TUgend und Gluͤckſeligkeit ſind die zwey Angel-Sterne des Erdbodens. Wer dieſe zwey groſſe Weltgeſtirne mit einander verein - bart / reichet mit der einen Hand biß an das En - de des Mittags / mit der andern biß zu der euſer - ſten Nord-Spitze. Er behauptet die Herrſchaft der Welt / und uͤbermeiſtert die Geſetze der Na - tur. Die erſtere wird unter dem Sinnenbilde des Loͤwen / von Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. Majeſt. die andere durch den Nahmen dero Aller durchlauchtigſten Gemahlin fuͤrgebildet; Gleich als wenn es die Freude der Welt uͤber dero gluͤckſeligſten Vermaͤhlung zu erwecken nicht genung waͤre: daß ohne diß die Gluͤckſeligkeit nichts minder als die Guͤtigkeit dem) (ijhoch -Zuſchrifft.hochloͤblichſten Ertzt-Hauſe Oeſterreich / wie der koͤſtliche Geruch den Muſch-Ziegen angebohren / und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne groſſe Tugenden / als Paradiß-Voͤgel mit Fuͤſſen geſehen hat; Und derogeſtalt die goͤttliche Verſehung ihre geheime Weiſſagungen durch die klaren Buchſtaben ſo deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle kuͤnftiger Begebenhei - ten / als die Geſtirne Andeutungen bevorſtehender Witterung ſind / hat Franckreich von ſeinen ungluͤckſeligen Henrichen / Schottland von ſei - nen Jacobern / Pohlen von ſeinen Caſimirn mit Thraͤnen; Oeſter - reich und Spanien aber von ſeinen ruhmwuͤrdigſten Ferdinanden mit Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutſchland / welchem dißfals der geſtirnte Himmel mißgoͤnnen muß: daß es an ſeinen Ertzt-Herzogen eitel Sonnen ohne Finſternuͤſſe gehabt / hat uͤber dieſer Vermaͤhlung ſo vielmehr zu frolocken / weil dieſe gluͤckſelige CLAUDIA mit ihrem Nahmen die Geheimnuͤſſe auffſchleuſt / die das Verhaͤngniß fuͤr ſo vie - len Jahren in ſein Beheimbuch von dieſer Heyrath aufgeſchrieben / und den Vorſchmack der guͤldnen Zeit verkuͤndigt / die die Nachwelt mit uns genuͤßen ſol. Denn in Warheit / die Vermaͤhlungen hoher Haͤupter haben auf die Voͤlcker einen nachdruͤcklichern Einfluß / als die Vereinbarung guter - oder boͤſer Sterne uͤber die Welt. Und die Schiffer doͤrffen ſich ſo ſehr nicht beym Ungewitter uͤber dem Anblick der zweyverſchwiſterten Gluͤck-Sternen / des Caſtors und der Helenœ; als die Welt bey ietzigen Sturmwinden uͤber die Vereinbarung beider Oeſterreichiſchen Sonnen vergnuͤgen.
So vieler Voͤlcker frolockendem Zuruffen / erkuͤhne / unuͤber - windlichſter Kaͤyſer / ich mich nun auch / nicht ſo wohl ein wuͤr - diges Opfer / als ein veraͤchtliches Kennzeichen meiner allerunter - haͤnigſten Pflicht-Schuld beyzuſetzen. Denn wie ſol ein ſo groſſer Kaͤyſer ietzt einen ihm anſtaͤndigen Redner oder Tichter finden? da der groſſe Alexander in dem bluͤhenden Griechen-lande ſchon uͤber den Abgang eines Homerus geſeufzet; und unſerer danckbarern Vor - fahrer Unwiſſenheit der uhralten deutſchen Helden Wunder-Wercke unter den Staub der Vergeſſenheit vergraben laſſen?
Jch uͤberliefere Fußfaͤllig ein Schauſpiel / nicht ſo wohl / weil die gantze Welt einen Schauplatz / die Menſchen die Spielenden / ihr Le - ben das Spiel / der Himmel den urtheilenden Zuſchauer fuͤrſtellet; als weil Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Helden-Thaten in dieſemgroſ -Zuſchrifft.groſſen Schauplatze ein Beyſpiel aller vollkommenen Fuͤrſten / und ein anbethens-wuͤrdiges Vorbild der Vollkommenheit bey den Nach - welt zu ſeyn; dero Allerdurchlauchtigſte Gemahlin aber den vom Kaͤyſer Auguſtus der wiederkommenden Gluͤckſeligkeit gewiedme - ten Lempel / ja koͤſtlicher Ertzt und einen herrlichern Stand verdie - nen / als welches die Heydniſchen Kaͤyſer zum Bilde der guͤldenen Gluͤckſeligkeit verſchmeltzten / und in ihr Schlaffgemach zu ihrem Ab-Gotte auffſetzten. Wiewohl Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. mehr guͤldne Gluͤckſeligkeit nicht nur dero Schlaffgemach / ſondern ſo gar die Seele zu ihrem Heiligthume erlanget. Ein Ertztenes Gluͤcks-Bild wahrſagte dem traͤumenden Balba ſein kuͤnftiges Kaͤy - ſerthum; wie vielmehr haben wir von dieſer Gluͤckſeligkeit Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Stammes und Reiches Außbreitung zu hof - fen. Galba ſetzte ſolch Todes Bild zu Tuſculum fuͤr einen Ab-Gott auf / und opferte ſelbtem Monatlich; wie viel Hecatomben werden wir nun nicht der von Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. aufgethroͤneten lebendigen Gluͤckſeligkeit ſchuldig werden?
Diß Schauſpiel entwirfft die Gemuͤths-Flecken und die zu unſe - rer Zeit ſichtbare Verfinſterung eines Oſtmanniſchen Mohnden; umb durch Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Gegenſatz der Welt fuͤr Augen zu ſtellen: wie jene zwar durch ſtetige Herrſchens-Sucht ſich aufblaͤ - hen; die Sonnen von Oeſterreich aber aller Vergroͤſſerung uͤberlegen ſind; und Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. nicht nur durch dero Kriegs - Strahlen / welche die Rabe und Neutra mit ſo vielem Tuͤrckiſchen und dem Sultan Jbrahim ſelbſt nah-anverwandtem Blute angeroͤthet / des Machmets Monden verfinſtern; ſondern auch durch dero reine Flammen jene beſchaͤmen: daß Liebe nichts minder ohne boͤſe Luſt / als Roſen ohne Dornen / Diamanten ohne Flecken / und Gold ohne Kupfer ſeyn koͤnne.
Die Corinthier entſchuldigten die Kuͤnheit ihres dem groſſen A - lexander angebothenen Buͤrgerrechts: ſie haͤtten es vorhero niemanden / als dem Hercules angetragen; ich aber verdecke meine Vermaͤſſenheit damit: daß fuͤr mir noch keiner Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. ) (iijMaj. Zuſchrifft.Majeſt. ein ſo groſſes Geſchencke geliefert / welches nicht ebenfalls fuͤr einen ſolchen HERRN zu unwuͤrdig geweſt / und daß mehrmahls groſſe Koͤnige ſich an einer Hand voll Waſſer / wie GOTT an einem Lothe Weyrauch vergnuͤget; zumal wenn das Hertze die Beylage iſt; als welches ich vielmehr als folgende Reymen aufopfere und erſterbe Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. Majeſt.
Aller-unterthaͤnigſt-gehorſamſter Knecht Daniel Caſper von Lohenſtein.
DEr vorredende Thraciſche Boſphorus ver - dammet die Unzucht des Tuͤrckiſchen Sultan Jbrahim / erhebet die keuſche Vermaͤhlung des unuͤberwindlichſten Kaͤyſers LEOPOLDS / mit der Aller durchlaͤuchtigſten Ertz-Hertzogin von Oeſterreich CLAUDIA FELICITAS, wahrſaget jenem den Untergang / dieſem die Vermehrung des Reichs.
JBrahim der zwoͤlfte Tuͤrckiſche Kaͤyſer wil ſeines verſtorbenen Bru - ders Kaͤyſer Amuraths IV. Wittib Siſigambis nothzuͤchtigen / die ſich aber mit einem Meſſer ſchuͤtzet. Hierzu kommt ſeine Mutter Kioſem / ver - weiſets ihm heftig / faͤhret auch des Jbrahims Kuplerin Sekierpera ehren - rührig an; weil ſie den Kaͤyſer zu ſolchen Uppigkeiten verleite. Hingegen wirft dieſe jener fuͤr: daß ſie die groſſe Armenerin / eine Buhlſchafft des J - brahims mit Gifte hingerichtet habe. Daruͤber Jbrahim heftig ergrim - met; und nachdem inzwiſchen Siſigambis ſich fluͤchtet / befiehlet er dem Groß - Viſir Achmet die Mutter ins alte Seral oder Schloß einzuſperren. Se - kierpera beſaͤnftigt hierauf den Kaͤyſer / und lobet ihm die uͤbergroſſe Schoͤn - heit der Ambre des Mufti Tochter.
Mufti, der Baſſa Mehemet und Bectas der Janitſcharen Aga reden von dem ungluͤckſeligen Kriege in Candien / wider die Venetianer / und des Jbra - hims boͤſer Regierung / wollen ihnen auch den nahen Untergang des Tuͤrcki - ſchen Reichs vorbilden. Der hierzu kommende Jbrahim entſchleuſt ſich in Perſon nach Candia zu ziehen; begehret hierauf an den Mufti ihm ſeine Tochter zu uͤbergeben; welcher ihme zum Scheine gute Vertroͤſtung thut.
Jm Reyen verhaͤnget die Goͤttliche Rache auf flehen der Stadt By - zantz: daß die Geilheit den Sultan Jbrahim ſtuͤrtzen ſolle.
AMbre erzehlet ihrer Mutter Lalpare einen ungluͤckſeligen Traum. Der Mufti eroͤfnet hier auf ſeiner Tochter des Sultans Liebe und Begehren;) (jvſieJnhaltſie hingegen verſchwert ſich: nimmermehr nach ſeinem Willen zu leben. Dieſen Schluß eroͤfnet ſie auch dem Baſſa Mehemet, und verſpricht ihm auf den Fall ihrer Erhaltung die Ehe.
Der Mufti berichtet dem Jbrahim die Widerſpenſtigkeit ſeiner Toch - ter; weil ſie keine Kinder des Todes gebehren wolte; daruͤber er ſich heftig erzuͤrnet / und dem Mufti ihm auß den Augen zu gehen / dem Achmet aber Anfangs ſeinen Kopf zu holen / hernach: daß er dem Kaͤyſer nicht mehr ins Geſichte kommen ſolte / anzuſagen befiehlet. Sekierpera aber ſchickt er / ſich umb der Ambre Liebe in Guͤte zu bewerben. Der Mufti erzehlt der Lalpare und Ambre des Kaͤyſers Ungnade und beraͤhtet ſich mit ihnen wegen ihrer Sicherheit. Achmet ſagt hier auf dem Mufti den Befehl des Sultans an.
Ambre ſeufzet uͤber der ihr vorſtehenden Gefahr. Sekierpera bemuͤhet ſich mit Bitten und Dreuen die Ambre zur Liebe des Kaͤyſers zu bewegen; dieſe aber beweget jene durch Verehrung eines koͤſtlichen Ringes dahin: daß ſie der Ambre verſpricht / dem Sultan ſeine geſchoͤpfte Liebe außzureden.
Jm Reyen kaͤmpfet die Wolluſt mit der Begierde / Schoͤnheit / Geitze / Ehrſucht / Schande / und Gewalt / wider die Keuſchheit und ihre Gefaͤrthen / als die Maͤſſigkeit / die Vernunft / die Großmuͤthigkeit / die Demuth / Hoff - nung und Gedult. Die Keuſchheit aber behaͤlt den Sieg.
DEr Baſſa Mehemet bittet bey dem Kaͤyſer fuͤr ſeine Mutter Kioſem und erbittet ihre Befreyung. Sekierpera erzehlet dem Sultan ihre verge - bene Verrichtung / muͤhet ſich auch durch der Ambre Verkleinerung ihm / a - ber vergebens / die Liebe außzureden.
Fatima, Alima und Hagar des Jbrahims Weiber erzehlen der loßge - laſſenen Kioſem und Siſigambis ihre boͤſen Traͤume / und alle zuſammen ein - ander ihren gefaͤhrlichen Zuſtand; in welchem ſie Kioſem troͤſtet.
Hierzu kommt der halbraſende Kaͤyſer / und wil ſeine fuͤnf Soͤhne hin - richten; damit Ambre keine Uhrſache mehr habe / ihme die Liebe zu weigern. Hier widerſetzen ſich die geſam̃ten Sultaninnen / theils mit Thraͤnen / theils mit Gewalt / koͤnnen aber nicht verhindern: daß er nebſt Schatradel Agaſi den jungen Murat durchſticht. Endlich kommt Achmet, kündigt ihm den Aufſtand der Leib-Wache an / und verſpricht ihm die Ambre mit Gewalt zu rauben und zu bringen.
Sekierpera bemuͤhet ſich den Kaͤyſer von Nothzüchtigung der Ambre abzuhalten. Ibrahim ſetzet der Ambre mit den ſuͤſſeſten Worten zu; als ſie ſich aber von ihm nicht wil kuͤſſen laſſen / befiehlet er ſie / ungeachtet ihrer Thraͤnen umb Ermordung / hinweg zu nehmen und nackt in ſein Bette zu werffen.
Diedes Schau-Spiels.Die badenden Frauen loben die ehliche Liebe und Wolluſt / ruͤhmen auch die Gluͤckſeligkeit der Ambre. Die badenden Jungfrauen aber loben die Keuſchheit / verdammen die Uppigkeit.
DEr Mufti, Baſſa Mehemet, Bectas und andere verfluchen den vom Achmet begangenen Raub der Ambre, beſchluͤſſen den Achmet durch Aufruhr von Wuͤrde und Leben zu bringen. Achmet bringet die geſchaͤndete Ambre in Huren-Tracht mit ſchimpfflichen Worten dem Vater nach Hauſe.
Ambre muntert ſie beweglich zur Rache wider den Jbrahim auf / und erſticht ſich. Woruͤber der Mufti ſich ebensfals zu toͤdten vor hat / der aber hievon abgehalten und endlich beſchloſſen wird / nach dem Achmet auch den Jbrahim zu ſtuͤrtzen. Und verſpricht der Mufti, des Kaͤyſers Mutter Kioſem ſelbſt mit in ihr Buͤndniß zu bringen.
