Dem Hoch und Wolgebohrnen Herren Herren Frantz Freyherren von Neſſelrode / Und der freyen Standes-Herr - ſchafft Drachenberg / Herren zu Stein / Ehrenſtein / Herten und Praußnitz ꝛc. ꝛc. Der Roͤm. Keyſ. Meyſt. wuͤrcklichen Caͤmmerern / Chur-Fuͤrſtl. Coͤllniſchen Erb-Marſchall / Geheimen Rathe / Fürſtlichem Bergiſchen Erb-Cämmerern / wie auch Statthaltern im Veſt Recklingshauſen. Meinem Genaͤdigen Herren.
Koͤnig Maſaniſſa weiſet fuͤr der belaͤgerten Haupt-Stadt in Nu - midien Cyrtha in ſeinem Zelte denen Abgeſandten der Koͤnigin So - phonisbe den gefangenen Koͤnig Sy - phax in Band und Eiſen / ſie bedreuen - de: daß / da ſich die Stadt nicht Augen - blicks ergeben wuͤrde / er ihm den Kopf abſchlagen laſſen wolte. Worvon a - ber Syphax unerſchrocken die Seini - gen abmahnet. Maſaniſſa heißt hie - rauf den Himilco und Micipſa der Koͤ - nigin ihres Koͤniges Nothſtand eroͤf - nen / und behaͤlt als eine Geiſſel den Hiempſal an ſtatt des in die Stadt ab -2 geſendeten Bomilcars bey ſich. Hier -aufauf beredet Maſaniſſa den Hiempſa durch Erzehlung des Syphax boͤſer Thaten: Daß er ihm die Stadt Cyrtha3 zu uͤbergeben verſpricht. Als Sopho - nisbe im Tempel kniende den Verluſt der Schlacht beklaget / kommet ihr aus der Schlacht entkom̃ene Stief-Sohn Vermina / und erzehlet: Daß er nicht wiſſe: Wo der Koͤnig hinkommen. Hier - uͤber aber kommen Himilco und Mi -4 cipſa und berichten ſie: Daß Maſaniſ - ſa den Koͤnig Syphax gefangen habe / und dafern ſich Cyrtha nicht ergebe / ihm den Tod dreue. Wordurch Sopho - nisbe ſich anfangs zu toͤdten / hernach Cyrtha aufzugeben / endlich alles eu - ſerſte zu erleiden entſchleuſt / und ihr5 Helm und Harniſch anlegen laͤſt. Hin - gegen muß Veꝛmina umb faͤhig zu ſeyn dem Mohnden zu opfern / der Sopho - nisbe Weiber-Kleider anziehen. So - phonisbe laͤßt hierauf ihre zwey Soͤh - ne den Adherbal und Hierba looſſen / welcher unter ihnen geopfert werdenb 4ſolſol fuͤr den Wolſtand des Reiches / und als Hierba gewinnet / wird er zwar von Sophonisben nach erbaͤrmlichen Ab - ſchiede in die gluͤenden Armen des Abgotts gelegt / aber von dem hierzu - kommenden und ſich durch Beſtechung der Wache gefluͤchteten Syphax weg - geriſſen / Er von allen / von ihm Ver - mina frolockend bewillkommet / und verordnet: Daß ſtatt des Hierba zwey gefangene Roͤmer aufgeopfert werden. Endlich ſchweren Adherbal und Hier - ba fuͤr dem Altare der Roͤmer Todfein -6 de zu erſterben. Jm Reyen wirft die Zwytracht unter die Menſchlichen Gemuͤtts-Regungen einen guͤldenen Apfel / welcher von der Seele der So - phonisben der Rache als Uberwinde - rin zuerkennet wird.
DEr bluttige Himilco beꝛichtet dem Syphax und der Sophonisbe: Daß Hiempſal durch Verraͤtherey dieb 5StadtStadt dem Feinde eroͤfnet; Micipſa: Daß der Feind ſchon in die Burg ein - dringe; worauf Syphax den Vermina ſich Roͤmiſch verkleiden und ieden flie -2 hen heiſſet. Maſaniſſa dringet mit den Seinigen in die Burg / nim̃et den Sy - phax gefangen / Sophonisbe nebſt ih - ren Soͤhnen Adherbal und Hierba faͤl - let ihm zum Fuͤſſen / bittend und erlan - gend: Daß ſie nicht in der Roͤmer Haͤn -3 de gegeben werden ſollen. Maſaniſſen Gemuͤths-Regungen werden von in - bruͤnſtiger Liebe gegen Sophonisben uͤberwunden / worauf er den Syphax im Kercker zu ermorden ſchluͤßig wird. 4Syphax bejammert im Kercker ſeine Feſſel und wil ſich veꝛzweifelnde toͤdten / hierzu kommet die in einen Roͤmiſchen Kriegs-Knecht verkleidete Sophonis - be und windet ihm das Meſſer aus / entdecket ſich ihm / zeucht ihm aus den Banden / verwechſelt mit ihm die Klei - der / laͤſſet ſich fuͤr ihn in die Feſſel ſchluͤſ - ſen / und erweget bey ſich des Maſaniſ -ſens5ſens nachdenckliche Worte. Maſaniſſa kommet hieruͤber in den Kercker / und als er Sophonißben / Sie fuͤr den Sy - phax haltende / umbbringen wil / ent - bloͤſſet ſie ihre Bruͤſte / daruͤber er er - ſtaunet / den Dolch fallen laͤſſet / und nachdem ſie ihm eroͤfnet: daß ſie den Syphax zu erloͤſen ſich an ſeine Stelle hette ein ſchluͤſſen laſſen; offenbaret er ihr ſeine heftige Liebe / worauf ſie beyde den Schluß machen einander alſobald6 zu ehlichen. Jm Reyen beſieget die Liebe Himmel / Hoͤlle / Erde / Meer / Jupiter / Pluto / Hercules und Jaſon / die Regierſucht / die Grauſamkeit / die Tugend; und bildet im guͤldenen Fluͤſ - ſe des Jaſons die gluͤckſeelige Vermaͤh - lung des Unuͤberwuͤndlichſten Keyſers Leopolds und der Durchlauchtigſten Jnfantin aus Spanien fuͤr.
BOmilcar und Manaſtabal bemuͤ - hen ſich vergebens Maſaniſſenvonvon der Heyrath der Sophonisbe ab -2 zuhalten. Maſaniſſa und Sophonisbe werden einander vermaͤhlet / Bogu - des aber fiehet aus denen der Aſtarte geopferten Tauben: Daß dieſer Eh -3 ſtand nicht werde beſtaͤndig ſeyn. Le - lius dringet mit einer Menge Roͤmer in Tempel / und wil dem Maſaniſſa So - phonisben wegreiſſen / daruͤber ſie nach Wortwechſelung beyderſeits zun Waf - fen kommen / aber endlich durch den Bo - milcar vereinbaret werden. Lelius aber entruͤſtet ſich wieder uͤber Aufopferung4 des Torquatus. Als Bogudes ſich wei - gert auf Befehl des Lelius die drey ge - fangenen Mohren zu opfern / erbeut ſich dis ſelbſt Sophonisbe zu thun; Als ſie aber einem die Bruſt eroͤfnet ihn aufzuſchneiden / wird ſie gewahr: Daß dieſer Gefangene der verkleidete Sy - phax ſey / daruͤber ſie fuͤr Schrecken das Meſſer fallen laͤſſet / welches Syphax aufhebet / und darmit Sophonisbenwe -wegen ihrer Untreu erſtechen wil. Wor - an ihn anfangs Maſaniſſa verhindert / Sophonisbe aber ihn durch beweglich Zureden in die Verzweiffelung: Daß5 er ſich ſelbſt ermorden wil / bringet. Jm Reyen mahlet die Eyverſucht der Ein - bildung allerhand ſeltzame Blaͤndun - gen des Ehbruchs fuͤr; und ob die Ver - nunft zwar ihr darthut: Daß dieſes al - les blaue Duͤnſte ſeyn / ſo uͤberredet ſie doch die Narrheit ſtets eines andern / biß die Verzweifelung der Eyverſucht Strick und Meſſeꝛ ſich zu erhencken und zu erſtechen darreichet.
LElius erzehlet dem Scipio den Sieg der Schlacht / uñ die Eroberung Cyrthens / und übergiebet ihm den gefangenen Sy - phax; Welcher dem Scipio ſein Ungelück und die Heyrath Maſaniſſens mit Sopho -2 nisben eroͤfnet. Maſaniſſa bewillkom̃t den Scipio / uͤbergiebet ihm die gefangenen Nu - midier / wie auch Zepter und Krone des ero - berten Reichs Numidien / Scipio aber ſtel -let3let Zepter und Krone ihm wieder zu. Scipio verweiſet Maſaniſſen ernſtlich ſeine unbe - ſonnene Heyrath / und bringet ihn zum Er -4 kaͤntnuͤs ſeines Fehlers. Jn Maſaniſſens Hertze kaͤmpfen Liebe und Vernunft heftig / endlich entſchleuſt er ſich doch Sophonisben5 fahren zu laſſen. Maſaniſſa wird noch im - mer von der Begierde beunruhiget / endlich ſchickt er durch Diſalcen der Sophonisben ein Glaß vol Gift / ſie dardurch ſeinem Ver - ſprechen nach aus der Roͤmer Haͤnden zu er -6 retten. Jm Reyen wird Herkules auf dem Scheidewege von der Wolluſt mit aller - hand Scheinbarkeiten auf ihren Pfad ge - locket / von der Tugend aber zu ruͤcke behal - ten / welche / nach dem ſie entdecket: Daß un - ter dem Goldſtuͤcke der Wolluſt Lumpen / Unflatt / Seuchen und Aas verſtecket liegen / ihr goldenes Unterkleid nach weggeworffe - nem ſchlechten Oberkleide entdecket / und den Herkules den Thron der Ehren beſteigen laͤßt / welcher aber ſelbten dem Geiſte Keyſer Leopolds abtritt.
