PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Poetiſch - und Muſikaliſches Luſtwaͤldchen /
Jn welches erſter Abtheilung abſonder - liche geiſt - und weltliche / wie auch keuſche Ehren - und Liebeslieder / mit beygefuͤgten Me - lodien / nach itziger neuen Ahrt Jn der andern aber / unterſchiedliche gantze Gedichte /Hochzeits - Traur - Gluͤkwuͤnſchungs und Lobſchrifften / Und in der Dritten allerhand kurtze Sinn - Lehr - und Wahlſpruͤche etc. ſo wol geiſt - als weltliche enthalten ſind.
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Gedrukkt zuHamburgbey Michael Pfeiffern / Jn VerlegungJohann Naumanns/ Jm Jahr1652.
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Dem Wohlgebohrnen Herrn Herꝛn Alexander Erskein / Jhr Koͤnigl. Mayſt. zu Schweden wohlbeſtaltem Geheimen und Hoffraht / Kriegs - und Pomeriſchem Eſtatspræſidenten / itziger Zeit zu Einrichtung des Eſtats uñ Loͤb - licher Landesregierung derer Hertzogthuͤmer Bremen und Verden gevolmaͤchtigtem Com - miſſarius etc. Erbherrn auff Trebſees und Vohrland. Meinem groſſen und hohen Goͤnner / maͤch - tigem Beforderer und vielguͤti - gem Patrnen. [Gluͤk / Heyl und Wohlfahrt!]

Hoch -
HOCH und Wolaͤdelge - bohrner Herr / groſſer Goͤnner und maͤchtiger Befoͤrderer.

Wann die alten Weiſen / unſere kluge Vorwelt einen kurtzen Begriff aller Laſter beſchreiben wollen / haben ſie es gethan mit dem ſchaͤndlichen Nahmen der Undankbarkeit / und weiß ich nicht mit was Farben ſie ſolchen abſcheulichen Fehler beſ - ſer hetten abmahlen koͤnnen als mit dieſer Benennung / beobachtet erſtlich GOtt und ſein ſeligmachendes Wort / welches uns außdruͤklich / die Wolthaten mit Dank zu erkennen / gebietet / dadurch entehret und hin - dan geſetzet wird; Nachmals wird einẽ gut - thaͤtigen Menſchen / und treumeinendem Gemuͤhte / die Wolthat einzuziehen / man - chem Freunde ſein redlich geſonnenes Hertz zu verſchlieſſen / und guͤnſtige Befoͤrderung zuverſagen / Urſach gegeben; Drittens ma - chet ſich ein Undankbarer / dem man zuvor alle Liebe erwieſen und gutes gethan / nicht allein ſeinem Wolthaͤter verhaͤſſig / ſondern allen Ehr und Tugendliebenden zu einem abſcheulichen Scheuſall. Vierdtenswer -): (iiijdeden die Gutthaten an ſich ſelbſt / welche ei - nem dankbaren und redlichen Menſchen hetten koͤnnen erwieſen werden / gleichſam wie in den Koht geſchmiſſen / und als ein koſtbarer Wein in einen unſaubern und mit Spinnenweben durchſponnenen Holtz - becher gegoſſen. Kurtz / der Undank iſt eine Quelle / aus welcher viel unzaͤhlige Laſter mit vollem Strudeln herflieſſen. Wann ich denn ſchon vor einer geraumen Zeit in der Fremde mit Freuden vernommen / daß meiner hertzgeliebten Eltern Behauſung / Durch Anweſenheit Jhr Excell. und dero hohes Anſehen beſeliget / und mein lie - ber Vater / deſſen Hand ich nun in zehen Jahren nicht gekuͤſſet / mit vielen Gunſtzei - chendero Leutſeligkeit angeſtrahlet worden / ſo eigne ich mir / vermoͤge unſers Rechtens / welches Vater und Sohn fuͤr eine Perſon haͤlt / alle ſolche erwieſene Gunſten zu / und befinde Jhr Excell. mich davor euſſer - ſtes verbunden. Uber dieſes der Him - mel meine Heimreiſe wieder alles Hoffen ſo gluͤklich geordnet / daß ſie dieſer Ohr - ten durchgefallen / und Jhr Excell. per ſoͤhnliche Gegẽwart angetroffen / habe ich esmirmir vor eine ſonderliche Gluͤkſeligkeit ge - ſchaͤtzet / und alſo / des obberuͤhrten Laſters mich nicht etwan theilhafftig zu machen / ſondern meine ſchuͤldige Dankbarkeit an dẽ Tag zu geben / billiger maſſen auff Mittel un̄ Wege geſonnen. Es giebet mir aber hierzu / Jhr Excell. gunſt geneigtes Gemuͤhte ge - gen die freyen Kuͤnſte / abſonderlich zu der vergoͤtterten Poeſie / und aͤdelen Muſike / welches mich nicht allein der loͤbliche Nach - klang vornehmer Leute verſichert / ſondern auch die Schreiben meines lieben Vaters / die Jhr Excell. auffzuwarten mich ernſt - lich anmahnen / ſatſam vergewiſſern / Ja welches gewogene Mezenatengemuͤhte / ſag ich / ſich zugleich mit den fuͤrtrefflichen Thaten und Weltbekandten Weißheitsuͤ - bungen allbereits von dieſer Sterbligkeit / hinauff an das Firmament geſchwungen / gewuͤnſchten Anlaß / meinem Vater den kindlichen Gehorſam zu leiſten / abſonder - lich aber / und vornemlich / Jhr Excell. mein williges Gemuͤhte und fertige Dienſte an den Tag zu geben / in dem / daß ich dieſes mein gegenwertiges neugepflantztes Luſt - waͤldchen vor Jhre Excell. bringe / und): (vſol -ſolches in ſchuͤldiger Auff wartung fuͤr dero Fuͤſſe lege / und bitte nichts hertzlichers / als daß es von Jhr Excell. meinem maͤchtigen Befoͤrderern / als ein unfehlbares Zeichen meiner wilfertigen Sinnen / nach angebohr - ner Leutſeligkeit auff genommen / und vor al - len neidſuͤchtigen Theonsbruͤdern / welche / gleich wie der ſchwartze Schatten mit dem goldſtrahlendem Sonnenſcheine gebohren wird / ſich auch bey einem nach Ehr und Tu - gend ſtrebendem Gemuͤhte unauſbleiblich finden laſſen / tapfer geſchuͤtzet werde.

Jn welches Erfolgung ich iederzeit / ſo lange mir der guͤnſtige Himmmel das Leben friſten wird / mit dankbarem Hertzen muͤg - lichſt bezeugen werde / daß ich bin

Geben Hamburg den 14. Winter - monatstag des 1651. Jahrs. Jhr Excell. und dero Wohlgebohrnen Hoheit Auſwaͤrtigſter Diener Georg Neumark.

An den Edlen / beruͤhmten und Rechtsge - lehrten Herrn Georg Neumarken / etc. Seinen vielgeehrten und hertzwehrten Freund / Als derſelbe ſein ſchoͤnes Poetiſch und Mu - ſikaliſches Luſtwaͤldchen dem Drukk untergab. Georgius Neumark Verſetzt und mit zugeſetztem H Kom ſag: ei gruͤne Ruh!
JHr aͤdlen Geiſter auf / auff die ihr die Gedanken /
Voll himmliſcher Begier nicht in die engen Schranken
Der ſchnoͤden Eitelkeit euch laſſet ſchlieſſen ein /
Auf / ich beſchwer euch itzt / laͤſt hoͤren was ſoll ſein /
Der Zweg / das rechte Ziehl des vorgeſetzten Lebens
So euch im Sinne liegt? Jch ſuch es nicht vergebens.
Denn hier iſt ſolch ein Sinn der noch im ſuchen iſt /
Und gaͤntzlich euer Ziehl zu ſeinem Zwek erkieſt;
Der ſich dem Tugendzwang in allem untergiebet
Und nichtes auſſer ihr / und ihrer Hoffſtadt liebet;
Ein Geiſt da Feuer iſt / da ſich der Himmel regt /
Der / was ihm wiedrig faͤllt / zu grund und bodẽ ſchlaͤgt.
Mir dencht ich hoͤre ſchon mit gleichen Stimmen ſagen;
Der Berge reiches Mark / das voͤllige Behagen /
Des der nur irrdiſch iſt / wird nicht von Euch erwaͤhlt /
Auch nicht die Herrengunſt / die mancher Menſche zaͤhlt
Bey ſein gantz hoͤchſtes Gluͤk; Wiewol es ſolche Gaben
Die wehrt und theuer ſind / die ſie auch gerne haben.
Die Ehre thut es nicht / darnach ſo mancher ſtrebt
Der lieber ohne Gott als groſſes Anſehn lebt.
Es iſt was beſſers noch das kluge Sinnen lieben /
Um welches ſie vorauß ſich in der Tugend uͤben:
Die Ruhe des Gemuͤhts; Dleß iſt das rechte Ziehl
Worauf ein aͤdler Geiſt ſich endlich legen wil.
): (vjWo
Worauf Er taͤglich denkt uͤm ſolches zuerlangen.
Wie zeitig habt ihr nun / Herr Neumark / angefangen
Recht nach der klugen Ahrt zu ſuchen dieſen Stein /
Der nicht verweltzet wird / der ewig feſt kan ſeyn.
Der Jugend zartes Theil iſt ſchon vorbey geſchlichen
Mit der die Thorheit auch zu weichen ſich verglichen /
Viel Faͤlle bleiben nach die ſtets ein kluger Sinn /
Bedenkt und uͤberlegt biß in das Alter hin.
Der unerſchoͤpffte Fleiß den Kuͤnſten obzuliegen /
Die angewandte Muͤh ließ ſchon die Jahre ſiegen
die minder jaͤhrig ſind. Du dachteſt in die Welt
Und wagteſt es getroſt. Wie manche Noht befaͤllt
Den Fremdling hier und dar / die ihn nicht wenig ſchrekket!
Doch Luſt zur Wiſſenſchafft hat alles uͤberdekket /
Bey dir auch wehrter Freund. Es ſiel zum oͤfftern ein -
Wie kan das wilde Meer doch ohn Gereuſche ſeyn?
Ja auch die Quellen ſelbſt? den Buͤchern ſein ergeben /
War ja von Anbeginn dein Hertz und gantzes Leben.
Ein muhtiger Soldat acht keine Muͤhe nicht /
Noch Noht die ſonſten leicht die ſchwachen Sinnen bricht /
Jmfalt er Sieg und Ruhm und Ruhe wil erlangen.
Du biſt den ſteilen Berg zwar ſchwitzend angegangen
Doch voller Hoffnungstroſt; der gruͤne Helikon
Und der neun Schweſtern Chor hat vielmals deinẽ Thon
Mit groſſer Luft gehoͤrt / nach dem du vorgekommen
Und deinen ſichren Sitz nun unter Sie genommen /
Auf ihren Anbefehl: Hier iſt der Zweg die Ruh
So auf die Unruh koͤmmt. So thu nun dieß darzu
Mein Freund / und ſey bereit die Deinen zu begruͤſſen /
Stekk hier des Reiſens Ziehl / laß deiner ja genieſſen /
Fuͤr allen ſonderlich das liebe Vaterland
Befihl dem Himmel erſt / dein Gluͤk / Beruff und Stand
Mit heiſſer Andachtsgluht; Hernachmals laſſe walten
Die wol befliſſen ſind in Ruh dich zu erhalten /
Gott hat ſchon ſolche Freund dir allbereits erſehn /
Die werden hochgeneigt vor deine Wolfahrt ſtehn.
Der groſſe Wilhelm wird / wie ſonſt pflegt zu bemahlen
Die Sonne Wald und Feld / mit Gnaden dich beſtrahlen -
Und
Und ſchenken Ehr und Ruh / die auch dein ſteter Fleiß
Und unverdroſne Muͤh nach billigem Geheiß /
Der wehrten Tugend ſelbſt mit Fuͤgligkeit verdienet.
Da haſtu deinen Zweg! wann ſolche Ruhe gruͤnet /
Was wird noch uͤbrig ſeyn? Such dir dein ander Du.
Ein Tugendhafftes Weib bringt angenehme Ruh
Durch ihre Freundligkeit und liebliches Beginnen /
So dieſer Stand erheiſcht. Hie ſtillen ſich die Sinnen /
Die hin und her gewankt; Hier iſt der Port am Meer.
Wie wann viel Quellen ſich geſchlaͤngelt hin und her /
Und alle doch zuletzt in einen Fluß ergoſſen;
So koͤmmt auch dieſe Ruh gewuͤnſcht herbey gefloſſen
Mit voller Liebligkeit; Mein Wunſch iſt dashierbey
Dein Hertze ſonder falſch ja wol vergnuͤget ſey.
Jmſall denn deine Luſt und Wohlfahrt ſo wird glaͤntzen /
So Kom und ſage denn: Ei gruͤne Ruh im Lentzen /
Jedoch mein wehrter Freund vergiß des Gruͤnen nicht
So ſeinen Wachsthum haͤgt. Es wil / was noch gebricht
An Luſt und Nutzbarkeit die gruͤne Ruh erſetzen
Es gruͤn ja alles dir bey außerleßnen Schaͤtzen
So Gott und die Natur ertheilet mildiglich
Die neue Muͤh auch dann grun und ergetze dich.
Doch was iſt alles dieß? imfall ich noch bedenke
Und meine Sinnen gantz auf ſolche Wohlfahrt lenke
Die nur der Himmel haͤlt? Wenn ſich des Lebens Ziehl
Nach Unruh Noht und Muͤb mit| Ruhe ſchlieſſen wil.
Das iſt ein groſſes Gut! mit ſuͤſſem Jubiliren
Wird Gottes Lamm uns dort zum Lebensbrunnen fuͤhren.
O Ruh O ſuͤſſe Ruh die ewig gruͤnend iſt
Der du als Gottes Kind mein Reumark faͤhig biſt.
Dahin iſt angeſehn dein Tichten ſchoͤner Lieder
Die Gottes Geiſt erwekkt und dadurch hin und wieder
Viel fromme Seelen regt / und mancher ſchoͤhne Satz
Jn deiner Poeſie die als ein aͤdler Schatz
Sehr wehrt gehalten wird bey Tugendhafften Sinnen.
Fahr fort du aͤdler Geiſt ein mehrers zu beginnen
Parnaſſus lache dir mit voller Liebe zu
Sich nicht de Tadler an / Kom ſagiet gruͤne Ruh!
): (vijVer -
Verbleibe ſtets bereit der Redligkeit zu dienen /
Laß unſre Freundespflicht nicht ruhen ſondern gruͤnen /
So lang als dieſe Welt / Graß / Laub und Blumë traͤgt /
So lang das blaue Dach des Himmels Sternen hegt.
Epigramma votivum de Nomine Neu-Mark.
OPto NOVUM mundiꝙ FORUM; patriæꝙ ME - DULLA
Tu NOV A ſis, Themidos cultor & Aonidum.
Ut, NEOMARCE, NOVI eſt MARCI generoſa leo -
Mens tua, quam Genius ſpirat & ingeniū.
(nis
WOl ſey ein Neuer Markt bey Voͤlkern Recht zu uͤben /
Auch Neues Mark in Ruh das Vaterland zu Ueben.
Wie du nach aͤdler Ahrt ein neuer Marcus-Leu
Schon hin un̄ her beruͤhmt durch Schrifft und Hertzens - treu.

