Steige vom Himmel herab, Uraniaa)Nach dem Horaz Od. III. IV. 1. De - ſcende coelo etc. Urania heißt nach dem Griechiſchen himmliſch, daß er alſo, wiezu Anfang des Gedichts, die himmli - ſche Muſe anruft. N.
a)! Wenn ich dich anders Recht bey dieſem Namen genannt. Der goͤttli - chen Stimme
Folg’ ich, indem ich verwegen weit uͤber den hohen Olympus,
Und weit uͤber den Flug der Schwingen des Pegaſus ſteige.
A 2Nicht45Nicht den Namen, dein Weſen ruf ich zum kuͤhneren Lied an,
Denn du biſt keine der Muſenb)Taſſo in ſeiner Anrufung druͤckt ſich eben ſo aus. Gier. Lib. Cant. 1. St. 2. O Muſa, tu, che di caduchi allori Non circondi la fronte in Helicona; Ma ſu nel cielo infra i beati chori Hai di ſtelle immortali aurea corona. Du, o Muſe, nicht die, die mit ver - gaͤnglichen Lorbeern Auf des Helikons Hoͤhe ſich ihre Stirne bekraͤnzet,Sondern jene, geſchmuͤckt im Kreis der ſeligen Choͤre Mit dem guͤldenen ſtralenden Kranz von unſterblichen Sternen. Thyer.
b), bewohnſt auch des alten Olympus Gipfel nicht; ſondern biſt himmliſch gebohren. Bevor noch die Huͤgel
Sich erhoben, und Quellen geſtroͤmt, da haſt du vertraut ſchon
Mit der ewigen Weisheit dich unterhalten; der Weisheit,
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2 Deiner Schweſter; und ruͤhrteſt mit ihr die himmliſchen Saiten Vor dem allmaͤchtigen Vater, der an den harmoniſchen Liedern
Selbſt ſich ergoͤtzte. Geleitet durch dich, erkuͤhnte mein Flug ſich
Jn den Himmel der Himmel hinauf zu ſteigen. Dort trank ich
Als ein irdiſcher Gaft die empyreiſchen Luͤfte,15
2 Die du gemaͤßigt fuͤr mich. Jtzt leite mich eben ſo ſicher Wieder zur Erde zuruͤck, von der ich entſprungen; damit ich
Nicht, (wie Bellerophon einſt, der aber aus niedrigern Luͤften
Stuͤrzte,) von dieſem fliegenden Roß, das kein Zuͤgel regieret,
Abgeworfen, herunter falle, die Felder des Aleusc)Bellerophon, ein Sohn des Glaucus, war ein tapferer Juͤngling, der in verſchiedenen Unternehmungen vol - ler Gefahren obſiegte. Als er aber auf dem gefluͤgelten Pferde Pegaſus den Him - mel erreichen wollte, fiel er herunter und kam in den Wuͤſten Aleus um. N.
c)20
3 Durchzuwandern, verirrt und verlohren in einſamen Wuͤſten. Noch die Haͤlfte des Lieds iſt ungeſungen, doch enger
Jn die ſichtbare Sphaͤre des irdiſchen Tages beſchraͤnket.
Da ich auf ſterblichem Boden nun ſteh, und die kuͤhnen GedankenNicht5
Nicht mehr uͤber den Pol hinaus entzuͤckt ſind: ſo ſing ich25
3 Sichrer nunmehr mit der Stimme des Menſchen; ſie wird auch nicht heiſer; Oder verſtummt; ob ich gleich in uͤbele Taged)Ein ſehr ſchoͤnes lebhaftes Gemaͤlde von dem elenden Zuſtande des Poeten, der ſeiner Augen beraubt, ſehr viel Feinde un - ter der damaligen koͤniglichen Parthey hatte, und deswegen ſehr verborgen leben mußte. Welch ein Geiſt indeß, der in ei -nem ſolchen Zuſtande, doch ein ſolches Gedicht vollenden konnte! N.
d)gefalln bin, Leider gefalln in uͤbele Tage, voll uͤbeler Zungen,
Sitzend in Finſterniß, rund um mich her mit Gefahren umgeben,
Einſam, verlaſſen; doch nicht allein, ſo lange du naͤchtlich30
4 Mich im Schlummer beſuchſt, und wenn der Morgen den Oſten Ueberpurpert. Begeiſtre mein Lied, Urania! laß mich
Wuͤrdige Hoͤrer finden, obgleich nur wenig der Edlen.
Aber verjage von mir den barbariſchen Misklang des Bachus,
Und der Schwaͤrmer des Bachus, die Soͤhne des wilden Geſchlechtes,35
4 Welches in Rhodopens Waͤlderne)Orpheus, ein beruͤhmter Thrazi - ſcher Poet, wurde durch die Bachantin - nen auf dem Berge Rhodope in Stuͤcke zerriſſen; die Muſe Calliope, ſeine Mut - ter, konnte ihn nicht beſchuͤtzen. N.
e) den Thraziſchen Barden zerriſſen, Wo ſelbſt Fels und Hain zu ſeinen entzuͤckenden Liedern
Ohren hatten; bis endlich Geſchrey und wildes Getuͤmmel
Leyer und Stimme betaͤubt; die Muſe konnte den Sohn nicht
Schuͤtzen; doch alſo verlaß du nicht den, der itzo dich anruft,40
5 Denn du biſt himmliſch gebohren, ſie war ein Traum nur der Fabel. Sage, was drauf, o Goͤttinn, erfolgt, da ſo huldreich der Engel Raphael Adam, dem erſten der Menſchen, die fremde Geſchichte
Von dem Abfall und Streit der rebelliſchen Thronen erzaͤhlet,A 3Und6
Und ihn durch dieß ſchreckliche Beyſpiel gewarnet, vor gleichem45
5 Traurigen ſchweren Fall, ſo wohl ſich ſelber in Eden, Als die Nachwelt auch, die ſeinen Lenden entſprungen,
Zu bewahren; und da der Baum der verbothnen Erkenntniß
Jhnen verſagt war, dieß einzge Geboth, ſo leicht zu erfuͤllen,
Niemals zu brechen, und ſich vielmehr an mancherley Arten50
5 Andrer vollkommenen Fruͤchte den luͤſtern Geſchmack zu vergnuͤgen. Voller Verwundrung hatt’ er mit Eva, ſeiner Vermaͤhlten,
Die Erzaͤhlung gehoͤrt; und ſaß in tiefen Gedanken
Ueber ſo hohe fremde Geſchichte, ſo ſeltene Dinge,
Welche ſie kaum ſich zu denken vermochten; als Haß in dem Himmel,55
5 Stolz, und Feindſchaft und Krieg, in ſolcher wilden Verwirrung, Und ſo nah an der Seeligkeit Sitz, und dem Throne des Ewgen.
Aber das ausgeſtoßne, zuruͤckgetriebene Boͤſe,
Stuͤrzte ſtromweiſ’ auf die, durch die es am erſten entſprungen,
Da es unmoͤglich ſich mit dem Genuß der reineſten Freuden60
5 Jemals vermiſcht. Drum ließ auch Adam die Zweifel bald fahren, Die er deshalb ſich gemacht. Ein ſtarkes unſuͤndges Verlangen
Faſſet ihn itzt, vom Engel zu wiſſen, was naͤher ihn angieng,
Wie die Welt, wie Himmel und Erd, im Anfang entſtanden,
Wenn, und woraus ſie geſchaffen, zu welchem Zwecke; was vor ihm65
5 Jnn - und außerhalb Eden geſchehn. Wie ein durſtender Wandrer, Der erſt eben die labende Quelle geſchmeckt, noch begierig
Auf dem rinnenden Strom, der mit lebendigem Murmeln
Jmmer noch neuen Durſt ihm erregt, ſein Auge verweilet:
So fuhr Adam auch fort den himmliſchem Gaſt zu befragen.