DEr Dido Geiſt verkuͤndigt Sophonis - ben ihrẽ und Carthagens Untergang / eroͤfnet ferner: Wie des Maſaniſſens Nach -kom -kommen in Numidien nicht lange bluͤhen / die Gothen und Wenden / hernach die Sa - racenen und Araber Africa und Spanien einnehmen / dieſe aber von Ferdinanden dem andern / Philippen dem Ertzhertzoge / Carln dem fuͤnften / Philippen dem andern / und endlich Keyſer Leopolden werden beſiegt /2 und nach und nach vertrieben werden. So - phonisbe wird hierüber gantz veꝛzweifelnd / und wil umb das beſagte Joch der Roͤmer zu verhuͤtten / nebſt ihren zweyen Soͤhnen ſich in den Tempel der Sonnen verbrennen / wird aber von der Priſterin verhindert. 4Hierüber bringet ihr Diſalces Maſaniſſens Gift-Glaß / welches ſie freudig annimmt und alleine beklaget: Daß ſie zum andern3 mal ſo thoͤricht geheyrathet habe. Himilco und Micipſa bemuͤhen ſich vergebens So - phonisben zu bereden: Daß ſie Maſaniſſens Gift nicht trincken ſolle. Denn nach dem ſie von ihnen / ihren Kindern / und dem Frau - enzimmer beweglichen Abſchied genommen / ihren Kindern ſie zur Rache ermahnende zwey Schwerdter umbgeguͤrtet / trincket ſie / und zwar der Roͤmer Dienſtbarkeit zu entkommen / auch ihren Kindern das Gift zu / worauf ſie drey in einander verſchren -cketcket todt zur Erde fallen; Himilco und Mi5 cipſa reiben einander ſelber auf. Maſaniſſa kommt hierzu ſeinen erſten Schluß bereu - ende gelauffen; nach dem er aber Sopho - nisben ſchon todt findet / wil er nach ihrer kläglichen Bejammerung ihm ſelbſt das6 Schwerd in Leib ſtoſſen. Scipio aber eilet darzu / läßt ihm das Schwerdt auswinden / und beruhigt ihn endlich durch bewegliche Zuredung; Verſtattet Maſaniſſen die So - phonisbe nach ſeinem Belieben zu begra - ben / ſchicket den Lelium mit dem gefangenen Syphax nach Rom / und ſetzet Maſaniſſen7 des Syphax Krone auf. Die vier Mo - narchien bemuͤhen ſich im Reyen mit denen von ihnen beſiegten Theilen der Welt / den von dem Verhaͤngnüſſe aufgeſetzten Lor - ber-Krantz zu gewinnen / ſelbter aber wird von denen vier Theilen der Welt / fürnem - lich durch Beyhuͤlffe des neu erfundenen America dem Hauſe Oeſterreich aufgeſetzet.
Sophonisbens Soͤhne.
Des Maſa - niſſa Ver traute.
zwey gefange - ne Roͤmer.
DJe Schuld ſchwermt umb Verterb / wie Mutten umb das Licht / Der ſtell’t Jhm’s Fallbrett ſelbſt / wer Eyd und Buͤndnuͤs bricht. So ſtuͤrtzt ſich Sophoniſb’ und Syphax geht verlohren / Weil ſie den Frieden-bruch gezeuget / Er gebohren. 5Nun moͤgt ihr ſelber euch an Fingern rechnen aus: Ob ihr’s umb uns verdient’: daß wir uns euer Haus / Das in der Flamme kracht / zu leſchen ſolln bemuͤhen / Und die bedraͤngte Stadt aus Brand und Blutte ziehen. Der Bienen Stachel iſt zugleich ihr Honig-Roͤhr. 10Doch ſaugt ein Leidender aus Rache noch was mehr Als Zucker in ſein Hertz. Denn nichts kan ſuͤſſer ſchmecken / Als / was den Eyver kuͤhlt. Kein Thau erfriſcht die Schnecken / Wie die Beleidigten der Feinde Blutt erkwickt. Mit dieſem Labſal hat der Himmel mich begluͤckt. 15Europa ſchlaͤget Jhm die Feſſel ab der Mohren. Sicilien iſt weg / Hiſpanien verlohren. Ja Hannibal iſt ſelbſt umbgarnet und verwebt / Schaut: daß an unſer Fauſt des Hanno Blutt noch klebt /ADie2SOPHONISBE. Die Flott’ iſt in die Luft geſchwefelt aufgefahren /20 Das Lager Asdrubals / des Syphax freche Schaaren Hat brennend Schilf vertilgt. Und was dort Flam̃ und Schwerdt Den Feinden uͤbrig ließ / hat itzt mein Arm verzehrt. Die Funcken ſtieben ſelbſt ſchon auf Carthagens Zinnen. Jedoch kan treuer Rath noch euren Trotz gewinnen /25 Macht Schad und Zeit euch klug / ſo ſol die Gnade gehn So Rach’ als Schaͤrffe fuͤr. Dis / wo uns offen ſtehn Stadt / Schloͤſſer und Palaſt. Wollt ihr denn Trotz uns ſprechen Bis eure Mauern wir zermalmen und zerbrechen / Sol auch kein Kind verſchont in Mutterleibe ſein.
30Man jagt mit Wortten Furcht nur feigen Haſen ein / Das rauhe Jaͤgerhorn ſchreckt Gemſen / keine Loͤwen / Die Welle keinen Fels; uns kein erhitztes Dreuen. Der Fuͤrſt urtheile ſelſt: ob eine ſolche Stadt / Die dreyſſig tauſend Mann in’s Feld zu ſtellen hat /35 Von Maͤnnern / die ein Hertz in ihrem Buſem fuͤhlen / Sich ohne Meineyd laß’ ins Feindes Haͤnde ſpielen? Fuͤr’s Haupt des Reiches muß den letzten Tropffen Blutt Aufſaͤtzen jedes Glied.
Hat euer Helden Muth Bey letzter Ohnmacht erſt in Creis der ſchwachen Mauern40 So enge ſich verſperrt? Wo euch die Haut ſol ſchauern / Die Glieder ſolln erſtarrn / beſchaut den Rubricat / Wie ſich ſein Strom geſchwellt von euren Leichen hat / Wie er durch euer Blutt die weiſſe See der Mohren Zum rothen Meere macht. Wie bald ging nicht verlohren45 Das nie beſigte Haupt und Wunder Syracus’? Und neu Carthago fiel / als Scipio den Fus Kaum an ihr Land geſaͤtzt. Wie oft hat ſich erſchuͤttert Fuͤr uns ſchon Utica? Ja / nun Carthago zittert / Was iſt’s fuͤr Aberwitz: daß Cyrtha pocht und hoͤhnt50 Die / die’s Verhaͤngnis ſelbſt mit Palm - und Lorbern kroͤnt? Was hoft ihr fuͤr Entſatz euch aus der Noth zu winden?
Kan Er der Goͤtter Huͤlf und ihre Haͤnde binden?
Die Goͤtter ſtehen uns nicht ohne Mittel bey.
Glaubt: daß die Spinnenweb’ ein eiſern Bollwerckſey /55 Wenn Goͤtter helffen wolln / der Himmel uns beſchirmen. Die / eure Armen nicht / ſind’s / die mit Regen / StuͤrmenFuͤr3SOPHONISBE. Fuͤr Hannibals Gewalt / der fuͤnfmal hat geblitzt / Daß Rom und Reich erbebt / hat’s Capitol beſchuͤtzt. Es naget Hannibal noch itzt an Welſchlands Kerne /60 Saugt an der Roͤmer Bruſt.
Er ſiehet ſchon von ferne Jm Spiegel / und an euch / wie ſein Carthago brennt / Nach dem er Capua verſpielt hat / und Tarent. Des Brudern bluttig Haupt mit ſeinen Thraͤnen netzet / Jn Welſchlands Winckel ſteckt umbgarnet und beſetzet. 65Und der iſt euer Troſt.
Wir traun auf Gott / und Jhn.
Ein Straus meint ſo wie Jhr dem Jaͤger zu entfliehn / Wenn er aus Furcht den Hals hat in ein Loch verſtecket.
Carthagens Gluͤcks-Fahn hat oft hoͤher ſich erſtrecket / Als Hannibal Natur und Alpen uͤberſtieg /70 Bey Trebia / Ticin / und Tramiſen durch Sieg Die Adler niederſchlug / bey Canna Rom erlegte; Ja ſelbſt Tarpejens Fels erſchuͤtternde bewegte.
Das Spiel iſt itzt verkehrt.
Es kan noch einſt geſchehn.
Wenn man Carthago wird in Feuer krachen ſehn?
75Wenn noch ein Regulus wird dort den Kopf zerſtoſſen!
Wenn ſich das Ameis-Neſt auf Loͤwen wird erboſſen?
Wenn Syphax in die Schlacht gantz Africa wird fuͤhrn.
Wer? Syphax?
Syphax / ja!
Der kaum die Glieder ruͤhrn Jn unſern Feſſeln kan?
Jn Feſſeln ſuͤſſer Traͤume!
80Daß man der Trotzigen hartneckiſch Hoͤhnen zaͤume! Stracks! fuͤhrt den Syphax uns in Band und Eiſen her.
Ach! iſt dis glaubens werth? wil uns das Ungluͤcks - Meer / Und Rom die gantze Welt erſaͤuffen und verſchwemmen? Rom / deſſen Siege Witz und Staͤrcke nicht kan hemmen /85 Wenn Sonne / Staub / und Wind uns gleich zu Huͤlf’ erſcheint / Ja Drach und Elefant Rom zu vertilgen meint.
Schaut! ſol der Cyrthens Burg / und Byrſens Schlos erretten?
Jhr Goͤtter! traͤumet uns? traͤgt unſer Koͤnig Ketten /A 2Der4SOPHONISBE. Der ſchwer von Kronen war?
Die durch Betrug und Liſt90 Er Maſiniſſen ſtahl?
Jſt’s moͤglich? daß er’s iſt? Der Koͤnig / unſer Fuͤrſt? den man laͤßt ſclaviſch ſchluͤſſen?
Laßt uns des Syphax Knie und Fus und Banden kuͤſſen.
Fallt Maſiniſſen dort dem Sieger unterm Fuß; Der iſt nicht Fusfall’s werth / der ſelber knien muß.
95Dis iſt des Gluͤcks Spiel. Jch habe noch fuͤr geſtern Mehr / als du itzt geprangt. Gewalt und Fall ſind Schweſtern. So Jch als Cr[æ]ſus kan dir ein ſchoͤn Beyſpiel ſein: Daß niemand fuͤr der Gruft ſein gluͤck ihm darf beſchrein. Dis und ein Solon kan dich kluͤglich unterweiſen:100 Daß Sieger fuͤrſtlich ſolln beſiegte Fuͤrſten ſpeiſen.
Wo du ſchnurſtracks verſchafſt: daß Cyrtha ſich er - gib’t.
Dis ſchafft kein fallend Fuͤrſt der ſeine Laͤnder liebt.
Der nicht ſein Volck mit ſich verlangt in Grund zureiſſen.
Wir werden nimmermehr ſie knecht ſche Zagheit heiſſen.
105So ſol dein bluttig Kopf bald auf den Pfal gedein.
Er wird mein Ehren-Mahl / dir nur ein Schandfleck ſeyn
Stracks Kriegs-Knecht / laß das Beil des trotzen Hals durchhauen.
Uns kan in dieſer Nacht fuͤr keinem Tode grauen.
Fahrt fort!
Ach! groſſer Fuͤrſt / ach! Er erwe - ge doch:110 Daß Seul’ und Fuͤrſten ja die gleich verfallen / noch Der Goͤtter Bilder ſind. Die That iſt unerhoͤret.
Daß man den Freyler ſtraft der Kefer trotzen lehret?
Daß man umb Tapferkeit ein Fuͤrſtlich Haupt ſchlaͤgt ab.
