PRIMS Full-text transcription (HTML)
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IBRAHIM SULTAN
Schauſpiel auf die gluͤckſeligſte Vermaͤhlung beyder Roͤm. Kaͤyſer - wie auch zu Hun - garn und Boͤheim Koͤnigl. Majeſtaͤten /
Herrn / Herrn LEOPOLDS und Frauen / Frauen CLAUDIA FELICITAS Ertzherzogin von Oeſterreich auß allerunterthaͤnigſter Pflicht gewiedmet
Leipzig/ beyJohann Chriſtoph Kanitzen/ Buchhaͤndl. in Breßlau DrucktsJohann Koͤler/ Jm Jahr1673.

Allerdurchlauchtigſter Großmaͤchtig - ſter / Unuͤberwindlichſter Roͤmiſcher Kaͤyſer / auch zu Hungarn und Boͤheim Koͤnig / Allergnaͤdigſter Kaͤyſer / Koͤnig und Herr.

TUgend und Gluͤckſeligkeit ſind die zwey Angel-Sterne des Erdbodens. Wer dieſe zwey groſſe Weltgeſtirne mit einander verein - bart / reichet mit der einen Hand biß an das En - de des Mittags / mit der andern biß zu der euſer - ſten Nord-Spitze. Er behauptet die Herrſchaft der Welt / und uͤbermeiſtert die Geſetze der Na - tur. Die erſtere wird unter dem Sinnenbilde des Loͤwen / von Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. Majeſt. die andere durch den Nahmen dero Aller durchlauchtigſten Gemahlin fuͤrgebildet; Gleich als wenn es die Freude der Welt uͤber dero gluͤckſeligſten Vermaͤhlung zu erwecken nicht genung waͤre: daß ohne diß die Gluͤckſeligkeit nichts minder als die Guͤtigkeit dem) (ijhoch -Zuſchrifft.hochloͤblichſten Ertzt-Hauſe Oeſterreich / wie der koͤſtliche Geruch den Muſch-Ziegen angebohren / und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne groſſe Tugenden / als Paradiß-Voͤgel mit Fuͤſſen geſehen hat; Und derogeſtalt die goͤttliche Verſehung ihre geheime Weiſſagungen durch die klaren Buchſtaben ſo deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle kuͤnftiger Begebenhei - ten / als die Geſtirne Andeutungen bevorſtehender Witterung ſind / hat Franckreich von ſeinen ungluͤckſeligen Henrichen / Schottland von ſei - nen Jacobern / Pohlen von ſeinen Caſimirn mit Thraͤnen; Oeſter - reich und Spanien aber von ſeinen ruhmwuͤrdigſten Ferdinanden mit Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutſchland / welchem dißfals der geſtirnte Himmel mißgoͤnnen muß: daß es an ſeinen Ertzt-Herzogen eitel Sonnen ohne Finſternuͤſſe gehabt / hat uͤber dieſer Vermaͤhlung ſo vielmehr zu frolocken / weil dieſe gluͤckſelige CLAUDIA mit ihrem Nahmen die Geheimnuͤſſe auffſchleuſt / die das Verhaͤngniß fuͤr ſo vie - len Jahren in ſein Beheimbuch von dieſer Heyrath aufgeſchrieben / und den Vorſchmack der guͤldnen Zeit verkuͤndigt / die die Nachwelt mit uns genuͤßen ſol. Denn in Warheit / die Vermaͤhlungen hoher Haͤupter haben auf die Voͤlcker einen nachdruͤcklichern Einfluß / als die Vereinbarung guter - oder boͤſer Sterne uͤber die Welt. Und die Schiffer doͤrffen ſich ſo ſehr nicht beym Ungewitter uͤber dem Anblick der zweyverſchwiſterten Gluͤck-Sternen / des Caſtors und der Helenœ; als die Welt bey ietzigen Sturmwinden uͤber die Vereinbarung beider Oeſterreichiſchen Sonnen vergnuͤgen.

So vieler Voͤlcker frolockendem Zuruffen / erkuͤhne / unuͤber - windlichſter Kaͤyſer / ich mich nun auch / nicht ſo wohl ein wuͤr - diges Opfer / als ein veraͤchtliches Kennzeichen meiner allerunter - haͤnigſten Pflicht-Schuld beyzuſetzen. Denn wie ſol ein ſo groſſer Kaͤyſer ietzt einen ihm anſtaͤndigen Redner oder Tichter finden? da der groſſe Alexander in dem bluͤhenden Griechen-lande ſchon uͤber den Abgang eines Homerus geſeufzet; und unſerer danckbarern Vor - fahrer Unwiſſenheit der uhralten deutſchen Helden Wunder-Wercke unter den Staub der Vergeſſenheit vergraben laſſen?

Jch uͤberliefere Fußfaͤllig ein Schauſpiel / nicht ſo wohl / weil die gantze Welt einen Schauplatz / die Menſchen die Spielenden / ihr Le - ben das Spiel / der Himmel den urtheilenden Zuſchauer fuͤrſtellet; als weil Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Helden-Thaten in dieſemgroſ -Zuſchrifft.groſſen Schauplatze ein Beyſpiel aller vollkommenen Fuͤrſten / und ein anbethens-wuͤrdiges Vorbild der Vollkommenheit bey den Nach - welt zu ſeyn; dero Allerdurchlauchtigſte Gemahlin aber den vom Kaͤyſer Auguſtus der wiederkommenden Gluͤckſeligkeit gewiedme - ten Lempel / ja koͤſtlicher Ertzt und einen herrlichern Stand verdie - nen / als welches die Heydniſchen Kaͤyſer zum Bilde der guͤldenen Gluͤckſeligkeit verſchmeltzten / und in ihr Schlaffgemach zu ihrem Ab-Gotte auffſetzten. Wiewohl Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. mehr guͤldne Gluͤckſeligkeit nicht nur dero Schlaffgemach / ſondern ſo gar die Seele zu ihrem Heiligthume erlanget. Ein Ertztenes Gluͤcks-Bild wahrſagte dem traͤumenden Balba ſein kuͤnftiges Kaͤy - ſerthum; wie vielmehr haben wir von dieſer Gluͤckſeligkeit Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Stammes und Reiches Außbreitung zu hof - fen. Galba ſetzte ſolch Todes Bild zu Tuſculum fuͤr einen Ab-Gott auf / und opferte ſelbtem Monatlich; wie viel Hecatomben werden wir nun nicht der von Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. aufgethroͤneten lebendigen Gluͤckſeligkeit ſchuldig werden?

Diß Schauſpiel entwirfft die Gemuͤths-Flecken und die zu unſe - rer Zeit ſichtbare Verfinſterung eines Oſtmanniſchen Mohnden; umb durch Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Gegenſatz der Welt fuͤr Augen zu ſtellen: wie jene zwar durch ſtetige Herrſchens-Sucht ſich aufblaͤ - hen; die Sonnen von Oeſterreich aber aller Vergroͤſſerung uͤberlegen ſind; und Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. nicht nur durch dero Kriegs - Strahlen / welche die Rabe und Neutra mit ſo vielem Tuͤrckiſchen und dem Sultan Jbrahim ſelbſt nah-anverwandtem Blute angeroͤthet / des Machmets Monden verfinſtern; ſondern auch durch dero reine Flammen jene beſchaͤmen: daß Liebe nichts minder ohne boͤſe Luſt / als Roſen ohne Dornen / Diamanten ohne Flecken / und Gold ohne Kupfer ſeyn koͤnne.

Die Corinthier entſchuldigten die Kuͤnheit ihres dem groſſen A - lexander angebothenen Buͤrgerrechts: ſie haͤtten es vorhero niemanden / als dem Hercules angetragen; ich aber verdecke meine Vermaͤſſenheit damit: daß fuͤr mir noch keiner Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. ) (iijMaj. Zuſchrifft.Majeſt. ein ſo groſſes Geſchencke geliefert / welches nicht ebenfalls fuͤr einen ſolchen HERRN zu unwuͤrdig geweſt / und daß mehrmahls groſſe Koͤnige ſich an einer Hand voll Waſſer / wie GOTT an einem Lothe Weyrauch vergnuͤget; zumal wenn das Hertze die Beylage iſt; als welches ich vielmehr als folgende Reymen aufopfere und erſterbe Ew. Kaͤyſer - und Koͤnigl. Majeſt.

Aller-unterthaͤnigſt-gehorſamſter Knecht Daniel Caſper von Lohenſtein.

Jn -

Jnhalt des Schau-Spiels.

DEr vorredende Thraciſche Boſphorus ver - dammet die Unzucht des Tuͤrckiſchen Sultan Jbrahim / erhebet die keuſche Vermaͤhlung des unuͤberwindlichſten Kaͤyſers LEOPOLDS / mit der Aller durchlaͤuchtigſten Ertz-Hertzogin von Oeſterreich CLAUDIA FELICITAS, wahrſaget jenem den Untergang / dieſem die Vermehrung des Reichs.

Die erſte Abhandlung.

JBrahim der zwoͤlfte Tuͤrckiſche Kaͤyſer wil ſeines verſtorbenen Bru - ders Kaͤyſer Amuraths IV. Wittib Siſigambis nothzuͤchtigen / die ſich aber mit einem Meſſer ſchuͤtzet. Hierzu kommt ſeine Mutter Kioſem / ver - weiſets ihm heftig / faͤhret auch des Jbrahims Kuplerin Sekierpera ehren - rührig an; weil ſie den Kaͤyſer zu ſolchen Uppigkeiten verleite. Hingegen wirft dieſe jener fuͤr: daß ſie die groſſe Armenerin / eine Buhlſchafft des J - brahims mit Gifte hingerichtet habe. Daruͤber Jbrahim heftig ergrim - met; und nachdem inzwiſchen Siſigambis ſich fluͤchtet / befiehlet er dem Groß - Viſir Achmet die Mutter ins alte Seral oder Schloß einzuſperren. Se - kierpera beſaͤnftigt hierauf den Kaͤyſer / und lobet ihm die uͤbergroſſe Schoͤn - heit der Ambre des Mufti Tochter.

Mufti, der Baſſa Mehemet und Bectas der Janitſcharen Aga reden von dem ungluͤckſeligen Kriege in Candien / wider die Venetianer / und des Jbra - hims boͤſer Regierung / wollen ihnen auch den nahen Untergang des Tuͤrcki - ſchen Reichs vorbilden. Der hierzu kommende Jbrahim entſchleuſt ſich in Perſon nach Candia zu ziehen; begehret hierauf an den Mufti ihm ſeine Tochter zu uͤbergeben; welcher ihme zum Scheine gute Vertroͤſtung thut.

Jm Reyen verhaͤnget die Goͤttliche Rache auf flehen der Stadt By - zantz: daß die Geilheit den Sultan Jbrahim ſtuͤrtzen ſolle.

Die andere Abhandlung.

AMbre erzehlet ihrer Mutter Lalpare einen ungluͤckſeligen Traum. Der Mufti eroͤfnet hier auf ſeiner Tochter des Sultans Liebe und Begehren;) (jvſieJnhaltſie hingegen verſchwert ſich: nimmermehr nach ſeinem Willen zu leben. Dieſen Schluß eroͤfnet ſie auch dem Baſſa Mehemet, und verſpricht ihm auf den Fall ihrer Erhaltung die Ehe.

Der Mufti berichtet dem Jbrahim die Widerſpenſtigkeit ſeiner Toch - ter; weil ſie keine Kinder des Todes gebehren wolte; daruͤber er ſich heftig erzuͤrnet / und dem Mufti ihm auß den Augen zu gehen / dem Achmet aber Anfangs ſeinen Kopf zu holen / hernach: daß er dem Kaͤyſer nicht mehr ins Geſichte kommen ſolte / anzuſagen befiehlet. Sekierpera aber ſchickt er / ſich umb der Ambre Liebe in Guͤte zu bewerben. Der Mufti erzehlt der Lalpare und Ambre des Kaͤyſers Ungnade und beraͤhtet ſich mit ihnen wegen ihrer Sicherheit. Achmet ſagt hier auf dem Mufti den Befehl des Sultans an.

Ambre ſeufzet uͤber der ihr vorſtehenden Gefahr. Sekierpera bemuͤhet ſich mit Bitten und Dreuen die Ambre zur Liebe des Kaͤyſers zu bewegen; dieſe aber beweget jene durch Verehrung eines koͤſtlichen Ringes dahin: daß ſie der Ambre verſpricht / dem Sultan ſeine geſchoͤpfte Liebe außzureden.

Jm Reyen kaͤmpfet die Wolluſt mit der Begierde / Schoͤnheit / Geitze / Ehrſucht / Schande / und Gewalt / wider die Keuſchheit und ihre Gefaͤrthen / als die Maͤſſigkeit / die Vernunft / die Großmuͤthigkeit / die Demuth / Hoff - nung und Gedult. Die Keuſchheit aber behaͤlt den Sieg.

Die dritte Abhandlung.

DEr Baſſa Mehemet bittet bey dem Kaͤyſer fuͤr ſeine Mutter Kioſem und erbittet ihre Befreyung. Sekierpera erzehlet dem Sultan ihre verge - bene Verrichtung / muͤhet ſich auch durch der Ambre Verkleinerung ihm / a - ber vergebens / die Liebe außzureden.

Fatima, Alima und Hagar des Jbrahims Weiber erzehlen der loßge - laſſenen Kioſem und Siſigambis ihre boͤſen Traͤume / und alle zuſammen ein - ander ihren gefaͤhrlichen Zuſtand; in welchem ſie Kioſem troͤſtet.

Hierzu kommt der halbraſende Kaͤyſer / und wil ſeine fuͤnf Soͤhne hin - richten; damit Ambre keine Uhrſache mehr habe / ihme die Liebe zu weigern. Hier widerſetzen ſich die geſam̃ten Sultaninnen / theils mit Thraͤnen / theils mit Gewalt / koͤnnen aber nicht verhindern: daß er nebſt Schatradel Agaſi den jungen Murat durchſticht. Endlich kommt Achmet, kündigt ihm den Aufſtand der Leib-Wache an / und verſpricht ihm die Ambre mit Gewalt zu rauben und zu bringen.

Sekierpera bemuͤhet ſich den Kaͤyſer von Nothzüchtigung der Ambre abzuhalten. Ibrahim ſetzet der Ambre mit den ſuͤſſeſten Worten zu; als ſie ſich aber von ihm nicht wil kuͤſſen laſſen / befiehlet er ſie / ungeachtet ihrer Thraͤnen umb Ermordung / hinweg zu nehmen und nackt in ſein Bette zu werffen.

Diedes Schau-Spiels.

Die badenden Frauen loben die ehliche Liebe und Wolluſt / ruͤhmen auch die Gluͤckſeligkeit der Ambre. Die badenden Jungfrauen aber loben die Keuſchheit / verdammen die Uppigkeit.

Die vierdte Abhandlung.

DEr Mufti, Baſſa Mehemet, Bectas und andere verfluchen den vom Achmet begangenen Raub der Ambre, beſchluͤſſen den Achmet durch Aufruhr von Wuͤrde und Leben zu bringen. Achmet bringet die geſchaͤndete Ambre in Huren-Tracht mit ſchimpfflichen Worten dem Vater nach Hauſe.

Ambre muntert ſie beweglich zur Rache wider den Jbrahim auf / und erſticht ſich. Woruͤber der Mufti ſich ebensfals zu toͤdten vor hat / der aber hievon abgehalten und endlich beſchloſſen wird / nach dem Achmet auch den Jbrahim zu ſtuͤrtzen. Und verſpricht der Mufti, des Kaͤyſers Mutter Kioſem ſelbſt mit in ihr Buͤndniß zu bringen.

Kaͤyſer Amuraths IV. Geiſt / verweiſet der ſchlummernden Kioſem: daß ſie wider ſeinem auf dem Todbette gethanen Befehl dem Ibrahim auß dem Kercker auf den Thron geholffen / und deutet ihr groſſe Gefahr vom Ibrahim an. Daruͤber ſie ſich heftig entſetzet. Hierzu kommt der Mufti und bere - det ſie: daß ſie ſo wohl in ihres Sohns Ibrahims (doch daß er beym Leben bleibe) als des Achmets Abſetzung ſtimmet / und hierzu zu helffen angelobet.

Jm Reyen verkleidet auf Begehren der Mord-Luſt die Liſt die drey Furien in ein Liebes-Kleid / in Mantel des gemeinen Beſten / in einen Prieſter - Rock / und ſchicket ſie wider den Sultan Jbrahim auß.

Die fuͤnfte Abhandlung.

KIoſem bittet beym Ibrahim: daß er den Mufti wieder begnaͤdigen ſolle / aber ohne Frucht. Hieruͤber dringt der Mufti nebſt den Cadileſchieren und Janitſcharen mit Gewalt in das Kaͤyſerliche Gemach / und noͤthigen nebſt Kioſems Zuredung den Kaͤyſer: daß er den Achmet vom Ammte ab - ſetzen / den Baſſa Mehemet aber zum Groß-Viſir machen muß.

Bectas eroͤfnet denen in des Mufti Hauſe verſammleten Janitſcharen / die Schaͤndung der Ambre, und bewegt ſie des Ibrahims und Achmets Un - tergang zu beſchluͤſſen. Und / als inzwiſchen der abgeſetzte Achmet ſich in des Mufti Haus / bey dieſem Schutz zu ſuchen / fluͤchtet / wird er in der Verſam - lung des Mufti, der Cadileſchier und Janitſcharen gefuͤhret und erwuͤrget.

Ibrahim bejammert des Achmets Ermordung / wird hierauf dreymal fuͤr den Divan / dem Volcke wegen ſeiner Regierung Rechenſchafft zu thun / bey Verluſt der Kaͤyſerlichen Wuͤrde gefodert. Nachdem er aber der Kio - ſem Rath: daß er ſich dahin geſtellen ſolle / verwirfft / die Forder-Zettel po -chendeJnhalt des Schau-Spiels.chende zerreiſſt und den Mehemet, welcher ſich dem Kaͤyſer zu gehorſamen und ſich wider den Divan zu ſetzen verweigert / toͤdten wil / dringt der Mufti, Bectas, die Cadileſchier und Janitſcharen zum Kaͤyſer ein; ſtellen ſich an ihn hinzurichten / und nachdem ſie ihm auf Bitte der Kioſem das Leben verſpre - chen / zwingen ſie ihn / ſich des Regiments zu enteuſern. Welches er ſo viel leichter willigt / weil ihm Kioſem ſeiner Wieder-Einſetzung halber noch einige Hoffnung macht. Worauf Ibrahim in Kercker gefuͤhret / ſein Sohn Mach - met aber zum Tuͤrckiſchen Kaͤyſer gekroͤnet wird. Ibrahim wird im Kere - ker gantz wuͤttend / laufft mit dem Kopfe / umb ſich in Ermangelung ſelbſt hinzurichten / wider die Mauer. Hieruͤber erſcheinet ihm Ambrens Geiſt / dreuet ihm Untergang und Hoͤllen-Pein an. Worauf er von vier Stummen erwuͤrget wird.

Jm Reyen wird Sultan Jbrahims ungluͤckſelige Geilheit geſcholten / und in die Hoͤlle geſtuͤrtzet / die gluͤckſeligſte Liebe beyder Kaͤyſerlicher Maje - ſtaͤten Kaͤyſer LEOPOLDS / und der Ertz-Hertzogin CLAUDIA FELICITAS aber in Himmel erhoben.

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Per -

Perſonen deß Schauſpiels.

  • Der Thraciſche Boſphorus.
  • Ibrahim Tuͤrckiſcher Sultan.
    • Machmet.
    • Bajazeth.
    • Murat.
    • Orcan.
    • Suleiman.
    • Ibrahims Soͤhne.

  • Kioſem, Ibrahims Mutter.
    • Fatima.
    • Alima.
    • Hagar.
    • drey Sultaninnen.

  • Siſigambis, des vierdten Amuraths Wittib.
  • Achmet, Groß-Viſier.
  • Mufti.
  • Sekierpera.
  • Mehemet Baſſa Begler-beg in Romania.
  • Bectas Janitſcharen Aga.
  • Kiuperli Baſſa.
  • Kuslir Aga der Ober-Aufſeher des Frauen-Zimmers.
  • Kul-Kiahia Janitſcharen Lieutenant.
  • Capachi-Bachi des Sultans Pfoͤrtner.
  • Schatradeler Agaſi der Kaͤyſerlichen Printzen Hoffmeiſter.
    • Kara Chiaus.
    • Haſſan Ongle.
    • Haͤupter der Janitſcharen.

  • Naſuf Baſſa.
  • Piali Capitan Baſſa uͤbers Meer.
  • Selictar Aga des Sultans Degentraͤger.
  • Ambre des Mufti Tochter.
  • [Calpare] des Mufti Ehweib.
  • Mollah ein Unter-Richter des Mufti.
  • Valide Agaſi der Kioſem Verſchnittener.
  • Drey Cadileſcher die nechſten Richter nach dem Mufti.
  • Sultan
  • Sultan Amurathens Geiſt.
  • Die Ichoglans.
  • Etliche Kadi.
  • Eine Menge Spahi und Janitſcharen.
  • Die Stummen.
  • Reyen der Goͤttlichen Rache /
  • der Stadt Byzantz /
  • der Schwelgerey /
  • der Geilheit /
  • des Geitzes /
  • des Zorns /
  • der Hof - fart.
  • Reyen der Wolluſt /
  • der Begierde /
  • der Schoͤnheit /
  • des Geitzes /
  • der Ehrſucht /
  • der Schande /
  • der Gewalt /
  • der Keuſch - heit /
  • der Maͤſſigkeit /
  • der Vernunft /
  • der Großmuͤthigkeit /
  • der Demuth /
  • der Hoffnung /
  • der Geduld.
  • Reyen der badenden Frauen und Jungfrauen.
  • Reyen der Mord-Luſt /
  • der Liſt /
  • der Furien.
  • Reyen der Eris,
  • der Geilheit /
  • der keuſchen Liebe /
  • der Goͤttin Claudia und
  • Felicitas.
  • Ibrahims und
  • Ambrens Geiſter /
  • der helliſchen Geiſter.
  • Der weiſſen - und
  • ſchwartzen Liebes-Goͤtter.

Der Schauplatz iſt die Stadt Conſtantinopel / und meiſten - theils das Seraglio oder die Kaͤyſerliche Burg.

Die Zeit iſt der 7. und 8. Auguſti im 1648ſten Jahre.

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JBRAHJM. Schau-Spiel.

Der Schauplatz ſtellet die Gegend der Kaͤy - ſerlichen Haupt-Stadt Wien / und bey ſelber eine Meer-Enge nebſt dem Donau-Strome fuͤr.
Der Thraciſche Boſphorus.

BEfrembdet euch / ihr Voͤlcker holder Sitten: Daß des erzuͤrnten Boſphors Schlund / Den Strand verlaͤſſt / wo Thrar und Tuͤrcke wuͤtten / Fuͤr des unwirthbarn Meeres Mund5 Der Donau ſuͤſſe Lipp und gruͤne Flut zu kuͤſſen? Es iſt nichts ſeltzames / mein unter irrdiſch Lauf. Es ſchleuſſt ja die Natur des Abgrunds Roͤhren auf / Auch Brunnen: daß ihr Glaß kan unter Meeren fluͤſſen. Jn Ploten-Jnſuln trinckt man ein Moreiſch Kwell /10 Und in Sultanien rinnt / was zu Mecha kwillet. Des Alfeus Silber iſt in Elis nicht ſo hell / Als wo er ſeine Brunſt mit Arethuſen ſtillet. Wie ſol der Erde Kluſſt denn mir verſchloſſen ſeyn / Mir / der ich ſelbſt das Roͤhr bin aller Meere? 15Weil Calpens Meer-Schlund nichts dem Ocean floͤß’t ein / Was nicht der Meere Brunn das ſchwartze Meer gebehre. Wie aber ſieht bey euch der Zweifel an: Was mich fuͤr Trieb durch tauſend Hoͤlen fuͤhret? Kein Felß / kein Stahl iſt / der den hemmen kan /20 Den Lieb und Furcht auf ihren Fluͤgeln fuͤhret. Mein enger Strand / auf deſſen ſeichten Ruͤcken Darius baute Bruͤcken / Durch den Zevs ſchwam verſtellt in eine Kuh / Wird durch geronnen Blut und Leichen gantz verſchwemmet. 25Der Todten-Knochen Laſt ſtopft meinen Einfluß zu / Weil ieder Mord-Fuͤrſt hier darmit den Stuhl umbtaͤmmet; Ja heil’ge Thuͤrm auß Menſchen-Haͤuptern baut / Darzu man zu Spahan nur Ziegen-Koͤpfe brauchet. Und meine kalte Fluth vertrocknet und verrauchet /30 Weil man in Mich ſo viel nicht Waſſer Rinnen ſchaut / Als Geilheits-Oel und Schwefel toller Brunſt Mit vollem Strom auß den Palaͤſten ſchiſſen / Die Mord und Unzucht als zwey Pforten ſchluͤſſen / Der Grichen Laſter ſind bey ietzigen nur Dunſt;35 Wieviel in mir Geburths und andre Glieder ſchwimmen / Und Augen / die die Mutter ſelbſt außrieß / Wenn ſie ihr Kind ins Kloſter ſtieß; Ob man der Fuͤrſten Daͤrm auf Pfahlen noch ſieht glimmen / Die Mutter und den Sohn blutſchaͤndend ſeyn vermiſcht;40 Ob bey gekochtem Kind ein Hencker-Vater tiſcht: So gehen doch der Tuͤrcken Greuel-Thaten Der Welt und Vorwelt Suͤnden fuͤr. Byzanz hegt ietzt des Teufels gift’ge Saaten / Beherbergt nur Wolf / Schlangen / Tygerthier? 45Jch kan mehr den Geſtanck / der ſchwartzen Unzucht-Kertzen / Des Jbrahims vertragen nicht. Es muß ſich mein Chryſtall von ſeiner Boßheit ſchwaͤrtzen / Stambuldens Glantz verliehrn ihr Licht. Wie ſol ich nun nicht mein Geſtade fliehen /50 Zu Ruh und Luſt an frembdes Ufer ziehen? Doch zeucht ſo ſehr mich nicht diß Grauen Als ein die gantze Welt durchdringend Liebes-Blitz / Auf die Saphiernen Friedens-Auen / Wo der gekroͤnte Loͤw hat ſeinen Kaͤyſer-Sitz;55 Wo die ſtarcken Adler ſich guͤtiger als Tauben zeigen /AUnd2Und Stambuldens Monden ſich fuͤr der Teutſchen Sonne neigen. Gluͤckſeligs Land! Gluͤckſelger Fluß! Die kein unſchuldig Blut beflecket! Wo niemals ein Tyrannen-Fuß60 Den Palmenreichen San〈…〉〈…〉 bedecket. Wo den Chriſtallinen Strom nichts als Lorbern uͤberſchatten / Wo die Spieſe ſich in Eegen / Schwerdter ſich in Pflug-Schaarn kehr’n / Ja wo Loͤw und Laͤmmer ſich in vertrauter Eintracht gatten / Wo man ſieht auf[Lantzen] wachſen Trauben und Oliven-Beern. 65Gluͤckſeliges Reich! Gluͤckſelige Stadt! Die ihr gethuͤrmtes Haupt biß durch die Wolcken ſtrecket / Jn aller Welt den Vorſitz hat / Mit Kaͤyſer-Kronen prangt / Byſantz und Caſſa ſchrecket: Mit was fuͤr neu und ungewohnten Strahlen70 Seh aber ich Burg / Stadt und Land gekroͤn’t? Ja einen neuen Stuhl mit Purpur aufgetroͤhnt? Der Dohnau Haupt mit Myrten-Kraͤntzen prahlen? Sich ihren Sand in Gold / ſein Schilff in Zucker-Rohr / Sein Schmeltz in Diamant / der Schaum in Perlen kehren? 75Was leuchtet auß Tyrol fuͤr ein Geſtirn hervor? Kan ſein Ertzt-Reich Gebuͤrg auch Sonnen nun gebehren? Jſt mir der Himmel ſo geneigt? Sucht Er mit dem Boſphor hente ſeine Donau zu vermaͤhlen? Weil man minder / alß die Sternen / kan die Hochzeit-Fackeln zehlen. 80Der Himmel gebe / was er zeigt! Daß das Schwartz - und Mittel-Meer Wien und ſeinen Adler ehre; Und Stambuldens Kaͤyſerthum Leopoldens Krone mehre. Ja! ja! ich ſehe ſchon entzuͤckt; Wie der reinen Liebe Geiſt ihn mit Myrrh - und Lorbern kraͤntzet /85 Wenn Jbrahim im Unzucht-Dampf erſtickt; Wie des Roͤmſchen Reiches Loͤw mehr alß der geſtirnte glaͤntzet. Wie die Neutra und die Rabe ſich mit Tuͤrckſchen Leichen ſchwellt Und ſelbſt Jbrahims ſein Eydam Jſmael zu Grunde faͤllt. Durchlauchteſt-Groſſes Haus;90 Jn deſſen unumbgraͤntzbarn Reichen / Die Sternen nicht erbleichen / Wie auch die Sonne nie leſcht ihre Fackel auß; Mein Eiß entglimmt von deinen keuſchen Flammen / Durch die der Loͤ WE weiht95 Sich der GLuͤCKSELJGKEJT / Und beyder Hertz wie Wachs ſich ſchmeltzt zuſammen. Ja ihre Liebe floͤſſt mir die Begierden ein / Der Dohnau Braͤutigam und Unterthan zu ſeyn. Jch weiß es: das Verhaͤngniß Sinne:100 So oft in Oeſterreich der keuſchen Liebe Hand Nur einen Zweig vermaͤhlt / wie ſie das Braut-Gewand Mit mehrern Kronen ſchmuͤck / und neue Purpur ſpinne. Der Boſphor und der Himmel wuͤndſchts. Wie ſols nicht kraͤftig ſeyn? Denn keuſche Liebe baut die Thron / unkeuſche reiſſt ſie ein.

Die erſte Abhandlung.

Der Schauplatz ſtellet eine Oda / oder ein Gemach des Frauen - zimmers in Seraglio.
Siſigambis. Ibrahim.
Siſig.

HJlſ Himmel! wer erbricht Uns unſer Schlaffgemach?

Ibrah.

Die Sonnenwende folgt ſtets ihrer Sonnen nach.

Siſig.

Wie? ſucht der Kaͤyſer hier die Keuſchheit zu entweichen?

Ibrah.

Nein! Weyrauch aufs Altar dir / Goͤttin / aufzuſtreuen.

5
Siſig.

Ach GOtt! was dreut uns ſein hier ungewoͤhnlich Schwerd?

Ibrah.

Es laͤchſt nach meinem Blut / wenn ſies / mein Liecht / begehrt.

Siſig.

Was ſucht der Fuͤrſt fuͤr Liecht in ſchwartzen Trauer-Zimmern?

Ibrah.

Man ſieht der Sterne Gold bey Nacht am ſchoͤnſten ſchimmern.

Mit
3
Siſig.

Mit Amurathen fiel mein Stern ſchon in die See.

10
Ibrah.

Verſinckt ein Stern / ſo ſteigt ein ander in die Hoͤh.

Siſig.

Mein Geiſt fleucht neues Liecht / und buhlt mit ſeinem Schatten.

Ibrah.

Solch Liebreitz kom̃t nicht Jhr / auch Todten nicht zu ſtatten.

Siſig.

Jn ſeiner Aſch und Gruft ſchoͤpft meine Seele Luſt.

Ibrah.

Schuͤt auß dein Liebes-Oel in eine glimme Bruſt.

15
Siſig.

Die Liebe glimmet noch in Amurathens Aſchen.

Ibrah.

Der Tod hat / was ja glam / wie Lauge weggewaſchen.

Siſig.

Sein Tod vertilgt in mir / was Brand und Eitel heiſſt.

Ibrah.

Wohl! ſo beſtrahle ſie aufs neu / ein reger Geiſt.

Siſig.

So Sonn als Brunſt verraucht / wo Hertz und Luſt iſt truͤbe.

20
Ibrah.

Hier brennet Jbrahim mit unverfaͤlſchter Liebe.

Siſig.

Hat Sonn und Fuͤrſt an Dunſt und Mir was liebens-werth?

Ibrah.

Durch deinen Liebreitz wird mein lodernd Hertz verzehrt.

Siſig.

Mag / die das kalte Leid entſeelet / Feuer zeugen?

Ibrah.

Man ſieht auß Heelens Eiß - und Schnee-kluft Flammen ſteigen.

25
Siſig.

Jn meiner Seele glim̃’t kein Funcken frembder Brunſt.

Ibrah.

So Blitz als Liebe wird gezeugt auß Kaͤlt und Dunſt.

Siſig.

Was ſol fuͤr Anmuth bluͤhn auf dieſen welcken Wangen / Auff dieſer ſchlaffen Bruſt? Ein Garn / das Loͤwen fangen Und Rieſen faͤſſeln ſol / ja Kaͤyſer ſchlingen ein /30 Muß nicht auß ſchlechtem Zeug und ird’ſchem Drate ſeyn. Der Agſtein zeucht nur Spreu / Magnete ziehn nur Eiſen / Nicht ſchwer und ſchaͤtzbar Gold. Die Flamm und Glut beweiſen An Zedern ihre Krafft; ſind gegen Golde kalt. Und Siſigambis ſol mit welckender Geſtalt35 Den groſſen Sultan ziehn? des Kaͤyſers Hertze zuͤnden Durch lauen Liebreitz an? Wir ſelber wir empfinden: Daß unſer Armuths-Trieb zu ſchlechter Weyrauch ſey Auff Jbrahims Altar.

Ibrah.

Die Demuth wohnet bey Meiſt der Vollkommenheit; und die pflegt eigne Sachen /40 Die gleich unſchaͤtzbar ſind / im Urtheil klein zu machen. Sie Siſigambis ſpricht die Schoͤnheit ſchlecht in Jhr / Mein Geiſt macht aber ſie zu einem Abgott mir. Die Marmel / die von nichts alß Kaͤlt und Haͤrte wißen / Zerſchmeltzen / wenn auff ſie die Augen-Strahlen ſchuͤßen;45 Die Baͤch und Kraͤuter ſind ehrſuͤchtig deinen Fuß Mit Kuͤſſen zu verehr’n. Jch / Siſigambis / muß Dein Engliſch Antlitz nicht nur einen Garten ruͤhmen / Da Lilgen Stirn und Halß / die Wangen Roſen bluͤmen / Den Mund Granaten ziern; von dem Verhaͤngnuͤs iſt50 Die Siſigambis uns zum Paradis erkieſt. Weil wir ja / auſſer Jhr / nicht Heil / nicht Ruhe finden.

Siſig.

Mag in Jhm Alima nicht ſuͤſſern Brand anzuͤnden? Ja dieſe gantze Burg iſt ein recht Himmelreich / Das tauſend Sonnen hegt.

Ibrah.

Ach! keine kein iſt gleich55 Und reicht den Schatten dir! Die guldnen Himmel werden Von einer Sonn erhellt. Der groſſe Kraͤyß der Erden Hegt einen Fenix nur: Und in Stambuldens Stadt Jſt eine Gottheit nur / die uns zum Prieſter hat. O Sonne meiner Seel / und Abgott meines Hertzen.

60.
Siſig.

Man ſiht ein Jrrlicht an offt fuͤr geſtirnte-Kertzen.

Ibrah.

Wer nicht die Schoͤnheit kenn’t und pruͤfet / iſt ſtockblind; Wer ſie nicht preiß’t und lieb’t / ein Stock / ein alber Kind. Sie / Siſigambis / iſt / ein Zirckel aller Zierden / Ein Engel dieſer Welt / ein Labſal der Begierden /65. Ein Kleinod unſrer Zeit / der Menſch und Himmel ſpricht Den guͤldnen Apffel zu.

Siſig.

Der Kaͤyſer kieſe nicht Fuͤr Demant ſchlechtes Glaß. Jn wenig Zeit erbleichet Des falſchen Purpers Glantz / den uns Begierde ſtreichet Fuͤr bloͤden Augen an. Nach einſt-gebuͤßter Luſt /70 Wird er ſchon Eckel fuͤhl’n fuͤr Siſigambens Bruſt; Ja die Vernunfft in Jhm fuͤr Blind - und Thorheit ſchelten / Was Ubereilung itzt laͤßt fuͤr Vergnuͤgung gelten.

Ibrah.

Wahr iſt’s: daß / was bald waͤchſt / auch ploͤtzlich ſich verliert. Das Thier beym Hyppanis / das eine Nacht gebiert /75. Stirbt mit dem Abende. Ach! aber / ach du fehleſt / Wenn du des Sultans Brand zur Ubereilung zehleſt. Du kenn’ſt des Kaͤyſers Arth: wie vieler Frauen Trieb / Wie mancher Jahre Reitz bey uns ohnmaͤchtig blieb / Nur einen ſuͤſſen Brand in unſer Hertz zu ſtecken. A ijDas480Das Feuer war uns kalt / die Schoͤnheit ſchien uns Flecken / Der Liebreitz eckelnd Gifft. So ſchleuß nun: was fuͤr Blitz Auß deiner Anmuth faͤhrt. Von eines Funckens Hitz Entzuͤndet Weyrauch ſich. Viel Flammen aber muͤſſen Dar wuͤrcken / wo der Stahl ſol gluͤhn / das Gold-Ertzt flißen. 85Als aber Amurath Fuͤrſt / ich ein Kind noch war / Lag meines Bruders Mund auff deinen Bruͤſten zwar / Du aber bauteſt dir ſchon Tempel in mein Hertze. Von ſelbter Zeit brenn ich / und meinem hellen-Schmertze Hat ieder Tag gefloͤß’t friſch Oel und Schwefel ein. 90Sol / was nun langſam wird / ſtarck / feſt / und tauernd ſeyn / Soll’n darumb ſo viel Zeit die Elefanten leben / Weil ſie zehn gantzer Jahr in Mutterleibe ſchweben / So ſaget meine Seel ihr ſelſen-feſte Treu Und lange Liebe zu.

Siſigamb.

Sie ſey gleich alt / gleich neu;95 Es ſey gleich Ernſt / gleich Schertz: daß mich der Sultan liebet / Daß mein gewoͤlcktes Aug Jhm reine Blicke giebet / So iſt in mir doch nichts / was wieder lieben kan / Kein Zunder / welcher Brand und Anmuth mehr nimmt an; Der zaͤrt’ſten Jahre Tacht / das dieſes Feuer faͤnget /100 Jſt von der Zeit verzehrt / und durch mein Leid verſenget.

Ibrah.

Der Sonnenſtrahlen gehn der Morgenroͤthe fuͤr. Jſt dieſe von dir weg / ſo leuchtet jene mir. Allein in Jhr ſiht man zugleiche Blum und Fruͤchte / Und Lentz und Sommer ſpieln. Dein Schoͤn-ſeyn prangt mit Lichte /105 Dein freundlich-ſeyn gebier’t anmuthgen Morgen-Thau. Ach! aber / ſchaͤtze nicht mein Lieben ſo ſehr lau: Daß Jbrahim allein die fluͤcht’ge Merzen-Blume Der eiteln Schoͤnheit lieb’t. Diß wuͤrde ſeinem Ruhme Viel Flecken brennen an. Wer Farb und Haut nur liebt /110 Liebt mit den Angen nur. Was meiner Seele giebt Vergnuͤgung / ſtecket auch in Siſigambis Seele. Heißt Schoͤnheit des Gemuͤthts; ſind Gaben / die die Hoͤle Des Grabes nicht verſehrt / ſind Blumwerck / das ſtets bluͤht / Und Sonnen / welche man nie untergehen ſiht.

115
Siſig.

Was mein Gemuͤthe regt / iſt Tugend / die verwehret Die Thorheit zu begehn / die Jbrahim begehret. So leſche denn der Fuͤrſt die Flamm in erſter Glut.

Ibrah.

Die iſt nicht leſchbar mehr. Man zuͤndet mit der Flut Den Kalck / das Lieben an durch kalt-geſinnt Entſchluͤßen.

120
Siſig.

Der Fuͤrſt wird doch umbſonſt ſein Liebes-Oel vergießen Auff meines Hertzens-Kalck. Denn Jhm ſey einmahl kund: Alß Amurath mein Licht ſchloß ſterbend ſeinen Mund / Hab ich durch theuren Eyd die Keuſchheit ſeinem Geiſte Biß in den Tod gelobt.

Ibrah.

daß man Geluͤbde leiſte /125 Wenn ſie nur leiſtbar ſind / heiſcht Tugend / ſchaffet Ruhm. Das Lieben aber hat diß Recht und Eygenthum: Daß kein Geluͤbde nicht auch kein Geſetz es bindet. Denn hier ſchafft die Natur / und die Vernunfft verblindet Durch der Begierden Rauch. Sonſt ſol ein jeder zieln130 Auff Glauben / aber hier mag man mit Eyden ſpieln.

Siſig.

Welch Aberglaube bannt vom Lieben Ehr und Eyde Und des Gewiſſens Trieb? Wo nicht auß Unſchulds-Seyde Das Garn der Liebe wird geſponnen / freſſen ſich Die Ungluͤcks-Motten ein. Drumb ſtelle man auff mich135 Nicht dieſes Fall-Bret auf. Es iſt der Thorheit Lehre: Verwechſeln Gold fuͤr Ertzt / und fuͤr Verluſt der Ehre Die Wolluſt tauſchen ein.

Ibrah.

So ſchatzt ſie fuͤr Verluſt / Wenn ſich der Fuͤrſt ihr ſchenckt / und Siſigambis Bruſt Zu ſeinem Himmel macht? So urtheilſtu fuͤr Schande /140 Wenn Jbrahim dich ehrt? den man von Ardens Sande Biß wo die Wolge ſtroͤmm’t / und Oby ſich ergeuſt / Dem von Giebraltars Haupt / biß wo der Oxus fleuſt / Die Voͤlcker ſo wie GOtt fußfaͤllig Ehr erzeigen. Fuͤr dem ſich Jſpahan / Wien / Agra / Kitay neigen /145 Amara / Pecking buͤckt.

Siſigamb.

Die Goͤtter dieſer Welt Beginnen offt / was GOtt im Himmel nicht gefaͤllt / Was Ehr und Tugend ſtoͤrt.

Ibrah.

Was iſt an mir zu ſchelten / Was iedem Muſelman nicht Mahumed laͤßt gelten /

Verſtattet
5
Siſig.

Verſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht?

150
Ibrah.

Der Kaͤyſer der befiehl’ts / verſtattet’s Mufti nicht.

Siſig.

Kein Fuͤrſt / kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen.

Ibrah.

Sein Blitz zermalmt / die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen.

Siſig.

Der Himmel ſtraft die Seel’n / die Meyneyd hat befleckt.

Ibrah.

Wird die / die unſer lacht / von fernen Blitz erſchreckt?

155
Siſig.

Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet.

Ibrah.

Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet?

Siſig.

Wo mich der Kaͤyſer liebt / was iſt fuͤr Furchte Noth?

Ibrah.

Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod.

Siſig.

Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken.

160
Ibrah.

Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck und Blitz erwecken.

Siſig.

Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt.

Ibrah.

Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt.

Siſig.

Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen.

Ibrah.

Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen.

165
Siſig.

Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n.

Ibrah.

Gib dich!

Siſig.

der Kaͤyſer ruh / ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n.

Ibrah.

Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen.

Siſig.

So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen.

Ibrah.

Zuͤckſtu / verteufelte / das Meſſer wider mich?

170
Siſig.

Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.

Ibrah.

Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?

Siſig.

Du oder ich ſol eh durchbohrt / als fleckicht ſterben.

Kioſem. Die Kaͤyſeꝛliche Mutter. Ibrahim. Siſigambis Sechier - pera. Achmet. Kuslir Aga ein verſchnittener Mohr / der das Frauenzimmer in Obacht hat.
Kioſem.

WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr?

Siſig.

Er ſpinnet Nothzucht an.

Kioſem.

Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan!

175
Ibrah.

Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen?

Siſig.

Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen.

Ibrah.

Die Demuth reucht nach Trotz / die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab.

Kioſem.

Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab.

Ibrah.

Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen?

180
Siſig.

Die lieben andre nicht / die ihren Ruhm ſelbſt haſſen.

Ibrah.

Befleckt der Fuͤrſten Ruhm / was ieden Sclav ergetzt?

Kioſem.

Die Wolluſt iſt vergoͤnnt / wenn man ein Ziel ihr ſetzt; Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume / Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift / wenn ſie Brunſt und Gaume185 Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald / Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt / Die hier zu hitzig ſpielt; und daß / der Seuchen hecket / Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket Zu vielmal / und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht. 190Du mergelſt dich des Tag’s / nicht nur iedwede Nacht Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten / Wenn du / gleich einer See / laͤſſt Zimmer dir bereiten Mit Zobeln uͤberdielt / mit Dirnen angefuͤl’t / Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild195 Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe. Dein Ambra / dein Zibeth / der taͤglich deine Speiſe Mit Uberfluſſe wuͤrtzt / iſt zwar ein Saltz der Brunſt / Nicht aber Lebens-Oel / auß welchen du umbſonſt Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt.

Ibrah.

Was hat ſie zu verliehren /200 Wenn wir uns ſelbſt verſpieln?

Kioſem.

Der Mutter wil gebuͤhren Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod.

Ibrah.

Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot.

Kioſem.

Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten.

Ibrah.

Wer darf die Fehler zehl’n / wenn hohe Haͤupter gleiten?

205
Kioſem.

Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall. Man forſcht mit ſcharffem Aug und durch gehoͤhlt Chryſtall Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten Der Sonnen Finſterniß auch / die der andern Seiten Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt210 Unſichtbar / Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt? Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide / Was Woll und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der KreideA iijDie6Die Fuͤſſe greulich mahlt? So wuͤrd als Helffenpein Muß reiner / als ſchlecht Thon und grober Poͤfel ſeyn;215 Weil Fuͤrſten / die das Gift der Laſter an ſich nehmen / Von ihrem Himmel es auf hundert Voͤlcker ſaͤmen. Jhr boͤſ Exempel ſind die Funcken / die den Brand Auf tauſend Haͤuſer ſtreun.

Ibrah.

Was miſſt man mit Beſtand Uns fuͤr Verbrechen bey / das deinen Fluch verdienet?

220
Siſig.

Er hat ſich mit Gewalt mich zu entweyhn erkuͤhnet.

Sechierp.

Jſt ſolcher Liebes-trieb bey Fuͤrſten unerhoͤrt? Und zu Stambulden neu? Hartneckigkeit verſehrt Die hohe Majeſtaͤt / die ſtets mit Fug erhebet Durch Zwang / was Glimpf verſpielt. Ja in den Zimmern klebet225 Durch andre Sultane vorhin verſpritztes Blut Der Weiber / die verſchmaͤht auß thoͤrchten Ubermuth Verliebter Herren Gunſt. Das Schwerd / das uns erſtritten Hat Conſtantinus Reich / hat ebenfals durchſchnitten Ein ſo verſtocktes Weib.

Kioſem.

Wer hat dir Magd erlaubt230 So keck zu brechen loß? floͤſtu der Erden Haupt So falſche Lehren ein? Ja ſolche Kuplerinnen / Wie hier der Wechſelbalg ſich zeiget / ſind die Spinnen / Die auf der Keuſchheit-Bluͤht ihr Suͤnden-Gift ſchmiern an / Die Zirze / die in Vieh die Menſchen wandeln kan /235 Sind Furien / die ſich mit Liebes-Larven ſchmuͤcken / Die Tugend in Verderb / in Schande Fuͤrſten ruͤcken. Sind Motten / die mit Liſt und Haͤucheln unterm Schein Der Seidenwuͤrmer ſich in Purpur niſten ein / Des Reiches Ancker-Seil / des Gluͤckes Band zerbeiſſen. 240Dergleichen Thier biſt du. Du wilſt ja Zucker heiſſen / Doch birgt dein ſuͤſſer Mund im Hertzen Gall und Gift. Die Jugend iſt weich Wachs / in die ſich leicht die Schrift Der Wolluſt pregen laͤſſt. Dir Hur iſts zuzuſchreiben: Daß man den Sultan ſieht ſo freche Laſter treiben;245 Daß ietzt ſein eiſicht Hertz und die vor kalte Bruſt Ein feuricht Etna ſcheint / die minder Brand und Luſt / Als das gefrorne Meer / ließ anfangs von ſich ſchieſſen. Die Frauen auf der Burg / die uns vor glauben hieſſen: Daß Jbrahm von Natur kalt und ohnmaͤchtig ſey;250 Sehn ietzt ſich allzuſchwach fuͤr ſeiner Raſerey Der niemals-ſatten Brunſt.

Sechierp.

Kriegt fuͤr getreue Dienſte Befleißte Redligkeit Verſchmaͤhung zu Gewienſte? So laß ich andern Muͤh und Sorge willig hin.

Kioſem.

Was? ruͤhmſtu Treu und Dienſt / verfluchte Kuplerin?

255
Sechierp.

Es ſchaffet dem mehr Ruhm / den Voͤlckern mehr Vergnuͤgen / Dem Reiche mehr Beſtand / der nicht das Pfund verliegen Des Landes-Fuͤrſten laͤſſt / und ihren kalten Geiſt Zu reger Liebe reitzt; als / der ſich ihn befleiſſt Wie einen Papegoy ins Keſicht einzuſchliſſen. 260Sie ſelbſt weiß: daß der Fuͤrſt den Tartar Chivas muͤſſen Jn Rhodis reiben auf; weil Jbrahms kalter Sinn / Der unvererbte Stuhl ihn auf dem Wahn trieb hin: Fuͤr Oßmans Enckel ſich und Erben ſchon zu ruͤhmen. Wem wird nun / außer mir / zu dancken ſichs geziehmen? 265Daß ſein vor ſtumpfer Kiel ietzt ſcharffe Pfeile ſpitzt / Daß von fuͤnf Soͤhnen iſt des Oßmans Thron geſtuͤtzt. Wormit hab aber ich die Sultanin verletzet: Weil ihr zu Liebe nicht von mir ward außgeſchwetzet? Daß nach der Sultanin erdichtetem Bericht270 Des Kaͤyſers Augentroſt die Perl auß Curdi nicht Sey durch den Schlag erblaſſt? denn Er / mein Fuͤrſt / mag wiſſen: Die Rieſin habe ja wohl freylich ſterben muͤſſen / Weil ſie die Sultanin / zur Tafel laden ließ / Und ſie durch Eyverſucht gereitzt / erwuͤrgen hieß.

275
Ibrah.

Verfluchter Meuchel-Mord! unartig’s Mutterhertze! Das ſich beluſtiget an ſeines Kindes Schmertze / Ja ſein Vergnuͤgen ſtoͤr’t; Schaft Strick und Hencker her! Sie leide / was ſie that / weil ſie von Liebe leer Und voll von Rachgier iſt! Jnzwiſchen ſolſtu ſehen280 Vor deinen Abgott fall’n / dein zartes Schoskind ſchmehen; Die Roſen mit Gewalt ſchaun dieſer brechen ab / Die uns fuͤr Anmuth Trotz / fuͤr Blumen Diſteln gab.

Fleuch /
7
Kioſem.

Fleuch / Siſigambis / fleuch! halt Fuͤrſt! wil er ja wuͤtten / So mag er ſeinen Grimm auf dieſe Bruſt außſchuͤtten /285 Die Jhn geſaͤuget hat.

Ibrah.

Laß mich!

Kioſem.

Hier iſt das Ziel / Das deine Rach außtag’t. Denn deine Mutter wil Jm angedreuten Strick eh ihren Geiſt außblaſen / Und den gezuͤckten Dolch fuͤhln in den Daͤrmern raſen / Als dieſe Schand-That ſehn.

Ibrah.

Stracks / Achmet / ſchaff ſie weg;290 Eh ihr verſpritztes Blut des Sohnes Hand befleck / Und laß ins alte Schloß die Wuͤttende verſtecken.

Achmet.

Jch eile den Befehl des Kaͤyſers zu vollſtrecken.

Ibrahim. Sechierpera.
Ibrah.

Jedoch was ſchluͤßen wir die / die den Halß verwuͤrgt / Die unter’m Mutter-Hertz ein Kwaͤll voll Gifft verbirgt /295 Erſt in’s Gefaͤngnis ein? Man ſuͤndigt mit Erbarmen. Es koſte Kopff und Blut! ha; ſolln uns Weiber-Armen Die Beute ringen auß? Und Tauber jagen nicht Dem Adler Tauben ab: Und dieſes Reh entbricht Sich auß des Jaͤgers Garn und auß des Tygers Klauen /300 Der Stein und Ertz zermalmt? Auff! laß uns einſt noch ſchauen / Was Siſigambis gilt / und was der Kaͤyſer kan!

Sechierp.

Mein Fuͤrſt / mein Herr / mein Haupt / es ficht mich ſelber an Der Siſigambis Trotz / und Kioſems Erkuͤhnen. Jch ſelber muß geſtehn: daß ſie den Tod verdienen /305 Jedoch braucht man mit Nutz bey Straffung klarer Schuld Den Kapzaun der Vernunfft / den Zuͤgel der Geduld. Wer ſich die ſtrenge Flut laͤß’t der Begierden jagen / Wird auff die ſtuͤrme See des Untergangs verſchlagen / Auff der kein Ancker haͤlt. Der Mutter Untergang /310 Der Siſigambis Schimpff und fuͤrgeſetzter Zwang Kan wenig Luſt und Troſt dem großen Herren geben; Viel Unruh aber ſich durch ſolches Werck erheben / Weil Volck und Janitſchar auf beyder wincken ſieht. Der Kaͤyſer ſchaue nur: die Roſen ſind verbluͤht /315 Die Blaͤtter langſt verſaͤng’t an Siſigambis Zierde / Durch Amurathens Brunſt. Vernuͤnftige Begierde Sucht Blumen / derer Glantz die Knoſpe noch verſteckt / Und Lippen / darauf man nicht frembden Speigel ſchmeckt. Jch weiß fuͤrs Kaͤyſers Seel und ſeine ſuͤſſe Flammen320 Was liebens wurdigers; ein Kind / in dem beyſammen Die guͤtige Natur hat Jugend und Verſtand Schoͤn-reitzend-freindlich-ſeyn verknuͤpfet in ein Band; Ein Kind / das zaͤrter iſt / als die auß Ledens Schalen Einſt ſolln gebrochen ſeyn; das mit den Anmuths Strahlen325 Der Sterne Glantz beſchaͤmt / die Sonne machet blind / Den Roſen ihr Rubin durch Anmuth abgewinnt / Den Lilgen ihre Perln. Der Morgenroͤthe Prangen Und Scharlach wird entfaͤrbt von ihren Purpur-Wangen / Fuͤr ihrem Mund erbleicht Granat und Schnecken-Blut;330 Kein Biſam-Apfel reucht bey ihrem Athem gut. Die Flammen kwaͤlln auß Schnee / auß Marmel bluͤhn Corallen / Zienober kroͤnet Milch auf ihren Liebes-Ballen. Kurtz: dieſe Goͤttin iſt / der Schoͤnheit Himmelreich / Der Anmuth Paradiß; ein Engel / der zugleich335 Verlangen im Gemuͤth / Entſetzung in den Augen / Jm Hertzen Luſt gebiehrt. Auß ihren Lippen ſaugen Die Seelen Honigſeim und Zucker ſuͤſſer Hold.

Ibrah.

Diß alles / was du ruͤhmſt / iſt Kupfer gegen Gold / Und Schatten gegen Liecht / wenn ich der Rieſin Zierde /340 Die Perl Armeniens mit brennender Begierde Fuͤr mein Gedaͤchtniß zieh. Jch ſchwere dir / mein Kind: Daß meine Flammen nicht mit ihr verloſchen ſind: Das Abuchalid nicht ſo ſehr geliebt Hababen / Die er ſchon halb verweſt ließ auß der Erde graben /345 Und tauſend Kuͤß ihr gab / als meine Seele noch Nach meiner Rieſin laͤchſt.

Sechierp.

der Fuͤrſt ſchaͤtzt billich hoch / Was die Erfahrung preißt / fuͤr dem / was andre loben / Das Auge liegt dem Ohr im Lieben allzeit oben. A jvMein8Mein Leben aber ſey verſpielt / wo Ambre nicht350 Des Mufti himmliſch Kind jen und auch all abſticht. Der Zunder heiſſer Brunſt iſt ſelbſt in mir entglommen / Seit dem ich zweymal ſie im Bade wahrgenommen. Jhr Mund bepurperte die Chryſtallinnen-fluth / Die Bruͤſte ſchneiten Perln / die Augen blitzten Gluth;355 Wenn ſie ihr Haupt erhob auß ihrer Marmel-Wanne / Schien ſie das Ebenbild der Sonn im Waſſer-Manne / Die Kwellen kriegten mehr von ihren Strahlen Brand / Vom Leibe Silber-Welln / vom Haare guͤldnen Sand. Hier wil ich im Gemaͤld Jhm nur den Schatten zeigen.

360
Ibrah.

Jſt Ambre diß?

Sechierp.

Jhr Bild.

Ibrah.

Jſt ſie getroffen?

Sechierp.

Eigen. Wiewohl der Himmel geht gemahlten Sternen fuͤr.

Ibrah.

Hilf Himmel! kwillt das Oel der Lieb auch auß Papier? Steckt auch in Farben Glut? kan auch der Schoͤnheit Schatten Begierde zuͤnden an? die Bilder / die wir hatten365 Uns in das Hertz gepraͤgt / auf einmal leſchen auß? Was neues druͤcken ein? Ach / unſre Seel iſt graus / Das Hertze liegt in Aſch / und wir ſtehn in der Flammen / Wie brenn und lodern wir! Raff allen Witz zuſammen / Gebrauche Treu und Fleiß / mein Engel / und mein Kind;370 Daß dieſe Sonne ja den Kaͤyfer lieb-gewinnt. Ach! aber / was fuͤr Sieg laͤſſt Jbrahim ihm traͤumen Von dieſer Goͤttin hold? Fuͤr laͤngſt Entweyhte raͤumen Nichts unſerm Lieben ein. Und Siſigambis lacht Des Kaͤyſers / die ſo weit / ſo fern als Tag und Nacht /375 So weit als Sonn und Mond / von Ambren iſt entfernet.

Sechierp.

Hat dieſe Naͤrrin gleich Natur und Witz verlernet / Wenn ſie des Sultans Gunſt mit Fuͤſſen von ſich ſtoͤſſt: So laͤchſen tauſend Seel’n nach Balſam / welchen floͤſſt Die Hold des Kaͤyſers ein. Die Keuſch - und kaͤltſten brennen /380 Wo Fuͤrſten Blicke falln. Man gebe zu erkennen Des Kaͤyſers reine Glut dem Vater; deſſen Eyd Nichts minder ihn verknuͤpft / auf die Ergetzligkeit Des Sultans / als aufs Heil des Reiches vor zuſinnen.