Kaͤyſer Amuraths IV. Geiſt / verweiſet der ſchlummernden Kioſem: daß ſie wider ſeinem auf dem Todbette gethanen Befehl dem Ibrahim auß dem Kercker auf den Thron geholffen / und deutet ihr groſſe Gefahr vom Ibrahim an. Daruͤber ſie ſich heftig entſetzet. Hierzu kommt der Mufti und bere - det ſie: daß ſie ſo wohl in ihres Sohns Ibrahims (doch daß er beym Leben bleibe) als des Achmets Abſetzung ſtimmet / und hierzu zu helffen angelobet.
Jm Reyen verkleidet auf Begehren der Mord-Luſt die Liſt die drey Furien in ein Liebes-Kleid / in Mantel des gemeinen Beſten / in einen Prieſter - Rock / und ſchicket ſie wider den Sultan Jbrahim auß.
KIoſem bittet beym Ibrahim: daß er den Mufti wieder begnaͤdigen ſolle / aber ohne Frucht. Hieruͤber dringt der Mufti nebſt den Cadileſchieren und Janitſcharen mit Gewalt in das Kaͤyſerliche Gemach / und noͤthigen nebſt Kioſems Zuredung den Kaͤyſer: daß er den Achmet vom Ammte ab - ſetzen / den Baſſa Mehemet aber zum Groß-Viſir machen muß.
Bectas eroͤfnet denen in des Mufti Hauſe verſammleten Janitſcharen / die Schaͤndung der Ambre, und bewegt ſie des Ibrahims und Achmets Un - tergang zu beſchluͤſſen. Und / als inzwiſchen der abgeſetzte Achmet ſich in des Mufti Haus / bey dieſem Schutz zu ſuchen / fluͤchtet / wird er in der Verſam - lung des Mufti, der Cadileſchier und Janitſcharen gefuͤhret und erwuͤrget.
Ibrahim bejammert des Achmets Ermordung / wird hierauf dreymal fuͤr den Divan / dem Volcke wegen ſeiner Regierung Rechenſchafft zu thun / bey Verluſt der Kaͤyſerlichen Wuͤrde gefodert. Nachdem er aber der Kio - ſem Rath: daß er ſich dahin geſtellen ſolle / verwirfft / die Forder-Zettel po -chendeJnhalt des Schau-Spiels.chende zerreiſſt und den Mehemet, welcher ſich dem Kaͤyſer zu gehorſamen und ſich wider den Divan zu ſetzen verweigert / toͤdten wil / dringt der Mufti, Bectas, die Cadileſchier und Janitſcharen zum Kaͤyſer ein; ſtellen ſich an ihn hinzurichten / und nachdem ſie ihm auf Bitte der Kioſem das Leben verſpre - chen / zwingen ſie ihn / ſich des Regiments zu enteuſern. Welches er ſo viel leichter willigt / weil ihm Kioſem ſeiner Wieder-Einſetzung halber noch einige Hoffnung macht. Worauf Ibrahim in Kercker gefuͤhret / ſein Sohn Mach - met aber zum Tuͤrckiſchen Kaͤyſer gekroͤnet wird. Ibrahim wird im Kere - ker gantz wuͤttend / laufft mit dem Kopfe / umb ſich in Ermangelung ſelbſt hinzurichten / wider die Mauer. Hieruͤber erſcheinet ihm Ambrens Geiſt / dreuet ihm Untergang und Hoͤllen-Pein an. Worauf er von vier Stummen erwuͤrget wird.
Jm Reyen wird Sultan Jbrahims ungluͤckſelige Geilheit geſcholten / und in die Hoͤlle geſtuͤrtzet / die gluͤckſeligſte Liebe beyder Kaͤyſerlicher Maje - ſtaͤten Kaͤyſer LEOPOLDS / und der Ertz-Hertzogin CLAUDIA FELICITAS aber in Himmel erhoben.
Ibrahims Soͤhne.
drey Sultaninnen.
Haͤupter der Janitſcharen.
Der Schauplatz iſt die Stadt Conſtantinopel / und meiſten - theils das Seraglio oder die Kaͤyſerliche Burg.
Die Zeit iſt der 7. und 8. Auguſti im 1648ſten Jahre.
BEfrembdet euch / ihr Voͤlcker holder Sitten: Daß des erzuͤrnten Boſphors Schlund / Den Strand verlaͤſſt / wo Thrar und Tuͤrcke wuͤtten / Fuͤr des unwirthbarn Meeres Mund5 Der Donau ſuͤſſe Lipp’ und gruͤne Flut zu kuͤſſen? Es iſt nichts ſeltzames / mein unter irrdiſch Lauf. Es ſchleuſſt ja die Natur des Abgrunds Roͤhren auf / Auch Brunnen: daß ihr Glaß kan unter Meeren fluͤſſen. Jn Ploten-Jnſuln trinckt man ein Moreiſch Kwell /10 Und in Sultanien rinnt / was zu Mecha kwillet. Des Alfeus Silber iſt in Elis nicht ſo hell / Als wo er ſeine Brunſt mit Arethuſen ſtillet. Wie ſol der Erde Kluſſt denn mir verſchloſſen ſeyn / Mir / der ich ſelbſt das Roͤhr bin aller Meere? 15Weil Calpens Meer-Schlund nichts dem Ocean floͤß’t ein / Was nicht der Meere Brunn das ſchwartze Meer gebehre. Wie aber ſieht bey euch der Zweifel an: Was mich fuͤr Trieb durch tauſend Hoͤlen fuͤhret? Kein Felß / kein Stahl iſt / der den hemmen kan /20 Den Lieb und Furcht auf ihren Fluͤgeln fuͤhret. Mein enger Strand / auf deſſen ſeichten Ruͤcken Darius baute Bruͤcken / Durch den Zevs ſchwam verſtellt in eine Kuh / Wird durch geronnen Blut und Leichen gantz verſchwemmet. 25Der Todten-Knochen Laſt ſtopft meinen Einfluß zu / Weil ieder Mord-Fuͤrſt hier darmit den Stuhl umbtaͤmmet; Ja heil’ge Thuͤrm’ auß Menſchen-Haͤuptern baut / Darzu man zu Spahan nur Ziegen-Koͤpfe brauchet. Und meine kalte Fluth vertrocknet und verrauchet /30 Weil man in Mich ſo viel nicht Waſſer Rinnen ſchaut / Als Geilheits-Oel und Schwefel toller Brunſt Mit vollem Strom auß den Palaͤſten ſchiſſen / Die Mord und Unzucht als zwey Pforten ſchluͤſſen / Der Grichen Laſter ſind bey ietzigen nur Dunſt;35 Wieviel in mir Geburths und andre Glieder ſchwimmen / Und Augen / die die Mutter ſelbſt außrieß / Wenn ſie ihr Kind ins Kloſter ſtieß; Ob man der Fuͤrſten Daͤrm’ auf Pfahlen noch ſieht glimmen / Die Mutter und den Sohn blutſchaͤndend ſeyn vermiſcht;40 Ob bey gekochtem Kind’ ein Hencker-Vater tiſcht: So gehen doch der Tuͤrcken Greuel-Thaten Der Welt und Vorwelt Suͤnden fuͤr. Byzanz hegt ietzt des Teufels gift’ge Saaten / Beherbergt nur Wolf / Schlangen / Tygerthier? 45Jch kan mehr den Geſtanck / der ſchwartzen Unzucht-Kertzen / Des Jbrahims vertragen nicht. Es muß ſich mein Chryſtall’ von ſeiner Boßheit ſchwaͤrtzen / Stambuldens Glantz verliehrn ihr Licht. Wie ſol ich nun nicht mein Geſtade fliehen /50 Zu Ruh und Luſt an frembdes Ufer ziehen? Doch zeucht ſo ſehr mich nicht diß Grauen Als ein die gantze Welt durchdringend Liebes-Blitz / Auf die Saphiernen Friedens-Auen / Wo der gekroͤnte Loͤw hat ſeinen Kaͤyſer-Sitz;55 Wo die ſtarcken Adler ſich guͤtiger als Tauben zeigen /AUnd2Und Stambuldens Monden ſich fuͤr der Teutſchen Sonne neigen. Gluͤckſeligs Land! Gluͤckſelger Fluß! Die kein unſchuldig Blut beflecket! Wo niemals ein Tyrannen-Fuß60 Den Palmenreichen San〈…〉〈…〉 bedecket. Wo den Chriſtallinen Strom nichts als Lorbern uͤberſchatten / Wo die Spieſe ſich in Eegen / Schwerdter ſich in Pflug-Schaarn kehr’n / Ja wo Loͤw und Laͤmmer ſich in vertrauter Eintracht gatten / Wo man ſieht auf[Lantzen] wachſen Trauben und Oliven-Beern. 65Gluͤckſeliges Reich! Gluͤckſelige Stadt! Die ihr gethuͤrmtes Haupt biß durch die Wolcken ſtrecket / Jn aller Welt den Vorſitz hat / Mit Kaͤyſer-Kronen prangt / Byſantz und Caſſa ſchrecket: Mit was fuͤr neu und ungewohnten Strahlen70 Seh’ aber ich Burg / Stadt und Land gekroͤn’t? Ja einen neuen Stuhl mit Purpur aufgetroͤhnt? Der Dohnau Haupt mit Myrten-Kraͤntzen prahlen? Sich ihren Sand in Gold / ſein Schilff in Zucker-Rohr / Sein Schmeltz in Diamant / der Schaum in Perlen kehren? 75Was leuchtet auß Tyrol fuͤr ein Geſtirn hervor? Kan ſein Ertzt-Reich Gebuͤrg auch Sonnen nun gebehren? Jſt mir der Himmel ſo geneigt? Sucht Er mit dem Boſphor hente ſeine Donau zu vermaͤhlen? Weil man minder / alß die Sternen / kan die Hochzeit-Fackeln zehlen. 80Der Himmel gebe / was er zeigt! Daß das Schwartz - und Mittel-Meer Wien und ſeinen Adler ehre; Und Stambuldens Kaͤyſerthum Leopoldens Krone mehre. Ja! ja! ich ſehe ſchon entzuͤckt; Wie der reinen Liebe Geiſt ihn mit Myrrh - und Lorbern kraͤntzet /85 Wenn Jbrahim im Unzucht-Dampf erſtickt; Wie des Roͤmſchen Reiches Loͤw mehr alß der geſtirnte glaͤntzet. Wie die Neutra und die Rabe ſich mit Tuͤrckſchen Leichen ſchwellt Und ſelbſt Jbrahims ſein Eydam Jſmael zu Grunde faͤllt. Durchlauchteſt-Groſſes Haus;90 Jn deſſen unumbgraͤntzbarn Reichen / Die Sternen nicht erbleichen / Wie auch die Sonne nie leſcht ihre Fackel auß; Mein Eiß entglimmt von deinen keuſchen Flammen / Durch die der Loͤ WE weiht95 Sich der GLuͤCKSELJGKEJT / Und beyder Hertz wie Wachs ſich ſchmeltzt zuſammen. Ja ihre Liebe floͤſſt mir die Begierden ein / Der Dohnau Braͤutigam und Unterthan zu ſeyn. Jch weiß es: das Verhaͤngniß Sinne:100 So oft in Oeſterreich der keuſchen Liebe Hand Nur einen Zweig vermaͤhlt / wie ſie das Braut-Gewand Mit mehrern Kronen ſchmuͤck / und neue Purpur ſpinne. Der Boſphor und der Himmel wuͤndſchts. Wie ſols nicht kraͤftig ſeyn? Denn keuſche Liebe baut die Thron / unkeuſche reiſſt ſie ein.
HJlſ Himmel! wer erbricht Uns unſer Schlaffgemach?
Die Sonnenwende folgt ſtets ihrer Sonnen nach.
Wie? ſucht der Kaͤyſer hier die Keuſchheit zu entweichen?
Nein! Weyrauch aufs Altar dir / Goͤttin / aufzuſtreuen.
5Ach GOtt! was dreut uns ſein hier ungewoͤhnlich Schwerd?
Es laͤchſt nach meinem Blut / wenn ſies / mein Liecht / begehrt.
Was ſucht der Fuͤrſt fuͤr Liecht in ſchwartzen Trauer-Zimmern?
Man ſieht der Sterne Gold bey Nacht am ſchoͤnſten ſchimmern.
MitMit Amurathen fiel mein Stern ſchon in die See.
10Verſinckt ein Stern / ſo ſteigt ein ander in die Hoͤh’.
Mein Geiſt fleucht neues Liecht / und buhlt mit ſeinem Schatten.
Solch Liebreitz kom̃t nicht Jhr / auch Todten nicht zu ſtatten.
Jn ſeiner Aſch und Gruft ſchoͤpft meine Seele Luſt.
Schuͤt auß dein Liebes-Oel in eine glimme Bruſt.
15Die Liebe glimmet noch in Amurathens Aſchen.
Der Tod hat / was ja glam / wie Lauge weggewaſchen.
Sein Tod vertilgt in mir / was Brand und Eitel heiſſt.
Wohl! ſo beſtrahle ſie aufs neu / ein reger Geiſt.
So Sonn’ als Brunſt verraucht / wo Hertz und Luſt iſt truͤbe.
20Hier brennet Jbrahim mit unverfaͤlſchter Liebe.
Hat Sonn’ und Fuͤrſt an Dunſt und Mir was liebens-werth?
Durch deinen Liebreitz wird mein lodernd Hertz verzehrt.
Mag / die das kalte Leid entſeelet / Feuer zeugen?
Man ſieht auß Heelens Eiß - und Schnee-kluft Flammen ſteigen.
25Jn meiner Seele glim̃’t kein Funcken frembder Brunſt.
So Blitz als Liebe wird gezeugt auß Kaͤlt’ und Dunſt.
Was ſol fuͤr Anmuth bluͤhn auf dieſen welcken Wangen / Auff dieſer ſchlaffen Bruſt? Ein Garn / das Loͤwen fangen Und Rieſen’ faͤſſeln ſol / ja Kaͤyſer ſchlingen ein /30 Muß nicht auß ſchlechtem Zeug und ird’ſchem Drate ſeyn. Der Agſtein zeucht nur Spreu / Magnete ziehn nur Eiſen / Nicht ſchwer und ſchaͤtzbar Gold. Die Flamm’ und Glut beweiſen An Zedern ihre Krafft; ſind gegen Golde kalt. Und Siſigambis ſol mit welckender Geſtalt35 Den groſſen Sultan ziehn? des Kaͤyſers Hertze zuͤnden Durch lauen Liebreitz an? Wir ſelber wir empfinden: Daß unſer Armuths-Trieb zu ſchlechter Weyrauch ſey Auff Jbrahims Altar.
