Denen Edlen / Wol Ehrenveſten / Groß Acht - bahrn / Hoch - vnd Wolgelahrten / auch Hoch - vnd Wolweiſen Herꝛen / Buͤrgermeiſteren / Syndicis, Caͤm - merern vnd Rahtsverwandten / der beyden Pommeriſchen Haupt-Hauſee - vnd reſpectivè Fuͤrſtlichen Reſidentz Staͤdten Stralſund Vnd Alten Stetin / Meinen hochgeehrten vnd großguͤnſtigen Herꝛen / Patronis, Goͤnnern / vnd maͤchtigen Foͤrderern.
EDle / Wol Ehrnveſte / Groß Achtbahre / Hoch - vnd Wol - gelarte / Hoch - vnd Wolweiſe / inſonders großguͤnſtige hochgeehr - te Herꝛn / Es haben etliche Hiſtorienſchreiber biß daher faſt die gantze Welt beredet / als wenn Pommern / vnſer geliebtes Va - terland / ehe die Fuͤrſten deſſelben ſich zun Zeiten Friderici Barba - roſſæ ans Teutſche Reich begeben / nie vnter die Teutſchen ge - rechnet geweſen / ſondern von anfang zu der Wendiſchen Nation gehoͤret habe / geſtalt dann Cranzius ſelbſt in der Meinung iſt / das ſchon lange Zeit vor Chriſti Geburt Wenden allenthalben an dem Vfer des Balthiſchen Meeres in Preuſ - ſen / Pommern vnd Mechelnburg gewohnet / vnd mit den Daͤhniſchen Koͤnigen groſſe) (iijKriegeVorꝛede. Kriege gefuͤhret haben. Vnd ob woll vnleugbar / das auß gemelten Laͤndern die Go - thiſche / vnd Longobardiſche / Ruͤgianiſche vnd Wandaliſche Zuͤge in die Roͤmiſche Pro - vincien vorgenommen / vnd der Roͤmer macht dadurch gar gebrochen vnd zernichtet iſt / ſo wollen dennoch etliche dieſe Zuͤge ſo gar denen Nationen / ſo vber Meer wohnen / beymeſſen / das ſie faſt alle Teutſche davon außſchlieſſen / vnd den Weg aller dero Voͤl - cker / ſo ſie verrichtet / lieber durch gar abgelegene / vnebene / vnwegſame vnd Sarmatiſche Laͤnder / auff jenſeyt der Weiſſel vnd Pregel / beſchreiben / als zugeben / das er durch Teutſchland bald auff Franckreich / bald auff vnd vber die Donaw gegangen ſey. Ob nun woll viele vornehme Leute die Nichtigkeit ſolches vorbringens / auß fleißiger Nach - forſchung der Alten Geſchichte / geſehen vnd getadlet / ſo iſt dennoch Niemand biß daher gefunden / der deßwegen / ſo viele dieſe vnſere Pommeriſche Laͤnder anlanget / etwas auß - fuͤhrliches an des Tages Liecht gebracht hette. Der bey der Teutſchen Antiquitaͤt Hoch - verdiente Mann P. Cluverius hat zwar ſeinen Preuſſen jhre altes Lob wieder gegeben / vnd ſie von den Gothiſchen verrichtungen nicht laͤnger wollen außgeſchloſſen wiſſen / vn - ſerm Pom̃erlande auch ſeine Alte Einwohner gezeiget / die Jnſul Ruͤgen auß dem Taci - to erwieſen / vnd nicht geringe anleitung zu fernerer inquiſition gegeben / gleichwol nichts weiters dabey gethan / als worzu er von ſeinem Geographiſchen diſcurs gebracht worden. Die Pommeriſche Alte geſchichte vnterdeß liegen im tunckeln / vnd iſt bißher Niemand gefunden / der jhnen den Weg ans Liecht zu kommen bereitete / außgenommen / was Herꝛ Doctor Cramerus in ſeinem Kirchen Chronico / vnd Herꝛ Paulus Friedeborn in ſeinen Stetiniſchen Geſchichten dabey gethan / die gleichwoll nur mehrentheils auff das geſe - hen / was bey vnd nach bekehrung der Pom̃eren zum Chriſtlichen Glauben / ſeither des mc. Jahres in der Kirchen vnd in Stetin vorgelauffen iſt. Nebenſt denen haben zwar D. Bugenhagius, Herꝛ Valentinus Eichſtaͤdte Cantzler / Nic. Klempzow ein Hinter Pom - meriſcher von Adel / wie auch Johannes Engelbrecht / Protonotarius zu Wolgaſt / vnd inſonderheit der ſehr fleißige / vnd in zuſammentragung der Alten Pommeriſchen Haͤndel Hochverdienter Mann Thomas Kanzovius, Secretarius Wolgaſtanus, nebenſt etlichen anderen / die Pommeriſche Geſchichte vnd Fuͤrſtliche Genealogias deduciret / davon aber iſt faſt nichtes publiciret, außgenommen / was von wenigen in Abſchrifften beybehalten wird. Das derowegen einem jeden / vnd inſonderheit den jetzigen Einwohnern des Pommerlandes vnd jhren Nachkommen / fuͤr die Augen geſtellet wuͤrde / wer an dieſem Orte in der Alten Welt gewohnet / vnd was jhre beginnen geweſen / ſo habe ich mich vnterwunden / kegenwertigen Bericht vom Alten Pommer Lande herauß zu geben. Jch weiß zwar woll / das viele nicht werden zu geben / das die maͤchtige Gothen / Longo - barder / Suevi / Vandali / vnd andere Siegreiche / vnd von Mir angezogene Voͤlcker in dieſem Lande vñ da herumb gewohnet. Jch achte aber ſolches in dieſem Buche dermaſſen erwieſen zu ſeyn / dz es ſchwer