth des Getraides einen feſtgeſetzten maͤßigen Preiß nicht uͤberſtiegen hat, und weil der bluͤhende Zuſtand der Landwirthſchaft einen großen Ueberfluß des Ge - traides veranlaßet hat. Es iſt wahr, es kann jaͤhrlich eine betraͤchtliche Summe auf dergleichen Praͤmien verwendet werden. Engelland hat zuweilen andert - halb hundert tauſend Pfund Sterling jaͤhrlich als Praͤmien vor die Ausfuhre des Getraides ausgezahlet. Allein dieſer Aufwand iſt der allerfruchtbareſte Saame, der nur jemals ausgeſtreuet werden kann. Wenn funfzehn oder zwanzigmal ſo viel Geld jaͤhrlich in den Staat eingehet und mithin der Reichthum des Landesjaͤhrlich172III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmittelnjaͤhrlich einen ſo wichtigen Zuſatz erlanget; ſo iſt das die allerreichlichſte Erndte, die man von einem Auf - wande hoffen kann. Die engliſchen Praͤmien auf die Ausfuhre des Getraides betragen ohngefaͤhr den zehen - ten Theil von dem Preiße deſſelben. Wenn alſo das Parlament anderthalb hundert tauſend Pfund Ster - lings Praͤmien auszahlet; ſo wird das Land allemal um anderthalb Millionen reicher. Gewiß! ein ge - ſegneter Aufwand.

3) Durch vortheilhaf - tige Com̃er - eientractate mit auswär - tigen Völ - kern.

Endlich tragen auch vortheilhaftige Commercien - tractate mit auswaͤrtigen Voͤlkern zu dem auslaͤndi - ſchen Abſatz unſerer Manufacturen - und Fabrikenwaa - ren nicht wenig bey. Hierdurch muß unſern Landes - waaren der Eingang in andre Staaten verſchaffet wer - den, indem man ſich leidliche Zoͤlle vor unſere Waaren ausbedinget und der Erhoͤhung derſelben oder dem gaͤnz - lichen Verboth unſrer Waaren vorzubeugen ſuchet. Die Schließung ſolcher Commercientractate erfordert die groͤßte menſchliche Klugheit, ſo wie das Aufneh - men der Handlung, und mithin die Wohlfarth der Staaten groͤßtentheils darauf ankommt. Man muß zufoͤrderſt das Jntreße der Nation in Anſehung der Handlung vollkommen einſehen; inſonderheit aber muß man wiſſen, mit welchen Voͤlkern es uns am mei - ſten vortheilhaftig iſt, Commercientractate zu ſchließen. Mit denenjenigen Nationen, die nur einen Paßivhan - del treiben, oder die am meiſten von unſern Landes - waaren conſumiren, oder die uns noͤthige Materialien,desglei -173der Manufacturen und Fabriken.desgleichen großen Debit habende Waaren aus der er - ſten Hand liefern, ſind die vortheilhaftigſten Commer - cientractate zu Stande zu bringen. Die Hauptabſicht eines jeden Commercientractats muß ſeyn die Bilance in der Handlung mit dieſer Nation zu gewinnen; und gleichwie dieſes gleichfalls der Endzweck desjenigen Volkes iſt, ſo mit uns ſchließet, wenn es anders nicht einfaͤltig iſt; ſo kommt es darauf an, wer den andern uͤberliſten kann. Die Commercientractate ſind ſelten ein Werk der ordentlichen Geſandten, die gemeiniglich nur das Staatsintreſſe ihrer Hoͤfe verſtehen. Es muͤſſen beſondere dieſer Sachen kundige Geſandte darzu abge - ſchickt werden, welche nicht allein den ganzen Zuſammen - hang der Handlung ihres Landes, ſondern auch die wahren oder eingebildeten Handlungsvortheile desjeni - gen Volkes, mit dem der Tractat zu ſchließen iſt, vollkommen einſehen. Je maͤchtiger ein Volk iſt, je mehr Anſehn es unter andern Voͤlkern hat, deſto vor - theilhaftigere Commercientractate kann es erlangen. Die Macht und das Anſehen muß zu vortheilhaftigen Commercientractaten befoͤrderlich ſeyn. Allein die Sache muß ſich nicht umgekehrt verhalten. Wir muͤſſen die Vortheile in den Commercien nicht auf - opfern, um Bundesgenoſſen und ein vermeintes zeitiges Anſehn zu erlangen, es ſey denn, daß es die Rettung des Staats erfordert. Die franzoͤſiſchen Schriftſteller ſelbſt haben ihren Hof getadelt, daß man nachtheilige Commercientractate ſchließet, um andere Nationen in ſeinen vermeinten Jntereſſe zu erhalten; und vielleicht ließe ſich dieſe Anmerkung von mehr Hoͤfen machen.

Vierter174IV. Abſch. von denen Hinderniſſen

Vierter Abſchnitt. Von denen Hinderniſſen bey Anlegung und Gruͤn - dung der Manufacturen und Fabriken.

Zwey Hauptclaſ - ſen der Hin - derniſſe, in - ländiſche u. ausländi - ſche.

Wenn man neue Anſtalten zu Stande bringen will; ſo werden ſich allemal Hinderniſſe und Schwierigkeiten vorfinden, die ſich unſern Abſichten und Maaßregeln entgegen ſtellen. Dieſes wird ſich auch bey denen Manufacturen und Fabriken ereignen: und es iſt demnach noͤthig, daß wir die Hinderniſſe erwaͤgen muͤſſen, die ſich der Anlegung, der Gruͤndung und dem guten Fortgange dieſer Nahrungsgeſchaͤfte entgegen zu ſtellen pflegen. Wenn man dieſe Hinder - niſſe nicht einſehen und heben koͤnnte; ſo wuͤrden oͤfters die beſten Maaßregeln zu der Anlegung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken und die beſten Befoͤr - derungsmittel die gehofte Wirkung nicht erreichen. Man kann aber dieſe Hinderniſſe in zwey Hauptclaſſen eintheilen, naͤmlich in die inlaͤndiſchen, die von inner - lichen Landesbeſchaffenheiten entſtehen, und in die aus - laͤndiſchen, die von fremden Nationen in Weg geleget werden. Beyde muͤſſen wir naͤher betrachten.

Alle175bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.

Alle Fehler und Gebrechen in der Regierung, Ein -Alle Fehler und Gebre - chen der Re - gierung und in dem Zu - ſam̃enhange des Staats - körpers ſind ſo viel Hin - derniſſe. richtung und Beſchaffenheit des Landes ſind ſo viel Hinderniſſe bey Einfuͤhrung und Gruͤndung der Ma - nufacturen und Fabriken. Da alle Theile des Staats - koͤrpers in dem allergenaueſten Zuſammenhange und Verhaͤltniſſe mit einander ſtehen muͤſſen, eben weil ſie Theile von einem und eben demſelben Koͤrper ſind; ſo ſind alle Maͤngel in dieſem Zuſammenhange und alle Widerſpruͤche in dieſer Uebereinſtimmung ſo viel Hin - derniſſe, wenn man Verbeſſerungen in dieſem oder je - nem Theile des Staatskoͤrpers vornehmen will. Eben deshalb haben wir den ſo noͤthigen Zuſammenhang der Manufacturen und Fabriken mit allen uͤbrigen Ein - richtungen und Beſchaffenheiten des Staats in dem zweyten Abſchnitte vorausgeſetzt; und gleich wie dieſer gute Zuſammenhang ſo viel Befoͤrderungsmittel der Manufacturen und Fabriken an die Hand giebt, als Uebereinſtimmungen vorhanden ſind; ſo zeigen ſich hingegen ſo viel Hinderniſſe, als Fehler und Maͤngel in dieſer Uebereinſtimmung gefunden werden. Ein weiſer Regent oder Miniſter, der an der Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken, ſo wie an der Voll - kommenheit des ganzen Staatskoͤrpers arbeiten will, muß demnach denſelben beſtaͤndig in ſeinem Zuſammen - hange und in dem Verhaͤltniß aller Theile gegen ein - ander betrachten. Dieſes kann auf keine beſſere Art geſchehen, als wenn er das Weſen und den Endzweck der Republiken, ſo wie ich in meiner Staatswirth - ſchaft einiges Vorbild davon gegeben zu haben glaube, beſtaͤndig zum Grunde legt, und auf die wirklichenBeſchaf -176IV. Abſch. von denen HinderniſſenBeſchaffenheiten ſeines Staas dabey zuruͤckſiehet. Es kann alsdenn gar nicht fehlen, daß ihm nicht die wichtig - ſten Fehler und Gebrechen in die Augen leuchten ſollten.

Große Schwierig - keit derglei - chen Gebre - chen zu ver - beſſern.

Jch geſtehe gern, daß es die allerſchwehreſte Un - ternehmung iſt, dergleichen Fehler und Gebrechen in der Regierung und dem Zuſammenhange des Staats - koͤrpers abzuaͤndern. Es giebt allemal eine Menge große und kleine Bediente und andere Einwohner des Staats, die an der Fortdauer ſolcher Gebrechen ihren offenbaren oder geheimen Vortheil finden, und die dannenhero niemals unterlaßen, die vorhabenden Ver - beſſerungen verhaßt zu machen und dargegen tauſender - ley Schwierigkeiten zu erregen. Je weniger ſie die wahre Urſache, naͤmlich den Verluſt ihres Vortheils zu erkennen geben, deſto ernſtlicher arbeiten ſie durch andere Vorſtellungen dargegen und laßen tauſend ge - heime Minen ſpringen, um die Sache zu verhindern. Ob es zwar ohnedem nicht rathſam und thunlich iſt, alle Gebrechen des Staats auf einmal zu verbeſſern; weil eine jede Verbeſſerung gruͤndlich und mit Vor - ſicht geſchehen muß und mithin Arbeit und Zeit erfor - dert; ſo traͤgt doch auch die Vorſicht, mit einigen Gebrechen den Anfang zu machen, zu Minderung der Schwierigkeiten nicht viel bey. Alle diejenigen, die von ſolchen fehlerhaftigen Beſchaffenheiten des Staats Vortheil ziehen, ob ſie gleich von der vorhabenden Ver - beſſerung noch nicht getroffen werden, werden dennoch dadurch aufmerkſam gemacht; und gleichwie ſie kluͤglichvoraus -177bey Anlegung der Manuf. und Fabriken.vorausſehen, daß die Reihe der Verbeſſerung auch an ſie kommen werde; ſo machen ſie alle unter der Hand gemeinſchaftliche Sache wider die vorhabende Vebeſſe - rung. Es iſt dannenhero niemals einem Miniſter zu rathen, ſeinen Endzweck auf dergleichen Verbeſſerun - gen zu richten. Wenn er auch noch ſo viel Anſehn und Gunſt bey ſeinem Monarchen hat; ſo wird er ge - wiß unter der Groͤße der ſich wider ihn entſpinnenden Cabale erliegen muͤſſen. Ehe ich dieſes einſehen lernte; ſo habe ich mich oftmals gewundert, warum Mini - ſters, deren vortrefliche Grundſaͤtze und große Einſicht mir bekannt waren, nicht die Hand anlegten gar ſicht - bare Gebrechen in der Einrichtung des Staats zu ver - beſſern. Allein nunmehr verdenke ich es einem großen Staatsbedienten keinesweges, wenn er dieſe allerzaͤrt - lichſte Seite, naͤmlich die Verbeſſerung der Staatsge - brechen gar nicht beruͤhret. Vielleicht wird man fra - gen, was denn alſo bey dieſer Sache zu thun iſt. Jch kann hierauf nichts antworten, als daß redliche und es mit ihrem Vaterlande rechtſchaffen wohlmeinende Be - diente und Unterthanen die verderbte menſchliche Na - tur zu beſeufzen haben, und daß ſie es der Vorſehung uͤberlaßen muͤſſen, ob er ihnen dereinſt einen Regenten geben wird, der genugſame Einſicht hat und der ſelbſt regieret; denn von einem ſolchen Regenten allein kann man dergleichen Verbeſſerungen erwarten. Unter ei - nem Regenten, der ſelbſt regieret, verſtehe ich nicht einen Prinzen, der ſich wirklich um die Regierung be - kuͤmmert und der ſich alles ſelbſt vortragen laͤßt und der folglich gegen viele andere noch gut und weiſe ge -Mnennet178IV. Abſch. von denen Hinderniſſennennet zu werden verdienet, ſondern ich meine einen Regenten, der mit ſeinem eignen Verſtande und Ein - ſicht alles uͤberſiehet und beurtheilet, ohne, daß er ſich auf den ihm geſchehenden Vortrag verlaͤßt; und den - noch muß auch ein ſolcher Monarch eine uͤberaus große Standhaftigkeit und eine Groͤße des Geiſtes beſitzen, die alles uͤbertrift. Er muß durch tauſend Schwie - rigkeiten, die man ihm ſelbſt zu erregen nicht unterlaſ - ſen wird und durch den dickſten Nebel aller falſchen Vorſtellungen, die man ihm machen wird, hindurch zu dringen wiſſen. Solche Eigenſchaften hatte der letztere Koͤnig von Preußen Friedrich Wilhelm; und er wird dannenhero in allen folgenden Zeiten als ein ſehr großer Geiſt betrachtet werden. Die preußiſchen Staaten haben ihm den Grund ihrer vortreflichen in - nerlichen Einrichtung zu danken, vermoͤge welcher Preußen allemal unuͤberwindlich bleiben wird, wenn ſich auch noch ſo viel Feinde wider ihn vereinigen. Eine ganz vollkommene Regierungsverfaſſung iſt alle - mal unuͤberwindlich; und je weniger Fehler eine Re - gierungseinrichtung hat, deſto ſtaͤrker wird ſie ſeyn; dahingegen die groͤßten Reiche deſto ſchwaͤcher ſind, je mehr Gebrechen bey ihnen vorwalten. Vielleicht ver - fließen viele Jahrhunderte ehe ein Land einen Regenten bekommt, der zu ſolchen Verbeſſerungen geſchickt iſt. Allein eben dieſes iſt es, was von der goͤttlichen Vor - ſehung abhaͤngt, welche die Staͤrke und Schwaͤche der Reiche nach ihren unerforſchlichen Abſichten beſtimmet und welche mithin den Verbeſſerer nicht eher auftre - ten laͤßt, bis es Zeit iſt. Jch kenne Staaten, dienoch179bey Anlegung der Manuf. und Fabriken.noch einmal ſo ſtark und maͤchtig ſeyn koͤnnten, ohne denen Unterthanen einen Heller Abgaben mehr aufzu - legen, wenn ſie nur ihre groͤbſten Gebrechen verbeſſern wolten. Allein es iſt noch nicht der geringſte An - ſchein und Hofnung hierzu vorhanden.

