Nihil rerum mortalium tam in - ſtabile ac fluxum eſt, quam fama potentiæ non ſuâ vinixæ.
AGrippine / welche Rom anbethen / der Kaͤyſer verehren / die Voͤlcker bedienẽ muſten / meinet nunmehr den Giepfel ihrer Ehrſucht erlangt zu haben / wenn ſie ſich zu Eur: Fuͤrſtl. Ge - nad: Fuͤßen legen darff. Denn ihre La - ſter wuͤßen nirgends als bey den Tugen - den einer großen Herzogin Gnade / und die / welche das Moꝛd Eiſen ihres Sohnes nicht entfliehen kan / nur bey einer Mut - ter des Landes Beſchirmung zu finden.
Ja ſie wuͤrde ſich in einem ſo unge - ſchickten teutſchen Kleide nit in das Zim - mer ſo einer klugen Fuͤrſtin gewagt ha - ben / als in welchem nebſt unſer geꝛeini - gſtẽ Mutterſprache Welſchlands ſcharf - ſinnige und Franckreichs liebliche Zunge Buͤrger Recht gewonnen / wenn ſie nicht von Eur: Fuͤrſtl. Genad: ruhmwuͤrdi - gſter Leitſeeligkeit gelernt hette: Daß Tempel und Altar nicht ſchlechten Wey - rauch verſchmehen / das Purper-Corall -undund Perlen-reiche Meer auch die gering - ſten Baͤche in ihre Schoos aufnehme / wenn ſie ſchon nichts als Waſſer zinſen.
Ja dieſe anitzt mit ſo viel oder meh - rern Flecken auf dem Schauplatze er - ſcheinende Kaͤyſerin hoffet von ſo Er - lauchten Augen / Geſtalt und Zierde zu borgen. Weil die Stralen der Sonne auch die truͤben Duͤnſte der Erden em - por zeucht / und in ſchoͤne Regenbogen verwandelt.
Werden dieſem nach Eur: Fuͤrſtl: Genad: Jhr Schutz und Eintritt ver - ſtatten / wird ſie in dieſem Abriße ſo we - nig all zu ſtrenger Richter / als in der Aſche ſich fernern Schifbruchs und Mut - ter-Mords zu beſorgen / ich aber mich zu ruͤhmen haben.
Eur: Fuͤrſtl: Genad: unterthaͤnig gehohrſamen Knecht Daniel Caſper.
OTho, welcher bey dem Kaͤyſer Nero zur Taffel war / lobet dem Kaͤyſer be - weglich die Schoͤnheit und Anmuth ſeines Ehweibes Sabina Poppæa, verachtet hingegen des Kaͤyſers Gemahlin die Octa - via; Hieruͤber kommt des Kaͤyſers geheim - ſter freygelaßener Paris ins Gemach / und be - richtet: Daß Agrippine des Nero Mutter ſich mit dem Rubellius Plautus, welchen ſie zu heyrathen gedaͤchte / wider den Kaͤyſer ver - bunden habe / auch ihm nach Zepter und Le - ben ſtuͤnde. Nero fertigt den Burrhus und Seneca an Agrippinen ab / mit Befehl / ſie / da ſie ſchuldig / hinzurichten. Agrippina und Octavia klagen einander ihr Elend und die Verfolgung des Kaͤyſers: in deßen bricht Burrhus und Seneca nebſt andern Kaͤyſerli - chen in der Agrippinen Zimmer und ſetzen ihr wegen beſchuldigter Untreu harte zu / die ſich aber nicht allein hertzhaft vertheidiget / ſon -derndern ſie reiniget ſich auch bey dem Nero dero - geſtalt: Daß ihre Anklaͤger geſtrafft / ihre Zu - gethane aber zu hohẽ Wuͤꝛden erhobẽ werden. Die Gerechtigkeit ſtellet im Reyen fuͤr: Daß doch endlich die Tugend ſiege / die Laſter zu Grunde gehen.
Als Nero ſich die Sabina Poppæa zu der Wolluſt und ſeinem Gefallen zu bringen be - muͤhet / reitzet ſie den verliebten Kaͤyſer an: Daß er Octavien verſtoßen / Agrippinen hinrichten ſolle; als welche beyde ihr-und ſeiner Liebe am Wege ſtuͤnden. Hier zu hilft Paris euſerſt / und gibt dem Kaͤyſer den Rath: daß er den Otho, umb alle Schaͤlſucht zu ver - huͤtten / zum Landvogte in Portugal machen ſolte. Agrippina und Octavia ſuchen hinge - gen bey dem Burrhus und Seneca Beyſtand / und reitzen ſie wider den Kaͤyſer beweglich / aber vergebens an. Als diſer Anſchlag ihnen fehlet / bemuͤhen ſie ſich abermals umbſonſt den Otho zur Eyverſucht wegen ſeines Eh - weibes wider den Kaͤyſer aufzufriſchen. Der Kaͤyſer beſtaͤtigt und verſchickt den Otho als Landvogt in Portugal. Jn dem Reyen kla -) 0 (5getget die Rubria ihren Schweſtern den Veſta - liſchen Jungfrauen: Daß ſie Nero genoth - zwaͤngt habe / weißaget auch dem Kaͤyſer den Untergang.
Als Burrhus uñ Seneca vernehmen von des Kaͤyſers freygelaſſenen Acte: Daß Agrippi - ne den Nero zu Unkeuſchheit anreitze; heißen ſie ſie ins Zimmer dringen / und ihm: Daß die Kaͤyſerliche Leibwache wegen vermutheter Ubelthat / uͤbel zu frieden ſey / vorhaltẽ. Agrip - pina reitzet den Kaͤyſer mit hitzigem Eyfer zur Bluttſchande an / umb dardurch ihn von der Sabina Poppæa abwendig zu machen: Sie aber wird von der eindringenden Acte geſtoͤ - ret. Paris mahlet hierauf dem Kaͤyſer fuͤr die ungezaͤhmte und Sterbens-wuͤrdige Begier - de / ſeiner unkeuſchen Mutter: Bringet ihn auch ſo weit: Daß er ſie zu toͤdten willi - ge〈…〉〈…〉; und nach allerhand Berathſchlagung / nimmt er des Anicetus Vorſchlag an: Daß er die Agrippine auf einem kuͤnſtlichen von ſich ſelbſt zerfallenden Schiffe erſaͤuffen wol - le: auf ſelbtes ſie nun zu locken / begibt er ſich nach Bajæ, und ladet ſie ihm nach zu folgenmitmit erſmnlichſten Liebes-Bezeugungen ein; Kuͤſſet ihr auch den Abſchied nehmende Mund und Bruͤſte. Die See-und Berg - Goͤttinnen bilden im Reyen der Agrippinen Verraͤhteriſchen Schiffbruch ab.
Des Britannicus Geiſt verweiſet dem ſchlaffenden Nero den Bruder-Mord und eroͤfnet ihm zu gleich den veꝛgebenẽ Außſchlag des angeſtellten Schiffbruchs; welches dem erwachenden Kaͤyſer Paris mit Schrecken mehr beſtaͤtigt und die Ankunfft des von der Agrippinen abgeſendeten Agerinus berich - tet. Seneca gibt dem furchtſamen Kaͤyſer den Rath die Mutter zu toͤdten / welches Anice - tus ins Werck zu ſaͤtzen auf ſich nimmt dieſe Argliſt vorſchlagende: Der Kaͤyſer ſolle vorgeben; Agrippine hette den Agerinus den Nero Meuchelmoͤrdriſch hinzurichten abge - ſchickt / zu deßen Beſcheinigung er denn bey der Verhoͤr ihm einen giftigen Dolch / als wenn er dem Abgeſendeten entfiele / zwiſchen die Beine wirfft. Deßhalben Agerinus den Meichel-Mord zu bekennen vergebens ge - martert und endlich hingerichtet wird. JmReyenReyen wird entworffen / wie die heftigſte auch von der Natur eingepflantzte Liebe durch Zeit und Todt entwaffnet / von Ehrſucht aber in ſchroͤckliche Geſtalt verendert werde.
Die von dem Schiffbruche mit einer Wunden entkommene Agrippine beklagt die argliſtige Nachſtellung ihres Sohnes / er - weget ihre begangene Miſſethaten und weiſ - ſagt ihr ſelbſt ihren nahen Untergang / als A - nicetus, Herculeus und Oloaritus mit Ge - walt in ihr Zimmer / in welchem ſie alle Jh - rige verlaſſen / brechen / und zwar Herculeus ſie mit einem Pruͤgel uͤber den Kopff ſchlaͤget / Oloaritus aber ſie im Bette liegende und den nackten Leib hervorſtreckende mit vielen Sti - chen ermordet. Nero kommet beſiehet die ent - ſeelte Mutter / lobet und ſchilt ihre Geſtalt und Thaten / Seneca aber gibt dem Nero den Mutter-Mord zu Rom zu entſchuldigen / al - lerhand Beſchoͤnungen an die Hand / und Nero ruffet alle der Agrippinen halben ver - wieſene und andere Straffen zuruͤcke / heiſt auch die Todte aufs ſchlechteſte verbrennen Poppæa bewegt den Nero: Daßer Octaviennochnoch ſelbigen Tag zu verſtoßen entſchleußt / hieruͤber wird er von der Agrippinen Geiſte erſchrecket / vom Burrhus aber / welcher die Soldaten gegen dem Kaͤyſer ihre Treue zu bezeugen anermahnet / wider aufgemuntert. Bey dem eingeaͤſcherten Holtzſtoße reden Paris und Anicetus von der Agrippinen ſchlechten Begraͤbnuͤße ſchimpflich / Mneſter aber ihr Freygelaſſener entleibet ſich ſelbſt. Nero bemuͤhet ſich durch einen Zauberer und Todten-Opffer den Geiſt der ermordeten Mutter zu beſchweren uñ zu verſoͤhnen / wird aber von den erſcheinenden Furien und des Oreſtes und Alcmæon Geiſtern derogeſtalt erſchreckt: Daß er nebſt dem Zauberer in Ohnmacht ſincket. Jm Reyen wird von Furien die Marter eines boͤſen Ge - wiſſens fuͤr Augen geſtel - let.
des Kaͤyſers Getreue.
Des Agrippinen Freygelaßene.
Stumme Perſonen.
SO iſts! Die Sonn’ erſtar’t fuͤr unſers Hauptes Glantz / Die Welt fuͤr unſer Macht. Des Ninus Sieges-Krantz Verwelck’t fuͤr unſerm Ruhm: Eyaxarens Geluͤcke Muß fuͤr des Kaͤyſers Sieg den Krebsgang gehn zuruͤcke /5. Und Nerons Blitzen ſaͤug’t der Grichen Lorbern weg. Rom ſchaͤtz’t ſich ſelbſt zu tief fuͤr unſrer Thaten Zweck; Die Erde ſich zu klein zum Schauplatz unſ’rer Wercke. Des Numa Heyligkeit / des Roͤm’ſchen Vaters Staͤrcke / Der Muth des Julius / Tiberius Verſtand10. Sind Schatten unſers Thuns und Spielwerck diſer Hand. Saturnus guͤld’ne Zeit iſt gegen dieſer eyſern. Sieg / Friede / Wolſtand hat bey allen andern Kaͤyſern Nie / wie bey uns gebluͤh’t. Araxens groͤſte Stadt Hat unſer Arm geſchleiff’t. Der Tiridates hat15. Durch Fußfall erſt von uns erkauffet Gnad’ und Guͤte; Und Vologeſus ſchick’t aus Arſaces Gebluͤte Uns Geißel ſeiner Treu. Des Janus Thor ſteh’t zu. Der Kaͤyſer ſih’t den Preiß / die Stadt / den Nutz der Ruh. Die Schoß des Jupiters lig’t voller Lorber-Zweige:AMan2.20.Man zehl’t kaum / wie viel Rom uns Sieges-Bogen zei - ge / Der neue Schauplatz gib’t dem Volck’ Erluſtigung / Das Außtheil’n reichen Geld’s / der Zoͤlle Minderung Den Buͤrgern Lufft / uns Gunſt. Wir haben viel verweh - ret / Mit was der große Rath uns zu beehr’n begehret;25. Doch mein Gedaͤchtnuͤs wird darumb nicht abgethan / Faͤngt mein Geburthstag gleich des Jahres Lauff nicht an / Und Nerons Bild wird ſteh’n im Tempel treuer Seelen / Darff man mir es gleich nicht mit guͤldnem Ertzt außhoͤ - len.
Wahr iſt es: Daß die Welt die Seegel fuͤr dir ſtreicht /30. Der wilde Parth’ iſt zahm / der kuͤhne Mede weicht / Weil dir das Kriegsfeld Palm / und ihm Zipreßen traͤget: Rom / hat den Harniſch ab / ein Luſt-Kleid angeleget / Die Laͤnder ſind von Oel mehr / als von Blutte fett. Wie / wenn die Morgen-Roͤth’ aus Amphitritens Bett’35. An blauen Himmel ſteig’t / die duͤſtren Duͤnſte ſchwinden / So ſcheint die Tugend auch tetzt neuen Stand zu finden Die Laſter flucht und fluͤht. Und wie kan’s anders ſeyn? Wie ſoll nicht Gluͤcke bluͤh’n? Und Wolfarth lauffen ein / Wo ſich ein weiſer Fuͤrſt zum Steuer-Ruder ſetzet /40. Wo treuer Sorgen Schweiß die duͤrre Pflantze netzet Des allgemeinen Heil’s? Wie ſoll der Welt-Kreiß nicht Mit Treu und Demuth ehr’n die Sonne / die ihr Licht Uns ſchencket / nicht verkaufft? Fuͤr Baͤumen ſich zu nei - gen / Da uns die Zweige Frucht / die Blaͤtter Schatten zeugen /45. Jſt allgemeine Pflicht. Allein’ ich zweiffle faſt: Daß / da des Regiments faſt Centner-ſchwere Laſt Gleich ſoll ſo ſanffte ſeyn / bey dem ſo großen Gluͤcke / Dem Kaͤyſer nichts entgeh / was nicht mit ſuͤß’em Blicke Manch Buͤrger ſchauen kan. Daß der Lucroͤner Flutt50. Die Auſtern auff den Tiſch / der Schnecke ſparſam Blutt / Zum Purpur-faͤrben ſchick’t; Das Phæntcopter Zungen /Daß3.Daß Papegaͤyen / die erſt als ein Menſch geſungen / Das koſtbahres Gehirn aus Pfauen und Phaſan / Daß der Lampreten Milch nebſt Scarus Lebern man55. Auffs Kaͤyſers Taffelzinſt; Daß man in Berg-Kriſtallen Weñ gleich der Hunds-ſtern ſchmaͤltz’t / gefrornen Schnee laͤſt fallen / Daß fern-gepreßten Wein mit Eiſe man erfriſch’t / Und in den reiffen Herbſt des Fruͤlings Roſen miſcht; Daß Porcellan / Rubin / des Kaͤyſers Tranck muß faßen /60. Wenn frembder Perlen Schnee in Eßig wird zerlaßen; Daß endlich ihm ein Fuͤrſt aus Balſam macht ein Bad / Jſt wenig ſonderlichs. Ein Knecht des Kaͤyſers hat Diß alles nachgethan. Daß er mit minder Wagen Als Tauſenden nicht faͤhr’t / und ſeinen Zug beſchlagen65. Mit dichtem Silber laͤß’t; Daß er kein Kleid zweymahl / Wie koſtbahr es iſt / traͤg’t; iſt ein geringer Strahl Der Kaͤyſerlichen Luſt. Das guͤldne Hauß / die Seen / Die Zimmer / welche ſtets ſo / wie die Welt umbgehen / Die Deck / aus der allzeit wolrichend Ambra rinn’t /70. Der Seulen Helffenbein / die guͤldnen Netze ſind Zum Anſehn / ſchlecht zur Luſt / ja nur ein todtes Weſen. Der Zucker dieſer Welt / durch welchen wir geneſen / Jſt Schoͤnheit / Liebes-Reitz Er tauſchte Mulciber / Wie arm er iſt / umbs Reich nicht mit dem Jupiter. 75.Sein ſchwartzes Hauß / da er kan bey der Venus liegen / Gibt mehr / als Jupitern die Sternenburg / vergnuͤgen. Zu dem ſo ſteh’ ich an; Ob ihm der Kaͤyſer auch Durch manchen Gnadenſtrahl nicht mehr Verachtungs - Rauch Als Liebes-flamm erweck’t in den verwehnten Sinnen /80. Die aus dem Feuer Eiß / aus Hold-ſein Haß gewinnen.
Wo ziel’t die Red’ hinaus? Wo ſcheutert unſer Kahn Der Gnaden? Und wer geh’t der Wolluſt-Libgen Bahn Vergnuͤgter / als der Fuͤrſt?
Der den Poppeen liebet /85. Wenn die Octavie, mein Fuͤrſt / nur Eckel giebet: Der / den die Schoͤnheit ſelbſt in edle Arm̃en ſchraͤnck’t: Wenn giſſt’ge Schaͤlſucht dich mit kalter Unluſt kraͤnck’tA 2Groß -4.Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt / vergib den freyen Zun - gen / Die Warheit hat mir diß Bekaͤntnuͤs abgezwungen. Rom und der Kaͤyſer kenn’t die Gaben aller zwey:90. Zwar / daß Octavie des Kaͤyſers Tochter ſey Jſt etwas / aber nichts / das Lieb’ und Brunſt vergnuͤget / Die lieber offt auff Stroh’ als weichen Purpur lieget. Wie wol Poppeens Stam̃ auch Buͤrger-Meiſter zehl’t: Und Sieges-Kraͤntze traͤg’t. Der Kaͤyſerin zwar faͤhlt95. Die Schoͤnheit auch nicht gar; Doch iſt ſie nur ein Schat - ten Fuͤr dieſer / die ſie Rom nicht darff zu ſeh’n geſtatten / Da nicht die Tiber ſoll voll lichter Flammen ſteh’n. Und wie ſol nicht ſolch Schmuck Sabinens Ruhm erhoͤh’n: Da ihre Mutter auch die Schoͤnſte war der Frauen /100. Denn Adler bringen ja nur Adler / Pfaue Pfauen. Zu dem / was iſt die Pracht der Glieder / die die Glutt Durch Lieb-reitz nicht beſeel’t? Es traͤ’gt die kalte Flutt Corallen / die ſo ſchoͤn als trockne Lippen brennen / Die nie kein Kuß bethau’t. Die Bruſt iſt Schnee zu nen - nen /105. Wo auff der See-voll Milch kein ſanffter Liebes Wind Umb die zwey Felſen ſpiel’t. Die ſtillen Augen ſind Nur Fackeln ohne Licht / und Bogen ohne Pfeile. Die Tulipane ſticht mit Farben wol zu weile Den Glantz der Roſe Weg: Doch wer zeicht die nicht fuͤr /110. Die ſo viel Anmuth gieb’t durch den Geruch von ihr? Der Seelen-Liebreitz iſt der Schoͤnheit Geiſt und Leben / Der Liebe Saltz und Oel. Soll dieſes Anmuth geben? Wenn ſich Octavie bey bluͤhender Geſtalt / Wenn er ſie kuͤſſet / todt / fuͤr ſeinen Flammen kalt /115. Bey ſeinen Senfftzern taub / bey ſeiner Gunſt vergaͤllet Ja ſteinerner als Stein Pigmalias anſtellet? Wenn ſie / nun ietzt der Fuͤrſt (den Rom und Grichen - land Als einen Orfeus hoͤr’t) die Harfen in der Hand Die Lorbern auff dem Haupt’ in Phœbus Tempel brin - get /130. Umb5.120.Umb den Britannicus bey Agrippinen ſinget Ein ſtachlicht Grabelied? Hingegen wie begluͤck’t Wird Otho vom Panket des Kaͤyſers heim geſchick’t! Die Tiber leitet ihn in Hafen der Begierden / Poppee ſchleuß’t mir auff den Garten aller Zierden /125. Das Paradies der Luſt / wo ihrer Wangen Licht Den Fruͤhling mit Gebluͤm / ihr blitzend Angeſicht Den Sommer / ihre Bruſt den Herbſt mit Aepffeln zeu - get. Ja / wenn in Mitternacht nicht einig Stern auffſteiget / Jſt ihr liebkoſend Mund mir eine Morgenroͤth’ /130. Nach der in Augen mir die doppel-Sonn’ auffgeh’t. Die Venus hat kein mahl ſo den Adon empfangen / Wie Sie / der edlen Blum’ und jedermans Berlangen Die Luſt der Seeligen / mich bewillkommen kan. Der Nelcken-Mund gruͤßt mich mit freyem Laͤchcheln an /135. Die Armen ſchlieſſen Sie und meinen Geiſt zuſammen. Jhr ſpielend Augen-Blitz entzuͤndet Brand uud Flam - men; Aus ihrer Bruſt kwil’t mir ſolch kraͤfftig Himmel-brod / Solch eine Nectar See: Daß ich der Donner-Gott Mich achtete zu ſeyn / wenn dieſen Safft der Rebe140. Ein Ganimedes mir / nicht eine Venus gaͤbe. So ſchiff’t mein Liebes-Schiff / und faͤhr’t in Hafen an / Biß die Begiehrde nicht mehr weiter rudern kan.
Ach! Leider! ja du mahl’ſt mit ungefaͤlſchten Far - ben Die Wonne deiner Seel’ und unſers Hertzens Narben /145. Den Zucker deiner Luſt / die Wermuth unſrer Pein! Des Kaͤyſers Auge muß der Warheit Zeuge ſeyn. Wir haben / wenn Poppe’ je iſt auff’s Schloß erſchienen Verwundernd angeſchau’t / die feuchten Mund-Rubinen / Verwundet durch’s Geſchoß der Anmuth uns gefuͤhl’t /150. Wenn’s Auge mit dem Blick / die Bruſt mit Athem ſpiel’t. Wolan! empfing das Glaß auff Wolergeh’n der Frau - en / Die heute dich umbarm’t und morgen Uns ſoll ſchau - en.
Sie iſt des Fuͤrſten Magd.
Der Fuͤrſt dein und ihr Freund. Wo iſt ein Venus-Stern der aber itzt uns ſchein’t? 155.Nun! Nero mag ſich nicht mehr mit der Gramen kwaͤ - len / Wil Weibern / die zeither geherſch’t / itzt ſelbſt befehlen.
Wie Paris ſo erblaß’t? Woher bey ſpaͤter Nacht?
Di Noth hat mich in’s Schloß / die Treu’ in’s Zim mer bracht.
Wie beb’ſtu? Was fuͤr Angſt haͤlt dein Gemuͤth - umbgeben?
Nicht mir / dem Nero geht’s umb’s Kaͤyſerthumb umb’s Leben.
Uns umb das Kaͤyſerthum / umbs Leben? Was fuͤr Feind Dreut unſer Zederfall?
Jch zittere den Freund Zu nennen.
Wen? Den Freund?
Der es am meiſten ſchiene Zu ſeyn.
Eroͤffn’ es bald / wer iſt es?
Agrip - pine.
Die nach dem Reich uns ſteht?
auch nach dem Leben ſtreb’t.
Schlag Donner! Wo in Rom ſolch eine Woͤlffin leb’t. Welch Drache friſt ſein Kind? Welch Wurm erbeiß’t die Jungen? Wenn bat ein Panter-Thier je ſeine Frucht verſchlungen? Entmenſchtes Mutterhertz! Vergiffte Raſerey! 170.Die Porcellane ſpring’t von ſchlechtem Gifft’ entzwey: Und ihre Mutter-bruſt umbfaͤng’t nicht nur / ſie hecket Solch Gifft; Daß auch der Schlang - und Nattern bit - ter ſchmecket. Wer hilfft? Wer rettet uns? Beruff’t den Seneca. Verſtaͤrck’t die Leib-Wach!
iſt die Noth ſo groß / ſo nah?
Man kan nicht klug genung Flamm und Verraͤther huͤtten.
Erzehl’ es / was ſie wil auff Uns fuͤr Grimm auß - ſchuͤtten.
Sie / die voll Ehrſucht brenn’t / nach Kinder-Blutte duͤrſt’ / Auf ſtrenge Rache ſinn’t: Daß Nero ſelber Fuͤrſt Und nicht ihr Knecht mehr iſt; Daß ſie nicht Parth und Perſen180. Soll Fuͤrſten ſtellen fuͤr / und uͤber Kaͤyſer herꝛſchen; Daß hinter der Tapet ſie ietzt nicht Rath mit haͤlt / Daß kein Caractacus ihr nicht zu Fuße faͤll’t / Daß ſie Armeniens Geſandſchafft nicht darff ehren; Wil / was ein raſend Weib fuͤr Schelmſtuͤck koͤnne / lehren /185. Hat den Rubellius Verraͤthriſch auffgehetz’t: Daß er ſich des Auguſt ſo nahen Enckel ſchaͤtz’t Zum Kaͤyſer wuͤrdiger als Nero, der ſich haͤtte Durch Gifft in Thron geſpiel’t. Jn Agrippinens Bette Stieg er mit reiner’m Recht / als dem Silanus Braut190, Und die er Schweſter hieß / Eydbruͤchig ward vertraut. Diß ſprenget Plautus aus.
Er darff ſich diß erkuͤh - nen? Jſt Schwerdt / iſt Feuer dar / fuͤr ihn und Agrippinen.
Sie / die ihm Thron und Eh / und dir den Todt ge - ſchwor’n / Hat bey faſt off’ner That / die Reu und Furcht verlohr’n /195. Gibt vor; Ein Theil der Schaar die umb den Kaͤyſer wa - che Sey ihr zu Dienſt’ erkaufft / der Rath ruͤhm ihre Sache.
Jſt’s glaͤublich: Daß ſie diß wag’ auff ihr eigen Hauß?
Calviſius beſchwert’s / Jturius ſagt’s aus / Die ſie ſich hat bemuͤh’t in Meyneid einzuflechten
Man preß’t die Warheit leicht durch Marter aus den Knechten / Die / wann die Mayeſtaͤt verletz’t iſt / man mit Fug Dem Klaͤger eignet zu. Paris. Ein offenbar Betrug Darf ſtrenger Fragen nicht. Silane ſagt’s in Guͤtten /A 4Die /8.Die / ſeit der Fuͤrſt die Macht der Mutter was verſchnit - ten /205. Sie als ihr eigen Hertz allzeit zu Rathe nahm / Wordurch ſie hinter diß und alles andre kam Was ſie im Schilde fuͤhr’t. Silan’ hat ſelbſt geleſen Des Plautus Heyraths Schluß.
Wir ſind zu gutt geweſen / Ja / leider! gar zu blind: Daß man Sie nur verſtieß /210. Als ſie ihr falſches Hertz ſchon von ſich blicken ließ.
Ein Wurm wird nur erhitz’t / den man nur neck’t / nicht toͤdtet. Nichts / als das Rach-Schwerdt nur / das Blut und Flam - me roͤthet Tilg’t der Regierſucht Brand.
Ja / unſre grimme Gnad’ Jſt Hencker unſrer Seel’ / und aͤrgſte Miſſethat /215. Die wir durch unſern Fall itzt allzu theuer buͤßen.
Der Fuͤrſt wird ein ſchwach Weib ja noch zu daͤm - pfen wiſſen.
Der Rath und Laͤger mehr als uns iſt zugethan? Wir leider! ſind nur hin. Senec. Was ſicht den Kaͤyſee an?
Die Mutter hat ſich ſelbſt auff unſern Hals ver - ſchworen.
Die Mutter? ich erſtarr’! auff den / den ſie geboh - ren?
Sie iſt des Plautus Braut / Rom iſt ihr Heyrath - Gutt.
Mir kommt’s unglaublich vor. Der Kaͤyſer muß den Muth Nicht furchtſam laſſen fall’n. Sind die geharniſch’ten Scharen Nicht maͤchtig Rom und ihn fuͤr Meineyd zu bewahren? 225.Paris. Rom und der Kaͤyſer faͤll’t / da man die Schlange nicht / Eh ſie erwach’t / erdruͤckt. Man ſtech’ eh’ / als ſie ſticht.
Daß Agrippine ſterb? und Plautus untergehe. Jſt’s aber gutt: Daß man des Werck’s ſich unterſtche /Nun9.Nun Burrhus Hauptmann iſt / dem ſie die Wuͤrde gab? 230.Nein / ſicher! fordert Schwerdt und Guͤrtel von ihm ab / Die wir nebſt Wuͤrd’ und Ampt Cæcinen woll’n erthei - len.
Der Kaͤyſer wird hierdurch ſich ſchaͤdlich uͤbereilen. Die Mutter unverhoͤr’t / den Bluttsfreund aus Verdacht Zu toͤdten / iſt ein Werck zuſehr mißbrauchter Macht. 235.Den Burrhus ohne Schuld ſo ſchimpfflich abzuſetzen Schein’t noch gefaͤhrlicher. Offt / was wtr einen ſchaͤtzen / Wird er / iſt er’s gleich nicht. Jch ſelbſt wil Buͤrge ſeyn / Daß Burrhus Treu’ ihm nicht brenn’ ein ſolch Brand - mahl ein. Jſt Plautus uͤberzeugt? Die Mutter uͤberfuͤhr’t? 240.Man pruͤf’ / eh als man ſchleuſt / wo Zeug’ und Klag’ her - ruͤhret.
Calviſius / Jtur / Silane ſagen’s aus.
Die alle drey ſind Feind auff Agrippinens Hauß. Wer Frembd’ und Klaͤger hoͤrt / goͤnnt auch der Mutter Ohren.
Durch langes Hoͤren wird offt Huͤlff’ und Heil ver - lohren.
Man dring’ / eh’ als ein Menſch erwach, t / in’s Zim - mer ein.
Wo wir des Burrhus Treu nur vor verſichert ſeyn.
Wol! Hauptmann Burrhus ſoll ſchnur ſtracks den Kaͤyſer ſchauen.
Wem iſt / wenn die Natur ſelbſt falſch wird / mehr zu trauen?
Die Flamme friſt kein Hertz das ſcharffes Gifft be - fleck’t /250. Die Gunſt-Glutt der Natur / iſt / wo die die Ader ſteckt Des Ehrſucht-Giffts eyß-kalt. Man bruͤck’t auff todten Knochen Der Eltern / die die Fauſt der Kinder hat erſtochen: Den Jrꝛweg auff den Thron; Der eignen Kinder Blutt Wenn man auff Zepter ziel’t / ſchaͤtzt man fuͤr epp’ und Flutt. 255.Zwar man enthaͤrtet Stahl / man kan die Tiger zaͤhmen /A 5Auff10.Auff wilde Staͤmme Frucht / auff Klippen Weitze ſaͤmen / Die Gifft in Artzney kehr’n / das aber geht nicht an Daß man der Ehrſucht Gifft vom Hertzen ſondern kan260. Wo ſie gewurtzelt iſt. Sie wird unendlich wuͤtten / Biß mit den Adern ihr die Wurtzel wird verſchnitten.
Was heiſch’t die Majeſtaͤt / das zu vollbringen ſey?
Lebt Burrhus unverruͤck’t Uns mit dem Laͤger treu?
Jch und das Laͤger wach’t fuͤr’s Kaͤyſers Heil und Leben.
Hat Agrippinen auch Niemand ſein Wort gege - ben?
Der Fuͤrſt iſt unſer Herr. Was ſchafft uns Agrip - pin’?
Weiß Niemand / was ſie ſucht fuͤr Meyneyd zu voll - zieh’n?
Ein ſchweigend Wiſſen wuͤrd’ uns ſelbſt in Mey - neyd ſtuͤrtzen.
Sie trachtet Reich und Geiſt dem Sohne zu ver - kuͤrtzen; Der / weil ſie ſich zur Schlang’ aus einer Mutter macht /270. Auch nicht mehr Sohn darff ſeyn. Wer ſich nun aus Ver - dacht Der Mit-Verraͤther wuͤnſch’t / und uns wil Freund ver - bleiben / Der ſol nebſt uns den Dolch ihr durch die Bruͤſte treiben.