wird fallen / mit genugſamen Gruͤnden es zu hintertreiben. WasVorꝛedeWas inſonderheit die Gothen anbelanget / von welchen fuͤrnemblich moͤchte gezweiffelt werden / ſo ſind Taciti Wort ſo helle vnd klar / das man nichtes anders darauß erzwingen kan: Dirimit, ſeinditq́; Sueviam (ſagt er) continuum montium jugum, ultra quod plurimæ gentes agunt. Ex quibus latiſſimè patet Lygiorum nomen, in plures civitates diffuſum. Trans Lygios Gothones regnantur, paulò jam addictius, quam cæteræ Ger - manorum gentes, nondum tamen ſupra libertatem. Protinus deinde ab Oceano Ru - gii & Lemovii, omniumq́; harum gentium inſigne, rotunda ſcuta, breves gladii, & erga reges obſequium. Suionum hinc civitates, ipſo in Oceano, præter viros armaq́; claſſi - bus valent. Trans Suionas aliud mare immotum. Suionibus Sitonum gentes conti - nuantur, cætera ſimiles, uno differunt, quod femina dominatur. Hic Sueviæ finis. Ergo jam dextero Suevici maris littore Æſtiorum gentes alluuntur, quibus ritus habi - tusq́;, Suevorum, lingua Britannicæ propior. Rarus ferri, frequens fuſtium uſus: fru - menta cæterosq́; fructus patientius, quam pro ſolita Germanorum inertia laborant. Sed & mare ſcrutantur: ac ſoli omnium ſuccinum, quod ipſi Gleſſum vocant, inter un - das atq́; in ipſo litore legunt. Peucinorum, quos quidam Baſtarnas vocant, Venedo - cumq́; atq́; Finnorum nationes Germanis an Sarmatis adſcribam, dubito. Dieſes iſt ein kurtzer Außzug vieler Wort / darauß man ſiehet / das Tacitus den Suevis ein groß Land zuleget / vnd Sie zwiſchen Abend vnd Morgen von der Sala / Elbe / Chaluſo oder der Trava / biß an die Weyfel; Zwiſchen Mittag aber vnd Mitternacht von der Donaw biß an den euſſerſten Oceanum gewohnet / vnd in ſich / nebenſt vielen andern Nationen / die Schweden vnd Norweger / vnd ein Theil von Dennemarck begriffen haben. Solch groſſes Land der Sueviorũ / ſaget er / werde durch ein in die Laͤnge ſich erſtreckend Gebir - ge von den Lygern vnterſcheiden / welches Ptolomæus Aſciburgiũ montem neñet. Wir heiſſen es daß Hungeriſche Gebirge / die Hungern Szepéſi, vnd die Polen Tátáry. Vnd ſein Ende wird in vnſerm Hinter Pommern beym Chollenberge gefunden. Alſo wuͤr - den nun die Lyger / oder wie ſie Srabo nennet / die Luͤger an dem Orte gelegen / vnd auff der benachbarten Wenden thun vnd laſſen / auff den Graͤntzen des gantzen Teutſch Landes / geluget haben / da jetzund Groß Pohlen zwiſchen dem Gebirge / der Warte vnd der Weyſ - ſel / von Crakow biß an Torn hinan ſich erſtrecket. Hinter dieſen Lygern haben die Go - thones vnter jhrem Koͤnige gewohnet / vnd alſo ſind die Gothones / Gothen oder Gut - ten / (dann das iſt doch ein Nahme) in Hinter Pommern vnd Preuſſen geweſen / welches auch Plinius auß Pythea von Maßilien in Franckreich buͤrtig bezeuget / der an dem Ort / da der Bernſtein geſamlet wird / die Guttonier oder Gothen ſetzet / mit dem hinange - hencketen Bericht / das von dannen biß in die Jnſul Baſiliam / dadurch er eben die groſſe Peninſul verſtehet / darinnen die Suiones oder Schweden / vnd die Sitones oder Nor - weger / vnd ein Theil von Dennemarck gewohnet / vnd die von Plinio, Scandinavia, Fin - ningia vnd Balthia, vom Ptolomæo Scandia geheiſſen wird / zu Waſſer eine Tagereiſe ge -legenVorꝛedelegen ſey. Doch wie Pytheas, der lange Zeit / vnd woll vierdte halb hundert Jahr / vor Tacito gelebet / die Gothen an dem Geſtade ſetzet / da der Bernſtein zum meiſten geſam - let wird / alſo ſagt Tacitus, das zu ſeiner Zeit die Eſten daſelbſt gewohnet / vnd leget den Orth an vnd in dem Groſſen Hinter Pom̃ern / nemblich Pomerelliam oder Caſſubiam, mit dem Ocoidentaliſchen Preuſſen den Gothen zu / vnd von jhnen iſt das gantze Bal - tiſche Meer Codánus oder Gedánus ſinus, beym Plinio vnd Mela, genant / eben wie es Tacitus nennet Suevicum Mare. Doch haben ſich etliche von dieſen Gothen auch in den Dennemarckiſchen vnd Schwediſchen Laͤndern gefunden / vnd ſind die Guten / Gut - lender / oder Gothen genennet. Aber gleichwol iſt Pomerellia vnd was damit graͤntzet / wie der Hochvernuͤnfftige Joſephus Scaliger hat pflegen zu ſagen / das rechte Vhralte Vater Land der Gothen / von denen die Welt ſo ſehr getummelt iſt. Bey den Gothen / an dero Geſtade der Bernſtein geſamlet wird / vnd die jhn den Teutoniern am