Michel Weiß / Prediger zu S. Katharin in Dantzig.

An den Suͤßklingenden und fuͤrtrefflichen Dichter Herrn Georg Neu - mark / der Rechte Gewuͤrdigten / Seinen ſonders geehrten und ſehr wehrten lieben Herrn und ver - trauten Freund / Als derſelbe ſein Poetiſches Luſtwaͤldchen in unſerm Teutſchen Vaterlande gar anmuhtig ließ gruͤnen und bluͤhen. Sonnet.
DU friſcher Muſenheld / dem Pallaß hat gegeben
Von Jhrer theuͤren Wahr ein nicht geringes Theil /
Daß dein geſchikter Geiſt traͤgt alle Stunden feil /
Wer wird dein wuͤrdigs Lob zur Gnuͤge doch erheben?
Drei
Drei Weiber machen Dich durch alle Welt ſchier leben /
*
* Die Fryne / mein Jch / und der Sofoniſ ben Pfeil
Als auch Kleopatre / die manches Hertz in eil
Erbaͤrmlich angeſtekt. Sie machen uͤberſtreben
Dich Neuͤmark / dieſer Welt / Neid / Liſt / ja gahr den Tod.
Den̄ Kunſt entfreiet Dich und mich auß mancher Noht.
Nun haſt du dieſen Wald gepflantzet und gezieret
Mit Liedern / die voll Luſt und keuſcher Liebe Brunſt /
O Singer und Poet / wir ruͤhmen deine Kunſt /
Ja wehrtes Muſenkind / daß heiſſet wol ſtudieret!
*Welcher dreyer Weibesperſonen merkens wuͤrdige Geſchichte unſer Herr Neuͤmark nicht weniger liblich als nuͤtzlich hat verhoch teutſchet und mit ſchoͤnen Erklaͤ - rungen außgezieret.
*

Aus Liebe zu ſeinem Herrn Neuͤmark und deſſen fuͤrtrefflicher Wiſſen - ſchafft / in der Singe - und Dichter - kunſt ſetzte dieſes zwar eiltgſt / a - ber hertzwolmeinentlich Der Ruͤſtige.

Ad CL. Domini NEUMARCI Sylvas Poeticas.
ET tua bis tandem donare Poemata luci?
Conſilium certê laudo proboꝙ tuum.
Qui premit hæc, quæ ferre queunt mortalib 9 uſū,
Quid commune mihi promvbet ille Bonum?
Tu Sapis, atꝙ Tibi bicturum ſpondeo nomen,
Qui bonus ipſe, cupis pluribus eſſe bono.

Feſtin, Calamo deproperabat ANDREAS TSCHERNINGIUS, Profeſſor oſtoch.

Ad
Ad Elegantisſimum & præclariſſ. Dn. GEORGIUM NEUMARCUM, Nemus poeticûm adornan - tem.
ECce nobis urget numeris Neumarcius Orpheus
Theutonicæ turbæ pectora, ſaxa, feras.
Scilicet alternis permiſto carmine plectris,
Pieridum ceugens ingenioſa ſolet.
Ergò Threiciæ laudis prœconia tolle
Ac inter ſidus ſidera conde nobum.

M. AD AM OLEARIUS.

DEn Waͤldern nim̄t der Herbſt und Winter alle Zier:
Dein Luſt-Wald gruͤnt und bluͤht / Mein Neu -
mark / fuͤr und fuͤr.
Die Voͤgel haben laͤngſt ſchon auffgehoͤrt zu ſingen:
Dein ſuͤſſes Spiel kan ſtets durch Hertz und Ohren drin -
gen.
Was kan nicht kluge Kunſt? Was thut nicht ernſter
Fleiß /
Der die Natur auch ſelbſt zu uͤberwinden weiß?
Dieſes hinterließ in Hamburg ſeinem
wehrten Freunde

Johann Peter Titz.

Ad Politiſſ. & Eruditiſſ. DN. GEORGIUM Neu-Mark.
HElladis & Latii cunctis adaperta pateſcunt
Jam FORA, Jam proprium Teutonis ora
FORUM
Elo -
Elocat. Hoc omni Tu ſedulitate polire,
Et merces illi conciliare cupis,
Quas non auriferis qui defluit Hermus arenis,
Non æquat lutei nobilis unda Tagi.
GERMANAS per TE fac ſic augeſcere inerces,
Ut Patriæ eſſe NOVUM Tu celebrêre FORUM.
ALIUD.
EXſuxit Patrias Bellum furiale MEDULLAS,
Cum premeret Geticus Teutonis arba Pater:
Defluxêre ſui crepit antes corporis artus,
Et maciem membris nex properata dedit.
Sed benè, quod Clariam Phæbus reparare M E -
DULLAM
Nititur, atꝙ animam reddere perpetuam.
Ille jubet, pares Tu felix Optio. Fias (Tu æ.
Ut NOV A ſic Patriæ, & denſa MEDULLA.

Gratulationi, Amicitiæ, & benibolo ad plura incitamente dab. hæc exilia C. Thamnitius, Thorunien - ſis, Gymnasl Patrii Pro - feſſor & Viſitator.

An ſeinen hochgeehrten Herrn Schwager Georg Neumark / als derſelbe ſeinen hochgeprieſnen Luſtwald her - aus gab.
WEſſen iſt der ſuͤſſe Tohn?
Weſſen ſind die ſchoͤne Lieder?
Lebet
Lebet unſer Opitz wieder?
Jſt es nicht Euagers Sohn?
Nein. Es iſt die Zier der Zeit /
Unſer Neumark / der durch Tichten
Jhm weiß kuͤnſtlich zuzurichten
Einen Krantz der Ewigkeit.
Du der Tichter Preiß und Licht /
Billich wirſt du hoch geſchaͤtzet:
Dein gelehrtes Spiel ergoͤtzet.
Wo die Seeten / wie man ſpricht /
Fahren auß und wieder ein
Wird in deine Leibeshoͤle
Orpheus und des Opitz Seele /
Warlich eingezogen ſeyn.

Diß weinige nur konte Seinem hochgeehr - ten Herrn Schwager reißfertig abſingen Sigiſmund Schellhammer / Hamb.

In deliciarum Poeticarum Sylbam â Doctis - ſimo ac ingenioſisſimo Dn. GEORGIO NEUMARCO, Conlcriptam.
SUabe birent Uario turgentes robore ſaltus
Magnaꝙ ſub birdigratia fronde latet.
Hic cæcos umbræ bulius, ibi lumina florum,
Miramur terræ luxuriantis opes.
Aſt mox in banos abeunt hæc gaudia fumos,
Deliciasꝙ iſt as improba tollit byems.
(nus,
Sed quod docte, Nemus condis, Neumarce nec an -
Necfera tempeſtas, nec grabis imber edet.
Non etenim fluxi metuunt ludibria fati,
Docta piæ Vatum Carmina mentis opus.
Scili -
Scilicet æternum tua florida ſcripta manebunt,
Fulgebuntꝙ NOVI ceu nova gemma FORI.
Pergas, noſter Amor, tales exponere merces,
Et Patriæ ſplendor dotibus eſſe tu is.
Hæc quot Sylva comas, quot verſus quotꝙ lepores
Et quot verba tenet, tot tibi fauſta precor.
l. mꝙ facieb.

Ægidius Gutbirius, SS. Th. & Lingv. Orìent. Cult.

An ſeinen Neumark.
SO reiſſeſtu dich ab von dieſer eitlen Erden /
DuO mein andres Hertz du teutſcher Neumark du?
Uñ ſchwingeſt dich mit Macht nach dem Gewoͤlke zu?
Soll dein beruͤhmter Nahm? auch noch unſterblich werden?
Recht ſo du aͤdler Geiſt! ſetz immer friſch hinan
Die Tugend und die Kunſt die weiſen der die Bahn
Zur Unvergaͤnglichkeit. Fahr mit den wakkren Pferden /
Der unverdroſnen Muͤh / und ſchwing dich allgenach.
Der blaue Neid ſtehe dir mit ſcheelen Augen nach.

Dieſes wenige ſetzte eiligſt auf / und uͤber - fendete es von Thoren mit abgehen - der Poſt ſeinem andern Hertzen Joh. Sebaſtian Jacobi / beider Rechten Befliſſener.

Auf Herrn Georg Neumarks meines hoch - geehrten Freundes Poet; Luſtwaͤld - lein.
1.
WAs ſchallt aus dieſem Wald? Jch horche / daß ich hoͤre?
E. Ehre.
Was mehr? ich mag ſehr gern von neuen Dingen wiſſen?
E. Wiſſen.
Mich
Mich duͤnkt / ich hoͤr hierbei ein reingemeintes Kuͤſſen /
E. Kuͤſſen.
Wie? ſchallet es nicht auch von einer feinen Lehre.
E. Lehre.
So handelt dieſer Wald / und ſchallet wie ich hoͤre /
Von Ehre gegen Gott / von Lieb und Wiſſen - ſchafft
Und lehrt der Sitten Zier. Orpheus war der Krafft
Den Wald an ſich zu ziehn. Seht / wie es ſich verkehre /
Nu ziehet ihn der Wald / den unſer Neumark pflantzet /
Wo ſelbſt der Delius mit ſeinen Muſen dantzet.
2.
Jch ſag es ins Geſicht und ſag es hinderwerts /
Herr Neumark ſchreibet rein / und hat ein reines Hertz.
So viel als ich das Deutſch? und reines Hertz mag kennen
So kan ich ihn wol Rein von Sprach und Hertzen nennen.

Aus reinem deutſchen Hertzen geſchrieben von Georg Greflinger-Seladon von Regenſpurg / Cæſ. Not. in Hamburg.

GLuͤk zu Aſtreen Sohn! Du Außbund kluger Tichter /
Du ſchwingſt dich von der Nacht hin an die groſſen Lich -
Die voller Flam̃en ſind: Der aͤdlen Rechte Fleiß / (ter /
Und was dein reiner Sinn von reinen Verſen weiß /
Du reiner Neumark du / das bringt dich an die Sternk.
Man kan zwar die Muſik und Poeſie erlernen /
Jn welchen beyden du ein guter Meiſter biſt /
Wann man das noͤhtigſte darbey nur nicht vergiſt /
Als du mit Ruhm gethan. Jtzt ſchaffen deine Waͤlder /
Da ſchohn der Herbſt beraubt die ſchammerirten Felder /
uns einen Sommer her; wann du ſie ſelber ſingſt /
Und die Violdegam in ſanffter Stimmung zwingſt
Zu reiner Harmonie / ſo fallen unſre Lieder
Als wuͤrden ſie geſcheucht / in ihrem Nebel nieder /
Bald
Bald ſind wir lebendig / todt / freudig / bald betruͤbt /
Wo deiner Seitenklang den Liedern Seele giebt.
Sie ſind / wie meine / nicht geſetzt vor Eſets Ohren.
Bald wird ein geiſtliches bald weltliches gebohren;
Ein Klaͤffer der ſie uns vor grob und bauriſch helt /
Der weiß nicht daß er hat ein Urtheil ſelbſt gefaͤllt
Von ſeinem Unverſtand. Es brauchen die Poeten
An ſtatt der Orgel wol zuweilen Schaͤferfloͤten /
Der Geiſt iſt iedesmahl zu iedem nicht geſchikt.
Dir hats in geiſtlichen und weltlichen gegluͤkt /
Herr Neumark / fahre fort! Du giebſt dir ſelbſt die Sporen /
Druͤm hat Apollo dich und Orpheus außerkohren;
Die Sternenvolle Burg weiſt dir ein groͤßres Pfand /
Gluͤk zu! Sie ſchlaͤgt dir noch den Doctor in die Hand.

Von treuer / deutſcher / aufrichtiger Hand ſeinem treuen deutſchen aufrichtigen Herrn Neu - mark ſatzte dieſes eiligſt in Hamburg Paul Tſcherning von Buntzlau aus Schleſien der H. Schrifft beflieſſener.

A montres-honore & tres-reſpectè Amy GEORGE NEUMARK.
AMateurs curieux des Vers & de Muſique,
approchez vous d icy á la Foreſt publique,
Que NEVMARK a plantè pour recreation,
& en paſſant le temps pour contemplation
de ceux, qui ayment bien Chanſſons & Harmonie,
La Poëſie parfaict, en belle Melodie,
Chanſſons ſpirituels & plein d Enſeignement
Compoſées & cueillis, bien & parfaictement.
Divine Poëſie que tu es agreable!
Au mondeil n y a rien dutou: deton ſemblable.
NEVMARK tu as appris de VIRGILE tes vers,
Et d ORPHE la Muſiqu en ce Rond univerſ.

Jan VVagener, amateut de la langue, fran. ſoiſe.

An ſeinen redlichen Neumark
WJe kan der Freundſchafft Pflicht die Seelen doch ver -
binden!
Jch ſuch? offt hie und da / und weis nicht was ich thu;
Mein Neumark ſchikke miꝛ doch / was du ſchreibeſt / zu /
Ob ich dich irgend kan in deinen Waͤldern finden /
Seh ich die Reinigkeit und deiner Schrifften Ziehr /
So ſeh ich als mir duͤnkt / dein reines Hertz bey mir.

Dieſe in Eyl aufgeſetzte Verſe / uͤber - ſendet von Stolp aus Pom - mern St: Saß.

Nohtwendige Vorrede An den Teutſchen Poeterey - und Muſikliebenden Leſer.

