Dem Hoch und Wolgebohrnen Herren Herren Frantz Freyherren von Neſſelrode / Und der freyen Standes-Herr - ſchafft Drachenberg / Herren zu Stein / Ehrenſtein / Herten und Praußnitz ꝛc. ꝛc. Der Roͤm. Keyſ. Meyſt. wuͤrcklichen Caͤmmerern / Chur-Fuͤrſtl. Coͤllniſchen Erb-Marſchall / Geheimen Rathe / Fürſtlichem Bergiſchen Erb-Cämmerern / wie auch Statthaltern im Veſt Recklingshauſen. Meinem Genaͤdigen Herren.
Koͤnig Maſaniſſa weiſet fuͤr der belaͤgerten Haupt-Stadt in Nu - midien Cyrtha in ſeinem Zelte denen Abgeſandten der Koͤnigin So - phonisbe den gefangenen Koͤnig Sy - phax in Band und Eiſen / ſie bedreuen - de: daß / da ſich die Stadt nicht Augen - blicks ergeben wuͤrde / er ihm den Kopf abſchlagen laſſen wolte. Worvon a - ber Syphax unerſchrocken die Seini - gen abmahnet. Maſaniſſa heißt hie - rauf den Himilco und Micipſa der Koͤ - nigin ihres Koͤniges Nothſtand eroͤf - nen / und behaͤlt als eine Geiſſel den Hiempſal an ſtatt des in die Stadt ab -2 geſendeten Bomilcars bey ſich. Hier -aufauf beredet Maſaniſſa den Hiempſa durch Erzehlung des Syphax boͤſer Thaten: Daß er ihm die Stadt Cyrtha3 zu uͤbergeben verſpricht. Als Sopho - nisbe im Tempel kniende den Verluſt der Schlacht beklaget / kommet ihr aus der Schlacht entkom̃ene Stief-Sohn Vermina / und erzehlet: Daß er nicht wiſſe: Wo der Koͤnig hinkommen. Hier - uͤber aber kommen Himilco und Mi -4 cipſa und berichten ſie: Daß Maſaniſ - ſa den Koͤnig Syphax gefangen habe / und dafern ſich Cyrtha nicht ergebe / ihm den Tod dreue. Wordurch Sopho - nisbe ſich anfangs zu toͤdten / hernach Cyrtha aufzugeben / endlich alles eu - ſerſte zu erleiden entſchleuſt / und ihr5 Helm und Harniſch anlegen laͤſt. Hin - gegen muß Veꝛmina umb faͤhig zu ſeyn dem Mohnden zu opfern / der Sopho - nisbe Weiber-Kleider anziehen. So - phonisbe laͤßt hierauf ihre zwey Soͤh - ne den Adherbal und Hierba looſſen / welcher unter ihnen geopfert werdenb 4ſolſol fuͤr den Wolſtand des Reiches / und als Hierba gewinnet / wird er zwar von Sophonisben nach erbaͤrmlichen Ab - ſchiede in die gluͤenden Armen des Abgotts gelegt / aber von dem hierzu - kommenden und ſich durch Beſtechung der Wache gefluͤchteten Syphax weg - geriſſen / Er von allen / von ihm Ver - mina frolockend bewillkommet / und verordnet: Daß ſtatt des Hierba zwey gefangene Roͤmer aufgeopfert werden. Endlich ſchweren Adherbal und Hier - ba fuͤr dem Altare der Roͤmer Todfein -6 de zu erſterben. Jm Reyen wirft die Zwytracht unter die Menſchlichen Gemuͤtts-Regungen einen guͤldenen Apfel / welcher von der Seele der So - phonisben der Rache als Uberwinde - rin zuerkennet wird.
DEr bluttige Himilco beꝛichtet dem Syphax und der Sophonisbe: Daß Hiempſal durch Verraͤtherey dieb 5StadtStadt dem Feinde eroͤfnet; Micipſa: Daß der Feind ſchon in die Burg ein - dringe; worauf Syphax den Vermina ſich Roͤmiſch verkleiden und ieden flie -2 hen heiſſet. Maſaniſſa dringet mit den Seinigen in die Burg / nim̃et den Sy - phax gefangen / Sophonisbe nebſt ih - ren Soͤhnen Adherbal und Hierba faͤl - let ihm zum Fuͤſſen / bittend und erlan - gend: Daß ſie nicht in der Roͤmer Haͤn -3 de gegeben werden ſollen. Maſaniſſen Gemuͤths-Regungen werden von in - bruͤnſtiger Liebe gegen Sophonisben uͤberwunden / worauf er den Syphax im Kercker zu ermorden ſchluͤßig wird. 4Syphax bejammert im Kercker ſeine Feſſel und wil ſich veꝛzweifelnde toͤdten / hierzu kommet die in einen Roͤmiſchen Kriegs-Knecht verkleidete Sophonis - be und windet ihm das Meſſer aus / entdecket ſich ihm / zeucht ihm aus den Banden / verwechſelt mit ihm die Klei - der / laͤſſet ſich fuͤr ihn in die Feſſel ſchluͤſ - ſen / und erweget bey ſich des Maſaniſ -ſens5ſens nachdenckliche Worte. Maſaniſſa kommet hieruͤber in den Kercker / und als er Sophonißben / Sie fuͤr den Sy - phax haltende / umbbringen wil / ent - bloͤſſet ſie ihre Bruͤſte / daruͤber er er - ſtaunet / den Dolch fallen laͤſſet / und nachdem ſie ihm eroͤfnet: daß ſie den Syphax zu erloͤſen ſich an ſeine Stelle hette ein ſchluͤſſen laſſen; offenbaret er ihr ſeine heftige Liebe / worauf ſie beyde den Schluß machen einander alſobald6 zu ehlichen. Jm Reyen beſieget die Liebe Himmel / Hoͤlle / Erde / Meer / Jupiter / Pluto / Hercules und Jaſon / die Regierſucht / die Grauſamkeit / die Tugend; und bildet im guͤldenen Fluͤſ - ſe des Jaſons die gluͤckſeelige Vermaͤh - lung des Unuͤberwuͤndlichſten Keyſers Leopolds und der Durchlauchtigſten Jnfantin aus Spanien fuͤr.
BOmilcar und Manaſtabal bemuͤ - hen ſich vergebens Maſaniſſenvonvon der Heyrath der Sophonisbe ab -2 zuhalten. Maſaniſſa und Sophonisbe werden einander vermaͤhlet / Bogu - des aber fiehet aus denen der Aſtarte geopferten Tauben: Daß dieſer Eh -3 ſtand nicht werde beſtaͤndig ſeyn. Le - lius dringet mit einer Menge Roͤmer in Tempel / und wil dem Maſaniſſa So - phonisben wegreiſſen / daruͤber ſie nach Wortwechſelung beyderſeits zun Waf - fen kommen / aber endlich durch den Bo - milcar vereinbaret werden. Lelius aber entruͤſtet ſich wieder uͤber Aufopferung4 des Torquatus. Als Bogudes ſich wei - gert auf Befehl des Lelius die drey ge - fangenen Mohren zu opfern / erbeut ſich dis ſelbſt Sophonisbe zu thun; Als ſie aber einem die Bruſt eroͤfnet ihn aufzuſchneiden / wird ſie gewahr: Daß dieſer Gefangene der verkleidete Sy - phax ſey / daruͤber ſie fuͤr Schrecken das Meſſer fallen laͤſſet / welches Syphax aufhebet / und darmit Sophonisbenwe -wegen ihrer Untreu erſtechen wil. Wor - an ihn anfangs Maſaniſſa verhindert / Sophonisbe aber ihn durch beweglich Zureden in die Verzweiffelung: Daß5 er ſich ſelbſt ermorden wil / bringet. Jm Reyen mahlet die Eyverſucht der Ein - bildung allerhand ſeltzame Blaͤndun - gen des Ehbruchs fuͤr; und ob die Ver - nunft zwar ihr darthut: Daß dieſes al - les blaue Duͤnſte ſeyn / ſo uͤberredet ſie doch die Narrheit ſtets eines andern / biß die Verzweifelung der Eyverſucht Strick und Meſſeꝛ ſich zu erhencken und zu erſtechen darreichet.
LElius erzehlet dem Scipio den Sieg der Schlacht / uñ die Eroberung Cyrthens / und übergiebet ihm den gefangenen Sy - phax; Welcher dem Scipio ſein Ungelück und die Heyrath Maſaniſſens mit Sopho -2 nisben eroͤfnet. Maſaniſſa bewillkom̃t den Scipio / uͤbergiebet ihm die gefangenen Nu - midier / wie auch Zepter und Krone des ero - berten Reichs Numidien / Scipio aber ſtel -let3let Zepter und Krone ihm wieder zu. Scipio verweiſet Maſaniſſen ernſtlich ſeine unbe - ſonnene Heyrath / und bringet ihn zum Er -4 kaͤntnuͤs ſeines Fehlers. Jn Maſaniſſens Hertze kaͤmpfen Liebe und Vernunft heftig / endlich entſchleuſt er ſich doch Sophonisben5 fahren zu laſſen. Maſaniſſa wird noch im - mer von der Begierde beunruhiget / endlich ſchickt er durch Diſalcen der Sophonisben ein Glaß vol Gift / ſie dardurch ſeinem Ver - ſprechen nach aus der Roͤmer Haͤnden zu er -6 retten. Jm Reyen wird Herkules auf dem Scheidewege von der Wolluſt mit aller - hand Scheinbarkeiten auf ihren Pfad ge - locket / von der Tugend aber zu ruͤcke behal - ten / welche / nach dem ſie entdecket: Daß un - ter dem Goldſtuͤcke der Wolluſt Lumpen / Unflatt / Seuchen und Aas verſtecket liegen / ihr goldenes Unterkleid nach weggeworffe - nem ſchlechten Oberkleide entdecket / und den Herkules den Thron der Ehren beſteigen laͤßt / welcher aber ſelbten dem Geiſte Keyſer Leopolds abtritt.
DEr Dido Geiſt verkuͤndigt Sophonis - ben ihrẽ und Carthagens Untergang / eroͤfnet ferner: Wie des Maſaniſſens Nach -kom -kommen in Numidien nicht lange bluͤhen / die Gothen und Wenden / hernach die Sa - racenen und Araber Africa und Spanien einnehmen / dieſe aber von Ferdinanden dem andern / Philippen dem Ertzhertzoge / Carln dem fuͤnften / Philippen dem andern / und endlich Keyſer Leopolden werden beſiegt /2 und nach und nach vertrieben werden. So - phonisbe wird hierüber gantz veꝛzweifelnd / und wil umb das beſagte Joch der Roͤmer zu verhuͤtten / nebſt ihren zweyen Soͤhnen ſich in den Tempel der Sonnen verbrennen / wird aber von der Priſterin verhindert. 4Hierüber bringet ihr Diſalces Maſaniſſens Gift-Glaß / welches ſie freudig annimmt und alleine beklaget: Daß ſie zum andern3 mal ſo thoͤricht geheyrathet habe. Himilco und Micipſa bemuͤhen ſich vergebens So - phonisben zu bereden: Daß ſie Maſaniſſens Gift nicht trincken ſolle. Denn nach dem ſie von ihnen / ihren Kindern / und dem Frau - enzimmer beweglichen Abſchied genommen / ihren Kindern ſie zur Rache ermahnende zwey Schwerdter umbgeguͤrtet / trincket ſie / und zwar der Roͤmer Dienſtbarkeit zu entkommen / auch ihren Kindern das Gift zu / worauf ſie drey in einander verſchren -cketcket todt zur Erde fallen; Himilco und Mi5 cipſa reiben einander ſelber auf. Maſaniſſa kommt hierzu ſeinen erſten Schluß bereu - ende gelauffen; nach dem er aber Sopho - nisben ſchon todt findet / wil er nach ihrer kläglichen Bejammerung ihm ſelbſt das6 Schwerd in Leib ſtoſſen. Scipio aber eilet darzu / läßt ihm das Schwerdt auswinden / und beruhigt ihn endlich durch bewegliche Zuredung; Verſtattet Maſaniſſen die So - phonisbe nach ſeinem Belieben zu begra - ben / ſchicket den Lelium mit dem gefangenen Syphax nach Rom / und ſetzet Maſaniſſen7 des Syphax Krone auf. Die vier Mo - narchien bemuͤhen ſich im Reyen mit denen von ihnen beſiegten Theilen der Welt / den von dem Verhaͤngnüſſe aufgeſetzten Lor - ber-Krantz zu gewinnen / ſelbter aber wird von denen vier Theilen der Welt / fürnem - lich durch Beyhuͤlffe des neu erfundenen America dem Hauſe Oeſterreich aufgeſetzet.
Sophonisbens Soͤhne.
Des Maſa - niſſa Ver traute.
zwey gefange - ne Roͤmer.
DJe Schuld ſchwermt umb Verterb / wie Mutten umb das Licht / Der ſtell’t Jhm’s Fallbrett ſelbſt / wer Eyd und Buͤndnuͤs bricht. So ſtuͤrtzt ſich Sophoniſb’ und Syphax geht verlohren / Weil ſie den Frieden-bruch gezeuget / Er gebohren. 5Nun moͤgt ihr ſelber euch an Fingern rechnen aus: Ob ihr’s umb uns verdient’: daß wir uns euer Haus / Das in der Flamme kracht / zu leſchen ſolln bemuͤhen / Und die bedraͤngte Stadt aus Brand und Blutte ziehen. Der Bienen Stachel iſt zugleich ihr Honig-Roͤhr. 10Doch ſaugt ein Leidender aus Rache noch was mehr Als Zucker in ſein Hertz. Denn nichts kan ſuͤſſer ſchmecken / Als / was den Eyver kuͤhlt. Kein Thau erfriſcht die Schnecken / Wie die Beleidigten der Feinde Blutt erkwickt. Mit dieſem Labſal hat der Himmel mich begluͤckt. 15Europa ſchlaͤget Jhm die Feſſel ab der Mohren. Sicilien iſt weg / Hiſpanien verlohren. Ja Hannibal iſt ſelbſt umbgarnet und verwebt / Schaut: daß an unſer Fauſt des Hanno Blutt noch klebt /ADie2SOPHONISBE. Die Flott’ iſt in die Luft geſchwefelt aufgefahren /20 Das Lager Asdrubals / des Syphax freche Schaaren Hat brennend Schilf vertilgt. Und was dort Flam̃ und Schwerdt Den Feinden uͤbrig ließ / hat itzt mein Arm verzehrt. Die Funcken ſtieben ſelbſt ſchon auf Carthagens Zinnen. Jedoch kan treuer Rath noch euren Trotz gewinnen /25 Macht Schad und Zeit euch klug / ſo ſol die Gnade gehn So Rach’ als Schaͤrffe fuͤr. Dis / wo uns offen ſtehn Stadt / Schloͤſſer und Palaſt. Wollt ihr denn Trotz uns ſprechen Bis eure Mauern wir zermalmen und zerbrechen / Sol auch kein Kind verſchont in Mutterleibe ſein.
30Man jagt mit Wortten Furcht nur feigen Haſen ein / Das rauhe Jaͤgerhorn ſchreckt Gemſen / keine Loͤwen / Die Welle keinen Fels; uns kein erhitztes Dreuen. Der Fuͤrſt urtheile ſelſt: ob eine ſolche Stadt / Die dreyſſig tauſend Mann in’s Feld zu ſtellen hat /35 Von Maͤnnern / die ein Hertz in ihrem Buſem fuͤhlen / Sich ohne Meineyd laß’ ins Feindes Haͤnde ſpielen? Fuͤr’s Haupt des Reiches muß den letzten Tropffen Blutt Aufſaͤtzen jedes Glied.
Hat euer Helden Muth Bey letzter Ohnmacht erſt in Creis der ſchwachen Mauern40 So enge ſich verſperrt? Wo euch die Haut ſol ſchauern / Die Glieder ſolln erſtarrn / beſchaut den Rubricat / Wie ſich ſein Strom geſchwellt von euren Leichen hat / Wie er durch euer Blutt die weiſſe See der Mohren Zum rothen Meere macht. Wie bald ging nicht verlohren45 Das nie beſigte Haupt und Wunder Syracus’? Und neu Carthago fiel / als Scipio den Fus Kaum an ihr Land geſaͤtzt. Wie oft hat ſich erſchuͤttert Fuͤr uns ſchon Utica? Ja / nun Carthago zittert / Was iſt’s fuͤr Aberwitz: daß Cyrtha pocht und hoͤhnt50 Die / die’s Verhaͤngnis ſelbſt mit Palm - und Lorbern kroͤnt? Was hoft ihr fuͤr Entſatz euch aus der Noth zu winden?
Kan Er der Goͤtter Huͤlf und ihre Haͤnde binden?
Die Goͤtter ſtehen uns nicht ohne Mittel bey.
Glaubt: daß die Spinnenweb’ ein eiſern Bollwerckſey /55 Wenn Goͤtter helffen wolln / der Himmel uns beſchirmen. Die / eure Armen nicht / ſind’s / die mit Regen / StuͤrmenFuͤr3SOPHONISBE. Fuͤr Hannibals Gewalt / der fuͤnfmal hat geblitzt / Daß Rom und Reich erbebt / hat’s Capitol beſchuͤtzt. Es naget Hannibal noch itzt an Welſchlands Kerne /60 Saugt an der Roͤmer Bruſt.
Er ſiehet ſchon von ferne Jm Spiegel / und an euch / wie ſein Carthago brennt / Nach dem er Capua verſpielt hat / und Tarent. Des Brudern bluttig Haupt mit ſeinen Thraͤnen netzet / Jn Welſchlands Winckel ſteckt umbgarnet und beſetzet. 65Und der iſt euer Troſt.
Wir traun auf Gott / und Jhn.
Ein Straus meint ſo wie Jhr dem Jaͤger zu entfliehn / Wenn er aus Furcht den Hals hat in ein Loch verſtecket.
Carthagens Gluͤcks-Fahn hat oft hoͤher ſich erſtrecket / Als Hannibal Natur und Alpen uͤberſtieg /70 Bey Trebia / Ticin / und Tramiſen durch Sieg Die Adler niederſchlug / bey Canna Rom erlegte; Ja ſelbſt Tarpejens Fels erſchuͤtternde bewegte.
Das Spiel iſt itzt verkehrt.
Es kan noch einſt geſchehn.
Wenn man Carthago wird in Feuer krachen ſehn?
75Wenn noch ein Regulus wird dort den Kopf zerſtoſſen!
Wenn ſich das Ameis-Neſt auf Loͤwen wird erboſſen?
Wenn Syphax in die Schlacht gantz Africa wird fuͤhrn.
Wer? Syphax?
Syphax / ja!
Der kaum die Glieder ruͤhrn Jn unſern Feſſeln kan?
Jn Feſſeln ſuͤſſer Traͤume!
80Daß man der Trotzigen hartneckiſch Hoͤhnen zaͤume! Stracks! fuͤhrt den Syphax uns in Band und Eiſen her.
Ach! iſt dis glaubens werth? wil uns das Ungluͤcks - Meer / Und Rom die gantze Welt erſaͤuffen und verſchwemmen? Rom / deſſen Siege Witz und Staͤrcke nicht kan hemmen /85 Wenn Sonne / Staub / und Wind uns gleich zu Huͤlf’ erſcheint / Ja Drach und Elefant Rom zu vertilgen meint.
Schaut! ſol der Cyrthens Burg / und Byrſens Schlos erretten?
Jhr Goͤtter! traͤumet uns? traͤgt unſer Koͤnig Ketten /A 2Der4SOPHONISBE. Der ſchwer von Kronen war?
Die durch Betrug und Liſt90 Er Maſiniſſen ſtahl?
Jſt’s moͤglich? daß er’s iſt? Der Koͤnig / unſer Fuͤrſt? den man laͤßt ſclaviſch ſchluͤſſen?
Laßt uns des Syphax Knie und Fus und Banden kuͤſſen.
Fallt Maſiniſſen dort dem Sieger unterm Fuß; Der iſt nicht Fusfall’s werth / der ſelber knien muß.
95Dis iſt des Gluͤcks Spiel. Jch habe noch fuͤr geſtern Mehr / als du itzt geprangt. Gewalt und Fall ſind Schweſtern. So Jch als Cr[æ]ſus kan dir ein ſchoͤn Beyſpiel ſein: Daß niemand fuͤr der Gruft ſein gluͤck ihm darf beſchrein. Dis und ein Solon kan dich kluͤglich unterweiſen:100 Daß Sieger fuͤrſtlich ſolln beſiegte Fuͤrſten ſpeiſen.
Wo du ſchnurſtracks verſchafſt: daß Cyrtha ſich er - gib’t.
Dis ſchafft kein fallend Fuͤrſt der ſeine Laͤnder liebt.
Der nicht ſein Volck mit ſich verlangt in Grund zureiſſen.
Wir werden nimmermehr ſie knecht ſche Zagheit heiſſen.
105So ſol dein bluttig Kopf bald auf den Pfal gedein.
Er wird mein Ehren-Mahl / dir nur ein Schandfleck ſeyn
Stracks Kriegs-Knecht / laß das Beil des trotzen Hals durchhauen.
Uns kan in dieſer Nacht fuͤr keinem Tode grauen.
Fahrt fort!
Ach! groſſer Fuͤrſt / ach! Er erwe - ge doch:110 Daß Seul’ und Fuͤrſten ja die gleich verfallen / noch Der Goͤtter Bilder ſind. Die That iſt unerhoͤret.
Daß man den Freyler ſtraft der Kefer trotzen lehret?
Daß man umb Tapferkeit ein Fuͤrſtlich Haupt ſchlaͤgt ab.
Das wenig Fuͤrſtliches auf Thron und Reich an gab.
115Wir wolln das euſerſte fuͤr’s Koͤnigs Heil vollſtrecken.
Wolt ihr mit Untreu’ erſt den alten Ruhm beflecken? Den Hencker laſſen euch verzweifeln jagen ein? Wird / wenn gleich Cyrtha faͤllt / der Moͤrder milder ſein? Denn kan er nicht nur mir / auch euch den Kopf abſchlagen. 120Laßt uns behertzt und froh den letzten Schlag ertragen. Es5SOPHONISBE. Es ſchafft mehr Ehre todt / als Selave ſein alhier. Sagunt und Aſtapa mahlt euch ein Beyſpiel fuͤr: Daß Tugend mit mehr Luſt ſich ſtuͤrtzt’ in Flamm und Braͤnde / Als Roͤmern ſich ergeb’ und fall in Feindes Haͤnde.
125Jſt unſern Koͤnig denn zu retten gar kein Rath?
Schaft fort den Thoͤrchten / bis er ausgeraſet hat. Wir wolln euch und der Stadt noch Gnad’ und Friſt vergoͤnnen Bis ihr des Syphax Stand eroͤfnen werdet koͤnnen. Bomilcar ſol nebſt euch der Koͤnigin den Schluß130 Vortragen / ihren hoͤr’n. Hiempſal aber muß Als Geiſſel hier in des in unſerm Laͤger leben. Wo in drey Stunden ſich nicht Stadt und Burg ergeben / Solt ihr des Syphax Kopf geſpißt am Pfale ſchaun.
Auf was vor Grund-Eis wil nun wol Hiempſal bann? 135Hiempſal / welchem ich ſelbſt wuͤnſche beſſer Gluͤcke / Ja einen treuern Herrn; weil er in’s Syphax Tuͤcke Nicht mit iſt eingemiſcht. Bekweme dich der Zeit / Vertraue mit der Stadt dich unſer Tapferkeit / So ſol Hiempſal ſein ein Auge Maſiniſſen /140 Und ſeine Tugend ſich in hoͤhern Wuͤrden wiſſen.
Der Koͤnig muthe mir Verraͤtherey nicht zu /
Der uͤbt kein Laſter nicht / der’s Vaterland in Ruh Aus dem Verterben ſetzt; noch der / eh er ertrincket / Ein ſrembdes Brett ergreift; und / wenn das Schif verſincket /145 An’s Feindes Ufer ſchwim̃t.
Man ſol den Herren treu Auch bis in Abgrund ſein.
Ein Knecht wi[r]d los und frey / So bald ein Herr vergeht und ſelbſt mus Sclave werden.
Verraͤther muͤſſen ſtets ein Greuel auf der Erden / Ja dem ſelbſt / der ſie hegt / ein Dorn in Augen ſein.
150Nicht bilde dir von uns ſo ſchlimmen Undanck ein. Du / leider! kennſt nur nicht des Syphax grauſe Thaten; Wie viel er Fuͤrſten hat betrogen und verrathen / Wie er der Roͤmer Bund meineydiſch hat verletzt / Wie er verraͤthriſch mich des Reiches hat entſetzt. A 3Laß6SOPHONISBE. 155Laß dir nur uͤberhin die Schelmſtuͤck’ offenbaren. Mein Vater Gala war kaum aus der Welt gefahren / Als durch des Syphax Gift mein aͤlter Bruder ſchon Deſalees unterging. So bald ſein zarter Sohn Capuſa Koͤnig wird / hetzt er zum Aufruhrs-Brande160 Den Mezetulus auf: daß er mit hoͤchſter Schande Jn ſeines Koͤnigs Blutt ſo Haͤnd’ als Seele waͤſcht; Mit des Deſalees Frau die geile Brunſt auslaͤſcht / Sie in ſein Bette raubt; des Reiches Haͤupter ſchlachtet / Den Printz Lueumacen auch aufzureiben trachtet /165 Und ſich in Thron zu ſpieln. Als aber unſre Fauſt Gereitzt durch Schand und Mord / fuͤr den den Unthiern grauſt / Mit Koͤnig Bochars Huͤlff im vaͤterlichen Reiche Den Raͤuber uͤberfiel / und mit begluͤcktem Streiche Bey Tapſus Sieger ward; ſchickt Syphax wider mich170 Ein ſtarckes Laͤger aus; und als der Raͤuber ſich Zutrennt durch meinen Arm mus fluͤchten aus dem Lande / Laͤßt Syphax Asdrubaln zu einem neuen Bande Sich reitzen wider mich; bringt eilends auf den Fuß Die Kraͤfte ſeines Reich’s / ſo: daß ich aufangs muß175 Auf Balbus Klippen flihn und dar vom Raube leben; Doch mich bald vom Gebuͤrg’ in ofne Flucht begeben / Ja / als bey Clupea ſelbſt fuͤnf’ ich kaum entkam / Mich ſtuͤrtzen in den Flus; aus dem ich zwar entſchwam / Doch Bocharn glauben lies: ich ſey im Strom’ erſoffen /180 Bis ich den ſchwachen Leib / den funfzen Wunden troffen / Jn einer Hoͤle mir mit Kraͤutern ausgeheilt. Daſelbſten leſ’ ich noch vom Heere / das zertheilt / Kaum viertzig Reuter auf / zih ein neu Heer zuſammen; Ja treibe wie ein Wind des Krieges glimme Flammen185 Bis an des Syphax-Burg; nahm Hippons Felſen ein. Der Himmel aber ſchien mein Todt-Feind ſelbſt zu ſein / So Syphax als ſein Sohn der Fuͤrſt Vermina fuͤhren Zwey Laͤger auf mich an. Jch muß die Schlacht verlieren / Und kan Verminen kaum durch ſchnellſte Flucht entflihn /190 Muß Troſt-loos und verſteckt zum Garamanten zihn; Bis Syphax ſich ſo weit laͤßt Asdrubaln bethoͤren Durch ſeiner Tochter Eh; daß er ſich zu verſehrenDer7SOPHONISBE. Der Roͤmer Buͤndnuͤs wagt. Drauf faßt’ ich Rath und Muth Dem groſſen Scipio zu opffern Hertz und Blutt;195 Der ſchon durch Wolthat mich vermocht hat zu beſtreiten / Als ich ſein Feind gleich noch ſtand auf Carthagens Seiten / Und er der Schweſter Sohn Maßiven mir gab frey / Doch ohne Loͤſegeld. So bald ich Rom ſteh bey / Sinnt Syphax / wie er mir ein Bein koͤnn’ unterſchlagen /200 Laͤßt ſeine Tochter mir mit meinem Reich’ antragen / Und als mein Fuß nicht wil in Fall-Strick treten ein / Beſticht er einen Knecht mir Gifft zu thun in Wein. Urtheil’ Hiempſal nun: ob Syphax treuer Dienſte / Der Liebe wuͤrdig ſey; ob nicht mit mehr Gewinſte /205 Mit mehrer Ehr’ und Ruhm man auf die Roͤmer traut / Durch welcher Beyſtand ihr mich itzt geneſen ſchaut.