Das wenig Fuͤrſtliches auf Thron und Reich an gab.
115Wir wolln das euſerſte fuͤr’s Koͤnigs Heil vollſtrecken.
Wolt ihr mit Untreu’ erſt den alten Ruhm beflecken? Den Hencker laſſen euch verzweifeln jagen ein? Wird / wenn gleich Cyrtha faͤllt / der Moͤrder milder ſein? Denn kan er nicht nur mir / auch euch den Kopf abſchlagen. 120Laßt uns behertzt und froh den letzten Schlag ertragen. Es5SOPHONISBE. Es ſchafft mehr Ehre todt / als Selave ſein alhier. Sagunt und Aſtapa mahlt euch ein Beyſpiel fuͤr: Daß Tugend mit mehr Luſt ſich ſtuͤrtzt’ in Flamm und Braͤnde / Als Roͤmern ſich ergeb’ und fall in Feindes Haͤnde.
125Jſt unſern Koͤnig denn zu retten gar kein Rath?
Schaft fort den Thoͤrchten / bis er ausgeraſet hat. Wir wolln euch und der Stadt noch Gnad’ und Friſt vergoͤnnen Bis ihr des Syphax Stand eroͤfnen werdet koͤnnen. Bomilcar ſol nebſt euch der Koͤnigin den Schluß130 Vortragen / ihren hoͤr’n. Hiempſal aber muß Als Geiſſel hier in des in unſerm Laͤger leben. Wo in drey Stunden ſich nicht Stadt und Burg ergeben / Solt ihr des Syphax Kopf geſpißt am Pfale ſchaun.
Auf was vor Grund-Eis wil nun wol Hiempſal bann? 135Hiempſal / welchem ich ſelbſt wuͤnſche beſſer Gluͤcke / Ja einen treuern Herrn; weil er in’s Syphax Tuͤcke Nicht mit iſt eingemiſcht. Bekweme dich der Zeit / Vertraue mit der Stadt dich unſer Tapferkeit / So ſol Hiempſal ſein ein Auge Maſiniſſen /140 Und ſeine Tugend ſich in hoͤhern Wuͤrden wiſſen.
Der Koͤnig muthe mir Verraͤtherey nicht zu /
Der uͤbt kein Laſter nicht / der’s Vaterland in Ruh Aus dem Verterben ſetzt; noch der / eh er ertrincket / Ein ſrembdes Brett ergreift; und / wenn das Schif verſincket /145 An’s Feindes Ufer ſchwim̃t.
Man ſol den Herren treu Auch bis in Abgrund ſein.
Ein Knecht wi[r]d los und frey / So bald ein Herr vergeht und ſelbſt mus Sclave werden.
Verraͤther muͤſſen ſtets ein Greuel auf der Erden / Ja dem ſelbſt / der ſie hegt / ein Dorn in Augen ſein.
150Nicht bilde dir von uns ſo ſchlimmen Undanck ein. Du / leider! kennſt nur nicht des Syphax grauſe Thaten; Wie viel er Fuͤrſten hat betrogen und verrathen / Wie er der Roͤmer Bund meineydiſch hat verletzt / Wie er verraͤthriſch mich des Reiches hat entſetzt. A 3Laß6SOPHONISBE. 155Laß dir nur uͤberhin die Schelmſtuͤck’ offenbaren. Mein Vater Gala war kaum aus der Welt gefahren / Als durch des Syphax Gift mein aͤlter Bruder ſchon Deſalees unterging. So bald ſein zarter Sohn Capuſa Koͤnig wird / hetzt er zum Aufruhrs-Brande160 Den Mezetulus auf: daß er mit hoͤchſter Schande Jn ſeines Koͤnigs Blutt ſo Haͤnd’ als Seele waͤſcht; Mit des Deſalees Frau die geile Brunſt auslaͤſcht / Sie in ſein Bette raubt; des Reiches Haͤupter ſchlachtet / Den Printz Lueumacen auch aufzureiben trachtet /165 Und ſich in Thron zu ſpieln. Als aber unſre Fauſt Gereitzt durch Schand und Mord / fuͤr den den Unthiern grauſt / Mit Koͤnig Bochars Huͤlff im vaͤterlichen Reiche Den Raͤuber uͤberfiel / und mit begluͤcktem Streiche Bey Tapſus Sieger ward; ſchickt Syphax wider mich170 Ein ſtarckes Laͤger aus; und als der Raͤuber ſich Zutrennt durch meinen Arm mus fluͤchten aus dem Lande / Laͤßt Syphax Asdrubaln zu einem neuen Bande Sich reitzen wider mich; bringt eilends auf den Fuß Die Kraͤfte ſeines Reich’s / ſo: daß ich aufangs muß175 Auf Balbus Klippen flihn und dar vom Raube leben; Doch mich bald vom Gebuͤrg’ in ofne Flucht begeben / Ja / als bey Clupea ſelbſt fuͤnf’ ich kaum entkam / Mich ſtuͤrtzen in den Flus; aus dem ich zwar entſchwam / Doch Bocharn glauben lies: ich ſey im Strom’ erſoffen /180 Bis ich den ſchwachen Leib / den funfzen Wunden troffen / Jn einer Hoͤle mir mit Kraͤutern ausgeheilt. Daſelbſten leſ’ ich noch vom Heere / das zertheilt / Kaum viertzig Reuter auf / zih ein neu Heer zuſammen; Ja treibe wie ein Wind des Krieges glimme Flammen185 Bis an des Syphax-Burg; nahm Hippons Felſen ein. Der Himmel aber ſchien mein Todt-Feind ſelbſt zu ſein / So Syphax als ſein Sohn der Fuͤrſt Vermina fuͤhren Zwey Laͤger auf mich an. Jch muß die Schlacht verlieren / Und kan Verminen kaum durch ſchnellſte Flucht entflihn /190 Muß Troſt-loos und verſteckt zum Garamanten zihn; Bis Syphax ſich ſo weit laͤßt Asdrubaln bethoͤren Durch ſeiner Tochter Eh; daß er ſich zu verſehrenDer7SOPHONISBE. Der Roͤmer Buͤndnuͤs wagt. Drauf faßt’ ich Rath und Muth Dem groſſen Scipio zu opffern Hertz und Blutt;195 Der ſchon durch Wolthat mich vermocht hat zu beſtreiten / Als ich ſein Feind gleich noch ſtand auf Carthagens Seiten / Und er der Schweſter Sohn Maßiven mir gab frey / Doch ohne Loͤſegeld. So bald ich Rom ſteh bey / Sinnt Syphax / wie er mir ein Bein koͤnn’ unterſchlagen /200 Laͤßt ſeine Tochter mir mit meinem Reich’ antragen / Und als mein Fuß nicht wil in Fall-Strick treten ein / Beſticht er einen Knecht mir Gifft zu thun in Wein. Urtheil’ Hiempſal nun: ob Syphax treuer Dienſte / Der Liebe wuͤrdig ſey; ob nicht mit mehr Gewinſte /205 Mit mehrer Ehr’ und Ruhm man auf die Roͤmer traut / Durch welcher Beyſtand ihr mich itzt geneſen ſchaut.
Mir grauſet / ich geſteh’s / fuͤr’s Syphax ſchlimmen Tuͤcken. Allein’.
Ein Kluger mus ſich in’s Verhaͤngnuͤs ſchicken / Das leite dich / wie mich / durch deines Feindes Hand210 Auf deiner Vorfahrn Thron.
Mehr als zu harter Stand / Wo Treu / und Heil / und Furcht in einer Seele kaͤmpfen!
Die Sonne der Vernunft mus ſolche Nebel daͤmpfen. Entſchleus behertzt / was Ruhm und Wolfarth ſamlet ein.
Es ſey denn! Cyrtha ſol noch heute deine ſein.
Jhr Schutz-Herrn Afrikens / ihr mehr als leichten Goͤtter! Trift ſchon Numidien ein friſches Ungluͤcks-Wetter? Gibt’s Beelſamen nach / laͤßt’s Adad aus der acht: Daß Rom Carthagens Haupt und uns zu Maͤgden macht? A 4Mein8SOPHONISBE. Mein Syphax iſt aufs Haupt zum andern mal geſchlagen. 220Und Cyrtha wird berennt. Doch / was iſt’s / daß wir klagen? Die Trauer-Wolcken ſind noch nicht von Keilen leer; Es prauſt ein neuer Sturm von allen Ecken her. Jhr Goͤtter! denen wir uns hier zu Fuͤſſen legen / Laßt unſre Saͤuftzer doch / die Thraͤnen euch bewegen. 225Kan euer feurig Zorn uns denn vorbey nicht gehn / So laßt den freyen Leib Schwerd / Pfal und Brand ausſtehn / So laßt den Donnerkeil ſo Bruͤſt’ als Hertz zerfleiſchen / So laßt der Glieder Oel auf glimmen Roͤſten kreiſchen / So ſchenckt der Laͤchſenden Ertzt / Pech und Schwefel ein /230 Darf Sophonisbe nur der Roͤmer Magd nicht ſein!
Daß Sie / Durchlauchtigſte / der Himmel moͤg’ erhoͤ - ren
Hilf Himmel! wie? mein Sohn?
Der ewig ſie wird ehren / Und ihr zu Fuͤſſen legt ſein von Blutt triffend Schwerd.
Mein Kind / der Himmel hat des Wunſches uns ge - wehrt /235 Der dich uns wieder ſchenckt. Kom̃ laſſe dich uns kuͤſſen! Wie / aber / ſeh’ ich Blutt von allen Gliedern fluͤſſen?
Theils das der Feind auf uns / theils das wir ſelbſt ver - ſpritzt.
Wo bleibt der Koͤnig denn?
Die Schlacht war ſo erhitzt / Die Schaaren ſo vermengt: daß ich nicht wahr genommen /240 Wo der behertzte Fuͤrſt im Treffen hin ſey kommen! Jch / dem das lincke Horn vom Vater ward vertraut / Gerieth auf s dritte Pferd; und ſtand / bis daß ich ſchaut’ Jedweden in der Flucht. Jch bin mit Noth entronnen.
Jhr Goͤtter ich vergeh! Jſt’s gantze Heer zerronnen /245 Der Koͤnig noch nicht hier / ſo kan / ach leider! Er Nicht ungetoͤdtet ſein?
Der Kummer iſt zwar ſchwer / Doch muß bey’m Unfall man noch ſtets ein beſſers hoffen.
Die kan nichts hoffen mehr / die ſo viel Blitz getroffen. Ach leider / wir ſind hin!
Der Fluͤcht’gen groͤſtes Theil250 Floh dem Gebuͤrge zu.
Vermuthlich hat ſein HeilDer9SOPHONISBE. Der Fuͤrſt dort auch geſucht.
Ach nein! mein bebend Hertze Sagt mir was aͤrgers wahr.
Sie halte Maas im Schmertze. Die Goͤtter ſchencken uns keinmal nicht Wermuth ein: Daß nicht Grosmuͤttigkeit darein kan Zucker ſtreu’n!
