Die Empfindung der eigenen Unwuͤrdig - keit und der Glanz des Thrones koͤnnen meine Bloͤdig - keit nicht ſo kleinmuͤthig machen, alsa 3diedie Gnade, die der allerhuldreichſte Monarch uͤber alle ſeine Untertha - nen mit gleicher Großmuth verbrei - tet, mir Hoffnung einfloͤſet: daß die Kuͤhnheit, der ich mich unterwinde, nicht mit ungnaͤdigen Augen werde angeſehen werden. Jch lege hiemit in allerunterthaͤnigſter Ehrfurcht ei - ne der geringſten Proben desjenigen Eifers zu den Fuͤſſen Ew. Koͤnigl. Majeſtaͤt, womit Hoͤchſt Dero Akademien durch die Aufmunterungundund den Schutz ihres erleuchteten Souverains, zur Nacheiferung an - derer Nationen in den Wiſſenſchaf - ten angetrieben werden. Wie be - gluͤckt wuͤrde ich ſeyn, wenn es ge - genwaͤrtigem Verſuche gelingen moͤch - te, den Bemuͤhungen, womit der niedrigſte und ehrfurchtsvolleſte Un - terthan unausgeſetzt beſtrebt iſt, ſich dem Nutzen ſeines Vaterlan - des einigermaaſſen brauchbar zu machen, das allerhoͤchſte Wohlge -a 4fallenfallen ſeines Monarchen zu er - werben. Jch erſterbe in tiefſter Devotion
Jch habe einen Vorwurf ge - waͤhlet, welcher ſowol von Seiten ſeiner innern Schwie - rigkeit, als auch in Anſehung der Religion einen groſſen Theil der Leſer gleich anfaͤng - lich mit einem nachtheiligen Vorurtheile einzunehmen vermoͤgend iſt. Das ſyſte - matiſche, welches die groſſen Glieder der Schoͤpfung in dem ganzen Umfange der Unendlichkeit verbindet, zu entdecken, die Bildung der Weltkoͤrper ſelber und den Urſprung ihrer Bewegungen aus dem er - ſten Zuſtande der Natur durch mechaniſche Geſetze herzuleiten: ſolche Einſichten ſchei - nen ſehr weit die Kraͤfte der menſchlichen Vernunft zu uͤberſchreiten. Von der an - dern Seite drohet die Religion mit einer feyerlichen Anklage uͤber die Verwegen -a 5heit,Vorrede. heit, da man der ſich ſelbſt uͤberlaſſenen Natur ſolche Folgen beyzumeſſen ſich er - kuͤhnen darf, darin man mit Recht die un - mittelbare Hand des hoͤchſten Weſens ge - wahr wird, und beſorget in dem Vorwitz ſolcher Betrachtungen eine Schutzrede des Gottesleugners anzutreffen. Jch ſehe alle dieſe Schwierigkeiten wohl und werde doch nicht kleinmuͤthig. Jch empfinde die ganze Staͤrke der Hinderniſſe die ſich entgegen ſetzen, und verzage doch nicht. Jch habe auf eine geringe Vermuthung eine gefaͤhr - liche Reiſe gewagt, und erblicke ſchon die Vorgebuͤrge neuer Laͤnder. Diejenigen, welche die Herzhaftigkeit haben die Unter - ſuchung fortzuſetzen, werden ſie betreten und das Vergnuͤgen haben, ſelbige mit ih - rem Namen zu bezeichnen.
Jch habe nicht eher den Anſchlag auf dieſe Unternehmung gefaſſet, als bis ich mich in Anſehung der Pflichten der Reli - gion in Sicherheit geſehen habe. MeinEiferVorrede. Eifer iſt verdoppelt worden, als ich bey jedem Schritte die Nebel ſich zerſtreuen ſahe, welche hinter ihrer Dunkelheit Un - geheuer zu verbergen ſchienen und nach de - ren Zertheilung die Herrlichkeit des hoͤch - ſten Weſens mit dem lebhafteſten Glanze hervorbrach. Da ich dieſe Bemuͤhungen von aller Straͤflichkeit frey weiß, ſo will ich getreulich anfuͤhren was wohlgeſinne - te oder auch ſchwache Gemuͤther in mei - nem Plane anſtoͤßig finden koͤnnen, und bin bereit es der Strenge des rechtglaͤu - bigen Areopagus mit einer Freymuͤthig - keit zu unterwerfen, die das Merkmaal einer redlichen Geſinnung iſt. Der Sach - walter des Glaubens mag demnach zuerſt ſeine Gruͤnde hoͤren laſſen.
Wenn der Weltbau mit aller Ord - nung und Schoͤnheit nur eine Wirkung der ihren allgemeinen Bewegungsgeſetzen uͤberlaſſenen Materie iſt, wenn die blin - de Mechanik der Naturkraͤfte ſich aus demChaosVorrede. Chaos ſo herrlich zu entwickeln weiß und zu ſolcher Vollkommenheit von ſelber ge - langet; ſo iſt der Beweis des goͤttlichen Urhebers, den man aus dem Anblicke der Schoͤnheit des Weltgebaͤudes ziehet, voͤl - lig entkraͤftet, die Natur iſt ſich ſelbſt ge - nugſam, die goͤttliche Regierung iſt un - noͤthig, Epikur lebt mitten im Chriſten - thume wieder auf, und eine unheilige Weltweisheit tritt den Glauben unter die Fuͤſſe, welcher ihr ein helles Licht dar - reichet, ſie zu erleuchten.
Wenn ich dieſen Vorwurf gegruͤndet faͤnde, ſo iſt die Ueberzeugung, die ich von der Unfehlbarkeit goͤttlicher Wahrheiten habe, bey mir ſo vermoͤgend, daß ich al - les, was ihnen wiederſpricht durch ſie vor gnugſam widerlegt halten und verwerfen wuͤrde. Allein eben die Uebereinſtim - mung, die ich zwiſchen meinem Syſtem und der Religion antreffe, erhebet meine Zuverſicht in Anſehung aller Schwierig -kei -Vorrede. keiten zu einer unerſchrockenen Gelaſſen - heit.
Jch erkenne den ganzen Werth derjeni - gen Beweiſe, die man aus der Schoͤnheit und vollkommenen Anordnung des Welt - baues zur Beſtaͤtigung eines hoͤchſtweiſen Urhebers ziehet. Wenn man nicht aller Ueberzeugung muthwillig widerſtrebet, ſo muß man ſo unwiederſprechlichen Gruͤn - den gewonnen geben. Allein ich behaup - te: daß die Vertheidiger der Religion da - durch, daß ſie ſich dieſer Gruͤnde auf eine ſchlechte Art bedienen, den Streit mit den Naturaliſten verewigen, indem ſie ohne Noth denſelben eine ſchwache Seite dar - biethen.
Man iſt gewohnt die Uebereinſtimmun - gen, die Schoͤnheit, die Zwecke, und eine vollkommene Beziehung der Mittel auf dieſelbe in der Natur zu bemerken und herauszuſtreichen. Allein indem man die Natur von dieſer Seite erhebet, ſo ſuchtmanVorrede. man ſie anderer Seits wiederum zu ver - ringern. Dieſe Wohlgereimtheit, ſagt man, iſt ihr fremd, ſie wuͤrde ihren allge - meinen Geſetzen uͤberlaſſen, nichts als Un - ordnung zuwege bringen. Die Ueberein - ſtimmungen zeigen eine fremde Hand, die eine von aller Regelmaͤßigkeit verlaſſene Materie in einen weiſen Plan zu zwingen gewußt hat. Allein ich antworte: wenn die allgemeinen Wirkungsgeſetze der Mate - rie gleichfals eine Folge aus dem hoͤchſten Entwurfe ſeyn, ſo koͤnnen ſie vermuthlich keine andere Beſtimmungen haben, als die den Plan von ſelber zu erfuͤllen trachten, den die hoͤchſte Weisheit ſich vorgeſetzet hat; oder wenn dieſes nicht iſt, ſolte man nicht in Verſuchung gerathen zu glauben, daß wenigſtens die Materie und ihre all - gemeine Geſetze unabhaͤngig waͤren, und daß die hoͤchſtweiſe Gewalt, die ſich ihrer ſo ruͤhmlichſt zu bedienen gewuſt hat, zwar groß, aber doch nicht unendlich, zwarmaͤch -Vorrede. maͤchtig, aber doch nicht allgenugfam ſey?
Der Vertheidiger der Religion beſorgt: daß diejenigen Uebereinſtimmungen, die ſich aus einem natuͤrlichen Hang der Ma - terie erklaͤren laſſen, die Unabhaͤngigkeit der Natur von der goͤttlichen Vorſehung beweiſen doͤrften. Er geſteht es nicht un - deutlich: daß, wenn man zu aller Ord - nung des Weltbaues natuͤrliche Gruͤnde entdecken kan, die dieſelbe aus den allge - meinſten und weſentlichen Eigenſchaften der Materie zu Stande bringen koͤnnen, ſo ſey es unnoͤthig ſich auf eine oberſte Re - gierung zu berufen. Der Naturaliſt fin - det ſeine Rechnung dabey, dieſe Voraus - ſetzung nicht zu beſtreiten. Er treibt aber Beyſpiele auf, die die Fruchtbarkeit der allgemeinen Naturgeſetze an vollkommen ſchoͤnen Folgen beweiſen und bringt den Rechtglaͤubigen durch ſolche Gruͤnde in Gefahr, welche in deſſen Haͤnden zu unuͤ -ber -Vorrede. berwindlichen Waffen werden koͤnten. Jch will Beyſpiele anfuͤhren. Man hat ſchon mehrmalen es als eine der deutlich - ſten Proben einer guͤtigen Vorſorge, die vor die Menſchen wacht, angefuͤhrt: daß in dem heiſſeſten Erdſtriche die Seewinde gerade zu einer ſolchen Zeit, da das erhitz - te Erdreich am meiſten ihrer Abkuͤhlung bedarf, gleichſam gerufen uͤber das Land ſtreichen und es erquicken. Z. E. Jn der Jnſel Jamaica, ſo bald die Sonne ſo hoch gekommen iſt, daß ſie die empfindlichſte Hi - tze auf das Erdreich wirft, gleich nach 9 Uhr Vormittags, faͤngt ſich an aus dem Meer ein Wind zu erheben, der von allen Seiten uͤber das Land wehet; ſeine Staͤr - ke nimmt nach dem Maaſſe zu als die Hoͤ - he der Sonne zunimmt. Um 1 Uhr Nach - mittages, da es natuͤrlicher Weiſe am heiſſe - ſten iſt, iſt er am heftigſten und laͤßt wie - der mit der Erniedrigung der Sonne all - maͤhlig nach, ſo daß gegen Abend eben dieStilleVorrede. Stille als beym Aufgange herrſchet. Oh - ne dieſe erwuͤnſchte Einrichtung wuͤrde dieſe Jnſel unbewohnbar ſeyn. Eben die - ſe Wohlthat genieſſen alle Kuͤſten der Laͤn - der die im heiſſen Erdſtriche liegen. Jh - nen iſt es auch am noͤthigſten, weil, da ſie die niedrigſten Gegenden des trockenen Landes ſeyn, auch die groͤßte Hitze erleiden; denn die hoͤher im Lande befindliche Ge - genden, dahin dieſer Seewind nicht rei - chet, ſind ſeiner auch weniger benoͤthigt, weil ihre hoͤhere Lage ſie in eine kuͤhlere Luftgegend verſetzet. Jſt dieſes nicht alles ſchoͤn, ſind es nicht ſichtbare Zwecke, die durch kluͤglich angewandte Mittel bewir - cket worden. Allein zum Wiederſpiel muß der Naturaliſt die natuͤrlichen Urſachen davon in den allgemeinſten Eigenſchaften der Luft antreffen ohne beſondere Veran - ſtaltungen deswegen vermuthen zu doͤr - fen. Er bemerket mit Recht, daß dieſe Seewinde ſolche periodiſche Bewegungenbanſtel -Vorrede. anſtellen muͤſſen, wenn gleich kein Menſch auf ſolcher Jnſel lebete, und zwar durch keine andere Eigenſchaft als die der Luft auch ohne Abſicht auf dieſen Zweck bloß zum Wachsthum der Pflanzen unentbehr - lich vonnoͤthen iſt, nemlich durch ihre Ela - ſticitaͤt und Schweere. Die Hitze der Son - ne hebet das Gleichgewicht der Luft auf, indem ſie diejenige verduͤnnet die uͤber dem Lande iſt, und dadurch die kuͤhlere Mee - resluft veranlaſſet, ſie aus ihrer Stelle zu heben und ihren Platz einzunehmen.
Was vor einen Nutzen haben nicht die Winde uͤberhaupt zum Vortheile der Erd - kugel, und was vor einen Gebrauch macht nicht der Menſchen Scharfſinnig - keit aus denſelben; indeſſen waren keine andere Einrichtungen noͤthig ſie hervor zu - bringen, als dieſelbe allgemeine Beſchaf - fenheit der Luft und Waͤrme, welche auch unangeſehen dieſer Zwecke auf der Erde befindlich ſeyn mußten.
GebtVorrede.Gebt ihr es, ſagt allhier der Freygeiſt, zu: daß, wenn man nuͤtzliche und auf Zwecke abzielende Verfaſſungen aus den allgemeinſten und einfachſten Naturgeſe - tzen herleiten kan, man keine beſondere Regierung einer oberſten Weisheit noͤthig habe: ſo ſehet hier Beweiſe die euch auf eurem eigenen Geſtaͤndniſſe ertappen wer - den. Die ganze Natur, vornemlich die unorganiſirte, iſt voll von ſolchen Bewei - ſen, die zu erkennen geben, daß die ſich ſelbſt durch die Mechanick ihrer Kraͤfte be - ſtimmende Materie eine gewiſſe Richtig - keit in ihren Folgen habe und den Regeln der Wohlanſtaͤndigkeit ungezwungen ge - nug thue. Wenn ein wohlgeſinneter die gute Sache der Religion zu retten, dieſe Faͤhigkeit der allgemeinen Naturgeſetze be - ſtreiten will, ſo wird er ſich ſelbſt in Ver - legenheit ſetzen und dem Unglauben durch eine ſchlechte Vertheidigung Anlaß zu triumphiren geben.
b 2AlleinVorrede.Allein laßt uns ſehen, wie dieſe Gruͤn - de, die man in den Haͤnden der Gegner als ſchaͤdlich befuͤrchtet, vielmehr kraͤftige Waffen ſind ſie zu beſtreiten. Die nach ihren allgemeinſten Geſetzen ſich beſtim - mende Materie bringt durch ihr natuͤrli - ches Betragen, oder wenn man es ſo nen - nen will durch eine blinde Mechanick an - ſtaͤndige Folgen hervor, die der Entwurf einer hoͤchſten Weisheit zu ſeyn ſcheinen. Luft, Waſſer, Waͤrme, erzeugen wenn man ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen betrachtet, Winde und Wolcken, Regen, Stroͤme, welche die Laͤnder befeuchten, und alle die nuͤtzliche Folgen, ohne welche die Natur traurig, oͤde und unfruchtbar bleiben muͤß - te. Sie bringen aber dieſe Folgen nicht durch ein bloßes Ungefehr, oder durch ei - nen Zufall der eben ſo leicht nachtheilig haͤt - te ausfallen koͤnnen hervor, ſondern man ſiehet: daß ſie durch ihre natuͤrliche Ge - ſetze eingeſchrenckt ſind auf keine anderealsVorrede. als dieſe Weiſe zu wircken. Was ſoll man von dieſer Uebereinſtimmung denn geden - cken. Wie waͤre es wohl moͤglich, daß Dinge von verſchiedenen Naturen in Ver - bindung mit einander ſo vortrefliche Ue - bereinſtimmungen und Schoͤnheiten zu bewircken trachten ſolten, ſo gar zu Zwe - cken ſolcher Dinge die ſich gewißermaaßen außer dem Umfange der todten Materie befinden, nemlich zum Nutzen der Men - ſchen und Thiere, wenn ſie nicht einen gemeinſchaftlichen Urſprung erkenneten, nemlich einen unendlichen Verſtand, in welchem aller Dinge weſentliche Beſchaf - fenheiten beziehend entworfen worden. Wenn ihre Naturen vor ſich und unab - haͤngig nothwendig waͤren, was vor ein erſtaunliches Ohngefaͤhr, oder vielmehr was vor eine Unmoͤglichkeit wuͤrde es nicht ſeyn, daß ſie mit ihren natuͤrlichen Be - ſtrebungen ſich gerade ſo zuſammen paſſenb 3ſol -Vorrede. ſolten, als eine uͤberlegte kluge Wahl ſie haͤtte vereinbaren koͤnnen.