Hter wirſtu guͤnſtiger Leſer / daß in meiner verhochteutſch - ten Kleopatren verſprochene Luſtwaͤldchen / in welches ich eine ziem liche Zahl meiner poetiſchen Gedankẽ / vnd Ubungen theils geiſt-theils weltlich einverleibet / zu empfangen haben. Sofern ich nun ſehen werde / daß dir ſolches belieben wird / und du, bey abgemuͤſſigter Zeit mit deinem guͤnſtigen Gemuͤhte / darinnen heruͤm zu ſpatzieren / es wuͤrdigen wirſt / wirſtu mich ein mehrers / und zwar Sa - chen die etwas wichtiger und mit ſteiſſiger Muͤhe ausgear - beitet / heraus zugeben / heimlich veranlaſſen. Dieſes ab habe ich dich / teutſcher Poeterey Liebenden / nohtwendig zu erinnern / daß / wo du etwan meine Proſodie oder Poe - tiſche Tafeln geſehen / und in gegenwertigem Luſt - waͤldchen etwa eine Anaſtrofe oder Redeverſe - tzung / welcher doch ſehr wenig / und muͤgligſt vermieden / ſinden wirſt / du mich nicht beſchuͤldigen wolleſt / als Einen der andern Geſetze vorſchreibet / und doch ſelbſt nicht be - obachtet / ſondern wiſſen / daß ich etliche Gedichte vor zwey /drey /drey / vier auch wol mehr Jahren aufgeſetzet / da ich mit viel andern / derer eine groſſe Zahl heutiges Tages / der Edelen / und Kunſtreinen Poeſie zum ſchimpflichen Nachtheil / heruͤm ſchwermen (wie man denn bißweilen auf Hochzeiten und Be - graͤbnuͤßen ſatſam ſiehet) in den Tag hinein geſchrieben / und wenig Kunſtregeln oder Grammatikaliſche Lehrſaͤtze in acht genommen / (wie ich Sie dann auch zum theile nicht gewuſt.) Weßwegen ich dich bitte / du wolleſt dich daran nicht ſtoſ - ſen oder Mich zur Entſchuͤldigung anziehen / ſondern / im - fall dir meine poetiſche Tafeln / in welchen die gantze Wiſſen - ſchafft kurtz begriffen / noch zur Zeit unbekandt / oder dieſel - be gering ſchaͤtzeſt / dich |an anderer ſinnreichen Leute Proſo - dien halten. Zum zweiten / wenn du ſindeſt ein einſylbich - tes Gebietswort (imperativ. ) als zum Exempel Trag dein[L]eiden / etc. ſo denke nicht daß ich die Apoſtrofe vergeſſen /[u]nd alſo bas Wort zerſtuͤmpelt / ſondern ſey berichtet daß al -[l]e Gebietswoͤrter (imperat:) von Natur ohne / angehaͤngtes / e muͤſſen geſetzt werden / und ſo das e dabey ſtehet / als: tra - ge geſchicht ſolches Krafft der Paragoge oder En - dungs zuſatzes / da es wegen deß Verſes / bißweilen zierlich angefuͤget wird Hiervon beſiehe HErr Schottels Sprachuͤbung. Drittens / wenn du ſieheft das Woͤrtchen Mang ſo miß mir nicht bey / wie es von etlichen geſchehen / als wenn ichs verſehen / und ein Niederteutſches Wort unter das Hochteutſch gemenget. Jch habe es mit Fleiß gethan. Es iſt dieſes woͤrtchen Mang das rechte Stamm - und Wurtzeiwort von wel - chem hergewachſen: vermengen einmengen ge - menget / gemangkorn / etc. Haͤlt man nun die ab - geſtammeten Woͤrter vor gut Hochteutſch / waruͤm ſoll deñ das Wurtzetwort ſein Buͤrgerrecht / wie einsmals ein ſtat - licher und in teutſcher Sprache kunſt erfahrner Mann ſaget / bey uns Hochteutſchen ſo gahr verlohren ha - ben? Solches Woͤrtchen weitleufftiger zu ſchuͤtzen / iſt mein Abſehn nicht doͤrfte aber anderwerts / von derglei - chen ſtreiligen Woͤrtern mehr / welgeſchehen. Zum vierd - ten ſey der Muſikliebende berichtet / daß faſt die meiſten Lie - der / auf eine Violdegam̃ / und zwar / in umerſchiedlichen ver - ſtimmungen / wie deñ ein Probſtuͤkchen / in meiner Fryne Bozene zufinden / geſetzet ſind / hette auch gerne geſehen / uͤm die vollkommene Ahnmuht zuvernehmen / daß alle Ta - bulaturen hetten koͤnnen beygedrukkt werden / in Man - gelung aber der Zeit / ſonderlich eines Form - oder Holtzſchnei - ders / hat es verbleiben muͤſſen. Kan aber wol geſchehen / daß ich dir / Violdegammen Liebhaber / mit ehiſtem / in einem abſonderlichem Buͤchelchen alle zugehoͤrige / und andere meh: Tabulaturen / entwe der in kupfer oder Holtzſchnitt vor Au - gen ſtelle. Sofern aber die bloßen Melodeyen ſollen von Liebhabern gehoͤret werden / muß ein gut Fundament / bey der Grundſtimme ſein / ein guter Singer den. Text fein deut - lich unterlegen / und die Violin / wo ſie dabey ſtehet / ohne Ko - loraturen darzu geſtrichen werden. Zum fuͤnften ſey freund - lich gebeten / wenn dir etliche drukfehler vor kommen / ſolche nach deinem reiffen Verſtande ſelbſt zu corrigiren / und mir die Schuld nicht beyzumeſſen / beobachtet mich eine noht - wendige Reiſe von der helffte der Correctur abgezogen / uñ mein guter Freund / dem ich Sie in deſſen bittlich anbefohlẽ / auch mit viel Geſchaͤfften belegt geweſen / daß alſo leichtlich etliche Fehler ſtehen blieben. Was aber vor andern noht - wendig muß corrigirt ſein / iſt dieſes: an der 47 Blatſeite im 6 Vers ſtehet geſchehen ſoll heiſſen ergangen. an 165. bl. im 28. v. Alzeſien fuͤr Alzeſten. am 186 bl. im 16 v. Sextin fuͤr Sertin. am 199 bl. im 10 v: Trojan fuͤr Trajan. am 209 bl. im 3v: kom̃ / ach komm fuͤr komm / ach komm auch. am 217 bl. im 3 Sinnſpruch: ſchweig nur albꝛeꝛ Menſch fuͤr ſchweig nur du albrer Menſch am 226 ſollen die zwen erſte Verſe im andern Sinnſpruch: Neulich etc. weiblich ſein. Dieſes iſt es / was ich kuͤrtzlich erinnern wollen. Bitte dieſes mein Luſtwaͤldchen ſo anzunehmẽ / wie ich dir es uͤberreiche / verſpreche dir ins Kuͤnfftige / alle meine poetiſch-verhoch - teutſchte Geſchichte in einem Buche mit Kupfern ausge - ziehret / heraus zugeben / Jmfall ſich ein guter Verleger ſindẽ moͤchte / und andere ergetz - und nuͤtzliche Sachen mehr. Gehab dich wohl.

[1]

G. Neumarks Poetiſch - und Muſikaliſches Luſtwaͤldchens erſte Abtheilung. Jn welcher enthalten abſonder - liche geiſt - und weltliche / wie auch keuſche Ehren - und Liebes - Lieder.

2Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

I.

Abſagung der eitlen Welt / und Ergebung GOttes. B. E.

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3Waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme

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1.
JCh habe Mich mein Gott mit Mir beſprochen /
Daß Jch der Welt ihr Gut-ſein oder Pochen
Jns kuͤnfftige / Dich liebend / fromm und ſtill /
Nicht achten wil.
A ijWeg4Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Weg ſchnoͤde Welt mit allen deinen Dingen /
Wodurch Du offt den Menſchen pflegſt zu bringen
Jn großes Leid / ja offtmals in den Tod
Und Seelennoht.
3.
Mein ſag / was ſind doch alle deine Guͤter?
Nichts anders ja als Netze der Gemuͤhter;
Was iſt dein Geld / dein Gold und Heuſer auch?
Nur Wind und Rauch.
4.
So bald der Zorn deß HErꝛn daruͤber wehet
Wo bleibt es denn? So bald ein Krieg entſtehet /
So bald ein Feur daßelbe nur erhaſcht /
So iſts veraſcht.
5.
War Hiob nicht ein Mann von vielen Geldern?
Von großere Gut und reichbegabten Feldern?
Jhm war kein Menſch / und war Er noch ſo reich /
An Guͤtern gleich.
6.
Jn einem Huj verderben ſeine Kinder /
Es gehet weg ſein Haub / Hof / Vieh / und Rinder /
Er wird gar bald / eh Er es daͤnken kan /
Ein armer Mann.
7.
Der Dioniß ſaß in den hoͤchſten Ehren
Zu Syrakuß / und muſte Kinder lehren /
Dort zu Korinth / hernach aus großer Noht
Ums liebe Brodt.
8.
Du Prahler hoͤr / was hilfft dich doch dein Stutzen?
Was hilfft Dich doch dein Gottvergeſnes Putzen?
Du tritſt herein / und daͤnkeſt nicht einmal
An jene Quahl.
Du5Waͤldchens erſte Abtheilung.
9.
Du lebeſt wol. Was aber daͤnkt in deſſen
Dein arme Seel? als welcher Du vergeſſen /
Du eitler Menſch? Sie klagt ihr Ungemach
Mit Weh und Ach.
10.
Sie iſt bemuͤht Dein boͤſes Thun zu ſtillen /
Sie haͤlt Dir vor deß frommen Gottes Willen /
Dir aber iſts und deiner frechen Rott
Ein lautrer Spott.
11.
Sie klagt Dich an mit bittren heißen Zaͤhren /
Sie aͤchtzt und ſeuftzt / und wil ſich gern erwehren /
Zugleich mit Dir zugehn in jenes Leid /
Der Ewigkeit.
12.
Bedenke Menſch / was ſind doch Herrenguͤnſte?
Ja anders nichts / als Rauch und leere Duͤnſte /
So dieſen gleich / ſo bald Sie faſt entſtehn /
Auch bald vergehn.
13.
Stundt Haman dort nicht auf der Ehrenſpitzen?
Muſt Er nicht ſtets bey Ahaſverus ſitzen?
Wie gieng es ihm? Eh es ein Menſche daͤnkt
Wird Er erhenkt.
14.
Wer war doch wol dem großen Griechen lieber
Als Klitus du? An Gunſt war keiner druͤber.
Dennoch hat Er / nach dem Er ſich ergretzt /
Dich hingemetzt.
15.
Weg Wolluſt / weg mit deinen leichten Sinnen!
Weg Uppigkeit mit deinem Schandbeginn en!
Wie mancher Menſch iſt doch von Dir betruͤbt /
Der Dich beliebt.
A iijJſt6Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
16.
Jſt Faon nicht in geiler Luſt geſtorben?
Was hat doch ſonſt dich Tigellin verdorben /
Als Praſſerey / und dein beliebter Wuſt /
Die Liebesluſt.
17.
Die Schoͤnheit iſt ein Lokkaaſ vieler Suͤnden /
Ein Ungluͤksſee den man kaum kan ergruͤnden.
Wie manches Leid / wenn man es recht erwegt /
Hat Sie erregt.
18.
Wie manches Leid hat Sie doch angerichtet?
Wie mancher Menſch iſt doch durch ſie vernichtet?
Die Schonheit hat ſo manches Land verheert /
Und gantz zerſtoͤhrt.
19.
Wenn Bathſeba mit ihren zarten Wangen
Und Leibesziehr den David nicht gefangen /
So hett Er nicht faſt Gottes Gunſt verſchertzt /
Welchs Jhn geſchmertzt.
20.
Wenn jener Held Antonius die Sinnen
Nicht gantz gericht zur ſchoͤnen Aegyptinnen /
So hett Er ihm ſein Leben nicht verkuͤrtzt /
Und ſich geſtuͤrtzt.
21.
Daß Briechenland zehn Jahre lang bekrieget /
Daß Troja dort ſo gantz veroͤdet lieget /
War nur allein Helene Schuld daran /
Die hats gethan.
22.
Kurtz / was der Menſch vor Hoch und Treflich ſchaͤtzet /
Womit Er ſich nach Hertzensluſt ergetzet /
Jſt alles doch in dieſer Lebenszeit /
Nur Eitelkeit.
Was7waͤldchens erſte Abtheilung.
23.
Was hilfft es Jhn wenn Er einmal geſtorben /
Jmfall ſein Leib durch einen Tod verdorben /
Der Madenſakk? Es wird ein Grab und Stein
Sein Reichthum ſeyn.
24.
Hat Er | ſich denn in Tugend nicht geuͤbet /
Und Gottes Wort von Hertzen hochbeliebet /
Ach Weh! Ach Weh! wie wird es Jhm doch gehn
Jm Aufferſtehn.
25.
Der Himmelsfuͤrſt / der Richter aller Seelen /
Wird Jhn mit Ernſt mang die Verdampten zaͤhlen /
Da wird Er ſtehn zu ſeiner linken Hand
Mit Spott und Schand.
26.
Der Teufel ſelbſt wird ſeyn ſein Mitgeſelle /
Das hellſche Feur wird ſeyn an Goldes Stelle /
Ein greulich Loch / und ſchwefelichter Pfuhl
Wird ſeyn ſein Stuhl.
27.
Da muß Er denn die unerhoͤrten Plagen /
Mit Ach und Weh in Ewigkeit ertragen /
Jn Ewigkeit wird keine Rettung ſeyn
von dieſer Pein.
28.
Druͤm lenk / Ach Gott / Ach lenke meine Sinnen /
Daß Sie ſonſt nichts als Dich nur lieb gewinnen /
Gieb Deinen Geiſt / Der mich auf rechter Bahn /
Weiſ Himmel-an.
29.
Der uͤber Mich mit ſeinen Gaben walte /
Der mein Gemuͤht in deiner Lieb erhalte /
Der meinen Sinn zur Gottesfuͤrchtigkeit /
Lenk allezeit.
Ach8Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
30.
Ach Gott / ſchlaͤgt mich ein Fehler etwa nieder /
So heb Mich auf und troͤſte Mich doch wieder /
Reitzt mich die Suͤnd - und bringt mich in ihr Joch /
So ſchone doch.
31.
Laß dein Gericht nicht uͤber mich ergehen /
Wer kan doch HErꝛ / wer kan doch vor Dir ſtehen?
Kein Menſche nicht. Laß deiner Gnaden Schein
Mein Beyſtand ſeyn.
32.
Lenk ſo mein Hertz in meinem gantzen Leben /
Daß es nichts woll als Dir nur ſeyn ergeben /
Und wenn ich denn vollendet meinen Lauff /
So nim mich auf.

II.

Loblied Goͤttliches Wortes.

Auf Begehren Der Hochedlen / Viel Ehr und Tugend - ſahmen Frauen Anna Barbara von Schlieben gebohrnen Kreytzien / auffgeſetzet.