Ibrah.

Wohl! wir gehn / umb alsbald ſein Hertze zu gewinnen.

Der Schauplatz veraͤndert ſich in den Saal Ho - ſada / wo die groſſen Bedienten ſich verſamlen / und der Stuel des Sultans ſteht. Mufti. Mehemet Baſſa. Bectas. Janitſcharen Aga. Kiuperli Baſſa. Kul Kiahia der Vnter - Aga der Janitſcharen.
385
Mufti.

SO trit Venedig noch uns Candien nicht ab?

Mehem.

Die Antwort / welche mir ietzt erſt Soranzo gab / Jſt Hochmuth / Dreuen / Trotz.

Bectas.

Sol eine Stadt uns pochen? Jſt Oßmanns Witz verfalln / und Oßmanns Arm zerbrochen? Kan unſer Fuͤrſt / der ja das Haupt der Welt wil ſeyn /390 Mit allen Kraͤften nicht zwey Staͤdte nehmen ein? Canea / Retimo ſind ja in unſern Haͤnden.

Mehem.

Sey ſicher: daß wir nichts an Candien mehr enden; Auch wuͤrde dort noch ietzt kein Tuͤrckiſch Segel wehn / Wenn ſich Venedig haͤtt ie Friedenbruchs verſehn. 395Mit Ungewaſneten laͤßt ſichs leicht Streiche wagen. Jetzt / nun wir auß der See ſchon zweymal ſind geſchlagen / Durch ihren Moroſin / nim̃t unſer Sultan wahr: Es doͤrffe mehr Verſtand / auch ſchaff es mehr Gefahr Mit einer ſolchen Stadt / als geilen Weibern kriegen. 400Jetzt / nun der Krieg ſich ſchleppt / laͤſſt ihn der Sultan liegen / Hengt ſeiner Wolluſt nach. Dem Divan liegt die Laſt Des Krieges einig ob.

Bectas.

wo nicht ein Fuͤrſt ſelbſt faſſt Das Ruder ſeines Reichs / kan keine Fahrt gerathen. GOtt kroͤnet Knechte nicht ſo / wie der Fuͤrſten Thaten. Als9405Alß Oßman in den Grund diß Reich geleget hat / Alß Orcan Pruſien erobert / Amurath Die Stadt des Adrian / und in Europens Hertze Den erſten Spieß geſteckt; ja unſers Glaubens Kertze Jm Nord gezuͤndet an; alß Koͤnig Bajazeth410 Die Siegs-Stadt Serviens durch neuen Sieg erhoͤht / Den Kaͤyſer Sigismund hat ſchier in Staub getreten; Alß Mahumeth den Strom der Donau ſchloß in Ketten / Biß in Wallachen Drang; Alß Ludwig und ſein Land Und ſein verzweiſelt Heer; in Amurethens Hand415 Beſiegt bey Varna fiel / und ſemer Falſchheit Nebel Jn blut’ge Flut zerran; Als die erhitzte Sebel Des groſſen Mahumeths zwey Kaͤyſerthuͤmer zwang: Daß zweyer Kaͤyſer Kopff fuͤr ſeine Fuͤſſe ſprang. Als er zwoͤlff Reich einnahm / zwey hundert Staͤdt erſtritte. 420Wie Selmi uͤberwand Damaßkens groß Gebitte Des Tomonbejus Reich; als Selimans ſein Stahl Peſt / Rhodis / Ofen zwang; ja als noch’s letzte mahl Vom vierdten Amurath ward Bajadeth bezwungen / Hat dieſer Helden Arm ſelbſt durch den Feind gedrungen /425 Und fuͤr des Reiches Heil das Leben feil gemacht. Jtzt nun der Sultan nur auff Uppigkeit hat acht / Was ſol fuͤr Gluͤck uns bluͤhn?

Mufti.

Ja / leyder! ich befahre: Es naͤhere ſich ietzt das Ende der zwoͤlff Jahre / Seit dem des Oßmans Hand den rothen Apffel fuͤhrt;430 Als unſer Untergang. Und meine Seele ruͤhrt Die groſſe Waſſerflut / die Mahumeds Gebeine Zu Mecha fort geſchwemmt / und die geweyhten Steine Des Heyligthumbs verſehrt. Der Perſ und Ketzer hat Fuͤr wenig Zeit uns ſchon die uns hochheilge Stadt435 Medinen abgerennt; wie viel iſt Zeit verſtrichen: Daß unſer Kaͤyſer halb vom Glauben abgewichen? Daß Achmet Bottſchafften dem Chriſten Gratian Nebſt Laͤndern uͤbergab? Ja ein recht Greuel kan Fuͤrſt Fakardin uns ſeyn / der Schaum verdammter Chriſten. 440Kein geiles Weib kan nicht nach Buhlern ſo geluͤſten / Noch zaubriſch ſchlaͤffen ein / als den beſigten Hund Hatt Amurathes Lieb. Und uns iſt leyder kund: Daß Perſen Chriſten hat zu Feld-Herrn fuͤrgeſtellet. Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat gefaͤllet /445 Und mit ihr Aſcota; ward er zwar todt und bleich Jn Armen eines Moͤnchs: Allein Chach Abas Reich Vom Aberglaub erfuͤllt; Jndem er durch ſein Bitten Den Schwaͤrmern Lufft erwarb: daß Abubeckers Huͤtten Jtzt thoͤrchte Chriſten fuͤlln. Da die Gewogenheit450 Zu Chriſten ſterbens werth hieß noch fuͤr wenig Zeit. Als Koͤnig Kataband die Gurgel ab ließ ſtechen Dem erſtgebohrnen Sohn / war einig diß Verbrechen Des Anza Menza Schuld. Wie feindlich ſcharff und ſchwer Fiel vor der Chriſtenheit der Tartarn fluͤchtig Heer? 455Cham Chiran aber hat den Sultan laͤngſt verlachet / Das Tuͤrckſche Heer zerſtreut; verdammten Bund gemachet Mit Polen / und ſein Kind zur Geißel ihm verſetzt / Und der Coſacken Schwarm uns auff den Halß gehetzt; Der Caffa / Sinope und Trapezunt bezwungen /460 Jn Port und Vorſtadt ſind Stambuldens eingedrungen. Der Divan weiß ſelbſt mehr kein Mittel unſrer Ruh; Alß: daß mans Boſphors Mund mit Ketten ſchließe zu. Ja Siebenbuͤrgen trotzt den Sultan mit Befehlen: Daß Er zum Fuͤrſten den Ragotzy muß erwehlen /465 Den Jſtuan thun ab. Noch ſchlimmer Zufall iſt: Daß Kaͤyſer Machmets Sohn Jachias ward ein Chriſt; Daß er dem Groß-Veſier / das Haupt der Janitſcharen / Den Mufti / und die mehr des Reiches Pfeiler waren / Durch Meineyd ſo nam ein: daß ſie ihm hatten ſchon:470 Den Bruder Achmet ab / ihn auf des Oßmanns Thron Zu ſetzen ſich verſchworn: daß er Koſack und Chriſten Und Tartern ſich erkuͤhnt auff unſern Fall zu ruͤſten / Bejammern wir noch itzt. Und haͤtte Wallſtein nicht / Sein Abgott; durch die auch vergeß’ne Treu und PflichtSo zeit -10475So zeitlich ſich geſtuͤrtz’t / hett er wohl Mittel funden / Zu ſchlagen unſer Reich mit mehr und groͤſſern Wunden. Doch ach! das aͤrgſt iſt diß; was mir mein Hertz auffritzt: Daß Kaͤyſer Jbrahims ſein Sohn in Franckreich ſitzt / Den der Maltheſer Macht gefaͤnglich hat beſtricket /480. Alß fuͤr drey Jahren er nach Mecha ward geſchicket. Auß welchen mit der Zeit der Raͤuber Aberwitz Ein Werckzeug ſchnitzen kan / des Oßmanns hohen Sitz / Den Glauben Mahumets empfindlich anzufechten; Die Perſ und Chriſten ſtets mit uns in Krieg zu flechten485 Sich durch viel Argliſt muͤhn.

Mehemet.

Jch ſpuͤre viel Gefahr / Und unſers Untergangs ſind hundert Zeichen dar. Der Tuͤrcken Kaͤyſerthumb ſteht nicht auf eignen Kraͤfften. Wir ſtehn / ſo lange noch die Chriſtenheit mit Saͤfften Verkaufften Friedens ſich laͤßt ſicher ſchlaͤffen ein;490. Und ihre Schwerdter ſelbſt in eignen Daͤrmern ſeyn. Jtzt ſcheint’s: es lehre ſie der Schaden ſehend werden: Daß wir ſie / wie ein Fluß am Ufer / Sand und Erden Schier ohn Empfindlichkeit / im Grunde waſchen auß; Biß mit durchbohrten Rand auf einmahl Reich und Hauß495 Ein Raub der Wellen wird. Denn Holland hat durch Frieden Mit Spanien nicht nur den langen Zwiſt entſchieden; Tſchernin ſpannt auch nunmehr den Bogen hoͤher an; Sagt: daß ſein Kaͤyſer nichts in Siebenbuͤrgen kan Enthengen unſerm Heiſch; trotzt auff des Adlers Klauen /500 Wo er in Ungern wuͤrd auch minſten Eingriff ſchauen. Weil zwiſchen Teutſchland / Schwed und Franckreich auch der Fried Auf ſicherm Fuße ſteht.

Kiuperli.

Das Ungluͤck das uns bluͤht / Koͤmm’t her von unſer Schuld. Daß Aden iſt verlohren / Des Rothen Meeres Mund / daß Habeleh der Mohren505 Jhr Kapzaun iſt verſpielt / daß Baßora noch wanck’t / Ruͤhrt her: daß mancher Held wird ſpoͤttiſch abgedanckt; Daß man Damaß / Aleayr und Bagadet vertrauet Dem / der das meiſte zahlt; und die am Brete ſchauet / Die nur des Sultans Gunſt erkauffen durch viel Geld;510 Daß man Verdienſt und Treu fuͤr aͤrgſte Laſter haͤlt / Verſchnittenen raͤumt ein die Tugenden zu druͤcken / Ja ſich den Voͤgeln gleicht / die nur den Guckug zwicken / Auß Sorg: er werde noch alß Falcke ſie fall’n an; Daß man / als Sonne nichts erhoben ſehen kan /515 Und die gleich Sternen ſind / alß Duͤnſte druͤckt zur Erden; Des Sultans Tochter Soͤhn itzt auch laͤſt faͤhig werden Der Wuͤrden dieſes Reichs; daß man die / die durch Blut Und vieler Jahre Schweiß verſammlet einig Gut / Wie Schwaͤmme druͤcket auß; des Sultans Toͤchter zwinget520 Uns noch als Kinder auff / und umb’s Vermoͤgen bringet / Ja uns zu Sclaven macht; daß Jbrahim verſehrt / Was derer Andacht gleich zum Gottesdienſt verehrt / Die niemals ihn verletzt; daß / was die Kaͤyſer haben / Als Schatz und Heiligthumb in Thuͤrme tieff vergraben /525 Er alß wie Sand verſtreu’t; daß er zu Laſtern lacht / Auß ſeiner Uppigkeit ein offen Schau-Spiel macht / Umb daß Er ſeine Brunſt durch frembdes Oel anzuͤnde / Da es vor dieſer Zeit war ſterbens-werthe Suͤnde / Zum Garten / wo der Fuͤrſt mit ſeinen Dirnen ſpielt /530 Ein Auge wenden hin. Daß ſein Gemuͤthe zielt / Des Ketzers Kadaris fuͤr laͤngſt verdammte Lehren / Die des Verhaͤngnuͤßes Ertzt-feſte Schluͤſſe ſtoͤren Und der Schapmeſtahis ihr halbes Chriſtenthum Zu bringen in den Schwung. Daß er fuͤr groſſen Ruhm535 Und Helden-Thaten haͤlt / wenn Er verdiente Baſſen / Die fuͤr ſein Heyl gewacht / kan niederſaͤbeln laſſen; Wenn ihr durch Wund und Schweiß erworben Erbtheil ihn Alß Bruder lachet an; Wenn / die die Ramme ziehn Und Braͤter wenden umb / ſo ſchnell als Erd-Geſchwuͤre540 Auffſchuͤſſen / und ſich gar ſtell’n uͤber die Viſire; Alepo ſteht hierumb in groͤſſerer Gefahr / Alß da noch Abaſſa ſein Haupt des Auffruhrs war; Und Fakardins ſein Schwantz / die ſchlauen Druͤſen ſtecken Jn Sidons Hoͤlen noch / und in Saidens Hecken. Diß11545.Diß klagen / leider! wir / diß geht uns Haͤupter an! Das Volck / das ſeine Laſt nicht laͤnger tragen kan / Fuͤhrt nach viel Seufzen ietzt bewegliche Beſchwerden / Weil nun auch Steinen-Schweiß wil außgepreſſet werden / Wie vom Abdulmelick. Albanien / das noch550. Nicht allerdings gebeug’t den Nacken unters Joch / Spinnt neuen Aufſtand an. Kurtz! wir fall’n uͤbern hauffen / Und unſer Gluͤcks-Spiel ſcheint ietzt ſo verwirrt zu lauffen: Daß wo die Chriſten uns recht in die Karte ſehn / Und Ferdinand es wagt; ſo iſts umb uns geſchehn.

Bectas. Ibrahim. Mufti. Mehemet. Kiuperli.
555.
Bectas.

SChweig! denn der Sultan kommt.

Ibrah.

Jſt der Befehl vollſtrecket?

Mehem.

Ja! doch Soranzo bleibt verſtockt und unerſchrecket. Sagt: daß Venedig ſelbſt eh in den Grund wil gehn / Alß auf Dalmatien uns einig recht zuſtehn; Und eine Spanne Land von Candien einraͤumen.

560.
Ibrah.

Sol dieſer Sclave noch auf uns den Hochmuth ſchaͤumen? Und lachen unſers drauns? Wol! es ſol unſer Haupt Nicht fanft und friedſam ruhn; biß daß Venedig glaubt: Daß Jbrahim nicht mehr mit Wort-als Wercken blitze.

Kiuperli.

Der Sultan gebe mir und meinem Aberwitze565. Genadiges Gehoͤr? Jch ſorge: daß wir nicht / Biß daß der Groß-Herr ſelbſt nach Candien aufbricht / Dort werden Meiſter ſpielen. Wo Gluͤck und Sieg ſol bluͤhen / Das Kriegsheer hertzhaft ſeyn / muß der zu Felde ziehen / Dem Gluͤck und Sieg faͤllt zu. Sein wachſam Auge ſchlaͤgt570. Oft / wo ein Heer verſpielt; ermuntert und bewegt Die traͤg und furchtſam ſind. Der Fuͤrſt hats ſchon geſchauet / Als von Siliſtrien dem Baſſen anvertrauet Der Zug auf Aſac ward; wie viel ein Knecht kan fehl’n. Ja Schaͤlſucht wagt ſich dar meiſt frembden Ruhm zu ſtehln;575. Den Sieg ſelbſt zu verſtoͤr’n / Vernunft und Witz zu blaͤnden. Des Groß-Veziers ſchel Aug entzog unß aus den Haͤnden Den Sieg auf Bajadet. Denn / als der Loͤwen Muth Des Murat Baſſen ſich durch Mauern / Stahl / und Glut Drang ſtuͤrmend in die Stad / ließ er auß bloſſen Reiden580. Vom Sturme blaſen ab / ja ihm den Kopf abſchneiden: Daß unſer Heer beſiegt / die Feſtung Perſiſch blieb / Biß Amurath ſelbſt kam und Heer und Sturm antrieb.

Ibrah.

Wir wolln in Creta ſelbſt die gruͤne Fahn aufffuͤhren. Laß auch noch heute ſich dein gantzes Laͤger ruͤhren /585. Fuͤr unſer Burg das Haar von Pferden ſtecken auß. Du aber Mehemed / laß des Soranzo Haus Noch ſorgſamer verwahren / doch ihm zur Furcht entdecken: Daß wir auf Candien ſelbſt wolln die Fahn aufſtecken.

Mufti.

Der Schluß iſt Ruhmes werth; diß iſt die Tugends-Bahn /590. Dardurch uns Mahumed die Welt macht unterthan / Die zu den Sternen fuͤhrt / die Sterbliche vergoͤttert; Und ein Gedaͤchtnuͤs ſchafft; das / wenn der Himmel wettert / Die Marmel-Seuln zermalmt / Coloſſen ſchlaͤgt entzwey / Und Tempel legt in Graus / iſt vom verweſen frey. 695.Ja wenns Verhaͤngniß gleich laͤſſt einen Fuͤrſten fallen / So gleicht ſein Grabeſtein durchſichtigen Chriſtallen / Durch den man ſein Verdienſt der Tugend ſchauen kan. Und deſſen Seele nimmt die Art des Fenix an:600. Daß ſeyn Begraͤbniß iſt der Anfang ſeines Lebens; Und Zeit und Mißgunſt muͤht ſo denn ſich nur vergebens Die Fackel ihres Ruhms mit Wolcken zu verſtell’n / Den Silber-reinen Kreiß des Mohnden anzubell’n.

Ibrah.

Ja wol / diß ſchluͤſſen wir. Ach! aber / unſer Hertze605. Wird ſelbſt von Angſt bekriegt / bekaͤmpft vom herben Schmertze / Des Sultans Seele ſchwimmt in einer wuͤſten See / Die Flammen auf die Bruſt ſtroͤmt / in die Glieder Schnee / Verwirrung ins Gehirn? Und in uns ſelber wiſſen Von keinem Frieden wir; die wir auf andre ſchluͤſſen610. Jetzt gleich Verderb und Krieg.

Mufti.

Was ficht den Kaͤyſer an?

Ibrah.

Ein Ubel / das kein Artzt / als

Mufti,

heilen kan.

Mufti.

Jſt es Gewiſſens-Angſt? ſinds tieffe Seelen-Narben?

Ibrah,

Nicht Narben / Wunden ſinds / doch von viel andern Farben.

Dem
12
Mufti.

Dem Artzte muß das Kwell der Kranckheit ſeyn bekand.

Ibrah.

Der Uhrſprung und die Salb iſt in des

Mufti

Hand.

615.
Mufti.

Stehn ſie in meiner Hand / bin ich bereit zu rathen.

Ibrah.

Vertroͤſtung linderts Weh / Geneſung kommt von Thaten.

Mufti.

Der Kaͤyſer meld uns doch / was Weh und Artzney ſind.

Ibrah.

Jch bin von Liebe kranck / das Pflaſter iſt dein Kind.

Mufti.

Was ſol ein Kind / wie ſie / fuͤr Liebes-Brand anzuͤnden?

620.
Ibrah.

Wird man im Himmel doch nur ſolche Kinder finden!

Mufti.

So Eh als Paradis erfordert funfzehn Jahr.

Ibrah.

Was fuͤrchten Juͤngere vom Lieben fuͤr Gefahr?

Mufti.

Sie wird den Kaͤyſer nicht nach Wundſch vergnuͤgen koͤnnen.

Ibrah.

Neid tadelt / was er nicht dem Nechſten wil vergoͤnnen.

625.
Mufti.

Was ſol ein Knecht / wie ich / dem Großherrn gonnen nicht:

Ibrah.

Wie daß uns

Mufti

denn die Tochter nicht verſpricht?

Mufti.

Es iſt mein Wundſch: daß ſie ſich ſeine Magd darf nennen.

Ibrah.

Verſichre ſie: daß wir von ihren Strahlen brennen. Verſicherſt aber du uns ihrer Gegenhold?

630.
Mufti.

Jch meyne: daß mein Kind mit beyden Armen ſolt Umbfaſſen diß Geluͤck / und ſich ietzt ſelig ſchaͤtzen. Ja mit was Groͤſſerm kan der Sultan mich ergaͤtzen / Als / da er auf mein Haus Genad und Auge neigt / Mein Kind auß Staub auf Gold in Oßmans Bette ſteigt.

635.
Ibrah.

Nimb diß geſtuͤckte Tuch als unſrer Liebe Zeichen Der Liebe Merckmahl hin. Man ſol ſchnur ſtracks ihr reichen Ein Purpern Braut-gewand.

Mufti.

Jch nehms in Demut an / Begierig zu vollzihn / was ſeine Liebe kan Vergnuͤgen / und mein Haus zur hoͤchſten Staffel ſtellen.

640.
Ibrah.

Geh / eile. Denn Verzug ſchafft Buhlern Pein der Hoͤllen.

Reyen

Der Goͤttlichen Rache / der Stadt Byzanz / der Schwelgerey / der Geilheit / des Geitzes / des Zorns / der Hoffart.
Die Goͤttliche Rache.645.

ERzittert / Sterbliche / fuͤr mir! Denn kroͤn’t mein Haupt gleich ein ſchoͤn Regenbogen; So bricht doch Blitz und Donner fuͤr Auf den / der GOTT zum Eifer hat bewogen. GOtt zahlet zwar nicht taͤglich auß;650. Doch iſt Er keinem ie was ſchuldig blieben, Sein langſam Zorn druͤckt gar in Grauß; Und ſein Vermerck iſt in Metall geſchrieben.

Byzanz.

MJr Aerm’ſten bebet iedes Glied / Das Hertze ſchlaͤg’t / das Haar ſteht mir zu Berge! 655.Verſchone der / die fuͤr dir kniet! Kein Rieſe ſieg’t mit Nachruhm uͤber Zwerge. Hilff mir vielmehr / weil die Geduld Schon buͤß’t zweyhundert Jahr die Schuld.

Die Rache.

JCh habe kein ruchloſer Kind;660. GOTT hatte dich zur Welt-Sonn aufgeſtecket / Und gleichwol iſt dein Thun ſtock-blind / Ja du haſt wie ein Mohnde dich beflecket.

By -
13
Byzanz.

WEil / Leider! das Verhaͤngniß mich Hat untern Krebs / des Mohnden Haus / geſetzet;665 Geht Gluͤck und Klugheit hinter ſich / Mein Antlitz wird mit Thraͤnen-Tau genetzet; Und Oßmanns bluttig Mohnde dreut Mir taͤglich noch mehr Sturm und Leid.

Die Rache.

Fuͤr dir iſts Mohnden Wachsthum klein. 670Was klagſtu denn? die Welt liegt dir zun Fuͤſſen; Du ſelbſt verduͤſterſt deinen Schein / Erluſtigſt dich an Suͤnd - und Finſternuͤſſen.

Byzanz.

OFt ſtecken Wuͤrm in guͤldner Frucht / Der ſchlimſte Stern iſt oberſter Planete;675 Mein Wachsthum iſt nur Waſſerſucht / Und meine Sonn ein ſchwaͤntzichter Comete. So hilff nun / Rache / Rach / und nim̃ Von mir den Bluthund Jbrahim!

Die Rache.

BRich Abgrund! oͤfne deine Thuͤr! 680Und ſchicke bald ein Werckzeug meiner Rache!

Die Laſter.

WJr Laſter ſtell’n zu Dienſt uns dir. Weil wir der Menſchen Schooß-Kind ſind / und Drache / Ja ieder mit uns buhlen wil / Jſts ſie zu freſſen uns ein Spiel.

Byzanz. 685

HJlff GOtt! ſol noch der Schlangen Brut Jn Jbrahims und meinem Buſen niſten?

Die Rache.

GJft iſt fuͤr Gift zur Artzney gut / Und boͤſe Luſt daͤmpft man mit boͤſen Luͤſten.

Byzanz.

SO ruͤſte doch nur eines auß;690 Denn alle ſtuͤrtzen mich in Grauß.

Die Schwelgerey.

SO koͤmm’t mir denn das Vorrecht zu. Weil Menſchen ſchon nach meiner Milch geluͤſten / Wenn ſie in Windeln ſchoͤpfen Ruh / Die Zunge noch ſaͤugt an den Mutter-Bruͤſten.

Die Geilheit. 695

JCh bin der Brunn / der Menſchen ſchafft / Ein Oel / das Blut und Fleiſch und Hertz anzuͤndet; Der Himmel ſchmiltzt durch meine Krafft / Die Goͤtter zwingt und Stahl wie Wachs zerwindet.

BDer
14
Der Geitz.

WEicht alle mir! ihr ſey’t mein Brutt; Denn ich bin ja die Wurtzel alles Argen /700. Wenns Alter aller Laſter Glutt Leſcht auß / ſteig ich in Sarg mit meinem Kargen.

Der Zorn.

MEin Blitz zermalmet Stahl und Stein / Mein Ziell iſt’s Grab / der Uhrſprung iſt die Wiege. 705Wo alle Laſter buͤſſen ein / Erhaͤlt mein Arm durch Mord und Feuer Siege.

Die Hoffarth.

MEin Uhrſprung ruͤhr’t vom Himmel her / Jhr auß der Hoͤll / und wilder Thiere Hoͤlen. Denn ihr herꝛſch’t nur in Schwein und Beer;710 Jn Adlern ich / und in vernuͤnfft’gen Seelen.

Die Schwelgerey.

Jch aber mache durch den Stein / Durch Schwulſt und Gicht und Schwindſucht bald ein Ende.

Die Geilheit.

MEin Gifft nimmt mehr die Seelen ein / Und Seuchen ſind auch Waffen meiner Haͤnde.

Der Geitz. 715

JCh henckere ja ſelber mich; Wie ſol ich nicht auch andern’s Licht verkuͤrtzen?

Der Zorn.

MEin Grimm hat’s Blitzes Flug in ſich / Des Maulwurffs Blindheit / wie ſoll er nicht ſtuͤrtzen?

Die Hoffarth.

DJe Hoffarth kommt fuͤr’m Fall in’s Hauß /720. Und wer hoch fleuch’t / ſchmeltzt an der Sonnen-Hitze.

Byzanz.

RAch uͤbe deine Straffen auß; Nur / daß ich nicht mehr Blutt dabey verſpruͤtze; So brauch ein Laſter doch hierzu / Das mir nicht weh / ihm ſuͤſſe thu:

Die Rache. 725

DUrch Zucker gib’t ſich Gifft leicht ein / Und Schlangen ſind in Roſen wohl verſtecket. Wohlauf denn / Geilheit! du ſolſt’s ſeyn / Die meinen Schluß / des Bluthund’s Fall vollſtrecket.

Die Geilheit.

Eh als die Morgenroͤthe kan730 Der Welt zweymal die Augenbranen zeigen / Sol Jbrahim ſeyn abgethan / Durch dieſen Brandt / ſein Lebens-Oel verſeigen.

Alle.

JA! Unzucht iſt ſo toͤdtlich Gifft / Das Drachen-Eyter uͤbertrifft.

Die15

Die andre Abhandlung.

Der Schau-Platz ſtellet fuͤr den Vorhof der heiligen Sophi - en-Kirche / welche itzt die fuͤrnehmſte Tuͤrckiſche iſt. Ambre des Mufti Tochter. Calpare ihre Mutter.
Ambre.

GOtt / der du ſieben Meer / der ſieben Himmel Laſt / Nebſt ſiebzig tauſend Schaarn zu deinen Fuͤſſen haſt / Ja Engel / Ehre / Perl’n / Macht / Gottheit unterm Throne. Wo deine ſchlechte Magd was bitten darff / ſo ſchone5 Derſelben / die dich ſtets inbruͤnſtig bethet an; Hilff: daß kein Nebel nicht mein Licht verduͤſtern kan; Wie Geiſt und Traum mir dreu’t. Jch falle dir zu Fuͤſſen / Begierig Tag fuͤr Tag der Erde Staub zu kuͤſſen Auß Andacht gegen dich. Die Lampe brennt allhier10 So ſehr nicht / als mein Leib / auß Liebe gegen dir. Laß geiler Bruͤnſte Rauch nur meine Bruſt nicht ſchwaͤrtzen. Und dir / O Mahumed / dir ſag ich zu vom Hertzen: Daß ich biß in den Halß im Fluſſe buͤſſen wil / Wo Eva Buſſe thaͤt; Daß / wo mein Lebens Ziel15 Mir nicht der Tod verruͤckt / ich faͤſten Vorſatz habe Walfahrtende zu zihn nach Mecha / zu dem Grabe / Zu kuͤſſen deines Sarg’s hochheil’gen Marmelſtein / Der itzt ein Engel iſt / und mit der Zeit wird ſeyn Ein Steig ins Paradiß. Jch wil mit bittren Zaͤhren20 Allmoſen-Opfer GOtt iedweden Tag gewehren; Er tilge nur in mir ſein reines Bildnuͤß nicht. Denn / da auch Gabriel das Sonnen-gleiche Licht Des Monden hat vermocht durch Anruͤhr’n bleich zu machen; Wie ſol / wenn Gottes Grimm wil wider mich erwachen /25 Sein Schwefel-Athem mich nicht in Staub Aſch und Koth Und ein ſchlimm Aaß verkehrn?

Calpare.

Diß iſt ein Werck / das GOtt Und Engeln wohlgefaͤll’t / ſtets fuͤr den Tempeln knien; Derſelben Same muß wie gruͤne Palmen bluͤhen.

Ambre.

Wie daß der Frommen Fuß denn ſtets auff Diſteln tritt? 30Wenn Boͤſ auff Roſen gehn? und ihr ſtockblinder Schritt Nie der Damaſten ſehl’t? Die Welt iſt wohl zu nennen Ein Schau-Platz / wo man nur die Unſchuld ſihtwerbrennen / Und Galg und Rad ihr bau’t.

Calpare.

Und uns ein Predigſtul / Der uns in’s Hertze ſchreit: Daß Tugend hier den Pful /35 Dort ihren Himmel hat; Daß die umbdoͤrnten Lilgen Jm Garten dieſer Welt / die Reiff und Mehlthau tilgen / Umbbluͤmte Roſen ſolln im Paradiſe ſeyn.

Ambre.

Wie ſchwer geh’t dieſe Gall / Ach! unſern Lippen ein!

Calpare.

Creutz-Traͤger ſingen GOtt die angenehmſten Pſalme. 40GOtt ſchlaͤg’t der Unſchuld Stein nicht: daß Er ihn zermalme / Die Tugend-Funcken ſolln auß ſelbtem ſtrahlen fuͤr. GOtt leitet unſer Schiff auf Klippen / nicht daß wir Dar ſolln zu ſcheutern gehn / nur: daß wir beym Gewitter Solln lernen Hertzhafft ſeyn. Was aber wil ſo bitter /45 Mein Kind / mein Troſt dir ein?

Ambre.

Ein hoͤchſt abſcheulich Traum Dreu’t Tod und Schande mir. Die Mitternacht war kaum Der Anfang meiner Ruh / als ich von einer Schlangen / Mit gift’gem Jaͤſchte ward begeifert und umbſangen;50 Doch / als ich machte mich von ihrem Schwantze frey / Zerborſte von ſich ſelbſt der groſſe Wurm entzwey

Calpare.

Mein Kind / nicht laſſe dich durch ſolche Schatten ſchrecken.

Ambre.

Gott pflegt / was kuͤnfftig iſt / durch Traͤume zu entdecken.

Calpare.

Meiſt ſind die Traͤume Dunſt / und ein nichts-deutend Rauch.

Ambre.

So uͤberredte man den Sultan Oßman auch;55 Als ſich ſein groß Kamel gleich als durch Adlers-Fluͤgel Schwang ſternwerts in die Hoͤh / und ihm der leere Zuͤgel Beſtuͤrtz’t in Haͤnden blieb; Der Außgang aber wieß: Daß ihm hernach das Reich / wie vor’s Kamel entrieß.

A ijWoher
16
Calpare.

Woher wol haͤtteſtu zu fuͤrchten Gift und Schlangen?

60
Ambre.

Des Gluͤckes Bley-Fuß kommt wie das Thier Ha gegangen; Das Ungluͤck aber laufft geſchwinden Luchſen fuͤr.

Calpare.

GOtt wende die Gefahr / und der erhalt dich mir!

Mufti. Ambre. Calpare.
Mufti.

Nun werd ich dich / mein Kind / ſo ehr’n als lieben muͤſſen.

Ambre.

Jch werd in Demuth ſtets der Eltern Fuß-Pfad kuͤſſen.

65
Calpare.

Was waͤchſt der Ambre denn fuͤr neuwe Wuͤrde zu?

Mufti.

hr bluͤhet Ehr und Thron und ewig-faͤſte Ruh.

Ambre.

Wie daß denn Furcht mein Hertz und Angſt den Schlaff betruͤbet?

Mufti.

Der Sultan iſt in dich / mein liebſtes Kind / verliebet / Und ſchicket dir hiermit das Zeichen ſeiner Gunft.

70
Ambre.

Hilff Himmel! ich vergeh: Ach! wie ſol tolle Brunſt Und reine Keuſchheit ſich vermaͤhl’n und miſchen laſſen? Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben faſſen / Und meiner Adern-Quaͤll / fuͤr dem Chryſtall nicht rein / Und Schwanen fleckicht ſind / ſol ein Gefaͤſſe ſeyn /75 Darein der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpritze?

Calpare.

Was ſicht mein Kind dich an? mit was fuͤr Aberwitze Stoͤßt du des Kaͤyſers Hold und dein Geluͤcke weg?

Ambre.

Solch Gluͤcke ſchafft Verderb / und ſeine Brunſt macht Fleck. Ach! ich erfahre ſchon die Deutung meiner Traͤume! 80Wie dieſer Wurm das Gifft der Geilheit auf mich ſchaͤume; Wie dieſer Baſiliſk in Engliſcher Geſtalt / Durch falſchen Sonnenſchein der Liebe mache kalt / Durch Zucker holder Kuͤß Angſt / Schand und Todt außſckuͤtte. Frau Mutter / wo ihr Hertz heg’t Muͤtterlich Gebluͤtte /85 Wo ihre Bruſt noch Milch der Kinder-Liebe nehrt / Wo ein fußfaͤllig Kind je iſt Erbarmens werth / Wo meiner Thraͤnen-Saltz nur ſchlechtem Waſſer gleichet / Das Kieſel hoͤlet aus / und Marmelſtem erweichet / Wo meiner Seufftzer Geiſt ihr biß zur Seele klimm’t;90 So leide ſie: daß ich zum Opfer ihm beſtimm’t / Eh als zur Braut ihm werd / und daß ich ſeine Sebel Eh als die Lippen kuͤß / in dem der Dunſt und Nebel Des Lebens jener Welt / darinnen weder wohl Noch uͤbel uns wird ſeyn / Mich mehr ergetzen ſol /95 Als ſeines Purpers Glantz. Wil man mir dis verſagen / So wil ich Lebenslang als reine Jungfrau tragen / Nach der Calender Arth an Ohren Ring aus Stahl / Zu Kleidern Pferde: Haar; Ja tauſend Angſt und Quaal Geduldig ſtehen aus; krieg ich nur dieſen Segen:100. Daß ich mich nimmermehr zum Jbrahim darff legen.

Calpare.

Was macht ſo bitter dir den Liebes-Zucker an?

Ambre.

Ach! ſie erwege doch: Ob der recht lieben kan / Und Liebens wuͤrdig iſt / der ſtuͤndlich Lieb und Bruͤnſte Mit friſchem Wechſeln kuͤhl’t / der ſtets durch theure Kuͤnſte105 Der Geilheit Oel einfloͤß’t / der aͤrger bren’t und gluͤh’t Als ein Sardanapal / als Cajus und Avit; Die Greuel unſrer Lehr / und Scheuſal aller Zeiten. Ja man laß uns vergnuͤgt ins Sultans Bette ſchreiten / Der Armuth Weſten-Wind auf unſren Bruͤſten ſpiel’n;110 Laß unſre Seele gar der Aepfel Vorſchmack fuͤhln / Die zweyfach nach dem Bruch im Paradiſe bluͤhen; So moͤgen wir doch nicht dem Hertzeleid entfliehen: Daß ich fuͤr Grimm und Tod nur Kinder kan gebehrn / Die auf die Schlachtbanck pflegt der Blutt-Durſt zu gewehrn115 Der Bruͤder / wo ſie noch der Vaͤter Rach entrinnen. Er ſelbſt / Herr Vater / wird ſich unſchwer noch entſinnen / Aufs dritten Machmets Grimm und grauſe Moͤrderthat; Der mit den Elt’ſten Sohn auch deſſen Mutter hat Aus ſchluͤpfrichem Verdacht recht-henckriſch aufgerieben;120. So ſuͤſſe Fruͤchte traͤg’t der Groß-Herrn groſſes Lieben!

Mufti.

Du mein hertzliebſtes Kind / du meiner Augenluſt / Jch lobe deinen Schluß. Mir iſt zu wohl bewuſt Das Wermuth-bittre Gift / daß dieſer Bieſam decket; Was fuͤr ein Drachen-Maul in Engel-Larven ſtecket. 125Befeſtige dein Hertz / auf Zufall / Tod und Leid.

Ja
17
Ambre.

Ja! ich beſtetig es durch einen theuren Eid: Daß nimmermehr ich nicht den Sultan lieben werde / Raͤumt er des Oßmans Stul / den halben Kreiß der Erde Sein gantzes Kaͤyſerthum mir gleich zum Brautſchatz ein;130 Ja / ehe ſol der Sarg mein Hochzeit-Bette ſeyn.

Mufti.

GOtt wolle dir ſtehn bey / und Mahumed dich ſegnen! Jch eile ſolchem Brand in Zeiten zu begegnen.

Ambre. Mehemet.
Ambre.

Wie / wenn der Himmel ſich in ſchwartze Wolcken huͤll’t / Und die betaͤubte Welt mit Knall und Blitz erfuͤll’t /135 Die Turteltauben wild / erſchreck’t / und ſchuͤchtern werden; So aͤngſtig muß auch ich mich furchtſame gebehrden. Und kein beſtuͤrmtes Schiff wanck’t in den Wellen mehr; Es zittert von dem Nord kein Eſpen-Laub ſo ſehr / Als meine Seele beb’t! mein ſchlagend Hertze ſaget140 Mir Ach und Jammer wahr!

Mehemet.

Wie? meine Seele klaͤget Und blaͤß’t hier Seufzer aus? Was ficht / mein Licht / ſie an?

Ambre.

Ein Elend / welchem ſich kein Elend gleichen kan.

Mehem.

Welch Unmenſch / welch wild Thier beleidig’t ſolche Tugend?

Ambre.

Der Sultan Leider! heiſcht die Bluͤthen meiner Jugend /145 Die Blumen meiner Zucht zum Opfer ſeiner Brunſt.

Mehem.

Des Purpers Glantz gebuͤhr’t und wurtzelt Lieb und Gunſt.

Ambre.

Gunſt / Lieb und Hold zerrinn’t / wie bleiche Waſſer-Gallen / Wenn ſtatt des Kernen ihr die Schalen nur gefallen; Und Purper / welchen nicht die Tugend Biſan’t ein /150 Gleicht Blumen / die zwar ſchoͤn / doch aber ſtinckend ſeyn. Erwaͤge bey dir ſelbſt: Ob reines Oel kan glimmen Jn Ampeln / die im Koth verdammter Laſter ſchwimmen? Ob eine Ader ſey an Sultan liebens werth; Der wie ein Schein nur noch / von Unzucht abgezehr’t /155 Von Seuchen laß umb irrt? Mein Leib ſol Wuͤrmer hecken / Die Bruͤſte Molchen mehr’n / eh ich mit ihm beflecken Mir Seel und Glieder wil!

Mehemet.

O Himmel reine Glutt! Der Himmel ſegne dich / und ſtaͤrcke deinen Muth / Der Helden abgewinnt / Tyrannen uͤberwindet! 160Wie aber? darf ein Hertz / das reinen Weyrauch zuͤndet Jn deinem Tempel an / ſich troͤſten deiner Hold?

Ambre.

Der Einſamkeit hab ich von Kind-auf wohl gewolt / Mein Alter iſt auch zwar kaum faͤhig ſuͤſſer Flammen; Doch / wo ſie ſich vermaͤhl’n mit Tugenden zuſammen /165 Wo ſie fuͤr’m Sultan mich ſind maͤchtig zu bewahrn / So haben ſie Gewalt mit Ambren zu gebahrn / So ſteh’t mein Hertze dir / wie itzt mein Antlitz offen.

Mehem.

Jch bin entzuͤck’t auß mir! darf ich’s / mein Engel hoffen? Dir an die Kehle fuͤhl’n / dich Abgott bethen an? 170So glaͤube: daß der Fuͤrſt dich nicht verſehren kan / So lange Mehemet nicht iſt in Staub verkehret.

Ambre.

Mein Kuß und Hertze ſey dir fuͤr mein Heyl gewehret.

Der Schau-Platz verwandelt ſich ins Kaͤy - ſers Gemach.
Ibrahim. Sechierpera. Mufti. Achmet. Capachi-Bachi.
Ibrah.

KEin Schif irr’t furchtſamer in Klippen-reicher See / Wenn Well und Sturmwind es bald tief / bald in die Hoͤh175 Wie einen Ball umbwirft; kein bebend Sclave zittert / Wenn ſich auf ſeine Schuld ſein Halßherr hat erbittert / Jn ſeinen Feſſeln ſo; auch kein verbrecher nicht / Der / wenn der Richter Rach ihm ſeinen Halß abſpricht / Vom Todes-Angſt erſtarrt: als mein beſtuͤrtzt Gemuͤtte180 Von Furcht und Hofnung wallt: Ob unſre rechte Bitte Bey Ambren was verfaͤngt.

Sechierp.

Was hat der Sorgens Noth / Der / wo kein Liebreitz hilft / verſtockten durch GebothB iijDie18Die Liebe ſchaffen kan? Und was kan die verſagen / Die nebſt Genieß der Luſt mag gruͤnen Sammet tragen?

185
Ibrah.

Ach leider! Liebeßzwang ſchaft Gallen-herbe Luft / Floͤß’t Wermuth auf den Mund / und Eckel in die Bruſt Das Saltz im Lieben iſt verwechſelte Begierde; Vertauſchte Gegenhold. Die Roſen ſchoͤnſter Zierde Verliern den Purper-Glantz / ihr Biſam der verraucht /190 Wenn Gramhaft Eckel ſie / mit kaltem Gift anhaucht; Hartneckigkeit kan auch leicht eine Magd ergeben: Daß ſie ſich einen Korb dem Herren wagt zu geben.

Sechierp.

Zu dieſer Thorheit iſt des Mufti Kind zu zart.

Ibrah.

Auf Rebenſtoͤcken waͤchſt oft eine Schleen-Arth.

195
Sechierp.

Die Anmuth ſicht ihr ſelbſt lebendig aus den Augen.

Ibrah.

Nicht iede Biene kan aus Kraͤutern Honig ſaugen.

Sechierp.

Was geht dem Jbrahim an Hold und Liebreitz ab?

Ibrah.

Wie? daß uns Siſigamb ein ſauer Auge gab?

Sechierp.

Die Augen Ambrens zihn ſelbſt auf die Jagt nach Liebe.

200
Ibrah.

Der Himmel iſt hier dem oft helle / jenem truͤbe.

Sechierp.

Die Niedrigen iſt feil / gib’t Fuͤrſten leichten Kauf.

[Capachi].

Der Mufti komm’t / und wil dem Kaͤyſer warten auf.

Ibrah.

Fuͤhr ihn herein. Ach! was wird er fuͤr Poſt uns bringen!

Sechierp.

Wer Fuͤrſten ſelbſt bringt Poſt / ſag’t meiſt von gutten Dingen.

205
Ibrah.

Wird Jbrahim vergnuͤg’t durch deine Bottſchaft ſeyn?

Mufti.

Was uns der Morgen ſpar’t / bring’t oft der Mittag ein.

Ibrah.

Was? wil dein Kind die Lieb auf fernes Ziel verſparen?

Mufti.

Die Einfalt raͤth ihr diß. Der Witz komm’t nicht fuͤr Jahren.

Ibrah.

So ſchlaͤg’t ſi[e]ihres Herrn Genade gantz in Wind?

210
Mufti.

Jch ſelbſt betrauer es: daß ſie ſo taub und blind.

Ibrah.

Du haſt / verdammter Hund / ſie ſelbſt hierzu verhetzet.

Mufti.

Jch ſterbe / hat ſie ihr den Kopf nicht aufgeſetzet.

Ibrah.

Mit was entſchuldig’t ſie ſo trotze Miſſethat?

Mufti.

Mit dem: daß ſchon der Fuͤrſt fuͤnf Soͤhne lebend hat.

215
Ibrah.

Was hat ſie uͤber die ſich Urſach zu beſchweren?

Mufti.

Sie wuͤrde Kinder doch dem Tode nur gebehren.

Ibrah.

Diß Gift hat deine Zung ihr ſelbſt gefloͤßet ein.

Mufti.

Wo diß verſuͤhrlich iſt / ſo mag’s halß-bruͤchig ſeyn.

Ibrah.

Wie / daß du dich nicht muͤh’ſt den Wahn ihr zubenehmen?

220
Mufti.

Jch muß des Mahumeds Geſaͤtzen mich bequaͤmen.

Ibrah.

Entdecke / mit was Er der Kaͤyſer Eh verwarf?

Mufti.

Er ſetzte: daß ſein Kind kein Vater zwingen darf.

Ibrah.

Verfluchter Boͤſewicht! ſtracks weich uns vom Geſichte!

Achmet.

Beſchimpfung / Haß und Schmach ſind meiſt des Hofes Fruͤchte.

Ibrah.

Verteufelter / ſag’s ſol die Sebel lohnen dir?

Achmet.

Der Sultan ziehe Gnad erholter Schaͤrffe fuͤr.

Ibrah.

Du ſelbſt ſolſt heute noch uns ſeinen Schedel holen.

Achmet.

Der Kaͤyſer ſelbſt erweg: Ob’s Rathſam / was beſohlen.

Ibrah.

Die Schuld verdient: daß er zerſtampt im Moͤrſel ſey.

230
Achmet.

Die Stats-Beſchaffenheit laͤß’t oft Verbrecher frey.

Ibrah.

Was iſt’s / daß uns die Hand haͤlt / und in Schrancken ſaͤtzet?

Achmet.

Weil Volck und Poͤfel ihn fuͤr gar zu heilig ſchaͤtzet.

Ibrah.

Noch heiliger ſind wir der Muſelmaͤnner Haupt.

Achmet.

Diß hat dem Mufti ſelbſt den Oberſitz erlaubt.

235
Ibrah.

Sol unſer Hoͤffligkeit beſchirmen ſein Verbrechen?

Achmet.

Man muß auf groͤß’re doch ein linder Urtheil ſprechen.

Ibrah.

Die Würde groͤß’t die Schuld / und ſchaͤrft des Richters Schwerdt.

Achmet.

Der herſchet mit Vernunft / der nicht zu ſcharf verfaͤhrt.

Ibrah.

So ſag ihm: daß er nicht ſol unſer Antlitz ſehen.

240
Achmet.

Was mir der Kaͤyſer ſchaft / ſol Augenblicks geſchehen.

Ibrah.

Ja. Aber was geſchicht / was Oßman wuͤnſch’t und ſchafft! Dem Oſt und Weſt gehorcht / dem mangelt Staͤrck und Kraft / Ein Bier zehn-jaͤhricht Kind liebreitzend zubezwingen!

Sechierp.

Zu hohen Gipfeln muß man durch viel Muͤh ſich ſchwingen /245 Die guͤld’nen Aepfel ſind von Drachen meiſt bewacht! Doch Fleiß / Gedult und Zeit hat ſtets zu wege bracht / Den Lorber-reichen Krantz der Tugend auf zu ſetzen.

Ibrah.

Was muͤhſtu dich mich noch mit Traͤumen zuergetzen?

Sechierp.

Wie viel iſt noch verſpiel’t? des gramen Vaters Wort. 250.Wo wahr iſt / was er ruͤhm’t. Kein Demant wird durchbohrt Durch Amboß-harte Schlaͤg? Ein Tiger wird gezaͤhmet Durch Glimpf / mit Faͤſſeln nicht. Und liebe wird geſaͤmetMit19Mit linden Saͤften ein. Vergoͤnt’s der Kaͤyſer mir; Trau ich mir kuͤhnlich zu: die Liebes-Pillen ihr255 Mit Farben ſchoͤnſten Gold’s / nicht Frucht-loß einzuloben. Jm Liebes Becher ſchwimm’t das Oel des Eckels oben Den Lippen / welche noch ihr Zucker nicht geſchmeckt. Was iſt ſie / als ein Kind / das noch in Schaten ſteckt? Ein Baum / auf dem noch nie der Kitzel hat gebluͤhet /260. Die Anmuth reif geweſt. Jch aber bin bemuͤhet Durch ſuͤſſe Lehren ihr die Knoſpen auf zu thun; Die Einfalts-Kaͤlte ſchleuſt.

Ibrah.

Auf dir ſcheint zu beruhn Noch unſrer Seele Heil. Wirſtu diß Kind beſiegen; Sol Ambre zwar des Nachts in unſern Armen liegen /265 Mein Hertze Lebenslang dich aber ſchluͤſſen ein.

Sechierp.

Jch wuͤnſche ſo begluͤck’t als muͤhſam hier zu ſeyn.

Der Schauplatz ſtellet fuͤr des Mufti Gemach.
Mufti. Ambre. Ein Mollah oder Vnter-Richter des Mufti.
Mufti.

SO geht’s! ſo finſter kan ein heller Tag ſich ſchluͤſſen! Wer ſich auf’s Gluͤcke lehn’t / der ſteh’t auf ſchwachen Fuͤſſen / Das / wenn des Hochmuths Wahn baut Schloͤſſer in die Luft /270 Den Grundſtein zum Verterb legt in des Abgrunds Kluft. Diß iſt das Eppich-Kraut / das den zu Bodem reiſſet Den es umbarm’t und halß’t. Der halbe Weltkreiß heiſſet Mich heilig / klug / beglückt / und dieſes alles kan Nicht helffen: Daß mich nicht Gefahr und Noth ſtoͤß’t an. 275Denn Heiligkeit wird meiſt ein Ziel der Boßheits-Pfeile / Und kein fuͤrſichtig Witz kan des Verhaͤngnuͤß-Keile; Ja keine Wuͤrde nicht des Hofes Fallbred flihn. Die Wieſen / die allhier voll Tulipanen bluͤhn Sind Jrrwiſch-reiche Suͤmpf und Doͤrnrichte Moraͤſte. 280Erſt geſter’n ſtand das Rad noch meines Gluͤckes feſte; Wahrſagen galt ſo viel als meine Rede nicht / Des Sultans Richtſchnur war mein Rath / mein Thun ſein Licht. Jtzt werd ich ſo beſchimpft / von Hofeweg geſtoßen;

Ambre.

Herr Vatet Ach! der Blitz / wenn Fuͤrſten ſich erboßen /285 Jſt toͤdlich und zermalm’t. Wir ſtehen in Gefahr / Des Lebens / und daß ſich der grimme Sultan gar Was aͤrgers wider mich rachgierig darff entſchluͤßen Doch Leider! ſol auß mir das Kuall des Ungluͤcks fluͤſſen? Sol Ambre Moͤrderin der holden Eltern ſeyn! 290So tauche der Tyrann eh in die Adern ein Die von Blutt fette Fauſt; und weihe GOtt die Bruͤſte / Eh als der Blutthund ſie zum Opfer ſeiner Luͤſte Zu unſern Schimpf erkieſ’t.

Mufti.

Mein hertz-geliebtes Kind / GOtt gruͤndet Hafen oft / wo nahe Syrten ſind. 295Gedult heilt oft Gefahr / ja bloſſer Zufall machet: Daß ein Verdammter oft noch Richt und Henckers lachet.

Ambre.

Ach leider! Elend wird reif / wenns kaum Knoſpen krieg’t Und Tugend ſih’t ſich ſtets von Boßheit uͤberwig’t.

Mufti.

Getroſt! die Tugend ſtrahl’t mit ihren Sonnen-Lichte300 Tyrannen mehrentheils ſo kraͤftig in’s Geſichte: Daß ihr von Rach und Grimm entflammtes Auge blind Das Antlitz ſchamroth wird / ihr Geiſt Vernunft gewinn’t. Zu dem ſo muß mein Hauß der Infel Wuͤrde ſchirmen / Die ſich kein Sultan leicht gewagt hat zu beſtuͤrmen;305 Wohlwiſſende: daß wir der Unterthanen Zaum / Der Fuͤrſten Schutzbild ſind.

Ambre

es ſaget mir mein Traum Mein bebend Hertze wahr; wie er auf ihn wird wuͤtten; Denn Rache pfleg’t den Feind mit Flammen zubeſchuͤtten / Sol gleich ihr eigen Hauß gerathen in den Brand. 310Und mir bluͤht Schimpf und Schmach. Wo ich des Vatern Hand Nicht troſtloß kuͤſſen ſol / und ſeine Knie umbfangen / Wo ein gehorſam Kind kan thraͤnend was erlangen / So trau / Herr Vater / er ſo truͤben Wolcken nicht / So rett er mich ſein Kind / eh als der Blitz loß-bricht;315 So laß er heute noch mich nach Medina flihen. Geluͤbd und Andacht laͤßt ſich leicht bey’m Sultan ziehenB jvZu20Zu ſcheinbar’m Vorwand an.

Mufti.

Jch wil gleich muͤhſam ſeyn Zu ſorgen fuͤr dein.

Mollah.

Herr / der Groß-Veſier wil ein.

Mufti.

Was bringt der? fuͤhr ihn her.

Ambre.

Dir ach! den Tod / mir Ketten.

320
Mufti.

Laß Hertzhaft und[erfreu’t] uns ihm entgegen tretten.

Achmet. Mufti. Ambre.
Achmet.

Jch komme Freund / zu dir ſorgfaͤltig fuͤr dein Heil.

Mufti.

Wer frembdes foͤrdert / hat am Himmel ſchon ein Theil.

Achmet.

Wer ſeines nicht verſchmaͤh’t / muß gutten Rath nicht haſſen.

Mufti.

Der andern raͤthet / wird ihm ſelbſt ja rathen laſſen.

325
Achmet.

Ein Mittel waͤre noch fuͤr ſeine Wolfarth dar.

Mufti.

Was iſt’s / das Felſen ſol / und was iſt’s fuͤr Gefahr?

Achmet.

Die hat Fuͤrſt Jbrahim / und jenes du in Haͤnden.

Mufti.

Eroͤfne: was er dreu’t / und was die Noth kan wenden.

Achmet.

Beſtille ſeinen Zorn und liefer ihm dein Kind.

330
Ambre.

Weiß Achmet / was zu thun die Vaͤter maͤchtig ſind?

Achmet.

Weiß Ambre Mahumets ſein zweytes Grund geſetze?

Ambre.

Sey ſicher: daß ich es fuͤr meine Richtſchnur ſchaͤtze.

Achmet.

Wie daß auf’s Vatern Heiſch ſie nicht den Sultan lieb’t?

Ambre.

Weil mein Geluͤbde mir hier ein Verboth abgibt.

335
Achmet.

Laͤß’t durch Geluͤbde ſich Geſetz und Folg aufheben?

Mufti.

Geluͤbden duͤrffen nicht die Eltern wider ſtreben.

Achmet.

Staͤrckt boͤſe Kinder man mit ſolchem Lehren noch;

Mufti.

Der Eltern Herrſchaft heg’t kein Sclaven-gleiches Joch.

Achmet.

Jhr beyde ſolt alsbald den Eigen-Sinn berenen.

340
Ambre.

Wer nach der Tugend wall’t / laͤß’t ſich kein Donnern ſcheuen.

Achmet.

Wer Blitz in Streit außtagt / der wird in Staub geleg’t.

Mufti.

Oft wird der Keil zerſchell’t / wenn er nach Felſen ſchlaͤg’t.

Achmet.

Mein’t Mufti dreuende des Sultans Arm zu pochen?

Mufti.

Auch der geduldig faͤllt / wird oftermals gerochen.

345
Achmet.

Wenn hohe Haͤupter fall’n ſo ſtarr’t des Poͤfels Muth.

Mufti.

Auß einer Huͤtt entſpringt oft eine groſſe Glutt.

Achmet.

So ſol und wil dein Kind nicht unſern Groß-Herrn lieben?

Mufti.

Es iſt ihr unverwehr’t / doch nichts nicht fuͤr geſchrieben.

Ambre.

Der Kaͤyſer heiſch’t von mir vergebens Lieb und Luſt.

350
Achmet.

So wiſſe Mufti denn: daß du nicht / bey verluſt Des Kopffes / iemals ſolſt in’s Sultans Antlitz kommen.

Mufti.

So wird die Wuͤrde mir des Prieſterthums genommen?

Achmet.

Beſcheide ſelber dich nach deiner Prieſter Rath.

Mufti.

Jch eile neben dir diß / was der Sultan hat355 Fuͤr Urtheil mir gefaͤll’t / umbſtaͤndlich zu entdecken.

Achmet.

Laß ſie und die Vernunft dir beſſern Rath erwecken.

Ambre.

Wo zielt / O Himmel / noch ſo rauer Sturmwind hin? Solt auch durch dieſen Schlag des Sultans ſteinern Sinn Enthaͤrtet worden ſein? Ach nein! die ſchlaue Schlange360. Weiß: daß ihr Gift die Kraft zu toͤdten erſt empfange / Wenn es durch ſchnellen Stich mit Blutte wird vermeng’t. Ein Panther der in Sur die Pilgramer anſprengt / Raubt nicht den Mantel nur / er ſetzet Zahn und Klauen Jn Fleiſch und Gliedern ein, So werd auch ich noch ſchauen:365 Daß nach beraub’ter Wuͤrd auch unſer kaltes Blutt Sein Gift wird feuchten an / und ſeines Eyfers Glut Mit unſern Leichen kuͤhln. Doch / das Verhaͤngnuͤß gebe: Daß ich ſo ſterben koͤnn / und nicht zur Schmach ihm lebe. Der Tod iſt kein Verluſt / wo Tugend / Ehre / Ruhm /370 Gewien des Lebens iſt. Der Tod iſt’s Eigenthumb Und’s Ende der Natur; nicht der beſeelten Straffe. Jch lache dieſer Wahn / die ſich fuͤr dieſem Schlaffe Wie fuͤr Geſpenſtern ſcheu’n / nicht glaͤuben: daß der Tod Der Leiber Schatten ſey; Die unſre Sterbens-Noth375 Gleich als vermeidlich flihn. Mich troͤſtet mein Gewiſſen: Den Frommen laſſe ſich das Fenſter nicht verſchluͤſſen / GOtt auß dem Schatten auch des Grabes an zu ſehn. Den Boͤſen koͤnne nur im Sarge weh geſchehn /Jhr21Jhr Leib zerquetſchet ſeyn. Wer dieſe Weißheit faſſet /380 Sth’t / wenn er durch den Pfeil des Himmels ſelbſt erblaſſet / Ein Wuͤtterich auf ihn das Moͤrder-Eiſen ſchleifft / Wenn Felſen auf ihn fall’n / der Abgrund nach ihm greift Tod / Pein und Hencker an mit ſtarrendem Geſichte. Wohl! Ambre fuͤhleſtu / mit was fuͤr reinem Lichte385 Des Himmels Guͤttigkeit die zarte Seel erhe’llt? Wer heilig leb’t / ſchmeckt ſchon den Himmel in der Welt.