Der Kaͤyſer zaͤume ſich. Ein lauer Geiſt bereu’t Was Zorn und Hitze ſchloß. Was Er der Mutter dreu’t /275. Kan / mit geringerm Haß / ein frembder Arm vollſtrecken: Auch-ſchuldig Mutter-Blutt ſpritz’t auff die Kinder Fle - cken. Dafern ſie ſchuldig iſt / wil ich der erſte ſeyn / Der in ihr ſchwartzes Hertz den blancken Stahl ſtoͤß’t ein.
Jch lobe deinen Schluß / mehr aber dein Vollbrin - gen. 280.Nebſt dir ſol Seneca ſtrack’s in ihr Zimmer dringen. Durchforſchen / was verkerb’t. Zeu’gt ſich die Miſſethat / So ſchafft durch dieſen Dolch euch Ruhm / uns Ruh und Rath.
Mein Kind Octavie komm’t heut’ uns zu begruͤſ - ſen? Uns? Die wir gleichſam hier im Kercker leben muͤſſen. 285.Und koͤmm’t der Kaͤyſerin noch mein Gedaͤchtnuͤs ein; Da wir bey aller Welt mehr als vergeſſen ſeyn? Kein Freund betritt die Schwell’ / und Niemand klopff’t die Thuͤren; Da unlaͤngſt ihren Staub und Schatten zu beruͤhren Rom hoͤchſtes Gluͤcke pries. Jtzt fleucht man unſer Hauß290. Gleich / als wenn fuͤr der Peſt ein Zeichen hieng’ heraus. So ſpiel’t Geluͤck und Zeit / die ſteter Wechſel treibet. Wo ein geſtrandet Maſt / der Sandbanck Zeugnuͤs blei - bet / Wil Niemand ſegeln an. Und ſie / mein Kind / komm’t hin / Wo ich Gefaͤllte ſelbſt des Schiffbruchs Merckmal bin. 295.Octav. Frau Mutter / ja ich komm / ob man gleich Schaͤl - ſucht faſſet Auff den / der nicht verfolg’t die / die der Kaͤyſer haſſet; Und ob man reine Gunſt itzt gleich zu Laſtern mach’t. Ein unbeſegelt Schiff nimmt keine Schnur in acht / Es lauff’t / wie hier der Wind und dort der Strom es ja - get. 800.Die iedes Wetter trifft / und alles Ungluͤck plaget / Schaͤtz’t Strudel / Klipp / und Schlund fuͤr ein nicht frem - des Meer / Und Schiffbruch fuͤr den Port. Zwar treib’t mich auch hieher Jn dieſes Einſam-ſeyn mein eigenes Vergnuͤgen. Agrip. Verlang’t mein liebſtes Kind Vergnuͤgung hier zu kriegen. 305.Wo tauſendfach Verdruß das Leben uns vergaͤll’t / Wo Angſt den Sammel-Platz und Noth die Renn-Bahn haͤllt?
Frau Mutter / zwar es laͤß t ſich leicht vernuͤnfftig ſchlieſſen / Wie Unmuth / Schmertz und Zorn ihr Hertze beiſſen muͤſ - ſen: Daß eines Kaͤyſers Kind / Braut / Schweſter / Mutter / Frau /310. Dem Falle ſich vermaͤhl’t / enterb’t vom Purper ſchau. Daß / die die Welt verehr’t / der Rom ließ Weyrauch bren - nen / Nach welcher Nahmen man ließ Staͤdt und Ufer neñen / Daß / die der Deutſchen Treu hat als ihr Haupt bewach t / Ja die den Kaͤyſer ſelbſt zum Kaͤyſer hat gemach’t /315. Der Tiranney ein Spiel / dem Neid ein Ziel abgebe / Jn dem Volck-reichen Rom / wie in der Wuͤſten lebe / Jn eines Buͤrgers Haus / verſtoſſen vom Palaſt / Von Wach und Dienern frey / verſchmaͤh’t / entweyht / verhaſt / Die Zeit und Leid verkuͤrtz’. Ach aber / dieſe Schmertzen320. Sind gegen unſer Angſt / Spiel / Kurtzweil / Kitzel / Scher - tzen. Man heilt den ſcharffen Schmertz durch ſtilles Einſam - ſeyn / Diß ſchaͤtzt’ ich meine Luſt und Salbe meiner Pein; Jch / die man ja darumb noch kan zu Hofe leiden / Daß neue Martern mir ſtets friſche Wunden ſchneiden /325. Die aͤrger als der Todt. Des Brudern Gifft-Glaß faß’t Das Thraͤnen-Saltz nicht mehr. Daß uns der Kaͤyſer haß’t Mit ſchaͤlem Aug’ anſih’t / mit Fuͤſſen von ſich ſtoͤſſet; Geht’t hin; | Daß aber er offt freinbden Speichel floͤßet Auff unſern reinen Mund / wenn ander’ ihn gekuͤß’t;330. Daß er mit Knaben-Luſt den Eckel ihm verſuͤß’t / Den unſre Keuſchheit ſchaff’t / mit Maͤnnern ſich vermaͤh - let Und ein entmanntes Kind zu ſeiner Braut erwaͤhlet / Daß er ihm Maͤgde leg’t in unſer Bette bey / Friſt einer Frauens Hertz / beiſt Marck und Bein ent - zwey.
Mein Kind / ja wenn diß Hauß uns koͤnt’ ens Ufer leiten / Weñ uns des Hofes Meer der Haͤuchler Sturm beſtreitē / Ja koͤnte dieſes Dach ein Lorber-Schatteu ſeyn / Wenn Nerons Blitz und Grimm uns Aſch und Hinfall dreu’n So moͤchteſtu und ich hier ja Vergnuͤgung finden. 340.Ach! aber / Glutt muß wol / wo Zunder weg kom̃t / ſchwin - den / Doch Fuͤrſten-Eyfer brennt / man ſond’re gleich / was nehr’t. Ein Luchs ſih t durch ein Brett / ein zornig Auge faͤhr’t Durch Mauer / Stein und Stahl. Wo Furcht und Ehr - ſucht blitzen / Kan uns kein Unſchulds-Schild / kein Abſeins-Mantel ſchuͤtzen. 345.Was haben wir verkerb’t / ſeit wir von Hofe ſind? Doch leider / wiſſen wir: Daß man uns Stricke ſpinn’t; Verlaͤumbder auff uns hetz’t / und Mord-Verraͤther ſtiff - tet. Man hat zum dritten mahl die Reben uns vergifftet; Jn falſchen Zimmern uns mit Fallen auffgeſtellt’t;350. Bey Stadt / und Poͤfel uns durch falſchen Ruff ver - gaͤll’t: Der Blut-Durſt Nerons wird auch / glaub es / nicht ge - leſchet / Biß er die Moͤrder-Fauſt mit Mutter-Blutte waͤſchet.
Was fuͤr Verraͤtherey hat Agrippine fuͤr?
Hilff Himmel! Wie? Warumb erbricht man unſre Thuͤr?
Sie ſag’es / was ſie hat auff’s Kaͤyſers Halß ge - ſponnen?
Wer? Wir? Von der mein Sohn den Purper hat gewonnen?
Sie mach’t umbſonſtſo frembd ihr ihre Miſſethat.
Sol’s der nicht frembde ſeyn / die nichts verbro - chen hat?
Wir haben Macht mit Schaͤrff’ ihr auff den Halß zu gehen.
Kommt! foltert! Agrippin’ hat nichts nicht zuge - ſtehen.
Durch frey Bekaͤntnuͤs wird gemindert Straff’ und Schuld /
Die Unſchuld leidet Gifft / Stahl / Flammen mit Geduld.
Die Unſchuld? Die auff Sohn und Fuͤrſten ſich verbindet?
Daß Nero wider uns kein eb’ner Fallbrett findet!
Durch Hochmuth ſanck ſie ab / durch Meyneyd faͤll’t ſie gar.
Verdroß euch: Daß ich nicht den Knechten dienſt - bar war?
Den Kaͤyſer / Rom und uns: Daß ſie uns Skla - ven ſchaͤtzte.
Als ich dich in dein Ampt / den Sohn zum Zepter ſaͤtzte?
Wer ſaͤtz’t / muß / den er ſaͤtz’t auch ehr’n mit Treu und Pflicht.
Jch machte mich zur Magd / und ihn zum Goͤtzen nicht.
Der Zunge Brand entdeck’t / was die Begierden kochen!
Wer / was uͤmb’s Hertz iſt / ſagt / hat niemals Treu gebrochen.
So ſag fie / was ihr Hertz Verraͤthriſches ver - deck’t.
Sag’t Klaͤger / was es ſey / mit wem wir ſich be - fleckt.
Hat ſie dem Plautus nicht verlobet Eh’ uñ Krone?
Jhr Gotter! Wird kein Blitz Verlaͤumbdern nicht zu Lohne! Dem Plautus? Wir? Den Thron? Di Eh’? Brich Ab - grund brich! Brich! ſchlinge dieſen Dampff der Luͤg[en]ein in dich! Welch Moͤrder hat erdacht? Welch Teuffel kont erſin - nen /380. Uns ein ſolch Lebens-Netz / diß Ehren-Garn zu ſpinnen? Sagt / denn wir woll’n durchaus es wiſſen / wer es ſey? Der diß Verleumbdungs-Gifft dem Kaͤyſer brachte bey.
Silane / die den Schluß der Heyrath ſelbſi gele - ſen.
Silan iſt dieſes Bruts Gebaͤhrerin geweſen? 385.Hilff Himmel! ich erſtarr! Alleine ſag’t uns an: Ob ein unfruchtbar Weib vernuͤnfftig urtheiln kan Von Muͤttern? mein’t der Wurm? Daß ein recht Mut - ter-Hertze / Wie ein unkeuſcher Balg mit ihren Buhlern ſchertze? Silane wechſelt ja durch Ehbruch Hertz und Gunſt390. So offt ihr Hurenbett erkaltet von der Brunſt / Und auff was neues ſinn t: Jn meinen Mutter-Bruͤ - ſten Laͤſt mich kein Kalt-ſeyn nicht nach frembder Glutt geluͤ - ſten.
Calviſius / Jtur bezeugen’s neben ihr.
Jſt’s glaublich: Daß diß Paar ſolch Schelmſtuͤck nehme fuͤr? 395.Jedoch / was wundert’s uns? Daß dieſes Paar zu Liebe Der alten Beſtien durch Meyneyd uns betruͤbe: Diß iſt ihr einig Danck fuͤr diß: Daß ſie den Werth Der Guͤtter / neben ihr hoͤchſtliederlich verzehr’t. Nun urtheil’t / ob uns diß kan Kinder-Mord anbrennen /400. Und unſers Sohnes Hertz von ſeiner Mutter trennen.
Die Schutz-red iſt bißher was ſcheinbar zwar ge - ſtell’t / Doch / wo ihr Schild den Stich / ihr Schein nicht Farbe haͤlt. Beruht16.Beruh’t des Endſpruch’s Krafft auff dieſer Fauſt und Degen.
Die Redligkeit laͤß’t ſich durch Dreuen nicht bewe - gen. 405.Jch lache: Daß man mir nach Ruhm und Leben ſtreb’t Mit Stricken / die vielleicht die Spinne feſter web’t.
Sie hat nicht Lachens Zeit. Jhr Leugnen wird ſie ſchlagen / Wenn ihr Domitie wird unter Augen ſagen / Wenn Atimetus wird eroͤffnen ihren Rath /410. Den ihr vergaͤllter Geiſt auff Rom beſchloſſen hat.
Die Warheit fuͤhr’t uns auch aus dieſes Jrr - gangs-Schrancken. Jch wil Domitien fuͤr ihre Feindſchafft dancken: Da ſie an Redligkeit uns abgewinnen wil. Wir woll’n verdammet ſeyn / da ſie nur halb ſo viel415. Dem Kaͤyſer goͤnn’t als wir: Wir woll’n das Mord-beil kuͤſſen / Da wir durch unſern Todt den Sohn vergroͤſſert wiſſen. Ach! aber / er ſiht’s nicht / und unſre Seele kraͤnck’t: Daß ſie durch unſern Fall auch ihn zu ſtuͤrtzen daͤnck’t.
Sie ſtuͤrtzte ja ſich ſelbſt durch eigenes Gebluͤtte.
Die Schaͤlſucht gegen uns verbittert ihr Gemuͤtte. Glaub’t ſicher: Daß der Safft der Liebe leicht verſeig’t / Wo das Gebluͤtte ſchon in Seiten-Staͤmme ſteig’t. Hingegen / ach! Wie kan der Wurtzel Krafft entgehen / Wenn die geraden Zweig in friſcher Bluͤthe ſtehen? 425.Es richts / wer verſteh’t / was Mutter-Liebe kan / Ja den der ſuͤße Ruff des Vaters nur geh’t an / Ob ſich nicht Hitz und Glutt bequemer ſcheiden laſſen; Als eine Mutter ſol ihr Eingeweide haſſen Und auff ihr einig’s Kind mit Meyneyd ſchwanger geh’n.
Der rechte Stam̃ verdorr’t wo frembde Raͤuber ſteh’n. So muß die Mutter-Hold auch eignen Kindern fehlen / Die Ehrſucht an ſich zeucht und neue Buhler ſtehlen.
Nun die Natur uns nicht zu ſchuͤtzen Kraͤffte hat; So uͤberleg’t mein Werck und urtheilt diſer That /435. Die17.435.Die itzt an Treue daͤnck’t / die Mutter abzuſtechen. Gar recht! mit ſolcher Art muß man den Grund abbre - chen Der Hauß und Pfeiler ſtuͤtz’t: Man reiß’t die Wurtzeln loß / Wenn ein verhaßter Baum nicht wachſen ſol zu groß. Diß iſt das Trauerſpiel / das ſchon mit mir beginnet /440. Auff das Domitie nebſt Atimeten ſinnet / Wenn er ihr Geil-ſeyn leſch’t. Sie brach’t in ſuͤſſer Ruh Die ſtille Nacht / den Tag in warmen Baͤdern zu / Ging ihrer Wolluſt nach / in Bajens Luſt-Gebaͤuen; Stell’t auff Lampreten auff in Cumens Fiſchereyen;445. Als uns des Nacht’s kein Schlaff / den Tag kein Durſt ankam; Biß Claudius mein Kind auch ſelbſt zum Sohn’ annahm; Als uns kein Purpur nicht des Kaͤyſerthumbs anlachte / Biß man zum Land-Vogt ihn / zum Buͤrgermeiſter mach - te; Ja! Als uns Wuͤrd’ und Thron nichts als Verdruß ge - bahr450. Biß Nero Herr der Welt / ſelbſt Fuͤrſt / ſelbſt Kaͤyſer war.
Der letzten Unthat Rauch daͤmpff’t erſte Wolthats - Flammen.
Die einmal lichte Glutt zeucht keinen Rauch zu - ſammen / Was hetteu wir fuͤr Frucht / ſo bald zerſtor’t zu ſchau’n / Was ſo viel Zeit und Schweis kaum maͤchtig war zu bau’n? 455.Zu dem / was wiß’t ihr denn| fuͤr Meyneyds-Mitgeſellen? Weil zwey paar Armen wol gantz Rom nicht werden faͤl - len / Sagt / hat man Rath und Stadt auff unſer Seite bracht? Hat man das Heer erkauff’t das umb den Kaͤyſer wacht? Erweiſet; Wenn man ließ verdaͤchtig Gifft abkochen /460. Ob wegen Meuchelmord’s wo ſey ein Knecht beſtochen? Ob man der Laͤnder Treu zu Auffruhr hat verhetz’t? Wo diß erweißlich iſt; ſo werd’ ich nicht geſchaͤtz’t Als Mutter / nicht als Menſch: ſo braucht Glutt / Creutze / Klingen /BSo18.So laß’t durch’s Adern-quaͤll uns gluͤend Eiſen dringen.
Jhr Vorſatz kam vielleicht zu zeitlich an das Licht.
Der Rauch endeckt di Glut; Die Boßheit berg’t ſich nicht. Ja wenn Britannicus mein ander Sohn noch lebte / Dem man zur Krone Gold / zum Purpur Seide webte / So koͤnte meiner That ſein Erb-recht noch mein Schein;470. Sein Zepter noch mein Schild; Sein Reich mein Leben ſeyn: Wenn aber Plautus ſolt an Roͤmſchen Gipffel ſteigen Und ſich Auguſtus Stamm fuͤr frembden Haͤuptern nei - gen; Wormit wuͤrd’ Agrippin’ ihr Heil verbeſſert ſeh’n? Denn / doͤrffte nicht der Neid aus Worten Polßken dreh’n /475. Aus Worten / die man itzt zu Donnerkeilen machet / Die doch uur Ungedult nnd Libe veruhrſachet. Wir wuͤrden ohne Schild fuͤr tauſend Klaͤgern ſteh’n / Die uns durch leichten Weg aus Hertze wuͤrden geh’n Auff unſern Hals verfuͤhr’n ſolch ſchreckliches Verbre - chen /480. Darvon uns kan kein Menſch / als nur der Sohn loß ſpre - chen.
Was urtheil’t Seneca? ich finde nichts an Jhr Verdacht’s und ſtraffens werth. Senec. Jch halt’ es auch mit dir.
Wie ſteh’t / und ſchweig’t ihr nu? Sag’t: Was wir mißgehandelt? Hat euch mein Unſchuld-ſchild itzt gar in Stein verwan - delt? 485.Seh’t nicht fuͤr Schlangen-Blitz die Tauben-Augen an / Der Mutter / die beſeel’n / nicht aber toͤdten kan. Sag’t: mit was Vorwand ihr nun meinen Sohn verhetzet Daß er itzt als ein Loͤw’ an uns die Klauen ſaͤtzet?
Haͤlt ſie die Farbe nur / bricht Nero Lib und Blutt490. Noch weniger / als Sie.
Der kraͤfft’gen Waͤſſer Fluth Verliehret außer’m Kwaͤll und Brunnen Krafft und Staͤrcke. Ein19.Ein ſich abſondernd Sohn uͤb’t oft nicht Kindes-Wercke. Ein Brunn ein Mutter-Hertz wird aber nicht vergaͤll’t / Wenn gleich die ſuͤße Bach in ſaltzicht Waſſer faͤll’t /495. Ein Kind die ſanffte Gunſt in heiſſen Grimm verkehret.
Die wahre Tugend wird durch den Beſtand be - wehret. Wir wollen / was ſie itzt vorſchuͤtzend wendet ein / Dem Kaͤyſer tragen fuͤr; Er ſelbſt mag Richter ſeyn.
Wir woll’n; Daß Nero ſelbſt moͤg’ unſer’ Antwort hoͤren /500. Den unſre Unſchuld wird die Ertzt-Verlaͤumbdung leh - ren / Und ſeiner Rache Glutt zieh’n auf die Moͤrder-ſchaar Die Uns.
Gleich recht; ſie red’. Jtzt iſt der Kaͤyſer dar.
So ſuch’t man deinem Ruhm’ ein Brandmahl an - zubrennen? Durch unſern Todt? mein Fuͤrſt. Denn / dich mein Kind zu nennen /505. Verdaͤchtigte mein Recht. Weil man bey Laſtern Gnad’ Aus holden Titeln ſuch’t. So ſpiel’t der Zeiten Rad! Jch / die ich Mutter bin / muß dieſen Nahmen fliehen / Vermummten Schlangen nur bie Larven abzuziehen / Die mehr als Mutter woll’n bei dir geſehen ſeyn /510. Wenn ſie ſolch ein Geſicht mir Mutter drucken ein / Das Drach und Wolff’ nicht hat; Wenn ſie woll’n un - ſrem Hertzen Den Meyneyd tichten an / ja Uns mit Laſtern ſchwaͤrtzen Fuͤr den den Unthiern grauf’t. Jch heiſſe dich nicht Kind. Weil ſchaͤrfſte, Richter auch der Unſchuld linde ſind. B 2Halt20.515.Halt mich fuͤr Mutter nicht; Weil ich in dieſer Sache Mir kieſe ſtrenges Recht. Des Kaͤyſers Donnern krache Mit Schwefel ernſten Grimms und ſchuͤtte Straffen aus Auf die verdammte Schaar / die Agrippinens Hauß Den Himmel demes Thron’s ſich zu beſtuͤrmen wagen;520. Und auf der Luͤgen Grund Verlaͤumbdungs-Berge tra - gen Zu ſtuͤrtzen dich durch mich. Jch heiſche Rach’ auff ſie / Jch / die ich mich umb Schutz der Unſchuld nicht bemuͤh’; Jch / die der Nahme nur der Mutter frey kan ſprechen. Die minſte meiner That kan ihr Geſchoos zerbrechen /525. Daß Falſchheit auf mich ſchaͤrff’t. Es ſtraffe Rach’ und Schwerdt; Es tilge Blitz und Glutt. Der Boßheit wird verwehrt: Daß nicht die Schlang’ ihr Gifft in neue Koͤpff’ außſpren - get Wenn / was die Rach’ abhau’t der Klugheit Glutt verſaͤn - get. Es fahre Straff’ und Blitz auf die / die deinen Ruhm530. Mehr toͤdten / als mein Heil. Kan ſich der Tugend Blum’ Und deines Herſchens Preiß ſo ſchaͤndlich bilden laſſen? Daß auch die Mutter muͤß’ ihr eignes Abbild haſſen? Diß heiſt die Majeſtaͤt an dir zu hoch verletz’t. Diß heiſchet Flamm’ und Pfal. Mein Schimpff bleib’ ungeſchaͤtzt /535. Darmit diß Laͤſter-Volck ſchwaͤrtzt meiner Unſchuld Lil - gen. Weil doch ihr eytricht Blutt nicht kan die Flecken tilgen Darmit es uns verſtell’t: Jedoch / was ficht uns an? Weil ja Verlaͤumbdung nicht die Tugend ſchimpffen kan. Wer unſre Mutter-Milch der Liebe wil vergaͤllen540. Der weiſe: Daß von ihm was ſuͤßer’s koͤnne kwaͤllen / Als aus der Mutter Bruſt? Was ſchaff’t Silane gut’s? Steh’n neue Zepter feil; mag meine Hand-voll Blut’s Das Kauſſgeld gerne ſeyn. Kan ſie dich hoͤher heben / Mag man Domitien den Mutter Nahmen geben /545. Und urtheil’n: Agrippin’ iſt keines Sohnes werth / Weil ſie nicht alles gab. Wie unbedachtſam faͤhrtAus21.Aus Eyfer aber uns die Gutthat von der Zungen? Hat ihre Thorheit uns den Fehler abgezwungen / Und ſtatt des Lachens / Zorn? Jn dem nicht glaͤublich ſchein’t:550. Daß / die ihr Kind bring’t umb / wenn Fremb des redlich mein’t So kan der Warheit Straht der Luͤgen Rauch zertreiben. So wolle nun mein Fuͤrſt den Moͤrdern Gifft verſchrei - ben / Daß ſie auff uns gekoch’t; So werd’ ihr ziſchend Blutt Ein Opffer unſer Rach’ / ein Gauckelſpiel der Glutt! 555.Ein Spiegel ernſter Straff. Es mag der Zorn-Sturm krachen Auff dieſe / die dich woll’n zum Mutter-Moͤrder machen / Die eine Mutter dir woll’n rauben; Weil ſie dich So ſehr / ſo hertzlich lib’t! Was aber muͤh’ ich mich Umb Straffen? Seh’ ich doch das Waſſer meiner Zeh - ren560. Jn Wolcken ſich zerzieh’n / die Blitz’ und Keilgebehren Auf der Verraͤther Kopff. Schau’t: Nero theilet ſchon / Der Laſter Marter aus / der Tugend reichen Lohn.
Frau Mutter / zwar es fehl’t uns nicht an Arg - wohns-Gruͤnden Der Ehrgeitz laͤß’t ſich auch nicht durch Geſetze binden /565. Die die Natur gleich ſchreib’t. Die Hochmuths-Spinne web’t Jhr Garn / an dem ſie ſich empor an Gipffel heb’t Aus eignem Eingeweid’. Hat man mit Kinder-Blutte Schlicht Unheil außgeleſch’t; mit was fuͤr heißerm Mut - te Eroͤffnet man ihr Kwaͤll der Adern / wenn fein Schaum570. Uns neue Purper faͤrbt’t? Der Kronſucht ſuͤßer Traum Stellt Eltern Kinder fuͤr als Gifft-erfuͤllte Schlangen / Vergaͤll’t als Drach’ und Molch den / der offt nichts be - gangen / Weil auch aus Wind’ und Lufft der Schaͤlſucht gifftig Zahn Jhr eine Speiſe mach’t; Jedoch wir woll’n die BahnB 3Der22.575.Der reinen Sanfftmuth geh’n / und dieſe Hoffnung faſſen: Die Mutter werde ſich nicht Ehrſucht blenden laſſen / Uns mit nicht falſcher Hold und Liebe pflichten bey. Daß ſie auch unſrer Gunſt genung verſichert ſey / Sol ihrer Freunde Treu’ itzt unſre Gnad’ erfahren. 580.Das Kornhaus der Stadt Rom ſol Fœnius verwahren / Balbillus von ſtund an Egyptens Land-Vogt ſeyn / Antejus Syriens. Dem Stella raͤumet ein Den Schauplatz / und nebſt dem die Auffſicht unſrer Spie - le. Daß die Verlaͤumbdung auch der Warheit Strahlen fuͤhle /585. So fol Silan’ entfern’t das Elend lernen bau’n / Calviſius / Jtur Rom nimmermehr mehr ſchau’n / Des Atimetus Hals ſein Mißbeginnen bißen.
Die Mutter ſaget Danck dem Fuͤrſtlichen Ent - ſchluͤſſen.
Jhr blindes Volck! Wie feit ihr ſo bethoͤret? 590.Wie / daß ihr der Gerechtigkeit Verkapptes Bild / den blinden Goͤtzen ehret? Und das Altar beliebter Luſt entweyh’t? Die Goͤtter / die nicht treuen Dienſt belohnen / Sind Weyrauchs nicht / nicht ſuͤſſer Opffer werth. 595.Jſt euer Danck / ſind eures Kampffes Kronen Nicht Unluſt / Haß / Verachtung / Strang und Schwerdte Die Palmen aber unſrer Siegung Sind Ehre / Reichthumb / Luſt / Vergnuͤgunng.
Jhr thoͤr’chtes Volck / die ihr der Tugend Licht600. Die Sonne der Vernunfft nicht einmal koͤnn’t erblicken / Weil der Begierden Duͤnſt’euch zanbernde beſtricken / Wir ſaͤhnen uns nach euren Aepffeln nicht / Die außen Gold / innwendig Aſche ſind. Jhr laͤſtert unſern Glantz; Alleine koͤnn’t ihr Raben605. Uns Sonnen anzuſchau’n wol Adlers-Augen haben? Geh’t / ſpeiß’t euch nur mit Aeßern Rauch’ und Wind. Wir koͤnnen Wolluft-Gifft leicht mißen / Weil wir der Seele Milch genuͤßen.
Welch Nectar kan die Seele mehr erkwicken /610. Als Zucker ſuͤßer Libes-Brunſt? Des Himmels Glantz / den tauſend Sternen ſchmuͤcken / Jſt gegen Ehr’ und Purper neblicht Dunſt. Kein Honig-thau erfriſch’t ſo durſt’ge Saaten; Als Rachgier ſich mit Feindes Blutt kuͤhl’t ab. 615.Jhr Armen muͤß’t am Ungluͤcks-feuer braten / Biß unſer Witz euch bring’t beſchimpf’t in’s Grab. Wie / daß euch denn fuͤr Zucker Gallen / Fuͤr Roſen Neßeln ſo gefallen?
Weichlinge brenn’t der Keuſchheit Neßel zwar;620. Doch ſie erhaͤlt die Lilg’ und Bruſt fuͤr Faͤul und Flecken. Der Scharlach ſaug’t mehr Blut der Menſchen / als der Schnecken; Der Demuth Kleid bleibt Schwanen-rein und klar. Die Rachgier iſt ihr eigen Seelen-Wurm. Die Sanfftmuth aber kuͤhl’t mit Unſchuld ihr Gewiſſen. 625.Die Boßheit hat ihr Gifft ja was bezuckern muͤſſen; Die ſtillſte Lufft berg’t Schifbruch / Wind und Sturm. Zwar Tugend ſchmeck’t den Lippen bitter / Doch lab’t ihr Nectar die Gemuͤtter.
Ja / libſten Kinder / laſ’t euch nicht die Wolluſt ZirzenB 4Ver -24.630.Verſaͤtzen in der wilden Thiere Zunfft. Laſt der Sirenen Lied euch nicht in Abgrund ſtuͤrtzen; Verſtopff’t das Ohr mit Wachſe der Vernunft. Schein’t ihr gleich itzt zu leideu / ſie zu ſiegen; Jhr ſol’t doch Lohn; ſie aber Straffe krigen.
Sol / die fuͤr uns in Himmel ſich gefluͤchtet / Auch dort nicht hoch am Brette ſitz’t / Weil Jupiter nach uns die Segel richtet / Ohn maͤchtig dreu’n? Daß ſie ſtraff’t / lohn’t und ſchuͤ’tzt / Sind ihrer viel durch dich zum Zepter kommen? 640Bekroͤnteſtu das itz’ge Haupt der Welt? Hat Agrippin’ itzt Meyneyd fuͤrgenommen? Weil nun dein Arm der Unſchuld Schutz nicht haͤlt / Was iſt dein Schwerdt denn ohne Spitze? Die Wage ſonder Zunge nuͤtze.
Ach Goͤttin / daß dein Eyfer nicht bald bricht! Denn / hat die Boßheit gleich den Hencker im gewißen / Kan Tugend auch gleich Luſt im Tod und Kwal genuͤßen So fuͤll’t es doch der Blinden Augen nicht. Jſt Tugend gleich ihr’ eigne Frucht und Werth;650. So goͤnn’ uns doch nur auch der Ehren Zierath-Blaͤtter / Schick’ auf die Hellen-Zucht einmal ein Ungluͤcks-Wetter So wird das Werck ſie lehren: Daß dein Schwerdt Ja ſchneiden koͤnn’ / und dein Gewichte Nach Wuͤrden abwig’t Straff’ - und Fruͤchte.
Brich Hell’ und Himmel auf! ihr Werckzeug meiner Wercke / Rach’ und Belohnung komm’t / nehm’t euch mein an. Eroͤfnet aller Welt der großen Goͤttin Staͤrcke: Daß ſie Geſtirn’ und Abgrund oͤffnen kan. Jhr muͤßt mit Blitz auff Suͤnd und Laſter regnen. 660.Die Tugenden mit Ehren-Kraͤntzen ſegnen.
Die Erde bricht / daraus die Rache ſteiget Gewaffnet aus mit Giffte / Schwerdt und Glutt. Der Blitz verſehr’t die Wolcke die ihn zeuget / Der Abgrund ſelbſt friſt ſeinen Schlangen-brutt. 665.Der Ehrſucht Glutt ſoll’n grimme Flammen ſpeiſen / Der Wolluſt Gifft durch toͤdlich Gifft vergeh’n / Die Rachgier faͤll’t durch ihr geſchliffen Eyſen. Nun werdet ihr / ihr Lafter / ja geſtehn: Daß endlich ſatſam reiffe Suͤnden /670. Jm Leben Pein / im Grabe Schimpff empfinden.
Des Himmels Gunſt / der reine Seelen lieb’t / Und wahre Tugenden mit holdem Aug’ anblicket / Hat euch durch mich den Lohn / den ihr verdien’t / geſchicket. Empfang’t den Krantz / die Palmen / die er gib’t675. Komm’t / die ihr euch mit Laſtern nie befleck’t / Der Warheit Sonnenſchein til’gt die Verlaͤumbdungs Duͤnſte / Der Unſchuld Zirckel hemm’t der Boßheit Zauberkuͤnfte. Denn: Daß ihr ja der Tugend Nectar ſchmeck’t / Eh’ als ihr ſolt verfinſtert leben /680. Muß ein Tyrann an’s Licht euch heben.