Mir grauſet / ich geſteh’s / fuͤr’s Syphax ſchlimmen Tuͤcken. Allein’.
Ein Kluger mus ſich in’s Verhaͤngnuͤs ſchicken / Das leite dich / wie mich / durch deines Feindes Hand210 Auf deiner Vorfahrn Thron.
Mehr als zu harter Stand / Wo Treu / und Heil / und Furcht in einer Seele kaͤmpfen!
Die Sonne der Vernunft mus ſolche Nebel daͤmpfen. Entſchleus behertzt / was Ruhm und Wolfarth ſamlet ein.
Es ſey denn! Cyrtha ſol noch heute deine ſein.
Jhr Schutz-Herrn Afrikens / ihr mehr als leichten Goͤtter! Trift ſchon Numidien ein friſches Ungluͤcks-Wetter? Gibt’s Beelſamen nach / laͤßt’s Adad aus der acht: Daß Rom Carthagens Haupt und uns zu Maͤgden macht? A 4Mein8SOPHONISBE. Mein Syphax iſt aufs Haupt zum andern mal geſchlagen. 220Und Cyrtha wird berennt. Doch / was iſt’s / daß wir klagen? Die Trauer-Wolcken ſind noch nicht von Keilen leer; Es prauſt ein neuer Sturm von allen Ecken her. Jhr Goͤtter! denen wir uns hier zu Fuͤſſen legen / Laßt unſre Saͤuftzer doch / die Thraͤnen euch bewegen. 225Kan euer feurig Zorn uns denn vorbey nicht gehn / So laßt den freyen Leib Schwerd / Pfal und Brand ausſtehn / So laßt den Donnerkeil ſo Bruͤſt’ als Hertz zerfleiſchen / So laßt der Glieder Oel auf glimmen Roͤſten kreiſchen / So ſchenckt der Laͤchſenden Ertzt / Pech und Schwefel ein /230 Darf Sophonisbe nur der Roͤmer Magd nicht ſein!
Daß Sie / Durchlauchtigſte / der Himmel moͤg’ erhoͤ - ren
Hilf Himmel! wie? mein Sohn?
Der ewig ſie wird ehren / Und ihr zu Fuͤſſen legt ſein von Blutt triffend Schwerd.
Mein Kind / der Himmel hat des Wunſches uns ge - wehrt /235 Der dich uns wieder ſchenckt. Kom̃ laſſe dich uns kuͤſſen! Wie / aber / ſeh’ ich Blutt von allen Gliedern fluͤſſen?
Theils das der Feind auf uns / theils das wir ſelbſt ver - ſpritzt.
Wo bleibt der Koͤnig denn?
Die Schlacht war ſo erhitzt / Die Schaaren ſo vermengt: daß ich nicht wahr genommen /240 Wo der behertzte Fuͤrſt im Treffen hin ſey kommen! Jch / dem das lincke Horn vom Vater ward vertraut / Gerieth auf s dritte Pferd; und ſtand / bis daß ich ſchaut’ Jedweden in der Flucht. Jch bin mit Noth entronnen.
Jhr Goͤtter ich vergeh! Jſt’s gantze Heer zerronnen /245 Der Koͤnig noch nicht hier / ſo kan / ach leider! Er Nicht ungetoͤdtet ſein?
Der Kummer iſt zwar ſchwer / Doch muß bey’m Unfall man noch ſtets ein beſſers hoffen.
Die kan nichts hoffen mehr / die ſo viel Blitz getroffen. Ach leider / wir ſind hin!
Der Fluͤcht’gen groͤſtes Theil250 Floh dem Gebuͤrge zu.
Vermuthlich hat ſein HeilDer9SOPHONISBE. Der Fuͤrſt dort auch geſucht.
Ach nein! mein bebend Hertze Sagt mir was aͤrgers wahr.
Sie halte Maas im Schmertze. Die Goͤtter ſchencken uns keinmal nicht Wermuth ein: Daß nicht Grosmuͤttigkeit darein kan Zucker ſtreu’n!
Kom̃t ihr / ihr treuſten Zwey / von Maſiniſſen wieder?
Wir kommen. Aber ach!
Was zittern eure Glieder?
Voll ſchrecken; doch erfreut: daß wir Verminen ſehn!
Wo bleibt Hiempſal denn / iſt ihm ein Leid geſchehn?
Ach nein! das Ungluͤck iſt unmoͤglich auszuſprechen.
260Sagt’s. Jhr ſucht’s ohne Frucht mit Wortten zu ver - brechen.
Fuͤrſt Syphax.
Jch vergeh!
Jſt in des Feindes Hand.
Tod?
Nein! Lebendig.
Ach! iſt mein erbaͤrmlich Stand / Jſt meines Elends Meer wol moͤglich zu ergruͤnden?
Habt ihr gewiſſen Grund? oft meint ein Feind zu finden265 Durch ein verfaͤlſcht Geſchrey den Schluͤſſel in die Stadt / Fuͤr die ſein Arm zu ſchwach.
Der Feind / Ach leider! hat Uns unſern Koͤnig ſelbſt gezeugt in Band und Eiſen.
Darf ihm der tolle Hund ſo knecht’ſche Schmach be - weiſen? Laßt / weil ein Tropffen Blutt uns noch in Adern rinnt /270 Verfechten Stadt und Burg. Wo ihr / wie ich / geſinnt / Wolln wir geſchwefelt eh mit dieſer Burg auffliegen / Eh Maſiniſſens Fauſt ein Haar von uns ſol kriegen.
Jch ruͤhme Muth und Schlus; ich wil Gefaͤrthe ſein. Das Ungluͤck aber ſchlaͤgt uns unter noch ein Bein.
275Eroͤfne / was uns druͤckt.
Der Feind hat hoch betheuert: Daß / wo drey Stunden ſie mit der Ergebung feyert /A 5Jhm10SOPHONISBE. Jhm Cyrtha nicht ſchleuſt auf / wir’s Koͤnigs Kopf geſpißt Solln auf dem Pfale ſehn.
Welch Drach’ und Tyger iſt Dem Maſiniſſa gleich? Jhr Wolcken berſtet / blitzet! 280Brich Abgrund! wo der Hund / ſo raſend / ſo erhitzet An unſre Seele ſetzt. Ohnmaͤcht’ge Koͤnigin! Jn was Verzweifelung faͤllt Sophonisbe hin? Solln wir des Hauptes Haupt ſehn auf dem Pfale ſtecken? Sol ſolch ein Schaugericht’ uns Aug’ und Hertz beflecken? 285Mag wol ein Greuel ſein / der mehr durch’s Hertze bricht? Nein! Sophonisbe fuͤhrt Thyeſtens Augen nicht! Nein! Laßt uns vor den Dolch durch Hertz und Bruͤſte ſtoſſen!
Frau Mutter / laßt uns nicht mehr auf uns ſelbſt er - boſſen / Als auf des Feindes Bruſt. Man ſchaͤrffe Witz und Schwerd:290 Daß ihm der Donnerkeil ſelbſt durch die Seele faͤhrt!
Mein Kopf iſt gantz verwirrt! die Augen gantz umb - nebelt! Laͤßt Sophonisbe zu: daß man den Eh-Schatz ſebelt? Laͤßt Sophonisbe zu: daß man zur Magd ſie macht? Daß ihr mit Cyrtha ſeit in’s Roͤmſche Joch gebracht? 295Nein! Blutt-Hund / raſe fort! Du magſt den Syphax ſchinden; Dein Dreun und Greuel ſol die Stad nicht uͤberwinden; Doch nein! Micipſa geh’ / eroͤfne Thor und Stadt. Geh / trags dem Feinde fuͤr: daß er zur Magd mich hat; Daß er uns mag nach Rom zum Siegs-Gepraͤnge fuͤhren /300 Wo nur mein Eh-Schatz nicht darf Hals und Kopf verlieren!
Auf was fuͤr Aberwitz verleitet ſie der Schmertz? Hat Sophonisbe mehr kein Aſdrubaliſch Hertz? Wil ſie dem Todt-Feind’ uns und ſich in Rachen ſtuͤrtzen? Kan ihm der Hund ſo denn nicht auch den Geiſt verkuͤrtzen? 305Und aͤrger mit ihm ſpieln / wenn alles iſt verſpielt? Kein Schluß kan ſicher ſein / der auf die Zagheit zielt.
Solln wir durch Trotz das Beil ſelbſt auf den Ch - Schatz wetzen?
Solln wir durch Furcht das Beil uns ſelbſt an Nacken ſetzen?
Sophon.Die Demuth reißt das Schwerd Tyrannen aus der Fauſt.
310Wie / daß ihr itzt nicht mehr fuͤr Maſiniſſen grauſt?
Mein Hertze ſchmeltzt fuͤr Lieb’ / und wuͤnſcht fuͤr ihm zu buͤſſen.
Die Feinde dreun oft mehr / als ſie hernach entſchluͤſſen.
Wir ſahn an’s Syphax Hals bereit das Beil geſetzt.
Doch hat es noch zur Zeit kein Haarbreit ihn verletzt.
315Der Grim iſt nicht verkuͤhlt / der Schlag nur aufge - ſchoben.
Solch Aufſchub machet lan auch raſend-tolles Toben.
Nicht / wo ein alter Feind durch Aufſchub zielt auf Nutz.
Großmuͤttigkeit ſchafft Ruhm / Furcht iſt der Haſen Schutz.
Ach leider! Jhr fuͤhlt nicht die aͤngſt’gen Hertzens-Biſſe.
320Geſaͤtzt auch: daß der Feind den Syphax toͤdten lieſſe / Was haͤtten wir und er mehr als bereit verlohrn? Die Fuͤrſten / denen iſt der Purper angebohrn / Sind ohne Zepter kranck / und mehr als todt in Ketten. Verlangt der Fuͤrſt und Held das Leben ihm zu retten? 325Maͤßt unſerm Koͤnige nicht ſolche Kleinmuth bey: Daß ihm der Hals nicht feil fuͤr Reich und Kinder ſey.
Wahr iſt’s; dis was man hier itzt auf die Wage leget / Verdammet Syphax ſelbſt; und heißt uns unbeweget Fuͤr unſre Wolfahrt ſtehn; betheuernde: Sein Tod330 Sey uns mehr kein Verluſt / doch’s Ende ſeiner Noth. Ja als der Feind nahm wahr; wie ihn kein Dreuen ſchreckte / Wie hertzhafft er den Hals bis unters Richtbeil ſteckte / Zoch ſelbſt die Tyranney die ſteilen Hoͤrner ein.
Auch unſre Tugend wird des Feindes Anſtoß ſein.
335Bomilcar aber dringt auf Cyrthens Ubergabe.
Wol! nun ich dieſen Schluß von meinem Syphax habe / Liegt mir kein Centner mehr des Zweifels auf der Bruſt / Und Sophonisbe ſchoͤpft auch aus dem Elend Luſt. Weil Athem meine Bruͤſt’ / und Blutt die Adern ſchwellet /340 Wolln wir den Degen fuͤhrn / wenn Syphax zwoͤlfmal faͤllet. Micipſa geh’ und ſchaf’ itzt bald Bomilcarn heim; Der nicht mehr hoͤrens werth. Des Feindes HonigſeimFloͤßt12SOPHONISBE. Floͤßt uns nur Spisglas ein; dem man mehr / wenn er dreuet / Mag traun / als wenn er Aſch’ auf glimme Kohlen ſtreuet. 345Auf! laßt der treuen Stadt zum Vorbild uns ſtelln fuͤr! Legt uns den Harniſch an. Den Helm her! ſchneidet mir Nun das unnuͤtze Haar zu Seenen auf die Bogen Von Stirn und Scheutel ab. Welch Weib uns iſt bewogen / Welch unerſchrocken Weib das Vaterland nicht haßt /350 Sol nachthun / was ihr ſeht. Wir wolln des Krieges Laſt Mit unverzagter Fauſt nebſt euch / ihr Helden / tragen; Der Stadt Beſchirmer ſein / den Feind in Ausfaͤll’n ſchlagen. Laͤgt euch / ihr Liebſten / ſtracks auch Helm und Kuͤras bey. Der Himmel kan verleihn: daß Sophonisbe ſey355 Des Feindes Tomyris / ihr mehr als Amazonen; Die dem Bluttduͤrſtigen mit eignem Blutte lohnen. Himilco nim̃ der Stadt ſtatt des Hiempſals wahr / Und ruͤhm’ ihr unſern Schlus. Jhr ſchafft fuͤr dis Altar Stracks unſre Kinder her. Mein eigen Blutt bezeuge360 Mit was fuͤr Liebes-Milch’ ich Reich’ und Voͤlcker ſaͤuge.
Unuͤberwindlich Zweig des groſſen Aſdrubal! Behertzte Koͤnigin! die kein erſchrecklich Knall Des Ungluͤcks nicht erſchreckt mit tauſend Donnerwettern / Die alle Welt verehrn / Carthago wird vergoͤttern;365 Die Rom fuͤr Afrikens Penthaſilea ſchilt. Schutz-Goͤttin unſers Reichs / ja Cyrthens Pallas-Bild! Nun ſchoͤpf’ ich Luft und Muth! weil ſolch behertzt Entſchluͤſſen Mus vom Verhaͤngnuͤſſe / von unſern Goͤttern fluͤſſen. Nur13SOPHONISBE. Nur Muth! die Koͤnigin wird uns Xanthippus ſein370 Die dieſen Regulus wird Faͤſſeln ſchluͤſſen ein; Und lehrn: daß wenn man meint Carthago lieg im Staube / Sein Drache / Ruhm und Sieg der Roͤmer Adlern raube.
Die Goͤtter machen wahr dis / was mein Wunſch be - gehrt! Kom̃t / guͤrtet umb den Leib hier meines Koͤnigs Schwerdt. 375Vermina ſchmuͤcke dich mit unſerm Frauen-Kleide / Die Andacht macht: daß ſich ein Held mit unſer Seide Hier nicht verſtellt und flerkt. Zeuch meinen Rock auch an; Daß ich in Helden-Tracht dem Mohnden opfern kan / Und du dis heil’ge Bild in Weiber-Kleidern ehren;380 Weil ſonſt die Goͤttin nicht pflegt Betende zu hoͤren. Errette Kabar uns / du Schutzſtern dieſer Stadt! Baaltis hoͤre mich / weil man dir allzeit hat Hochedles Menſchen-Blutt und Kinder-Fleiſch gewehret: Daß es dein gluͤend Bild verbrennt hat und verzehret. 385Schau / Goͤttin / gleich ſich dir zwey meiner Kinder ſtelln. Jm fall ihr ſchmeltzend Leib ſol deine Flam̃’ erhelln / Eroͤfne deinen Heiſch mit den gewohnten Strahlen. Ja / ja! Jch ſehe ſchon die Glutt ſich roͤther mahlen. Die Flamme kroͤnt dein Haupt. Kom̃t her / ihr Kinder looßt /390 Wer wuͤrdig unter euch ſey auf den glimmen Rooſt Als Opfer fuͤr das Heil des Vaterlands zu ſteigen. Kom̃t! denn ſie ſcheint euch ſchon die Armen zuzuneigen. Durch ſolch ein Opfer hat auch Anobreta ſchon Die Kriegslaſt abgeweltzt von der Phoͤnizer Thron /395 Als ſie ihr einigs Kind den Goͤttern hat gebraten. Buſir hat den Oſir / die Druiden Teutaten / Und Creta den Saturn durch gleiches Blutt verſoͤhnt / Und Ammon Molochs Bild mit ſolcher Glutt gekroͤnt / Auch Sparta Menſchen-Hertz’ auf’s Mars Altar geſchlachtet.
400Wie ſeelig / der fuͤr’s Heil des Vaterland’s ver - ſchmachtet! Frau Mutter / es bedarf hier keines Looſes nicht. Das Recht der Erſtgeburth / das Hertze / das mir bricht Fuͤr das gemeine Heil / beſtimmen mir die Wuͤrde Daß ich ſol’s Opfer ſein.
Meinſt du: daß ich fuͤr BuͤrdeDer14SOPHONISBE. 405Der Mutter Spruch nehm’ an? Jch habe ſo viel Muth Als du / fuͤr unſer Reich zu opfern Hertz und Blutt / Den Stahl ſo auf mich ſelbſt / als auch den Feind / zu ſchleiffen. Hier ſteht der Gluͤckstopf ſchon. Laß nach dem Preiß’uns greiffen.
Mein Blutt und Hertze wallt fuͤr Schmertz-vermaͤhlter Luſt! 410Der Kinder groſſer Geiſt regt meine kalte Bruſt. Die Goͤtter wandeln euch / ihr Sternen / in zwey Sonnen!
Gluͤck zu! Hierba hat das Vorzugs-Recht gewonnen! Frau Mutter nehmt von mir die irrd’ſchen Kleider hin.
Sol ich / hilf Himmel! ſein die blutt ge Prieſterin?
415Vermina guͤrte mir den Guͤrtel von den Lenden
So Gold als Tugend wird verklaͤrt in Flam̃’ und Braͤn - den.
Amilcar ſol umb mich die Opfer-Binde zihn.
Aus deiner Aſche wird der Wolfahrt Phenix bluͤhn.
Numidien wird dich mit mehrern Lorbern kroͤnen /420 Wir mehr Altaͤre dir baun / als den zwey Philenen Carthago wiedmete / die in Cyrener Sand Sich lebendlieſſen ſcharr’n: wormit ihr Vaterland Auf ihrer edlen Grufft ein ewig’s Graͤntzmal hette Vergroͤſſerter Gewalt.
Mus Decius errette425 Sich opfernde / ſein Heer; hier iſt mehr Helden-That Bey Kindern / als jemals veruͤbt ein Roͤmer hat.
Adherbal kroͤne mich mit Lorbern und Cypreſſen.
Jch und die Nachwelt wird nicht deinen Ruhm ver - geſſen.
Nun lege / Mutter / mich der Baal in die Schoos.
430Nim̃ dieſen Kuß noch hin. Erſchrecklich Hertzens - Stos! Jedoch nur fort! das Heil des Reiches geht fuͤr Kinder. Gott mache dich zum Stern’ und uns zum Uberwinder!
Hilf Gott! was ſpruͤt das Bild fuͤr grauſe Flammen aus. Welch Blitz ſchlaͤgt aufs Altar? Erbebt der Goͤtter Haus? 435Erſchuͤttert ſich die Erd’? und wil der Grund verfallen?
Was habt ihr thoͤrchtes fuͤr: daß auch die Goͤtter knallen Auf euren Aberwitz? Wie? ſol Hierbens Blutt Hier ſchnoͤdes Opfer ſein? Weg mit ihm! deſſen MuthNumi -15SOPHONISBE. Numidien zur Zeit in Freyheit ſol verſetzen. 440Man mus bey ſolcher Noth mit andrem Blutte netzen Der Goͤtter gluͤend Bild. Jſt ſonſt kein Opfer dar? So Sonn’ und Monde wolln auf ihr umbflam̃t Altar / Zum Opfer Erſtlinge von den Gefang’nen haben. Stracks / ſchafft ihr zwey hieher. Die werden ſuͤßre Gaben445 Den groſſen Goͤttern ſein.
Jhr leichten Goͤtter ihr! Verzuͤckt Grim̃ oder Gunſt den groſſen Vorſatz mir?
O Blindheit der Vernunft / die nur hat Maulwurffs-Au - gen / Wenn ſie ſchon Luchs wil ſein. Wir albern Goͤtzen taugen Nicht fuͤr’s Verhaͤngnuͤſſes umbwoͤlckten Richterſtul!
450Jhr Goͤtter? traͤumet mir? leb’ ich? hat mich der Pful Der Todten ſchon umbſchrenckt? iſt Syphax dis? ſein Schatten? Der Koͤnig? den die Feind’ in Band und Eiſen hatten?
Jch werde / liebſter Schatz / ja wol dein Syphax ſein.
Kom̃ ſchleuß mein Schutz-Gott mich in Seel’ und Ar - men ein.
455Darf ich / Herr Vater ihm / Hand / Knie und Fuͤſſe kuͤſſen?
Laß’ / allerliebſtes Kind / dich in mein Hertze ſchluͤſſen.
Hier zeuget ſich mein Gott / dem opfer’ ich mein Hertz.
Es kaͤmpft in meiner Seel’ Angſt / Zweifel / Freude / Schmertz.
Mit was bezeug’ ich ihm / Herr Vater / meine Freude?
460Jſt’ dis mein Kind? mein Sohn? Vermin? in Weiber - Kleide?
Jch fleh’ in dieſer Tracht fuͤr ihn die Goͤtter an.
Jtzt ſterb ich froh / nun ich nur dich umbarmen kan / Die Seule meines Throns / mit deſſen falſchem Sterben Die Feinde kitzeln ſich / doch Ehren-Fahnen faͤrben465 Aus deinen Wunden dir; weil Feind und Laſter doch Nicht kan die Tugend ſchmehn.
Mein Schatz eroͤfne Wie er ſo gluͤcklich ſich der Feſſel hat entbunden? (noch:
Zu was fuͤr Schloͤſſern hat nicht Gold den Schluͤſſel fun - Hierdurch hab ich erkauft der Mohren-Wache Treu. (den?
470Jn meinem Leibe wird Geiſt / Athem / Hertze neu / Und ſagt den Goͤttern Danck.
Ach! daß Carthago wuͤſte Des groſſen Koͤnigs Heil / und unſre Freud’ und Luͤſte!
VermDer Prieſter fuͤhret zwey Gefang’ne gleich herein.
Recht! Gott und Andacht muß keinmal vergeſſen ſein. 475Den ſchlachte / Bogudes / dem Mohnden / den der Sonnen.
Durch Opfer wird gewis der Goͤtter Hertz gewonnen. Ziht die Gefangenen bis auf die Haͤmbder aus.
Verdam̃ter Gottes-Dienſt! verteufelt Goͤtzen-Haus!
Mann wird euch ſiedend Ertzt auf Bruͤſt und Glieder ſpeien /480 Wo ihr das Heiligthumb meint fluchend zu entweihen. Da ihr ein Wort noch ſprecht / erſaͤuft euch Hellen-Kwal. Laßt euch mit Meyen-Thau beſprengen ſieben mal. Laßt euch Stirn’ / Augen / Mund aus dieſem Weine waſchen. Nun laßt euch’s Haupt beſtreun mit dieſer Todten-Aſchen. 485Schluͤßt hintern Ruͤcken Bein’ und Armen in ein Band. Werfft der Gefangnen Pfeil und Weyrauch in den Brand; Daß Nabatheens Hartzt die heilge Glutt erfriſche. Nun hebt ſie alle zwey auf die zwey Opfer-Tiſche. Kehrt beyder Angeſicht’ Aſtartens Bilde zu. 490So ſcharffen Schnitt ich hier durch beyder Bruͤſte thu / So wolle Baal auch der Feinde Macht zertrennen. Dis Hertze ſol dir Sonn’ / und dis dir / Mohnde / brennen. Nim̃ groſſer Schutz-Gott an / was Andacht dir gewehrt / Das Fleiſch ſey von der Glutt / der Feind von dir verzehrt. 495Hier haſtu / Derceto / zum Opffer ihr Gehirne; Sey unſrem Feind’ ein boͤſ’ / uns ein geneigt Geſtirne. Wie dis erhitzte Beil durch beyder Haͤlſe faͤhrt / So falle Rom und Feind auch durch der Mohren Schwerdt. Daß man der Todten Koͤpf’ auf unſre Thuͤrm̃e ſtecke. 500Der Feind fuͤr ihnen mehr als Gorgons Schild’ erſchrecke.
Das Opfer iſt vollbracht: Noch eines aber fehlt. Jhr Kinder / die zur Rach’ uns das Verhaͤngnuͤs wehlt; Kom̃t laßt wie Hannibaln euch einen Eyd vorleſen; Dafern ihr Rom geſtuͤrtzt / Carthago wuͤnſcht geneſen.
505Wo uns in Adern ſteckt ein Tropffen Roͤmiſch Blutt / Vertilg’ ihn und mein Hertz die aͤrgſte Schwefel-Glutt!
Jhr muͤßt’s Altar anruͤhrn / aufs Schwerd die Finger legen.
Jch fuͤhl in meiner Bruſt ſich Rach’ und Eyfer regen.
Bogud.Wir / unſer Stam̃ / und Reich ſei ewig - lich verflucht /510 Wo einer unter uns nicht Todfeind ſtirbt / und ſucht Der Roͤmer Untergang / und Maſiniſſens Ende. Wir ſagens eydlich zu euch Goͤttern in die Haͤnde.
SO iſt / hilf Himmel! ſchon die Stadt in’s Fein - des Hand?
Ja leider! wir ſind hin!
Er - baͤrmlich Unbeſtand Des Gluͤckes! das mit uns ſpielt / als mit Waſſerblaſen.
Ach! wie wird nicht der Feind auf uns und Cyrtha raſen!
5Sag’s: wie im Augenblick die Stadt erobert ſey?
Wir fall’n durch eignes Schwerd / und durch Ver - raͤtherey. Hiempſals Meyneyd hat die Feſtung aufgebrochen / Nach dem er guͤldne Berg’ uns thoͤrchten hat verſprochen / Uns albern und der Stadt betheuernd weiß gemacht:10 Er habe Frieden uns von Maſiniſſen bracht.
Verteufelt-falſcher Hund! find ſolcher Heuchler Motten Aus zartem Wurm-Geſpuͤnſt’ und Purper nicht zu rotten?