Ambre. Sechierpera.
Sechierp.

Ja! ſie kan / wenn ſie wil / das Paradiß hier ſchmecken.

Ambre.

Hilf Gott!

Sechierp.

Sie hat fuͤr mir nicht Uhrſach zuerſchrecken.

Ambre.

Wo komm’t die Gnad uns her: daß ſie diß Hauß ſuch’t heim?

390
Sechierp.

Die Biene ſuchet Klee und fleuch’t nach Honigſeim.

Ambre.

Was iſt fuͤr Suͤſſigkeit bey mir fuͤr ſie verborgen?

Sechierp.

Man ſih’t die Bienen auch fuͤr ihrem Koͤnig ſorgen.

Ambre.

Fuͤr wen / und was hol’t ſie fuͤr Bienen-Zucker hier?

Sechierp.

Fuͤr unſers Sultans Mund / der ſo ſehr laͤchſt nach ihr.

395
Ambre.

Kein ſolch ſchlecht Maͤgd’gen kan ſo einen Herrn ergetzen.

Sechierp.

Es iſt der Demuth Arth ſich ſelbſt veraͤchtlich ſchaͤtzen.

Ambre.

Mein bloͤdes Auge weiß von Liebes-Blicken nicht.

Sechierp.

Wir: daß auß ihrer Nacht entzuͤndend Blitz außbricht.

Ambre.

Kein Scharlach bluͤm’t den Mund / kein Purper deck’t die Wangen.

400
Sechierp.

Wir ſehn’s: daß beyde ja wie Morgen-Roſen prangen.

Ambre.

Dem Athem fehl’t Zibeth / die Bruͤſt iſt Perlen-leer.

Sechierp.

Hier brenn’t lebendig Schnee / dort quillet Biſam her.

Ambre.

Was ſol die / die der Fuͤrſt ſelbſt nie geſeh’n hat / taugen?

Sechierp.

Die Zung iſt’s Hertzens Both / und Leiterin der Augen.

405
Ambre.

Welch eine leitet denn des Sultans Aug auf mich?

Sechierp.

Die dich itzt preiß’t / und ſich hat laͤngſt verlieb’t in dich.

Ambre.

Du haſt mich ſchoͤner ihm / als ich bin / fuͤrgemahlet.

Sechierp.

Von dir wird iede Farb und Lob-Red uͤberſtrahlet.

Ambre.

Die Liebe weiſſer Haut iſt ein bald fallend Stern.

410
Sechierp.

Jn ſchoͤnen Gliedern ſteckt ein ſchoͤner Seelen-Kern.

Ambre.

Wer nur den Augen glaub’t / umbarm’t oft todte Schatten.

Sechierp.

Solln Pfau und Tauben denn ſich mit den Eulen gatten?

Ambre.

Der Bien und Ameiß Fleiß ſticht Pfauen-Federn weg.

Sechierp.

Sie Ambre ſucht in ſich vergebens Narb und Fleck.

415
Ambre.

Jedweder kenn’t an ſich am meiſten die Gebrechen.

Sechierp.

Jm Lieben darf nur der / der lieb’t / den Wahl-ſpruch ſprechen.

Ambre.

Man ſprich’t umbſonſt fuͤr die / die gar nicht lieben kan.

Sechierp.

Wie mag ihr Ambra wohl dich / Ambre / ſtincken an?

Ambre.

Wer Tugend-Raute pflantz’t / laͤß’t andern Luſt-gebluͤme.

420
Sechierp.

So glaub’ſtu: daß ſich’s gar zu lieben nicht gezieme?

Ambre.

Nicht Ambren / die ſich laͤngſt verlob’t der Keuſchheit hat.

Sechierp.

Wer gib’t Einfaͤltige / dir dieſem albern Rath?

Ambre.

Die Tugend hat in mir ſelbſt dieſes Ziel geſtecket.

Sechierp.

Ein Kind wirff’t Zucker weg / das Zucker nie geſchmecket.

425
Ambre.

Diß Blumwerck decket Molch / und dieſes Zucker Gift.

Sechierp.

Was iſt hier giftiges; daß die Verliebten trift?

Ambre.

Der Seele Schoͤnheit wird beflecket und verzehret.

Sechierp.

Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenſtern verkehret?

Ambre.

Jhr Buhle Maroth biß’t in Bebils Pfule noch.

430
Sechierp.

Koſt einmal ſuͤſſes Kind / ſo ſuͤſſe Speiſen doch!

Ambre.

Diß Gift iſt’s toͤdlichſte; das gar nicht bitter ſchmecket.

Sechierp.

Glaub’s: daß kein Stachel nicht im Wolluſt-Honig ſtecket.

Ambre.

Die Geilheit friſt ſich ſelbſt mit ſtetem Hunger ab.

Sechierp.

Sey ſicher: daß ſolch Durſt ſelbſt Nectar in ſich hab?

435
Ambre.

Ein keuſches Hertz iſt ihm ſelbſt eine ſuͤſſe Speiſe.

Sechierp.

Du lab’ſt mit Eckel dich / und waͤrmeſt dich mit Eiſe.

Ambre.

Dem ſchmecket Wermuth-Saltz / dem andern Fenchel wohl.

Sechierp.

Du biſt fuͤr Wahnwitz blind.

Ambre.

Jch ſehe was ich ſol.

Sechierp.

Du biſt dir ſelber gram / und haſſeſt / was dich liebet.

440
Ambre.

Der lieb’t ſich nicht / der ſich der Brunſt zum Sclaven gibet.

Sechierp. !

Sag’s / ob die / die beherꝛſcht den Kaͤyſer / Sclavin ſey?

Ambre.

Die Sultaninnen gehn in guͤld’nen Feſſeln frey.

Sechierp.

Solch guͤlde Keficht ſind Zierde / keine Banden.

Ambre.

Jn meiner Freyheit iſt unſchaͤtzbar Gold verhanden.

Des22445
Sechierp.

Des Sultans Liebe ſchenckt ihr eine Kaͤyſer-Kron.

Ambre.

Mein Haupt prang’t von Natur mit guͤld’nen Kraͤntzen ſchon.

Sechierp.

Der See und Syre wird ihr Seid und Purper ſchicken.

Ambre.

Genung! daß beyde ſchon Geſtalt und Seele ſchmuͤcken.

Sechierp.

Der Sultan / der ſie lieb’t / iſt Seid - und Purper-ſchoͤn.

450
Ambre.

Der Schoͤnheit Augenluſt heg’t Blumen / die vergeh’n.

Sechierp.

Sie ſteh’n im Fruͤhlinge noch / und in friſchen Bluͤthen.

Ambre.

Ja! wenn auch Scham und Zucht auf ſolchen Roſen gluͤth’en.

Sechierp.

Was miß’t dem Kaͤyſer ſie fuͤr Liebes-Maͤngel bey?

Ambre.

Diß: Daß ſein heutig Schatz ſein Greuel morgen ſey.

455
Sechierp.

Er wird dich biß in Tod als Liebes-Goͤttin ehren.

Ambre.

Der Wechſels iſt gewohn’t / wird auch bey mir aufhoͤren.

Sechierp.

Er bannet wegen dein ſonſt all auß ſeiner Gunſt.

Ambre.

Was ſaltzicht von Natur / verſuͤſſet keine Kunſt.

Sechierp.

Dein allzuſcheler Trieb laufft wider das Geſetze.

460
Ambre.

Wer ſchilt? daß frembde Kuͤß ich mir fuͤr Eckel ſchaͤtze?

Sechierp.

Der Fuͤrſt hat ſattſam Oel zu deiner Ampel noch.

Ambre.

Einfaͤlt’gen Kindern ſind die Reden allzuhoch.

Sechierp.

So Kindiſch war auch ich. Jtzt kan ich ſelber lehren.

Ambre.

Jch wil was zuͤchtigers in beſſern Schulen hoͤren.

465
Sechierp.

Sol keine zuͤchtig ſeyn / die Fuͤrſten ſich verſpricht?

Ambre.

Sie lieben Geilheit meiſt / die Fuͤrſten ſelber nicht.

Sechierp.

Dir eckelt fuͤr dem Safft / der’s Paradiß anſuͤſſet.

Ambre.

Ach! daß ihr ihn allhier nur unverfaͤlſchet lieſſet!

Sechierp.

Was miſchet Jbrahim fuͤr ſchlimmen Beyſatz ein?

470
Ambre.

Sind ſeine Flammen nicht unfruchtbar Sonnenſchein?

Sechierp.

Du wirſt von dieſer Sonn ein fruchtbar Monde werden.

Ambre.

Solch fruchtbar-ſeyn gebier’t den Tod und viel Beſchwerden

Sechierp.

Sih’t eine Mutter nicht an ihren Kindern Luſt?

Ambre.

Die nicht dem Tode ſaug’t ein Opfer an der Bruſt.

475
Sechierp.

Die in der Wiegen ſchon Gold / Sammet / Purper decket?

Ambre.

Mit derer Blutte ſich der Herrſchende beflecket.

Sechierp.

Die Bruͤder uͤben mehr ſo raue Stattſucht nicht.

Ambre.

Wie / daß denn Amurath die Kinder ſelbſt erſticht?

Sechierp.

Ließ er den Jbrahim als Bruder nicht beym Leben?

480
Ambre.

Der muſte / biß er ſtarb / in finſterm Kercker ſchweben.

Sechierp.

Der Bruder Achmet that dem Muſtaſa kein Leid.

Ambre.

Des bloͤden Wahnwitz war des Albern Sicherheit.

Sechierp.

Eh er bloͤdſinnig ſchien / ſchwur er ihm hold zu ſterben.

Ambre.

Doch dem geruͤckten Pfeil ſolt einſt ſein Blut ſchon faͤrben.

485
Sechierp.

Vom Himmel ward der Schluß durch Zufall ihm verruͤck’t.

Ambre.

Er blieb biß Achmet ſtarb / ein Dervis und beſtruͤckt.

Sechierp.

Wie daß er dem / und nicht dem Oßman ließ die Krone?

Ambre.

Durchs Brudern Thorheit ſucht er Anſehn ſeinem Sohne.

Sechierp.

Ach! daß in Urtheiln man oft ſo ſehr ferne geh’t!

490
Ambre.

Wie lang iſt’s / alß ſo fiel Orcan und Bajazeth?

Sechierp.

Wird diß fuͤr Bruder Mord des Amuraths geachtet?

Ambre.

Die Mutter hat ſie ihm aufs Siegsfeſt abgeſchlachtet.

Sechierp.

Du wirſt als Sultannin der Kinder Schutz-Frau ſeyn.

Ambre.

Die Ohnmacht ſchleuſt mich ſelbſt unſichern Schrancken ein.

495
Sechierp.

Den Sultanninen muß der Fuͤrſt oft ſelbſt nachgeben.

Ambre.

Halff Amurath nicht einſt wohl hunderten vom Leben?

Sechierp.

Jſt / wer im Staube lieg’t / vor’s Sultans Herꝛſchafft frey?

Ambre.

Der Blitz ſchlaͤg’t Zedern eh / als Myrtenſtraͤuch entzwey.

Sechierp.

Auf dein verſtocktes Hertz wird er bald Hagel ſchneyen.

500
Ambre.

Geduld kan Flamm und Eiß / wie Strauſſe Stahl / verdeien.

Sechierp.

Trotz gib’t der Marter nach / Witz wehl’t fuͤr Eiſen Gold.

Ambre.

Lacht eine Selavin nicht des Machmets Schwerd und Hold?

Sechierp.

Man ſiht zu Negropont der Naͤrrin Blut noch kleben.

Ambre.

Jhr gut gedaͤchtniß ſich biß zu den Sternen heben.

505
Sechierp.

Dein Wahnwitz wird verſchmaͤh’t / dein Lohn ein Sebel ſeyn.

Ambre.

Mein Engel / rede mir nicht mehr vergebens ein. Jch kan / und wil / und ſol den Jbrahim nicht lieben. Wilſt aber du mein Licht / mit der Erbarmung uͤben / Die dich verlieb’t umbhalß’t / ja dir zu Fuſſe faͤll’t /510 Die dich fuͤrs Sultans Hertz / und ihren Engel haͤlt / Wirſtu / wie du vermagſt / die ſchwermende Begierde / Dem Sultan reden auß / den Schatten meiner Zierde Vernuͤnfftig bilden fuͤr / ſo ſol die milde Hand Dir hier ſtets offen ſtehn. Nimm dieſen DiamantJtzt23515Jtzt nur zum Zeichen an. Ja unſers Himmels-Segen Wird fuͤr ſolch heilig Werck dir ewig Heil zulegen!

Sechierp.

Mein Kind / diß iſt ein Wunſch kaum moͤglich zu vollziehn. Wer ſich des Suldans Brunſt zu daͤmpfen wil bemuͤhn / Der geuſt ins Feuer Oel / flutt auf entgluͤhte Steine. 520Doch / weil ich es mit dir ſo gut und hertzlich meyne / Du meiner Seelen Troſt / mein Augen-Apffel biſt; So wil ich / was mir nur Beredſamkeit und Liſt Wird rathen / mit Gefahr ſelbſt meiner / fuͤr dich haudeln.

Ambre.

Vernunfft kan Stahl in Wachs / und Glut in Schnce verwandeln.

ReyenDer Wolluſt. Der Begierde. Der Schoͤnheit. Des Geitzes. Der Ehrſucht. Der Schande. Der Gewalt. Der Keuſchheit. Der Maͤſſigkeit. Der Vernunfft. Der Großmuͤhtigkeit. Der Demuth. Der Hoffnung. Der Gedult.

Die Wolluſt. 525

KOmm’t kroͤnet mich mit Palm - und Lorber-Kraͤntzen / Jhr Heldinnen / ihr Werckzeug meiner Macht! Nachdem ihr nun die Welt an allen Graͤntzen Mir unter’s Fahn / ja untern Fuß gebracht. Wie weit der heiſſe Hundsſtern ſchwaͤrtzt die Mohren;530 Der kalte Beer ſchnee-weiſſe Thiere bleicht / Bin ich zur Seelen-Koͤnigin erkohren / Fuͤr welcher man die Segel willig ſtreicht. So Pflug als Helm / ſo Kron als Jnſel muͤſſen Die Bahne pflaſtern meinen zarten Fuͤſſen.

Die Begierde. Die Schoͤnheit. Die Schande. Der Geitz. Die Ehrſucht. Die Ge - walt. 535

KOmm’t / Schweſtern / kraͤntz’t die Goͤttin aller Seelen? Baut ihr zu Lieb ein ewiges Altar / Die Molche ſchleppen Gold auß ihren Hoͤlen / Die Schnecke reicht die purpur Muſcheln dar; Die Fiſche bringen Perlen und Corallen;540 Der Sand der See zinß’t Demant und Rubin; Die Felſen opfern Berg-Blau und Chryſtallen / Die Wieſen geben Roſen und Jaßmin; Ja / ſeit dem ſie der Himmel ſchmecken lernen; So neig’t er ihr zum Krantze ſeine Sternen.

Die Keuſchheit. 54

Jhr Tugenden / ihr himmliſchen Geferthen; Seh’t ihr ſo viel der thoͤr’chten Circe nach? Was ſtifftet ſie mit ihren Zauber-Gerthen Auff meine Schaar fuͤr neues Ungemach? Wil ſie ihr Haupt mit meiner Krone ſchmuͤcken? 550Eilt! brecht den Stab der Zauberin in Stuͤcken!

Die
24
Die Wolluſt.

WAs bildet ihr der albern Sclaven Goͤtze / Die Henckerin einfaͤltger Seelen ein? Dein Prieſter ſelbſt faͤllt uͤber dein Geſetze / Und ſtoͤß’t den Fuß an deiner Taffeln Stein. 555Wenns eine wagt auß meinen Dienerinnen / Wird ſie dir leicht den Siegs-Preiß abgewinnen.

Die Keuſchheit.

KOm̃’t / ruͤſtet euch / die ihr vom Anſehn Zwerge / Doch Rieſen ſeit in Wercken / fuͤr mich auß! Kom̃t / Schweſtern / kom̃t und lehrt die ſtoltzen Berge:560 Daß meiſt ihr Brut ſey Maulwurf oder Mauß. Laſſt aller Welt durch euren Kampf beybringen: Die Keuſchheit ſey unmoͤglich zu bezwingen.

Die Begierde.

MEin nackter Arm ſiegt ohne Wehr und Waſſen Der Keuſchheit ab; und nim̃t das Hertz ihr ein. 565Mein Kitzel macht: das Witz und Geiſt entſchlaſſen / Wenn ſie ſchon mehr als Argos aͤugicht ſeyn. Mein Sieg iſt mit der Welt in gleichem Alter. Von Adam her ſtam̃t meines Stachels Trieb. Was fleiſchlich iſt / iſt meiner Satzung halter /570 Die die Natur in Fleiſch und Adern ſchrieb. Wenn die ſich nur durch ſanften Kitzel regen / Muſtu den Krantz zur Wolluſt-Fuͤſſen legen.

Die Maͤſſigkeit.

WAs die Natur mit ihrem Finger preget Und ſchreibt auf die zwey Taffeln Fleiſch und Blut;575 Wenn Boßheit nur nicht giftig Holtz anleget / Jſt reiner Trieb / und ungefaͤlſchte Glut. Wil auch gleichs Fleiſch / durch luͤſterne Begierde Zu Brunſt gereitzt / ſich wider ſie empoͤrn / Die Mutter iſt und Goͤttin rein’ſter Zierde;580 So wird doch bald / wenn ich in meinen Roͤhr’n Dein Giſt leit ab / den Zunder boͤſer Bruͤnſte; Der Wolluſt Glantz verkehrt in Rauch und Duͤnſte.

Die Schoͤnheit.

WO Fleiſch auß Schnee / Blut iſt auß Eis gemachet / Wo Maaße wiegt die Nahrung tropfen-weiſ. 585Und der Natur ihr Reitz wird außgelachet; Zerſchmeltzt mein Strahl auch Zembla-gleiches Eis. So bald mein Oel ins Auge wird getroͤpfet / Fuͤhlt’s Hertze; wie mein Schwefel brennen kan. Wenns Alter auch ſchon Davids Saft abzoͤpfet;590 Steckt Betſabe doch ihn im Waſſer an. Laß einen Blick nur auf mich Sonne ſchuͤſſen / So wird dein Schnee in Liebes-Oel zerfliſſen.

Die Vernunft.

DJe Keuſchheit ſieht fuͤr Aſch und todten Zunder Die Schoͤnheit Strahl’n durch diß mein Schauglaß an. 595Wohlwiſſend: daß ein Außbund aller Wunder Bald ein faul Aaß und Madicht werden kan / Daß Raupen an Granaten-Aepfeln kleben Daß toͤdtend Gift der Schoͤnheit Mitgift ſey. Laß25Laß Phrynen buhl’n / zur Wolluſt Anlaß geben /600 Xenorates bleibt kalt und keuſch und frey. Ja Keuſchheit ſihet mit Adler-ſcharſſem Auge: Daß ener Jrrwiſch nicht zum Leit-Stern tauge.

Der Geitz.

ZErſchmeltzet nicht fuͤr dieſen Anmuths-Blicken Der Unluſt-Brand - und Honig-leeres Wachs;605 So wird mein Garn die ſchlane doch beruͤcken / Zu dem mein Arm nimmt Seid und guͤld’nen Flachs. Laß Danaen in Felſ und Thuͤrme ſchluͤßen / Den keuſchen Leib mit Schloͤſſern ſperren zu / Wenn Jupiter laͤß’t guͤldne Regen fluͤßen /610 Jſt nichts / was ſie ihm nicht zu Liebe thu. Wie magſtu nun in nackter Unluſt leben? Wer kan ſo viel Geharnſchten widerſtreben?

Die Großmuͤthigkeit.

MAgſtu dich wohl / ohnmaͤcht’ge Feindin wagen / Der Keuſchheit Fed und Kampf zu bitten an? 515Laß Ambren Schaͤtz und guͤld’ne Berg antragen / Schau / ob dein Reitz an ihr was fruchten kan. Großmuͤthigkeit lach’t derer / die ihr wollen Mit Koͤrner-leer - und tauben Hilſen ſtren’n. Die Beeren / die die Vogel kirren ſollen /620. Die muͤſſen voll / nicht leere Schalen ſeyn. Drumb ſteck itzt ein die Waffen / die nur Pfeile Vom Bleye ſind / und waͤchſ’ne Donner Keile.

Die Ehrſucht.

WO Zierd und Gold ſind glaͤſernes gewehre / Da brech ich durch mit Lantzen meiner Hand. 625Mein Ziel-zweck ſteckt bey dem Geſtirnten Baͤere / Jch mache Perl und Diamant auß Sand. Die Kronen ſind mir Bohnen gleiche Sachen / Doch zuͤnden ſie erfror’ne Seelen an. Jch bin es / die geſtirnte Jungfrau’n machen /630 Auß Selavinnen Princeſſen ſchaffen kan. Der Werckzeug iſt der Zunder fuͤſſer Flammen. Wilſtu nun nicht ſie ehren / dich verdammen?

Die Demuth.

L / Goͤttin / mich den Seiden Wurm vertilgen; Der Seide zwar / doch nichts als Graͤber ſpinn’t /635 Entferne dich von unſer Goͤttin Lilgen! Weil deine Koſt nur Maul-Beer-Blaͤtter ſind. Verſuche nur an Ambren ihrem Kinde. Ob ihr diß Gift / dein Biſam bringet ein; Was ſie fuͤr Luſt am guͤldnen Pofiſt finde;640 Ob Zepter ihr nicht faule Fauden ſeyn. Ja wo man ſiht den Stern der Demuth ſtehen / Muß Ehrenſucht und Wolluſt untergehen.

Die Verleumbdung.

VErſpiel’t der Glimpf ſo holder Buhlerinnen / So ſol mein Blitz dir fahren durch den Sinn. 645Dein Schnee ſol bald befleck’t ſeyn von den Spinnen / Ja Kefer Koth ſchmier’n an den Lilgen hin. Verlaſſe dich nicht auf der Unſchuld Schatten / Die Kroͤte ſaug’t auch auß Jaſminen Jaͤſcht. Jch kan die Schmach mit reinſter Tugend gatten /650 Ja Ehr und Ruhm wird von mir außgeleſch’t. Hier hab ich ſchon den Pinſel dich zu ſchwaͤrtzen; Wo du mehr jag’ſt die Wolluſt auß dem Hertzen.

CDie
26
Die Hoffnung.

EJn keuſcher Geiſt / ein Schwanen-rein Gewiſſen Bleib’t weiß / wenn ihm Verleumbdung gleich beſpritz’t. 655Laß Mißgunſt Pech / Neid Unflat auf ſie giſſen / Die Kenſchheit weiſſ durch Hofuung ſich beſchuͤtz’t. Ein Joſeph jauchz’t in’s geilen Weibes Banden / Suſanna lacht des Ehbruchs Schandfleck auß. Die Hofnung iſt ein Pflaſter fuͤr die Schanden;660 Ja endlich faͤll’t Verlaͤumbdung gar in Grauß. Was ſol ihr nun grau’n fuͤr gemahlten Flecken? Die Sternen gluͤh’n / wenn ſie die Nacht wil decken.

Die Gewalt.

WEnn alle Pfeil als ſtumpf zu ruͤcke prellen / Kein Sturwind ihr den Maſtbaum brechen kan;665 Sol meine Fauſt die ſtoltze Zeder faͤllen. Jhr Hencker ſetzt ihr glimme Zangen an! Ja / daß ſie ſich nicht ſterbend Jungfrau heiſſe / So reiſſt ihr Hencker / ſie zur Nothzucht hin / Acciolin beflecket ſeine Weiſſe /670. Brich Jbrahim ſo auch der Ambrens Sinn! Was weiß dein Trotz fuͤr Blumen nun zu ruͤhmen; Wenn Maͤchtige dich mit Gewalt entbluͤmen?

Die Gedult.

DEr Hencker brenn’t der Keuſchheit nur zu gutte. Denn die Gedult verzuckert Gall und Gift. 675Die Palmen bluͤhn auß Erichs Tochter Blutte / Wenn ſchon ihr Haupt des Machmets Sebel trift. Ja Keuſchheit ſieg’t durch mich an Roſt und Pfale. Wird auch der Leib gleich mit Gewalt entehr’t. Wenn Keuſchheit iſt frey von dem Seelen Mahle /680 Hat Tyranney kein haarbreit ſie verſehr’t; Der Blutthund zwar kan Ambrens Leib verderben; Doch wird die Seel in Ambren Jungfrau ſterben.

Die Maͤſſigkeit. Die Vernunft. Die Großmuͤttigkeit. Die Demuth. Die Hofnung. Die Gedult.

KOmm’t / Schweſtern / kraͤntz’t die Goͤttin reiner Hertzen / Die Stahl und Gold und Zauberey beſigt. 685Brenn’t / Menſchen / ihr in allen Seelen Kertzen / Bring’t Palmen der / die Helden uͤberwigt. Ein Simſon kan zwar uͤber Rieſen ſiegen / Doch bindet ihn der Delile Betrug. Wo Ehren-Pfeil und guͤldne Kugeln fluͤgen /690 Verſpiel’t oft der / der eiſern Kriegs-Volck ſchlug / Die Keuſchheit aber ſtuͤrtz’t durch unſre Haͤnde / Fleiſch / Schoͤnheit’s-Reitz / Geitz / Ehrſucht / Schande / Braͤnde.

Die dritte Abhandlung.

Der Schau-Platz ſtellet fuͤr einen Luſt-Garten. Ibrahim. Mehemet.
Ibrah.

WAs hat denn Kioſem bey uns zu bringen an?

Mehemet.

Sie bittet thraͤnende / was eine Mutter kan: Der Sultan wolle ſie ſo ſirenger Haft entlaſſen.

Ibrah.

Nein! es ſol Kioſem in’s Kerckers Nacht erblaſſen.

5
Mehem.

Der Fuͤrſt behertzige: daß ſie die Mutter ſey.

Ibrah.

Der Faden des Gebluͤtt’s reiß’t durch den Haß entzwey.

Sie
27
Mehem.

Sie ſchwer’t: daß ſie ihn mehr / als ihre Seele liebet.

Ibrah.

Wie / daß ſie uns zur Pein ſo ſchlimme Laſter uͤbet?

Mehem.

Sie ſag’t: Ein gutter Artzt brauch oft Pfrim / Seg und Glutt.

10
Ibrah.

Zu was war ihr der Mord der ſchoͤnen Rieſin Gutt?

Mehem.

Den Sultan auß der Hand der Zauberin zu reiſſen.

Ibrah.

Sol Anmuth Zauberey der Moͤrderin noch heiſſen.

Mehem.

Wer auß Verdacht verbricht / kan noch entſchuͤldig’t ſeyn.

Ibrah.

Jhr Ehrgeitz bließ diß Gift / den Meuchel-Mord ihr ein.

15
Mehem.

Wer muß zu weilen nicht auf dieſem Eiſe gleiten?

Ibrah.

Sie ſtimm’t auch wider uns der Siſigamdis Seiten.

Mehem.

Vorſchaͤtzende: ſie ſey des Kaͤyſers Hold nicht werth.

Ibrah.

Die Schaͤtzung ſtehet zu dem / der den Schatz begehr’t.

Mehem.

Die naſſen Augen ſind ein Spiegel ihrer Reue.

20
Ibrah.

Glaub’s: daß der Crocodil mit ſeinem Weinen dreue.

Mehem.

Die Thraͤn Olympiens Zwang Alexanders Grimm.

Ibrah.

Er eyfert Jrrthumb nur / den Vorſatz Jbrahim.

Mehem.

Jch gebe gerne nach: daß ſie ſich hoch verbrochen / Daß min’dre Schuld oft ſey mit groͤffer’m Ernſt gerochen;25 Daß eure Majeſtaͤt hier Gnad ertheil’t fuͤr Recht: Allein / im Fall ſich darf ein unvermoͤgend Knecht Unſtrafbar unterſteh’n den Sultan umb Genade Fußfaͤllig anzuflehn; Glaͤub ich: der Kaͤyſer ſchade Sich ſelbſt und ſeiner Ruh / durch all zu harten Spruch;30 Er pflantz ihm Ruhm und Heil / wenn er fuͤr ſchmertz und Fluch Der Mutter Segen wehl’t. Die Straffe weicht der Guͤtte. Die Sonne theil’t ihr Licht auch rauen Voͤlckern mitte / Die ſie mit Fluch anſpruͤ’n / wenn ſie zu Golde geht; Auch regnet’s Schwefel nicht ſtets / wo ein Sodom ſteh’t;35 So wolle denn der Fuͤrſt hier auch mein Bitten ſegnen. Die Wolcken / die manchmal Blitz / Hagel / Schloßen regnen / Thau’n doch meiſt Fruchtbarkeit. Thun Muͤtter uns einſt weh; So iſt’s ein Leffel Schmertz / der ihrer Wolthat See Doch nicht erſchoͤpffen kan. Wie ſollen die uns haſſen /40 Die ewig uns ins Hertz / in Leib neun Mohnden faſſen? Die uns zur Speiſ ihr Blutt / ihr Leben in Gefahr Des Todes ſetzen auf?, Sol die / die ihn gebahr / Jn Kercker ſeyn geſperrt? Wil er die Sonn umbſchatten / Die ihm gab’s erſte Licht? Wil er nicht Raum verſtatten45 Dem Lor berbaume / der fuͤr Blitz ihn hat bedeckt? Der Sultan weiß das Ziel / das Amurath geſteckt Den Baßen hatte fuͤr / ihr eydliches Verſprechen: Sie ſolten ihm den Halß im finſtern Kercker brechen / Statt ſein den Tarter Cham zum Kaͤyſer ſetzen ein. 50Wer kont als Kioſem alldar ſein Ancker ſeyn? Sie brauchte Bitt und Trotz / drang durch mit Muͤh und Witze / Ja ſetzte Blutt und Gutt und Leben auf die Spitze / Biß ſie den harten Sinn der meiſten Baſſen brach / Und man dem Jbrahim des Oßmans Stul zuſprach;55 Drauf opferte ſie ihm des Brudern warme Leiche / Brach ſeinen Kercker auf / gebahr ihn ſo zum Reiche Noch einſt / der vor von ihr zur Welt gebohren war.

Ibrah.

Jhr Frey-ſeyn ſetz’t uns ſelbſt in Unluſt und Gefahr.

Mehem.

Jhr itzig Fehler wird forthin zur Lehr ihr dienen.

60
Ibrah.

So ſey’s denn! doch wird ſie ſich nur noch einſt erkuͤhnen Vorwitzig zu vergehn / ſo ſol der Kercker nicht / Der Strang ihr lohnen ab

Mehem.

Jch buͤrge fuͤr, die Pflicht Der Mutter / und ſie ſelbſt wird ihm fußfaͤllig dancken.

Ibrah.

Zwar Kioſem wird frey! wir aber ſtehn in Schrancken! 65Sie mach’t ſich loß von uns! und uns beſtrick’t ein Kind! Uns / die wir zwiſchen Thuͤr und Angel leider ſind! Uns / die wir voller Furcht nur noch von Hoͤfnung leben; Biß Sechierpera Troſt oder Tod wird geben.

Ibrahim. Sechierpera.
Ibrah.

Was bring’ſiu uns / mein Troſt / Vergnuͤgung oder Pein?

70
Sechierp.

Durch einen Schlag kan nicht ein Baum gefaͤllet ſeyn.

Ibrah.

So laͤß’t / hilf Himmel! ſich die rane nicht bewegen?

Sechierp.

Des Kindes Wahnwitz wird ſich mit der Kindheit legen.

C ijSchlaͤg’t
28
Ibrah.

Schlaͤg’t ſie mit Trotze denn des Sultans Lieb in Wind?

Sechierp.

Sie ruͤhmet ſeelig die / die ſelbter faͤhig ſind.

75
Ibrah.

Wie? ſtoͤß’t ſie denn von ſich die Seeligkeit mit Fuͤſſen?

Sechierp.

Sie wil ſich Mutter nicht gefaͤhrter Kinder wiſſen.

Ibrah.

Was mahlet ihr die Furcht fuͤr Todes-Larven fuͤr?

Sechierp.

Des Sultans Soͤhne ſind ergrimmte Loͤwen ihr; Die ihrer Kinder Fleiſch in Stuͤcke reiſſen wuͤrden. 80Darumb ſo ſey ihr Schluß: fuͤr Thron und Gold die Huͤrden / Fuͤr Wolluſt Feſſel / Strick / und Sebel zuerwehl’n / Als nebſt dem Sultan ihr auch Hencker zuvermaͤhl’n.

Ibrah.

Sol Jbrahim von ihr ſich aber henckern laſſen? Sol er des Nachts im Traum ihr zaubriſch Bild umbfaſſen /85 Des Tages ſaͤufzende wie Sclave fuͤr ihr knien? Mit iedem Athame Hertzklopffen an ſich ziehn? Und durch die Hellen-Pein nicht ihre Gunſt erwerben? Ja unvergnuͤg’t vergehn / und unbeſeligt ſterben?

Sechierp.

Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt. Holtz / das bald Feuer faͤng’t90 Haͤlt lange Kohlen nicht. Der Hund’sſtern / welcher ſaͤngt Laub / Graß und Blumen weg / hat wenig Friſt zu brennen. So wird der Seelenbrand ſich auch des Sultans trennen Durch Zeit / Vernunft / und Witz. Jch ſelber muß geſteh’n: Auch ſchlechte Blumen ſind den weiten Augen ſchoͤn /95 Das Waſſer ſchein’t Scarlat in fernen Regenbogen; Der Ambre Schoͤnheit hat entfernnt mich mehr gezogen Als ſie mich nahe zeucht. Und / wo ich urtheiln kan / So ſtehet Ambre nicht dem groſſen Sultan an.

Ibrah.

Ach! Leider / ach! diß iſt kein Pflaſter unſern Schmertzen! 100Die Seiſſe tilget nicht das Bildnuͤß auß dem Hertzen / Die deine Zunge ſelbſt preg’t unſer Seelen ein. Wie mag die Goͤttin dir nunmehr veraͤchtlich ſeyn / Der Weyrauch war zu ſchlecht / und Balſam zu geringe?

Sechierp.

Des Menſchen Vorwitz faͤll’t oft auf nichts-werthe. Dinge /105 Begierde greifft ſo bald nach Mah und Diſtel-Bluͤth Als Tulipen und Klee. Wenn man zu erſt erſiht Auch ein geringes Licht / verblaͤndet’s das Geſichte. Jch ſchwere; groſſer Fuͤrſt: daß itzt mit minderm Lichte Mir Ambrens Antlitz ſpiel’t. Der Strahlen Unruh reg’t110 Der Angen Uhrwerck nicht; Jhr Mund vermaͤhlt und heg’t Mit den Granaten nicht den Anmuths Reitz zuſammen. Der Bruͤſte Schneeberg iſt kein Eina / weil von Flammen Die Gipfel unbekroͤn’t; ja kein tief Athem ſchwell’t Die laſſen Baͤlg’empor. Der Wangen Lilgen-Feld115 Jſt allzuſehr mit Roͤth und Roſen uͤberſtreuet.

Ibrah.

Schweig Sechierpera! denn unſre Seel erfreuet / Und unſer Aug entzuͤck’t viel / was du Maͤngel nenn’ſt. Weil du das Zaubern nicht der bloͤden Augen kenn’ſt / Den Balſam nicht geſchmeckt / der von entflammten Wangen120 Und ernſten Lippen ſchmiltz’t; Du haſt uns mehr gefangen / Mehr unſer Hertz verſtrick’t; nun du uns haſt vernein’t Des Garnes zubefrey’n: Welch Unſtern aber ſchein’t Von dem Verhaͤngnuͤß uns? daß unſrer Seele Braͤnde Bey ihr nur Eiß gebehr’n? Auf! laß durch eig’ne Haͤnde125 Den Tham / an welchem ſich ihr Strom der Liebe ſtoͤß’t / Von Grund-auß reiſſen ein! die Wurtzel / die uns floͤß’t Nur Gall ein / rotten auß / was uns entſeelt / entſecelen.

Der Schauplatz verwandelt ſich in der Sulta - ninnen Spatzier-Saal. Fatima. Alima. Hagar. Kioſem. Siſigambis. des Ibrahims mit der Fatima und Alima erzeugte fuͤnf Soͤhne / Machmet. Bajazeth. Murat. Orcan. Suleiman.
Siſigamb.

SChan’t / Schweſtern / welch ein Licht ſteig’t auß ſo finſtern Hoͤlen. Die groſſe Sultanin / die Jbrahim verſchloß /130 Weil ſie mein Engel war / iſt wieder frey und loß.

Dem
29
Fatima.

Dem Hoͤchſten ſey’s gedanck’t: Sey tauſendmal wilkommen?

Alima.

Sey tauſendmal gekuͤß’k und in den Arm genommen; Der Himmel woll auch’uns Ohnmaͤchtigen verleih’n: Daß Kioſem uns moͤg ein Schirm ein Engel ſeyn!

135
Kioſem.

Seyd / liebſten Kinder auch mir tauſendmal gegruͤſſet / Und ihr holdreichen Zweig? umbhalſet und gekuͤſſet. Doch was ficht euer Hertz fuͤr Furcht und Ohnmacht an?

Fatima.

Ein Kummer welchen kaum die Zunge melden kan.

Kioſem.

Ein Schmertz / der nebelt auß in Wortte / Saͤufzer / Zehren /140 Erleichtert Hertz und Bruſt. Woll’n ſie ſich nun deſchweren Jhr Leid uns zu erzehl’n / bin ich zu helſſen dar;

Alima.

Ach! dieſe Kinder ſteh’n in euſerſter Gefahr.

Kioſem.

Von welchem Tyger iſt ihr Unheil zu beſorgen.

Fatima.

Der Himmel weiß es nur / uns aber iſt’s verborgen.

145
Kioſem.

Leg’t mir was deutlicher des Hertzens Kummer auß.

Alima.

Uns beyden hat getraͤum’t: wie ein erzuͤrnter Strauß Sich mit geharnſchter Klau uns ſie zu rauben muͤhe.

Siſigamb.

GOtt gebe: daß ihr Stamm biß zu der Nachwelt bluͤhe.

Kioſem.

Hat beyden diß getraͤumt.

Fatima.

Diß und zu gleicher Zeit.

150
Kioſem.

Gewiß / der Himmel dren’t ein unvermeidlich Leid.

Alima.

Mein Hertze beb’t und ſchlaͤg’t / mir zittern alle Glieder.

Kioſem.

Rieß das erboſie Thier von ihnen eines nieder?

Fatima.

Wir hielten ſeines Grimm’s und heiſſen Eyfers-Lauf Theils mit demuͤtt’ger Bitt und naſſer Wehmuth auf;155 Theils giengen wir behertz’t dem Strauße ſelbſt entgegen / Verſetzten ieden Schlag nach euſerſtem Vermoͤgen Mit Armen / Halß und Bruſt; ſo lange daß uns Hertz Und Athem ſchon gebrach / und von ſo herbem Schmertz Uns hieng die Ohnmacht zu; biß eine frembde Taube /160 Noch endlich unverſehns dem Thiere ward zu Raube / Und nach dem es ihr rieß die ſchoͤnen Federn auß / Thier / Traum / und Schlaf verſchwand.

Siſigamb.

Ach! leider / dieſer Strauß Jſt unſer Sultan ſelbſt; ich aber leider! werde Die Frembde Taube ſeyn!

Kioſem.

Die Sultanin gebehrde /165 Wo keine Noth nicht iſt / ſich ſo kleinmuͤttig nicht.

Alima.

Laß’t dieſe Thraͤnen mir; der Huͤlf und Rath gebricht Der Kinder (die faſt ch unſeelig als gebohren /) Schutz / Schirm und Schild zu ſeyn.

Kioſem.

hab’t ihr den Witz verlohren? Daß ihr euch gutte Traͤum auß thoͤr’chtem Jrrthumb leg’t170 Zu eurem Unheil auß? Wahr iſt’s: der Himmel pfleg’t Durch Traͤum uns kuͤnftig Gluͤck und Fall zu offenbaren. Jhr aber zih’t den Traum auf Deutung mit den Haaren. Warumb muß euer Strauß des Sultans Vorbild ſeyn / Der ſeinen Kindern ſelbſt die Klauen ſetzet ein? 175.Warumb ſol Taub und Traum auf Siſigamben zielen?

Fatima.

Komm’t es ihr frembde fuͤr: daß ſich die Fuͤrſten kuͤhlen Mit ihrer Kinder Blutt? Wie lang iſt’s: daß Verdacht Des Mahumets hat Sohn und Mutter umbgebracht? Der groſſe Suleiman hat ſelbſt ſich hoch beflecket180 Durch zweyer Soͤhne Tod. Und weſſen Mache ſonſt ſtrecket Sich auſſer ihm ſo weit die Kinder zu verſchrn?

Kioſem.

Daut Baſſens Miſſethat kan dich ein anders lehrn: Der unterm Muſtaffa / umb ſich am hoͤchſten Brette Des Kaͤyſerthumbs zu ſeh’n / laͤngſt außgetilget haͤtte185 Mit meiner Soͤhne Fall des Oßmanns gantzes Hauß; Haͤtt ich dem Hunde nicht das Schwerd gewunden auß. Die Mutter Muſtaffens nam ſelbſt auch Moͤrderthaten Auf ſie vergebens fuͤr. Denn meiſt pfleg’t miß zu rathen / Was man auf Fuͤrſten ſpinn’t.

Alima.

Gott ſich auch dieſen bey /190 Und helffe: daß der Traum ein bloſſer Nebel ſey!

Kioſem.

Nur Muth! der Tugend muß iedweder Zufall weichen. Ein groß Gemuͤthe muß dem Meere ſich vergleichen / Das nicht die Saltz-Arth laͤß’t und ſeine Graͤntzen haͤlt / Worein gleich ſuͤſſe Flutt auß tauſend Fluͤſſen faͤll’t.

Ibrahim. Kioſem. Fatima. Alima. Hagar. Achmet. Valide A - gaſi. Die fuͤnf Soͤhne. Schatradeler Agaſi.
195
Fatima.

HJlf GOtt! der Sultan komm’t.

Ibrah.

Was hab’t ihr hie zu ſchluͤſſen?

Alima.

Uns laͤſſet Kioſem des Kaͤyſers Gnade wiſſen /

C iijDie30

Die ſie der Haft macht frey.

Ibrah.

Schnur-ſtracks verfuͤget ihr Jn eure Zimmer euch / nur laß’t die Kinder hier.

Fatima.

Ach! dieſer Donnerſchlag durchdringet Seel und Hertze!

200
Alima.

Mein Haupt und Geiſt wird mir verruͤck’t von Angſt und Schmertze.

Kioſem.

Was ſoll’n die Kinder ihm alleine?

Ibrah.

Wer hat Recht Zu forſchen / was wir thun?

Kioſem.

Ein ſchlechter Sclav und Knecht Frag’t mehrmals ſeinen Herrn dem Herren ſelbſt zu Gutte.

Ibrah.

Der Vorwitz ſol mir hier mit ſeinem eig’nen Blutte205 Selbſt ſeine Schuld bezahl’n.

Fatima.

Der Sultan wehre nicht: Daß Muͤttern / wie wir ſind / das Mutter-Hertze bricht.

Ibrah.

Sind dieſe Kinder hier nicht unſer mehr als euer?

Alima.

Jn Mutter Bruͤſten brenn’t ein groͤſſer Liebes-Feuer.

Ibrah.

Was traͤum’t euch: daß der Fuͤrſt wird wider Liebe thun?

210
Fatima.

Wer lieb’t / der eyfert auch / und Argwohn laͤß’t nicht ruhn Ein Hertze / wo ſich ſchon fuͤr das Geſichte ſtellet Ein Schatten der Gefahr.

Ibrah.

Sag’t: auß was Grund euch faͤllei Ein Argwohns-Schatten fuͤr?

Alima.

Auch eine Henne gib’t Auf ihre Jungen acht / wenn ſich ein Woͤlcklein truͤb’t /215 Wenn ſich ein Sperber laͤß’t auch nur von ferne blicken. Wir finden uns beſtuͤrtzt. Denn Jbrahm’s Augen ſchicken Auf ſeine Zweig und uns gewohnte Strahlen nicht Und holden Liebesreitz. Zorn / Rach und Eyfer bricht Auß iedem Blick herfuͤr.

Ibrah.

Wahr iſt’s. Sie ſollen ſterben /220 Jhr aufgeopfert Blutt / ſol dieſe Sebel faͤrben!

Kioſem.

Mein Fuͤrſt / mein Sohn / iſt er bey Witz und bey Vernunft?

Ibrah.

Mißbrauchſtu frevelnde ſchon deine Wiederkunft?

Fatim. Alima

Hilf Himmel! halt! ach! halt!

Ibrah.

Wolt ihr Gewalt hier uͤben?

Kioſem.

Die ſuͤndigen in nichts / die ſo ſehr hertzlich lieben.

225
Ibrah.

Laß’t uns mit dieſem frey / was unſer iſt / gebahr’n.

Fatima.

Laß uns die Sebeleh durch unſre Bruͤſte fahr’n!

Ibrah.

Sol ihr und euer Blutt zuſammen ſich vermengen?

Hagar.

Ja! meine Glieder ſoll’n diß Schwerdt mit Luſt beſprengen / Jch wil die Adern mir ſelbſt ſchneiden morſch entzwey:230 Daß meine Leiche nur ihr Lebens-Pfeiler ſey. Der Fuͤrſt erwaͤge doch: kein Geyer friß’t die Jungen; Und er wil / die von ihm auß ſeiner Huͤft entſprungen / Die Antheil ſeines Blut’ts / ja ſeine Seele ſind / Als Knechte ſchlachten ab. Was kan ein ſolches Kind /235 Das ſelbſt die Unſchuld iſt / und nichts nicht kan verbrechen / Ja das / was Suͤnde ſey / noch nicht weiß außzuſprechen / Fuͤr Laſters ſchuldig ſeyn?

Ibrah.

Solln wir dir Rechenſchaft Von unſerm Rathſchluß thun?

Fatima.

Entfaͤll’t nun alle Kraft Der aͤrm’ſten Fatima? kan mehr kein Strahl mehr brennen240 Der Augen / die der Fuͤrſt zwey Sonnen pfleg’t zu nennen? Weil ſie fuͤr liebreitz itzt mit Thraͤnen ſchwanger geh’n. Jſt der vor ſchoͤne Mund dem Sultan nicht mehr ſchoͤn? Weil kein beweglich Wortt ihm kan ſein Hertz durchſchneiden / Jſt dieſe Bruſt / die vor ein Koͤcher ſeiner Freuden245 Sein Jrrdiſch Himmel war; Geiſt-Trieb - und Anmuth-leer; Und tauſend Seufzer kwaͤll’n auß ihren Klippen her? Der edle Zimmetbaum traͤg’t deſto beſſern Zimmet / Je oͤfter man von ihm die kraͤft’ge Rind abnimmet: Gall-Aepfel aber bring’t ein Weib das ander Jahr /250 Wo gleich die erſte Frucht Granaten-Bluͤhte war. Ach! leider! drumb ſo fall’t / ihr Kinder / ihm zu Fuͤſſen! Beſaͤnſtig’t Grimm und Schwerdt mit Thraͤnen-reichen Kuͤſſen! Fall’t! und umbarmt ſein Knie / eh ihr durch’s Swerdt hinfall’t. Fallt! bittet! biß ihm auch das Vater-Hertze wall’t! 255Geh / ſchoͤnſter Machmet / geh umb dich ihm außzuſoͤhnen! Geh wirf das Haupt / das man zum Kaͤyſer noch wird kroͤnen / Dem Vater unterm Fuß! Geh du auch Bajazeth / Jn dem Fuͤrſt Jbrahim ſelbſt abgebildet ſteht!

Ibrah.

Wag’t ihr beym Winſeln euch die Armen uns zu halten? 260Jch ſchwer es: daß ihr all auch ſolt / wie ſie erkalten / Wo ihr noch euren Arm / ja eine Lippe regt.

Kioſem.

Der Fuͤrſt beſinne ſich / auf wen ſein Donner ſchlaͤgt?

Ibrah.

Thun wir / was unerhoͤhr’t; Da ſelbſt haſt zu geſehen / Als Amurath den Halß dem Sohne ließ verdrehen.

265
Kioſem.

Durch vor veruͤbten Mord hatt er den Tod verkerb’t,

Ibrah

Hat kein unſchuldig Blutt nie deine Fauſt gefaͤrb’t?

Der
31
Kioſem.

Der eignen Kinder nie. Ja keinen andern Fuͤrſten Hat man geſehn nach Blutt geſammter Kinder duͤrſten.

Ibrah.

Wer unter ihnen ſol denn außgewehlet ſeyn?

270
Fatima.

Ach! meinen Machmet muß die Erſt-geburth befreyn.

Alima.

Fuͤr meinen Murat kaͤmpft der Himmel und die Sternen / Den in der Wiegen ſchon die Perſen fuͤrchten lernen / Den die Wahrſagung laͤngſt zum Wunder hat gemacht / Weil ich ihn gleich gebahr / im Mertz / als Tag und Nacht275 Recht gleiche Stunden hat

Fatima.

Die Sternen werden kaͤmpffen Fuͤr meinen Suleiman / der alle Feinde daͤmpſſen Der Muſulmaͤnner ſol.

Hagar.

Mein ſchoͤner Bajazeth Ein Außbund der Natur / mein Holder Orcan ſteh’t Jn das Verhaͤngniß-Buch des Himmels eingeſchrieben:280 Daß / wer an ihnen wird Gewalt und Grimm auß-uͤben / Sol ewig ſeyn verdammt / waͤr’s gleich ein Muſulman!

Schatradel.

Den Kinder-Moͤrdern wird kein Blatt nicht kleben an Des heiligen Papir’s / noch der gefaͤrbten Roſen Vom Blutte Mahumeds / wenn ſie die kwal geloſen285 Und uͤber gluͤend Ertzt in’s Paradiß ſoll’n geh’n.

Ibrah.

Wil dieſer Kefer auch dem Adler widerſich’n?

Schatradel.

Man hat die Kinder mir gebunden auf die Seele.

Ibrah.

So fahre denn / vorher fuͤr ſie ins Todes Hoͤle.

Fatima, Alima

Hilf Himmel! er vergeh’t.

Machmet.

Herr Vater / ach! er ſchon! 290Jch bin ſein treues Kind.

Bajazeth.

Und ich ſein liebſter Sohn / Der nichts geſuͤndig’t hat.

Suleiman.

Laß’t uns den Fuß ihm kuͤſſen: Daß Er uns ſelbſt nicht wuͤrg’t / wenn wir ja ſterben muͤſſen.

Murat.

Ach! Mutter helff’t / ich ſterb!

Alima.

Hilff Himmellach mein Kind!

Kioſem.

Weiſt du’s / du Blutthund / nicht: daß’s deine Kinder ſind!

295
Alima.

Du Raben-Vater du / welch Thier friß’t ſeine Jungen? Welch Drache ſeine Frucht? wohl haſtu’s Kind verſchlungen / So friß die Mutter auch.

Kioſem.

Jhr Kinder nun iſt’s Zeit / Daß ihr die Meſſer zuͤck’t.

Hagar.

Sind deiner Grauſamkeit Zwey Opfer nicht genung?

Ibrah.

Umbſonſt! ſie alle muͤſſen /300 Weil unſer Leid doch auch auß einem wuͤrde flieſſen / Geopfert werden auf.

Kioſem.

Der Fuͤrſt ſag’s / ich beſchwer Jhn bey dem Mahumed / wo denn ſein Leid ruͤhr’t her?

Ibrah.

Jch leide Seelen-Pein umb ihres Lebens wegen / Weil Ambre ſich nicht wil in unſer Bette legen /305 Nicht lieben / der ſie lieb’t / umb: daß er Kinder hat.

Kioſem.

Verteufelt-boͤſer Schluß! verdammte Miſſethat! Umb eine Handvoll Luſt ſolch Blutt-Bad zu beſchluͤſſen! Greifft nur behertz’t ihn an. Jch liß bald anfangs wiſſen Durch meinen Agaſi das Kriegs-Volck: Oßmans Stamm310 Steh in Gefahr und Noth

Ibrah.

Angſt / Marter / Pfal und Flam̃ Sol dir verzweifelten / dir Raben-Mutter lohnen. Und ihr verruchten drey / ſolt nicht des Sultans ſchonen? Wag’t ihr an Kaͤyſereuch die Hand zu legen an / Der Sud und Oſt und Weſt mit Wincken zaͤhmen kan?

315
[Fatima].

Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt; wenn man verruͤckten wehret: Daß ihr gezuͤcktes Schwerdt ſie ſelber nicht verzehret; So haͤlt’s Vernunſt und Recht fuͤr Liebe / nicht fuͤr Zwang. Ja Jbrahim wird ſelbſt uns opfern Kuß und Danck: Daß wir itzt ſeiner Brunſt behertz’t in Ziegel fallen.

320
Ibrah.

Jch ſchwere Tod und Pein und Untergang euch allen.

Achmet.

Weg! groſſer Fuͤrſt / weg / weg!

Ibrah.

Was iſt’s?

Achmet.

Er rette ſich.

Ibrah.

Traͤum’t dir? fuͤr wem?

Achmet.

Die Wach empor’t ſich wider mich / Und wil ſelbſt mit Gewalt in’s Kaͤyſers Zimmer dringen / Wo man nicht Augenblicks die Printzen wuͤrde bringen325 Jn Heeres Gegenwart.

Ibrah.

wenn ihnen vor das Licht Hier wird ſeyn außgeleſch’t.

Achmet.

Der Kaͤyſer ſtuͤrtzenicht Sich ſelbſt / und ſeinen Stamm. Jedoch welch grimmig Wuͤtten Hat hier dem Murat ſchon die Gurgel abgeſchnitten? Jch zitter! ach! ich ſorg es ſey umb ihn geſcheh’n

330
Alima.

Ja! laß das Kriegs-Volck ein / den Greuel anzuſeh’n. Und Rache zu vollzieh’n.

Ibrah.

Wilſtu von meinen Klauen Auch deinen Suleiman hier noch zerfleiſchet ſchauen?

Achmet.

Nicht bring’t ihn noch mehr auf durch Fluch; laß’t euer Leid Sich nicht in Wahnwitz kehr’n. Eil’t bring’t in Sicherheit335 Die Kinder / die euch noch des Himmels Gunſt laͤß’t leben. Der Sultan laſſe ſie ſich in ihr Zimmer heben;C jvDaß32335Daß die vier lebenden das Kriegs-Volck ſehen kan / Wil er ſich ſelbſt nicht faͤll’n. Was aber reitz’t ihn an Sein eigen Fleiſch und Blutt ſelbſthaͤndig aufzureiben?

Ibrah.

Daß Ambre mich verſchmaͤh’t / weil ſie bey’m Leben bleiben; Die / weil ſie Kinder nicht dem Tode wil gebaͤhr’n /340 Mir Lieb und Eh abſchlaͤg’t.

Achmet.

Wil ſich der Fuͤrſt beſchwer’n / Der Albern zu gefall’n mit GOtt - und Menſchen-Rache Durch blutt’gen Kinder-Mord? da ja wohl dieſe Sache Noch and’re Huͤlff annimm’t.

Ibrah.

Was weiſt denn du fuͤr Rath?

Achmet.

Man nehme mit Gewalt / was ſie verweigert hat. 345Der Fuͤrſt kan mit mehr Fug Gewalt auf Sclaven uͤben / Daß: die in Guͤtte nicht wil / ihn auß Zwang muß lieben; Als von des Oßmans Stamm all edle Zweig abhau’n / Den mit genauer Noth wir itzo bluͤhend ſchau’n. Mit ſeiner Straſſe bleib’t der Nachwelt unvergeſſen /350 Wie ſich Cham Chivas ihm das Erbrecht zuzumeßen Hoch frevelnd unterſtand / als Oßmans Stamm nicht war Von dieſen Zweigen reich. Noch aͤrgere Gefahr Und Herſchſucht doͤrfte ſich in ſeinem Reich erregen Durch dieſer Pfeiler Fall. So edle Zedern pflegen355 Jn iedem Erdreich nicht bekleibend aufzugeh’n.

Ibrah.

Wer wird die Ambre ſich zu rauben unterſiehn?

Achmet.

Jch wil ſchnur-ſtracks ſie auß dem Bad in’s Zimmer ſchaffen.

Ibrah.

Laß / umb uns zu erfreu’n nichts nicht am Fleiſſe ſchlaffen:

Der Schauplatz ſtellet fuͤr des Kaͤyſers gehei - mes Zimmer. Sechierpera. Ibrahim.
Sechierp.

AUf was fuͤr Strudel renn’t ſein halbverzweifelt Sinn?

360
Ibrah.

Wo der Begierdens-Sturm des Hertzens-Schiff ſchlaͤg’t hin.

Sechierp.

Wird beydes aber auch des Abgrund’s Opfer werden?

Ibrah.

Ein Artzt brauch’t Seg und Glutt / wo Pflaſter den Beſchwerden Zu linde Mittel ſind.

Sechierp.

Verzweifelt Artzney mach’t: Daß oft ein heilbar Leib wird in den Sarch gebracht.

365
Ibrah.

Ach! es iſt ja durch Glimpf nichts nicht von ihr zu hoffen!

Sechierp.

Wird durch den erſten Pfeil ſtets iedes Ziel getroffen? Die Ramme ſtoͤß’t den Pfal auf einmal nicht in Grund. Jm Lieben mach’t ein Blick nicht bald die Seele wund. Das Gift muß durch das Aug erſt zu dem Hertzen dringen. 370Jtzt / nun der Fuͤrſt vom Glimpf auf Ernſt und Grim̃ wil ſpringen; Reiß’t Er den vor von mir gebau’ten Grundſtein ein / Und ſein Genuͤß wird nichts als herber Hunger ſeyn.