Die Demuth wohnet bey Meiſt der Vollkommenheit; und die pflegt eigne Sachen /40 Die gleich unſchaͤtzbar ſind / im Urtheil klein zu machen. Sie Siſigambis ſpricht die Schoͤnheit ſchlecht in Jhr / Mein Geiſt macht aber ſie zu einem Abgott mir. Die Marmel / die von nichts alß Kaͤlt und Haͤrte wißen / Zerſchmeltzen / wenn auff ſie die Augen-Strahlen ſchuͤßen;45 Die Baͤch’ und Kraͤuter ſind ehrſuͤchtig deinen Fuß Mit Kuͤſſen zu verehr’n. Jch / Siſigambis / muß Dein Engliſch Antlitz nicht nur einen Garten ruͤhmen / Da Lilgen Stirn und Halß / die Wangen Roſen bluͤmen / Den Mund Granaten ziern; von dem Verhaͤngnuͤs iſt50 Die Siſigambis uns zum Paradis erkieſt. Weil wir ja / auſſer Jhr / nicht Heil / nicht Ruhe finden.
Mag in Jhm Alima nicht ſuͤſſern Brand anzuͤnden? Ja dieſe gantze Burg iſt ein recht Himmelreich / Das tauſend Sonnen hegt.
Ach! keine kein’ iſt gleich55 Und reicht den Schatten dir! Die guldnen Himmel werden Von einer Sonn’ erhellt. Der groſſe Kraͤyß der Erden Hegt einen Fenix nur: Und in Stambuldens Stadt Jſt eine Gottheit nur / die uns zum Prieſter hat. O Sonne meiner Seel’ / und Abgott meines Hertzen.
60.Man ſiht ein Jrrlicht an offt fuͤr geſtirnte-Kertzen.
Wer nicht die Schoͤnheit kenn’t und pruͤfet / iſt ſtockblind; Wer ſie nicht preiß’t und lieb’t / ein Stock / ein alber Kind. Sie / Siſigambis / iſt / ein Zirckel aller Zierden / Ein Engel dieſer Welt / ein Labſal der Begierden /65. Ein Kleinod unſrer Zeit / der Menſch und Himmel ſpricht Den guͤldnen Apffel zu.
Der Kaͤyſer kieſe nicht Fuͤr Demant ſchlechtes Glaß. Jn wenig Zeit erbleichet Des falſchen Purpers Glantz / den uns Begierde ſtreichet Fuͤr bloͤden Augen an. Nach einſt-gebuͤßter Luſt /70 Wird er ſchon Eckel fuͤhl’n fuͤr Siſigambens Bruſt; Ja die Vernunfft in Jhm fuͤr Blind - und Thorheit ſchelten / Was Ubereilung itzt laͤßt fuͤr Vergnuͤgung gelten.
Wahr iſt’s: daß / was bald waͤchſt / auch ploͤtzlich ſich verliert. Das Thier beym Hyppanis / das eine Nacht gebiert /75. Stirbt mit dem Abende. Ach! aber / ach du fehleſt / Wenn du des Sultans Brand zur Ubereilung zehleſt. Du kenn’ſt des Kaͤyſers Arth: wie vieler Frauen Trieb / Wie mancher Jahre Reitz bey uns ohnmaͤchtig blieb / Nur einen ſuͤſſen Brand in unſer Hertz zu ſtecken. A ijDas480Das Feuer war uns kalt / die Schoͤnheit ſchien uns Flecken / Der Liebreitz eckelnd Gifft. So ſchleuß nun: was fuͤr Blitz Auß deiner Anmuth faͤhrt. Von eines Funckens Hitz’ Entzuͤndet Weyrauch ſich. Viel Flammen aber muͤſſen Dar wuͤrcken / wo der Stahl ſol gluͤhn / das Gold-Ertzt flißen. 85Als aber Amurath Fuͤrſt / ich ein Kind noch war / Lag meines Bruders Mund auff deinen Bruͤſten zwar / Du aber bauteſt dir ſchon Tempel in mein Hertze. Von ſelbter Zeit brenn’ ich / und meinem hellen-Schmertze Hat ieder Tag gefloͤß’t friſch Oel und Schwefel ein. 90Sol / was nun langſam wird / ſtarck / feſt / und tauernd ſeyn / Soll’n darumb ſo viel Zeit die Elefanten leben / Weil ſie zehn gantzer Jahr in Mutterleibe ſchweben / So ſaget meine Seel ihr ſelſen-feſte Treu Und lange Liebe zu.
Sie ſey gleich alt / gleich neu;95 Es ſey gleich Ernſt / gleich Schertz: daß mich der Sultan liebet / Daß mein gewoͤlcktes Aug’ Jhm reine Blicke giebet / So iſt in mir doch nichts / was wieder lieben kan / Kein Zunder / welcher Brand und Anmuth mehr nimmt an; Der zaͤrt’ſten Jahre Tacht / das dieſes Feuer faͤnget /100 Jſt von der Zeit verzehrt / und durch mein Leid verſenget.
Der Sonnenſtrahlen gehn der Morgenroͤthe fuͤr. Jſt dieſe von dir weg / ſo leuchtet jene mir. Allein in Jhr ſiht man zugleiche Blum’ und Fruͤchte / Und Lentz und Sommer ſpieln. Dein Schoͤn-ſeyn prangt mit Lichte /105 Dein freundlich-ſeyn gebier’t anmuthgen Morgen-Thau. Ach! aber / ſchaͤtze nicht mein Lieben ſo ſehr lau: Daß Jbrahim allein die fluͤcht’ge Merzen-Blume Der eiteln Schoͤnheit lieb’t. Diß wuͤrde ſeinem Ruhme Viel Flecken brennen an. Wer Farb’ und Haut nur liebt /110 Liebt mit den Angen nur. Was meiner Seele giebt Vergnuͤgung / ſtecket auch in Siſigambis Seele. Heißt Schoͤnheit des Gemuͤthts; ſind Gaben / die die Hoͤle Des Grabes nicht verſehrt / ſind Blumwerck / das ſtets bluͤht / Und Sonnen / welche man nie untergehen ſiht.
115Was mein Gemuͤthe regt / iſt Tugend / die verwehret Die Thorheit zu begehn / die Jbrahim begehret. So leſche denn der Fuͤrſt die Flamm in erſter Glut.
Die iſt nicht leſchbar mehr. Man zuͤndet mit der Flut Den Kalck / das Lieben an durch kalt-geſinnt Entſchluͤßen.
120Der Fuͤrſt wird doch umbſonſt ſein Liebes-Oel vergießen Auff meines Hertzens-Kalck. Denn Jhm ſey einmahl kund: Alß Amurath mein Licht ſchloß ſterbend ſeinen Mund / Hab ich durch theuren Eyd die Keuſchheit ſeinem Geiſte Biß in den Tod gelobt.
daß man Geluͤbde leiſte /125 Wenn ſie nur leiſtbar ſind / heiſcht Tugend / ſchaffet Ruhm. Das Lieben aber hat diß Recht und Eygenthum: Daß kein Geluͤbde nicht auch kein Geſetz es bindet. Denn hier ſchafft die Natur / und die Vernunfft verblindet Durch der Begierden Rauch. Sonſt ſol ein jeder zieln130 Auff Glauben / aber hier mag man mit Eyden ſpieln.
Welch Aberglaube bannt vom Lieben Ehr und Eyde Und des Gewiſſens Trieb? Wo nicht auß Unſchulds-Seyde Das Garn der Liebe wird geſponnen / freſſen ſich Die Ungluͤcks-Motten ein. Drumb ſtelle man auff mich135 Nicht dieſes Fall-Bret auf. Es iſt der Thorheit Lehre: Verwechſeln Gold fuͤr Ertzt / und fuͤr Verluſt der Ehre Die Wolluſt tauſchen ein.
So ſchatzt ſie fuͤr Verluſt / Wenn ſich der Fuͤrſt ihr ſchenckt / und Siſigambis Bruſt Zu ſeinem Himmel macht? So urtheilſtu fuͤr Schande /140 Wenn Jbrahim dich ehrt? den man von Ardens Sande Biß wo die Wolge ſtroͤmm’t / und Oby ſich ergeuſt / Dem von Giebraltars Haupt / biß wo der Oxus fleuſt / Die Voͤlcker ſo wie GOtt fußfaͤllig Ehr erzeigen. Fuͤr dem ſich Jſpahan / Wien / Agra / Kitay neigen /145 Amara / Pecking buͤckt.
Die Goͤtter dieſer Welt Beginnen offt / was GOtt im Himmel nicht gefaͤllt / Was Ehr und Tugend ſtoͤrt.
Was iſt an mir zu ſchelten / Was iedem Muſelman nicht Mahumed laͤßt gelten /
VerſtattetVerſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht?
150Der Kaͤyſer der befiehl’ts / verſtattet’s Mufti nicht.
Kein Fuͤrſt / kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen.
Sein Blitz zermalmt / die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen.
Der Himmel ſtraft die Seel’n / die Meyneyd hat befleckt.
Wird die / die unſer lacht / von fernen Blitz’ erſchreckt?
155Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet.
Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet?
Wo mich der Kaͤyſer liebt / was iſt fuͤr Furchte Noth?
Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod.
Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken.
160Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck’ und Blitz erwecken.
Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt.
Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt.
Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen.
Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen.
165Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n.
Gib dich!
der Kaͤyſer ruh / ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n.
Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen.
So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen.
Zuͤckſtu / verteufelte / das Meſſer wider mich?
170Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.
Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?
Du oder ich ſol eh durchbohrt / als fleckicht ſterben.
WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr?
Er ſpinnet Nothzucht an.
Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan!
175Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen?
Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen.
Die Demuth reucht nach Trotz / die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab.
Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab.
Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen?
180Die lieben andre nicht / die ihren Ruhm ſelbſt haſſen.
Befleckt der Fuͤrſten Ruhm / was ieden Sclav ergetzt?
Die Wolluſt iſt vergoͤnnt / wenn man ein Ziel ihr ſetzt; Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume / Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift / wenn ſie Brunſt und Gaume185 Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald / Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt / Die hier zu hitzig ſpielt; und daß / der Seuchen hecket / Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket Zu vielmal / und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht. 190Du mergelſt dich des Tag’s / nicht nur iedwede Nacht Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten / Wenn du / gleich einer See / laͤſſt Zimmer dir bereiten Mit Zobeln uͤberdielt / mit Dirnen angefuͤl’t / Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild195 Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe. Dein Ambra / dein Zibeth / der taͤglich deine Speiſe Mit Uberfluſſe wuͤrtzt / iſt zwar ein Saltz der Brunſt / Nicht aber Lebens-Oel / auß welchen du umbſonſt Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt.
Was hat ſie zu verliehren /200 Wenn wir uns ſelbſt verſpieln?
Der Mutter wil gebuͤhren Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod.
Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot.
Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten.
Wer darf die Fehler zehl’n / wenn hohe Haͤupter gleiten?
205Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall. Man forſcht mit ſcharffem Aug’ und durch gehoͤhlt Chryſtall Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten Der Sonnen Finſterniß auch / die der andern Seiten Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt210 Unſichtbar / Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt? Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide / Was Woll’ und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der KreideA iijDie6Die Fuͤſſe greulich mahlt? So wuͤrd’ als Helffenpein Muß reiner / als ſchlecht Thon und grober Poͤfel ſeyn;215 Weil Fuͤrſten / die das Gift der Laſter an ſich nehmen / Von ihrem Himmel es auf hundert Voͤlcker ſaͤmen. Jhr boͤſ’ Exempel ſind die Funcken / die den Brand Auf tauſend Haͤuſer ſtreun.
Was miſſt man mit Beſtand Uns fuͤr Verbrechen bey / das deinen Fluch verdienet?
220Er hat ſich mit Gewalt mich zu entweyhn erkuͤhnet.
Jſt ſolcher Liebes-trieb bey Fuͤrſten unerhoͤrt? Und zu Stambulden neu? Hartneckigkeit verſehrt Die hohe Majeſtaͤt / die ſtets mit Fug erhebet Durch Zwang / was Glimpf verſpielt. Ja in den Zimmern klebet225 Durch andre Sultane vorhin verſpritztes Blut Der Weiber / die verſchmaͤht auß thoͤrchten Ubermuth Verliebter Herren Gunſt. Das Schwerd / das uns erſtritten Hat Conſtantinus Reich / hat ebenfals durchſchnitten Ein ſo verſtocktes Weib.
Wer hat dir Magd erlaubt230 So keck zu brechen loß? floͤſtu der Erden Haupt So falſche Lehren ein? Ja ſolche Kuplerinnen / Wie hier der Wechſelbalg ſich zeiget / ſind die Spinnen / Die auf der Keuſchheit-Bluͤht ihr Suͤnden-Gift ſchmiern an / Die Zirze / die in Vieh die Menſchen wandeln kan /235 Sind Furien / die ſich mit Liebes-Larven ſchmuͤcken / Die Tugend in Verderb / in Schande Fuͤrſten ruͤcken. Sind Motten / die mit Liſt und Haͤucheln unterm Schein Der Seidenwuͤrmer ſich in Purpur niſten ein / Des Reiches Ancker-Seil / des Gluͤckes Band zerbeiſſen. 240Dergleichen Thier biſt du. Du wilſt ja Zucker heiſſen / Doch birgt dein ſuͤſſer Mund im Hertzen Gall und Gift. Die Jugend iſt weich Wachs / in die ſich leicht die Schrift Der Wolluſt pregen laͤſſt. Dir Hur iſts zuzuſchreiben: Daß man den Sultan ſieht ſo freche Laſter treiben;245 Daß ietzt ſein eiſicht Hertz und die vor kalte Bruſt Ein feuricht Etna ſcheint / die minder Brand und Luſt / Als das gefrorne Meer / ließ anfangs von ſich ſchieſſen. Die Frauen auf der Burg / die uns vor glauben hieſſen: Daß Jbrahm von Natur kalt und ohnmaͤchtig ſey;250 Sehn ietzt ſich allzuſchwach fuͤr ſeiner Raſerey Der niemals-ſatten Brunſt.
