PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Deutſcher Sinn-Getichte Drey Tauſend.
Cum Gratiâ & Privilegio Sac. Cæſ. Majeſtatis.
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Breßlaw /Jn VerlegungCaſpar Kloßmanns/Gedruckt in der Baumanniſchen Druckerey durch Gottfried Gruͤndern.

An den Leſer.

GUnſtiger / geliebter Leſer / ich halte dafuͤr / daß dieſe meine Sinn-Getichte viel fuͤrre - dens oder fuͤrſprechens nicht beduͤrffen; denn ich werde alle Koͤpffe vn - ter meinen Hut doch nicht bringen / nem - lich niemanden zwingen / daß er meine Gedancken muͤſſe gut heiſſen: Allerding es nicht moͤglich in einem Garten zu verwehren / daß auff die Blumen nicht ſo wol Spinnen / als Bienen fallen. Jch ge - dencke nur etwas weniges vom Reimen - Maſſe; einmal / daß die Endungen der Reime zuſammen ſtimmen nur nach vn - ſerer Mund-Art wo ſie geſchrieben; deñ / wie es vielleicht frembden dannenher nicht fuͤglich lauten moͤchte / wie wir die ſelblautenden Buchſtaben außſprechen / alſo wuͤrde es auch in vnſren Ohren uͤbel klingen / zu reden wie die frembden reden / alſo / daß es nur noͤthig ſcheinet / im Reime ſich deß einheimiſchen Außſpruches zu ge -brau -brauchen: Nachmals / daß die einſylbigen oder einigliedrigen Worte / welche in der Deutſchen Sprache faſt das meiſte auß - machen / ich bald lang / bald kurtz geſetzet / offters in einem Reime / nicht ſo wol auß uͤberſehen / als daß der Beylaut im leſen vnd reden alsdenn ſo faͤllet / welcher ohne dieſes im Reim-ſchreiben faſt die beſte Richtſchnur iſt. Sonſt / daß ich die Poeti - ſchen Lateiniſchen Namen behalten / auch wol ſelbſt eigene nach Lateiniſcher Art zu zeiten erfunden / geſchiehet darumb: Daß jene ſchon Buͤrgerſchafft bey den Deut - ſchen gewonnen vnd gar gelaͤuffig / meine Sachen auch ſchwerlich ſo tieff vnter den gemeinen Poͤfel gerathen werden (ehe vnter die ſo der Poeterey kuͤndig /) die neuen deutſchen Namen aber noch etwas hart / vngewoͤhnlich ja wol mehr vnver - ſtaͤndlich als die Lateiniſchen kommen: Dieſe zur Sache ſich fuͤglicher ſchicken wollen / als im Deutſchen / weil doch jede Sprache jhre eigene Art vnd Geiſt hat /A ijwel -welcher einer andern Sprache nicht gerne dienen vnd ſich vnterwerffen wil. Der Jnnhale dieſer Getichte / handelt mei - ſtens von Sachen die in gemeinem Leben fuͤrkom̃en / daß dannenher offtmals mit dem gemeinen Wahn vnd niedriger Art geredet wird: Und weil die Sinn-Ge - tichte fuͤr kurtze Stichel-Getichte / die Stichel-Getichte fuͤr lange Sinn-Getich - te gehalten ſind / wird mir zugelaſſen ſeyn / ſo ich offters etwas frey gehe / in deme ich doch nur fuͤrhabe die Laſter zuverhoͤhnen / nicht aber zu billichen vnd ſtaͤrcken. Jm uͤbrigen / ob meiner Perſon anſtaͤndig der - gleichen Sachen ans Liecht zu laſſen / muß ich das Urtheil leidẽ; das weiß ich aber / iſt dem Leibe vergoͤnnet zu ruhen / iſt dem Ge - muͤte auch zugelaſſen bißweilen zu ſpie - len. Gehab dich wol lieber Leſer / bleibe wol geſinnet / vnd ſo ich gejrret / ſo den - cke daß du auch jrreſt / ſo du anders ein Menſch biſt.

Salomon von Golaw der Verkleinende.

Salomons von Golaw Deutſcher Sinn-Getichte Erſtes Tauſend.

Scaliger von der Poeterey oder Tiche - Kunſt im 2. Buch in der 125. Abtheilung. EJn (Epigramma) Sinn-Getichte / iſt ein kurtz Getichte / welches ſchlecht hin von einem Dinge / einer Perſon / oder derer Beginnen / etwas anzeiget / oder auch etwas fuͤr - her ſetzet / darauß es etwas gewiſſes ſchlieſſe / vnd folgere.
Hans Ulrich Muͤffling in ſeinen Blu - men auß deß Scaligers Schrifften / im drit - ten Brieffe oder Sendſchreiben. MAn muß die nicht hoͤren / welche ſchreyen / daß durch Ubung in der Tichterey / welche ernſteren vnd wichtigern Wiſſenſchafften zuſte - het / vergebens vnd vnfuͤglich verſchwendet werde. Denn / ſo man hierinnen Maß haͤlt / fehlet es nun ſo viel / daß das Gemuͤte damit ſolle ermuͤdet wer - den / daß ſie vielmehr ſchaͤrfferm vnd genauerm Nachdencken / dich wacker vnd munter mache. Daſelbſt weiter. Die Tichterey iſt anders nichts / als ein Ab - bildung vielerley Dinge / welche die menſchlichen Gemuͤter abzeucht vnd gleichſam ſaubert / durch zierliche vnd ſchickliche Fuͤgnuͤß / vom Roſt vnd Staube deß Uberdruſſes.

Deß Erſten Tauſend Erſtes Hundert.

1Erſtes Tauſend

1.

An etliche Lobſprecher eines verſtor - benen Heldens.
JHr klugen / derer Fauſt die Feder embſig fuͤhret
Zu klagen deſſen Tod / der an die Wolcken
ruͤhret
Durch Thaten ohne gleich / durch Thaten die der Welt /
Deß Himmels kurtze Gunſt / hat einig fuͤrgeſtellt
Zum Eigenthum zwar nicht / zum Wunder aber allen
So weit der Titan leucht; der Mut mag euch entfallen
Daß diß / wo ewig Ding genug zu ſchaffen hat /
Die Feder enden ſoll vnd ein papiernes Blat.
(winnet /
Weicht ab von da / wo Fleiß gar ſchwerlich Frucht ge -
Klagt nichts ſo ſehr als diß / das klagen jhr nicht koͤnnet.

2.

Hochzeit-Wuntſch.
So lebt nun / liebes Paar / lebt zwiſchen Krieg vñ morden
Jn dennoch ſuͤſſer Ruh vnd in dem ſchoͤnen Orden
Der lieben Einigkeit; lebt daß deß Gluͤckes neiden
Muß euch vnd euer Thun ſtets fliehen vnd vermeiden!
So wuͤntſchen etwas gilt / ſo woll auch diß Gott geben /
Daß jhr / wenn jhr ſeyd tod / noch lange moͤget leben /
Viel Soͤhne daß man deñ nach euch / dem Vater / nennet /
So viel der Toͤchter auch / nach euch / der Mutter / kennet.

3.

Uber die Schaͤferey Amœna, eines vngenanten Freundes.
Muſa, Venus, Charis ſchauet
Wie Amœna ſtaffeln bauet
Auff -2Erſtes Hundert.
Auffzuſteigen euren Thron!
Gebt jhr Raum zur rechten Seite
Schaffet daß man jhr bereite
Eine friſche Lorber-Kron.
Phœbus lehnt jhr ſeinen Wagen
Jhren Ruhm herumb zu tragen
Durch das blaue Sternen-Feld.
Hermes ſoll die Fluͤgel faſſen
Daß ſie ſey / verkuͤnden laſſen /
Zu dem ewig-ſeyn geſellt.
Bill ich! denn ſo hohe Sinnen
Muͤſſen andren Danck gewinnen
Als ein kriechend Erde-Geiſt /
Den man auß dem eignen nennen
Dennoch nicht mag recht erkennen /
Weil er andres iſt als heiſt.
Sinnen / die vom Himmelkommen
Werden billich auffgenommen
Jn das reine Himmel-klar /
Da der ſchwartzeu Erde Schatten
Glantz vnd Flammen jhrer Thaten
Nimmer mehr vertunckeln thar.

4.

Waffen-Anſtand.
VOn Anſtand vnd von Fried vnd vielen ſchoͤnen Dingen
Wil Fama dieſer Zeit ein neues Liedlein ſingen;
Doch weiß ich nicht obs new. Der Anſtand iſt gar alt /
Der Fried iſt auch fuͤr laͤngſt gar recht / gar wol beſtalt.
Was darff ein Anſtand ſeyn / wo nie man noch geſtritten /
Da Waffen vnd jhr Brauch / nach dieſes Krieges Sitten
A vGleich3Erſtes Tauſend
Gleich wie in einem Spiel / nur bloß zum Schertz vnd Schein
Und daß ſie nicht der Roſt zerfreß / in Haͤnden ſein?
Was darff ein Anſtand ſeyn / wo nie kein Feind ſich findet
Der zu bekriegen ſteht / vnd wo man ſich nur gruͤndet
Auff Meinung / vnſer Land / nach drauß geſchoͤpfftem Nutz
Alsdenn dem lieben GOtt zu geben in den Schutz?
Was darff ein Anſtand ſeyn / wo man die Krieges-Kinder
Gar glimpff - vnd guͤtlich meint / vnd bloß die feiſten Rinder
Sambt jhrer jungen Art / vnd etwa Pferd vnd Schwein
Schaf / Hun / Han / Ente / Gans / laͤſt ſeine Feinde ſeyn?
Der Fried iſt lange ſchon in vnſre Graͤntzen kommen
Da jene viel zwar vns / wir jhnen nichts / genommen /
Jn dem wir vns bemuͤht / O eine feine Kunſt!
Zu brechen jhren Trotz / durch vnſre gute Gunſt.
Es iſt ja Fried vnd Ruh im Lande gantz die voͤlle /
Das Feld haͤlt Sa bat-Tag / der Acker liget ſtille /
Und duldet nicht wie vor / daß jhm viel Wunden ſchlug
Deß Bauers frecher Arm vnd ein tyranniſch Pflug.
Es iſt ja Friede da; man darff ja mehr nicht ſorgen
Wie jeder Haab vnd Gut fuͤr Dieben haͤlt verborgen
Jn ſicherem Gemach; es bleibt ja Gold vnd Geld
Jn feſtem Hauſe ſo / wie durch das offen Feld.
Hierinn ſingt Fama falſch von Anſtand vnd von Friede;
Jhr Sinn ſey dieſer denn / daß weil die Welt iſt muͤde
Der alten Deutſchen Trew / nur mit Betriegligkeit
Man habe ſteten Fried vnd Krieg mit Redligkeit.

5.

Schertz vom Flachs-Nutze.
Gewiß / der liebe Flachs iſt gar ein nuͤtzes weſen;
Der / der es wo nicht glaubt / mag dieſe Reime leſen:
Ein Maͤgdlein gieng zu Stuhl vnd thaͤt / ich weiß nicht was /
Da war das Hembd jhr gut ſonſt waͤr ſie noch wol naß.
6. Tag /4Erſtes Hundert.

6.

Tag / vnd ein Tages-Wuntſch.
DJe Nacht iſt nun dahin / die Sonn iſt wieder kommen /
Der Schlaf deß Todes Bild iſt weg von vns genommen /
HERR Gott du reines Liecht / laß ferne von mir ſeyn
Der Suͤnden finſtre Werck / vnd gib nur deinen Schein!
Laß mich dein werthes Wort frey offentlich bekennen /
Laß mich in deiner Lieb vnd meines Nechſten brennen /
Laß meinen Sinn vnd Geiſt ſeyn wacker fuͤr vnd fuͤr
Zu thun was mir gebuͤhrt vnd wolgefaͤllet dir!
Und ſo mein muͤder Leib noch laͤnger ſoll beſchauen
Das Unrecht dieſer Welt / vnd dieſes Elend bauen /
HErꝛ GOtt / ſo gib Geduld / verleih beſtaͤndigkeit /
Laß ſcheinen deinen Troſt vnd hilff zu rechter Zeit!
Laß mir mein Augen nicht von eitlen Dingen blenden /
Nach koͤſtlich Ding der Welt / von dir / mein Hertze wenden /
Hilff daß ich mich nicht theil vnd bleibe gantz an dir /
Auff daß du hoͤchſtes Gutt mogſt bleiben auch in mir!
Wenn endlich denn mein Liecht vnd Leben muß vergehen /
So laß mich dort gantz ſchoͤn vnd wie verklaͤret ſtehen /
Da / wo du Sonnenſtral voll von Gerechtigkeit /
Schoͤn hell erleuchten wirſt die ſelig Ewigkeit!

7.

Nacht / vnd ein Nacht-Wuntſch.
DJe Mutter vnſrer Ruh / die Artzney vieler Sorgen
Die finſtre Nacht iſt da / die Sonne geht verborgen /
Die halbe Welt iſt ſchwartz / iſt traurig ohne Liecht /
Jſt gleichſam mehr nicht da / lebt zwar / lebt doch auch nicht.
HErꝛ GOtt / du heller Glantz / laß vnſer Hertz vnd Sinnen
Jm finſtren nimmer ſeyn / gib daß ſie wachen koͤnnen
Auch mitten in dem Schlaf / auff daß dein Goͤttlich Schein
Moͤg vnſrer Seele Liecht vnd helle Fackel ſeyn!
Wenn wir deß Kummers Laſt zu vnſren Haupten legen
So laß ſich deinen Geiſt in vnſrem Geiſte regen /
Und ſchaffe daß die Nacht / wenn vns der Tag erweckt
Der Suͤnden ſchnoͤde Buͤrd in allem hat verdeckt!
Laß5Erſtes Tauſend
Laß deiner Engel Dienſt auch vns zu Dienſte kommen!
Gib daß von vnſrem Haupt ſey Schad vnd Schmach genommen;
Auff daß der ſtarcke Feind der ſchwartze Fuͤrſt der Nacht
Deß Leibes ſuͤſſe Ruh vns nicht verbittert macht!
Und ſo es ſo ſoll ſeyn / daß heut ich noch ſoll gehen
Deß Todes finſtren Gang / ſo wollſtu bey mir ſtehen
Und gehen fuͤr mir her / ins Leben durch den Tod /
Jn Himmel auß der Welt / zur Freude von der Noth?

8.

Das Gebete.
Wenn die Welt mit Menſchen kriegt
Muß der Menſch mit Gotte kriegen;
Weil die Nothvns gegen liegt /
Muͤſſen wir fuͤr Gotte liegen /
Vnd durch beten endlich ſiegen.

9.

Verleumbder.
Jch kenn ein hoͤlliſch Volck die Bruͤder der Erinnen /
Ein Volck von ſuͤſſer Zung vnd von vergifften Sinnen.
Das zwiſchen Mund vnd Hertz / das zwiſchen Wort vnd That
Hat einen engen Raum / wie Oſt von Weſten hat.
Es lobt mich im Geſicht / es ſchaͤndet mich im Ruͤcken /
Es wil durch meine Schmach ſein eignes Laſter ſchmuͤcken /
Es ſehnet ſich empor verachtet alle Welt /
Und hat genug an dem / daß jhm es ſelbſt gefaͤllt.
Was iſt mir denn zu thun? Sonſt wil ich nichts jhm goͤnnen
Als daß ſein falſches Maul moͤg einen Stand gewinnen
Wo ſonſt durch holen Grund ein ſtinckend Athem zeucht /
Der auff die Ferſen zielt / vnd in die Naſen kreucht.

10.

Wein-Luft.
Wer mit Bacchus kaͤmpffen wil
Huͤte ſich vnd traw nicht viel;
Erſtlich6Erſtes Hundert.
Erſtlich ſchlaͤgt er auff die Beine
Trifft er dich; ſo biſt du ſeine.

11.

Mein vnd dein.
Alles machet mein vnd dein
Daß man nicht kan friedlich ſeyn.

12.

Buͤcher-leſen.
Wie die Honigmacherinnen
Auß viel Blumen ſaugen kuͤnnen
Jhren ſuͤſſen Nectar-Safft:
So auch vnſre Wiſſenſchafft /
Waͤchſt durch vnverſeumtes leſen
Jn ein gleichſam Goͤttlich Weſen.

13.

Brautſchrifft.
All jhr Kuͤnſtler in der Welt /
Derer kuͤhnes Auge-ſchauen
Euch ſo viel kan Haͤuſer baueu
Jn das blaue Goͤtter-Feld /
Koͤnnt jhr nicht voran mir ſagen
Was ſich gutes zu wird tragen /
Wenn ſich Mars zur Venus ſtellt
Jn dem ſchoͤnen Jungfern-Zeichen?
Tycho ſage was er wil /
Fehl ich / fehl ich doch nicht viel:
Kinder werden dannen reichen
Die deß Vaters tapffren Sinn /
Vnd der Mutter ſchoͤnes Kinn
Lieblich werden abegleichen.
14. Grab -7Erſtes Tauſend

14.

Grabſchrifft / eines Speiſe - oder Kuchelmeiſters.
Der hier begraben liegt / der hielt ſehr viel vom eſſen
Und kan im Grabe noch deß eſſens nicht vergeſſen;
Denn / weil er ſelbſt nicht mehr die Eſſens-Luſt kan buͤſſen
Gibt er ſein eigen Fleiſch den Wuͤrmen zu genieſſen.

15.

Von der Phyllide.
EJnes Morgens ſchaut ich gehen
Phyllis vor den Roſenſtrauch /
Da ſie nach gewohntem Brauch
Seine Zierden ſahe ſtehen.
Damals kont ich nicht vergleichen
Welches vnter jhnen wol /
Weil ſie beyd an Schoͤnheit voll /
Von dem Siege ſolte weichen:
Ob die Phyllis angenommen
Von den Roſen jhre Zier /
Oder ob vielleicht von jhr
Solche ſolcher Schein bekommeu /
War gar uͤbel zu beſcheiden /
Denn ich hatt in jhren Glantz
Mich vertieffet alſo gantz /
Muſte nur die Augen weiden.
Endlich hab ich doch erfahren /
Als der Sonne guͤldnes Rad
Traff den letzten Tages-Grad /
Daß die Roſen Diebe waren;
Weil8Erſtes Hundert.
Weil ſie hatten wollen gleichen /
Vnd der Phyllis ſtehlen ab
Jhrer Farbe ſchoͤnſte Gab /
Muſten bald ſie drauffverbleichen.

16.

Hochzeit-Wuntſch.
Lebt / liebes Paar / mit GOtt / lebt liebes Paar mit Segen /
Lebt / liebes Paar / im Gluͤck daß Neid euch koͤnn erregen /
Jch ſage noch einmal / lebt hin in ſuͤſſer Ruh
Biß Kindes / Kindes / Kind druͤck euer Augen zu!

17.

Ein andrer.
So lebt jhr beyde nun / lebt eines in der Liebe /
Lebt eines in dem Sinn / damit euch nicht betruͤbe
Deß Gluͤckes runde Macht / denn ſeine Tuͤck vnd Neid
Hat keinen andern Feind als Lieb vnd Einigkeit!
Jedoch woll Einſamkeit zur Einigkeit nicht kommen /
Noch eures Lebens Brauch euch eher ſeyn benommen /
Biß daß ſich denn zur Zeit die ſuͤſſe Zeit erweiſt /
Die Elter-Vater euch / euch Elter-Mutter heiſt!

18.

Ein andrer.
Wie jhr verbunden ſeyd / ſo ſey auch euch verbunden
Der Segen vnd das Heil / ſambt langen Lebe-Stunden!
GOtt creutzig euer Creutz / vnd Waſſer ſey euch Wein /
Biß jhr das vierdte Glied hoͤrt in der Wiege ſchreyn.

19.

Miſt-Juncker.
Ein zartes Mutter-Kind / das nie vom Haus entnommen /
Jſt einem Ochſen gleich / der nie vom Stalle kommen.
20. Paten -9Erſtes Tauſend

20.

Paten-Zettel.
Du kom̃ſt / O liebes Kind ein Gaſt in dieſe Welt /
Da gleich das Gaſthaus jetzt zu Grund vnd Bodem faͤllt
Durch / in / vnd mit ſich ſelbſt: Drumb iſt dir nun ſehr gut
Daß dir der Himmel bleibt / erkaufft durch Chriſti Blut.

21.

Grabſchrifft.
Da ich ſolte / kont ich leben /
Da ich ſolte / kont ich ſterben /
Denn das ewig zu erwerben
Kont ich ſterblich leichte geben.

22.

Hoffnung.
Auff was gutes iſt gut warten /
Vnd der Tag kom̃t nie zu ſpat
Der was gutes in ſich hat;
Schnelles Gluͤck hat ſchnelle Fahrten.

23.

Brautſchrifft. An den Braͤutigam.
Jch weiß nicht was man glaubt? Jch weiß nicht wem man
Jch haͤtt ein hohes Schloß / Herꝛ Braͤutigam gebauet
(trauet?
Auff eurer Worte Grund / als wie auff Fels vnd Stein /
Seh aber daß die Welt nur wil betrogen ſeyn
Und ich mit ſambt der Welt. Jhr ſprecht: Jhr ſeyd ergetzet
Daß auch deß Himmels Gunſt fuͤr Augen hat geſetzet
Den ſuͤſſen Hochzeit-Tag / vnd meinet doch die Nacht
Die euch zum Vater weiht / die Braut zur Mutter macht.
Weil ſchwartzes jhr nun meint / vnd weiſſes dennoch nennet /
So ſey euch / mercket drauff / zur Straffe zuerkennet /
Daß / wenn jhr meint es ſoll das erſt ein Soͤhnlein ſeyn /
So wird es E E E wie Mutter Eva ſchreyn.
24. An10Erſtes Hundert.

24.

An die Braut. Auß Verſetzung deß Nahmens; Eilff Knaben.
Jungfer Braut / in eurem Namen
Find ich ſo gewiß / als Amen /
Eurer Ehe Kinderlein.
Was darinnen von Eilff Knaben /
Wo iſt uͤbrig an Buchſtaben /
Werden lauter Toͤchter ſeyn.

25.

Hochzeit-Wuntſch.
Werthes Paar / das gantze Leben
Sey bey euch ein ſteter Krieg /
So / daß beyden ſey gegeben
Gleiche Beut vnd gleicher Sieg.
Kaͤmpfft mit Liebe gegen Liebe /
Vnd mit Trew kaͤmpfft gegen Trew /
Daß euch Zwieſpalt nie betruͤbe /
Niemals auch der Kauff berew.
Zwar / es wird wol offt geſchehen
Daß die Braut zu ſeiner Zeit /
Bey ſechs Wochen nicht wird ſehen
Wie die Wirthſchafft ſey bereit:
Doch bedeut es nichts denn Beute /
Wenn das Ziel fuͤrbey wird ſeyn /
Werden euren Schatz die Leute
Hoͤren auß der Wiege ſchreyn.
B26. Eine11Erſtes Tauſend

26.

Eine Schoͤn-heßliche.
Jch kenn ein Frauen-Bild / das waͤre voͤllig ſchoͤn /
Nur daß der Schoͤnheit Stuͤck in falſcher Ordnung ſtehn.

27.

Eine Schoͤne.
Wenn Menſchen GOtt ſonſt nicht erſchaffen haͤtte wollen /
Haͤtt eurentwegen nur er diß nicht laſſen ſollen.

28.

Hochzeit-Wuntſch.
Liebes Paar / lebt ſo im Leben /
Daß euch Wolfarth ſey gegeben
Wie zu einem Eigenthum!
Lebt / daß eurer Ehe Ruhm
Fuͤr / ſo wol / als nach dem Grabe /
Alle Welt zur folge habe!
Lebt! laſt ſehen daß jhr lebt /
Vnd nach langem Namen ſtrebt /
Daß nach viermal zehen Wochen
Jhr muſt backen Kindlein-Kuchen!

29.

Das hoͤchſte Gut.
Zum hoͤchſten Gut in dieſer Welt
Wehlt jeder / was jhm ſelbſt gefaͤllt;
Gar im Schoß ſigt der dem Gluͤcke
Dem gegeben ſind vier Stuͤcke:
Ein guͤtig Gott /
Ein liebes Weib /
Ein friſcher Leib /
Ein ſelig Tod.
30. Ho -12Erſtes Hundert.

30.

Hoheit / hat Gefahr.
Auff ſchlechter ebner Bahn iſt gut vnd ſicher wallen:
Wer hoch geſeſſen iſt / hat niedrig nicht zu fallen.

31.

Hier / ſind wir: Dort / bleiben wir.
Jch bin / ich bleibe nicht in dieſer ſchnoͤden Welt /
Und weil das bleiben mehr mir als das ſeyn gefaͤllt /
So lieb ich ſterben mehr als leben / weil ich kan
So hoͤren auff zu ſeyn / zu bleiben fangen an.

32.

Liebes-Flammen.
Hat die Liebe Feuers-Art
Weil ſie hitzt vnd brennt;
Wie daß jhrer Flammen Fahrt
Sich Thal-ein denn wendt?

33.

Schoͤnheit.
Wenn der Schoͤnheit ſchoͤne Frucht
Waͤre Keuſchheit / Ehr vnd Zucht /
Waͤren manche ſchoͤne Wangen
Nicht ins Hurenhaus gegangen /
Manches krauſes Haar waͤr nicht
Mit der Grichen II verpflicht.

34.

Gluͤcke waͤget die Freunde.
Boͤſes Gluͤck hat dieſe Guͤtte /
Daß die vngewiſſen Sachen
Vns gewiſſe Freunde machen;
Daß man ſich fuͤr denen huͤtte
B ijDie13Erſtes Tauſend
Die nicht die ſind die ſie ſcheinen /
Sondern vnſer Gut gut meinen.

35.

Zagheit.
Wenn ein Harniſch waͤre gut
Fuͤr die Zagheit / Furcht vnd Schrecken;
Wenn ein Spieß vnd eiſern Hut
Koͤnten Mut vnd Hertz erwecken /
Ey was haͤtten die fuͤr Zeit
Die ein ſolches Waffen ſchluͤgen?
Wuͤrd jhr Gold doch / glaͤub ich / weit
Alles Eiſen uͤberwiegen.

36.

Gerechtigkeit deß Neides.
Keine Straff iſt außgeſetzet
Auff deß Neides Gifft;
Denn er iſt zu aller Zeit
Selbſten voll Gerechtigkeit /
Daß er meiſtens trifft /
Vnd ſich durch ſich ſelbſt verletzet.

37.

Pruͤfe / denn liebe.
Kenne vor vnd traw nicht bald;
Traw wol / hat das Pferd verrieten:
Kenne nicht / hat frembde Sitten:
Fruͤhe-zeitig wird nicht alt.
38. An14Erſtes Hundert.

38.

An einen vortrefflichen Mann.
Niemand / mein Freund / haſſet dich /
Nur der Tod fuͤhrt viel Beſchwerden /
Weil er muß befahren ſich
Daß du wirſt ſein Meiſter werden.

39.

An einen lieblichen Poeten.
Jſt wo wer / der widerſpricht /
Daß die Pierinnen nicht
Mit der Fraw von Gnidus Sinnen
Ein vernemen haben koͤnnen?
Was dein Mund / mein Freund / bericht /
Was nur deine Muſa ticht /
Schaut man nicht voll auff darinnen
Lauter Venus ſich entſpinnen?

40.

An eben denſelbten.
Daß die dreymal drey Goͤttinnen
Dich ſo herꝛlich angenommen /
Da du diſt auff Pindus kommen /
Jſt geſchehen / daß ſie koͤnnen /
Jetzund fuͤr Bellona wuͤten /
Jhren Stand durch dich behuͤten /
Vnd ein Haus in dir gewinnen.

41.

Grabſchrifft.
Dem Himmel war ich nur vnd nicht der Welt geboren
Was hab ich / ſterb ich gleich / durch ſterben denn verloren?
B iij42. An15Erſtes Tauſend

42.

An einen kriegriſchen Held.
Als auß deiner Sinnen Staͤrcke
Jupiter nam ein gemercke /
Daß du durch ſo kuͤhnes ſtreiten
Wuͤrdeſt biß in Himmel ſchreiten /
Sprach er: Vns die Ehre bleibe!
Dannenh er ich einverleibe
Dieſen Held / nach Himmels-Rechte!
Jn der Goͤtter alt Geſchlechte;
Denn er moͤcht auß eignen Thaten
Fuͤr ſich ſelbſt hie her gerathen.

43.

An einen gelehrten Held.
Weil der Pallas Jungferſchafft
Jſt der Keufchheit ſo verhafft /
Daß ſie denn nun jhre Pflicht
Jetzt in deiner Liebe bricht?
Keiner iſt / als du / ſo gar /
Welcher jhrer wuͤrdig war.

44.

An eben denſelbten.
Phœbus iſt nicht gar dein Freund /
Weil du mehr / er minder ſcheint /
Auſſer jhm / der Phœbe Liecht;
Auſſer dir / Glantz jhm gebricht.
45. Auff16Erſtes Hundert.

45.

Auff einen gluͤckſeligen Schelmen.
Dir ſey / ſagſt du / bald gewehret /
Was du dir nur kanſt gedencken:
Schade / daß du nie begehret
Daß du maͤchſt am Galgen hencken!

46.

Hochzeit-Wuntſch.
Wolfahrt muͤſſe / liebes Paar /
Euch wie jhr euch ſelbſten lieben /
Gluͤcke muß auch jmmerdar
Sich in euren Dienſten uͤben.
Segen / Heil vnd Seligkeit
Muͤß euch in die Arme ſchlieſſen /
So / wie jhr zu ſeiner Zeit
Werdet Kindes-Kinder kuͤſſen.

47.

Ein andrer.
Theures Paar / ſeyd ſo beſuͤſſet
Mit der Liebe Liebligkeit /
Daß jhr drinnen nichts nicht wiſſet
Als von Fried vnd Freudens-Zeit;
Biß jhr denn nach langen Jahren
Schauet / durch deß Prieſters Hand /
Euer Kindes-Kind ſich paaren /
Jn den ſuͤſſen Liebe-Stand.
B iiijVer -17Erſtes Tauſend

48.

Vertorbene Kauffmannſchafft.
Bey dem Baͤcker kauffen Korn / bey dem Schmiede kauffen Kohlen /
Bey dem Schneider kauffen Zwirn / hilfft dem Haͤndler auff die
Solen.

49.

Sparſamkeit.
Wenn die Jugend eigen wuͤſte /
Was das Alter haben muͤſte:
Sparte ſie die meiſten Luͤſte.

50.

Das Land in der Stadt.
Wer nach dem Land jetzund wil auff dem Lande fragen /
Der jrrt; Mars hat das Land laͤngſt in die Stadt getragen.

51.

Zwieſpalt der Staͤdte vnd deß Landes.
Weiſtu wannen her die Stadt
Mehr vnd mehr das Land ſo haſſet?
Weil der Landmann mehr nichts hat
Daß der Buͤrger an ſich faſſet.

52.

Die jetzigen Soldaten.
Sind Martis Kinder nicht feine geſegnete Leute?
Was Gott / Menſch / Feind / Freund hat wird jhre taͤgliche Beute.

53.

Eine Einigung zwiſchen Jove vnd Marte.
Es hat mich juͤngſt ein Freund auß Pindus laſſen wiſſen /
Daß Jupiter vnd Mars wolt einen Friede ſchlieſſen:
So Mars hinfort nicht mehr bey allen ſeinen Tagen
Nach Himmel / vnd nach dem was him̃liſch iſt / wil fragen;
Wil18Erſtes Hundert.
Wil Jupiter da hin ſich bindlich denn erklaͤren:
Dem Mars noch nebſt der Welt / die Hoͤlle zu gewehren.

54.

Kunſt verſtummet.
Daß jetzund die Pierinnen /
Mars / fuͤr dir nicht reden koͤnnen /
Frew dich nicht; es iſt jhr Wille /
Vngehindert in der Stille
Sich mit Rechte zu berathen
Auff ein Vrtheil deiner Thaten.

55.

Untreuer Krieg.
Was ſich reimt das ſchickt ſich auch /
Spricht der friſche Landes-Brauch;
Drumb ſo ſchickt ſich liegen / triegen /
Auch ſo fein zu vnſerm kriegen.

56.

Zeiten-wandeln.
Sich in ſich vnd vns in jhr
Endert Zeit nur fuͤr vnd fuͤr;
Drumb ſind auß dem Landsknecht-Orden
Lauter Landes-Herren worden.

57.

Die Erde wird bewegt.
Daß der Himmel ſtille ſteht /
Daß die Erde rumher geht
Steht zu glauben: Vnſer Land
Hat ſich hinter ſich gewand /
Daß nunmehr der Jungfer ſtat
Dieſe Zeit der Krebes hat.
B vUnter -19Erſtes Tauſend

58.

Unterſcheid zwiſchen Land-Mann vnd Lands-Knecht.
Vnterſcheiden muß man recht
Landes-Mann vnd Landes-Knecht;
Jener muß / wenn dieſer wil:
Jener gibt / nim̃t dieſer viel:
Jener dient / vnd dieſer ſchafft:
Jenes Angſt / iſt deſſen Krafft:
Dieſer raubt die gute Zeit /
Jenem bleibt die Seligkeit.

59.

Von einem eintzelen Freunde meiner Reimen.
Meine Muſa hat kaum einen /
Der jhr Phœbus wil erſcheinen;
Gar genug! Sie hat alleine /
Was fuͤr ſich ſonſt in gemeine /
Alle dreymal drey Goͤttinnen
Dieſer Zeit kaum haben koͤnnen.

60.

Fleiſch-Marckt.
Wer hier nur iſt bekant
Der weiß / man kaufft jetzund /
Das Fleiſch zwar / durch das Pfund /
Die Weiber / nach der Hand.
61. Mars20Erſtes Hundert.

61.

Mars vnd Venus ſind zugehoͤrige.
Wer Poeten nennet Tichter /
Jſt ein vngerechter Richter;
Heute kan man noch erfahren
Daß ſich Mars vnd Venus paaren /
Denn es iſt ein Theil vom kriegen
Auff der Magd zu Felde liegen.

62.

Nicht zu hoch!
Jch trachte nicht nach hohen Dingen /
Jch geh gern auff der niedren Bahn /
Fing Clepticus zu ſagen an /
Da man jhn ſolt an Galgen ſchlingen.

63.

Die freſſige Zeit.
Vnſer Zeit vnd jhr Geſinde
Freſſen geitzig vnd geſchwinde
Alles auff biß an den Grund:
Wetten wil ich / daß jhr Schlund
Kuͤrtzlich rauß gibt vngedeuet
Was ſie freſſen vngekeuet.

64.

Cogere milites,Soldatenwerben , and • zwingen.  
Mars verhoͤnt nur das Latein /
Muß doch ſelbſt Lateiniſch ſeyn /
Wil er Voͤlcker an ſich bringen
Muß er vor die Knechte zwingen.
65. Der21Erſtes Tauſend

65.

Der Tod iſt der Suͤnder vnd der Krieger Sold.
Die Suͤnder haben Sold; Sold haben auch Soldaten:
Der Tod iſt gleicher Lohn auff jhre gleiche Thaten.

66.

Damen vnd Chevalliers.
Die Damen wolln von nichts als Chevalliers jetzt wiſſen;
Das macht ſie ſind zum Krieg auff Renterey befliſſen.

67.

Unterſcheid der Woͤrter Dame vnd Dama.
Was Dame ſey / vnd denn was Dama, wird verſpuͤret /
Daß jene Hoͤrner macht / vnd dieſe Hoͤrner fuͤhret.

68.

Roſenobel / der Soldaten Winter - Blumen.
Der Fruͤhling fodert Blut / der Winter gibet Gold /
Drumb iſt dem Winter Mars, vnd nicht dem Fruͤhling hold;
Hier / wachſen rothe; dort / entſprieſſen Edle-Roſen /
Wer wolte denen nicht / fuͤr jenen / liebekoſen?

69.

Auff den Tadler.
Dein Momus wil ich nicht ſeyn / Momus, noch vernichten
Dein Urtheil / wenn du ſprichſt: Das Vers - vnd Reime-Tichten
Sey Schulenfuͤchſerey. Wie aber / daß das leſen
Noch giltig bey dir iſt / als Schulenfuͤchſiſch Weſen?
Ey lieber lies nicht mehr / ſonſt wirſt du gar zum Kinde /
Und darffſt / daß dir mein Reim noch eine Ruthe binde.
70. Auff22Erſtes Hundert.

70.

Auff dergleichen.
Zoilus haͤlt nichts vom tichten /
Pflegt Poeten zu vernichten /
Daß nicht Midas Eſels-Kopff
Jhm wo auff die Achſeln hopff.

71.

Die vnartige Zeit.
Die Alten konten froͤlich ſingen
Von tapffern deutſchen Heldens-Dingen
Die jhre Vaͤter außgeuͤbet /
Wo Gott noch vns ja Kinder gibet /
Die werden vnſrer Zeit Beginnen
Beheulen / nicht beſingen koͤnnen.

72.

Von meinem Buche.
Kuͤndig iſts / daß in der Welt
Sich zum Guten Boͤſes finde:
Wenn mein Buch nur waͤr geſtellt /
Daß beym Boͤſen Gutes ſtuͤnde!

73.

An die Leſer.
Dieſes Buch / ſoll Monde ſeyn;
Leſer aber / ſeine Sonnen /
So / daß durch der Sonnen Schein
Auch der Monde ſey entbrunnen.
74. Kunſt23Erſtes Tauſend

74.

Kunſt von Gott.
Daß der Muſen alter Stam̃
Her vom Himmel Anfang nam /
Macht / daß auch ein Edelmann
Sich zu jhnen freunden kan.

75.

Feſte Stadt / wuͤſte Land.
Seither daß vnſer Stadt verſchantzet vnd bewehret /
Seither iſt vnſer Land verwuͤſtet vnd verheret.

76.

Von dem Brauch der Naſamonum vnd Augilarum.
Manche Braut bleibt nicht zu frieden /
Daß jetzt der Brauch bleibt vermieden /
Das nicht thun am Hochzeit-Feſte /
Was der Braͤutgam thut / die Gaͤſte.

77.

Auff Venerillam.
Venerilla haſſet Schertz
Was ſie meynt / das iſt jhr Hertz.
Wer an jhr was ſuchen wil
Such / vnd feume nicht zu viel.
Der nichts ſagt / vnd viel doch thut /
Jſt fuͤr Venerilla gut.

78.

Auff den bellenden Tadler.
Wenn die Verſe gelten wolten
Mir / wie ſie dem Naſo gulten /
Haͤtt24Erſtes Hundert.
Haͤtt ich laͤngſt den Ketten-Hunden
Meinen Momus beygebunden.

79.

Von den Weiber-Bruͤſten.
Wie kom̃ts / daß Frauen-Volck ſo klare Stimmen fuͤhret?
Weil duppelt Blaſebalg hart an jhr Lufftroͤhr ruͤhret.

80.

Von der Weiber Plauderey.
Die Weiber reden laut / ſie reden lang vnd offt /
Den Athem oben zu / mehrt vnten auff die Lufft.

81.

Von dem Gebrauch der Balearen.
Der Balearen Brauch iſt zwar zu vns nicht kommen /
Daß durch die Gaͤſte vor / der Braut wird abgenommen
Was ſonſt der Braͤutgam nim̃t: Doch hoͤrt man / mancher mag
Thun vor / was erſt man dort thaͤt auff den Hochzeit-Tag.

82.

Betriegliche Hoffnung.
Der ſeinen Segel hin nach Engeland gewendet /
Jſt manchmal durch den Wind in Holland angelaͤndet:
Und der durchs enge Meer zu lauffen jhm getrauet
Hat vnverhofft ſein Schiff in offner See geſchauet:
Wer manchmals eine Nuß fuͤr gut hat angeruͤhret
Hat drinnen einen Wurm vnd dran ein Loch verſpuͤret:
Ob Jungefraw zwar nicht vnd Jungfraw / hoch entſchieden /
Jſt dem doch wol / der nam die / die das E! vermieden.

83.

Unterſcheid zwiſchen Jungfraw vnd Jungefraw.
Was Junge-Fraw / vnd denn was Jungfraw / wird erkant /
Daß dieſes Wort iſt gantz / vnd jenes iſt getrant.
84. Der25Erſtes Tauſend

84.

Der Zeiten Schauſpiel.
Es denckt mich noch ein Spiel bey meinen jungen Jahren /
Drinn ich ein Koͤnig war / da andre Knechte waren /
Da nun das Spiel war auß / fiel meine Hoheit hin /
Und ich ward wieder der / der ich noch jetzo din:
Der heutige Gebrauch traͤgt gleichſam ein ergetzen
Die Bauren dieſer Zeit den Fuͤrſten beyzuſetzen:
Schimpff aber iſt nicht Ernſt; vnd deß Saturnus Feſt
Jſt einmal nur deß Jahrs / zu Rom im Brauch geweſt.

85.

Schwanger ſeyn / ſchadet dem ſchoͤn ſeyn.
Schwanger ſeyn / iſt eine Schande /
Keine Schand in Bulſchafft ſchweben:
Dannenher in vnſrem Lande
Huren mehr / als Muͤtter leben.

86.

Fluͤchtige Tugend.
Die Tugend iſt ein Weib / ſo Mahlern iſt zu glauben;
Drumb fleucht ſie / Monſieur Mars moͤcht jhr die Keuſchheit
rauden.

87.

Adels-Feinde.
Edelleute muß man laſſen
Von den Eſelleuten haſſen;
Wer nur gut iſt / meint es gut
Auff das edle Ritters-Blut.

88.

Die verkoppelte Freundſchafft
Der Freundſchafft keuſcher Stand / war weiland voller Ehren:
Jetzt laͤſt ſie ſich durch Geld / zum Huren-Brauch bethoͤren.
89. Auff26Erſtes Hundert.

89.

Auff Pudibundam.
Pudibunda, wie ſie ſpricht /
Ehret hoch deß Tages Licht /
Wer mit jhres Leibes Gaben
Noch fuͤr Nachtes ſich wil laben /
Muß ſich muͤhen daß er macht /
Wenn es Mittag / Mitternacht;
Kan er ſonſt nicht Rath erfinden
Muß er jhr das Haupt verbinden:
Manchem kum̃t es / ders geneuſt
Daß ſie ſelbſt die Augen ſchleuſt.

90.

Neunerley Fragen / vnd neunerley Antwort.
1. Wie kuͤm̃t es / daß die Welt im argen iſt verſuncken? Sie ließ den rechten Weg vnd gieng nur nach geduncken.
2. Wie kuͤm̃t es / daß die Zeit nicht wil gebeſſert werden? Die Menſchen in der Zeit verboͤſern die Geberden.
3. Wie kuͤm̃t es / daß die Laſt der Noth die Welt ſo drucket? Sie jſſet jetzund auß / was ſie vor eingebrocket.
4. Wie daß vns Rath vnd That ſo wenig wil erſprieſſen? Drum daß / wie wir von GOtt / GOtt nichts von vns wil wiſſen.
5. Wie daß ſich die Fortun ſo ploͤtzlich hat gewandelt? Weil der / der ſie bekam / ſie uͤbel hat gehandelt.
6. Wie koͤm̃t es / daß jetzund die Boͤſen oben ſchweben? Wer hoͤchlich fallen ſoll / den muß man hoch erheben.
7. Wie kuͤm̃t es / daß jetzund die Frommen vnten liegen? Sie kaͤmpffen mit Gefahr / mit Ehren drauff zu ſiegen.
8. Wie daß vns wil die Zucht zur Sicherheit gelaugen? Dieweil der letzte Tag die Welt wil ehſtes fangen.
C9. Kuͤm̃t27Erſtes Tauſend
9. Kuͤm̃t aber keine Zeit / darinn es beſſer werde? New Himmel iſt nicht weit / nicht weit iſt auch New Erde.

91.

Die letzte Brunſt der Welt.
Vnſre Welt iſt Schlaͤge-faul
Setzt ſich wie ein ſtaͤtig Gaul!
Wil ſie Gott zu Stande bringen
Muß er ſie mit Feuer zwingen.
Jene Welt ertranck durch Flut /
Dieſe Welt erfodert Glut.

92.

Vom Kaͤyſer Probus.
Kaͤyſer Probus wolte ſchaffen
Daß man duͤrffte keiner Waffen.
O wo iſt bey vnſren Tagen
Kaͤyſer Probus zu erfragen?

93.

Huren-Zeit.
Durch Proculus geſchahs daß zehnmal zehn Jungfrauen
Nach dreymal fuͤnffter Nacht man konte Weiber ſchauen.
Kum̃ wieder Proculus! Weil in den Frauen-Orden
Faſt jede Jungfer wil / iſt Mars gar muͤde worden.

94.

Rhein-Fluß.
Der dich erſtlich nante Rhein
Wolte / glaub ich / ſprechen Wein:
Der dich erſtlich nante Rhenus,
Wolte glaub ich ſprechen Vonus:
Was die Venus im Latein
Jſt vns / Rhenus, deutſch dein Wein.
95. Rhein -28Erſtes Hundert.

95.

Rhein-Wein.
Reimet ſich gleich Wein vnd Rhein /
Reimt ſich Waſſer nicht mit Wein.

96.

Wo Herren / da Narren.
Ey man muß dem Hofe-Leben
Fuͤr den andren Fuͤrzug geben!
Denn bey groſſer Herren Tiſche
Sind ſtets Haſ vnd Stoͤckelfiſche.

97.

Hofe-Leben.
Das Hofe-Leben iſt ein rechtes Hoffe-Leben;
Denn da verſpricht man Gunſt / vnd Ungunſt wird gege -
(ben.

98.

Fleiß bringt Schweiß / Schweiß bringt Preis.
Jederman hat gerne Preis /
Niemand macht jhm gerne Schweis:
Wer der Arbeit Marck wil niſſen /
Muß jhr Bein zu brechen wiſſen.

99.

Auff eines Helden Verleumder.
Da du lebteſt / werther Held /
Ward dein Ruhm Berg-auff geſtellt;
Nun von vns du biſt entwand
Wird dein Ruhm kaum noch erkannt:
Naͤmlich wenn der Loͤw ligt tod /
Jſt er auch der Haſen Spot.

100.

Der Natur-Weg.
Wer / wie die Menſchheit geht / wil wiſſen jhre Spur /
Der wiſſe: Sie geht von / durch / in / auß der Natur.

Deß Erſten Tauſend Andres Hundert.

30Erſtes Tauſend

1.

Die Warheit im Wein.
WArheit ſteckt in dir O Wein!
Wie wil der denn ſcheltbar ſeyn /
Der die Warheit zu ergruͤnden
Sich beym Bacchus viel laͤſt finden?

2.

Wein / der Poeten Pferd.
JHrer viel ſind zwar befliſſen
Sich im Helicon zu wiſſen /
Ob ſie gleich nun ziehn vnd ziehn
Kommen langſam ſie doch hin /
Denn jhr beſtes Pferd iſt heuer
Viel zu ſeltſam vnd zu theuer.

3.

Auff den Bibulum.
BIbulus iſt gar nicht ſtoltz /
Denn er trincket Wein auß Holtz /
Faͤngt in Ziehn ſein klares Waſſer;
Jſt er dannenher ein Praſſer?

4.

Hunger.
HVnger iſt der beſte Koch /
Dieſes mangelt jhm nur noch /
Daß er / wie ſonſt andre Sachen /
Sich nicht ſelbſt kan ſchmaghafft machen.
5. Jung -31Andres Hundert.

5.

Jungfrauſchafft.
JVngfrauſchafft iſt zwar ein Sieg
Wider vnſres Fleiſches Krieg:
Doch ſind viel die fuͤr das ſiegen
Lieber wollen vnten liegen.

6.

Eigen-Lob.
DVppler / nicht ein eintzler Mund /
Gibt der Warheit jhren Grund;
Drum kan der nicht gelten viel /
Der ſich ſelbſt nur loben wil.

7.

Auff Hornutum.
HOrnutus las: Was Gott Job habe weggenommen
Sey duppelt jhm hernach zu Hauſe wieder kummen /
Wie gut / ſprach er / war diß / daß Gott ſein Weib nicht nam /
Auff daß Job jhrer zwey / fuͤr eine / nicht bekam.

8.

Von Jobs Weibe.
WJe kam es / daß / da Job hatt alles eingebuͤſſet
Was jhm ergetzlich war / daß er ſein Weib nicht miſſet?
Es ſteht nicht deutlich da / warumb ſie uͤbrig blieb /
Allein ich ſchlieſſe faſt / er hatte ſie nicht lieb.

9.

Deß Krieges Raubſucht.
ALs Venus wolte Mars in jhre Liebe bringen /
Hat ſie jhn blanck vnd bloß am beſten koͤnnen zwingen;
Denn ſo ſie / wie ſie pflegt / in theurem Schmucke blieben /
Haͤtt er ſie duͤrffen mehr berauben / als belieben.
C iiij10. Him -32Erſtes Tauſend

10.

Himmel-Erbe.
DJe Alten ſind jetzund der Jungen jhre Kinder /
Denn dieſe wiſſen mehr vnd jene wiſſen minder:
Wol gut! weil Gott ſein Reich den Kindern anverſpricht
Erbt jene Welt allein vnd dieſe Welt erbt nicht.

11.

Unchriſtlicher Krieg.
MArs thut nicht was jhm man thut /
Nimmet Gut vnd gibt nicht Gut;
Wer iſt denn / der mich beſcheide /
Ob er Chriſt ſey oder Heyde?

12.

Vorige vnd jetzige Kriege.
WAs taug der alte Krieg? Der neue Krieg iſt beſſer;
Denn jener / war ein Feind der Menſchen; der / der
Schloͤſſer:
Und jener machte leer der Menſchen Leib von Blut /
Da dieſer nur fegt auß / der Kaſten altes Gut.

13.

Offtmals voll / macht endlich toll.
ZVnfft vnd Zechen ſind verwand /
Eines zwiefach nur genant;
Drum wer anhaͤngt allen Zechen /
Jſt auch kuͤhnlich einzurechen
Jn die tolle wilde Zunfft /
Bey das Volck der Vnvernunfft.

14.

Gehenckter Judas.
DEr vnſer Brot gleich braucht / der trit vns doch mit Fuͤſſen /
Wil vns ſo wol nicht im / als an dem Creutze wiſſen:
Allein33Andres Hundert.
Allein es kuͤm̃t dazu / daß endlich ſelbſt ſein Fuß /
Hoch in die Lufft verſtrickt / vom treten feyern muß.

15.

Frey-Leben / Gut-Leben.
WEr andren lebt / lebt recht: Wer jhme lebt / lebt gut:
Weil jener / andren wol; jhm / uͤbel der nicht thut.
Wol dem / dem da zugleich die Freyheit iſt gegeben /
Bald recht / bald gut / wenn / wie / vnd wem er wil / zu leben.

16.

Auff die demuͤtige Pertundam.
D vnter jederman Pertunda fein ſich ſchmuͤgen
Und jetzo da / jetzt dort wil willig vnten liegen /
Das thut ſie dannenher; ſie hat zur Zeit gehoͤrt
Wie Schoͤnheit vm ſo viel durch Demut wird vermehrt.

17.

Auff eben Selbte.
WEr wil Pertunda ſtoltz / hoch-traͤchtig auch wol nennen?
Er gibt genug an Tag / er muß ſie recht nicht kennen:
Heiſt dieſes denn wol ſtoltz? Sie bleibet vnten an
Und duldet uͤber jhr ſo leichtlich jederman.

18.

Auff die liſpelnde Fucutillam.
O Fucutilla, groß vnd ſehr groß iſt der Schaden /
Daß mit ſo ſchwerer Zung iſt dein ſchoͤn Mund beladen;
Denn wenn du ſagen ſolſt / kom̃ zu mir plotz vnd flugs /
So ſprichſt du allemal / kom̃ zu mir potz vnd fugs.

19.

Stadt-Leute vnd Dorff-Leute.
WEr ſind Buͤrger? Nur Verzehrer:
Wer ſind Bauern? Jhr Ernaͤhrer.
Jene / machen Kot auß Brote;
Dieſe machen Brot auß Kote.
C vWie34Erſtes Tauſend
Wie daß dennder Buͤrger Orden
Hoͤher als der Bauern worden?

20.

Welt-Beherꝛſcher.
GGott / Fleiß vnd die Gelegenheit
Beherꝛſchen Menſchen / Welt / vnd Zeit:
Gott / iſt in Noͤthen anzuflehn:
Gelegenheit nicht zu verſehn:
Der Fleiß / muß fort vnd fort geſchehn.

21.

Krieges-Greiphen.
MAn hat dem Plinius nicht gerne wollen glauben
Daß Greiphe ſind / die Gold auß tieffer Erde rauben;
Es zeuget dieſes Mars, der brauchet ſolche Greiphen /
Die alle Welt vm Gold durchwuͤhlen vnd durchſtreiffen.

22.

Frantzoͤſiſcher Brauch.
Daß mit einem Meſſer eſſen viel Frantzoſen / iſt zwar Brauch;
Maͤnner thun es / Weiber thun es / duͤnckt mich aber doch nicht
auch.

23.

Hochzeit-Wuntſch.
SEyd gluͤcklich hier vnd dort / ſeyd ſelig denn gepreiſt
Jhr / die man heute Braut / vnd Braͤutigam euch heiſt /
Seyd Morgen Mann vnd Fraw / ſeyd Eltern uͤbers Jahr /
So habt jhr denn erlangt / was zu erlangen war.

24.

Ein andrer.
THeures Paar / deß Gluͤckes Neid
Muß euch nimmermehr verſehren /
Vnd die Macht der Sterbligkeit
Schade nimmer euren Ehren.
Gebe35Andres Hundert.
Gebe Gott! daß uͤbers Jahr
Jn der Mutter Armen lache
Das / was euch / O edles Paar /
Nach dem Tode lebend mache.

25.

Bittre Liebe.
LJeben iſt ein ſuͤſſes Leiden
Wenns nicht bitter wird durch ſcheiden:
Bittres wil ich dennoch leiden
Daß ich ſuͤſſes nicht darff meiden.

26.

Mittel zum Reichthum.
Wer / wie er werde reich / wil Weis vnd Weg betrachten /
Der lerne Geld vnd Gut bald viel / bald wenig achten.

27.

Hochzeit-Wuntſch.
LJebe / Friede / Segen / Gluͤcke /
Sey euch weil jhr ſelbſten ſeyd;
Biß daß euch empor entzuͤcke
Sterbligkeit zur Ewigkeit.

28.

Nicht alles was ſchwer / dringt vnter ſich.
L ich uͤberreden mich
Schweres Ding dring vnter ſich?
Wie daß denn die Steuer-Laſten
Vber vns noch jmmer raſten?
29. Die36Erſtes Tauſend

29.

Die Steuer.
D mein Buch die theure Gabe
Allen zu gefallen habe
Glaͤub ich nicht / doch wil ich hoffen /
Das / was folgt / ſey gar getroffen;
O es muͤſſe hoͤlliſch Feuer
Freſſen die verfluchte Steuer.

30.

Gewonheit vnd Recht.
Gewonheit vnd Gebrauch / zwingt offt vnd ſehr das Recht;
Hier / iſt der Mann ein Herꝛ deß Weibes; dort / ein Knecht.

31.

Dinſtag vnd Freytag.
ES hat durch vnſer Land ſich alles vmgekehret /
Drum wundert mich der Brauch / daß der ſo lange wehret /
Daß Dinſtags noch vnd nicht man Freytags Hochzeit macht /
Und mehr als goͤldnes frey / das ſchwere dienen macht.
Es gienge zwar noch hin deß Dinſtags Hochzeit haben /
Freytages aber doch bald tod / bald ſeyn begraben.

32.

Tadler.
Wem niemand nicht gefaͤllt / wer alles tadelt allen /
Wer tadelt dieſen nicht / vnd wem kan der gefallen?

33.

Saumſaal.
ANfang hat das Lob vom Ende /
Drum macht der daß man jhn ſchaͤnde /
Der in allen ſeinen Sachen
Nimmer kan kein Ende machen.
34. Traͤg -37Andres Hundert.

34.

Traͤgheit.
DEr kan ohne Krieg vnd Waffen
Seinem Ruhme Ruhe machen /
Der nur wachſam iſt zum ſchlaffen
Schlaͤffrig aber zu dem wachen.

35.

Auff den Oſcum.
WO wer nach Ehre ſtrebt / da pfleget ſie zu fliehen /
Wo wer die Ehre fleucht / da pflegt ſie nachzuziehen:
Es weiß nun Oſcus diß; drum nim̃t er einen Raum
Und fleucht / was er nur kan / in Suͤnden ohne Zaum.

36.

Auff einen Hoͤrner-Traͤger.
Der Lieb iſt nichts zu ſchwer / pflegt Corniger zu ſagen;
Drum iſt jhm auch nicht ſchwer / auß Liebe Hoͤrner tragen.

37.

Vergoͤtterung der Helden.
Es wolln jetzund nicht mehr auß Helden Goͤtter werden;
Das macht / jhr Himmel iſt hienieden auff der Erden.

38.

Fraw / vmbgekehrt / Warf.
DJe erſte Fraw zwar Warf das Joch
Der Suͤnd an vnſren Hals /
Doch ſind jetzt vnſre Frauen noch
Was kluͤger dieſes Falls /
Sie ſetzen manchem Hoͤrner an /
Daß er ſich nicht entſtreiffen kan.
39. Selig -38Erſtes Tauſend

39.

Seligmacher.
CHriſtus / der vns ſelig macht /
Ward fuͤr vns ans Creutz gebracht.
O wie wuͤrden ſich bedencken /
Die manchmal das Selig ſeyn
Suchen nur durch frembde Pein /
Wenn ſie ſelbſten ſolten hencken.

40.

Stat geht fuͤr Land.
BEy der Stat iſt Statligkeit
Bey dem Dorffe Duͤrfftigkeit;
Jſts nun recht wenn gleich die Stat
Statlich auch zu ſteuern hat?

41.

Die goͤldenen Soldaten.
DJe Sonne geht in Gold: So ſprechen vnſre Bauern /
Drum wird bey vns jhr Licht nicht mehr gar lange tauern.
Mars ſtarrt vnd rauſcht fuͤr Gold; jhr Bauren laſt das graͤmen /
Die goͤldne Gleißnerey wil finſtern Abſchied nemen!

42.

Seligmacherey.
Selig machen kan nur einer;
Sonſten hats geternet keiner.

43.

An einen Freund.
WEil du mich Freund / beſchenckſt mit dir
So danck ich billich dir mit mir;
Nim hin deßwegen mich fuͤr dich /
Jch ſey dir du / ſey du mir ich.
44. Geitz -39Andres Hundert.

44.

Geitzhals.
Den Geinhals vnd ein fettes Schwein
Schaut man im Tod erſt nuͤtzlich ſeyn.

45.

Reichthum.
WEr auff uͤbrig Reichthum tracht /
Der wird ſonſten nichts erſtreben
Als / daß er noch bey dem Leben /
Jhme ſelbſt ein taͤglich ſterben
Vnd hernachmals ſeinen Erben
Ein gewuͤntſcht Gelaͤchter macht.

46.

Feyertage.
Wenn Feyertag die Jungen halten
Wolln halten Bete-Tag die Alten.

47.

Auff einen Ehrgeitzigen.
Alle Menſchen guͤnnen dir daß du moͤchteſt Cæſar werden /
Doch mit drey vnd zwantzig Wunden nieder liegend auff der
Erden.

48.

Regiments-Wetter.
WEr nicht glaubt daß Obrigkeiten
Bill ich ſind vnd heiſſen Goͤtter /
Der hab acht bey dieſen Zeiten
Was ſie machen fuͤr ein Wetter.
Frincipes ſunt
Dii, non quidẽ
Altitonantes,
ſed Imitonan -
tes.
49. Fuͤr -40Erſtes Tauſend

49.

Fuͤrſten.
Daß die Fuͤrſten uͤber Menſchen / vnd nach Rechten / Herꝛſcher
ſeyn /
Doch nicht ewig; moͤchten Fuͤrſten jhnen taͤglich bilden ein.

50.

Von meinen Reimen.
Sind meine Reime gleich nicht alle gut vnd richtig /
So ſind die Leſer auch nicht alle gleich vnd tuͤchtig.

51.

Danck / wird bald kranck.
DAnckbarkeit / du teure Tugend /
Alterſt bald in deiner Jugend /
Drum macht deine kurtze Friſt
Daß du jmmer ſeltſam biſt.

52.

Weltliche Hoffnung.
HOffnung iſt ein faules Seil
Bricht in vnverhoffter Eil /
Daß vns Armut bleibt zu theil.

53.

Das Vergangene.
Wer jetzund berathen wil die vergangne Sachen;
Der wird junge Weiber auch auß den Alten machen.

54.

Gute Wercke.
WO gute Wercke ſelig machen
Bringt ſolche Meinung gute Sachen;
Wie kan die Seligkeit doch fehlen
Wo zwene Jeſus ſind zu zehlen.
55. Auff41Andres Hundert.

55.

Auff Kuͤhnmunden.
KUnimundus giebt ſich an
Manche Stunde ſeinen Man
Zu beſtehen. Das iſt viel!
O es iſt bedinget worden /
Daß er weder ſelbſt ermorden
Noch ermordet werden wil.

56.

Freundſchafft mit Gott.
WEnn ein Menſch mit Gott gut ſteht
Der ſteht wol / wenns uͤbel geht /
Denn er kan die hoͤchſten Gaben
Vater / Bruder / Troͤſter haben.

57.

Muͤgliche Unmuͤgligkeit.
ALs Adam wolte Gott vnd ſeinem Weſen gleichen
Ward er ein ſterblich Menſch / vnd muſt auß Eden weichen:
Seither wir haben diß / was Gott kan / kuͤnnen wollen /
Und vnvermuͤglich Ding doch muͤglich machen ſollen;
Seither iſt vnſer Frey in Dienſtbarkeit verkehret /
Die Haut iſt abgeſtreifft / das Marck iſt außgezehret.

58.

Das beſte der Welt.
WEiſtu / was in dieſer Welt
Mir am meiſten wolgefaͤllt?
Daß die Zeit ſich ſelbſt verzehret /
Vnd die Welt nicht ewig wehret.
D59. Ge -42Erſtes Tauſend

59.

Geſegnete Arbeit.
D vnſer Feld jetzt nichts als Dorn vnd Diſteln traͤget /
Drum ſchwitzet vnſer Leib vnd vnſer Hertze ſchlaͤget:
Doch laß ich mich auff Gott; der ſehe was er thut /
Dieweil er dißfalls ſpricht: Wol dir / du haſt es gut! Pſ. 128.

60.

Auff Jungfer Nackt-Lieb.
CUpinuda klaget ſehr
Vber Vater Adams Fall /
Drum / daß niemand uͤberall
Darff jetzund gehn nackend mehr.

61.

Welſchland.
Das Welſche Land heiſt recht ein Paradeis der Welt /
Weil jeder der drein kum̃t ſo leicht in Suͤnden faͤllt.

62.

Juriſt vnd Artzt /
EJn Juriſt darff eines Artztes / der jhm ſein Gehirne ſtaͤrcke /
Daß er recht / was Rothes wolle / vnd was Schwartzes
heiſſe / mercke:
Auch der Artzt darff deß Juriſten / der jhm ſeine Sachen ſchmuͤcket
Ob er etwa hat den Krancken ſam̃t der Kranckheit fortge -
ſchicket.

63.

Auff Bibulum.
Es torckelt Bibulus iſt ſtuͤndlich toll vnd voll;
Der Weg zur Hoͤll iſt breit / er weiß er trifft jhn wol.

64.

Sommer vnd Winter.
Daß jedes Jahr vier Zeiten hat haͤlt man mehr nicht recht;
Der Fruͤhling / iſt deß Winters; der Herbſt / deß Sommers Knecht.
65. Ver -43Andres Hundert.

65.

Vertrauen auff Chriſtum.
WAs fragt ein edler Loͤw nach eines Huͤndleins bellen?
Was fragt ein Fels im Meer nach Winden vnd nach Wel -
Was Juda Loͤw beſchuͤtzt: Was Davids Fels behaͤlt /
(len?
Das iſt vom Teuffel frey vnd ſicher fuͤr der Welt.

66.

Hoffnung vnd Geduld.
HOffnung iſt ein feſter Stab /
Vnd Geduld ein Reiſe-Kleid /
Da man mit durch Welt vnd Grab
Wandert in die Ewigkeit.

67.

Die Stirne.
Die Stirn iſt ſonſt der Thron drauff Ehre ſitzt empor;
Was hat fuͤr Ehre der / der Haare henckt davor.

68.

Hochzeit-Wuntſch.
WErthes Paar / lebt in die wette
Mit deß Gluͤck es beſter Zeit /
Biß daß euch die Ewigkeit
Von der Sterbligkeit errette.
Wann der neunde Monat weicht /
Hebet / eines / an zu zehlen /
Dieſes muß euch nimmer fehlen
Biß die Zahl auff zehne reicht.

69.

Die hinfaͤllige Welt.
JCh bin zwar wol kein Rath auß Gottes Cantzeley /
Doch weiß ich was daſelbſt jetzund im Wercke ſey;
D ijEs44Erſtes Tauſend
Es wird der trancken Welt jhr Leichendienſt beſtellet
Weil ſie jemehr vnd mehr in ſchwere Seuchen faͤllet:
Sie hat ſich offt kaſteit / durch Hunger; vnd purgirt
Durch Peſt; Mars hat jhr auch viel uͤbrig Blut entfuͤhrt:
Noch dennoch iſts vmbſonſt. Drum der ſich jhr vertrauet /
Hat fuͤr ein ſchoͤnes Bild / ein ſtinckend Aas erſchauet.

70.

Die Buͤcher Moiſis vnd Joſuæ.
Wo Moiſes hoͤret auff / faͤngt Joſua bald an:
Genad iſt noͤthig da / wo das Verdienſt nichts kan.

71.

David durch Michal verborgen.
DJe Michal legt ein Bild ins Bett an Davids ſtat /
Und dann zu ſeinem Haupt ein Fell von einer Ziegen:
Wil mancher wie ein Bild im Bette ſtille liegen /
So gibt man jhm gemein ein Fell das Hoͤrner hat.

72.

Der Schrifft-kuͤndige Mars.
WEr ſpricht daß vnſer Mars auff Gottes Buch nicht fraget?
Er hat genaw gemerckt / was Koͤnig Saul dort ſaget:
Wer mir nicht nach zeucht auß / deß Rinder ſoll man ſtuͤcken /
Und alſo hin vnd her durch alle Graͤntzen ſchicken:
Drum iſt nun alles Vieh / verſchickt / zerſtuͤckt / vertrieben /
Daß vns von jhnen kaum der lehre Stall iſt blieben.

73.

Arm auff Erden / Reich im Himmel.
WEr einen Reichen nennt / hat alles diß genennt
Was dieſe Welt fuͤr gut / fuͤr hoch / fuͤr herꝛlich kennt:
Wer einen Armen nennt / der hat von dem geſagt /
Was alle Welt veracht vnd aller Unfall plagt.
Noch dennoch tauſch ich nicht; ein Armer in der Zeit
Jſt fertig reich zu ſeyn dort in der Ewigkeit.
74. Ge -45Andres Hundert.

74.

Geduld.
Leichter traͤget was er traͤget /
Wer Geduld zur Buͤrde leget.

75.

Unbeſonnene Sorgen.
Das Fleiſch kocht langſam gar / wenn Blei liegt in dem Topfe;
Zu nichts iſt der geſchickt / dem Sorge ſteckt im Kopfe.

76.

Erde / durch Verſetzung / Rede.
OB eine Red vns ſchoͤn vnd kuͤnſtlich gleich bedeucht
So iſt ſie doch ein W[i]nd / d[e]r hin zum Winde zeucht:
Wer Erde liebt / liebt das / was endlich Angeſichts /
Wann Gott gebeut / zerſt[e]ubt / vnd wird ein lehres nichts.

77.

Die Welt ward nicht auß Sonnen-Staube / ſondern wird zu Sonnen-Staube.
JCh weiß nicht / ob die Welt kan laͤnger ſtehn vnd halten /
Weil da vnd dort jhr Baw nimt Bruͤche / Riſſe / Spalten?
Gott ſcheidet ſich von vns / wir ſcheiden vns von Gott /
Die Wolfahrt reumt das Land vnd bleibt vns nichts als Not.
Die Tugend fleucht ſeitab / die alten Laſter weichen
Der neuen Teuffeley. Es kuͤnnen ſich nicht gleichen
Der Unterthan vnd Herꝛ / der Herꝛ vnd Unterthan.
Der Man ſucht fremdes Weib / das Weib ſucht fremden Man /
Der Himmel wil nicht mehr der Erde Saamen guͤnnen /
Die Erde wil nicht mehr / wie vor / gebaͤren kuͤnnen;
Das macht / daß man zum theil dem Epicurus glaͤubt
Die Welt werd ehſtes das / was in der Sonne ſtaͤubt.

78.

Gezwungene Soldaten.
Wer ſeufftzend zeucht in Krieg / iſt kein gar gut Soldat;
Was duͤnckt dich nun von dem / den man gezwungen hat.
D iij79. Die46Erſtes Tauſend

79.

Die bußfertige Welt.
DJe neue Welt iſt from vnd froͤmer als die alte;
Sie darff nur acht Gebot die ſie im Leben halte /
Denn / Ehbruch / Diebſtal / bleibt; man Hanet[nur] die Leute
Und macht was vns gefaͤllt / nach Krieges Art / zur Beute.

80.

Gluͤcke vnd Ungluͤcke.
DAs Gluͤck iſt abgetheilt vons Ungeluͤckes Tuͤcke
Durch den Buchſtaben U. vnd den Buchſtaben R.
So / daß man N. vor / vnd U. zu letzte nenne /
So iſt in einem NU Ungluͤcke bey dem Gluͤcke.

81.

Die Hoffaͤrtige oder uͤberſichtige Welt.
Die Welt acht vnſrer nichts / wir achten jhrer viel;
Ein Narꝛliebt den / der jhn nicht wieder lieben wil!

82.

Creutze.
So doͤs iſt ſchwerlich was / es iſt zu etwas gut;
Das Creutze plagt den Leib / vnd beſſert doch den Mut.

83.

Elende.
Man trage mit Geduld den Jammer dieſer Zeit /
Was Jammer erſtlich war / wird endlich Herꝛligkeit.

84.

Das Unrecht der Zeit.
Was frag ich nach der Zeit / wenn der mir nur wil wol
Der alles ſchafft was war / was iſt / was werden ſol.

85.

Schlaf / vmgekehrt / falſch.
Der Schlaf heiſt ruͤcklings falſch; denn er betreugt vns oft /
Gibt Gold im Traume / gibt / wann wir erwachen / Luft.
86. Jch47Andres Hundert.

86.

Jch bin wer ich bin / ſo bin ich deß Luth. Herren.
Begehrt mich Gott nicht reich vnd ſonſt von hohen Gaben /
So ſey ich wie ich bin / er muß mich dennoch haben.

87.

Warheit im Weine.
Sucht Warheit wer im Wein vnd findet ſie im Wein /
Der wundre ſich nicht mehr daß Deutſchen redlich ſeyn.

88.

Reich / durch Verſetzung Cheir.
CHeir heiſt Grichen eine Hand
Stecket in dem Woͤrtlein Reich;
Wer da reich iſt / werde gleich
Einer milden Hand erkant /
Die da gibet vnd nichts nim̃t /
Die verſchenckt / vnd nichts bekuͤm̃t.

89.

Laus vnd Laus.
Was Loh heiſt im Latein / das hat im Deutſchen Fuͤſſe /
Es kitzelt dort vnd juͤckt / hier gibt es ſcharffe Biſſe.

90.

Menſch / durch Verſetzung / ſchmen.
WJl der Menſch ſich ſelbſt befehn /
Wird er leichtlich keinen ſchmen;
Schmeh nicht bald vnd thu gemach
Jeder hat ſein eigne Schmach!
D iiij91. Arm. 48Erſtes Tauſend

91.

Arm. mar.
STreich vom m. ein Strichlein auß /
Dann wird dir ein n. drauß /
Thu das n. fuͤr das a /
Alſo ſteht fuͤr Augen da /
Wie da den die ſchnoͤde Welt /
Welcher arm iſt / hat vnd haͤlt.

92.

Grab / vmgekehrt / barg.
Wol dem / den biß her barg
Ein Grab fuͤr ſo viel arg.

93.

Not / vmgekehrt / ton.
Die Not / die iſt ein Ton davon die Augen rinnen /
Nicht viel ſind wann er klingt / die druͤber lachen kuͤnnen.

94.

Die Welt / ein Lumpen-Haͤndler.
Nicht handle mit der Welt / ſie fuͤhrt verlegne Wahren!
Du wirſt ſonſt wie ſie ſind mit Schad vnd Schand erfahren.

95.

Lieb / verſetzt Blei.
Das Blei dringt vnter ſich / vnd wil nur jmmer ruhn:
Wer dir ſich Lieb / ergibt / kan ſonſten wenig thun.

96.

Der Sonnen vnd deß Menſchen Untergang.
UNtergehn vnd nicht vergehn /
Jſt der Sonnen Eigenſchafft:
Durch deß Schoͤpffers Will vnd Krafft
Stirbt der Menſch zum aufferſtehn.
97. Auff49Andres Hundert.

97.

Auff die Weiber.
Wann fuͤr den Man das Weib ſpricht in der Handelunge /
So iſts / wie wann den Sinn offt uͤbereilt die Zunge.

98.

Gottesdienſt / iſt ohne Zwang.
Wer kan doch durch Gewalt den Sinn zum Glauben zwingen?
Verlaugnen kan zwar Zwang / nicht aber Glauben / bringen.

99.

Eingeborne.
WEr alte Vaͤter ſucht / vnd ſucht ſie alle gar /
Der kuͤmt zu letzt auff den / der Anfangs Erde war:
Wer Gott zum Vater hat / der bleibet wol geadelt /
Denn keiner hat den Stam̃ von Ewigkeit / getadelt.

100.

Adel.
HO her Stam̃ vnd alte Vaͤter /
Machen wol ein groß Geſchrey:
Moiſes aber iſt Verraͤther /
Daß dein Vrſprung Erde ſey.

Deß Erſten Tauſend Drittes Hundert.

50Erſtes Tauſend

1.

Mannes-Bildnuͤß
EJn jedes Ding der Welt hebt an / geht fort / nimt zu /
Es war ſchon eine Zeit / da ich nicht war noch du:
Glaub aber mir gewiß / wann dieſes du wirſt leſen /
Ein Mann iſt mir bekant / der nie kein Kind geweſen.

2.

Von GOtt beſchert Bleibt vnverwehrt.
Der vngeſtuͤm April, laͤſt dennoch Veilcken bluͤhen;
Mir kan / was Gott mir guͤnnt / kein rauhes Gluͤck entziehen.

3.

April vnd Maͤy.
April der zoͤrnt zuvor / eh Maͤy wil wieder lachen:
Zu jener Luſt den Weg / muß dieſe Not vns machen.

4.

An mein Vaͤterlich Gut / ſo ich drey Jahr nicht geſehen.
GLuͤck zu du oͤdes Feld! Gluͤck zu jhr wuͤſten Auen /
Die ich / wann ich euch ſeh / mit Threnen muß betauen
Weil jhr nicht mehr ſeyd jhr; ſo gar hat euren Stand
Der freche Mord-Gott Mars, grundauß herum gewand!
Seyd aber doch gegruͤſt / ſeyd dennoch fuͤrgeſetzet
Dem allem / was die Stat fuͤr ſchoͤn vnd koͤſtlich ſchaͤtzet!
Jhr wart mir lieb / jhr ſeyd / jhr bleibt mir lieb vnd werth /
Jch bin / ob jhr verkehrt / noch dennoch nicht verkehrt.
Jch bin / der ich war vor: Ob jhr ſeyd ſehr vernichtet /
So bleib ich dennoch euch zu voller Gunſt verpflichtet /
So lang ich ich kan ſeyn / wann dann mein ſeyn vergeht /
Kans ſeyn / daß Muſa wo / an meiner Stelle ſteht.
Gehab dich wol / O Stadt! die du in deinen Zinnen
Haſt meinen Leib gehabt / nicht aber meine Sinnen /
Gehab dich wol! mein Leib iſt nun vom Kercker los
Jch darff nun nicht ſeyn mehr / wo mich zu ſeyn verdroß.
Jch51Drittes Hundert.
Jch ha be dich / du mich / du ſuͤſſe Vater-Erde /
Meiu Feuer glaͤntzt nunmehr auff meinem eignen Herde /
Jch geh / ich ſteh / ich ſitz / ich ſchlaf / ich wach vmbſonſt /
Was teuer mir dort war / das hab ich hier auß Gunſt
Deß Herrens der Natur / uͤm habe-Danck zu niſſen
Und uͤm geſunden Schweiß; darff nichts hingegen wiſſen
Von Vortel vnd Betrug / von Hinderliſt vnd Neid /
Und wo man ſonſt ſich durch ſchickt etwan in die Zeit.
Jch eſſ ein ſelig Brot / mit Schweiß zwar eingeteiget /
Doch daß durch Beckers-Kunſt vnd Hefen hoch nicht ſteiget /
Das zwar Geſichte nicht / den Magen aber fuͤllt /
Und dient mehr daß es naͤhrt / als daß es Heller gilt.
Mein trincken iſt nicht falſch / ich darff mir nicht gedencken
Es ſey gebrauen zwier vom Braͤuer vnd vom Schencken.
Mir ſchmeckt der klare Safft / mir ſchmeckt das reine naß /
Das ohne Keller friſch / das gut bleibt ohne Vaß /
Drum nicht die Nymphen erſt mit Ceres duͤrffen kaͤmpffen
Wer Meiſter druͤber ſey / das nichts bedarff zum daͤmpffen /
Weils keinen Schweffel-Rauch / noch ſonſten Einſchlag hat /
Das ohne Geld ſteht feil / das keine frevle That
Hat den jemals gelehrt der dran jhm ließ genuͤgen.
Der Kraͤmer fruchtbar Schwur vnd jhr genißlich luͤgen
Hat nimmer Ernt uͤm mich; der viel-geplagte Lein
Der muß / der kan mir auch / an ſtat der Seiden ſeyn.
Bewegung iſt mein Artzt. Die Kraͤuterreichen Waͤlde
Sind Apothecks genug: Geld / Gold / waͤchſt auch im Felde /
Was mangelt als denn mehr? Wer Gott zum Freunde hat /
Und hat ein eignes Feld / fragt wenig nach der Stat /
Der vortelhafften Stat / da Nahrung zu gewinnen
Faſt jeder muß auff Liſt / auff Tuͤck / auff Raͤncke ſinnen.
Drum hab dich wol O Stat! wenn ich dich habe / Feld
So hab ich Haus vnd Koſt / Kleid / Ruh / Geſundheit / Geld.

5.

Erneuertes Schleſien.
DEr Krieger Art vnd Werck bißher / war rauben / ſtehlen:
Der Staͤter Art vnd Werck / erkauffen vnd verhoͤlen:
Es52Erſtes Tauſend
Es iſt was ſtarck geſagt! es iſt ja gut gemeinet /
Wiewols von auſſen nicht / als wie es ſolte / ſcheinet:
Was new iſt / das iſt gut; drum iſt jhr Sinn geweſen /
Daß man bey allem ſoll das Renovatum leſen.

6.

Bewegliche Guͤter.
Der Landman thut nicht recht / daß er ſo klaͤglich thut
Um ſein entwante Wahr; es war beweglich gut.

7.

Wanderſchafft der Leute vnd der Guͤter.
MAn ſagt / man lieſet viel / wie daß fuͤr langen Jahren
Zu Zeiten ein gantz Volck auß ſeinem Sitz gefahren
Und neues Land geſucht. Hinfuͤro wird man ſagen
Was andres: Wie man ſah bey vns in vielen Tagen /
Vom Land Holtz / Stein / Ziehn / Bley / Gold / Silber / Kupffer /
Eiſen /
Fleiſch / Brot / Tranck / vnd was nicht? Hin in die Staͤte reiſen.

8.

Soldat / durch Verſetzung / als tod.
SOldaten ſind ein Volck / die durch behertzte Thaten
Der Welt vnd jhrem Thun viel dienen vnd viel rathen:
Wann aber ein Soldat der Welt dient wider Gott /
Der bleibt in dem er bleibt / iſt eh er bleibt / als tod.

9.

Stat / durch Verſetzung / Satt.
Die Unruh iſt im Land vnd Ruh iſt in der Stat /
Dann jenes leidet Nbth / vnd ſie iſt meiſtens ſatt.

10.

Steuer / durch Verſetzung / es reut.
ES reut wol trefflich ſehr / was Steuer wird gegeben
Weil fortmehr nichts mehr iſt / als nur das liebe Leben:
Allein53Drittes Hundert.
Allein es darff geſchehn / es reut noch / doch zu ſpat /
Nicht den ſo ſehr der gab / als der genummen hat.

11.

Uberall Krieg.
WEil nunmehr die gantze Welt
Wider ſich zeucht ſelbſt ins Feld /
Kan der Glaub in ſolcher Zeit
Auch nicht bleiben ohne Streit.
Dennoch fuͤhrt er ſo den Krieg /
Daß Geduld behaͤlt den Sieg /
Daß die Hoffnung kriegt die Kron /
Vnd Beſtand den rechten Lohn.

12.

Bloſſe Warheit.
Die Warheit iſt ein Weib das zwar kein Laſter kennt /
Doch / weil ſie nackt vnd bloß / ſo wird ſie ſehr geſchaͤndt.

13.

Die ſchamhafftige Zeit.
SJe ſey ſonſt wie ſie ſey die Zeit
So liebt ſie doch Verſchaͤmligkeit /
Sie kan die Warheit nackt nicht leiden /
Drum iſt ſie emſig / ſie zu kleiden.

14.

Schale / iſt nicht Kern.
WAs auſſen heiſſet Schutz
Das heiſt von innen Nutz:
Diß lehrten vns drey Jahr /
Es ſey gar eigen wahr.
Drum lerne / Landsmann / lern
Ob Schale ſey der Kern?
15. Lob -54Erſtes Tauſend

15.

Lob-Sucht.
DEr uͤm Lobes willen thut
Das was loͤblich iſt vnd gut /
Thut jhm ſelbſten was er thut /
Thut es nicht / dieweil es gut.

16.

Ein ehrliches Leben vnd ſeliger Tod.
Wer ehrlich hat gelebt vnd ſelig iſt geſtorben /
Hat einen Himmel hier vnd einen dort erworben.

17.

Friede / iſt das beſte.
Fuͤr groſſer Herren Mund gehoͤrt das allerbeſte /
Mag leichte wo ſich von ein grober Bauer maͤſte:
Der Fried iſt eine Koſt die koͤſtlich naͤhrt vnd ſpeiſt /
Drum wird gemeiner Mann davon jetzt abgeweiſt.

18.

Ordnung hilfft Haushalten.
ESs gehet dieſem wol / der ſo ſein Haus kan faſſen /
Daß jedes drinnen weiß was thulich / was zu laſſen:
Drum gehts jetzt auch ſo fein; wenn Krieg der Herꝛ aufruͤhrt /
So weiß der Bauer ſchon daß jhn ſein Beutel fuͤhrt.

19.

Vermeſſenheit.
Zum Wercke von dem Wort
Jſt offt ein weiter Ort.

20.

Auff einen Freſſer.
EDo lobt vnd haͤlt fuͤr gut
Wann ein Menſch ſtets etwas thut:
Nichts55Drittes Hundert.
Nichts thut er / doch thut er das
Daß er jſſt / wenn er kaum .

21.

Sparſame Zeit.
Der Mangel dieſer Zeit / hat Sparſamkeit erdacht /
Man tauffet jetzt auch bald / ſo bald man Hochzeit macht.

22.

Die Natur / duldet nichts leeres.
DEr da ſaget: Daß kein leer
Jrgend wo zu finden waͤr;
Der hat nicht geſehn ſo weit
Jn die Beutel vnſrer Zeit.

23.

Koſten-Ordnung.
DJe Satzung nach Gebuͤhr zu Zehren
Kan keinen jetzund mehr beſchweren /
Man hoͤrt daß der nicht viel verthat /
Dem man benim̃t / was er nur hat.

24.

Geſetz vnd Evangelion.
Wenn mich Sinai wil toͤdten /
Hilfft mir Sion auß den Noͤthen.

25.

Hier / durch Verſetzung / heri.
Auß hier kom̃t heri rauß; was koͤſtlich heiſſen mag
Jn dir hier / ſchnoͤde Welt / iſt wie ein geſtrig Tag.

26.

Krieg / zwiſchen hier vnd dort.
HJer vnd dort ſind Bruͤder zwar /
Doch ein gantz verkehrtes Paar.
EHier /56Erſtes Tauſend
Hier / fuͤhrt wieder dort viel Krieg /
Doch behauptet dort / den Sieg.
Jeder muß in dieſen Zug;
Wer dem dort dient der iſt klug;
Dort / belohnt mit lauter Gott /
Hier / bezahlt mit lauter Tod.

27.

Der Hencker vnd die Gicht.
Der Hencker vnd die Gicht verſchaffen gleiche Pein;
Nur er / macht kleine lang; ſie / lange Leute klein.

28.

Soldaten / Mahler vnd Poeten.
TJchtern vnd Mahlern / war weiland leichte geguͤnnet
Ans Licht zu bringen was nur jhr Gehirne gekuͤnnet:
Soldaten ſteht jetzt durch ſich ſelbſt frey
Bald Teuffel / bald Gott / bald Menſch zu ſeyn.

29.

Poetiſche vnd Hiſtoriſche Verwan - delung.
Daß von Verwandlung mehr kein tichten nichts bringt an?
Ach ſind doch derer mehr als jemand tichten kan.

30.

Brieff-Edle.
WO ein gemahlter Brieff vnd außgekauffte Bullen /
Wer Edel noch nicht iſt / erſt Edel machen ſollen /
So kan wol eine Maus deß Adels ſich vermeſſen /
Die einen ſolchen Brieff hat vnverſehns gefreſſen.

31.

Redligkeit.
WEil die Ehr vnd Redligkeit
Weicht vnd fleucht auß vnſrer Zeit /
Weiß57Drittes Hundert.
Weiß ich nicht was drinnen ſehr
Fromer Mann waͤr nuͤtze mehr.

32.

Auff Technicum.
TEchnicus kan alle Sachen
Andre lehren ſelbſten machen;
Reiten kan er / fechten / tantzen /
Bauen kan er Staͤt vnd Schantzen /
Siegen kan er / meſſen / rechen /
Schoͤn vnd zierlich kan er ſprechen /
Stat vnd Land kan er regiren /
Recht vnd Sachen kan er fuͤhren /
Alle Kranckheit kan er daͤmpffen /
Fuͤr die Warheit kan er kaͤmpffen /
Alle Sterne kan er nennen /
Boͤs vnd gutes kan er kennen /
Gold vnd Silber kan er ſuchen /
Braͤuen kan er / backen / kochen /
Pflantzen kan er / ſaͤen / pfluͤgen
Vnd zuletzt: erſchrecklich luͤgen.

33.

Geraubt / iſt erlaubt.
DJe Welt iſt voller Raub. Sie raubet Gott die Ehre
Und gibt ſie jhr nur ſelbſt: Sie raubt ſein Wort vnd Lehre /
Sein Ordnung vnd Befehl / vnd fetzt an deſſen ſtat
Was jhr gevoͤllter Wauſt zur Zeit getraumet hat:
Drauff raubt der Teuffel nun das Gluͤck vnd allen Segen /
Und pflegt hingegen nichts / den Unmut zu erregen /
Er raubet Fried vnd Ruh / er raubt die gute Zelt /
Er raubet Scham vnd Zucht / er raubt die Seligkeit:
Der Menſch beraubt den Menſch an dem / das jhm gegeben
Von Leumut / Ehre / Gut / Geſundheit / Wolfahrt / Leben:
E ijDer58Erſtes Tauſend
Der Ober-Stand raubt hin den letzten Biſſen Brot /
Und laͤſt gemeiner Schaar nichts / als die leere Noth:
Der Unterthan raubt weg Gehorſam / Pflicht / vnd Treue /
Die Furchte fuͤr der Straff vnd fuͤr den Laſtern ſcheue:
Die Liebe die ein Chriſt zum Chriſten billich traͤgt /
Die iſt durchauß entraubt / die iſt ſeitab gelegt.
Was macht dann der Soldat? (das Volck von fremden Sinnen
Daß Menſchen man hinfort nicht mehr wird achten kuͤnnen)
Er haͤtte gar fuͤrlaͤngſt / wenns jhm nur waͤr erlaubt /
Den Himmel vnd Gott ſelbſt gepluͤndert vnd beraubt.
Was Rau ber hat die Welt! doch mag ein jeder glauben /
Daß den / der ſo geraubt / man wieder wird berauben;
Jch wett! ob er jhm ſchon geraubt haͤtt alle Welt /
Daß er davon doch nichts / als Hoͤll vnd Tod behaͤlt.

34.

Der vnartige Sommer. 1637.
KAlte Naͤchte / heiſſe Tage
Giebt Gott dieſes Jahr zur Plage:
Kalter Glaube / heiſſe Suͤnden
Kuͤnnen beſſren Lohn nicht finden.

35.

Taͤglicher Wuntſch.
VOn auſſen guter Fried vnd gute Ruh von innen /
Jn wol-geſundem Leib auch wol-geſunde Sinnen /
Deß Himmels Freude dort / der Erde Segen hier;
Ein mehres weiter nicht / iſt taͤglich mein Begier.

36.

Die Steuer vnd Gottes Wort.
Die Steuer vnd Gotts Wort behalten ewig Stelle;
Das Himmelreich / iſt diß / vnd jenes / iſt die Hoͤlle.
37. Reich -59Drittes Hundert.

37.

Reichthum.
JCh waͤre gerne reich; dann daß ich reich nicht bin /
Drum wil man mich dazu / noch zu der a Straffe
a. Nemlich durch Steuer - execu - tion.
ziehn;
Jch waͤre gerne reich! wer arm mich nicht kan leiden /
Der mag mir tauſend Pfund vnd noch ſo viel be -
ſcheiden;
Jch hab ein Ungriſch Gold nicht Ungern im Beſchluß /
Nicht haben / haben nicht / das bringet mir Verdruß.
Wer Gold nicht geben wil / der mag mir Silber geben /
Das Sil ber nehm ich auch / ich wil gar friedlich leben
Mit dem der dieſes bringt; ein Schelme! der jhn ſchlaͤgt
Ob mir waͤr Jahr vnd Tag / ſolch Ding zu Hauſe traͤgt.
Drum mangelt mir nun nicht die Hand die Reichthum nim̃et /
Mir mangelt nur die Hand von der mir Reichthum kuͤmmet:
Und kuͤm̃ts / ſo iſt es gut: Wo nicht / was ligt mir dran?
Reich iſt wer ehrlich hier / dort ſelig leben kan.

38.

Der beſte Soldat.
Jch halte nicht dafuͤr daß der Soldat ſey gut
Der nicht ein Saͤnger iſt vnd kan das re-ſol-ut.

39.

Hochzeit-Wuntſch.
DAs Gluͤcke / theures Paar / ſey zinsbar eurem Willen /
Und muͤß euch Haus vnd Hof mit Heil vnd Segen fuͤllen;
Mit Segen / der da bleibt / wenn alle Zeit verlaufft /
Mit Segen den man da erſt nennt / wenn man jhn taufft.

40.

Steuer.
WAnn ſo offt an Gott man daͤchte
Als man an die Steuer denckt /
Waͤr vns / glaub ich / laͤngſt zu rechte
Fried vnd Ruh von Gott geſchenckt.
E iij41. Ruͤck -60Erſtes Tauſend

41.

Ruͤckkunfft vom Freunde / Ankunfft zur Freundin.
DA / wo ich jetzund war / da war mir hertzlich wol /
Wol wird mir wieder ſeyn wohin ich kommen ſol:
Gunſt ohne Falſch war hier / dort iſt Lieb ohne Liſt /
Hier ward ich ſehr geehrt / dort werd ich ſchoͤn gekuͤſt.
Beym Freunde war ich jetzt / zur Freundin kum̃ ich nun /
Hier that der Tag mir guts / dort wird die Nacht es thun.

42.

An einen Freund / uͤber geſtrige Bewirthung.
DEr Morgen / treuer Freund / entdecket vnſre Schulden /
Dadurch wir deine ſind / fuͤr ſo viel reiche Holden /
Die vns dein Abend gab. Es bleib vns danckens Krafft
Biß daß der letzte Tag ins letzte Bett vns ſchafft!

43.

Vom Jahr 1638.
Da Von nIchts / Ia fVr DIe Todten
SteVern WVrDen aVßgeboten.

44.

Hochzeit-Wuntſch.
DEr Fried iſt nun gemacht / die Einigkeit verpflichtet /
Die Trew iſt nun verknuͤpfft / die Freundſchafft angerichtet;
Der dieſen Bund geſtifft / erhalte dieſen Bund /
Daß er beſteh zu letzt / wie er von Anfang ſtund!
Die Welt mag / wie ſie wil / ſich kochen oder braten /
Muͤß euch doch alles arg / zu lautrem wol gerathen /
Biß daß jhr kum̃t ins wol / das wol bleibt fuͤr vnd fuͤr /
Und laſt denn hinter euch / was heiſſen kan wie jhr.
45. Ab -61Drittes Hundert.

45.

Abſchied eines Verſtorbenen.
NVn gehabt euch alle wol
Derer Augen Threnen-voll
Hin mir in mein Grab nachſehen!
Weil jhr weint ſo muß ich flehen;
Lieber faſſet wieder Mut
Was euch kraͤnckt / das iſt mir gut!
Lobt den Tod / der mich fuͤr Leiden
Hat zum Frieden abgeſcheiden!
Lobt den Tod / der mir bringt Luſt
Der kein ſchmertzlich Ende koſt!
Lobt den Tod der mich fuͤr Jammer
Schleuſt hinfort in ſichre Kammer!
Lobt den Tod / der mir fuͤr Zeit
Schenckt die Vnvergaͤngligkeit!
Lobt den Tod / durch den gelungen
Daß voll ruͤhmens meine Zungen!
Lobt den Tod ders ſo gemacht
Daß mein Mund nichts thut / als lacht!
Jhr / die ich; jhr / mich die lieben /
Laſſet weinen / ſtillt betruͤben /
Mir iſt wol / das guͤnnet mir;
Gebe Gott / daß nun auch jhr /
Biß jhr kum̃t zu meinen Freuden /
Sicher ſeyd fuͤr Angſt vnd Leiden!

46.

Wunder-Werck der Welt.
MAn ſagt / vnd hat geſagt von groſſen Wunder-Wercken.
Die wol zu mercken ſind / vnd waren wol zu mercken;
E iiijNoch62Erſtes Tauſend
Noch iſt ein groͤßres kaum / als daß ein fromer Mann
Bey dieſer boͤſen Zeit from ſeyn vnd bleiben kan.

47.

Glaube.
EJn Baw von Stahl / von Stein vnd Eichen /
Darff langer Zeit nicht leichtlich weichen:
Ein Baw der auff dem Glauben ſteht
Vergeht / wenn Ewigkeit vergeht.

48.

Auff Blandulam.
BLandula ſchwert gar nicht gerne /
Doch verſchwert ſie Haut vnd Haar /
Wiſſenſchafft ſey von jhr ferne
Wenn ſie eine Jungfer war.

49.

Auff Anniam.
DJeſe muß man mir mit nichten
Als ein alte Magd beruͤchten /
Weil ſie kaum noch dencket dran
Da ein Floh war ſchon jhr Mann.

50.

Ein Kuß.
Der Mund iſt ein Altar; das Opfer iſt das kuͤſſen;
Das Prieſterthum allhier / wil jederman geniſſen.

51.

Schleſien / durch Verſetzung / iſ Schleen.
Jſ Schleen / Schleſien! ſie ziehn zuſammen ſehr;
Was vormals du vermochſt / vermagſtu nun nicht mehr.
52. Teutſch -63Drittes Hundert.

52.

Teutſchland / verſetzt / Scheulandt.
EJn Scheuland biſt du jetzt / O liebes Teutſchland worden
Durch Zorn / Neid / Krieg / Gewalt / durch rauben vnd durch
morden;
Ein jeder ſcheut ſich nun in dich zu bauen ein /
Weil mehr kein Menſch in dir / nur lauter Teuffel ſeyn.

53.

Auff Petulcam.
DEr Keuſchheit Schloß wol zu verwahren
War an Petulca ein begehren;
Sie ſagte: Fleiß wil ich nicht ſparen /
Wann nur nicht ſo viel Schluͤſſel waͤren.

54.

Jungfraw / verſetzt / rif genauw.
Der jetzund Jungfraw rufft / der rif gar ſehr genauw /
Er haͤtte bald gerufft / viel fehlt nicht / Junge-fraw.

55.

Feindlicher Freund.
JCh kan nicht mehr wol Deutſch / vnd muß es frey bekennen /
Dieweil ich ſpreche Feind wenn ich den Freund ſoll nennen;
Der Freund iſt ſelbſten Schuld / weils ſeine That beweiſt /
Und jhn ein huͤndiſch R. als Feind zu achten heiſt.

56.

Feind.
WEr iſt Feind? Der mir nicht guͤnnet
Was mir Gott vnd Gluͤcke ſchenckt /
Der bey Tag vnd Nachte ſinnet /
Wie er Hertz vnd Sinn mir kraͤnckt /
E vDer64Erſtes Tauſend
Der nach meinem Lebentrachtet /
Der nach meiner Wolfahrt ſtrebt;
O wird der fuͤr Feind geachtet /
So iſt Feind wer jmmer lebt.

57.

Deutſche Sprache.
DAs Deutſche Land iſt arm / die Sprache kan es ſagen /
Die jetzt ſo mager iſt / daß jhr man zu muß tragen
Auß Franck reich was ſie darff vnd her vom Tiber-Strom
Wo vor Latein ſtarb auch / mit dir / Un Roͤmiſch Rom /
Zum Theil ſchickts der Iber: Das andre wird genummen /
So gut es wird gezeugt / vnd auff die Welt iſt kummen /
Durch einen Gerne-Klug / der wenn der Geiſt jhn ruͤrt /
Jetzt dieſes Prale-Wort / jetzt jenes rauß gebiert.
Die Muſen wuͤrckten zwar durch kluge Tichter-Sinnen
Das Deutſchland ſolte Deutſch vnd artlich reden kuͤnnen /
Mars aber ſchafft es ab / vnd hat es ſo geſchickt
Daß Deutſchland iſt Blut-arm / drum geht es ſo geflickt.

58.

Parole, verſetzt / O Prale.
O Prale / Landsmann / pral / in fremder Sprache Schmucke /
Du pralſt in fremder Sprach / vnd fremd in deinem Rocke!

59.

Grabſchrifft eines Schneiders.
HJer ligt ein Schneider in der Ruh /
Der manche Loͤcher flickte zu:
Jetzt kan er jhm die Haut nicht flicken /
Die jhm die Wuͤrmer gantz zerſtuͤcken.

60.

Gereiſete.
Die Deutſchen zohen ſtarck in Franckreich / acht zu geben
Auff dieſer Sprache Laut / vnd auff der Leute Leben:
Frantzoſen65Drittes Hundert.
Frantzoſen ziehn jetzt ſtarck / in vnſer Deutſchland auß
Zu rauben vnſer Gut / zu nemen vnſer Haus.

61.

Haus-Weſen.
VJel erdulden / nichts nicht fechten;
Schaden leiden / doch nicht rechten;
Andre voͤllen / ſich entleeren;
Lohnen / doch den Dienſt entberen;
Jmmer geben / nimmer nemen;
Nimmer lachen / jmmer graͤmen;
Herꝛſchen / gleichwol dienen muͤſſen;
Viel verwenden / nichts geniſſen;
Wenig haben / offte geben;
Selbſten fallen / andre heben;
Wann dann Gut / Blut / Marck vnd Kraͤfften
Liegen fuͤr ſo viel Geſchaͤfften /
Wie der alte Hund den Knuͤttel /
Duldenden Rebellen-Tittel;
Dieſes bringt die Wirthſchafft mite
Lobt ſie / lieben Leut / ich bite!

62.

Gott vnd Krieg.
Was nicht iſt / dem rufft Gott zum ſeyn vnd zum beſtehn:
Was iſt / dem rufft der Krieg zum nicht ſeyn / zum vergehn.

63.

Gott fuͤget / wie gnuͤget.
JCh weiß wie jetzt mirs geht / wies aber gehen werde
Weis der / der mich gewuſt / eh Himmel war vnd Erde:
Nach ſeinen geh mein Gang vnd nicht nach meinen Sinnen /
Mir gnuͤget redlich hier / dort ſelig leben kuͤnnen.
64. Jch66Erſtes Tauſend

64.

Jch hoffe was beßres.
Herꝛſcht der Teuffel heut auff Erden?
Wird Gott morgen Meiſter werden.

65.

Wolfeihlkeit.
Wolfeihl Brot bey dieſer Zeit /
Machet theure Seligkeit.

66.

Gottes vnd deß Teuffels Wort.
ES hat Gott durch ſein Wort diß runde Haus gebauet /
Und was man drinnen merckt / vnd was man auſſen ſchauet:
Der Teuffel hat ein Wort / dadurch er Fuͤrſatz hat
Zu tilgen was Gott ſchuff; vnd dieſes heiſt Soldat.

67.

Beute.
FRantzoſen tragen Schuld / daß ſo ſie / wie ſie ſchreiben /
Nicht reden auch dazu ſo / wie ſie Worte treiben /
Gar ſelten ſind geſinnt: O Deutſchland kan es auch!
Sih an das Woͤrtlein Beut vnd ſeinen friſchen Brauch.
Was Feinden wird entwehnt / daß heiſſe / meinſtu / Beute?
Nein / was der Bauer hat vnd was die Edelleute /
Auff Straſſen was man ſtielt / auß Kirchen was man raubt /
Diß hat das Woͤrtlein Beut / an Freund vnd Feind erlaubt.

68.

Cavallier.
Ein Cavallier heiſt jetzt / was weiland hieß ein Held:
Dort macht es Hertz vnd Mut / hier macht es Gunſt vnd Geld.

69.

Ein Rittersmann.
Ein Rittersmann riet vor in Krieg / beruͤhmt zu werden:
Man reitet jetzt in Krieg / dem Namen nach / nach Pferden.
70. Red -67Drittes Hundert.

70.

Redlicher Leute ſchelten / gilt fuͤr loſer Leute loben.
Wann mir ein boͤſer / gut / ein guter / boͤſe wil;
So acht ich gutes nichts / hingegen boͤſes viel.

71.

Deß Diogenis Leuchte.
Diogenes iſt tod; wann dieſer lebte heute
Er leuchtete ſich tod / eh als er fuͤnde Leute.

72.

From ſeyn / iſt ſchwer.
DAs gute thun iſt ſchwer / leicht aber boͤſe leben;
Drum weil die Welt iſt alt vnd kan nicht ſchwer mehr hebẽ /
So pflegt ſie ſich zu dem / was leicht iſt / zu begeben.

73.

Ein jedes Werck fodert einen gantzen Menſchen.
WEr etwas hat zu thun / vnd taͤglich thun wil kuͤnnen /
Muß gaͤntzlich ſeyn dabey mit Leib vnd auch mit Sinnen;
Jm Kriege kan man diß: Man wagt Fleiß / Schweiß / Rath /
That /
Man waget Seel vnd Leib / zu ſtehlen das man hat.

74.

Ehſtand deß Hertzens vnd der Zunge.
DAs Hertz vnd Zung / iſt wie vermaͤhlt /
Die zeugen Kinder vnge zaͤhlt /
Wenn beyde ſie nicht eines ſind /
Wird jedes Wort ein Huren-Kind.
75. Kriegs -68Erſtes Tauſend

75.

Kriegs-Schneider.
SAmſon machte Feyer-Kleider /
Von den Feinden den Philiſtern:
Aber vnſre Krieges-Schneider /
Von den Freunden vnd Geſchwiſtern.

76.

Geitzhaͤlſe.
WEr das ſinnen-loſe Gold
Achtet mehr als Menſchen-Hold /
Der iſt werth / daß alle Welt
Jhn fuͤr Kot vnd Vnflat haͤlt.

77.

Unordentliche Liebe.
AUff dieſer Welt iſt nichts / das ſtaͤrcker wird getrieben /
Auff dieſer Welt iſt nichts / das billich mehr waͤr blieben /
Als außgezeumte Brunſt vnd vngeordnet lieben.

78.

Zweyerley Leben.
Wer nach der Seele lebt / der lebt ein Goͤttlich Leben /
Wer nach dem Leibe lebt / lebt wilden Thieren eben.

79.

Auff den Prahlmund.
DJe ſeinen pflegt Mars wol zu fuͤttern /
Vnd endlich reichlich zu beguͤttern:
Was lieget zwiſchen Schoß vnd Mund
Jſt alles Pralimundens Grund.

80.

Die auffgeweckte Chimæra.
JHr Heliconiſch Volck / euch iſt zu viel geſchehen /
Dieweil man nie geglaubt / drum daß mans nie geſehen /
Was69Drittes Hundert.
Was jhr vns habt geſagt: Wie Lycus armes Land
Chimæra hat erſchreckt / verwuͤſtet vnd verbrant.
Von vornen war ſie Loͤw / war Zieg am Bauch vnd Ruͤcken /
Jhr letztes / muſte ſich zu einem Drachen ſchicken /
Jhr Maul war voller Glut / jhr Leib war voller Gifft;
Biß daß Alcides Keul auff jhr Gehirne trifft /
Trifft aber nur ſo weit / daß damals ſie entſchlaffen /
Und jetzund nun erweckt durch vnſre Deutſche Waffen
Tobt mitten vnter vns / an Form vnd Namen alt /
An Kraͤfften aber new / vnd aͤrger an Gewalt.
Es iſt der tolle Krieg; der ſeinſelbſt eigne Wiege
Hat um vnd um geſtuͤrtzt daß vnten oben liege /
Es iſt der toͤrchte Krieg; der ſonſten nichts erſiegt /
Denn daß er ſagen mag / noch haben wir gekriegt!
Zum erſten war er Loͤw / veruͤbte kuͤhne Thaten /
Hilt hoher auff die Fauſt als tuͤckiſches verrathen /
Und Deutſchland war noch Deutſch / man ſchlug noch ernſtlich
drauff
Sah auff deß Krieges End vnd nicht auff fernern Lauff.
Da nun der ſuͤſſe Brauch zu machen fette Beute /
Auß allem was Gott ſelbſt gehabt vnd alle Leute /
An ſtat deß Soldes kam / ſo wuchs dem Krieg ein Brauch
Drauß wie von einer Zieg ein ſchaͤdlich duͤrrer Rauch
Fuͤr Kraut vnd Baͤume fuhr: Die Nahrung ward vertrieben /
Der Ochſen ſaure Muͤh iſt vnvergolten blieben /
Ein andrer nam es weg / es hieß / der Wirth ins Haus
Laß alles was er hat vnd geh auff ewig rauß.
Drauff ward man nun bedacht den Krieg weit hin zu ſpielen /
Nicht auff den Feind ſo wol / als auff den Freund zu zielen /
Der noch in gutem Land in ſeinem Schaten ſaß /
Und ſein genuͤglich Brot mit ſuͤſſem Frieden .
Zu dieſem drang man ein / wann Titan gleich noch ſtunde
Wo ſonſt der heiſſe Loͤw blaͤſt Flammen auß dem Munde /
Noch muſt es Winter ſeyn / noch nam man da quartier.
Und alles was man fand / war ſchuldige Gebuͤr:
Als wie der ſcharffe Zahn der Ziegen / auch die Rinden /
An Blaͤttern nicht vergnuͤgt / von Baͤumen pflegt zu ſchinden:
So70Erſtes Tauſend
So war es nicht genug zu freſſen vnſer Gut /
Man gunt vns in dem Leib auch kaum das letzte Blut.
Der Feind blieb wo er war / vnd wolt er wo nicht bleiben /
Biß daß man vom Quartier kunt uͤberall vertreiben
Das viergefuͤſte Volck / ſo mocht er jmmer hin
Jn ſein / in vnſer Land / nach gutem duͤncken ziehn /
Weil er ein Cavallier, ſo ſtund es zu verfuͤhren
So jhm man lieſſe zu / auch was zu profperiren.
Er mochte pluͤndern dort / wir pluͤnderten allhier /
Daß gleichwol der Soldat haͤtt jmmer etwas fuͤr.
Drauß kuͤmmet nun der Drach / das Ende wird zur
Schlange /
Der Krieg / der aller Welt bißher macht aͤngſtlich bange /
Wird aͤrger noch als arg / kreucht gar ins Teuffels Art /
Wird raſend / ſo ein Menſch noch wo gefunden ward
Der Gott / der Ehre / Zucht vnd Recht wuͤntſcht nachzuſtreben /
Wil gar nicht daß ein Menſch auff Erden mehr ſoll leben
Der nicht Soldate ſey / vnd jhm ſich aͤhnlich macht /
Und was nur menſchlich iſt / verwirfft / verbannt / veracht.
Sein Gifft ſchont keinen Stand / Amt / Wuͤrde / Freundſchafft /
Ehre /
Was lebt / lebt darum noch / daß er es gantz verſtoͤre
Biß daß nichts uͤbrig ſey / vnd niemand mehr nichts hat /
Drauff braucht er alle Macht / drauff ſucht er allen Rath.
Sein Gifft iſt ſo vergifft / daß er ſich ſelbſt vergifftet /
Und jhm ſein eignes End auß eignem raſen ſtifftet;
Und wie der Scorpion in ſich zu letzte ſticht /
Wann Feuer vmb jhn her wird etwan angericht:
Und wie es Schlangen geht / daß jhnen jhre Jungen
Zu einer ſchoͤnen Rach auff ſo vergiffte Zungen
Zerreiſſen jhren Bauch: Auff daß deß Krieges Frucht
Der Mutter Hencker ſey. Was dieſe nicht vermocht
Wird Alexicacus Alcides auß der Hoͤhe /
Fuͤr dem der gantzen Welt durch Krieg entſtandnes Wehe
Erbarmen hat erlangt / mit Ehren richten auß
Und binden dieſen Wurm ins heiſſe / tieffe Haus;
Da /71Drittes Hundert.
Da / da iſts jhm vergunt zu fechten vnd zu ſchmeiſſen /
Den Haus-Wirth abzuthun / das Haus in Grund zu reiſſen /
Dann raube / pluͤnder er / dann wehr er ſeinen Mann
Zu weiſen was ſein Loͤw / was Zieg vnd Drache kan.

81.

Schlachten.
ES bleibt in keiner Schlacht jetzt viertzig tauſend Mann;
Was Hannibal gekunt / iſt keiner der es kan:
Es iſt ja vnſer Mars im ſchieſſen abgericht?
O ſchieſſen kan er zwar / ſtehn aber wil er nicht.

82.

Haus-Regiment.
Ein jeder iſt Monarch in ſeines Hauſes Pfaͤlen;
Es ſey denn / daß ſein Weib ſich neben jhn wil zehlen.

83.

Mars vngefaͤrlich from.
War etwa Mars wo from / ſo kehrt es jhm zu gute
Es iſt gewiß geſchehn auß vnverdachtem Mute.

84.

Auff Vitum.
GLeich da ſeinem fromen Weibe
Lag ein andrer auff dem Leibe /
Sah es Veit, vnd ſprach zu jhr /
Ey nun harꝛ! ſteckt das in dir?

85.

Voͤllerey.
Wer taͤglich in dem Weine ſchwimt /
Schwimt / biß er endlich Schieffbruch nimt.

86.

Der Weiber-Calender.
WAnn die Floͤh die Weiber necken /
Wil die Lufft bald Naͤß erwecken:
FWann72Erſtes Tauſend
Wann ſie ſticht der boͤſe Wurm /
Folgt gewiß ein Hagel-Sturm.

87.

Mars ein Ketzer.
MArs laͤſt ſich als ein Ketzer mercken /
Er haͤlt nicht viel von guten Wercken.

88.

Deß Teuffels Ernte.
ALles iſt jetzt wol gerathen /
Auch deß Teuffels ſeine Saaten /
Weil jhm nun bey Schocken kuͤmt
Was er ſonſt zu Garben nimt.

89.

Auff Carponem.
JN der Mutterſprache tichten
Pfleget Carpo zu vernichten /
Ey daß da er doch nicht lebte
Da der Roͤmer Maro ſchwebte!
O er haͤtt jhn kuͤnnen zwingen
Deutſch / vnd Roͤmiſch nicht / zu ſingen.

90.

Die Kretze dieſer Zeit.
DJe Kretze / ward wie Gott / geehrt bey manchen Heyden
Damit ſie jhre Pein nicht etwa duͤrfften leiden:
Ein Rauber vnd ein Dieb wird darum jetzt geſchaͤtzt /
Nicht daß er vns gefaͤllt / nur daß er nicht verletzt.

91.

Jungfern-Threnen.
EJn Waſſer iſt mir kund / das den / der drein nur blickt /
Mehr als der ſtaͤrckſte Wein in Unvernunfft verzuͤckt:
Der73Drittes Hundert.
Der Liebſten Threnen ſind / die offt den kluͤgſten Mann
Bethoͤren / daß er ſchwartz von weiß / nicht ſondern kan.

92.

Wein-Freundſchafft.
Die Freundſchafft die der Wein gemacht
Wuͤrckt wie der Wein / nur eine Nacht.

93.

Trauen.
EJnem trauen iſt genug /
Keinem trauen iſt nicht klug /
Doch iſts beſſer keinem trauen /
Als auff gar zu viele bauen.

94.

Martis Trew.
NJemand wag es / derverneine
Daß es Mars nicht treulich meine /
Weil er niemals Winters halben
Weichet wie die falſchen Schwalben /
Sondern bleibt auff vnſrer Erde
Weil da wehrt Geld / Brot / Kuͤh / Pferde.

95.

Martis Drechsler-Kunſt.
D auß einem Bauren jetzt
Mars bald einen Herren ſchnitzt /
Warum nicht? Es wird gebrochen
Manche Pfeiff auß Eſels-Knochen.

96.

Der Chriſten Raͤtzel.
HEil erfolgte durch die Wunde;
Kranckheit / diente zum Geſunde:
F ijFreude /74Erſtes Tauſend
Freude wuchs auß Traurigkeit:
Staͤrcke von Gebrechligkeit:
Sterben brachte zu dem Leben /
Vnd das fallen / zum erheben.

97.

Hoffertige Gerechtigkeit.
DA man hieng die Dieb ans Holtz
War das Recht niemanden ſtoltz:
Nun man Rauber henckt in Gold
Jſt dem armen Recht nicht hold.

98.

Sicher Armut.
Ein Armer hat es gut / er fuͤrchtet ſelten ſehr /
Dieweil er mehr nichts hat / daß er verliere mehr.

99.

Froͤlicher Tod.
ES iſt ein froͤlich Ding um eines Menſchen ſterben /
Es freuen ſich darauff die gerne-reichen Erben:
Die Prieſter freuen ſich / das Opffer zu geniſſen:
Die Wuͤrme freuen ſich / an einem guten Biſſen:
Die Engel freuen ſich / die Seele nauff zu fuͤhren:
Der Teuffel freuet ſich / wenn ſie wil jhm gebuͤhren.

100.

Wolthat.
Die Wolthat uͤbel angewand
Wird Vbelthat gar wol genant.

Deß Erſten Tauſend Vierdtes Hundert.

76Erſtes Tauſend

1.

Die Faſte.
SO gute Fiſche haͤuffig eſſen /
So ohne Maß der Wein vermeſſen /
So viel als faſten heiſſen ſol /
So faſtet der ſo gut vnd wol
Der / wann er wil ein Hun verzehren /
Nur meint / als wann es Fiſche waͤren

2.

Elendes Reichthum.
Ein Reicher hat es arg / iſt keine Zeit nicht frey /
Daß morgen er vielleicht der Alleraͤrmſte ſey.

3.

Auff Mopſum.
MOpſus iſt von zartem Stammen /
Seine Vaͤter all-zuſammen
Speyten nur am Sontags-Licht
Auff die Erde / ſonſten nicht.

4.

Auff Simonem.
SImon wuͤntſchet / daß ſein Weib
Eine Moſchkowitin waͤre /
Wann er jhr gleich bleut den Leib /
Daß ſie ſich doch nicht beſchwere:
Aber / weil ſie deutſch geſinnet /
Schaut ſie / wie ſie ſich erwehrt /
Wie ſie Oberhand gewinnet /
Vnd die Stube mit jhm kehrt.
5. Auff77Vierdtes Hundert.

5.

Auff Pigrum.
PIger kan nicht muͤſſig gehn;
Muͤſſig kan er aber ſtehn.

6.

Auff Fautinum.
Fautinus iſt ein Mann / es iſt ein ruͤſtig Mann /
Die Arbeit hat er lieb / da / wann ſie iſt gethan.

7.

Geenderte Zeit.
Der Pabſt hat alte Zeit zu neuer Zeit gekehret:
Wer iſt / der alte Zeit / fuͤr neue / mir gewehret?

8.

Herꝛ vnd Knecht.
Wer andren dient / iſt Herꝛ / ſo fern er from ſich haͤlt;
Wer andren Herꝛ iſt / dient / wann ſuͤndlich er ſich ſtellt.

9.

Geld.
Der Menſchen Geiſt vnd Blut iſt jetzund Gut vnd Geld:
Wer diß nicht hat / der iſt ein Todter in der Welt.

10.

Sparſamkeit.
Wer von ferne ſamlet ein /
Kan von nahem luſtig ſeyn.

11.

Recht-Reich.
NJcht wer Gold zu Golde traͤgt
Jſt fuͤr reich bald außzuſchreyen /
Wer den Luͤſten abelegt /
Dem kan alles wol gedeyen.
F iiij12. Auff78Erſtes Tauſend

12.

Auff Aulum.
AUlus ruͤhmt ſich weit vnd ferne
Daß er Leuten diene gerne:
Ja er dient: Doch nimt er Lohn
Groͤſſer / als ſein Dienſt / davon.

13.

Gold / iſt bleich.
Das Gold iſt bleich auß Furcht; es mercket gantz Armeen
Die ſeiner Farbe nach / durch Licht durch Finſter gehen.

14.

Geld.
WO zu iſt Geld doch gut?
Wers nicht hat / hat nicht Mut /
Wers hat / hat Sorgligkeit /
Wers hat gehabt / hat Leid.

15.

Zulaͤſſiger Wucher.
Ein Wucher bringet nicht Gefaͤrde
Den Wirthe treiben mit der Erde.

16.

Ein fauler Knecht.
Wann ſelten ſtielt ein Dieb / vnd nie ein Knecht nichts thut /
So halt ich den fuͤr boͤs / vnd jenen mehr fuͤr gut.

17.

Auff Prædonem.
PRædo wil noch lieber hencken /
Als ſich in die Wirthſchafft ſencken /
Weil jhm dort / ein Stuͤndlein ſchwer
Hier / das gantze Leben waͤr.
18. Ver -79Vierdtes Hundert.

18.

Verboͤſerte Welt.
Jm argen lag die Welt / jetzt liegt ſie nun im aͤrgſten:
Dann Gottes Theil iſt ſchwach / deß Teuffels iſt am ſtaͤrckſten.

19.

Auff Pætum.
Pætus lobt der Keuſchheit Gaben;
Dann es wil jhn keine haben.

20.

Die verneuerte Welt.
GOtt wird den Himmel new / vnd ſchaffen new die Erde;
Was ſoll die alte Welt? Sie wird zur Hoͤlle werden;
Sie iſt die Hoͤlle ſchon / in jhr iſt lauter Pein /
Weil Krieg wie Feuer brennt / weil Menſchen Teuffel ſeyn.

21.

Amadis-Damen.
DJe Damen die von Lieb vnd derer heiſſem Leiden
Zu wiſſen ſind gelehrt / zu ſagen ſind beſcheiden /
Die kuͤnnen noch wol was / die wiſſen noch wol mehr:
Wie jhre Glut man leſcht / im Fall ſie brennt zu ſehr.

22.

Chriſten.
VOn Chriſtus heiſſen Chriſten wir /
Die That iſt weg / der Nam iſt hier /
Was Chriſtus heiſt / was Chriſtus lehrt /
Wird nicht gethan / wird kaum gehoͤrt
Nur da ſind wir deß Namens werth /
Wann vns fuͤr Friede kuͤmt das Schwerdt.
F v23. Saltz80Erſtes Tauſend

23.

Saltz vnd Creutz.
Das Creutz vnd auch das Saltz / ſind heyde gleich vnd gut;
Das faule Fleiſch daͤmpfft diß / vnd jenes frechen Mut.

24.

Ordentlicher vnd vnordentlicher Verterb.
Unordnung wirfft vns hin vnd Ordnung laͤſt vns liegen;
Das Steuern ſchaffet diß / vnd jenes ſchaffet Kriegen.

25.

Die gute Sache.
Wo dieſe Sach iſt falſch / die etwa uͤbel gieng /
War Chriſtus Sache falſch / die jhn ans Creutze hing.

26.

Deß Krieges Nutz / iſt vnſer Trotz.
DAs nehmen vnd das geben
Jſt zwar der Krieger Leben /
Doch andrer Leute Sterben /
Vnd aller Welt Verterben.

27.

Der Weg in Himmel.
Wer nach dem Himmel zu / den Weg hat fuͤrgenummen /
Hat keinen beßren Weg / dann der vom Himmel kummen.

28.

Die Suͤnden.
Die Suͤnden ſcheiden Gott von vns / vnd vns von Gott;
Ach! da wo Gott nicht iſt / iſt lauter Hoͤll vnd Tod.

29.

Die Zeiten.
Wer ſaget mir / ob wir ſelbſt ſo grund-verboͤſte Zeiten
Verboͤſern / oder ob die Zeiten vns verleiten?
Der81Vierdtes Hundert.
Der Tag daran ein Dieb dem Hencker wird befohlen /
Haͤtt jhn wol nicht gehenckt / haͤtt er nur nicht geſtolen.

30.

Auff Timonem.
Daß deine Mutter dich neun Monat hat getragen
Jſt viel: Jetzt duldet dich niemand nur bey neun Tagen.

31.

Auff Nugilum.
WAnn deine Luͤgen Haſen waͤren
Wer wolte jene mehr beſchweren?
Die andren Haſen wuͤrden los
Dann deine waͤren maͤchtig groß.

32.

Gluͤckſeligkeit.
MAn ſagt mir viel vom Gluͤck / vnd deſſen Seligkeiten /
Und war / vnd iſt / vnd wird doch keiner aller Zeiten
Der gluͤcklich ſey durchauß. Dann iſt das Gluͤcke rund?
So ſteht es morgen nicht als wie es heute ſtund /
Wo Phœnix etwa wohnt / wohnt / glaub ich auch das Gluͤcke
Von dem man nach dem Ohr vnd nichts weiß nach dem Blicke.
Jedoch / ich weiß den Ort / wo Gluͤcke macht Beſtand /
Den aber niemand kennt / biß dieſer wird verbrant.

33.

Vom Kriege.
MArs, wie es ſcheint / hat nur vier Sinnen /
Dieweil er nicht wil fuͤhlen kuͤnnen /
Wann er die Welt ſo gar verheeret /
Daß er ſein eignes Fleiſch verzehret.

34.

Auff Fanniam.
FAnnia meint: Huren-Leben
Sey jhr mehr als Ehſtand eben /
Weil82Erſtes Tauſend
Weil die Kinder im gebaͤren
Dort nicht ſo / wie hier / beſchweren.

35.

Der Welt Anfang vnd Ende.
Ey iſt nicht alles gut / da Welt den Anfang nimt?
Ey iſt nur was noch gut / nun / da jhr Ende kuͤmt?

36.

Aurum & aura. Gold vnd Lufft.
DEr Menſch liebt Gold ſo ſehr /
Vnd darff die Lufft doch mehr?
Ein Dieb der diß bedenckt /
Wird ſelten auffgehenckt.

37.

Von einem Trunckenbold.
Wann einen Bacchus-Knecht ich voll von Weine ſchaw /
Jſt ſolche Saw halb-Menſch / vnd ſolcher Menſch halb Saw.

38.

Trunckenheit.
WEr vielleichte ſoll ertrincken
Darff ins Waſſer nicht verſincken /
Alldieweil ein Deutſcher Mann
Auch im Glas erſauffen kan.

39.

Deß Ehſtandes Schirm.
WJe feſte pflegt man jetzt den Ehbund zu verwahren?
Damit jhm ja kein Leid moͤg jrgend widerfahren /
So macht das Weib ſich rauch ums Haupt als wie ein Beer /
Der Mann ſetzt Hoͤrner auff vnd ſtellt ſich wie ein Stehr.
40. Der83Vierdtes Hundert.

40.

Der Aertzte Gluͤcke.
EJn Artzt iſt gar ein gluͤcklich Mann /
Was er beruͤhmtes hat gethan /
Das kan die Zeit ſelbſt ſagen an:
Sein Jrꝛthum wird nicht viel gezehlet /
Dann wo er etwa hat gefehlet /
Das wird in Erde tieff verhoͤlet.

41.

Die beſte Artzney.
Freude / Maͤſſigkeit vnd Ruh
Schlenſt dem Artzt die Thuͤre zu.

42.

Alter vnd Hochzeit.
HOchzeit haben / lange leben
Wuͤntſcht jhm jeder ſein gegeben /
Viel gelebt / Hochzeit gehabt /
Kraͤnckt weit mehr offt / als es labt.

43.

Graue Haare.
Wann graues Haar dir waͤchſt / ſprich: Hew wird dieſes ſeyn /
Das auff dem Kirchhoff nechſt / der Tod wird ſam̃len ein.

44.

Der Krieg vnd die Kuͤnſte.
WJe daß doch die Pierinnen
Nicht wo Mars iſt / bleiben kuͤnnen?
Da doch Mars vnd ſeine That
Ohne ſie kein Leben hat;
Darum84Erſtes Tauſend
Darum daß er nicht kan leiden /
Wann jemand kennt ſeine Kreiden.

45.

Von Gilvo.
ALbinus ſaß voll Mut mit ſingen vnd mit lachen;
Da Gilvus dieſes ſah / du haſt / ſprach er / gut machen /
Du nim̃ſt das dritte Weib / die erſte die mir lebt /
Die hat auch noch nicht Luſt daß mir man ſie begraͤbt.

46.

Uber den Tod eines lieben Freundes.
Mein andrer Jch iſt tod! O Jch ſein andrer Er
Erwuͤntſchte daß Jch Er / Er aber Jch noch waͤr.

47.

Eine Helden-That.
O That / die nie die Welt / dieweil ſie ſteht / geſehen!
O That / dieweil die Welt wird ſtehn / wird nie geſchehen!
O That / die Welt in Ertzt vnd Cedern billich ſchreibt /
Und wie ſie jmmer kan / dem Alter einverleibt!
O That / fuͤr der hinfort die allerkuͤhnſten Helden /
Was jemals ſie gethan / ſich ſchaͤmen mehr zu melden!
Fuͤr der Achilles ſtarrt / fuͤr der auch Hector ſtutzt /
Und Hercules nicht mehr auff ſeine Keule trotzt!
Hoͤrt! ſeht! vnd ſteigt empor! macht alle Loͤcher weiter!
Dort fliehen Helden her / dort lauffen dreiſſig Reuter /
Die greiffen kuͤhnlich an ein wuͤſtes Gaͤrtner Haus
Und ſchmeiſſen Ofen ein vnd ſchlagen Fenſter auß.

48.

Damen.
THeils Damen haben ſolche Sitten
Sind oben zwar nicht zu erbitten /
Sind willig aber in der mitten.
49. Ge -85Vierdtes Hundert.

49.

Gewiſſenhaffter Krieg.
MArs iſt ein Gewiſſens-Mann /
Der ſich nim̃t der Menſchheit an /
Schlaͤgt er Menſchen haͤuffig nieder /
Zeugt er Menſchen haͤuffig wieder.

50.

Der geſegnete Krieg.
MArs iſt nicht gantz verflucht noch voͤllig durch zu aͤchten /
Wie manchen duͤnckt; er iſt der Same der Gerechten /
Nach Brote geht er nicht / er kan nach Brote reiten /
Und muß wol noch dazu das Fleiſch das Brot begleiten.

51.

Ochſen freſſen Ochſen.
Der Winter iſt gar ſcharff / wann Woͤlffe Woͤlffe freſſen:
Kein Winter darff es ſeyn / wann Ochſen Ochſen eſſen.

52.

Deß Pharaonis. Traum.
WAs Pharaoni traͤumt / wie ſieben magre Rinder
Verſchlungen ſieben fett / ereignet ſich nicht minder
Bey vns vnd in der That; dann mancher Hunger-leider
Jſt fett vom Raube-Brot / vnd glaͤntzt durch fremde Kleider.

53.

Friede vnd Ruh.
Die Ruh hat guten Fried / vnd Friede gute Ruh /
Die Welt laufft jmmer noch dem Kriege weiter zu.

54.

Wunderwerck.
EJn Soldat kan durch verzehren
Sich ernaͤhren?
Vnd86Erſtes Tauſend
Vnd ein Land mann durch erwerben
Muß verterben?

55.

Gewalt iſt nicht Tapfferkeit.
WAnn jhrer drey gleich einen ſchlagen
So hat Geſchlagner nichts zu klagen /
Solls ſeyn / daß er geſchlagen ſey /
So ſchlagen mehr / als einer / drey.

56.

Feſtemacher.
EJn feſter Leib / hat weiche Sinneu /
Die leichtlich Blut nicht ſehen kuͤnnen:
Jn weichem Leib ein feſter Mut
Jſt mehr als alles feſte Gut.

57.

Eben die.
WAffen-weich vnd Ehren-feſte
War im Kriege vor das beſte:
Ehren-weich vnd Waffen feſte
Jſt im Krieg jetzund das beſte.

58.

Eben ſelbige.
Fuͤrs Vaterland ſein Blut vergiſſen /
Hat weiland man zu ruͤhmen wiſſen:
Das Blut dem Vaterland erſparen /
Jſt jetzt ein Ruhm bey vnſren Jahren.
59. Maͤuſe -87Vierdtes Hundert.

59.

Maͤuſe-Handwerck.
KEin Handwerck hat faſt mehr Geſellen /
Als wo in Kuͤh - vnd Pferde-Staͤllen
Das Meiſter-Vrtel iſt zu faͤllen.

60.

Auff Thraſonem.
THraſo preiſte ſeine Wunden
Die er im Geſicht empfunden /
Da er naͤmlich wie ein Held
Sich fuͤr ſeinen Feind geſtellt:
Eyſagt einer: Daß dir nicht
Dieſes mehr ſchimpfft dein Geſicht /
So enthalt dich / ob du flieheſt /
Daß du nicht zuruͤcke ſiheſt.

61.

Auff Glorilum oder Ruhmrichen.
Jhr ruͤhmt die kuͤhne Fauſt / ey ruͤhmt den ſchnellen Fuß /
Den mir / ſagt Glorilus, die Fauſt erhalten muß.

62.

Auff Fugipodem oder Lauff-Fuͤßlern.
EJne Schlacht ſolt jetzt betreten
Fugipus, da wolt er beten
Sprach: O Gott / ach mache mir /
Wie dort David ruͤhmt von dir /
Pſal. 18. . 34.
Hirſchen-Fuͤß vnd fuͤhr mich ehe
Weit von hinnen in die Hoͤhe!
G63. Liſtige -88Erſtes Tauſend

63.

Liſtige-Anſchlaͤge.
WEiſtu was ein Anſchlag heiſt?
Wann man weißlich ſich befleiſt
Seinem Feind / eh ers wird innen /
Schand vnd Schaden anzuſpinnen:
Nein / es iſt was beßres noch /
Gilt auch mehr als noch ſo hoch:
Stehlen heiſt es Kuͤh vnd Pferde /
Daß es niemand innen werde.

64.

Chriſtus iſt der Weg / die Warheit vnd das Leben.
JCh kum̃ in dieſe Welt / hindurch dort nauff zu reiſen /
Weil Chriſtus iſt der Weg / ſo wird er mich wol weiſen:
Jch kan in dieſer Welt viel Redligkeit nicht ſchauen /
Weil er die Warheit iſt / mag jhm ich wol vertrauen:
Hier muß ich zwiſchen Tod vnd Noͤthen ſtuͤndlich ſchweben /
Weil er das Leben iſt / ſo kan durch jhn ich leben.
Was wil ich weiter mehr? Laß / HErꝛ / nur dich mich haben /
So acht ich keine Welt mit allen jhren Gaben.

65.

Der blinde Sinn.
O Blinder Menſchen Sinn! du achteſt Gott ſo klein /
Und kanſt doch ohne Gott / nicht einen Blick nur ſeyn.
Du waͤrſt nicht thaͤte Gott / vnd aber thaͤte Gott /
So waͤrſtu lang ein Raub dem Teuffel vnd dem Tod.

66.

Der Teuffel ſucht vnd wird geſucht.
Man ſucht den Teuffel / der doch ſelbſt ſucht zu verſchlingen:
Und der zu holen pflegt / dem pflegt man ſich zu bringen.
67. Voͤllerey. 89Vierdtes Hundert.

67.

Voͤllerey.
BEſſer iſt es tod als voll;
Jener thut noch arg noch wol /
Dieſer nichts / nicht was er ſoll.

68.

Anders.
BEſſer iſts in Sarck begraben /
Als den Bauch zum Vaſſe haben;
Dorte / wird man Suͤnden los
Hier / erwaͤchſt ſie noch ſo groß.

69.

Von einer Wittib.
TRoͤſt mich / troͤſt mich arme Fraw /
Die ich meinen Mann tod ſchaw /
Aber nicht mit Turteltauben /
Sperlinge wil ich erlauben.

70.

Eine Pferde-Tugend.
WAnn ich wuͤntſchen ſolt ein Pferd /
Das deß wuͤntſchens waͤre werth /
Solt es ſeyn / wann mirs nur bliebe /
Kurtz gewand wie Frauen-Liebe.

71.

Die Worte gelten wie Geld.
WOrte gelten in der Welt
Viel vnd wenig / wie das Geld:
Was fuͤr zeiten ſchelmiſch hieß
Heiſſet ehrlich / bringt Genieß.
G ij72. Was90Erſtes Tauſend

72.

Was ſeltſam / iſt werthſam.
Was ſeltſam iſt / iſt lieb; auß Orient ein Stein
Der ſeltſam iſt / muß mehr als liebes Brot lieb ſeyn.

73.

Das Jahr 1640.
GIeb / gIeb / O gIeb Vns FrIeD / O FrIeDe gIeb Vns / Gott!
FrIeD Iſt Vns Ia ſo nVtz aLs etWa LIebes Brot.

74.

Ein Kuß.
Jch weiß nicht was ein Kuß / jhr Jungfern / auff ſich haͤtte?
O wer auffs kuͤſſen kuͤm̃t / der kuͤm̃t auch gern ins Bette.

75.

Eine Grabſchrifft.
BEgraben liegt / doch lebt nunmehr in ſtoltzem Friede /
Der deiner Wuͤtterey / O ſchnoͤde Welt / iſt muͤde.
Wer muͤd iſt vnd zu letzt wil ſtoltzen Friede haben /
Muß / hab ich Sorge / nur ſeyn auch wie er begraben.

76.

Eine nachdenckliche Sache.
Wann Mannes-Maͤuler ſich vnd Weiber-Muͤndlein paaren
Gibts zehnden Monat drauff was junges zu erfahren.

77.

Ehrbarkeit vollauff.
UNſre Welt vnd dieſe Zeit
Steckt voll Ehr vnd Redligkeit /
Weil der Suͤnden gantzer Stam̃
Neulich Adels-Brieffe nam.
78. Ein91Vierdtes Hundert.

78.

Ein Feigenbaum im Capitolio zu Rom.
ZV der Zeit da in Jovis Schloſſe
Zu Rom ein Feigenbaum entſproſſe /
Fing Keuſchheit an von dar zu weichen:
Jch weiß nicht ob nicht deſſen gleichen
Bey vns geſchieht? O wie ich traͤume
Sind alle Baͤum jetzt Feigenbaͤume.

79.

Das Hertz auff der Zunge.
WErs Hertz auff ſeiner Zunge fuͤhrt
Der muß / wann er die Zunge ruͤhrt /
Bedachtſamkeit ſich wol befleiſſen
Sonſt moͤcht er jhm das Hertz abbeiſſen.

80.

Bußfertigkeit.
JCh lobe Wanckelmut / ich lobe Widerſpruch /
Jch lob auch Unbeſtand / ich lobe Bundes-Bruch:
Gott gib daß nimmermehr ich halte keine Trew
Dem Teuffel vnd der Suͤnd / vnd leb in ſteter Rew.

81.

Auff den Gengmund.
Gengmundus lobt ſich ſelbſt / es lobt jhn auch die Welt /
Wann Wort er fuͤhret Er / ſie wann er ſtille haͤlt.

82.

Ein Lobſprecher.
Wer andre loben wil / muß ſelbſten loͤblich ſeyn /
Sonſt trifft das Leben leicht mit ſchaͤnden uͤberein.
G iij83. Gute92Erſtes Tauſend

83.

Gute Wercke.
Daß Gott mir durch ſein Werck in mir den Glauben ſtaͤrcke /
Fuͤr diß Werck gelten nichts / viel tauſend meiner Wercke.

84.

An den wolthaͤtigen Gott.
O Gott / wo nem ich Danck / der ich ſo viel genummen
Von Wolthat / die mir iſt zu Hauſe haͤuffig kummen
Durch deine Guͤtigkeit? Thuſt du nicht mehr hier wol /
So weiß ich keinen Rath / wie recht ich dancken ſol!

85.

Auff den Bauerſtoltzen Grollum.
Der hoch zwar wil hinauß / hat Grollus einen Geiſt /
Doch iſt ſein Kopff was ſchwer der jhn herunter reiſt.

86.

Nicht zu mutig / nicht zu furchtſam.
NOch frech wagen /
Noch weich zagen
Hat jemals gar viel Nutz getragen /
Wol bedacht /
Friſch verbracht /
Hat offt gewonnen Spiel gemacht.