Wir wollen uns nunmehro zu andern HindernißenDer Mangel des Genie der Einwoh - ner iſt eine große Hin - derniß bey Gründung der Manu - facturen. wenden, die eher zu heben ſind, als die Gebrechen in der Einrichtung der Regierung. Eines der groͤßten Hinderniße bey Einfuͤhrung und Gruͤndung der Ma - nufacturen und Fabriken iſt ohne Zweifel der Mangel des Genie bey den Einwohnern des Landes. Man fin - det oͤfters, daß die Einwohner eines Landes weder Ge - nie, noch Trieb und Luſt zu dieſen neuen Nahrungsge - ſchaͤften haben. Sie verſtehen nichts, und wollen nichts lernen, als was ihre ſeeligen Vaͤter getrieben ha - ben, naͤmlich die gemeinſten Handwerker und Ackerbau und Viehzucht, mit welchen es doch oͤfters ſchlecht ge - nug und ſo gar laͤcherlich ausſiehet, wenn Leute zu ih - nen kommen, die eine beſſere Landwirthſchaft verſte - hen. Alle neue Nahrungsgeſchaͤfte ſind ihnen ſo gar verhaßt, indem ſie meinen, wenn ſie gut und nuͤtzlich waͤren; ſo wuͤrden ſie ihre lieben Voreltern wohl ge - trieben haben. Das iſt nun in der That eine Beſchaf - fenheit, die dem guten Fortgange der Manufacturen und Fabriken gar nicht vortheilhaftig iſt. Die dauer - haftige Gruͤndung dieſer Nahrungsgeſchaͤfte kommt darauf an, daß ſie im Lande vervielfaͤltiget, und nicht allein von denen in das Land gezogenen Fremden, ſon -M 2dern180IV. Abſch. von denen Hinderniſſendern auch von denen Eingebohrnen ſelbſt getrieben wer - den. Unterdeßen iſt doch dieſe Beſchaffenheit nicht ohne Huͤlfsmittel. Wir haben ſchon in dem vorher - gehenden Abſchnitte gezeiget, daß der Regent aus ſeinen Unterthanen machen kann, was er will, wenn er nur die rechten Maaßregeln ergreift. Um die Unterthanen zu einer gewißen Lebens - oder Nahrungsart aufzumun - tern, kommt faſt alles darauf an, daß der Regent ſei - ne Achtung vor dieſe Lebensart durch deutliche und in die Augenfallende Merkmale zu erkennen giebt; und um den Erfindungsgeiſt der Unterthanen in dieſen oder je - nen Dingen rege zu machen, iſt nichts weiter noͤthig, als daß der Regent denen neuen Erfindungen dieſer Art Ehre und Belohnungen angedeihen laͤßt. Die Ehrbegierde iſt vermoͤgend die Unterthanen zu allen faͤ - hig zu machen. Wenn die Unterthanen zugleich ſehen, daß man bey ſolchen neuen Nahrungsgeſchaͤften Ver - moͤgen erwerben kann, ſo wird ihr Genie und Trieb darzu deſtomehr erreget werden. Je mehr Beyſpiele ſich dannenhero gleich Anfangs finden, daß man bey denen Manufacturen und Fabriken Vermoͤgen erwor - ben habe, deſto mehr Anreizung wird man geben, ſich auf dieſe Nahrungsarten zu befleißigen. Derohalben iſt es gut, wie wir ſchon oben erinnert haben, viele einzelne Manufacturiers zu unterſtuͤtzen und ihren Ruin auf alle Art zu verhuͤten. So ſehr auch die zu Grunde gehenden Manufacturiers durch ihre uͤble Haushaltung und Nachlaͤßigkeit an ihrem Untergange ſchuld gewe - ſen ſind; ſo muͤſſen doch die neuen Nahrungsgeſchaͤfte in den Augen der meiſten Menſchen zugleich mit Ur -ſache181bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.ſache ſeyn und man hat demnach ſo viel abſchreckende Beyſpiele. Man muß jedoch geſtehen, daß bey denen alten Einwohnern in Bildung des Genies wenig zu thun iſt. Die Vorurtheile, die mit uns alt und grau geworden ſind, werden ſchwehrlich abgeleget, ſo wie eine einmal ergriffene Nahrungsart ſelten veraͤndert wird. Das Hauptwerk kommt demnach auf die An - fuͤhrung der Jugend an. Man bemerket, daß in ſol - chen Landen, wo ſich ein beſonderes Genie zu Com - mercien und Manufacturen zeiget, die Kinder ſchon in ihren fruͤheſten Jahren zur Arbeit und Fleiß angehal - ten werden. Jn Holland und Engelland ſiehet man ſchon Kinder von 4 bis 6 Jahren allerley ihrem Alter gemaͤße Arbeit verrichten. Jn andern Staaten, wo das Genie zu nuͤtzlichen Nahrungsgeſchaͤften fehlet, ſie - het man ſie unter Spielen und Muͤßiggang aufwach - ſen. Vielleicht wuͤrde es der Pflicht der Lehrer in Kir - chen und Schulen ſeyn, ſowohl Eltern als Kindern hierinnen fleißige Lehren und Ermahnungen zu geben und inſonderheit denen Kindern den Grundſatz einzu - ſchaͤrfen, daß ſie allein durch Fleiß und Application ihr kuͤnftiges Gluͤck in dem buͤrgerlichen Leben erwarten koͤn - nen. Die Pflichten des buͤrgerlichen Lebens ſollten ein ſo eifriger Gegenſtand des Unterrichts der Kinder, als die Pflichten der Religion ſeyn. Wir wollen Chriſten erziehen, allein wir ſollen auch zugleich gute und nuͤtzliche Mitglieder des gemeinen Weſens bilden. Vielleicht wird es der Staat kaum wagen, denen Geiſt - lichen und Schullehrern wegen dieſer Art des Unterrich - tes Vorſchriften zu geben. Unterdeſſen kann doch dieM 3Regie -182IV. Abſch. von denen HinderniſſenRegierung nichts abhalten in allen Waiſenhaͤuſern eine ſolche Art der Erziehung einzufuͤhren und alle darin - nen befindliche Kinder nicht allein arbeiten, ſondern auch ihren Geiſt dergeſtalt bilden zu laßen, daß er mit Genie und Trieb zum Fleiß und nuͤtzlichen Nahrungs - geſchaͤften erfuͤllet wird. Was die Waiſenhaͤuſer denen Kindern von den fruͤheſten Jahren an einpraͤgen koͤnn - ten, das koͤnnten wohl eingerichtete mechaniſche Real - ſchulen bey etwas mehr erwachſenen Kindern gleichfalls ausrichten; und ſo wuͤrde das Genie eines Volkes zu Manufacturen und Fabriken gar bald gebildet werden.

Die Liebe zu dem Auslän - diſchen, eine andere Hin - derniß vor die Landes - manufactu - ren.

Naͤchſt dem Mangel des Genie des Volkes iſt auch die Liebe zu den auslaͤndiſchen Waaren eine große Hin - derniß vor das Aufkommen der Landesmanufacturen. Dieſe Liebe des Auslaͤndiſchen iſt faſt ein allgemeiner Fehler aller Voͤlker. Man darf nicht glauben, daß dieſe Neigung nur allein bey uns teutſchen und andern noͤrdlichen Nationen ſtatt findet, weil die Manufactu - ren daſelbſt noch keine große Vollkommenheit er - langet haben. Die Franzoſen und Engellaͤnder, die es in der Vollkommenheit der Manufacturen unſtrei - tig viel weiter gebracht haben, werden von dieſer Liebe des Auslaͤndiſchen eben ſo ſtark hingeriſſen. Jhre eige - nen Schriftſteller machen ihnen daruͤber die bitterſten Vorwuͤrfe. Dieſe wunderliche Neigung iſt um ſo mehr vor eine Hinderniß in dem guten Fortgange der Ma - nufacturen zu achten, wenn man den inlaͤndiſchen Debit nicht auf ſtrenges Verboth und Aufſicht gegen die Ein -fuhre183bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.fuhre der auslaͤndiſchen Waaren, ſondern auf die glei - che Guͤthe und Preiß der inlaͤndiſchen Waaren gruͤn - den will, wie ich angerathen habe. Unterdeſſen muß man nicht glauben, daß dieſe ſchaͤdliche Neigung des Volkes ohne Heilungsmittel iſt. Eines der vornehm - ſten Huͤlfsmittel iſt ohne Zweifel, daß ſich der Hof ſelbſt zufoͤrderſt von dieſer Krankheit heilet. Jch muͤſte mich ſehr irren, wenn nicht der Hof ſelbſt allemal das Volk mit dieſer Neigung anſtecket. Der Hof iſt das Beyſpiel, wornach ſich die Hauptſtadt und weiter das ganze Land bildet. Dieſes iſt ſo wohl bey Tugenden und Laſtern, als inſonderheit bey der Ueppigkeit und den Moden eine ganz unlaͤugbare Wahrheit. Das Beyſpiel des Regenten macht in allen Dingen einen ganz ungemeinen Eindruck zur Nachahmung. Der Ehrgeitz der vermoͤgenden Einwohner gehet allemal hauptſaͤchlich dahin, es denen Hofleuten gleich zu thun; ſo wie ſich die Hofleute nach dem Muſter des Regen - ten und ſeiner Familie bilden. Wenn nun der Hof ſelbſt nichts als auslaͤndiſche Waaren verbrauchet, eine Sache, die oͤfters ſo weit gehet, daß Peruquen, Schue und alle Kleinigkeiten von Paris verſchrieben werden muͤſ - ſen: ſo iſt es kein Wunder, daß die Liebe des Auslaͤn - diſchen das ganze Volk erfuͤllet. Dahingegen, wenn der Hof nichts als Landeswaaren verbrauchet; ſo wird dieſe Liebe zu auslaͤndiſchen Waaren gar bald vermin - dert werden. Wenn nun vollends der Monarch uͤber den Gebrauch der auslaͤndiſchen Waaren oͤffentlich ſein Mißfallen bezeuget; ſo wird ſich dieſe Neigung gar bald ganz und gar verliehren. Ein zu rechter Zeit ge -M 4ſproche -184IV. Abſch. von denen Hinderniſſenſprochenes Wort hat hier eine ungemeine Wirkung. Als ein gewiſſer großer Monarch eine neu angelegte Seidenmanufactur mit ſeiner ganzen Familie und Hof - ſtatt in Augenſchein nahm: ſo ſagte er in Gegenwart vieler Damen: Nun, das iſt gewiß ein vortreflicher Anfang. Alles wird nunmehr darauf ankommen, daß ſich einige Damen den Kopf zu recht ruͤcken und daß ſie nicht glauben, eine Blume ſey beſſer, weil ſie in andern Laͤndern gewirket iſt. Dieſe Rede ſchlug die Liebe zu dem Auslaͤndiſchen bey den meiſten Damen gar ſehr darnieder.

Der hohe Preiß aller Dinge hin - dert gleich - falls das Aufkommen der Manu - facturen.

Jch habe ſchon oͤfters erinnert, daß der hohe Preiß der Lebensmittel dem guten Fortgange der Manufactu - ren und Fabriken ſehr nachtheilig iſt. Eben dieſes muß man von dem hohen Preiße aller andern noͤthigen Dinge behaupten. Wenn der Manufacturier und Fa - brikant alle Handwerksleute und Arbeiter, die er noͤthig hat, ſehr theuer bezahlen muß; ſo muß er nothwendig ſeine Waaren gleichfalls theuer geben, wenn er beſte - hen will. Dieſe Theurung aller Dinge iſt oͤfters dem Aufkommen der Manufacturen am meiſten hinderlich. Es fragt ſich, woher dieſelbe entſtehet. Gemeiniglich glaubt man, daß ein Land, wo alle Dinge theuer ſind, ſehr viel Geld habe. Allein dieſe Urſache will ſich in vielen Staaten nicht durch die Erfahrung beſtaͤtigen. Man wird oͤfters in ſolchen Staaten, wo alles theuer iſt, durch unlaͤugbare Gruͤnde und Erfahrungen uͤberzeu - get, daß dem ohngeachtet wenig Geld im Lande iſt. Es185bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.Es iſt wahr, man kann ganz ſicher ſchließen, wo viel Geld im Lande iſt, da wird alles theuer ſeyn. Allein man wuͤrde ſich ſehr irren, wenn man dieſen Schluß um - kehren und behaupten wollte: wo alles theuer iſt, da muß ſehr viel Geld im Lande ſeyn. Die Theurung hat noch mehr Urſachen, als den Ueberfluß des Gel - des. Sie koͤmmt hauptſaͤchlich auf den Ueberfluß oder Mangel der Waaren im Lande an. Dieſe Wahrheit iſt noch wenig oder gar nicht ausfuͤhrlich gezeiget wor - den. Wenn ein Land einen großen Ueberfluß von einer gewiſſen Art Waaren hat; ſo werden dieſe Waaren alle - mal ſehr wohlfeil ſeyn, ohngeachtet dieſes Land einen gro - ſen Reichthum beſitzet. Dieſe Wahrheit beſtaͤtiget ſich allenthalben. Das reiche Engelland hat einen ſehr wohlfeilen Getraidepreiß. Die Lehre von dem Preiß der Dinge iſt durch den Begriff der Franzoͤſiſchen und Engellaͤndiſchen Schriftſteller, daß ſie das Geld ledig - lich als vorſtellende Zeichen der Waaren anſehen, ſehr irrig gemacht worden. Es iſt wahr, man kann den Begriff von den vorſtellenden Zeichen bey dem Gelde gebrauchen, aber nur Gleichniß und Erlaͤuterungs - weiſe. Sobald man einen Grundſatz daraus macht und die ganze Lehre von Gelde darauf bauet; ſo wird man in vielerley Jrrthuͤmer gerathen. Wenn nun alſo die Theurung der Waaren hauptſaͤchlich auf ihren Man - gel im Lande ankommt; ſo ſiehet man leicht, daß die Theurung derſelben ſtatt finden kann, wenn auch nur wenig Geld im Lande iſt. Wenn die Einwohner ei - nes Landes, aus Faulheit und Ungeſchicklichkeit nur wenig Guͤther und Waaren gewinnen oder verfertigen;M 5ſo186IV. Abſch. von denen Hinderniſſenſo muͤſſen ſie nothwendig theuer ſeyn. Jnſonderheit habe ich |bemerket, daß es in ſolchen Staaten, unge - achtet des wenigen darinnen befindlichen Geldes, den - noch ſehr theuer iſt, wo die Buͤrger und Einwohner wenig Fleiß bezeigen und dennoch herrlich und wohl leben wollen. Wenn der Handwerksmann wenig Luſt zu arbeiten hat und doch alle Tage gut Eßen, Wein und Caffee haben, auch ſich praͤchtig in Kleidern zeigen will, ſo muß er nothwendig die wenige Arbeit, die er verfertiget in ſehr hohen Preiß ſetzen; und gleichwie ein Handwerksmann vermoͤge der eingeriſſenen Ueppig - keit es dem andern bald nachzuthun pfleget; ſo entſte - het gar bald eine algemeine Theurung der noͤthigſten Arbeiten, ſo daß nichts wohlfeil bleibt, als das Ge - traide in fruchtbaren Jahren. Dieſes iſt das Bild von den meiſten Staaten in Teutſchland, wenn man eini - ge Evangeliſche Staaten, die ſich auf Commercien und Manufacturen appliciren, ausnimmt: ja es iſt das Bild faſt von allen andern Staaten, wo keine Com - mercien und Manufacturen bluͤhen und eine ſchlechte Policey iſt. Allein es iſt ein ſehr betruͤbter Zuſtand, der dem Wachsthum der Manufacturen faſt alle Hof - nung abſpricht. So gluͤcklich der Zuſtand eines Lan - des iſt, worinnen eine Ueppigkeit herrſchet, die mit Lan - deswaaren getrieben wird und die eine Frucht des Fleißes ſeiner Einwohner iſt; ſo elend iſt die Beſchaf - fenheit eines Landes, das Ueppigkeit mit fremden Waa - ren und in Verbindung mit der Faulheit treibet. Der gaͤnzliche Verfall des Nahrungsſtandes und das volle Verderben des Staats kann nicht lange ausbleiben. Gleich -187bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.Gleichwie ein ſolcher Zuſtand eine Folge einer uͤber die maaßen ſchlechten Policey iſt; ſo kann er auch durch nichts als die vollkommenſte Policey wieder geheilet werden. Man muß zufoͤrderſt dieienigen Handwer - ker, welche den Verkauf der Lebensmittel in Haͤnden haben, in denen allergenaueſten Schranken halten, daß ſie in den moͤglichſt wohlfeileſten Preiß geſetzet werden. Dieſes geſchiehet durch genaue auf die richtigſten Pro - ben gegruͤndete Taxen und durch eine ſtrenge Befol - gung derſelben. Alle Schwierigkeiten und ſcheinbare Unmoͤglichkeiten, die von dieſen Handwerkern gemacht werden, ſind gar leicht zu uͤberwinden, wenn man den ernſtlichen Willen hat. Als vor ohngefaͤhr acht Jah - ren Sr. Kayſerl. Koͤnigl. Majeſtaͤt beſchloſſen hatten, den Preiß des Rindfleiſches in Wien nicht uͤber fuͤnf und einen halben Kreuzer ſteigen zu laßen; ſo wurden endlich alle faͤſchlich vorgebildete Unmoͤglichkeiten der Fleiſchhauer dadurch vernichtet, daß man eine Liefe - rung der Ochſen aus Pohlen veranſtaltete, welche die Fleiſchhauer vor einen ſolchen Preiß kaufen mußten, daß der Preiß des Rindfleiſches vor fuͤnf und einen halben Kreuzer nach denen gemachten Proben dabey ſtatt finden konte. So viel ungleiche Urtheile damals uͤber dieſe Anordnung ergiengen, inſonderheit weil da - durch der Abſatz der Ungariſchen Ochſen Schaden litte: ſo habe ich doch dieſe Verfuͤgung allemal vor ſehr weiß - lich gehalten. Der dabey gehabte Endzweck, der nie - mals auf einen beſtaͤndigen Einkauf der Ochſen aus Pohlen gieng, ſondern nur um der Fleiſchhauer vorge - ſtellte Unmoͤglichkeiten zu uͤberwinden, wurde vollkom -men188IV. Abſch. von denen Hinderniſſenmen erreichet. Als die Fleiſchhauer ſahen, daß alle ihre Schwierigkeiten vergeblich waren; ſo bequehmten ſie ſich das Rindfleiſch vor den geſetzten Preiß zu ver - kaufen und den Einkauf der Ochſen ſelbſt zu beſorgen. Auf dieſe Art wird ein vernuͤnftiges Policeydirectorium allemal Mittel finden, den hohen Preiß der Lebensmit - tel zu verhindern, wenn nur anders die Policeyaufſe - her, wie es oͤfters geſchiehet, mehr den Nutzen und die Wohlfarth des Staats, als ihr eigenes Jntereße und die geheimen Geſchenke lieben. Sind nun ſolcherge - ſtalt die Handwerker, die mit den Lebensmitteln zu thun haben, in Ordnung gebracht, ſo kann man mit denen uͤbri - gen, denen nunmehro die Berufung auf die theuren Lebens - mittel benommen iſt, gar leicht zu Stande kommen. Das beſte Mittel iſt, daß man alle diejenigen Handwerker, die ihre Waaren zu theuer geben, durch Berufung der Auslaͤnder und durch ein freyes Meiſterrecht auf alle Art vervielfaͤltiget; und wenn auch dieſes den Preiß ihrer Arbeit nicht vermindert; ſo iſt kein anderer Rath, als daß ihnen die Policey Taxen ſetzet, die ſich auf den Preiß ihrer Materialien und auf genaue und richtige Proben ihrer Arbeit gruͤnden. Man macht zwar ge - meiniglich den Einwurf, daß ſie alsdenn ihre Arbeit deſto ſchlechter machen werden. Allein auch dieſem iſt durch wohl eingerichtete Reglements von der Guͤte und Tuͤchtigkeit der Waaren und Arbeit leicht vorzu - beugen.