Als nun das frohe Volck von Poſten ſich verlier’t / Ja viel der Vorwitz gar in’s Feindes Laͤger fuͤhr’t /15 Das voller Jauchtzen bebt / mit Freuden-Feuern glaͤntzet / Jn dem jedwedes Fahn ein gruͤner Oelzweig kraͤntzet /Nim̃t21SOPHONISBE. Nim̃t unverſehns der Feind mit einer ſchwachen Schaar / Die ſelbſt Hiempſal fuͤhrt / das Thor ein / die Gefahr Hieß mich und andre zwar zur Gegenwehr’ uns ſchicken. 20Doch bald ſiht man auf uns die gantze Macht losdruͤcken; Und als Mandreſtal faͤllt / Hiarba bleibet todt / Jch dieſe Wunden kriegt / fleucht alles: daß mit Noth Jch auf die Burg entkam.
Jch ſeh’ es: das Verhaͤngnuͤs Beſtelt Numidien und uns das Leichbegaͤngnuͤs! 25Auch Hannibal hat ſchon Carthagens Fall erkennt.
Ach! Fuͤrſt / die Burg iſt ſchon mit Feinden rings umbreñt. Ja die Beſatzung laͤßt Thor / Mauern / Waffen fahren / Springt uͤber zu dem Feind! Es ſind von allen Schaaren Nicht hundert / welche treu in Koͤnigs Dienſten ſtehn.
30Laßt uns dem Feinde noch behertzt entgegen gehn.
Ja! wir wolln biß in Todt mit euch in Kampfplatz zihen.
Umbſonſt! Ach koͤnte nur Vermina noch entfliehen! An dem des Reiches Heil / Carthagens Hofnung liegt; Mein Troſt / wenn alles ſonſt verſpielt iſt und beſiegt.
35Wie? und ſol ich allein durch Flucht und Furcht mir rathen?
Zeuch an ein Roͤmiſch Kleid; und miſche den Soldaten Dich als ein Kriegs-Knecht ein. Der Feind wird / wenn nur ich Gefangen / ſich ſo ſehr bekuͤmmern nicht umb dich. Auch ihr / ihr Freunde / fliht / wo ihr entkommen koͤnnet:40 Weil Syphax / und das Schiff zerberſtet / jeden goͤnnet Daß er ein Brett ergreift / und Tod’ und Ach entſchwim̃t.
Herr Vater / einen Kuß dem der nun Abſchied nim̃t; Die Goͤtter wollen euch mit beſſerm Gluͤcke ſegnen!
Wir woll’n ſtehn aus was euch / Durchlauchſte / wird begegnen /
45Fuͤrſt Maſiniſſa ſelbſt bricht nebſt des Heeres Kraft Schon durch das Burg-Thor ein.
Laßt was der Him - mel ſchaft / Was das Verhaͤngnuͤs ſchickt / behertzt thun und erfuͤllen. Geduld verzuckert auch die Wermuth-bittren Pillen.
B 3Maſiniſ -22SOPHONISBE.Trift den Entlauffenen mit ſeinem Schwarme man50 Jn dieſem Keſichte vergifter Schlangen an? Stracks! daß man ingeſam̃t ſie in die Ketten ſchluͤſſe.
Dein Schimmer ſpiegel ſich in meinem Finſternuͤſſe.
Dein Meineyd ſtuͤrtz’t dich ſelbſt. Wer Goͤttern Eyde bricht / Verdient bey Sterblichen Gunſt und Erbarmung nicht. 55Laßt Bein und Armen ihm in enge Faͤſſel ſchrauben.
Wil man die Haͤnd’ uns nicht zum minſten frey erlauben? Gerechte Goͤtter! Ach!
Ja wol! ſie ſind gerecht; Dein Beyſpiel lehr’ts; denn der wird itzt der Straffe Knecht Jn dem die Boßheit herrſcht.
Du wirſt der Goͤtter Rache60 Noch allzu zeitlich fuͤhln. Du eben biſt der Drache Der Africa verſchlingt; und ſeine Freyheit legt Den Roͤmern unters Joch; der eine Woͤlfin hegt Jn ſeiner eignen Schos / die ihn bald ſelbſt wird freſſen.
Gefangne reden nicht mit Siegern ſo vermeſſen.
65Verletzt die Wahrheit ſo der Heuchler zartes Ohr?
Du ſelbſt haſt hin und her gewancket wie ein Rohr.
Jch nie in’s Vaterland ein frembdes Volck gefuͤhret.
Was nuͤtzt euch: daß ihr hier ſo Wortt’ als Zeit verlieret? Stracks fuͤhrt den Syphax hin / ſchluͤßt ihn in Kercker ein.
70Des Syphax Geiſt wird frey auch in den Banden ſein.
Bomilcar / laß’ alsbald rings-umb die Burg verwachen: Daß niemand / wer der ſey / ſich auf die Flucht kan machen; Sucht nebſt Verminen auf die ſtoltze Koͤnigin Die dieſen Brand gebohrn. Die ſchleppt in Kercker hin!
Sophon. 23SOPHONISBE. 75Durchlauchtigſt-groſſer Fuͤrſt; Großmaͤcht’ger Uber - winder / Erbarm dich deiner Magd und ihrer armen Kinder; Die ſich fußfaͤllig dir zu deinen Fuͤſſen legt.
Was? iſt dis eine Magd die Helm und Harniſch traͤgt?
Ja! es iſt Sophonisb’ / ein Haß der leichten Goͤtter /80 Ein Ball des falſchen Gluͤcks / ein Ziel der Ungluͤcks-Wetter; Vor eine Koͤnigin / itzt deine ſchlechte Magd; Der das Verhaͤngnuͤs hat ſonſt allen Troſt verſagt / Als dieſen: daß ſie faͤllt in Maſaniſſens Haͤnde; Daß mein geſcheutert Schif an einen Felſen lende /85 Auf dem der Tugenden ſtern-heller Pharos ſteht. Vergib mir: daß ein Weib ſo ferne ſich vergeht / Die deine Sclavin iſt: daß ſie dein Knie anruͤhret / Daß ſie zu Fuſſe faͤllt dem Herren / welcher fuͤhret Jm Koͤcher Gnad’ und Tod / Gewalt auf Hals und Haupt. 90Wo deine Siegs-Hand mir zu kuͤſſen iſt erlaubt / Wo ein gefangen Weib darf Sieger etwas bitten / Jch Mohrin auf dein Knie darf reine Thraͤnen ſchuͤtten / So fleh’ ich durch den Glantz der Krone / die dich ſchmuͤckt / Bey aller Goͤtter Gunſt / die dir den Sieg zuſchickt /95 So fleh’ ich dich beym Ruhm und Nahmen der Numiden / Das du und Syphax biſt / nicht umb geneigten Frieden / Umb Leben / Kron und Reich / nicht umb die Freyheit an. Nein! Sophonisbe ſtirbt begierig / wo ſie kan. Die Kraͤntze / die uns[z]iern / ſind Pfeile voller Spitzen /100 Die uns durch’s Hertze fahrn / und unſer Haupt zerritzen. Das Elend nagt an uns / das Gluͤcke macht vns blind / Da Mohren doch beruͤhmt ſonſt von vier Augen ſind. Das Reich war mir nur Laſt / die Krone trug nur Doͤrners Drumb ſchaͤtzt’ ich alles diß nur fuͤr gemahlte Koͤrner /105 Darmit das Gluͤck’ uns ſtreut / und in’s Verterben lockt. Der Himmel iſt zu ſchwartz / das Gluͤcke zu verſtockt: Daß ich mir noch hiervon was ſuͤſſes traͤumen laſſe. Jch ſchwere groſſer Fuͤrſt: daß ich mit Luſt erblaſſe. Mich ſtinckt das Aloe des ſauern Lebens an /110 Das das Verhaͤngnuͤs ſelbſt mir nicht verzuckern kan /B 4Weil24SOPHONISBE. Weil ja kein Kuͤrbskern mag Granaten-Aepfel zeugen.
Auf! ſchoͤnſte Koͤnigin / ſie darf kein Knie hier beugen / Sie melde: was ſie druͤckt. Was hat ſie zu befehln?
Jhr Goͤtter! kan ich wol fuͤr Hertzens-Luſt erzehln115 Das bange Seelen-Ach! Mein Fuͤrſt / der Roͤmer Ketten Beaͤngſtigen mein Hertz. Kan mich der Fuͤrſt erretten Aus dieſer Stoltzen Schimpff / und ſolcher Woͤlffe Klau’ / Erlang’ ich Wunſch und Heil. Daß ich des Syphax Frau / Der deines Bluttes iſt / ſo lange bin geweſen /120 Daß ich ſo wol als du in Africa geneſen / Senckt meiner Seele Troſt und Hofnungs-Ancker ein: Du koͤnnſt ſo grimmig nicht als frembde Roͤmer ſein. Jſt aber dieſe Macht / dir / groſſer Fuͤrſt / verſchnitten / So laſſe dich mich Magd / mich Selavin doch erbitten;125 So treib dis ſchoͤne Schwerdt (ich ſchmecke ſchon die Luſt!) Durch meiner Kinder Leib in Sophonisbens Bruſt. Bringt uns die Kinder her; hier durch fußfaͤllig flehen Sich ſtrenger Dienſtbarkeit der Roͤmer auszudrehen. Jſt auch der Wunſch umbſonſt; ſo wil als Prieſterin130 Jch dir ihr ſpritzend Blutt zum Opfer liefern hin.
Durchlauchſte Sophonisb’ / ich fuͤhle deine Schmertzen. Das Gift fleuſt dir in Mund / und wuͤrckt in meinem Hertzen. Jedoch / ſie ſchoͤpffe Luft und gebe ſich zur Ruh. Oft wirft der Sturm im Port. Mein Licht / ich ſag’ ihr zu /135 Hier hat ſie Treu und Hand / ihr billiges Begehren.
Jhr Goͤtter! was werd’ ich / als Freuden-ſchwangre Zehren / Mein Schutz-Gott / dir zum Danck’ und Opfer gelten ab? Mein Antlitz / das zur Zeit dem Syphax Anmuth gab / Vermag nur Thraͤnen noch; und meine ſchnellen Bruͤſte /140 Die vor zwey Koͤcher war’n / und Brunnen ſuͤſſer Luͤſte / Sind nur von Seuftzern reich. Die Seele die kaum kan Noch recheln / zuͤndet ihm der Andacht Weyrauch an. Ja! laß’ auch dich nunmehr anbethen die zwey Knaben. Verſchmehe / ſo wie Gott / nicht die geringen Gaben. 145Das Hertze / nicht ihr Preiß gibt Opfern ihren Werth / Geht / liebſten Kinder / fallt dem Sieger in das Schwerdt.
Adherb.Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt? Wir fallen ihm zu Fuͤſſen / Verpflichten ewig uns zu Sclaven Maſaniſſen. Er ſpann’ uns Aermſte nur nicht in der Roͤmer Joch.
150Wir wuͤnſchen uns den Todt und tauſend Martern noch / Wir wolln fuͤrs Henckers Klotz mit frohem Lachen knien; Wir wolln in Loͤwenhoͤln in Drachen-Neſter ziehen / Wo uns der Fuͤrſt nur nicht nach Rom als Selaven ſchickt.
Jhr edlen Fuͤrſten / auf! Aus dieſen Knoſpen biuͤckt155 Die Trefligkeit des Stam̃’s / die Wuͤrde kuͤnft’ ger Fruͤchte. Durchlauchſte / ſie entwoͤlck’ ihr himmliſches Geſichte; Manaſtabal nim̃ ihr und ihrer Treuen wahr. Die Stille folgt auf Sturm / Erkwickung nach Geſahr.
Ach! aber Ach! bin ich Beſigter oder Sieger? 160Den Jaͤger zwar erlegt oft ein gehetzter Tyger / Nicht aber ein ſchwach Reh. Und Sophonisbe ſchlaͤgt Jn Band und Eiſen mich! wir ſiegen! und ſie traͤgt Die Lorber-Kraͤntze weg! wir ſchneiden / und fuͤhln Schmertzen! Wir herrſchen in der Burg / ſie aber uns im Hertzen! 165Wir ſind Herr dieſes Reichs / ſie Hencker unſer Luſt! Tyrann in unſer Seel’ / und Natter in der Bruſt! Gleicht Sophonisbe ſich der zaubernden Medeen? Sol ich der Creuſe Brand des Creon Ach ausſtehen? Steckt ſie durch bloſſen Blick wie Baſiliſchken an? 170Werd’ ich geaͤſchert ein / eh ich den Zunder kan So groſſer Flammen ſehn? Jch loder! ich verbrenne! Mein Abgott / Sophonisb’! Auf! Fuͤrſtin / ich erkenne Fuͤr den Gefangenen / fuͤr deinen Selaven mich! Wie / Maſiniſſa / was beginſt du? geh in dich! 175Sol dieſe Spinne dir anmuth’gen Honig geben? Sol dieſer Seidenwurm dir ein Begraͤbnuͤs weben? Stuͤrtzſt du vorſetzlich dich wie Mutten in die Glutt? Kennſt du die Schlange nicht noch Aſdrubals ſein Blutt / Die Gift nur athmet aus / ja nichts als Sterben hauchet? 180Die Flamme / durch die itzt Numidien verrauchet? B 5Der26SOPHONISBE. Der Molch / der’s Syphax Bruſt durch Ehrgeitz neckt und ſtach / Bis er vom Reich uns ſties / der Roͤmer Buͤndnuͤs brach? Und Maſiniſſa wil ſich gatten mit den Drachen / Umbarmen dieſen Wurm / mit Nattern Freundſchaft machen? 185Schleuß dieſe Zauberin in ein Gefaͤngnuͤs ein; Stoß ſie aus Schoos und Bruſt. Nein! Maſiniſſa / nein! Der Ehrgeitz blaͤndet dich / du rennſt in ſchnoͤden Schrancken / Die Rach’ und Eyfer ſetzt; du frevelſt mit Gedancken / Wenn du des Syphax Schuld auf ihre Schultern laͤgſt;190 Die Unſchuld mit Verdacht - und Neides-Peitſchen ſchlaͤgſt. Geſetzt: daß ſie auf Rom verbittert ihn verhetzet; Welch Lam̃ erboſt ſich nicht auf den / der es verletzet? Die Schneck’ / ein Kefer ſpreuſt auf jeden / der ſie neckt / Die ſchwachen Hoͤrner aus. Dis / Sophonisbe / ſteckt195 Mich mehr mit Flammen an: daß deine Schoͤnheits-Strahlen Nicht tumme Steine ſind und Perlen-leere Schalen: Daß du von Aſdrubaln dem Helden ſtammeſt her / Der neu Carthago baut’ / ein Herr war zweyer Meer’ / Und ſtets voll Tapferkeit zum Kampffe war geguͤrtet;200 Daß deine Lilgenbruſt Alcidens Hertz bewirthet; Daß Blitz beſeelt dein Aug’ und Anmuth die Geſtalt. Jch brenn! Ach! aber / ach! mein Hertze wird mir kalt / Wenn es an Rom gedenckt / an Scipions Geſichte. Geſchwinde Brunſt gebiehrt der Rene ſaure Fruͤchte. 205Wie wuͤrd’ es Maſaniß’ / umb Reich und Zepter ſtehn? Ach ja! es laͤßt ſich nicht in jeden Tempel gehn Mit unverſchloßner Lipp’ und aufgeloͤſter Stimme. Und Maſaniſſa darf nicht ſagen: daß er glimme; Mus legen / wenn er dich / o Sonne / betet an /210 Den Finger auf den Mund. Doch nein! ſolch Feuer kau Verſcharrt nicht unter Aſch’ erſtickter Furcht verliegen. Rom mag erbittert ſein / mein Zepter Anſtos kriegen / Die Gunſt in Haß ſich kehrn / mein Zepter Gluͤck und Land / Mein Lebens-Faden hengt in Sophonisbens Hand;215 Mein Puls ſchlaͤgt / wie in ihr / mein Hertz in ihren Bruͤſten! Wird aber Syphax nicht noch unſern fuͤſſen Luͤſten Schaͤlſichtig ihrer Gunſt und Lieb’ am Wege ſtehn? Nein! Syphax ſol ſchnurſtracks durch dieſe Fauſt vergehn!
Der27SOPHONISBE.Jſt der Verluſt des Reichs / Rachgoͤtter / euch zu wenig? 220So ſol Numidiens gekroͤntes Haupt und Koͤnig / Der Schutz-Herr Afrikens in dieſes Kerckers Nacht Vermodern und verfauln? lernt / die ihr euch die Pracht Des Purpers blaͤnden laßt / aufs Zepters Rohrſtab ſtuͤtzet: Daß der in Banden heut’ und auf dem Pfaͤlen ſitzet225 Der geſtern Cr[æ]ſus war. Ach! was war Syphax nicht? Ein Stern in Mohren Land; itzt ein verloſchen Licht; Der Voͤlcker Schiedes-Mann / ein Richter groſſer Herren; Jtzt ein verdam̃ter Knecht; den man wie Selaven ſperren Jn ſchwere Faͤſſel laͤßt. Rom und Carthago war230 Umb meine Gunſt bemuͤht; der Helden groͤſtes Paar / Der Roͤmer Scipio und Aſdrubal der Mohren Bedienten meine Hand / liebkoſten meinen Ohren / Bewarben auf einmal umb meine Freundſchafft ſich. Ach! daß ich / Scipio / du Ungluͤcks-Vogel / dich235 Mit der ergrim̃ten Fauſt zu toͤdten nicht gewaget / Als du und Aſdrubal in einem Bette laget? Drumb / Syphax / ruͤſte dich / erſetze / was verſehn! Es iſt ſo ſchrecklich nicht den grauſen Tod anſehn / Als in der Finſternuͤs kaum Maulwurfs-Augen haben. 240Auf! ruͤſte dich in’s Hertz dis Meſſer zu vergraben!
Halt Syphax!
Steht uns auch zu ſterben nicht mehr frey?
Nicht uͤbe wider dich ſelbſt grimme Tyranney.
Ach! hett’ ich dis beginnt ſchon in der zarten Jugend!
Bey Ungluͤck Ungeduld iſt Zagheit / keine Tugend.
245Sol ich in ſteter Furcht noch fuͤr mehr Schimpffe ſtehn?
Die Sonne kan nach Blitz noch ſchoͤn zu Goldegehn.
Syphax.Jch hoffe nun nichts mehr von Menſchen oder Goͤttern.
Dir blickt ein Sonnenſtrahl ſchon nach ſo grauſen Wet - tern.
Ein Sonnenſtrahl? von wem?
Von Mir.
Ach! falſches Liecht! 250Elende Sonne! gib’ mir’s Meſſer!
Kennſt du nicht Mehr deine Sophonisb’.
Jhr Goͤtter!
Dei - ne Sonne / Die dieſe Nacht durchſtrahlt / des Kerckers Angſt in Wonne / Die Band’ in Freyheit kehrt.
Wie? Syphax traͤumet dir? Hoͤhnt ein Geſpenſte dich?
Mein Fuͤrſt / nein! glaube mir. 255Die Sorge fuͤr dein Heil fuͤhrt mich zu deinen Ketten.
Kom̃t Sophonisbens Geiſt hieher?
Jch dich zu retten.
Jch hoͤre meinen Schatz / ſchau aber einen Mann.
Schau: in was Treu’ und Noth ſich nicht vermum - men kan!
Wie? iſt / mein Engel / ſie ein Roͤmiſch Kriegs-Knecht worden?
260Die Liebe / liebſtes Haupt / iſt aus des Proteus Orden / Die ſich zu allen macht / nimbt jede Farb’ an ſich Wie ein Chamæleon. Die hat / mein Engel / mich Auch in dis Kleid verſteckt dir Huͤlf und Rath zu bringen.
Was kan aus der Gefahr fuͤr Huͤlffe mir entſpringen?
265Verwechſele mit mir nur Augenblicks dein Kleid.
Ach / Ausbund / wahrer Treu!
Verſpiele kei - ne Zeit. Der Waͤchter Aufſicht laͤßt uns nicht viel Weſens machen.
Wil ſie mich denn befreyn / ſich opfern dieſen Drachen?
Befoͤrder deine Flucht. Jch weiß auch mir ſchon Rath.
270Wer ſchleußt die Feſſel mir auf?
Sopho - nisbe hat Schon Schluͤſſel.
Kan mein Geiſt die Treue noch be - greiffen? Jedoch / ich wil auf mich die Hencker laſſen ſchleiffenSchwerdt /29SOPHONISBE. Schwerdt / Hacken / Spiſſe / Beil / die Augen-Lieder mir Wegſchneiden / und mich ſtelln gerader Sonnen fuͤr /275 Jch wil mehr Pein ſtehn aus / als Regulus ertragen / Eh als mein Frey-ſein dich ſol in die Feſſel ſchlagen.
Das letzte kan / mein Schatz / durchaus nicht anders ſein.
Jch wil eh ſterben!
Schleuß / mein Engel / mich nur ein / Verſichert: daß hierdurch mein Heil eroͤffnet werde.
280Ach! was druͤckt meinen Geiſt fuͤr Wehmuth und Be - ſchwerde!
Geh’ unerſchrocken fort! es wird kein Menſch dich nicht Rechtfertigen. Ja / weil dein Mund gutt Roͤmiſch ſpricht Wirſt du dich auf den Fall wol zu verreden wiſſen.
Laß dich / mein Troſt / noch einſt zu gutter letzte kuͤſſen!
285Die Goͤtter leiten dich! der Himmel ſey dein Schutz! Wie aber? ſchafft auch dis dir / Sophonisbe / Nutz? Die Ketten ſchwirrn umb mich; doch in den leiſen Ohren Klingt Maſaniſſens Wort; ſein Schall iſt unverlohren! Er fuͤhle meinen Schmertz. Wer dieſes Fuͤhlen hat /290 Kan unverliebt nicht ſein. Mein Syphax / was fuͤr Rath? Wenn Maſaniſſens Hand uns Liebes-Koͤrner ſtreute? Doͤrft’ ich / mein Engel dich / wol ſetzen auf die Seite? Nein / Sophonisbe / nein! der Himmel ſtraft und haßt Den Meineyd / der bald dis / bald jenes Bild umbfaßt295 Wie wuͤrd’ uns Syphax nicht verfluchen und verdammen? Ja wuͤrde Maſaniß’ uns mit ſam̃t unſern Flammen Nach einſt-gebuͤſter Luſt nicht als ein Gift verſpein? Weil Laſter nach der That uns ſelbſt bald Eckel ſein. Jedoch / was widerſtehn wir leitenden Geſtirnen? 300Mein Syphax / pflegen doch die Goͤtter nicht zu zuͤrnen: Daß heute man dis Bild / ein anders morgen ehrt. Ja / was iſt / das die Zeit uns nicht erſinnen lehrt? Der Witz mus aus der Noth ihm eine Tugend machen. Er haͤlt auch mich und’s Reich ſchon fuͤr verlohrne Sachen /305 Der Sophonisben nicht mit rechte fluchen kan / Die ſeine Ketten bricht und ihr an Hals legt an; Die Ketten / durch die ich ſelbſt traue Maſiniſſen / Als Zeichen meiner Treu’ ins Liebes-Garn zuſchluͤſſen.
Maſiniſſa. 30SOPHONISBE.Was ſchwermet Syphax noch in dieſer Einſamkeit? 310Was zanckt er mit ſich ſelbſt? Verraͤther / itzt iſt’s Zeit: Daß deine Herſchens-ſucht ſo Gift als Geiſt ausblaſe; Daß Maſaniſſens Stahl in deinen Daͤrmern raſe / Den du / Friedbruͤchiger / des Reiches haſt entſetzt. Was ſeuftz’t? was murmelt er? laßt hoͤren / was er ſchwaͤtzt?
315Ja! Maſiniſſa / ja! vollſtrecke deine Rache! Du haſt nicht ſchlechten Grund / ich eine boͤſe Sache.
Reitzt der Verzweifelte mich ſelbſt zum ſtraffen an?
Weil / auſſer durch den Tod / ich nicht geneſen kan.
Weil du dich ſelbſt verdam̃ſt und deine boͤſe Luͤſte /320 So kriege Tod und Stich.
Ja ſtoß durch dieſe Bruͤſte!
Hilf Himmel! ich erſtarr!
Wie? daß der Dolch entfaͤllt?
Wie? hat der Syphax ſich in eine Frau verſtellt? Laß’ uns die Wunder-Werck was eigen doch betrachten!
Wil Maſaniſſa nicht mich Sophonisbe ſchlachten?
325Jhr Goͤtter! bin ich noch bey Witze? traͤumet mir? Jſt Sophonisbe dis? iſt Syphax nicht mehr hier?
Sie iſt’ es / groſſer Fuͤrſt / ſie kniet fuͤr Maſaniſſen.
Ließ mein Manaſtabel ſie in den Kercker ſchluͤſſen? Der Schwefel ſol ſein Lohn / die Fauſt ſein Hencker ſein!
330Nein! meine Treu ſchleuſt mich in dieſen Feſſeln ein.
Die Treue? leg’ uns aus dein ſeltzam Ebentheuer.
Welch Ertzt zerſchmeltzet nicht durch heiſſes Liebes - Feuer?
Es duͤnckt mich / was du ſagſt / ein leer - und bloſſer Traum.
Verzeihe / groſſer Fuͤrſt. Jch darf mein Laſter kaum335 Eroͤfnen.
Sag’s / was iſt’s? was nennſt du dein Verbre - chen?
Die Zunge ſtammelt mir / wenn ich es aus wil ſprechen.
So ſtarrt der Mund fuͤr dem / was Hertz und Hand voll - bracht?
Jch hab’ aus dieſer Kluft den Syphax loos gemacht.
Maſin.Und ſie hat ſich fuͤr ihn in Ketten ſchrauben laſſen?
340So iſt’s! weil ich fuͤr ihn mir wuͤnſche zu erblaſſen. Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt! verzuͤcke nicht den Stich; Bepurper dieſe Bruſt. Nim̃ fuͤr den Syphax mich Zu deinem Opfer an. Jch weiß: daß mein Beginnen Halsbruͤchig Laſter ſey. Jch werde viel gewinnen /345 Wenn deine bloͤde Magd / die fuͤr dir ſaͤuftzend kniet / Und nach dem Tode girrt / durch deine Fauſt ſich ſiht Durch keinen Roͤmer falln.
Durchlauchſte Sophonisbe. Machſtu die Fabel wahr von der getrenen Thisbe? O Demant-feſte Treu! O Liebe / die fuͤr ihr350 Kein gleiches Beyſpiel hat! die Tugend wigt in dir Noch deine Schoͤnheit weg. Was ſtarrſt du / Maſaniſſe? Laͤſt du die Goͤttin noch umbarmen deine Fuͤſſe? Brich der Andromede verdam̃ten Stahl entzwey! Verſchweig ihr laͤnger nicht: daß Sophonisbe ſey355 Des Maſiniſſa Sonn’ / Aug-Apffel / Goͤttin / Engel; Er tiefſter Selav’ und Knecht.
Jch kenne meine Maͤngel. Entweihe deinen Mund durch eiteln Lobſpruch nicht.