G. N.

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9waͤldchens erſte Abtheilung.
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Grundſtimme.

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A vAN10Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
AN Deinem Wort am hoͤchſten Gut /
Hab Jch Gott mein Ergetzen /
Denn wenn mich wil mein Fleiſch und Blut
Jns Suͤndenfinſtre ſetzen /
So muß es eintzig und allein
Mein Lebenslicht und Fakkel ſeyn.
2.
NAch dieſem ſoll mein Hertze ſich
Jn wahrer Demuht richten /
Dein guter Geiſt nur leite mich /
Damit mein Thun und Tichten /
Sey eintzig und allein geziehlt
Dahin / wo mir dein Wort befiehlt.
3.
BARBAriſch auf die Suͤndenbahn /
Pflegt mich die Welt zu leiten /
Wenn aber Jch Dein Wort ſeh an /
Merk Jch die Eitelkeiten /
Dadurch die Seele wird gekraͤnkt /
Und in den hellſchen Pfuhl verſenkt.
4.
RAubt Mir ein Ungluͤk die Geduld /
Daß mein Vertrauen hinket
An Deiner vaͤterlichen Huld /
Und mein Gemuͤhte ſinket /
So iſt Mir dein liebreiches Wort /
Ein ſuͤßer Troſt und ſtarker Hort.
VON11waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
VON manchem groben Suͤndenwuſt
Jch kan befreyet bleiben /
Des frechen Fleiſches ſchnoͤde Luſt /
Kan Jch dadurch vertreiben.
Denn wenn durchs Wort der Geiſt obſiegt /
Gar bald das Suͤndenfteiſch erliegt.
6.
SCHLIEch Mir der Teufel nach mit Liſt /
Und wolte Mich belauren /
Alsdenn dein Wort mein Warner iſt /
Mein Schirm und feſte Mauren /
Garſchimpflich Er zuruͤkke prallt
Wenn ich dein Wort nur vor ihn halt.
7.
BENim derhalben / großer Hort /
Mich aller derer Sachen /
Die Mich entfernen deinem Wort /
Und mich zum Achtloß machen /
Weil Jch ſonſt nichtes finden kan
Das Mich kan tragen Himmel-an.
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III. 12Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

III.

Klag - und Troſtlied Eines Betruͤbten / Nach dem Spruche: Zion ſpricht / der HErꝛ hat mich verlaſſen u. ſ.f. C. B.

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13waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

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1.
ZJon klaget aus der maßen
Zion die Betruͤbte Die:
Ach der HErꝛ hat mich verlaßen / Und vergiſſet meiner hiel
Gott leſt mich faſt unterſinken / Und im Ungluͤksſee ertrinken /
Leſt mich ſtekken in der Pein / Und wil nicht genaͤdig ſeyn.
Jch14Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Jch kan mich der heißen Zaͤhren /
Meiner Augen herben Fluht / Und des Weinens nicht erwehren /
So iſt mein gequaͤlter Muht
Mit Betruͤbnuͤs uͤberſchwommen /
Daß mein Hertz mit Angſt beklommen /
Taͤglich ſeuftzet / aͤchtzt / und ſchreiht:
Wo bleibt Gottes Guͤtigkeit?
3.
Kan ein Weib ſich wol verbôßen /
So / daß Sie ihr liebes Kind
Solt im Zorne gantz verſtoſſen / U nd ſo grimmig ſeyn geſinnt /
Daß Sie ſich nicht ſolt erbarmen
U nd es wiederuͤm uͤmarmen /
Wenn es ſeine Haͤndchen ringt / Und Jhr Hertz mit Thraͤnen zwingt.
4.
Wenn es liegt auf ſeinen Kniehen /
U nd bekennet ſeine Schuld /
Mein! wie kan Sie ſich entziehen
Daß Sie Jhm nicht werde Huld?
Kan auch eine Mutter neiden /
Das / was Sie mit ſchwerem Leiden /
U nd mit groſſer Schmertzensmacht
Hat aufdieſe Welt gebracht.
Doch15waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
Doch geſetzt / daß Jhr Gebluͤte
So ſehr unverſoͤhnlich bleibt /
U nd Jhr zorniges Gemuͤhte /
Solche Tyranney betreibt /
So wil Jch doch Deiner daͤnken /
U nd Mich Guͤtig zu Dir lenken.
Deines Hertzens heißes Flehn
Hab Jch gnaͤdig angeſehn.
6.
Laß mein Kind von deinem Zagen /
Zion / du Geliebte du /
Hoͤr nur auf von deinem Klagen /
Stell dein traurigs Hertz zur Ruh /
Sey geduldig / meine Liebe /
U nd dich nicht ſo ſehr betruͤbe /
Denn dem Kreutz / und dieß dein Leid /
Dienet dir zur Seeligkeit.
7.
Sey verſichert meiner Gnaden /
Traue meiner großen Macht /
Denn Jch ſeh all deinen Schaden /
Jch bin ſchon darauf bedacht /
Daß Jch werd ein Mittel finden /
Dich deß Drangſals zu entbinden.
Deñ du biſt mein werthes Pfand /
Eingeſchrieben meiner Hand.
Troſt -16Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

IV.

Troſtlied Eines in ungluͤk und Wie - derwertigkeit Schwebenden / Nach dem Spruche: Fuͤrchte Dich nicht / denn Jch habe Dich erloͤſet. u. ſ. f. C. B.

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17waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

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1.
SEy nur getroſt und unverzaget /
Wenn Dich ô Jſrael mein Kind /
Betruͤbnuͤß / Angſt und Wehmuht plaget /
Weñ Dir deꝛ Noͤrdlich U ngluͤkswind /
Mit ſeinem Sturm und ſtarkem Sauſen
Wil raſend unter Augen Brauſen.
Steh18Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Steh als ein Mañ / laß Dich nicht ſchtekken /
Halt aus / und bleibe feſt beſtehn /
Laß Dir es keine Furcht erwekken /
Laß dieſes Wetter uͤber gehn.
Du wirſt ſehr groſſe Freud empfinden /
Nach dieſen herb - und rauhen Winden.
3.
Laß ab von deinen ſchweren Sorgen /
Jch habe ja mein Angeſicht
Nur eine kleine Zeit verborgen /
U nd von Dir Jſrael gericht /
Jch wil nur ſehn in ſolchen Faͤllen
Wie Du / mein Kind / Dich an wirſt-ſtellen.
4.
Jch wil ein wenig nur verſuchen /
Wie groß doch deine Liebe ſey /
Ob Du Mir auch wirſt trotzig fluchen /
U nd wie beſtaͤndig deine Treu /
Jch ſteupe Dich uͤm zu-zu-ſehen
Wie Du bey deinem Gott wirſt ſtehen.
5.
Jch habe Dich bey deinem Nahmen
Geruffen / und Mir außerwehlt /
Jch habe Dich und deinen Sahmen
Erloͤſet / und mang Die gezaͤhlt
Die ſich gehorſamlich erzeigen /
Denn Jſrael du biſt mein eigen.
Geh19waͤldchens erſte Abtheilung.
6.
Geh ſicherlich durch Waſſerfluhten /
Du wirſt gantz unver letzet gehn /
Geh ungeſcheut durch Feuersgluhten /
Kein Brandmahl wird man an Dir ſehn /
Denn Jch wil allzeit bey Dir bleiben /
U nd allen U nfall von Dir treiben.
7.
Kan Jch Dich nun in Dieſen ſchuͤtzen /
Was meinſtu wol mein Jſrael /
Was Jch Dir werde koͤnnen nuͤtzen /
Wenn Dich betreffen andre Faͤll?
Jch bin dein Heyland / dein Erretter /
Druͤm fuͤꝛcht Dich nicht im U ngluͤkswetteꝛ.
Klage -20Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

V.

Klagelied Eines hochbetruͤbten und un - gluͤkſeligen Menſchen / in welchem Er Jhm fuͤr allen Dingen einen ſeligen Tod wuͤnſchet.

[figure]
21waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
1.
JCh bin muͤde mehr zu leben /
Nim mich liebſter Gott zu Dir /
Muß Jch doch im Leben hier /
Taͤglich in Betruͤbnuͤß ſchweben.
Meine groͤſte Lebenszeit
Leufft dahin in Traurigkeit.
Moͤcht22Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Moͤcht es Dir mein Gott gefallen /
Wolt Jch hertzlich gern ins Grab /
Da mein Leid geſchnitten ab /
Da mein ſchmertzen-volles Wallen /
Dieſes Lebens gantz verſchwindt /
Und ſein endlichs Ende findt.
3.
Jch verſchmachte faſt fuͤr Sorgen /
Meine milde Thraͤnenfluht /
Und des Kreutzes heiße Gluht
Sind mein Fruͤhſtuͤk alle Morgen /
Furcht / Betruͤbnuͤs / Angſt und Noht
Sind mein taͤglichs Speiſebrodt.
4.
Seh Jch jene boͤſe Rotten /
Die ſich in die Welt verliebt /
Werd Jch innerlich betruͤbt /
Wenn Sie meiner hoͤniſch ſpotten;
Weñ Sie ſchreyhene Seht den Mann /
Dem ſein Gott nicht helffen kan.
5.
Dann geh Jch in meine Kammer /
Fall auff meine matte Knieh /
Heul und winſel je und je / Und beweine meinen Jammer /
Meiner Thraͤnen milder Lauff /
Steiget zu Dir wolken-auf.
Gott23waͤldchens erſte Abtheilung.
6.
Gott wenn wirſtu Dich erbarmen /
uͤber meine ſchwere Pein?
Wenn wirſtu mir gnaͤdig ſeyn?
Ach wenn wirſtu Mich uͤmarmen?
Ach mein Gott wie lang / wie lang /
Soll Mir doch noch ſeyn ſo bang?
7.
Setze Mich doch einmal nieder /
L Mich kommen doch zur Ruh /
Allerliebſter Vater Du /
Troͤſte Mich doch einmal wieder /
Gieb Mir endlich doch einmal /
Hertzensluſt nach dieſer Qual.
8.
Doch wer weiß worzu es nuͤtzet /
Daß Du Mich ſo zuͤchtigeſt?
Daß Jch werde ſo gepreſſt?
Und vor welcher Noht es ſchuͤtzet?
Denn Wer in der Welt ſich freut /
Koͤmmt offtuͤm die Seligkett.
9.
Daruͤm laß die Straf ergehen /
Schlage zu und ſteupe fort /
Liebſter Gott / und ſchone dort /
Doch damit Jchs auß-kan-ſtehen /
So verleihe Mir Geduld /
Nach verbo[r]gner Vaterhuld.
Und24Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
10.
Und nim Mich nach Deinem Willen
Nach der außgeſtandnen Qual
Jn den großen Freudenſaal /
Da ſich alle Noht wird ſtillen /
Kom mein Gott wenn Dirs gefaͤllt
Und reiß Mich von dieſer Welt.

VI.

Bußlied. Eines mit ungluͤkbeladenen Menſchen.

B. E.

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25waͤldchens erſte Abtheilung.
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B26Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
HAlt inn / ô großer Gott / zu ſtrafen /
Wenn ſich dein Zornenfeur entzuͤndt /
Wenn Huld und Gunſt bey Dir entſchlafen /
So ſtraf doch nicht dein Suͤndenkind.
Ach ſchone meiner liebſter Gott / Und mache Mich nicht gar zu Spott.
2.
Schau wie Jch bin mit Angſt beladen /
Wie Jch mein boͤſes Thun bereu /
Ach Gott erbarme dich aus Gnaden / Und daͤnk an deine Vatertreu. Es kan / wenn Du nach Recht wilſt gehn / Kein Menſche nicht vor Dir beſtehn.
3.
Jch lege Mich zu deinen Fuͤßen /
Ach HErꝛ verſtoße mich doch nicht / L Mich der Vatergunſt genießen / Und geh mit Mir nicht ins Gericht.
Ach nim Mich auf und ſieh nicht an /
Daß Jch ſo wieder Dich gethan.
4.
Errette Mich aus dieſen Noͤhten /
Reiß Mich aus dieſer Ungluͤksſee /
Die Mich gedaͤnket faſt zu toͤdten /
Daß Jch darinn nicht untergeh /
Jm fall Du nicht wirſt bey Mir ſtehn
So iſt es bald mit Mir geſchehn.
Jch27waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
Jch muß es zwar mein Gott bekennen /
Daß meine Suͤnd und Miſſethat
Die rechte Quelle ſey zu nennen /
Deß / was Mich nun befallen hat / Und daß mein eigne Schnoͤdigkeit
Mich hat geſtuͤrtzt in dieſes Leid.
6.
Druͤm will Jch gerne ſtille halten / Und leiden alles mit Geduld / L aber uͤber mich auch walten /
Mein liebſter Vater / deine Huld / Und mach es endlichen alſo /
Daß Jch auch wieder werde froh.
B ijDank -28Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

VII.

Danklied Eines vonungluͤk und Ver - folgung Erloͤſeten / Nach dem Spruche: Jch danke Dir HErꝛ / daß du ſo zornig biſt geweſen. u. ſ. f.

[figure]
29waldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

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B iijJch30Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
JCh danke Dir mein ſtarker Retter /
Jch danke Dir mein liebſter Gott /
Daß du in dieſem U ngluͤkswetter
Mich haſt behuͤtet fuͤr dem Spott /
Den Jene mit vergifften Sinnen /
Gedachten hier auf Mich zu ſpinnen.
2.
Jch danke dir von meiner Seelen /
daß du mich nun erloͤſet haſt /
Auß jener wilden| Leuenhoͤhlen /
Und von der ſchweren Kreutzeslaſt /
die mir ſo ſchwer lag auff dem Ruͤkken /
daß ich davon faſt muſt, erſtikken.
3.
Jch wurde hin und her verſchlagen /
Gleich wie ein Schifchen auf der See /
D ich faſt wer in ſolchen Plagen
Vergangen / mit viel Ach und Weh /
Es ſchmiſſen mich die Ungluͤkswellen /
Bald Himmelauf / bald zu der Hellen.
4.
Nun aber hat es ſich geſtillet /
Druͤm ſag ich / Gott / dir hertzlich Dank; D du mir biſt ſowol gewillet
Vergeſſ ich nicht mein lebelang.
Nach dieſen rauhen Nordenwinden / Leſt ſich dein ſanffter Zefir finden.
5. Jch31waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
Jch danke Dir daß dein Gemuͤhte /
Auf Mich / dein Kind / ſo grimmig war /
U nd daß nun deine große Guͤte /
Mich hat geſetzt aus der Gefahr.
Daß du nach dieſem großen Schaden
Mich wieder troͤſteſt mit Genaden.
6.
Wolan! Jch wil mich nicht entſetzen /
Es komm auch was nur immer woll
Es kan kein U nfall mich verletzen /
Es iſt nichts das Mir ſchaden ſoll.
Denn du biſt ſelbſt mit Mir zu Werke /
Mein Gott / mein Heyl und große Staͤrke.
B jvTroſt -32Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

VIII.