87.

Die Liebe Gottes vnd deß Nechſten.
Dem Nechſten nuͤtze ſeyn / den Hoͤchſten recht verehren
Kan geben dorte Heil / vnd hier den Segen mehren.

88.

Die Welt.
DJe Welt iſt wie das Meer; jhr Leben iſt gar bitter;
Der Teuffel / machet Sturm; die Suͤnden / Ungewitter;
Drauff iſt die Kirch / ein Schiff; vnd Chriſtus Steuer-Mann;
Sein Segel / iſt die Rew; das Creutze / ſeine Fahn;
Der93Vierdtes Hundert.
Der Wind / iſt Gottes Geiſt; der Ancker / das Vertrauen /
Dadurch man hier kan ſtehn vnd dort im Port ſich ſchauen.

89.

Feinde der Redligkeit.
Haß / Liebe / Furcht / Gewinn ſind vielmal Schuld daran /
Daß redlich / wie er ſoll / nicht jeder wandeln kan.

90.

Weiber / verſetzt / bei Rew.
Offt wohnt die Weiber-Trew
Zu aller nechſt bei Rew.

91.

Laſter ſind zu ſtraffen / Perſonen ſind zu ſchonen.
PErſonen gar nicht auß zu ruͤchten /
Die Laſter aber zu vernichten /
Hat jeder muͤgen Reime tichten.

92.

Auff Jungfraw Mammæam.
MAmmæa funckelt her an Schoͤnheit wie die Sterne /
Doch / welches ſeltſam iſt / weicht Hoffart von jhr fernt;
Dann daß ſie gar nicht ſich als andre beſſer deucht /
Das macht daß Fleiſch vnd Blut ſie auch im Buſem reucht.
Dahin nun grieff ein Freund gar vnbedachten Mutes /
Da fand er zwar viel Fleiſch / Milch aber ſtat deß Blutes.

93.

Armut vnd Blindheit.
Ein blinder Mann iſt arm / vnd blind ein armer Mann
Weil jener keinen ſiht / vnd keiner den ſiht an.
G iiijGe -94Erſtes Tauſend

94.

Geſchmuͤnckte Weiber.
DJe Damen die ſich gerne ſchmuͤncken /
Die laſſen ſich wol ſelbſt beduͤncken
Daß wo Natur an jhren Gaben
Muß etwas uͤberſehen haben:
Drum wo man Schmuck vnd Schmuͤncke
ſchauet /
Thut thoͤrlich / wer der Farbe trauet.

95.

Engliſche Tracht.
DJe Jungfern die das geile Rund /
Das zu der Liebe legt den Grund /
So frech ans Lichte ſtellen auß /
Die ſind ein rechtes Ballen-Haus /
Da ſtets der Ballon liegen viel
Vnd warten dem / der ſpielen wil.

96.

Wille fuͤr That.
Ob wollen / ſonſt gleich offt als kuͤnnen / pflegt zu gelten /
So gilts bey Weibern doch gar nie ſo / oder ſelten.

97.

Von dem Pravo.
ES ſchrieb jhm Pravus an ſein Haus
Hier geh nichts boͤſes ein vnd auß;
Jch weiß nicht / ſoll ſein Wuntſch beſtehen
Wo Pravus auß vnd ein wird gehen.
98. Eine95Vierdtes Hundert.

98.

Eine Manſvete Jungfraw.
EJne Dam iſt mir bekant
Deutſch iſt Zung vnd Vaterland /
Wann ſie redet / muß da zwiſchen
Halb Latein ſich vntermiſchen;
Drum jhr Name / ſolls ſo ſeyn /
Halb muß Deutſch ſeyn / halb Latein.
Daß man mag jhr Art erkennen
Wil ich ſie Man-ſveta nennen.

99.

Wiſſenſchafft.
DAs Gold gilt da vnd dort: Und die Geſchickligkeit /
Die ſchickt ſich hin vnd her vnd taug in alle Zeit.

100.

Von einem Pfarrer.
KVmmet her vnd kauffet ein
Gar vmſonſten Milch vnd Wein!
Pflegt ein Dorff-Pfarꝛ ſtets zu ſagen:
Wolte gleichwol ſich beklagen /
Wann jhm nicht dafuͤr kam ein
Fette Milch vnd edler Wein.

Deß Erſten Tauſend Fuͤnfftes Hundert.

96Erſtes Tauſend

1.

Wiſſenſchafft.
BEſſer iſt es betteln gehen
Als nichts wiſſen / nichts verſtehen:
Armen / kan man Geld wol reichen /
Weißheit aber nicht deßgleichen.

2.

Buͤcher.
ES iſt mir meine Luſt / bey Todten ſtets zu leben /
Mit denen um vnd um die nicht ſeyn / ſeyn gegeben /
Zu fragen die ſind taub / zu hoͤren die nichts ſagen /
Und die die haben nichts / ſehr viel hingegen tragen
Zu halten lieb vnd werth. Jch bin auff die beſtiſſen
Die mir viel gutes thun / vnd doch von mir nichts wiſſen /
Jch halte dieſe hoch / die mich nur an nicht ſehen /
Die manchmal mich mit Ernſt verhoͤhnen / ſchelten ſchmaͤhen /
Sind meine beſte Freund: Und ſolt ich die begeben /
Eh geb ich alle Welt / eh geb ich auch das Leben.

3.

Poeterey.
MAn haͤlt mir nicht fuͤr gut die Poeſie zu uͤben /
Das Buch / das groſſe Buch / darinnen auffgeſchrieben
Der Roͤmer langes Recht / ſolt eher meine Hand
Durchſuchen / daß darauff ſich gruͤnde mein Verſtand.
Jſts etwan vngeſund / auff Speiſen die da naͤhren /
Zu Zeiten friſches Obſt erquicklich zu verzehren?
Die edle Poeſie ermuntert Sinn vnd Geiſt /
Daß er greifft an mit Luſt / was ſchwer vnd wichtig heiſt.
Das noͤthigſt iſt das Brot; doch laͤſt man gleichwol gelten
Die weit gereiſte Wuͤrtz vnd ſonſten / was da ſelten
Jn vnſre Kuchel kum̃t; man guͤnnet auch der Luſt /
Bedarff es nicht Natur / zu Zeiten eine Koſt:
Der heilſame Verſtand / daß einer zuͤchtig lebe
Niemanden Schaden thu / vnd jedem gleiches gebe /
Jſt97Fuͤnfftes Hundert.
Jſt noͤthig als wol was: Doch ſteht es gleichwol frey
Zu ſetzen Kunſt vnd Witz durch die Poeterey.
Weil Recht ein Knecht jetzt iſt / dem Frevel hat zu ſchaffen /
Weil eignen Willens Zaum pflegt frey verhenckt zu ſchlaffen /
Weil Mars das Rothe ſtellt vnd auch das Schwartze ſetzt /
Weil er Geſetz erklaͤrt wann er den Degen wetzt /
Dieweil er Urthel faͤllt / nach dem der Sieg gefallen /
Weil grober Stuͤcke Knall vnd holen Ertztes ſchallen
Viel klagens nicht geſtehn: So ſey es mir vergunt /
Auff daß der Zeiten Weh / darinnen wenig Grund
Zum from ſeyn uͤbrig iſt / ich etwas mag beſuͤſſen
Durch das / was jeder Zeit fuͤr ein geruͤhmtes wiſſen
Geſchaͤtzet ward vnd wird: Man laſſe mir die Luſt
Die / wo ſie wenig bringt / noch weniger doch koſt.
Sie wird mir nuͤtzer ſeyn / als Maͤgden zu gefallen /
Als in der geilen Brunſt der Uppigkeiten wallen:
Als eingeſchrieben ſeyn in frevlen Raube-Bund /
Der durch gebrauchten Trotz der Welt hilfft auff den Grund:
Als daß mein Sinn im Wein / vnd Wein ſchwuͤmm in dem
Sinne:
Als daß der Spieler Danck / der ſchlecht iſt / ich gewuͤnne:
Als daß ich mich beflieſſ auff Hunds-Philoſophey
Und trieb als eine Kunſt / ein baͤuriſch Feldgeſchrey.
So fuͤhl ich auch nicht Hitz auff Hofegunſt zu ſchnappen /
Jch biege keine Knie vnd ruͤcke keine Kappen
Fuͤr auffgeputzter Ehr vnd angeſtrichner Gunſt /
Die mancher ſucht mit Muͤh / durch ſchnoͤde Schmeichel-Kunſt.
Genug! wann ich mir ſelbſt im Friede kan befehlen
Und darff zu fremder Pflicht nicht Tag vnd Stunden zehlen:
Ein Koͤnig bin ich ſo / mein Haus ein Koͤnigreich /
Da weder Hold noch Gram mich roth macht oder bleich.
Der Himmel / hat mir der vertraut vnd was gegeben
So geb ich dieſes dem / der bey mir wohnt daneben /
Jch diene wem ich kan / bin eines jeden Knecht /
Doch daß mir uͤber mich bleibt vnverruͤckt mein Recht.
Hierzwiſchen laß ich nun zur Zeit mit vnterlauffen
Die viel-gefuͤſten Reim vnd fuͤhre ſie zu Hauffen
Fuͤr98Erſtes Tauſend
Fuͤr gute Freunde hin; gefallen ſie? Gar wol!
Wo nicht / was liegt mir dran? Es iſt kein noͤthig ſol
Gefaͤllig allen ſeyn. Ein jeder mag es machen /
Daß uͤber ſeinem Thun die Engel ſelbſten lachen /
Und daß die Weißheit ſelbſt ſich drob verwundern kan;
Der / dem ich wo nicht taug / der ſeh mich nur nicht an.

4.

Auff Volvinum.
VOlvinus iſt gelehrt / vnd gibt materi her
Sein Weib / die concipirt, ſo waͤchſet ohngefehr
Ein richtiger Context, der wann er iſt fuͤr voll
Kan ſagen alsdann ſelbſt wie man jhn nennen ſoll.

5.

Auff Mummium.
Es theilet Mumm ſein Reich mit ſeinem lieben Weibe;
Tags / liegt ſie jhm im Haar; Nachts / er jhr auff dem Leibe.

6.

Deß Krieges Zugpferde.
BAſtant, Succurſs, Courage,
Quartier, Recruten, Gage:
Kan Mars nicht dieſe Sechs anſpannen
So weicht er keinen Schrit von dannen.

7.

Leichte Wahren.
Wer Kriegsvolck fuͤhrt / kan ſchleunig fahren /
Dann was er fuͤhrt / ſind leichte Wahren.

8.

Deß Krieges Sieg.
Es kriegt jhm Mars jetzt ſelbſt; vnd das was er erkrieget
Jſt / daß er faͤllt die Welt / vnd ſelbſt mit jhr erlieget.
9. Abge -99Fuͤnfftes Hundert.

9.

Abgezwungene Jungfrauſchafft.
JHr Jungfern / euer Leib den wo Gewalt verletzet
Wird Ehren-loſe nicht / mit Billigkeit geſchaͤtzet:
Cunninna weiß es wol / wer an um Gunſt ſie ſpricht
Dem gibt ſie die / vnd ſchreyt: O nun / O nein / O nicht!

10.

Poeterey.
Es bringt Poeterey zwar nicht viel Brot ins Haus /
Das drinnen aber iſt / das wirfft ſie auch nicht auß.

11.

Gewerbs-Mittel.
D nicht Juſtinian vns allewege zeiget
Wodurch man was erwirbt / vnd viel davon verſchweiget /
Geſchah vielleicht auß Neid / vielleicht auß vnbewuſt /
Vielleicht auß Uberdruß / dieweil es Muͤh gekoſt:
Mars aber iſt ſo trew / ſo klug / ſo vnverdroſſen
Zu oͤffnen alles das / was ſonſten heiſt verſchloſſen /
Er ſuchet alles auß / er weiſet allen Grieff
Zu naͤhren ſich bey Tag / vnd wann man ſonſten ſchlieff!

12.

Der Jungfern groͤſte Schmach.
WAs iſts / woruͤber mehr die Jungfern ſo entbrennen /
Als wann man ſie pflegt alt vnd vngeſtalt zu nennen:
Dann Jugend dient zur Zucht / vnd Schoͤnheit zum verthun:
Sind dieſe beyde weg / ſo laͤſt man ſie wol ruhn.

13.

Auff Cornutum.
ES hat jhm Cornutus zwey Weiber anvermaͤhlt /
Von einer wird getroͤſt / von andrer er gequaͤlt /
Die eine bleibt jhm gram / die ander iſt jhm hold /
Die erſte / nenn ich nicht; die ander heiſt Geduld.
14. Auff100Erſtes Tauſend

14.

Auff die ſchoͤne Pomulam.
POmula, hat / wie man ſpricht /
Als ein Apffel ein Geſicht;
Daß in jhr ſteckt eine Made
Wie im Apffel / das iſt ſchade!

15.

Der verfochtene Krieg.
MArs, darff keinen Advocaten
Der ihm auß fuͤhrt ſeine Thaten;
Keinem hat er nichts genummen /
Wo er nichts bey jhm bekummen:
Keinem hat er nichts geſtohlen /
Dann er nam es vnverholen:
Keinen hat er je geſchlagen /
Der ſich ließ bey zeiten jagen:
Was er von der Straſſe klaubet /
Jſt gefunden / nicht geraubet:
Haus / Hof / Scheun vnd Schopff geleeret /
Jſt / ein Stuͤcke Brot begehret:
Stat / Land / Menſch vnd Vieh vernichtet /
Jſt / deß Herren Dienſt verrichtet:
Huren / ſauffen / ſpielen / fluchen /
Jſt / dem Mut Erfriſchung ſuchen:
Mehr kein Menſch ſeyn an Geberden /
Jſt ein braver Kerle werden:
Letzlich dann zum Teuffel fahren /
Jſt / den Engeln Muͤh erſparen.
16. Muß -101Fuͤnfftes Hundert.

16.

Mußtheil.
DAs Mußtheil heiſt man diß / was nach deß Mannes ſterben
Die Fraw von Rittersart / muß theilen mit den Erben:
Ein Mußtheil machet drauß / auß allem was man hat /
Wo er es nicht nim̃t gar / ein raubriſcher Soldat.

17.

Auff Virnulam.
ES achtet in der Welt nichts Virnula ſo ſehre /
Wie billich / als die Zucht vnd angeboren Ehre;
Damit ſie jhr mit Macht nicht etwa werd entnummen /
So hat ſie nechſt ein Freund von jhr geſchenckt bekummen.

18.

Deß Krieges Adelſchafft.
DEn Adel ſuchet Mars, vnd haſſet doch den Adel;
Er mercket daß ſein Grund zum edel ſeyn / hat Tadel:
Sein Waffen zwar das taug / weils billich jhm gebuͤhrt /
Daß einen Greiff vnd Wolff er in dem Schilde fuͤhrt.

19.

Ehre / naͤhret Kuͤnſte.
WEil guter Lehr vnd Kunſt
Niemand gibt Ehr vnd Gunſt /
So kuͤm̃t die Vnvernunfft
Jetzt in der Ehre Zunfft.

20.

Verſtaͤndiger Krieg.
Mars wil gewiß ſein Volck gar klug vnd wirthlich ziehen
Er wirbt die Jungen jetzt bey Schulen vnd bey Kuͤhen.

21.

Gott mit mir.
MEin Haus iſt voller Gott
Jn dem es voller Noth:
HJſt102Erſtes Tauſend
Jſt Gott nun gern um mich /
Warum dennwolt auch ich
Mich von der Noth entziehn /
Vnd Gottes beyſeyn fliehn?

22.

Lebens-Satzung.
LEb ich / ſo leb ich!
Dem Herren hertzlich;
Dem Fuͤrſten treulich;
Dem Nechſten redlich;
Sterb ich / ſo ſterb ich!

23.

Gottes vnd deß Teuffels Bothen.
GEht hin in alle Welt vnd lehret alle Voͤlcker;
Geht hin in alle Welt vnd leeret alle Voͤlcker:
Der Teuffel ſchaffet diß / Gott ſchaffte jenes vor /
Noch lieget Gottes Wort / deß Teuffels ſchwebt empor -

24.

Deß Landes Leichendienſt.
DAs Land iſt leider tod! drum wird es nun begraben.
Die Staͤdte / ſind der Pfarꝛ / die zum Gedaͤchtnuͤß haben
Die Spolien davon: Soldaten ſind die Erben
Die erben eh man ſtirbt / jhr Erb iſt vnſer ſterben.

25.

Kennzeichen der wahren Kirche.
DEr mit dem Beutel gieng hieß Judas: Der zu legen
Sein Haupt nicht hatte Raum / heiſt Chriſtus: Zeitlich
Segen
Jſt lange lange nicht die rechte Lieverey
Zu kennen wer ein Chriſt in Chriſtus Kirche ſey!
26. Boͤſe -103Fuͤnfftes Hundert.

26.

Boͤſe-from vnd from-Boͤſe.
Wer keinem Boͤſes nie / vnd auch nie gutes thut /
Heiſt der gut-boͤſe dann / heiſt der dann boͤſe-gut?

27.

Auff Schwollium.
DEr Praler Schvvollius, wil gar nicht wohnen enge /
Sein Hauß muß ſeyn geraumt / gewaſchen alle Gaͤnge;
Nicht wunder! jhn verdruß / da er erſt ward ein Kind
Beſchloſſen ſeyn dahin / wo lauter Naͤchte ſind /
Drum brach er bald herfuͤr / wos eng vnd vnrein ware /
Ob ſeine Mutter gleich war Fraw vom Viertel-Jahre.

28.

Krieg vnd Wein.
SOldaten vnd der Wein / wo die zu gaſte kummen
Da iſt Gewalt vnd Recht dem Wirthe bald benummen:
Der Wirth kan dieſen zwar / zum Hauſe treiben auß
Jen aber raͤumen weg den Wirth / vnd auch ſein Haus.

29.

Leichtes / ſteigt uͤber ſich.
DAs leichte ſteigt empor;
Drum geht bey vnſrer Zeit
Die leichte Sinnligkeit
Der Redligkeit weit vor.

30.

Traͤume.
Die Traͤume ſind wol werth daß ſie man manchmal achte:
Die Fraw im Traume ward / ward Mutter da ſie wachte.

31.

Finſternuͤß.
WAnn zwiſchen Menſchen Hertz vnd zwiſchen Gottes Liebe
Der Erde Schatten faͤllt / ſo wird es ſchaͤdlich truͤbe;
H ijDann104Erſtes Tauſend
Dann / Gottes Troſt vergeht / der doch allein erfreut /
Drum bleibt dem Hertzen nichts / als Welt; das iſt / nur Leid.

32.

Geſchmuͤckte vnd geſchmuͤnckte Jungfern.
DJe Jungfern die ſich gern am Tage zierlich ſchmuͤcken /
Die liegen gerne bloß deß Nachtes auff dem Ruͤcken:
Und die mit Schmuͤncke ſich verpurpern vnd bekreiden /
Die wollen jhre Bruſt mit Maͤnnern gerne kleiden.

33.

Wittibſchafft.
ALs Pallas weg von Troja ward genummen
Jſt deſſen Heil bald zum Verterben kummen:
Ein Haus darauß ein redlich Weib verſchieden /
Bleibt von dem Gluͤcke mehrentheils vermieden.

34.

Der Tod.
Jch fuͤrchte nicht den Tod / der mich zu nemen kuͤm̃t /
Jch fuͤrchte mehr den Tod / der mir die Meinen nim̃t.

35.

Schalcks-Narren.
Ein Herꝛ der Narren haͤlt / der thut gar weißlich dran;
Weil / was kein Weiſer darff / ein Narꝛ jhm ſagen kan.

36.

Weg / zu beyderley Leben.
Nur ein Weg iſt zur Welt / zum Himmel auch nur einer
Auff jenem gehen all; auff dem / von zehnen keiner.

37.

Zungendreſcher.
KEin groͤſſer Unrecht wird Juriſten angethan
Als wann ein jeder Recht erweiſet jederman /
Weil jhnen Unrecht recht: Wann Unrecht wo nicht waͤr
Waͤr zwar jhr Buch voll Recht / jhr Beutel aber leer.
38. Ge -105Fuͤnfftes Hundert.

38.

Genieß-Herren dieſer Zeit.
Bey dieſer tummen Zeit hat ſeinen beſten Nutz
Der Bauern ſtarrig Grob / der Krieger toller Trotz.

39.

Verkehrte Welt.
Niemand thut was er ſol / ein jeder was er wil:
Wer thun wil was er ſol / der taug vnd gilt nicht viel.

40.

Haus-Uhr.
DEr Ehſtand iſt zur Zeit dem Uhrwerck zu vergleichen /
Das nach dem Weter offt von rechter Spur wil weichen.
Die Unruh die keinmal ſol ſtehen / iſt das lieben /
Die vom Gewichte doch deß Gluͤckes wird getrieben:
Der Hammer / iſt der Mann; die Glock / iſt ſeine Fraw
Die ſchlagen ſonſten nicht / als wann das Weter raw;
Sie ſchlagen gleich nun zwey / drey / minder oder mehr /
So iſt doch dieſer Klang gantz ſchaͤdlich dem Gehoͤr.

41.

Auff Nigellam.
Wo Lieb als Feuer brennt / ſo ſag ich vnverholen /
Nigella hat den Ruhm / ſie ſey deß Amors Kohlen.

42.

Auff Flaviam.
MJt Gold vnd nicht mit Bley hat Amor dich geſchoſſen /
Das iſt nun Flavia, durch Hitz in dir zerfloſſen /
Es dringt zun Augen rauß / vnd ſonſten dort vnd da /
Daß du ſo billich heiſt die goͤldne Flavia.

43.

Auff Rubellam.
Rubella, dein Geſicht hat Amor außgeruͤſt
Daß wie ein Pharos du fuͤr ſeine Fackel biſt.
H iij44. Auff106Erſtes Tauſend

44.

Auff Albellam.
ALbella, waͤreſt du gleich nur ein kalter Stein /
Wuͤrd ein Pygmalion dein Buhler dennoch ſeyn:
Du lebſt vnd biſt ſo klar / was ſolt es wunder ſeyn /
Wann ein Pygmalion durch dich wird ſelbſt ein Stein.

45.

Auff Cypriam, die ſo leichte ſuͤndiget.
AN keinen ſchweren Fall den ſie begangen haͤtte
Denckt Cypria, ſie faͤllt / offt / aber nur ins Bette:
Sie iſt ſonſt ſchweren Fall bemuͤht zu uͤbergehen /
Faͤllt nicht ins Bette ſie / vnd faͤllt? Geſchiehts im ſtehen.

46.

Weiber ſind Menſchen.
WEil jrren Menſchlich iſt / kuͤm̃t klaͤrlich an den Tag /
Daß Weiber man nur auch fuͤr Menſchen rechnen mag:
Es jrꝛte Grunnia zum tuͤgen Menſchlich nu
Sie ſolte gehn zum Mann vnd gieng zum Knechte zu.

47.

Mit wenigem viel.
DJeweil der ſechſte Sinn ſchleuſt in ſich alle Sinnen /
Wolt alle Sinnen gern in einen bringen kuͤnnen
Die ſchlaue Gellia; drum nim̃t ſie ſtuͤndlich an
Was jhr der ſechſte Sinn nur jmmer uͤben kan.

48.

Steuer.
DJe ſterbens-freye taufend-Steuer
Jſt / duͤnckt mich / uͤberſichtig heuer /
Sie ſiht nur auff das Haupt das ſteht /
Nicht aber auff was Fuͤß es geht.
49. Deß107Fuͤnfftes Hundert.

49.

Deß Krieges Buchſtaben.
Kummer / der das Marck verzehret /
Raub / der Hab vnd Gutverheret /
Jammer / der den Sinnverkehret /
Elend / das den Leib beſchweret
Grauſamkeit / die unrecht kehret /
Sind die Frucht die Krieg gewehret.

50.

Deß Todes Buchſtaben.
D Todes Anfang zwar / bringt mit ein hartes T /
Das Ende zeucht nach ſich alsdann ein lindes D /
Das Mittel iſt ein O / es iſt ein Augenblick
So kuͤm̃t fuͤr harte Pein / ein jmmer ſanfftes Gluͤck.

51.

Tod / Troſt Oder Durſt.
ALs Lazarus verſtirbt / wird oben er getroͤſtet /
So bald der Reiche ſtirbt / wird vnten er geroͤſtet:
Wer uͤbel ſtirbt / fuͤhlt Durſt auffs Teuffels heiſſem Roſt
Wer ſelig aber ſtirbt / in Abrahams Schoß Troſt.

52.

Jn der Welt iſt nichts als
Wanderſchafft /
Eitelkeit
Leid vnd
Tod.
UNſres Lebens Eigenthum
Jn der Welt / iſt Wanderſchafft /
Vnſres Weſens gantzer Ruhm
Jſt der Eitelkeit verhafft:
H iiijAuff108Erſtes Tauſend
Auff das Leid in tauſend Noͤthen
Folgt zu letzte gar das toͤdten.

53.

Die viehiſche Welt.
EJn Rinderner Verſtand / vnd Kaͤlberne Geberden /
Dabey ein Woͤlffiſch Sinn / ſind braͤuchlich jetzt auff Erden:
Das Rind / verſteht ſich nicht / dann nur auff Stroh vnd Gras /
Ein Menſch laufft / rennt vnd ſchwitzt bloß um den vollen
Fraß:
Ein Kalb / ſchertzt / gumpt vnd ſpringt / das Meſſer eh es fuͤhlet /
Ein Menſch denckt nie an den / der ſtuͤndlich auff jhn zielet:
Der Wolff / nim̃t was jhm kuͤm̃t / iſt Feind fuͤr Wild vnd Vieh /
Was Menſch vnd Menſchlich iſt / iſt frey fuͤr Menſchen nie.

54.

Die Zeiten deß Jahres vnd deß Chriſtenthumes.
JM Lentzen / glaubt man Brot: Brot hofft man in dem
Sommer:
Jm Herbſte / nim̃t man Brot: Der Winter / ſtillt den Kummer:
Ein Chriſt / lernt glauben erſt; nach dieſem lernt er hoffen;
Die Hoffnung macht jhn ſtarck; im Tod iſt alles troffen:
Sonſt / iſt es lieblich erſt / ein Chriſt genennt zu werden /
Wann aber Hitze kuͤm̃t / Muͤh / Sorgen vnd Beſchwerden /
Da geht es ſchwitzig her / doch folgen drauff viel Fruͤchte /
Biß letzlich vns der Tod die volle Gnuͤge richte.

55.

Auff Vacerram.
Vacerra wird zum Tiſchler tuͤgen
Er kan die Fabeln zaͤrtlich fuͤgen.
56. Auff109Fuͤnfftes Hundert.

56.

Auff Elſulam.
ELſula, die alber iſt
Jſt in deme gar kein Haſe /
Daß ſie jhre Buhlen kieſt
Nicht nach Ohren / ſondern Naſe.

57.

Wer auff viel zu ſehen / kans leichte verſehen.
POrtia gibt Antwort drum /
Daß ſie nicht den Mann kan achten;
Wer mit vielen gehet um /
Kan auff eines nicht nur trachten.

58.

Wer nuͤtzliches mit luſtigem vermenget / der triffts.
WEr Nutz vnd wer Ergetz recht ſcheidet vnd recht mengt /
Verdienet / daß man jhn mit Lob vnd Ruhm beſchenckt:
Lobt Pasſerilla, lobt! zum Nutz iſt jhr der Mann /
Der Nachbar zum Ergetz / vnd wer nur jmmer kan.

59.

Wunder.
WAnn bey der Roͤmer Zeit man ſah mit Milche triffen
Den Himmel / ſah man auch wie furchtſam hin ſie liffen
Zum Sybilliner-Buch / vnd ſtellten uͤberall
Viel Wallen vnd Proceß durch reiner Jungfern Zahl /
Auß Veſta Kloſter an: Was ſollen wir bereiten /
Wann von den Jungfern ſelbſt treufft Milch / bey vnſren Zeiten?

60.

Marter-Frage.
Man recket ſonſt den Dieb / der andren wolte ſtehlen:
Der Dieb reckt jetzund den / der was fuͤr jhm wil hoͤlen.
H v61. Steuer110Erſtes Tauſend

61.

Steuer.
WO Venus weiland ſaß vnd den Adonis kuͤſte
Wuchs Gras vnd Blumen auff / ob gleich der Ort war
wuͤſte:
Wo Bacchus weiland zoh / da wuchſen lauter Reben
Und aller duͤrrer Strauch muͤſt eitel Trauben geben:
Kans nicht die Steuer auch? Ein wolverſteuret Grund
Soll geben her jemehr / jemeh er wuͤſte ſtund.
Wer weiß ob jenes wahr? Wer weiß ob diß kan ſeyn?
Dort glaube wer da wil / hier gibts der Augenſchein.

62.

Ein thaͤtiges Chriſtenthum.
D glauben / lieben / vnd das leiden
Die laſſen ſich nicht gerne ſcheiden /
Der dieſe drey begehrt zu trennen /
Den darff man keinen Chriſten nennen;
Dann der / dem leiden iſt verdrießlich
Bey dem iſt auch das glauben mißlich /
Wo Glauben nicht daheime wohnet /
Jſt auch dem lieben abgelohnet.
Drum kuͤm̃ts / daß viel vom Glauben weichen /
Damit ſie gute Tag erreichen /
Vnd daß ſie den / ſo moͤrdlich haſſen /
Der Glauben haͤlt / den ſie verlaſſen.

63.

Vergebung der Suͤnden.
VErgeben / heiſt umſonſt vergebens was erlaſſen;
Soll Schuld vergeben ſeyn / wie kan ich dann nun faſſen
Daß ſie verdienet ſey? Was abgedient ſoll ſeyn /
Drum darff ich allererſt nicht bitten um verzeihn.
64. Ar -111Fuͤnfftes Hundert.

64.

Armut.
Die Armut iſt mit dem inſonderheit begabt
Daß ſie / wohin ſie kuͤm̃t / hat was ſie hat gehabt.

65.

Wunderwercke.
D kein Chriſt jetzt Wunder thut /
Macht / der Glaub iſt nicht recht gut /
Drum iſt rechter Glaub jetzunder
Fuͤr ſich ſelbſt ein groſſes Wunder.

66.

Gott / gut; der Menſch boͤſe.
Gott ſegnet ſtuͤndlich vns: Wir fluchen ſtuͤndlich Gott /
Drum iſt von jhm das Heil / von vns Fluch / Noth vnd Tod.

67.

Deß Bardi Traum.
BArdus traͤumt er waͤr ein Pfarꝛ /
Wachend war er ſonſt ein Narꝛ:
Ob jhm traͤumt er waͤr ein Narꝛ /
Wuͤrd er wachend doch kein Pfarꝛ.

68.

Deß Corydonis Traum.
WAs Tages offt man denckt / traͤumt einem Nachtes offte.
Als einen ſuͤſſen Traum von Phyllis demnach hoffte
Der Buhler Corydon, (traw mehr auff Traͤume / traw!)
Traͤumt jhm von Phyllis nichts / traͤumt jhm von einer Saw.

69.

Von der Deutſchen Poeſie.
WAs iſt ein Deutſcher Reim? Deutſch kan hier jederman;
Drum iſt mir lieb daß ich / kan auch was jeder kan:
Doch112Erſtes Tauſend
Doch kan mein Reim / noch was / das Zoilus nicht kan /
Daß meinen Reim wie jhr / beſticht nicht Jedermann.

70.

Von meinen Sinn-Getichten.
D meine Reime klar / rund / klug nicht fallen kuͤnnen
Jſt nicht der Sprache Schuld / die Schuld iſt meiner Sinnen:
Jſt loͤblich etwa nicht / was ich hier ſchreibe das /
Jſt loͤblich etwa doch / daß ich verſuche was.

71.

Ein glaͤubiger Schuldner.
Veit iſt mein Glaͤubiger vnd Schuldner fuͤr vnd fuͤr:
Den Glauben haͤlt er jhm / die Schuld die laͤſt er mir.

72.

Eine ſtatliche Mitgifft.
Deß Weibes groſſe Gifft / iſt recht deß Mannes Gifft /
Die nicht den Leib ſo ſehr / als ſeine Freyheit trifft.

73.

Geſchmuͤnckte Weiber / ſind willige Weiber.
WJewol es noch nicht Brauch / daß Witwen / daß Jungfrauen
Sich ſelbſten bitten an vnd fragen ums Vertrauen;
Jedoch / wil gleich der Mund ſich noch in etwas ſchaͤmen /
Fragt Schmuck vnd Schmuͤncke doch: Ey wil mich niemand
nemen.

74.

Glaubens-Zwang.
Den an Apoſtels ſtat bekehren die Piſtolen /
Glaubt anders offen bar / glaubt anders dann verholen.

75.

Abfall.
ES iſt ein Wunderding / der durch zehn / zwantzig Jahre
Und laͤnger / nicht gewuſt was rechter Glaube ware /
Wann113Fuͤnfftes Hundert.
Wann der vom erſten Trit / vnd nim̃t den andren an /
Daß der bald alles weiß vnd andre lehren kan?
Mich duͤnckt Gunſt / Ehre / Macht / Gemach vnd gute Biſſen
Die ſtaͤrcken jhm das Hirn / nicht aber das Gewiſſen.

76.

Glaube vnd Wercke.
DEr Glaub auff Chriſtus Werck / der Glaub auff meine
Wercke /
Was jener oder der zum Troſte hat fuͤr Staͤrcke /
Hiervon zeugt zwar die Schrifft / doch frag auch den um Rath /
Der jetzt das Kum̃t vnd Geht / im ſterben fuͤr ſich hat.

77.

Eine Magd deß Herren.
STella weiß nicht gar genaw
Ob ſie Magd ſey oder Fraw:
Soll ſie rechten Grund dir ſagen /
Muß ſie vor den Herren fragen.

78.

Von meinem Buche.
WJrd nicht mein Buch wol abegehn
Wie ſichs zu Nutz gebuͤhret /
Wird ſichs auff gehen nicht verſtehn /
Wird wollen daß mans fuͤhret.

79.

Diebe.
DAs ſtehlen iſt gemein / noch kan der Hencker ruhn?
Das ſtehlen iſt zu groß / der Teuffel hat zu thun:
Die Dieb in alter Zeit / gehoͤren in die Lufft /
Die Dieb in dieſer Zeit / gehoͤren in die Klufft.
80. Auff114Erſtes Tauſend

80.

Auff den Fried-haͤſſigen Veit.
Der Friede henckt die Dieb / vnd Krieg beſchenckt die Diebe;
Daher kum̃t Friedens Haß / dir Veit, vnd Krieges Liebe.

81.

Der Asſyrier Gebrauch.
ES ware Schand / ob wo auß Asſurs geilen Haͤnden
Ein ſchoͤnes Weib kam weg mit Ehren ohne ſchaͤnden:
Es iſt noch heute Brauch / daß der zu Schanden kuͤm̃t /
Der ſich zu Ehren haͤlt / vnd nicht zu Schanden ſtim̃t.

82.

Holofernes.
WAs Holofernes hat der Krieg?
Bey denen der gewuͤntſchte Sieg /
Wann ſie von nah vnd ferne-holen /
Vnd achten nichts / was nicht geſtohlen.

83.

Der Welt Jaͤgerey.
JSt jrgend Tugend wo / iſt jrgend wo ein Ehre?
Jagt der die Welt friſch nach / biß daß ſie ſie zerſtoͤre:
Jſt jrgend eine Schand / iſt jrgend eine Schmach?
Die hat bey vnſrer Welt hoch Acht vnd gut Gemach.

84.

Das Geſetz Moiſis. Deut. 25. . 9.
MArs traͤget Stiefeln / die als Schuh was feſter ſtecken:
Drum iſt er ſtets bereit auff Saamen zu erwecken
Dem Bruder durch ſein Weib / der Schweſter vnd der Magd /
Damit man ſpoͤttiſch nicht / Barfuͤßler zu jhm ſagt.
85. Auff115Fuͤnfftes Hundert.

85.

Auff Simpeln.
SJmpel iſt deß Weibes Weib /
Sie iſt jhres Mannes Mann;
Jſt dann wol zu zweiffeln dran /
Zwey die machen einen Leib?

86.

Eine außgeuͤbte Sache.
VOn Sachen die nicht vor ſind wo ſchon außgeuͤbet
Nim̃t keine Simon an / wie viel man jhm gleich gibet:
Mich duͤnckt / (es iſt nicht weit biß daß er Hochzeit mache /)
Die Braut die bring jhm auch ein außgeuͤbte Sache.

87.

Auff Bavium.
ES wolte Bavius ſein Weib Lateiniſch lehren /
Doch wolt er Cornu nicht beym decliniren hoͤren;
Auff Amo da es kam / geſtund er / Ego, Tu,
Das Ille ſtrich er auß / vnd ließ es jhr nicht zu.

88.

Ein zuſetzlich vnd eigenſtaͤndig Wort.
WAs Adjectivum ſey / was Subſtantivum heiſt /
Hat Mann / Weib / Ding dir bald mit leichter Muͤh geweiſt:
Ein Subſtantiviſch Ding / iſt was beym Manne ſteht
Ein Adjectiviſch Ding / iſt was das Weib begeht.

89.

Eitelkeit.
ES gilt jetzt nichts ſo hoch als nichts; die Eitelkeit
Hat an ſich alle Welt / Geſchaͤffte / Leute / Zeit /
Daß gegen Nichts iſt nichts die reiche Seligkeit.
90. Auff116Erſtes Tauſend

90.

Auff einen Stern-Freund.
Es darff nicht was da Mars noch ſtifften wird fuͤr Jammer /
Am Himmel Lingus ſehn / er ſeh in ſeine Kammer.

91.

Eheſcheidung.
VOn einem boͤſen Weib um Spot
Jſt ſchwer ſich ſcheiden muͤſſen:
Von einem fromen Weib im Tod
Jſt ſchwerer ſeyn geriſſen.

92.

Auff Ubonem.
UBo wil / daß er verſcheide /
Auff gut Deutſch auff gruͤner Heide;
Da es doch nun ziemlich lang
Daß er iſt Frantzoͤſiſch kranck.

93.

Auff Bonnam.
Wie daß ſich vnten ſchuͤrtzt vnd oben Bonna deckt?
Weil jhr das ſchoͤn ums Knie / vnd nicht in Augen ſteckt.

94.

Spieler.
SPielen / ſoll Ergetzung ſeyn;
Dieſes wil mir doch nicht ein /
Wie daß der der einbuͤſt viel
Glauben kan / es ſey ein Spiel.

95.

Lebe-Kunſt.
Wer lange leben ſoll / der ſchlafe nicht zu viel;
Dann viel lebt ja nicht der / der lange ſchlafen wil.
96. Schlaf. 117Fuͤnfftes Hundert.

96.

Schlaf.
Der Schlaf hat dieſen Brauch / daß jhn nicht ſehen kan
Wer ſiht / vnd daß jhn der / der nicht ſiht / ſihet an.

97.

Schlaf vnd Tod.
SChlaf vnd Tod der macht vergleich /
Zwiſchen Arm / vnd zwiſchen Reich /
Zwiſchen Fuͤrſt vnd zwiſchen Bauer /
Zwiſchen Biederman vnd Lauer.

98.

Hoffnung.
Hoffnung wird manchmal geacht
Als ein Traum / bey dem der wacht.

99.

Hoffnung.
Der nichts hat / dem iſt noch Rath /
Weil er Hoffnung nur noch hat.

100.

Tod vnd Schlaf.
Tod / iſt ein langer Schlaf; Schlaf / iſt ein kurtzer Tod /
Die Noth die lindert der / vnd jener tilgt die Noth.
J

Deß Erſten Tauſend Sechſtes Hundert.

118Erſtes Tauſend

1.

Schlaf.
ES ſitzt der Schlaf am Zoll / hat einen guten Handel /
Sein iſt der halbe Theil von vnſrem gantzen Wandel.

2.

Die Nachfolge Chriſti.
ES iſt ein ſchlechtes Ding / dahin mit Chriſtus gehen /
Wo Wein an Waſſers ſtat muß in den Kruͤgen ſtehen:
Wo Blut an Schweiſſes ſtat von jhm zur Erde faͤllt /
Da lob ich den alsdann / der ſtand bey Chriſtus haͤlt.

3.

Alamode-Sporne.
DJe Ehre fuͤhret groſſen Sporn /
Drum hat der Krieg den Ruhm verlorn /
Weil ſein Geſchlecht bey dieſen Tagen /
Fuͤr Sporne Spoͤrnlein pflegt zu tragen.

4.

Krieg vnd Friede.
DJe Welt hat Krieg gefuͤhrt weit uͤber zwantzig Jahr
Numehr ſoll Friede ſeyn / ſoll werden wie es war;
Sie hat gekriegt um das / O lachens-werthe That!
Daß ſie / eh ſie gekriegt / zuvor beſeſſen hat.

5.

Landshut vnd Liebe / Graͤntz-Staͤdte in Schleſien.
WEr ſeine Graͤntzen wol fuͤr Einfall wil bewahren
Mag alle Koſten nur / mag Baw / Volck / Fuͤrſicht / ſparen;
Was ſind Beſatzung / Wacht / Schloß / Mauren / Wall vnd Schut?
Bey Gott vnd Nach barn Lieb / iſt rechte Landes-Hut.
6. Ein119Sechſtes Hundert.

6.

Ein Grichiſcher Brauch.
DEr Hunger wurde bey den Grichen
Hinauß / das Reichthum eingeſtrichen:
Der Hunger wird bey vnſren Tagen
Hinein / das Reichthum außgeſchlagen.

7.

Lebens-Bedurfft.
Was thut vnd duldet nicht der Menſch um gut Gemach;
Wiewol er mehr nicht darff / als Waſſer / Brot / Kleid / Dach?

8.

Finſternuͤß.
Ob die Sonne finſter wird / wird es dennoch wieder lichte;
Ob die Warheit finſter wird / findet ſich das Licht mit nichte.

9.

Traͤume.
Auß nichts hat der jhm was gemacht
Der Traͤnme / die ſo nichts ſind / acht.

10.

Gut - vnd boͤſe Gewaͤſſer.
EJn gutes Waſſer iſt / das von der Buß entſpringet /
Ein gutes Waſſer iſt / das Zucht vom Knaben bringet /
Ein gutes Waſſer iſt / das vnſre Koſt beſtellt /
Ein gutes Waſſer iſt / das Aertzten bringet Geld:
Ein boͤſes Waſſer iſt / da Menſchen drinn erſauffen /
Ein boͤſes Waſſer iſt / das ſo / wie Wein zu kauffen /
Ein boͤſes Waſſer iſt / das auß der Noth man trinckt /
Ein boͤſes Waſſer iſt / das Grimm auß Augen zwingt.
J iij11. Chri -120Erſtes Tauſend

11.

Chriſti Verdienſt um mich Unverdienten.
CHriſtus / der fuͤr mich gab ſich /
Wil fuͤr ſich nichts mehr als mich.
Lieber Gott! wann an der Zahl
Jch wer ich viel tauſend mahl /
Waͤr mein Werth doch nimmer werth /
Daß mich Chriſtus nur begehrt:
Wie ſolt ich dann ſeine Gunſt
Laſſen ſeyn an mir umſonſt?
Drum laß / Jesu / mich nicht mir /
Sondern nim mich eigen dir.

12.

Dame, durch Verſetzung / Made.
PRangt nicht ſo / jhr ſtoltzen Damen!
Seht vor recht auff euren Namen;
Denn die Made / die darinnen /
Wird euch kuͤrtzlich freſſen kuͤnnen.

13.

Das Blut Chriſti.
DEr / den das theure Blut deß Lammes hat beſprenget /
Wird von den Woͤlffen zwar geaͤngſtet vnd bedraͤnget:
Doch herꝛſcht er mit dem Lam̃ in jmmer ſuͤſſen Freuden /
Und ſchauet ſeine Woͤlff in ewig-heiſſem Leiden.

14.

Der Rhein ein Ehren-Richter.
WAnn der Rhein hielt jetzt Gerichte
Vber Eh - vnd Ehren-Fruͤchte /
Lieber / welche fette Fiſche
Wuͤrden kummen drauß zu Tiſche?
15. Die121Sechſtes Hundert.

15.

Die Welt / vnd der Kaſten Noah.
Deß Noah Wunder-Schiff iſt aͤhnlich vnſre Welt;
Weil mehr ſie wilde Thier / als Menſchen / in ſich haͤlt.

16.

Dreyerley Tod; deß Fleiſches / deß Leibes / deß Lebens vnd der Seele.
Wer nicht eh ſtirbt als er ſtirbt
Der vertirbt wann er vertirbt.

17.

Ubereiltes Freyen.
LEichte faͤllt es / Lieb bekummen /
Leichte faͤllts / ein Weib genommen:
Lieb bekummen bald zur Stunde /
Gar genummen ohne Grunde /
Heiſt / zur Reue Lieb bekummen /
Heiſt / zur Straffe gar genummen.

18.

Deutſchland.
DEutſchland / bey der alten Zeit
War ein Stand der Redligkeit;
Jſt jetzt worden ein Gemach /
Drinnen Laſter / Schand vnd Schmach
Was auch ſonſten auß-man fegt /
Andre Voͤlcker abgelegt.

19.

Geduld.
JEner Zeit / die jetzt die alte /
Hilt man Deutſchland viel zu kalte /
J iiijDaß122Erſtes Tauſend
Daß daſelbſt / wie jeder wolte /
Die Geduld erwachſen ſolte:
Nun nur aber die ſind kummen /
Die den Baw recht fuͤrgenummen /
Jſt kein Bodem weit vnd ferne /
Wo Geduld waͤchſt alſo gerne.

20.

Auff den Luͤgner Lullum.
Wie gut waͤr Lullus doch zu einem Brillen-Glas?
Er macht das kleine groß / auß nichtes macht er was.

21.

Freyen iſt verſehen.
DA Adam wacht vnd ſucht / wo findet er ein Weib?
Da Adam liegt vnd ſchlaͤft / gibt jhm ein Weib ſein Leib:
Ein fromes Weib gibt Gott; die Vorſicht thut es nicht /
Ruͤhrt Gott das Hertze nicht / jrꝛt Ohr / vnd fehlt Geſicht.

22.

Die goͤldene Zeit.
Wann war die goͤldne Zeit? Welt hat ja allezeit
Geklaget uͤber Krieg / Noth / Suͤnd vnd Sterbligkeit.

23.

Dreyerley Voͤlcker. Sir. 50. . 27.
JCh bin von Hertzen feind den runden Sama -
rittern
Die jetzund warm / jetzt kalt; jetzt klar / jetzt truͤbe wittern:
Jch bin von Hertzen feind / dem Philiſtiner-Stam̃
Der jhm / wo Recht gebrach / das Schwerdt zu Haͤnden nam:
Am graͤmſten bin ich noch den tollen Sichemiten
Die ſicher in dem Sinn vnd freyliſch ſind an Siten.
24. Gei -123Sechſtes Hundert.

24.

Geitziges Reichthum.
Wer Geld nicht braucht / doch hat / warum dann hat er Geld?
Drum / daß er etwas hat das jhn in Marter haͤlt.

25.

Geſchmuͤnckte Freundſchafft.
Haͤnde kuͤſſen / Huͤte ruͤcken /
Knie beugen / Haͤupter buͤcken /
Worte ſchrauben / Rede ſchmuͤcken /
Wer / daß dieſe Gauckeley /
Meinet rechte Freundſchafft ſey /
Kennet nicht Betriegerey.

26.

Hic mundus, die Welt.
Auff Deutſch / iſt Welt ein Weib; Lateiniſch / iſt ſie Mann;
Drum ſiht man wie jetzt Mann / jetzt Weib jhr buhlen kan.

27.

Steuer.
WJe weiſe ſonſten gleich ward Salomo geachtet /
So hat er doch in dem nicht alles recht betrachtet /
Daß derer Dinge Zahl / die niemals werden ſatt /
Die Steuer er nicht auch noch beygeſetzet hat

28.

Auff Varnam.
Von Troſt ſteckt Varna voll; jhr Mann iſt juͤngſt geſtorben /
Da ſpricht ſie: Ob er tod / doch iſt er nicht vertorben;
Der meine Wolfahrt war / der iſt gar wol gefahren /
Drum mag auch ich mich nun mit neuer Wolfahrt paren.
J v29. Freun -124Erſtes Tauſend

29.

Freundes-Chur.
NJemand ſey dir erkieſt /
Der Freund jhm ſelbſt nicht iſt:
Der Freund jhm ſelbſt nur iſt /
Sey niemand dir erkieſt.

30.

Von dieſem Buche.
D mein Buch / ſagt mir mein Mut /
Noch gantz boͤſe / noch gantz gut;
Kummen druͤber arge Fliegen /
Wird geſundes bleiben liegen /
Vnd das faule leiden an:
Kummen aber Bienen dran /
Wird das faule ſeyn vermieden /
Vnd geſundes recht beſchieden.

31.

Gluͤckſeligkeit.
WAs macht die Menſchen arg? Was hat viel Volck empoͤret?
Was hat manch Land geſchwaͤcht? Was hat manch Reich
zerſtoͤret?
Das / was die gantze Welt noch dannoch allezeit
Von Hertzen wuͤntſcht vnd ſucht: deß Gluͤckes Seligkeit.

32.

Die auffruͤhriſche Dinge.
Suſpect, Deſpect, Reſpect, ſind ſolcher Stuͤcke drey
Dadurch die gantze Welt wird voll von Meuterey.
33. Auff125Sechſtes Hundert.

33.

Auff Tityrum.
TItyrus war der Betruͤbſte
Vnter allen Bauer-Knechten:
Dann der Teuffel holt das liebſte /
Sprach er; Niſa ſtarb mir naͤchten.

34.

Auff Celerem.
CEler lieff nun auß der Schlacht /
Dann es kam jhm gleich zu Sinne /
Daß er / wuͤrd er umgebracht /
Nachmals mehr nicht fechten kuͤnne.

35.

Auff Fungum.
DEm Nechſten ſo wie Gott / wil Fungus voller Treuen
Zu dienen feſte ſtehn; drum ſingt er ohne ſcheuen:
Deß Nechſten Nutz zu ſeyn / das muß mich ewig reuen.

36.

Die Fuhrmans-Sprache.
WEr mit Pferden reden wil
Darff den Amadis nicht viel;
Hotte / ſtoh /
Tſchwnid vnd O!
Wer es kan mit Fuß / Hand / Mund
Kan der Sprache meiſten Grund.

37.

Ochſen.
Welch eine Zeit iſt jetzt? Man ſpannt die Dreſcher an /
Und friſſet den wol gar / der mehr nicht arbten kan.
38. Zu -126Erſtes Tauſend

38.

Zuwachs der Suͤnde.
KLette / Neſſel / Diſtel / Dorn /
Sind der Suͤnde beſtes Korn;
Thaͤte ſonſten Gottes Guͤte /
Machte dieſes ſchlecht Gebluͤte.

39.

Krieg vnd Hunger.
KRieg vnd Hunger / Kriegs Genoß /
Sind zwey vngezogne Bruͤder /
Die durch jhres Fuſſes Stoß
Treten / was nur ſtehet / nieder:
Jener fuͤhret dieſen an;
Wann mit morden / rauben / brennen /
Jener hat genug gethan /
Lernt man dieſen recht erſt kennen;
Dann er iſt ſo raſend kuͤhn /
So ergrimmet vnd vermeſſen /
Daß er / wann ſonſt alles hin /
Auch den Brud er pflegt zu f[u]eſſen.

40.

Heilige Leute. Pſal. 12.
Die Heilgen in der Welt / HErꝛ / haben abgenummen;
Dann from ſeyn hat nunmehr die Peſtilentz bekummen!

41.

Fuͤrnehme Leute. Eſa. 24.
Die Hoͤchſten in der Welt / HErꝛ / haben abgenummen;
Dann Fuͤſſe ſind zum Haupt / vnd Haupt zu Fuͤſſen kummen!
42. Auff127Sechſtes Hundert.

42.

Auff Bloſeum.
SEh ich recht / ſo kum̃t mir fuͤr
Bloſeus ſey ein Wunderthier?
Augen hat er / keine Stirne;
Einen Kopff / vnd kein Gehirne;
Einen Mund vnd keine Zunge /
Wenig Hertzens / viel von Lunge;
Wilſtu / ob er ſey / ſo ſchaw /
Menſch / Ochß / Eſel oder Saw.

43.

Goͤttliche vnd Weltliche Geſetze.
Wer Zehn Gebot nicht haͤlt / ob der wol halten wil /
Was weltlich Recht geſetzt / als vnermeßlich viel?

44.

Biebel / durch Verſetzung / bleibe.
Man bleibe hier / daß dort man bleibe / bey der Biebel;
Was Gott ſagt glaubt ſich gut; was Menſchen / glaubt ſich uͤbel.

45.

Biebel / durch Verſetzung / Belieb.
DJe Biebel Gottes Wort / iſt mein Belieb im Leben /
Sie kan mir Troſt in Angſt vnd Rath in Noͤthen geben:
Die Biebel Gottes Wort / iſt mein Belieb im ſterben /
Wo ſie mich weiſet hin / da kan ich nicht verterben.

46.

Ehre / durch Verſetzung Rehe.
Die Ehr iſt wie ein Reh /
Fleucht / als ſie kuͤm̃t / viel eh.
47. Man /128Erſtes Tauſend

47.

Man / vmgekehrt / nam. Weib / durch Verſetzung / bei-w.
NAm jhm ein Mann ein Weib / der wohnt bey einem W /
Dann Weh iſt taͤglich Brot auch bey der beſten Eh.
Ein jeder hat ſein Weh / doch wann ein Mann jhm nam /
So weiſt ſich / daß zum Weh ein neues bei-W kam.

48.

Bild-Stuͤrmer.
WJl Kirchen-Bilder wer zum Ergernuͤß anziehn?
Den aͤrgern Bilder nicht / die Augen aͤrgern jhn;
Drum laß er jene ſtehn / vnd reiſſe dieſe hin.

49.

Außgezogne Bauern / machen angezogne Krieger.
HOſen-Zeug vnd Kleider-Wahren
Kan man leichtlich jetzt geloſen:
Mars der traͤgt bey dieſen Jahren
Meiſtens außgezogne Hoſen.

50.

Ein Gerichte.
EJn Klaͤger kam vnd ſprach: Herꝛ Richter / ich bekenne /
Beklagter ſoll mir thun / ſo viel als ich benenne;
Der Richter ſprach: So ſchaw vnd gibs Beklagter hin /
Daß du von Schulden los vnd ich vom richten bin;
Beklagter ſprach: Jch kan zwar keine Schuld geſtehen
Doch geb ich halbes hin / dem zancken zu entgehen.
Wer beſſer richten kan / der richte druͤber frey
Wer vnter dreyen hier der Allerkluͤgſte ſey.
51. Ein129Sechſtes Hundert.

51.

Ein alter Buhler.
Bekum̃t ein junges Weib ein Alter an die Seite
So iſt ein Klepper da / drauff er zum Grabe reite.

52.

Der Catholiſche Mars.
UNſer Will iſt jetzt gebunden /
Krieger-Wille der iſt frey;
Mars beweiſet alle Stunden
Daß er gut Catholiſch ſey.

53.

Weltliche Gluͤckſeligkeit.
Das Gluͤcke: Die Siren: Die Welt: Das Crocodil;
Wil arg ein jedes dem / dems gleich zum beſten wil.

54.

Der ſaͤumige Mars.
Der Krieg geht langſam fort; die Pferde ſind dahin;
Drum muß er ſein Geraͤth jetzund mit Ochſen ziehn.

55.

Raͤuber / verſetzt / braͤuer.
Raͤuber ſind gar ſchlechte Braͤuer;
Was ſie braͤuen kum̃t gar theuer:
Aber gut / daß ſie beym ſchliſſen /
Selbſt die Hefen ſauffen muͤſſen.

56.

Der Ruchloſen Freuden-Lied.
Weil das Leben bey vns bleibt / brauchen wir das Leben /
Kummen wir in Himmel nicht / kummen wir daneben.
57. Auff130Erſtes Tauſend

57.

Auff den Wittiber / Marcum.
MArxs hat jhm die Sinnen in Ordnung geſtellet /
Er dencket / wann er ſich zum Bette geſellet /
Deß Abends / an ſeine verſtorbene Fraw /
Deß Morgens / wie er jhm ein andre vertraw.

58.

Das Jahr 1642.
GeLLt! ob aVCh rVh / O toLLe WeLt /
FaͤLLt / WIe ſIe MenſChen Wahn beſteLt!

59.

Hans vnd Grete.
HAnſen dienet keine Magd
Auſſer ſeiner alten Greten /
Weil es keine mit jhm wagt /
Die ſich ſcheut fuͤr Kindes-Noͤthen.

60.

Ein Ehrgeitziger.
WEr viel Aempter wil geniſſen
Muß in ſich viel Gaben wiſſen /
Oder muß auff Vorthel gehen /
Oder muß ſie nicht verſtehen.

61.

Die Geburt Chriſti.
DU biſt ein reiner Menſch / O Jeſu Chriſt / geboren
Daß ich verdam̃ter Menſch durch dich ſey vnverloren:
Hilff daß auch ich nun dich behalte fuͤr vnd fuͤr
Dir nicht verliere mich / noch dich verliere mir!
62. Amt /131Sechſtes Hundert.

62.

Amt / verſetzt / mat.
Ohne mat ſeyn kan mit nichten /
Wem es Ernſt / ſein Amt verrichten.

63.

Nicht zu viel.
EJn raſches Pferd / nur jmmer jagen /
Ein ſaubres Kleid / nur jmmer tragen /
Den nuͤtzen Freund / nur jmmer plagen
Hat niemals langen Nutz getragen.

64.

Ein Artzt vnd ein Bauer.
Ein Artzt fuͤhrt offte Miſt / Miſt fuͤhret offt ein Bauer;
Wie daß man jenen dann heiſt Doctor, dieſen Lauer?

65.

Mann vnd Weib.
D der Mann ſein Weib vertraͤget /
Daß das Weib traͤgt jhren Mann /
Dieſes richtet Frieden an /
Wann ſich gleich ein Streit erreget.

66.

Reim-Tichterey.
SO ich Reime wo geſchrieben /
Schrieb ich mir ſie / mich zu uͤben:
So ſie andren wo belieben /
Sind ſie andren auch geſchrieben.
K67. Auff132Erſtes Tauſend

67.

Auff Fuſcum.
FUſcus lachet ſeiner Sachen /
Lachet nicht / wann andre lachen;
Drum macht er / nicht ſeine Sachen /
Wann die andren ſeiner lachen.

68.

Grabſchrifft uͤber ein Brautbette.
JN die Luſt liegt hier begraben
Eine Magd mit jhrem Knaben;
Die einander gantz ergeben /
Dieſer Welt wie mehr nicht leben /
Die mit Armen vmgewunden
Wie in einen Sarck gebunden /
Die ſich mit ſich ſelbſt bedecken /
Die in kurtzem Wuͤrmer hecken.

69.

Auff Fletelium.
FLetel / der die Maͤgde ſchoß
Pfleget lieb vnd werth zu haben /
Scheut ſich / daß man jhn ſoll bloß
Jn der Mutter Schoß begraben.

70.

Eine mißſtimmige Ehe.
VEit ſchonet ſeinen Leib / ſchont aber nicht ſein Geld /
Da doch ſein liebes Weib von beyden wenig haͤlt:
Er ſoll ſeyn ſparſam hier; dort / ſoll er offt vnd viel
Gebrauchen ſeinen Leib zu jhrem wann ſie wil.
71. Mann133Sechſtes Hundert.

71.

Mann vnd Weib.
Richt Wunder / daß ſo gern an Maͤnnern Weiber liegen;
Die Ribbe mag ſich frey zu jhrer Licke fuͤgen.

72.

Die heilige Genießligkeit.
PRoſperitas regirt an Teuffels ſtat die Hoͤlle /
Der Lucifer verlaͤſt den Scepter vnd die Stelle:
Was Lucifer nicht kunt auß ſeiner Macht verfuͤhren /
Das wird nunmehr verfuͤhrt / um bloſſes proſpeniren.

73.

Klein - vnd groſſe Welt.
OB die kleine Welt die groſſe
Dieſer Zeit darnieder ſtoſſe /
Oder / ob die groſſe Welt
Jetzt die kleine nieder faͤllt /
Wuͤſt ich gerne? Weil man fuͤhlt
Wie die klein in groſſer wuͤhlt /
Duͤrffte groſſ in kurtzen Tagen
Fallen / vnd die klein erſchlagen.

74.

Suͤſſe-bittres.
JN einem Weiber-Rocke /
Jn einem Bienenſtocke /
Steckt Schaden vnd Genieß /
Ergetz vnd auch Verdrieß.

75.

Auff Nivulam.
NIvula iſt wie ein Schnee /
Der kaum jetzt fiel auß der Hoͤh /
K ijWie134Erſtes Tauſend
Wie auch jhre Redligkeit
Jſt wie Schnee zur Mertzens-Zeit /
Der / wie new er iſt geacht /
Jmmer truͤbes Waſſer macht.

76.

Kuͤnfftige Barbarey.
Wie ſparſam werden ſeyn / nach vns die Kuͤnſte-Kuͤnner /
Weil jetzt ſo ſparſam ſind / bey vns die Kuͤnſte-Guͤnner.

77.

Quid juris?
Quid ruris?
Quid furis?
Fuͤr ſpoͤttiſch Ding haͤlt Mars, quid juris etwa kuͤnnen
Quid furis aber / iſt ein ehrenreich Beginnen.
Noch dannoch wirds geſchehn / daß Mars um einen Biſſen
Wird endlich noch wol gar quid ruris lernen muͤſſen /
Und dem quid juris dann ſich neigen zu den Fuͤſſen!

78.

Peſt vnd Ehrgeitz.
DJe Peſt / die Ehrenſucht / ſind beyde ſtrenges Gifft /
Daß die nur meiſtens hoch - vnd jene nieder trifft:
Der Ehre henckt man nach / die Peſt fleucht jederman /
Ob die der Welt gleich nicht / wie jene ſchaden kan.

79.

Die Geburt iſt der Tod: Der Tod iſt die Geburt.
DEr Tod iſt nicht der Tod; der Tod iſt die Geburt
Durch dieſe kam ich kaum / ſo muſt ich wieder fort:
Der Tod iſt nicht der Tod; er iſt das rechte Leben /
Drauß ich mich mehr nicht darff in Ewigkeit begeben.
80. Auff135Sechſtes Hundert.

80.

Deß Menſchlichen Lebens Wege - Lagerer.
Ehre / Geitz / Leid / Wein vnd Liebe /
Sind deß Menſchen Lebens-Diebe.

81.

Das Gegenwaͤrtige / Vergangene vnd Zukuͤnfftige.
WAs iſt / wie lange wehrts? Was war / was hilfft michs wol?
Was werden wird / wer weiß / obs mir / vnd wem es ſol?
Was hier iſt / war vnd wird; iſt / war vnd wird ein Schein;
Was dort iſt / war vnd wird / iſt / war / wird ewig ſeyn.

82.

Erfahrung.
WEr hin term Ofen her wil von der Kaͤlte ſchliſſen /
Wer auß dem Keller rauff / wil viel von Hitze wiſſen:
Wer eines Dinges Art nie recht erfahren hat /
Wil ordnen aber dran / wil geben Rath vnd That /
Dem kuͤm̃t die Schande fruͤh / die Reue viel zu ſpat.

83.

Die Vernunfft.
GOtt gab vns die Vernunfft / dadurch vns zu regiren;
Wir brauchen die Vernunfft dadurch vns zu verfuͤhren:
Ein Menſch hat zwar Vernunfft / lebt aber wie ein Vich
Ein Vich hat nicht Vernunfft / lebt menſchlich gegen ſich.

84.

Alles auff ſeinen Anfang.
Laufft mancher gleich in Krieg / er muß gleichwol noch hin /
Wo Ochſen fornen an vnd Flegel hinten ziehn.
K iij85. Die136Erſtes Tauſend

85.

Die graue Trew.
WEil man ſchone bey den Alten
Reine Trew fuͤr graw gehalten /
Was iſts Wunder dieſer Zeit
Daß ſie ſchon im Grabe leit?
Daß nicht Erben nach jhr blieben /
Druͤber iſt ſich zu betruͤben!

86.

Unverhofft kum̃t offt.
Es kum̃t offt uͤber Nacht / was ſonſt kam kaum auffs Jahr;
Es brachte heut ein Kind / die geſtern Braut noch war.

87.

Bilder.
Wo Bilder in der Kirch / ein Ergernuͤß gebaͤren;
So muß man Kirchen gehn / auch ſchoͤnen Weibern wehren.

88.

Unverfreyter Wein.
Den Ehſtand lob ich zwar / nicht aber lob ich Wein /
Der da mit Waſſer wil zu Zeiten ehlich ſeyn.

89.

Brot.
DAs Brot fuͤr dieſe Welt / das mag man taͤglich eſſen /
Das Brot fuͤr jene Welt / das wil man bald vergeſſen:
Das Brot fuͤr jene Welt / gibt Brot fuͤr dieſe Welt;
Wie / daß man dann nun Brot / als Gott / viel werther haͤlt?

90.

Egyptiſche Dienſtbarkeit.
JAcobs Stam̃ klagt alter Zeit
Vber ſchwere Dienſtbarkeit:
Steht137Sechſtes Hundert.
Steht es da dann ja ſo uͤbel
Wo man Fleiſch hat / Knobloch / Zwiebel?
Vnſre Leut in dieſer Zeit
Hielten es fuͤr Herꝛligkeit.

91.

Von Hertzog Frantz Albrechten zu Sachſen / Kaͤyſerl. General in Schleſien.
KRieg war auß dem Krieg entlauffen
Zu dem tollen Frevler-Hauffen /
Der in ſeines Freundes Blute
Ehre ſuchte ſeinem Mute:
Lobt den Held der mit Bedacht
Krieg zum Kriege wieder bracht!
Daß nun Sieg vnd Krieges Zucht /
Wieder vnſer Land beſucht:
Merckt vnd ruͤhmt die edle Raute /
Neiget euch fuͤr jhrem Krante /
Daß fuͤr ſo viel Landes-Gifften
Kan ſo heilſam Artzney ſtifften.

92.

Galgenſtraffe.
Jſts recht / daß man die Muͤntz an Muͤntze wieder zahle;
Stiehlt den ein Rabe recht / der wie ein Rabe ſtahle.

93.

M-ars.
MArs der guter Lehr vnd Kunſt
Traͤgt viel Haß vnd wenig Gunſt /
Traͤgt die Kunſt in ſeinem Namen /
Eh noch wenig Jahre kamen /
K iiijDuͤrffte138Erſtes Tauſend
Duͤrffte M. bleiben ſtehn
Ars hingegen fornen gehn.

94.

Ehre vnd Anſehen.
DJe Ehr iſt zwar der Tugend Sold /
Doch iſt die Ehr auch gleichwol Schuld /
Daß eines eintzlen Menſchen Ehre
Manchmal ein gantzes Land zerſtoͤre.

95.

Der Neid.
EJnes oder andren neiden
Wil ich / kan ich / beſſer leiden:
Als daß da vnd dort wo einer
Spreche: Gott erbarm ſich ſeiner.

96.

Deß Krieges Ungelegenheiten.
KRieg iſt die allerſchaͤrffſte Zucht /
Womit vns Gott zu Hauſe ſucht;
Dann vnter ſeinen ſauren Noͤthen
Jſt noch die ſuͤſſe Noth / das toͤdten.

97.

Eitele Wuͤrde.
Titel-groß vnd Bullen-Edel
Reicht nicht weiter als der Zedel.

98.

Die Suͤnden.
MEnſchlich iſt es / Suͤnde treiben /
Teuffliſch iſts / in Suͤnden bleiben:
Chriſtlich139Sechſtes Hundert.
Chriſtlich iſt es / Suͤnde haſſen /
Goͤttlich iſt es / Suͤnd erlaſſen.

99.

Schleſier.
SOll den Eliſer-Felden
Diß Land ſich gleiche melden /
Muß dannen diß gerathen /
Daß drinnen ſind nur Schaten.

100.

Goͤttliche Huͤlffe.
GOtt / der David das erwehren
Gab vom Loͤwen vnd vom Beeren /
Gab jhm auch durch einen Stein
Deß Philiſters Mann zu ſeyn:
Gott / der vns vom Hoͤllen-Rachen
Gab das Mittel los zu machen /
Gibt auch wol / daß Menſchen macht
Schafft nichts mehr / als daß man lacht.

Deß Erſten Tauſend Siebendes Hundert.

140Erſtes Tauſend

1.

Wunderwerck.
ZUvor iſts auch geſchehn / vnd darff auch mehr geſchehen /
Jch hab es ſelbſt geſehn / begehrs nicht mehr zu ſehen /
Daß auff gepfluͤgtem Feld / in dem es Gerſt empfangen /
Sind Pferde nachmals da in kurtzem auffgegangen.

2.

Deß Krieges Alter.
Je toller wird der Krieg / jemehr er krieget Jahr:
Ey Leute / die ſehr alt / die werden wunderbar.

3.

Maͤſſigkeit.
Mein Tiſch der darff mich nicht um Uberſatz verklagen;
Der Gurgel eſſ ich nicht / ich eſſe nur dem Magen.

4.

Auff Gellulam.
WAs Gellula verſpuͤrt an Thaten vnd an Wercken /
Das geht jhr lieblich ein / den Glauben dran zu ſtaͤrcken;
Von Zeichen haͤlt ſie nichts: Vom Weſen haͤlt ſie hoch:
Jſt vielfach eine Fraw / vnd geht im Krantze doch:
Ob Pabſt / ob Luther jhr / ob jhr Calvin gefalle
Jſt vnklar; iſt mir recht / gefallen ſie jhr alle.

5.

Kunſt-Tichter.
VJel Helden hat es jetzt / ſo hats auch viel Poeten;
Daß jene nun die Zeit nicht wie der Tod mag toͤdten /
Darzu ſind dieſe gut: Wiewol es auch gemein /
Wo viel Poeten ſind / daß auch viel Tichter ſeyn.

6.

Auff Roſulam.
ROſula, iſt eine Roſe /
Aber doch nicht Dornen-loſe:
Hat141Siebendes Hundert.
Hat ſie ſonſten keine Doͤrner
Braucht ſie jhres Mannes Hoͤrner.

7.

Steuer-Calender.
Jm Steuer-Almanach iſt keine rechte Schrifft;
Sie feyert / weil die Welt ſteht / keine Stunde nicht.

8.

Das andere Leben.
Waͤre gleich in jener Zeit
Keine groͤßre Herꝛligkeit /
Als / daß ſteuren vns vnd ſtehlen
Nicht wie hier / mehr duͤrffe quaͤlen /
Wolt ich deſſentwegen noch
Hin mich ſehnen eben hoch.

9.

Todten-Schmuck.
DEr nackt kam in die Welt / der nackend iſt getaufft /
Der nackt ans Creutzes Holtz um Chriſtus Blut erkaufft /
Der nackt in Himmel ſoll; wie daß man den den ſchmuͤcket
Und das / was jhm nicht bleibt / mit jhm von hinnen ſchicket?

10.

Der Geitz.
WEr vom Hertzen Gott entſchleuſt /
Wer hingegen Gold drein geuſt /
Wil gewiß zu Himmel-neben
Einen Alchimiſten geben.

11.

Soldaten-Zucht.
PEſcennius ein Roͤmiſch Kaͤyſer /
Der Kriegs-Zucht ernſter Vnterweiſer /
Bey142Erſtes Tauſend
Bey dem / als etwa neun Soldaten
Dem Bauren einen Hahn verthaten /
Da ließ er ſie bey vielen Wochen
Als Brot vnd Waſſer nichts verſuchen:
Jetztſchadets nichts / ob ein Soldate
Neun Bauren gleich ſied oder brate /
Eh als er trucknes Brot ſolt eſſen
Moͤcht er ein gantzes Dorff voll freſſen.

12.

Reiche Verwuͤſtung.
DA dieſes Land war reich fuͤr Jahren /
Da glaubten wir daß Bettler waren:
Nun dieſes Land durch langes kriegen
Bleibt Menſchen-leer vnd wuͤſte liegen /
Jſt Steuer gar nicht zu bereden /
Man ſey nun arm von ſo viel Schaͤden.

13.

Rebe / durch Verſetzung / Bere / Eber / Erbe.
OB gleich die Rebe traͤgt dem Eber Haß
Macht dannoch gleichwol jhrer Bere naß /
Daß mancher Menſch deß Ebers Namen erbe /
Toll vnd voll lebe / Saͤuiſch endlich ſterbe.

14.

Rechts-Lernung.
WAnn einer wil das Recht ſtudiren /
So muß fuͤnff Jahr er dran verlieren:
Das Recht / das Krieg jetzt eingefuͤhret
Wird bey fuͤnff Tagen außſtudiret.
15. Auff -143Siebendes Hundert.

15.

Auffrichtigkeit.
JA ſoll ja / vnd nein ſoll nein /
Nein nicht ja / ja nein nicht ſeyn:
Der / der anders reden kan
Jſt noch Chriſt noch Biederman.

16.

Das trunckene Deutſchland.
UM Deutſchland ſtund es noch ſo wol /
Da Deutſchland nur war gerne voll;
Als da estriegen / buhlen / beuten
Gelernet hat von fremden Leuten.

17.

Erbſchafft.
VOr / wann nahe Freunde ſtorben /
Erbten wir / was ſie erworben:
Wer da wolle / ſterbe heuer /
Erbt man nichts als ſeine Steuer.

18.

Mit Worten ſpielen.
JSt es gut mit Worten ſpielen?
Schad vnd Nutz kan nicht vervielen;
Wer gewinnt / der wird betrogen /
Wer verleuret / hat gelogen.

19.

Menſchlich Angeſichte.
JEder Menſch hat ſein Geſicht /
Keiner wie der andre nicht;
Dannoch144Erſtes Tauſend
Dannoch findet Neid an allen
Das jhm nicht wil wol gefallen.

20.

Die Warheit.
ANdre Weiber haͤtten Spot
Wann ſie ſolten nackend gehn:
Warheit aber faͤrbt ſich roth /
Wann ſie ſoll in Kleidern ſtehn.

21.

Eiſen.
Das Eiſen doͤrfft ich mehr / das Gold viel minder preiſen;
Ohn Eiſen kuͤm̃t nicht Gold / Gold bleibt auch nicht ohn Eiſen.

22.

Reuterey.
DJe ſchwartze Reuterey war alter Zeit die beſte:
Die beſte Reuterey iſt dieſer Zeit die feſte:
Zwar ware ſie dort ſchwartz von Farben / nicht von Sinnen:
Zwar iſt ſie hier nicht ſchwartz von auſſen / doch von jnnen.

23.

Poeten-Goͤtter.
POeten / die ſollen die Goͤtter nicht nennen
Die Chriſten verlachen / die Heyden bekennen;
Wird jhnen man Venus vnd Bacchus nur ſchencken /
Sie werden der andren nicht leichte gedencken.

24.

Aertzte vnd Raͤthe.
Ein Artzt / hilfft tranckem Leib; ein Weiſer / trancker Zeit /
Der erſt iſt noch zur hand / der ander iſt gar weit.
25. Deutſch -145Siebendes Hundert.

25.

Deutſchland.
UNgerochen hat fuͤr Zeiten
Niemand Deutſchland kunt beſtreiten[;]
Vnber eichert wird mit nichten
Jemand jetzt den Zug vern[i]chten.

26.

Jetzige Freygaͤbigkeit.
WJr haben an freyes vnd groſſes Gemuͤte /
Ein edle / rechtſchaffene / loͤbliche Guͤte /
Ein Krieger / hat dieſer was das er verrichte /
Der geht wol nicht traurig von vnſrem Geſichte.

27.

Die Welt.
PRalen / ſchnarchen / ſchnauben / fluchen /
Dringen / zwingen / draͤuen / pochen /
Jſt der Welt jhr Amadis
Drauß ſie heuer buhlen ließ.

28.

Die einfaltige Redligkeit.
ANdre moͤgen ſchew vnd witzig /
Jch wil lieber redlich heiſſen /
Kan ich / wil ich mich befleiſſen /
Mehr auff glimpfflich als auff ſpitzig.

29.

Das vntreue Vermoͤgen.
Wie ſchelmiſch iſt das Geld? Ein jeder ſinnt auff Geld[;]
Daß dem doch / der es hat nach Leib vnd Seele ſtellt.
L30. Auff146Erſtes Tauſend

30.

Auff Vitum. Geneſ. 20. . 17.
KEin Koͤnig iſt zwar Veit, von Gerar, hat auch
nicht /
Daß Abraham fuͤr jhn Gebet vnd Segen ſpricht /
Je dennoch iſt ſein Haus an Muͤttern auffgeſchloſſen
Daß ſeiner guten Art hat Fraw vnd Magd genoſſen.

31.

Gottes Wort.
Der Hammer Gottes Wort ſchlaͤgt auff der Hertzen Stein;
Jetzt aber wil der Stein deß Hammers Hammer ſeyn.

32.

Die verbrennliche Welt.
Wie ſo wil Gott / die letzte Welt wegzuͤnden?
Drum daß ſie ſteckt voll Sodomiter-Suͤnden.

33.

Die Stein-Kranckheit.
D ein Menſch zu ſeinem Grabe
Eigne Stein im Leibe habe;
Dieſes Vortel kan ich leiden /
Wil auch keinen druͤber neiden.

34.

Geld-Lehnen.
WEr viel Geld hat weg zu leihen
Muß der Freundſchafft ſich verzeihen /
Dann der Tag zum wieder-geben
Pflegt die Freundſchafft auffzuheben.

35.

Rechts-Bildungen.
Das alte Recht das ſchlaͤft / was neues etwa tichtet /
Nach dem wird / weil es ſchlaͤft / das alte Recht gerichtet.
36. Der147Siebendes Hundert.

36.

Der Capernaitiſche Hauptmann.

Matth. 8. . 5.
ES war ein Menſch / es war kein heutig Cavallier
Der zu Capernaum den Knechten ſtunde fuͤr:
Der Obrigkeit war er / Knecht jhm / gar vnterthan;
Drum gilt er jetzt bey vns kaum als ein Gauckelmann /
Dann Glaube / Liebe / Zucht / geht vnſren Krieg nicht an.

37.

Auff Harpacem.
HArpax ſtahle was jhm kame /
Lieff in Krieg / fuͤr Koth vnd Strange;
Waͤr auch da wol nicht gar lange /
Thaͤte nicht ſein ehrlich Nahme.

38.

Duͤrfftigkeit.
JSt man arm / was hilfft die Jugend?
Jſt man arm / was hilfft die Tugend?
Jſt man arm / was hilffet ſchoͤn?
Jſt man arm / was hilfft verſtehn?
Dieſer ſey / dem Welt ſoll weichen /
Reich im Armen / Arm im Reichen.

39.

Nichts neues vnter der Sonnen.
WJe jetzt die Zeiten ſind / ſo waren vor die Zeiten;
Dann Salomo ſah auch auff Pferden Knechte reiten /
Hingegen Fuͤrſten-Volck zu Fuſſe gehn wie Knechte:
Eccl. 10. . 3.
Nur daß die Grube noch nicht iſt gemacht zu rechte.

40.

Ein Honig-ſuͤſſer Schlaf.
EJn Honig iſt der Schlaf / als dieſen Honig
Geſchahs daß was / ich glaͤub ein Bienlein etwa / ſaß
L ijAuff148Erſtes Tauſend
Auff Libitilla Haut; ſie hats nicht achten wollen /
Doch / wie man nunmehr merckt / ſo iſt ſie ſehr zerſchwollen.

41.

Lebens-Lauff.
ES muͤhet ſich der Menſch / auff daß er was erwerbe /
Und was er dann er wirbt / ſoll daß er wo nicht ſterbe /
Und wann er nun nicht ſtirbt / ſo ſoll er drum nur leben /
Auff daß er / was er wirbt / zur Steuer muͤſſe geben;
Dann bringt jhm weiter nichts das muͤhen vnd erwerben /
Und alles / was er gibt / als ſo nur eher ſterben.

42.

Menſchen ſind boͤſe.
GVten Friede / gute Rechte /
Gute Tage / gute Naͤchte /
Gut Gewitter / gute Zeiten /
Gut zu melcken / gur zu reiten;
Lauter Guͤt vnd gute Gaben
Wolln die Menſchen haͤuffig haben;
Denen doch an Leib vnd Mute
Selbſten mangelt alles gute.

43.

Mittelbare Thaten.
DEr an Jahren ſchwer gleich traͤget /
Viel an Kraͤfften abgeleget /
Wann er nur iſt friſch von Rathe
Jſt noch doch ein gut Soldate:
Wer nichts mehr vermag von Thaten /
Ob er viel vermag im rathen /
Mag nur bey den Buhlereyen
Dieſes Nahmens ſich verzeihen;
Eigner Mut vnd fremder Degen
Kuͤnnen zwar noch Ruhm erregen:
Aber149Siebendes Hundert.
Aber mit geborgtem Leibe
Fuͤhlt man nicht das ſuͤß am Weibe.

44.

Der Redligkeit Aderlaͤſſe.
D Nero Meiſter nam die Flitte
Sein Leben hin wie ſein Gebluͤte:
All Adern ſchlaͤgt bey dieſer Zeit
Die freche Welt der Redligkeit;
Niemand wil mehr fuͤr Schand erroͤthen /
Drum liegt die Zucht in Todes-Noͤthen.

45.

Auff Porcam.
JSt nicht Porca, wie man ſagt /
Eine Magd? Vnd traͤgt ein Kind?
Schaw / wie arg die Leute ſind!
Jſt ſie dann nicht Kinder-Magd?

46.

Diebe Menſchlichen Vermoͤgens.
WErcke ſtehlen nur die Zeit /
Faͤlle die Vermoͤgligten /
Sorgen ſtehlen vns das Leben;
Was dann bleibt vns auffzuheben?
Was der Seele Gott gegeben.

47.

Durch muͤhen / nicht durch ſchmeicheln.
REdlich wil ich lieber ſchwitzen
Als die Heuchler-Banck beſitzen:
Beſſer harte Faͤuſte ſtrecken /
Als von fremdem Schweiſſe lecken:
L iijBeſſer150Erſtes Tauſend
Beſſer was mit Noth erwerben /
Als gut leben / furchtſam ſterben.

48.

Die Zukunfft Chriſti.
CHriſtus hat durch erſtes kummen
Vns deß Teuffels Reich benummen /
Kuͤm̃t er ehſtes nicht herwieder
Kriegt d[en]Teuffel meiſtes wieder.

49.

Eine Lock-Fincke.
NJcht zu weit von meinem ſingen
Liegen Netz vnd falſche Schlingen /
Die fuͤr mir hier hat gelogen
Hat mich / wie ich euch / betrogen.
Jch die ich gefangen ſitze /
Bin nur meinem Herren nuͤtze.
Die da wil / die mag verfliegen /
Die nicht wil / die laß ſich kriegen /
Wann[nur] ich die Koſt erwerbe /
Gilt mirs gleiche wer verterbe.

50.

Der Fruͤhling.
DA der goͤldne Sonnen-Wagen
Fruͤhlings-Zuck er bringt getragen /
Daß die ſuͤſſen Zwillings Kuͤſſe
Tag vnd Naͤchte machen ſuͤſſe /
Da der Himmel guͤtig lachet /
Da die Erde Schmuͤncke machet /
Da ſich Feld vnd Wieſen mahlen /
Da der Baͤume Haͤupter pralen /
Da151Siebendes Hundert.
Da die Brunnen Silber giſſen /
Da mit funckeln Baͤche fliſſen /
Da die Vogel Lieder ſingen /
Da die Fiſche Spruͤnge ſpringen /
Da fuͤr Freuden alles wiebelt /
Da mit gleichem gleiches liebelt /
O ſo muß fuͤr truͤbem kraͤncken
Bloß der Menſch die Stirne ſencken!
Weil zumal bey Fruͤhlings-Luͤſten
Mars erfriſchet ſein verwuͤſten /
Da er diß fuͤr Luſt erkennet
Wann er raubet / ſchaͤndet / brennet.

51.

Der Menſch / ein Gras.
UNſres Lebens beſte Koſt
Jſt von erſtem zartes Gras:
Vnſer Leben ſelbſt iſt das
Sam̃ der Ehr vnd aller Luſt.
Braͤchte jenes nichts von Fruͤchten
Bliebs im Felde leichtlich liegen:
Menſchn wuͤrden wenig tuͤgen /
Wann ſie nicht in Himmel tuͤchten.

52.

Vergebene Arbeit.
EJnen Mohren weiß erwaſchen /
Trincken auß geleerten Flaſchen /
Einen Eſel nackt beſchehren /
Eine Sackpfeiff abehaͤren /
Einen Peltz im heiſſen baden /
Mit dem Siebe Waſſer laden /
L iiijEinem142Erſtes Tauſend
Bey dem / als etwa neun Soldaten
Dem Bauren einen Hahn verthaten /
Da ließ er ſie bey vielen Wochen
Als Brot vnd Waſſer nichts verſuchen:
Jetzt ſchadets nichts / ob ein Soldate
Neun Bauren gleich ſied oder brate /
Eh als er trucknes Brot ſolt eſſen
Moͤcht er ein gantzes Dorff voll freſſen.

12.

Reiche Verwuͤſtung.
DA dieſes Land war reich fuͤr Jahren /
Da glaubten wir daß Bettler waren:
Nun dieſes Land durch langes kriegen
Bleibt Menſchen-leer vnd wuͤſte liegen /
Jſt Steuer gar nicht zu bereden /
Man ſey nun arm von ſo viel Schaͤden.

13.

Rebe / durch Verſetzung / Bere / Eber / Erbe.
OB gleich die Rebe traͤgt dem Eber Haß
Macht dannoch gleichwol jhrer Bere naß /
Daß mancher Menſch deß Ebers Namen erbe /
Toll vnd voll lebe / Saͤuiſch endlich ſterbe.

14.

Rechts-Lernung.
WAnn einer wil das Recht ſtudiren /
So muß fuͤnff Jahr er dran verlieren:
Das Recht / das Krieg jetzt eingefuͤhret
Wird bey fuͤnff Tagen außſtudiret.
15. Auff -143Siebendes Hundert.

15.

Auffrichtigkeit.
JA ſoll ja / vnd nein ſoll nein /
Nein nicht ja / ja nein nicht ſeyn:
Der / der anders reden kan
Jſt noch Chriſt noch Biederman.

16.

Das trunckene Deutſchland.
UM Deutſchland ſtund es noch ſo wol /
Da Deutſchland nur war gerne voll;
Als da es triegen / buhlen / beuten
Gelernet hat von fremden Leuten.

17.

Erbſchafft.
VOr / wann nahe Freunde ſtorben /
Erbten wir / was ſie erworben:
Wer da wolle / ſterbe heuer /
Erbt man nichts als ſeine Steuer.

18.

Mit Worten ſpielen.
JSt es gut mit Worten ſpielen?
Schad vnd Nutz kan nicht vervielen;
Wer gewinnt / der wird betrogen /
Wer verleuret / hat gelogen.

19.

Menſchlich Angeſichte.
JEder Menſch hat ſein Geſicht /
Keiner wie der andre nicht;
Dannoch144Erſtes Tauſend
Dannoch findet Neid an allen
Das jhm nicht wil wol gefallen.

20.

Die Warheit.
ANdre Weiber haͤtten Spot
Wann ſie ſolten nackend gehn:
Warheit aber faͤrbt ſich roth /
Wann ſie ſoll in Kleidern ſtehn.

21.

Eiſen.
Das Eiſen doͤrfft ich mehr / das Gold viel minder preiſen;
Ohn Eiſen kuͤm̃t nicht Gold / Gold bleibt auch nicht ohn Eiſen.

22.

Reuterey.
DJe ſchwartze Neuterey war alter Zeit die beſte:
Die beſte Reuterey iſt dieſer Zeit die feſte:
Zwar ware ſie dort ſchwartz von Farben / nicht von Sinnen:
Zwar iſt ſie hier nicht ſchwartz von auſſen / doch von jnnen.

23.

Poeten-Goͤtter.
POeten / die ſollen die Goͤtter nicht nennen
Die Chriſten verlachen / die Heyden bekennen;
Wird jhnen man Venus vnd Bacchus nur ſchencken /
Sie werden der andren nicht leichte gedencken.

24.

Aertzte vnd Raͤthe.
Ein Artzt / hilfft tranckem Leib; ein Weiſer / trancker Zeit /
Der erſt iſt noch zur hand / der ander iſt gar weit.
25. Deutſch -145Siebendes Hundert.

25.

Deutſchland.
UNgerochen hat fuͤr Zeiten
Niemand Deutſchland kunt beſtreiten[:]
Vnber eichert wird mit nichten
Jemand jetzt den Zug verrichten.

26.

Jetzige Freygaͤbigkeit.
WJr haben an freyes vnd groſſes Gemuͤte /
Ein edle / rechtſchaffene / loͤbliche Guͤte /
Ein Krieger / hat dieſer was das er verrichte /
Der geht wol nicht traurig von vnſrem Geſichte.

27.

Die Welt.
PRalen / ſchnarchen / ſchnauben / fluchen /
Dringen / zwingen / draͤuen / pochen /
Jſt der Welt jhr Amadis
Drauß ſie heuer buhlen ließ.

28.

Die einfaltige Redligkeit.
ANdre moͤgen ſchew vnd witzig /
Jch wil lieber redlich heiſſen /
Kan ich / wil ich mich befleiſſen /
Mehr auff glimpfflich als auff ſpitzig.

29.

Das vntreue Vermoͤgen.
Wie ſchelmiſch iſt das Geld? Ein jeder ſinnt auff Geld;
Daß dem doch / der es hat nach Leib vnd Seele ſtellt.
L30. Auff146Erſtes Tauſend

30.

Auff Vitum. Geneſ. 20. . 17.
KEin Koͤnig iſt zwar Veit, von Gerar, hat auch
nicht /
Daß Abraham fuͤr jhn Gebet vnd Segen ſpricht /
Je dennoch iſt ſein Haus an Muͤttern auffgeſchloſſen
Daß ſeiner guten Art hat Fraw vnd Magd genoſſen.

31.

Gottes Wort.
Der Hammer Gottes Wort ſchlaͤgt auff der Hertzen Stein;
Jetzt aber wil der Stein deß Hammers Hammer ſeyn.

32.

Die verbrennliche Welt.
Wie ſo wil Gott / die letzte Welt wegzuͤnden?
Drum daß ſie ſteckt voll Sodomiter-Suͤnden.

33.

Die Stein-Kranckheit.
D ein Menſch zu ſeinem Grabe
Eigne Stein im Leibe habe;
Dieſes Vortel kan ich leiden /
Wil auch keinen druͤber neiden.

34.

Geld-Lehnen.
WEr viel Geld hat weg zu leihen
Muß der Freundſchafft ſich verzeihen /
Dann der Tag zum wieder-geben
Pflegt die Freundſchafft auffzuheben.

35.

Rechts-Bildungen.
Das alte Recht das ſchlaͤft / was neues etwa tichtet /
Nach dem wird / weil es ſchlaͤft / das alte Recht gerichtet.
36. Der147Siebendes Hundert.

36.

Der Capernaitiſche Hauptmann.

Matth. 8. . 5.
ES war ein Menſch / es war kein heutig Cavallier
Der zu Capernaum den Knechten ſtunde fuͤr:
Der Obrigkeit war er / Knecht jhm / gar vnterthan;
Drum gilt er jetzt dey vns kaum als ein Gauckelmann /
Dann Glaube / Liebe / Zucht / geht vnſren Krieg nicht an.

37.

Auff Harpacem.
HArpax ſtahle was jhm kame /
Lieff in Krieg / fuͤr Koth vnd Strange;
Waͤr auch da wol nicht gar lange /
Thaͤte nicht ſein ehrlich Nahme.

38.

Duͤrfftigkeit.
JSt man arm / was hilfft die Jugend?
Jſt man arm / was hilfft die Tugend?
Jſt man arm / was hilffet ſchoͤn?
Jſt man arm / was hilfft verſtehn?
Dieſer ſey / dem Welt ſoll weichen /
Reich im Armen / Arm im Reichen.

39.

Nichts neues vnter der Sonnen.
WJe jetzt die Zeiten ſind / ſo waren vor die Zeiten;
Dann Salomo ſah auch auff Pferden Knechte reiten /
Hingegen Fuͤrſten-Volck zu Fuſſe gehn wie Knechte:
Eccl. 10. . 3.
Nur daß die Grube noch nicht iſt gemacht zu rechte.

40.

Ein Honig-ſuͤſſer Schlaf.
EJn Honig iſt der Schlaf / als dieſen Honig
Geſchahs daß was / ich glaͤub ein Bienlein etwa / ſaß
L ijAuff148Erſtes Tauſend
Auff Libitilla Haut; ſie hats nicht achten wollen /
Doch / wie man nun mehr merckt / ſo iſt ſie ſehr zerſchwollen.

41.

Lebens-Lauff.
ES muͤhet ſich der Menſch / auff daß er was erwerbe /
Und was er dann er wirbt / ſoll daß er wo nicht ſterbe /
Und wann er nun nicht ſtirbt / ſo ſoll er drum nur leben /
Auff daß er / was er wirbt / zur Steuer muͤſſe geben;
Dann bringt jhm weiter nichts das muͤhen vnd erwerben /
Und alles / was er gibt / als ſo nur eher ſterben.

42.

Menſchen ſind boͤſe.
GVten Friede / gute Rechte /
Gute Tage / gute Naͤchte /
Gut Gewitter / gute Zeiten /
Gut zu melcken / gur zu reiten;
Lauter Guͤt vnd gute Gaben
Wolln die Menſchen haͤuffig haben;
Denen doch an Leib vnd Mute
Selbſten mangelt alles gute.

43.

Mittelbare Thaten.
DEr an Jahren ſchwer gleich traͤget /
Viel an Kraͤfften abgeleget /
Wann er nur iſt friſch von Rathe
Jſt noch doch ein gut Soldate:
Wer nichts mehr vermag von Thaten /
Ob er viel vermag im rathen /
Mag nur bey den Buhlereyen
Dieſes Nahmens ſich verzeihen;
Eigner Mut vnd fremder Degen
Kuͤnnen zwar noch Ruhm erregen:
Aber149Siebendes Hundert.
Aber mit geborgtem Leibe
Fuͤhlt man nicht das ſuͤß am Weibe.

44.

Der Redligkeit Aderlaͤſſe.
D Nero Meiſter nam die Flitte
Sein Leben hin wie ſein Gebluͤte:
All Adern ſchlaͤgt bey dieſer Zeit
Die freche Welt der Redligkeit;
Niemand wil mehr fuͤr Schand erroͤthen /
Drum liegt die Zucht in Todes-Noͤthen.

45.

Auff Porcam.
JSt nicht Porca, wie man ſagt /
Eine Magd? Vnd traͤgt ein Kind?
Schaw / wie arg die Leute ſind!
Jſt ſie dann nicht Kinder-Magd?

46.

Diebe Menſchlichen Vermoͤgens.
WErcke ſtehlen nur die Zeit /
Faͤlle die Vermoͤgligkeit /
Sorgen ſtehlen vns das Leben;
Was dann bleibt vns auffzuheben?
Was der Seele Gott gegeben.

47.

Durch muͤhen / nicht durch ſchmeicheln.
REdlich wil ich lieber ſchwitzen
Als die Heuchler-Banck beſitzen:
Beſſer harte Faͤuſte ſtrecken /
Als von fremdem Schweiſſe lecken:
L iijBeſſer150Erſtes Tauſend
Beſſer was mit Noth erwerben /
Als gut leben / furchtſam ſterben.

48.

Die Zukunfft Chriſti.
CHriſtus hat durch erſtes kummen
Vns deß Teuffels Reich benummen /
Kuͤm̃t er ehſtes nicht herwieder
Kriegt d[en]Teuffel meiſtes wieder.

49.

Eine Lock-Fincke.
NJcht zu weit von meinem ſingen
Liegen Netz vnd falſche Schlingen /
Die fuͤr mir hier hat gelogen
Hat mich / wie ich euch / betrogen.
Jch die ich gefangen ſitze /
Bin nur meinem Herren nuͤtze.
Die da wil / die mag verfliegen /
Die nicht wil / die laß ſich kriegen /
Wann[nur] ich die Koſt erwerbe /
Gilt mirs gleiche wer verterbe.

50.

Der Fruͤhling.
DA der goͤldne Sonnen-Wagen
Fruͤhlings-Zuck er bringt getragen /
Daß die ſuͤſſen Zwillings Kuͤſſe
Tag vnd Naͤchte machen ſuͤſſe /
Da der Himmel guͤtig lachet /
Da die Erde Schmuͤncke machet /
Da ſich Feld vnd Wieſen mahlen /
Da der Baͤume Haͤupter pralen /
Da151Siebendes Hundert.
Da die Brunnen Silber giſſen /
Da mit funckeln Baͤche fliſſen /
Da die Vogel Lieder ſingen /
Da die Fiſche Spruͤnge ſpringen /
Da fuͤr Freuden alles wiebelt /
Da mit gleichem gleiches liebelt /
O ſo muß fuͤr truͤbem kraͤncken
Bloß der Menſch die Stirne ſencken!
Weil zumal bey Fruͤhlings-Luͤſten
Mars erfriſchet ſein verwuͤſten /
Da er diß fuͤr Luſt erkennet
Wann er raubet / ſchaͤndet / brennet.

51.

Der Menſch / ein Gras.
UNſres Lebens beſte Koſt
Jſt von erſtem zartes Gras:
Vnſer Leben ſelbſt iſt das
Sam̃ der Ehr vnd aller Luſt.
Braͤchte jenes nichts von Fruͤchten
Bliebs im Felde leichtlich liegen:
Menſchn wuͤrden wenig tuͤgen /
Wann ſie nicht in Himmel tuͤchten.

52.

Vergebene Arbeit.
EJnen Mohren weiß erwaſchen /
Trincken auß geleerten Flaſchen /
Einen Eſel nackt beſchehren /
Eine Sackpfeiff abehaͤren /
Einen Peltz im heiſſen baden /
Mit dem Siebe Waſſer laden /
L iiijEinem152Erſtes Tauſend
Einem Tauben Lieder ſingen /
Sand in ein Regiſter bringen /
Jn den Wind vnd Waſſer ſchreiben /
Flugwerck ohne Fluͤgel treiben /
Auff den Sand Palaͤſte bauen /
Weibern auff die Tuͤcken ſchauen /
Wind / Lufft / Lieb vnd Rauch verhalten /
Juͤnger machen einen Alten /
Einen duͤrren Wetzſtein maͤſten /
Oſten ſetzen zu dem Weſten /
Allen Leuten wol behagen /
Allen was gefaͤllig ſagen /
Wer ſich deß wil vnterſtehen
Muß mit Schimpff zuruͤcke gehen.

53.

Das lieblichſte Thier.
SOlt ich Wahl vnd Wandel fuͤhren
Vnter aller Orte Thieren /
Solte mir kein liebers ſeyn
Als deß Natans Schaͤfelein:
Dieſesleg an meiner Bruſt
Nem auß meinen Haͤnden Koſt /
Wolle / die es ſonſten truͤge /
Gebe Tuch in eine Wiege.

54.

Deß Krieges letzter Wille.
MArs befihlet ſeinen Erben
Wann er endlich werde ſterben
Solt man / wann man jhn begruͤbe /
Machen / daß nichts uͤbrig, bliebe;
Weil153Siebendes Hundert.
Weil ſich doch von ſeiner Habe
Schwerlich erſter Erbe labe.

55. Straff-Buchſtaben.

1 P1 K1 H
2 e2 r2 u
3 ſ3 i3 n
4 t4 e4 g
5 g5 e
6 r

WEn Gott nicht mit Vier / Fuͤnff / Sechs Zeichen Kan auß dem A. B. C. erweichen / Der wird nicht weich / iſt glaͤublich / eh Biß jhn bezwingt der Hoͤllen W!

56.

Auff Lychnobium.
LYchnobius lebet viel Jahre viel Wochen /
Noch lebt er die Woche nicht eintzigen Tag;
Deß Nachtes / da ſchlemmt er ſo viel er vermag /
Deß Tages / da ſteckt er im Bette verkrochen.

57.

A. E. J. O. U.
A. iſt derer die nicht wollen.
E. iſt derer die nicht ſollen.
J. iſt derer die da zagen.
O. iſt derer die da klagen.
V. iſt derer die da plagen.

58.

Johannes der Taͤuffer.
NJcht recht! nicht recht! wuͤrd jmmer ſchreyn
Johannes, ſolt er wieder ſeyn;
L[v]Doch154Erſtes Tauſend
Doch kaͤm er / rieth ich daß er daͤchte /
Wie viel er Koͤpff in Vorrath braͤchte.

59.

Auff - vnd niederſteigende Liebe.
WAnn die Liebe ſteiget auff /
Haͤlt die Chloris etwas drauff /
Wann die Liebe ſteiget nieder /
Jſt ſie Chloris gantz zu wider.

60.

Der Welt Erbe.
FRew dich / Welt-Kind / auff das erben!
Deine Mutter wird bald ſterben;
Was das Feuer nicht verzehret
Jſt mit Hauffen dir gewehret.

61.

Aufferweckung von Todten.
KAn Froͤſche / Fliegen / Schwalben / Wuͤrme / Schnecken
Die kaltes ſterbte / warmes wieder wecken;
O ſo kan der / der alles diß kunt machen
Noch wol ſo viel / daß Todte wieder wachen.

62.

Der lachende Gott. Pſal. 2.
MJr nicht! daß ich ſolte machen
Daß Gott meiner muͤſſe lachen;
Dann ſein lachen wil erwecken
Zornig reden / grimmig ſchrecken.

63.

Auff Smeccelium.
SMeckel kuͤnte wol ſein lauffen
Fuͤrſten-Kammern hoch verkauffen /
Wann155Siebendes Hundert.
Wann ſein Fuß ſich kuͤnte regen
Wie ſich kan ſein Zahn bewegen.

64.

Ein Schauſpiel.
VOn Marcus Curtius vnd ſeiner tieffen Klufft
Kan Gulo ſchoͤnes Spiel / das ſpielt er viel vnd offt:
Ein Ochs / iſt Curtius; die Klufft / iſt Gulo Bauch;
Wann jener ſpringt in die / ſo ſtillt ſich Flam̃ vnd Rauch.

65.

Ein Krieges-Hund / redet von ſich ſelbſt.
HVnde / die das Vieh behuͤten /
Hunde / die am Bande wuͤten /
Hunde / die nach Wilde jagen /
Hunde / welche ſtehn vnd tragen /
Hunde / die zu Tiſche ſchmeicheln /
Hunde / die die Frauen ſtreicheln /
Dieſe Hunde gar zuſammen
Kummen nur auß faulem Stammen.
Aber ich / bin von den Hunden
Die ſich in den Krieg gefunden /
Bleibe nur wo Helden bleiben
Wann ſie Kuͤh vnd Pferde treiben /
Habe Buͤnd nuͤß mit den Dieben /
Trag am rauben ein Belieben /
Pflege / bin ich in Quartiren /
Gaͤns vnd Huͤner zuzufuͤhren /
Kan die ſchlauen Bauern ſuchen
Wann ſie ſich ins Holtz verkruchen /
Wann ſie nach den Pferden kummen /
Die mein Herꝛ hat wo genummen /
K a156Erſtes Tauſend
Kan ich ſie von dannen hetzen /
Daß ſie Hut vnd Schuh verſetzen /
Kan durch Schaden / kan durch Zehren
Helffen Hans vnd Hof verzehren.
Cavalliers, die kan ich leiden /
Bauren muͤſſen mich vermeiden;
Bin nun drum in meinem Orden
Hunde-Cavallier geworden.

66.

Der Daumen.
WAnn der Daume wird zu nichten /
Kan die Hand nicht viel verrichten:
Wann man ſchwaͤcht den Wirthſchaffts-ſtand
Da beſteht nicht lang ein Land.

67.

1. Activum. 2. Pasſivum. 3. Deponens. 4. Neutrum. 5. Defectivum.
WAs iſts / was wir nicht thun? Was iſts / was wir nicht
leiden?
Durch 1. Steuern vnd durch 2. Raub; wird Mars nicht eines
3. meiden
Wird kuͤrtzlich 4. noch zu thun / noch was zu leiden bleiben /
Und Mars wird auß der Welt 5. Die Welt vnd ſich vertreiben.

68.

Ein Thieriſcher Menſch.
LUpula wil keinen lieben
Der Vernunfft zu ſehr wil uͤben /
Weil jhr beſſer der gefaͤllt
Der ſich etwas Thieriſch ſtellt;
Der da kan wie Tanben hertzen /
Der da kan wie Spatzen ſchertzen /
Der157Siebendes Hundert.
Der wie Henne buhlen kan
Jſt fuͤr ſie der rechte Man.

69.

Niemand iſt zu verachten.
EJn Rabe wil Noha zum Bothen nicht tuͤgen
Geneſ. 8. . 7. 3. Reg. 17. . 6.
Doch bringt dem Elias ein Rabe vergnuͤgen;
Der Himmel kan morgen viel Gunſten verleyen
Dem ſchlechſten / den heute die Groſſen verſpeyen.

70.

Jedes Gluͤcke hat ſein Gluͤcke.
GLuͤcke hat ſein Vngeluͤcke
Daß bey ſeinem Freuden-Blicke
Menſchen dannoch beßtes wehlen:
Vngeluͤcke / hat ſein Gluͤcke
Daß bey ſeiner Wandel-Tuͤcke
Chriſten nimmer Troſt darff fehlen.

71.

Seelen-Wandelung.
D eine fremde Seel in fremden Coͤrper triche
Das glaube wer es wil / es ſind nicht Biebel-Spruͤche:
Diß aber iſt gewiß / daß jetzt ein fremder Leib
Faͤhrt offters auff vnd in ein fremdes Pferd / Kleid / Weib.

72.

Helden-Tod.
ESrieten jhrer zwey nach Roſſen /
Daruͤber ward der ein erſchoſſen;
Der andre ſagte mit betruͤben:
O welch ein ehrlich Caͤrl iſt blieben!
73. Schaͤd -158Erſtes Tauſend

73.

Schaͤdliche Liebe.
LJeben laͤſt nicht lange leben;
Lange leben laͤſt nicht lieben;
Wer dem Leben iſt ergeben /
Muß das lieben ſparſam uͤben:
Wein das lieben wil behagen
Muß dem Leben abeſagen.

74.

Goͤttliche Barmhertzigkeit.
NAch dem groſſen Suͤnden-Fluſſe
Setzte Gott den Gnaden-Bogen;
Wann auff Straffe folget Buſſe /
Jſt er vns wie vor bewogen.

75.

Wiederbrachte Jungfrauſchafft.
DEr die Jungferſchafft benummen
Kan ſie wieder da beknmmen /
Wann es jhr vielleicht gelingt
Daß ſie eine Tochter bringt.

76.

Doͤrffer.
Vom duͤrffen kuͤm̃t mir fuͤr / ſind Doͤrffer her genant;
Dann Doͤrffern iſt jetzt nichts als Duͤrfftigkeit bekant.

77.

Schleſier Eſelsfreſſer.
D Schleſier haben den Eſel gefreſſen
Jſt entweder nichts / oder bleibet vergeſſen:
Sonſt wuͤrden die fremden ſich eigen gewehnen
Nach Schleſiſchem Futter ſich nimmer zu ſehnen
78. Finſter -159Siebendes Hundert.

78.

Finſternuͤß.
WAnn zwiſchen Beutel vnd das Geld
Die Contribution ſich ſtellt /
Trit Finſte muͤß gemeinlich ein
An Goldes-Glantz vnd Silber-Schein.

79.

Von der Nachtigal.
VOn fernem biſtu viel / von nahem meiſten nichts /
Ein Wunder deß Gehoͤrs / ein ſpotten deß Geſichts:
Du biſt die Welt / die Welt iſt du / O Nachtigal /
Zum erſten lauter Pracht / zu letzt ein bloſſer Schall.

80.

Huren.
Jm Friede Hure ſeyn iſt ehrlich / nicht im Kriegen;
Dann / jene kan im Bett / auff Stroh muß dieſe liegen.

81.

Der Schamhafftigkeit Farbe.
CArmeſin-roth haͤlt man werth /
Reines Weiß wird offtbegehrt /
Purpur hat nicht ſchlechten Ruhm /
Gold begehrt das Eigenthum:
Billich aber wird geacht
Farbe / die die Tugend macht.

82.

Ein hoͤltzernes Pferd.
JN der Achiver langem Weiber-Kriege
Halff letzlich noch ein hoͤltznes Pferd zum Stege:
Was gilts / ob Krieg jetzt auch nicht wehren werde
Biß ſonſt kein Pferd mehr bleib / als Kinder-Pferde?
83. Ein160Erſtes Tauſend

83.

Ein Rath / wie der Feind zu ſchlagen.
MAn hat den Feind auffs Haupt geſchlagen /
Noch hat Fuß / Haupt hinweg getragen:
Man ſchlag jhn / rath ich / auff den Fuß /
Auff daß er liegen bleiben muß.

84.

Ein Kuß.
JVngfern / wann deß Liebſten Mund
Sich zu eurem Munde ſchicket /
Haltet ſtill! es iſt der Grund /
Drauff die Lieb jhr Siegel druͤcket.

85.

Ein Schmetzrichen.
DEr zum erſten ſagte: Kuͤſſen /
Wolte / glaub ich / ſagen: Suͤſſen;
Dann den ſuͤſſen Honig-Thaw
Gibt deß Muͤndleins Roſen-Aw.

86.

Außtrit der Zunge.
DJe Zunge wohnt mit Fleiß im weiſſen Bein-Gehaͤge
Dann diß iſt jhre Graͤntz / in der ſie ſich bewege:
Waͤchſt aber wo die Zung vnd ſteiget uͤber Zaun
Derſelbten traue du / ich wil jhr nimmer kraun.

87.

Vergnuͤgung.
WJe das Kind im ſanfften wiegen;
So beruh ich im begnuͤgen:
Purſche ſonſt mit Redligkeit
Hin zu bringen meine Zeit /
Wann161Siebendes Hundert.
Wann ich werde ſeyn begraben
Werd ich beßres Gluͤcke haben.

88.

Von einem Geſchencke an die Liebſte.
BEßres was ſolt euren Ehren /
Edles Bild zu dienen kummen;
Aber wo wird das genummen?
Daß ſie moͤcht um etwas mehren?
Das / was kum̃t / iſt kaum zu nennen /
Der es ſchickt / iſt drum zu ſchelten /
Muß auch billich ſolches gelten /
Darff ſich auch nicht laſſen kennen.

89.

Paten-Zettel.
ES iſt ſehr gut
Durch Chriſtus Blut
Das Ewig-ſeyn im Himmel erben;
Dann / was die Welt
Zum hoͤchſten haͤlt
Jſt taͤglich Tod vnd endlich ſterben.

90.

Gerade Stuͤcke.
Jm Oppliſchen Fuͤrſtenthum / iſt es nicht ſchade?
Hat Jungfer noch Fraue nie keine Gerade.

91.

Hofe-Kuͤnſte.
Kuͤnſte / die zu Hoff im Brauch /
Wolt ich / duͤnckt mich / kuͤnnen auch;
Wann nur eine mir wolt ein /
Naͤmlich: vnverſchaͤmt zu ſeyn.
M92. Das162Erſtes Tauſend

92.

Das Hofe-Leben.
Durch Laudes vnd Placentz, ſtracks fuͤr Veron fuͤrbey
Muß / wer nach Hofe wil / vnd wil willkummen ſeyn.

93.

Thorheit.
Ein Reiß vom Narren-Baum traͤgt jeder an ſich bey /
Der eine deckt es zu / der ander traͤgt es frey.

94.

Thorheit.
Wann Thorheit thaͤte weh / O welch erbaͤrmlich ſchreyn
Wuͤrd in der gantzen Welt in allen Haͤuſern ſeyn.

95.

Sitten der Jugend.
DJe Fincken die im Lentz nicht ſingen /
Die bringens auff den Herbſt dann ein:
Der muß dann alt erſt raſend ſeyn /
Der jung es kunte nicht verbringen.

96.

Begraͤbnuͤß-Koſten.
Jſts Chriſtlich / Chriſten-Volck / dem Gott den Himmel ſchenckt /
Daß dich nicht ohn entgelt man in die Erde ſenckt?

97.

Die Zeit vertreiben.
D der Tod vns uͤbereile
Laſſe man die Klage bleiben;
Jeder ſucht ja kurtze weile /
Jeder wil die Zeit vertreiben.
98. Ver -163Siebendes Hundert.

98.

Verleumder. Plaut.
Wer ſchmaͤht vnd Schmaͤhung hoͤrt / dem ſey zur Straff erkoren /
Daß jener an der Zung / vnd dieſer henck an Ohren.

99.

Adel.
DJe Tugend alleine gibt tuͤchtigen Adel /
Das Waffen Gemaͤld
An Helm vnd an Feld
Bedecket vergebens den jnneren Tadel:
Die Wiege deß Cyrus wie Irus iſt Thon:
Ein leeres Geklaͤnge
Ein glaͤſern Gepraͤnge /
Sind Ahnen / wo Tugend iſt ferne davon.

100.

Anfang vnd Ende.
DEr Anfang
Seh auff den Außgang
Der Außgang
Macht gut den Anfang.

Deß Erſten Tauſend Achtes Hundert.

164Erſtes Tauſend

1.

Ein enges Hertze.
WEr den Himmel wenig acht /
Wer mit Erde ſaat ſich macht /
Hat ein Hertze drinnen kaum
Leeres nichts hat Stell vnd Raum.

2.

Gewaffneter Friede.
Krieg hat den Harniſch weg gelegt / der Friede zeucht jhn an;
Wir wiſſen was der Krieg veruͤbt / wer weiß was Friede kan?

3.

Mißſchweren.
Es braucht ein boͤſer Menſch das ſchweren wie ein Tuch /
Damit zu flick en auß Zucht-Ehr - vnd Tugend-Bruch.

4.

Friede vnd Krieg.
Ein Krieg iſt koͤſtlich gut / der auff den Frieden dringt:
Ein Fried iſt ſchaͤndlich arg / der neues kriegen bringt.

5.

Der weichende Krieg.
Mars macht es gar zu arg / Mars tobt jetzt gar zu ſehr;
Der Teuffel / wann er weicht / ſo ſtinckt er deſto mehr.

6.

Das beſte in der Welt.
DAs beſte / das ein Menſch in dieſer Welt erlebet
Jſt / daß er endlich ſtirbt / vnd daß man jhn begraͤbet:
Die Welt ſey wie ſie wil / ſie hab auch was ſie wil /
Waͤr ſterben nicht da bey / ſo gilte ſie nicht viel.

7.

Grabmahl eines redlichen Mannes.
WEil Welt die Redligkeit verjagt vnd duldet nicht /
So ſey du / der du hier fuͤruͤber gehſt / bericht /
Daß165Achtes Hundert.
Daß nicht ein ſchlechter Theil / daß groſſer Schatz von jhr
Hat vnter dieſen Stein ſich wie verborgen hier.
Wofern du redlich biſt / ſo ſeuffze daß ein Stein
Soll wuͤrdiger als wir diß Gut zu haben ſeyn.

8.

W-ehe-W.
DJe Ehe heiſt fuͤr ſich vnd hinter ſich die Ehe /
Dieweil ſie niemand trennt / als nur das bittre Wehe;
Soll W. bey Ehe ſeyn / ſo bringt W. hinten her
Als daß von fornen an / weit nicht ſo viel beſchwer:
Soll W. bey Ehe ſeyn / iſts beſſer man begraͤbet
Ein from Weib / als daß die die boͤs iſt / jmmer lebet.

9.

Mars ein Roßtaͤuſcher.
WAnn ein Pferd Mars ein-wil kauffen /
Fragt er bald obs wol kan lauffen;
Wil er eine Wette wagen?
Nein / nach ſich den Feind her jagen.

10.

Weg deß Lebens.
BEy dem Tag in einer Wolcke /
Jn dem Feuer bey der Nacht /
Gieng Gott herfuͤr Jacobs Volcke /
Biß er in jhr Land ſie bracht:
Chriſtus geht fuͤr ſeinem Volcke /
Daß er ſie durch heiſſe Pein /
Daß durch truͤbe Jammers-Wolcke
Er ſie fuͤhr in Himmel ein.
M iiij11. Mittel166Erſtes Tauſend

11.

Mittel zu verarmen.
JCh moͤchte wiſſen wie es kaͤme
Daß vnſer Haab vnd Gut zuneme?
Was nicht auß Pflicht wir geben muͤſſen
Soll Hoͤfligkeit zuſammen ſchiſſen /
So was fuͤrs Maul noch uͤbrig blieben /
So bleibt es doch nicht fuͤr den Dieben:
Was gleich die Todten ſchuldig waren
Das buͤſſen wir mit vnſren Haaren /
Was wir gehabt vnd nicht mehr haben /
Davon erheiſcht man Schoß vnd Gaben:
Jch moͤchte wiſſen wie es kaͤme
Daß Gut wo einen Hauffen neme?

12.

Reime außm Stegereiff.
AUff einem Fuſſe ſtehn vnd hundert Verſe ſchmieden /
Das hab ich nie gekunt vnd bins auch wol zufrieden
Daß ich es noch nicht kan: Ein Piltz waͤchſt eine Nacht /
Die andre faͤllt er hin / drum wird er ſchlecht geacht:
Deß Bacchus ſuͤſſer Safft / darauff Poeten pochen
Muß werden zam durch Sonn vnd Zeit / vnd muß wol kochen:
Das Waſſer / das mit Macht da / dort herauſſer quillt
Hat ſeinen Nutz zwar auch / nur daß es wenig gilt.

13.

Soldaten-Freyheit.
M man euch dann / jhr Soldaten /
Laſſen gehen alle Thaten?
Suͤndern die da ſterben ſollen
Gibt man was ſie haben wollen.
14. Braut -167Achtes Hundert.

14.

Brautſchrifft.
AUff deinen Hochzeit Tag / mein Freund / dir was zu machen
Haſt du mich angeſucht: Jch bin zu dieſen Sachen
So willig als verpflicht / nim du fuͤr lieb nur an
Diß / was nicht wie es ſoll / iſt aber wie es kan:
So wird dann auch die Braut / was du jhr moͤchteſt machen
So gut es jmmer iſt / belieben vnd belachen
Das was ich dir gemacht / hat Fuͤſſe nur allein
Schaw aber du / daß dort bey Fuſſen Haͤnde ſeyn.

15.

Hure / verſetzt / ruhe.
Eine Hure hat wol Ruhe
Daß jhr Seligkeit nichs thue.

16.

Wolfeiler Frauen-Stand.
MAn darff daſelbſt nicht viel / was wenig kan erlangen:
Wil eine Magd ſein Fraw / ſo darff ſie viel nicht prangen;
Sie wird zur Hure nur / ſo iſt die Kirchenfahrt
Und aller Hochzeit Pracht / erhalten vnd erſpart.

17.

Deß Jephtæ Tochter.
WAs muͤſſen doch die Maͤgd jetzt meinen
Daß Huren ſie ſo haͤuffig werden?
Sie wollen meiden die Beſchwerden
Wie Jephta Kind nicht auch zu weinen.

18.

Deß Teuffels Feyer-Feſt.
Der Teuffel ruht ſonſt nicht / nur jetzund hebt er an /
Weil jhn die letzte Welt ſo wol vertreten kan.
M v19. Das168Erſtes Tauſend

19.

Das Haus-Leben.
JSt Gluͤcke wo vnd was / ſo halt ich mir fuͤr Gluͤcke
Wann ich mein eigen bin / daß ich kein Dienſtbar Ohr
Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor /
Und horchen auff Befehl: Daß mich der Neid beruͤcke
Da bin ich Sorgen-los: Die ſchmale ſtuͤrtze-Bruͤcke
Darauff nach Gunſt man zeucht / die bringt mir nicht Gefahr /
Jch ſtehe wo ich ſteh vnd bleibe wo ich war;
Der Ehre ſcheinlich Gifft / deß Hofes Meiſterſtuͤcke
Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnuͤgen
Fuͤr groſſe Wuͤrde gilt! mir iſt ja noch ſo wol
Als dem der Wanſt zerſchwuͤllt / dieweil er Hoffart voll;
Wer biegen ſich nicht kan bleibt wann er faͤllet liegen:
Nach Purpur tracht ich nicht / ich neme weit dafuͤr
Wann Gott ich leben kan / dem Nechſten vnd auch mir.

20.

Brautſchrifft.
BEy ſo wildem wuͤſten Weſen /
Da faſt niemand kan geneſen /
Da die Wolfahrt gar verfaͤhret /
Da das Heil ſich abezehret /
Wil von jhren beſten Sachen
Ordnung eine Jungfer machen;
Naͤmlich alles liebe Ding
Das ſie auch zum Erb empfing /
Wil ſie einem Freunde geben
Weil ſie noch fuͤhlt Waͤrmd vnd Leben.
Nun / die Teſtamenterin
Friſch von Leibe / friſch von Sinn
Fuͤhrt jhr volles Wolbelieben
Jn dem Buſem auffgeſchrieben /
Hat169Achtes Hundert.
Hat auff Jungfern-Pergament
Erb vnd Erben ſelbſt benent.
Sagt: Hierinne ſteckt mein Wille:
Bietet aber in der Stille /
Daß erſt morgen auff die Nacht
Dieſer Brieff werd auffgemacht /
Dann ſie ſchaͤmt ſich / daß bey Leben
Dieſes Ding ſie auff ſoll geben:
Wil auch / daß kein andrer nicht
Jhres Willens Siegel bricht
Als der Erbe / den zu nennen
Sie erroͤthet / doch zu kennen
Tuͤckiſch richtet einen Blick
Hin auff Nachbar Ludewig.
Merckt / jhr Zeugen / daß der Erbe
Vm bedenck-Zeit gar nicht werbe /
Wil das Erbe treten an
Wann er ſoll vnd wann er kan;
Nur / er dingt jhm auß / zu lachen
Wie der Erben Brauch: wil machen
Daß auch ſie dann lachen ſoll
Wann ſie ſpuͤrt es thu ſo wol
Wann man ſiht noch fuͤr dem ſterben
Wie ſo danckbar ſind die Erben.
Dem der Erbe bleibt bedacht
Wie es ſo werd außgemacht /
Daß man ſteiffes Wolbeginnen
Mercke nicht ſehr weit von hinnen;
Daß die liebe Danckbarkeit
Jaͤhrlich auß der Wiege ſchreyt.
21. Herren -170Erſtes Tauſend

21.

Herren-Dienſt.
WAs dem Schemhamphoras die Juden zugeſchrieben /
Dadurch man hat gekunt nach Willen alles uͤben:
Ein mehres noch als diß / vermag durch ſeine Krafft
Der freye Herren-Dienſt; der ſchafft was Gott nicht ſchafft
Und loͤſet auff was recht / Lieb / Ehr / Eyd / Trew verhafft.

22.

Freygebige Herren-Diener.
WAnn Diener Herren ſchencken /
So muͤgen Herren dencken /
Daß ſich / was auff ſie fleuſt /
Von jhnen vor ergeuſt.

23.

Soldaten-Wuntſch.
Daß den Teuffel / ſich zu holen / Krieger fleiſſig ruffen an
Macht / weil Pferd vnd Ochſen weg / daß ſie duͤrffen Fuͤrgeſpan.

24.

Auff Honoratum.
OBs recht / obs ehrlich ſey / was Honoratus thut /
Da fragt er wenig drum / er haͤlt nur diß fuͤr gut
Was gut zu ſchmauſen bringt; ey! darff man doch wol ſagen
Jm Maule ſteh ſein Recht / ſein Ehre wohn im Magen.

25.

Gottes Wort.
Das
Was
Gott heiſt /
Wers leiſt
Der beſteht /
Wanns gleich geht
Arg uͤberauß
Tum̃ / krum̃ vnd krauß;
Er171Achtes Hundert.
Er lacht nur dazu
Was jmmermehr thu
Der Teuffel mit blaſen /
Die Welt mit viel raſen /
Der Tod mit Zaͤhne-wetzen
Das Fleiſch mit dem entſetzen:
Er laͤſt jhm diß genugſam ſeyn
Jſt ſeine Krafft gleich ſchwach vnd klein /
O dem er dient / dem er vertrauet
Dem hat fuͤr keinem noch gegrauet;
Was iſt jhm / als zu wincken mehr zu thun?
So faͤllt dahin in einem ſchnellen nun
Das was da iſt / wie das das vormals ware.
Der ſteh auff Gott / der ſtehn wil fuͤr Gefahre!
Er ſteht viel feſter noch als feſte Cedern ſtehn
Die Regen / Thaw / Reiff / Schnee / Froſt / Hitze wird angehn /
Er ſteht viel feſter noch als auff den Bergen Schloͤſſer /
Als Felſen im Gehoͤltz / als Klippen im Gewaͤſſer:
Wer aber ſeinen Sinn auff Eitelkeiten ſtellet /
Von Gotte ſich entzeucht / von ſeinem Worte faͤllet
Der gibt ſich auff das Eiß / der nim̃t jhm einen Grund
Der ſchlipffrig iſt / der hoch / der ſchwanckend iſt vnd rund.
Das was er hat / bleibt vielmals nicht biß morgen
Wird leer von Hab / vnd reich an Angſt vnd Sorgen /
Daß / dem er dient / das weiß jhm ſelbſt nicht Rath /
Sein eigne Witz hat keine Krafft noch That /
Das was er darff / wo ſoll ers ſuchen?
Wann man jhn draͤngt / was ſoll ſein pochen?
Wem klagt er Hohn? Wem klagt er Noth?
Wer zehlt die Threnen? Raͤcht den Spot?
Und deckt jhn mit dem Schaten?
Wann er nun ſoll entrathen
Deß Lebens im ſterben /
Was hat er zu erben?
Das ewige Weh
Da nimmer vergeh
Der172Erſtes Tauſend
Der Wurm vnd Schmertz
An Leib vnd Hertz /
Da ſein Gut
Jn der Glut
Wird bloß
Huͤlff-loß
Pein
Seyn.

26.

Schirm der Leichtfertigkeit.
SChmaͤhen / ſchweren / laͤugnen / luͤgen
Liebe-koſen / ſchmeicheln / ſchmuͤgen;
Jſt der Schild / der Schelmereyen
Fuͤr der Warheit ſoll befreyen.

27.

Gluͤckliche Unbeſonnenheit.
Kuͤhnheit mit Vermeſſenheit
Bringt es offters noch ſo weit /
Als bedacht vnd Witzigkeit:
Was auff keinen Grund gericht
Vnd auß Zufall nur entbricht /
Jſt plump Ding / man acht es nicht.

28.

Colax & Corax.
D Schmeichler vnd die Raben
Faſt einen Namen haben /
Kuͤm̃t daher / wil ich glauben /
Weil beyde ſie berauben
Theils die am Hanffe hangen
Theils die in Ketten prangen.
29. Hofe -173Achtes Hundert.

29.

Hofe-Diener.
JCh weiß nicht ob ein Hund viel gilt
Der allen ſchmeichelt / keinem billt?
Ein Diener / der die Auffſicht fuͤhrt
Vnd Augen nur / nicht Zunge ruͤhrt /
Thut nicht / was ſeiner Pflicht gebuͤhrt.

30.

Tiſch-Freundſchafft. Martial.
VErmeinſtu wol / daß der ein treues Hertze ſey
Den dir zum Freunde macht dein offte Gaſterey?
Dein Auſtern liebt er nur / dein Pilpraͤt / gar nicht dich;
Auch mein Freund wuͤrd er bald / wann ſo wie du / lebt ich.

31.

Hochzeit-Wuntſch.
DA gleich das Jahr jetzund iſt kummen in die Wochen
Und traͤgt vns guͤtig auff Confeckt vnd gute Kuchen /
So viel der Unfall ließ; da habt jhr / liebes Paar /
Gleich euren Hachzeit-Tag. Gott laß mich ſagen wahr!
Das Heil muͤß alle Tag euch in den Wochen liegen
Und fuͤllen euer Haus mit Segen vnd Vergnuͤgen:
Und jhr thut wie das Jahr / vnd mehret alle Jahr /
Wo nicht mit einem Paar / mit einem / euer Paar.

32.

Auff Runcum einem beliebten Hofemann.
RUncus iſt recht eckicht grob
Hat doch lauter Gunſt vnd Lob:
Recht! es muͤſſen ſtarcke Gaben
Schwache Liebe ja nicht haben.
33. Hofe -174Erſtes Tauſend

33.

Hofe-Leute.
SChwartzer Vrſprung / fleckicht Leben /
Kan ſich hoch bey Hofe heben;
Wo kein Licht iſt vnd kein weiſſes
Darff die Ehre ſchlechten Fleiſſes.

34.

Staffeln der Klugheit.
WEr guten Rath ſelbſt finden kan /
Wer guten Rath kan nemen an /
Wer beyden recht zu brauchen weiß /
Hat eines klugen Mannes Preis.

35.

Wurtzel-Krafft.
EJn Maͤgdlein / dem ein Traum hat etwas warm gemacht /
Den ſie auch kunte nicht bald bringen auß der acht;
Ging Morgens fruͤh hinauß ſpatziren in das Gras /
Da ſpritzt jhr deſſen Thaw hinauff auff diß vnd das;
Sie ſprach: Es mag wol ſeyn daß Kraͤuter wuͤrcken ſehr /
Je dennoch wie mich duͤnckt / ſo kuͤnnen Wurtzeln mehr.

36.

Heutige Sitten.
WOzu ſoll doch ſein Kind ein Vater aufferziehn
Bey ſo bewanter Zeit? Er darff ſich nur bemuͤhn /
Daß ſein Sohn keine Schew vnd kein Gewiſſen hat /
So iſt ſchon alles gut / ſo iſt ſchon allem Rath.

37.

Weiber Lob-ſuͤchtig.
WEr iſt / der Geld fuͤr Worte gibt?
Ein Weib / dem Lob ſo ſehr beliebt;
Daß175Achtes Hundert.
Daß manche man fuͤr ſchoͤn ſchrey auß
So wagt ſie dran jhr Hof vnd Haus.

38.

Allengefallenheit.
D allen er gefallen kan
Geht ſchwerlich / glaub ich / jedem an
Als dem / bey dem hat gleichen Preis
Gott / Teuffel / Recht / krum̃ / ſchwartz vnd weiß.

39.

Feſte-macher. Ovid. Me - tam. l. 12. fab. 5.
ALs Cænis hieß Cænis, da war ſie ein Weib /
Da lidte / da thaͤte was weibiſch / jhr Leib /
Da Cænis hieß Cæneus, da war ſie ein Mann /
Dem Schwerter nichts hatten / dem Spieſſe nichts an:
Der gleich eine Maͤmm / eh er feſte wird / heiſt /
Der wird / wann er feſte wird / Ritter gepreiſt.

40.

Dem Fuͤrſten gebuͤhret Gut vnd Blut.
D man ſey der Obrigkeit ſchuldig Gut vnd Blut;
Dieſe Regel ſpannt man hoch / zwar ſie iſt auch gut;
Wann nicht wider Gut vnd Blut der bedraͤngten Unterthanen /
Sondern fuͤr jhr Gut vnd Blut Obrigkeit laͤſt fliegen Fahnen.

41.

Kaͤyſerl. Dienſt.
WAs iſt es fuͤr ein Ding / der Kaͤyſerliche Dienſt?
Der Bauern jhr Verterb / der Krieger jhr Gewinſt:
Der Bauer thut den Dienſt / der Krieger ſagt davon /
Noch ſtrafft man jenen noch / vnd dieſem gibt man Lohn.

42.

Wilſtu ſeyn bey Hofe da? Ey ſo lerne ſprechen JA!
Viel Sprachen reden kuͤnnen ziert einen Hofeman
Wer / was der Eſel redet / der iſt am beſten dran.
N43. Hofe -176Erſtes Tauſend

43.

Hofe-Warheit.
Wer um Warheit Gunſt wil kauffen /
Muß von Hofe bald entlauffen.

44.

Hofe-Scham.
Der / welcher bey Hofe mit Roͤthe wil handeln /
Der ſpielet banqrot, oder muß ſich verwandeln.

45.

Auff Kitzligundam.
KItzligunda Jungferſchafft / wolt jhr einmal dampffig
werden /
Weil ſie nie kam in die Lufft / blieb nur jmmer bey der Erden;
Drum ſo hat an einen Nagel ſie ſie neulich auffgehenckt /
Klagt uur / daß ſo viel ſie Naͤgel nicht kan haben / als ſie denckt.

46.

Anzeigungen deß Sieges.
EY luſtig / jhr Krieger / jhr werdet nun ſiegen!
Es wolte die neue Verfaſſung dann luͤgen;
Die Waffen um euere Lenden gebunden
Sind neulich auß Haͤuten der Bauren geſchunden:
Die Mittel zu Stiefeln / Zeug / Sattel / Piſtolen /
Sind ritterlich neben der Straſſe geſtohlen:
Die Gelder zur Pflegung vom Lande gezwungen /
Sind ruͤſtig durch Gurgel vnd Magen gedrungen;
Die Pferde vom nuͤtzlichen Pfluge geriſſen /
Deß Brotes die letzten vnd blutigen Biſſen /
Die fuͤhren vnd fuͤllen viel tauſend der Wagen /
Die Huren vnd Buben zu Felde mit tragen:
Daß Reuter ſind wieder ein wenig beritten
Sind Adern vnd Sehnen dem Lande verſchnidten:
Ein Fuͤrſtenthum iſt in die Schantze gegeben
Ein Hand-voll von Reutern in Sattel zu heben.
Drauff177Achtes Hundert.
Drauff folget nun ſeuffzen / drauff quaͤllen die Threnen
Kuͤm̃t Klage von Noͤthen / nach Brote das ſehnen /
Um Straffe das wuͤntſchen / um Rache das flehen;
Seyd luſtig / jhr Krieger! jhr werdet es ſehen /
Daß ſolcherley Segen / daß ſolcherley Spruͤche /
Daß ſolcherley Wuͤntſche / daß ſolcherley Fluͤc[he]/
So wuͤrcklich vnd kraͤfftig zum feſte ſind machen
Daß manchem im Leibe das Hertze wird krachen!
Nun muſt jhr die Feinde zum Lande nauß ſchmeiſſen
Sonſt wird euch der Teuffel zu letzte beſcheiſſen.

47.

Ein guter Koch / ein guter Rath.
BEy Hofe / kan ein guter Koch / auch ſeyn ein guter Rath;
Er weiß was ſeinem Herren ſchmeckt vnd was er gerne hat /
Er traͤgt verdecktes Eſſeu auff vnd Eſſen nur zur ſchaw /
Geuſt Soͤder auff vnd Senff daran / die dienlich fuͤr den graw /
Auffs bittre ſtreut er Zucker her / das magre wuͤrtzt er wol /
Dem Herren werden Ohren ſatt vnd jhm der Beutel voll;
Die Kammer geht zur Kuͤche zu / die Wirthſchafft in das Faß /
Die Cantzeley haͤlt Faſten-Zeit / der lechzend Unterſaß
Mag lauffen / kan er ſitzen nicht: Die gantze Policey
Wird Heucheley / Betriegerey vnd Kuͤchen-Meiſterey.

48.

Auff einen Groß-Wanſt.
GAſtro wo er geht vnd ſteht / traͤgt den Watſack fuͤr ſich her;
Ob er gleich nun ſtrutzend voll / nimmer oder ſelten leer /
Hab ich doch noch nie gehoͤrt daß jhn etwa ein Soldat /
Wann er gleich wo außgelegt / je / wie Brauch / geplundert hat.

49.

Auff Jungfer Wunderfein.
SEht / wie iſt vnſre Wunderfein ſo elementiſch ſchoͤn!
Der Rachen / blaͤſet ſtarcke Lufft; die Nas / iſt Feuer-roth;
Auß Augen / weiſt ſich Waſſerflut; auff Zaͤhnen / Erd vnd Koth;
Seht / wie kan ſo ein enger Raum ſo voller Schoͤnheit ſtehn.
N ij50. Weiber -178Erſtes Tauſend

50.

Weiber-Verheiß.
Wer einen Aal / beym Schwantz; vnd Weiber / faſt bey Worten /
Wie feſte der gleich haͤlt / haͤlt nichts an beyden Orten.

51.

Schmeicheley.
Wer Ohren macht mit Lobe reich / wil machen reich ſein Haus:
Der wil jhm erndten eignen Nutz / der freindes Lob ſaͤet auß.

52.

Weiber-Schmuck.
Die Weiber ſchmuͤcken ſich zum meiſten um die Koͤpffe;
Gar gut! jhr boͤſer Wurm der niſtet um die Zoͤpffe.

53.

Auff Nigrum.
Daß Niger edel / muſt du wiſſen;
Ein Reiger hat jhn auß geſchiſſen.

54.

Schmutziger Sieg.
WEr mit Kothe ringt /
Ob jhm viel gelingt
Kuͤm̃t jhm / daß er ſtinckt.

55.

Geitzige Huren.
Wer Hund vnd Huren wil zu Freunden haben /
Der muß ſich ruͤſten mit Geſchenck vnd Gaben.

56.

Hofe-Leute Brot-Wuͤrme.
BEy Hofe lernt man mercken / daß die die beſten ſeyn /
Die ſonſt nichts thun noch kuͤnnen / als ſchlucken auß
vnd ein;
Vieh /179Achtes Hundert.
Vieh / das man bald ſoll ſchlachten / das pflegt vnd haͤlt man wol;
Man mag jhn laſſen praſſen / der endlich darben ſoll.

57.

Friede wird geglaubt / wann er wird gefuͤhlt.
DEr Fried iſt / wie man ſagt / jetzunder in der Feder;
Der Krieg liegt aber noch dem Bauer auff dem Leder:
Das Ohr weiß nur vom Fried vnd ſonſt kein einig Sinn;
Weiß fuͤhlen nichts davon? So iſt es weit noch hin.

58.

Hoffart vnd Demut.
Auß Hoffart waͤchſt Verterb empor /
Auß Demut kuͤm̃t das Heil hervor.

59.