Ibrah.

Es ſey dem / wie es woll. Es bleib’t bey unſerm Schluße: Daß die auf unſer Bruſt nicht ruh’n wil / unter’m Fuſſe375 Wie Sclavin lachſen ſol. Der Baum muß abgeſeg’t Der Bluͤthen ſeyn beraub’t / der ſie zur Hoffart traͤg’t / Nicht Luſt und Nutzen ſchaff’t. Sie ſol noch hent erfahren: Daß Jbrahim mit ihr Gewalt hat zu gebahren / Daß ihre Jungfrauſchaft kein unverwelcklich Blatt /380 Ein ſchwindend Wachs-Licht ſey.

Sechierp.

Der groſſe Sultan hat Zwar unverſchrenckte Macht in allen ſeinen Wercken: Allein er ſelbſt / mein Fuͤrſt / wird erſt die Unluſt mercken: Und wie die Liebligkeit hier ſo verſaltzen ſey / Wenn ſtrenge Nothzucht ſchlaͤff’t bethraͤnten Wangen bey.

385
Ibrah.

Ach! leider / du weißt nicht: worauß Vergnuͤgung kwillet! Die Roſe / die ihr Haupt in faͤſte Knoſpen huͤllet / Reucht friſcher / als die uns die Blaͤtter breitet auß / Und / wenn der Mittag brenn’t / faͤll’t welck in Sand und Grauß. Jedoch wir woll’n noch einſt der Wortte Zucker brauchen. 390Wo aber ſie umbſonſt den Weyrauch laͤß’t verrauchen / Den unſer lodernd Hertz der Kalten zuͤndet an; So glaube: daß ſo denn uns nichts nicht halten kan / Die uns verſagte Bluͤth ihr ſchimpflich abzubrechen / Und der bethoͤrten Trotz durch ihre Schmach zu rechen.

Ibra -33
Ibrahim. Ambre. Achmet. Sechierpera.
395
Ibrah.

STell’t meiner Seele Zweck / mein Licht / mein Engel ſich Mein Augen-Apfel ein? Ach! daß ich / Sonne / dich Nach wuͤrde / nach Verdienſt hier wuͤßte zu empfangen! Kan wohl das Paradiß mit ſchoͤnern Engeln prangen? Der guͤld’ne Himmel pral’t mit edlern Sternen nicht! 400Doch / wie? daß Thraͤnen-Saltz auß ihren Sonnen bricht / Die in uns Glutt gebehr’n / und uns mit Flammen ſaͤugen. Des Mohnden waͤßricht Schein weiß ja nur Thau zu zeugen. Mein Kind / die Thraͤne ſchwemm’t der Anmuth Perlen weg / Und ſaltzicht Waſſer mach’t in Schoͤnheits-Scharlach Fleck. 405Umb was betruͤb’t ſich die / umb was woͤlck’t die’s Geſichte / Der Lieb und Gluͤcke ſchein’t mit unverfaͤlſchtem Lichte? Stamboldens Kaͤyſer zeucht ihr ſeinen Purper an / Und opfert ihr ſein Hertz. Was fuͤr Beſtuͤrtzung kan An ſtatt der Gegengunſt in ihr ſolch Leid erwecken? 410Laß uns die Schalen nur von deiner Anmuth ſchmecken / Und koſte ſelbſt einmal den Vorſchmack ſuͤſſer Luſt Des Zuckers dieſer Welt. Mein Kind / Mund / Augen / Bruſt Beſcheiden ſelber dich: daß ſie zu wilden Staͤmmen GOtt nicht erkieſet hat. Wilſtu den Trieb denn hemmen /415 Durch welchen die Natur auch Felſ - und Hecken reg’t / Die Crocodile kirr’t / und Hold in Drachen heg’t? Sie ſaͤufzet / ſie erblaß’t / ſie ſchauet auf die Erden! Laß unſer Antlitz doch dein Ziel des Anſchau’ns werden! Laß unſern Mund an ſich den ſuͤſſen Athem zih’n /420. Den deine Keh’l außlaͤß’t! Schau unſer Antlitz gluͤh’n / Schau / wie diß Hertze koch’t / wie unſer Seele laͤchſet / Nach Labſal / das allein auf deinen Lippen waͤchſet / Auß deiner Anmuth kwill’t! Antworteſtu uns nicht? Die Felſen denen doch Empfindligkeit gebricht /425 Antworten Fragenden mit hellem Wieder. Schalle.

Ambre.

Der Wolluſt-Zucker iſt / mein Fuͤrſt / mir Gift und Galle; Und meine Kindheit iſt nicht faͤhig noch zur Zeit Zu ſpielen auf dem Eiſ erwehnter Uppigkeit. Mein Anſeh’n viel zu ſchlecht / des Kaͤyſers Hand zu kuͤſſen /430. Die’s Zepter traͤg’t der Welt; zu kurtzweil’n mit den Fuͤſſen / Worfuͤr die Erde beb’t. Die Magd iſt thumm und blind / Die ſich zur Goͤttin macht. Zu hohe Wuͤrden ſind Die Speiſe voll von Glutt / die in den bloͤden Magen Die Waͤrmbde vollends tilg’t. Er laſſe Purper tragen /435 Die / derer groß Verdienſt mehr Liebes-Zunder nehr’t. Der Glutt-vermaͤhlte Schnee wird Augenblicks verzehr’t; So wuͤrd auch mein kalt Hertz und ich verſchmeltzen muͤſſen / Wenn Er als Sonn auf mich beſtaͤndig lieſſe ſchuͤſſen Die Stralen ſeiner Hold. Was Feuer halten ſol440 Muß ſelber Feurig ſeyn; ſol es nicht ſtracks zu Kohl Und Aſchen ſeyn verbrenn’t / Hold ſein in Haß zerronnen; Zumal da Fuͤrſten ſtets als niemals-muͤde Sonnen Zu neuen Sternen eil’n. Jedoch ich bin vergnuͤg’t: Daß mein bethraͤntes Aug in Staub und Sarche lig’t /445 Darf ich der Wolluſt nur nicht in ihr Netze fallen.

Ibrah.

So haͤlt dein Eckel diß fuͤr Wermuth / Gift und Gallen Was nichterne Vernunft fuͤr koͤſtlich Himmel-Brodt Und Sonnen-Saamen preißt? Was Mahumeds Geboth Den Außerwehlten ſag’t als ewiges vergnuͤgen450 Des Paradiſes zu? Wer ſchwaͤtz’t dir grame Luͤgen Fuͤr fuͤſſe Wahrheit ein: daß deiner Jahre Mey / Der voller Knoſpen ſteh’t / nicht Liebes-faͤhig ſey? Daß / die auf Wang und Mund heg’t reiffende Granaten / Und Aepfel auf der Bruſt / des Sultans Liebes-Saaten455 Nicht pflantz - und pflegen koͤnn. Jhr Schoͤn-ſeyn hat ſie ’ſchon Gepfroff’t in’s Sultans Hertz / verſetz’t auf Oßmans Thron. Und ſie ſolt unſrer Haͤnd nicht unſern Fuͤſſen taugen / Die Liebe blitzet ſelbſt ihr ſichtbar auß den Augen / Zerſchmeltz’t der Hertzen Ertzt und mach’t auch Seelen wund. 460Der Herbſt bekroͤn’t die Bruſt / der Fruͤling bluͤm’t den Mund /Des34Des Sommers Zierde pral’t auf den benelckten Wangen; Wie hat des Winters Eiß denn nur ihr Hertz umbfangen? Der Liebreitz guͤrtet ihr den Anmuths-Koͤcher an; Wie daß der Haß ſich denn mit ihr vermaͤhlen kan? 465Und Schatten tummer Traͤum ihr in’s Gehirne pregen? Jch wil die Haͤnde dir / mein Engel / unterlegen / Wie einem Papegoy nur Zucker geben ein / Ja meine Seele ſelbſt ſol deine Speiſe ſeyn. Jch wuͤnſchte: daß in mir noch hundert Hertzen waͤren /470 Mehr Seelen walleten / mehr Flammen zu gebehren Und Liebe gegen dich. Fuͤrſt Jbrahim / mein Kind / Betrauret: daß er nicht in Liebe gantz zerrinn’t Und dir zum Labſal ſich in deine Seele floͤßet. Wie daß denn Ambre den ſo ſchimpflich von ſich ſtoͤſſet? 475Der ſie ſo hertzlich lieb’t? Wie oder ſchilt mein Licht: Daß wir in Wortten heiß in Wercken aber nicht? Laß uns durch einen Kuß der Lippen Honig ſchmecken.

Ambre.

Die iſt nicht keuſch / die ihr ſchon laͤß’t den Mund beflecken; Die aber nicht bey Witz / die der begierden Dunſt /480 Den Kitzel / der entſpring’t auß geiler Augen Brunſt / Jhr Haupt umbnebeln laͤß’t; und doch bald ſchmertzlich fuͤhlet: Daß endlich dieſer Dampf mit Donnerkeilen ſpielet / Jn Schmertz und Schimpf zerfleußt.

Ibrah.

Hat iemals eine Magd Dem Kaͤyſer einen Kuß / dem Herren diß verſag’t /485 Wornach die Edelſten und tauſend Seelen laͤchſen?

Ambre.

Ja! ein ſchoͤn Garten wird von wilden Feld-Gewaͤchſen Entehret und verſtell’t. Jch Magd bin auch nicht werth: Daß / wenn mein Herr / mein Fuͤrſt zu kuͤſſen mich begehr’t / Er ſeinen Stand mißbraucht / und ſeinen Ruhm beleidig’t.

490
Ibrah.

Hoͤr’t / wie die Albere ſo hoͤniſch ſich vertheidig’t! Nein! hohe Seulen mach’t ihr niedrig Stand nicht klein / Die Sonne gib’t auch Erd - und Nebeln Glantz und Schein / Ein Fuͤrſt kan auch auß Nichts was / Gold auß Staube machen. Stracks ſag’s mit einem Wort: Ob du des Sultans Lachen /495 Ob du dir ſeinen Grimm wilſt fuͤr die Hold vermaͤhl’n.

Ambre.

Zwar Welten koͤnnen ihm / nicht aber Weiber fehl’n / Die Er / mein Fuͤrſt / beſig’t; was ſuch’t Er denn auß Steinen / Die Schnee / nicht Feuer nehr’n / auß Kindern / die zum Weinen / Nicht Liebes-faͤhig ſind / zu preſſen Lieb und Glutt? 500Die fuͤr die Jungfrauſchaft aufopfern Geiſt und Blutt / Eh ihre Bluͤthen ſoll’n gebehren ſolche Früchte / Die kuͤnftig muͤſſen ſeyn der Hencker Schau-Gerichte / Die Koſt der Tyranney.

Ibrah.

Du ſolſt den trotzen Sinn Dir bald gebrochen ſehn. Stracks / Achmet / nimm ſie hin /505 Und laß ſie fingernackt in unſer Bette werſſen. Wo Guͤtte nicht vermag den Liebes-Pfeil zu ſchaͤrffen / Muß Zwang der Wetzſtein ſeyn. Die Bluͤthen / die ſie ruͤhm’t Als unverwelcklich Laub / ſoll’n Augenblicks entbluͤm’t / Welck / duͤrr und fleckicht ſeyn.

Ambre.

Jch falle dir zu Fuͤſſen /510 Und ſaͤufze / groſſer Fuͤrſt; daß / wo mein Trotz ſol buͤſſen / Wo meiner Einfalt Schuld / ja Straffen hat verkerb’t: Mein unentweihter Leib die ſchaͤrfften Sebel faͤrb’t. Laß ſo viel Thraͤnen doch dir durch die Seele ſchneiden Der Ambre / die behertzt wil hundert Tode leiden /515 Ja die den Henckerſtrick mit Lachen kuͤſſen wil / Da ſie nur Jungfrau ſtirb’t. Gib dieſer doch ſo viel / Die deines Glaubens iſt / und die dich zu verſoͤhnen Mit ſo viel Thraͤnen ſuch’t / was Mahumed Jrenen Auch Erichs Tochter nicht als Chriſten hat verſag’t. 520Verſuche Schwerd und Streich / hier kniet die aͤrmſte Magd / Die nichts vermag / als nur den Wunſch / die Luſt zu ſterben.

Ibrah.

Fort mit ihr! Weiber-Blutt ſol keinen Sebel faͤrben.

Der35
Der Schauplatz ſtellet fuͤr ein warmes Bad.

Reyen Des badenden Frauen-Zimmers.

Die Frauen.

WJe ſeelig ſind! die GOtt in ’zarte Seide Geſchickter Glieder huͤllet ein! 525Denn Schoͤnheit ſchein’t ja ſelbſt des Himmels Kreide / Ein Brunkwaͤll des Geluͤck’s zu ſeyn. Sie iſt der Lieb und der Vergnuͤgung Wiege / Die Wolluſt ſchlaͤff’t auf ihrer Bruſt. Die Kinder fuͤhr’n auch wider Kaͤyſer Kriege /530 Bekaͤmpfen ſie durch ſuͤſſe Luſt. Der Fuͤrſt muß laſſen Ambren holen / Weil ihr bloß Ruhm ihm’s Hertz geſtolen.

Die Jungfrauen.

JHr Thoͤrichten! preiß’t ihr fuͤr ein Geluͤcke / Wenn reiner Keuſchheit Einfalt faͤll’t535. Jn’s Wolluſt-Garn / in geiler Jaͤger Stricke? Die Keuſchheit iſt der Schatz der Welt / Die Jungfrauſchaft gantz unbefleckte Sonnen / Die Lieb ein Jrrwiſch / der auß Tacht Unreiner Seel - und Hertzen wird geſponnen;540 Ein Wurm / der nur glaͤntz’t bey der Nacht. So laß’t uns denn von gantzem Hertzen / Der Ambre Raub und Fall beſchmertzen.

Die Frauen.

EJnfaͤltige! die ihr auß leeren Kruͤgen Nur Luft ſtatt unſers Nectars trinck’t;545 Was nuͤtz’t ein Feld / das ſtets muß brache liegen? Ein Kwaͤll / der in den Sand verſinck’t? Ein Balſam / der in Wuͤſteney verrauchet? Die Roſe / die der Wind verheert? Wenn Eiſen nicht und Schoͤnheit wird gebrauchet /450 Verlieren ſie durch Roſt den Werth; Und Schaͤtzen / die vergraben bleiben / Kan niemand Ruhm und Preiß zuſchreiben.

Die Jungfrauen.

DJe Jungfrauſchaft iſt von ſo edlen Steinen / Die kein geil Auge ſchaͤtzen kan. 455Die Sternen / die am allermeiſten ſcheinen / Steh’n in den Himmel oben an. Der Sonne Gold / fuͤr der ſich Stern entroͤthen / Heck’t mehr / als des Saturnus Bley / Geſchwaͤntzte Stern und ſchaͤdliche Cometen. 460Und Schoͤnheit ſchlaͤfft mehr Laſtern bey / Ja ihr auch Schwanen-reinen Wangen Gebehren Feuer / hecken Schlangen.

Die Frauen.

EJn Mund / der nie hat Wein und Milch geſchmecket / kan leicht als bitter ſie verſchmeh’n. 465Geh’t ſchan’t: wie ſie ſo Gold als Purper decket / Wie ſie beym Sultan iſt geſehn;Wie36Wie ſeine Seel auf ihre Bruſt zerrinnet / Und ſie mit Balſam uͤberthau’t / Wie er ſich als ein Seiden-Wurm verſpinnet /470 Und in ſein Hertz Altaͤr ihr ban’t. Denn Schoͤnheit krieg’t auch Kaͤyſer-Hertzen Zum Opfer / und zu Liebes-Kertzen.

Die Jungfrauen.

VErdammte Luſt! gekuͤſſeten Jrenen Muß endlich’s Schwerdt ein Brautſchatz ſeyn;575 Ja Liebe ſchleuſt als Sclavinnen die Schoͤnen Jn ein verguͤldet Keſicht ein / Auß denen ſtets die Hirnſen Honig ſangen: Daß der Geſtalt gemahlter Dunſt Nur bleibt leer Wachs / ein Zunder geiler Augen /570 Ein Talg zu Fackeln boͤſer Brunſt. Wohl uns! die wir in rauen Schalen Mit Perlen reiner Keuſchheit pralen!

Die Frauen.

DEr Wahnwitz hat euch Prillen fuͤrgeruͤcket / Daß ihr fuͤr Perlen Grauß ſeh’t an. 585Der Einfalt Eiß hat euer Hertz beſtricket: Daß euch kein Liebreitz ziehen kan. Doch wenn euch wird des Witzes Licht aufgehen / Wird Traum und Jrꝛlicht ſeyn vorbey; Denn werdet ihr recht ſchmecken und verſtehen:590 Was Liebe fuͤr ein Labſal ſey; Ja! daß entzuͤnden und ſelbſt brennen Des Himmels Vorſchmack ſey zu nennen.

Die Jungfrauen.

LAß’t / Schweſtern / uns fuͤr den Sirenen fliehen / Eh uns ihr Zauber Lied ſchlaͤf’t ein. 595Wir werden Brand auß dieſen Kwaͤllen ziehen / Die von den Schlangen giftig ſeyn. Wir werden uns beſudeln durch diß Waſchen. Jn geile Wuͤrmer uns verkehr’n. Weil / ſichert euch / der Keuſchheit Fenix-Aſchen600 Nur Nacht-Enl’n aͤrgſter Schmach gebehr’n; Die Jungfrau’n aber hier auf Erden Solln’s Paradiſes Schwanen werden.

Die Vierdte Abhandlung.

Der Schau-Platz ſtellet fuͤr des Mufti Gemach. Mufti. Mehemet. Bectas. Kiuperli. Kul-Kiahia. Mollah.
Mufti.

DAß-Miſſethat in ſich wie Ketten ſey verſchrenck’t / Da eine boͤſe That ſtracks an der andern henck’t / Wie Glied am Gliede folg’t / lehr’t uns des Sultans Wuͤtten. Wie lang iſt’s: daß er mir ſein Antlitz ließ verbitten /5 Mir / der ich wider’n Heiſch des trauten Amurath / Jhm zu den Zepter half? Jtzt folg’t die Greuel-That Schon auf der Ferſe nach. Wird’s wohl die Nachwelt glauben? Daß Oßmans Enckel ließ zur Noth - und Unzucht rauben Des hoͤchſten Prieſters Kind?

Mehemet.

Ja / diß iſt unerhoͤ’rt! 10Kein Sultan hat noch nie die Jnfel ſo vorſehr’t /So37So ſchentzlich ſich befleck’t. Und wer iſt / dem nicht grauet: Daß Achmet / dem das Heft des Reiches iſt vertrauet / Zum Dieb und Kupler wird? Was wird fuͤr Laſter nicht Noch dieſer Wurm gebehr’n? Und keinen Menſchen ſicht15 Doch minſte Vorforg an dem Tiger zu begegnen / Der Schimpf und Tod uns dreu’t.

Bectas.

GOtt wird die Seele ſeguen / Die ihr des Reiches Heil / des Volckes Zentner-Laſt Laͤß’t zu Gemuͤthe geh’n / die ihr das Hertze faß’t Den geilen Huren-Hengſt / in deſſen Adern ſtecket20 Kein Tropffen Fuͤrſtlich Blutt / der ſtuͤndlich ſich beflecket / Wie ein gemeines Weib / zu ſtuͤrtzen in den Grund. Euch iſt zu wohl bekand: wie den itzt grimmen Hund Ein Furchtſam Schaf beſchaͤm’t; wie ihm das Hertze fehlte / Den Kercker auf zu thun / als unſer Schluß ihn waͤhlte25 Zum Haupte dieſes Reichs; wie ſein ſchlimm Einritt ſchon Des Volcks Gelaͤchter war; wie er des Oßmaus Thron / Der keine Weiber traͤg’t / beſchimpfet und entehret / Wenn er fuͤr Tartſch und Schwerdt / das Koͤnigen gehoͤret / Mit Perlen ſchmuͤckt den Halß / mit Diamant den Leib /30 Die Naͤgel guͤlden faͤrb’t / und auf viel Arth ein Weib Sich emſiget zu ſeyn. Was haͤlt uns denn zu ruͤcke: Daß man diß Weib erwuͤrg’t mit dem verdienten Stricke? Wo ihr die Armen mir in dieſem Wercke reicht / So fehlt’s drey Stunden noch / biß Jbrahim erbleicht /35 Und Achmet iſt zerfleiſcht der Werckzeug ſeiner Laſter.

Mehemet.

Jch weiß fuͤr dieſe Peſt kein mehr bewehrtes Pflaſter. Und wo ich urtheiln kan / hat Achmet allermeiſt An’s Kaͤyſers Laſtern Schuld / der ihm ſtets Aepfel weift Der Wolluſt: daß der Fuͤrſt des Herſchens ſich entſchlaͤget /40. Daß Achmet Heſt und Stab / der Fuͤrſt den Tittel traͤget. Gewiß ein boͤſer Knecht iſt ſchaͤdlicher fuͤr’s Reich / Als ein nichts / guͤltig Fuͤrſt.

Mufti.

Laß’t beyden uns zugleich Außleſchen ihr falſch Licht. Wir haben hier mehr Gruͤnde Den Jbrahim zu faͤll’n. Die groͤſte Schuld und Suͤnde /45 Da man zu ſtuͤrtzen ſchloß den trauten Amurath / War: daß er das Verboth des Weines uͤbertrat. Der muͤh’t Geſaͤtz und Volck und Tugend ſich zu daͤmpfen. Auch fehlt’s an Kraͤften nicht diß Unthier zu bekaͤmpfen; Die Cadi ſehn auf mich / der Janitſchar folgt dir /50. Jedweder Baſſa wuͤnſch’t den Mehmet zum Veſier.

Bectas.

Dem Achmet muß zu erſt ſein Athem ſeyn verkuͤrtzet. Ein Schif und Reichs Haupt iſt ſchon mehr als halb geſtuͤrtzet / Wenn diß der Diener-wird und jenes Ancker-loß. Der Britten Haupte fehl’t nur noch der zehnde Stoß55 Zum Schifbruch / ſeit daß er den Pfeiler eingebuͤßet Durch Straſſorts treuen Kopf.

Mufti.

Jch lobe / was ihr ſchluͤſſet. Man ſage mehrern Sold den Janitſcharen zu; Auf deren Willkuͤhr ſteht des Sultans Fall und Ruh. Jch wil /

Mollah.

Herꝛ / Achmet bꝛing’t gleich Ambren ſelbſt zuruͤcke.

60
Mufti.

Ja / leider! Uns noch mehr zu ſtell’n Verderbens-Stricke. Weich’t ihr ins Beygemach. Jch wil / was Ambre klag’t / Und Achmet bring’t / hoͤr’n an.

Achmet. Mufti. Ambre.
Achmet.

Was eine geile Magd Durch wilden Trotz gewinn’t / mag dir diß Beyſpiel zeigen. Die / die bekroͤnet ſolt in’s Sultans Bette ſteigen. 65Doch Gnade / Wuͤrd und Hold mit Fuͤſſen von ſich ſtieß / Verſtoͤß’t der Fuͤrſt itzt ſelbſt. Die vor hochmuͤthig prieß Den Krantz der Jungfrauſchaft / ihr ihre fluͤcht’ge Blume Zum Abgott ſtell’te fuͤr und uns zum Heiligthume / Die zeige dir nun ſelbſt die welcken Blaͤtter dar;70 Und meld: Ob ihre Lilg unwelckbar an ihr war; Ob’s beſſer ſey beſchimpft / befleckt / entbloͤßt / verſpeiet / Zerriſſen / außgelach’t / geſchaͤndet und entweihet / Die Bluͤthen erſter Scham wie Hure büſſen ein / Als eines Kaͤyſers Brautt in Seid und Purper ſeyn? 75Doch kanſtu dieſes noch fuͤr hoͤchſte Gnad erheben: Daß die Befudelte nicht Knechten frey gegebenDUnd38Und Sclaven ward entdeck’t. Wer Goldſtuͤck fleckicht ſchilt / Damaſten von ſich wirft / der wird mit Fug gehuͤll’t Jn Saͤcke / Stro und Haar. Nimm in dem Huren-Kleide80 Dir deinen Balg nun hin. Ein Seiden-Wurm / der Seide Nicht mehr kan ſpinnen / wird in Molcken-Dieb verkehr’t. Dir aber wird noch einſt ſo Fuͤrſt als Hof verwehr’t.

Mufti.

Mein Fꝛeund / hat zwar mein Kind / die Schmach fuͤr Ehꝛ erwehlet / So ſehr auß Vorwitz nicht als Unverſtand gefehlet /85 So hat ſie doch hieran mehr als der Sultan Schuld. Was GOtt ſchaff’t und der Fuͤrſt / ertrag ich mit Geduld. Drumb meld ihm: daß ich auch vom Hofe weit entfernet Dem Kaͤyſer treu zu ſeyn von Jugend-auf gelernet; Ja wo Fuͤrſt Jbrahlm des Mufti Kopf begehr’t /90 Sol er ihm heute noch zum Opfer ſeyn gewehr’t.

Achmet.

Du ſaͤtzeſt weißlich ab vom erſten Aberwitze. Doch ſpaͤte Vorſicht iſt nichts nach dem Fallen nuͤtze.

Ambre. Mufti. Mehemet. Bectas. Kiuperli. Kul-Kiahia.
Mufti.

WJe lange ſol der Schwarm des Blutthund’s bluͤhend ſeyn? Jedoch / je laͤnger GOtt den Donnerkeil tanch’t ein95 Jn das Erbarmungs-Oel / ie ſchaͤrffer ſind die Schlaͤge. Die Vater-Ruthe kehr’t er dem in eine Sege / Ja reiß’t mit Strumpff und Stiel den Ubelthaͤter auß / Den er ſo langſam ſtraff’t. Wir woll’n in Koth und Grauß Noch unſern Todfeind ſeh’n! beſaͤnfte dein Gemuͤthe /100 Verſichert: daß die Kwall auch auß des Himmels-Guͤtte Vom Gnaden-Kwell herrinn’t. Wir ſeh’n der Sonne Licht / Weil wir von Arth ſind blind / nur ohne Blaͤndung nicht. Und unſer Aberwitz ſaß’t nicht des Himmels Schluͤſſe. Die werden noch verleih’n daß deiner Unſchuld muͤſſe105 Des Blutthund’s kaltes Blutt / Seiff und Zinober ſeyn / Das dich entweihte waͤſch’t von allen Flecken rein / Das dein entfaͤrbte Zucht und Roſen deiner Ehre Mit friſchem Purper mahl’t.

Ambre.

Gerechter Himmel / hoͤre Die Saͤufzer meiner Seel / indem das ſtumme Leid110 Mir Red und Zunge knuͤpft! Schaut! dieſes Huren-Kleid Der Keuſchheit Purper ſeyn! dem Himmel ſtell ich ſchwache Des Laſters Straffen heim; weil dieſe doch zur Rache Niemanden bringen wird; die ihres Schaͤnders Hertz Durch keine Demuth zwang. Und was noch Schmach uñ Schmertz115 Mir aͤrmſten ſchaͤrffer wuͤrtz’t; ſo muß ich hier erfahren: Daß dieſer Hengſt hier laͤß’t noch ruhmbar offenbaren Sein Laſter / meinen Schimpf; den Raub der Jungfrauſchaft / Den Diebſtal meiner Perl! Jch traure: daß die Kraft Der Nache mir gebricht. Weil in des Schaͤnders Wunden120 Fuͤr Ehren-Beulen doch nur Salbe wird gefunden / Die Weh und Schande tilg’t. Wer Unrecht ſchlaͤg’t in Wind / Verletzungen vergiß’t / die nur an Gliedern ſind / Und nur den Leib verſehr’n / der heg’t ein Helden Hertze. Der aber wird mit Fug beleg’t von Schmach und Schmertze /125 Der Ehren-Narben traͤg’t. Die muͤſſen nicht in Stein / Nein / ſondern nur in Staub geſchrieben werden ein: Daß ſie die Rache ſtracks verſtreich - und tilgen koͤnne. Des Himmels rechte Rach und eure Huͤlfe goͤnne: Daß an dem Blutthund ich mich bald gerochen ſchau! 130Ach! aber: daß ich doch auf dieſen Truͤbſand bau! Und mein Geneſen ſuch auß Jbrahims Verderben? Kan iede Tugend gleich ſonſt den Verluſt erwerben / So hilfft kein Auſſteh’n doch nicht nach der Keuſchheit Fall / Und Kunſt hat keine Kunſt / die ein erſchell’t Chryſtall135 Der Ehr und Zucht ergaͤntz’t. Man heil’t mit frembden Naͤrben Die eignen Schwere nicht; und keine blutt’ge Farben Verſchmier’n den Fleck / den Brunſt in dieſen Purper mach’t. Ach! wo hat / Ambre / dich dein Ungluͤck hingebracht? Wie heßlich hat der Firnß der Schoͤnheit dich verſtellet! 140Die Schoͤnheit iſt ein Aaß / das Geyern meiſt gefaͤllet / Ein Aaß / das ſtets Geſtanck der Laſter von ſich haucht / Der Wolluſt gift’gen Dampf ſtatt ſuͤſſen Balſams braucht /Und39Und Raben an ſich lockt / die Ehr und Zucht uns freſſen / Und ihren Geilheits-Koth ſchmier’n auf ihr luͤſtern Eſſen. 145Die Schoͤnheit iſt ein Stern / der mit dem Schwantz allzeit Auf neues Unheil weiß’t / ein Abgott / der entweih’t Von derer Andacht wird / die ſich zum Opfer finden / Weil ſie fuͤr Weyrauch ihm meiſt ſtinckend Hartzt anzuͤnden. Diß / Ambre / fuͤhl’ſt du ja; wie dich der Hund befleck’t /150 Der ſeine Seele dir zum Opfer angeſteck’t / Der dich begierig war fußfaͤllig anznbethen. Hoͤr’t aber / wie in mir der Schmertz raſ’t! dem Verſchmaͤhteñ Kleb’t keine Schoͤnheit an / die auch den Loͤwen haͤlt Die Klauen; und den Trotz der grimſten Rieſen faͤll’t. 155Doch nein! der Blutthund iſt mehr wild als Loͤw und Beeren / Mehr hart als Kieſelſtein; ſonſt haͤtten meine Zehren Sein ſteinern Hertz durchhoͤlt; als Demant / weil mein Blutt Der Seel ihn nicht erweich’t / als Eiſen; weil die Glutt Der heiſſen Saͤufzer nicht hat ſeinen Grimm zerſchmeltzet. 190So werde nun der Felß vom Halſe weg geweltzet / Der Leib und Fleiſch zerquetſch’t und auch der Seele preß’t So Blutt als Thraͤnen auß die groſſe Schandthat laͤß’t Euch reine Rache zu. Das Band der Treue hoͤret Bey Unterthanen auf / ſo bald ein Fuͤrſt verſehret /165. Durch Laſter / Ehr und Zucht. So tilg’t denn durch ſein Blutt Die Schmach ab / die der Hund euch auch in mir anthut! Denn ich bin ſo befleck’t: Daß auch mit ſeiner Aſchen Der Schandfleck ſich nicht laͤß’t von meinem Leibe waſchen; Den Faͤul - und Tod nur kan im Grabe machen rein. 170Tauch’t dieſen edlen Dolch ins Blutthund’s Adern ein / Den ich / doch oͤhne Schuld / mit meinem Blutte faͤrbe. Fuͤr Helden iſt’s genung! Zu gutter Nacht / ich ſterbe!

Mufti.

Hilf Himmel! Ach mein Kind! mein Engel / und mein Troſt; Hat das Verhaͤngnuͤß ſich ſo gar auf mich erboß’t;175 Daß mir mein Ancker muß zur Schiffbruchs-Klippe werden? Scharr’t mit der Todten mich lebendig in die Erden; Weil mir das Leben doch nur einen Tod gib’t ab / Und ieder Athem laͤchſt nach Freyheit in das Grab. Gewiß der Sultan laͤß’t mich nur zur Marter leben /180 Auß Gunſt und Sanftmuth nicht. Die Ertz-Tyrannen heben Durch Auſſchub unſers Tod’s uns doch zu langer Kwall Und ſtrenger Marter auf. Nimm dieſen heil’gen Stahl / Und ſtoß ihn / Mufti / dir nun auch in Brunn des Lebens.

Bectas.

Halt! biſtu bey Vernunft?

Mufti.

Jhr wehret dem vergebens185 Das Sterben / deſſen Tod ſelbſt das Verhaͤngnuͤß ſchleuſt.

Kiuperli.

Der ſteck’t voll Aberwitz der Gall und Leid außgeuſt Auf ſeinen eignen Halß / und Feind und Hencker ſchonet. Mit Dolch und Stricke ſol das Unthier ſeyn belohnet / Das dieſes Leid uns ſchaf’t. Weil er durch dieſe That190 An deiner Tochter nur den Halß verwuͤrget hat.

Mehemet.

Mein Rath iſt auch: daß man das Meſſer auf ihn wetze / Fuͤrſt Mahumed hat ſchon verſiegelt diß Geſetze Durch ſeines Sohnes Blutt; als Muſtafa verdient Den Geiſt am Strang außbließ / nachdem er ſich erkuͤhn’t /195 Des Baſſen Achmets Weib auß toller Brunſt zu ſchaͤnden. Und der ſol ungeſtraff’t an’s Mufti Tochter enden Den Muthwill’n ſeiner Brunſt / die Buͤſſung ſeiner Luſt? Ja ihm ſein Muͤthlein kuͤhl’n / wenn er ſo reine Bruſt Mit ſeiner Schandthat ſchwaͤrtz’t. Sich kützeln in Gedaͤncken:200 Daß er die Tugend ſih’t in Angſt-erfuͤllten Schrancken / Die Boßheit in der Bluͤth und auf den Roſen geh’n? Wie aber kan man mehr der Laſter Flug erhoͤh’n / Den Blutthund in der Schand und in dem Grimme ſtaͤrcken / Als wenn die / die Gott ſatz’t zu Richtern ſeinen Wercken /205 Jhm durch die Finger ſehn? an ſich durch eigne Hand Sein Wuͤtten uͤben auß? dir ſelbſt wird dein Verſtand Den itzt der Schmertz verwirr’t / nach erſtem Sturme lehren: Daß: da wir die Gewalt des Ungluͤck’s gleich verſtoͤren / Durch eigenhaͤnd’gen Tod / der Tyranney entflih’n /210 Wir boͤſen Nachruhm doch uns in das Grab nachzih’n / Dem Himmel fuͤr die Gunſt des Lebens Undanck geben; Ja daß der / welcher nicht kan ungluͤckſeelig leben /D ijNur40Nur ungluͤckſelig ſey.

Mufti.

Ach ja! du urtheil’ſt recht! Jch wuͤrde durch mein Thun nur des Tyrannen Knecht215 Der Boßheit Werckzeug ſeyn. Doch / wie bald kan der fehlen / Der ſeine Menge nicht des Elends weiß zu zehlen? Ein Amboß-hartes Hertz / wird weich und krumm beweg’t Auf das ſo oft und ſehr des Ungluͤcks Hammer ſchlaͤg’t.

Bectas.

Die Glutt der Rache kan es haͤrten und geraͤden /220 Und des verletzers Blutt heil’t des verletzten Schaͤden. Zeuch den befleckten Dolch der Ambren auß der Bruſt / Und ſtoß ihn ihm in’s Hertz; Nimm’s Merckmal ſeiner Luſt Das Gold-geſtuͤckte Tuch / das er zum Liebes-Zeichen Der Aermſten ſchickte zu. An dem ſol er erbleichen! 225Jch ſchwer es! wo kein Fall das Leben mir verkuͤrtz’t. Rom lehr’t uns am Tarquin: daß wenn man Schaͤnder ſtuͤrtz’t / Die unſer Haupt gleich ſind / Gott pfleg’t das Werck zu ſegnen. Jch ſeh auß Ambrens Bruſt Lucretzens Bluttſchaum regnen / Ja eine Suͤndfluth kwell’n / ein Rothes Meer entſtehn230 Jn dem der Pharao wird ſchrecklich untergehn.

Mufti.

Es bleibe / ja / bey dem / was wir ſchon vor geſchloſſen: Daß ſein und Achmets Blutt als Vihiſch ſol vergoſſen / Jhr Grimm verkuͤrtzet ſeyn. Jch wil mich ſtracks bemuͤh’n Des Sultans Mutter ſelbſt in unſern Bund zu zih’n.

235
Mehem.

Wird mit der Mutter ſich diß ſicher wagen laſſen?

Mufti.

Glaub’t: daß die Mutter mehr / als Schlang und Spinnen / haſſen / Die die Verletzung reitz’t. Sie kehr’n in Gall und Gift Die ſuſſe Mutter Milch. Jhr Eyver uͤbertrifft Jm Munde Natter-Zaͤhn / in den ergrimmten Augen240 Der Baſilißten Blitz. Die aͤrgſten Drachen taugen So wohl zur Rache nicht in unverſohnbarn Rath / Als wenn ſich eine Taub erbooſt entruͤſtet hat.

Bectas.

Er und die Mutter iſt bereit verſoͤhn’t zuſammen.

Mufti.

Die aͤrgſte Rache deck’t mit Aſche Zorn und Flammen. 245Und Zuckert ſchlimmſtes Gift durch Biſam an und Wein. Ja huͤll’t ihr Schlangen Maul in Engel-Lippen ein. Laß mich in dieſem Stuͤck umb unſern Vorſchlag ſorgen.

Mehemet.

Des Abends Anſchlag kroͤn ein wohl außſchlagend Morgen!

Der Schau-Platz verwandelt ſich in Kioſems Gemach. Amuratens Geiſt. Kioſem.
Amuratens Geiſt.

AUf! Mutter / auf! es iſt nicht ſchlaffens Zeit /250 Wenn Strang und Tod auf ihr verderben wachet. Ein falſches Hertz koch’t Gift und Hertzeleid / Wenn Lipp und Mund mit Zucker-Roſen lachet. Verſoͤhnung iſt die Aſche / die die Flammen Der Rache nur verdeck’t / ſie aber nicht loͤſch’t auß. 255Ein Nebel / den ein Luͤftlein theil’t von ſammen; Worauf die friſche Glutt gebieret Brand und Grauß. Denn Liebe gleich’t ſich zarten Berg-Chryſtallen / Die keine Kunſt nicht zu ergaͤntzen weiß / Wenn ſie ſind einſt zerſchellet und zerfallen. 260So bau’t ſie nur auf Spiegel-glattes Eiß / Wirf’t Aucker in den Truͤbſand / Grundſtein in Moraͤſte / Wo ſie vermeynt; ſie ſteh itzt hoch und faͤſte. Man miß’t mit Bley des tieffen Meeres Grund / Durch Glaß erforſch’t man’s Himmels Heimligkeiten;265 Kein Schau-Glaß nur / kein Bley-Maaß iſt uns kund / Die Nachwelt wird auch keines nicht bereiten / Das der Menſchlichen Gemuͤther tieffes Welt-Meer gruͤnden kan; Kein Compaß / der ſich’re Farth in der Hoͤfe Strudeln zeiget / Keine Kette / die die Raͤder des Geluͤckes hemmet an. 270Keine Sonne gehet auf / die die Zeit nicht Weſt-werts neiget; Ja / Jbrahims Genad iſt wie ein Rohr bewand / Das den / der ſich drauf lehn’t / beſchaͤdigt in die Hand. Jch ſelbſt muß in der Gruft beſtuͤrtz’t erfahren: Daß Affen grimmiger als edle Loͤwen ſind;275 Daß wenn Gewalt und Aberwitz ſich paaren; Jhr Grimm mehr Mord / als klugen Eyfer ſpinn’t. Es41Es kraͤnck’t mich Todten noch / und meinen Schatten renet: Daß ich ſtatt Ba[i]azeths und fuͤr den Orcan nicht Dem thoͤrchten Jbrahim hab außgeleſcht ſein Licht /280 Als jener Helden Mund die Seel hat außgeſpeyet. Ja / waͤreſt du nicht noch ſein Schirm geweſt / Als ich ſchon ſtarb auf meinem Todten Bette; So ſich’re dich: Fuͤrſt Amurathes haͤtte Halb-tod ihm noch gegeben ſeinen Reſt. 285Auch wuͤrd ich noch mit Luſt beſeelen Sarch und Aſchen / Koͤnt ich noch Dolch und Fauſt in’s Brudern Blutte waſchen. Doch du haſt ſelbſt dir’s Leichenbrett gefaͤll’t. Die Natter dir in Buſem ſelbſt geſetzet / Als du gewannſt der Baßen Gunſt durch Geld;290 Daß ſie an mir meineydig ſich verletzet; Als wieder ihren Schwur / fuͤr den beſtimmten Cham Der Tartern / Jbrahim des Oßmans Stul einnam. Wilſt aber du auf deiner Wolthat Grund Den Pfeiler deines Heil’s / und Hofnungs-Schloͤſſer bauen? 295Ein Zentner wig’t Tyrannen kein halb Pfund / Die Berge-groſſen Dinſt fuͤr Sonnenſtaub anſchauen. Denn ihre Augen ſind ein Schauglaß / das macht klein / Weil frembde Wercke ſie dadurch von hinten ſehen; Wenn aber ſie fuͤr ſich es recht und vorwerts drehen /300 Schein’t ihnen auch ein Floch ein Elefant zu ſeyn. Ja mindert auch ihr Aug ihr nicht die Wuͤrde Laͤſcht ſie Vergeſſenheit der Schwamm der Zeit nicht auß / So ſtuͤrm’t und tilg’t ſie gar der Wolthats-ſtiſter Hauß. Weil Undanck haͤlt fuͤr Dienſtbarkeit und Buͤrde /305 Sich Schuldner ſolcher Wolthat ſchauen. Denn kleine Schuld ſpinn’t Gunſt / die Groſſe Feindſchaft an; Beſonders iſt kein Haar breit nicht zu tranen; Wenn keine Schaͤtzbarkeit die Wolthat zahlen kan. Auf dieſen Strudel wirſt du auch noch Schilbruch leiden /310 Wo deine Seel itzt nur des Sohnes Sturm entgeh’t. Denn deinen Lebens-Drat wird ein frech Weib zerſchneiden; Ob ſchon jhr Sohn durch dich zum Kaͤyſer wird erhoͤh’t. Ja Mufti kan durch Gunſt und Recht Der Janitſcharen Herr nicht durch ſein Schwerdt verhuͤtten:315 Daß dich nicht wuͤrg’t ein Selav und Knecht / Daß deinen Ohren nicht wird ſchimpflich abgeſchnitten / Was Liebes dir dein holder Achmet gab. Allein itzt bluͤht dir ſchon dein Grab / Denn’s Reich / das dir hat Jbrahim zudancken /320 Reich’t uͤber der Bergeltung enge Schrancken. Auf! Mutter auf! ſey fuͤr dein Heyl doch wache / Weil ſich dein Sohn in eine Natter kehr’t / Dein Wolthun heck’t in ſeinem Hertzen Rache / Weil alles Oel der Liebe laͤngſt verzehr’t. 325Fleuch! Mutter / fleuch! eh du des Sohnes Schwerdt muſt faͤrben. Denn Vorſicht ſchaffet Ruh / die Sicherheit Verderben.

Kioſem.

Mein Kind! mein Amurath! halt! ach / wo fleuchſtu hin? Halt! ach! was fleuchſtu mich? wie? oder wird mein Sinn Durch einen Traum verruͤck’t und durch Geſpenſt erſchrecket? 330Wie / oder hat die Gunſt des Himmels mir entdecket Vorſtehende Gefahr / hat mein hertzliebſtes Kind / Umb den noch ieden Tag die Thraͤn auf’s Antlitz rinn’t / Auß Liebe / welche noch in Sarch und Aſche glimmet / Umb was Verhaͤngnuͤß / Sohn und Zeit auf mich beſtimmet /335 Mir zueroͤſnen / ſich auß ſeiner Gruft gemacht? Ach Himmel! kan kein Tag bey Hofe zugebracht Nicht ohne Zittern ſeyn? und ohne Furcht verſchwinden? Jſt hier kein Roſen-Blat nicht ohne Dorn zu finden? Muß iede Perle ſich in Thraͤnen-Tropfen kehr’n? 340Ja iede Morgenroͤth uns eine Nacht gebaͤhr’n / Die ſchwartz von Schrecken iſt? Muß unter guͤld’nen Decken / Sich ſiets der Sorgen-Wurm die Kummer-Mutte hecken / Die Seel und Marck außnag’t? Ja ſeith des Gluͤckes Rad Bald hoch / bald niedrig mich herumbgeweltzet hat;345. Hat mein gantz kringlicht Haupt der Wahnwitz gantz verwirret Daß es kaum noch verſteh’t dem Vogel / der gekirretD iijMit42Mit ſchoͤnen Beeren wird / ſey Tod und Strick geſtel’t. Der Gunſt-Strahl / der auf mich von’s Sultans Augen faͤll’t / Wil mich ein Sterbe Licht und Todten-Fackel deuchten /350 Die mir lebendigen voran zu Grabe leuchten. So tieff bin ich gefall’n! So geht’s; wer in die Luft Leg’t Schloͤſſer in den Grund / der bau’t in tiefſter Kluft Jhm Fall-Braͤck und Verderb. Ach! Kioſem / itzt lerne: Der Erde Sonnen ſind Jrrlichter / keine Sterne.

Kioſem. Mufti.
355
Mufti.

WJe treff ich ſo beſtuͤrtz’t die groſſe Kaͤyſerin So ſtill und einſam an?

Kioſem.

Ach! wirf den Tittel hin / Und dencke: daß diß nur mehr durch das Hertze ſchneidet / Wenn / was man war / nicht ſey / der Tittel uns beſcheidet.

Mufti.

Sie laſſe dieſes Ach und dieſe Klage mir /360 Den Jbrahim / der doch laͤß’t ieden Sclaven fuͤr / Dem gleich ſein Kopf nicht ſo / mie mir mein Hertze brennet / Von ſeinem Antlitz ſtoͤß’t; mich Hund und Ketzer nennet / Mir Strick und Moͤrſel dreu’t. Doch gib’t der Tod der Schmach Und unſer eigen Leid der Kinder Unfall nach. 365Es graͤm’t mich: daß ſolch Schimpf nicht bleiben kan verdecket: Wie Jbrahim mein Kind durch Noth-Zwang hat beflecket / Auf die Geſchaͤndete ſo Fluch und Unflat ſpei’t / Ja ſie als Hur und Magd zu meinem Hertzeleid Halb-nackt nach Hauſe ſchick’t. Solch Elend geh’t durch’s Hertze /370 Friß’t Marck und Adern auß! Mit was fuͤr einem Schmertze Kwaͤl’t ſich denn Kioſem? Jhr Bild und Anſehn gleich’t Pompejens Seule ja / die keinem Wetter weich’t / See / Well und Nord verlach’t. Jch ſehe ja vergnuͤget: Daß Sie vom Sultan hat die Freyheit wieder krieget.

375
Kioſem.

Die Freyheit? leider ja! man laͤß’t ein wenig frey Ein angefaͤſſelt Wild / wenn’s Jaͤgers Tyranney Zu ſeiner Kurtzweil wil den wuͤttenden Moloßen Sein Lehen opfern auf. Der ſo viel Blutt vergoſſen / Der ſolche Greuclthat an’s Mufti Hauf außuͤb’t /380 Der ſeine Mutter oft biß auf den Tod betruͤb’t / Der / die die Kron ihm gab / in Keſichte verſtricket / Sein eigen Fleiſch und Blutt ſich zu ermorden ſchicket / Wird nur ſo lange noch mit meinem Jammer ſpiel’n; Biß ich den Blutt-Zahn werd in meinen Daͤrmern fuͤhl’n.

385
Mufti.

Geduld und Hofnung mach’t des Ungluͤcks ſcharffe Pfeile / Des Grimmes Klingen ſtumpf; Ja reiß’t die Donner-Keile Tyrannen auß der Hand. Der Tugend Eigenſchaft Gleich’t Palmen / denen gib’t die Unterdruͤckung Kraft / Mehr als des Gluͤckes Weſt. Die wird mit ihr noch bluͤhen /390 Und alles Wetter ſich in Sonnenſchein verziehen. Ja / weil mein Strauden ſie nur trifft am Ufer an Nicht zweifelnd: daß ein Wort von ihr mir helffen kan; Geruhe ſie mich doch beym Sultan einzulieben.

Kioſem.

Wen ſol die ſetzen ein / die ſelber wird vertrieben? 395Ach Truͤbſand-voller Grund! weil mir mein Amurath Schon meinen Untergang beſtuͤrtz’t eroͤfnet hat.

Mufti.

Jhr laͤngſt-entblaſter Sohn?

Kioſ.

Der kaum von mir entwichen / Als du in’s Zimmer trat’ſt.

Mufti.

wahr iſt’s: wenn / die erblichen / Durchbrechen Sarch und Gruft / uns Warnung bringen bey;400 So glaͤub ich: daß das Beil ſchon auf den Racken ſey. Und denn iſt’s Wachens Zeit und auf ſein Heil zu ſinnen. Der edle Muſtafa haͤtt allzu wohl entrinnen Des Ruſtans Liſt gekoͤnn’t; haͤtt er nicht außer Acht Geſchlagen; was ein Geiſt im Traum ihm zugebracht /405 Sein Prieſter außgeleg’t. Jmfall ihr nur zu rathen / So komme ſie ſelbſt fuͤr des Sultans Moͤrderthaten.

Kioſem.

Zeig uns fuͤr die Gefahr ein ſicher Mittel an.

Mufti.

Wer ſicher geh’t / erdruͤck’t den Wurm / der ſchaden kan.

Kioſem.

Solt ich in’s Sohnes Blutt die Mutter-Haͤnde tauchen?

410
Mufti.

Der iſt kein Sohn / der vor laͤß’t Lieb und Hold verrauchen.

Kioſem.

Fuͤr dieſer That entſetz’t ſich die Natur in mir.

Mufti.

Die eig’ne Wolfarth geht der Kinder-Liebe fuͤr.

Kioſem.

Wer hat ſo jaͤmmerlich ie auf ſein Fleiſch gewuͤttet?

Mufti.

Wie viel hat Suleiman nicht Kinderblutt verſchuͤttet?

Er43415
Kioſem.

Er thaͤt diß nicht ſo wohl als Roxelanens Liſt.

Mufti.

Chach Abas Sohn hat nechſt des Vatern Stahl gekuͤß’t / Der dritte Mahumed ließ Sohn und Mutter toͤdten.

Kioſem.

Diß gib’t ein Beyſpiel mir: daß / die die Armen roͤthen Jn Fuͤrſten-Blutte woll’n; der Rache fall’n ins Schwerdt. 420Zu dem ſteh’t diß / wormit ein Vater ſchon verfaͤhr’t / Nicht holden Muͤttern an.

Mufti.

Wer wider Muͤtter fuͤndig’t / Dem wird vom Mahumed mehr Unheil angekuͤndig’t; Als welcher wider’s Haupt des Vatern ſich empoͤr’t. Auch hat oft Oßmanns Reich der Mutter Blitz gehoͤr’t425 Auf wilde Kinder fahr’n. Doch wil ſie ſich nicht achten / So geb ich ihr das Heil der Enckel zu betrachten. Die er ſelbſthaͤndig ſchon zu ſchlachten hat begehr’t. Wer ſolch ein Unmenſch iſt / iſt nicht Erbarmens werth. Die / und des Reiches Heil bind ich ihr auf die Seele.

430
Kioſem.

Furcht / Lieb und Rache kaͤmpf’t in meines Hertzens Hoͤle / Voll Zweifel: was allhier gutt zu entſchluͤffen ſey. Jedoch den Fall gefaͤtz’t: Jch pflichtete dir bey / Wuͤrd unſer Ohnmacht uns den Vorſatz nicht verkuͤrtzen / Stambuldens groſſen Herrn / das Haupt der Welt zu ſtuͤrtzen;435 Weil ſein beſchirmend Heer iedweden Anſchlag daͤmpff’t / Ja Stern und Himmel ſelbſt fuͤrs Heil der Fuͤrſten kaͤmpff’t.

Mufti.

Die Sorge laſſe mir. Das Heer der Janitſcharen Wird widern Jbrahim / wie ſie befiehlt / verfahren / Denn ich verſchweig ihr nicht: daß mir ihr Aga ſchon440 Und Baſſa Mehemet / den Sultan von dem Thron Zu ſtuͤrtzen / angelob’t; in welcher beyder Haͤnden Das Heft der Kriegs-Macht iſt.

Kioſem.

Laß’t euch den Dunſt nicht blaͤnden Durch den die Rache meiſt umbnebelt Haupt und Witz. Denn dieſe Wolcke zeucht meiſt in ſich ſolchen Blitz /445 Der ſelbſt die Mutter trift. Ja / wenn ſchon nebſt dem Reiche Ein Fuͤrſt den Halß einbiß’t / komm’t auß der kalten Leiche Verfaulten Todten-Aſch ein Recher noch herfuͤr. Daut Baſſens Untergang und Gebegi mahl’t dir Ein friſches Beyſpiel ab / wie Oßmans keck Ermorden450 Vom Folger Muſtafa ſo ſcharf geſtraft ſey worden / Dem Oßmaus Leiche doch die Staffel war zum Thron? Jedoch euch darzuthun: daß Liebe / Bluttt und Sohn So viel als Reich und Recht bey Kioſem nicht gelte / Daß an den Kindern ſie die Laſter ſtraf nnd ſchelte /455 Wil eurem Schluſſe ſie ſo ferne ſtimmen ein: Daß Jbrahim entſetz’t vom Throne moͤge ſeyn Doch: daß das Leben ihm zur Außbeut uͤbrig bleibe / Er ſeiner Jahre Reſt ins Kerckers Nacht vertreibe / Jn dem ihn Amurath vor ſchon gefangen hielt /460 Und daß Printz Mahumeth der Tugend Ebeubild Des Vaters Thron betret.

Mufti.

Hierumb ſind wir vergnuͤget / Und goͤnnen / wenn der Sohn nur ſeinen Zepter krieget / Jhm leicht ſein Athemhohl’n. Gott aber wird hierfuͤr Jhr groſſen Lohn verleih’n. Jnzwiſchen ſtell ich ihr465 Und ihrer Klugheit heim / wie ſie zu unſerm Schluſſe Vernuͤnftig helffen wird. Der Witz miß’t nach dem Fuſſe Des Zufall’s / wie der komm’t / ſo Rath als Wuͤrckung auß. Jedoch des Werckes Grund iſt diß: daß Achmet Grauß / Und Machmet ſey Viſier / eh wir das Hauptwerck wagen.

470
Kioſem.

Sey ſicher! Klugen iſt nicht noͤthig viel zu fagen.

Reyen

Der Mord-Luſt. Der Furien. Der Liſt.
Die Mord-Luſt.

JCh bin der Mord / das Kind der Hellen / Das Leichen heck’t / und nur trinck’t Blutt / Das ſich nur lab’t an Feuer-Kwellen. Hoͤr’t mich / ihr Maͤgde / nehm’t die Glutt /475 Eil’t / ſchleiſſet Schwerdter / ſchaͤrffet Klingen / Den grimmen Sultan umbzubringen!

D vjDie
44
Die Furien.

HJer ſteh’n mit Drachen-Zaͤhnen wir Mit Renn-Thier Fuͤſſen außgeruͤſtet. Begierig zu verrichten dir480 Nach was fuͤr Rachedich geluͤſtet. Doch ſagen wir / daß Gift / Stahl / Feuer / Stein Den Hund zu faͤll’n zu plumpe Waͤffen ſeyn.

Die Mord-Luſt.

JA! Boßheit hat itzt Luchſen-Augen / Daß kein erzuͤrnte Mordgewehr485 Jhr einig’s Leid zu thun nicht taugen. Komm meine juͤngſte Tochter her. Komm! du muſt mir ein Garn bereiten / Den ſchlimmen Blutthund zubeſtreiten.

Die Liſt.

DEr Menſchen Witz iſt Mutter neuer Tuͤcke. 490Wenn ſchlaues Wild trau’t ſchlechten Garnen nicht So ſinn’t die Liſt auf neue Netz und Stricke. Hier hab ich nun drey Larven zu gericht; Durch dir trau ich nun Himmel / Erde / Hellen Zu oͤffen / zu beleidigen / zu faͤllen.

Die Furien. 495

WJr geben / Schweſter / dir den Preiß Die Juͤnger zwar / als wir / von Jahren / Doch vielmehr ſtiſtet und mehr weiß. Wo Blitz und Grimm nicht hin kan fahren / Da traͤgeſtu als arme Kuplerin500 Mord / Brand und Gift im Einfalts-Mantel hin.

Die Liſt.

MEgere / greif hier zu dem Liebes-Kleide / Heng den mit Gold bedeckten Koͤcher an. Wer glaubte? daß in dieſer Zarten Seide Ein Tiger-Hertz / ein Wolfs-Zahn ſtecken kan. 505Hiermit kanſtu / Wurm / Baſiliſchken / Drachen Zu treuen Dieuern / Freund und Muͤttern machen.

NJm du den Rock des allgemeinen Heiles Guͤrt uͤber ihn des rechten Eyfers Schwerdt. Wer meynte? daß der Aufruhr meiſtentheiles510 Gekroͤnte Koͤpfe ſo-vermummt verzehr’t? Hierinnen kan ein Stifter Mord - und Brandes Ein Schutzherr ſeyn ein Vater’s Vaterlandes.

TJſiphone / zeuch an die Prieſter-Kutte Nim die geweihte Fackel in die Hand. 515Wer daͤchte? daß die Jnfell ſchwer von Blutte / Diß Rauchfaß wer ein Kwell voll Gift und Brand. Diß Mummwerck kan als heilig dich erheben. Wirſtu gleich Gift im Himmelbrodt eingeben

Die Mord-Luſt.

NJcht ſaͤumt euch Stahl und Strick zu faſſen! 520Druͤck’t Jbrahim in Aſch und Grauß. Geb’t euch fuͤr den getreu’ſten Baſſen / Fuͤr’n Mufti / fuͤr die Mutter auß. Wer frag’t: ob Argliſt oder Degen Tyrannen in die Saͤrche legen?

Die
45
Die Liſt und die Furien. 525

WJr eil’n und fall’n den Blutthund an! Wer Staͤdte baut und Fuͤrſten Aſchen Mit Andacht Mord verbluͤmen kan / Des Henckers ſpielt auß Freundſchafts-Taſchen / Fuͤr dem beſchiemt der groͤſte Fuͤrſt ſich nicht /530 Den Witz / und Macht / und Treue gleich verficht.