Nunmehro mache ich getroſt die An - wendung auf mein gegenwaͤrtiges Unter - fangen. Jch nehme die Materie aller Welt in einer allgemeinen Zerſtreuung an und mache aus derſelben ein vollkomme - nes Chaos. Jch ſehe nach den ausgemach - ten Geſetzen der Attraktion den Stoff ſich bilden und durch die Zuruͤckſtoßung ihre Bewegung modificiren. Jch genieße das Vergnuͤgen ohne Beyhuͤlfe willkuͤhrlicher Erdichtungen, unter der Veranlaſſung ausgemachter Bewegungsgeſetze ſich ein wohlgeordnetes Ganze erzeugen zu ſehen, welches demjenigen Weltſyſtem ſo aͤhnlich ſiehet das wir vor Augen haben, daß ich mich nicht entbrechen kan es vor daßelbe zu halten. Dieſe unerwartete Auswi - ckelung der Ordnung der Natur im Groſ - ſen wird mir anfaͤnglich verdaͤchtig, da ſie auf ſo ſchlechten und einfachen Grunde ei -neVorrede. ne ſo zuſammengeſetzte Richtigkeit gruͤndet. Jch belehre mich endlich aus der vorher angezeigten Betrachtung: daß eine ſolche Auswickelung der Natur nicht etwas un - erhoͤrtes an ihr iſt, ſondern daß ihre we - ſentliche Beſtrebung ſolche nothwendig mit ſich bringet, und daß dieſes das herrlichſte Zeugniß ihrer Abhaͤngigkeit von demjeni - gen Urweſen iſt, welches ſo gar die Quelle der Weſen ſelber und ihrer erſten Wir - kungsgeſetze in ſich hat. Dieſe Einſicht verdoppelt mein Zutrauen auf den Ent - wurf den ich gemacht habe. Die Zuver - ſicht vermehret ſich bey jeden Schritte den ich mit Fortgang weiter ſetze und meine Kleinmuͤthigkeit hoͤrt voͤllig auf.
Aber die Vertheidigung deines Sy - ſtems, wird man ſagen, iſt zugleich die Vertheidigung der Meinungen des Epi - kurs, welche damit die groͤſſeſte Aehnlich - keit haben. Jch will nicht voͤllig alle Ueber - einſtimmung mit demſelben ablehnen. Vie -b 4leVorrede. le ſind durch den Schein ſolcher Gruͤnde zu Atheiſten geworden, welche bey genauerer Erwegung ſie von der Gewißheit des hoͤch - ſten Weſens am kraͤftigſten haͤtten uͤber - zeugen koͤnnen. Die Folgen die ein verkehr - ter Verſtand aus untadelhaften Grund - ſaͤtzen zieht, ſind oͤfters ſehr tadelhaft, und ſo waren es auch die Schluͤße des Epi - kurs, ohnerachtet ſein Entwurf der Scharfſinnigkeit eines groſſen Geiſtes ge - maͤß war.
Jch werde es alſo nicht in Abrede ſeyn, daß die Theorie des Lukretz oder deßen Vorgaͤngers des Epikurs, Leucipps, und Demokritus mit der meinigen viele Aehn - lichkeit habe. Jch ſetze den erſten Zuſtand der Natur, ſo wie jene Weltweiſe, in der allgemeinen Zerſtreuung des Urſtoffs al - ler Weltkoͤrper, oder der Atomen, wie ſie bey jenen genannt werden. Epikur ſetz - te eine Schwere, die dieſe elementariſche Theilchen zum Sinken trieb, und dieſesſchei -Vorrede. ſcheinet von der newtoniſchen Anziehung die ich annehme nicht ſehr verſchieden zu ſeyn; er gab ihnen auch eine gewiße Ab - weichung von der geradlinigten Bewe - gung des Falles, ob er gleich in Anſehung der Urſache derſelben und ihren Folgen ungereimte Einbildungen hatte: dieſe Abweichung kommt einigermaaſſen mit der Veraͤnderung der geradlinigten Sen - kung, die wir aus der Zuruͤckſtoſſungskraft der Theilchen herleiten, uͤberein; endlich waren die Wirbel die aus der verwirreten Bewegung der Atomen entſtanden ein Hauptſtuͤck in dem Lehrbegriffe des Leu - cipps und Democritus und man wird ſie auch in dem unſrigen antreffen. So viel Verwandſchaft mit einer Lehrverfaſſung, die die wahre Theorie der Gottesleug - nung im Alterthum war, zieht indeßen die meinige dennoch nicht in die Gemein - ſchaft ihrer Jrrthuͤmer. Auch in den al - ler unſinnigſten Meinungen welche ſichb 5beyVorrede. bey den Menſchen haben Beyfall erwer - ben koͤnnen, wird man jederzeit etwas wahres bemerken. Ein falſcher Grund - ſatz, oder ein Paar unuͤberlegte Verbin - dungsſaͤtze leiten den Menſchen von dem Fußſteige der Wahrheit durch unmerkli - che Abwege bis in den Abgrund. Es bleibt ohnerachtet der angefuͤhrten Aehnlichkeit dennoch ein weſentlicher Unterſchied zwi - ſchen der alten Cosmogonie und der ge - genwaͤrtigen um aus dieſer ganz entgegen - geſetzte Folgen ziehen zu koͤnnen.
Die angefuͤhrten Lehrer der mechani - ſchen Erzeugung des Weltbaues leiteten alle Ordnung die ſich an demſelben wahr - nehmen laͤßt aus dem ungefehren Zufalle her, der die Atomen ſo gluͤcklich zuſam - mentreffen ließ, daß ſie ein wohlgeordne - tes Gantze ausmachten. Epikur war gar ſo unverſchaͤmt, daß er verlangte, die Atomen wichen von ihrer geraden Be - wegung ohne alle Urſache ab, um einan -derVorrede. der begegnen zu koͤnnen. Alle insgeſammt trieben dieſe Ungereimtheit ſo weit, daß ſie den Urſprung aller belebten Geſchoͤpfe eben dieſem blinden Zuſammenlauf bey - maßen und die Vernunft wirklich aus der Unvernunft herleiteten. Jn meiner Lehr - verfaßung hingegen finde ich die Materie an gewiße nothwendige Geſetze gebunden. Jch ſehe in ihrer gaͤnzlichen Aufloͤſung und Zerſtreuung ein ſchoͤnes und ordent - liches Ganze ſich ganz natuͤrlich daraus entwickeln. Es geſchiehet dieſes nicht durch einen Zufall und von ungefehr, ſondern man bemerket daß natuͤrliche Eigenſchaf - ten es nothwendig alſo mit ſich bringen. Wird man hiedurch nicht bewogen zu fra - gen: warum muſte denn die Materie ge - rade ſolche Geſetze haben, die auf Ord - nung und Wohlanſtaͤndigkeit abzwecken? war es wohl moͤglich, daß viele Dinge, deren jedes ſeine von dem andern unab - haͤngige Natur hat, einander von ſelbergera -Vorrede. gerade ſo beſtimmen ſolten, daß ein wohl - geordnetes Ganze daraus entſpringe und wenn ſie dieſes thun, giebt es nicht einen unleugbaren Beweis von der Gemein - ſchaft ihres erſten Urſprungs ab, der ein allgenugſamer hoͤchſter Verſtand ſeyn muß, in welchem die Naturen der Dinge zu vereinbarten Abſichten entworfen worden?
Die Materie die der Urſtoff aller Dinge iſt, iſt alſo an gewiſſe Geſetze gebunden, welchen ſie frey uͤberlaſſen nothwendig ſchoͤne Verbindungen hervorbringen muß. Sie hat keine Freyheit von dieſem Plane der Vollkommenheit abzuweichen. Da ſie alſo ſich einer hoͤchſt weiſen Abſicht un - terworfen befindet, ſo muß ſie nothwendig in ſolche uͤbereinſtimmende Verhaͤltniſſe durch eine uͤber ſie herrſchende erſte Urſa - che verſetzt worden ſeyn, und es iſt ein GOtt eben deswegen, weil die Na - tur auch ſelbſt im Chaos nicht andersalsVorrede. als regelmaͤßig und ordentlich ver - fahren kan.
Jch habe ſo viel gute Meinung von der redlichen Geſinnung dererjenigen, die die - ſem Entwurfe die Ehre thun, ihn zu pruͤ - fen, daß ich mich verſichert halte, die an - gefuͤhrte Gruͤnde werden, wo ſie noch nicht alle Beſorgniß ſchaͤdlicher Folgen von mei - nem Syſtem aufheben koͤnnen, dennoch wenigſtens die Lauterkeit meiner Abſicht auſſer Zweifel ſetzen. Wenn es dem un - geachtet boshafte Eiferer giebt, die es vor eine wuͤrdige Pflicht ihres heiligen Be - rufs halten, den unſchuldigſten Meinun - gen ſchaͤdliche Auslegungen anzuheften, ſo bin ich verſichert, daß ihr Urtheil bey Ver - nuͤnftigen gerade die entgegengeſetzte Wir - kung ihrer Abſicht hat. Man wird mich uͤbrigens des Rechts nicht berauben, das Carteſius, als er die Bildung der Welt - koͤrper aus blos mechaniſchen Geſetzen zu erklaͤren wagte, bey billigen Richtern je -der -Vorrede. derzeit genoſſen hat. Jch will deswegen die Verfaſſer der allgemeinen Welthiſtorie(*)1. Theil §. 88. anfuͤhren: Jndeſſen koͤnnen wir nicht an - „ ders als glauben: daß der Verſuch dieſes „ Weltweiſen, der ſich bemuͤhet die Bil - „ dung der Welt in gewiſſer Zeit aus wuͤ - „ ſter Materie durch die bloſſe Fortſetzung „ einer einmal eingedruͤckten Bewegung zu „ erklaͤren, und ſolches auf einige wenige „ leichte und allgemeine Bewegungsgeſetze „ gebracht, ſo wenig als anderer, die ſeit „ dem mit mehrerem Beyfall eben das „ verſucht haben aus den urſpruͤngli - „ chen und anerſchaffenen Eigenſchaf - „ ten der Materie zu thun, ſtrafbar oder „ GOtt verkleinerlich ſey, wie ſich manche „ eingebildet haben, indem dadurch viel - „ mehr ein hoͤherer Begriff ſeiner un - „ endlichen Weisheit verurſacht wird.
Jch habe die Schwierigkeiten, die von Seiten der Religion meine Saͤtze zu be - drohen ſchienen hinweg zu raͤumen geſucht. EsVorrede. Es giebt einige nicht geringere in Anſe - hung der Sache ſelber. Wenn es gleich wahr iſt, wird man ſagen, daß GOtt in die Kraͤfte der Natur eine geheime Kunſt gelegt hat, ſich aus dem Chaos von ſelber zu einer vollkommenen Weltverfaſſung auszubilden, wird der Verſtand des Men - ſchen, der bey den gemeinſten Gegenſtaͤn - den ſo bloͤd iſt, in ſo groſſem Vorwurfe die verborgene Eigenſchaften zu erforſchen vermoͤgend ſeyn. Ein ſolches Unterfan - gen heißt eben ſo viel als wenn man ſagte: Gebt mir nur Materie, ich will euch eine Welt daraus bauen. Kan dich die Schwaͤche deiner Einſichten, die an den ge - ringſten Dingen, welche deinen Sinnen taͤglich und in der Naͤhe vorkommen, zu ſchanden wird, nicht lehren: daß es ver - geblich ſey, das Unermeßliche und das was in der Natur vorging ehe noch eine Welt war, zu entdecken. Jch vernichte dieſe Schwierigkeit, indem deutlich zeige, daßebenVorrede. eben dieſe Unterſuchung unter allen, die in der Naturlehre aufgeworfen werden koͤn - nen diejenige ſey, in welcher man am leich - teſten und ſicherſten bis zum Urſprunge gelangen kan. Eben ſo wie unter allen Aufgaben der Naturforſchung keine mit mehr Richtigkeit und Gewisheit aufgeloͤ - ſet worden, als die wahre Verfaſſung des Weltbaues im Groſſen, die Geſetze der Be - wegungen und das innere Triebwerk der Umlaͤufe aller Planeten; als worin die Newtoniſche Weltweisheit ſolche Einſich - ten gewaͤhren kan, dergleichen man ſonſt in keinem Theile der Weltweisheit antrift; eben alſo, behaupte ich, ſey unter allen Na - turdingen, deren erſte Urſache man nach - forſchet, der Urſprung des Weltſyſtems und die Erzeugung der Himmelskoͤrper, ſamt den Urſachen ihrer Bewegungen, dasjenige, was man am erſten gruͤndlich und zuverlaͤßig einzuſehen hoffen darf. Die Urſache hievon iſt leicht zu erſehen. DieHim -VorredeHimmelskoͤrper ſind runde Maſſen, alſo von der einfachſten Bildung, die ein Koͤr - per, deſſen Urſprung man ſucht, nur immer haben kan. Jhre Bewegungen ſind gleichfals unvermiſcht. Sie ſind nichts als eine freye Fortſetzung eines einmal einge - druͤckten Schwunges, welcher, mit der At - traktion des Koͤrpers im Mittelpunkte verbunden, kreisfoͤrmigt wird. Ueberdem iſt der Raum, darinn ſie ſich bewegen, leer, die Zwiſchenweiten, die ſie von einander abſondern, ganz ungemein groß und alſo alles ſowohl zur unverwirrten Bewegung, als auch deutlichen Bemerkung derſelben auf das deutlichſte aus einander geſetzt. Mich duͤnkt, man koͤnne hier in gewiſſem Verſtande ohne Vermeſſenheit ſagen: Ge - bet mir Materie, ich will eine Welt daraus bauen! das iſt, gebet mir Mate - rie, ich will euch zeigen, wie eine Welt daraus entſtehen ſoll. Denn wenn Ma - terie vorhanden iſt, welche mit einer we -cſent -Vorrede. ſentlichen Attraktionskraft begabt iſt, ſo iſt es nicht ſchweer diejenigen Urſachen zu beſtimmen, die zu der Einrichtung des Weltſyſtems im Großen betrachtet, ha - ben beytragen koͤnnen. Man weiß was dazu gehoͤret, daß ein Koͤrper eine Kugel - runde Figur erlange, man begreift was erfordert wird, daß frey ſchwebende Kugeln eine kreisfoͤrmige Bewegung um den Mittelpunkt anſtellen gegen den ſie gezo - gen werden. Die Stellung der Kreiſe gegeneinander, die Uebereinſtimmung der Richtung, die Eccentricitaͤt, alles kan auf die einfachſten mechaniſchen Urſachen gebracht werden, und man darf mit Zu - verſicht hoffen ſie zu entdecken, weil ſie[anf] die leichteſten und deutlichſten Gruͤnde geſetzt werden koͤnnen. Kan man aber wohl von den geringſten Pflanzen oder Jnſeckt ſich ſolcher Vortheile ruͤhmen? Jſt man in Stande zu ſagen: Gebt mir Materie, ich will euch zeigen wie eineRau -Vorrede. Raupe erzeuget werden koͤnne? Bleibt man hier nicht bey dem erſten Schritte, aus Unwiſſenheit der wahren innern Be - ſchaffenheit des Objects und der Verwi - ckelung der in demſelben vorhandenen Mannigfaltigkeit, ſtecken? Man darf es ſich alſo nicht befremden laſſen, wenn ich mich unterſtehe zu ſagen: daß eher die Bildung aller Himmelskoͤrper, die Urſach ihrer Bewegungen, kurz, der Urſprung der ganzen gegenwaͤrtigen Verfaſſung des Weltbaues, werde koͤnnen eingeſehen wer - den, ehe die Erzeugung eines einzigen Krauts oder einer Raupe, aus mechani - ſchen Gruͤnden, deutlich und vollſtaͤndig kund werden wird.