Gleich -189bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.

Gleichwie eine lebhaftige Circulation des GeldesDer Mangel einer genug - ſamen Sum - me des cir - culirenden Geldes iſt eine große Hinderniß. Verſchiedene Mittel dar - wider die Seele des geſamten Nahrungsſtandes iſt; ſo hat man ſich ſchwehrlich einen bluͤhenden Zuſtand der Ma - nufacturen und Fabriken zu verſprechen, wenn es dem Lande an einer genugſamen Menge Geldes in der Cir - culation ermangelt. Dieſe Hinderniß iſt eine der wich - tigſten, und ſie ereignet ſich nicht ſelten, ohne daß man ſie allemal erkennet. Jedermann iſt darinnen einig, daß dieſe Hinderniß, die nicht allein dem Aufnehmen der Manufacturen, ſondern auch des geſamten Nah - rungsſtandes hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, gehoben werden muß. Allein in dem Huͤlfsmittel dieſe Hinderniß zu heben, trift man eine große Verſchiedenheit der Meinungen an, die wir alſo insbeſondere betrachten muͤſſen.

Einige ſtehen in den Gedanken, daß dieſe Hinder -1) Ob durch An - lehn aus fremden Staaten. niß am beſten durch ein Anlehn aus fremden Staaten gehoben werden koͤnne und daß dieſe fremde im Lande zur Circulation gebrachte Summe Geldes eben die Dienſte leiſte, als wenn ſie dem Lande eigenthuͤmlich zugehoͤrte. Allein dieſe Leute bedenken nicht, daß die jaͤhrlichen Jntereßen das ohnedem ſchwache Capital des Landes immer mehr vermindern und daß dennoch endlich die aufgeborgte Summe wieder erſtattet wer - den muß, wodurch hernach die Circulation des Geldes deſto mehr gehemmet und der Verfall des Nahrungs - ſtandes deſto groͤſſer wird. Unterdeſſen muß ich geſte - hen, daß dieſes Mittel nicht ganz und gar zu verwer - fen iſt. Es muß aber das allerletzte ſeyn, das manergrei -190IV. Abſch. von denen Hinderniſſenergreifet, naͤmlich, wenn alle andere nicht thunlich ſind. Zugleich aber muß man die allerſicherſten Maaßregeln ergreifen, daß ehe die Zeit der Wiederbezahlung er - ſcheinet, die ſo viel moͤglich auf entfernte Zeiten und zu verſchiedenen Terminen zu beſtimmen iſt, vermoͤge der Commercien und Manufacturen die Handlungsbilanz gewonnen und neues Geld in den Staat eingegangen iſt.

2) Ob durch das Verboth der Ausfuh - re des Gel - des.

Wenn ſich der Mangel einer genugſamen Summe Geldes in der Circulation aͤußert; ſo iſt es ein gar ge - woͤhnliches Mittel die Ausfuhre des Geldes zu ver - biethen; und es werden gar wenig Staaten ſeyn, wo man ehedem dieſes Mittel nicht gebraucht hat, oder wo es nicht annoch gegenwaͤrtig ſtatt findet. Allein ich muß frey bekennen, daß dieſes Mittel ganz und gar nichts taugt; und eben, weil es ſo ſehr gewoͤhnlich in der Welt iſt; ſo muß ich mich etwas dabey aufhalten, um dieſes unnuͤtze und eitle Mittel einmal aufhoͤrend zu machen. Jch nenne es mit Recht ein eitles Mittel. Man muß es ſo gar ein unmoͤgliches nennen. Bey der Ausfuhre des Geldes kommt alles auf die Beſchaf - fenheit der Commercien des Landes an. Hat ein Land die Handlungsbilanz mit allen andern commercirenden Nationen gewonnen, das iſt, wenn es mehr Landes - waaren ausfuͤhret, als es fremde Waaren bey ſich ein - fuͤhret; ſo muͤſſen ihm andere Nationen den Ueber - ſchuß mit baaren Gelde verguͤten. Hat aber ein Volk die Handlungsbilanz nicht gewonnen, fuͤhret es mehr fremde Waaren bey ſich ein, als es Landesproducteaus -191bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.ausfuͤhret; ſo muß es jaͤhrlich eine Summe Geldes zu Erfuͤllung der Handlungsbilanz an andre Natio - nen nachſchießen. Jn dem erſten Fall iſt das Ver - both der Ausfuhre des Geldes unnoͤthig, in dem an - dern Fall aber iſt es moraliſcher und ſo gar wirklicher Weiſe unmoͤglich. Haben die Commercien des Lan - des eine ſolche Beſchaffenheit, daß die Kaufleute an andre Nationen jaͤhrlich eine Summe Geldes heraus bezahlen muͤſſen und die Regierung laͤßt dennoch das Verboth der Ausfuhre des Geldes ergehen; ſo gebie - thet ſie eine gaͤnzlich unmoͤgliche Sache. Sie gebie - thet entweder, daß die inlaͤndiſchen Kaufleute ihre Schulden nicht bezahlen ſollen, oder daß die auslaͤn - diſchen Kaufleute denen ihrigen Credit geben ſollen. Das erſte iſt moraliſch unmoͤglich, weil es der Gerech - tigkeit zuwider iſt; denn wenn die auslaͤndiſchen Kauf - leute klagten und man wollte die Gerechtigkeit nicht außer Augen ſetzen; ſo wuͤrde man denen inlaͤndiſchen Kaufleuten die Bezahlung auflegen und mithin einen dem vorigen ganz widerſprechenden Befehl ertheilen muͤſſen. Das andere iſt wirklich unmoͤglich, weil es außer den Graͤnzen der Macht der Regierung iſt, de - nen Auslaͤndern anzubefehlen, daß ſie den inlaͤndiſchen Kaufleuten Credit geben ſollen. Wollte man ſagen, daß die inlaͤndiſchen Kaufleute die Auslaͤnder mit Pa - pieren, oder mit Landeswaaren, bezahlen ſollten; ſo wuͤrde eine gleiche Unmoͤglichkeit vorhanden ſeyn. Die Papiere an Actien, Bancozetteln, Wechſeln und der - gleichen ſind entweder auslaͤndiſche oder inlaͤndiſche. Die Auslaͤndiſchen ſind in den Haͤnden einer Nation,welche192IV. Abſch. von denen Hinderniſſenwelche die Handlungsbilanz zu bezahlen hat, nicht zu vermuthen. Sie gehen allemal als baar Geld nach ihren jedesmaligen Cours in die Haͤnde andrer Natio - nen; und wenn auch etliche wenige ſolcher Papiere im Lande vorhanden ſeyn ſollten; ſo bedarf es deshalb kei - nes Befehles. Man wird ſie allemal zuerſt außer Landes ſchicken, ehe man daran denket baar Geld außer Landes zu ſenden. Man darf nur den Lauf der Com - mercien wiſſen, um hieran nicht zu zweifeln. Mit der Bezahlung durch inlaͤndiſche Papiere aber hat es die vorige Beſchaffenheit, daß naͤmlich die Regierung den Auslaͤndern den Credit dieſer Papiere unmoͤglich an - befehlen kann. Hier kommt es auf den Credit und den Cours an, den dieſe Papiere an und vor ſich ſelbſt bey den Auslaͤndern haben. Dieſer Credit muß durch ganz andere Maaßregeln befoͤrdert werden, als durch den Befehl kein Geld auszufuͤhren, ſondern mit Papie - ren zu bezahlen. Dieſer Befehl hat vielmehr eine ganz entgegen geſetzte Wirkung und vermindert den Credit, den dieſe Papiere vorher gehabt haben. Jch habe mir hierinnen den Beyfall eines jeden vernuͤnftigen Kauf - mannes zu verſprechen; und die Erfahrung hat dieſes genugſam beſtaͤtiget. So lange der Actienhandel in Frankreich auf der thoͤrichten Begierde der Menſchen nach dieſen Papieren, oder auf der von ſelbſt entſtan - denen Einbildung ihres Werthes beruhete; ſo hatten dieſe Papiere auch auswaͤrts ihren guten Credit. So bald aber der Herzog Regent durch Edicte anbefahl, daß alle Bezahlungen nicht mit Gelde, ſondern mit dieſen Papieren geſchehen ſollten; ſo gieng ihr Creditbey193bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.bey den Auslaͤndern gaͤnzlich verlohren. Der Credit iſt eine Sache, die außer den Graͤnzen der Macht aller Monarchen iſt. Was die Bezahlung mit den Landes - waaren anbetrift; ſo iſt es zwar wahr, daß ein Re - gent anbefehlen kann, daß ſeine Kaufleute auf keine andere Art mit den Auslaͤndern handeln ſollen, als die Landeswaaren gegen die benoͤthigten auslaͤndiſchen umzuſetzen. Ja er kann den Handel mit Gelde ganz und gar aufheben und den Tauſch davor einfuͤhren, ob gleich eine ſolche Verfuͤgung denen Commercien des Landes zu ſchlechten Vortheile gereichen wuͤrde. Allein alle ſolche Verordnungen koͤnnen ſich nur auf die kuͤnf - tigen Faͤlle, nicht aber auf den vorhin geſchloſſenen Handel mit den auswaͤrtigen erſtrecken. Es beruhet auf der Willkuͤhr des Auslaͤnders, ob er auf dieſe Be - dingung gegen Landeswaaren umzuſetzen, mit uns handeln will; und da dieſe Bedingung bey dem bereits geſchloſſenen Handel nicht vorausgeſetzet worden iſt; ſo iſt es moraliſcher Weiſe unmoͤglich, das iſt, es iſt der Gerechtigkeit nicht gemaͤß, den Auslaͤnder zu noͤ - thigen, ſich mit Landeswaaren bezahlen zu laßen. Ueberdiß iſt ein ſolches Geſetz denen Landescommercien ſelbſt nachtheilig. Wir wollen den Fall ſetzen, daß wirklich Landeswaaren vorhanden ſind, um die Aus - laͤnder damit zu bezahlen; ſo wird dieſer Befehl nichts anders wirken, als daß wir die Landeswaaren um einen geringern Preiß losſchlagen muͤſſen. Denn da wir dem Auslaͤnder, der auf Geld gehandelt hat, die Lan - deswaaren wider ſeinen Willen nicht aufdringen koͤn - nen; ſo wird er ſie nicht anders, als unter ihren laufen -Nden194IV. Abſch. von denen Hinderniſſenden Preiße annehmen: und eben der Befehl wird ein Be - wegungsgrund mehr ſeyn, ſeinen Vortheil deſto groͤſſer zu machen. Sind aber wirklich keine Landeswaaren vorhanden, die uns aus Mangel des auslaͤndiſchen Debits uͤber dem Halſe bleiben; und man kann alle - mal hundert gegen eines verwetten, daß ſie nicht vor - handen ſind; denn eine Nation bezahlet ſelten oder niemals die Handlungsbilanz aus Mangel des auslaͤn - diſchen Debits, ſondern aus Mangel genugſamer Lan - desproducte; ſo iſt ein ſolcher Befehl ohnedem eitel und unmoͤglich. Ueberhaupt wird mir ein jeder ver - nuͤnftiger Kaufmann Recht geben muͤſſen, daß das Verboth der Ausfuhre des Geldes vor eine Nation, welche die Handlungsbilanz an andre Nationen zu bezahlen hat, dieſen ohnedem ſchlechten Zuſtand der Handlung noch ſchaͤdlicher macht. Aus einem ſolchen Lande iſt der Wechſelcours in andre Staaten ohnedem ſehr hoch. Dieſer Erfolg iſt ganz natuͤrlich und leidet bey allen, die das Commercienweſen verſtehen, keinen Zweifel. Denn da ein ſolches Land viel Geld an andre Nationen zu verſenden hat; ſo bemuͤhet ſich ein jeder Wechſelbriefe zu bekommen, um die Koſten der Abſen - dung des Geldes in natura zu vermeiden; und er wird dieſe Wechſelbriefe ſo hoch bezahlen, bis er nur noch einen geringen Vortheil gegen die Koſten der Abſen - dung in natura hat. Allein, wenn die Ausfuhre des Geldes in ſeiner Subſtanz gar nicht erlaubt iſt; ſo muß der Kaufmann, der Bezahlung leiſten und ſich in Credit erhalten muß, die Papiere der Auslaͤnder ſo hoch bezahlen, als ſie ſolche ſetzen und der Wechſelcoursmuß195bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.muß immer hoͤher ſteigen und zwar hoͤher als die Ab - ſendung des Geldes in natura koſtete. Denn das Huͤlfsmittel wider den allzuhohen Wechſelcours, naͤm - lich das Geld in Natur abzuſenden, iſt ihm benommen. Dennoch iſt der große Verluſt, den die Nation bey einem allzuhohen Wechſelcours leidet, ganz vergeblich und ohne Nutzen. Denn wenn dieſe Nation die Handlungsbilanz nicht gewinnet; ſo muß doch endlich die Bezahlung des Geldes in Natur geſchehen, wenn das Land bey Auswaͤrtigen nicht allen Credit verlieh - ren ſoll. So wie demnach das Verboth der Ausfuhre des Geldes bey einer Nation, welche die Handlungs - bilanz bezahlen muß, nicht allein ſchaͤdlich, ſondern ganz und gar unmoͤglich iſt; ſo iſt hingegen dieſes Ver - both bey einem Volke, welches die allgemeine Hand - lungsbilanz uͤber andere Voͤlker gewonnen hat, gaͤnzlich unnoͤthig. Dieſes Volk bekommt jaͤhrlich von andern Voͤlkern baar Geld heraus. Es hat demnach natuͤr - licher Weiſe in alle ſolche Laͤnder einen niedrigen Wech - ſelcours. Ein Kaufmann alſo, der bey einer ſolchen Beſchaffenheit Geld in Natur außer Landes ſenden wollte, wuͤrde nicht klug ſeyn. Die Abſendung des Geldes in Natur wuͤrde ihm dreymal hoͤher zu ſtehen kommen, als durch Papiere; und ein ſolches Verfah - ren muß man nie von einem Kaufmann gedenken. Es iſt wahr, es giebt demohngeachtet Faͤlle, wo baar Geld in Natur außer Landes geſendet wird. Allein gleich - wie dieſe Faͤlle gegen die vorigen ſehr wenig und von keiner Betraͤchtlichkeit ſeyn werden; ſo muß man auch bey einem Lande, das die Handlungsbilanz gewonnenN 2hat,196IV. Abſch. von denen Hinderniſſenhat, zweyerley vorausſetzen. Es wird erſtlich in ei - nem ſolchen Lande viel fremd Geld roulliren, indem andere Nationen beſtaͤndig an daſſelbe baar Geld her - aus bezahlen muͤſſen; und ſodann wird man zur natuͤr - lichen Verſendung des Geldes allemal eher das fremde Geld, als die eigne Landesmuͤnze erwaͤhlen, und zwar wird man am allererſten desjenigen Landes Geld ergrei - fen, wohin die Verſendung geſchehen ſoll, weil dieſes Geld daſelbſt am beliebteſten iſt und damit am meiſten auszurichten ſtehet. Man kann alſo wegen Verſen - dung der Landesmuͤnze ganz ohne Sorgen ſeyn. Jch ſage hier nichts als was die Erfahrung beſtaͤtiget. Engelland verſendet jaͤhrlich, wie aus den Zollregiſtern erhellet, ſehr viel Geld außer Landes. Dennoch iſt es eine Seltenheit in andern Laͤndern eine Guinee oder andere engliſche Muͤnze zu Geſichte zu bekommen. Wie kommt dieſes? Engelland hat die allgemeine Hand - lungsbilanz uͤber andere Voͤlker gewonnen. Es gehet alſo jaͤhrlich viel fremd Geld nach Engelland; und dieſes fremde Geld iſt es eben, was die Engellaͤnder bey ſich ereignenden Vorfaͤllen wieder verſenden. Es iſt wahr, es iſt auch in Engelland ein Verboth, die Lan - desmuͤnze auszufuͤhren. Allein dieſes Verboth gehoͤ - ret noch zu denen Ueberbleibſeln der ehemaligen ſchwa - chen Einſicht. Es wuͤrden auch ohne daſſelbe keine engliſche Muͤnzen ausgefuͤhret werden; und wenn die engliſchen Kaufleute bey der Ausfuhre ihrer Landes - muͤnzen ſich Vortheil zu ſchaffen wuͤſten; ſo wuͤrde die - ſes Verboth von keiner großen Wirkung ſeyn; ſo wie man die neuen Muͤnzen andrer Staaten ohngeachtetdes197bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.des Verbothes dennoch auswaͤrts roulliren ſiehet. Eine andere Urſache des Verbothes der Ausfuhre der Lan - desmuͤnzen, daß naͤmlich dieſelben in andern Staaten eingeſchmolzen und dargegen das Land mit geringhal - tigen Muͤnzen uͤberſchwemmet wuͤrde, iſt von eben ſo geringer Erheblichkeit. Man darf naͤmlich nur aus - waͤrtigen geringhaltigen Muͤnzen keinen andern Cours im Lande geſtatten, als nach ihren wahren innerlichen Werth und nach dem Fuß der Landesmuͤnzen: ſo wird dieſe Ausfuͤhrung und Einſchmelzung wohl nachblei - ben muͤſſen. Niemand begehret mit Verluſt fremde Muͤnzen einzuſchmelzen. Ueber alles dieſes iſt das Verboth der Ausfuhre des Geldes, wider das Weſen und den Endzweck der Muͤnzen. Man hat bloß des auswaͤrtigen Handels wegen goldne und ſilberne Muͤnzen. Der inlaͤndiſche Verkehr koͤnnte ohne Nachtheil mit kupfernen, zinnernen und andern Muͤn - zen geſchehen, oder man koͤnnte auch eine andere Sa - che zum allgemeinen Verguͤtungsmittel annehmen, wie es in einigen Landen wirklich ſtatt findet. Wenn man alles dieſes erwaͤgen wollte; ſo wuͤrden die Regierun - gen einmal aufhoͤren, ſich des Verbothes der Ausfuhre des Geldes zu gebrauchen, welches unterdeſſen noch in dieſem erleuchteten Jahrhunderte gar oft angewen - det und inſonderheit zwiſchen Frankreich und Savoyen zum großen Nachtheil der Reiſenden und der Com - mercirenden bis zur Ausſchweifung getrieben wor - den iſt.