Die fuͤnfte Abhandlung.

Der Schau-Platz ſtellet fuͤr des Kaͤyſers Zimmer. Kioſem. Ibrahim. Capachi-Bachi.
Kioſem.

SO fleh’t die Mutter dich / mein Kind / vergebens an?

Ibrah.

Wer Bitt-loß nicht wil ſeyn / heiſch’t / was man geben kan.

Kioſem.

Begnadigung iſt ja das Kleinod groſſer Fuͤrſten.

Ibrah.

Die ſind der Knechte Knecht / die nie nach Rache duͤrſten.

5
Kioſem.

Die Guͤtte ſtuͤtz’t den Thron / die Schaͤrſſe reiſt ihn ein.

Ibrah.

Der Boßheit Straffe muß der Zepter Seule ſeyn.

Kioſem.

Wer allzu ſtrenge ſtraff’t / krieg’t eines Wuͤttrich’s Nahmen.

Ibrah.

Wer durch die Finger ſih’t / pflantzt ſelbſt der Laſter Saamen.

Kioſem.

Der Himmel ſaͤmet Frucht durch linden Thau auf’s Land.

10
Ibrah.

Der Reif und Schnee gebiehr’t Erhaltung und Beſtand.

Kioſem.

Ein Fuͤrſt muß wie ein Strauß oft Schuld und Stahl verdeien.

Ibrah.

Oft / wie ein Adler thut / mit Aug und Klanen dreuen.

Kioſem.

Ja dreu’n / doch den nicht bald zermalmen / der wo irr’t.

Ibrah.

Durch Blitzen ohne Schlag / wird Boßheit nur gekirr’t.

15
Kioſem.

Ein Fuͤrſt mach’t ſich hierdurch bey Boͤſen ſelbſt beliebet.

Ibrah.

Schaff’t: daß man ſonder Furcht noch arg’re Thaten uͤbet.

Kioſem.

Fuͤrſt Amurath gewann viel durch verziehne Schuld.

Ibrah.

Er ſtrafte Miſſethat mit mehrer Ungeduld.

Kioſem.

Er ſchickte ſtatt des Strick’s dem Mechmet Gerei Gaben.

20
Ibrah.

Weil dieſen Tarter Er zum Freunde muſte haben.

Kioſem.

Der Abaßa bekam fuͤr Aufruhr Schwerdt und Kleid.

Ibrah.

Er druͤck’t ein Auge zu ſich ſchickend in die Zeit.

Kioſem.

Mein einig Wortt erbat des Caineran Leben.

Ibrah.

Buſtaims ſchlechte Schuld muſt Halß und Kopf hergeben.

25
Kioſem.

Des Mufti Fehler gleich’t Buſtaims Diebſtal nicht.

Ibrah.

Sag: ob / wer die Perſon verletz’t / nicht mehr verbricht?

Kioſem.

Sein ſchon geſtraftes Kind hat mehr / als Er verbrochen.

Ibrah.

Wir haben uͤber ihn zu wenig noch geſprochen.

Kioſem.

Die Wuͤrde ſeines Amp’ts macht’s Urthel allzu ſcharf.

30
Ibrah.

Was nimmt’s ihm: daß er nicht den Kaͤyſer ſehen darf?

Kioſem.

Der Poͤfel lern’t hierdurch ſein Ampt veraͤchtlich halten.

Ibrah.

Die Mufti haben ſchon oft muͤſſen gar erkalten.

Kioſem.

Wie hoch entſchuͤldigte beym Sultan Amurath Der Cham des Mufti Tod?

Ibrah.

Fuͤrſt Amurath ſelbſt hat35 Des Mufti Sohn / als er des Vaters Auſſenbleiben Entſchuldig’t / Augenblicks befohlen aufzureiben; Hierauf den Mufti ſelbſt ohn and’re Schuld erwuͤrg’t / Kurtz: eines Fuͤrſten Heil wird ſicher nicht verbuͤrg’t Als durch der Groſſen Tod / die ſich beſchuldig’t achten. 40Die / wo ſie ſelbſt gleich nicht auf Rach und Eyfer trachten / Doch in des Fuͤrſten Bruſt Verdacht und Furcht gebehr’n. Zu dem laͤß’t ſich im Statt der kalte Brand nicht wehr’n / Der ſchon ein Glied ſteck’t an. Man muß das Glied abſegen / Eh ſich Muthmaſſung nur des Krebſes wil erregen;45 Fuͤrnemlich / wo diß Gift wil Glieder ſiecken an / Die nah am Hertzen ſind. Ein giftig Mah-Haupt kan Einſchlaͤffen ein gantz Reich / ſein Haupt gantz uͤberſteigen Jm Fall ſich’s zeitlich nicht muß fuͤr der Sichel neigen. Die Richtſchnur leitet uns nun auf den faͤſten Schluß:50 Daß[heute] dieſen Tag noch Mufti ſterben muß.

Capachi.

Der Mufti / groſſer Fuͤrſt / dring’t mit geharnſchten Schaaren Des Sultans Zimmer zu.

Ibrah.

Gib’t von den JanitſcharenJhm46Jhm keiner nicht den Reſt? daß man den Hund abthu!

Capachi.

Die Janitſcharen fall’n dem Mufti ſelber zu;55 Ja leiſten willig ihm Gehorſam auf ſein Wincken.

Ibrah.

Die Hunde ſamtlich ſoll’n ſo tief in Kwal verſincken / So hoch ihr Frevel iſt! was aber ſucht der Hund?

Capachi.

Er ſelbſt wil ſein Begehr’n dem Sultan machen kund.

Mufti.

Jch ſchwer’s bey’m Mahumed; er ſol am Strang erſticken.

60
Kioſem.

Man muß ſich in die Zeit vernuͤnftig lernen ſchicken.

Mufti. Ibrahim. Kioſem. Achmet. Selictar Aga. Nahuf. Piali. Baſſa. Kara Chiaus. Drey Cadileſchier. Janitſcharen.
Ibrah.

WEr gib’t dir Hund die Macht zu dringen in’s Gemach? Jſt dir’s Verbott entfalln?

Mufti.

Der Sultan gebe nach: Daß ich fuͤr Reich und Volck moͤg ihre Noth fuͤrtragen.

Ibrah.

Daß unſer Blitz euch nicht ſtracks ſol in Abgrund ſchlagen!

65
Kara.

Der Kayſer zaͤume ſich / es iſt des Divans Schluß / Der Janitſcharen Heiß diß / was er reden muß.

Ibrah.

Was hat der Thorenſchaum dem Kaͤyſer fuͤr zu ſchwaͤtzen?

Mufti.

Daß er den Groß-Viſier den Achmet ab ſol ſetzen. Auf Sekierperen / die nur durch Miſſethat70. Und ſchlimme Kuplerey ſo viel geſammlet hat / Als kaum ein Fuͤrſt vermag / Geſetz und Straffe ſchaͤrffen / Jhr Raub-Gutt ziehen ein / ſie ſelbſt in’s Meer wegwerffen.

Ibrah.

So heb’t die Ferſe ſich itzt uͤbers Haupt empor?

Cadileſch.

Kein Fuͤrſt verſag’t mit Fug dem Volcke nicht ſein Ohr.

75
Ibrah.

Mit minderm Ruhm laͤß’t er den Poͤfel ihm gebitten.

Mufti.

Uns iſt fuͤr’s Reiches Heil zu ſorgen unverſchnitten.

Ibrah.

Des Bolckes blinde Folg iſt unſers Reiches Heil.

Cadileſch.

Der Divan hat nebſt dir im Herꝛſchen auch ein Theil.

Ibrah.

Ein Knecht kan andre Knecht und Diener nicht verwerffen.

80
Mufti.

Ein Sclave mag fuͤr’s Heil des Volckes Schwerdter ſchaͤrffen.

Ibrah.

Was iſt: das man mit Fug am Achmet ſchelten kan?

Cadil.

Er fuͤhr’t den Jbrahim zu boͤſen Luͤſten an.

Ibrah.

Welch Sclave wirft ſich auf zum Richter unjer Sitten?

Mufti.

Das Volck ſchillt den / der macht: daß oft der Fuͤrſt geglitten.

85
Ibrah.

Der’s Reiches Grundſtein iſt / dem miß’t man Gleiten bey?

Mufti.

Mein Kind lehr’t: wie der Fuͤrſt ſo ſehr gefallen ſey.

Ibrah

Hab ich / du Hund / hier Schuld / warumb ſol Achmet biſſen?

Mufti.

Weil Achmet hat mein Kind zur Unzucht weggeriſſen.

Ibrah.

Wer / was ſein Herr heiß’t / thut / iſt Lohn-nicht Straffens werth.

90
Cadil.

Des Strick’s / wer ſeinen Sinn zu geiler Unzucht kehr’t.

Ibrah.

Er ſol Trotz Herr und Volck ſo Wuͤrd als Ampt behalten.

Cadil.

So ſol er mit mehr Schimpf in Wuͤrd und Ampt erkalten.

Ibrah.

Seyd ihr’s / ihr Hunde / die ihr off’nen Aufruhr ſpinn’t.

Kioſem.

Der Kaͤyſer nehme wahr: daß ſie nur Bothen ſind /95 Die / was ſo Herr als Volck begehr’t / eroͤfnen muͤſſen / Jnzwiſchen dienet nicht ſolch eyfriges Entſchluͤſſen Wenn Rath und Janitſchar und Poͤfel ſich lehn’t auf. Der Poͤfel iſt ein Strom / der durch unhaltbar’n Lauf Durch Felſen-Ufer bohrt / und dar am meiſten wuͤttet /100 Wo man umb ſeine Flutt zu hemmen Thaͤmme ſchuͤttet. Der Aufruhr iſt ein Dampf der Aug und Ohr verſchr’t: Daß man kein heilſam Wort nicht ſeines Schutzherrn hoͤr’t / Des Fuͤrſten Goͤttlich Bild fuͤr einen Wolf anſihet / Der uns durch ſeinen Schirm zu freſſen ſey bemuͤhet. 105Hierwider kan nun nichts als Sanftmuth Pflaſter ſeyn. Denn / wer hier Ernſt gebrauch’t / floͤß’t Oel ins Feuer ein.

Ibrah.

Sol Raſ - und Wuͤttenden ein Fuͤrſt noch Pflaumen ſtreichen?

Kioſem.

Wer haͤlt fuͤr Klugheit nicht des Feindes Pfeil außweichen? Du kenn’ſt den Janitſchar und ſeine Raſerey. 110Und daß der Schwarm das Blutt in’s Reiches Koͤrper ſey / Das / wenn es ſiedet auf / den gantzen Leib anzuͤndet / Ja Hertz und Haupt erſteck’t.

Ibrah.

Sol / weñ ein Knecht ſich findet / Den Aberwitz verwirr’t / ſein Herr ihm geben nach?

Kioſem.

Wenn viel / nicht einer tob’t / muß man des Aufruhr’s Bach115 Jn kleine Rinnen theil’n / ein Theil auf ſeine Seite / Vor bringen / eh man ſtraff’t. Der Sultan Machmet leiteDich47Dich auf der rechten Weg; den ihnen liefern ließ Des Capi Aga Kopf / die Mutter ſelbſt verſtieß Nur dieſen Schwarm zu ſtill’n.

Ibrah.

Haͤlt’ſtu fuͤr keine Suͤnden120 So lohnen Treu und Dienſt / die uns die Haͤnde binden.

Kioſem.

Denn komm’t des Dieners Treu erſt zur Vollkommenheit / Wenn er fuͤr’s Fuͤrſten Heil ſein Blutt zum Opfer weiht. Fuͤrſt Amurath muſt auch von dem erzuͤrnten Hauffen Mein ſeiner Mutter Haupt ſo wohl mit Golde kauffen /125 Als ſeinen treuſten Knecht den Machmet Gurgnin Den wilden Janitſchar’n zur Kuͤhlung geben hin / Ja ſelbſt beſtuͤrtz’t ſchau’n an / wie auß ergrimmten Wuͤtten Jhm Aug / Ohr / Naſe / Zung und Kopf ward abgeſchnitten.

Ibrah.

Muß Jbrahim auch irr’n / wie Amurath gefehl’t?

130
Kioſem.

Wie unvorſichtig hat Fuͤrſt Oßman nicht gewehl’t / Zu einem Untergang ihm ſelbſt den Sarch gebettet / Und durch den Dilaver den Chißler nicht errettet / Als er den Janitſchar’n hat beyder Kopf verſag’t.

Ibrah.

Er hatte durch was mehr in Harniſch ſie gejag’t /135 Sie gantz zu tilgen auß / ſich nach Aleayr zu heben / Forthin den Arabern ſich in den Schutz zu geben / Bey ihm den Schluß gemach’t.

Kioſ.

So blindes Volck ſih’t nicht / Ob ein beſtuͤrmmter Fuͤrſt viel oder nichts verbricht.

Ibrah.

Wo treue Diener fall’n. Die Ancker eines Fuͤrſten /140 Faͤll’t auch der Fuͤrſt leicht nach. Ka grimme Buben duͤrſten Nach Fuͤrſten-Blutte ſtracks / die anders ſchon geſchmeck’t. Fuͤrſt Oßman hat den Stahl den Moͤrdern ſelbſt gereck’t / Als Dilaver ward ab-Ußaim eingeſaͤtzet. Ja / da der Groß-Viſier ſo ſchlecht ſol ſeyn geſchaͤtzet. 145Daß ihn des Poͤfels Schaum mit Fuͤſſen treten kan; Wer wird die Hoheit mehr des Sultans bethen an?

Kioſem.

Mein Sohn; Der Blitz ſchlaͤg’t meiſt in hoher Berge Gipfel / Der Sturm-Wind bricht entzwey der langen Zedern Wipfel; Und groſſe Diener ſind am nechſten der Gefahr. 150Ob Naſuf Baſſa ſchon des Achmets Eydam war / Hat Sultan Achmet doch ſelbſthaͤndig ihn erſtochen. Hier hat’s Verhaͤngniß ſelbſt auf den den Stab gebrochen / Den Herr und Volck verdammt. Der Schaͤffer Einfalt weich’t Von ſchoͤnſten Eichen weg / die ſchon der Blitz beſtreicht;155 So muß ein kluger Fuͤrſt der Diener ſich entfernen / Nach denen’s Ungluͤck ſchlaͤg’t. Sie ſind geſchwaͤntzte Sternen Und melden der Vernunft mit ſtummen Zungen an: Daß / wer an ihnen kleb’t / nicht lange ſtehen kan. Verwirfftu aber / Sohn / des Himmels Warnungs-Zeichen;160 So laſſe dich / mein Kind / die Thraͤnen doch erweichen Der Mutter / die fuͤr dich mit mehrer Sorge wach’t / Als ſie fuͤr ihre Seel und auf ihr Heil hat Acht.

Ibrah.

So ſey’s denn! laß’t ſchnurſtracks den Achmet hier erſcheinen. Jhr / zeuge: wie ſo gutt wir’s mit dem Volcke meynen;165 Daß wir uns ihm zu Lieb an Augen-Apfel ruͤhr’n / Ja unſren tren ſten Knecht abſetzen und verliehr’n.

Mufti.

Es bringt dem keinen Schimpf / wenn es die Zeit ſo ſchicket / Der zu der Niedriegen vonhoher Staffel ruͤcket. Denn Treue / nicht die Wuͤrd erwirbt den Dienern Ruhm /170 Und der Gehorfam iſt ihr beſtes Eigenthum.

Ibrah.

Wem aber werden wir nun Achmets Ampt vertrauen?

Mufti.

Den Mehemet wil’s Volck an Achmets ſtelle ſchauen.

Ibrah.

Was? mahl’t der Hunde Trotz uns noch mehr Richtſchnur’n fuͤr?

Kioſem.

Nimm fuͤr bekand diß an / mein Kind / und ſchaffe dir175. Durch ſein Erhoͤhung Gunſt. Denn keiner untern Baßen Wird ſich zum Groß-Viſier ſo ſicher machen laßen Als Baſſa Mehemed. Der Sultan hat bereit Erforſchet ſeine Treu.

Ibrah.

Ha! thoͤr’chte Furchtſamkeit! Wenn Fuͤrſten zu Geboth auf Knechtiſch Wincken ſtehen! 180Jedoch wir wollen diß ihr noch zu Lieb eingehen. Beruff’t den Mehemet.

Mufti.

Des Sultans kluger Schluß Befeſtig’t Reich und Thron. Ein kluger Schiffer muß Vernuͤnft’ge Bootsgeſell’n / ein Fuͤrſt ihm Raͤth erwehlen Die Zeit und Noth geprieſ’t. Die Haͤupter / die hier fehlen /185 Verlier’n beym Sturme leicht Schif / Ancker / Ruder / Maſt. Diß ſchloß den Muſtafa (weil er des Reiches LaſtNur48Nur Thoren uͤbergab / die Marmel nur zu glaͤtten Und Maͤhrlein zu erzehl’n gelehr’t war’n) in die Ketten / Jn’s erſtern Kerckers Nacht; daß / der vor Kaͤyſer hieß /190 Sich aͤffen einen Mohr / zwey Weiber henckern ließ.

Achmet.

Fuͤrſt / hier ſtell’t ſich ſein Knecht. Was ſchaft Stambuldens Kaͤyſer?

Ibrah.

Daß Achmet ſeines Ampt’s und Siegel ſich enteuſer.

Achmet.

Jch leg’s gehorſamſt ab; und kuͤſſe Knie und Fuß / Aufopfernd auch diß Haupt / wo Treue buͤſſen muß195 Und Unſchuld untergeh’n.

Ibrah.

Laß Achmet dich’s nicht ſchrecken. Man kan der Fuͤrſten Gnad auch noch erniedrig’t ſchmecken. Du / Baſſe Mehemet / nimm’s groſſe Siegel hin.

Mehemet.

Jch dancke fuͤr die Gnad / und ſchwere: daß ich bin Begierig fuͤr das Heil des Reiches zuerblaſſen.

200
Ibrah.

Du wirſt diß hohe Ampt dir ſo befohl’n ſeyn laſſen / Daß dieſes Siegel ſey ein Spiegel treuer Pflicht.

Mehemet.

Die Wercke werden ſeyn der Wortte Kern und Licht.

Ibrah.

Geh’t nun und ſag’t: was uns hat Herr und Volck zu dancken. Du aber halt hinfort dich beſſer in den Schrancken.

Der Schauplatz ſtellet fuͤr einen Saal in des Mufti Pallaſt. Bectas. Kul-Kiahia. Kara Chiaus. Kiuperli Baſſa. Haſſan-On - gle. und eine Menge der Janitſcharen. Achmet. Mufti. Die Cadileſchieri. Ein Mollah.
205
Bectas.

JHr Helden / derer Arm den Grundſtein hat geleg’t Zu Oßmanns Stul und Reich / die ihr die Laſt beweg’t Des Grich’ſchen Kaͤyſerthum’s / und zu des Machmets Fuͤſſen Sein Zepter abgeſenck’t / die ihr den Zaum zerriſſen Des ſtrengen Jſters hab’t / auf Selims Haupt geſaͤtz’t210 Der Mammelncken Kron / und euren Ruhm geetz’t Jn’s Nilus Sonnenthuͤrm; in Arzirums Gemaͤuer Jn Tebris Aſch und Grauß / mit Schwefel / Blut und Feuer Den Nahmen hab’t gepreg’t der Janitſcharen ein; Jhr Helden / ſag ich / ſol hier euer Kirchhof ſeyn? 215Wo ihr die Siegs / Panier in’s Sultans Hand gewehret. Sol hier des Heeres Kern durch Hunger ſeyn verzehret / Der Ardens Maͤngel oft geluͤcklich uͤberſtand? Der Muth / mit welchem ihr bekaͤmpft der Perſer Land / Die Tugend / die ihr ließ’t bey Ravans Stuͤrmung ſchauen /220 Mit der ihr Bagadet rieſt auß Chach Sefi Klauen / Die Brandmal auf der Stirn und Wunden auf der Bruſt / Die Abaßa euch ſchlug / der Hencker / welcher Luſt Auß euren Martern ſoog / der auß den Eingeweiden Der Muͤtter / fuͤr der Zeit ließ eure Kinder ſchneiden225 Die Narben die ihr noch von Aſſacs Stuͤrmen trag’t Die der Koſacken Trotz hat in die Flucht gejagt. Das Blutt / das neulich noch wie Stroͤm außeuch geronnen Als Retimo geſtuͤrm’t / Canca ward genommen / Verwundet meine Seel / und ſchneidet mir durch’s Hertz /230 Wenn ich erſtaun’t hoͤr an; wie Jbrah’m Schimpf und Schertz Außeuren Klagen mach’t; und euch als Sclaven ſchaͤtzet. Nachdem er uns das Geld zu Schaden abgeſetzet / Euch bettelarm gemach’t / verſchmaͤlert er nun gar Den ſchlechten Kriegs-Sold euch / die ihr mit viel Gefahr235 Umb wenig Aſper muͤß’t iedweden Tag das Leben Verkauffen / ja fuͤr ihm in groͤſſern Sorgen ſchweben / Als wenn ſo Perſ als Chriſt auf euch die Schwerdter wetz’t. Wir haben Muſtaffen des Kaͤyſerthums entſetz’t / Jn Oßmanns Blutt die Faͤuſt und Sebeln eingetauchet240 Umb ihre mindre Schuld. Und unſer Grimm verrauchet Jtzt / nun ein zaͤrtlich Weib und ein ohnmaͤchtig Kind Uns auf die Ferſen tritt; die / die geneigt uns ſind /Als49Als Feinde rottet auß / und derer Kinder ſchaͤndet / Die uns der Mahumed zu Hohen-Prieſtern ſendet. 245Jhr Helden / hoͤr’t und ſtarrt: Ob dleſer grauſen That: Daß unſers Mufti Kind ſich ſelbſt ermordet hat; Weil ſie vom Jbrahim durch Noth-Zucht ward beflecket. Jn ihren Bruͤſten hat hier dieſer Dolch geſtecket; Sag’t: ob hier mit mehr Fug die Thraͤn / ihr Blutt abwiſch’t;250 Als man mit’s Thaͤters Blutt der Todten Leich auffriſch’t.

Kiuperli.

Verfluchte Greuelthat! woll’n nicht die Wolcken blitzen? Kan’s Mufti Heiligkeit nicht Hauß und Tochter ſchuͤtzen / Wer wird uns einen Tag fuͤr unf’re Buͤrge ſeyn? Tyrannen bilden ſich / ihr Bruͤder / glaub’t es / ein;255 Daß ihre Haͤupter ſind die hohen Rieſen-Berge / Auf derer Gipfel wir als Ohnmachts-volle Zwerge Mit rechten Straffen nicht zu klimmen maͤchtig ſind / Die uͤber Wolck und Luft ſich ſtrecken: daß kein Wind Kein Schnee / kein Hagel kan auch ihren Staub verwehen. 260Allein im Fall ihr ſtimm’t / ſol bald der Blutthund ſehen: Daß hohen Eichen ſey der ſchnelle Blitz verwand; Sein Leben und ſein Tod beſteh in unſer Hand;

Kul-Kiahia.

Jch ſtimme ſeinen Fall. Kan er auf ſchlecht Verbrechen / Ja oft der Unſchuld ſelbſt Gutt / Ehr / und Halß abſprechen;265 So ſol des Blutthund’s Schuld / der die Geſaͤtze brauch’t / Wie eine Schlang ihr Gift / das / wenn ſie Frembd anhauch’t / Jſt toͤd lich / aber ihr zu fuͤſſer Nahrung dienet / Unſtraffbar nicht mehr ſeyn. Hat ſich der Hund erkuͤhnet Auf der Polacken Heiſch uns zu Schmach / Trotz und Hohn /270 Ein ihm faſt gleiches Haupt den Tarter Cham vom Thron Und Zepter abzuthun / ſo duͤnck’s ihn auch nicht frembde / Wenn ihm ſein Purper-Kleid ein hauffen Sclaven-Haͤmbde Sein Halßband auß Rubin auß Perl und Diamant / Damit er wie ein Weib beheng’t Haupt / Halß und Hand275 Ein haͤren Strick wird ſeyn / und ihm die Kehl einſchlingen: Daß Seel und Bluttjaͤſcht muß auß Mund und Naſe ſpringen.

Kara Chiaus

Jch lobe / was ihr ſchluß’t. Er hat an uns allein Den argſten Tod verdien’t; der / was das Reich traͤg’t ein / Was ſeiner Vorfahr’n Witz hat in den Schatz geleget /280 Verſchwendende wirfft weg. Der Schweiß der Laͤnder traͤget Kaum / was an Narden / Moſch / Oel / Balſam und Zibeth / Als Muͤntzen ſeiner Brunſt und Geilheit / auf ihn geh’t. Das Gold / das Tunis zinßt / ſchick’t er fuͤr Zobel-faͤhle / Wormit er uͤberzeucht die Boͤden gantzer Saͤle /285 Den Moſcowitern heim. Der Held Abdalla nam Ein gantz Pfund Moſch in ſich / wenn es zum Treffen kam / Und er an ſeinen Feind die Kraͤfte ſolte ſtrecken: Der Sultan / umb nur Brunſt und Geilheit zu erwecken / Schluckt taͤglich ſo viel Moſch und Ambra in ſich ein /290 Als Honam uns kaum ſchickt. Kein koſtbar Edelſtein Jſt fuͤr ein geiles Weib dem Jbrahim zu theuer. Uns aber / derer Spiel muß Feind / Sturm / Welle / Feuer / Schwerdt / Hitze / Kaͤlte ſeyn / entzeucht er und verkuͤrtz’t Das ſau’re Brodt / den Sold. So werd er denn geſtuͤrtz’t /295 Und das verſchrenckte Recht durch eigne Fauſt erhalten.

Haſſan-Ongle

Mein Wunſch nichts minder iſt: der Blutthund ſol erkalten; Und nicht mehr Kaͤyſer ſeyn. Allein iſt unſre Hand Gewachſen dieſem Werck? Euch Bruͤdern iſt bekand / Wie viel ihr außer uns auf’s Sultans Seite ſtehen /300 Wie Achmet keinen leicht in’s inn’re Schloß laͤß’t gehen / Der nicht iſt ſein Geſchoͤpf und Werckzeug boͤſer That / Wie er die Spahi meiſt in ſeinen Haͤnden hat / Wie vielen unter uns ſey Hertz und Muth gebrochen / Seit Oßmanns Tod an uns ſo grauſam ward gerochen. 305Ja wagt er ſich den Schwarm des Poͤfels anzufleh’n / Wird morgen man von uns kein gantz Gebeine ſeh’n.

Bectas.

Welch Traum mag in dir Furcht / welch Schatten Zagheit heeken? Laͤß’t ſich ein Janitſchar ſo ſchlechte Blendung ſchrecken / Fuͤr dem die Welt erbeb’t? Und ein erbooſt Croat310 Erſtach den Amurath. Den Ach - und Machmet hat Ein Dervis angeſpreng’t. Laß ihn den Poͤfel ſchuͤtzen / Die Spahi bey ihm ſteh’n; wenn unfee Wolcken blitzen /EWird /50Wird / durch was unſer Strahl nicht unverhindert faͤhr’t / Ob’s Stein und Ertzt ſchon iſt / in Aſch und Staub verkehr’t. 315Allein euch ſey entdeck’t: daß nebſt den Janitſcharen Die Spahiguttentheils auf unſer Kuͤſte fahren / Die durch des Mufti Dreu’n / der Cadileſchier Mund Dem Sultan ſetzen zu: daß er ſchnur-ſtracks den Hund / Den Achmet ſeines Ampt’s und Dienſtes ledig zehle /320 Und unſern Mehemet zum Groß-Vezier erwehle.

Die Janitſcharen.

Es bluͤhe Mehemet / den Achmet rottet auß!

Mollah.

Mein Herr / der Groß-Viſir komm’t zitternd in das Hauß / Und bittet: daß wir ihn in ein Gemach verſtecken / Biß daß der Mufti komm’t.

Kul-Kiahia.

Was wahrſag’t uns ſein Schrecken?

325
Bectas.

Jſt diß wohl Fragens werthl Erweg’t / was ich erzehl’t.

Haſſan Ongle.

Jſt Mehemet vielleicht in ſeine Stell erwehl’t?

Bectas.

Dem Hund unzweifelbar die Wuͤrde ſchon genommen.

Kara-Chiaus.

Was iſt zu thun?

Bectas.

Verſchweig: wer hier zuſammen kommen. Gib ihm mit hoͤfligkeit ein ſchoͤnes Zimmer ein. 330Biß Mufti komm’t / und wir des Außſchlag’s kundig ſeyn?

Kiuperli.

Scheint das Verhaͤngnuͤß uns die Armen nicht zu reichen? Was wart - und zweifeln wir? Behertzt - und Ruhmbarn Streichen / Die einen Boͤſen faͤll’n / ſchreib’t keinmal man mit Recht Nicht Ubereilung zu. Jhr Bruͤder / komm’t und brech’t335 Dem Boͤſewicht den Halß / den GOtt und Himmel blaͤnden: Daß er in’s Garn ſelbſt renn’t ſich liefernd unſern Haͤnden. Wenn dieſe That vollbracht / ſo renn’t mit gleichem Muth Auch ſelbſt den Blutthund an / ſtoß’t die durch Achmets Blutt Erwaͤrmte Sebel ihm durch ſein verzweiſelt Hertze.

340
Janitſchar.

Wir folgen. Weißt den Weg durch euers Beyſpiels Kertze.

Mufti.

Wo eilt ihr Helden zu?

Kara-Chiaus.

Den Achmet abzuthun.

Mufti.

Weil er ſchon abgethan / laß’t euren Eyfer ruh’n.

Bectas.

Laͤßt ſich der kluge Schluß durch guten Außſchlag loben?

Cadileſch.

Der Achmet iſt entſetzt / und Mehemet erhoben.

345
Haſſan-Ongle

Doch iſt dem Hunde nicht das Leben noch geraub’t.

Mufti.

Von Eichen die gefall’n / iſt Zwergen auch erlaub’t Zu ſamlen Brennholtz ein. Werzaber wird ergruͤnden / Wohin die Flucht ihn trieb? denn wenn Cometen ſchwinden / Und Luft-Geſtirne falln / nimm’t Spur und Pfad auch nicht350 Ein Luchſen-Auge war.

Kul-Kiahia.

Die Mutte ſuch’t das Licht / Doch findet ſie den Sarch in den beliebten Flammen. Und Achmet hat dein Hauß / weil wir hier ſind befammen / Zu ſeinem Schirm erkieſt.

Mufti.

Der Hund? bey mir? mein Hauß?

Kara-Chiaus.

So iſt es.

Mufti.

Jagt mir ſtracks den Boͤſewicht hinauß.

355
Bectas.

Laß’t uns den Hund allhier vorher zu Rede ſetzen.

Kiuperli

Jn ſeinem Blutte vor die kalten Schwerdter netzen.

Mufti.

Geh meld ihm: daß ich ihn allhier empfangen wil.

2 Cadileſch.

Wie kan’s Verhaͤngnuͤß nicht des Gluckes ſuͤſſes Spiel / Der Boßheit Freuden Klang / der Laſter Lied verſtimmen! 360Der Fruͤh vom Balſam trof / ſol itzt im Blutte ſchwimmen!

Bectas.

Ja ſicher bald erfahr’n: daß / der auf Laſter thuͤrm’t Sein Gluͤcks-Rad / ſich bald ſih’t mit ihm in Grund geſtuͤrm’t.

Achmet. Mufti. Drey Cadileſchieri. Kiuperli. Kul-Kiahia. Kara-Chiaus. Die Janitſcharen. Haſſan-Ongle. Vier Stummen.
Achmet.

HJlf Himmel! traͤumet mir? wo werd ich hingefuͤhret?

Mufti.

Willkommen groſſer Freund / willkommen! woher ruͤhret365 Diß ſein Entſetzen her?

Bectas.

Der / den’s Gewiſſen ſchreck’t / Meyn’t: daß auch klare Luft voll Donnerkeile ſteck’t.

Mufti.

Eroͤfne / was du ſuch’ſt? Was iſt’s! wir woll’n es hoͤren.

Achmet.

Der / den’s Verhaͤngnuͤß druͤck’t / muß hohe Schutz-Saͤul’n ehren / Zu Gnaden-Bildern flih’n.

Mufti.

Hor’t / was itzt Mufti gilt! 370Den er vor angeſpien / iſt itzt ſein Gnaden-Bild / Dem er die Tochter nam / der ſol ihn itzt beſchirmen!

Achmet.

Diß lehre dich mein Freund: daß auß Coloß - und Thuͤrmen / Grauß / Aſche / Thal und Pful / auß Rieſen einen Zwerg Der Abend machen kan. Der geſtern-groſſe BergSuch’t51375Such’t Schatten itzt bey dir; und der Gefall’ne bittet; Weil Gluͤck und Himmel meiſt nicht einen Keil außſchüttet: Er woll ein Lorberbaum ihm fuͤr mehr Blitzen ſeyn.

1. Cadileſch.

Hoͤr’t: was fuͤr Furcht ihm ſchon jag’t ſeine Boßheit ein!

Achmet.

Jhr Freunde / ſag’t: was iſt des Achmets groß Verbrechen? 380Wolt ihr nach’s Poͤfels Arth auf mich ein Urtheil ſprechen? Der ſeines Abgott’s Bild am erſten / ohne Grund Und Urſach ſchlaͤg’t ent; wey / ſo bald ihm nur wird kund: Daß es der Fuͤrſt verwirff’t / nach deſſen Ungunſt-Schatten / Ja wie weit Haͤuchler ihn auß Neid verfinſtert hatten /385 Gefaͤllter Fehltritt miß’t.

Kiuperli.

Hoͤr’t! wie der Boͤſewicht / So rein ſich brennen wil!

Achmet.

Jch leugn ihr Freunde nicht: Daß ich des Mufti Kind Gewaltſam weg hieß holen. Doch! wen entſchuͤldig’t nicht? Der Sultan hats befohlen. Steh’t Fuͤrſtlichen Befehl zu weigern / Knechten frey? 390Zu gruͤbeln: Ob ſein Thun recht / oder unrecht ſey. Jhr kenn’t des Sultans Arth und ſeinen Trieb im Lieben. Jſt einer unbeſchimpff’t / ja unerwuͤrget blieben / Der ihm im Lieben ein zu reden ſich erkeck’t.

Bectas.

Merck’t! wie er ſeine Wuͤrm ins Sultans Kleid verſteck’t! 395Sich den / den er vor ſelbſt verfuͤhr’t / itzt laͤſternd ſchmaͤhet! Haſt du nicht Wachsgeſchaff’t / die Tachte ſelbſt gedrehet Zun Fackeln / die der Fuͤrſt der Geilheit zuͤndet an? Doch laß’t uns hoͤr’n; mit was der Hund beſchoͤnen kan. Daß der verkuͤrtzte Sold uns noch zu ruͤcke bleibet?

400
Achmet.

Mit was Gewiſſen ihr mir dieſe Schuld zuſchreibet / Erweget mit Vernunft; indem euch wohl bekand: Daß in dem Schatze nicht hat Achmet ſeine Hand / Noch ſo viel Macht gehabt in noͤth’gen Geld-Außgaben / Als Sechierpera und andre Weiber haben.

405
2. Cadileſch.

Jtzt wandelt ſich der Hund in einen / todten Stein Und ein unnuͤtzes Holtz. Wer wil im Ampte ſeyn / Muß wo / und was das Ampt heiſch’t / reden / ſorgen / wachen. Ja wer die Niedriegen ſich laͤß’t zum Goͤtzen machen. Jſt Wuͤrd und Amptes nicht / mehr aber Straffens werth /410 Als der auß Vorwitz oft auß ſeinem Zirckel faͤhr’t.

Bectas.

Wie zittert nun der Hund? So gehts: Die Laſt der Suͤnde Mach’t das Gewiſſen ſchwer. Ja / wenn die Zwirbel-Winde Der Laſter nehmen ſchon Seel und Begierden ein / Muß’s Hertze voller Furcht / der Kopff voll Schwindel ſeyn. 415Die Laſter haben zwar Granaten-Aepffel-Schalen / Jnnwendig ſind ſie Schlee und Wermuth. Jhre Strahlen Sind glaͤntzend / aber Gift und Baſiliſten-Arth. Drumb traͤum’t dir nicht umbſonſt vom Fall und Hellenfarth. Stracks ſtoß’t den Hund zum Hauſ’hinauß Doch an der Schwelle420 Faß’t ihn / ihr Stummen / an; ſchick’t ſeinen Geiſt der Helle Durch ein paar Stricke zu.

Achmet.

Behertzigt / was ihr thut! Beſudelteuren Ruhm nicht durch unſchuldig Blutt! Glaub’t: daß der Ehre Schatz / den Schweiß und Blutt erwirbet / Auch durch Gedancken nur / die unrein ſind / verdirbet;425 Vielmehr wird euer Glantz verfall’n in Schmach und Nacht / Da ihr auß Helden euch zu Unſchulds-Henckern macht. Die Nachwelt wuͤrd euch ſchmaͤh’n / der Vorfahr’n Todten-knochen Geſpenſter geben ab / und euch / was ihr verbrochen / Verweißlich ſtellen fuͤr. Doch trau ich ſolchen Grimm430 Nicht en’rer Tugend zu Die Zagheit rgaſt ſo ſchlimm Auf unbewehrte nur. Großmuͤtt’ge Hertzen tragen Mitleiden mehr mit dem / den Neid und Zufall ſchlagen; Ja koͤnnen Schuldige nicht einſt verderben ſeh’n / Wenn ſie fußfaͤllig ſich ſeh’n umb Genad anfleh’n.

435
Bectas.

Schlept den verzagten Hund weg von des Mufti Fuͤſſen. Gerechte Rache wird durch Knie und Erde-kuͤſſen Und Fuß-Fall nicht gehemm’t. Wer auch ſich / wenn er faͤll’t / So winſelnd / ſo verzag’t / ſo Weib - und Knechtiſch ſtell’t / Jſt nicht Erbarmens werth.

Mufti.

Stracks / ſchlinget ihm die Sricke440 Umb den verdammten Halß.

Achmet.

Gerechter Himmel ſchicke Doch Recher dieſes Mord’s! Jndem faſt unerhoͤr’t; Daß angeflehter Schirm ſelbſt Flehende verſehr’t.

KaraChiaus.

Wenn Nattern man ertritt / woll’n ſie die Zung erſt ſchaͤrſſen.

Bectas.

Laß’t den erſtickten Hund zu offnem Schauſpiel werſſenE ijFuͤr’s52445Fuͤr’s neue Kirchen-Thor: daß alles Volck ſchau an: Wie hoch ein groſſer Baum durch Laſter fallen kan.

Kul-Kiahia.

Diß lehrt: daß GOtt zerbricht Hoffaͤrtige wie Scherben / Daß Menſch und Ameis nur zum eigenen Verderben So Ehr als Fluͤgel krieg’t; daß der wie Glaß zerfaͤll’t /450 Der nur der Boßheit Nichts fuͤr einen Grundſtein haͤlt. Doch diß iſt’s Vorbild nur des rechten Trauer-Spieles. Sag’t: auf was Arth nunmehr der Mittelpunckt des Zieles Sich ſicher treffen laͤß’t.

Mufti.

Man heiſch ihn fuͤr den Rath Des Divans / mit Befehl: daß wegen ſeiner That455 Er Red und Rechenſchaft ſol Herr und Volcke geben.

Bectas.

Wohl! wir woll’n Augenblicks in Divan uns erheben.

Der Schauplatz ſtellet fuͤr des Kaͤyſers Hoſada. Ibrahim. Kioſem. Mehemet. Naſuf. Piali Baſſa. Capachi - Bachi. Etliche andere Baſſen. Etliche Cadi. Seliſtar Aga.
Ibrah.

SO iſt durch Menchel-Mord mein liebſter Achmet todt?

Naſuf.

Ja / ſeine Leiche lig’t geworffen in den Koth! Den Hunden zu der Koſt / dem Poͤfel zum Geſpoͤtte.

460
Ibrah.

Verteufelt-Boͤſe that! Ach! daß ich / Achmet / haͤtte Dem Stifter deines Mord’s den Mufti / vor erdruͤck’t! Eh es an dir den Muth zu kuͤhlen ihm geluͤck’t. Ha! wie hat Jbrahim; ſo ſchaͤndlich ſich vergangen? So heßlich ſich befleck’t? als er ihr ſchlimm Verlangen465 So liederlich verhieng. Ja Jbrahim ſelbſt gab / Den Henckern Muth und Strick / als wir dich ſetzten ab! Denn / wer die Nattern ſchon laͤß’t unterm Haupte niſten / Der lockt ſie ſelbſt in’s Fleiſch / zum Hertzen / zu den Bruͤſten. Wer eines Nagelsbreit der Aufruhrs-Glutt raͤum’t ein /470 Dem wird ein flammend Brand bald unterm Dache ſeyn; Der muß den Wind bald ſeh’n mit ſeiner Aſche ſpielen. Ja / der leſch’t Glutt mit Oel / meyn’t Kalck mit Flutt zu kuͤhlen / Wer ein aufruͤhriſch Volck mit linden Fingern ſtreich’t. Doch / hat kem Menſch als ſie Schuld: daß mit ihm erbleich’t475 Des Sultans rechter Arm.

Kioſ.

Mein Sohn / ſol ich’s entgelten? Laͤß’t wegen Zufall ſich ein gutter Rathſchluß ſchelten? Wer Redligkeit und Witz auf’s Rath-Hauß mit ſich traͤg’t / Jſt Ruhms-werth / wenn ſein Rath gleich mit Verluſt außſchlaͤg’t.

Ibrah.

Ja mit Verluſt des Ruhms; wo wir ſchnur-ſtracks nicht waſchen480 Durch Blutt diß Brandmal ab. Eil’t! opfert Achmets Aſchen Das Fleiſch der Moͤrder auf. Wer eilet alſobald / Erbricht des Mufti Hauß des Henckers mit Gewalt / Und liefert uns hieher den kalten Kopf des Hundes?

Kioſem.

Erwege noch einmal den Außſpruch deines Mundes;485 Und wie man mit Gefahr ein Neſt voll Weſpen ſtoͤr’t.

Ibrah.

Was Sanftmuth ſchaden thut / hat Achmet uns gelehr’t.

1. Cadi.

Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt; Jch muß umb Gnade bitten: Und daß man uͤber den nicht moͤge Grimm außſchuͤtten / Der auf der Obern Heiß muß boͤſer Bothe ſeyn.

490
Ibrah.

Was iſt’s? 1.

Cadi.

Der Sultan ſol in Divan ſich ſtell’n ein. Dem Volcke werden recht / und außfuͤhr’n ſeine Thaten.

Ibrah.

Wer ſchickt dich? 1.

Cadi.

Mufti zwar; doch Buͤrger und Soldaten Verſamlen fuͤr der Burg nebſt ihm in Tempel ſich.

Ibrah.

Hoͤr’t: was der thoͤr’chte Schwarm der Sclaven wider mich495 Hochfrevelnd ſich erkuͤhn’t! Soll’n wir der Narrheit lachen? Wie? oder alſobald mit Donner auf ſie krachen? Geh und bring ihnen noch die Gnaden-Warnung bey: Daß ſchnelle Buß ihr Heil / Trotz ihr Verderben ſey. Doch warumb laſſen wir nicht bald den Schwarm zertrennen? 500Es muß ein gluͤend Stahl den kalten Brand verbrennen / Der durch ein Glied ſich ſchleich’t in gantzen Coͤrper ein; Denn / da die Aſche nicht ſol neuer Saame ſeyn / Auch nicht mehr Drachen Koͤpf auß ihren Strimpfeln bluͤhen / Muß’s Meſſer / welches kerb’t / von Pein und Rache gluͤen. Mein53505Mein Kind / wenn Klugheit wil was Fruchtbar’s geben an / So pruͤf’t ſie vor die Zeit. Die beſte Salbe kan. Zur Unzeit werden Gift / entzuͤnden Beul - und Wunden Geſaͤtzt: daß Eſſig muß auf Schwere ſeyn gebunden / Die Meineyd hat gezeug’t: ſo dreu’t diß noch nicht itzt /510 Da die Verſamleten die Maͤnge reitz’t und ſchuͤtz’t.

2. Cadi.

Mein Fuͤrſt der Mufti heißt mich ihm diß Teſſa bringen.

Ibrah.

Wohin wird ſich der Hund noch durch den Hochmuth ſchwingen? Doch laß’t uns ſchau’n: was uns der Meineyds-ſtifter ſchreib’t. Jm Fall Fuͤrſt Jbrahim verſtock’t und außen bleib’t /515 Sich wider das Geſetz und’s Divans Rath auflehnet; Sey er hierdurch des Reichs verluſtig und entkroͤhnet. Verdammte Laͤſterung! Beſorgſtu Bube nicht Ein bluttig Bothen-Lohn?

2. Cadi.

Der Fuͤrſt weiß meine Pflicht.

Ibrah.

Bluttſtifter / Moͤrder / Hund / Aufwickler / Ubelthaͤter! 520Liß dir die Stuͤck hier auf zur Antwort / Ertzverraͤther! Wo renn’t dein Frevelmuth ſo blind und Raſend hin? Welch Teufel ruͤhr’t dein Hertz / bezaubert deinen Sinn? Ein Sclave wag’t ſich’s Reich dem Kaͤyſer abzuſprechen? Wie blitz’t der Himmel nicht / ſo mag der Abgrund brechen! 525Und dieſen giſt’gen Schaum der Erde ſchlingen ein! Sind noch nicht Hencker dar / die ſchon geſchaͤftig ſeyn Den Ertz-Dieb abzuthun / den Schaͤdel uns zu holen;

Kioſem.

Mein Kind / ja / ich geſteh’s: daß gluͤend-heiſſe Kohlen / Pfal / Schwefel / ſiedend Oel fuͤr dieſe grauſe Schuld /530 Zu linde Straffen ſind. Witz aber brauch’t Geduld / Wo unbeſonnen Zorn und Eyfer mehr kan ſchaden.

Ibrah.

Wil ſie zum Untergang uns noch mit Schimpf beladen? Sol ein behertzter Rieſ auch wachend ſchau’n / und fuͤhl’n: Wie Zwerg ihm umb die Naſ und auf den Schultern ſpiel’n;535 Sol ein lebendig Beer empfinden ohne Rache: Daß ihm ein Ameiß-Heer im Munde Reſter mache? Ein Haſe rauff’t den Zopf nur todten Loͤwen auß. Nein / ſicher! Jbrahim leb’t / und wird noch in Grauß Zertreten / der ihn tritt; zermalmen / die ihn necken.

540
Mehemet.

Mein Fuͤrſt / des Dwans Dreu’n iſt nicht veraͤchtlich Schrecken. Das Beyſpiel Muſtafens lehr’t: daß des Divans Rath Die groſſen Sultane Macht abzuſetzen hat. Doch haͤtt Er ſicher ihm den Zepter nicht genommen. Waͤr er auf gleichen Heiß / nur fuͤr’s Gerichte kommen.

545
Ibrah.

Soll’n / was die Mutter ſelbſt dem Bruder widerrieth / Wir mit mehr Schimpf itzt thun?

Kioſ.

Mein Sohn / er ſelber ſih’t Und ſie hat oft beſchmertz’t: daß ſie ihm ſchlimm gerathen.

Ibrah.

Meß’t einen Jbrahim nicht nach der Arth und Thaten Des bloͤden Muſtaſa. Der Tauben Sanftmuth ſieh’t550 Nicht edlen Adlern an. Ja ſie Frau Mutter geh’t Mir mit was Ruhmbar’n fuͤr / als ſie umb ſchlecht Verbrechen Den Halß dem Muſtafa dem Groß-Viſier ließ brechen / So warf auch Amurath vom Haupte die Gefahr Mit’s Regep Baſſa Kopf / als er entſchloſſen war /555 Statt unſers Bruders uns auf Oßmans Stul zu heben.

Mehemet.

Die ſamptlich koͤnnen ihm hier keine Richtſchnur geben / Weil er hier mit Gewalt werckſtellig machen wil Auf ein gewafnet Volck; diß / was dort / da das Ziel Der Rache war ein Kopf / mit Liſt ward außgeuͤbet.

560
Ibrah.

Wenn wider Fuͤrſten ſich der Poͤſel aufleh’nt / giebet Dem Fuͤrſten nichts mehr Sieg / dem Aufruhr groͤſſern Stoß; Als wenn ein Fuͤrſt behertz’t dring’t auf den Hauſſen loß. Dem Sultan Oßman hat nichts als die Furcht gefaͤllet / Denn haͤtt er als ein Held zur Wehre ſich geſtellet /565 Die Majeſtaͤt nicht weg geleget und beſteck’t / Jn eines Spahi Kleid in Winckeln ſich verſteck’t; Kein Moͤrder haͤtte nicht ihn Moͤrdriſch zu beſpringen Meineydig ſich erkuͤh’nt.

3. Cadi.

Jch ſol dem Kaͤyſer bringen Vom Divan dieſe Schrift.

Ibrah.

Hoͤr’t die verdammte Schaar570 Richt von dem Wahnwitz auf? Sind keine Schergen dar / Die Schrift / die nicht iſt werth des Leſens / zuverbrennen?

Kioſem.

Man leſ’erſt / was ſie ſuch’t.

Ibrah.

Der Divan muß erkennen Wer das Geſaͤtz und Recht des Divans nicht nimmt an / Der iſt kein Sultan mehr / in auch kein Muſulman. E iijVer -54575Verfluchte Boͤſewicht! Hier bringe dieſe Stuͤcke / Den Aberwitzigen zur Antworts-Schrift zu ruͤcke; Der aufgepfaͤlte Kopf des Mufti ſol ſie bald Lehr’n: ob wir Kaͤyſer ſind. Stracks dringe mit Gewalt Der Leibwach auf den Schwarm der Raſenden Gemeine;580 Mit Dreuung: daß von ihr ſol kommen kein Gebeine / Wo ſie die Koͤpf uns nicht der Redelsfuͤhrer ſchick’t. Stell’t ſie ſich trotzig an; ſo werd erſteck’t / erdruͤck’t / Verſtimmelt und zerfleiſch’t / was einen Finger ruͤhret.

Mehemet.

Jch weiß: daß Knechten wohl zu gruͤbeln nicht gebuͤhret /585 Ob moͤglich zu vollzih’n ſey / was ein Fuͤrſt befichl’t. Gehorſam iſt die Schuld auch / wenn das Abſehn ziel’t Aufs Dieners Untergang. Die Nachwelt wird ſtets muͤſſen Die ruͤhmen / welche ſich ſtatt Reiſichts binden lieſſen / Durch ihrer Coͤrper Berg und ihrer Leichen Grauß590 Zur Stuͤrmung Bagadets die Graben fuͤllten auß. So iſt’s auch ruͤhmlicher behertz’t alsbald erbleichen / Als fuͤr dem Feinde zwey drey Spannen ruͤckwerts weichen Und ſeines Lebens Ziel erſtrecken auf viel Jahr. Und alſo wolt auch ich auf die verſchworne Schaar595 Großmuͤthig ſtuͤrmen loß / ſolt es gleich Sterbens gelten. Alleine / nachdem die ihn fuͤr unglaͤubig ſchelten / Die das Geſetze lehr’n / das Mahumed gebracht / Hab ich fuͤr’s Sultans Heil kein Glied zu ruͤhr’n mehr Macht.

Ibrah.

Wilſtu / verzweifelter / nun auch zum Schelmen werden?

600
Mehemet.

Mein treuer Dienſt verdien’t vernuͤnftiger Gebehrden.

Ibrah.

Bewehre deine Treu itzt durch befohl’ne That.

Mehemet.

Nein! weil der Sultan nicht mehr zu befehlen hat.

Ibrah.

Welch Knecht hat ie den Herr’n in’s Antlitz ſo verhoͤhnet?

Mehemet.

Der iſt mein Herr nicht mehr / den das Geſetz entkroͤnet.

605
Ibrah.

Meineydige! Zuck’t noch kein Sclav auf ihn das Schwerdt? Wir ſind verrathen! ach! wie irr’t / wer Diener werth / Hoſheuchler redlich ſchaͤtz’t; und Treu in Knechten ſuchet! An dir ſey unſer Brodt und unſer Saltz verfluchet! Was aber hindert uns? daß wir durch eig’ne Hand610 Nicht unſer Recht außfuͤhr’n? und dieſes Aufruhr’s Brand Am Haupte leſchen auß?

Mehemet.

Was / wil man mir ſo lohnen. Halt! oder Mehemet wird Jbrahims nicht ſchonen.

Mufti. Bectas. Ibrahim. Kioſem. Mehemet. Kul-Kiahia. Ka - ra Chiaus. Haſſan-Ongle. Die drey Cadileſchier. Etliche Baſſen / darunter Kiuperli, Piali, Naſuf, und eine Menge der Janitſcharen. Machmet des Jbrahims aͤlteſter Printz. Bajazeth. Orcan. Suleiman.
Bectas.

HAlt! was ſol dieſes ſeyn? wil noch der Wuͤtterich / Den Heer und Volck verdamm’t / durch noch mehr Mordthat ſich615 An Haͤuptern dieſes Reich’s vermeſſentlich vergreiffen? Laß’t den Tyrannen ſtracks fuͤr Hund und Poͤfel ſchleiſſen!

Ibrah.

Hilf Himmel! was hab’t ihr auf eu’ren Kaͤyſer fuͤr?

Mufti.

Du biſt kein Kaͤyſer mehr. Des Divans Schluß hat dir Halß / Ehre / Kaͤyſerthum rechtmaͤſſig abgeſprochen.

620
Ibrah.

Ach! was hat Jbrahim ſo groſſes denn verbrochen?

Mufti.

Nothzuͤchtiger! ſind dir die Laſter nicht bewuſt; Und daß der Himmel ſchick’t Pein auf verdammte Luſt?

Bectas.

Greiſſ’t den Tyrannen an! und hau’t den Hund in Stuͤcke

Mehemet.

Er iſt nicht Schwerdter werth. Hier brauchet dieſe Struͤcke.

625
Ibrah.

Frau Mutter / ach! wil ſie nun nicht mein Schutz-Bild ſeyn?

Mufti.

Faßt ihn.

Ibrah.

Ach! ſchrencke mich mit deinen Armen ein.

Kioſem.

Jhr Helden thut Gemach. Bedenck’t: was ihr beginnet! Wer der ſey / welchen ihr hier zu ermorden ſinnet;

Kul-Kiahia.

Ein Blutthund / ein Tyrann; ein Moͤrder; der nicht werth /630 Daß ihm die Sonne ſchein’t.

Kioſem.

Ein Fuͤrſt / den ihr erklaͤr’t Zu en’rem Sultan hab’t / dem / als er ward erkohren / j Jhr Treue / Liebe / Pflicht / Gehorſam habt geſchworen.

1. Cadileſch.

Ein Schaͤnder / deſſen That uns laͤß’t des Eydes loß.

Kara Chiaus.

Fort mit ihm reiß’t den Hund der Mutter auß der Schooß.

Jhr55635
Kioſem.

Jhr Helden / laſſet euch die Mutter doch erbitten; Laß’t ſo viel Thraͤnen ſie vergebens nicht verſchuͤtten! Und ſaͤnftig’t mit Vernunft und Gnade ſtrenges Recht. Ein Herr / ermordet nicht / ſtracks / wenn er fehl’t / den Knecht. Wie / daß denn euer Haupt / dafern es was verbrochen /640 Stracks ſol zermalmet ſeyn? GOtt hat auch ſtets gerochen Veruͤbten Fuͤrſten-Mord. Nicht einer / der durch Blutt Des Oßmanns ſich befleck’t / ja der nur ſeinen Muth Und Muthwill’n hat gekuͤhl’t an ſeiner Todten Leiche / Blaͤſſ’t mehr den Athem auß. Der ſelber / der im Reiche645 Dem Sultan folgen wird / wird ſtrenger Recher ſeyn. Denn durch diß ſetzt ein Fuͤrſt ſich feſt in Buͤgel ein.

Mufti.

Umbſonſt! der Blutthund kan / wo uns des Himmels Rache Nicht ſelber ſtuͤrtzen ſol / mit ſeiner boͤſen Sache Der Straſſe nicht entgeh’n.

Bectas.

Fort mit ihm! greiff’t ihn an!

650
Kioſem.

Jhr Helden / wo er ja nicht ungeſtrafft ſeyn kan; So ſtraft nicht uͤbers Maaß; und ſchon’t des Fuͤrſten-Bluttes.

Mehemet.

Kein furchtſam Mittel ſchaf’t im Straffen etwas Guttes. Die Waſſerwolcke / die der Fuͤrſten Aug einhuͤll’t / Steck’t voller Donnerkeil und iſt mit Rach erfuͤll’t. 655Ja wer ein hohes Haupt beleidiget / nicht faͤllet / Thut Thoͤr’chter / als der ſich nach der Verletzung ſtellet Dem Loͤwen Wehrloß fuͤr / ja ſonder ein Geſchooß Ein grimmes Waldſchwein neck’t.

Kioſ.

Jhr ſeyd des Kum̃ers loß / Wenn Jbrahim gib’t Heft und Waffen auß den Haͤnden.

660
2. Cadileſch.

Laß’t euch durch ſolchen Dunſt nicht Hertz und Augen blaͤnden / Weil ſich die Schlange ruͤhr’t / verſuch’t ſie Gift und Stich.

Kioſem.

Vielleicht iſt Jbrahim zu lencken: daß er ſich Des Zepters ſelbſt entzeucht.

Ibrah.

Ha! laß uns lieber ſterben!

Kioſem.

Nimm Zeit und Nothſtand wahr. Der Abend kan erwerben /665 Was uns der Mittag raub’t. Als Muſtafa gleich fiel Jn Kercker von dem Thron / erlang’t er doch das Ziel Des Herꝛſchens durch den Tod des Sultan Oßmanns wieder. Auch leg’t Geduld und Zeit den groͤſten Eyfer nieder.

Ibrah.

Wer wuͤrde denn nach mir des Oßmanns Zepter fuͤhr’n;

670
Kioſem.

Wer? als dein Sohn. Hierumb darffſtu kein Wort verlier’n.

Ibrah.

Sie mach’s denn / wie ſie kan.

Kioſ.