Jch fange Flam̃’ und Glutt von deiner Tugend Licht’. Jch brenne durch den Blitz der Schoͤnheit angezuͤndet! 360Wie bald wird nicht beſiegt / der mehrmals uͤberwindet? Wie faͤllt in Faͤſſel der / der ſie loͤſt andern auf! Schau: wie der Liebe Blitz durch Pfeil-geſchwinden Lauf Den Grim̃ wie Wachs zerſchmeltzt / des Siegers eiſicht Hertze Wie Schwefel zuͤndet an; wie der Begierden Kertze365 Des Haſſes Rauch zertreibt! wie Maſaniſſa brennt; Der dich die Siegerin / ſich den Befiegten nennt!
Verfinſter deinen Glantz nicht in ſo duͤſtrer Hoͤle. Die erſten Regungen in einer zarten Seele Sind keine Wolcken nicht / nur leichter Haͤgerauch /370 Den Sonn’ und Witz bald tilgt. Und er / mein Fuͤrſt / wird auch / Eh als es Mittag wird / mit klaͤrern Augen ſehen.
Nein! meine Flammen wird Vernunft und Zeit aufwehen! Jch habe dieſer Glutt zwar Anfangs widerſtrebt; Doch ich floh wie ein Reh / in dem der Pfeil ſchon klebt. 375Jch wolte mit Gewalt die Augen von dir kehren. Doch ich empfand: daß ſie von Arth der Adler weren /Du32SOPHONISBE. Du ihr ſchoͤn Sonnenradt. Ja hette meine Pein Mir Ruh und Schlaff vergoͤnnt / wuͤrd’ es ein Traum zu ſein Mich duͤncken! aber ach! ich brenn’ und werde brennen! 380Das Ephen laͤßt ſich nicht gantz von der Staude trennen / Jch nicht beſeelt von dir! Ja / auſſer dir bin ich Todt. Denn ich habe ja kein ander Hertz als dich. Mein Abgott / Sophonisb’; Jch falle dir zu Fuſſe; Ach! kuͤhle meinen Brand mit einem feichten Kuſſe! 385Geuß in mein ſiedend Hertz zwey Tropfen reiner Gunſt. Wie wird mir? Himmel hilf! kreucht durch ſo heiſſe Brunſt Das Eis des Todes uns und Ohnmacht in das Hertze? Mein Lebens-Wachs zerrinnt / weil meine Liebes-Kertze Mit allzu groſſer Glutt das Adern-Oel greiſt an. 390Ach! daß ſich nicht die Seel’ in dich verwandeln kan!
Mein Fuͤrſt / mein Augen-Troſt; zwar meine Seele ſchwimmet Jn dieſen Flammen auch / worvon dein Hertze glimmet: Der Himmel aber ſpricht uns dieſen Brand nicht gutt / Entzeucht den Ampeln’s Oel / geuſt Waſſer auf die Glutt.
395Welch Unmenſch mag ſo ſchwartz dir Stern und Him - mel mahlen?
Mein Auge wirft mit fug nur auf den Syphax ſtrahlen.
Der fluͤcht’ge Syphax iſt dir ein verlohrnes Ziel?
Jch blieb ſein Eh-Gemahl / als gleich ſein Gluͤcke fiel.
Die Stratonice freyt noch bey Seleveus leben.
400Selevcus hat mit will’n dem Sohne ſie gegeben.
Auch Syphax kan nun nicht mehr eyferſichtig ſein.
Das Ungluͤck aͤſchert nicht der Liebe Pfeiler ein.
Hat Aſdrubal mich dir zum Braͤut’ gam doch erwehlet.
Carthago aber hat mich ihm / nicht dir vermaͤhlet.
405Zernichtet Kaccabe mit Fug der Eltern Schluß?
Das Vaterland geht fuͤr / dem alles weichen muß.
Das Kriegs-Necht ſcheidet ſie / und ſchenckt ſie meinen Haͤnden.
Wil er umb meine Gunſt ſein gantzes Heil verſchwendẽ?
Wahrhafte Liebe ſcheut ein ſcheles Auge nicht.
410Er weiß / mein Fuͤrſt / was Rom fuͤr ſtrenges Urtheil ſpricht.
Maſin.Hat Rom im Lieben uns Geſaͤtze vorzuſchreiben?
Jch werde Scipions Gefang’ne ſollen bleiben.
Nim̃t Cyrtha Scipio nicht Maſiniſſa ein?
Die groͤſten Fuͤrſten ſolln der Roͤmer Werckzeug ſein.
415Jch bin Roms Sclave nicht / es heißt mich Bunds - Genoſſen.
Sie wolln ſtets erndten ein / wo andre gleich gegoſſen.
Dich Sophonisbe nicht / weil Mafiniſſa lebt.
Jch ſorge: daß mir dis den Sterbekittel webt!
Jch wil den Bund mit Rom / eh als den Eyd dir brechen.
420Jch darf / mein Schutz-Gott / dir nun nicht mehr wi - derſprechen. Die Flamme laͤßt in mir ſich laͤnger nicht verhoͤln. Laß einen heiſſen Kuß den todten Mund beſeeln. Denn Kuͤſſen iſt der Kern / die Seele ja der Liebe. Jtzt folgt nach Thraͤnen Luſt / und Sonnenſchein aufs Truͤbe. 425Jch bin aus mir entzuͤckt / erſaͤuft von Gluͤck und Luſt! Jch opfere mein Hertz und wiedme meine Bruſt Zum Tempel.
Himmel hilf! wil ſie in Ohnmacht fallen?
Laß Labſal ſaugen mich aus deinen Mund-Korallen.
Streut zweyer Sonnen Nacht der Thraͤnen Thau von ſich?
430Mein Brand zerſchmeltzt die Seel’ und fleucht aus mir in dich!
Und meine laͤchſt nach dir! Jch ſincke fuͤr dir nieder! Jch gebe dir dein Reich mit meiner Seele wieder. Das Einhorn laͤgt ſein Horn / das Zepter ſeiner Macht / So in der Frauen Schoos. Laß uns / mein Licht / bedacht435 Stracks auf die Hochzeit ſein / und aus dem Kercker gehen. Vollzogner Heyrath kan Rom ſchwerer wiederſtehen.
Jupiter. Pluto. Alcides. Jaſon. Himmel. Abgrund. Erde. Waſſer.
Himmel. Abgrund. Erde. Waſſer. Jupiter. Pluto. Alcides. Jaſon.
SO wil der Koͤnig nicht von ſeiner Meinung weichen?
Die Heyrath ſol gleich itzt hier ihren Zweck erreichen.
Ein geher Sprung und Schluß gerathen ſeltenwol.
Was ſteht hier fuͤr ein Felß an dem ich ſcheutern ſol?
5Er kan ſich / groſſer Fuͤrſt / an Syphax Falle ſpiegeln.
(Er fiel / weil er zu hoch ſtieg / mit den Hochmuths - Fluͤgeln.
Als Sophonisbe vor zum Hochmuth ihn trieb an.
Sag’ ob ein Jcarus die Sonne ſchelten kan?
Sie iſt ein bluttig Stern / ein Jrrwiſch / ein Comete.
10Daß fuͤr der Laͤſterung dein Antlitz ſich erroͤthe!
Uns noͤthigt. Treu und Eyd zu ſorgen fuͤr ſein Heil.
An Maſiniſſens hat auch Sophonisbe Theil.
Die mit der Mutter-Milch Carthagens Gift geſogen?
Sind fuͤr Carthago wir nicht ſelbſt ins Feld gezogen?
15Warumb denn: daß der Fuͤrſt zum Roͤmern uͤbertrat?
Jhr werft mit ſchlimmen Recht auf ſie die Schuld der Stadt.
Die Weſpen dieſes Neſts ſind einer Art und Tuͤcke.
Jch halt’s: daß ſie ein Zweig aus Barchens Stam̃ / fuͤr Gluͤcke
Der Eyben ſchoͤner Baum gibt giftgen Schatten ab.
20Sagt’s: was fuͤr Bubenſtuͤck’ ie Sophonisb’ angab?
Sie nam den Syphax ein der Roͤmer Bund zubrechen.
Sucht eine Muͤcke doch am Feinde ſich zu rechen.
Sie wird auch ihm ſolch Gift ſtets blaſen in ſein Ohr.
Jch weiß: wie weit mit Bitt’ ein Weib ſol kommen vor.
25Wie wird dis Scipio / und Lælius empfinden?
Solln wir als Koͤnig uns die Haͤnde laſſen binden?
C 4Manaſt.Er iſt ihr Bunds-Genoß’ / Sie ihr geſchworner Feind.
Durch dieſen Heyraths-Schluß wird ſie der Roͤmer Freind.
Sie kan ihr Vaterland nicht aus der Seele bannen.
30Rom wird auf Byrſa nicht ſtets ſeinen Bogen ſpannen.
Rom wird / bis Kaccabe vertilget ſey / nicht ruhn.
Dis laͤſſet leichter ſich ihm ſetzen fuͤr / als thun.
Die beſten Fluͤgel ſind ſchon Kaccaben verſchnitten.
Die groͤſte Stadt der Welt hat wenig noch gelitten.
35Man merckt: daß ihr es ſchon an Volck und Buͤrgern fehlt.
Die ſiebenhundert mahl zu tauſenden ſie zaͤhlt.
Die Beſten ſind erlegt. Jhr Schatz iſt auch erſchoͤpffet.
Die aus gantz Africa Gold wie aus Brunnen zoͤpffet?
Der auch gantz Africa wie einer Aegel flucht.
40Bey welcher wider Rom der Erdkreiß Huͤlffe ſucht.
Wo denck der Fuͤrſt hinaus? wil er von Rom ſich ſchei - den?
Nicht / wo die Freyheit nur wird keinen Schif-bruch lei - den.
Vertraͤuligkeit verbluͤht / wo ſchon ſolch Argwohn kaͤumt.
Jch habe dem Verdacht kein Haarbreit noch entraͤumt.
45Ach! moͤcht ihn doch dis Weib auf keinen Abweg leiten!
Wer feſte ſteht / wie wir / kan nicht gefaͤhrlich gleiten.
Der Liebreitz iſt ein Fiſch der auch durch Anruͤhrn laͤhmt.
Jhr Spinnen / die ihr Gift auf reinſte Lielgen ſaͤmt / Seit albern Mohren gleich / die nicht den Nutz erkennen50 Der Sonne / ſondern ſie / weil ſie ſie pflegt zu brennen / Mit Schmach und Fluch anſpein. Ja euer bloͤdes Licht Erkieſt den Schatten nur / die Sonnen ſelber nicht / Nicht Sophonisbens Glantz / nur ihre ſchlechte Flecken; Die Zeit / Vernunft / und Witz kan abthun und verdecken. 55Das lang erwog’ne Werck muß nun vollzogen ſein. Drumb wage keiner ſich mir mehr zu reden ein.
Sophon -41SOPHONISBE.Jſt dis die guͤldne Nacht / die jeden Tag beſchaͤmet? Auf die Dianens Horn den Thau als Perlen ſaͤmet; Der Himmel ſie verliebt mit tauſend Ampeln ſchmuͤckt;60 Da das Verhaͤngnuͤs uns mit holderm Strahl’ anblickt / Als da das Tage-Licht zu erſt uns angelachet? Als du Numidien mir’s erſtemal gemachet Das groſſe Hochzeit-Feſt? Es faſſet meine Bruſt / Mein Haupt die Liebes Brunſt / mein Hertze kaum die Luſt /65 Jch werd 'aus mir entzuckt / nun ich mit Maſiniſſen Ein ewig-feſtes Band der Heyrath ſol beſchluͤſſen.
Die Zunge wird durchs Band der Liebe mir gehem̃’t / Die Seele von der See der Freuden uͤberſchwem̃’t! Jhr groſſen Goͤtter helfft! helfft! ſegnet unſre Flammen! 70Knipft und ſchrenckt mit der Hand die Hertzen auch zuſammen!
Der Himmel ſegne ſelbſt dis unſer Heyligthum! Befeſtig’ euer Heil / befoͤrder euern Ruhm! Laßt uns Aſtarthen nun / die Nacht und Tag anleuchtet / Die jede Seel’ anſteckt und doch die Welt befeuchtet /75 Durch Myrten-Zweig’ erhelln ihr ewig’s Brand-Altar. Reicht mir / ihr Kinder / nun Sabeens Weyrauch dar. Streut Roſen rings umbher / ſpielt mit verſtreuten Nuͤſſen. Laßt uns ins Feuer nun den Saft und Trauben giſſen. Macht einen von Zibeth und Ambra ſuͤſſen Rauch. 80Sprengt die geweyhte Flutt durch euren Myrthen-Strauch Auf der Verliebten Haupt. Laßt uns mit dieſer Lantze Der Braut ihr Haar zertheiln; und mit dem Roſen-Krantze Bebluͤmen beyder Stirn / die Locken huͤllen ein Jn dieſes Schleyers Gold / und ihnen Heil zuſchrein!
C 5Alle. 42SOPHONISBE. 85Gib Goͤttin Maſiniß - und Sophonisben Gluͤcke! Daß ſie kein ſchwartzer Stern / kein giftig Aug’ anblicke!
Reicht beyd’ ein ander hin den Trau-Ring / deſſen Stahl Beſtaͤndiger nicht ſey / als des Geluͤckes Strahl! Reicht den Verliebten nun das Waſſer und die Flammen. 90Schrenckt die geflochtnen Haͤnd’ itzt noch einmal zuſammen. Jch ſchnell’ Jhr / Sophonisb’ / itzt Strick und Guͤrtel zu / Die Maſiniſſens Hand bey der verlangten Ruh Jm Bette loͤſen ſol. Die gantze Schaar wird muͤſſen Nun fuͤr der beyden Heil der Liebe falln zu Fuͤſſen:95 Jhr Nympfen muͤßt ringsher verliebte Blumen ſtrenn’ / Schluͤßt / Kinder / ſie in Kreiß von eitel Fackeln ein.
Gib / Goͤttin / Sophonisb[e]und Maſiniſſen Gluͤcke! Daß ſie kein ſchwartzer Stern / kein giftig Aug’ anblicke!
Macht mir ihr Kinder drey Schnee-weiße Tauben loos /100 Und laͤgt zum Opfer ſie der Goͤttin in die Schoos. Ach! Delephat / die du von Saltz und See gezeiget / Doch aͤlter ſolſt als Ammon ſein / Hilf gluͤcklich uns dis Paar einweih’n! Sey beyder Seelen Lieb’ und Buͤndnuͤſſe geneiget! 105Beſchencke ſie mit ſo viel Fruchtbarkeit / Als deine Gunſt dem Schopffen-Vieh verleiht! Salambo / ſtreue den Verliebten Beyden Auf Bett’ und Tiſch das ſchaͤrfſte Saltz der Freuden / Das unſer Leben uns / wie Saltz die Speiſen / wuͤrtzt! 110Laß Seel’ und Mund den Liebes-Zucker ſchmecken / Den Priapus ſie aber nicht erſchrecken / Befiehl: daß beyden er die Zeit mit lachen kuͤrtzt. Du Himmels-Koͤnigin / Luſt-ſchaffende Mylitte / Nim an den Opfer-Teig / er zeugt dein eigen Bild /115 Das Weſt-Phœnicien verehrt fuͤr ſeinen Schild / Sey der Verlobten Schirm / gewehr’ uns unſer Bitte! Aſtarthe / Sonne dieſer Erden / Die als kein Atlas nicht / die Kugel dieſer Welt / Auf ihren Achſeln helt;120 Durch die die Tage ſchoͤn / die Naͤchte lichte werden;Die43SOPHONISBE. Die du der Hertzen Koͤnigin / Schutz-Goͤttin der Phœnizer ſtets biſt blieben / Nim von mir dis dein Opfer hin / Beſeelige der zwey Verliebten Lieben! 125Laß dieſer reinen Tauben Blutt / Woraus mein Arm das Eingeweyde reiſſet / Und in die dir geweythe Flammen ſchmeiſſet / Verſoͤhnen deine heil’ge Glutt / Laß deiner Hold und Anmuths ſuͤſſe Kertzen130 Mit Luſt erfuͤlln die hier vermaͤhlten Hertzen!
Gib / Goͤttin / Sophonisb’ und Maſiniſſen Gluͤcke! Daß ſie kein ſchwartzer Stern / kein giftig Aug’ anblicke!
Wie? wil die eine Taub’ erſt ſich entzihn der Glutt? Laß uns das Eingeweid’ erforſchen: ob es gutt /135 Ob dieſer Liebe Band der Goͤttin wol gefalle? Jhr Goͤtter! aber Ach! fehlt doch hier gar die Galle! Die Leber liegt nicht recht / und iſt geſchrumpfen ein: Jn dieſem aber iſt das Hertze gar zu klein. Ja auch die Flamme wil nicht rein und lodernd brennen. 140Gewiß / ein Zufall wird bald dieſen Ehſtand trennen.
Jhr Goͤtter reiner Eh / ſteht allzumal uns bey! Daß dieſer Sonnenſchein kein ſchaͤdlich Blitz uns ſey! Ach! aber / wie erſtarrn mir die Eis kalten Glieder! Das Hertze kocht und bebt / ich ſinck’ in Ohnmacht nieder!
Hilf Himmel! ſeh’ ich recht? iſt’s blaͤndwerck? oder wahr? Daß Maſaniſſa kniet fuͤr Dercetens Altar / Und Sophonisben ihm vermeinet zu vermaͤhlen?
Laͤßt unſre Heyrath ſich wol unter Wunder zehlen?
Rom giebet nimmermehr: daß dis geſchehe / zu.
150Wie? wenn es ſchon geſchehn? ſol auch ich / was ich thu / Nach deiner Richtſchnur thun / und Rom umb’s Jawort bitten?
Jn Sachen / die mit Rom den theuren Bund zerritten:
Maſin.Was reißt fuͤr einen Punct mein Heyraths-Schluß ent - zwey?
Jedweden: daß er ihm legt unſre Feindin bey.
155Die iſt nicht Feindin mehr / die Maſiniſſa nimmet.
Sie iſt zum Siegs-Gepraͤng’ uns Roͤmern ſchon be - ſtimmet.
Sol Sophonisbe nicht des Siegers Beute ſein?
Du nim̃ſt Numidien mit Roͤm’ſchen Armen ein.
Die Hauptſtadt Cyrtha faͤllt durch Maſaniſſens Degen.
160Muß Scipio nicht vor den Aſdrubal erlegen?
Durch dieſen Arm gerieth ſein Laͤger in den Brand.
Das Haupt war Scipio / du ſeine bloſſe Hand.
Wo kaͤmpfte Scipio / als Syphax ward gefangen?
Sol Lælius kein Theil von dieſer Beut’ empfangen?
165Du ſchreibſt itzt alles auch des Heeres Haupte bey.
Meinſt du; daß Lælius dein Knecht geweſen ſey?
Meinſt du: daß Maſaniß’ euch / wie ein Sclave diene?
Mich wundert: daß er ſich ſo viel auf Rom erkuͤhne.
Auf Rom / dem ich das Thor in Africa ſchloß auf.
170Welch Riegel hat gehem̃t der Roͤm’ſchen Waffen Lauf?
Der Mohren Siege fahrn ſelbſt auf dem Sonnen-Wagẽ.
So koͤnt ihr mehr als Rom von Sieg und Thaten ſagen?
Wir ſind Phoͤnicier; Tſor unſer Vaterland / Vom groſſen Chna gezeugt; durch Sud und Oſt bekant. 175Wie weit der Schatten reicht / der Erdkreiß Sternen ſchauet / Hat unſer Maſt gefahrn / und unſre Hand gebauet. Wir gaben die Geſetz’ und Bau-Kunſt aller Welt. Wir haben euch gelehrt / wie man das Kriegs-Volck ſtellt / Wie man die Hand zur Zung / und’s Auge macht zu Ohren /180 Durch die erfundne Schrifft; die Weißheit iſt gebohren Bey uns / und nach Athen und Memphis uͤberbracht. Die erſten Schiffe ſind von unſer Axt gemacht / Die Rechen-Kunſt entſprang aus unſerem Gehirne / Wir ſegelten zu erſt nach Leitung der Geſtirne /185 Die Seulen Hercules / wo er geruhet hat / War’n in der Erde Ring ins groſſe Meer ein Pfad Bis in das rothe Meer umb Africa zu ſchiffen. Wir ſuchten Thule auf. Des Hanno Schiffe lieffenBis45SOPHONISBE. Bis in der Sonnen Bett’ in eine neue Welt /190 Die Kaccabe noch itzt fuͤr ein Geheimnuͤs haͤlt / Und endlich ihr und uns fuͤr einen Freyheits-Hafen / Wenn’s Ammon ja verhengt: daß Rom die Welt zu Sclaven / Und unſer Land / aus dem Rom allen Weitzen kriegt / Zur Wuͤſten machen ſol. Jedoch der Wuͤrffel liegt195 Zum Spiel noch auf dem Tiſch’ und unſre Koͤcher ſtecken Voll Pfeile / die die Luft wie Wolcken uͤberdecken. Wormit Numidien nicht wird die Roͤmer fehln / Wenn Fuͤrſten man ſchreibt fuͤr / wem ſie ſich ſolln vermaͤhln. Euch lehrt ſchon Regulus: daß Hoffart fuͤr dem Falle /200 Trotz fuͤr der Kleinmuth kom̃t.
Nicht laſſe Lieb’ und Galle Die Feinde der Vernunft / dir ſtoͤren Gluͤck und Ruh.
Es billiget das Recht und Klugheit was ich thu.
Du wirſt’s bereun / wenn du wirſt Zorn und Brunſt be - herrſchen.
Du greifſt mir an das Hertz / und trittſt mich auf die Fer - ſen.
205Sagſtu den Bund uns auf?
Dafern ihn Rom verſehrt.
Die Buͤndnuͤs-Bruͤche ſind bey Roͤmern unerhoͤrt.
Vom Bunde bin auch ich kein Haar-breit abgewichen.
Der Bund wird durch den Schluß der Heyrath gantz durchſtrichen.
Ein Knecht / kein Koͤnig darf nicht nehmen / wen er wil?
210Mit Feinden ſich vermaͤhln / verruͤckt das Buͤndnuͤs - Ziel.
Schaͤtzt Rom auch Weiber Feind / und tragt ihr Furcht fuͤr ihnen?
Jhr zaubernd Liebreitz kan zu aͤrgſtem Meyneyd dienen.
Glaubt: Maſaniſſa ſey kein flatternd Wetterhahn.
Des Syphax Untreu lehrt / was Sophonisbe kan.
215Sie wird ſich itzt entfernt von den Verfuͤhrern ſchauen.
Der Wurtzel Gift iſt nicht mit Aeſten abzuhauen.
Maͤßt angeſtam̃tes Gift ihr Sophonisben bey?
Sagt / wer wie Barchens Stam̃ auf Rom vergiftet ſey?
Maſin.Sie wird euch Treu und Bund wie Maſaniſſa globen.
220Der Grund bleibt Gift / ſchwim̃t gleich ſo Oel als Zucker oben.
Es laͤßt ſo liederlich ſich nicht mit Eyden ſpieln.
Sie hat vorher geſchworn: an uns den Grimm zu kuͤhln.
Die Laͤſterung ſiht auch an Sonnen Fleck und Schatten.
Wir werden nimmermehr / was du beginnſt / verſtatten.
225Wir gleichwol ſehn: wer uns wird endern Schluß und Sinn.
Reißt Sophonisben ihm ſtracks von der Seiten hin.
Der erſte / der ſie ruͤhrt / ſol Tod und Sebel kuͤſſen.
Vollſtrecket den Befehl an Jhr / Trotz Maſaniſſen.
Auf! edle Mohren / lehnt Gewalt ab mit Gewalt.
230Beſinnt / ihr Helden / euch!
Auf! laßt viel eh uns kalt / Als Roͤm’ſche Knechte ſein!
Fahrt fort an ſie zu ſetzen.
Wo rennt ihr Helden / hin? wollt ihr die Schwerdter wetzen / Ausſchuͤtten Gall und Zorn / ſo kuͤhlet Hertz und Muth Jn eignen Daͤrmen nicht; verſpritzt der Feinde Blutt /235 Zerſtoͤrt Carthagens Neſt / das neue Schwerdter ſchleiffet.
Wer kan mehr Feind uns ſein / als der an’s Hertz uns greiffet? Die Mordwehr auf uns zuͤckt / ja uns fuͤr Sclaven haͤlt?
Laß Lælius die Rach’ itzt bleiben ausgeſtellt / Bis der Begierden Brand im Hertzen ſich gekuͤhlet240 Und Scipio ſelbſt kom̃’t. Geſchwinder Eifer zielet Auf Ausſchlag / welchen Zeit / Vernunft und Witz bereut.
Sol Rom / und Lælius erzittern / wenn Er draͤut?
Soln wir den Wolf das Schaf uns furchtſam laſſen rauben?
Behertzigt: was ihr thut. Man kan bald was auf Schrauben245 Und auf die Spitze ſtelln: daß weder Witz und Fleiß Jn ſeinen rechten Stand es zu verſetzen weiß! Wil Rom ſich umb ein Weib mit Maſaniſſen trennen? Bergeſſen ſeiner Treu / nicht ſeine Dienſt’ erkennen? Carthago47SOPHONISBE. Carthago ſtehet noch / iſt Cyrtha gleich gefalln250 Es hoff’t auf’s Gluͤckes Rad / und pocht auf Hannibaln. Kurtz: laßt ihr dieſen Bund in Krieg und Zwieſt zerrinnen / Wird Maſaniſſa nicht / auch Rom nicht Seide ſpinnen.
Der Zwiſt / ich geb’ es nach / mag endlich ſtehen an / Bis ihm ſelbſt Scipio den Ausſchlag geben kan:255 Ob Syphax und ſein Weib ſol deine Beute bleiben.
Der gaͤb’ ihn! aber was vernuͤnft’ger und beſcheiden.
Die Hofnung heuchelt dir. Es wird auch Er durch’s Schwerdt Den Knoten loͤſen auf / wie Lælius begehrt. Schaff’t aber den Torquat / und die hier mehr gefangen260 Noch ſitzen / ſtracks hieher.
Des Lælius Verlangen Sol Augenblicks geſchehn. Weil aber den Torquat Die Koͤnigin nechſthin fuͤr’s Reich geopffert hat / So wird’s unmoͤglich falln ihm den Torquat zu liefern.