Große770Große Dinge, ſprach er, und wundervolle Geſchichte
So verſchieden von allem auf dieſer niederen Erde,
Haſt du uns offenbart, o goͤttlicher Lehrer! Dich ſandte
Von dem Empyreum herab des Ewigen Gnade,
Uns in Zeiten vor Dingen zu warnen, die unſer Verderben,75
5 Wenn ſie uns unbekannt blieben, vielleicht beſchleuniget haͤtten, Da wir durch unſern Verſtand ſie nicht zu erreichen vermochten
Mit unſterblichem Dank ſind wir der unendlichen Guͤte
Auch fuͤr dieſe Warnung verpflichtet, und feyerlich faſſen
Wir den feſten Entſchluß, den Willen des oberſten Herrſchers80
5 Unverbruͤchlich zu halten; der Zweck, warum wir gemacht ſindf)Der Wille Gottes iſt der Endzweck alles deſſen was wir find. Offenb. Joh. IV, 11. Du haſt alle Dinge geſchaf - fen, und durch deinen Willen ha - ben ſie das Weſen, und ſind ge - ſchaffen. N.
f). Aber indem du ſo huldreich uns wuͤrdigſt, zu unſerer Lehre,
Dinge, weit uͤber die irdſchen Gedanken, vor uns zu enthuͤllen,
Die nach der oberſten Weisheit Befehl zu unſrer Erkenntniß
Noͤthig ſchienen; ſo laß dir auch itzt herunter zu ſteigen,85
6 Und zu erzaͤhlen gefallen, was uns zu wiſſen nicht minder Vortheilhaft ſcheint; wie dieſer Himmel im Anfang entſtanden,
Der ſo entfernt iſt von uns, mit zahlloſen feurigen Kugeln
Ausgeziert, und die umringende Luft, die alles, was Raum heißt,
Macht, oder ausfuͤllt; und rund um verſpreitet, den bluͤhenden Erdball90
6 Eingewickelt. Entdecke mir doch, was bewog ihn, den Schoͤpfer, Jn der heiligen Ruhe der langen Ewigkeiten
Noch ſo kuͤrzlich im Chaos zu baung)Man hat oft die Frage aufgewor - fen, warum Gott die Welt nicht eher ge - ſchaffen. Nach Miltons Meynung ſchuf ſie Gott erſt nach dem Fall Satans und ſeiner Engel, um ihre ledige Stelle durch andre Creaturen zu erſetzen. N.
g); wenn hat er die SchoͤpfungAnge -8 Angefangen, wie bald ſie vollbracht? iſt dieſes dir anders
Uns zu enthuͤllen erlaubt. Wir ſuchen mit ſtraͤflicher Neugier95
7 Seines ewigen Reichs Geheimniſſe nicht zu erforſchen, Sondern ſein Lob zu erhoͤhn, wenn unſer Wiſſen vermehrt wird.
Noch hat das große Licht des Tages die Haͤlfte der Rennbahn
Zu durchlaufen, indem es entzuͤckt am Himmel verweilet,
Da es deine Stimme, die maͤchtige Stimme gehoͤret,100
7 Und von dir zu vernehmen verlangt, wie es anfangs entſtanden, Und die Natur aus der finſteren Tiefe der Waſſer heraufſtieg.
Oder wenn nun zu deiner Erzaͤhlung der Abendſtern. eilet,
Und der vertrauliche Mond; ſo wird mit dem Schatten der Nacht auch
Schweigende Stille ſich nahn; der Schlaf, wenn du redeſt, wird wachen105
7 Oder wenn wir’s verbieten, nicht kommen, als bis dein Geſang ſich Voͤllig geendet, und dich vor dem Anbruch des Morgens beurlaubt.
So erſuchte der Erſte der Menſchen den himmliſchen Fremdling,
Und der goͤttliche Gaſt gab ihm holdſelig zur Antwort:
Dieß dein Verlangen auch, das du mir itzt ſo beſcheidentlich vortraͤgſt,110
7 Sey dir gewaͤhrt; obgleich die feurigſte Zunge des Seraphs Nicht mit Worten vermag die großen Werke der Allmacht
Zu erzaͤhlen; ein menſchliches Herz viel minder ſie faſſet.
Was du indeß zu erreichen vermagſt, und die Ehre des Schoͤpfers
Zu verherrlichen dient, und dich noch gluͤcklicher machet,115
7 Sey dir von mir nicht verſagt. Jch habe ſolche Befehle Deinetwegen von oben bekommen, die maͤchtge Begierde
Nach Erkenntniß dir zu vergnuͤgen, wofern ſie die SchrankenNicht9
Nicht uͤberſteigt; doch frage mich nicht, was uͤber die Schranken
Reicht, und ſchmeichle dir nicht, mit eignen Erfindungen Dinge120
7 Zu entdecken, die Er, der unſichtbare Beherrſcher, Welcher allein allwiſſend iſt, in ewiges Dunkel
Eingehuͤllt hath)Nach dem Horaz Od. III. XXIX. 29. Prudens futuri temporis exitum. Caliginoſa nocte premit Deus. Weiſe hat Gott in dunkele Nacht, Kuͤnftger Zeiten Ausgang verhuͤllt. Thyer.
h), und keinem, im Himmel ſowohl, als auf Erden Mittheilt. Genug bleibt dir auf Erden zu forſchen noch uͤbrig;
Aber Erkenntniß gleichet der Nahrung; die Maͤßigkeit muß hier125
8 Auch die Begierde zum Wiſſen beherrſchen; ſie muß dem Verſtande, Was er zu faſſen faͤhig iſt, ſagen, ſonſt wird er, beſchweret,
Seinen Ueberfluß nicht verdaun; und ploͤtzlich wird in ihm
So wie Nahrung in Wind, ſo Weisheit in Thorheit verwandelt.
Wiſſe denn, daß, nachdem mit ſeinen flammenden Schaaren130
8 Lucifer, (denn ſo nenn’ ihn nunmehr, da unter den Engeln Ehmals er heller geſtralt, als unter dem Heere der Sterne
Dieſer Stern;) vom Himmel hinab in die Tiefe gefallen,
Seinen Ort der Verdammniß; und nun der erhabne Meßias
Siegreich mit ſeinen Heilgen zuruͤckegekehrt war: der ewge135
8 Und allmaͤchtige Vater von ſeinem ſtralenden Thron ſie Myriadenweis ſah, und alſo anhub zum Sohne.
Unſer neidiſcher Feind hat wenigſtens darinn geirrret,
Wenn er geglaubt, daß alle, wie er, Aufruͤhrer geworden,UndII. Theil. B10
Und er dieſen geſicherten Sitz der oberſten Gottheit,140
8 Wenn er vorher uns enthront, durch ihre rebelliſche Huͤlfe Zu erlangen gehofft; er hat zwar alle die Mengen,
Deren Staͤtte nicht mehr allhier bekannt iſt, verfuͤhret;
Aber noch eine weit groͤßere Zahl iſt, ſo wie ich ſehe,
Standhaft geblieben; der Himmel iſt noch von Schaaren bevoͤlkert,145
8 Welche ſein weites Reich, ſo weit ſichs immer erſtrecket, Aller Orten erfuͤllen, und dieſen erhabenen Tempel
Mit gehoͤriger Pflicht in heilgen Gebraͤuchen bedienen.
Aber damit nicht ſein Herz ſich uͤber das Nachtheil erhebe,
Das er bereits geſtiftet, als ob er den Himmel entvoͤlkert,150
8 Jn der thoͤrichten Meynung, wie ſehr er dadurch mir geſchadet: Kann ich dieſen Verluſt gar bald erſetzen, wofern es
Ein Verluſt iſt, die zu verlieren, die ſelbſt durch Verbrechen
Sich verlohren gemacht; in einem Augenblick will ich
Eine zweytere Welt; aus einem einzigen Menſchen155
8 Unzaͤhlbare Menſchen erſchaffen, die ſollen dort wohnen Und nicht hier, bis daß ſie zuletzt durch ihre Verdienſte,
Lang im Gehorſam gepruͤft, den Weg hier herauf ſich eroͤffnen,
Dann ſoll die Erde zum Himmel werden, der Himmel zur Erdei)Die Engel werden oft die Erde be - ſuchen, und die Menſchen werden in den Himmel verſetzt werden. N.
i), Und ein Koͤnigreich ſeyn, in ſteten vereinigten Freuden. 160
9Wohnt hier indeſſen geraumk)Milton will hiermit, wie Newton meynt, nicht ſagen, als ob der Raum vorher den himmliſchen Geiſtern zu engegeweſen, ſondern er will dadurch nur die Groͤße des Himmels, und die Menge der Geiſter anzeigen, die mit Satan ab - gefallen, und deren Abgang deswegen merklich geworden war. Z.
k), ihr Geiſter, und Kraͤfte des Himmels! Und11 Und du, mein Wort, mein einiger Sohn! durch dich will ich alle
Dieſe Werke verrichten; das, was du ſprichſt, das geſchehe!