N 3Man198IV. Abſch. von denen Hinderniſſen
3) Ob durch Errichtung einer Banco.

Man pfleget auch ſeine Zuflucht zu Errichtung ei - ner Banco zu nehmen, wenn es an einer genugſamen Summe Geldes in der Circulation ermangelt; und in der That iſt dieſes eines von denen allerbeſten Huͤlfs - mitteln. Die Summe des circulirenden Geldes wird dadurch um ſo hoch vermehret, als die Summe, wor - auf die Banco gegruͤndet iſt, austraͤgt. Dieſe Ver - mehrung beſtehet zwar nur in Papieren und mithin in der Einbildung. Allein, wenn die Banco einen voll - kommenen Credit hat; ſo hat ſie in Abſicht auf die Vermehrung der circulirenden Summe eben den Nu - tzen, als waͤre die Vermehrung wirklich geſchehen. Wenn aber eine Banco dieſe Wirkung leiſten ſoll; ſo muß ſie folgende Beſchaffenheiten haben. Sie muß 1) keine Giro oder Wechſelbank, ſondern eine Leihe - bank ſeyn. Die Wechſelbanken ſind nur zur Bequem - lichkeit und Unterſtuͤtzung eines großen und bereits ſehr bluͤhenden Kaufhandels. Sie erfordern, daß die Sum - me aller Bancopapiere allezeit baar in der Banco vor - handen iſt; und mithin kann keine Vermehrung der cir - eulirenden Summe entſtehen. Denn wenn eine Wechſelbanco eine andere Beſchaffenheit hat und es wird dem Publico nur eingebildet, daß das Geld vor die Bancopapiere parat lieget; ſo hat ſie eine ſehr ge - faͤhrliche Einrichtung, die unvermuthet mit Schrecken ein Ende nehmen kann. Eine Leihebanco iſt in dieſem Fall viel gruͤndlicher und kann, wenn ihre Papiere vollkommenen Credit haben, zugleich die Stelle einer Wechſelbank vollkommen verſehen. Sie kann zugleich eine Activ - und Paßivleihebank ſeyn, und bey einerguten199bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.guten Einrichtung die Seele und die Unterſtuͤtzung des gantzen Nahrungsſtandes werden. Jch habe ein Pro - ject von einer ſolchen Leihebank, das in einem jeden Lan - de practicabel iſt und dem Nahrungsſtande ſehr aufhel - fen kann; und bin bereit ſolches auf Verlangen einem Hofe mitzutheilen. Sodann muß 2) eine ſolche Ban - co, welche die circulirende Summe vermehren ſoll, den allervollkommenſten Credit, ſo wohl in - als auſſerhalb Landes haben. Denn außer dieſer Beſchaffenheit wird ſie dem Nahrungsſtande und inſonderheit denen Ma - nufacturen und Commercien mehr zum Nachtheil, als Vortheil gereichen; und wenn ſie endlich in gaͤnzlichen Verfall kommt; ſo iſt das der betruͤbteſte Zuſtand, wel - cher dem Nahrungsſtande den allerhaͤrteſten Stoß ver - ſetzet. Es waͤre alsdenn tauſendmal beſſer dieſe Ver - mehrung der circulirenden Summe gar nicht zu Stande gebracht zu haben, als dieſe Vermehrung auf einmal in Wind und Rauch aufgehen und die Circulation auf die ſchaͤdlichſte Art gehemmet zu ſehen. Die Erhal - tung des Credits einer ſolchen Banco muß demnach die allerwichtigſte Sorgfalt eines weiſen Miniſterii ſeyn; und die zu Erhaltung dieſes Credits feſtgeſetzten Maaß - regeln muͤſſen bey keiner Art von Noth und bedenklichen Zeitlaͤuften außer Augen geſetzet werden, wie wir ſchon oben in dem zweyten Abſchnitt erinnert haben. Denn es iſt leicht einzuſehen, daß dadurch keine Noth des Staats gemindert werden kann. Vielmehr wird die Noth allemal groͤſſer; denn ſo bald man den Credit einer Bank in Verfall kommen laͤßt; ſo faͤllt alles zu und will ſeine Capitalien zuruͤck ziehen; dahingegen,N 4wenn200IV. Abſch. von denen Hinderniſſenwenn man den Credit der Bank und mithin des Staats erhaͤlt; ſo findet man in eben dieſem Credit wider dieſe oder jene Noth des Staats verſchiedene Arten von Huͤlfsmitteln.

4) Ob durch Errichtung von Hand - lungsgeſell - ſchaften.

Bey dem Mangel einer zureichenden Summe Gel - des in der Circulation iſt auch zuweilen die Errichtung neuer Handlungsgeſellſchaften ein nicht unbrauchbares Huͤlfsmittel. Jn ſo fern man Fremde bewegen kann, an dieſen Geſellſchaften Antheil zu nehmen; ſo wird dadurch allemal mehr Geld zur Circulation kommen. Um aber die Fremden zu bewegen an dieſen Anſtalten Antheil zu nehmen; ſo muͤſſen die Projecte groß, an - reizend, aber auch zugleich gruͤndlich ſeyn. Man kann ſich ſchwehrlich verſprechen, daß die Auslaͤnder an Hand - lungsgeſellſchaften Antheil nehmen werden, deren Fond ſehr maͤßig iſt und deren Unternehmungen und Ge - winnſt folglich ſehr eingeſchraͤnkt ſeyn muͤſſen. Die Auslaͤnder ſehen alsdenn ſchon aus dem Project, daß dieſes nur eine Sache vor die Landeseinwohner iſt. Große auslaͤndiſche Kaufleute, die allein an ſolchen Ge - ſellſchaften Antheil zu nehmen pflegen, ſehen die Sache viel zu klein an, als daß ſie ihre Aufmerkſamkeit und Theilnehmung verdiente. Wenn ein ſolches Project anreizend ſeyn ſoll; ſo muͤſſen ſowohl der Handlungs - geſellſchaft ſelbſt, als denen Actien große Freyheiten erthei - let werden; und zuweilen iſt es rathſam, daß der Staat den Schaden und Verluſt einer ſolchen Handlungsgeſell - ſchaft zu tragen uͤbernimmt, oder die eingeſetzten Capitaliengaran -201bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.garantiret, ohne an ihren Gewinnſte Antheil zu verlan - gen. Ludewig der vierzehnte, oder vielmehr Colbert, that dieſes, als er eine neue Oſtindianiſche Compagnie errichtete; und die Sache hatte eine ſo gute Wirkung, daß viele Engellaͤnder und Hollaͤnder daran Antheil nahmen. Es iſt eine ſo wichtige Sache, die Summe des circulirenden Geldes durch auslaͤndiſchen Zufluß zu vermehren, daß dieſe Bedingung nicht zu hart ſcheinen kann; und wenn wegen der Direction weiſe Maaßre - geln genommen werden, das Project ſelbſt aber gruͤnd - lich iſt; ſo ſetzet ſich der Staat durch dieſe Verſiche - rung einer geringen Gefahr aus. Die Gruͤndlichkeit des Projects aber beruhet auf der Wahrſcheinlichkeit des Gewinnſtes, die aus der Einrichtung der Geſell - ſchaft, aus der Art und Weiſe der Unternehmungen und aus der Beſchaffenheit des Landes und der Gegen - den, wohin die Etabliſſements und die Handlung abgezie - let iſt, beurtheilet werden muß. Alles kommt auf wohl uͤberlegte Maaßregeln eines kluͤglich verfaßten Projects und auf eine einnehmende und uͤberzeugende Art der Bekanntmachung an, als woran es denen meiſten Pro - jecten der Handlungscompagnien gar ſehr fehlet; ſo wird ein ſolches Project gewiß vermoͤgend ſeyn eine anſehn - liche Summe Geld in das Land zu ziehen und zur Cir - culation zu bringen. Vielleicht aber ſtehen einige in den Gedanken, daß es uͤberhaupt nicht rathſam ſey, Fremde an denen Handlungscompagnien Antheil neh - men zu laßen, weil alsdenn ein großer Antheil des Ge - winnſtes außer Landes gehet. Allein dieſe Meinung iſt ſehr irrig. Außer dem ſehr wichtigen Vortheil GeldN 5in202IV. Abſch. von denen Hinderniſſenin das Land zu ziehen und die Commercien zu vergroͤ - ßern; ſo ſind diejenigen, Auslaͤnder, die an unſern Hand - lungscompagnien Antheil haben, eben ſo wenig als Frem - de anzuſehen, als diejenigen, die in unſern Landen Guͤther ankaufen, aber mit weſentlicher Wohnung in andern Staaten ſich aufhalten. Sie ſtehen in dem genaueſten Zuſammenhange mit uns und ſind nach der Maaße des Antheiles von ihrem Vermoͤgen, das ſich in unſern Lande befindet, unſre Mitbuͤrger, die allemal nuͤtzlich ſind und denen die Einkuͤnfte von ihren im Lande habenden Vermoͤgen ſehr wohl zu goͤnnen ſtehen. Der Ausfluß dieſer Einkuͤnfte iſt gegen den Vortheil von dem Capi - tal; ſo ſie dem Lande zugewendet haben, von gar kei - ner Erheblichkeit; wie denn uͤberhaupt dergleichen kleine Ausfluͤße des Geldes eben ſo wenig zu vermeiden ſte - hen, als wenn ein Unterthan in benachbarte Staa - ten reiſet und ſein Geld daſelbſt verzehret. Ueberdieß wird dadurch oͤfters zu vortheilhaftiger Correſpondenz und Handlung ſolcher Auslaͤnder in das Land Gelegen - heit gegeben. Ja es iſt zuweilen die Veranlaßung, daß ſich mit der Zeit ein ſolcher Auslaͤnder mit ſeinem ganzen Vermoͤgen in das Land wendet, eine Sache, die oͤfters eine betraͤchtliche Vermehrung des circuliren - den Geldes bewirket; wie es denn uͤberhaupt eine ſehr große Erwerbung vor den Staat iſt, wenn er reiche Familien in das Land ziehen kann, zu welchem End - zweck keine Anreizungsmittel geſpahret werden muͤſſen.

5) Ob durch Leibrenten, Tontinen und Lotte - rien.

Es koͤnnen auch Leibrenten Societaͤten, Tontinen und dergleichen gebrauchet werden, um das circulirendeCapi -203bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.Capital des Landes zu vermehren. Wenn der Staat einen vollkommenen Credit hat, wenn die vorherge - henden Zeiten keine Beyſpiele aufweiſen, daß der Staat ſeine eingegangenen Verbindlichkeiten verletzet hat; ſo werden nicht allein Auslaͤnder ihr Geld in ſolche An - ſtalten einlegen, ſondern auch viele Gelder der Unter - thanen, die der Circulation entzogen und zum Unter - halt im Alter beſtimmt ſind, werden wieder aus dem Kaſten hervorgehen, weil man vermoͤge der Theilneh - mung an dieſen Anſtalten ſeines Unterhaltes im Alter verſichert iſt. Lotterien von genugſamer Groͤße und etwas beſſern, als der gemeinen Einrichtung ſind gleich - falls nicht ganz zu verwerfen. Die bekannte wiene - riſche Millionenlotterie war an ſich ſelbſt kein unrechtes Project; und der widrige Erfolg war nicht dem Pro - ject ſelbſt, ſondern der Verwaltung und Anwendung der Gelder zuzuſchreiben. Dergleichen Erfindungen, Geld in das Land zu ziehen, koͤnnen noch auf andre ver - ſchiedene Arten gemacht werden. Nur wird dabey er - fordert, daß der Staat einen vollkommenen Credit bey Auswaͤrtigen habe. Allein wo dieſer ermangelt, da hat der Staat eine faſt unheilbare Wunde, die vie - len Huͤlfsmitteln, dem Lande aufzuhelfen den Ge - brauch verwehret. Der Credit iſt demnach ein ſehr großes Kleinod vor den Staat, deſſen Erhaltung eine ſehr große Sorgfalt erfordert.