Troſtlied. Als Jch im 1646ſten Jahre durch eine grauſame Feuersbrunſt / biß auf den letzten Heller uͤm das Meinige kam.

Nach dem Spruche: Gott iſt getreu der euch nicht leſt verſuchen. u. ſ. f.

G. N.

[figure]
33Waͤldchens erſte Abtheilung.
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Grundſtimme.

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B vWar -34Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
WAruͤm ſoll Jch mein Hertz mit Graͤmen taͤglich freſſen /
Und daß Jch Menſchlich ſey / ſo liederlich vergeſſen /
Ob ſchon die Feuersbrunſt deß Meingen mich beraube
Was Gottes Gunſt und Gluͤkk Mir reichlich hatt
erlaubt.
2.
Es war ja nichts als Gut / welchs nie beſtaͤndig bleibet /
Welchs oftmals unverſehns wie Heu und Spreu zeꝛſteubet /
Gott theilte Mir es mit aus ſeiner Gnadenhand /
Der hat es wiederuͤm auch von Mir abgewande.
3.
Jch bin ein Menſch / waruͤm ſoll Jch dem Gluͤkke fluchen /
Jſt doch mein Gott getreu / der Mich nicht leſt verſuchen /
Daß Jch was tragen ſoll in dieſer Suͤndenwelt
Was uͤber meine Macht / und Mit unmoͤglich faͤllt.
4.
Gott legt uns eine Laſt zwar auf den matten Ruͤkken /
Daß wir gantz Athemloß darunter faſt erſtikken /
Doch traͤgt Er ſelber mit / und ſchenkt uns ſeine Huld /
Wenn Er nur an uns merkt die hertzliche Geduld.
5.
Er wil mich dießmal auch ins nuͤtzlich Ungtuͤk fuͤhren /
Daß Er mein kindlichs Hertz moͤg als ein Vater ſpuͤhren /
Wie es geberden wil in ſolchem harten Stand /
Obs auch zu frieden ſey mit ſeiner Zuͤchtgungshand.
6.
Daruͤm iſt auch mein Glaub als Mauerfeſt gegruͤndet /
Daß / wie nach groſſem Sturm ein Soñenſchein ſich findet /
Mir wieder ſcheinen wird auf dieſes Traurig-ſeyn /
Ein Gluͤkk das zwiefach iſt / und Gottes Gnadenſchein.
35Waͤldchens erſte Abtheilung.

IX. Loblied Des Studirens welches er allen andern Gluͤkſeligkeiten vorziehet. nach Sidony: Apoll: ſeinem Dabunt ſtatuasliteræ, ſi Trabeæ non dederint.

G. N.

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36Poetiſch-und Muſikaliſches-Luſt
[figure]
37waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

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Dieß38Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
1.
Jch frage nichts nach hohem Pracht
Als manche Weltgemuͤhter /
Die nur auf Reichthum ſind bedacht
Auf Geld und große Guͤter.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
2.
Der ruͤhme ſeinen hohen Stand
Und ſeinen alten Adel /
Der doch bißweilen voller Schand /
U nd reich von vielem Tadel.
Ein Andrer ruͤhme Diß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
3.
Der ſuche ſein Ergetzligkeit
Jm Kriege / mit Geſchuͤtzen /
U nd ſeine Luſt im harten Streit
Jm Menſchenblut-beſpruͤtzen.
Ein Andrer ruͤyme Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
4.
Der ſuche ſeinen eitlen Ruhm /
Jm Meer / auf reichen Schiffen /
Mach ihm groß Gut zum Eigenthum
Mit tauſend klugen Griffen. Ein39waͤldchens erſte Abtheilung.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
5.
Ein Andrer mache ſich belobt /
Mit ungelehrtem Reiſen /
Auch dorthin wo der Maurus tobt /
Wo Menſchen Menſchen ſpeiſen.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
6.
Der ruͤhme ſich daß Er mag ſtehn
Bey ſeiner Teleſillen /
U nd jener daß Er angeſehn
Bey ſeiner Amarillen.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
7.
Dieß alles iſt nur Eitelkeit /
So bald der Menſch geſtorben /
U nd liegt nur eine kurtze Zeit /
So liegt auch dieß Verdorben.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
8.
Es hilffet nur die Parnaſſin
Daß man in Ehren ſchwebet /Die40Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
Die theure Kunſt bringts nur dahin /
Daß man im Tod auch lebet.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
9.
Wer ſeiner Sinnen friſchen Lauff / ſetzt auf ein hohes Lernen
den hebt die Tugend Wolken-auf
U nd ſetzt ihn mang die Sternen.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan Mir mein Studiren
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
10.
Daß jener trefflich Oppian
hat eine Seul erlanget /
Hat ſeine ſchoͤne Kunſt gethan
die macht daß er fo pranget.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das
Es kan Mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
11.
Demoſthenes hat zu Athén /
Wie lang er auch geſtorben /
Ein hohe Pyramide ſtehn /
So ihm die Kunſt erworben.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auſ fuͤhren.
12. War -41waͤldchens erſte Abtheilung.
12.
Waruͤm ſteht ein Gedaͤchtnuͤß da
Virgilien zu Ehren /
Jn jener Stadt in Mantua?
Von wegen ſeiner Lehren.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
13.
Wer hat den Kato-portius
Der Seulen wehrt geſchaͤtzet?
U nd jenen Flakkus-verrius?
Die Kunſt hat Sie geſetzet.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeuͤl auf fuͤhren.
14.
Die Tugend und Geſchikligkeit
Kan offt bey Fuͤrſten ſtehen
Hergegen muß U nwiſſenheit /
Nur dort von weiten gehen.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
15.
Ob gleich darauf der Neidhard ſticht
Man muß es lachend leiden /
Denn hierauf iſt ſein Thun gericht /
Die Kuͤnſte zu beneiden. Ein42Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
16.
Thut ſich die Misgunſt gleich hervor /
Die Tugend wird doch ſiegen.
Die Kunſt ſteigt immer fort empor /
Der Neid bleibt unten liegen.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
17.
Gleich wie der edle Myrrhenſaffe
Durch Sturm herauſſer dringet;
Alſo waͤchſt auch der Tugend Krafft
Wenn Misgunſt ſie uͤmringet.
Ein Andrer ruͤhme Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
18.
Weg Reichthum / Stand / weg falſcher Dunſt
An dem die Wolluſt lieget
Giebt Gott mir Tugend Witz und Kunſt
So bin ich wol vergnuͤget.
Druͤm ruͤhm ein Andrer Dieß und Das /
Es kan mir mein Studiren /
Ein Ehrenſeul auf fuͤhren.
Ver -43waͤldchens erſte Abtheilung.

X.

Verweißlied An die naſenweiſe Spottvoͤgel Nach dem Sprichwort / Qui alterum incuſat probri, ſe intueri oportet.

G. N.

Geigenſtimme

[figure]
44Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
[figure]
45waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
Ach46Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
1.
Ach moͤcht ein Jegl icher doch in ſich ſelber gehen /
Und in dem Spiegel des Gewiſſens ſich beſehen;
Vielleichte wuͤrd Er bald
Auß ſeinen eignen Werken /
Wie ſein Gemuͤhte ſey geſtalt /
Mit eigner Schande merken.
2.
Solt Er nur bey ſich ſelbſt ſein Leben wol erwegen /
Und ſetne Schand und Ehr ein wenig uͤberlegen /
So wuͤrde mancher Mann /
Des Beßren ſich bequemen /
Und deſſen / was Er vor gethan /
Sich innerlichen ſchaͤmen.
3.
Wer ſeinen Nebenſreund mit Schimpf gern ſchamrohe
machet
Der wird gar offtermals mit Schanden außgelachet.
Wer andre Leute ſchmeht /
Hat offtmals uͤber hoffen /
Wies in gemein den Spoͤttern geht /
Sich ſelber recht getroffen.
4.
Wer / andre Leute nur zu ſchimpfen / ſich ergetzet /
Wird von der klugen Welt den Affen gleich geſchaͤtzet /
Der wil gern allezeit /
Was Er nur ſiehet / gekken /
Da Er doch ſein Unhoͤfligkeit /
Kan ſelber nicht bedekken.
5.
Ein ſolches Schaͤndemaul hat endlich dieſen Frommen /
Daß / wenn ein Ungeluͤk iſt uͤber ihn gekommen /
Man ihn darzu verlacht /
Und goͤnnets ihm von Hertzen /
Daß man ſein Klagen wenig acht /
Und ſeine bittre Schmertzen.
6. Wenn47waͤldchens erſte Abtheilung.
6.
Wenn ſolch ein boͤſer Menſch wird auch einmal geplaget /
Mit Unfall hie und da / dann wird Er ſchtecht beklaget /
Es daͤnket jederman:
Wie? iſt es jene Schlangen
Die Manchen ſo verhoͤhnen kan?
Es iſt ihr recht geſchehen.
7.
Druͤm wenn du dir gedaͤnkſt des Menſchen Gunſt zu ma -
chen /
Und daß man deiner nicht im Ungluͤkk muͤſſe lachen /
So ſtell dein Schimpfen ein /
Laß andre Leute gehen /
Las dir dein Hertz zur Tadlung ſein
Da wirſtu gnugſam ſehen.
Wunſch48Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -

Wunſchlied Jn welchem er alle Gluͤkſeligkeiten / ſo ihm in der Fremde obhanden ſtoßen / hindan ſe - tzet / und eintzig und allein das Vaterland zubedienen / und die lieben Seinigen zu ſehen / B. E. begehrt.

[figure]
49waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
C1. Mein50Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
MEin Gott wenn ſoll es doch geſchehen /
Daß ich mag endlich wieder ſehen /
Das hoch beliebte Vaterland
U nd meinen wehrten U nſterſtrand?
Wie lange ſoll ich noch ſo reiſen /
Und mich mit bloßex Hoffnung ſpeiſen?
2.
Neun Jahre ſind vorbey geſchoſſen
U nd wie ein Strohm dahin gefloſſen /
Daß ich die liebe Vaterſtadt
Die mich der Welt gegeben hat /
Nicht habe / wie ich ſoll / gegruͤſſet
Nochmeines Vaters Hand gekuͤſſet.
3.
Hier leb ich zwar in Friedensfreuden /
Und weiß von keinem Kriegesleiden /
Wie leider dort ſo mancher Mann /
Der ſeine Noht kaum zaͤhlen kan.
Der kaum was anders weiß zu ſagen /
Als von betruͤbten Kriegesplagen.
4.
Jch bin / Gott lob / zu allen zeiten /
Alhier bey groß-und weiſen Leuten
Wol angeſehn und ſehr beliebt /
Jch bin gar ſelten auch betruͤbt /
Jch ſpuͤhr und merk auf allen wegen /
Den hertzgewuͤnſchten Himmelsſegen.
5. Es51waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
Es hat nicht vielen ſo gegluͤkket /
Wie Gott es hat mit mir geſchikket;
Wie Mancher ſieht mich ſcheeldruͤm an
D mir das Gluͤkk ſo zugethan /
Doch acht ich nicht der Spoͤtter Neiden
Jch kan es alles lachend leideu.
6.
Dennoch wie gut es mit mir gehet /
Wie koͤſtlich meine Wolfahrt ſtehet /
Wie freundlich mir das Gluͤkke lacht /
Und was es mir vor Freude macht /
So ſag ich doch daß ichs nicht achte /
Wenn ich mein Vaterland betrachte.
7.
Jch weiß nicht was fuͤr eine Staͤrke /
Jch bey mir im Gemuͤhte merke /
Die mich ſo ſehr begierig macht /
D ich numehr faſt Tag und Nacht
Die lieben Meinigen bedaͤnke /
U nd mich / bloß Sie zu ſpraͤchen / kraͤnke.
8.
Mein hoͤchſte Luſt beſteht hierinnen
Es wuͤnſchen taͤglich meine Sinnen /
D ich doch bald den lieben Tag /
Sie friſch zu ſehn / erleben mag.
Nim auf / O Gott / mein oͤftres Flehen /
So wird es / hoff ich / bald geſchehen.
C ijAn -52Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -

XII.

Anklagslied Jn dem er das Gluͤkk wegen ſeiner Wankelhafftigkeit anklaget. Nach den Verſchen: Paſſibus ambiguis fortuna volubilis errat, Et manet in nullo certa tenaxq; loco.

[figure]
53waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]
54Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt -
1
HAt ſich nun dein Rad gedrehet /
Du ô mehr als falſches Gluͤkk?
Hat dein Weſtwind außgewehet /
U beſt du nun deine Tuͤkk?
blaͤſeſtu nun aus dem Norden /
U nd biſt meine Feindin worden:
Hat ſich deine Heucheley /
Nun verkehrt in Tyranney?
2
Kurtz ſaß ich auff deinem Wagen /
Auf dem Goldgleichglaͤſern Thron /
Jch war von dir uͤmgetragen /
Als wer ich dein liebſter Sohn.
Jeder ſchaͤtzte mich fuͤr ſelig /
Biß ich Nun von dir allmaͤhlich
Eh ichs dacht in meinem Sinn /
Hoch herab geſtuͤrtzetbin.
3
Doch es iſt ja deine Weiſe /
Du bletbſt nirgends feſt beſtehn /
Faſſeſtu heut eine Reiſe
U nd wilſt hin in Ooſten gehn
Morgen ſieht man dich im Weſten.
Wenn man meint man ſteh am beſten /
und man ſey dein liebſter Freund
So biſtu der aͤrgſte Feind.
4
Polikrat der Samianer
Weiß von dir du falſches Gluͤkk /
und auch der Syrakuſaner
Dioniß kennt deine Tuͤkk
Bel -55waͤldchens erſte Abtheilung.
Belliſar der Roͤmſche Sieger /
und Sapor der Perſche Krieger /
Seuftzen in ſo manchem Land
uͤber deinen unbeſtand.
5
Wolte Tamerlanes ſteigen /
Auf ſein koͤnigliches Pferd /
Muſte Bazait ſich neigen
und ſich legen auf die Erd
und ſo lange bleiben liegen /
Biß der Koͤnig aufgeſtiegen /
Da Er doch vor kurtzer Zeit /
War in gleicher Herligkeit.
6
Hat Orontes nicht erfahren /
Der beruͤhmt Armenian /
und Orbeche zahrt von jahren /
Was du ihnen haſt gethan?
Ach wie haſtu Sie geſtuͤrtzet /
und ihr Gluͤkke ſo verwuͤrtzet!
Daß man ſaſt dergleichen That
Niemals noch gehoͤret hat.
7
Druͤm wol dem der dir nicht trauer
Dir du wankelhafftes Weib /
Der nicht auf dein Schmeicheln bauet
und vertraut dir ſeinen Leib.
Wer auff dich ſein Gluͤkke ſetzet
Der wird oft von dir verletzet /
Wer dir glaubt ſchreibt in den Sand /
und bepfluͤgt ein Klippenland.
C jaKlag -56Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XIII.