Er, mein uͤberſchattender Geiſtl)So heißt es Luc. I. 35. Der hei - lige Geiſt wird über dich kommen,und die Kraft des Höchſten wird dich überſchatten. N.
l), und meine Gewalt ſoll Dich begleiten; zieh hin; gebiethe der finſteren Tiefe,165
11 Himmel und Erde zu ſeyn in ihren bezeichneten Grenzen, Jhr, der finſteren Tiefe, gebiethe, weil ich es allein bin,
Der die Unendlichkeit fuͤllt; kein leerer Raum iſt gelaſſen,
Ob ich gleich unumſchraͤnkt mich in mich ſelber verhuͤlle,
Und nicht meine Guͤte verſchwende, die frey iſt, zu handeln170
11 Oder zu ruhn; nothwendig nicht, kein Zwang und kein Schickſal, Darf zu meinem Throne ſich nahn; was ich will, das iſt Schickſal.
Alſo ſprach der Allmaͤchtge; und alles, was er geſprochen,
Brachte ſein Wort, die Gottheit des Sohns, zur Wirklichkeit. Ploͤtzlich
Und im Augenblick ſind die Handlungen Gottes verrichtet,175
11 Schneller als Zeit und Bewegung; doch koͤnnen ſie menſchlichen Ohren Nur durch die Folge der Worte beſchrieben werden, und ſo nur
Jhnen beſchrieben werden, wie irdſche Begriffe ſie faſſen.
Großer Triumph, und große Freude war itzund im Himmel,
Als der Allmaͤchtige ſo den hohen Willen erklaͤret. 180
11Ehre ſangen ſie Gott, dem Hoͤchſten; und gnaͤdigen Willen Fuͤr den kuͤnftigen Menſchen, und ſeinen Wohnungen, Friede.
Ehr, Jhm, deſſen gerechter Zorn die rebelliſche Rotte
Fern von ſeinem Geſicht, und von der heiligen WohnungB 2Ausge -12
Ausgetrieben; Jhm Ehr’ und Preis, dem Allmaͤchtgen, dem Ewgen,185
11 Deſſen Weisheit beſchloß, aus Boͤſem Gutes zu ſchaffen, Und ein beßres Geſchlecht, anſtatt der ruchloſen Geiſter,
Jn die entvoͤlkerte Stelle zu ſetzen, damit er ohn’ Ende
Ueber alle Zeiten und Welten ſein Wohlthun verbreite.
Alſo ſangen die Hierarchien. Der Sohn war indeſſen190
11 Zu dem großen Werke bereit; mit Allmacht umguͤrtet Stand er; das Haupt von Glanz und majeſtaͤtiſchem Schimmer
Ganz umwunden; unendliche Weisheit und Liebe verklaͤrt’ ihn,
Und in ihm leuchtete ganz ſein Vater. Cherub und Seraph
Waren zahllos herum um ſeinen Wagen gegoſſenm)So ſagt oftmals Virgil Fuſi per herbam, agris effuſa juventus. Pearce.
m), 195
12Thronen und Potentaten und Kraͤfte, gefluͤgelte Geiſter, Und gefluͤgelte Wagen, ſo wie ſie im Waffenhaus Gottes
Zahllos zwiſchen zwey ehernen Bergen von Alters her ſtanden,
Himmliſche Ruͤſtungen, welche beſtaͤndig zu feyrlichen Tagen
Fertig hielten; ſie rollten ihm itzt freywillig entgegen,200
12 Denn ein lebender Geiſt beſeelte jeden, aufmerkſam Auf die Befehle des Herrn. Die ewigdaurenden Pforten
Schloß der Himmel weit auf; in ihren guͤldenen Angeln
Klang ein harmoniſcher Schall; ſie ließen den Koͤnig der Ehren
Ausziehn, welcher itzt kam, in ſeinem maͤchtigen Worte,205
12 Und im maͤchtigen Geiſt, um neue Welten zu ſchaffen. Zahllos ſtanden ſie da auf himmliſchem Bodenn)Jch kenne in dem ganzen Gedichte keine praͤchtgere Beſchreibung, als dieſe,(ſagt
n), und ſchautenVon13 Von dem Ufer hinab in den unermeßlichen Abgrund,
Finſter und wuͤſt, und wild, gleich einem tobenden Meere
Aufgeruͤhrt von wildbrauſenden Winden, und ſteigenden Wellen210
13 Gleich Gebirgen, die drohten, den Himmel voll Wuth zu beſtuͤrmen, Und den Mittelpunkt mit dem Pol in einander zu miſchen.
Schweigt, ihr tobenden Wellen! ſey ruhig, o brauſende Tiefe!
Sprach das allesſchaffende Wort; die tobende Zwietracht
Soll ſich unter euch enden! — Er zoͤgert nicht laͤnger, und hebt ſich215
13 Hoch auf der Cherubim Schwingen, und faͤhrt im Glanze des Vaters Weit ins Chaos hinein, weit in die noch nicht gebohrne
Welt; denn ſeine Stimme vernahm das Chaos; ihm folgten
Hinten nach die Schaaren der Engel in glaͤnzendem Aufzug,
Seine Wunder der Macht, und die neue Schoͤpfung zu ſchauen. 220
13Drauf geboth er den brennenden Raͤdern zu ſtehn; und nun faßt er Mit der Hand den guͤldnen Zirkelo)Nach Sprichwoͤrt. VIII, 27. Da er die Himmel bereitete, war ich da - ſelbſt, da er die Tiefen mit ſeinem Ziel verfaſſete.
o), im goͤttlichen Ruͤſthaus Zugerichtet, die ganze Welt, und alles Erſchaffne,
Zu umſchreiben. Er ſetzt den einen Fuß in die Mitte
Und den andern dreht er herum um die finſtere Tiefe. 225
14Dieſes ſind deine Grenzen, o Welt! (ſo ſprach er;) bis hieher Sollſt du gehn; dieß ſey dein Umkreis, den ich dir beſtimme.
B 3Son)(ſagt Addiſon.) Der Meßias naͤmlich an der Spitze ſeiner Engel, der hinunter ſchaut in das Chaos, feine Verwirrung ſtillt, mitten in daſſelbe hineinfaͤhrt, und den erſten Umriß der Welt macht.14So ſchuf Gott den Himmelp)Der Leſer wird ohne Muͤhe wahr - nehmen, wie genau Milton in der gan - zen kuͤnftigen Beſchreibung der Schoͤ - pfung bey der Schrift bleibt, ſo daß er, wenn es nur einigermaßen angeht, ihre eignen Worte beybehaͤlt. Z.
p), ſo ſchuf er die Erde; noch war ſie Leer; ein unfoͤrmlicher Klumpen. Und dunkele finſtere Nacht lag
Auf dem Abgrund; doch ſchwebte der Geiſt mit bruͤtenden Schwingen230
16 Ueber den ruhigen Waſſern, und goß lebendige Waͤrme Und lebendige Kraft in den ſchweren fluͤßigen Klumpen,
Stieß hergegen die ſchwarzen und kalten, hoͤlliſchen Hefen,
Welche dem Leben zuwider ſind, nieder; dann bildet, und fuͤgt er
Gleiche Dinge zu gleichen; die uͤbrigen ſchied er von ihnen235
16 An viel andere Oerter; dazwiſchen ſpannt’ er die Luft aus, Und die Erde hieng da, auf ihrem Mittelpunkt ruhend.
Und Gott ſprach: Es werde Lichtq)Jm erſten Buch Moſ. I, 3. Und Gott ſprach, es werde Licht, und esward Licht. Dieß iſt die Stelle, die Longin ſo beſonders bewundert; unſer Poet aber macht ſie etwas weitlaͤuftiger, und ſucht einigermaßen zu zeigen, wie das Licht den erſten Tag, und die Sonne doch nicht eher als den vierten Tag darauf gemacht worden. N.