Macht ihr / ihr Tyger / euch zu gift’gen Ungeziefern? 265Verteufelt-boͤſe That! verdam̃ter Aberwitz! Wie? regnet’s Schwefel nicht / und ſchlaͤgt der lichte Blitz Nicht in die Opferung / fuͤr der die Haut mich ſchauert / Mein Haar zu Berge ſteht? fuͤr der der Himmel trauert / Die Euch Hyſtaſpides fuͤrlaͤngſt hat abgeſchafft;270 Euch / die ihr habt mit Schimpf erlernet / was fuͤr Krafft Jn euern Greueln ſteckt / als der verdam̃ten Mohren Altar und Koͤnigreich faſt gaͤntzlich gieng verlohren Durch Agathoclens Fauſt. Meint ihr / die Goͤtter ſind So grauſam / als wie ihr? die ihr ſo thum̃ und blind275 Die Menſchen ſchlachtet ab / fuͤr derer langes Leben Gott wil gebethen ſein? und an Altaͤren kleben Laßt das verſpritzte Blutt / das ſchlechten Sand befleckt? Brecht ihr auch das Verboth das Gelo euch geſteckt? Wol! wir woll’n gleiches Recht auf euren Adel uͤben. 280Laßt die Gefangenen die noch ſind uͤbrig blieben Schnur-ſtracks uns ſchaffen her. Welch Priſter aber hat Unmenſchlich ausgeuͤbt die aͤrgſte Greuel-That? Jſt’s dieſer Goͤtzen-Knecht? Ja ſein verblaßt Geſichte / Sein bebend Leib geſteht’s: daß er dis Blutt-GerichteDer48SOPHONISBE. 285Der Hellen hat gebracht. Halt! du ſolſt zeitlich fuͤhln; Ob ſich mit Menſchen-Blutt der Goͤtter Zorn laͤßt kuͤhln / Wie auf Abgoͤtterey der Himmel Hagel regne; Und die / die ihr verflucht / mit Lorber-Kraͤntzen ſegne.
Hier hab’ ich / groſſer Held / drey Mohren aufgebracht /290 Die dieſen Abend ſich vermum̃t in Roͤm’ſche Tracht Gefluͤchtet aus der Stadt.
Sie kommen gleich zu rechte. Torquatens edles Blutt ſol durch das Blutt der Knechte Beſpritzt ſein und verſoͤhnt. Nim̃ ſtracks mit ihnen fuͤr Dein Opffer.
Herr / es iſt nicht zugelaſſen mir.
295Wer hindert / was man ſchafft?
Die him̃liſchen Geſetze.
Hoͤrt mir den Wahnwitz an / dis albere Geſchwaͤtze! Warumb ward nicht die That auch am Torquat verwehrt?
Weil unſer Goͤtter Grim̃ nur frembdes Blutt begehrt / Es ſey denn: daß ihr Kind die Eltern ſelber ſchlachten.
300Setzt ihr Verzweifelten ſo ungeheure Trachten Den Goͤttern auf’s Altar / die Atreus Taffel nicht Setzt dem Thyeſtes auf? Und Titans ſternend Liecht Geht hier wie zu Mycen den Krebsgang nicht zuruͤcke? Entſetzt ſich die Natur nicht ſelbſt? ſtracks / Moͤrder / ſchickt305 Dich zu der Opferung verdam̃ter Mohren an; Das Rom mit mehrerm Fug auf euch beginnen kan.
Eh als ich dieſes thu / werd’ ich den Geiſt ausblaſen.
Solln / Hencker uͤber dich / verſtockter Bube / raſen?
Es iſt ertraͤglicher / als Goͤtter-Rache fuͤhln.
310Der Abgrund ſol an dir bald ſeine Flammen kuͤhln / Die Furien dich mehr als den Buſiris plagen. Man muß ſtracks an den Pfal den Teuffels-Prieſter ſchlagen /An49SOPHONISBE. An dem er mehrmals hat Abgoͤtt’ſchen Mord veruͤbt.
Solch Tod beſtetigt es: Bogudis ſey beliebt315 Den Goͤttern / denen er als Prieſter ſich geweihet / Weil er zum Opfer ſelbſt auf ihr Altar gedeyet; Jhr edles Creutze kuͤßt.
Hoͤrt mir den Wahnwitz an! Wie der Verzweifelte noch hoͤhn - und trotzen kan / Laßt / wenn er angepfleckt’ / die Bruſt ihm undurchſchnitten /320 Bis er geſehn die Drey die ſchwartze Seel ausſchuͤtten.
Die Unſchuld hegt in ſich ein Diamanten Hertz Und Augen aus Porphier / die weder weicher Schmertz Noch naſſe Wehmuth ruͤhrt.
Der Außgang wird es lehren / Wie weit Hartneckigkeit nicht moͤglich zu verſehren. 325Jſt aber kein Buſir ſonſt hier in Cyrtha dar / Der dieſe Drey thut ab auf dieſes Mord-Altar? Weil fuͤr der Grauſamkeit mir ſo faͤngt an zu grauen: Daß ich die Roͤmer nicht hierdurch befleckt kan ſchauen. Jſt Niemand unter euch / ihr Mohren / der die Drey330 Zur Rach uns opfern wil / und durch die Raſerey Verdienen unſre Hold?
Darf ich mich wol erkuͤhnen Durch ein verzweifelt Werck mir Wolfarth zu verdienen? Hier ſtellt ſich Lælius / dir eine Koͤnigin / Die kein Bedencken traͤgt die Drey zu richten hin /335 Umb euch zu machen wahr: daß ich durch Maſaniſſen Mit Roͤmern Freindſchaft wolln / mit Mohren Feindſchaſt ſchluͤſſen / Daß ein Schneeweißes Hertz in brannen Bruͤſten ſteckt.
Jſt’s glaublich / was ſie ſagt? Sehr wol! es ſey voll - ſtreckt Was uns ihr Mund verſpricht.
Jch wil mit Lachen ſchneiden340 Die Hertzen aus der Bruſt. Kom̃t / laßt mich euch entkleiden. Reicht mir das Meſſer her. Trit naͤher in das Licht. Hilf Himmel! ich bin todt! ich kan das Meſſer nicht Mehr halten! mir erſtarrn / ihr Goͤtter / Mund und Haͤnde!
Wie? nim̃t ihr hitzig Trieb der Mordluſt ſchon ein Ende?
DSophon. 50SOPHONISBE. 345Ach! dis
was traͤumet ihr?
iſt
wer?
Syphax.
Syphax?
Ja.
Schwerm̃t Sophonisb’?
Er iſt’s!
Unmoͤglich!
Ach! ich ſah Jtzt ja auf ſeiner Bruſt ein unbetruͤglich Zeichen!
Sein Antlitz laͤſſet ſich dem Syphax nicht vergleichen.
Ziht nur ſein falſches Haar vom Haupt und Antlitz weg.
350Ja! Leider / ja / ich bin’s! laßt aber euren Zweck Vom Zufall nicht verzihn und meinem hohen Stande. Der Tod iſt Koͤnigen ertraͤglicher als Bande / Da ſie der Feinde Spott / der Freunde Greuel ſein / Und ſchaun: daß Meineyd flicht verſchworne Seelen ein. 355Auf! Syphax / auf! ergreif der Sophonisbe Meſſer! Auf! reche Lieb’ und Schmach.
Halt Thoͤrchter!
Es iſt beſſer Daß dieſes Meſſer ihr der Adern Brunn durchgraͤbt / Als geiler Wolluſt-Koth auf Lilg - und Bruͤſten klebt; Daß mein und ihr kalt Blutt hier rinne ſchwartz zuſammen /360 Als daß ihr Ruhm verwelckt fuͤr Maſaniſſens Flammen.
So wil mein Syphax mir nunmehr ein Hencker ſein?
Ja in dein Blutt mit Luſt dis Meſſer tauchen ein.
Gebieret meine Lieb’ in dir ſo ſtrenge Rache?
Verletzte Liebe wird ein Weingetraͤnckter Drache.
365Wordurch hab’ ich mein Schatz ſo heftig dich verletzt.
Untreue! haſtu mich nicht dieſem nachgeſetzt?
Die Untreu hat uns nicht / das Gluͤck’ uns nur getrennet.
Wahrhafte Liebe wird beym Ungluͤck’ erſt erkennet.
Entſchuldigt / wenn ihr Fuß trit gleitend auf dis Eiß.
370Hoͤrt wie die Heucheley ſich zu verreden weiß.
Die Liebe gegen dich wallt noch in meinen Bruͤſten.
Wie mag dich Falſche denn nach neuer Eh geluͤſten?
Weil ſie mir Heil verleiht / dir keinen Abbruch thut.
Kan ein rein Hertze nehrn zweyfache Lieb’ und Glutt?
375Sie hat zweyfachen Sitz aus Noth in mir gewonnen.
Du blaͤndeſt Jhn / und Mich / mit falſchen Neben - Sonnen.
Sophon.Jch ſchwere: daß ihr mir zwey rechte Sonnen ſeit. Daß beyden mein gantz Hertz verknuͤpft iſt und geweiht. Entſinne dich / mein Licht / mit was fuͤr heiſſen Lieben380 Jch bis auf dieſen Tag dein treuer Schatz bin blieben / Wie ich fuͤr heiſſer Brunſt / und du entzuͤckt fuͤr Luſt Zerſchmoltzen in der Schoos / gelaͤchſt auf meiner Bruſt / Wie oft ich meine Seel’ in deinen Mund gefloͤſſet / Mit deiner Hand geſpielt / die mich itzt von dir ſtoͤſſet /385 An mir zum Moͤrder wird. Wie oft dein treuer Eyd Beweglich ſich verſchworn: daß weder Tod / noch Leid / Zeit / Flamme / Pfal und Ertzt / auch nicht des Himmels Krachen Mich ſolte dir verhaßt / dich auf mich eyfernd machen. Zwar glaub’ ich’s / Eyferſucht reitzt dich zur Rachgier an. 390Doch die Vernunft ſchlaͤgt dis / was ſie nicht nutzen kan / Veraͤchtlich in den Wind. Was bringt dir’s fuͤr Vergnuͤgen / Wenn dieſe die du liebſt / und nicht kanſt wieder kriegen / Nebſt dir durch Sturm vertirbt? und nicht entſchwimmen darf / Ob ihr das Gluͤcke gleich ein Stuͤcke Brett zuwarf. 395Wahrhafte Liebe kan Geliebten nichts mißgoͤnnen. Zu dem wird Syphax ihm den Feind verſoͤhnen koͤnnen / Wenn er guttwillig mich tritt Maſaniſſen ab / Die Gluͤck und Tugend ihm vor ſchon zur Beute gab. Was ohne dis verſpielt / laͤßt unſchwer ſich verſchencken. 400Schoͤpft aber Syphax Luſt / wenn er mein Hertze kraͤncken / Mein Gluͤcke ſtoͤren kan / ſo knie ich hin fuͤr dich; Volſtrecke nun behertzt den vorverwehrten Stich!
Jhr Goͤtter! habt ihr noch mit mir nicht ausgeſpielet? Hat noch mein tieffer Fall nicht euren Muth gekuͤhlet? 405Nicht euren Zorn geleſcht? Sol Lieb’ und Eyfer noch Begierden und Vernunft mich henckern? da das Joch Der Dienſtbarkeit vorher druͤckt den gekroͤnten Nacken. Nein / Maſaniſſa / nein / wetz’ auf mich Beil und Hacken / Schaͤrff’ auf mich Stahl und Schwerdt / du nim̃ſt mit willen mir410 Nicht Sophonisben weg! Wie? oder laſſen wir Mit mehrerm Ruhm und Nutz ihm die Vermaͤhlte fahren? Nein! ſicher / Wolthat laͤßt mit Feindſchafft ſich nicht paaren. Jch ſchuͤtte Schmach und Fluch auf die Vermaͤhlten aus! Sie wuͤnſchend’ im Verterb / das Hochzeit Bett’ im Graus /D 2Den52SOPHONISBE. Den Thron in Staub zu ſehn.
Laßt hier den Thoͤrchten ſtehen / Den Tummen raſen aus / uns zur Vergnuͤgung gehen! Dem Lælius ſteht ſonſt zu ordnen alles frey / Wie Syphax und die Stadt wol zu verwahren ſey.
Untreue! wagſt du dich ſo offentlich zu brechen420 Mir Treu / und Eh und Eyd? dem Feinde zu verſprechen Jn meiner Gegenwart / mein / nicht dein Eygenthum? Auf! Syphax / auf! du kanſt mit unverſehrtem Ruhm / Mit unerſtarrtem Aug’ / und Marter-freyem Hertzen Nicht ſolchen Greuel ſehn. Auf! hilf ſo grimmen Schmertzen425 Durch ihr / auf meine Bruſt gezucktes Meſſer ab!
Halt / Syphax! reißt ihm aus das Meſſer! Tod und Grab Steht nicht Gefang’nen frey. Auch kan’s noch wol geſchehen: Daß du / eh als du meinſt / dein Weib wirſt Wittib ſehen Getrennt vom Maſaniß’. Jhr ſchluͤßt die ſaͤmtlich ein. 430Denn Scipio mag ihr und aller Richter ſein.
SO hat den Goͤttern es durch unſre Sieges - Waffen Des Syphax Friedenbruch gefallen zu be - ſtraffen! Rom und die Nach-Welt wird dein danckbar Schuldner ſein / Und dich mit Siegs-Gepraͤng’ in’s Capitol hol’n ein. 5Der Himmel iſt indes uns auch zu Huͤlffe kommen; Wir haben Utica und Tunis eingenommen / Carthagens rechten Zaum / wordurch die neue Stadt Schon halb belaͤgert iſt. Des Feindes Seemacht hat Vergebens ſich gewagt an unſre wenig Schiffe. 10Nun aber zeug uns an / durch was fuͤr kluge Griffe Das Reich Numidien in ſo ſehr enger Zeit Jn eure Haͤnde fiel.
Als deine Tapferkeit / Durchlauchtigſt-groſſer Held / hatt’ Aſdrubaln erleget; Und Maſaniſſa ſich nebſt mir hieher beweget /15 Fiel ihm’s verlohrne Reich als rechten Erben zu / Vom Syphax wieder ab / der gleichwol ſonder Ruh Jn ſeinem Reiche ſich muͤht’ ein neu Heer zu richten / Faſt ſtaͤrcker / als das ſich bey Utica zu fluͤchten Fuͤr dir genoͤthigt ward. Mit dieſer neuen Macht20 Wagt’ er uns beyden ſich zu liefern eine Schlacht. Des Feindes Reuterey fiel als ein haͤuffig Hagel Des Heeres Spitzen an; ſo: daß an einem NagelFlucht59SOPHONISBE. Flucht und Verwirrung hing. Doch dieſer Sturmwind nam Bald mit Verwundern ab / ſo bald das Fuß-Volck kam /25 Und mit geſchloßner Macht des Syphax Reuter trennte. So eyfrig auch der Feind im erſten Anſatz brennte / So lau ward der Beſtand / ſo furchtſam ſeine Flucht. Ja als ihr Koͤnig ſich mit hoͤchſtem Eyfer ſucht: Wie er ſein fluͤchtig Heer in friſchen Stand verſetzet /30 Und an der Spitze kaͤmpft / wird ihm ſein Pferd verletzet / Daß er zu Bodem ſtuͤrtzt; und er / mit was fuͤr Macht Man ihn zu retten meint / gefangen zu mir bracht; Der hier des Scipio fiegreichen Fuß muß kuͤſſen. Als auch die Reuterey voran mit Maſaniſſen35 Fuͤr Cyrthens Mauern kom̃t / ihr ihren Koͤnig weißt / Und ihm mit ſcharffem Dreun die Pforten oͤfnen heißt / Macht’ er ſich Augenblicks der groſſen Feſtung Meiſter.
Die Goͤtter machen klar: daß eure Helden-Geiſter Jhr Einfluß rege macht / ihr himmliſch Trieb bewegt;40 Weil er uns ſpielende den Feind zu Fuͤſſen legt. Nun eure Tugend ſol verdienten Lohn empfangen! Ja eure Bilder ſolln in Ertzt und Marmel prangen / So lange Rom beſtroͤmt wird von der Tyber ſein. Jn was wird aber man dich Syphax / etzen ein? 45Jn was wird dein ſchlecht Ruhm und ſchlim̃ Gedaͤchtnuͤs ſtehen? Urtheile ſelbſt: wie Rom mit dir itzt umbzugehen Hat Uhrſach wieder dich: Was haſt du dir gedacht? Als du durch Friedenbruch meineydig dich gemacht;50 Als du den Bund verletzt / den du mir ſelbſt geſchworen. Haſt du / wie vor die Treu’ / itzt alle Scham verlohren? Eydtbruͤchiger! meld an: Ob Rom dir Uhrſach gab: Daß du ſo liederlich fielſt von den Roͤmern ab?
Großmaͤcht’ger Scipio. Jch bin fuͤr mein Verbrechen Von Goͤttern ſo geſtrafft: daß menſchlich Urtheil-ſprechen55 Nicht meinem Leide kan das minſte ſetzen bey; Geſaͤtzt: daß Beil und Pfal mir ſchon beſtimmet ſey; Jch bin ſo tief verfalln / und bin ſo hoch geweſen. Rom und Carthago hat auf einmal mich erleſen Zum Ancker ſeines Heils / gebuhlt umb meine Gunſt /60 Mit Ehrerbittung mir der leichten Freindſchaft-DunſtWie60SOPHONISBE. Wie Goͤttern Opferwerck begierig fuͤrgetragen. Der Aſdrubal geſteht’s / und Seipio wird’s ſagen: Wie beyde mich verehrt / und jeder ſich bemuͤht Mein Schoos-Kind ſich zu ſehn. Schaut itzt den Unterſchied! 65Fuͤr mir hat Maſaniß’ in Hecken wohnen muͤſſen; Jtzt ſchaͤtzt er mich kaum werth den Buͤgel ihm zu kuͤſſen; Und Scipio faͤhrt mich wie Hund und Schergen an. Lernt: wie der Goͤtter Blitz die Rieſen ſtuͤrtzen kan! Doch Syphax hat’s verdient! wiewol mein thoͤr’chtes Raſen70 Hat ſeinen letzten Sturm erſt vollends ausgeblaſen / Als ich zum Waffen grif / und Rom die Spitze wieß. Weil meine Raſerey ſich dar ſchon blicken ließ / Als ich aus Barchens Stam̃ und aus Carthagens Schlangen Mir eine Frau erkohr. Dar ward die Glutt gefangen /75 Die Fackel in mein Hauß / die Peſt in’s Hertz gebracht / Dardurch mein Koͤnigreich in lichten Flammen kracht / Mein Heil ſich aͤſchert ein. Dar hab’ ich in mein Bette Die Natter (ach[!]daß ich ſie nie geſehen hette!) Erhoben / ja auf Schoos und an die Bruſt geſetz’t80 Den Wurm / der ſtuͤndlich mich auf Rom und euch verhetzt / Medeen / die ſteckt an Numidiens Palaͤſte / Sie / ſie hat wider dich den beſten meiner Gaͤſte / Als ein Buſiris mir das Mordbeil in die Hand / Mich in den Harniſch bracht. Scipio. Wer Nattern / Peſt / und Brand85 Jhm ſelbſt in Buſem ſetzt / und unter’s Dach ſelbſt traͤget / Jſt nicht Bejammerns werth. Ein kluger Herrſcher pfleget Fuͤr Weibern ſeinen Rath und Ohr zu ſchluͤſſen ein Wie Schlangen / die umbkreißt von dem Beſchwerer ſein.
Fuͤr dieſer Circe kan ſich kein Ulyſſes huͤtten;
90So ſchuͤtzt ein jeder fuͤr / der Schifbruch hat gelitten.
Sie iſt ein Scorpion / der ſtets zwar’s Gift behaͤlt / Doch in dem Winter ſich todt und erfroren ſtellt / Wenn aber Sonn’ und Gunſt ihr liebkoſ’t und ſie waͤrmet / Mehr als die Schlangen ſticht / mehr als die Bienen ſchwermet /95 Die durch ihr Honigſeim verſtellen ihren Stich.
So Bien’ als Scorpion hat ſeine Straff’ in ſich.
Syphax.Ja! jene bißet ein den Stachel; der die Staͤrcke / Wenn uns ihr Stich verletzt. Allein die ſchlim̃ſten Wercke Der Weiber geben noch ein Werckzeug ihnen ab /100 Zu ſteigen in die Hoͤh / und ihrer Maͤnner Grab Zum Grundſtein ihres Gluͤcks und neuen Heil’s zu machen. Denn ob ſie zwar mehr Giſt beherbergen als Drachen / Darmit ſie Adler faͤlln / und Loͤwen ſperrn an’s Joch / Jſt[ ']s hole Stachel-Roͤhr der Scorpionen doch105 Viel ſichtbarer / als dis / durch das ein Weib vergiftet. Was hat mein Ehweib nicht fuͤr argesſchon geſtifftet? Sie ſtuͤrtzt Numidien / ſteckt Kaccaben in Brand. Doch hengt der Himmel ihr voll Geigen / und die Hand Des Gluͤckes ſteckt ihr an ſchon neue Hochzeit-Kertzen.
110Jch glaube Syphax ſchwermt von Unmuth / Angſt und Schmertzen.
Hieraus ſchoͤpf ich noch Troſt / mein Hertzeleid noch Luſt: Daß itzt mein groͤſter Feind kuͤßt Sophonisbens Bruſt; Daß dieſe Unholdin / die Seuch’ und Peſt des Landes / Sein Bett’ und Hauß ſteckt an.
Wer macht ſich dieſes Brandes115 Theilhaftig?
Maſaniß’ iſt’s / den ſie durch ihr Gift / Das Baſiliſchken-Blick und Molchen uͤbertrift / Mehr hat als mich bethoͤrt / und ſchneller angezuͤndet / Als ſie ihn angeblickt.
Jhr groſſen Goͤtter! findet Jn dieſes Helden Hertz ein ſolcher Wahnwitz ſtatt?
120Ja / weil er ſich bereit mit ihr vermaͤhlet hat.
Jch kan der Thorheit kaum vernuͤnftig Glauben geben.
Es iſt wahr / was er ſagt! Es half kein Widerſtreben / Kein Warnen / ja kein Ernſt. Er lief verzweifelt fort Wie Hirſch’ in voller Brunſt. Er ſchaͤumte Zorn und Mord /125 Sties Fluch und Dreuen aus / als ich’s verhindern wolte.
Ach! daß ich nicht von dir den Schandfleck hoͤren ſolte! Du mehr als edler Held! Wo haſtu hin gedacht? Daß du ein Weib der Stadt / die ſie zu Goͤttern macht / Zur Herrſcherin erkieſ’t? du Loͤwe der Numiden. 130Was wuͤrde nicht der Wurm durch dich fuͤr Ubel ſchmieden? Der62SOPHONISBE. Der Scorpionen Gift wuͤrckt / wenn der Sonne Rad Jm Loͤwen ſeinen Lauff / des Hund-Stern’s Einfluß hat / Zweyfache Schaͤdligkeit.
Gar recht! vom Hanno ſtam̃et Sein Ehweib / den darumb Carchedan hat verdammet /135 Weil ein gezaͤhmter Loͤw’ ihm an der Seite gieng. Geht Sophonisbe nun leer aus? die einen Ring Zwey Loͤwen leget an / zwey Koͤnige bethoͤret / Die Ammon bethet an / die Rom zeither geehret / Die Welt in Krieg verflicht.
Sie hat den Syphax nicht140 Gekirrt. Jch war behext. Jch hab’ ihr Augen-Licht Andaͤchtiger verehrt als Lybien die Sonne. Jhr Antlitz war mein Troſt / ihr Anblick meine Wonne / Mein Wuͤnſchen war ihr Heil / und kurtz / ſie war mein Gott / Mein Hertz’ ihr Heyligthumb. Jtzt braucht ſie meinen Spott145 Zum Ruder ihres Heils / zu Fluͤgeln ihres Gluͤckes / Schaͤtzt meine Feſſel nicht werth eines ſuͤſſes Blickes / Kuͤßt meinen Feind und lacht / wenn meine Ketten ſchwirrn. Dem Vogel aber weh / der ſich laͤßt Beeren kirrn / Die ihm ihr Liebreitz ſtellt! Gewiß auch Rom wird fuͤhlen /150 Daß Klipp’ und Syrten ſind / wo Sophonisben ſpielen. Seh’ aber ich bey ihr den Meineyd Straff’ ausſtehn / Wil ich vergnuͤgt nach Rom in ſchweren Feſſeln gehn.
Fuͤrſt Maſaniſſa komt den Scipio zu gruͤſſen.
Wir wuͤnſchen hoch erfreut ihn in den Arm zu ſchluͤſſen. 155Daß man den Syphax bald verſchaff’ in ſein Gemach.
Begluͤckter Scipio / der Himmel gebe nach Daß er gantz Africa bald kniend fuͤr ihm ſehe! Daß ſein Geluͤckes-Wind bald Caceaben verwehe! Den ſchoͤn und koſtbarn Staub in Meer und Felder ſtreu’! 160Was Maſaniſſens Hand und unverruͤckte Tren’ Hier63SOPHONISBE. Hier in Numidien erſpruͤßliches begangen / Jſt unſer Goͤtter Werck. Der Koͤnig iſt gefangen / Die Hauptſtadt bethet uns als ihre Haͤupter an. Hier iſt die Krone ſelbſt / die er willkuͤhrlich kan165 Jns Capitol gewehrn’ hier ſind zu Syphax Schaͤtzen Die Schluͤſſel ihm gewehrt; und zu den feſten Plaͤtzen / Der Zepter / den mein Volck mir wieder uͤberreicht / Als ich mein Land betrat. Weil Maſaniſſa leicht Sich zu beſcheiden weiß: daß nebſt der Goͤtter Segen170 Die Gunſt des Scipio / der tapfren Roͤmer Degen Mir hat mein Reich erkaͤmpft. Hier iſt die Hauptfahn auch Des Syphax / die mein Arm aus Schuld und nach Gebrauch Jhm zu den Fuͤſſen legt. Mehr kriegt er hier gebunden Die Haͤupter dieſes Reich’s / die wir juͤngſt uͤberwunden. 175Wenn dieſes Scipio ſchaͤtzt Zeichen meiner Pflicht / Verlang’ ich keine Beut’ / auch keinen Siegs-Preiß nicht.
Mein Bruder / und mein Freund / dem ich mein halbes Hertze Fuͤrlaͤngſt ſchon zugetheilt / des Ruhmes lichte Kertze / Die ſeine Tugend ihm in Mohrenland ſteckt an /180 Glaͤntzt uͤber Abila. Die Freundſchaft aber kan Rom nach Verdienſte nicht vergelten Maſaniſſen; Wenn es ihm gleich aus Gold’ ein Rieſen-Bild laͤßt giſſen / Und nebſt des Romulus auf Maͤrckt und Tempel ſetzt. Denn Tugend iſt was mehr / als was ein Kuͤnſtler etzt;185 Verdient auch mehr als Ertzt und Helffenbein zum Lohne. Wir nehmen itzt zwar an den Koͤnig und die Krone Des Reichs Numidien / auch die gefang’ne Schaar / Die Fahnen und den Schatz / und was des Feindes war / Als Banden / welche Rom zu mehrerm Danck verſtricken;190 Dahin wir ſie noch heut’ ihm wolln zu Ehren ſchicken; Nim Lælius alsbald der Sachen fleißig wahr. Daß aber Maſaniß’ uns beuth die Schluͤſſel dar Zum Plaͤtzen ſeines Reichs / ſein Zepter leget nieder / Jſt Hoͤfligkeit von ihm. Er nehme beydes wieder. 195Rom ſchaͤtzt / von Feinden ſich bereichern / nur fuͤr Ruhm. Er iſt ſein groͤſter Freind / dis iſt ſein Eygenthumb. Die64SOPHONISBE. Die Goͤtter laſſen ihn und ſeinen Stam̃ dar bluͤhen! Ja Scipio wird ſich viel mehr bey Rom bemuͤhen: Daß Africa ſein Haupt mehr Kronen tragen ſchau’ /200 Auf welches Rom und Jch noch groͤſſre Berge bau’.