Kriegt fuͤr getreue Dienſte Befleißte Redligkeit Verſchmaͤhung zu Gewienſte? So laß ich andern Muͤh und Sorge willig hin.
Was? ruͤhmſtu Treu und Dienſt / verfluchte Kuplerin?
255Es ſchaffet dem mehr Ruhm / den Voͤlckern mehr Vergnuͤgen / Dem Reiche mehr Beſtand / der nicht das Pfund verliegen Des Landes-Fuͤrſten laͤſſt / und ihren kalten Geiſt Zu reger Liebe reitzt; als / der ſich ihn befleiſſt Wie einen Papegoy ins Keſicht einzuſchliſſen. 260Sie ſelbſt weiß: daß der Fuͤrſt den Tartar Chivas muͤſſen Jn Rhodis reiben auf; weil Jbrahms kalter Sinn / Der unvererbte Stuhl ihn auf dem Wahn trieb hin: Fuͤr Oßmans Enckel ſich und Erben ſchon zu ruͤhmen. Wem wird nun / außer mir / zu dancken ſichs geziehmen? 265Daß ſein vor ſtumpfer Kiel ietzt ſcharffe Pfeile ſpitzt / Daß von fuͤnf Soͤhnen iſt des Oßmans Thron geſtuͤtzt. Wormit hab aber ich die Sultanin verletzet: Weil ihr zu Liebe nicht von mir ward außgeſchwetzet? Daß nach der Sultanin erdichtetem Bericht270 Des Kaͤyſers Augentroſt die Perl auß Curdi nicht Sey durch den Schlag erblaſſt? denn Er / mein Fuͤrſt / mag wiſſen: Die Rieſin habe ja wohl freylich ſterben muͤſſen / Weil ſie die Sultanin / zur Tafel laden ließ / Und ſie durch Eyverſucht gereitzt / erwuͤrgen hieß.
275Verfluchter Meuchel-Mord! unartig’s Mutterhertze! Das ſich beluſtiget an ſeines Kindes Schmertze / Ja ſein Vergnuͤgen ſtoͤr’t; Schaft Strick und Hencker her! Sie leide / was ſie that / weil ſie von Liebe leer Und voll von Rachgier iſt! Jnzwiſchen ſolſtu ſehen280 Vor deinen Abgott fall’n / dein zartes Schoskind ſchmehen; Die Roſen mit Gewalt ſchaun dieſer brechen ab / Die uns fuͤr Anmuth Trotz / fuͤr Blumen Diſteln gab.
Fleuch /Fleuch / Siſigambis / fleuch! halt Fuͤrſt! wil er ja wuͤtten / So mag er ſeinen Grimm auf dieſe Bruſt außſchuͤtten /285 Die Jhn geſaͤuget hat.
Laß mich!
Hier iſt das Ziel / Das deine Rach’ außtag’t. Denn deine Mutter wil Jm angedreuten Strick’ eh ihren Geiſt außblaſen / Und den gezuͤckten Dolch fuͤhln in den Daͤrmern raſen / Als dieſe Schand-That ſehn.
Stracks / Achmet / ſchaff ſie weg;290 Eh ihr verſpritztes Blut des Sohnes Hand befleck’ / Und laß’ ins alte Schloß die Wuͤttende verſtecken.
Jch eile den Befehl des Kaͤyſers zu vollſtrecken.
Jedoch was ſchluͤßen wir die / die den Halß verwuͤrgt / Die unter’m Mutter-Hertz ein Kwaͤll voll Gifft verbirgt /295 Erſt in’s Gefaͤngnis ein? Man ſuͤndigt mit Erbarmen. Es koſte Kopff und Blut! ha; ſolln uns Weiber-Armen Die Beute ringen auß? Und Tauber jagen nicht Dem Adler Tauben ab: Und dieſes Reh entbricht Sich auß des Jaͤgers Garn’ und auß des Tygers Klauen /300 Der Stein und Ertz zermalmt? Auff! laß uns einſt noch ſchauen / Was Siſigambis gilt / und was der Kaͤyſer kan!
Mein Fuͤrſt / mein Herr / mein Haupt / es ficht mich ſelber an Der Siſigambis Trotz / und Kioſems Erkuͤhnen. Jch ſelber muß geſtehn: daß ſie den Tod verdienen /305 Jedoch braucht man mit Nutz bey Straffung klarer Schuld Den Kapzaun der Vernunfft / den Zuͤgel der Geduld. Wer ſich die ſtrenge Flut laͤß’t der Begierden jagen / Wird auff die ſtuͤrme See des Untergangs verſchlagen / Auff der kein Ancker haͤlt. Der Mutter Untergang /310 Der Siſigambis Schimpff und fuͤrgeſetzter Zwang Kan wenig Luſt und Troſt dem großen Herren geben; Viel Unruh aber ſich durch ſolches Werck erheben / Weil Volck und Janitſchar auf beyder wincken ſieht. Der Kaͤyſer ſchaue nur: die Roſen ſind verbluͤht /315 Die Blaͤtter langſt verſaͤng’t an Siſigambis Zierde / Durch Amurathens Brunſt. Vernuͤnftige Begierde Sucht Blumen / derer Glantz die Knoſpe noch verſteckt / Und Lippen / darauf man nicht frembden Speigel ſchmeckt. Jch weiß fuͤrs Kaͤyſers Seel und ſeine ſuͤſſe Flammen320 Was liebens wurdigers; ein Kind / in dem beyſammen Die guͤtige Natur hat Jugend und Verſtand Schoͤn-reitzend-freindlich-ſeyn verknuͤpfet in ein Band; Ein Kind / das zaͤrter iſt / als die auß Ledens Schalen Einſt ſolln gebrochen ſeyn; das mit den Anmuths Strahlen325 Der Sterne Glantz beſchaͤmt / die Sonne machet blind / Den Roſen ihr Rubin durch Anmuth abgewinnt / Den Lilgen ihre Perln. Der Morgenroͤthe Prangen Und Scharlach wird entfaͤrbt von ihren Purpur-Wangen / Fuͤr ihrem Mund erbleicht Granat und Schnecken-Blut;330 Kein Biſam-Apfel reucht bey ihrem Athem gut. Die Flammen kwaͤlln auß Schnee / auß Marmel bluͤhn Corallen / Zienober kroͤnet Milch auf ihren Liebes-Ballen. Kurtz: dieſe Goͤttin iſt / der Schoͤnheit Himmelreich / Der Anmuth Paradiß; ein Engel / der zugleich335 Verlangen im Gemuͤth / Entſetzung in den Augen / Jm Hertzen Luſt gebiehrt. Auß ihren Lippen ſaugen Die Seelen Honigſeim und Zucker ſuͤſſer Hold.
Diß alles / was du ruͤhmſt / iſt Kupfer gegen Gold / Und Schatten gegen Liecht / wenn ich der Rieſin Zierde /340 Die Perl Armeniens mit brennender Begierde Fuͤr mein Gedaͤchtniß zieh. Jch ſchwere dir / mein Kind: Daß meine Flammen nicht mit ihr verloſchen ſind: Das Abuchalid nicht ſo ſehr geliebt Hababen / Die er ſchon halb verweſt ließ auß der Erde graben /345 Und tauſend Kuͤß ihr gab / als meine Seele noch Nach meiner Rieſin laͤchſt.
der Fuͤrſt ſchaͤtzt billich hoch / Was die Erfahrung preißt / fuͤr dem / was andre loben / Das Auge liegt dem Ohr im Lieben allzeit oben. A jvMein8Mein Leben aber ſey verſpielt / wo Ambre nicht350 Des Mufti himmliſch Kind jen und auch all’ abſticht. Der Zunder heiſſer Brunſt iſt ſelbſt in mir entglommen / Seit dem ich zweymal ſie im Bade wahrgenommen. Jhr Mund bepurperte die Chryſtallinnen-fluth / Die Bruͤſte ſchneiten Perln / die Augen blitzten Gluth;355 Wenn ſie ihr Haupt erhob auß ihrer Marmel-Wanne / Schien ſie das Ebenbild der Sonn im Waſſer-Manne / Die Kwellen kriegten mehr von ihren Strahlen Brand / Vom Leibe Silber-Welln / vom Haare guͤldnen Sand. Hier wil ich im Gemaͤld’ Jhm nur den Schatten zeigen.
360Jſt Ambre diß?
Jhr Bild.
Jſt ſie getroffen?
Eigen. Wiewohl der Himmel geht gemahlten Sternen fuͤr.
Hilf Himmel! kwillt das Oel der Lieb’ auch auß Papier? Steckt auch in Farben Glut? kan auch der Schoͤnheit Schatten Begierde zuͤnden an? die Bilder / die wir hatten365 Uns in das Hertz gepraͤgt / auf einmal leſchen auß? Was neues druͤcken ein? Ach / unſre Seel iſt graus / Das Hertze liegt in Aſch / und wir ſtehn in der Flammen / Wie brenn’ und lodern wir! Raff allen Witz zuſammen / Gebrauche Treu und Fleiß / mein Engel / und mein Kind;370 Daß dieſe Sonne ja den Kaͤyfer lieb-gewinnt. Ach! aber / was fuͤr Sieg laͤſſt Jbrahim ihm traͤumen Von dieſer Goͤttin hold? Fuͤr laͤngſt Entweyhte raͤumen Nichts unſerm Lieben ein. Und Siſigambis lacht Des Kaͤyſers / die ſo weit / ſo fern als Tag und Nacht /375 So weit als Sonn’ und Mond / von Ambren iſt entfernet.
Hat dieſe Naͤrrin gleich Natur und Witz verlernet / Wenn ſie des Sultans Gunſt mit Fuͤſſen von ſich ſtoͤſſt: So laͤchſen tauſend Seel’n nach Balſam / welchen floͤſſt Die Hold des Kaͤyſers ein. Die Keuſch - und kaͤltſten brennen /380 Wo Fuͤrſten Blicke falln. Man gebe zu erkennen Des Kaͤyſers reine Glut dem Vater; deſſen Eyd Nichts minder ihn verknuͤpft / auf die Ergetzligkeit Des Sultans / als aufs Heil des Reiches vor zuſinnen.
Wohl! wir gehn / umb alsbald ſein Hertze zu gewinnen.
SO trit Venedig noch uns Candien nicht ab?
Die Antwort / welche mir ietzt erſt Soranzo gab / Jſt Hochmuth / Dreuen / Trotz.
Sol eine Stadt uns pochen? Jſt Oßmanns Witz verfalln / und Oßmanns Arm zerbrochen? Kan unſer Fuͤrſt / der ja das Haupt der Welt wil ſeyn /390 Mit allen Kraͤften nicht zwey Staͤdte nehmen ein? Canea / Retimo ſind ja in unſern Haͤnden.
Sey ſicher: daß wir nichts an Candien mehr enden; Auch wuͤrde dort noch ietzt kein Tuͤrckiſch Segel wehn / Wenn ſich Venedig haͤtt’ ie Friedenbruchs verſehn. 395Mit Ungewaſneten laͤßt ſichs leicht Streiche wagen. Jetzt / nun wir auß der See ſchon zweymal ſind geſchlagen / Durch ihren Moroſin / nim̃t unſer Sultan wahr: Es doͤrffe mehr Verſtand / auch ſchaff es mehr Gefahr Mit einer ſolchen Stadt / als geilen Weibern kriegen. 400Jetzt / nun der Krieg ſich ſchleppt / laͤſſt ihn der Sultan liegen / Hengt ſeiner Wolluſt nach. Dem Divan liegt die Laſt Des Krieges einig ob.
wo nicht ein Fuͤrſt ſelbſt faſſt Das Ruder ſeines Reichs / kan keine Fahrt gerathen. GOtt kroͤnet Knechte nicht ſo / wie der Fuͤrſten Thaten. Als9405Alß Oßman in den Grund diß Reich geleget hat / Alß Orcan Pruſien erobert / Amurath Die Stadt des Adrian / und in Europens Hertze Den erſten Spieß geſteckt; ja unſers Glaubens Kertze Jm Nord gezuͤndet an; alß Koͤnig Bajazeth410 Die Siegs-Stadt Serviens durch neuen Sieg erhoͤht / Den Kaͤyſer Sigismund hat ſchier in Staub getreten; Alß Mahumeth den Strom der Donau ſchloß in Ketten / Biß in Wallachen Drang; Alß Ludwig und ſein Land Und ſein verzweiſelt Heer; in Amurethens Hand415 Beſiegt bey Varna fiel / und ſemer Falſchheit Nebel Jn blut’ge Flut zerran; Als die erhitzte Sebel Des groſſen Mahumeths zwey Kaͤyſerthuͤmer zwang: Daß zweyer Kaͤyſer Kopff fuͤr ſeine Fuͤſſe ſprang. Als er zwoͤlff Reich einnahm / zwey hundert Staͤdt’ erſtritte. 420Wie Selmi uͤberwand Damaßkens groß Gebitte Des Tomonbejus Reich; als Selimans ſein Stahl Peſt / Rhodis / Ofen zwang; ja als noch’s letzte mahl Vom vierdten Amurath ward Bajadeth bezwungen / Hat dieſer Helden Arm ſelbſt durch den Feind gedrungen /425 Und fuͤr des Reiches Heil das Leben feil gemacht. Jtzt nun der Sultan nur auff Uppigkeit hat acht / Was ſol fuͤr Gluͤck uns bluͤhn?