Wir haben zwar ſchon oben erwaͤhnet, daß alleFehlerhafti - ge Policey - verfaſſungen ſind gleich - falls eine Hinderniß Fehler und Gebrechen in der Verfaſſung und Einrich - tung des Staats ſo viel Hinderniſſe vor die Manufa -cturen204IV. Abſch. von denen Hinderniſſender Manu - facturen und Fabriken.cturen und Fabriken ſind. Allein die Fehler in der Policey und inſonderheit die widrigen Einrichtungen, und Anſtalten ſind ſo wichtige Hinderniſſe, daß wir ſie hier noch insbeſondere auffuͤhren muͤſſen. Man kann es kaum glauben, was die Manufacturen und Fabriken in denen Policeyanſtalten ſelbſt vor Hinderniſſe finden: und es wuͤrde tauſendmal beſſer ſeyn in vielen Dingen gar keine Policeyanſtalten zu haben, als diejenigen, die wirklich im Staate ſtatt finden. Der ganze Nah - rungsſtand hat bey ſeinem Aufkommen mehr wider die Policey und die Anſtalten wegen der Cammeralein - kuͤnfte des Fuͤrſten, als wider irgend einige andere Hin - derniſſe zu kaͤmpfen. Wenn z. E. gar keine Policey - geſetze und Auflagen auf die Lebensmittel waͤren; ſo wuͤrde man in einem jeden Lande allemal den wohlfeile - ſten Preiß der Lebensmittel haben, der nur nach der Fruchtbarkeit und Beſchaffenheit des Landes moͤglich waͤre. So bald diejenigen, welche mit dem Verkauf derſelben ſich naͤhreten, allzuviel Vortheil dabey ſuch - ten; ſo wuͤrden ſich andere finden, welche mit einem geringern Vortheil zufrieden waͤren und dargegen ihren groͤſſern Vortheil von der Menge des Abſatzes hoften. Die Bauern ſelbſt, welche die Materialien der Lebensmittel in der erſten Hand haben, wuͤrden ſtatt des Verkaufes des Viehes und Getraides, Fleiſch und Brod in die Staͤdte bringen und mit einem geringen Vortheile zufrieden ſeyn. Eben ſo kann man be - haupten, daß wenn die Policey und Cameralverfaſ - ſungen keine Hinderniſſe in Weg legten; ſo duͤrfte ein Land nur volkreich werden; ſo wuͤrden alle Nahrungs -arten205bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.arten und Gewerbe von ſelbſt entſtehen. Ein jeder ſuchet ſich zu ernaͤhren und ein jeder wuͤrde mithin kluͤ - geln, eine Nahrungsart zu erwaͤhlen und ausfuͤndig zu machen, wodurch er ſeinen Unterhalt haben koͤnnte. Allein nach unſern heutigen Verfaſſungen finden ſich allenthalben Hinderniſſe, wenn auch Jemand den Wil - len, den Fleiß und die Geſchicklichkeit hat, eine Nah - rungsart zu treiben. Da darf dieſes Gewerbe nicht auf dem Lande getrieben werden, da muß erſt das Buͤr - gerrecht, das Meiſterrecht und wer weis was ſonſt noch vor Rechte gewonnen werden. Ja oͤfters muß die Frau gleichfalls beſondere Rechte haben, z. E. eines Buͤrgers, Meiſters, Brauers u. d. Tochter ſeyn, oder dieſes muß mit ſchwehren Gelde erſetzet werden; Hin - derniſſe, welche es dem fleißigen und geſchickten Manne unmoͤglich machen ein Gewerbe anzufangen. Von dieſer Art zeigen ſich eine Menge andere Hinderniſſe; da kommen wir dem Privilegio und denen Rechten ei - nes andern zu nahe, da ſollen wir eine Nebenarbeit, die wir mit Vortheil ſelbſt verrichten koͤnnten, durch eine andere Zunft arbeiten laßen; da giebt es in Anſchaf - fung der Materialien, in Verkauf der Waaren tau - ſenderley Schwierigkeiten, indem bald die Stadt, in und bey welcher wir kaufen oder unſre Waaren durch - fuͤhren wollen, den Vorkauf, den Stapel und wer weiß was ſonſt noch vor Rechte auszuuͤben verlanget, bald aber die Ein-und Ausfuhre dieſer oder jener Ma - terialien und Waaren uͤberhaupt verbothen iſt. Faſt eben ſo viel Schwierigkeiten ereignen ſich in Anſehung der Cameraleinkuͤnfte des Regenten: und kurz dieHin -206IV. Abſch. von denen HinderniſſenHinderniſſe ſind unbeſchreiblich die ſich von allen Sei - ten denen Gewerben entgegen ſtellen. Daher ſtehen einige in den Gedanken, daß die neueinzufuͤhrenden Manufacturen und Fabriken von Seiten des Staats faſt gar keiner Unterſtuͤtzung beduͤrfen wuͤrden, wenn man nur die vielen Hinderniſſe der Policey und andern Verfaſſungen aus dem Wege zu raͤumen wuͤſte; und die Erfahrung ſcheinet dieſe Meinung zu beſtaͤrken. Je weniger ein Land dergleichen Hinderniſſe gehabt hat, deſtomehr ſind die Manufacturen und Fabriken darinnen aufgekeimet und fortgewachſen. Holland, welches gar keine Jnnungen und Zuͤnfte hat, ſondern jederman dasjenige Gewerbe zu treiben geſtattet, wor - zu er die Geſchicklichkeit hat, iſt voller bluͤhenden Ma - nufacturen und Fabriken geworden, ohne, daß der Staat im geringſten mit thaͤtiger Unterſtuͤtzung etwas darzu beygetragen hat. Die Schweitz, wo die Ma - nufacturen nicht die geringſte Beyhuͤlfe von Seiten des Staats genoſſen, aber auch von Seiten der Policey und der Abgaben deſtoweniger Hinderniſſe vorgefunden haben, hat in dieſem Jahrhunderte einen vortreflichen Fortgang in dieſen Nahrungsgeſchaͤften gehabt. Der ſehr volkreiche Zuſtand in Sina hat alle nur erſinnliche Arten von Handthierungen und Ge - werben von ſelbſt eingefuͤhret, weil ſich keine Hinder - niſſe gezeiget haben. Was meine eigne Meinung an - betrift; ſo bin ich zwar weit entfernt zu glauben, daß die Policeyverfaſſungen ganz und gar unnoͤthig im Staate ſind und daß man die Manufacturen und Fa - briken lediglich ſich ſelbſt uͤberlaßen koͤnne. Jch binſehr207bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.ſehr uͤberzeugt, daß die Policey, die lediglich den End - zweck hat, das Aufnehmen des Nahrungsſtandes zu befoͤrdern, dieſen Endzweck auch erreichen kann, wenn ſie wohl eingerichtet iſt. Allein aus demjenigen, was ich hier vorgeſtellet habe, erhellet wenigſtens ſo viel, daß eine fehlerhaftige Einrichtung und Verwaltung der Policey eines der groͤßten Hinderniſſe der Manufa - cturen und Fabriken und uͤberhaupt eines bluͤhenden Nahrungsſtandes iſt, und daß dannenhero eine gute und mit dem Aufnehmen des Nahrungſtandes wohl uͤbereinſtimmende Policey das erſte und wichtigſte Au - genmerk einer weiſen Regierung verdienet. Eine eben ſo große Aufmerkſamkeit muß auf die Verwaltung der Policey gerichtet werden. Die Bedienten, die zu der Direction derſelben gebrauchet werden, muͤſſen nicht allein mit denen richtigſten Grundſaͤtzen und der voll - kommenſten Kenntniß dieſer Wiſſenſchaft erfuͤllet, ſon - dern auch von aller Eigennuͤtzigkeit gaͤnzlich entfernet ſeyn. Da ihr Betragen unter allen Bedienten des Staats am wenigſten uͤberſehen werden kann und da die Außerachtſetzung ihrer Pflicht wegen heimlicher Geſchenke, die nur gar zu oͤfters vorzufallen pflegen, das aͤußerſte Nachtheil vor das gemeine Weſen verur - ſachet; ſo ſollte das geringſte Geſchenke, deßen man ſie oder ihren Weibern uͤberfuͤhren koͤnnte, mit der haͤrte - ſten Strafe beleget werden.

Die große Gewinnſucht der Fabrikanten ſelbſt iſtDie große Gewinſucht u. der Brod - neid der Fa - brikanten iſt gleichfalls eine Hinder - niß. endlich gleichfalls eine der inlaͤndiſchen Hinderniſſe, welche nicht ſelten dem Aufkommen der Manufacturenund208IV. Abſch. von denen Hinderniſſenund Fabriken im Wege ſtehet. Dieſe Leute, zumal bey neuerrichteten Manufacturen und Fabriken, ſuchen oͤfters allzugroßen Vortheil und wollen auf einmal reich werden. Daraus entſtehet die Theurung der Manufacturen-und Fabrikenwaaren, die, wie wir ſo oft erinnert haben, dem Wachsthum dieſer Nahrungs - geſchaͤfte ſo nachtheilig iſt. Man muß denen Fabri - kanten dieſen irrigen Grundſatz zu benehmen ſuchen. Man muß ihnen vorſtellen, daß ſie ſowohl ſich ſelbſt als dem gemeinen Weſen dadurch Schaden zufuͤgen, daß ſie ihren Vortheil auf ihren Fleiß, auf die gute Einrichtung ihrer Manufactur, auf die Menge des Abſatzes und mithin auf die Erweiterung ihres Werkes, nicht aber auf den theuren Preiß der Waaren gruͤnden muͤſſen. Wenn aber nach meinen Vorſchlage in dem vorhergehenden Abſchnitte zugleich bey der Beſchauan - ſtalt die Taxation eines jeden Stuͤckes Waare ange - ordnet iſt; ſo kann man dieſer großen Gewinnſucht der Manufacturiers auf eine viel wirkſamere Art begegnen; indem man die Taxatores anhaͤlt, daß ſie ſtrenge ihre Schuldigkeit beobachten und ein jedes Stuͤck dem Preiße der auslaͤndiſchen Waaren vollkommen gleich taxiren muͤſſen. Eine gleiche Hinderniß ereignet ſich durch den Brodneid und die daraus entſpringende bittere Feind - ſchaft der Fabrikanten gegen einander, davon wir ſchon in dem vorhergehenden Abſchnitte etwas gedacht haben. Dieſer Neid und Feindſchaft iſt ſo gewiß zu gewarten, daß die Regierung ſchon im voraus in denen Manu - facturgeſetzen darwider Vorſehung thun und ihnen die Gelegenheit einander zu bedruͤcken, Schaden zu thunund209bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.und in Proceß und Streitigkeiten mit einander zu ge - rathen, abſchneiden muß. Wenn die Regierung ver - meidet Monopolia und beſondere Freyheiten und Ge - rechtſame zu ertheilen; ſo iſt ſchon eine große Urſache der Streitigkeiten verhuͤtet. Eine andere Gelegenheit zu haͤufigen Streitigkeiten iſt die Verfuͤhrung oder Abſpenſtigmachung der Arbeitsleute. Da giebt es beſtaͤndig Streitigkeiten, daß der eine Manufacturier dem andern die Arbeitsleute, die er mit großen Koſten lernen laßen, oder aus andern Landen verſchrieben habe, an ſich gezogen und verfuͤhret habe. Jn eini - gen Landen hat man dannenhero das Geſetz gemacht, daß kein Arbeiter eines Manufacturiers bey einem an - dern in Dienſte und Arbeit gehen kann, er habe denn zuvor ein halb Jahr außerhalb Landes wieder gewan - dert oder ſich aufgehalten. Allein dieſes Geſetz hat verſchiedene Bedenklichkeiten. Die Arbeiter ſind nicht allemal uͤberfluͤßig vorhanden; und es wird ſich oͤfters ereignen, daß ein geſchickter Arbeiter, der ſolchergeſtalt auszuwandern genoͤthiget wird, gar nicht wiederkommt. Vielleicht wuͤrde es dannenhero beſſer ſeyn, wenn man feſtſetzte, daß die Arbeiter nur alle viertheil oder halbe Jahre ihren Manufacturier oder Herrn veraͤndern koͤnnten und daß von einer oder der andern Seite einen Monath vorher die Aufkuͤndigung geſchehen muͤßte. Wenn aber ein Fabrikant einen Arbeiter auf ſeine Ko - ſten lernen oder aus andern Laͤndern kommen laͤßt, ohne daß ihm hierzu von der Regierung Beytrag geſchehen; ſo muß er mit dieſem Arbeiter contrahiren, wie lange der - ſelbe in Anſehung dieſer Koſten bey ihm arbeiten ſoll. OAußer -210IV. Abſch. von denen HinderniſſenAußerdem muß erachtet werden, daß er dieſe Koſten geſchenkt und dadurch ſeine geſetzliche Freyheit nicht eingeſchraͤnkt habe. Ueberhaupt ſollte bey allen Geſel - len und Arbeitern die Freyheit, die Arbeit nach Belie - ben verlaßen zu koͤnnen, wodurch die Arbeiter nur trotzig werden, eingeſchraͤnkt und auf ein viertheil oder halb Jahr feſtgeſetzet ſeyn; ſo wie ſolches die Buchdrucker, die Faſtbecker und einige andere Handwerker durch die Gewohnheit mit guten Nutzen eingefuͤhret haben.

Zweyte Claſſe der ausländi - ſchen Hin - derniſſe.

Mir kommen nunmehr auf die auslaͤndiſchen Hin - derniſſe gegen das Aufkommen unſerer Manufacturen und Fabriken; und dieſe werden in viel geringerer An - zahl und viel leichter zu uͤberwinden ſeyn, als die in - laͤndiſchen. Denn ob wir zwar verſichert ſeyn koͤnnen, daß alle andere Voͤlker, die bluͤhende Manufacturen und Fabriken haben, alles ihr moͤglichſtes thun werden, uns Hinderniſſe in den Weg zu legen; ſo iſt doch das - jenige, was in ihren Vermoͤgen iſt, uns zu ſchaden, ſelten von einer beſondern Wichtigkeit. Dieſe Be - muͤhungen der Voͤlker einander Hinderniſſe in Weg zu legen, iſt keine Sache, weshalb ein Volk Vorwurf verdienet. Jn Anſehung der Commercien und Ma - nufacturen ſind alle Voͤlker Mitbuhler und Nebenei - ferer. Ein jedes ſuchet dem andern den Rang abzu - laufen. Ein jedes brauchet ſeinen Fleiß und ſeine na - tuͤrlichen Vortheile auf das Beſte; und kein Volk kann von dem andern verlangen, daß es in dieſer Bemuͤhung etwas nachlaßen ſoll. Ein kluges Volk kann ein ein -faͤltiges211bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.faͤltiges hierinnen uͤberliſten und bevortheilen. Allein es kann niemals in Ernſt verlangen, daß das andere ſeinen Vortheil aufgeben und den ſeinigen befoͤrdern ſoll. Dieſes wuͤrde eine unbillige und wunderliche Forderung ſeyn. Wir haben hiervon ſchon oben in dem Hauptſtuͤcke von den Befoͤrderungsmitteln der Commercien etwas erwaͤhnet.

Eine der groͤßten Hinderniſſe iſt es, wenn wir inWenn uns die Auslän - der die Ma - terialien vorenthal - ten. fremden Materialien arbeiten und die Auslaͤnder hal - ten uns dieſelben vor, indem ſie ein allgemeines Ver - both der Ausfuhre derſelben ergehen laßen. Dieſe Hin - derniß iſt in der That ſehr groß, wenn wir dieſe Ma - terialien nur bey einem einzigen Volke erlangen koͤn - nen, ſo daß dieſes Volk das Monopolium damit hat. Sie kann nicht allein eine anfangende Manufactur ruͤckgaͤngig machen, ſondern dieſe Urſache kann bereits gegruͤndete und bluͤhende Manufacturen wieder ver - nichten. Als die Koͤniginn Eliſabeth die Ausfuhre der Wolle aus Engelland gaͤnzlich verboth; ſo brachte ſie dadurch denen bluͤhenden niederlaͤndiſchen Manufactu - ren, die lediglich aus dieſer Wolle gearbeitet wurden, den haͤrteſten Stoß und faſt den gaͤnzlichen Umſturz bey. Die meiſten Manufacturiers wurden dadurch genoͤthiget die Niederlande zu verlaßen und ſich in En - gelland niederzulaßen. Allein ein Volk, das ſich in dieſer Beſchaffenheit befindet, daß es nur von einem einzigen Volke ſeine Materialien erlangen kann, thut niemals wohl, wenn es dieſe Art der ManufacturenO 2anfaͤngt.212IV. Abſch. von denen Hinderniſſenanfaͤngt. Es kann leicht vorausſehen, daß ſeine Ma - nufacturen allemal in der Gewalt des andern Volkes ſeyn werden; und es muß ſich vorſtellen, daß der Fall der Vorenthaltung der Materialien ſich uͤber lang oder kurz gewiß ereignen werde. Wenn es ſich nun nicht auf dieſen Fall im voraus vorbereiten kann, wenn es nicht ſo ſichere Maaßregeln ergreifen kann, daß es mit der Zeit dieſe Materialien ſelbſt gewinnet, wie denn wenig oder gar keine Materialien ſeyn werden, deren Erzeugung man nicht entweder in dem Hauptſtaate oder in den Colonien durch Fleiß und gute Anordnun - gen veranſtalten koͤnnte; ſo wird es allemal weislicher verfahren, dieſe Art der Manufacturen gar nicht an - zufangen, ſondern ſich deſtomehr auf andere zu befleißi - gen. Die Unterlaßung dieſer Manufacturen wird ihm bey weiten nicht ſo ſchaͤdlich ſeyn, als die Unordnung, die ſich durch die Vorenthaltung der Materialien und mithin durch die ploͤtzliche Hemmung und Vernichtung dieſer Manufacturen in ſeinem ganzen Nahrungsſtande ereignen wird, oder wenn es, um dieſe Unordnung zu vermeiden, von dem andern Volke gaͤnzlich abhaͤngig ſeyn muß. Allein, wenn noch ein anderes Volk eben dieſe Materialien hat; ſo kann man die Anlegung die - ſer Art von Manufacturen allemal wagen. Dieſe beyden Voͤlker, von welchen wir dieſe Materialien er - langen muͤſſen, werden ſelten in ihren Abſichten und Staatsintreſſe mit einander uͤbereinſtimmen; und wenn wir allemal dem Jntreſſe der einen Nation ſchmeicheln, ſo werden wir die benoͤthigten Materialien erlangen koͤnnen, ohne allzuviel aufzuopfern.

Es213bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.

Es ereignet ſich auch nicht ſelten, daß ein andresWenn uns die Auslän - der die Ar - beiter und Geräth - ſchaften vor - enthalten. Volk zu verhindern ſucht, daß keine Manufacturen - und Fabrikenarbeiter zu uns gehen ſollen. Allein dieſe Hinderniß hat weit weniger zu bedeuten. Es iſt keine Regierung vermoͤgend den Ausgang ſolcher Arbeiter gaͤnzlich zu verhindern, weil die Leute unter tauſender - ley Geſtalten aus dem Lande gehen koͤnnen, und die ſtrengſte Aufſicht niemals zureichen wird, die Leute, die zur Auswanderung einmal geneigt ſind, davon abzu - halten. Bey der Bekehrung der Reformirten in Frankreich durch die Dragoner fanden mehr als eine Million Menſchen Gelegenheit aus dem Lande zu fluͤch - ten, ohngeachtet die Paͤſſe und Graͤnzen mit aͤußerſter Vorſicht beſetzet waren. Es kommt demnach alles darauf an, was vor Bedingungen wir auslaͤndiſchen Arbeitern anbiethen und in was vor Ruf wir bey de - nen Auswaͤrtigen ſtehen; ſo wird es uns gar nicht fehlen genugſame Arbeiter zu anfangenden Manufa - cturen zu erhalten; wie denn nicht alle Voͤlker, die Manufacturen haben, mit gleicher Strenge den Ausgang der Arbeiter zu verhindern ſuchen. Wenn uns die Geraͤthſchaften oder das Arbeitszeug zu den Manufacturen vorenthalten werden wollte; ſo wuͤrde dieſe Verhinderung von noch geringerer Erheblich - keit ſeyn. Wir brauchen nur ein Muſter von jeder Art zu haben, welches gar wohl zu erlangen iſt; ſo koͤnnen wir leicht dergleichen Geraͤthſchaften nachar - beiten laßen. Es muß dieſes ohnedem eine der erſten Bemuͤhung der Regierung ſeyn, wenn auch ſolche Geraͤthſchaften aus andern Landen in MengeO 3zu214IV. Abſch. von denen Hinderniſſenzu haben waͤren, damit man den Ausfluß des Geldes davor vermeiden moͤge.

Wenn die Ausländer ihre Waa - ren wohlfei - len Preißes geben, um den Debit der unfrigen zu hindern.