Die Goͤtter wollen Rom und ihren Feld-Herrn ſegnen! Auf ihrer Feinde Kopf Blitz / Hagel / Schwefel regnen!
Jedoch halt! Maſaniß’. Es faͤllt uns noch was ein. Wo bleibet Sophonisb’? Auch dieſe muß noch ſein205 Die Beute der Stadt Rom. Er ſchweiget! er erblaſſet! Er zittert! was fuͤr Angſt / was fuͤr Erſchrecknuͤs faſſet Dir Hertz und Antlitz an?
Ach! Scipio!
Sag’ an.
Ach! Sophonisbe
Nun / was iſt’ es?
Ach! ich kan Nicht ſprechen!
Traͤumet dir? ermunter’ Hertz und Sin - nen!
210Ach! Sophonisbe ſol
Was ſol ſie?
nicht ent - rinnen?
Ja recht / ſie ſol nach Rom noch heute ſein geſchickt.
So wird mein Lebens-Drat mein Gluͤcks-Compas ver - ruͤckt.
Wie? hengt ſein Geiſt und Gluͤck’ an unſer Feindin Leben?
Ja Maſaniſſa wird mit ihr den Geiſt aufgeben.
215Was fuͤr ein Uhrſprung iſt’s / woraus ſein Wahnwitz kwillt?
Er pruͤfe vor den Baum / eh er die Fruͤchte ſchilt.
Hat Maſaniſſa ſich vielleicht in ſie verliebet?
Ja! Sie mein Engel iſt’s / die mir Vergnuͤgung giebet.
Die geſtern dir mehr Feind’ als Spinn’ und Natter war?
220Oft kehrt ein duͤſter Heyn ſich in ein hell Altar.
Die mit der Mutter-Milch hat Gift und Haß geſogen?
Die Drachen werden uns durch Kirrung ſelbſt bewogen.
Durch ihr Bewogen-ſein kom̃t Syphax umb ſein Reich.
Der Roſe bleibt ihr Werth / entſeelt ſie einen gleich.
Scipio. 65SOPHONISBE. 225Ein zaubernd Weib kan auch den kluͤgſten Kopf verſtellen.
Der Liebe Zucker kan nicht Treu’ und Milch vergaͤllen.
Was ſchleuſt den Helden-Geiſt ſo ſchlimmen Faͤſſeln ein?
So Tugend / als Geſtalt / die an ihr Goͤttlich ſein.
Hat Rom und Africa nicht Sophonisbens gleichen?
230Kein Stern weiß Wuͤrd’ und Glantz der Sonne zu er - reichen.
Begierde ſiht Comet-oft auch fuͤr Sonnen an.
Daß Mißgunſt / die nichts reucht / doch Roſen tadeln kan!
Die Schoͤnheit iſt ſchoͤn Mah / der einſchlaͤfft / nicht er - kwicket.
Sie weckt die Todten auf / wenn ihr ſchoͤn Auge blicket.
235Er toͤdte mit Vernunft den Reitz der Uppigkeit.
Wenn Grund und Giebel brennt / iſt’s nicht mehr leſchens zeit.
Jſt deine Liebe denn ſchon bis zum Gipfel kommen?
Ja! denn ich habe mir ſie ſchon zur Eh genommen.
Ha! iſt der Aberwitz von ihm wol Glaubens-werth?
240Den Goͤttern hat’s gefalln / mein Gluͤck-Stern hat’s be - gehrt.
Mit dem Verhaͤngnuͤſſe vermum̃t man eigne Suͤnden.
Des Himmels Reitzungen kan niemand uͤberwinden.
Den reitzt die Thorheit / der in’s Garn der Wolluſt faͤllt.
Der Venus Gottesdienſt wird ſelbſt hier durch beſtellt.
245Gott iſt ein kenſcher Geiſt / liebt Andacht keuſcher Hertzen.
Der Keuſchheit heilig Oel ernehrt des Ehſtands Kertzen.
Nicht wenn ein blinder Trieb uns auf das Glat-Eiß jagt.
Fehl-tretenden wird nicht ſtracks Laub und Gras verſagt.
Der thut die Laſter ſelbſt / der durch die Finger ſiehet.
250Auf was fuͤr Abſehn iſt ſein Eyver denn bemuͤhet?
Daß Maſaniſſa ſol zertrennen Eh und Pflicht.
Der Himmel laͤßt’s nicht zu / auch mein Gewiſſen nicht.
Es iſt ungiltig Ding der Ehſtand bey euch beyden.
Was kan fuͤr Menſchen Recht ſolch himmliſch Band zerſchneiden?
EScipio. 66SOPHONISBE. 255Das Kriegs-Recht macht ſie Rom zu einer dienſtbarn Magd.
Sie ſey es. Wird nun mir auch eine Magd verſagt?
So eine; die auf Rom ſo eyfrig iſt vergiftet.
Man mißt ihr unrecht bey / was Syphax hat geſtiftet.
Du fichſt fuͤr ſie umbſonſt. Bezwinge ſelber dich.
260Was ſchoͤpfet Rom fuͤr Luſt / wenn man Sie kraͤnckt und Mich?
Er jammert mich / mein Freund; ſein Leid geht mir zu Hertzen / Jch hab’ Empfindligkeit und Theil an ſeinen Schmertzen / Jch ſorge fuͤr ſein Heil. So ſchlag’ er deſſen Rath Doch nicht ſo ſchlecht in Wind / dehn die Erfahrung hat265 Als redlich / laͤngſt gepruͤft; ja der nicht ſeines Bluttes Fuͤr Maſaniſſen ſchont. Wofern er etwas Guttes Mir damals zugetraut; als er kam in mein Zelt / Als wir ein Freundſchaffts-Pfand einander zugeſtellt / Von welcher Zeit er mich mit ſeinem Gluͤck und Hoffen270 Willkuͤrlich lies gebahrn; wo er je’s Ziel getroffen Geſuchter Redligkeit; ſo blld’ er ihm doch ein: Daß Scipio nicht hier erſt falſch und ſchlim̃ wird ſein. Der Tugenden Magnet ſol ihn gezogen haben / So wie er ruͤhmt / zu mir. Von allen groſſen Gaben275 Weiß ich mich ſonſten arm / in der ruͤhm’ ich mich reich: Daß meinem Hertzen iſt der Liebe Trieb zu weich / Die Wolluſt iſt mir Gift / und Geilheit ſchmeckt mir herbe. Ja ſichre dich: daß nichts ſo ſehr als ſie verterbe Den Fruͤhling unſer Zeit. Kein giftig Mehlthau nicht280 Kein Reif iſt / der ſo viel der zarten Bluͤth’ abbricht Als Brand der Uppigkeit. Fuͤr den geharnſchten Heeren Darf unſer Alter ſich nicht wie fuͤr Wolluſt wehren / Die uns ins Garn zu kirrn mit ſuͤſſen Koͤrnern ſtreut / Mit Engel-Augen winckt / und doch die Hell’ uns dreuk. 285Nun dieſe Tugend muß auch Maſaniſſa lernen / Wil er mir ehnlich ſein / ſein Nahme bey den Sternen Jm Sonnen-Zirckel ſtehn. Wer Wolluſt uͤbermannt / Thut mehr / als der den Feind an Sieges-Wagen ſpannt /Ja67SOPHONISBE. Ja zwey drey Syphax zwingt. Alcides hat am Rieſen290 Am Loͤw und Schlangen nicht mehr Hertz und Kraft erwieſen / Als da beym Scheideweg’ er wiech der Wolluſt aus. Du tritſt / behertzter Held / des Syphax Reich in Graus / Und laͤßt den Zaͤrtling dich an Spinnenweben leiten? Leg auf die Wage doch die ſchnoͤden Uppigkeiten! 295Ein’ Handvoll Ehre wigt zwoͤlf Kiſten Wolluſt weg. Beſudel deinen Ruhm nicht erſt durch dieſen Fleck. Mein Beyſpiel ſey ein Liecht zur Folge Maſaniſſen. Haſt du den Scipio ie eine Frau ſehn kuͤſſen? Hat des Allucius faſt Goͤttlich-ſchoͤne Braut300 Mein Finger angeruͤhrt / ein geiler Blick beſchaut? Der Sophonisbe doch nicht wird den Schatten reichen.
Wer wil ſich / groſſer Held / dem Scipio vergleichen?
Jch bin ein Menſch wie du / doch der Begierden Herr.
Du biſt der Goͤtter Blutt / und ſtam̃ſt vom Jupiter /305 Dein Thun weißt’s. Man hat ihn / (von dem als einer Schlangen Auch Alexandern hat Olympias empfangen /) Wo deine Mutter ſchlief / oft ſo geſtellt verſpuͤrt.
Der iſt der Goͤtter Kind recht / den die Tugend ziert.
Jch bin aus Libyen. Jn unſern Staͤdten bluͤhet310 Nichts / was nicht feurig iſt. Die Sonn’ und Liebe gluͤhet Bey uns zur Winters Zeit mit mehrer Krafft und Macht / Als / wenn der Hunds-Stern brennt in eurer Mitter-Nacht.
Es dien’ ihm Hannibal zum Beyſpiel’ und zum Spiegel! Bey dem die Keuſchheit iſt der Liebe ſtrenger Zuͤgel. 315Er bleibt beym Weine kalt / und bey der Schoͤnheit Eiß.
Jſt er aus Africa / und nicht im Lieben heiß?
Doch klug. Drumb laſſe dich den Feind nicht ſcham - roth machen. Ja Caccabe wird ſich verſtocken / dich verlachen / Die Raths-Herrn fordern heim / die mit beſtuͤrtzter Hand320 Die Oel-Zweig’ uns verehrn / und fuͤr ihr Vaterland Die Erde bethen an / und unſre Fuͤſſe kuͤſſen / Ja ſchon mit Thraͤnen uns umb Friede bitten muͤſſen. Dein zehnder Feldzug gibt dir auch den zehnden Ring / Und du verſpieleſt ſie als ein veraͤchtlich Ding /E 2Weil68SOPHONISBE. 325Weil du aus Ohnmacht dich nicht ſelber kanſt bezwingen. Zu dem ſteht’s nicht bey mir / weil Rom in allen Dingen Die unſer Schwerdt erwirbt / fuͤr Helffern hat die Wahl / Dir noch was zuzutheiln. Der Syphax / ſein Gemahl / Sein Reich / ſein Volck / ſein Gutt iſt ja der Roͤmer Beute. 330Kurtz: Sophonisbe muß nach Rom zihn / und zwar heute. Dis iſt mein endlich Schluß. Entſchleuß dich: ob der Dunſt / Der Kitzel lieber dir ſey / als der Roͤmer Gunſt.
Ach! Scipio / ja ja! ich habe mich vergangen! Jch fuͤhle mein Geſicht ſchamroͤthend Blutt umbfangen;335 Die Wehmuths-Thraͤne bricht aus Aug’ und Hertzen fuͤr Jch unterwerffe mich / Großmaͤchtger Feldt-Herr / dir. Gebahre / wie du wilſt / mit deinem Maſaniſſen. Wer aber wird in dem mir noch zu rathen wiſſen? Was meine Seele kwaͤlt und die Gewiſſens-Ruh:340 Daß ich mit Hand und Mund ihr eydlich ſagte zu: Sie ſolte nimmermehr in frembde Haͤnde kommen.
Was Maſaniſſens Brunſt wahnroitzig fuͤrgenommen / Dem weiß ſchon ſein Verſtand / der groͤß’re Feinde ſchlug / Zu helffen weißlich ab. Du biſt dir ſelber klug.
Ach! ſo ſol Sophonisb’ in Roͤm’ſchen Feſſeln laͤchſen? Steckt dieſer bittre Kern in guͤldenen Gewaͤchſen; Die eure falſche Gunſt / ihr ſchlimmen Roͤmer ihr / Saͤtzt unſrer Hofnung auf / tragt unſrer Einfalt fuͤr! Jch ſcheue mich faſt euch / wie den Saturn / zu nennen. 350Jhr ſucht Numidien von Zeutis nur zu trennen / Daß unſre Zweytracht euch auf-opffer Gold und Blutt. Zu was iſt unſer Eh Zergliederung euch gutt? Traut ihr den Augen-Dorn Carthago nicht zu daͤmpffen? Traut ihr die Herrſchafft euch der Welt nicht zu erkaͤmpffen /355 Umb die Rom Gall’ und Gift auf alle Voͤlcker ſchaͤumt / Wenn Sophonisbe nicht wird aus der Welt geraͤumt? Nein! Hannibal ſteht euch / nicht Sophonisb’ im Lichte. Das Gluͤcke kehret euch mit ihr ſein Angeſichte. Sie69SOPHONISBE. Sie reißt nebſt mir ihm aus die Fluͤgel / hem̃t ſein Rad /360 Daß es von Rom zu flihn mehr keine Federn hat. Wie hoch iſt Rom geklim̃t / ſeit ich auf ſeiner Seiten! Carchedons Juno kan nicht mehr auf Loͤwen reiten / Jhr Zepter und ihr Blitz faͤllt ihr aus beyder Hand. Carthago wird fuͤr’s Kind Alcidens nicht erkannt /365 Und doch ſol Maſaniß’ itzt Zwang und Undanck leiden. Sol Sophonisbe fort? ſol Sophonisbe ſcheiden? Wird unſerm Auge nicht mit ihr entgehn das Licht? Des Adlers wird ja blind / ſchaͤrft es die Sonne nicht. Steinharter Scipio den ein Hircaniſch Tyger /370 Ein Arimaſpiſch Wolf / ein Baſilißk am Niger Mit Gift und Blutt geſaͤugt! der Zembl - und Caſpiſch Eiß Jm kalten Hertzen nehrt / weil er / wie ſiedend heiß Gleich meine Bitte war / wir viel verliebte Flammen Gleich ſchlugen uͤber ihn aus meiner Bruſt zuſammen /375 Mitleidende nicht ſchmeltzt. Hat Treu’ und Tugend nicht Was mehr / als dis verdient? Mein Augen-Troſt / mein Licht / Mein Abgott / Sophonisb’! Ach! ich ſol dich verlieren? Was ſol ich fuͤr Gewinn fuͤr den Verluſt verſpuͤren? Man ſagt mir guͤldne Berg’ und ſchwere Zepter zu. 380Einfaͤlt’ger! Reichthum iſt ein Zirckel ohne Ruh / Ein Sclavenhaus der Seel’ / Abgoͤtterey der Thummen / Die guͤldne Larv’ / in die ſich Sorg’ und Geitz vermummen / Das Arme aͤrmer macht / und Hungrige nicht ſatt / Das man mit Schweiſſe ſucht / mit Furcht und Schrecken hatt /385 Mit Hertzens-Ach verliert. Nein! Landens Diamanten Sticht Sophonisbe weg. Das Bein von Elefanten Jſt ſchwartz bey ihrer Haut. Den Mund-Rubinen ſind Nicht Taprobanens gleich. Und was im Tagus rinnt / Bezahlet nicht ein Haar von Sophonisbens Haupte. 390Was iſt auch Kron und Reich? Ach! daß die Welt es glaubte: Daß jede Kron’ ein Joch / ihr Gold ſo ſchwer als Bley / Jedweder Diamant ein ſpitzig Pfriemer ſey / Die Perlen Thraͤnen-Saltz; die ſchuͤtternden Rubine Geronnen Fuͤrſten-Blutt; der weiche Purper diene395 Der Boßheit: daß ſie macht der Heuchler Schwarm’ ein Neſt / Der den gekroͤnten Knecht einſt von der Schippe blaͤßt. E 3Nein70SOPHONISBE. Nein! Sophonisbe / nein! Reich / Zepter / Purper / Kronen Sind gegen deinem Werth Schaum / Blaſen / Schalen / Bohnen. Nim̃ / unerſaͤtlichs Rom / Numidien dir hin /400 Wenn ich Beſitzthumbs-Herr nur Sophonisbens bin! Halt inne! Maſaniß’. Auf was fuͤr Syrt - und Scyllen Rennt dein verzweifelnd Schif? Laͤſt du den blinden Willen / Und die verkappte Brunſt dir einen Leit-Stern ſein? Nein! raͤume Stab und Heft nicht den Begierden ein. 405Numidien iſt dir von Uhrſprung’ angetraͤuet. Das Reich iſt dein Gemahl. Wer dieſem ſich verfreyet / Kan ſonder Ehbruch es nicht ſencken in Gefahr. Die Herrſchafft iſt dein Gott / die Klugheit dein Altar. Das Auge der Vernunfft wirſt du dir ſelbſt ausſtechen /410 Und-aͤrger dich am Gluͤck’ als Hannibal verbrechen / Da er zu Croton ſchimpfft der Juno guͤlden Bild. Behertzig’: ob ein Weib mehr als dein Wolſtand gilt. Jm Uhrwerck unſers Thuns muß die Vernunfft’s Gewichte / Das Auge Weiſer ſein. Denn wer dem Jrrwiſch-Lichte415 Der ſcheinbarn Wolluſt folgt / verſincket in Moraſi. Die Lieb’ iſt thoͤrcht / die nur im Auge Zunder faßt. Die Schoͤnheit ein Betrug / ein Geyer zarter Hertzen / Ein Raubſiſch unſers Heils. Auf! laſſe dir die Kertzen Der nichternen Vernunft / die Scipio ſteckt auf /420 Dir weiſen Farth und Port! wo zielt dein blinder Lauf Mit Sophonisben hin? Auf dreyer Naͤchte Luͤſte / Auf oft-gekuͤſte Lipp’ / und vor befuͤhlte Bruͤſte; Auf ein von Scham entfernt’ und Treue-leeres Weib; Auf eine Helena / die einen Schwanen-Leib425 Ein Raben-Hertze hat. Jſt die werth lieb zu haben / Die / den ſie heut’ umbarmt / wuͤnſcht morgen zu begraben? Die Maſaniſſen kuͤßt / weil noch ihr Syphax lebt? Ja ſelbſt ihm Fallen ſtellt / und falſche Netze webt? Nein! Maſaniſſa nein! halt die Begierd’ im Zaume! 430Sie iſt ein giftig Zweig von Barchens Eyben-Baume / Der die / die unter ihr wolln ſchoͤpfen Schlaf und Ruh / Beſchattende bringt umb; die Untergang bringt zu Und Gift zur Mitgift hat / iſt unwerth reiner Liebe. Die Art des Crocodills iſt: daß er ſich betruͤbe /Wenn71SOPHONISBE. 435Wenn er den Menſchen frißt; ſie macht kein Auge naß / Ob’s Ungluͤcks Crocodil gleich ihren Syphax fraß. Wie aber? iſt von ihr nicht Beſſerung zu hoffen? Den oft des Ungluͤcks Fuß / der Straffe Keil getroffen / Lernt endlich weiſe ſein. Nein! alte Laſter ſind440 Nicht wol zu rotten aus. Luſt / Waſſer / Zeit und Wind Vertreibt nicht den Geruch aus ſtinckenden Gefaͤſſen. Fort / Sophonisbe / fort! dein Sarch iſt abgemaͤſſen / Dein Untergang beſtim̃t. Ach! aber / ach! wie ſchwer Kom̃t uns dis Urthel an! mein Hertze ſchwim̃t im Meer’! 445Jch wat’ in Sand und Angſt! Jſt’s nicht zu hinterzihen? Umbſonſt! wer Lorbern / Gluͤck / und Ruhm ihm wil ſehn bluͤhen / Den Nahmen beym Geſtirn’ in Ehren-Tempeln ſtehn / Muß aus der Jrrebahn verwehnter Sinnen gehn.
Du komſt mir eben recht / Diſalces.
Was be - fehlen450 Mir ihre Majeſtaͤt?
Mein heutiges Vermaͤhlen Reißt Himmel / und Vernunft und Zufall morſch entzwey. Schaf Augenblicks ein Glaß / und Wein / und Gift herbey.
Hilf Himmel! worzu Gift?
Volſtrecke was wir ſagen. Ach! wie fiehl’ ich in mir mein ſchnelles Hertze ſchlagen! 455Begierden und Vernunft bekaͤmpfen mein Gemuͤtt’. Jn dem bald dis / bald das / aufs andern Scheitel tritt. Jedoch der Zweifels-Knot’ iſt aufgeloͤſt und offen. Das Lieben hat gefehlt; Vernunft den Zweck getroffen.
Hier hat der Koͤnig dis / wie viel er hat verlangt.
460Wir Aermſten! daß man noch mit Gift und Tode prangt! Uns zu erwuͤrgen Strick’ aus Seid’ und Purper windet. Thut’s nicht ſo weh / wenn man mit Adler-Holtze zuͤndet Die Scheuter-Hauffen an? und mit Schmaragd verſaͤtzt Die Dolche / welche man auf unſre Gurgel wetzt? 465Bringſtu mir’s Gifft darumb in Jaſpis und Chryſtallen? Jn dieſem ja gar recht; weil wir wie Glaß zerfallen. E 4Wie72SOPHONISBE. Wie aber; bring’ ich ſelbſt Jhr dis Geſchencke zu? Warumb nicht? kan ſie ſchmehn / was ich gezwungen thu? Kan jemand beſſer ihr als ich den Traum auslegen? 470Nein! Jupiter laͤßt ſich nicht ſehn bey’n Donnerſchlaͤgen. Diſalces / trag dis Gift ſtracks Sophonisben hin; Vermeld’ ihr: daß ich noch ihr Freund / ihr Eh Mann bin / Daß mir noch unentfalln mein doppeltes Verſprechen. Weil aber Maͤchtige das Eh-Verloͤbnuͤs brechen /475 Und mich der Himmel nicht laͤßt ihren Eh-Schatz ſein / Sol doch mein ander Wortt im Wercke treffen ein: Daß ſie nicht lebend wird falln in der Roͤmer Haͤnde; Worfuͤr ich ihr dis Glaß zur ſichern Artzney ſende.
Ach! wie wird Sophonisb’ empfinden dieſen Schlag!
480Wenn ſie behertzt ihn fuͤhlt / ſo iſt’s ihr Ehrentag.
Der in die Gruft ſie ſchleußt?
Doch aus den Feſſeln reiſſet.
Ach! moͤcht’ ich ſein verſchont mit dem / was er mich heiſſet! Mich ſchauert ſelbſt die Haut. Macht doch ihr Vaterland Der Anverwandten Todt durch Bothen nur bekand /485 Die in dem Kercker ſchon zum Tode ſind verdammet.
Wenn ſie behertziget; daß ſie vom Belus ſtammet / Daß ſie ſey Aſdrubals des groſſen Suffes Kind / Eliſſens Enckelin / die Luſt in Flammen find’t / Daß ſie zur Mutter-ſtadt Chaedreanech habe;490 Daß kein Gewuͤrme lebt in der Phœnizer Grabe; Daß man Amilcars Haupt / und die ihm kommen bey Durch Tugend / bethet an. Wenn ſie erwegt; ſie ſey Vorhin vermaͤhlt geweſt mit zwey gekroͤnten Koͤpffen / Wird ſie aus dem Geſchenck’ ihr Troſt und Lehre ſchoͤpffen.
495Wo bleibet Treu’ und Eh’ und ihr geſchworner Eyd?
Wo es umb Zepter geht / da ſind ſie Eitelkeit.
Kan er ihr Schatz nicht ſein / ſo ſey er nicht ihr Moͤrder.
Ja! weil ich doch ihr Heil durch Gift und Mord be - foͤrder’.
Ein Roͤmer kan dis Werck mit mehrerm Ruhm voll - zihn.
500Der wird ſich ihren Tod mehr zu verhindern muͤhn:
Diſalc.Was wil der Fuͤrſt denn ſelbſt ſo ſcharf auf ſie gebahren?
Daß ſie in Rom nicht darf zum Siegsgepraͤnge fahren.
Sol Fuͤrſten noch der Tod Genad’ und Vortheil ſein?
Diſalces / geh und wirf mir mehr kein Wort nicht ein. 505Jedoch / halt! Jch vergeh’ / ich zitter / ich erſtarre! Geh immer! es iſt nicht mehr Zeit zu zweifeln Harre! Verzieh’! Ach! ſchaue / wie mir Aug’ und Hertze bricht! Fort! immer! fort! der Schluß iſt mehr zu aͤndern nicht.
WO wird / nach ſo viel Muͤh und Streit /510 Nach uͤberwund’nen Schlang’ und Rieſen / Durch der erzuͤrnten Juno Neid Erſt Hercules noch hingewieſen? Jhr Goͤtter / die ihr bey mir ſteht / Helft: daß mein Fuß nicht irre geht!
Einfaͤltiger! darf’s eines Zweifels noch. Sihſtu hier nicht den Garten? dort die Hecken? Hier traͤgt man Sam̃t / dort ſchlepp’t man Bley und Joch. Dort muß man Gall’ / hier kan man Zucker ſchmecken.
Laß dich den Wurm / Aleides / nicht verfuͤhrn. 520Der Tugend Kern / beſchaͤmt der Wolluſt Schalen. Die Lielgen / die der Wolluſt Abgrund zier’n / Sind Diſteln / die mit falſchem Silber pralen.
Setz’ einen Fuß nur auf den weichen Pfad / Den dir die Hand mit Nelcken gantz verneuet.
E 5DieHalt! ſchaue vor: was es fuͤr Weſpen hat Jn ihrer Schoos / aus der ſie Blumen ſtreuet.
Dis / was du ſiehſt in meinem Blumwerck ſpieln / Sind Stachel-leer und Honig-reiche Bienen.
Du wirſt den Stich eh als ihr Zucker fuͤhln;530 Ja ſiehe: Nattern niſten unter ihnen.
Doch ohne Gift. Sie ſaugen reinen Saft Aus dieſen Roſen / die nie ſind erblichen.
Es iſt kaum Mah; Einſchlaͤffen ihre Kraft. Nur Tulpen / die nichts / oder heßlich richen.
Sie tragen Fruͤcht’ und Aepfel dicht’ aus Gold.
Wol! laßt uns ſie hier auf die Wage legen!
Dis wird erwerben Mir Alcidens Hold.
Die Haſelnuß wird ihrer drey abwegen.
Was leicht’ iſt / gleicht den Sternen und klim̃t hin.
Schauſt du’s: dis Gold hat in ſich nichts als Aſchen.
Der Menſch wird Vieh auch durch die Zauberin. Wol! dieſen Schimpf ſol mir ihr Blutt abwaſchen.
Wil auch dis Thier mit guͤldnen Pfeilen praln? Schaut: Sie ſind nur aus Wachs und Bley bereitet.
DieSo ſol der Spiß dir deinen Hochmuth zahln!