Teutſchen Geſtade / vnd in etlichen Daͤhniſchen Jnſuln verkaͤuffet haben / ſetzet Tacitus ab Oceano, das iſt / lengſt dem Mehre / die Ruͤgier vnd Lemobier. Mitten im Meer aber / nemb - lich in beſagter Peninſul / die Suioner vnd Sitoner / vnter welchen er jene / nemblich die Schweden / beſchreibet / dz ſie an Volck / an Gewehr vnd an Schiffen / ſchon zu ſeiner Zeit / maͤchtig geweſen / vnd jhre Schiffe alſo gebawet / das ſie hinden vnd fornen gleich / vnd zu beiden ſeiten alſo gerichtet waren / das man / mit welchem Orte man wolte / anfahren koͤnte / vnd dazu keine Siegel oder ſolcher Riemen / als man ſie in der Ordnung auff den Galeen gebraucht / oder eines angeheffteten Ruders beduͤrffte. Thut auch dieſes hinzu / das ſie auff Reichthumb vnd Gewalt mehr als andere Teutſche gegeben / vnd jhrem Koͤ - nige / der bey jhnen groͤſſer Gewalt / als einer bey den andern hette / in allem willig gehorſa - met / auch keine Gewehr / wie andere Teutſche / bey ſich getragen / ſondern ſie im Zeughauſe vnter einem Zeugmeiſter / der doch nicht ein Freyer hat ſein muͤſſen / verwahret gehalten / alldieweil das Meer vmb ſie her allen vnvermuthlichen Einfall leicht verwehrete / vnd ſie / wen ſie jhrer Gewehr maͤchtig weren / vnd ſonſt nichtes mit andern Leuten zu ſchaffen hetten / leicht muthwillig werden / vnd einen Auffſtand wieder jhren Koͤnig erheben koͤn - ten: Otioſæ enim armatorum manus facilè laſciviunt. Hinter den Sueonern oder Schweden / ſagt Er / ſey ein pigrum ac propè immotum mare, das wir nemlich Mare Gla - ciale, oder Congelatum, oder das Mitternaͤchtiſche Meer / hinter Scritofinniam vnd Bi - armiam, nennen / da das bewohnete Erdreich gegen Norden ein Ende hat / vnd die Son - ne (verſtehe bey Sommertagen) des Nachtes jhren Schein nicht gar entziehe / ſondern jhre Stralen die gantze Nachtblicken laſſe. Neben jhnen aber haben zur ſeiten die Si - toner gewohnet / verſtehe die Norweger / welche jhnen in allem gleich geweſen / außge - nommen / das daß Weib vber denn Mann herſchete / vnd ſie damit an den Tag gaben / das ſie weit von anderen freyen Gemuͤter vnterſcheiden weren. Aus welcher deduction genugſam erhellet / dz die Alten Stetiner / wie Cruſius in ſeiner Suevia vnd andere meldennicht /Vorꝛedenicht dieſelbe Sitones ſeyn / quibus femina dominatur, tanta cum indignatione Taciti, dz er mit dieſem Epiphonemate ſeinen Vnwillen kegen ſie bezeuget: In tantum non mo - dò à libertate, ſed etiam à ſervitute degenerant. Dieſe Suioner vnd Sitoner ſind Taci - to die letzten vnter den Sueviern. Die Eſten / ſo in Preuſſen zu ſeiner Zeit gegen Oſten am Balthiſchen Sueviſchen Meer den Bernſtein colligirten / ſagt er / haben Sue - viſche Kleider getragen / aber faſt auff Britanniſche Art geredet / vñ fleißiger den Acker / als die Teutſchen / beghatet. Die Peuciner oder Baſtarner haben von Anfang der Weyſel / ſo etwa von den Poͤecken / dz iſt kurtzen Degen / vnd den beſten Arnen oder Ehern / das iſt / dem beſten Korn den Nahmen gehabt / hinter den Lygern oder jetzigem Groß - Polen / in Polonia minore, Ruſſia, vñ vmbliegenden Ortern / biß an das Carpatiſche Ge - birge gewohnet / vnd ſind von dannen allgemach biß an den Außfluß der Donaw / vnd die Jnſul Peuce daſelbſt / mit Macht gegangen. Die Venedi, ein Großmechtig Volck / ha - ben jhren Sitz in Littawen gehabt / vnd ſich theils biß an der Eſtier Land ans Balthiſche Meer hinan / theils biß an die Finnen / in Carelien vnd daherumb / erſtrecket. Tacitus weiß nicht / zu welchen er dieſe vier Voͤlcker / als die Eſten / Peuciner / Veneder vnd Fin - nen zehlen ſoll. Doch giebet er den Eſten Teutſche Kleider vnd Britanniſche Sprache / ſo nur ein Dialectus der Teutſchen Sprache geweſen / vnd zweiffelt zwar nicht darau / das ſie Teutſch ſeyn / aber ob er ſie zu den Sueviern rechnen ſoll / das weiß er nicht. An den an - dern dreyen aber zweiffelt er / ob er ſie zu den Sarmatiern oder Teutſchen ſchreiben ſoll. Da iſt aber vns aus denen nach Taciti folgenden Zeiten beſſer / als jhme / bekand / das die Peuciner oder Baſtarner Teutſch ſind / vnd wer deſſen vnwiedertreiblichen Grund begeh - ret / mag beſagten Cluverium in ſeiner Germania Antiqua leſen. Tacitus ſelbſt machet von jhnen den Schluß: Peucini, quos quidam Baſtarnas vocant, ſermone, vultu, ſede