Eines der groͤßten Hinderniſſe, welches die Aus - laͤnder dem Aufkommen unſerer Manufacturen und Fabriken entgegen zu ſtellen pflegen, iſt, daß ſie eine Zeitlang ihre Waaren auf ſo wohlfeilen Preiß herun - ter ſetzen, daß es uns unmoͤglich iſt, mit den unſrigen aus - waͤrtigen Debit zu erlangen; und in der That, dieſes Mittel hat ſchon manche Fabrikaturen wieder zu Grunde gerichtet. Man faßte unter dem Kaiſer Carl dem ſechſten die Jdee, in Steyermark, welches den be - kannten vortreflichen Stahl hat, die ſtaͤhlernen Jnſtru - mente und Geraͤthſchaften, die in Engelland ſo ſchoͤn und zwar meiſtentheils aus ſteyermaͤrkiſchen Stahl gearbeitet werden, ſelbſt verfertigen zu laßen. Allein die Engellaͤnder ergriffen dieſes Mittel, von welchem wir hier reden, und gaben eine Zeitlang ihre ſtaͤhlerne Waaren ſo wohlfeil, daß die ſteyermaͤrkiſchen Fabrika - turen gar keinen auslaͤndiſchen Debit gewinnen, folg - lich nicht beſtehen konnten, ſondern wieder zu Grunde gehen muſten. Hier fragt es ſich nun, was gegen dieſe Hinderniß der Auslaͤnder vor Maaßregeln zu er - greifen ſind. Es iſt kein anderes Mittel vorhanden, als daß die Regierung ihre neuangelegten Fabriken ſol - chergeſtalt unterſtuͤtzen muß, daß ſie ihre Waaren eben ſo wohlfeil und noch wohlfeiler geben koͤnnen, als die Auslaͤnder. Dieſes geſchiehet, wenn die Praͤmien der Ausfuhre, davon wir in dem vorhergehenden Abſchnittegeredet215bey Anlegung der Manuf. u. Fabriken.geredet haben, vergroͤſſert werden. Dieſe Vergroͤſſe - rung muß ſich auf richtige Berechnung der Koſten bey denen Fabrikaturen gruͤnden, um zu beſtimmen, wie viel durch die Praͤmien Zuſchuß gegeben werden muß, wenn die Fabriken beſtehen und es doch den Auslaͤndern in wohlfeilen Preiße gleich und noch etwas zuvor thun ſollen. Man muß die Koſten, welche die Regierung hierauf zu verwenden hat, nicht allzugroß anſehen. Die Auslaͤnder werden dieſen wohlfeilen Preiß ſelbſt nicht lange aushalten koͤnnen; und ſie werden bald ſelbſt davon ablaßen, wenn ſie ſehen, daß die Regie - rung mit einer weiſen Standhaftigkeit die noͤthigen Maaßregeln und Entſchließungen ergreift, um ihre neuangelegten Fabriken zu erhalten. Dieſes waͤren auch die vornehmſten Hinderniſſe, die von auswaͤrtigen Nationen gegen das Aufkommen unſerer Manufactu - ren in Weg geleget werden koͤnnen. Wenn noch einige moͤglich ſind; ſo werden ſie von weit geringerer Erheblichkeit ſeyn.

O 4Fuͤnf -216V. Abſchnitt. Von Erhaltung

Fuͤnfter Abſchnitt. Von Erhaltung der Manufacturen und Fabriken, oder von der Vorſorge deren Verfall abzuwenden.

Die Erhal - tung der Manufactu - ten iſt noth - wendig und vielleicht ſchwehrer als die Gründung.

Wenn die Manufacturen weislich angeleget, dauer - haftig gegruͤndet und durch Hebung aller Hin - derniſſe bluͤhend gemacht ſind; ſo hoͤret deshalb die Vorſorge einer weiſen Regierung vor dieſelben nicht auf. So bald man dieſelben ſich ſelbſt uͤberlaßen wollte; ſo wuͤrden ſie gar bald wieder in ihren Verfall gehen. Es iſt demnach eine eben ſo unaufhoͤrliche Wachſamkeit zu deren Erhaltung noͤthig, als wohl uͤberlegte Maaß - regeln zu deren Gruͤndung erfordert werden. Ja man koͤnnte vielleicht hier eben die Frage aufwerfen, die ehe - dem die Akademie zu Pau in Frankreich in Anſehung des Vermoͤgens aufgegeben hat, naͤmlich ob es ſchweh - rer ſey, die Manufacturen und Fabriken im Lande ein - zufuͤhren und zu gruͤnden, als die bereits gegruͤndeten zu erhalten; und gleichwie gedachte Akademie demjeni - gen den Preiß zuerkannte, welcher behauptete, daß die Erhaltung des Vermoͤgens ſchwehrer ſey, als die Er - werbung; ſo wuͤrde hier vielleicht die Entſcheidung eben alſo ausfallen muͤſſen.

Es217der Manufacturen und Fabriken.

Es fehlet uns nicht an Beyſpielen, daß die aller -Jtalien ver - lohr den größten Theil ſeiner Manufactu - ren wegen außer Acht - ſetzung eines gering ſchei - nenden Vor - theils. bluͤhendeſten Manufacturen eines Landes wieder in gaͤnzlichen Verfall gerathen ſind. Nachdem ſich Eu - ropa von denen erſchrecklichen Unruhen und Verwuͤ - ſtungen, welche die große Wanderung der Voͤlker ver - urſachte, ein klein wenig wieder erholet hatte; ſo war Jtalien allein der Sitz der Manufacturen von ganz Europa. Eine gewiſſe Bequemlichkeit der Jtaliaͤner machte, daß ſie großen Theils verlohren giengen. Sie ſcheueten die Schiffarth in die noͤrdlichen Laͤnder von Europa, indem ſie ſich dieſelbe dahin zu gefaͤhrlich vor - ſtelleten. Sie machten dannenhero Flandern zu ihrer Hauptniederlage vor das ganze noͤrdliche Europa, wo ſie ſowohl ihre verfertigten Waaren hinbrachten, als die engliſche Wolle und andere Materialien abholeten. Dieſes gab Gelegenheit, daß die Grafen von Flandern in zehenden Jahrhundert, die ihren Vortheil einſahen, weiter giengen, und die Manufacturiers ſelbſt durch große Befreyungen und andere kluge Maaßregeln in ihr Land lockten. Dieſes Beyſpiel lehret uns, daß eine arbeitſame Nation, die bluͤhende Manufacturen hat, keinen einzigen Vortheil außer Acht laßen muß. Ein geringſcheinender Vortheil, den wir ein anderes Volk uͤber uns gewinnen laßen, kann viel weiter getrieben werden und die nachtheilichſten Folgen vor uns haben.

Flandern, welches von Anfange des eilften bis zuFlandern verlohr die Manufactu - ren durch Beſchweh - rung mit Ab - Ende des dreyzehenden Jahrhunderts die bluͤhendeſten Manufacturen hatte, verlohr dieſelben, weil die nach -O 5folgen -218V. Abſchnitt. Von Erhaltunggaben und andern Be - drückungen.folgenden Grafen von Flandern die guten Grundſaͤtze ihrer Vorfahren außer Acht ſetzten. Sie zogen die de - nen Manufacturen von ihren Vorfahren ertheilten großen Freyheiten ein und beſchwehrten dieſelben mit ſtarken Abgaben und andern Bedruͤckungen. Die Her - zoge von Braband, die von den Fehlern ihrer Nach - barn Vortheil zu ziehen wuſten, reizten die Manufa - cturiers durch eben die Freyheiten und Guͤtigkeits vollen Bewegungen, ſich in ihren Landen niederzulaßen, wo - durch ſie ehedem die Grafen von Flandern an ſich ge - zogen hatten.

Braband büßte ſie durch eben dieſen Fehler und durch die Religions - verfolgun - gen ein.

Ohngeachtet dieſes lehrenden Beyſpiels verfielen die nachherigen Herzoge von Braband in eben den Feh - ler, den ſie an denen Grafen von Flandern bemerket hatten. Der große Aufruhr zu Loͤwen, der durch die Bedruͤckung der Manufacturiers in Anfange des funf - zehenten Jahrhunderts entſtand und andere Vorfaͤlle dieſer Art gaben denen bluͤhenden Manufacturen ihres Landes einen grauſamen Stoß. Die Manufacturiers entwichen theils nach Holland, theils nach Engelland, und die Religionsverfolgungen des Herzogs von Alba vernichteten dasjenige vollends, was davon uͤbrig geblie - ben war. Die große Koͤniginn Eliſabeth in Engelland, die viel zu weiſe war, als daß ſie dieſen Fehler nicht haͤtte zu ihren Nutzen verwenden ſollen, befoͤrderte vollends ihren Untergang, durch das genaugehaltene Verboth der Ausfuhre der Wolle aus Engelland. Zu denen Religionsverfolgungen kam der Mangel derMate -219der Manufacturen und Fabriken.Materialien; und beyde zuſammen genommen, waren gewiß vermoͤgend, die Manufacturiers zu Veraͤnde - rung des Landes zu bewegen, da ſchon eines von die - ſen Mitteln zu dieſer Wirkung genug war. Man muß ſich allemal vorſtellen, daß die Nachbarn auf un - ſern kleinſten Fehler aufmerkſam ſind und daraus ihren Vortheil zu ziehen wiſſen.

Die Hanſeeſtaͤdte erlitten durch den Verluſt ihrerDie Hanſee - ſtädte erlit - ten durch den Verluſt ihrer Commercien auch den Un - tergang ih - rer Manu - facturen. Commercien zugleich auch den Untergang ihrer Ma - nufacturen. Die meiſten Hanſeeſtaͤdte, die ihrer Lage nach die Seehandlung nicht treiben konnten, befliſſen ſich hauptſaͤchlich auf die Manufacturen, und bey vie - len waren dieſe Nahrungsgeſchaͤfte in einen bluͤhenden Zuſtande. Man findet in den Archiven vieler Staͤdte in Niederſachſen, die ehedem Hanſeeſtaͤdte waren, daß vor einigen Jahrhunderten ſo viel hundert Tuchmacher und Zeugweber darinnen geweſen ſind, als ietzo einzelne Meiſter darinnen wohnen; und von Goͤttingen insbe - ſondere weiß ich, daß Nachrichten vorhanden ſind, daß dieſe Stadt ſo gar anſehnliche Seiden - und Samtma - nufacturen gehabt hat. Man weiß die große Macht der Hanſa; man weiß aber auch, warum ihre Com - mercien und mithin zugleich ihre Macht verlohren gien - gen. Der Hochmuth, ein allzuhochgetriebener Eigen - nutz, der alles an ſich reiſſen wollte, aber mit weniger Klugheit vergeſellſchaftet war, der Uebermuth, womit ſie Koͤnigen und Fuͤrſten begegneten, kurz dieſer Geiſt der meiſten Menſchen, die wegen Reichthum und Machtauf -220V. Abſchnitt. Von Erhaltungaufſchwellen, die ſie in einem wohleingerichteten Zuſam - menhange der Dinge nicht haben ſollten und woruͤber ſie ſich von Rechtswegen ſelbſt wundern muͤſten, wie ſie darzu haben gelangen koͤnnen, dieſer Geiſt, der ſich in manchen Stadtraͤthen noch heutiges Tages reget, brachte alle Maͤchte wider die Hanſeeſtaͤdte auf, die ſich zuſammen vereinigten ihre Commercien zu Boden zu ſtuͤrzen und welches zum Nachtheil von Teutſchland nur allzuwohl ausgefuͤhret wurde; eine Sache, wor - uͤber man ſich aber nicht wundern darf, weil ſelbſt der Kaiſer Carl V, an dem Untergange der hanſeati - ſchen Commercien, die er ſchuͤtzen und vor Teutſchland erhalten ſollte, am eifrigſten mitarbeitete. Dieſer Untergang der Commercien zog auch den gaͤnzlichen Verfall der Manufacturen nach ſich. Man muß es vielmehr eine gaͤnzliche Vernichtung nennen; denn in den meiſten Staͤdten blieb keine Spuhr davon uͤbrig. Viele, die in dem hanſeatiſchen Bunde eine anſehnliche Figur gemacht hatten, waren vor hundert Jahren in mit Mauren umgebene Doͤrfer verwandelt, weil ſie ſich mit nichts als Ackerbau und Viehzucht naͤhreten. Der Verfall der Commercien muſte zwar natuͤrlicher Weiſe auch den Verfall der Manufacturen wirken, allein die gaͤnzliche Vernichtung derſelben war etwas ganz außerordentliches, die nicht allein von dem Ver - fall der Commercien entſtehen konnte. Es muͤſſen andere Urſachen hinzugekommen ſeyn, davon uns die Umſtaͤnde unbekannt geblieben ſind. Vielleicht haben die teutſchen Fuͤrſten, deren Landſtaͤde dieſe ehemali - gen Hanſeeſtaͤdte waren und welche den Gehorſam zuvergeſſen221der Manufacturen und Fabriken.vergeſſen ſchienen, als ſie bluͤhende Manufacturen hatten, auf verſchiedene Art zu der Vernichtung dieſer Nah - rungsgeſchaͤfte mitgewirket, damit ihnen kuͤnftig der Muth, ſich wider ihre Landesherren aufzulehnen, benommen werden moͤchte.

Nicht allein ſolche ſichtbaren Fehler, als wir hierAuch ohne ſolche Fehler find blühen - de Manufa - cturen der Verände - rung und mithin dem Verfall un - terworfen. vorgeſtellet haben, koͤnnen den Verfall der Manufa - cturen und Fabriken verurſachen, ſondern dieſer Ver - fall entſtehet gleichſam von ſich ſelbſt nach dem natuͤr - lichen Laufe der Dinge, wenn nicht eine beſtaͤndige Wachſamkeit und Vorſorge denſelben verhindert. Bluͤ - hende Manufacturen und Fabriken beſtehen in einem Zuſammenhange von tauſenderley verſchiedenen Um - ſtaͤnden. Jn ſo vielen Umſtaͤnden gehen von ſelbſt be - ſtaͤndig Veraͤnderungen vor, die ſelten zum Vortheil der Manufacturen gereichen. Dieſe Veraͤnderungen ereignen ſich nicht allein innerhalb des Landes, in An - ſehung des Credits, der Muͤnzen, der Theurung an Lebensmitteln, des Krieges und vieler andern Dinge, womit die Manufacturen und Fabriken einen Zuſam - menhang haben, ſondern ſie entſtehen auch außerhalb Landes bald in Anſehung der zu erlangenden Materia - lien, die uns ſchwehrer gemacht werden, bald in Anſe - hung die Debits, den wir in dieſem oder jenem Lande verliehren, weil wir ſo viele auswaͤrtige Nebenbuhler und Miteiferer haben, die alle nach eben den Endzweck ringen, naͤmlich ſich durch dieſe Nahrungsgeſchaͤfte zu bereichern. So bald man alſo in denen Manufa -cturen222V. Abſchnitt. Von Erhaltungcturen und Fabriken ſtille ſtehet und die Vorſorge vor dieſelben ſinken laͤßt; ſo bald gehen die allerbluͤhende - ſten Manufacturen ruͤckwaͤrts und naͤhern ſich ihrem Verfall. Gleichwie nun alſo die Regierung beſtaͤndig eine unermuͤdete Vorſorge tragen muß, daß keine nach - theiligen Umſtaͤnde und Veraͤnderungen in dieſen Nah - rungsgeſchaͤften vorgehen, ſo muß auch das plus ultra eine Hauptregel bey denenſelben ſeyn. Man muß ſie in allen Theilen, wo es nur immer moͤglich iſt, zu er - weitern und zu vermehren ſuchen, damit wenn auch dieſer oder jener beſondere Theil der Manufacturen und Fabriken einen Verfall leidet, der nicht abzuwenden ſtehet, dieſer Abgang durch eine Vergroͤſſerung auf der andern Seite erſetzet werde und mithin der Nahrungs - ſtand in Ganzen nicht darunter leide.

Man muß beſtändig et - was neues einzuführen und die alten Manufactu - ren zu erwei - tern ſuchen.

Zu Folge dieſer Grundſaͤtze muß man beſtaͤndig etwas neues zur Vergroͤſſerung der Manufacturen und Fabriken zu Stande zu bringen ſuchen. Dahin gehoͤ - ren nicht allein die neuen Erfindungen in denen Far - ben, Deſſeins und Maſchinen, davon wir oben hin und wieder gehandelt haben, ſondern auch ganz neue Arten von Manufacturen und Fabriken, die im Lande noch nicht ſtatt finden. Die Engellaͤnder, welche hierinnen die guten Grundſaͤtze ſehr wohl verſtehen, ſind ohngeachtet ihres ſehr bluͤhenden Nahrungsſtan - des beſtaͤndig bemuͤhet neue Arten von Fabriken einzu - fuͤhren. Sie bedienen ſich zu dem Ende der Beloh - nungen, und man weiß unter andern, daß ſie auf je -des223der Manufacturen und Fabriken.des Pfund Kobald, daß man zum Behuf der blauen Schmaltefabriken in Engelland entdecken wuͤrde, eine anſehnliche Praͤmie ausgeſetzet haben. Gleichergeſtalt muß man zu Folge dieſer Grundſaͤtze die alten Manufa - cturen immer mehr zu vergroͤſſern und zu erweitern bemuͤhet ſeyn; und weil dieſes hauptſaͤchlich auf die Vergroͤſſerung des Debits ankommt; ſo muß man keine Gelegenheit, die ſich darzu zeiget, außer Acht laßen, ſowohl um unſern Waaren in andern Staaten meh - rern Eingang zu verſchaffen, als die Handlung in ſol - chen Laͤndern und Gegenden zu eroͤfnen, wo ſich dieſel - be bisher noch nicht hin erſtrecket hat.