So ſiget / wer mit glaͤſern Lantzen ſtreitet!
Jch wil dich faͤlln auch ohne Pfeil und Spieß.
Durch ein ſchoͤn Lied bezaubernde Sirene?
Ja / Orpheus zwingt hierdurch die Finſternuͤs.
Hoͤrt! wie verſtim̃t mein Griffel ihr Gethoͤne.
Nicht laſſe dich durch dieſen Blaͤndungs-Dunſt Von meiner Feder-weichen Bahn ableiten. Mein Bett’ iſt Seid’ / und durch der Seren Kunſt Laß’ ich Damaſt den meinen ſo bereiten.
Schaut den Betrug! in dieſer Seide ſind Stro / Neſſelkraut / Dorn / Diſteln / Stein verſtecket.
Ja! weil mein Arm hieraus auch Seide ſpinnt; Aus Gall und Gift Zibeth und Zucker becket.
Was ſich der Wurm / der Molch / die Schlange ruͤhmt!
Die Gold bekroͤnt / und Wurmgeſpinſte kleidet?
Die Aeßer ſind mit Veilgen oft bebluͤmt.
Die Mißgunſt ſchmeht auch Engel / die ſie neidet.
Wol! wir wolln bald des Engels Schoͤnheit ſehn! Jch muß ihr den geborgten Rock ausziehen. Kan76SOPHONISBE. 565Kan ſich ein Bettler in was aͤrgers nehn? Wer wolte nicht fuͤr dieſer Sclavin flihen? Wirf aber auch den Bettler-Mantel weg. Schaut: iſt ein Schwein beſudelter zu ſchauen? Dis iſt ein Krebs - und dis ein Außatz-Fleck. 570Muß dir nicht ſelbſt fuͤr Schwer - und Eyter grauen? Der Wolluſt Kopf iſt Schwan / der Leib ein Schwein. Laßt uns die Schminck’ im Antlitz auch vertilgen. Hier fault das Fleiſch / dort friſt die Lauß ſich ein / So wandeln ſich in Koth der Wolluſt Lilgen. 575Noch nicht genung! zeuch auch die Lumpen aus / Was zeigt ſich nun? Ein Aaß / ein todt Gerippe. Beſih’ itzt auch der Wolluſt innres Hauß: Daß man ſie in die Schindergrube ſchippe!
Geſicht’ erſchrecklicher Geſtalt! 580Sey Wolluſt tauſendmal verfluchet! Mein Hertze ſchlaͤgt / der Leib wird kalt! Weh dem / der dieſen Jrrweg ſuchet! Wol dem! der mit mir treten kan Hier auf der Tugend Diſtel-Bahn.
Mein Diſtelweg hat in ſich Roſ’ und Klee / Die finſtre Kluft das Paradis / den Himmel. Mein Sonnenſchein vertilget Eiß und Schnee / Mein Lorberzweig verleſchet Schweiß und Schimmel. Hier ſteht der Trohn der Ehren aufgebaut. 590Hier hencket die verwelckens-freye Krone. Weg / Hercules / mit deiner Loͤwen Haut! Empfang den Zepter / fuͤge dich zum Trohne. Jch werffe ſelbſt mein haͤren Kleid von mir. Weil Perl’ und Gold die Tugend kleiden muͤſſen. 595Beſteig den Thron. Dort folgt noch einer Dir. Numidien bekroͤnet Maſaniſſen.
JSt di’s das Heyligthum / in welchem von zwey Sternen Die blinden Sterblichen zukuͤnfft’ge Dinge lernen?
Dis iſt es. Weil ihr Aug’ auf Erden alles ſieht / So Tag und Nacht erhellt; iſt auch ihr Geiſt bemuͤht5 Den duͤſteren Verſtand der Menſchen zu verklaͤren; Dann die / die Wiſſenſchafft des Kuͤnftigen begehren / Auch Sonn’ und Mond hierumb andaͤchtig ruffen an / Erlangen ihren Wunſch. Sie / Sophonisbe / kan Jhr ſelber leſen aus / wordurch ſie wil erlernen /10 Was kuͤnftig ihr ſteht fuͤr. Hier ſtehn die von den Sternen / Beſeelten Theraphim / dis iſt des Thammuz Bild / Und dis der Hecate; von derer Regung kwillt: Daß die und jene Seel’ einander lieben muͤſſen; Die Hertzen muͤſſen ſich eroͤfnen oder ſchluͤſſen /15 Nach dem man dreht dis Rad / und aufſchlingt dieſes Band. Hier iſt ein Erſtlings Haupt / das eines Priſters Hand Jhm von dem Halſe rieß / in Saltz und Wuͤrtzen legte / Als jeder Jrrſtern ſich zum neuen Lauffe regte. Wer auf dis guͤldne Blech des Molochs Nahmen ſchreibt /20 Jhm ſteckt ein Wachs Licht an / und eine Nacht hier bleibtFuͤr79SOPHONISBE. Fuͤr dem Altare knien / kriegt / was er wil / zu wiſſen. Dis Bild ließ Dido noch aus Gold und Silber guͤſſen / Worein ſo Sonn als Mohnd die Kraͤften floͤſſen ein. Dis weiß und redet aus / wie unſer Gluͤck wird ſein /25 Das kein Wahrſager gleich iſt faͤhig uns zu ſagen. Allein es laͤßt ſich nur gewiſſe Tage fragen; Wenn Hada in den Krebs / Adad in Loͤwen tritt. Doch nichts theilt deutlicher die Wiſſenſchafft uns mit / Als ob / ein groſſer Geiſt / der Didons Grab beſeelet;30 Nach welchem dieſer Fels hier ſiehet ausgehoͤlet / Wie das zu Caccabe der Dido Tempel hegt.
Auf was fuͤr weiſe wird Eliſſens Geiſt geregt?
Du muſt die Schuh ziehn aus / Eliſſens Bild umbfaſſen / Aus deinem Arme Blutt in dieſes Feuer laſſen. 35Nun ſetze dieſe Haub’ aus weiſſer Woll’ aufs Haar / Nim hin den Myrten-Zweig; wirf Weyrauch aufs Altar. Nun muß der Dido Grab mit Aepfeln ſeyn verehret / Die Derceto zu ſeen auf Cypern hat gelehret. Nach deiner Andacht ſchlaff’ auf Didons Grabmal’ ein.
40Wenn werd ich von der Sonn’ und ihr erhoͤret ſein?
So bald die Sonne fruͤh mit ihrem Aufgangs-Lichte Eliſſens Bild ſtrahlt an / erſcheinet ein Geſichte / Das Schlaffenden alhier ihr kuͤnftig Gluͤck entdeckt.
Geſichte ſinds? durch die die Sonn’ ihr Licht aufſteckt!
45Ja / Dido zeuget ſich / mit Purper angezogen / Die Haare deckt Schmaragd / ein Carchedoniſch Bogen Hengt von dem Ruͤcken ab; die Pfeile ſind aus Gold; Jhr Antlitz heget noch ihr Anſehn / ihre Hold.
Auf was fuͤr Art wird man der Geiſter Meinung innen?
50Zu Delphis regt der Erd’ ihr Geiſt die Priſterinnen Was uns begegnen ſol. Dodonens Eich-Altar Sagt durch zwey Tauben / theils auch durch die Zweige wahr. Der Eſculapius aus Ertzt und einem Drachen; Und Hammons hoͤrnricht Kopf winckt zu gewehrten Sachen. 55Allein Eliſſa macht durch ihren Bauch und Mund / Was man zu wiſſen wuͤnſcht / viel deutlicher uns kund. Nun ſchlaff; Es iſt bald Zeit. Die kleinern Stern’ erbleichen. Sophon. Jſt / eh die Sonn’ erwacht / nicht Antwort zu erreichen /Weil80SOPHONISBE. Weil ja ſonſt jeder Geiſt mehr Luſt zum finſtern traͤgt.
60Ja / dieſe / welche Moth und Hecate bewegt. Allein Eliſſens Geiſt wird mit dem Tage rege / Als Baals Sonnen-Kind. Man ſieht auch ander Wege Die Teraphim beſeelt durchs Auge dieſer Welt. Jhr Licht iſt voller Geiſt. So bald ein Strahl nur faͤllt65 Auf Memnons ſteinern Bild / bewegt die todten Lippen Ein angenehmer Schall. Das Licht beſeelet Klippen / Des Apis Seule kehrt der Sonne ſein Geſicht Wie Sonnenwenden nach. Die Sonne geht auch nicht Je auf: daß man nicht ſie Serapens Bild ſiht kuͤſſen;70 Und Stroͤme ſuͤſſer Milch aus hundert Bruͤſten fluͤſſen / Von welchen Jſis ſtrutzt; ſo bald in ihrer Hand Die Ampeln glimmen an. Ja ſolcher heil’ge Brand Macht: daß Oſiris Wein aus dem Altare ſpritzet.
Die Schlafſucht faͤllt mich an; mein gantzer Koͤrper ſchwitzet.
75Der Strahl der Sonne kuͤßt ſchon ihr geweyht Altar / Die Gottheit dieſes Orths wird itzt gleich ſagen wahr.
Geiſt. Das Aug’ und Hertze dieſer Welt / Das Erd und Meer beſeelt / den Sternen Glantz verleihet / Strahlt auch durch das Elyſer-Feld /80 Und unſer Schatten bleibt der Sonne noch geweihet / Eliſſa hat mit ihrem Leben Jhr maͤnnlich Hertz nicht aufgegeben; Der Dido Schatten irrt noch emſiger umbs Grab / Als weiland in der Welt / eh ſie den Leib legt’ ab. 85Sie bleibet itzt noch Sonnen-Prieſterin; Jhr Geiſt / der ihr geweiht wie ſelbſt Sicharba war / Brennt itzt noch Lorbeer Holtz / und ſpritzt aufs Brand-Altar Der Sonne noch ihr Blutt zum Opfer hin; Labet ihres Eh-Herrns Geiſt / den des Brudern Mordbeil faͤllte /90 Mit dem Balſam treuer Liebe / der aus ihren Wunden troͤpft / Weil ſie ihr das Oel des Lebens ſelbſt aus ihren Adern zoͤpft’ / Als Hiarbens tolle Brunſt ihrer Keuſchheit Netze ſtellte. Dieſes macht: daß mein Carthago mich als Goͤttin bethet an; Und daß mein entſeelter Schatten kuͤnftig Ding wahrſagen kan. Doch /81SOPHONISBE. 95Doch / mein Carthago / Ach! ach! Himmel-hohe Stadt! Jch ſehe deinen Glantz in Flam̃’ und Brand verkrachen / Die Ochſen und den Pflug zur Saate Furchen machen / Wo vor mein Ochſenfell ſo weit gegraͤntzet hat. Wo Bilder itzt aus Ertzt und Marmel-Seulen ſtehen /100 Wird Moos und Graß und Schlacke ſein / Und breite Buchen wurtzeln ein / Die Schaff’ in fetter Weid’ auf Thuͤrm’ und Mauern gehen / Die hoͤher ſich als viertzig Ellen ſtrecken / Und itzt voll Volck und Elefanten ſtecken. 105Ja / weil ſich Rom nicht ſicher ſchaͤtzt zu ſein / Wenn es Carthago gleich wird in ein Aas verkehren / Wird man in ihm zermalmen jeden Stein / Gleich koͤnt’ jedweder Rom zerdruͤmern und verheeren. Der Fall Numidiens und Cyrtha ſpielt vor an:110 Daß ſich Carthago ja vernuͤnſtig ſpigeln kan. Elende Sophonisb’! ich klage dein Verterben! Dein Syphax traͤgt das Joch / dich heiſt’s Verhaͤngnuͤs ſterben! Jedoch nicht ohne rechtes Recht. Du geußt in’s Feuer Oel / Er traͤget Holtz zur Flamme. 115Der Mohr wird itzt der Roͤmer Knecht. Ach! daß du nicht gezeugt waͤrſt aus Eliſſens-Stamme! Wilſt aber du mir noch mit einer Ader gleichen / Den Fall des Vaterlands der deine Marter wuͤrtzt / Den Muth des Aſdrubal ſehn ſeines Weibes weichen /120 Wenn er in Feſſel kreucht / ſie in die Glutt ſich ſtuͤrtzt / So rette ſelbſt bey Zeiten Ruhm und Ehre. Es ſteckt mehr Treue nicht in Maſaniſſens Bruſt / Als in Hiarbens Hertz’. Jhr Zweck iſt geile Luſt / Mein und ihr Holtzſtoß diene dir zur Lehre! 125Es iſt ein groß Geluͤck’ in Aſche ſein verkehrt / Eh als der Goͤtter Blitz auf Reich und Zepter faͤhrt. Doch laß’ hierumb nicht Weiber-Thraͤnen rinnen / Denn der / der in den Wind ſo Eh als Eyde ſchlaͤgt / Und zu Carthagens Brand’ itzt Holtz und Schwefel traͤgt /130 Wird ſelbſt hierbey nicht Gold und Seide ſpinnen. Denn Maſaniſſa / den die Stadt Carchedon auferzogen hat /FWird82SOPHONISBE. Wird Kronen zwar / doch in den Feſſeln tragen. Rom / das die Dienſtbarkeit der Welt135 Fuͤr him̃liſches Verhaͤngnuͤs haͤlt / Wird ſeinen Stam̃ ſelbſt in die Eiſen ſchlagen. Jch ſehe’s Joch ſchon ſeinen Enckel zihn. Alleine Palmen Gluͤck und Siege Solln auch den Roͤmern nicht ſtets bluͤhn. 140Die Sicherheit wird Rom nach dieſem Kriege Jn Schlaff’ und Faulheit wiegen ein; Das Geld / das Volck / die Macht den Adel blehen auf; Die Tapferkeit der Wolluſt Dienſt-Magd ſein / Rom ſporn-ſtreichs in Verterb beſchleunigen den Lauff. 145Der Gothen Suͤndflutt und der Schwarm der Wenden Wird Rom dis Raubgutt reiſſen aus den Haͤnden. Aber dieſer Raͤuber Zepter wird ſo wenig ewig ſein / Als Carthago / deſſen Grauß Tunis muß ein Grundſtein werden. Die verdamten Araber / Gottes Haß / die Peſt der Erden /150 Werden unſre beyde Reiche uͤberſchwemmend nehmen ein. Ja der Saracenen Strom wird gehem̃t von keinem Thamme / Muzens Fahnen werden lenchten / wo Jber und Boͤtis rinnt / Wo der Fluß Garumna ſtroͤmt / bis von dem großmaͤcht’gen Stamme Des Durchlauchtgen Oeſterreichs Welt und Erdkreiß Rath gewinnt. 155Tuͤrcke / Mohr und Mohnd’ erbleichet fuͤr den guͤldnen Hochzeit - Kertzen / Wenn der Philip ihm vermaͤhlt Ferdinands Erlauchtes Blutt; Und ihr letztes Neſt Granata wird vereinbart ſeinem Hertzen. Ja man ſiht: daß die Natur ihm den letzten Schatz aufthut / Und die neue Welt entdeckt / weil die alte viel zu klein160 Fuͤr des Hauſes Oeſterreich groſſe Helden wuͤrde ſein. Atlas und Alcides weiß einen Welt-Ball nur zu tragen / Alexander einer Erde nur den Zaum zu legen an. Aber Oeſterreichs ſein Stamm mag von ſolchen Rieſen ſagen / Denen auf jedweder Achſel eine Welt nicht ſchwer ſein kan. 165Dieſe muͤſſen Africa von der Tyranney und Ketten / Die ihm Omar leget an / durch ihr ſiegend Schwerd erretten. Es83SOPHONISBE. Eswird der fuͤnfte Carl durch ſeine Sieges-Fahnen De Tunis / Tripoli / Biſerta / Aphrodiß Mit Zittern ſchauen wird / den Weg den Kindern bahnen;170 Und lehrn: daß er noch dar was zu erobern ließ. Amidas muß den Fuß des andern Philips kuͤſſen / Als Suleiman ihn wil zu Tunis Koͤnig wiſſen. Alleine dieſe Thaten ſind Ein Vorſpiel groͤßrer Helden-Wercke. 175Fuͤrſt Leopold / das Loͤwen-Kind Spinnt viel mehr Sieg / hegt groͤßre Staͤrcke. Jſter / Rab / und Neutra faͤrbt ſich durchs Blutt der Saracenen / Machmet huͤllet fuͤr den Adlern ſeine blaſſe Monden ein. Afrikens Geſtade werden nicht nur Oeſterreichiſch ſein /180 Cyrtha und Carthago wird noch ſein Haupt mit Lorbern kroͤnen / Und ſein Siegs-Schwerd wird die Banden Mahumeds zertheiln entzwey / Wenn der Loͤwe wird die Loͤwin Spaniens ihm legen bey. Sihſt du / wie der Adler dort mit dem Drach’ und Crocodile / Als mit einer Fledermauß / wie mit Reh und Haſen / ſpiele;185 Wie Europens Keyſer-Vogel Donnerkeil’ und Flammen blitzt / Wenn der Africaner Schutz-Thier Feuer ſpeit / und Blitz aus - ſpritzt. Kurtz: Africa / Carthago ſind vertorben. Auf Sophonisb’! am beſten iſt’s geſtorben.
Elendes Africa! wie moͤgt / ihr leichten Goͤtter! 190Nur ſchuͤtten uͤber uns Verterb - und Ungluͤcks-Wetter? Armſeelge Sophonisb’! erbaͤrmlichs Vaterland! Jedoch / auf! laß uns nicht falln in des Feindes Hand! Laß’ uns der Roͤmer Grim / des Maſaniſſen Laſter Und Untreu nicht erſt fuͤhln! Es ſcheint ein ſanfter Pflaſter195 Verzweifelnden zu ſein / dem Feinde kommen fuͤr. Vertrautſte Prieſterin / hol’ aus der Halle mirF 2Die84SOPHONISBE. Die liebſten Kinder her. Jch wil den Ruhm erwerben: Daß Sophonisbe koͤnn’ Eliſſen gleiche ſterben. Du / ihr verſchwunden Geiſt / empfang hier Eyd und Pflicht:200 Dich / niemand andern ſonſt / wuͤnſch’ ich zu kuͤſſen nicht. Jch wil noch dieſe Nacht umbarmen deinen Schatten. Jtzt ſehn wir: daß wir vor mehr Dunſt umbhalſet hatten / Als unſers Syphax Lipp’ und Maſaniſſens Mund An unſern Bruͤſten ſog. Mein Hertze wird mir wund /205 Die Seele bluttet mir / nun ich euch / liebſten Kinder / Umbarm’ / und wiſſen ſoll: daß ihr dem Uberwinder Solt in die Klauen falln. Habt aber ihr den Muth Nebſt euer Mutter auf zu opfern euer Blutt / Eh ihr wolt Africa der Voͤlcker Raub ſehn werden /210 Die edlen Mohren ſein Verwuͤrflinge der Erden / Eh ihr wollt Faͤſſel zihn?
Wir wuͤnſchen Ehr’ und Todt / Und flihen Schand’ und Dienſt. Sie meld’ uns ihr Geboth. Wir ſind / was ſie befihlt begierig zu vollſtrecken.
So laßt / weil unſern Fall die Goͤtter uns entdecken /215 Der Himmel ihn beſtim̃t / der Dido groſſe That Großmuͤttig ihr thun nach / Burg / Tempel / und die Stadt Jn Brand / uns auf’s Altar zu reinen Opfern ſetzen. Was fuͤr ein ſchoͤner Grab kan uns die Nachwelt etzen / Als wenn uns Africa mit ſeiner Aſche deckt;220 Und in der Tempel Graus ſich Leich und Staub verſteckt? Was wolln wir von dem Feind’ uns erſt ein Grab erbitten? Kein Balſam kan auch nicht uns Faͤul’ und Wurm verhuͤtten. Ja / was die Made ſchont / ſchont doch der Roͤmer nicht / Der Gold bey Leichen ſucht / und jedes Grab zerbricht. 225Die Glutt wird aber ihm von uns nicht Huͤlſen laſſen / Die er verunehr’n kan. Die Flammen / die uns faſſen / Muß jeder Menſch verehrn / der Gott ein Opffer bringt. Sie ſind die Fluͤgel auch / durch die die Seele ſchwingt Sich zum Geſtirn’ empor. Durch’s Feuers Kraͤffte werden230 Beſeelet Erd’ und Meer. Die Glutt vertritt auf Erden Der Sonne Guͤtt’ und Ampt; ſie iſt ihr Goͤttlich Bild. Kein Thier / als nur der Menſch braucht Feuer; denn es kwilltSein85SOPHONISBE. Sein Weſen vom Geſtirn’. Es reinigt / was beflecket / Es iſt der Welt ihr Geiſt / das alle Sachen hecket /235 Der Anfang / in den ſich auch alles aͤſchert ein. Welch ein geluͤcklich Grab wird uns die Glutt nun ſein: Eilt dieſemnach / und reißt die Fackeln vom Altare / Steckt Burg und Tempel an. Mehr als begluͤckte Baare! Wo Reich und Koͤnigin den Staub zuſammen miſcht /240 Und ihr verſpritztes Blutt auf friſchen Braͤnden ziſcht!
Jhr Kinder? Sophonisb’? Ach! was wollt ihr be - ginnen?
Laß uns!
Was? zuͤnden an? Sophon. Ja / ja!
Laßt euch beſinnen! Wollt ihr der Goͤtter Zorn durch Brand mehr ſtecken an?
Es wird den Goͤttern ſelbſt hierdurch ein Dienſt gethan.
245Wenn ihre Bilder gluͤhn / und ihre Tempel krachen?
Ja / eh aus ihnen man laͤßt frembde Goͤtzen machen. Rom / das an einen Stein / nicht unſre Goͤtter glaubt / Das Gadens Heyligthum des Oel-Baum’s hat beraubt / Der Fruͤchte von Schmaragd auf guͤldnen Aeſten brachte /250 Das den Pygmalion / Alcidens Bein’ auslachte / Wird dieſes Tempels auch nicht ſchonen / und ihn weihn Dem Moͤrder Romulus und einer Woͤlfin ein. Die Hure Flora wird den Mohnden hier verdringen / Ja Rom wird Febern Furcht und Blaͤſſen Opffer bringen.
255Rom ſtreut der Sonne ſelbſt ja Weyrauch auf’s Altar.
Die Sonne ſaget ſelbſt uns ihr’ Entweihung wahr. Jhr Kinder / ſieckt nur an. Die Sonne liebt die Flammen.
Sol Sophonisb’ und ihr von Sonn’ und Goͤttern ſtammen? Halt! ſtuͤrmt auf ſie nicht loß. Verſehrt nicht euer Hauß.
260Durchlauchtſt’ / ein Bothſchafter hat was zu richten aus.
Wir fuͤrchten boͤſe Poſt.
Er kom̃t von Maſa - niſſen.
Auch dieſer iſt uns gram. Was Rath? iſt aufzu - ſchluͤſſen? Nein! nein! doch ja! ſchleuß auf. Wir warten ſeiner hier; Des Ungluͤcks Aloe komt der nicht bitter fuͤr /F 3Die86SOPHONISBE. 265Die Galle ſchon geſaugt an ihrer Mutter Bruͤſten. Nur Muth! denn Zagheit kan den Untergang nicht friſten.
Durchlauchtſte Koͤnigin. Jhr groſſer Helden-Geiſt / Der dem Verhaͤngnuͤſſe die Spitze ſelber weißt / Jhr Felſen-hartes Hertz / das des Geluͤckes Schlaͤge270 Kaum als ein Ambos fuͤhlt / eroͤfnet mir die Wege / Macht meinen Kleinmuth keck: daß ich mich unterſteh / (Die Goͤtter wiſſen es / wie mir’s zu Hertzen geh!) Jhr / welche werth: daß ſie nur ſtets auf Roſen giengen / Nur Seuftzens-ſchwangern Gruß und herbe Poſt zubringen.
275Es iſt nicht Noth bey der / die unverſehns nicht faͤllt / Das man mit Grauſamkeit viel hinterm Berge haͤlt / Den Sarch mit Tulpen bluͤmt / den Mord mit Thraͤnen decket. Eroͤfne: wer uns hat das Sterbens-Ziel geſtecket.
Die Goͤtter muͤſſen mir wahrhafte Zeugen ſein:280 Daß Maſaniſfa mich voll heiſſer Hellen-Pein / Beſtuͤrtzt / verruͤckt / halb-tod / an ſie hat abſendet.
Die Feinde ſind erfreut / wenn man an Hafen lendet.
Er ringt ſelbſt nach dem Tod’ / und fleucht ſo Freund’ als Licht. Verflucht ſich und die Zeit: daß er den Ehſchluß nicht /285 Den er ihr theuer ſchwur / und noch als heilig preiſet / Vollzihn kan / und die nur mit Hofnung hat geſpeiſet / Der er die Seele ſelbſt / die noch von Liebe glim̃t / Zur Nahrung / ja ſein Blutt zum Opfer hat beſtim̃t. Dis wuͤrd’ er fuͤr ihr Heil den gift gen Ungeziefern /290 Die beyder reine Brunſt vertilgen / willigſt liefern; Ja durch ſein kreiſchend Fleiſch beſiegeln Eh und Eyd; Koͤnt es ein Pflaſter ſein fuͤr Tod und Dienſtbarkeit. Ach! aber er beweint der grimmen Roͤmer Sitten / Die er vergebens ſich bemuͤht hat zu erbitten. Der87SOPHONISBE. 295Der ſtrenge Scipio reißt Eh und Recht entzwey / Spricht: daß die Koͤnigin der Roͤmer Sclavin ſey / Die muͤſte Rom und ihm ſein Siegs-Gepraͤnge zieren. Sie ſelbſt kan unſchwer fuͤhln / wie dis ſein Hertze ruͤhren Der Seele weh thun muß. Weil nun nicht Muͤh und Fleiß300 Sein letzter Tropfen Blutt ihr nicht zu helffen weiß / Noch auß der Loͤwen Klau und dieſer Tyger Rachen / Sie ſeinen liebſten Schatz lebendig loß zu machen; So heißt ihn Treu und Schwur ihr liefern Gift und Tod. Jhr Uhrſprung / ihre Wuͤrd’ / ihr Witz / ihr Stand der Noth /305 Jhr Vaterland wird ihr hier ſchon den Ausſchlag geben: Ob’s Sterben beſſer ſey / als in den Feſſeln leben. Sophon. Willkommen ſuͤſſer Tranck! Jch nehm’ ihn freudig an / Weil Maſaniſſa mir nichts beſſers ſchencken kan. Gewuͤnſchter Freyheits-Saft! verlangte Morgengabe! 310Diſalces / ſichre dich: kein guͤldner Apfel habe So angenehmen Saft / kein Weinſtock ſuͤſſern Wein / Als Maſaniſſens Tranck / ſchenckt er mir Gift gleich ein. Mein Freund / geh’ und laß’ ihn von Sophonisben wiſſen: Daß wie wir itzt mit Luſt ſein Trinckgeſchirre kuͤſſen /315 So auch die Zunge bald dis Necktar ſchmecken ſol. Es lebe Maſaniß / und dencke dieſer wol; Die ihn itzt ſterbende zu gutter Nacht geſegnet. Geh meld’ ihm: daß uns dis / was uns von ihm begegnet / Den Leib trennt / nicht die Lieb’; ob uns ſchon hertzlich leid320 Die wider unſern Ruhm begang’ne Eitelkeit: Daß wir zum andern mal uns erſt verehlicht haben / Als das Verhaͤngnuͤs uns ſchon eine Gruft hies graben. Doch ein behertzter Todt leſcht alle Flecken aus / Ja Ruhm und Lorbern ziern der Tugend Aſch’ und Graus.