Frieden-Hindernuͤß.
Ey es wird bald Friede ſeyn / freue dich du Deutſcher Man /
Miß-vertraun vnd Eigen-nutz / ein Paar Woͤrtlein / ſtehn nur an.

60.

Auff den Plumpart.
PLumpart meint / er hat die Kuͤnſte / daß jhn niemand
ſehen kan;
Wann jhm gleich nun zwantzig Faͤuſte Maul vnd Naſe treffen an /
Traut er dennoch ſeinen Kuͤnſten / die da ſo ſind eingericht /
Daß ſie nur gehn auff das ſehen / auff das fuͤhlen aber nicht.

61.

Selig ſind die Todten.
STerben war wol nimmer lieb / dem / der dorte ſucht zu leben /
Der da wuſte / daß die Welt jhm / vnd er nicht jhr / gegeben /
Daß Gaſt Er / vnd Sie ſey Wirth / daß auch ſeiner Wolfahr
Lauff
Hier im Thale neme Ruh / weiter aber geh Berg-auff:
N iijSterben180Erſtes Tauſend
Sterben wird nun noch ſo lieb dem / der recht nur wil bedencken
Wie der Wirth zum Schelmen wird vnd die Gaͤſte pflegt zu
kraͤncken /
Daß er auß dem Hauſe jagt den / der jhn nicht betet an /
Der vom from-ſeyn abzuſtehn / uͤbers Hertz nicht bringen kan /
Der noch glanbet daß ein Gott / der noch etwa dran gedachte
Was fuͤr Alters Tugend hieß / der noch etwas wo verbrachte
Daß nach Bieder-weſen reucht / der nicht Dienſt wil nemen an
Wil nicht / wider Recht vnd Zucht / treten auff den Frevler -
Plan;
Dieſer / dieſer hat verdient / daß man jhn mit Hunden hetze
Zu dem groſſen Thore zu / biß er Gut vnd Blut verſetze!
Drum / wann Gott die blaue Burg oͤffnet vnd jhm beut die
Hand
Freyt jhn von der Trotzer Trotz / ſetzt jhn in den Friedens-ſtand /
Rettet jhn auß Suͤnd vnd Noth / vom Verterben zum geneſen /
Nim̃t jhm die Vergaͤngligkeit / ſchencket jhm ein ewig-Weſen /
Ey wer waͤr ſo vnbedacht / daß er dieſen laſſe nicht
Hin wo dieſer Welt jhr Grim̃ / ſeine freche Hoͤrner bricht?
Allzuweit iſt nicht von hier / biß der tolle Schanden-winckel /
Drinnen blinder Willen herꝛſcht vnd ein tauber Eigen-duͤnckel
Fuͤhlt den letzten Donnerſchlag / der jhn ſchlaͤgt in einen Kloß /
Druͤckt zu Grunde den der druͤckt / machet die gedruͤckten los:
Wol indeſſen dem / der dort lacht vnd ſchaut die Emſen -
Hauffen
Drinnen um das eitle nichts krichen / ſteigen / dringen / lauffen
Unbedachte Menſchen-Schwaͤrme! wol auch dem / das was jhm
lieb
Da hat / wo fuͤr Bosheit / Noth / Drang vnd Zwang es ſicher
blieb.

62.

Auff Schliffeln.
Schliffel hat zwar eine Seel / aber was iſt ſolche nuͤtze?
Saltz iſt ſie / daß nicht ſein Leib lebend wird zu fauler Pfuͤtze.
63. Von181Achtes Hundert.

63.

Von den Bruͤſten der Nivulæ.
Ein Schnee iſt mir bekant / der mehr als Feuer hitzt
Wann Nivula entbloͤſt mit freyen Bruͤſten ſitzt.

64.

Hofe-Gunſt.
KEin begehrtes / nie verwiedern;
Kein verwiederts / nie begehren;
Macht bey Hohen / daß dann Niedren
Hofe-Gunſt mag lange waͤren.

65.

Sarckſchrifften eines lieben Ehegattens.
Zun Haupten.
Gott ſey Danck! mir iſt erlaubt
Daß wie / JESU du mein Haupt /
Jch dein Glied mag triumphiren
Vnd den Tod gefangen fuͤhren.

66.

Zun Fuͤſſen.
GOtt ſey Danck! daß meinen Fuͤſſen
Sich nun vnterwerffen muͤſſen
Noth / Gefahr / Pein / Creutz vnd Leid /
Das vns ſchafft die Eitelkeit.

67.

Zur rechten Hand.
WAs vnverweslich war / das hab ich angezogen /
Und was verweslich war / wird kuͤrtzlich ſeyn verflogen
Wie Aſch vnd leichter Staub. O meine lange Qual
Erſetzt deß Himmels Gut viel tauſend tauſend mal.
N iiij68. Zur182Erſtes Tauſend

68.

Zur lincken Hand.
MAnn / Eltern / Kind vnd Freund vnd was bey Lebens-Zeiten
Mir mehr von liebem Volck ſtund lieblich an den Seiten /
Das war mein beſtes Theil / daß ich der Welt verließ
Doch geh ich nur voran / ſie folgen mir gewiß.

69.

Abſchied von einem verſtorbenen Ehegatten.
TReues Hertze / du zeuchſt abe
Auß der Welt vnd gehſt zu Grabe /
Ein zu nemen Frend vnd Ruh /
Die der Himmel richtet zu:
Mir / vnd andren deinen lieben
Jſt an deiner Stelle blieben /
Bey ſo ſonſt gehaͤuffter Noth /
Hertzens Leid um deinen Tod.
Doch die hier die Zeit verletzet
Wird bald haben dort ergetzet
Ewigkeit / die ohne Ziel
Vns auffs neue treuen wil.
Mir wird ſeyn mein Sarck gemeſſen
Eh dein Lob ich kan vergeſſen /
Wuͤrdig biſtu daß dein Ruhm
Bleibt / weil bleibt das Menſchenthum.
Habe Danck / fuͤr deine Liebe /
Die beſtaͤndig war / wanns truͤbe
So / wie wann es helle war
So in Gluͤck / als in Gefahr!
Habe183Achtes Hundert.
Habe Danck / fuͤr deine Treue
Die ſtets bliebe friſch vnd neue!
Habe Danck / fuͤrs werthe Pfand
Das du laͤſt in meiner Hand!
Habe Danck / fuͤr Muͤh vnd Sorgen
Die biß Abends / an vom Morgen
Deine weiſſe Redligkeit
Pfloge mir zur Nutzbarkeit!
Habe Danck / daß deine Tugend /
Habe Danck / daß deine Jugend /
Ob wol eine kurtze Zeit /
Mir ſo viel gab Gnuͤgligkeit!
Fahr im Friede! Gott wils haben /
Aber laſſe deine Gaben
Deme / daß zum Troſte mir
Vbrig blieben iſt von dir.
Fahr im Fried! ich kans nicht wenden /
Bin zu ſchwach deß HErren Haͤnden /
Du zeuchſt weg / wo ich jetzt bin /
Jch wo du biſt / kumme hin.

70.

Ein Vertriebener / redet nach ſeinem Tode.
WAs mir nie war vergunt bey meinem meiſten Leben /
Das hat mir nun der Tod nach meinem Sinn gegeben /
Jch mein ein eigen Haus; darauß mich mehr kein Tod
Kein Teuffel / kein Tyrann / vertreibt / vnd keine Noth.

71.

Ein ſchoͤnes Weib.
HAt nicht der das halbe Brot / der ein ſchoͤnes Weiblein hat?
Freylich; wer im Magen nicht / nur an Augen wil ſeyn ſat;
N vSchoͤnes184Erſtes Tauſend
Schoͤnes Weib iſt Fleiſch / nicht Brot / daß die Sinnen ſpeiſt mit
Luſt /
Darff Brot ſelbſt / vnd darff auch Fleiſch / weil es viel zu maͤſten
koſt.

72.

Auff Quadratum.
Quadratus iſt der Welt viel nuͤtz / er gibt viel Schaten
Waͤr uͤbel / wann er ſtuͤrb / im Sommer zu entrathen.

73.

Die Oberſtelle.
ES muͤht ſich mancher hoch / zu ſitzen oben an /
Da doch der Mann den Ort ziert / nicht der Ort den Mann;
Es iſt ein ſchlechter Ruhm der ſitzt: Ein Ruhm der geht
Durch Tapffrer Leute Mund in alle Welt / beſteht.

74.

Heuchler.
KJrchen-gehen / Predigt-hoͤren /
Singen / beten / andre lehren /
Seuffzen vnd gen Himmel ſchauen /
Nichts als nur vom Gott-vertrauen /
Vnd vom glauben / vnd vom lieben /
Vnd von andrem Guts-veruͤben /
Reden fuͤhren; ich wil meinen
Die es thun / Gott / ſind die deinen.
O noch lange nicht! im Ruͤcken
Schmuͤtzen vnd von fornen ſchmuͤcken /
Seinen Nechſten haſſen / neiden /
Deſſen beſtes ſtets vermeiden /
Deſſen Nachtheil emſig ſtifften /
Zungen-Honig Hertzens-Gifften /
Jenes185Achtes Hundert.
Jenes auſſen / dieſes innen
Lieblich / tuͤckiſch / fuͤhren kuͤnnen;
Meinſtu / daß dem Chriſten-Leben
Beydes aͤhnlich ſey vnd eben?
Gott hat neben ſich geſetzet
Auch den Nechſten; wird verletzet
Durch den Dienſt / der jhn gleich liebet
Vnd den Nechſten uͤbergibet;
Halbe Chriſten ſind zu nennen
Die da Gott vnd Nechſten trennen.

75.

Das Gluͤcke redet.
JCh werde ſtets verſchmaͤcht / kan keinen recht vergnuͤgen /
Jch mach es wie ich wil / ſo mag ich keinem tuͤgen;
Doch bin ich auſſer Schuld / weil durch ſich ſelbſt vertirbt
Wer jhm ein Gluͤcke ticht / vnd nicht ein Gluͤck erwirbt.

76.

Die blinde Liebe.
JSt Liebe dann wol blind? Wann ich ſie recht ſeh an
So ſiht ſie offtmals mehr / als jemand ſehen kan /
Und fuͤhrt was nirgend da / noch dennoch auff die Bahn.

77.

Das Geruͤchte.
Mit Verluſt deß guten Namens einen guten Freund erkauffen
Eignet nicht den weiſen Leuten / nur dem blinden Poͤfel-Hauffen.

78.

Auff Zweifligundam,
ZVVeifligunda gieng znr Beicht
Vnd im trauren gleich vielleicht /
Als der Pfarꝛ fragt ohngefehr
Ob ſie eine Jungfer waͤr?
Sprach186Erſtes Tauſend
Sprach ſie: Ja / ich armes Kind /
Aber wie ſie heuer ſind.

79.

Auff Sordalum.
ZU etwas groſſem noch wird Sordalus wol werden /
Dann ſeinerley Geburt iſt nicht gemein auff Erden;
Es iſt jhm ſelbſt bewuſt (man denckt jhm auch ſehr dran)
Die Mutter hat jhn bracht vnd hatte keinen Mann.

80.

Mixtius, von ſich ſelbſt.
MEine Mutter war zu Hoff ein glatte Kammer-Magd
Die der Fuͤrſt hat etwa ſelbſt an der Jungferſchaft geplagt;
Drum die mir (Gluͤck hat doch Neid!) dannenher gehaͤſſig ſind
Nennen mich / du Huren-Sohn; vnd ich bin ein Fuͤrſten-Kind.

81.

Hofe-Fuͤchſe.
Der Balg verkaufft den Fuchs / der ſonſt zu Felde wohnt:
Der her zu Hofe drabt / den macht der Schwantz belohnt.

82.

Auff Filzium.
Haſtu einen Rauſch gehabt? Geh zu Filtzen nur zu gaſte;
Dann auff einen ſtarcken Rauſch nuͤtzet eine ſtrenge Faſte.

83.

Die Trew.
Man mercket in gemein / daß diß die ſtaͤrckſte Trew
Die ein Verbrecher wuͤrckt auff ſeines Fehlers Rew.

84.

Auff Nivulam.
NIvula brennt jhrer viel
Jeder der ſie ſiht / der wil
Diß vnd das an ſie verwagen;
Was dann wird es Nutzen tragen?
Was187Achtes Hundert.
Was ſie gab / das bleibt jhr doch /
Wer es hatte / ſucht es noch.

85.

Graue Haare.
Kein Kuͤnſtler glaub ich iſt / der ſchwartzes faͤrbe weiß?
Das Alter kan die Kunſt / faͤrbt ſchwartze Haare greiß.

86.

Ehrgeitz.
Der Ehren heiſſe Sucht verleſcht vns durch entzuͤnden /
Erleuchtet vns offt ſo / daß wir dadurch verſchwinden.

87.

Waͤſcherey.
Der kan bald ein Echo machen / der nur redet was er wil /
Als er etwa reden moͤchte / wird er hoͤren noch ſo viel.

88.

Bald verſagen vnd bald geben.
Wer bald mir was verſagt / der gibt mir dennoch was:
Wer bald mir gibt / der gibt zweymal / was er gibt das.

89.

Vollkummene Freundſchafft.
Soll Freund ſchafft feſte ſeyn? Nicht mach ſie mit der Zeit;
Mach aber / biſtu klug / ſie mit der Ewigkeit.

90.

An einen Freund.
DEine Tugend / Redligkeit vnd Kunſt /
Macht / daß ich dir trage treue Gunſt:
Deine Tugend / Redligkeit vnd Kunſt
Weiß / warum du mir traͤgſt treue Gunſt.
91. Be -188Erſtes Tauſend

91.

Beſchencken macht Bedencken.
DAs bruͤllende Metall der grauſamen Canonen
Schont nichts / es kan auch nichts fuͤr ſeinem Grimm ſich
ſchonen;
Nein; Gold / das kan noch mehr / es kan Canonen zwingen
Daß ſie nicht bruͤllen mehr / vnd nur zur Freude ſingen.

92.

Auff Gallum vnd Gallam.
Gallus ſagte / wie jhm Galla einen ſtarcken Brand erwecket;
Lege / ſprach ſie / dich mir oben daß man dieſen Brand erſtecket.

93.

Auff Petulcam.
PEtulca war juͤngſt hin von jhrem Mann entgangen
Sprach: Denckt ein wenig nach / worauff es angefangen!
Ein Acker iſt das Weib / der Mann der iſt ein Baum /
Wann dieſer wurtzelt nicht / was ſoll jhm dann ſein Raum?

94.

Von dem Fuͤrſtlichen Piaſtiſchen Stamm.
Von Anfang wie es war / nun vnd zu aller Zeit /
Sey waͤchſig dieſer Stamm / biß zu der Ewigkeit.

95.

Von denen dreyen Briegiſchen Fuͤrſten.
(1.) George / (2.) Ludwig / (3.) Chriſtian /
Was zeiget dieſes Kleeblat an?
(1.) Viel Segen fuͤr das Vaterland /
(3.) Viel Heil fuͤr Chriſtus Kirchen-Stand /
(2.) Viel Troſt vnd Luſt fuͤr jederman /
Der Schaten drunter haben kan.
(1.) Haus / (3.) Kirch / vnd auch die (2.) Cantzeley
Die Drey hat Nutz durch jene Drey.
96. An189Achtes Hundert.

96.

An eine Briegiſche Hertzogin.
Heldin / daß man euren Namen hier in meinem Buche lieſt /
Macht / daß nunmehr auch darinnen / Liebligkeit vnd Weißheit iſt.

97.

An einen Freund / uͤber dem Tode ſeines Soͤhnleins / in Perſon deß Kindes.
ALs wie in dieſer Stund ein Freund zum Freunde kuͤm̃t /
Und dann in jener Stund auch wieder Abſchied nim̃t:
So habt jhr mich / ich euch / O Vater nur begruͤfl /
So habt jhr mich / ich euch gehabt vnd auch vermiſt /
Gar inner kurtzen Zeit / da Titans goͤldnes Rund
Noch nicht zu meinem Jahr auff halbem Wege ſtund.
Wie kum̃ts? Ein zartes Kind hat keinen ſichren Raum
Wo da ein bruͤnſtig Hengſt laufft frey von Stang vnd Zaum:
Die Welt raſt / tobt / ſchaumt / ſtrampfft / der Laſter Sprung vnd
Streich /
Jſt nicht ein Ding fuͤr mich / die Engel ſind mir gleich /
Der Himmel iſt ein Land fuͤr mich vnd meinen Geiſt /
Der mich dem frechen Volck der Suͤnd entweichen heiſt /
Eh als den ſtillen Sinn das uͤber goldte Gifft
Und deſſen arge Krafft / mein zartes Hertze trifft.
Jch bin / ich bleibe nicht / in dieſer tollen Welt /
Und weil das bleiben mir / mehr als das ſeyn gefaͤllt /
So liebt mir ſterben mehr als leben / weil ich kan
Dann hoͤren auff zu ſeyn / zu bleiben fangen an -

98.

An eben denſelbten uͤber der Geburt eines Soͤhnleins.
SEither deß Krieges Arg / das Gute faſt vertrieben /
So iſt vns / wahrer Freund / diß einig uͤberblieben
Das lieblich heiſſen mag; wir zeugen Kind auff Kind /
Ein Denckmahl hinter vns / das wir geweſen ſind.
Gut /190Erſtes Tauſend
Gut / gut! was kan vns ſonſt auß Wermut Zucker machen /
Als wann das liebe Kind mit kuͤrmeln vnd mit lachen
An vnſer Haupt ſich druͤckt / vns lieber Vater nennt
Und macht / daß man in jhm / ſich wie im Spiegel kennt
Sie ſind die andren wir / wir leben nach dem Leben
Jn jhnen / vnſer ſeyn iſt darumb vns gegeben
Daß ſie ſo kuͤnnen ſeyn / wie wir von denen ſind
Von welchen wir ererbt den ſuͤſſen Namen Kind?
Wolan! wolan mein Freund! ſo muß man dann nur daͤmpffen
Den Rauch der bittren Zeit / ſo muß man lerntn kaͤmpffen
Mit dieſer Sterbligkeit; auff daß jhr ſtrenger Krieg
Nicht uͤber vns erhaͤlt ſo gar geſchwinden Sieg!
Gott gebe dieſes nur / daß kein Kind vns mag gleichen
Und naͤmlich nicht wie wir / fuͤr ſolcher Noth erbleichen:
Nach dem / ſo wuͤntſch ich mir / daß nach vns ſo dein Kind
Und mein Kind / wie auch du vnd ich / vertreulich ſind.

99.

An die Fichte auff meinem Gute.
ALs offt ich ſagen kan / daß ich / du edle Fichte /
Deß Sommers meinen Gang zu deinem Schaten richte
So offte muß ich mir auch beichten meine Schuld /
Daß ich dich nicht geehrt / wie billich ich geſolt.
Der Attes wirſtu ſeyn / den Jupiter geneidet
Den Rhea lieb gehabt vnd hat in dich verkleidet
Die hat dich / wo du ſtehſt ſo hoch / ſo frey geſetzt
Auff daß ſie nah vud fern an dir jhr Aug ergetzt.
Da / wo das ſchoͤne Kind vom Vratislav ge -
Vratisla - via. Viadrus. Brega.
horen
Der alte Guttalus hat ſeiner Seit erkoren:
Da / wo das theure Blut / das vns Piaſtus gab
Hat weil es lebt / ſein Haus vnd wann es ſtirbt ſein Grab.
Am reichen Oder-Strom: Auch wo in einen Namen
Fuͤr Zeiten Monden / Stern vnd Berg zuſammen
Monſter - berga.
kamen
Und nanten eine Stadt! Da wo Zabothus Hand
Zeigt an / was Jano meint auff vns vnd vnſer Land:
Zobtenberg.
Wo191Achtes Hundert.
Wo Roy-de-vall ſein Haus den Wolcken bey -
Ruͤbenzal - Berg.
geſetzet
Wo ſich Tuiſcons Reich mit Lechus Kindern
Polonia.
letzet:
Da wo deß Chzechus-Stamm mit Bergen ſich
Bohemia.
geguͤrt:
Da / wo das reinſte Gold den Deutſchen nuͤtzlich
Hunga - ria.
wird
Und jhr ſo lieber Safft / am ſtaͤrckſten wird geſchmecket:
Wo vnſer Land ſein Haupt den Marcomannen
Moravia.
recket;
Dahin nun vnd ſo weit / iſt fuͤr dein krauſes Haupt
Zu ſtrecken dein Geſicht ein offner Paß erlaubt /
Auß Ordnung vnd Befehl der Muͤtter aller Goͤtter.
Dein Fuß iſt ſo geſetzt / daß Æolus ſein Wetter
Zu ſchanden an dir wird; ein harter Fels vnd Stein
Muß dir in ſeinen Leib zu bauen zinsbar ſeyn.
Pan iſt dir auch geueigt vnd vnter deinen Aeſten
Hat er das liebe Volck der Nymphen offt zu Gaͤſten;
Kein vuter jhnen iſt / die jemals um dich war /
Die heimlich nicht gedaͤcht / O waͤren wir ein Paar!
Dir aber liebet nicht / das vnbefreyte Freyen
Und deiner ſelbſt zu ſeyn / wilſtu dich nicht verzeihen;
Du haſt genug an dem / wann dein Thun der gefaͤllt
Die da dich wo du biſt / hat ehrlich hingeſtellt.
Zu mehren derer Preis / die deine Kraͤfften mehret /
Steht eintzig nur dein Sinn; drum iſt dir auch verehret
Zum Zeichen deiner Trew das jmmer-gruͤne Kleid
Das ſeinen Schmuck behaͤlt / das nimmer nie beſtreit
Noch Boreas ſein Eiß / noch Sirius ſein brennen /
Dadurch du den machſt roth / der ſchwerlich wil bekennen
Wie er ſo groͤblich jrꝛt wann er den Mantel ſchickt
Wann Jupiter zoͤrnt ſo / vnd ſo wann Phœbus blickt:
Der von Beſtand nicht weiß / der ſich von allen Zeiten
Wohin man jhn begehrt / vnd jhm nur winckt / laͤſt leiten;
Ein ſolcher Monden-Sohn / iſt weit noch vnter dir
Du ſtehſt jhm oben an / vnd gehſt jhm billich fuͤr;
ODas192Erſtes Tauſend
Das macht Beſtaͤndigkeit. Der freye Mut deßgleichen
Schafft / daß dein Ruhm wie du / muß an die Wolcken reichen.
Mit dir iſt freyer Tag / du ſcheueſt nicht das Licht
Der Sonne / du ſtehſt da / fuͤr jedermans Geſicht /
Kein Berg iſt der dich birgt / kein Wald der dich verſtecket
Und dein gerader Leib bleibt jmmer auffgerecket /
Kennt keine Kruͤmme nicht: Mars hat dir offt geflucht
Wann du von fernen haſt dem / der dich hat beſucht /
Sein Haͤufflein nutzbar Vieh fuͤr deſſen Hinterliſten /
Wo gaͤntzlich nicht bewahrt / doch vielmals helffen friſten /
Dann dir gefiel niemals / vnd niemals war dir lieb /
Ein diebiſcher Betrug vnd ein betrieglich Dieb.
Zwar haſtu muſſen ſehn / wie ſehr es dich verdroſſen /
Wie jetzt bey vnſrer Zeit man hielt fuͤr Kinder-Poſſen
Trew / Liebe / Glaube / Pflicht: Wie die verkauffte Schaar
Hat gantz gemacht zu nichts was vormals herꝛlich war /
Das haſtu auch geſehn vnd druͤber viel geweinet /
Daß nach den Threnen Gold an deinem Rock erſcheinet;
Jedoch / was ſo geſchah kan nicht ſeyn nicht geſchehn /
Wann du nur ſihſt nicht mehr was vormals du geſehn /
So ſey das alte dann in deſſen Schoß vergraben
Der druͤber ſeinen Kerb wol halten wird vnd haben.
Jndeſſen bin ich froh / wann mir verguͤnt die Zeit
Daß du habſt Preis durch mich / daß ich durch dich mein Leid /
Das allgemeine Leid in etwas mag verſchieben /
(Vertrieben wird es nicht.) Wann Unmut mich wil uͤben
Jn ſeinem engen Kreiß / ſo nem ich jhm den Zaum
Und ſuche mit fuͤr mich vnd mein Gemuͤte Raum;
Jch pflege mich dir bey in freyes Blaw zu paaren
Und laſſe meinen Sinn hin mit den Augen faͤhren /
Die Purſchen weit vnd breit / erforſcheu diß vnd das
Und haben jhre Luſt an Himmel / Waſſer / Gras
An Waͤlden / Berg vnd Thal / an Felden vnd an Auen
Und was Natur noch ſonſt hat kuͤnſtlich kuͤnnen bauen;
Dann bin ich nicht daheim vnd die Melancholey
Muß warten / biß ich ſonſt zu Haus vnd muͤſſig ſey /
Wann193Achtes Hundert.
Wann offt der heiſſe Hund mit ſeinen duͤrren Flammen
Und Phœbus goͤldne Glut dann feuren ſtarck zuſammen /
So kom̃ ich auch zu dir / da hab ich was ich wil
Da lab ich mich bey dir durch ein erquicklich Spiel
Daß ſtets um deinen Raum Aſtræus Kinder ſpielen.
Wann Ceres ſehnlich wuͤntſche ſich wieder abzukuͤhlen
Durch ein gedeylich naß / vnd Jupiter verzeucht /
So ſeh ich bald bey dir was den Silenus deucht
Zobtenher[g].
Ob jhm ſein Haupt behuͤllt mit einer feuchten Hauben
Und ob er mir voran zu ſagen woll erlauben /
Ein Regen zeucht herauff! Wann dann die feuchte Schaar
Der Wolcken ruͤckt ins Feld / vnd mehr als noͤthig war
Den naſſen Zug erſtreckt / ſo gibſtu mir zu kennen
Ob / oder auch wie bald jhr Ordnung wird zertrennen
Der Sonnen heiſſe Macht; ſo klaͤrlich ſtellſtu dar /
Theils was noch fern vnd weit / theils was noch gar nicht war.
Drum waͤreſtu nun werth hoch auff Parnasſus Hoͤhen
Und da wo Daphne ſteht / zu wurtzeln vnd zu ſtehen /
Auff daß der Muſen Rey um dich heg jhren Tantz
Und brauche dich jhr Fuͤrſt fuͤr ſeinen Lorber-Krantz.
Jn dem du aber dir laͤſt meinen Grund gefallen /
Ey ſo gefaͤllt mir auch / daß dieſer andren allen
Von dir bleibt fuͤrgeſetzt. Jm Fall ich was vermag
An Heliconer - Gunſt / ſo ſoll kein neidiſch Tag
Bezwingen deinen Ruhm / du ſollſt betagten Eichen
Und derer feſtem ſtarck / mit nichten duͤrffen weichen /
Der Lorberbaͤume friſch / der Cedern Ewigkeit
Und was noch mehr macht ſtumpff den argen Zahn der Zeit /
Soll nicht dem Meiſter ſeyn. O daß dich nicht verletze
Deß Jupiters Geſchuͤtz! O daß nicht an dich ſetze
Noch Mulcibers ſein Grim̃ / noch Æolus ſein Trotz
Noch ſonſt ein freches Beil! es leiſte dir den Schutz
Die / die dich hat geliebt / die / die dich hergeſtellet /
Die halte deinen Fuß / daß dieſer nimmer faͤllet /
Daß du / weil dieſer Grund bleibt / bleibeſt fuͤr vnd fuͤr
Sein Waͤchter / ſein Prophet / ſein Nutz / ſein Sptel vnd Zier.
O ij100. Nuͤtzt194Erſtes Tauſend

100.

Nuͤtze vnd Ehrlich.
WAs nuͤtzlich offters iſt / iſt allemahl nicht ehrlich;
Was baͤuriſch etwa nuͤtzt / nuͤtzt allemal nicht herꝛlich:
Was zeihen ſich dann die / die einem Fuͤrſten rathen
Zu richten ſo den Nutz / wie kaum die Bauren thaten?
Den Nutz bekummen ſie / der Fuͤrſt bekuͤm̃t zu nemen
Weil wenig Ehre bleibt / gemeiniglich das ſchaͤmen.

Deß Erſten Tauſend Neundes Hundert.

196Erſtes Tauſend

1.

Am erſten Sontag deß Advents.
WEr einen Herren hat / darff keinen mehr begehren /
Sonſt wird er Ehr vnd Leib mit Schmach vnd Pein
beſchweren:
Die Welt haͤlt mich in ſich; doch iſt nur Chriſtus mein /
Und ſolt ich tauſendmal der Welt Rebelle ſeyn.

2.

Am andren Sontage deß Advents.
DJe Kranckheit wandelt ſich / wann New-Licht mit dem Alten
Am Monden Wechſel haͤlt: Wann Wechſel werden halten
Die Ewigkeit vnd Zeit / wird dort / dem hier auff Erden
War uͤbel / werden wol; dem wol war / uͤbel werden.

3.

Am dritten Sontage deß Advents.
WJe thoͤrlich handeln doch / die manchmal ſo erwarmen
Auff vnſer Blut vnd Gut! ſie machen vns zu Armen /
Auff daß ſo Gottes Reich vnd Evangelium
Von jhnn den Reichen weg / zu vns den Armen kumm.

4.

Am vierdten Sontage deß Advents.
WEr weiche Kleider traͤgt / taug ſchwerlich in die Wuͤſten:
Wer fuͤr dem Creutze weicht / taug uͤbel vnter Chriſten:
Jn Doͤrner / Heck vnd Puſch / gehoͤrt ein Ledern Kleid;
Noth / Truͤbſal / Angſt vnd Tod erheiſcht Beſtaͤndigkeit.

5.

Am H. Chriſttage.
AUff meiner Vaͤter Blut / kan keinen Ruhm ich gruͤnden;
Auff meines Bruders Blut / da kan er Stelle finden:
Durch dieſen bitt ich Trotz / Welt / Hoͤlle / Suͤnd vnd Tod!
Mein Bruder iſt zugleich / mein Bruder vnd mein Gott.
6. Ein197Neundes Hundert.

6.

Ein andres.
DA von Abrahams Stam̃ das Scepter ward verloren /
Jſt kuͤrtzlich Chriſtus drauff in dieſe Welt geboren:
Nun aber Chriſtus Wort vns Chriſten wird genummen
Duͤrfft auch nicht Chriſtus drauff wol ehſtes wieder kummen?

7.

Ein andres.
NJemand hat noch jemals ſein eignes Fleiſch kunt haſſen /
Solt vns dann Gottes Sohn zu lieben vnterlaſſen?
Sein Fleiſch iſt vnſer Fleiſch / drum wird er vnſer Freund /
Daß er es ſo mit vns wie mit jhm ſelbſten meint.

8.

Am Stephans-Tage.
WAnn vnſre Feind auff vns ein Maul-voll Zaͤhne
Eſa. 9.
wetzen /
Wolln Eſaias Kind an vnſer ſtat wir ſetzen:
Wann dieſes fuͤr vns trit / ſo wird ein jeder Stein
Womit man nach vns ſtuͤrmt / ein Klapff an Himmel ſeyn.

9.

Am Johannis-Tage.
EJn jeder ſeh auff ſich vnd auff ſein eignes bleiben /
Wozu iſt gut / um die / um jene Kummer treiben?
Wen Chriſtus heiſt vnd wil / daß ſolcher bleiben ſol /
Ein ſolcher bleibt gewiß / man laͤſt jhn bleiben wol.

10.

Am Sontage nach dem Chriſttage.
DJe Waͤrmde zeucht empor / was vor der Froſt verdeckte /
Verfolgung gibt an Tag / was Sicherheit verſteckte:
Drum / ſey Verfolgung gleich ſo ſchaͤdlich als ſie wil /
Jſt diß doch gut / ſie iſt deß Chriſtenthums April.
O iiij11. Am198Erſtes Tauſend

11.

Am Neuen Jahrs-Tage.
EJn jeder Tag ertraͤgt ſein eigne Plag vnd Sorgen;
Der Abend leiſtet nicht was offt verſprach der Morgen:
Drum wuͤntſch ich dieſen Tag / der nach ſich zeucht ein jahr
Das nimmer Ende nim̃t / vnd bleibet wie es war.

12.

Am H. Drey Koͤnige Tag.
OGott / dein Wort vnd Reich gieng erſtlich auff vom Morgen
Biß vnſrer Graͤntzen zu! hilff daß wir falſch beſorgen /
Daß nicht von vns hinweg dein Wort vnd dein Altar
Sich wende wieder hin / wo er von erſtem war.

13.

Am erſten Sontage nach Epiphan.
WEil Chriſtus iſt in dem / das ſeines Vaters heiſt
So iſt er auch in vns; wann Truͤbſal ſich erweiſt
Und Chriſtus iſt in vns / ſo iſt er mit im Leiden;
Wol dem / der jhn behaͤlt / weh dem / der jhn laͤſt ſcheiden.

14.

Am andern Sontage nach Epiphan.
DEr klare Wein iſt auß / die Hefen ſind in Faſſen;
Es hat die gute Zeit vns groſſes Leid verlaſſen:
Kan Chriſtus nicht bey vns / was er zu Cana kan?
Schweig; thu was er dir ſagt / biß ſeine Zeit kuͤm̃t an.

15.

Am dritten Sontage nach Epiphan.
HJlff Gott / daß mir geſchieht als wie ich glaub vnd traue;
Daß noch mein Auge Luſt an deinen Siegen ſchaue!
Jm Fall du wilſt / gehoͤrt ein eintzig Wort dazu /
So hat der Frevler Pein / ſo hat der Frome Ruh.
16. Am199Neundes Hundert.

16.

Am vierdten Sontage nach Epiphan.
STuͤrmt Suͤnde / Teuffel / Welt / Tod! wiſſt jhr / daß im
Schiffe
Der HErꝛ der Herren iſt / vnd ſtellt ſich ob er ſchliffe?
Was fehlt / als daß man jhn durch wahre Buß erwecke?
So lieget Sturm vnd Streit vnd aller Trotz im Drecke.

17.

Am fuͤnfften Sontage nach Epiphan.
WEr vns fuͤr Unkraut haͤlt / vnd wil vns bald vertreiben /
Thut nichts / als daß er ſich ſam vns noch auff wird reiben;
Er warte biß zum Augſt / da wird man deutlich kennen
Wer tuͤglich ſey zur Ernt vnd wuͤrdig zum verbrennen.

18.

Am Sontage Septuageſ.
MEin Arbeit iſt gering / ich kan nicht viel gewinnen /
Gott muß durch ſich / was mir ſoll / ohne mich mir guͤnnen:
Doch wil ich auch nicht gar am Marckte muͤſſig ſtehn
Golt ich in Gottes Berg / gleich mit den letzten gehn.

19.

Am Sontage Sexageſ.
UNs Aecker ſind jetzt nichts als Wege / Steine / Hecken:
Sorg / Abfall / Sicherheit wil vns wie gar erſtecken:
Gib Gott! daß Korn im Feld / in vns dein Wort bekleibe /
Daß wir theils haben Brot der Seele / theils dem Leibe.

20.

Am Sontage Quinquageſ. Eſto mihi.
WAs frag ich nach der Welt? Sie winckt / flucht oder draͤut /
Wann mein Mund Gottes Sohn rufft an / vnd ſie nicht
ſcheut;
Die Welt iſt willig blind / drum hilfft ſie keinem Blinden;
Jch aber ſuche Rath / wo Rath in Noth zu finden.
O v21. Am200Erſtes Tauſend

21.

Am Sontage Quadragefimæ oder Invocavit.
DAs Wort gehoͤrt zum Brot / vnd auch das Brot zum Worte /
Es kuͤm̃t vns beydes zu herab auß einem Orte;
Gott / der du beydes gibſt / wend ab deß Wortes Noth!
So mangelt vns auch nicht die Nothdurfft an dem Brot.

22.

Am Sontage Reminiſcere.
WEr iſt ſo ſtarck wie Gott? Der / der an jhn ſich reibet
Durch Zuverſicht / vnd ſtets an jhm behangen bleibet:
Der alles ſonſten zwingt / den zwingt ein ſolcher Geiſt
Der ſich auff Glauben nur vnd auff Geduld befleiſt.

23.

Am Sontage Oculi.
HErꝛ / ſollen wir dein Wort recht hoͤren vnd bewahren /
O ſo bewahr es auch fuͤr boͤſer Geiſter Schaaren
Als Feinden deines Reichs! erhalte was wir halten /
Laß nicht das Wort von vns vnd vns vom Worte ſpalten.

24.

Am Sontage Lætare.
GJbt mehr Gott als genug / auff daß vns nichts verterbe
So hebe man es auff vnd ſam̃l es in die Koͤrbe:
Gibt nicht Gott ſtets genug / ſo wil er diß doch geben /
Das / hat man ja nicht Brot / man kan von Brocken leben.

25.

Am Sontage Judica.
WEr / GOTT / dein Wort nicht hat / dem mag fuͤr ſterben
grauen;
Gott / der dein Wort nur hat / der wird den Tod nicht ſchauen /
Und der / der Glaub vnd Wort durch Steine meint zu faͤllen /
Dem wird ſein eigner Stein auff eignen Schedel prellen.
26. Am201Neundes Hundert.

26.

Am Palm-Sontage.
WJe daß der HErre Chriſt / den Eſel wil beſchreiten?
Und Groſſe dieſer Welt / wolln ſchoͤne Hengſte reiten?
Ein ſanfftes Thier gehoͤrt auff einen engen Steg /
Ein tummelhafftig Gaul / auff einen breiten Weg.

27.

Den erſten Oſter Feyertag.
KEin Creutz / kein Grab / kein Stein / kein Siegel vnd kein
Huͤtter
Wehrt / daß der HErre Chriſt nicht ſey ein ſiegend Ritter
Deß Teuffels / Suͤnd vnd Tod! drum bleibts auch noch da bey
Daß diß / was jhm gehoͤrt / jhm vnbenummen ſey.

28.

Ein andres.
DEr Tod deß Todes / hat dem Tode ſeine Todten
Vom Tode / durch den Tod genummen vnd geboten /
Daß du / O Tod / hinfort zwar heiſſen ſollſt der Tod /
Sollſt aber ſeyn ein Weg zum Leben hin mit Gott.

29.

Ein andres.
D vnſres Lebens Haupt iſt auß der Erden Staube
Jns Himmels Glantz erhoͤht / das ſtaͤrckt mich / daß ich
glaube
Daß dann zu ſeiner Zeit verguͤnnet wird dem Leibe
Daß / wo ſein Haupt verbleibt / auch er daſelbſt verbleibe.

30.

Den andren Oſter Feyertag.
DU ſtellſt dich fremd / O HErꝛ / als kuͤnteſtu nichts ſagen
Von dem / was ſich begibt bey vns vnd vnſren Tagen;
Drum oͤffn vns Schrifft vnd Hertz / auff daß wir ſevn bereit
Durch Leiden einzugehn in deine Herꝛligkeit.
31. Den202Erſtes Tauſend

31.

Den dritten Oſter Feyertag.
WJr muͤſſen Haus vnd Hof auß Furcht vnd zittern ſchliſſen /
Man guͤnnt vns wenig Lufft vnd wil vns nirgend wiſſen;
Wann da wir kuͤnnen ſeyn / wo Chriſtus ſagen kan:
Mein Friede ſey mit euch! liegt ſonſten wenig dran.

32.

Am Sontage Quaſi modò geniti.
WEr ſeiner Suͤnden Schuld durch eignes Werck kan buͤſſen
Darff von Vergebung nichts in Chriſtus Namen wiſſen;
Ein ſolcher bringt es weit / er muß in Himmel ein
Dieweil er jhm kan ſelbſt ſein eigner Chriſtus ſeyn.

33.

Am Sontage Miſericord. Dom.
EJn guter Hirt iſt der / der ſeinen Leib vnd Leben
Von freyem Willen wil fuͤr ſeine Schafe geben:
Wer iſt nun aber der / der durch Gewalt vnd Liſt /
Zum Theil die Schafe ſchindt / zum Theil die Schafe friſt.

34.

Am Sontage Jubilate.
WAs Gott recht rechnet auß / was Gott wol miſſet abe
Steht nie ſo recht vnd wol / das Tadel nichts dran habe:
Dann Adams zartes Fleiſch / das nie nichts leiden wil /
Haͤlt klein / fuͤr groß; nennt kuͤrtz / lang; heiſſet wenig / viel.

35.

Am Sontage Cantate.
D Gott der Troͤſter ſtrafft / daß Gott der Straffer troͤſtet
Jſt beydes heilſam Ding: Wann vns das Creutze roͤſtet
So iſt Erfriſchung noth: Wann Gluͤck erhaͤlt den Mut
So iſt Erinnrung nuͤtz / vnd Zuͤchtigung ſehr gut.
36. Am203Neundes Hundert.

36.

Am Sontage Exaudi.
MAn thut vns in den Bann / man toͤdtet / man verjaget /
Und meint / man diene Gott jemehr / jemehr man plaget:
Ein blinder thut als blind / vnd der / der Gott nicht kennt
Der kan nicht anders thun / noch anders ſeyn genennt.

37.

Am erſten Pfingſt-Feyertage.
WEr ſeines Hertzens Haus wil hoch vnd wol vermieten /
Der darff es ſchmuͤcken nicht / der darff es feil nicht biten:
Er liebe Gott / er thu was ſein Wort in ſich faſt
So wird die Gottheit ſelbſt ſein Hausgenoß vnd Gaſt.

38.

Ein andres.
DEr Geiſt von Gott / Gott ſelbſt / kum̃t wie ein ſtarcker Wind
Stuͤrtzt die die trotzig; labt die / die beaͤngſtet ſind:
Was denckt jhr dann die Sprew vnd denckt zu widerſtreben?
Was thut / wer Troſt nicht ſucht / wo Troſt doch wird gegeben.

39.

Ein andres.
WAs Gott der Heilge Geiſt in Mund auff Zungeleget
Soll frey geredet ſeyn / wiewols Gefahr erreget:
Sein Wort iſt Flamm vnd Glut / erleuchtet wer es acht
Verzehret wers verfolgt / verbrennet wers verlacht.

40.

Am andren Pfingſt-Feyertage.
GOtt hat ſich ſo der Welt in jhre Lieb ergeben
Daß nicht ſein Sohn / eh ſie nicht lebte / muſte leben:
Wie liebt die Welt dann Gott? Sie haſſt jhn vnd den Sohn /
Und der / der jhn noch liebt / hat Noth vnd Tod davon.
41. Am204Erſtes Tauſend

41.

Am dritten Pfingſt-Feyertage.
EJn Moͤrder vnd ein Dieb iſt der / der neue Thuͤren
Und nicht die alten ſucht die Schaf in Stall zu fuͤhren:
Wie nenn ich dann nun den / der fuͤr ſich ſelbſten kuͤm̃t
Und nicht wie Chriſtus wil / durch jhn die Thuͤre nim̃t.

42.

Am Sontage der H. Dreyfaltigkeit.
WEr new geboren wird durch Waſſer vnd den Geiſt /
Ob der ins Feuer darff / drein mancher jhn verweiſt?
Wen Chriſtus rechter Schweiß vnd koſtbar Blut beſprenget
Darff ſonſten keine Glut / die jhn befegt vnd ſenget.

43.

Am 1. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
WOfuͤr man dort nicht kan ein Troͤpfflein Waſſer kauffen /
Drauff leg ich hier nicht Muͤh vnd ſcharꝛ es nicht zu
hauffen:
Geld reimt ſich in die Welt; dort in Abrahams Schoß
Gilt mehr ein eitrich Schwer / als wol ein goͤldner Kloß.

44.

Am 2. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DEr Wirthiſt mild vnd gut / der Mangel liegt an Gaͤſten
Daß ſie nicht wollen fett in Luſt die Seele maͤſten:
Wen Acker / Ochſe / Weib / hier in der Welt macht ſaat /
Der ſchaw daß er nicht dort den duͤrren Mangel hat.

45.

Am 3. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DEr HErre Chriſt geht um mit Zoͤllnern vnd mit Suͤndern;
Der Phariſeer Art taug nicht zu Gottes Kindern:
Drum der ſich heilig duͤnckt vnd vns fuͤr Ketzer ſchilt /
Seh zu / daß Ketzerey fuͤr Heiligkeit nicht gilt.
46. Am205Neundes Hundert.

46.

Am 4. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DJe Kinder Gottes ſind / ſind wie jhr Vater guͤtig /
Die Satans Kinder ſind / ſind wie jhr Vater wuͤtig;
Weß Kinder ſind dann die / die auff ſo manche Pein
Beflieſſen / nur mit Luſt der Chriſten Hencker ſeyn.

47.

Am 5. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
WEr / wie die Welt wil / fiſcht / fiſcht liſtig in der Nacht;
Und wann er viel verbringt / ſo hat er nichts verbracht:
Wer dann / wie Gott wil / fiſcht / fiſcht redlich an dem Tage
Und faͤngt auch / daß ſein Schieff den Fiſchzug kaum ertrage.

48.

Am 6. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DJe mit vns halten Zorn / die zu vns Racha ſagen
Die wie die Narren vns vexiren / ſchlagen / jagen;
Die laſſe ſo man ſeyn / vnd habe nur Geduld /
Es trifft ſie ſchwer genug zu zahlen Gottes Schuld.

49.

Am 7. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
VOn alle dem das war / iſt nichts dann Mangel blieben
Jn dieſer wuͤſten Zeit! was ſoll mich diß betruͤben?
Jch weiß mir Rath bey dem / bey dem viel hundert Mann
Ein Brot / daß noch ein Korb bleibt uͤbrig / ſpeiſen kan.

50.

Am 8. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
ES ſchickt ſich nicht / daß der ein friedlich Schaͤflein heiſſet
Der raubet / mordet / wuͤrgt vnd um ſich reiſſet / beiſſet;
Der Peltz zwar deckt den Mann / macht aber keinen Mann /
Der Wolff bleibt Wolff / ob er ein Schafskleid gleich zeucht an.
51. Am206Erſtes Tauſend

51.

Am 9. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
GEld gilt vnd Geld iſt gut / wanns wol nur wird erworben
Und wird auch wol gebraucht; ein Dieb iſt / vnd vertorben /
Und hat deß HErren Gut verſchwendiſch vmgebracht /
Der Gottes Freund jhm nicht damit zu Freunden macht.

52.

Am 10. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
ES trachten jhrer viel vns moͤrdlich vmzubringen
Daß wir nicht jhrem Thun vnd jhres Sinnes Dingen
Verpflichtet ſind wie ſie; O dulde dich / das Ziel
Jſt nahe; Gott wird doch wol machen was er wil.

53.

Am 11. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
MEin faſten / mein kaſteyn / mein Zehnd - vnd Almos geben /
Und was noch mehr gehoͤrt zu einem fromen Leben /
Vermag ſo viel bey Gott mit nichten / als vermag
Ein Seuffzer um Genad vnd auff die Bruſt ein Schlag.

54.

Am 12. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DEr HErꝛ macht alles wol; er daͤmpffet vnſre Suͤnden
Jn dem ſich da vnd dort viel Plagen an vns finden:
Der HErꝛ macht alles wol; er pflegt in aller Pein /
Man flieh jhn nur drum an / auch wieder Artzt zu ſeyn.

55.

Am 13. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
VJel Moͤrder pflegen vns im Wandel zu vmgeben
Zu rauben Gut vnd Blut / zu rauben beydes Leben
Deß Samariters Wein vnd heilſam Oele macht /
Wiewol wir ſind verwund / daß wir nicht find verſchmacht.
56. Am207Neundes Hundert.

56.

Am 14. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
GOtt iſt ein guͤtig Gott / der zehnfach Huͤlffe ſendet
Eh einmal ſich der Menſch zu ſeinem Dancke wendet:
Doch ſchaw / daß dich nicht wo der Welt jhr Brauch bethoͤrt /
Daß / zehnmal wann du ruffſt / nicht einmal Gott dich hoͤrt.

57.

Am 15. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
HAt Gott mich ohne mich gebracht in dieſes Leben /
Wird Gott mir / was mir fehlt / mir ohne mich auch geben:
Ein Heyde ſorgt zu viel; ein Chriſt traut ſeinem Gott /
Der ſein Geſchoͤpff erhaͤlt in Gluͤck vnd auch in Noth.

58.

Am 16. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DEr zu dem Todten ſagt: Steh auff vnd lebe wieder!
Der kan auch ſagen dem der lebt: Geh leg dich nieder!
Was trotzet dann ein Menſch / der ſterblich iſt wie wir?
Es iſt nur um ein Wort / ſo iſt er mehr nicht hier.

59.

Am 17. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
OB gleich Beruff vnd Stand pflegt Sabath-Tag zu halten /
Soll dennoch ſtets ſein Amt das Chriſtenthum verwalten:
Den Laſtern iſt geſchafft zu halten Feyertag;
Der Tugend iſt vergunt zu wuͤrcken / wann ſie mag.

60.

Am 18. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
GOtt / ſollſtu mehr dann dich; wie dich / den Nechſten lieben:
Wann eine Liebe bleibt ſo ſind ſie beyde blieben:
Dann Gott vnd Nechſten ſind verknuͤpfft in eines Band /
Wer da ſich hat getrennt / der hat ſich dort getrant.
P61. Am208Erſtes Tauſend

61.

Am 19. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
WEr Kranckheit nicht ſo ſehr als jhren Urſprung heilet /
Ein ſolcher Artzt heilt wol / vnd heilet vnverweilet:
Wer nicht mit Suͤnden kaͤmpfft / vnd nur mit Kranckheit kaͤmpfft /
Der hat ſie mehr geſtaͤrckt vnd weniger gedaͤmpfft.

62.

Am 20. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DJe Welt hat Luſt fuͤr ſich! ſie hoͤhnet vnd beſtreitet
Der Hochzeit reine Luſt / die Gott der HErꝛ bereitet:
Die Welt mit jhrer Luſt iſt Gottes Luſt nicht werth;
Drum wird ſie / eh ſie meint / mit Schwerdt vnd Brand verzehrt.

63.

Am 21. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DEr Glaub iſt vielmal ſchwach / vnd ſehnet ſich nach Zeichen /
Und wil / was er nichtſiht / durch hoffen nicht erreichen:
Man Glaube nur dem Wort / man geh vnd mercke drauff /
Die Stunde welche hilfft / iſt ſchon in vollem Lauff.

64.

Am 22. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
ZEhn tauſend Pfund; ja wol! weit mehres ſind wir ſchuldig
Dem Schoͤpffer dieſer Welt; doch iſt er ſo geduldig
Und ſchenckt vns alles gar. Ein Schalck der dran nicht denckt /
Und ſeinen Mitknecht noch / um hundert Groſchen kraͤnckt.

65.

Am 23. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
ZWey Theil hat jeder Menſch / vnd jedes Theil ſein Leben;
Der Obrigkeit iſt hier der Leib zu Dienſt ergeben /
Die Seele bleibet Gott: Dort hat Gott beydes gar;
So hat dann jeder hier vnd dort was ſeine war.
66. Am209Neundes Hundert.

66.

Am 24. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
WAs darff ich Haab vnd Gut mit Aertzten gar verzehren?
Sie kraͤncken manchmal mehr / als ſie geſund gewehren;
Der Glaube macht geſund / nim̃t Gott die gantze Krafft /
Daß er vns ſpricht geſund vnd vollen Friede ſchafft.

67.

Am 25. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
MAn weiſt vns HErre Chriſt / in dieſer Zeiten Jammer
Bald da / bald dort herum zur Wuͤſten / zu der Kammer /
Als ſeyſtu dort vnd da; wir aber glaͤubens nicht /
Wir glauben aber feſt vnd hoffen dein Gericht.

68.

Am 26. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DJe Boͤcke nemen zu / die Schafe muͤſſen weichen /
Und auff den letzten Zug von jhrem ſtoſſen keichen:
Kum̃ / kum̃ HErꝛ Jeſu kum̃ / mach Ordnung / vnd theil ein
Die Schaf in deine Luſt / die Boͤck ins Teuffels Pein.

69.

Am 27. Sontage nach der H. Dreyfaltigkeit.
DJe Welt fault in ſich ſelbſt / vnd jhre Sitten ſtincken /
Jhr Haus ſteht auff dem Fall vnd hebt ſchon an zu ſincken:
Wo dich / HErꝛ Chriſt man kan im Glantz vnd Klarheit ſchauen /
Da iſt es gut zu ſeyn vnd Huͤtten auff zu bauen.

70.

Namen ohne Sache.
WAs hat doch wol fuͤr Staͤrcke
Ein Glauben ohne Wercke?
Wo zu ſind doch die Titel
Bey welchen keine Mittel.
P ij71. Heuti -210Erſtes Tauſend

71.

Heutige Welt-Kunſt.
ANders ſeyn / vnd anders ſcheinen:
Anders reden / anders meinen:
Alles loben / alles tragen /
Allen heucheln / ſtets behagen /
Allem Winde Segel geben:
Boͤs - vnd Guten dienſtbar leben:
Alles Thun vnd alles Tichten
Bloß auff eignen Nutzen richten;
Wer ſich deſſen wil befleiſſen
Kan Politiſch heuer heiſſen.

72.

Hofe-Gunſt.
Wer trew bey Hofe dient / verdient doch lauter Haß /
Wie ſo? Wem vielmal ſoll / fuͤr dieſem wird man blaß.

73.

Demut.
Vom niedren ſteigt man hoch / vom hohen ſteigt man nieder;
Wer nur in Demut ſteigt / ſteigt fuͤglich hin vnd wieder.

74.

Augen / Ohren / Mund.
Aug vnd Ohren ſind die Fenſter / vnd der Mund die Thuͤr ins
Haus;
Dieſe / wann ſie wol verwahret / geht nichts boͤſes ein vnd auß.

75.

Hofe-Regel. Non mihi ſit ſervus Medicus, Propheta, Sacerdos.
Fuͤrſten wollen keinen Diener / der da wil / daß
Tranck vnd Eſſen
Soll nach Ordnung vnd Vermoͤgen ſeyn getheilt
vnd abgemeſſen:
Fuͤrſten /211Neundes Hundert.
Fuͤrſten / wollen keinen Diener / der da wil voran verkuͤnden
Was auff jhr verkehrtes Weſen / fuͤr Verterben ſich wird finden:
Fuͤrſten / wollen keinen Diener / der da wil daß jhr Gewiſſen
Sich von allem arg Beginnen kehren ſoll zu ernſtem Buͤſſen.

76.

Von Orpheo vnd Eurydice.
Niemand um ein todtes Weib / faͤhrt zur Hoͤll in vnſren Jahren:
Aber um ein lebend Weib / wil zur Hoͤlle mancher fahren.

77.

Enderung deß Sinnes.
ES aͤndern ſich die Leut / es aͤndert ſich die Zeit;
Zum trauren dienet diß / zur Freude jenes Kleid:
Man aͤndre gleich den Pfeil / wann nur verbleibt das Ziel /
Wann dieſes wird erreicht / der Pfeil ſey wie er wil.

78.

Vorzug vnter Rechtsgelehrten vnd Aertzten.
Weil toͤdten fuͤr dem ſtehlen in Zehngeboten ſteht
Jſts recht daß dem Juriſten ein Artzt drum oben geht?

79.

Vorzug zwiſchen Laus vnd Floh.
DEr Vorſitz iſt den Laͤuſen / fuͤr Floͤhen wol erlaubt /
Die wie die Floͤh / im Buſem nicht wohnen / nur ums Haupt:
Schmarotzer / die bey Hofe Credentzen Fuͤrſtlich Gut
Sind fuͤr gemeinen Heuchlern befreyt zu groͤßrem Mut.

80.

Von Veits gehorſamen Weibe.
WAnn Veit ſchreyt in ſeiner Gicht /
O daß mich der Tod nicht hollt!
Kum̃t ſein treues Weib vnd ſpricht:
Lieber Mann / ja / was jhr wollt.
P iij81. Muͤſſig -212Erſtes Tauſend

81.

Muͤſſiggang.
Der faule Muͤſſiggang iſt / Venus, dein Agent.
Ein groſſes was du haſt / hat er dir zugewendt.

82.

Geſtorbene Redligkeit.
Man lobt die Redligkeit / ſiht aber keine nicht;
Die Todten iſt man auch zu loben noch verpflicht.

83.

Frantzoͤſiſche Kleidung.
DJener tragen in gemein jhrer Herren Lieverey;
Solls dann ſeyn daß Franckreich Herꝛ / Deutſchland aber
Diener ſey?
Freyes Deutſchland ſchaͤm dich doch dieſer ſchnoͤden Knechterey.

84.

Jedem gefallt das Seine.
Jedem Thoren reucht ſein Wuſt / wie die beſte Pomerantze;
Aber / Franckreich / dein Geruch ſchmeckt auch durch die Deutſche
Grantze.

85.

Hofe-Leute.
BEy Hofe haben die gemein den beſten Sold
Die ſonſten doch nichts thun / als freſſen nur vnd ſauffen;
Fuͤrwahr wer Seele ſoll / vnd ſoll Geſund verkauffen /
Dem iſt kein Silber nicht genug / vnd auch kein Gold.

86.

Auff Pappum vnd Zizam.
Pappus ſagt: Er ſey die Sonn / vnd Fraw Ziza ſey der Mon;
Wann der Mon nicht ſtets iſt voll / macht er eine Hoͤrner-Kron.
87. Von213Neundes Hundert.

87.

Von der Medæa.
Medæa hat vermocht / die Maͤnner jung zu kochen:
Was Weiber wuͤrden ſie / wann ſie noch lebte / ſuchen?

88.

Hand vnd Finger / ein Vorbild Bruͤderli - cher Einigkeit.
JEder Finger an der Hand
Hat ſein Maß vnd ſeinen Stand /
Jeder hilfft dem andren ein /
Keiner wil ſein eigen ſeyn:
Bruͤder / die deß Blutes Pflicht
Hat in einen Bund gericht /
Was dann wolln ſich dieſe zeihn
Wann ſie eigennuͤtzig ſeyn?
Wann ſie das gemeine Heil
Meſſen ab nach eignem Theil?
Wann ein jeder drauff nur denckt
Wie der ander ſey gekraͤnckt?
Wann der andre ſteigen wil
Hin auff dem der nieder fiel?
Wetten wil ich / daß jhr Thun
Gantz auff Mißgrieff wird beruhn.

89.

Auffrichtigkeit.
Wer wenig jrren wil / er thu gleich was er thu /
Der ſchweiffe weit nicht um / er geh gerade zu.
P iiij90. Neue -214Erſtes Tauſend

90.

Neuerung gefaͤhrlich.
Das boͤſe wol geſtellt laß ſtehen wie es ſteht /
Es iſt noch vngewiß wie neues abegeht.

91.

Beyſchlaff.
DEr bey einer Jungfer ſchlaͤft / iſt der Straffe werth geacht:
Aber der hat offtmals Lohn / der bey einer Jungfer wacht:
Jſt es billich? Ja; man frag eine Jungfer ſelbſt davon;
Gebt dem faulen ſpricht ſie: (hoͤrt!) Straffe; gebt dem wack -
ren Lohn.

92.

Geduld.
Geduld iſt zwar die Koſt / davon ſich Arme naͤhren;
Doch wird kein fetter Wanſt ſie ſehr davon beſchweren.

93.

Der Hencker vnd das Gewiſſen.
Den Hencker ſcheut faſt jederman / faſt niemand ſein Gewiſſen /
Da jener doch nur Augenſchuld; diß Hertzensſchuld macht
buͤſſen.

94.

Friede.
Fried iſt beſſer als das Recht /
Dann / das Recht iſt Friedens Knecht.

95.

Die Oſt-See / oder das Balthiſche Meer.
ALle Fluͤſſe gehn ins Meer /
Alle kummen dannen her:
Zwar / daß in die Oſten-See
Jſt gewiß die Oder geh /
Vngewiß215Neundes Hundert.
Vngewiß / daß jhre Flut
Vnſrer Oder kum̃t zu gut;
Oſt-See / vnſren Schmuck vnd Gold
Haſtu zwar vns weggehollt /
Aber / was du wieder bracht
Sey dir hier vnd dort gedacht.

96.

Sued / ein umgekehrter Gott. Deus.
D die Sueden heiſſen Goͤtter
Bleibt wol wahr; ſie machten Wetter
Vnd mit jhren Donnerkeilen
Kunten Deutſchland ſie zertheilen:
Goͤtter ſind ſie; nicht zum ſchuͤtzen
Aber kraͤfftig zum beſchnitzen:
Goͤtter ſind ſie; die die Chriſten
Wenig bauten / ſehr verwuͤſten:
Goͤtter ſind ſie; jhr berauben
Soll man noch fuͤr Wolthat glauben:
Goͤtter ſind ſie; jhre Plagen
Sollen ſeyn ein Liebe-ſchlagen:
Goͤtter ſind ſie; wahrem Gotte
Als zu Ehren / mehr zu Spotte.

97.

Der angehende Friede.
Die Waffen ſind verknuͤpfft in eine Friedens-Pflicht;
Die Schulden aber / noch die Steuer nimmer nicht.

98.

Genieß-Leute deß Friedens.
Wer wird / nun Friede wird / bey ſolcherley verwuͤſten
Zum erſten kummen auff? die Hencker vnd Juriſten.
P v99. Artz -216Erſtes Tauſend

99.

Artzney wider die Leichtfertigkeit.
Was fuͤr Wurtzel wird doch heilen / rauben / praſſen / huren /
balgen /
Da vns mit bey dieſen Jahren Krieg hat angeſteckt? Der
Galgen.

100.

Der Friede.
Wir haben Friede nun / was trug der Krieg vns ein?
Durch Krieg / was ohne Krieg / ſind wir / wir ſolten ſeyn.

Deß Erſten Tauſend Zehendes Hundert.

218Erſtes Tauſend

1.

Fremde Huͤlffe.
WAs fremde Huͤlffe ſey / das fuͤhlſtu / Land / allhier;
Die Huͤlffe halff jhr ſelbſt / das fremde ließ man dir.

2.

Grabmal einer redlichen Frauen.
FRemder / wilſtu Nachricht haben /
Wer fuͤr dir hier liegt begraben?
Ach! ein Schatz / den Sterbligkeit
Mir vergunte kurtze Zeit.
Eine Perle / von der Tugend:
Eine Roſe / von der Jugend:
Gold / von vngefaͤlſchter Trew:
Purpur / von der Scham vnd Schew:
Ein Chriſtall / von recht Beginnen:
Ein Smaragd / von keuſchen Sinnen:
Ein Rubin / von Ehe-Gunſt:
Ein Opal / von Hauſe-Kunſt:
Eine klare Weiber-Sonne;
Eine reiche Mannes-Wonne;
Ein verwahrter Wirthſchaffts-Zaun;
Jn Gefahr ein Wol-Vertraun;
Eine Hand im Nahrungs-Fleiſſe;
Eine Lufft im Sorgen-Schweiſſe;
Zucker / in der bittren Zeit;
Artzney / wider Harm vnd Leid;
Freundſchafft / in den hoͤchſten Noͤthen;
Beyſtand / gar biß an das toͤdten.
Lieber Leſer! O wie viel!
Mehr als ich bekennen wil /
Hat219Zehendes Hundert.
Hat man mir nach Gottes Willen
Muͤſſen / in das Grab verfuͤllen!
Steh vnd dencke weiter dran
Wie der Tod ſo arg gethan!
Fragt dich wer / was du geleſen
Der nicht bald dabey geweſen /
Sprich: Von hinnen nicht gar weit
Steht ein Sarckvoll Redligkeit.

3.

Weiber.
Wer ohne Weiber kuͤnte ſeyn / waͤr frey von vielerley Be -
ſchwerden:
Wer ohne Weiber wolte ſeyn / waͤr aber nicht viel nuͤtz auff Erden.

4.

Der Mann deß Weibes Haupt.
DEr Mann iſt ſeines Weibes Haupt;
Wer weiß ob Virna ſolches glaubt?
Sie ſpricht: Was ſolln zwey Haupter mir /
Jch waͤr ja ſonſt ein Wunderthier.

5.

Das Jahr 1649.
Gott / Der DV haſt gegoͤnnt / D WI er ſo haben koͤnnen
Von aVſſen gVte RVh; aCh gIb ſIe nVn Von Innen.

6.

Paten-Zettel.
Fuͤr Leid / Creutz / Noth vnd Tod / die dir / O liebes Kind /
Jn dieſer ſchnoͤden Welt zu dulden etwa ſind /
Jſt Jeſu Chriſti Blut dein aller-beſtes Heil;
Dadurch der Himmel dir verſchrieben iſt zu theil.
16. Unab -220Erſtes Tauſend

7.

Unableſchliche Schuld.
D Vaterlandes Heil
Vnd ſeines Weibes Theil /
Macht / daß ein jeder Mann
Nie gar bezahlen kan.

8.

An einen guten Freund.
ES bleibt noch jmmer ſo / daß vnſer beyder Gluͤcke /
O Freund / geſchwiſtert iſt. Deß Bettes kalte Luͤcke
Wozu mich vor / vnd dich hernach / deß Himmels Satz
Um Schuld verurtelt hat / iſt ein ergaͤntzter Platz
Bey mir zuvor / bey dir hernach. Was noch nicht gleiche
Das darff drey Viertel-Jahr / biß daß es diß erreiche
Worinnen ich geh vor. Der erſten Liebe Pfand
Kuͤſt dir noch deines / mir noch meines Theils die Hand;
Da ſind wir wieder gleich. Mich duͤnckt ich ſehe ſchone
Bey dir / vnd wuͤntſche ſo / vom ſuͤſſen Namen Sohne
Ein kuͤrmelnd Exemplar, darinnen dieſes ſteht /
Daß deſſen der es hat / ſein Namen nicht vergeht;
Dann ſind wir wieder gleich. Wil mehres was beſchliſſen
Das obre Regiment / das gleichlich zu geniſſen
Uns beyden ſtehe fuͤr; O Gott / ſo gib vns Theil
Am Friede dieſer Welt vnd an deß Himmels Heil.

9.

Auff Lindum.
LIndus ward in einem Glach / offt mit Worten angeſtochen /
Gleichwol aber hat er ſich / noch mit Wort noch That ge -
rochen:
Gieng zur Stuben endlich auß / als er wieder kam hinein
Sprach er: Jch hielt mit mir Rath / ob ich wolte boͤſe ſeyn.
10. Trun -221Zehendes Hundert.

10.

Trunckenheit.
Es ſaufft ſich voll fuͤr ſich kein vnvernuͤnfftig Thier;
O haͤtten ſie Vernunfft / ſie truͤncken auch wie wir.

11.

Ein Trunckener.
EJnen Greiner / einen Schreyer /
Einen Praler / einen Draͤuer /
Einen Buhler / einen Zaͤncker /
Einen Balger / einen Staͤncker /
Einen Herren / einen Narren /
Einen Richter / einen Pfarren /
Einen Doctor, einen Simpel /
Einen Witzel / einen Guͤmpel /
Einen Taͤntzer / einen Singer /
Einen Schlaͤfer / einen Springer /
Einen Moͤrder / einen Stehler /
Einen Waͤſcher / einen Hoͤler /
Einen Luͤgner / einen Trieger /
Einen Schmeichler / einen Ruͤger /
Einen Flucher / einen Beter;
Aller Laſter einen Thaͤter
Hat in dem man zu erkennen /
Den man kan verſoffen nennen.

12.

Auff Udum.
ALs Udus Morgens gieng herfuͤr
Stand dieſer Spruch an ſeiner Thuͤr:
Es ſteht diß Haus in Gottes Hand
Verſoffen iſts / vnd nicht verbrant.
13. Auff222Erſtes Tauſend

13.

Auff Cordicunnum.
EJn jnnerliches Weib / ein aͤuſſerlicher Mann
Jſt Cordicunnus; ey! obs wahr / obs ſeyn auch kan?
Jm Hertzen ſteht jhm ja / was Weibern vnten an.

14.

Adels-Feinde.
Was haſſet doch den Edelmann der Buͤrgersmann ſo viel?
Er neidet das / was er nicht iſt / vnd gerne werden wil.

15.

Krieges-Schaͤde.
Hat Land durch dieſen Krieg / hat Stadt mehr außgeſtanden?
Schaw wo der beſte Tiſch vnd groͤſte Schmuck verhanden.

16.

Nutz vnd Gewiñ.
WJe kum̃ts / daß Eigennutz jetzt mehr als Ehre gilt?
Die Welt ward durch den Krieg ein vnvernuͤnfftig Wild;
Daß ſonſten mehr nicht ſucht / als wie es ſich nur voͤllt.

17.

Schertz vnd Schimpff.
FLut / die nicht erſaͤufft / nur badet:
Schimpff vnd Schertz / der keinem ſchadet.
Glut / die waͤrmt vnd nicht verbrennet:
Zucht / die ruͤhret vnd nicht nennet;
Wer nicht dieſe mag erdulden
Gibt Verdacht von ſondren Schulden.

18.

Goͤttliche Rache.
MAn ſucht die Unterthanen / die bey der Krieges-Zeit
Verkrochen vnd verlauffen ſich haben weit vnd breit:
Die durch den Krieg getreten auß Gottes Eyd vnd Pflicht /
Solt er wol dieſe laſſen vnd eifrig forſchen nicht?
19. An223Zehendes Hundert.

19.

An eine Hertzogin zum Brieg.
Fuͤrſtin / der geht blind davon / der die Sonne ſihet an;
Der verzuͤckt / der Euren Sinn bey der Schoͤnheit ſehen kan.

20.

An eben J. F. G.
Eure Schoͤnheit iſt der Himmel / Eure Tugend iſt die Sonne /
Dannenher auff vnſre Laͤnder faͤllet Segen / Licht vnd Wonne.

21.

Deß Hofes Widerſchall.
BEy Hof iſt luſtig Leben / manch Spiel wird da verbracht
Mit zierlichen Perſonen / ein jeder ticht vnd tracht
Sich alſo zu geberden / daß ſeiner wird geacht. (Echo. ) gelacht.

22.

Nutz von groſſer Herren Freundſchafft.
GVt Trincken vnd gut Eſſen /
Deß Vnrechts gantz vergeſſen /
Sich ſelbſten nimmer ſchonen /
Nie dencken ans belohnen /
Diß ſind die eignen Gaben
Die Herren-Freunde haben.

23.

Von einem falſchen Freunde.
Du guter Freund biſt du: Der andre du / dein Freund;
Er aber / iſt nur er / ob er wie du gleich ſcheint.

24.

Draͤuungen.
EJn Fluß verraͤth durch rauſchen ſich / daß er ſehr tieff nicht
laufft /
Ein Bothe / daß er muͤde ſey / wann er ſehr ſchwitzt vnd ſchnaufft:
Wer allzuſehr mit Worten pocht / gibt leichtlich an den Tag /
Daß ſeine Lunge ziemlich viel / das Hertze nichts vermag.
Q25. Vom224Erſtes Tauſend

25.

Vom Pyaſto, dem Stam̃-Herren Liegnitzi - ſcher vnd Briegiſcher Fuͤrſten.
DEin Meth-Faß / O Piaſt / das jedem kunte fliſſen /
Gab dir die Polſche Kron: Dein Stam̃ pflegt zu beſuͤſſen
Noch jmmer vnſer Land mit Guͤt vnd Freundligkeit:
Kroͤnt dieſen nicht die Welt / ſo thuts die Ewigkeit.

26.

Auff Rappinum.
RAppinus ſchenckt dem Herren / was er jhm vor entwand;
Er nim̃t es mit der lincken / gibts mit der rechten Hand /
Drum / wird er treuer Diener / nicht ſchlimmer Dieb / genant.

27.

Wiedergeltung.
Fuͤr gut / nicht gutes geben; iſt eine boͤſe That:
Fuͤr boͤſes / boͤſes geben; iſt ein verkehrter Rath:
Fuͤr gutes / boͤſes geben; iſt ſchaͤndlicher Beginn:
Fuͤr gutes / gutes geben; gebuͤhret fromem Sinn:
Fuͤr boͤſes / gutes geben; iſt recht vnd wol gethan /
Dann dran wird ſo erkennet ein rechter Chriſten-Mann.

28.

Auff Zizam.
Ziza meint ſie ſey der Himmel / vnd die Buhler jhre Sterne:
Die der erſten Groͤſſe heiſſen / vnd Cometen, hat ſie gerne.

29.

Auff die alamodiſche Morinnam.
NAch der mode Reden fuͤhren /
Nach der mode Glieder ruͤhren /
Nach der mode Speiſe nemen /
Nach der mode Kleider bremen /
Nach der mode Zucht veruͤben /
Nach der mode Menſchen lieben /
Nach225Zehendes Hundert.
Nach der mode Gott verehren /
Wil Morinna alle lehren;
Ob ſie / moͤcht ich gerne wiſſen /
Nach der mode pflegt zu piſſen?

30.

Poeterey.
Was nuͤtzt Poeterey? Sie ſtiehlt die Zeit zu ſehr;
O ſchnoͤde Sorgum Pracht vnd Herꝛligkeit / noch mehr.

31.

Kennzeichen eines rechten Freundes.
F rey.
R edlich.
E hrlich.
V nverdroſſen.
N amhafft.
D emuͤtig.
EJn Freund der Freund ſeyn ſoll / ſoll ſeyn zugleiche frey
Daß ſagen er dir darff / was dir zu ſagen ſey:
Ein Freund der Freund ſeyn ſoll / der ſoll dich redlich meinen /
Soll innen ſeyn nicht ſo / vnd ſo von auſſen ſcheinen:
Ein Freund der Freund ſeyn ſoll / ſoll ehrlich ſeyn fuͤr ſich /
Damit er nicht zugleich beſchaͤme ſich vnd dich:
Ein Freund der Freund ſeyn ſoll / der ſoll ſeyn vnverdruſſen
Daß du habſt ſeiner ſo / wie deiner ſelbſt genuſſen:
Ein Freund der Freund ſeyn ſoll / ſoll namhafft gleichwol ſeyn /
Dann deines Freundes Ruhm / hilfft deinem Namen ein.
Ein Freund der Freund ſeyn ſoll / der ſoll der Demut pflegen
Und deinen Pfennig dir ſo hoch / wie ſeinen / legen.
Wer ſolchen Freund bekuͤm̃t / hat keinen ſchlechten Freund /
Er wird nicht viel gehabt / er wird nur offt vermeint.
Q ij32. Grab -226Erſtes Tauſend

32.

Grabmahl eines Toͤpffers.
DEr hier liegt / der war von Thon / machte nachmals ſelbſt
auß Thone
Viel Gefaͤſſe die man braucht / theils zu Ehren / theils zu Hohne:
Er auß Thon iſt wieder Thon / was auß Thon er macht iſt Thon;
Dieſer bleibt / er aber ſteigt zu der Herꝛligkeit davon.

33.

Grabmal eines Webers.
Ein Weber liegt allhier / ſein Faden iſt zerriſſen /
Weiß keinen Weber-Knopff / denſelbten außzubuͤſſen.

34.

An eine Briegiſche Fuͤrſtin.
Fuͤrſtin / da von Euch zu ſchreiben mir erkuͤhnte nechſt mein Sinn /
Als ſo him̃liſch Thun ich ſpuͤrte / fiel mein jrꝛdiſch Witz dahin.

35.

Leid vnd Freude.
JSt ein Boͤſer wo geſtorben?
Traure! dann er iſt vertorben:
Jſt ein Fromer wo verſchieden?
Frew dich! dann er iſt im Frieden.

36.

Gelt / durch Verſetzung / Legt.
Gelt legt nieder dem den Mut / der Geld darff vnd hat nicht
Geld:
Gelt legt nieder dem den Mut / der es hat vnd der es haͤlt.

37.

Welt auß nichts.
Kinder lieben jhre Muͤtter als die Vaͤter / noch ſo ſehr;
Drum liebt Welt das nichts die Mutter / auch als Gott den
Vater mehr
38. Von227Zehendes Hundert.

38.

Von deß Marci Toͤchtern.
SEyd luſtig / ſeyd luſtig / ſprach Marcus, jhr Kinder!
Seyd luſtig / wie ich euer Vater / nicht minder!
Ey Vater / ey wiſſet das beſte Gelaͤchter
Jſt / daß jhr vns Maͤnner gebt / ſprachen die Toͤchter.

39.

Auff Vitum.
MAn ſagt: Gibt Gott ein Kind
So gibt er auch ein Rind:
Veit gieng vnd kaufft ein Rind
Da warb ſein Weib ein Kind.

40.

Wer kennt ſein Gluͤcke.
So du wilſt gluͤcklich ſeyn / ſo bitte daß dir gibt
Gott ſelten was du wilſt / vnd dir zu ſehr beliebt.

41.

Liebe brennt.
Die Fiſche lieben auch; mag Waſſer-Liebe brennen?
Kein Fiſch bin ich / vnd ſie ſind ſtum̃; wer wils bekennen?

42.

Mißgeburt der Jungfrauen.
Mancher Jungenfraw gehts uͤbel; wann ſie jhr nam einen Mañ:
Mancher Jungfer geht es uͤbel / wann ſie keinen haben kan.

43.

Richter.
Jeder Richter heiſt gerecht / vnd auch vngerecht hinwieder;
Dem Gerecht / der obgeſiegt; Ungerecht dem / der liegt nieder.

44.

Hofe-Diener.
Deß Fuͤrſten Diener ſind alſo / wie ſie der Fuͤrſt wil haben;
Sie arten ſich nach ſeiner Art / ſind Affen ſeiner Gaben.
Q iij45. Hofe -228Erſtes Tauſend

45.

Hofe-Hunde.
HEuchler vnd Hunde belecken die Teller;
Jene / ſind Schmeichler; vnd dieſe / ſind Beller:
Dieſe / bewahren bey denen ſie zehren;
Jene / verzehren die / welche ſie naͤhren.

46.

Von der Polla.
CUpido zielte nechſt vnd meint es wuͤrde gluͤcken /
Auff Polla Hertze zu; ſie wandte ſich; im Ruͤcken
Beſtund der heiſſe Pfeil; das macht / daß ſichs begibt /
Daß nimmer nichts wird drauß / ſie liebe wen ſie liebt.

47.

Soldaten.
SOldate kuͤm̃t vom Sold; die außgeuͤbten Thaten
Die ſie auff freyer Straß in Hof vnd Haus veruͤbet
Verdienten ſchlechten Sold: Was noch ſich jetzt begibet
Bringt Sold / dadurch ſie ſind Galgaten vnd Radaten.

48.

Von der Pyrinna.
Pyrinna iſt ein Licht / ſie iſt ein theures Licht;
Ein Buhler / der nicht ſchenckt / dem brennt ſie leichtlich nicht.

49.

Finſternuͤß.
DJe Finſternuͤß iſt gut / weil ſie viel Suͤnden ſtillet;
Die Finſternuͤß iſt arg / weil ſie viel Suͤnden huͤllet:
Ein jedes Ding iſt gut / boͤs iſt ein jedes Ding
Nich fuͤr ſich ſelbſt / nach dem ein jeder mite gieng.

50.

Auff Vitum.
Veit iſt die kleine Welt; das meiſt in jhm iſt Meer
Von Waſſer kum̃t es nicht / vom Weine kum̃t es her.
51. Wein. 229Zehendes Hundert.

51.

Wein.
Wein / iſt der Erde Waſſer das Sonn im Stocke kocht /
Das mag ich; was im Faſſe waͤchſt / hab ich nie gemocht.

52.

Floͤhe.
WAnn / Jungfern / eure Floͤh / die jhr habt zu Haus-innen /
Was ſie gehoͤrt / geſehn / vermelden ſolten kuͤnnen /
Wie mancher fragte ſie / der Luſt zu freyen hat /
Eh als den beſten Freund / um einen treuen Rath.

53.

Trew im Topffe.
Durch freſſen vnd durch ſauffen kaufft mancher jhm die Trew;
Er ſchaw / daß nicht zu letzte ſie freſſen dann die Saw.

54.

Auff Pulchellam.
Es meide wie das Feuer / dich / der nicht brennen wil;
Wiewol das Feuer minder / dich aber noch ſo viel.

55.

Auff Pulchriprobam.
Dreyerley macht dich vergoͤttert; daß du biſt ſo wunder-ſchoͤn:
Und ſo wunder-keuſch: Daß beyde letzlich auch beyſammen ſtehn.

56.

Keuſchheit.
DJe Keuſchheit macht / daß Weiber werden
Zu klaren Engeln auff der Erden:
Doch iſt es ſo gar ſeltſam nie
Manch Lucifer ſteckt auch allhie.

57.

Die Hoͤlle.
Die Hoͤll iſt ſchwartz vnd kalt vnd brennet doch darinnen?
O nicht auff das! wie man entgeh / iſt drauff zu ſinnen.
Q iiij58. Der230Erſtes Tauſend

58.

Der Himmel.
Der Himmel iſt das Haus der reichen Ewigheit;
Noch liebt man doch ſo ſehr das Haus der Eitelkeit.

59.

Welt-Liebe.
Wie kindiſch iſt der Menſch! er ſehnt ſich daß er liege
Nicht dort ins Vaters Schoß / nur hier im Wuſt der Wiege.

60.

Auff Melampſychum.
DEr Himmel geuſt nicht leicht auff einen alle Gaben;
Daß derer dann ſo viel Melampſychus kan haben?
Durch Kirche / Schule / Hof / durch Rent - vnd Cantzeley
Land / Wirthſchafft / Rathhaus / Stadt / geht ſein verordnen frey.
Mich duͤnckt / (man mercke drauff) es wil mir alſo ſcheinen
Melampſychus ſein Weib vnd Kinder werden weinen.

61.

Ungeſtraffte Todſchlaͤge.
MAn weiß / wann Menſchen-Blut ein Artzt wil diſtilliren
Was fuͤr Geruch dabey wird ſeine Naſe ruͤhren:
Vergoſſen Menſchen-Blut nicht raͤchen / ſondern decken /
Was wird fuͤr Gottes Thron diß fuͤr Geruch erwecken?

62.

Auff Coquinum.
Freunde nicht von gutem Sinn / Freunde nur von gutem Magen
Darff Coquinus, dann er kan ſonſten nichts / als auff nur
tragen.

63.

Morgen - vnd Abend-Stern.
WEil die Venus Abend-Stern vnd auch Morgen-Stern
verbleibt /
Wie daß ſie die gantze Nacht jhre Wuͤrckung dann nicht treibt?
Alſo wird gefragt ein Mann / der ſich neulich hat beweibt.
64. Die231Zehendes Hundert.

64.

Die Schrifft.
Wann Tinte / Feder vnd Papier beſchlieſſen einen Rath
Veraͤndert offt die meiſte Welt den gantzen alten Stat.

65.

Mehr trauriges als luſtiges.
DEr Trogloditen See / wird dreymal ſuͤſſe taͤglich
Und herbe dreymal auch: Was in der Welt iſt klaͤglich
Kuͤm̃t jmmer eh vnd mehr / als das was lieblich heiſt /
Daß bittres dreymal ſich / eh einmal ſuͤſſes / weiſt.

66.

An einen Geiſtlichen Martinus Nentwieg. verſetzet Sey gut mit warnnen.
D HErren Schwerdt das ſchmeiſt / der Zorn deß HErren
brennet
Wir ſind ſchon um vnd um von ſeinem Heer berennet
Zur Rache ſchnoͤder That vnd vngezaͤhlter Schuld /
Die jhm mit Macht verwehrt / daß er vns nicht ſey hold.
O Zeit! O hohe Zeit! daß wir auff Knien liegen /
Daß wir die freche Stirn zur Erden abwerts biegen
Und bitten um verzeihn / vnd beichten rund vnd frey:
HErꝛ / dein erbarmen machts / daß nicht man gar nichts ſey!
Wer aber glaͤubt es wol? Daß Gott ſo zornen koͤnne?
Wer nim̃t jhm Gottes Grim̃ / vnd ſeine Schuld zu Sinne?
Zur Buß iſt alle Welt Stein-feſt jetzund gemacht /
Der Donner Sinai wird kaum ſo hoch geacht
Als wann ein thoͤnend Ertzt vom Hammer-Schlage ſchallet
Und ein gebrechlich Menſch mit ſeinen Fingern ſchnallet /
Was Gott laͤſt ſagen jetzt / was Gott vns ſchreiben ließ
Hat Gluͤcke / wann man denckt / es ſey vielleicht gewiß
Du werther Mann / dein Amt / dein Stand / muß druͤber
klagen
Die Muͤhe die dich druͤckt / die ſauren Moiſes - Plagen
Q vWas232Erſtes Tauſend
Was richten dieſe wol? Das / was die Sonne richt /
Wann Wachs ſie findet nicht / vnd hin auff Leimen ſticht;
Jhr Glantz bleibt aber rein: Dein Ruhm wird auch verbleiben /
Und Gott wird deinen Schweiß in ſein Regiſter ſchreiben.
Du ſagteſt was Gott wil / was Gott wil ſage noch /
Wer Gott vnd dir nicht folgt / der trage dann ſein Joch!
Mit warnnen warſtu gut ſey ferner gut mit warnnen /
So wirſtu dorte Glantz / vnd Segen hier / erarnen;
So ſchlechtlich gehts nicht ab / dem warnnen das ſo gut
Setzt manchen auß Gefahr in Gottes Hold vnd Hut.

67.

Wucherer.
Der Haſe ſetzet / naͤhrt / empfaͤngt / faſt eine Zeit:
Ein Geitzhals gibt / nim̃t / heiſcht / ein mehres als er leiht.

68.

Von einem fromen Manne.
Sind fuͤnffe nur noch from in Sodoma zu finden?
So biſt der erſte du / vnd ſtillſt deß Himmels zuͤnden.

69.

Gaſterey.
GEmaͤſſige Trachten /
Vermiedene Prachten /
Bekante Geſellen /
Beruͤhgliche Stellen /
Vertreuliche Schwaͤncke
Belieblich Getraͤncke;
Sind Stuͤcke / die Gaͤſte
Beſinden fuͤrs beſte.

70.

Deß Bileams Eſel.
WAnn Eſel ſich ſolten noch heute beklagen
Wie man ſie wil wieder Gebuͤhrnuͤſſe plagen /
So trete Schaf / Ochſe / Pferd / alles Vieh / bey
Und fuͤhrten auff Krieger ein maͤchtig Geſchrey.
71. Die233Zehendes Hundert.

71.

Die ſichtbare Kirche.
Wo viel hoh Augen ſind / wo viel von Pracht vnd Scheine:
Da iſt ja / meint die Welt / die ſichtbare Gemeine.

72.

An J. F. G. Hertzog Ludwigen zum Brieg. Ludewig / durch Theilung der Sylben / Lud ewig.
DEr redliche Piaſt / begabt mit fromer Guͤte /
Gerechtigkeit vnd Trew / lud alles Volcks Gemuͤte
Durch Wolthat jhm zur Gunſt / vnd trug die Polſche Kron /
(Vielmehr was ewig iſt / vnſterblich Lob /) davon.
Mein Hertzog folgt jhm nach; das erbliche Gebluͤte
Erweckt jhm Redligkeit / Gerechtigkeit vnd Guͤte
Nicht minder gegen vns: Nicht minder lud er ein
Dadurch / hier Fuͤrſtlich Lob / dort ewig benedeyn.

73.

Auff Malprobum.
MAlprobus iſt ein Schelm / vnd nam jhm eine Hure;
Ey recht / ſagt alles Volck / daß diß jhm widerfuhre!
Der Topff bekam alſo / wie ſchicklich / eine Stuͤrtze:
Geborgtes ward gezahlt; drum hat er keine Kuͤrtze.

74.

Von meinen Reimen.
MEin Reim iſt offt was frey; noch freyer iſt mein Mut /
Auff das was Laſterhafft / von deme was nicht gut:
Jch rede frey von dem / was Schande heiſt vnd bringt /
Vielleicht iſt wer / den Scham von Schanden abezwingt.

75.

Auff Mummium, ein Banckkind.
EJn wolbenamtes Volck ſind gleichwol Hurenkinder!
Bey Bauren heiſt man ſie zwar ſo nichts deſto minder /
Bey234Erſtes Tauſend
Bey Buͤrgern beſſer noch / Banckhart: Und im Geſchlechte
Der Edlen / Baſtarten: Und Beyſchlag auch Unaͤchte
Bey Fuͤrſt - vnd Koͤnigen. Mumm wil ſich zwar bekennen
Wohin man jmmer wil / wann Bauern jhn nicht nennen.

76.

Ein redlicher Mann.
Fuͤr einen guten Mann ſind alle Zeiten gut /
Weil niemals boͤſes er / vnd boͤſes jhm nichts thut;
Er fuͤhrt durch beydes Gluͤck nur jmmer einen Mut.

77.

Die Welt.
Wen Erde kan laben
Darff Himmel nicht haben.

78.

Auff Levulum einen Feder-Hans.
Du Voget / Levulus, wie daß du dich bewegeſt /
Du Vogel / wann man ſpricht? Da Federn du doch traͤgeſt.

79.

Von einer Frauen.
Kuͤſt mich Mann! ſagt eine Fraw / kuͤſt mich offt! ein eintzler
Kuß
Macht nichts auß / macht recht nicht ſatt / bringet Hunger / gibt
Verdruß.

80.

Unbeſtaͤndige Arbeit.
Wer nimmer nichts verbringt vnd dennoch viel faͤngt an
Wird in Gedancken reich; im Werck ein armer Mann.

81.

Auff den gluͤckſeligen Sutrinum.
Gluͤck hat zu ſeinem Kinde Sutrinum außgekieſt /
Und laͤſt jhm nichts nicht mangeln als das / was redlich iſt.
82. Auff235Zehendes Hundert.

82.

Auff Potinam.
Potina iſt friſch / frey / vnd ſonſt von guten Dingen /
Sie iſt vielleicht weit her? Man ſaget von [a] Fliſſingen
[a] Fliſſingen quaſi Fleſchingen.

83.

Von Caconio.
Caconius hat Schelmen / hat Diebe bey ſich her;
Drauß ſoll man nun erkennen / wie viel ſey beſſer Er.

84.

Ein ehrlich Weib.
Die Ehre ziert das Weib / ein ehrlich Weib den Mann;
Wer dieſen Schmuck bekuͤm̃t / ſeh keinen andren an.

85.

Eheweiber / verſetzt / Ehre bey We.
Daß We im Ehſtand iſt / weiß jeder viel zu ſchwaͤtzen;
Die Ehre bei dem We / kan alles Leid erſetzen.

86.

Leid-Troſt.
WJe gluͤcklich iſt doch der / der ſeines Kummers wuͤeen
Kan einem treuen Freund in ſeinen Buſen ſchuͤten!
O welch ein Gluͤck hat der / dem gar liegt in der Schoß
Ein Freund / dem ſich ein Mann kan kuͤhnlich geben bloß.

87.

Hofe-Heiligen.
Jſt vnſer Hof dann reformirt? Catholiſch iſt er auch!
Daß jeder einen Heilgen ſucht / iſt aller Hoͤfe Brauch.

88.

Wechſel aller Dinge.
AUff das aller-groͤſte Leiden
Folgen aller-groͤſte Freuden:
Auff die aller-groͤſten Freuden /
Folgt das aller-groͤſte Leiden.
89. Der236Erſtes Tauſend

89.

Der Welt Suͤſſe-bittres.
Welt gibt jhren Hochzeit-Gaͤſten erſtlich gerne guͤten Wein:
Und zu letzte ſauren Lauer / wann ſie nun bethoͤret ſeyn.

90.

Von Livido.
Lividus iſt toͤdlich kranck / wil er leben / ſoll er baden
Auß den Threnen / die er guß / uͤber eines andren Schaden.

91.

Wolluſt vnd Schmertz.
Das letzte von der Hitze / gibt Anfang auff den Froſt:
Den Anfang auff das trauren / das letzte von der Luſt.

92.

Stein-Huͤlffe.
Geſtern fuhr der Doctor weg / wie die Leute ſprechen /
Soll er in der Nachbarſchafft / (hoͤrt doch!) Steine brechen.

93.

Sorgen.
Bey wem bleibt Kummer gerne / zeucht auch am liebſten ein?
Bey denen die jhn warten vnd fleiſſig bey jhm ſeyn.

94.

Dreyerley lachen: Der Natur / der Thor - heit / vnd der Bosheit.
LAchrich / lacht ſo gern; iſt es dann natuͤrlich?
Lachrich / lacht ſo gern; iſt es wol haſirlich?
Lachrich / lacht ſo gern; was dann ſolls bedeuten?
Hoͤhniſch lacht er auß; alles Thun bey Leuten.

95.

Auff den Geitzhals Grunnum.
GRunnus iſt ein karger Filtz /
Hat doch einen milden Miltz;
Dann er dich / du Thaler-Sack /
Lachet an den gantzen Tag.
96. Gebete. 237Zehendes Hundert.

96.

Gebete.
Gott Vater / hoͤr mich beten! Gott Sohn / O lehre mich!
Gott Heilger Geiſt / hilff beten! ſo werd erhoͤret ich.

97.

Von der Spurca.
VOn jedem ließ ein eintzles fahren
Was an jhr Spurca hat zu paaren /
Wann jhr nur wuͤrde zugelaſſen
Mit zweyen Maͤnnern ſich zu faſſen.

98.

Luͤgen / vnd Luͤgen ſagen.
Ein Fromer / huͤtet ſich / daß leichtlich er nicht luͤge /
Ein Weiſer / daß er ſich mit Luͤgen nicht betriege.

99.

Auff Curioſum.
CUrioſus graͤmt ſich ſehr; was ein andrer hat zu leben /
Curioſus graͤmt ſich ſehr; was ein andrer hat zu geben /
Curioſus graͤmt ſich ſehr; was ein andrer fuͤhrt fuͤr Lehre /
Curioſus graͤmt ſich ſehr; was ein andrer hat fuͤr Ehre:
Curioſus graͤmt ſich nichts; hat nicht wol das Brot zu leben /
Curioſus graͤmt ſich nichts; hat viel Schuld vnd nichts zu
geben /
Curioſus graͤmt ſich nichts; glaubt von Gotte keine Lehre /
Curioſus graͤmt ſich nichts; hat viel Schmach vnd wenig Ehre.
Eignen Kummer ſchickt er fort / kan jhn nicht im Hauſe leiden:
Fremden Kummer haͤlt er an / kan jhn keine Stunde meiden.

100.

Von meinen Tauſend Reim-Spruͤchen.
BJßher gab mein Papier wol tauſenderley Sachen
Die dem der druͤber kuͤm̃t bald bringen Ernſt / bald Lachen;
Doch bitt ich den der kuͤm̃t / daß Ernſt vnd Lachen nicht /
Sey allemal mit Ernſt vnd Lachen bald gericht.

Druckfehler.

Die erſte Zahl bedeutet das Blat; die andre das Ge - tichte; die dritte / die Zeile.

An den Leſer.

  • 4. 24. Verkleinernde.
  • 6. 17. um.
  • 19. zu ſchaͤrffen.

Jm erſten Tauſend.

  • 3. 4. 23. hierum.
  • 26. Redligheit.
  • 4. 6. 19. rein verklaͤret.
  • 7. 15. 12. ſolchen.
  • 9. 23. 9. euch.
  • 11. 29. 4. ſitzt.
  • 22. 71. 5. nach.
  • 33. 18. 1. Fututillam.
  • 2. Fututilla.
  • 5. foz.
  • 34. 23. 1. Seyd gluͤcklich hier / diſting.
  • 36. 31. 5. acht.
  • 38. 40. 2. Statligheit.
  • 56. 29. 3. Tichter.
  • 57. 32. 6. Singen.
  • 59. 37. 13. wer.
  • 61. 45. 11. die.
  • 66. 67. 6. entwandt.
  • 69. 80. 22. Bauch.
  • 76. 1. 3. den.
  • 77. 6. 1. Faulinum.
  • 2. Faulinus.
  • 8. 3. andrer.
  • 80. 26. 1. Der Krieger.
  • 89. 67. 4. Nichts nicht / di -
  • 94. 95. 6. Ballen. [ſting.
  • 97. 3. 2. ſalzen.
  • 99. 13. 1. Cornulum.
  • 2. Cornulus.
  • 106. 47. 5. Den ſechſten.
  • 107. 49. 6. fehret.
  • 127. 42. 1. Bloſcum.
  • 3. Bloſcus.
  • 138. 96. 5. ſuͤſte.
  • 141. 7. 2. rothe.
  • 145. 28. 2. ſchlau.
  • 147. 37. 3. Kett.
  • 149. 46. 2. vns.
  • 156. 65. 4. verheeren.
  • 157. 68. 1. Hanne.
  • 169. 20. 25. denn.
  • 170. 23. 2. holln.
  • 171. 25. 16. Wind.
  • 173. 30. 4. Wildbraͤt.
  • 179. 61. 2. jmmer.
  • 180. 61. 27. der was
  • 181. 64. 4. denn.
  • 183. 69. 7. Redligheit.
  • 192. 99. 18. noch der
  • 202. 35. 4. erhebt.
  • 204. 42. 4. rother.
  • 210. 72. 3. viel man.
  • 214. 92. 3. ſich.
  • 215. 97. 3. aber noch / di - ſting v.
  • Das uͤbrige / vnd was an der Diſtinction verſehen / oder an der Rechtſchreibung nicht beachtet / wolle der vernuͤnfftige Le - ſer ſelbſt zu verbeſſern / vnverdruͤſſig ſeyn / auch dem gemei - nen Jrꝛthum etwas zu gute halten.

Salomons von Golaw Deutſcher Sinn-Gerichte Andres Tauſend.

Petr. Gregor. Tholoſ. d. Repub. lib. 17. cap. 5. v. 4. pag. 1173.

Die Poetiſche Rede hat dieſe Eigenſchafft / daß ſie mit wenigem viel beruͤhre vnd angebe / zu eines jedweden groͤſſeren Annemligkeit.

Martin. Anton. Delrius ad Syntag. Tra - gœd. Latin. in Præfat.

Zwar dieſe (naͤmlich die Wiſſenſchafft deſſen was von den Poeten weislich außgeſprochen worden) ſcheue ich mich nicht auch denen / welche die Heilige Schrifft ſtudiren / angenem zu machen: Fuͤrchte mich auch nicht / daß etliche / ſo anderer Meinung ſind / auff mich moͤchten vnwillig werden. Zwar / ſo ſie hieruͤber die Naſe ruͤmpffen vnd die Stirne runtzeln wolten / wil ich zwar ſehen wie ich jhnen entgehe: Jch wil jhnen aber ent - gegen ſetzen viel ſieghaffte Ritter auß jhrem eigenen Heer; nicht / daß es mir an guten Gruͤnden vnd Urſachen mangele / ſondern weil dieſe bey jenen / allemal viel zu gelten pflegen.

Worauff

Gemeldter Delrius Sechzehen / auß der alten Vaͤter Anzahl beniemet / welche theils die Poeten fleiſſig geleſen / theils ſelb - ſten außerleſene Poeten geweſen.

Schönb. Polit. lib. 3. cap. 43. pag. 357.

Die Poeſie hat eine groſſe Verwandſchafft mit anderen Wiſſenſchafften vnd Kuͤnſten / auch mit der Rechts-Lehre.

Deß Andren Tauſend Erſtes Hundert.

4Andres Tauſend

1.

Sparſamkeit.
WEr Geld vnd Gut denckt zu erlangen /
Muß erſtlich von dem Maul anfangen.

2.

Ein Geitziger.
Das / was in der Erde wurtzelt / nicht was gegen Himmel ſteigt
Friſt ein Maulwurff: Und der Geitzhals iſt zu gleicher Koſt
geneigt.

3.

Von den Steinen der Pyrrhæ vnd Deucalionis.
DJe Pyrrha vnd jhr Mann geſtreut / was waren diß fuͤr
Steine?
Den Kießlingſtein warff ſie / vnd er / den Sandſtein / wie ich
meine;
Dann dieſer dient mehr zum Gebrauch vnd jener mehr zum
Scheine.

4.

Die Augen.
SOnn vnd Monden ſind die Augen an dem Coͤrper dieſer
Welt /
Der das ein auffs lichte richtet / vnd das ein auffs finſtre ſtellt:
Wann manch Menſch nur ſein Geſichte theils in ſich / theils auſ -
ſer ſich /
Wolte richten / wuͤrd er richten / ſo geſchwinde ſich als mich.

5.

Kopff-Straffe.
DJe Haare / ſind ein Wald / der einen Berg bedeckt;
Die Sinnen ſind das Wild / das drunter ſich verſteckt;
Die wuͤten manchmal ſo / daß dann ein Jaͤger kuͤm̃t
Der Wild / der Berg vnd Wald / auff einen Streich hinnim̃t.
6. Witwen -5Erſtes Hundert.

6.

Witwen-Troſt.
Meinen Mann hat Gott genummen / den er gab wie jhm beliebt;
Ey ich wil jhm wieder nemen / wo er mir noch einen gibt.

7.

Wiſſenſchafft.
Dem Fleiſſe wil ich ſeyn als wie ein Knecht verhafft /
Damit ich moͤge ſeyn ein Herꝛ der Wiſſenſchafft.

8.

Vergeben - vnd Vergeſſenheit.
Gedencken / lehrte Krieg; vnd Friede lehrt vergeſſen:
Was hier am leichſten ſey / iſt leichte zu ermeſſen.

9.

Hofe-GichtManus & Pedes; mi - niſtri. Nervi; reditus.
Unſer Hof hat ſolche Gicht / da von Haͤnden vnd
von Fuͤſſen
Sich die Nerven / nicht von Nerven Haͤnd vnd Fuͤſſe
leiden muͤſſen.

10.

Der Außgang.
Wol berathen / gut gerathen; macht den Rath geehrt vnd hold:
Wol berathen / mißgerathen; ſetzt den Rath doch auſſer Schuld.

11.

Schiffen.
AVff dem blauen Saltze reiten
Vnd ein hoͤltznes Pferd beſchreiten /
Laͤſt ſich thun; doch hats Bedencken
Daß mans nicht zu tieff darff traͤncken.

12.

Auffſtehen.
Steht man da auff / wann man hat jetzt zu ſitzen auffgehoͤrt?
Oder wann man zu dem ſtehn / ſich hat erſtlich auffempoͤrt?
A a iij13. Von6Andres Tauſend

13.

Von dem naſſen Jahre 1649.
WAs meint der Himmel doch mit ſo gehaͤufftem Regen?
Wil von deß Krieges Schmutz befleckte Welt er fegen?
Bedeut es wol hinfuͤr / viel Heil vnd reichen Segen?
Mich duͤnckt er traure ſo / vnd gieſſe milde Zehren /
Um das / was Sicherheit der Welt wil noch gewehren /
Die Friede brauchen wil / den Himmel zu gefaͤhren.

14.

Das Weib ſchweige.
Weiber-Lippen ſind geſchaffen
Mehr zum kuͤſſen als zum klaffen.

15.

Ein Kuß.
Die ſuͤſſe naͤſcherey / ein lieblich Muͤndlein-Kuß
Macht zwar niemanden fett / ſtillt aber viel Verdruß.

16.

Der Tod.
DEr Tod iſt vnſer Vater / von dem vns new empfaͤngt
Das Erdgrab vnſer Mutter / vnd vns in jhr vermengt;
Wann nun der Tag wird kummen / vnd da wird ſeyn die Zeit /
Gebiert vns dieſe Mutter / zur Welt der Ewigkeit.

17.

Jſts nicht gut / ſo wirds gut.
Boͤſe Leute moͤgen trotzen / frome Chriſten ſtille leben;
Schafes-Wolle kum̃t in Himmel; Wolffes-Locken nur daneben.

18.

Das Hertze.
GOtt gibt vns / an Leib vnd Seele / ſo viel Schaͤtze / ſo viel
Gaben;
Wil fuͤr Gaben / wil fuͤr Schaͤtze / bloß nur vnſer Hertzen haben:
Wir7Erſtes Hundert.
Wir zwar nemen Schaͤtz vnd Gaben / laſſen aber Schaͤtz vnd
Gaben
(Nicht der Schaͤtz vnd Gaben Geber /) vnſre gantze Hertzen
haben.

19.

Gefangene Keuſchheit.
Frome Weiber ſind / jhr Welſchen / gar vollauff bey euch ver -
handen;
Dann die Keuſchheit liegt verwahret ſtets in Schloͤſſern vnd in
Banden.

20.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / Eure Himmels-Gaben
Die Jhr habt / wie Euch ſie haben /
Sind verfaſt vnd ſpielen weit /
Durch das Gold der Froͤmigkeit.

21.

Uber einen Fuͤrſtlichen Namen.
WAnn den Namen Chriſtian / ich gleich hin vnd her verſetze /
Kum̃t mir nimmer doch nichts rauß / das ich deme gleiche
ſchaͤtze
Was der Namen ſelbſten gibt; dann / ein wahres Chriſtenthum
Jſt dem Fuͤrſten / gar gewiß / nur der allerbeſte Ruhm.

22.

An ein andre Fuͤrſtliche Perſon.
Daß mit dem was Venus ſchenckte / nicht ſey alles gar gethan /
Zeigt die ſuͤſſe Zunge-Fuͤrſtin / vnd der ſcharffe Witz / noch an.

23.

Hofe-Lied.
D was gehet auff
Sauffet tapffer drauff;
A a iiijLeicht8Andres Tauſend
Leicht iſt zu gedencken
Magen muß man traͤncken;
Wo da iſt ein Fuͤrſt /
Jſt auch wer / den duͤrſt.

24.

Junger Rath.
Bey Hofe gilt der junge Rath / als wie ein junger Wein;
Wiewol er Darmgicht gerne bringt / noch geht er lieblich ein.

25.

Witwen-Klage.
WJe ſoll ich armes Weib / mein Ding recht greiffen an?
Ein Weib iſt doch ein Weib / ein Mann iſt doch ein Mann;
Und wo kein Mann nicht iſt / da kan es uͤbel-ſeyn
Daß ſich ſo tieff ein Weib / als Mann / kan laſſen ein.

26.

Spiegel-Gerichte.
Ein jeder lobet meinen Spruch / nur alte Maͤgde nicht;
Weil / daß jhr Schein jetzt tunckel ſey / mein Glas das Urthel
ſpricht.

27.

Nemen.
WAnn das Weib jhr einen Mann / wann der Mann ein
Weib jhm nim̃t?
Weil ſie beyde nemen ſo / wer dann iſt der was bekuͤm̃t?
Ey das Weib! dann die empfaͤngt / traͤget Buͤrden ohne Scheue /
Leget abe / kummet wieder / holet mehr / vnd traͤgt auffs neue.

28.

Gunſt fuͤr Recht.
Kein Corpus Juris darff man nicht
Wo Gunſt vnd Vngunſt Vrthel ſpricht.
29. Hofe -9Erſtes Hundert.

29.

Hofe-Worte.
COmplimenta ſind ein Wind / da ſich ein Chamæleon
Der von Lufft zu leben pflegt / machet voll vnd ſatt davon:
Hertzen / da nicht Witz daheim / haben an der Schmeichel-Luſt
Wie die Kinder an dem Brey / jhre Lieb vnd jhre Koſt.

30.

Hofe-Worte.
Wo die Complimenten ſind / mangelt was gewiß am Willen;
Sonſten doͤrfften Worte nicht / wañ nicht Mangel / was ervoͤllen.

31.

Rechts-Haͤndel.
WEr in Haͤndel ein ſich laͤſt; wer ſich einlaͤſt in ein Spiel;
Jeder muß hier ſetzen auff / welcher was gewinnen wil:
Doch geſchiehts daß mancher auch nichts gewinnt / vnd ſetzt doch
viel.

32.

Duͤrfftigkeit.
Ein Schade ſey ſo hoch er wil / iſt dem doch keiner gleich
Den dieſer hat / der nie nichts hat / dann der iſt ſelten reich.

33.

Ein boͤſer Zahler.
DEr mir funfftzig Guͤlden ſoll / waget zwantzig Guͤlden hin
Daß er meine Zahlung nur moͤchte laͤnger noch verziehn;
Schaut! wie iſt der gute Mann abgerichtet auff Gewin.

34.

Vergnuͤgligkeit.
GLuͤcke kan nie recht betriegen /
Wer jhm jmmer laͤſt genuͤgen /
Alles falle wie es wil
Das vergnuͤgen iſt ſein Ziel.
A a v35. Neidiſche. 10Andres Tauſend

35.

Neidiſche.
WJe ich eſſen ſoll vnd trincken / wie ich mich bekleiden ſoll /
Wie ich ſonſt mein Thun ſoll richten / ſind die Leute Kum -
mers voll:
Wann ich nicht zu trincken / eſſen / noch mich zu bekleiden haͤtte /
Sonſten auch gar viel nicht gilte / gilt es eine ſtarcke Wette /
Ob nur einer findlich waͤre / der nur einmal ſorgt um mich;
Jmmer duͤnckt mich wie auß Neide / nicht auß Gunſt / ſie kuͤm -
mern ſich.

36.

Poͤfel-Gerichte.
Wann ich alſo ſolte ſeyn / wie mich jeder haben wil /
Wuͤrd ich alſo ſeyn wie der / deſſen jeder lacht im Spiel.

37.

Schutz-Rede einer Jungfraw / uͤber die ſpielenden Augen.
JHr Schweſtern / lacht jhr nicht der alber-klugen Lappen /
Die Damen ſperren ein als wie in blinde Kappen
Und halten gar fuͤr ſchoͤn / wann vnſre ſchoͤnſte Zier
Der ſchoͤnen Augen Liecht / ſteht ſelten fuͤr der Thuͤr.
Ach denckt doch / denckt doch nach! durch finſtres ſauer ſehen
Jſt Liebe nie geſtifft / vnd nie kein Bund geſchehen;
Dann Damen ſteht es zu / daß jhrer Aeuglein Schein
Soll wie das Firmament frey zu beſchauen ſeyn
Von jedem der da wil. Was dienen vns die Strahlen
Der Sonne bey der Naͤcht? Wer lobt deß Kuͤnſtlers mahlen
Dafuͤr ein Umhang ſchwebt? Soll die / die lebt vnd lacht
Noch fuͤr der rechten Zeit deß ſterbens ſchwartze Nacht
Jhr ins Geſichte ziehn? Kans dann Natur auch leiden
Das ſo man ſchaͤnden ſoll / vnd ſoll zu brauchen meiden
Was ſie zu brauchen gab? Wer munter um ſich ſchaut
Der gibt von ſich an Tag / daß er jhm ſelbſten traut
Und gut Gewiſſen hat / das ſich fuͤr nichts entſetzet /
Und nicht zu fliehen denckt / dieweil es nicht verletzet;
Ein11Erſtes Hundert.
Ein Auge das nicht kan ein fremdes Auge ſehn
Weiß was geſchehen iſt / weiß was ſoll noch geſchehn
Das nicht zu ruͤhmen iſt. Nein! nein! ſoll dieſes gelten
Die aller beſte Kunſt zu tilgen vnd zu ſchelten /
Wodurch ſich Damen ſonſt fein ſpielen ein / mit Liſt /
Bezaubern einen Sinn der ſonſt noch hatte Friſt?
Das muß mit nichten ſeyn! der Augen klare Blicke
Sind vnſre ſtaͤrckſte Krafft / ſind vnſre Band vnd Stricke
Dadurch vns faͤllt ins Garn ein Wild / das vns gefaͤllt /
Und ſonſt zu vnſrer Gunſt ſich etwa fluͤchtig ſtellt.
Jetzt decken wir ſie zu / jetzt laſſen wir ſie ſchiſſen
Nach dem wir dieſen ſchnell vnd jenen langſam wiſſen /
Hier / brauchen wir den Sporn; dort / brauchen wir den Zaum;
Wir halten jenen an / vnd geben dieſem Raum.
So jener ſich was ſcheut / wil vns vnd jhm nicht trauen /
So oͤffnen wir das Licht durch freundlich gegen-ſchauen /
Erleuchten ſeinen Sinn / entzuͤnden jhm ein Heiß
Dadurch in jhm zerſchmeltzt der Zagheit kaltes Eiß:
Wer eifrig ſeiner Brunſt / halb wuͤtig nach wil hencken /
Muß blitzlich ſeinen Mut auff Ehrerbittung lencken /
Wann vnſrer Augen Glantz mit Wolcken uͤberzeucht /
Und fuͤr den goͤldnen Strahl ein finſter Unmut leucht.
Doch laſſen wir nicht gar in kalter Nacht jhn zagen /
Wir blicken einsmals auff / vnd laſſens wieder tagen /
Zwar ſo / ob das Geſicht ein kurtzes Schrecken gibt /
Er Anlaß dennoch nim̃t / daß er ſich mehr verliebt;
Durch Feuer vnd durch Eiß / durch fuͤrchten vnd durch hoffen
Hat Liebe Ziel vnd Zweck zum meiſten gluͤcklich troffen /
Hat aber dieſe Kunſt vnd dieſer Buhlers-Fund /
Den Augen bloß vertraut / vnd jhrer Art vergunt.
Durch dieſe Waffens-Macht / durch dieſe Liſt wir fangen
Und manchen Liebes-Knecht in vnſer Zelt erlangen /
Durch dieſes Meiſterſtuͤck iſt manches Gluͤck erwacht
Das ſonſten etwa noch / ſchlieff in der tieffſten Nacht.
Manch Schiffer hat gezoͤrnt wann truͤbe Wolcken-Decken
Jhm haben Cynoſur vnd Helice verſtecken
Und12Andres Tauſend
Und alſo ſeinen Lauff in Jrꝛthum wollen ziehn /
Daß er nicht kunte fort da / wo er wolte hin:
Jhr tapffren Cavaliers, die jhr in Lieb vnd Waffen
Zu leben euch begehrt / auch drinnen ein zu ſchlafen /
Ey maintenirt die Sach / vnd ſtuͤrmt eh alle Welt
Als braven Damen ſoll das Kunſt-Werck ſeyn gefaͤllt
Mit Augen / euch zu Troſt vnd Gunſt / nicht frey zu funckeln
Und eurer Liebe Fahrt ſo jrꝛſam zu vertunckeln!
Wir ſind ja darum da / auff daß jhr wiſſen kuͤnnt
Wo / wie / wann / euer Schiff den ſichren Anfuhrt findt?
Wem iſt die Fackel gut / die ſich nur ſelbſt verbrennet
Jn einer tieffen Grofft / dadurch niemand erkennet
Weg / Steig / Berg / oder Thal? Was nuͤtzet ein Geſicht /
Daß ſich nicht auff ſich ſelbſt / dem auch kein andrer nicht
Verlaſſen darff vnd traun? Nicht vns / ſind wir geboren
Auch nicht zur Einſamkeit / wir ſind dahin erkoren
Geſellſchafft einzugehn. Drum ſchaut nur friſch herum /
Jhr Augen / ob nicht bald an warme Seite kum̃
Der / der fuͤr vns geweiht vnd welchem wir gehoͤren!
Laſt euch das alte Lied vom ſchaͤmen nicht bethoͤren.
Ein gar zu bloͤdes Aug / als offtmals iſt geſchehn /
Hat das / was jhm geſollt / verſaumt / verſchaͤmt / verſehn.

38.

Schutz-Rede einer Jungfraw / uͤber die gaͤnge Zunge.
NEchſt ſagt ein alter Greiß: Jemehr die Jungfern ſchweigen /
Jemehr kuͤnn ohne Wort jhr Preis gen Himmel ſteigen /
Die ſtille frome Zucht / die Eingezogenheit /
Die Rede wann ſie ſchweigt / bring eitel Liebligkeit.
Schweig Vater! Alter ſchweig / von ſo verroſten Spruͤchen
Du wollſt dann ſeyn belohnt mit alamode - Fluͤchen!
Du haſt den Amadis / drauß wol man diſcurirt,
Nie oder nicht genng / geleſen vnd ſtudirt /
Drum gilt dein Kram nicht viel / die Ethic iſt vermodert
Die deiner Zeit gieng um / was mehres wird erfodert
Daß13Erſtes Hundert.
Daß Damen lieget ob: Nein / Ja / ich weiß es nicht /
Hat / wie fuͤr alter Zeit / diß Ding nicht außgericht.
Es muß was hoͤhers ſeyn daß Damen muͤſſen wiſſen
Wo ſie nicht wolln den Ruhm / der braven Damen miſſen /
Und Maͤgden gleiche ſeyn. Fuͤr Zeiten wars genug
Wann / was da gab die Kuh vnd was erwarb der Pflug /
Die Jungfern zahlten her: Die Junckern giengen ſeichte
Sie waren nicht weit her / vnd zu erreichen leichte /
Wanns hoͤflich wo gieng zu / ſo klang ein Reuters-Lied
Der gruͤne Tannenbaum vnd dann der Linde-Schmied.
Die Helden-Zeit iſt jetzt / jetzt herꝛſchen ſolche Sinnen /
Die nicht im Graſe gehn / die auff den hohen Zinnen
Der wuͤrde ſtehn voran / in denen Mut vnd Geiſt
Den Mund nichts als von Krieg / Sieg / Mannheit / reden heiſt /
Und dann von courtoiſic vnd ſuͤſſem caresſiren
Der Damen die es wehrt vnd ſie verobligiren
Zu dienſtlichem faveur, durch ſchoͤnen Unterhalt
Und lieblichen Diſcours: Die nicht ſind kahl vnd kalt
An Worten wie ums Maul: Die nicht wie ſtumme Goͤtzen
Sind in die Kirche nur / nicht an den Tiſch / zu ſetzen /
Und die man billich heiſt ein hoͤltznes Frauen-Bild
Das nur zum ſchauen taug / vnd nicht zum brauchen gilt.
Es hoͤrt Don Floriſel, der Helena befehlen;
Das Fraͤulein Sydera, hat Dienſt vnd Gunſt zu zehlen
Die jhr Don Rogel traͤgt: Und Oriana hat
Den tapffren Amadis vnd alle ſeine That
Zu vollem Brauch vnd Pflicht. Es laͤſt ſich uͤbel paaren
Die Erde zu der Lufft / dann die wil oben fahren
Und jene ſinckt in ſich: Drum geht es nach Gebuͤhr
Wann ſich zuſammen haͤlt / Madam vnd dann Monſieur,
Und gleiches gleiches ſucht. Die nur mit ſtummen Sitten
Und Siegel-feſtem Mund jhr Angeſicht erbitten
Wie Larven ohne Hirn: Die tuͤgen nicht hieher
Und jhres Bettes halb / bleibt billich kalt vnd leer.
Die Zunge muß es thun / ſoll wer die Purpur-Roſen
Deß Muͤndleins lachen an vnd jhnen Liebe-koſen /
Die14Andres Tauſend
Die Zunge muß es thun! ſie ſtreut die Blumen hin /
Drauß liebe Cavalliers die ſuͤſſen Kraͤffte ziehn
Zu jhrem Auffenthalt / ſie muß die ſuͤſſen Trauben
Die auff den Lippen ſtehn verbieten vnd erlauben
Nach dem es jeder wehrt. Soll ein ergetzlich Kuß
Seyn beſſer angewehrt / als auff deß Pabſtes Fuß /
So muß ein lieblich Wort / ſo muß ein freundlich kuͤrmeln
Bey ſuͤſſen ſchmaͤtzerlein / dem laͤcheln vnd dem muͤrmeln
Sich artig miſchen ein / wodurch der Liebſte merckt
Sein Thun ſey wol gethan / vnd ſeine Thurſt geſtaͤrckt:
Wer aber nicht geweiht deß Muͤndleins Liebe-ſpielen /
Deß Geiſtes Nectar - Safft zu niſſen vnd zu fuͤhlen /
Dem muß ſie ſchlieſſen zu / die Corallinen-Pfort /
Durch ein entſetzlich Pfuy! vnd durch ein bittres Wort.
Die Zunge muß es thun / ſolln Cavalliers erlernen
Diſcret er Damen Witz / ſolln ſie ſich nicht entfernen
Von jhrer Seite weg / ſo muß die Zung es thun;
Die macht den Helden Lufft vnd ein erquicklich ruhn /
Gibt jhnen neue Krafft / bringt ein verguntes raſten
Vom Eifer jhres Muts vnd jhrer Waffen Laſten /
Macht daß ein kuͤhnes Hertz um / auß der Dame Mund /
Ein angenemes Wort / ſich Thaten vnterſtund
Die biß an Himmel gehn; macht / daß auch kalte Sinnen
Zur Kuͤhnheit werden warm: Sie weiß gleich gut zu kuͤnnen
Tyrtæus muntre Kunſt / als wol ein Grichiſch Mann /
Der durch ein hitzig Lied auff ſeinen Feind entbran.
Die Zunge muß es thun vnd durch die Waffen dringen /
Ein Martialiſch Hertz hin in die Schrancken zwingen
Jdaliſcher Geſetz / vnd ſchaffen daß ſich buͤckt
Fuͤr einer Dame der / auff den / wann er nur blickt /
Sonſt tauſend Cavalliers genaues mercken geben
Und ſetzen wann er wil / in Tod jhr friſches Leben.
Die Zunge muß es thun / daß einer Dame Mund
Gekunt hat / was ein Schwerdt vnd Scepter hat gekunt.
Die Zunge hats gethan / daß niedriges Gebluͤte
Auff hohen Stuͤhlen ſitzt / vnd gehet in der Mitte /
Und15Erſtes Hundert.
Und faͤhrt mit Sechſen her / verachtet Fuͤrſten-Blut /
Und mangelt jhm ſonſt nichts / als daß es alles gut
Zu zehlen nicht vermag / daß theils durch bloſſes wincken
Sich findet uͤber Nacht / theils durch deß Degens blincken
Mit ſummen lauffet ein. Die Zunge hats gethan
Daß einer Dame Wort kan / was niemand nicht kan /
Daß ſie ſich edel kan / ſchoͤn / reich vnd ehrlich machen /
Ob ſie es vor nicht war / daß ſie in allen Sachen
Recht hat vnd recht behaͤlt / wiewol ſie vnrecht thut /
Und was ſie thut / gethan iſt loͤblich / herꝛlich / gut.

39.

Von einem Braͤutigam / Braut / vnd Pfarꝛ.
BRaut vnd Braͤutgam ward getraut / eh ein jedes nun
empfing
Jhrer Pflichten offnes Pfand / wie gebraͤuchlich / einen Ring /
Ward die Braut noch fertig eh / als damit der Braͤutgam war /
Dann der Ring war etwas eng / vnd der Finger dicke gar:
Tugendſame Jungfer Braut / haltet euer Zeichen an
Biß der Braͤutgam / ſprach der Pfarꝛ / ſeines fertig haben kan.

40.

Belohnung vnd Straffe.
EJnen Acker wol durchpfluͤgen / einen Acker wol betuͤngen
Macht / daß Unkraut muß verwelcken vnd das Land muß
Fruͤchte bringen:
Laſterhafftes Weſen ſtraffen / tugendhafftes Thun belohnen
Macht / daß Unheil auſſer Landes / inner Landes Heil muß
wohnen.

41.

Rache.
Ey ich wils jhm ein-noch reiben / dieſes Ding muß ſeyn gerochen!
Einer hat mich / ſpricht Peninna, ſpoͤttiſch vnlaͤngſt angeſtochen.
42. Be -16Andres Tauſend

42.

Beraubter Gemein-Kaſten.
D das allgemeine Heil
Keinen Abbruch darff erfahren /
Wil davon ein jeder Theil
Nemen vnd bey ſich bewahren.

43.

Wiſſenſchafft auß Bernhardo.
THeils ſucht man Wiſſenſchafft / nur bloß zu ſchlechtem wiſſen;
Und dieſes dient dahin den Fuͤrwitz nur zu buͤſſen:
Theils ſucht man Wiſſenſchafft / damit man ſey geehrt;
Und dieſes thun nur die / die Eitelkeit bethoͤrt:
Theils ſucht man Wiſſenſchafft / damit man was verdiene;
Und dieſes ſchlaͤgt nur auß zu ſchaͤndlichem Gewiene:
Theils ſucht man Wiſſenſchafft / dem Nechſten zum Genieß;
Und dieſes iſt ein Werck / das wahre Lieb vns hieß:
Theils ſucht man Wiſſenſchafft / ſich ſelbſten zu verſorgen;
Und diß dient / daß man ſo / nicht fremde Witz darff borgen.

44.

Ein reicher Geitzwanſt.
Verres iſt ein laſtbar Eſel / aber nicht ein reicher Mann /
Weil nur bloß zum Saͤcke trageu / Gluͤck jhn hat genummen an.

45.

Nutz.
Der ergreifft nicht leichtlich Gunſt / der da iſt im Seckel blind;
Weil die Gunſt trit meiſtens hin / wo Genieß vnd Vorthel ſind.

46.

Hurerey.
Juden hatten harte Hertzen / mochten drum viel Weiber nemen:
Was fuͤr hartes haben Chriſten / die viel Huren ſich bequemen.
47. Hurer. 17Erſtes Hundert.

47.

Hurer.
WEn man / wie man ſpricht / ergreifft auff einem fahlen
Pferde /
Der verdient daß ſeine Trew / gar ſchwartz geachtet werde:
Den man / wie gemein / ergreifft / auff einer falben Dame
Dieſen trifft (warum auch nicht?) ein tapffer [a] Kaͤyſers-Name.
[a] Von Carle dem Groſſen / ein tapffrer Kerle.

48.

Die goͤldene Zeit.
Jetzt iſt die goͤldne Zeit; wer jetzt kein Gold nicht hat /
Hat keine gute Zeit / vnd iſt jhm auch kein Rath.

49.

Vergleich / da man etwas behaͤlt vnd etwas nachlaͤſt.
Wann Mann vnd Weib ſich zanckt / iſt Suhne recht beſtellt /
Wann dieſer was raͤumt ein / hingegen ſie was haͤlt.

50.

Weiber-Herꝛſchafft.
Gehorchen ſollen Weiber / befehlen aber nicht
Wie reimt ſich / das Geſetze / wer vnten lieget / ſpricht?

51.

Auff Virnam.
Virna ſagt: Jhr Morgenſtern ſey jhr Mann; jhn anzublicken
Und jhm ins Geſicht zu ſehn / legt ſie ſich gern auff den Ruͤcken.

52.

Ein Welt-Mann.
Was heiſt politiſch ſeyn? Verdeckt im Strauche liegen /
Fein zierlich fuͤhren um / vnd hoͤflich dann betriegen.
B b53. Silber18Andres Tauſend

53.

Silber / der Monden.
Jſt das Silber auch ein Monden / wie Chimiſten etwa meinen /
Wie daß mir dann dieſer Monden nie wil an der Voͤlle ſcheinen?

54.

Gold / die Sonne.
Jſt das Gold ein andre Sonne / wie Chimiſten wil beduͤncken /
Wie daß ſie mir wie ein Winter / wil nur ſtets zur Seite blincken?

55.

Gute vnd Boͤſe.
Die Boͤſen / haben Himmel; die Guten / hier die Hoͤlle;
Gut! warte biß dort oben / da wechſelt man die Stelle.

56.

Friedens-Krieg.
DEr durch Waffen uͤberwunden
Hat noch lange nicht geſieget:
Friede-machen hat erfunden /
Daß der Sieger vnten lieget.

57.

Welt-Glauben.
TRew vnd Glauben iſt zerriſſen
Dran die Welt zuſammen hing /
Dieſes macht / daß ſo zu biſſen
Aller Laͤnder beſtes ging.

58.

Krieg.
Moiſes, kunte Staub vnd Aſchen von dem klaren Golde machen:
Krieg hat gar gemacht zu nichte / Gold vnd Gut vnd alle Sachen.
19. Tugend. 19Erſtes Hundert.

59.

Tugend hinter dem Gelde.
Das Reichthum / iſt die Fraw; die Tugend / iſt die Magd:
Der mit der Magd / der triffts / es fuͤr die Fraw gewagt.

60.

Redligkeit.
WEr ſchlaͤft der ſchnarcht wol offt / beiſt aber dennoch nicht;
Die Redligkeit verlacht / was jhr Verfolger ſpricht;
Ein Biedermann / ſteht ſtets; nicht lang / ein Boͤſewicht.

61.

Obrigkeit vnd Unterthanen.
Ob die Untren von den Obren / ob der Untren Obre wegen /
Fragſtu / ſind? Frag: Ob am Hirten / ohne Heerd iſt viel gelegen?

62.

Auff Rhombum.
Rhombus ſpielt im Frauenzimmer neulich um Diſcretion;
Jſt mir recht / ſie iſt verſpielt / daß nichts uͤbrig mehr davon.

63.

Auff Aërium.
Wer kennt Aërium, vnd wo ſein Haus er haͤlt?
Sein Haus hat keine Thuͤr / es iſt die gantze Welt.

64.

Auff Foratam.
Forata ſpricht / ich ſchlage den / der mich denckt zu kuͤſſen;
Was mehr? Sie hat kein Eiſen / ſie ſind ſchon abgeſchmiſſen.

65.

Auff Theanam.
Eine Goͤttin iſt Theana, wie die blinden Buhler duͤnckt;
Jmmer hin! iſts aber Goͤttlich / daß ſie wie die Boͤcke / ſtinckt?
B b ij66. Die20Andres Tauſend

66.

Die Gelegenheit Europæ.
EUropa, wie es liegt / ſiht einer Jungfer gleich;
Das Kleinod auff der Bruſt / iſt Czechus Koͤnigreich;
Nach dieſem grieff Mars erſt / vnd lernte rauben dran /
Daß mehr kein Kleinod ſie / gar kaum ein Hemd hat an.

67.

Abfuhre der Soldaten. Evacuatie.
DEntſchland ſoll jetzund purgiren
Vnd deß Krieges Wuſt abfuͤhren:
Wer doch glaubt / was dieſe Wuſt
Wol fuͤr Muͤh vnd Mittel koſt?
Wer hierzu nicht gab das Leben
Muß das andre Blut doch geben.

68.

Die Weiber.
Mag man Weiber Gaͤnſe nennen / da ſie doch nicht kuͤnnen
fliegen
Kan es ſeyn / theils wann ſie ſchnaddern / theils in Gaͤnſe-Federn
liegen.

69.

Die H. Schrifft.
Die Schrifft / die iſt ein Fluß / dadurch ein Elephant
Muß ſchwimmen / vnd ein Schaf geht ſicher an das Land.

70.

Neuerung.
Altes Ubel wol geſtellet / iſt nicht leichtlich auffzuruͤhren:
Neues wol / als altes Ubel / iſt viel aͤrger offt zu ſpuͤren.
71. Ein21Erſtes Hundert.

71.

Ein begnadeter Diener.
Gunſtart / dient ſo manches Jahr / hatt vnd hat doch keinen
Sold;
Ey wie vnrecht! O er nam / vnd bekam / was er gewolt.

72.

Auff Fuſcam.
FUſca iſt zwar maͤchtig ſchoͤn / pfleget aber fuͤrzunemen
Sachen / dir jhr ſchoͤnes Weiß / ziemlich ſchwaͤrtzen vnd be -
ſchaͤmen;
Schoͤner kum̃t ein ſchoͤnes Bild / wann es ſteht in ſchwartzen
Raͤmen.

73.

Die Buͤcher Moiſes.
Wie hat Moiſes kuͤnnen wiſſen / was von Anfang iſt geſchehn?
Wie er das was kuͤnfftig ware / deutlich hat voran geſehn.

74.

Das geſchriebene Wort.
DJe Schrifft die iſt ein Brieff von Gottes ernſtem Willen
Geſchrieben an die Welt / denſelben zu ervoͤllen;
Wie daß er liegen bleibt? Und niemand an jhn nim̃t?
Weil ſeinen Titul er / nach Willen nicht bekuͤm̃t.

75.

Goͤttliche Wunder-Wercke.
Daß die Welt auß nichts erſchaffen / wer nur dieſes glauben kan /
Wie er billich ſoll / wird zweiffeln nichts / was ſonſt die Schrifft
zeigt an.

76.

Brieg / verſetzt / Begir.
BRieg du warſt fuͤr allen Nimpffen
Die am Oderſtrome ſchimpffen
B b iijLange22Andres Tauſend
Lange Zeit her / fuͤr vnd fuͤr /
Aller Cavalliers Begir /
Alle liebten dein Vermuͤgen;
Keiner aber dein Vergnuͤgen.

77.

Geſetz vnd Evangelium.
Jſt Geſetz ein Spiegel glas / das die Suͤnde fuͤr vns bildt:
Jſt das Evangelion eine Decke / die es huͤllt.

78.

Die H. Schrifft.
DJe Schrifft / die iſt ein Licht / den Gang vns recht zu weiſen:
Die Schrifft / die iſt die Koſt / die Seele wol zu ſpeiſen:
Die Schrifft / die iſt das Kraut / Gebrechligkeit zu daͤmpffen:
Die Schrifft / die iſt das Schwerdt / die Feinde zu bekaͤmpffen:
Die Schrifft / die iſt die Salb / auff deß Gemuͤtes Wunden:
Die Schrifft / die iſt die Zucht / drinn ewig Heil wird funden.

79.

Die hoͤchſte Weißheit.
GOtt vnd ſich im Grunde kennen
Jſt die hoͤchſte Witz zu nennen:
Vielen iſt viel Witz gegeben
Dieſe ſelten noch daneben.

80.

Anzahl der Freunde.
Wer viel Freunde ruͤhmt zu haben / hat gewiß gar wenig Sinnen:
Alle Sinnen fehlen offters / einen Freund zu finden kuͤnnen.
81. Heuchel -23Erſtes Hundert.

81.

Heuchel-Leute: Falſche Leute.
LJeber Gott / was haſtu Affen? Die auß nichts wolln machen
viel?
Mancher traͤgt mir lauter haſſen / ſagt mir doch von vielem
lieben:
Lieber Gott / was haſtu Affen? Was geſagt / iſt alles blieben /
Weil man jetzt auß viel verheiſchen / wieder gar nichts / machen
wil.

82.

Poeterey mindert das Anſehen.
EY! ſo laß ich den nicht bleiben
Was ich ſchrieb noch mehr zu ſchreiben?
Erbarkeit hats bald verdroſſen
Wann ſie um ſoll gehn mit Poſſen:
Jſt mir recht Verdruß zu mindern
Kindeln Maͤnner offt mit Kindern:
Auch ſo bringt man ernſte Sachen
Fuͤglich an vnd ein / durch lachen.

83.

Die Erde wird bewegt.
Daß die Erde ſich bewegt vnd niemals nie ſtille ſtund
Mag wol ſeyn; was eckicht war / wird fort mehr ja alles rund.

84.

Langes Leben.
Langes Leben iſt ein Segen / der den Seinen gibet Gott
Jeder wuͤntſchet jhn zu haben / da er doch iſt voller Spot.

85.

Weiſes Mißtrauen.
EJn Ehren-loſes Weib das jedem wird zu Willen
Traͤgt ſelten eine Frucht / pflegt nur die Brunſt zu ſtillen:
B b iiijWer24Andres Tauſend
Wer aller Trew ſich traut vnd Glauben traͤgt ſo feil /
Gibt ſeinen Theil zwar auß / nim̃t aber keinen Theil.

86.

Der Menſch.
Neun Monden wird ein Menſch zum Leben zubereitet:
Darff einen Augenblick / der jhn zum Tode leitet.

87.

Muͤtterliche Liebe.
DJe Mutter traͤgt im Leibe / das Kind drey Viertel-Jahr:
Die Mutter traͤgt auff Armen / das Kind weils ſchwach
noch war:
Die Mutter traͤgt im Hertzen / die Kinder jmmerdar.

88.

Das Creutze.
Fleucht der Teuffel fuͤr dem Creutze? Wer iſt ſo der Teuffel nicht?
Weil von Truͤbſal vnd von Creutze jeder ſich ſo gern entbricht.

89.

Himmel vnd Erde.
DEr Mann / ſoll ſeyn der Himmel; das Weib / wil ſeyn die
Erde;
Daß Erde von dem Himmel umfangen jmmer werde /
Daß Erde von dem Himmel ſich ſtets gewaͤrmet wiſſe /
Daß Erde von dem Himmel den Einfluß ſtets geniſſe.

90.

Auff Vindam.
Liebet Vinda gleich friſch Brot / friſchen Tranck / friſch Fleiſch /
friſch Geld;
Jſt doch nur ein friſcher Mann / was am beſten jhr gefaͤllt.

91.

Der Plautiniſche Teller-Lecker.
MEine Mutter war der Hunger; ſeit ſie mich auß ſich gebe -
ren
Hat ſie ſich bey keinem Tage noch zur Zeit auß mir verloren.
Zwar25Erſtes Hundert.
Zwar zehn Monat trug ſie mich / vnd zehn Jahre trag ich ſie /
Keines hat fuͤr dieſe Laſt andrem noch gedancket je.
Jch war klein / da ſie mich truge / ſie iſt maͤchtig groß zu tragen /
Drum entſtunden jhr gar kleine / mir gar groſſe Kindes-Plagen /
Jch auch fuͤhle fort vnd fort groſſe Schmertzen / groſſes Weh
Doch vermerck ich daß ſo bald / ſie von mir nicht weg noch geh.

92.

Schlaͤge. Heidf. in Sphin. Co - roll.
EJne Glock vnd eine Nuß vnd ein Eſel vnd ein
Knecht
Thun nicht leichtlich ohne Schlag / was ſie ſollen jemals recht;
Jene ſchweiget / die verharꝛt: Jener ſteht / vnd dieſer liegt;
Wann das Eiſen vnd das Holtz jhnen recht wird angefuͤgt
Klinget jene / dieſe bricht: Jener geht vnd dieſer eilt;
Drum was jedem zugehoͤrt / ſey auch jedem zugetheilt.

93.

Schaͤdliche Ehe.
Wann ſich mit Gewalt / Unverſtand verfreyt.
Wird geboren drauß / tolle Wuͤtigkeit.

94.

Laͤſterer.
Wann ein Boͤſer Gute ſchmaͤht: Wann ein Kind den Wind
verblaͤſt
Gilt es gleich / ob vnten diß; jener oben / Athem laͤſt.

95.

Gottloſe Schwaͤlgerey.
Haͤuffig ſauffen Schweiß vnd Blut armer Chriſten-Leute /
Druͤber fuͤhren guten Mut / iſt gebraͤuchlich heute;
Was muß drinnen wol fuͤr Luſt / fuͤr Vergnuͤgen ſtecken?
Ey! zum Truncke dieſe Koſt pflegt / wie Saltz zu ſchmecken;
Weil auch dort der reiche Mann Waſſer nicht kan haben
Jſt es Zeit / daß hier voran guter Trunck mag laben.
B b v96. Be -26Andres Tauſend

96.