Nun gehet Rom und Uns der Libes-Fruͤling an / Der Wolluſt-Morgen auf / nun man dich / Sonne / kan Jn dieſen Zirckeln ſchau’n. Wir haben ſuͤſſe Wunden Von ihren Strahlen zwar abweſend ſchon empfunden;5. Denn Sonn und Schoͤnheit wuͤrck’t auch / wenn man ſie nicht ſih’t;B 5Unſicht -26.Unſichtbahrn Goͤttern iſt zu opffern man bemuͤh’t. Jtzt’ aber brennen wir / nun der Begierden-Zunder / Den Uns iha Lob gebahr / durch ihrer Blitze Wunder Vollkoͤmlich Flamme faͤng’t. Hemm’t nu ſie / Schoͤnſte / nicht10. Die Zuͤgel unſrer Brunſt / und ſteig’t ihr guͤldnes Licht An Mittag ſuͤſſer Hold / muß Nero Aſche werden Durch heiſſen Sonnenſchein der blitzenden Gebehrden. Jedoch / wer wil nicht ſeyn von Sonn’ und Glutt ver - zehr’t / Die ihres Brandes Aſch’ in junge Fenix kehr’t? 15.Wird unſer Hertze gleich die Schoͤnheits-Glutt verbren - nen / Poppeens / die man muß der Roͤmer Sonne nennen / Wird doch ihr Anmuths-Strahl mit Zucker-ſuͤſſer Luſt / Mit Balſam reiner Gunſt beſeelen unſre Bruſt. Wir ſind in ſie verlieb’t / wir kuͤſſen ihr die Haͤnde /20. Sie iſt mein Sonnen-Rad / ich bindie Sonnen-Wende / Sie iſt mein Nordenſtern / ich aber ihr Magnet. Du Ab-Gott unſer Zeit / mein gluͤend Hertze ſteh’t Zum Weyrauch angeſteck’t; Jch wil mein treues Leben Auff deiner Bruſt-Altar dir hin zum Opffer geben. 25.Nun / ſo eroͤffn’ uns auch dein Himmliſch Heyligthum Der Seele / deine Bruſt. Der Sonne groͤſter Ruhm Jſt; Daß ſie allen ſchein’t. Der Goͤtter Tempel ſtehen Dem offen / der ſie ehr’t. Poppee wird erhoͤhen Sich uͤber Rom und Uns / wenn ſie den Kaͤyſer lib’t /30. Der Luſt den Zuͤgel laͤß’t und uns Vergnuͤgung gib’t.
Mein Fuͤrſt / mein Herr / mein Haupt / ich ſchaͤtze fuͤr Gebrechen Weil alzu groſſe Gunſt muß irrig Urtheil ſprechen / Was er als Schoͤnheit preiſ’t. Wer ſchaͤtzt die Duͤnſte ſchoͤn / Eh’ als ihr neblicht Nichts man ſicht am Himmel ſteh’n /35. Und ſie die Purper-Sonn’ in Regenbogen kehret? Mein Schatten der Geſtalt wird durch den Glantz ver - klaͤret Der hoͤchſten Majeſtaͤt. Daß nun der Fuͤrſt diß GoldSchaͤtz’t27.Schaͤ’tzt werther / als es werth / ruͤhm’ ich als hoͤchſte Hold / Und kuͤß’ ihm Hand und Fuͤß’. Auch ſoll zu Dienſt ihm leben40. Mein Geiſt / und mein Gantz ich / wie weit uns zugegeben Hat Tugend und Vernunfft.
Die geben alles zu Da / wo ein Fuͤrſt was heiſch’t. Man thue was man thu / Der Purper huͤll’t es ein. Mein Kind / der Kreis der Zei - ten Pfleg’t aus dem Lentz’ uns ja auch in den Herbſt zu leiten /45. Der Baum traͤg’t endlich Frucht / der erſtlich hat gebluͤht; Wie daß denn ſie / mein Schatz / uns Herbſt und Frucht entziht / Da wir doch laͤngſt von ihr der Libe Bluͤth’ empfangen.
Das Kuͤſſen auff den Mund / das Spielen auff den Wangen50. Die Kurtzweil auff der Bruſt ſind Blumen / die ein Weib Noch brechen laſſen kan. Alleine Schooß und Leib Sol frembder Sichel nicht die Saat’ und Erndte goͤn - nen. Die erſten Roſen wird der Kaͤyſer ſamlen koͤnnen So weit ich’s vor gab nach. Hier / laͤchſ’t der durſt’ge Mund! Hier ſchwill’t die nackte Bruſt!
Welch Geiſt wird hier nicht wund? 55.Welch Menſch wil Schiffbruch nicht auff dieſen Klippen leiden? Welch Auge wil nicht hier auff dieſen Nelcken wei - den? Die Seelen kuͤſſen ſelbſt auff den Rubinen ſich!
Mein Fuͤrſt / zu viel! zu viel!
Mein Schatz / ſie ſaͤtz’t an mich Mit grimmer Sparſamkeit. Dem / der ſchon einſt geſo - gen60. Der Wolluſt Mandel-Milch / wird ja zu fruͤh entzogen Die ungeleerte Bruſt. Wer allzu ſparſam lib’t Reitz’t nur / erſaͤtigt nicht.
Muſcat und Zimmet gib’t /Wil28.Wil man mit Glutt den Geiſt durch theure Kolben trei - ben / Nur Tropffen-weiß’ ihr Oel. Wil Schoͤnheit ſchaͤtzbar bleiben /65. Nicht ſchlechtes Waſſer ſeyn / muß ſie ihr Nectar nicht Mit vollem Strom außtheil’n.
Es wird der Ster - nen Licht Nicht unwerth / ob es ſchon mit tauſend Augen leuchtet / Der Monde / der gleich oft das Feld mit Thaue feuchtet Behaͤlt ſein Silber-Horn. Poppee bleibet reich /70. Schoͤn / reitzend / und geſchaͤtz’t / theil’t ſie den Zucker gleich Mir ungemaͤßen aus. Der Lippe ſeichtes Liben Wird nach Erſaͤttigung durch Eckel nur vertriben. Mein Liben aber iſt gewurtzelt in der Bruſt Die jedes Glied betheil’t mit angenehmer Luſt /75. Und vielen Safft bedarf. Wirſtu dein Kwaͤll’ uns ſchluͤ - ßen / Wird meiner Seelen Pflantz’ alsbald verwelcken muͤſſen. Schatz / ach ſo floͤß’ uns doch den kraͤfft’ gen Balſam ein! Wie? oder zweifelſtu? Daß deine Strahlen ſeyn Die Fackel unſer Brunſt? Des Moͤrders Zutritt friſchet80. Entleibter Wunden auf / die gleich ſind abgewiſchet. Nicht anders wall’t mein Hertz und treib’t das Blutt em - por Jn deiner Gegenwart. Mein Wundenmahl bricht vor An Stirne / Mund und Bruſt.
Die Wunden / die die Liebe Verurſach’t / rinnen oft auch von entferntem Triebe. 85.Die Schaͤlſucht / ich geſteh’s / verſaͤng’t den Wolluſt-thau. Man kuͤßt mit wenig Luſt / die Lippen die noch lau Von frembden Kuͤſſen ſind. Jch ſchwere bey der Seele Des Kaͤyſers: Daß ich brenn’ und meines Hertzens Hoͤle Ein heilger Tempel ſey / in dem des Kaͤyſers Bild90. Mein Abgott / meine Seel’ und was in Adern kwill’t / Sein brennend Opffer iſt. Die Andacht aber ſchwindet / Wenn Nero einer Magd ſelbſt Libes-Oel anzuͤndet / Den Ambra ſeiner Brunſt auff Actens Schooß uñ Bruſt /Die29.Die Knechten offen ſtand / entweyh’t mit ſchnoͤder Luſt. 95.Der Fuͤrſt urtheile ſelbſt; Jch bin ſo wol vermaͤhlet Dem Otho / dem an Muth / an Pracht das minſte fehlet / Die Wolluſt kraͤntz’t mein Bett / und Gluͤcke fuͤll’t mein Hauß. Diß alles ſchlag’ ich ja muthwillig von mir auß / Verſchuͤtte Gluͤck’ und Eh’ erwerbe Schimpf und Haßen. 100.Denn Otho mich nicht mehr wird zwey drey Naͤchte laßen Jn frembden Armen ruh’n. Und ich erlange kaum (Nach dem die Magd zuvor den Kern genaß) den Schaum Von ſeiner Anmuths-Milch. Mein Fuͤrſt / auch edle Steine Verlieren Werth und Preiß / mach’t man ſie zu gemeine. 105.Jm Koth vertirb’t die Perl’ / ein Spiegel wird verterb’t Durch ein beflecktes Aug’ / ein Tuͤrckis wird entfaͤrb’t Jn ein nicht-reiner Hand.
Der Eifer iſt ein Zei - chen Nicht ungefaͤlſchter Gunſt: Wind / Schatten muß ihm weichen Wenn der Verdacht ihr nichts fuͤr Nebenbuhler haͤlt. 110.Mein Engel / glaͤube doch: Daß keine Magd gefaͤllt Dem / der Poppeen lib’t: (Wo Koͤniglich Gebluͤtte Auch eine Magd ſol ſeyn.) Des Kaͤyſers gantz Gemuͤtte Ziel’t nur / mein Zweck / auff dich. Du haſt ja das Geſchooß Der Liebes Mutter ſelbſt fuͤrlaͤngſt geguͤrtet loß /115. Umb durch den Pfritſch - und Pfeil dein Antlitz| auß - zuruͤſten. Solt’ Acten denn mit dir zu kaͤmpffen wol geluͤſten? Sorg’ſt aber du / mein Licht: ich laͤſchte frembde Brunſt / Es were dir zu kalt die ſchon zertheilte Gunſt; So laße doch mein Werck dir meine Kraͤfte zeugen. 120.Das Opffer meiner Hold wird wie die Flamm’ aufſtei - gen / Wo du diß Bette wirſt zum Tempel widmen ein / Die Bruͤſte zum Altar. Du ſelbſt magſt Goͤttin ſeyn Und Liebes-Priſterin.
Wenn ich das Anſeh’n hette Der Gottheit / wuͤrd’ er nicht auf ungeweihtem BetteVer -30.125.Verlangen Lieb und Luſt. Was haͤllt den Kaͤyſer an / Daß er Poppeens Seel’ ihm nicht vermaͤhlen kan? Mißfaͤll’t ihm die Geſtalt? ihr redliches Gemuͤtte? Und daß ſie fruchtbar iſt? Jſt irgens ihr Gebluͤtte Nicht edel? Da ihr Haus mit ſo viel Ahnen glaͤntz’t /130. Die Rom in Ertzt gepraͤg’t / mit Lorbern hat bekraͤntz’t. Was hindert ihn / mein Fuͤrſt / den Abſchied der zugeben / Die ihn nur ha’ßt / und die ins Ehbett’ aufzuheben / Die ihn ſo hertzlich lib’t? Es bricht der Thraͤnen-Thau Fuͤr Wehmuth bey mir aus / wenn ich den Kaͤyſer ſchau /135. Und wie er als ein Kind ſich laͤß’t die Mutter leiten. Jch ſchwere: Daß ſie mir hat laſſen Gifft bereiten. Doch klag ich dieſes nicht / nur: Daß ſie Reich uud Macht Dem Kaͤyſer aus der Hand zu winden iſt bedacht / Ja ihm Geſaͤtze ſchreib’t. Der Kaͤyſer muß mich laſſen140. Weil Agrippine wil. Da nun nur giftig’s haſſen Und ein vergaͤlltes Weib ihm ſol vermaͤhlet ſeyn / Was ſchleuſt der Kaͤyſer denn mich fruchtloß bey ihm ein. Er laſſe mich doch nur des Otho Ehweib bleiben / Jch kan mit ihm die Zeit mit mehrer Luſt vertreiben /145. Entfern’t von Rom und ihm / da ich des Kaͤyſers Schmach / Wie er ſo gar zu viel den Weibern gebe nach / Zwar hoͤr’n / nicht ſehen muß.
Jch muß mein Kalt - ſeyn ſchelten / Und mein hellodernd Hertz muß durch viel Pein entgel - ten / Der langſamen Geduld / in dem ein bloßer Kuß /150. Der Vorſchmack wahrer Luſt / mich nur vergnuͤgen muß. Jedoch ich bin vergnuͤg’t / wenn ich den Blitz der Augen Die Flammen / die ich muß aus den Korallen ſaugen Der Lippen / fuͤr dißmal im Schnee-Gebirge mag Der Bruͤſte kuͤhlen ab. Jch wil noch dieſen Tag155. Zu beyder Heil und Luſt den feſten Grund-ſtein legen. Wir ſeh’n / je ſanfter wir der gift’gen Natter pflegen / Je ſchaͤrffer ſticht ſie uns. Man ſchaͤtzet fuͤr Gewien Die Wurtzeln / die den Safft den Staͤmmen ſelbſt ent - ziehn / Die Mutter die ihr Kind ſelbſt toͤdtet / zu vertilgen. Wir31.160.Wir rotten Diſteln aus und pflantzen edle Lilgen / Wenn fuͤr Octavien Poppee wird erwehl’t. Poppee / welcher nur noch Eh’ und Zepter fehl’t. Jch wiedme beides dir. Jn deſſen wolln wir ſinnen Des Otho ſcheles Aug’ erſpruͤßlich zu gewinnen. 165.Sie ſag’ ihm: Daß er uns noch heute ſehen muß. Jedoch geſegne ſie uns noch durch einen Kuß.
Es iſt ja Seelen-Luſt die Mund-Korallen kuͤſſen! Doch ach! Daß umb die Frucht geſaltz’ne Wellen fluͤſſen / Die nur zu mehrerm Durſt die Kuͤſſenden reitzt an! 170.Schau’t! Wie ſie Zauberin Uns nicht verſtricken kan! Sie laͤß’t die Bluͤth’ uns nur der guͤldnen Aepffel ſchme - cken / Umb unſrer Seele nur mehr Hunger zu erwecken. Der Liebe ſuͤſſes Meer iſt eine Wunder-flutt / Jn der der ſeichte Schaum der Lippen nur die Glutt175. Der Liebes-Brunſt ſteck’t an. Wo ſchon die Flam̃e ſpielet / Wird die Begterde nur in tieffer Schooß gekuͤhlet. O Sonne meiner Seel! ach! daß dein holder Schein So brennet / und doch nur wil langſam fruchtbar ſeyn? Wo reiffe Wolluſt-Frucht gleich ſpaͤten Datteln gleichen180. Hab’ ich doch laͤngſt den Herbſt der hundert Jahr errei - chet Jm Wachsthum meiner Gunſt / weil Lieben eine Nacht / Ja einen Augenblick zu einem Jahre mach’t.
Mein Fuͤrſt / er ſelbſt iſt Schuld. Wenn man wil Fruͤchte zeigen /185. Wird wilder Staͤmme Raub getilg’t an edlen Zweigen Der Kaͤyſer lib’t und reitz’t Poppeen ohne Frucht / Weil Agrippinens Haß / des Ehmanns Eifer-ſucht Octaviens Verdruß ihr Eh’ und Thron entzihen Als Wurtzeln / ohne die ihr Liben nicht wird bluͤhen. 190.Poppee brenn’t ſo ſehr als er; Sie ſtell’t ſich kalt Wol wiſſend: Daß ſo lang’ alleine die Geſtalt Der Schoͤnen / ſey ein Port / biß nach erlangtem Bitten Verlibter letzter Luſt den Schifbruch hat erlitten. Wenn32.Wenn beiſt ein ſchlauer Fiſch an leeren Angeln an? Wo man ſie fangen wil / ſo gib’t man was man kan.
Wie kan man aber Eh’ und Thron ihr fuͤglich ge - ben / Ja ſie aus frembdem Bett’ in unſre Schoß erheben?
Jſt diß wol fragens werth? Was hat fuͤr Fug und Recht Der nicht / der Zepter traͤgt? Welch Recht wird auch ge - ſchwaͤcht / Wenn er Octavien / weil ſi unfruchtbar / trennet /200. Und die nimm’t / die man ſchon als fruchtbar hat erkennet?
Wie / wenn ſich Agrippin’ Octaviens nimm’t an?
Man breche mit Gewalt / was ſich nicht beugen kan. Sie ſage: Was der Fuͤrſt hier ſeltzames begehe. Auguſt nam Livien noch ſchwanger ihm zur Ehe. 205.Ja Otho ſelbſt entzog Poppeen dem Criſpin.
Fuͤr was wird Otho diß ihm anzih’n?
Fuͤr Gewien: Daß eine Kaͤyſerin aus ſeinem Bette ſteige.
Ein Baum verlier’t den Preiß der fortgepfrofften Zweige.
Der Nero hielt’s fuͤr Ruhm / als er mit hoͤchſter Luſt210. Als Vater / nicht als Mann verlobte dem Auguſt Sein Ehweib Livien. Ein Freund-ſtuͤck zu bezeugen Gab Cato dem Hortens die Martie zu eigen. Ja / was wil Otho ſonſt / wenn er ſo oft die Frau Lob’t und nach Hofe ſchick’t? als: Daß ſie Nero ſchau’215. Und Libes-Zunder fang? Jn dem er wol verſtehet; Daß auch durch bloßen Blick der Keuſchheit Schnee zer - gehet. Denn ein beſtrahltes Aug’ iſt Mutter der Begier. Ein Weib und Pferd ſteht feil / wenn man ſie reitet fuͤr. Geſaͤtzt auch: Otho weiß kein Auge zu zudruͤcken /220. Kan man ihn unter’m Schein der Ehre nicht verſchicken? Man kauff’ ihm ab ſein Weib umb eine Land-Vogtey.
Ja recht! ein kluger Rath! Was iſt fuͤr eine frey?
Durchlauchſter / Portugal.
Wol! wir woll’ns ihm vertrauen. Man33.Man ſag’ ihm: Otho ſol ſchnur-ſtracks den Kaͤyſer ſchau - en.
Jſt’s moͤglich: Daß Uns ſchon ein grimmer Wet - ter trifft?
Ja / was der Sturm nicht ſchaff’t / vollbring’t Sire - nen-Gifft.
Wag’t ſich Poppee denn ſchon in des Kaͤyſers Bet - te?
Gantz ſicher / unverdeck’t. Sie iſt die Hoͤchſt’ am Brette.
Diß iſt der Weg zur Eh’ / und Staffel auf den Thron.
Ach ja! ich ſehe mich im Schimpff’ und |Tode ſchon.
Die Natter wird auch uns nicht ungeſtochen laſ - ſen.
Ach! Daß ich unbeſchimpff’t nur koͤnte bald erblaſ - ſen!
Mein Kind / der Nachen hilf’t oft / wenn das Schiff gleich bricht.
Wo keine Nachen ſind / entkoͤmm’t der Kluͤgſte nicht.
Vermochte Burrhus nicht den Schiffbruch abzu - wenden?
Er und der Seneca hat’s Kaͤyſers Hertz’ in Haͤn - den.
Durch ſie muß man der Brunſt Poppeens beugen fuͤr.
Wofern es nicht zu ſpaͤt: Jch warte beider hier.
Durch ſie kan man die Schlang’ in ihrer Wige daͤmpffen.
Wo ſie ſo keck nur ſind Poppeen zu bekaͤmpffen.
Wie? iſt ſie mehr als wir? ſie fertigten uns an.
Hier / nun ein Hurenbalg mehr als die Mutter kan.
So weiß ich: Daß hierzu die Tugend ſie verbin - de.
Wer hengt’t bey Hofe nicht den Mantel nach dem Winde?
Was hat die Kaͤyſerin uns beyden zu befehl’n?
Diß: Daß ihr Artzney moͤg’t fuͤr aͤrgſtes Gifft er - wehl’n.
Princeßin’ / was fuͤr Gifft ſol unſer Artzney hei - len?
Die / die Poppeens Brunſt wil euch und uns zu theilen.
Sie melde / was ſie druͤck’t. Wir bitten ihr die Hand.
Mach’t ihren Ehbruch ihr euch ſo ſehr unbekand?
Sie fuͤrchte ſonder Grund den Kaͤyſer diß zu zei hen.
Die Sonnen-helle That kan uns ſchon Grund ver - leihen.
Jſt ihr Bekaͤntnuͤs dar? Sind Zeugen dieſer That?
Es zeugt’s: Daß Nero ſich mit ihr verſchloſſen hat.
Mehr als zu ſchwacher Grund in ſo ſehr ſchwerer Sache.
Was ſchaff’t ein geiles Weib in frembdem Schlaf - Gemache!
Ein eyfernd Auge macht ſtets den Verdacht ſo groß.
Jhr gleichſam glaͤſern Kleid entbloͤſte Bruſt und Schooß.
Man gib’t nicht leichtlich Gifft in ſichtbaren Ge - ſchirren.
Man muß die Vogel ja durch ſchoͤne Beeren kir - ren.
Weiß ſie Poppeen ſonſt zu ſagen nichts nicht nach?
Jhr gluͤhte Stirn’ und Ohr als ſie ſich ſein ent - brach.
Sie ſelbſt / Octavie / hat Schuld / iſt was geſche - hen.
Hilf Himmel! Wil man ſo die Laſter auff uns dre - hen?
Sie lock’t den Kaͤyſer nicht liebreitzende zur Luſt.
Was Libreitz bey ihm gilt / iſt leider! uns bewuſt.
Wie hett’ ihr ſonſt Poppe’ im Liben abgewonnen?
Man ſiht begieriger Cometen an / als Sonnen.
Wie? Daß der gantze Hof denn ihr ſchaͤl’ Antlitz haß’t?
Wer haß’t die nicht / auff die der Kaͤyſer Schaͤl - ſucht faß’t.
Der Sanftmuth Zucker muß der Fuͤrſten Unhold laͤutern.
Die Natter ſauget Gifft aus Zucker-ſuͤſſen Kraͤu - tern.
Miß’t ſie dem Ehgemahl der Nattern Wuͤrckung bey?
Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern ſey!
Die Eyfer-ſucht verkehr’t zu Mitternacht den Schatten.
Jhr ſollet nichts / was uns zu Eyfer reitz’t / geſtat - ten.
Man muß den Fuͤrſten oft was durch die Finger ſeh’n.
Wenn diß in Laſtern gilt / ſo iſt’s umb uns ge - geſcheh’n.
Geduld! Poppeens Gunſt wird nicht ſo lange bluͤ - hen.
Biß man das Purpur-Kleid uns aus / ihr an - wird zihen.
Gebrauchte Schoͤnheit wird ein Roſen-leerer Strauch.
Jſt Acte libes Kind nicht noch nach dem Ge - brauch?
Sie aber Kaͤyſerin. Was eyfert ſolche Wuͤrde?
Der Stand / den Sorg’ und Angſt beſchwer’t / iſt Laſt und Buͤrde.
Sorg’t ſie ſo ſehr: Daß ihr die Hand-voll Luſt ent - geh’t?
Nein! Daß Poppee ſchon halb auf dem Throne ſteh’t.
Sie wollen beyde ſich des Argwohns doch entſchuͤt - ten.
Was kan ein geiles Weib bei’m buhlen nicht er - bitten?
Erwarb der Acte Brunſt ihr ſo unſchaͤtzbarn Lohn?
Jhr Knechtiſch Uhrſprung war zu niedrig auf den Thron.
Sie ſol den Attalus zu ihrem Ahnen haben.
So tichteten die / die erkaufftes Zeugnuͤs gaben.
Sie taſten mit Gefahr des Kaͤyſers Zepter an.
Ha! Daß ein Weiſer noch die Laſter loben kan!
Sie ſage ſelber es dem Kaͤyſer in’s Geſichte.
Er dencke: mit was Ruhm er ſo ſein Ampt ver - richte?
Was gibet Nero mehr auf Uns und unſern Rath?
Nichts; Weil er Pferden Sold / wie euch geſaͤtzet hat.
Sie dulde / was ſie nicht iſt maͤchtig zu verwehren.
Soll’n wir ſchau’n zu / biß uns die Flamme wird verzehren?
Wer Fehler ruͤcket fuͤr / geuſt Oel in Brand und Glutt.
Wer / wenn er kan / nicht wehr’t / iſt aͤrger / als der’s thut.
Ja! Diener ſoll’n auch Schuld an Brand und Ha - gel haben.
Diß Nachſeh’n wird euch ſelbſt noch eine Grube graben.
Fuͤhl’t ihre Mutter-Bruſt nicht Kinder-Libe mehr?
Wer ſehr lib’t / wenn er lib’t / haß’t / wenn er haß’t / auch ſehr.
Wir woll’n dem Kaͤyſer treu’ auch bei Verfolgung bleiben.
Wenn er fuͤr euren Dienſt euch wird’den Blutt - ſpruch ſchreiben.
Jch merck’s / wohin ſie lock’t. Nicht hoffe: Daß man’s thut.
So komm’t deñ umb / weil ihr nicht laͤſchen woll’t / die Glutt!
Hilf Himmel! Nun entfaͤll’t uns unſer beſtes Hoffen. So iſt’s / der Roſen-Haupt / der Haͤuchler Ohr ſteh’t of - fen Nur / wenn der ſanfte Weſt belibter Zeitung ſtreich’t. Ja / wer durch Laſter nur des Kaͤyſers Gunſt erreich’t /315. Jſt Abgott auf der Burg. Poppee muß ja ſiegen / Weil Niemand von ihr wil ein ſauer Auge krigen.
Mein Kind / wenn uns der Wind nicht wil in Ha - fen fuhr’n; So muß der Armen Fleiß die ſchweren Ruder ruͤhr’n. Man ſuche foͤrderſamſt dem Otho zu entdecken:320. Poppee pflege ſich durch Ehbruch zu beflecken.
Wir haben Wind: Daß ihn der Fuͤrſt noch dieſen Tag / Damit ſein geiles Weib frey ſicher buhlen mag / Von hier entfernen wird. Man hat ihm ſchon befohlen: Zu kommen auf die Burg den Abſchied abzuholen.
Er muß bey uns vorbey in’s Kaͤyſers Zim̃er geh’n.
Gleich komm’t er.
Wol! auf ihm ſchein’t unſer Heil zu ſteh’n.
Woh in eil’t Otho ſo?
Jch ſol den Kaͤyſer ſchauen.
Verlang’t den Kaͤyſer mehr nach dir / als deiner Frauen?
Was gehet meine Frau Sie und den Kaͤyſer an?
Vielleicht ihn mehr als dich. Daß er ſie kuͤſſen kan.
Wie mag ihr ſolch Verdacht umbnebeln das Ge - ſichte?
Sag’t / was ſie wichtiges beim Kaͤyſer ſonft ver - richte?
Geſaͤtz’t / er kuͤſſe ſie. Ein Kuß mach’t keinen Fleck.
Des Kuͤſſens Pfeile ziel’n auff einen fernern Zweck.
Von keuſchen Seelen wird kein ferner Wunſch ver - gnuͤget.
Ein Weib bleib’t keuſch / biß ſie zur Untreu Anlaß krieget /
Jſt diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner trau’n?
Candaulens Frau blieb keuſch / biß daß er ſie ließ ſchau’n.
Was nuͤtz’t ein Schatz / den man Niemanden darf entdecken
Der klaͤrſte Spigel krig’t von geilen Augen Fle - cken.
Der Sternen Glantz bleib’t rein / ſih’t ſie gleich al - le Welt.
Glaͤubt: Daß nichts Jrꝛdiſches des Him̃els Far - ben haͤllt.
Was iſt der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu - ſchein nuͤtze?
Kein Eßig faͤlſch’t ſie nicht im Muͤtterlichen Sitze.
Wer wil ſein Weib allzeit in’s Zimmer ſchluͤſſen ein?
Man mache ſie nur nicht bey Fuͤrſten zu gemein.
Es bringet Ehr und Ruhm bey Fuͤrſten ſeyn geſe - hen.
Wer hoch geſeh’n ſeyn wil / muß laſſen viel geſche - hen.
Des Ehſtands heilig’s Band beſchuͤtz’t ſie fuͤr Ge - fahr.
Schuͤtzt die Chryſeis doch nicht Jnfel / nicht Altar.
Poppeens Tugend kan nicht auſſer Schrancken ge - hen.
So geht’s: Wer Hoͤrner traͤg’t / der ſiht ſie ſelbſt nicht ſtehen.
Geſetz’t / ich truͤge ſie; Was fragen ſie darnach?
Uns jammert: Daß er ſo geduldig traͤg’t die Schmach.
Was wolten ſie mich denn hierfuͤr fuͤr Artzney leh - ren?
Des Thaͤters Blutt waͤſch’t nur das Brandmal ab der Ehren.
So wuͤrde Rom bald leer / die Welt voll Leichen ſeyn.
Beſchimpfung wird kein Ruhm / iſt ſie gleich noch gemein.
Des Weibes That kan nicht dem Manne Flecken brennen.
Wie? Daß diß jedes Kind pfle’gt hoͤchſten Schimpf zu nennen?
Ein Weib ſaͤtz’t weder uns in Ehren / noch in Schimpf.
Gar recht! man lock’t den / der uns ſchimpff’t / durch ſolchen Glimpf.
Man nimm’t ein Weib zur Luſt / nicht umb des An - ſehn’s willen.
Das Wolluſt-Bette glaͤntz’t mehr mit den Purper - hillen.
Der Mohnd’ empfaͤng’t / und gibt’t der Sonnen gar kein Licht.
Verfinſtert aber er den Mann / Die Sonne nicht?
Der Anmuth-Strahl vertreib’t leicht alle Finſter - nuͤße.
Vergaͤllter Reben-ſaft wird nim̃ermehr recht ſuͤſſe.
Schau’t: Wie des Monden Haupt ſich oft mit Hoͤrnern kraͤn’tzt.
Er leuchtet mehr / weñ er mit vollem Silber glaͤntz’t
Uns aber kan kein Weib mit mehrer Luſt ergaͤtzen / Die gleich nur einen lib’t. Aus allzeit-reichen Schaͤtzen Kan man ihr viel betheil’n. Wer arm von eignem Ruhm / Such’t aus des Weibes Werth nur frembdes Eigenthum. C 4Einfaͤl -40.Einfaͤltige! was ſol ich eyfern und beweinen Die Strahlen ſuͤſſer Luſt / daß ſie auch andern ſcheinen? Glaub’t ſicher: Mir entgeh’t der Wolluſt-Fruͤhling nicht; Ob Nero gleich zur Zeit Poppeens Roſen bricht. Jhr Himmliſch Antzlitz kan mich und auch ihn beſtrahlen. 380.Ein ſchoͤnes Weib iſt ja / die tauſend Zierden mahlen / Ein unverzehrlig Tiſch / der ihrer viel mach’t ſatt. Ein unverſeigend Kwaͤll / das allzeit Waſſer hat / Ja ſuͤſſe Libes-Milch; Wenn gleich in hundert Roͤhre Der linde Zukker rinn’t. Es iſt der Unhold Lehre /385. Des ſchelen Neides Art / wenn andern man verwehr’t Die Speiſe / die ſie lab’t / ſich aber nicht verzehr’t. Wer zuͤrnet: Daß das Rad der Sonnen andern leuchtet? Daß des Gewoͤlckes Schwam̃ auch frembde Wiſen feuch - tet? Was ſolt’ ich denn mein Licht Poppeen ſchaͤl ſeh’n an:390. Daß ſie das Libes-Oel / das ich nicht brauchen kan / Floͤß’t frembden Ampeln ein?