F 4Sopho -88SOPHONISBE.Vertrautſte / nunmehr iſt der guͤldne Tag erſchienen / Des Gluͤcks / der Eitelkeit / der tauſend Seelen dienen / Jhr Joch zu werffen ab; die Larve wegzuzihn Geſpenſtern / die mit nichts ſich uns zu ſchrecken muͤhn. Der Todes-Schatten ſchafft nur bloͤden Augen Schrecken. 330Verwehnten Lippen wil nur Aloe nicht ſchmecken. Ein Helden-Geiſt gleicht ſich Gefaͤſſen die Zibeth Und Ambra hat durchwuͤrckt. Was in denſelben ſteht / Zeucht den Geruch an ſich / und aͤrgſte Bitterkeiten Verzuckert die Geduld.
O frembder Lauf der Zeiten! 335Sol unſers Reiches Sonn’ itzt ſchon im Grabe ſtehn?
Die Sonnen ſind erſt ſchoͤn wenn ſie zu Golde gehn.
Was wird an uns fuͤr Schuld durch ſo viel Kwal ge - rochen?
Wir haben mehr / als uns der Himmel ſtrafft / ver - brochen.
Des Maſaniſſen Schuld und Untreu bleibt verſchont.
340Sein Meineyd wird zur Zeit wie meiner ſein belohnt. Die Suͤnd’ iſt auf die Suͤnd’ ein Werckzeug gleicher Straffen. Dieſpiter ſchaͤrft Keil’ auch wenn er ſcheint zu ſchlaffen / Fuͤhrt wider Erd und Welt mit dieſem Schwefel Krieg / Der aus der Erde vor als Dunſt zum Sternen ſtieg. 345Die Untreu ſchlaͤget mich umb meines Syphax willen / Dem ich vor untreu ward. Auf! laßt uns nun erfuͤllen / Was das Verhaͤngnuͤs wil und Maſaniſſa ſchafft! Kom̃ und entbuͤnde mich wahrhafter Freyheits-Saft!
Durchlauchtſte Koͤnigin / wie / wil ſie dem zu liebe /350 Der nichts nicht lieber wuͤnſcht / als daß er ſie betruͤbe / Zu ſeiner grimmen Luſt aufopfern Geiſt und Blutt?
Dis Opfer iſt mehr mir als Maſaniſſen gutt.
Tychæus.Der ſie Blutt-duͤrſtig frißt / als wie Saturn / die Kinder?
Jch leide zwar von ihm / doch er vom Uberwinder355 Dem harten Scipio.
Jſt er der Roͤmer Knecht?
Obſiegender Gewalt iſt alles Unrecht recht.
Koͤnt’ er ſie nicht befreyn / ſolt’ er ſie ſelbſt nicht toͤdten.
Der Tod iſt ein Geſchenck’ in ſolchen Freyheits-Noͤthen.
Ein Greuel der Natur / der Rachch’ und Ehrſucht Kind.
360Glaubt: daß in dieſem Gifft’ auch Oel der Liebe rinn’t.
Jhr Ehherr baut ſein Gluͤck auf ihre Todten-Beine.
Wir finden in der Gruft die ſchoͤnſten Edelſteine.
Des Koͤrpers ſcharffen Schmertz / der Freinde groͤſtes Leid.
Dem Schmertz’ hilft ab der Tod / das Leid verſuͤßt die Zeit.
365Die Goͤtter haben noch nicht allen Troſt verſchrencket.
Die Roͤmer uns bereit Halß-Eiſen angehencket.
Der Himmel kan aus Band - und Eiſen machen frey.
Wenn man den Lebens-Drat ſelbſt hertzhafft reißt ent - zwey.
Rom wird auf ſolch hoch Blutt nicht ſolch ſcharf Ur - thel ſprechen.
370Rom wird den Regulus in Sophonisben rechen.
Mißt Rom der Koͤnigin mit Fug zu frembde Schuld?
Das Recht liegt / wo man ſiegt / und ſchaft nur Unge - duld. Saͤtzt mir nicht ferner zu / macht meinen Geiſt nicht irre / Es muß geſtorben ſein. Dis giftige Geſchirre375 Bewirthet unſer Heil / und macht zur Goͤttin mich. Ward doch Amilcar auch vergoͤttert / weil er ſich Des Gelo Hand entzoh / das Leben ihm verkuͤrtzte / Und in die Opffer-Glutt ſich ſelbſt zum Opffer ſtuͤrtzte. Jch ſterb’ / Eliſſa nim̃ mich zur Geſpielin an! 380Melcarthos / weil ich dir kein Erſtling ſchlachten kan / Verwirf mich Todte nicht; Thychæus / nicht mein Bitten: Sey auf dein Heil bedacht / entfleuch aus Cyrthens Huͤtten /F 5Zeuch90SOPHONISBE. Zeuch deinen Helden-Arm nicht von Carchedon ab.
Jch wil ihr Beyſtand ſein / dein Prieſter bis ins Grab.
385So ſterb’ ich hochvergnuͤgt. Dis kummerhaffte Leben Kan uns mehr keine Luſt / die Zeit kein Heil mehr geben. Mit meinem Syphax ging mir meine Gluͤcks-Sonn’ auf / Jtzt ſinckt ſie auch mit ihm; und rennt mit ſchnellen Lauf Aufs Meer des Ungluͤcks zu / aus dem nur Duͤnſte ſteigen /390 Die uͤberm Haupte Blitz / in Augen Traͤhnen zeugen; Ob’s Hertze ſchon mehr Blutt / als jenes Waſſer weint / Nicht: daß der Himmel mir mit ſchwartzen Sternen ſcheint / Nicht: daß man Perl’ und Gold von unſer Scheutel ſcheidet / Nicht: daß fuͤr Purper uns ein Sterbekittel kleidet /395 Nein! nur der Kinder Fall / der Freinde Leid und Schmertz Verwundet meine Bruſt / durchſchneidet Seel und Hertz. Ach! daß mein Feſſel euch die Freyheit koͤnt’ erwerben! Mein Blut ſein euer Heil! Wir wolten froher ſterben / Mit Luſt der Roͤmer Joch den Achſeln legen an! 400Ach! aber ſchnoͤder Troſt! Nichts / als der Tod nur kan Der Freyheits-Ancker ſein / des Elends Hafen werden. Spar’t / liebſten Freinde ſpart die aͤngſtigen Gebehrden. Ein ſteiler Felß und Geiſt weicht Sturm und Gluͤcke nicht. Die Eiche trotzt den Wind / der weiche Pappeln bricht. 405Hertzliebſte Kinder kom̃t / kom̃t laßt euch mich umbarmen / Den letzten Kuß gewehrn. Die Goͤtter woll’s erbarmen: Daß ich ihr Freund’ euch Troſt - und Huͤlfloß laſſen muß. Kom̃t und geſegnet uns auch noch durch einen Kuß. Himilco hier nim̃ dir den Ring mit unſerm Siegel410 Dir zum Gedaͤchtnuͤs hin; und Euch zu einem Spiegel Daß des Verhaͤngnuͤſſes Hand alle Siegel bricht / Oft uns ein Augenblick verleſchet Gluͤck’ und Licht. Micipſa hier empfing zu ſuͤſſem Angedencken Der Sophonisbe Bild. Die Steine / die umbſchrencken415 Mit Sternen-hellem Glantz’ ihr Antlitz / deuten an: Daß auch ein Diamant zum Kieſel werden kan. Orynthie nim̃ hin dis Kleinod: Eleniſſe Dis Halßband / Agathe den Ring / und ſo viel Kuͤſſe Als ein itzt ſterbend Mund euch zu gewehren weiß.
420Mein Hertze wird mir kalt / und alle Glieder Eiß.
Sophon.Nehmt mir die Perlen ab / Eliſſens Ohrgehencke / Behalte dieſe dir / Elgada / zum Geſchencke. Mein itzt zerdruͤmmert Stand bringt dir den Uhrſprung bey / Warumb ein loͤchricht Ohr des Adels Merckmaal ſey.
425Der Himmel woll’ ihr Heil und ihr Geluͤck’ ergaͤntzen.
Gar recht! es wird geſchehn. Drumb moͤgen wir mit Kraͤntzen / Die welck und irrdiſch ſind / nicht laͤnger treiben Pracht. Drumb ſagen wir der Erd’ und Schatten gutte Nacht. Eliſſa rufft mir zu: Jch were frey gebohren. 430Mein Schutz-Geiſt zopffet mich an den durchbohrten Ohren / Und ſagt: So zeichne man zu Rom jedweden Knecht. Allein’ ein hertzhafft Tod erwerb’ ein kraͤftig Recht Uns zu der Ewigkeit.
So moͤgen unfre Leichen Jhr heilig Vordrab ſein.
Laß’ uns zu erſt erbleichen435 Eh’ als die Koͤnigin behertzt ſich opfert auf.
Nein / liebſten Kinder nein / hem̃t euren Unmuths-Lauf / Ermuntert Seel und Geiſt. Rom hat auf euch zu wuͤtten Nicht Uhrſach / wie auf uns.
Solln wir die Stirne bitten Des Ungluͤcks ernſtem Grim̃ / das groſſe Rieſen faͤllt /440 Gekroͤnte Haͤupter ſchlaͤgt? Der Blitz / der Staͤm̃’ erſchellt / Zermallmt die ſchwachen Aeſt’.
Er ſchont der kleinen Hecken Wenn er die Zedern trifft. Laßt euch den Fall nicht ſchrecken / Noch in Verzweifeln ziehn. Jch wuͤnſch’ euch Heil und Troſt / Des Himmels Hold und Gunſt / der ſich auf Uns erbooſt. 445Was aber wird itzt euch / hertzliebſten Kinder / laſſen Die Mutter / die der Schluß der Goͤtter heißt erblaſſen? Die das Verhaͤngnuͤs ſchon umbs Erbgutt hat gebracht / Eh’ als ihr Tod das Recht zu erben lebend macht? Thron / Purper / Kron und Reich iſt in des Feindes Haͤnden. 450Zwey Schwerdter ſind noch hier; dis hat des Syphax Lenden / Dis die behertzte Fauſt des Aſdrubals geziert. Die ſolln das Erb-Gutt ſein. Wo eure Seelen ruͤhrt Der Tugend reger Geiſt / der Vaͤter groß Gemuͤtte / Wo euch in Adern ſteckt ein Tropffen vom Gebluͤtte /Das92SOPHONISBE. 455Das Barchens Stam̃ gehegt / wird mit der Zeit der Stahl Noch unſer Recher ſein. Kom̃t / laßt zum letzten mahl Die Mutter / die itzt ſtirbt / die Schwerdter umb euch guͤrten. Jedoch / was fchwermen wir? die Lybier bewirthen Nicht Drachen / die ſo wild’ als unſre Feinde ſind. 460Wenn Rom ein Haupt abſtuͤrtzt muß des geſtuͤrtzten Kind Auch auf die Fleiſch banck fort. Jhr wuͤrdet doch erbleichen Durch dieſer Loͤwin Grim̃. Mit euren todten Leichen Wuͤrd’ ihm Rom Kurtzweil-Spiel / uns aͤrgſtes Leid ſtelln an. Der ſterbe nur der nicht unſchimpflich leben kan! 465Auf! laßt uns nun den Tranck von Maſaniſſen ſchmecken! Dis Gift iſt uns kein Gift. Denn Heil und Freyheit ſtecken Jn dieſes Glaß vermiſcht. Euch Kindern trinck’ ich’s zu.
Sie glaube: daß ich ihr vergnuͤgt beſcheiden thu’.
Jch lechſe dieſes Gift als Nectar zu genuͤſſen.
470Es ſchmeckt / weil Noth und Muth den bittren Tranck verſuͤſſen.
Sie reiche mir dis Glaß nun auch / Frau Mutter / her.
Macht unſer Ungluͤcks-Faß mit dieſem Glaſe leer.
Micipſa / laſſen wir der Fuͤrſten Fall geſchehen?
Wollt ihr uns lieber nicht todt / als in Feſſeln ſehen?
475Die Huͤlfs-Hand iſt ja noch den Goͤttern nicht verkuͤrtzt.
Wer nicht guttwillig weicht / wird mit Gewalt ge - ſtuͤrtzt / Wenn das Verhaͤngnuͤs ſtoͤßt. Laßt mich das Glaß nun faſſen / Jn dem du / Bruder / mir zu wenig haſt gelaſſen.
Recht ſo! wer hertzhaft ſtirbt / lacht Feinde / Gluͤck und Zeit;480 Verwechſelt Ruh und Ruhm mit Augſt und Eitelkeit. Kom̃t laßt / ihr Kinder / euch den Abſchieds-Kuß gewehren / Auf Euch die Sterbende das Mutter-Hertz ausleeren. Die Augen ſtarrn mir ſchon / ihr Licht verduͤſtert ſich / Die Glieder werden kalt.
Umb-arme Sie und Mich485 Mein Bruder: Daß allhier bey unzertrennten Leiben Die Seelen unzertrennt auch nach dem Tode bleiben.
Ein Himmel ſchleußt die Seeln / ein Sarch drey Lei - chen ein.
Sol euer erſte Wieg’ auch eure Baare ſein?
Orynth.Hilf Himmel! ſie vergehn! ſie ſincken zu der Erden.
490Wir ſterben (gutte Nacht!) mit uns Angſt und Be - ſchwerden.
Uns geht der Ungluͤcks-Stern auf / nun die Sonnen falln.
Sol uͤber uns allein der Roͤmer Zornſturm knalln? Micipſa / laß’ uns auch durch ein behertztes Sterben Schimpf und Gefaͤngnuͤs flihn / Ruh / Ehr und Ruhm er - werben!
495Micipſa lobt den Schluß. Laß unſer edles Schwerdt Eh als durch unſern Hals ein knechtiſch Meſſer faͤhrt / Uns ſelbſt durch tapfren Kampf und Purper-ſchoͤne Wunden Den Fuͤrſten / denen wir bis auf den Tod verbunden / Grosmuͤttig opffern auf. Ein Knecht hat’s hoͤchſte Gutt500 Der Treu und Ehr’ erreicht / der durch verſpritztes Blutt Des Herren Leiche ſalbt. Agathe. Jhr unbarmhertz’gen Goͤtter[!]Was ſchuͤttet ihr auf uns nicht fuͤr ergrim̃te Wetter? Nun ſich itzt Africa durch eignen Stahl aufreibt; Der Helden Fauſt das Schwerdt durch eigne Daͤrmer treibt. 505Sie falln; ach Himmel hilf! itzt falln des Reiches Seulen. Laßt Schweſtern uns nun auch zu der Erloͤſung eilen / Der Bruͤſte reine Milch bepurpern durch dis Schwerdt.
Halt Sophonisbe! wie? welch Baſilißke kehrt Sein Gift - und toͤdlich Aug’ ihm ſelber zum Verterben? 510Und euer Wahnwitz wil durch eigne Mordthat ſterben? Ach! Sophonisbe / wie? iſt ſie ſchon todt und kalt? Verfluchtes Volck! habt ihr der Fuͤrſtin mit Gewalt Aus ihren Haͤnden nicht das Gift-Glaß koͤnnen reiſſen?
Steht Maͤgden zu / zu wehrn was grimme Sieger heiſſen?
515Wenn die Verzweifelung ein ſchlimmes Urtheil faͤllt.
Wenn Furcht und Ohnmacht uns die Haͤnde ſelber haͤlt.
Maſan.Eilt! rettet! wo in ihr ſich noch ein Athem reget. Bringt Balſam / Oele / Wein / im Fall der Pulß noch ſchlaͤget. Jch Moͤrder! Ach! ich muß ſelbſt ihren Zuſtand fuͤhln! 520Und mein hell-lodernd Hertz auf ihrer Leiche kuͤhln! Ja! leider! ſie iſt hin. Die Roſen ſind verſchwunden / Jn denen meine Seel’ hat ſuͤſſe Weide funden. Jhr Athem iſt verraucht / der Zunder meiner Luſt. Allein’ es glimmet noch in ihrer kalten Bruſt525 Jhr unausleſchlich Oel und Schweſel meiner Liebe / Die ſtarren Augen zihn mit ſuͤſſem Anmuths-Triebe Mein lodernd Hertz an ſich. Und meine Seele laͤchſt Nach Balſam / der noch itzt auf ihren Lippen waͤchſt. Gib / Sophonisbe / zu / mein Abgott / Maſaniſſen:530 Dir noch zum letzten mal dem kalten Mund zu kuͤſſen! Ja floͤſſe mir noch itzt des Liebens Zucker ein. Dein todter Leib ſol mir nicht nur die Baare ſein / Er ſol mein liebſter Schatz wie Periandern bleiben; Ja ich wil Lieb’ und Luſt mit ihrem Schatten treiben. 535Alleine Maſaniß’ / auf was fuͤr Wahn rennſt du? Stoͤrſt du nach ihrem Mord’ auch ihres Geiſtes Ruh? Wilſt du die Leich’ ihr noch wie vor den Leib beflecken? Siehſt du mit Flammen dich nicht ihr Geſpenſte ſchrecken? Beſaͤnfte deinen Grim̃ / Durchlauchtſte Koͤnigin! 540Weil ich mich ſelbſt alsbald zu ſtraffen ſchluͤßig bin. Ach! was hab ich gethan? wie viel hab’ ich verſchuldet? Ach! daß der Himmel mich noch unzerſchmettert duldet? Ach! daß der Abgrund mich lebendig nicht verſchlingt? Und ihr hier ſchwermend Geiſt Megæren mit ſich bringt;545 Mich mit verdienter Kwal und Martern zu entſeelen. Jch ſeh’s! itzt oͤfnen ſich die unter-irrd’ſchen Hoͤlen. Jhr Antlitz ſchuͤttet Blitz / ihr Arm wirft Glutt auf mich. Auf! Maſaniſſa / auf! ſtich ſelbſt dis Schwerdt durch dich! Daß beyd’ ein Tag ein Sarch zu Grabe kan beſtatten. 550Verſoͤhne durch mein Blutt und deinen blaſſen Schatten Jhr zorniges Geſpenſt’!
Maſan. 95SOPHONISBE.Halt biſt du Sinnenloß?
Hilf Himmel! wer verzuͤckt mir ſo gerechten Stoß?
Wie laͤßt du dich ſo ſehr Brunſt und Verzweifeln blaͤnden? Stracks reißt dem Wuͤttenden den Degen aus den Haͤnden.
555Wird mir nun auch der Todt als letzte Ruh verwehrt?
Dem billich / welcher ſelbſt nicht weiß / was er begehrt.
Mein Meuchel-Mord hat mehr als ſchlechten Tod ver - ſchuldet.
Entdeck’s: wer was von dir unrechtes hat erduldet.
Durch mein geſchicktes Gift liegt hier der Eh-Schatz todt.
560Stand nicht die Wahl bey ihr? Dein Rath war kein Geboth.
Jſt ein betruͤglich Rath was minders / als Gebitten?
Sie hat zu wenig noch fuͤr ihre Schuld erlitten.
Sie hat an mir ſich nicht verbrochen / Jch an Jhr.
Rom und der Himmel gab zu ſtraffen Vollmacht dir.
565Die Goͤtter fordern itzt auf mein Verbrechen Rache.
Jſt ihnen Eigen-Mord doch ſelbſt verdam̃te Sache. Wer auf ſich ſelber raaſt / iſt unwerth ihrer Gunſt / Verletzt Natur und Recht. Laß dich den tummen Dunſt Den Wahnwitz nicht verwirrn / umb eines geilen Weibes570 Geluͤcklichen Verluſt ein Hencker deines Leibes Und deines Ruhm’s zu ſein. Gib treuer Warnung Raum. Dein Hertz umbwoͤlckt Begierd’ / und dein Gehirn’ ein Traum. Du wirſt ſo ſchlimmen Schluß bereun und ſchamroth bleiben / Wenn der Vernunft ihr Licht den Nebel wird vertreiben. 575Ermunter mit mehr Ruhm bald deinen Helden-Geiſt; Eh’ als dir Zeit und Feind die Thorheit ſelbſt verweiſt /Da96SOPHONISBE. Da itzt dein beſter Freind dich nur zu warnen ſuchet. Dein Feind ſelbſt Syphax hier / der dich vorher verfluchet / Faͤngt wegen ihres Fall’s dich ſelbſt zu lieben an /580 Weil ihrer Untreu doch kein Menſch nicht hold ſein kan. Behertzig’: Ob mit Fug dich kan ihr Fall betruͤben; Die einen Tag ſich nicht zwey Maͤnner ſchaͤmt zu lieben / Und nach des Gluͤckes Uhr auch ihre Liebe ſtellt; Ja geile Wechſelung fuͤr Witz und Klugheit haͤlt.
585Jch wil / Großmaͤchtger Held / mich muͤhn zu uͤber - winden; Wo meine Wunden nur noch Salb’ und Pflaſter finden; Weil doch mein halbes Hertz’ in ihr begraben liegt: Jedoch / da Sie und Jch nicht dieſe Gnade krigt: Daß ihre Leiche nicht wird erſt nach Rom geſchicket /590 Da ihr Begraͤbnuͤs ihr von Roͤmern wird verſtricket / Mag ich lebendig nicht ſolch Hertzeleid ſchau’n an.
Du bitteſt / was dir Rom nicht wol verſagen kan / Und unſer Siegs-Feſt ſol mit keiner Leiche prangen. Was Maſaniſſa wird fuͤr Arth und Pracht verlangen595 Die todte Koͤnigin in’s Grab zu ſetzen bey / Wird Rom und uns gefalln; dir ſtehet alles frey. Ja: daß auf dieſen Tag kan Maſaniſſa lernen: Die Tugend ſchwinge ſich bis an das Dach der Sternen; Rom laſſe treue Dienſt’ und groſſe Helden-Muth600 Auch frembder Tapferkeit und Ruhm-verſpritztes Blutt Durchaus nicht unbelohnt / nicht Untreu ungerochen / So wird durch meinen Mund ſein Urtheil ausgeſprochen. Fuͤrſt Syphax hat verſpielt Reich / Freyheit / Zepter / Thron. Die Rom ſind heimgefalln. Du Lælius wirſt ſchon605 Mit dem Gefangenen nach Rom zu eilen wiſſen. Wer Treu und Eyd zerreißt den muͤſſen Feſſel ſchluͤſſen. Doch ſol die Beute nur des Sieges Vorſchmack ſein. Carthago muß auch noch geaͤſchert werden ein.
Die Goͤtter wollen Rom und dich mit Siege kroͤnen /610 Auf deſſen Achſeln ſich Rath / Herr / und Buͤrger / lehnen. Den allen wird noch mehr mein Zeugnuͤs bringen bey: Daß vom Verhaͤngnuͤſſe fuͤrlaͤngſt beſchloſſen ſey:Die97SOPHONISBE. Die Scipionen ſolln der Juno Stadt zerſtoͤren.
Dich / Maſaniſſa / wird Rom ſtets als Bunds-Freund ehren. 615Dis uͤberliefert dir des Syphax Reich durch mich. Nim̃ Cron und Zepter hin; du wirſt hingegen dich Der Roͤmer treuer Freund hinfort zu ſterben muͤhen. Alle. Daß Rom und Seipio und Maſaniſſa bluͤhen.
Συλήσαντες ὄλυμπον ἴδ᾽ ὡς ὅπλοισιν ἔρωτες Κοσμοῦντ᾽ ἀθανάτων σκῦλα φρυαοςόμενοι. φοίβου τόξα φέρουσι, Διὸς〈…〉〈…〉 κεραυνὸν, Α῎ρηος ὅπλον, καὶ κυνέην, Η῾ρακλέους ρὅπαλον, Ε᾽ιναλίου τε Θεοῦ τριβελὲς δό ρυ, θύρσα τε Βάκχου, πτηνὰ πέδιλ᾽ ἕρμου, λάμπαδα Α᾽ρτέμιδος. Ο᾽υκ ἄχθος θνητοῖς ἐίκειν Βελέεο〈…〉〈…〉 ιν ἐρώτων, Δαίμονες ὁ῀ις ὅπλων κόσμον ἔδωκαν ἔχειν.
Die Liebe hat den Schmuck des Himmels angezogen / Und in den ſchoͤnen Raub der Goͤtter ſich gehuͤllt. Sie nam den Zevs den Keil / dem Phæbus Pfeil und Bogen Alciden ſeinen Spiß / dem Krigs Gott Helm und Schild. Die123Die Gabel dem Neptun / dem Bachus ſeine Lantze / Die Fluͤgel dem Mereur / Dianen Horn und Glutt. Wie ſol nun nicht der Menſch fuͤr ihrer Waffen Glantze: Sich ſcheuen / da kein Geiſt ihr in der Welt was thut.
‒ ‒ ‒ ‒ ἀκινήτοις δὲ θεμέθλοις Α᾽υτομάτη ζωσϑ ει῀〈…〉〈…〉 α συνάϖ τεται ἄζυγι πέτρῃ.
Und ferner:
Orbem jam totum victor Romanus habebat, Qua mare, qua Tellus, qua Sidus currit utrumq́ue, Nec ſatiatus erat: gravidis Freta pulsâ Carinis, Jam peragrabantur, Si quis Sinus abditus ultra,Si149Si qua foret Tellus, quæ fulvum mitteret aurum Hoſtis erat: fatisque in triſtia bella paratis Quærebantur Opes: non vulgò nota placebant Gaudia, non uſu plebejo trita Voluptas.
Præſtabat caſtas humilis Fortuna Latinas Quondam, nec vitiis contingi parvaſinebat Tecta labor, ſomniq́ue breves, & vellere TuſcoLVexatæ162Vexatæ duræq́ue manus, ac proximus urbi Hannibal, & ſtantes Collina in turre Mariti, Nunc patimur longæ pacis mala: ſævior armis Luxuriæ incubuit, victumq́ue ulciſcitur Orbem; Nullum Crimen abeſt, facinusq́ue Libidinis ex quo Paupertas Romana perit, hinc fluxit ad iſtos Et Sybaris colles, hinc & Rhodos & Miletos; Atq́ue coronatum & petulans madidumque Tarentum. Prima peregrinos obſcœna Pecunia mores Intulit, & turpi fregerunt ſæcula luxu Divitiæ molles. quid enim Venus ebria curat?
‒ ‒ ‒ ‒ miniſtrum fulminis alitem, cuî Rex Deorum Regnum in aves vagas permiſit, Horat. l. 4. Od. 4.
FINIS.
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Fraktur
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