Euch Helden wird bewegen: Daß ſich der Fuͤrſt entſchleuſt den Zepter abzulegen. Solch hoher Fall wird euch ja Straffe ſeyn genung. Wer Fuͤrſtlich iſt gezeug’t / im Purper worden jung /675. Das Herꝛſchen hat geſchmeck’t; kan aͤrger nicht erblaſſen / Der iſt ſchon lebend todt / der’s Reich muß fahren laſſen.

Mehemet.

Betrug und Stacheliſt von Suͤſſigkeit nicht fern;

Ibrah.

Ach! moͤget ihr mich doch in erſten Kercker ſperr’n.

Mufti.

Ob mich der Blutthund gleich am aͤrgſten hat verletzet /680 So waͤre doch mein Rath: daß er wuͤrd eingeſetzet Jn Kercker / wo ihn Sonn und Monde nicht beſchein’t.

Bectas.

Er hat zwar mehr verkerb’t; doch weil es Mufti meyn’t / Die Sultanin fuͤr ihn ſo gar beweglich bittet / Sol Er nicht nach Verdienſt mit Rache ſeyn beſchuͤttet. 685Geh’t aber ſchlepp’t ihn bald in’s erſten Kerckers Loch.

Mufti.

Eroͤfnet durch die Stadt: des Blutthunds ſtrenges Joch Sey gluͤcklich abgeweltz’t; und daß von ſeinen Soͤhnen Man itzt den Eltſten wird zum Tuͤrck’ſchen Sultan kroͤnen. Printz Machmet werd alsbald hieher ins Zimmer bracht.

690
Kioſem.

Verwirrtes Trauerſpiel! verkehrte Mitter-Nacht! Da ich den Sohn vergeh’n / den Enckel wachſen ſchaue. Leb’t iemand / welchem nicht fuͤr dieſem Zucker graue Des Herꝛſchens / der zu letzt als Gall und Eſſig ſchmeckt? Wie / daß Regierſucht den faſt iede Seel anſteck’t?

695
Mufti.

Daß man den groſſen Printz auf Oßmans Steul erhebe!

1. Cadileſch.

Daß ein Schneeweiß Gewand des Printzen Leib umbgebe.

2 Cadileſch.

Heng’t ihm den Mantel umb von Gold und Karmoſin.

Mufti.

Reich’t ihm den gruͤnen Bund / die Seiger-Federn hin.

1. Cadil.

Die Saͤbel guͤrtet ihm des Oßmans umb die Lenden.

700
2. Cadil.

Erhebt und tragt nunmehr den Machmet auf den Haͤnden.

Mehemet.

Das Volck erklaͤre ſich: Sol Machmet Kaͤyſer ſeyn?

Alle.

Der Sultan Machmet herꝛſch! Jedweder ſtimmet ein.

1. Cadil.

Diß Jahr / das ſeinen Lauff fuͤhr’t nach der Arth des Loͤwen / Weiſſagt: daß ihn die Welt als ein ſolch Thier wird ſcheuen. Daß56705Daß dieſen Loͤwen Rom als Schutz-ſtern ſol verehr’n / Ja Sonnen unterm Mohnd und in den Krebs gehoͤr’n.

Mufti.

Gott woll ihm Segen / Heil / Verſtand / Sieg / Erben gebne.

Mehemet.

Wil mit gewohnter Pracht der Sultan ſich erheben Jn Hiobs Heiligthumb den Eyd zu legen ab. 710Daß er Geſetz und Recht / das Mahumed uns gab / Durch’s Schwerdt beſchirmen wil?

Kiuperli.

Laß’t doch vorher uns kuͤſſen Des Rockes guͤld’nen Saum / den Staub von ſeinen Fuͤſſen.

Mufti.

Reich’t ihm zum Kuß auch hin den heil’gen Alcoran.

3. Cadileſch.

Es werde Perſ und Chriſt des Sultans Unterthan!

715
Piali.

Laß’t die drey Printzen auch des Brudern Knie umbfaſſen: Daß ſie durch Grimm und Strick nicht fuͤr der Zeit erblaſſen

Machmet.

Wir nehmen danckbar an / und uns hat hoch ergetz’t: Daß uns das Reich ſo jung zum herꝛſchen wuͤrdig ſchaͤtz’t. Wir werden ohne Blutt zu Herꝛſchen uns bemuͤhen. 720Was aber uns die Jahr an Klugheit noch entziehen / Wird Mehemets Verſtand der Witz der Sultanin So lange bringen ein. Jhr ſolt das Taraquin Und der vertagten Sold noch heute baar erheben.

Alle.

Daß Sultan Machmet muß unendlich bluͤhn und leben!

Der Schauplatz ſtellet fuͤr einen Kercker. Ibrahim. Der Ambre Geiſt. Vier Stummen. Sechs Geiſter ermordeter Baſſen.
725
Ibrah.

SO ſenck’t Stamboldens Sonn hieher den ſtoltzen Lauf? Schleuſt niemand uns die Nacht des bangen Keꝛckeꝛs auf? Soll’n wir lebendig ſeyn in dieſen Sarch vergraben / Wo wir Geſpenſter nur zu Mitgefehrten haben? Wo Angſt das Hertz uns friſt; und ein ſtets wehrend Traum730 Den Kopf uns wuͤſte mach’t. Schau’t: wie der Zeder-Baum / Der Haupt und Gipfel hatt im Himmel / deſſen Fuͤſſe Jm Abgrund wurtzelten; von einem Schlage muͤſſe Zermalm’t in dieſes Thal ſo einer Helle falt’n! Doch! Jbrahim iſt’s werth: daß er ein blindes Knall’n /735 Ein falſches Dre nen ihm ließ Aug und Hertze blaͤnden: Daß er die Knechte nicht mit Waffen in den Haͤnden / Mit Feuer im Geſicht / als Loͤw und Beer fiel an! Weil Zagheit doch nur Schimpf und Elend hecken kan. Ach! daß wir Hoſnung uns zum Aufſteh’n moͤgen faſſen /740 Der Mutter ſuͤſſes Giſt bezanbern haben laſſen? Die der Verraͤtherey fuͤrnehmſtes Mitglied war. Die Mutter / die darumb uns Kinder nur gebahr: Daß ſie die Klauen koͤnn im Kinder-Blutte faͤrben. Wie aber woll’n wir hier als Sclav als Knecht verderben? 745Ja unſern Sohn mit uns ſo ſchimpflich ſeh’n gebahr’n / Wie leider Bajazeth von Selim hat erfahr’n? Der nach geraubtem Reich und Knechtſchen Fuͤſſe-Kuͤſſen Doch durch des Sohnes Gift zu letzt erblaſſen muͤſſen. Jedoch / was bilden wir / die wir gekerckert ſeyn. 750Vom Machmet uns nur diß / was dort vom Selim ein? Ja Machmets Mutter wird uns ſelſt erwuͤrgen laſſen. Denn ſie iſt ein frech Kind der grauſamen Cireaſſen / Die nur ein bluttig Tuch auß Blutt-Luſt bethen an. Drumb ſtirb mit minder Pein / weil man noch ſterben kan! 755Auf! Jbrahim / laß uns ergreiffen Strick und Meſſer! Ein ſelbſt-erkieſter Tod iſt ruͤhmlicher und beſſer / Als der Tyrannen Spiel / der Hencker Opffer ſeyn. Stoß einen ſcharffen Dolch / großmuͤthig in dich ein! Doch es iſt weder Strick noch Meſſer hier verhanden. 760Verdammte Raſerey! die denen / die in Banden Verſchmachtend ſterben / nicht des Todes Wergzeug laͤß’t / Daß er ſtets ſterbende doch nicht die Seel außblaͤßt. Allein umbſonſt! der Tod laͤß’t keinem ſich verſchluͤſſen. Die Kleider werden uns zum Stricke dienen muͤſſen. 765Doch nein! laß uns die Nacht bepurpern durch diß Blutt. Die Pfoſten ſind hir ſchon zu Sterbens-Pforten gutt. Laß /57Laß / eh auf unſern Halß die Hencker ſich erboſſen / An dieſen Mauren uns behertzt den Kopf zerſtoſſen.

Ambrens Geiſt.

Halt! Blutthund / halt! Es ſteh’t ein ander Schluß770 Jn des Verhaͤngnuͤßes geſtirntes Buch geſchrieben; Erzitterſtu? was kan die fuͤr Verdruß Dir ſchaffen / da du ſchwur’ſt auch ihren Geiſt zu lieben. Urtheil’ſtu Hund? daß Ambre ſich ſtell’t ein / Begierig durch die Seiffe deiner Aſchen775. Das Brandmal ihrer Keuſchheit abzuwaſchen; Du fehl ſt und irr’ſt! Ertzt ſchaͤnder / nein / Ach! nein! Denn gib’t die Kohle gleich den Spiegeln Glantz und Schein; So beitz’t dein Geilheits-Oel / weil ja der Keuſchheit Lilgen Sind zaͤrter als Chryſtall / und mehr als Spiegelrein /780 Uns Flecken / welche nicht dein ſchwartzes Blutt kan tilgen. Dir ſelber ſag’t ſchon dein Gewiſſen wahr: Daß Rache mich hieher mit Fackeln traͤget. Schan’t: wie ihm ſchon zu Berge ſteh’t das Haar! Wie ihm kein Puls / wie ſchnell ihm’s Hertze ſchlaͤget /785 Wie als gefror’n jedwedes Glied erſitz’t! Wie Naſ und Mund / der vor nur Raſungs-Jaͤſcht geſchaͤumet Und Dreuens-Rauch gedampft / der Furcht ietzt Platz einraͤumet / Die Stirn erſtirb’t / und kalten Angſtſchweiß ſchwitzt; Nachdem er mich den Abgott ſeiner Bruͤnſte790 Jn ſeinen Hencker ſich ſo bald verwandeln ſih’t. Lern itzt: daß Roſ und Dorn auf einem Zweige bluͤh’t / Daß eine Glutt zeug’t Flammen / Rauch und Duͤnſte; Daß oft ein ſcharffes Schwerd in Sammet-Scheiden ſieck’t. Die Biene / welcher Grimm du wider dich erweck’t /795 Als du ihr’s Jungfraun-Wachs den Keuſchheits-Honig ſtahleſt / Verfolg’t nunmehr mit Rach und Stachel dich. Die Taube kehr’t in einen Adler ſich: Daß du ihr durch dein Fleiſch und Blutt den Raub bezahleſt. Auf! Blutthund auf! nim nunmehr wahr:800 Daß / wie der Hencker dir ſchon nach der Kehle greiſſ’t / Der Abgrund auch ſein Schwerdt auf deine Seele ſchleiſſ’t. Auf! Stumme / fallet ihm ins Haar / Greiff’t den Verzweifelten an / werff’t ihn zu der Erden / Die nur von Bluttſchuld kan durch Blutt gereinig’t werden.

805
Ibrahim.

Jch zitter! ich erſtarr! ich weiß nicht / wo ich bin! Jch beb; ach ich vergeh! Ach! wo verſinck ich hin? Bin ich im Abgrund? in der Helle? bey den Teuffeln? Ja / leider / Ach! ich muß verdamm’t ſeyn und verzweifeln! Wie viel ſind Hencker und Geſpenſter umb mich her? 810Jch wat in tieffem Sand / und ſchwimm im ſchwartzen Meer! Jhr Stummen / ja umbſchling’t den Halß mit euren Stricken; Eh als die Geiſter mich mit mehrer Kwall erdruͤcken. Lernt Sterblichen: wie ſcharf des hoͤchſten Pfeile ſeyn / Wenn er ſie lange Zeit ins Langmuths-Oel weich’t ein!

Reyen.

Die Eris. Die Geilheit. Die keuſche Liebe. Die Goͤttin Claudia und Felicitas. Ibrahims und Ambrens Geiſt. Die hoͤlliſchen Geiſter. Sechs weiſſe / und ſechs ſchwartze Liebes-Goͤtter.
Eris. 815

DJe Venus hat mit Fug geſieget; Da ſie den Schoͤnheits-Apfel hat Zu ihrem edlen Kleinod krieget. Nun aber der Verhaͤngnuͤß-Drat Jn meine Hand noch dieſen ſchoͤner’n giebet /820 So ſieh ich billich an / Wem ich ihn geben kan. Doch ſchenck ich ihn der / die am beſten liebet.

Geil -
58
Geilheit.

JSt diß wohl Frag - und Zweifelns werth; Denn bin ich nicht die Tochter ſchoͤnſter Zierden? 825Gebehrerin der hefftigſten Begierden? Ein Feuer / das wie Blitz durchfaͤhr’t; Das Ertzt zerſchmeltz’t und Eyß ſteck’t an; Das Felſen aͤſchert ein / und Rieſen zwingen kan.

Keuſche Liebe.

VErkreuch dich du unechtes Kind. 830Jch Goͤttin bin von der Natur gezeuget / Mich hat ja Milch / dich Schlangen-Giſt geſeuget. Mein ewig Oel / dein Rauch und Wind Zeigt: daß mein Pfeil Gold / deiner Bley / Dein Glantz ein Schwantz-Geſtirn / ich eine Sonne ſey.

Geilheit. 835

DU biſt jedweden / der dich kenn’t / Ein Reitz / der ſich vergnuͤg’t mit Schal - und Schleen / Ein Trieb / der nichts gebiehr’t als Wind und Wehen / Ein Zunder / der nur glimm’t nicht brenn’t / Ein Stein / der Stahl / kein Gold nicht zeucht /840 Der vom anmuth’gen Sud zum kalten Nord abweich’t.

Die keuſche Liebe.

DU biſt die ſchlimme Zauberin / Die’s Hertz in Aſch / in Vieh die Menſchen kehret / Die Seel erſteck’t / den Leib kraͤnck’t und verzehret. Jch aber labe Seel und Sinn /845 Jch mache: daß der Zahn der Zeit Nicht alle Welt friß’t auf / durch meine Fruchtbarkeit.

Die Geilheit.

Bin ich doch fruchtbarer / als du. Komm’t / Kinder / baͤhn’t den Weg mit Tulipanen.

Die keuſche Liebe.

Die Kinder ſind nur Raben / meine Schwanen850 Auch deck’t dein Blumwerck Nattern zu. Jhr meine Kinder / kommt herbey / Und zeug’t: daß kein Napel in meinen Roſen ſey.

Die Geilheit.

Der Dorn kleb’t allen Roſen an;

Die keuſche Liebe.

An Tulpen iſt kein Bieſam nicht zu ſchmecken.

Die Geilheit. 855

Dein Luſthauß ſieh’t bey duͤrr - und wilden Stoͤcken.

Die keuſche Liebe.

Das ſich gar bald verwandeln kan Jn’s ſchoͤnſte Paradiß der Welt / Wenn deine Sternen Pracht in ſchwartzen Abgrund faͤll’t.

Clau -
59
Claudia.

JCh bin des Hoͤchſten Pfoͤrtnerin /860 Die Macht hat Hell und Sternen aufzuſchluͤſſen. Komm Kind / die Luſt des Himmels zu genuͤſſen. Nim dieſen guͤldnen Apfel hin. Geneuß diß edle Paradiß / Das ſchon der keuſche GOtt in Eden ſchauen liß.

865

Kein Bieſam / Balſam / trinckbar Gold Gleich’t keuſcher Seelen Zucker-ſuͤſſer Liebe. Jhr ſchein’t die Sonn / iſt gleich der Himmel truͤbe. Den groſſen Kaͤyſer Leopold / Mach ich vom Leid und Dornen frey;870 Zu lehrn: daß keuſche Lieb auch nicht ſtets doͤrnricht ſey.

Was aber traͤum’t dir geilen Magd / Geluͤſtet dich der Liebe Preiß zu haben? Den Schinder-Karn der Unzucht zieh’n die Raben / Der geile Sultan wird betag’t875 Von Teufeln / in den Hellen-Schlund. Jhr Teufel greiff’t und plag’t den Huren-Hengſt und Hund.

Jbrahims Geiſt.

SOl meine Schuld hier ſchon gepeinig’t ſeyn? Sind ſchon vertag’t die dreymal viertzig Jahre? Da allererſt denn ſollen Fleiſch und Bein880 Und Seelen ſich vereinbahr’n nach der Baare. Wie daß mein Mund denn itzt ſchon koſten muß Zerſchmoltzen Ertzt / entflammte Schweſeltraͤncke? Schau’t wie ihr Grimm mir ſchon umb Hand und Fuß Bruͤh-heiſſe Ketten / glimme Feſſel ſchraͤncke. 885Wird nun die Pein wohl moͤglich ſeyn zu tragen; Da nur die Furcht hier’s Vorbild mahl’t der Plagen!

Ambrens Geiſt.

SChreib’t / Geiſter / ihn den Nahmen an die Stirn; Wie ich die Zahl der Laſter ihm an Ruͤcken. Die dir dein Haupt ſol / Blutthund / ſo verwirr’n:890 Daß du nach GOtt wirſt keinen Saͤufzer ſchicken. Und alſo wird nach tauſend Jahren auch Der Blutthund noch im Feuer-Pfule braten; Nimm hin indeß die Aepſel / die mehr Rauch Und Schwefel fuͤllt / als Kerne die Granaten. 895Dort wird der Baum der Bitterkeit mit Fruͤchten Die Koſt nach Arth der Teufels-Koͤpf anrichten.

Die Hoͤlliſchen Geiſter.

JS! Blutthund / ! ſchmeck’t dir der Vorſchmack nicht? So ſihe wie durch Teuffel dort von ferne Dir wird die rechte Taffel angericht. 900Diß ſind nur Huͤlſen / jenes ſind die Kerne. Jhr Teufel komm’t! ſetz’t ſtracks ihn auf den Stuhl / Der in dem Hartzt / wie ſeiner ſchwam im Blutte. Komm’t Teufel / werff’t ihn in den lichten Pſul! Peitſch’t ewig ihn mit eu’rer Schlangen-Rutte. 905Denn wer durch Brunſt dem Teufel ſich vermaͤhlet; Dem wird die Glutt zum Braut-Bett außerwaͤhlet.

Claudia.

SO kehr’t ſich geiler Liebe Pracht Jn Waſſer-Perl’n / ihr Oel in Hoͤllenbraͤnde! Gluͤckſeeligkeit reich’t aber der die Haͤnde /910 Die boͤſe Luſt nicht fleckicht mach’t. Ja keuſcher Liebe Wagen muͤh’n Schneeweiſſe Schwanen ſich in’s Paradiß zu zieh’n.

Fe
60
Felicitas.

JHr reinen Seelen naͤhert euch! Wo Keuſchheit ſich und Liebe leg’t zuſammen /915. Da kroͤnet Luſt die all’zeit-hellen Flammen. Jhr Eh’-Bett iſt ein Himmelreich; Die Fruchtbarkeit kehr’t reichlich ein / Und holde Sternen woll’n ſelbſt Hochzeit-Fackeln ſeyn.

Jhr keuſchen Seelen kommt und ſchau’t /920 Was das Verhaͤngnuͤß guttes hat geſponnen / Fuͤr Oeſterreichs gekroͤnete zwey Sonnen. Gluͤckſeeligkeit iſt’s Loͤwen Braut; Da aber kan kein Anſchlag ſehl’n / Wo Tugend und Geluck einander ſich vermaͤhl’n.

925

Es komm’t der guͤldnen Erndte Zeit / Der Mohnde muß in tiefſten Zirckel weichen / So oft die Sonn iſt in des Loͤwen Zeichen. Und ich ſeh Oeſterreich bereit Mit Kaͤyſer-Fruͤchten fruchtbar ſieh’n /930 Mit Sounen pral’n / wofuͤr die Monden untergeh’n.

Steht gleich ein einig Zweig nur noch; Die Welt kan auch bey einer Sonne bleiben. Ob Aloen nur einen Stengel treiben / So ziehr’n ihn tanſend Blumen doch /935 Und unſers LEOPOLDS ſein Hauß Wird ſich in hundert Zweig und Aeſte breiten auß.

FINIS.

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Noͤthige Erklaͤr - und Anmerckungen.

Zum Vorredner.

V. 9. Jn Ploten-Jnſeln trinckt man ein Moreiſch Kwell.) Daß in dieſen oder ſonſt geneunten Strofadiſchen Jnſeln ein Brunn ſey / deßen gutes und friſches Waſſer in Mo - rea entſpringe und unter dem Meere ſechzig Meilen weit durch - krieche / auch offt von dem Uhrſprunge her unterſchiedene Sa - chen in dieſen Jnſeln heraußbracht habe / berichtet Pictro della Valle nell. part. 1. de Viaggi lert. 1. da Conſtantinop. p. 8. Von den Fluͤſſen Niger, Tigris, Anas, Alpheus und andern / welche alle ſich verſchlingen / und anderwerts wieder hervor kommen / beſiehe Kircher. in Mundo Subterran. lib. 2. cap. 13. Conſect. 2. p. 89. & cap. 20. p. 120.

V. 10. Und in Sultanien rinnt / was zu Mecha kwillet.) Eben dieſer lett. 5. da Spahan. n. 15. p. 522. berichtet: daß in einer Meſtite zu Sultania ein Braunn ſey / von dem die Perſier glauben: daß er zu Mecha entſpringe / und unter der Erden ſo weit durchkriche.

V. 13. 14. 15. 16. Der ich ſelbſt das Roͤhr bin aller Meere.) Daß das ſchwartze Meer oder Pontus Euxinus der Uhrſprung aller Meere ſey / auß dieſem allezeit ohne einigem Ruͤckfluß eine groſſe Menge Waſſers durch den Boſphor und Helleſpont in das Mittel-Meer / und von dar durch die Meer - Enge bey Gibraltar ins groſſe Meer fließe / dahero auch bey der groͤſten Seeſtille auf dem ſchwartzen Meere und in Propontide ein Schiff von ſich ſelbſt in einem Tage mehr donn zehen tauſend Schritte weit gegen das Mittel-Meer abweiche; erhaͤrtet nicht allein Petr. Bellonius Obſervat. Itiner. Oriental. lib. 1. cap. 24. ſondern: daß diß auch die Alten ſchon angemercket / iſt auß Pli - nii lib. 13. c. 4. zu ſehen.

V. 27. Ja heil’ge Thuͤrm auß Menſchen-Haͤuptern macht.) Dieſes iſt eine Arth bey den Barbarn. Daher ward dem Janitſcharen-Aga Bectas, nach der Kieſem und ſeiner Erwuͤrgung / in vielen Briefen geſchrieben: Sehet hier das Haar des Berraͤhters Bectas, der ſich ruͤhmte / ehe er ſeinen Kopff verlieren ſolte / traute er Jhm von frembden einen ſo hohen Berg / alß die Sophien-Kirche hoch waͤre / uͤber einander zu ſehen. M. Ricaut. l’Eſtat preſent d’Empire Ottoman. libr. 1. chap. 4. p. 83.

V. 28. Darzu man zu Spahan nur Ziegen-Koͤpffe brauchet.) Daß zu Spahan in Perſien ein Koͤnig von einer uͤberaufgroſſen Menge wilder Ziegen-Koͤpffe und etlicher an - derer Thiere / die er in einer Jagt geſchlagen / einen Thurm Minati Kielle genennet / gebauet / bezeuget B. della Valle. lett. 1. da Spahan. p. 12.

V. 88. Selbſt Jbrahims ſein Eydam Jſmael:) Des Kaͤyſers Jbrahims Tochter Ghealier Han Sultan hat in ihrer zarteſten Kindheit ſechs Baſſen / unter denenſelben das fuͤnffte mahl den Baſſa Jſmael geheyrathet / welcher in der blu - tigen Schlacht an der Rabe / da im 1664ſten Jahre die unuͤ - berwindliche Waffen des itzigen Großmaͤchtigſten Kaͤyſers Leo - pold dem Tuͤrckiſchen Machmet herrlich obgeſieget / nebſt dem Chima Kam von Conſtantinopel / und der Spahi Oberſten Lar Agaſi erſchlagen worden. Nach ihm iſt ſie dem Viſir zu Oſen Gurgi vermaͤhlet worden. Ricaut l’Hiſtoire de l’Eſtat. pre - ſent. de l’Empire Otoman. livr. 1. chapitr. 9. p. 132. & livr. 3 chap. 11. p. 698.

Zur Erſten Abhandlung.

V. 5. Sein ungewoͤhnlich Schwerd.) Graf Majolino Biſaccioni im Leben Sultan Oßmans auf der 290. Seite er - zehlt: daß die Tuͤrckſchen Kaͤoſer im Seraglio keine Sebel tragen. Die Janitſcharen / oder / wie Petr. della Valle p. 1. nell, letter. 5. de Viaggi p. 140. erinnert / rechter / die Jenghiz - zeri, pflegen auch nur zum Kriege Waffen zu tragen / ſonſt a - ber zum Zeichen ihres Gehorſambs die Haͤnde Kreutzweiß zu - ſammen zu ſchlagen. Petr. Bellonius Obſer. Var. Itiner. Orient. I. 2. c. 73. p. 318. & l. 3. c. 17. p. 436.

V. 77. 245. 246. Wie vieler Frauen Trieb / ſeqq.) Biſaccioni im Ibrahim pag. 486 und 490. erzehlt: daß das Frauenzimmer im Seraglio den Jbrahim fuͤr unfruchtbar und unmaͤchtig anfangs außgeſchrien: alſo: daß / als den 2. Jenner im 1642. Jahre ihm ſein erſter Sohn Machmet / itziger Tuͤr - chiſcher Kaͤyſer gebohren worden / viel ihn fuͤr ein untergeſteck - tes Kind gehalten / der Tarter Cham ſich auch erklaͤret / daß er ihn fuͤr keinen Stuhl-Erben des Tuͤrckiſchen Reiches erkennen wolte.

V. 123. Hab ich durch theuren Eyd.) Daß dieſe Sultanin ſich gegen des Jbrahims Liebes-Muthungen ent - ſchuldigt: Sie haͤtte dem Amurath / Wittib zu bleiben / gelo - bet / erzehlet Biſaccioni p. 517.

V. 168. Sonſt ſol diß Meſſer mich.) Eben daſelbſt er - zehlet er: daß als Jbrahim an dieſe Sultanin Hand legen wol - len / ſie zu einem Eiſen / derogleichen die hohen Frauen zu tra - gen pflegten / gegriffen / und ihn zu ſtoſſen / gedraͤuet habe; alſo: daß des Sultans Mutter zu dieſem Zwiſt kommende / dem J - drahim es verwieſen / der Sultanin aber Gelegenheit zu ent - kommen gemacht habe.

V. 185. Dein ſiecher Leib hat dich ſchon gelehrt.) Wie Jbrahim im Brach-Monat des 1641. von einem ſchweren Schlag Fluſſe wegen ebenmaͤſſiger Geilheit ſey hefallen wor - den / berichtet Biſaccioni p. 486.

V. 193. 194. Laͤßt Zimmer zubereiten mit Zobeln uͤberdielt.) Daß er zu ſeiner Uppigkeit ihm Zimmer mit eitel Zobeln uͤberziehen laſſen / und daſelbſt mit ſeinem Beyſchlaͤffe - rinnen geſpielet und getantzet / erzehlt er p. 505.

V. 195. Nach ſchlimmer Heyden Weiſe.) Die Tuͤr - cken halten die Mahlerey und Abbildungen der Menſchen und Thiere fuͤr eine Erfindung des Teuffels. M. Franc. Sanſovin. vom Uhrſprung und Kriegen der Tuͤrcken cap. 35. ſolio m. 101. Dahero ſie im Gewoͤlbe der Kirchen S. Sophiæ alle Bildnuͤſſe außgekratzet. Pietro della Valla p. 1. nell. 2. lettere de Viaggi pag. 37. Weil die Tuͤrcken auch in ihren Meſkiten keine haben doͤrffen. Theodor. Spandugino dei Coſtumi de Turchi fol. 126. Jedoch pflegen die Sultane meiſtentheils ſehr von ihres Aber - glaubens Sitten abzuſchreiten. Dahero Biſaccioni vom A - murath IV. p. 443 475. erzehlet / daß er nicht alleine wider das Mahumetiſche Geſaͤtze viel Wein getruncken / ſondern auch faſt alles wider ſeiner Vorfahren Gewohnheiten fuͤrgenommen ha - be. Maßen bey den auch Mahumetiſchen Perſinnern die Menſchen-Gemaͤlde nicht ungemein ſind. Und erzehlet Pietro della Valle nell. letter. 1. da Spahan. n. 6. p. 60. Daß in des Sciach Abbas Gemaͤchern viel geile Bilder / welche nichts als die Venus und den Bacchus in allerhand Stellungen abgebildet / zu ſchauen geweſen ſind. Jnſonderheit nell. lett. 4. di Perſia da Ferhabad n. 26. p. 412. 413. berichtet er / daß er in des Koͤ - nigs Zimmer Chah Abbàs unter einer Menge Frauen Zimmer auch des Teimuràz Chan Mutter Catarina auß Georgien / wie ſie weinende den Koͤnig / ihr Land nicht zu verwuͤſten / angeſte - het / abgemahlet geſehen habe. Dahero auch der Spaniſche Bottſchaffter im 1619. Jahre dem Koͤnige in Peꝛſien das Bild - nuͤs der damals nenen Koͤnigin in Frauckreich verehret. Pie - tro della Valle nell. lett. 5. da Spahàn. n. 6. p. 488. Und im dritten Briefe berichtet er: daß Chiah Abbàs ins gemein den Alcoran uͤberſtreten / und ſo gar auch Schweine mit ſich nachAFerhabàdNoͤthige Erklaͤr -Ferhabàd gefuͤhret / ſonſt auch allezeit viel Wein getruncken habe. Welchem viel Perſianer darinnen gefolget / und ſich Mu - hammed Tahir Beius erſtochen / weil ihm der Koͤnig den Wein verwehret. Wiewohl die Perſianer ihn deßwegen verdammet zu ſeyn / glauben. Pietro della Valle lett. 4. da Ferhabàd. n. 18. p. 231. 232. Und dahero umb Ardebil kein Wein / auf Ord - nung der Seeichavènd (welches des Ali Nachkommen ſind. ) gepflantzet wird / weil ſie wegen des alldar begrabenen Sciah Sofi dieſen Orth nach Meka faſt fuͤr den Heiligſten halten. Val - le. lett. 5. da Spahàn. n. 24. p. 585. Nichts deſto weniger wer wacker hat trincken koͤnnen / iſt beym Chah Abbas ein ſtattlicher Mann geweſt. Valle. n. 30. p. 434. c. nell. lett. 5. da Spahàn. n. 1. p. 472. c. nell. lett. 5. da Spahan. n. 19. p. 547. berichtet er: daß Chah Abbas, der Tarter Chan, Haſan Chan und an - dere Große ſo voll vom Weine geweſt: daß ſie voll des Koͤnigs Mahle haben muͤſſen weggetragen werden / nach Arth der alten Perſianer beom Xenophonte in Cyropæd. lib. 8. Ob auch wohl einſt Chiah Abbas den Mahometanern den Wein bey Straffe des Lebens verboch / alſo: daß dem / der ihn verkauffte oder weggab / der Bauch auffgeſchnitten / der ihn tranck / rinnend Bley in Hals gelaſſen ward / P. della Valle lett. 12. da Spahàn. p. 232. 233. ſo ward doch diß Geſetze kurtz hernach wieder auff - gehoben; nell. lett. 14. da Spahàn. p. 341.

V. 196. Dein Ambra / der taͤglich deine Speiſe.) Jbrahim hat taͤglich an Ambra und derogleichen Geilheits - Wuͤrtzen wohl fuͤr zehen Scudi in ſeinen Leib verbraucht. Biſac - cioni im Ibrahim p. 506.

V. 228. Hat edenfals durchſchnitten ein ſo verſtock - tes Weib.) Welcher Geſtalt nach Eroberung der Stadt Ne - groponte Mahumed II. des Venediſchen Stadhalters Pauli Etaci ſchoͤne Tochter / welche in ſeinen Willen nicht einwilligen wollen / zerhauen / beſchreibet umbſtaͤndlich P. Pierre de Moyne la Galerie des femmes fortes. p. 394. ſeqq.

V. 240. Du wilſt ja Zucker heiſſen.) Der Nahme Sechierpera, welche des Jbrahims Kuplerin und Werckzeug ſeiner Uppigkeiten geweſt / heißt ein Stuͤcke Zucker. Biſaccioni p. 517. Dergleichen maͤchtige Liebes Kuplerin Dellala Chizi hatte auch Chah Abbàs. Valle. lett. 8. da Spahàn. p. 231. und beym itzigen Tuͤrckiſchen Kaͤyfer Machmet hatte ſeine Mut - ter ein Weib Mulki Kadin dergeſtalt eingeliebt: daß in ihren Haͤnden die gantze Herrſchafft beſtand; und alle Be - fehle durch die verſchnittene Mohren / die die Auffſicht uͤber das Frauenzimmer haben / außgetheilet wurden. Des Sultan Kriegs-Volck aber nahm dieſes weibliche Anſchaffen ſo uͤbel auf: daß es raſende fuͤr den Kaͤyſer lieff / und anfangs die Ver - ſchnittenen / hernach die Mulki mit ihrem Ehmanne Scaban Kalfa foderten und toͤdteten. L’Empire Ottoman. de Ricaut. livr. 1. chap. 3. p. 33. 35.

V. 260. Den Tarter Chivas muͤſſen in Rhodis rei - ben auf.) Jbrahim ließ durch den Muſtafa Baſſa den Tarter Cham Chivas / welcher ſich nach Rhodis vorher gefluͤchtet gehabt / erwuͤrgen; weil er geſagt: Wenn Amurath oder Jbrahim ohne Maͤnnigliche Erben ſtuͤrben / gehoͤrete ihm die Erbſchafft des Tuͤrckiſchen Reiches. Biſaccioni p. 483. Derogleichen Erb - ſchaffts-Anſpruch hat auch ein ander Tarterſcher Chan ihm im 1619. Jahre eingebildet. P. della valle lett. 5. da Spahàn. n. 31. p. 646. Sonſten muß allezeit der Tarter Cham ſeinen Sohn dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer zur Geiſel liefern; wie denn auch der itzige Cham Mahomet Chirei lange Jahr zum Jamboli in Thra - cien und zu Rhodis ſchlecht und harte gehalten worden. Wel - ches auch verurſacht: daß / als er gleich nach ſeines Vaters To - de zur Herrſchafft kommen / dem diß verlangenden Groß-Viſier Kiuperli ſeinen Sohn / ſonderlich auf Einreden der Pohlen und der benachbarten Tartern niemahls einliefern wollen; Ob ſchon die Tuͤrcken die Tartern ihre Bruͤder heiſſen / auch mit ih - nen ſich verbunden haben: daß / wenn der Oßmanniſche Manns - Stamm abſterben moͤchte / der Tartariſche Cham Tuͤrckiſcher Stuhl-Erbe ſeyn ſolte. L’Empir. Ottoman. de Ricaut. livr. 1. chapitr. 13. p. 196.

V. 266. Daß von fuͤnff Soͤhnen iſt des Oßmanns Thron geſtuͤtzt.) Und V. 291. laß ins alte Schloß die Wuͤttende verſtecken.) Daß dem Sultan Jbrahim fuͤnff Soͤhne gebohren worden / lehret Biſaccioni p. 497. wovon ih - rer nebſt dem Sultan noch drey / Bajazeth / Orcan und Soli - man leben / auf welchen letztern die Tuͤrcken ihre groͤſte Hoff - nung ſetzen. Der erſtern zweyen Mutter iſt ins alte Schloß o - der Seraglio eingeſperret / welches gleichſam ein Gefaͤngnuͤs derer in Ungenade verfallenen Muͤtter und Frauenzimmers iſt; darauß ſie nicht erloͤſet werden / als biß etwann einer ihrer Soͤh - ne Kaͤyſer wird / oder ſtirbet. L’Empire Ottoman. de Ricaut. livr. 1. chap. 9. p. 123. Maßen denn auch / wenn ein Sultan ſtirbt / zwar die Muͤtter mit denen er Toͤchter gezeuget / auß demFrauenzimmer ſich wegbegeben / und nach Belieben wieder ver - beyrathen moͤgen; die aber welche ihm Soͤhne gebohren / muͤſ - ſen ſich ins alte Schloß verriegein laſſen. Ricaut. p. 132.

V. 272. 273. 274. Die Rieſin habe ja wohl ſterben muͤſſen.) Biſaccioni p. 506. erzehlt: Jbrahim habe einſt dem Groß-Viſier befohlen / ihm ein wohlgebildetes Weib / ſo groß ſie moͤglich zu finden waͤre / zu ſchaffen. Darauff habe man ihm eine Armenierin an Geſtalt gleichſam eine Rieſin / von gu - ter Geſtalt und Sitten / auffs koͤſtlichſte gekleidet / zubracht / in welche ſich Jbrahim ſo ſehr verliebet; daß er ſie alsbald zur Tuͤrckin gemacht / (welches mit Aufreckung eines Fingers und Außſprechung weniger Worte geſchiehet) und keines andern Frauen-Zimmers geachtet / ja alles Jhr zur Liebe gewillige. Daruͤber denn des Sultans Mutter eyferſuͤchtig worden / und als Sie ſie zu ihrer Taſſel eingeladen / erwuͤrgen laſſen / den J - brahim uͤberredende: daß ſie von einem ploͤtzlichen Zufalle ge - ſtorben ſey.

V. 343. Hababen.) Jezio Abuchalid der Saracener Fuͤrſt ſol ein Maͤgdgen Hababa genennt / ſo ſeht geliebet haben: daß er ſie ihm wieder außgraben / und die Todte / ſo lang er den Geſtanck vertragen koͤnnen / bey ihm behalten. Elmacin. Hiſt. Sarecen. l. 1. c. 14. 15. 16. 17. Periander Koͤnig zu Corinth / hat ſein Weib ſo hefftig geliebet: daß er auch der Todten bey - geſchlaffen.

V. 351. 352. Der Zunder heiſſer Brunſt iſt ſelbſt in mir entglommen.) Bey den Tuͤrcken iſt eine unreine Liebe einerley Geſchlechts unter dem Nahmen der Platoniſchen Liebe und einer Lobwuͤrdigen Tugend eingeſchlichen / da der Menſch durch Betrachrung des goͤttlichen Ebenbildes in ſeinen Ge - ſchoͤpffen zu der Liebe GOttes ſich empor ſchwinget. Aber es iſt eine bloſſe Larve eines unzuͤchtigen Feuers. Jnſonderheit iſt ſie gemein unter den Jchoglans / oder des Sultans Edel - Knaben. Ja die Sultane ſelbſt ſind meiſt dieſer Begierde un - terworffen. Amurath verliebte ſich in einen Armeniſchen Knaben Muſa auffs hefftigſte: und in noch einen andern von Galata: daß er ihn gar zum Silahtat Aga, der allezeit dem Kaͤyſer den Degen traͤget / machte. Der itzige Sultan Mach - met liebte einen Namens Kulogli ſo ſehr: daß er keinmahl nicht ohne ihm ſeyn konte / er ihn / wie ſich ſelbſt / kleiden / und an ſeinet Seite reiten ließ. Jederman muſte ihn als ſeinen Reichs-Ge - faͤhrten verehren und beſchencken. Dergleichen unnatuͤrliche Liebe iſt auch zwiſchen dem Frauenzimmer / ſo gar / daß etliche davon ſterben. Jnſonderheit brennen die alten gegen junge Dirnen / denen ſie vielmahls ihr gantz Vermoͤgen ſchencken / und ihnen in alle Bader nachlauffen. L’Empire Ottoman. de Ri - caut. livr. 1. chapitr. 7. Daher jedes Frauenzimmer des Sul - tans in ihren zwey Odas oder Gemaͤchern alleine ſchlaffen muß / und zwiſchen fuͤnffen liegt allezeit eine Kadune oder verlobte Frau / welche auff ſie genane Auffſicht hat: daß ſie nichts unehr - bares reden oder fuͤrnehmen. Ricaut. l. 1. chap. 9. p. 127.

V. 378. So lechſen tauſend Seel’n.) Wie in das Tuͤrckiſche Frauenzimmer faſt auß der gantzen Welt Maͤgdchen / welche aber uͤberauß ſchoͤn und Jungfern ſeyn muͤſſen / mit groſ - ſer Menge gebracht / taͤglich auffs koͤſtlichſte gekleidet / und mit Edelgeſteinen außgeputzt werden; alſo iſt eine Kadan Kahia oder Hoffmeiſterin uͤber ſie beſtellet / welche ſie in den Hofe - Sitten unterrichtet. Jhr eigen gantzes Leben beſtehet in der Befleiſſung durch Geſchick - und Annehmligkeit zu verdienen: daß der Sultan ſie ſeines Bettes wuͤrdige. Die Valida oder Mutter des Sultans iſt hierinnen ſorgfaͤltig / und ſtollt nach und nach eine nach der andern / welche ſie in dieſen Schulen vor die Vollkommenſte haͤlt / dem Sultan fuͤr. Ricaut. livr. 1. chap. 9. p. 125. 128.

V. 381. 382. Deſſen Eyd ihn verknuͤpfft auf die Er - goͤtzlichkeit des Sultans:) Fuͤr Zeiten verehrten die Sul - tane den Mufti als einen heiligen Mann / entſchloſſen ohne ſein Einrathen nichts wichtiges in Reichs - und Krieges-Sachen - Jtzt wird er zwar auch noch zu weilon zu Rathe gezogen / aber wenn er nach ſeinem Gewiſſen / und nicht zum Liebkoſen des Sultans raͤthet / wird einer nach dem andern ſeines Ambts ent - ſetzet. Ricaut. livr. 2. chap. 4. p. 373. 374.

V. 394. Wenn ſich Venedig haͤtt ie Friedenbruchs verſehn.) Als Jbrahim auff Candia ſich zum Kriege ruͤſte - te / gab er zum Scheine fuͤr: daß er die Jnſel Malta erobern wolte; weil ſelbige Ritter ein reiches Schiff / ſo nach Mecha ſegelte / und darauf gar einen vermeynten Sohn des Jbrahims weggenommen. Wie dieſes Biſaccioni p. 497. ſeqq. weitlaͤuf - tig beſchreibet.

V. 401. Dem Divan liegt die Laſt des Krieges einig ob.) Biſaccioni p. 517. erzehlet: daß Jbrahim / als ſich der Krieg in Candia geſchleppt / ſelbten der Willkuͤhr des Divans uͤberlaſ - ſen / und ſeinen Wolluͤſten auffs eußerſte nachgehangen.

V. 423und Anmerckungen.

V. 423. Vom vierdten Amurath ward Bajadet be - zwungen.) Nachdem etliche mahl dieſe Stadt durch Tuͤrckſche Kriegs-Haͤupter vergebens belaͤgert ward / zohe endlich Amurath in Perſon dafuͤr / loͤſete das erſte Stuͤck ſelbſt / und gewan ſie den Perſianern ab. Biſaccioni im Amurath p. 469. ſeqq.

V. 428. 647. 651. 652. 653. Es nahere ſich ietzt das En - de der zwoͤlff Jahre.) Die Tuͤrcken haben eine beruͤhmte Weißagung vom Untergange des Tuͤrckiſchen Reichs; deutſch alſo lautende: Unſer Koͤnig kommt / nimmt eines Unglaubigen Reich ein / empfaͤngat einen rothen Apffel und bringet ihn unter ſein Joch. Wird nun im ſiebenden Jahre nicht ein Unglaubi - ger ſein Schwerd wider ihn außziehen / ſo wird er biß ins zwoͤlffte Jahr ihr Herr ſeyn / Haͤuſer bauen / Weinberge pflantzen / Garte umbzaͤnnen / Kinder zeugen. Nachdem er aber zwoͤlff Jahr den rothen Apffel in ſeiner Gewalt wird gehabt haben / wird der Chri - ſten Schwerd ſich hervor thun / und den Tuͤrcken in die Flucht jagen. Dieſes beſchreibet und leget auß Sanſovin. dell Origine de Turchi. fol. 61. 62. Olearius im Ende ſeines Schich Sadi. Was den rothen Apffel anreicht / wird Rom ſo wohl von Turcken als Perſiern Chizil alma oder der rothe Apffel genannt. Pietro della Valle nell. lett 4. di Perſia da Ferhab. n. 24. p. 381. Von der Tuͤrcken Untergange aber haben auch die Abyſſiner eine be - ruͤhmte Weißagung. Qu il ſera ùn temps, que les villes de la Mecque, Medine, Caras, Sicabe, Jambat, Zidem, Fara, Aden & autres, qui ſont en Arabie heureufe, ſervient de ſtruictes, ne de - meurant en icelles pierre ſur pierre. Quele tombeau de Maho - med ſervit demoli; deſonos en comble, & la poudre de ſes os eſpaiſe, & qu’autant en aviendroit à Oclan, Homat, Hubachar, Feid, Abdalla, Motalif, Aſſerus, Haleanferus, Huphea, & Ali tous Compagnons ou diſciples du ſudit Mahomet, Jls adjou - ſtent, que tout cela ſe ſera par la force & vaillance d un gran Roy ou Prince Chreſtien, natif des parties ſeptentrionales, en - tre les maius & ſons la puiſſance duquel de meurerà la Judée, Ægypte, & le Royaume & ville de Jeruſalem. M. Duret Treſor des Lanqu. chap. 51. p. 575. Die Chriſten in Morgenland glauben auch feſte gewiſſen Weiſſagungen: daß durch fromme Europeer der Tuͤrcke werde geſtuͤrtzet werden. Pietro della Valle nell. lett. 4. di Perſia da Ferhabad. n. 12. p. 239.

V. 431. 432. Die groſſe Waſſerflut / die Mahumeds Ge - beine zu Mecha fortgeſchwemmt.) Biſaccioni im Amurath. IV. erzehlet dieſes: daß im Herbſt-Monath des 1631. Jahres zu Mecha ein Erdbeben hernach derogleichen groſſe Ergiſſung des Waſſers geweſen ſey: daß des Mahumeds Sarch darvon ein gut Stuͤck ſey weggeſchwemmet worden: welches die tuͤrcken da - mahls ſelbſt fuͤr einen Vorboren ihres Untergangs gehalten und außgelegt.

V. 433. Die Perſ und Ketzer.) Die Mahumediſten haben unter ſich auch Secten / derer ſie ins gemein ſiebentzig zehlen, welche Zahl aber weder fuͤr die Alten noch Neuen genug iſt / wie Ricaut. l. 2. c. 9. 11. 12. weitlaͤufftig ſelbſt erzehlet. Maßen zwar al - le den Alcoran / die Tuͤrcken aber des Haniſe, die Perſer des Aalij und Trafer Saduc, die Judianer des Hiembeli und Ma - leki, die Uſbekiſchen Tartern des Schafei Außlegung an - nehmen. Olear. Itin. Mandelslo. Ind. Orient. lib. 1. chap. 35. pag. 106. & Itin. Perſ. c. 39. Dahero die Tuͤrcken die Perſer als Ketzer / mehr als uns Cheiſten haſſen. Busbeqv. Ep. 3. p. 217. 218. ja ſelbte fuͤr allzu unwuͤrdig ſchaͤtzen: daß ſie in die Schulen des Seraglio ſolten eingenommen / oder nur fuͤr Knech - te und Lebenswerth geachtet werden. Diß und die grauſamen Fluͤche wider ſie erzehlet Ricaut. l. 2. c. 10. die fuͤrnehmſte Zwy - trachts-Uhrſprung aber der Tuͤrcken und Perſier iſt: daß dieſe den Ali fuͤr den rechtmaͤßigen Nachfolger des Mahumeds achten / weil dieſer ihn einſt in einer Rede fuͤr einen Veli (welch Wort ei - nen Propheten und auch ein Schoß-Kind bedeutet) erklaͤret. Je - ne aber verfechten den Abu-bekir, welchen Mahumed im Terta - ment (dazu ihn ſein letztes Weib Aiſce des Abu-bekir Tochter beredet haben ſol) zum Nachfolger beſtimmet / und der ihm wuͤrcklich gefolget. Valle lett. 8. da Spahan. p. 119 123.

V. 435. Medinen abgerennt.) Jm 1624. Jahre hat Chah Abàs Koͤnig in Perſien Baſſorà und Medina, wo des Mahumeds Begraͤbnuͤs iſt / den Tuͤrcken abgenommen. Biſacc. daſelbſt p. 362.

V. 437. Daß Achmet Bottſchafften dem Chriſten Gro - tian nebſt Laͤndern uͤbergab.) Sultan Achmet machte dem Caſper Gratiani zum Fuͤrſten von den Jnſeln Naxia und Pariß / ja zum Bottſchaffter an den Roͤmiſchen Kaͤyſer / Biſaccioni im Achmet. p. 161. 266. Wie ihm aber hernach unterm Sultan - mann die Tuͤrcken uͤbel lohnen und ihm durch den Bethlen Gabor, durch den Scander Baſſa in Moldau hinrichten wollen / welcher aber dem Chiaus / der auß Jrrthumb ihm den an den Scander Baſſa gerichteten Mord-Brief eingehaͤndigt / nebſt allen Tuͤrcken in Jaſſa zerhauen; endlich / wie er nach verlohrner Schlacht ge - gen den Tuͤrcken uͤber den Fluß Tirus geſchwemmet / in Mey - nung nach Conſtantinopel zu gehen / und durch Geſchencke ſichwieder einzulieben von ſeinem Cammer-Diener in einem Pu - ſche ſchlaffende beraubet / ermordet / und der Kopff nach Con - ſtantinopel gebracht worden / erzehlet nebſt vielen Umbſtaͤnden Biſacc. im Oſman. p. 293. 294. 295.

V. 439. Ein Fakardin.) Dieſer / oder / wie ihn P. della Valle lett. 6. da Spahan. p. 61. nennet: Emir Fachr-addin, war ein Fuͤrſt auß Gottfried von Bouillons Gebluͤte; welcher in Sn - rien als ein Chriſt ſich wider den Sultan Achmet und Amurath auftehnete / endlich verrahten und gefangen ward / gleichwohl a - ber in Amuraths groſſe Gnade kam / biß er endltch doch durch Verlaͤumbdung ſo weit gebracht ward / daß ihn Amurath erwuͤr - gen / ſeinen Kopff abhauen / und ſelbten in der Stadt herumb tragen / den Leib / auf welchem man ein guͤldenes Creutz fant / auf oͤffentlichen Platz werffen ließ. Biſacc. p. 248. 249. 414 425.

V. 444. Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat ge - faͤllet.) Die Einwohner der Jnſel Magna lehnten ſich wider den Chah Abas auf / und erwehlten einen / des Nahmens Facfur zu ihrem Koͤnige. Wider dieſe ſchickte er den Arcomat ſeinen Feld-Obriſten / welcher alle Staͤdte ſchleunig und darunter auch die Haupt-Stadt Aſeota einnahm welche letztere ihm nach ſtat - licher Gegenwehr des Facfurs tapfere Gemahlin einraͤumets / weil in den Stadt-Buͤchern von Altershero verzeichnet beſun - den ward: wuͤrde ſich die Stadt / wenn ſie einer Nahmens Ar - comat belaͤgern moͤchte / nicht ergeben / ſo wuͤrde ſie gaͤntzlich zer - ſtoͤret werden. Hernach ſchlug er auch durch einen liſtigen Hin - terhalt (welchen er einem bekehrten Chriſten Arcoſan zu fuͤhren anvertraute /) den Facfur und die zu Huͤlffe geruffenen Tuͤrcken / ward aber ſo verwundet: daß er kurtz hierauf in den Armen ei - nes Auguſtiner Moͤuches (welchen Chach Abas die Chriſtliche Glaubens-Ubung in Perſien verſtattete) gleichfals als ein Chriſt verſchied. Biſacc im Achmet. p. 252 254. Und Pietro dellà Valle nella litter. 4. di Perſia da Farhabad. n. 12. p. 87. meldet: daß Chah Abbas den Chriſten nicht unhold geweſt / ſelbte auch in Perſien ſo viel Kirchen als ſie gewolt haben / bauen laſſen / dahingegen die andern Mahumetaner ohne Geld nicht einen Stein an einer alten Chriſten-Kirche einmauren lieſſen / n. 25. p. 407. gedenckt er auch: daß des Chàh Abbàs fuͤrnehmſte Ge - mahlin eine Gurgiſtaniſche Chriſtin geweſen ſey. d. nell lett. 5. da Spàhàn. n. 14. p. 515. erzehlt er daß Chiàh Abbàs von einem Carmeliter Moͤnche in Perſiſcher Sprache die Pſalmen und Ev - angelia bekommen / ſelbre gekuͤßt / und mit großer Ehrerbietung aufs Haupt gelegt / ja gemeldet habe: daß der / welcher nicht al - les darinnen glaubte / ein Unglaͤubiger ſey / n. 16. p. 528. 529. daß der fuͤrnehmſte Fuͤrſt in Perſten Imàm culè Chan zu Seiràz den Chriſten ſehr geueigt geweſt / auch zweyen Soͤhnen des Teimuràz Chan auß Georgien (welche er ſamt der Koͤnigin ſeiner Mutter in Verwahrung gehalten) das Leben beym Chah Abbàs etliche mahl erbethen habe.

V. 451. 452. 453. Als Koͤnig Cataband:) Koͤnig Cata - banda ließ ſeinem elteſten Sohn Anza Menza durch ſeinen Bar - bier die Gurgel abſchneiden; weil er dem Chriſtl. Glauben bey - zupflichten ſchiene / dahero der Juͤngere Chàh Abbàs zur Krone kam. Biſacc. im Amurath. p. 380. Dieſer Tod iſt des Nachts / als der Printz geſchlaffen / geſcheben / dahero Chiàh Abbàs allezeit ihm 7. oder 8. Bette zubereiten ließ / und bald in dieſem / bald in jenem Sicherheit wegen zu ſchlaffen pflegte. Pietro della Valle nell. lett. 3. da Spahàn. n. 6. p. 30. nell. lett. 5. da Spahàn. n. 21. p. 559. berichtet er: daß Chiàh Abbàs den Chizil-Baſci ſehr feind geweſt / weil durch ſie ſein Elieſter Bruder Hamzà Mirzà bey Lebzeiten des Vaters / ſo wie auch ſeine Mutter waͤre ermor - det worden. Alſo ließ auch Abas Myrſa ſeinem Bruder Ismael III. Koͤnige in Perſien durch den Barbier Chudi Telak die Gur - gel abſchneiden: daß er zur Krone kam Eraſm. Franciſe. Trauer Saal Hiſtor. 28. p. 505. ſeqq.

V. 455. 456. 457. 458. Cham Chiran.) Die Tartern hatten dieſen zu ihrem Haupte erwehlet / und den vorigen Cham Cantimiro Laidira verjaget / der ſich auf der Jnſel Rhodis auf - hielt / biß im 1628. Jahre Sultan Amurat ihn wieder mit Ge - walt einſetzen wolte; Als nun, aber viel Tartern von obigem Cham Mehémet Chiran ab - und zum Cantimir fielen / jener auch geſchlagen und nebſt ſeinem Bruder Chain Chiran in dem Tar - tariſchen Sitze Balteza belaͤgert ward / machte er mit dem Koͤnige in Pohlen wider den Tuͤrcken ein Buͤndnuͤß / gab ihm auch ſeine Tochter zur Geiſſel / welche durch die Coſacken den Cantimiro zwungen / auß der Tartarey ſich nach Sinope zu fluͤchten / und dem andern das Reich zu laſſen. Biſaccion. p. 384. Derglei - chen Zwiſtigkeiten haben die Tuͤrcken mit den Tarterſchen Chan mehr gehabt. Pietro della Valle lett. 5. da Spahàn. n. 19. pag. 543. Und vom Scihinghire Chan, welcher ſich im 1619. Jah - re zum Chiàh Abbàs gefluͤchtet / erzehlet er n. 31. pag. 644. c. n. 32. p. 646. 647.

V. 459. Der Caffa Sinope und Trapezunt bezwun - gen.) Wie die Coſacken deni Tuͤrcken auf dem ſchwartzen Meere groſſen Schaden gethan / die Staͤdte Sinope / TrapezuntA ijundNoͤthige Erklaͤr -und Caffa eingenommen / ja biß an eine Meile an Conſtautino - pel gerluͤndert und angezuͤndet / iſt auß Biſacc. p. 265. 363. und Pictro della Valle nell. lett. 4. da Ferhabàd n. 16. p. 310 312. zu ſehen.

V. 462. Daß man’s Boſphors Mund mit Ketten ſchlieſ - ſe zu.) Daß vor alten Zeiten bey den Thuͤrmen des ſchwartzen Meeres von Europa biß in Aſien uͤber die Enge des Meeres eine Kette gezogen worden / man auch noch im Meere Seulen ſehe / welche die Kette gehalten / dezeugt P. della Valle. p. 1. lett. 2. da Conſtantinop. p. 45.

V. 464. 465. Daß er zum Fuͤrſten den Ragotzy muß erwehlen.) Nach Bethlen Gabors Tode ward erſtlich ſeine Wittib / hernach ſein Bruder Iſtuan zum Fuͤrſten in Siebenbuͤr - gen erwehlet / und vom Sultan Amurath beſtaͤtigt. Alleine wie dieſer durch Liſt das Heſſt erlanget / alſo verworffen ihn die Staͤn - de bald wieder / und erwehlten den George Ragotzy. Ob nun wohl dieſer dem Amurat: daß er es mit dem Romiſchen Kaͤyſer halten duͤrffte / weil er viel Guͤter in Ungarn hatte / verdaͤchtig war; ſo durffte er es doch nicht wagen ſich den Siebenbuͤrgern zu widerſetzen / ſondern beſtaͤtigte den Ragotzy an ſtatt des Iſtuans, welcher auß Liebe des Vaterlands das Fuͤrſtenthumb gutwillig abtrat. Biſacc. p. 400. 401.