Hilf Himmel ich erſchrecke: Daß ein ſo Knechtiſch Geiſt in einem Roͤmer ſtecke. Wird der ſo kluge Schluß itzt ein veraͤchtlich Traum: Jm Ehbett’ und im Thron’ hat kein Gefaͤrthe Raum? 395.Verkennt ſich die Natur: Daß auch ein Staub verſehre / Ein anruͤhr’n thue weh den Augen und der Ehre? Zu dem weiß Otho nicht / in was die Anmuth ſteck’t? Das Kuͤſſen / wenn der Mund nach frembden Speichel ſchmek’t Jſt Unluſt / Eckel / Gifft. Die ſchoͤnſten Lilgen taugen400. Den reinen Bienen nicht das Honig außzuſaugen / Auf die ein Kefer hat den geilen Koth geſchmier’t / Wo ſich die Weſpe ſpeiſ’t. Halß / Bruſt und Schooß ver - lier’t Durch Ehbruch allen Trieb.
Diß uͤberrede Kin - der: Daß ſich der Schoͤnheit Reitz durch fremdes Liben min - der’. 405.Jch halt’s fuͤr einen Ruhm des Kaͤyſers Schwager ſeyn. Ja glaub’t: Daß diß der Brunſt mehr Libes-Oel floͤß’t ein;Daß41.Daß Nero die / (von der ich ſtuͤndlich kan genuͤßen Den Wolluſt-reichen Strom) nur darff zu weilen kuͤſſen. Geſaͤtzt: Daß unſer Ehr’ auch werde was befleck’t /410. Wenn eine Frau die Schoos gem einer Luſt entdeck’t; Der Sonne kraͤfftig Blitz tilg’t alle Nebels-Duͤnſte / Zeucht alle Flecken aus. Von Fuͤrſten kleb’t das minſte Verkleinerliches an. Ja was ſchaͤtz’t der gar viel Ein Weib / des Poͤfels Ruff / der ſich im Gipffel wil415. Geehrter Wuͤrden ſeh’n. Aus Hoffnung kuͤnfft’ger Hoͤhe / Trug Macro Ennien zur Wolluſt und zur Ehe / Dem kuͤnfft’gen Fuͤrſten an. Warumb ruͤck’t man denn mir Daß / der ſchon Kaͤyſer iſt / Poppeen kuͤſſe / fuͤr? Die Ehr’ / in welche mich die hohen Aempter heben /420. Die Luſt / die Nerons Tiſch’ und Schauplatz mir kan ge - ben / Bezahlen reichlich mir den wenigen Verluſt.
Welch Traum verwirr’t dein Haupt / welch Wahn - witz deine Bruſt? Wilſtu von Diſteln Frucht / von Schlangen Gunſt erlan gen? Du wirſt zur Bluͤthe Schimpff / zur Frucht den Tod em - pfangen. 425.Diß ſtiftet / der durch Gifft verzuckert-ſuͤſſer Gunſt Den man bring’t zur Geduld / ſein Weib zu boͤſer Brunſt. Ruͤhmſtu dich: Daß der Fuͤrſt mit Aemptern dich beruͤcket? Man ſper’t die Vogel ein / die man nicht bald erdruͤcket; Diß guͤldne Keficht zeucht den Untergang nach ſich. 430.Jſt dir noch nicht bewuſt; Warumb der Kaͤyſer dich Nach Hofe fordern laͤßt?
Jch ſol an Tagus reiſen.
So pfleg’t man unter’m Schein der Ehren zu ver - weiſen Den / der des Kaͤyſers Luſt ſol keinen Eintrag thun. Wo anders tolle Brunſt es laͤß’t hierbey beruh’n. 435.Denn wer vom Hofe koͤmm’t / koͤmm’t endlich auch vom Leben. Kan Clytemneſtre dir kein bluttig’s Beyſpiel geben? Ein Weib / verſichre dich / daß Eh’ und Eyde bricht /C 5Haͤlt42.Haͤlt Blutt-Beil / Gift-Glaß / Dolch fuͤr kein Verbrechen nicht.
Jch wil auff ihre Treu’ auf’s Kaͤyſers Gnade hof - fen. 440.Jch muß zum Kaͤyſer eil’n / das Vorgemach ſteh’t offen;
Geh hin! Wer ſelbſt ſich ſtuͤrtz’t iſt nicht bejam̃erns werth. Wo aber wird von uns das Segel hingekehr’t? Umb das Sirenen-Lied Poppeens zu umbſchiffen? Es werde der Magnet der Laſter nur ergriffen /445. Nach dem uns der Compaß der Tugend irre macht. Nur Muth! Durch Kuͤhnheit wird gefaͤhrlich Ding voll - bracht.
Mein Freund / dir unſre Gunſt nun wuͤrcklich kund zu machen / Und daß wir fuͤr dein Heil ſo wie fuͤr unſers wachen / Sol unſer itzig Schluß ein kraͤftig Zeugnuͤs ſeyn /450. Der in gantz Portugal dich ſaͤtz’t zum Land-Vogt’ ein. Nimm Schwerdt und Guͤrtel hin / als Zeichen deines Standes. Die Vollmacht: und / nach dem der Zuſtand ſelbten Lan - des Nicht kan ſein Haupt entpehr’n / ſo muß noch dieſen Tag Die Reyſe ſeyn beſtell’t. Dein Weib Poppee mag /455. So viel ihr Hauß vergoͤnn’t / in-des zu Hofe leben.
Daß ihre Majeſtaͤt mich zu der Wuͤrd’ erheben / Jſt kein gemeiner Strahl des Kaͤyſers Gnade nicht. Jch opffere dafuͤr / Gehorſam / Treue / Pflicht; Und wuͤnſche: Nerons Hauß moͤg’ ewig ſieghaft bluͤhen. 460.Wie aber? Darf mit mir nicht auch Poppee zihen?
Der Frauen Zaͤrtligkeit ſaͤum’t Reiſen allzuſehr: Zu dem iſt Nerons Schluß: Daß kuͤnftig Niemand mehr /Dem43.Dem man ein Land vertrau’t / ſein Weib ſol mit ſich fuͤh - ren. Der Kuͤhnſte muß durch ſie oft Hertz und Muth verlieh - ren. 465.Wenn es zum Treffen komm’t. Schein’t aber Gluͤck und Ruh / So eignet ſie wol gar ihr Heer und Laͤnder zu / Schaͤtz’t Voͤlcker / muſtert Volck / gib’t Sold nach ihrem Willen. Uns denck’t: Daß ſich ein Weib ein gantzes Heer zu ſtil - len Jm Aufruhr unterſtand. Wenn ſtraff’t der große Rath470. Je einen: Daß er Land und Volck erſchoͤpffet hat / Da nicht das Weib mehr hat der Laͤnder Schweis erpreſ - ſet? Jhr Geld-Durſt ſaͤuget aus / was Ehrſucht uͤbrig laͤſſet / Nach dem des Oppius Geſaͤtz’ iſt abgebracht / Das aber von ſtund-an der Kaͤyſer giltig macht.
Der Vorwelt raue Zeit bedorffte raue Lehren. Jetzt aber nun die Welt demuͤttig Rom muß ehren / Nun nichts als Friede bluͤh’t / ſo ſchein’t es was zu ſcharf: Daß kein belibtes Weib dem Manne folgen darf. Wordurch wird / wenn man itzt koͤmm’t Krafft-loß aus den Schlachten480. Wenn Sorg und Rathhauß uns uns hat laſſen halb ver - ſchmachten Das laͤchſende Gemuͤtt’ erfreulicher erfriſch’t; Als wenn der Liebſten Hand uns Schweiß und Staub ab - wiſch’t. Geſaͤtz’t: Daß eine / zwey / und mehr oft was verbrochen / Wie kan auf aller Hals das Urtheil ſeyn geſprochen? 485.Die Maͤnner haben Schuld an allem / was geſcheh’n / Die ihnen allzuviel meiſt durch die Finger ſeh’n. Der Weiber Schuld reich’t uns an Laſtern nicht den Schatten. Wie? Daß man gleichwol uns pfleg’t Laͤnder zu verſtat - ten. Und Uns zu Haͤuptern ſaͤtz’t? Zu dem ſo traͤget manDer44.490.Der ſchwachen Fauen Gunſt faſt frembder Wolluſt an / Durch Abſein langer Zeit / in dem des Argos Augen Auch gegenwaͤrtig nicht zu Keuſchheits-Huͤttern taugen.
Es iſt des Kaͤyſers Schluß. Was wendeſtu viel ein? Wer Fuͤrſten wil gefall’n / muß nur gehorſam ſeyn. 495.Dein Ampt kan den Genuͤß Poppeens leicht erſaͤtzen. Du kanſt ſtatt einer dich mit hunderten ergaͤtzen. Die Goͤtter geben Gluͤck und Heil zur Reyſe dir. Otho. Jch wuͤnſche noch ſo viel dir Segen / als du mir.
Du guͤld’nes Rom / du ewig’s Haupt der Erden /500. Wir wachen zwar bey Veſtens Glutt und Heerd’; Daß ſie nicht ſoll’n zu todter Aſche werden; Daß ſich das Oel in Ampeln nicht verzehr’t: Allein’ umbſonſt! Kein Zunder wil mehr glimmen / Die Flamm’ erſtick’t / die Drommel klinget hohl /505. Der Goͤttin Bild ſchein’t ſelbſt ſich zu ergrimmen / Jhr Sitz erbeb’t / kein Weyrauch raͤucht mehr wol.
Jſt / Schweſtern / Diß wol Wunderns werth? So bald in Jlium der Geilheit Brunſt entglam / Und Paris Helenen dem Menelaus nam;510. Ward unſer Feuer auch verzehr’t. So bald ihr Tempel ward befleck’t Entwiech die Goͤttin weg / ihr Bild ward fortgetragen; Gantz Troja ward in Brand geſteck’t / Der Stamm des Dardanus vertilget und zerſchlagen.
So iſt’s / Rom wuchs’ aus Trojens Grauſ’ und Flamme. Doch45.Doch / der hieher das Heyligthum gebracht / Wird ewig bluͤh’n in Cæſars Blutt’ und Stamme; So lang er nicht diß Heil’ge fleckicht mach’t. Was ſagſt denn du / Caßandra diſer Zeiten /520. Von Aſiens Begraͤdnuͤß’ auf uns wahr? Wer iſt beleg’t mit Paris Uppigkeiten? Und wer befleck’t der Goͤttin ihr Altar?
Die Priſterin traͤg’t ſelbſt den Fleck / Der Fuͤrſt har ſie durch Zwang entweyh’t mit boͤſer Luſt. 525.Weg Guͤrtel von der Schooß / weg Monde von der Bruſt / Weg Haube / Krantz und Schleyer weg! Jch ſeh’ in Rom ſchon Trojens Brand / Von Agrippinen iſt die Fackel ja gebohren; Dem Otho wird Poppe’ entwand /530. Und fuͤr die Helena das Kaͤyſerthum verlohren.
Hilf Himmel! iſt ſolch Greuel vorgegangen: So iſt’s mit Rom und unſerm Feuer aus! Wenn Hecuben kein Opffer Gluttwil fangen / Spiel’t ſchon die Glutt umb Aßarachs ſein Hauß. 535.Die Mauren / die gleich Goͤtter aufgefuͤhret / Sind Laſtern doch kein ſattſam ſicher Schild. Das Gluͤck’ iſt hin / ſo bald uns wird entfuͤhret Der Jungfrauſchafft beſchirmend Pallas-bild.
Ach ja! hoͤr’t / wie der Blitz ſchon krach’t! 540.Der aus Auguſtus Hand der Kaͤyſer Zepter ſchlaͤg’t. Der Lorber-Wald verdorr’t / den Livie geheg’t / Woraus man Sieges-Kraͤntze macht. Sol nun auch Rom vertilg’t nicht ſeyn; So muß durch meinen Tod verſoͤhn’t die Goͤttin werden. 545.Kommt / Schweſtern / ſchluͤß’t in Sarch mich ein / Vergrab’t mit Milch und Brod mich lebend in die Erden.
Unſchuldig Blutt haͤuff’t was der Himmel dreuet. Ein mit Gewalt gekuͤßter Mund ſpruͤtz’t weg Den Kuß / die Schmach. Wird gleich der Leib entweyhet /550. So brenn’t doch Zwang der Seele keinen Fleck. Es werd’ auf ſie geweyhte Flutt geſpritzet! Numicus Strom wuͤrck’t was Canathus Flutt’ / Wo nur des Leibes Jungfrauſchafft erſitzer. Die Seele wird gereinig’t nur durch Blutt.
Durch Blutt faͤll’t freylich Boßheit hin! Glaͤubt: Daß ſo bald der Menſch mit Laſtern ſich ver - greif’t / Die Rache Jupiters auch ſchon die Keile ſchleiff’t. Mein gantz verzuͤckter Geiſt wird inn’ / Und ſiht: Wie auf die geile Bruſt560. Der Mutter auch ein Sohn den ſtumpffen Dolch muß we - tzen. Poppee biß’t auch Schuld und Luſt Und Nero muß die Fauſt im eignen Blutte netzen.
Laßt’t ſchuldig Blutt die Miſſethat bezahlen. Wir woll’n die Glutt auf’s neue machen klar. 565.Saͤtz’t Flutt und Oel an Titans heiſſe Strahlen / Streu’t rothes Saltz zum Opffer auf’s Altar; Daß mit der Schuld auch Unſchuld nicht darf leiden. Gluͤck zu! Gluͤck zu! Die Flamme ſteck’t ſich an! Nun moͤg’t ihr euch / ihr Sterblichen / beſcheiden:570. Daß Andacht auch die Sternen meiſtern kan.
Das Tigerthier / das erſt der Fuͤrſt hat loß gelaſſen / Faͤng’t itzt den Jaͤger an ſelbſt grimmig anzufaſſen; Und / nun ihm Stahl und Gifft ſchein’t allzu ſchwach zu ſeyn / So faͤſſelt ſie den Printz mit Zauber-Kreißen ein5. Durch raſend-tolle Brunſt. Des Kaͤyſers Mutter kirret Den Sohn zur Blutt-Schand’ an / nach dem ſie gantz ver - wirret Durch gift’gen Ehrgeitz iſt.
Es kommt unglaub - lich mir: Daß Agrippineus Hertz ſolch Laſter koche / fuͤr.
Die That iſt Sonnen-klar. Denn / als ſie wahr ge - nommen:10. Daß Cæſarn Hitz’ und Wein war in die Stirne kommen / Als Zunder geiler Luſt / drang Agrippine ſich Zur Taffel in’s Gemach. Der Sonne Gold erblich Fuͤr Demant und Rubin / darmit ſie war behangen. Jhr Gold-beſtreutes Haar nebſt den bebluͤmten Wangen /15. Jhr Ambra-hauchend Mund / die gantz entbloͤßte Bruſt War ihrer Geilheit Garn / der Leim vergaͤllter Luſt. Als Libes-aͤugeln ihn zu zwingen nicht war kraͤftig / War ſeiner Lippen Brand umb ihren Mund geſchaͤftig / Die Bruͤſte ſchwellten ſich hoffaͤrtig in die Hoͤh /20. Durch ſchnelles Athem-hoͤhl’n. Gleich / als aus diſer See Sein ſchon verſchmachtend Hertz die Nahrung ſolte ſau - gen Der ſuͤſſen Anmuths-Milch. Diß Gift drang durch die AugenDem48.Dem Kaͤyſer in die Seel’. Er ſtand gleich als ein Stein / Als Leichen / die geruͤhr’t von lichtem Blitze ſeyn /25. Wenn itzt der Swefel-loh durch Glied und Adern faͤhret. Jn dem der Lides-ſtrahl das Hertz in Aſche kehret Die Glieder in Porphyr. Diß / und was ſonſt noch kan Der Unzucht Vorſchmack ſeyn / ſah’ ich und ander’ an; Biß / als diß Zauberwerck ihn nur mehr hungrig machte /30. Sie auf Erſaͤttigung der letzten Speiſe dachte / Und ihn durch einen Winck rief in ſein Schlafgemach. Burrh. Jhr Goͤtter! aber folg’t ihr denn der Kaͤyſer nach? Acte. Wie ein noch ſaugend Lamb der Mutterlichen Am - me.
Der Satyrus umbarm’t ſo auch die ſchoͤne Flam - me /35. Ob ihm gleich Lieb und Glutt dar ſein Begraͤbnuͤs bau’n. Burrh Jſt Agrippinen wol die Unthat zu zutrau’n? Acte Die Ehrſucht ſchaͤmet ſich kein Laſter zu begehen. Die macht: Daß Purperbett’ auch Knechten offen ſtehen / Daß Agrippine wird vom Lepidus befleck’t /40. Daß ſie die geile Schooß des Pallas Brunſt entdeck’t. Da nun verzweifelnde Gifft oft zur Artzney naͤhmen; Viel minder wird itzt ſie den gift’ gen Eyfer zaͤhmen / Weil ſie / die vor geherſch’t / nunmehr gehorchen muß. Denn diß / was man geſchmeck’t / wird mit vielmehr Ver - druß45. Und ſchaͤlerm Aug’ entpehr’t / als was uns nie ergetzet.
Geſaͤtz’t: Daß Ehrgeitz ſie zu ſolcher Brunſt ver - hetzet / Geſaͤtz’t: Daß ſie Verſuch anreitzend auf ihn thu’: So trau’ ich doch ſo viel des Kaͤyſers Tugend zu: Er werde ſich behertz’t der Boßheit widerlegen.
Der Jugend weiches Wachs laͤßt alles in ſich pre - gen. Voraus druͤck’t ſich das Bild der Wolluſt ihm leicht ein. Welch zarter Geiſt kan auch mehr rau / als eiſern ſeyn? Der ſich nicht den Magnet der Schoͤnheit laſſe zihen. Wo der Gelegenheit bequeme Blumen bluͤhen /55. Reitz’t das Zuneigungs-Aug’ auf Roſen auch den Geiſt /Wo49.Wo gleich der Laſter-Dorn ihr ſchnoͤdes Haupt umb - ſchleuſt.
Kan der Vernunfft ihr Zaum ſie nicht zu ruͤcke hal - ten / Wird der Begierden Brand aus Abſcheu ja erkalten / Durch Kaͤlte der Natur / die geile Lilgen ſaͤm’t60. Umb keine Mutter-Bruſt. Die Boßheit ſteht beſchaͤm’t Und laͤſch’t die tolle Brunſt in dieſen Marm̃el-Kwaͤllen / Daran die Zunge ſoog. Ja dieſer Baͤlg’ aufſchwellen Blaͤſ’t Venus Fackel aus durch keuſchen Athem-Wind.
Diß ſehen Augen zwar / die nicht vernebelt ſind:65. Wenn aber ſchon ein Fuͤnck’ im Hertzen Zunder findet Brenn’t alles lichter loh. Vernunft und Tugend’ſchwin - det Fuͤr dem Begierden-Rauch’und der Bethoͤrte kenn’t Gebluͤtt’ und Mutter nicht. Burrh. Was auf den Lippen brenn’t Der Mutter / iſt nicht Gift / nicht Schwefel boͤſer Luͤſte. 70.Zu dem traͤg’t jede Frau faſt itzo nackte Bruͤſte. Die aber / die ihr gleich laͤß’t kuͤſſen Mund und Bruſt / Macht nicht die Schooß bald feil fuͤr’ die verboth’ne Luſt. Acte. Wen auf der Bruͤſte Felß / auf die Corallen Lip - pen Der Augen Jrrlicht fuͤhr’t / der ſtrandet an den Klippen75. Der geilen Schooß un-ſchwer. Hier rinn’t die Wunder - Flutt Da oben ſich ſteck’t an der Libes-Fackel Glutt / Und in dem Grunde nur die heiſſe Flamme daͤmpffet. Ob wieder die Natur gleich auch ſolch Feuer kaͤmpffet / So biß’t doch die Natur fuͤr Agrippinen ein /80. Weil ihre Wuͤrckungen mehr als Natuͤrlich ſeyn. Jn ſie ward Claudius durch Zauberey verlibet. Senec. Daß man die Uhrſach erſt ſo frembden Kuͤnſten gi - bet: Der Libreitz einer Frau iſt ſchon die Zauberey. Sie mach’t aus Wachſe Stahl / bricht Ertzt und Stein entzwey. 85.Der Fiſch / der in der Flutt die Tugend hat zu brennen /DDer50.Der auch ein ſtaͤhlern Garn kan als wie Wachs zertren - nen / Verlieret mit der Krafft die Freyheit / wenn ihn ruͤck’t Ein Netze / welches man aus Weiber Haaren ſtrick’t.
Steck’t beyder Hertze nicht noch voller Zorn und Gallen? 90.Sie reitz’t Regierſucht ja / nun ſie ſo hoch gefallen; Jhn ſticht die Eifer-ſucht: Weil ſie ſtets herrſchen wil. Wie kan ſolch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel Des Libens ihm ſeh’n ab? Acte. Wer weiß nicht daß die Rache Mit Zucker falſcher Hold ihr Gift-Glaß ſuͤſſe mache. 95.Der Zorn / der auch gleich ſonſt das Unrecht graͤb’t in Stein / Schreib’t nur in Sand und Staub der Frauen Fehler ein / Die ein Verlibter Hauch / ein linder Weſt verſtreichet.
Es ſey dem / wie ihm ſey. Wenn ſchon der Kranck’ erbleichet / Jſt Kraut uud Saft umb ſonſt. Ein Artzt muß ſeyn be - muͤh’t /100. Mit Mitteln / wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl ſiht. Warumb ſpar’n wir den Rath biß daß die That begangen Fuͤr welcher Rom erſtarr’t? Es werd’ auch gleich ent - hangen / Daß dieſes Gift nicht ſteck’ in Agrippinens Bruſt; Der Artzney uͤbrig Brauch iſt kein ſo groß Verluſt /105. Als wenn durch Sparſamkeit der Krancke Schiffbruch lei - det.
Gar recht! Jedoch welch Artzt iſt / der hier ſicher ſchneidet / Wo der Begierdens-Krebs ſchon an dem Hertzen nag’t? Wo Ungedult den Geiſt / das Fleiſch der Kitzel plag’t?
Der thu’ es / der darumb dem Printz ſteh’t an der Seiten.
Auf diſem Eiſe pfleg’t der Kluͤgſte meiſt zu glei - ten. Dem51.Dem Frauen-Zimmer ſteh’t hingegen etwas frey / Was uns verbothen iſt. Jch meines: Acte ſey / Die ſich am ſicherſten des Werck’s darf unterſtehen /
Jch aͤrmſte! Sol fuͤr euch aus Vorwitz unter gehen? 115.Das Ampt heiſch’t diß von euch. Wer in der Wuͤrde ſteh’t / Muß reden / was er ſol.
Wenn ſich ein Fuͤrſt ver - geh’t / Muß man mit gutter Arth / nicht mit zu ſcharffer Stren - ge Von Laſtern ihn zih’n ab. Ein Loͤwe / der zu enge Gefaͤſſelt wird / bricht Stahl und Keficht morſch ent - zwey. 120.Ein edles Pferd mach’t ſich von Zaum und Zuͤgel frey / Der ihn zu harte druͤck’t. Sie aber kan verhuͤtten Die That / und darf doch nicht des Kaͤyſers Gunſt ver - ſchuͤtten. Sie melde: Daß die Schaar / die umb den Fuͤrſten wacht / Zu Aufruhr ſey geneig’t / aus eyferndem Verdacht:125. Daß Agrippine mit dem Sohne ſich beflecke / Weil ſie ſo heimlich ſtets bey ihm im Zimmer ſtecke: Und alſo ſchaͤtzten ſie des Kaͤyſerthum’s nicht werth Kein ſo entweyhtes Haupt.
Weil ihr es ja begehr’t / Wil ich auf euer Wort des Werckes mich erkuͤhnen.
Es wird dir zu viel Ruhm / uns zur Vergnuͤgung dienen.
Mein Kind / mein ſuͤſſes Licht / was haͤllt’ſtu laͤnger mir Der halb geſchmeckten Luſt mehr reiffe Fruͤchte fuͤr? Die Libe die ſich noch laͤß’t in den Augen wigen / Laͤ’ßt ſich mit lauer Milch der Kuͤſſe zwar vergnuͤgen:135. Wenn aber ſchon diß Kind biß zu der Seele waͤchſ’t /D 2So52.So| ſiht man: Daß ſein Durſt nach ſtaͤrckerm Nectat laͤchſ’t. Mein Schatz / es ſaͤtig’t nicht des Kuͤſſens reitzend Koſen. Die Purper-Lippen ſind die rechten Zukker-Roſen / Darunter ſtets die Zung’ als eine Natter wach’t /140. Biß uns ihr zuͤngelnd Stich hat Brand und Gifft bey - bracht / Den nur der glatte Schnee der Schooß weiß abzukuͤhlen. Warumb denn liſſeſtu mich deinen Liebreitz fuͤhlen / Wenn du dein Labſal mir zeuchſt fuͤr dem Munde weg? Ach! ſo erkwick’ uns doch der Libeletzter Zweck! 145.Die Anmuth ladet uns ſelbſt auf diß Purper-bette.
Ja / Mutter / wenn mich nicht die Schooß getragen haͤtte.
Die Bruͤſte / die du oft gekuͤß’t haſt / ſaͤugten dich: Was hat nun Bruſt und Schoos fuͤr Unterſcheid in ſich?
Es haͤlt uns die Natur ſelbſt bey dem letzten wie - der
Wirf / was die Freyheit hemm’t / der Thorheit Kap-zaum nider / Der fuͤr den Poͤſel nur / fuͤr Sclaven iſt erdacht. Wenn der Begierden Pferd uns Buͤgel-loß gemacht / So muß ihm die Vernunfft den Zuͤgel laſſen ſchuͤßen / Biß ſich’s nach Muͤdigkeit ſelbſt wider ein laͤß’t ſchluͤßen /155. Wenn es nicht ſtuͤrtzen ſol.
Man ſorge / wenn es ſpring’t: Daß uns der Wille nicht einſt aus dem Buͤgel bring’t. Denn ſol man allererſt den Zuͤgel ihm enthengen / Kan’s uͤber Stock und Stein uns leicht in Abgrund ſpren - gen.
Was fuͤr ein Abgrund kan hier wol befuͤrchtet ſeyn?
Die Suͤnde.
Bilde dir ſolch alber Ding nicht ein. Wer unter Satzung leb’t / kan nur Verbrechen uͤben. Wer aber hat Geſaͤtz’ je Fuͤrſten vorgeſchriben?
Mein’t ſie: Daß Goͤttern nicht die Suͤnde mißge - faͤllt?
Jm Himmel herꝛſchet Gott / der Kaͤyſer auf der Welt.
Hier daͤmpf’t ſelbſt die Natur Scham-roͤthend die Begierde.
Nein! Jhr Magnet zeucht ſich zum Nord-ſtern reiner Zierde.
Abſteigendes Gebluͤtt’ iſt uͤber’n Mittags-Kreiß / Daruͤber kein Magnet von ein’ger Wuͤrckung weiß.
Der Liebe mehr denn viel / die ihre Flammen ſaͤ - men. 170.Jn alle Seelen kan. Sol ſich die Mutter ſchaͤmen Zu liben ihren Sohn? Die mit der Milch ihm floͤß’t Die Libes-Ader ein. Der Unhold Gift-Maul ſtoͤß’t So herbe Schleen aus / und ſuch’t die Libes-Kwaͤllen / Die in der Kinder Hertz’ entſpringen / zu vergaͤllen. 175.Wer ſol die Mutter-Bruſt mehr liben / als ihr Kind?
Ja / aber daß darzu nicht gifft’ge Wolluſt rinn’t.
Wo Libes-Sonnen ſteh’n folg’t auch der Wolluſt Schatten.
Pfleg’t doch der Storch ſich mit der Mutter nicht zu gatten.
Einfaͤlt’ger! Wer gib’t dir ſo alb’re Fabeln ein? 180.Worwider Stern und Welt ſelbſt muͤſſen Zeugen ſeyn. Wir muͤſſen die Natur der Dinge Zirckel nennen. Denn wuͤrde nicht ihr Lauff zu ſeinem Uhrſprung rennen / So wuͤrd’ ihr Uhrwerck bald verwirr’t und ſtille ſteh’n. Des Himmels Umb-trieb muß nach Oſten widergeh’n /185. Wo ſein Bewegungs-Kreiß den Uhrſprung hat genom - men. Der Fruͤhling muß zum Lentz / der Fluß zum Kwaͤlle kom - men. Die Sonne rennet ſtets der Morgen-roͤthe nach / Und ihrer Mutter Schoos iſt auch ihr Schlaf-Gemach. Warumb ſol denn diß Thun als Unthat ſeyn verfluchet /190. Wenn ein holdreicher Sohn die Schoos der Mutter ſu - chet? Den Brunnen der Geburth? Da er der Libe Frucht Und die Erneuerung des matten Lebens ſuch’t.
Es laͤß’t hierinnen ſich aus Gleichnuͤſſen nicht ſchluͤſſen.
Der Kaͤyſer mach’t ihm nur ein allzu zart Gewiſ - ſen /195. Und laͤß’t ſich binden diß / was ihn nicht binden kan. Ward ein Geſaͤtze doch auch damals abgethan / Als Claudius mit uns vermaͤhlet wolte leben. Warumb kan Nero denn nicht auch Geſaͤtz’ aufheben?
Von’s Brudern Tochter ſchick’t zur Mutter ſich kein Schluß.
Jſt ichtwas / daß ſich nicht den Fuͤrſten ſchicken muß? Zu dem / wird denn von uns / was unerhoͤrt / begehret. Hat Macareus nicht der Canacen gewehret / Was er auf ſo viel Thraͤn’ und Saͤufzen uns nicht gib’t. Als ſich Antiochus in’s Vatern Frau verlib’t205. Hat ihm Seleucus ſtracks die Mutter abegtretten.
Kan frembder Jrrthum uns von dem Verbrechen retten?
Der Perſen Recht laͤß’t zu: daß eine Mutter ſich Jn’s Sohnes Bette laͤgt. Und du beſorgeſt dich: Daß / was den Poͤfel nicht beſtrickt / uns Fuͤrſten binde.
Viel / was der Perſe lob’t / iſt bey den Roͤmern Suͤnde.
Geſaͤtzt: Daß nnſre Lieb’ je ein Verbrechen ſey; Geſaͤtzt: Daß Muͤttern nicht was Frembden ſtehe frey / So dencke: Daß wir ja hier nicht aus Vorſatz irren. Sol ſich der Vogel nicht in’s Netze laſſen kirren /215. So pflantz’ ihm die Natur nicht das Geluͤſten ein; So tilge ſie den Baum / wo ſchoͤne Beeren ſeyn. Wenn in den Augen ſchon der Schoͤnheit Schwefel ſte - cket / Wird in dem Hertzen leicht ein ſolcher Brand erwecket / Der nicht zu leſchen iſt / biß Licht und Tacht entgeh’t /220. Und der Vernunfft Geſicht’ in vollem Rauche ſteh’t. Sol der nun ſtrafbar ſeyn / der nicht durch Nebel ſihet. Der ſich nicht leſchen kan / wie ſehr er ſich bemuͤhet? Erwege doch mein Kind: Man nimm’t geweyhtes BrodtZulaͤß -55.Zulaͤßlich vom Altar bey aͤrgſter Hungers-Noth:225. Jch aber / die ich doch der Brunn bin deines Lebens / Bitt’ umb die Nahrungs-Milch der Libe ſo vergebens. Werd’ alſo nur fuͤr Brunſt erduͤrſtende vergeh’n / Wo tauſend Kwaͤllen doch beliebten Nectars ſteh’n.
Kan wol ein Mutter-Hertz empfinden ſolche Schmertzen?