Kom̃t ihr / ihr treuſten Zwey / von Maſiniſſen wieder?
Wir kommen. Aber ach!
Was zittern eure Glieder?
Voll ſchrecken; doch erfreut: daß wir Verminen ſehn!
Wo bleibt Hiempſal denn / iſt ihm ein Leid geſchehn?
Ach nein! das Ungluͤck iſt unmoͤglich auszuſprechen.
260Sagt’s. Jhr ſucht’s ohne Frucht mit Wortten zu ver - brechen.
Fuͤrſt Syphax.
Jch vergeh!
Jſt in des Feindes Hand.
Tod?
Nein! Lebendig.
Ach! iſt mein erbaͤrmlich Stand / Jſt meines Elends Meer wol moͤglich zu ergruͤnden?
Habt ihr gewiſſen Grund? oft meint ein Feind zu finden265 Durch ein verfaͤlſcht Geſchrey den Schluͤſſel in die Stadt / Fuͤr die ſein Arm zu ſchwach.
Der Feind / Ach leider! hat Uns unſern Koͤnig ſelbſt gezeugt in Band und Eiſen.
Darf ihm der tolle Hund ſo knecht’ſche Schmach be - weiſen? Laßt / weil ein Tropffen Blutt uns noch in Adern rinnt /270 Verfechten Stadt und Burg. Wo ihr / wie ich / geſinnt / Wolln wir geſchwefelt eh mit dieſer Burg auffliegen / Eh Maſiniſſens Fauſt ein Haar von uns ſol kriegen.
Jch ruͤhme Muth und Schlus; ich wil Gefaͤrthe ſein. Das Ungluͤck aber ſchlaͤgt uns unter noch ein Bein.
275Eroͤfne / was uns druͤckt.
Der Feind hat hoch betheuert: Daß / wo drey Stunden ſie mit der Ergebung feyert /A 5Jhm10SOPHONISBE. Jhm Cyrtha nicht ſchleuſt auf / wir’s Koͤnigs Kopf geſpißt Solln auf dem Pfale ſehn.
Welch Drach’ und Tyger iſt Dem Maſiniſſa gleich? Jhr Wolcken berſtet / blitzet! 280Brich Abgrund! wo der Hund / ſo raſend / ſo erhitzet An unſre Seele ſetzt. Ohnmaͤcht’ge Koͤnigin! Jn was Verzweifelung faͤllt Sophonisbe hin? Solln wir des Hauptes Haupt ſehn auf dem Pfale ſtecken? Sol ſolch ein Schaugericht’ uns Aug’ und Hertz beflecken? 285Mag wol ein Greuel ſein / der mehr durch’s Hertze bricht? Nein! Sophonisbe fuͤhrt Thyeſtens Augen nicht! Nein! Laßt uns vor den Dolch durch Hertz und Bruͤſte ſtoſſen!
Frau Mutter / laßt uns nicht mehr auf uns ſelbſt er - boſſen / Als auf des Feindes Bruſt. Man ſchaͤrffe Witz und Schwerd:290 Daß ihm der Donnerkeil ſelbſt durch die Seele faͤhrt!
Mein Kopf iſt gantz verwirrt! die Augen gantz umb - nebelt! Laͤßt Sophonisbe zu: daß man den Eh-Schatz ſebelt? Laͤßt Sophonisbe zu: daß man zur Magd ſie macht? Daß ihr mit Cyrtha ſeit in’s Roͤmſche Joch gebracht? 295Nein! Blutt-Hund / raſe fort! Du magſt den Syphax ſchinden; Dein Dreun und Greuel ſol die Stad nicht uͤberwinden; Doch nein! Micipſa geh’ / eroͤfne Thor und Stadt. Geh / trags dem Feinde fuͤr: daß er zur Magd mich hat; Daß er uns mag nach Rom zum Siegs-Gepraͤnge fuͤhren /300 Wo nur mein Eh-Schatz nicht darf Hals und Kopf verlieren!
Auf was fuͤr Aberwitz verleitet ſie der Schmertz? Hat Sophonisbe mehr kein Aſdrubaliſch Hertz? Wil ſie dem Todt-Feind’ uns und ſich in Rachen ſtuͤrtzen? Kan ihm der Hund ſo denn nicht auch den Geiſt verkuͤrtzen? 305Und aͤrger mit ihm ſpieln / wenn alles iſt verſpielt? Kein Schluß kan ſicher ſein / der auf die Zagheit zielt.
Solln wir durch Trotz das Beil ſelbſt auf den Ch - Schatz wetzen?
Solln wir durch Furcht das Beil uns ſelbſt an Nacken ſetzen?
Sophon.Die Demuth reißt das Schwerd Tyrannen aus der Fauſt.
310Wie / daß ihr itzt nicht mehr fuͤr Maſiniſſen grauſt?
Mein Hertze ſchmeltzt fuͤr Lieb’ / und wuͤnſcht fuͤr ihm zu buͤſſen.
Die Feinde dreun oft mehr / als ſie hernach entſchluͤſſen.
Wir ſahn an’s Syphax Hals bereit das Beil geſetzt.
Doch hat es noch zur Zeit kein Haarbreit ihn verletzt.
315Der Grim iſt nicht verkuͤhlt / der Schlag nur aufge - ſchoben.
Solch Aufſchub machet lan auch raſend-tolles Toben.
Nicht / wo ein alter Feind durch Aufſchub zielt auf Nutz.
Großmuͤttigkeit ſchafft Ruhm / Furcht iſt der Haſen Schutz.
Ach leider! Jhr fuͤhlt nicht die aͤngſt’gen Hertzens-Biſſe.
320Geſaͤtzt auch: daß der Feind den Syphax toͤdten lieſſe / Was haͤtten wir und er mehr als bereit verlohrn? Die Fuͤrſten / denen iſt der Purper angebohrn / Sind ohne Zepter kranck / und mehr als todt in Ketten. Verlangt der Fuͤrſt und Held das Leben ihm zu retten? 325Maͤßt unſerm Koͤnige nicht ſolche Kleinmuth bey: Daß ihm der Hals nicht feil fuͤr Reich und Kinder ſey.
Wahr iſt’s; dis was man hier itzt auf die Wage leget / Verdammet Syphax ſelbſt; und heißt uns unbeweget Fuͤr unſre Wolfahrt ſtehn; betheuernde: Sein Tod330 Sey uns mehr kein Verluſt / doch’s Ende ſeiner Noth. Ja als der Feind nahm wahr; wie ihn kein Dreuen ſchreckte / Wie hertzhafft er den Hals bis unters Richtbeil ſteckte / Zoch ſelbſt die Tyranney die ſteilen Hoͤrner ein.
Auch unſre Tugend wird des Feindes Anſtoß ſein.
335Bomilcar aber dringt auf Cyrthens Ubergabe.
Wol! nun ich dieſen Schluß von meinem Syphax habe / Liegt mir kein Centner mehr des Zweifels auf der Bruſt / Und Sophonisbe ſchoͤpft auch aus dem Elend Luſt. Weil Athem meine Bruͤſt’ / und Blutt die Adern ſchwellet /340 Wolln wir den Degen fuͤhrn / wenn Syphax zwoͤlfmal faͤllet. Micipſa geh’ und ſchaf’ itzt bald Bomilcarn heim; Der nicht mehr hoͤrens werth. Des Feindes HonigſeimFloͤßt12SOPHONISBE. Floͤßt uns nur Spisglas ein; dem man mehr / wenn er dreuet / Mag traun / als wenn er Aſch’ auf glimme Kohlen ſtreuet. 345Auf! laßt der treuen Stadt zum Vorbild uns ſtelln fuͤr! Legt uns den Harniſch an. Den Helm her! ſchneidet mir Nun das unnuͤtze Haar zu Seenen auf die Bogen Von Stirn und Scheutel ab. Welch Weib uns iſt bewogen / Welch unerſchrocken Weib das Vaterland nicht haßt /350 Sol nachthun / was ihr ſeht. Wir wolln des Krieges Laſt Mit unverzagter Fauſt nebſt euch / ihr Helden / tragen; Der Stadt Beſchirmer ſein / den Feind in Ausfaͤll’n ſchlagen. Laͤgt euch / ihr Liebſten / ſtracks auch Helm und Kuͤras bey. Der Himmel kan verleihn: daß Sophonisbe ſey355 Des Feindes Tomyris / ihr mehr als Amazonen; Die dem Bluttduͤrſtigen mit eignem Blutte lohnen. Himilco nim̃ der Stadt ſtatt des Hiempſals wahr / Und ruͤhm’ ihr unſern Schlus. Jhr ſchafft fuͤr dis Altar Stracks unſre Kinder her. Mein eigen Blutt bezeuge360 Mit was fuͤr Liebes-Milch’ ich Reich’ und Voͤlcker ſaͤuge.
Unuͤberwindlich Zweig des groſſen Aſdrubal! Behertzte Koͤnigin! die kein erſchrecklich Knall Des Ungluͤcks nicht erſchreckt mit tauſend Donnerwettern / Die alle Welt verehrn / Carthago wird vergoͤttern;365 Die Rom fuͤr Afrikens Penthaſilea ſchilt. Schutz-Goͤttin unſers Reichs / ja Cyrthens Pallas-Bild! Nun ſchoͤpf’ ich Luft und Muth! weil ſolch behertzt Entſchluͤſſen Mus vom Verhaͤngnuͤſſe / von unſern Goͤttern fluͤſſen. Nur13SOPHONISBE. Nur Muth! die Koͤnigin wird uns Xanthippus ſein370 Die dieſen Regulus wird Faͤſſeln ſchluͤſſen ein; Und lehrn: daß wenn man meint Carthago lieg im Staube / Sein Drache / Ruhm und Sieg der Roͤmer Adlern raube.
Die Goͤtter machen wahr dis / was mein Wunſch be - gehrt! Kom̃t / guͤrtet umb den Leib hier meines Koͤnigs Schwerdt. 375Vermina ſchmuͤcke dich mit unſerm Frauen-Kleide / Die Andacht macht: daß ſich ein Held mit unſer Seide Hier nicht verſtellt und flerkt. Zeuch meinen Rock auch an; Daß ich in Helden-Tracht dem Mohnden opfern kan / Und du dis heil’ge Bild in Weiber-Kleidern ehren;380 Weil ſonſt die Goͤttin nicht pflegt Betende zu hoͤren. Errette Kabar uns / du Schutzſtern dieſer Stadt! Baaltis hoͤre mich / weil man dir allzeit hat Hochedles Menſchen-Blutt und Kinder-Fleiſch gewehret: Daß es dein gluͤend Bild verbrennt hat und verzehret. 385Schau / Goͤttin / gleich ſich dir zwey meiner Kinder ſtelln. Jm fall ihr ſchmeltzend Leib ſol deine Flam̃’ erhelln / Eroͤfne deinen Heiſch mit den gewohnten Strahlen. Ja / ja! Jch ſehe ſchon die Glutt ſich roͤther mahlen. Die Flamme kroͤnt dein Haupt. Kom̃t her / ihr Kinder looßt /390 Wer wuͤrdig unter euch ſey auf den glimmen Rooſt Als Opfer fuͤr das Heil des Vaterlands zu ſteigen. Kom̃t! denn ſie ſcheint euch ſchon die Armen zuzuneigen. Durch ſolch ein Opfer hat auch Anobreta ſchon Die Kriegslaſt abgeweltzt von der Phoͤnizer Thron /395 Als ſie ihr einigs Kind den Goͤttern hat gebraten. Buſir hat den Oſir / die Druiden Teutaten / Und Creta den Saturn durch gleiches Blutt verſoͤhnt / Und Ammon Molochs Bild mit ſolcher Glutt gekroͤnt / Auch Sparta Menſchen-Hertz’ auf’s Mars Altar geſchlachtet.