q)! Das aͤtheriſche Licht ſprang Ploͤtzlich hervor aus dem Schooße der Nacht; das erſte, das reine
Aller Dinge. Von ſeinem Geburtsort, von Often her, fieng es240
17 Durch die dunkele Luft den majeſtaͤtiſchen Lauf an. Noch umgab es der Flohr von einer ſtralenden Wolke,
Und noch war die Sonne nicht da. Das Licht hielt indeſſen
Jn der Wolkenhuͤtte ſich auf. Es ſah der Allmaͤchtge,
Daß es gut war. Da ſcheidete Gott das Licht von dem Dunkeln,245
17 Nannt es Tag, und die Finſterniß Nacht. Aus Abend und MorgenWard15 Ward da der erſte Tagr)1 Buch Moſ. I. 4. Und Gott ſahe, daß das Licht gut war; da ſcheidete Gott das Licht von der Fin - ſterniß. Und nennete das Licht Tag, und die Finſterniß Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erſte Tag.
r). Er blieb von den himmliſchen Choͤren Ohne Preis und Geſang nicht gefeyerts)Der Leſer ſcheint bey dem wunder - vollen Werke der Schoͤpfung gegenwaͤr - tig zu ſeyn, und in das jauchzende Chor der Engel mit einzuſtimmen, welche die Zuſchauer der Schoͤpfung ſind! Wie praͤchtig iſt der Beſchluß des erſten Tags. Addiſon.
s), indem ſie das Licht itzt Am Geburthstag vom Himmel und Erd’ aus der Finſterniß Schooße
Praͤchtig heraufziehn ſahn, gleich einem Dunſte. Mit Jauchzen250
19 Ward das hohle Gewoͤlbe des Weltgebaͤudes erfuͤllet; Und ſie nahmen die guͤldnen Harfen, und prieſen in Hymnen
Jhn, den herrlichen Schoͤpfer, am erſten Abend und Morgen.
Abermals ſprach der Allmaͤchtge: Es werde zwiſchen den Waſſern
Eine geraume Veſte; die ſcheide Waſſer von Waſſern. 255
19Und Gott machte die Veſte, die ausgeſpannete, reine, Und durchſcheinende Luft; ſie floß in zirkelnden Kreiſen
Rund um dieſes Ganze herum bis zur aͤußerſten Woͤlbung;
Eine ſichere feſte Scheide der oberen Waſſer
Von den unteren. Gott erſchuf die Erde, der Welt gleich,260
19 Rund um umfloſſen von ruhigen Fluthen; ein weiter, kryſtallner, Ocean; und das laute Getoͤs des brauſenden Chaos
Ruͤckt’ er fern in die Tiefe hinweg, daß ſeine Beſtuͤrmung
Nicht das ganze Gebaͤude der Welt beſchaͤdigen moͤchte.
Und Gott nannte die Veſte, Himmel. Die engliſchen Choͤre265
19 Sangen mit lautem Jauchzen den zweyten Morgen und Abend. Und16Und ſo war die Erde gebildet; doch lag ſie bisher noch,
Einem unreifen Embryo gleich, im Schooße der Waſſer
Eingewickelt, und war nicht zu ſehn. Das maͤchtige Weltmeer
Ueberſtroͤmte die Flaͤche der Erde, jedoch nicht vergebens,270
19 Sondern belebte den ganzen Ball mit befruchtender Waͤrme Und erhitzte die große Mutter, vom zeugenden Saamen
Voͤllig geſaͤttiget, zur Empfaͤngniß. Da ſprach der Allmaͤchtge
Jhr, ihr Waſſer unter dem Himmel, begebt euch gehorſam
All’ in einen Raum, und laßt das Trockne ſich zeigen! 275
19Schnell erſchienen ſogleich die ungeheuren Gebirget)Milton iſt hier etwas weitlaͤuftiger, als die Schrift, da der Gegenſtand eini - ge weitere Ausbildung zu erlauben ſcheint. Er ſcheint hauptſaͤchlich den 104ten Pf. im 6ten und folgenden Verſen vor Augen gehabt zu haben, der gleichfalls ein Lob - geſang auf die Schoͤpfung iſt: Mit der Tiefe deckeſt du das Erdreich, wiemit einem Kleide, und Waſſer ſte - hen über den Bergen. Aber von deinem Schelten fliehen ſie, von dei - nem Donner fahren ſie dahin. Die Berge gehen hoch hervor, und die Breiten ſetzen ſich herunter zum Ort, den du ihnen gegründet haſt ꝛc.
t), Thuͤrmten den breiten nackenden Ruͤcken empor in die Wolken,
Und ihr Gipfel ſtieg auf in die Luft. So hoch die Gebirge
Sich erhoben, ſo tief ſank auch ein hohler, und breiter,
Tiefer Boden, ein großes, geraumes Bette der Waſſer,280
20 Und die Waſſer floſſen dahin mit froͤhlicher Eile, Aufgerollt, ſo wie die fliehenden Tropfen, die uͤber dem Staube
Sich zuſammengeballt. Wie hohe kryſtallene Mauren
Standen einige da; die andern eileten ploͤtzlich
Jn geraden Linien fort; ſo hatten des Schoͤpfers285
20 Maͤchtge Befehle zur Flucht ſie befluͤgelt. Wie kriegende Heere, (Denn du haſt von Kriegen gehoͤrt,) beym Schall der TrompetenUnter17 Unter ihre Paniere ſich ziehn, ſo eilten die Fluthen,
Well’ auf Welle, dahin, wohin ſie den Weg ſich gefunden,
Ueber die Hoͤhn, mit wildem Herabſturz; und uͤber die Ebnen,290
20 Mit ſanftgleitender Fluth. Kein Fels, kein Huͤgel verwehrte Jhnen den Weg; ſie wanden ſich durch, tief unter dem Boden,
Oder ſie nahmen den Lauf in weiten ſchlaͤngelnden Kruͤmmen
Durch den naſſen Moraſt, in welchem ſie tiefe Kanaͤle
Sich gegraben; mit leichter Muͤh; bevor noch der Schoͤpfer295
20 Trocken zu werden dem Boden befahl, dem ſchlammichten Lande, Nur allein nicht zwiſchen den Ufern, wo itzo die Stroͤme
Fließen, und unaufhoͤrlich nach ſich den waͤßrichten Schweifu)Die Fluͤſſe werden als erhabne Per - ſonen vorgeſtellt, die einen langen Schwelf,oder lange Schleppen tragen. Richardſon.
u)ziehn. Und Gott nannte das Trockene, Land; die Sammlung der Waſſer
Nannt er Meer. Er ſah, daß es gut war, und ſagte: die Erde300
21 Bringe gruͤnendes Gras hervor, und beſamende Kraͤuter, Und fruchtbare Baͤume von allen Arten, die Fruͤchte
Tragen, und in ſich ſelbſt den Samen auf Erden beſitzen.
Als er kaum es geſagt, da brachte die nackende Erde,
Bis itzt wuͤſt und wild, und ungezieret, unſcheinbar,305
21 Keimendes Gras hervor, mit deſſen lieblichem Gruͤnen Jhre ganze Flaͤche ſich uͤberkleidete. Kraͤuter
Sproßten darauf in die Hoͤh, von mancherley Blaͤttern, die ploͤtzlich
Bluͤhten, und ihre Schooß mit lachenden Farben verzierten.
Und kaum hauchten ſie ſich im duftenden ſuͤßen Geruch aus,AlsII. Theil. C18310
21Als der Weinſtock bereits, mit purpurnen Trauben belaſtet, Fortwuchs, und die ſchwellende Gurk’ am Boden dahin kroch.