Klaglied Daß die aͤdle Schaͤferinn Karitille ſeine trene Liebe nicht merken wil / und daß er nicht Gele - gen hat ihr ſeine Zuneigung zu offenbahren.

B. E. Erſte Geigenſtimme.

[figure]
An -57waͤldchens erſte Abtheilung.

Andere Geigenſtimme.

[figure]

GeneralBaß.

[figure]
T vAch58Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
[figure]
59waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]
60Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
Ach Hertzeleid!
Dieweil die Zeit
Nicht einmal wil vergoͤnnen /
Daßich bey dir /
Mein aͤdle Zier /
Mag eine Gunſt gewinnen.
So laß ich meine Herde Vieh
Jm Wald alleine weiden /
U nd bin betruͤbet je und je
Jch leb in ſtetem Leiden.
Es iſt mir lauter Hertzverdruß
D ich die Sonne ſchauen muß.
2.
Der ſchoͤnſte Wald
Jſt ungeſtalt /
Der Tag iſt mir zu wieder /
Jch daͤnk allzeit
Auf Einſamkeit
Bald ſetz ich mich danieder /
U nd klage meine Liebesnoht /
Mit bittren heiſſen Thraͤnen /
Bald wuͤnſch ich mir den herben Tod /
Mit einem tieffen Sehnen /
Jch geh ich ſitz / ich ſchlaff und wach
Jch lebe doch in Weh und Ach.
3.
U nd dieß geſchicht /
Mein liebſtes Licht /
Weil ich dir nicht kan ſagenWas61waͤldchens erſte Abtheilung.
Was groſſen Schmertz /
Mein treues Hertz /
bißhero hat getragen
Weil ich betruͤbt-verliebter Mann /
Dir ſchoͤnſten Karitillen
Mein Hertze nicht entdekken kan /
U nd meinen treuen Willen /
Dieß dieß macht mir bey dieſer Zeit /
Ein immerwerend Hertzeleid.
4.
Wenn ich dich ſeh
Jm gruͤnen Klee /
Dein Wollen viehchen treiben
So kan ich kaum /
Jm weiten Raum /
Auf meinen Wieſen bleiben /
Jch jage meine Schafe fort
Zu deinen fetten Gruͤnden /
Erdenk im treiben manches Wort
Welchs deinen Sinn ſoll binden.
So bald ich aber bey dir bin /
Jſt alle| Rednerkunſt dahin.
5.
Jch werde taub
Zittr als ein Laub /
Die Rede wil nicht flieſſen /
Es moͤchte ſich
Bald mildiglich
Der Augenſtrohm ergieſſen;
Dein Reden ſchoͤnſte Schaͤferinn
U nd dein ſo ſuͤſſes Lachen /Die62Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Die koͤnnen Zungen / Hertz / und Sinn /
Bald feſſelfeſte machen.
Doch treuer Liebe Hertzenskrafft /
Hat allzeit ſolch ein Eigenſchafft.
6.
Ach wenn doch mir
Das wiederfuͤhr
Dein Haͤndchen nur zu kuͤſſen
So wolt ich das
Mit Thraͤnen naß
Schon zu befeuchten wiſſen.
Dann wolt ich gerne ſtille ſeyn
U nd mich nicht ſo beklagen /
Weil dir ein Seuftzer meine Pein
Genugſam wuͤrde ſagen.
Wie aber dieſes mag geſchehn
Kan ich zur Zeit auch nicht erſehn.
7.
Daruͤm nim hin
Du Menſchgoͤttinn /
Mein keuſches Augenblikken
Da wirſtu ſehn
Und bald verſtehn /
was mich vor Schmertzen druͤkken /
L dires ſeyn an Schreibensſtatt /
Da kanſtu ſatſam leſen /
Was mein Hertz vor Betruͤbnuͤß hat /
U nd was mein Liebesweſen.
Mein Augen geben an den Tag /
Was mich im Hertzen quaͤlen mag.
Wirſtu63waͤldchens erſte Abtheilung.
8.
Wirſtu denn nicht
Mein Tugendlicht /
Mein treues Hertze merken /
Und mich fortan
Betruͤbten Mann
Mit Gegenliebe ſtaͤrken /
So wird die heiſſe Liebesgluht
Mich innerlich verzehren /
U nd meiner Thraͤnen milde Fluht /
Mir meinen Tod gebaͤhren /
Ein finſtrer Wald voll Klipp - und Stein /
Wird meine wuͤſte Wohnung ſeyn.
9.
Wann dann der Tod
U nd meine Noht
Mich hingerichtet haben /
So wird man ſehn
Geſchrieben ſtehn /
Da / wo ich bin begraben:
Hier liegt an dieſer oͤden Still
Ein Schaͤfer aͤdler Sinnen /
Den ſeine liebſte Karitill /
Nicht wolte liebgewinnen.
Sein heimlichs Leid hat ihn geſtuͤrtzt /
Und ihm das Leben abgekuͤrtzt.
Lob -64Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XIV.

Loblied Einer aͤdlen und in allen Tugenden vollkom̃enen Jung - fer. ſonſt bey genahmet die lieb - und holdſelige Kallibelle.

[figure]
65waͤldchens erſte Abtheilung
[figure]
1.
SEy gegruͤſſet ſchoͤne Goͤttinn / Tugenl fatkel dieſer
Stadt
Von Dem / welcher deinẽ Nahmen allzeit hochgeehret hat /
Vernim was Er dir itzo bringt /
Was Er von deinen Gaben ſingt.
Kallibelle66Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Kallibelle keuſche Seele vierde Charis dieſer Zeit /
Zehnde Goͤttinn unſrer Kuͤnſte deine hohe Trefligkeit
Und deine Himmelswerthe Pracht /
Dieh Schoͤneſte zur Goͤttinn macht.
3.
Deiner hellen Augenſtrahlen flinkern gleich dem Sternen -
Licht /
Jch wil glauben daß dem Foͤbus ſolcher ſchoͤne Glantz ge -
bricht /
Der Liebholdinnen Majeſtaͤt /
Jn deinen Liebesaugen ſteht.
4.
Deiner Wangen Liebesfelder ſcheinen lauter Milch und
Blut /
Deiner Lippẽ zukkerhonig ziehet nach ſich Hertz und Muht /
Kein weiſſer Schnee / kein Heiffenbein /
Kan deinen Haͤndchen gleicher ſein.
5.
Wenn du deine Seiten ruͤhreſt wird ein mattes Hertz er -
quikkt /
Hoͤret man denn deine Stimme ſtehet man als wie entzuͤkkt!
Kalliope wird ſelbſt bethoͤrt /
Wann ſie dich / Schoͤnſte / ſpielen hoͤrt.
6.
Jhr Athenſchen Junggeſellen ſtellt nur an ein Frenden -
ſpiet /
Laſſet Agariſten bleiben hier iſt eures Spieles ziehl.
Denn Kallibellen Zierligkeit /
Geht uͤber Agariſten weit.
7.
Hetteſtu nur Kallibellen in Beotien erſehn /
Groſſer Juppiter du hetteſt dein Eginen laſſen ſtehn /
Eginen / derer ſuͤſſe Gunſt /
Dich hat verſetzt in Feuersbrunſt.
Glaub67waͤldchens erſte Abtheilung.
8.
Glaub Achilles tapfrer Fuͤrſte / du der Griechen kuͤhner
Held /
Hette dieſe Kallibelle dort gelebet in der Welt /
Du hetteſt Briſeys ſchoͤnheits Pracht /
Vor Kallibellen nichts geacht.
9.
Kallibelle deine Sitten deiner Demuht aͤdle Zier /
Deine Sanfftmuht / Zucht und Tugend glaͤntzen allem
Zieraht fuͤr /
Die Keuſchheit Schoͤnſte / die du hegſt /
Jſt deine Krohne die du traͤgſt.
10.
Wer nun ſolches Lob bekommen und vor ſchoͤn geſchaͤtzt
wil ſein /
Muß von Ubermuht und Hoffart weit von allem falſchen
Schein
Nur bloß auf Tugend ſein bedacht /
Und uͤben Sie zu Tag und Racht.
11.
Kallibelle ſchoͤne Goͤttinn / aͤdle Blume dieſer Stadt /
Rim was dein ergebner Diener dir anitzt geſungen hat /
Und daͤnke trautſtes Kind dabey /
Daß Er dein Ehren Diener ſey.
Treu -68Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XV.

Treuſchallendes Klaglied Welches / der aller aͤdelſten / ſo wol von Ge - muͤhtes als Leibesſchoͤnheiten reichbegabten / und in allen Tugenden vollkommneſten Nymfen Karitilllen / Aus den Koͤlmiſchen Weiſſelfeldern / in die uͤber See weitentfernete / und an dem Elben - ſtrohme gelegene Zimriſche Luſtwaͤlder / mit Entbietung / ei - nes hertzfreund lichen Gruſſes / uͤberſendet / der annoch ſtandfeſte / und in aufrichtiger Zuneignug unwandelbare Diener Thyrſis

Jch wil ins kuͤnfftige ſolch ein Gedaͤchtnuͤß ſtifften /
Dir du mein Augentroſt (wo ich nur tebend bin /)
Mein Karittichen dir / dir meiner Koͤnigtun /
Daß unſre Nachwelt auch wird leſen dieſe Schrifften
Kein andres Frauenbild als Karitill allein /
Soll Thyrſis beſtes theil und Treugeliebte ſein.
G. N.
[figure]
Kind69waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]

Grundſtimme.

[figure]
70Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Nach Herren Heinrich Heldes ſeinem: Dein Heron der itzund. u. ſ. f.

1.
SEin Thyrſis der itzund hier bey der Weiſſet wohnet /
Der ſich nicht ſelbſt ſo ſehr als dich ſein Kind geliebt /
Wird noch nicht von der Angſt der Liebeslaſt verſchonet /
Lebt offtmals wegen dein von Hertzen hochbetruͤbt.
2.
Er daͤnket Tag und Nacht an jene ſuͤſſe Stunden / (Der ſauren unerwehnt wie ſehr Sie ihn geſchmertzt)
Wie Er vor ſieben Jahr ſich offt zu dir gefunden
Wie du Jhn und Er Dich in keuſcher Gunſt gehertzt.
3.
Er daͤnket Tag und Nacht an deine Heldenaugen /
An deinen Zukkermund / an deine Marmolbruſt
An deine Hoͤfligkeit / druͤm wil ihm nichtes taugen /
Das andre Jungfer Volk iſt ihm nur lauter Wuſt.
4.
Wie dieß ſein Paradieß / o Goͤttinn / vor geweſen /
So iſt dein Abſein itzt ihm lauter Helt und Pein /
Und wird auch ehe nicht von dieſer Brunſt geneſen /
Er werde denn zuvor vermodert muͤſſen ſein.
5.
Was ſag ich kan der Tod wol ſolche Liebe toͤdten /
Die nach dem Tod erſt recht als lebhafft reden kan?
Nein dieſer Verſche krafft wird ihn mit Scham beroͤhten!
Daß Er die Gunſt nicht nur auf Lebenszeit gewann.
6.
Ob Er ſchon Sterblicher dich Sterbliche geliebet! (ſpuͤhrt.
So wird nichts Sterblichs doch an beyder Treuͤ ver -
Wenn Lieb und Gegenlieb auf Ernſt wird ausgeuͤbet /
Wird Sie durch keinen Mord des Todes angeruͤhrt.
7.
Kein Frauenzimmer ſolt ſo weit beruffen werden /
Als Karitillchen du / du edler Tugendſchein!
Du ſolſt weit hoͤher ſtehn als dieſer Ball der Erden /
Der Himmel ſelbſt wird auch vor dich zu niedrig ſein,
71waͤldchens erſte Abtheilung.
8.
Weich Roͤmſche Lupia biſtu ſchon hochgeehret /
Mein Karitilchen ſoll doch uͤber dir nun ſtehn /
Jhr Griechſchen Jungfern auch ſeit immerhin gelehret /
Mein trautſter Hertzenstroſt ſoll euch all uͤbergehn.
9.
Er ſetzet dich / ſein Hertz / dich liebſte Karitillen /
Dort jener Fillis vor / dort jener Galathe /
Dort jener Leßbien / dort jener Amarillen /
Dort jener Belliſell / auch jener Argine!
10.
Jn deſſen weil Er nichts von dir itzt kan genießen /
Als daß du ſeiner wollſt imgleichen eindenk ſein /
So pflegt Er deinen Ring vor deinen Mund zu kuͤſſen /
Und taucht ihn wenn Er trinkt gar oft im Becher ein.
11.
Dein liebſtes Ebenbild das liebe Liebeszeichen /
Traͤgt Er auf ſeiner Bruſt und nimmt ein Merkmahl
dran /
Dann geht es dir nicht wohl ſo wird es bald verbleichen /
Jſts gut ſo glaͤntzt das Gold und zeigts dem Hertzen an.
12.
Was nun ſein Zeitvertreib wilſtu vielleichte wiſſen /
Des Morgens iſts ein Buch / Ein Gang nach Mittags -
zeit /
Hier vor die Stadt hinaus da Er dann iſt befliſſen /
Auf lauter Hertzenweh / auf lauter Traurigkeit.
13.
Bald ſchaut Er den Rubin / bald ſieht Er auf das prangen /
Des ſchoͤnen Demandrings / bald auf das Armenband /
So Er von dir mein Kind / zum Denkmahl hat empfangẽ /
Zum Zeichen deiner Gunſt zum treuen Liebespfand.
14.
Und daß Er uͤberal ja dein Gedaͤchtnuͤß finde /
Hat Er ein Stroͤmchen hier / nach dir / mein Kind genant /
Das rauſchet Tag und Nacht durch ſeine tieffe Gruͤnde /
Bey welchem nur auf dich ſein gantzer Sinn gewandt.
15. Da72Poetiſch - und Muſikaliſches-Luſt
15.
Da geht Er offtmals hin / und ſetzet ſich danieder /
Und faͤngt zu klagen an in tieffer Traurigkeit /
Dann ſingt Er bey ſich ſelbſt der Liebe Klagelieder /
Die Er von dir gemacht / vor jener langen Zeit.
16.
Auch dieß iſt nicht genug die jung - und alten Eichen /
So ihren Unterhalt von dieſem Stroͤhmchen ziehn /
Die tragen eingeſchnitzt des halben Mondes Zeichen /
So waͤchſt dein Nahme mit und kan doch nicht verbluͤhn.
17.
Dieß alles hat Er dir mein Seelchen zugeſchrieben /
Damit du ſehen ſolſt wie hoch Er dich geſchaͤtzt /
Und wie Er itzund noch ſo ſtandhafft ſey im Lieben
Wird Er ſchon nicht wie vor mit Gegenwart ergetzt.
18.
Es ſind ſchon ſieben Jahr daß Abſckied Er genommen /
Von dir aus Zimrien / o edle Koͤniginn /
Run hoffe Er wiederuͤm zu dir mein Hertz / zu kommen /
Gott gebe friſche Krafft und ſtaͤrke meinen Sinn.
19.
Jn deſſen leb erfreut / leb tauſendmal vergnuͤget /
Du Liebſter Augentroſt / du edles Sinnenlicht /
Biß ſich das liebe Gluͤkk des treuen Thyrſis fuͤget /
Biß Er mit hoͤchſter Luſt dich Liebſte ſelber ſpricht.