V. 466. ſeqq. Daß Sultan Machmets Sohn Jachias ward ein Chriſt.) Kaͤyſer Mahumed III. hatte vier Soͤhne. Den Selim / welchen er nebſt ſeiner Mutter toͤdten ließ. Den Jachias / welchen er von einer uͤberauß ſchoͤnen Griechin Helena / die er Lalpare nennte / erzeuget. Den Achmet und Muſtafa. Als Jachias den 26. Wein-Monats-Tag im 1585. Jahre auff dem Felde unter einem Gezelte (dahin ſie ſich wegen eines Erd - bebens begeben) gebohren worden / ſchickte Sultan Mahumet die Helena mit ihrem Vater / Mutter und Kinde in Magneſia und gab ihr einen beſchnittenen Bulgar Namens Haſta Mehemed zu / mit der Verordnung / daß / wenn ſein des Sultans Mahu - meds damahls noch lebender und regierender Vater geſtorben ſeyn wuͤrde / ſie wieder nach Conſtantinopel kommen ſolte. Als aber ſie von dem zum Regiment gekommenen Mahumed hoͤre - ten: daß er alle ſeine Bruͤder umbbracht haͤtte; beſorgten ſie: daß auch dieſes Kind Jachias / weil es nicht der Erſtgebohrne Sohn waͤre / nur zum ermorden auferzogen wuͤrde; dahero ſtell - ten ſie ſich an: als wenn das Kind in Blattern geſtorben waͤre / und gaben es nahe an der Stadt nach zum Schein gehaltenen Leichbegaͤngniße / einer Griechin zu verpflegen; endlich entflo - hen ſie gar heimblich in Griechiſcher Kleidung nebſt dem Be - ſchnittenen nach Calamata in Morea; durch welche Flucht / die Falſchheit des außgeſprengten Todes offenbahr ward. Nach vie - len umbziehen ward das Kind von dem Biſchoff zu Nilo und Abbte St. Michaelis zu Atomatos eine Tagereiſe von Theſſalo - nica im ſiebenden Jahre getaufft / und Simon nach dem Tauff - Tage genennet / zum Scheine aber hies man ihn Conſtantinus, und ward dieſer Simon daſelbſt bis ins funffzehende Jahr vom Beſchnittenen in ritterlichen Ubungen / vom Abte aber im Stu - diren unterwieſen. Hierauf verkleidete ſich der Beſchnittene in einen Dervis und zohe mit ihm in klein Aſien in Meynung durch die Aufruͤhrer daſelbſt was nuͤtzliches außzutichten. Weil ſie a - ber daſelbſt den Mord des aͤlteſten Bruders Selim / und bald dar - auf des Vaters Mahumed / wie auch: daß des Beſch[ni]ttenen ver - trauter Brnder Dervis Baſſa unter dem Sultan Achmet waͤre Groß-Viſier worden / erfahren / zohe der Haſta nach Conſtanti - nopel / lies den Jacchia zu Cogna in einem Dervis-Kloſter und brachte den Groß-Viſter / den Mufti / den Janitſcharen Aga / die Beglerbei von Griechenland und andere auf ſeine Seite / und dieſen Schluß: daß ſie den Sultan Achmet umbbringen / und da - fuͤr den Jacchia erwehlen wolten. Dieſer Anſchlag aber ward verkundſchafft und von einer Ebreerin dem Achmet offenbaret. Als nun dieſer ſich mit ihm zu berahten / den Groß-Viſier Der - vis zu ſich fordern ließ / und anfing: Lebet der Hund (den Jarchi - as meynende /) noch? meynte Dervis: er waͤre verrahten / grieff alſo zum Sebel den Achmet zu toͤdten; allein es wurden ihm von den Umbſtehenden alsbald die Schenckel verhauen / er aber vom Sultan ſelbſt erwuͤrget. Durch dieſen Tod blichen die Mitver - ſchwornen verſchwiegen / und Jacchias flohe noch ſelbigen Tag von Conſtantinopel / kam auch nach langen umbziehen nach Pra - ge / und hernach nach Florentz; allwo er von dem Roͤmiſchen Kaͤy - ſer / von Spanien / Pohlen / Franckreich / ja gar in Aſien mit Rath des Groß-Hertzogs Huͤlffe ſuchte; aber vergebens / biß er endlich ſelbte von den Coſacken und Tartern (welche ihn Alexander hieſ - ſen) erlangte / und mit ihnen Sinope und Trapezunt angrief / die Tuͤrckiſchen Schiffe anzuͤndete / aber endlich geſchlagen / und an - fangs in Zaporovia / hernach gar in Welſchland zu kehren / ver - anlaſſet ward; endlich nahm der Wallſtein ſich ſeiner ernſtlich an / ſchickte ihn auch nach Neapolis. Biſac. im Achmet p. 261. 264. 265. Sonſtẽ erzehlet auch Spandugino f. m. 198. daß Mahumet II. kurtz vor ſeinem Tode auch ſich auf den Chriſtl. Glaubẽ gewendet habe / durch Unterweiſung eines Moͤnchs / welcher Scolario geheiſſen.

V. 478. Daß Kayſer Jbrahims ſein Sohn in Franck - reich iſt.) Nehmlich das Kind / welches auf einer Galee von den Malteſer Rittern bekommen worden; weßentwegen viel ſtarcke Muthmaſſungen geweſt: daß es des Sultans Sohn / und von ihm nach Arabien auß dem Seraglio durch den Kiſter Aga zu ſein und ſeiner Muttet Sicherheit verſchickt habe. Dieſes Kind iſt einem getaufften Juden und fuͤrnehmen Kauffmanne zu Lion zu erziehen ansertrauet worden. Biſaccioni im Ibrahim p. 500. 501.

V. 503. 504. Daß Aden iſt verlohren / daß Habeleh ver - ſpielt:) Wie die Stadt Aden im gluͤcklichen Arabien am Munde des rothen Meeres auf Sultan Solymanns Befehl vom Solyman Beglerbeg zu Aleaor durch Betrug eingenommen / und der Arabiſche Koͤnig an einen Maſt-Baum gehencket wor - den; beſchreibet Eralm. Franciſci im erſten Theil des Trauer - Saals / in der 31. Geſchicht. Daß aber die Araber ſelbte Stadt / ſo wie auch die Abyßiner die Stadt Habeleh oder Huſtrebit den Tuͤrcken wieder abgenommen; bezeugt Ricaut. livr. 1. chap. 12 p. 186. 187.

V. 507. 508. Alcayr und Bajadet vertrauet dem / der das meiſte zahlt:) Der Tuͤrckiſche Kaͤyſer aͤndert die hohen Aempter ſehr offt / das zu Aleayr alle drey Jahr / und verkaufft ſelbte andern uͤberauß theuer. Fuͤr Aleayr und Bajadet muß jeder drey oder vier Tonnen Goldes Reichsthl. zahlen; ohne mit was noch des Sultans Mutter und die Verſchnittenen beſtochen werden muͤſſen. Ricaut. l. 1. c. 17. p. 260. 261.

V. 516. Des Sultans Tochter Sohn ietzt auch laͤßt faͤhig werden der Wuͤrden:) Sonſt haben die Tuͤrcken ein Grund Geſetze: daß keiner Sultanin von einem Baſſa gezeug - te Kinder einigen hohen Reichs-Ampts fahig ſind; denn ihre hoͤchſte Staffel iſt die Auffſicht uͤber des Sultaus Pferte des Capagi bachi. Ja wenn ſie ſich ihrer Kaͤyſerlichen Ankunfft ruͤhmeten / wuͤrden ſie als Auffruͤhrer geſtrafft. Ricaut. l. 1. ch. 16. p. 243. 244.

V. 519. Wie Schwaͤmme druͤcket auß.) Und V. 537. 538. Wenn ihr Erbtheil ihn als Bruder lachet an:) Die Sultane laſſen niemanden eine reiche Erbſchafft zufallen / und daher nennen ſie ſich die aͤlteren Bruͤder aller hohen Perſo - nen / umb bey ihrem Abſterben ſich zu ihrer Erbſchafft zu ziehen. Hiernechſt gebrauchen ſie tauſend Kuͤnſte den Baſſen ihre Fe - dern außzupfluͤcken ſo gar daß ſie den Viſier zu Aleayr / als den reicheſten unter allen / ins gemein toͤdten / und ſein Vermoͤgen einziehen laſſen. Unter dieſen Erfindungen iſt nun inſonder - heit die Vermaͤhlung der Kaͤyſerlichen Toͤchter an die Baſſen und Beglerbecken / welche ſelbte / wenn ſie ſchon nur 4. oder 5. Jahr alt ſind / alsbald in koͤſtlichen Pallaͤſten aufs koſtbahrſte unterhalten muͤſſen; und wenn jene ſierben / nimmt ſeine offt noch unberuͤhrte Wittib eine Tonne Goldes Reichsihaler zu ihtem Kabin oder Abſtattung / das uͤbrige der Sultan weg. Ri - caut. livr. 1. chap. 9. pag. 131. chap. 16. pag. 242. chap. 12. pag. 267. Die Baſſen machen durch ſolche Heyrahten ſich zu voͤllt - gen Sclaven ihrer Weiber / denn ſie duͤrffen kein ander Frau - enzimmer mehr ſehen; ihre norige Weiber / mit denen ſie gleich Kinder gezeuget / muͤſſen ſie verſtoſſen / und ihnen mehr als Knechte veraͤchtliche Ehrerbietung bezeigen; dahero ſie meiſt wider ihren Willen ſolche Ehen belieben. Ricaut. livr. 1. chap. 16. pag. 245.

V. 522. 523. Was derer Andacht gleich zum Gottes - dienſt verehrt:) Jn gantz Tuͤrcken hat kein Menſch nichts ei - genthuͤmliches / alle Gruͤnde und Guͤter ſind des Sultans / auf er die Geiſtlichen Guͤter. Dieſe ruͤhret der Sultan durchauß nicht an / alſo gar: daß / wenn gleich ein ſchon wegen verletzter Ma - jeſtaͤt uͤberwieſener Baſſa etwas zu einer Mosquée verehret / der Sultan nichts davon entziehen kan. Dahero wohl das dritte Theil des Kaͤyſerthumbs in geiſtlichen Guͤtern beſtehet / und die gefundenen Chriſtlichen Stifftungen haben die Sultane noch vermehret. Ja ungeachtet ſie ſonſt alle Zinſen von vorge - liehenem Gelde verſtuchen; ſo moͤgen ſie doch die Kirchen und Waͤyſen nehmen. Ricaut. livr. 1. chap. 2. p. 11. 12. & livr. 2. chap. 7. p. 390. 399.

V. 523. 524. Was die Kaͤyſer haben als Schatz und Heyligthumb in Thuͤrme tieff vergraben.) Es iſt faſt kein Sultan geweſt / der nicht bey ſeiner Herrſchafft einen neuen Schatz geſammlet / und uͤber das Behaͤltnuͤß Gemach mit guͤld - nen Buchſtaben habe ſchreiben laſſen: Hier iſt der Schatz dieſes Sultans. Ricaut. livr. 1. chap. 12. pag. 193. Dieſe Schaͤtze werden als eine heilige Sache vom Haznadar Bachi oder Ober Schatz-Meiſter verwahrt / und außer der aͤußerſten Noth nicht angeruͤhret. Dahingegen uͤber den gemeinen Schatz / worauß die noͤrhigen Anßgaben und der Kriegs-Sold genommen wird / der Tefterdar geſetzt iſt. Ricaut., livr. 1. chap. 9. pag. 120.

V. 528.und Anmerckungen.

V. 528. 529. War ſterbens-werthe Suͤnde / zum Gar - ten &c.) Wenn ſich der Sultan in ſeinen Gaͤrten mit ſeinen Dirnen / die ſo denn durch allerley unzuͤchtige Geberden und Stellungen ſich bey ihm einlieben wollen / ergetzen[wie] rufft man im Schloſſe: Helret; alßdenn entaͤußern ſich alle Menſchen der Gaͤrte; und verwuͤrget derſelbe den Kopff / der ſich der Gar - ten Mauer naͤhert. Ricaut. p. 128.

V. 531. 533. Des Ketzers Kadaris. Und der Schap - meſtahis.) Die Tuͤrcken glauben: daß nichts vom Menſchli - chen freyen Willen / ſondern alles von der unveraͤnderlichen Ver - ſehung Gottes herruͤhre. Worauß ſie ferner erzwingen: daß ihre Gluͤckſeligkeit ein Zeichen des wahren Glaubens ſey; und das Kriegs-Volck / gleichſam blind in den Augenſcheinlichen Todt zu rennen / anfriſchen. Ricaut. livr 2. chap. 8. Hierwider aber hat Kadaris ein Araber eine gantz widrige Lehre / welche den gantzen freyen Willen des Menſchen wider die Verſehung behauptet / aufbracht. Und des Schapnte ſtahis gantz neue aber allerbeſte Secte erkennet unſern Heyland fuͤr den warhafftigen Erloͤſer der Welt; welchem faſt alle / die weiße Buͤnde tragen / beypflichten / und bereit ihrer viel hieruͤber Maͤrterer worden ſind. Ricaut. livr. 1. chap. 11. pag. 437. 438. & chap. 12. pag. 453. 454.

V. 541. Alepo ſteht hierumb in groͤſſerer Gefahr:) Wie nach Sultan Jbrahims Tode der Baſſa zu Alepo Haſſan Aaga ſich wider itzigen Sultan / und inſonderheit wider den hier redenden Kiuperli oder Kupriuli empoͤret / hierdurch ſeine An - ſchlaͤge in Siebenbuͤrger verhindert / und biß nach Scutari ſein Kriegs-Heer angefuͤhret / hernach aber durch den Baſſa zu Ba - gadet Mortaza ſein Leben eingebuͤſſet habe / beſchreibt Ricaut. l. 3. c. 6. p. 639. ſeqq.

V. 542. Als da noch Abaſſa:) Dieſer auffruͤhriſche Baſſa machte im Jahr 1624 und folgendes / unter dem Schein: daß ihm der Prophet Mahumed erſchienen waͤre / und ihm des Sultan Oßmanns Tod zu raͤchen anbefohlen haͤtte / dem Tuͤrckiſchen Reiche groſſe Haͤndel / und wuͤtete granſam wider die Janitſcha - ren / biß er ſich endlich mit dem Amurath IV. außſoͤhnte / und zum Captàn und Haupte Boßniens gemacht ward. Biſacc. im Amurat. p. 359. ſeqq. p. 383. 384.

V. 543. Die ſchlauen Druſen ſtecken in Sidons Hoͤ - len noch.) Dieſes ſind die uͤberbliebenen Chriſten in Syrien. Wiewohl das Widerſviel / und daß fuͤr dem zerſtoͤrten Chriſtli - chen Reiche zu Jeruſalem unter dem Guido Luſignan daſelbſt die Druſen oder Truſken geweſen / Horn. Arc. Noæ p. 274. be - hauptet; wie mit denen ſich Fuͤrſt Fakardin in die Hoͤlen gezo - gen / endlich aber auf gewiſſe Bedingung ſich den Tuͤrcken erge - ben / beſchreibt Biſacc. p. 420. 42.

V. 548. Weil nun auch Steinen Schweiß wil außge - preſſet werden / wie vom Abdulmelick:) Dieſer Sarace - niſche Fuͤrſt / zu Zeiten Conſtantini Pogonati, iſt wegen Geitzes der Schweiß der Steine genennet worden. Elmacin. Hiſtor. Sa - racen. l. 1. c. 8.

V. 549. 550. Albanien / das noch nicht allerdings ge - beugt:) Die Albaniſchen Gebuͤrge ſind ſo ſchwer zu erſtei - gen: daß die Tuͤrcken noch zur Zeit ihre Einwohner noch nicht gar uͤberwaͤltigen koͤnnen. Ricaut. l 1. c. 4. p. 83.

V. 572. 573. Als von Siliſtrien dem Baſſen anver - trauet der Zug auf Aſac ward:) Wie Jbrahim durch die - ſen Baſſa im 1641. Jahre dieſe an der Meotiſchen Pfuͤtze gelege - ne und von den Coſacken ritterlich beſchirmte Feſtung ſo ungluͤck - ſelig belaͤgert; alſo: daß dafuͤr 7000. Janitſcharen / 7000. Tar - tern und 3000. Spahi / und ſonſt viel Walachen und Moldauer / zu - ſammen uͤber 20000. Mann ſitzen bileben / und der Baſſa ſich nicht einſt in Conſtantinopel zu kehren / getrauet; beſchreibet Bi - facc. im Ibrahim p. 487. 488. Als aber das folgende Jahr ein an - der Baſſa ſich mit einem groͤſſern Krieges-Heere wider Aſac ruͤ - ſtete / die Coſacken aber vergebens bey Moſcan Huͤlffe ſuchten / der Groß-Hertzog auch den Frieden mit dem Tuͤrcken nicht brechen wolte / ob ſchon die Coſacken ihm dieſe Feſtung in ſeine Haͤnde zu liefern gedachten / pluͤnderten und aͤſcherten ſie ſelbſt die Stadt ein / welche aber von den Tuͤrcken alsbald wieder beſetzt und be - feſtigt ward. Biſacc. p. 491. 492.

V. 577. Denn als der Loͤwen Muth des Murat Baſſen.) Als im 1627. Jahre Sultan Amurath durch ſeinen Groß-Viſier Afis Mehemed die Stadt Babylon oder Baghdad belaͤgerte / kam der Baſſa von Alepo Murat durch Sturm ſchon in die Stadt. Der Groß-Viſier aber ließ auß Scheelſucht: daß dieſer nicht den Ruhm der Eroberung haben moͤchte / vom Sturme abblaſen / vor - wendende: es ſey ſeines Kaͤyſers Befehl / die Stadt nicht zu ver - derben; ja er ließ hernach dieſem Baſſa den Kopff / mit Beſchul - digung: Er habe ſich ſelbſt zum Viſier machen wollen / abſchlagen. Biſacc. im Amurat. p. 378. 379.

V. 582. Biß Amurath ſelbſt kam.) Amurath belaͤgerteden 9. Novembr. Baghdad / und eroberte ſie den 22. Decembr. im 1638. Jahre durch Sturm / in welchem er ſelbſt die Soldaten bis an Graben anfuͤhrete / der Groß-Viſier Mehemet und der Ja - nitſcharen Aga ſelbſt blieben dafuͤr todt. Biſacc. 469. 470.

V. 583. Wir wolln in Creta ſelbſt die gruͤne Fahn aufſte - cken.) Die gruͤnen Fahnen werden vom Tuͤrcken fuͤr ein beſondet Heyligthumb gehalten / und in wichtigſten Feldzuͤgen gebraucht / als welche noch von ihrem Propheten Mahumet herkommen ſol - len. Derogleichen haben die Chriſten in Ungern im 1594. Jahre dem Simon Biſſa mit der Tuͤrcken hoͤchſter Verbitterung abge - nommen. Vita Mahometi III. præmiſſa Vitis Biſacc. p. 99. Dieſe Fahne des Mahumets wird mit groſſem Aberglauben getragen / ſiehet gantz anders auß als andere / und wie eine zugeſpitzte Seule mit allerhand Zierrahten. P. della Valle nella lett. 6. da Con - ſtantin. § 2. p. 186. Ja auf der Spitze dieſer Seule und Stang - ſol ein ſilbern Hertze ſeyn / in welchem die Haare vom Barthe Mahumeds aufgehoben werden. De la Valle §. 4. p. 108. Sie nennen ſie eine him̃liſche Fahne / weil ſie der Engel Gabriel dem Mahumed zum Zeichen ſeines unfehlbaren Sieges wider die Chriſten gebracht haben ſol. Welch Aberglaube auch ſo gar die Kinder und die auf der Grube gehenden Tuͤrcken ja die Weiber veraulaſſet / fuͤr die Beſchuͤtzung einer ſo heiligen Sache zu ſter - ben. M. Ricaut l. 1. c. 4. p. 77. 78.

V. 585. Fuͤr unſer Burg das Haar von Pferden ſtecken auß:) Wenn der Tuͤrckiſche Kaͤnſer ſelbſt zu Felde zichen wil / ſo ſtecken ſie einen Puſch Haare / welches ein Pferde Schwantz ſeyn ſol / auf; wie diß geſchehen / als Oßmann wider Pohlen zog. Biſac. im Oſman. p. 301. Als Jbrahim wider Malta im Jahr 1645. den Krieg eroͤfnete / und hernach Candien anfiel / wiewohl Jbrahim ſelbſt nicht mit zu Felde zog. Biſacc. im Ibrahim p. 503. Sanſonin. fol. 101 am Ende cap. 48. meldet: daß / wenn der Sultan ſelbſt zu Felde zeucht / ſieben Fahnen mitgenommen werden / an welchen ſtatt des Zeuges / eine weiße Sache / wie ein Pferde-Schwantz / an - gemachet iſt; welches aber von einem Fiſche ſeyn ſol; auf der Spitze der Stangen aber ſind Mohnden. Pietro della Valle nella lett. 6. da Conſtantin. §. 2. p. 185. meldet in Beſchreibung des Feld - Zuges im 1615. Jahre wider Perſien: daß ſolcher drey Fahnen dem Groß-Viſier Mahumed fuͤrgefuͤhret / und daß dieſe Arth da - her ruͤhrte weil einsmahls ein Soldat in einer Schlacht / da die Fahne verlohren worden / den Schweiff abgehauen / und ſelbten ſtatt der Fahne auf eine Lantze geſteckt habe. Andere wollen diß fuͤr eine Geſchicht der Roͤmer halten / und daß dieſes die Tuͤrcken nur nachthun. V. Horn. Arc. Noæ. p. 470.

V. 620. Wird man im Himmel doch nur ſolche Kinder finden:) Sanſovin. fol. 4. pr. meldet: daß die Mahumetiſten im kuͤnfftigen Leben / ihrem Glauben nach / Frauen von 15. oder 20. Jahren zu ihrer Luſt haben wuͤrden / welche auch niemahls aͤlter / auch alle Tage Jungfrauen ſeyn wuͤrden / dieſe nennen ſie URI, o - der glaͤntzende Frauen. Die Maͤnner wuͤrden auch immer im 30. Jahre bleiben / und von einem Angelſterne zum andern ſehen koͤn - nen. Noch mehr erzehlt hiervon Bellon. l. 3. c. 9. p. 417. v. Horn. Arc. Noæ p. 466.

V. 535. Nim diß geſtuͤckte Tuch als unſer Liebe Zeichen.) Wenn der Tuͤrckiſche Kaͤyſer ins Seraglio koͤm̃t / werden alle ſei - ne Weiber (alſo heiſſet er alle ſeine Beyſchlaͤſſerinnen. Busbeqv. Epiſt. 2. p. 144.) in Ordnung geſtellet / welche ihm nun gefaͤllt / der legt er ein Tuch auf die Achſel. Dieſe muß hernach kommen / ihm das Tuch wiederbringen / und ihm beyſchlaffen. Sanſov. f. 49. p. 1. in fin. wie die dergeſtalt Begluͤckte ſolch Tuch gleichſam fuͤr Freu - den entzuͤckt und fuͤr dem Sultan auf die Knie fallende empfange / ſolch Liebes Pfand tauſendmahl kuͤſſe; wie das andere Frauen - zimmer ſie hier uͤber ſelig preiſe / ſie waſche / bade / einbalſame / mit dem koͤſtlichſten Schmucke ziere / und mit unzehlbaren Freuden - Gethoͤne in des Sultans Schlaffgemach begleite / ein Verſchnit - tener ſie an der Thuͤr bewillkomme / ſie aber auf dem Bodeme ins Bette krieche; hernach ſie in die Haͤnde der Kadan Kahia oder Hofſmeiſterin wieder geliefert / gebadet / ihr / ein ihr anſtaͤndiges Gemach eingeraͤumet / und ihr der Tittel Hunkiar Aſa-Kiſi oder des Sultans Beyſchlaͤffer in gegeben / wenn ſie aber ſo gluͤckſelig iſt / einen Sohn zu gebaͤhren / ſie Haſaki Sultana genennet / und mit einer guͤldenen Krone geſchmuͤcket werde / beſchreibet umb - ſtaͤndlich Ricaut. livr. 1. chapitr. 9. p. 129. 130.

V. 663. 664. Das Verhaͤngnuß mich hat untern Krebs des Mohnden Hauß gethan:) Die Sternſeher ſetzen die Stadt Couſtantinopel unter den Krebs. Jm Krebſe aber laͤuffet die Sonne zuruͤcke / alſo: daß die Laͤnge des Tages bey uns ab - nimmet.

V. 666. Und Oßmanns blutig Mohnde:) Der Tuͤrcken einiges Zeichen iſt der Moͤhnde / welches ſie auf ihre Kirchen / Thuͤrne / Schiffe / Fahnen / und andere Orthe zu ſetzen pflegen. Die - ſen aber ſollen ſie erſt nach Eroberung Boßniens gebraucht ha - ben / als deſſen Koͤnige vorhin ſchon den Monden und einen Stern zum Wapen gefuͤhret. Sanſovin. c. 48. fol. 101. circ. fin.

a iijZurNoͤthige Erklaͤr -

Zur Andern Abhandlung.

V. 1. 2. 3. GOtt der du ſieben Meer / der ſieben Himmel Laſt.) Dieſe Zueignungen der Goͤttlichen Majeſtaͤt / wie ſie der Engel Gabriel dem Mahnmed offenbaret haben ſolle / nebſt an - dern Aberglaͤubiſchen Thorheiten erzehlet Sauſovin. fol. 12. Perr. Bellon. lib. 3. cap. 7.

V. 8. Der Erde Staub zu kuͤſſen:) Welcher Geſtalt die Tuͤrcken gegen Mittage außgeſchubet / gebadet / gegen GOtt mit Kuͤſſung der Erde oder Teppichte ihr Gebete verrichten / erzehlet Theodoro Spandugino fol. 125. p. 2. Wenn ſie aber in Waſſer - mangeluden Oꝛten reiſen / hat Mahumed ihnen verſtattet / Haupt / Haͤnde und Fuͤſſe / an ſtatt des Waſſers mit Staube der Erden zu beſprengen. Bellon. l. 3. c. 31. p. 459.

V. 13. Daß ich biß in den Halß im Fluſſe buͤßen wil.) Die Tuͤrckiſchen Pilgramme nach Mecha pflegen ſich vorhero / ehe ſie des Mahumeds Grab beſuchen / auf dem Berge Arcfatagi gantz nackend zu entkleiden / hernach ſich biß in den Halß in dem nahen Fluſſe einzutauchen / vorgebende: daß Adam daſelbſt auch eben ſolche Buſſe gethan / als ihm hernach GOtt Vergebung er - theilet habe. Sanſovin fol. 30. p. 1. Maſſen ſie denn auch ſonſt ſich durchs baden in gemein von Suͤnden zu reinigen vermeynen. Bellonius lib. 2. c. 71. p. 316. & lib. 3. c. 16. p. 434. Gleicher Geſtalt pflegen auch die Benjanen in Jndien / wenn ſie bethen wollen / ſich zu baden. Pietro della Valle lett. 3. da Spahàn. n. 3. p. 114 und die Perſianer meynen / mit vierfacher Waßer-Beſpruͤtzung alle Suͤnden abzuwaſchen. Pietro della Valle lett. 3. da Spahàn. n. 16. p. 164. Von einem Volcke in America erzehlet Hornius in Arca Noæ p. 30. daß ſelbte ihr Ychuiri ſo lange mit einem Stein auf den Ruͤcken ſchlage / biß ſie ihre Suͤnden bekennen / hernach treten ſie in ein Fluß-Waſſer / und beten: Lieber Fluß / nim̃ mei - ne Suͤnden mit ins Meer: daß ſie nicht mehr erſcheinen; endlich werden ſie von einem Puͤcklichten mit Neſſeln gepeitſcht.

V. 17. 18. 19. Deines Sarchs hochheilgen Marmelſtein.) Die Tuͤrcken dichten: daß Adam auf Gottes Befehl das Grab Mahumeds zu Trotz des Teufels gebauet / und darauf einen Mar - melſtein gefunden habe / welcher ſich von ſich ſelbſt zu ſolchem Grabe verfuͤget. Dieſen ruͤhren mit den Augen an und kuͤſſen die Mahumediſchen Pilgramme / vorgebende: daß er auf den Juͤng - ſteu Tag der Steig in Himmel ſeyn wuͤrde / auch ein Anfangs dem Adam und Eva zugegebener Engel geweſt waͤre; welcher ſich nach ihrer Verbrechung in einen Stein verwandelt haͤtte. San - ſovin. fol. 31. p. 2.

V. 20. Allmoſen Opffer.) Der Tuͤrcken Opffer werden nicht verbrennet / ſondern ſie geben von einem geſchlachteten Thiere das Fell / den Kopff / die Fuͤſſe / und das vierdte Theil des Flei - ſches dem Prieſter / das ander Theil den Armen / das dritte den Nachbarn. Sanſovin. fol. 71. p. 1. Fuͤrnemlich aber ſchlachten ſie in ihren Oſtern oder Bairan viel Widder zum Opfer / glaͤubende: daß ſolche Widder alle am Juͤngſten Tage ins Paradiß kommen / und fuͤr die Opfernden bethen wuͤrden. Bellon. l. 3. c. 6. p. 409. An ſtatt der Widder oder Laͤmmer ſchlachten die Perſianer an ihren Oſtern mit vielen Ceremonien ein Camcel / weil ſie glau - ben: daß Abraham an ſtatt ſeines Sohnes Jſmael / (denn dieſen / nicht den Jacob haͤtte er opfern wollen /) ein Kameel geopffert habe. Pietr. della Valle nell. lett. 3. da Spahàn. n. 27. p. 183 186.

V. 22. Da auch Gabriel das Sonnen-helle Licht des Mohnden.) Mahumed hat gedichtet: GOtt habe Sonn und Monden in gleichem Glantze geſchaffen / der Engel Gabriel aber habe hernach mit einem Fluͤgel an den Monden angeſtrichen / und ſelbten auf einer Seite verfinſtert. Sanſovin. fol. 12. p. 1.

V. 54. 55. 56. 57. 58. Den Sultan Oßmann.) Die Tuͤrcken halten ſo viel von Traͤumen: daß ſie auch wachende ihnen glaͤu - ben. Einen Monat fuͤr ſeinem Falle traͤumete dem Sultan - mann: daß er auf einem Kamel nach Mecha reiſete / dieſes Thier aber fluͤge ihm unterm Leibe weg: daß ihm der leere Zaum in Haͤnden blieb. Dieſer Traum ward ihm dergeſtalt außgeleget: Das Kamel waͤre ſein Reich / welches ihn abwerffen / und ein an - der Kaͤyſer fuͤr ihm erwehlet werden wuͤrde. Biſacc. im Muſtafa. p. 346. 347.

V. 60. Des Gluͤckes Bley-Fuß kom̃t wie das Thier Ha gegangen.) Perillo leggiero. Wie dieſes langſame Thier in den Kaſten Noë kommen / beſihe Hornium Arc. Noæ p. 22. 23.

V. 72. Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben faſſen.) Athenæus ſchreibet: daß auf der Jnſel Tenos oder Hy - druſa ein Brunn ſey / deßen Waſſer ſich mit dem Weine nicht miſchen laſſe.

V. 93. 94. Darinnen weder wohl noch uͤbel uns wird ſeyn.) Die Tuͤrcken halten darfuͤr: daß kein Weib ins Paradiß kommen werde / ſondern / die wohl gelebet / wuͤrden in einem Orthwo ihnen weder wohl noch uͤbel waͤre / die Boͤſen aber ins hoͤlli - ſche Feuer kommen. Spandugina fol. 127. p. 1. Wiewohl Ricaut. livr. 2. chap. 21. p. 527. meldet: daß die Tuͤrckiſchen Weiber we - gen ihrer boͤſen Thaten im andern Leben keine Beſtraffung fuͤrch - teten / und daher in der Wolluſt ihre gantze Vergnuͤgung ſuchten. Deßwegen denn auch bey den Tuͤrcken die Weiber ſo verachtet: daß ſie nicht einſt bey ordentlichem Gottesdtenſte in den Kirchen / ſondern nur fuͤr den Thuͤren liegen und bethen / in andern Stun - den aber wohl in ſelbte gehen duͤrffen. Pietro della Valle p. 1. nell. lett. 2. da Conſtantin. p. 39. deßen Urſache hat Mahumed ge - geben: weil ſie unbeſchnitten waͤren. Bellon. l. 3. c. 16. p. 4322. da - hero auch die Beſchneidung der Tuͤrcken nicht in den Meßkiten geſchehen kan. Bellon. l. 3. c. 2 S. p. 451. bey den Perſiern aber wer - den die Weiber auch beſchnitten / und duͤrffen dahero in ihre Kir - chen gehen. Ja auch die Abyſſiner / welche doch Chriſten ſind / be - ſchneiden den Maͤgdchen die Hymenæa. Bellon. d. l. 3. c. 28. p. 452. Claude Duret Treſor des Langues. chap. 51. p. 575. Beſiehe auch Pietro della Valle lett. 5. da Spahan. n. 24. p. 590. 591. Nichts de - ſto weniger pflegen die Perſtaner auch das Frauenzimmer Haram, das iſt / Verſtuchung / zu nennen / weil ſie den Maͤnnern zu ſuͤn - digen die groͤſte Urſache waͤren. Pietr. della Valle nell lett. 3. da Spahan. n. 16. p. 163. 164.

V. 97. Nach der Calender Arth.) Ob wohl die Tuͤrcken ins gemein die Moͤnche und Nonnen: daß ſie nicht heyrathen / verla - chen / auch die Widerſtrebung dem Geſetze: Wachſet und mehret euch / fuͤr einen groſſen Jrrthumb halten / und dahero ſo viel Wei - ber / als ihnen belieber / nehmen, Spandug. d. 1. ſo hat es doch unter ihnen eine gewiſſe Secte der Calender. Dieſer Regel iſt: Cae - danormac, dil reſin cuſeiunce, alchachecciur. Wer in dieſen hei - ligen Orden treten wil / muß in der Jungfrauſchafft leben. Dieſe tragen nur Pferdehaarne Kleider / ſind auf dem Koͤpfe kahl / ha - ben an den Ohren / umb den Hals und Armen / eiſerne / an der Vorhaut ſilberne Ringe. Sanſovin. fol. 28. p. 2. Phil. Lonicer tom. 1. lib. 2. part. 2. c. 11. Jhr Uhrheber iſt geweſen Santon Kalenderi ein Arabiſcher Einſiedler / der Tag und Nacht nach dem Schalle ſeiner Floͤte (ungeachtet ſonſt alle Muſte beym Gottesdienſte im Aleoran verboten iſt) den Nahmen Gottes nennte. Seine Nach - folger aber ſollen unter dem Schein der Heiligkeit rechte Schuͤ - ler des Evicurus ſeyn / und ihre Vergnuͤgung in alleꝛley Uppigkeit ſuchen. M. Ricaut. livr. 2. chap. 17.

V. 100. Daß ich mich nimmer mehr zum Jbrahim darff legen.) P. Alvaro Semedo nella Cina berichtet auch p. 151. 153. 154. daß niemand von Anſehn in dem Koͤnigreich China dem Koͤ - nige gerne ſeine Tochter verheyrathe; weil ſelbte zu vorhero von zwey Frauen am gantzen Leibe muͤſſen beſichtiget / und ohne eini - gen Fleck befunden werden. Dahero die Koͤniginnen offtmahls gemeiner Handwercker Toͤchter waͤren.

V. 111. Die zwey fach nach dem Bruch im Paradiße bluͤ - hen.) Die Tuͤrcken glauben: GOtt werde den Außerwehlten daſelbſt ſuͤſſe Aepffel zu eſſen geben: da an ſtatt eines abgebroche - nen zwey andere wachſen waͤrden / nach Arth des guͤldenen Zwei - ges beym Marone l. 6. Æueid. daſelbſt wuͤrden ſie auch auß Chry - ſtallen hellen und Zuckerſuͤſſen Baͤchen trincken; worvon ihnen Augen und Berſtand alſo wuͤrde geſchaͤrfft werden: daß ſie von ei - nem Ende des Himmels biß zum andern wuͤrden ſehen koͤnnen. Sanſov. in fol. 13. in fin.

V. 113. 114 115. 473. 475. 477. 478. 479. 480. 481. 482. Daß ich fuͤr Grimm und Tod nur Kinder kan gebehren.) Daß des Mufti Tochter auß dieſer Urſache dem Jbrahim Lieb und Heyrath abgeſchlagen / bezenget Biſacc. im Ibrahim p. 517. 518. daß aber der zum Reich kommende aͤlteſte Bruder die andern ins ge - mein hinrichte / iſt auß hundert Exempeln bekand / auß welcher Furcht deñ Giangir des Suleiman Sohn ſol kranck worden und ge - ſtorbẽ ſeyn; als er ſeines Brudern Muſtafa Tod gehoͤret. Busbequ. Epiſt. 2. p. 145. und Pietr. della Valle nell. lett. 2. da Viaggi erzehlt p. 61. daß in des Sultan Murat Vegraͤbnuͤße 17. ſeiner Soͤhne legen / welche von ihrem aͤlteſten Bruder ermordet - und auf einen Tag mit dem Vater begraben worden. Dieſe Grauſamkeit hat Bajazeth angefangen / wiewohl ſie bey den letztern Kaͤyſern et - was nachgelaſſen. Maßen nach dem Achmet / ſein Bruder Mu - ſtafa / nach dem Amurath ſein Bruder Ibrahim zum Regiment kommen. Achmet aber gleichwohl / der dem Muſtafa geſchworen hatte: Er wolte ihn nicht toͤdten / ſetzte ihn in Kercker / ja er haͤtte ihn auch erwuͤrget / wenn er nicht theils durch ſchreckliche Traͤu - me / theils durch ihn uͤberfallende Ohnmacht der Hand / als er auf ihn ſchon einſt den Bogen gezogen / ware abgehalten worden. Darauf Muſtafa auch ein Dervis worden. Biſacc. im Oſman. p. 284. 285. des itzigen Tuͤrckiſchen Kaͤyſers Mahumed drey Bruͤder ſind auch noch lebend; aber ſo unbekand / als wenn ſie nicht in der Welt waͤren. Ricaut. livr. 1. chap. 16. p. 255. 256.

V. 117. 118und Anmerckungen.

V. 117. 118. Auf’s dritten Machmets Grimm.) Als Ma - humed III. alleine den Wolluͤſten nachhing / unterwand ſich ſei - nes aͤlteſten Sohnes Mutter fuͤr der Zeit ihren Sohn auf den Stuhl zu bringen / und von des Mahumeds Regimente uͤbel zu reden. Mahumed dieſes wahrnehmende / ließ alsbald in ſeiner Gegenwart die Mutter toͤdten / den Sohn erwuͤrgen / und noch andere vierzehen Perſonen enthaͤupten. Hernach vorgebende der Sohn waͤre nicht geſchickt geweſt Kinder zu zeugen. Vita Mahu - medis III. promiſſ. Biſacc. p. 197. 198.

V. 128. Sein Kaͤyſerthumb zum Brautſchatz:) Bey den Tuͤrcken geben die Maͤnner den Weibern ein gewiß Heyrath Gut. Sanſovin. f. 20. p. 2. Hingegen bringen die Weiber in Morgenland nichts zu / alſo: daß es fuͤr ein groſſes gehalten wird / wenn der Koͤ - nig in Perſien mit einem ſeiner Weiber / weñ er ſie nach Gewohn - heit einem andern verheyrahter / 1000. oder 2000. Ducaten mit giebt. Pietr. della Valle nell lett. 4. di Perſ. da Cazuin. n. 26. p 417.

V. 167. So ſteht mein Hertze dir wie ietzt mein Antlitz offen. Daß das Frauenzimmer in Morgenland allezeit mit ver - decktem Geſichte gehe / iſt gemein. Ob nun wohl diß ins gemein dafuͤr gehalten wird: daß es auß Schamhafftigkeit / oder: daß es wegen der Maͤnner Eyferſucht geſchehe / ſo iſt doch vielmehr wahr: daß ſie ſich mehr auß Hochmuth verdecken / und ſich nicht ieder - man wollen beſchauen laſſen; nach der Arth der alten Adelichen Frauen in Arabien / und der Grichiſchen. Dahero die Mahume - tiſchen Weiber ſich auch fuͤr einer hoͤhern Perſon als ſie ſind / zu entdecken pflegen. P. della Valle lett. 3. da Spahàn. p. 165. 167. Wiewohl: daß dieſe Entbloͤſſung auch fuͤr dem Sultan nicht al - lemahl geſchehen muͤſſe / auß der Todes-Geſchichte des Jbrahims Mutter Kioſem zu ſehen iſt; denn des itzigen Sultans Mehemet Mutter ward im Zimmer des Sultans von denen Jchoglans fuͤr die Kioſem gehalten und angefallen / alſo daß ſie ihr Geſichte ent - decken ihrem Sohne zu Fuſſe fallen und ruffen mußte: Sie waͤre nicht Jbrahims / ſondern Machmets Mutter. Ricaut. livr. 1. chap. 4 p. 67. 68.

V. 169. 172. Dir an die Kehle fuͤhln.) Wenn ein Tuͤrcke einem Frauenzimmer ſeine Liebe und Begierde ſie zu heyrathen / eroͤfnen wil / fuͤhlet er ihr an die Gurgel / denn dadurch bekennet er ſich ihr Sclave zu ſeyn. Und da ſie hiere in willigt / bleibt ſie ſiehẽ oder kuͤßet ihm die Hand. Bellon. obſerv. lib. 3. c. 16. p. 432.

V. 184. Mag gruͤnen Sammer tragen.) Die gruͤne Farbe iſt bey den Tuͤrcken die fuͤrnehmſte und heiligſte / als ein Wapen und Gedaͤchtnuͤs des Mahumeds. Sanſovin. fol. 90. p. 1. dahero al - lein die Sultane und des Mahumeds Anverwandte ſelbten tra - gen duͤrffen / weßwegen ſich Suleimann auch noch im Alter damit bekleidet. Hingegen iſt bey ihnen die ſchwartze Farbe verhaßt und ſchimpflich. Busbeqv. Ep. 1. p. 100 Wiewohl Bellon. l. 3. c. 24. p. 447. auch berichtet: daß die / welche zwey oder dreymahl nach Mecha gewalfahrt haͤtten / auch gruͤne Farbe tragen moͤchten. Dieſe Mahumeds-Anverwandten fuͤhren auch in Feldzuͤgen die gruͤne Fabne. P. de la Valle nell. lett 6. de Viaggi §. 2. p. 184. Sie ſind daher ſo verehrt; daß wer Hand an ſie legt / ſie verlieret. Jhr O - briſter Nakib Eschrel aber hat uͤber ihr Leben und Tod Gewalt. Der nechſte nach ihm heiſt Alemdar, der ſtets die gruͤne Fahne traͤgt / wenn der Sultan wo aufzeucht. Ricaut. livr. 2. ch. 6. Alſo iſt Morgenroth die eigene Fatbe der Koͤnige in China / die niemand anders tragen darff / und des Koͤnigs Kleider ſind mit Drachen geſtuͤckt. Alvaro Semedo nella Cina. part. 1. c. 22. p. 151. Deß - halben heiſſen ihn die Tartern Altun Chan, das iſt den guͤldnen Koͤnig. Hornius Arca Noæ p. 248. Sonſt duͤrffen auch allein die Tuͤrcken umb ihre Buͤnde weiße Binden tragen / als ein Zeichen ihres Glaubens / alſo: daß wenn ein Jude oder Chriſt dergleichen truͤge / er entweder ſterben / oder Tuͤrckiſch werden muͤſte. Pietro della Valle p. 1. lett. 5. p. 1520. c. part. 2. lett. 4. p. 108. Bellonius lib. 2. c. 36. p. 248. Hingegen moͤgen in Perſien alle Chriſten und andere Glaubens-Genoſſen wie die Mahometiſten mit Buͤnden gehen / und die gruͤne Farbe ſo gar an Schenckeln tragen. Pietro della Valle. nell. lett. 4. di Perſia da Ferhabad. n. 5. p. 235. die Jndianiſchen Mahumetiſten aber gebrauchen die gruͤne Farbe unter ſich auch / fuͤr ein Zeichen des Mahumeds Nachkommen. Valle nell. lett. 5. da Spahàn. n. 7. p. 493. Der Benianen ihre Buͤn - de auf dem Haupte ſind Saffran farbicht / und in ihren Feſten tragen ſie weiße Kleider / auf der Bruſt und Ruͤcken mit gelber und rother Farbe eingeſprengt. Pietro della Valle nell lett. 3. da Spahàn n. 2. p. 110. Zu Xeguaguara einem Lande Americæ faͤrbet ſich allein der Koͤnig mit ſchwartzer / andere aber mit rother Far - be. Horn. ibid. p. 506.

V. 227. Uns ſeinen Schaͤdel holen:) Bey dieſen Barba - riſchen Voͤlckern iſt es gemein: daß auf ihres Fuͤrſten Befehl die in Ungnade fallende ſelbſt die Koͤpffe darreichen / und uͤberſchicken muͤſſen. Wie Horn. Areâ Noæ p. 496. von denen Canariern be - zeuget: daß ſie auf ſolchen Befehl ohne einige Einwendung ab - ſtuͤrtzen. Jn Japan muͤſſen auf dieſe Arth auch die Groͤßeſten ihren Bauch aufſchneiden.

V. 229. Daß er zerſtampt im Moͤrſel ſey:) Ob wohl des Mufti altes Anſehen / da nehmlich von ihm / wie auß der Dodo - niſchen Eiche / Wahrſagungen geholt worden; Busbeqv. Ep. 3. p. 264. ſehr gefallen / ſo wird er doch ſelten getoͤdtet / oder / wenn diß ja wegen Verraͤhterey geſchehen ſol / vorhero abgeſetzt / und ſo deñ in einem Moͤrſel / der zu dem Ende im Gefaͤngnuͤße der ſieben Thuͤrme mit Fleiß aufgehoben wird / Fleiſch und Beine zu einem Muß zerſtampet. Ricaut. livr. 2. chap. 4 p. 371. 378.

V. 234. Diß hat dem Mufti ſelbſt den Oberſitz erlaubt:) Spandugino fol. 113. p. 2. lehret: daß des Mufti Wuͤrde die al - lergroͤſſeſte ſey; ja: das wenn der Mufti den Kaͤyſer beſuche / et ihm entgegen gehe / empfange / und ihm im Sitzen die Ober - Stelle gebe.

V. 331. Mahumeds zweytes Grund-Geſaͤtze.) Dieſes iſt: daß die Kinder ihre Eltern ehren / und ihnen niemahls wider - ſprechen ſollen. Sanſovin fol. 17. p. 2.

V. 361. Wenn es durch ſchnellen Stich mit Blute wird vermengt:) Frantz Redi hat zu Florentz angemerckt: daß das Gifft der Nattern weder in Zaͤhnen noch im Schwantze / noch in der Galle / ſondern in zwey Blaͤßgen an den Zaͤhnen ſtecke; auß welchen eine gelbe Feuchtigkeit ſpruͤtze / wenn ſie beiſſen. Jn ſonderheit: daß an der Natter oder Vipern nichts toͤdte / wenn es gleich verſchlungen werde / ſondern nur wenn der gifftigſten Thiere Safft in die Wunden kom̃t / und ſich mit Blute vernuſche. Wozu er anzieht den Orth des Lucani:

Noxia ſerpentum eſt admiſto ſanguine peſtis,
Morſu virus habent, & fatum dente minantur.
Pocula morte carent.

V. 376. 377. 379. Den Frommen laſſe ſich das Fenſter nicht verſchluͤßen:) Die Tuͤrcken ſind zwar zwiſtig / wo der Verſtorbenen Seelen biß zum Gerichts-Tage ſind / jedoch glaͤu - ben ſie: daß kein Mahumediſt ewig in der Hoͤlle ſeyn werde. Sie ſetzen aber den Gottloſen eine Straffe des Grabes auß / die ſie A - zabe-Kabari heißen; da nehmlich der Todten Leib und Gebeins gantz und gar ſollen zerquetſcht / alle Ritze des Grabes verſtopffet werden. Hierentgegen ſollen die Frommen auß ihren Graͤbern ein Fenſter haben ins Paradiß umb GOtt in ſeiner Herrligkeit zu ſchauen. Ricaut. livr. 2. chap. 12. p. 452. 453.

V. 406. Und ſich hat laͤngſt verliebt in dich.) Busbequius Epiſt. 3. p. 211. erzehlet: daß die miteinander badende Weiber bey den Tuͤrcken ſich offt in einander hefftig verlieben / daſelbſt meldende: daß ein Weib zu Conſtantinopel auß hefftiger Liebe gegen ein Maͤgdgen ſich fuͤr einen Chiaus verkleidet und ſelbte geheyrathet; weßwegen ſie aber der Janitſcharen Aga erſauffen laſſen.

V. 410. Jn ſchoͤnen Gliedern ſteckt ein ſchoͤner Seelen - Kern.) Die Platoniſchen Welt-Weiſen haben gelehret: es koͤnne ein ſchoͤner Leib ſo wenig ohne einen herrlichen Geiſt / als ein Zirckel ohne Mittel-Punct ſeyn. Und alſo halten auch die Tuͤrcken fuͤr unmoͤglich: daß eine Knechtiſche Seele in einem ſchoͤnen Leibe wohnen ſolte. Weßwegen ſie die ſchoͤnſten Kna - den dem Sultan zu ſeinen Jchoglans außleſen. Ricaut. livr. 1. chap. 5. p. 91. 94.

V. 428. Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenſtern verkehrt?) Die Mahumediſten dichten: GOtt habe zwey En - gel Haroth und Marot deßhalben auf die Erde geſchickt / die Men - ſchen zu lehren: daß ſie nicht toͤdten / nicht unrecht richten / nicht Wein trincken ſollen. Dieſe habe eine mit ihrem Manne ſtrittige Frau als Richter zu ſich erbeten / und in Speiſen ihnen Wein ein - bracht / davon ſie truncken worden: daß ſie der Frauen beygeſchlaf - fen / und auß Liebe ſie dieſelben Worte gelehret / mit derer Huͤlffe man in Himmel und wieder herab fliegen kan. Hiermit habe ſie ſich alsbald in Himmel erhoben darauf ſie Gott in Morgenſtern verwandelt / die Engel aber fuͤr Gerichte gefodert / und ihnen em - weder dieſer oder kuͤnfftiger Zeit Straffe zu erwehlen aufferlegt. Darauf die Engel jene erkieſet / alſo: daß ſie biß zum juͤngſten Ge - richte an eiſernen Ketten im Pful Bebil mit dem Kopffe ſiecken muͤſſen. Sanſovin. f. 15. p. 1. Dieſen Traum der Mahumediſten er - zehlet auch Pietr. della Valle nell. lett. 17. de Viaggi p. 614. meldet aber dabey: daß die zwey Engel bey dem eingefallenen Thurme zu Babylon in eine Hoͤle waͤren eingeſperret / und biß zum Tage des Gerichts mit den Haaren der Augenlieder aufgehencket wor - den. Und nebſt andern Bellonius lib. 3. c. 6.

V. 455. Als Liebes-Goͤttin ehrn.) Die Tuͤrcken dichten ihnen auch eine Goͤttin der Liebe / die ſie Aſſih nennen Sanſovin. fol 70. p. 1. Fuͤr des Mahumeds Zeit haben die Saracenen die Venus, welche ſie Kabar genennet / angebetet. Kirch. Oédip. Æ - gypt. tom. 1. Syntngm. 4. c. 16. §. 3. p. 346. ſeqq. Selden. Synt. 1. c. 4. Horn. Hiſt. Philoſ. lib. 1. cap. 9. pag. 51. Ja pag. 349. meldet Kircherus, daß die Tuͤrcken noch heute zu Tage den Stein Brachta auf den ein Venus-Bild eingehauen / anbeten / ent - weder: daß Abraham auff ſelbten die Agar beſchlaffen / odera lvdaranNoͤthige Erklaͤr -daran ſein Kamel angebunden haben ſolle / als er den Jſaac opfern wollen.

V. 459. Dein allzuſcheeler Trieb laufft wider die Ge - ſetze.) Die Freyheit viel Weiber zu nehmen / iſt von dem Mahu - med verſtattet; wie auch außer den Ehweibern ſich anderer Bey - ſchlaͤfferinnen zu gebrauchen. Bellon. l. 3. c. 8. p. 41. Gleichwohl iſt die Zahl der Weiber biß auf vier eingeſchrenckt / und wird es nur fuͤr eine Freyheit der Heyligen gehalten: daß Mahomed ih - rer neun / Hali vierzehn gehabt. Ricaut. livr. 1. chap. 21. p. 524. 525. Sonſten pflegen die Tuͤrckiſchen Kaͤyſer keine mehr recht zu ehli - gen; maßen / außer dem Suleiman (welcher von Rorelanen durch Zaubereyen derogeſtalt eingenommen worden: daß er ihr ein Heyrath Gut / als das Kennzeichen der Eh außgeſetzt / auch her - nach keinem andern Weibe mehr beygeſchlaffen hat) ſeit dem Bajazeth keiner eine geheyrathet / weil ſelbter in des Tamerlanes Gefaͤngnuͤße allzugroſſe Schmach an ſeiner Gemahlin Despina ſehen muͤſſen. Ricaut. livr. 2. chap. 21. p. 533. 534. Pietro della Val - le nelle lettere 2. p. 85. meldet: Es geſchehe die groſſe Koſten / die eine geehlichte Kaͤyſerin erfordern wuͤrde / zu erſparen. Wiewohl meiſt die Sultane eine einige fuͤr den andern hochhielten / wie Sultan Achmet die Kioſem. Daß aber Sultan Oßmann wider dieſes Grund-Geſetze ein Weib geheorahtet / ſol eine der fuͤrnehm - ſten Urſachen ſeiner Ermordung geweſen ſeyn. Ricaut. livr. 2. ch. 21. p. 535. Sonſten haben die unchligen Kinder bey den Tuͤrcken eben die Wuͤrde und Erbrecht / als die Ehligen. Busbequins Ep. 1. p. 58. 59. 122. Jedoch lehret Ricaut. l. 2. chap. 21. p. 530. daß wenn ein Vater ſeine mit einer Beyſchlaͤfferin gezeugte Kinder im letz - ten Willen nicht freylaͤßt und abſtattet / ſie Knechtiſch und unter der Gewalt ſeiner ehligen Kinder bleiben.

V. 467. Safft der’s Paradiß anſuͤßet.) Der Aleoran be - ſchreibet das ewige Leben mit eitel ſolchen irrdiſchen Wolluͤſten. Die Secte der Eſchraki legt aber alles diß verbluͤmter Weiſe auß / und lehrt: daß die ewige Freude allein im Anſchauen der Goͤttlichen Majeſtaͤt beſtehen werde. Ricaut. livr. 2. chap. 12. pag. 471.

V. 478. Wie daß deñ Amurath die Kinder ſelbſt erſticht:) Daß Amurath IV. im 1637. Jahre ſeinen Sohn erwuͤrgen laſſen / weil er beym Seraglio einen Tarter getoͤdtet / und ſelbſt ſeinen noch uͤbrigen einigen Sohn von drey Jahren umbbracht / lehret Biſacc. im Amurath. p. 455. 458.

V. 487. 488. Wie / daß er dem und nicht dem - man ließ die Krone:) Sultan Achmet verordnete im Te - ſtament: daß ihm nicht ſein zwoͤlffjaͤhriger Sohn Oßmann / ſon - dern ſein Bruder Muſtafa im Reiche folgen ſolte; umb hier - durch entweder ſeinem Bruder die langerdultete Gefaͤngnuͤs zu belohnen / oder durch deſſen Thorheit deſto groͤſſere Liebe ge - gen ſeinem Sohne Oßmann zu wege zu bringen. Biſaccioni im Oſman. p. 283.

V. 490. 492. Wie lang iſt’s / als ſo fiel Orcan und Bajazeth.) Als Amurath IV. Bagadet eingenommen hatte, ſchlachtete ſeine Mutter dieſe ſeine zwey von einer andern Mut - ter gebohrne Bruͤder ihm auf ſein Siegs-Feſt ab. Biſaccion. im Amurath. p. 442.

V. 495. Den Sultaninnen muß der Fuͤrſt offt ſelbſt nachgeben.) Daß bey dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſern die Schwe - ſtern wenig / die Muͤtter aber viel gelten / gleichwohl aber auch offt auf Heiſch der Soldaten / ins alte Seraglio geſperret wer - den / lehret Biſaccion. im Amurath. pag. 387. Wie viel a - ber auch des Suleimans Gemahlin Rorelana gegolten / iſt weit - laͤufftig zu ſehen beym Busbequio Epiſt. 1. pag. 61. 67. 145. 146. So große Gewalt hat auch eine Weile gehabt des Chiàh Abbas erſte Gemahlin / Zeinèb Begùm eine Tochter des Chiàh Taha - màsp ſeines Groß-Vaters. Pietr. della Valle lett. 5. da Spa - hàn. n. 38. pag. 683. n. 48. pag. 729. Und als Sultan Jbra - him erwuͤrgt / Machmet erhoben worden / hat Kioſem als Groß - Mutter das gantze Tuͤrckſche Reich nach ihr ein Willen beherrſcht. Ricaut. livr. 1. chap. 4. p. 37.

V. 669. Acciolin beflecket ſeine Weiße.) Acciolin nahm in Welſchland Baſſano ein / toͤdtete darinnen das Haupt Johan. Baptiſta de la Porta, und kriegte darinnen Biaaca de Roſſy ſeine Gemahlin gefangen. Als dieſer nun lange verge - bens umb den Genuͤß ihrer Liebe Anſuchung gethan / wolte er ſie nothzuͤchtigen; aber ſie erreichte das Fenſter / ſprang hin - unter / fiel ihr eine Schulter auß / und brach den Arm. Der Tyrann lies ſie heilen / und verſuchte nochmahls alle Mittel / ſie zur Liebe zu bewegen; endlich lies er ſie an eine Tafel anbin - den / und nothzuͤchtigte ſie. Hierauf lief ſie auf ihres Ehge - mahls Grab und gab darauf auß Betruͤbnuͤß ihren Geiſt auf. P. Pierre de Moyne la Galerie des femmes fortes. p. 317. 320.

Zur Dritten Abhandlung.

V. 46. 48. Das Amurath geſtecket.) Als Amurath. IV. auf dem Todbette lag / bereuete er: daß er ſeine zwey Bruͤder Orcan und Bajazeth hatte toͤdten laſſen; befahl hierauf auch zwar: daß man den Bruder auß dem Kercker fuͤr ihn bringen ſolte / alleine ſeine Mutter verhinderte es / beſorgende: daß dem Jbrahim auß ſeiner Gegenwart der Tod oder ander Unheil begegnen doͤrffte. Hierauf ließ Amurath die Mutter vom Bet - te weg / und die Baſſen zu ſich kommen / und weil er nicht wolte: daß einem tapffern Amurath ein ſchlimmer Jbrahim folgen ſol - te / muſten ſie ihm eydlich verſprechen: daß nach ſeinem Tode nicht ſein Bruder / ſondern der Tarter Cham Stul-Erbe ſeyn ſolte. Allein ſo bald Amurath die Augen zudruͤckte / bewegte ſie die Baſſen (welche ohne diß keine Luſt zum Tarter hatten /) theils durch gute / theils herbe Worte: daß ſie den Jbrahim zum Kaͤyſer erwehlten. Biſacc p. 475. 476. 479. 480.