Dieſes ſind die Urſachen, worauf ich meine Zuverſicht gruͤnde, daß der phy - ſiſche Theil der Weltwiſſenſchaft kuͤnftig - hin noch wohl eben die Vollkommenheit zu hoffen habe, zu der Newton die ma - thematiſche Haͤlfte derſelben erhoben hat. c 2EsVorrede. Es ſind naͤchſt den Geſetzen, nach welchen der Weltbau, in der Verfaßung darinn er iſt, beſtehet, vielleicht keine anderen in der ganzen Naturforſchung ſolcher mathema - tiſchen Beſtimmungen faͤhig, als diejeni - gen, nach welchen er entſtanden iſt, und oh - ne Zweifel wuͤrde die Hand eines verſuch - ten Meßkuͤnſtlers hier nicht unfruchtbare Felder bearbeiten.
Nachdem ich den Vorwurf meiner Betrachtung einer guͤnſtigen Aufnahme zu empfehlen mir habe angelegen ſeyn laſ - ſen; ſo wird man mir erlauben, mich we - gen der Art, nach der ich ihn abgehandelt habe, kuͤrzlich zu erklaͤren. Der erſte Theil gehet mit einem neuen Syſtem des Weltgebaͤudes im Großen um. Herrn Wright von Durham, deßen Abhand - lung ich aus den Hamburgiſchen freyen Urtheilen vom Jahr 1751. habe kennen lernen, hat mir zuerſt Anlaß gegeben, die Fixſterne nicht als ein ohne ſichtbare Ord -nungVorrede. nung zerſtreutes Gewimmel, ſondern als ein Syſtem anzuſehen, welches mit ei - nem planetiſchen die groͤßte Aehnlichkeit hat, ſo daß, gleichwie in dieſem die Pla - neten ſich einer gemeinſchaftlichen Flaͤche ſehr nahe befinden, alſo auch die Fixſterne ſich in ihren Lagen auf eine gewiſſe Flaͤche, die durch den ganzen Himmel muß gezo - gen gedacht werden, ſo nahe als moͤglich beziehen und durch ihre dichteſte Haͤufung zu derſelben denjenigen lichten Streif dar - ſtellen, welcher die Milchſtraſſe genannt wird. Jch habe mich vergewiſſert, daß, weil dieſe von unzehligen Sonnen erleuch - tete Zone ſehr genau die Richtung eines groͤßten Zirkels hat, unſere Sonne ſich dieſer groſſen Beziehungsflaͤche gleichfals ſehr nahe befinden muͤſſe. Jndem ich den Urſachen dieſer Beſtimmung nachgegan - gen bin, habe ich ſehr wahrſcheinlich zu ſeyn befunden: daß die ſo genannten Fix - ſterne, oder feſte Sterne, wohl eigentlichc 3lang -Vorrede. langſam bewegte Wandelſterne einer hoͤ - hern Ordnung ſeyn koͤnten. Zur Beſtaͤ - tigung deßen, was man an ſeinem Orte von dieſem Gedanken antreffen wird, will ich allhier nur eine Stelle aus einer Schrift des Herrn Bradley von der Be - wegung der Fixſterne anfuͤhren. „ Wenn „ man aus dem Erfolg der Vergleichung „ unſerer beſten jetzigen Beobachtungen, „ mit denen welche vor dieſem mit einem „ ertraͤglichen Grade der Richtigkeit an - „ geſtellet worden, ein Urtheil faͤllen will, „ ſo erhellet: daß einige Fixſterne wirk - „ lich ihren Stand gegen einander veraͤn - „ dert haben, und zwar ſo, daß man „ ſiehet, daß dieſes nicht irgend von einer „ Bewegung in unſerm Planetengebaͤu - „ de herruͤhret, ſondern daß es bloß einer „ Bewegung der Sterne ſelber zugeſchrie - „ ben werden kan. Der Arktur giebt „ einen ſtarken Beweis hievon an die „ Hand. Denn wenn man deſſelben ge -gen -Vorrede. „ genwaͤrtige Declination mit ſeinem „ Orte, wie derſelbe ſo wohl von Ticho „ als auch von Flammſteed iſt beſtimmt „ worden, vergleicht, ſo wird man fin - „ den: daß der Unterſchied groͤſſer iſt als „ man ihn von der Ungewißheit ihrer „ Beobachtungen herzuruͤhren vermu - „ then kan. Man hat Urſache zu ver - „ muthen: daß auch andere Exempel von „ gleicher Beſchaffenheit unter der großen „ Anzahl der ſichtbaren Sterne vorkom - „ men muͤſſen, weil ihre Lagen gegen - „ einander durch mancherley Urſachen „ koͤnnen veraͤndert werden. Denn wenn „ man ſich vorſtellt, daß unſer eigenes „ Sonnengebaͤude ſeinen Ort in Anſe - „ hung des Weltraums veraͤndert; ſo „ wird dieſes nach Verlauf einiger Zeit „ eine ſcheinbare Veraͤnderung der Win - „ kelentfernungen der Fixſterne verurſa - „ chen. Und weil dieſes in ſolchem Fal - „ le in die Oerter der naͤchſten Sterne „ einen groͤſſeren Einfluß haben wuͤrde,c 4alsVorrede. „ als in die Oerter dererjenigen, welche „ weit entfernet ſind, ſo wuͤrden ihre „ Lagen ſich zu veraͤndern ſcheinen, ob - „ gleich die Sterne ſelbſt wirklich unbe - „ weglich blieben. Und wenn im Gegen - „ theil unſer eigen Planetengebaͤude ſtille „ ſteht und einige Sterne wirklich eine „ Bewegung haben; ſo wird dieſes „ gleichfalls ihre ſcheinbare Lage veraͤn - „ dern, und zwar um deſtomehr, je naͤ - „ her ſie bey uns ſind, oder je mehr die „ Richtung der Bewegung ſo beſchaffen „ iſt, daß ſie von uns kan wahrgenom - „ men werden. Da nun alſo die Lagen „ der Sterne von ſo mancherley Urſa - „ chen koͤnnen veraͤndert werden, indem „ man die erſtaunlichen Entfernungen, „ in welchen ganz gewiß einige gelegen „ ſind, betrachtet; ſo werden wohl die „ Beobachtungen vieler Menſchenalter „ noͤthig ſeyn, die Geſetze der ſcheinba - „ ren Veraͤnderungen, auch eines einzi - „ gen Sternes, zu beſtimmen. Vielſchwee -Vorrede. „ ſchweerer muß es alſo noch ſeyn, die „ Geſetze fuͤr alle die merkwuͤrdigſten „ Sterne feſtzuſetzen.
Jch kan die Grenzen nicht genau be - ſtimmen, die zwiſchen dem Syſtem des Herrn Wright und dem meinigen an - zutreffen ſeyn, und in welchen Stuͤcken ich ſeinen Entwurf bloß nachgeahmet, oder weiter ausgefuͤhrt habe. Jndeſſen bothen ſich mir nach der Hand anneh - mungswuͤrdige Gruͤnde dar, es auf der einen Seite betraͤchtlich zu erweitern. Jch betrachtete die Art neblichter Ster - ne, deren Herr von Maupertuis in der Abhandlung von der Figur der Geſtirne(*)Weil ich den angefuͤhrten Traktat nicht bey der Hand habe, ſo will ich daß dazu gehoͤrige aus der Anfuͤhrung der Ouvrages diverſes de Mſr. de Maupertuis in den Actis Erud. 1745. hier einruͤcken. Das erſte Phaͤnomenon ſind die - jenige lichte Stellen am Himmel, wel - che neblichte Sterne genannt, und vor einen Haufen kleiner Fixſterne gehalten wer -den. gedenket, und die die Fi -c 5gurVorrede. gur von mehr oder weniger offenen El - lipſen vorſtellen, und verſicherte michleicht,(*)den. Allein die Aſtronomen haben durch vor - trefliche Fernglaͤſer ſie nur als groſſe laͤnglicht - runde Plaͤtzchen, die etwas lichter als der uͤ - brige Theil des Himmels waͤren, befunden. Hugen hat dergleichen etwas zuerſt im Orion angetroffen; Halley gedenket in den Angli - cal. Trans. ſechs ſolcher Plaͤtzchen. 1. im Schwerdt des Orions, 2. im Schuͤtzen, 3. im Centaurus, 4 vor dem rechten Fuße des An - tinous, 5. im Herkules, 6. im Guͤrtel der An - dromeda Wenn dieſe durch ein reflectiren - des Seherohr von 8 Fuß betrachtet werden, ſo ſiehet man, daß nur der vierte Theil der - ſelben vor einen Haufen Sterne koͤnne gehal - ten werden; die uͤdrige haben nur weißlichte Plaͤtzchen vorgeſtellt, ohne erheblichen Unter - ſchied, auſſer daß eines mehr der Cirkelrun - dung beykommt, ein anderes aber laͤnglichter iſt. Es ſeheinet auch, daß bey dem erſten die durch das Seherohr ſichtbaren kleinen Stern - chen ſeinen weißlichten Schimmer nicht ver - urſachen koͤnnen. Halley glaubt; daß man „ aus dieſen Erſcheinungen dasjenige erklaͤren „ koͤnne, was man im Anfang der Moſaiſchen „ Schoͤpfungsgeſchichte antrift, nemlich daß „ das Licht eher als die Sonne erſchaffen ſey. „ Derham vergleicht ſie Oeffnungen, dadurch „ eine andere unermeßliche Gegend und viel -leichtVorrede. leicht, daß ſie nichts anders als eine Haͤu - fung vieler Fixſterne ſeyn koͤnnen. Diejeder -(*)„ leicht der Feuerhimmel durchſcheine. Er mey - „ net, er habe bemerken koͤnnen, daß die Sterne, „ die neben dieſen Plaͤtzchen geſehen werden, uns „ viel naͤher waͤren, als dieſe lichte Stellen. Die - „ ſen fuͤgt der Verfaſſer ein Verzeichniß der ne - „ blichten Sterne aus dem Hevelius bey. Er „ haͤlt dieſe Erſcheinungen vor groſſe lichte, „ Maſſen, die durch eine gewaltige Umwaͤlzung ab - „ geplattet worden waͤren. Die Materie, daraus „ ſie beſtehen, wenn ſie eine gleichleuchtende Kraft „ mit den uͤbrigen Sternen haͤtte, wuͤrde von un - „ geheurer Groͤſſe ſeyn muͤſſen, damit ſie, aus ei - „ nem viel groͤſſeren Abſtande, als der Sterne ih - „ rer iſt, geſehen, dennoch dem Fernglaſe unter „ merklicher Geſtalt und Groͤſſe erſcheinen koͤnnen. „ Wenn ſie aber an Groͤſſe den uͤbrigen Fixſternen „ ohngefehr gleich kaͤmen; muͤſten ſie uns nicht al - „ lein ungleich viel naͤher ſeyn, ſondern zugleich „ ein viel ſchwaͤcheres Licht haben: weil ſie bey „ ſolcher Naͤhe und ſcheinbarer Groͤſſe doch einen „ ſo blaſſen Schimmer an ſich zeigen. Es wuͤrde „ alſo der Muͤhe verlohnen, ihre Parallaxe, wo - „ fern ſie eine haben, zu entdecken. Denn diejeni - „ gen, welche ſie ihnen abſprechen, ſchlieſſen viel - „ leicht von einigen auf alle. Die Sternchen, die „ man mitten nuf dieſen Plaͤtzchen antrift, wie in „ dem Orion, (oder noch ſchoͤner, in dem vor dem „ rechten Fuſſe des Antinous, welcher nicht an - „ ders ausſiehet als ein Fixſtern, der mit einem „ Nebel umgeben iſt) wuͤrden, wofern ſie uns naͤ - „ her waͤren, entweder nach Art der Projection auf „ denſelben geſehen, oder ſchienen durch jene Maſ - „ ſen, gleich als durch die Schweife der Cometen, „ durch.Vorrede. jederzeit abgemeſſene Rundung dieſer Fi - guren belehrte mich, daß hier ein unbe - greiflich zahlreiches Sternenheer, und zwar um einen gemeinſchaftlichen Mit - telpunkt, muͤſte geordnet ſeyn, weil ſonſt ihre freye Stellungen gegen einander, wohl irregulaͤre Geſtalten, aber nicht abgemeſſene Figuren vorſtellen wuͤrden. Jch ſahe auch ein: daß ſie in dem Syſtem, darinn ſie ſich vereinigt befin - den, vornemlich auf eine Flaͤche be - ſchraͤnkt ſeyn muͤßten, weil ſie nicht zir - kelrunde, ſondern elliptiſche Figuren ab - bilden, und daß ſie wegen ihres blaſſen Lichts unbegreiflich weit von uns abſte - hen. Was ich aus dieſen Analogien ge - ſchloſſen habe wird die Abhandlung ſelber der Unterſuchung des vorurtheilfreyen Leſers darlegen.