Betriegen.
MEnſchen ſind als Teuffel aͤrger / weil der Teuffel nirgend
ſchwur
Dann er weiß daß er ein Luͤgner vnd betrieglich jmmer fuhr:
Aber Menſchen ſchweren frechlich / wann ſie ſich gleich ſelbſten
fuͤhlen /
Dann ſie dencken durch das ſchweren zu gewinnen / wie durch
ſpielen.

97.

Eine Maultaſche.
Eine Maultaſch iſt ein Ding / zwar nicht ſchaͤdlich an dem Leben;
Auſſer / daß ſie dem Gehoͤr Abbruch wil vnd Nachtheil geben.

98.

Ruchloſigkeit.
Welt ſtellt ſich jetzt / als waͤr / kein Teuffel vnd kein Gott;
Ey warte biß dirs weiſt / der ſchwartze Gaſt / der Tod.

99.

Warheit.
Frome Leute klagen ſehr / daß die Warheit ſey verloren;
Suche wer ſie ſuchen wil / aber nicht in hohen Ohren.

100.

Glauben.
Luthriſch / Paͤbſtiſch vnd Calviniſch / dieſe Glauben alle drey
Sind verhanden; doch iſt Zweiffel / wo das Chriſtenthum dann
ſey.

Deß Erſten Tauſend Andres Hundert.

28Andres Tauſend

1.

Der Weg zu Gunſten.
WJlſtu / daß man dich bey vns wol verehr / vnd deiner dencke?
Stelle Gaſtereyen an / ſprich ſtets ja / vnd gib Geſchaͤncke.

2.

Geſundheit.
Geſundheit wil bey Armen / als Reichen / lieber ſtehn;
Wie ſo? Sie haſſet praſſen vnd ſtetes muͤſſig gehn.

3.

New-Jahrs-Wuntſch an Eine Fuͤrſtliche Perſon.
TReue Fuͤrſtin / vnſrer Welt
Jſt auffs neue zugeſtellt
Von der Sonn ein edler Ring
Wie ſie jedes Jahr empfing.
Ach! es wolle dieſem Ringe
Seyn verpflichtet diß Gedinge /
Daß erſteh zu ſichrem Pfande
Eurem Gluͤck vnd Segens-Stande;
So wie Jhr / Jhr Fuͤrſten-Gold
Haupt vnd Gliedern / Heil vnd Hold
Gabt durch den Vermaͤhlungs-Ring /
Den mein Printz von Euch empfing!
Krieg / weich ab vnd neme Scheue
Fuͤr deß Friedens fromer Treue!
Boͤſe Tuͤck vnd Triegligkeiten /
Lauffen fuͤr den Redligheiten!
Altes Arg / ſterb alles hin /
Neues Wol / blieb jmmer gruͤn!
Altes29Andres Hundert.
Altes Vnrecht / alter Drang /
Geh zur Hoͤlle ſchnellſten Gang!
Heldin / Euren tapffren Sinnen
Fehle nimmer kein Beginnen!
Eurem Willen muͤſſe lachen /
Was ſich ſonſt pflegt ernſt zn machen!
Eurem ſchaffen muͤſſe ſtehn /
Was von dannen ſonſt wil gehn!
Eurem wincken kumme her /
Was ſonſt blieben ſonſt wo waͤr!
Ach! daß Eure reine Schoͤne
Keine Schwachheit nie verhoͤhne!
Daß ſtets Eure Liebligkeiten
Opffer nemen von den Zeiten!
Daß ſtets Eure Froͤmigkeit
Sey ein Gifft fuͤr Haß vnd Neid!
Daß der vngefaͤlſchte Mut
Sey fuͤr Liſt vnd Vorthel gut!
Was Euch ſonſten iſt beſcheiden
Von dem Himmel / muͤſſe neiden
Jeder / der auß ſchwartzer Tuͤcke
Nagt deß andren redlich Gluͤcke:
Froͤlich muſſen druͤber ſeyn
Die ſich lieſſen ſchreiben ein
Jn den Biedermannes Bund /
Da kein Dupelman nie ſtund!
Lange! lange muͤſſen laben
Meinen Herꝛſcher Eure Gaben!
Lange! lange muͤſt jhr leben
Dieſe Gaben außzugeben;
So30Andres Tauſend
So daß die gepaarte Trew
Jmmer bleibe friſch vnd new!
Biß Piaſtus alter Baum
Wieder kumm in erſten Raum /
Daß er mit gevielten Zweigen
Muͤge biß zun Sternen ſteigen /
Daß er vnſer Land bebreite
Mit deß Schatens gruͤner Weite /
Daß der lechzend Vnterthan /
Drunter ſich erfriſchen kan /
Daß er kan von ſeiner Frucht
Nieſſen was er darff vnd ſucht!
Jch / ſo ich mich darff vermeſſen
Meiner ſelbſt nicht zu vergeſſen /
Wuͤntſche mir zu meinem Theile:
Daß mir jetzt vnd alle weile
Meine Herꝛſchafft traue zu /
Daß ich nimmer ſpar vnd ruh
Ohne Ruhm vnd ohne Schein
Treuer Vnterthan zu ſeyn.

4.

Triegereyen.
Krummes mag man wol verſtehn /
Krummes aber nicht begehn.

5.

Selbſt-Erkaͤntnuͤß.
Wilſtu fremde Fehler zaͤhlen / heb an deinen an zu zaͤhlen;
Jſt mir recht / dir wird die weile zu den fremden Fehlern fehlen.
6. Heu -31Andres Hundert.

6.

Heucheley.
Die Redligkeit iſt Gold; die Heucheley iſt Erde;
Zu ſuchen jen auß der / darff Kunſt vnd hat Gefaͤhrde.

7.

Verheurathete Weine.
LUſtig jhr Bruͤder vnd Ohmen deß Weines!
Hoffet was gutes vnd wartet ein kleines /
Schnaltzet vnd lecket mit luſtigen Zungen /
Unſere Weine die werden bald jungen!
Ungriſche / haben auß Maͤhren verſchrieben
Jtem auß Oeſterreich / Weine zum lieben;
Weil ſie nun taͤglich mit jhnen ſich paren /
Lieber was wird man nicht tauffen erfahren?

8.

Auff Novulam.
NOvula hat gar nicht gerne / was auch andre Weiber haben;
Daß ſie dann braucht noch die Naſe / ſam̃ der andren fin -
ſtren Gaben /
Dran ein jeder / auch ein Bauer / ſich gemeinlich pflegt zu laben.

9.

Kleider.
GEſundheit iſt der beſte Schmuck; den wirfft man uͤber
Hauffen
Durch Geilheit / Mutwill / Muͤſſiggang / durch freſſen vnd durch
ſauffen /
Und meint / es ſey dann außgericht / durch ſchoͤner Kleider kauffen.

10.

Auff eine vngenante Perſon.
ACh! mir iſt ein treuer Freund / von dem Gluͤcke zugewand /
Sagt ein Weib: Sein gantzes Hertz hab ich mir in meiner
Hand:
Dieſes hoͤrt ein andrer Freund / ſahe drauff / ſchwur ohne Danck /
Was er in der Hand geſehn / ſey kein Hertz / es ſey zu lang.
11. Ehebruch.32Andres Tauſend

11.

Ehebruch.
MAn haͤlt es fuͤr gewiß / daß jetzt Ehbrecherey
Bey vns ſo gar gemein vnd nur ein Poſſen ſey;
Was hilffts? Frantzoͤſich iſts / daß diß was war zerſtuͤckt
Bleib jmmer lieber ſo / als daß man es ſehr flickt.

12.

Frantzoͤſiſche Art.
D man Deutſchen hat fuͤr redlich allezeit zuvor gehalten /
Und Frantzoſen fuͤr was leichte / findet man bey vielen
Alten:
Aber jetzt ſolls ſtraͤflich ſeyn / wann man nicht nach Redligkeit
Sondern nach der leichten Art richtet Sinn / Geberd vnd Kleid.

13.

Menſchen ſind Luͤgner.
D alle Menſchen Luͤgner ſeyn / iſt mit Beſcheid zu nemen;
Die Schrifft / die ſiht auff vnſre Zeit / da luͤgen heiſt be -
quemen;
Bequemen / heiſt Politiſch ſeyn; wer wil ſich deſſen ſchaͤmen.

14.

Fuͤrſten-Geſchencke.
Fuͤrſten-Gaben ſind wie Baͤche / ſtuͤrtzen jmmer gegen Thal /
Tꝛeffen ſo nur / wie ſie treffen / ohngefehr vnd ohne Wahl.

15.

Theilung wuͤſter Guͤter.
Da wir mehr nichts gantzes haben / wollen wir noch dennoch
theilen;
Wollen lieber neue ſchneiden / als die alten Wunden heilen.

16.

Auff Edonem.
Edo ſam̃let allen Schatz / was er zu vnd ein kan tragen /
Unter ein gedupelt Schloß / vnter Bauch vnd inner Magen.
17. Auff33Andres Hundert.

17.

Auff Nigrum.
Als ſein Ohren auff den Marckt Niger ſchickte / kaufften ſie
Einen Titel: Daß kein Schelm aͤrger war als Niger je.

18.

Weiber-Zanck.
WEiber Haͤndel / die wie braͤuchlich / vnter jhnen ſtets entſtehn
Pflegen endlich auff ein ſagen vnd auff nichts mehr / auß -
Jene ſagte dieſes neulich / vnd es ſagte jenes die;
(zugehn
Dieſes hat ſie nicht geſaget / jene ſagte ſolches ni[e;]
Eine ſagte / das da ſagte dieſe / jene ſagte das /
Nein ſie ſagte / daß ſie ſagte dieſes nicht / nur ſonſten was:
O ich weiß wol was ſie ſagte / wil ſie / ſagt jhr / ſagen nicht
Was ſie ſagte / wil ich ſagen / was ſie ſagte frey ans Licht;
Ey ſie ſage was ich ſagte / eh ich ſagte ſagt ſie vor /
Sagt nur / daß ſie ſolle ſagen / was ſie mir ſagt in ein Ohr.
Dieſes ſagen wil nun wehren weil das Leder wehrt ums Maul /
Dann zum ſagen vnd zum plaudern ſind die Weiber ſelten faul.

19.

Schlecht vnd recht Pſal. 25. . 21.
Schlecht vnd recht behuͤte mich / Tuͤck vnd Vorthel aber nicht:
Folge du der Welt / vnd ich dem / was Gottes Geiſt hier ſpricht.

20.

Menſchliche Thorheit.
OFters denck lchdran vnd nach / was doch Menſchen ſind fuͤr
Thoren;
Die da wiſſen / daß die Welt durch den Tod wird gantz verloren /
Wagen dennoch alles drauff vnd ſich ſelbſten auch wol dran /
Daß ein jeder deſtomehr dergeſtalt verlieren kan.

21.

Undanck.
Treuer Thaten Nachklang
Jſt gemeinlich Vndanck.
C c22. Der34Andres Tauſend

22.

Der Welt Widerthon.
WAs iſts worauff jhr Ziel geſetzt hat alle Welt?
Befrag ein Echo drum; was ſagt ſie? Hoͤre! Geld.
Was iſt dann wol das Geld / das ſolche Liebe ſtifft?
Geh frag ein Echo drum / was ſagt ſie? Hoͤre! Gifft.
Ach ja! wer dieſe Gifft nim̃t vn beſunnen ein /
Wird ehſtes Seelen-arm vnd Sinnen-loſe ſeyn.

23.

Deß Menſchen Alter.
EJn Kind; vergiſt ſich ſelbſt: Ein Knabe; kennt ſich nicht:
Ein Juͤngling; acht ſich ſchlecht: Ein Mann; hat jmmer
Pflicht:
Ein Alter; nim̃t Verdruß: Ein Greiß; wird wieder Kind:
Was meinſtu / daß doch diß fuͤr Herꝛligkeiten ſind?

24.

Ein verſoffen Weib.
Ein Weib das gerne trinckt / ſpeyt vnverſehens auß
Jhr Ehr / jhr gut Geruͤcht / auch endlich Haab vnd Haus.

25.

Auff Cornutum.
COrnutus vnd ſein Freund / beſtehn auff einem Willen /
So / daß die wahre Pflicht der Freundſchafft ſie ervoͤllen
Ob jener liebt ſein Weib / liebt dieſer die nicht minder
Ob jener etwa denckt / denckt dieſer auch auff Kinder.

26.

Von der Frucht-bringenden vnd Frucht - tilgenden Geſellſchafft.
FRucht-tilgende Geſellſchafft / hat viel bißher vernichtet:
Frucht-bringende Geſellſchafft / hat viel bißher verrichtet:
Frucht-tilgende Geſellſchafft / nam Deutſchland manche Zier /
Frucht-bringende Geſellſchafft / gab derer viel herfuͤr:
Frucht -35Andres Hundert.
Frucht-tilgende Geſellſchafft / hat jhren Stoltz geleget /
Frucht-bringende Geſellſchafft / hat fernern Preis erreget:
Frucht-tilgende Geſellſchafft wird kuͤrtzlich mehr nicht ſeyn /
Frucht-bringende Geſellſchafft / vermehret ſtets den Schein:
Frucht-tilgende Geſellſchafft / war weing Deutſch geſinnet
Frucht-bringende Geſellſchafft / hat reiche Frucht geguͤnnet.
Jch mache mir Gedancken / daß Deutſchland jmmerdar /
Es tobe wer da wolle / wird bleiben was es war /
Jm Fall mit fremden Schanden / die Deutſchen Redligkeiten
Vielmehr mit Deutſchem Hertzen / wir beſſern / nicht beſtreiten.

27.

Das Neue Jahr.
ABermals ein Neues Jahr! jmmer noch die alte Noth!
O das alte kuͤm̃t von vns; vnd das neue / kuͤm̃t von Gott;
Gottes Guͤt iſt jmmer new / jmmer alt iſt vnſre Schuld /
Neue Rew verleih vns / HErꝛ / vnd beweis vns alte Hold.

28.

Das vergangene Jahr.
GOtt ſey Danck! das alte Jahr / iſts auffs neue nun ver -
ſtrichen /
Gott ſey Danck! viel arges Ding iſt mit ſolchem hingewichen /
HErꝛ / vergieß was wir gethan / das was du vns zugemeſſen
Wollen wir / wir warens werth / nimmer zehlen / gar vergeſſen;
Arges Thun bracht argen Lohn / was vns gutes wird geſchencket
Kam von deiner Guͤt / vnd iſt wuͤrdig / daß man dran gedencket.

29.

Buͤſſen.
AUff finſtres folget Licht / auff Naͤchte folgen Tage:
Wie kum̃ts / daß nimmer Ruh ſich finden wil auff Plage?
Wie kum̃ts / daß nimmer Rew ſich finden wil auff Suͤnden?
So wuͤrde ſich das Heil auff Straffe leichtlich finden.
C c ij30. Ver -36Andres Tauſend

30.

Vergangenes Ubel.
ES gieng gleich wie es gieng / doch hat was vns gegunt
Der Gott - vnd Menſchen-Feind / zu thun noch nie gekunt:
Es gieng gleich wie es gieng / noch gieng es alſo doch
Daß Gott noch ſteht bey vns vnd wir bey Gotte noch.

31.

Die Stunden.
Menſch vertraue keinen Stunden / weil ſie nimmer ſtille ſtunden
Du lauffſt mit vnd haſt dich blitzlich deinem End entgegen
funden.

32.

Ein fromer Edelmann.
MAg dann auch ein Rittersmann
Redlich / from vnd ehrbar ſeyn?
Duͤnckt mich doch / es ſteht ſchlecht an
Gibt auch einen Feigen Schein?
Ein Bericht iſt noth: Ob der /
Der ein Rittersmann ſonſt heiſt /
Bloß gehoͤr ins Teuffels Heer?
Dann / ſo hat ſichs ſelbſt geweiſt.

33.

Verſehung.
Jſt mein Erwelung wol / durch Gottes Schluß geſchehn?
Werd ichs nur nicht verſehn / ſo bin ich wol verſehn.

34.

Der Neid.
Die Ehr iſt wie ein Thurn / der Neid die Weterfahn /
Wanns auff die Spitze kuͤm̃t / ſo geht das wenden an.
35. Be -37Andres Hundert.

35.

Beharren.
DEr Ofen waͤrmt die Stube thut ſolches vnbereut
Ob gleich ein alte Mutter die Hinter-Stirn jhm beut:
Wer recht geht / gehe weiter vnd frage nichts darnach
Ob Haſſer oder Spoͤtter / braucht Liſt / Verleumdung / Schmach.

36.

Eigen-Liebe.
Buhler ſind gemeinlich Blinden / wer jhm ſelbſt buhlt der iſt
Blinder;
Dann der Buhler buhlt dem Buhler / buhlt vnd wird gebuhlt
nicht minder.

37.

Erkaͤntnuͤß Seiner.
DEr Schaten pflegt zu ſtehn / nach dem die Sonne ſteht /
Niemand iſt / wann ſie ſcheint / der ohne Schaten geht:
Niemand iſt / dem nicht was von Thorheit folgte bey /
Der / dem der Sinn iſt klar / der merckt wie groß ſie ſey.

38.

Vergaͤngliche Geſellſchafft.
EJn guter Freund / ein reiner Wein vnd dann ein klares Glas /
Die waren nechſt in ein bey mir; diß laß mir gelten was!
Hoͤr aber was geſchiehet drauff: Das klare Glas zerbricht
Der reine Wein verraucht / der Freund faͤllt ſchmertzlich in die
Gicht.

39.

Belohnungen.
Den Thaten alter Zeit / ſind jetzige nicht gleich;
O dieſer Zeit Vergelt / iſt nicht wie jener reich.

40.

Fleiß zur Tugend.
Der Tugend theure Wahr / wer was von dieſer haͤlt /
Der kauffe ſie nm Muͤh / ſonſt gilt kein ander Geld.
C c iij41. Grab -38Andres Tauſend

41.

Grabſchrifft einer Buhlerin.
Die hier liegt / iſt allen nichts / die vor allen alles war;
Jhrer Buhler groſſe Reih / iſt jetzund der Wuͤrmer Schaar.

42.

Ewiger Lentz / an eine Fuͤrſtliche Perſon.
HErꝛ / ob jetzt begraben liegt Luſt vnd Zierde der Natur /
Weil der graue Flockenmann druͤber fuͤhrt die raue Spur;
Gleichwol haben Euer Augen / Euer Mund vnd Eure Sinnen
Jmmer Frucht vnd jmmer Blumen / jmmer Labſal / zu gewinnen.
Dann deß Himmels reiches Gut / ward ſo guͤtig Euch vnd hold
Daß Euch in die Armen faͤllt Euer Fruͤhling / wann jhr wollt.

43.

Uber deß nackten Cupidinis Bildnuͤß / welchen ſeine Mutter zuͤchtiget.
WAs hat doch verbrochen der liebliche Knabe
Daß jhme ſo ernſtlich die Mutter ſtreicht abe?
Er hat ſich geſaumt daß gepaarten in Orden
So langſam Chlorindis iſt einverleibt worden.

44.

Uber ein Fuͤrſtliches Bildnuͤß.
Fuͤrſtin / wann nechſt Eurem Bild Eure Schoͤnheit ſtille ſteht
Bringt ſie leichtlich Jrꝛthum dem / der ſie zu verehren geht.

45.

Auff Mammoſam.
MAmmoſa hat den Berg Parnasus auff der Bruſt;
Dem der darauff entſchlieff / iſt mehr als mir bewuſt /
Was jhm vielleicht getraͤumt / was jhm fuͤr Regung kam /
Auch ob er ſeinen Weg zum Ritter-Bronnen nam /
Und was er da gewuͤrckt. Mich duͤnckt er / hat geticht /
Was auff drey Viertel-Jahr erſt kummen wird ans Licht.
46. Grab -39Andres Hundert.

46.

Grabſchrifft / einer Hure.
HJer liegt / die gerne lag /
Hat jmmer Nacht fuͤr Tag
Weil als der Tag die Nacht
Jhr mehr Belieben bracht.
Nur diß iſt jhr Beſchwer:
Die Armen ſind jhr leer;
Der Tod liegt jhr am Arm
Vnd macht jhr doch nicht warm
Die ſo geliebte Schoß
Deckt jetzt ein Erdenkloß.

47.

Der Menſchen Unbeſtaͤndigkeit.
SEin Eigenſchafft vnd Art bekam ein jedes Thier
Und wie ſie einmal war / ſo bleibt ſie fuͤr vnd fuͤr?
Der Loͤw / der bleibt behertzt; der Haſe / der bleibt ſchew;
Der Fuchs / der bleibet ſchlaw: der Hund / der bleibet trew:
Der Menſch nur wandelt ſich / vermummt ſich jmmerdar /
Jſt dieſe Stunde nicht der / der er jene war.
Was dient jhm dann Vernunfft? Sie hilfft dahin jhm ein
Daß er kan mit Vernunfft recht vnvernuͤnfftig ſeyn.

48.

Schweine.
Saͤw ſind Saͤw ſo weit ſie leben /
Machen Koth vnd freſſen Koth /
Wollen erſt / nach dem ſie todt /
Gute Wuͤrſt vnd Braten geben.
C c iiij49. Poe -40Andres Tauſend

49.

Poetinnen.
OB Weiber muͤgen Verſe ſchreiben?
Diß Ding zu fragen laſſe bleiben
Wer Sinnen hat: Dann / ſolten Sinnen
Nicht auch die Weiber brauchen kuͤnnen?

50.

Von meinen verlornen Reimen / oder Getichten.
NVn der Frieden uͤber Krieg
Endlich hat erkriegt den Sieg /
Pfleg ich gleichwol nachzudencken
Wie mich pflegte Krig zu kraͤncken.
Was er brachte fuͤr Beſchwer
Dient zu ſagen hier nicht her
Was in meiner Jugend Maͤyen
Von der Venus Kindeleyen
Jch gezeichnet auff Papier /
Dieſes auch entfuͤhrt er mir.
O / ich wolt jhm wol verzeihen
Wann bey dieſen Lappereyen
Die gepaͤchte krumme Hand
Ferner ſich haͤtt abgewand:
Aber! doch es wird nicht funden
Was die Woͤlffe vor verſchlunden!
Hat dir Mars nun was geweiſt /
Venus, wie ich dich gepreiſt /
So behalts / kan dichs vergnuͤgen:
Aber mir wils nimmer tuͤgen;
Was41Andres Hundert.
Was dem Mars kam in die Hand
Haͤlt den Fluch gantz vnverwand.

51.

Die Kunſt-Goͤttinnen ſind Weibs - perſonen.
Sind die keuſchen Caſtalinnen Frauen-Bilder / wie ſie ſind?
Ey ſo kuͤm̃t euch her von Weibern alles / was jhr Tichter kuͤnnt.

52.

Poetinnen.
Wann Weiber Reime ſchreiben / iſt dupelt jhre Zier /
Dann jhres Mundes Roſe bringt nichts als Roſen fuͤr.

53.

Vergunte Trunckenheit. Pſal. 23. . 5. 6.
Jch habe Luſt zu trincken bey dem / der voll ſchenckt ein
Barmhertzigkeit vnd Guͤte; da kan ich luſtig ſeyn.

54.

Die H. Schrifft / der beſte Schatz.
WO eine goͤldne Frucht / Heſperides, jetzt ſtehet
Wo wer Alcinous, in deinen Garten gehet
Wo Argo vnd ſein Held nach Gold in Colchos ſchifft /
Weiß keinen ich / der jetzt dahin die Wege trifft.
Was Pelops, Attalus, was Crœſus ſchwangre Kaſten
Von Golde / Geld vnd Gut fuͤr Zeiten in ſich faſten
Nuͤtzt nur ſo viel / daß der / der gar zu viel drauff denckt
Den Leib gemein an Baum / die Seel an Nagel henckt.
Deß Tagus reicher Sand / Pactolus goͤldnes fliſſen
Bringt mehres vns nicht ein / als daß davon wir wiſſen;
Was ſonſt die reiche Welt in jhrem Buſem haͤlt /
Jſt jrꝛdiſch-ſchweres Gut / kuͤm̃t / bleibt / geht mit der Welt.
C c vEin42Andres Tauſend
Ein jedes iſt doch Wind / Rauch / Schaten / Schlafond Traͤume /
Die Zeit reiſt alles hin / ſie leidet keine Zaͤume /
Was kummen war / das geht; was iſt / das bleibet nicht;
Der Abend / laͤugnet offt / was vor der Tag verſpricht.
Drum weg / nur jmmer weg mit dieſen Hoͤfligkeiten!
Mit dieſem armen Gut vnd dieſen runden Zeiten
Deß taumelnden Geluͤcks! nur weg du gelber Koth
Der alle Welt befleckt / erwecket alle Noth!
Was beßres iſt mir kund / war werthers iſt zu finden /
Darauff ſich meine Seel in Noͤthen ſtarck kan gruͤnden /
Dem alle Welt nicht gleicht / fuͤr dem was gilt nicht gilt /
Daß hier die Erd erhaͤlt / vnd dort den Himmel voͤllt.
Jch weiß den edlen Grund / ich weiß den theuren Garten
Jch weiß die goͤldne Frucht / ich weiß die reichen Fahrten /
Da / was man darff man hollt / ich weiß das ſchoͤne Geld
Das vnſren Leib fuͤr Noth / fuͤr Tod die Seel erhaͤlt.
Jch weiß daß friſche Quall / drauß goͤldne Stroͤme fliſſen /
Die vnſren Sinn vnd Hertz mit Freud vnd Troſt begiſſen:
Jch weiß das reine Gold / dem Zeit nicht ſchaden thut
Daß ſchmeltzen auch nicht wird deß letzten Tages Glut.
Dein Wort / dein Wort / O HErꝛ! gilt mir fuͤr alle Schaͤtzer
Dein Wort / HErꝛ / iſt das Gold damit ich mich ergetze:
Dein Wort / HErꝛ / iſt mein Gut drauff meine Seele traut /
Drauff ſich mein Mut geſetzt / drauff ſich mein Leben baut:
Daß ich der ich bin bin / vnd daß ich nachmals werde
Deß Lebens durch den Tod / deß Himmels von der Erde.
Macht alles / HErꝛ / dein Wort: Dein Wort vnd deine Hold
Deckt meine Maͤngel zu / vertilget meine Schuld:
Dein Wort iſt meine Krafft / ich darff nicht vnter liegen
Jch darff mich keinem Gluͤck an ſeine Fuͤſſe biegen:
Dein Wort / iſt meine Macht / Helm / Harniſch / Schwerdt vnd
Schild
Darwider Teuffel / Welt / Tod / Suͤnde / Fleiſch nicht gilt:
Dein Wort iſt meine Freud auch mitten in dem Leiden:
Dein Wort iſt auch mein Heil / wann Leib vnd Seele ſcheiden:
Dein Wort nim̃t mich der Welt / vnd bringt mich auß der Noth /
Schenckt mir die Ewigkeit gibt mir dich / dir mich / Gott.
55. Undanck.43Andres Hundert.

55.

Undanck.
Dem / der Undanck traͤgt davon / dieſem traw ich gerne zu /
Daß er redlich ſich verhaͤlt / vnd mit Treuen alles thu.

56.

Lob-Sprecher.
MEiſtens lobt man alle Fuͤrſten / wie ſie leben / weil ſie leben;
Sind es dann nicht Heucheleyen? Nein; es iſt gar recht
vnd eben
Daß man jhre Laſter theils / nicht verhaſter etwa macht /
Daß man fie erinnert theils / wo ſie ſonſt nicht drauff gedacht:
Alſo kan man dann die Pillen / die ſonſt bitter wollen ſchmecken /
Scheinlich machen vnd vergolden / vnd die Pflicht ins Lob ver -
ſtecken.

57.

Gerechtigkeit.
JN einer hat das Schwerdt / in andrer Hand die Schalen
Gerechtigkeit; dann ſo / ſiht man ſie meiſtens mahlen.
Wie ſo? Weil ſich zur Wag ein Schwacher gerne kehrt
Ein Starcker aber nicht / der gerne faſt das Schwerdt.

58.

Kleinmuͤtigkeit.
Hoch kuͤm̃t ſchwerlich der / der doch
Wenig achtet / wann er hoch

59.

Welt-Gunſt.
DJe Welt-Gunſt iſt ein See /
Darinnen vntergeh /
Was wichtig iſt vnd ſchwer:
Das leichte ſchwimmt daher.
60. Fuͤrſten44Andres Tauſend

60.

Fuͤrſten vnd Herren.
D Fuͤrſten Menſchen / ſind / als andre Menſchen / mehr /
Das glaubt gemeine Schaar gar willig vnd gar ſehr:
Es haͤlt gemeine Schaar ſie ſpoͤttlich wieder auch
Wann ſpoͤttlich ſie begehn gemeiner Leute Brauch.

61.

Obrigkeit vnd Unterthanen.
Beyde ſollen fuͤrchten recht Obrigkeit vnd Unterthan
Dieſer jen / vnd jene Gott; ſo geht jedes ſelne Bahn.

62.

Leibes-Groͤſſe.
Als ſich Saul der lange Koͤnig / ſo nicht hielte wie er ſolte /
Thaͤt der kurtze Koͤnig David beſſer / was der Hoͤchſte wolte.

63.

Ein Koͤnig vnd Tyrann.
David war ein fromer Hirte: Nimrod ein gewaltſam Jaͤger:
Fuͤrſten ſollen ſeyn deß Volckes / nicht Zerſteuer / ſondern Haͤger.

64.

Ein perfecter Cavallier. 1. Sam. 16. . 18.
Ruͤſtig / ſtreitbar / auch verſtaͤndig / ſchoͤn / mit dem der HERR
auch iſt;
Wann ein ſolcher Held ſich findet / iſt er von Gott ſelbſt erkieſt.

65.

Zutrit bey hohen Hauptern.
Ohne Gaben ſoll man nie / hin fuͤr groſſe Herren ſtehen:
Ohne dancken ſoll man nie / weg von groſſen Herren gehen.

66.

Huren-Kinder.
Banckarte ſind tapffre Leute: Wannen kuͤm̃t doch dieſes her?
Weil ſie Lieb vnd gegen Liebe fleiſſig zeugt / nicht ohngefehr.
67. Der45Andres Hundert.

67.

Der Tugend-Lohn.
Durch die Ehr vnd reichen Lohn / kan die Tapffrigkeit erwachen:
Aber Ehr vnd reicher Lohn / kan die Tapffrigkeit nicht machen.

68.

Begierden.
Wann Begierd vnd nicht Vernunfft lieben wil / ſo liebt ſie wol /
Selten was ſie lieben mag / meiſtens was ſie haſſen ſol.

69.

Buͤcher vnd Kinder. Libri & Liberi.
WAnn Prieſter verſterben
Was findt ſich zu erben?
Viel Buͤcher / viel Kinder
Gar ſelten viel Rinder.

70.

An einen guten Freund / uͤber dem Abſchiede ſeiner Liebſten.
FReund / da jeder ſich jetzt freut / daß mit dieſes Winters
Froͤſteu
Auch deß langen Krieges Eiß werde ſchmeltzen / vnd den Luͤſten
Nechſten Fruͤhlings / ſich die Zier auch deß Friedens miſchen ein;
O ſo ſeh ich dein Geſicht truͤbe / blaß / naß / kraͤncklich ſeyn.
Wolte Gott! noch dir noch mir waͤr die Urſach alſo kuͤndig;
Mir zwar iſt ſie in dem Sinn / aber dir / dir iſt ſie fuͤndig
Wo du hin gehſt / ſihſt vnd ſtehſt / was du denckeſt / was du thuſt
Druͤber mangelt leider dir deine Friedens-Fruͤhlings-Luſt.
Deine Frieden-Fruͤhlings-Luſt hat deß Krieges raues ſtuͤrmen
Oſft geblaſt / doch nie geſtuͤrtzt: Aber ach! deß Grabes Wuͤrmen
Gab der Tod zum Opffer ſie; ohngeacht das halbe Theil
Deiner dran verbunden hing / auch wol gar dein ſterblich Heil
Weder46Andres Tauſend
Weder Schatz / wie groß er ſey / iſt vns Maͤnnern ſo er -
ſprießlich:
Weder Freund / wie gut er ſey / iſt vns Maͤnnern ſo genißlich /
Als der vns in Armen ſchlieff; dann die angetreute Trew
Herꝛſchet uͤber Leid vnd Zeit / wird durch alt ſeyn jmmer new.
Wem iſt mehr als mir bewuſt / wie die Jugend eurer Liebe /
Erſtlich wuchs vnd weiter wuchs? Aller Grund worauff ſie
bliebe
War die Trew vnd Redligkeit; anders was das tauret nicht /
Was ſich auff vergaͤnglich Ding ſtuͤtzet / das verfaͤllt vnd bricht /
Was die Tugend baut / das ſteht. Wann ich dencke mehr zuruͤcke
Auff die nun verrauchte Zeit / auff mein mir begrabnes Gluͤcke /
Denck ich auch zugleiche fort auff der Freundſchafft Schweſter -
ſchafft
Drinnen dein vnd meine Luſt vnverbruͤchlich war verhafft /
Wie ſich dein vnd meine Lieb vnter ſich ſo lieblich liebten
Auch deß Blutes nahe Pflicht durch vertraute Sinnen uͤbten.
Als der Tod mein erſte Trew gleich verbarg in friſchen Sand /
Dennoch hat das liebe Menſch ein vertrautes Freundſchaffts
Band
Auff die Meinen vnverfaͤlſcht jmmer fort vnd fort erſtrecket /
Biß nun auch deß Todes Neid jhr das letzte Ziel geſtecket.
Sey geſichert treuer Freund / daß dem Augen nicht allein
Sondern mir vnd meinem Haus in Geſellſchafft waͤßrig ſeyn.
Welcher das gemeine Falſch / das die Welt fuͤr Witz verhandelt
Kennt vnd haſſt / dem wird ſein Hertz auff betruͤbten Mut ge -
wandelt /
Wann ein redlich-fromer Chriſt hin ſich ſichert in den Sarck /
Weil das From geſchwaͤcht dadurch vnd verſtaͤrcket wird das
Arg /
(des Beinen
Nun was hilffts? Es muß ſo ſeyn! in der Welt von Kin -
Hat man / daß der Menſch verſtarb / hoͤren klagen / ſehen weinen:
Nun ſie auff der Gruben geht / wird es anders wol nicht ſeyn /
Als daß jederman in jhr / ſie auch kuͤrtzlich ſelbſt / geht ein.
Ey gar gut! was duͤnckt vns wol / wann wir ſtetig ſolten
leben
Solten ſtets der Teuffeley dieſer Welt ſeyn vntergeben?
Nemen47Andres Hundert.
Nemen wir noch eine Welt vnd beſtuͤnden noch einmal /
Was bißher vns dreiſſig Jahr zehlten zu an Noth vnd Qual?
Jn der Welt ſey was da wil / find ich doch nichts beßres drinnen
Als daß fromes Bieder-Volck / ſelig endlich ſterben kuͤnnen;
Deſtomehr / weil nun die Welt wie ein kindiſch-alter Greiß
Beiſſig / garſtig / ſatſam wird / bloß auch nur zu nuſeln weiß.
Weiche Gott vnd rechtem Sinn / werther Freund / vnd dich
zuſammen
Sey zu ſam̃len nur bemuͤht! was dir Gott zu deinem Stammen
Vor an lieben Kindern gab / wie daß er ſie wieder nam?
Daß die Mutter / wuſt er wol / jhnen bald hernacher kam.
Auch den Sohn / der eher ſtarb / eh er anfing hier zu leben /
Der mit finſtrer Nacht beringt ſich zum Grabe vor gegeben
Eh er ſich aus Licht begab / hieß der HERR gehn nahe vor
Daß die Mutter er ſagt an oben in der Engel Chor:
Weil nun Gott die Mutter nam / O ſo wird ſich noch wol zeigen
Wo ſich Gottes weiſer Rath / dir zum beſten / hin wird neigen.
Deine Friedens-Fruͤhlings-Luſt hat deß Todes Tuch ver -
huͤllet:
Aber ſind wir wol gewiß / daß ſich gaͤntzlich ſetzt vnd ſtillt
Alles Unfalls zornig Meer ob ſich Fried im Fruͤhling ſinde?
O wer iſt der dieſes glaubt? Wer es glaubt der wird zum Kinde:
Welt wird jmmer bleiben Welt / iſt deß boͤſen ſo gewohnt
Daß ſie dem der nicht wie ſie raſet / ſpoͤttiſch abelohnt.
Gibt der HERR den Frieden gleich / O es wil mich jmmer
duͤncken /
Wie ich noch ſeh ſeinen Arm außgeſtrecket / vns zu wincken /
Weil ſo ſieher wir / verſtockt / ja ſo wenig danckbar ſeyn!
Wiſſen wir / was wir von Brot kuͤnfftig werden ſam̃len ein?
Weil der Himmel faſt ein Jahr ſo gar reichlich wollen weinen:
Wiſſen wir ob Menſch vnd Vieh ſich wird ſicher kuͤnnen freyen
Fuͤr der Seuchen ſchneller Gifft? O wer weiß was ſonſt fuͤr Joch
Uns der Unfall vnverſehns ſonſten wo kan ſchnitzen noch?
Weil der Teuffel nun forthin wird vom kriegen muͤſſig werden /
Wird er ſonſt gar wirtlich ſeyn vns zu kochen viel Beſchwerden.
Was die Welt ſchaͤtzt alſo gut / daß man Haab vnd Gut erwirbt
Lieber wem iſt dieſes gut? O durch welchen man vertirbt
Dieſem48Andres Tauſend
Dieſem lohnt man miete noch: Wie die Honig-Meiſterinnen /
Wie das Wollen-Traͤger-Volck / was ſie ſam̃len ſam̃len kuͤnnen
Jhnen ſelbſt nicht: So auch wir / muͤſſen laſſen machen Preiß
Druͤber auff dem Maule lag / auch wie Waſſer man goß Schweiß.
Drum ſo bleibt nur dieſes gut: Wen der Tod hat wegge -
nummen
Dieſer iſt geſtorben nicht / dieſer iſt zum Leben kummen;
Dann / hier iſt der ſichre Port aller Unvergaͤngligkeit
Dann / hier iſt die feſte Burg aller ſtoltzen Sicherheit.

71.

Großmut vnd Hochmut.
GRoßmut gilt vnd Hochmut nicht /
Jener / ſteht; vnd dieſer bricht /
Dieſer / pflegt ſich ſelbſt zu faͤllen
Jener / pflegt ſich hoch zu ſtellen /
Jener / ſchaffet was er wil
Dieſer / ſchaffet ſelten viel.

72.

Vermumte Tugend.
Manches Laſter thut ſo viel / als die Tugend manchmal thut;
Wer die Muͤntze recht nicht kennt / dem iſt jeder Groſchen gut.

73.

Thaͤtligkeit.
Wer nimmer nichts verſucht / der weiß nicht / was er kan;
Die Ubung wuͤrckt vns auß; Verſuch / der fuͤhrt vns an.

74.

Der Liebe Honigthum.
Die Buhler / ſind Bienen; die Jungfern / ſind Roſen;
Gedancken / ſind Honig / zum ſchmeicheln vnd koſen.
75. Eines49Andres Hundert.

75.

Eines Fuͤrſten Amt.
EJn Fuͤrſt iſt zwar ein Herꝛ: im Fall er herꝛſchet recht
So iſt er ſeinem Volck als wie ein treuer Knecht;
Er dient zu jhrem Heil / er muͤht ſich daß er ſchwitzt
Daß ſein vertrautes Volck gedieg - vnd ruhglich ſitzt:
Er wacht / damit ſein Volck ſein ſicher ſchlafen kan:
Er ſtellt ſich fuͤr den Rieß / nim̃t allen Anlauff an:
Jſt Nagel an der Wand / daran ein jeder henckt
Was jhn beſchwert vnd druͤckt / was peiniget / was draͤngt:
An Ehren iſt er Herꝛ / an Treuen iſt er Knecht;
Ein Herꝛ / ders anders meint / der meint es ſchwerlich recht.

76.

Gott dient allen / wer dient jhm.
GOtt ſchafft / erzeucht / traͤgt / ſpeiſt / traͤnckt / labt / ſtaͤrckt /
naͤhrt / erquickt /
Erhaͤlt / ſchenckt / ſorgt / beſchert / vermehrt / gewehret / ſchickt /
Liebt / ſchuͤtzt / bewahrt / erloͤſt / beſchattet / benedeyt
Schirmt / ſichret / fuͤhrt / regirt / errettet / hilfft / befreyt /
Erleuchtet / vnterweiſt / erfreut / ſterbt vnd erweckt /
So / daß ſich fort vnd fort ſein Heil auff vns erſtreckt;
Mit allem dienſtu / Gott / vns allen iſt auch wol
Der dir dient einer nur / vnd dient dir wie er ſol?

77.

Heuchler. Pſal. 58.
Heuchler thun mutwillig arg / ſind gantz frech zu frevlen Thaten;
Schweig! jhr Thun wird wie ein Kind / das nicht zeitig war /
gerathen.

78.

Ehrgeitz.
Kein Regiment iſt je ſo gut / das allen moͤchte tuͤgen
Regiren ſelbſt / das wil mehr / als regiret ſeyn / vergnuͤgen.
D d79. Fuͤrſten -50Andres Tauſend

79.

Fuͤrſten-Diener.
WAnn diener loͤblich rathen
So ſinds der Herren Thaten:
Wann Herren groͤßlich fehlen
Jſts Dienern zuzuzehlen.

80.

Fromer Herꝛ / ſchlimme Diener.
JSt gleich ein Herꝛ gerecht /
Jſt aber arg ſein Knecht /
So wird der Herꝛ doch vngerecht
Dieweil er hegt den argen Knecht.

81.

Ein Gnad-ſeliger Diener.
Fuͤrſten werffen offt auff einen / alle Sach vnd alle Gunſt;
Wann nun dieſer hat gefehlet / iſt Verbeſſerung umſonſt:
Alles kan verachten einer / einer kan nicht allem rathen /
Gut iſt / was viel Augen lobten; leicht iſt / was viel Haͤnde
thaten.

82.

Hoheit vnd Wuͤrde.
Worauff ſteigt doch ein Fuͤrſt / auff einen hohen Thron?
Was weltlich Thun betrifft / iſts Reputation.

83.

Anſehen.
DAs Anſehn wird geboren / erzogen vnd geſpeiſt
Wann / wie ſich jhm gebuͤhret / ein jeder ſich erweiſt:
Wann Kauffleut / Edelleute; vnd Pfaffen / Krieger ſpielen /
Wird Anſehn keinem kummen / weil ſie den Zweck verzielen.
84. Bosheit. 51Andres Hundert.

84.

Bosheit.
Die Bosheit die fuͤr ſich / in keinem Weſen ſteht /
Befleiſt ſich / daß ſie ſtets auff etwas gutes geht.

85.

Friede auff den Fruͤhling.
Man verhofft deß Friedens Luſt mit der nechſten Fruͤhlings-Luſt;
O daß wo nicht kumme drein etwa noch ein Maͤyen-Froſt.

86.

Der Oßnabrugiſche Friede.
Den Oßnabrug gebar der Fried / iſt wie ein Beer
Zu Nuͤrnberg formt man jhn vnd kehrt jhn hin vnd her.

87.

Der Deutſche Friede.
WAs koſtet vnſer Fried? O wie viel Zeit vnd Jahre!
Was koſtet vnſer Fried? O wie viel graue Haare!
Was koſtet vnſer Fried? O wie viel Stroͤme Blut!
Was koſtet vnſer Fried? O wie viel Tonnen Gut!
Ergetzt er auch dafuͤr vnd lohnt ſo viel veroͤden?
Ja; wem? Frag Echo drum̃; wem meint ſie wol? [Echo. ]
den Schweden.

88.

Der Leute Geſundheit / der Aertzte Kranckheit.
Wem ich ein geſundes Jahr wuͤntſche / weiß mir jeder Danck;
Nur der Doctor wil nicht dran / andrer friſch das iſt ſein
kranck.

89.

Das Mittel.
WAnn das beſte nicht zu haben / neme man fuͤr gut das gute /
Auch fuͤr lieb / iſt nicht ein tapffrer / dennoch mit deut fro -
men Mute:
D d ijWem52Andres Tauſend
Wem die Fluͤgel nicht gewachſen / kan die Wolcken nicht erreichen;
Wer nicht hat deß Adlers Augen / muß der Sonne Stralen
weichen.

90.

Ein Rath.
Wann ein Rath nicht kennt den Fuͤrſten / vnd der Fuͤrſte nicht
den Rath /
Raͤth ſichs uͤbel / folgt ſichs uͤbel / vnd der Rath hat keine That.

91.

Fuͤrſten - vnd Poͤfel-Regiment.
EJn gutes Fuͤrſten-Regiment gibt mehr - vnd beßres frey /
Als wo deß leichten Poͤfel-Volcks verwirꝛte Policey /
Die ſtets auff blindem Willen geht / uͤbt freche Tyranney.

92.

Auff den eigenſinnigen Witzel.
Witzel iſt der Buhler Paris; ſeine Meinung / Helena;
Dieſe liebt er / dieſe ſchaͤtzt er / ob gleich Krieg iſt druͤber da.

93.

Gegenwaͤrtiger vnd vergangener Zuſtand.
Gluͤcke kennt man nicht / drinne man geboren /
Gluͤcke kennt man erſt / wann man es verloren.

94.

Beyſpiele.
WJlſtu Fuͤrſten Regeln geben?
Gib der andren Fuͤrſten Leben:
Heb ſie uͤber Boͤs empor
Zeuch nicht jhnen Beßre vor.

95.

Verſuchen.
Wer hoch zu ſteigen denckt / kuͤm̃t der nicht auff die Spitze /
Kuͤm̃t doch durch ſteigen mehr er fort / als ob er ſitze.
96. Gewalt -53Andres Hundert.

96.

Gewaltſame Herꝛſchafft.
Wer durch Eiſen wird ein Herꝛ / muß ſich an das Eiſen halten /
Sonſten wird das Eiſen ſelbſt jhn nicht leichtlich laſſen alten.

97.

Auff Fuſcum.
BEy ſieden / kochen / braten
Wirbt Fuſcus jhm Soldaten;
Die Drommel ſind die Teller;
Bezahlung / gibt der Keller;
Der Krieg iſt / ſchmeicheln / ſchmauſen /
Schmarotzen / Buͤbeln / mauſen.

98.

Aufferſtehung der Todten.
Wer nicht glaubt das Aufferſtehn / dem iſt ferner wol erlaubt
Daß er glaube was er wil / wann er auch gleich nichts nicht
glaubt.

99.

Reichthum.
Viel haben / nicht; nicht viel beduͤrffen / machet Reich
Was iſts / was ich nicht darff / wann ichs nicht habe gleich?

100.

Zuwachs der Diebe.
Diebe / die der Krieg geſaͤet / laͤſt der Friede reichlich finden:
Und der Hencker meit ſie abe / wird in Hanff die Garben binden.

Deß Erſten Tauſend Drittes Hundert.

54Andres Tauſend

1.

Der Tod.
OB vns gleich der Tod reiſt hin / iſt von vns doch nichts
nicht ſeine:
Unſre Seele kuͤm̃t jhm nicht / vnſer Haut / Fleiſch vnd Gebeine
Wird vns ſchoͤner vnd verklaͤrt / ſam der Seele / wieder geben
Jene Zeit / die ohne Zeit vns auffs neue heiſſet leben.

2.

Das Fegefeuer.
Jſt ein Fegefeuer wo? Darff doch dieſes keiner dulden
Der ein boſes Weib hat hier / Armut / Darmgicht / groſſe
Schulden.

3.

Paucken.
Mammæa fuͤhrt zwey Paucken / die regen Blut vnd Mut;
Hier thut es ſehn vnd fuhlen / was ſonſten horen thut.

4.

Die Gicht.
DJe Gicht verbeut den Wein zu trincken /
Sonſt muſtu liegen oder hincken;
Mich duͤnckt / es ſey ein groß Verdruß /
Wann uͤber Maul regirt der Fuß.

5.

Deutſche Trew.
Wie daß Glaub vnd Trew jetzund / nur wie Rauch / man achten
mag?
Sehn wir nicht / daß Deutſchen jetzt gerne trincken Rauch-Taback.

6.

Einname vnd Außgabe.
Drey Heller kummen ein / ſechs Heller gehen auß;
Wann Wirthſchafft geht alſo / ſo geht ſie durch das Haus.
7. Die55Drittes Hundert.

7.

Die bluͤhende Deutſche Sprache.
DEutſchen / ſind ſo alte Leute
Lernen doch erſt reden heute;
Wann ſie lernen doch auch wolten
Wie recht Deutſch ſie handeln ſolten.

8.

Eines Fuͤrſten Bewuſt von denSeinen. , and • Schweinen.  
JSt deß Fuͤrſtens groͤſte Tugend / daß er die kennt / die ſind Seine?
Jſt deß Fuͤrſtens groͤſte Tugend / daß er kennt die wilden Schweine?
Jenes / wil ich feſte glauben / ſey deß Fuͤrſtens eigne Pflicht:
Dieſes / glaub ich / ſey deß Foͤrſters / ſey deß Fuͤrſtens eigen nicht.

9.

Auff Stintiam.
STintia wehrt jhrer Ehren; wer jhr was wil muten an
Ey der muß es ſchwer entgelten / ſie erzeigt ſich als ein Mann /
Dann ſie greifft bald zum Gewehre / wer entwerden kan iſt froh;
Doch wer etwas mehr iſt witzig / ſtehet ſtill; es iſt nur Stroh.

10.

Schoen / verſetzt / O Schne.
Wie Schoen / wie weiß iſt Schne! O biß die Sonne ſticht:
Und Schoen / hat alt vnd kranck auch leichtlich hingericht.

11.

Regir - oder Welt-Kunſt.
DJe Welt-Kunſt iſt ein Meer; es ſey Port oder Hoͤhe /
Jſt doch kein Ort / da nicht ein Schiff wo vntergehe /
Wo dieſer ſegelt fort / faͤhrt jener an den Sand
Alſo wie der / der fremd / jrꝛt der / der gleich bekant.
D d v12. Kleider. 56Andres Tauſend

12.

Kleider.
PFerde kennt man an den Haaren:
Kleider / kuͤnnen offenbaren /
Wie deß Menſchen Sinn beſtellt
Vnd wie weit er Farbe haͤlt.

13.

Fruchtbringende Geſellſchafft.
JEh bin zwar auch ein Theil vnd denen beygeſtellet
Die jhres Geiſtes hoch zuſammen hat geſellet
Zu treffen einen Bund / zu wuͤrcken tapffre Frucht /
Daß Deutſches Hertz vnd Mund von neuem auffgeſucht
Und ſeiner Wuͤrd vnd Zier ſey wieder uͤbergeben /
Und duͤrffe ferner nicht ein armer Sclave leben
Der fremden Pralerey: Das Miltzkraut ſoll ich ſeyn /
Verkleinern ſoll ich ſtets / ſoll helffen treiben ein
Den auffgeſchwollnen Miltz / die Art der ſtoltzen Sinnen
Die ſich in jhnen ſelbſt beherbergen nicht kuͤnnen /
Und denen viel zu eng jhr Deutſches Vaterland;
Sie laſſen eignen Werth vnd wehlen fremden Tand /
Erkieſen Glas fuͤr Gold / vnd wollen nichts beginnen
Was dieſem iſt gemaͤß / was etwa kuͤm̃t von hinnen:
So / wie in Kleidern ſie nunmehr ſind Deutſchen nicht /
So ſoll auch nicht mehr Deutſch ſeyn was die Zunge ſpricht.
Wie muß das Hertze ſeyn? Jch wil zwar nicht ermuͤden
Daß ſtets an jhren Orth ſey meine Pflicht beſchieden;
Daß ich Verkleinernder / verkleinre nicht den Stand
Den m[e]in Kraut vnverhofft in dieſem Garten fand
Wo ſo viel Cedern ſtehn vnd reiche Palmen prangen:
So aber / was ich ſoll vnd wil / nicht zu erlangen /
So neme man fuͤr gut / ob Saamen ich nicht zieh /
Daß ich doch bluͤh / das iſt / mich jmmerdar bemuͤh.
14. Rai -57Drittes Hundert.

14.

Raitungen.
DJe Einnam iſt das Weib; die Außgab / iſt der Mann;
Wann beyde treffen ein / iſt Rechnung bald gethan:
Wiewol es beſſer iſt / es ſey ein Uberſchuß;
Nur daß kein Reſt verbleibt / dann dieſer gibt Verdruß.

15.

Faſtnacht.
Faſtnacht / iſt die ſchnoͤde Nacht die das Chriſtenthum foſt
ſchwaͤrtzet /
Drinnen ſich die geile Welt / mit dem ſchwartzen Buhler hertzet.

16.

Auff Splendulam.
Splendula, dein Roth vnd Weiß / hat es offt gemacht
Daß es wurde lichter Tag / mitten in der Nacht.

17.

In Fuſculam.
Fuſcula, dein Gelb vnd Schwartz / hat es offt gemacht
Daß es / wann es Mittag war / wurde Mitternacht.

18.

Tag vnd Nacht: Leben vnd Tod.
Wann auff Tag nicht kaͤme Nacht / wuͤrden wir gar bald
erliegen:
Auch der Tod geht darum vor / daß wir rechter leben muͤgen

19.

Schoͤnheit.
Wann ſchoͤne Weiber bitten / ſo heiſt es ſchaffen doch /
Da bitten ſchoͤne Weiber / in dem ſie ſchweigen noch.

20.

Von der Urania.
JSt Urania der Himmel? Ja; jhr Buhler / glaubt es gerne;
Dann die Miſchſtraß iſt verhanden / vnd die zwey Geſchwi -
ſter-Sterne /
Die58Andres Tauſend
Die den Segel ſpannen auff vnd jhn heiſſen pfluͤgen fort
Durch das tieffe naſſe Saltz / in den fuͤrgehabten Port.

21.

Der Sitzer / Anus.
DEr Sitzer vnd ein altes Weib / (wie muß doch dieſes
kummen?)
Sind auff Lateiniſch einerley; weil beyde gerne brummen:
Jedoch ob diß bedencklich iſt / geſchiehts vielleicht / diewel
Das garſtig Alter billich iſt der Jugend Hintertheil.

22.

Hofe-Leute / verſetzt / hohe Teufel.
HOfe-Leute / hohe Teufel; iſt es nicht zu viel geſaget?
Nein / weil mancher arme Leute ſehrer als der Teuffel
plaget:
Falſchheit vnd Betriegligkeiten / Hinderliſt / Verleumdung /
Luͤgen /
Sind deß Hofes Meiſterſtuͤcke / ſind deß Teuffels ſeiu Vergnuͤgen.

23.

Der raſende David. 1. Sam. 21. . 13.
Wer bey Achis denckt zu leben: Wer bey Welt denckt fortzu -
kummen
Muß bald haben Narren-Kappe / Doctors - Hut bald ange -
nummen.

24.

Auff Vitum.
Veit, gab ſeine Trew zu pfande; die hat laͤngſt ſchon ſich ver -
ſtanden /
Weil ſie niemand denckt zu kauffen / bleibt ſie Glaͤubigern[in]
Handen.

25.

Auff Hyellam.
DEr liebe Fruͤhling / hat Hyella nie gemocht /
Der liebe Sommer / hat Hyella nie geſucht /
Der59Drittes Hundert.
Der liebe Winter / hat Hyella ſtets verflucht;
Sie liebt der liebe Herbſt / das iſt / der Liebe Frucht.

26.

Auff Duplum.
Duplus hat nicht duple Staͤrcke / da er doch hat duples Hertze /
Dann er fuͤhret duple Sinnen; ſagt im Ernſte / meint im Schertze.

27.

Ein Tyrann.
EJn Tyranne denckt dahin; hat er nicht der Leute Willen /
Daß er ſeinen Willen doch mit den Leuten mag erfuͤllen:
Wenig liegt jhm auch daran / ob er Liebe gleich nicht hat /
Wann in dem nur was er wil / jeder ſeinen Willen that.

28.

Ein guͤtiger Abſchlag.
Nim̃t er gleich nicht was er wil / iſt ein guͤtig abeweiſen
Dennoch fuͤr den armen Mann / an den Hohen noch zu preiſen.

29.

Redligkeit.
Wer gar zu bieder iſt / bleibt zwar ein redlich Mann
Bleibt aber wo er iſt / kuͤm̃t ſelten hoͤher an.

30.

Die Welt.
Die Welt iſt wie ein Meer; ein jeder geht vnd fiſcht /
Nur daß den Walfiſch der; den Stockfiſch / er / erwiſcht.

31.

Deutſchland wieder Deutſchland.
Das Eiſen zeugt jhm ſelbſt den Roſt von dem es wird verzehret:
Wir Deutſchen haben ſelbſt gezeugt die / die vns jetzt verheeret.

32.

Auff Bardum.
Bardus iſt nur darum da / daß er da iſt; O es wolte /
Da er ward / ſein Vater nicht / nur die Mutter / daß er ſolte.
33. Die60Andres Tauſend

33.

Die Begierden.
O die Raͤthe / die ſich kleiden in deß Fuͤrſten Kleid vnd Zierden /
Leiden ſelten andre Raͤthe; wer dann ſind ſie? Die Begierden:

34.

Der Argwohn.
Dieſes kan man zwar wol thun / daß man leichtlich nimmer
traue:
Nur daß nicht das man nicht traw / leichtlich an vns jemand
ſchaue.

35.

Man wags.
Wer nichts auff Gluͤcke wagt / ſtellt alles nur auff Rath
Jrꝛt offt ſo ſehr / als der gewaget alles hat.

36.

Die Vernunfft.
Beſſer / haben keine Hand
Als ein Hertz vnd nicht Verſtand.

37.

Der Bart.
Man fleiſt ſich jetzt den Bart vom Maule zu geloſen;
Und meint es kumme her / ich glaubs auch / von Frantzoſen.

38.

Bart-Wachs.
DJe Deutſchen heiſſen ſonſt Garmaͤnner / vnd der Bart
(Hilt weiland man dafuͤr) vermehret maͤnnlich Art:
Jetzt ſcheren wir den Bart / ſo voͤllig ab / ſo rein;
Ey wollen wir vielleicht Garweiber lieber ſeyn?

39.

Weiber-Schmuck. 1. Petr. 3. . 3.
Der Schmuck der zarten Frauen / ſteht nicht im Haare flechten;
Deum laſſen ſie ſie fliegen zur lincken vnd zur rechten.
40. Hofe -61Drittes Hundert.

40.

Hofe-Stellungen.
Es ſtecket Ja im lincken / im rechten Backen / nein;
Ja-nein / das wil bey Hofe vermiſchet jmmer ſeyn.

41.

Der beſte Wechſel.
DAs verweſen
Bringt geneſen;
Das verzehren /
Kan verklaͤren
Vns gewehren.

42.

Ein Schmarotzer.
Bey Hof iſt meiſtens der / ein tapffrer Edelinann /
Der Reinkens Hintertheil im Wapfen weiſen kan.

43.

Fuͤrſten-Freundſchafft.
Fuͤrſten ſind genaͤdig zwar; ſelten ſind ſie rechter Freund;
Wer es glaubt / glaubt was nicht iſt / glaubet das nur / was da
ſcheint.

44.

Von einem Koͤhler.
Ein Koͤhler ſtarb vnd ſtund; wie muſt es zu dann gehn?
Er fiel nie / dann er glaubt auch nie das aufferſtehn.

45.

Bis / wer du wareſt.
WEr eine Tugend einmal uͤbt
Eh er ſie leichtlich uͤbergibt
So geb er eher hin ſein Leben /
Sonſt muß er doch den Namen geben.
46. Ein62Andres Tauſend

46.

Ein menſchlich Vieh.
Mancher kan nichts / weiß Vernunfft ruͤhmlich nicht zu weiſen /
Suchet drum durch Unvernunfft / daß man jhn ſoll preiſen.

47.

Ein vernuͤnfftig Weib.
WEr nach einem Engel freyt / trifft offt einen Teuffel an:
Alles trifft / wer mir Vernunfft an die Seite haben kan;
Dann Vernunfft ſchmuͤckt trefflich ſchoͤn / dann Vernunfft macht
alles gut;
Und ein Engel wird das Weib / wann ſie wie ein Engel thut.

48.

Fuͤrſten-Befehl.
SAchen die bequemlich ſeyn / wolln die Herren ſelbſt befehlen /
Sachen die gefaͤhrlich ſeyn / ſolln die Diener ſelbſt erwehlen:
Nicht umſonſt; es iſt zu thun / daß ſie muͤgen Mittel finden
Diener jhnen / aber nicht ſich den Dienern / zu verbinden.

49.

Ein alt Weib.
Alte Weiber ſind die Straͤuche / drauff fuͤr Zeiten Roſen ſtunden /
Ob die Roſen ſind verblichen / werden doch die Dorner funden.

50.

Raͤthe-Wahl.
Einen treuen Rath zu wehlen / darff der Fuͤrſte treuen Rath:
Selbſt der Rath darff reiffes rathen / eh er Rath verſprochen hat.

51.

Hofe-Leben.
Von deß Hofes Hofe-Leben / hab ich manchmal viel geleſen /
O das leſen iſt nur beſſer / als daß ſelbſten da geweſen.
52. Hofe -63Drittes Hundert.

52.

Hofe-Leben.
ES werden viel Fuͤchſe bey Hofe gefreſſen /
Noch ſind ſie doch haͤuffig daſelbſten geſeſſen;
Das machet / ſie wiſſen / mit waſerley Namen /
Die Schwaͤntze von jhnen / zur Herꝛligkeit kamen.

53.

Befoͤderungen.
Was bringt den Mann zum Amte? Vermutlich ſeine Kunſt?
Gar ſelten; was dann anders? Gemeinlich Geitz vnd Gunſt.

54.

Der Schweden Außzug Anno 50.
Die Schweden ziehen heim; daheime wann ſie blieben /
Waͤr Deutſchland auch daheim / vnd nicht wie jetzt vertrieben.

55.

Der jetzige Friede.
Ein Trojaniſch Pferd / ſcheinet vnſer Friede ſeyn;
Stecket voller Groll / reiſſet viel Verfaſſung ein.

56.

Hofe-Gunſt.
Hofe-Gunſt kan um ſo viel / wer ſonſt Luſt hat / jhm vermehren /
Wer ſich fleiſſet auch das arg / wie das gut / ſo hoch zu ehren.

57.

Jungfern-Wangen.
POeten ſteht was frey! jhr Jungfern / eure Wangen
Worauff die Schoͤnheit ſpielt / die Charites ſo prangen
Und Flora Wohnung haͤlt / die ehr ich. Die Natur
Hat reichlich bracht hieher in einer vollen Spur
Die Gaben jhrer Kunſt. Hier ſind die linden Hoͤhen
Fuͤr denen Hybla blaſt / fuͤr denen traurig ſtehen
Pæſtani ſche Gewaͤchs vnd Lilien nichts ſind
Und Helffenhein nicht taug vnd Purpur wie verblind.
E eHier64Andres Tauſend
Hier iſt der runde Zweck / drauff mit viel tauſend Kuͤſſen
Uns derer Werth mahnt an / zu zielen vnd zu ſchiſſen
Auß Ehrerbittung bloß; (wiewols der Brauch verbeut
Und deutſche Zucht nicht wil / die auch den Argwohn ſcheut.)
Hier iſt das klare Feld / drauff Tugend hin ins lichte
Streut auß die edle Scham / zu tragen reine Fruͤchte
Die ſo ſchoͤn roͤthlich bluͤhn / die weit ein mehres werth
Als was die rothe See je von Corall beſchert.
Hier iſt der zart Altar von weiſſen Marmor-Stuͤcken
Drauff Jungferliche Zucht pflegt reines Blut zu ſchicken
Zum Opffer keuſchem From. Hier iſt das flache Rund
Drum Zephyrus ſpielt her / drauff offt Cupido ſtund
Und ſich um einen Weg fuͤr ſeinen Pfeil umſahe
Und dachte wie ein Wild fuͤr ſeine Kuͤch er fahe
Mit ſeinem Purpur Zeug. Hier lag er offt im Halt
Mit Roſen wol verhaͤgt / wann er die Jagt beſtalt.
Hier traͤgt Pomona fuͤr Vertumnus jhrem Schatze
Die roth vnd weiſſe Frucht das ſchoͤnſte Paar vom Platze
Den jhre Muͤh gepflantzt. Hier brennt die nuͤtze Glut
Deß Pharos, der im Meer den Schiffen Bahn vnd Mut
Zu ſichrem Ufer gibt. Hier ſcheint das keuſche Feuer
Das mehr als Veſta Flamm iſt zu verehren theuer;
Das bringt den klaren Tag hin in die finſtre Nacht /
Drauß merckt man ob da ſchlieff / drauß merckt man ob da wacht
Die Scham der Redligkeit; (in derer Port zu laͤnden
Wer redlich anders buhlt / ſein Schiff pflegt hin zu wenden
Und ſonſten nirgend wo / er ſey dann ſo geſinnt
Daß bey jhm Ehr vnd Schmach vergleichten Außſchlag findt)
Hier hebet ſich entpor / hier breitet ſeine Wellen
Der Tugend Haupt-Panier: Hier lacht ſie wann ſie lacht /
Hier iſt jhr eigner Schmuck / hier iſt jhr eigner Pracht.

58.

Jungfrauen.
JHr Jungfern / hoͤrt mir zu / doch faſſet die Geberden
Und meint durch meinen Ruhm nicht ſtoͤltzer wo zu werden!
Die65Drittes Hundert.
Die Jungfern ſind ein Volck / ſind vnter vns geſtellt
Als Engel in der Zeit / als Wunder in der Welt /
Sie ſind ein kurtz Begrieff von allen Zierligkeiten /
Der Menſchheit hoͤchſter Schmuck / ein Vorbild jener Zeiten
Wo alles klar wird ſeyn / ein Muſter erſter Art /
Eh vns der Suͤnden Schmach in Eden erblich ward.
Die Tugend hat ſie lieb / laͤſt gern um ſie ſich finden /
Die Ehre kroͤn ſie ſchon / jhr Ruhm bleibt nicht dahinden
Geht mit dem Himmel um / ruͤhrt biß an Himmel an /
Ein jeder preiſt ſie hoch / wer preiſen jmmer kan.
Jch wuͤſte nicht wer der / vnd wannen er entſproſſen /
Und was fuͤr wilde Milch ſein erſter M[u]nd genoſſen /
Der ernſtlich hier nur ſiht / der froͤlich hier nicht lacht /
Wann jhm deß Himmels Gunſt die Augen wuͤrdig macht
Zu ſchauen dieſen Glantz / zu mercken dieſe Sonnen /
Wodurch der Menſchheit Werth den hoͤchſten Stand gewuͤnnen
Und ſo erleuchtet iſt? Er iſt nicht werth ſo gar
Daß ſeine Mutter ſelbſt je eine Jungfer war /
Der ſein Geberde nicht zur Ehrerbitung neiget /
Sein Haupt zum tieffſten buͤckt / den Fuß in Demut beuget
Und gibt ſich pflichtbar hin fuͤr einen eignen Knecht
Fuͤr ein ſo liebes Volck vnd him̃liſches Geſchlecht.
Jedoch merckt gleichwol drauff / jhr lieblichen Jungfrauen /
Jch meine die / wo mehr auff That als Wort zu bauen
Und habt mir nur fuͤr gut / ich mein auch meiſtens die /
Wo Winter nicht verbot / daß Fruͤhling mehr nicht bluͤh.

59.

Amadis-Jungfern. Epigram - ma eſt brevis Sa - tyra; Sa - tyra, eſt longum Epigram - ma.
PFut euch / die jhr euch ruͤhmt der geilen Buhler -
Luͤgen
Deß frechen Amadis / die dahin deutlich tuͤgen
Wo Circe machte Saͤw / wo Mesſalina gieng
Und fuͤr den ſchnoͤden Sieg der Wette Lohn
empfing!
E e ijDie66Andres Tauſend
Die Zunge ſchaͤrfft er zwar / allein er ſtuͤmpfft die Sinnen /
Wil das / was jhr ſollt thun / euch uͤberreden kuͤnnen
Durch das / was nie geſchehn / durch das / was wanns geſchehn /
Die Ehre gantz verdam̃t / die Tugend nicht mag ſehn.
Der Worte goͤldner Glantz hat Gifft zu ſeinem Grunde
Und Operment ſteckt drinn / es ſchadet zum Geſunde /
Es ſterbt die Einfalt hin / erweckt ein ſolches Klug
Dafuͤr ein keuſcher Sinn Entſatz vnd Grauen trug.
Nicht mir den weiſen Mund den Amadis gelehret!
Ob Zunge lauffet gut / iſt Sinn doch gantz verſehret:
Und iſt jhm kuͤndig diß / was Oriana ſpricht /
So weiß er auch was ſonſt bey Mireflor verricht /
Weiß wie das feſte Schloß ward endlich noch errungen /
Weiß wie es letzlich noch / nach vieler Muͤh / gelungen
Daß ſo beliebter Gart / im Anfang vnerbaut /
Jn kurtzem kuͤm̃t zum Baw vnd ſeine Fruͤchte ſchaut.
Er weiß wie Floriſel mit vielen kuͤhnen Streichen
Ein Koͤnigliches Bett vnd Buhlſchafft kan erreichen /
Er weiß wie viel der Held damals der Lantzen hat
Gebrochen weil es Tag / vnd nachmals da es ſpat.
Ein ſolcher Sinn gewohnt / daß Ehre drauß ſoll kummen
Unehrlich ſeyn voran / daß vor-wird an-genummen
Auff Hoffnung zum Erlaub / was nimmer noch erlaubt:
Daß Eltern jhre Pflicht im Winckel wird geraubt /
Daß Lieb vnd jhre Brunſt mag was ſie wil beginnen /
Obs gleich laufft wider Gott / Zucht / Ehr vnd frome Sinnen:
Daß Mutter eh / als Braut / man etwa werden mag /
Mag Braut bey Nachte ſeyn / vnd Jungfer auff den Tag.
So viel erlernt der Sinn vom Meiſter geiler Luͤſten;
Fuͤr deſſen Schuͤler ich mir wuͤntfche zuzuruͤſten
Ein Schiff nach Tomos hin / auff daß der Liebe Schweiß
Zu leſchen Mittel ſey / durch ein erfriſchlich Eiß;
Wie Naſo vormals thaͤt / der nach geſchriebner Liebe
Vom Pontus Klage-Brief vnd Trauer-Buͤcher ſchriebe
Und haͤtte wol gewolt er haͤtte nie gekoſt /
Und niemals auch gelehrt / die Lieb vnd jhre Luſt.
Jhr67Drittes Hundert.
Jhr Jungfern / glaubt es nur / daß auch das Wort zu
fuͤhren
So frech vnd ſo gefach / gar ſchwerlich wil gebuͤhren /
Das Recht vnd ein Gebrauch / die habens ſo gericht
Daß jmmer jemand iſt / der eure Worte ſpricht
Wo nuͤtzlich vnd wo noth. O wie erſchrackt jhr Vaͤter!
O wie befahrt ſich Rom auff groſſes Unfalls-Weter /
Da einmal fuͤr Gericht ein freches Weib aufftrat
Selbſt Sach vnd Klage fuͤhrt vnd um die Rechte bat!
Man fragte druͤber Rath / ſchlug auff Sybillen Buͤcher /
Und bat die Goͤtter drum / daß dieſe That ſey ſicher
Fuͤr allgemeines Heil: ſo ſeltſam war diß Ding
Mehr / als da eine Red einsmals ein Ochs empfing.
Jſt Scham vnd Ehr in euch? So redet ſtille-ſchweigen
Genug von euch fuͤr euch / ſo kan die Hertzen neigen
Zu eurem Schutz vnd Gunſt / ein ſitſam Angeſicht /
Das jedem von ſich ſelbſt zu Hold vnd Dienſt verpflicht.
Die Tugend die jhr fuͤhrt / iſt Koͤnigin der Sinnen /
Die ſchaffets / die befihlts / daß anders wir nicht kuͤnnen
Als euch nur wollen wol / die Zucht die zeucht vnd zwingt /
Daß vnſer Will in vns / euch volle Folge bringt.
Deß Goldes lieber Preis / darff keinem Advocaten
Auff ſeine theure Zung in feilen Mund gerathen /
Es lobt ſich durch den Glantz / es lobt ſich durch die Krafft
An welcher Erde / Lufft / Glut / Flut nichts thut vnd ſchafft:
Der Roſen rothes Schoͤn / wann ſie auß gruͤnem Bette
Fruͤh-morgens laͤcheln rauß vnd ſpielen in die wette /
Leucothoë mit dir / iſt ſelbſten ſeine Pracht
Die keine Zunge mehr / noch minder zierlich macht:
Die Augen ſind verblendt / die helle Diamanten
Fuͤr Glas vnd fuͤr Criſtall nicht vnterſchiedlich kanten /
Da erſt zu ſchweren iſt / das iſt der theure Stein
Der nur von Blut / vnd ſonſt wil nicht bezwinglich ſeyn:
Solls erſt die Zunge thun / die Jnngfern werth zu machen?
So iſts gar ſchlecht beſtellt / ſo ſind der Tugend Sachen
Auffs ſchlipffrige geſetzt / vnd jhre Wuͤrde ſteht
Nach dem die Zunge ſchwer / nach dem ſie fertig geht.
E e iijSolls68Andres Tauſend
Solls viel Geſchwaͤtze thun? So muß den Papageyen
Jhr Preis noch mehr als ſonſt ins hohe nauff gedeyen /
So kuͤm̃t auch hoch die Schwalb / vnd ein gemeiner Heer
Gilt einer Jungfer gleich / wie ſchoͤn ſie jmmer waͤr.
Fuͤrwahr / jhr redet offt / viel / praͤchtig / frey vnd lange
(Thuts euren Ohren wol / thuts fremden doch gedrange)
Und wann es dann iſt auß / wird billich noch gefragt /
Jſts auß? Was wil ſie dann? Was hat ſie dann geſagt?
Die Rohſno lachet offt / vnd ſauer ſiht die Tyber,
Die Elbe ruͤmpfft ſich ſelbſt / die Augen gehen uͤber
Dem armen Priſcian, wann euer ſtrenger Mund
So bitter plagt ein Wort / das jhr doch nie gekunt /
Die Sprache wuͤrgt vnd kraͤnckt / zermartert / kruͤpelt / ſtuͤmmelt
So laͤcherlich damit lallt / ſtockert / ſtammelt / tuͤmmelt
Und ſo tyranniſirt / vnd wider Willen zwingt /
Daß ſo / ſie gelten ſoll / wie ſie durch euch nur klingt.
Ein Bach / ein Regen-Bach / vom Himmel her geſtaͤrcket
Wann er / was er ſo ſey / vnd was er kuͤnne / mercket
Laufft uͤber Thamm vnd Rand / ſcheuſt uͤber Schuͤtz vnd Wehr
Bricht da vnd dort herauß / ergeuſt ſich hin vnd her /
Miſcht was er in ſich hat / treibt was er fuͤhrt zu Hauffen /
Daß Fiſch / Froſch / Holtz vnd Schlam̃ hin mit einander lauffen;
Biß daß die Wolcke weicht / die jhm gab kurtze Krafft /
Dann bleibt das eine da / das andre dort verhafft:
Jhr Damen, ſo genant / die krauſen Complimenten
Die euch das leichte Volck der tollen Liebs-Studenten
Jn eure Sinnen geuſt / die ſchwellen euren Mut
Weil euch das heucheln wol / das loben ſanffte thut:
Sie werffen ſich euch hin zu euren zarten Fuͤſſen /
Sie wollen ſonſt von nichts / als nur von Knechtſchafft / wiſſen /
Sie kuͤſſen euer Hand / ſie kuͤſſen wol den Grund
Wo euer Fuß trat hin / wo euer Schaten ſtund /
Sie ſtelln auff euer Wort das Urthel jhres Weſens /
Deß Lebens Auffenthalt / die Artzney deß Geneſens /
Jhr ſeyd der Seele Seel / vnd auſſer euch ſind ſie /
Als waͤren ſie nicht mehr vnd vor geweſen nie /
Die69Drittes Hundert.
Die Sonne dieſer Welt hat nie ſo ſchoͤn gebruunen
Als eurer Augen Licht / das Goͤttliche paar Sonnen /
Der Wangen Lilien mit Roſen vntermengt
Jſt jhre Fruͤhlings-Luſt / daran jhr Hertze hengt /
Der theure Mund-Rubin / wem dieſer kuͤm̃t zu kuͤſſen
Der mag ſich einen Gott vnd keinen Menſchen wiſſen
Und duͤncken mehr als Mars, auch als Adonis mehr /
Die Venus Mund gekuͤſt / der vor beruͤhmt war ſehr
Eh jhr kamt auff die Welt / vnd jetzt von eurem funckeln /
Wie von der Sonn jhr Stern am Himmel / muß vertunckeln:
Und daß jhr in der Welt die Welt noch etwas acht
Das iſt jhr groͤſtes Heil / das ſie noch ruͤhmlich macht
So ſonſt der Buhler-Wind / vnd ſchwellt euch die Ge -
dancken:
Die bleiben nicht daheim in jhren alten Schrancken;
Jhr Haus iſt viel zu eng / vnd ſuchen dann ein Thor
Am nechſten wo es iſt / da brechen ſie hervor /
Zum Munde meiſtens auß / der wil ſich laſſen mercken
Wil ſeyn geguͤntes Lob nicht mindern / ſondern ſtaͤrcken /
Sagt her wie er vermag / gibt rauß was er nur kan
Und meint daß Peitho ſelbſt hat nie kein Wort gethan
Das lieblicher geſchallt: Allein es wird leicht Amen /
Der Nachdruck bleibt daheim / es mangelt an dem Saamen
Erfahrung vnd Verſtand / der fruchtbar pflegt zu ſeyn
Und nichts was vngeſchickt zum reden gibet ein.
Es gilt euch alles gleich / geſchickt vnd vngeſchicket
Gereimt vnd vngereimt / geſticket vnd geflicket
Gemengt vnd abgetheilt / halb oder außgefuͤhrt /
Und iſt euch gar genug / wanns nur heiſt diſcurirt.
Was nicht wil ſeyn das bleibt / kuͤm̃ts nicht / ſo mag es ſtecken /
Es ſcheint nicht hoͤflich ſeyn / was ſchlaͤfet auffzuwecken;
Genug / wann nur der Berg ſich groß vnd ſchwanger ſtellt
Wann endlich gleich herfuͤr / nur wo ein Maͤußlein ſchwellt /
Doch daß nur niemand lacht! O nein; ich muß nur klagen /
Und daß man eurer ſich erbarmen ſolle / ſagen /
Weil euch von Perlen traͤumt vnd werden Threnen drauß
Weil jhr nach Ehren greifft vnd ziehet Spot ins Haus.
E e iiijViel70Andres Tauſend
Viel plaudern hat noch nie viel Nutzen heim getragen /
Viel ſchweigen / hat noch nie viel Schaden zu beklagen:
Ein wol geſchloßner Mund / verwahrt ein weiſes Hertz /
Ein vngebundnes Maul / bringt jhm vnd andren Schmertz.
Jhr jrꝛt / ſo euch beduͤnckt jhr waͤret angenemer
Wann jhr nur viel ſagt her: Jch halt es viel bequemer
Zu aller Menſchen Gunſt / wann dieſes jhr nur ſagt /
Daß der euch mercke from / der euch um was gefragt.
Man ruͤhmet Jungfern nicht / die allzuweit gereiſet /
Ein Weib das als ein Weib weiß mehr / wird nicht gepreiſet:
Die Jungfern / die ſo wol im lieben ſind geuͤbt /
Die uͤbt man zwar noch mehr / nur daß man ſie nicht liebt.
Als wie der Zeit-Verdruß mit Schach-Bret / Karten-ſpielen
Bißweilen wird geſtillt bey denen / die nicht zielen
Auff Gold vnd auff Gewinn; wann nun das Spiel iſt auß
So liegt / ſo gilt nichts mehr der Koͤnig vnd das Taus:
Und alſo gehts mit euch; deß Schlafes ſich zu wehren
Den Unmut abzuthun / die Weile zu verzehren
Hoͤrt mancher was jhr ſagt / ſagt was jhr gerne hoͤrt /
Biß daß er dann iſt ſat / jhr aber ſeyd bethoͤrt;
Dann hat der ſchlaue Fuchs den Raben bracht zum ſingen:
Dann hoͤrt man wie das Faß ſey leer / vnd kuͤnne klingen:
Dann merckt vnd nim̃t man ab / daß eure Fablerey /
Ein Wiederhall / vielleicht noch weniger was ſey.
Es machts nur Phantaſos, der durch die blancke Pforte
Euch bringet einen Wahnder gleich iſt eurem Worte /
Das jhr fuͤr Gluͤcke ſchaͤtzt / das euer Mund gebiert /
Wann einer / wer weiß wer? Euch mit zu Bette fuͤhrt.
Dann / wann nun dieſer Stand von euch iſt ſo errungen /
Und euch iſt ſo vnd ſo / ein freyer Sprung gelungen /
Jns weiche Feder-Feld; ey lieber ſagt mir doch
Braucht jhr den Amadis / vnd diſcurirt dann noch?
Wann euer Kind jhr putzt / wann manchmal eure Backen
Fuͤnff Finger / euch zur Zucht / biß auff das ſchwellen zwacken?
Wann jhr in Kuͤhſtall geht / wann jhr die Suppe kocht
Wann jhr den Stockfiſch bleut / wann euch der Pruͤgel pocht?
Ach71Drittes Hundert.
Ach ja! Kind / Knecht / vnd Magd die ſtehen vnd verſtarren
Die Schweine ſehn empor / Kuͤh / Kaͤlber / Ochſen / Farren
Und alles Feder-Vieh / hoͤrt mit verwundren drauff /
Wie jhre kluge Fraw gibt einen guten Kauff
Am Zuwachs edler Wort; allein es wil noch fehlen
Daß ſie nicht werden ſat / noch ſo die Worte zehlen
Wie Muͤntze wird gezehlt. Drum weg mit eurer Kunſt /
Die einmal kaum nur gilt vnd weiter iſt umſonſt!
Die ſtille Froͤmigkeit / das eingezogne Wiſſen
Was gut / was ſelig ſey / darff nimmermehr vermiſſen
Sein Lob vnd ſeinen Nutz; es gilt fuͤr alle Welt
Und bleibet jmmer ſtehn / wann dieſer letzlich faͤllt.

60.

Beute außm Deutſchen Kriege.
WAs gab der Deutſche Krieg fuͤr Beute?
Viel Grafen / Herren / Edelleute;
Das Deutſche Blut iſt edler worden
Weil ſo geſchwaͤcht der Bauer-Orden.

61.

Tuͤchtige Wahr.
DJe Wahren welche vornen an
Jn einem Laden liegen /
Die kaufft nicht gern ein jederman
Sie pflegen nicht zu tuͤgen:
Die Jungfern welche zu dem freyn
Die Freyer ſelbſt wie laden /
Wo dieſe nicht verlegen ſeyn /
So haben ſie doch Schaden.

62.

Jungfern-Sorge.
WAnn Jungfern wollen freyn vnd aͤndern jhren Titel
Jſt jhre meiſte Sorg um jhres Buhlers Mittel /
E e vZu72Andres Tauſend
Zu jhrem Unterhalt; daß ſie nicht duͤrffen ſorgen /
Und das / was jhnen noth / beym Nachbar etwa borgen.

63.

Der vereinigte Glauben.
EJn Reichstag iſt nicht weit
Da aller Glaubens-Streit
Wird gantz beſchieden werden;
Wann Gott hier von der Erden
Wird haben alle Welt
Fuͤr ſeinen Thron geſtellt.

64.

Gemeinſchafft bringt Verachtung / ſon - derlich Fuͤrſten.
WO viel Gemeinſchafft iſt / iſt Anſehn nicht gemein;
Wo Anſehn mehr nicht iſt / wil auch nicht Folge ſeyn;
Wo Folge reiſſet auß / kan Ordnung nicht beſtehen;
Wo Ordnung nicht beſteht / muß Wolfahrt vntergehen.

65.

Hofe-Werth.
JCh nehm ein Quintlein Gluͤck / vnd kauffe Hofe-Gunſt:
Ob dir es ſo beliebt / nim einen Centner Kunſt;
Die leichte Muͤntze gilt / die ſchwer iſt hier vmſonſt.

66.

Ein Fuͤrſten-Rath.
Wer iſt der ſeinen Rath dem Herren redlich gibt?
Der / den ſein Fuͤrſt? Nein der / der ſeinen Fuͤrſten liebt.

67.

Der Zorn.
Der Zorn iſt eine volle Bach /
Jſt aber trucken von gemach.
68. Die73Drittes Hundert.

68.

Die Genade.
Daß warm iſt Menſchen mehr / als kaltes angeboren:
Dem Fuͤrſten / ſey die Guͤt als Schaͤrffe / mehr erkoren.

69.

Der Neid.
Neiden vnd geneidet werden
Jſt das meiſte Thun auff Erden.

70.

Gegenwaͤrtige vnd verlohrene Tugend.
Tapffre Leute / pflegt der Neid gerne ſehn begraben /
Außgegraben / wann er ſie nun nicht mehr kan haben.

71.

Elender Zuſtand der Fuͤrſten.
Fuͤrſten haben zwar mehr Gut / als vielleicht gemeine Leute;
Haben aber derer viel / denen ſie ſtehn ſtets zur Beute:
Fuͤrſten haben zwar viel Dienſt; muͤſſen aber viel ernaͤhren
Kuͤnnen auch fuͤr ſich nicht mehr / als ein eintzler etwa zehren.

72.

Ein vnruhig Gemuͤte.
Ein Muͤhlſtein / vnd ein Menſchen-Hertz / wird ſtets herum ge -
trieben /
Wo beydes nicht zu reiben hat / wird beydes ſelbſt zerrleben.

73.

Verſtellung.
Jeder ſchilt das Hofe-Leben / wann er nicht darinnen iſt;
Jeder nim̃t das Hofe-Leben / wann er nur wird drein erkieſt.

74.

Der Feind nicht zu verachten.
Mit dem Feinde ſoll man fechten / fuͤr dem ſechten jhn nicht
ſchmaͤhn
Viel die ſchmaͤhten vngefochten / hat man fechtend lauffen ſehn.
75. Auff74Andres Tauſend

75.

Auff Blincam.
Blinca, wann ſie ferne ſteht / kan ſie Liebe leicht erwecken:
Blinca, wann ſie nahe ſteht / kan ſie Liebe leicht erſtecken.

76.

Beyfall.
Wer Unrecht billich haͤlt / ob Unrecht er nicht thut /
So thut er doch nicht recht / daß boͤſes er heiſt gut.

77.

Auff Pætum.
Pætus bat mich nechſt zu gaſt / vnd ich gieng nicht / ich war ſat /
Noch von deme / wie er mich laͤngſt vorhin caſteyet hat.

78.

Das Vergangene vnd Kuͤnfftige.
WAs weg iſt / laͤſſet Rew;
Was kummen ſoll / macht Schew:
Die Jugend die zerran /
Das Alter dringt heran:
Drum dencke man dahin
Wo Jugend ſtets bleibt gruͤn /
Wo Alter jmmer ſteht /
Wo Leben nie vergeht.

79.

Auff die maͤnnliche Viroſam.
Wie daß Viroſa dann noch keinen haben kan?
Ein Mann bedarff ein Weib / ein Mann darff keinen Mann.

80.

Vom erſten April.
WJr uͤben im April die Leute durch vexiren
Und pflegen ſie im Schimpff herum - vnd an zu fuͤhren:
Man75Drittes Hundert.
Man oͤffnet ſo den Witz / daß er ſich thu herfuͤr
Wie dieſe Zeit ſchleuſt auff / der Welt Luſt / Nutz vnd Zier.

81.

Auff Vitum.
Ey ſihſtu nicht / wie Veit fuͤr Weibern ſich verſtecke?
Ja! aber wo dann hin? Ey vnter jhre Decke.

82.

Von einer Fliege.
EJne Fliege warſo kuͤhn
Setzte ſich vermeſſen hin
Auff deß Muͤndleins ſuͤſſes Roth
Chloris ſchlug / vnd ſchlug ſie tod:
Florus ſprach. O wann nur ich
Duͤrffte ſo erkuͤhnen mich!
Dieſer Schlag / hielt ich dafuͤr
Diente mehr / als ſchadte / mir.

83.

Von einer Biene.
PHyllis ſchlieff / ein Bienlein kam /
Saß auff jhren Mund vnd nam
Honig / oder was es war /
Corydon, dir zur Gefahr:
Dann / ſie kam von jhr auff dich
Gab dir einen bittren Stich;
Ey wie recht! du fauler Mann
Solteſt thuu / was ſie gethan.

84.

Buͤcher-Stube.
Dieſes iſt ein Todten-Grab / deſſen Todten roden kuͤnnen /
Sagen das / was weit hindan; zeigen das / was noch von hinnen.
85. An76Andres Tauſend

85.

An Blandulam.
BLandula, die goͤldne Sonne / zwiſchen deinen weiſſen Bruͤſten
Macht daß die / die beydes ſehen / gerne recht zu ſchliſſen
wuͤſten /
Ob der reine Schnee der Bruͤſte von der Sonnen Glantz enſteh /
Oder ob den Glantz der Sonne / klaͤre deiner Bruͤſte Schnee.

86.

Rathen.
Wer andren gibet Rath / gibt wider ſich den Rath /
Dann Zorn erfolgt fuͤr Danck / wann Rath gefehlet hat.

87.

Fruͤhling vnd Herbſt.
Der Fruͤhling iſt zwar ſchoͤn / doch wann der Herbſt nicht waͤr /
Waͤr zwar das Auge ſat / der Magen aber leer.

88.

Auff den verlogenen Varillum.
VArillus iſt das Jahr; ſein Will iſt jmmer rund
Daß Moͤrgen Winter ſteht / wo heute Sommer ſtund:
Nur wann ein Schalt-Jahr iſt / kuͤm̃t Warheit wo mit ein /
Sonſt wil ein jede Stund ein eigne Luͤge ſeyn.

89.

Verheiſchungẽn.
Das Ja ſoll ſeyn ein Pfand / bey dem ſich ſicher weiß
Wer vns ſein Trauen lehnt / auff vnſeren Verheiß.

90.

Edelgeſteine vnd Perlen.
Was macht die edlen Stein vnd klare Perlen werth?
Jhr Werth nicht / ſondern das / daß man ſie ſo begehrt.
91. Das77Drittes Hundert.

91.

Das Gluͤcke.
DAs Gluͤcke richtet auff / das Gluͤcke ſtoͤſſet nieder;
O Gluͤcke thut es nicht! nach dem ſich ſtellt ein jeder /
Nach deme ſtellt ſich Gluͤck: Ein Sinn dem ſtets gefaͤllt
Was Gott gefaͤllt / ſteht ſtets / weil Zuverſicht jhn haͤlt.

92.

Das Buͤrgerliche Recht.
DAs Buͤrgerliche Recht [a] gilt ſehr jetzt in der Welt /
Weil Vorthel / Nutz / Gewinn / fuͤr recht ein jeder haͤlt /
Was Ehr - vnd Chriſtlich iſt / weit hinten aber ſtellt.
[a] Dann der Stadt-Handel beruhet met -
ſtens auff Vorthel.

93.

Der fuͤr nemſte Kummer.
Fuͤr den Bauch vnd fuͤr den Kaſten /
Traͤgt man alles Kummers Laſten.

94.

Auff Calvum.
Es kuͤm̃t zu euch nicht Calvus, jhr Hann / in eure Rey
Er kuͤm̃t zu euch jhr Hennen / ſein Kopff der iſt ein Ey.

95.

Der Glauben.
MJch duͤnckt / Religion ſey ſchlecht Religion,
Wann mehr nicht / als nur diß man glauben ſoll davon
Was die Vernunfft erlaubt; wie wil doch dieſer ein /
Daß Gott ohn Ort vnd End / vnd Welt auß nichts ſoll ſeyn.

96.

Jahr-Zeiten.
JM Lentzen / prangt die Welt mit zarter Jungferſchafft /
Jm Sommer / iſt ſie Fraw / mit ſchwanger ſeyn verhafft;
Wird78Andres Tauſend
Wird Mutter in dem Herbſt / gibt reiche Frucht herauß;
Jſt gute Wirthin / haͤlt im Winter rathſam Haus.

97.

Eine Wunder-Glocke. Achill. Panop. Burggra - vI. pag. 76.
DJe Glocke deß Virgilius, wann dieſe weiland
klang
Bey deß Arturus Hofeſtat / ſo ſah man wie da
ſprang
Und ſtuͤrtzte ſich ins Waſſer ein / wer jhm nur war bewuſt
Von ſchaͤndlicher Ehbrecherey vnd andrer Huren-Luſt:
Wie gut / daß dieſe Glock jetzund bey vnſrer Zeit nicht klingt
Sie zwinge groͤßres Volck in Tod / als das Geſchuͤtze zwingt.

98.

Der Sieg.
Wer durch das Eiſen ſiegt / hat ritterlich geſiegt:
Betrieglich hat gekriegt / der durch das Geld gekriegt.

99.

Reimen.
Freude / die gezwungen iſt / geht in ſchwerer Fahrt:
Reime / die gezwungen ſind / haben wenig Art.

100.

Auff Cerinnam.
Cerinna iſt wie zartes Wachs / ſo weiß / ſo zart gezieret:
Drum hat in ſie ein ſchoͤnes Kind ein Kuͤnſtler nechſt boſſiret -

Deß Andren Tauſend Vierdtes Hundert.

F f80Andres Tauſend

1.

Alamodiſten. Geneſ. 10. . 26.
ALmodad kam vom Sem herab: Vom Japhet, Aſcenas;
Daß dann dem Alamode - Stamm / der Deutſche ſo traͤgt
Haß?

2.

Soldaten-Brauch.
STarck an Koͤpffen ins quartier,
Aber ſtarck zu Feld an namen /
Kamen jmmer vor herfuͤr
Vnſre Krieger / wann ſie kamen.

3.

Der Tod Chriſti.
Da das Leben gieng vnd ſtarb / fing das ſtorben an zu leben /
Dann der Tod hat durch den Tod in den Tod ſich muͤſſen geben.

4.

Lebens-Regel.
Bis wer du biſt / laß jeden auch fuͤr dir ſeyn / wer er iſt /
Nicht was du nicht kanſt / was du kanſt / ſey dir zu ſeyn erkieſt.

5.

Das Leiden Chriſti.
UNs zu Liebe / wolte Chriſtus / Marter / Schmach vnd Tod
er leiden:
Jhm zu dancken / wollen Chriſten Marter / Schmach vnd Tod
vermeiden:
Wann nun aber / Chriſtus wird kummen in der Herꝛligkeit /
Wird wer weit vom Leiden blieb / auch von Freuden bleiben weit.

6.

Die Liebe deß Vaterlandes.
MAn liebt das Vaterland / deß Vaterlandes wegen?
Nein / weil an deſſen Heil vns ſelbſten viel gelegen:
Wann81Vierdtes Hundert.
Wann wo das Vaterland / nicht manchen ehrt vnd liebt /
Ein ſchlechtes nim̃t er drum / daß er es gantz begibt.

7.

Erbarmung vnd Barmhertzigkeit.
Eines andren Pein entfinden / heiſſet nicht barmhertzig ſeyn;
Recht barmhertzig ſeyn / wil heiſſen / wenden eines andren Pein.

8.

Auff Porniam.
Keine Schand-ein Ehren-Hure ſoll man / Pornia, dich nennen;
Weil dich nicht verachte Leute / ſondern die geehrten kennen.

9.

Auff Pætum.
Pætus, du vnd auch dein Weib lebet ſtets in einem Willen;
Jedes wil das andre ſehn ehſtes in das Grab vervoͤllen.

10.

Die Creutzigung vnd Aufferſtehung Chriſti.
WAs / Ev vnd Adam jhr / vom Holtze naͤſchig niſſet /
Das iſts / was Chriſtus drauff am Holtze bitter buͤſſet:
Was vor im Garten fiel / ſteht jetzund auff im Garten:
Die Flucht vom Paradeis / wird ſo zu Himmelfahrten.

11.

Auff Phorbantem.
PHorbas gieng zu ſeinem Lieb als er kam fuͤr derer Thuͤr /
Zittert er als wie ein Laub / wuſte gleichwol nicht wo fuͤr;
Hilt ſich ſonſt fuͤr einen Mann: Biß er / als er dachte nach /
Ey mein Hertze gab ich jhr / vnd ſie gab mir jhres / ſprach.

12.

Dreyerley Aufferweckung von Todten.
ZU Hauſe: Fuͤr dem Thor: Und auß deß Grabes Klufft:
Wird von deß Todes Schlaf ins Leben auffgerufft
F f ijJairus82Andres Tauſend
Jairus Kind / der Sohn zu Nain, Lazarus;
Hertz / Mund vnd Werck in vns ſoll aufferſtehn zur Buß.

13.

Von einer Witfraw.
EJne Witfraw gieng zur Traw / nam jetzund den vierdten
Mann;
Als die Zeit zum ſchlafen gehn auch nun endlich kam heran /
Ach! ſprach ſie / Ach! Ach! haͤtt ich / vor an dieſes Ding gedacht /
Niemand / niemand haͤtt es mir nimmermehr mehr eingebracht!
Doch ſie gieng / war gar getroſt / vnd das Kind das ſie gebar
Kaum in zwantzig Wochen drauff / wieß / wie ſie vergeßlich war.

14.

Die Liebe.
Nenne mir den weiten Mantel / drunter alles ſich verſtecket:
Liebe thuts / die alle Maͤngel gerne huͤllt vnd fleiſſig decket.

15.

Drey ſchaͤdliche Dinge.
Spiel / Vnzucht vnd der Wein
Laͤſſt Reich / Starck / Alt / nicht ſeyn.

16.

Ein fruchtbares Welb.
Wann ſie gebiert / wie ſichs gebuͤhrt
Dadurch wird eine Fraw geziert.

17.

Liebe vnd Geitz.
Lieb vnd Geitz ſind ſolche Bruͤllen / welche dem / der auff-ſie ſtellt /
Machen / daß das dickſte Schwartze / fuͤr das zaͤrtſte Weiß erhellt.

18.

Neigungen.
Wer an Gaucklern vnd an Narren ſeine Luſt vnd Labſal hat /
Kan ſie an ſich ſelbſten haben / wann er braucht der Luͤſte Rath.
19. Ein83Vierdtes Hundert.

19.

Ein koſtbares Haus.
WEr ein ſchoͤnes Haus jhm baut
Hat jhm ſelbſt nicht recht getraut
Daß er ſey gar groß geſchaut.

20.

Luͤgen.
Ob Luͤgen ſind der Warheit gleich / ſind drum ſie bald jhr Kind?
Die Kinder ſind offt einem gleich / von dem ſie doch nicht ſind.

21.

Warheit vnd Luͤgen.
Die Warheit iſt ein Oel; die Luͤgen / Waſſer: Schwimmt
Doch endlich oben auff / wie viel man Waſſer nimmt.

22.

Auff Morum.
MOrus klagt / daß ſeine Fraw an der Frauen-Kranckheit
liege /
Daß dafuͤr noch Teuffels-Koth / Biebergeil / noch Feigbohn tuͤge:
Ob man Maͤuß-Ohr-weiſſer Lilg-auch Meliſſen-Waſſer name /
Hilffe nichts: Auch Anis-Lein - vnd auch nicht der Fenchel -
Saame:
Von dem Schwertel gelb vnd blaw / von Rahpontick vnd der -
gleichen /
Coſtus nicht / auch Mely nicht / kuͤnne dieſe Noth erweichen;
Keine Wurtzel! mich beduͤnckt / daß ich etwa wo geleſen
Zapffen-Kraut / ſo viel genug / macht von dieſer Sucht geneſen.

23.

Auff Lingum.
Lingus ſolte fuͤr den Huſt brauchen Loch de Farfara;
Diß / verſtand er ſo vnd ſo / brauchte Loch de Barbara;
F f iij24. Auff84Andres Tauſend

24.

Auff Pimplam.
Pimpla hat das Jungfern-Feber: Rege-Kraut vnd Stendel -
Wurtz
Kan es daͤmpffen / iſt zu brauchen nicht zu ſparſam / nicht zu kurtz.

25.

Fuͤrſten vnd Feſtungen.
Eine Feſtung vnd ein Fuͤrſt / ſehn mich an fuͤr eine Sache /
Die da ſtets darff Vorrath / Geld / Mannſchafft vnd beſtellte
Wache.

26.

Zahlungs-Friſten.
Noch Hauptgut / noch die Zinſen / darff jetzt ein Schuldner gelten:
Es ſtehn zwar ſo die Schulden / der Glauben aber ſelten.

27.

Die Tugend.
Tugend / iſt ſo trefflich ſchoͤn; daß ſie dann die Welt nicht liebet?
Weil ſie alt / ſo ſchaͤmt ſie ſich / ſo ſie ſich auff lieben gibet.

28.

Redligkeit.
Wer die Redligkeit wil freyen / mag ſich kuͤhnlich laſſen ein;
Leichtlich / dann ſie iſt veraͤchtlich / wird er wol kein Hahnrey ſeyn.

29.

Braut fuͤr Weib. l. Jul. d. Adult.
Die Braut wird fuͤr das Weib / bey Rechten offt geacht:
Sie dencken auff den Tag / nicht aber auff die Nacht.

30.

Das Waſſer.
Ob das Waſſer / wird gefragt / die / die Waſſer trincken / naͤhret?
Naͤhrt es nicht / ſo iſts doch gut / daß es auch wie Wein nicht
zehret.
31. Auff85Vierdtes Hundert.

31.

Auff Jungfer Dubioſam.
Dubioſa iſt ſehr ſchoͤn / reich / geſchickt vnd ſonſt von Gaben;
Nur der Juden Hohe-Prieſter / kuͤnte ſie nicht ehlich haben.

32.

Rath ohne That.
Anſchlag der nicht Fortgang hat
Jſt ein Wagen ohne Rad.

33.

Der Namens-Tag.
Einen ſchlechten Namen hat / deſſen Namen durch das Jahr
Einen Tag / vnd ſonſten nie / kuͤndig vnd geehret war.

34.

Der Maͤy.
Dieſer Monat iſt ein Kuß / den der Himmel gibt der Erde /
Daß ſie jetzund ſeine Braut / kuͤnfftig eine Mutter werde.

35.

Auff Umbriam.
Umbria iſt zwar nicht ſchoͤn / doch ſie iſt der Schoͤnheit
Schimmer /
Wann ſie etwa gehet her / hinter ſchoͤnem Frauen-Zimmer.

36.

Hand-Prophecey.
WEr vnſrer Welt ſah in die Hand
Was iſt es / das er drinnen fand?
Raub / Mord / Trug / Schinderey vnd Brand;
Jhr iſt das letzte Recht erkant.

37.

Tauſend goͤldene Jahre.
EHſtes wird die boͤſe Zeit kummen auff die Bahre /
Ehſtes werden werden jung tauſend goͤldne Jahre;
F f iiijWie86Andres Tauſend
Wie es ſcheint / kans auch wol ſeyn / dann ſolch Gold zu kochen /
Hat zu Kohlen / Stadt vnd Dorff Krieg ſchon abgebrochen.

38.

An die Schweden.
ALles Jnſelt / von dem Vieh das jhr raubtet durch das Land /
Aſche von geſam̃tem Ort / den jhr ſetztet in den Brand /
Gebe Seiffe nicht genug: Auch die Oder reichte nicht
Abzuwaſchen jnnren Fleck / druͤber das Gewiſſen richt;
Fuͤhlt es ſelbſten was es iſt / ich verſchweig es jetzt mit Fleiß
Weil Gott / was jhr jhm vnd vns mitgeſpielet / ſelbſten weiß.

39.

Beredſamkeit.
EJn beredter Mund
Hat offt viel gekunt;
Manchmal zum verrichten
Manchmal zum vernichten.

40.

Steigender vnd fallender Nutz.
Garten-Nutz von Frauen-Aepffeln / wird in Anſchlag nicht
geſtellt /
Weil es iſt ein ſolcher Nutzen / welcher ſteigt vnd welcher faͤllt.

41.

Die neue Welt.
Weil der Krieg / die alte Welt hat zerſtoͤret vnd verheeret /
Werden neues Land / Stadt / Recht / Brauch vnd Siten / vns
gewehret.

42.

Schoͤnheit.
SChoͤnheit / die man haͤlt ſo werth /
Schoͤnheit / die man ſo begehrt /
Jſt gar ſparſam eingericht
Meiſtens vnters Angeſicht:
Wann87Drittes Hundert.
Wann die Menſchen giengen bloß
Waͤr ſie vielmals nicht ſo groß;
Schmuck vnd Kleider helffen ein /
Machen Anmut / geben Schein.

43.

Unbeſtand.
Daß im Circkel eine Vierung ſey zu finden / iſt wol klar:
Aber / daß auff runder Erde kein Beſtand / bleibt dennoch wahr.

44.

Ergetzligkeit.
EY! wie ſchad iſts um die Zeit / die mit R[ei]men ich verſpiele!
Ubler wuͤrde reimen ſichs / wann mit nicht[ſ]thun / ſie verfiele:
Eine Ruh fuͤr Leih vnd Sinn / iſt gelaſſen jede[m]zu;
Jeder ruhe wie er wil / ich beruh in dieſer Ruh.

45.

Ruh im Mittel-Punct.
Die Ruh faͤllt in den Mittel-Punct; bey Lupa aber nicht /
Wer hier kuͤm̃t her vnd ſucht zu ruhn / wird ſchaͤndlich außgericht.

46.

Ein Rauſch.
Kuͤm̃t Rauſch vom rauſchen her? Berauſchte ſind nicht
ſtille /
Jm giſſen rauſcht der Trunck / der Magen auff die voͤlle /
Die Blaſe mit ſam jhm / (wann uͤbrig ein was kuͤm̃t;)
Laͤſt rauſchen was zu viel / laͤſt rauſchen daß es ſchwimmt.

47.

Auff Fœmininum.
Aller Unfall der da kuͤm̃t / macht daß Fœmininus weine;
Macht alſo / daß er / man glaubt / ſey nicht einer / ſondern eine.
F f v48. Die88Andres Tauſend

48.

Die Chriſtliche Liebe.
Weiland war die Lieb ein Feuer / waͤrmer war jhr nuͤtzer Brauch /
Nun ſie aber iſt erloſchen / beiſt ſie nur / als wie der Rauch.

49.

Freunde.
Freunde pflegt man zu erwehlen
Nur nach waͤgen / nicht nach zehlen.

50.

Auff Pſeudonem.
Mir ſagt Pſeudo halb ſich zu; einem andren / auch ſo viel;
Und das Hertze / haͤlt er jhm; nem jhn gar! wer jmmer wil.

51.

Auff Levulum.
LEvulus ließ Trew vnd Glauben ſeiner Buhlſchafft auffzu -
heben /
Nachmals hat er Trew vnd Glauben jhr fuͤr eine Nacht gegeben.
Wer ein aͤlter Recht drauff fuͤhret / muß Beweis vnd Grund
erfinden
Trew vnd Glauben einer Hure wieder auß Beſitz zu winden;
Levulus mag nachmals ſtehen fornen dafuͤr / oder hinden.

52.

Auff den vnverſchaͤmten Calvum.
Calvus hat ſo groſſen Schedel vnd noch dennoch kein Gehirne /
Voller Stirn iſt auch ſein Schedel / dennoch hat er keine Stirne.

53.

Auff Palponem.
DU braucheſt deine Zung / als wie der Fuchs den Schwantz;
Ach daß du Palpo ſo ſie muͤſſeſt brauchen gantz!
Weil ſeinen Schwantz der Fuchs mit Waſſer offt befeucht
Daß jhn zwar viel nicht koſt / zum beſten doch nicht reucht.
54. Hoffart /89Vierdtes Hundert.

54.

Hoffart / Hochfahrt.
ALs Lucifer fuhr gar zu hoch
Da fuhr er ab ins Hoͤllen-Loch:
Was gar zu hoch wird vmgekahrt
Vnd Hochfahrt wird zur Niederfahrt.

55.

Nacht-Ruh.
OB ſich deß Beruffes muͤhen
Gar biß an die Nacht verziehen /
Jſt vns doch verguͤnt die Nacht
Die davon vns muͤſſig macht.

56.

Tage-Werck.
WEil die Nacht vns vnſre Sorgen
Wolte biß auff heute borgen /
Soll man heute billich dran
Abzuzahlen was man kan.

57.

Bauern.
Die Bauern ſind ſo liſtig vnd ſind gleichwol ſo grob?
Sie ſinnen ſtets auff eines / vnd halten auch darob.

58.

Stadt-Gewerb.
Wodurch wird doch ein Buͤrger reich? Jhr Bauern / faͤllt das
Urthel:
Er ſchaͤtzt jhm ſelbſten ſeine Wahr / braucht uͤberall ein Vorthel.
59. Auff90Andres Tauſend

59.

Auff Bibulum.
Bibulus ſorgt fuͤr ſein Thun vnd beſtellet ſo ſein Haus /
Daß der Magen nimmet ein / vnd die Blaſe gibet auß.

60.

Land-Leute.
Bauers-Leute ſind der Magen / der das gantze Land ernaͤhret:
Dennoch iſt am allerſchlechſten das / wo von er ſelbſten zehret.

61.

Schmarotzer.
Der Baͤume Blaͤtter wenden ſich / wann Sonne wieder wendet:
Der Heuchler Sinnen folgen nach / wohin jhr Guͤnner lendet.

62.

Auff Dulciculam.
Dulcicula liebt jhren Mann / denckt nicht nach jhm zu leben;
Zu ſterben endlich vnter jhm / nicht vor jhm / waͤr jhr eben.

63.

Auff Oenophilum.
Der Hering / iſt Oenophilus; das Meer / das iſt der Wein;
Dann jener / kan nicht einen Tag von dieſem trucken ſeyn.

64.

Hofe-Gunſt gegen einem.
WAnn der Fuͤrſt nur einen liebet
Vnd die andren uͤbergibet /
Wird in vielen viel vergeben
Was / nur einer / nicht kan heben.

65.

Heuchler.
JN Kranckheit pflegt jhm Rath zu ſchaffen
Ein Loͤw / durch Fleiſch von einem Affen:
Viel91Vierdtes Hundert.
Viel wuͤrden jhnen Heil verhafften /
Wann Fuͤrſten Heuchler abeſchafften.

66.

Geſang auß B. moll.
D ſein Geſang auß lindem B.
Vnd nimmer nicht auß hartem geh /
Muß machen wer bey Hofe ſingt
Vnd wil / daß alles lieblich klingt.

67.

Auff Crudum.
Crudus thut nie nichts vmſonſt / weil er lebt / wil dennoch haben
Daß man jhn / wann er nun tod (billich!) ſoll vmſonſt begraben.

68.

Der ſingende Schwan.
Glaͤubſtu / daß fuͤr jhrem Tode / wie man ſchreibt / die Schwanen
ſingen?
Ja / wo du mir einen moͤchteſt / der es ſelbſt gehoͤret / bringen.

69.

Auff Naſatum.
Naſatus, wie ein groſſer Herꝛ / ſchickt eh er kuͤm̃t / vor ins
Quartier;
Laquey vnd Trompter iſt es nicht / die Naſe kuͤm̃t weit fuͤr jhm fuͤr.

70.

Auff Chryſophilum.
Sehr reich biſtu vnd auch ſehr karg / Chryſophilus; mich
duͤnckt /
Das Gold / wann es gefangen liegt / nicht mehr als Eiſen bringt.

71.

Geitz.
Wer Gold / Gott nicht zu Dienſt vnd jhm zum Brauche nuͤtzet /
Hat das was hat / wer Gold im Stollen noch / beſitzet.
72. Auff92Andres Tauſend

72.

Auff Vulpianam.
Vulpiana iſt ſelbander (was doch jetzt fuͤr Faͤlle ſind!)
Bey zehn Jahren: meide ſorgen! dann jhr Mann der iſt ein
Kind.

73.

Falſch iiii niedren / faͤlſcher im hoͤheren.
Wer in geringen Sachen buͤbelt / die nicht viel ſondres tragen ein /
Wird mehr in denen Sachen vortheln / die mehr genißlich wol -
len ſeyn.

74.

Auff Mollium.
Mollius, kan noch im trauren / noch in Freuden / Threnen
meiden;
Freut er ſich dann in dem trauren / trauret er dann in den
Freuden.

75.

Weiber-Glauben.
Beten / werden leichtlich meiden / ſingen / vnd auch Kirchen-gehn /
Weiber / wil man reformiren: Aber nicht beym Spiegel ſtehn.

76.

Die Hofe-Casſandra.
WAs Casſandra propheceyte
Ward gehoͤrt vnd nicht geglaubt:
Falſchheit / iſt bey Hof erlaubt /
Warheit / treibt man auff die Seite.

77.

Seyn / vnd nicht ſcheinen.
WO viel Zunge
Da viel Lunge /
Wo93Vierdtes Hundert.
Wo viel Schein
Da kein ſeyn /
Wo wol meinen
Da kein ſcheinen /
Wo viel Hertz
Da kein Schertz.

78.

Acht Monatliche Geburt.
Jm achten Monden bracht ein Kind Sirona; vnd die Leute
zehlen:
Weil Buch ſie ſelbſt gehalten hat / ſo frag auch ſie / jhr wird
nichts fehlen.

79.

Schmaͤhliche Feigheit.
DEn / der ſich nicht wehren wil / heiſt man / wie man heiſt das
Theil
Das deß Hundes Weib ſo frey pflegt zu brauchen vnd ſo geil;
Wie ſo diß? Weil jeder Hund dran ſich macht / dran reibt / dran
reucht;
Und alſo den feigen Mann jeder braucht wie jhn nur deucht:
Oder / weil die deutſche Welt weiland einen Hund band auff
Dem / der auß der Schlacht entgieng / nicht durch Gegenwehr /
durch Lauff.

80.

Schnecken.
Bruder / kumm vnd jeß mit mir; Haus vnd Wirth ſoll fuͤr dir
ſtehn:
Doch jeß nur den Wirth / das Haus moͤchte nicht zu Halſe gehn.

81.

Weintrauben.
Bruder / kumm auff einen Trunck; doch das ſuͤſſe Bacchus-Naß
Muſtn mir beſcheiden thun / ſag ich dir / mit ſam dem Faß.
83. Der94Andres Tauſend

82.

Der Krebs.
DEr Krebs / der ſchwartze Curaſſirer
Geb einen guten Kriegs-Fourirer,
Zu machen jmmer gut Quartier
Gieng er jetzt hinter ſich / jetzt fuͤr.

83.

Die Verleumdung.
Wann vns die Verleumdung ſchlaͤgt / heilen letzlich gleich die
Wunden
Wird / wie viel man Pflaſter legt / jmmer doch die Narbe funden.

84.

Fluͤchtige Zeit.
Wer die Zeit verklagen wil / daß ſo zeitlich ſie verraucht /
Der verklage ſich nur ſelbſt / daß er ſie nicht zeitlich braucht.

85.

Das Gluͤcke.
Jſt vnſer Gluͤcke ſchwer / druͤckt / beugt vnd macht vns muͤde?
Geduld! wir ſchlugens ſelbſt in vnſrer eignen Schmiede.

86.

Die Liebe.
Wer in der Liebe lebt / iſt bey Vernunfft doch toll /
Wer in der Liebe lebt / iſt nuͤchtern dennoch voll.

87.

Auff Lupam.
Lupa bleibet jmmer luſtig / geht in ſteter Mummerey:
Jeder meint daß jhr Geſichte / eine rechte Larve ſey.
88. Auff95Vierdtes Hundert.

88.

Auff Caſcam.
Caſca iſt ſo teuffliſch boͤs / vnd jhr Mann ſpricht doch: Mein
Schatz?
Dencke / daß der Teuffel gern hat bey alten Schaͤtzen Platz.

89.

Ewige Jugend.
JSt die Welt / der groſſe Menſch? Jſt der Menſch / die kleine
Welt?
Wie / daß dieſer dann kein Lentz / ſich auff jhren Winter ſtellt?
Welt-Verliebte klagen ſo: Himmel-Buhlem kuͤmmet ein
Jene Zeit / da jmmer Lentz / nimmer nie wird Winter ſeyn.

90.

Menſchliches Elende.
ALsbald ein neues Kind
Die erſte Lufft entfindt /
So hebt es an zu weinen;
Die Sonne muß jhm ſcheinen
Den viermahl zehnden Tag
Eh als es lachen mag:
O Welt / bey deinen Sachen
JEweinen mehr als lachen.

91.

Auff Pætum.
PÆtus ließ jhm neulich tauffen / einen lieben jungen Erben /
Dieſen wolt er bald von Jugend lernen handeln / lernen
werben:
Auffzubringen erſte Schantze / (heilig Geld muß wol gerathen!)
Bat er ſunffzig / jhm Gevattern / ſeinem Kinde treue Paten.
G g92. Ein96Andres Tauſend

92.

Ein Geitziger.
Ein Geitziger / der reich / der iſt ein Betler doch;
Wie viel er jmmer hat / begehrt er mehres doch.

93.

Maͤſſigkeit.
Wer ſtat deß Bacchus jhm laͤſt lieben eine Bach /
Bleibt jmmer bey ſich ſelbſt vnd leſcht viel Ungemach.

94.

Hofe-Gedaͤchtnuͤß.
WAs bey Hofe wird gefehlet
Das wird lange da gezehlet;
Morgen denckt man kaum daran
Was man heute wol gethan.

95.

Hofe-Leute.
ESel ſinds / es ſind auch Affen /
Diener / denen Fuͤrſten ſchaffen:
Jene / braucht man Laſt zu tragen /
Dieſe / braucht man zum behagen /
Dieſe / pflegt man zart zu halten /
Jenen / wird das Mahl geſpalten /
Jene / ſolln den Danck nicht wiſſen /
Dieſe / haben jhn zu niſſen.

96.

Bilder.
Bey Bildern nieder knien / das gelte wo es gilt /
So gilt es da vnd dort doch fuͤr ein Frauen-Bild.
97. Nuͤrren -97Vierdtes Hundert.

97.

Nuͤrrenbergiſche Handelung.
WAs zu Nuͤrnberg wird gehandelt
Wird gewiß was gutes ſeyn /
Dann gut Ding darff gute Weile:
Wo es ſich zum aͤrgſten wandelt
Vnd mit Hoffnung nicht trifft ein /
Gebe niemand Schuld der Eile.

98.

Theure Ruh.
DEutſchland gab fuͤnff Millionen
Schweden reichlich zu belohnen
Daß ſie vns zu Bettlern machten /
Weil ſie hoch diß muͤhen achten:
Nun ſie ſich zur Ruh gegeben
Vnd von vnſrem dennoch leben /
Muß man doch bey vielen malen
Hoͤher noch die Ruh bezahlen.

99.

Auff Curvum.
Curvus, du gekruͤm̃ter Mann / wuͤntſcheſt wieder jung zu
werden?
Biſtu doch zuvor ein Kind / ſo an Sinnen / als Geherden.

100.

Mißtrauen.
Man darff niemanden trauen; drum traw auch mir nicht ich /
Der ich manchmal zum trauen laß uͤberreden mich.

Deß Erſten Tauſend Fuͤnfftes Hundert.

100Andres Tauſend

1.

Auff Quadruncum.
QUadruncus ſticht gemein gelehrte Maͤnner an:
Auß dieſem hoͤr ich wol / daß er gewiß nichts kan.

2.

Ein geraubter Kuß.
MAn meint ein abgeſtohlner Kuß ſey minder angeneme?
Der Kuß wird ſuͤſſer / wann man ſchaut / wie ſie ſo ſchoͤn ſich
ſchaͤme;
Und was man leichtlich haben kan / iſt ſelten gar bequeme.

3.

Franckenthal / Friedens-Hindernuͤß.
Franckenthal zeucht Frieden auff / daß er nicht kuͤm̃t auff den
Berg:
Sinnenthal / nicht Franckenthal / duͤnckt mich / hindert dieſes
Werck.

4.

Alte Jungfern / Zanckeiſen.
Alte Jungfern / ſind ein Stock / da noch Wachs noch Honig
innen;
Jhre Sinnen wuͤrcken nichts / auſſer daß ſie ſtechen kuͤnnen.

5.

Dieſelbten.
Alte Jungfern boͤſe Jungfern; dieſes macht die Ungeduld
Daß Gott jhnen nicht legt abe / einen Mann die klare Schuld.

6.

Der jetzige Friede.
Dreiſſig Jahr / vnd druͤber noch / hat gewehrt das Deutſche
kriegen:
Wehrt der Friede dreiſſig Jahr / laͤſt jhm jeder wol genuͤgen.
7. Eine101Fuͤnfftes Hundert.

7.

Eine Braut / zu jhren Gaͤſten.
Jhr Gaͤſt / jhr ſeyd mir lieb / biß daß die Nacht bricht ein /
Da darff ich keinen Gaſt / ſelbander wil ich ſeyn.

8.

Ein rechtſchaffener Friede.
DEr Fried iſt nun gewiß; Ruchloſigkeit gewiſſer;
Viel Frevler hat es noch / vnd wenig rechte Buͤſſer:
Jſt Friede da mit Gott? Wird Friede Friede ſeyn /
Jſt Friede nicht mit Gott? Jſt Friede nur ein Schein.

9.

Der Bauch.
Der Bauch / der iſt der Beutel / drein legt man alles Gut;
Man thut nur jhm zum beſten / das meiſte das man thut.

10.

Menſchlicher Zuſtand.
Der Menſch bringt nichts davon / wie lang er jmmer lebt /
Als daß man jhn vergiſt / gleich wie man jhn begraͤbt.

11.

Auff Cacum.
Cacus war ein junger Schelm / iſt ein alter fromer Mann;
Daß er anders iſt als war / macht daß er jetzt nimmer kan.

12.

Degen vnd Schild.
WElch Waffen hat mehr Nutz / der Degen oder Schild?
Ob ſchuͤtzen / frage / mehr / ob mehr verletzen gilt?
Verletzen daͤmpfft den Feind / vnd ſchuͤtzen ſichert mich;
Wann nur der Feind gedaͤmpfft / bin ſicher ſchon auch ich.

13.

Das Wort Gottes.
Gott ſchuff die Welt / Gott baut die Kirche / durch das Wort:
Wo dieſes nun nicht iſt / da iſt der Hollen Ort.
G g iiij14. Ver -102Andres Tauſend

14.

Vernuͤnfftige Unvernunfft.
MEnſchen ſind Thiere / vernuͤnfftige Thiere /
Aber nicht alle; was wilden gebuͤhre
Pflegen vernuͤnfftige gerne zu treiben:
Hohe; ſind Loͤwen / vnd dienen den Leiben
Wollen nur herꝛſchen vnd jhren Geſchaͤfften
Machen Geſetze nach Willen vnd Kraͤfften:
Edle; ſind Hunde / verpflichtet den Luͤſten:
Krieger; ſind Woͤlffe zum rauben vnd wuͤſten:
Buͤrger; ſind Fuͤchſe zum ſchleichen vnd ſchmuͤgen
Vortheln / beruͤcken / Finantzen vnd Luͤgen:
Buhler; ſind Affen zu tollen Geberden:
Bauern; ſind Eſel zu lauter Beſchwerden.

15.

Auff eine geputzte Fraw.
Sie pflegt ſich hier zu Schmuck vnd Schmuͤncke zu bequemen /
Was wird ſie dorte thun? Sie wird ſich ewig ſchaͤmen.

16.

Weiber-Herꝛſchung.
Haus / Dorff / Stadt / Land vnd Reich / wird Wolfahrt bald
geloſen /
Wo Maͤnner tragen Roͤck / vnd Weiber tragen Hoſen.

17.

Schein der Freyheit.
Die Freyheit iſt der Strick / damit man Freyheit faͤngt;
Je mehr man ſie verdruͤckt / je mehr man jhrer denckt.

18.

Hofe-Gunſt.
Daß ſeine Tugend lobt / die Laſter niemand ſchilt /
Gehoͤret dieſem / der durch Gunſt bey Hofe gilt.
19. Hofe -103Fuͤnfftes Hundert.

19.

Hofe-Lauſcher.
Bey Hof iſt kein Volck ſtaͤrcker /
Als ſchlaue / ſchlimme Mercker.

20.

Ein vnzuͤchtiger Balg.
Ein jeder iſt beſorgt / was er fuͤr Nahrung treibe:
Die Hure naͤhrt den Leib auch wieder mit dem Leibe.

21.

Zweiffelhaffte Keuſchheit.
Ein Bieder-Weib im Angeſicht / ein Schandſack in der Haut
Jſt manche; geiles liegt bedeckt vnd fromes wird geſchant.

22.

Urthel auff Klage.
Wann die Klage wird zum Vrthel /
Hat die Vnſchuld mehr kein Vorthel.

23.

Menſchliche Jrꝛthuͤmer.
D ich jrre / bleibt gewiß / alldieweil ein Menſch ich bin;
Der nun mehr iſt als ein Menſch / mag mich durch die He -
chel ziehn /
Sonſt werd ich jhn von mir weg / an ſich ſelbſten weiſen hin.

24.

Sterbligkeit.
Wann nie Niemand auß meinem Haus / als ſonſt auß andren /
ſtuͤrbe /
Wo wolt ich mit dem Gelde hin / das ich darauß erwuͤrbe?

25.

Auff Peninnam.
Wann man ſagt von Frauen-ſchwaͤchen / lacht Peninna dieſer
Wercke /
Was den andren bringet Schwaͤche / dienet jhr zu einer Staͤrcke.
G g v26. Galgen -104Andres Tauſend

26.

Galgen-Straffe.
Am Galgen vnd am Strang erworgen / iſt nicht ehrlich;
O ehrlich oder nicht / wanns nur nicht waͤr gefaͤhrlich.

27.

Diebs-Strick.
Der Strick / daran ein Dieb erhing / hilfft fuͤr deß Hauptes Weh /
Gebunden um den krancken Kopff; O um den Hals viel eh.

28.

Artſchocken.
Nicht jeder hat zu Rom Artſchocken duͤrffen eſſen;
Daß dieſer der ſie war ſchwach / iſt zu ermeſſen.

29.

Koch-Kunſt.
Jſt kochen eine Kunſt / ſo kan ich mich vermeſſen
Jch habe viel von Kunſt / drum kuͤnn ich viel / gefreſſen.

30.

Rathſchlaͤge.
Die Voͤgel faͤngt man ſo / nach dem man auff ſie ſtellt:
Der Außſchlag faͤllt nach dem / nach dem der Anſchlag faͤllt.

31.

Eigen-Lob vnd Eigen-Schmach.
SJch ſelbſten ſchelten
Sich ſelbſten loben;
Thuu kluge ſelten
Thun die / die toben.

32.

Von einem Landſtreicher.
EJn Kuͤnſtler war nechſt hier / der ſuff nur Waſſer ein /
Gab wieder doch herauß gebrant - vnd rothen Wein /
Und105Fuͤnfftes Hundert.
Und Waſſer von Anis von Ziemet vnd Violen /
Von Roſen / andrem mehr / gantz frey vnd vnverholen.
Natuͤrlich war es nur / es war nicht Zauberey
Es blieb doch Waſſer nur / Liſt / Kunſt / war bloß dabey:
Alſo ſind derer mehr / die zwar die Warheit nennen
Befinden vnd verſtehn / gar ſelten doch bekennen
Wo was Verluſt dabey: Um Nutz / um Ehr / um Gunſt
Geht Warheit hinten nach / geht vor Betrug vnd Dunſt.
Man redet lieblich Ding / was gerne wird gehoͤret /
Man ſtellt ſich knechtiſch jetzt / man ſtellt ſich als bethoͤret /
Man gibt wie mans bedarff / nim̃t alle Farben an /
Macht daß man / wie m̃an ſoll / nur bloß gefallen kan.
Was klar vnd wahr / taug nichts. Man laß es jmmer geben /
Wanns um vnd um dann kuͤm̃t / bleibt Warheit doch beſtehen.

33.

Hofe-Lehre.
WEr bey Hofe dienen wil / wil daſelbſt Genad erringen /
Wie muß der ſich ſtellen an / recht zu rathen ſeinen Dingen?
Jſt er trew vnd redlich gleich / dennoch iſt es gar verloren /
Alles iſt gewonnen dann / wann er dienet nur den Ohren.

34.

Wetten.
Wer Luſt zu wetten traͤget / mag kuͤhnlich druͤber wetten /
Daß Jungfern / gerne Maͤnner; vnd Weiber / Kinder haͤtten.

35.

Danckbarkeit.
REchter Danck
Wird nicht kranck /
Pflegt im dancken
Nie zu wancken.
36. Menſch -106Andres Tauſend

36.

Menſchliche Thorheit.
Wann keine Thorheit mehr wird ſeyn /
So wird die Menſchheit gehen ein.

37.

Hofe-Verdienſt.
WEr diß bey Hofe hat gethan
Was man jhm nicht verdancken kan /
Der geh bey Zeiten ſelbſt davon /
Der Haß / iſt ſonſt gewiß ſein Lohn.

38.

Jrꝛdiſche Guͤter.
Die Guͤter dieſer Welt / hat nimmer keiner gar /
Und das / was einer hat / bleibt nimmer wie es war.

39.

Vom Mißbrauch der Sing-Kunſt.
WAs denckſtu / lieber Gott? Wann jetzund dei -
Cornel. Agrip. d. Vanit. Scient.
ne Chriſten
Jn deinem Hauſe dir / nach jhres Ohres Luͤſten
Beſtellen Sang vnd Klang? Die krauſe Melodey
Wird angeſtimmt zum Tantz vnd ſuͤſſer Buhlerey /
Die Andacht acht man nicht: Der geilen Brunſt Gefieder
Erwaͤchſt vnd ſteigt empor durch vnſre freche Lieder
Der ſtille Geiſt er ſitzt: Wir hoͤren viel Geſchrey
Die Einfalt weiß nicht viel obs ſuͤß / obs ſauer ſey /
Obs Thier / obs Menſchen ſind / die ohne Sinn ſo klingen /
Ob ſeuffzen einer ſoll / ob einer ſo ſoll ſpringen.
Man wiegert den Diſcant, man bruͤllet den Tenor,
Man billt den Contrapunct, man heult den Alt hervor /
Man brummt den tieffen Baß, vnd wann es wol ſoll klingen /
So klingt es ohne Wort / wil keine Meinung bringen;
Man weiß nicht ob es Danck / man weiß nicht ob es Preis /
Man weiß nicht obs Gebet / vnd was es ſonſten heiß.
Was107Fuͤnfftes Hundert.
Was denckſtu lieber Gott? Wann wir ſo ſehr vns legen
Und ſagen doch gar kaum was vns iſt angelegen?
Wir hoͤhnen dich nur mit / daß wir zu dir ſo ſchreyn /
Und wollen was es ſey / doch nicht verſtanden ſeyn.

40.

Auff ein Zweiffel-Kind.
Du ſeyſt dem Vater gleich; da ſagt der Vater / nein;
Die Mutter ſaget / ja: Der Mutter ſtimm ich ein.

41.

Loben.
Thorheit iſt es / alles loben; Bosheit iſt es / nichts nicht preiſen:
Mich wird Thorheit ſchwerlich treffen / Bosheit wird ſich eher
weiſen.

42.

Das krancke Alter.
Weil Alter eine Kranckheit iſt / ſo kan man dem vergeben
Der vns den Tod hat angewuͤntſcht vnd nicht ein langes Leben.

43.

Gekroͤnte Poeten.
EJnen zum Poeten kroͤnen
Haͤlt man heute fuͤr verhoͤhnen /
Gebet jhnen fuͤr das kraͤntzen
Was im Beutel pflegt zu glaͤntzen;
Dieſes bringt / jhr hohen Leute /
Euchviel Namen / jhnen Beute:
Lorber-Blaͤtter / kuͤnnen ſchmuͤcken
Aber nicht gar hoch entzuͤcken:
Roſenobel kuͤnnen zieren
Vnd den Geiſt zum hoͤchſten fuͤhren.
44. Poe -108Andres Tauſend

44.

Poetiſche Entzuͤckung.
WO Poeten durch entzuͤcken
Sich zu guten Reimen ſchicken:
Hat es allenthalben Haſen /
Hat es Leute die da raſen;
Hat auch demnach keine Noͤthen
An den Reimen vnd Poeten.

45.

Weibliche Geſtalt.
Jhr Schoͤnen / ſeyd nicht ſtoltz! ein haͤßlich Weider-Thier
Rim̃t eher Luſt / als wol / jhr ſchoͤnſten Engel / jhr

46.

Hoheit vnd Demut.
Man ſiht gemeine nicht / daß Ehr vnd Demut gleicht;
Viel mehr / wann jene ſteigt / daß dieſe meiſtens weiche.

47.

Ehre vnd Hoffart.
Mancher meinet / Ehr vnd Wuͤrde ſcheine nicht an jhm hervor /
Wann ſie nicht ſieh außgeſtellet / auff der Hoffart Berg empor.

48.

Beſcheidenheit.
Wodurch wird Wuͤrd vnd Gluͤck erhalten laͤnge Zeit?
Jch meine durch nichts mehr / als durch Beſcheidenheit.

49.

Sitſamkeit.
Je heller Feuer brennt / je minder Feuer raucht:
Je mehr bey einem Witz / je mehr er Glimpff gebraucht.
50. Hofe -109Fuͤnfftes Hundert.

50.

Hofe-Verdacht.
Wann vnter redlich thun / ſchon Argwon mit laufft ein
So ſcheint es nicht mehr gut / bey Hofe lange ſeyn.

51.

Hofe-Folge.
ALs bald der Herꝛ mir lacht / ſo lacht mir jederman /
Siht ſauer er mir zu / ſiht jeder ſo mich an:
Die Pupen machens ſo / die fremde Fauſt regirt /
Sie ſtellen ſich nach dem / nach dem ſie einer fuͤhrt.

52.

Verehrungen.
Wer mit Gaben kaͤmpffen wil / vnd wil haben Sieg vnd Gluͤcke /
Schieſſe nicht mit kleinem Loth / ſchieß auß einem groben Stuͤcke.

53.

Engelaͤnder / Koͤnigs-Moͤrder.
Koͤnig Carl in Engeland
Ward der Krone quit erkant /
Daß er duͤrffe keiner Krone
Machten ſie jhn Koͤpffes ohne.

54.

Auff Vitum.
Man ſagt / daß Veit ſein Pfund offt da vnd dort vergrabe:
Je mehr / ſagt er / ich grab / je mehr ich Wucher habe.

55.

Auff Runcum.
RUncus iſt ein Edelmann
Nim̃t ſich nur deß Ackers an /
Wil ſich ſonſt auff nichts befleiſſen /
Wil ein Edler Bauer heiſſen.
56. Der110Andres Tauſend

56.

Der Frauen-Acker.
Weiber / ſind Aecker zum ruhen mit nichten /
Weiber / ſind Aecker zum bauen vnd Fruͤchten.

57.

Vom Opitio.
DEr Deutſchen Tichter Helena deß Opitz ſeine Leyer /
Hat zwar viel Buhler ſtets gehabt / vnd / wie man meint /
auch Freyer:
M[ich]duͤnckt / daß jhre Jungferſchafft noch richtig ſey vnd rein /
Und der / der jhr gehoͤren wird / wird noch von dannen ſeyn.

58.

Auff Gumpertum.
Gumpertus nim̃t ein ſchoͤnes Menſch / vnd iſt gewaltig froh;
O lieber Guͤmpel / frew dich ſacht! es iſt gedroſchen Stroh.

59.

Abgedanckte Soldaten.
WAs werden die Krieger / gewoͤhnet zum wachen /
Nun Friede geſchloſſen / ins kuͤnfftige machen?
Sie werden deß wachens nicht abe noch gehn /
Sehn wie es zu Nachte bey Schlaͤfern wird ſtehn.

60.

Buß-Gebete.
Gebete / welches Wind vnd welches Waſſer hat:
Das Thren - vnd ſeuffzen fuͤhrt / ſchafft gern in Noͤthen Rath.

61.

Fuͤrſtliche Kleidung. Job. 29. . 14.
Gerechtigkeit / das Kleid; vnd Recht / den Fuͤrſten-Hut /
Der dieſe beyde traͤgt / derſelbe Herꝛ ſteht gut.
92. Gewalt -111Fuͤnfftes Hundert.

62.

Gewaltſame Herꝛſchung.
Zu herꝛſchen / iſt das meiſte Muſter
Durch Waffen / nicht durch Pater noſter.

63.

Gute vnd Boͤſe.
Boͤs vnd Gute laͤſſt Gott wallen
Auff deß Lebens krummer Bruͤcke;
Nicht daß jen jhm wol gefallen /
Daß er ſie zur Buſſe locke:
Wir / die wir fuͤr Ketzer ſchaͤtzen
Wollen wir vom Leben jagen /
Nicht mit Lehren an ſie ſetzen /
Noch / wie vns Gott / ſie vertragen.

64.

Zweyfuͤſſige Eſel.
Daß ein Eſel hat geſpracht / warum wundert man ſich doch?
Geh auffs Dorff / geh auff den Marckt; O ſie reden heute noch.

65.

Hofe-Rauch.
Wer Hofe-Gunſt geneuſt / vnd nim̃t Taback in Brauch /
Dem bleibt zum meiſten Aſch / vnd was er neuſt / iſt Rauch.

66.

Taback.
Wie viel hat ein Loth Tabac, Rauch? Die Aſche / kanſtu wiegen /
Was dir mangelt / iſt gewiß an dem Rauche weg geſtiegen.

67.

Auff Jungfer Manlieb.
Manlieb / haſſet fremde Namen / die man jhr gleich nennet fuͤr /
Wil jhr keiner doch gefallen; Hartman / der gefaͤllet jhr.
H h68. Auff112Andres Tauſend

68.

Auff Varillum.
Jn Klugheit / iſt er Narꝛ; in Narꝛheit / iſt er klug;
Ein Kluger vnd ein Narꝛ hat an Varillum fug.