ac domiciliis, ut Germani agunt: Sordes omnium ac torpor. Das iſt / Jhre Sprache / Geberde vnd Wohnungen ſind Teutſch: Sie ſchmuͤcken ſich nicht in weichen koſtbaren Kleidern / vnd achten der Haußarbeit wenig. Cæterum connubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum fœdantur. Den Fennis aber ſchreibet er miram feritatem, & fe - ram paupertatem mit vielen Worten zu. Securi adverſus homines, ſagt er / ſecuri adver - ſus Deos, rem difficillimam aſſecuti ſunt, ut illis nevoto quidem opus ſit, vnd thut nichtes weiters hinzu / darauß man abnehmen koͤnte / ob ſie Teutſche oder Vnteutſche geweſen / vnd noch heutiges Tages / da die Schwediſche Sprache eine groſſe Gemeinſchafft mit der Teutſchen hat / als die mit jhr auß einen Brunquell gefloſſen / reden die Finnen alſo / das ſie von keinem Schweden / der ſie nicht gelernet / kan verſtanden werden / es moͤchte dann ſein / das die rechte Alte Finnen / welche Cluverius mit gewiſſen Gruͤnden vnter die Teutſche rechnet / vnd theils in Schweden vnd Norꝛwegen / vnter dem Nahmen der Scritoſinnen vnd Finmarcker / theils nach Carelien / zur rechten ſeiten des Bodni - ſchen Meerſchoſſes wohnen / andere ſeyn / als die / ſo jetzt mit den Lapplaͤndern graͤntzen /) () (vndVorꝛedevnd faſt einerley Sprache gebrauchen / vnd auff gleiche Manier mit jhnen leben. Was aber die Venedos anbelanget / derer auch Tacitus gedencket / waren ſie / laut Plinij vnd Jornandis gezeugnuͤß / warhafftig Sarmatiſch / vnd graͤntzeten gegen Mittag mit den Peucinern vnd Baſtarnern / gegen Mitternacht mit den Eſten / gegen Abend theils mit den Eſten / theils mit den Gothen / vnd alſo an dreyen Ortern mit der Teutſchen Nation / gegen Morgen aber beruͤreten ſie die groſſe Sarmatey oder das groſſe Reuſ - ſenland / vnd waren nicht eine geringe Particul derſelben Nation. Jornandes nennet jhrer etliche Slavinos oder Slavos / etliche Antes, etliche abſonderlich Venetos, die wir Wenden / andere Henetos, oder Vinidos, oder Venedos nennen. Dieſe Wendiſche Na - tion hat ſchon vor Chriſti Geburth ſich nach dem Balthiſchen Meere allgemach gelen - cket / vnd iſt ſo weit gekom̃en / das ſie an demſelben ſich feſte geſetzet / vnd dem Meere ſelbſt den Nahmen erworben / das es nicht allein Suevicum mare, ſondern auch an einem Orte Sinus Venedicus geheiſſen iſt / wie beym Ptolomæo zu erſehen. Es iſt aber / wie auß al - len vmbſtenden erſcheinet / die Wendiſche Nation auff jenſeit der Weyßel zwiſchen den Eſten vnd Gothen ans Meer hinein gegangen / vnd hat in Lyfland / Curland / vnd einem Theil Preuſſen einen feſten Fuß geſetzet / wie denn noch etlicher Fluͤſſe vnd Staͤdte Nahmen ſolches bekraͤfftigen helffen. Aber zu Taciti Zeiten haben die Teutſche Eſten ſich wider des Meeres auff jenſeit der Weyſſel bemaͤchtiget gehabt. Die Wenden da - gegen haben ſich nach der anderen ſeite vmbgeſehen / uͤber die Weyßel ſich geſetzet / vnd allgemach alle das Land / da zuvor die Suevi / vnd vnter jhnen die Gothen / Ruͤgianer / Vandali wohneten / mit jhrer Sprache / Sitten vnd Geberden erfuͤllet / vnd ſolches ha - ben ſie deſto fuͤglicher thun koͤnnen / weil die ſaͤmbtliche Nation der Suevier vielmahl mit Weib vnd Kind / nach der Teutſchen Gebrauch / ſich an vnd vber die Elbe machete / daſelbſt wieder die Roͤmer / von denen ſie bißdaher angefochten war / die Schaͤrffe des Schwerdtes zugebrauchen. Alſo iſt das Land ſehr auff diſſeit der Elbe entbloͤſſet ge - worden / vnd die Wenden haben keinen wiederſtand gefunden / ſondern die vbrige Ein - wohner allgemach zu jhrer Sprache / Sitten vnd Geberden gezogen / vnd vnſer Pom - merland / das zuvor Teutſch war / iſt faſt gantz Wendiſch worden. Die Voͤlcker / ſo in Hinter Pommern / als im alten Sitze der Gothen / nemlich die Lemovier bey Lebenburg / vnd die Ruͤgianer bey Ruͤgenwalde / wohneten / haben erſtlich ſich der Wendiſchen Ma - nier zu gebrauchen angefangen. Die Sitiner aber / ſo Ptolomæo vnd Straboni be - kand ſein / vnd die ſieben Voͤlcker / ſo Tacitus an der Jnſul Ruͤgen in Vor Pom̃ern vnd Mechelenburg ſetzet / vnd Plinius Wandaler vnd Cariner nennet / ſind laͤngſamer zu der Wendiſchen Sprache gebracht / vnd ehe wieder auß der Wenden Haͤnde / als die Hin - ter Pommerſche Orter geriſſen. Denn die Sachſen / welches eben ein theil von den