Wir haben zwar ſchon oben erinnert, daß ſich eineMan muß ſich nach dem Geſchmack der Käufer bequehmen auch wenn er wunder - lich iſt. Nation, die ſich auf Manufacturen und Fabriken befleißiget, hauptſaͤchlich nach dem Geſchmack an - drer Nationen; wo ihre Waaren den meiſten Ein - gang haben, richten muß; denn hierinnen muß ſich der Verkaͤufer allemal nach dem Kaͤufer bequehmen. Al - lein, wenn dieſes ein Mittel zu Befoͤrderung und Gruͤndung neuer Manufacturen iſt; ſo iſt es vielmehr zu Erhaltung der Manufacturen nothwendig; und man weiß Beyſpiele, daß dieſe oder jene Nation den Debit in einem Lande verlohren hat, weil ſie ſich nicht nach dem Geſchmack des Landes gefuͤget hat. Wenn eine andere Nation in ein Land wo wir zeither Abſatz gehabt haben, neue Waaren braͤchte, die Beyfall faͤn - den, ſo wuͤrde es ſogar der Klugheit gemaͤß ſeyn, dieſe neuen Waaren eiligſt nachzuahmen und es in die Wegezu224V. Abſchnitt. Von Erhaltungzu richten, daß unſere nachgeahmten wohlfeiler gege - ben werden koͤnnten, wenn es auch mit einem geringen Profit geſchehen ſolte. Denn es iſt eine ungemein wichtige Sache ſeine Waaren in dem vorzuͤglichen De - bit bey einer andern Nation zu erhalten. Ja man wuͤrde ſich ſo gar nach dem Geſchmack dieſer Nation bequehmen muͤſſen, wenn er auch wunderlich, unge - reimt und dasjenige, was ſie an unſern Waaren aus - ſetzten, ohne allen Grund waͤre. Als das Saͤchſi - ſche Porcellan anfieng in die Tuͤrkey zu gehen; ſo ge - fiel zwar den Tuͤrken das Porcellan ſelbſt gar wohl; allein weil unter den Gefaͤßen die Schwerder als das Wapen von Sachſen zu ſehen waren; ſo bildeten ſich die in der Wapenkunſt ſehr unwiſſenden Tuͤrken ein, daß dieſes das Zeichen des Creutzes, als das vornehm - ſte Merkzeichen der chriſtlichen Religion waͤre; und gleichwie es in allen Religionen Leute von einer aber - glaͤubiſchen Andacht giebt; ſo machten ſich die Bigot - tentuͤrken ein Gewiſſen daraus, ſich ſolcher Gefaͤße zu bedienen. So ungegruͤndet dieſer Anſtoß an ſich ſelbſt war; ſo wurde er doch nicht ſo bald von denen tuͤrki - ſchen Kaufleuten nach Sachſen gemeldet, als man den - ſelben aus dem Wege raͤumte und unter alle nach der Tuͤrkey beſtimmte Gefaͤße einen halben Mond mahlete. Man findet zuweilen ſolche Gefaͤße mit dem halben Mond unter dem ſo genannten Ausſchuß, der verkau - fet wird.

Eines225der Manufacturen und Fabriken.

Eines der allerwirkſamſten Mittel zu Erhaltung derFactoreyen in fremden Landen ſind zu Erhaltung blühender Manufactu - ren ſehr nütz - lich. Manufacturen und Fabriken des Landes ſind die Facto - reyen in fremden Landen. Man wird dadurch nicht allein von dem Geſchmack der Nation, mit welcher wir han - deln, am ſicherſten unterrichtet; ſondern der Debit wird auch dadurch ungleich beſſer befoͤrdert, als durch andre Arten der Handlung; und was das wichtigſte iſt, un - ſere Landesleute, die ſich daſelbſt aufhalten, koͤnnen auf alle Veraͤnderungen, die zu unſern Nachtheil in den Commercien vorgehen moͤchten, deſto aufmerkſa - mer ſeyn, um dienliche Huͤlfsmittel dargegen zu ergrei - fen; ſo wie ſie von allen Gelegenheiten, unſern Han - del in dieſem Lande mehr zu verbreiten, ſchleunigen Vortheil ziehen koͤnnen. Die Engellaͤnder haben viel - leicht die große Ausbreitung ihres Handels dieſem Huͤlfsmittel mit zu verdanken. Es iſt faſt kein Land in der Welt, wo ſie nicht ihre Factoreyen haben.

Wenn beſtaͤndig neue Erfindungen in denen Ma -Die Ge - ſchicklichkeit der Arbeiter zu befördern und zu er - halten, iſt ein Mittel zur Erhal - tung der Ma - nufacturen. nufacturen gemacht werden ſollen, wenn es noͤthig iſt den Geſchmack der Auslaͤnder zu vergnuͤgen und uͤber - haupt wenn unſere Landeswaaren gefallen ſollen, um die Manufacturen beſtaͤndig bluͤhend zu erhalten; ſo muß es eine der wichtigſten Vorſorgen ſeyn, daß die Arbeiter eine große Geſchicklichkeit erlangen und beſtaͤn - dig in derſelben erhalten werden. Jn der That iſt dieſes eines der vornehmſten Mittel zu Erhaltung der Landesmanufacturen. Denn ſo bald die Geſchicklich -Pkeit226V. Abſchnitt. Von Erhaltungkeit unſerer Manufacturiers abnehmen wird, ſo bald wird auch unſer Debit ſinken und mithin der Verfall unſerer Manufacturen ſelbſt vorhanden ſeyn. Die Befoͤrderung und Erhaltung der Geſchicklichkeit beru - het eines Theils darauf, daß man geſchickten Manu - facturiers und Arbeitern allenthalben den Vorzug zu - geſtehet und ſie in den Stand ſetzet, daß ſie vermoͤge ihrer Geſchicklichkeit Vermoͤgen erwerben koͤnnen, an - dern Theils aber und hauptſaͤchlich kommt die Sache darauf an, daß man eine große Attention auf die Lehr - jahre und das Meiſterwerden der Arbeiter richtet und zu dem Ende wohleingerichtete Geſetze und Ordnun - gen ertheilet. Wenn ich oben erwaͤhnet habe, daß ich die Jnnungen und Zuͤnfte bey denen Manufacturen und Fabriken nicht eingefuͤhret zu ſehen wuͤnſche; ſo verſtehet ſich dieſes nach der gemeinen Einrichtung und Verfaſſung der Zuͤnfte, die, wenn man auch die meiſten Mißbraͤuche abaͤndern und verbeſſern koͤnnte, dennoch ganz und gar nichts taugt. Allein die voll - kommene Erlernung der Manufactur - und Fabriken - arbeiten und die Ordnung, daß nur geſchickte Leute ſich als Meiſter oder Manufacturiers etabliren duͤrfen, iſt zu Befoͤrderung der Geſchicklichkeit der Arbeiter eine ſo nothwendige und weſentliche Sache, daß ſie bey kei - ner Art der Verfaſſung oder Einrichtung dieſer Nah - rungsgeſchaͤfte unterlaßen werden kann. Wenn die erſte Einfuͤhrung und Gruͤndung der Manufacturen und Fabriken geſchehen iſt; als bey welcher eine ſo kurze Zeit des Erlernens zuzulaßen iſt, als ſie nur durch Fleiß und Genie geſchehen kann; ſo iſt meines Erachtensdie227der Manufacturen und Fabriken.die Lehrzeit bey leichten Manufacturen und Fabriken auf ein Jahr und bey den ſchwehren auf zwey Jahr zu ſetzen. Die Geſetze muͤſſen verordnen, daß binnen dieſer Zeit der Meiſter ſeinen Lehrling wirklich unter - richtet, nicht aber denſelben zu ſeinen Hausgeſchaͤften gebrauchet, oder es darauf ankommen laͤßt daß der Lehr - ling ſelbſt alles abſehen und gleichſam erſtehlen muß. Wenn dieſe Lehrzeit verfloſſen iſt; ſo muß der Lehrling einer genauen Pruͤfung unterworfen werden, die nicht von denen Meiſtern des Handwerks, oder von denen Manufacturiers, als bey welchen gemeiniglich allerley Nebenabſichten vorwalten, ſondern von einer beſondern Commißion, die aus dem Manufacturinſpector, dem Director oder Vorſteher einer Manufactur oder Fa - brike der von dieſer Arbeit genugſame Kenntniß hat, dem Obermeiſter und ein paar geſchickten andern Mei - ſtern beſtehen muß. Bey dieſer Pruͤfung muß nicht allein der Lehrling, ſo viel es ſich an dem Ort der Com - mißion thun laͤßt, ſelbſt arbeiten, ſondern er muß auch uͤber die Kenntniß ſeiner Handthierung und uͤber alle Umſtaͤnde der Arbeiten genau befraget werden. Fin - det die Commißion, daß der Lehrling ſchlecht unter - richtet iſt; ſo muß ſie denſelben von dieſem Meiſter wegnehmen und denſelben einem andern Meiſter auf ein halb Jahr untergeben, den erſten Meiſter aber ſeines ftipulirten Lehrgeldes verluſtig erklaͤren. Jſt aber der Lehrling geſchickt befunden worden; ſo wird ihm von der Commißion das Zeugnis des Auslernens ertheilet; und es ſtehet ihm frey, ob er das veraccor - dirte Lehrgeld entrichten, oder bey ſeinem zeitherigenP 2Lehr -228V. Abſchnitt. Von ErhaltungLehrmeiſter in leichten Manufacturen und Fabriken noch zwey Jahr, in ſchwehren aber noch drey oder vier Jahr bleiben und das Lehrgeld abarbeiten will. Vor eben einer ſolchen Commißion iſt auch die Pruͤfung dererjenigen anzuordnen, die ſich ſelbſt als Manu - facturiers oder Meiſter etabliren wollen; nur daß die Pruͤfung viel ſtrenger und von allen erforderlichen Ar - beiten, wie auch aller Kenntniß, die zu dem ganzen Umfange ſeiner Handthierung gehoͤret, geſchehen muß. Weder bey der einen noch bey der andern Pruͤfung ſind die geringſten Koſten, oder Geſchenke, zuzulaßen, ſondern die Regierung muß denen Mitgliedern dieſer Commißionen kleine Beſoldungen, oder andere Vor - theile, angedeihen laßen. Nichts iſt ſo ungereimt, als denen Neuanfangenden ihr Etabliſſement durch die Koſten des Meiſterrechts ſchwehr zu machen und ihnen dasjenige Geld aus den Haͤnden zu nehmen, das ſie zum Anfange ihrer Handthierung ſo noͤthig haben. Der ſchlechte Zuſtand des Nahrungsſtandes in vielen Landen ruͤhret nebſt andern Urſachen, auch aus dieſer Quelle her. Die geſunde Vernunft lehret uns, daß der Staat, wenn er ſeinen wahren Vortheil verſtehet, die Etabliſſements der Leute eher unterſtuͤtzen und be - foͤrdern, als geſtatten ſoll, daß ihnen der Anfang durch tauſenderley Unkoſten ſchwehr gemachet werden ſoll. Nichts als die Geſchicklichkeit muß ein Recht haben, die Nahrungsgeſchaͤfte zu treiben; und der aͤrmſte Mann, wenn er nur die erforderliche Faͤhigkeit hat, muß in Anſehung der Erlaubniß ſich zu naͤhren, ſo wenig Hinderniß finden, als der wohlhabendeſte. Die -ſes229der Manufacturen und Fabriken.ſes erfordert nicht allein die Befoͤrderung der Geſchick - lichkeit, die zu Erhaltung der Manufacturen und uͤberhaupt zum Aufnehmen des Nahrungsſtandes ſo nothwendig iſt; ſondern es iſt ſolches auch der natuͤr - lichen Billigkeit gemaͤß; indem arme und reiche gleich - maͤßig Unterthanen des Staats und Mitglieder des gemeinen Weſens ſind, die ein gleiches Recht haben, ſich zu naͤhren, weil ſie an der gemeinſchaftlichen Gluͤck - ſeeligkeit, dem Endzwecke der Republiken, gleiches Recht und Anſpruch haben. Alle andere Einrichtungen ſind Policeygebrechen, die faſt in allen Staaten ſehr viel und groß ſind. Man ſiehet von ſelbſt leicht ein, daß nach dieſen Grundſaͤtzen bey ſolchen Pruͤfungen weder auf die Beſchaffenheit eines Meiſters Sohnes, noch auf die Heirath mit eines Meiſters Witwe oder Toch - ter, noch auf andre ſolche Umſtaͤnde, welche die Zuͤnfte unter andern ungeheuren Mißbraͤuchen eingefuͤhret ha - ben, der geringſte Betracht gemacht werden muß. Hierher muß man auch die Einſchraͤnkung rechnen, welche die meiſten Handwerker eingefuͤhret haben, daß ein jeder Meiſter nur ein oder zwey Lehrlinge zu halten befugt iſt. Das heißt die Frucht des Fleißes und der Ge - ſchicklichkeit, ſowohl als die Erweiterung des Nah - rungsgeſchaͤftes, das dem Staate ſo nuͤtzlich iſt, unter - druͤcken und nur darauf bedacht zu ſeyn, daß die unge - ſchickten und traͤgen Meiſter mit durch geſchleppet werden, als worauf alle Verfaſſungen der Zuͤnfte hinauslaufen.

P 3Unter230V. Abſchnitt. Von Erhaltung
Gute Land - ſtraßen und Bequemlich - keiten zur Schiffarth durch Schiff - barmachung der Ströme, durch Canäle und Häfen dienen ſehr zu Erhal - tung der Manufactu - ren.

Unter die Maaßregeln, die zu Erhaltung der Ma - nufacturen und Fabriken erfordert werden, gehoͤret ferner, daß man die Huͤlfsmittel derſelben immer mehr erleichtert. Auch hier findet das plus ultra ſtatt. Wenn ein Land durch bluͤhende Manufacturen reicher geworden iſt und mithin die Einkuͤnfte des Regenten ſelbſt vermehret worden ſind; ſo kann er von ſeinen vermehrten Einkuͤnften keinen anſtaͤndigern Gebrauch machen, als wenn er koſtbahre Werke zur Bequemlich - keit des Transportes der Waaren unternimmt. Hier - her gehoͤren ſchoͤne Landſtraßen, die Schiffbarmachung der Stroͤhme, gute Canaͤle und Schleußen, ſichere und wohlbeſchuͤtzte Haͤfen und dergleichen. Solche Werke legen nicht allein den Reichthum und die Pracht einer Nation auf die vernuͤnftigſte und nuͤtzlichſte Art zu Tage, ſondern ſie ſind zugleich eines der wirkſamſten Mittel zu Erhaltung der Manufacturen und Fabriken. Der Manufacturier und Kaufmann erhalten dadurch einen wohlfeilern Transport. Sie ſind dahero im Stande ihre Waaren wohlfeiler zu verkaufen, ſich auswaͤrts den Debit zu erhalten und denen miteifernden Nationen den Markt abzugewinnen.

Das wohl - feile Jnter - eſſe iſt gleich - falls ein gu - tes Hülfs - mittel zu Er - haltung der Manufactu - ren.