400Wie ſeelig / der fuͤr’s Heil des Vaterland’s ver - ſchmachtet! Frau Mutter / es bedarf hier keines Looſes nicht. Das Recht der Erſtgeburth / das Hertze / das mir bricht Fuͤr das gemeine Heil / beſtimmen mir die Wuͤrde Daß ich ſol’s Opfer ſein.
Meinſt du: daß ich fuͤr BuͤrdeDer14SOPHONISBE. 405Der Mutter Spruch nehm’ an? Jch habe ſo viel Muth Als du / fuͤr unſer Reich zu opfern Hertz und Blutt / Den Stahl ſo auf mich ſelbſt / als auch den Feind / zu ſchleiffen. Hier ſteht der Gluͤckstopf ſchon. Laß nach dem Preiß’uns greiffen.
Mein Blutt und Hertze wallt fuͤr Schmertz-vermaͤhlter Luſt! 410Der Kinder groſſer Geiſt regt meine kalte Bruſt. Die Goͤtter wandeln euch / ihr Sternen / in zwey Sonnen!
Gluͤck zu! Hierba hat das Vorzugs-Recht gewonnen! Frau Mutter nehmt von mir die irrd’ſchen Kleider hin.
Sol ich / hilf Himmel! ſein die blutt ge Prieſterin?
415Vermina guͤrte mir den Guͤrtel von den Lenden
So Gold als Tugend wird verklaͤrt in Flam̃’ und Braͤn - den.
Amilcar ſol umb mich die Opfer-Binde zihn.
Aus deiner Aſche wird der Wolfahrt Phenix bluͤhn.
Numidien wird dich mit mehrern Lorbern kroͤnen /420 Wir mehr Altaͤre dir baun / als den zwey Philenen Carthago wiedmete / die in Cyrener Sand Sich lebendlieſſen ſcharr’n: wormit ihr Vaterland Auf ihrer edlen Grufft ein ewig’s Graͤntzmal hette Vergroͤſſerter Gewalt.
Mus Decius errette425 Sich opfernde / ſein Heer; hier iſt mehr Helden-That Bey Kindern / als jemals veruͤbt ein Roͤmer hat.
Adherbal kroͤne mich mit Lorbern und Cypreſſen.
Jch und die Nachwelt wird nicht deinen Ruhm ver - geſſen.
Nun lege / Mutter / mich der Baal in die Schoos.
430Nim̃ dieſen Kuß noch hin. Erſchrecklich Hertzens - Stos! Jedoch nur fort! das Heil des Reiches geht fuͤr Kinder. Gott mache dich zum Stern’ und uns zum Uberwinder!
Hilf Gott! was ſpruͤt das Bild fuͤr grauſe Flammen aus. Welch Blitz ſchlaͤgt aufs Altar? Erbebt der Goͤtter Haus? 435Erſchuͤttert ſich die Erd’? und wil der Grund verfallen?
Was habt ihr thoͤrchtes fuͤr: daß auch die Goͤtter knallen Auf euren Aberwitz? Wie? ſol Hierbens Blutt Hier ſchnoͤdes Opfer ſein? Weg mit ihm! deſſen MuthNumi -15SOPHONISBE. Numidien zur Zeit in Freyheit ſol verſetzen. 440Man mus bey ſolcher Noth mit andrem Blutte netzen Der Goͤtter gluͤend Bild. Jſt ſonſt kein Opfer dar? So Sonn’ und Monde wolln auf ihr umbflam̃t Altar / Zum Opfer Erſtlinge von den Gefang’nen haben. Stracks / ſchafft ihr zwey hieher. Die werden ſuͤßre Gaben445 Den groſſen Goͤttern ſein.
Jhr leichten Goͤtter ihr! Verzuͤckt Grim̃ oder Gunſt den groſſen Vorſatz mir?
O Blindheit der Vernunft / die nur hat Maulwurffs-Au - gen / Wenn ſie ſchon Luchs wil ſein. Wir albern Goͤtzen taugen Nicht fuͤr’s Verhaͤngnuͤſſes umbwoͤlckten Richterſtul!
450Jhr Goͤtter? traͤumet mir? leb’ ich? hat mich der Pful Der Todten ſchon umbſchrenckt? iſt Syphax dis? ſein Schatten? Der Koͤnig? den die Feind’ in Band und Eiſen hatten?
Jch werde / liebſter Schatz / ja wol dein Syphax ſein.
Kom̃ ſchleuß mein Schutz-Gott mich in Seel’ und Ar - men ein.
455Darf ich / Herr Vater ihm / Hand / Knie und Fuͤſſe kuͤſſen?
Laß’ / allerliebſtes Kind / dich in mein Hertze ſchluͤſſen.
Hier zeuget ſich mein Gott / dem opfer’ ich mein Hertz.
Es kaͤmpft in meiner Seel’ Angſt / Zweifel / Freude / Schmertz.
Mit was bezeug’ ich ihm / Herr Vater / meine Freude?
460Jſt’ dis mein Kind? mein Sohn? Vermin? in Weiber - Kleide?
Jch fleh’ in dieſer Tracht fuͤr ihn die Goͤtter an.
Jtzt ſterb ich froh / nun ich nur dich umbarmen kan / Die Seule meines Throns / mit deſſen falſchem Sterben Die Feinde kitzeln ſich / doch Ehren-Fahnen faͤrben465 Aus deinen Wunden dir; weil Feind und Laſter doch Nicht kan die Tugend ſchmehn.
Mein Schatz eroͤfne Wie er ſo gluͤcklich ſich der Feſſel hat entbunden? (noch:
Zu was fuͤr Schloͤſſern hat nicht Gold den Schluͤſſel fun - Hierdurch hab ich erkauft der Mohren-Wache Treu. (den?
470Jn meinem Leibe wird Geiſt / Athem / Hertze neu / Und ſagt den Goͤttern Danck.
Ach! daß Carthago wuͤſte Des groſſen Koͤnigs Heil / und unſre Freud’ und Luͤſte!
VermDer Prieſter fuͤhret zwey Gefang’ne gleich herein.
Recht! Gott und Andacht muß keinmal vergeſſen ſein. 475Den ſchlachte / Bogudes / dem Mohnden / den der Sonnen.
Durch Opfer wird gewis der Goͤtter Hertz gewonnen. Ziht die Gefangenen bis auf die Haͤmbder aus.
Verdam̃ter Gottes-Dienſt! verteufelt Goͤtzen-Haus!
Mann wird euch ſiedend Ertzt auf Bruͤſt und Glieder ſpeien /480 Wo ihr das Heiligthumb meint fluchend zu entweihen. Da ihr ein Wort noch ſprecht / erſaͤuft euch Hellen-Kwal. Laßt euch mit Meyen-Thau beſprengen ſieben mal. Laßt euch Stirn’ / Augen / Mund aus dieſem Weine waſchen. Nun laßt euch’s Haupt beſtreun mit dieſer Todten-Aſchen. 485Schluͤßt hintern Ruͤcken Bein’ und Armen in ein Band. Werfft der Gefangnen Pfeil und Weyrauch in den Brand; Daß Nabatheens Hartzt die heilge Glutt erfriſche. Nun hebt ſie alle zwey auf die zwey Opfer-Tiſche. Kehrt beyder Angeſicht’ Aſtartens Bilde zu. 490So ſcharffen Schnitt ich hier durch beyder Bruͤſte thu / So wolle Baal auch der Feinde Macht zertrennen. Dis Hertze ſol dir Sonn’ / und dis dir / Mohnde / brennen. Nim̃ groſſer Schutz-Gott an / was Andacht dir gewehrt / Das Fleiſch ſey von der Glutt / der Feind von dir verzehrt. 495Hier haſtu / Derceto / zum Opffer ihr Gehirne; Sey unſrem Feind’ ein boͤſ’ / uns ein geneigt Geſtirne. Wie dis erhitzte Beil durch beyder Haͤlſe faͤhrt / So falle Rom und Feind auch durch der Mohren Schwerdt. Daß man der Todten Koͤpf’ auf unſre Thuͤrm̃e ſtecke. 500Der Feind fuͤr ihnen mehr als Gorgons Schild’ erſchrecke.
Das Opfer iſt vollbracht: Noch eines aber fehlt. Jhr Kinder / die zur Rach’ uns das Verhaͤngnuͤs wehlt; Kom̃t laßt wie Hannibaln euch einen Eyd vorleſen; Dafern ihr Rom geſtuͤrtzt / Carthago wuͤnſcht geneſen.
505Wo uns in Adern ſteckt ein Tropffen Roͤmiſch Blutt / Vertilg’ ihn und mein Hertz die aͤrgſte Schwefel-Glutt!
Jhr muͤßt’s Altar anruͤhrn / aufs Schwerd die Finger legen.
Jch fuͤhl in meiner Bruſt ſich Rach’ und Eyfer regen.
Bogud.Wir / unſer Stam̃ / und Reich ſei ewig - lich verflucht /510 Wo einer unter uns nicht Todfeind ſtirbt / und ſucht Der Roͤmer Untergang / und Maſiniſſens Ende. Wir ſagens eydlich zu euch Goͤttern in die Haͤnde.
SO iſt / hilf Himmel! ſchon die Stadt in’s Fein - des Hand?
Ja leider! wir ſind hin!
Er - baͤrmlich Unbeſtand Des Gluͤckes! das mit uns ſpielt / als mit Waſſerblaſen.
Ach! wie wird nicht der Feind auf uns und Cyrtha raſen!
5Sag’s: wie im Augenblick die Stadt erobert ſey?
Wir fall’n durch eignes Schwerd / und durch Ver - raͤtherey. Hiempſals Meyneyd hat die Feſtung aufgebrochen / Nach dem er guͤldne Berg’ uns thoͤrchten hat verſprochen / Uns albern und der Stadt betheuernd weiß gemacht:10 Er habe Frieden uns von Maſiniſſen bracht.
Verteufelt-falſcher Hund! find ſolcher Heuchler Motten Aus zartem Wurm-Geſpuͤnſt’ und Purper nicht zu rotten?