Alten Sueviern vnd Wandaliern oder Wahlen / vnd die rechte Saſſen oder Einſaſ - en ſeyn / die ſich hinter der Elbe niederlieſſen / vnd daſelbſt in Oſtwahlen vnd Weſtwah -len /Vorꝛedelen / oder wie wir es heutiges Tages ſchreiben / Oſtphalen vnd Weſtphalen theileten / haben jhren alten Sitz nicht lange in der Wenden Haͤnden wiſſen wollen. Zu der Zeit jnſonderheit / da dieſe Sueviſche vnd Wandaliſche Sachſen ſich in den Kriegen Caroli Magni vnter Wittekindo zum Chriſtlichen Glauben hetten bringen laſſen / vnd die Heydniſche vnglaͤubige Wenden in jhrem alten lieben Vaterlande / als groſſe Feinde der Chriſtenheit / wider das Evangelium wuͤten vnd toben ſahen / haben ſich die mechtige Kriege / wieder die vnglaͤubige Wenden erhoben. Die Kaͤyſere / Koͤnige in Dennemarck / vnd Hertzogen in Sachſen machten ſich an die Wiltzen vnd Loyzer in Vor Pommern: Der Koͤnig in Polen an die Caſſuben in Hinter Pommern / vnd ob zwar dadurch an beyden Ortern Kirchen gebawet wuͤrden / wie dann zu Collberg ein Biſthumb angerichtet / vnd in Ruͤgen vnd daherumb viele Kirchen geſtifftet ſind / ſo hat doch der Geitz der Muͤnche das gute Werck gantz wieder auffgehoben / vnd der Teuffel iſt allenthalben geſchefftig geweſen / die Leute von Gott wiederumb auff ſeine ſeite zu - bringen / vnd in die Heidniſche Blindheit aufs newe zu ſtuͤrtzen / biß das endlich Biſchoff Otto von Bamberg alles im Lande vnter denn gehorſam Chriſti gebracht. Ja Jch wil wol ſagen / das ſchon die alte Gothen / Suevier / Rugianer / Vandalier vnd andere Einwohner dieſes vnd der benachbarten Laͤnder in der Chriſtlichen Lehr mehrentheils ſind vnterrichtet geweſen / ehe ſie die Zuͤge in die Roͤmiſche Provincien vornahmen. Dann weil die Apoſtel vnd ihre Juͤnger geſchefftig geweſen / die Predigt des Evan - gelij allenthalben außzubreiten / ſo hat der Schall ſolcher Predigt den ſo hoch beruffe - nen Teutſchen nicht koͤnnen vnbekandt bleiben. Vnd ſo Paulus ſelbſt Illyrium vnd die Donaw perſoͤnlich mit dem Evangelio erfuͤllet Rom. 15. vnd / wie die Centuriæ Magdeburgenſes, Aventinus vnd andere bezeugen / ſeine Juͤngere / Titus im Lande zu Croatien vnd Dalmatien / Creſcens zu Maͤyntz am Rein / Clemens zu Maͤyntz an der Muſel / Trophimus zu Arle im Delphinat / Fortunatus zu Aglaw in Kernten / S. Mar - cus zu Paſſow vnd Larch an der Ens / Lucius Cyrenenſis zu Regensburg / Maternus / Eucharius vnd Valerius zu Trier vnd Coͤln / Egiſtus einer von den LXX. Juͤngern / vnd Marianus in Bardewick nicht weit von Luͤnenburg / geprediget haben / ſo werden eben dieſe Apoſtolici Viri vnd jhres gleichen weiter fortgeſetzet / vnd die froͤliche Bott - ſchafft vom rechten Wege zum Himmelreiche / auch denen an der Elbe / Oder vnd Weyſ - ſel gebracht haben. Andreas iſt / laut der Kirchen Hiſtorien / der Scythen vnd Sacen Apoſtel geworden. Wie wenn dann dieſe Scythæ vnd Sacæ eben die Teutſche Schuͤtzen vnd Sachſen weren? Nicephorus meldet / das Simon Zelotes, einer von denn Zwoͤlff - boten des Herꝛen Chriſti / in dies Occidentaliſche Meer gekommen ſey / vnd in denn Bri - tanniſchen Jnſuln gelehret habe. Von dannen iſt jhme vnd ſeinen Schuͤlern der Weg in dieſe Lande allenthalben offen geſtanden. Irenæus, der kurtz nach der Apoſtel Zeiten gele - bet / lib 1. contra hæreſes cap. 3. giebet deñ Teutſchen ein ſtattlich gezeugnuß jhres Apoſto -) () (ijliſchenVorꝛedeliſchen vnd rechtſchaffenen Glaubens / vnd Tertulliani Wort ſeynd ſehr mercklich / wenn er libro adverſus Judæos ſagt / Britannorum inacceſſa Romanis loca Chriſto fuerunt ſubdita, & Sarmatarũ, & Dacorum, & GERMANORUM, & SCYTHARUM, & ABDI - TARUMMUL TARUM GENTIUM, & provinciarum & inſularum multarum nobis ignotarum, & quæ enumerare minus poſſimus. Dann / wie Euſebius ſagt / lib. 3. c. 37. A - poſtolici Viri per univerſum orbem, quaqua patet, diſcurrerunt, ſalutaria regni cœlo - rum ſemina ſuperſeminantes & auctiora reddentes, ac factis fundamentis uno in loco, fidiſq́; miniſtris conſtitutis, mox ad alias peregrinas gentes, quæ de fidei doctrina nihil audierant, maximis itineribus contenderunt. Was die Gothen abſonderlich anbelan - get / ſo wiſſen wir / das ſie ſchon im Nyceniſchen Concilio im 325. Jahr nach Chriſti Ge - burth jhren Chriſtlichen Biſchoff Theophilum gehabt haben: vnd bald hernach / wie