Wie ein Lanzenwald ſtand das ſchlanke hornichte Schilfx)Das hornichte Schilf ſtand unter den andern niedrigen Gewaͤchſen der Er - de, wie ein Wald von Lanzen, oder wie eine Kriegesſchaar mit aufgerichteten Spießen. Virgil Aen. III, 22. braucht gleichfalls corneus von etwas, das wie Horn ausſieht. Forte fuit juxta tumulus, quo cornea ſummo Virgulta etc. Hume.
x)auf, Und der niedrige Strauch, und der Buſch mit verwickelten Haaren.
Endlich traten, als wie im Tanz, die praͤchtigen Baͤume315
22 Majeſtaͤtiſch hervor, und ſtreckten die laubichten Aeſte Weit in die Luft; ſie waren zum Theil mit Fruͤchten beladen,
Oder ſie ſtießen auch Bluͤthen heraus. Mit waldichten Hainen
Wurden die Huͤgel bekroͤnt, und mit Gebuͤſchen die Thaͤler,
Und der Rand des murmelnden Quells, und die Ufer der Fluͤſſe. 320
22So daß itzo die Erde dem Himmel gleich ſchien, wo Goͤtter Haͤtten wohnen, und mit Vergnuͤgen in heiligen Schatten
Wandeln koͤnnen, obgleich noch nicht Gott uͤber die Erde
Regnen laſſeny)Milton war bemuͤht, alles, was Moſes von der Schoͤpfung geſchrieben, in ſein Gedicht einzuweben, dieß iſt nichtaus dem erſten, ſondern dem zweyten Ca - pitel des erſten Buchs Moſe v. 4. 5. 6. genommen. Zu der Zeit, da Gott der Herr Erde und Himmel machte. Und allerley Bäume auf dem Felde, die zuvor nie geweſen waren, auf Erden, und allerley Kraut auf dem Felde, das zuvor nie gewachſen war. Denn Gott der Herr hatte noch nicht regnen laſſen auf Erden, und war kein Menſch, der das Land baͤuete, aber ein Nebel gieng auf von der Erde, und feuchtete alles Land.
y), und niemand noch war, der die Fluren gebauet. Doch ein thauender Nebel ſtieg auf von der Erde, der traͤnkte325
23 Alles Land, die Pflanzen des Feldes, und alle die Kraͤuter, Welche der Schoͤpfer gemacht, eh in der Erden ihr Samen
Noch vorhanden geweſen, und von dem gruͤnenden StengelSich19
Sich ihr bluͤhendes Haupt erhub. Gott ſah, daß es gut war;
Und ſo ward der dritte Tag aus Morgen und Abend.
330Abermals ſprach der Allmaͤchtge: Es werden ſtralenbe Lichter
An der hohen Veſte des Himmels, die ſcheiden die Tage
Von der Nacht, und geben Zeichen, fuͤr Zeiten, und Tage,
Und fuͤr zirkelnde Jahre; ſie ſeyn an der Veſte des Himmels
Lichter, damit ſie ſcheinen auf Erden — und alſo geſchah es. 335
23Und zwey große Lichter ſchuf Gott, (groß, wegen des Nutzens Fuͤr den Menſchen) das groͤßre, den Tag zu beherrſchen, das kleine
Jm umlaufenden Wechſel die Nacht. Er machte die Sterne,
Setzte ſie an die Veſte des Himmels, der Erde zu leuchten,
Jn der beſtimmten Ordnung den Tag und die Nacht zu regieren,340
23 Und vom Dunkeln zu ſcheiden das Licht. Gott ſah, daß es gut war, Und er machte zuerſt von allen himmliſchen Koͤrpern
Jene maͤchtige Kugel, die Sonn’, unleuchtend im Anfang,
Ob ſie gleich aus aͤtheriſchem Stoffe beſtand; er erſchuf drauf
Auch den Ball des Mondes, und alle Groͤßen der Sterne,345
23 Und beſaͤte ſo dick als ein Feld mit Sternen den Himmel. Von dem himmliſchen Licht that er den groͤßeſten Theil drauf
Aus der Wolkenhuͤtte hinweg, in der es ſich aufhielt,
Jn die Scheibe der Sonne, die Oeffnungen hattez)Es ſcheint, Milton habe dieſen Ge - danken davon hergenommen, was man von dem Bologneſiſchen Stein ſagt, daß er naͤmlich, wenn er an das Licht ge -legt wird, daſſelbe einſaugt, und ſo viel eine Zeitlang in ſich behaͤlt, daß er eine dunkle Stelle erleuchten kann. Richardſon.
z), den Ausfluß Von dem ſtroͤmenden Licht zwar in ſich zu trinken; doch feſt auch,C 2Die20350
24Die geſammelten Stralen in ſich zu behalten. Sie war nun Ein geraumer Pallaſt des Lichts; die uͤbrigen Sterne
Kommen und ſchoͤpfen allhier mit ihren guͤldenen Urnen
Wie in der erſten Quelle das Licht; der Morgenſtern taucht hier
Seine ſtralenden Hoͤrner in Gold; und alle vermehren355
24 Jhr geringes Eigenthum hier, obgleich ſie viel kleiner, Als ſie ſind, in der weiten Entfernung den Menſchen erſcheinen.
Glorreich glaͤnzte zuerſt im Oſten die herrliche Fackel;
Sie, die Regentinn des Tags, und ſchmuͤckte mit ſchimmeruden Stralen
Rund um ſich her den Horizont; voll freudigen Muthes360
24 Jhre lange ſtralende Bahn am Himmel zu laufen. Tanzend gieng vor ihr her die Daͤmmerungaa)Dieß ſind ſehr ſchoͤne Bilder, und gleichen ſehr des Guido beruͤhmten Ge - maͤlde vom Morgen, wo die Sonne auf ihren Wagen vorgeſtellt wird, mit der Aurota, die vor ihr her Blumen aus - ſtreut. Sieben ſchoͤne Nymphen tanzen um ihren Wagen herum, die man ſonſtfuͤr die Stunden gehalten, aber auch wohl die Plejaden vorſtellen koͤnnen, da ihrer ſieben an der Zahl ſind, und man ſchwer - lich einen Grund angeben kann, warum die Stunden eben durch dieſe Zahl ſollten angezeigt werden. N.
aa); und die Plejaden, Goſſen aus ihrer Schooß den wildeſten Einfluß hernieder.
Mit geringerem Glanz ward gegen ihr uͤber im Oſten,
Sanfter leuchtend, der Mond geſetzt; ihr Spiegel. Sein Antlitz365
25 War itzt voll; in dieſer Stellung gebraucht’ er kein Licht ſonſt, Und in dieſem Abſtand verweilt er beſtaͤndig den Tag durch,
Bis die Nacht ſich genaht; dann ſcheint er im Oſten, nachdem er
Um die Axe des Himmels herum ſich gedrehet; er herrſchet
Jn Gemeinſchaft alsdann mit tauſend geringeren Lichtern,370
25 Mit viel taufendmal tauſend Sternen, die itzo den HimmelMit21 Mit hellſchimmernden Spangen geſchmuͤckt. Der Morgen und Abend,
Mit den Lichtern, die auf - und untergiengen, gezieret,
Kroͤnten zuerſt itzt den vierten Tag mit jauchzenden Choͤren.