69.

Die Warheit.
OB Warheit ſich verkrochen /
Die Zeit / die wird ſie ſuchen /
Sie wird ſie wol auch finden /
Sie bleibet nicht dahinden.

70.

Die Gicht.
Die Gicht / zeucht weg vom Haupt vnd Bruſt / was ſchaͤdlich / in
die Fuͤſſe:
Mich duͤnckt / daß ſelbſt ſie dieſen Weg zu letzt zuruͤcke wiſſe.

71.

Das ſchaͤdliche L.
Laſt / Liſt / Luſt / vnd Leid
Friſſet vns vnd Zeit.

72.

Auff Bullatum.
Bullatus ſprach / gefragt / wo her er edel waͤr?
Mein Adel kum̃t vom Haupt vnd nicht vom Bauche her.

73.

Verſtorbene Freunde.
SOlte Krieg nicht alles freſſen / muſten bißher feſte Plaͤtze
(Selten hat es viel geholffen) ſichren vnſre beſte Schaͤtze;
Nun der Friede triumphiret / holen wir die beſten Sachen
Daß wir ſie zu vnſrem Brauche wieder kuͤnnen nuͤtze machen:
Unſre Freund vnd vnſre Kinder / Schaͤtze die wir Gott gegeben /
Laſſen in der blauen Feſte billich wir bey Gotte leben;
Friede /113Fuͤnfftes Hundert.
Friede / wann er gleich der ſchoͤnſte / kan die Welt doch nimmer
ſtifften /
Daß er frey ſey von dem ſterben vnd von tauſend Unfalls -
Gifften.

74.

Jn Perſon eines guten Freundes / welcher ſeinem Hauſe den Grund legte / vnd dieſes begehrte beyzulegen.
JCh / der ich Haus vnd Stadt / im Kriege hulffe ſtuͤrmen
Baw jetzund hier ein Haus: So ſieget Zeit vnd Wuͤrmen
Mein Namen ziemlich ob: Nach viermal fuͤnfftem Jahr
Da Deutſch vnd Schwediſch Haupt nun wieder friedlich war
Ward dieſer Grund gelegt: Die Muͤntze beyder Porten
Liegt zum Gedaͤchtnuͤß bey. Geh / wilſtu mehr nicht warten
Der du hieher gelangt; Hier ſteht ein Glas voll Wein /
Trinck / bilde dir dabey / was dir beliebet / ein.

75.

Die Luͤgen. Nevizan, in Syl. Nubl. lib. 4. n. 24.
D mehr als Hurerey
Daß Luͤgen Suͤnde ſey /
Kuͤm̃t her; weil dieſes fuhr
Gar wider die Natur /
Vnd jenes in gemein
Natuͤrlich pflegt zu ſeyn.

76.

Die Welt / ein Garten.
Ein Garten iſt die Welt; der Menſch der iſt ein Kraut;
Drinu Unkraut man vielmehr / als nuͤtze Kraͤuter ſchaut.

77.

Vorreden.
EJn ſchoͤnes Thor vnd Giebel
Steht an den Haͤuſern uͤbel /
H h ijDrinn114Andres Tauſend
Drinn alles ohngefehr
Steht / oder iſt ja leer.

78.

Jungfrawſchafft.
EJn gluͤend Eiſen in der Hand /
Der vnverletzte Jungfern-Stand /
Jſt leichtlich nicht zu tragen allen /
Man laͤſſet beydes gerne fallen.

79.

An eine Fuͤrſtliche Perſon / uͤber J.F.G. Geburts-Tag.
Fuͤrſtin / Jhr gabt dieſer Welt eure Zier vnd euer Leben
Da den Engeln gleich jhr Feſt pflegt die Chriſtenheit zu geben;
Dann / jhr ſoltet wie jhr ſeyd / durch der Schoͤnheit reiner Schein
Durch die Tugend / durch die Gunſt / vnſres Landes Engel ſeyn.
Engel / dieſem Engel dient! den vns Gottes Trew verehret /
Dem hier Wuͤrde / Leben / Heil; vnd dort Ewigkeit / gehoͤret:
Engel / dieſen Engel ſchuͤtzt! durch der Fluͤgel ſichres Dach /
Fuͤhret volles Gnuͤgen zu / fuͤhret weg all Ungemach.

80.

Merckzeichen deß Gemuͤtes.
Was an dem Manne ſey / weiſt ſeiner Augen Schein /
Sein Amt / ein Beutel Geld / vnd dann eiu Bocher Wein.

81.

Krieg.
DEr Krieg / macht Sinnen voller Luͤſte
Die Laͤnder aber oͤd vnd wuͤſte;
Wann aber dieſes nur nicht waͤr /
Er machet auch den Himmel leer.
82. Die115Fuͤnfftes Hundert.

82.

Die Seele.
ZWey Ohren vnd zwey Aug / auch ſo viel Haͤnd vnd Fuͤſſe
Schuff an dem Menſchen Gott; daß / ſo er eines miſſe
Das andre noch ſey da: Die Seel iſt nur allein /
Wer dieſe ſterben laͤſt / muß gantz geſtorben ſeyn.

83.

Auff einen Selbgeruͤhmten.
Dein Ruhm pflegt auff zu gehn / wie Sterne bey der Nacht;
Nur dieſes iſt nicht gut / daß damals niemand wacht.

84.

Anders.
Dein Ruhm pflegt wie ein Stern im finſtren auff zu gehn:
Jſt von derſelbten Art / die in dem Ochſen ſtehn.

85.

Der Winter.
Wer ſagt die Welt ſey falſch? Hierzu gehoͤrt Beweis;
Sie iſt Criſtallen-rein / vnd meiſtens jetzund weiß.

86.

Haͤnde-Kuß.
JVngfern / euch die Haͤnde kuͤſſen /
Pflegt euch heimlich zu verdrieſſen /
Weil man Laͤppiſch zugewand /
Was dem Munde ſoll / der Hand.

87.

Gerade zu.
Jch bin nicht wol gewand / ich muß nur bleiben ſtehn
Da / wo ich nicht vermag gerade zu zu gehn.
H h iij88. Ein116Andres Tauſend

88.

Ein Welt-Buͤrger.
Wer in die groſſe Stadt / die Welt / wil werben ein
Muß uͤberall zu Haus vnd allen alles ſeyn.

89.

Hofe-Gluͤcke.
Ein Gluͤcks-Topff ſteht bey Hof / in welchem Zettel liegen
Zum meiſten welche leer / zum minſten welche tuͤgen.

90.

Auff Magnulum.
Die Fackel vnſrer Zeit wird Magnulus genennt;
O welche nur von Pech / vnd nie noch hat gebrennt.

91.

Die Stadt.
Der Sack worein der Krieg / was er geſtohlen hat
Hat alles eingepackt / wo war er? Jn der Stadt.

92.

Auff Vanum, der mit groſſer Muͤhe nichts thaͤt.
Herꝛ Vanus iſt ein Mann / der nimmer nicht kan ruhn /
Er muͤht ſich / daß er ſchwitzt / im leeren nichts nicht thun.

93.

Eigen-Lob.
Die Zeugen haben den verlaſſen /
Der eignes Lob muß abefaſſen.
94. Deß117Fuͤnfftes Hundert.

94.

Deß Frauenzimmers Vogelfang.
DEr Herd / drauff Frauenvolck jhr Voͤgel-Wilpraͤt fangen /
Jſt jhr gerader Leib / Stirn / Augen / Mund vnd Wangen;
Die Locker / ſind die Wort; vnd ſuͤſſes kuͤß - vnd blicken
Sind Koͤrnung; Armen / ſind das Netze zum beruͤcken.

95.

Auff Aſinium.
Wo jmmer er gleich iſt / ſo iſt er vnverloren
Man kennt Aſinium gar leichtlich an den Ohren.

96.

Auff Leporinum.
Leporinus reit mit Hunden Vetter Haſen nachzuſetzen;
Jmmer duͤnckt mich / daß die Hunde jhn noch wuͤrden ſelbſten
hetzen.

97.

Auff Vulpiam.
Vulpia weint um den Mann / weinet Tag vnd weinet Nacht;
Nur daß jhrer Seuffzer Wind bald die Threnen trucken macht.

98.

Das Gluͤcke.
Wer auff Tugend nichts nicht wagt / wil auff Gluͤcke bloͤslich
harren /
Jrꝛt / weil Gluͤcke fornen lacht / hinten aber ſticht den Narren.

99.

Ein geſchmuͤcktes Weib.
Wie mancher nim̃t ein ſchoͤnes Kleid
Findt drunter lauter Garſtigkeit.
H h iiij100. Flie -118Andres Tauſend

100.

Fliegen.
EJnem traͤumt / er kuͤnte fliegen / Morgens ſtieg er auff die
Bauck
Streckte von ſich beyde Haͤnde / flog ſo breit er war vnd lang;
Warlich / er waͤr tieff geflogen / wo der Bodem nicht gethan /
Der empfing auß Maul vnd Naſe / ſein Gebluͤt vno manchen
Zahn.

Deß Andren Tauſend Sechſtes Hundert.

120Andres Tauſend

1.

Von einer krancken Alten.
EJn altes Muͤtterlein / die hatt ein hitzig Fieber /
Der Tod der war jhr lieb / das Leben war jhr lieber:
Sie fuhr im Geiſte fort / im Leibe blieb ſie hier /
Sie noch gerne gut / tranck lieber Wein als Bier.

2.

Gluͤcke vnd Neid.
Die das Gluͤcke ſtuͤrtzen wil / hat es gerne vor erhoben:
Den der Neider ſchwaͤrtzen wil / pflegt er gerne vor zu loben.

3.

Von einer Hure.
Eine Jungfraw ward zur Hur; ey was mehr? Der groͤſte Hohn
Jſt / ſie ſoll nun Buſſe thun: Dann ſie laͤſt doch nicht davon.

4.

Uber das Feber einer Fuͤrſtlichen Perſon.
Unſre Fuͤrſtin lieget kranck; Venus hat jhr diß beſtellt /
Die / ſo lange jene blaß / ſich fuͤr ſchoͤn nun wieder haͤlt.

5.

An dieſelbte Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / Euer reines ſchoͤn / hat ein Fieber jetzt verhoͤhnet:
Aber ſchoͤnes ruhet nur / daß es nachmals ſchoͤner ſchoͤnet.

6.

An die Braͤute.
ES iſt ein Wunder-Ding / jhr Braͤut / um eine Nacht /
Die was da war / zu nicht; vnd das was nicht war macht;
Macht daß die Tochter erſt der Mutter gleiche ſey /
Macht vngleich ſie jhr ſelbſt / vnd macht auß zweyen drey.

7.

Waſſer vnd Wein.
ES kan / wer Waſſer trinckt kein gut Getichte ſchreiben:
Wer Wein trinckt kriegt die Gicht vnd muß erſchrecklich
ſchreyen;
Es121Sechſtes Hundert.
Es ſey nun wie jhm wil; eh mag das tichten bleiben /
Eh daß ich ſoll ſo tieff in Gichten hin gedeyen.

8.

Auff Macrum.
Macer hat nichts fettes / auſſen nicht / nur innen /
Jſt von Leibe mager / aber fett von Sinnen.

9.

Hofe-Leute.
Der zu Hauſe ſog die Klauen / wil bey Hofe voͤllig praſſen:
Die noch wieder hungern werden / muß man ſich nur voͤllen
laſſen.

10.

Ein Alter.
EJn alter Mann wird zwar veracht /
Der aber doch der jungen lacht /
Die jhnen ſelbſt ein Lied ertichten
Das man dann auch auff ſie wird richten.

11.

Vom H. Martins-Feſt.
HJer mag auff S. Martin, gar vngeſcheuter Sachen
Ein jedes Weib dem Mann ein paar von Hornern machen:
Um dieſe Zeit vnd Tag ſind Hoͤrner hier geſund /
Sind ſonſt das gantze Jahr / mit wiſſen nicht vergunt.

12.

Treue Hofe-Diener.
Der den Herren um hilfft ſtoſſen / dieſer iſt ein treuer Diener:
Der den Herren auff hilfft heben / dieſer gilt nicht einen Wiener.

13.

Ein Polſcher Brauch.
Polſche Pferde gehen baar / Polſche Leute gehn beſchlagen;
Wer wil acht auff ſeinen Fuß / als deß Pferdes / mehr nicht
tragen?
14. Hofe -122Andres Tauſend

14.

Hofe-Narren.
D gern ein Fuͤrſten-Hof an Narren fruchtbar ſey
Bleibt wahr; doch ſind daſelbſt von ſolchen meiſtens zwey:
Der eine / den der Fuͤrſt nach Willen ſtets vexirt /
Der andre / der nach Luſt den Fuͤrſten rumher fuͤhrt.

15.

Fuͤrſten-Freundſchafft.
WEil Fuͤrſten Menſchen ſind / die doch der Menſchheit beſtes
Die Freundſchafft kennen nicht / weil Herꝛſchafft nicht viel
feſtes
Von Bund vnd Treuen hegt: ſo iſts natuͤrlich Ding
Daß auch ein Fuͤrſten-Sinn nach dieſem Guten hing:
Am wehlen ſehlt es nur; ſie pflegen die zu kieſen
Die mit gemahlter Zung vnd krummem Knie ſich wieſen;
Bey welchen freyes Wahr der Freundſchafft Seele / wohnt /
Der bleibt von jhrer Gunſt gar ſicher vnd verſchont.

16.

Schwinden.
Fuͤr Schwinden iſt ſehr gut ein Gurt von Menſchen-Haut;
Wie wann man jhm ein Weib vnd gantze Haut vertraut?

17.

Auff Gelliam.
Gellia iſt ſtoltz im Rocke / wann der Rock nun iſt hinweg
Reicht die Hoffart nicht auffs Hemde / dann davon iſt nicht ein
Fleck.

18.

Hofe-Monden.
Der Monden iſt ein Haupt-Planet
Der oben an bey Hofe ſteht.
19. Auff123Sechſtes Hundert.

19.

Auff Fungum.
FUngus legt ſich nicht auff viel
Weil er eins recht kuͤnnen wil;
Dann er legt ſich / wie man ſagt /
Jmmer nur zu einer Magd.

20.

Die Staͤrcke.
WO hat der Menſch die meiſte Staͤrcke?
Man hat nicht einerley Gemercke;
So viel mich duͤnckt / vnd mir bewuſt /
Das Weib an Creutz / der Mann an Bruſt.

21.

Der Offenbarung Johannis Prophecey.
WAnn man noch fuͤnff Jahr wird von hinnen zehlen
Soll die Welt nicht mehr Gottes Kirche quaͤlen
Ey / ich gebe zu / fuͤnff / vnd noch fuͤnff Jahr /
Bin gar wol vergnuͤgt ſo es dann wird wahr.
Ob es Gott geliebt / waͤr der beſte Handel
Daß ſich hier in dort / ehſtes froͤlich wandel.

22.

Das Gluͤcke.
Es bluͤht / dorꝛt; ſcheint / vnd bricht; ey lieber ſage / was?
Das Gluͤck / jetzt wie ein Gras; das Gluͤck / jetzt wie ein Glas.

23.

Auff Elſulam.
D vnd jenes ſchneidt man auff / von der Hochzeit erſten
Nacht
Mich / ſagt Elſa, ſchreckt es nicht / werde bruͤnſtig nur gemacht
Unter Augen dem zu gehn / was mir letzlich kummen ſoll;
Der / was jhm verordnet iſt / fliehen wil / der thut nicht wol.
24. Gott /124Andres Tauſend

24.

Gott / ein Schuldner.
Gott / iſt jedem Mann ein Weibs-jedem Weib ein Manns -
Haupt ſchuldig /
Nur die Glaͤubger einer mehr als der ander / iſt geduldig.

25.

Die Gicht.
Die Gicht / bricht grob genug bey wem ſie ankuͤm̃t / ein /
Wil zart vnd hoflich doch fuͤr ſich gehandelt ſeyn.

26.

Der Beylaut in den Worten / iſt die beſte Reim-Kunſt.
Deutſcher Reim-Kunſt meiſtes Werck / ſteht im Beylaut oder
Schalle
Ob der Sylben Außſpruch kurtz / lang / vnd wo er hin verfalle.

27.

Das gewandelte Deutſchland.
Deutſche Sinnen ſind gefallen / deutſche Reden ſind geſtiegen;
Scheint alſo / man laß an Worten mehr als Thaten jhm
genuͤgen.

28.

Worte.
DEr Menſch hat zuvor auß fuͤr andren Thieren allen /
Daß er kan ſagen her das / was jhm eingefallen:
Fuͤr wahr wir brauchen jetzt rechtſchaffen dieſe Gabe
Daß vnſer gantzes Thun / als Worte / nichts nicht habe.

29.

Hofe-Leute.
Hofe-Leute halten viel vom ſtoltziren / prangen / pralen /
Wann jhr Beutel nur nicht ſelbſt / wann der Herꝛ nur muß
bezahlen.
30. Jrꝛthum. 125Sechſtes Hundert.

30.

Jrꝛthum.
PIca nam jhr einen Gaͤrber; ſelten gaͤrbt er oder nie /
Trieb vielmehr als wie ein Buͤtner Staͤb vnd Pruͤgel uͤber ſie
Sie beſprach das Mittel drum / daß er Handwercks Recht nicht
hielte
Daß er Gaͤrber ſolte ſeyn / aber als ein Buͤtner gilte;
Doch / ſo ſey er / ſprach ſie / Buͤtner / doch er thu was hier gebuͤhrt /
Daß er Faſſe nur nicht bindet / ſondern daß er ſie auch ſchuͤrt.

31.

Begoldete Kleider.
Gold vnd Silber in dem Beutel / Gold vnd Silber auff dem
Kleide;
Dieſes iſt der Hoffart Schwindel / jenes hilfft auß Noth vnd
Leide.

32.

Mittel-Stand.
Jſt gleich mancher nicht der Kluͤgſte / dennoch kan jhm etwas
gelten /
Daß jhn ja fuͤr keinen Narren / Kluge pflegen nie zu ſchelten.

33.

Mode-Damen.
WAs weiland Metra thaͤt / thun jetzt die Mode-Damen.
Die ſo viel Art / Gedrauch vnd Sitten an ſich namen:
Zwar jene ſuchte Brot / den Hunger ſo zu ſtillen;
Doch duͤnckt mich daß auch die / den Beutel wenig voͤllen.

34.

Weiber-Haut / boͤſe-Kraut.
SO ſoll ich mich Echo, dann noch nicht beweiben?
E. Ey laß es bleiben.
Dein Antwort hat mich von Hertzen verdroſſen
E. Ey welche Poſſen.
Jch126Andres Tauſend
Jch muß mich / ich wil mich mit Weiber-Fleiſch ſpeiſen
E. Es wird ſich weiſen.
Mir liebt eine huͤbſch / eine zart / eine Junge.
E. Von ſcharffer Zunge.
Auß derer Leffzen ich Honig-Thaw ſauge.
E. Eiffere Lauge.
Mit derer ich Schaͤtzchen vnd Hertzchen mich heiſſe.
E Kieffel vnd beiſſe.
Mit der ich mich halſe / mit der ich mich paare.
E. Jn deinem Haare.
Ey Echo, du wilſt mich zum Jaͤcken nur machen!
E. Traw dieſen Sachen.
Jch bin ja ein Mann / daß ich kuͤnte mich wehren
E. Mit heiſſen Zehren.
Jch wolt jhr beym Schwapperment reiben die Schwarte.
E. Weh deinem Barte!
Sie muͤſte mir weichen / ſie ſolte mir ſchweigen.
E. Die Zaͤhne zeigen.
Jch wolt ſie mit Pruͤgeln vom Halſe geloſen.
E. Weh deinen Hoſen!
Das waͤre mir Wunder / das moͤcht ich wol ſehen.
E. Wie wirſtu flehen?
Ey Echo, dein draͤuen / das machet mich ſtutzen.
E. Sie wird dich putzen.
Je ſoll es ſo kummen / ſo mag es nur bleiben.
E. Wilſtu nicht weiben?

35.

Weiber.
Man gibt dir / Frauen-Volck / die aller-ſuͤſten Worte /
Um das / was du verwahrſt am aller-ſchlim̃ſten Orte.

36.

Die Handelung: Jch gebe / das du thuſt.
Ein Handel iſt / der heiſt: Jch gebe / das du thuſt;
Drum kuͤm̃ts / daß Frauen-Wahr / als andre mehr es koſt.
37. Das127Sechſtes Hundert.

37.

Das Creutze.
Gottes Kelch iſt bitter trincken / ſonderlich der letzte Grund:
Boſen / iſt das letzte ſauffen; Fromen / erſter Trunck vergunt.

38.

Das Fuͤhlen.
Jeder wil beym Weiber-nemen / meiſtens auff die Schoͤnheit
zielen /
Da doch nachmals nichts am ſahen / meiſtes lieget an dem fuͤhlen.

39.

Einfaltige Jungfrauen.
JUngfern / wann ſie Mannbar ſeyn / wollen dennoch nichts
nicht wiſſen
Was ein Mann ſey fuͤr ein Ding / wie ein Mann ſey zu genieſſen;
Weil ſie aber meiſtens doch lieber Jung als Alte nemen /
Fehlt es nicht / ſie haben Wind / was dabey ſey fuͤr bequemen.

40.

Braut vnd Braͤutigam.
Fuͤr die Jungferſchafft der Braut / gab ein Braͤutgam ſeine /
Sih / wie er drauff inne ward / hatte ſelbſten keine:
Daß er nun im Handel nicht ſo ſey uͤbereilet /
Hat ſie jhm die Mutterſchafft Morgens dran ertheilet.

41.

Hofe-Fliegen.
Groſſen Herren wehret man Sommerszeit die Fliegen:
Die am meiſten an ſich ziehn bleiben aber liegen.

42.

Verleumder.
Die Mucken ſingen vor / eh als ſie einen ſiechen:
Verleumder laͤſtern drauff / in dem ſie lieblich ſprechen -
J i43. Neue128Andres Tauſend

43.

Neue Edelleute.
Froͤſche tuͤgen hinten zu / fornen aber nicht zum eſſen:
Edelleute welche new / wird die Nachzeit erſt ermeſſen.

44.

Unterdruͤckter Adel.
Wie daß der Ritter-Stand ſo ſehr jetzt wird gedruͤckt?
Weil er zu mager iſt / vnd Staͤdte mehr nicht ſpickt.

45.

Straffen.
Die Fromen werden ſo verkuͤrtzet vnd verletzet /
Wann wider Boͤſe nicht wird Straffe fortgeſetzet.

46.

Boshafftige Leute.
MAn meint daß auff den Doͤrffern nur / ſind Nattern / Kroͤ -
ten / Schlangen;
Mit dieſen Wuͤrmen iſt man mehr in Staͤdten noch befangen;
Dort / weichen ſie / wann ſie man jagt vnd fliehen in die Loͤcher /
Hier finden ſie ſich um vns her / im Haus / auff Gaß / in Glaͤchern.

47.

Auff Blincam.
Blinca kan die Mahler-Kunſt / hat ſich ſelbſt gemahlet;
Und jhr Bild das bleibt jhr doch / obs gleich mancher zahlet.

48.

Geſetze.
JVriſten / die Geſetze
Sind eure Strick vnd Netze /
Geharniſchte zu fangen
Die ſonſt ſo herꝛiich prangen.
49. Ver -129Sechſtes Hundert.

49.

Verlaͤugnete Doctores.
MAncher der ein Doctor iſt / wil nicht mehr ein Doctor
heiſſen;
Wie mich duͤnckt / ſo wil der Narꝛ einen ſolchen Doctor beiſſen /
Der ſich mehr auff Eitelkeit / wil / als auff die Witz befleiſſen.

50.

Fruchtbare Verwuͤſtung.
Da ſonſte nichts faſt wuchs / wuchs was doch reich herfuͤr /
Wohin man nur geſehn? Ey was? Ein Cavallier.

51.

Gottes Wort.
Wann Gottes Kirche man weiſt in gewiſſe Schrancken
Wo / wie / Gott wohnen ſoll; fuͤrwahr ſo gibts Gedancken?

52.

Die Mode.
Das Saltz erhaͤlt das Fleiſch / fuͤr faulen vnd fuͤr ſtincken:
Ein Toͤlpel wil geſchickt ſich in der Mode duͤncken!

53.

Eine Fruͤh-Mutter.
EJne war von zwantzig Wochen ſchwanger aber noch nicht
Fraw /
Gieng mit einem fromen Manne wie gebraͤuchlich zu der Traw /
Als er ſie ein wenig hatte / merckt er daß ſie vngeſund /
Weil er Schwulſt an jhrem Leibe / vielmahls gar auch Beulen /
fund:
Klagte druͤber / fragte Huͤlffe; letzlich ward es rauß gebracht /
Daß jhr ſolches boͤſe Leute hatten vnverſehns gemacht.

54.

Auff Anniam.
Mich duͤnckt daß Annia iſt niemals jung geweſen /
Jch habe nichts davon gehoͤrt / geſehn / geleſen.
J i ij55. Der130Andres Tauſend

55.

Der natuͤrliche Menſch.
EJn Maulwurff / in dem Geiſtlichen; im Weltlichen ein Luchs /
Ein Eſel / in dem Nuͤtzlichen; im Schaͤdlichen ein Fuchs;
Jſt jeder Menſch / der ſeinen Geiſt
Der Him̃liſch iſt / mit Erde ſpeiſt.

56.

Auff Virnam eine gemeine Wittib.
Virna, der der Mann geſtorben / klaget daß ſie ſey niemandes;
Ob mit jhr iſt was gedienet / wil ſie ſeyn deß gantzen Landes.

57.

Auff Pincam.
PInca darff gar noͤthig Heller /
Wil verpfaͤnden jhren Keller /
Den zu weiſen endlich ein
Dem ſie moͤchte ſaͤumig ſeyn:
Wil dazu / Geld eh zu heben /
Auch den Apffelgarten geben.

58.

Hofe-Schmuͤncke.
VJel kuͤſſen / wenig hertzen /
Arg meinen / hoͤflich ſchertzen;
Jſt ſo deß Hofes Spiel
Das ſpielt man taͤglich viel.

59.

Die Hertzens-Kirche.
Man kan zwar alle Kirchen ſchluͤſſen /
Doch nie die Kirchen im Gewiſſen.
60. Blen -131Sechſtes Hundert.

60.

Blendung kuͤm̃t fuͤr Schaͤndung.
Wer kuͤrtzlich werden ſoll geſtuͤrtzet vnd geſchaͤndet /
Wird meiſtens zuvorher bethoͤret vnd geblendet.

61.

Die Krone deß Jahres.
GOTT kroͤnet das gantze Jahr: Mit Kraͤutern pflegt im
Lentzen /
Mit Blumen pflegt der Krantz im Sommer fuͤr zu glaͤntzen /
Der Herbſt-vnd Winters-Krantz iſt / jener Frucht vnd Wein /
Und dieſer / weiſſe Seid vnd Criſtallinen-Schein.

62.

Zugerechnete Gerechtigkeit.
Chriſtus, der durch fremde Schuld ſchuldig ſich gemacht /
Hat durch ſeiner Unſchuld Dienſt / vns zur Unſchuld bracht.

63.

Weißheit der Alten.
Wann der Leib nim̃t ab / nim̃t Verſtand dann zu;
Seele hat als vor / mehr vom Leibe Ruh.

64.

Der erſten Eltern Fall.
Wie kams / weil durch das Aug all erſte Suͤnde kam /
Daß Adam vnd ſein Weib bedecken doch die Scham?

65.

Artzney wider Gicht.
Wer Gicht auffs Alter nicht wil leiden /
Der mag ſich jung bald laſſen ſchneiden.

66.

Auff Lucam.
Lux taug zu keinem Nagel nicht /
Er bricht / haͤlt keine Trew noch Pflicht.
J i iij67. Eiß. 132Andres Tauſend

67.

Eiß.
Der Agſtein / drein ein Wurm verſchloſſen / hat viel Preis:
Die Welt liegt alle Jahr gefaſſet in das Eiß.

68.

Wieder-Zins.
Zins von Zins iſt nicht erlaubt / auſſer in der Frauen-Schuld /
Da der Mann / wie viel er zahlt / jmmer dennoch hat geſollt.

69.

Waͤſchhafftig.
Ein Plaudrer ſtifftet Haß / pflegt Freundſchafft zu verſtoͤren;
Wer nichts verſchweigen kan / ſoll billich auch nichts hoͤren.

70.

Viel Welten.
Wo jeder Stern iſt eine Welt / O welch ein Hauffen Welten?
Weil eine nicht gar viel iſt werth / was werden viele gelten?

71.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Kein Wunder hat geſehen je.
Der euch / O Fuͤrſtin / ſahe nie.

72.

An die Freyer.
JHr Buhler / ſeht euch fuͤr / es iſt nicht bald zu trauen!
Die Jungfern welche from / die werden boͤſe Frauen;
Alsbald ſie wehrhafft macht deß Mannes blancker Degen /
So bald pflegt Gall vnd Mut in jhnen Krieg zu regen.

73.

Niemand iſt alles.
TRotzt mancher noch ſo hoch
So trifft er letzlich doch
Fuͤr133Sechſtes Hundert.
Fuͤr ſeine Fuͤſſe Schuch /
Fuͤr ſeinen Sitzer Bruch.

74.

Weiber-Threnen.
SJcher kan man meinen
Daß der Weiber weinen
Sey ein bloſſes ſcheinen.

75.

Danckbarkeit gegen die Schweden.
Was werden doch um jhren Krieg / fuͤr Danck die Schweden
haben?
Wir wuͤntſchen / daß Gott jhnen gibt / ſo viel als vns ſie gaben.

76.

Gold-Kunſt.
A dem kalten Norden-Loche / kam der Handgrieff Gold zu
kochen /
Da die Kuͤnſtler fuͤr jhr Kupffer kamen Deutſches Gold zu
ſuchen:
Deutſches Blut mit Deutſcher Aſche wol vermiſchet kunte
machen /
Daß den Kuͤnſtlern ward zu Golde Glauben / Trew vnd alle
Sachen.

77.

Auff Cacum.
Cacus meint / er ſey geſchrieben / in das Buch deß Lebens ein;
Moͤglich; aber wie mich duͤncket / wird es nur das ſchwartze ſeyn.

78.

Befoͤderung.
BEſtaͤndig ſchwebt
Wen Gott erhebt:
J i iiijWer134Andres Tauſend
Wer ſelbſten ſteigt
Wird bald geneigt.

79.

Nackter Leib.
UNter vns in denen Landen / wo die Leute nackend wandeln /
Meint man / daß der Liebe Sachen ſie nicht mehr als wir
verhandelu:
Was man frey vnd taͤglich ſchauet / pfleget minder zu bewegen;
Kleider decken offters Maͤngel / die die Liebe nieder legen.

80.

Auff Trullam.
Trulla hatte ſich geſchmuͤcket / trat dem Manne gegen uͤber /
Fragte wie ſie jhm gefiele? Nackend / ſprach er / biſtu lieber.

81.

Auff Calvum vnd Lippum.
Calvus ſah zum Fenſter auß / Lippus hilt der Naſe fuͤr;
Dann er meinte / Calvus Kopff / ſey deß Magens Hinterthuͤr.

82.

Begruͤſſung.
Jn Deutſchland haͤlt man viel / auff einen treuen Gruß;
Wer lobt mir Engeland? Da gruͤſt man durch den Kuß.

83.

Die lachende Warheit.
SJedend Waſſer kan man ſtillen
Wann man kaltes dran wil voͤllen:
Glimpff / kan auch durch fromes Lachen
Bittre Warheit fuͤſſe machen.
84. Jn135Sechſtes Hundert.

84.

Jn Perſon eines Wittibers.
BRingt lieben etwa Luſt / bringt Luſt von Liebe ſagen /
Bringt beydes dennoch mir nichts als nur Bittrigkeit /
Was andren Hertzens-Wonn / iſt mir nur Hertzens-Leid /
Dann meine Lieb iſt laͤngſt zu Grabe weg getragen;
Wiewol / wer recht geliebt / pflegt nichts darnach zu fragen /
Er liebet fort vnd fort / vnd hat erſt auß geliebt
Wann jhm ſein Ende ſelbſt deß liebens Ende gibt;
Die Liebe war nicht ſtarck die ſich verzehrt von Tagen.
Jch liebe weil ich bin! die nicht mehr iſt zu lieben
Erfodert jhre Trew / jhr Werth iſt ewig werth
Daß mehr als nur von jhr / mein Mund kein Wort begehrt /
Mein Sinn ſonſt keine Luſt; hieran wil ich mich uͤben!
Geht dieſes lieben gleich bey andren bitter ein /
Soll mir um Liebe doch / Lieb auch das bittre ſeyn -

85.

Baurende Soldaten.
Soldaten bauen ab / die neulich bauten an;
Soll Bauer vnd Soldat vertreten einen Mann.

86.

Soldaten Sprichwort.
DU Schelme / du Bauer! ſo zierlichen Titel
Verehrten die Krieger den Bauern ins Mittel:
Nun Krieger getreten in Zippelpeltz-Orden
Sind dieſerley Titel Beſitzer ſie worden.

87.

Krieg - vnd Friedens-Wercke.
Krieg / der macht auß Bauern Herren; ey es war ein guter
Handel?
Friede / macht auß Herren Bauern; ey es iſt ein ſchlimmer
Wandel.
J i v88. Freyer. 136Andres Tauſend

88.

Freyer.
Wie ſtoltz die Jungfern doch mit Buhlern jmmer ſeyn!
Kuͤm̃t einer etwa fuͤr / ſo kuͤm̃t ein andrer drein.

89.

Friede.
JN guter Ordnung / wie die Saͤw zum Thore lauffen ein /
Klagt Deutſchland / daß die Krieg in jhr bißher gefuͤhret
ſeyn:
So ſih nun Deutſchland / was der Krieg verterbt hat vnd
verlaſt /
Daß Friede dieſes wieder bringt verbeſſert vnd verfaſt.

90.

Angeneme Hofe-Leute.
Die liebſten ſind beym Hofe-Laͤger
Die Reuter / Saͤuffer vnd die Jaͤger.

91.

Gichtbruͤchtige.
Die Gicht lehrt Froͤmigkeit, jhr Volck muß gehen linde;
Wer ſeine Mutter trit / der thut ja groſſe Suͤnde.

92.

Weißheit-Liebende.
Die in Sachen / die / wer weiß wo vnd was ſind / witzig ſind /
Dieſe ſind in denen Dingen die fuͤr Augen / offt ein Kind.

93.

Schrifft-Verſtaͤndige.
JHr Geiſtlichen / ey meſſet mir kein boͤſes ſonſten bey /
Drum / daß von euch / die ich ſonſt ehr / ich ſondrer Meinung
ſey:
Mich duͤnckt / jhr habet alle gern / ein wenig Regiment /
Und daß jhr / wann jhr uͤberzeugt / nicht gerne diß bekennt.
94. Fran -137Sechſtes Hundert.

94.

Frantzoͤſiſche Sprache.
WEr nicht Frantzoͤſiſch kan
Jſt kein geruͤhmter Mann;
Drum muſſen wir verdammen
Von denen wir entſtammen /
Bey denen Hertz vnd Mund
Alleine Deutſch gekunt.

95.

Eſſen vnd trincken.
Wann der Brauch wie zu zutrincken / alſo waͤre / zu zueſſen /
Mein ich daß man mehren Leichen wuͤrde muͤſſen Saͤrcke meſſen.

96.

Becker.
Die Leute klagen / daß das Brot gebacken wird ſo klein;
Bey einer Sitz-Stadt muß die Wahr in etwas zaͤrter ſeyn.

97.

Auff Annam.
BEy einem Krancken wachen biß Morgens drey biß vier /
Sagt Anna, muß ich laſſen / es geht nicht mehr mit mir:
Bey einer Hochzeit tantzen biß Morgens drey biß vier /
Kan Anna noch wol ſchaffen / da geht es noch mit jhr.

98.

Regiments-Verſtaͤndige.
ES iſt ein Volck / das heiſt Statiſten /
Jſt von Verſtand vnd ſcharffen Liſten /
Doch meinen viel es ſeyn nicht Chriſten.
99. Ober -138Andres Tauſend

99.

Oberſtelle vnter Buͤrgern vnd Edelleuten.
Buͤrger wollen oben an / fuͤr den Edelleuten / ſitzen /
Geld vnd Perlen / Seid vnd Sammt kan ſie billich druͤber
ſchuͤtzen:
Gold vnd Perlen / Seid vnd Sammt / zeucht ſie fuͤr ſich ſelbſt
empor /
Dann es dencket jmmer dran / daß es war deß Adels vor.

100.

Eine entſchiedene Strietigkeit.
STadt vnd Land hat viel geſtriten
Wer im Kriege mehr erlidten?
Aber nun liegt an der Thuͤr
Wie ſich Staͤdte brechen fuͤr /
Wer alſo die Haut gefunden
Die dem Lande weg geſchunden.

Deß Andren Tauſend Siebendes Hundert.

140Andres Tauſend

1.

Gekauffter Rath.
RAth gekaufft um Geld / bringt Rew /
Rath bringt Nutz / gelehnt von Trew.

2.

Geworbene Soldaten.
Soldaten muͤſſen haben Sold / ſollen ſie thun Thaten /
Sie muſſen Thaten thun fuͤr Sold / wolln ſie ſeyn Soldaten.

3.

Eſſen vnd Trincken.
WAs man jſſet / was man trincket / wird bey Hofe nicht
geacht:
Speis vnd Tranck iſt lauter Muͤntze / weil man die / auß jenem
macht;
Was nun in der Kuͤchel ſtuͤrbt / kan nicht leben in der Kammer /
Was in Magen man vergraͤbt / macht im Beutel ſchwartzes
Jammer.

4.

Bruͤder.
Bruͤder haben ein Gebluͤte
Selten aber ein Gemuͤte.

5.

Hofe-Werckzeug.
Maͤntel / zum bedecken;
Larven / zum verſtecken;
Roͤcke / zum verkleiden;
Scheren / zum beſchneiden;
Zangen / zum verzwicken;
Preſſen / auß zu druͤcken;
Penſel zum vergolden;
Blaſen / zum beſolden;
Pulſter /141Siebendes Hundert.
Pulſter / ein zu wiegen;
Brillen zu vergnuͤgen;
Fechel / Wind zu machen;
Mehr noch ſolche Sachen
Sind bey Hof im Hauffen /
Niemand darff ſie kauffen.

6.

Unwiſſenheit.
Wer nicht viel verſteht / der nicht viel bedenckt;
Wem nicht viel vertraut / den auch wenig kraͤnckt.

7.

Auff eines guten Freundes Hochzeit.
WAnn Propheten Gottes Willen ſeinem Volcke ſagten an /
Hingen ſie gemein ein Zeichen / vnd ein ſondres Merckmal
dran /
Welches offt fuͤr laͤppiſch Ding von den ſichren ward geſchaͤtzet /
Aber Gottes weiſen Rath / endlich klar an Tag geſetzet.
Werther Freund vnd Gottes-Diener / da der HERR noch
hegte Zorn /
Da vns biß auffs Blut noch riete / manch vergiffter Krieges -
Sporn /
Da jhr ſagtet was Gott hieß / da jhr wieſet wie Gott draͤute
Uns zu werffen gar in Staub / weil niemand die Schlaͤge ſcheute;
Da war dieſes euer Zeichen: Euer eigen Augen-Luſt
Hat / weil ſo der HERR befohle / zum Exempel fort gemuſt.
Aber nun da Gottes Hertz / durch ſich ſelbſten iſt erweichet
Da vns ſeine Vater-Hand / wieder Brot / nicht Steine reichet /
Da der weiſſe Friedens-Ritter / ſchlug die rothe Frevler-Schaar /
Da nun Leben / Stand vnd Habe / letzlich wieder vnſer war;
So erhebt jhr Gottes Guͤt vnd bereitet die Gemuͤter
Daß mit Buß vnd rechtem Sinn / ſie gebrauchen Friedens -
Guͤter;
Dieſem142Andres Tauſend
Dieſem nach iſt diß das Zeichen: Das nach Gottes Will vnd
Wuſt
Euch in gleichem wird erſetzet / was Gott nam an Augen-Luſt.
Gott bleibt Gott! man wird die Welt / gar in neuem Baue
ſehen
Wann man bey der letzten Brunſt meinen wird es ſey geſchehen:
Gott bleibt Gott! wann jhm gefaͤllet / ruffet er dem Wuͤrge -
Schwerdt /
Schafft jhm auch nach ſeinem Willen / daß es in die Scheide
kehrt:
GOtt bleibt GOtt! er leitet ab / vnd hat Menſchen weg
genummen /
GOtt bleibt GOtt! er weiſet an / vnd laͤſt Menſchen wieder
kummen:
Gott bleibt Gott! nim̃t weg Roſinen / vnd Roſinen gibt er her /
Witwer wieder zu beweiben / iſt jhm deſto minder ſchwer.
Gott / bey dem die beſte Luſt / mit den Menſchen-Kindern ſpielen /
Macht es jmmer ſo mit vns / daß wir ſuͤß auff ſauer fuͤhlen.
Herꝛ vnd Freund / jhr muſt es zeugen / wie ſich Gott mit
euch ergetzt
Euch nach vieler Angſt vnd Trauren / nun in Fried vnd Freude
ſetzt.
Nun / Herꝛ Braͤutgam / deſſen Heil / iſt ein Theil von meiner
Freude /
Seyd geſichert / daß mein Sinn / ſich in eurem Gnuͤgen weide:
Gebe Gott / der gute Geber / was er euch im Frieden gibt /
Daß gar nichts ſey drum / dran / drinne / das nicht jhr vnd euch
nicht liebt:
Was er gibt den Seinen ſonſt / dieſes ſey euch auch gegeben;
Seyd zu friede / wann jhr habt / Segen hier / vnd dorte Lebeu.

8.

Auff Rizam.
RIza klagt den Buhler an / daß er wil kein Nemer ſeyn /
Sagt: Er ſperꝛ jhr auff das Maul / geb jhr aber wenig
drein.
Er /143Siebendes Hundert.
Er vermeint: Es ſey nicht klar / ob er fuͤr auch kummen waͤr /
Weil jhr ſonſten ſey das Maul nimmer / oder ſelten leer.

9.

Auff Lupam.
Lupa heiſt zwar eine Wolffin / doch die nie pflegt zu zerreiſſen /
Nur die gerne ſtarcke Maͤnner pflegt im Mittel an zu beiſſen:

10.

Verſtand.
ES geht fuͤr Kunſt Verſtand
Weil dieſer jen erfand;
Wer nicht verſteht ihr Ziel
Den hilfft die Kunſt nicht viel.

11.

Kluge Weiber.
Ein Weib / das mehr verſteht als ſonſt ein Weib wol ſol /
Die mag zwar was verſtehn / brauchts aber ſelten wol.

12.

Die durchgrabene Welt.
Wann ein Loch waͤr durch die Welt / daß hindurch wir kuͤnten
ſchauen /
Ey wir ſchauten manches Ding / druͤber ſehr vns wuͤrde grauen.

13.

Luͤgen.
Wilſtu luͤgen? Leug von ferne;
Wer zeucht hin vnd fraget gerne?

14.

Plauderey.
Wer jmmer ſagt vnd ſagt / vnd iſt doch ſchlecht gelehrt;
Sagt offt was nicht geſchehn / vnd keiner ſonſt gehott.
K k15. Lob -144Andres Tauſend

15.

Lob-Geitz.
Wer hungrig iſt auff Lob / iſt gern an Tugend leer
Die Tugend ſteht fuͤr ſich / darff Lob nur ohngefehr.

16.

Auff einen Gottloſen Sohn.
Du warſt der Mutter Schmertz / eh als du noch geboren /
Du biſt der Mutter Tod / nun da du biſt verloren.

17.

Der Spiegel deß Geruͤchtes.
Was der Spiegel dem Geſichte
Jſt den Sinnen das Geruͤchte.

18.

Frauen-Liſt.
WEil Eva mit der Schlang vmgieng
Vnd neben jhr den Adam fing /
So hat ſie jhren Toͤchtern auch
Verlaſſen Liſt vnd ſchlauen Brauch.

19.

Ev-Aepffel.
EVen-Aepffel locken noch
Manchen Adam vnters Joch
Wo er nichts vom Paradeis
Nur von lauter Hoͤlle weiß.

20.

Spoͤtter.
WEr andrer Leute hoͤhniſch lacht /
Der habe nur ein wenig Acht /
Wer hinter jhm / jhm gleiches macht.
21. Die145Siebendes Hundert.

21.

Die Geſetze.
DJe nuͤtzen Geſetze
Sind kuͤnſtliche Netze /
Drauß groſſes entgangen /
Dran kleines bleibt hangen.

22.

Das Alter.
Fuͤr Zeiten ſtunden Junge den Alten hoͤflich auff /
Jetzt heiſt: Junger ſitze / vnd alter Greiner lauff.

23.

Hoffnung vnd Furcht.
FVrcht vnd Hoffnung ſind Geſpielen;
Dieſe / wird geliebt von vielen;
Vnd wer dieſe jhm hat genummen
Dem iſt jene ſelbſten kummen.

24.

Auff Aſtutum.
Daß Aſtutus weiſer ſey / glaub ich gern / als ich;
Daß ich froͤmer ſey als er / drauff befleiß ich mich.

25.

An mein Buch.
Gedeyſtu fuͤr Gericht / wer iſt dein Advocat?
Dem Richter traw dich nur / im Fall er Weiſes hat.

26.

Hofe-Diener.
Treue Diener ſind bey Hofe nach dem Tode bald vergeſſen;
O ſie werden ſchlecht geachtet / wann ſie gleich noch da geſeſſen!
K k ij27. Wir146Andres Tauſend

27.

Wir wollen / was wir nicht ſollen.
Wir dringen auff den Zaum / vnd wo wir ſollen gehn /
Da lauffen wir; wir gehn / wo da wir ſollen ſtehn.

28.

Von meinen Reimen.
Waͤren meine Reime Jungfern / ey ſie wuͤrden alte Maͤgde
Lebten aber keuſch vnd ſtille / mieden freches Buhl-Gejaͤgde /
Biß ſich gleich zu gleiche fuͤnde / daß vielleicht ein Grauer kaͤme
Der zu jhrem guten Wandel / auſſer Schoͤnheit willen neme.

29.

Zucht-Huͤter.
Ein Huͤter / der die Weiber fuͤr Schand in Obſicht nam /
War keiner nimmer treuer / als tugendhaffte Scham.

30.

Geiſtlicher vnd Weltlicher Glaube.
Man merckt wie gegen Gott / der Glaube ſey beſtellt /
Auß dem / wie Glaub vnd Trew man ſeinem Nechſten haͤlt.

31.

Bluts-Verwandten.
Jſt Geld das andre Blut? Hat manchen Bluts-Freund der /
Dem nur der Beutel voll; vnd keinen / dem er leer.

32.

Auff Pralinum.
Pralinus kreht als wie der Hahn / laufft aber wie die Henne;
Jſt gleichwol ſonſt nicht vngeuͤbt im fechten auff dem Tenne.

33.

Auff Sceleſtum.
Seeleſtus iſt ein Schelm / in allen ſeinen Dingen /
Weil aller Laſter Heer / in jhn zu Stuhle giengen.
34. Kunſt147Siebendes Hundert.

34.

Kunſt vnd Geſchicke.
Wiſſenſchafft vnd Hoͤfligkeit / paaren ſich nicht jmmer:
Offters iſt ein hoͤltznes Haus / wo ein goldnes Zimmer.

35.

Geduld / in weltlichen Sachen.
GEduld hat manchen Sieg
Macht aber auch viel Krieg;
Ein jeder wil ſich reiben
An den / der ſich ließ treiben.

36.

Fuͤrſprecher.
DV muſt fuͤrher wol ſtechen
Soll Anwalt fuͤr dich ſprechen;
Geſetze wird er bringen
Nach dem die Muͤntzen klingen;
Am beſten iſt gerathen
Mit denen fuͤr Ducaten.

37.

Hand vnd Trew.
WEiland war die Hand
Vnſrer Treue Band:
Jetzt legt jhre Stricke
Durch die Hand / die Tuͤcke.

38.

Gunſt vnd Abgunſt.
Bey Hofe kan man zu der Gunſt / langſam dringen:
Bey Hofe kan man von der Gunſt / leichtlich ſpringen.
K k iij39. Auff148Andres Tauſend

39.

Auff Pætum.
Pætus wird geehrt von vielen /
Dann er ſitzt auff zweyen Stuͤhlen.

40.

Hoffnung.
Aller Menſchen Thun / fuͤhret an das hoffen /
Dann man beßres ſtets / haben wil getroffen.

41.

Freunde.
Ruͤhmlich iſt es / Freunde haben;
Klaͤglich / duͤrffen jhrer Gaben.

42.

Staͤrcke vnd Einigkeit.
Tapffrigkeit / von auſſen; Einigkeit von innen;
Macht / daß keiner jhnen mag was abgewinnen.

43.

Gaſt-Zahl.
MJt ſieben Gaͤſten
Gehts faſt zum beſten;
Der achte Gaſt
Wird eine Laſt.

44.

Wein-Freunde.
DJe von dem Weine
Sind worden deine /
Sind mir zum ſchertzen
Sind nicht von Hertzen /
Sind zum behagen
Nur fuͤr den Magen.
45. Mar -149Siebendes Hundert.

45.

Marcipan.
Heiſt Marcipan Soldaten Brot? So eſſens nur die Groſſen /
Der arme Knecht der mag ſich nur am Pompernickel ſtoſſen.

46.

Hunger vnd Durſt.
Wer Durſt vnd Hunger hat / pflegt viel nicht zu verzehren /
Dann dieſe beyde Purſch / iſt gerne nur im leeren.

47.

Brot.
Das Brot pflegt vnſrem Leib am beſten zu bekummen;
Das macht / es kum̃t daher / woher der Menſch genummen.

48.

Ein vngeſaltzen Gaſtgebot.
Wo Wirth / wo Gaſt / wo Koſt nicht recht geſaltzen ſind /
Da kan es leichte ſeyn / ein Eckel daß ſich findt.

49.

Keſe.
Der Kes erſchreckt den Gaſt / dieweil er wol kan wiſſen
Daß er / wann dieſer kuͤm̃t / den Magen nun ſoll ſchliſſen.

50.

Die tapffere Warheit.
EJn tapffrer Helden-Mut iſt beſſer nicht zu kennen
Als wann er ſich nicht ſcheut ſchwartz ſchwartz / weiß weiß zu
nennen /
Der keinen Umſchweiff braucht / der keinen Mantel nim̃t /
Der allem gegen geht / was wider Warheit kuͤm̃t.

51.

Wahr vnd Recht.
Weil nicht durch ſteten Brauch ſich leichtlich abereiben
Die Warheit vnd das Recht / ſo werden ſie wol bleiben.
K k iiij52. Hofe -150Andres Tauſend

52.

Hofe-Gunſt.
Der vnter zehnen vor / in Gunſten war der einer /
Wird vnter zehnen hier / in Gunſten bald ein keiner.

53.

Rechen-Kunſt.
WJewol manch andre Kunſt iſt ſpoͤttiſch blieben liegen
Jſt Rechen-Kunſt doch hoch / im Krieg jetzund geſtiegen.
Daß fuͤnffzehn funffzig gab / daß funffzig hundert war /
Daß hundert tauſend galt / kam her durch jhre Lahr:
Sie machte noch wol gar / auß Nullen / ſtarcke Summen /
Und kunte kuͤnſtlich drauff auch gar darhinter kummen /
Was offt ein gantzes Land in ſeinem Beutel trug;
Drauß manchem reich zu ſeyn / kam gar ein ſchneller Fug.

54.

Stern-Deutung.
SOll man dann am Himmel ſehen
Was hierunten ſoll geſchehen?
Soll der Himmel geben Blick
Auff ſo manches Schelmen-Stuͤck?
Wer wird mehr den Himmel achten /
Drauff man ſonſt ſo ſchlecht wil trachten.

55.

Begraͤbnuͤß in einer Muͤnchs-Kappe.
Hilfft es / wann man todte Weiber in deß Muͤnches Kappe ſteckt?
Hilfft es beſſer die die leben / wann der Muͤnch ſie ſelbſten deckt.

56.

Freye-Kuͤnſte.
Daß die Laͤnder außgepluͤndert / iſt noch etwa zu verwinden;
Schade! ſchade! daß die Sinnen ſich ſo leer von Lehre finden.
57. Das151Siebendes Hundert.

57.

Das Blut Chriſti.
JCh wag vnd glaub es nur / daß Jeſus Chriſtus Blut
Zu tilgen meine Schuld ſey gar genug vnd gut;
Wer wil / der waſche ſich durch eigner Wercke ſchwitzen /
Jm ſterben wird man ſehn / was Blut / was Schweiß wird
nuͤtzen.

58.

Reime.
WErden wo nicht meine Reime wol in fremden Ohren
klingen /
Muͤſſen fremde nur gedencken / es geſcheh auch jhren Dingen;
Weil die Worte wie die Menſchen / haben auch jhr Vaterland /
Gelten ſie nur da am meiſten / wo ſie lang vnd wol bekant.

59.

Sprach-Lehrer.
ES iſt ein tolles Volck / das in dem Woͤrter-Kriege
Als Tuͤrcken um die Welt / iſt eifriger zum Siege:
Wanns um vnd um nun kuͤm̃t / ſo iſt ein Wort erſtriten
Jndeſſen Kruch / Gebruch / vnd bittres arm gelidten.

60.

Die boͤſe Welt.
Jſt der Menſch die kleine Welt / ſind die Weiber auch die Welt:
Daß man klein vnd groſſe ſo / jmmer noch fuͤr boͤſe haͤlt.

61.

Eingeſchobener Valcke.
LIngus ſchilt den Nachbar ſehr / daß er jhm in ſeine Wand
Heimlich einen Valcken ſchub / gleichwol dieſes nie bekant:
Wann er ſolte wiſſen das / was er mehr ſonſt eingeſchoben /
(Seine Fraw die weiß es wol /) wuͤrd er jhn noch minder loben.
K k v62. Reich152Andres Tauſend

62.

Reich vnd grob.
WO der Geldſack iſt daheim / iſt die Kunſt verreiſet /
Selten daß ſich Wiſſenſchafft / wo viel Reichthum / weiſet:
Ob nun gleich ein goldnes Tuch kan den Eſel decken /
Siht man jhn doch jmmer zu noch die Ohren recken.

63.

Der Buchſtabe toͤdtet. 2. Chorinth. 3. . 6.
DV toͤdteſt / Buchſtabe;
Wem graut fuͤr dem Grabe
Der laſſe dich bleiben!
Drum huͤten die Leute
So fleiſſig ſich heute
Fuͤr leſen vnd ſchreiben.

64.

Die Gicht.
Wer ſich uͤben wil im fuͤhlen /
Mag mit Gicht ein wenig ſpielen.

65.

Theure Seelen.
Fuͤr die Seelen / fuͤr die Chriſtus gab ſein theures Blut /
Die verkaufft man / die verſetzt man nur fuͤr Tonnen Gut:
Wer dann war es / wer dann thaͤt es? Niemand iſt genennt /
Gott iſts / Welt / vnd ſein Gewiſſen / das den Kauffmann kennt.

66.

Seelen Handel.
Jedes Land hat ſein Gewerb / ſein Geſuch vnd ſeinen Wandel;
Die die gegen Norden ſind / machte reich der Seelen-Handel.
67. Das153Siebendes Hundert.

67.

Das Wort Gottes.
GOttes Wort leucht helle /
Gottes Wort laufft ſchnelle;
Wer dann wil es demmen?
Wer dann wil es hemmen?

68.

Speiſe vnd Tranck.
WAnn die Kinder eſſen Brot /
Werden jhre Wangen roth:
Wann die Alten trincken Wein /
Pflegt die Naſe roth zu ſeyn.

69.

Zuverſicht auff Menſchen.
Wer ſein Gluͤck auff Menſchen baut / dieſer hat es gantz ver -
geſſen /
Daß in kurtzem dieſen Grund Wuͤrm vnd Schlangen werden
freſſen.

70.

Zuverſicht auff Fuͤrſten.
Wer ſein Gluͤck auff Fuͤrſten baut / baut ſein Weſen auff den
Sand /
Da es nie fuͤr Wind vnd Flut / wird erhalten ſichren Stand.

71.

Ein Menſch deß andren Wolff.
Meine Dienſte; ſagt die Welt: Aber Dienſte die ſie thut
Sind ſo nuͤtze / wie der Dienſt von dem Wolffe / Laͤmmern gut.

72.

Troſt der Entjungferung.
Wann euch wird die Jungferſchafft / Jungfern wo benummen
Troͤſtet euch / weil jhr hier mit Kundſchafft habt bekummen.
73. Taͤg -154Andres Tauſend

73.

Taͤglicher Tod.
Daß man taͤglich ſolle ſterben / weil jhr Prieſter Lehren gebet /
Sterb ich taͤglich / ſagte Mopſus, alldieweil mein Weib mir lebet.

74.

Der Liebe Martyrthum.
Buhler / ſind zwar Maͤrterer / offt ſo gut als einer;
Martern aber ſich nur ſelbſt; drum ſo preiſt ſie keiner.

75.

Ein Froſch.
Die Stimm iſt groß / der Mann iſt klein:
Was nahe nichts / hat ferne Schein.

76.

Fremder Leute Schaden.
Von ferne wird ein Schlag eh als gehoͤrt / geſehen:
Man ſiht / man fuͤhlet nicht / was andren weh geſchehen.

77.

Hofe-Schluͤſſel.
Schluͤſſel die bey Hofe ſchliſſen / ſchliſſen auff vnd nimmer zu /
Dann das geben vnd das nemen / hat bey Hofe keine Ruh.

78.

Dreyerley Geitz.
Geld-Luſt - vnd Ehren-Geitz / macht daß die gantze Welt
So arm iſt an Gedieg / vnd nichts von Heil behaͤlt.

79.

Fremde Kleider.
FRemde Kleider ſchimpffen vns; weil ſie aber ſo gemein
Muß alleine ſeyn ein Narꝛ / wer es nicht wil miete ſeyn;
Fromer Sinn in fremder Tracht / bringet alles wieder ein.
80. Das155Siebendes Hundert.

80.

Das Wort; Aber.
Wann das Aber thaͤte nicht / wer doch haͤtte was zu klagen?
Aber aber traͤgt die Schuld / daß vns wenig wil behagen.

81.

Von meinen Reimen.
HAt jemanden wo mein Reim / innerlich getroffen
Daß er zornt vnd griminig iſt / ey ſo wil ich hoffen /
Daß er ſich vnd nimmer mich / ſchelten wird Verraͤther /
Weil er ſelbſten Klaͤger iſt / wie er ſelbſten Thaͤter.

82.

Menſchliche Kranckheiten.
AN dem Leib iſt kranck der Menſch / an der Seele kraͤncker noch;
Dieſe Kranck heit haͤlt er ſchlecht / jener wartet er gar hoch /
Da von dieſer jene kuͤm̃t / dieſe jen erwecket doch

83.

Die Liebe Gottes.
D wir vnſren Gott zu lieben
Vns ſo ſchlecht vnd uͤbel uͤben
Macht / daß vns ſo wol wir uͤben
Vns in allem ſelbſt zu lieben.

84.

Einfaltig Gebet.
Die Einfalt im Gebet / iſt groſſe Witz fuͤr Gott;
Genug / wer jhm vertraut vnd nennt die bloſſe Noth.

85.

Menſchliche Unvollkummenheit.
Daß wir vnvollkummen ſind / wann wir diß erkennen
Kan man ſolch Erkaͤntnuͤß ſchon / eine Beßrung nennen.
86. Zah -156Andres Tauſend

86.

Zahlungs-Friſten.
Es iſt zwar eine Friſt zu zahlen / außgeſchrieben:
Mit Undanck aber iſt zu zahlen frey verblieben.

87.

Allgemeine Artzney.
MOiſes gab ſo viel Geſetze niemals / als die Aertzte geben
Deme / der geſund wil bleiben / wil auch gerne lange leben:
Schweiß vnd Maß in deinem Thun / vnd die Gottesfurcht dabey /
Dich zu halten lange friſch / ſind genugſam dieſe drey.

88.

Grabſchrifft der Froͤmigkeit.
FRomes liegt ins Grabes Nacht /
Boͤſes / hat es vmgebracht /
Frevel erbte ſeine Habe /
Tantzt dafuͤr jhm auff dem Grabe.

89.

Seiltaͤntzer bey Hofe.
Bey Hofe ſchwebt das Taͤntzer-Seil / davon wann mancher faͤllt
So kan es ſeyn / daß er nicht recht die Stange gleiche haͤlt.

90.

Auff Lingum.
Weil Menſchen beßres nichts als ſterben / kuͤnnen thun /
Wuͤntſcht Lingus, daß ſein Weib moͤg auch vom boͤſen ruhn.

91.

Lob-Geitz.
Jeder buhlt vnd freyt nach Lobe; mancher aber hat verſpuͤrt
Daß er fuͤr die ſchoͤne Rahel, blinde Lea heim gefuͤhrt.
92. Winter -157Siebendes Hundert.

92.

Winter-Lager.
Weiland hilten / vnter Haͤuten / allen Winter Krieger auß:
Jetzund muſt in Schnee der Bauer / vnd der Krieger nam ſein
Haus.

93.

Menſchliche Erfindungen.
Was vor nicht auch geſagt / wird ſelten was geſagt:
Man ſagt wie vor auch noch: Veit ſchlaͤft bey ſeiner Magd.

94.

Geruͤchte.
Man ſaget ſelten was / es iſt doch etwas dran;
An dem iſt aber nichts / daß Mops ein ehrlich Mann.

95.

Buͤcher.
Boͤſe Buͤcher tuͤgen auch / guten zu der gegen-Probe;
Finſtres macht / daß deſto mehr / jederman das lichte lobe.

96.

Buͤcher-Gluͤcke.
Buͤcher haben auch jhr Gluͤcke: Wann ſie nicht geſaltzen ſeyn /
Faſſt man dennoch gute Wuͤrtze / Pfeffer oder Saffran
drein:
Kuͤm̃t es dir / ich bin zu friede / liebes Buch / nur auch ſo gut /
Wann mit dir nur in geheime / niemand was verſchaͤmtes thut.

97.

Nach-Folge.
OB die Mahler jhre Farben bey dem Kraͤmer ſchone nemen /
Doͤrffen ſie ſich jhrer Bilder dannenher doch nimmer
ſchaͤmen:
Wer von andren was gelernt / dieſem ſteht es ja wol frey
Daß mit andrer Weis vnd Art er es andren bringe bey.
98. Von158Andres Tauſend

98.

Von meinem Buche.
JSt in meinem Buche was / das mir gaben andre Leute /
Jſt das meiſte doch wol mein / vnd nicht alles fremde Beute /
Jedem / daß das ſeine kennet / geb ich willig ſeines hin /
Weiß wol / daß ich uͤber manches dennoch Eigner bleib vnd bin;
Zwar ich geb auch gerne zu / daß das meine boͤſes heiſſe /
Gar genug! wann fremdes Gut recht zu brauchen ich mich fleiſſe.

99.

Buch-Fuͤhrer.
Die Buͤcher die gedruͤckt / die druͤcken Fuͤhrer mehr /
Weil ſie ſie mit dem Preis beſchweren all zu ſehr.

100.

Gemeinſchafft der Gelehrten.
Wer zu entlauffen denckt / fuͤr ſeiner Sterbligkeit /
Geh mit Gelehrten um / das iſt / mit Ewigkeit.

Deß Andren Tauſend Achtes Hundert.

L l160Andres Tauſend

1.

Thorheit.
ES iſt zwar ſelten klug / wer nichts verſteht vnd kan;
Doch minder / wer ſich ſelbſt vnd ſeine Witz zeucht an.

2.

Thaͤtiger Glaube.
Ob ſeinen Glauben gleich ein jeder ſchuͤtzt vnd preiſt
Glaubt doch am beſten der / am beſten der es weiſt.

3.

Menſchliche Weißheit.
Sie ſey gleich wie ſie wil / die Weißheit in der Zeit /
So ſteckt ſie doch zu tieff im Wuſt der Eitelkeit.

4.

Hofe-Foͤderung.
WEr nicht hin weiß an das Meer
Geh bey einem Fluſſe her:
Wem bey Hofe Gnade fehlt
Seh / daß er zum Freunde zehlt
Den / der das daſelbſt geneuſt
Was auß Hofe-Quaͤllen fleuſt.

5.

Ehrenveſte.
Manchem ſchreibt man Ehrenveſte / weil er uͤber Ehre haͤlt;
Manchem / weil er gar kein Zeichen einer Ehre von ſich ſtellt.

6.

Zweyerley Nacht vnd zweyerley Tag.
ZWey Naͤchte hat der Menſch / der Menſch hat zwene Tage
Drauff er ſich freue theils / theils druͤber fich beklage:
Der Mutter Leib / iſt Nacht; das Grab / iſt wieder Nacht;
Geburt / gibt einen Tag; wie Tod / den andren macht:
Die erſte Nacht vnd Tag / iſt voller Noth vnd Leiden;
Der Tag nach letzter Nacht / bleibt voller Heil vnd Freuden.
7. Vom161Achtes Hundert.

7.

Vom Machiavello.
Mancher ſchilt auff dieſen Mann / folget jhm doch heimlich nach;
Gibt jhm um die Lehre nicht / gibt jhm um die Oeffnung /
Schmach.

8.

Weiber-from.
An den Himmel dencken Maͤnner als die Weiber / duͤnckt mich /
minder:
Dann / den Himmel zu ervoͤllen / dencken dieſe gern auff Kinder.

9.

Faulheit.
Ein Ballon fleugt vngeſchlagen nimmer / ob er gleich voll Wind:
Manche ſind zu faul zu ehren / ob ſie gleich begabet ſind.

10.

Ein Schwerdt.
Schwerdter ſchaden / Schwerdter nuͤtzen; nuͤtzen zum verſetzen:
Schwerdter nuͤtzen / Schwerdter ſchaden; ſchaden zum verletzen.

11.

An die Leſer.
Sind dir Leſer / meine Sachen mißgefaͤllig wo geweſen?
Kanſtu ſie am beſten ſtraffen mit dem ſauren nimmer-leſen.

12.

Menſchlicher Wandel.
UNſers Lebens gantzer Wandel ſteht im lernen vnd vergeſſen;
Das vergeſſen nur vnd lernen / wird gar ſelten recht ge -
meſſen:
Was vergeſſen ſolte bleibeu / wollen wir am liebſten wiſſen /
Was gelernet folte werden / wollen wir am liebſten miſſen.
L l ij13. Die162Andres Tauſend

13.

Die Deutſche Sprache.
Deutſche / muͤhen ſich jetzt hoch / Deutſch zu reden fein vnd rein;
Wer von Hertzen redet Deutſch / wird der beſte Deutſche ſeyn.

14.

Prieſterliche Gebethe.
Gebet / ſprechen manche Prieſter / ſoll Gebeth fuͤr euch man
ſprechen:
Scheint es doch / daß jhre Seuffzer nach dem Thaler ſind zu
rechen.

15.

Mit Rath / nicht mit Gewalt.
Gewalt / iſt wie ein Kind; wo nicht Verſtand ſie leitet
So ſtuͤrtzet ſie ſich ſelbſt / weil ſie zu frevlich ſchreitet.

16.

Geſchencke.
WJe dann / wann man Advocaten jhre heiſſe Haͤnde
ſchmieret /
Daß davon nicht ſo die Haͤnde / wie die Zunge / wol ſich ruͤhret?
Gelbes wird vnd etwas weiſſes / wie man ſagt / dazu genummen /
Dieſes ſoll zumal dem Hertzen vnd Gehirne wol bekummen.

17.

Auff Marcum.
Was du / Marcus, haſt geſchrieben / iſt gewiß ſehr gut geweſen /
Weil die Leute deine Schrifften mit entbloͤſtem Ruͤcken leſen.

18.

Goͤttliche Verordnung.
WEr die Vhr gleich nicht verſteht /
Mercket dennoch wie ſie geht:
Gottes Rath / den wir nicht kennen
Muͤſſen dennoch gut wir nennen.
19. Falſch -163Achtes Hundert.

19.

Falſchheit.
Mohren haben weiſſe Zaͤhne / ſind ſonſt ſchwartz faſt aller Orten:
Falſche Leute bleiben Schwartze / ſind ſie gleich von weiſſen
Worten.

20.

Eifrige Geiſtlichen.
WJe ein Ottomanniſch Kaͤyſer / wollen Geiſtliche regiren
Der den Scepter zu verſichern laͤſt die Bruͤder ſtrangu -
liren:
Alſo ſie in Glaubens-Sachen wollen herꝛſchen / vnd die Bruͤder
Lieber raͤumen von dem Brote / wann ſie jhrem Wahn zu wider.

21.

Wehr-Lehr-Naͤhr-Her-Stand.
WEhr-Lehr-Naͤht-Stand; jeder Stand hat ſein eigen
Ehr in ſich;
Nim W. L. vnd N. weg / lehrt der Name ſolches dich:
Nur der Her-Stand / der bißher andrer Staͤnde Hencker war
Hat bey Staͤnden keinen Stand / iſt an Ehr vnd Namen baar.

22.

Regir-Geitz.
Es iſt ein Hut voll Fleiſch / das offt ein gantzes Land
Um einen hohen Hut ſetzt in verterbten Stand -

23.

Das Geſichte.
GOtt ſey Danck fuͤr mein Geſichte!
Der verleih daß ich es richte
Mehr auffs blaue Himmel-Zelt
Als den Schmutz der ſchwartzen Welt.
L l iij24. Das164Andres Tauſend

24.

Das Gehoͤre.
GOtt ſey Danck fuͤr mein Gehoͤre!
Der verleih daß ſeine Lehre
Mehr / als was die Welt mir ſingt
Stets in meinen Ohren klingt!

25.

Der Geſchmack.
GOtt ſey Danck fuͤr meinen Schmack!
Der verleih mir / daß ich mag /
Mehr das Brot / vom Himmel kummen /
Als von dieſer Welt genummen!

26.

Die Entfindnuͤß.
GOtt ſey Danck fuͤr mein Entfinden!
Der verleih / daß meinen Suͤnden
Jch entfinde ſtets in mir
Vnd Vergebung / Gott / von dir!

27.

Der Geruch.
GOtt ſey Danck / fuͤr meinen Ruch!
Der verleih / daß kein Gebruch /
Auff die Nietligkeit der Welt
Mich vom Himmel abe haͤlt!

28.

Ein emſiger Verſtand.
Was iſt ein goͤldner Kopff ohn einen bleynen Sitzer?
Verſtand / der fuͤr ſich gut / wird durch den Fleiß viel nuͤtzer.
29. Orth -165Achtes Hundert.

29.

Orth-Gedaͤchtnuͤß.
Wer Gedaͤchtnuͤß Kunſt dencket zu ſtudiren /
Duͤnckt mich / muß voran / gut Gedaͤchtnuͤß fuͤhren.

30.

Die Welt.
ALles / alles uͤberall
Jn der Welt iſt wie ein Schall:
Dann all jhre Prachten
Sind / wie wir ſie achten.

31.

Meß-Kunſt.
Laͤnge / Breite / Hoͤhe / Tieffe vieler Dinge / kan man meſſen:
Andre forſchen / iſt zu wichtig: Selbſt ſich pruͤfen / bleibt vergeſſen.

32.

Anna vnd Maria.
Wenig Annen / viel Marien
Pflegen Muͤtter jetzt zu ziehen.

33.

Grabſchrifft einer ſchwangern Frauen.
HJer liegt ein Grab im Grab / vnd in deß Grabes Grabe
Was Welt noch nie geſehn / jhm auch nicht Namen gabe;
Das Grab begrub zuvor / eh Grab begraben ward;
Zwey Graͤber ſind nur Eins / vnd eine Leich ein Paar.

34.

Ein anders.
HJer / war zweyfach Leben
Hier iſt zweyfach Sterben;
Gut / das dupelt erben
Jene Welt wird geben.
L l iiij35. Lange166Andres Tauſend

35.

Lange Ehe.
Altes Eh-Volck / als die Jungen / lieben auch nicht minder:
Wo ja nicht wie Ehgenoſſen / dennoch als die Kinder.

36.

Charten-Spiel.
Wer ſein Hertz erfreut mit Schellen / wil nur ſtets im Saufe
leben /
Hat zu letzte ſeinem Magen Kraut vnd Eicheln kaum zu geben.

37.

Wucher-Spiel.
Spielen Wuchrer: ſpielen ſie gerne das Piqueten-Spiel;
Weiſen dreiſſig auff den Tiſch / zehlen zweymal noch ſo viel.

38.

Verleumder.
WEr Verleumdung hoͤrt / iſt ein Feuer-Eiſen:
Wer Verleumdung bringt / iſt ein Feuer-Stein:
Dieſer wuͤrde nichts kuͤnnen thun vnd ſeyn /
Wolte jener nicht huͤlfflich jhm ſich weiſen.

39.

Herſchen / verſetzt / Schehren.
Hroſſe Herren / die da herſchen / moͤgen ſchehren nur nicht
ſchinden:
Hirten nemen ſo die Wolle / daß ſie Wolle wieder finden.

40.

Gaben-Geitz.
WAnn Beamten / wie ſie ſollen /
Nicht Geſchenck ſolten nemen
Wuͤrde ſelten jemand wollen
Sich zu Amt vnd Dienſt bequemen.
41. Die167Achtes Hundert.

41.

Die Kinder-Kranckheit / der Froſch.
Udus wird gewiß den Froſch / vnter ſeiner Zunge haben /
Den er jmmer fort vnd fort muß mit etwas naſſem laben.

42.

Freyen / oder Heurathen.
Kuͤm̃t vom freuen freyen her? Wie daß manchem armen
Tropffe
Nicht das freuen kuͤm̃t vom freyen / ſondern krimmen in dem
Kopffe?
Kuͤm̃t vom freyhen freyen her? Wie daß manchem armen
Freyer
Frey zu walten / frey zu ſchalten Freyheit bleibt fuͤr keinen
Dreyer?
Freyen iſt nur ein zu rechen / in den Zedel derer Dinge
Die zu kennen / die zu handeln / man auff Trew vnd Glauben
ginge.

43.

Die Liebe Gottes vnd der Welt.
WEr ins Hertze Gott wil faſſen
Muß die Welt herauſſen laſſen:
Gott muß der herauſſen laſſen
Wer ins Hertze Welt wil faſſen.

44.

Anna-Maria, Suͤſſe-Saures.
ALle Weiber kan man billich Annen vnd Marien nennen /
Weil das Suͤß vnd auch das Saure faſt an allen zu er -
kennen:
Wol nun dem / der die bekummen / die zum meiſten Anna heiſt!
Weh nun dem / der die bekummen / die ſich nur Maria weiſt.
L l v45. Poe -168Andres Tauſend

45.

Poeterey.
WEr durch tichten Ruhm wil haben; kan jhn niſſen:
Wer durch tichten Luſt wil haben; kan ſie buͤſſen:
Wer da dencket Reich zu werden; durch das tichten /
Tichtet jhme / was ihm kuͤmmet / gar mit nichten.

46.

Rache.
Selten iſt die Rache recht; recht zum minſten wird geacht
Rache / die zur Rache braucht hohes Amt vnd deſſen Macht.

47.

Poetiſche Namen.
VEnus ſoll man mehr nicht ſprechen / nur Luſtinne ſoll man
ſagen:
Als wann Name zu der Sache kuͤnt ein ander Art beytragen;
Jſt Lateiniſch Venus Hure / wird Luſtinne Deutſch nicht fromer:
Ob ein Schuſter nicht verſtehet was mit Venus meint ein
Romer /
Wird er faſt noch minder wiſſen / was ein Deutſcher mit Luſtinne
Fuͤr Verſtand vnd Deutnng fuͤhrt. Wann wir Chriſten in dem
Sinne
Nicht der Heyden Weſen hauſten / wurden wenig jhre Worte
Aergern durch die bloſſen Namen / die ſo kennlich aller Orte.

48.

Von Lecho.
Lechus redet boͤſe Deutſch; wann er Leute Schelmen ſchilt
Meint er / daß es auff ſein Polſch beſſer klingt vnd anders gilt.

49.

Schrifften.
MAn ſchilt die ſchwartze Kunſt. : Jch halte viel von jhr;
Dann durch die ſchwartze Schrifft kuͤm̃t Kunſt auff weiß
Papier /
Und vom Papier ins Haupt / vnd ſo fort fuͤr vnd fuͤr.
50. Die169Achtes Hundert.

50.

Die deutſche Sprache.
Jſt die deutſche Sprache rauh? Wie daß ſo kein Volck ſonſt
nicht /
Von dem liebſten Thun der Welt / von der Liebe / lieblich ſpricht?

51.

Zuſchrifften der Buͤcher.
Man ſchreibet groſſen Herren die Buͤcher zu um Schutz;
Mich duͤnckt um etwas anders / gemeinlich um den Nutz.

52.

Undanck gegen Gott.
GOtt hat ſeinen Sohn geſand / vns zu retten auß der Nothl:
Noth hat ſeinen Sohn erbarmt / drnm zu leiden bittren
Tod;
Tod wird ſchlecht von vns bedanckt / mehrentheils mit Fluch
vnd Spot,
Spot darff leichte rechnen ſo ewig mit Spot / Tod / Noth / Gott.

53.

Das Werck der Erloͤſung.
GOtt / was bin ich gegen dir? Nichts als eitler Koth;
Hohn vnd Tod wie daß dann mir lied zu Nutz / dein Sohn?
Bloß die Liebe hats gemacht / die mir Erden-Kloß
Heil von Suͤnden hat gebracht / vnd am Himmel Theil.

54.

Alles auff Gott.
    • MJr nicht / wann ich bin geboren / bin ich / ſondern meinem
      Mir nicht / wann ich wieder ſterbe / ſterb ich / ſondern meinem
      Mir nicht / wann ich etwas habe / hab ich / ſondern meinem
      Mir nicht / wann ich etwas werde / werd ich / ſondern meinem
    Gott
55. Ge -170Andres Tauſend

55.

Gelehrte.
Daß gelehrte Leut ich liebe / wo ich dran begehe Suͤnde
So bekenn ich / daß ich druͤber dennoch keine Rew entfinde.

56.

Jaͤgerey.
Groſſe Herren lieben jagen / beſſer wann ſie liebten hegen:
Wuͤſten Laͤnder / jagen Leute / bloß von jhrer Luͤſte wegen.

57.

Leib vnd Seele.
Jſt die Seele Wirth vnd der Leib jhr Haus;
Wie daß dieſes dann jenen offt jagt auß?

58.

Dienſte.
Da iſt boͤſe dienen / wo das gut-gethan
Gut nicht wird verſtanden noch genummen an.

59.

Franckreich.
Franckreich hat es weit gebracht / Franckreich kan es ſchaffen
Daß ſo manches Land vnd Volck wird zu ſeinen Affen.

60.

Auff Mammæam.
Mammæa iſt ein Wunderthier / zwey Sitzer werden jhr vergunt /
Den einen hat ſie auff der Bruſt / den andern wo er ſonſte ſtund.

61.

Groſſe - vnd kleine-Welt.
Die kleine Welt faͤllt taͤglich / die groſſe bleibet ſtehn
Die kleine wird erſtehen / wann groſſe wird vergehn.

62.

Auff Bardum.
Bardus weinte: ſeine Kinder wuͤrden keine Pfleger haben /
(Hatte weder Weib noch Kinder) wann er wuͤrde ſeyn begraben.
63. Grab -171Achtes Hundert.

63.

Grabſchrifft eines lieben Ehgenoſſens.
Leſer / ſteh erbarme dich dieſes bittren Falles!
Auſſer Gott / war in der Welt / was hier liegt / mir Alles.

64.

Klugheit vnd Redligkeit.
Klugheit wil nicht mehr Redligkeit zur Schweſter leiden;
Mercket drauff; ein Fall kuͤmmet / vnd das Heil wil ſcheiden!

65.

Falſchheit.
Der Falſchheit gibt fuͤr Witz; wer dem gibt Koth fuͤr Gold
Zahlt jhn mit eigner Muͤntz / vnd zahlet wol die Schuld -

66.

Freund vnd Feind.
Ein Freund / der nie mir hilfft; ein Feind / der nichts mir thut
Sind beyd in einer Zunfft / ſind beyde gleiche gut.

67.

Apothecke.
Einer darff nicht viel in die Apothecke wagen /
Der nur weiß die Kunſt / recht zu pflegen ſeinen Magen.

68.

Leichtglaubigkeit.
Wer / nichts nicht glaubt / glaubt gar zu wenig / wer alles glaubt /
glaubt gar zu viel
Behutſamkeit hilfft allen Dingen / im Mittel iſt das beſte Ziel.

69.

Zaͤrtligkeit.
Wer nie kein Ungemach vnd nirgend auß wil ſtehn /
Muß in der Welt nicht ſeyn / muß auß der Menſchheit gehn.
70. Von172Andres Tauſend

70.

Von meinen Reimen.
D jmmer dar mein Reim / das ſag ich nicht / recht lauffe /
Jch ſchlieſſe mich nicht gantz in Schrancken / die der Hauffe /
Der Reimen-Kuͤnſtler baut: Das lang / fuͤr kurtz; fuͤr lang
Das kurtz / das glaub ich wol / zu Zeiten ſchlich vnd ſprang:
Zu Zeiten ſatzt ich was im Kummer / was in Eile /
Zu Zeiten hatt ich kurtz-zu Zeiten lange-weile;
Wann nur der Sinn recht faͤllt / wo nur die Meinung recht /
So ſey der Sinn der Herꝛ / ſo ſey der Reim der Knecht.

71.

Wercke deß Chriſtenthums.
DEn Hoͤchſten zu loben / den Nechſten zu lieben
Sind Stuͤcke / drauff Chriſten ſich eignet zu uͤben /
Sind Stuͤcke / die Chriſten hier vnten anheben
Und vollig dann wuͤrcken im oberen Leben.

72.

Von meinen Reimen.
SO ich meinem Reim erlaube / hin zu ſpringen in die Welt
Thu ich ſolches / weil ſein Weſen auff die Prob iſt vor geſtellt /
Dann zwey Hundert derer ſind auſſen ſchone bey viel Jahren
Und ich ſeh in fremder Schrifft / daß ſie wol gaſtiret waren.

73.

Alte Sitten.
Wie es ſcheint / kum̃t altes Weſen fortmehr wieder was zu rechte;
Die im Kriege waren Herren / werden jetzt im Friede Knechte.

74.

Hofe-Gunſt.
DJe Kinder lieben den / der nachgiebt jhrem Mute /
Die Kinder haſſen den / der jhnen zeigt das gute:
Es iſt die Hofe-Gunſt als wie die Gunſt der Kinder;
Die Heucheley hat Preis / die Warheit Haß / nicht minder.
75. Gebete. 173Achtes Hundert.

75.

Gebete.
WAnn du denckſt zu beten / dencke fleiſſig dran
Was du denckſt zu reden / wen du redeſt an
Wer du biſt / der redet: ſonſten iſt gewiß
Daß es Lippen-Rede / nicht deß Hertzens / hieß.

76.

Zweyerley Kindheit.
Der Menſch wird erſtlich jung / vnd nachmals alt / ein Kind;
Sarck / Grab iſt hier; was dort jhm / Bette / Windeln ſind.

77.

Der Morgen.
Vom Bette ſteh ich auff auß meines Leibes Ruh;
Gib Gott / daß ich vom Grab erſteh dem Himmel zu.

78.

Der Mittag.
Dein Wort / HErꝛ / ſcheint ſo klar / als wol kein Mittags-Licht;
Hilff / daß es mich erleucht vnd alle Blindheit bricht.

79.

Der Abend.
Der Abend kum̃t heran / ich geh dem Tode zu;
Gib Gott / daß wann er kuͤm̃t / ich nichts verbotnes thu.

80.

Die Nacht.
Der Schlaf gibt neue Krafft; hilff daß deß Grabes Nacht /
O Gott / auff jenen Tag / mich ewig freudig macht!

81.

Das gewandelte Deutſchland.
DJe Deutſchen wuſten wenig fuͤr Zeiten von dem Golde /
Sie trugen Trew vnd Glauben fur allem alle Hulde:
Jetzt wiſſen Deutſchen wenig vom Glauben vnd von Treue
Sie dienen mehr dem Golde / dann Gott / ohn alle Scheue.
82. Eine714[174]Andres Tauſend

82.

Eine ſchoͤne Fraw.
Meiſtens ſind nur ſchoͤne Weiber Maͤnnern nuͤtze bey der Nacht:
Jhre Wercke bey dem Tage / ſind nur Muͤſſiggang vnd Pracht.

83.

Das alte Jahr.
Heute geht ein altes abe / gehet ein ein neues Jahr;
Gebe Gott / daß Deutſches Weſen / ſey wie es vor Alters war.

84.

Das neue Jahr.
Ob das neue Jahr gleich heute mit dem alten Wechſel haͤlt /
Waͤr doch beſſer / daß der Himmel Wechſel hielte mit der Welt.

85.

Genaͤdig vnd Geſtrenge.
Fuͤrſten nennet man Genaͤdig; Raͤthe / nennet man Geſtrenge
Jene meinen daß nur dieſe; jhrer keiner / Leute draͤnge.

86.

Das verjuͤngte Jahr.
Ob das Jahr gleich alle Jahre / ſich gewohnt iſt zu verjuͤngen /
Dennoch kan der Jahre Jugend / Menſchen nichts als Alter
bringen.

87.

Guͤter.
Daß man ohne Sorgen lebe / ſorgt man ſtets um Gut vnd Geld;
Das doch den / der es erſorget / jmmerdar in Sorgen haͤlt.

88.

Rathſchlaͤge.
Ob gleich kluge Stimmen fallen / wann nicht klug iſt aber der /
Der das Beſte ſoll erwehlen / geht doch alles in die quer.
89. Auff175Achtes Hundert.

89.

Auff Vitum.
Veit ſoll ein Lehrer ſeyn / hat ſelbſt gelernt gar uͤbel;
Ey iſt es nicht genug / er iſt der Leyen Biebel?

90.

Das Jahr.
Das Jahr iſt wie ein ſchwangres Weib / gebieret vns viel Tage
Als Maͤnnlein aber / Weiblein mehr: Als Freude doch mehr
Plage.

91.

Ein Raͤtzel vnd ſeine Loͤſung.
DJe Mutter friſt das Kind;
Daß dieſer Stam̃ vergeh /
Friſt jhn die Erd vnd Wind:
Es regnet in den Schnee.

92.

Von dieſem Buche.
WErden auch wol meine Reimen alle fuͤr die Jungfern tuͤgen?
Die als Jungfern mehr verſtehen / die wird jhr Gewiſſen
ruͤgen
(machet
Daß ſie ſchweigen vom Verſtande: Die die Unſchuld alber
Denen haben meine Reimen ſchwerlich arges vrgeſachet.

93.

Das Boͤſe vnd das Gute.
WAs boͤſe ſey / was gut; da merckt man / daß im wehlen
Die Menſchen meiſtentheils / gewaltig groͤblich fehlen:
Man ſchaͤtzet ſelten das / was fuͤr die Seele gut;
Man ſchaͤtzet gerne das / was wol dem Leibe thut.

94.

Weibliche Reime.
Was iſt ein Weiblich Reim? Den Weibern reimt ſich wol
Ein Reim / der langer mehr als kurtzer Glieder voll.
M m95. Rath176Andres Tauſend

95.

Rath im Beutel.
Mancher guter Rath iſt eitel
Wann jhm wol nicht wil der Beutel.

96.

Gott im Kriege. Joſ. 6. . 20.
Wem Gott wol wil / kan die Staͤdte ſtuͤrmen mit Poſaunen /
Wem Gott ablegt / kan nichts richten / ob er braucht Cartaunen?

97.

Herodes weiſet vnd kuͤm̃t nicht.
HErodes weiſt die Weiſen
Wo ſie zu Chriſtus reiſen;
Kum̃t aber ſelbſten nicht
Und bringt jhm ſeine Pflicht:
Wer weiß / was die wol glauben
Die vns zum Glauben ſchrauben?

98.

Poetiſche Ohren.
UNter andren Tichter-Gaben
Jſt auch gut / gut Ohren haben /
Die gelehrt ſind / waͤs man ſingt
Recht zu richten / wie es klingt.

99.

Roͤthe vnd Raͤthe.
Morgen-Roͤth vnd Abend-Raͤthe / pflegen nicht zu tuͤgen:
Abend-Roͤth vnd Morgen-Raͤthe / bringen mehr Vergnuͤgen.

100.

Auff den hungrigen Macrum.
Macer hat nicht Niederlagen /
Aber offt die Gicht im Magen.

Deß Andren Tauſend Neundes Hundert.

178Andres Tauſend

1.

Von meinen Leſern.
SO mirs gehet wie ich wil /
Wuͤntſch ich Leſer nicht zu viel /
Denn / viel Leſer ſind viel Richter
Vielen aber taug kein Tichter.

2.

Ein Richter.
NAch Perſonen muß mit nichten
Nach der Sache nur muß richten
Wer die Sachen recht wil ſchlichten.

3.

Reformation.
Jmmer duͤnckt mich / der nichts hat / der mag glauben was er wil /
Denn um ſeine Seligkeit muͤht ſich keiner leichtlich viel.

4.

Braut vnd Braͤutigam.
VNter andren / iſt auch diß / das von Gottes Zorn vns lehret /
Wann man etwa nicht gar viel Braut vnd Braͤutgams
Stimme hoͤret:
An Perſonen mangelts nicht / an der Stimme mangelts jetzt /
Weil das Braut-Volck vnſrer Zeit / gerne ſtill im Winckel
hitzt.
5. Anne179Neundes Hundert.

5.

Anne Sofie / Hertzoginn / verſetzt: Sonne zog in eine Fahrt. Oder Anne Sofieh / Hertzoginne. verſetzt: Geh O feine Sonnen-Ziraht.
SOnne / die das Land vergoldte / wo das frome Strelitz ſteh[t]
Zog in eine Fahrt von neuem / wo den Oder-rand erhoͤht
Brieg das Piaſteer-Haus; allda ſteht ſie lieblich ſtille /
Streuet lauter Guͤt vnd Gaben / fuͤnckelt / ſtrahlet in der Voͤlle.
Geh O Sonne feine Sonne / geh vns nun vnd nie zur Ruh.
Sonnen-Ziraht ſelbſten Sonne / wirff vns jmmer Strahlen zu!
Sonne / die am Himmel lacht / lachet dieſer Sonne wegen /
Gibt der Schweſter halben vns klaͤrern Blick vnd reichern
Segen:
Sonne / die die Zeiten theilet / theilet Amt vnd Regiment
Mit der Sonne / die von Strelitz guͤtig ſich zu vns gewendt.

6.

Tod / ein Außgleicher.
FLeiſch / das in dem Leime wohnet / lebt in Muͤh bey ſchlechter
Koſt:
Fleiſch / das in den Steinen wohnet / lebt in Pracht vnd eitler
Luſt:
Fleiſch im Leime / Fleiſch in Steinen / macht deß Todes freyer
Raub
Das / wie jenes alſo dieſes / jedes wird ein leichter Staub.

7.

Seele vnd Leib.
Seel / iſt ein Gefangner; Leib / iſt ein Gefaͤngnuͤß
Wer den Leib verzaͤrtelt / gibt der Seele Draͤngnuͤß.
M m iijAuff180Andres Tauſend

8.

Auff Raſam.
Raſa kan fuͤr Traurigkeit; wann ſie Wein in Magen geuſt
Sieht man bald wie Traurigkeit jhr zun Augen rauſer fleuſt.

9.

Von einem Siebzig-Jaͤhrigen Manne vnd Funffzehn-Jaͤhrigen Weibe.
Kan auch Funffzehn / (dencket doch!) Siebzig jemals in ſich
haben?
Ja / wann andre Zahlen mehr Funffzehn ſich zu Huͤlffe gaben.

10.

Ein Freund.
Weiſtu wer ein guter Freund wuͤrcklich iſt vnd billich heiſt?
Der ſich / wann du jhn nicht ſihſt / deinem Namen Freund erweiſt.

11.

Weltliche Witz.
Wer ſich zu der Welt geſellt / vnd mit jhr laufft einen Lauff /
Muß auff alles was fellt fuͤr / wiſſen bald ein Oben-drauff.

12.

Auff Cottam.
Cotta werein reicher Mann /
Wann ſein Anſchlag nur gieng an.

13.

Auff Morum.
Morus iſt zwar wol kein Narr; nur / das manchen wunder nim̃t
Daß er alles ſtoͤſt herauß / was jhm in die Backen kuͤmt.

14.

Auff Clepacem.
Clepax, der ſo manches Thier in den Magen hat begraben /
Hat nun auch ein warmes Grab inner einem fromen Raben.
15. Hofe -181Neundes Hundert.

15.

Hofe-Brauch.
Alſo iſts bey Hofe Brauch /
Der hat Waͤrmde / jener Rauch.

16.

Diebſtaͤhl.
DAs man einen Dieb beſchenckt /
Das man einen andren henckt /
Jſt gelegen an der Art
Drinnen einer Meiſter ward.

17.

Fuͤchſe.
Weiſſe Fuͤchſe / rothe Fuͤchſe / ſchwartze Fuͤchſe ſind zufinden;
Weiſſe bleiben / rothe bleiben / ſchwartze / laſſe man dahinden!

18.

Anſehn.
KLug / an Hirne;
Schoͤn / an Stirne /
Bringt den Mann
Hoch hinan.

19.

Auff Simplum.
Simpel meint / bey ſtiller Nacht habe er ein ſcharffe Witz /
Wo ein halb Jahr jmmer Nacht / dieſer Orte wer er nuͤtz.

20.

Von Cano.
Canus geht gar krum gebuͤckt /
Weil jhn Arm vnd Alt ſo druͤckt.
M m iiij21. Kenne182Andres Tauſend

21.

Kenne dich!
Kanſt du dem / der fuͤr dir geht / ſeine Maͤngel bald erblicken /
Wird dir deine ſehen auch / wer dir nachſiht auff den Ruͤcken.

22.

Fall-Gruben.
Gruben / da man Woͤlffe faͤngt / werden wol bedeckt:
Weiber / was die Maͤnner faͤngt / tragens auch verſteckt.

23.

Der Deutſche Krieg.
Was hat doch bracht das deutſche Kriegen?
Daß wir nun ruhn / weil wir ja liegen.

24.

Liebe vnd Haß.
Der der Gunſt vnd Ungunſt Zimmer / bey den Hoͤfen ſucht-vnd
funde /
Funde murrend die im Hertzen / jene ſpielend in dem Munde.

25.

Gefahr.
Gefahr / iſt Ehre gleich
Folgt dem / der fuͤr jhr weicht.

26.

Gegenwaͤrtiges.
Wiewol mirs lieber wer / es gienge mehr mir wol /
Doch liebt mir was Gott gab / wer weiß was mehr mir ſol?

27.

Schul-Leute.
Leute die auß Schulen kummen / ſind gelehrt zu Practiciren;
Selten aber / biß gelerntes ſie erfahren / zum regiren.
29. Das183Neundes Hundert.

28.

Das Hofe-Jahr.
Einen Monat nur / hat das Hofe-Jahr;
Weil nur der Aprill da im Brauche war.

29.

Von meinen Reimen.
Wo ich Reime ſchreiben ſoll / die gefaͤllig allen bleiben /
Leg ich meine Feder weg / vnd begere nichts zu ſchreiben.

30.

Boͤſes.
Boͤſes / ſoll man bald vergeſſen / doch vergiſt ſichs ſchwerlich
bald;
Gutes / ſtirbet in der Jugend; Boͤſes wird gemeinlich alt.

31.

Narren vnd Kluge.
Narren herrſchen uͤber Kluge; jhre Haͤndel / jhre Sachen
Die die Naren arg verwirren / muͤſſen Kluge richtig machen.

32.

Ungeſchickte Diener.
Bauren / wann die Meſſer weg / ſtecken Holtz in Scheiden ein:
Herꝛen / ſetzen in ein Amt ſelten / die es wuͤrdig ſeyn.

33.

Auff Albidam.
Albida iſt mercklich weiß; ſchade! wann ſie todt wird ſeyn
Daß man ſie in Erde ſoll / nicht in Kreide / graben ein.

34.

Scheinligkeit.
Mancher traͤgt ein Ehren-Kleid / huͤllet drunter einen Tropff /
Mancher traͤgt auff altem Rumpf / dennoch einen Kinder-Kopff.
M m v35. Chriſt -184Andres Tauſend

35.

Chriſtliche Liebe.
Liebe / kauffte neulich Tuch / jhren Mantel zuerſtrecken /
Weil ſie / was durch dreyſſig Jahr Krieg veruͤbt / ſoll alles
decken.

36.

Ein Muͤller.
Der zehn Jahr ein Muͤller war / dieſem / das den Beutel ſteubt
Der / der jhm die Muͤhle ließ / ſcheint gar billich vnd erleubt.

37.

Ein geſchmuͤnckter Freund.
Ptochus ruffte ſeinen Freund in der Noth um Beyſchub an;
Dieſer ſchickt jhm Huͤlffe zu / ſpannet aber Krebſe dran.

38.

Vermeſſenheit.
Daß wo durch vermeßnen Artzt iſt ein Kran[cke]r doch geneſen /
Kan wol ſeyn / doch wird es nicht Kunſt vnd Regel zugeleſen.

39.

Auff Nanum.
Wann er gehet durch ein Thor / duͤckt ſich Nanus jmmer.
Denn er ſah ſich einsmals groß / Abends in dem Schimmer.

40.

Auff Honoratum.
Honoratus ſteiget hoch / ohne Grund / nur wie ein Rauch.
Der / je hoͤher er gleich ſteigt / mehr vnd mehr verſchwindet auch.

41.

Geitzhals.
Der du ſammleſt Sack-voll Gelder / was denn haſtu draus zu
hoffen?
Weiſtu nicht / das alle Muntze laͤngſt im Himmel iſt[verruffen]
42. Die185Neundes Hundert.

42.

Die Redligkeit.
REdligkeit / du muſt nicht meſſen
Alle Wahr mit deiner Ele;
Wirſt ſonſt haben eingeſeſſen
Daß dir viel am Facit fehle.

43.

Auff Duplum.
Duplus traͤgt ein weiſſes Kleid / drunter eine ſchwartze Haut;
Mercklich wird betrogen der / der nur auff die Rinde ſchaut.

44.

Der Welt Alter.
Die Welt iſt garſtig alt / drum traͤgt ſie ſchone Muſter;
Damit ſie ſcheine ſchoͤn / muß flicken Schneider / Schuſter.

45.

Die Geduld.
Die fuͤr vns / die klagten ſchone / daß die Welt ſey arg:
Mich beduͤnckt / daß nur die Menſchen / an Geduld ſind karg.

46.

Fuͤrſten ſoll man ehren.
Wer von Fuͤrſten reden wil / wil er gutes reden nicht /
Huͤt er ſich daß auch ſein Maul Erde-Gotter nicht verſpricht.

47.

Auff Coprum den Artzt.
Coprus iſt bey trancken Leuten gar ein lieber nuͤtzer Mann;
Wann die Krancken jhn nur ſehn / kuͤm̃t ſie bald ein Stuhl -
gang an.

48.

Schoͤnheit.
Schoͤnes / d[e]me fromes fehlt /
Jſt wie Koth in Gold verhoͤlt.
49. Der186Andres Tauſend

49.

Der Welt Apothecke.
Was in deiner Apothecke / feine Welt / zu treffen an /
Jſt nur Teuffels-Koth zum meiſten vnd der bitter Entzian.

50.

Fuͤrſten.
HAnne / die nicht Huͤner locken / kraͤhen nicht vnd wachen
nicht /
Sind nichts nuͤtze / ſind Kapaunen / leiſten keine Hannes-Pflicht:
Obre / die fuͤr Leut vnd Land ſorgen / ſtreiten / wachen nimmer /
Tugen uͤbel auff den Thron / tugen nur ins Taffel-Zimmer.

51.

Das Gluͤcke.
GLuͤcke laſt ſich nimmer zwingen;
Wem ſein Thun nicht wil gelingen /
Muß ſo lange muͤſſig gehn /
Biß ſein Stern wil beſſer ſtehn.

52.

Wiſſenſchafft der Rechte.
OB der rechte Rechts-Verſtand
Je ſey worden wem bekant /
Jſt zu zweiffeln; allem meinen
Wil ſtets was zu wider ſcheinen;
Jſt alſo / was zweiffelhafft
Schwerlich eine Wiſſenſchafft.

53.

Degen vnd Feder.
Kuͤhne Fauſt vnd blancker Degen
Kuͤnnen Wuͤrd vnd Ruhm erregen;
Ruhm vnd Wuͤrde muß ſich legen
Stuͤtzet Feder nicht den Degen.
54. Die187Neundes Hundert.

54.

Die Tugend.
WEr Gefahr vnd Schmach wil ſcheuen /
Darff ſich nicht mit Tugend treuen:
Redligkeit hat keine Trifft
Wo da herꝛſcht der Laſter Gifft.

55.

Menſchliche Weißheit.
Wer wahre Weißheit hat / weiß daß die Weißheit war
Die nichts weiß als nur Welt / noch nun noch nimmer klar.

56.

Erinnerungen.
Zu Citronen darff man Zucker: Weiſen mag man / nicht ver -
weiſen /
Und bey Fuͤrſten ſoll man boͤſes dulden / aber gutes preiſen.

57.

Unzulaͤſſiges.
Viel / was nicht zu thun erlaubt
Wird gethan / gleichwol behaupt.

58.

Verſuchen.
SEine Schwachheit gibt an Tag
Wer verſucht vnd nicht vermag;
Eh man was verſuchen ſoll
Muß man vor ſich pruͤfen wol.

59.

Sparſamkeit.
Wer nichts verſpielen wil / der ſetze nur nichts zu:
Wer ſpart darff ſorgen nicht / daß er zu viel verthu /
60. Ver -188Andres Tauſend

60.

Vermaͤntelte Suͤnden.
Huͤte dich fuͤr weiſſen Teuffeln / ſchwartze ſchaden nicht ſo leichte;
Dieſe / laſſen bald ſich mercken, jene / gehen nicht ſo ſeichte.

61.

Stoltziren.
Groß thun / uͤber ſein[e]n Stand
Fuͤhret Wehthim an der Hand:

62.

Auff Truncum.
Truncus lude ſeinen Goͤnner / einen Kalbeskopff zu eſſen;
Nein / von dir / ſprach er / zuſpeiſen / werd ich nim̃er mich vermeſſen.

63.

Das Recht.
DAs / was die meiſten meinen
Das wil am Rechſten ſcheinen /
Pflegt alſo Recht ein Schein
Und Meinung nur zu ſeyn.

64.

Auff Picam.
Pica klaget / ſeit daß Fenſter jhrer Ehre ſey zerbrochen
Wer jhr / eh ſie ſich verſehen / mancher Dieb ins Haus gekrochen.

65.

Das gemeine Beſte.
Was einem gleich nicht recht / wanns vielen kuͤmt zu gute /
So ſtelle man es fort / wer fragt nach einem Hute.

66.

Leumuht.
Ehre darff nicht groſſen Ries / ſo bekuͤmt ſie ſo ein Loch
Das man / wann man jmmer ſtopfft / nimmer kan verſtopffen
doch.
67. Auff189Neundes Hundert.

67.

Auff Blincam.
BLinca iſt der Buler Sonne / doch gleichwol nicht ohne
Flecken /
Die man auch nur durch das Auge / ſonder Fern-Glas kan ent -
decken:
Wuͤrcket nicht / liebt aber Gold; Finſternuͤß / iſt deſſen Lohn
Der von jhr wil Hold vnd Gunſt bringen ohne Gold davon.

68.

Die gefreyte Boßheit.
Weil die Zeit iſt Laſtern hold
Bleibt die Boßheit ohne Schuld.

69.

Abgedanckte Soldaten.
Wuͤrmer im Gewiſſen /
Kleider wol zerriſſen /
Wolbenarbte Leiber /
Wolgebrauchte Weiber /
Vngewiſſe Kinder /
Weder Pferd noch Rinder /
Nimmer Brot im Sacke
Nimmer Geld im Packe /
Haben mit genummen
Die vom Kriege kummen:
Wer dann hat die Beute?
Eitel fremde Leute.

70.

Hofe-Floͤh vnd Laͤuſe.
FLoͤh vnd Laͤuſe / die vns beiſſen
Pflegt man balde tod zu ſchmeiſſen:
Die190Andres Tauſend
Die von groſſen Herren zehren /
Dieſen darff mans nur nicht wehren.

71.

Ein Geitziger.
Wann ein Geitzhals iſt geſtorben / hebt ſein Schatz erſt an zu
leben;
Jeder wil bey dieſem Kinde / willig einen Paten geben.

72.

Luſt-Freunde.
Den beweinen wir am meiſten / wann er fort ſich macht /
Der am meiſten weil er lebte / mit vns hat gelacht.

73.

Von meinen Reimen.
Wuͤrden Adler / ob mein Buch an den Tag taug / etwa richten
Jſts gar gut; was Eulen ſind / denen ſteht es zu mit nichten.

74.

Auff Lurcum.
Lurcus ſpricht: es iſt nicht loͤblich / einen loben ins Geſichte
Ja; viel minder iſt es loͤblich / das man einen ruͤcklings richte.

75.

Auff Caſcam.
Caſca iſt ſo heßlich alt / duͤnckt ſich doch ſo trefflich ſchoͤn /
Weil ſie muß beym Hexen-Tantz vmgekehrt zum Leuchter ſtehn.

76.

Auff Jejunum.
Threnen-Waſſer iſt geſaltzen; drum Jejunus rath ich dir /
Soll an dir ſeyn was geſaltznes / daß du weineſt fuͤr vnd fuͤr.

77.

Eine vnberuͤhrte Jungfraw.
Quintus wil jhm keine nemen / die zuvor beruͤhret ſey;
O wo iſt ſie? Und beruͤhren / ohn erkennen / iſt wol frey.
78. Un -191Neundes Hundert.

78.

Unheilſa[me]Kranckheit.
Mancher Schad iſt nicht zu heilen durch die Kraͤuter aller Welt:
Hanff / hat viel verzweiffelt Boͤſes gut gemacht vnd abgeſtellt.

79.

An eine Fuͤrſtliche Perſon. Ludewig / verſetzt: Wie Glud.
Fuͤrſt vnd Herꝛ / wie eine Glud / brennt jhr jmmerdar
Weil Euch ſtets an Eurer Seit Euer Feuer war;
Feuer / das der Tugend Schein theilt in weiten Kreiß /
Feuer / das durch ſeinen Glantz andrem nim̃t den Preis /
Feuer / das Euch Freude gibt / das Euch warmt vnd leucht /
Feuer / dem die Ehre dient / daß die Bosheit fleucht;
Fuͤrſt vnd Herꝛ / wie eine Glud / brennet jmmerdar!
Daß das Feuer vnd die Glud leſche nie kein Jahr.

80.

Die Warheit.
Weil die Warheit harte klingt vnd zu reden ſchwer kuͤm̃t an /
Schont ſich mancher / der ſich fuͤrcht ſie verletz jhm einen Zahn.

81.

Nutz-Freunde bey Hofe.
WErther hat ſich der gemacht
Der zur Kuͤch ein Rind gebracht /
Als der einen treuen Rath
Da vnd dort gegeben hat.

82.

Frauenzimmer.
Wer wil der Weiber Tuͤck erkunden vnd entdecken?
Sie ſind geſchmuͤckt ſo ſchoͤn vnd gehn in langen Roͤcken.
N n83. Fuͤrſten. 192Andres Tauſend

83.

Fuͤrſten.
Hohe / die ans Licht geſetzt / ſollen vnter ſich ſtets ſehen
Denen zu / die wo bedraͤngt / vnd nach Recht vnd Rathe flehen.

84.

Groſſes Gut.
Gut macht Muth / wanns nicht zu groß /
Druͤckt ſonſt Muth in einen Kloß.

85.

Auff Friede / Krieg.
Friede ſoll an Krieg gedencken; Luſignanus dencket dran
Hat er nur ein wenig weile / muſtert er die Leuſe-Fahn.

86.

Vorzug.
JN die Welt / wer vor ſoll gehn / muß der Hoͤchſte heiſſen /
Jn der Welt / wer vor ſoll gehn / pflegt man ſich zu beiſſen /
Auß der Welt / wer vor ſoll gehn / wil ſich niemand reiſſen.

87.

Bauren / verſetzt Rauben.
Bauren / ſind zum Rauben;
Jſt der Krieger Glauben.

88.

Jungfrauen.
VEnus war gefaͤhrlich kranck / ſchickte hin den kleinen Schuͤ -
tzen
Daß er ſolle Jungfern-Fleiſch mit dem goͤldnen Pfeile ritzen /
Weil ſie Jungfern-Blut bedurffte: Zwar der Knabe ſchoß
gewiß /
Gleichwol merckt er / wo er traffe / daß kein Blut ſich ſehen ließ;
Flog betruͤbt zur Mutter zu / wolte druͤber ſich beſchweren /
Biß er hoͤrte / daß durch Krieg auch die Jungfern feſte weren.
89. Grab -193Neundes Hundert.

89.

Grabſchrifft einer Schein-Jungfrauen.
Die Jungfer die hier liegt / war Jungfer nicht im Grunde:
Es ſey jhm wie jhm wil / ſie war es mit dem Munde.

90.

Traurigkeit.
Der empfindet nimmer / daß jhm was gebricht /
Der um das was mangelt / nimmer trauret nicht.

91.

Auff Albellam.
Albella du biſt zart / ſo klar / ſo rein / ſo weiß /
O deine Farbe darff / ſie fleckt ſehr / groſſen fleiß.

92.

Auff Atrinam.
Wie ſo ſchwartz biſt du Atrina! wer dich ſiht der denckt an Gott /
Denn er meint / daß fuͤr jhm ſtehe finſtres Grab vnd ſchwartzer
Tod.

93.

Auff Ruffum.
Ruffus hat ſich uͤberweibt / haͤtte ſollen dencken dran
Daß man mehr nicht ſchlachten ſoll / als man fuͤglich ſaltzen kan.

94.

Auff Criſpum.
Criſpus meint / wer in der Jugend außgenarrt / ſey klug bey
Jahren;
Criſpus mein ich / ſey noch jmmer / jung an Witz vnd alt an
Haaren.

95.

Tugend vnd Gebrauch.
Da Sitten waren alber / war Tugend witzig mehr:
Nun Sitten witzig worden / iſt Tugend alber ſehr.
N n ij96. Baldus194Andres Tauſend

96.

Baldus vnd Bartolus.
Baldus, Bartolus ſind Leute / die man gelten leſt gar viel /
Nur daß da / wo Pulver rauchet / derer keiner gelten wil.

97.

Betriegliche Thraͤnen.
Auß Betruͤbnuͤß kum̃en Threnen / die doch ſind ſo hell vnd klar /
Ob ſie klar / ſo ſiht doch keiner / was ihr eigner Anlaß war.

98.

Verſchwiegenheit.
Dem / wird jeder gerne ſchweigen
Der jhm nur nichts an wird zeigen:
Selbſten muß man das nicht ſagen
Was kein andrer fort ſol tragen.

99.

Samſon.
Vor dem ſich nicht ein Loͤw / kunt erwehren
Der laͤſt ſich durch ein Weib kahl beſcheren.

100.

Alexander der Groſſe.
Alexander hieſſe Groß;
War ein groſſer Erden-Kloß.

Deß Andren Tauſend Zehendes Hundert.

196Andres Tauſend

1.

Deß Pheronis Blindheit.
FRauen-Waſſer auß dem Brunn / einem Manne nur bekant
Soll jhm Pheron, wil er ſehn / wuͤrcklich bringen zu der
Hand /
Zweiffelhafft / vnd vngewiß ob vnd wo er ſolches findt /
Geht er vor zu ſeiner Fraw / bleibet aber dennoch blind.

2.

Auff Duplum.
Duplus iſt ein Spiegelmann; was man ſiht / das hat kein ſeyn /
Siht zwar wie ein Biedermann / gibet aber ſo nur Schein.

3.

Auff Vanum.
Vanus traͤgt zu Kuͤnſten Luſt / aber keine greifft er an
Macht alſo der Kuͤnſte Gunſt / daß er keine Kunſt nicht kan.

4.

Die Welt.
Die Welt iſt ein gemeiner Tiſch / drauff alle Menſchen eſſen;
Wol dem / der deſſen der jhn deckt / pflegt nimmer zu vergeſſen.

5.

Menſchliche Wiſſenſchafft.
Gegen dem / was nicht wir wiſſen iſt ein Punct kaum was man
weiß;
Him̃liſch Wiſſen / iſt die Sonne; weltlich wiſſen iſt ein Eiß.

6.

Luſt vnd Unluſt.
JHrer zwey ſind die ſich haſſen
Vnd einander doch nicht laſſen;
Wo die Wolluſt kehretein
Wird nicht weit die Vnluſt ſeyn.
7. Franck -197Zehendes Hundert.

7.

Franckreich.
Daß es her von Deutſchland ſtamme / achtet Franckreich einen
Ruhm;
Wie dann / daß auff vnſre Sitten dieſem bleibt das Meiſterthum?

8.

Zeit-Wandel.
WAnn jetzt Heraclitus lebte / wuͤrd er fuͤr das weinen / lachen:
Und Democritus naß Augen / fuͤr gewohntes lachen /
machen /
Weil die Welt ſo gar gewandelt / Sinnen / Sitten / Arten / Sachen.

9.

Auff Spurcum.
Spurcus ſchencket guten Freunden; merckt jhr Freunde! wie
ein Schwein
Dem man gibt um Speckes willen / ſolt jhr wieder nutzbar ſeyn.

10.

Auff Sophum einen gelehrten Mann.
Sophus kan die Kunſt / Todten auff zu wecken /
Nemlich / die im Grab Unverſtandes ſtecken.

11.

Auff Capitonem.
Capito hat Kopffs genug / wenig aber hat er Sinnen
Wie ein Mon-Kopff lauter Schlaf / ſonſten hat er nichts
darinnen.

12.

Von dem ſchneeichten Winter Anno 1651.
SO viel Schnee deckt vnſer Land / als ich kaum geſehn ein Jahr
Ehſtes aber wird es ſeyn / daß es lauter Waſſer war:
Hoffnung / die vns gantz ervoͤllt mit deß Friedens Freud vnd Gut /
O daß dieſe nimmer nicht / mehr gedey zu Flucht vnd Flut!
N n iiij13. Der198Andres Tauſend

13.

Der Hahn.
D ſo mutig er kan lieben / ob dann wol was hilfft den Hahn /
Daß er ſeiner lieben Henne rothen Kam̃ ſo faſſet an?
Fuͤr den Hahn iſt dieſes beiſſen / was das kuͤſſen fuͤr den Mann.

14.

Verleumdung.
Wann man eine Wunde haut / ſiht man eher Blut als Wunde;
Ungunſt merckt man bald bey Hof - aber nicht auß was fuͤr
Grunde.

15.

Luſt-Diener.
SChlaſen / eſſen / trincken / ſpielen / tantzen vnd ſpatziren
Sonſt um nichts / als nur um dieſes / Fleiß vnd Sorge
fuͤhren;
Die bey Hofe diß verrichten / ruͤhmen Dienſt vnd Treue;
Geben nicht / ſie nemen Dienſte / ſag ich ohne Scheue.

16.

Zeit endert Recht.
Die Zeit macht dißmals recht / was vormals ſtraffbar war;
Was ſtraffbar dieſes iſt / wird recht ein andres Jahr.

17.

Auff Pravum.
Fravus ſchwur bey Teuffel holen / daß er lieber eſſ auß Thon
Als auß Silber; denn daß Silber war nun laͤngſt von jhm da -
von.

18.

Der Glaube.
Weiland ward geſchaͤtzt der Glaube / nach vergoßnem Blute:
Nunmehr wird geſchaͤtzt der Glaube / nach beſeßnem Gute.
19. Son -199Zehendes Hundert.

19.

Sontag.
Sonne / die die Welt beleuchtet / leuchtet nur der Eitelkeit /
Ewig wird vns dort verklaͤren / Sonne der Gerechtigheit.

20.

Montag.
Weltlich Gluͤck iſt wie der Monden wandelt jmmer fuͤr vnd fuͤr;
Wo ohn End vns Heil bereitet / iſt dort oben / iſt nicht hier.

21.

Dinſtag.
Welt vnd jhren Luͤſten dienen / iſt die groͤſte Schlaverey:
Deinem Willen / Gott / gehorchen / iſt das aller ſuͤſte Frey.

22.

Mittwoche.
Mitten zwiſchen Noth vnd Suͤnde ſtehen wir / weil hier wir ſeyn /
Biß vns JEſus vnſer Mitler / nimt zu Engeln mitten ein.

23.

Donnerſtag.
GOtt / gib Kraͤffte deinem Donner; GOtt gib deinem Worte
Macht /
Daß es nicht ſey ſo gerichtet / wie es Menſchen-Duͤnckel acht!

24.

Freytag.
Tag / der von dem Erde-Klumpffen vnd der Laſter Laſt vns loͤſt /
Jſt der beſte Tag der Tage / der vns freyt / erfreut vnd troͤſt.

25.

Sonnabend.
Unſre Noth helt Sabbath nimmer; Laſt vns dem Ort eilen zu /
Wo die Noth muß Abend machen / wo der Tag der ſteten Ruh.
N n v26. Eine200Andres Tauſend

26.

Eine Woche.
Sieben Tage lebet nur / wer gleich lebet hundert Jahr;
Weil in ſieben Tagen ſtets jeder Tag ja wieder war.

27.

Auff Porcam.
WAs fuͤr Mitgifft jhrem Manne Porca bracht / iſt nicht zu
ſagen /
Wird auch ſolche / wann er ſtirbet / billich wieder mit ſich tragen /
Biß ſie jhr ſam jhrem Leibe / Wuͤrm vnd Maden gar benagen.

28.

Weiblich Hauptgut.
Selten wird mit einem Weibe gar viel Haupt-Gut uͤber -
kummen;
Weil das Boͤſe ſo an jhnen / hat das Haupt gern eingenummen.

29.

Sauff-Bruͤderſchafft.
Bruͤder / eines Blutes Erben / kuͤnnen ſchwerlich einig ſeyn;
Sollen Bruͤder ſich vertragen / die geboren hat der Wein?

30.

Chriſtliche Liebe.
PTochus lag in tauſant Noͤthen
Die jhn draͤngten biß auffs toͤdten;
Solte Chriſten-Liebe haben
Sich zu retten / ſich zu laben:
Ließ ſie hin vnd wieder ſuchen
Weil ſie ſich jetzt ſehr verkrochen:
Ließ ſie ſuchen bey Gerichten;
Fand ſie aber da mit nichten /
Muſte hoͤren / das man ſagte:
Was das wer / wo nach er fragte?
31. Der201Zehendes Hundert.

31.

Der Jenner.
Unſer Antrit in die Zeit / vnſre Thuͤr ins erſte Jahr
Setzt in Eiß / Schnee / Froſt vns auß: Unter Falſchheit / Trug /
Gefahr.

32.

Der Hornung.
Voller Faſtnacht iſt die Welt; Thorheit klebet jedem an:
Dort / wird bloß ſtehn jeder Sinn / der ſich hier vermummen kan.

33.

Der Mertz.
Seine Hand leg an den Pflug / wer dazu beruffen ward;
Wer Vergebens ſitzt vnd feult / koͤmt zu letzt auff breite Fahrt.

34.

Der April.
Unſrer Hertzen hartes Feld ſol ſich oͤffnen zu der Frucht /
Die der Hoͤchſte von vns heiſcht / vnd der Nechſte bey vns ſucht.

35.

Der May.
Einmal nur iſt May im Jahr; jmmer lacht das Gluͤcke nicht:
Wer / wann Gluͤcke bluͤhet / trotzt; Zaget auch / wann Gluͤcke
bricht.

36.

Der Brachmonat.
Acker / ſoll er tragen Frucht / muß gebrochen werden vor:
Wen das Creutze nicht durchwuͤrckt / richtet keinen Sinn entpor.

37.

Heumonat.
Graß vnd Blume fellt dahin / durch der Senſe ſcharffen Streich:
Auch der Tod haut munter zu / der vnd jener gilt jhm gleich.
38. Augſt -202Andres Tauſend

38.

Augſtmonat.
Was man hat geſaͤet auß / erntet man auch wieder ein:
Wie die Arbeit hier geweſt / wird die Zahlung dorte ſeyn.

39.

Herbſtmonat.
Wenn man Vogel fangen wil / ſtreut man auff die beſte Koſt:
Wen die Welt beruͤcken wil / dieſen lockt ſie durch die Luſt.

40.

Weinmonat.
Nicht bey allen wechſt der Wein; Waſſer hat ein jederman:
Gibt GOtt Wein / gibt Waſſer GOtt / nimt man beydes danck -
bar an.

41.

Wintermonat.
Was vns Gottes Segen gab / ſoll man rathſam brauchen / ſo
Daß man auff den Winter nicht / wann man alt iſt / darbe wo.

42.

Chriſtmonat.
Chriſtus ſoll vns alles ſeyn; Stunden / Tage / Jahr vnd Zeit
Sind durch Chriſtus / ſonſten nicht / vnſer Weg zur Ewigkeit.

43.

Schnee.
JMmer dran / wer Luſt zu freyen! Juno hat gleich auffge -
deckt
Das ſo weiſſe Braut-Gebette / daß ſich / wer nur wil / drein ſtreckt:
Zwar niemanden wil ich globen / daß er werde ſchlafen wol;
Doch / dem Braͤutgam wils gebuͤhren / daß er wacker wachen ſoll.

44.

Gereiſte Ochſen.
DJe Ochſen reiſen auch / ſie reiſen in das Reich
Her auß Podolien / ſind andren Ochſen gleich;
Es ſey dann daß jhr Fleiſch ſey mehr als andrer weich.
45. Ziehen /203Zehendes Hundert.

45.

Ziehen / das iſt / Reiſen /
Rochus ſol von hinnen ziehn; iſt er denn wol wehrt
Daß er thun ſol ſolchen Dienſt / den ſonſt thut ein Pferd?

46.

Eine Gewehr.
Frauen-Zimmer zu gewehren / daß ſie mit Gewehr vergnuͤgt /
Jſt die Sache zugewehren wie ſie ſteht / nicht wie ſie liegt.

47.

Auff Oſcum.
Oſcus iſt an Gelde reich / darff um ſvnſt was wenig ſorgen
Auſſer / daß er guten Rath vnd Verſtand muß ſonſtwo borgen.

48.

Sitten.
MAn hoͤret grauſam Ding / man ſihet ſchrecklich Weſen /
Was keiner vorgehoͤrt / geſehen / kaum geleſen!
Man muß es zwar geſtehn; doch dieſes dencken auch /
Es ſey nunmehr gemein / es ſey alſo der Brauch.

49.

Auff die Pholoen.
PHoloe mag lange dencken / dennoch wird ſie ſchwerlich wiſſen
Wann ſie / wo ſie / vnd wie offte / der vnd jener kam zu kuͤſſen:
Keiner iſt wol weg geweiſt / der jhr gleich nicht hat gelohnt
Auſſer dem / der ſeinen Mund ſelbſt bedencklich hat geſchont.

50.

Unverſchaͤmt.
Aller Laſter Laſter iſt: ſich fuͤr keinem Laſter ſcheuen /
Mit den Laſtern ruͤhmen ſich / vnd die Laſter nicht bereuen.

51.

Gemeine Wercke.
Kluge Leute thun zwar auch / was die albern ſonſt beginnen /
Brauchen aber ander Art / andren Zweck / vnd andre Sinnen.
52. Jmmer -204Andres Tauſend

52.

Jmmerwehrende Kindheit.
Daß die Menſchen jmmer Kinder / vnd das alte Kindeley
Groſſer / meint man / vnd in groͤßrem / als die junge / ſchaͤfftig ſey.

53.

Auff Trullum.
Daß die Seele ſeines Weibes einen Wieder-Hacken habe
Meinet Trullus, glaubte ſonſten / daß ſie laͤngſten waͤr im Gꝛabe.

54.

Auff Bardum vnd Mopſum.
Mopſus hat verſtanden nichts / ob er viel gleich hat gehoͤrt:
Bardus hat gar wol ſtudirt / dennoch iſt er nicht gelehrt.

55.

Eine Kuplerin.
MAncher darff Cupido nicht
Daß ſein Lieb zur Lieb er treibe:
Weil er gluͤcklich offt verricht
Was er wil / mit altem Weibe.

56.

Auff Nothum.
Nothus iſt mit Rath gezeugt / iſt gezeugt nicht ohngefehr;
Jhrer neune waren da / gaben Rath vnd Beyſchub her.

57.

Beſſere Zeit.
An-wird gehen alle Luſt / auff-wird hoͤren alles klagen
Wann die Uhren in der Welt alle werden gleiche ſchlagen.

58.

Das Theil vnd das Gantze.
WEr das gantze gerne haͤtte
Hat am Theile kein vergnuͤgen:
Vnd205Zehendes Hundert.
Vnd vom Kuͤſſen wil auffs Bette
Welche Luſt hat an dem wiegen.

59.

Das Gemuͤte.
Arg iſt arg / vnd gut iſt gut
Denmach / als es meint der Mut.

60.

Die Nothwendigkeit.
Wem die Noth um etwas bittet / iſt ein Narr wers abeſchlaͤgt:
Dieſem bleibt ſie jmmer guͤtig / der jhr nichts entgegen legt.

61.

Verleumder.
MEin Urthel daß mir fellt
Das koſtet nimmer Geld /
Weil ſolches vnbehellt.
Mein Richter mir beſtellt.

62.

Verliebte.
So viel Haͤndel / ſo viel wunders / als verliebte Leute machen /
Wo zu dient es / wohin zielt es? dencke nach; ſo wirſtu lachen.

63.

Dinſtag vnd Freytag.
Eh als der Freytag kuͤmt / kuͤmt Dinſtag jmmer vor:
Welt ſpannt zu vor ins Joch; eh Himmel hebt empor.

64.

Eine Hure / zum Weibe nehmen.
Vanus nimt jhm jetzt zu eigen / was vor ſem vnd andrer war:
Wer gemeines eygen machet / ſtifftet Hader vnd Gefahr.
65. Wolthat. 206Andres Tauſend

65.

Wolthat.
Die Wolthat vnd das Gute / daß wir dem andren ſchencken /
Jſt wiederlegt genuͤglich / wann andre dran gedencken.

66.

Hoffnung.
Bey dem aͤrgſten beſtes hoffen / geht wol keinem an /
Der ſich ſeines Wolbewuſtes / nicht getroͤſten kan.

67.

Auff Adamum.
Erſter Adam / kunte nennen jedes Ding nach Eygenſchafft:
Dieſer / nennt fuͤr ſeine Soͤhne / die / die gleich von andrer Krafft.

68.

Die Augen.
Wie viel Augen hat der Himmel / da er mit die Erd anblickt?
Was fuͤr Angen hat die Erde / die ſie auff gen Himmel ſchickt?

69.

Von Bardo.
Wann Bardus ſpricht: Gluͤck zu! ſo iſt er nicht geliebt:
Spricht er: Gehab dich wol! ſo iſt niemand betruͤbt.

70.

Die Theile der Welt.
WAr es beſſer / da die Welt nur in drey Theil war gelegt?
Oder jetzt / da vnſre Zeit / auch das Vierde zu noch traͤgt?
Viere moͤchten viere ſeyn / wenn nur jetzt nicht jedes Land
Sich in Theile ſo theilt auß / das fortmehr nichts gantzes ſtand.

71.

Erde vnd Waſſer.
Waſſers iſt als Landes mehr / wie die Kuͤnſtler abgemeſſen;
An den Deutſchen merckt mans auch / die mehr trincken als ſie
eſſen.
72. Die207Zehendes Hundert.

72.

Die Thiere im Meer vnd auff der Erde.
Jn der See ſind alle Thiere / ſagt man / die auff Erden ſind:
Daß man dann nun in der Erde / nicht hingegen Fiſche findt?

73.

Auff Vitum.
Jung / war Veit ein Biederman; alt / iſt Veit im Schelmen -
Orden:
Wie deß Lebens / ſo der Ehr / iſt er uͤberdruͤſſig worden.

74.

Traw / ſchaw wem!
Traw / ſchaw weme! Gotte traw;
Jn der Welt hingegen / ſchaw.

75.

Von deß Brunonis Weibe.
Bruno hat ein ehrlich Weib / keuſch an Augen / Mund vnd Ohren:
Oben iſt die Ehre gar / iſt gleich vnten was verloren.

76.

Auff Doridem.
Doris, du biſt ſchoͤn vnd keuſch: Solt ich eines nur beweiſen /
Maͤcht ich jmmer packen ein / muſte nauß zum Thore reiſen.

77.

Ein Gebrauch.
An manchem Ort iſt ſo der Brauch / daß Weiber jaͤhrlich muſſen
kindern;
Sind Maͤnner gleich zu Hauſe nicht / ſo muß doch dieſes gar nicht
hindern.

78.

Zahlbare Thorheit.
Daß es Narren hin vnd her / vnd nicht in der Maͤnge gibt /
Mangelt nur / daß einer mehr / als der ander / wird geuͤbt.
O o79. Auff208Andres Tauſend

79.

Auff Pravum.
Was Pravus lehrt / das lernt er nicht; lebt arg vnd lehret gut /
Rufft hin / wo hin er ſelbſt nicht kuͤm̃t; thut was die Glocke thut.

80.

Vergebene Sorge.
Sorgen / vnd doch nichts erforgen /
Heiſt / was nicht zu zahlen / borgen.

81.

Gold.
Gold / gegraben auß der Erde / macht / daß mancher in die Erde
Da jhm Gold nicht weiter nuͤtzet / fuͤr der Zeit vergraben werde.

82.

Auff Plutum.
Als der Tod zum Plutus kam / fand er jhn an fingern zehlen /
Stach jhn tod / noch zehlt er doch / dann es wird jhm ewig fehlen.

83.

Bleichheit.
DEr iſt nicht alleine bleich
Der nicht ſatt iſt vnd nicht reich:
Groſſes Gut vnd ſtetes Praſſen
Macht vielmehr die Leute blaſſen.

84.

Ein Hofemann.
WEr bey Hofe lange wil
Stehen ohne wancken /
Muß deß Vnrechts leiden viel
Muß ſich ſtets bedancken.
85. Goͤtt -209Zehendes Hundert.

85.

Goͤttliche Barmhertzigkeit.
GOtt wil wol barmhertzig ſeyn /
Wann nur wir es hertzlich meinen
Vnd die Suͤnden recht beweinen
Daß die Buſſe nicht ein Schein.

86.

Auff Curvum.
Curvus iſt den Laſtern gram nicht auß Tugend / nur auß Neid /
Daß er jhnen nicht mehr dient / ſchafft nicht Wille / ſondern Zeit.

87.

Straffen.
Nicht um das / daß was geſchehn; daß es nicht ſoll mehr
geſchehn
Pflegt man Koͤpffe hauen ab / pflegt man Leute hencken ſehn.

88.

Groſſer Herren Unrecht.
Das Unrecht pflegen Groſſe mit Unrecht zu erſetzen /
Weil ſie dazu noch haſſen / die / die ſie vor verletzen.

89.

Menſchliche Unbeſonnenheit.
Wer auß Gottes Bunde laͤufft / faͤllt dem Teuffel in die Bande;
Wein das from ſeyn hier zu ſchwer / wehlt auff ewig Qual vnd
Schande.

90.

Freye Zunge.
WO der Zuſtand knechtiſch iſt / wil die Zunge herriſch ſeyn /
Wird ſie nicht auß Knechtſchafft auß / wird ſie mehr ſich
wickeln ein:
Wo das reden nicht verfaͤngt / hat das ſchweigen beßre ſtat /
Beſſer / daß man nichts geſagt / als geſagt vergebens hat.
O o ij91. Ende -210Andres Tauſend

91.

Enderung deß Anſchlages.
Zu Waſſer muß nach Hauſe / wer nicht zu Lande kan:
Wem ein Rath nicht gelinget / greiff einen andren an.

92.

Geenderte Gunſt.
Baͤume / die im Sommer Schatten / geben auff den Winter
Kohlen:
Freunde / die in Noth man liebet / haſſt im Gluͤck man vnverholen.

93.

Auff Galbam.
Galba hat viel Buͤcher / weme denn zu gute?
Weil er nicht kan leſen? fuͤr die leichte Mote.

94.

Von Probâ.
Proba ward von einem Buler um die Gunſt geſprochen an;
Weil ſie / ſprach ſie / metnes Mannes / ſo befrage vor den Mann.

95.

Auff Claudium.
Claudius iſt lauter Maul / Claudius iſt lauter Zahn;
Weil er alles ſchwetzet auß / weil er jedem was henckt an.

96.

Diener.
GOtt / leſt ſeine Diener fahren; aber doch im Friede:
Herren / laſſen Diener fahren / wann ſie jhrer muͤde.

97.

Zuſtand.
WEr hoch geſtiegen iſt / wil jmmer hoͤher ſteigen /
Wer niedrig ſtehet an / wil tieffer ſich nicht neigen;
Ein jeder wil hinauff vnd haſſet ſeinen Stand
Begehret jmmer das / was jhm doch nicht bekant.
98. Un -211Zehendes Hundert.

98.

Unſchuld.
Wer faͤlſchlich wird verklagt / darff keinen Advocaten
Die Unſchuld wird jhm ſelbſt / was er ſol reden / rathen.

99.

Fromer Ernſt.
Zu rechter Zeit geſtrenge ſeyn / iſt eine Gottes-Furcht;
Dem Schwerte buͤckt ſich billich der / der keiner Hand gehorcht.

100.

Von meinen Sinn-Getichten.
WAs mein Sinn bißher gezeugt / vnd die Schrifft an Tag
hin legte /
Liegt da hin / ob mans verwarff / oder ob es jemand pflegte;
Taug jemanden dieſe Zucht / kan ſich noch Geſchwiſter finden /
Daß ſie ſchoͤner werden ſeyn / wil ich mich doch nicht verbinden.

Zu-Gabe.

212Zu-Gabe.

1.

Von meiner Zugabe.
WAr meine Wahre nicht recht gut / ſo geb ich etwas zu /
Damit / was ntcht die Guͤte thet / vielleicht die Menge thu.

2.

Verſchwindung.
Das die Nahrung jetzt ſo ſchwer / wil eln jeder ſich beſchweren;
O ein jeder / wie mich duͤnckt / wil als vor / nur beſſer zehren.

3.

An den Leſer.
Leſer / wie gefall ich dir?
Leſer / wie gefellſt du mir?

4.

Kuͤſſe.
Wie wenig ſaat macht kuͤſſen;
Es heiſt in Wind gebiſſen.

5.

Weltliche Fluͤchtigkeit.
Unſres Lebens gantzes Thun / iſt wie eine Schlitten-Fahrt;
Eilet jmmer mit vns fort / biß es gar zu Waſſer ward.

6.

Unterſcheid.
Was einem / iſt nicht bald auch einem andren recht;
Sonſt wer deß Herren Fraw auch fuͤr deß Herren Knecht.

7.

Schnee.
Wir ſind mit Waſſer gantz bedeckt / das Land hat keine Spur;
Wie daß denn auff dem Waſſer noch / zu Wagen mancher fuhr?
8. Erin -213Zu-Gabe.

8.

Erinnerungen.
Herren kuͤnnen leichtlich nicht gut Erinnerung ertragen;
Jhnen muß / wie Bileam, offt ein Eſel Warheit ſagen.

9.

Hofe-Leben.
Bey Hof iſt herrlich Leben / iſt Ruhm vnd Ehren-werth
Weil alles man kan haben / nur nicht was man begehrt.

10.

Der Hof.
Man ſchlaͤgt bey Hofe viel nicht ab / allein es wird verſchoben /
Und der / der was bekummen hat / weiß wann ers hat erhoben.

11.

Vernunfft vnd Begierden.
Die Beſatzung in dem Haupte / die Beſatzung in dem Bauche /
(Die Vernunfft vnd die Begierden) haben jmmer Krieg im
Brauche.

12.

Tugend vnd Laſter.
Wann wo kein Laſter waͤr / waͤr keine Tugend nicht;
Dann tugendhafft iſt der / der Laſtern abebricht.

13.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / guͤnnet meinen Reimen / Euer zu gedencken offte:
Als wann allen Neun-Goͤttinnen / iſt es mehr / ich ſonſten ruffte.

14.

Auff Caſcam.
Caſca, iſt an Jahren alt / iſt am Willen aber jung;
Weigert keinem keinen Kuß / ſcheuet nimmer keinen Sprung.
O o v15. Ehe -214Zu-Gabe.

15.

Ehebrecher.
Staͤdter haſſen Stoͤhrer hefftig / die im Lande rumher ſtreiffen;
Ob wol derer mehr bey Staͤdten / die ans Handwerck jhnen
greiffen.

16.

Ein junges Maͤgdlein vnd ein alter Greiß.
Ein guter Morgen ward gebracht zu einer guten
Die Jugend gibt der Welt guten Mor - gen: Das Alter gute Nacht.
Nacht;
Die aber keine gute Nacht hat gutem Morgen
bracht.

17.

Anzeigungen oder Abmerckungen.
DAs Maul betreugt /
Die Naſe leugt;
Jhr klugen Leute
Wiſſt was ich deute.

18.

Welt-Goͤtter.
Obrigkeiten in der Welt / pflegt zu Goͤttern Gott zu ſetzen:
Obrigkeiten in der Welt / werden gern auß Goͤttern Goͤtzen.

19.

Auff Scotum den Artzt.
Scotus iſt ein guter Artzt; wer ſich ſehnt hinauff zu ziehn
Und der Noth zu kummen ab / dieſer ſchickt vnd ruffet jhn.

20.

Geſundheit.
Wann ein Krancker wird geſund / iſt Geſundheit Gottes Gabe /
Und dem Artzte kuͤm̃t nur zu / daß er fuͤr die Muͤh was habe.
21. Auff215Zu-Gabe.