Wenn es zu Erhaltung der Manufacturen gerei - chet, die Huͤlfsmittel derſelben immer mehr zu erleich - tern; ſo iſt es gewiß eine hierzu dienliche Maaßregel, das Jntreſſe von denen Capitalien immer mehr zu erniedri - gen. Dieſe Sache hat einen uͤberaus großen Einflußin231der Manufacturen und Fabriken.in die Manufacturen. So wie ein hohes Jntereſſe das Aufkommen der Manufacturen verhindert, oder den Verfall bereits bluͤhender Manufacturen verurſa - chen kann; weil eines Theils der Manufacturier, wenn er das Geld nicht anders als um hohe Zinſen haben kann, entweder nicht beſtehen oder welches faſt einer - ley iſt, den auswaͤrtigen Debit verliehren wird; an - dern Theils aber ſich vielweniger auf die Manufactu - ren und die Arbeitſamkeit befleißigen werden, wenn ſie durch Ausleihung der Capitalien mehr gewinnen und bequemer leben koͤnnen; ſo iſt gewiß ein wohlfeiles Jntreſſe eines der wirkſamſten Mittel das Aufkom - men der Manufacturen zu befoͤrdern und ihren bluͤhen - den Zuſtand zu erhalten. Unter zwey Nationen, die ſich ſonſt in gleichen Umſtaͤnden befinden, wird diejenige allemal den meiſten Debit an ſich ziehen und in allen andern Umſtaͤnden mehr gewinnen, welche das wohl - feileſte Jntreſſe hat. Nun pfleget zwar ein bluͤhender Zuſtand der Manufacturen und Fabriken gemeiniglich auch ein niedriges Jntereſſe nach ſich zu ziehen. So wie ein bluͤhender Zuſtand dieſer Nahrungsgeſchaͤfte auswaͤrtigen Debit und folglich eine Vermehrung des in dem Lande circulirenden Geldes vorausſetzet; ſo wird allemal die natuͤrliche Folge davon ſeyn, wenn ſonſt keine großen Fehler und Gebrechen im Staate vorwalten, daß das Jntereſſe erniedriget wird. Allein die Regierung muß es bey dieſem natuͤrlichen Erfolge nicht bewenden laßen, ſondern beſtaͤndig eine ernſtliche Aufmerkſamkeit auf dieſe Sache richten. Nebſt den erforderlichen Geſetzen wider den Wucher gehoͤret vor -P 4naͤmlich232V. Abſchnitt. Von Erhaltungnaͤmlich hierher, daß ſie wider alle Arten des Miß - trauens, die in dem Staate einreiſſen wollen, wachſam iſt, weil dieſe am meiſten die Circulation des Geldes hemmen und den hohen Preiß der Capitalien verurſa - chen. Vornaͤmlich aber muß ſie nicht zulaßen, daß eine Art des Gewinnſtes im Staate einreiſſe, bey wel - chen man mehr Vortheil ziehen kann, als bey der Ar - beitſamkeit und bey Ausleihung der Capitalien. Wenn der Staat Schulden hat; ſo verdienet es auch eine beſondere Aufmerkſamkeit daß man kein hoͤheres Jn - treſſe reiche, als es denen Umſtaͤnden des Landes gemaͤß iſt und daß man durch den Handel mit denen Schuld - papieren des Staats nicht zu viel gewinnen kann. Das Jntreſſe ſo der Staat giebt, iſt gemeiniglich die Richtſchnur vor das Privatintreſſe. Hier ließe ſich ein Fehler von Engelland zeigen, wenn es der Raum dieſes ohnedem ſtark anwachſenden Buches geſtattete. Gewiſſe Beſchaffenheiten bey denen Schulden des Staats verurſachen, daß diejenigen, ſo dieſe Schuld - papiere in Haͤnden haben, ein ganz anderes Jntereſſe haben, als der Landmann, der Manufacturier und der arbeitſame Theil des Volkes, ſo daß daraus faſt zwey entgegen geſetzte Partheyen entſtanden ſind, die viel nachtheilige Folgen haben koͤnnen, wenn man nicht in Zeiten auf eine Abaͤnderung bedacht iſt.

Die Erhal - tung des be - ſondern Cre -

Die ſchaͤdlichſte Art des Mißtrauens iſt der Man - gel des Credits. Wir haben zwar ſchon oben in demzweyten233der Manufacturen und Fabriken.zweyten Abſchnitte den Zuſammenhang deſſelben mitdits iſt gleichfalls nothwendig. denen Manufacturen und Fabriken gezeiget. Allein dieſe Sache iſt zu Erhaltung dieſer Nahrungsgeſchaͤfte ſo nothwendig, daß wir ſie hier insbeſondere erwaͤh - nen muͤſſen. So bald der beſondere Credit im Lande verfaͤlt; ſo bald werden auch die Manufacturen und Fabriken ſich ihrem Verfall naͤhern. Die Erhoͤhung des Jntreſſe wird nicht allein die Folge aus dem Man - gel des Credites ſeyn, ſondern die Manufacturiers, davon die wenigſten im Stande ſind, diejenigen Si - cherheiten zu geben, die man bey dem Mangel des Credits erfordert, werden in die Verlegenheit geſetzet werden, gar kein Geld erlangen zu koͤnnen. Ein Staat, der ſeine Manufacturen aufrecht erhalten will, muß demnach inſonderheit auf weiſe und wirkſame Geſetze zu Erhaltung des Credits bedacht ſeyn; und dieſe Geſetze muͤſſen in genaue Erfuͤllung geſetzet werden.

Man kann ſchwehrlich den Credit aufrecht erhal -Manufa - cturgerichte gereichen zur Erhal - tung der Ma - nufacturen. ten, wenn nicht beſondere Commercien und Manufa - cturgerichte im Lande angeordnet werden. Die Strei - tigkeiten in Handlungs und Manufacturſachen erfor - dern inſonderheit eine ſchleunige Entſcheidung. Lang - wierige Proceße und die darzu erforderlichen Koſten ſind ſchon an ſich ſelbſt ſchaͤdlich; und ſie ſind es noch mehr bey Kaufleuten und Manufacturiers, deren Cre - dit und Aufrechterhaltung oͤfters darauf ankommt,P 5daß234V. Abſchnitt. Von Erhaltungdaß ſich ihre Gegner und Schuldner nicht mit der Chicane eines langwierigen Proceßes gegen offenbar gerechte Forderungen ſchuͤtzen koͤnnen. Die Proceße zwiſchen Kaufleuten und Manufacturiers muͤſſen dem - nach auf die allerkuͤrzeſte Art und gleichſam ſtehenden Fußes geſchlichtet werden; wie denn die Leipziger Han - delsgerichte, die hierinnen andern zum Muſter dienen koͤnnen, wirklich eine ſolche Beſchaffenheit haben. Al - lein, wenn man uͤberhaupt im ganzen Lande eine ſo ſehr abgekuͤrzke Art des gerichtlichen Verfahrens ein - fuͤhren wollte; ſo wuͤrde ſolches in Anſehung derjenigen Einwohner, die keine Kaufleute oder Manufacturiers ſind, allzu ſtrenge und tumultuariſch ausfallen. Man kann dieſes als einen Fehler von denen Engliſchen Ge - ſetzen bemerken. Sie ſind ſehr gut in allen Hand - lungsſachen. Allein da man ſie allgemein gemacht und die ganze Nation vor nichts als Kaufleute angeſe - hen hat; ſo ſind ſie in vielen Dingen allzuſtrenge und uͤbereilt, ſo daß viele Leute dabey ohne Noth zu Grun - de gerichtet werden. So ſehr ich die Langwierigkeit der Proceße haſſe und ſolche vor eines der groͤßten Uebel in dem Staate halte: ſo bin ich doch zweifelhaftig, ob nicht ein allzu tumultuariſches gerichtliches Verfahren ein eben ſo großes Uebel iſt. Der Sache kann demnach nicht beſſer abgeholfen werden, als durch beſondere Handels und Manufacturgerichte; und man kann be - haupten, daß ſie ein großes zu Aufrechterhaltung der Manufacturen und Fabriken beytragen. Unterdeſſen halte ich dergleichen Gerichte nicht gleich Anfangs bey Einfuͤhrung und Gruͤndung der Manufacturen und Fa -briken235der Manufacturen und Fabriken.briken noͤthig, ſondern ich glaube, daß ſie nur erſt bey dem bluͤhenden Zuſtande derſelben noͤthig und mithin mehr ein Mittel ihrer Aufrechterhaltung, als ihrer Gruͤndung ſind. Bey Einfuͤhrung der Manufactu - ren muß man aus den oben hin und wieder angefuͤhr - ten Gruͤnden mehr als jemals auf die Aufrechterhal - tung der Manufacturiers ſehen und auf alle Art ver - huͤten, daß ſie nicht uͤber den Haufen geworfen wer - den. Man kann alſo nicht allemal mit ihnen nach der Strenge des Rechtes verfahren; und der Staat kann dieſes auch wegen der Unterſtuͤtzung, die er ihnen an - gedeihen laͤßt, nicht geſchehen laßen. Ob nun zwar die Manufacturiers gleich Anfangs von der ordentli - chen Gerichtsbarkeit auszunehmen ſind; ſo kann man doch ihnen noch keine beſondern Geſetze und Gerichte geben, ſondern ihre Streitigkeiten und die Anſpruͤche, die andere an ſie machen, ſind durch eine beſondere Commißion zu entſcheiden, deren weißlich eingerichtete Jnſtruction im Hauptwerke auf die Conſervation der Manufacturiers gehen muß. Ueberdieß da derglei - chen Manufacturgerichte unumgaͤnglich erfordern, daß ſelbſt Manufacturiers Beyſitzer von dieſen Gerichten ſind, weil eine richtige Entſcheidung dieſer Streitig - keiten ſchwehrlich geſchehen kann, ohne eine genaue Kenntniß von dem ganzen Weſen und der Beſchaffen - heit dieſer Nahrungsgeſchaͤfte zu haben, ſo wuͤrden deucht mich allerley Unbequemlichkeiten daraus entſte - hen, wenn in einer Stadt nur erſt ſehr wenige Ma - nufacturiers und Fabrikanten vorhanden waͤren, und man wollte dennoch ſo fort beſondere Manufacturge -richte236V. Abſchnitt. Von Erhaltungrichte einrichten. Dieſe wenigen Manufacturicrs wuͤrden entweder alle Beyſitzer des Gerichtes werden, und alsdenn wuͤrde dieſes Judicium in Anſehung der unter ihnen entſtehenden Streitigkeiten ganz unnuͤtze ſeyn, oder wenn man nur ein paar der aͤlteſten zu Beyſitzern nehmen wollte; ſo wuͤrden dieſe dadurch um ſo eher Gelegenheit haben, den oben beruͤhrten gewoͤhn - lichen Neid und Verfolgung gegen die neuanfangen - den Fabrikanten mit mehrern Nachdruck auszuuͤben. Mich deucht ich habe dieſe Umſtaͤnde bey anfangenden Manufacturen und denen fruͤhzeitig errichteten Manu - facturgerichten in der That bemerket. Dieſe Gerichte ſind alſo keine Sache, die bey der erſten Gruͤndung der Manufacturen ſtatt finden kann. Allein alle dieſe Umſtaͤnde fallen weg, wenn die Manufacturen bereits in einem bluͤhenden Zuſtande ſind; und alsdenn ſind ſie ein nothwendiges Mittel ihrer Erhaltung. Wenn dieſe Gerichte den abgezielten Endzweck bewirken ſollen; ſo muͤſſen in einer jeden Stadt, wo bluͤhende Com - mercien und Manufacturen ſind, zwey dergleichen Iudicia angeordnet werden, naͤmlich ein oberes und unteres; und jedes muß aus einigen geſchickten Rechts - gelehrten, ſowohl als aus einigen erfahrnen Kaufleu - ten und Manufacturiers beſtehen. Aus dem untern ergehen die Appellationen an das obere Handelsgerichte. Denn wenn die Appellationen an die ordentlichen hoͤ - hern Landes Iudicia ergehen ſollten; ſo wuͤrde der End - zweck dieſer Gerichte nur zur Helfte erreichet werden. Jn Leipzig iſt die Einrichtung wirklich alſo beſchaffen; und es iſt nur erlaubt bey einer gewiſſen Summe undbeſon -237der Manufacturen und Fabriken.beſondern Umſtaͤnden von dem Oberhandelsgerichte weiter an die Landesregierung nach Dreßden zu ap - pelliren.

Endlich muß ich noch erinnern, daß je vollkomme -Endlich ge - höret auch die Flohr der Landwirth - ſchaft zu Er - haltung der Manufactu - ren, und die letztern müſ - ſen nie auf Koſten der erſten unter - ſtützet wer - den. ner die Uebereinſtimmung und der Zuſammenhang aller Theile des Staatskoͤrpers iſt, deſto unveraͤnder - licher wird der bluͤhende Zuſtand der Manufacturen und Fabriken ſeyn und deſto weniger Verfall haben ſie zu befuͤrchten. Der Verfall derſelben entſtehet ledig - lich aus dem uͤblen Verhaͤltniß der Einrichtungen des Staats gegen die Manufacturen und aus andern Feh - lern, Gebrechen und Unordnungen des gemeinen We - ſens. Hauptſaͤchlich aber iſt der gute Zuſammenhang der Landwirthſchaft mit denen Manufacturen und Fa - briken noͤthig dergeſtalt, daß man einen bluͤhenden Zu - ſtand der Manufacturen und hauptſaͤchlich die beſtaͤn - dige Dauer und Erhaltung derſelben ohne dem Flohr der Landwirthſchaft gar nicht erwarten kann. Der geringſte Verfall in der Landwirthſchaft erſtrecket auch ſeinen Einfluß in die Manufacturen und Fabriken; und man muß ſich demnach ſehr huͤten die Manufa - cturen auf Koſten der Landwirthſchaft zu unterſtuͤtzen, oder je ein Befoͤrderungs und Erhaltungsmittel vor dieſelben zu erwaͤhlen, was der Landwirthſchaft zum Nachtheil gereichen kann. Jn dieſem Betracht verdie - net hier dasjenige eine Erlaͤuterung, was wir oben hin und wieder von dem Verboth der Ausfuhre der rohenMa -238V. Abſchnitt. Von ErhaltuugMaterialien geſagt haben. Wenn dieſe Maaßregel anzurathen iſt; ſo iſt es nur bey der Einfuͤhrung und Gruͤndung der Manufacturen; und dennoch muß ſol - ches mit verſchiedenen Einſchraͤnkungen und Vorſich - ten geſchehen, die oben beruͤhret worden ſind. Allein wenn die Manufacturen bereits in Flohr ſtehen und es nur auf deren Aufrechterhaltung ankommt; ſo iſt dieſes Mittel ungleich weniger anzurathen; wenigſtens muß dieſes Verboth nicht ohne ſehr große Ueberlegun - gen geſchehen. So bald die Landwirthſchaft eine Art der rohen Materialien in groͤſſerer Menge erzeuget; als die Landesmanufacturen und Fabriken verbrau - chen koͤnnen; ſo unterſtuͤtzet man die Manufacturen auf Koſten der Landwirthſchaft. Man verhindert den Landmann allen Nutzen aus ſeinen Producten zu zie - hen, den er daraus haben koͤnnte, und man benimmt ihm alſo nicht allein die Anreizung den Flohr der Land - wirthſchaft zu erhalten oder hoͤher zu treiben, ſondern man verhindert auch dadurch einen mehrern Einfluß des Geldes und mithin die Bereicherung des Staats, die allemal von uͤberaus großer Wichtigkeit iſt. Wenn die Manufacturen und Fabriken erſt im Lande ein - gefuͤhret und gegruͤndet werden ſollen; ſo iſt dieſes Verboth zuweilen noͤthig. Es iſt ſolches ein Opfer, welches die Landwirthſchaft denen Manufacturen thun muß. Denn da dieſes Verboth natuͤrlicher Weiſe ei - nen ſehr wohlfeilen Preiß dieſer in Menge vorhande - nen rohen Materialien nach ſich ziehen muß; ſo wer - den die Manufacturen deſto eher beſtehen und wachſen koͤnnen. Allein es iſt nicht einmal rathſam, daß die -ſes239der Manufacturen und Fabriken.ſes Verboth lange dauret; und die Maaßregeln zur Gruͤndung und Flohr der Manufacturen muͤſſen ſo wohl und gerecht erwaͤhlet und ausgefuͤhret werden, daß keine lange Zeit dabey verſplittert wird. Sonſt wuͤrden die Manufacturen ſelbſt den Vortheil verlieh - ren, den ſie daraus ziehen. So bald der Preiß dieſer rohen Materialien ſo ſtark und anhaltend faͤllt, daß die Landleute weiter ihre Rechnung nicht dabey finden; ſo werden ſie ſolche gar bald in geringerer Quantitaͤt erzeugen und der Preiß wird mithin wieder auf den Fuß kommen, als er vor dem Verboth geweſen iſt. Man ſiehet alſo, daß dieſes Verboth nur ein zeitiges Huͤlfsmittel iſt, das nach guten Grundſaͤtzen nicht lange dauren kann, weil es gar bald ſchaͤdlich wird. Es iſt aber auch weiter gaͤnzlich unnoͤthig, ſo bald die Manufacturen und Fabriken in einigen Flohr gelan - get ſind. Alles, was zum Vortheil der Landesmanu - facturen noͤthig iſt, kommt darauf an, daß dieſe rohen Materialien bey der Ausfuhre mit einigen Zoͤllen be - ſchwehret werden. Wenn dieſe Zoͤlle nur ſechs bis ſieben pro Cent betragen und man vorausſetzet, daß die Koſten der Fracht, der Commißion und dergleichen, welche die Auslaͤnder zu beſtreiten haben, wenigſtens eben ſo viel ausmachen; ſo werden unſere Landesma - nufacturen dennoch allemal den Vorzug in dem Debit vor den Auslaͤndern behaupten. Denn wenn ihnen die Materialien zwoͤlf bis funfzehn pro Cent theurer zu ſtehen kommen; ſo iſt es außer einer ganz beſon - dern Ungleichheit andrer Umſtaͤnde nicht moͤglich, daß ſie mit uns gleichen Preiß in Verkauf ihrer Waarenhalten240V. Abſch. Von Erhalt. der Manuf. u. Fabr.halten koͤnnen. Nachdem wir nunmehro alles beyge - bracht haben, was zu denen allgemeinen Grundſaͤtzen und Betrachtungen der Manufacturen und Fabriken erforderlich iſt, ſo wollen wir hiermit dieſe erſte Ab - theilung unſeres Buches beſchließen.

Ende des erſten Theiles.

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About this transcription

TextVollständige Abhandlung von denen Manufakturen und Fabriken
Author Johann Heinrich Gottlob von Justi
Extent273 images; 53852 tokens; 6176 types; 395207 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationVollständige Abhandlung von denen Manufakturen und Fabriken Erster Theil welcher die allgemeinen Grundsätze und Betrachtungen in sich enthält Johann Heinrich Gottlob von Justi. . [XXII], 240 S. RotheKopenhagen1758.

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SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 TECHN II, 2625

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Handbuch; core; ready; china

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
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ShelfmarkSUB Göttingen, 8 TECHN II, 2625
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