Und Gott ſprach:bb)Nach 1 B. Moſ. I, 20. Und Gott ſprach: Es errege ſich das Waſ - ſer mit webenden und lebendigen Thieren, und mit Gevögel, das auf Erden unter der Veſte des Himmels fliege. Und Gott ſchuf große Wall - fiſche, und allerley Thier, das da lebet und webet, und vom Waſſer erregt ward, ein jegliches nach ſei -ner Art, und allerley gefiedertes Ge - vögel, ein jegliches nach ſeiner Art. Und Gott ſahe, daß es gut war. Und Gott ſegnete ſie, und ſprach: Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet das Waſſer im Meer, und das |Gevögel mehre ſich auf Erden.
bb)Es rege die Fluth ſich mit wimmelnden Schaaren375
26 Lebender Thier’, und mit Gevoͤgel, das unter dem Himmel Seine Fluͤgel verbreite. Da ſchuf der Allmaͤchtge den Wallfiſch,
Und ſo mancherley Thier, das lebt, und vom Waſſer erregt ward,
Jedes nach ſeiner Art; und allerley Voͤgel des Himmels,
Jedes nach ſeiner Art. Der Ewige ſah, daß es gut war,380
26 Und er ſegnete ſie, und ſprach: ſeyd fruchtbar, und mehrt euch, Und erfuͤllet das Waſſer im Meer, in Seen und Stroͤmen,
Und das Gevoͤgel vermehre ſich auf der Erden. Urploͤtzlich
Wimmelte See und Bach von zahlloſen Schwaͤrmen von Fiſchen,
Welche mit ihren glaͤnzenden Schuppen und blitzenden Spiegeln385
26 Unter der gruͤnen Fluth ſich bewegen, in Schaaren, die oftmals Eine Sandbank ſcheinen im Meer. Theils giengen ſie einzeln
Oder ſie weideten auch in Heerden am Ufer im Seegras,
Jhrer Nahrung; noch andere ſtrichen durch zackichte WaͤlderC 3Von22
Von Corallen hincc)Der gelehrte Kircher war der Meynung, daß es auf dem Boden des Meers ganze Waͤlder von Corallen gebe; welches den Ausdruck unſers Dichters rechtfertigt. N.
cc); oder ſie ruͤhrten im Sonnenſchein ſcherzend,390
27 Jhre Panzer beſprenget mit Gold; noch andre gewarten Jhrer Nahrung geruhig in glaͤnzenden Schaalen von Perlen,
Oder lauſchen geharniſcht darauf am Fuße der Felſen.
Auf der ebenen ſanften Fluth ſchwamm ſpielend der Seehund,
Und der gekruͤmmte Delphin. Jn ungeheuerer Groͤße395
27 Wallten die andern im Meer; von ihrer gewaltgen Bewegung Brauſt aufruͤhriſch die Fluth. Dort liegt gleich einem Gebirge
Jn der See Leviathan, das groͤßte von allen Geſchoͤpfen.
Jn der Ferne ſcheint er, wenn er im Schlafe ſich ausſtreckt,
Ein bewegliches Land; er ſchluckt in die Ohren ein Meer ein,400
27 Und ſpeyt wieder ein Meer aus ſeinem Rachen. Jndeſſen Heckten die warmen Grotten und Hoͤlen, die Ufer der Fluͤſſe,
Und der feuchte Moraſt die haͤufige Brut aus. Sie brachen
Aus den Eyern, die ſchnell mit ſanftem Riſſe geborſten,
Anfangs ohne Federn hervor; doch ſchwungen ſie bald drauf405
27 Jhre ſchnellgewachſenen Fluͤgel; vom ſtaubichten Boden Stiegen ſie mit Geſchrey in die Luft, und ſahn voll Verachtung
Auf die Erde herab. Da baute der Storch, und der Adler,
Auf dem Wipfel der Ceder, und an die Spitze der Felſen
Jn die Wolken ſein Neſt. Viel fliegen einzeln das Land durch,410
27 Andre, weiſer, durchſchneiden in zugeſpitzten Figurendd)Die groͤßern Wandervoͤgel, wie zum Exempel die Kraniche und andere mehr, machen im Flug die meiſte Zeit eine vorn zugeſpitzte Figur aus, und fliegen einer hinter dem andern.
dd),Von23 Von der Jahrszeit gelehret, die Luft, und ſetzen vereinet
Ueber Laͤnder und Meere, mit oft abwechſelnden Schwingen,
Jhre luftige Wanderung fort, indem ſie im Flug ſich
Unter einander erleichtern. So haͤlt der erfahrene Kranich415
28 Seine jaͤhrliche Reiſe, vom Winde getragen; ſo wie ſie Fliegen, zerfließt die Luft, die von unzaͤhligen Fluͤgeln
Aufgefacht wird. Jm Singen huͤpften die kleineren Voͤgel
Froͤhlich von Zweig zu Zweig. Die Thaͤler erſchallten von Liedern
Und ſie flogen umher auf ihren farbichten Schwingen,420
28 Bis zum Anbruch des Abends. Auch dann noch ſchweiget der Naͤchte Feyrliche Saͤngerinn nicht; die ganze horchende Nacht durch
Wirbelt ſie ihr bezauberndes Lied. Jn ſilbernen Seen
Baden andre die weiche Bruſt. Der praͤchtige Schwan haͤlt
Mit gewoͤlbtem Halsee)Dieſes Beywort vom Halfe des Schwans iſt viel mahleriſcher, als desHomers ſeines, der ihn nur bloß lang - halſicht nennt. Richardſon.
ee), und aufgeſchwollenen Fluͤgeln,425
29 Und mit rudernden Fuͤßen, die ſtolze Schiffahrt. Oft ſteigt er Von dem ſchilfichten See auf ſeinem maͤchtigen Fittig
Jn die mittlere Luft empor. Die anderen giengen
Auf dem feſten Boden einher. Mit heller Trompete
Meldet der Hahn, mit dem Kamme gekroͤnt, die ſchweigenden Stunden. 430
29Und ein andrer ſtolziert mit ſeinem ſtralenden Schweife, Welcher mit Farben des Regenbogens, und ſternenden Augen
Ausgeſchmuͤckt iſt. Nachdem das Waſſer mit Schaaren von Fiſchen,
Und die Luft mit Voͤgeln erfuͤllt war, da feyrte der Abend,
Und der Morgen, den fuͤnften Tag, in heiligen Hymnen. Jtzt24435
29Jtzt erſchien der ſechſte Tag, der letzte der Schoͤpfung, Unter dem Schalle der Harfen; da ſprach der Allmaͤchtge:ff)1 B. Moſ. I, 24. Und Gott ſprach, die Erde bringe hervor le - bendige Thiere, ein jegliches nachſeiner Art, Vieh, Gewürme, und Thiere auf Erden, ein jegliches nach ſeiner Art. Und es geſchah alſo.
ff)die Erde Bringe lebendige Seelen hervor, von allerley Arten;
Vieh, und kriechend Gewuͤrm, und Thiere, die leben auf Erden,
Jedes nach ſeiner Art. Die Erde gehorcht’ ihm, und ploͤtzlich440
30 Oeffnete ſie die ſchwangere Schooß. Auf einmal gebahr ſie Unzaͤhlbare lebendge Geſchoͤpfe, vollkommne Geſtalten
Mit den gehoͤrigen Gliedern, in ihrer voͤlligen Groͤße.
Aus dem Boden riſſen ſich itzt die wilderen Thiere,
Wie aus ihren Lagern, hervor, in welchen ſie wohnen,445
30 Als im dickeſten Wald, in finſtern Buͤſchen, in Hecken, Und in Gruben und Hoͤlen. Sie ſprangen unter den Baͤumen
Paarweiſ auf, und wandelten fort. Die zahmeren Thiere
Waͤhlten das gruͤne Feld, und blumichte Wieſen; theils einzeln
Und allein; theils weideten ſie vertraulich in Heerden450
30 Mit einander, ſo wie ſie entſtunden. Der Raſen gebahr itzt; Halb erſchien der falbe Leu; mit ſcharrenden Klauen
Sucht er ſein Hintertheil frey zu machen; dann ſpringt er auf einmal
Auf, wie von Banden befreyt, und ſchuͤttelt die zottichte Maͤhne.
Luchs und Tyger und Leopard warf in Huͤgeln das Erdreich455
30 Vor ſich empor, nach Maulwurfs Art. Noch unter dem Boden Hob der ſchnelle Hirſch ſein zinkichtes Haupt auf. Mehr muͤhſamBrachte25
Vrachte der Behemoth ſichgg)Behemoth und Leviathan, ſind zwey Thiere, die im Buch Hiob vorkom - men. Die meiſten der alten Ausleger haben unter ihnen den Elephauten und Wallfiſch verſtanden. Die neuern Schrifterklaͤrer aber haben zu zeigen ge - ſucht, daß Behemoth das Flußpferdund Leviathan das Krokodill ſey. Milton war der erſten Meynung zuge - than. N.
gg), das ungeheurſte der Thiere, Welches die Erde gebahr, mit ſeinem unbiegſamen Koͤrper
Aus dem Zeugungsklumpen heraus. Die bloͤckenden Heerden460
31 Schoßten dickbewollet hervor, wie Pflanzen. Das Flußpferd Und das gepanzerte Krokodill ſtand zwiſchen dem Waſſer
Und dem Land’, unſchluͤßig. Was auf dem Boden umherkriecht,
Kam auf einmal herzu, Jnſekten und Wuͤrme. Die erſten
Schwungen die bunten feineren Schwingen, und ſchmuͤckten die Glieder465
31 Mit des Sommers praͤchtgem Gewand, beſprenget mit Flecken Von Lazur und Gruͤn und Gold und Purpur. Die letzten
Zogen den langen Leib wie eine Linie nach ſich,
Und bemerkten den Grund mit ihrem ſchlaͤngelnden Pfade.