XVI.

Klaglied Wegen des Wißtrauens ſeiner aͤdlen Karuillen

G. N.

[figure]
73waͤldchens erſte Abtheilung
[figure]
D74Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
ES fieng ein Schaͤfer an zu klagen /
Wie ſeines Hertzens treue Gunſt /
Von Karitillen dieſer Tagen /
Gehalten wuͤrde faſt uͤmſonſt.
Das Thraͤnenwaſſer von ihm randte /
Weil Sie ihn nicht vor treu erkante.
2.
Er ließ die Schaf alleine weiden /
Sagt: Herde leb in guter Ruh,
Mich zwingt von dir mein Liebesleiden.
Damit gieng Er dem Walde zu /
Sein Hertze / ſagt Er / wolt ihm brechen
D Er kaum wuſt ein Wort zu ſprechen.
3.
Mir duͤnkt diß waren ſeine Worte /
So Er mit Seuftzen vorgebracht /
An einem Bach am wuͤſten Ohrte /
Der aͤhnlich war der ſchwartzen Nacht:
Hoͤrt zu ihr Buͤſch ihr Wuͤſteneyen /
Hoͤrt / an ſprach Er / mein klaͤglichs ſchreyen.
4.
Fang ich nur an ſie zu beſingen /
Sie die ein Auszug unſrer Zeit /
So moͤchte mir das Hertze ſpringen /
Vor innerlichem Weh und Leid /
Und daß / weil ihr mein treues Flehen /
So gar nicht wil zu Hertzen gehen.
5. Jch75waͤldchens erſte Abtheilung.
5.
Jch bin ja nicht / wie mancher pfleget /
Der nur mit bloßen Worten ſchwehrt /
Und deſſen Hertz nichts wares heget /
Der nur Geſchenk und Gut begehrt /
Der bloß vermeint aus geilen Sinnen
Der Liebſten Ehre zugewinnen.
6.
Hab ich der liebſten Karitillen /
Nicht das erwieſen jederzeit /
Was das Vermoͤgen meinem Willen /
Vergoͤnnet hat nach Muͤgligkeit.
Sie kan wenn Sie nur ſelbſt wil zeugen /
Daß ich bin gaͤntzlich ihr Leibeigen.
7.
Hab ich nicht etlichmal erwaͤhlet /
Bey Nacht ein naß-betautes Graß /
Auf welchem ich mich ſo gequaͤlet /
U nd Sie betracht ohn unterlaß /
Da ich doch wol bey meinen Schafen /
Jm ſanften Bette koͤnnen ſchlafen.
8.
Und dieſes muͤſt ihr ja geſtehen /
Jhr Streuͤch und auch du gantz Revier /
Daß Euch mein Seuftzen und mein Flehen
Bewegt zum Trauren neben mir.
Du Nachtigall kanſt einig ſagen /
Von meinen innerlichen Plagen.
D ij9. Hab76Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
9.
Hab ich nicht meinen Leib geritzet /
Und von daraus mein Blut gebracht
Wo mir mein redlichs Hertze ſitzet /
So ihr zu dienen war bedacht.
Wie willig war es gar zu ſterben /
Jhr treues Hertz nur zu erwerben.
10.
Dieß / und auch noch viel andre Sachen
So meine Treue deuten an /
Setzt Sie bißweilen mit verlachen
Und eitlem Mißtrau hinten an.
Doch ruff ich an euch Himmelslichter
Jhr werdet ſein mein rechter Richter.
11.
Hab ich Sie nicht gleich meinem Hertzen /
U nd noch viel treulicher geliebt /
So bleiben auf mir Noht und Schmertzen /
Auch das / was mich vor dem betruͤbt.
Wie oft ſagt Echo mir im Hayne
D ich Sie lieb alleine. (Reine.)
12.
Ja wenn ich fuͤnd in meinen Sinnen /
Was ihr moͤcht angenehme ſein /
Mein Tichten und mein gantz Beginnen /
Solt ihr ohn allen falſchen Schein.
Zu treuen Dienſten ſein ergeben /
Und ſolt es ſein mit meinem Leben.
13. Nu77waͤldchens erſte Abtheilung.
13.
Nuſchlieſſet doch ihr frommen Goͤtter /
Sey Richter unparteiſche Welt /
Ob ich zu nennen ſey ein Spoͤtter /
Wie Sie mich offtmals dafuͤr haͤlt.
Bin ichs ſo ſchieſſen Ungluͤksflammen /
Hier uͤber meinen Kopf zuſammen.
14.
Geh hin mit deinem ſanften Wehen /
Du Sachteſeusler Weſtenwind /
Geh mach die ſchoͤnſte Nymf verſtehen /
Das allerliebſte Hertzenkind.
D ich Sie lieb als meine Seele /
Biß in die ſchwartze Grabeshoͤhle.
15.
Sag wil Sie ferner mir nicht trauen /
So ſoll Sie deſſen ſein gewiß /
D ich mich wil der Welt berauben /
Mit mancher Noht und Hertzverdrieß.
Wil ſagen: gute Nacht ihr Waͤlder /
Zu tauſend guter Nacht ihr Felder.
16.
So ſang mit bittren heiſſen Thraͤnen
Der treue Schaͤfer in den Wald /
Kaum kunt Er mehr ein Wort erwaͤhnen
Als dieß ſo Er mit Seuftzen lallt:
Ach moͤchte Sie ſich doch bedaͤnken
U nd mich hinfort nicht mehr| ſo kraͤnken.
D iijVer -78Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XVII.

Verweiſlied Jn welchem Er der Doris Falſchheit und abtruͤnniges Beginnen anklaget. G. N.

[figure]
Grund -79waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
1.
UNter den ſchoͤnen rohten Apfelwangen /
Offte nicht hoffend wird ein Wurm gefangen;
Alſo die Menſchen / die man meint vol treuen /
Soll man offt ſcheuen.
D iiijDenn80Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Denn wenn vielleicht der Mund an einem Ohrte /
Stoͤſſet heraus die zukkerſuͤſſen Worte /
Laͤſſet das falſche Hertz ihm doch gefallen
Bittere Gallen.
3.
Eben auch ſo (zwar ſchoͤnſte Schaͤferinne /
Falſcheſte Doris andre Perelinne)
Biflu geſinnet. Denn auf dich zu bauen /
Darf man nicht trauen.
4.
Gleich wie die Nuß / die man mit groſſem Krachen /
Zwiſchen den Zaͤhnen pfleget aufzumachen /
Krellet / und endlich doch iſt nichts zu naſchen /
Als Wuͤrm und Aſchen.
5.
Alſo bemuͤhet bin ich auch geweſen /
Eh ich treuloſe deiner Gunft geneſen;
Aber nun find ich vor die Liebesfreuden
Liederlichs Reiden.
6.
Tauſendmal hett ich wol darauf geſchworen /
Daß du zum Liebſten mich allein erkohren /
Aber nun ſeh ich daß ich jenem Bleichen
Schimpflich muß weichen.
7.
Warlich / Er iſt doch ja von ſchlechten Gaben /
Wunder / daß du den Thoren lieb kanſt haben /
Doch! Er iſt Reich / hat groſſe Klumpen Gelder
Wieſen und Felder.
8.
Hoͤre / wie offt haſt du geſagt: Jhr Sterne /
Zeuget daß mein Gemuͤht an Falſchheit ferne /
Auch daß mein Lieben ſey ohn alles Triegen.
Pfuy der Luͤgen!
Weiſtu81waͤldchens erſte Abtheilung.
9.
Weiſtu nicht daß der Himmel die gerochen /
Welche ſo ſchaͤndlich ihren Eyd gebrochen /
Fahre nur hin du wirſt es bald erfahren /
Jn turtzen Jahren.
10.
Aber nicht / daß mich etwan deine Schmertzen
Kuͤtzelen ſolten. Nein / ich trag im Hertzen /
Als dein getreuer Schaͤfer / mit dir Armen /
Groſſes Erbarmen.
11.
Dieſes nun bin ich von dir inne worden /
Schaͤndliche Doris aus dem falſchen Orden.
Doch acht ichs nicht / biſtu doch nicht alleine /
Die ich wolmeine.
12.
Wilſtu nicht lieben / kanſtu es wol laſſen /
So wol als Hertzen kan ich dich auch haſſen /
Doris hinweg ein ander treues Kuͤſſen
Wil ich bald wiſſen.
D vLob -82Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XVIII.

Loblied Jn welchem Fuͤrſt Huldenreich ſeine arme Schaͤferinn / allen Stadt - und Hoͤfiſchen Jungfern vorziehet. Aus meiner verhochteurſchten Geſchicht Fry ne Bozene genannt.

[figure]
83waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]
1.
MEin / bin ich denn daruͤm zu ſchmaͤhen /
Daß mein verliebter Fuͤrſtenſinn /
Jhm eine ſchlechte Schaͤferinn /
Zur Allerliebſten auserſehen?
Soll denn hiedurch mein hoher Schein /
Verdunkelt und verloſchen ſein.
2.
Ach nein / es iſt ja weit gefehlet?
Ein tapfrer Sinn und Heldengeiſt /
Sein edles Hertz in dem erweiſt /
Daß Er ſich nicht uͤm Hoheit quaͤlet /
Da offt die Falſchheit / Trug und Liſt /
Verzukkert und vergoͤldet iſt.
D vjEin84Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
3.
Ein Tugendliebendes Gemuͤhte /
Sucht ihm ein Seelchen daß ihm gleicht /
Das nicht aus ſeinen Schranken weicht /
Ob ſchon es nicht aus dem Gebluͤte /
Welchs mit ſcheinaͤdlen Titteln prangt
Und groſſes Anſehn hat erlangt.
4.
Ein hoher Sinn iſt wol vergnuͤget /
Jmfall ihm ſolch ein liebes Kind
Da Schoͤnheit ſich bey Tugend findt /
Wird von dem Himmel beygefuͤget /
Erlanget dieß ein aͤdler Muht /
So fragt Er nichts nach Geld und Gut.
5.
Er ſiehet nicht nach großem Stande /
Wie ungemenſchte Menſchen nun
Bey dieſen boͤſen Zeiten thun /
Er achtet es vor keine Schande
Wenn Er ein ſchlechtes Maͤgdchen liebt /
Die ihm ihr keuſches Hertze giebt.
6.
Jſt Er nur ſonſt von gutem Adel /
Jch meine nicht den Stamm allein.
Die Sinnen muͤſſen Edel ſein /
Und das Gemuͤhte ſonder Tadel /
Es bleibt ſein Adel unbeflekkt
Und durch die Lieb unangeſtekkt.
7.
Daruͤm hinweg ihr junge Frauen /
Mit[eu]rer ausgeputzten Zier /
Und ihr geſchminkte Jungfern ihr /
Hinweg ihr aufgeblaſne Pfauen /
Jch frage nichts nach eurem Pracht /
Der keuſchen Sinnen Ekel macht.
Mein85waͤldchens erſte Abtheilung.
8.
Mein allerſchoͤneſte Bozene
Soll meine Hertzgeliebte ſein
Jhr angebohrner Schoͤnheits ſchein
Macht Sie allein beliebt und ſchoͤne /
Das auserwaͤhlte Tugendlicht /
Weiß ja von keinem Hochmuht nicht.
9.
Sie iſt dem Hoffart ungewogen /
Sie iſt der Wolluſt ſpinnenfeind /
Kein Heucheley an ihr erſcheint /
Sie iſt bey Schafen auferzogen /
Die Uppigkeit und ſchnoͤde Luſt /
Jſt ihren Sinnen unbewuſt.
10.
Die zierlich aufgeſproſne Jugend /
Der Unſchuld ſchwanenweiſſes Kleid
Die wunderſchoͤne Freundligkeit /
Die loͤblich Einfaͤlt / Zucht und Tugend /
Die werthe Keuſchheit die Sie hat /
Steht mir an Goldestonnen ſtatt.
11.
Jch weiß daß ich mit ſtoltzen Freuden /
Die Zeit mit ihr verbringen kan /
Jch bin verſichert daß kein Mann /
Mich ihrentwegen wird beneiden /
Jhr Armuht iſt mein Gold und Geld /
Und groſſes Reichthum in der Welt.
12.
Druͤm mag mich Der und Der verdaͤnken
Daß ich die ſchlechte Schaͤferinn /
Gefaſſet hab in meinen Sinn /
Es wird und ſoll mich gar nicht kraͤnken.
Jch ſage nochmals dieſes frey /
Daß mir Bozen am liebſten ſey.
Lob -86Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Loblied Jn welchem Schaͤferinn Fryne Bozene das Feldleben vor dem Stadt - leben ruͤhmet Auß der hochteutſchen Geſchicht Fryne Bozene genannt.