Als nun das frohe Volck von Poſten ſich verlier’t / Ja viel der Vorwitz gar in’s Feindes Laͤger fuͤhr’t /15 Das voller Jauchtzen bebt / mit Freuden-Feuern glaͤntzet / Jn dem jedwedes Fahn ein gruͤner Oelzweig kraͤntzet /Nim̃t21SOPHONISBE. Nim̃t unverſehns der Feind mit einer ſchwachen Schaar / Die ſelbſt Hiempſal fuͤhrt / das Thor ein / die Gefahr Hieß mich und andre zwar zur Gegenwehr’ uns ſchicken. 20Doch bald ſiht man auf uns die gantze Macht losdruͤcken; Und als Mandreſtal faͤllt / Hiarba bleibet todt / Jch dieſe Wunden kriegt / fleucht alles: daß mit Noth Jch auf die Burg entkam.
Jch ſeh’ es: das Verhaͤngnuͤs Beſtelt Numidien und uns das Leichbegaͤngnuͤs! 25Auch Hannibal hat ſchon Carthagens Fall erkennt.
Ach! Fuͤrſt / die Burg iſt ſchon mit Feinden rings umbreñt. Ja die Beſatzung laͤßt Thor / Mauern / Waffen fahren / Springt uͤber zu dem Feind! Es ſind von allen Schaaren Nicht hundert / welche treu in Koͤnigs Dienſten ſtehn.
30Laßt uns dem Feinde noch behertzt entgegen gehn.
Ja! wir wolln biß in Todt mit euch in Kampfplatz zihen.
Umbſonſt! Ach koͤnte nur Vermina noch entfliehen! An dem des Reiches Heil / Carthagens Hofnung liegt; Mein Troſt / wenn alles ſonſt verſpielt iſt und beſiegt.
35Wie? und ſol ich allein durch Flucht und Furcht mir rathen?
Zeuch an ein Roͤmiſch Kleid; und miſche den Soldaten Dich als ein Kriegs-Knecht ein. Der Feind wird / wenn nur ich Gefangen / ſich ſo ſehr bekuͤmmern nicht umb dich. Auch ihr / ihr Freunde / fliht / wo ihr entkommen koͤnnet:40 Weil Syphax / und das Schiff zerberſtet / jeden goͤnnet Daß er ein Brett ergreift / und Tod’ und Ach entſchwim̃t.
Herr Vater / einen Kuß dem der nun Abſchied nim̃t; Die Goͤtter wollen euch mit beſſerm Gluͤcke ſegnen!
Wir woll’n ſtehn aus was euch / Durchlauchſte / wird begegnen /
45Fuͤrſt Maſiniſſa ſelbſt bricht nebſt des Heeres Kraft Schon durch das Burg-Thor ein.
Laßt was der Him - mel ſchaft / Was das Verhaͤngnuͤs ſchickt / behertzt thun und erfuͤllen. Geduld verzuckert auch die Wermuth-bittren Pillen.
B 3Maſiniſ -22SOPHONISBE.Trift den Entlauffenen mit ſeinem Schwarme man50 Jn dieſem Keſichte vergifter Schlangen an? Stracks! daß man ingeſam̃t ſie in die Ketten ſchluͤſſe.
Dein Schimmer ſpiegel ſich in meinem Finſternuͤſſe.
Dein Meineyd ſtuͤrtz’t dich ſelbſt. Wer Goͤttern Eyde bricht / Verdient bey Sterblichen Gunſt und Erbarmung nicht. 55Laßt Bein und Armen ihm in enge Faͤſſel ſchrauben.
Wil man die Haͤnd’ uns nicht zum minſten frey erlauben? Gerechte Goͤtter! Ach!
Ja wol! ſie ſind gerecht; Dein Beyſpiel lehr’ts; denn der wird itzt der Straffe Knecht Jn dem die Boßheit herrſcht.
Du wirſt der Goͤtter Rache60 Noch allzu zeitlich fuͤhln. Du eben biſt der Drache Der Africa verſchlingt; und ſeine Freyheit legt Den Roͤmern unters Joch; der eine Woͤlfin hegt Jn ſeiner eignen Schos / die ihn bald ſelbſt wird freſſen.
Gefangne reden nicht mit Siegern ſo vermeſſen.
65Verletzt die Wahrheit ſo der Heuchler zartes Ohr?
Du ſelbſt haſt hin und her gewancket wie ein Rohr.
Jch nie in’s Vaterland ein frembdes Volck gefuͤhret.
Was nuͤtzt euch: daß ihr hier ſo Wortt’ als Zeit verlieret? Stracks fuͤhrt den Syphax hin / ſchluͤßt ihn in Kercker ein.
70Des Syphax Geiſt wird frey auch in den Banden ſein.
Bomilcar / laß’ alsbald rings-umb die Burg verwachen: Daß niemand / wer der ſey / ſich auf die Flucht kan machen; Sucht nebſt Verminen auf die ſtoltze Koͤnigin Die dieſen Brand gebohrn. Die ſchleppt in Kercker hin!
Sophon. 23SOPHONISBE. 75Durchlauchtigſt-groſſer Fuͤrſt; Großmaͤcht’ger Uber - winder / Erbarm dich deiner Magd und ihrer armen Kinder; Die ſich fußfaͤllig dir zu deinen Fuͤſſen legt.
Was? iſt dis eine Magd die Helm und Harniſch traͤgt?
Ja! es iſt Sophonisb’ / ein Haß der leichten Goͤtter /80 Ein Ball des falſchen Gluͤcks / ein Ziel der Ungluͤcks-Wetter; Vor eine Koͤnigin / itzt deine ſchlechte Magd; Der das Verhaͤngnuͤs hat ſonſt allen Troſt verſagt / Als dieſen: daß ſie faͤllt in Maſaniſſens Haͤnde; Daß mein geſcheutert Schif an einen Felſen lende /85 Auf dem der Tugenden ſtern-heller Pharos ſteht. Vergib mir: daß ein Weib ſo ferne ſich vergeht / Die deine Sclavin iſt: daß ſie dein Knie anruͤhret / Daß ſie zu Fuſſe faͤllt dem Herren / welcher fuͤhret Jm Koͤcher Gnad’ und Tod / Gewalt auf Hals und Haupt. 90Wo deine Siegs-Hand mir zu kuͤſſen iſt erlaubt / Wo ein gefangen Weib darf Sieger etwas bitten / Jch Mohrin auf dein Knie darf reine Thraͤnen ſchuͤtten / So fleh’ ich durch den Glantz der Krone / die dich ſchmuͤckt / Bey aller Goͤtter Gunſt / die dir den Sieg zuſchickt /95 So fleh’ ich dich beym Ruhm und Nahmen der Numiden / Das du und Syphax biſt / nicht umb geneigten Frieden / Umb Leben / Kron und Reich / nicht umb die Freyheit an. Nein! Sophonisbe ſtirbt begierig / wo ſie kan. Die Kraͤntze / die uns[z]iern / ſind Pfeile voller Spitzen /100 Die uns durch’s Hertze fahrn / und unſer Haupt zerritzen. Das Elend nagt an uns / das Gluͤcke macht vns blind / Da Mohren doch beruͤhmt ſonſt von vier Augen ſind. Das Reich war mir nur Laſt / die Krone trug nur Doͤrners Drumb ſchaͤtzt’ ich alles diß nur fuͤr gemahlte Koͤrner /105 Darmit das Gluͤck’ uns ſtreut / und in’s Verterben lockt. Der Himmel iſt zu ſchwartz / das Gluͤcke zu verſtockt: Daß ich mir noch hiervon was ſuͤſſes traͤumen laſſe. Jch ſchwere groſſer Fuͤrſt: daß ich mit Luſt erblaſſe. Mich ſtinckt das Aloe des ſauern Lebens an /110 Das das Verhaͤngnuͤs ſelbſt mir nicht verzuckern kan /B 4Weil24SOPHONISBE. Weil ja kein Kuͤrbskern mag Granaten-Aepfel zeugen.
Auf! ſchoͤnſte Koͤnigin / ſie darf kein Knie hier beugen / Sie melde: was ſie druͤckt. Was hat ſie zu befehln?
Jhr Goͤtter! kan ich wol fuͤr Hertzens-Luſt erzehln115 Das bange Seelen-Ach! Mein Fuͤrſt / der Roͤmer Ketten Beaͤngſtigen mein Hertz. Kan mich der Fuͤrſt erretten Aus dieſer Stoltzen Schimpff / und ſolcher Woͤlffe Klau’ / Erlang’ ich Wunſch und Heil. Daß ich des Syphax Frau / Der deines Bluttes iſt / ſo lange bin geweſen /120 Daß ich ſo wol als du in Africa geneſen / Senckt meiner Seele Troſt und Hofnungs-Ancker ein: Du koͤnnſt ſo grimmig nicht als frembde Roͤmer ſein. Jſt aber dieſe Macht / dir / groſſer Fuͤrſt / verſchnitten / So laſſe dich mich Magd / mich Selavin doch erbitten;125 So treib dis ſchoͤne Schwerdt (ich ſchmecke ſchon die Luſt!) Durch meiner Kinder Leib in Sophonisbens Bruſt. Bringt uns die Kinder her; hier durch fußfaͤllig flehen Sich ſtrenger Dienſtbarkeit der Roͤmer auszudrehen. Jſt auch der Wunſch umbſonſt; ſo wil als Prieſterin130 Jch dir ihr ſpritzend Blutt zum Opfer liefern hin.
Durchlauchſte Sophonisb’ / ich fuͤhle deine Schmertzen. Das Gift fleuſt dir in Mund / und wuͤrckt in meinem Hertzen. Jedoch / ſie ſchoͤpffe Luft und gebe ſich zur Ruh. Oft wirft der Sturm im Port. Mein Licht / ich ſag’ ihr zu /135 Hier hat ſie Treu und Hand / ihr billiges Begehren.
Jhr Goͤtter! was werd’ ich / als Freuden-ſchwangre Zehren / Mein Schutz-Gott / dir zum Danck’ und Opfer gelten ab? Mein Antlitz / das zur Zeit dem Syphax Anmuth gab / Vermag nur Thraͤnen noch; und meine ſchnellen Bruͤſte /140 Die vor zwey Koͤcher war’n / und Brunnen ſuͤſſer Luͤſte / Sind nur von Seuftzern reich. Die Seele die kaum kan Noch recheln / zuͤndet ihm der Andacht Weyrauch an. Ja! laß’ auch dich nunmehr anbethen die zwey Knaben. Verſchmehe / ſo wie Gott / nicht die geringen Gaben. 145Das Hertze / nicht ihr Preiß gibt Opfern ihren Werth / Geht / liebſten Kinder / fallt dem Sieger in das Schwerdt.
Adherb.Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt? Wir fallen ihm zu Fuͤſſen / Verpflichten ewig uns zu Sclaven Maſaniſſen. Er ſpann’ uns Aermſte nur nicht in der Roͤmer Joch.