Jn dem zweiten Theile, der den eigentlichſten Vorwurf dieſer Abhand - lung in ſich enthaͤlt, ſuche ich die Verfaſ -ſungVorrede. ſung des Weltbaues aus dem einfachſten Zuſtande der Natur bloß durch mechani - ſche Geſetze zu entwickeln. Wenn ich mich unterſtehen darf denenjenigen, die ſich uͤber die Kuͤhnheit dieſes Unternehmens entruͤſten, bey der Pruͤfung womit ſie mei - ne Gedanken beehren, eine gewiſſe Ord - nung vorzuſchlagen, ſo wollte ich bitten das achte Hauptſtuͤck zuerſt durchzule - ſen, welches, wie ich hoffe, ihre Beur - theilung zu einer richtigen Einſicht vorbe - reiten kan. Wenn ich indeſſen den gneig - ten Leſer zur Pruͤfung meiner Meinun - gen einlade, ſo beſorge ich mit Recht, daß, da Hypotheſen von dieſer Art gemeinig - lich nicht in viel beſſeren Anſehen, als phi - loſophiſche Traͤume ſtehen, es eine ſaure Gefaͤlligkeit vor einen Leſer iſt, ſich zu ei - ner ſorgfaͤltigen[Unterſuchung] von ſelbſt erdachten Geſchichten der Natur zu ent - ſchlieſſen und dem Verfaſſer durch alle die Wendungen, dadurch er den Schwie -rig -Vorrede. rigkeiten, die ihm aufſtoſſen, ausweichet, geduldig zu folgen, um vielleicht am En - de, wie die Zuſchauer des londonſchen Marktſchreiers(*)ſiehe Gellerts Fabel: Hans Nord. , ſeine eigne Leichtglaͤu - bigkeit zu belachen. Jndeſſen getraue ich mir zu verſprechen: daß, wenn der Le - ſer durch das vorgeſchlagene Vorberei - tungs-Hauptſtuͤck hoffentlich wird uͤber - redet worden ſeyn, auf ſo wahrſcheinli - che Vermuthungen doch ein ſolches phy - ſiſches Abentheuer zu wagen, er auf dem Fortgange des Weges nicht ſo viel krumme Abwege und unwegſame Hinder - niſſe, als er vielleicht anfaͤnglich beſorgt, antreffen werde.
Jch habe mich in der That mit groͤſ - ſeſter Behutſamkeit aller willkuͤhrlichen Erdichtungen entſchlagen. Jch habe, nachdem ich die Welt in das einfachſte Chaos verſetzt, keine andere Kraͤfte als die Anziehungs - und ZuruͤckſtoſſungskraftzurVorrede. zur Entwickelung der groſſen Ordnung der Natur angewandt, zwey Kraͤfte, welche beyde gleich gewiß, gleich einfach und zugleich gleich urſpruͤnglich und allge - mein ſind. Beyde ſind aus der Newto - niſchen Weltweisheit entlehnet. Die er - ſtere iſt ein nunmehro auſſer zweifelgeſetz - tes Naturgeſetz. Die zweyte, welcher vielleicht die Naturwiſſenſchaft des New - ton nicht ſo viel Deutlichkeit als die erſte - re gewaͤhren kan, nehme ich hier nur in demjenigen Verſtande an, da ſie niemand in Abrede iſt, nemlich bey der feinſten Aufloͤſung der Materie, wie z. E. bey den Duͤnſten. Aus dieſen ſo einfachen Gruͤnden habe ich auf eine ungekuͤnſtelte Art, ohne andere Folgen zu erſinnen, als diejenigen, worauf die Aufmerkſam - keit des Leſers ganz von ſelber verfallen muß, das folgende Syſtem hergeleitet.
Man erlaube mir ſchluͤßlich wegen der Guͤltigkeit und des angeblichen Werthesder -Vorrede. derjenigen Saͤtze, die in der folgenden The - orie vorkommen werden und wornach ich ſie vor billigen Richter gepruͤft zu werden wuͤnſche, eine kurze Erklaͤrungen zu thun. Man beurtheilt billig den Verfaſſer nach demjenigen Stempel, den er auf ſeine Waare druckt; daher hoffe ich, man werde in den verſchiedenen Theilen dieſer Abhandlung keine ſtrengere Verantwor - tung meiner Meinungen fodern, als nach Maasgebung des Werths, den ich von ihnen ſelber ausgebe. Ueberhaupt kan die groͤßte geometriſche Schaͤrfe und mathematiſche Unfehlbarkeit niemals von einer Abhandlung dieſer Art verlangt werden. Wenn das Syſtem auf Analo - gien und Uebereinſtimmungen, nach den Regeln der Glaubwuͤrdigkeit und einer richtigen Denkungsart, gegruͤndet iſt; ſo hat es allen Foderungen ſeines Objects genug gethan. Dieſen Grad der Tuͤch - tigkeit meine ich in einigen Stuͤcken die -ſerVorrede. ſer Abhandlung, als in der Theorie der Fixſternenſyſtemen, in der Hypotheſe von der Beſchaffenheit der neblichten Sterne, in dem allgemeinen Entwurfe von der mechaniſchen Erzeugungsart des Welt - baues, in der Theorie von dem Satur - nusringe und einigen andern erreicht zu haben. Etwas minder Ueberzeugung werden einige beſondere Theile der Aus - fuͤhrung gewaͤhren, wie z. E. die Be - ſtimmung der Verhaͤltniſſe der Eccentri - citaͤt, die Vergleichung der Maſſen der Planeten, die mancherley Abweichungen der Cometen, und einige andere.
Wenn ich daher in dem ſiebenten Hauptſtuͤck, durch die Fruchtbarkeit des Syſtems und die Annehmlichkeit des groͤßten und wunderwuͤrdigſten Gegen - ſtandes, den man ſich nur denken kan, angelocket, zwar ſtets an dem Leitfaden der Analogie und einer vernuͤnftigen Glaubwuͤrdigkeit; doch mit einiger Kuͤhn -dheitVorrede. heit die Folgen des Lehrgebaͤudes ſo weit als moͤglich fortſetze; wenn ich das Un - endliche der ganzen Schoͤpfung, die Bil - dung neuer Welten und den Untergang der alten, den unbeſchraͤnkten Raum des Chaos der Einbildungskraft darſtelle; ſo hoffe ich, man werde der reizenden An - nehmlichkeit des Objects und dem Ver - gnuͤgen, welches man hat, die Ueberein - ſtimmungen einer Theorie in ihrer groͤſ - ſeſten Ausdehnung zu ſehen, ſo viel Nachſicht vergoͤnnen, ſie nicht nach der groͤßten geometriſchen Strenge, die oh - nedem bey dieſer Art der Betrachtungen nicht ſtatt hat, zu beurtheilen. Eben dieſer Billigkeit verſehe ich mich in An - ſehung des dritten Theiles. Man wird indeſſen allemal etwas mehr wie bloß willkuͤhrliches, obgleich jederzeit etwas weniger als ungezweifeltes, in ſelbigen antreffen.
[I]Pope.Seht jene groſſe Wunderkette die alle Theile dieſer Welt,Vereinet und zuſammenzieht[und] die das groſſe Ganz erhaͤlt.
Sechs Planeten, davon drey Be - gleiter haben, Merkur, Venus, die Erde mit ihrem Monde, Mars, Jupiter mit vier und Saturn mit fuͤnf Trabanten, die um die Sonne als den Mittelpunkt Kreiſe beſchreiben, nebſt den Cometen, die es von allen Seiten her und in ſehr langen Kreiſen thun, machen ein Syſtem aus, welches man das Syſtem der Sonnen oder auch den planetiſchen Weltbau nennt. Die Bewe - gung aller dieſer Koͤrper, weil ſie kreisfoͤrmig und in ſich ſelbſt zuruͤckkehrend iſt, ſetzet zwey(A)Kraͤf -IIEinleitungKraͤfte voraus, welche bey einer jeglichen Art des Lehrbegriffs gleich nothwendig ſind, nemlich eine ſchieſſende Kraft, dadurch ſie in jedem Punk - te ihres krumlienigten Laufes die gerade Rich - tung fortſetzen, und ſich ins Unendliche entfernen wuͤrden, wenn nicht eine andere Kraft, welche es auch immer ſeyn mag, ſie beſtaͤndig noͤthigte dieſe zu verlaſſen und in einem krummen Gleiſe zu lauſen, der die Sonne als den Mittelpunkt umfaſſet. Dieſe zweyte Kraft, wie die Geome - trie ſelber es ungezweifelt ausmacht, zielt allent - halben zu der Sonne hin und wird daher die ſin - kende, die Centripetalkraft, oder auch die Gra - vitaͤt genennet.
Wenn die Kreiſe der Himmelskoͤrper genaue Cirkel waͤren, ſo wuͤrde die allereinfachſte Zer - gliederung der Zuſammenſetzung krumlienigter Be - wegungen zeigen: daß ein anhaltender Trieb ge - gen den Mittelpunkt dazu erfordert werde; allein obgleich ſie an allen Planeten ſowohl als Come - ten Ellipſen ſind, in deren gemeinſchaftlichem Vrennpunkte ſich die Sonne befindet, ſo thut doch die hoͤhere Geometrie mit Huͤlfe der Keple - riſchen Analogie, (nach welcher der radius vector, oder die von dem Planeten zur Sonne gezogene Linie, ſtets ſolche Raͤume von der elliptiſchen Bahn abſchneidet, die den Zeiten proportionirt ſeyn,) gleichfals mit untrieglicher Gewisheit dar; daß eine Kraft den Planet in dem ganzen Kreis - laufe gegen den Mittelpunkt der Sonne unab - laͤßig treiben muͤßte. Dieſe Senkungskraft, die durch den ganzen Raum des Planetenſyſtemsher -IIIEinleitung. herſchet und zu der Sonne hinzielet, iſt alſo ein ausgemachtes Phaͤnomenon der Natur, und eben ſo zuverlaͤßig iſt auch das Geſetze erwieſen, nach welchem ſich dieſe Kraft von dem Mittelpunkte in die ferne Weiten erſtrecket. Sie nimmt im - mer umgekehrt ab, wie die Quadrate der Entfer - nungen von demſelben zunehmen. Dieſe Regel fließt auf eine eben ſo untriegliche Art aus der Zeit die die Planeten in verſchiedenen Entfernun - gen zu ihren Umlaͤufen gebrauchen. Dieſe Zei - ten ſind immer wie die Quadratwurzel aus den Cubis ihrer mitlern Entfernungen von der Son - ne, woraus hergeleitet wird: daß die Kraft, die dieſe Himmelskoͤrper zu dem Mittelpunkte ihrer Umwaͤlzung treibt, in umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadrate des Abſtandes abnehmen muͤſſe.
Eben daſſelbe Geſetz was unter den Planeten herrſcht, in ſo fern ſie um die Sonne laufen, findet ſich auch bey den kleinen Syſtemen, nem - lich denen, die die um ihre Hauptplaneten beweg - te Monden ausmachen. Jhre Umlaufszeiten ſind eben ſo gegen die Entfernungen proportio - nirt, und ſetzen eben daſſelbe Verhaͤltniß der Senkungskraft gegen den Planeten feſt, als dasjenige iſt, dem dieſer zu der Sonne hin unter - worfen iſt. Alles dieſes iſt aus der untrieglich - ſten Geometrie, vermittelſt unſtrittiger Beobach - tungen, auf immer auſſer Wiederſpruch geſetzt. Hiezu kommt noch die Jdee, daß dieſe Senkungs - kraft eben derſelbe Antrieb ſey, der auf der Ober - flaͤche des Planeten die Schweere genannt wird, und der von dieſem ſich ſtufenweiſe nach dem an -(A 2)gefuͤhr -IVEinleitung. gefuͤhrten Geſetze mit den Entfernungen vermin - dert. Dieſes erſiehet man aus der Vergleichung der Quantitaͤt der Schweere auf der Oberflaͤche der Erde mit der Kraft, die den Mond zum Mittelpunkte ſeines Kreiſes hintreibt, welche ge - gen einander eben ſo wie die Attraktion in dem ganzen Weltgebaͤude, nemlich im umgekehrten Verhaͤltniß des Quadrats der Entfernungen iſt. Dies iſt die Urſache, warum man oftgemeldete Centralkraft auch die Gravitaͤt nennet.
Weil es uͤberdem auch im hoͤchſten Grade wahr - ſcheinlich iſt: daß, wenn eine Wirkung nur in Gegenwart und nach Proportion der Annaͤherung zu einem gewiſſen Koͤrper geſchiehet, die Rich - tung derſelben auch aufs genaueſte auf dieſen Koͤr - per beziehend iſt, zu glauben ſey, dieſer Koͤrper ſey, auf was fuͤr Art es auch wolle, die Urſache derſelben; ſo hat man um deswillen Grund genug zu haben vermeynet, dieſe allgemeine Senkung der Planeten gegen die Sonne, einer Anziehungs - kraft der letztern zuzuſchreiben, und dieſes Vermoͤ - gen der Anziehung allen Himmelskoͤrpern uͤber - haupt beyzulegen.
Wenn ein Koͤrper alſo dieſem Antriebe der ihn zum Sinken gegen die Sonne oder irgend einen Planeten treibt, frey uͤberlaſſen wird; ſo wird er in ſtets beſchleunigter Bewegung zu ihm nieder - fallen und in kurzem ſich mit deſſelben Maſſe ver - einigen. Wenn er aber einen Stoß nach der Seite hin bekommen hat; ſo wird er, wenn die - ſer nicht ſo kraͤftig iſt, dem Drucke des Sinkens genau das Gleichgewicht zu leiſten, ſich in einergebo -VEinleitung. gebogenen Bewegung zu dem Centralkoͤrper hin - ein ſenken, und wenn der Schwung, der ihm ein - gedruckt worden, wenigſtens ſo ſtark geweſen, ihn, ehe er die Oberflaͤche deſſelben beruͤhrt, von der ſenkrechten Linie um die halbe Dicke des Koͤrpers im Mittelpunkte zu entfernen, ſo wird er nicht deſſen Oberflaͤche beruͤhren, ſondern, nachdem er ſich dichte um ihn geſchwungen hat, durch die vom Falle erlangte Geſchwindigkeit ſich wieder ſo hoch erheben, als er gefallen war, um in beſtaͤndiger Kreisbewegung um ihn ſeinen Umlauf fortzuſetzen.
Der Unterſchied zwiſchen den Laufkreiſen der Cometen und Planeten beſtehet alſo in der Ab - wiegung der Seitenbewegung gegen den Druck, der ſie zum Fallen treibt; welche zwey Kraͤfte je mehr ſie der Gleichheit nahe kommen, deſto aͤhn - licher wird der Kreis der Cirkelfigur, und je un - gleicher ſie ſeyn, je ſchwaͤcher die ſchieſſende Kraft in Anſehung der Centralkraſt iſt, deſto laͤnglichter iſt der Kreis, oder wie man es nennt, deſto ec - centriſcher iſt er, weil der Himmelskoͤrper in ei - nem Theile ſeiner Bahn ſich der Sonne weit mehr naͤhert, als im andern.