21.

Auff Phanum.
PHanus, wil mit Chriſtus aͤrmlich / in der Kripp im Stalle
liegen;
Wann ein Stern nur wolte kummen / der es alſo kuͤnte fuͤgen /
Daß die Weiſen kaͤmen her vnd die Schaͤtze legten auß /
Und von Ochſen jmmer voll vnd von Eſeln / ſey ſein Haus.

22.

Das Weib nennt man nach dem Manne.
Nach dem Manne heiſt das Weib; wie wird dann nun die ge -
nennet /
Die der Maͤnner zwantzig hat / wol auch derer mehr noch kennet.

23.

Abwechſelung.
Wil der Herꝛ / daß ſeine Fraw jhre Magd jhm lege bey /
Muß er / daß der Knecht zur Fraw moͤge krichen / ſtellen frey.

24.

Artzung.
Wer die Kranckheit wil verjagen / muß den Krancken nur ver -
treiben /
(vnd bleiben.
Wo kein Raum vnd Ort verhanden / wird auch nichts nicht ſeyn

25.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fruͤhling / iſt deß Jahres Roſe; Roſen / ſind deß Fruͤhlings Zier;
Und der Roſen Roſe-Fuͤrſtin / ſeyd vnd heiſſet billich Jhr.

26.

Deßgleichen.
Fuͤrſtin / Eurer Tugend Blumen / wer zu mahlen ſich laͤſt dingen /
Wird auch alles Volck der Sterne / zu Regiſter kuͤnnen bringen.

27.

Verehrungen.
Nicht gar nichts / vnd nicht alles / vnd auch von allen nicht /
Sol Gab vnd Ehrung nehmen / der / den man an drum ſpricht.
28. Schoͤn -216Zu-Gabe.

28.

Schoͤnheit.
SChoͤnheit kan den Degen
Manchmal nieder legen /
Manchmal auch erregen.

29.

Auff Simplum.
Simplus kaufft jhm neulich Kreyde / die jhm nachmals ward zu
Kohlen:
Seine Braut / war ſchoͤn in Augen / ſcheußlich aber ſonſt verholen.

30.

Feinde der Schoͤnheit.
Schoͤne Weiber / jhr ſeyd Blumen; Eure Spinnen / ſind die Tage /
Die euch eurer Blumen Blaͤtter ſtechen zu der Niederlage.

31.

Auff Senecionem.
Senecio hat eine Seuche / daran er ſterben muß;
Es iſt / wie ich berichtet worden / ein Neuntzig-jaͤhrig Fluß.

32.

Verſtellungen.
Jn ein Brillen-Futter muß bey Hoffe ſtecken
Augen / wer Geſichte lange wil erſtrecken.

33.

Begierden.
Menſchen ſind wie Pferde / die zu allen Zeiten /
Mit dem ſchaͤrffſten Sporne die Begierden reiten.

34.

Auff Canum.
Canus hat ein junges Menſchlein voller Glut vnd Geiſt genum -
men:
Zu der Hochzeit wird manch Schwager; drauff der Tod zu gaſte
kummen.
35. Herren -217Zu-Gabe.

35.

Herren-Diener.
Fuͤrſten werden vnverholen
Als die Niedren / mehr beſtohlen:
Groſſes Brot / gibt groſſe Biſſen /
Und von viel iſt viel zu niſſen:
Groſſes Holtz / gibt groſſe Spaͤne:
Ochs als Schaf wetzt mehr die Zaͤhne.

36.

Dienſtfertigkeit.
Ob jedem ich nicht das kan thun / was er von mir begehret /
So iſt mir ſelbſt nicht alle mal / was ich gleich wil / gewehret.

37.

Feile Gerechtigkeit.
Wo gleich vnd recht zu Marckte feil
Da kriegt ein armer ſelten Theil.

38.

Hofe-Gunſt.
Da einsmals ſich die Gunſt entzoh der Hofeſtatt;
Da ſah man lange Zeit bey Hofe keinen Rath.

39.

Ein Engelaͤndiſcher Gebrauch.
Niemand darff auß Engelland was von Reichthum mitte nehmen
Niemand darff auß Deutſchland ſich / was er wil / zu rauben
ſchaͤmen.

40.

Die Lateiniſche Sprache.
Latein / hat keinen Sitz noch Land / wie andre Zungen:
Jhm iſt die Buͤrgerſchafft / durch alle Welt / gelungen.
41. Von218Zu-Gabe.

41.

Von einem Schmiede.
Ein Schmied verließ ſein Weib / war auſſen manches Jahr /
Jndeſſen ward der Knecht vnd dieſes Weib ein Paar:
Als wieder kam der Schmied / da theilten ſie die Stelle
Fuͤr Meiſter arbeit der / vnd jener fuͤr Geſelle.

42.

Von der Sara, Gen. 21. v. 12.
WEiber wollen haben zwar / was dort Abraham
Von dem HErren ſeinem GOtt / zum Befehl bekam /
(Was dir Sara ſagt dein Weib / ſagte GOtt / das thu)
Wollen aber keine Magd Maͤnnern legen zu.

43.

Fleiß.
Wer jmmer angelt /
Dem nimmer mangelt.

44.

Tugend-Haß.
Von Redligkeit vnd Zucht / wer viel ins Mittel bringt /
Dem trit man gerne bey / wie wem der Adem ſtinckt.

45.

Auff Ortrandum.
Ortrandus war ein groſſer Herr nach breite / nicht nach laͤnge;
Sein Leben vnd ſein Adelſtand / die giengen gleiche Gaͤnge.

46.

Auff Vitum.
Was denn mehr / das um dich / Veit, alles wie gantz goͤlden ſey?
Hartes Eiſen iſt dein Hertz / wie dein Sinn iſt ſchweres Bley.

47.

Auff Humandum.
Der Wein / iſt alter Leute Milch; Humandus ſauget taͤglich /
Jſt wie ein Seugling / um die Bruſt der Mutter gar behaͤglich.
48. Von219Zu-Gabe.

48.

Von einem Braut-Bette / drinne eine Tochter erzeuget.
Hier lieget eine Jungferſchafft / die durch Gewalt zwar ſtarb /
Doch gerne; weil ſie Jungferſchafft mit Jungferſchafft erwarb.

49.

Von den entbloͤſten Bruͤſten.
Frauen-Volck iſt offenhertzig; ſo wie ſie ſich kleiden jetzt
Geben ſie vom Berg ein Zeichen / daß es in dem Thale hitzt.

50.

Keuſchheit.
Wann nicht bey Kampfer Hierſe liegt / ſo wird er ſich verzehren:
Wann Jungfern Zucht nicht wohnet bey / wird lang jhr Stand
nicht wehren.

51.

Alte.
An der hohen Haupter Seite / ſtehen graue Haupter ſchoͤn:
Dennoch ſind jetzt hohen Hauptern / graue Haupter ein
Gehoͤn.

52.

Ein Nachbar.
Nachbar / heiſt ein Nahe-Bauer; gar zu nahe bauet der /
Der bey Nacht ins Nachbars Bette bauet eines andren leer

53.

Auff Blandum.
Blandus iſt ein Weideman; zu erjagen groͤſſre Habe
Fuͤhret er am Weideſtrick: Etwas Schenck vnd kleine Gabe.

54.

Auff Bonnam.
Bonna hat zu allen Schloͤſſern / Schluͤſſel an dem Guͤrtelhangen /
Nur zu dem / daß jhr am nuͤtzten / muß der Nachbar einen langen.
55. Auff220Zu-Gabe.

55.

Auff Viroſam.
Viroſa, iſt zwar wol ein Weib / doch nicht ein ſchwaches Faß
Weil keines Mannes Starcke nie / jhr konte ſchaden was.

56.

Der Neid.
Der Neid iſt gar ein Wunder-Gaſt / denn wo er kehret ein
Da iſt das allerbeſte Ding / ſein alleraͤrgſte Pein.

57.

Gerechtigkeit.
Das Recht / ſchleuſt fuͤr die Armen ſich in ein eiſern Thor;
Schlag an mit goͤldnem Hammer / ſo kuͤmſtu balde vor.

58.

Zuſtand.
Beßres Gluͤcke kuͤnt ich leyden; kuͤmt es nicht? ich bin vergnuͤgt
Wann ſichs / als jetzund ichs habe / nur nicht aͤrger mit mir fuͤgt.

59.

Verwuͤſte Guͤter.
Seinen Beutel baue vor / wer ein wuͤſtes Gut wil pfluͤgen:
Wann das Gut wird ſein erbaut / wird der Beutel wuͤſte liegen /
Wird ſich kaum nms Sechſte Jahr wieder auß den falten fuͤgen.

60.

Steuer.
Wann wir vnſre wuͤſten Guͤter / wieder bauen alſo theuer /
Was denn werden ſie vns bringen? Steuer / Steuer / Steuer /
Steuer.

61.

Auff Weinholden.
Wann Weinholdens Hertzens-Wuntſch / ſolte Ja vnd Amen
ſeyn /
Wuͤrde zwar nicht alles Gold / wie dem Midas, aber Wein.
62. Ver -221Zu-Gabe.

62.

Verdachte Dienſte.
Wann Freundſchafft vnd Gevatterſchafft / geht ein ins Amt -
manns Haus /
So geht gewiß deß Herren Nutz / zur Hinterthuͤre nauß.

63.

Die Laſter.
Nennt man Laſter von der Laſt; warlich keine groͤßre Laſt
Traͤgt die Erd / als einen Knecht / der den Laſtern iſt verfaſt.

64.

Hofe-Proceß.
BEy Hof in ſeinen Sachen iſt der am beſten dran /
Der / eh er wird verklaget / klagt lieber ander an;
Dann / wer am erſten klaget / der traͤgt die Sieges-Fahn.

65.

Gelehrte Leute.
Die Gelehrten ſind nicht gerne / von den Alten vnd den Rothen /
Dann ſie ſind bey allen Zeiten vntermiſchet mit den Todten.

66.

Auff Simplicem vnd Duplicem.
SImplex iſt ein grober Mann; was er ſagt / das pflegt zu ſeyn:
Duplex iſt ein Hofe-Mann; was er ſagt / hat bloſſen Schein;
Demnach acht ich Grobheit viel / Hoͤſligkeit hingegen klein.

67.

Das Manna. Exod. 16. v. 25.
Manna fiel am Sabbath nicht / ſonſt bey allen Morgen jmmer:
Wer ſich Gottes Dienſt entbricht / dem gedeyt ſein Anſchlag
nimmer.
P p68. Hofe -222Zu-Gabe.

68.

Hofe-Trew.
Trew / die auff der Zunge wohnet: Trew / die in dem Hertzen
wohnt:
Dieſe / wird bey Hofe ſelten; meiſtens jene / wird belohnt.

69.

Auff Pravum.
Sicher waͤre zwar bey Juden Pravus, weil er iſt ein Schwein;
Weil er aber auch ein Ochſe / wuͤrd er doch nicht ſicher ſeyn.

70.

Judaiſche Opffer.
Solten Chriſten Farren / Wieder / Tauben / opffern fuͤr die Suͤnden.
Wie bey Juden; wuͤrden Chriſten derer kaum genugſam finden.

71.

Hofe-Moten.
Zwar / das Tuch zu Fuͤrſten-Kleidern / wird genummen von dem
guten;
Dennoch duͤrffen ſie offt neues / dann bey Hofe hats viel Moten.

72.

Von Probo.
Probus thu gleich was er thu / taug doch nimmer was er thut;
Jſt er dann ſo boͤſer Art? O ſein Richter tſt nicht gut.

73.

Auff Rumricum.
RUmrich / iſt ein Tauſend-Kuͤnſtler; was er wil muß jhm
gelingen /
Kan er eines / glaub ich alles? Uber ſeinen Schaten ſpringen:
Oder / (iſt jhm dieſes lieber) pfeiffen vnd zu gleiche ſingen.

74.

Rathſchlaͤge.
Dieſes iſt der beſte Rath / den man kan zu Wercke ſetzen;
Weißheit / die nicht wuͤrcken kan / iſt fuͤr Thorheit nur zu ſchaͤtzen.
75. Die223Zu-Gabe.

75.

Die Gelegenheit.
Der Will / iſt zwar ein Reiſemann / der da vnd dort hin wil:
Spannt jhm nicht fuͤr Gelegenheit / ſo langt er nicht ans Ziel.

76.

Enderung der Kleider.
DJe Mode gieng ſpatziren / vnd kam zu einem Alten;
Da war jhr gar zu wider / bey jhm ſich auff zu halten:
Der Alte / der diß merckte / ſprach: Liebe Freundin dencke /
Man legt dich nach ſechs Monden gleichwol ſchon vnter Baͤncke.

77.

Auff Vanum.
Vanus ward gar ſchoͤn geſtrafft / ders doch groͤblich hat ver -
ſchuldet;
Seine Straff / iſt eine Fraw / zwar voll Runtzeln / doch vergoldet.

78.

Vom Cornelio.
JHr Jungfern / ſeht euch fuͤr / habt Achtung auff das ſchreiben /
Die Zeit iſt wunderbar / pflegt Liſt vnd Kunſt zu treiben!
Cornelius war weg / vnd kunte doch zwey Erben
Vom Weibe / durch drey Jahr / mit Briefen nur / erwerben.

79.

Die Jagt.
Groſſen Herren gibt es Luſt / wann die Hunde wacker jagen:
Groſſen Herren gibts Verdruß / wann die armen Lente klagen.

80.

Verkehrte Sitten.
WEiland war das ſeyn
Werther als der Schein:
Nunmehr iſt der Schein
Werther als das ſeyn.
P p ij31. Wie224Zu-Gabe.

81.

Wie die Arbeit / ſo der Lohn.
Wer einem dient mit Sang vnd Klang
Hat ſeinen Lohn an Lob vnd Danck.

82.

Von dem Stella.
Stella iſt ein Handelsmann; Gluͤcke lacht jhm ohne wancken
Kein Verluſt betrifft jhn je; dann er handelt mit Gedancken.

83.

Auff Marcum.
Marcus, ſuchet Hofe-Dienſt; iſt ein Kuͤnſtler nuͤtzer Sachen /
Kan auß Schnee gar ſcharffes Saltz / kan auß Waſſer Eſſig
machen.

84.

Auff Vitum.
Veit hat ein wolberathnes Haus / darinnen wol zu ſehen an
Jn groſſer Meng ein jedes Ding / was man im finſtren ſehen kan.

85.

Tage-Jungfern.
Lerchen / ſind bey Tage minder / als bey Nachte / fett geacht:
Paula iſt bey Tage Jungfer / etwas mehr / als bey der Nacht.

86.

Hofe-Speiſe.
Bey Fuͤrſten-Taffeln geht was auff; vnd wie der Zedel weiſt /
  • So werden Zungen jmmer mehr als Hertzen / da
    • verſpeiſt geſpeiſt.

87.

Gewalt.
Unbedacht / iſt bey Gewalt; wer Gewalt hat / pflegt zu dencken
Nachwelt muß jhm alles frech / gar vergeſſen / oder ſchencken.
88. Sache /225Zu-Gabe.

88.

Sache / nicht Worte.
Wo die Hand von noͤthen iſt / ſchafft man wenig mit der Zunge:
Wo das Hertze hin gehoͤrt / da verrichtet nichts die Lunge.

89.

Der Mittel-Weg.
Jn Gefahr vnd groſſer Noth
Bringt der Mittel-Weg den Tod.

90.

Spielende Wuͤrde.
Mancher kan durch Fieiß vnd Schweiß / dennoch nicht zu Ehren
kummen:
Mancher wird in Schimpff vnd Schertz / auff die Oberbanck ge -
nummen.

91.

Von dem Sinan Basſa beym Jovio, im 17. Buche ſeiner Hiſtorien.
Den / dem Gluͤcke guͤnſtig iſt / kan zum groſſen Manne machen
Eine Saw / die jhm beiſt weg / drauß der Mann iſt Mann / die
Sachen.

92.

Auff Ignavum.
Ignavus iſt ein wirthlich Mann / er ſiht der Arbeit fleiſſig zu
Und wann er ſo dann muͤde wird / ſo braucht er gerne ſeiner Ruh.

93.

Verdacht.
Argwohn iſt ein ſcheußlich Kind / wenn es in die Welt nur blickt
Sols nicht ſchaden / iſt es wehrt / daß man es ſo bald erſtickt.

94.

Sieg.
Wann man feinden oben liegt / ſol man Feinde ſo beſiegen
Daß ſie klagen / daß ſie nicht eher ſolten vnten liegen.
P p iij95. Rath -226Zu-Gabe.

95.

Ratſchlaͤge.
Einem Fuͤrſten iſt gut rathen der der Raͤthe Schluß vnd Rath /
Fuͤr ſich ſelbſten kan ermeſſen / ob er Grund vnd Glauben hat.

96.

Jugend vnd Alter.
Jugend liebt / vnd wird geliebt; Alter liebt / vnd wird verlacht:
Liebe nimt ſo leichte nicht / Liebe die nicht Liebe macht.

97.

Fremde Diener.
Fuͤrſten / die auffs Fremde bauen vnd verachten jhren Grund /
Werden endlich innen werden / daß jhr Baw nicht jhnen ſtund.

98.

Eingeborne Diener.
Zwar man kan von fremden Baͤumen / dennoch ha ben eine Frucht:
Wer die Fruͤchte ſam den Baͤumen / eigen hat / hat mehr vermucht.

99.

Auff Proculum.
Es kam von fremdem Proculus, fand Ehr vnd Nutz ſo viel er
ſuchte;
Noch taug jhm nichts; ſo mag er zihn hin / wie er her ſich finden
muchte.

100.

Von meinen Reimen.
Wann ich meinen Sinn-Getichten / ſie zu ſchreiben / Ende gebe /
Mach ich Anfang / daß ſich Witzel / ſie zu tadeln / bald erhebe.

101.

Feinde der Keuſchheit.
Tieffer Dienſte Demuth / goͤldner Gaben Glantz /
Suͤſſer Worte Zucker / laſſen Keuſch nicht gantz.
102. Der227Zu-Gabe.

102.

Der Soldaten gutes Werck.
Buſſe / zeucht dem Kriege nach; wo das Heer nur hingetreten
Thun die Leut / als weinen nichts / nichts als faſten / feyern / beten.

103.

Dupelter Simſon.
Weil Onander Eſels-Backen / einen mehr als Simſon / traͤgt /
Hort mau / das zwey tauſent Maden er bey einem Keſe ſchlaͤgt.

104.

Auff Jungfer Luſthold.
Laternen / traͤgt man auff den Gaſſen; im Hauſe / braucht man
ſelten ſie:
Bey Leuten iſt Luſtolda zuͤchtig; im Winckel acht ſie Ehre nie.

105.

Auff Floridanum.
FLoridan liebt mit Gewien; eh Gewien herfuͤr mag brechen /
Sagt man / daß er ſeinen Gaul woll um einen Lauff beſpre -
chen:
Maͤurer pflegens ſo zu thun / daß ſie nach deß Bogens ſchlieſſen
Jhre Boͤck vnd andren Zeug / ab vnd weg zu reumen wiſſen.

106.

Jungfrauen.
Jungfern-Volck / hat dieſe Sinnen / der zu erſt jhr Kraͤntzlein
nimt /
Bleibt gemeinlich ſtets der Liebſte / gebe Gott wer folgends kuͤmt.

107.

Vormuͤnden.
Jſt ein Vormund fuͤr den Mund / werden Weiber nim̃er muͤndig;
Wann nicht Mund vnd Grund verforgt / halten ſie jhr Thun
fuͤr ſuͤndig.
P p iiij108. Be -228Zu-Gabe.

108.

Betrug.
Betrug vnd Weiber-Schmuͤncke / hat keines nie Beſtand;
Die Warheit vnd das Waſſer / macht beydes bald bekant.

109.

Jungfern-Weiſe.
Lieber / als zum Abend zu / wenden Jungfern ſich zum Morgen:
Wollen lieber ihre Wahr Jnngen / als den Alten / borgen:
Meinen / daß ſie jhren Kram mehr durch jung / als alt / verſorgen.

110.

Auff Lucidam.
Lucida, du klare Tochter / biſt gewiß deß Lichtes Kind;
Mutter aber derer Wercke / die im finſtren thaͤtig ſind.

111.

Die Rache.
Zugedackte Rach iſt ſuͤſſe; ſie erwecket Freud in Leid:
Außgeuͤbte Rach iſt bitter; macht auß Freude Traurigheit.

112.

Auff Porciam.
POrcia ſchont jhrer Augen / einen kleinen ſchlechten Mann /
Sihet ſie nur uͤber Achſel / ſiht ſie mit Verachtung an;
Kleine Schrifft vexirt die Augen / daß man uͤbler ſehen kan.

113.

Auff Plumbinum.
Plumbinus iſt ein Muſicant; wer jhn was fragt / im tieffſten
Thon
Und gleich als wie in langem Tackt / bringt er die Antwort dann
davon.
114. Von229Zu-Gabe.

114.

Von der ſchoͤnen / aber armen Aſteria.
Aſteria, hat Tag in Augen / im Beutel aber hat ſie Nacht /
Und dieſe Nacht hat jenem Tage / bißher noch jmmer Nacht
gemacht.

115.

Vermoͤgen.
Menſchen wollen in der Welt / jhrem Stand vnd allen Thaten /
Nach deꝛ fromen Regel nicht / nach der goͤldnen Regel / rathen.

116.

De Pyrinna & Olao.
PYrinna, iſt ein Feuer /
Olaus, iſt ein Oele:
Mich duͤnckt / das Feuer theuer /
Mich duͤnckt / das Oele fehle.

117.

Auff Blandulam.
Blandula, du Jungfer-Mutter / kanſt ſo ſchoͤne Kinder bringen;
Lieber treibs als ein Gewerbe / mancher wird dir was verdingen.

118.

Ein vnbeſcheiden Weib.
Jn deß Ungluͤcks Rock / hat ſich der gekleidet /
Der jhm nam ein Weib / das Vernunfft nicht leidet.

119.

Auff Flavianum.
Ein Spiegel iſt dein Hertz / du guter Flavian;
Es nimt die Bildungen von aller Schoͤnheit an.
P p v120. Auff230Zu-Gabe.

120.

Auff Ameam.
Amea iſt ſo wunder huͤbſch / die Schwangern meiden ſie /
Es gehet ab ohn Mißgeburt / wo ſie begegnet / nie.

121.

Auff den vnbeſtaͤndigen Volvulum.
Deinem Hertzen vnd dem Monden / Volvulus dient gar kein
Kleid;
Beides / bleibt nie wie es ware / wandelt ſich zu aller Zeit.

122.

Hinter-Liſt.
Falſchheit ſtreicht ſich zierlich an / iſt auff Maͤntel gar beflieſſen;
Wer nur wil / der kennt ſie bald / denn ſie hinckt auff beyden
Fuͤſſen.

123.

Liebe vnd Wolluſt.
Wo die Lieb vnd Wolluſt bulen / zeugen erſtlich ſie vergnuͤgen;
Aber bald wil Stieff-Geſchwiſter / Schmertz vnd Rew / ſich drun -
ter fuͤgen.

124.

Auff Mutium.
Mutius iſt eine Biene / fleucht herum auff allem ſuͤſſen;
Jſt nicht ſtoltz / was nur begegnet zu behertzen / zs bekuͤſſen.

125.

Eine Reiche Heurath.
Wer in Ehſtand treten wil / nimt jhm meiſtens vor
Drein zu treten / ob er kan / durch das goͤldne Thor.

126.

Streit-Haͤndel.
Haͤndel / ſind wie Fiſcher-Reuſen / leuchtlich kuͤmt man drein /
Leichtlich wieder rauß zu kummen / kan nicht balde ſeyn.
127. Eine231Zu-Gabe.

127.

Eine ſpitzfuͤndige Jungfraw.
Welche Buler gar zu ſehr wil muſtern
Die bleibt ſitzen / taug kaum endlich Schuſtern.

128.

Jungfrauen.
Gute Bißlein bleiben ſelten in der Schuͤſſel liegen:
Jungfern / bleiben ſelten ſitzen / wann ſie nur was tuͤgen.

129.

Gerechtfertigung.
D die Wercke ſelig machen / iſt zwar nirgend zu verfuͤhren:
Daß hingegen ſie dem Glauben / iſt gar klar / mit Recht
gebuͤhren;
Wer wil da viel Glauben glauben / wo ſich keine Wercke ruͤhren /

130.

Jetzige Gottesfurcht.
Hat das alte Gott-verehren Schul-vnd Kirchen auffgerichtet?
Hat das neue Gott-vergeſſen Schul - vnd Kirchen gantz ver -
nichtet.

131.

Die heutigen Schuhe.
Schuh halb laͤnger als der Fuß / wozu ſolln ſie nuͤtze ſeyn?
Jungfern ſolln / jhr wiſt wol was? (lacht nicht!) jhnen bilden ein.

132.

Das Wort Gottes. Deut. 4. . 2.
ABbruch wil an ſeinem Wort vnſer GOtt mit nichten leiden /
Zuſatz ſol bey ſeinem Wort auch ſein Volck nicht minder
meiden.
GOttes Wort nicht duͤrffen leſen; dieſer Abbruch iſt nicht klein.
Alles Thun was Menſchen ſetzen; wil ein ſtarcker Zuſatz ſeyn.
133. Vom232Zu-Gabe.

133.

Vom Opitio.
Jm Latein ſind viel Poeten / immer aber ein Virgil:
Dentſche haben einen Opitz / Tichter ſonſten eben viel.

134.

Auff Cajam.
Caja du beruͤhmtes Wunder / biſt du doch wie Alabaſter;
Jedem aber liegſtu vnten / wie ein ſchlechter Stein im Pflaſter.

135.

Auff Vlaſcam.
Vlaſca iſt mehr keine Jungfer / traͤget gleichwol einen Krantz;
Ey ſie pranget; brach die Jungfer / iſt die Fraw hingegen gantz.

136.

Pater-Noſter-Koͤrner.
Wann man Pater-noſter haͤtte von den zarten Jungfer-Kuͤſſen
War viel beten keine Straffe / jeder wuͤrde wollen buͤſſen.

137.

Auff Laxam.
Laxa hat ein ſchoͤnes Fleiſch / eines von dem weiſſen;
Doch man ſaget daß jhr drauff offte ſitzen Schmeiſſen.

138.

Das Gluͤcke.
Ungluͤck herꝛſchet ſo die Welt / daß man auch ſein toben /
Daß es noch nicht aͤrger iſt / muß mit Dancke loben.

139.

Ein außgeklartes Gemuͤte.
Beſſer als durch Ader-laſſen / kan man ſaubern ſein Gebluͤte
Wann man kan die Sorgen meiden / vnd ſich freuen im Gemuͤte.
140. Krie -233Zu-Gabe.

140.

Kriegen.
SChlechte Kunſt ſt Krieg erwecken:
Schwere Laſt iſt / Krieg erſtrecken:
Groſſe Kunſt iſt / Krieg erſtecken.

141.

Hofe-Donner.
Donner der vom Hofe-Himmel wird herab geſchickt
Trifft zuvor / eh als man merckt / daß er hat geblickt.

142.

Glauben vnd Wercke.
Haſtu einen Engels-Glauben / treibſtu aber Teuffels-Wercke
Glaub ich gar nicht daß dein Glauben / die du vorgibſt hat die
Staͤrcke.

143.

Kindbetterin.
Weiber / wolln auch Huͤnner nagen
Sollen ſie ja Kinder tragen.

144.

Ein Umſtand / oder eine Magd.
Ein Umſtand macht / daß Veit, ſein Weib nicht voͤllig liebt
Und daß er / was der Fraw gehoͤrt / der Magd vergiebt.

145.

Auff Firmum.
Firmus iſt ein treuer Buhler / dann er hat Magneten-Art
Daß er nie von einem Sterne / hat zum andern ſich gekahrt.

146.

Soldaten.
Krieger waren freche Teuffel / waren von derſelben Zahl
Die man durch Gebet vnd faſten hat vertrieben nie kein mal.
147. Ein234Zu-Gabe.

147.

Ein Verleumder.
Falſus, iſt ein guter Redner / jedes Wort iſt eine Blume;
Von Verleumdung andrer Leute vnd von ſtoltzem Eigen-Ruhme.

148.

Auff Juſtum.
Juſtus lernet die Geſetz / ob er gleich nun alle kan /
Meint er doch daß keines ſey / das jhn ſelbſten gehet an.

149.

Frantzoͤſiſche Kranckheit.
PLanus iſt gefaͤhrlich kranck; aber die Gefahr
Trifft ſein Leben nicht ſo wol / als ſein krauſes Haar:
Anſtand kan zwar manchmal auch mit der Kranckheit ſeyn /
Aber Friede wil ſie nie mit jhm gehen ein.

150.

Spiel-Karten.
Karten / die bey Tage ſtreiten / liegen Nachts beyſammen ſtille[:]
Weiber / die mit Maͤnnern zancken / ſtillt bey Nacht ein guter
Wille.

151.

Hurerey.
DJr zu Hofe / Venus, ziehn /
Jſt ein Dienſt von viel Gewin;
Jſt es nicht ein Liebes-Kind /
Jſt es ein Frantzoͤſiſch Grind.

152.

Menſchliche Unvollkommenheit.
Dieſe Welt iſt vnſre Wiege; drinnen liegen wir als Kinder /
Was wir wiſſen iſt nur Stuͤckwerck / ſind wir was / ſo ſind wir
Suͤnder.
153. Deß235Zu-Gabe.

153.

Deß Landes Schleſien Art.
Unſer Land hat dieſes Gluͤcke; der / wann er zu vns iſt kummen
Hatte lauter Staub im Beutel / hat voll Geld jhn weg ge -
nummen.

154.

Waſſerſucht.
Waſſerſucht / iſt ſchwer zu heilen; manchmal kuͤm̃t ſie Jung -
fern an /
Dieſe traͤgt man auff den Armen / biß ſie ſelbſten lauffen kan.

155.

Liebe vnd Zorn.
Lieb vnd Zorn zeugt blinde Jungen /
Anders iſt es kaum gelungen.

156.

Von der Bella vnd Varna.
BElla iſt ein ſchwartz Magnet, der das Eiſen an ſich zeucht /
Varna iſt ein weiß Magnet, der das Eiſen jmmer fleucht:
Bella liebt nicht / wird geliebt; Varna liebt / wird nicht geliebt:
Jene / gibt nicht / wann ſie nim̃t; dieſe nim̃t nicht wann ſie gibt.

157.

Verleumder.
Wer mit Weiber-Schwerdtern haut / ſchadet nicht deß Leibes
Leben /
Kan hingegen ſchnoͤden Tod vnſrer Ehr vnd Leumuth geben.

158.

Verachtung der Schmach.
Manchen Frevel acht man nicht / manches Unrecht wird verlacht:
Selten raͤcht man einen Fleck / den vns Ochs vnd Eſel macht.
159. Die236Zu-Gabe.

159.

Die Liebe vnd der Todt.
Tod vnd Liebe / wechſeln offters jhr Geſchoß;
Jenes / geht auff junge; diß / auff alte los.

160.

Gerechtigkeit zum ſauffen.
Staͤnde / ſoll man vnterſcheiden; ſauffen / ſoll nicht Jederman:
Bauren ſtraffe man ums ſauffen; ſauffen ſteht den Edlen an.

161.

Weiber-Eifer.
Weiber ſind zum zoͤrnen hurtig; vnd jhr Zorn iſt nicht zu ſagen /
Wann der Mann auß jhrer Kuͤche / Feuer wil in fremde tragen.

162.

Auff Mœchum.
Mœchus iſt ein milder Mann auſſer Haus / vnd karg im Bette:
Seine Fraw lernt dieſe Kunſt; treibt ſie mit jhm in die Wette.

163.

Von dem Magno.
Magnus hat mehr Hertz im Leibe / als er Geld im Beutel hat:
Gar genug! ein kuͤhner Muth flndt zu Reichthum leichtlich Rath.

164.

Auff Rumholdum.
Rumhold ſagt von lauter ſtuͤrmen / ſchieſſen / ſtechen / ſchlachten /
hauen;
Ey / man hat jhn von der Mutter in die Welt bald fechten
ſchauen.

165.

Zorn-Urthel.
Wo der Zorn der Richter iſt / hat Gerechter ſchon verſpielt;
Weil der Zorn nicht auff daß Recht / ſondern auff die Rache zielt.
166. Schmeich -237Zu-Gabe.

166.

Schmeichler.
Wer wil einer fetten Kuchel alle Muͤcken abe treiben?
Heuchler werden nie vergehen / weil die Hoͤfe werden bleiben.

167.

Auff Futlum.
Futlus ſol mit ſeinem Feinde / wie man ſagt / den Degen meſſen /
Spricht: er haͤtte dieſe Kuͤnſte vorgelernt vnd jetzt vergeſſen.

168.

Geſoͤnte Bruͤſte.
DJeſe Wahr iſt nicht die beſte / die im Gaden vornen leit:
Dieſes Pferd iſt nicht das beſte / das man frey zu marckte
reit:
Eure Bruͤſte feil zu bitten / bringt euch keinen Kauffman ein;
Guter Wein darff keines Krantzes / Jungfern / ſondern ſauer
Wein.

169.

Grabſchrifft eines Geitzhalſes.
DEr nur einſtrich / nie gab auß
Hat allhier ſein enges Haus.
Haſt du Geld / ſo ſih dich fuͤr
Nicht gar ſicher ſtehſtu hier;
Denn jetzt ſchneidet Beutel ab
Der vor einen Geld-Wolff gab.

170.

Auff Brennum.
Brennus dienet keinem Herren / hat jhm ſelbſten zu befehlen /
Und man wil jhm ſeinen Herren / dennoch vnter Narren zehlen.
Q q161. Tich -238Zu-Gabe.

171.

Tichter.
Tichter ſind gemeinlich arm; arm iſt aber nimmer nicht
Wer jhm ſelbſten Geld vnd Gut / Wuͤrde / Ruhm vnd Hoheit
ticht.

172.

Wuntſch.
WAnn mich GOtt fuͤr Schanden dort / vnd fuͤr Schanden
hier bewahrt:
Wann er an mir Seelen-Brot / wann er Mund-Brot nur nicht
ſpart;
Geht mein Gluͤcke / wie ich wil / in der allerbeſten Fahrt.

173.

Fremde Schutz-Herren.
DEr / der vns fuͤr Ketzer helt / ſolt vns kriegen fuͤr den
Glauben:
Freyheit ſolten ſchuͤtzen die / die vns Freyheit helffen rauben;
Außgang / wird zu glauben dir Freyheit / was du wilſt erlauben.

174.

Ein verdaͤchtiger Richter.
Jſt ein Eſel zu erſtreiten / ey ſo ſuche dir zur Hand
Einen Richter / der nicht ſelbſten iſt dem Eſel anverwand.

175.

Diana vnd Dione.
Der Diana ſolte ruffen Elſa, ruffte der Dione:
Solt ins Kloſter / lag in Wochen vor mit einem jungen Sohne.

176.

Geraubte Jungferſchafft.
Diebſtal kan man wieder geben: abgenummen Jungferſchafft
Kan man alſo wieder geben / wie dem Todten feine Krafft.
177. Frem -239Zu-Gabe.

177.

Fremde Tracht.
Alamode - Kleider / Alamode - Sinnen;
Wie ſichs wandelt auſſen / wandelt ſichs auch innen.

178.

An die Groſſen / Pſal. 4. . 3.
LJeben Herren / wie ſo ſehr habet jhr das eitel lieb!
Und wie gerne haben auch Luͤgen bey euch jhren Trieb!
Lieben Herren / mercket drauff / lieben Herren dencket nach!
Eitelkeit gebiert nur Rew / Luͤgen bringen Ungemach.

179

Verfolgung.
Dieweil Religion beſtehet im Gemuͤte /
Wie daß man ſie dann ſucht mit Eiſen / im Gebluͤte?

180.

Auff Vitum.
Alten Glauben haͤlſtu hoch / gibſt jhn doch fuͤr neuen hin /
Veit, man gibt dir Wuͤrd vnd Gut außzugleichen zum Gewin.

181.

Supim vnd Hupim. 1. Chron. 8. . 12.
Supim / Hupim waren Bruͤder:
Saͤuffer hupffen hin vnd wieder.

182.

Aertzte vnd Krancken.
Krancken fuͤhren uͤber Aertzte leichtlich[n]icht Beſchwerden;
Jene koͤnnen dieſe ſtopffen ſein das[Maul]mit Erden.
Q q ij183. Groſſer240Zu-Gabe.

183.

Groſſer Herren Mahler.
Groſſe Herren / wann ſie blind / daß ſie Mahler gerne zahlen
Pflegen nach dem Durchſchnidt ſie / oder ſchlafend ſie zu mahlen.

184.

Auff Atrinam.
Atrina iſt Pech-ſchwartz; damit ſie wer berathe /
So ſagt ſie: ſchwartzes Feld traͤgt gerne reiche Saate.

185.

Trunckenbolde.
Die / die jmmer gerne trincken / muͤſſen ſelten weit gedencken
Wann ſie jetzt getruncken haben / ſoll man jhnen wieder ſchencken.

186.

Stand vnd Weſen.
Wer den Beutel hat verloren / mag den Weg zu ruͤcke meſſen;
Schwer iſt neuer zu erwerben / alter iſt nicht zu vergeſſen.

187.

Verheiſchungen.
Wer mit viel verheiſchen zahlet /
Zahlt mit Gelde das man mahlet.

188.

Guͤter deß Gemuͤtes.
Wer jhm Guͤter handeln wil / der erhandle ſolchen Grund
Den kein Brand / kein Raub verterbt / weil er im Gemuͤte ſtund.

189.

Liebhabende.
Ein Krancker hat nicht Witz / der ſeine Kranckheit liebet:
Ein Buhler raſet ſo / der ſich der Lieb ergibet.
190. Ver -241Zu-Gabe.

190.

Verſchwiegenheit.
Wenig red en / viel verſchweigen.
Jſt den Weibern ſelten eigen.

191.

Von der Ariſtea.
Ariſtea, du biſt ſchoͤn; allen Leuten macht dich hold
Zier am Leibe / Zucht im Sinn / vnd im Beutel eignes Gold.

192.

Stadt vnd Land.
Staͤdte / ſind die Beutel-Muͤhlen; vnd das Land / iſt Muͤller -
Gaſt:
Jedem wird daſelbſt zu Staube / was ſein Beutel in ſich faſt.

193.

Auff Frejam.
Freja ſolte ſeyn die Thuͤre / da man durch zum Richter geht;
Weil jhr Dienſt vnd guter Wille / jedem jmmer offen ſteht.

194.

Amtleute.
Schoͤſſer / die in Aemtern dienen / ſind der Herren Kunſt zu heiſſen
(Auff Lateiniſch) weil ſie manchen / auch die Herren ſelbſt / be -
ſchmeiſſen.

195.

Der Chriſten Stern-Deutung.
CHriſten doͤrffen nicht Planeten;
Jhre Wercke ſind Propheten /
Jetzt zu Segen / jetzt zu Noͤthen.
Q q iij196. Men -242Zu-Gabe.

196.

Menſchen / ſind Menſchen.
Traͤgt der Diener Menſchen-Haut / traͤgt der Herꝛ ein Menſchen
Hemde:
Herren iſt das fehlen auch / wie den Dienern / ſelten fremde.

197.

Haus-Friede.
Halt dich friedlich mit den deinen /
Traw nicht leichtlich fremden meinen.

198.

Rathſchlaͤge.
WO deß Freundes treuen Rath / nach dem Außgang achten
wil /
Der muß ſelbſten / kan es ſeyn / treten harte biß ans Ziel /
Muß jhm ſelbſten wiſſen Rath / darff deß Freundes ſo nicht
viel.

199.

Hitzige Rathſchlaͤge.
Rath / der gar zu ſpitzig / wil ſich leichte ſetzen:
Rath / der nicht zu ſpitzig / laͤſt ſich leichte wetzen.

200.

Haben vnd gehabt.
HAben / iſt ein reicher Mann; vnd Gehabt ein armer
Mann;
Daß auß Haben wird Gehabt / iſt offt Haben Schuld daran.
Gluͤck -243Zu-Gabe.
Gluͤckwuntſch An eine Fuͤrſtliche Perſon uͤber Geſchloſſenem Friede.
AN von der Zeit / da das Heil
Uns durch Chriſtum ward zu theil /
Hatte gleich den Bilder-Bogen
Und der zwoͤlffer Thiere Zahl
Titan ruͤſtig durch gezogen
Sechzehn Hundert / ſechzehn mal /
Herr vnd Fuͤrſt / da vnſrer Welt
Euch der Herren Herr geſtellt.
Zweymal druͤber war die Sonne
Durchgereiſet dieſe Bahn /
Als Alecto Zunder ſponne
Drauß der lange Krieg entbran.
Herr / jhr dencket nicht ein Jahr
Drinnen freyer Friede war!
Weil jhr dieſes Liecht genuſſen
Weil jhr dieſen Hut beſitzt
Hat die Oder roth gefluſſen /
Denn das Land hat Blut geſchwitzt.
Eurer Einkunfft beſtes war
Trew / bey vntergebner Schaar:
Liebe / habt jhr außgegeben
Liebe / namt jhr wieder ein:
Eure Sorge halff vns leben
Wuͤrden ſonſten wenig ſeyn.
Q q iiijDann244Zu-Gabe.
Denn was jetzund noch ſind wir.
Euch habt billich dieſes Jhr:
Was wol ſonſt fuͤr viel ermuͤden
Steht Regenten zum Genieß /
Dieſes fraß der Wider-Frieden
Daß er wenig uͤbrig ließ.
Frevel / Boßheit / Toͤlpeley
Hoffart / Neyd / Trug / Schinderen
Hat ſich offt an Euch gerieben /
Den die Saͤw vor hoͤrten nicht
Wann er ſie Stall-ein getrieben /
Der hat Fuͤrſten jetzt vernicht.
Denn es gieng ein loſer Mann
Offters einen beßren an /
Job. 30.
Welcher vnſrer Baͤter Hunden
Fuͤrzuſtehen nichtig war /
Dieſer hat ſich vnterwunden
Thron zu meiſtern vnd Altar.
GOtt in Euch vnd Jhr in GOtt
Waret mehr als Drang vnd Spot /
Eure Bruſt voll Himmels-Sinnen
Lachte / wann ein Kotig Wurm
Eures Geiſtes hohen Zinnen
Bote ſpoͤttiſch einen Sturm.
Weil an GOtt rechtſchaffen war
Euer Hertz nur jmmerdar /
Hat es kuͤnnen frey gebitten
Von dem Himmelſtets geſtaͤrckt /
Dieſer Zeiten wildem Wuͤten /
Daß es jmmer Ruh gemerckt.
Felſen /245Zu-Gabe.
Felſen / die mit Meer vnd Wind
Taͤglich gleich zu Felde ſind /
Kuͤnnen taͤglich dennoch ſiegen:
Zuverſicht auff GOtt geſetzt
Ward von keinem vnten-liegen
Je beſtritten / je verletzt.
Gott ſey Danck! Jhr ſeyd durch hin /
Seht nun traurig abe ziehn
Das verruchte Raub-Geſchmeiſſe
Welches vnſrer Wolfahrt Graß
Und was wuchs von vnſrem Schweiſſe
Geitzig jmmer abe fraß.
GOtt ſey danck! deß Friedens-Thaw
Feuchtet wieder vnſer Aw
Die deß Krieges-Brunſt beſenget /
Daß ſich wieder friſcher Safft
Jn die duͤrre Wurtzel menget
Und zum wachſen gibet Krafft.
Gott ſey danck! ſein Feuer-Heerd
Wird wievor / nicht umgekehrt /
Seine Diener / ſeine Lieben /
Die fuͤr Drang / Zwang / Pein vnd Schmach
Endlich mehr kaum kunten giben /
Hoffen Lufft vnd mehr Gemach.
Fuͤrſten werden Fuͤrſten ſeyn /
Praler muͤſſen legen ein:
Ehre darff nicht mehr der Schande /
Wie bißher / zu Hofe gehn:
Haupt / wird in deß Hauptes-Stande /
Fuß / wird zu den Fuͤſſen ſtehn.
Q q vSatzung /246Zu-Gabe.
Satzung / Ordnung / Gleich vnd Recht
Bleibt nicht mehr der Boßheit Knecht:
Diebe werden wieder hangen
Feſt an Hanff vnd hoch an Holtz /
Nicht in goͤldnen Ketten prangen
Arg im Sinn vnd frech an Stoltz.
Der dem Pfluge vor entlieff /
Bauren in den Beutel grieff /
Und bey fremdem Tiſche ſchmauſte /
Wird nun wieder muſſen hin
Wo die Krae dem Schweine lauſte /
Ochſenher fuͤr Flegeln ziehn /
Unſer vngeſparter Fleiß
Unſer vngeſcheuter Schweiß /
Wird vns ja was wieder nuͤtzen /
Daß wir nicht fuͤr Raubriſch Maul /
Wie biß her / ſo bitter ſchwitzen /
Und ernehren fremdes faul.
GOtt ſey Danck! der Zornes Brunſt
Hat gekehrt in Guͤt vnd Gunſt!
Der verleyh vns wahres buͤſſen
Daß wir Argen Gutes thun /
Lange dieſen Schatz genieſſen
Und beſtaͤndig moͤgen ruhn!
Herr / das juͤngſt-verfloßne Jahr
Zeigte das / was noch nicht war /
Da ſich Friede / Ruh / vergnuͤgen
Jn der Armen warmes Band
Wie Jhrs nimmer wuͤntſchen muͤgen
Euch von Strelitz her ſich fand;
Da247Zu-Gabe.
Da empfinget Jhr voran
Alles was der Friede kan /
Dieſen Außbund aller Gaben /
Dieſe wehrte kleine Welt /
Schaut jhr reichlich in ſich haben
Mehr noch als die groſſe helt.
Weil jhr Friede nie gehabt /
Seyd Jhr deſto mehr begabt /
Euer Hertz iſt voll vergnuͤgen
Jnnen iſt vnd auſſen Ruh /
Kuͤmt nur bald dazu das Wiegen
Jſt deß Gluͤckes Circkel zu.
Auch fuͤr dieſes Friedens Zier
Sey dir Danck Gott / fuͤr vnd fuͤr?
Gib das dieſer duple Friede
Moͤg in ſteter Guͤte ſtehn /
Biß die Welt vnd Jhr ſeyd muͤde /
Und wollt ſelbſt zu Bette gehn.

Druckfehler.

Jm Andern Tauſend.

Die erſte Zahl bedeutet das Blat; die andre das Getichte; die dritte / die Zeile.

  • 12. 37. 12. Grufft.
  • 18. 54. 2. im Winter
  • 25. 92. 3. verhartt.
  • 31. 8. 2. ſam den.
  • 34. 23. 4. was doch.
  • 38. 45. 2. dann dem der drauff.
  • 41. 54. 1. Eure.
  • 42. 54. 5. Nichtigkeiten.
  • 47. 70. 18. verhuͤllt.
  • 20. finde.
  • 50. 81. 4. verrathen.
  • 52. 91. 3. wol.
  • 62. 51. 3. iſt nur.
  • 67. 59. 1. das euch.
  • 13. anfing.
  • 17. jeden.
  • 68. 9. Rohſne.
  • 69. 13. So ſauſt.
  • 33. ſchnellt.
  • 71. 12. dieſe.
  • 83. 22. 10. Moly.
  • 84. 24. 2. Rage-Kraut.
  • 88. 48. 2. waͤrmen.
  • 111. 63. 3. Brucke.
  • 113. 74. 8. parten.
  • 114. 79. 5. reinen.
  • 117. 96. 3. Hunde wuͤrden jhn noch.
  • 131. 61. 2. kroͤnt.
  • 135. 85. 3. Man?
  • 86. 5. worden?
  • 145. 22. 3. heiſt es:
  • 25. 3. weiſſes.
  • 158. 98. 4. Jedem der das.

Zu-Gabe.

  • 212. 2. 1. Verſchwendung.
  • 218. 41. 5. arbte.
  • 230. 124. 3. zu bekuͤſſen.
  • Das uͤbrige / vnd was an der Diſtinction verſehen / oder an der Rechtſchreibung nicht beachtet / wolle der vernuͤnfftige Le - ſer ſelbſt zu verbeſſern / vnverdruͤſſig ſeyn / auch dem gemei - nen Jrꝛthum etwas zu gute halten.

Salomons von Golaw Deutſcher Sinn-Getichte Drittes Tauſend.

Carolus Scribanus Inſtitut. Polit. Chri - ſtian. Part. II. Capit. XIV. pag. mihi 235.

Es iſt faſt keinerley Art der Lehre / welche jhren Lieb - haber mehr ſchmuͤcke vnd mehr Vorſchub thue / alle andere Wiſ - ſenſchafft zierlich / verwunderlich vnd lobreich zumachen / als die Poeterey. Von dieſer borgen wir im Schreibeu vnd Reden ſolche Sachen / damit die Hoͤhe der Wiſſenſchafft mit funckelndem Geſteine / gleich wie ein andrer Himmel / beaͤuget vnd beſternet wird: Ohne welche / ſo es were / die Circkel der Wiſſenſchafft blind vnd wie entſeelet ſtehen / oder an allem Zierath Schiffbruch leiden muͤſten. Ob ich jeder Wiſſenſchafft jhren Glantz gleich laſſe / ſo iſt es doch die Poeterey alleine / womit der andren jhre Stirnen / gleichſam bekleinodet werden. Und gewiß / iſt jrgend was von loͤblichen Geſchichten / von Witz vnd Scharffſinnigkeit / von Schimpff vnd luſtigen Erſindungen / von gelehrten Spruͤchen vnd Saͤtzen von Noͤthen / der Leute Sitten vnd Gemuͤther recht zu geſtalten / ſo muß ſolches hergenummen werden / auß dem rei - chen Vorrath der Poeten.

Bey Ariſtophane fraget

Æſchylus den Euripidem: Weßwegen hat man ſich uͤber guten Poetiſchen Koͤpffen zu verwundern?

Euripides antwortet: Jhrer Geſchickligkeit vnd guten Erinnerung wegen / dadurch ſie die Leute beſſer machen.

An den Leſer.

BEneigter Leſer / in der Fuͤrrede der erſten zwey Tauſend meiner Sinn - Getichte / habe ich etwas weniges gedacht von der Reim-Fuͤgung: Hier ſolte ich et - was erinnern von der Rechtſchreibung. Jch habe mich darinnen aber auch / noch zur Zeit bequaͤmek vnſerer Ubligkeit / um meine Sachen nicht gar zu vngewoͤhnlich zu machen / als der ich mehr auff die Art der Getichte / als etwas anders geſehen; wiewol ich nicht verwerffe / was von flciſſigen Sinnen / ſonderlich von Herren Schottelio, welcher meines ermeſſens wol die erſte Stelle hat / dißfalls richtig gewieſen worden. Kuͤnnen / guͤnnen / kummen; ſchreibe ich mit einem vnd u. Weil ich derer Gedancken bin / daß die meiſten Zeitworte der Deutſchen / von denen Nennwor - ten / naͤmlich das Thun vom Weſen / ſich herzie - hen: Und alſo von Kunſt; kuͤnſtlich / kuͤnnen / abflieſſe: Von Gunſt / guͤnſtig / guͤnnen herruͤh - re: Wie auch von Kunſt / Ankunfft / Abkunfft / Herkunfft / kummen: Es ſey dann / daß man mei - ne / dieſe Nennwoͤrter waͤren auß den Zeitwoͤr - tern / wiewol auch zu geſchehen pfleget / hergeſtal - tet; da es doch abermal nichts hindern wuͤrde. Anderes mehr. Das c. fuͤr dem k. behalte ich /A a a ijweilweiles einem Deutſch-gebornen zu einem k. ſcho - ne gelaͤuffig iſt: Umſtehe aber nicht / daß es einem Außlaͤnder zu Erlernung vnſrer Sprache leichter fallen duͤrffte / wann das c. außgemuſtert wuͤrde. Das i. mite. in liegen / ſiegen vnd dergleichen / iſt vns zu vnſrer Mundart nicht beſchwerlich / vnd wird vnzerzogen außgeſprochen / macht auch biß - weilen einen Unterſcheid an der Laͤnge oder Kuͤr - tze eines Wortgliedes. Das y. moͤchte zu einem End-Buchſtaben wol hingehen / weil es in vielen Schrifften gefunden wird / doch wil ich jhm kein Schild ſeyn. Sonſt halte ich dafuͤr / daß die Woͤrter / ſo auß anderen Sprachen ins Deutſche angenummen werden / mit jhren eigenen Buch - ſtaben / fuͤglich zu ſchreiben ſind; als Chriſtoph / Sophia / Phoͤbus / damit wir nicht vnſer ma - chen / was nicht vnſer iſt / weil es nicht noͤthig / in dem vns nichts mangelt. Die Geſchlecht-Wor - te / brauche ich wie ſie bey vns uͤblich. Doch fan - ge ich hieruͤber vnd uͤber andrem keinen Krieg an. Jch erklaͤre mich nur / daß weder Zeit noch Mei - nung bey mir geweſen / ſolche Dinge vor vnd jetzo zu beobachten: Hingegen aber auch kein Fuͤrſatz / ſie zu verachten. Bleib geneigt vnd geſund.

Der Verkleinernde.

Deß Dritten Tauſend Erſtes Hundert.

6Drittes Tauſend

1.

Die jetzige Welt-Kunſt.
DJe Welt-Kunſt / iſt ein Herr; das Chriſtenthum / jhr
Knecht;
Der Nutz / ſitzt auff dem Thron; im Kercker ſteckt das Recht.

2.

Muͤſſiggang.
Jedes Haus hat ſeinen Ort / der gewiedmet iſt zur Ruh;
Knecht - vnd Maͤgde haben Luſt / Herr vnd Fraw hat Fug dazu.

3.

Geſinde.
Zwar Geſinde ſol man ſpeiſen / darff es aber doch nicht maͤſten /
Soll ſie brauchen vns zu helffen / ſoll ſie brauchen nicht zu Gaͤſten.

4.

Auff Trepicordum.
Trepicordus ſoll ſich rauffen; wil nicht kummen; denn er wil
Nicht verruͤcken / wil erwarten / jhm von GOtt geſetztes Ziel.

5.

Huͤlffe.
Eigner Fleiß vnd fremde Huͤlffe / foͤdern einen guten Mann;
Ob man einem fuͤr ſoll ſpannen / mnß er ſelbſten ſpannen an.

6.

Das A. B. C. der Liebe.
Wer das A. B. C. wil lernen / muß es lernen biß auffs Z.
A. B. C. das Buler lernen / geht nur biß A. B. Auffs Bett.

7.

Auff Nepotem.
NAch der Sonne richtet ein Nepos allen ſeinen Rath /
Wann es fruͤh / ſo wird er jung; Jſt vergangen / wann es
ſpat;
Denn er dencket nur auff das / was er heute darff vnd hat.
8. Auff7Erſtes Hundert.

8.

Auff Thraſonem.
THraſo wagt ſich in den Krieg;
Seine Mutter wil nicht weinen /
Denn mit ſeinen ſchnellen Beinen
Stund jhm zu manch ſchoͤner Sieg.

9.

Bule / verſetzt / Ubel: Bulen / verſetzt / Beuln.
Schoͤner Bule / ſchnoͤdes Ubel: Freches Bulen / ſchlimme
Beuln /
Trifft zuſammen / folgt einander; wie auff ſichres lachen / heuln.

10.

Danck / verſetzt / nackd.
Danck iſt nackd / drauß kan man ſchliſſen.
Daß er hoch nicht zu geniſſen.

11.

Warheit.
Stinckend Kees vnd Warheit
Liegt bey Hoͤfen abſeit.

12.

Wein.
Kuͤm̃t Wein vom weinen nicht / ſo kuͤm̃t vom Weine weinen;
Das fauffen bringet Weh / das kan mir Niemand neinen.

13.

Gutachten.
ES iſt zwar guter Rath mehr werth als groß Geſchaͤncke /
Doch jagt das ſchencken offt das rathen vnter Baͤncke /
Daß an das ſchencken mehr als guten Rath / man dencke.
A a a iiij14. Ge -8Drittes Tauſend

14.

Geſchencke.
Wer das Recht dencktrecht zu fuͤhren
Muß die Raͤder reichlich ſchmieren.

15.

Hofe-Diener.
Jedet wil bey Hofe dienen; aber mehrentheils nur jmmer /
Nicht beym ſorgen / nicht beym dulden / ſondern nur im Taffel -
Zimmer.

16.

Ein Hofemann.
Bey Hofe wird kein Greiß
Wer nicht zu heucheln weiß.

17.

Anders.
Wer bey Hof iſt worden alt / gibt zu mercken an den Tag /
Daß er zwar mit ſchmecken viel / doch mit lecken mehr vermag.

18.

Von vier Hirtinnen.
CHloris, Doris, Iris, Ciris liebten einen Hirten alle;
Jhm zu weiſen mit dem Wercke / daß er jeden wol gefalle /
Kroͤnte Chloris jhn mit Blumen: Doris bracht jhm Honig -
Schnidte:
Iris gruͤſſet jhn mit laͤcheln: Ciris fafſt jhn in der Mitte
Kuͤſte ſeinen Mund-Rubin. Jhm / behagte nur das kuͤſſen
Nam von ſich vnd gab der Ciris Krone / Honig / vnd das gruͤſſen.

19.

Die Saate der Warheit.
Wer bey Hofe Warheit ſaͤet / erndtet meiſtens Mißgunſt ein;
Waͤchſt jhm etwas zu von Gnade / wirfft der Schmeichler Feuer
drein.
20. Frem -9Erſtes Hundert.

20.

Fremde Kleidung.
DEutſch zu reden / deutſch zu ſchreiben ſind die Deutſchen jetzt
befliſſen;
(wiſſen /
Wie ſie ſich recht Deutſch bekleiden / kuͤnnen ſie zur Zeit nicht
Biß zum kleiden / wie zum reden / eine Gnoßſchafft ſie beſchliſſen.

21.

Auff die bekreidete Lucidam.
Lucida, du ſchoͤner Schwan! dran zu tadeln keine Feder;
Wann du nur nicht / wie der Schwan / drunter deckteſt ſchwartzes
Leder.

22.

Auff einen Æſopum.
Es glaͤntzet dein Verſtand / Æſopus, weit vnd ferne;
Wie ſchade / daß jhn faſt ſo ſchmutzige Laterne!

23.

Jrren / iſt Menſchlich.
Wer iſt jmmer gleiche witzig? Witz iſt warlich ſo ein Ding /
Das nicht allemahl zu Hauſe / das bißweilen ſchlafen gieng.

24.

Auff Vitum.
Veit traͤgt eine Flegel-Kap uͤber einer Knebel-Haut /
Hoͤflich hat jhm abgeſagt; dieſes macht daß er nicht traut.

25.

Verehrungen.
Wer fuͤr groſſe Herren fiſcht / kuͤmt nicht an mit kleinen Fiſchen /
Sondern wo vom Maule her / biß zum Schwantz / iſt viel da -
zwiſchen.

26.

Auff Harpacem.
Harpax kan nicht muͤſſig ſeyn / wil jhm niemand was befehlen /
So erbricht er Thuͤr vnd Thor / Lad vnd Kuͤſte / was zu ſtehlen.
A a a v27. Das10Drittes Tauſend

27.

Das frome Alter.
Wann die Wolluſt vns verlaͤſt / kuͤm̃t vns dann die Andacht an;
Himmel / hat den Alten erſt; Welt / hat vor den jungen Mann.

28.

Schoͤnheit.
Schoͤnheit / iſt ein Vogel-Leim; jeder hanget gerne dran /
Wer nur fleuget / wer nur ſchleicht / wer nur manchmal krichen kan.

29.

Deß Mopſi Urtheil.
EGla, war von bloͤden Augen: Phyllis, war von ſtumpffen
Ohren:
Niſa war von ſchwerer Zunge; jede war alſo geboren.
Sonſten hatte Zier vnd Zucht vnter jhnen gleichen Krieg /
Sonſten hatte Zier vnd Zucht vnter jhnen gleichen Sieg.
Mopſus ſolt ein Urthel faͤllen uͤber jhre drey Gebraͤchen /
Sprach: Das fuͤhlen iſt bey allen / vnd das andre nicht zu rechen.

30.

Selb-Gunſt.
Selb-Lieb handelt jmmer recht / dann jhm gibet Recht vnd Rath
Rath vnd Richter an die Hand / den er in dem Spiegel hat.

31.

Gewiſſen / ohne ſſ / Gewien.
Die ſonſten nimmer nie zuſammen gerne kamen
Gewiſſen vnd Gewien / beſitzen einen Namen.

32.

Welt-Gunſt.
MAnchen treibet groſſe Brunſt
Durch geuͤbte Liſt vnd Kunſt /
Welt / zu werben deine Gunſt /
Die zu haben faſt vmſonſt /
Vnd fuͤr ſich doch nichts als Dunſt.
33. Ein11Erſtes Hundert.

33.

Ein Hofemann.
WEr redlich iſt im Hertzen / vnd mit dem Munde frey /
Der wiſſe / daß bey Hofe behaͤglich er nicht ſey:
Wie man jhm vorgeſaget / ſo ſagt der Papagey /
Drum wer daſelbſt wil gelten / der trete dieſem bey.

34.

Verſtellung.
Wer ſich bey der Welt / hoch bringt an durch ſtellen /
Darff ſich wol bey Gott / tieff hinunter faͤllen.

35.

Schmuͤncke.
Wolt jhr euch / jhr Jungfern / ſch muͤncken? Nemet dieſes zum
Bericht /
Nemet Oele zu den Farben / Waſſer-Farben halten nicht.

36.

Armut vnd Reichthum. Proverb. 30. . 8.
GJb mir / wilſtu mir was geben / Armut nicht / HErꝛ / Reich -
thum nicht /
Dieſes / moͤcht auß deinen Furchten reiſſen mich in ſeine Pflicht /
Jenes / duͤrffte zwingen mich / mich durch Unrecht zu ernaͤhren;
Dorte / duͤrfft ich leugnen GOtt; hier / den Nechſten arg be -
ſchweren:
(ich hab /
Gib mir / was mir iſt von noͤthen! wann dein Wort vnd Brot
Hab ich / was mich zeitlich ſtaͤrcke; hab ich was mich ewig lab.

37.

Alter Adelſtand.
Weiland war deß Adels Brauch / in dem Felde / durch das Blut;
Nicht im Acker durch den Schweiß / zu erwerben Ehr vnd Gut.

38.

Gewalt fuͤr Recht.
Gewonheit wird Gebot / durch Brauch vnd lange Zeit:
Kcieg / hat durch dreiſſig Jahr / Gewalt in Recht gefreyt.
39. Nach -12Drittes Tauſend

39.

Nachdruͤckliche Worte.
Daß der Sinn es redlich meine / haben wir nur ein Gemercke /
Wann nicht Worte bleiben Worte / ſondern Worte werden
Wercke.

40.

Auff Onalum.
Onalus (meint jedermann) ſey ein Mann dem Lob gebuͤhre
Wann er ſchweigt / dieweil er ſonſt fuͤhrt den Eſel fuͤr die Thuͤre.

41.

Jetziges Gewiſſen.
Vnſrer Zeit Gewiſſen
Stehet auff geniſſen.

42.

Alte Jungfern.
Alte Jungfern muͤgen buhlen / kuͤnnen dennoch Jungfern ſeyn;
Dann / weil Jung iſt fern an jhnen / trifft es alſo richtig ein.

43.

Lebens-Satz.
Viel gedencken / wenig Reden / vnd nicht leichtlich ſchreiben /
Kan viel Haͤndel / viel Beſchwerden / viel Gefahr vertreiben.

44.

Lebens-ſaat.
Canus iſt zwar Lebens-ſaat; eh der Magen ſich ſoll ſchlieſſen /
Wil er gleichwol zum Confect was von Jahren noch genieſſen.

45.

Unterſcheid.
DUplex, der mit Pfeiffen handelt / fuͤhret meiſtens ſchlimme
Pfeiffen /
Die jhm aber wolgehn abe; denn er kan ſie ſelbſten greiffen:
Simplex handelt auch mit Pfeiffen / der er kein jhm abe gehet
Ob ſie gleich ſind wol gebrochen / weil er pfeiffen nicht verſtehet.
Gleiches /13Erſtes Hundert.
Gleiches / iſt doch nimmer eines; gleiche handeln / gleiche ſeyn /
Gleiche ſeyn vnd gleiche handeln / trifft doch nimmer uͤber-ein.

46.

Auff Polyglottum.
Polyglottus kan viel Sprachen; wo viel Sprachen / da viel
Worte;
Wo viel Worte / da viel Sinnen / vnd das Hertz an keinem Orte.

47.

Der Buchſtabe G.
MEiſtens alles auff der Erden / drauff die Leut am meiſten
ſtreben /
Stehet vnter denen Dingen / die ſich auff ein G. anheben:
Gold / Geld / Gut / Geſchencke / Gaben / Gunſt / Gewin / Gewalt /
Geſchicke /
Glaube / Glimpff / Geſund / Gewiſſen / vnd mit einem Worte
Gluͤcke /
Wil ſich alles drunter ſtellen: Wann zu dieſem zu ſich zehlet
Gott mit ſeiner Gnad vnd Guͤte / weiß ich nicht was Gutes fehlet?

48.

Hofe-Witz.
Wer nicht bey den ſchlauen Hoͤfen / jedem Kopffe weiß zu kum̃en /
Der hat ſelbſten nicht nach Hofe / was von Kopffe mit genum̃en.

49.

Hingegen.
Wer da bey deu ſchlauen Hoͤfen / jedem Kopffe weiß zu kummen /
Der hat zwar den Kopff nach Hofe / das Gewiſſen nicht genum̃en.

50.

Klugheit vnd Thorheit.
JEderman hat zu Hauß junen zwey gar vngegleichte Gaͤſte /
Einen Doctor, einen Narren / die mit ſeinem Brot er maͤſte:
Wil er nun nicht vor ſich ſehn vnd den Narren halten ein
Wird er als der Doctor mehr an der Thuͤr vnd Fenſter ſeyn.
51. Hofe -14Drittes Tauſend

51.

Hofe-Wercke.
WAs zu Hofe wol geht an
Hat die Herrſchafft ſelbſt gethan:
Was daſelbſt gefehlet hat
Dieſes hat verſehn der Rath.

52.

Der beſte Glaube.
Man helt jetzt dieſen Glauben hoch / der hohen Stand gebieret:
Drum halt ich dieſen Glauben hoch / der biß in Hunmel fuͤhret.

53.

Das Gluͤcke der Gottloſen.
WAs hilfft es einen Dieb der Morgen hencken ſol /
Ob er mit Speiß vnd Tranck verſorgt iſt Heute wol?
Den Suͤnder hilfft es nicht / den Hoͤlle ſol verſchlingen /
Wenn er gleich in der Welt lebt ſtets bey guten Dingen.

54.

Chriſten-Todt.
Unſer Tod / der iſt ein Tod
Nicht deß Lebens / nur der Noth.

55.

Groſſer Hunger.
Da iſt! da iſt erſt zu ſagen von den rechten Hungers-Noͤthen!
Wann die Muͤller vnd die Baͤcker pflegt der Hunger anch zu
toͤdten.

56.

Schleſier.
Wer ſagt / das Schleſier nicht allzu hoͤfflich ſeyn?
O Schmeich - vnd Heucheley wil jhnen nur nicht ein.
57. Chri -15Erſtes Hundert.

57.

Chriſten-Complimenten.
Ja / Ja; Nein / Nein; ſind Complimenten die Chriſtus Chri -
ſten fuͤrgeſchrieben:
Wann Chriſtus nur in Franckreich kaͤme / ſo wuͤrd jhm bald ein
andres Lieben.

58.

Auff Ronchum.
Ronchus iſt alleine klug; Klugheit bleibt jhm auch alleine /
Denn es ſucht vnd holt bey jhm / nun vnd nimmer keiner keine.

59.

Das Gluͤck ein gemein Weib.
Das Gluͤck iſt wie ein Weib / die keinen voͤllig liebet /
Jn dem ſie ſich jetzt dem / jetzt jenem vntergibet.

60.

Grabſchrifft einer tugendhafften Frauen.
SChaut dieſen ſchlechten Ste in
Ein Demant ſolt es ſeyn.
Denn / das was er beſchwert
Jſt mehr als dieſes wehrt:
Hier liegt die Froͤmigkeit
Und harrt auff jene Zeit.

61.

Von vergangenem Friede.
Die Wercke die der Krieg bißher bey vns veruͤbt /
Die wieſen / was fuͤr Plag es in der Hoͤlle gibt.

62.

Die Freyheit.
Wo dieſes Freyheit iſt / frey thun nach aller Luſt?
So ſind ein freyes Volck die Saͤw in jhrem Wuſt.
63. Der16Drittes Tauſend

63.

Der Welt Thorheit.
Eine Ranſtat iſt die Welt / drinnen faſt ein jedes Haus
Heimlich doch / wo wißlich nicht / hat vnd heget einen Claus.

64.

Redligkeit.
Schlecht vnd Recht / wo find ich dich? Unter keinem hohen Giebel;
Manchmal vnter Leim vnd Stroh; zum gewiſten in der Biebel.

65.

Auff Rubidam.
Rubida iſt voller Scham / niemand wird ſie baarfus finden:
Sonſten kuͤmts der Mode zu / das die Bruſt iſt ohne binden.

66.

Undanckbaͤrkeit.
Der vns gibt die gantze Welt / der vns wil den Himmel geben /
Fodert nichts dafuͤr / als Danck; kan jhn aber nicht erheben.

67.

Eine Wittfraw.
Wer jhm eine Wittfraw traut /
Schlaͤffet nie auff gantzer Haut.

68.

GOttes Guͤte.
Wann vns Gott / was wir verdienen / ſonſten nichts nicht ſolte
geben /
Wuͤrden wir von vnſren Dienſten / aͤrmer als kein Betler leben.

69.

Auff Plutum.
Wuͤntſch ich dir Plutus, ein ewiges Leben /
Jſt du dieſes Wuͤntſchen doch anders nicht eben /
Wann ich nicht wuͤntſche / deß Wuntſches ervoͤllen
Lange noch / lange noch ſpare den Willen!
70. Luſt17Erſtes Hundert.

70.

Luſt vnd Schmertz.
Freud vnd Leid / das Buler-Paar
Henckt zuſammien jmmerdar.

71.

Die Furcht.
DEr Tod / fuͤr dem der Menſch ſo fleucht vnd ſo erſchrickt /
Wehrt an jhm ſelbſt ſo lang / als lang ein Auge blickt;
Deß Todes Fuͤrcht iſt tod / mehr als der Tod: der Tod
Verkuͤrtzt / was jhn vergaͤllt / der Furchte bittre Noth.

72.

Amt-Schreiber.
Edelleute / ſchinden Bauern; Schreiber / ſchinden Edelleute /
Schreibern koͤmmet / wie den Gerbern Bauer-vnd auch Edelleute.

73.

Weiber-Huͤtter.
OHne Noth wird die bewacht /
Die auff Unzucht nie gedacht.
Nur vergebens wird bewacht /
Die auff Unzucht hat gedacht.

74.

Keuſchheit.
Keuſchheit / iſt ein Balſam; Weiber / ſind ein Glas;
Jener / iſt ſehr koͤſtlich; gar gebrechlich / das.

75.

Beſtechungen.
ALle Schloͤſſer oͤffnen kuͤnnen
Jſt ein Fund von ſchlechten Sinnen:
Denn hierzu iſt diß der Rath /
Das man goͤldne Schluͤſſel hat.
B b b76. Auff18Drittes Tauſend

76.

Auff Pontiam.
DU Scheuſal / Pontia, du Unding aller Frauen /
Wie daß man dich ſo ehrt? ey ljoͤr mich im Vertrauen!
Man helt dich fuͤr ein Bild mit Golde ſtarck beſchmieret /
Dem einig / vnd nicht dir / ſolch Ehr vnd Dienſt gebuͤhret.

77.

Auff Gurgitem.
GUrges dein beweglich Gut / ſah man laͤngſt ſich weg bewe -
gen /
Unbeweglich was noch war / wird ſich ehſtes gleichfalls regen;
Dieſes macht der ſtarcke Wein / deſſen Geiſter drein ſich finden /
Daß ſich alles ſo bewegt / regt vnd drauff wil gar verſchwinden.

78.

Der ſondere Stand.
Wer ruhig ſitzen wil / der ſitze nicht beym Guͤbel;
Wo Schwindel folgt vnd Fall / daſelbſten ſitzt ſichs uͤbel.

79.

Eitelkeit.
Nim weg die Eitelkeit von allen vnſren Wercken /
Was wird dir uͤbrig ſeyn / vnd guͤltig zuvermercken?

80.

Die Liebe.
Wo Liebe kuͤm̃t ins Haus
Da zeucht die Klugheit auß.

81.

Hoͤfligkeit.
WAs Hoͤfligkeit verſprochen
Jſt ferner nicht zu ſuchen /
Sie machet keine Pflicht /
Jhr Band das bindet nicht.
82. Gold.19Erſtes Hundert.

82.

Gold.
Weil vnter dem was ſchwer / das Gold am ſchwerſten wiegt /
Drum kuͤm̃t es / daß dem Gold ein jedes vnten liegt.

83.

Weiber.
DJe nicht Weiber haben
Wuͤntſchen jhre Gaben:
Die ſie nun genoſſen
Werden drob verdroſſen.

84.

Alt vnd Jung.
Das Alte / klappert; das Junge / klinget:
Das Alte / ſchleichet; das Junge / ſpringet.

85.

Die Zeit.
Was die Zeit fuͤr Urthel ſpricht /
Drauß wird alles Thun gericht.

86.

Auff Frantzoͤſiſch.
Alles / alles was man thut / ſoll Frantzoͤſiſch ſeyn geſchehen;
Wie man Kinder zeugen mag auff Frantzoͤſiſch / moͤcht ich ſehen.

87.

Anſchlaͤge.
Was man fuͤr der Zeit erwehlet /
Sonſt iſt nichts / das ſo ſehr fehlet.
B b b ij88. Ver -20Drittes Tauſend

88.

Vergnuͤgligkeit.
Ein Leben bey vergnuͤgtem Mut /
Jſt jmmer gut / hat jmmer Gut.

89.

Adeliche Geſchlechter.
Ein altes Edles Haus / iſt recht ein altes Haus;
Der Adelſtand der liegt / ein jeder geht drauff nauß.

90.

Ein alter Soldat.
Junge Krieger / alte Krieger; Staͤrck vnd Mut iſt auch ein
Ding /
Das / wie ſehr es vor geprachtet / endlich doch auff Kruͤcken ging.

91.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / Jhr geht / wie es billich / jnner Gold vnd Seiden her /
Dennoch ſeh ich / als die Kleider / nichts an Euch das ſchlechter
waͤr.

92.

Die Begierden.
Stuͤndlich kaͤmpfft man mit den Luͤſten; ſelten pflegt man ob - zu
ſiegen:
Wenig derer / die beſtehen; viel / ſind derer / die erliegen.

93.

Auff Caſcam.
CAſca, iſt wie Finſternuͤß vnd jhr Gold iſt wie die Sonne;
Jhr Geſichte bringet Graw; vnd jhr Beutel / bringet
Wonne:
Wer21Erſtes Hundert.
Wer nun Sonn vnd Wonne liebet / muß ſich machen auch bereit /
Daß er mit der Finſternuͤſſe bringe zu beſtim̃te Zeit.

94.

Ein alt Weib.
Ein altes Weib das ſchoͤn / macht mit ſo ſeltnen Gaben
Daß uͤber jhr daher ſtets ſchweben weiſſe Raben.

95.

Auff Draneem.
Dranees wuͤntſchet ſeinem Weibe langes Leben / (dann jhr Geld
Das ſie hat / verdient es billich) doch er meint in jener Welt.

96.

Fuͤrſten.
Fuͤrſten ſind deß Vaterlandes Vaͤter; drum wer jhre Scham
Wo entbloͤſt vnd ſie verſchimpfft / hat den Fluch / wie weiland
Cham.

97.

Wittiben.
Wer ſich an ein Schinbein ſtoͤſſet / der hat groſſe kurtze Schmer -
tzen:
Witwen / welchen Maͤnner ſterben / fuͤhlen gleiches in dem
Hertzen.

98.

Luſt vnd Leid.
WAs die Jugend hat erfreut /
Hat das Alter offt bereut;
Luſt vnd Leid / die ſind getreut.
B b b iij99. Glau -22Drittes Tauſend

99.

Glaubiger.
Jſt Schuldrich gleich Blut-arm / ob Niemand jhn gleich acht /
Wird er mit Mahnern doch / bedient / begleit / bewacht.

100.

Hunger vnd Liebe.
Der Hunger vnd die Liebe / ſind beyde ſcharffer Sinnen /
Sie finden leichtlich Mittel jhr Futter zu gewinnen.

Deß Dritten Tauſend Andres Hundert.

24Drittes Tauſend

1.

Weiber.
SChoͤne Weiber / ſind der Himmel / Greuliche / die ſind die
Hoͤlle;
Dort / fuͤr Augen; hier fuͤr Sinnen. Wie man ſich gleich nun
geſelle /
Halten beyde fuͤr den Beutel / dennoch Fegefeuers ſtelle.

2.

Das Gluͤcke.
Gluͤck / iſt keines Lehnman worden / hat auch keinem trew gelobet /
Kan das Lehn drum nicht verſchertzen / wann es noch ſo feindlich
tobet.

3.

Liebe ein Feuer-Wercker.
Lieb / in deinen Feuer-Wercken
Sind viel Schwermer zu vermercken.

4.

Auff Clepacem.
CLepax, legt ſich nie vngeſtohlen nieder /
Was er Reichen ſtiehlt / gibt er Armen wieder:
GOTT / wird reichen Lohn jhm hingegen geben /
Daß er hoch erhoͤht wird in Ketten ſchweben.

5.

Heußligkeit.
Wer ein groſſes Haus wil bauen / baw die Kuchel erſtlich klein /
Sonſten muß deß Beutels Fette nur der Kuchel zinßbar ſeyn.

6.

Auff Cnoſpum.
Cnoſpus hat zwey tauſent Goͤlden / auff ſein Lernen angewand /
Wer dafuͤr jhm funffzehn zahlet / zahlet gar mit reicher Hand.
7. Wiſſen -25Andres Hundert.

7.

Wiſſenſchafft.
WEn Vernuunfft gelehrt gemacht
Wird viel hoͤher offt geacht /
Als / den offt deß Buches Blat
An Vernunfft verwirret hat.

8.

Amt der Obrigkeit.
Weil Obrigkeiten ſeugen ſollen;
Wie kuͤmts denn / daß ſie ſaugen wollen?

9.

Abwechſelung.
ANdren gehet auff die Sonne / wann ſie vns geht nieder /
Wann ſie andren nieder geht / kuͤmt ſie zu vns wieder:
Was vns GOTT nicht Heute ſchenckte / kan er Morgen ſchicken /
Kan vns / was er heute ſchickte / Morgen auch entzuͤcken.

10.

Verſchwendung.
Fuͤr altes Geld iſt junge Hand.
Gemeiniglich kein feſtes Band.

11.

Seuffer.
GOttes Werck hat jmmer Tadel; wem der Tag zu kurtz zum
trincken /
Dieſen wil auch zum ernuͤchtern / gar zu kurtz die Nacht beduͤncken.

12.

Gefaͤhrligkeit.
Kohlen / daß die Hand bleibt ſicher / faſſet man mit Zangen:
Mit bedencken / was gefaͤhrlich / hat man an zu fangen.
B b b v13. Der26Drittes Tauſend

13.

Der Rechts-Tittel / vom Schencken.
DJe Geſetze von dem Schencken /
Woln Juriſten nur gedencken /
Daß ſie gehn auff jhr bequemen /
Nicht zu geben / nur zu nehmen.

14.

Maͤſſigkeit.
Wer maͤſſig leben kan / vnd wer jhm leſt genuͤgen /
Wird leichtlich / wird man ſehn / zu keinem Schmeichler tuͤgen.

15.

Der Weiber Mitgifft.
Jungfern / wann man euch ſoll kauffen / muſt jhr Geld zu geben;
Die nichts zu gibt / bleibt wol ſitzen / iſt niemanden eben.

16.

Heuraths-Stiffter.
L. vnd L. Liſt vnd Luͤgen
Kunten manche Heurath fuͤgen.

17.

Auff Plauſillam.
Plauſilla traͤgt ſich hoch / dieweil ſie etwas ſchoͤn /
Wie wuͤrde ſie ſo hoch / wenn ſie wer ehrlich / gehn?

18.

Chriſtus / mein Alles.
Chriſtus / iſt mir alles worden; iſt mir ſo auch worden Jch;
Jſt er Jch nun worden mir / ſo wird Jch nicht laſſen mich.

19.

Der vnendliche Gott.
GOTT war ſtets / wie er iſt / wird / wie er iſt / ſtets ſeyn;
Jch aber ſoll auß Schuld in Buſſe treten ein /
Damit fuͤr Hoͤll vnd Tod / ſey Heil vnd Himmel mein.
20. Aertzte27Andres Hundert.

20.

Aertzte vnd Juriſten.
Jhr Aertzt vnd jhr Juriſten / habt euer beſtes Weſen
Bey andrer Leute Schaden / Verluſt vnd Ungeneſen.

21.

Auff Plaudrinum.
Plaudrinus ſagt viel her von wunderſeltnen Tauben /
Auß Freundſchafft wil ich jhm / wer thet es ſonſte? glauben.

22.

Das Schwert.
Ohn Urſach ſollen wir nie zucken vnſren Degen /
Ohn Ehre ſollen wir jhn drauff nie nieder legen.

23.

Schulden.
Wer Schuld mit Schulden zahlt / thut ſelten alles gut /
Der letzte / der jhm borgt / den zahlt er mit dem Hut.

24.

Goͤttliche Rache.
Gottes Muͤhlen mahlen langſam / mahlen aber trefflich klein /
Ob auß Langmuth er ſich ſeumet / bringt mit Schaͤrff er alles ein.

25.

Betriegligkeit.
Bey Hoff iſt alles / wers nur ſpuͤret /
Mit Falſchheit zierlich tapeziret.

26.

Danckbarkeit.
Danck fuͤr Wolthat iſt ein Saame /
Der nicht uͤberall bekame.
27. Geitz28Drittes Tauſend

27.

Geitz vnd Filtzigkeit.
Wer mit den Zaͤhnen machet Gold
Hat Koth zu eſſen wol verſchuld.

28.

Ehre vnd Wuͤrde.
Schwer iſts auff nach Ehren ſteigen /
Schwerer / ſie zu haben eigen /
Und am ſchwerſten / wann ſie fleucht /
Wie man ſie zu ruͤcke zeucht.

29.

Liebe der Alten.
Lieben hat ſelten viel Flammen geheget
So ſich auß Aſche deß Alters erreget.

30.

Guter Anfang.
Selten iſt wol abgegangen /
Was nicht wol iſt angefangen.

31.

Auff Vitum.
Queck ſilber vnd das Bley geſellen ſich nicht recht;
Was ſoll ein junges Kind / dir / Veit, du alter Knecht.

32.

Gemaͤſſigte Straffen.
Straffe ſoll ſeyn wie Salat
Die mehr Oel als Eſſig hat.
33. Sol -29Andres Hundert.

33.

Soldaten.
Brot vnd Waſſer gibt man Suͤndern / die am Galgen ſollen
buͤſſen;
Waren Krieger dann noch aͤrger? Die es offte muſten miſſen.

34.

Die Hoffnung.
Jſt ein Bettler mancher gleich /
Dennoch macht jhn Hoffnung reich.

35.

Hunger vnd Durſt.
Durſt vnd Hunger / die ſind Mahner / die man nimmer kan be -
ſtillen /
Morgen kummen ſie doch wieder / kan man ſie gleich heute voͤllen.

36.

Ungluͤcke.
Bey einer guten Zeit / denck an die boͤſe Stunde;
Die ſich der guten Zeit gern auff dem Ruͤcken funde.

37.

Stehlen.
Stehlen / darff nicht viel Verlag / vnd hat dennoch viel Genieß /
Traͤgt es ſonſten nichts nicht ein / iſt doch Holtz vnd Hanff gewiß.

38.

Die gewandelten Deutſchen.
Wir werden nicht mehr ſtarck vnd wie die Alten alt:
O wann nur Glaub vnd Trew nicht auch waͤr ſchwach vnd kalt!

39.

Wolthaͤtigkeit.
Wer Wolthat gibt / ſolls bald vergeſſen; wer Wolthat nim̃t / ſolls
nie vergeſſen /
Sonſt iſt um Undanck der zu ſtraffen / vnd jenem Hoffart zuzu -
meſſen.
40. Ent -30Drittes Tauſend

40.

Entſchuldigung.
Adams erſtes Hoſen-Tuch waren Blaͤtter von den Feigen:
Suͤnde / macht ſich jmmer recht / oder wil ſich ja verſchweigen.

41.

Vom Cominæo.
Cominæus iſt / Jhr Fuͤrſten / Euer Catechiſmus-Buch;
An dem Grunde wol zu herꝛſchen / iſt bey jhm faſt kein Gebruch.

42.

Der Liebe Handels-Wahren.
Die ſuͤſſe Liebes-Kraͤmerey / was fuͤhret die fuͤr Wahren?
Sie machen jhren Kauffmann glat vnd freyen jhn von Haaren.

43.

Heuchler.
Schmeichler / ſind wie Sonnen-Blumen / blicken nach dem Him -
mel hin /
Wurtzeln aber in die Erde / ſuchen Vortheil vnd Gewin.

44.

Karten-Spiel.
Wer mit Karten gerne ſpielt / hat daran den Reiſe-Brieff /
Da er in das Armen-Haus frey vnd ſicher mite lieff.

45.

Menſchliche Thorheit.
JEdem klebet Thorheit an;
Dieſer iſt am beſten dran
Der fein kurtz ſie faſſen kan.

46.

Auff Siccum.
Siccus iſt ein fromer Mann: vnd es iſt die Sage
Daß er / (wann er nichts nicht hat /) faſte manche Tage.
47 Raͤn -31Andres Hundert.

47.

Raͤuber.
Auß dem groſſes Satzungs-Buche / pluͤndert mancher mehr die
Leute
Als vielleicht ein armer Schlucker / auß dem Puſche fiſchet Beute.

48.

Thorheit vnd Halßſtarrigkeit.
Naͤrriſch Hirn vnd harter Nacke / dient fuͤr manchen klugen Mañ;
Denn ſie machen durch jhr wuͤten / daß er was erwerben kan.

49.

Deß Jobi Weib.
Wann der Satan gieng von Job / iſt ſein Anwaͤlt dennoch
blieben
Jobs ſein Weib; er hatte nie keinen beſſern auffgetrieben.

50.

Eine reiche Alte.
Reich vnd haͤßlich / liebt man halb;
Jſt Aarons goͤldnes Kalb.

51.

Muͤntze wider Traurigkeit.
Frauen-Muͤntze / heilt viel Leid /
Wer ſie braucht mit maß vnd zeit.

52.

Auff den verſchwender Syrum.
Syrus war ein reicher Mann; muß nunmehr deß Glaubens
wegen
Ein paar Schuh zum Wettelauff / hinter ſeine Thuͤre legen.

53.

Verſtand vnd Zuſtand.
VErſtand / den jeder hat / helt jeder lieb vnd wehrt:
Der Zuſtand den er hat / wird anders ſtets begehrt;
Da jener / wie mich duͤnckt / doch mehr als der verkehrt.
54. Ver -32Drittes Tauſend

54.

Verbrieffter Adel.
Ein Federliches Waffen / nicht Vaterlicher Schild /
Jſt jetzt vorauß geſtellet / wo Feder-fechten gut.

55.

Frauen-Volck.
Weiber ſind als wie ein Buch! weil der Abdruck erſt gefehlet /
Werden Fehler jmmer fort / alle Buͤcher durch gezaͤhlet.

56.

Seltſame Jungferſchafft.
Es iſt ein Hund der Jungfern friſt; doch wer jhn ſiht / der ſihet
jmmer /
Daß er ſtets duͤrr vnd mager ſey / fett aber ſiht jhn keiner nim̃er.

57.

Auff Latinum.
Latinus halt doch an / vnd ſammle dein Latein /
Es wird den Winter durch vielleicht was theurer ſeyn.

58.

Lohn fuͤr Dienſt.
Treuer Dienſt heiſcht ſeinen Lohn /
Ob er gleich nicht ſagt davon.

59.

Der Erde vnd deß Waſſers Huͤlffe.
Die Erde ſpeiſt das Waſſer; das Waſſer / traͤnckt die Erde;
Damit der Menſch geſpeiſet / getraͤnckt / von beyden werde.

60.

Der Tod zu Hofe.
Bey Propheten Kindern / war der Todt im Topfe:
Bey deß Hofes Heuchlern / iſt er in der Suppe.
61. Fiſche33Andres Hundert.

61.

Fiſche ſind nicht Fleiſch.
SEinen Weg hat alles Fleiſch in der erſten Welt verterbt /
Drum hat durch den Suͤndenfluß / GOTT gar recht das
Fleiſch geſterbt.
Nur die Fiſche blieben leben; muͤſſen alſo billich ſchlieſſen /
Wer im Faſten Fiſche ſpeiſet / kuͤnne ja nicht Fleiſch genieſſen.

62.

Aſche vnd Kohle.
KOhl vnd Aſche ſind Geſchwiſter; Holtz / iſt Mutter; Va -
ter / Feuer;
Kohl / iſt Bruder; Aſche / Schweſter; beyde / ſind ein Ungeheuer /
Denn / der Vater wie die Mutter / iſt ſo bald durchauß verlohren /
Wann der Sohn vnd ſeine Schweſter werden zu der Welt
geboren.
Doch zur Rache kuͤmt der Wirbel / treibt die Tochter in die
Fluͤchte /
Und deß Vaters Bruder kuͤmmet / macht den Sohn noch auch
zu nichte.

63.

Auff Gailulam.
Gailula haͤlt nichts vom ſondern / haͤlt nur von gemeinem;
Drum verbleibt ſie allen willig / dienet nicht nur einem.

64.

Weiber ſind Menſchen.
OB Weiber Menſchen ſind? Sie haben ja Vernunfft /
Sie lieben fort vnd fort: Dann wilder Thiere Zunfft
Hegt nur zu mancher Zeit der ſuͤfſen Liebe Brunfft.

65.

Ordnungen.
Wer Ordnung machen wil / der muß auch Leute machen /
Bey denen ſie ein Ernſt / vnd die ſie nicht verlachen.
C c c66. Schmeich -34Drittes Tauſend

66.

Schmeichler.
Schmeichler haben keine Straffe; weil ſie niemand je verklagt:
Schmeicheln iſt faſt wie natuͤrlich / weil es keinem mißbehagt.

67.

Die Reichen.
Die mit Saͤcken voller Geldes ſind behencket uͤberall /
Kummen ſchwerlich in den Himmel / dann der Steig iſt gar zu
ſchmal.

68.

Deß Gluͤckes Maul.
Gluͤcke hat ein weites Maul; was der gute Tag geſagt /
Hat manchmal der boͤſe Tag / kurtz hernach mit Rew beklagt.

69.

Luͤgen.
Wer ſein Kleid mit Luͤgen flickt / der befindt dennoch /
Ob er jmmer flickt vnd flickt / da vnd dort ein Loch.

70.

Auff Nepotem.
Nepos geht in groſſem Kummer / aber nur biß an die Knie;
Weiter laͤſt er jhn nicht dringen / biß zum hertzen kuͤm̃t er nie.

71.

Der Babyloniſche Thurm.
Da die Sprache ward verwandelt / ward der Thurm nicht auß -
gebaut:
Weil die Kleidung ſich ſo wandelt / wird kein deutſcher Sinn ge -
ſchaut.

72.

Der Todes-Schlaf.
Wer Geld zu zehlen hat / der ſchlaͤft nicht leichtlich ein:
Nur fuͤr deß Todes Schlaf / wil Geld kein Mittel ſeyn.
73. Die35Andres Hundert.

73.

Die Kirche.
Hat beym groſſen Hauffen dann die Kirche Stelle?
Laufft der groſſe Hauffe dann nicht in die Hoͤlle?

74.

Tugend vnd Laſter.
Tugend laͤſt ſich nicht begraben / Laſter ſterben auch mit nichte:
Dieſe / leben durch die Schande: jene / durch ein gut Geruͤchte.

75.

Auff Tetcam.
Tetca wil / man ſoll ſie loben; jhres Leibes ſchoͤne Stuͤcke
Loben ſich ja von ſich ſelbſten: Soll man loben jhre Tuͤcke?

76.

Deß Arcadis Schutzrede.
Arcas ſagt: Jch bin nicht ſchlaw / doch laͤſt Einfalt nicht ver -
terben /
Eh vnd mehr als Eſelshaut / ſiht man einen Fuchsbalg gerben.

77.

Vergnuͤgligkeit.
Wer / was jhm nicht ſoll / kan meiden /
Kan auch / was mir kuͤm̃t / erleiden.

78.

Auff Fungum.
Fungus iſt ein Witwer / nicht ſein Weib iſt hin;
Nur er iſt ein Witwer / an Verſtand vnd Sinn.

79.

Auff Marcum.
Marcus macht ein Teſtament / troͤſt ſein Weib mit letztem Willen:
Sie macht auch ein Teſtament / jhren erſtlich zu ervoͤllen.
C c c ij80. Das36Dittes Tauſend

80.

Das Urthel Paridis.
D Paris nicht recht klug / im Urtheln ſey geweſen
Meint jeder / der von jhm pflegt hoͤren oder leſen:
Mich duͤnckt das heute noch / jhm mancher fiele bey
Wann Helena wie jhm / ſo manchem / ſtuͤnde frey.

81.

Himmel - vnd Hofe-Leben.
Hofegunſt vnd ewig Leben
Wird nicht auß Verdienſt gegeben.

82.

An einen Freund.
Du bitteſt mich auff Morgen / ich ſolte ſeyn dein Gaſt /
Gut! wann du mich zu gaſte nur nicht im Hertzen haſt.

83.

Fuͤrſten-Liebe.
GRoſſe Herren lieben die / denen ſie viel Wolthat gaben /
Lieben ſelten / die um Sie ſich gleich wol verdienet haben:
Wollen / daß man Jhre Guͤte / ſolle ſtets mit Pflicht entfinden /
Wolleu ſich fuͤr fremdes Gute / ſelbſt hingegen nicht ver binden.

84.

Fuͤrſtliche Perſoͤnliche Zuſammenkunfft.
GRoſſe Herren ſolln ſich kennen
Als durch ſehen / mehr durch nennen;
Was das Ohr hat groß gemacht /
Hat das Auge drauff verlacht.
85. Der37Andres Hundert.

85.

Der Koͤhler-Glaube.
Was die Kirche glauben heiſt / ſoll man glauben ohne wancken.
Alſo darff man weder Geiſt / weder Sinnen noch Gedancken.

86.

Eine Frage.
Ob mehr Augen / ob mehr Haare / (wil man fragen /) hat die
Welt?
Ey mehr Augen! zehle beydes du / dem dieſes nicht gefellt.

87.

Gewaltſame Bekehrung.
Wann durch todten / durch verjagen Chriſtus reformiren
wollen /
Hett ans Creutz Er alle Juden / Sie nicht Jhn / erhoͤhen ſollen.

88.

Ein Weltmann.
Wer ſo wohnt in der Welt / das Welt in jhm nicht wohnt /
Der / weil er jhr nicht dient / fragt nicht wie ſie jhm lohnt.

89.

Trew zu ruͤcke wert.
TRew hat in ſich jhren wert /
Wird von jedem zwar begert!
Die ſie aber jetzund geben /
Derer ſind nicht viel in Leben.

90.

Beſchenckungen.
Wer durch Gaben bey dem Richter / denckt zu helffen ſeinen
Sachen /
Suche lieber durch das ſchencken / auß dem Feinde Freund zu
machen.
C c c iij91. Auff38Drittes Tauſend

91.

Auff Picum.
Picus nam die dritte Fraw / jmmer eine von den Alten;
Wolte / mein ich ein Spital / ſchwerlich einen Ehſtand / halten.

92.

Das wanckende Gluͤcke.
WAndelt Gluͤcke dann die Leute
Daß ſie morgen nicht wie heute[?]
Gluͤcke hat es nie gethan
Wann ſich wandelt ſelbſt der Mann.

93.

Die Gerechtigkeit.
Das Gerechtigkeit beſtehe / muß man Koͤpffe dazu haben /
Theils / die kluge Leute fuͤhren: Theils / der Hencker gibt den
Raben.

94.

Die Welt durchs Wort.
Die Welt ward durch das Wort; die Welt / iſt Gottes Affe /
Das Cavalliers-parol itzt alles / wil ſie / ſchaͤffe.

95.

Die Tugend.
Wo Tugend / herrſcht das Gluͤcke; wo Weißheit / zwingt die Faͤlle /
Hat Hochmut kein Gehoͤre / hat Unmuth keine Stelle.

96.

Die Hoffnung.
Hoffnung / iſt der Menſchen Gauckler / der vns jmmer Kurtz -
weil macht /
Denn wir hoffen ſtuͤndlich beſſers / biß wir geben gute Nacht.
97. An39Andres Hundert.

97.

An die Jungfern / wegen der Sonne - Flecken.
SChoͤne Jungfern / dencket nach! iſt die Sonne voller
Flecken /
Wie die Kuͤnſtler durch jhr Glaß vns nunmehr gewiß entdecken /
Was fuͤr Maͤngel werden doch ſtecken vnter euren Roͤcken?

98.

Ein Kuß.
Deß Weibes Maul iſt jhres Mannes / ſo weit es Troſt vnd
Labſal bringt.
Deß Weibes Maul iſt jhrer ſelbſten / wann auff die Zunge Galle
dringt.

99.

Von Albella vnd Nigrino.
MJt Kohlen ſchreibet auff Pappir /
Albella, ſtets dein Mann dir fuͤr:
Du achſt es nicht / die Schreibe-Stunden
Wann die nur keinen Abgang funden.

100.

Heurathen.
Eines darff deß andren / um deß dritten Willen /
Sonſten waͤre weiter keine Zahl zu voͤllen.

Deß Dritten Tauſend Drittes Hundert.

40Drittes Tauſend

1.

Das karge Alter.
ALter hilfft fuͤr Thorheit nichts; Alte / ſollen Morgen ſterben /
Wollen dennoch Heute noch / das / vergraben; diß erwerben.

2.

Die Alten.
Die Welt iſt alten Leuten gram / vnd ehrt ſie kaum mit einem
Blicke:
Das macht / die Alten kummen drauff / vnd weiſen andren jhre
Tuͤcke.

3.

Alter / verſetzt Taler.
Ein Alter liebt die Taler / ein Junger liebt ſie auch:
Nur jener / zum verſtecken; vnd dieſer / zum Gebrauch.

4.

Auff Siccum.
Siccus iſt em Todtengraͤber / der das Geld mit Erde deckt:
Und ſein Sohn der iſt ein Kuͤnſtler / der die Todten aufferweckt.

5.

Trew / ohne t / Rew.
Wer hier nicht / weil er lebt / lebt ſeinem Gotte Trew /
Den hilfft nicht nach dem t. das iſt dem Tode / Rew.

6.

Abfall.
Wer von Ehr vnd Geldes wegen / Gott vnd Glauben uͤbergeben /
Glaubet ſchwerlich was von Gotte / glaubet ſchwerlich jenes
Leben.

7.

Einbildung.
Wer alle Witz zu haben denckt / hat eben ſo / nicht Witz;
Dann die hat nicht in einen Kopff verleget jhren Sitz.
8. Auff41Drittes Hundert.

8.

Auff Vetlam vnd Jungum.
Jungus Weib / die iſt der Winter; vnd er ſelbſt / der iſt der
Sommer;
Ob Hitz / Eiß; ob Eiß die Hitze / werde daͤmpffen / iſt ein Kummer.

9.

Der heilige Glaube vnd weltliche Glaube.
Jn dem Glauben fuͤr den Hoͤchſten / wil man Ketzern nichts ge -
ſtehen:
Jn dem Glauben fuͤr den Nechſten / laͤſt man alle Falſchheit gehen.

10.

An einen verſtorbenen Alten.
WErther Freund / du lieber Alter / alt von alten Biderſinnen /
Alt von Jahren / Witz vnd Ehren / wir ſind hier / du biſt von
hinnen /
Einzunemen Ehr vnd Gut / das durch Alt-ſeyn nicht vergeht /
Sondern mit der Ewigkeit jmmer in die Wette ſteht:
Alt von Jahren / friſch von Laſtern / iſt die Welt bey vnſren
Tagen /
Pflegt das Alter zu begehren / Alten aber Hohn zu ſagen.
Aber wann der reine Schnee alter Haͤupter ſo zerfleuſt /
Siht man / daß in gantze Laͤnder truͤbes Waſſer ſich ergeuſt.

11.

An eine verlobte Witfraw.
WJtwen kuͤnnen noch wol dulden / wann die Maͤnner gehn
zun Todten /
Dann die Licke zu ervoͤllen hat Gott nirgend wo verboten:
Drum deß Todes bittres nemen / kan durch ſuͤſſes wieder nemen.
Eine Witfraw jhr beſuͤſſen vnd den Tod alſo beſchaͤmen.
Jhr Fraw Braut / habt auch genummen; gebe Gott / was jhr
genummen
Daß damit d[a]s Gluͤcke ſelbſten / euch ſey in die Arme kummen.
12. Das42Drittes Tauſend

12.

Das Erdiſche vnd das Him̃liſche.
ZU dem / was weltlich iſt; da bilden wir vns ein /
Daß vnſer Witz vnd Fleiß kuͤnn’n alles thun vnd ſeyn:
Zu dem / was him̃liſch iſt; da bilden wir vns fuͤr
Daß alles muſſe Gott / vnd nichts verrichten wir.

13.

Angezogene Schrifft.
Wann der Hausherꝛ / waͤnn die Diebe wolten kummen / eigen
wuͤſte
Wuͤrd er wachen; ſagt ein Prieſter / als der Biſchoff jhn begruͤſte.

14.

Auff Gallum.
Gallus meidet grobe Laſter; eines hat er doch erkieſt
Daß man jhm nicht kan erleiden / daß er gar zu maͤnnlich iſt.

15.

Auff Lucam.
Lucas iſt ein Licht deß Landes, aber den er hat / der Schein /
Kuͤmt jhm nicht von eignem Feuer / kuͤmt von ſeinen Vaͤtern ein.

16.

Gebruch.
Wer in Deutſchland / wil Frantzoͤſiſch; wer in Franckreich / deutſch
wil ſeyn /
Bildet jhme / wie man mercket / etwas Herſchafft druͤber ein.

17.

Auff Martham.
Martha, der von zweyen Augen kaum ein halbes uͤbrig blieben /
Hat noch Augen in dem Beutel / hat noch manche / die ſie lieben.

18.

Auff Vitum.
Du habſt ein Schelmiſch Angeſicht / ſagt: Jemand Veit, ſo ſprichſt
du / ja
Doch / meinſtu / ſey in deiner Bruſt ein gutes Hertz hingegen da.
19. Ein43Drittes Hundert.

19.

Ein Weltverſtaͤndiger.
WAs deut ein wenig Waſſer in einen ſtarcken Wein?
Wer redlich / mag zu Zeiten gleichwol auch liſtig ſeyn /
Wann nur ſein Ziel zum beſten / zum argen nicht / trifft ein.

20.

Eben er.
Tapffre Maͤnner ſollen haben was vom Fuchſe / was vom Loͤwen /
Daß Betrieger / ſie nicht fangen / daß ſie Frevler / etwas ſcheuen.

21.

Erkaͤntnuͤß.
Ohne GOtt wird keiner wiſſen / das / was / Warheit iſt zu nennen:
Ohne Chriſto wird nicht einer / recht was Gott ſey / kuͤnnen kennen.

22.

Vorſchub vnd Huͤlffe.
Wer dem Nechſten meint zu helffen / vnd wil vor warum? erſt
fragen /
Dem geht Huͤlffe nicht von Hertzen / pflegt nur was zu Ruhm
zu ſagen.

23.

Auff Nanam.
Nana zwar iſt nicht geſehn / wer ſie vornen ſihet an:
Ruͤckwerts iſt ſie hoch geſehn / dennoch kriegt ſie keinen Mann.

24.

Von Pluto vnd Ptocho.
Am Uberfluß / iſt Plutus; am Mangel / Ptochus kranck;
Ein jeder kan vom andren verdienen Docters-Danck.

25.

Geld.
Der Beutel / iſt ein Leib; die Seel in jhm / iſt Geld;
Was Seelen-Sorger ſind fuͤr ſie in aller Welt?
26. Die44Drittes Tauſend

26.

Die Arbeit.
Arbeit / iſt der Suͤnde Fluch; ſolte Piger viel ſich muͤhen /
Wuͤrd er auff ſich viel Verdacht eines groſſen Suͤnders ziehen.

27.

Auff Stichum.
STichus hat ein boͤſes Weib; wil ſie willig nur vertragen /
Meint jhr Grimm werd endlich ſchwaͤch - vnd ſich muͤden von
dem Plagen;
Da jhn ſonſt ein friſches Weib / werde friſch auffs neue nagen.

28.

Nutz-Freundſchafft.
Freundſchafft iſt von denen Dingen / die man bringt auß neuer
Welt /
Die man zwar gar hoch muß kauffen / ſtehen aber nicht fuͤrs Geld.

29.

Herren-Gewiſſen.
Ochſen ſpannt man nicht an Faden / denn er wuͤrde ſtracks zer -
riſſen:
So auch leſt ſich ſchwerlich binden / wer Gewalt hat / an Gewiſſen.

30.

Auff Thraſonem, auß dem Plauto.
THraſo hat nechſt Krieg gefuͤhret / mit den Voͤlckern / die da
fliegen /
Das bey ſechtzig tauſent Mann jhm zum Fuͤſſen blieben liegen;
Denn er hat viel Vogel-Leim auß Muſqueten außgeſchoſſen /
Der an Federn ſeinem Feind iſt behangen vnd zerfloſſen.
Wer von jhnen fiel herab / dieſen ſtach / wie wilden Huͤnnern /
Jhre Federn er ins Hirn. Laſt euch dieſes wol erjnnern
Jhr / die jhr zu Felde dient / daß jhr wiſſet recht zu kriegen /
Waffen auch zu fuͤhren recht / wider Leute die daf-luͤgen.
31. Das45Drittes Hundert.

31.

Das Gewiſſen.
APollo ſchrieb nechſt auß; daß jeder ſolte muͤſſen
Bey jhm ſich ſtellen ein zu muſtern das Gewiſſen.
Als diß Gebot ergieng / wie rein hat manche Hand
Gewiſſen vor geputzt / mit Lauge / Stroh / vnd Sand.

32.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / Euren Ruhm zu preiſen / iſt ein Werck nicht meiner
Sinnen /
Weil ich nichts thu / was die Leute durch vnd durch / nicht auch
beginnen.

33.

Lob.
Ein ſondres Lob iſt diß / daß einer lobens werth /
Auff bloſſes Lob nicht ſiht / vnd lobens nicht bẽgehrt.

34.

Ohren-Blaͤſer.
Fuͤrſten / die die Ohren-Blaͤſer laſſen gern jhr Ohren voͤllen /
Kuͤnnen nie in Freyheit leben / dienen ſtets dem Widerwillen.

35.

Lebens-Lauff.
Deß Lebens Schiff laufft ſtets; kurtz lauff es oder lang /
So laufft es nirgend hin / als gegen Niedergang.

36.

From vnd Unfrom.
Heuchler waͤchſt in einer Erde leichtlich nicht / vnd Biedermann;
Dann / wo jener hebt zu gruͤnen / hebet der zu dorren an.

37.

Zungen-Freyheit.
Die Zunge braucht Geſandten-Recht / wil ſtets ſeyn[u]nverletzt;
Wiewol / was Hertz jhr mite gab / ſie manchmal ſehr verſetzt.
38. Anſehen. 46Drittes Tauſend

38.

Anſehen.
Pfauen / ohne Schwantz; Fuͤrſten / ohne Schew
Achtet jeder klein / thut es ohne Rew.

39.

Der alten Deutſchen Schrifft.
DEr Deutſchen jhr Papier
War jhres Feindes Leder /
Der Degen / war die Feder /
Mit Blute ſchrieb man hier.

40.

Die Tapfferkeit.
Mannheit ohne Sinnen
Wird nicht viel gewinnen.

41.

Hofe-Werth.
BEy Hof iſt mehr ein Pferd
Als offt ein Diener werth:
Manch Diener kuͤm̃t gelauffen /
Die Pferde muß man kauffen.

42.

Gluͤck vnd Recht.
Denen / die da ſchiffen / iſt viel Gluͤck entſtanden:
Denen / die da wachen / kuͤm̃t das Recht zu handen.

43.

Der Hoͤllen-Weg.
Ob man ſchwerer in die Hoͤlle als zuvor / jetzt reiſen kan?
Weil ein jeder ſich bemuͤhet / wie er Sechſe ſpannet an.
44. Von47Drittes Hundert.

44.

Von Cano.
Canus baut ein neues Haus / baut jhm auch ein Grab zugleiche;
Scheint / daß er ans weichen denckt / aber doch nicht gerne weiche.

45.

Sachen-Walter.
MAn muß mit ſchmieren /
Wie duͤrren Thuͤren /
So Advocaten
Zum meiſten rathen /
Solln ſchweigen Thuͤren /
Sie / Reden fuͤhren.

46.

Auff Fungum.
Fungus Maul iſt eine Muͤhle / die gar gaͤng an jhrem Lauff:
Maͤhlt ein Handvoll Witz kaum abe / ſchuͤtet Wort ein Malder
auff.

47.

Auff Trullum.
Trullus hat ein ſchoͤnes Weib. Wann ſie an der Thuͤre ſteht
Steht man nicht / das leicht ein Hund ſich bey jhr ins Haus
vergeht.

48.

Tage - vnd Nacht-gleiche.
Dina, wil daß Tag vnd Nacht jmmer moͤge gleiche ſeyn;
Daß / ſo viel am Tag jhr kumm / als jhr kuͤmt deß Nachtes ein.

49.

Eigen-Wille.
Hunde die an Ketten liegen; Menſchen / die nach Willen leben /
Sind bedencklich; beyde pflegen leichtlich Schaden auß zu geben.
D d d50. Auff48Drittes Tauſend

50.

Auff Plunam.
Pluna, iſt ein rechtes Holtz; Holtz / das iſt deß Feuers Koſt;
Lieb / iſt Feuer; das zu jhr denn Niemand traͤgt Liebens-Luſt?

51.

Suͤnden-Schew.
Wer Suͤnde weiß zu ſcheuen /
Der darff ſie nicht bereuen.

52.

Das Alte vnd das Neue.
Jmmer fragten wir nach Neuem / weil ſich Krieg bey vns ent -
halten:
Nun der Krieg von vns entwichen / fragen wir ſtets nach dem
Alten.

53.

Auff Glaucam.
Es ſtritten jhrer zwey / ob ſchoͤn / ob Glauca heßlich?
Gemahlet / iſt ſie ſchoͤn; natuͤrlich / iſt ſie greßlich.

54.

Poeten vnd Mahler.
MAn pfleget mehr / was Mahler mahlen /
Als was Poeten / zu bezahlen:
Da doch die Farben werden blind /
Reim aber ohne ſterben ſind.

55.

Das Mittel.
Der Mittelſtand iſt gut; die Erde ruht im Mittel /
Hat / daß ſie boͤſe ſey / noch dennoch ſtets den Tittel.
56. Viel -49Drittes Hundert.

56.

Vielfach-Ehe.
Die Heyden haben manche Weiber / ſo viel als Hanen haben
Hennen;
Capaunen muͤſſen ſie verhuͤten; wer wil hier Manne Hanne
nennen?

57.

Ein Weiſer vnter Narren.
Wer vnter Narren wohnt / wie viel auch derer ſeyn
Jſt vnter jhnen doch / als wer er gar allein.

58.

Auff Glandulam.
Glandula wird fuͤr die Krone aller Weiber hier geſchaͤtzet;
Freylich / weil ſie ſo mit Perlen vnd Rubinen iſt verſetzet.

59.

Auff Papulum einen Pfarr.
Papulus, du nimſt den Zehnden / dich vnd alles Haus zu nehren.
Ob du gleich den zehnmul Zehnden kanſt mit Lehren nicht bekeh -
ren.

60.

Auff Floram.
Flora hat zwar wol die Bluͤt jhrer Jungferſchafft verſetzet /
Wass denn mehr? es wird die Frucht als die Bluͤte mehr ge -
ſchaͤtzet.

61.

Nahrung vom Feuer.
Feuer / gibt vns zwar wie Lufft / Erd vnd Waſſer / keine Speiſe /
Daß vns alles dient vnd ſchmaͤckt / gibt es aber Huͤlff vnd Weiſe.

62.

Der Spiegel.
Der Spiegel iſt ein Mahler / im mahlen gantz vollkummen /
Hat aber ſein Gemaͤlde ſtets mit ſich weg genunemen.
D d d ij63. Wieder -50Drittes Tauſend

63.

Wieder-Hall.
WEr dich Echo, viel wil fragen /
Hat von dir doch nichts / als ſagen /
Was die Buler fuͤr dir lallen /
Kanſt du liſtig wiederſchallen /
Was du jhnen haſt verſprochen /
Drauff hat keiner viel zu pochen.

64.

Maͤnner-Maͤngel.
Daß ein Weib eh als ein Mann / macht der Krieg / zu zehlen ſey:
Weiber / duͤnckt mich / ſtunden auch durch die Buhlſchafft Kriege
bey.

65.

Die Liebe.
Liebe / darff nicht lernen mahlen / weil ſie nicht die Farbe kennt /
Weil ſie blaues oft fuͤr rothes; vnd fuͤr weiſſes / ſchwartzes nennt.

66.

An das Frauen-Volck.
LJeben Weiber / laſſt mir zu / daß ich ſag jhr ſeyd wie Nuͤſſe:
Dieſen iſt in zarte Haut eingehuͤllt deß Kernes Suͤſſe;
Drauff folgt gar ein harter Schild; letzlich dann die bittre
Schale:
So ſeyd jhr / jhr Weiber / auch meiſtens (doch nicht allzumale)
Weil jhr Jungfern ſeyd vnd bleibt / ſeyd jhr gar von linden
Sitten;
Wann jhr Weiber worden ſeyd / muß man ſchlagen oder bitten /
Daß die Herꝛſchafft Maͤnnern bleibt; wann jhr alt vnd ſchmutzig
heiſſet /
O wie bitter wird es dem / der mit euch ſich ſchwaͤrtzt vnd beiſſet.
67. Frey -51Drittes Hundert.

67.

Freyheit.
Wer ſeinem Willen lebt / lebt ohne Zweiffel wol /
Doch alſo wann er wil / nichts anders als er ſol.

68.

Auff Milonem.
DU biſt ein groſſer Mann / dein Hertz iſt / Milo, klein /
Du ſagſt es ſey ſo recht vnd muͤſſe billich ſeyn:
Dein Hertze das zwar klein / ſey doch ein ſolcher Gaſt
Fuͤr den nicht nach Perſon / nach Werth / gehoͤre Raſt.
So / ſo! ſonſt iſt bekant / manch groſſes Fuͤrſten-Haus
Hat einen kleinen Zwerg / fuͤr einen groſſen Claus.

69.

Auff Calvum.
Calvus, der gantz kahl am Kopffe (meint man) werd aus Holtz
noch kleben /
Sorgt drum ſelbſten / wie der Hencker jhm wird doch die Huſche
geben.

70.

Auff Priſcam.
Priſca liegt in letzten Zuͤgen / dennoch kan ſie nicht von dannen:
Wann jhr Mann nur Mittel wuͤſte / wolt er gerne fuͤr jhr
ſpannen.

71.

Hofe-Falſchheit.
Falſchheit / iſt die Hofe-Gicht /
Artzt vnd Artzney heilt ſie nicht.
D d d iij72. Auff52Drittes Tauſend.

72.

Auff Planum.
Planus iſt ein tapffrer Kunde / gegen Abend in dem Schaten;
Dann daſelbſt wird ſeiner Groͤſſe / um ein groſſes eingerathen.

73.

Der Friede.
Solcher Fried iſt ſchwerlich gut
Der nicht Bauern ſanffte thut.

74.

Fuͤrſten-Gebot.
Fuͤr Gottes Echo iſt zu ſchaͤtzen.
Was frome Fuͤrſten ſagen / ſetzen.

75.

Sauff-Seuche.
Wen die Feuers-Noth ſo plagt / wen nur jmmer duͤrſten wil /
Den fuͤhrt endlich Waſſers-Noth / Waſſerſucht zu ſeinem Ziel.

76.

Der Apffel-Bieß.
Adam muſt in Apffel beiſſen / kunt es nicht verbeſſern /
Weil man noch zu ſelbten Zeiten nichts gehabt von Meſſern.

77.

Amts-Beſchwer.
Jedes Amt darff groſſe Sorgen; Uhren richten’iſt wol ſchwer;
Als ſich in all Ohren richten / weiß ich nicht was ſchwerer wer?

78.

Ein alter Fall.
Ein alt Weib fiel die Stiegen ab; Kein Wunder bildt euch ein;
Die Fruͤchte fallen von ſich ſelbſt / die uͤberſtaͤndig ſeyn.
79. Red -53Drittes Hundert.

79.

Redligkeit.
Redlich ſeyn / iſt ſo ein Amt / daß man fuͤr das beſte helt;
Die / die deſſen faͤhig ſeyn / ſind gar ſparſam in der Welt.

80.

Ein reich Weib.
Reiche Welber hat es wenig; jeder iſt / der eine wil;
Weil jhr nun viel außgeſuchet / werden mehr nicht funden viel.

81.

Geſetzlinge.
Juriſten / find wie Schuſter / die zerren mit den Zaͤhnen;
Das Leder: Sie die Rechte / daß ſie ſich muͤſſen dehnen.

82.

Chriſtliche Liebe.
Chriſten-Lieb iſt reformirt; abgedancket ſind bey jhr
Werck vnd That / die ſonſten doch ſind jhr Art vnd jhr Gebuͤhr.

83.

Auff Mopſum.
Mopſus kan von eignen Kuͤnſten nichts verrichten / nichts be -
ſinnen /
Wie ſein Weib / die ohne Mutter niemals hat gebehren kuͤnnen.

84.

Auff Narribertum.
Gut macht Muth; wann Narribertus nur zwey Thaler bey
ſich hat /
Weiß er durch das Thor zu gehen keinen Raum vnd keinen Rath.
D d d iiij85. Auff54Drittes Tauſend.

85.

Auff Grosſum.
Thaler / nennet man vom Thal; vnd wo Thal / da iſt es niedrig /
Weil nun Grosſus denckt Berg an / ſind die Thaler jhm gar
wiedrig.

86.

Kleider-Pracht.
Gold / auff Hoſen; keines drinne /
Macht Verdacht von armem Sinne.

87.

Auff Pralinum.
Wie dem Kopff / Gelegenheit;
Jſt / Pralin, dein Ehren-Kleid.

88.

Freundſchafft.
Freundſchafft / iſt ein theurer Schatz / jmmer hoͤrt man davon
ſagen /
Selten ruͤhmt ſich einer recht / daß er jhn davon getragen

89.

Auff Cottam.
Cotta liebt ſein liebes Weib / aber jhre Haupt-Gebrechen
Kan er / als ein redlich Mann / dennoch jhr fuͤr gut nicht ſprechen.

90.

Huren.
Wer ſich ſelbſten liebt vnd acht / laſſe Huren-Liebe fahren;
Huren geben jmmerdar / fuͤr gut Geld gar faule Wahren.
91. Sicher -55Drittes Hundert.

91.

Sicherheit.
SChiffer / die am Ruder ſitzen / kehren da den Ruͤcken hin
Wo ſie dennoch hin gedencken / wo ſie drauff mit Kraͤfften
ziehn:
Menſchen / die in Tag hin leben / dencken nimmer an den Tod /
Dem ſie doch in boͤſen Thaten rennen zu mit gantzer Noth.

92.

Klugheit.
Nicht allemal hat Stand Verſtand;
Ein Niedrer / hat offt mehr erkant.

93.

Liebes-Arbeit.
Liebe / die / die ſo gar muͤhſam dir in deiner Arbeit ſtehn
Sind gemeinlich die / die fleiſſig andrer Arbeit muͤſſig gehn.

94.

Klugheit vnd Kunſt.
Man hat dich klug; vnd dich gelehrt /
Weit abgeſondert offt verehrt.

95.

Knechte vnd Herren.
Manches ſind geborne Knechte / die nur folgen fremden Sinnen:
Manches ſind geborne Herren / die ſich ſelbſten leiten kuͤnnen.

96.

Thorheit.
Daß auff hohem Stuele / vielmal ſitzt die Thorheit /
Jſt erhoͤrt bey aller / vnd nicht nur bey der Zeit.

97.

Auff den geadelten Bibonem.
DRey Ballen Schnee in warmem Weine;
Diß Waffen / Bibo, iſt zwar deine:
D d d vNicht56Drittes Tauſend
Nicht weiß ich / wie die zwey beyſammen /
Auff deine Kinder werden ſtammen?

98.

Die Nothwendigkeit.
Noth / iſt vnſer ſechſter Sinn; hat im Augenblick erfunden /
Wo zu vor die andren Fuͤnff / in Gedancken ſtille ſtunden.

99.

Die Furcht.
Die Furchte / ſagt gar ſelten wahr /
Leugt meiſtens / wo nicht jmmerdar.

100.

Geſundheit vnd Faulheit.
Geſund vnd Muͤſſigang / ſo viel man taͤglich ſchaut.
Wohnt vnd vertraͤgt ſich nie gar gern in einer Haut.

Deß Dritten Tauſend Vierdtes Hundert.

58Drittes Tauſend

1.

Eine Hure.
WEm die Hur ins Hertze kuͤmt / wird ſie auch in Beutel
kummen /
Mag deñ zehlen was die Nacht jhm geſchenckt / der Tag genum̃en.

2.

Verbrechen.
Groſſen Fehlern / iſt ein Rath
Daß ſie deck ein goͤldnes Blat.

3.

Auff Bibonem.
Bibo iſt der andre Monde / ſtehet aber jmmer ſtille /
Nimmet an kein Vtrtel nimmer / bleibet jmmer in der voͤlle.

4.

Wein.
Guter Wein / verterbt den Beutel; boͤſer / ſchadet ſehr dem
Magen:
Beſſer aber iſt den Beutel / als den guten Magen plagen.

5.

Betrug.
JSt Betrug gleich noch ſo klug /
Gibt ſich letzlich doch ein Fug /
Daß er nicht iſt klug genug.

6.

Die Liebe deß Nechſten.
DEr / den Chriſtus lieb gehabt / daß er jhn mit Blut erworben?
Wie daß er durch vnſren Haß / vielmal ſchaͤndlich iſt ver -
torben?
Wann man ſeinen Nechſten haſſet / wirfft man CHriſto gleich -
ſam fuͤr /
Daß er den ſo wehrt geſchaͤtzet / den ſo wenig achten wir.
7. Suͤn -59Vierdtes Hundert.

7.

Suͤnden-Bekaͤntnuͤß.
HErr / ich muß dir nur bekennen / das ich nichts als Suͤnde bine
Werſt du nun nicht lauter Guͤte / wer ich laͤngſten ſchone hin.

8.

Deß Herren Abendmal.
WJe man CHriſti Leib kan eſſen / wie man Chriſti Blut kan
trincken /
Leſt ſich jener diß vernehmen / leſt ſich dieſer das beduͤncken:
Der den Leib gab ſelbſt zur Speiſe / der das Blut gab ſelbſt zu
trincken /
Der wird leiſten was verſprochen / ich wil glauben / du magſt
duͤncken.

9.

Heucheley.
Wo das Hertz iſt frey / vnd die Zung ein Knecht /
Da geht Redligkeit / wie die Krebſe recht.

10.

Vergnuͤgligkeit.
Gott gibt alles was wir duͤrffen; daß ſichs vns nu nim̃er fuͤget /
Macht die Wolluſt vnd Begierde / derer Stand ſich nie vergnuͤget.

11.

Beten.
Wer mit dem Munde / nicht mit Hertzen / zum Gebete ſich w[ill]
ſchicken /
Der kehrt dem / zu dem er betet / nicht Geſichte / ſondern Ruͤcken.

12.

Die Armen.
Welt / ſoll Armut ehren:
Welt / wil Armut mehren.
13. Der60Drittes Tauſend

13.

Der Glaube.
MAncher wil in Glaubens-Sachen reiner ſich als andre
ſchliſſen;
Gut! obs wahr / da laſſe reden ſeinen Wandel vnd Gewiſſen.
Denn auß Wandel vnd Gewiſſën
Kan man erſt den Glauben ſchlieſſen.

14.

Eitelkeit.
Eitelkeiten dieſer Welt / ſind der falſchen Muͤntze gleich
Gelten endlich auch nicht hier / weniger im Himmelreich.

15.

Sicherheit.
Wer in Suͤnden hier entſchlaͤfft vnd im Schlaffe bleibet ſtecken /
Dieſen muß in jener Klufft / hoͤlliſch Feuer endlich wecken.

16.

Die Welt ein Traum.
Jſt der Welt jhr Thun ein Traum? O ſo wird Noth / Leid
vnd Tod
Auch ein Traum ſeyn / drauß wir dort wachen auff bey dir / O
GOTT.

17.

Die Begierden.
UNſre Sinnen ſind die Hand / da wir willig mite nehmen /
Was vns zeugt die ſchnoͤde Welt / an vermeintem Luͤſt -
bequemen:
(ſchleuſt.
Wer Geſchencke nur nicht achtet / wer die Hand fuͤr Gaben
Den wird Welt wol nicht verfuͤhren / daß er wo jhr Gifft geneuſt.

18.

Das Ende.
UNſrer Straffen Ende / wolln wir gern erleben /
Wolln den Suͤnden ende dennoch nimmer geben /
Laſſen letztes Ende druͤber einher ſchweben.
19. Der61Vierdtes Hundert.

19.

Der ſchwartze Schnee.
Griſo hat ein graues Haupt / Griſo hat ein ſchwartzes Hertze;
Anaxagoras iſt recht: deine Farbe / Schnee / iſt ſchwaͤrtze.

20.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Wann Jhr fuͤr dem Spiegel ſtẽht / jmmer Fuͤrſtin / zweiffelt mir
Ob der Spiegel / ſpiegel Euch; ob dem Spiegel / Spiegel Jhr.

21.

Auff Pſeudonem.
Pſeudo leugt ſo trefflich ſehr / daß ich jhm nicht glauben kan /
Wann er da gleich / wann er leugt / daß er luͤge / ſaget an.

22.

Auff Gulonem.
Gulo iſt ſonſt nichts als Maul / was er gleich iſt um vnd an:
Dann ſein Thun iſt nichts als Dienſt / nur fuͤr ſeinen Gott / den
Zahn.

23.

Von der Galathea.
Weil man / zarte Galathea, einen alten Greiß dir gab /
Legte ſo man einen Todten in ein Alabaſtern Grab.

24.

Die Gaſtfreyen Schleſier.
WEiland waren wir geacht / daß wir ruͤhmlich gaſtfrey wa -
ren;
Daß wir dieſen Ruhm vnd Art / nunmehr etwas ſchimpfflich
ſparen?
Gaͤſte haben Haus vnd Wirth gantz vertilgt bey dieſen Jahren.

25.

Die Geluͤſte.
Der Luͤſte beſte Koſt /
Jſt wiederholte Luſt.
26. Artz -62Drittes Tauſend

26.

Artzney der Liebe.
THraſo meint: Zu Amors Poſſen
Sey er viel zu viel verdruſſen /
Lade Lieb in ein Piſtol
Schieſſe ſie ins weite Hol;
Wann er dieſes fuͤrgenummen
Sey ſie ſelten wieder kummen.

27.

Auff Stilponem.
STilpo du geſchwinder Kopff / balde weiſtu einen Rath /
Wie man ſollen machen das / was gefehlet etwa hat:
Weiſtu wie man dieſe nennt / die nicht Fruͤh-klug / ſondern ſpat.

28.

Auff Lallum einen Fuͤrſprecher.
Lallus wo du Sachen haſt / iſt den Richtern allen bange
Foͤdern dich / nicht weil du recht / weil du redeſt grauſam lange.

29.

Auff Largum.
Largus zeucht ſich an den Richter / wann die andern Recht an -
ziehn;
Parten denen er bedienet / haben deſſen viel Gewin.

30.

Die Zeiten.
Zeiten fodern wieder / was die Zeiten gaben /
Drum iſts nur gelehnet was wir Menſchen haben.

31.

Erbſchafften.
Wann Eltern Kinder wol erziehn vnd jhnen guten Namen
laſſen /
So iſts genug / ſo iſt es mehr / als Gold vnd Gold in Kaſten faſſen.
32. Freye63Vierdtes Hundert.

32.

Freye Bruͤſte.
Euer Bruſt / die iſt ein Fenſter; euer Bruͤſte / die ſind Scheiben /
Die jhr Jungfern ſo mit Fleiſſe pfleget an den Tag zu treiben.
Alſo kan / wie Momus wolte / jeder euch am Hertzen ſehn
Wie jhr wuͤntſcht / daß euch geſchehe / was euch noch iſt nicht ge -
ſchehn.

33.

Ein Glaube vnd kein Glaube.
Deutſchland ſoll von dreyen Glauben nunmehr nur behalten
einen;
Chriſtus meint / wann er wird kummen / duͤrfft er alsdann finden
keinen.

34.

Auff die Phyllis.
Das ſo lieblich Augen habe / ſonſt ſo haͤßlich Phyllis ſey /
Jſt kein Wunder; Fenſterſcheiben ſtehn ja mehr entheils im Bley.

35.

Himmliſches vnd Erdiſches Heil.
Daß im Himmel wil man zwar / dort ein jeder ſelig ſey:
Daß auff Erden / wil man nicht / hier ein jeder lebe frey.

36.

Erd-Goͤtter.
Obrikeiten heiſſen Goͤtter / ſolln den Menſchen Wolfahrt geben:
Wollen aber meiſtens ſelbſten von den Menſchen Wolfahrt
heben.

37.

Die Liebe deß Nechſten.
Wilſtu fuͤr der Welt erweiſen deines Glaubens Meiſter-ſtuͤcke?
Ey ſo ſih / daß deine Liebe fuͤr den Nechſten / deutlich blicke.
E e e38. Hofe -64Drittes Tauſend

38.

Hofe-Gunſt.
Herren-Gunſt hat keinen Grund; dann es hat nicht jmmer
Grund.
Das / worauß ſie erſt erwuchs; das / worauff ſie gerne ſtund.

39.

Eben ſelbige.
Herren-Gunſt vnd Vogel / ſind noch wol zu fangen:
Herren-Gunſt vnd Vogel / ſind geſchwind entgangen.

40.

Von der Pictinna.
Pictinna iſt gemahlt / vnd iſt doch nicht ein Bild?
Wie geht dann ſolches zu? Gedencke was du wilt.

41.

Zeit-gefoͤrmte Baͤrte.
Weil deß Bartes Stell jetzund / was der Bart ſonſt / gelten ſoll:
Gilt ſo viel als ſonſt das Haus / auch deß Hauſes Stelle wol.

42.

Auff Vitum.
Veit, man nennt dich einen Ochſen / diß gefaͤllt dir ſchwerlich
halb;
Ochſe kanſtu kuͤnfftig heiſſen / bleib jetzunder noch ein Kalb.

43.

Auff Hippicum.
Hippicus zaͤumt Pferde wol / kan nicht ſeine Zunge zaͤumen /
Die von Luͤgen / Schmach vnd Sehand / jmmer toben wil vnd
ſchaͤumen.

44.

Maͤchtige Diener.
Den groſſen Elephant / fuͤhrt offt ein kleiner Mohr:
Und groſſen Herren auch / ſchreibt offt ein Bauer vor.
45. Feder -65Vierdtes Huͤndert.

45.

Feder-Puͤſche.
DEr Federn auff dem Hute traͤgt / der duͤncket ſich was ſeyn:
Der Federn hinterm Ohre traͤgt / der duͤncket ſich kein
Schwein;
Mit dem / der Hut vnd Ohr beſteckt / kuͤm̃t niemand uͤberein.

46.

Sich ſelbſt beſiegen.
Sich ſelbſelbſten uͤberwinden / iſt der allerſchwerſte Krieg:
Sich ſelbſelbſten uͤberwinden / iſt der allerſchoͤnſte Sieg.

47.

Auff Ruffum.
Ob du Ruffus in der Welt / oder ob die Welt in dir /
Jſt nicht klar; doch iſt gewiß / daß du rund biſt gegen mir.

48.

Auff Nigricanum.
Niemand kan zweyen Herren dienen; hierzu weiß Nigricanus
Rath /
Der ſeinen Gott fuͤhrt auff der Zunge; den Teuffel in dem
Hertzen hat.

49.

Tadel-Richter.
Meine Reime richten keinen / meine Reime richtet jeder:
Richte / wen zu richten luͤſtet / jeder wird gerichtet wieder.

50.

Herꝛſchafft.
Was iſt das Regiment? die groſſe Sorgen-Buͤrde
Fuͤr andrer Leute Heil / Leib / Leben / Gut vnd Wuͤrde.

51.

Die Aertzte.
Wie Gott ſeyd jhr / jhr Aertzte; ſagt heimlich zu dem Krancken
Du muſt zur Erde werden: Und er muß noch wol dancken.
E e e ij52. Der66Drittes Tauſend

52.

Der enthaͤrte Samſon.
Samſon ſchlief bey Delila, vnd verſchlief ſein Haar vnd Staͤrcke:
Solcher Schlaf bringt auch noch heute / ſolche Beut vnd ſolch
Gemercke.

53.

Auff die Thais.
Thais wuͤntſcht geſtreckt zu ſeyn vnter Erde von drey Elen;
Was fuͤr Erd? Ein Menſch / ein Mann / laͤſt ſich auch fuͤr Erde
zehlen.

54.

Sich huͤten.
Soll der Menſch jhm ſelbſt verhuͤten / was jhm kan Gefahr
erregen /
Muß er ſich bloß auff das huͤten / ſonſt auff kein Geſchaͤffte / legen.

55.

Fuͤr-Witz.
Du / der du um mich dich kuͤmmerſt / ſaͤumſt zu kuͤmmern dich
um dich:
Kuͤmmre dich um dich zum erſten; bleibt dir Zeit / alsdann um
mich.

56.

Das Alte.
ALtes Geld vnd alter Wein
Pflegen noch beliebt zu ſeyn:
Sonſten acht man alte Dinge
Wo nicht nichts / doch gar geringe.

57.

Buͤcher.
DJe Wercke kluger Sinnen
Hat nie vertilgen kuͤnnen
Der67Vierdtes Hundert.
Der Zeiten ſtarcke Flucht
Wie viel ſie ſonſt vermocht:
Auff Stahl vnd Stein zu bauen
Darff keiner ſicher trauen /
Sie nemen eher Bruch
Als ein gelehrtes Buch.

58.

Neid.
Tugend / iſt deß Neides Mutter; um der lieben Mutter wegen
Sie zu haben / laſſe keiner jhm das Kind an Weg was legen.

59.

Der Hofe-Catechiſmus.
BEy Hofe keinem trauen; wer dieſe Regel kan
Der kan den Hofe-Glauben vnd iſt ein Hofe-Mann;
Der Hofe-Catechiſmus, ſteht meiſtens drauff vnd dran.

60.

Liebes-Artzney.
Maͤſſig vnd geſchaͤfftig Leben
Heiſt / der Liebe Gifft eingeben

61.

Das Geruͤchte der Fromen.
DEr Tod der alles ſterbt / den ſterbt ein gut Geruͤchte /
Das ſtirbt / wann gleich die Welt muß ſterben doch mit
nichte.
Beſteht vnd hat den Ruhm fuͤr Gottes Angeſichte.

62.

Auff Parcipromum.
ALle Kuͤnſte ſind zu viel / eine Kunſt recht faſſen kuͤnnen
Jſt genug zu rechtem Ruhm / iſt genug fuͤr Menſchen-Sinnen:
Parcipromus machets ſo; pflegt zum geben ſich zu ſchaͤmen /
Weil er ſolches nie gelernt / iſt nur bloß gelehrt zum nemen.
E e e iij63. Eine68Drittes Tauſend

63.

Eine Erbſchafft.
CYnthia wil jhren Mann / wann ſie ſtirbt der Chloris geben
Chloris wil die Erbſchafft nicht weiter vnd zuvor erheben
Biß ein Fund-Regiſter da (ſeht mir an den klugen Rath!)
Biß zuvor ſie ſey gewiß / was fuͤr Krafft die Erbſchafft hat.

64.

Auff Bombonillam.
Bombonilla iſt ein Schuͤtze / wil nur ſtets all eine ſchiſſen /
Wil vom ſchiſſen bey dem fechten / weder hoͤren weder wiſſen.

65.

Auff Gulonem.
Gulo fuͤrt durch ſeine Gurgel taͤglich groſſe Speiſe-Wagen;
Daß man meint die Landes-Straſſe geh vielleicht durch ſeinen
Magen.

66.

Zeit-Verluſt.
REd vnd antwort iſt zu geben
Beym Gericht in jenem Leben /
Fuͤr geſamte nuͤtze Gaben
Die wir her von oben haben:
O gewiß! das Zeit-vernichten
Wird man auch gar ernſtlich richten.

67.

Gichtbruͤchtige.
Wer ſind die / die offtmals wohnen zwiſchen Hoͤltznen Waͤnden /
Die doch haben Stein im Leibe / wie den Kalck in Haͤnden?

68.

Bule-Kunſt.
Wer ſonſt bult / der bult mit Reden / ſchreiben / wincken / tantzen /
pfeiffen:
Bauren bulen gar viel naͤher; bulen balde nur mit greiffen.
69. Die69Vierdtes Hundert.

69.