Jch libe dich mit mehr als. Muͤtterlichem Hertzen. Jch nehme nun nicht mehr den Nahmen Mutter an / Weil keine Mutter doch ſo hefftig liben kan. Er zittert / er erblaß’t / ihm beben alle Glieder / Jtzt ſaͤuftz’t / itzt laͤchelt er; itzt komm’t die Farbe wider! 235.Jch merck’ es: Agrippin’ iſt allzu zaghaft noch. Wo Worte Kraft-loß ſind / da fruchten Wercke doch. Jch falle dir zu Fuß’ / ich kuͤſſe Knie und Haͤnde. Mein Kind / erbarm dich doch / und kuͤhle Brunſt und Braͤnde? Wie? oder muß ich gar in Aſche ſeyn verkehr’t /240. Jn dem dein Hertze Schnee / dein Antlitz Feuer nehr’t? Schau / wie der Seele Dampf in Thraͤnen ſchon zerfluͤße? Die Lippe ſchwitzet Oel und Balſam heiſſer Kuͤſſe! Die rothe Flamme kroͤn’t der Bruſt geſchwellte See; Und Nerons Leib bleib’t Eiß / und Nerons Hertz’ iſt Schnee? 245.Mein Licht / komm laſſe doch aus dieſen Marmel-Bruͤ - ſten / So wie vor Milch / itzt Oel zu ſaͤugen dich geluͤſten: Schmeck’ / ob hier nicht was mehr als Milch fuͤr Kinder rinn’t; Weil dieſe Berge doch der Richt-paltz Jda ſind / Da Hoheit und Verſtand von Schoͤnheit wird beſiget. 250Kom̃ ſchmeck’: ob man hier nicht mehr guͤldner Aepffel kri - get / Als wol Granaten ſind. Der Garten einer Schooß Jſt ſchoͤner / als wormit ſich Heſperis macht groß. Die Frucht / die hier wird reif / iſt Himmel-Brod der Er - den Jſt Nectar aller Welt.
Wer hier nicht luͤſtern werdẽ /D 4Wer56.255.Wer hier nicht naſchen wil / muß ein entſeelter Stein / Nicht Agrippinens Kind / nicht ihr Gebluͤtte ſeyn Komm / Mutter / labe mich mit deinen Mund-Corallen / Wo mein verlibter Geiſt nicht ſol in Ohnmacht fallen! Jch brenn’ / ihr Bruͤſt’ / ich brenn’ / itzt hab ich erſt ge - ſchmeck’t:260. Daß in dem Schneegebirg’ ein feurig Etna ſteck’t. Mein Licht / ſo laſſe nun mit kuͤhlen Anmuths-Wel - len Dis Alabaſter-Meer ſich gegen mir aufſchwellen / Darinnen ſich der Brand der Seele leſchen kan; Entbloͤß’
Ach Fuͤrſt! es ſpinn’t ſich aͤrgſter Aufruhr an!
Wer heißt unangeſag’t dich in das Zimmer drin - gen?
Die ſchreckliche Gefahr / die ich euch zu muß brin - gen.
Was fuͤr Gefahr? Acte. Das Heer der Leibwach iſt entpoͤr’t / Und geh’t| mit Meyneyd umb. Nero. Warumb? Haſtu gehoͤr’t Des Laſters Uhrſprung? Acte. Ja. Es meint: Daß A - grippine270. Mit ihrem Sohne zu beflecken ſich erkuͤhne. Hierdurch erlaſſe ſie der Himmel ihrer Pflicht.
Woher ruͤhr’t ſolch Verdacht?
Zwar eigen weiß ich’s nicht; Doch muthmaß’ ich: Es ſey der Zunder dieſer Flammen: Daß beyd’ im Schlaffgemach’ alleine ſind beyſammen.
Ach Fuͤrſt! ach Kaͤyſerin! ſie und auch er erbleich’t / Wo ſie nicht Angeſicht’s aus dem Gemache weich’t.
Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr ſchauen?
Jhr Schauen zeuch’t nach ſich bey Hofe Mißver - trauen.
Wer gib’t dem Hofe Macht zu urtheil’n / was ge - ſcheh’n.
Man muß bei’m Aufruhr oft was durch die Finger ſeh’n.
Frau Mutter / ſie entweich’ umb den Verdacht zu ſtillen /
Jch wil des Kaͤyſers Heiß unweigerlich erfuͤllen. Jedoch / heiß’t man uns gleich itzt aus dem Zimmer geh’n / So bleib’t im Hertzen doch des Kaͤyſers Bildnuͤs ſteh’n.
Jch muß den Argwohn geh’n der Wache zu beneh - men / Eh als diß Unkraut ſich noch weiter aus mag ſaͤmen.
Jch ſorge groſſer Fuͤrſt / er wird zu letzte fuͤhl’n Mit was fuͤr Nattern wir in unſerm Buſem ſpiel’n. Gar recht! ein Jaͤger pfleg’t nicht anders auf zuſtellen /290. Wenn er ein fluͤchtig Reh wil in die Garne faͤllen. Wohin renn’t Agrippin’ / umb ſich nur zu erhoͤh’n? Der Kaͤyſer kan uns nicht Gewiſſenbaft umb-ſteh’n. Daß ihr hat Unzucht ſoll’n zu Ehren-fluͤgeln dienen. Mein Fuͤrſt! Es iſt gethan; im Fall er Agrippinen295. Drey Tage leben laͤß’t / die ſich nicht ſelbſt mehr kenn’t Fuͤr raſender Begierd? Allein’ ihr Hertze brenn’t So ſehr von Libe nicht / als ſie von Rache gluͤhet; Dardurch ſie ſich den Thronan ſich zu zih’n bemuͤhet / Den Zepter aber dir zu winden aus der Hand /300. Und ſolte gleich ſie ſelbſt durch ihren Ehren-Brand Jn Aſche ſeyn verkehr’t. Denn die Begierde duͤncket Die Flutt / in welcher nur ihr Todes-Feind ertrincket / Ein ſuͤſſer Thau zu ſeyn / wenn ſchon ſie ſelbſt zugleich Mit in den Abgrund faͤll’t. Sie libet Kron und Reich /305. Nicht aber / Kaͤyſer / dich. Jhr Liebreitz iſt nur Rache. Sie ſuch’t nur: Daß ſie dich der Welt gehaͤſſig mache /D 5Und58.Und daß aus deinem Sarch’ ihr Lorbern moͤgen bluͤh’n. Weil ihr dein Ruhm Verluſt / dein Unfall bring’t Gewien. Anicet. Sie hat den Halß verwirg’t nur durch die boͤſen Luͤſte. 310.Des Ninus Fauſt durchſtach der geilen Mutter Bruͤſte. Wil ſie Semiramis / muß Nero Ninus ſeyn. Denn Blutt waͤſch’t Boßheit ab / mach’t Seelen Tauben - rein.
Jch gebe leitchlich nach: Daß unter einem Scheine Des Libens / Agrippin’ uns nur zu ſtuͤrtzen meine /315. Daß wir durch ihren Tod ſind vielen Kummers frey / Daß ihr erſtarrter Leib des Reiches Pfeiler ſey / Jn dem ich itzt muß ſelbſt fuͤr ihrer Brunſt erſchrecken / Dadurch ſie (ich geſteh’s) hat wollen uns beflecken: Alleine geb’t uns nur ein Mittel an die Hand /320. Zu toͤdten dieſen Wurm zu laͤſchen ihren Brand.
Jſt Gifft / iſt Eiſen denn fuͤr ihren Halß zu theuer?
Nein! nein! Solch Waſſer laͤſch’t nicht ſicher die - ſes Feuer. Wall’n wir die Mutter uns zu toͤdten unterſtehn / So muß man wegen Rom mehr als behuttſam geh’n. 325.Der Eyſer fuͤr ihr Heil ſteck’t noch in tauſend Seelen. Meinſtu daß ſich der Mord durch Dolche laͤß’t verhoͤlen? Ja wer iſt ſo behertz’t / der ſich den Stahl erkuͤhn’t Zu ſtoſſen in ihr Hertz? Das Gift-Glaß gleichfalls dien’t Zu unſerm Zwecke nicht: Wir haben laͤngſt erfahren:330. Daß ſie fuͤr Giffte ſich pfleg’t taͤglich zu verwahren. Wir haben’s ſchon dreymahl vergebens ihr bracht bey. Gefaͤtzt: Daß Gift ſie auch zu toͤdten kraͤftig ſey / So wird ſich’s doch bey uns ihr nicht gewehren laſſen. Denn / da Britannieus hat muͤſſen ſo erblaſſen /335. So geh’t zum andern mal nicht unverdaͤchtig an Diß / was durch Zufall ſich nicht oft ereignen kan. Die Diener / die ſie hat / ſind auch nicht zu beſtechen. Denn ſie als Meiſterin in ieglichem Verbrechen / Weiß aller Liſt und Kunſt zu kommen kluͤglich fuͤr. 340.Juͤngſt meinten wir gewiß in ihrem Zimmer Jhr Durch kuͤnſtlich Taffelwerck das Todten-brett zu ruͤcken /Daß59.Daß ſie durch ſchnellen Fall im Schlaffe ſolt’ erdruͤcken. Allein in dem ſir fruͤh des Anſchlags ward gewahr Entkam ſie ſonder Noth der koſtbaren Gefahr.
Ein Vogel / dem der Strick zu plump iſt / bleibt an Baͤumen Zu letzte kleben an. Jch weiß ſie weg zu raͤumen Ein einig Mittel noch.
Eroͤffn’ es: was es ſey.
Ein Schiff / das auf der See bricht von ſich ſelbſt entzwey.
Wo iſt im Augenblick ein ſolches Schiff zu krigen.
Jch hab’s ſchon bey der Hand / nechſt am Geſtade li - gen. Jch / der ich von Kind-auf mit unverfaͤlſchter Gunſt Dem Kaͤyſer treu geweſt / hab’ es durch Witz und Kunſt So artlich außgedacht: Daß es in See und Wellen Jed weden / wen man wil / ohn’ andrer Noth kan faͤllen.
Saͤnk’t uns folch Unfall denn in keinem Argwohn ein?
Was kan dem Zufall mehr als Schifbruch aͤhnlich ſey? Jſt nicht das wuͤſte Meer ein Spigel ſchnoͤder Sachen / Ein Zirckel Unbeſtands? Der ungepfaͤlte Nachen Ein Brett / da nur der Tod drey vier kwer Finger breit360. Mit unſerm Leben graͤntzt? Mehr als Vermeſſenheit! Dem Fuͤrſten ſchreiben zu und ſein Verbrechen heiſſen / Was Winde / Well’ und Flutt zerſchmettern und zerreiſ - ſen. Geſaͤtzt: Es duͤnck auch wen der Fall nicht ungefaͤhr; Er muß den Argwohns Grund mehr denn zu weit hol’n her365. Den Kaͤyſer und den Sohn mit Mordthat zu beduͤrden. Zu dem / ſo kan der Fuͤrſt mit Sparung keiner Wuͤrden / Die einer Kaͤyſerin man jemals angethan / Sich des Verdachts befrey’n. Man zuͤnd’ ihr Weyrauch an / Man bau’ ihr Tempel auf / man wiedem’ ihr Altaͤre /370. Man eign’ ihr Priſter zu / und thu als ob man waͤre Umb ihren Untergang mehr als zu hoch betruͤb’t.
Jch billige den Rath den Anicetus gib’t.
Wer weiß es: ob ſie ſich ein’ſt auf das Waſſer wa - ge.
Fuͤrſt / Morgen fruͤh geh’n an die fuͤnf geweyhten Tage /375. Da man Minervens Feſt mit tauſend Luſt begeh’t Wo Bajens Luſt-Hauß iſt / und Welſchlands Garten ſteh’t. Hier hat er gutten Fug hinuͤber ſie zu laden Mit Vorwand: Dort mit ihr zu kurtz-weil’n und zu ba - den. Die enge See-ſchos gib’t den wenigſten Verdacht. 380.Denn / da man Bruͤcken vor daruͤber hat gemach’t / Was mag ſie fuͤr Gefahr ſo kurtzen Weg beſorgen?
So ſey’s! Wir woll’n den Tod ihr nicht mehr laͤn - ger borgen. Geh’ / ich vertraue dir den gantzen Anſchlag an / Beſtelle was du darf’ſt ſo heimlich als man kan /385. Dardurch du deinem Gluͤck’ itzt kanſt den Grund-Stein Jch geh’ in deſſen ſie zur Reiſe zu bewegen. (legen /
Hilf Himmel! Wuͤrdig’t uns der Fuͤrſt zu ſuchen heim?
Mein Licht / der Anmuth-Reitz iſt ein ſo zeher Leim / An dem die Fluͤgel doch der Sinnen kleben bleiben /390. Wenn frembde Winde gleich ſie in die Lufft woll’n trei - ben. Der Libes-Wurtzel Safft verſaͤug’t im Hertzen nicht / Wenn gleich des Neides Sturm ihr ein’ge Frucht ab - bricht. Ver -61.Vertirb’t die Bluͤth’ einmal; ſie muß doch ein’ſt gerathẽ; Und Mißwachs wird erſaͤtz’t mit zweyfach-fetten Saaten395. So faͤng’t auch unſre Luſt itzt doppelt an zubluͤh’n / Wenn ihr der Mißgunſt-Zahn wil Milch und Wachs ent - zih’n. Mich ſchmertz’t zwar der Verluſt gewuͤnſchter Suͤſſigkei - ten Und daß man uns verruͤck’t die ſchon geſtim̃ten Seiten; Alleine Baje ſol uns alles bringen ein /400. Dahin wir itzo gleich zu fahren Willens ſeyn Auf der Minerven Feſt. Wil ſie uns nun begluͤcken / So folge ſie uns nach. Dort wird ſich koͤſtlich ſchicken / Wo die gehoͤlten Felß’ als Jrrgebaͤue ſteh’n / Und warme Baͤder kwaͤll’n / uns heimlich zu vergeh’n /405. Und da / wohin kein Stern / die Sonne nie geſchienen / Wo uns kein Aug’ außſpuͤr’t / der Wolluſt zu bedienen. Hier zu Pozzol / und Rom iſt Poͤfel / Heer und Rath Ein Argos / der auf uns wol hundert Augen hat / Der auf iedweden Tritt der Fuͤrſten Achtung gibet.
Daß uns mein Kind iſt hold / daß uns der Kaͤyſer libet / Steck’t mein halb-kaltes Hertz mit neuen Geiſtern an. Daß aber uns der Fuͤrſt die Gnad’ und Gunſt gethan: Uns zur Erluſtigung nach Bajen mit zu nehmen / Heiſcht unſre Pflicht ſich zwar dem Kaͤyſer zu bekwaͤmen:415. Wie aber folgen wir ihm ſonder viel Gefaͤhr / Weil unſre Gegenwart vor ſo verhaß’t ſchon war.
Der Himmel bleib’t belib’t / der gleich zu weilen bli - tzet / Jn dem er mehrmals uns mit fruchtbarm Regen nuͤtzet; So / wird auch unſre Lieb’ itzt erſt recht fruchtbar ſeyn /420. Schloß gleich der Neid ſie einſt in truͤbe Wolken ein. Zu Baje kan Niemand leicht Schaͤlſucht auf uns faſſen / Jn dem wir Heer und Hoff hier meiſt zu ruͤcke laſſen.
Auch die er mit ſich nimm’t / ſind wenig guͤnſtig mir.
Der Schatten komm’t der Furcht als Berg’ und Thuͤrme fuͤr. Kan62.425.Kan auch mein Lorber-Krantz ſie fuͤr der |Neider blitzen / Mein Purper fuͤr dem Dunſt des Argwohn’s ſie nicht ſchuͤtzen?
Mein Kind / es bring’t Verdruß zu oft beiſammen ſeyn / Und Eckel miſchet ſich in ſtetes Kuͤſſen ein.
Welch Jrrgeiſt hat / O Licht / dich auf den Wahn geleitet. 430.Der Libe Fluͤgel ſind aus Wachſe nicht bereitet / Die der gelibte Strahl der Sonne ſchmeltz’t entzwey. Wer hertzlich lieb hat / wuͤnſch’t: Daß er kein mal nicht ſey Von ihrem Strahl entfern’t. Denn diß iſt ſein Vergnuͤ - gen / Wenn er nach Adlers-Art kan an der Sonne fluͤgen;435. Jhr Anblick iſt ſein Geiſt / ſein Spiegel iſt ihr Licht / Jhr Glantz verſehret auch des Hertzens Augen nicht; Jn dem ſie ſich vielmehr durch Anmuths-Blicke ſchaͤrffen.
Jch muß mich nur der Hold des Kaͤyſers unter - werffen.
Das Schiff / mein Licht / wird itzt ſchon Segelfertig ſteh’n /440. Darauf ſie uns kan nach ohn’ allen Umbweg geh’n. Doch laſſe ſie uns hier vor diſe Gunſt genuͤſſen: Daß wir ihr Augen / Hand / und Bruͤſte moͤgen kuͤſſen. Gehab dich wol mein Hertz / nimm einen Kuß noch hin! Denn ich durch dich ja nur herſch’ und beim Leben bin. 445.Nicht ſaͤume dich / mein Licht / bald dorthin zu gelangen / Daß / Seele / dich dein Kind dort wider koͤnn umb fangen.
So ſol nunmehr / ihr grimmen See-Goͤttinnen / Wenn ſich gleich Wolck und Luft nicht ſchwaͤrtz’t / Und Zefyr mit den Segeln ſchertz’t /450. Kein kuͤhner Maſt dem Stranden |mehr entrinnen? Die Felſen ſind mit Leichen uͤberſchuͤttet / An welchen ſich die Flutt ſpiel’t ab / Und unſer Ufer bleibt ein Grab / Jtzt / da nebſt euch Alcyone gleich bruͤttet;455. Wir werden endlich zu begraben Nicht ſattſam Sand und Erde haben.
Jhr Nymfen ihr / in Bajens Luſt-Geſilde / Maͤß’t uns ſo grimmen Sinn nicht bey. Die Schoos der See / auch wir ſind nicht ſo wilde:460. Das Schifbruch unſre Kurtzweil ſey. Wir ſind darumb auf diſes Meer erſchienen / Zu ſamlen Perl’ und Muſcheln ein / Der Kaͤyſerin / der groſſen Agrippinen Sie umb ihr guͤldnes Schiff zu ſtreu’n. 465.Glaubt Schweſtern: Daß mit ſeinem Dreyzanks-ſtabe Neptunus ſelbſt die Flutt beſaͤnftig’t habe.
Laßt / grimme Schaar / dorthin die Augen ſchißen / Wo ihr woltuͤberwiſen ſeyn. Jtzt faͤll’t das Dach des Schiffes ein / Jtzt wird die Laſt auf’s Gallus Kopf geſchmiſſen. 470.Jtzt opffert ihr die Kaͤyſerin den Wellen / Jtzt ſtuͤr’tzt auch Aceronie Und wird entſeelet in der See / Magſtu dich wol / O Himmel / noch erhellen? 475.Und darfſt die Augen ſchoͤner Sternen Nicht von ſo ſchwartzer That entfernen?
Schwaͤrtz’t / Schweſtern / nicht die See mit fremb den Flecken / Wir ſind ſo rein als Perl’ und Flutt. Der truͤbe Schaum der Wellen ſol verdecken /480. Was Kinder-Mord fuͤr Greuel thut. Doch nein! Die See erſchrick’t und wird zu Eiſe / Daß ſolch Chriſtall ein Spigel ſey / Der aller Welt den rechten Steinfelß weiſe / An dem diß Schiff ſich ſtoͤß’t entzwey. 485.Die Laſter ſind die rechten Schifbruchs-Winde. Die Mutter wird erſaͤuf’t vom eignen Kinde.
Schweig’t! ſchweig’t! Das Meer ſtuͤrtz’t oft auch oh - ne ſchaͤumen. Verborg’ne Falſchheits-Klippen ſind Gefaͤbrlicher als Sturm und Wind. 490.Wer wolte ſich von Kindern laſſen traͤumen: Daß ſie ſolch Ding auf Mutter ſolten ſtifften? Das Libes-Oel / der Adern Glutt Jſt nicht ſo kalt als Epp’ und Flutt. Jhr Hertz iſt nicht durch Unhold zu vergiften. 495.Wer aber mag bey Well’ und Winden Aufricht’ge Treu’ und Libe finden?
Eil’t! eil’t! eil’t! eil’t! ihr ſchupffichten Delfinen / Reicht euren holden Ruͤcken dar Den Schwimmenden / errettet Agrippinen500. Aus der verraͤthriſchen Gefahr. Bring’t Schweſtern / bring’t ein Muſchel-ſchiff der Schne - cken / Daß dieſe Venus faͤhr’t an Port: Hoͤrt / Fiſch’ / itzt auf vom Mooß und Felſen-lecken / Helff’t der elenden Mutter fort. 505.Daß alle Welt ein Urtheil koͤnne faͤllen: Ein boͤſes Kind ſey wilder als die Wellen.
Sie naͤhert ſich dem ſchilfichten Geſtade. Jhr ſanften Weſten ſei’t erweck’t / Die ihr in dieſen Kluͤften ſteck’t /510. Eil’t / helf’t! hab’t Acht: Daß ihr kein Unfall ſchade. Du braune Nacht die du ſteck’ſt Agrippinen Geſtirnte Todes-Fackeln an / Dein ſchatticht Sarch ſey weg gethan / Die Sternen ſoll’n zu Freuden-feuern dienen. 515.Gluͤck zu! Gluͤck zu! ſie kommt zu Lande. Schaut aber wie die Boßheit ſtrande!
Bekraͤntzet nun die Unſchuld mit Narzißen / Das blaue-Saltz mit Roßmarin; So lange Jaͤſcht wird umb dis Ufer fluͤßen /520. Soll’n hier Corallen-Zapffen bluͤh’n / Zum Zeichen: Daß / wenn Kinder-hold verlaͤſchet / Das Waſſer muͤſſe Flammen nehr’n. Die Flutt / die doch ſtets diſen Strand abwaͤſchet / Wird dis Gedaͤchtnuͤs nicht verzehr’n /525. Und diſe That wird von der ſtummen Zungen Des Schilffes und der Klippen ſeyn beſungen.
Schoͤpff’t hier der Wuͤtterich / der Bruder-Moͤr - der Lufft? Bring’t er die Nacht mit ſtillem Schlaffe zu? Und mein entſeelter Geiſt hat in der tieffen Grufft Nicht fuͤr der Angſt der muntern Rache Ruh? 5.Jſt nicht mehr wahr? Ein laſterhaft Gewiſſen Wird von den Nattern boͤſer Luſt Von Wuͤrmen banger Furcht gehenckert und zerriſſen. Es bill’t ein Hund ja in der Bruſt So oft das Hertze ſchlaͤg’t / ’der den vom Schlaff’ erwe - cket /10. Den mehr geronnen Blutt als edler Purper decket. War keine geſchaͤftige Spinne nicht dar / Die / als du mir das Gifft-Glaß eingegoſſen / Nahm des mich entſeelenden Reben-ſaffts wahr? Die diß zur Luſt und zur Artzney genoſſen /15. Daraus ich Tod und Galle muſte ſaugen. Die / was fuͤr Grimme that ein Bruder hat gethan / Dir uͤber’s Haupt / und aller Welt fuͤr Augen Durch ihr gewebtes Garn lebendig bilden kan? Ein todtes Schilf wird oft ja Laſtern zum Verraͤther. Ein Schatten und ein Wind erſchreck’t die Ubelthaͤter. 20.Komm’t dir / du Blutthund / nicht mehr ein; Daß / als an mir des Gifftes braune Flecken Sol Mahlerey und Gips verdecken / Die Wolcke muß ein Schwamm / der Regen Tinte ſeyn /25. Der deine Farb außwiſch’t / und auf die Bruſt mir ſchrei - het:Der67.Der Bruder iſt dur’chs Brudern Gifft entleibet. Allein’ / Ertz-Moͤrder / ach! ich ſchau Dein Sinn iſt allzu hart’ / und deine Bruſt zu wilde: Daß dir fuͤr deiner Boßheit grau’ /30. Und ihr Gedaͤchtnuͤs ſich dir durch die Traͤum’ einbilde: So druͤcke dir denn itzt in’s Hertzens Kiſelſtein Diß Gift-Glaß / diſe Glutt der Mordthat Merckmal ein. Entſaͤtz’ſtu dich: Daß Bajens Luſt-Gefuͤlde Jrr-Gaͤrthe blaßer Geiſter ſind / Wo doch ihr kaltes Blutt nicht rinn’t? 35.Die Ferne dient der Boßheit nicht zum Schilde. Der Schatten laͤß’t das Licht Die Kwaal den Thaͤter nicht / Und Rache folg’t biß an das Ziel der Erden. 40.Ein Geiſt mach’t ihm durch Felſen Riß’ / Und Boͤſen muß ein Paradiß Zur Hell’ / ein Blumen-thal zur Schinder-Grube wer - den. Wiß’ aber: Daß die ungeheure That / Fuͤr der der Mond’ erbleich’t / die Geiſter ſich erroͤthen /45. Da du durch Schifbruch dich die Mutter muͤh’ſt zu toͤd - ten / Mich aus der Grufft hieher getaget hat. Allein umbſonſt! Die rinnenden Chryſtallen / Sind zu Vertunckelung ſo grimmer That zu reine. Die See kan nicht ſo kalt / als deine Seele ſeyn /50 Jn der nur Gifft muß ſtatt des Bluttes wallen. Die Welle treib’t an Hafen ſie / Die durch Betrug im Schiffe Schifbruch leidet. Auf! Falle fuͤr ihr auf die Knie / Eh’ als Verzug dir Gnad’ und Gunſt abſchneidet. 55.Doch ach! zu ſpaͤth’. Erſchreckliche Geſtalt! Verwandeln ſich die Oel-Baͤum’ in Zipreßen? Dis Luſthauß wird der Schlangen Auffenthalt / Jch ſehe ſchon den Kaͤyſer Drachen freſſen. Die Erde bricht / der Abgrund krach’t /60. Seh’t: Wie die Wolken ihm nach Haupt und Zepter bli - tzen. E 2Wer68.Wer ihm den Himmel unhold macht Den kan kein Lorber-Krantz nicht fuͤr dem Donner ſchuͤ - tzen.
Hilf Himmel! ich erſtarr’! ich zitter’! ich vergeh’! Wo bin ich? Himmel hilf! im Abgrund’? in der See? 65.Jn einer Todten-Grufft? umbſchrenck’t mit tauſend Schlangen? Mit Aeßern uͤberleg’t? Von Tigern rings umbfangen? Von Blitz’ und Keil geruͤhrt? und gleichwol im Ge - mach? Lebendig? Traͤumet mir? Trabanten! Wer durchbrach Das Zimmer mit Gewalt?
Wir haben nichts vernommen.
Jſt nichts euch zu geſich’t / auch nichts zu Ohren kommen? 2.
Das minſte nicht. Der Hoff iſt ſchon fuͤr laͤngſt zur Ruh.
Jhr Goͤtter! ach! was bring’t uns Paris neues zu?
Durchlauchtigſter / nichts Gutt’s. Nero. Jſt’s ſchon umb uns geſchehen?
Nein! Wo nur Nero weiß die Segel recht zu dre - hen.
Was iſt’s denn? Sag’ es bald? ach! aber wir ſind hin!
Der Schiffbruch hat gefehl’t / es lebet Agrippin’.
Und Nero, leider! muß nu ſterben und verfincken / Eh als Aurora wird der braunen Sonne wincken!
Verzweifelt Unheil krig’t durch Aufſicht oft noch Rath.
Sag’ aber: Wie ſich ſo das Spiel verkehret hat.
Als ſich das Schiff zertheil’t / iſt ſie ans Land ge - ſchwommen.
Woher haſtu bereit die raue Poſt vernommen?
Die gantze Gegend iſt voll Lermen / und erweck’t. Jch weiß nicht / wer ſo bald den Schifbruch hab’ entdeck’t. 85.Das Ufer iſt voll Volck / die See voll kleiner Nachen / Der Fackeln Vielheit kan die Sternen tunckel machen. Viel wateten ins Meer / und reichten ihr die Hand. Nun Agrippinen itzt geholffen iſt an’s Land / Erkling’t Gebirg’ und Luft von hellen Lufft-gethoͤnen /90. Man ſih’t die Huͤgel ſich mit Freuden-feuern kroͤnen. Den Tempeln rennet zu des Poͤfels groͤſter Theil / Und ſag’t den Goͤttern Danck fuͤr Agrippinens Heil.
Fuͤr unſers Niemand nicht! ach leider! Diſe Stun - de Geneſet Agrippin’ / und Nero geh’t zu Grunde. 95.Ein Traum / wo nicht ein Geiſt weiſſagte die Gefahr.
Fuͤrſt / Agerinus iſt von Agrippinen dar.
Hilf Himmel! auch verſeh’n mit viel geharnſchten Scharen?
Jch merckte keine nicht / die ihm zu Dinſte waren.
Was ſol die Botſchafft wol uns von ihr bringen bey?
Nichts / als daß Agrippin’ in Hafen kommen ſey
Geſund und unverletz’t? Anic. Sie hat allein em - pfunden Durch eines Ruders-Streich ein Merckmal einer Wun - den.
Entſchwam ſie uns zur Straff’ alleine diſer Noth?
Nein! Aceronie und Plautus ſind nur todt.
Weiß die Verruchte ſich ſo alber noch zuſtellen? Ja / leider! ja! ſie ſucht durch Einfalt uns zu faͤllen / Und thut: als wuͤſte ſie des Schifbruchs Urſprung nicht / Biß unſre Sicherheit uns Halß und Zepter bricht. Sie wird bald bey uns ſeyn / nicht ihre Rache friſten /110. Den Poͤfel wafnen aus / die Sclaven auf uns ruͤſten / Das ihr geneigte Heer mit Aufruhr ſtecken an. Ja wo ſie nur nach Rom zum Rathe kommen kan / Dem Volcke machen weiß: Wie ſie die Wund empfangen / Wie es bey’m Schifbruch’ Jhr erbaͤrmlich ſey ergangen /115. Daß ihre Freind’ allein’ umbkommen in der Flutt;E 3So70.So koſtet leider es uns Zepter-Ehr uud Blutt. Der Rath wird uns verſchmaͤh’n / der Poͤfel uns verflu - chen / Rom ihm ein neues Haupt aus frembden Stamme ſu - chen. Jch fuͤhl’ es: Schmach und Todt iſt naͤher uns als nah’? 120.Eil’t / weck’t den Burrhus auf / beruff’t den Seneca. Jhr Goͤtter ach! wer ſteh’t mehr auf des Kaͤyſers Sei - ten? Jſt jemand mehr behertz’t fuͤr unſer Heil zu ſtreiten? So ſchaffe Paris an: Daß man die tolle Schaar / Die umb die Kaͤyſerin ſo ſehr geſchaͤftig war /125. Und in der Gegend ſich durch ungewohnte Flammen Und thoͤrchte Gottesfurcht aufruͤhriſch zeucht zuſammen / Zerſtreu’t werd’ / eh als ſie gar zu den Waffen greif’t / Und auf des Kaͤyſers Halß ſo grimm als Klingen ſchleif’t. Ach / aber / ach! umbſonſt / die Rache wird uns faͤllen /130. Eh als der Kaͤyſer ſich kan in Verfaſſung ſtellen.
Was fuͤr Erſchrecknuͤs ſicht den Geiſt des Kaͤyſers an?
Ach leider! Burrhus / ach! es iſt umb uns gethan!
Man muß beym Sturme nicht das Hertze fallen. laſſen.
Wol / wenn die Wirbel ſchon den morſchen Nachen faſſen.
Der Kaͤyſer meld’ uns doch den Uhrſprung ſeiner Kwal.
Die Mutter ſchleif’t auf uns den Rachbegier’gen Stahl.
Wer hat des Kaͤyſers Hertz mit ſolcher Poſt er - ſchrecket?
Der Geiſt Britannicus hat’s leider uns entde - cket.
Geſpenſte ſind ein Traum / und Traͤume ſind ein - wind.
Der Außſchlag Leider! Weißt’s / ob’s ſchlechte Traͤume ſind.
Was hat fuͤr Außſchlag ſein Erſchrecknuͤs denn be - kommen?