V. 55. Opferte ſie ihm des Brudern warme Leiche:) Hierauf giengen die Baſſen nun fuͤr des Jbrahims Kercker. Alleine er verriegelte ſich inwendig / und wolte durchauß nicht aufmachen / ſich des Lebens beſorgende / und auf Anbietung des Reichs allezeit antwortete: daß er zu herrſchen nie gedacht haͤtte / er waͤre ein Sclave ſeines Bruders Amurath / biß endlich ſeine Mutter ſelbſt fuͤr den Kercker kam / ihm zuredete / und ihm des Amuraths Leiche zeigete. Biſacc. 486.

V. 179. 182. Der groſſe Suleiman.) Suleiman ließ ſei - nen aͤlteſten Sohn Muſtafa auf Anſtifften und Beſchuldigung der Roxelang: daß er dem Vater nach dem Regiment ſtuͤnde / erwuͤrgen: damit ſie hierdurch ihren langſamer gebohrnen Kin - dern auf den Thron huͤlffe. Busbequius Epiſt. 1. pag. 58. 65. Den Sohn Bajazeth / (welcher ſich auf Anſtifften ſeiner Mutter Rorelana und Ruſtans / dem aͤltern Sohne Selim fuͤrzuͤckte / mit ſelbtem / nach erſter Außſoͤhnung beym Vater / ſchlug / hernach ſich in Perſien fluͤchtete /) erkauffte er von dem Koͤnige in Per - ſien / und ließ ihn durch ſeinen dahin geſendeten Baſſa Haſſan er - wuͤrgen, alſo: daß er nicht einſt zuvor ſeine vier Soͤhne kuͤſſen durffte / welche / wie des Muſtafa Sohn / auch ſaͤmptlich erwuͤrget worden. Busbeqn. Ep. 4. p. 408. 410.

V. 182. 188. Daut Baſſens Miſſethat.) Daut Baſſa der den Sultan Oßmann zu toͤdten Befehl ertheilet / und des Sultan Muſtafa Schweſter zur Eh hatte / ward ſchluͤßig / denMuſtafa und das gantze Oßmanniſche Geſchlechte aufzurei - ben. Dahero befahl er dem Capi Aga den Amurath IV. in ein ander Gefaͤngnuͤs zu bringen / umb ſelbten zu toͤdten. Aber die - ſer ward auf Schreyen und Weigern des Mißtrauenden Amu - raths von den Zulauffenden getoͤdtet; Daut aber ſich weg zu fluͤchten genothigt; endlich auch an eben dem Orthe / wo - mann / erwuͤrget; Hierauff wickelte des Amuraths Mutter die Soldaten auf: daß ſie den Muſtafa abſetzen moͤchten. Dieſem zu begegnen / gieng des Muſtafa Mutter nebſt andern den A - murath umbzubringen / der aber ſchon an einen ſichern Orth ge - bracht war; daruͤber ſie ſich verzweiffelnde ſelbſt erhencken wol - te; ſie ward aber von einem Verſchnittenen verhindert. Biſacc. im Muſtafa p. 347. 354.

V. 271. 275. Fuͤr meinen Murat kaͤmpfft der Himmel und die Sternen:) Dieſer dritte Sohn ward dem Jbrahim den 22. Mertz im 1642. Jahre / als gleich Tag und Nacht gleiche waren / gebohren; daher die Perſer und andere von ihme wahrſagten / daß er ſehr gluͤcklich ſeyn wuͤrde. Biſacc. im Ibrahim p. 494.

V. 279. Jn das Verhaͤngnuͤß Buch des Himmels einge - ſchrieben:) Die Mahumediſten glaͤuben: daß GOtt eines jeden Menſchen Verhaͤngnuͤß auf ſeine Stirne / oder in ein im Him - mel verwahrtes Buch Narſip oder Tactir alles / was ihm Gutes oder Boͤſes begegnen ſol / und er durch keine Klugheit oder Wi - derſtrebung vermeiden kan / aufgeſchrieben habe. Ricaut. livr. 2. chap. 8. p. 402.

V. 281. Sol ewig ſeyn verdammt / waͤr’s gleich ein Mu - ſelmann:) Jm Alcoran redet Maßumed alſo hiervon: Meine Vorbitte wird gehen fuͤr die jenigen auß meinem Volcke / die ſchwer geſuͤndigt haben womit ſie zwar nach der Groͤße ihres Un - rechts geſtrafft / aber hernach auß Barmhertzigkeit ins Paradiß moͤgen aufgenommen werden; weil es unmuͤglich iſt: daß ſie mit den Unglaͤubigen in den ewigen Flammen immer bleiben ſollen. Denn es iſt uns offenbahret: daß wer nur vom Glau - ben einen Sonnenſtaub im Hertzen behalten wird / nach außge - ſtandener Feuer-Straffe doch werde erloͤſet werden. Ricaut. livr. 2. chap. 11. p. 442.

V. 282. Kein Blat nicht kleben an des heiligen Papiers / noch der gefaͤrbten Roſen:) Sie glaͤuben: daß / wenn ſie außdemund Anmerckungen. dem Feuer uͤber eine gluͤende Bruͤcke in Himmel gehen werden / wuͤrden ihren Fußſolen alle auffgehobene Papiere und Roſen - Blaͤtter / welche von dem Schweiße des Mahumeds allererſt ſol - len entſproſſen oder pepurpert ſeyn / ankleben / und ſie fuͤr allem Brande behuͤten. Ricaut. d. l. p. 443. 444. Balſac. Entretien. 5. chap. 2. p. 134.

V. 458. Fuͤr Sonnen-Samen preißt:) Arabiſch Tochm - eſeens, iſt eine wohlriechende und fuͤſſe Frucht bey den Morgen - Laͤndern. Pietr. della Valle lett. 3. da Spahán. p. 137.

V. 558. Heckt mehr als des Satur nus bley geſchwaͤntzte Stern:) P. Athannſ. Kircher. fuͤhret in Itiner. Exſtat. Itinere in Solem, auß: daß zwar alle bewegliche und unbeweglicheSterne durch ihre Außdampfungen Cometen / die Sonne aber die meiſten hecke.

V. 573. 574. Gekuͤßeten Sirenen muß endlich’s Schweꝛd der Braut-Schatz ſeyn:) Bey Eroberung der Stadt Con - ſtantinopel ward eine Griechin / Irene genannt / gefangen / dieſe aber fieng wegen ihrer Schoͤnheit duꝛch Liebe dergeſtalt den Ma - humed II. daß ſie ihn gantzlich beherrſchete. Als er aber merckte: daß ſeine Soldaten ſolche Liebe uͤbel empfunden / hieb er ſie aufs koſtlichſte gekleidet fuͤr dem gantzen Kriegs-Heer in Stuͤcke; zu bezeugen: daß er nichts weniger ſeine Begierden als ſeine Fein - de uͤberwinden koͤnte. Pierre de Moyne la Galeriè des Femmes fortes. p. 99.

Zu der Vierdten Abhandlung.

V. 25. 26. Wie ſein ſchlimm Eintritt ſchon des Volcks Gelaͤchter war:) Wenn einer zum Sultan erklaͤret wird / be - giebt er ſich fuͤr die Stadt in die Kirche Ejub, oder Jobyian Sarai, in der ihm der Degen umbgeguͤrtet wird. Von dar auß haͤlt er ſeinen Einritt; in welchem der lange Zeit gefangen geſeſſene Ibrahim ſich allen Zuſchauern mehr zum Gelaͤchter als Frolocken fuͤrſtellete. Biſacc. p. 481. Ricaut. livr. 1. chap. 4. p. 36.

V. 30. Auf viel Arth ein Weib ſich emſiget zu ſeyn:) Ibrahim ließ ſich wie ein Weib von Weibern putzen / ſchminckte ihm das Geſichte / und horete am liebſten; wann er fuͤr einen ſchoͤnen Mann geruͤhmet ward. Biſacc. p. 06.

V. 45. 46. Da man zu ſtuͤrtzen ſchloß den trauten A - murath:) Der Mufti berathfchlagte mit den Cadi den Amu - rath IV. abzuſetzen / weil er verſtattete: daß der Caimecan ſich in die Geſetz-Sachen einmiſchte / und ſonſt viel wider das Geſetze handelte / fuͤrnehmlich aber daß er ſo viel Muſcateller-Wein tranck. Dieſer Rathſchluß aber konte deßwegen nicht werckſtellig gemachet werden / weil kein Geld im Schatze war / umb nach Ge - wohnheit bey Veraͤnderung der Kaͤyſer damit die Soldaten zu beſchencken. Biſacc. im Amurath p. 396. Warumb aber das Weintrincken den Tuͤrcken ſo ein Greuel ſey / ſol daher ruͤhren: daß Mahumed anfangs zwar / als er auf einem Gaſtgebott geſe - hen: daß die ſelbten getruncken / ſo freundlich mit einander umb - gegangen / ihn geſegnet / hernach aber als er erfahren / daß die da - von truncken worden einander verwundet / verflucht habe. Bus - beq v. Ep. 3. p. 100. Ricaut. l. 2. c. 25. p. 570. 571. Am altermeiſten aber iſt in ihrem Romazan, oder der Faſten / und in Feldzuͤgen das Weintrincken verbothen / alſo: daß beym erſten die Suͤnde fuͤr unvergeblich geachtet / im letzten aber der Verbrecher getoͤd - tet wird. Ricaut. d. l. livr. 2. c. 23. p. 552. & l. 3. c. 11. p. 688. Gleich - wohl verwehren ſie den Chriſten den Wein nicht / pflegen auch ſelbſt Weintrauben und Moſt zulaͤßig zu gebrauchen. Busbeqv. Ep. 4. p. 346. 347. Ja wenn ſie ſchon einſt den Wein gekoſtet / ſauffen ſich die Tuͤrcken gantz voll / weil ſie es doch fuͤr eine und gleiche Suͤnde halten / viel oder wenig trincken. Busbeqv. Ep. 1. p. 28. 29. allwo er von einem alten Tuͤrcken dieſes laͤcherliche er - zehlet: daß als er Wein trincken wollen / Er die Seele mit groſ - ſem Geſchrey ermahnet: daß ſie ſich / umb nicht vom Weine be - fleckt zu werden / entweder in einen Winckel des Leibes verfuͤ - gen / oder gar auß dem Leibe weichen ſolle.

V. 71. Zerriſſen.) Es iſt die groͤſte Unehre / mit zerriſſenen Kleidern auß dem Seraglio geſtoſſen werden. Ricaut. l. 1. c. 7. p. 113.

V 89. 90. Ibrahim des Mufti Kopff bogehrt:) Nicht nur die Tuͤrcken / ſondern die meiſten Morgenlaͤndiſchen Voͤl - cker haben derogleichen blinden Gehorſam: daß ſie auf Befehl der Koͤnige ihre Koͤpffe ohne einige Wider-Rede ſchicken. Und erzehlet Alvaro Semedo nella Cina part. 1. c. 22. p. 148. daß die fuͤrnehmſten Chineſiſchen Herren auf derogleichen Befehl ihnen ſelbſt die Ketten / gleich als ob ſie guͤlden waͤren / umb den Hals legten. Ja der Tuͤrcken Gehorſam iſt gegen ihren Sultan ſo blind: daß ſie mit nichts eine herrlichere Maͤrterer-Krone / wel - che ſie geraden Weges ins Paradiß verſetze / zu erwerben vermey - nen / als wenn ſie entweder eigenhaͤndig oder auf des Sultaus Befehl / ſterben. Ricaut. l. 1. c. 3. p. 25. 26.

V. 192. 193. 194. Alß Muſtafa verdient den Geiſt am Strang außblies:) Welcher Geſtalt Sultan Mahumed darumb: daß er des Groß-Viſier Achmets Frau genothzuͤchti - get / ſeinen eignen Sohn Muſtafa habe erwuͤrgen laſſen; erzeh - let Theodor. Spandugino fol. 198. p. 2.

V. 311. 317. Denn deinen Lebensdrat wird ein frech Weib zerſchneiden:) Als Jbrahim todt und ſein kleiner Sohn Machmet Kaͤyſer ward / maaßte ſich Kioſem Jbrahims Mutter der Herrſchafft alleine an. Dieſe Gewalt / und inſon - derheit ihre Buͤndnuͤs mit den Janitſcharen / kam des Machmets Mutter / die ihres erwuͤrgten Ehe-Mannes Beyſpiel taͤglich fuͤrAugen hatte / ſehr verdaͤchtig fuͤr / alſo daß ſie auch fuͤr des Mach - mers Leben in Sorge ſtand. Dahero verband ſie ſich mit den Spahis / Vaſſen und Bejis / wider die Janitſcharen; verurſach - te auch: daß die Spahi in Aſien unter dem George Nebi mit ziemlicher Macht gegen Seutari anruͤckten / und die Koͤpffe der - ſelben foderton / die an Jbrahims Tode Schuld haͤtten. Der Groß-Viſier Morat, als ein Freund der Janitſcharen / und der ſelbſt zu Jbrahims Tode geholffen / zohe den Spahi entgegen; die Gerichts-Haͤupter aber brachten es theils durch gute Worte / theils durch Bedreuen: man wuͤrde durch ein Neſiraum alle Tuͤrcken wider ſie in die Waffen bringen / ſo weit: daß ſich die Spahi zertrenneten. Worauff Bectas, der Janitſcharen Aga, der Kul-Kiahia und ſein Anhang alles nach Belieben anordne - ten / und den Nebi vom Baſſa in Natolien durch einen Piſtol - Schuß ermorden lieſſen. Dieſes erregte abermahls die Spahi / viel Baſſen / einen Circaſier Ipſir: daß ſie in Aſien allen Ja - nitſcharen Armen und Naſen abſchnitten / und des Bectas Ver - faͤlſchung der Muͤntze brachte das Volck zu einem Auffſtande; woruͤber der Groß-Viſier Melek Ahmet ab - und Siaus Bacha an ſeine Stelle geſetzt ward. Dieſer trachtete den Bectas, als fuͤr welchem der Groß-Viſier Morat ſich in Griechenland hatte fluͤchten muͤſſen / mit ſeinem gefaͤhrlichen Anhange außzurotten; die Kioſem hingegen warnete die Janitſcharen / gab alle Schuld des Machmets Mutter / und rieth an ſtatt des ſchwachen und ungeſunden Machmets den wohlgeſtalten Suleiman zum Sul - tan zu machen. Bectas verſam̃lete alſobald die Janitſcharen in ihrer Kirche Orta-giami, dahin ſie auch den Groß-Viſier be - rufften / welchem Er nach ſchlechter Ehrerbietung andeutete: Suleiman ſolte Kaͤyſer ſeyn. Der Groß-Viſier pflichtete mit groſſer Verſchwerung allen bey; kehrte aber ins Seraglio, deßen eiſerne Pforte er auf Befehl der Kioſem eroͤffnet fand / weil ſie ſich darauß fluͤchten wollen. Der Viſier entdeckte alles alsbald dem Oberſten verſchnittenen Soliman Aga, und andern; welche der Kioſem Oberſten Caͤmmerer Capa-Oglar einen Dolch in Leib ſtißen / die andern Verſchnittenen verjagten / und die Kio - ſem durch des Sultans Verſchnittene verwahren ließen. Hier - auf weckten ſie des Sultans Mutter auf / welche dem Machmet zulieff / ſchreyende: Wir ſind verlohren! Dieſer fiel dem Soly - man Aga zu Fuͤſſen / mit Bitte / ihn zu retten; welcher den Sul - tan in die Hoſada fuͤhrte / ihn auf den Thron ſetzte / und allen Großen die Gefahr eroͤffnete. Dieſe lieſſen den Sultan alsbald einen Befehl unterſchreiben: daß der Boſtangis Baſſa, der als ein Verraͤhter das Seraglio offen gelaſſen / abgeſetzt ſeyn ſolte / weckten die Ichoglans auf / und ſtellten ſie in Waffen. Unter - deſſen hatte der Groß-Viſier Anſtalt gemacht: daß alle Baſſen und Beglerbegs ſich mit einer groſſen Menge Gewaffneter her - bey fuͤgten / ja die Stadt allenthalben voller Kriegs-Volck war / wiewohl auch die Janitſcharen ſich und ihren Anhang ruͤſteren. Auf den Morgen drungen die Ichoglans und Baltagis in des Sultans Zimmer / mit Begehren: daß man die Feindin des Sultaus und Mahomets Kioſem toͤdten ſolte; einer auß ihnen Jalche Saferli zerſpaltete auch dem Verſchnittenen / der ſie daran hindern wolte / den Kopff. Nach dieſem drangen ſie auf den neuen Mufti: daß er uͤber Kioſem ein Todes-Urthel ſchreiben muſte; welches der Sultan beſiegelte. Ob nun zwar verordnet ward / ſie durch die Vogel Pforte auß dem Seraglio zu fuͤhren / und daſelbſt hinzurichten / ſo lieffen doch die Ichoglans in das diß - mahl wider Gewohnheit alles Lichtes beraubete Frauenzimmer; woſelbſt ſie anfangs die ihnen mit einem Piſtol begegnende und ſich fuͤr die Sultanin außgebende Naͤrrin anfielen / hernach die Kioſem lange vergebens ſuchten / biß endlich einer Delli Dogan - gi ſie in einer Almer verſteckt fand; und ungeachtet ſie iedem Ichoglans dreytauſend Reichsthaler / Jhme aber groͤſſere Ge - ſchencke fuͤr ihr Leben verſprach; auch viel Gold unter ſie auß - ſchuͤttete / ſie mit den Fuͤſſen herauß zog. Ali Boſtangi riß ihr ihre Ohrgehaͤncke / welches zwey einer Nuß groß Diamanten mit einem unterſetzten Rubin / ein Geſchencke Sultan Achmets und eines jaͤhrlichen Einkommens von Aleayr werth geſchatztwaren /Noͤthige Erklaͤr -waren / von Ohren / welcher ſie aber fuͤr 16. Ducaten dem Solyman Aga einhaͤndigte. Die andern beraubten ſie / zerriſſen ihre Zo - bel in tauſend Stuͤcke / und ſchleppten ſie nackend biß zur Vogel - Pforte / daſelbſt hielt ſie Dogangi / daß die andern ihr den Strick umbſchlingeten / welche / ob ſie zwar als ein uͤber achtzig Jahr al - tes Weib keinen Zahn mehr hatte / ihn mit den Glaͤven in ſeinen lincken Daumen ſo lange hefftig bieß / biß er ihr mit dem Dolche einen Stich uͤbers Auge verſetzte. Vier andere wuͤrgten an ihr; wie ſie aber ſchon geruffen hatten: Sie waͤre todt / reckte ſie noch erſt den Kopff empor; worauff ſie denn ſie endlich muͤhſam er - ſteckten / die verſchnittenen Mohren aber ihren Leib mit groſſer Ehrerbietung in die Koͤnigliche Moſchée trugen. Vierhundert ihrer Sclaven begleiteten ſie mit viel Thraͤnen / und riſſen ihnen die Haare auß. Der Groß-Viſier ſteckte des Mahomets Fahne oben auf. Ob nun wohl Bectas die Janitſcharen unter dem Vorwand: daß man ſie gar außrotten wolte / zu Anzuͤndung der Stadt und Gegenwehr bereden wolte / ſo waren ſie doch unter - einander gantz zwiſtig. Hieruͤber kam einer vom Sultan / ruf - fende: Wer ſich nicht unter die Fahne ſtellt / iſt ein Heyde; warff auch einen Brief unter ſie / des Jnnhalts: Bectas iſt zum Baſſa von Boßnien / Kara Chiaus zum Oberſten uͤbers Meer / Kul-Kia - hia zum Baſſa in Temeſwar / und Kara Haſſan Ongle zum Ja - nitſcharen Aga gemacht. Kurtz hierauf zohen die Spahi und Jebegis mit groſſen Stuͤcken gegen die Janitſcharen; welche a - ber mit ihrem neuen Aga ſich zu der Fahne verfuͤgten. Bectas verkleidete ſich in einen Albanier / ward aber folgenden Tag er - kennet / auf einem Maul Eſel ſchimpfflich herumb gefuͤhret und erwuͤrget. Kul Kiahia flohe in Albanien / ward aber durch Ver - wechſelung einer guͤldenen Muͤntze verrahten / erſchoſſen und ſein Kopff dem Sultan geſchickt; Kara Chiaus erwuͤrget. Ricaut. l. 1. chap. 4.

V. 361. Dem gleich ſein Kopff nicht ſo brennet.) Wenn der Groß-Viſier oder ſonſt ein Maͤchtiger iemanden groſſes Un - recht thut / dieſer alſo ſeine Sache an den Sultan ziehen wil / legt er Feuer auf den Kopff / und laufft hiermit ins Seraglio zum Sultan. Da ihn denn kein Menſch fuͤr ihn zu kommen und ſei - ne Noth zu klagen / aufhalten darff. Welches Mittels ſich ſo gar der Engliſche Geſandte Thomas Bendysh bedienet. Die Perſier pflegen bey ſolchen Faͤllen in einem weißen Papiernen Kleide fuͤr ihren Koͤnig zu gehen / gleich als daß ihnen angethaneUnrecht ſich auf ſolch Papier nicht ſchreiben lieſſe. Ricaut. l. 1. c. 11. p. 151. 152.

V. 372. Pompeiens Seule:) Jm Munde des Boſphors gegen dem ſchwartzen Meere ſiehet auf einem Felſen noch heute zu Tage eine Seule von weißen Marmelſteine / des Pompejus Seule genennet; in der von Zeit und Wellen verwiſchten Uber - ſchrifft iſt gleichwohl noch der Nahme des Kaͤyſers Cajus zu leſen. P. della Valle. p. 1. lett. 2. da Conſtantinop. p. 43.

V. 402. Der edle Muſtafa:) Der Trauer Saal Erasmi Franciſci p. 392. 393. erzehlt: Muſtafa habe im Traum einen Propheten in weiß-glaͤntzenden Kleidern geſehen / welcher ihn mit der Hand in einen luſtigen Pallaſt gefuͤhret / meldende: al - hier haben die reinen Seelen ihren Wohnplatz / die in ihrem Le - ben ein Abſchen fuͤr Blntſtuͤrtzung und Suͤnden gehabt / und ge - nuͤßen alſo der ewigen Seeligkeit. Gleichergeſtalt zeigete er ihm die Boͤſen und Gottloſen / welche in Pech-Fluͤſſen getaucht und endlich erſteckt wurden. Ob nun wohl ſein Geiſtlicher den Traum als boͤſe außdeutete / und ihn / ſich vorzuſehen / warnete / ſo trauete er doch ſeiner Unſchuld / reiſete zum Vater / und ward erwuͤrget.

V. 416. Chach Abas Sohn hat nechſt des Vatern Stahl gekuͤßt.) Daß Chach Abas ſeinem eigenen Sohne habe laſſen den Kopff abhauen / erzehlet Biſacc. im Amurath. p. 386. und mit mehrern Umbſtaͤnden Olearius in ſeiner Perſiſchen Reiſe l. 5. c. 32. wie auch Pictro della Valle nell. lett. 4. di Perſia da Ferhabàd n. 25. p. 405. ſeqq.

V. 448. Daut Baſſens Untergang und Gebegi.) Ob wohl Daut Baſſa einen Zettel fuͤrbracht: Krafft deßen er waͤre befehlichet worden vom Sultan Muſtafa, den Oßmann hinzurich - ten / ſo iſt er doch / weil er ſolchen Zettel durch die Sultanin er - langt / von den Viſieren zum Tode verurtheilet worden. Als dieſer nun am Rande eines Brunnes ſaß / den Streich / der ihm den Kopff abſchlagen ſolte / erwartende / kam eine Menge der Spahi / und befahl dem Heucker inne zu halten. Hierauff ward er auf eben dem Wagen / worauf man den Oßmann gefuͤhret / in das Gefaͤngnuͤs zu den ſieben Thuͤrmen geſchlepper / und den fol - genden Tag eben an demſelben Orthe / wo Oßmann / erwuͤrget. Gebegi Baſſa aber / der dem Oßmann ein Ohr abgeſchnitten hat - te / enthaͤuptet. Biſacc. im Muſtafa. p. 351.

Zu der Fuͤnfften Abhandlung.

V. 19. Er ſchickte ſtatt des Stricks dem Machmet Gerei Gaben.) Amurath IV. wolte im 162. Jahre dieſen Cham der kleinen Tartern / weil er ſeinem Befehle nicht gehor - ſamet / ab - und einen andern einſetzen / ſchickte auch einen Baſſa mit dreyſſig Galeen dahin. Alleine die Tartern / welche den Machmet Gerei lieb hatten / wolten ſie weder anlenden noch auß - ſteigen laſſen / ob ſich ſchon der Baſſa zu Caſſa darumb ſehr be - arbeitete. Dieſem nach ſchickte Amurath dieſem Mahemet ein Kleid und einen Sebel / zum Zeichen: daß er ihn in ſeiner Wuͤr - de beſtetigte. Alleine er wolte dieſes, ihm auß wenig guten Ge - muͤthe kommende Geſchencke / unter dem Vorwand: daß es ihm nur durch einen ſchlechten Galeen-Hauptmann geſchickt wuͤrde / nicht annchmen / ließ auch den Uberbringer ins Gefaͤngnuͤs werf - fen / und draͤuete / ſich mit den Polen zu verbinden. Biſacc. im Amurath. p. 370.

V. 21. Der Abaſſa bekam fuͤr Auffruhr Schwerd und Kleid.) Als Amurath IV. zum Reiche kam / und hoͤrte: daß Abaſſa faſt alle Janitſcharen habe umbbringen laſſen / die Stadt Caraiſar eingenommen / und mit 40000. ſtreitenden Maͤnnern / 25. Stuͤck Geſchuͤtz recht auf Conſtantinopel zu zog / both er ihm eine Sebel und Kleid / auch ein hohes Viſier-Ampt an / dafern er ſich beruhigen wolte. Dardurch denn auch fuͤr dißmahl er in Na - tolien ſtille ſtehen blieb. Biſacc. p. 357.

V. 23. Mein einig Wort erbath des Caimecan Leben.) Als Amurath IV. vernahm: daß die Coſacken ſo maͤchtig an den Graͤntzen des Euriniſchen Meeres worden / verdroß es ihn ſo hef - tig: daß er den Caimecan in die Augen ſchlug / worvon ihm die Naſe blutete; befahl auch: Man ſolte den Hencker hohlen / ihn zu erwuͤrgen. Die Kaͤyſerliche Mutter aber erbath ihm das Le - ben. Biſacc. p. 394.

V. 24. Buſtaims ſchlechte Schuld muſt Hals und Kopff hergeben.) Amurath IV. ließ nebſt andern dem Mehemet Bu - ſtaim Baſſa von Cairo den Kopff abſchlagen / weil ſie von den Unterthauen viel Geld erpreſſet. Biſacc. p. 357.

V. 33. 34. Wie hoch entſchuldigte beym Sultan Amu - rath der Cham des Mufti Tod.) Weil der Baſſa võ Caffa der Tartariſche Mufti uñ der Cadi daſelbſt dem Tarter Cham verwie - ſen: daß er dem Tuͤrcken zu gefallen im 1636. Jahre nicht wider den Perſier mit wolte zu Felde ziehen / ließ er ſie alle 3. erwuͤrgen. Dieſes aber bey deꝛ Ottomanniſchen Pforte nicht zu ſehr anzuſtoſ - ſen / entſchuldigte er darmit: daß ſie diß wegen ihrer Ungerechtig - keit und Geldaußpreſſungen gelitten haͤtten. Biſacc. p. 452. 453.

V. 34. 35. 36. 37. Fuͤrſt Amurath ſelbſt hat des Mufti Sohn.) Jm 1633. Jahre ließ Amurath IV. einſt den Mufti wegen wichtiger Sachen zu ſich fordern. Weil dieſer aber ſich: daß er wegen Alters und Kranckheit nicht kommen koͤnte / durch ſeinen Sohn entſchuldigte / ließ Amurath anfangs den Sohn / hernach den Mufti erwuͤrgen.

V. 69. 71. Auf Sekier[p]eren Geſetz und Straffe ſchaͤrffen.) Von dieſem Weibe Chequer Paré erzehlet M. de Monconys in ſeinen Reiſen p. 391. 392. daß der junge Sultan Machmet durch ſeinen Groß-Viſir ihr Vermoͤgen einziehen laſſen; darunter ſich funffzehen Tounen Goldes Reichsthaler / ein gantz guͤldener Tiſch / und unzehlbare Koͤſtlichkeiten befunden haͤtten. Von ihr habe wan zwar geſagt / ſie waͤre erwuͤrget und ins Meer geworffen worden; es habe ſich aber hernach ereignet: daß man ſie nach Cairo verwieſen / ſie aber hernach zuruͤck kommen.

V. 118. Des Capi Aga Kopff / die Mutter ſelbſt verſtieß.) Als unterm Mahumet III. das Regiment allenthalhen ſo uͤbel beſtellet ward / verſamleten ſich im 1603. Jahre Janitſcharen / Spahi / und eine groſſe Menge Volcks / drangen in des Sultans Burg / und / nachdem ſie vom Aſſan Baſſa verſtaͤndiget wurden: daß daran des Sultans Mutter / der Capi Aga und der oberſte Verſchnittene / Schuld truͤgen / begehrten ſie mit dem Kaͤyſer ſelbſt zu reden / hielten ihm auch ſeine nachlaͤſſige Regierung fuͤr. Der Kaͤyſer entſchuldigte ſich: daß er von denen uͤbelen Zuſtaͤn - den im Reich von niemanden einige Nachricht erlanget haͤtte. Hierauf forderten ſie den Orologier Baſſa fuͤr / dieſer berichtete: der Capi Aga haͤtte ihm verwehret / dem Kaͤyſer die verdruͤßli - chen Sachen fuͤrzutragen / es wuͤrde auch dieſen Unordnungen anders nicht / als durch Hinrichtung der Sultanin / des Capi Aga und oberſten Verſchnittenen abzuhelffen ſeyn. Hierauff begehr - ten ſie: der Kaͤyſer ſolte ihnen dieſer dreyer Koͤpffe lieſern / oder ſie wolten ihnen ſelbſt helffen / und gar einen andern Kaͤyſer ma - chen. Ob nun wohl Mahumet ſie beſcheidete: es ſolte uͤber ſie erkennet / und / was recht erſchiene / vollzogen werden; ſo antwor - teten ſie ihm doch / haͤtte er ſeine unſchuldige Bruͤder ohne Er - kaͤntnuͤs hingerichtet / muͤſten es dieſe Schuldige nicht beſſer ha -ben.und Anmerckungen. ben. Ward alſo der Kaͤyſer gezwungen / des Capi Aga / des Aſſan Baſſa / und des Obriſten verſchnitten Koͤpffe ihnen zu gewehren und zu verſprechen: daß er die Mutter verweiſen wolte. Vita Mahumetis III. præmiſſ. Biſaccion. p. 195. 196.

V. 121. Denn kom̃t des Dieners Treu erſt zur Vollkom - menheit.) Als die Freunde des Groß-Viſirs Kara Muſtafa eins - mahls ſeine groſſe Gluͤckſeligkeit preiſeten; ſagte er: Ja / er habe ſein Geluͤcke zur hoͤchſten Staffel bracht / es mangelte ihm aber noch zur Vollkommenheit der Kaͤyſerlichen Gnade und ſeiner Ehren der heilige Maͤrterer-Krantz und das Geluͤcke: daß er auf des Sultans Befehl ſein Leben auffopferte. Ricaut. l. 1. c. 3. p. 25. 26.

V. 123. 124. 125. 126. 127. 128. Fuͤrſt Amurath muſt auch.) Jm 1626. Jahre empoͤrten ſich die Janitſcharen / noͤthig - ten den Mufti: daß er ſich ins Seraglio nach Scrutari begeben muſte / und begehrten vom Amurath IV. die Koͤpffe ſeiner Mut - ter und des Caimecan Mehemed Gorguin. Amurath meynte ſie zu beſtillen / ließ von dieſem die Siegel (die er in Abweſenheit des Groß-Viſiers verwahrte) abfordern / (welches die Entſe - tzung des Amptes bedeutet Pietr. della Valle nell. lett. 2. p. 87.) und gab ſein Ampt den Regel Baſſa; ins Regels Ampt aber ſetzte er Imrahul Baſſa. Alleine ſie beſtillten ſich hiermit gar nicht / ob ſchon er ihnen 200000. Sultaninen / und des Kaͤyſers Mutter auch ſo viel verehrete. Denn hierdurch errettete dieſe zwar das Leben; Amurath aber ſich ſelbſt zu erhalten / muſte ſeinen 68. jaͤh - rigen treuen Diener / welcher dreymahl die Groß-Viſier-Stelle vertreten hatte / erwuͤrgen / und fuͤr das Seraglio werffen laſſen / allwo ſie ihm noch Naſe / Ohren / Augen und Zunge außſchnitten. Biſaccioni p. 373.

V. 132. 133. 134. 135. 146. 147. Und doch den Dilaver.) Sultan Oßmann entſchloß ſich die Janitſcharen (als welche ſich nicht wohl im Kriege wider Polen gehalten haͤtten /) außzurot - ten / und Statt ihrer Araber anzunehmen. Weil aber der Groß - Viſier Dilaver meynte: daß diß zu Conſtantinopel ſich nicht wuͤr - de thun laſſen / wolte er den Kaͤyſerl. Sitz entweder nach Dama - ſco oder Alcayr verlegen / gab alſo fuͤr: Er haͤtte ein Geluͤbde ge - than / nach Mecha zu reiſen. Als aber auf die Galeen der Kaͤy - ſerl. Schatz / ja ſo gar die Kleinodien auß der Grufft von dem Bunde ſeines Vaters auffgeſchiffet wurden / muthmaßten ſie ein viel anders; lieſſen alſo durch die Cadileſchier (derer ſind drey / einer uͤber Europa, der ander uͤber Natolien, der dritte uͤber A - frica, und dieſe ſind bey den Tuͤrcken diß / was bey den Chriſten die Patriarchen. Spandugin. fol. 11. p. 1. 2. ) den Oßman / aber ver - gebens / abmahnen / als welche er ſchimpfflich von ſich ließ. Her - nach ſchrieben ſie ihm durch den MUfti einen Zettel / darinnen enthalten war: daß er ohne Gefahr des Reiches / ohne Verletzung des Geſetzes / nicht nach Mecha ziehen koͤnte. Alleine Oßmann zerriß ihn. Hierauf verſamleten ſich die Janitſcharen und Spahi / brachten auch einen Brief herfuͤr / worauß zu ſehen war: daß - man den Sitz nach Alcayr verlegen wolte / zwangen hierauf den Mufti: daß er vom Sultan die Koͤpffe derer / die ihm zur Reiſe gerahten / fordern ſolte. Wiewol er nun verhieß: daß die Reiſe nachbleiben wuͤrde / ſchryen ſie doch nach den Koͤpffen des Dila - ver / des Chisler Aga / des Kaͤyſers ſeines Hoffmeiſters / und des Feſtarda; vergnuͤgten ſich auch nicht daran: daß Oßmann den Dilaver ab / und in ſeine Stelle den Uſſaim Baſſa ſetzte; ſondern ſie ſchnitten dem Dilaver und Chisler Aga die Koͤpffe ab / erbra - chen den Kercker / zogen dem halbtodten Muſtafa mit Straͤngen herauß / und erklaͤrten ihn zum Kaͤyſer. Dieſem nach nahmen ſie den Oßman / (welcher ſich in einen Spaht verkleidet / und in des Chisler Aga Hauß verſtecket hatte /) ſeyten ihn auff einen Wa - gen nebſt den Oberſten Hencker / und fuͤhrten ihn in das Gefaͤng - nuͤß zu den ſieben Thuͤrmen. Endlich befahl der Groß-Viſier des Muſtaſa, daut Baſſa ihn zu erwuͤrgen / und ihm ein Ohr ab - zuſchneiden / welches er als ein Zeichen ſeines Todes dem Mu - ſtafa einhaͤndigte. Biſaccioni im Oſman. p. 336. 344. Dieſes alles ſol fuͤrnemblich durch den Halil Baſcid Serdár und den Chan von Cafà des Muſtafa groſſe Freunde verurſacht worden ſeyn. P. della Valle lett. 5. da Spahàn. n. 45. p. 723. 724.

V. 150. 151. Ob Naſuf Baſſa ſchon des Achmets Ey - dam war.) Wie Sultan Achmet dieſen ſeinen Eydam ver - dacht: daß er mit dem Koͤnige in Perſien zuhielte / und mit ei - gener Fauſt umbbracht / erzehlet Biſaccioni im Achmet p. 257. Noch außfuͤhrlicher beſchreibet dieſes Groß-Viſirs Lebens-Lauff und Tod. Pietro della Valle ne Viaggi in lettera. 2. da Conſtan - tinopoli §. 11. p. 83. 100.

V. 167. 168. Es bringt dem keinen Schimpff / der zu den niedrigen vom hoher Staffel ruͤcket.) Dieſes iſt die Art bey den Tuͤrcken. Juſonderheit muͤſſen die Groß-Viſir offt vom Ber - ge in ein Thal herunter ruͤcken. Wie denn der Vorfahr des Groß - Viſiers Kiuperli (der des jetzigen Viſiers Achmet Vater war /) nur zum Baſſa in Caniſcha / welches die niedrigſte Verwaltung iſt / gemacht ward. Ricaut. livr. 1. chap. 11. p. 155.

V. 186. 187. 188. 189. 190. Diß ſchloß der Muſtafa.) Sul -tan Muſtafa machte den Selictar Aga ſeinen Degentraͤger zum Baſſa von Altayr / und ſeinen Manteltraͤger zum Baſſa von Da - maſco / ob ſchon dieſe in Seraglio waren erzogen / und nichts an - ders / als Marmol zu glaͤtten / und Maͤhrlein zu erzehlen / waren gelehret worden. Ja er wolte den Groß-Viſier abſetzen / und ſel - bige Wuͤrde ſeinem hierzu gantz ungeſchickten Verwandten ge - ben; er verkauffte auch das Ampt des Capitan Baſſa. Hierauf em - poͤrte ſich der Baſſa uͤber das Meer / brachte den Mufti auf ſeine Seite / und ſo viel zu Wege: daß Sultan Muſtafa / als er im Se - raglio ſeine Mutter beſuchte / dariunen verſchloſſen / Oßmann zum Sultan erwehlet / und Muſtafa in ſeinem alten Gefaͤngnuͤſ - ſe von zwey alten Weibern und einem Mohren als ſeinen Auff - waͤrtern verwahret ward. Biſaccioni im Oſman. p. 289. 290.

V. 192. Des Siegels ſich enteuſſer. V. 197. nimms groſ - ſe Siegel hin.) Das Siegel / in das der Nahme des Sultans geſtochen / iſt das eigentliche Kennzeichen des Groß-Viſiers / der das Haupt des Divans und Krieges iſt / und unterm dritten A - murath mit dem Lala Schabin aufkommen iſt. Sonſt traͤgt er auch zwey mit Diamanten verſetzte Reiger-Fedeꝛn auf dem Bun - de; wie der Sultan drey. Und fuͤr ihm traͤgt man auff langen Stangen unter einem guͤldenen Knopffe drey Pferde-Schwaͤntze fuͤr; derer zwey aber auch die Viſiere zu Alcayr / Bagachet und Ofen in ihrem Gebiete Jhnen moͤgen fuͤrtragen laſſen. Ricaut. livr. 1. chap. 11. p. 142. 145. Jn dieſen Dingen / wie auch in Tit - teln und Ehrenbittungen machen die Tuͤrcken uͤberauß genauen Unterſchied; in welchen allen der Sultan des Groß-Viſiers An - leitung folget. Sonderlich wird unterſchieden / wer dem Sultan die Hand / oder den Saum des Kleides / oder den Ermel / und der - gleichen kuͤſſen duͤrffe. Ricant. l. 2. chap. 24. p. 562.

V. 222. 223. 224. Die Abaſſa euch ſchlug.) Dieſer aufruͤh - riſche Baſſa gab fuͤr: Es waͤre ihm der Prophet Mahumed er - ſchtenen / habe den ermordeten Sultan Oßman bey den Haͤnden gehalten / ihm befehlende: daß er des Oßmans Tod rechnen ſolte. Dahero er auffs grauſamſte auf die Janitſcharen gewuͤtet / und wo er eine ſchwangere Frau eines Janitſcharen oder Spahi be - kommen / ihr die Frucht auß dem Leibe ſchneiden laſſen. Biſacci - oni p. 359. 360.

V. 232. Nachdem er uns das Geld zu Schadẽ abgeſetzet.) Nachdem im 1640. Jahre der Divan wahrgenommen: daß zur Kriegs-Zeit die Gold - und ſilberne Muͤntze biß uͤber die Helffte ihres erſten Wehrts geſtiegen / ſetzte ſelbter das Geld wieder in den erſten Werth / alſo: daß das Volck und die Soldaten [wiewol dieſen das Geld allezeit in unoeraͤnderten Preiſe bezahlet werden muß] umbs dritte Theil gefaͤhret worden. Biſaccioni im Ibrahim p. 484.

V. 236. Umb funffzehn Aſper muſt.) Unter dieſer Vor - ſtellung des geringen Soldes reitzete Percenniuͤs auch die Roͤ - miſchen Legiones in Pannonien zum Aufruhr an. Tac. 1. Annal. 17. denis in diem asſibus animam & corpus æſtimari, hinc ve - ſtem, arma, tentoria, hinc ſævitiam Centurionum & vacationes munerum redimi.

V. 270. 271. Den Tarter Cham vom Thron und Zepter abzuthun.) Sultan Jbrahim ſetzte im 1645. Jahre dieſen ab / dem Koͤnige in Polen zu gefallen / weil er der Tartern Raube - reyen in Polen nicht verwehret hatte / der Koͤnig in Polen aber ihm mit ſeinem eigenen Sebel recht verhalff. Biſaccion. im Ibra - him p. 497.

V. 283. Das Gold / das Tunis zinßt.) Ali Baſſa der Koͤ - nig zu Tunis ſchickte dem Sultan Jbrahim 40000. Dublonen / und 20000. Ducaten; die er in dem Grauße der Feſtung Goletta gefunden hatte / und noch von der Zeit des Großmaͤchtigen. Kaͤyſeꝛs Carls des fuͤnfften daſelbſt verſteekt blieben waren. Biſac. p. 507.

V. 285. 286. Der Held Abdalla nahm ein gantz Pfund Muſch in ſich.) Daß dieſer Saraceniſche Fuͤrſt / als er in die Schlacht geritten / ein gantz Pfund Muſch außgetruncken / berich - tet Elmacin. Hiſt. Saracen. lib. 1. c. 12.

V. 294. Als Honam uns kaum ſchickt.) Alvaro Semedo nella Gina part. 1. c. 3. p. 23. 24. meldet hiervon dieſes: La Provin - cia di Honam ha per proprio il Muſchio. Queſto è umbilico d un Animale come piccolo Cervio, la cui carne ſerve per cibo, eſolamente quela parte ſi toglie con quella pretioſa materia. Von des Ambra und Muſch Beſchaffenheit beſiehe Olearium in des Mandelslo Oſt-Jndiſchen Reiſe p. 1. c. 19.

V. 313. Ein erbooſt Croat erſtach den Amurath.) Dieſer treue Diener ſeines Herren Lazari Fuͤrſten in Servien erſtach im 1373. Jahre bey erlangter Verhbr den Amurath dritten Tuͤrcki - ſchen Koͤnig. Wolg. Dreder. in Chron. Sarac. Leuenclan. Annal. Turc. c. 47. p. 15. der Thaͤter hieß Vilvo, und des Sultans Hoff - Prediger / welcher hernach einen abſondern geiſtlichen Orden ge - ſtifftet / warnete ihn vorher / aber vergebens. Ricaut. l. 2. chap. 19. p. 513. 514. Von ſelbter Zeit an werden alle Abgeſandten mit den Armen gehalten und zu den Tuͤrckiſchen Kaͤyſern gefuͤhret. Bu - ſteqv. Epiſt. 1. p. 112.

V. 314Noͤthige Erklaͤr - und Anmerckungen.

V. 314. 315. Den Ach - und Machmet hat ein Dervis.) Daß ein Dervis den Mahumed II. toͤdten wollen / und den Kaͤy - ſer Achmet mit einem Stejne geworffen / erzehlet Biſaccioni im Achmet. p. 235. 236. daß ein Dervis auß der Secte der Calender im Jahr 1492. den Kaͤyſer Baſazeth mit einen Sebel auf dem Wege von Manaſtiro nach Adrianopel angetaſtet habe / aber von dem Iſchender Baſſa mit einem Pußdigan. zu Bodem geſchlagen / hernach in Stuͤcke zerhauen worden / erzehlet Leuenclan. Annal. Turc. c. 171. 172. p. 56.

V. 448. Daß Menſch und Ameis nur zu eigenem Ver - derben ſo Ehr als Fluͤgel kriegt.) Die Tuͤrcken haben von der hohen Wuͤrde der Groß-Viſiere ein Sprichwort: Sie waͤren den Ameißen gleich / welchen GOtt nur zu dem Ende Fluͤgel ge - be / daß ſie darmit ihren Untergang beſchlennigten. Ricaut. l. 1. chap. 11. p. 161.

V. 511. Diß Teffa bringen.) Die iſt bey den Tuͤrcken ſo viel als ein Zwang des Geſetzes / welches den Sultan ſelbſt verknuͤpf - fet ſich fuͤr den Richterſtul zu ſtellen. Biſac. im Ibrahim p. 520.

V. 541. 542. Das Beyſpiel Muſtafens.) Der Mufti / der Viſier und die andern hohen Haͤupter ließen gleicher Geſtalt im 1623. Jahre im Herbſt-Monat den Kaͤyſer Muſtafa in Divan for - dern umb den Unterthanen Rechenſchafft zu thun. Als ihm aber ſeine Mutter ſolches zu thun verwehrete / ſchrie das Volck. Es le - be Sultan Amurath / Muſtafa ward auch hierauf in ſein altes Ge - faͤngnuͤß gefuͤhret. Biſacc. im Amurath. p. 356. 357.

V. 551. Den Hals dem Muſtafa den Groß-Viſir ließ bre - chen.) Dieſes: daß des Jbrahims Mutter dieſen guten und wach - ſamen Diener erwuͤrgen laſſen / weil er ihr wenig Leides gethan / berichtet Biſacc. im Ibrahim p. 496.

V. 553. 554. Mit’s Regep Baſſa Kopf.) Dieſer Groß-Vi - ſier kam beym Sultan Amurath in Verdacht: daß er durch Em - poͤrung der Janitſcharen dem Jbrahim den Zepter zuſchantzen wolte: ward dahero in ein Garten Zimmer beruffen: Allwo von ihm Anfangs der groſſe Siegel-Ring abgefordert heꝛnach er von dreyen erwuͤrget ward. Viel aber meynten / es ſey nur umb einen groſſen Schatz auf drey Millionen Golds zu bekommen geſchehen. Biſac. im Amurath. p. 410.

V. 590. Zu Stuͤrmung Bajadets die Graben fuͤllen auß.) Als im 1638. Jahre Amurath IV. Bagadet belaͤgerte / und er we - der genug Wollenſacke noch Reiſicht / die Stadt-Graben außzu - fuͤnen / hatte / ließ er auß jeder Fahne durchs Loß drey Soldaten nehmen / und ſie in Graben werſſen. Biſac. p. 469. 470.

V. 591. 592. 593. Fuͤr dem Feinde zwey drey Spannen rückwerts weichen.) Beym Guicciardini l. 6. fol. 169. redet der Spaniſche Feld-Hauptmann Conſalvus alſo: Deſidera l huom magnanimo piu toſto d’haver al preſente la ſepultura un palmo di terreno pru avanti, che col ritirarſi à dietro poche braccia allungar la vita centa anni.

V. 608. An dir ſey unſer Brod uñ unſer Saltz verfluchet) Diß iſt in Morgenloͤndern eine gemeine Arth iemanden zu flu - chen. P. della Valle lett. 5. da Spahan. p. 593.

V. 695. 702. Alle hier beſchriebene Ceremonien ſind auch bey Erwehlung des Amuraths IV. im 1623. Jahre dergeſtalt ver - richtet worden. Biſac. p. 356.

V. 696. Die Reiger-Federn hin.) Dieſe werden von den Tuͤrcken ins gemein / wie bey den Chriſten die Strauß-Feodern zur Pracht getragen. Der Sultan traͤgt ihrer drey / der Groß-Vi - ſier zwey. Ricant. l. 1. c. 11. p. 145. Der Stiffter des Mogoliſchen Reiches Zingiz Chan gab unter andern ſeinen Tartern ein Ge - ſetze: daß ſie muſten Nacht-Eulen-Federn als ein Zeichen der Gluͤckſeeligkeit tragen. Haitho c. 16.

V. 703. 706. Diß Jahr / das ſeinen Lauf fuͤhrt nach der Art des Loͤwen.) Die klugen Perſier und andere Mahumediſten eignen jeden zwoͤlff Jahren / zwoͤlff gewiſſe Thiere zu / nach derer Eigenſchafft iedes Jahres Zufaͤlle ſich begeben ſollen. Das 1618. Jahr hat das Pferd ihm zugeeignet gehabt. P. della Valle. lett. 3. da Spahàn. n. 24. p. 196. Sonſt ſetzen die Sternſeher Rom unter das Zeichen des Loͤwen. Daß aber der Loͤwe das Hauß der Sonne / der Krebs das Haus des Monden ſey / iſt zu ſehen auß Kircher. Oedip. Ægypt. tom. 2. claſſ. 7. c. 5. p. 189.

V. 707. 712. GOtt woll ihm Segen.) Daß der Mufti den neu erwehlten Sultan umbarme und ſegne; daß dieſer ſich in die Vorſtadt zu Conſtantinopel an einen alten Heiligen dem Hiob gewidmeten Orth verfuͤge / daſelbſt das Mahumediſche. Ge - ſetze zu beſchirmen / ſchwere / die Baſſen die Erde und ſeines Rocks Saum kuͤſſen / lehret Ricaut. l. 1. c. 2. p. 18. 19. allwo er laͤcherlich anmerckt: daß die ungelehrten Tuͤrcken den Hiob fuͤr Salomons Hoferichter / den groſſen Alexander fuͤꝛ ſeinẽ Feldhaupt mañ haltẽ.

V. 746 Wie leider! Bajazeth vom Selim hat erfahren.) Selim I. der juͤngſte Sohn Sultan Bajazeths empoͤrte ſich wider dieſen ſeinen alten Vater / ließ ſeine Bruͤder und ihre Kinder er - wuͤrgen. Und ob er zwar Anfangs bey Chiurli aufs Haupt geſchlagen ward: daß er mit Noth auf ſeinem Pferde (das er Caro - bouluk oder ſchwartze Wolcke nennte) entkam / und zu ſeinem Schweher dem Tarter Cham fliehen muſte. Busbequ. Epiſt. 1. p. 53. 54. zwang er doch endlich ſeinen Vater: daß er fuͤr ihm fußfaͤl - lig werden / und ihm das Reich abtreten muſte / ließ ihm auch nach falſchen Liebes-Bezeugungen endlich auf dem Wege nach Adri - anopel durch einen Juden mit Giſte hinrichten. Cambini dell origine de Turchi. lib. 3. nel ſine. Wolgang. Dresler. Chronic. de reb. Saracen. & Turcar. Anno 1511.

V. 752. 753. Ein Kind der grauſamen Circaſſen.) Daß des itzigen Sultans Mutter eine von den Tartern gefangene Cir - caßierin ſey / berichtet Ricaut. l. 1. c. 3. p. 30. daß ſie aber ein erho - benes rothes Tuch goͤttlich perehren. Schult. Geogr. l. 2. c. 2. p. 386.

V. 811. Jhr Stummen.) Die Tuͤrcken pflegen die Stum̃en zu ihrer Ergoͤtzlichkeit zu haben. Jm Seraglio ſind ihrer ins ge - mein vierzig / die des Nachts in denen zwey Kammern der Jcho - glans / des. Tages ſich bey ihrer Kirche aufhalten. Ob ſie ſchon meiſt ſtum̃ und taub / koͤnnen ſie doch durch die ſtille Sprache ihrer Gebehrden alles einander zu verſtehen geben / ja einander gantze Geſchicht erzehlen. Die neun Elteſten wachen in der Hoſada des Sultans. Ricaut. l. 1. c. 8. p. 116. fuͤrnehmlich aber werden ſie zu Erwuͤrgung groſſer Herren gebrauchet / wie Suleiman durch ſie ſeinen Sohn Muſtafa erwuͤrgen laſſen. Busbequ. Ep. 1. p. 64. 65. und hier dem Jbrahim geſchehen. Biſacc. p. 521.

V. 878. 879. 880. Die dreymal viertzig Jahre.) Die Aber - glaͤubiſchen Mahumetiſten dichten: daß am Ende der Welt Se - raphiel auf Befehl Gottes zu Jernſalem mit einer Poſanne bla - ſen werde. Bey dem erſten blaſen wuͤrden alle Seelen in der Welt herumb ſchwermen / und ihre Leiber ſuchen / als zu welcher Zeit ſich auch alle Beine der Verſiorbenen verſamlen muͤſten. Nach viertzig Jahren bey dem andern blaſen wuͤrden die Todten Kno - chen wieder Fleiſch und Adern bekommen. Nach viertzig Jahren beym dritten blaſen wuͤrden alle Seelen in ihre Leiber kehren / und ein Feuer auß dem Niedergange ſie alle nach Jeruſalem trei - ben / alldar ſie 40. Jahr in ihrem Schweiße wuͤrdẽ ſchwim̃en muͤſ - ſen; bis endlich / nachdem ſie Adam / Noc / Abraham / Moſen / JE - ſum Chriſtum (den ſie fuͤr den Geiſt / das Wort und Kraft[Gottes] halten) vergebens / den Mahumed aber als den letzten Propheren fruchtbarlich umb Erloͤſung angeſtebet / durch den Engel Gabiel fuͤr das Antlitz Gottes wuͤrden gefuͤhret / hernach auf einer uͤber die Hoͤlle gehenden Bruͤcke iedes Menſchen Thaten auf einer Wage gewogen / die Frommen daruͤber geleitet / die Boͤſen aber in die Hoͤlle geſtuͤrtzet werden. Sanſovin. fol. 16. Oberwehnte Hoͤllen-Bruͤcke / glauben auch die Einwohner der Juſel Formoſa, uͤber welche die Frommen ins Paradieß gieugen / die Boͤſen aber von der Bruͤcke / welche auß dickem Reht gemacht / rund waͤre / und ſich umbdrehete / in einen ſchrecklichen Pful geworffen wuͤrden. Olear. in Itin. Ind. orient. Mandelslo l. 3. p. 235.

V. 882. Zerſchmoltzen Ertzt.) Die Mahumetiſien glaͤuben: daß die Verdam̃ten in der Hoͤlle derogleichẽ ſiedende Peche und Feuer-Traͤncke werden zur Speiſe haben. Sanſovin. fol. 15. p. 2. Bellon. l. 3. c. 7. in ſin.

V. 887. 894.) Ferner dichten ſie: daß ieder Verdamter ſei - nen Namen auf der Stirne geſchrieben haben / und ſeine Suͤnden auf dem Ruͤcken tragen / auch uͤber eine eiſerne dreiſſig Meilen lange Bruͤcke in die Hoͤlle (bey welcher Eingange eine grauſams Schlange liege) wandern werde. Jn der Mitte der Hoͤlle ſtuͤnde ein reicher Baum / welcher Aepffel wie Teufels-Koͤpffe truͤge / und Zoaccum Agacci oder der Baum der Bitterkeit hieſſe / und im Feuer allezeit gruͤn bliebe; von dieſen Fruͤchten labeten ſich die Verdam̃ten / welche von den Teufeln in gluͤenden Ketien herumb geſchleppet und gepeiniget wuͤrden. Jedoch ſolten unt die Ver - zweifelnden in der Hoͤlle immer bleiben / die Seelen aber / welche einmahl den Namen Gottes zur Huͤlffe ruffeten / wuͤrdẽ nach vie - len Jahren auch ins Paradiß kommen. Sanſonin f. 34. p. 1. Und f. 15. p. 2. erzehlet er dieſe Fabel des Mahumeds: GOtt wuͤrde nach tauſend Jahren die Verdammten welche ihn in der Hoͤlle anrufften / und auf ihn hofften / fuͤr ſich fordern und fragen: war - umb ſie ihn mit ihrem ruffen bennruhigten? Hierauf wuͤrden ſie ihn umb Barmhertzigkeit ferner auflehen / aber doch wieder in die Hoͤlle verſtoſſen werden; darinnen ſie ihn noch immer anbethen wuͤrden; bis GOtt endlich ſie die Engel wuͤrde in einem Brunnen waſchen heiſſen / darvon ſie außer an der Stirne gantz weiß wer - den / aber im Paradiſe von den Außerwehlten veraͤchtlich gehaltẽ werden wuͤrden. Endlich wuͤrde auf ihre Klage GOtt befehlen: daß ſie die Engel noch fuͤnffmahl im Brunnen waſchen ſolten / und hierauff die Stirne weiß / und ſie den andern Außerwehlten gantz gleiche werden. Sonſt erzehlet von den Tuͤrcken Busbequ. Ep. 1. p. 94. 95. Solent Turcæ procul comportatis ingentibus Sa - xis ſepulchta ſuorum alioqui inania, nullâ injectâ terrâ tegere, quidem de causâ: ut malo Dzmone accuſante & rationem vitæ à mortuo exigente (nam ita credunt) deſendente verò bono Geniô, locus ſit, ubi mortuus ſedere & ſe cauſſæ commodius dicendæ poſſit erigere.

About this transcription

TextIbrahim Sultan
Author Daniel Casper von Lohenstein
Extent94 images; 51366 tokens; 11367 types; 347223 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationIbrahim Sultan Schauspiel auf die glückseligste Vermählung beyder Röm. Kayser- wie auch zu Hungarn und Böheim Königl. Majestäten/ Herrn/ Herrn Leopolds und Frauen/ Frauen Claudia Felicitas Ertzherzogin von Oesterreich Daniel Casper von Lohenstein. . [7] Bl., 60 S., [6] Bl. KanitzKöhlerLeipzig1673.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Lo 4° 166Dig: http://diglib.hab.de/drucke/lo-4f-166/start.htm

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-09T17:32:52Z
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Holding LibraryHAB Wolfenbüttel
ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, M: Lo 4° 166
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