Ja / leyder! ich befahre: Es naͤhere ſich ietzt das Ende der zwoͤlff Jahre / Seit dem des Oßmans Hand den rothen Apffel fuͤhrt;430 Als unſer Untergang. Und meine Seele ruͤhrt Die groſſe Waſſerflut / die Mahumeds Gebeine Zu Mecha fort geſchwemmt / und die geweyhten Steine Des Heyligthumbs verſehrt. Der Perſ’ und Ketzer hat Fuͤr wenig Zeit uns ſchon die uns hochheilge Stadt435 Medinen abgerennt; wie viel iſt Zeit verſtrichen: Daß unſer Kaͤyſer halb vom Glauben abgewichen? Daß Achmet Bottſchafften dem Chriſten Gratian Nebſt Laͤndern uͤbergab? Ja ein recht Greuel kan Fuͤrſt Fakardin uns ſeyn / der Schaum verdammter Chriſten. 440Kein geiles Weib kan nicht nach Buhlern ſo geluͤſten / Noch zaubriſch ſchlaͤffen ein / als den beſigten Hund Hatt’ Amurathes Lieb. Und uns iſt leyder kund: Daß Perſen Chriſten hat zu Feld-Herrn fuͤrgeſtellet. Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat gefaͤllet /445 Und mit ihr Aſcota; ward er zwar todt und bleich Jn Armen eines Moͤnchs: Allein Chach Abas Reich Vom Aberglaub’ erfuͤllt; Jndem er durch ſein Bitten Den Schwaͤrmern Lufft erwarb: daß Abubeckers Huͤtten Jtzt thoͤrchte Chriſten fuͤlln. Da die Gewogenheit450 Zu Chriſten ſterbens werth hieß noch fuͤr wenig Zeit. Als Koͤnig Kataband die Gurgel ab ließ ſtechen Dem erſtgebohrnen Sohn / war einig diß Verbrechen Des Anza Menza Schuld. Wie feindlich ſcharff und ſchwer Fiel vor der Chriſtenheit der Tartarn fluͤchtig Heer? 455Cham Chiran aber hat den Sultan laͤngſt verlachet / Das Tuͤrckſche Heer zerſtreut; verdammten Bund gemachet Mit Polen / und ſein Kind zur Geißel ihm verſetzt / Und der Coſacken Schwarm uns auff den Halß gehetzt; Der Caffa / Sinope und Trapezunt bezwungen /460 Jn Port und Vorſtadt ſind Stambuldens eingedrungen. Der Divan weiß ſelbſt mehr kein Mittel unſrer Ruh; Alß: daß mans Boſphors Mund mit Ketten ſchließe zu. Ja Siebenbuͤrgen trotzt den Sultan mit Befehlen: Daß Er zum Fuͤrſten den Ragotzy muß erwehlen /465 Den Jſtuan thun ab. Noch ſchlimmer Zufall iſt: Daß Kaͤyſer Machmets Sohn Jachias ward ein Chriſt; Daß er dem Groß-Veſier / das Haupt der Janitſcharen / Den Mufti / und die mehr des Reiches Pfeiler waren / Durch Meineyd ſo nam ein: daß ſie ihm hatten ſchon:470 Den Bruder Achmet ab / ihn auf des Oßmanns Thron Zu ſetzen ſich verſchworn: daß er Koſack und Chriſten Und Tartern ſich erkuͤhnt auff unſern Fall zu ruͤſten / Bejammern wir noch itzt. Und haͤtte Wallſtein nicht / Sein Abgott; durch die auch vergeß’ne Treu und PflichtSo zeit -10475So zeitlich ſich geſtuͤrtz’t / hett’ er wohl Mittel funden / Zu ſchlagen unſer Reich mit mehr und groͤſſern Wunden. Doch ach! das aͤrgſt iſt diß; was mir mein Hertz auffritzt: Daß Kaͤyſer Jbrahims ſein Sohn in Franckreich ſitzt / Den der Maltheſer Macht gefaͤnglich hat beſtricket /480. Alß fuͤr drey Jahren er nach Mecha ward geſchicket. Auß welchen mit der Zeit der Raͤuber Aberwitz Ein Werckzeug ſchnitzen kan / des Oßmanns hohen Sitz / Den Glauben Mahumets empfindlich anzufechten; Die Perſ’ und Chriſten ſtets mit uns in Krieg zu flechten485 Sich durch viel Argliſt muͤhn.
Jch ſpuͤre viel Gefahr / Und unſers Untergangs ſind hundert Zeichen dar. Der Tuͤrcken Kaͤyſerthumb ſteht nicht auf eignen Kraͤfften. Wir ſtehn / ſo lange noch die Chriſtenheit mit Saͤfften Verkaufften Friedens ſich laͤßt ſicher ſchlaͤffen ein;490. Und ihre Schwerdter ſelbſt in eignen Daͤrmern ſeyn. Jtzt ſcheint’s: es lehre ſie der Schaden ſehend werden: Daß wir ſie / wie ein Fluß am Ufer / Sand und Erden Schier ohn’ Empfindlichkeit / im Grunde waſchen auß; Biß mit durchbohrten Rand auf einmahl Reich und Hauß495 Ein Raub der Wellen wird. Denn Holland hat durch Frieden Mit Spanien nicht nur den langen Zwiſt entſchieden; Tſchernin ſpannt auch nunmehr den Bogen hoͤher an; Sagt: daß ſein Kaͤyſer nichts in Siebenbuͤrgen kan Enthengen unſerm Heiſch; trotzt auff des Adlers Klauen /500 Wo er in Ungern wuͤrd’ auch minſten Eingriff ſchauen. Weil zwiſchen Teutſchland / Schwed’ und Franckreich auch der Fried Auf ſicherm Fuße ſteht.
Das Ungluͤck das uns bluͤht / Koͤmm’t her von unſer Schuld. Daß Aden iſt verlohren / Des Rothen Meeres Mund / daß Habeleh der Mohren505 Jhr Kapzaun iſt verſpielt / daß Baßora noch wanck’t / Ruͤhrt her: daß mancher Held wird ſpoͤttiſch abgedanckt; Daß man Damaß / Aleayr und Bagadet vertrauet Dem / der das meiſte zahlt; und die am Brete ſchauet / Die nur des Sultans Gunſt erkauffen durch viel Geld;510 Daß man Verdienſt und Treu fuͤr aͤrgſte Laſter haͤlt / Verſchnittenen raͤumt ein die Tugenden zu druͤcken / Ja ſich den Voͤgeln gleicht / die nur den Guckug zwicken / Auß Sorg’: er werde noch alß Falcke ſie fall’n an; Daß man / als Sonne nichts erhoben ſehen kan /515 Und die gleich Sternen ſind / alß Duͤnſte druͤckt zur Erden; Des Sultans Tochter Soͤhn itzt auch laͤſt faͤhig werden Der Wuͤrden dieſes Reichs; daß man die / die durch Blut Und vieler Jahre Schweiß verſammlet einig Gut / Wie Schwaͤmme druͤcket auß; des Sultans Toͤchter zwinget520 Uns noch als Kinder auff / und umb’s Vermoͤgen bringet / Ja uns zu Sclaven macht; daß Jbrahim verſehrt / Was derer Andacht gleich zum Gottesdienſt verehrt / Die niemals ihn verletzt; daß / was die Kaͤyſer haben / Als Schatz und Heiligthumb in Thuͤrme tieff vergraben /525 Er alß wie Sand verſtreu’t; daß er zu Laſtern lacht / Auß ſeiner Uppigkeit ein offen Schau-Spiel macht / Umb daß Er ſeine Brunſt durch frembdes Oel anzuͤnde / Da es vor dieſer Zeit war ſterbens-werthe Suͤnde / Zum Garten / wo der Fuͤrſt mit ſeinen Dirnen ſpielt /530 Ein Auge wenden hin. Daß ſein Gemuͤthe zielt / Des Ketzers Kadaris fuͤr laͤngſt verdammte Lehren / Die des Verhaͤngnuͤßes Ertzt-feſte Schluͤſſe ſtoͤren Und der Schapmeſtahis ihr halbes Chriſtenthum Zu bringen in den Schwung. Daß er fuͤr groſſen Ruhm535 Und Helden-Thaten haͤlt / wenn Er verdiente Baſſen / Die fuͤr ſein Heyl gewacht / kan niederſaͤbeln laſſen; Wenn ihr durch Wund und Schweiß erworben Erbtheil ihn Alß Bruder lachet an; Wenn / die die Ramme ziehn Und Braͤter wenden umb / ſo ſchnell als Erd-Geſchwuͤre540 Auffſchuͤſſen / und ſich gar ſtell’n uͤber die Viſire; Alepo ſteht hierumb in groͤſſerer Gefahr / Alß da noch Abaſſa ſein Haupt des Auffruhrs war; Und Fakardins ſein Schwantz / die ſchlauen Druͤſen ſtecken Jn Sidons Hoͤlen noch / und in Saidens Hecken. Diß11545.Diß klagen / leider! wir / diß geht uns Haͤupter an! Das Volck / das ſeine Laſt nicht laͤnger tragen kan / Fuͤhrt nach viel Seufzen ietzt bewegliche Beſchwerden / Weil nun auch Steinen-Schweiß wil außgepreſſet werden / Wie vom Abdulmelick. Albanien / das noch550. Nicht allerdings gebeug’t den Nacken unters Joch / Spinnt neuen Aufſtand an. Kurtz! wir fall’n uͤbern hauffen / Und unſer Gluͤcks-Spiel ſcheint ietzt ſo verwirrt zu lauffen: Daß wo die Chriſten uns recht in die Karte ſehn / Und Ferdinand es wagt; ſo iſts umb uns geſchehn.
SChweig! denn der Sultan kommt.
Jſt der Befehl vollſtrecket?
Ja! doch Soranzo bleibt verſtockt und unerſchrecket. Sagt: daß Venedig ſelbſt eh in den Grund wil gehn / Alß auf Dalmatien uns einig recht zuſtehn; Und eine Spanne Land von Candien einraͤumen.
560.Sol dieſer Sclave noch auf uns den Hochmuth ſchaͤumen? Und lachen unſers drauns? Wol! es ſol unſer Haupt Nicht fanft und friedſam ruhn; biß daß Venedig glaubt: Daß Jbrahim nicht mehr mit Wort-als Wercken blitze.
Der Sultan gebe mir und meinem Aberwitze565. Genadiges Gehoͤr? Jch ſorge: daß wir nicht / Biß daß der Groß-Herr ſelbſt nach Candien aufbricht / Dort werden Meiſter ſpielen. Wo Gluͤck und Sieg ſol bluͤhen / Das Kriegsheer hertzhaft ſeyn / muß der zu Felde ziehen / Dem Gluͤck und Sieg faͤllt zu. Sein wachſam Auge ſchlaͤgt570. Oft / wo ein Heer verſpielt; ermuntert und bewegt Die traͤg und furchtſam ſind. Der Fuͤrſt hats ſchon geſchauet / Als von Siliſtrien dem Baſſen anvertrauet Der Zug auf Aſac ward; wie viel ein Knecht kan fehl’n. Ja Schaͤlſucht wagt ſich dar meiſt frembden Ruhm zu ſtehln;575. Den Sieg ſelbſt zu verſtoͤr’n / Vernunft und Witz zu blaͤnden. Des Groß-Veziers ſchel Aug entzog unß aus den Haͤnden Den Sieg auf Bajadet. Denn / als der Loͤwen Muth Des Murat Baſſen ſich durch Mauern / Stahl / und Glut Drang ſtuͤrmend in die Stad / ließ er auß bloſſen Reiden580. Vom Sturme blaſen ab / ja ihm den Kopf abſchneiden: Daß unſer Heer beſiegt / die Feſtung Perſiſch blieb / Biß Amurath ſelbſt kam und Heer und Sturm antrieb.
Wir wolln in Creta ſelbſt die gruͤne Fahn aufffuͤhren. Laß auch noch heute ſich dein gantzes Laͤger ruͤhren /585. Fuͤr unſer Burg das Haar von Pferden ſtecken auß. Du aber Mehemed / laß des Soranzo Haus Noch ſorgſamer verwahren / doch ihm zur Furcht entdecken: Daß wir auf Candien ſelbſt wolln die Fahn aufſtecken.
Der Schluß iſt Ruhmes werth; diß iſt die Tugends-Bahn /590. Dardurch uns Mahumed die Welt macht unterthan / Die zu den Sternen fuͤhrt / die Sterbliche vergoͤttert; Und ein Gedaͤchtnuͤs ſchafft; das / wenn der Himmel wettert / Die Marmel-Seuln zermalmt / Coloſſen ſchlaͤgt entzwey / Und Tempel legt in Graus / iſt vom verweſen frey. 695.Ja wenns Verhaͤngniß gleich laͤſſt einen Fuͤrſten fallen / So gleicht ſein Grabeſtein durchſichtigen Chriſtallen / Durch den man ſein Verdienſt der Tugend ſchauen kan. Und deſſen Seele nimmt die Art des Fenix an:600. Daß ſeyn Begraͤbniß iſt der Anfang ſeines Lebens; Und Zeit und Mißgunſt muͤht ſo denn ſich nur vergebens Die Fackel ihres Ruhms mit Wolcken zu verſtell’n / Den Silber-reinen Kreiß des Mohnden anzubell’n.
Ja wol / diß ſchluͤſſen wir. Ach! aber / unſer Hertze605. Wird ſelbſt von Angſt bekriegt / bekaͤmpft vom herben Schmertze / Des Sultans Seele ſchwimmt in einer wuͤſten See / Die Flammen auf die Bruſt ſtroͤmt / in die Glieder Schnee / Verwirrung ins Gehirn? Und in uns ſelber wiſſen Von keinem Frieden wir; die wir auf andre ſchluͤſſen610. Jetzt gleich Verderb und Krieg.
Was ficht den Kaͤyſer an?
Ein Ubel / das kein Artzt / als
heilen kan.
Jſt es Gewiſſens-Angſt? ſinds tieffe Seelen-Narben?
Nicht Narben / Wunden ſinds / doch von viel andern Farben.
DemDem Artzte muß das Kwell der Kranckheit ſeyn bekand.
Der Uhrſprung und die Salb iſt in des
Hand.
615.Stehn ſie in meiner Hand / bin ich bereit zu rathen.
Vertroͤſtung linderts Weh / Geneſung kommt von Thaten.
Der Kaͤyſer meld uns doch / was Weh und Artzney ſind.
Jch bin von Liebe kranck / das Pflaſter iſt dein Kind.
Was ſol ein Kind / wie ſie / fuͤr Liebes-Brand anzuͤnden?
620.Wird man im Himmel doch nur ſolche Kinder finden!
So Eh als Paradis erfordert funfzehn Jahr.
Was fuͤrchten Juͤngere vom Lieben fuͤr Gefahr?
Sie wird den Kaͤyſer nicht nach Wundſch vergnuͤgen koͤnnen.
Neid tadelt / was er nicht dem Nechſten wil vergoͤnnen.
625.Was ſol ein Knecht / wie ich / dem Großherrn gonnen nicht:
Wie daß uns
denn die Tochter nicht verſpricht?
Es iſt mein Wundſch: daß ſie ſich ſeine Magd darf nennen.
Verſichre ſie: daß wir von ihren Strahlen brennen. Verſicherſt aber du uns ihrer Gegenhold?