Die Mutter / die man woll’n erſaͤuffen / iſt ent - ſchwommen.
Geſaͤtzt / ſagt: Was ein Weib dem Kaͤyſer ſchaden kan.
Viel / leider! Denn halb Rom / haͤngt Agrippinen an. 145.Die gantze Gegend iſt fuͤr ihre Wolfarth wache. Und krig’t ſie ſo viel Luft; Daß ſie das Volck zur Rache Durch ihre Thraͤnen bring’t / daß ſie in Rom erzehl’t / Wie unſer Anſchlag uns / der Schifbruch ſie gefehl’t / Wie ſie die Wunde kri’gt / wie ihre Freund umbkommen /150. So iſt den Augenblick uns Reich und Geiſt benommen.
Ein wachſend Ubel darf geſchwinden Widerſtand.
Des Kaͤyſers Heil und Reich beruh’t in euer Hand.
Forſch’t Seneca von mir / was hier ſey zu erwehlen?
Laͤß’t ihre Toͤdtung ſich der Leibwach’ anbefehlen?
Weiß diſe Flamme nichts zu laͤſchen als ihr Blutt?
Man toͤdte dieſen Wurm eh’ als er’s ſelber thut.
So grimme Rach’ iſt nicht von Muͤttern zu ver - mutten.
Die Rache ſih’t mit Luſt auch Kinder-Koͤpffe blut - ten.
Sie wuͤrde durch dis Blutt ſich ſtuͤrtzen und ihr Hauß.
Die Rache gleich’t der Glutt / die gerne leſchet aus / Wenn ſie dis / was ſie nehr’t / nur kan in Aſche kehren.
Wie kont’ ein grimmes Weib ſo holden Sohn ge - behren?
Die Erd’ iſt kalt und todt dar / wo ſie Gold ge - biehrt / Weil die Natur ihr Marck zu einer Ader fuͤhr’t:165. Daß ſie die Kraͤuter nicht mit Safte kan betheilen.
Die Wunden laſſen ſich mit Meſſern uͤbel heilen.
Sie heil’n / wenn Salbe nicht dem Krebſe ſteuern kan.
Man wende noch einmal der Sanftmuth Pflaſter an.
Der Fuͤrſt hat ſie auf ſich durch Sanftmuth nur verhetzet.
Welch Sohn hat ſeine Fauſt durch Mutter-Blutt genetzet?
Der Clytemneſtre Blutt kleb’t an Oreſtens Stahl.
Durch ſie ward vor entſeel’t ſein Vater / ihr Ge - mahl.
Jch ſehe dis und mehr an Agrippinen kleben.
Wer hat der Eitern Schuld den Kindern unter - geben?
Die Fuͤrſten richten ſie als Goͤtter dieſer Welt.
Wer hat ſonſt als Oreſt ſolch Urtheil je gefaͤll’t?
Alcmæon toͤdtet’ auch die Mutter Eriphyle.
Jch ſorge: Daß man hier mehr als gefaͤhrlich ſpie - le Durch langſamen Bedacht. Oft nuͤ’tzt ein kluger Rath180. Nicht / was ein ſchneller Schluß und eine kuͤhne That.
Die Schlange die man tritt / die muß man gar er - tretten. Geſaͤtzt: Daß wir ſie nicht zu toͤdten Uhrſach’ hetten / So heiſcht’s des Reiches Noth / und unſers Kaͤyſers Heil. Die zu beſchirmen / muß jedwedes Bluttſein Feil.
Da ſie denn ſterben ſoll / wer wird den Muth ihm faſſen? Kein Kriegs-Knecht wird hierzu ſich ſicher brauchen laſ - ſen / Das gantze Laͤger ſih’t auf’s Kaͤyſers gantzes Hauß / Und des Germanicus Gedaͤchtnuͤs laͤſch’t nicht aus / Auch nicht des Heeres Hold zu ſeines Stammes Zwei - gen /190. So lange ſich der Rhein wird fuͤr den Adlern neigen / Die er ſo hoch erhob. Dem Anicet ſteh’t zu: Daß er diß / was er hat verſprochen / wuͤrcklich thu’.
Jch hab’ es auf Befehl zu wagen kein Bedencken.
Du wirſt uns durch dis Werck das Reich auf’s neue ſchencken /195. Und diſer Tag wird ſeyn der andre meiner Luſt / Der erſte meiner Ruh. Dir ſelbſt wird ſeyn bewuſt Wer am bekwaͤmſten ſich dir zu Gefaͤhrten ſchicke. Auf dieſer That beruht mein Unheil und Geluͤcke / Das deine waͤchſt hieraus. Anic. Das Werck ſol Lehrer ſeyn:200. Was Fleiß und Treue kan. Jedoch es faͤllt mir ein Ein Mittel / diſen Weg ſo ſcheinbar zu bebluͤmen: Daß Rom und alle Welt der Mutter Todt wird ruͤhmen.
Eroͤffne / was es ſey. Anic. Der Kaͤyſer gebe nach: Daß Agerin’ erſchein’ ins Fuͤrſtliche Gemach /205. Umb / was die Mutter ihm befohl’n hat / zu entdecken. Nach diſem wil ich ihm ſein muͤhſam zu zuſtecken Hier dieſen gift’gen Dolch. Denn dringe man auff ihn / Und forſche: Was er hab’ entſchloſſen zu vollzih’n; Ob auf des Kaͤyſers Bruſt die Spitze ſey vergiftet /210. Ob ihn zum Meuchel-Mord die Murter angeſtiftet? Ob er viel lieber nicht von der verdienten Pein Durch frey Bekaͤntnuͤs ſich vermeine zu befrey’n / Und ſcheue ſich nicht dir zu Libe fuͤr zu geben: Daß Agrippinens Fauſt an ihrem eignen Leben /215. Nach offenbarter Schuld / zum Hencker worden ſey; Als daß der Hencker ihm die Glieder reiß entzwey / Und blaue Schwefel-Flutt ihm auf die Bruͤſte regne.
Dein Vorſchlag iſt belib’t. Des Himmels Guͤtte ſegne Daß dir vertraute Werck. Geh’ fuͤhr’ ihn ſtracks herein /220. Und meld’ ihm: Daß wir ihn zu hoͤren ſchluͤſſig ſeyn.
Durchlauchtigſt-groſſer Fuͤrſt / ich ſol erfren’t ent - decken: Daß Agrippinens Fall und unverhoft Erſchrecken Zur Kurtzweil worden ſey. Sie ſchoͤpff’t itzt Luft und Ruh / Und zeucht der ſchwachen Seel’ Erfriſchungs-Athem zu. 225.Und ob ſie zwar verlang’t des Kaͤyſers Hand zu kuͤſſen / Und ſelbſt ihm zu erzehl’n / wie ſie der Noth entriſſen Durch’s Him̃els Beyſtand ſey; So wuͤntſch’t ſie doch durch mich: Der Kaͤyſer wolle nicht ſo gar geſchwinde ſich Sie zu beſuchen muͤh’n. Sie wil ſich ſelbſt einfinden /230. So bald die Mattigkeit der Glieder wird verſchwinden / Des Hertzens Furcht vergeh’n.
Wir hoͤren hoch vergnuͤg’t / Daß der Frau Mutter Gluͤck’ ihr Ungluͤck uͤberwigt; Und wuͤnſchen ferner ihr Geſundheit / Heil und Leben. Meld’ aber / wie ſich denn der Unfall hat begeben.
Als ihre Majeſtaͤt der Mutter ſich entbrach / Begab ſich Agrippin’ an Seeſtrand kurtz hernach / Betrat ihr fertig Schiff / und ließ die Segel fluͤgen / Die fernen Ufer floh’n / wir ſah’n ſchon Baje ligen / Des Himmels Jaſpis war durchſtick’t mit Stern und Gold /240. Der weiſſe Monde glamm / der Weſtwind war uns hold / Die See ſtand als gefror’n und ſtiller als Chryſtallen; Als unverſehns das Schiff faͤng’t hinten einzufallen / Und durch ſein bleyern Dach den Creperej erſchlaͤg’t. Nach dieſem wird das Theil / das Agrippinen traͤg’t /245. Zerſchmettert von ſich ſelbſt / wie wenn der Nordwind wuͤt - tet / Und Aceronie nebſt ihr in’s Meer geſchuͤttet. Die erſte trinck’t alsbald ſo viel des Waſſers ein: Das Silber muß ihr Todt / Saffier die Baare ſeyn. Der Mutter aber ſchein’t die See ſich zu erbarmen. 250.Sie theil’t die ſanfte Flutt durch’s Ruder ihrer Armen / Die Hoffnung iſt ihr Schiff / der Goͤtter Gunſt ihr Wind / Durch welcher Huͤlffe ſie biß an den Strand entrinn’t. Von da laͤſt ſie / die ſich nicht mehr zur See wil wagen /An75.An der Lucriner See ſich auf ihr Vorwerg tragen.
Wem mißt die Mutter denn des Schifbruchs Uhr - ſprung bey?
Sie urtheil’t: Daß ihr Fall ein bloßer Zufall ſey.
Schein’t Agrippine nicht auf uns Verdacht zu faſ - ſen?
Sie hat ihr nimmermehr den Argwohn traͤumen laſſen.
Was euſert ſie ſich denn fuͤr unſerm Angeſicht?
Ein matter Leib verlangt mehr Finſternuͤs / als Licht.
Jſt nichts nicht / was ſie ſonſt von uns zu thun be - gehre?
Hilf Himmel! Was entfaͤll’t dem Moͤrder fuͤr Ge - wehre?
Verraͤther! wie? woher komm’t ſolch Verraͤthriſch Stahl.
Jhr Goͤtter! bin ich todt? trift mich ein Donner - ſtrahl?
Eroͤffn’ es: Worzu ſol ſolch Meuchel-Moͤrdriſch Eiſen.
Man muß: Daß ich’s hieher gebracht / mir vor er - weiſen.
Wie? Wilſtu / Schelme / dis / was Sonnen klar / umbſteh’n?
Solch Schelm-ſtuͤck nimmermehr / und ſolt’ ich ſtracks vergeh’n.
Der Dolch iſt zweifelsfrey vom Himmel nicht ge - faͤllen.
Solch Einwurff kan mir nicht mehr ſchaden / als euch allen.
Vernein’ſtu: Daß der Dolch dir aus den Kleidern fiel.
Es find’t ſich leicht ein Stock / wenn man wen ſchla - gen wil.
Trabanten / Faͤſſel her! Schluͤß’t ihn in Band und Ketten.
Der Him̃el wird daraus die Unſchuld ſchon erretten.
Gab Agrippine dir ſo grimmen Anſchlag an?
Jch ſtarre! Daß man mich auf ſie befragen kan.
So haſtu von dir ſelbſt ſolch Mordſtuͤck fuͤrgenom - men?
Kein Mordſtuͤck iſt mir nie nicht in Gedancken kom - men.
Vorraͤther / ſol die Pein die Warheit preſſen aus?
Die Unſchuld wird beſteh’n auch unter Flamm und Graus.
Bring’t Schwefel / Pech / laß’t ihn zergliedern und verbrennen.
Jch werde dennoch nichts Berraͤthriſches bekennen.
Verſtockter Hertzen Trotz faͤll’t durch die Marter hin.
Der rechte Himmel weiß: Daß ich nicht ſchuldig bin.
Ein frey Bekaͤntnuͤs weiß auch Laſter rein zu bren - nen.
Wer frey von Laſtern iſt / darf keine nicht bekennen.
Wo Agrippine dich erkauff’t hat / ſeyſtu frey.
Glaubt: Daß die Redligkeit nicht zu erkauffen ſey.
Oft laͤß’t der Redlichſte ſich durch Beredung lei - ten.
Nicht ſorge: Daß mein | Fuß wird auf dem Eiſe gleiten.
Wie? Daß dein Leugnen ſo fuͤr Agrippinen ficht.
Wen eigne Tugend ſchuͤtz’t / der darf Verfechtens nicht.
Du kanſt noch Ruhm und Lohn fuͤr dein Bekaͤntnuͤs krigen.
Aufrichtigkeit laͤß’t ſich durch Gaben nicht beſi - gen.
So ſiege Kwal und Schimpf und Hencker uͤber dich! Bring’t Flamme / foltern her. Ager. Kein Hencker ſchre - cket mich.
Spann’t den Verraͤther an; brauch’t Meſſer / Pech und Kertzen.
Kein rein Gemuͤtte fuͤhl’t des Leibes herbe Schmer - tzen.
Saͤtz’t ihm noch ſchaͤrffer zu. Traͤuff’t Schwefel auf die Haut.
Der leidet mit Gedult / wer auf die Tugend bau’t.
Faͤhr’t fort! und reiß’t den Leib des Boͤſewichts zu ſtuͤcken.
Der Hencker kan den Leib / die Seele nicht erdruͤ - cken.
Hat der Verteufelte denn kein empfindlich Glied?
Auf reine Glider iſt der Grimm umbſonſt bemuͤh’t.
Laß’t ihm zerſchmoltzen Ertzt auf Lipp’ und Zunge fluͤßen.
Ja! Daß ſie nur von ſich nichts falſches reden muͤſ - ſen.
Nun haſtu hohe Zeit / ſonſt iſt’s umb dich geſcheh’n.
Jhr werdet durch den Leib eh’ / als mich unrecht / ſeh’n.
Er iſt durch Zauberey fuͤr aller Kwal verwahret.
Welch Blutthund / welch Tyrann hat jemals ſo ge - bahret?
Ritz’t ihm das Fuß-brett auf / ſchau’t ob er blutten kan.
Es bluttet! Schaue nun der Unſchuld Purper an.
Es ſol ein groͤſſer Strom bald deinen Nacken faͤr - ben.
Wol dem / der durch ſein Blutt kan ſo viel Ruhm erwerben.
Schlag’t ihm den Schedel ab / und leg’t ihn uns zu Fuß’. Vollzihe du alsbald den vorgemachten Schluß.
Du guͤldnes Licht und Auge diſer Welt / Der Monde borg’t ſein Silber zwar von dir; Du aber Gold; Saffier des Himmels-Zelt /330. Die Sternen Oel / die Erde Geiſt von mir / Die Schnecke Blutt / die See Perl’ und Korallen / Die Kraͤuter Safft / die Felſen Berg-Chryſtallen. Lern’t nun / was ich fuͤr eine Goͤttin bin / Mein Tempel iſt Lufft / Himmel / Erde / Flutt. 325.Ja die Natur ſelbſt iſt die Priſterin / Die Schoͤnheit Zunder / die Begierde Glutt / Der Anmuth Blitz ſteck’t die geweyhten Kertzen / Der Sinnen an / das Opffer ſind die Hertzen. Mein Saame wird gefloͤ’ßt den Seelen ein /330. Eh als in Mund der Bruͤſte Milch-Kwaͤll rin’t. Mein Brand erweich’t der Hertzen Kiſelſtein / Wo Zeit und Tod zu ſtumpffe Feilen ſind. Wer widerſpricht nun? Daß man mir mit Rechte. Die Lorberzweig’ umb meine Myrten flechte?
Die Libe miß’t ihr hoch-vermaͤſſen bey / Der Gottheit Krafft / den Zepter aller Welt. Die Zeit / der Tod bricht alles morſch entzwey / Was die Natur / was Liben in ſich haͤlt; Vom Abgrund an biß uͤber’s Monden Graͤntzen340. Sih’t man der Zeit / des Todes Sichel glaͤntzen.
Brauch’t / wir ihr woll’t / die Armen eurer Krafft Laß’t euren Zorn an morſchen Wipffeln ſeh’n. Genung! Daß ihr nichts an den Zedern ſchafft / Die nur durch mich wol eingewurtzelt ſteh’n. Denn nichts nicht / was mein Lorber-Schatten decket / Wird durch den Blitz durch Zeit und Tod erſchrecket.
Die Zeit verzehr’t nicht nur Ertzt und Porfier / Der Himmel ſchrumpff’t durch ſie fuͤr Alter ein. Flutt / Glutt und Wurm dien’t zur Vertilgung mir /350. Der Sterne Gold wird durch mich blaß und klein. Wie ſolte denn fuͤr meiner Fluͤgel ſtuͤrmen Die Libe ſich ſeyn maͤchtig zu beſchirmen?
Der Erd-Kreiß iſt der Schauplatz meiner Macht. Was Zeit und Menſch geſeet hat / erndt’ ich ein. 355.Mir iſt der Lentz oft Herbſt / der Mittag Nacht / Niemanden ſchuͤtz’t / Gold / Purper / Jnfel / Stein. Wie ſolten denn der Libe Spinnen-weben Genugſam Schirm fuͤr meine Pfeil’ abgeben?
Wenn Tod und Zeit und Ehrenſucht und Pein360. Der Unſchuld Maſt / der Seelen Schiff bekaͤmpff’t / Muß ich der Port / der Schild / der Ancker ſeyn. Des Neides Dunſt wird durch mein Licht gedaͤmpff’t / Den Rauch der Zeit theil’n meiner Fackeln Flammen / Mein guͤldner Pfeil des Todes-Strick von ſammen.
Ohnmaͤcht’ ge Glutt und Fackel deiner Hand! Kein Blick verſtreich’t / dein lodernd Wachs nimm’t ab. Dein Tacht verglimm’t / dein Oele rinn’t in Sand / Dein Brutt die Aſch’ iſt ſelbſt der Flammen Grab. Jſt auch gleich noch dein Zunder unverzehret;370. Schau: Augenblick’s wird Strahl in Staub verkehret.
Die Zeit verſehr’t der Liebe Zunder nicht; Ob ſie die Glutt gleich außen daͤmpffen kan. Die Liebe krig’t zweyfache Flamm’ und Licht Oft / menn man ſie am hefftigſten ficht an. 375.Und wenn die Nacht den Himmel ſchwartz wil mahlen / So ſih’t man ihn mit tauſend Ampeln ſtrahlen.
Ohnmaͤcht’ger Pfeil! ein fauler Sterbens-hauch / Verkehr’t das Gold der Lieb’ in weiches Bley. Jhr Sonnenſchein wird in dem Sarche Rauch:380. Mein duͤrrer Arm brich’t Pfritſch und Pfeil’ entzwey: Und das Geſchoß / was meine Fauſt zerbrochen / Gibt Brennholtz ab fuͤr duͤrre Todten-Knochen.
Zerbricht der Tod der Sinnen Pfeile gleich; Wird ſchon mein Strahl in todten Glidern kalt;385. So iſt der Leib doch nicht mein Sitz und Reich. Die Seelen ſind des Libens Auffenthalt. Verweſet ſchon der Coͤrper in der Hoͤlen; So leb’t die Lib’ unſterblich in der Seelen. Der Wind blaͤß’t auf die ſchon halb-todte Glutt390. Oft / wenn er ſie gar außzuleſchen mein’t. Stuͤrm’t Tod und Zeit auf Agrippinens Blutt / Siht man: Daß ſie mit neuen Strahlen ſchein’t Die Wolcken / die der Neid hat aufgezogen / Verwandeln ſich in holde Regenbogen.
Soll’n Waſſer-Gall’n itzt Regenbogen ſeyn? Des Kaͤyſers Gunſt iſt nur gemahlte Flutt. Jſt außen gleich ſein Antlitz Sonnenſchein / So wird doch bald ſein Hertze regnen Blutt. Denn glaͤntz’t ein Stern mit ungemeiner Roͤthe;400. So iſt’s gewiß ein ſchaͤdlich Blutt-Comete.
Raͤum’t / Schweſtern / mir der Libe Kampff-platz ein / Weil ſie ſo ſehr fuͤr Palm und Sigs-Krantz ficht! Jedoch wird ſie ſelbſt ſo beſcheiden ſeyn; Wo ihr nicht Witz und kluger Rath gebricht:405. Daß ſie fuͤr mir wird ihre Segel ſtreichen / Jhr Abendlicht mir Sonne nicht vergleichen.
Verſuch’t nunmehr auch dieſer Seiden-Wurm An meinem Ruhm’ und Purper Zahn und Heil? Allein ein Felß verlachet Well’ und Sturm. 410.Sein Blitz iſt mir ein glaͤſern Donner-Keil. Die Lieb’ iſt recht der Ehrſucht Gifft zu nennen; Jhr Feuer kan kein libend Hertz verbrennen.
Die Ehrſucht iſt der Libe Gift vielmehr. Diß toͤdtete der Sophonißben Brunft. 415.Kein Mutter-Hertz / kein Bruder lib’t ſo ſehr / Jch kehr’ in Eiß und Galle Flamm’ und Gunſt / Und: Daß ich kan aus Blutte Purper faͤrben / Mag Kind und Freund durch Aderlaſſen ſterben.
Die Pflantze / die ein Muͤhlthau ſtrack’s verſaͤng’t /420. Muß niemals recht beklieben ſeyn geweſt. Jch weiß: Daß / wo ein Geiſt mein Feuer faͤng’t / Mein Brand ſich nicht vom Hertzen tilgen laͤß’t. Denn Libe pfleg’t des Zepters und der Wuͤrden / Daß er ſein Ziel erlang’t / ſich zu entbuͤrden.
Kein Kind leg’t mehr aus Libe Zepter ab. Jtzt lach’t die Welt der Einfalt erſter Welt. Komm’t durch Verdacht nicht Agrippin’ in’s Grab? Weil Nero ſie fuͤr herꝛſchens-ſuͤchtig haͤlt. Sein Stamm-Baum faͤll’t durch meinen Blitz zur Erde. 430.Daß nicht ſein Thron von ihm beſchattet werde.
Du eigneſt dir der Libe Wuͤrckung zu? Verſichre dich: Daß dis dein Jrrlicht nicht / Nein! nur Poppe’ und Nerons libe thu’. Denn Sonnenſchein entfaͤrbt des Monden Licht;435. Und Lebe wird zwar wol von groͤſſerm Liben; Nicht aber durch der Ehrſucht Dunſt vertriben.
Hat dich mein Arm ſo zu Verzweiflung bracht? Daß du entlehn’ſt aus Schmincke Schoͤnheit dir? Solch Liben iſt die Larve meiner Macht. 440Dreh’ itzt dein wahres Antlitz nur herfuͤr. Mein Rach-Schwerdt ſteck’t in deiner Anmuths-Kertzen / Und Gall und Gift in deinem glimmen Hertzen.
Verfluchter Sieg! Solch Engel-ſchoͤnes Vild Wird zaͤuberiſch in Schlang und Wurm verkehr’t? 445.Kan Ehrenſucht mehr als ein Goͤrgons-Schild? Auf Zeit / und Tod! Sie iſt des Sieg’s nicht werth. Die Rache muß den Hochmuth diſer Zirzen Durch unſre Pfeil in Schmach und Abgrund ſtuͤrtzen.
Beſtuͤrtzte Trauer-Nacht! Du Abbild meines Hertzen / Das bange Todes-Angſt und blaße Sorgen ſchwaͤrtzen! Jſt’s Warheit / oder Traum / iſt’s Schatten Dunſt und Wind / Daß wir der Schiffbruchs-Noth behertz’t entronnen ſind? 5.Was aber beben ſo uns Glieder / Mund und Lippen? Mein wallend Hertze ſtuͤrm’t auf dieſe Marmel-Klippen! So / wie die ſtuͤrme See an felſicht Ufer ſchlaͤg’t.
Durchlauchtigſte / weñ ſich gleich Sturm und Wet - ter laͤg’t /So83.So ſtill’t ſich doch nicht bald di Kraͤuſelung der Wellen;10. So pfleg’t auch Furcht und Angſt im Hertzen aufzuſchwel - len / Wenn man im Port gleich iſt / wenn ſchon die Noth vor - bey.
Ach! Daß ſolch Port uns nicht mehr als ein Stru - del ſey. Einfaͤlt’ ge! Laſſe nicht itzt Wind und See entgelten / Was ein Verraͤther that. Du muſt den Nero ſchelten15. Mein Baſilißken-Kind / die Schlange / welche ſticht / Wenn ihr der Anmuths-Blitz aus ihren Augen bricht / Wenn Welle / Flutt und Luft den grimmen Eifer ſtillen / So regt die Unruh doch den Umb-kreiß ſeines Willen / Jn dem der Mittel-Punct nur herbe Schaͤlſucht iſt /20. Der Wirbel Ehren-Durſt. Wie ſcheinbar ward verſuͤßt Die Wermuth ſeines Grim̃’s durch Zucker falſcher Kuͤße! Ja recht! So mach’t man Gifft mit ſcheinbarn Wuͤrtzen ſuͤſſe! Sein Mund war ſtat der Gunſt / vom Schamroͤth’ ange - faͤrb’t Als er den Kuß uns gab. Wird er nun nicht erherb’t /25. Mehr als ein Tiger ſeyn / dem Reh’ und Raub entſprin - get / Nun ihm auf meinen Tod ſein Anſchlag mißgelinget? Ach / leider! Ja / es ſag’t uns unſer Hertze wahr: Der Schwefel brenne ſchon / der auf dem Rach’-Altar Der grimmen Tyranney ſol Fleiſch und Blutt verzehren /30. Das ſeine Mutter ihm zum Opffer muß gewaͤhren.
Das Wunder ihres Heils gib’t ſattſam Zeugnuͤs ab: Daß ihr des Him̃els Hold ſelbſt einen Schutzherꝛ’n gab. Wer aber ſich nur darf auf diſen Ancker gruͤnden / Der ſegelt ohne Schiff’ auch ſicher in den Winden.
Nein! mein Gewiſſen ſelbſt verſag’t mir allen Troſt / Die Goͤtter ſind erzuͤrn’t / der Himmel iſt erboſt / Die Wolcken hecken Blitz / der Abgrund kaltes Eiſen Auf mein verdammtes Haupt. Die eignen Thaten weiſenF 2Mir84.Mir dieſen Rechnungs-ſchluß: des Meeres Sanftmuth ſey /40. Daß es mich nicht erſaͤufft / nur milde Tiranney; Die Rache habe mich zu mehrer Kwal er halten. Sih’ſtu die Schatten nicht erſchrecklicher Geſtalten? Mein aͤngſtig Hertze wuͤrck’t in die Tapeten ein / Diß ſtumme Marmel ſag’t: Was meine Thaten ſeyn. 45.Hier nechſt ſteh’t angemahl’t / wie mein halb-viehiſch Liben Mit Sohn und Bruder hat unkeuſche Luſt getriben / Wie ich des Pallas Hold erkauff’t umb tolle Brunſt / Des Vettern Bett’ und Thron durch aͤrgſte Zauber-kunſt / Die Gunſt des Seneca durch Unzucht uͤberkommen. 50.Dort: Daß ich dem Silan erſt ſeine Braut genommen / Hernach auch Stadt und Geiſt / in dem mein Heyraths - Feſt Die Hochzeit-Fackel ihm zu Grabe leuchten laͤß’t. Jch ſehe Lollien / die ohne Schuld geſtorben / Weil ſie ſich hat nebſt mir umb’s Kaͤyſers Hold bewor - ben. 55.Schauſtu’s / hier ſchwebet ihr aus Neid’ ent-ſeelter Geiſt / Schaut! wie ſie meiner Schuld die blutt’gen Bruͤſte weiſt. Statilius verfluch’t die Anmuth ſeiner Gaͤrthe / Fuͤr die ich einen Dolch zum Kauffgeld’ ihm gewehr’ te / Dort web’t die Spinne mir die Mordthat uͤbers Haupt /60. Wie ich dem Claudius durch Schwaͤmm’ und Gift ge - raub’t Das Leben / und das Reich; Wie ich des Erbtheils Kro - ne / Durch des Britannicus Verkuͤrtzung / meinem Sohne Durch Argliſt zugeſchantz’t Jtzt leider | krigen wir Schmach / Unhold / Untergang / den rechten Danck dafuͤr.
Welch Wahn verfuͤhret ſie in dieſen Jrꝛgangs - Schrancken? Sie bilde tumme Traͤum’ ihr nicht in die Gedancken. Geſunde Sinnen ſind von falcher Blaͤndung frey.
Mein ſchuldig Hertze weiß: Daß es die Warheit ſey.
Sie hat zum Richter den / der ihre Milch geſogen.
Mein Sohn hat Gift / nicht Milch mir aus der Bruſt gezogen.
Der Mutter ſchadet nicht der Schlange giftig Hauch.
Die Rache laͤſch’t den Durſt aus eignen Adern auch; Die haben / die durch mich ſo hoch ans Brett ſind kommen / Jhn ſelbſt verzaubernde mit Wahnwitz eingenommen:75. Daß meiner Pfeiler Grauß das Fuͤßwerck muͤſſe ſeyn / Zu ſeinen Ehren-Saͤul’n: es koͤnte nur allein’ Jn’s Demant-Buch der Zeit mein Blutt ſein Lob einpre - gen: Mein Leben ſey ſein Tod / mein Untergang ſein Segen. Hat auch gleich ſo vielmal ſein Fall-Brett uns gefehl’t /80. So wird ſein Hertze doch / daß Rach’ und Eifer kwaͤll’t / Nicht ehe ruhig ſeyn / biß Agrippinens Leiche Erkwickenden Geruch der Mord-Begierde reiche. Jch weiß: ſein Hertze koch’t ſchon neue Gall’ und Gifft / Nach dem ich der Gefahr des Schiffbruch’s bin entſchifft. 85.Solt’ er / waͤr’ er ein Menſch / nicht giftiger als Schlan - gen / Mit Gluͤckes Wuͤnſchungen die Mutter nicht empfan - gen? Den Tempeln eilen zu / weil ich der Noth entran / Den Goͤttern ſagen Danck und Weyrauch zuͤnden an? Ach aber! Nein! er ſpinn’t uns neue Todes-Stricke! 90.Warumb blieb’ Agerin ſo lange ſonſt zu ruͤcke / Als: Daß er uns nicht ſol eroͤfnen die Gefahr / Die unſrer Seele dreu’t. Jtzt iſt die Stunde dar Die mein Verhaͤngnuͤs hat den Sternen eingeſchrieben / Eh’ als mein Lebens-Kwaͤll im Hertzen iſt beklieben. 95.Diß iſt der Tag / auf den der Tod mich hat betag’t / Wie der Chaldeer Witz uns leider! wahrgeſag’t. Wir haben ſelbſt den Spruch willkuͤhrlich uͤbernommen: Er toͤdte / wenn er nur kan an den Gipffel kommen Des groſſen Kaͤyſerthums. Jedoch was zittern wir100. Fuͤr banger Todes furcht? Laß / Agrippine / dirF 3Fuͤr86.Fuͤr der Enteiſerung der Sterbligkeit nicht grauen. Viel beſſer einmal fall’n / als ſich ſtets gleitend ſchauen. Die Angſt / die Sterbens-Furcht iſt herber als der Tod. Er iſt der Menſchen Sold und der Natur Geboth. 105.Hilf Himmel! hoͤr’ ich nicht das Vorgemach durchbre - chen? Mein Hertze ſcheinet ſelbſt den Halß mir abzuſprechen. Die Mordſchaar naͤhert ſich dem Zimmer mit Gewalt. Wach’t Niemand nicht umb uns / der Lohn und Unterhalt Von Agrippinen krig’t? Wo ſind die Deutſchen Schaaren110. Die Agrippinens Leib zu ſchuͤtzen muͤhſam̃ waren / Als uns das Gluͤcke ſchien? Verruͤcktes Spiel der Zeit! Mein vor belibt Gemach wird itzt zur Einſamkeit Und oͤeder Wuͤſteney. Lernt nun: Wie ſchwanckend ſitzen Die / derer Armen ſich auf frembden Achſeln ſtuͤtzen. 115.Und du verlaͤſſeſt mich in meinem Elend’ auch / Untreue Soſie? Es iſt der Heuchler Brauch: Daß ſie bey Ungluͤcks-Hitz’ als Mertzen-Schnee verge - hen.
Man weich’t den Baͤumen aus die auf dem Falle ſte - hen.