Weil nichts in der ganzen Natur auf das ge - naueſte abgewogen iſt, ſo hat auch kein Planet eine ganz cirkelfoͤrmige Bewegung; aber die Co - meten weichen am meiſten davon ab, weil der Schwung, der ihnen zur Seite eingedruͤckt wor - den, am wenigſten zu der Centralkraft ihres erſten Abſtandes proportionirt geweſen.
Jch werde mich in der Abhandlung ſehr oft des Ausdrucks einer ſyſtematiſchen Verfaſ -(A 3)ſungVIEinleitung. ſung des Weltbaues bedienen. Damit man keine Schwierigkeit finde, ſich deutlich vorzuſtellen, was dadurch ſoll angedeutet werden, ſo will ich mich daruͤber mit wenigem erklaͤren. Eigentlich machen alle Planeten und Cometen, die zu un - ſerem Weltbau gehoͤren, dadurch ſchon ein Sy - ſtem aus, daß ſie ſich um einen gemeinſchaftli - chen Centralkoͤrper drchen. Jch nehme aber dieſe Benennung noch in engerem Verſtande, indem ich auf die genauere Beziehungen ſehe, die ihre Verbindung mit einander regelmaͤßig und gleich - foͤrmig gemacht hat. Die Kreiſe der Planeten beziehen ſich ſo nahe, wie moͤglich auf eine ge - meinſchaftliche Flaͤche, nemlich auf die verlaͤngerte Aequatorsflaͤche der Sonne; die Abweichung von dieſer Regel findet nur bey der aͤuſſerſten Grenze des Syſtems, da alle Bewegungen allmaͤhlich auf - hoͤren, ſtatt. Wenn daher eine gewiſſe Anzahl Himmelskoͤrper, die um einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt geordnet ſind, und ſich um ſelbigen bewegen, zugleich auf eine gewiſſe Flaͤche ſo be - ſchrenkt worden, daß ſie von ſelbiger zu beyden Seiten nur ſo wenig als moͤglich abzuweichen die Freyheit haben: wenn die Abweichung nur bey denen, die von dem Mittelpunkte am weiteſten entfernet ſind, und daher an den Beziehungen weniger Antheil als die andern haben, ſtufenweiſe ſtatt findet; ſo ſage ich, dieſe Koͤrper befinden ſich in einer ſyſtematiſchen Verfaſſung zu - ſammen verbunden.
Der Lehrbegriff von der allgemeinen Verfaſſung des Weltbaues hat ſeit den Zeiten des Huygens keinen merklichen Zuwachs gewonnen. Man weiß noch zur Zeit nichts mehr, als was man ſchon damals gewuſt hat, nemlich, daß ſechs Planeten mit zehn Begleitern, welche alle beynahe auf einer Flaͤche die Cirkel ihres Umlaufs gerichtet haben, und die ewige cometiſche Kugeln, die nach allen Seiten ausſchweifen, einASy -2Allgemeine NaturgeſchichteSyſtem ausmachen, deſſen Mittelpunkt die Son - ne iſt, gegen welche ſich alles ſenkt, um welche ih - re Bewegungen gehen, und von welcher ſie alle er - leuchtet, erwaͤrmet und belebet werden; daß end - lich die Fixſterne als eben ſo viel Sonnen, Mittel - punkte von aͤhnlichen Syſtemen ſeyn, in welchen alles eben ſo groß und eben ſo ordentlich als in den unſrigen eingerichtet ſeyn mag, und daß der unend - liche Weltraum von Weltgebaͤuden wimmele, de - ren Zahl und Vortreflichkeit ein Verhaͤltniß zur Un - ermeßlichkeit ihres Schoͤpfers hat.
Das ſyſtematiſche, welches in der Verbindung der Planeten, die um ihre Sonnen laufen, ſtatt fand, verſchwand alhier in der Menge der Fixſter - nen, und es ſchien, als wenn die geſetzmaͤßige Be - ziehung, die im Kleinen angetroffen wird, nicht unter den Gliedern des Weltalls im Groſſen herr - ſche; die Fixſterne bekamen kein Geſetz, durch wel - ches ihre Lagen gegen einander eingeſchraͤnket wur - den, und man ſahe ſie alle Himmel und aller Him - mel Himmel ohne Ordnung und ohne Abſicht erfuͤl - len. Seit dem die Wißbegierde des Menſchen ſich dieſe Schranken geſetzet hat, ſo hat man weiter nichts gethan, als die Groͤſſe desjenigen daraus abzunehmen und zu bewundern, der in ſo unbegreif - lich groſſen Werken ſich offenbaret hat.
Dem Herrn Wright von Durham, einem En - gelaͤnder, war es vorbehalten, einen gluͤcklichen Schritt zu einer Bemerkung zu thun, welche von ihm ſelber zu keiner gar zu tuͤchtigen Abſicht ge -braucht3und Theorie des Himmels. braucht zu ſeyn ſcheinet, und deren nuͤtzliche Anwen - dung er nicht genugſam beobachtet hat. Er betrachte - te die Fixſterne nicht als ein ungeordnetes und oh - ne Abſicht zerſtreutes Gewimmel, ſondern er fand eine ſyſtematiſche Verfaſſung im Ganzen, und eine allgemeine Beziehung dieſer Geſtirne gegen einen Hauptplan der Raume, die ſie einnehmen.
Wir wollen den Gedanken, den er vorgetra - gen, zu verbeſſern und ihm diejenige Wendung zu ertheilen ſuchen, dadurch er an wichtigen Folgen fruchtbar ſeyn kan, deren voͤllige Beſtaͤtigung den kuͤnftigen Zeiten aufbehalten iſt.
Jedermann, der den beſtirnten Himmel in ei - ner heitern Nacht anſiehet, wird denjenigen lichten Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne, die daſelbſt mehr als anderwerts gehaͤuft ſeyn, und durch ihre ſich in der groſſen Weite verlierende Kent - lichkeit, ein einfoͤrmigtes Licht darſtellet, welches man mit dem Nahmen der Milchſtraſſe benennet hat. Es iſt zu bewundern, daß die Beobachter des Himmels durch die Beſchaffenheit dieſer am Him - mel kenntlich unterſchiedenen Zone nicht laͤngſt be - wogen worden, ſonderbare Beſtimmungen in der Lage der Fixſterne daraus abzunehmen. Denn man ſiehet ihn die Richtung eines groͤßten Zirkels, und zwar in ununterbrochenem Zuſammenhange, um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedin - gungen, die eine ſo genaue Beſtimmung und von dem Unbeſtimmten des Ungefehrs ſo kenntlich un - terſchicdene Merkmale mit ſich fuͤhren, daß auf -A 2merk -4Allgemeine Naturgeſchichtemerkſame Sternkundige natuͤrlicher Weiſe dadurch haͤtten veranlaſſet werden ſollen, der Erklaͤrung ei - ner ſolchen Erſcheinung mit Aufmerkſamkeit nach - zuſpuͤren.
Weil die Sterne nicht auf die ſcheinbare hole Himmelsſphaͤre geſetzet ſind, ſondern einer weiter als der andere von unſerm Geſichtspuncte entfernet, ſich in der Tiefe des Himmels verlieren: ſo folget aus dieſer Erſcheinung, daß in den Entfernungen, darinn ſie einer hinter dem andern von uns abſte - hen, ſie ſich nicht in einer nach allen Seiten gleich - guͤltigen Zerſtreuung befinden, ſondern ſich auf ei - ne gewiſſe Flaͤche vornemlich beziehen muͤſſen, die durch unſern Geſichtspunkt gehet, und welcher ſie ſich ſo nahe als moͤglich zu befinden beſtimmet ſind.
Dieſe Beziehung iſt ein ſo ungezweifeltes Phaͤ - nomenon, daß auch ſelber die uͤbrigen Sterne, die in dem weißlichten Streife der Milchſtraſſe nicht begriffen ſind, doch um deſto gehaͤufter und dichter geſehen werden, je naͤher ihre Oerter dem Cirkel der Milchſtraſſe ſind, ſo, daß von den 2000 Ster - nen, die das bloſſe Auge am Himmel entdecket, der groͤßte Theil in einer nicht gar breiten Zone, deren Mitte die Milchſtraſſe einnimmt, angetroffen wird.
Wenn wir nun eine Flaͤche durch den Sternen - himmel hindurch in unbeſchraͤnkte Weiten gezogen gedenken, und annehmen: daß zu dieſer Flaͤche al - le Fixſterne und Syſtemata eine allgemeine Bezie - hung ihres Orts haben, um ſich derſelben naͤherals5und Theorie des Himmels. als andern Gegenden zu befinden, ſo wird das Au - ge, welches ſich in dieſer Beziehungsflaͤche befindet, bey ſeiner Ausſicht in das Feld der Geſtirne, an der hohlen Kugelflaͤche des Firmaments, dieſe dichteſte Haͤufung der Sterne in der Richtung ſolcher gezo - genen Flaͤche unter der Geſtalt einer von mehrerem Lichte erleuchteten Zone erblicken. Dieſer lichte Streif wird nach der Richtung eines groͤßten Zir - kels fortgehen, weil der Stand des Zuſchauers in der Flaͤche ſelber iſt. Jn dieſer Zone wird es von Sternen wimmeln, welche durch die nicht zu un - terſcheidende Kleinigkeit der hellen Punkte, die ſich einzeln dem Geſichte entziehen, und durch ihre ſcheinbare Dichtigkeit, einen einfoͤrmig weißlichten Schimmer, mit einem Worte, eine Milchſtraſſe vorſtellig machen. Das uͤbrige Himmelsheer, deſ - ſen Beziehung gegen die gezogene Flaͤche ſich nach und nach vermindert, oder welches ſich auch dem Stande des Beobachters naͤher befindet, wird mehr zerſtreuet, wiewol doch, ihrer Haͤufung nach, auf eben dieſen Plan beziehend geſehen werden. End - lich folget hieraus, daß unſere Sonnenwelt, weil von ihr aus dieſes Syſtem der Fixſterne in der Rich - tung eines groͤſſeſten Zirkels geſehen wird, mit in eben derſelben groſſen Flaͤche befindlich ſey, und mit den uͤbrigen ein Syſtem ausmache.
Wir wollen, um in die Beſchaffenheit der all - gemeinen Verbindung, die in dem Weltbaue herr - ſchet, deſto beſſer zu dringen, die Urſache zu entde - cken ſuchen, welche die Oerter der Fixſterne auch ei -A 3ne6Allgemeine Naturgeſchichtene gemeinſchaftliche Flaͤche beziehend gemacht hat.
Die Sonne ſchrenket| die Weite ihrer Anzie - hungskraft nicht in den engen Bezirk des Planeten - gebaͤudes ein. Allem Anſehen nach erſtreckt ſie ſel - bige ins unendliche. Die Cometen, die ſich ſehr weit uͤber den Kreiß des Saturns erheben, werden durch die Anziehung der Sonne genoͤthiget, wieder zuruͤck zu kehren und in Kreiſen zu laufen. Ob es alſo gleich der Natur eiuer Kraft, die dem Weſen der Materie einverleibt zu ſeyn ſcheinet, gemaͤſſer iſt, unbeſchraͤnkt zu ſeyn, und ſie auch wirklich von denen, die Newtons Saͤtze annehmen, davor er - kannt wird; ſo wollen wir doch nur zugeſtanden wiſſen, daß dieſe Anziehung der Sonne ohngefehr bis zum naͤchſten Fixſterne reiche, und daß die Fix - ſterne als eben ſo viel Sonnen in gleichem Umfan - ge um ſich wirken, folglich daß das ganze Heer der - ſelben einander durch die Anziehung zu naͤhern be - ſtrebt ſey; ſo finden ſich alle Weltſyſtemen in der Verfaſſung, durch die gegenſeitige Annaͤherung, die unaufhoͤrlich und durch nichts gehindert iſt, uͤber kurz oder lang in einen Klumpen zuſammen zu fal - len, wofern dieſem Ruin nicht ſo wie bey den Ku - geln unſers planetiſchen Syſtems durch die den Mit - telpunkt fliehende Kraͤfte vorgebeugt worden, wel - che, indem ſie die Himmelskoͤrper von dem geraden Falle abbeugen, mit den Kraͤften der Anziehung in Verbindung die ewige Kreisumlaͤufe zuwege brin - gen, dadurch das Gebaͤude der Schoͤpfung vor derZer -7und Theorie des Himmels. Zerſtoͤrung geſichert und zu einer unvergaͤnglichen Dauer geſchickt gemacht wird.
So haben denn alle Sonnen des Firmaments Umlaufsbewegungen, entweder um einen allgemei - nen Mittelpunkt oder um viele. Man kann ſich aber allhier der Analogie bedienen, deſſen, was bey den Kreislaͤufen unſerer Sonnenwelt bemerket wird: daß nemlich, gleichwie eben dieſelbe Urſache, die den Planeten die Centerfliehkraft, durch die ſie ihre Um - laͤufe verrichten, ertheilet hat, ihre Laufkreiſe auch ſo gerichtet: daß ſie ſich alle auf eine Flaͤche bezie - hen, alſo auch die Urſache, welche es auch immer ſeyn mag, die den Sonnen der Oberwelt, als ſo viel Wandelſternen hoͤherer Weltordnungen die Kraft der Umwendung gegeben, ihre Kreiſe zu - gleich ſo viel moͤglich auf eine Flaͤche gebracht, und die Abweichungen von derſelben einzuſchraͤnken be - ſtrebt geweſen.
Nach dieſer Vorſtellung kann man das Syſtent der Fixſterne einiger maſſen durch das planetiſche abſchildern, wenn man dieſes unendlich vergroͤſſert. Denn wenn wir an ſtatt der 6 Planeten mit ihren 10 Begleitern ſo viele tauſend derſelben, und an ſtatt der 28 oder 30 Cometen, die beobachtet wor - den, ihrer hundert oder tauſendmal mehr anneh - men, wenn wir eben dieſe Koͤrper als ſelbſtleuchtend gedenken, ſo wuͤrde dem Auge des Zuſchauers, das ſie von der Erde anſiehet, eben der Schein als von den Fixſternen der Milchſtraſſe entſtehen. Denn die gedachte Planeten wuͤrden durch ihre NaheitA 4zu8Allgemeine Naturgeſchichtezu dem gemeinen Plane ihrer Beziehung, uns, die wir mit unſerer Erde in eben demſelben Plane be - findlich ſeyn, eine von unzaͤhlbaren Sternen dicht erleuchtete Zone darſtellen, deren Richtung nach dem groͤſſeſten Zirkel gienge; dieſer lichte Streifen wuͤrde allenthalben mit Sternen genugſam beſetzet ſeyn, obgleich gemaͤß der Hypotheſe es Wandelſter - ne, mithin nicht an einen Ort geheftet ſind, denn es wuͤrden ſich allezeit nach einer Seite Sterne ge - nug durch ihre Verſetzung befinden, obgleich andere dieſen Ort geaͤndert haͤtten.