630.Jch meyne: daß mein Kind mit beyden Armen ſolt Umbfaſſen diß Geluͤck / und ſich ietzt ſelig ſchaͤtzen. Ja mit was Groͤſſerm kan der Sultan mich ergaͤtzen / Als / da er auf mein Haus Genad und Auge neigt / Mein Kind auß Staub auf Gold in Oßmans Bette ſteigt.
635.Nimb diß geſtuͤckte Tuch als unſrer Liebe Zeichen Der Liebe Merckmahl hin. Man ſol ſchnur ſtracks ihr reichen Ein Purpern Braut-gewand.
Jch nehms in Demut an / Begierig zu vollzihn / was ſeine Liebe kan Vergnuͤgen / und mein Haus zur hoͤchſten Staffel ſtellen.
640.Geh / eile. Denn Verzug ſchafft Buhlern Pein der Hoͤllen.
ERzittert / Sterbliche / fuͤr mir! Denn kroͤn’t mein Haupt gleich ein ſchoͤn Regenbogen; So bricht doch Blitz und Donner fuͤr Auf den / der GOTT zum Eifer hat bewogen. GOtt zahlet zwar nicht taͤglich auß;650. Doch iſt Er keinem ie was ſchuldig blieben, Sein langſam Zorn druͤckt gar in Grauß; Und ſein Vermerck iſt in Metall geſchrieben.
MJr Aerm’ſten bebet iedes Glied / Das Hertze ſchlaͤg’t / das Haar ſteht mir zu Berge! 655.Verſchone der / die fuͤr dir kniet! Kein Rieſe ſieg’t mit Nachruhm uͤber Zwerge. Hilff mir vielmehr / weil die Geduld Schon buͤß’t zweyhundert Jahr die Schuld.
JCh habe kein ruchloſer Kind;660. GOTT hatte dich zur Welt-Sonn’ aufgeſtecket / Und gleichwol iſt dein Thun ſtock-blind / Ja du haſt wie ein Mohnde dich beflecket.
By -WEil / Leider! das Verhaͤngniß mich Hat untern Krebs / des Mohnden Haus / geſetzet;665 Geht Gluͤck’ und Klugheit hinter ſich / Mein Antlitz wird mit Thraͤnen-Tau genetzet; Und Oßmanns bluttig Mohnde dreut Mir taͤglich noch mehr Sturm und Leid.
Fuͤr dir iſts Mohnden Wachsthum klein. 670Was klagſtu denn? die Welt liegt dir zun Fuͤſſen; Du ſelbſt verduͤſterſt deinen Schein / Erluſtigſt dich an Suͤnd - und Finſternuͤſſen.
OFt ſtecken Wuͤrm’ in guͤldner Frucht / Der ſchlimſte Stern iſt oberſter Planete;675 Mein Wachsthum iſt nur Waſſerſucht / Und meine Sonn’ ein ſchwaͤntzichter Comete. So hilff nun / Rache / Rach’ / und nim̃ Von mir den Bluthund Jbrahim!
BRich Abgrund! oͤfne deine Thuͤr’! 680Und ſchicke bald ein Werckzeug meiner Rache!
WJr Laſter ſtell’n zu Dienſt uns dir. Weil wir der Menſchen Schooß-Kind ſind / und Drache / Ja ieder mit uns buhlen wil / Jſts ſie zu freſſen uns ein Spiel.
HJlff GOtt! ſol noch der Schlangen Brut Jn Jbrahims und meinem Buſen niſten?
GJft iſt fuͤr Gift zur Artzney gut / Und boͤſe Luſt daͤmpft man mit boͤſen Luͤſten.
SO ruͤſte doch nur eines auß;690 Denn alle ſtuͤrtzen mich in Grauß.
SO koͤmm’t mir denn das Vorrecht zu. Weil Menſchen ſchon nach meiner Milch geluͤſten / Wenn ſie in Windeln ſchoͤpfen Ruh’ / Die Zunge noch ſaͤugt an den Mutter-Bruͤſten.
JCh bin der Brunn / der Menſchen ſchafft / Ein Oel / das Blut und Fleiſch und Hertz anzuͤndet; Der Himmel ſchmiltzt durch meine Krafft / Die Goͤtter zwingt und Stahl wie Wachs zerwindet.
BDerWEicht alle mir! ihr ſey’t mein Brutt; Denn ich bin ja die Wurtzel alles Argen /700. Wenns Alter aller Laſter Glutt Leſcht auß / ſteig’ ich in Sarg mit meinem Kargen.
MEin Blitz zermalmet Stahl und Stein / Mein Ziell iſt’s Grab / der Uhrſprung iſt die Wiege. 705Wo alle Laſter buͤſſen ein / Erhaͤlt mein Arm durch Mord und Feuer Siege.
MEin Uhrſprung ruͤhr’t vom Himmel her / Jhr auß der Hoͤll / und wilder Thiere Hoͤlen. Denn ihr herꝛſch’t nur in Schwein und Beer;710 Jn Adlern ich / und in vernuͤnfft’gen Seelen.
Jch aber mache durch den Stein / Durch Schwulſt und Gicht und Schwindſucht bald ein Ende.
MEin Gifft nimmt mehr die Seelen ein / Und Seuchen ſind auch Waffen meiner Haͤnde.
JCh henckere ja ſelber mich; Wie ſol ich nicht auch andern’s Licht verkuͤrtzen?
MEin Grimm hat’s Blitzes Flug in ſich / Des Maulwurffs Blindheit / wie ſoll er nicht ſtuͤrtzen?
DJe Hoffarth kommt fuͤr’m Fall in’s Hauß /720. Und wer hoch fleuch’t / ſchmeltzt an der Sonnen-Hitze.
RAch’ uͤbe deine Straffen auß; Nur / daß ich nicht mehr Blutt dabey verſpruͤtze; So brauch’ ein Laſter doch hierzu / Das mir nicht weh / ihm ſuͤſſe thu:
DUrch Zucker gib’t ſich Gifft leicht ein / Und Schlangen ſind in Roſen wohl verſtecket. Wohlauf denn / Geilheit! du ſolſt’s ſeyn / Die meinen Schluß / des Bluthund’s Fall vollſtrecket.
Eh’ als die Morgenroͤthe kan730 Der Welt zweymal die Augenbranen zeigen / Sol Jbrahim ſeyn abgethan / Durch dieſen Brandt / ſein Lebens-Oel verſeigen.
JA! Unzucht iſt ſo toͤdtlich Gifft / Das Drachen-Eyter uͤbertrifft.
GOtt / der du ſieben Meer’ / der ſieben Himmel Laſt / Nebſt ſiebzig tauſend Schaarn zu deinen Fuͤſſen haſt / Ja Engel / Ehre / Perl’n / Macht / Gottheit unterm Throne. Wo deine ſchlechte Magd was bitten darff / ſo ſchone5 Derſelben / die dich ſtets inbruͤnſtig bethet an; Hilff: daß kein Nebel nicht mein Licht verduͤſtern kan; Wie Geiſt und Traum mir dreu’t. Jch falle dir zu Fuͤſſen / Begierig Tag fuͤr Tag der Erde Staub zu kuͤſſen Auß Andacht gegen dich. Die Lampe brennt allhier10 So ſehr nicht / als mein Leib / auß Liebe gegen dir. Laß geiler Bruͤnſte Rauch nur meine Bruſt nicht ſchwaͤrtzen. Und dir / O Mahumed / dir ſag’ ich zu vom Hertzen: Daß ich biß in den Halß im Fluſſe buͤſſen wil / Wo Eva Buſſe thaͤt; Daß / wo mein Lebens Ziel15 Mir nicht der Tod verruͤckt / ich faͤſten Vorſatz habe Walfahrtende zu zihn nach Mecha / zu dem Grabe / Zu kuͤſſen deines Sarg’s hochheil’gen Marmelſtein / Der itzt ein Engel iſt / und mit der Zeit wird ſeyn Ein Steig ins Paradiß. Jch wil mit bittren Zaͤhren20 Allmoſen-Opfer GOtt iedweden Tag gewehren; Er tilge nur in mir ſein reines Bildnuͤß nicht. Denn / da auch Gabriel das Sonnen-gleiche Licht Des Monden hat vermocht durch Anruͤhr’n bleich zu machen; Wie ſol / wenn Gottes Grimm wil wider mich erwachen /25 Sein Schwefel-Athem mich nicht in Staub Aſch und Koth Und ein ſchlimm Aaß verkehrn?
Diß iſt ein Werck / das GOtt Und Engeln wohlgefaͤll’t / ſtets fuͤr den Tempeln knien; Derſelben Same muß wie gruͤne Palmen bluͤhen.
Wie daß der Frommen Fuß denn ſtets auff Diſteln tritt? 30Wenn Boͤſ’ auff Roſen gehn? und ihr ſtockblinder Schritt Nie der Damaſten ſehl’t? Die Welt iſt wohl zu nennen Ein Schau-Platz / wo man nur die Unſchuld ſihtwerbrennen / Und Galg’ und Rad ihr bau’t.
Und uns ein Predigſtul / Der uns in’s Hertze ſchreit: Daß Tugend hier den Pful /35 Dort ihren Himmel hat; Daß die umbdoͤrnten Lilgen Jm Garten dieſer Welt / die Reiff und Mehlthau tilgen / Umbbluͤmte Roſen ſolln im Paradiſe ſeyn.
Wie ſchwer geh’t dieſe Gall’ / Ach! unſern Lippen ein!
Creutz-Traͤger ſingen GOtt die angenehmſten Pſalme. 40GOtt ſchlaͤg’t der Unſchuld Stein nicht: daß Er ihn zermalme / Die Tugend-Funcken ſolln auß ſelbtem ſtrahlen fuͤr. GOtt leitet unſer Schiff auf Klippen / nicht daß wir Dar ſolln zu ſcheutern gehn / nur: daß wir beym Gewitter Solln lernen Hertzhafft ſeyn. Was aber wil ſo bitter /45 Mein Kind / mein Troſt dir ein?
Ein hoͤchſt abſcheulich Traum Dreu’t Tod und Schande mir. Die Mitternacht war kaum Der Anfang meiner Ruh / als ich von einer Schlangen / Mit gift’gem Jaͤſchte ward begeifert und umbſangen;50 Doch / als ich machte mich von ihrem Schwantze frey / Zerborſte von ſich ſelbſt der groſſe Wurm entzwey
Mein Kind / nicht laſſe dich durch ſolche Schatten ſchrecken.
Gott pflegt / was kuͤnfftig iſt / durch Traͤume zu entdecken.
Meiſt ſind die Traͤume Dunſt / und ein nichts-deutend Rauch.
So uͤberredte man den Sultan Oßman auch;55 Als ſich ſein groß Kamel gleich als durch Adlers-Fluͤgel Schwang ſternwerts in die Hoͤh / und ihm der leere Zuͤgel Beſtuͤrtz’t in Haͤnden blieb; Der Außgang aber wieß: Daß ihm hernach das Reich / wie vor’s Kamel entrieß.
A ijWoherWoher wol haͤtteſtu zu fuͤrchten Gift und Schlangen?
60Des Gluͤckes Bley-Fuß kommt wie das Thier Ha gegangen; Das Ungluͤck aber laufft geſchwinden Luchſen fuͤr.
GOtt wende die Gefahr / und der erhalt dich mir!
Nun werd’ ich dich / mein Kind / ſo ehr’n als lieben muͤſſen.
Jch werd’ in Demuth ſtets der Eltern Fuß-Pfad kuͤſſen.
65Was waͤchſt der Ambre denn fuͤr neuwe Wuͤrde zu?
hr bluͤhet Ehr’ und Thron und ewig-faͤſte Ruh.
Wie daß denn Furcht mein Hertz’ und Angſt den Schlaff betruͤbet?
Der Sultan iſt in dich / mein liebſtes Kind / verliebet / Und ſchicket dir hiermit das Zeichen ſeiner Gunft.
70Hilff Himmel! ich vergeh: Ach! wie ſol tolle Brunſt Und reine Keuſchheit ſich vermaͤhl’n und miſchen laſſen? Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben faſſen / Und meiner Adern-Quaͤll / fuͤr dem Chryſtall nicht rein / Und Schwanen fleckicht ſind / ſol ein Gefaͤſſe ſeyn /75 Darein der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpritze?
Was ſicht mein Kind dich an? mit was fuͤr Aberwitze Stoͤßt du des Kaͤyſers Hold und dein Geluͤcke weg?
Solch Gluͤcke ſchafft Verderb / und ſeine Brunſt macht Fleck. Ach! ich erfahre ſchon die Deutung meiner Traͤume! 80Wie dieſer Wurm das Gifft der Geilheit auf mich ſchaͤume; Wie dieſer Baſiliſk’ in Engliſcher Geſtalt / Durch falſchen Sonnenſchein der Liebe mache kalt / Durch Zucker holder Kuͤß Angſt / Schand und Todt außſckuͤtte. Frau Mutter / wo ihr Hertz heg’t Muͤtterlich Gebluͤtte /85 Wo ihre Bruſt noch Milch der Kinder-Liebe nehrt / Wo ein fußfaͤllig Kind je iſt Erbarmens werth / Wo meiner Thraͤnen-Saltz nur ſchlechtem Waſſer gleichet / Das Kieſel hoͤlet aus / und Marmelſtem erweichet / Wo meiner Seufftzer Geiſt ihr biß zur Seele klimm’t;90 So leide ſie: daß ich zum Opfer ihm beſtimm’t / Eh als zur Braut ihm werd’ / und daß ich ſeine Sebel Eh’ als die Lippen kuͤß’ / in dem der Dunſt und Nebel Des Lebens jener Welt / darinnen weder wohl Noch uͤbel uns wird ſeyn / Mich mehr ergetzen ſol /95 Als ſeines Purpers Glantz. Wil man mir dis verſagen / So wil ich Lebenslang als reine Jungfrau tragen / Nach der Calender Arth an Ohren Ring’ aus Stahl / Zu Kleidern Pferde: Haar; Ja tauſend Angſt und Quaal Geduldig ſtehen aus; krieg’ ich nur dieſen Segen:100. Daß ich mich nimmermehr zum Jbrahim darff legen.
Was macht ſo bitter dir den Liebes-Zucker an?