Untreue! Fluͤchte dich! Oft wird des Rehes Flucht120. Zum Netze / wenn es ſich gar wol zu retten ſuch’t.
Hier lig’t die Kaͤyſerin. Agrip. Ja / ſucht ihr Agrip - pinen? Jm Fall du / wie’s ihr geh’t zu forſchen biſt erſchienen / So melde: Daß ſie leb’t. Haſtu was boͤſes fuͤr; So bild’ ich mir nicht ein: Daß unſer Nero dir125. Die Unthat hat befohl’n. Anic. Der Außgang wird ent - decken / Wiweit ſich unſre Macht / des Kaͤyſers heiſch erſtrecken.
Jſt’s glaͤublich: Daß ein Wurm die Mutter toͤd - ten kan?
Thut / was der Kaͤyſer heiß’t; greif’t Agrippinen an.
Mordſtifter! Boͤſewicht! Was haben wir verkaͤr - bet?
So viel: Daß Sonn’ und Menſch ſich ob der That entfaͤrbet.
Sag’t: Was Verleumbdung uns fuͤr falſche Gar - ne ſtrick’t.
Haſtu denn Agerin zum Keyſer nicht geſchick’t?
Ja / unſer Ungeluͤck und Gluͤck ihm zu beſchreiben.
Durch aͤrgſten Meichel-Mord den Kaͤyſer zu ent - leiben.
Verfluchte Teuffels-Liſt! Wer hat den Fund er - dacht?
Der Meichel-Moͤrder ſelbſt. Agr. Der Mutter Unſchuld lach’t So grimmes Schelmſtuͤck aus. Oloar. Sein gifftig Dolch macht glauben.
Wolt ihr Ertz-Moͤrder uns auch unſern Ruhm noch rauben? Jſt’s ein zu ſchlechter Raub: Die Seele / Leib und Blutt?
Sie laͤß’t auch ſterbend ſpuͤr’n Trotz / Grimm und Ubermuth.
Sol ich bey Nattern Gunſt / bey Henckern Gna - de ſuchen?
Du magſt auf deine Schuld / nicht auf das Rach - ſchwerdt fluchen.
Ein falſcher Brandfleck ſoll der Mordthat Seiffe ſeyn?
Der Ubelthaͤter Blutt waͤſcht Rach’ und Richter rein.
Komm’t nicht der Blutthund ſelbſt / der euch hie - her bewogen? Daß er hier ſauge Blutt / wo er vor Milch geſogen: Anic. Laß’t der Verraͤtherin zu ſchmaͤhen nicht mehr Lufft.
Ein ſchimpflich Pruͤgel ſol uns ſtuͤrtzen in die Grufft?
Ein edler Dolch wird nur durch Weiber Blutt entweihet.
Schau’t: Daß der Abgrund euch entweyhte Dol - chen leihet.
Hier dieſer iſt beſtimm’t zu diſer heil’gen That.
Stoß / Moͤrder / durch das Glied / das es verſchul - det hat / Stoß durch der Bruͤſte Milch’! Di ſolch ein Kind geſaͤu - get / Stoß durch den nackten Bauch / der einen Wurm gezeu - get /155. Der grimmer als ein Drach’ und gift’ger als ein Molch!
Diß iſt der edle Stahl / der Bluttun〈…〉〈…〉 beſpritzte Dolch Der unſerm Kaͤyſer Ruh / mir hoͤchſten Ruhm erworben!
Die Schlange dreh’t ſich noch / ſie iſt noch nicht ge - ſtorben.
Stoß das behertzte Schwerdt noch einmal ihr in Leib
Nun lig’t das ſtoltze Thier / das aufgeblaß’ne Weib / Die in Gedancken ſtand: Jhr Uhrwerck des Gehirnes Sey maͤchtig umbzudreh’n den Umbkreiß des Geſtirnes. Hier faͤll’t der groſſe Stern; Der ſich der Sonne ſchien Des Roͤm’ſchen Kaͤyſerthumbs hochmuͤthig vorzuzih’n /165. Vom Himmel ihres Thron’s veraͤchtlich zu der Erden. Jtzt lehr’t ſie: Daß kein Dunſt doch kan zur Soune wer - den. Der Dunſt der Eitelkeit werd’ endlich Aſch’ und Staub / Die Schoͤnheit ſey der Zeit / die Macht der Menſchen Raub
Wer eilet? Daß der Fuͤrſt den Außſchlag moͤg’ er - fahren. 170.Jch eile diſen Dolch in Tempel zu verwahren Des groſſen Jupiters. Er ſol ihm heylig ſeyn Auf ſeinem Rach’-Altar. Hercul. Der Kaͤyſer koͤmm’t herein!
Jſt die befohl’ne That nach unſerm| Wuntſch ge - ſchehen?
Hier kan der Kaͤyſer ſelbſt die blutt’ ge Leiche ſehen.
Eroͤfnet: wie euch koͤmm’t dis ſchoͤne Schauſpiel fuͤr.
Des Feindes Leiche gib’t anmutt’gen Dampf von ihr.
Laß’t uns die Eigenſchaft der |Wunden recht be - ſchauen.
Mag ihrer Majeſtaͤt nicht fuͤr der Todten grauen?
Ein zornig’ Aug ergaͤtz’t an blutt’gen Glidern ſich.
Jch hette nicht gemein’t: Daß ſolche Glider mich Solch Schnee-gebirgter Leib in ſich getragen haben: Daß ſolche Bruͤſte mir die ſuͤſſe Nahrung gaben. Es ſchein’t unglaublich faſt: Daß diſe Lilgen-Bruſt Der Augen Paradiß / das Zeughauß ſuͤſſer Luſt /185. Ein ſo kohl ſchwartzes Hertz innwendig habe ſtecken. Daß der Rubinen Mund / der von den Purpurſchnecken Zur Farbe Blutt entlehn’t / von Bienen Suͤſſigkeit Von Roſen den Geruch / nur ein beſchoͤnungs-Kleid Der gift’gen Schlangen ſey / die in der Seele niſten. 190.Jedwedes Auge liß ſich ihrer Schooß geluͤſten / Sein Marmel war ein Brunn / wo Durſt und Lieb-reitz kwill’t / Ein Schneeberg voll mit Glutt und Anmuth angefuͤll’t. Allein’ im Liben war ſie haͤrter als Kriſtallen Und kalter als das Eiß. Den Goͤttern hat gefallen:195. Daß ihr erhitztes Blutt die Kaͤlte lau gemach’t. Schau’t wie di Morgen-roͤth am weiſſen Himmel lach’t. Zinober kwill’t aus Milch / Rubin aus Helffenbeine / Aus Alabaſter Glutt / Korall aus Marmelſteine. F 5Die90.Die Waͤrmbde / die ihr itzt noch ſteig’t aus Blutt und Wund’200. Hat ſo viel Kraft in ſich: daß unſer Zung und Mund Empfindẽ Hitz uñ Durſt. Reich’t uns ein Glaß mit Weine. Nun aber iſt es noth: Daß man mit guttem Scheine Dem großen Rath’ in Rom den Zufall bringe bey: Wie Agrippinens Schuld ſelbſt ihr Verterben ſey.
Man ſprenge kuͤhnlich aus: Jhr hoͤchſt befleck’t Ge - wiſſen Sey Gegentheil geweſt; Die Haͤnde haͤtten muͤſſen Jhr eigen Hencker ſeyn. Paris. Dis iſt kein thulich Rath. Jedwedre Dienſt-Magd kan / die ſich verlauffen hat Eroͤffnen: Daß ſie ſey durch frembde Fauſt erblaſſet.
Was darf die / die vorhin iſt aller Welt verhaſſet Mehr fuͤr Beſchuldigung? Es iſt genug gethan: Streicht nur ihr altes Thun mit neuen Farben an. Wie ſie den Claudius gleich als ein Kind verleitet / Daß ſie der Unſchuld Straff’ und Elend zu bereitet /215. Daß ſie bei’m Kaͤyſerthum des Nero ſich bemuͤh’t Des Kaͤyſers Haupt zu ſeyn / das Gluͤcke / das itzt bluͤht / Des Reiches / die Gewalt des Rathes / den Soldaten Den Sold / des Poͤfels Korn zu mindern eingerathen. Daß ſie des Heeres Theil beſtochen durch ihr Geld /220. Des Kaͤyſers Regiment viel Maͤngel außgeſtell’t / Den Poͤfel dort und dar zu Aufruhr angefriſchet / Jn alle Haͤndel ſich vorwitzig eingemiſchet / Daß ſie Verlaͤumbdungen ſtets freyen Zaum verhaͤng’t / Den Kaͤyſer fuͤr den Bruñ des Schiffbruchs außgeſpreng’t /225. Die Mord-Luſt habe ſie auch endlich ſo verblendet: Daß ſie den Agerin zum Kaͤyſer außgeſendet / Der / als er Stich und Todt ihm wollen bringen bey / Mit einem gift’ gen Dolch ergriffen worden ſey.
Wir loben deinen Rath. Du ſolſt die Schrift ver - faſſen.
Wil ihre Majeſtaͤt nicht auch beim Heere laſſen Die milde Hand verſpuͤr’n / beim Volcke Gnad’ und Hold? Durch Gaben bindet man die Goͤtter / Stahl durch Gold. Der Kaͤyſer wird hierdurch ſie ihm ſo ſehr verbinden:Daß91.Daß des Germanicus Gedaͤchtnuͤs wird verſchwinden /235. Darumb das Heer biß itzt ſteh’t Agrippinen bey.
Daß / was im Vorrath’ iſt / des Heeres Beuthe ſey.
Durchlauchtigſt-groſſer Fuͤrſt / ich muß umb die noch bitten / Die Agrippinens Haß beym Kaͤyſer ſo verſchnitten: Daß ihre Unſchud bat das Elend muͤßen bau’n /240. Und Rom den Ruͤcken dreh’n Nero. Sie moͤgen wider ſchau’n. Uns und ihr Vaterland. Der Fall der Agrippinen Sol Lebenden zu Luſt / zu Ruhm den Todten dienen. Schreib: Daß Calpurnie / Licinius Gabol / Jtur / nebſt Junien die Hand uns kuͤſſen ſol /245. Daß ſich Calviſius nach Rom mag wider wenden. Man ſol mit hoͤchſter Pracht den Bluttsverwandten ſen - den Paulinens Todten-Aſch / und ihr aus Ertzt und Stein Ein koͤſtlich Grabmal bau’n. Etz’t auch den Nahmen ein Silanens in Porfler / die ſol unſterblich leben /250. Die wegen Treu und Pflicht den Geiſt hat aufgegeben.
Warumb: Daß dieſer Tag ſo gar vergeſſen bleibt? Man hat viel Tage ſchon ins Zeit-Buch einverleib’t Als heylig / die uns gleich gering’re Wolfarth brachten.
Laß’t / wo nur Tempel ſind / den Goͤttern Opfer ſchlachten /255. Der Menſchen Andacht iſt der Unſchuld beſter Schild. Saͤtz’t in dem Rath-hauß’ auf Minervens guͤldnes Bild / Und Nerons ſol darnebſt auch ſeinen Stand empfangen. Dis Feſt mag alle Jahr mit Spielen ſeyn begangen Das Agrippinens Haß und Argliſt offenbahr’t. 260.Der Tag / da aber ſie zur Welt gebohren ward Sol als verdamm’t und ſchwartz im Zeit-Regiſter ſtehen.
So muß der / welcher ſtuͤrm’t den Himmel / unter - gehen. Reiß’t ihre Saͤulen umb zu Rom im Capitol.
Wil ihre Majeſtaͤt / wie das Begraͤbnuͤs ſol265. Der Todten ſeyn beſtell’t / nicht auch Befehl ertheilen.
Laß’t mit der Leiche nur zu Gruft und Holtz-ſtoß ei - len. Schaff’t:92.Schaff’t: Daß man ſie verbrenn’t noch heinte diſe Nacht. Nur nach gemeiner Art / und ſonder groſſe Pracht.
Man kan dem / deſſen Blutt die Schuld hat zahlen muͤſſen270. Leicht goͤnnen Flamm’ und Grab. Diß iſt das aͤrgſte bißen: Daß diſer Todten-grufft mit keinen Lorbern bluͤh’t / Die ihrer Ahnen Ruhm fuͤr ſich vergoͤttert ſih’t.
Nebſt dir / ſol Anicet ihr das Begraͤbnuͤs machen. Trabanten trag’t ſie weg. Du / Burrhus / ſelbſt wirſt wa - chen275. Und ſorgen: Daß das Heer nichts thaͤtliches beginn’t: Du aber Seneca / ſchreib / was ſie auf ihr Kind Fuͤr Boßheit vorgehabt / warumb ſie ſterben muͤſſen / Außfuͤhrlich an den Rath. Senec. Wir ſaͤmtlich ſind be - fliſſen Des Kaͤyſers Heiſch zu thun.
hat Nero nun geſig’t /280. Entrinn’t er | der Gefahr?
Mein Schatz / die Natter lig’t Und hat itzt Geiſt und Gift und Gallen außgeblaßen / Darmit ſie auf mein Heil begierig war zu raſen.
Kleb’t hier der Beſtien rings-umb geſpritztes Blutt?
Nun kuͤhl’t ſich in ihm ab der Ehrſucht heiſſe Glutt.
Jhr Schaͤlſuchts-Reif vergeh’t / der unſre Libes Bluͤthe Mit falſcher Anmuth weg zu ſaͤngen ſich bemuͤhte. Jtzt aber / nun nach Wuntſch ſolch Muͤhlthau wird ver - zehr’t Seh’ ich: Daß iede Knoſp’ in Blumen wird verkehr’t / Ja wenn der Gluͤckes-Soñ’ ihr Licht ſo hoch wird ſteigen; Daß ſich Octaviens umbſchattend Haß muß neigen290. So wird erſt recht der Herbſt erwuͤnſchter Luſt angehn’ / Der Garten ſeiner Gunſt voll guͤldner Aepffel ſtehn’. Der93.Der Wolluſt-Herbſt wird nicht den Anmuths-Lentz verja - gen / Die Schoos wird reiffe Frucht / das Antzlitz Roſen tra - gen.
Der Himmel / der die Schoos der Erden fruchtbar mach’t / Der bey der Nacht umb ſie mehr als ein Argos wach’t / Wenn tauſend Sternen ſie zu ſchauen offen ſtehn / Der bey dem Tag auf ſie mehr / als auf Galatheen Der geile Polifem / der Sonnen Auge kehr’t:300. Haͤllt die geliebte Schoos der Erde wider werth. Die Duͤnſte zih’n empor als Saͤufzer der Begierden / Und geben Spiegel ab / der unbefleckten Zierden: Nichts minder ligt uns ob: Jhr / da dein ſternend Licht Dein Himmel der Geſtalt / dein Goͤttlich Angeſicht305. So guͤnſtig uns beſtrahl’n / und Anmuth auf uns regnen / Mit reiner Gegen-Gunſt und Libe zu begegnen. Und wir ermeſſen ſelbſt: Daß ihr Octavie / Die graͤmſte dieſer Welt nur noch am Lichte ſteh’? Alleine ſie / mein Licht / wird ſelbſt vernuͤnftig faſſen:310. Daß Mutter und Gemahl ſich nicht wol ſicher laſſen Auf einmal richten hin.
Es heiß’t ein Donner - ſchlag Der gleich zwey Eichen faͤllt. Man ſpar’ auf kuͤnft’ gen Tag Nicht / was man heute kan mit einer Artzney heilen.
Wo ſo viel Wunden ſind / muß man die Pflaſter thei - len;315. Das Heer iſt ihr geneig’t / der Poͤfel ſteh’t ihr bey.
Ein unerſchrocken Hertz entwafnet alle zwey. Die Zweig’ erſchittern ſich / wenn ſolche Staͤmme fallen; Und Niemand flucht dem Blitz / wenn Luft und Wolcken knallen. Zu dem / was frag’t ein Fuͤrſt nach’s Poͤfels Unmuth viel?
Mein Kind / auch eine Mauß entſeel’t den Kroco - dil / Ein ſchwacher Kefer thut des Adlers Eyern ſchaden. Ja /94.Ja / was fuͤr Schuld weiß man ihr fuͤglich aufzuladen?
Man melde: Daß auch ſie zu der verdammten That Des Agerin / ertheil’t vermaledeyten Rath.
Jhr Einfalts-Schein laͤß’t ſich mit Argliſt nicht beflecken.
Man findet oftmal Gift in Tauben-Augen ſtecken.
Mein Schatz ſo ferne ſih’t der blinde Poͤfel nicht.
Man miß’t den Monden nur zur Nacht / kein klei - ner Licht.
Wer weiß? Wie Rom noch wird der Mutter Tod empfinden.
Er kan durch lindern Weg der Gramen ſich entbin - den.
Sie ſage denn: Wordurch?
Er trenne ſich von ihr.
Was wendet man mit Fug fuͤr Scheidens-Uhrſach fuͤr?
Daß ſie nicht fruchtbar iſt.
Rom wird dis Unrecht ſchelten.
Was Buͤrgern vor war recht / ſol das nicht Kaͤy - ſern gelten? 335.Mein Licht / mein Augen-Troſt / er iſt zu furchtſam noch. Er buͤrde von ſich ab des Eyferns knechtiſch Joch. Jſt dieſer Mund / die Bruſt fuͤr Liebens-werth zu achten? Warumb denn laͤß’t er mich fuͤr Liebe ſchier verſchmach - ten? Wilſtu / mein Auffenthalt / mein Seelen-Abgott ſeyn? 340.So laſſe dir doch nicht umbſonſte Weyrauch ſtreu’n. Mein Schatz / man opfert ja den Goͤttern nicht verge - bens. Dein Himmliſch Antlitz iſt die Sonne meines Lebens. Der Schatten deine Gunſt / der Zeiger iſt dein Schluß / Nach welchem meine Zeit ſein Gluͤcke meſſen muß. 345.Wie aber: Daß dein Licht ſo langſam aufwerts ſteiget? Und noch nicht unſrer Luſt gewuͤnſchten Mittag zeiget? Es wird die Schoͤnheit ja fuͤr einen Blitz geſchaͤtz’t / Der Seelen Augenblick’s in volle Flammen ſaͤtz’t / Ja Stein und Ertzt zermalm’t / der Zunder zarter Hertzen /Jſt95.350.Jſt Schwefel / fettes Hartzt / das auch von fernen Ker - tzen Begierdens-Feuer faͤng’t. Und er mein ſuͤſſes Licht / Der ſo viel Zeit ſchon glimm’t / wil noch recht brennen nicht / Und frembder Schaͤlſucht Rauch durch helle Glutt zer - trennen? Ob dieſe Lippen gleich ſtets voller Flammen brennen /355. Ob gleich die | Anmuth blitzt’ aus dieſer ſchwartzen Nacht Der Augen / ob die Bruſt gleich Lieb’ und Glutt auffacht. Wo Nebel uͤbrig bleibt / und Schaͤlſucht unvertrieben / Muß wahrer Sonnenſchein und unbeflecktes Lieben Nicht Luft und Bruſtbeſeel’n. Er fleucht ſein ſuͤſſes Ziel /360. Weil er kein ſauer Aug’ in Rom bekommen wil / Weil er Octavien den Wurm nicht wil erherben. Dis Thier / das in der Brunſt des Liehens doch muß ſter - ben / Lieb’t ſuͤſſes Lieben doch. Wie daß denn dir / mein Kind / Die Geiſter ſo erſchreck’t / die Sinnen eyſern ſind? 365.Kan Anmuths-Oele nicht dein Marmeln-Hertz’ außhoͤ - len; So opfr’ ich Thraͤnen dir das Blutt verliebter Seelen. Mit dieſem zwing’t man ja der Hertzen Diamant.
Mein lebend Antzlitz mahl’t den heiſſen Seelen - Brand / Mein Schatz / dir beſſer ab; als leichter Worte Schat - ten. 370.Man muß den Fruͤchten ja zu reiffen Zeit verſtatten. Sie iſt des Kaͤyſers Gunſt verſichert allzu wol.
Die Gutthat / die der Werth begier’ger Hoffnung ſol So theuer erſt bezahl’n / iſt ein verkaufft Geſchencke. Am beſten daß man nicht bey Duͤrſtenden gedencke375. Des Nectars / den man erſt nach vieler Zeit gewehr’t.
Wir woll’n ſchnur ſtracks vollzieh’n was ſie / mein Licht / begehr’t. Sie fuͤge ſich zur Ruh biß an den frohen Morgen. Wir96.Wir woll’n in des fuͤr uns und ihre Wohlfarth ſorgen.
So iſt nunmehr gemacht / der laͤngſt-erwog’ne Schluß:380. Octavie ſol fort / wo ſie nicht ſterben muß. Octavie ſol fort? Ja / wenn ſo ſchoͤne Sonnen Geliebter Augen ſind mit Thraͤnen-Saltz umbronnen; So zih’n ſie ander werts meiſt Finſternuͤs nach ſich. Die Trauer-Wolcke ſchlaͤg’t / Octavie, auf dich385. Den Blitz des Untergang’s. Was wird ſie uns gebehren? Der Hochzeit-Fackeln Licht? Der Strom verliebter Zeh - ren Verſamlet ſolch ein Meer / auf dem der Libes-Weſt / So leicht uns auf die Syrt’ als in den Hafen blaͤſ’t. Warumb / was zittern wir den Schluß in’s Werck zu richten? 390.Fuͤr was entſetz’ ich mich? Fuͤr ſchattichten Geſichten? Warumb beb’t Hand und Fuß? Der Angſt-Schweis bricht mir aus. Jch wath’ in Sand und Flutt / und ſteh’ auf Brand und Graus! Welch Schauer uͤberlaͤuff’t die Eiß-gefrornen Glieder? Das Haar ſteh’t mir zu Berg’ / ich ſincke Kraft-loß nie - der. 395.Hilf Himmel! ich erſtarr’! ach. Was hab’ ich gethan? Der Tod und Abgrund greift den Mutter-Moͤrder an! Jſt Agrippine todt? und ſie lebt uns zur Rache? Schaut! Wie die Bluttige das Mordſchwerd fertig ma - che! Schaut! Wie ihr nackter Arm das Eiſen auf uns wetz’t. 400.Und uns die Fauſt an Halß / den Dolth ans Hertze ſetz’t!
Schreck’t dich nunmehr der todten Mut - ter Schatten? Die dich lebendig nicht zu zaͤhmen maͤchtig war? Ein Tiger hat mit mir ſich muͤſſen gatten: Daß dieſer Leib ſolch einen Wurm gebahr. 405.Die Natter reiſt’ der Mutter EingeweideNicht97.Nicht außer der Geburth enttzwey: Weil ich von dir dis auch nun ſterbend leide / Seh’ ich: Daß Nero mehr als Schlang’ und Natter ſey. Mein Adern Kwall hat nie kein Blutt gezeug’t /410. Das nicht mit Milche theils dein Leben Jn zarter Kindheit hat geſaͤug’t / Theils hat es Farbe dir zum Purper abgegeben. Doch endlich muſt’s ein ſuͤſſer Kuͤhlungs-Wein Der Ehrenſucht / der Rache Labſal ſeyn. 415.Kein Geyer ſpeißt ſich nicht mit Geyers Blutte; Du aber ſaugft’s der Mutter aus. Doch hiel’t ich dir dis alles noch zu gutte / Ob ſchon mein Leib iſt worden Aſch’ und Graus. Da doch tedweder Wurm / die ſchwache Schnecke ſich420. Die ſich nur: Daß ſie nicht verfaulen ſoll / beweget / Die Waffen bey Gefahr in ihrer Schale reget / Und auf den / der ſie neck’t / verſuchet Rach und Stich: Holtz knack’t und ſpring’t / wenn es die Flammen freſſen. Allein ein großer Geiſt425. Wird denn erſt hoch gepreiſt / Jm Fall er Rach’ und Unrecht kan vergeſſen. Dis / ſag’ ich / ſolt’ auch mit des Leibes Aſchen Verbrenn’t / vertilg’t / verſtaͤub’t ſeyn / abgethan / Weil aber du mir Ehr und Ruhm greifſt an /430. Sol Lethe ſelbſt mein Bluttmahl nicht abwaſchen. Du Moͤrder / ſchwaͤrtz’ſt mit dieſem Laſter mich / Jch hette Meuchel-Mord geſtiftet ſelbſt auf dich! Brich Abgrund auf! Verſchling die Mißgeburth der Er - den / Ein gutter Ruhm iſt’s Kleinod dieſer Welt /435. Ein Heyligthumb / das man fuͤr Goͤttlich haͤlt / So muß es ja verſoͤhn’t mit Blutt und Opfern werden. Der Hund in deinem Hertzen / bill’t / Dein Hencker ſchmeltz’t ſchon Pech zu deinen Braͤnden / Verlaͤumbdung kan der Unſchuld Schild440. Zwar wol erſchell’n / des Richters Auge blaͤnden: Alleine die Gewiſſens Pein Muß endlich doch ihr Hencker ſeyn. GJa!98.Ja! was hat erſt dein Blutt-Rath mehr beſchloſſen? Soll nun Octavie auch deinen Mord-ſpruch hoͤr’n? 445.Soll die / die Haß und Geilheit angegoſſen Unſchuld’ger Leichenberg / die Schaar der Geiſter mehr’n? Mein Schatten wird in unter-irrd’ſchen Hoͤlen / Die Todten-Beine / grimmer Sohn / Der laͤngſt-entſeelten Menſchen ſchon450. Zu meiner Luſt / und dir zur Kwal beſeelen. Bis daß du nach viel Ach und Pein Die Goͤtter wirſt verſoͤhnen auf der Baare / Wenn auf dem mir geweyhten Rach-Altare Dein Arm der Priſter wird / dein Leib das Opffer ſeyn.
Ach! Mutter / ach! Vergib! vergib dem boͤſen Kinde! Waſch’ ab durch Straff und Blutt das Brandmal aͤrgſter Suͤnde! Fleuchſtu? Verzihe doch! Die Fauſt iſt ſchon geſchick’t Daß ſie den blancken Dolch mir in das Hertze druͤck’t / Und dir mit meiner Leich’ ein bluttigs Opffer bringet.
Halt Fuͤrſt! Was iſt’s / das ihn zu dem Verzwei - feln zwinget?
Laß’t den gekwaͤlten Geiſt erlangen Tod und Ruh
Der Kaͤyſer meld’ uns doch / was noͤthig’t ihn hier - zu?
Die Mutter. Burrh. Die ſchon kalt! Nero. Be - kaͤmpft die aͤngſt’ge Seele.
Die Geiſter kommen nicht zu ruͤck’ aus Grab und Hoͤle.
Sie hat itzt ja auf mich den Blutt-Spruch erſt gefaͤll’t.
Nichts Wunder: Daß die Furcht den Traum fuͤr Warheit haͤlt.
Was uns ihr Geiſt gedreu’t / das dreu’t uns auch’s Gewiſſen.
Solch Nebel wird ſich ſchon am Tage ſaͤncken muͤſ - ſen.
Sag’t / iſt der Tag das Ziel des Lebens itzt bald dar?
Die Nacht ſey ohne Furcht / der Tag hat nicht Ge - fahr.
Die Schaar / die fuͤr uns wach’t / denck’t ſelbſt uns hin zurichten.
Der Kaͤyſer ſchluͤſſe doch die Wurtzel aus den Fruͤch - ten. Er zeug’t der Majeſtaͤt dis / was ihr ſeit geſinn’t.
So lang ein Tropffen Blutt in unſern Adern rin’t /475. So lang’ ein Athem wird des Lebens Baͤlge treiben / Wird das geſchworne Heer dem Kaͤyſer treu verbleiben. Wir fallen ihm zu Fuß / und kuͤſſen Hand und Knie / Verwuͤnſchend: Daß das Hauß des Kaͤyſers ewig bluͤh’ / Erfreut: Daß er begluͤck’t dem Meuchel-Mord entron - nen.
Wenn euer Gunſt-Wind weh’t / ſo hat mein Schiff gewonnen. Verharr’t in treuer Pflicht. Des Kaͤyſers milde Hand Wird zweyfach euch thun gutt / was Agrippin’ entwand. Jedoch / umb unſer Reich mit Wohlfarth zu bekroͤnen / Eil’n wir der Mutter Geiſt mit Opffern zu verſoͤhnen.
So’ iſt das ſtoltze Weib nun Aſche Grauß und Staub?
Die Glieder ſind allein der Glutt-verweßlich Raub.
Jſt außer Knoch’ und Kohl’ auch ſonſt was uͤbrig blieben?
Ja / Jhr Gedaͤchtnuͤs iſt in’s Buch der Zeit ge - ſchrieben.
Jſt ihre Seele nicht in Schlang’ und Wolff ge - fahr’n?
Sie ſtieg den Sternen zu die auch ihr Uhrſprung war’n.
Hat ſie durch Laſter nicht die Fluͤgel eingebißet?
Schaͤum’t / laͤſtert! aber ſag’t / ob ihr ſo gar nicht wiſſet? Es hege noch ihr Geiſt in dieſer Welt Gericht.
Wo iſt ihr Urthel-tiſch? Wer? uͤber den ſie ſpricht?
Die Mord-ſchaar iſt ihr Volck / der Richtplatz iſt’s Gewiſſen.
Der taug zum Richter nicht / der ſelbſt muß Laſter bißen.
Was haͤng’t Verleumbdung nicht ſuͤr Fleck der Unſchuld an?
Sag’ ob man rechtes Recht Verleumbdung nennen kan?
Mit was fuͤr Recht entzih’t man ihr den Schmuck der Baare?
Man ehr’t die Boßheit nicht mit Tempel und Al - tare.
Die Straffe folg’t der Schuld; und wenn der Leib erblaß’t / So bleib’t er unverehr’t / ihr Leben hoch verhaß’t.
Die Tugend wird durch Haß der Feinde nicht ver - ſehret.
Wo iſt itzt einig Menſch der ihr Gedaͤchtnuͤs eh - ret?
Die Nachwelt und Halb-Rom wird nicht vergeſ - ſen ihr.
Wie daß der Adel ihr nicht traͤg’t die Bilder fuͤr?
Jhr hoch Geſchlechte glaͤntz’t auch ſonder Ertzt und Steine.
Kein naßes Aug’ iſt dar / das ihren Tod beweine.
Aus Nerons wird noch kwaͤll’n an ſtatt der Thraͤ - ne Blutt.
Wie daß man Weyrauch, nicht in ihren Holtzſtoß thut?
Wohlrichend Hartzt und Holtz / mach’t doch nur Rauch unb Aſchen.
Wer hat den todten Leib mit Salben rein gewa - ſchen?
Man reinige den Geiſt / der Leib mag fleckicht ſeyn.
Wer huͤll’t in Seid’ und Gold den kalten Leichnam ein?
Dis Wurmgeſpinſte wird von Wurm und Glutt gefreſſen.
Wird ihrer Thaten nicht von Rednern gar ver - geſſen?
Die Tiber und der Rhein ſind Redner fuͤr ihr Lob.
Wie daß kein Bette ſie von Helffenbein erhob?
Entſeelte ruh’n ſo gutt auf Holtz alß Helffenbei - ne.
Man ſam̃let nicht die Aſch’ in Gold und edle Stei - ne.
So blelb’t ihr Todten-Topff der groſſe Kreiß der Welt.
Kein Raths-Herr ſteh’t allhier / der ihr die Fackeln haͤlt.
Der Himmel leuchtet ihr mit Sternen ſelbſt zu Grabe.
Wo ſteh’t ein einig Bild / das ihr Gedaͤchtnuͤs ha - be?
Jhr Nahme laͤſſet ſich aus Staͤdten tilgen nicht.
Wer iſt / der ihr umb’s Grab Cypreß’ und Roſen flicht?
Welch Abſehn hat ein Geiſt auf bald verfaulte Blaͤtter?
Kein Pfau / kein Adler traͤg’t die Seel in’s Schloß der Goͤtter
Die Tugend kan allein vergoͤttern unſern Geiſt.