150Wir wuͤnſchen uns den Todt und tauſend Martern noch / Wir wolln fuͤrs Henckers Klotz mit frohem Lachen knien; Wir wolln in Loͤwenhoͤln in Drachen-Neſter ziehen / Wo uns der Fuͤrſt nur nicht nach Rom als Selaven ſchickt.
Jhr edlen Fuͤrſten / auf! Aus dieſen Knoſpen biuͤckt155 Die Trefligkeit des Stam̃’s / die Wuͤrde kuͤnft’ ger Fruͤchte. Durchlauchſte / ſie entwoͤlck’ ihr himmliſches Geſichte; Manaſtabal nim̃ ihr und ihrer Treuen wahr. Die Stille folgt auf Sturm / Erkwickung nach Geſahr.
Ach! aber Ach! bin ich Beſigter oder Sieger? 160Den Jaͤger zwar erlegt oft ein gehetzter Tyger / Nicht aber ein ſchwach Reh. Und Sophonisbe ſchlaͤgt Jn Band und Eiſen mich! wir ſiegen! und ſie traͤgt Die Lorber-Kraͤntze weg! wir ſchneiden / und fuͤhln Schmertzen! Wir herrſchen in der Burg / ſie aber uns im Hertzen! 165Wir ſind Herr dieſes Reichs / ſie Hencker unſer Luſt! Tyrann in unſer Seel’ / und Natter in der Bruſt! Gleicht Sophonisbe ſich der zaubernden Medeen? Sol ich der Creuſe Brand des Creon Ach ausſtehen? Steckt ſie durch bloſſen Blick wie Baſiliſchken an? 170Werd’ ich geaͤſchert ein / eh ich den Zunder kan So groſſer Flammen ſehn? Jch loder! ich verbrenne! Mein Abgott / Sophonisb’! Auf! Fuͤrſtin / ich erkenne Fuͤr den Gefangenen / fuͤr deinen Selaven mich! Wie / Maſiniſſa / was beginſt du? geh in dich! 175Sol dieſe Spinne dir anmuth’gen Honig geben? Sol dieſer Seidenwurm dir ein Begraͤbnuͤs weben? Stuͤrtzſt du vorſetzlich dich wie Mutten in die Glutt? Kennſt du die Schlange nicht noch Aſdrubals ſein Blutt / Die Gift nur athmet aus / ja nichts als Sterben hauchet? 180Die Flamme / durch die itzt Numidien verrauchet? B 5Der26SOPHONISBE. Der Molch / der’s Syphax Bruſt durch Ehrgeitz neckt und ſtach / Bis er vom Reich uns ſties / der Roͤmer Buͤndnuͤs brach? Und Maſiniſſa wil ſich gatten mit den Drachen / Umbarmen dieſen Wurm / mit Nattern Freundſchaft machen? 185Schleuß dieſe Zauberin in ein Gefaͤngnuͤs ein; Stoß ſie aus Schoos und Bruſt. Nein! Maſiniſſa / nein! Der Ehrgeitz blaͤndet dich / du rennſt in ſchnoͤden Schrancken / Die Rach’ und Eyfer ſetzt; du frevelſt mit Gedancken / Wenn du des Syphax Schuld auf ihre Schultern laͤgſt;190 Die Unſchuld mit Verdacht - und Neides-Peitſchen ſchlaͤgſt. Geſetzt: daß ſie auf Rom verbittert ihn verhetzet; Welch Lam̃ erboſt ſich nicht auf den / der es verletzet? Die Schneck’ / ein Kefer ſpreuſt auf jeden / der ſie neckt / Die ſchwachen Hoͤrner aus. Dis / Sophonisbe / ſteckt195 Mich mehr mit Flammen an: daß deine Schoͤnheits-Strahlen Nicht tumme Steine ſind und Perlen-leere Schalen: Daß du von Aſdrubaln dem Helden ſtammeſt her / Der neu Carthago baut’ / ein Herr war zweyer Meer’ / Und ſtets voll Tapferkeit zum Kampffe war geguͤrtet;200 Daß deine Lilgenbruſt Alcidens Hertz bewirthet; Daß Blitz beſeelt dein Aug’ und Anmuth die Geſtalt. Jch brenn! Ach! aber / ach! mein Hertze wird mir kalt / Wenn es an Rom gedenckt / an Scipions Geſichte. Geſchwinde Brunſt gebiehrt der Rene ſaure Fruͤchte. 205Wie wuͤrd’ es Maſaniß’ / umb Reich und Zepter ſtehn? Ach ja! es laͤßt ſich nicht in jeden Tempel gehn Mit unverſchloßner Lipp’ und aufgeloͤſter Stimme. Und Maſaniſſa darf nicht ſagen: daß er glimme; Mus legen / wenn er dich / o Sonne / betet an /210 Den Finger auf den Mund. Doch nein! ſolch Feuer kau Verſcharrt nicht unter Aſch’ erſtickter Furcht verliegen. Rom mag erbittert ſein / mein Zepter Anſtos kriegen / Die Gunſt in Haß ſich kehrn / mein Zepter Gluͤck und Land / Mein Lebens-Faden hengt in Sophonisbens Hand;215 Mein Puls ſchlaͤgt / wie in ihr / mein Hertz in ihren Bruͤſten! Wird aber Syphax nicht noch unſern fuͤſſen Luͤſten Schaͤlſichtig ihrer Gunſt und Lieb’ am Wege ſtehn? Nein! Syphax ſol ſchnurſtracks durch dieſe Fauſt vergehn!
Der27SOPHONISBE.Jſt der Verluſt des Reichs / Rachgoͤtter / euch zu wenig? 220So ſol Numidiens gekroͤntes Haupt und Koͤnig / Der Schutz-Herr Afrikens in dieſes Kerckers Nacht Vermodern und verfauln? lernt / die ihr euch die Pracht Des Purpers blaͤnden laßt / aufs Zepters Rohrſtab ſtuͤtzet: Daß der in Banden heut’ und auf dem Pfaͤlen ſitzet225 Der geſtern Cr[æ]ſus war. Ach! was war Syphax nicht? Ein Stern in Mohren Land; itzt ein verloſchen Licht; Der Voͤlcker Schiedes-Mann / ein Richter groſſer Herren; Jtzt ein verdam̃ter Knecht; den man wie Selaven ſperren Jn ſchwere Faͤſſel laͤßt. Rom und Carthago war230 Umb meine Gunſt bemuͤht; der Helden groͤſtes Paar / Der Roͤmer Scipio und Aſdrubal der Mohren Bedienten meine Hand / liebkoſten meinen Ohren / Bewarben auf einmal umb meine Freundſchafft ſich. Ach! daß ich / Scipio / du Ungluͤcks-Vogel / dich235 Mit der ergrim̃ten Fauſt zu toͤdten nicht gewaget / Als du und Aſdrubal in einem Bette laget? Drumb / Syphax / ruͤſte dich / erſetze / was verſehn! Es iſt ſo ſchrecklich nicht den grauſen Tod anſehn / Als in der Finſternuͤs kaum Maulwurfs-Augen haben. 240Auf! ruͤſte dich in’s Hertz dis Meſſer zu vergraben!
Halt Syphax!
Steht uns auch zu ſterben nicht mehr frey?
Nicht uͤbe wider dich ſelbſt grimme Tyranney.
Ach! hett’ ich dis beginnt ſchon in der zarten Jugend!
Bey Ungluͤck Ungeduld iſt Zagheit / keine Tugend.
245Sol ich in ſteter Furcht noch fuͤr mehr Schimpffe ſtehn?
Die Sonne kan nach Blitz noch ſchoͤn zu Goldegehn.
Syphax.Jch hoffe nun nichts mehr von Menſchen oder Goͤttern.
Dir blickt ein Sonnenſtrahl ſchon nach ſo grauſen Wet - tern.
Ein Sonnenſtrahl? von wem?
Von Mir.
Ach! falſches Liecht! 250Elende Sonne! gib’ mir’s Meſſer!
Kennſt du nicht Mehr deine Sophonisb’.
Jhr Goͤtter!
Dei - ne Sonne / Die dieſe Nacht durchſtrahlt / des Kerckers Angſt in Wonne / Die Band’ in Freyheit kehrt.
Wie? Syphax traͤumet dir? Hoͤhnt ein Geſpenſte dich?
Mein Fuͤrſt / nein! glaube mir. 255Die Sorge fuͤr dein Heil fuͤhrt mich zu deinen Ketten.
Kom̃t Sophonisbens Geiſt hieher?
Jch dich zu retten.
Jch hoͤre meinen Schatz / ſchau aber einen Mann.
Schau: in was Treu’ und Noth ſich nicht vermum - men kan!
Wie? iſt / mein Engel / ſie ein Roͤmiſch Kriegs-Knecht worden?
260Die Liebe / liebſtes Haupt / iſt aus des Proteus Orden / Die ſich zu allen macht / nimbt jede Farb’ an ſich Wie ein Chamæleon. Die hat / mein Engel / mich Auch in dis Kleid verſteckt dir Huͤlf und Rath zu bringen.
Was kan aus der Gefahr fuͤr Huͤlffe mir entſpringen?
265Verwechſele mit mir nur Augenblicks dein Kleid.
Ach / Ausbund / wahrer Treu!
Verſpiele kei - ne Zeit. Der Waͤchter Aufſicht laͤßt uns nicht viel Weſens machen.
Wil ſie mich denn befreyn / ſich opfern dieſen Drachen?
Befoͤrder deine Flucht. Jch weiß auch mir ſchon Rath.
270Wer ſchleußt die Feſſel mir auf?
Sopho - nisbe hat Schon Schluͤſſel.
Kan mein Geiſt die Treue noch be - greiffen? Jedoch / ich wil auf mich die Hencker laſſen ſchleiffenSchwerdt /29SOPHONISBE. Schwerdt / Hacken / Spiſſe / Beil / die Augen-Lieder mir Wegſchneiden / und mich ſtelln gerader Sonnen fuͤr /275 Jch wil mehr Pein ſtehn aus / als Regulus ertragen / Eh als mein Frey-ſein dich ſol in die Feſſel ſchlagen.
Das letzte kan / mein Schatz / durchaus nicht anders ſein.
Jch wil eh ſterben!
Schleuß / mein Engel / mich nur ein / Verſichert: daß hierdurch mein Heil eroͤffnet werde.
280Ach! was druͤckt meinen Geiſt fuͤr Wehmuth und Be - ſchwerde!
Geh’ unerſchrocken fort! es wird kein Menſch dich nicht Rechtfertigen. Ja / weil dein Mund gutt Roͤmiſch ſpricht Wirſt du dich auf den Fall wol zu verreden wiſſen.
Laß dich / mein Troſt / noch einſt zu gutter letzte kuͤſſen!