Ach! ſie erwege doch: Ob der recht lieben kan / Und Liebens wuͤrdig iſt / der ſtuͤndlich Lieb’ und Bruͤnſte Mit friſchem Wechſeln kuͤhl’t / der ſtets durch theure Kuͤnſte105 Der Geilheit Oel einfloͤß’t / der aͤrger bren’t und gluͤh’t Als ein Sardanapal / als Cajus und Avit; Die Greuel unſrer Lehr’ / und Scheuſal’ aller Zeiten. Ja man laß uns vergnuͤgt’ ins Sultans Bette ſchreiten / Der Armuth Weſten-Wind auf unſren Bruͤſten ſpiel’n;110 Laß’ unſre Seele gar der Aepfel Vorſchmack fuͤhln / Die zweyfach nach dem Bruch im Paradiſe bluͤhen; So moͤgen wir doch nicht dem Hertzeleid entfliehen: Daß ich fuͤr Grimm und Tod nur Kinder kan gebehrn / Die auf die Schlachtbanck pflegt der Blutt-Durſt zu gewehrn115 Der Bruͤder / wo ſie noch der Vaͤter Rach entrinnen. Er ſelbſt / Herr Vater / wird ſich unſchwer noch entſinnen / Aufs dritten Machmets Grimm und grauſe Moͤrderthat; Der mit den Elt’ſten Sohn auch deſſen Mutter hat Aus ſchluͤpfrichem Verdacht recht-henckriſch aufgerieben;120. So ſuͤſſe Fruͤchte traͤg’t der Groß-Herrn groſſes Lieben!
Du mein hertzliebſtes Kind / du meiner Augenluſt / Jch lobe deinen Schluß. Mir iſt zu wohl bewuſt Das Wermuth-bittre Gift / daß dieſer Bieſam decket; Was fuͤr ein Drachen-Maul in Engel-Larven ſtecket. 125Befeſtige dein Hertz / auf Zufall / Tod und Leid.
JaJa! ich beſtetig es durch einen theuren Eid: Daß nimmermehr ich nicht den Sultan lieben werde / Raͤumt er des Oßmans Stul / den halben Kreiß der Erde Sein gantzes Kaͤyſerthum mir gleich zum Brautſchatz ein;130 Ja / ehe ſol der Sarg mein Hochzeit-Bette ſeyn.
GOtt wolle dir ſtehn bey / und Mahumed dich ſegnen! Jch eile ſolchem Brand in Zeiten zu begegnen.
Wie / wenn der Himmel ſich in ſchwartze Wolcken huͤll’t / Und die betaͤubte Welt mit Knall und Blitz erfuͤll’t /135 Die Turteltauben wild’ / erſchreck’t / und ſchuͤchtern werden; So aͤngſtig muß auch ich mich furchtſame gebehrden. Und kein beſtuͤrmtes Schiff wanck’t in den Wellen mehr; Es zittert von dem Nord kein Eſpen-Laub ſo ſehr / Als meine Seele beb’t! mein ſchlagend Hertze ſaget140 Mir Ach und Jammer wahr!
Wie? meine Seele klaͤget Und blaͤß’t hier Seufzer aus? Was ficht / mein Licht / ſie an?
Ein Elend / welchem ſich kein Elend gleichen kan.
Welch Unmenſch / welch wild Thier beleidig’t ſolche Tugend?
Der Sultan Leider! heiſcht die Bluͤthen meiner Jugend /145 Die Blumen meiner Zucht zum Opfer ſeiner Brunſt.
Des Purpers Glantz gebuͤhr’t und wurtzelt Lieb und Gunſt.
Gunſt / Lieb und Hold zerrinn’t / wie bleiche Waſſer-Gallen / Wenn ſtatt des Kernen ihr die Schalen nur gefallen; Und Purper / welchen nicht die Tugend Biſan’t ein /150 Gleicht Blumen / die zwar ſchoͤn / doch aber ſtinckend ſeyn. Erwaͤge bey dir ſelbſt: Ob reines Oel kan glimmen Jn Ampeln / die im Koth verdammter Laſter ſchwimmen? Ob eine Ader ſey an Sultan liebens werth; Der wie ein Schein nur noch / von Unzucht abgezehr’t /155 Von Seuchen laß umb irrt? Mein Leib ſol Wuͤrmer hecken / Die Bruͤſte Molchen mehr’n / eh ich mit ihm beflecken Mir Seel und Glieder wil!
O Himmel reine Glutt! Der Himmel ſegne dich / und ſtaͤrcke deinen Muth / Der Helden abgewinnt / Tyrannen uͤberwindet! 160Wie aber? darf ein Hertz / das reinen Weyrauch zuͤndet Jn deinem Tempel an / ſich troͤſten deiner Hold?
Der Einſamkeit hab ich von Kind-auf wohl gewolt / Mein Alter iſt auch zwar kaum faͤhig ſuͤſſer Flammen; Doch / wo ſie ſich vermaͤhl’n mit Tugenden zuſammen /165 Wo ſie fuͤr’m Sultan mich ſind maͤchtig zu bewahrn / So haben ſie Gewalt mit Ambren zu gebahrn / So ſteh’t mein Hertze dir / wie itzt mein Antlitz offen.
Jch bin entzuͤck’t auß mir! darf ich’s / mein Engel hoffen? Dir an die Kehle fuͤhl’n / dich Abgott bethen an? 170So glaͤube: daß der Fuͤrſt dich nicht verſehren kan / So lange Mehemet nicht iſt in Staub verkehret.
Mein Kuß und Hertze ſey dir fuͤr mein Heyl gewehret.
KEin Schif irr’t furchtſamer in Klippen-reicher See / Wenn Well und Sturmwind es bald tief / bald in die Hoͤh175 Wie einen Ball umbwirft; kein bebend Sclave zittert / Wenn ſich auf ſeine Schuld ſein Halßherr hat erbittert / Jn ſeinen Feſſeln ſo; auch kein verbrecher nicht / Der / wenn der Richter Rach ihm ſeinen Halß abſpricht / Vom Todes-Angſt erſtarrt: als mein beſtuͤrtzt Gemuͤtte180 Von Furcht und Hofnung wallt: Ob unſre rechte Bitte Bey Ambren was verfaͤngt.
Was hat der Sorgens Noth / Der / wo kein Liebreitz hilft / verſtockten durch GebothB iijDie18Die Liebe ſchaffen kan? Und was kan die verſagen / Die nebſt Genieß der Luſt mag gruͤnen Sammet tragen?
185Ach leider! Liebeßzwang ſchaft Gallen-herbe Luft / Floͤß’t Wermuth auf den Mund / und Eckel in die Bruſt Das Saltz im Lieben iſt verwechſelte Begierde; Vertauſchte Gegenhold. Die Roſen ſchoͤnſter Zierde Verliern den Purper-Glantz / ihr Biſam der verraucht /190 Wenn Gramhaft Eckel ſie / mit kaltem Gift’ anhaucht; Hartneckigkeit kan auch leicht eine Magd ergeben: Daß ſie ſich einen Korb dem Herren wagt zu geben.
Zu dieſer Thorheit iſt des Mufti Kind zu zart.
Auf Rebenſtoͤcken waͤchſt oft eine Schleen-Arth.
195Die Anmuth ſicht ihr ſelbſt lebendig aus den Augen.
Nicht iede Biene kan aus Kraͤutern Honig ſaugen.
Was geht dem Jbrahim an Hold und Liebreitz ab?
Wie? daß uns Siſigamb ein ſauer Auge gab?
Die Augen Ambrens zihn ſelbſt auf die Jagt nach Liebe.
200Der Himmel iſt hier dem oft helle / jenem truͤbe.
Die Niedrigen iſt feil / gib’t Fuͤrſten leichten Kauf.
Der Mufti komm’t / und wil dem Kaͤyſer warten auf.
Fuͤhr’ ihn herein. Ach! was wird er fuͤr Poſt uns bringen!
Wer Fuͤrſten ſelbſt bringt Poſt / ſag’t meiſt von gutten Dingen.
205Wird Jbrahim vergnuͤg’t durch deine Bottſchaft ſeyn?
Was uns der Morgen ſpar’t / bring’t oft der Mittag ein.
Was? wil dein Kind die Lieb’ auf fernes Ziel verſparen?
Die Einfalt raͤth’ ihr diß. Der Witz komm’t nicht fuͤr Jahren.
So ſchlaͤg’t ſi[e]ihres Herrn Genade gantz in Wind?
210Jch ſelbſt betrauer’ es: daß ſie ſo taub und blind.
Du haſt / verdammter Hund / ſie ſelbſt hierzu verhetzet.
Jch ſterbe / hat ſie ihr den Kopf nicht aufgeſetzet.
Mit was entſchuldig’t ſie ſo trotze Miſſethat?
Mit dem: daß ſchon der Fuͤrſt fuͤnf Soͤhne lebend hat.
215Was hat ſie uͤber die ſich Urſach zu beſchweren?
Sie wuͤrde Kinder doch dem Tode nur gebehren.
Diß Gift hat deine Zung’ ihr ſelbſt gefloͤßet ein.
Wo diß verſuͤhrlich iſt / ſo mag’s halß-bruͤchig ſeyn.
Wie / daß du dich nicht muͤh’ſt den Wahn ihr zubenehmen?
220Jch muß des Mahumeds Geſaͤtzen mich bequaͤmen.
Entdecke / mit was Er der Kaͤyſer Eh verwarf?
Er ſetzte: daß ſein Kind kein Vater zwingen darf.
Verfluchter Boͤſewicht! ſtracks weich’ uns vom Geſichte!
Beſchimpfung / Haß und Schmach ſind meiſt des Hofes Fruͤchte.
Verteufelter / ſag’s ſol die Sebel lohnen dir?
Der Sultan ziehe Gnad’ erholter Schaͤrffe fuͤr.
Du ſelbſt ſolſt heute noch uns ſeinen Schedel holen.
Der Kaͤyſer ſelbſt erweg’: Ob’s Rathſam / was beſohlen.
Die Schuld verdient: daß er zerſtampt im Moͤrſel ſey.
230Die Stats-Beſchaffenheit laͤß’t oft Verbrecher frey.
Was iſt’s / daß uns die Hand haͤlt / und in Schrancken ſaͤtzet?
Weil Volck und Poͤfel ihn fuͤr gar zu heilig ſchaͤtzet.
Noch heiliger ſind wir der Muſelmaͤnner Haupt.
Diß hat dem Mufti ſelbſt den Oberſitz erlaubt.
235Sol unſer Hoͤffligkeit beſchirmen ſein Verbrechen?
Man muß auf groͤß’re doch ein linder Urtheil ſprechen.
Die Würde groͤß’t die Schuld / und ſchaͤrft des Richters Schwerdt.
Der herſchet mit Vernunft / der nicht zu ſcharf verfaͤhrt.
So ſag’ ihm: daß er nicht ſol unſer Antlitz ſehen.
240Was mir der Kaͤyſer ſchaft / ſol Augenblicks geſchehen.
Ja. Aber was geſchicht / was Oßman wuͤnſch’t und ſchafft! Dem Oſt und Weſt gehorcht / dem mangelt Staͤrck und Kraft / Ein Bier zehn-jaͤhricht Kind liebreitzend zubezwingen!
Zu hohen Gipfeln muß man durch viel Muͤh ſich ſchwingen /245 Die guͤld’nen Aepfel ſind von Drachen meiſt bewacht! Doch Fleiß / Gedult und Zeit hat ſtets zu wege bracht / Den Lorber-reichen Krantz der Tugend auf zu ſetzen.
Was muͤhſtu dich mich noch mit Traͤumen zuergetzen?
Wie viel iſt noch verſpiel’t? des gramen Vaters Wort. 250.Wo wahr iſt / was er ruͤhm’t. Kein Demant wird durchbohrt Durch Amboß-harte Schlaͤg’? Ein Tiger wird gezaͤhmet Durch Glimpf / mit Faͤſſeln nicht. Und liebe wird geſaͤmetMit19Mit linden Saͤften ein. Vergoͤnt’s der Kaͤyſer mir; Trau’ ich mir kuͤhnlich zu: die Liebes-Pillen ihr255 Mit Farben ſchoͤnſten Gold’s / nicht Frucht-loß einzuloben. Jm Liebes Becher ſchwimm’t das Oel des Eckels oben Den Lippen / welche noch ihr Zucker nicht geſchmeckt. Was iſt ſie / als ein Kind / das noch in Schaten ſteckt? Ein Baum / auf dem noch nie der Kitzel hat gebluͤhet /260. Die Anmuth reif geweſt. Jch aber bin bemuͤhet Durch ſuͤſſe Lehren ihr die Knoſpen auf zu thun; Die Einfalts-Kaͤlte ſchleuſt.
Auf dir ſcheint zu beruhn Noch unſrer Seele Heil. Wirſtu diß Kind beſiegen; Sol Ambre zwar des Nachts in unſern Armen liegen /265 Mein Hertze Lebenslang dich aber ſchluͤſſen ein.
Jch wuͤnſche ſo begluͤck’t als muͤhſam hier zu ſeyn.
SO geht’s! ſo finſter kan ein heller Tag ſich ſchluͤſſen! Wer ſich auf’s Gluͤcke lehn’t / der ſteh’t auf ſchwachen Fuͤſſen / Das / wenn des Hochmuths Wahn baut Schloͤſſer in die Luft /270 Den Grundſtein zum Verterb legt in des Abgrunds Kluft. Diß iſt das Eppich-Kraut / das den zu Bodem reiſſet Den es umbarm’t und halß’t. Der halbe Weltkreiß heiſſet Mich heilig / klug / beglückt / und dieſes alles kan Nicht helffen: Daß mich nicht Gefahr und Noth ſtoͤß’t an. 275Denn Heiligkeit wird meiſt ein Ziel der Boßheits-Pfeile / Und kein fuͤrſichtig Witz kan des Verhaͤngnuͤß-Keile; Ja keine Wuͤrde nicht des Hofes Fallbred flihn. Die Wieſen / die allhier voll Tulipanen bluͤhn Sind Jrrwiſch-reiche Suͤmpf’ und Doͤrnrichte Moraͤſte. 280Erſt geſter’n ſtand das Rad noch meines Gluͤckes feſte; Wahrſagen galt ſo viel als meine Rede nicht / Des Sultans Richtſchnur war mein Rath / mein Thun ſein Licht. Jtzt werd’ ich ſo beſchimpft / von Hofeweg geſtoßen;
Herr Vatet Ach! der Blitz / wenn Fuͤrſten ſich erboßen /285 Jſt toͤdlich und zermalm’t. Wir ſtehen in Gefahr / Des Lebens / und daß ſich der grimme Sultan gar Was aͤrgers wider mich rachgierig darff entſchluͤßen Doch Leider! ſol auß mir das Kuall des Ungluͤcks fluͤſſen? Sol Ambre Moͤrderin der holden Eltern ſeyn! 290So tauche der Tyrann eh’ in die Adern ein Die von Blutt fette Fauſt; und weihe GOtt die Bruͤſte / Eh als der Blutthund ſie zum Opfer ſeiner Luͤſte Zu unſern Schimpf erkieſ’t.