Socrates lib. 4. c. 33. vnd Sozomenus lib. 6. c. 34. zeugen / hat Vlpchilas ein ander Biſchoff der Gothen / ehe der Bapſt ſich die Macht geraubet / ſolches zuverbieten / die gantze Heili - ge Schrifft in die Gothiſche Sprache verſetzet / vnd ſeine Landsleute damit zu weiterer Erkendnuß des Glaubens gebracht. Obgefagte Autores gedencken noch eines Biſcho - fes der Gothen / mit nahmen Selenæ. Socr. l. 5. c. 23. vnd Sozom. l. 7. c. 17. Aber dieſe Pie - tät der Gothen haben die Feinde der Heiligen Dreyfaltigkeit / die Arianer / mit jhrem Ketzeriſchen Gifft hoͤchlich verderbet. Drumb da Fritigernus der Weſt Gothiſche Koͤ - nig ſich zu Kaͤyſer Valentis Zeiten tauffen ließ / ward er nach Arii lehre dem Chriſtenthũb einverleibet. Doch haben ſie vnter Koͤnig Reccaredo im 589. Jahr im Toletaniſchen Concilio ſolchen Arianiſmum in Hiſpanien nebenſt den Sueviern wiederruffen / vnd mit jhren Biſchoͤfen / Elteſten vnd Fuͤrſten den Decretis ſolches Concilii vnterſchrieben / wie Tomo 2. Conciliorũ Binii pag. 706. zuſehen. Die Longobarder ſind auch ſchon vmb ſolche Zeit Chriſtiſch geweſen / wie Procopius lib. 3. de bello Gothico, Gregorius l. 2. ep. ind. 10. c. 2. & lib. 3. ind. 12. c. 3. Paul. Diac. l. 4. c. 2. zeugen. Jmgleichen die uͤbrige Suevier / ſo ſich nummehr den Galliern genahet / vnd etwa fuͤnff hundert Jahr nach Chriſti Geburt noch in Heidniſcher Blindheit ſtecketen / ſind durch Columbanum, ei - nen Franzoͤſiſchen Muͤnch zu Chriſto bekehret worden. Denn da ſie jhrem Goͤtzen Nudan (ſonſt iſt er Gudan geheiſſen) denn man fuͤr Mercurium helt / ein groß Faß Bier opfferten / hat beſagter Muͤnch mit groſſem Eyfer daſſelbe angeblaſen / vnd weil er die Gabe hette Wunderwercke zu thun / es mit ſeinem bloſſen Othen auff ſtuͤcken zerbrochen / welches dann jhrer viel zu Chriſto bekehret hat. Specul. Vincentii l. 22. c. 7. Alſo auch die Vandali, ſo den groſſen Zugk durch Teutſchland / Franckreich vnd Spanien biß in Africam vor genommen / waren Chriſtliches Nahmens / wiewol ſie eben / wie die Gothen / mit Arii Kezerey beflecket geweſen. Drumb ſagt auch Procopius lib. 1. de bell. Vand. Gothi, Vandali, Viſigothi, Gepedes, legibus iisdem utuntur, Arrianæ omnes opinionis. Vnd mercklich iſt es / das auch vnſere Rugianer / da ſie an die Donaw gien -gen /Vorꝛedegen / ſchon Chriſtiſch geweſen ſein / wie dann der Odacker / der ſich zum Koͤnige zu Rom ge - machet / mit ſeinem gantzen Volck Chriſtum bekennet hat. Mercklich iſt es auch / als die Heruler / ſo mit den Rugianern jm̃er fort gezogen / zum Zeiten Juſtiniani im Conſtanti - nopolitaniſchen Gebiet ſich auff hielten vnd Chriſtum bekeñeten / das ſie zweymahl in die Jnſul Thulen etliche abgeſand / die einen auß Koͤniglichen gebluͤte entſproſſenen Fuͤrſten herholen ſolten. Dieſe Jnſul Thule iſt eben vnſer Jnſul Ruͤgen / bey vnd in welcher die Alten Heruler oder Wenden / nebenſt den Rugianern gewohnet haben / nicht das Ruͤgen die Jnſul Thule iſt / ſo Ptolomæus vnd andere beſchrieben / vnd von Cluverio mit gewiſſen Gruͤnden eben fuͤr das weit abgelegene Groen Land geachtet wird / ſondern weil Procopius die Jnſuln / ſo im Balthiſchen Meere liegen / wie auch das gantze Scan - diam fuͤr eine Jnſul auß vnwiſſenheit helt / vnd Thulen / als das euſſerſte der Welt / heiſſet. Nun dieſe Geſandten der Heruler / weil ſie zu jhren Landsleuten in die Jnſul Ruͤgen / auß dem Conſtantinopolitaniſchen Koͤnigreiche zuruͤcke gereiſet / werden warlich nicht ſtum bey den jhrigen geweſen ſein / ſondern von dem Glauben / den ſie bekenneten / mit jhnen discurriret / vnd / wo ſie jhn vorhin nicht gekand / deſſelbigen Grund jhnen entdecket haben. Vnd alſo iſt Chriſtus ſchon im Fuͤnffhunderſten Jahr nach Chriſti Geburth in vnſerm Vaterlande vor mehr als Elffhundert Jahr bekand geweſen. Aber wie die Sachſen vber der Elbe / denen ſchon von den Apoſteln vnd jhren Juͤngern der Chriſt - liche Glaub geprediget war / durch betrug des Satans / wider in die Heydniſche Abgoͤt - terey geſtuͤrtzet ſein / vnd darinnen biß uͤber die Ohren zun Zeiten Caroli M. ſtecketen / alſo iſt es nicht wunder / das ſich der Chriſtliche Glaube auch in den Laͤndern auff diſ - ſeit der Elbe verlohren / inſonderheit / da die vnbekehrete Wenden / nach entbloͤſſung des Landes herein drungen. Aber Gott