Sag’t: Wer was Goͤttliches an Agrippinen preiß’t?
Der Kaͤyſer wird ſie ſelbſt mit Furchtvergoͤttert ſchauen.
Man laͤß’t den Goͤttern ſonſt Altar und Tem - pel bauen.
Geweyhte Seelen geh’n geweyhten Marmeln fuͤr.
Wo ſind die Weyhungen? Welch Priſter opffert ihr?
Der Neid wird ihr noch ſelbſt die Schlangen opf - fern muͤſſen.
Weil ſie noch gift’ge Milch in ihrer Aſche wiſſen?
Die Rache kuͤhlet ſich ſonſt durch den Todten - Schweiß. Und wenn ſie ihren Feind entſeelt / erkaltet weiß: Jhr aber ſpielet noch mit ihren duͤrren Knochen /540. Die dieſe Glutt verſaͤng’t und Mord-Luſt hat zerbrochen. Jhr Moͤrder / maͤß’t was euch zu dancken iſt / ihr zu / Daß man der Todten nicht den letzten Dienſt recht thu? Jedoch verſichert euch Beſchimpffung todter Leichen / Ob’s denen / die fuͤr Tod’ und Zeit die Segel ſtreichen /545. Zwar nicht empfindlich faͤll’t / iſt ſo verruchte That / Die Brand und Peſt zur Straff und Gott zum Raͤcher hat. Welch Wahnwitz aber lehr’t? Daß es was ſchaden koͤnne Dem Todten / wenn man nicht ihm groß Gepraͤnge goͤnne Viel derer Thaten ſteh’n den Sternen eingepreg’t /550. Sind in kein Marmeln-Grab / in ſchlechten Sand geleg’t Viel haben ihren Sarch in wilder Thiere Magen / Viel in der wuͤſten See: Viel hat ein Felß zerſchlagen; Viel leben unverſehr’t / ob Adamanten-Stein Und Leinwand / die nicht brenn’t / gleich nicht den Leib ſchloß ein. 555.Es iſt ein ſchlecht Verluſt / ein koſtbar Grab entbehren. Auch was gebalſamt iſt / kan Faͤul und Wurm verzehren / Den Ambra tilget Wind / die Myrrhen friſt die Zeit / Was Lebens-Oel ſoll ſeyn / iſt ſelber Eitelkeit. Dis ein’ge geb’ ich nach bey den verlangten Gaben. 560.Die Goͤtter muͤſſen Blutt zu ihrem| Opffer haben; Wo wird es Agrippin itzt aber nehmen her? Dem / der doch ſterben muß / faͤllt ſterben wenig ſchwer. Auf Mneſter? ruͤſte dich und opffere dein LebenDerſel -103.Derſelben / der man wil kein Blutt zum Opffer geben! 565.Weil Niemand ihr Gebein’ aus koſtbarm Waſſer waͤſch’t / Und die noch glimme Glutt durch keine Thraͤn’ außlaͤſch’t / So waſch’ und leſche ſie mein ſpritzendes Gebluͤtte; Eh als der Kaͤyſer mich mit Blitz und Ach umbſchuͤtte. Viel beſſer: Daß ein Dolch die Adern ſchneid’ entzwey /570. Und mein unſchuldig Blutt ein reines Opffer ſey; Als: daß es auf der Rach’ entweyhtem Schmach-Altare Der Mord-Verraͤther Grimm der Hencker Pein erfahre. Wie? Mneſter / zitterſtu? ſchreck’t Tod und Sterben dich. Was ſtarꝛſtu? hemmt dein Arm noch den behertzten Stich? 575.Stoß / Mneſter / ſtoß / ſtoß zu! durch ſolch bepurpert ſter - ben Kan aus den Wunden man ihm Ehren-Fahnen faͤrben.
Schau / wie / wenn man der Schlang’ ihr giftigs Haupt abſchlaͤg’t / Jhr Schwantz und Brutt ſich ſelbſt in’s Grab zu ſcharren pflaͤg’t.
Jhr Schlangen / gebt den Stich mir und der Agrip - pine.
Schau wie die Natter noch zu zuͤngeln ſich erkuͤhne!
Die Zunge / die ſchon ſtirb’t / iſt alles Heuchelns frey.
Man lach’t / wenn / wer verſpiel’t / die Karte reiſt entzwey. Verblutte Seel’ und Geiſt / verkuͤhle Zorn und Gallen. Ein ſich ſelbſt-ſtuͤrtzend Feind bring’t ſuͤſſes Wolgefallen.
Hier iſt der Orth / den du zum Opffer dir beſtimm’t.
Sehr wol: daß noch die Aſch’ und ihr Gebeine glimm’t. Was aber raͤchelt hier fuͤr eine blutt’ge Leiche?
Ein ſich ſelbſt-leſchend Brand von Agrippinens Seuche.
Der Himmel ſegnet ſelbſt mein Todten-Heylig - thum /590. Der Zufall meinen Wunſch / mein Werck der Weißheit Ruhm. Weich’t aber bald von hier ihr ungeweyhten Seelen. Es dien’t nichts Jrrdiſches den Goͤttern tieffſter Hoͤ - len. Mein Sohn / komm ruͤcke mir den Opffer-tiſch hieher.
Mein Hertze wird mir kalt / und alle Glieder ſchwer!
Der Kaͤyſer muß behertz’t vollzieh’n / was ange - fangen.
Wo wir durch Hertzhaft - ſeyn nur auch den Zweck erlangen.
Der Kaͤyſer ſorge nicht. Die Sternen folgen mir / Jch ſchreibe Satzungen den Goͤttern ſelber fuͤr / Jch|mache: daß der Tag mit vielen Sonnen ſtrahlet /600 Daß dreyer Monden Licht die Mitternaͤchte mahlet / Jch halte durch mein Lied der Fluͤſſe ſchnellen Lauff / Den Zirckel der Natur / der Sternen Wechſel auf. Jch ſchwelle Well’ und Meer auch ſonder Sturm und Win - de / Jch ſchaffe: daß das Eiß, als Schwefel ſich entzuͤnde /605. Mit Flammen leſch’ ich Glutt; Die Zeichen meiner Schrifft / Sind von ſo groſſer Krafft: daß Nattern Gall’ und Gift Bey meinem Kreyß’ außſpei’n / daß die zertheilte Schlan - ge Zuſammen wieder wachß’ und neue Seel’ empfange. Daß Stroͤm’ als Eiß erſtarr’n / die Bach in Kwaͤll ver - ſeug’t;610. Daß Hecate zu mir in eine Hoͤle ſteig’t; Daß Fluͤſſe Lauff und Gang Berg-auf zu Gipffeln neh - men. Jch kan die Drachchen kirr’n und Panther-thiere zaͤh - men / Die Loͤwen ſind mein Pferd / die groſſe See mein Land / Jch baue Thuͤrm’ ins Meer’ / |und Kwaͤllen in den Sand /Jch105.615.Jch kan mit Menſchen Blutt’ in volle Monden ſchreiben / Wohin die Sterblichen wird ihr Verhaͤngnuͤs treiben / Den Gruͤfften pflantz’ ich Licht / den Marmeln Liebes Pein / Den Felſen Zung’ und Red’ / entſeelten Seelen ein.
Ach moͤcht’ auch doch durch dich der Mutter Geiſt erwachen!
Laß uns zum Heyligthum nunmehr den Anfang machen. Der Kaͤyſer ſetze ſich hier hinter das Altar. Mein Sohn / nimm was ich dir befehle / fleißig wahr. Gib das gefaͤrbte Tuch aus laulichtem Gebluͤtte Der Kinder / die mein Arm aus Mutter-Leibe ſchnitte. 625.Komm lege mir den Rock / der Goͤtter duldet / an. Komm waſch aus Waſſer ihn / das aus drey Brunnen ran / Eh’ als ich es geſchoͤff’t in drey entweyhten Naͤchten. Nun muſtu umbs Altar Cypreſſen-Zweige flechten. Gib’s Rauchfaß / ein von Wachs’ und Schwefel brennend Licht. 630.Vergiß Wacholder-holtz und Lorber-Beeren nicht / Gib Kraͤuter / die man muß bey Monden-ſcheine graben / So oft als Nacht und Tag gantz gleiche Stunden haben. Wormit ſich Nectabis in| Ammon hat verkehr’t / Als ihn Olympias des Beyſchlafs hat gewehr’t:635. Gib her ſein Jungfern-Wachs / daraus er Bilder machte / Dardurch er ſtuͤrm ins Meer / den Feind in Schiffbruch brachte. Gib Gemſen-Wurtzel her / Maah-Haͤupter / Eiſenkraut / Fleiſch / das man aus der Stirn’ unzeit’ger Pferde hau’t / Wirff Wolffs-Milch auf den Rauch / und Wurtzeln in die Flammen /640 Wo Maͤnn-uud Weiblich Saam’ iſt eingepropft zuſam - men. Nun werde mir hiher das Mohren-Kraut gebracht / Das Schloͤſſer oͤffnen kan und Fluͤſſe trocken mach’t. Jtzt gib denn Diſtel-ſtrauch / der nicht nur Geiſter ſchluͤſ - ſen Ja Goͤtter faͤßeln kan: Daß ſie erſcheinen muͤſſen. G 5Wo106.645.Wo iſt das Zackel-Kraut / das Wein in Waſſer kehr’t? Fehl’t Oſirite nicht / durch welche man beſchwer’t Der Todten blaße Schaar? Du muſt das Kraut anzuͤn - den / Dardurch man kan den Schatz verliebter Traͤume finden. Schau: Daß die Mauer-Raut’ auch unvergeſſen ſey /650. Die Riegel loͤſen kan / und Steine bricht entzwey / Wenn ſie die Wiede-hopff’ hat in ihr Neſt vergraben. Jtzt muß ich Krauſemuͤntz’ und friſchen Knobloch haben. Wo iſt der Agrippin’ ihr waͤchſern Ebenbild? Gib den geheimbſten Zeug in Seiden eingehuͤll’t. 655.Wie dieſer Weyrauch-Safft dem Feuer gibt das Leben / So ſoll dis Opffer auch den Geiſt ihr wieder geben. Mein Sohn / nun geh’ und liß aus Aſche Flamm und Graus Der Agrippinen Bein’ und ſchwartze Knochen aus; Des Mneſters Leiche ſey geleg’t zu meinen Fuͤſſen /660. Damit ich alles kan in heil’ gen Zirckel ſchluͤſſen. Du unbeſeeltes Bild / ihr glimmenden Gebein’ / Jch floͤß’ euch Sonnen-ſchweis und Schaum vom Mon - den ein / Umb die verſaͤngte Krafft des feuchten zu ergaͤntzen. Die Augen die an Luchß’ / und Baſilißken glaͤntzen /665. Das Kraut / das / ſteckt man nicht Dianen Opffer an / Wenn man’s ins Waſſer wirft / die Augen blaͤnden kan / Des Habicht-krautes Safft / die das Geſicht erfriſchet / Solln in dis Heyligthumb ietzt werden eingemiſchet Umb zu erſaͤtzen ihr ihr außgeleſchtes Licht. 670.Hier iſt die Heydechs-Haut / die ſie / weil ſie ſich nicht Uns goͤñet / ſelbſt verſchling’t. Die wird die Wuͤrckung ha - Mit neuem Fleiſch und Haut die Todte zu begaben. (bẽ Hier fuͤllet friſch Gehirn’ ihr leeres Todten-Haupt / Das ich den Molchen hab’ am fruchtbarn Nil geraub’t. 675.Jtzt eign’ ich ihr das Marck von ungebohrnen Kindern. Die Faͤule muͤſſen Myrrh’ und Zeder-Oel verhindern / Und dem Gehoͤre muß ein klingend Adler - ſtein / Den er ins hoͤchſte Neſt verſtecket / huͤlffbar ſeyn. Nun reiche mir / mein Sohn / des Hirſches Eingeweide:Daß107.680.Daß ich mir zur Artzney aus ihm die Schlange ſchneide / Die geſtern er verſchlang. Gib mir die Gall’ itzt her Des Fiſches / der ein Schiff kan hemmen in dem Meer’ Jtzt muß die Lunge nicht der Kraͤhe ſeyn vergeſſen / Die neunmal hundert Jahr von Aeßern hat gefreſſen. 685.Wo iſt des Maulworffs Hertz und diſes / das mein Arm Bey neuem Mondenſchein der Widehopffe warm Aus ihren Daͤrmen rieß: Jch muß es bald verſchlingen. Denn Hecate ſteig’t auf. Du muſt mir Milch herbringen Von einer ſchwartzen Kuh / umb alſo bald zu ſehn /690. Was kuͤnfftig in der Welt / im Himmel ſol geſcheh’n! Gib her den Ananchit aus meinen kraͤft’gen Steinen / Der auch die Goͤtter ſelbſt kan zwingen zu erſcheinen. Wirff von der Fleder-Mauß die Leber in die Glutt. Jtzt miſch’ ich Phoenix-Aſch’ in Pelickanen Blutt /695. Nebſt eines Seiden-Wurms niemals entſeelter Leichen. Wie dieſe neuen Geiſt von lauer Waͤrmbd’ erreichen / Wie Pelicanen Blutt die Jungen lebend mach’t / Wie aus des Phoenix Aſch’ ein Juͤngerer erwach’t; So ſoll ein friſcher Geiſt beſeelen dis Gebeine. 700.Es zeug’t ſich Hecate ſchon mit geneigtem Scheine / Und hemmt den ſchlaffen Zaum der weiſſen Ochßen an: Daß Mitter Nacht ſich nicht ſo bald entfernen kan / Die Zeit die zu dem Werck’ allein iſt außgeſtecket. Es ſchlaͤff’t und ſchweig’t / was Schilff / was Laub / und Himmel decket /705. Kein Fiſch ſchwimm’t durch die See / kein Vogel durch die Lufft Außſchrecken der durch mich entdeckten Todten-Grufft / Die Eule haͤulet nur / die gruͤne Natter ziſchet / Die Feuer-Krette girr’t. Mein Schweis werd’ abgewi - ſchet. Mein Sohn / nun binde mir den Schlangen-Krantz umb’s Haupt. 710.Weil dir noch neben mir zu bleiben iſt erlaubt / Wenn du mit Salbe mir / die mich nach Wunſch in Ra - ben Jn Katz’ und Wolff verkehr’t / die Bruſt geſalb’t wirſt ha - ben. Wo108.Wo iſt der Atizok / durch welchen Stein man ſich Unſichtbar machen kan? Nunmehr entferne dich. 715.Jedoch / eh’ als die Grufft der Abgrund wird zerriſſen / Muß Zirzens Zauberſtab in einen Kreiß uns ſchluͤſſen; Aus welchem man umbſonſt zu kommen ſich bemuͤh’t / Eh als man ihn vertilg’t von meinen Fingern ſiht. Nun muͤſſen umb den Kreyß die Zeichen ſeyn gemahlet /720. Wormit zu Epheſus Dianens Bildnuͤs ſtrahlet; Und in den friſchen Sand durch ein entbloͤßet Schwerd Die Grube ſeyn geſcharrt / in welcher wird gewehr’t Den Geiſtern Honig / Milch / und Blutt und Saft aus Reben / Wenn ſie den Opfernden Gehoͤre ſollen geben. 725.Schau wie ſpri’tzt ſchon empor der Adern rother Jaͤſcht / Der Todte kan beſeel’n / den Durſt den Geiſtern laͤſch’t. Groſſer Beherrſcher der finſteren Hoͤlen / Hellen - Dieſpiter / Vater der Nacht. Schrecklicher Koͤnig erblaßeter Seelen /730. Wird dir von mir was Gefaͤlliges bracht Wenn ich die Heynen und Hoͤlen erleuchtet Tempel aus Todten-Gerippen gebau’t / Wenn dir mit Blutte der Woͤlffe befeuchtet / Ward des Ononis dir heyliges Kraut:735. Muß noch fuͤr Tage mir werden gewehret Was dein gewidmeter Priſter begehret. Hecate / welcher dreyfaches Geſichte Himmel und Erden und Hellen-Pful mahl’t / Wo ich dein Priſter-Ampt wuͤrdig verrichte /740. Wenn mich dein ſilberner Zirckel anſtrahl’t Wirſtu der Kaͤyſerin irrenden Schatten Dieſes ihr Opffer zu ſchauen verſtatten. Klotho beſaͤnffte der Atropos Wuͤtten. Faͤdene wieder den Lebens - Drat ein /745. Welchen die Schweſter ihr hatte zerſchnitten. Dieſes kan euch nicht verkleinerlich ſeyn / Wenn ihr die Seele / die einmal erblaſſet / Duͤſterner Mitter - Nacht Schimmer ſehn’ laſſet. Charon / durch deßen gebildet GeſichteMeine109.750.Meine Hand oftmals hat Seuchen geſtill’t. Wenn ich das Schiff-geldt dir doppelt entrichte / Hab’ ich dir Will’ und Verlangen erfuͤll’t / Diſem nach mag Agrippine dich zwingen Jhren Geiſt wieder zu ruͤcke zu bringen. 755.Aber / du blaſſer Geiſt / irrende Seele / Laſſe dein ſchattichtes Antlitz uns ſchau’n. Komm’ aus der dir’ aufgeſchloſſenen Hoͤle Schaue / was wir fuͤr Altaͤre dir bau’n / Laſſe die dir aufgeopferte Gaben760. Wuͤrckungen wahrer Verſoͤhnungen haben. Sorge nicht: daß dir die Speiſe wird fehlen / Welche die ſchattichten Geiſter ernehr’t. Wilſtu die guͤldene Wurtzel erwehlen / Schaue ſie wird dir hier friſcher gewehr’t /765. Als ſie die einmal erblichene Seelen Haben im Garten der finſternen Hoͤlen. Wie? woll’n die Geiſter nichts auf mein Beſchweren geben / Darf mir der Hellen Pful veraͤchtlich widerſtreben? Soll mein verſpritztes Blutt kein fruchtbar Opffer ſeyn? 770.So wil ich eure Nacht durch hellen Sonnen-ſchein Zerſtoͤren / und den Tag in euren Abgrund ſchicken / Die irrenden Geſpenſt’ in einen Kreiß verſtricken. Jedoch ich nehme wahr / an was der Maͤngel lig’t. Wenn ein entleibter Geiſt zum Todten-Opffer krig’t775. Kein bluttig Menſchen-Hertz / ſo iſt er nicht zu zwingen. Wolan! ich wil auch dis dir Agrippine bringen. Wie dieſes Meſſer dring’t durch Mneſters kalte Bruſt; So dringe deine Seel’ auch durch des Abgrunds Wuſt / Fuͤr diſes Soͤhn-Altar / wo die geweyhten Flammen780. Vermaͤhlen Aſch’ und Hertz’ und Tag und Nacht zuſam - men.
Hilff / Himmel! ich bin todt! der Abgrund ſchling’t mich ein!
Ach! ſoll mein Heyligthum auch meine Baare ſeyn. Die110.Die Ohnmacht faͤll’t mich hin / ihr Sterblichen moͤg’t ler - nen: Wer Hell’ und Schatten ehr’t / entehr’t / erzuͤrn’t die Ster - nen.
Verfluchte! welcher grauſe Suͤnden Zu Lethens glimmer Schwefel-Glutt Den Weg noch allzu zeitlich finden / Jſt euer grimmer Frevel-Muth Durch Aberwitz und Zauberey befliſſen790. Den lichten Pful des Abgrunds aufzuſchluͤſſen?
Weh! weh! ach! ach! mag Frembder Miſſethat Die grimme Pein verdienter Straffe ſchaͤrffen? Muß Mondenſchein den Lebenden entwerffen Was Mutter-Mord fuͤr Hellen - Hencker hat. 795.Weh! weh! ach! ach! Uns die wir muͤſſen Stets ſterbend leben / ewig buͤßen.
Ertzt-Moͤrder! wie die blutt’ge Striemen Die meine Schlangen - Rutte ſchlaͤg’t / Oreſtens ſchwartzen Nacken bluͤmen;800. Weil er die Mutter hat erlaͤg’t; So ſol auch dich mit zehnmal aͤrgern Schmertzen Die Peitſche roͤthen / Glutt und Schwefel ſchwaͤrtzen.
Wo Minos nicht an mir die Rechte bricht Krafft welcher mir ſo ſcharffe Kwal iſt worden;805. Hat Hell’ und Welt genungſam Martern nicht Fuͤr Nerons Halß und ſchroͤcklich’s Mutter - morden; Jch toͤdtete die mich verletzet / Du die / die dich in’s Reich geſaͤtzet.
Komm’t / Schweſtern / helf’t mir Rutten binden. 810.Komm’t leih’t mir euer Nattricht Haar. Helf’t hartzt vom Phlegeton anzuͤnden / Reich’t Schwefel / Pech und Zunder dar. Entbloͤßet ihn / braucht Faͤckel / Flamm und Rutte Biß ſich der Brand leſch’ in des Moͤrders Blutte.
Ertzt-Moͤrder! wie Alemæons Eßen Muß Galle / Gift und Schwefel ſeyn / Weil er der Kinder-hold vergeſſen / Die ſonſt die Mutter-Milch floͤß’t ein: So muß auch dir ſeyn brennend Oel gewehret820. Daß deine Kwal ſtets mit der Flamme nehret.
Wo Rhadamanth mich nicht zu ſcharf verdamm’t / Wenn Gifft mich traͤnck’t / und gluͤend Ertzt mich ſpeiſet / So iſt kein Stahl der ſattſam brenn’t und flamm’t / Kein Gifft / das ſich genungſam ſtarck erweiſet /825. Dardurch der Abgrund das Verbrechen Des Mutter-Moͤrders koͤnne rechen.
Komm’t Schweſtern / helft Getraͤncke machen Bring’t Baſilißk’-und Molchen - Jaͤſcht Vermiſch’t mit Eyter von den Drachen:830. Daß es den Durſt dem Kaͤyſer laͤſcht. Trinck / Nero / trinck! was magert dein Geſichte? Gift iſt dein Wein / der Schwefel dein Gerichte.
Giß’t ſiedend Oel dem Moͤrder auf die Bruſt Zerreiß’t den Leib mit gluͤend-heiſſen Zangen /835. Vergaͤllt mit Ach ihm ſeine Moͤrder-Luſt / Saͤtz’t Wuͤrmer ihm in’s Hertz / im Buſen Schlangen / Nur: daß die Pein den nicht verzehret / Der Mutter-Milch in Wermuth kehret.
Jch wil nicht ſeinen Geiſt nur plagen /840. Rom mag hier Nerons Bildnuͤs ſeh’n Den Sack der Mutter-Moͤrder tragen Zu weiſen: Was ihm ſol geſcheh’n. Dis Marmel rufft: Der Fuͤrſt hat mehr begangen Als ſich Oreſt / Alcmæon unterfangen.
Jhn muß noch gleich wol was erkwicken. Jß! iß die guͤldnen Aepfel hier / Die dich mit tauſend Luſt anblicken. Komm’t ihr Harpyien herfuͤr / Jhr moͤg’t dahin die ſpitz’gen Klauen ſenden /850. Reiß’t ihm die Fruͤcht’ aus den verfluchten Haͤnden.
Jch wil dich noch mit Fruͤchten nehren Die Zucker-ſchilff und Weinſtock traͤg’t. Doch nein! der Himmel wil’s verwehren; Schau wie der lichte Blitz herſchlaͤg’t!
Lern’t Sterblichen: Daß ein verlaͤtzt Gewiſſen So wird gekwaͤl’t / gehenckert und zerriſſen.
A. T. O.
GEneigter Leſer. Es wird in gegen - wertigem Trauer-Spiele vorgeſtel - let ein Schauplatz grauſamſter La - ſter / und ein Gemaͤlde ſchrecklicher Straf - fen. Unkeuſchheit und Ehren-ſucht kaͤmpf - fen mit einander umb den Siges-Krantz. Alleine beydē muß endlich Kind uñ Helle zum Hencker / Myrthen / und Lorber-Zweige aber in Cypreſſen verwandelt werden. Jhre boß - hafften Gemuͤtts-Regungen habe ich mit ſchoͤnen Farben nicht abmahlen doͤrffen. Denn ich aus der Poppee keine Penelope / aus dem Nero keinen Ninus machen / weniger einer Lais Reden eines Socrates zueignen koͤnnen. Dahero ich mich wider iedweden allzu ſcharf urtheilenden Cato der von dem Marino in ſeines Adonis achtem Liede ge - brauchter Schutz-Rede zubedienen berech - tigt achte.
HDu114.Joh Schildius in Not. ad Sueton in Caligul. c. 22. p. 447. n. 4 vermercket: Daß Kaͤyſer Alexander nur an Feſttagen Phaſanen geſpeiſt habe.
Hic Scarus ſaxa frequentat qui mites inter piſces clamore tremendo intonat, & ſolus pallentes ruminat herbas.
Alleine daß dergleichen Verſchwendung in Comedi - ante nachgethan / berichtet Horat. 2. Sermon.
Filius Æſopi detractam ex aure Metellæ. ſcilicet ut decies ſolidûm exſorberet, aceto diluit inſignem baccam.
Der Balſam-Baͤder aber hat ſich auch ein Knecht des Nero bedienet. Plinius. lib. 13. Nec non aliquem ex privatis audivimus ſpargi per parietes balnearum un - guento at́que Cajum. Principem ſolitum lavari: ac ne principale videatur hoc bonum, & poſteà quendam è ſervis Neronis.
M. Lucan. lib. 9.
Virg. 2. Æneid. von Æneâ. — —
Derogleichen Fatum Regni war bey den Argivern der guͤldene Wider / welchen Thyeſtes dem atreus entfuͤh - ret. Beſiehe Senec. in Thyeſt. act. 2. verſ. 222. ſeqq.
hæc fontis ſtagna Numici.
darinnen Æneas ſol umbkommen ſeyn. Taubman. ad eund loc.
Welches ich alſo verſetzet:
Nero, Oreſtes, Alcmæon matricidæ .. Xiphil. in Ner. p. m. 165.
Ovid. 7. Met.
Und Lucillius.
〈…〉〈…〉
wird ein Theßaliſch Weib von mir erkauffet werden / wil ich bey Nachte zihn den Monde zu der Erden.
Horat. Epod. 18.
Virg. Ecl. 8. v. 69.
novi quo Theſſala cantu oripiat lunare jubar.
Et de bell. Getic.
Theſſalidas patrias lunare venenis inceſtare jubar.
Auch Ovid. 2. Amor. 5.
cantatis Luna laborat Equis.
Sinthemahl / ſo lange / bis Anaxagoras dargethan: Daß die Monden - Finſternuͤße vom Schatten der Er - de herruͤhrten / wi Laërtius in ſeinem Leben meldet / die Menſchen ſelbte fuͤr Zaubereyen oder Wunderzeichen gehalten. Fuͤr welchem Nicias der Athenienſer Feld - hauptmann alſo erſchrocken: Daß er in einer Schlacht mit 40000. Mann erſchlagen worden. Plutarch. in li - bell. de Superſtitione. Dahero ſie mit klingenden Ertzt und angezuͤndeten gegen dem Himmel geſtraͤcketen Fa - ckeln ihm den Schein wider zu geben vermeinten. Wo - her gehoͤrt der ſonderbare Orth Plutarch. in Paulo Æ - milio. 〈…〉〈…〉〈…〉〈…〉145.〈…〉〈…〉. Als die Roͤmer / ihrer Gewohnheit nach / mit klingenden Ertzte den Schein des Monden wider - rufften / viel Feuer und brennenden Fackeln gegen dem Himmel ſtreckten / thaͤren derogleichen die Macedonier nicht. Alleine Furcht und Schrecken umbgab das gan - tze Heer. Wie durch derogleichẽ Monden-Finſternuͤs ein groß er Aufruhr in des Germanici Laͤger in Deutſchland ſey geſtillet worden / beſchreibet Tacit. 1. Annal. c. 28.
Virgil. 4. Æneid. v. 515.
Wiewol dis daſelbſt Dido nicht zu der / ſondern wider die Liebe gebraucht. Etenim ſec. Turneb. lib. 15. c. 8 - Hippomanes medicamento adhibitum vim Amoris ha - bet, ſed igni mandatum exuſtuḿque amorem peni -K 2tus148.tus abolet. Es wird diſem Giffte ſonſt auch ein ander Uhrſprung zugeeignet / davon
Virg 3. Georg. v. 180.
Virg. 4. Æn. v. 486.
Und Tibullus:
Virgil. d. l. 4. Æn. v. 513.
Lucan. lib. 6.
Val. Flacc. lib. 6.
Dahero Ovid. 7. Met. de Medea.
Propert. l. 4. 5.
Beſiehe hiervon Plin. lib. 8. c. 22.
〈…〉〈…〉
Jch grub mit meinem von der Seite ausgezogenen De - gen eine Grube eines E[ll]nbogens tief umb und umb. Umb dieſelbe Gaßen wir mit geſammter Hand Opfer / erſtlich miſchten wir Meth / darnach ſuͤßeu Wein / drit - tens Waſſer endlich weiß Mehl zuſammen.
Und v. 35. 〈…〉〈…〉
Als ich aber das Vieh gefangen hatte / ſchlachtete ich’s uͤber die Grube. Das ſchwartze Blut aber floß dahin / und die Seelen der Verſtorbenen verſammleten ſich aus der Helle / und irreten umb die Grube haͤuſſig herumb. Endlich153.Endlich fuͤhret er des Tireſiæ Geiſt alſo redende ein v. 94.
Aber weiche von der Grube / und thue den ſcharffen De - gen weg: Daß ich Blutt trincken und dir wahrſagen koͤnne. Und v 146. 147.
Welchen unter den Todten du wirſt laßen nahe zum Blutte herkommen / der wird dir wahr ſagen. Gleich - maͤßiges hat Horat. l 1. Serm. Satyr. 8. v. 23. ſeqq.
Appion Grammaticus, welchen der Kaͤyſer Tiberius veraͤchtlich Cymbalum Mundi genennet / hat ſich geruͤh - met: Er habe alſo auch Geiſter beruffe[n]/ und von ihnen geforſchet / wo und von was fuͤr Eltern Homerus ge - bohren ſey. Plin. l. 30. cap. 2. Ein ander denckwuͤrdi - ges Exempel erzehlt Plutarch. in vita Cimonis von ei - ner Adelichen Jungfrau Cleonice, welche Pauſanias zu Byzanz gefangen krigt und zu ſeiner Luſt gebraucht / hernach aber des Nachts von ihm aus Jrrthumb er - mordet worden. Daß ſelbiger Geiſt auch von dem Pau - ſanes ſey beſchworen / ihm aber durch ſelbten ſein ſchnel - ler Untergang mit diſen Worten verkuͤndigt worden:〈…〉〈…〉 Beſihe auch Cornel. Nepot in Pauſania. Welcher Geſtalt die Zauberin Erichto eines entſeelten Soldaten Geiſt beſchworen und Sexto Pompejo ſein kuͤnftiges Gluͤck durch ihn geweißagt habe / beſchreibt Lucan. lib. 6. Bell. civil. in 200. Verſen. Welchem beyzuſetzen die Anmerckungen Martin. Delrio. diſquiſ. Magic. lib. 4. c. 2. q. 6. ſect. 2. Und die BeſchwerungK 5des154.des Geiſtes Samuels. 1. Reg. 28. nebſt Ludovic. Lava - tero. Tr. de Spectris. part. 2. cap. 7. 8.
Jam nequeo tolerare moram; caſſusne Sacerdos audior? an, rabido jubeat ſi Theſſala cantu,ibitis? 155.ibitis? an Scythicis quoties armata venenis Colchis aget, trepido parebunt Tartara motu? noſtri cura minor? Ne tenues annos, nubemque hanc frontis opacæ ſpernite ne, moneo; & nobis ſævire facultas. Scimus enim & quicquid dici, fierique timetis, & turbare Hecaten &c.
ENDE.
ENDE.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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