Mein hertz-geliebtes Kind / GOtt gruͤndet Hafen oft / wo nahe Syrten ſind. 295Gedult heilt oft Gefahr / ja bloſſer Zufall machet: Daß ein Verdammter oft noch Richt und Henckers lachet.
Ach leider! Elend wird reif / wenns kaum Knoſpen krieg’t Und Tugend ſih’t ſich ſtets von Boßheit uͤberwig’t.
Getroſt! die Tugend ſtrahl’t mit ihren Sonnen-Lichte300 Tyrannen mehrentheils ſo kraͤftig in’s Geſichte: Daß ihr von Rach’ und Grimm entflammtes Auge blind Das Antlitz ſchamroth wird / ihr Geiſt Vernunft gewinn’t. Zu dem ſo muß mein Hauß der Infel Wuͤrde ſchirmen / Die ſich kein Sultan leicht gewagt hat zu beſtuͤrmen;305 Wohlwiſſende: daß wir der Unterthanen Zaum / Der Fuͤrſten Schutzbild ſind.
es ſaget mir mein Traum Mein bebend Hertze wahr; wie er auf ihn wird wuͤtten; Denn Rache pfleg’t den Feind mit Flammen zubeſchuͤtten / Sol gleich ihr eigen Hauß gerathen in den Brand. 310Und mir bluͤht Schimpf und Schmach. Wo ich des Vatern Hand Nicht troſtloß kuͤſſen ſol / und ſeine Knie umbfangen / Wo ein gehorſam Kind kan thraͤnend was erlangen / So trau / Herr Vater / er ſo truͤben Wolcken nicht / So rett’ er mich ſein Kind / eh als der Blitz loß-bricht;315 So laß’ er heute noch mich nach Medina flihen. Geluͤbd’ und Andacht laͤßt ſich leicht bey’m Sultan ziehenB jvZu20Zu ſcheinbar’m Vorwand an.
Jch wil gleich muͤhſam ſeyn Zu ſorgen fuͤr dein.
Herr / der Groß-Veſier wil ein.
Was bringt der? fuͤhr ihn her.
Dir ach! den Tod / mir Ketten.
320Jch komme Freund / zu dir ſorgfaͤltig fuͤr dein Heil.
Wer frembdes foͤrdert / hat am Himmel ſchon ein Theil.
Wer ſeines nicht verſchmaͤh’t / muß gutten Rath nicht haſſen.
Der andern raͤthet / wird ihm ſelbſt ja rathen laſſen.
325Ein Mittel waͤre noch fuͤr ſeine Wolfarth dar.
Was iſt’s / das Felſen ſol / und was iſt’s fuͤr Gefahr?
Die hat Fuͤrſt Jbrahim / und jenes du in Haͤnden.
Eroͤfne: was er dreu’t / und was die Noth kan wenden.
Beſtille ſeinen Zorn und liefer ihm dein Kind.
330Weiß Achmet / was zu thun die Vaͤter maͤchtig ſind?
Weiß Ambre Mahumets ſein zweytes Grund geſetze?
Sey ſicher: daß ich es fuͤr meine Richtſchnur ſchaͤtze.
Wie daß auf’s Vatern Heiſch ſie nicht den Sultan lieb’t?
Weil mein Geluͤbde mir hier ein Verboth abgibt.
335Laͤß’t durch Geluͤbde ſich Geſetz und Folg aufheben?
Geluͤbden duͤrffen nicht die Eltern wider ſtreben.
Staͤrckt boͤſe Kinder man mit ſolchem Lehren noch;
Der Eltern Herrſchaft heg’t kein Sclaven-gleiches Joch.
Jhr beyde ſolt alsbald den Eigen-Sinn berenen.
340Wer nach der Tugend wall’t / laͤß’t ſich kein Donnern ſcheuen.
Wer Blitz in Streit außtagt / der wird in Staub geleg’t.
Oft wird der Keil zerſchell’t / wenn er nach Felſen ſchlaͤg’t.
Mein’t Mufti dreuende des Sultans Arm zu pochen?
Auch der geduldig faͤllt / wird oftermals gerochen.
345Wenn hohe Haͤupter fall’n ſo ſtarr’t des Poͤfels Muth.
Auß einer Huͤtt entſpringt oft eine groſſe Glutt.
So ſol und wil dein Kind nicht unſern Groß-Herrn lieben?
Es iſt ihr unverwehr’t / doch nichts nicht fuͤr geſchrieben.
Der Kaͤyſer heiſch’t von mir vergebens Lieb und Luſt.
350So wiſſe Mufti denn: daß du nicht / bey verluſt Des Kopffes / iemals ſolſt in’s Sultans Antlitz kommen.
So wird die Wuͤrde mir des Prieſterthums genommen?
Beſcheide ſelber dich nach deiner Prieſter Rath.
Jch eile neben dir diß / was der Sultan hat355 Fuͤr Urtheil mir gefaͤll’t / umbſtaͤndlich zu entdecken.
Laß ſie und die Vernunft dir beſſern Rath erwecken.
Wo zielt / O Himmel / noch ſo rauer Sturmwind hin? Solt’ auch durch dieſen Schlag des Sultans ſteinern Sinn Enthaͤrtet worden ſein? Ach nein! die ſchlaue Schlange360. Weiß: daß ihr Gift die Kraft zu toͤdten erſt empfange / Wenn es durch ſchnellen Stich mit Blutte wird vermeng’t. Ein Panther der in Sur die Pilgramer anſprengt / Raubt nicht den Mantel nur / er ſetzet Zahn und Klauen Jn Fleiſch und Gliedern ein, So werd’ auch ich noch ſchauen:365 Daß nach beraub’ter Wuͤrd’ auch unſer kaltes Blutt Sein Gift wird feuchten an / und ſeines Eyfers Glut Mit unſern Leichen kuͤhln. Doch / das Verhaͤngnuͤß gebe: Daß ich ſo ſterben koͤnn’ / und nicht zur Schmach ihm lebe. Der Tod iſt kein Verluſt / wo Tugend / Ehre / Ruhm /370 Gewien des Lebens iſt. Der Tod iſt’s Eigenthumb Und’s Ende der Natur; nicht der beſeelten Straffe. Jch lache dieſer Wahn / die ſich fuͤr dieſem Schlaffe Wie fuͤr Geſpenſtern ſcheu’n / nicht glaͤuben: daß der Tod Der Leiber Schatten ſey; Die unſre Sterbens-Noth375 Gleich als vermeidlich flihn. Mich troͤſtet mein Gewiſſen: Den Frommen laſſe ſich das Fenſter nicht verſchluͤſſen / GOtt auß dem Schatten auch des Grabes an zu ſehn. Den Boͤſen koͤnne nur im Sarge weh geſchehn /Jhr21Jhr Leib zerquetſchet ſeyn. Wer dieſe Weißheit faſſet /380 Sth’t / wenn er durch den Pfeil des Himmels ſelbſt erblaſſet / Ein Wuͤtterich auf ihn das Moͤrder-Eiſen ſchleifft / Wenn Felſen auf ihn fall’n / der Abgrund nach ihm greift Tod / Pein und Hencker an mit ſtarrendem Geſichte. Wohl! Ambre fuͤhleſtu / mit was fuͤr reinem Lichte385 Des Himmels Guͤttigkeit die zarte Seel erhe’llt? Wer heilig leb’t / ſchmeckt ſchon den Himmel in der Welt.
Ja! ſie kan / wenn ſie wil / das Paradiß hier ſchmecken.
Hilf Gott!
Sie hat fuͤr mir nicht Uhrſach zuerſchrecken.
Wo komm’t die Gnad uns her: daß ſie diß Hauß ſuch’t heim?
390Die Biene ſuchet Klee und fleuch’t nach Honigſeim.
Was iſt fuͤr Suͤſſigkeit bey mir fuͤr ſie verborgen?
Man ſih’t die Bienen auch fuͤr ihrem Koͤnig ſorgen.
Fuͤr wen / und was hol’t ſie fuͤr Bienen-Zucker hier?
Fuͤr unſers Sultans Mund / der ſo ſehr laͤchſt nach ihr.
395Kein ſolch ſchlecht Maͤgd’gen kan ſo einen Herrn ergetzen.
Es iſt der Demuth Arth ſich ſelbſt veraͤchtlich ſchaͤtzen.
Mein bloͤdes Auge weiß von Liebes-Blicken nicht.
Wir: daß auß ihrer Nacht entzuͤndend Blitz außbricht.
Kein Scharlach bluͤm’t den Mund / kein Purper deck’t die Wangen.
400Wir ſehn’s: daß beyde ja wie Morgen-Roſen prangen.
Dem Athem fehl’t Zibeth / die Bruͤſt iſt Perlen-leer.
Hier brenn’t lebendig Schnee / dort quillet Biſam her.
Was ſol die / die der Fuͤrſt ſelbſt nie geſeh’n hat / taugen?
Die Zung iſt’s Hertzens Both / und Leiterin der Augen.
405Welch eine leitet denn des Sultans Aug auf mich?
Die dich itzt preiß’t / und ſich hat laͤngſt verlieb’t in dich.
Du haſt mich ſchoͤner ihm / als ich bin / fuͤrgemahlet.
Von dir wird iede Farb und Lob-Red uͤberſtrahlet.
Die Liebe weiſſer Haut iſt ein bald fallend Stern.
410Jn ſchoͤnen Gliedern ſteckt ein ſchoͤner Seelen-Kern.
Wer nur den Augen glaub’t / umbarm’t oft todte Schatten.
Solln Pfau und Tauben denn ſich mit den Eulen gatten?
Der Bien und Ameiß Fleiß ſticht Pfauen-Federn weg.
Sie Ambre ſucht in ſich vergebens Narb und Fleck.
415Jedweder kenn’t an ſich am meiſten die Gebrechen.
Jm Lieben darf nur der / der lieb’t / den Wahl-ſpruch ſprechen.
Man ſprich’t umbſonſt fuͤr die / die gar nicht lieben kan.
Wie mag ihr Ambra wohl dich / Ambre / ſtincken an?
Wer Tugend-Raute pflantz’t / laͤß’t andern Luſt-gebluͤme.
420So glaub’ſtu: daß ſich’s gar zu lieben nicht gezieme?
Nicht Ambren / die ſich laͤngſt verlob’t der Keuſchheit hat.
Wer gib’t Einfaͤltige / dir dieſem albern Rath?
Die Tugend hat in mir ſelbſt dieſes Ziel geſtecket.
Ein Kind wirff’t Zucker weg / das Zucker nie geſchmecket.
425Diß Blumwerck decket Molch / und dieſes Zucker Gift.
Was iſt hier giftiges; daß die Verliebten trift?
Der Seele Schoͤnheit wird beflecket und verzehret.
Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenſtern verkehret?
Jhr Buhle Maroth biß’t in Bebils Pfule noch.
430Koſt einmal ſuͤſſes Kind / ſo ſuͤſſe Speiſen doch!
Diß Gift iſt’s toͤdlichſte; das gar nicht bitter ſchmecket.
Glaub’s: daß kein Stachel nicht im Wolluſt-Honig ſtecket.
Die Geilheit friſt ſich ſelbſt mit ſtetem Hunger ab.
Sey ſicher: daß ſolch Durſt ſelbſt Nectar in ſich hab?
435Ein keuſches Hertz iſt ihm ſelbſt eine ſuͤſſe Speiſe.
Du lab’ſt mit Eckel dich / und waͤrmeſt dich mit Eiſe.
Dem ſchmecket Wermuth-Saltz / dem andern Fenchel wohl.
Du biſt fuͤr Wahnwitz blind.
Jch ſehe was ich ſol.
Du biſt dir ſelber gram / und haſſeſt / was dich liebet.
440Der lieb’t ſich nicht / der ſich der Brunſt zum Sclaven gibet.
Sag’s / ob die / die beherꝛſcht den Kaͤyſer / Sclavin ſey?
Die Sultaninnen gehn in guͤld’nen Feſſeln frey.
Solch guͤlde Keficht ſind Zierde / keine Banden.
Jn meiner Freyheit iſt unſchaͤtzbar Gold verhanden.
Des22445Des Sultans Liebe ſchenckt ihr eine Kaͤyſer-Kron’.
Mein Haupt prang’t von Natur mit guͤld’nen Kraͤntzen ſchon.
Der See’ und Syre wird ihr Seid’ und Purper ſchicken.
Genung! daß beyde ſchon Geſtalt und Seele ſchmuͤcken.
Der Sultan / der ſie lieb’t / iſt Seid - und Purper-ſchoͤn.
450Der Schoͤnheit Augenluſt heg’t Blumen / die vergeh’n.
Sie ſteh’n im Fruͤhlinge noch / und in friſchen Bluͤthen.
Ja! wenn auch Scham und Zucht auf ſolchen Roſen gluͤth’en.
Was miß’t dem Kaͤyſer ſie fuͤr Liebes-Maͤngel bey?
Diß: Daß ſein heutig Schatz ſein Greuel morgen ſey.
455Er wird dich biß in Tod als Liebes-Goͤttin ehren.
Der Wechſels iſt gewohn’t / wird auch bey mir aufhoͤren.
Er bannet wegen dein ſonſt’ all auß ſeiner Gunſt.
Was ſaltzicht von Natur / verſuͤſſet keine Kunſt.
Dein allzuſcheler Trieb laufft wider das Geſetze.
460Wer ſchilt? daß frembde Kuͤß’ ich mir fuͤr Eckel ſchaͤtze?
Der Fuͤrſt hat ſattſam Oel zu deiner Ampel noch.
Einfaͤlt’gen Kindern ſind die Reden allzuhoch.
So Kindiſch war auch ich. Jtzt kan ich ſelber lehren.
Jch wil was zuͤchtigers in beſſern Schulen hoͤren.
465Sol keine zuͤchtig ſeyn / die Fuͤrſten ſich verſpricht?
Sie lieben Geilheit meiſt / die Fuͤrſten ſelber nicht.
Dir eckelt fuͤr