ſey gelobet / wir Pommern / Mechelnbuͤrger vnd Maͤrcker haben Chriſtum / den vnſere Vorfahren / leyder / verlohren / wieder bekommen / vnd ſein Wort wird anjetzo lauterer vnd reiner geprediget / als bey denen / von welchen vns erſtlich das Liecht des Evangelii fuͤr fuͤnffhundert Jahr gezeiget iſt. Von dieſen vnd anderen Antiquitäten, Hochgeerthe Herꝛn / habe ich in dieſen meinen Buͤchern von dem Alten Pommerlande etwas den jetzigen Pommern / bey abgang jhres letzten Her - zogen von dem Pommeriſchen Gebluͤete / vor Augen ſtellen wollen. E. E. W. vnd G. aber habe Jch dieſes erſte Buch auß vielen Vrſachen zuſchreiben wollen / ſo jhnen alle woll bekand / wenn ſie beydes jhre wolgeneig enheit vnd Hochpreißliche Beneſicentz ge - gen Mir / vnd dann meine ſchuͤldige vnd dienſtfertige Pflicht / vnd devotion gegen jhre auſehnliche Respublicas, vnd ſie ſelbſt / bey ſich vberlegen. So Jch nun in dieſem Diſcurs, ſo von ſehr weitverruͤckter Zeit her auß mannigfaltigen Autoribus mit groſſer Muͤhe zuſammen gefaſſet iſt / die Warheit getroffen habe / erfrewe Jch mich billig / wann deſſentwegen bey E. E. W. vnnd G. Jch einen guͤnſtigen erwuͤnſcheten An - blick erlangen werde. So aber in einem oder andern etwas gefehlet oder uͤberſehen /) () (iijſoVorꝛedeſo wollen E. E. W. vnd G. gedencken / was Livius ſaget: In rebus antiquis, ſi quæ ſimilia veri ſunt, pro veris accipiantur, ſatis habeam. Vnd mir iſt es auch genug / ſo ich es glaubwuͤrdig gemachet / das die anſehnliche Stadt Stralſund nicht erſtlich geworden / da ſie von Jaromaro dem Ruͤgianiſchen Fuͤrſten im Jahr 1209. mit Mauren vmbge - ben ward / ſondern weil Jch den erſten Außgang deß beruͤmbten Oderſtromes / den Plinius Suevum heiſſet / geſuchet / vnd ponderatis omnibus circumſtantiis vnd rationi - bus bey jhrem Gellen gefunden / ſo iſt auſſer allem zweiffel ein ſolcher zur wohnung / vnd zum Handel vnd Wandel bequemer Ort niemaln ohne Volck geweſen / ſondern es haben ſich von anfang daſelbſt vernuͤnfftige / kluge vnd witzige Leute gefunden / die den Handel verſtanden / auch das jhrige zu Waſſer vnd Lande vertheidigen koͤnnen. Weil auch nahe bey ſolcher Stadt / ſchon zu Taciti Zeiten / in der Jnſul Ruͤgen der beruͤmbte Tempel der Herthæ geſtanden / zu deme ſieben groſſe Wandaliſche Voͤlcker am Bal - thiſchen Meere ſich jaͤrlich verfuͤgeten / als iſt das Gewerbe ſolcher Stadt / bey welcher ſie ſich haben muͤſſen in die Jnſul vberſetzen laſſen / groͤſſer geworden. Vnd da die Gothen hoͤher in Teutſchland hineingiengen / fuͤnff nationes aber der Teutſchen / nemblich die Sachſen / Toͤringer / Teutonier / Rugianer vnd Francken / jhnen hart wiederſtuͤnden / vnd noch dazu Richimer der Francken Koͤnig auff jenſeit des Reines ſeinen Sohn Su - nonem mit einem mechtigen Volcke wieder die Gothen biß an die Oder abfertigete / deſſen Enckel / auch Sueno genant / Clodomers Sohn / erſtlich Franckfurt an der Oder / hernach Sundam am Außfluß der Oder gebawet / iſt dieſe alte Sundiſche Stadt daß - mahl durch einen Kriegsheld auffgeleget / vnd da ſie zwar nach Teutſcher Manier / ohne Mawren war / eben wie wir noch heutiges Tages an etlichen Staͤdten hin vnd wieder ſehen / zum wenigſten mit einem Planckwerck oder Mußcowiterſchem Walle vmbgeben. Aber es ſcheinet / das ſie ſehr wieder entbloͤſſet ſey / wie faſt alle Sue - viſche vnd Wandaliſche Staͤdte vnd Lander / da die groſſe Heerzuͤge mit Weib vnd Kindern in die Roͤmiſche Provincien vorgenommen wuͤrden. Doch haben die Edle Loyzer vnd Wiltzen / ſo vor der gantzen Wendiſchen Nation vmb vnd bey dieſer Stadt das meiſte Lob erjaget / die Rugianer vnd Barthierer / vnnd alſo die Sundiſchen / ſo zu dem Lande Barth / als dem aͤlteſten Vaterlande der Longobarder in dieſen Laͤndern gehoͤreten / dermaſſen gewuſt wiederſtand zu thun / das ſie zwar auch / nebenſt der Teutſchen Sprache / die Wendiſche Zunge reden vnd verſtehen lerneten / aber jhren Krola oder Koͤnig vber ſich behielten / welcher ſonſt bey denn Loyzern vnd anderen Wenden nicht gefunden ward. Vnd wie nachmahls Crito ſeinen Fuß gar biß in Holſtein geſetzet / Luͤbeck erbawet / vnd viele andere Thaten verrichtet / iſt auß vn - ſer Hiſtory bekand geworden. Endlich da Jaromarus merckete / das den Nachbawren / mit welchen ſeine Rugianer viele zu ſchaffen