Die Breite dieſer erleuchteten Zone, welche ei - ne Art eines Thierkreiſes vorſtellet, wird durch die verſchiedene Grade der Abweichung beſagter Jrr - ſterne von dem Plane ihrer Beziehung und durch die Neigung ihrer Kreiſe gegen dieſelbe Flaͤche ver - anlaſſet werden; und weil die meiſten dieſem Pla - ne nahe ſeyn, ſo wird ihre Anzahl nach dem Maaſſe der Entfernung von dieſer Flaͤche zerſtreuter erſchei - nen; die Cometen aber, die alle Gegenden ohne Unterſcheid einnehmen, werden das Feld des Him - mels von beyden Seiten bedecken.
Die Geſtalt des Himmels der Fixſterne hat al - ſo keine andere Urſache, als eben eine dergleichen ſyſtematiſche Verfaſſung im Groſſen, als der pla - netiſche Weltbau im Kleinen hat, indem alle Son - nen ein Syſtem ausmachen, deſſen allgemeine Be - ziehungsflaͤche die Milchſtraſſe iſt; die ſich am we - nigſten auf dieſe Flaͤche beziehende, werden zur Sei - te geſehen, ſie ſind aber eben deswegen weniger ge -haͤu -9und Theorie des Himmels. haͤufet, weit zerſtreuter und ſeltener. Es ſind ſo zu ſagen die Cometen unter den Sonnen.
Dieſer neue Lehrbegriff aber legt den Sonnen eine fortruͤckende Bewegung bey, und jedermann erkennet ſie doch als unbewegt, und von Anbeginn her an ihre Oerter geheftet. Die Benennung, die die Fixſterne davon erhalten haben, ſcheinet durch die Beobachtung aller Jahrhunderte beſtaͤtigt und ungezweifelt zu ſeyn. Dieſe Schwierigkeit wuͤrde das vorgetragene Lehrgebaͤude vernichten, wenn ſie gegruͤndet waͤre. Allein allem Anſehen nach iſt die - ſer Mangel der Bewegung nur etwas ſcheinbares. Es iſt entweder nur eine ausnehmende Langſamkeit, die von der groſſen Entfernung von dem gemeinen Mittelpunkte ihres Umlaufs, oder eine Unmerk - lichkeit, die durch den Abſtand von dem Orte der Beobachtung veranlaſſet wird. Laſſet uns die Wahrſcheinlichkeit dieſes Begriffes durch die Aus - rechnung der Bewegung ſchaͤtzen, die ein unſerer Sonne naher Fixſtern haben wuͤrde, wenn wir ſetzten, daß unſere Sonnr der Mittelpunkt ſeines Kreiſes waͤre. Wenn ſeine Weite nach dem Huy - gen uͤber 21000mal groͤſſer, als der Abſtand der Sonne von der Erde angenommen wird; ſo iſt nach dem ausgemachten Geſetze der Umlaufszeiten, die im Verhaͤltniß der Quadratwurzel aus dem Wuͤrfel der Entfernungen vom Mittelpunkte ſte - hen, die Zeit, die er anwenden muͤſte, ſeinen Zir - kel um die Sonne einmal zu durchlaufen, von mehr als anderthalb Millionen Jahre, und dieſes wuͤr -A 5de10Allgemeine Naturgeſchichtede in 4000 Jahren eine Verruͤckung ſeines Orts nur um einen Grad ſetzen. Da nun nur vielleicht ſehr wenige Fixſterne der Sonne ſo nahe ſind, als Huygen den Sirius ihr zu ſeyn gemuthmaſſet hat, da die Entfernung des uͤbrigen Himmelsheeres des letzteren ſeine vielleicht ungemein uͤbertrift, und alſo zu ſolcher periodiſchen Umwendung ungleich laͤngere Zeiten erfordern wuͤrden, uͤberdem auch wahrſchein - licher iſt, daß die Bewegung der Sonnen des Sternenhimmels um einen gemeinſchaftlichen Mit - telpunkt gehe, deſſen Abſtand ungemein groß, und die Fortruͤckung der Sterne daher uͤberaus langſam ſeyn kan: ſo laͤßt ſich hieraus mit Wahrſcheinlich - keit abnehmen, daß alle Zeit, ſeit der man Beob - achtungen am Himmel angeſtellet hat, vielleicht noch nicht hinlaͤnglich ſey, die Veraͤnderung, die in ihren Stellungen vorgegangen, zu bemerken. Man darf indeſſen noch nicht die Hoffnung aufge - ben, auch dieſe mit der Zeit zu entdecken. Es wer - den ſubtile und ſorgfaͤltige Aufmerker, imgleichen eine Vergleichung weit von einander abſtehender Beobachtungen dazu erfordert. Man muͤßte dieſe Beobachtungen vornemlich auf die Sterne der Milchſtraſſe richten(*)Jmgleichen auf diejenige Haufen von Sternen, deren viele in einem kleinen Raume bey einander ſeyn, als z. E. das Siebengeſtirn, welche viel - leicht unter ſich ein kleines Syſtem in dem Groͤſ - ſern ausmachen., welche der Hauptplan aller Bewegung iſt. Herr Bradley hat beynaheun -11und Theorie des Himmels. unmerkliche Fortruͤckungen der Sterne beobachtet. Die Alten haben Sterne an gewiſſen Stellen des Himmels gemerket, und wir ſehen neue an andern. Wer weiß, waren es nicht die vorigen, die nur den Ort geaͤndert haben. Die Vortreflichkeit der Werkzeuge und die Vollkommenheit der Sternen - wiſſenſchaft machen uns |gegruͤndete Hoffnung zu Entdeckung ſo ſonderbarer Merkwuͤrdigkeiten(*)de la Hire bemerket in den Memoires der Acade - mie zu Paris vom Jahr 1693, er habe ſowohl aus eigenen Beobachtungen, als auch aus Ver - gleichung derſelben mit des Ricciolus ſeinen eine ſtarke Aenderung in den Stellungen der Sterne des Siebengeſtirns wahrgenommen.. Die Glaubwuͤrdigkeit der Sache ſelber aus den Gruͤnden der Natur und der Analogie unterſtuͤtzen dieſe Hoffnung ſo gut, daß ſie die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher reitzen koͤnnen, ſie in Erfuͤllung zu bringen.
Die Milchſtraſſe iſt, ſo zu ſagen, auch der Thier - kreis neuer Sterne, welche faſt in keiner andern Himmelsgegend, als in dieſer, wechſelsweiſe ſich ſehen laſſen und verſchwinden. Wenn dieſe Ab - wechſelung ihrer Sichtbarkeit von ihrer periodiſchen Entfernung und Annaͤherung zu uns herruͤhret, ſo ſcheinet wohl aus der angefuͤhrten ſyſtematiſchen Verfaſſung der Geſtirne, daß ein ſolches Phaͤno - menon mehrentheils nur in dem Bezirk der Milch - ſtraſſe muͤſſe geſehen werden. Denn da es Sterne ſind, die in ſehr ablangen Kreiſen um andere Fix -ſter -12Allgemeine Naturgeſchichteſterne als Trabanten um ihre Hauptplaneten lau - fen, ſo erfordert es die Analogie mit unſerm plane - tiſchen Weltbau, in welchem nur die dem gemeinen Plane der Bewegungen nahe Himmelskoͤrper um ſich laufende Begleiter haben, daß auch nur die Sterne, die in der Milchſtraſſe ſind, um ſich lau - fende Sonnen haben werden.
Jch komme zu demjenigen Theile des vorgetra - genen Lehrbegriffs, der ihn durch die erhabene Vor - ſtellung, welche er von dem Plane der Schoͤpfung darſtellet, am meiſten reitzend macht. Die Reihe der Gedanken, die mich darauf geleitet haben, iſt kurz und ungekuͤnſtelt; ſie beſtehet in folgendem. Wenn ein Syſtem von Fixſternen, welche in ihren Lagen ſich auf eine gemeinſchaftliche Flaͤche beziehen, ſo wie wir die Milchſtraſſe entworfen haben, ſo weit von uns entfernet iſt, daß alle Kenntlichkeit der einzelnen Sterne, daraus es beſtehet, ſo gar dem Sehrohre nicht mehr empfindlich iſt: wenn ſei - ne Entfernung zu der Entfernung der Sterne der Milchſtraſſe eben das Verhaͤltniß, als dieſe zum Abſtande der Sonne von uns hat; kurz, wenn ei - ne ſolche Welt von Fixſternen in einem ſo unermeß - lichen Abſtande von dem Auge des Beobachters, das ſich auſſerhalb demſelben befindet, angeſchauet wird, ſo wird dieſelbe unter einem kleinen Winkel als ein mit ſchwachem Lichte erleuchtetes Raͤumchen erſchei - nen, deſſen Figur zirkelrund ſeyn wird, wenn ſeine Flaͤche ſich dem Auge gerade zu darbietet und elli - ptiſch, wenn es von der Seite geſehen wird. DieSchwaͤ -13und Theorie des Himmels. Schwaͤche des Lichts, die Figur und die kennbare Groͤſſe des Durchmeſſers werden ein ſolches Phaͤno - menon, wenn es vorhanden iſt, von allen Ster - nen, die einzeln geſehen werden, gar deutlich un - terſcheiden.
Man darf ſich unter den Beobachtungen der Sternkundigen nicht lange nach dieſer Erſcheinung umſehen. Sie iſt von unterſchiedlichen Beobach - tern deutlich wahrgenommen worden. Man hat ſich uͤber ihre Seltſamkeit verwundert; man hat ge - muthmaſſet und bisweilen wunderlichen Einbildun - gen, bisweilen ſcheinbaren Begriffen, die aber doch eben ſo ungegruͤndet, als die erſtern waren, Platz gegeben. Die neblichten Sterne ſind es, welche wir meynen, oder vielmehr eine Gattung derſelben, die der Herr von Maupertuis ſo beſchreibet(*)Abhandlung von der Figur der Sterne.: Daß es kleine, etwas mehr als das Finſtere des leeren Himmelsraums erleuchtete Plaͤtz - chen ſeyn, die alle darinn uͤberein kommen, daß ſie mehr oder weniger offene Ellipſen vorſtellen, aber deren Licht weit ſchwaͤcher iſt, als irgend ein anderes, das man am Himmel gewahr wird. Der Verfaſſer der Aſtrotheologie bildete ſich ein, daß es Oefnungen im Firmamente waͤren, durch welche er den Feuer - himmel zu ſehen glaubte. Ein Philoſoph von er - leuchtetern Einſichten, der ſchon angefuͤhrte Herr von Maupertuis, haͤlt ſie in Betrachtung ihrer Fi - gur und kennbaren Durchmeſſers vor erſtaunlichgroſ -14Allgemeine Naturgeſchichtegroſſe Himmelskoͤrper, die durch ihre von dem Dre - hungsſchwunge verurſachte groſſe Abplattung von der Seite geſehen, elliptiſche Geſtalten darſtellen.
Man wird leicht uͤberfuͤhrt, daß dieſe letztere Erklaͤrung gleichfalls nicht ſtatt finden koͤnne. Weil dieſe Art von neblichten Sternen auſſer Zwei - fel zum wenigſten eben ſo weit als die uͤbrigen Fix - ſterne von uns entfernet ſeyn muß; ſo waͤre nicht allein ihre Groͤſſe erſtaunlich, nach welcher ſie auch die groͤſſeſten Sterne viele tauſendmal uͤbertreffen muͤſten, ſondern das waͤre am allerſeltſamſten, daß ſie bey dieſer auſſerordentlichen Groͤſſe, da es ſelbſt - leuchtende Koͤrper und Sonnen ſeyn, das aller - ſtumpfſte und ſchwaͤchſte Licht an ſich zeigen ſollten.
Weit natuͤrlicher und begreiflicher iſt es, daß es nicht einzelne ſo groſſe Sterne, ſondern Syſte - mata von vielen ſeyn, deren Entfernung ſie in ei - nem ſo engen Raume darſtellet, daß das Licht, wel - ches von jedem derſelben einzeln unmerklich iſt, bey ihrer unermeßlichen Menge in einen einfoͤrmigten blaſſen Schimmer ausſchlaͤgt. Die Analogie mit dem Sternenſyſtem, darinn wir uns befinden, ih - re Geſtalt, welche gerade ſo iſt, als ſie es nach un - ſerem Lehrbegriffe ſeyn muß, die Schwaͤche des Lichts, die eine vorausgeſetzte unendliche Entfer - nung erfordert. Alles ſtimmet vollkommen uͤber - ein, dieſe elliptiſche Figuren vor eben dergleichenWelt -15und Theorie des Himmels. Weltordnungen, und ſo zu reden, Milchſtraſſen zu halten, deren Verfaſſung wir eben entwickelt haben; und wenn Muthmaſſungen in denen Ana - logie und Beobachtung vollkommen uͤbereinſtim - men, einander zu unterſtuͤtzen, eben dieſelbe Wuͤrdigkeit haben als foͤrmliche Beweiſe, ſo wird man die Gewißheit dieſer Syſtemen vor ausgemacht halten muͤſſen.
Nunmehro hat die Aufmerkſamkeit der Be - obachter des Himmels, Bewegungsgruͤnde genug, ſich mit dieſem Vorwurfe zu beſchaͤftigen. Die Fixſterne, wie wir wiſſen, beziehen ſich alle auf ei - nen gemeinſchaftlichen Plan, und machen dadurch ein zuſammengeordnetes Ganze, welches eine Welt von Welten iſt. Man ſiehet, daß in unermeßli - chen Entfernungen es mehr ſolcher Sternenſyſtemen giebt, und daß die Schoͤpfung in dem ganzen un - endlichen Umfange ihrer Groͤſſe allenthalben ſyſte - matiſch und auf einander beziehend iſt.
Man koͤnnte noch muthmaſſen, daß eben dieſe hoͤhere Weltordnungen nicht ohne Beziehung gegen einander ſeyn, und durch dieſes gegenſeitige Ver - haͤltniß wiederum ein noch unermeßlicheres Syſtem ausmachen. Jn der That ſiehet man, daß die el - liptiſche Figuren dieſe Arten neblichter Sterne, wel - che der Herr von Maupertuis anfuͤhret, eine ſehr nahe Beziehung auf den Plan der Milchſtraſſe ha -ben.16Allgemeine Naturgeſchichteben. Es ſtehet hier ein weites Feld zu Entdeckun - gen offen, wozu die Beobachtung den Schluͤſſel ge - ben muß. Die eigentlich ſo genannten neblichten Sterne, und die, uͤber welche man ſtrittig iſt, ſie ſo zu benennen, muͤſten nach Anleitung dieſes Lehr - begriffs unterſucht und gepruͤft werden. Wenn man die Theile der Natur nach Abſichten und einem entdeckten Entwurfe betrachtet, ſo eroͤfnen ſich ge - wiſſe Eigenſchaften, die ſonſt uͤberſehen werden und verborgen bleiben, wenn ſich die Beobachtung oh - ne Anleitung auf alle Gegenſtaͤnde zerſtreuet.