Alle nicht waren von Zwergnatur. Vom Schlangengeſchlechte470
31 Wanden einige ſich, in dichtverſchlungenen Kreiſen, Ungeheuer an Dick’ und Laͤnge dahin, und bekamen
Fluͤgel. Zuerſt kroch itzt die in der Zukunft erfahrne
Sparende Ameis hervor. Jn einem verachteten Koͤrper
Zeigt ſie ein großes Herz. Vielleicht ein kuͤnftiges Beyſpiel475
31 Von der billigen Gleichheit, die ihre freye Regierung Untereinander verknuͤpft. Drauf kam die weibliche Bienehh)Nach den neueſten Erfahrungen weiß man, daß die Koͤniginn oder Mut - terbiene groͤßer, als alle uͤbrigen iſt, und ein Jahr ins andre gerechnet dreyßig bisvierzig -
hh)Schwaͤr -II. Th. D26 Schwaͤrmend daher, die ihren Gatten aufs niedlichſte naͤhret
Und die gelben Zellen von Wachs mit Honig erfuͤllet.
Wer kann alle die uͤbrigen zaͤhlen? Du kennſt die Geſchlechter,480
32 Und gabſt ihnen Namen, die dir am beſten bekannt ſind. Auch die Schlange kennſt du, das liſtigſte Thier auf dem Felde,
Die ſich oft ſchrecklich erhebt, mit rothen flammenden Augen,
Und mit furchtbargeſtraͤubter Maͤhne, doch die dir nicht ſchadet,
Sondern deinem Ruf und deinem Befehle gehorſamt.
485Und nun ſtralte der Himmel in voͤlligem Glanz, und bewegte
So ſich herum, wie die Hand des großen erſten Bewegers
Seinen Lauf vom Anfang beſtimmt. Jn reichem Gewande
Laͤchelte liebreich die Welt, die nun vollendet war. Waſſer,
Luft, und Erde, ward itzt von Fiſchen, Voͤgeln und Thieren490
32 Haͤufig durchſchwommen, durchflogen, durchwandelt. Und doch war noch etwas Von dem ſechſten Tage zuruͤck; der Hauptzweck des Ganzen,
Gottes Meiſterſtuͤck, mangelte noch. Ein edles Geſchoͤpfe,
Welches nicht dumm, wie die andern, mit niederhangendem Haupte
Nach der Erde ſaͤhe; vielmehr den Koͤrper erhuͤbe,495
32 Und mit heilger Vernunft begabt, mit heiterer Stirne, Selbſt ſich bewußt, und voll Edelmuth ſey, in hoher Gemeinſchaft
Mit dem Himmel zu ſtehn; jedoch mit Dank auch erkenne,
Daß es ſein Gutes von ihm empfangen, und dahin mit Herzen,
Mund, und Augen gerichtet, den oberſten Schoͤpfer verehre,(Derhh)vierzigtauſend Bienen hervorbringt. Die maͤnnlichen Bienen oder Dronen le - ben muͤßig, und werden von der Koͤni -ginn ſelbſt manchmal mit Honig gefuͤt - tert. N.
hh)27500
33Der es zum Herrn und Haupt von ſeinen Werken beſtimmet, Deshalb ſprach der allmaͤchtige Schoͤpfer, der ewige Vater, (Denn wo iſt er nicht allgegenwaͤrtig zugegen?)
So, mit vernehmlicher Stimme zu ſeinem einigen Sohne.
Laſſet uns Menſchen machenii)Genau nach den Worten der Schrift 1 B. Moſ. I, 26. Und Gott ſprach: Laſſet uns Menſchen machen, ein Bild, das uns gleich ſey, die da herrſchen über die Fiſche im Meer, und über die Vögel unter dem Him - mel, und über das Vieh, und über die ganze Erde, und über alles Ge - würme, das auf Erden kreucht. Und Gott ſchuf den Menſchen ihm zumBilde, zum Bilde Gottes ſchuf er ihn; und er ſchuf ſie ein Männlein und Fräulein. Und Gott ſegnete ſie, und ſprach zu ihnen: Seyd frucht - bar und mehret euch, und erfüllet die Erde, und macht ſie euch unter - than. Und herrſchet über Fiſche im Meer, und über Vögel unter dem Himmel, und über alles Thier das auf Erden kreucht.
ii), nach unſerm Bild, das uns gleich ſey,505
34 Welche herrſchen uͤber die Fiſch’, und uͤber die Voͤgel Jn dem Meer, und unter dem Himmel; und uͤber die Thiere,
Auf der ganzen Erden, und uͤber alles Gewuͤrme,
Das auf Erden kreucht. So ſprach er, und ſchuf dich, o Adam,
Dich, o Menſch. Er ſchuf dich aus Staub, und blies in die Naſe510
34 Dir den Athem des Lebens; nach ſeinem eigenen Bildniß Schuf er dich, nach Gottes vollkommnem Bildniß; ſo wardſt du
Eine lebendige Seele. Dich ſchuf er maͤnnlich; und weiblich
Deine Geſellinn. Er ſegnete drauf das Menſchengeſchlechte
Huldreich, und ſprach: Seyd fruchtbar und mehrt euch! erfuͤllet die Erde:515
34 Macht ſie euch unterthan, herrſcht uͤber die Fiſch’ in den Meeren Ueber die Voͤgel unter dem Himmel, und alle Geſchoͤpfe,
Die auf Erden wandeln. Nachdem er dich alſo geſchaffen,D 2Bracht28
Bracht er dich von dem Ortkk)1 Buch Moſ. II, 15. Und Gott der Herr nahm den Menſchen, und ſetzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn baute und bewahrte. Dieſes ſcheint anzuzeigen, daß der Menſch an ei - nem andern Orte der Erde erſchaffen, und hernach erſt in das Paradies gebracht worden. N.
kk), den noch kein Name benennet, So wie du weißt, hieher, in dieſen herrlichen Garten,520
35 Dieſen bluͤhenden Hayn, mit den Baͤumen Gottes bepflanzet, Eben ſo reizend deinem Geſicht, als deinem Geſchmacke.
Alle dieſe herrlichen Fruͤchte; ſo mancherley Arten,
Welche die Erde gebiehrt, ſo ſehr von einander verſchieden,
Gab er dir alle freywillig zur Nahrung. Allein nur vom Baume,525
35 Deſſen Frucht die Erkenntniß des Guten und Boͤſen verurſacht, Sollſt du nicht eſſen; denn welches Tages du von ihm wirſt eſſen,
Mußt du ſterben; der Tod iſt dieſer Suͤnde Beſtrafung.
Zaͤhme denn wohl die Begierde zum Eſſen, damit nicht die Suͤnde
Dich uͤberraſche, mit ihr der Tod, ihr ſchwarzer Begleiter. 530
35Gott beſchloß hier ſein Werk; und alles, was er geſchaffen, Ueberſah er, und ſah, daß alles vollkommen, und gut war.