285Die Goͤtter leiten dich! der Himmel ſey dein Schutz! Wie aber? ſchafft auch dis dir / Sophonisbe / Nutz? Die Ketten ſchwirrn umb mich; doch in den leiſen Ohren Klingt Maſaniſſens Wort; ſein Schall iſt unverlohren! Er fuͤhle meinen Schmertz. Wer dieſes Fuͤhlen hat /290 Kan unverliebt nicht ſein. Mein Syphax / was fuͤr Rath? Wenn Maſaniſſens Hand uns Liebes-Koͤrner ſtreute? Doͤrft’ ich / mein Engel dich / wol ſetzen auf die Seite? Nein / Sophonisbe / nein! der Himmel ſtraft und haßt Den Meineyd / der bald dis / bald jenes Bild umbfaßt295 Wie wuͤrd’ uns Syphax nicht verfluchen und verdammen? Ja wuͤrde Maſaniß’ uns mit ſam̃t unſern Flammen Nach einſt-gebuͤſter Luſt nicht als ein Gift verſpein? Weil Laſter nach der That uns ſelbſt bald Eckel ſein. Jedoch / was widerſtehn wir leitenden Geſtirnen? 300Mein Syphax / pflegen doch die Goͤtter nicht zu zuͤrnen: Daß heute man dis Bild / ein anders morgen ehrt. Ja / was iſt / das die Zeit uns nicht erſinnen lehrt? Der Witz mus aus der Noth ihm eine Tugend machen. Er haͤlt auch mich und’s Reich ſchon fuͤr verlohrne Sachen /305 Der Sophonisben nicht mit rechte fluchen kan / Die ſeine Ketten bricht und ihr an Hals legt an; Die Ketten / durch die ich ſelbſt traue Maſiniſſen / Als Zeichen meiner Treu’ ins Liebes-Garn zuſchluͤſſen.
Maſiniſſa. 30SOPHONISBE.Was ſchwermet Syphax noch in dieſer Einſamkeit? 310Was zanckt er mit ſich ſelbſt? Verraͤther / itzt iſt’s Zeit: Daß deine Herſchens-ſucht ſo Gift als Geiſt ausblaſe; Daß Maſaniſſens Stahl in deinen Daͤrmern raſe / Den du / Friedbruͤchiger / des Reiches haſt entſetzt. Was ſeuftz’t? was murmelt er? laßt hoͤren / was er ſchwaͤtzt?
315Ja! Maſiniſſa / ja! vollſtrecke deine Rache! Du haſt nicht ſchlechten Grund / ich eine boͤſe Sache.
Reitzt der Verzweifelte mich ſelbſt zum ſtraffen an?
Weil / auſſer durch den Tod / ich nicht geneſen kan.
Weil du dich ſelbſt verdam̃ſt und deine boͤſe Luͤſte /320 So kriege Tod und Stich.
Ja ſtoß durch dieſe Bruͤſte!
Hilf Himmel! ich erſtarr!
Wie? daß der Dolch entfaͤllt?
Wie? hat der Syphax ſich in eine Frau verſtellt? Laß’ uns die Wunder-Werck was eigen doch betrachten!
Wil Maſaniſſa nicht mich Sophonisbe ſchlachten?
325Jhr Goͤtter! bin ich noch bey Witze? traͤumet mir? Jſt Sophonisbe dis? iſt Syphax nicht mehr hier?
Sie iſt’ es / groſſer Fuͤrſt / ſie kniet fuͤr Maſaniſſen.
Ließ mein Manaſtabel ſie in den Kercker ſchluͤſſen? Der Schwefel ſol ſein Lohn / die Fauſt ſein Hencker ſein!
330Nein! meine Treu ſchleuſt mich in dieſen Feſſeln ein.
Die Treue? leg’ uns aus dein ſeltzam Ebentheuer.
Welch Ertzt zerſchmeltzet nicht durch heiſſes Liebes - Feuer?
Es duͤnckt mich / was du ſagſt / ein leer - und bloſſer Traum.
Verzeihe / groſſer Fuͤrſt. Jch darf mein Laſter kaum335 Eroͤfnen.
Sag’s / was iſt’s? was nennſt du dein Verbre - chen?
Die Zunge ſtammelt mir / wenn ich es aus wil ſprechen.
So ſtarrt der Mund fuͤr dem / was Hertz und Hand voll - bracht?
Jch hab’ aus dieſer Kluft den Syphax loos gemacht.
Maſin.Und ſie hat ſich fuͤr ihn in Ketten ſchrauben laſſen?
340So iſt’s! weil ich fuͤr ihn mir wuͤnſche zu erblaſſen. Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt! verzuͤcke nicht den Stich; Bepurper dieſe Bruſt. Nim̃ fuͤr den Syphax mich Zu deinem Opfer an. Jch weiß: daß mein Beginnen Halsbruͤchig Laſter ſey. Jch werde viel gewinnen /345 Wenn deine bloͤde Magd / die fuͤr dir ſaͤuftzend kniet / Und nach dem Tode girrt / durch deine Fauſt ſich ſiht Durch keinen Roͤmer falln.
Durchlauchſte Sophonisbe. Machſtu die Fabel wahr von der getrenen Thisbe? O Demant-feſte Treu! O Liebe / die fuͤr ihr350 Kein gleiches Beyſpiel hat! die Tugend wigt in dir Noch deine Schoͤnheit weg. Was ſtarrſt du / Maſaniſſe? Laͤſt du die Goͤttin noch umbarmen deine Fuͤſſe? Brich der Andromede verdam̃ten Stahl entzwey! Verſchweig ihr laͤnger nicht: daß Sophonisbe ſey355 Des Maſiniſſa Sonn’ / Aug-Apffel / Goͤttin / Engel; Er tiefſter Selav’ und Knecht.
Jch kenne meine Maͤngel. Entweihe deinen Mund durch eiteln Lobſpruch nicht.
Jch fange Flam̃’ und Glutt von deiner Tugend Licht’. Jch brenne durch den Blitz der Schoͤnheit angezuͤndet! 360Wie bald wird nicht beſiegt / der mehrmals uͤberwindet? Wie faͤllt in Faͤſſel der / der ſie loͤſt andern auf! Schau: wie der Liebe Blitz durch Pfeil-geſchwinden Lauf Den Grim̃ wie Wachs zerſchmeltzt / des Siegers eiſicht Hertze Wie Schwefel zuͤndet an; wie der Begierden Kertze365 Des Haſſes Rauch zertreibt! wie Maſaniſſa brennt; Der dich die Siegerin / ſich den Befiegten nennt!
Verfinſter deinen Glantz nicht in ſo duͤſtrer Hoͤle. Die erſten Regungen in einer zarten Seele Sind keine Wolcken nicht / nur leichter Haͤgerauch /370 Den Sonn’ und Witz bald tilgt. Und er / mein Fuͤrſt / wird auch / Eh als es Mittag wird / mit klaͤrern Augen ſehen.
Nein! meine Flammen wird Vernunft und Zeit aufwehen! Jch habe dieſer Glutt zwar Anfangs widerſtrebt; Doch ich floh wie ein Reh / in dem der Pfeil ſchon klebt. 375Jch wolte mit Gewalt die Augen von dir kehren. Doch ich empfand: daß ſie von Arth der Adler weren /Du32SOPHONISBE. Du ihr ſchoͤn Sonnenradt. Ja hette meine Pein Mir Ruh und Schlaff vergoͤnnt / wuͤrd’ es ein Traum zu ſein Mich duͤncken! aber ach! ich brenn’ und werde brennen! 380Das Ephen laͤßt ſich nicht gantz von der Staude trennen / Jch nicht beſeelt von dir! Ja / auſſer dir bin ich Todt. Denn ich habe ja kein ander Hertz als dich. Mein Abgott / Sophonisb’; Jch falle dir zu Fuſſe; Ach! kuͤhle meinen Brand mit einem feichten Kuſſe! 385Geuß in mein ſiedend Hertz zwey Tropfen reiner Gunſt. Wie wird mir? Himmel hilf! kreucht durch ſo heiſſe Brunſt Das Eis des Todes uns und Ohnmacht in das Hertze? Mein Lebens-Wachs zerrinnt / weil meine Liebes-Kertze Mit allzu groſſer Glutt das Adern-Oel greiſt an. 390Ach! daß ſich nicht die Seel’ in dich verwandeln kan!
Mein Fuͤrſt / mein Augen-Troſt; zwar meine Seele ſchwimmet Jn dieſen Flammen auch / worvon dein Hertze glimmet: Der Himmel aber ſpricht uns dieſen Brand nicht gutt / Entzeucht den Ampeln’s Oel / geuſt Waſſer auf die Glutt.
395Welch Unmenſch mag ſo ſchwartz dir Stern und Him - mel mahlen?
Mein Auge wirft mit fug nur auf den Syphax ſtrahlen.
Der fluͤcht’ge Syphax iſt dir ein verlohrnes Ziel?
Jch blieb ſein Eh-Gemahl / als gleich ſein Gluͤcke fiel.
Die Stratonice freyt noch bey Seleveus leben.
400Selevcus hat mit will’n dem Sohne ſie gegeben.
Auch Syphax kan nun nicht mehr eyferſichtig ſein.
Das Ungluͤck aͤſchert nicht der Liebe Pfeiler ein.
Hat Aſdrubal mich dir zum Braͤut’ gam doch erwehlet.
Carthago aber hat mich ihm / nicht dir vermaͤhlet.
405Zernichtet Kaccabe mit Fug der Eltern Schluß?
Das Vaterland geht fuͤr / dem alles weichen muß.
Das Kriegs-Necht ſcheidet ſie / und ſchenckt ſie meinen Haͤnden.
Wil er umb meine Gunſt ſein gantzes Heil verſchwendẽ?
Wahrhafte Liebe ſcheut ein ſcheles Auge nicht.
410Er weiß / mein Fuͤrſt / was Rom fuͤr ſtrenges Urtheil ſpricht.
Maſin.Hat Rom im Lieben uns Geſaͤtze vorzuſchreiben?
Jch werde Scipions Gefang’ne ſollen bleiben.
Nim̃t Cyrtha Scipio nicht Maſiniſſa ein?
Die groͤſten Fuͤrſten ſolln der Roͤmer Werckzeug ſein.
415Jch bin Roms Sclave nicht / es heißt mich Bunds - Genoſſen.
Sie wolln ſtets erndten ein / wo andre gleich gegoſſen.
Dich Sophonisbe nicht / weil Mafiniſſa lebt.
Jch ſorge: daß mir dis den Sterbekittel webt!
Jch wil den Bund mit Rom / eh als den Eyd dir brechen.
420Jch darf / mein Schutz-Gott / dir nun nicht mehr wi - derſprechen. Die Flamme laͤßt in mir ſich laͤnger nicht verhoͤln. Laß einen heiſſen Kuß den todten Mund beſeeln. Denn Kuͤſſen iſt der Kern / die Seele ja der Liebe. Jtzt folgt nach Thraͤnen Luſt / und Sonnenſchein aufs Truͤbe. 425