Die Welt.
Suͤndlich / zu; geplaget / in; klaͤglich gehn wir / auß / der Welt;
Was iſt der nur fuͤrtein Narr / der die Welt fuͤrs beſte helt?

70.

Von dem Bubalo.
Bubalus treibt ſtarck Gewerbe mit viel Polſcher Ochſen hauffen:
Neulich wolt ein Widerkaͤuffler jhn mit ſam den Ochſen kauffen.

71.

Auff Ginandrum.
Ginander deine Trew iſt Weiblichen Geſchlechtes;
Bringt lauter Mißgeburt / gibt nimmer me was rechtes.

72.

Raͤthe.
Jm Rathen iſt ein Pfuſcher / der einen Rath zwar gibt /
Nie aber / was er rithe / hat ſelbſten außgeuͤbt.

73.

Dreyerley ſchaͤdliche Leute.
WO viel Fremde kummen hin / iſt viel neues mite kummen:
Wo viel Aertzte kummen hin / gehn die Menſchen weg mit
ſummen:
Wo viel Advocaten ſind / geht gerades nach dem krummen.

74.

Zeit-Kleider.
WErcke / zeugen von dem Glauben; drum wird nach den
Wercken ſprechen /
Wann den Stab / bey letztem Tage / Chriſtus wird gerichtlich
brechen.
Wird es / die als einen nackten Jhn zu kleiden fuͤr genummen /
So es nicht war nach der Mode, denen auch zu ſtatten kummen?
E e e iiij75. Auff70Drittes Tauſend

75.

Auff den Vanum.
Vanus kuͤmt in vnſer Land; wil wir ſollen alles machen
Nun wie er es haben wil; wil er / daß wir ſollen lacheu?

76.

Boßheit.
Der ſchwaͤrtzte Mohr / der ſchoͤnſte Mohr:
Der ſchlimſte kuͤmt am ehſten vor.

77.

Auff den trunckenen Vitum.
Man warff dich Veit, die Stiegen ab / du aber achſt es klein /
Sprichſt: hett es nicht ein Menſch gethan / ſo hets gethan der
Wein.

78.

Auff die Blancam.
Blanca dreuet weg zu ziehen; ſchade! ſchabe! laß ſie gehn;
Weil ſie nur nicht iſt die Sonne / wird kein Finſternuͤß entſtehn.

79.

An eine Fuͤrſtliche Perſon / uͤber der Geburt eines jungen Printzen.
Fuͤrſtin / von den Obotriten einer deutſchen Helden-Art
Hergeſippt; Gerechtem Stamme / von Piaſtus zugepaart;
Der / den jhr geboren habt / dieſer wolle wie wir beten /
(Geb es GOtt /) durch Muth vnd Recht allen Helden oben -
treten.

80.

Thorheit.
UNter Thieren iſt kein Narr; das die Affen gauckeln kuͤnnen
Jſt bey jhnen Ernſt vnd Art / iſt nur Thorheit vnſren
Sinnen;
Bleibt dabey / daß Menſchen nur / Thorheit bey Vernunfft be -
ginnen.
81. Von71Vierdtes Hundert.

81.

Von einem jungen Printzen / Chriſtian Albrechten.
HEil waͤrt / Adelwehrt ſind Namen
Die fuͤr Fuͤrſten loͤblich kamen.
Jſtrecht Chriſtenthum dabey /
Weiß ich nicht / was ſchoͤner ſey.

82.

Schoͤnheit.
Ob Schoͤnheit gleich nicht naͤhren kan
So reibt man ſich doch gerne dran.

83.

Einfalt vnd Liſt.
DA Lamm vnd Fuchs nach Hofe kam /
Geſchah es / daß man beyde nam;
Den Fuchs / der nachmals oben ſaß /
Das Lamm / davon ein jeder fraß.

84.

Die Warheit.
Wie die Art der Warheit ſey / ſagen drey der erſten Littern /
Kehr ſie um / ſo heiſt es raw; Warheit hat ſtets was vom
bittern.

85.

Das Haupt.
Der Menſch / der iſt die kleine Welt; ſein Haupt das iſt der
Himmel;
Gar recht! denn da entſpinnt ſich her manch Wetter vnd Ge -
tuͤmmel.
E e e v86. Jung -72Drittes Tauſend

86.

Jungfern-Sinnen.
JUngfern haben hertzlich gerne / daß man ſie bedien vnd ehre:
Jungfern haben hertzlich gerne / daß jhr Schmuck ſich taͤg -
lich mehre:
Jungfern haben gerne Geld; Jungfern leben gerne gut:
Jungfern haben gerne Ruh: Jungfern haben gerne Muth:
Kuͤmt nun denn ein alter Buler / der diß alles kunte leiſten /
Sah man wie ſo viel geliebtes / ſie ſam jhm bey Seite weiſten /
Nahmen einen Jungen an; wie es gleich um jhn bewand.
Urſach / iſt am Tage nicht / iſt vielleicht der Nacht bekant.

87.

Gedancken.
GEdenck en magſt du alles / nicht alles darffſtu ſagen /
Das ſagen pfleget Buſſe / das dencken nicht zutragen /
Wil nur nicht dein Gewiſſen dich fuͤr dir ſelbſt beklagen.

88.

Von der Gellula.
Als Amor ſchuß die Gellula, ey / rieff ſie / welche poſſen!
Daß nach mir wuͤrde / war ich da / als wie ein Ziel / geſchoſſen.

89.

Lebens-Regel.
DJr ſelbſten ſey bekant /
Sonſt keinem gantz verwand:
Denn ſo ſteht jetzt der Stand.

90.

Auff Pigrittam.
Pigritta brauchet gerne Ruh; wie ſo? ſie hat vernummen /
Der Menſch ſey nur in dieſe Welt / wie in ein Gaſthauß kummen.
91. Auff73Vierdtes Hundert.

91.

Auff Altum.
Altus iſt ein tapffrer Mann / deſſengleichen man laum fuͤnde:
Were tapffrer / wann er nicht daß er tapffer / ſo verſtuͤnde.

92.

Das Weinacht-Feſt.
Kuͤmt vom Weinen / kuͤmt vom Weihen / kuͤmt vom Wein /
Weinachten her?
So / wie jeder jhm ſie brauchte / kamen ſie jhm ohn Gefehr:
Weil der Welt-Erloͤſer drinnen / in die Welt iſt knmmen ein
Solten ſie Frei-nachten heiſſen / ſolten ſie Freu-nachten ſeyn.

93.

Der Geburts-Tag Chriſti.
Der Chriſtag faͤllt durch ſieben Jahr auff alle Wochen-Tage /
Ob Chriſtus dann nun ſiebenmal alſo geboren lage?

94.

Auff Morum.
Morus hat viel Geld vnd Gut / muß da bey doch hungrig faſten;
Ey der Teuffel vnd nicht er / hat die Schluͤſſel zu dem Kaſten.

95.

Armut.
Ob die Armut gleich nichts hat / hat ſie dennoch reiche Gaben /
Dann ſie kan ſtets Sicherheit vnd ein gut Gewiſſen haben.

96.

Zeitliche Guͤter.
Weltlich Gut wird von ſich ſelbſt / oder wird von vns verzehret /
Oder wird durch Liſt vnd Macht / andren zu / vns weg / gelehret.

97.

Faſtnacht.
Unter allen hohen Feſten / hat die Faſtnacht Oberſtelle /
Weil man ſiht / daß jhr zu Ehren / ſich das meiſte Volck geſelle.
98. Der74Drittes Tauſend

98.

Der Liebe Nahrung.
Jhr Buhler / daß jhr bald die Lieb entzuͤnden kuͤnnt /
So brauchet Gold / als Holtz; ſo brauchet Lob / als Wind.

99.

Der Liebe Blindheit.
EJn Kohl-Sack vnd ein Wolle-Sack / da die beyſammen
ſtunden /
Da ſchuß Cupido, vnd der Pfeil ward in dem ſchwartzen funden:
Die Lieb iſt an die Farbe nicht / dieweil ſie blind / gebunden.

100.

Fluͤchtigkeit aller Dinge.
Wie muͤhſam wird erworben / Geld / Witz / Genade / Tittel?
Doch huͤllt man ſie zum letzten in einen ſchlechten Kittel.

Deß Dritten Tauſend Fuͤnfftes Hundert.

76Drittes Tauſend

1.

Vom Narcisſo.
WAnn die Buler jhrer ſelbſten / ſolten zu Narciſſen werden /
Hett es faſt ſo viel Narciſſen / als es Menſchen hat auff
Erden.

2.

An den Mirum.
Mirus, das die Kunſt-Goͤttinnen alles Wiſſen dir gewehret /
Jſt zu wenig; du haſt voͤllig die Vollkummenheit geleeret.

3.

Auff Caſcum.
Bey Maͤnnern / iſt er Weib; bey Weibern / Caſcus Mann;
Genug / daß er doch was / vnd ſo nicht gar nichts / kan!

4.

Auff eines Freundes Geburts-Tag.
ES oͤffnet deinen Tag der Sonne goͤldne Kertze:
Mein Reim / iſt Freund das Band; die Gabe / ſey das Hertze:
Gibſt du mir Hertz um Hertz / vnd um die Reime Wein /
So ſolls gebunden ſo / vnd ſo geloͤſet ſeyn.

5.

Beliebliche Sachen.
WO in der Schale ſpringt der Wein /
Wo kluge Seiten ſpielen rein /
Wo ſuͤſſe Kuͤſſe fallen drein /
Da kan man hertzlich luſtig ſeyn.

6.

Auff Vulpinum.
DEin Hertz als ein Caſtell / hat gar viel Auſſen-Wercke /
Wer drein / Vulpinus kuͤmt hat nicht gemeine Staͤrcke /
Der drein noch kummen wer / iſt keiner den ich mercke.
7. Auff77Fuͤnfftes Hundert.

7.

Auff Peponem.
PEpo fuͤrchtet alle Leichen / auſſer einer; denn er ſpricht:
Seines lieben Weibes Leiche woll er warlich fuͤrchten nicht /
Denn er hatte / weil ſie lebte / ſie zufuͤrchten ſchon verricht.

8.

Die Gicht.
Ein Tartariſch Ubel / wird die Gicht genennt:
Gar ein Tuͤrckiſch Raſen iſt ſie / wer ſie kennt.

9.

Hofe-Glieder.
Was dient bey Hoff am meiſten; der Kopff? nicht gar / die Zunge:
Was dient bey Hoff am treuſten; das Hertz? O nein / die Lunge.

10.

Das Gold.
Jſt der Erdkreiß / wie man meint / ablangs rund als wie ein Ey /
Jſt kein Wunder / daß in jhr gelbes Gold der Totter ſey.

11.

Gold.
Der gelbe Kern der Erde / das Gold / hat alle Macht /
Daß alles ſonſt fuͤr jhme wie Schalen wird geacht.

12.

Auff Pſeudonem.
Wer / Pſeudo, dir zum Hertzen zu / gleich ſtoͤſt ſo manche Wunde /
Der trifft es nicht / du fuͤhrſt das Hertz am meiſten in dem Munde.

13.

Abgehende Buͤcher.
Wer Buͤcher ſchreiben wil / die wol ſolln abegehn /
Der ſeh / das drinnen nur mag viel zum Lachen ſtehn.
14. Ein78Drittes Tauſend

14.

Ein Juͤngling an die Jungfern.
JHr Jungfern / wenn ich ſolte
So wie ich gerne wolte /
Jhr wuͤrdet ſehn / ich wolte
Nicht anders / als ich ſolte /
Denn dïß wer / was ich ſolte
Was Euer Wille wolte.

15.

Der Suͤnden vnzehliche Anzahl.
DRey Hundert Sechtzig Fuͤnffe ſind Tage von dem Jahre;
Wann ſiebenmal deß Tages der Frome faͤllig ware /
Was meint man was fuͤr Summen der Suͤnden werde ſpinnen /
Der Boͤſe? Der ſtets frevelt mit Worten / Wercken / Sinnen.
Was meint man was fuͤr Zahlen zu letzte dieſer zehlet /
Der Sechtzig / Siebtzig Jahre / faſt augenblicklich fehlet?
Es bleibt dabey / jhr Menſchen / daß Gott an euch nichts finde /
Was er nicht ſelbſten gibet / als Suͤnde / Suͤnde / Suͤnde!

16.

Auff Veturiam.
VEturia ſchimpfft alte Leute; wer jhr nur etwa wuͤntſchen
wil
Daß ſie der Tod moͤg ehſtes holen / der ſorget warlich viel zu viel;
Wie kan ſie durch ein altes Leben dann treffen auff ein junges
Ziel?

17.

Der Tod.
Der ſich nicht zu ſterben fuͤrchtet / der ſich nicht zu leben ſchaͤmet /
Dieſer ſorgt nicht wie vnd wanne ſich ſein Sterben jhm be -
quaͤmet.
79Fuͤnfftes Hundert.

18.

Auff Flojam.
Floja waͤr ein ſchoͤnes Weib / wann ſie ſich nur kuͤnte ſchaͤmen /
Dann da kuͤnte ſie vor Scham / eine ſchoͤne Roͤthe nemen.

19.

Ehrerbittung.
WEr zu Ehren was ſtellt an /
Mag erſparen was er kan /
Nur daß er an Ehren nicht
Etwas ſpart vnd abebricht.

20.

Frantzoͤſiſche Geberde.
WJr kleiden jetzund / jhr Frantzoſen /
Der Deutſchen Ruhm in eure Hoſen:
Jhr kuͤnt es ſchwerlich anders machen /
Jhr muͤſt zu vnſrer Thorheit lachen.

21.

Das Vaterland.
Jeder iſt dem Vaterlande ſchuldig alles Gut vnd Blut:
Mancher nam dem Vaterlande lieber alles Blut vnd Gut.

22.

Auff Grittum.
Grittus ſolte Hochzeit machen / vnd es kam was andres drein /
Daß er jhm Gevattern muſte vnverſehens laden ein.

23.

Tugend / ſtat Laſters.
Tugend iſt nicht allen nuͤtze; wann ſich Thais ſchaͤmen wil
Hat ſie noch von guten Naͤchten / noch von gutem Lohne viel.
F f f24. Vom80Drittes Tauſend

24.

Vom Glotto.
GLottus iſt ein guter Redner; was er redet thut er nicht /
Dann er hat gar nimmer weile / daß er thaͤte was er ſpricht /
Hat jhm einen auffgenummen / der das Thun fuͤr jhn verricht.

25.

Die Falſchheit.
Hoͤfligkeit verlohr den Rock; Falſchheit hat jhn angezogen /
Hat darinnen viel geaͤfft / hat manch Bieder-Hertz betrogen.

26.

Auff Claudiam.
Claudia du reine Jungfer; daß du rein biſt / iſt gewiß;
Nur daß dieſes / der es glaube / keiner ſich bereden ließ.

27.

From ſeyn ums Lohn.
Umſonſt iſt keiner gerne from; wann Tugend nur was traͤgt /
So wird ſie / weil ſie Fruͤchte bringt / geachtet vnd gepflegt.

28.

Zweyfaltigkeit.
Wer es ſo meint / wie er redet / redet wie es Gott gefaͤllt:
Wer es nicht meint / wie er redet / haͤlt es / wies der Teuffel haͤlt.

29.

Zeit-Folge.
Wer lieblich ſingen wil / muß fallen bald / bald ſteigen:
Wer ruhig leben wil / muß reden jetzt / jetzt ſchweigen.

30.

Jugend.
WEil Junge denn Alte / weit muthiger ſpringen:
Weil Junge denn Alte / weit luſtiger ſingen:
Weil Junge denn Alte / weit ruͤſtiger juͤngen:
So pflegt es den Jungen bey ſolcherley Dingen /
Bey Jungfern vnd Witwen / fuͤr Alten gelingen /
Daß81Fuͤnfftes Hundert.
Daß leichtlich ſie nieſſen vnd leichtlich erringen.
Was pfleget zu ſchoͤnen / was pfleget zu klingen.

31.

Juͤnglinge vnd Greiſe.
Heurathen / ſollen Junge; zu rathen / ſollen Alte /
Auff daß der Menſchheit Weſen / durch beyde ſich erhalte.

32.

Auff Cynthiam.
Cynthia das gute Menſch iſt / vnd ſagt nicht wo / ſo kranck /
Darff / vermein ich / ein Recept drey (vnd druͤber) Elen lang.

33.

Nachgeben.
Wer bey Hofe ſeinen Stand / wol wil gruͤnden /
Baw jhn nicht auß Eichen auff / ſondern Linden.

34.

Reiſen.
Wilft du reiſen durch die Welt? O ſo nim alſo den Strich /
Daß du alles wol beſchauſt / vnd ſelbſt fuͤhreſt dich durch dich.

35.

Kleider.
Kleider machen Leute; trifft es richtig ein /
Werdet jhr / jhr Schneider / Gottes Pfuſcher ſeyn.

36.

Die Mode.
UNter ſo viel tauſent Menſchen / ſchuff GOtt ſchwerlich derer
zwey
Drunter einer / wie der ander / durch vnd durch gar gleiche ſey:
Nur die Mode wil es haben / das die Leute gar in ein
Sich ſolln kleiden vnd geberden / oder gar nicht Menſchen ſeyn.
F f f ij37. Der82Drittes Tauſend

37.

Der Welt Comedien-Spiel.
DJe Welt ſpielt manches Spiel;
Sie ſpiele was ſie wil /
Sind Narren jmmer viel.

38.

Enderungen.
Heute / ward das neue jung; geſtern / ſtarb das alte Jahr;
So ergeht es aller Art / druͤber Zeit die Mutter war.

39.

Von Vito.
Kuͤmt gleich manches Neues Jahr / dennoch klaget Veit / jhm
bleibe
Fort vnd fort manch altes Jahr; naͤmlich bey dem alten Weibe.

40.

Schoͤnheit.
Traw der Farbe nicht zu viel; was Natur ſo ſchoͤn gebildt /
Drunter hat ſich Geilheit / Pracht / Thorheit / Fautheit / offt
verhuͤllt.

41.

Eine koͤſtliche Artzney.
DLog vnd Reblis / das ſind Kraͤuter / derer wunder-groſſe
Krafft /
Alles kuͤnnen / alles haben / nur das Leben nicht / verſchafft.

42.

Auff Vitum.
Vitus nennt ſein Weib Gemahlin; billich! weil ſie ſich ſo mahlt /
Daß um Weiſſes vnd um Rothes jaͤhrlich ſie viel Thaler zahlt.
43. Die83Fuͤnfftes Hundert.

43.

Die Frantzoͤſiſche vnd Deutſche Sprache.
WEr zu einer / die nicht ehlich iſt geboren / ſich verfreit /
Dieſer macht / daß jhn bey Zunfften / kein in jhrem Mittel
leidt:
Weil Frantzoͤſiſch / wie man ſaget / iſt / Latein / dein Huren-Kind
Wie dann / daß um ſie bey Deutſchen ſo viel tolle Freyer ſind?

44.

Auff Picum.
Picus hat ein ſolches Weib / die zwar Augen ſeben kuͤnnen /
Nur der ſelten Nachbarſchafft eine Naſe wil verguͤnnen.

45.

Vom Criſpo.
Criſpus hat gereiſt / iſt hurtig / iſt gelehrt / vnd wird veracht?
Ey der neue Muſter-Schneider hat jhm noch kein Kleid gemacht.

46.

Groſſe Einfalt.
Wer ſich gar zu alber haͤlt / wer ſich gar zum Lamme macht /
Dieſer wird / als wie ein Lam̃ / von den Woͤlffen abgeſchlacht.

47.

Hofe-Gunſt.
Hofe-Gunſt wird nicht vernagelt / iſt mit Wachſe nur gekleibet /
Daß ſie jetzund Zornes Hitze / Liebes Kaͤlt jetzt runter treibet.

48.

An einen guten Freund zum drittenmal Braͤutigam.
I Ch Von Namen wol bekanter / gar nicht fremder von Gemuͤte /
Trete bey mit meinen Freuden deinen Freuden / nicht auß
Bitte
Sondern / Freund / auß Hertzens-Treuen. Meine Reime ſollen
ſagen /
Was von deinem New-Beginnen / Sinnen fuͤr Gedancken tragen.
F f f iijFreund /84Drittes Tauſend
Freund / der kleine Flammen-Schuͤtze hat das dritte Freu -
den-Feuer
Angeflammt in deinem Hertzen / uͤber Freuden / die ſonſt theuer;
Naͤmlich daß bey dreyen Ehen Liebes-Kertzen alſo brennen /
Daß man ſie durch Haß vnd Graͤmen nimmer kan erloſchen
nennen
Anſſer wann der Tod geblaſen. Zwar die dritte Fackel glaͤntzet
Dir im Hertzen nur erſt neulich; daß mein Reim die Rey er -
gaͤntzet
Und die drey fuͤr voll genennet / iſt verſtattet den Poeten
Die der jnnre Trieb von oben macht nicht ſelten zu Propheten
Stieſſen mich auch gleich Poeten auß von jhren klugen Zunfften
Weiß ich ſchone / Freund dein Arten / weiß ich deine Wol-Ver -
nunfften;
Keine Liebſte kan dich haſſen / weil ja du das Haſſen nimmer /
Weil ja du mit voll ein Hertzen trew zu lieben uͤbeſt jmmer.
Allen / iſt es nicht zu rathen / die nach deinen Schriten
ſchreiten!
Manchen hat bey dreyen Fackeln wo ein Jrꝛwiſch wollen leiten
Jn den Sumpff der tieffſten Sorgen: Manchem wurden drauß
Planeten
Die jhn wirꝛ vnd jrre machten: Manchem blaſſe Leich-Cometen /
Die jhm in das Grab geleuchtet: (wann ichs aͤrger duͤrffte
machen)
Manchem worden / wolt ich ſagen / ſolche Kertzen lauter Drachen.
Dreymal freyen freut nicht Jeden; haben nicht von allen
dreyen
Plage-Geiſter ſich gewandelt / kam doch einer wol nach zweyen.
Waren alle drey nicht Græen, waren ſie nicht Gorgoninnen,
Waren ſie nicht alle dreye Lebens-Faden-Reiſſerinnen /
War es doch zum minſten eine. Frauen ſind nie ſo gegleichet
Daß die eine gantz der andren Sinnen vnd Geſicht erreichet.
Aber ſtille / Freund / ich ſchertze! Bey dem niedren Poͤfel -
Hauffen
Da die Ehen auff Gewerbe / nach Gewinn vnd Vorthel lauffen /
Da man an der Erde klebet / da hats dreymal drey Bedencken /
Dreymal Fꝛauen bindlich werden. Die Gemuͤter die ſich ſchencken /
Weil85Fuͤnfftes Hundert.
Weil ſie auch von dannen buͤrtig / nur dem Himmel / ſich zu leiten /
Dieſe / wann ſie dieſem folgen / werden nimmer mißlich ſchreiten.
Jn der Tugend Frauen-Zimmer / da iſts gut die Braͤute wehlen /
Da kan etwa nicht die dritte / da kan nimmer keine fehlen.
Die zumahl ſich ſo gewaſchen durch viel tapffres Stamm-Ge -
bluͤte /
Daß die Welt / der groſſe Zeuge / ſelbſten zeugt von jhrer Guͤte /
Sie auch hoͤher ſtellt als andre. Wo die edlen Sinnen-Guͤter
Recht nur in die Handlung kummen / wo das andre Schein-Ge -
flitter
Nur nicht wo die Witz vergauckelt / da iſt / wies der Himmel
ſchicket /
Einmal freyen / zweymal freyen / mehrmal freyen / wol gegluͤcket.
Werther Freund / du jmmer Einer / haſt nur jmmer diß er -
meſſen /
Drum iſt nie (ſie wird auch nimmer) deines Sinnes Frucht ver -
ſeſſen.
Jmmer hin zum dritten male! was gedrittet iſt vollkummen /
Drey ſind aller guten Dinge: Was nur gut / iſt gut mit ſum̃en!
Wer nur ſonſt iſt gut geſinnet iſt ein Zeuge meiner Sinnen /
Du haſt der geſtallt umarmet alle drey die Charetinnen.
Liebe! wie du pflegſt zu lieben: Lebe! das dich mancher neide:
Aber ſtets der Himmel Liebe: wuͤntſcht ein Freund in Lieb vnd
Leide.

49.

Der Poeten Brunnen.
Poeten ſagen viel von jhrem Brunn-Gewaͤſſer;
Das Waſſer / iſt der Wein; der Brunnen / ſind die Vaͤſſer.

50.

Auff Aſteriam.
Aſterie du Himmel / der nur mit Zierden blitzet /
Dir mangelt noch ein Atlas, der dich recht vnterſtuͤtzet.
F f f iiij51. Die86Drittes Tauſend

51.

Die rechte Hand.
WEiland war das Haͤnde dupeln
Alſo viel / als Hertzen einen:
Nunmehr wann ſich Haͤnde kupeln
Bleibt es auch bey duplem meinen.

52.

Auff Virulentam.
VIrulenta, dein Verſtand
Jſt wie ein Seelaͤndiſch Land /
Wann die Gall es uͤberdaͤmmet /
Jſt das gantze Land verſchwaͤmmet.

53.

Hochzeit-Wuntſch.
WEhrtes Paar / was an euch ſelbſt dienen kan zu gutem
Gluͤcke
Hat ſchon dieſes Gluͤcke / das dran nicht mangelt wol ein Stuͤcke
Was von auſſen kummen ſoll / kumm euch auch mit mildem
Hauffen /
Leben / Gnuͤgen / Freude / Troſt / Segen / Huͤlle / Voͤll vnd Tauffen.

54.

Ein Kuß.
PHyllis ſchickte Thyrſis zu / durch ein Brieflein einen Kuß /
Unter Wegens ward er kalt / bracht jhm ſo nicht viel Genuß:
Drum ſo ſchrieb er / wann ſie wolte / ſolte ſie zwar ſchrifftlich
gruͤſſen /
Jmmer aber ſelbſten kummen wann ſie wolt / vnd muͤndlich
kuͤſſen.
55. An87Fuͤnfftes Hundert.

55.

An die Frauen.
KRieg hat der Maͤnner Zahl gemindert /
Vnd Menſchen-Wachsthum ſehr verhin -
Jhr Weiber / ſollt hier Rath zu ſchaffen
dert:
Die Sinnen recht zuſammen raffen /
Vnd euch fein rund vnd kurtz erklaͤren /
Ob jhr ſtets Zwilling wolt gebaͤren:
Sonſt oder Maͤnnern nicht verargen /
Daß ſie nur nicht mit einer kargen.

56.

Jungfern-Mord.
GEſtern war ein Freuden-Feſt / drauff ward in der ſpaͤter
Nacht /
Eh es jemand hat geſehn / eine Jungfer vmgebracht:
Einer iſt / der ſie vermutlich (alle ſagens) hat ertoͤdtet /
Dann ſo offt er ſie beruͤhret / hat die Leiche ſich erroͤthet.

57.

Auff Lubidam.
Lubida, du biſt der Himmel; der nach dir ſich ſehnet hin
Darff auff keinem ſchmalen Steige / mag auff offner Straſſe ziehn.

58.

Auff Matthæum.
Matz / wil mehr nichts gutes thun / weil er nie nicht wird be -
danckt:
Danckens iſt ſein Thun nicht werth / weil er bloß damite prangt.

59.

Abfall.
Was hilffts / daß durch verlaugnen die Noth zwar geht fuͤr uͤber /
Wann nachmals im Gewiſſen gleichwol entſteht ein Fieber?
F f f v60. Schmaͤtz -88Drittes Tauſend

60.

Schmaͤtzrichen.
AMor ſaß zu nechſt betruͤbet
Weil ſein Pfeil was mißgeuͤbet /
So doch ſelten ſich begibet:
Sahe drauff zwey Muͤndlein ringen /
Hoͤrte ſuͤſſe Schmatzer klingen /
Da hub Amor an zu ſpringen.

61.

Ungleiche Ehe.
DEr junge Schnee / der Haut; kam zu dem Schnee / der Haare /
Auff daß mit jenem der / auff eine Zeit ſich paare:
Das paaren gieng wol an / doch ward man zeitlich innen /
Der Haut-Schnee / der war Glut; der Haar-Schnee / muſte
rinnen.

62.

Die Mode.
WAs iſt die Mode fuͤr ein Ding? Wer kennt ſie von Geſicht?
Jch weiß nicht wer ſie kennen kan; ſie iſt ja angericht
Nie morgen / wie ſie heute war: Sie kennt ſich ſelbſten nicht.

63.

Das Frantzoͤſiſche Deutſchland.
Daß Deutſchland deutſche Kinder zeugt? Sie haben ſo nur mehr
Beſchwerden;
Sie muſſen / ſolln ſie gelten was / Frantzoſen dennoch alle werden.

64.

Aller Anfang iſt ſchwer.
PHyllis ſolte pfeiffen lernen /
Wolte ſich davon entfernen /
Ward beredet doch zum greiffen
So der Grund iſt zu dem pfeiffen:
Als89Fuͤnfftes Hundert.
Als ſie dieſes nun verſtunde
Lied ſie auch die Pfeiff im Munde /
Wolte ſie / war ſo befliſſen /
Nimmer auſſer Mnndes wiſſen /
Liebte ſonderlich die Lieder
Die da gingen hoch / nicht nieder:
Alſo wil in allen Sachen
Nur der Anfang ſchwer ſich machen.

65.

Einbildung.
Ein Bild / das was bildt ab / kan nicht / daſſelbte Weſen ſelbſten
ſeyn:
Noch lange nicht wird werden der / das / was er jhm gleich bildet
ein.

66.

Auff Hermetem.
Hermes iſt der beſte Redner / weit vnd breit / vnd um vnd um:
Ein Gebrechen iſt bedencklich; manchmal iſt er Silber-ſtumm.

67.

Die Deutſche Sprache.
Kan die Deutſche Sprache ſchnauben / ſchnarchen / poltern / don -
nern / krachen?
Kan ſie doch auch ſpielen / ſchertzen / liebeln / guͤtteln / kuͤrmeln /
lachen.

68.

Faſtnacht vnd Aſcher-Mitwoche.
Chriſten machet alle Jahr toll vnd naͤrriſch eine Nacht /
Die der Tag / der kuͤrtzlich folgt / durch was Aſche heilig macht.

69.

Der Deutſche Krieg.
DU biſt / Cypreſſen-Baum / ein Baum gerader Hoͤhe /
Dran aber niemand ſah / daß ſondre Fruͤcht viel ſtehe.
Dein90Drittes Tauſend.
Dein Brauch war ſonſt nicht groß / als daß man dich gebraucht /
Wann weiland eine Leich im Feuer hat geraucht:
Was hat der Deutſche Krieg / der ſich ſo lang erſtrecket
Von Fruͤchten vnd von Nutz doch jmmer außgehecket?
Er wuchs vnd wuchs fuͤr ſich: hat aber den Entgelt
Daß er dem Deutſchen Preis / den Leichendienſt beſtellt.

70.

Boͤſes uͤbertrifft Gutes.
Fuͤr ein eintzles / das man thut /
So es iſt zu nennen gut /
Kan man zehen boͤſer Stuͤcke
Rechnen ab vnd ziehn zu ruͤcke.

71.

Davids Lebens-friſt.
Unſer Leben wehret ſiebzlg / wann es hoch kuͤmt / achtzig Jahr:
Muͤh vnd Arbeit ware koſtlich / wo das Leben koͤſtlich war.

72.

Erblicher Adelſtand.
Eines andren Adel adelt:
Keines andren Tadel tadelt.

73.

Auff Huldibertam.
Huldiberta hat kein Kind / weniger noch Kindes Kinder:
Mancher Schoßfall / wie man ſagt / fellt jhr dennoch zu nichts
minder.

74.

Ein Sperling.
Der Sperling / der iſt unter Vogeln / was unter Menſchen iſt der
Bauer:
Jſt ungeſchickt / iſt ſchlecht gezieret / hat Weitzen lieb / iſt gar ein
Lauer.
75. Von91Fuͤnfftes Hundert.

75.

Von Corno.
COrnus wil bey Hofe dienen; hat er etwa ſondre Gaben?
Die / die denen ſind gemeine / welche Haͤnd vnd Fuͤſſe haben:
Gar genug! der iſt der beſte. Sieht man da auff was / was innen /
Jſt es etwa nur der Magen; denn man achtet keine Sinnen.

76.

Ein Troſt.
EJne Fuͤrſtin ſtarbe / noch in beſter Jugend /
War wie an dem Stande / Fuͤrſtin auch an Tugend /
Jeder der ſie kante / obs gleich nichts gegulden /
Hat deß Todes Toben / dennoch ſehr geſchulden.
Einer / klagte hefftig / das die Thraͤnbach fioſſe;
Ach ſie iſt geſallen / Babylon die Groſſe!

77.

An die Kunſt-Goͤttinnen.
JHr / jhr ſuͤſſen Zucker-Maͤgdchen / Jhr / jhr zaͤrtſten Pindus -
Toͤchter /
Seyd nicht wie die andern Jungfern / die da treiben ein Gelaͤchter /
Wann ein Haar-bereiffter Buler / wann ein Gicht-gekraͤnckter
Freyer /
Jhnen anzeigt ſeine Flammen / jhnen anſtimmt ſeine Leyer.
Jhr / jhr ſchoͤnen; Jhr / jhr lieben / habet Luſt an reiffen Sinnen /
Wolt am ehſten die begunſten / wolt am liebſten lieb gewinnen /
Die durch vieler Jahre wiſſen / die durch vieler Jahr erfahren /
Jnnerlich ſich ſchoͤn vnd hurtig / voller Geiſt vnd Witz gebahren.

78.

Der Geharniſchte Friede.
Der Friede geht im Harniſch her; wie iſt es ſo beſtellt?
Es ſteht dahin; er iſt vielleicht die Pallas vnſrer Welt.

79.

Auff eine ſaͤugende Jungfraw.
DEin Augen ſind Kohl-ſchwartz / drauß dennoch Feuer blitzt:
Quintilla, deine Haut iſt Schnee / der dennoch hitzt.
Du92Drittes Tauſend
Du Jungfern-Wunder du! was macht die zarte Bruſt?
Sie gibt den Groſſen Mut / vnd einem Kleinen Koſt.

80.

Tibi non competit Actio.
Polia hat manchen Handel; wer ſie nur um was beſpricht /
Du haſt an mich keine Sache / ſagt ſie dieſem nimmer nicht.

81.

Auff eines verſtorbenen Printzen Sarck / zur Rechten.
Allhier / war ich ein Fuͤrſt; dort / hab ich eine Kron;
Bin dort / ein Himmels-Kind; war hier ein Erden-Sohn.

82.

Zur Lincken.
Wiewol ich nicht ward alt / doch war ich bald vollkummen;
Dem Himmel ſolt ich nur / der hat mich auch genummen.

83.

An einen Tyrannen.
Friß die Schafe ſelbſt / (eine gute Liſt!)
So erfaͤhrſtu nicht / daß der Wolff ſie friſt.

84.

Auff Durum.
Durus hoͤrt manch ſpitzig Wort / wird dadurch doch nichts bewo -
gen:
Hat den Ohren / wie man meint / einen Harniſch angezogen.

85.

Lob vnd Ehre.
Wer Ruhm vnd Ehr erlangen wil / das Leckerhaffte Gut /
Hat ſonſt kein andres Mittel nicht / als nur Gehirn vnd Blut.
86. An93Fuͤnfftes Hundert.

86.

An die Venus.
Wann die Sonne kuͤmmt zu Bette / wann die halbe Welt iſt
blind /
Wird alsdann zum beſten ſehend / Venus, dein ſonſt blindes
Kind.

87.

Von der Nigrana.
Nigrana wuͤntſcht jhr offt ein ſchoͤnes Angeſicht;
Das wuͤntſchen hat ſie wol / das haben hat ſie nicht.

88.

Vom Tode eines guten Freundes.
Der zuvor mein alles war / wird mir Angeſichts
Durch deß Todes Morde-Stich / nun mein alles nichts.

89.

Die Mittel zur Geſundheit.
Hunger haben: Muͤde ſeyn:
Wuͤrtzt die Speiſe / ſchlaͤft wol ein.

90.

Wir gebens dem Krieger / verſagens dem Prieſter.
Wann wir Kriegern muſten geben / waren wir gezwungen reich:
Wann wir Kirchen ſollen geben / ſind wir willig Bettlern
gleich.
91. Auff94Drittes Tauſend

91.

Auff Floram.
Flora wuͤnſchet / daß jhr Mann ſich mit einer andren paare:
Dieſes thut nicht jedes Weib; ſtille nur! ſie meint die Bahre.

92.

Auff Bibonem.
WAnn Bibo trincket Bier / das heiſt er Schlamm geladen:
Wann Bibo trincket Wein / das heiſt er abe laden.
Er ladet jmmer ein / er ladet jmmer abe /
Er wird es jmmer thnn; es ſey dann nicht im Grabe.

93.

Ein Kuß.
Gibt Clara einen Kuß / ſolls viel gegeben ſeyn?
So offt ſie einen gibt / ſo nimmt ſie einen ein.

94.

Von der Caſca.
Wie daß jhr doch / daß Caſca ſtarb / die Schuld dem Artzte
gebt?
Sie hat ſich durch ſo lange Zeit zu Tode ſelbſt gelebt.

95.

Von dem Luca.
Lucas nennet ſeine Liebſte / ſeine Flammen / ſeinen Blitz
Seine Sonne / ſeinen Monden (mercket!) ſeinen Ritter -
Sitz.
96. Ver -95Fuͤnfftes Hundert.

96.

Vergnuͤgligkeit.
Alls treten vnter ſich / vnd ſich in ſich verhuͤllen /
Jſt ſonſt kein beßrer Schild fuͤr Unfall / deinem Willen.

97.

Ein Kuß.
Dein Mund iſt etwas blaß / das bringt dir / Doris, ſpot;
Jch weiß wol was hier hilfft / von kuͤſſen wird er roth.

98.

Ein Neujahrs-Wuntſch.
DOkius war Hofe-Pfarrer / wuͤntſchte zu dem Neuen Jahre /
Kaͤyſer / Koͤnigen vnd Fuͤrſten / wem auch ſonſt zu wuͤntſchen
ware /
Diß vnd das / vorauß den Frauen Alexanders Pferd fuͤr eigen /
Daß da auff ſich keinen Herren / als nur Seinen / lieſſe ſteigen.

99.

Auff Vitum.
DU ſtackteſt / Veit, nechſt vnterm Dache
Jn einer vnvergunten Sache /
Wofern du mehr wirſt drinnen ſtecken /
So magſt du dich wol beſſer decken /
Sonſt moͤcht es ſein vergunte Sache
Daß man den Hahn zum Lapen mache.

100.

Auff Morum.
MOrus kam nach Hofe ſchmauſen;
Ohne Wuſt vnd ohne Grauſen
G g gFraß96Drittes Tauſend
Fraß erviel von einem Raben /
Den ſie jhm zum Poſſen gaben:
Beſſer / daß ich dich verzehre /
Als daß ich dein Gaſtmal were
Sprach er: daß es was bedeute /
Sagen aber alle Leute.

Deß Dritten Tauſend Sechſtes Hundert.

98Drittes Tauſend

1.

Auff Trullum.
FRauenzimmer ſoll man ehren / anders ſind es grobe Sitten;
Wie / daß nechſt dann einer Jungfer Trullus ſo in Schild
geritten?

2.

Von meinen Reimen.
JCh weiß wol / daß man glaubt / daß einer gerne thu /
Das was er gerne ſagt: Allein es trifft nicht zu /
Die Welt iſt vmgewand. Jch kenne manchen Mann
An Worten / iſt er Moͤnch; an Thaten / iſt er Hahn.
Mein Reim iſt manchmal frech / die Sinnen ſind es nicht /
Der eine Zeug / iſt Gott; der ander / das Geruͤcht.
Jch hoͤhne Laſter auß / ich ſchimpffe boͤſe Zeit /
Dann die macht groſſes Werck von groſſer Uppigkeit.

3.

Der Friede.
Wann wir jmmer wider vns / nimmer ſtriten wider Gott /
Waͤre Friede ſtets bey vns / waͤre keines Streites noth.

4.

Wann bey Friede nicht iſt Buſſe /
Steht der Fried auff keinem Fuſſe.

5.

Balbierer.
Jhr Schaͤrer / jhr ſeyd Ehren-Schaͤnder / jhr ſchaͤret jetzt rein ab
die Baͤrte /
Dafuͤr ein Mann doch vormals immer / als wie fuͤr Ehr vnd
Namen werthe.

6.

Die vnbehutſame Jugend.
DJe Jugend iſt wol gut /
Jſt voller Geiſt vnd Mut /
Jſt99Sechſtes Hundert.
Jſt voller Glantz vnd Zier:
Nur dieſes mangelt jhr /
Sie liebt nur jhr Gemach /
Denckt kuͤnfftigem nicht nach.

7.

Das Leben.
Man klagt / daß vnſer Leben pflegt gar zu kurtz zu ſeyn:
Die Ewigkeit / ſchweig ſtille! bringt alles wieder ein.

8.

Auff Carponem.
Von Neid / dein Hertz; von Schmach iſt / Carpo, voll dein
Mund /
Du biſt ein huͤndiſch Menſch / du biſt ein Menſchlich Hund.

9.

Von der Chlorinda.
Chlorinda lebt vnd lacht / doch weiſt man ſie zu Grabe;
Das Brautbett iſt das Grab; der Graͤber / Venus Knabe.

10.

Urſprung der Bienen.
JVngfern / habt jhr nicht vernummen
Wo die Bienen her ſind kummen?
Habt jhr doch vielleicht verſtanden
Was der Venus gieng zu handen
Da ſie den Adonis liebte /
Der ſie labt vnd auch betruͤbte?
Wann im Schaten kuͤhler Myrten
Sie ſich kamen zu bewirthen /
Folgte nichts / als lieblich liebeln /
Folgte nichts / als tuͤckiſch buͤbeln /
Wolten ohne ſuͤſſes kuͤſſen
Nimmer keine Zeit vermiſſen /
G g g iijKuͤſten100Drittes Tauſend
Kuͤſten eine lange Laͤnge
Kuͤſten eine groſſe Menge /
Kuͤſten jmmer in die Wette /
Eines war deß andren Klette /
Biß es Venus ſo verfuͤgte
Die diß Thun ſo wol vergnuͤgte /
Daß die Geiſter / die ſie hauchten
Jmmer blieben / nie verrauchten.
Daß die Kuͤſſe Fluͤgel namen /
Hin vnd her mit Heeren kamen /
Voͤllten alles Leer der Luͤffte /
Wieſe / Thal / Berg / Wald / Feld / Kluͤffte /
Parten ſich zum kuͤſſen jmmer /
Hilten ohne ſich ſich nimmer /
Saſſen auff die Menſchen-Toͤchter
Machten manches Mund-Gelaͤchter
Wann ſie ſie mit Kuͤſſen gruͤſſen
Wann ſie ſie mit Gruͤſſen kuͤſſen.
Aber Neid hat ſcheel geſehen /
Vnd Verhaͤngnuͤß ließ geſchehen /
Daß ein ſchaumend wilder Eber
Ward Adonis Todtengraͤber.
Venus voller Zorn vnd wuͤten
Hat gar ſchwerlich diß erlidten.
Als ſie mehr nicht kunte ſchaffen
Gieng ſie / ließ zuſammen raffen
Aller dieſer Kuͤſſe Summen
Wo ſie waren zu bekummen /
Machte drauß die Honig-Leute
Daß ſie geben ſuͤſſe Beute /
Daß101Sechſtes Hundert.
Daß ſie aber auch daneben
Einen ſcharffen Stachel geben /
So / wie ſie das Kuͤſſen buͤſſen
Vnd mit Leid verbittern muͤſſen.
Sag ich dieſes einem Tauben
Vnd jhr Jungfern wolts nicht glauben /
Wuͤnſch ich euch fuͤr ſolches Stuͤcke
Daß euch Kuͤſſen nie erquicke:
Glaubt jhrs aber? O ſo ſchauet
Daß jhr nicht dem Stachel trauet.

11.

Beyderley Adel.
KUnſt vnd Tugend / machet Adel; Adel machet auch / das Blut;
Wann ſie beyde ſich vermaͤhlet / iſt der Adel noch ſo gut:
Adel / den die Kunſt gebieret / hat gemeinlich dieſen Mut
Daß er mehr fuͤr Geld als Ehre / jmmerzu das ſeine thut.

12.

Engliſche Schaͤrffe.
Daß / jhr Angler / Blut mit Blute / gaͤntzlich zu verwaſchen
denckt?
Durch Gebluͤte wird die Rache nur ernaͤhret / nicht ertraͤnckt.

13.

Uber die deutſchen Getichte Herren Wentzel Schaͤrffers.
KEin Kraut dient fuͤr das toͤdten;
Nein ſagen die Poeten:
Ein Blat von vnſrem Krantze
Der friſchen Lorber-Pflantze
Erwaͤrmt von vnſrer Stirne /
Begeiſtert vom Gehirne /
G g g iiijGibt102Drittes Tauſend
Gibt Balſam zum geneſen
Vnd trotzet das verweſen.
Nicht anders; jhr Poeten /
Der Tod kan keinen noͤthen
Den jhr vnd eure Sinnen
Nicht laſſen wolt von hinnen.
Die alten kuͤhnen Degen
Gehn noch auff vnſreu Wegen
Die jhrer druden Lieder
Nicht lieſſen kummen nieder.
Was wuͤſtenwir von Helden /
Vnd jhrer Thurſt zu melden /
Wann nicht Poeten-Geiſter
Deß ſchwartzen Grabes Meiſter /
Die Sterbligkeit verbuͤrget
Daß ſie ſie nicht gewuͤrget?
Was waͤr von tapffren Thaten?
Was waͤr von klugem rathen
Der Nachwelt kuͤndig blieben /
Wann dieſe nicht geſchrieben?
Es macht Poetiſch Tichten
Daß alles bleibt im Liechten /
Sonſt fiel in lauter Naͤchte
Was Hertz vnd Witz verbraͤchte.
Es ſind zwar mehr der Kielen
Die auff daß ferne ſpielen /
Die hin nach Ewigkeiten
Gleichwol die Fahrt bereiten:
Doch duͤnckt mich / daß Poeten
Noch mehr als andre roͤthen
Was103Sechſtes Hundert.
Was Todten-Aſche blaſſet.
Jhr Thun iſt ſo gefaſſet:
Daß jhre ſuͤſſe Sachen
Viel Buler jhnen machen /
Daß jhre Zierligkeiten
Die Sinnen maͤchtig leiten /
Sie Zuckern alle Worte /
Es bluͤht an allem Orte /
Sie ſchreiben nicht / ſie mahlen:
Die vngezaͤlten Zahlen
Der andren Kuͤnſtligkeiten /
Die kuͤnnen ſo bereiten
Gemuͤther zum verlieben /
Daß ſie ſtets jhrer blieben:
Und die / die jhre bleiben
Die kuͤnnen ſich denn ſchreiben
Fuͤr Freunde / derer Leute /
Dran Zeit hat keine Beuthe.
Wie dein Poete ſieget
Und mit dem Alter dieget
Dich / Brieg / vnd die darinnen /
Vom ſterben zu gewinnen /
Das zeugen ſeine Lieder:
Was ſonſten / hinvnd wieder
Er kuͤnſtlich / artlich / ſpielet
Daß Luſt vnd Nutz man fuͤhlet /
Diß kan genuͤglich zeigen
Wie hoch Poeten ſteigen.
Brieg / ehre diß Beginnen
Wilſtu nach dir ſeyn kuͤnnen!
G g g vZwar104Drittes Tauſend.
Zwar kuͤnnen jhr Geruͤchte
Durch eigenes Gewichte.
Verewigen die Tichter:
Doch durch bewogne Richter /
Die jhnen hold vnd guͤnſtig /
So wird jhr Trieb mehr bruͤnſtig /
Daß ſich ſie / vnd die Jhren
Biß gar an Himmel fuͤhren.

14.

Auff Florindam, vnter eines andren Namen.
Sind / Florinda. deine Wangen ein bebluͤmtes Luſt-gehaͤge?
Gibt mein Mund ſich an zum Gaͤrtner / daß er dieſer Blumen
pflege.

15.

Recht vnd Gewalt.
Lunten-Recht / helt rechtes Recht / nur fuͤr Lumpen-Recht
Wo Gewalt zum Herren wird / iſt Gerechtigkeit ein Knecht.

16.

Frantzoͤſiſche Eitelkeiten.
Deutſche muͤſſen ja gar from vnd ohn alles Eitel ſeyn /
Weil ſie nach der Eitelkeit ziehn in Franckreich erſt hinein.

17.

Auff Moechum.
Moechus ward mit Ernſt vermahnt / in ein andre Haut zu
krichen;
Als er dieſes nun gethan / ward er dennoch außgeſtrichen.
18. Von105Sechſtes Hundert.

18.

Von Fuͤrſt Ludwigen von Anhalt / Stifftern der Fruchtbringend en Geſellſchafft / nunmehr Lob - ſel. Gedaͤchtnuͤß.
DEutſchland hat fuͤr laͤngſt geherrſcht als ein Haupt der
Chriſtenheit /
Aber deutſcher Sprache wehrt / lag in tieffer Dienſtbarkeit.
Daß nun auch die Sprache herrſcht / hochlich gilt vnd lieblich
ſchillt /
Dieſes macht der theure Held / welchen altes Anhalt hilt /
Ludewig der weiſe Fuͤrſt. Deutſchland / Deutſchland / wie mich
duͤnckt /
(erklingt!
Jſt dein Mund gar viel zu ſchwach / daß ſein Ruhm durch dich
Singe / was du weiſt vnd kanſt; ſage / was du kanſt vnd weiſt /
Du / wirſt nimmer recht geſchickt; Er / wird nie genug gepreiſt.

19.

Frantzoͤſiſche Braͤuche.
JCh kan es wol geſtehen / daß zierliche Geberden /
Und hoͤfliches verhalten in Franck reich kuͤndig werden;
Diß aber kuͤmt zu wichtig / daß gar nichts ſonſt ſoll tuͤgeu
Was Deutſche fuͤr ſich ſelbſten an eigner Art vermuͤgen:
Thu diß in Deutſchland thu / was man in Franckreich thut /
Jch wett / es fellt ſo ſchon / ich wett / es iſt gut.
Die Ubung fehlt vns nur / die Sinnen ſehlen nicht;
Genug / wann jedes Volck ſein eignes Thun verricht.

20.

Auff Pictiam.
Daß Liebe brennt vnd kaͤltet / gibt Pictia beweiß:
Den Brand / macht das Geſichte; der Leib / der macht das Eiß.

21.

Freundſchafft vnd Gold.
Gold vnd Freunde gelten gleiche; jederley von dieſer Wahr /
Sucht man muͤhſam / find man ſparſam / hat man jmmer mit
Gefahr.
22. Ge -106Drittes Tauſend

22.

Gewonheit.
Gewonheit iſt die groͤſte Fraw / beherrſchet alle Welt;
Gar wenig gilt / gar wenig taug / was ſie nicht aͤchte helt.

23.

Deutſchland.
Deutſchland iſt ein Apothecke; denn darinnen wird genummen
Manch Geſund-Trunck; der auch deme / der nicht trinckt / ſoll
wol bekummen.

24.

Menſchliche Betriegligkeit.
WAs Thiere gleich nicht reden / das weiſen die Geberden:
Die Menſchen werden reden / was ſie nicht meinen werden /
Sind alſo bey den Menſchen / als Thieren / mehr gefaͤrden.

25.

Ein Jndianiſch Brauch.
WAnn ein Jndianiſch Mann ſtirbt vnd wird verbrennt /
Dann wird ſeines Weibes Trew richtig dran erkennt
Wann ſie ſpringet in die Glut. O in vnſter Welt
Springt kein Weib / dieweil ſie ſich einem andren helt.

26.

Buͤcher-menge.
Deß Buͤcherſchreibens iſt ſo viel / man ſchreibet ſie mit hauffen;
Niemand wird Buͤcher ſchreibẽ mehr / ſo memand ſie wird kauffen.

27.

Freunde.
Freunde / die das Gluͤcke macht / ſind kein rechtes Meiſter-ſtuͤcke /
Wann ſie nicht zuvor beſchaut vnd bewehrt das Ungeluͤcke.

28.

Verdaͤchtige Sachen.
EJn verſoͤhnter Feind /
Ein erkauffter Freund;
Sind107Sechſtes Hundert.
Sind zu einer Bruͤcke
Ungeſchickte Stuͤcke.

29.

Wort-Geſchwaͤtze.
Wo ſo viel Zentner Worte ſind / da glaub es nur gar frey /
Das da nicht wol (ich ſage viel) ein Pfund vom Hertzen ſey.

30.

Schoͤnheit.
TAuſentſchoͤn du liebes Kraut; jede Jungfer iſt beflieſſen
Daß ſie dich (es hilfft ſie auch) muͤg in jhrem Garten
wiſſen:
Dennoch hat dich keine gar; ſo ein Aeſtlein manche hat /
Jſt doch derer eben viel /[die] da haben kaum ein Blat.

31.

Schoͤnheit.
Was macht ein Bildnuͤß gut? die Farbe nicht / die Kunſt:
Jſt Tugend nicht dabey hat Schoͤnheit keine Gunſt.

32.

Auff Aeriam.
Aeria iſt uͤberir diſch; iſt voll von Dunſt vnd eitler Lufft /
Der Wind von Weſt iſt jhr Geſelle / man ſiht jhn nicht / man
merckt jhn offt.

33.

Tuͤrckiſche Herrſchafft.
Man ſagt: deß Tuͤrcken Reich werd ehſtes vntergehen;
Was hilffts? Weil Tuͤrckiſch Art bey Chriſten wil entſtehen.

34.

Glauben vnd Vernunfft.
Jemehr der Athem weicht vom Munde / je minder wird er warm
verbleiben
Jemehr Vernunfft weicht von dem Worte / je minder wird der
Glaube glaͤuben.
35. Von108Drittes Tauſend

35.

Von der Vlaſca.
Vlaſca iſt erſchrecklich klug / Vlaſca iſt ſo grauſam ſchoͤn;
Wer ſie ſiht / der hat ein Hertz / wer ſich ſuͤrcht muß zeitlich gehn.

36.

Frantzoſen-Folge.
Narren-Kappen ſam den Schellen / wenn ich ein Frantzoſe wer /
Wolt ich tragen; denn die Deutſchen giengen ſtracks / wie ich / ſo
her.

37.

Das Verhaͤngnuͤß.
WJlſtu dein Verhaͤngnuͤß trotzen? ey ſo wil nur was es wil!
Ungeduld; Schreyn / Heulen / Schelten / endert doch nicht
deſſen Ziel /
Macht vielmehr / was arg iſt / aͤrger / macht auß vielem noch ſo viel.

38.

Auff den Selb-Lieb.
Selblieb klagt / daß alles Volck jhn ſo haſſet ohne Schuld;
Holder wird man dir dann ſeyn / wann du dir wirſt minder hold.

39.

Auff Varium.
Varius thu was er thu / kan er dennoch nie nichts enden;
Eh er erſtes hat gethan / hat er andres ſchon in Haͤnden.

40.

Menſchliche Zuverſicht.
DEr Menſch / der nichts kan fuͤr ſich ſelbſt / wil jmmer doch auff
Menſchen bauen
Wil Gott / der doch alles kan / noch dennoch ſelten viel vertrauen;
So ſtarck zeucht vnſer Urſprung vns herab auff Erde nur zu
ſchauen.
41. Guͤtig -109Sechſtes Hundert.

41.

Guͤtigkeit.
Die Groſſen muͤgen guͤtig ſeyn
Vnd Hoheit doch nicht legen ein.

42.

Klugheit.
D wir Gutes recht erlangen /
Daß vns Boͤſes nicht mag fangen;
Drauff ſoll Klugheit ſeyn gericht /
Auſſer dem / ſo taug ſie nicht.

43.

Mißgunſt.
Mißgunſt ſey ſonſt wie ſie wil / dennoch iſt jhr Eigenthum
Daß ſie jmmer mehr verklaͤrt als vertunckelt vnſren Ruhm.

44.

Die verachte Armut.
Armut / iſt wie Auſſatz arg; niemand greifft ſie an zu heilen /
Jeder wil ſich nur ſeit-ab / wo die Armen ſtehen theilen.

45.

Luͤgen.
Luͤgen ſind gemeine traͤchtig / weil ſie pflegen dann zujungen /
(gen.
Sind zum minſten ſieben junge / wo nicht mehr herfuͤr geſprun -

46.

Das Zeit-Rad.
Die Zeiten ſind als wie ein Rad / ſie reiſſen mit ſich um /
Wer ſich an ſie henckt; machen jhn verdreht / verkehrt / krum /
thum.

47.

Das Leben.
Wann wir lebten hier / ſtets nach vnſrem Willen /
Wuͤrde Lebens-Luſt nimmer nie ſich ſtillen.
48. Auff110Drittes Tauſend

48.

Auff Morum.
Morus kennet Kraͤuter / Steine / Ertz vnd Vogel / Fiſch vnd Thiere /
Kennt den Haſen doch nicht eigen / den er traͤnckt mit Wein vnd
Biere.

49.

Das Gluͤcke ein Weib.
Man mahlt das Gluͤcke wie ein Weib / ſchoͤn her von vieler Zeit /
Weil ſie beſtaͤndig wie ein Weib / in Unbeſtaͤndigkeit.

50.

Die Warheit.
Die Warheit taug nur auff das Dorff die grobe Baͤuerin /
Wo man Frantzoͤſiſch hoͤflich iſt / da taug ſie gar nicht hin.

51.

Deß Krieges Fruchtbarkeit.
Wann mein Feld mir ſo viel Garben / als der Krieg trug Un -
recht / traͤgt /
Wil ich haben groſſe Schaͤtze gar in kurtzem hinterlegt.

52.

Auff Fartum.
Wie kuͤm̃ts daß Fartus doch / ein Narꝛ durch Weißheit ward?
Die Weißheit wuchs zu hoch / drum wird ſie vmgekahrt.

53.

Die Gelegenheit.
Es mangelt nie Gelegenheit / was gutes zu verrichten:
Es mangelt nie Gelegenheit / was gutes zn vernichten.

54.

Beginnen.
Fang alles an nur mit Bedacht: Fuͤhr alles mit Beſtand:
Was druͤber dir begegnen mag / da nim Geduld zur Hand.
55. Ver -111Sechſtes Hundert.

55.

Verdacht vnd Unverſtand.
Ein faͤlſchlicher Verdacht / ein blinder Unverſtand /
Wo die Regenten ſind / daraͤume man das Land.

56.

Schoͤnheit.
Die Schoͤnheit iſt der Schoͤnen Feind
Wo fromer Sinn ſie nicht vereint.

57.

Gewiſſen.
Wo du Luſt zur Wolluſt haſt / kanſtu ſie nicht beſſer buͤſſen /
Als wann du dir legeſt zu ein ſchoͤn Maͤgdchen / das Gewiſſen.

58.

Unſchuld.
WEr nicht ſelbſten kan betriegen
Wird gemeiu betrogen:
Wer nicht andre kan beluͤgen
Wird gemein belogen.

59.

Auff Pſeudonem.
Wann die Warheit ſonſt nur wolte / kuͤnte Pſeudo ſie wolfreyen;
Weil ſie jhm iſt zugeſtppet gar mit keinen Stammes-Reyen.

60.

Auff Pigrum.
Jmmer iſt der Tag zu lang / jmmer dir zu kurtz die Nacht /
Piger, weil mit nichts-thun Tag / Nacht mit Schlaf / wird zu -
gebracht.
H h h61. Von112Drittes Tauſend

61.

Von einem Spiegel.
HEimligkeiten groſſer Leute ſoll man / wie ſichs ziemt / ver -
ſchweigen:
Deiner Schoͤnheit ſchoͤn Geheimnuß / wil der Spiegel auch nicht
zeigen;
Daß bey Hof er ſey geweſen / Formiruta, duͤnckt mich eigen.

62.

Gold anß der neuen Welt.
D ſo viel deß goͤldnen Staubes hat die neue Welt geſtreuet /
Druͤber iſt noch nichts erſchienen / daß die alte Welt ſich
freuet:
Dann das Gold der neuen Welt / macht daß alte Welt ſehr
narꝛt /
Jene macht wol gar / daß die gantz in jhrem Blute ſtarꝛt;
Dann auff Prachten / dann auff Kriegen pflegt man allen Schatz
zu wagen /
Arme Chriſten zu verſorgen wil die gantze Welt nichts tragen.

63.

Himmel vnd Hoͤlle.
Der Himmel liegt gar weit / iſt leichte nicht zu finden:
Die Hoͤll iſt aber nah / es treffen ſie die blinden.

64.

Die Paſiphac.
FReundin deß Ochſens / Paſiphac, hoͤre /
Wie man dir boͤslich ſtahl weiland dein Ehre!
Ublich iſts heute noch; artliche Kinder
Wehlen zu Maͤnnern / wie Eſel ſo Rinder.

65.

Auff Longum.
Longus iſt der andre Bias, was er bey vnd an ſich traͤger
Dieſes iſts / das jhn ernaͤhret vnd in weiche Bette leget.
66. Regir -113Sechſtes Hundert.

66.

Regier-Kuͤnſt.
DEr Grund / worauff ein Thron ſein feſtes ſtehen fand
Jſt / (was man auch ſonſt ſagt) ein richtiger Verſtand:
Um den bat Salomo; da den er kunte haben /
Da ſehlt jhm ſonſten nichts an Koͤniglichen Gaben.

67.

Neuerungen.
Was new / iſt angenem; wird widrig in der Eile
Wann jhm nicht Gut vnd Nutz gibt Krafft vnd laͤnger weile?

68.

Ein Buler vnd ein Saͤuffer.
Der Saͤuffer / auff den Beinen; der Buler / an den Sinnen /
Siht Wunder wer drauff ſihet / wie beyde torckeln kuͤnnen.

69.

Von meinen Sinn-Getichten.
OB meine Sinngetichte mit Tauſenden gleich gehen /
So dencke wie viel Tauſend der Augen / gegen ſtehen:
Jch laſſe mir genuͤgen / ob jhrer viel gleich fallen /
Wo nur noch Platz behalten die tuͤchtigſten von allen.

70.

Weiber-Arten.
WEiber / die man wacker nennt / ſind gemeinlich ſchnoͤde:
Weiber / die man from beniemt / ſind gemeinlich bloͤde:
Weiber / die man wirthlich heiſt / ſind gemeinlich boͤſe.
Schwer iſts / wie mans treffen ſoll daß mans recht auffloͤſe!
Welche boͤſe boͤſem iſt / die iſt zu erwehlen;
Und es mag am hurtig ſeyn / vnd am from ſeyn / fehlen.

71.

Voͤllerey vnd Plauderey.
Wer viel redet muß viel trincken / welcher aber trincket viel
Kan hingegen ſelten reden / was er wil vnd wann er wil.
H h h ij,72. Tag114Drittes Tauſend

72.

Tag vnd Nacht.
Der Tag / der iſt der Mann; ſein Weib / das iſt die Nacht;
Von denen wird die Zeit ſtets zur Geburt gebracht.

73.

Schlaf vnd Koſt.
Es fragt ſich: Ob das eſſen beſſer / ob ſchlafen beſſer zu ermeſſen:
Ungeſſen wirſtu wenig ſchlafen / vnd vngeſchlafen wenig eſſen.

74.

Wuͤrde.
DEr Centner-ſchweren Buͤrde
Von Hoheit vnd von Wuͤrde /
Wird emſig nach getrachtet /
Die Laſt wird nicht geachtet:
O drunter nicht zu ſchwitzen
Nur weich darauff zu ſitzen /
Zu ſorgen nicht / zu prangen
Jſt alles angefangen.

75.

Auff Bonnam.
Daß Bonna eine Jung-Fraw ſey / das glaub ich gar genaw:
Sie war noch gar vnglaublich Jung / da war ſie ſchone Fraw.

76.

Zeiten vnd Gebraͤuche.
Man hat gehoͤrt bey aller Zeit von boͤſen Zeiten ſagen:
Die Sitten mag / die Zeiten nicht / wer witzig iſt beklagen.

77.

Feile Ehre.
Weiland muſte man um Ehre wachen / bluten / ſchwitzen / ſchnauf -
fen:
Nunmehr iſt ſie zahmer worden / leſſet ſich um Muͤntze kauffen.
78. Auff115Sechſtes Hundert.

78.

Auff Planum.
Planus iſt ſo hoch gewachſen / daß er biß zur Sonne geht;
Fuͤr die Erd iſts gar verterblich / weil er jhr am Lichte ſteht.

79.

Auff Cottam.
Die Seel / iſt Herꝛ: der Leib / iſt Knecht: Bekenn es / Cotta, frey
Daß bey dir gar (wie iſt der Herr?) der Knecht ein Schelme ſey.

80.

Der Hof.
Man heuchelt ſehr bey Hofe / man tadelt auch gemein;
Jm Lobe muß das Boͤſe / das Gut im Tadel ſeyn.

81.

Die Aufferſtehung Chriſti.
Was hilffts / das vnſer Haupt erſtund? Wann wir doch ſeine
Glieder /
Uns in der Suͤnden finſtres Grabvergraben jmmer wieder?

82.

Auff Puram.
Pura helt an jhrem GOtt jmmer trew vnd feſte;
Jſt hingegen / wo ſie kan / jhres Nechſten Peſte.

83.

Die Schoͤpffer deß Schoͤpffers.
Der den Schoͤpffer weiß zu ſchaffen / thaͤte wol ſo gut daran.
Wann er eine Welt auch ſchaffte / die ein ſolches glauben kan.

84.

Auff Gniſcum
Gniſcus thut niemanden nichts / dennoch iſt jhm niemand gut:
Eben darum weil er nie keinem etwas gutes thut.
H h h iij85. Acker -116Drittes Tauſend.

85.

Ackerbaw.
Mit dem Pfluge Bergwerck bauen.
Gibt zum Reichthum recht vertrauen.

86.

Auff Blumonam
Blumona ward entjungfert; da ſolches waͤr geſchehen,
Verſchwur ſie Haut vnd Haare / ſie hett es nicht geſehen.

87.

Verleumdung.
Daß ein Fromer dich geſchmaͤhet / traw nicht leichtlich auff Bericht:
Daß ein Boͤſer dich geſchmaͤhek / wundre dich daruͤber nicht.

88.

Auff Vitum.
Veit, gibt ſich an zu dienen / um ſchlecht-ja keinen Sold;
Seht drauff nach wenig Jahren / was er hiedurch gewollt!

89.

Die Geſtalt.
Wer / Flora, dein Geſichte neñnt / der hat ein ſchoͤnes Gut ge -
nant /
Das aber / wann ein Feber kuͤmt / in einem Nu iſt weg gebrant.

90.

Ein heußlich Weib.
Ein Weib deß Abends wirthlich / deß Tages aber faul /
Die bleibet nur beym Eſel / ſie kauffet keinen Gaul.

91.

Die Zeit.
Wer nichts thut der hat viel gethan
Daß er die Zeit ſo ſchlecht legt an.
92. Ein117Sechſtes Hundert.

92.

Ein Babyloniſcher Gebranch.
ZU Babel worden ſchone Toͤchter auff freyem Marcktefeil ge -
ſtellt;
Die Ungeſtalten aber namen zur Mitgifft ſo geloͤſtes Geld.
Wann dieſes Heute noch bey Tage ſolt ebenmaͤſſig auch geſchehn /
So wer es gut fuͤr ſolche Freyer die nur auff ſchnoͤde Muͤntze ſehn.
Jch aber / wann ich dieſem Brauche nach Willen ſolte pflichten bey /
So meint ich / daß allhier das geben viel ſeliger als nehmen ſey.

93.

Die Verwuͤſtung Troja.
Eine Stut vnd Hengſt / haben Troja umgekehrt
Nemlich Helena, vnd der Griechen hoͤltznes Pferd.

94.

Auff Falſum.
Jſt Falſus ein Apoſtel? die Zung iſt jhm zertheilt?
O nein; es iſt nur ſonſten ein Ubel / das nicht heilt.

95.

Eine gleiche Heurath.
Cacus hat ein Weib genommen / die iſt jhm an allem gleich
Haͤßlich / boͤſe / faul vnd diebiſch / geil / verſoffen vnd nicht reich.

96.

Auff Vanam.
Dein Mann / der iſt der Finger; Fraw Vana du der Ring;
Schaw / das nicht mit dem Ringe wer faͤlſchlich ſiegeln gieng.

97.

Von meinen Reimen.
SJnd meine Reime richtig?
Sind meine Worte wichtig?
Nur / daß nicht beydes nichtig /
Sonſt ſind ſie gar nicht tuͤchtig!
H h h iiij98. Der118Drittes Tauſend.

98.

Der freye vnd Knechtiſche Wille.
Maͤnner / ſollen Luthriſch glauben; Weiber / wollen Baͤpſtiſch ſeyn;
Maͤnner / ſolln den Willen binden; Weiber wollen jhn befreyn.

99.

Hofe-Tugend.
Bey Hof iſt alles ſonſt umſonſt
Die beſte Tugend iſt die Gunſt.

100.

Lachen vnd Weinen.
Das Auge lacht die Wolluſt an / den Schmertz / beweint es drauff:
Durch lachen jetzt / durch Weinen jetzt / geht vnſer gantzer Lauff.

Daß Dritten Tauſend Siebendes Hundert.

120Drittes Tauſend

1.

Eine Graß-Krone.
DEr ſein Baterland errettet / dieſen kroͤnte Rom mit Graſe:
Blieb vns auch ſo viel von gruͤnem / daß man wo zuſammen
laſſe /
Was zu einem Krantze noth / denen / die das Vaterland
(Sonſten aber nichts davon) gleichwol lieſſen / daß es ſtand.

2.

Ein boͤſe Weib.
Ein boͤſes Weib iſt eine Wahr die deutlich ſagen kan
Was fuͤr ein Narr der Kaͤuffer war / der ſie genommen an.

3.

Schnecken.
SOlln all rerſt die Schnecken
Die Hurtigkeit erwecken /
So muſtu harren lange[;]
Sie wuͤrcken nach dem Gange.

4.

Dreyerley Glauben.
Der Bapſt / der wil durch thun: Calvin / wil durch verſtehn /
Jn Himmel aber wil durch Glauben / Luther gehn.

5.

Gewien.
Wer dieſer Welt wil recht geniſſen /
Der brauche Tuͤck vnd kein Gewiſſen.

6.

Lob.
EJnes Narrens Probe
Die beſteht im Lobe;
Seine Kunſt zu weiſen /
Schleuſt jhn auff das Preiſen.
7. Menſch -121Siebendes Hundert.

7.

Menſchliche Unwiſſenheit.
Wie ſehr der Menſch nach Wiſſenſchafft verborgner Dinge ringt /
So bleibt jhm doch vnzehlich viel / davon er ſagt: mich duͤnckt.

8.

Auff Blondum.
Blondus hat ein Weib geſucht / hat ſie endlich auch erkohren;
Als er ſie nun hat gehabt / hat er drauff ſich ſelbſt verlohren.

9.

Das Schreiben.
Man ſchreibt auff weiſſes ſchwartz / doch bleibt als ſchwartz mehr
weiß:
Die Schrifft iſt gut / die mehr von from-als argem weiß.

10.

Goͤttliche vnd Chriſtliche Liebe.
Wo es Gottes Liebe meint / wie es Chriſten-Liebe meint /
Wundert mich / daß einen Blick uͤber vns die Sonne ſcheint.

11.

Auff Cuculum.
Cuculus, dein liebes Kind / ſolte diß ein Vogel ſeyn /
Waͤre / wie man meint / daran ſchwerlich eine Feder dein.

12.

Der Spiegel.
Der Spiegel kan zwar weiſen / doch kan er reden nicht:
Sonſt haͤtt er manche Stoltze im Jrꝛthum vnterricht.

13.

Stunden-Glocke.
Die Glock iſt vnſer Waͤchter vnd ſaget vns die Stunden /
Nicht die / die kummen ſollen / nur die / die weg ſich funden.
14. Der122Drittes Tauſend

14.

Der Glaube.
Soll ein Liecht recht helle brennen / muß man es zu weilen putzen:
Daß der Glaube recht ſich ſtaͤrcke / lan das Creutz jhm mercklich,
nutzen.

15.

Auff Quintam.
Quinta iſt der Maͤnner Spiegel, nimmet alles Bildnuͤß an /
Nur / daß bey jhr nebſt dem ſehen / jeder auch noch fuͤhlen kan.

16.

Auff Blennum.
Blennus ſorgt fuͤr ſeine Liebſte um geſchickte Schenck - vnd Ga -
ben:
Kauff jhr Bleyweiß / alle Tage muß ſie deſſen etwas haben.

17.

Von Nummoſo vnd Biboſo.
DA Nummoſus ſterben ſolte / lieff er auff den Ober-Soͤller:
Da Biboſus ſterben ſolte / lieff er nunter in den Keller:
Doch / den ſchwartzen Knochen-Mann hilt nicht auff noch hoch /
noch tieff /
Daß er beyden nicht hinnach / biß er ſie erhaſchte / lieff.

18.

Groſſer Herren biten.
Wann groſſe Herren biten / wer deutſch alsdann verſteht /
Verſteht / daß hier das wollen / nur bloß auff muͤſſen geht.

19.

Ein Schein.
Manches was zum erſten Wein /
Wil zu letzte Threnen ſeyn.
20. Auff123Siebendes Hundert.

20.

Auff Mopſum.
Mopſus hat ein grob Verſtaͤndnuͤß / meint es ſey jhm trefflich
nuͤtzig /
Dann was toͤlpiſch / tauret-lange / ſtumpff wird leichtlich / was zu
ſpitzig.

21.

Weiberhaare.
Wie / daß das Frauenvolck ſo lange Haare fuͤhren?
Sie ſind der Zaum / womit der Mann ſie kan regiren.

22.

Auff Simonem.
Simon iſt zu Feld ein Mann; ſchade! daß im Hauſe nicht
Einen Rock er zwingen kan / wie er einen Harniſch bricht.

23.

Der Sacarum Gewohnheit.
EH Jungfer mocht vnd Junggeſelle ſich weiland bey den Sacis
paaren /
Muſt eines vor deß andren Staͤrcke / durch einen ſondren Kampff
erſahren /
Wer uͤberwand / war Herꝛ im Hauſe: Bey vns begehren nicht
auß Staͤrcke
Die Weiber Vorzug / Herꝛſchafft / Ehre / vielmehr dieweil ſie
ſchwache Wercke.

24.

Die Gicht.
Was man auch der Gicht jmmer Schuld gleich gebe /
Jſt ſie fechtriſch doch / macht manch Auffgehebe.

25.

Fruͤhling vnd Herbſt.
DEr Lentz / kan alles regen /
Der Winter / alles legen:
Dein124Drittes Tauſend
Dein Alte leget dir
Waͤchſt / Veit; dir was herfuͤr.

26.

An den Leſer.
Solln mein Leben meine Reime / wie zu wuͤntſchen / uͤberleben /
Wolſtu Leſer jhrem Geiſte / deine Gunſt zum Geiſte geben.

27.

An Scyllam.
D dein Augen Scylla blitzen
Kan noch dir noch andren nuͤtzen:
Leuchte nur vnd blitze nicht
Suchſtu anders Mannes-Pflicht.

28.

Braut vnd Braͤutigam.
Lieb vnd Haß bepaart ſich / die ſich ſonſt gezweyt;
Liebe / zur Geſellſchafft; Haß / der Einſamkeit.

29.

Auff Albidam.
Albida du warmer Schnee / aber kalte Glut
Jſt dein weiſſer Leib gleich warm / iſt doch kalt dein Mut.

30.

Finſternuͤß.
Der Monden ſtellt ſich fuͤr die Sonne vnd macht ſie finſter eine
Zeit:
Der Witz / der Gottes Rath wil daͤmpffen / erſtrecket ſich noch
lang / noch weit.

31.

Buler.
Buler ſind nicht gute Mahler; wo die Farben nicht bald blaſſen /
Siht man ſie ein Bild doch ſelten nach dem Augenmaſſe faſſen.
32. Die125Siebendes Hundert.

32.

Die Ticht-Kunſt.
DEr Tichter Lorberbaum pflegt zwar gar frey zu ſtehen /
Ein jeder mag hinzu nach Luſt vnd Willen gehen /
Der aber fluch jhm ſelbſt / der Blaͤtter denckt zu finden
Und greifft weil er ſie nicht zu finden weiß / nach Rinden.

33.

An den Leſer.
Leſer / ich wil ſeyn kein Tichter
Wo nur du wilſt ſeyn kein Richter.

34.

Suͤſſes vnd Bittres / oder der Weg deß Gluͤckes.
Das Gluͤcke weiſt die Wege gemeinlich vnſren Fuͤſſen /
Durch ſuͤſſes zu dem bittren / durch bittres zu dem ſuͤſſen.

35.

Das Reich der Tugend.
DVrch das Reich der Tugend
Gilt noch Geld noch Jugend /
Schoͤnheit oder Wuͤrde /
Freyheit oder Buͤrde;
Wer viel Tugend uͤber
Der wird viel geliebet.

36.

Die Neigungen.
WEr iſt / den nicht zu Zeiten
Gleichwol die Affen reiten?
Zum ſchliſſen ſchadet Eile /
Zum ſchliſſen dienet Weile.
37. An126Drittes Tauſend

37.

An Paulum.
Paulus iſt ein Freund der Welt / aber nur der kleinen Welt /
Wann er ſein geliebtes Lieb / feſt vmarmt beſchloſſen haͤlt.

38.

Roſen.
Wen vergleicht man fuͤglich Roſen / Jungfern oder Junggeſellen?
Wo die Stachel ſich befinden iſt das Urthel hin zu ſtellen.

39.

Geſpraͤche eines Pfarrers vnd Kuͤſters.
EJn Kuͤſter ſprach: Herꝛ Pfarꝛ / ſie bringen eine Leiche /
Der Prieſter ſprach: Wol gut! iſts aber eine Reiche?
Der Kuͤſter ſprach: O nein. Der Prieſter ſprach: Deß Armen
Deß haͤtte ſich der Tod noch moͤgen wol erbarmen
Der Kuͤſter ſprach: O ja: Der Prieſter ſprach: zu legen
Dem Tode ſeinen Zoll / iſt jeder vnter wegen.

40.

Mann vnd Weib.
DJe Weiber / ſind die Monden; die Maͤnner / ſind die Sonne /
Von dieſen haben jene / Nutz / Ehre / Waͤrmde / Wonne:
Die Sonne / herꝛſcht den Tag; der Monde / herꝛſcht die Nacht:
Bey Nachte / hat das Weib; der Mann / bey Tage Macht.

41.

Auff Thaidem.
Thais ſagt: Daß jhres Liebſten Bildnuͤß ſie im Hertzen trage:
Unterm Hertzen / wil ich glauben / dann ſo ſagt gemeine Sage.

42.

Verdammung.
Daß man vns dem Teuffel gibet / darff ſich keiner viel dran keh -
ren /
Wann wir vns nur ſelbſt nicht geben / kan vns keiner ſonſt ge -
wehren.
43. Ge -127Siebendes Hundert.

43.

Gewandelte Freundſchafft.
DEr die Freundſchafft auff kan heben
Hat ſie nie recht angegeben:
Der ward falſch ein Freund genennt /
Der ſich von dem Freunde trennt.

44.

Wahren der Wolluſt.
Wer ſich nach der Wolluſt Wahren als ein Kauffmann wil be -
muͤhn /
Wird / wie witzig er gleich handelt / Reue haben zum Gewin.

45.

Vorlehn.
WEr ſich naͤhrt mit Weiber borgen / ob er gleich die Zins ab -
fuͤhrt /
Muß er den noch ſeyn zu frieden / ob man jhn gleich nicht quitirt:
Mancher hat das Gluͤcke noch / daß der Schein nicht auſſen blie -
ben /
Daß er jhm an ſtat Papiers auff den Ruͤcken ward geſchrieben.

46.

Freude.
Weil wir leben / iſt die Freud vns zum Leben zwar gegeben /
So doch / das (wie mancher wil) Freude nicht ſey vnſer Leben.

47.

Vom Cnejo.
CNejus hat bey ſeiner Liebſten / die er jhm hat auſſerkoren /
Wie er fuͤrgiebt / auß ſich ſelbſten / gantz in ſie / ſich hin ver -
loren;
Wird / wann er ſie nun wird haben / ſich in jhr wol wieder finden /
Wird auch ſie vnd ſich zum andren / auch wol mehrmal / auß jhr
gruͤnden.
J i i48. Der128Drittes Tauſend

48.

Der Leib vnd ſein Schaten.
DEine Charis, iſt der Coͤrper; du Myrtillus, biſt der
Schaten;
Wie wird aber / wann die Sonne geht zu Bette / dir gerathen?
Naͤchte haben keinen Schaten / du hingegen gehſt auff Naͤchte?
Weil die Nacht deß Tages Schaten / kuͤm̃ſtu ſo durch ſie zu rechte.

49.

Jungfrauen.
JHr Jungfern / weil jhr ſeyd der Himmel / voll Sterne von ſo
ſchoͤnen Gaben /
Wie kuͤm̃ts / daß ſonſt der Himmel eine / jhr aber zwo muͤgt Son -
nen haben?
Die eine / mattet ſie die Maͤnner / ſo ſoll die andre ſie erlaben.

50.

Auff Drudam.
Druda brachte gleichwol Toͤchter / hatte ſie gleich keinen Mann;
Eben darum / weil kein Vater / kamen lauter Toͤchter an.

51.

Grabſchrifft eines Artztes.
Hier liegt ein Artzt / iſt tod! der Tod in einem Nu
Schloß / eh er ſich verſah / die Apothecke zu.

52.

Auff Vitum.
EJnem andren abgeliebet /
Einem andren abgediebet /
Einem andren abgelogen /
Einem andren abgetrogen /
Einem andren abgeeydet /
Einem andren abgekreidet /
Weib / Geld / Gut / Vieh / Huͤlle / Voͤlle /
Vnd was ſonſt erwarb ſein Wille /
Dieſe129Siebendes Hundert.
Dieſe ſeine ſchoͤne Habe
Nennet Veit deß Herren Gabe /
Wil von ſolchem Gott-beſcheren
Sich mit Gott vnd Ehren naͤhren.

53.

Schmuck.
Weiſſe Perlen / gelber Hals; ſtehen nicht gar ſchoͤn:
Weiſſe Zaͤhne / blaues Maul; wie ſolln dieſe ſtehn?

54.

Kuͤſſe.
Jungfern Muͤndchen ſind die Muͤhlen / drauff man fuͤſſen Zucker
reibe /
Jeder wil hier ſeyn ein Muͤller / daß er Stein auff Stein auff -
treibe.

55.

Rechts-Verſtaͤndige.
Es iſt daſelbſt nicht gut / wo viel Juriſten leben;
Es muß daſelbſt viel Zanck vnd wenig Rechtens geben.

56.

Ein Koch.
Es dient ein ſchmutzig Koch / der Gurgel die ſo zart?
Sie ſchaͤtzet nur / was ſchmeckt / nicht / was geſehen ward.

57.

Lohn vnd Straffe.
Beſſer / Gutes nicht belohnen /
Als deß Boͤſen wo verſchonen.

58.

Die groſſe vnd kleine Welt.
DJe Welt iſt voller jungen / die Welt iſt voller Welten;
Die Mutter mit den jungen mag keines fuͤr Gott gelten /
Sind tuͤchtig nicht / ſind nichtig / ſind arg vnd falſch zu ſchelten.
J i i ij59. Stau -130Drittes Tauſend

59.

Staupen-geſchlagner.
Einem ward ein Tantz mit Ruthen / zu der Stadt hinauß ge -
macht /
Dieſer danckte: Daß man ſeiner gleichwol haͤtte da gedacht.

60.

Ein Untreuer.
Der / der keinem trew wil ſeyn /
Bild jhm Trew von keinem ein.

61.

Ein Weibling.
Wiewol ſich Mann vnd Weib in einen Leib verleiben /
So darff ſich doch der Mann deßwegen nicht verweiben.

62.

Auff Thraſonem.
Die Sonn iſt hoch / dein Lob iſt uͤber ſie geſtellt;
Ja / wann ſie ſich begiebet hin in die vntre Welt.

63.

Anff eben jhn.
THraſo wil daß ſeine Thaten ſollen weit vnd breit erſchallen /
Da ſie hier doch keinem kuͤndig. Dieſes iſt mir beygefallen /
Wann er gienge zu der Oder / ſchriebe drein ſein Thun vnd Weſen /
Wuͤrde man in wenig Tagen ſolches in der Oſt-See leſen.

64.

Auff Trullum.
Trullus zeucht ſich auß dem Kriege / wil nicht laͤnger Wache
ſtehn /
(gehn.
Nim̃t ein Weib / wird / wil ich glauben / Wache ſtehen nicht ent -

65.

Keuſchheit.
Wilſtu Keuſchheit wolverwahren fuͤr verfuͤhren / fuͤr verletzen /
Darffſtu jhr nicht / muſtu fleiſſig deiner Augen Waͤchter ſetzen.
66. Ge -131Siebendes Hundert.

66.

Geſundheit.
Wer am Leibe / nicht Gebrechen; im Gemuͤthe / Luͤſte fund /
Dieſer kan ſich billich ruͤhmen / daß er voͤllig ſey geſund.

67.

Gefangene.
Schwerlich theten ſo viel Schaden / die in Feſſeln ſind gefangen /
Als die offt auff Stuͤlen ſitzen vnd mit goͤldnen Ketten prangen.

68.

Grabſchrifft eines Beutels.
Hier liegt ein Beutel / der iſt tod / die Seel iſt jhm entwichen;
Das Leben wird / thu Geld darein / bald wieder in jhn krichen.

69.

Auff Bovinum.
Bovin iſt hochgelahrt / er hat auch alle Winckel
Der Weißheit wol durchſucht; wer ſagt es? O der Duͤnckel.

70.

Eine Gaſterey.
Man lud mich nechſt zu Gaſte / der Magen gieng mit mir /
Doch war er mir nicht nuͤtze / den Miltz den durfft ich hier.

71.

Worte.
Mancher ſchreibt mir freundlich lieber / vnd es bleibt beym
ſchreiben;
Was der Landsbrauch mitte bringet / mag man kuͤhnlich treiben.

72.

Bekaͤntnuͤß der Suͤnde.
Das mancher offte beicht / geſchicht es Andachts wegen?
Zugeben Neuem raum / iſt Altes abzulegen.
J i i iij73. Opitzes132Drittes Tauſend

73.

Opitzes Gedaͤchtnuͤß.
Opitz Grab hat auch Geſpaͤnſte; daß er kein Poet geweſen
Wil ich glauben / wenn man nennet / welcher uͤber jhn zu leſen.

74.

Ein Kamm.
EJn Bley-Kamm ſchwertzt die Haare
Doch juͤngt er nicht die Jahre:
Das Alterkan er luͤgen /
Hilfft aber nicht zum wiegen.

75.

Hoffarth.
Hoffart wolte Menſchen fuͤhren / biß an Gottes ſtelle /
Fehlte greulich; von dem Wege / fuͤhrte ſie zur Hoͤlle.

76.

Lebens-Wandel.
Wiewol wir haben Fried im Lande
Zanckt jeder doch mit ſeinem Stande.

77.

Meine Reime.
Meine Reime bleiben Jungfern / wo nur keiner bey-ſich leget /
Der durch eignes boͤſes meinen ſie zu argem Sinn beweget.

78.

Frem des Gut.
ES iſt nur ſo bewand
Was in der fremden Hand /
Das wil vns mehr vergnuͤgen /
Und vnſres wil nicht tuͤgen:
Was vns das Gluͤcke gibt /
Hat andren auch beliebt.
79. Regi -133Siebendes Hundert.

79.

Regiren.
Der kan andre nicht regiren /
Der ſich ſelbſt nicht recht kan fuͤhren.

80.

Auff einen Todgeſuffenen.
Der vom Weine geſtern tod / iſt vom Tode heute tod;
Daß jhm Wein ins Handwerck fiel / hielt der Todt fuͤr einen
Spott /

81.

Der Beruff.
Wer dem / was jhm ſteht zu / wil rechte Folge geben /
Der muß zum minſten jhm / zum meiſten andren leben.

82.

Lob vnd Schande.
Wen nicht zum guten zeucht das Preiſen /
Treibt nicht vom boͤſen das Verweiſen.

83.

Emſigkeit.
MAn kan im ruhn
Doch etwas thun:
Man kan im Thun
Doch gleichwol ruhn.

84.

Auff Timacem.
Timax war bey vielen Schlachten / dennoch iſt er ſtets geneſen;
Jſt zum Treffen jmmer letzter / erſter in der Flucht geweſen
J i i iiij85. Von134Drittes Tauſend

85.

Von Celſo.
Celſus wer gekummen hoch / wann das Sterben nur gethan;
Dann er ſtarb drey Jahr dafuͤr / eh er ward ein Edelman.

86.

An den Naſonem.
Naſo, dir iſt deine Naſe ſtat der Sonnen Uhr bereit /
Wann der Schatten weiſt gerade auff das Maul / iſts Eſſenszeit.

87.

Auff Vitum.
Veit gieng mit einem Herren ſchwanger / eh der ward reiff / da
kam ſein End /
Jch weiß nicht / ob er dieſen Erben auch hat bedacht im Teſta -
ment.

88.

Die Poeten.
UBer ſeinen Schatten ſpringen
Kan dem Leichſten nicht gelingen:
Tichtern aber kans gelingen
Uber jhren Tod zu ſpringen.

89.

Von einem Braͤutigam vnd Pfarr.
Meine Braut war Jungfer-arm / ſagt ein Mann: Der Pfarr:
welch Weſen
Treibſt du! was zuvor war hier / bringſtu wieder her geleſen!

90.

Rathgeben.
Wer ſelbſten Witz nicht hat
Dem dient kein witzig Rath.
91. Auff135Siebendes Hundert.

91.

Auff Nepotem.
Nepos iſt ein roher Menſch / veiß vnd helt von keinem ſchaͤmen /
Pfleget / wil er erbar ſeyn / einen Mantel um zunehmen.

92.

An einen Heuchler.
An dir iſt loͤblich nichts / inn-auſſen / vnten / oben /
Biſt dennoch lieb vnd wehrt? du kanſt gewaltig loben.

93.

An einen Freund.
Stock / Honig / Stachel / Bienen: Buch / Reime / Feder / Sinnen;
So werden deine Wercke ſich / Freund / vergleichen kuͤnnen.

94.

Von meinen Sinn-Getichten.
CHoerilus hat ſich ver bunden außzuſtehen einen Streich
Jmmer vnd von jedem Verſe / der der Kunſt nicht fiele gleich:
Jch / was werd ich Streiche leiden? von der Fauſt geſtuͤnd ichs
nicht /
Aber von der Zung am Ruͤcken / ſchwerlich gleichwol ins Geſicht.

95.

Auff Schneiduffum.
Schneiduffus bruͤllet wie ein Lew; iſt groͤſſer als ein Lew /
Er iſt ein Hirſch; wie ſehr er tobt / ſo iſt er doch auch ſchew.

96.

Heuchler.
Wer nicht hoͤret / hat nicht Heuchler: Wer die Heuchler denckt zu
haſſen /
Mag zwar jhnen Thor vnd Thuͤre / mir nicht Ohren offen laſſen.

97.

Dienſtbarkeit.
Wer alles thut was man jhn heiſt / geſtehet vnbefragt /
Daß ſeine Freyheit nicht ſey frey / wie viel er davon ſagt.
J i i v98. Mutter136Drittes Tauſend

98.

Mutter Eva.
Wie Eva durch den runden Apffel zu einer Goͤttin werden wil:
So duͤncken noch / ſich bey Corallen vnd Perlen manche Wei -
ber viel.

99.

Der Menſchen Abfall.
GOtt ſchuff die groſſe Welt der kleinen Welt zu geben:
Gott ſchuff die kleine Welt / daß ſie ſolt jhme leben:
Da ward die kleine Welt der groſſen Welt ſo pflichtig
Daß beyde ſie fuͤr Gott ſich machten ſchnoͤd vnd nichtig.

100.

Die Eiſerne vnd die Goldene Zeit.
Die eiſne Zeit iſt vnter Leuten / die goͤldne Zeit iſt bey Gerichten:
Das / was der ſchwere Pflug erpfluͤget / geht alles auff Gehor -
ſams-Pflichten.

Deß Dritten Tauſend Achtes Hundert.

138Drittes Tauſend

1.

Auff Simpelium.
SJmpel kan bey keinen Zechen jrgend in jhr Mittel kummen;
Seine Fraw hat in jhr Mittel / eh ſie jhn nam / wen genum -
men.

2.

Obrigkeit-Schutz.
Die Vormuͤndſchafft der Untren verwalten Obrigkeiten /
Die muͤſſen ſie dort oben zu ſeiner Zeit verreiten.

3.

Krieg.
A Deutſchland zeucht der Krieg jetzund in Franckreich hin /
Er wil das Deutſche Volck dort auff die mode ziehn;
Doch ſollen nicht die Deutſchen / wie ſonſt / dafuͤr ſpendiren /
Die Deutſchen ſolln von jhnen den Sack gevoͤllet fuͤhren.

4.

Ein Buch.
BUch kuͤmmet her vom Bug / vnd Bogen von dem buͤgen
Wann ſie man in ein Buch zuſammen pflegt zu fuͤgen;
Bey Klugen / du mein Buch / thu willig einen Bug /
Und bitte ſie um Gunſt fuͤr das / was nicht hat Fug:
Fuͤr denen beug dich nicht / die von den ſtoltzen Winden
Der groben Dunckeley / ſich ſtrotz - vnd trotzig finden.

5.

Auff Baldum.
Baldus fuͤhret alle Sachen die er fuͤhret auffs verſchieben /
Wil ſie bey dem Welt-Gerichte dann auff einen Tag außuͤben.

6.

Auff Glabrum.
Glaber liebet gerne junges / aber nicht den juͤngſten Tag;
Dieſem iſt er ſo gehaͤſſig / daß er jhn nicht glauben mag.
7. An139Achtes Hundert.

7.

An eine Fuͤrſtin.
Heldin / ſoll ich Euch beſchreiben / vnd der Kuͤrtze mich beſcheiden?
Nichts iſt an Euch / muß ich ſagen / das nicht gleichen iſt zu neiden.

8.

Eben von J. F. G.
Momus ſah nechſt vnſre Fuͤrſtin / rauffte drauff ſein Haar /
Daß er kunte nichts er gruͤnden / waͤs zu tadeln war.

9.

An eine Fuͤrſtliche Wittib.
Fuͤrſtin ob die Tugend Euch / oder ob Jhr ſie gelehret /
Zweiffelt der / der Euer Thun ſiht vnd ſolch Verſtaͤndnuͤß hoͤret.

10.

Vaͤter / Patres.
Es hat jetzund viel Patres;
Vermutlich auch viel Matres.

11.

Die Welt ein Buch.
DJe Welt / die iſt ein Buch; ein jeder / eine Letter;
Die Laͤnder / ſind der Bund; die Zeiten / ſind die Blaͤtter;
Jn dieſem findt man mehr bethoͤrt / als kluge Sachen /
Jn dieſem findt man mehr zum klagen / als zum lachen /
Jn dieſem findt man mehr zu meiden als zu uͤben /
Jn dieſem findt man mehr / zu haſſen als zu lieben.

12.

Von meinem Buche.
SJnd in meinem Buche Poſſen
Die dich / Leſer / wo verdruſſen?
Ey verguͤnne mir zu ſchreiben
Was du dir verguͤnſt zu treiben.
13. Ge -140Drittes Tauſend

13.

Gemiſchter Wein.
WJe Natur vnd Kunſt ſich paaren
Hat man neulich hier erfahren /
Naͤmlich: Wein vnd Brandtewein
Kuͤnnen auch wol ehlich ſeyn.

14.

Eine maͤſſige Herrſchafft.
Da niemand thun mag / was er wil / da geht es zu geſchwinde:
Da jeder thun mag / was er wil / da geht es zu gelinde.

15.

Reichthum.
Eines vngerechten Erb / oder ſelbſt ein ſolcher Mann /
Oder beydes auch zu gleich / iſt / wer Reichthum ſammlen kan.

16.

Gelehrt.
Wann einer meint / er lerne noch / ſo kuͤmt ſein Witz entpor /
Wann einer meint / er ſey gelehrt / ſo wird er jetzt ein Thor.

17.

Die Gedenck-Kunſt.
DJe Kunſt / die dencken lehrt
Wird nicht gar hoch geehrt;
Kunſt wird vielmehr geehrt
Die das Vergeſſen lehrt.

18.

Anweiſung der Natur.
Wer der Natur Laterne
Geht nach / jrrt ſelten ferne.
19. Drey141Achtes Hundert.

19.

Drey W.
Wuͤrffel / Weiber / Wein /
Bringen Luſt vnd Pein.

20.

Die Element.
Wieviel ſind Element? Man ſagt von vier-auch zweyen;
Nein / fuͤnffe; denn das Gold wil auch ſich drunter reyen.

21.

Schencke vnd Saͤuffer.
DEr Schencke ſchencket ein
Das Waſſer / doch mit Wein:
Der Seuffer ſeufft es ein /
Macht Waſſer nur vom Wein.

22.

Auff Priſcam.
Deine Schoͤnheit liegt am Laden; gar nicht / Priſca, in der Kuͤſte:
Was man ſiht / das iſt das beſte / mit dem jnnren ſteht es wuͤſte.

23.

Die Liebe.
Die Lieb iſt wie der Schwalben-Kat /
Verblendet / wen ſie troffen hat.

24.

An Nigrum.
Was / jhr Hebreer ſchreibet / das lieſt man hinter ſich /
So muß man / wann du redeſt / verſtehen das vnd dich.

25.

Auff Euclionem.
Euclio fand in der Biebel / gebet ſo wird euch gegeben;
Wird gegeben / war jhm lieblich: Gebet / war jhm gar nicht
eben.
26. Auff142Drittes Tauſend

26.

Auff Clauſum.
Clauſus haͤlt was er verſpricht;
Gibt es nun vnd nimmer nicht.

27.

Hoͤfligkeit.
Die Hoͤfligkeit iſt Gold / man haͤlt ſie werth vnd theuer;
Doch haͤlt ſie nicht den Strich / taug weniger ins Feuer.

28.

An einen Ungenanten.
Wie nenn ich dich dann recht / wann ich dich nennen muß?
Du heiſſeſt wie das Bild / das dort Aaron guß.

29.

Guͤtige Maͤnner.
Da Adam noch in Unſchuld war / da folgt er feinem Gaten;
Was wunder daß die Maͤnner jetzt / was Weeber wollen / thaten /

30.

Auff Putam.
Putà kan die Kunſt zu tadeln / alles wird von jhr veracht;
Andre kuͤnnen Kunſt zum ſpotten / vnd jhr tadeln wird verlacht.

31.

Die Pennal.
Die mit Federn gehen um / wolln ſich viel nicht ſchmuͤgen;
Schmuͤgen ſieht nicht Vogeln zu / Vogel wollen fliegen.

32.

Verdiente Diener.
Mahler / wann der Penſel alt werffen jhn zur Seite:
Alte Diener liebt der Hof / wann ſie in der Weite.
33. Jung -143Achtes Hundert.

33.

Jungfrauen.
Jungfern-Volck / ſind ſolche Vogel / wer mit jhnen vmgegangen /
Weiß / ſie ſind wol erſtlich wilde / laſſen ſich doch letzlich fangen.

34.

Lang vnd kurtz.
Langer hoͤhnte Kleinern; dieſem ſagte Kleiner:
Da ich ward gezeuget / war dabey nur einer.

35.

Tittel.
Taback vnd Tittel-Brauch
Sind beyderley nur Rauch.

36.

Das andere Weib.
Viel lieber pflegt die ander / als erſte Fraw zu ſeyn:
Das macht / es iſt die erſte nichts mehr / als Aſch vnd Bein.

37.

Heurathen.
WEr Weiber kauffen ſoll
Der kaufft gemeinlich wol /
Wann er kaufft nach Geruͤchte /
Und nicht nur nach Geſichte.

38.

Auff Tusſium.
Tusius ſaß in der Buhlſchaͤfft / warff herauß die groͤſten Flecke /
Sagt: es waͤr ein Zahngewaͤſſer / weil er etwas gutes ſchmecke.

39.

Kleider.
Wann die Hure / wie die Fraw / hat ein gleiches Kleid /
Hat die Schande von der Zucht kelnen Unterſcheid.
K k k40. Steuer. 144Drittes Tauſend

40.

Steuer.
Erwerb / kuͤm̃t ein mit Untzen; die Steuer geht mit Pfunden
Mich wundert / wie die Leute bey ſolcher Laſt beſtunden!

41.

Auff Parcum.
Parcus hat ſonſt keine Tugend / aber Gaſt-frey wil er ſeyn /
Laͤſſt / damit er diß erlange / keinen in ſein Haus hinein.

42.

Auff Plutum.
PLutus hat gar ſchoͤne Gaben
Jeder wil ſie von jhm haben;
Kan ſie / wann er wil / verſchencken /
Pflegt ſich aber zu bedencken.

43.

Auff Lucam.
Mit dem Zucker ſuͤſſer Worte
Zahlet Lucs an allem Orte.

44.

Etliche Wuntſche an eine Durchlauchte Per - ſon / vnter dem Namen etlicher Tugenden in einem Spiel fuͤrgeſtellt. Erfahrenheit.
DJe jhr bißher / O Fuͤrſt / bey vielen langen Jahren
Der Zwietracht bittre Frucht / ſonſt wenig Heil erfahren /
Erfahrt hinfuͤro nichts / als was euch wol vergnuͤget
Und was mit eurem Wuntſch ſich lieblich eint vnd fuͤget!

45.

Einigkeit.
Die Einigkeit / O HErr / der Grund zu hohen Haͤuſern /
Muß auſſen nimmer euch / noch jnnen ſich enteuſern!
46. Hoff -145Achtes Hundert.

46.

Hoffnung.
Held / was jhr fuͤglich hofft / das muß euch nimmer fehlen /
Was Euer Fuͤrſatz wehlt / muß auch der Außgang wehlen!

47.

Glaube.
Deß Glaubens eigner Zweck / der Seele reiches Heil /
Der Segen in der Welt / ſey / Hertzog / euer Theil.

48.

Fuͤrſichtigkeit.
Die Fuͤrſicht / iſt gar gut; doch wer kennt alle Tuͤcken?
Sich muͤſſe Tuͤck vnd Trug / Herr / euch zun Fuͤſſen buͤcken!

49.

Goͤttliche Liebe.
Die Liebe / Fuͤrſt vnd Herr / die wir vom Himmel haben
Die wohn euch reichlich bey mit jhren edlen Gaben!

50.

Chriſtliche Liebe /
Niemand wird was bey Euch von Chriſten Liebe miſſen;
Jhr muͤſſet / treuer Printz / ſo reiner Trew geniſſen!

51.

Auffrichtigkeit.
Was niemand ſonſt gewuͤntſcht vnd was nur zubegehren /
Daß woll Euch / hoher Fuͤrſt / der Hoͤchſte ſtets gewehren!

52.

Uneinigkeit.
Jch bin zwar jetzo hier / doch komm ich her nicht mehr /
Jch wuͤntſche daß man mich noch ſeh / noch weiter hoͤr!
K k k ij53. Auff146Drittes Tauſend

53.

Auff Marcum.
Man hat dir alles Gut genommen / wie / das denn du noch biſt
geneſen?
Man hette dich wol auch geraubet / wenn / Marx / an dir was guts
geweſen.

54.

An eine Durchlauchte Perſon.
Die menge macht mich arm; ich kan nicht Zierden haben
Zuſtreichen zierlich auß die Unzahl Eurer Gaben!

55.

Rath.
Wo Rath nicht wird gehoͤrt / wo Rath nicht Folge hat /
Allda iſt / gar kein Rath / der allerbeſte Rath.

56.

Befeſtigung.
UNſre Feſtungs-Berge ſincken;
O / ich ließ michs wol beduͤncken /
Da ich hoͤrt vnd kunte ſchauen
Thren-vnd Seuffzen drein-verbauen;
Erdenbaw kan uͤbel laͤngen /
Drein ſich Wind vnd Waſſer mengen.

57.

Reime.
JCh pflege viel zu reimen / doch hab ich nie getraut
Was beſſers je zu reimen als Braͤutigam auff Braut:
Als Leichen in das Grab: Als guten Wein in Magen:
Als Gold in meinen Sack: Als Leben ohne Plagen:
Als Seligkeit auff Tod. Was darff ich mehres ſagen?
85. Wein147Achtes Hundert.

58.

Wein vnd Gicht.
SChick mir auß dem Pferde-Brunnen / Fuͤrſt Apollo, eine
Flaſche /
Daß ich mir zu guten Reimen meine Sinnen tuͤchtig waſche;
Dann ich kan nicht reiſig kummen auff dem blancken Tichter -
Pferde
Gicht die hat mich außgeſtiefelt / daß ich jetzo Sporn-loß werde.

59.

Von meinen Reimen.
LEſer / das du nicht gedenckſt / daß ich in der Reimen-Schmiede
Jmmer etwa Tag fuͤr Tag / ſonſt in nichts nicht mich ermuͤde;
Wiſſe / daß mich mein Beruff eingeſpannt in andre Schrancken /
Was du hier am Tage ſihſt / ſind gemeinlich Nacht-Gedancken.

60.

Entlehnete Weiber.
Jn Pegu borgt man Weiber um ein gewiſſes Pfand;
Wie mancher wuͤntſchte borgen auch her in vnſer Land!

61.

Auff Bonoſum.
BOnoſus iſt ein Stuͤcke
Jn groſſer Laͤng vnd Dicke;
Das ladet man mit Speiſe
Gemeinlich Centner weiſe:
Stoͤſt Wein mit Wein zuſammen
So ſpeit es dicke Flammen /
Zwar niemand wird gekraͤncket
Nur jaͤmmerlich beſtaͤncket.
K k k iij62. Poeten148Drittes Tauſend

62.

Poeten-Krone.
WO nur bloß die Lorber-Kron
Jſt gelehrter Arbeit Lohn /
Jſt kein Wunder / daß Poeten
Stecken offt in etwas noͤthen.

63.

Auff Veturiam.
Veturia rufft jhrer Jugend mit ſeuffzen / wann ſie an ſie denckt /
Sie aber fleucht je mehr zu ruͤcke / weil jen im ſeuffzen etwas
ſtaͤnckt.

64.

Luſt vnd Schmertz.
Freud vnd Leid ſind Reiſe-Leute / ziehen jmmer auß vnd ein /
Doch wil dieſes jmmer laͤnger / jenes kuͤrtzer bey vns ſeyn.

65.

Von meinen Reimen.
Wer was Himmel hat ſol ſchreiben / muß dazu den Himmel fuͤh -
len /
Jch muß nahe bey der Erde mich durch Gicht gefaͤſſelt fuͤhlen.

66.

Von Umbrone.
Was Umbro ſchreibt das ſchreibt er Menſchen / die noch zur Zeit
nicht Menſchen ſind
Er ſchreibt vielleicht fuͤr keinen Alten / er ſchreibt vielleicht nur fuͤr
ein Kind.

67.

Faulheit.
Wir ſterben vns vns ſelbſt vor ab / fuͤr vnſrem ſterben /
Wann Gaben die in vns vnaußgeuͤbt verterben.
68. Der149Achtes Hundert.

68.

Der Wolthatige Gott.
Gott / machts gut; vnd boͤſe / wir;
Er braͤut Wein / wir aber Bier.

69.

Plauderey.
WO kein Brunn / da kans nicht fliſſen:
Wer viel redet / muß viel wiſſen.
Veit ſagt viel / weiß nichts; er flicke /
Duͤnckt mich / Luͤgen fuͤr die Luͤcke.

70.

Wolluſt.
JE ſeltner man der Luſt geneuſt
Je mehr ſie nachmals lieblich fleuſt:
Petulca haͤlts fuͤr keine Luſt /
Wann Luſt nicht hat die Luſt zur Koſt.

71.

Eheſtand.
Zwar ein Fleiſch werden wol deß Mann - vnd Weibes Leiber /
Doch werden nicht zwey Mann vnd weniger zwey Weiber.

72.

Jungfern-Wuntſch.
D die Maͤrter-Kron die Haube Charitea hat erworben /
Daß als eine keuſche Jungfer ſie zu einer Fraw erſtorben /
Hoͤrte Chloris, ſeuffzte hertzlich: Wolt ich doch fuͤr meine
Suͤnden
Auch wol mich / wann GOTT nur wolte / mit dem ſterben abe -
finden!
K k k iiij73. Auff150Drittes Tauſend

73.

Auff Schnaubonem.
Von Fauſt iſt Schnaubo faul / doch ruͤſtig in dem Sinne;
Ein Hertze hat er wol / doch wenig Hertzens drinne.

74.

Hofe-Worte.
Wer geſchmuͤnckte Worte gibt / iſt nur Freund von Angeſicht:
Denn das Hertze liegt verdeckt / darff alſo der Schmuͤncke nicht.

75.

Aepffel.
Viel Obſt iſt vngeſund; wir keuen alle dran
Was eines Apffels Koſt fuͤr Leid vns angethan.

76.

Auff Mollem.
Dein Weib iſt dir kein Weib / vnd du biſt jhr kein Mann;
Wie daß / das Er / nicht jhr; Sie / dir gewachſen an?

77.

An eine Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin / der Euch denckt zu preiſen vnter denen die Euch keñen /
Muß die Schuld nothwendig haben / daß er nicht kunt alles
nennen:
Wer Euch wil bey denen loben / die vorher nichts von Euch wiſſen /
(Derer wenig ich vermuthe) wird den Glauben muſſen miſſen.

78.

Lob.
WEr zu loben von viel Sachen /
Da wil Lob ſich ſchwerer machen
Als bey dem / wo nichts ſich weiſet;
Das man fuͤglich ruͤhmt vnd preiſet;
Denn dort mangelts an den Worten /
Die man darff zu ſo viel Orten /
Hier151Achtes Hundert.
Hier ermangelts an den Dingen /
Daß man bloß muß Worte bringen.

79.

Gemuͤths Gaben.
DEr den Lednern Beutel hoͤher als das Gold im Beutel
ſchaͤtzt /
Der taug hin wo man nach Wurtzeln auff Antycir uͤberſetzt:
Der deß Leibes Zierden putzt / laͤſt den Sinn im Kote liegen;
Dieſer kan zum Koͤnigreich vnter allen Narren tuͤgen.

80.

Buͤcher-Zimmer
Hier iſt ein Apothecke / darinnen rechte Sinnen /
Sich an Geſundheit beſſern / fuͤr Kranckheit friſten kuͤnnen.

81.

Unverſchaͤmt.
Wer ſich uͤberall ſiht gerne / wer ſich nirgend nimmer ſchaͤmt /
Kan dem Gluͤcke ſich bequaͤmen / wann Gluͤck jhm ſich nicht be -
quaͤmt.

82.

Vom Fruͤhling / Anno. 1652.
Dieſer Fruͤhling iſt gar kalt:
Welt wird nun zum bulen alt.

83.

Auff Vanum.
Vanus gehet auff den Wolcken hoch erhoͤht durch hohe Thaten;
O / daß nicht durch ſeine Schwere / Wolcken in den Bruch gera -
then!

84.

Eheſtand.
Ein gruͤner Mann / ein rothes Weib / die Farben wol zuſammen /
Sie ſind geſchickt im Waſſerbaw zu ziehen wol die Rammen.
K k k v85. Auff152Drittes Tauſend

85.

Auff Submisſam.
Submisſa ſucht ein ſchnoͤdes Geld / durch gar ein ſchaͤndlich Leben /
Meint: ſey es ſchaͤndlich gleich verdient / ſeys ehrlich doch gegeben.

86.

Auff Cajam.
Caja leſt auß einer Schuͤſſel vnterſchiedne Vogel niſſen;
Dennoch hat man nie gehoͤret / daß ſie ſich noch je gebiſſen.

87.

Spanien.
Spanien liegt wie ein Seugling an der Oſt - vnd Weſten-Bruſt /
Judiens / ſaugt Gold: Was Leute hetten gerne dieſe Koſt!

88.

Die Zunge.
EJne Bruͤck iſt auffgebauet / druͤber bringt man in die Stadt
Thiere / Fiſche / Vogel / Fruͤchte / was man kaum zu nennen
hat:
Dieſes nicht / ſonſt aber manches / kuͤmt zu ruͤcke durch das Thor /
Doch nicht was das Auge ſihet / ſondern nur vernimt das Ohr.
Fuͤr die Bruͤcke / fuͤr die Wahren / wil der Bawherr keinen Zoll /
Auſſer / daß man ſeiner Guͤte / hertzlich jmmer dancken ſoll;
Einer thut es kaum von Zehnen / fluchen mehr vnd leſtern eh /
Er iſt guͤtig / ſtrafft nicht balde / endlich doch folgt ewig Weh.

89.

Sramm-Buch.
Freund / ich ſoll dir auff Begehren etwas in dein Stamm-Buch
ſchreiben /
Stets ſolſt du in meinem Sinne / mich laß ſtets in deinem
bleiben.

90.

Waffen vnd Schrifften.
EJſen ſchuͤtzet zwar den Mann
Wann Gewalt jhn ſprenget an;
Aber153Achtes Hundert.
Aber weder Schild noch Degen
Kan der Zeit ſich wiederlegen:
Wann der Zeiten ſcharffer Zahn
Kluge Schrifften faſſet an /
Doͤrffen ſie ſich jhm mit lachen
Sonſt mit nichts / entgegen machen.

91.

Pappier.
Witzel wird mir Schuld beymeſſen / daß ich ſchreib auff Lumpen
Poſſen;
Beſſer das Pappier verſchrieben als beym Pferdefang ver -
ſchoſſen.

92.

Auff Faſtum.
Du machſt dich Faſtus groß: Ein jeder acht dich klein;
Die Ele die dich miſſt / wird deine / mein ich / ſeyn.

93.

Hoſen.
Man ſagt: das weit an Hoſen bleib jmmer oben ſtehn:
Jetzt ſiht man Hoſen / weiter um Bein / als Guͤrtel gehn.

94.

Unrecht Gut.
Rapax laͤſſet ſeinen Kindern groſſe Guͤter; ſeine Seele
Wird hingegen Erbtheil haben in deß Plutons finſtern Hoͤle.

95.

Auff Runcum.
Runcus iſt gewaltig ſtarck; gebe Bauren groſſen Nutz
Kuͤnten jhn zum Hebelbaum brauchen fuͤr das groͤſte Klotz.

96.

Artzt-Waſſer.
Aertzte bauen jhre Muͤhlen an die Menſchen-Fluͤſſe;
Selten ſind ſonſt Waſſermuͤhlen die man ſo genieſſe.
97. Kuͤſſen. 154Drittes Tauſend

97.

Kuͤſſen.
Wer kuͤſſen wil / kuͤß auff den Mund / das andre gibt nur halb ge -
nieſſen /
Geſichte nicht / nicht Hals / Hand / Bruſt / der Mund allein kan
wieder kuͤſſen.

98.

Ungluͤcke.
Wen das Gluͤck in Ruͤcken ſchlaͤget / dieſer iſt kein Mann;
Wer jhm nur entgegen ſtehet / geht es minder an.

99.

Wolluſt.
Wer der Wolluſt ſich lehnt auß / wird er nicht ums Hauptgut
kummen.
Wird er Kranckheit haben doch ſtat der Zinſen eingenommen.

100.

Hoffart.
Pracht
Macht
Acht.

Deß Dritten Tauſend Neundes Hundert.

156Drittes Tauſend

1.

Arbeit vnd Fleiß.
DJe Welt iſt wie ein Kram / hat Wahren gantze Hauͤffen /
Um Arbeit ſtehn ſie feil / vnd ſind durch Fleiß zu kauffen.

2.

Geruͤchte.
Wer Geruͤchte vom Geruch nennen wil / wird wenig fehlen;
Beyderley / wanns nicht recht gut / pflegt die Sinnen faſt zu
quaͤlen.

3.

Ein redlicher Mann.
Sein Ruhm der kan beſtehn vnd ſein Geruͤcht iſt aͤcht /
Wer dieſes ſagt was wahr / vnd dieſes thut was recht.

4.

Selb-Betrug.
MAn ſagte / du Betrieger / das wolte Frantz nicht leiden;
Man ſagte / deiner Selbſten; da muſt er ſich beſcheiden:
Den Selb-Betrug zu zeichnen hat Welt nicht ſo viel Kreiden.

5.

Gelegenheit.
Kleiner Anlaß macht groß Weſen; Gláucus ſah mit halben
blicken
Eine Magd / der muſt er folgends fuͤr zwey Letber Speiſe ſchicken.

6.

Verſtand.
Witz die nur auff Vorthel geht / iſt nicht Witz / ſie iſt nur Tuͤcke
Rechte Witz uͤbt nur was redlich / weiß von keinem krummen
Stuͤcke.

7.

Der Niſa Eheſtand.
Niſa nam jhr einen Mann. Nein / man ſagt ſie melde
Daß ſie habe keinen Mann / einen Sack mit Gelde.
8. Von157Neundes Hundert.

8.

Von Mopſo.
MOpſus war ein guter Wirth / baute wol ſein gutes Feld
Aber nimmer trug es was / nimmer hatt er etwas Geld:
Endlich ward die Sache kuͤndig / (keine Deube bleibt verholen)
Daß der Pflug damit er pfluͤgte ſam den Pferden war geſtohlen.

9.

Auff Corinnam.
Corinna hat den Mann zwey Jahr lang nicht geſehen
Und brachte doch ein Kind? durch Wechſel iſts geſchehen.

10.

Feuersbrunſt.
Daß mein Hauß zu Aſche worden / bringt mir darum nicht Ver -
druß /
Weil auch ich / der Wirth zum Hauſe / kuͤrtzlich Aſche werden muß.

11.

Deutſche Sprache.
Was hilffts / daß deutſcher Mund das Deutſche redet rein /
Hingegen wann der Sinn gleichwol wil Grichiſch ſeyn.

12.

Von Cajo.
Cajus hat ein zierlich Weib: Was nur iſt von jhr die Sage
Daß ſie jede Woch im Jahr feyret ſieben Feyer-Tage.

13.

Auff Dentatum.
Deine Zaͤhne / deine Zehen ſind / Dentatus, Spießgeſellen;
Jenen endern die zu gute balde nicht die Eſſen-Stelle.

14.

Der Magen.
Unſre Magen ſind wie Graͤber; drein wir manchen Leib be -
graben;
Was iſts wunder / daß von Todten wir den Tod zum beſten habeit.
15. Der158Drittes Tauſend

15.

Der Bauch hat nicht Ohren.
Der Bauch hat kein Gehoͤre; das iſt zu viel geſprochen!
Lucina Bauch hat Ohren / erwarthe nur zehn Wochen.

16.

Auff Spadonem.
Du biſt kein Mann / du biſt kein Weib / du biſt ein ſolches Ding
Daruͤber Mann / daruͤber Weib lacht / wenns fuͤruͤber gieng.

17.

Ungleiche Heurath.
Der Junge nimt die Alte / damit er habe Koſt /
Die Alte nimt den Jungen / damit ſie habe Luſt.

18.

Auff Græam.
Græa iſt gantz uͤberhaͤßlich / drum ſie dann auch fromm verbleibet
Wo ſie nur nicht mit Gedancken / wie man ſagt / den Ehſtand
treibet.

19.

Eine Haube.
Alsbald die Haube deckt das Haupt / entdecken ſich die Sinnen /
Die nicht / wie wann ſie Jungfern ſind / die Weider bergen kuͤnnen.

20.

Die Liebe.
Was iſt die Lieb? es iſt die Luſt zu dem / das vns gefellt:
Das macht / daß mancher mit der Magd / mehr als der Fraw es
helt.

21.

Bloſſe Bruͤſte.
Weiber / die die Bruͤſte bloͤſſen ſind von oben aller Leute /
Das was vnten bleibt den Maͤnnern / (mancher zweiffelt) zu der
Beute.
22. Reiche159Neundes Hundert.

22.

Reiche Weiber.
WEiber reich von Hirne /
Weiber / ſchoͤn von Stirne
Uberwegen Laſten
Aller vollen Kaſten.

23.

Kuͤſſe.
Kuͤſſen iſt ein Kammer-Bothe der vns auff das Kuͤſſen rufft:
Sagt er nicht / was man begehre / laͤſt er fuͤhlen was man hofft.

24.

Auff Floridam
Florida, dieweil ſie ſchoͤn / meint ſie / daß ein eintzler Mann
Jhrer Schoͤnheit nicht ſey werth / beut der gantzen Welt ſich an.

25.

Die Kunſt.
Wo hat die Kunſt jhr Haus? Der Kunſt jhr Haus iſt rund /
Steht allenthalben ſo / daß Sonne druͤber ſtund.

26.

Ein langſamer Tod.
Der aͤrgſte Tod iſt der / der gar zu langſam toͤdtet:
Die aͤrgſte Noth iſt die / die gar zu lange noͤthet.

27.

Auff den Saͤuffer Bonoſum.
Bonoſus iſt ein Fleiſcher / das Glas / darauß er tranck /
Dran huͤbe ſich ein andrer / der nicht ein Fleiſcher / kranck.

28.

An eine Fuͤrſtin.
Fuͤrſtin / Euer Lob zu ſchreiben werd ich mich vergebens uͤben /
Euer Thun wird / wie man mercket / von der Ewigkeit beſchrieben.
L l l29. Ge -160Drittes Tauſend

29.

Gelehrte Schrifften.
WEr verlachet dich Papier?
Paart ſich kluge Hand mit dir /
Wird der Marmor nicht beſtehn /
Werden Cedern eh zergehn /
Hat das Eiſen nicht Beſtand /
Tauret nicht der Diamant;
Eher wirſtu nicht gefaͤllt /
Biß mit dir verbrennt die Welt.

30.

Grabſchrifft.
Ein Todter lieget hier / der / wie er war ſein Tod
So war er auch ſein Grab vnd ſeines Todes Spot.

31.

Von Fabio.
FAbius ſpricht: Mein Geluͤcke thut mir nichts von dieſen
allen /
Was ich jhm mit gutem Fuge zugemutet / zugefallen:
Gluͤcke ſpricht: wann du begehreſt / was nicht groͤſſer iſt / dann du /
Was in dir nur findet Raum / weiſ ich dir es gerne zu.

32.

Auff Vagum.
Vagus hat zu fangen Gluͤcke hin vnd her ſich ſtets gewagt /
Ungewiß / ob jhn das Gluͤcke / oder er das Gluͤcke jagt.

33.

Auff Vertumnum.
Macht der Mahler dich nicht aͤhnlich beſſer / als du ſelbſten / dir /
Ey ſo biſtu nie nicht einer / biſt ein andrer fuͤr vnd fuͤr.
34. An161Neundes Hundert.

34.

An Candillam.
WJe biſtu doch ſo weiß / Candilla; ſiht dich an
Der Buler Jupiter, ſo wird er wol ein Schwan:
Was wirſt du Eyre dann vnd Helenen außbruͤtten!
Wie wird ſo mancher Held von jhrer wegen wuͤtten.

35.

Ungelegenheit deß Krieges.
Der Drang / den Krieg vns thaͤt / der war alſo gethan
Daß die Vergeſſenheit jhn nicht vergeſſen kan.

36.

Von der Phryne.
Man meinet daß bey Phrynen Cupido haͤlt den Stat /
Von bulen wird ſie muͤde / wird aber nimmer ſaat.

37.

Zeit zum heurathen.
Bey den Alten war es ſchimpfflich / noch fuͤr dreiſſig Jahren wiſſen
Was ein Weib: Jetzt iſt es ſchimpfflich / nicht bey funffzehn / ſie
genieſſen.

38.

An Plutum.
Du haſt viel Preis / vnd glaͤubſt es ſey der Ehre Sohn;
O nein! der Heucheley; man preiſet dich ums Lohn.

39.

Der Adel.
Wer ſeinen Adel adelt / iſt adelich geadelt
Den nur ſein Adel adelt / wird adelich getadelt.

40.

Eine Nonne.
Eine Nonne war nie muͤſſig / eh ſie wolte muͤſſig ſeyn
Ließ ſie einen ſtarcken Bruder / jhr zu lauſen / zu ſich ein.
L l l ij41. Hoch -162Drittes Tauſend

41.

Hochzeit-Feſt.
HEut iſt ein Binde-Tag; der Braͤutgam bindt die Braut /
Die Braut den Braͤutigam. Das Band das iſt von Haut;
Es trifft auff einen Punct das loͤſen vnd das binden /
Man ſiht durch Loͤſen ſie ſich mehr zuſammen winden.

42.

Alt / Jung.
Beſſer als ein junger Alter / iſt ein alter Junge
Weil es ſelten einmal jenem; dieſem offt gelunge.

43.

Der Lorberbaum.
Zevs trifft nie den Lorberbaum mit den dreygeeckten Keilen:
Aber die / die dieſer kroͤnt trifft er offt mit Armuths-Pfeilen.

44.

Geſchenckt Leben.
Wer im Kriege ſeinen Feind bittet um ſein Leben /
Dem wird Leben nicht ſo wol / als der Schimpff / gegeben.

45.

Von meinem Buche.
WJl der mein Buch nicht lieben
Der beßres hat geſchrieben /
Wil der mein Buch vernichten
Der mehres kunte tichten /
So laß ichs ſo geſchehen:
Doch wird man auch wol ſehen /
Daß mancher etwas aͤrgers
Geſchrieben / mancher kaͤrgers.
46. Ein163Neundes Hundert.

46.

Ein Unmenſch.
Dem kein Unfall nie ſtieß fuͤr /
Dieſer iſt ein Wunder-Thier.

47.

Auff Apitium.
Apitius dein Hunger iſt groͤſſer als dein Bauch /
Der Bauch wil nicht alleine / die Augen wollen auch.

48.

Die Gurgel.
WJr freſſen manches Thier
Das groͤſſer iſt / denn wir:
Wir duͤrffen einen Raum
Von drey / vier Elen kaum:
Noch iſt kein Land genug
Das vnſre Koſt vns trug /
Man muß ſie ſuchen her /
Durch alles Land vnd Meer.
Da doch fuͤr vnſrer Thuͤr
Jſt Nothdurfft vnd Gebuͤhr;
Das macht der Gurgel Klufft /
Die ſtets nach mehrem rufft.

49.

An eine Fuͤrſtin.
Die Welt / die hat den Ruch; hier / haben wir die Blum:
Diß Land hat / Fuͤrſtin / Euch; die Welt hat Euren Ruhm.

50.

Von der Pullâ.
Pulla hat in ſchwartzem Tuche bey drey Jahren zugebracht /
Um den Mann; verſtehts nur eigen / dieſes Tuch das war die
Nacht.
L l l ij51. Auff164Drittes Tauſend

51.

Auff Clajam.
GOtt nam / ſagt Claja, meinen Mann /
Der HErr hat alles wolgethan /
Der einen friſchen geben kan!

52.

Ehe-Wuntſch.
Spanne meinen ſchwachen Mann / ſpann jhn auß / O Himmel /
doch!
Seuffzet Mœris; vnd jhr Mann / Him̃el / ach zerbrich mein Joch!

53.

Von Lino.
Wann-ins Wein-Haus Linus geht / ſolt er in das Bein-Haus
gehn /
Drauff ſo wolte ſeine Fraw nie durchs Tantz-Haus ſtille ſtehn.

54.

Auff Tetrum.
Du biſt ein feines Kind / hengſt an Erynnis Bruſt /
Deß Neiders blaue Milch iſt / Tetrus, deine Koſt.

55.

Judas-Kuß.
WEr mich gruͤſt mit Judas-Kuͤſſen /
Mag nach ſeinem Willen gruͤſſen /
Wird / wie Judas / ehſtes buͤſſen.

56.

Vermeinter Friede.
Wie ſicher ſind wir doch / als wann wir Friede hetten!
Wir gehn in vollem Sprung vnd vnſer Heil an Ketten.
57. Ein165Neundes Hundert.

57.

Ein gezuͤchtigtes Weib.
WAnn der Kloͤpffel ſchlaͤgt die Glocke / gibt es einen lauten
Hall:
Wann der Mann das Weib caſteyet / gibt es einen weiten Schall.
Dieſe Glocke / wann ſie klingt / klingt ſie meiſtens zu dem ſingen /
Selten aber / wann ſie klingt / wil ſie zum Gebete klingen.

58.

Ein neugeborner vnd bald verſtorbner Printz.
Unſer Printz ſtarb kaum geboren; weil an jhm war ſo viel
Himmel /
So gehoͤrt er nicht herunter in das freche Welt-Getuͤmmel.

59.

Die gefangene Geilheit.
Seither der Geilheit Neſt ward ſo mit Band verbunden
Seither ward arge Brunſt nie frey-vnd offner funden.

60.

Der Weiber Verſchwiegenheit.
Weiber gehn mit Heimligkeit zur Geburt auff alle Stunden
Was ſie bringen lieget frey / nie in Windeln eingebunden.

61.

Entbloͤſte Bruͤſte.
Jungfern / die die Venus Huͤgel bloͤſen vnverholen
Blaſen zu dem Liebes-Feuer jedem auff die Kohlen.

62.

Von eben denfelbten.
Jhr ſtellt das weiſſe Milch-Gefaͤß / jhr Jungfern an den Tag
Jhr hettet gerne Milch darein vnd was ſie trincken mag.
L l l iiij63. Ein166Drittes Tauſend,

63.

Ein andres.
Der juͤngſte Tag iſt nicht mehr weit / weil / was verborgen lag.
(Deß Bruſt-gewaͤchſes Zwillings-Frucht) kuͤmt alles an den Tag.

64.

Aepffel.
Zuckeraͤpffel ſind zum ſchaͤlen in zefaͤrbtes Wachs bekleidet:
Evenaͤpffel ſind zum locken / offt mlt Bleyweis uͤberkreidet.

65.

Auff Roſellam.
Roſella, O du ſchoͤne Roſe /
Ein Wurm iſt in dir; das iſt loſe!

66.

Tadler.
Wer mich tadelt / gibt zu kennen daß was gutes an mir ſey;
Sonſt wer nichts jhm dran gelegen / duͤrffte keiner Tadeley.

67.

Zunder der Hoffart.
Was r[eiz]et vns zur Hoffart an? der Leute Heucheley /
Die alles preiſen / was wir thun / es ſey gleich wie es ſey.

68.

Uberfluß.
Der Uberfluß hat keinen Feind der aͤrger ſey / als er /
Er laͤſt nicht nach / biß uͤber ſich den Mangel er fuͤhrt her.

69.

An einen Freund.
Jn dem ich / Freund / dich liebe / ſo zahl ich etwas wol:
Jch zahle was ich zahle / doch nimmer / was ich ſol.
70. Be -167Neundes Hundert.

70.

Begraͤbnuͤß im Wein.
Wer in den Wein begraben liegt / wann der ſoll aufferſtehn /
Muß offt / eh er gen Himmel taug / zuvor zu Bade gehn.

71.

Der Wein von ſich ſelbſt.
MAn lacht mich lieblich an / man nimt mich willig ein /
Geh vnten ich gleich zu / bald wil ich oben ſeyn.
Wann ich nun alſo traw vnd wil recht ein mich reiben /
So pflegt man mich herauß fuͤr Saͤw vnd Hunde treiben.

72.

Auff Glaucum.
Um einen Sack voll Geld nam Glaucus, wie ich meine /
Sein außgefleiſchtes Weib / den alten Sack-voll Beine.

73.

Venus in der Muſchel.
Venus ward auß einer Muſchel / wie man ſchreibet / hergeboren;
Fuͤr den Schmuck hat Frauen-Zimmer Perlen darum außer -
kohren.

74.

Ein andrer Urſprung der Venus.
SAturnus ſchniet dem Cœlo auß vnd warff es in das Meer
Vom Schaum / der auß dem Wurff entſtand / da wuchs die Ve -
nus her:
Daher kuͤmts auch / daß Venus nun den Vater alſo liebt /
Denn / jhr zu gunſt / das Weiber Volck ſich auch ſo gantz ergibt /

75.

Buchdrucker-Kunſt.
Weil das nuͤtze Buͤcher-pregen / vnſer Deutſchland vns ge -
ſchenckt /
Jſt es billich / daß fuͤr andrem / Deutſches man zum Druck er -
denckt.
L l l v76. Ga -168Drittes Tauſend

76.

Gaſterey.
Dieſes Mahl gefaͤllt mir wol / drauff ſich friſcht vnd ſpeiſt /
Nicht nur vnſer Aug vnd Leib / ſondern auch der Geiſt.

77.

Weibes-Volck.
Pflegt ein gantzes Meer voll Luſt von den Weibern her zurinnen /
Duͤnckt mich gleichwol jmmer auch / daß viel Wunder ſpielen drin -
nen.

78.

Weiber.
Muß man Weiber zu ernehren / bey dem Tage ſorgen pflegen.
Ey ſo kuͤnnen dann bey Nachte dieſe jene nieder legen.

79.

Auff Cornium.
Cornius hat auff dem Haupt einen vnbenanten Schaden;
Weiland in Ceraſtia waren Maͤnner mit beladen.

80.

Aertzte.
Auff das Wtrthshaus vnſrer Seele ſollen Aertzte Sorge tragen:
Lieber / als auß jhrer Kuͤche / ſpeiſt beym Becker ſich mein Magen.

81.

Chriſten-Tod.
Das Leben nicht / die Sterbligkeit
Legt ab / wer wol ſtirbt vorbereit.

82.

Auff Tenebrionem.
MAn ſoll dir die Nativitaͤt / Tenebrio, außrechen:
Zu rechnen wer dein Vater ſey / das wil den Kopff zerbre -
chen:
Wann / wo / auß wem / du wordeſt jung / das kan man noch wol
ſprechen.
83. Vaͤter. 169Neundes Hundert.

83.

Vater.
Man gibt den Geiſtlichen gemein der Vaͤter Namen;
Nur daß nicht leichtlichen an Tag die Kinder kamen.

84.

Gleiche Ehe.
Die Mutter / iſt ein Narꝛ; der Vater / iſt ein Thor;
Ey / welch ein luſtig Stamm ſcheuſt hier ſo ſchoͤn hervor!

85.

Auff Corbatum.
Die Liebſte lebt in dir / nun iſt ſie dir geſtorben
Ein andrer hat ſie jhm zum Leben auch erworben.

86.

Der Neid.
Der Neid iſt groͤſſer als wol das / woruͤber wir vns neiden;
Wir ſind vielmehr zu jener Luſt / als dieſem Wuſt / beſcheiden.

87.

Jugend.
JUnge! Junge! Junge! Junge! ſchreyet aller Weiber -
Schaar;
Wann doch einer einmal kaͤme / welchem weder Zeit noch Jahr
An dem jung ſeyn etwas thaͤte! thaͤten es die Jahre nicht /
Wuͤrd er doch durch ſtetes brauchen / mehr als Jahre halgericht.

88.

Freundes-Huͤlffe.
Dancke Gott / wer Haͤnde hat / daß er ſich kan ſelbſt verſorgen!
Der / der ſelbſt nicht Haͤnde hat / kriegt ſie nirgend wo zu borgen.

89.

Hofe-Leute.
Mancher iſt bey Hof ein Herꝛ / tuͤchte Bauern nicht zum Scholtzen:
Wer daſelbſt die Pferde putzt / iſt der Stoͤltzte von den Stoltzen.
90. Auff170Drittes Tauſend,

90.

Auff Marcum.
MArcus kuͤnte baun ein Haus /
Auff von Grund vnd auß vnd auß /
Kalck / der ſchwiert jhm auß der Haut:
Lenden iſt der Stein vertraut:
Naͤgel ſtehn jhm fuͤr der Hand:
Jn der Blaſe fuͤhrt er Sand:
Weil im Kopffe Schiefer ſteckt /
Hat er auch / womit er deckt /
Hoͤltzern iſt ſonſt ſein Verſtand /
Hat ſo alles bey der Hand.

91.

Feile Aemter.
Wer die Aemter kaufft um Geld / dieſem iſt ja nicht benummen
Daß er Recht zu Marckte fuͤhrt / ſeinem Schaden fuͤrzukummen.

92.

Beſoldungen.
Man laſſe den Beamten begnuͤgten Sold außzehlen /
So muſſen ſie ſeyn redlich / ſo duͤrffen ſie nicht ſtehlen.

93.

Hofe-Diener.
Was muß doch manchen Toͤlpel ſo werth bey Hofe machen?
Man kan nicht alles mercken; offt ſind es Kammer-Sachen.

94.

Fremde Huͤlffe.
MAn ſolt vns Huͤlffe thun. Da nam man ein Gebieß
Das man in vnſer Maul vns zu beſchreiten ſtieß:
Man riet vns hin vnd her / man ließ vns keine Ruh
Und ſagte / daß man vns riet vnſrer Wolfahrt zu:
Die171Neundes Hundert.
Die Wolfahrt / die es war / die war alſo bewand /
Daß eh man ſie gefuͤhlt / man vns zu Lager rand.

95.

Uppigkeiten.
Wir kaͤmen auff den Krieg wol wieder was zu rechte /
Wann nur nicht Aug vnd Mund / Pracht / Schwaͤlgerey / vns
ſchwaͤchte.

96.

Fremde.
GRoͤſſer Thorheit kan kaum ſeyn /
Wer ein fremdes Land kuͤmt ein /
Daß er wil / daß alle ſollen
Richten ſich nach ſeinem Wollen:
Wer das fremde ſo veracht
Wird von Fremden auch verlacht /
Wer nicht Macht hat zugebitten /
Tadelt naͤrriſch andre Sitten.

97.

Religions-Haß.
WEr ſonſt bey Hofe treulich dient / vnd dem man nicht kan
bey /
Traͤgt lauter Schuld / daß er nicht auch ein Glaubens-Heuchler
ſey:
Nim manchem nur die Gunſt hinweg / nim jhm die Koſt vnd Luſt /
So wirſt du ſehn / was Glaub vnd Trew ſteck vnter ſeiner Bruſt.

98.