Und ſo ward der ſechſte Tag aus Abend und Morgen;
Doch nicht eher, bis Gott von ſeiner Arbeit nun abließ,
Ohn’ ermuͤdet zu ſeyn, und ſiegend wieder hinauf fuhr
535
35 Jn den Himmel der Himmel; um da vom ewigen Thron herll)Der Dichter ſtellt den Meßias hier vor, wie er in den Himmel zuruͤckkehrt, und von da ſein großes Werk uͤberſieht. Welch ein erhabnes Gemaͤlde iſt dieſe Himmelfahrt, nachdem er die Schoͤpfung vollbracht, die Morgenſterne ihm loben, und die Kinder Gottes ihm entgegen jauch - zen. Addiſon.
ll)Dieſe neuerſchaffene Welt zu ſchauen, den Zuſatz
Seiner Herrſchaft; ob er nun auch in dieſer Entfernung,
Schoͤn, und gut, und ſeinem Entwurfe vollkommen gemaͤß ſey. Gott29
Gott fuhr auf; ihm folgte der Ruf der jauchzenden Choͤre,540
36 Und der ſymphoniſche Schall zehntauſend heiliger Harfen, Die ſich in engliſche Hymnen ergoſſen. Die Luft, und die Erde
Schallte wieder von Jauchzen; du wirſt dich deſſen erinnern,
Denn du haſt es gehoͤrt. Der Himmel, mit allen Geſtirnen,
Klang harmoniſch; ſtill ſtanden die hohen Planeten, und horchten,545
36 Als der ſtralende Pomp mit Jubilieren hinaufzog. Oeffnet euch, alſo ſangen die Choͤr’, ihr ewigen Pforten!
Oeffnet eure lebendigen Pforten, ihr jauchzenden Himmel,
Daß der große Schoͤpfer hereinzieh, der itzo zuruͤckkehrt,
Von dem praͤchtigſten Werk, von ſeinem ſechstaͤgigen Werke550
36 Einer Welt. Eroͤffnet euch weit! Eroͤffnet in Zukunft Euch noch oft! denn Gott wird oft die Huͤtten der Menſchen,
Wird die Wohnungen oft von ſeinen Gerechten beſuchen,
Die er liebt; und ſeine befluͤgelten himmliſchen Bothen
Jn Geſandſchaft von oberſter Gnade zu ihnen verſenden. 555
36Alſo ſang der herrliche Zug, indem er hinauffuhr; Er nahm durch die Himmel, die ihre ſtralenden Pforten
Weit eroͤffneten, ſeinen Weg zum ewigen Hauſe
Gottes, auf einer breiten geraumen Straße; der Staub iſt
Gold; ihr Pflaſter ſind Sterne; wie deinen Augen die Sterne560
36 Jn der Milchſtraß’ erſcheinen, die wie ein zirkelnder Guͤrtel, Mit Geſtirnen beſtaͤubtmm)Die Milchſtraße beſteht aus lau - ter kleinen Sternen, die man mit dem Sehrohre genau unterſcheiden kann, obman ſie gleich nicht mit bloßen Augen ſieht. N.
mm), des Nachts dir am Himmel ſich zeiget. D 3Und30 Und der Abende ſiebenter kam auf Erden in Eden,
Denn die Sonne gieng unter, und von dem oͤſtlichen Himmel
Nahte die Demmerung ſich, der Nacht Vorlaͤuferinn; als ſich565
37 Auf dem heiligen Berg’, im hoͤchſten Gipfel des Himmels Auf der Gottheit Koͤnigesthron, der immer und ewig
Unbeweglich ſteht, die Kraft des Sohnes hinaufſchwang,
Welcher itzt niederſaß nebſt ſeinem allmaͤchtigen Vater,
Der unſichtbar zugegen geweſen, und doch auf dem Throne570
37 Sitzen geblieben; dieß Vorrecht hat die Allgegenwart Gottes. Er, der Anfang, das Ende von allen Dingen, nachdem er
Seine Schoͤpfung vollbracht, und von der Arbeit nun ruhte,
Weihte den ſiebenten Tagnn)Dieß iſt die Urſache die Moſes giebt. 1 B. Moſ. II, 2. 3. Und Gott ruhete am ſiebenten Tage von allen ſeinen Werken, die er machte, und ſegneteden ſiebendten Tag, und heiligte ihn darum daß er an demſelben geruhet hatte von allen ſeinen Werken, die Gott ſchuf und machte. N.
nn)zu einem heiligen Tage, Weil er an dieſem Tage von allen Werken der Schoͤpfung575
38 Ruhte. Doch gieng er nicht in heiliger Stille voruͤber, Sondern die Harfe beſchaͤfftigte ſich; die feyrliche Floͤte,
Zinke, Cimbal und Laut’ erklang mit lieblichem Schalle;
Und harmoniſche Toͤne von guͤldnen und ſilbernen Saiten
Miſchten ſich in die Stimmen, die einzeln, oder in Choͤren,580
38 Lieder ſangen; und Wolken von Dampf und heiligem Weihrauch Stiegen vom guͤldnen Rauchgefaͤß auf, und verhuͤllten den Huͤgel.
Sie beſangen die Schoͤpfung der ſechs verherrlichten Tage:
Groß ſind deine Werke, Jehovah! Unendlich iſt deine
Wirkſame Macht. Wie kann des Erſchaffnen Gedanke dich faſſen,Und31
Und welche eine Zunge kann dich beſchreiben? Du biſt itzt,585
38 Da du zuruͤckkoͤmmſt, groͤßer, als dazumal, da du die ſtolzen Rieſenengel geſtuͤrzt. An dieſem ſchrecklichen Tage
Hat dich dein Donner erhoͤht; allein, erſchaffen, iſt groͤßer,
Als das Erſchaffne zerſtoͤren. Wer iſt, der, Ewger, dir gleich iſt?
Maͤchtiger Koͤnig! Und wer kann deine Herrſchaft beſchraͤnken? 590
38Ohne Muͤhe vereitelteſt du die ſtolzen Entſchluͤſſe Jener rebelliſchen Geiſter; und ihren vergeblichen Anſchlag
Haſt du zunichte gemacht; indem ſie gottlos gedachten,
Dich zu verringern, und uns, die Schaaren von deinen Verehrern,
Zu verfuͤhren. Allein, wer dich zu verringern gedenket,595
38 Hilft nur deine goͤttliche Macht noch herrlicher zeigen, Wider ſeinen eigenen Willen. Ein Zeuge hiervon iſt
Dieſe neuerſchaffene Welt; ein anderer Himmel,
Von der Pforte des Himmels nicht weit entlegen; dem Schein nach
Auf die kryſtallne See, die Hyaline, gegruͤndet;600
38 Unermeßlich im Umfang, mit zahlloſen Sternen beſaͤet; Und vielleicht iſt jeglicher Sternoo)Milton laͤßt den Engel vielleicht ſagen, weil zu ſeinen Zeiten die Meynungvon mehreren Welten noch nicht ſo allge - mein war, wie in unſern Tagen. N.
oo), ſo klein in der Ferne, Eine Welt, die Geſchoͤpfen zu ihrer Wohnung beſtimmt iſt.
Dir ſind ihre Zeiten bekannt; zu ihnen gehoͤret
Auch die Wohnung der Menſchen, die Erde; die rund um begrenzt iſt605
39 Mit dem weiten niederen Meer; ein lieblicher Wohnplatz! Dreymal gluͤckliche Menſchen, und gluͤckliche Soͤhne der Menſchen,
Die der Allmaͤchtge ſo hoch begnadigt, ſo herrlich erſchaffen,Sie32
Sie erſchaffen nach ſeinem Bild’, um dorten zu wohnen,
Und ihn anzubethen; und zur Belohnung zu herrſchen610
39 Ueber alles das, was er gemacht in der Luft, und auf Erden, Und im Meer; und ein heilges Geſchlecht von Verehrern der Gottheit
Auszubreiten allda. O! dreymal gluͤckliche Menſchen,
Wenn ſie dieß Gluͤck erkennen, und ſtets im Guten verharren.
Alſo ſangen die Choͤre. Der empyreiſche Himmel615
39 Schallte vom Hallelujah. So ward der Sabbath gefeyert. Und ich habe nunmehr dir dein Verlangen erfuͤllet,
Das mich befragt, wie dieſe Welt, nebſt allem entſtanden;
Und was vor dir im Anfang geſchehn, damit es der Nachwelt
Unterrichtet durch dich dereinſt bekannt ſey. Wofern du620
39 Sonſt noch etwas, welches die Grenzen des irdſchen | Verſtandes Nicht zu ſehr uͤberſteigt, zu wiſſen verlangeſt, ſo ſag’ es.