Der Lehrbegriff, den wir vorgetragen haben, eroͤfnet uns eine Ausſicht in das unendliche Feld der Schoͤpfung, und bietet eine Vorſtellung von dem Werke GOttes dar, die der Unendlichkeit des groſ - ſen Werkmeiſters gemaͤß iſt. Wenn die Groͤſſe ei - nes planetiſchen Weltbaues, darinn die Erde als ein Sandkorn kaum bemerket wird, den Verſtand in Verwunderung ſetzt, mit welchem Erſtaunen wird man entzuͤcket, wenn man die unendliche Menge Welten und Syſtemen anſiehet, die den Jnnbegriff der Milchſtraſſe erfuͤllen; allein wie ver - mehrt ſich dieſes Erſtaunen, wenn man gewahr wird, daß alle dieſe unermeßliche Sternordnungen wiederum die Einheit von einer Zahl machen, deren Ende wir nicht wiſſen, und die vielleicht eben ſo wie je - ne unbegreiflich groß, und doch wiederum noch die Einheit einer neuen Zahlverbindung iſt. Wir ſehen die erſten Glieder einer fortſchreitenden Verhaͤltniß vonWel -17und Theorie des Himmels. Welten und Syſtemen, und der erſte Theil dieſer un - endlichen Progreßion giebt ſchon zu erkennen, was man von dem Ganzen vermuthen ſoll. Es iſt hie kein Ende, ſondern ein Abgrund einer wahren Un - ermeßlichkeit, worinn alle Faͤhigkeit der menſchli - chen Begriffe ſinket, wenn ſie gleich durch die Huͤl - fe der Zahlwiſſenſchaft erhoben wird. Die Weis - heit, die Guͤte, die Macht, die ſich offenbaret hat, iſt unendlich, und in eben der Maaſſe fruchtbar und geſchaͤftig; der Plan ihrer Offenbarung muß daher eben wie ſie unendlich und ohne Grenzen ſeyn.
Es ſind aber nicht allein im Groſſen wichtige Entdeckungen zu machen, die den Begriff zu erwei - tern dienen, den man ſich von der Groͤſſe der Schoͤpfung machen kann. Jm Kleinern iſt nicht weniger unentdeckt, und wir ſehen ſogar in unſerer Sonnenwelt die Glieder eines Syſtems, die uner - meßlich weit von einander abſtehen, und zwiſchen welchen man die Zwiſchentheile noch nicht entdecket hat. Sollte zwiſchen dem Saturn, dem aͤuſſer - ſten unter den Wandelſternen, die wir kennen, und dem am wenigſten eccentriſchen Cometen, der viel - leicht von einer 10 und mehrmal entlegenern Ent - fernung zu uns herabſteigt, kein Planet mehr ſeyn, deſſen Bewegung der cometiſchen naͤher als jener kaͤme? und ſolten nicht noch andere mehr durch ei - ne Annaͤherung ihrer Beſtimmungen, vermittelſt ei - ner Reihe von Zwiſchengliedern, die Planeten nach und nach in Cometen verwandeln, undBdie18Allgemeine Naturgeſchichtedie letztere Gattung mit der erſtern zuſam - menhaͤngen?
Das Geſetz, nach welchem die Eccentricitaͤt der Planetenkreiſe ſich in Gegenhaltung ihres Ab - ſtandes von der Sonne verhaͤlt, unterſtuͤtzt dieſe Vermuthung. Die Eccentricitaͤt in den Bewe - gungen der Planeten nimmt mit derſelben Abſtande von der Sonne zu, und die entfernten Planeten kommen dadurch der Beſtimmung der Cometen naͤ - her. Es iſt alſo zu vermuthen, daß es noch an - dere Planeten uͤber dem Saturn geben wird, wel - che noch eccentriſcher, und dadurch alſo jenen noch naͤher verwandt, vermittelſt einer beſtaͤndigen Lei - ter die Planeten endlich zu Cometen machen. Die Eccentricitaͤt iſt bey der Venus $$\frac{1}{126}$$ von der halben Achſe ihres elliptiſchen Kreiſes; bey der Erde $$\frac{1}{58}$$ , beym Jupiter $$\frac{1}{20}$$ , und beym Saturn $$\frac{1}{17}$$ derſel - ben; ſie nimmt alſo augenſcheinlich mit den Ent - fernungen zu. Es iſt wahr, Merkur und Mars nehmen ſich durch ihre viel groͤſſere Eecentricitaͤt, als das Maaß ihres Abſtandes von der Sonne es erlaubet, von dieſem Geſetze aus; aber wir werden im folgenden belehret werden, daß eben dieſelbe Ur - ſachen, weswegen einigen Planeten bey ihrer Bil - dung eine kleinere Maſſe zu Theil worden, auch die Ermangelung des zum Cirkellaufe erforderlichen Schwunges, folglich die Eccentricitaͤt nach ſich ge - zogen, folglich ſie in beyden Stuͤcken unvollſtaͤndig gelaſſen hat.
Jſt19und Theorie des Himmels.Jſt es dieſem zu folge nicht wahrſcheinlich: daß die Abnahme der Eccentricitaͤt der uͤber dem Sa - turn zunaͤchſt befindlichen Himmelskoͤrper ohngefehr eben ſo gemaͤßigt, als in den untern ſey, und daß die Planeten durch minder ploͤtzliche Abfaͤlle mit dem Geſchlechte der Cometen verwandt ſeyn; denn es iſt gewiß, daß eben dieſe Eccentricitaͤt den we - ſentlichen Unterſchied zwiſchen den Cometen und Planeten macht, und die Schweife und Dunſtku - geln derſelben nur deren Folge ſeyn; imgleichen, daß eben die Urſache, welche es auch immerhin ſeyn mag, die den Himmelskoͤrpern ihre Kreisbewegun - gen ertheilet hat, bey groͤſſern Entfernungen nicht allein ſchwaͤcher geweſen, den Drehungsſchwung der Senkungskraft gleich zu machen, und dadurch die Bewegungen eccentriſch gelaſſen hat, ſondern auch eben deswegen weniger vermoͤgend geweſen, die Kreiſe dieſer Kugeln auf eine gemeinſchaftliche Flaͤche, auf welcher ſich die untern bewegen, zu bringen, und dadurch die Ausſchweifung der Co - meten nach allen Gegenden veranlaſſet hat.
Man wuͤrde nach dieſer Vermuthung noch vielleicht die Entdeckung neuer Planeten uͤber den Saturn zu hoffen haben, die eccentriſcher als die - ſer, und alſo der cometiſchen Eigenſchaft naͤher ſeyn wuͤrden; aber eben daher wuͤrde man ſie nur eine kurze Zeit, nemlich in der Zeit ihrer Sonnen - naͤhe, erblicken koͤnnen, welcher Umſtand zu - ſammt dem geringen Maaſſe der Annaͤherung undB 2der20Allgemeine Naturgeſchichteder Schwaͤche des Lichts die Entdeckung deſſelben bisher verhindert haben, und auch aufs kuͤnftige ſchwer machen muͤſſen. Der letzte Planet und er - ſte Comet wuͤrde, wenn es ſo beliebte, derjenige koͤnnen genannt werden, deſſen Eccentricitaͤt ſo groß waͤre, daß er in ſeiner Sonnennaͤhe den Kreis des ihm naͤchſten Planeten, vielleicht alſo des Saturns, durchſchnitte.
[22]23Pope.Schau ſich die bildende Natur zu ihrem groſſen Zweck bewegen,Ein jedes Sonnenſtaͤubchen ſich zu einem andern Staͤubchen regen,Ein jedes, das gezogen wird, das andere wieder an ſich ziehn,Das naͤchſte wieder zu umfaſſen, es zu formiren ſich bemuͤhn.Beſchaue die Materie auf tauſend Art und| Weiſe ſichZum allgemeinen Centro draͤngen.
Die Betrachtung des Weltbaues zei - get in Anſehung der gewechſelten Beziehungen, die ſeine Theile un - ter einander haben, und wodurch ſie die Urſache bezeichnen, von der ſie herſtammen, zwo Seiten, welche beyde gleich wahrſcheinlich und annehmungswuͤrdig ſeyn. Wenn man eines TheilsB 4er -24Allgemeine Naturgeſchichteerweget: daß 6 Planeten mit 9 Begleitern, die um die Sonne, als ihren Mittelpunkt, Kreiſe be - ſchreiben, alle nach einer Seite ſich bewegen, und zwar nach derjenigen, nach welcher ſich die Sonne ſelber drehet, welche ihrer alle Umlaͤufe durch die Kraft der Anziehung regieret, daß ihre Kreiſe nicht weit von einer gemeinen Flaͤche abweichen, nemlich von der verlaͤngerten Aeqvatorsflaͤche der Sonnen, daß bey den entfernteſten der zur Sonnenwelt ge - hoͤrigen Himmelskoͤrper, wo die gemeine Urſache der Bewegung dem Vermuthen nach nicht ſo kraͤf - tig geweſen, als in der Naheit zum Mittelpuncte Abweichungen von der Genauheit dieſer Beſtim - mungen Statt gefunden, die mit dem Mangel der eingedruckten Bewegung ein genugſames Verhaͤlt - niß haben, wenn man, ſage ich, allen dieſen Zu - ſammenhang erweget: ſo wird man bewogen, zu glauben, daß eine Urſache, welche es auch ſey, ei - nen durchgaͤngigen Einfluß in dem ganzen Raume des Syſtems gehabt hat, und daß die Eintraͤch - tigkeit in der Richtung und Stellung der planeti - ſchen Kreiſe eine Folge der Uebereinſtimmung ſey, die ſie alle mit derjenigen materialiſchen Urſache ge - habt haben muͤſſen, dadurch ſie in Bewegung ge - ſetzet worden.
Wenn wir andern Theils den Raum erwegen, in dem die Planeten unſers Syſtems herum lau - fen, ſo iſt er vollkommen leer(*)Jch unterſuche hier nicht, ob dieſer Raum in demaller - und aller Mate -rie25und Theorie des Himmels. rie beraubt, die eine Gemeinſchaft des Einfluſſes auf dieſe Himmelskoͤrper verurſachen, und die Ue - bereinſtimmung unter ihren Bewegungen nach ſich ziehen koͤnnte. Dieſer Umſtand iſt mit vollkomme - ner Gewißheit ausgemacht, und uͤbertrifft noch, wo moͤglich, die vorige Wahrſcheinlichkeit. Newton, durch dieſen Grund bewogen, konnte keine materia - liſche Urſache verſtatten, die durch ihre Erſtreckung in dem Raume des Planetengebaͤudes die Gemein - ſchaft der Bewegungen unterhalten ſollte. Er be - hauptete, die unmittelbare Hand GOttes habe die - ſe Anordnung ohne die Anwendung der Kraͤfte der Natur ausgerichtet.
Man ſiehet bey unpartheyiſcher Erwegung: daß die Gruͤnde hier von beyden Seiten gleich ſtark und beyde einer voͤlligen Gewißheit gleich zu ſchaͤtzen ſeyn. Es iſt aber eben ſo klar, daß ein Begriff ſeyn muͤſſe, in welchem dieſe dem Scheine nach wi - der einander ſtreitende Gruͤnde vereiniget werden koͤnnen und ſollen, und daß in dieſem Begriffe das wahre Syſtem zu ſuchen ſey. Wir wollen ihn mit kurzen Worten anzeigen. Jn der jetzigen Verfaſ - ſung des Raumes, darin die Kugeln der ganzen Planetenwelt umlaufen, iſt keine materialiſche Ur -B 5ſa -(*)allereigentlichſten Verſtande koͤnne leer genannt werden. Denn allhier iſt genug zu bemerken, daß alle Materie, die etwa in dieſem Raume an - zutreffen ſeyn moͤchte, viel zu unvermoͤgend ſey, als daß ſie in Anſehung der bewegten Maſſen, von denen die Frage iſt, einige Wirkung veruͤben koͤnnte.26Allgemeine Naturgeſchichteſache vorhanden, die ihre Bewegungen eindruͤcken oder richten koͤnnte. Dieſer Raum iſt vollkommen leer, oder wenigſtens ſo gut als leer; alſo muß er ehemals anders beſchaffen und mit genugſam ver - moͤgender Materie erfuͤllet geweſen ſeyn, die Bewe - gung auf alle darinn befindliche Himmelskoͤrper zu uͤbertragen, und ſie mit der ihrigen, folglich alle un - ter einander einſtimmig zu machen, und nachdem die Anziehung beſagte Raͤume gereinigt und alle ausgebreitete Materie in beſondere Klumpen ver - ſammlet; ſo muͤſſen die Planeten nunmehro mit der einmal eingedruͤckten Bewegung ihre Umlaͤufe in ei - nem nicht widerſtehenden Raume frey und unver - aͤndert fortſetzen. Die Gruͤnde der zuerſt angefuͤhr - ten Wahrſcheinlichkeit erfordern durchaus dieſen Begriff, und weil zwiſchen beyden Faͤllen kein drit - ter moͤglich iſt; ſo kann dieſer mit einer vorzuͤgli - chen Art des Beyfalles, welcher ihn uͤber die Scheinbarkeit einer Hypotheſe erhebet, angeſehen werden. Man koͤnnte, wenn man weitlaͤuftig ſeyn wollte, durch eine Reihe aus einander gefol - gerter Schluͤſſe, nach der Art einer mathematiſchen Methode, mit allem Gepraͤnge, den dieſe mit ſich fuͤhret und noch mit groͤſſerm Schein, als ihr Auf - zug in phyſiſchen Materien gemeinhin zu ſeyn pfle - get, endlich auf den Entwurf ſelber kommen, den ich von dem Urſprunge des Weltgebaͤudes darlegen werde; allein ich will meine Meinungen lieber in der Geſtalt einer Hypotheſe vortragen, und der Einſicht des Leſers es uͤberlaſſen, ihre Wuͤrdigkeit zu pruͤfen, als durch den Schein einer erſchliche -nen27und Theorie des Himmels. nen Ueberfuͤhrung ihre Guͤltigkeit verdaͤchtig ma - chen, und indem ich die Unwiſſenden einnehme, den Beyfall der Kenner verlieren.