hetten / nicht beſſer koͤnte Wiederſtand ge - than werden / als wenn Sund auffs newebefeſtiget / vnd mit einer Maur vmbzogen /vndVorꝛedevnd mit Saͤchſiſchem Rechte beleget wuͤrde (welches vnſere Annales heiſſen die Stadt anlegen vnd mit Sachſen beſetzen) als hat er ſolche Gedancken / vngeachtet alles begin - nen der Luͤbecker / zu Wercke gerichtet. Vnd alſo ſtehet Sund annoch da / durch Gottes krefftigen Beyſtand / wieder alle Feindſeligkeit jhrer Wiederwertigen / daran es jhr niemahln gefehlet hat. Jmgleichen habe Jch auch meine Intention durch fleißige Nachforſchung der Antiquitâten erlanget / wenn Jch erwieſen / das die Sidiner oder Stitiner Ptolomæo vnd Straboni bekand / vnd ſchon zu jhrer Zeit mechtig geweſen. Vnd ſo mich meine Muthmaſſungen nicht betriegen / zeiget jhre Nahme ſelbſt jhre Ho - heit / Anſehen vnd loͤbliche Thaten an. Dann ſo Jch die Sidiner vom Suͤden derivi - re, eben wie die Eſten vom Oſten / weil nemlich ſie gegen dem Suͤden nach dem Mitta - ge mitten im Lande gelegen / wie dann das Stetiniſche Land zu jederzeit eigentlich ge - heiſſen hat / was zwiſchen der Peene / Friſchen Hafe / der Oder vnd Jhna / wie auch in der gantzen Vcker - vnd Newmarck zu finden iſt / folget ja kreftig darauß / weil dieſe Suͤdiner von den Oſtlendiſchen Eſten / ſo die Wenden haben von dem Balthiſchen Meere wegheben / vnd ſich vberall in Preuſſen vnd Lyffland niderſetzen koͤnnen / vnd de - nen am Meer naher Norden wohnenden Pommern vnd Pomerellien gleichſam ent - gegen geſetzet werden / das ſie nicht weniger Macht / als die andern / gehabt haben. Vnd weil ſie fuͤr jhre Hauptſtadt zu jederzeit die Stadt Stetin erkennet / als wird dieſelbe nicht / wie etliche fuͤrgeben duͤrffen / ein Fiſcherflecken geweſen ſein. Haben doch ſchon die Juliner / ſoͤ ſich Koͤnigen wiederſetzen doͤrfften / zun Zeiten Biſchoff Ottonis von Bamberg / Stetin / ehe ſie in dieſe Form erbawet / vnd mit dieſen Mawren vmbge - ben war / jhrer mechtigen Stadt fuͤrgezogen. So wird ſie warlich wol mehr / als ein ſchlechter armer Flecken geweſen ſein. Welches auch inſonderheit darauß erſcheinet / das Hertzog Boleßlaff auß Polen einmahl 8000. Knaben heraußgenommen / vnd ſie in ſeinem Lande zum Chriſtlichen Glauben gewehnen laſſen. Will man aber ſagen / der Nahme der Sidiner Zeige eben die Alten Suevos an / vnd das die Sidiner ſo viel heiſſen als Suidiner oder Suediner / die am Suevo nemblich der Oder / wohneten / ſo iſt auch darauß abzunehmen / das vnſer Stadt Stetin / als die Hauptſtadt der maͤch - tigen Suevier am Sueviſchen Oderſtrom von anfang nicht wird ein ſo geringer Fiſch erflecken geweſen ſein. Vnd auß ſolchem Nahmen der Suidiner / iſt leicht her - nach Sedin / Sidin / Sdin / vnd dann durch die gedoppelte erſte Syllabe Stitin geworden / wie dann ſolcher Nahme in denn Alten Briefen geleſen wird. Vnd wo mich recht beduͤncket / ſo hat Tacitus in ſeiner Germania die Stetiner vnter dem Nah - men der Nuithoner angedeutet / nur das etwa durch vnachtſamkeit der Schreiber vor das S. ein N. geſetzet iſt. Vnd ſo es war iſt / was Cluverius ſagt / das die Nui - thoner bey Gartz / Prentzlow / Templin / Newen Angermuͤnd vnd Foͤrſtenſee gewohnet / ſo ſind die Nuithoner warhafftig vnſere Suithoner / Suidiner oder Stetiner. AberwasVorꝛedewas dieſe Antiquitâten belanget / werden ſolche auß der Hiſtoria mehr bekand werden. Vnter deß / weil E. E. W. vnd G. dieſes Buch von Mir / Ewrem dienſtwilligſten Clien - ten conſecriret vnd zugeeignet iſt / als wollen Sie ſolches mit gutem geneigtem Willen auff vnd annehmen / es wieder denn Neydhart / der es angreinen moͤchte / in jhren Schutz / mich auch ferner in jhren Favor nehmen / vnd damit oͤffentlich bezeugen / das dieſe meine pietät gegen vnſer allgemeine Vaterland jhnen nicht mißfellig geweſen ſey. Empfehle hiemit E. E. W. vnd G. dem getrewen Gnadenſchuͤtz Gottes / mit an - gehencketem vnd auß grund des Hertzen herruͤhrenden Chriſtlichen Wundſch / das vber dieſe beyde Augen des Pommerlandes (dann wie ſolte Stralſund vnd Stetin nicht eben das in Pommern ſeyn / was Sparta vnd Athen in Griechenland) das gnaͤdi - ge Vater Auge Gottes allezeit wachend halten wolle.
E. E. W. vnd G. Dienſtgefliſſener Bereitwilligſter M. JOHANNES MICRÆLIUS Rector Scholæ Senatoriæ Stetinenſis.