An einen Braͤutigam.
Wann du die Braut ins Bette ruffſt / ſo wehrt ſie ſich beym
bitten /
Nicht bitte / denn ſie hat ſchon ſelbſt viel vom Verzug erlitten.
99. Ge -172Drittes Tauſend

99.

Geburts-Tag Mannes vnd Weibes.
Das beſte binden iſt / ſich binden mit den Armen:
Das beſte Loͤſen iſt / in ſuͤſſer Gunſt erwarmen.

100.

Betrug.
Ein Verſprecher vnd kein Leiſter /
Jſt nunmehr der beſte Meiſter.

Deß Dritten Tauſend Zehendes Hundert.

174Drittes Tauſend

1.

Auff Drudam.
WAs kan man Druda thun / daß jemals dir gefellt?
Du biſt doch noch kein Laͤnd / viel weniger die Welt!

2.

Hofe-Gunſt.
Wer bey Hofe hat Genade / iſt bey allen ſonſt verhaſt;
Jſt es doch wie bey den Hunden / wann der ein ein Bein gefaſt.

3.

Ein Jndianiſcher Brauch.
WAnn ein Jndianer freyet / ſchencket er die erſte Nacht
Einem Prieſter / der zum Segen einen guten Anfang macht.
Blondus freyet eine Jungfer / ob er gleich nun dort nicht wohnt
Hat ſie dennoch jhm ein Pfaffe eingeweihet vnbelohnt.

4.

Heutige Trachten.
WJe / das ſo manche Moden an Kleidern jetzt ſich finden?
Drum / daß ſo manche Moden ſich finden an den Suͤnden.
Wir machens wie wirs machen / ſo kuͤnnen vnſre Jaͤcken
Und Unart keine Moden verkleiden / noch verſtecken.

5.

Buͤcher-Zimmer.
Da in Buͤcher-Zimmern Buͤcher meiſtens an den Ketten liegen /
Wuͤrden offters die Gelehrten beſſer an die Ketten tuͤgen.

6.

Ein Fluch wider ſeinen Feind.
Sonſt wil Blavus ſeinem Feinde keinen aͤrgern Unfall guͤnnen /
Als / daß der jhn halb zu Hauſe / halb mag ſonſt wo wiſſen kuͤñen.

7.

Handels-Leute.
Es iſt ein ſondrer Pflug / womit die Haͤndler pfluͤgen
Das Feld der Kauffmannſchafft; wie heiſt er denn? das Luͤgen.
8. Frage. 175Zehendes Hundert.

8.

Frage.
Wie wilſtu weiſſe Lilien / zu rothen Roſen machen?
Kuͤß eine weiſſe Galathe, ſie wird erroͤthet lachen.

9.

Zauberin.
MAn brennt jetzund viel Hexen / der Teuffel iſt geſchaͤfftig /
Vor waren ſie in Maͤnnern / ſind jetzt in Weibern hefftig /
Es tobten ſich im Kriege die Maͤnner vormals muͤde /
Drum halten nun die Teuffel der Maͤnner Stell im Friede.

10.

Auff einen Buͤcherſchreiber.
Man ſihet deinen Schrifften groß Ehr vnd Sorge geben /
Man laͤſt ſie zierlich binden; worein? in Spinne-Waͤben.

11.

Gunſt.
Fuͤr Koͤrben / bey den Jungfern; fuͤr Ungunſt / bey den Herren /
Weil ſie ſich vielmals aͤndern / ſoll Niemand ſehr ſich ſperren.

12.

Poͤfel-Gunſt.
DEr Poͤfel hincket /
Wo jhn nicht duͤncket /
Der wird verfuͤhret /
Der jhm hofiret.

13.

Gutes.
Was iſt es / das die Welt nennt mit dem Namen Gut /
Gemeinlich iſt es das / was jeder wil vnd thut.
M m m14. Be -176Drittes Tauſend

14.

Begierden.
Begierden ſind ein hartes Pferd das ſeinen Reuter reitet
Wann nicht Vernunfft ſein Maul verſteht vnd recht den Zuͤgel
leitet.

15.

Bewegung der Erdkugel.
Die Welt iſt rund vnd laufft herum /
Drum ſind die Leute Schwindel-tum.

16.

Auff Faulindam.
Faulinda geht ſpatziren / pflegt ſonſten nur zu ruhn;
Mich duͤnckt / daß jhre Zaͤhne ein gleiches muͤſſen thun.

17.

Steuer-Schaͤtzung.
JN vnſrem Land iſt alles / ja auch das Nichts geſchaͤtzt /
Wir ſind als Alchymiſten in hoͤhern Ruhm geſetzt;
Sie machen Gold auß Kupffer / wir aber geben Geld
Von dem was gar kein Weſen / kaum einen Namen haͤlt.

18.

Von meinen Reimen.
Jch ſchreibe Sinn-Getichte / die duͤrffen nicht viel Weile
(Mein andres Thun iſt pflichtig) ſind Toͤchter freyer Eile.

19.

Dienſtbarkeit.
Die Dienſtbarkeit iſt jetzt in Hoͤfligkeit verkleidet;
Das gute Hertze thut / das was man thut vnd leidet.

20.

Wechſel.
Man ſahe manchen vor auff tapffren Hengſten reiten /
Jetzt aber ſachte her bey Kinder-Pferden ſchreiten.
21. Engel. 177Zehendes Hundert.

21.

Engel.
ACh! wann wir ſolten ſehen
Was vns kuͤnt offt geſchehen
Wann nicht deß Himmels Waͤchter
Uns ſtuͤnden fuͤr Verfechter /
Wir wuͤrden vns entſetzen /
Und fuͤr gar bloͤde ſchaͤtzen:
Hingegen wann von jenen
Wir hoͤrten auch erwehnen /
Mit was fuͤr Thurſt vnd Raͤncken
Wir Gott vnd Sie ſo kraͤncken /
Wie wuͤrden wir erzittern
Und fuͤr der Straff vns ſchuͤttern!
Wer keines wil bewegen /
Der wird ſich letzlich legen
Jns Bette / wo die Flammen
Gehn uͤber jhn zuſammen.

22.

Auff Gulanum.
WEil Gulanus von dem Tode fort vnd fort Gedancken hat /
Jſſt vnd trinckt er jeden Abend ſich ſehr ſaat vnd uͤberſaat
Dann er meint / daß ſolche Mahlzeit werde ſein Valete ſeyn /
Wil in ſein ſonſt leeres Schieffchen / den Ballaſt vor ſchaffen ein.

23.

Gebrechligkeit.
Weil alles ſo gebrechlich / wer kan ſie dann verſprechen /
Daß Flora jhre Blume ließ / als gebrechlich / brechen?
M m m ij24. Auff178Drittes Tauſend

24.

Auff Zart-Lieben.
ZArt-Lieb iſt im Bett erzogen /
Hat ſechs Ammen außgeſogen /
Die von Huͤnern / Mandeln / Wein
Muͤſten ſtets gemaͤſtet ſeyn.
Zartlieb iſt der Welt zu zaͤrtig /
Eh er / duͤnckt mich / noch wird baͤrtig
Werden mit jhm jhren Mut
Wuͤrm vnd Schlangen machen gut.

25.

Kinder-Zucht.
ES liebet nicht ſein Kind /
Der keine Rutte bind:
Das Hertzeleid belohnet
Den / der der Kinder ſchonet.

26.

Auff Tortum.
Tortus wendet jmmer fuͤr / daß er einer ſey zuſchlecht;
Nein / er iſt mir gar zu krum / denn das halt ich nicht fuͤr recht.

27.

Groß-Sprecher.
WArlich ich muß derer lachen /
Die ſo breit vnd hoch ſich machen /
Haben doch kein Zeyſig Neſt
Da man nicht dabey geweſt.
28. Muͤſſig -179Zehendes Hundert.

28.

Muͤſſiggang.
BRaͤchte Muͤſſiggang genuͤſſe
Wer er ſuͤſſer als das Suͤſſe /
Daß ſich alles drauff befliſſe.

29.

Die Tugend.
Tugend / ruffet Echo wieder / wer im Walde Tugend rufft /
Tugend iſt bey meiſtem Volcke nur die bloſſe Wortes-Lufft.

30.

Widergeld.
Gemeinlich geht es ſo / was einer vor veracht /
Daß thut er nachmals ſelbſt; wird billich drob verlacht.

31.

Unerbare That.
Prava ſtund im Huren-Buche / beſſert aber ernſtlich ſich;
Ward drauff außgeleſcht im Buche; dennoch aber bleibt der
Strich.

32.

Auff Tetcam.
Tetca ſitzt auff heiſſen Kohlen
Muß jhr ſtets Erkuͤhlung holen.

33.

Wiſſenſchafft.
Nicht das viele wiſſen thuts /
Sondern wiſſen etwas guts.

34.

Jungfrauen.
Auff Jungfern-Contribution bleibt jmmer noch ein Reſt
Der jrrt / der daß ſie gar gezahlt ſich je beduͤncken leſt.
M m m iij35. Mit180Drittes Tauſend

35.

Mit GOtt.
Wer Gott nicht ruffet an / vnd wil jhm ſelbſt nur rathen /
Dem wird ſein Sinn ein Narr; ſein Leib der wird ein Schaten /

36.

Auff die Mechthilde.
Mechthild bleibet jmmer ſitzen / keiner nimt ſie nach zu Bette:
Meint / es ſey noch keiner kom̃en der den rechten Handgrieff hette.

37.

Geitzige Geiſtlichen.
VJel dienen dem Altar /
Jch laß es bleiben wahr /
Doch duͤnckt mich gleichwol auch /
Altar ſey manchmal Bauch.

38.

Ein Rath.
Ein Rath iſt wie die Hand die einen Leib ernehret /
Was dieſe gleich erwirbt / daß wird auffs Maul gewehret.

39.

Auff Delilam.
Lauter Lichtes-Kinder bringet Delila;
Jmmer war am Tage / der ſie liebte / da.

40.

Trew vnd Glaube.
Weil Nein vnd Ja noch redlich war /
Da hatte Glauben nicht Gefahr.

41.

Der Neid.
Die Menſchen ſind wol Narren / die Neid ſo heffig treibt
Daß ſie ſich ſelbſt verfolgen um das / was keinem bleibt.
42. Der181Zehendes Hundert.

42.

Der Neid.
Man mahlt den blaſſen Neid / mit Bruͤſten / die verſchrumpen:
Es eyffert ſich der Neid um Sachen / die ſich lumpen.

43.

Beſtechungen.
Auff goͤldenen Bericht / wann bleyern Urthel fellt
Jſts recht? O nicht um recht / es iſt zu thun um Geld.

44.

Hofe-Freunde.
Wer Schencke / Becker / Koch bey Hofe hat zur Gunſt
Jſſt mehr / als der ſich nehrt von einem Sack voll Kunſt.

45.

Kuͤch vnd Keller.
Kuͤch vnd Keller ſind die Graͤber / drein man tieff hat einverhoͤlet
Groſſer Herren volle Beutel / die daſelbſt ſind abgeſeelet.

46.

Auff Hyppophilum.
Hyppophilus iſt ein Student / gelehrt zum Pferde putzen /
Es kan jhm mehr als Kunſt / als Witz / als Trew / bey Hofe
nutzen.

47.

Jaͤger.
Jhr Goͤtter der Waͤlder / jhr Schuͤtzen jhr Jaͤger /
Die Fuͤrſten vnd Herren ſind guͤtige Pfleger
Fuͤr euer Altare; verehren ſo ſehr
Nicht Pallas, Apollo, nicht / Conſus, euch mehr.

48.

Hofe-Goͤtter.
Conſus ſoll bey Hofe billich gehen vor
Dennoch kuͤmmet Comus jmmer eh entpor.
M m m iiij49. Er -182Drittes Tauſend

49.

Erkaͤntnuͤß Gottes.
Was von Gott vnd ſeinem Weſen / ſeinem Willen / ſeinen Ehren /
Wir verſtehen / wird verſtanden nicht von vns; von ſeinem Lehren.

50.

Liebe zur Kunſt.
Wer Luſt zu lernen hat / dem mangelt jmmer was /
Jetzt wil er wiſſen diß / jetzt wil er wiſſen das.

51.

Einbildung.
Mancher meinet / daß er tapffrer als ein Hoͤrnern Segfried ſey /
Das ein Saͤwfried er mag heiſſen / bleibt zum minſten wo dabey.

52.

Sittſamkeit.
All-zulanger Glimpff.
Bringet endlich Schimpff.

53.

Waͤſchhafftigkeit.
Weiber-Worte boͤſe Muͤntze; wird mans Kupffer davon neh -
men.
Wird das Silber ſich verkrichen / vnd das Kupffer wird ſich ſchaͤ -
men.

54.

Fuͤrſprecher.
DJe durch reden werden reich /
Sind denſelben Vogeln gleich /
Die im Munde tragen zu
Ein Gebaͤw zu jhrer Ruh.
55. Ehe -183Zehendes Hundert.

55.

Eheſtand.
WEr im Sommer jhm wil Blumen / ſonſten nichts nicht
ſamleu ein /
Ey / von was wil der im Winter nachmals ſaat vnd muthig ſeyn?
Wer beym freyen bloß auff Zierden / Prangen / Stoltz vnd Groß -
thun denckt /
(kraͤnckt?
Was wird der fuͤr Troͤſtung finden / wann jhn groſſer Unfall

56.

Umwechſel.
Alle Dinge wechſeln ſich; die vor dieſem Huren waren
Sind jetzund gar erbar Volck / moͤgen auch mit Sechſen fahren.

57.

Meelthaw.
Mehrentheils weil Krieg noch wehrte / fiel ein Meelthaw alle
Jahr /
Jn die zarte Jungfern-Bluͤte / der der Wuͤrme viel gebar.

58.

Nahmen.
Weiber-Volck pflegt auff die Tittel ſich nicht wenig zu befleiſſen /
Jungfern / wollen Junge-Frauen; Junge-Frauen / Muͤtter
heiſſen.

59.

Jungfern-Reim.
Wann man kaͤm vnd bete /
Seh man / wie man thaͤte.

60.

Luſt-Schmertzen.
FEuer glaͤntzet mehr als Gold /
Doch verbrennt es ſehr:
Ob die Wolluſt vns thut hold /
Doch verletzt ſie mehr.
M m m v61. Ge -184Drittes Tauſend

61.

Geſundheit-Pflege.
Wann der Artzt laͤſt ſeinen Krancken trincken / eſſen was er wil /
Scheint es / daß der Artzt vermeine / Krancken habe nun fein Ziel.

62.

Redligkeit.
Ein Regiment beſteht auff Grund vnd nicht auff Spitze;
Betrug betreugt ſich ſelbſt / die Redligkeit iſt nuͤtze.

63.

Straffen.
Die Straffen ſind das Saltz / damit man abewehre /
Daß gute Zucht ſich nicht in Faͤul vnd Stanck verkehre.

64.

Spielende Warheit.
Man kan die Warheit ſchwer bey Hof im Ernſte fuͤhlen:
Ein Weiſer bringt ſie ein im ſchimpffen vnd im ſpielen.

65.

Boͤſes vnd Gutes.
Kuͤmt vns Heil / ſo ſchenckt es Gott /
Wir verdienens / kuͤmt vns Noth.

66.

Hofe-Spiel.
Daß man fuͤhrt bey Hof ein Spiel / wie gefaͤllt dir dein Geſelle /
Schickt ſich recht; man hebt daſelbſt einen gern auß ſeiner
Stelle.

67.

Hundes-Trew.
Hunde lecken fremden Schaden; Menſchen ſind viel minder
trew /
Jeder muß jhm ſelbſten rathen / fremde tragen leichte Schew.
68. Auff185Zehendes Hundert.

68.

Auff Scævum.
Scævus wird mit Ewigkeit jmmer in die wette leben:
Tugend / wird das Alter nicht / Bosheit wird jhm ſolches geben.

69.

Von der Pyrinna.
Du brennſt fuͤr Lieb vnd biſt doch blaß / Pyrinna mich beduncht /
Der Brand zeucht ſich von auſſen ein auff ſeinen Mittel-Punct.

70.

Auff Raſam.
Jedermann / den Raſa ſiht / muß jhr eine Feder laſſen;
Fremde Federn darff ſie wol / muß fuͤr eigner Bloͤſſe blaſſen.

71.

Ehrwuͤrdiges Alter.
Junge / ſolln die Alten ehren / weil auch ſie bald alten muͤſſen /
Daß ſie auch in jhrem Alter von den Jungen Ehre niſſen.

72.

Feinde der Traurigkeit.
Jugend iſt deß traurens Feind / ſchicket wieder das ins Feld /
Muſic / Bulſchafft / Wein vnd Spiel vnd den General, das Geld.

73.

Jungfrauen.
JCh kenn ein Rehe
Dem ſrey thut wehe;
Das nach dem fangen
Traͤgt ein Verlangen /
Das vngejaget
Jns Garn ſich waget /
Das jhm ein Netze
Fuͤr Zierath ſchaͤtze /
Das186Drittes Tauſend
Das ſeinen Jaͤger
Nim̃t in ſein Laͤger /
Jhr Jungfern / ſtille
Was euer Wille!

74.

Poeten-Heurath.
JUngfern / ſolln ſie Tichter nemen / wollen ſie verſichert ſeyn /
Daß ſie auch / wie in dem Deutſchen / ſo ſind fertig im Latein.
Sollen binden / ſollen ſchrencken auff gut Deutſch; doch gleich -
wol wiſſen
Auff Lateiniſch / was gehoͤre daß die Verſe gehn auff Fuͤſſen.

75.

Poeten.
DEr Tichter ſind genug; was aber ſind fuͤr Sachen /
Die ſie durch jhren Geiſt verewigt ſollen machen?
Was gut / iſt ziemlich karg an Tichtern vnd an Sachen;
Die boͤſen moͤgen ſich auch uͤber boͤſes machen.

76.

Gluͤcke.
GLuͤcke laͤſt ſich nicht beherꝛſchen von dem Alter oder Zeit;
Manchem bringt es ſchone Fruͤchte wann er noch anff Ste -
cken reit /
Manchem hebt es an zu bluͤhen wann er ſchon an Kruͤcken
ſchleicht /
Manchem iſt es jmmer kummen / manchen hat es nie erreicht.
Wer nur ſo viel an ſich findet / daß er weiter nichts begehrt
Als von oben jhm geordnet / den hat Gluͤcke nie gefaͤhrt.

77.

Cupido.
Es mangelt bey der Wirthſchafft jetzt an Maͤgden vnd an Kna -
ben:
Der blinde Knabe / Venus Sohn / kan haͤuffig Maͤgde haben.
78. Ruhm. 187Zehendes Hundert.

78.

Ruhm.
Es iſt kein groͤſſer Ruhm / als Schmach vnd Tadel leiden /
Auß ſeiner Bosheit nicht / auß boͤſer Leute neiden.

79.

Hoͤren.
JCh hoͤre manchmal viel /
Doch glaub ich / was ich wil;
Wer willig iſt zum hoͤren /
Kan Thorheit ſelbſt bethoͤren /
Ein vnverdrußnes Ohr /
Lockt manche Liſt hervor.

80.

Tadler.
Wer daſelbſt wil alles tadeln / wo er nichts hat zu befehlen /
Dieſen kan ich nicht verwehren in die Jecken-Zunfft zu zehlen.

81.

Von der Hulda.
Was man liebt / das braucht man wenig / daß mans lange hab
im Brauch /
Hulda ſchont man zu dem nemen / ob man ſie gleich liebet auch.

82.

Die Welt.
Junge / lieben nicht die Alten / lieben aber doch die Welt /
Die fuͤr Alter vom Verſtande / hin in Schmach vnd Thorheit
faͤllt.

83.

Auff Vanulam.
VAnula wil einen Schoͤnen / Edlen / Tapffren / Klugen /
Reichen /
Wolgereiſten / Wolbeſprachten / Wolgewachsnen / ohne gleichen:
Nun188Drittes Tauſend
Nun der Wuntſch kuͤm̃t zum gewehren / faͤllt viel ab von dieſem
Willen
Und den Mangel aller Stuͤcke / muß die Thorheit nur ervoͤllen.

84.

Zweyerley Natur.
Deutſchen haben zwo Naturen / dann die mode ſchaffet an
Daß man / was man gleich nicht ware / durch die mode werdẽ kan.

85.

Auff Glisſam.
Glisſa lieſet gern in Buͤchern; Arndt / jhr liegt dein Paradiß
Stets zur Hand / doch fuͤr den Augen deine Biebel / Amadiß.

86.

Einbildung.
Was wir ſehen in der Welt / ſehen alles wir durch Brillen;
Gut-vnd boͤſes wird erſehen wie es fuͤrkuͤmt vnſrem Willen.

87.

Von dem Schneeichten Maͤy Anno 1652.
Es faͤllt ein Schnee im halben Maͤy; der Zorn deß HErren
bluͤhet
(ziehet:
Dieweil deß Friedens Gnaden-Frucht zum Fluch / jhr Leute /

88.

Fabeln.
HOhe / wider derer Wercke /
Warheit nicht genug hat ſtaͤrcke /
Dieſe kan man fuͤglich richten
Durch ein angenehmes Tichten.

89.

Gleißnerey.
BEy krummen Geſellen
Jſt noͤthig das ſtellen:
Jſt uͤbel zu deuten
Bey Biedermans-Leuten.
90. Ein189Zehendes Hundert.

90.

Ein Heuchler.
Ein Heuchler leugt nicht vns / er leugt jhm ſelbſten ſo /
Wil jhm zu Nutz / nicht vns / durch Luͤgen werden froh.

91.

Gekauffte Freunde.
Fuͤrſten / die euch die Geſchencke / nicht die Trew pflegt zu verbinden /
Dieſe habt jhr nur ſo lange / weil ſie ſich beſchenckt beſinden.

92.

Bloſſe Bruͤſte.
Jungfern / eure bloſe Bruͤſte ſind ein Spiegel zum entzuͤnden /
Weil jhr meint daß ſonſt die Maͤnner keine Flam̃en an euch ſin -
(den.

93.

Neider.
DJe mich wißlich neiden
Kan ich noch wol leiden:
Ubel kan ich meiden /
Die mich heimlich neiden.

94.

Gold.
Weil das Gold liegt in der Erde / gehn wir druͤber mit den Fuͤſſen /
Wann es rauff kuͤmt / kuͤmts daß ſelbſten wir jhm vnten liegen
muͤſſen.

95.

Der Menſch ein geſellicht Thier.
Weil die Menſchen ſind geſchaffen zum vertraun vnd zum Ge -
ſellen /
(ſtellen!
Wie denn / daß mehr als die Thiere / ſie ſich falſch vnd hemiſch

96.

Von Mopſo vnd Mopſa.
MOpſus dencket auff den Soͤller /
Mopſa dencket auff den Keller:
Mopſus190Drittes Tauſend
Mopſus denckt ins Himmels-Zelt /
Mopſa denckt ins Feuer-Feld.
Wer wil demnach glauben doch /
Daß ſie ziehn ein gleiches Joch /
Ob ſie jhnen bilden ein
Daß ſie ſonſt gleich einig ſeyn?

97.

Das begrabne Deutſchland.
WJr muſten alle Voͤlcker zu Todtengraͤbern haben
Eh Deutſchland in ſich ſelbſten ſie kunten recht vergraben.
Noch ſind ſie mehr jetzt muͤhſam den Coͤrper zu verwahren
Daß in jhn neue Geiſter nicht etwa wieder fahren /
Daß ſeine Todtengraͤber es nicht ſey wieder willig
Jngleichem zu beſtatten; vielleicht auch mehr noch voͤllig.

98.

Auff Paulum.
PAul iſt fleiſſig mich zu fragen /
Jch verdruͤſſig was zu ſagen:
Dann mit allem meinem ſagen /
Stillt ſich nimmer doch ſein fragen.

99.

Der kalte Fruͤhling.
D Maͤyens ſcharffer Froſt
Erfroͤrt der Deutſchen Luſt:
Wird weniger gleich Wein /
Wird mehr Vernunfft doch ſeyn.

100.

Von meinen Getichten.
DJe Anzahl meiner Reimnen / die macht ein Regiment /
Das weiland auff drey tauſent gericht ward vnd genennt.
Wo dieſes wird gemuſtert vnd viel von Mannſchafft fehlt
So bleibts vielleicht bey deme / wie man ſie jetzo zehlt.
So aber ſo ſie tuͤgen / das wenig abegeh
So kan vielleicht ich richten ins kuͤnfftig ein Arme.

Deß Dritten Tauſend Zu-Gabe.

N n n192Zu-Gabe.

1.

Kurtze Tage.
WO die Taͤge kurtz / wo die Naͤchte lang
Da / jhr Weiber / geht Phœbus euren Gang.

2.

Von meiner Zugabe.
WEil ich gerne gebe zu / vnd bin frey mit ſchencken /
Wird man / daß die Wahr gar ſchlecht / leichtlich wollen den -
Guten / wird doch alles gut; Boſen / boͤſe ſeyn;
(cken:
Guten / leg ich alles auß / Boͤſen alles ein.

3.

Der Schleſiſche Parnaß.
SChleſien / daß dein Zabothus worden iſt fuͤr wenig Jahren
Was den Grichen jhr Parnasſus, Helicon vnd Pindus
waren;
Daß dein Opitz iſt Apollo, daß die andren klugen Sinnen
Deiner Kinder dieſes worden / was ſonſt ſind die Caſtalinnen /
Dieſes iſt dir ewig ruͤhmlich. Glaube was die

4.

Auff Linum.
Linus ſiht auß Jungfern-Augen / wie es ſonſt um ſie bewand?
Wird er ein Natur-Gelehrter oder Stern-Freund / drum genant?

5.

Witfraw.
Kuͤm̃t Witfraw her vom wuͤtten /
Wann niemand ſie wil bitten?
Manchmals triffts uͤberein /
Soll ja nicht jmmer ſeyn.

6.

Botmaͤſſige Weiber.
Fuͤr Gott / iſt nie kein Mann gerecht:
Fuͤr Weibern / jederman ein Knecht.
7. Koͤſt -193Zu-Gabe.

7.

Koͤſtlich Waſſer.
Waſſer / die die Alchimiſten brennen ſind gar hoch geacht /
Hoͤher Threnen / die die Braͤute gieſſen in der erſten Nacht.

8.

Auff Granmundum.
GRanmund ſagt von hohen Dingen / von viel thun vnd von
viel wagen;
Wachs zum ſiegeln werden Bienen / die ſonſt Zippelpeltze tragen /
Willig wuͤrcken / zu beſtaͤrcken / was vns Granmund pflegt zu
ſagen.

9.

Das beſte Band zwiſchen Obren vnd Untren.
Wann Willigkeit im leiſten / vnd Billigkeit im heiſſen /
Nur recht zuſammen halten / wer wil diß Band zerreiſſen?

10.

Verheiſchungen vnd Leiſtungen.
Wann leiſten vnd verſprechen nur ehlich wolten werden /
Es wuͤrden jhre Kinder vertreiben viel Beſchwerden.

11.

Menſchen-Sinnen.
Koͤpffe / haben Duͤnckel:
Hertzen / haben Winckel:
Pruͤfe / was du ſiheſt:
Mercke / was du flieheſt.

12.

Wirthſchaffts-Koſten.
WJe koſt bar waren Krieger / die Laͤnder außzuzehren?
Wie koſtbar iſt Geſinde / die Laͤnder zu ernaͤhren?
Was iſt die gantze Wirthſchafft? Ein koſtbares Beſchweren.
N n n ij13. Auff194Zu-Gabe.

13.

Auff Furvum.
Furvus, denckt ſich groß zu bauen / legt den Grund von ſolchen
Stuͤcken /
Die er andren durch vorleumden weggezogen hinterm Ruͤcken.

14.

Die Warheit.
Warheit laͤſt ſich gar nicht mahlen / wer die Warheit etwa mahlt
Und verkaufft ſie / nim̃t die Luͤgen / nim̃t die Warheit nicht bezahlt.

15.

Liſtiger Tod.
Der Tod kuͤm̃t von Natur vnd durch viel tauſend Faͤlle /
Noch hat die Kunſt vnd Witz hier auch zu Zeiten Stelle.

16.

Eine Rede.
Gute Reden ſind wie Jungfern / die man nach der Groͤſſe nicht /
Die nach Schoͤnheit / nach Geſchicke / nach Verſtand man gerne
richt.

17.

Sterben.
Ob ſterben grauſam iſt / ſo bild ich mir doch ein /
Daß lieblichers nicht iſt / als nun geſtorben ſeyn.

18.

Ein Hofemann.
Selten thut ein Hofemann / was er thut / nach eigner Art
Hat ſich meiſtens nach dem Wind vnd dem Wetter fortgekahrt.

19.

Nachgeben.
Wer das halbe Recht raumt ein / raumt das gantze lieber ein;
Wer deß halben ſchon iſt Herꝛ / wil es auch deß gantzen ſeyn.
20. Preuſſen. 195Zu-Gabe.

20.

Preuſſen.
Preuſſen kan mit [a] Jammer traͤncken / vnd mit [b] Elend ei -
nen ſpeiſen
O wir duͤrffen nicht in Preuſſen / kuͤnnens einem hier erweiſen.
a. Jammer / ein Art deß Biers.
b. Elend / ein Thier.

21.

Auff Puam.
Pua pflegt von fromen Sinnen / Zucht vnd Keuſchheit viel zu
ſagen;
Niemand hat um guten Willen ſie nur jemals wollen fragen.

22.

Auß Gutem Boͤſes.
Viel boͤſes kuͤm̃t gegangen vielmal auß guten Spuren;
Auß Engeln worden Teuffel / auß Jungfern werden Huren.

23.

New Edelleute.
Edelleute / die noch new / pflegen gerne reich zuſeyn /
Kurtz zuvor trug Wort vnd Schrifft / Rath vnd That noch Tha -
ler ein.

24.

Auff Franciſcum.
Es ſchickt ſich nicht zuſammen dein Mund vnd / Frantz / dein Hertz /
Das ein iſt wol verwechſelt / gehoͤret anderwerts.

25.

Auff Dorconem.
Dorco ſagt zu ſeiner Fraw: O ich wil es noch erleben /
Was dir wird dein andrer Mann fuͤr erleſne Stoͤſe geben.
N n n iij26. Ver -196Zu-Gabe.

26.

Vergeſſen.
Schweigen / iſt nicht jedem leichte; doch iſt leichter noch verſchwei -
gen /
Als vergeſſen ſolche Dinge / die vns zu Gemuͤthe ſteigen.

27.

Auff Billam.
Billa iſt gewiß gar heußlich; daß ſie etwa modern nicht /
Leget ſie der Liebe Pulſter jmmerdar an Lufft vnd Licht.

28.

Hofe-Stab.
Wer bey Hof auff allen Wegen fort zu kuͤmmen ſich nimt an /
Rehme nur den Stab vom Holtze / das der Eſel nennen kan.

29.

Die Liebe.
Ob Liebe gleich iſt blind / wil Jung doch Alt nicht lieben /
Warum iſts dann zu thun? O um deß Liebens uͤben.

30.

Cretenſiſche Weiber.
Wannn ein Weib in Creta wo einen kratzet oder beiſt /
Muß er ſterben; O wie gut / daß ſich hier nicht gleiches weiſt!

31.

Auff Levulum.
Levulus hat keinen Kopff / ſein Geſicht ſteht auff der Bruſt /
Was er denckt vnd was er thut / iſt nur alles Bauches Luſt.

32.

Auff Gilvulam.
Man vergleicht dich einer Lilgen / Gilvula; ich laß es ſeyn;
O das gelbe / nicht das weiſſe bilde dir hierunter ein.
33. Die197Zu-Gabe.

33.

Die Jungfernin Pegu.
Keine Jungfer iſt in Pegu, wann ſie gleich wer noch
Gothard part. 7. c. 39. Hiſt. Ind.
ſo klein /
Dennoch pflegt ſie auch nicht Hure / pfleget auch nicht
Fraw zu ſeyn.

34.

Berg vnd Thal.
Berg vnd Thal kuͤmt nicht zuſammen; dieſes Sprichwore trifft
nicht zu
Wo ſie nun zuſammen kummen / das weiß ich / da rathe du.

35.

An den Leſer.
OLeſer / dir ſteht frey zu vrtheln uͤber mich /
Und andren ſtehet frey zu vrtheln uͤber dich:
Wie du dein Urthel nun von andren dir begehreſt /
So ſihe / daß du mir mein Urthel auch gewehreſt.

36.

Auff Arcadem.
Arcas rufft viel Hochzeit-Gaͤſte; wo denn hat er Geld genum̃ent
O es ſollen nicht die Gaͤſte / die Geſchencke ſollen kummen.

37.

Auff Clitum.
Clitus nimt ein altes Weib; O er wil das Bergwerckbauen /
Wil nach Gold-vnd Silberertzt in deß Weibes Beutel hauen.

38.

Auff Coginummum.
Coginummus iſt ein Jude / Schweinenfleiſch der gleichwol /
Aber nicht in ſeinem Hauſe / wann er wo zu Gaſte ſaß.
N n n iiij39. Auff198Zu-Gabe.

39.

Auff Porum.
POrus ſuff fuͤr gute Freunde mancherley Geſundheit ein /
Bald an Biere / bald an Weine / bald an ſtarckem Brantewein;
Als er ſeine nun verloren / fiel er in die tieffſten Sorgen /
Keiner wolt jhm keine ſchencken / noch verkauffen / noch auch bor -
gen.

40.

Auff Poſcinummum.
WAs man guten Freunden ſchencket / iſt verwahret nicht
verſchencket;
Alſo ſaget Poſcinummus, wann er was zuhaben dencket:
Aber / wann er was ſoll geben / O ſo ruͤhmt er hoch das ſparen /
Daß man etwa nicht auffs Alter Noth vnd Armut doͤrff erfahren.

41.

Auff Clocliam.
Warheit kan nicht jeder hoͤren: Cloclia kan keine ſehen;
Um den Spiegel / der jhr weiſet / daß ſie ſchwartz ſey / iſts geſchehen.

42.

Auff Glicum.
Glicus wolte gerne wiſſen / ob ſein Weib jhm halte Trew;
Solches aber zu erfahren / traͤgt er gleichwol jmmer Schew.

43.

Grabſchrifft eines Reichen.
HJer liegt ein Reicher / meineſt du /
Daß er nunmehr lieg in der Ruh?
Mich duͤnckt er ſorgt / wie er noch Geld
Zuſammen kratz in jener Welt.

44.

Auff Priſcam.
PRiſca pflegt nach alter Art ſtillen Mundes ſtets zu ſeyn /
Saget nur / ich weiß es nicht / ſaget ja vnd ſaget nein.
Weiſtu199Zu-Gabe.
Weiſtu / was darhinder ſtecket? weil ſie zu verhandeln ſtehet /
Das dem Kleeblat jhrer Zaͤhne / furcht ſie nicht ein Blat ent -
gehet.

45.

Der Todt.
Wann wir auß dieſer Welt durch ſterben vns begeben /
So laſſen wir den Ort / wir laſſen nicht das Leben.

46.

Vergnuͤgligkeit.
Seines Lebens vnd der Welt kan am beſten der geniſſen /
Der das Groſſe dieſer Welt jhm begehret nicht zu wiſſen.

47.

Religion.
WAs geht es Menſchen an / was mein Gewiſſen gleubet?
Wann ſonſt nur Chriſtlich Ding mein Lauff mit jhnen
treibet.
Gott glaͤub ich was ich glaͤub / ich glaͤub es Menſchen nicht;
Was richtet dann der Menſch / was Gott alleine richt?

48.

Auff Bullum.
Wer mit Bullo recht wil reden / ſage ſtets nur / O O O!
Sonſten wird er nichts verſtehen / dann mit Ochſen redt man ſo.

49.

Die Welt.
Was iſt die Welt? Diß iſt ſie gar /
Was ſie wird ſeyn vnd Anfangs war.

50.

Der Himmel.
Wo wir auch ſind in der Welt / pflegt der Himmel vns zu decken,
Der fuͤr ſeinen Augen kan / iſt ein Kuͤnſtler / ſich verſtecken.
N n n v51. Bloͤſſe. 200Zu-Gabe.

51.

Bloͤſſe.
Wann wie in Jndien / die Leute bloß ſich truͤgen /
So kuͤnte Schmuͤnck vnd Schmuck nicht ſo betrieglich luͤgen.

52.

Auff Stilponem.
Jn deines Weibes Almanach ſteht / Stilpo, allewege
Truͤb / Ungeſtuͤm / Platzregen / Sturm / Wind / Hagel / Don -
nerſchlaͤge.

53.

Die bekehrte Welt.
WAs ſchreyen dann die Pfaffen viel
Daß Welt ſich nicht bekehren wil?
Der Falſchheit iſt gelegt der Lauff /
Seither politiſch-ſeyn kam auff.

54.

Auff Ardellam.
Alles was Ardella thut / thut ſie nur deß Ruhmes wegen;
Doch / je mehr ſie ruͤhmens macht / pflegt ſich Ruhm je mehr
zu legen.

55.

Menſchliche Geſchaͤffte.
BEklagen / was genummen:
Befuͤrchten / was ſoll kummen;
Diß laͤſt der Menſchen Thun
Nie / oder wenig ruhn.

56.

Auff Vitum.
Veit hat zwar fuͤnff Sinnen / doch ſind jhm drey entlauffen /
Zwey ſuchen drey / ich zweiffel / er bringt ſie nicht zu hauffen.
57. Die201Zu-Gabe.

57.

Die Mode.
Wer vnd was nicht nach der Mode, der vnd dieſes muß ſich
ſchaͤmen /
Wo denn werden wir zu letzte einen Mode-Himmel nehmen?

58.

Uber eines Freundes vnd ſeiner Liebſten Na - mens / erſte Buchſtaben C. V. R. H. G. V. P.
CHriſtus Vnſer Reichthum
Hoͤchſter Glantz Vnd Pracht /
Gibt den beſten Nachruhm.
Der vns ewig macht.

59.

Anders.
Chron Vnd Reich hat in dem Himmel / wer der Welt nicht liegt
zu Fuͤſſen /
Herrlich Gottes Vorſicht Preiſen / kan viel Trotz der Welt be -
ſuͤſſen.

60.

Vom Jahr 1653.
Pfingſten iſt ſchon laͤngſt fuͤruͤber / dennoch gibts noch ſtarcken
Froſt;
Weiſtu nicht / die Kirchen Sonne hat von hinnen fort gemuſt?

61.

Cometen.
WAnn man vor Cometen ſah / meinte man es deute Plage /
Jetzo deutet es Geluͤcke / denn ſo geht nunmehr die Sage:
Weil die Welt jetzt Faßnacht lauffet / vnd fuͤr Tugend Laſter
kuͤſſet /
Haͤlt ſie Ungluͤck auch fuͤr Gluͤcke / biß die Thorheit hat gebuͤſſet.
62. Das202Zu-Gabe.

62.

Das Alter.
Zu Sparta war es gut / ein alter Mann zu ſeyn;
O Sparta iſt fuͤr laͤngſt der Welt gegangen ein.

63.

Hofe-Leute.
Leute die bey Hofe dienen / duͤncken ſich als andre mehr:
Mich beduͤnckt / daß der / der dienet / dem der frey iſt / weichr gar
ſehr.

64.

Verachtung der Welt.
Hinuͤber das Gewoͤlcke ſteiget / der Reiger / daß er nicht beregne:
Wer Dunſt der Eitelkeit nicht achtet / macht das kein Unfall jhm
begegne.

65.

Die Warheit.
Wann die Froͤſch im finſtren quaxen / zuͤnde nur ein Windliecht an
Ey wie werden ſie bald ſchweigen: Warheit ſtillt den Luͤgenman.

66.

Die gezuckerte Welt.
DEr Zucker iſt jetzt ſo gemein; Fiſch / Vogel / Thier vnd Frucht /
Taug nicht / wie die Natur es gab / im Zuck er wirds geſucht.
Jedoch der Zucker machet Schleim / vnd Krafftmeel faͤlſcht jhn oft:
Wer / was die Welt ſo ſuͤſſe ſingt / drauff traut vnd ſicher hofft /
Der hat nur Schaum / der nimt nur Schleim / es iſt nur Leckerey /
Der Schmack iſt gut / doch weiſt ſichs klar / die Krafft iſt nicht
da bey.

67.

Zucker.
Man hat jetzt auffgeblaſnen Zucker / der iſt zwar ſuͤß iſt aber
leichte
Wie / wañ deß Hofes ſuͤſſe Zunge / gar ſelten etwas ernſt erreichte?
68. Falſch -203Zu-Gabe.

68.

Falſchheit.
Engliſch reden / teuffliſch dencken /
Hat jetzt Ruhm von klugen Raͤncken.

69.

Leibeigenſchafft.
Leibeigenſchafft iſt bey den Chriſten / mit gutem Fug wol abge -
ſchafft:
Doch Chriſto, der mit Blut vns kauffte / ſind wir mit Leib vnd
Seel verhafft.

70.

Hochzeit-Wuntſch.
WErthes Paar / die Gott vnd Tugend ſelbſt zuſammen hat
gepaart /
Nemet hin durch lauter Segen zu der Ewigkeit die Fahrt /
Laſſet aber eure Tugend einem vnd dem andren hier
Das euch gleiche ſey goſtaltet vnd geſinnet ſo / wie jhr.

71.

Lob.
Es waͤr mir gar nicht lieb / wann jederman mich liebte:
Daß Gut - vnd Boͤſes ich / truͤg ich die Schuld / veruͤbte.

72.

Weiber-Threnen.
Wann boͤſe Weiber jhre Tuͤcke / wolln beſcheinen /
So wiſſen ſie kein beßres Mittel / als das weinen.

73.

Geſchwiſter.
Wie kuͤm̃ts / daß doch Geſchwiſter ſo ſelten einig lebet?
Weil jedes gern alleine fuͤr ſich die Erbſchafft hebet.
74. Auff204Zu-Gabe.

74.

Auff Phanicum.
Phanicus fuͤhrt ſo viel Tittel / dennoch mangelts offt an Brot;
Dacht ich doch / wer dieſe haͤtte / haͤtte ſonſten keine Noth.

75.

De Moro.
MOrus war in hohen Ehren / wagte was er hat auff Ehr /
Als er alles nun verprachert / als er nichts ſonſt hatte mehr /
Wolt er Ehre ſelbſt verpfaͤnden / hatte nirgend kein Gehoͤr.

76.

Vom Marſya.
ALs zu ſingen wie Apollo, Marſyas jhm hat getraut /
Hat er nichts hierdurch gewonnen / hat verloren ſeine Haut /
Doch beweinten jhn die Nymphen. O wer wird wol mein Papier
Wann es Hochmut wird beſchimpffen / gleichwol etwas achten
hier.

77.

Kuͤſſen.
Bienen kuͤſſen ſchoͤne Blumen vnd die Blumen bleiben ſchoͤn:
Schoͤne Jungfern laſt euch kuͤſſen / nichtes wird euch abe gehn.

78.

Biedermann.
Ein Biedermann / ein Biedermann / diß war ein alter Tittel:
O derer die bald ſchwartz / bald weiß / hats noch in vnſrem Mittel.

79.

Von einem Fuͤrſtlichen Bilde.
Fuͤrſtin / jhr habt zwar gefunden einen Mahler der euch trifft:
Eure Tugend zu beſchreiben / wird genug ſeyn keine Schrifft.

80.

Poeten.
Es helffen groſſe Herren Poeten zwar zum Leben /
Die aber kuͤnnen jenen / daß ſie nicht ſterben / geben.
81. An205Zu-Gabe.

81.

An einen Freund.
Ach / daß du leben moͤgſt nur noch ein eintzig Jahr!
Doch / daß nicht kuͤrtzer ſey / als deß Platonis war.

82.

Die Welt.
Die Welt hat groſſen Maͤngel / die Welt hat groſſe Menge /
An froͤlichem Vergnuͤgen / an klaͤglichem Bedraͤnge.

83.

Luͤgen.
Der jhm deß luͤgens nur zu Nutz / zu Schaden keinem / hat ge -
pflogen /
Was meinſt - vnd haͤlſtu wol von dem? Jch meine doch / er hat
gelogen.

84.

Sinnen.
Mancher duͤnckt durch ſeinen Witz ſich zu ſeyn ein Fuchs /
Mancher ſitzet wie ein Schaf / ſihet wie ein Luchs.

85.

Schmuͤncke.
WAnn ſich Weiber ſchmuͤncken /
So iſts / wie ein Wincken /
Das man auffgenommen
Wolle man ja kuͤmmen.

86.

Auff Udum.
UDus ſeufft den gantzen Tag / wann er druͤber wird beſpro -
chen
Spricht er: einen halben Tag hab ich mich am Durſt gerochen /
Drauff den andren halben Tag pfleg ich zuvor an zu ſauffen /
Wann mich ja deß Durſtes Trotz wolte wieder uͤberlauffen.
87. Die206Zu-Gabe.

87.

Die Liebe.
Daß die Lieb ein Feuer ſey / bleibt daher bekant /
Daß ſo viel auß jhrer Glut nehmen einen Brand.

88.

An Plutum.
Eine Grabſchrifft iſt von noͤthen / noͤthig das man Glocken leute /
Geld iſt dir zwar zu geſtorben / dran hat niemand keine Beute;
Dann du wirſt doch keinem helffen / haſt es in den Sack vergrabẽ /
Wird / wann du wirſt ſeyn geſtorben / erſt die Auferſtehung haben.

89.

Die Liebe.
Liebe macht den Ehſtand offt / doch macht Ehſtand nicht ſtets Liebe /
Dieſe wil befreyet ſeyn / daß ſie ſtets was neues uͤbe.

90.

DJe Magd / die ſtieg auffs Hew / der Knecht der ſtieg jhr nach /
Sie ward gar ſehr erhitzt / zur Rache ward jhr gach /
Grieff eine Hand-voll Hew vnd warff es durch die Lufft
Sprach: Vogel da / nun nun nim was du haſt geſucht.

91.

Worte.
MAn gibt den Weibern Schuld / daß jhre Worte leichter
Als leichte Bletter ſind / daß jhre Sinnen ſeichter
Als Regenbaͤche ſind: O Maͤnner kuͤnnen auch /
Viel Worte / wenig Hertz / iſt ein geruͤhmter Brauch.

92.

Huren vnd Soldaren.
Soldaten vnd die Huren / die dienten beyd ins Feld;
Denn jene leerten jmmer / die mehrten vnſre Welt.
93. Auff207Zu-Gabe.

93.

Auff Pætum.
Pætus iſt gar milder Hand / hat er / gibt er auch /
Einen Theil fuͤr mache Hur / andren fuͤr den Bauch.

94.

Enderung der Zeit.
VOrmals ward auß pfluͤgen kriegen /
Nunmehr wird auß kriegen pfluͤgen:
Vormals worden Egen Degen
Nunmehr werden Degen Egen:
Vormals ward auß pflantzen ſchantzen /
Nunmehr wird auß ſchantzen pflantzen:
Vormals ward auß nehren zehren /
Nunmehr wird auß zehren nehren.

95.

Verzeihung.
Wie du gibſt / gibt man dir. Gib mir geneigten Blick /
Vielleicht verſiht man dir auch ein verſehnes Stuͤck.

96.

An mein Buch.
Geh hin mein Buch in alle Welt / ſteh auß / was dir kum̃t zu /
Man beiſſe dich / man reiſſe dich / nur daß man mir nichts thu.
Vom Hofe-Leben.
WEr jhm ſelbſt kan frey befehlen
Wer jhm ſelbſt gehorchen kan /
Mag ſich vnter dieſe zehlen /
Die der Himmel lachet an:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pfliehten ein.
O o oDer /208Zu-Gabe.
Der / der andren denckt zu leben /
Dem bleibt von jhm ſelbſt nicht viel /
Muß jhm ſelbſten Urlaub geben /
Darff nicht wollen / was er wil:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Groſſen Herren ſich verbinden /
Heiſt fuͤr ſeine Muͤh vnd Trew
Ungunſt erndten / Unruh finden /
Und verdienen nichts / als Rew.
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Hohen Ohren recht zu ſingen /
Muß der Thon gar linde gehn /
Kein Geſang wil lieblich klingen /
Wo der Warheit Noten ſtehn:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Hohen Augen wil behagen
Nichts / was nicht von Farben iſt;
Der wird weg viel Flecken tragen /
Der das reine Weiß erkieſt:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Reiche Worte / breite Tittel
Sind deß Hofes ſuͤſſer Brey /
Und die Wiege / die man ſchuͤttel /
Biß das Kind entſchlafen ſey:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Wer209Zu-Gabe.
Wer ſich nicht wil ſtillen laſſen /
Der iſt mehr kein liebes Kind /
Der muß mehr / wer Gunſt wil faſſen /
Kindiſch ſeyn / als Kinder ſind:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Ob er viel hat außgerichtet /
Hat er doch nur diß verricht /
Daß / je mehr man jhm verpflichtet /
Sich je mehr von jhm entbricht:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Wer bey Hof am minſten waͤget /
Steigt am meiſten in die vor /
Dem wird Gnade beygeleget /
Der ſonſt leichte wie ein Rohr:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Hier ſteht ſtets der Gluͤckstopff offen /
Drauß man meiſtens leer Papier /
Wie es nur wird angetroffen /
Langt herauß vnd legt herfuͤr:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Wer durch Ehr um Ehre wirbet
Suchet / was er hier nicht findt /
Der verleuret / der vertirbet /
Der ſich an die Tugend bindt:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn
Geh kein andre Pflichten ein.
O o o ijEndlich /210Zu-Gabe.
Endlich / wann man viel gewunnen
Wird man graw vnd wird man kranck /
Und die Zeit iſt hingenummen
Ohne Namen / ohne Danck:
Wer ſein ſelbſt kan fuͤglich ſeyn /
Geh kein andre Pflichten ein.
Kenne dich ſelbſt.
FRey von eigner Lieb vnd Gunſt /
Sich von auſſen vnd von innen
Kennen / iſt das beſte kuͤnnen
Und paſſirt fuͤr alle Kunſt.
Andrer Leute Maͤngel richten /
Seine ſchlichten /
Tieff zu andren ſehen ein /
Jhme ſelbſten fremde ſeyn /
Taug mit nichten.
Viel zu zaͤrtlich buhlt jhm der /
Der ſich in ſich felbſt verliebet /
Daß er alles guͤnnt vnd gibet
Jhm / was ſonſten andrer waͤr:
Der jhm nichts nicht ab kan ſchlagen
Zum behagen /
Der ſich / wie er ſich gebildt
Wann er nicht bey andren gilt /
Wil beklagen.
Andrer Mann hat auch ein Haupt /
Sein Gehirn vnd ſein Gemercke;
Wie wann jhm auch deine Wercke /
Durch zu ſuchen waͤr erlaubt?
Wer211Zu-Gabe.
Wer die Zung auff Hohn außſtrecket /
Der erwecket
Einen / der den Kopff hebt auff
Und jhm auch fuͤr ſeinen Lauff
Lichter ſtecket.
Wem der Himmel was geſchenckt /
Dencke nicht / er ſeys alleine /
Andrem iſt von ſolchem Scheine
Auch vielleicht was zugelenckt:
Viel iſt manchem zugezehlet /
Viel noch fehlet /
Daß er noch nicht alles hat:
Gott hat keinen ohne Rath
So gewehlet.
Gut Gewiſſen.
OHne Leben lebt der Welt /
Wer nicht gut Gewiſſen haͤlt;
Gut Gewiſſen in der Zeit
Haͤlt ſchon andie Ewigkeit.
Gut Gewiſſen traut auff Gott /
Trit fuͤr Augen aller Noth.
Jſt verſchildwacht allezeit
Mit der freyen Freudigkeit.
Gut Gewiſſen wird nicht blaß
Fuͤr Verhoͤhnung / Schmach vnd Haß /
Steht im Buͤndnuͤß allezeit
Mit der weiſſen Redligkeit.
Gut Gewiſſen achtet nicht
Was Verleumdung ticht vnd richt /
O o o iijWarheit212Zu-Gabe.
Warheit ſteht jhm an der Hand /
Macht ſein Vnſchuld noch bekant.
Gut Gewiſſen wancket nie /
Beuget auch kein knechtiſch Knie
Fuͤr der runden Menſchen Gunſt.
Die man kaufft durch Schmeichel-Kunſt.
Gut Gewiſſen ſegelt fort
Jmmer auff den rechten Port /
Ob jhm gleich parteyiſch ſind
Welle / Klippe / Strudel / Wind.
Drum wer ſtets vergnuͤgt wil ſeyn
Lad jhm gut Gewiſſen ein:
Welt hat keine beßre Luſt
Als den reinen Wolbewuſt.
Von einer Fuͤrſtin.
ALes was heilſam / was loͤblich ſich nennet /
Was ſich ſelbſt herꝛlich vnd witzig bekennet /
Kumme mit Eile den Fehler zu buͤſſen
Lege der Fuͤrſtin ſich nieder zun Fuͤſſen.
Alles was glaͤntzet / was funckelt / was ſtrahlet /
Alles was ſchmuͤcket / was zieret / was mahlet /
Kumme mit Eile / Genade zu flehen
Laſſe demuͤtig vnd dienſtbar ſich ſehen.
Schaͤmet euch / daß jhr euch deſſen geruͤhmet
Was euch nicht eignet vnd was ſich nicht ziemet!
Ey wie ſo habt jhr euch ſchaͤndlich vergeſſen
Was jhr nicht waret euch doch zu vermeſſen!
Alles was heilſam / was loͤblich zu nennen
Alles was herꝛlich / was witzig zu kennen /
Hat ſich an vnſere Heldin verbunden;
Anderswo wird es ſo tauglich nicht funden.
Alles was glaͤntzet / was funckelt was ſtrahlet /
Alles was ſchmuͤcket / was zieret / was mahlet /
Hat213Zu-Gabe.
Hat ſich an vnſere Goͤttin ergeben
Bey jhr zu dienen / jhr eigen zu leben.
Kummet vnd ſchauet deß Landes Geruͤhme /
Kummet vnd ruͤhmet der Schoͤnheit Gebluͤme /
Kummet vnd ſehet den Spiegel der Jugend /
Kummet vnd ſchaͤtzet die Schaͤtze der Tugend!
Alles was ſchallet / was ſinget vnd klinget /
Alles was flenget / was wandert vnd ſpringet /
Freue ſich ſolcherley him̃liſcher Gaben
Die wir zu Hulden vnd Gnaden vns haben.
An dem Taufftage eines jungen Printzen.
Koͤnig der Tage du herꝛliches Licht /
Drinnen man jauchzet / ſich muntert vnd ſpricht:
Briegiſche Cedern verneuen das ſtetgen
Steigen gen Himmel mit juͤngeren Zweigen /
Es wachſe die Pflantze / das Fuͤrſtliche Blut /
Sie ziere mit Glantze den Fuͤrſtlichen Hut.
Stuͤtze deß Hauſes / Piaſtiſches Kind
Deme gewierig vnd pflichtbar wir ſind /
Beſſert von neuem die ſchutzbaren Zinnen
Drunter wir Segen vnd Ruhe gewinnen.
Es ſtehe die Mauer drauff vieles ſich ſtuͤtzt
Das laͤnger ſo tauer was vielen ſo nuͤtzt.
Zucker der Zeiten / die liebliche Frucht
Die wir mit ſehnen vnd ſeuffzen geſucht
Suͤſſet die Galle der Schaͤden vnd Plagen
Die wir auß Frevel deß Krieges ertragen.
Es bleibe die Freude die alles erfriſcht!
Die mancherley Leide / die Threnen abwiſcht.
Segen deß Himmels das froͤmſte Geſchlecht /
Dem es an Guͤte nie mangelt vnd Recht /
Guͤnnet vns ferner ſo heilſame Gaben /
Huͤlffe / Schutz / Ehre / Vergnuͤgen zu haben.
Es gruͤnde ſich feſte fuͤr Tuͤcken vnd Neid
Die Hoffnung das beſte der kuͤnfftigen Zeit.
O o o iiijGib214Zu-Gabe.
Gib wachſen / gib bleiben / gib ſtehen / gib Grund /
HErꝛ / wie wir es wuͤntſchen von Hertzen in Mund /
Mehr Zweige / mehr Stuͤtzen / mehr Zucker / mehr Segen
Dran Alten vnd Jungen ein groſſes gelegen!
Es lebe der Erbe / den Gott vns geſchenckt!
Der Boͤſe der ſterbe / der boͤſes gedenckt.
Beſchreibung der Fuchsſchwaͤntzerey Auß Joſeph Hallens Charactere Vitiorum & Virtutum, zum theil uͤberſetzt.
JCh kenn ein hoͤlliſch Volck / die Bruͤder der Erinnen /
Ein Art von auſſen Gold vnd lauter Koth von innen;
Von dieſen traͤgt mein Sinn mich was zu ſingen her /
Wird jemand abgemahlt / geſchiht es ohngefehr /
Es iſt niemand genennt. Jch nenne ſie Poeten
Der Freundſchafft vnd der Trew / die nimmer nie erroͤthen
Vom Blut der Redligkeit: Die in der ſchnoͤden Kunſt
Der Schmeich - vnd Heucheley gelehrt ſind; die die Gunſt /
Die keiner keinem traͤgt / bey andren dennoch ſuchen
Durch Dienſt vnd Hofligkeit / der ſtarck wird widerſprochen
Von Erbarkeit vnd Zucht; die mit der Kauffmannſchafft
Und ſchmutzigem Gewerb in Worten / ſind verhafft:
Die hinten ſauer ſehn / vnd fornen liebekoſen /
Die Doͤrner in dem Sinn / im Munde fuͤhren Roſen:
Bey denen Zung vnd Hertz zum Eh bruch einig ſind /
Daß jedes Wort das wird / iſt wie ein Huren-Kind.
Und hier hat nun der Fuchs / der arge Fuchs die Ehre /
Daß er mit ſtummem Mund vns derer Wuͤrde lehre /
Von denen Muſa ſingt; ſo / daß ſein rother Schwantz
Bleibt jhrer Thaten Kron vnd eigner Lorberkrantz.
Jch ſolte zwar die Zeit ſo nichtig zu vertreiben /
Die Feder ſolt ich auch vergeblich ab zu ſchreiben
Noch in bedencken ſtehn / deß Hofes Kraͤtze-Sucht /
Wird billich nicht beſchaut / wird billich nur verflucht:
Jedoch was gleich nicht gut / iſt dennoch gut zu nennen
Jſt nuͤtzlich zu verſtehn / iſt noͤthig recht zu kennen;
Drum215Zu-Gabe.
Drum fahr ich weiter fort zu bilden einen Mann /
Der Reinkens Hintertheil im Waffen fuͤhren kan.
Sein Augen triffen ſtets / er wil mit nichten ſehen
Was vnrecht / ſchlim̃ / krum̃ / falſch / was billich zu verſchmaͤhen
Und wider Tugend ſtoͤſt: Die Zunge / die ſpatzirt
Den Weg durch lauter Lob / lobt was ſich nicht gebuͤhrt
Und laͤſtert was doch taug / vnd tauſcht fuͤr fette Luͤgen
Die duͤrre Warheit auß. Es muß ſich zierlich fuͤgen
Furcht / Eifer / Wunderung bey ſeinen Reden ein /
Mit Blumen muß ſein Wort als wie bekraͤntzet ſeyn
Von Ach! O! Ey! vnd Ja! er kan die Tittel maͤſten
Traͤgt ſtets den fetſten auff / zeucht ſtets herfuͤr den beſten /
Jedoch nur wann man da: Der Ruͤcken ſiht es nicht.
Der Stirne ſteckt er fuͤr ſolch helles Ehren-Licht.
Sein Hertz iſt leer von Mut / von Tapffrigkeit die Sinnen /
Drum thut er nichts um Ehr / nur alles um gewinnen /
Die Zung iſt ein Soldat / ſie dient vnd bringt hervor
Was nur um Sclaverey hoͤrt gern ein fremdes Ohr /
Obs wahr ſey / was er ſagt / drauff mag ein andrer fragen /
Er faͤngt es drauff nicht an / er wil nur dieſes ſagen
Was Anmut gibt vnd Gunſt / er hat nur diß ſtudirt
Wie mit Ergetzligkeit man treugt / beruͤckt / verfuͤhrt.
Er treibt Philoſophey / die auff die Kunſt zu luͤgen
Gibt Regel vnd Geſetz / die ſchicken / ſchmuͤgen / biegen
Um zu gefallen lehrt / die allen Fluch vnd Schwur
Dem Waſſer vnd der Lufft heiſt geben in die Spur.
Drauß nim̃t er alle Witz / die braucht er / eitle Sinnen
Zu treten auff mit dem was ſie nicht faſſen kuͤnnen;
Als wie der albre Froſch ſich ſtreckt / hebt / bleht vnd ſchwellt
Und ſich vnd ſein Coax fuͤr Ochs vnd bruͤllen haͤlt;
Daß ſie / die hoͤher ſo ſich halteen als ſie gelten /
Muß billich alle Welt / er ſelbſt / fuͤr Jecken ſchelten.
Er kitzelt ſeinen Freund / biß daß er jhn erſteckt /
Laͤſt ſchlafen jhn zu tod / in dem er jhn nicht weckt /
Durch Warheit auß dem Wahn. Pflegt Zeitung um zu tragen /
Macht theuer die er traͤgt / ſagt ſelbſt / laͤſt von ſich ſagen /
O o o vEr216Zu-Gabe.
Er ſey der beſte Freund / dem Namen naͤmlich nach.
Leibeigen wird er dem / bey dem er gut Gemach
Fuͤr ſeinen Leib vermerckt / vnd der jhn außſtaffiret
Mit dem / was Vorthel bringt / mit dem / was Speck gebieret.
Sagt aber nichts der Zeug in ſeiner lincken Bruſt?
Zu dieſem ſpricht er: Schweig / ſchweig! wilſtu nicht / du muſt!
Trit ſein Gewiſſen auff / wil Klag vnd Urthel fuͤhren /
O das geſteht er nicht / es wil ſich nicht gebuͤhren /
Daß einer Klaͤger / Zeug vnd gar auch Richter ſey:
Jetzt ſtopfft er jhm das Maul durch ſuͤſſe Schmeicheley /
Und heuchelt jhm ſo ſelbſt: Jetzt reiſt mit allen Kraͤfften
Der Furcht fuͤr Gott wol gar er endlich auß den Hefften.
Sonſt jhme alles Thun ein leichtes Thun. Ein Stein
Von Farben wie er wil muß ein Geſelle ſeyn
Dem ſchlauen Polypus, ſo fein kan er ſich ſchmuͤgen
Nach ſeinem Fug vnd Nutz: So fein kan auch ſich fuͤgen
Zu Orth / Zeit vnd Perſon der bundte Heuchelmann /
Der ſonſt fuͤr ſich iſt nichts als wie jhn nur zeucht an
Sem groſſer Gunſt-Patron; der iſt nun ſeine Sonne /
Nach dem ſich richt vnd kehrt der Schaten ſeiner Wonne /
Und er iſt deſſen Aff vnd ſchwaͤtzig Papagey /
Der / was er thut vnd ſagt / thut / ſagt vnd glaubt / es ſey
Das aͤrgſte / koͤſtlich Ding; ſo daß er ſeinen Geifer
Fuͤr him̃liſch Nectar leckt. Zu allem muß ſeyn Eifer
Zur Folge blicken rauß: Spricht wo ſein groſſer Mann:
Mir iſt gewaltig warm / ſo trucknet er die Stirne /
Eroͤffnet ſein Gewand; entdecket ſein Gehirne /
Ob ſchon fuͤr grimmen Froſt deß Daches Nagel ſpringt:
Spricht jener nur iſt kalt; ob gleich die Tropffen zwingt
Die Hitz auß ſeiner Haut / ſo wird er dennoch zittern
Und ließ jhm auch im Augſt ſein Kleid mit Fuͤchſen fuͤttern.
Geſchieht es / daß zur Zeit ſein halb-Gott außſpatzirt /
So iſt er wie ſein Ziel / drauff er zuſammen fuͤhrt
Sein Augen / Zung vnd Sinn / es iſt ein him̃lifch Gluͤcke
So ſonſten wen er labt mit einem Wort vnd Blicke
Und nicht jhm mit dem Kopff. Er kennt ſich ſelbſten nicht
Wie lang da ſey ſein Maß / wie ſchwer ſey ſein Gewicht
Auff217Zu-Gabe.
Auff daß er / wann er ſich fuͤr gar zu gluͤcklich ſchaͤtzte
Nicht etwa ohngefehr vnd wuſt wo abeſetzte
Von angenommner Art. Wann er ſein eignes Lob
Wie wider Willen zehlt / ſo macht ers nicht zu grob
Er braucht Beſcheidenheit / gibt aber zu vermercken
Es ſtecke mehr im Sack vnd er ſey nach den Wercken /
Nicht nach den Worten werth. An ſeines Guͤnners Mund /
Wann dieſer etwas ſpricht / iſt er durch feſten Bund
Verklammert vnd verſchraubt; als wann mit Honig-Fluͤſſen
Und andrem ſuͤſſen naß die Lippen ſich erguͤſſen /
So leckt / ſo ſchmutzelt er / thut wie vor Zeiten that
Der auß dem Dreyfuß her zu Delphis lauſcht auff Rath.
Sagt jener aber was / das billich iſt zu loben
Hilff Gott / wie hebt er an zu gauckeln vnd zu toben /
Zu wenig ſind die Haͤnd / es iſt kein Glied befreyt
Das jhn mit wundrem Brauch nicht ehrt vnd benedeyt.
Manchmal da preiſt er auch den / der gleich nicht zur Stelle /
Schaut aber / daß alsdann er dieſes Urthel faͤlle
Wann wer verhanden iſt / der ſolches bald traͤgt hin /
Zu Zeiten pflegt er dann mit ſich ſeitab zu ziehn
Dem ſeines Meiſters Ruhm in ſichres Ohr er lege
Doch alſo / daß der Schall noch finde ſeine Wege
Auch in deß Freundes Ohr / der dort von ferne ſteht
Und merckt daß ſo ſein Nam je mehr je ferner geht.
Wolan / hierum wolan! man laſſe mir paſſiren
Den der durch ſo viel klug ſich ſicher ein kan fuͤhren
Bey dieſer Zeiten Sturm ins guten Gluͤckes Port!
(Hier geht es ziemlich an / doch weiß ich nicht wie dort.)
Allein es iſt noch mehr / daß dieſen Proteus zieret
Und auff die hohe Banck der Weiſen ein quartiret,
Es iſt ein heilſam Artzt / der ſolche Salb ertheilt
Die alle Wunden ſchmiert (nie aber keine heilt)
Er putzt ein jedes mahl / er ſchmuͤncket alle Flecken /
Weiß jedem ſeinen Fehl vnd Ungeſtalt zudecken /
Er iſt ein Huren-Wirth vnd kuppelt jedem bey
Von Schanden / was er wil / von Suͤnden mancherley
Ein218Zu-Gabe.
Ein Mahler iſt er auch der alle Laſter ſchoͤnet
Zu einer Helena, der alles Arg verſoͤhnet
Und gerne ſelbſten ſtifft / vnd nim̃t ſich ernſtlich an
Der Bosheit auff den Dienſt zu warten / wie er kan.
Bekennt er / boͤſes thun ſey nicht fuͤr Nutz zu rechen
Geſteht er / grober Fall ſey nur ein klein Verbrechen /
So hat ſein Anſehn er nicht ſchlechtlichen gekraͤnckt
Und mehr von ſeinem Recht / als jhm gebuͤhrt enthenckt.
Ein wolgeſchickter Kopff / vnd deſſen ſondre Gaben /
Die haben es verdient / daß ſie die Freyheit haben
Zu thun was ſie geluͤſt: Die Jugend iſt ja werth /
Daß man an jhr den Zaum nicht allzu kurtz begehrt;
Soll boͤſes boͤſe ſeyn / hats dennoch dieſe Guͤte /
Daß es dem Leibe leicht / vnd vnſchwer dem Gemuͤte /
Daß es gefaͤllig ſey / vnd daß es lieblich ſey
Und von gemeiner Zunfft macht hoͤhre Geiſter frey;
So meint er / vnd gibt fuͤr; daß Redligkeit der Sinnen
Nur toͤlpiſch Einfalt ſey / vnd baͤuriſches Beginnen /
Die Buß iſt Aberwitz; die Zucht / iſt thoͤrlich Ding;
Die Tugend / iſt ein Wahn bey dem der niedrig gieng
Und nicht entpor ſich ſehnt. Recht! Recht! wer wil nun ſchliſſen /
Was vnſrer feiner Mann fuͤr Tittel ſoll genieſſen?
Er iſt ein Kleider-Wurm / bey dem der gerne zehrt;
Ein Hahn im Faß bey dem / dem Haab vnd Gut beſchert;
Die Kuchel iſt ſein Haus / er iſt daheim im Keller:
Er iſt deß Hofes Gifft / ein Sclav vnd Freund beym Teller.
Kurtz. Sein Verdienſt verdient / daß man jhn zieh hervor
Und weiter foͤdre fort / dem Teuffel zum Factor.
Folgende219Zu-Gabe.

Folgende Sinn-Getichte ſind vnter wehrendem Druck ein - gelauffen.

1.

Hofedienſt.
NJcht dencke / daß du was verdtenen ſolteſt kuͤnnen;
Bey Hofe lohnt man nicht / was kuͤmt / das kuͤm̃t durch
guͤnnen.

2.

Geborgte Haare.
Franckreicht traͤget zwar die Schuld / daß es manthem nimt
ſein Haar /
Weiſet aber / wie man braucht das / was eines andren war.

3.

Verleumdungen.
Wer viel Verleumder hat / bey dieſem iſt gewiß /
Daß er die Tugend haͤlt vnd Tugend jhn nicht ließ.

4.

Fuͤrſtliche Sinnen.
Fuͤrſten Hertz iſt ſo ein Ort; der ſich nimmer ſo ſoll fuͤgen /
Sondern viel zu koͤſtlich iſt / drein zu laſſen falſche Luͤgen.

5.

Ehre.
Wann Ehr vnd Eigennutz in einer Sache ſtreiten /
So ſihe / daß du ſtehſt der Ehr an jhrer Seiten.

6.

Mittelſtand.
Viel Gluͤcke hat viel Neid; viel Gut hat viel Gefahren;
Ein Mittelmaͤſſig Stand / kan manche Noth erſparen.
7. Demut. 220Zu-Gabe.

7.

Demuth.
Ein hoher ſtarcker Baum muß von dem Winde liegen.
Ein ntedertraͤchtig Strauch / der bleibet ſtehn durch biegen.

8.

Gewiſſen.
Was Niemand wiſſen ſoll / ſoll Niemand auch begehen /
Ein Jedrer ſoll jhm ſelbſt ſtatt tauſent Zeugen ſtehen.

9.

Armuth.
Franckreich mag durch ſeinen Koͤnig zwar der Leute Kroͤpffe
heilen:
Armut aber kan was beßres / kan der Hoffart Kropff zertheilen.

10.

Auff Lycum.
Lycus kan die Sachen richten / wann er gleich kein Theil ge -
hoͤrt /
Dieſer hat gerechte Sache / der am meiſten jhm verehrt.

11.

Unwiſſenheit.
Zwerge ſind gemeinlich ſtoltz; wo am minſten von Verſtand /
Hat der falſchen Meinung Trotz mehrentheils die Oberhand.

12.

Hofe-Gunſt.
Hofegunſt brennt wie das Stroh: gibt geſchwinde / ſtarcke
Flammen /
Fellt in Aſch / eh als man meint / zeitlich aber auch zuſammen.

13.

Auff Stultinam.
Ob gleich alle ſehen ernſt / wil Stultina jmmer lachen:
Weil ſie weiſſe Zaͤhne hat / wil ſie ſich beliebet machen.
14. Auff221Zu-Gabe.

14.

Auff Angelicam.
Angelica iſt wie ein Engel / vnd Engliſch ſind auch jhre Suͤn -
den /
Wie Engel / die zu Teuffeln worden / voll Hoffart waren zu
befinden.

15.

Verleumdung.
Wer mich haſſet / wer mich ſchimpfft / deſſen Boßheit gibt ein
Tag /
Daß jhr meine Redligkeit wo zu wider lauffen mag.

16.

Die Warheit.
Bey Hofe ſagt man nicht von Warheit allzu viel /
Es wil nicht / der da darff / es darff nicht / der da wil.

17.

Auff Vagum.
Vagus liebet Weiber / Witwen / Jungfern / Maͤgde / was[jhm]
kuͤmt /
Chriſten-Lieb iſt ſo geartet / daß ſie kein Bedencken nimt.

18.

Vollkommene Wiſſenſchafft.
Wer alles kan / der iſt ein Phœnix vnſrer Jahre;
Jch glaube nicht / daß der / noch jener jemals ware.

19.

Von mir ſelbſt.
Den beſten werden gleich / das bild ich mir nicht[ein]
Hoff aber beſſer doch / als boͤſe / noch zu ſeyn.

20.

Die Gicht.
Die Gicht hat Hofe-Sinnen; ſie laͤſt jhr gar nicht rathen /
Wil / daß man jhr gehorſam / vnd duld jhr alle Thaten.
21. Reich -222Zu-Gabe.

21.

Reichthum.
REichthum ſoll man zwar nicht lieben / mag es / wann es
kuͤmt / doch faſſen /
Mag es in ſein Haus zwar nehmen / aber nicht ins Hertze laſſen /
Mag es / wann mans hat / behalten / darff es nicht von ſich ver -
jagen /
Mag es ein in ſein Behaltnuͤß / ſich nur nicht in ſeines tragen.

22.

Von Quodam.
Quidam iſt durch ſchnelles Feuer / in die Aſche hin begraben;
Hat bekum̃en ein Begraͤbnuͤß / wie die gantze Welt wird haben.

23.

Auff Nullum.
Nullus iſt ein Zwerg von Leibe / noch dazu ein Narr von Siñen;
Alſo wird man Nichts den Nullum; Nullum Nichts benamen
kuͤnnen.

24.

An Rhodiam.
RHodia, nicht geh ins Feld / werden Bienen deiner jnnen /
Wird ſich dein Geſicht vnd Mund jhrer nicht erwehren
kuͤnnen /
Werden laſſen Roß vnd Klee / werden alle Blumen laſſen /
Werden deinen Honig nur / werden deinen Zucker faſſen.

25.

Jungfrauen.
JHr macht / jhr Jungfern / Wunden /
Die werden nicht verbunden.
Euch ſeyn denn vor verbunden /
Jhr Jungfern / eure Wunden.
26. Auff223Zu-Gabe.

26.

Auff Gallicanam.
Du biſt der Baum im Paradis / wer deine Frucht geſchmecket /
Hat nicht alleine ſich verterbt / hat andre auch beflecket.

27.

Amt einer Ehefrauen.
Nicht herꝛſchen; auch nicht dienen / freund-huͤlff - vnd troͤſtlich
ſeyn
Diß ziemet ſich den Weibern / gibt jhrem Ruhme Schein.

28.

Leben vnd Sterben.
WEr noch kan vnd wil nicht leben /
Dieſer fehlt ſo gut vnd eben /
Wie wer / wann der Tod kuͤm̃t an /
Nicht wil fort die letzte Bahn.

29.

From vnd Klug.
Ein Fromer vnd ein Kluger / die ſind nicht jmmer einer /
Viel beſſer / daß der Klugen / als daß der Fromen keiner.

30.

Juͤngſte Tage.
Der Juͤngſten Tage zehl ich zwey; den einen / da die Welt ge -
boren /
Den andren / da ſie durch die Glut wird wieder endlich gehn ver -
loren.

31.

Zeitlich Gut.
Was iſt doch Ehre / Macht / Pracht / Schoͤnheit / Luſt vnd Geld?
Ein glaͤſernes Gcpraͤng / ein Tockenwerck der Welt.
P p p32. Chri -224Zu-Gabe.

32.

Chriſtenthum.
Chriſtenthum beſteht im Thun; drum ſo bitt ich um Verlaube /
Daß beym Glauben der nichts thut / ich nicht darff dem ſagen
glauben.

33.

Die Pflege ſeiner ſelbſt.
Wer ſeine Seele liebt vnd liebt auch ſeinen Bauch /
Der liebt ein ehrlich Menſch / vnd einen Schandbalg auch.

34.

Neidhart.
Wie kuͤm̃ſt dann du dazu / daß Gott dir Gutes thut?
Du guͤnnſt ja nun vnd nie vnd keinem was da gut.

35.

Wiſſenſchafft.
Viel wiſſen iſt wol ſchoͤnꝛ doch wer zu viel wil wiſſen /
Muß Ruh vnd gut Gemach / wol Gut vnd Blut / vermiſſen.

36.

Wuntſch / in eines andren Namen. an eine Damæ.
GOtt geb dir alles gute vnd gebe mir noch dich;
So dann hab alles wieder vnd mehr dazu noch ich.

37.

Ein Brieff.
Dein Brieff begruͤſte mich: mein Brieff begruͤſt dich wieder /
So wiſſen beyde wir / daß keiner todt liegt meder.

38.

Bildnuͤſſe.
Groſſe Herren geben Bildnuͤß wolgepraͤgt nach altem leben /
Wann ſie jhre Hofe-Maͤgde manchmal jhren Dienern geben.
39. Ver -225Zu-Gabe.

39.

Vertriebene.
Wer Tugend hat vnd Kunſt / wird nimmer nie vertrieben /
Jſt / wo er jmmer iſt / als wie zu Hauſe blieben.

40.

Auff den Veit.
Das Gold ſteht Feuer auß: Veit duldet alle Flammen /
Eb er laͤſt Gold vnd ſich mit Willen thun von ſammen.

41.

Die Natur.
Wann hat vns die Natur die groͤſte Trew gethan?
Ob / wann wir gehen ab? Ob / wann wir kummen an?

42.

Auff Paulam.
MAn liebt dich / Paula, nicht nach richen;
Der Bock iſt bey dir eingſchlichen:
Man liebt dich / Paula, nicht nach hoͤren;
Dein Witz iſt zinsbar dem bethoͤren:
Man liebt dich / Paula, nicht nach ſchmecken;
Dein Mund wil boͤſe Feule decken:
Man liebt dich / Paula, nur vom ſehen;
Dein Antlitz iſt nicht zuverſchinaͤhen:
Zum fuͤhlen moͤchſtu auch paſſiren;
Laß ſehn / welch Sinn wird heim dich fuͤhren?

43.

Fliegen.
Kleinre Fliegen hat das Dorff / groͤßre Fliegen hat die Stadt /
Darum / daß es hier als dort / beßre Nietligkeiten hat.

44.

Vergnuͤgen.
DJe Schafe gehn im weiden vnd ſuchen beßres jmmer:
Die Menſchen ſind vergnuͤget mit jhrem Stande nimmer;
Alſo find kluge Menſchen / als albre Schafe tuͤmmer?
P p p ij45. Auff226Zu-Gabe.

45.

Auff Duplicium.
Duplicius iſt zwar ein Mann gar tuͤchtig vnter Leute /
Nur daß jhm ſeine rechte Hand ſteht an der lincken Seite.

46.

Thorheit der Verſtaͤndigen.
Der Weitzen iſt ein edle Frucht / doch hat er manchmal Brand:
Bißweilen kuͤmt dem kluͤgſten Mann auch Thorheit an die
Hand.

47.

Krippen-Reuter.
ES iſt ein Volck das ſeine Pferd an fremde Krippe bindet /
Daß ſich bey fremdem Feuer waͤrmt / zu fremdem Teller
findet:
Verhoͤn ſie nicht! es iſt das Volck / das vns im Wercke weiſet /
Wie daß der Menſch hier nicht daheim / vnd wie durch hin nur
reiſet.

48.

Auff Scythicum.
SCythicus fuͤhrt keine Sorgen / lebet jmmer in den Tag;
Nein; er ſorgt deß Morgens aͤngſtlich / wo er den Tag neh -
men mag
Fuͤr den Hund / fuͤr ſich / fuͤr Pferde / ſam dem Knechte / den
Verlag.

49.

Eſelshaut.
OB der Eſel gleich iſt grob / iſt die Haut doch gut /
Daß man drauff verzeichnen kan / was von noͤthen thut:
Wer auß Grobheit Kunſt veracht / faͤllt ein Zweiffel ein /
Dem muß doch ein kluger Kopff huͤlff-vnd rathſam ſeyn.
50. Hand -227Zu-Gabe.

50.

Handwercks-Leute.
HAndwercks-Leute haben Zunfften / haben Ordnung vnd Ge -
ſetze;
Daß ſich Niemand in jhr Mittel / ſein Gewerb zu treiben ſetze /
Der nicht ehlich iſt geboren / ob er ſonſten gleich iſt tuͤchtig:
Der auch auſſer ſeiner Ehe nicht gelebet allzu richtig /
Ob gleich Buſſe drauff erfolget: Welcher einen Hund erſchlagen
Obs gleich ohngefehr geſchehen: Der die Koſten nicht zu tragen
Zum Geſaͤuff vnd zum Gefraͤſſe: Der nicht Meiſterſtuͤcke machet /
Macht jhn gleich das Werck zum Meiſter: Mehres iſt darob
man lachet.
Aber / daß man Warheit meidet: Daß man ſchindriſch uͤberſetzet:
Daß man Falſch fuͤr Gut gewehret: Daß man Trew vnd
Schwur verſetzet;
Dieſes heiſt / ſich kluͤglich naͤhren. Lieber! ſind es Handwercks -
Stuͤcke?
Sind es doch nicht Chriſten-Wercke! ſehet zu wies droben gluͤcke!

51.

Friedens-Beſchwer.
Der Fried iſt zwar geſtifft / die Krieger handeln linde:
Die Steuer trillt vns noch / noch Arbter vnd Geſinde.

52.

Steuer.
ANdre Laͤnder geben Steuer nach dem Kopff vnd nach Genieß;
Wir / nach dem ſich vnbeſonnen weiland einer ſchaͤtzen ließ:
Wer das Leben kaum noch hat / wer ſonſt alles hat verſetzet /
Muß noch dennoch tragen Laſt / darum daß er iſt geſchaͤtzet.
Jſts dann billich / iſts dann Chriſtlich? O es ſey gleich wie es wil /
Fromts nur einem vnd dem andren / hats zu deuten ſonſt nicht
viel!
P p p iij53. Die228Zu-Gabe.

53.

Die Ehre.
Die Ehre kennet keinen Obren; wer jhr zum Nachtheil was ge -
beut /
Da ſihe zu / daß dich dein Leben / zum Schutz der Ehre nicht gereut.

54.

An die Amaryllis.
Deine Schoͤnheit wohnt zu Felde; ſo / wie offt ein edler Stein /
Wie er ſolt / an ſeinem Orte nicht iſt recht gefaſſet ein.

55.

Rathſchlaͤge.
Uhren gehn nicht jmmer gleiche; ob ſie gleich ſind wol gericht:
So auch haben gute Schluͤſſe / dennoch gute Wuͤrckung nicht.

56.

Das Dorff.
MEin Gut beſucht ich nechſt; das Feld war voller Segen:
Sonſt war mirs nicht ſo gut / wie in der Stadt / gelegen:
Mein Tiſch / der war ein Bret; mein Bette kunte
a. eine Ka - leſſe.
gehen: [a]
Jch hatte fromen Tranck: [b] zur Speiſe hatt ich
b. Waſſer.
ſtehen
Ein Kind / ein ſolches Kind / daß wann es jetzt geboren
Die Mutter druͤber ſingt: [c] ich hatte mir erkoren
c. ein Ey.
Den Platz / worauff der Grund zur Muſic wird
d. das Tenne.
geuͤbet. [d]
Noch dennoch war mir wol vnd alles fiel geliebet /
Weil Ruh mir wolgefiel. Das zancken der Parteyen /
Der Uberlauff deß Volcks / deß Hofes Schwelgereyen /
Verleumdung / Neid / vnd Haß / Trug / Heucheley vnd Hoͤhnen /
Die außgeſchmuͤckten Wort vnd faͤlſchliches beſchoͤnen /
Das hatte hier nicht ſtat; ich kunte ſeyn mein eigen /
Und alle meine Muͤh zu meinem beſten neigen.
O Feld / O werthes Feld / ich muß es nur bekennen /
Die Hoͤfe / ſind die Hoͤll; vnd Himmel du zu nennen.
67. Auff229Zu-Gabe.

57.

Auff Fallmundum.
Fallmund leuget was er ſagt / ſtets / vnd aller Orte;
Dann er wil kein Sclave ſeyn ſeiner eignen Worte.

58.

Witz.
Weiſer Sinn vnd weiſſes Haar
Sind ein wol gepaartes Paar.

59.

Niſus vnd Niſa.
Niſus buhlte ſtarck um Niſam, dieſes gab jhr viel Beſchwerden /
Wolt jhn nicht / ſie freyt jhn aber? ſeiner alſo loß zu werden.

60.

Von einem verſtorbenen Kinde.
D der Tod die Kinder wuͤrgt / iſt ein kindiſch Stuͤcke;
Nein / es iſt deß Todes Gunſt / iſt der Kinder Gluͤcke /
Eh die Boßheit jhren Sinn; ſie / dem Heil entruͤcke.

61.

Von meinen Reimen.
MEine Reime ruͤchen nicht
Noch nach Oele / noch nach Wein /
Beydes kan gar ſchwerlich ſeyn /
Jenes / wegen Amtes Pflicht /
Dieſes / wegen ſchlimmer Gicht.

62.

An eine Fuͤrſtliche Perſon / nebſt andren.
GEbet / Herr / die Schuld dem Brauche; wann wir Diener
vns erwinden /
Wir / die wir Euch ſelbſten pflichtbar / Euch noch dennoch an -
zubinden:
P p p iiijNehmet230Zu-Gabe.
Nehmet hin / ſo viel an vns / vnſrer Treue weiſſes Band /
Was fuͤr Euch vñ vns ſich ſchickt / iſt vns beßres nichts bekant.

63.

Lebens Jahr.
WEil tauſent Jahr fuͤr GOTT ſind wie ein geſtrig Tag /
So einer hundert Jahr der Welt gemeſſen mag /
So rechne wieviel Zeit er lebt fuͤr ſeinem GOTT /
Lebt aber ſolche Zeit / O in wie vieler Noth?

64.

Liebhabere.
Die Liebe treibt ins Elend auß / die / die ſie wo belohnet
Denn der iſt nie bey ſich zu Haus / der in der Liebſten wohnet.

65.

Wittiber vnd Wittiben.
Waͤr Freyen Dienſtbarkeit / waͤr nicht was freyes dran /
Es gienge keine Fraw / kein Mann mehr dieſe Bahn.
Sie gehen aber drauff offt mehr als zweene Gaͤnge /
Wer nun nichts gutes dran / man miede ja die Menge.

66.

Hoffart.
Hoffart heget nicht Vernunfft; wer auß Hoffart wen veracht /
Deſſen lacht man / wie es Brauch / das man eines Narren lacht.

67.

Falfche Ehrerbittung.
Mancher bloͤſt fuͤr mir ſein Haupt / gieng es jhm nach Sinn /
Wuͤntſcht er / daß mein eigner Kopff waͤre laͤngſt dahin.

68.

An Braut vnd Braͤutigam / eine von Muͤhl - heim vnd einen von Sack.
Jungfraw Braut jhr habt daheim / eine Muͤhle gut zu Sacke;
Mahlet / das man Jaͤhrlich drauß / Struͤtzel in die Wiege
backe.
69. Der231Zu-Gabe.

69.

Der Liebe Zunahmen.
Man nennt die Liebe ſuͤſſe / geſaltzen wer ſie nennt /
Hat noch am allerbeſten ſein ſchmecken angewendt.

70.

Der Wahn.
Bey vnſren Sachen iſt der Wahn
Gemeiniglich der Ober-Mann.

71.

An eine Fuͤrſtin.
Fuͤrſtin / warum braucht jhr Schmuck? wolt jhr denn der Welt
nicht guͤnnen
Daß ſie Eurer Stralen Licht / ohne Wolcken ſchauen kuͤnnen?

72.

Freundſchafft.
Alten Freund fuͤr neuen wandeln
Heiſt fuͤr Fruͤchte Blumen handeln.

73.

Weiber.
Weiber ſollen an der Seite / nicht zum Haupten Maͤnnern
liegen /
Denn die Riebe / drauß ſie worden / ſoll an jhren Ort ſich fuͤgen.

74.

Beruff.
DJe Perſon / die ich jetzt fuͤhre / auff dem Spielplatz dieſer
Welt /
Wil ich nach Vermuͤgen fuͤhren / weil ſie mir ſo zugeſtellt /
Denn ich hab ſie nie geſucht. Wird was andres mir gegeben /
Wil ich nach deß Schoͤpffers ruff / nie nach meinen Luͤſten leben.
P p p v75. Jung -232Zu-Gabe.

75.

Jungferſchafft.
Jungferſchafft / die iſt ein Garte; Jungfern ſind die Blumen
drinnen;
Manche gibt fuͤr Bienen Honig / manche gibet Gifft fuͤr Spinnen.

76.

Weiber.
Jn der Jugend / zum erluſten; in dem Alter / zum erlaben
Sind die Weiber; wollen lieber dort / als da zu ſchaffen haben.

77.

Auff Furvum.
FUrvus lobt mich vnter Augen / hinter Ruͤckens ſchimpfft er
mich;
Was zu thun? An jhm vnd andren wil mich redlich raͤchen ich /
Daß im Ruͤcken er ſoll luͤgen vnd fuͤr Augen reden wahr /
Wolln vns theilen / daß das loben mir / der Schimpff jhm bleibe
gar.

78.

Lachende Erben.
Wann Erben reicher Leute die Augen waͤßrig machen /
Sind ſolcher Leute Threnen nur Threnen von dem lachen.

79.

Deßgleichen.
Die Roͤmer brauchten Weiber / die weinten fuͤr das Geld;
Obs nicht mit manchem Erben ſich eben ſo verhaͤlt?

80.

Auff Annam.
Anna hat die Jungferſchafft fuͤr den Ehſtand jhr erkieſt /
Weil ſie keiner / auch geſchenckt / anzunemen willig iſt.
81. Von233Zu-Gabe.

81.

Von Curtio.
Wie die Kinder ſich begehn / alſo haͤlt den Brauch
Curtius mit ſeiner Fraw: Kinder kratzen auch.

82.

Von der Clodia.
Clodia taug nicht zum ſieden / ob ſie etwa taug zum braten?
O / man laß ſie roh den Wuͤrmen / beſſer kan ich keinem rathen.

83.

Auff Crasſum.
Crasſus hat gar boͤſen Ruff; daß er moͤg auß dieſem kummen /
Hat ein aͤrgres Bubenſtuͤck er hingegen fuͤr genummen.

84.

Auff Gulonem.
Culo hat Gedaͤrm im Kopff / vnd Gehirn im Bauche /
Dann / zu ſorgen fuͤr den Bauch hat er ſtets im Brauche.

85.

Wie heiſt man die bey Hofe die alle Gunſt weg tragen?
Man heiſt ſie da die Hertzen / ich nenne ſie die Magen.

86.

Fuͤrſten.
Fuͤrſten muͤgen leben herꝛlich /
Dann ſie leben auch beſchwerlich!
Weil ſie andren Wolfahrt geben /
Muͤgen ſie vergnuͤgt ja leben.

87.

Bruͤder.
EJnander ſtets zu wider /
Das iſt die Art der Bruͤder:
Sie ſolten ſeyn wie einer /
Das waͤr viel nuͤtz - vnd feiner.
88. Die234Zu-Gabe.

88.

Die Laſter.
Alles in der Welt veraltet / nur die Laſter juͤngen jmmer /
Wann ein Krancker ab ſoll druͤcken / wird die Kranckheit jmmer
ſchlimmer.

89.

Wein.
Der Wein iſt vnſer noch / wann jhn das Faß beſchleuſt:
Sein aber ſind dann wir / wann jhn der Mund geneuſt.

90.

Waſſer.
Wer zum Tiſchtrunck Fiſchtrunck nim̃t /
Selten dem die Fuß-Gicht kuͤm̃t.

91.

Auff Brutum.
Brutus zoh mit vollem Beutel / daß er Wiſſenſchafften lerne /
Kam auch wieder / wuſte dieſes / daß ſein Geld blieb in der Ferne.

92.

Glaubens-Zwang.
Zum Glauben iſt nicht muͤglich die Sinnen zu bezwingen /
Zum heucheln iſts wol moͤglich die Sinnen anzubringen.

93.

Der Hunger.
MJr iſt ein Gaſt bekant / der dringt durch freches Plagen /
Daß jhn ſein frommer Wirth ſoll auß dem Hauſe jagen:
Wann dieſer es nicht thut / iſt jener nimmer ſtille /
Biß daß man Gaſt vnd Wirth in eine Grube vuͤlle.

94.

Haupt-Straffen.
Krieg / Hunger / Peſt ſind Straffen deß Leibes biß zum Tode:
Der Seele zum Verterben iſt Straff jetzund die Mode.
95. Ehe -235Zu-Gabe.

95.

Eheſtand.
[Das]Weib iſt jhres Mannes Hertz; der Mann iſt ſeines
Weibes Haupt:
[Daß]eines einem andren lebt / iſt keinem jhrer nicht erlaubt.

96.

Weiber-Maͤngel.
WEibern ſind Gebrechen
Sonſten nicht zu rechen /
Auſſer wann ſie fehlen
Und die Manne zehlen.

97.

Von Potiphars Weibs.
[Heu]te ſind die Weiber kluͤger / als deß Potiphars ſein Weib /
[Gre]iffen ſelten nach dem Kleide / greiffen[lieber] auͤff den Leib.

98.

Hanne.
[H]Annen ſind die Frauen guͤnſtig / weil ſie jhre Maͤnner
lehren
[Wie]ſie jhnen ſollen locken / ſie mit Luſt vnd Koſt verehren /
[Und]fein ruͤſtig fruͤe anfangen: Sonſten iſt nicht zu vergeſſen /
[Da]ß nicht minder junge Frauen gerne junge Huͤner eſſen.

99.

Von einem Hofe-Hunde.
[Uns]er Hund friſt Feigen / Trauben / Zucker / was nur Menſchen
ſchmecket
[Wa]rum waͤr er Hund bey Hofe? da man auch den Speichel
lecket.

100.

Der Welt-Glaube.
[E]S mangeln nur noch zwey / ſo bin ich funfftzig Jahr;
So bald ichs nun verſtund / ſo nam ichs eben wahr /
Das236Zu-Gabe.
Das meiſtens ich gar wol getroffen in das Ziel /
Wann ich geglaubt eh nichts / als etwa gar zu viel.

101.

Geſchwinder Tod.
Schneller Tod iſt boͤſe Boͤſen /
Fromen aber ſchnell erloͤfen.

102.

Grabſchrifft eines Artztes.
Hier liegt ein Artzt begraben von redlichen Gedancken;
Viel hatt er Patienten vnd ſtarb fuͤr allen Krancken.

103.

Rache.
Es iſt ein Art der Rache / zur Zeit geduldig ſeyn /
GOTT / der Verleumdung haſſet / bringt alles ſtatlich ein.

104.

Leben vnd Tod.
Jn dem Leben wohnet Sterben / in dem Sterben wohnet Leben;
Laſſe dir das Sterben lieben / du / dem Leben nur iſt eben.

105.

An den Liebhold.
Liedhold / meiner Freundſchafft Seele / wilſt du von mir ſchei -
den hin /
So gedencke / das ich armer bloß ein kalter Coͤrper bin.

106.

Wein.
Wilſtu eine Luſt dir kauffen? Kauff ein Faß voll guten Wein /
Bitt ein Anzahl gute Bruͤder; ach was werden Narren ſeyn?

107.

Neid.
Wer mich neidet / lobet mich /
Kraͤnckte ſonſt mit mir nicht ſich.
108. Aert -237Zu-Gabe.

108.

Aertzte vnd Poeten.
DJch / Apollo, ruffen Aertzte; dich / Apollo, ruffen Tichter /
Wem du ſolteſt vor erſcheinen / darff es einen rechten
Richter.
O die Aertzte tichten auch / machen offt die Kranckheit arg /
Daß der Krancke / wann er friſch / ſey zum ſchencken minder
karg;
Was ſie groͤblich offt verſehen / hat gethan der Kranckheit
Staͤrcke /
Wo ſie gleich gar nichts geholffen / thatens dennoch jhre Wercke
Hat / Apollo, dich ein Artzt wo geruffen: Kumme bald /
Tichten hat nicht viel Verluſt / kranck ſeyn aber braucht Gewalt.

109.

Beichten.
DEiner Suͤnden menge beichten /
Kan die Suͤnden Laſt zwar leichten.
Aber ſchaw / daß Heucheley
Nicht zu Steinen lege Bley.

110.

Vergebung der Suͤnden.
Der HErr vergibt die Suͤnde / der Prieſter zeigt es an /
Der Suͤnder muß ſich beſſern / ſonſt iſt es nicht gethan.

111.

Der Beruff.
Ein Hencker wil das Dohnen-Stellwerck in einem nahen
Walde dingen;
Weil hencken nun nicht mehr iſt braͤuchlich / ſo naͤhrt er ſich
gleichwol mit ſchlingen.
112. Grab -238Zu-Gabe.

112.

Grabſchrifft eines Fleiſchers.
Weil ich lebte / kunt ich Beine wol ſo hoch / als Fleiſch / verkauffen;
Wuͤrmen ſchenck ich jetzt was fleiſchicht / Beine bleiben uͤberm
Hauffen.

113.

Grabſchrifft eines hoͤltzernen Muſicanten.
Jch habe mit dem Hackebret viel Lebenszeit vertrieben /
Jetzt klappert nun der ſchlimme Kerl / sder Tod / mit meinen
Rieben.

114.

Heuchler.
Ob bey Hof ein jedes ſchmeichelt / ſchmeicheln doch die Pferde
nicht /
Die den Herren ſelbſt abheben / wann er reitens nicht Bericht.

115.

Grabſchrifft eines Saͤuffers.
Der allhier liegt / iſt wol tod; haͤtte ſonſten laͤngſt geruffen:
Jſt dann niemand nimmer da / der mir eines zugeſuffen?

116.

Grabſchrifft eines Sangmeiſters.
HJer trinckt / hier ſingt nicht mehr ein Singer;
Sein Hals iſt mit jhm wol zu friede /
Sein Herꝛ war auch zugleich ein Schlinger /
Und er ſtets roh von Trunck vnd Liede.

117.

Grabſchrifft eines Schuſters.
Kuͤnte man das Leben ſtrecken / wie man kan das Leder dehnen /
Hatt ich / daß ich hier nicht laͤge / trauen kuͤnnen meinen Zaͤhnen.
118. Grab -239Zu-Gabe.

118.

Grabſchrifft eines Fiſchers.
Hier fiſcht ein Fiſcher jetzt im Sande / der vor im Waſſer hat ge -
fiſcht /
Der Tod hat jhn / wie er die Fiſche / nunmehr in ſeinem Garn
erwiſcht.

119.

Grabſchrifft eines Schmiedes.
DEr Tod ward Schmied / der Ambos ich /
Drauff ſchlug er / wie das Eiſen mich:
Mein Blaſebalg gab mehr nicht Wind /
Deß Pulſſes Hammer fiel geſchwind /
Die Kohlen leſchten gaͤntzlich auß /
Auß Eiſen ward mir Erde drauß.

120.

Grabſchrifft eines alten Deutſchen.
Es ſturbe ſich / der hier jetzt liegt / noch endlichen zu tode;
Der Pompſack kunte nimmer nie ſich ſchicken in die Mode.

121.

Ubergabe etlicher Getichte / an eine Fuͤrſtin.
FUrſtin / hier iſt nur der Wille / hier iſt / Fuͤrſtin / kein Ver -
muͤgen /
Das in etwas Euch zu Ehren / meine Reime ſolten tuͤgen /
Nehmet hin den ſchlechten Willen / gebet nur ein klein Belteben /
Ey ſo wird ein jeder glauben / daß ich koͤſtlich Ding ge -
ſchrieben.

122.

An J. F. G. ferner.
Fuͤrſtin / Euer Lob zuſchreiben / muß ich einmal ſtille ſchweigen:
So ich dem gleich nach ſtets ſteige / deſto mehr iſt noch zuſteigeu.
Q q q123. Grab -240Zu-Gabe.

123.

Grabſchrifft eines Muͤllers.
Der Tod hat einen Muͤller hier zu Staube gantz gemahlen /
Doch darff er jhm die Metze nicht / deß Handwercks halben /
zahlen.

124.

Grabſchrifft eines Koches.
Bey Hofe friſt man Kuͤchejungen; in dieſem finſtren Loch
Friſt jetzt beß Todes Hofepurſche / wol gar den guten Koch.

125.

Grabſchrifft eines Artztes.
HJer liegt ein Artzt; vom Waſſer hat er zuvor ſein Leben /
Jetzt hat er von dem Waſſer den Geiſt hin muͤſſen geben;
Schaw / wie wir offt von einem jetzt Nutz / jetzt Schaden heben!

126.

Poeten.
HIppocrene ſoll euch traͤncken /
Und / jhr Tichter / wollt nur dencken
An Lyæus ſuͤſſe Koſt?
O es iſt euch wol bewuſt /
Hyppocrene macht den Meiſter /
Bacchus der erhaͤlt die Geiſter.

127.

Weintrauben.
Wann iſt die Speiſe Tranck? wann iſt der Tranck vns Speiſe?
Sprich Bacchum druͤber an / daß er dir ſolches weiſe.

128.

Die verheurathete Venus.
JHr / die jhr die Venus hoͤnet / daß ſie jhr zum Mann erleſen
Der da lahm / grob / ſtarck vnd toͤlpiſch / der ein Hammer -
ſchmid geweſen /
Wiſt241Zu-Gabe.
Wiſt jhr nicht? daß Goͤtter-Augen tieff / auch ins verborgne
dringen;
Venus wuſte was jhr diente / ſehnte ſich nach andren Dingen
Als ein albres Menſch gemeinet. Jhr Vulcanus war gefaſſet
Mit Gezeug vnd Haußgeraͤthe / ſo jhr auch lieb. Sonſten / laſſet
Jhr in gutem hin nur gehen / wann ſie auff die derben Speiſen
Jhrem Magen mit Confecten etwas nietlichs wolln erweiſen.

129.

Meine Herren.
ZU dienen zweyen Herren / iſt ſchwer; ich diene Dreyen /
Und darff mich doch bey keinem der Redligkeit verzeihen.
Gott / dien ich mit dem Hertzen / nach meinem beſten kuͤnnen /
Dem Fuͤrſten mit dem Kopffe / nach meinen beſten Sinnen /
Dem Nechſten mit den Haͤnden / durch Huͤlff auß gutem
Willen /
Kan hoffentlich bey allen ſo meine Pflicht ervoͤllen.

130.

Von meinen Sinn-Getichten.
JCh mach es wie die Tuͤrcken / wann ſie zu Felde ziehen /
Sie ſchicken halb Armeen / die nennen ſie Partyen:
Drey tauſent Sinn-Getichte / wol mehr noch ſind gegangen /
Um hin vnd her zu ſtreiffen vnd Nachricht wo zufangen /
Ob achten / ob verachten / bey Klugen zu erlangen.

131.

Von mir ſelbſt.
JCh kan es noch nicht thun / daß ich mich ſolte ſtellen
Hin zur Poeten-Rey; ein Urthel mag vor fellen
Der ſelbſt iſt ein Poet mit recht vnd durch die Kunſt;
Fellt dieſes nun fuͤr mich / ſo iſt mirs ſondre Gunſt /
Wo nicht? ſo ſtets dahin; zu Ubung meiner Sinnen
Jſt alles angeſehn / verfehlet gleich das kuͤnnen;
Zu mal mich ſonſt noch ehrt / ein anderes Beginnen.
Q q q ij132. Falſch -242Zu-Gabe.

132.

Falſchheit.
Hertzlich haſſen / muͤndlich lieben /
Jſt der Menſchen meiſtes uͤben.

133.

Groſſe Birnen.
ZU Quinſay hat es Birnen / die waͤgen auff zehn Pfund;
Es wird davon geſchrieben / hats aber auch wol grund?
Die Stadt hat hundert Meilen; daß eine ſolche Stadt /
Jſt billich / nach der groͤſſe / ſo groſſe Birnen hat.

134.

Liebe vnd Gold.
Danae entfing vom Golde; Lieb vnd Gold ſind ſolche Stuͤcke /
Dem / der ſie bey Jungfern brauchet / geht kein Anſchlag bald
zu ruͤcke.

135.

Von der Aurella.
Aurella geht vnd betchtet offt / daß man ſie from ſoll zehlen;
Es ſcheint / wer offt zu beichten hat / der muß gar offte fehlen.

136.

Haar-Poudre.
Welt / iſt mit jhr ſelbſt nicht einig: Grauen macht jhr ſonſt ein
Grauen /
Jetzo ſiht man graw ſich machen junge Jungfern / junge Frauen.

137.

Anders.
Jetzo wil ein jedre grauen / ob ſie gleich nicht grauen ſoll /
Wolln ſie Augen oder Naſen / (wer verſtehts?) gefallen wol.

138.

Kurtzweilen.
ANdre muͤgen Glaͤſer ſtuͤrtzen: Andre muͤgen Hund anbeten:
Andre muͤgen naͤſchig geilen / da bey Greten / dort bey Keten:
Muͤgen243Zu-Gabe.
Muͤgen Gluͤck auff Blaͤtter bauen: Muͤgen blicklich Kleider
wandeln:
Muͤgen bey der Sonnen Thuͤre Stein / Bein / Glas vnd Federn
handeln:
Muͤgen ſich leibeigen geben jhrer Luͤſte toͤrchten Grillen;
Meine Luſt ſoll jmmer bleiben mich mit Tichterey zu ſtillen.

139.

Zweiffel an der Seligkeit.
Die an jhrer Seligkeit ſelbſten Zweiffel tragen /
Woher kuͤnnen die / daß wir ſind verdam̃t / dann ſagen?

140.

Von meinem Buche.
Daß ich nicht in meinem Buche mancher guten Freunde dencke?
Weiß ich doch noch ſelbſt nicht eigen / was man mir von Ruhme
ſchencke.

141.

Freunde.
WAs ſind jetzt gute Freunde?
Sie ſind vermumte Feinde /
Wann von mir weicht mein Gluͤcke /
So bloͤſt ſich jhre Tuͤcke.

142.

An den Tod.
OTod du ſchwartzer Tod / du Schauer vnſrer Sinnen!
O thu ich dir zu viel? Ja / ja; du kanſt gewinnen
Ein Engliſches Geſicht. Dann du biſts der erfreut /
Du biſts der vns entzeucht dem To ben toller Zeit /
Du biſts der vns den Hut der goͤldnen Freyheit ſchencket /
Du biſts der vns ergetzt vnd vnſre Feinde kraͤncket /
Du biſts der vnſren Stuhl hin zu den Sternen traͤgt /
Der aller Frevler Trotz zu vnſren Fuͤſſen legt /
Du biſts der vnſre Klag in lauter Jauchzen kehret /
Du biſts der vns fuͤr Zeit die Ewigkeit gewehret;
Q q q iijDu244Zu-Gabe.
Du gibſt vns wann du nim̃ſt / dein ſo gefuͤrchter Stich /
Bereitet vns durch dich / ein Leben ohne dich.

143.

Ehre.
Wer Ehre hat erlangt / gaͤb Ehre manchmal drum /
Er kunte / wie er kam / auch wieder kohren um.

144.

Freundſchafft.
Wo Nutz ſich nicht erzeigt / wo kein Gewinn ſich weiſt /
Jſt Freundſchafft nicht daheim / iſt uͤber Land gereiſt.

145.

Die Welt Freundſchafft.
JCh wil nicht Damon ſeyn / die Welt darff auch nicht werden
Mein Pythias, wir ſind von zweyerley Geberden;
Mein Sinn ſteht auffgericht / die Welt geht krum̃ gebuͤckt:
Mein Sinn iſt vngefaͤrbt / die Welt iſt glat geſchmuͤckt:
Mein Mund hat eine Zung / ich kan nicht warmes hauchen
Und kaltes auch zumal: Die Welt pflegt Ja zu brauchen
Wie Nein / vnd Nein wie Ja / dann jhre Zunge bricht
Die ſchoͤne zwiſchen Mund vnd Hertz gepflogene Pflicht.

146.

Das Creutze.
EJn ſondrer Chriſt iſt der / der nimmer nichts wil leiden /
Der ſich nicht wil von Chriſt vnd doch vom Creutze ſcheiden:
Noth thut es / daß jhn Chriſt in einen Himmel weiſt /
Durch Roſen drein man tantzt vnd nicht durch Dorner reiſt.

147.

Das Haus Oeſterreich.
JHr Toͤchter Heſperi, nicht ruͤhmt die goldnen Fruͤchte:
Zweytraͤchtiges Geſchlecht der Baͤume / bleib vom Lichte /
Du vnd Alcinous: Die Epicurus hegte /
Auch die Mœcenas baut vnd die Lucanus pflegte
Jhr Gaͤrt vnd Gaͤrtner all: Jhr ſeyd mit Ruhm zu ſchonen /
Der Garten Oeſterreich traͤgt lauter Kaͤyſer-Kronen.
148. Auff245Zu-Gabe.

148.

Auff eine wolluͤſtige Perſon.
Wann du waͤreſt nicht ein Menſch / lieber woͤzu waͤrſtu tuͤchtig?
Nur zur Saw / die iſt durchauß / als zum freſſen / ſonſten nichtig.

149.

Auff Raſam.
EJnen Troſtſpruch auß der Schrifft hatte Raſa jhr erwiſchet;
Daß man dort mit Abraham / Jſaac / Jacob ewig tiſchet:
Freuet ſich auff beßre Speiſen / als man hier erjagt vnd fiſchet.

150.

Die Liebe.
Die Liebe ſiht / ſie ſiht auch nicht; ſie ſihet meiſtens nicht
Auff Tugend-Glantz der ſtets beſteht: ſiht auff vergaͤnglich
Licht.

151.

Poeten.
Daß Poeten phantaſiren / iſt es dann von noͤthen?
Daß Phantaſten / iſt es noͤthig / muſſen ſeyn Poeten?

152.

Aertzte.
Aertzte ſind den Menſchen gut / daß fuͤr derer Menge
Endlich nicht die gantze Welt werde gar zu enge?

153.

Ein verlorner Freund.
Mein Freund ward nechſt nach Hof in Ehrendienſt erkoren;
Die Ehre guͤnn ich jhm / doch ward der Freund verloren.

154.

Siegel.
Fuͤrſten ſolln mit Stahle ſiegeln; was zu Siegeln ſie erkieſt /
Soll wie Stahl ſo feſte halten / daß es nicht zu beugen iſt.
Q q q iiij155. Mann246Zu-Gabe.

155.

Mannbare Jungfrauen.
Junge Toͤchter ſollen freyen; ſonſten kuͤm̃t das Jungfern -
Fieber
Oder gehn beym Jungfern-Schloſſe auff das freye Feld fuͤruͤber.

156.

Eine vngluͤckliche Ehe.
Wann das Weib iſt arm / vnd der Mann ein Narꝛ /
Hilfft der Segen kaum / welchen ſpricht der Pfarꝛ.

157.

Jungfern.
JUngfern / ſeyd jhr blind an Augen / daß jhr nicht am Fenſter
lieget?
(tuͤget?
Jungfern / ſeyd jhr taub an Ohren / daß jhr nicht fuͤr Kuppler
Jungfern / ſeyd jhr lahm an Fuͤſſen / daß jhr nicht die Stadt
durchſtreichet?
(reichet?
Jungfern / ſeyd jhr krum̃ an Haͤnden / daß jhr nicht nach Gaben
O ſo ſeyd jhr wie jhr ſollet / weil jhr euch der Tugend gleichet.

158.

Schoͤnheit.
Die Schoͤnheit iſt der Schirm / da Falſchheit hinter ſtecket;
Jſt Liebe gar zu blind / wird Falſchheit nicht entdecket.

159.

Auff Jungfer Picam.
Pica iſt ein Feuerſpiegel / brennt zum erſten auff die Augen /
Daß / was ſie im Schilde fuͤhret / ſie zu ſehen nicht wol augen.

160.

Lob.
LOben / iſt noch weit nicht lieben;
Ehr-Wort iſt kein Wahr-Wort nicht;
Compliment macht keine Pflicht /
Jſt bey Hof ein hoͤflich uͤben.
161. Wahr -247Zu-Gabe.

161.

Wahrheit.
Wahrheit iſt ein Tuch zum kleiden / zwar das allerbeſt /
Gleichwol nicht auff alle Tage / nur auff hohe Feſte.

162.

Auff eine Jungfraw.
Jungfer / O jhr ſeyd die Schoͤnſte / wann jhr ſteht allein im
Winckel;
Kum̃t jhr etwa rauß ans Lichte / ſiht man daß jhr feil habt
Duͤnckel.

163.

Wein.
Weh / Weinen / Winſeln / Haͤnde winden
Jſt da / wo Wein nicht iſt zu finden.

164.

Auff Marcum.
Mahler mahlen manchmal Engel / Mahler mahlen manchmal
Teuffel:
Mareus lebt jetzt from / jetzt ſchelmiſch / macht jhm druͤber kei -
nen Zweiffel.

165.

Die Deutſchen.
Die Deutſchen ſind nicht Maͤnniſch mehr / thun Kindern alles
nach;
Die / wann ſie etwas neues ſehn / thun toͤblich / thum vnd gach.

166.

Gegenwaͤrtiges vnd Zukuͤnfftiges.
Was vorigmal geſchehen war
Geſchieht wol mehr ein andres Jahr.
Q q q v167. Klei -248Zu-Gabe.

167.

Kleider.
Was iſts / was vns bedeckt vnd gleichwol auch entdecket?
Das Kleid bedeckt den Mann vnd weiß was in jhm ſtecket.

168.

Auff Parcum.
Parcus wil ſich Gaſtfrey ruͤhmen; wil wie Loth die Engel ſpeiſen;
Die nichts eſſen vnd nichts trincken / wann ſie ſich zu Gaſte weiſen.

169.

Religion.
D man mag in Haß vnd Neid wider ſeinen Nechſten leben /
Soll vns die Religion einen ſchoͤnen Mantel geben;
Ehr mir Gott Religion / die gleich rein vnd heilig glaͤubet /
Jmmer aber Haß vnd Neid wider jhren Nechſten treibet!

170.

Neid.
Gut / nicht boͤs iſts / ſonſt nichts leiden /
Als daß einen Boͤſe neiden.

171.

Feile Gerechtigkeit.
Sind deß Richters Ohren zu? Mache du die Hand nur auff /
Recht hat jetzt / wie alles Ding / einen eben hohen Kauff.

172.

Leben vnd Tod.
Der Tag / hat groſſe Muͤh; die Nacht / hat ſuͤſſe Ruh:
Das Leben / bringt vns Muͤh; der Tod / die Ruhe zu.

173.

Auff Pingvinum.
Pingvinus iſt gelehrt / die jhn gelehrt / die leben:
Nur dieſes merckt man nicht / ob was iſt blieben kleden.
174. Be -249Zu-Gabe.

174.

Beſonnenheit.
Wilſtu einen Waͤchter haben / der fuͤr Schaden wacht?
Nim dir an zu einem Diener nur den Wolbedaͤcht.

175.

Falſchheit.
MAn meint die Welt ſey gar zu new / ſie habe nichts vom
alten;
Jch ſage nein: Man muß die Zeit nur recht zuſammen halten /
Die alte Welt hat jhre Witz in Fabeln eingerichtet /
O was die neue Welt vns ſagt / iſt mehrentheils ertichtet.

176.

Jrꝛthuͤmer.
Die Welt jrrt nicht; es jrrt / der daß ſie jrret / ſtreitet;
Sie trifft den Weg genaw der zu der Hoͤlle leitet.

177.

Auff Paulam.
Paula klaget / daß die Straſſe dieſer Welt ſey gar zu breit /
Gingen drauff gleich Junggeſellen / gingen ſie jhr doch zu weit.

178.

Vom Koͤnige in Engeland.
Daß Koͤnig Carl in Engeland ließ einen Kopff vnd drey der
Kronen
War viel; iſt mehr / daß dran man lernt die Majeſtaͤt en nicht
verſchonen.

179.

Holl - vnd Engelaͤndiſcher Krieg.
JHr geſaltznes Herings-Heer / gebet groſſen Hertzens-Danck
Fuͤr in Holl - vnd Engeland auffgeruͤhrten Waffens-Zanck
Weil ſie beyde ſelbſt ſich freſſen / kuͤnnen ſie nicht euch verzehren /
Kuͤnnen euch auß eignem Saͤltze / nicht in fremdes mehr ge -
wehren.
180. Witz. 250Zu-Gabe.

180.

Witz.
SAltz im Tode / Saltz im Leben
Jſt dem Hering jmmer eben:
Witz in Freuden / Witz im Leiden
Sollen Menſchen nimmer meiden.

181.

Wuntſch.
Fuͤr fremdem Brot /
Fuͤr groſſem Spot /
Fuͤr Seelen-Noth
Fuͤr boͤſem Tod /
Bewahr mich Gott!

182.

Saͤuffer.
Jm trincken / ein Hart-Saͤnger:
Jm hincken / ein Schleich-Gaͤnger.

183.

Auff Raſam.
Raſa hat zwey ſchwartze Geiſter / hier zum luͤgen / da zum praſſen:
Keinen weiſſen kan ſie haben / weil die weiſſen ſchwartze haſſen.

184.

Ungleiche Geſellſchafft.
Unter Tollen / ſollen klug; vnter Vollen / nuͤchtern ſeyn /
Wers nicht glaubt / verſuch es nur / was es ſey fuͤr ſchwere Pein.

185.

Von der Raſa.
Einen Lobſpruch bittet Raſa, ſoll ich jhr zu Ehren ſagen!
Ey ſo kan ich deutlich ſprechen: Raſa ſey ein guter Magen.
186. An251Zu-Gabe.

186.

An Helenam.
Helena, ſo ſchoͤn da war deiner Schoͤnheit Schein /
War es dennoch gar nicht ſchoͤn / daß er ſo gemein.

187.

Heimlicher Haß.
WEr mich haſſt vnd ſagt mirs nicht /
Dieſer hat ſich ſelbſt gericht /
Daß der Neid hat was erticht.

188.

An das Gluͤcke.
Wer ſich deſſen was da kuͤm̃t ſchone hat verſehn /
Dieſem iſt kein Poſſen nie / Gluͤck / von dir geſchehn.

189.

Neuligkeiten.
Es machen kleine neue Dinge
Offt alte groſſe / gar geringe.

190.

Zorn.
Wo Zorn nimt uͤberhand / da ſteigt ein Nebel auff /
Der den Verſtand verblend vnd wehrt jhm ſeinen Lauff.

191.

Auff Morinum.
Es ſitzt zwar Salomon, Morin, in deinem Munde /
Doch ſitzt der Nabal mehr in deines Hertzen grunde.

192.

Auff Thraſonem.
Thraſo geht wie Hercules, mit der Lewenhaut bedeckt;
Sags nur nicht! ein Haſenbalg iſt zum Futter vnterſtreckt.
193. Schwe -252Zu-Gabe.

193.

Schweren.
Weil Ja nicht mehr iſt Ja / ſo ſoll das Teuffel holen
Dem Glauben / der ſonſt liegt / verhelffen auff die Sohlen.

194.

Verdacht.
Mancher / der nichts weiß zu rathen / weiß doch viel Verdacht
zu machen;
(Sachen.
Weiß ſonſt / daß er klug mag ſcheinen / nicht zu helffen ſeinen

195.

Drey Facultäten.
Juriſten / Aertzte / Prediger / ſind alle drey befliſſen
Die Leute zu purgiren wol / aͤn Seckel / Leib / Gewiſſen.

196.

Jhrzen.
Jſts deutſcher Art gemaͤß / mit Worten ſo zu ſpielen?
Wir heiſſen Einen / Jhr / vnd reden wie mit vielen.

197.

Die Mode.
Die Mode, wil nach jhren Sinnen auch gantz deß Leibes Glie -
der zwingen:
Kein beßrer Rath: Das Kinder zeugen iſt nur Frantzoſen zu -
verdingen.

198.

Hoͤfligkeit.
Leichtlich iſt es zuverrichten / daß man Bley vnd Silber ſcheid:
Schwerlich iſt zu vnterſcheiden / Hoͤfligkeit von Eitelkeit.

199.

Die letzte Zeit.
MEin Gott / die letzte Welt wie kindtſch wird ſie doch!
Ruͤhmt jhre Lapperey fuͤr alle Weißheit hoch;
Wer Sinn vnd Witz noch hat / iſt trefflich uͤbel dran /
Daß er nicht bey der Welt auch mite kindeln kan!
200. Ver -253Zu-Gabe.

200.

Verwandelung.
Daß auß Menſchen werden Woͤlffe / bringt zu glauben nicht
beſchwerden
(werden?
Siht man nicht / das auß den Deutſchen / dieſer Zeit Frantzoſen

201.

Deutſche Frantzoſen.
Daß vnſre Deutſchen jhre Kinder nicht duͤrffen mehr in
Franckreich ſchicken /
So werden ſie nun ſelbſt Frantzoſen: ſeht welch ein Vorthel
leſt ſich blicken.

202.

Auff Thummium.
Thummius wil alle Tage ſich in Ritterſtieffeln weiſen /
Denn er pflegt durch Stub vnd Kammer taͤglich auß vnd ein
zureiſen.

203.

Trachten.
OB wir Deutſchen vnſre Trachten alle Jahr gleich new
erleſen /
(geweſen;
Dennoch iſt noch nimmer keine / nur ein Jahr durch / recht
Abends fuͤr dem juͤngſten Tage / was wir damals / wil ich
glaͤuben /
Werden zu der Tracht erwehlen / wird ja muͤſſen endlich bleiben.

204.

Todesfurcht.
Wer Sterben aͤngſtlich fuͤrcht / der hoͤre meinen Rath:
Er lebe wol: was bleibt wofuͤr er grauſen hat.

205.

Andreas-Abend.
WAnn S. Andreas-Abend kuͤmt / pflegt jeder der ſich wil
beweiben
Auch die / die ſich bemannen wil / ein hitziges Gebet zutreilen.
Andreas254Zu-Gabe.
Andreas der ſich nennt vom Manne / kan Weibern / glaub ich /
rathen wol /
Weiß aber nicht / wie ſeines gleichen / als wie ein Weib / er ra -
then ſoll?

206.

Oeſterreich.
Oeſterreich heiſt Oſten-Reich / denn hierauß entſteht das Licht /
Drauff das gantze deutſche Reich / Weſen / Wolfahrt / Wachs -
thum / richt.

207.

Ein Neidiſcher.
Ein Neider gieng nechſt fuͤr mir bey / ich ſah er worde roth /
Mir aber wiederfuhre nichts; er macht ſich ſelbſt zu ſpott.

208.

Erfahrung.
Wer das boͤſe vor gekoſt /
Hat am guten duple Luſt.

209.

Der Tod.
Man verſtecket vns in Saͤrcke / man verſcharret vns in Erde /
Daß der arge Lohn der Suͤnde / nicht ſo gar erſchrecklich werde.

210.

Geld.
Geld bedarff man nur zum gelten / daß man drum die Noth -
durfft hat.
Wanns im Kaſten liegt verkerckert / gilt es / was ein Neſtel-blat.

211.

Von meinen Getichten.
JUngfern / Frauen / Witben / Witbern / Maͤnnern / Jung -
geſellen /
Muͤchten / wie ſie muͤchten meinen / meine Reime ſtellen
Da vnd dorte Mercke-Puncten: Weil die Laſter wohnen
Jn Perſonen / nicht in Haͤuſern / weſſen ſoll man ſchonen?
212. Auff255Zu-Gabe.

212.

Auff Bardum.
Bardus ſtrebt nach groſſem Namen / iſt von allen Gaben bloß;
Dieſes kan man jhm wol guͤnnen / daß er heiſſe Gernegroß.

213.

Meine Reime.
NAtur that nichts umſonſt; ſie brachte was kan fliegen /
Bracht auch was krichen kan / ein jedes kan was tuͤgen:
Mein Reim kan wo durch kruch / ob nicht durch flug / ver -
gnuͤgen.

214.

Trachten.
WEil ſich groſſe Potentaten von Frantzoſen laſſen zwingen /
Das ſo knechtiſch ſie ſich beugen nach zufolgen jhren
Dingen /
(ſchlingen.
Scheint es / daß ſie wie die Alten / wenig ſcheun der Freyheit

215.

Auff Toͤlplinen.
Fuͤr Lauten hat vnd fuͤr Biolen Toͤlplin den polſchen Bock
erkohren /
(Ohren.
Denn jene kunten ihm nicht fuͤllen die hohen / weiten / tieffen

216.

Johannis-Tag.
Johannes iſt ein durſtig Mann / wann er kuͤmt an vnd trincket /
So ſiht man wie ein groſſer Teich / offt auch ein Fluß verſincket /

217.

Von der Charité.
Charité du biſt ein Spiegel / wer dich an vnd in dich ſiht /
Siht das eygne Bild der Tugend / wie es glaͤntzt vnd wie es
bluͤth.

218.

Von der Caſtula.
Caſtula du Jungfern Bild / gleichwol auch du frome Fraw;
Zucht erzeugt auß dir die Scham / da ſie gieng mit dir zur Traw.
R r r219. Auff256Zu-Gabe.

219.

Auff Criſpum.
Da Criſpus noch war nicht bekant / hilt man jhn boͤſe nicht
noch gut /
(Hut.
Nun er bekant / weiß jederman den Schelmen deckt der breite

220.

An die Deutſchen.
Bleibt beym ſauffen! bleibt beym ſauffen! ſaufft jhr Deut -
ſchen jmmer hin!
Nur die Mode, nur die Mode, laſt zu allen Teuffeln ziehn.

221.

Von meinem Buche.
Gut Geruͤchte / ſcharff Gerichte / werden ſich an dieſem uͤben
Was zur Luſt / vnd was zu Nutze / ward in dieſes Buch ge -
ſchrieben.

222.

Von meinen Getichten.
Jch ſchreibe kurtze Sinn-Getichte / damit die Boͤſen minder
boͤſe?
Auch daß zu wichtigern Beginnen ich deſto eh mich abeloͤſe.

223.

Das Leben.
Hier iſt deß Lebens Schatten / dort iſt der Leib deß Lebens;
Man greiffe nach dem Leibe / zum Schatten iſts vergebens.

224.

Auff Pincam.
Deiner vollen Bruſt Geſchwiſter / kuͤnte vor zu ſammen ſpielen;
Was bedeuts daß ſie von ſammen / Pinca, jetzt hinab verſielen.

225.

Auff Floram.
FLora klagt / das groſſe Schmertzen
Liebe mach in jhrem Hertzen:
O das257Zu-Gabe.
O das Hertze / das ſie kraͤnckt
Liegt gar tieff hinab geſenckt.

226.

Hofe-Art.
BEy Hof iſt der am beſten dran
Der auff Verſchwenduug rathen kan!
Bey Hof iſt der der ſchlimſte Mann
Der was von Sparſamkeit bringt an.

227.

Tittel.
Die Tittel ohne Mittel ſind wie ein Schwaͤbiſch Latz /
Da offt ein ſchlechter Juncker braucht einen groſſen Platz.

228.

Hofe-Leute.
DJe Schweine freſſen Eicheln / ſo viel fuͤr jhnen liegen /
Sie freſſen ohne Sorgen / vnd ſchaffen jhr Vergnuͤgen /
Wie lang es werde wehren / wo mehr ſey her zunehmen /
Das iſt nicht jhres Weſens: Sich herꝛlich nur bequemen /
Jn vollem ſauſe leben / nur ſchlemmen / demmen / zehren /
Jſt Hofemaͤſſig: Sorgen / wo her es zugewehren /
Damit ſind jhre Koͤpffe mit nichte zu beſchweren.

229.

Reiſen.
Land vnd Leute zu beſchauen / zieret einen Edelman;
Nur ſo weit / ſo weit er ſonſten noch was mehres weiß vnd kan.

230.

Reiſen.
WEiland war fuͤrs Vaterland Gut vnd Blut gelaſſen:
Gut nicht Blut wird jetzt verthan / aber nur zum haſſen[:]
Man verreiſet groſſes Geld / was man bringt zu ruͤcke /
Braucht man / das man ſchimpffen kan redlich deueſch geſchicke.
R r r ij233. Auff258Zu-Gabe.

231.

Auff Galenum.
Galenus wird geſund / wann andre werden kranck:
Er gibt fuͤr gutes Gold / kaum einen bittren Tranck.

232.

Auff Solinum.
Solinus hat zwar manches Buch /
Zum Mantel aber ſchlechtes Tuch.

233.

Auff Petrinam.
PEtrina wuͤntſchet einen Mann
Der ſich der Wirthſchafft nimmet an /
Sey hinten ſtets vnd fornen dran.

234.

Fuͤrſten.
Fuͤrſten pflegen zu geb[itt]ten uͤber Grafen / Herren / Edel /
Uber Buͤrger / uͤber Bauern / vnd wer ſonſten kuͤmt in Zedel;
Sonſten uͤber groſſe Summen derer / die nicht auffgeſchrieben /
(Stecken etwa vnter jenen) nemlich von den ſchlauen Dieben.

235.

Auff Harpagum.
Harpagus der hat ein Auge / groͤſſer als ſein Bauch:
Dieſes was jhm gleich nicht noͤtig / das begehrt er auch.

236.

Von meinen Verſen.
EJn Zufall kam mir nechſt / daß ich den Schmack verlohr /
Es ſchmaͤckte mir wie Koth / was lieblich ſchmackte vor /
Doch meiſtens Fiſch vnd Fleiſch: O wann nur meine Sachen /
Dem Leſer allen Schmack nicht wolten graulich machen.

237.

Tranckgeld.
(bitten /
Wie kuͤmts daß ein gemeiner Mann um Tranckgeld pflegt zu
Auff Eſſegeld begehrt er nichts? Es ſind noch deutſche Sitten.
238. Juriſten. 259Zu-Gabe.

238.

Juriſten.
Gott ehr mir die Juriſten! wann die an einem fehlen
Jſts nicht um Seel vnd Leben / es iſt nur um das zehlen.

239.

Kinder-Werck.
Hans vnd Greta kuͤſſen ſich / da vnd dorte gibts Vermerck;
Was denn mehr? man weiß ja wol / daß es nur iſt Kinderwerck.

240.

Kinder-Poſſen.
Veit vnd ſein Weib / die haben Blut vnd Threnen offt verguſſen /
Noch dennoch wann es worden Nacht / begehn ſie Kinder -
Poſſen.

241.

Geld.
Wer nichts thut wo nicht Geld gefellt /
Thut alles wann jhm nur kuͤmt Geld.

242.

Neid.
Der Neid / der macht vns arm; wir hilten vns fuͤr reich /
Wann andre neben vns / vns weren alle gleich.

243.

Diebſtahl.
Eines andren Ding ergreiffen wider ſeines Herren willen
Jſt ein Diebſtahl. Wie wann aber nur die Fraw iſt zu beſtillen?
Furtum eſt contrectatio rei alienæ invito Domino.

244.

Die Welt.
Wann der Welt jhr Thun ich ſchaue / kuͤmt mirs fuͤr als wie
ein Spiel /
Doch darinnen Puckelhaͤring / ſtets den Vorzug haben wil.
245. Reich -260Zu-Gabe.

245.

Reichthum.
Wer das rothe liebt zu ſehr / kan das gelbe ſelten haben;
Wer ſich ſchemt der wird nicht reich; Reichthum fodert freche
Gaben.

246.

Trinck-Kunſt.
WEr einen guten Trunck vermag / hat der denn einen Ruhm?
Ja / wann er trinckt daß doch Vernunfft behelt das Mei -
ſterthum:
Bey Hofe nuͤtzt ein ſolcher Kopff / der alſo trincken kan /
Daß er entdeckt / ſich ſelbſten nicht / vielmehr den fremden Mañ.

247.

Auff Priſcum.
PRiſcus liebt die Poeſy /
Treibt ſie fleiſſig / ſchreibt auch viel
Aber alſo / daß er nie
Recht verſtanden werden wil.

248.

Von meinen Reimen.
JHr Reime / die jhr hinten ſteht / habt einen guten Muth /
Niemand kuͤmt zu euch letzten her / wañ nicht die erſten gut /
Sind aber nur die erſten gut / ſo geht jhr euren Schritt /
Jm fall jhr gleich nicht forder ſeyd / doch vnter andren mit.

249.

Hofe-Mahler.
BEy Hofe hats viel Mahler / die einen abemahlen
Gemeiniglich mit Kohlen; ſie fodern kein bezahlen /
Sie thun es vngeheiſſen / ſie thuns von freyen ſtuͤcken /
So darff man auch nicht ſitzen / ſie kuͤnnens hinterm Ruͤcken.

250.

Auff Schmeichildam.
Schmeichild lebt ein reiches Leben / alles was ſie darff iſt da /
Thut ſonſt nichts / ſie ſpricht nur jmmer durch das gantze Jahr
durch / Ja.
251. Hofe -261Zu-Gabe.

251.

Hofe-Bediente.
Alle die bey Hofe dienen / achten ſich als andre hoͤher;
Kluge ruͤhmen / als die Dienſte / jhre Freyheit billich eher.

252.

Hofe-Gunſt.
BEy Hofe trifft die Gunſt
Nicht nach Verdienſt vnd Kunſt /
Sie helt kein rechtes Ziel
Sie fellt nur wie ſie fiel.

253.

Von Largo.
Largus wuͤntſchet ſeinem Feinde; daß er ein Ducaten ſey
Jn den Haͤnden eines Filtzes; denn da wuͤrd er nunmer frey.

254.

Die Menge Menſchlichen Fuͤrhabens.
KEin Deutſcher hat noch nie / (ließ ich mich recht berichten)
Gevoͤllt ein gantzes Buch / mit lauter Sinn-Getichten:
Was mache denn nun ich / daß ich ſie heuffig bringe
Und mache ſie durch Meng vnd Uberfluß geringe?
O lieber wie viel iſts / das ich pflag zubeſinnen?
Geh zehle mir die Stern vnd Menſchliches Beginnen!

255.

Neuer Calender.
Zehn Tage wird eher / in Himmel kummen /
Der Neuen Calender / hat angenummen.

256;

Frantzoͤſiſch.
Ein Wind-Ey legt die Henne die keinen Han nicht hat:
Schlecht Ding iſts / was ein Deutſcher vnd nicht ein Frantz -
(man that.

257.

An den Leſer.
Alſo wird nunmehr zum Urthel / lieber Leſer / hier geſchloſſen;
Mir genuͤgt / wo dir nichts gnuͤget / wann dich auch nur
nichts verdroſſen.

Druckfehler.

Jm Dritten Tauſend vnd der Zugabe. An den Leſer. Die erſte Zahl bedeutet das Blat; die andre das Getichte; die dritte / die Zeile.

  • 1. 21. Kunft.
  • 15. 61. 1. Kriege.
  • 16. 69. 3. diß.
  • 4. das.
  • 17. 72. 3. kummen. Edelheute.
  • 20. 90. 2. alte Kricher.
  • 21. 95. 1. Drancem. 2. Drances.
  • 44. 30. 2. gefuͤhrt.
  • 46. 42. 2. ſchliffen.
  • 60. 17. 3. zeigt.
  • 65. 50. 2. groͤſte.
  • 70. 75. 3. Nur. 78. 2. ſchade! ſchade!
  • 78. 16. 4. ſaget.
  • 79. 18. 3. von.
  • 91. 76. 4. gegolten. 5. geſcholten.
  • 100. 17. gruͤſten. 18. kuͤſten.
  • 102. 9. Druden.
  • 103. 19. ſinget. 20. dinget.
  • 104. 15. 3. Gerecht.
  • 108. 40. 3. der aber.
  • 110. 49. 2. ſchon.
  • 112. 64. 1. Paſiphae.
  • 135. 96. 4. nur nicht.
  • 156. 5. 4. Leiber.
  • 160. 31. 5. begehrſt.
  • 167. 74. 6. dem.
  • 171. 96. 3. in.
  • 178. 26. 2. er mir ſey gar zu.
  • 180. 36. 2. noch.
  • 182. 51. 2. Seyfried.
  • 184. 61. 3. Krancker.
  • 188. 86. 3. erſehn.
  • 192. 3. 7. Glaube was die Grichen tichten /
  • Wer da wil; vns kan zum Zeug - nuͤß Ort vnd Tag es ſelb - ſten richten.
  • 5. 5. Sols.
  • 198. 41. 1. Cloeliam. 2. Cloelia.
  • 200. 56. 2. hatte.
  • 102. 61. 2. ſahe.
  • 204. 78. 2. ein Bieder - man ein Beiderman.
  • 206. 91. 4. kuͤnnens.
  • 210. 3. gerunnen.
  • 211. 19. hebt.
  • 215. 28. treiben.
  • 216. 13. ſonſt iſt jhm.
  • 224. 32. 2. verlauben. 38. 2. allem.
  • 235. 97. 1. Weib.
  • 243. 3. Fadem.
  • 247. 161. 2. beſte.
  • 248. 167. 3. weiſt.
  • 254. 210. 4. Neſſel Blat.
  • Geneigter Leſer / es moͤchte mehr zu verbeſſern ſeyn / dein Verſtand aber wird es aͤndern / ſonderlich wo etwa zwey Sylben in eine / gezogen / oder eine Sylbe in zwey zerzogen worden / welches durch Verſehung eines eintzi - gen Buchſtabens erfolgen kan.

About this transcription

TextDeutscher Sinn-Getichte Drey Tausend
Author Friedrich von Logau
Extent802 images; 123061 tokens; 16475 types; 781740 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDeutscher Sinn-Getichte Drey Tausend Friedrich von Logau. . [4] Bl., 237, 247, 261 S. KloßmannBreslau1654.

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ÖNB Wien ÖNB Wien, *48.M.13http://data.onb.ac.at/rec/AC10078853

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik, Epigramm; Belletristik; Lyrik, Epigramm; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:32:53Z
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Holding LibraryÖNB Wien
ShelfmarkÖNB Wien, *48.M.13
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