Jch nehme an: daß alle Materien, daraus die Kugeln, die zu unſerer Sonnenwelt gehoͤren, alle Planeten und Cometen beſtehen, im Anfange al - ler Dinge in ihren elementariſchen Grundſtoff auf - geloͤſet, den ganzen Raum des Weltgebaͤudes er - fuͤllet haben, darinn jetzo dieſe gebildete Koͤrper herumlaufen. Dieſer Zuſtand der Natur, wenn man ihn, auch ohne Abſicht auf ein Syſtem, an und vor ſich ſelbſt betrachtet, ſcheinet nur der einfachſte zu ſeyn, der auf das Nichts folgen kann. Da - mals hatte ſich noch nichts gebildet. Die Zuſam - menſetzung von einander abſtehender Himmelskoͤr - per, ihre nach den Anziehungen gemaͤßigte Entfer - nung; ihre Geſtalt, die aus dem Gleichgewichte der verſammleten Materie entſpringet, ſind ein ſpaͤ - terer Zuſtand. Die Natur, die unmittelbar mit der Schoͤpfung graͤnzete, war ſo roh, ſo ungebil - det als moͤglich. Allein auch in den weſentlichen Eigenſchaften der Elemente, die das Chaos aus - machen, iſt das Merkmal derjenigen Vollkommen - heit zu ſpuͤren, die ſie von ihrem Urſprunge her ha - ben, indem ihr Weſen aus der ewigen Jdee des goͤttlichen Verſtandes eine Folge iſt. Die einfach - ſten, die allgemeinſten Eigenſchaften, die ohne Ab - ſicht ſcheinen entworfen zu ſeyn; die Materie, die bloß leidend und der Formen und Anſtalten be - duͤrftig zu ſeyn ſcheinet, hat in ihrem einfachſtenZu -28Allgemeine NaturgeſchichteZuſtande eine Beſtrebung, ſich durch eine natuͤrli - che Entwickelung zu einer vollkommenern Verfaſ - ſung zu bilden. Allein die Verſchiedenheit in den Gattungen der Elemente traͤget zu der Regung der Natur und zur Bildung des Chaos das vornehmſte bey, als wodurch die Ruhe, die bey einer allgemeinen Gleichheit unter den zerſtreu - ten Elementen herrſchen wuͤrde, gehoben, und das Chaos in den Punkten der ſtaͤrker anziehenden Par - tikeln ſich zu bilden anfaͤngt. Die Gattungen die - ſes Grundſtoffes ſind ohne Zweifel, nach der Uner - meßlichkeit, die die Natur an allen Seiten zeigt, unendlich verſchieden. Die von groͤſter ſpecifiſchen Dichtigkeit und Anziehungskraft, welche an und vor ſich weniger Raum einnehmen und auch ſelte - ner ſeyn, werden daher bey der gleichen Austhei - lung in dem Raume der Welt zerſtreuter, als die leichtern Arten ſeyn. Elemente von 1000 mal groͤſſerer ſpecifiſchen Schwere ſind tauſend, vielleicht auch Millionenmal zerſtreuter, als die in dieſem Maaſſe leichtern. Und da dieſe Abfaͤlle ſo unend - lich als moͤglich muͤſſen gedacht werden, ſo wird, gleichwie es koͤrperliche Beſtandtheile von einer Gat - tung geben kan, die eine andere in dem Maaſſe an Dichtigkeit uͤbertrifft, als eine Kugel, die mit dem Radius des Planetengebaͤudes beſchrieben worden, eine andere, die den tauſendſten Theil einer Linie im Durchmeſſer hat, alſo auch jene Art von zerſtreu - ten Elementen um einen ſo viel groͤſſern Abſtand von einander entfernet ſeyn, als dieſe.
Bey29und Theorie des Himmels.Bey einem auf ſolche Weiſe erfuͤllten Raume dauert die allgemeine Ruhe nur einen Augenblick. Die Elemente haben weſentliche Kraͤfte, einander in Bewegung zu ſetzen, und ſind ſich ſelber eine Qvelle des Lebens. Die Materie iſt ſofort in Be - ſtrebung, ſich zu bilden. Die zerſtreuten Elemen - te dichterer Art ſammlen, vermittelſt der Anziehung, aus einer Sphaͤre rund um ſich alle Materie von minder ſpecifiſcher Schwere; ſie ſelber aber, zu - ſamt der Materie, die ſie mit ſich vereinigt haben, ſammlen ſich in den Puncten, da die Theilchen von noch dichterer Gattung befindlich ſeyn, dieſe glei - chergeſtalt zu noch dichteren und ſo fortan. Jn - dem man alſo dieſer ſich bildenden Natur in Gedan - ken durch den ganzen Raum des Chaos nachgehet, ſo wird man leichtlich inne: daß alle Folgen dieſer Wirkung zuletzt in der Zuſammenſetzung verſchiede - ner Klumpen beſtehen wuͤrde, die nach Verrichtung ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung ruhig und auf immer unbewegt ſeyn wuͤrden.
Allein die Natur hat noch andere Kraͤfte im Vorrath, welche ſich vornemlich aͤuſſern, wenn die Materie in feine Theilchen aufgeloͤſet iſt, als wo - durch ſelbige einander zuruͤck ſtoſſen und durch ihren Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung her - vor bringen, die gleichſam ein dauerhaftes Leben der Natur iſt. Durch dieſe Zuruͤckſtoſſungskraft, die ſich in der Elaſticitaͤt der Duͤnſte, dem Ausfluſ - ſe ſtarkriechender Koͤrper und der Ausbreitung aller geiſtigen Materien offenbaret, und die ein unſtrei -ti -30Allgemeine Naturgeſchichtetiges Phaͤnomenon der Natur iſt, werden die zu ihren Anziehungspunkten ſinkende Elemente durch - einander von der geradlinichten Bewegung ſeit - waͤrts gelenket, und der ſenkrechte Fall ſchlaͤgt in Kreisbewegungen aus, die den Mittelpunkt der Senkung umfaſſen. Wir wollen, um die Bil - dung des Weltbaues deutlich zu begreifen, unſere Betrachtung von dem unendlichen Jnbegriffe der Natur auf ein beſonderes Syſtem einſchraͤnken, ſo wie dieſes zu unſerer Sonne gehoͤrige iſt. Nach - dem wir die Erzeugung deſſelben erwogen haben, ſo werden wir auf eine aͤhnliche Weiſe zu dem Urſprun - ge der hoͤhern Weltordnungen fortſchreiten, und die Unendlichkeit der ganzen Schoͤpfung in einem Lehrbegriffe zuſammen faſſen koͤnnen.
Wenn demnach ein Punkt in einem ſehr groſ - ſen Raume befindlich iſt, wo die Anziehung der da - ſelbſt befindlichen Elemente ſtaͤrker als allenthalben um ſich wirket; ſo wird der in dem ganzen Umfan - ge ausgebreitete Grundſtoff elementariſcher Parti - keln ſich zu dieſem hinſenken. Die erſte Wirkung dieſer allgemeinen Senkung iſt die Bildung eines Koͤrpers in dieſem Mittelpunkte der Attraction, welcher ſo zu ſagen von einem unendlich kleinen Kei - me, in ſchnellen Graden fortwaͤchſet, aber in eben der Maaſſe, als dieſe Maſſe ſich vermehret, auch mit ſtaͤrkerer Kraft die umgebenden Theile zu ſeiner Vereinigung beweget. Wenn die Maſſe dieſes Centralkoͤrpers ſo weit angewachſen iſt, daß die Geſchwindigkeit, womit er die Theilchen von groſ -ſen31und Theorie des Himmels. ſen Entfernungen zu ſich zieht, durch die ſchwachen Grade der Zuruͤckſtoſſung, womit ſelbige einander hindern, ſeitwaͤrts gebeuget in Seitenbewegungen ausſchlaͤget, die den Centralkoͤrper, vermittelſt der Centerfliehkraft, in einem Kreiſe zu umfaſſen im Stande ſeyn: ſo erzeugen ſich groſſe Wirbel von Theilchen, deren jedes vor ſich krumme Linien durch die Zuſammenſetzung der anziehenden und der ſeit - waͤrts gelenkten Umwendungskraft beſchreibet; wel - che Arten von Kreiſen alle einander durchſchneiden, wozu ihnen ihre groſſe Zerſtreuung in dieſem Rau - me Platz laͤßt. Jndeſſen ſind dieſe auf mancher - ley Art unter einander ſtreitende Bewegungen na - tuͤrlicher Weiſe beſtrebt, einander zur Gleichheit zu bringen, das iſt, in einen Zuſtand, da eine Bewe - gung der andern ſo wenig als moͤglich hinderlich iſt. Dieſes geſchiehet erſtlich, indem die Theilchen, eines des andern Bewegung ſo lange einſchraͤnken, bis alle nach einer Richtung fortgehen; zweytens, daß die Partikeln ihre Vertikalbewegung, vermit - telſt der ſie ſich dem Centro der Attraction naͤhern, ſo lange einſchraͤnken, bis ſie alle horizontal, d. i. in parallel laufenden Zirkeln um die Sonne als ihren Mittelpunkt beweget, einander nicht mehr durchkreutzen, und durch die Gleichheit der Schwungskraft mit der ſenkenden ſich in freyen Zir - kellaͤufen in der Hoͤhe, da ſie ſchweben, immer er - halten; ſo daß endlich nur diejenige Theilchen in dem Umfange des Raumes ſchweben bleiben, die durch ihr Fallen eine Geſchwindigkeit, und durch die Widerſtehung der andern eine Richtung bekom -men32Allgemeine Naturgeſchichtemen haben, dadurch ſie eine freye Zirkelbewe - gung fortſetzen koͤnnen. Jn dieſem Zuſtande, da alle Theilchen nach einer Richtung und in parallel - lauffenden Kreiſen, nemlich in freyen Zirkelbewe - gungen durch die erlangte Schwungskraͤfte um den Centralkoͤrper laufen, iſt der Streit und der Zu - ſammenlauf der Elemente gehoben, und alles iſt in dem Zuſtande der kleinſten Wechſelwirkung. Die - ſes iſt die natuͤrliche Folge, darein ſich allemal eine Materie, die in ſtreitenden Bewegungen begriffen iſt, verſetzet. Es iſt alſo klar, daß von der zer - ſtreuten Menge der Partikeln eine groſſe Menge durch den Widerſtand, dadurch ſie einander auf dieſen Zuſtand zu bringen ſuchen, zu ſolcher Genau - heit der Beſtimmungen gelangen muß; obgleich ei - ne noch viel groͤſſere Menge dazu nicht gelanget, und nur dazu dienet, den Klumpen des Centralkoͤr - pers zu vermehren, in welchen ſie ſinken, indem ſie ſich nicht in der Hoͤhe, darinn ſie ſchweben, frey erhalten koͤnnen, ſondern die Kreiſe der untern durchkreutzen und endlich durch deren Widerſtand alle Bewegung verlieren. Dieſer Koͤrper in dem Mittelpunkte der Attraction, der dieſem zufolge das Hauptſtuͤck des planetiſchen Gebaͤudes durch die Menge ſeiner verſammleten Materie worden iſt, iſt die Sonne, ob ſie gleich diejenige flammende Gluth alsdenn noch nicht hat, die nach voͤllig vollendeter Bildung auf ihrer Oberflaͤche hervor bricht.
Noch iſt zu bemerken: daß, indem alſo alle Elemente der ſich bildenden Natur, wie erwieſen,nach33und Theorie des Himmels. nach einer Richtung um den Mittelpunkt der Son - ne ſich bewegen, bey ſolchen nach einer einzigen Ge - gend gerichteten Umlaͤufen, die gleichſam auf einer gemeinſchaftlichen Achſe geſchehen, die Drehung der feinen Materie in dieſer Art nicht beſtehen kann; weil nach den Geſetzen der Centralbewegung alle Umlaͤufe mit dem Plan ihrer Kreiſe den Mit - telpunkt der Attraction durchſchneiden muͤſſen; un - ter allen dieſen aber um eine gemeinſchaftliche Achſe, nach einer Richtung laufenden Zirkeln nur ein ein - ziger iſt, der den Mittelpunkt der Sonne durch - ſchneidet, daher alle Materie von beyden Seiten dieſer in Gedanken gezogenen Achſe nach demjenigen Cirkel hineilet, der durch die Achſe der Drehung gerade in dem Mittelpunkte der gem[ei]nſchaftlichen Senkung gehet. Welcher Zirkel der Plan der Be - ziehung aller herumſchwebenden Elemente iſt, um welchen ſie ſich ſo ſehr als moͤglich haͤufen, und da - gegen die von dieſer Flaͤche entferneten Gegenden leer laſſen; denn diejenigen, welche dieſer Flaͤche, zu wel - cher ſich alles draͤnget, nicht ſo nahe kommen koͤn - nen, werden ſich in den Oertern, wo ſie ſchweben, nicht immer erhalten koͤnnen, ſondern, indem ſie an die herumſchwebenden Elemente ſtoſſen, ihren endlichen Fall zu der Sonne veranlaſſen.
Wenn man alſo dieſen herumſchwebenden Grundſtoff der Weltmaterie in ſolchem Zuſtande, darinn er ſich ſelbſt durch die Anziehung und durch einen mechaniſchen Erfolg der allgemeinen Geſetze des Widerſtandes verſetzet, erweget; ſo ſehen wirCei -34Allgemeine Naturgeſchichteeinen Raum, der zwiſchen zwey nicht weit von ein - ander abſtehenden Flaͤchen, in deſſen Mitte der all - gemeine Plan der Beziehung ſich befindet, begrif - fen iſt, von dem Mittelpunkte der Sonne an, in unbekannte Weiten ausgebreitet, in welchem alle begriffene Theilchen, jegliche nach Maaßgebung ih - rer Hoͤhe und der Attraction, die daſelbſt herrſchet, abgemeſſene Zirkelbewungen in freyen Umlaͤufen verrichten, und daher, indem ſie bey ſolcher Ver - faſſung einander ſo wenig als moͤglich mehr hindern, darinn immer verbleiben wuͤrden, wenn die Anzie - hung dieſer Theilchen des Grundſtoffes unter einan - der nicht alsdenn anfienge, ſeine Wirkung zu thun und neue Bildungen, die der Saame zu Planeten, welche entſte[h]en ſollen, ſeyn, dadurch veranlaſſete. Denn, indem die um die Sonne in parallelen Zir - keln bewegte Elemente, in nicht gar zu groſſem Un - terſchiede des Abſtandes von der Sonne genommen, durch die Gleichheit der parallelen Bewegung, bey - nahe in[reſpectiver] Ruhe gegen einander ſeyn; ſo thut die Anziehung der daſelbſt befindlichen Elemen - te, von uͤbertreffender ſpecifiſcher Attraction, ſogleich hier eine betraͤchtliche Wirkung(*)Der Anfang der ſich bildenden Planeten iſt nicht allein in der Newtoniſchen Anziehung zu ſuchen. Dieſe wuͤrde bey einem Partikelchen, von ſo aus - nehmender Feinigkeit, gar zu langſam und ſchwach ſeyn. Man wuͤrde vielmehr ſagen, daß in die - ſem Raume die erſte Bildung durch den Zuſam - menlauf einiger Elemente, die ſich durch die ge -woͤhu -, die Samm -lung35und Theorie des Himmels. lung der naͤchſten Partikeln zur Bildung eines Koͤr - pers anzufangen, der, nach dem Maaſſe des An - wuchſes ſeines Klumpens, ſeine Anziehung weiter ausbreitet, und die Elemente aus weitem Umfange zu ſeiner Zuſammenſetzung bewegt.
Die Bildung der Planeten, in dieſem Syſtem, hat vor einem jeden moͤglichen Lehrbegriffe dieſes voraus: daß der Urſprung der Maſſen zugleich den Urſprung der Bewegungen und die Stellung der Kreiſe in eben demſelben Zeitpuncte darſtellet; ja, daß ſogar die Abeweichungen von der groͤſſeſten Ge - nauheit in dieſen Beſtimmungen eben ſowol, als die Uebereinſtimmungen ſelber, in einem Anblicke erhellen. Die Planeten bilden ſich aus den Theil - chen, welche in der Hoͤhe, da ſie ſchweben, genaue Bewegungen zu Zirkelkreiſen haben: alſo werden die aus ihnen zuſammengeſetzte Maſſen eben dieſelbe Bewegungen, in eben dem Grade, nach eben derſelben Richtung fort - ſetzen. Dieſes iſt genug, um einzuſehen, woher die Bewegung der Planeten ohngefehr cirk