G. N.

[figure]
87waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
Him -88Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
1.
HJmmel dir ſey Lob geſungen /
Dir ſey groſſer Dank geſagt /
D ich auf dem Feld entſprungen /
Daß ich ſchlechte Schaͤfermagd
Nicht aus groſſer Herren Orden /
Bin zur Welt gebohren worden.
2.
Hier bring ich in kuͤhlen Waͤldern /
Meine zarte Jugend zu /
Leb in dieſen reichen Feldern
Jn gewuͤnſchtem Fried und Ruh /
Kan mit angenehmen Freuden
Meine Schaf und Laͤmmer weiden.
3.
Wenn die Sonn zu heiß wil ſcheinen /
Treib ich meine Heerde fort /
Zu den ſchattenreichen Hainen /
Dort an einen andern Ohrt /
Da man keine Hitze fuͤhlet
Biß der Tag ſich wieder kuͤhlet.
4.
Da find ich mein Amarillen /
Meine treue Nachbarinn;
Dorte ſeh ich Teleſillen
Mit erfreuͤtem Tugendſinn
unſre ſchoͤne Kallibelle /
Findet ſich auch bald zur Stelle.
5.
Dann ſo faͤngen wir zu ſchertzen /
U nd ein Liebesſpielchen an /Doch89Waͤldchens erſte Abtheilung.
Doch mit keuſchem Tugendhertzen.
Keine bringt was auf die Bahn /
Welches wieder Zucht und Ehre /
Der beliebten Tugend were.
6.
Sind wir deſſen uͤberdruͤſſig /
Koͤnnen wir noch weiter gehn
Zu den Schaͤfern welche muͤſſig
Nicht ſehr weit von dannen ſtehn /
Die mit Reden ſchoͤner Sachen /
U ns die Zeit verkuͤrtzet machen.
7.
Dann leſt Thyrſis uns zu Ehren /
Thyrſis unſer Waͤlderſchein /
Sein Violdigamchen hoͤren
Singt auch wol bißweilen drein /
Wie Er Karitillen liebet /
U nd ſich nur uͤm Sie betruͤbet.
8.
Tytirus der treue Schaͤfer /
Redt von ſchoͤner Tugendzier /
Sylvius der Langeſchlaͤfer /
Bringet manche Kurtzweil fuͤr /
U nd ſo wird die Zeit verkleinet.
Die uns etwa lange ſcheinet.
9.
Jſt die Hitze dann gewichen /
Nahet ſich der Abend bey /
Koͤmmt die Nacht herbey geſchlichen /
Treiben wir zur Schaͤferey /Da90Poetiſch und Muſikaliſches-Luſt
Da wir denn mit unſren Schafen /
Koͤnnen unbeſorget ſchlafen.
10.
Ach wer wolte nun dieß Leben /
Dieſe ſchoͤne Waͤlderluſt /
Vor das ſtaͤdtſche Leben geben /
Vor den uͤberſchminkten Wuſt?
Wer wil heimlichs Hertzenquaͤlen
Vor gewiſſe Ruh erwaͤhlen?
11.
Lobt ihr ſtaͤdtiſche Gemuͤhter /
Euren aufgeblaſnen Pracht /
Ruͤhmt die Nebelgleichen Guͤter
Trotzt auf eure ſchnoͤde Ma ch
Liebet eure groſſe Gelder /
Jch beliebe meine Waͤlder.

XX.

Tantzlied Nach Ahrt der Pohlen Auf den Hochzeitlichen Ehrentag Herꝛn Dietrich Schellhammers / meines vielgeehrten Herrn Schwagers und Jungfer Anna Margreta Friedrichin / begangen in Hamburg den 30. Septemb. 1651.

[figure]
91waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]
92Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Nach dem Sprichwoꝛt:

Frey in deiner Fruͤhlingszeit /
Jung gefreyt hat nie gereut.
Erſter Satz.
1.
DEr iſt Selig welcher bald auf Heyraht daͤnket /
Und auf deſſen ſuͤſſes Thun die Sinnen lenket /
Selig der ihm vorgenommen /
Bey noch friſcher Zeit /
Jn den ſuͤſſen Stand zu kommen /
Aller Liebligkeit.
2.
Er kan da in ſtoltzer Ruh die Sinnen weiden /
Und ſein Leid verzukkeren mit ſuͤſſen Freuden /
Er kan ſich mit Luſt erwarmen /
Achtet keine Pein /
Schleuſt ſich in der Liebſten Armen /
Und ſchlaͤfft ſicher ein.
3.
Wenn die Weiderwertigkeit auf ihn wil ſtuͤrmen /
Steht ſein treuer Mitgenoß / und hilfft beſchirmen /
Sie kan durch ein freundlichs Lachen /
Sein betruͤbtes Hertz
Und ſein Arbeit ſuͤſſe machen /
Durch verliebten Schertz.
4.
Lieb und Leid kan Er allzeit mit ihr vertheilen.
Denn die Laſt liegt halb ſo ſchwer auf zweyen Seulen /
Maͤnnlich hilffet Sie ihm tragen /
Alles Eheleid /
Sie iſt in den Freudentagen /
Sein Ergetzligkeit.
Trip -93waͤldchens erſte Abtheilung.

Trippel Groſſer - oder | Nachtantz.

[figure]
94Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
[figure]
Andrer Satz.
5
Druͤm wolauf du junges Volk / geh / eyl zum Tantzen /
Sieh dich vor damit du nicht verſiehſt die Schantzen /
Brauch in deinem jungen Jahre
Keuſche Liebeskunſt /
Kommen dir die grauen Haare /
Dann ſo iſts uͤmſonſt.
6
Haſt du wo ein ſchoͤnes Bild in deinem Hertzen /
Wol! entdekk ihr deine Lieb und deine Schmertzen /
Aber zeume die Gedanken /
Mit der Tugendzaum /
Gib dem geilen Sinnenwanken /
Keinen Platz und Raum.
7
Brauch die Liebesmittel die zum Vortrab taugen /
Fuͤhre Sie fein ſanfft heruͤm / red mit den Augen /
Giebt Sie dir ein Liebesblikken /
Gib ihr zu verſtehn
Mit dem Handkuſſ - oder Druͤkken
Daß du’s haſt geſehn.
8
Fuͤhre deinen Tantzgenoß vom Tantzen wieder /
Nenn Sie dein hertzliebſtes Kind / und ſetz dich nieder /
Offenbar ihr dein Verlangen /
Wie der Breutgam that.
Wil dann dieſes nichts verfangen /
Weiß ich keinen Raht.
Schlen -95waͤldchens erſte Abtheilung.

XXI.

Schleunige Liebes Begebenheit zwiſchen Eloridanen und Baſilenen auff den Hochzeitlichen Ehrentag des Ehrwuͤrdigen / Vorachtbaren / und Wol - gelahrten Herꝛn Salomon Blankens Predigers in der Koͤniglichen Stadt Thorn / und der aͤdlen Jungfer Anna Bertrams. ubergebſchrifft

Wolehrwuͤrdiger / und ſehr wehrter Herꝛ Blan - ke / mein hochgeehrter Goͤnner und Freund

OHne iſt es nicht daß ein lobbegieriges und ehrlieben - des Gemuͤhte / in Auffwartung eines lieben Freundes /die96Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -die Feder an zu ſetzen / billicher maſſen einen furchtſamen Abſchen traͤget / angemerket die ſchoͤne und numehro wol aufpolirte Verſ - und Reymekunſt / der uhralten Spra - che der aͤdlen Teutſchen (ich ſage nicht von andern Spra - chen) von ſo manches Poetaſterchens ungewaſchenen Haͤn - den betaſtet / daß mir duͤnket / ob fuͤhret der im Zorn ent - brante Foͤbus ſelber eine Klagrede deßwegen. Es ſind ſehr viele (doch einer vor dem Andern) ſo etwan / ich weiß nicht wo / eine wunderliche Dirne erbeten / kommen von Ruhmſucht mit ihr dahergezogen / und wollen die menſch - lichen Gemuͤhter uberreden / (ja ſie meinen es bißweilen ſel - ber) es ſey die aͤdle Rymfe Thalia vom Parnaß / ſo den auch von vielen geglaubet wird / (O weit gefaͤhlet! wenn man a - ber mit reiffem Verſtande / welches keinem / als der eine Zeit - lang unſerem Apollo aufgewartet / beykommet / ſolches Ge - ſpenſte recht betrachtet / ſo wird man nicht alleine befinden / daß das Kleid bißweilen von allerhand Flikken zuſammen geſetzt / ſondern auch der Leib gar unfoͤrmig. Sie meinen es ſey genug wenn der Verſch ſeine Zahl habe / die Redens Ahrt mag geſchraͤnket ſeyn wie ſie wolle / die Woͤrter moͤgen Hals oder Bein verliehren / Sie martern die unſchuͤldigen Verſche wie auff einer Rekkebank / Sie bilden ihnen ein / die - ſe ſchoͤne Sprache ſey in keine Grammatik / gleich andern / zu bringen. Aber wo gerahte ich hin? Verzeihe mir guͤn - ſtig; teutſchgeſinnetes und kunſtliebendes Hertz / der du den Helikon noch zuerſteigen gedaͤnkeſt / und der du dir nicht ein - bildeſt / du habeſt die Kunſt ſchon verſchtukket / da du doch kaum anfaͤngeſt ſolche zu ſchmekken / verzeihe mir guͤnſtig / ſag ich / daß meine Zunge / die niemals Heucheley gelernet / ſo frey herauß bricht. Jn Beobachtung beruͤhrtes nun / habe ich mich nicht auch unbillig in etwas geſcheuet / mit die - ſer Furcht / es moͤchte dieſe geringe Arbeit bald im erſten Anſchauen vornehmer Augen / und außgeuͤbter Sinnen verworffen werden / mit dieſen Worten: Seht abermal ei - ne unnuͤtze Skartek! doch hat mit hindanſetzung aller Furcht die gutmeinende Zuneigung meines dienſt verliebten Her -tzen97waͤldchens erſte Abtheilung. tzens gegen ihre Ehrwuͤrden / und andere Patronen / ſonder - lich gegen den aͤdlen und fuͤrtreflichen Dafnis / uͤm meine Willfertigkeit an den Tag zugeben / dieſes Mittel zuergreif - fen mich dahin gebracht / nemlich dieſes ſchlechte Huͤrten - Lied welches ich ſelber unwuͤrdig erkenne / ſo manche ſchoͤne Hand zu kuͤſſen / ihren Ehrwuͤrdẽ ein zu liefern / mit freundli - cher Bitte ſolches mit dem Gemuͤhte aufzunehmen / mit wel - chem ich ſolches in hoͤchſter Verpflichtung / neben hertzlichem Wunſche aller erſprießlichen Wolfahrt / und eines gnaͤdigẽ Himmels / ſo ihn in dem neuen Ehrenftande / mit allerhand Segen anſtrahlen wolle / uͤberreiche. Jn Erfolgung deſſen ſollen ihr Ehrwuͤrden ſelber bekennen / daß ich bin

Dero Aufwaͤrtigſter G. N.

Geigenſtimme.

[figure]
E98Poetiſch und Muſikaliſches-Luſt
[figure]

Sing-ſtimme.

[figure]
Grund -99waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
1.
THyrſis gieng in tieffen Sinnen /
Und bedachte mancherley /
Biß Er kam auf dieß Beginnen
Reitzender Poeterey /
Ließ ſein Seitenſpiel ihm bringen /
U nd fieng alſo an zu ſingen:
E ijHilff100Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
2.
Hilff mir nun du mein getreuer /
Du mein aͤdler Tytirus
U nd auch du mein Sinnerfreuer /
Teutſchgeſinnter Sylvius /
Die ihr Stuͤkke meines Hertzens /
U nd Mittraͤger meines Schmertzens.
3.
Die ihr bey den Kaſtalinnen /
Dort am aͤdlen Pregelfluß
Eure tiefgeſinnte Sinnen
Schaͤrfet ſonder U berdruß
Laſt uns doch ein Liedchen hoͤren /
Herren Floridan zu Ehren.
4.
Denn hier wil mir nichts von Statten /
Nichtes wil mir tuͤchtig gehn /
Weil ich muß im finſtren Schatten /
Weit von meinem Pyndus ſtehn;
Jch ſitz als im dikken Hayne /
Faſt wie wer ich ſelbſt nicht meine.
5.
Was mich innerlich benaget /
Was fuͤr ſchwartzer Uberdruß
Mein aufrichtigs Hertze plaget /
Weiſt-nur-du mein Tytirus.
Aber thu mir dieſen Willen
Sage nichts von Karitillen.
Doch101waͤldchens erſte Abtheilung.
6.
Doch ich ſetz es an die Seiten /
Was mich nun betruͤbet macht /
Wil auf die Begebenheiten /
Nur alleine ſein bedacht /
Wie unlaͤngſt aus unſrem Orden
Floridan ſey Breutgam worden.
7.
Manches Jahr iſt ſchon vergangen / (Wo mir recht) daß Floridan
Mit Hertzſehnlichem Verlangen
Jſt geſtiegen Wolken-an;
Daß Er durch gelehrte Sinnen /
Hat erreicht Olympuszinnen.
8.
Jener weltbekandten Seine /
Jn dem groſſen Frantzenland
Und den Huͤrten an dem Rheine
Bleibt ſein ſchoͤner Geiſt bekandt /
Sie empfunden groſſe Freuden
Nur bey Floridan zu weiden.
9.
Da / wo reichlich ſich ergoſſen /
Meines Katzens goͤldner Fluß /
Da wo loͤblich aufgeſproſſen /
Der beruͤhmte Heinſius /
Da auch wo die Elbe rennet /
Floridanen man wol kennet.
E ijWenn102Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
10.
Wenn Er etwan in den Feldern /
Bey den Huͤrten in dem Graſ /
der in den krauſen Waͤldern /
Bey den ſatten Schafen ſaß /
Sang Er dieſen Satz zuſammen
Jn Amints Violdegammen:
11.
Vater Foebus deine Treue /
Macht daß ich mein Vaterland
Zu verlaſſen faſt nicht ſcheue;
Dein geliebtes Muſenband
Fuͤhret mich zu ſolchen dingen /
So mir nichts als Freude bringen.
12.
Weg mit ſolchem der nur lieget
Auf der faulen Schluͤngelbank!
Wer ſich in die Fremde fuͤget
Der verdienet Lob und Dank. (Doch nicht der gleich einem Praſſer /
Sein Vermoͤgen macht zu Waſſer.)
13.
Viele zwar ſind der Gedanken /
Meinen wenn in gutem Muht /
Auſſer ihres Vaters Schranken /
Durchgebracht ihr Geld und Gut
Daß Sie ſchon ſind kluͤger worden / (Freylich ja in Midas-or den.
Es103waͤldchens erſte Abtheilung.
14.
Es gilt meinen beſten Haͤmmel /
Gib nur einem Bauren Geld
Der kaum weiß was Diſch und Schemmel
Wo Ers nicht bringt in die Welt?
L ihn nur fein praͤchtig putzen
Er wird eben auch ſo ſtutzen.
15.
Druͤm laß mich von dieſem Volke
Deinen ſchnellen Pegaſus
Setzen uͤber eine Wolke /
Da mir niemand ſchaden muß.
Kroͤhne mich / mich deinen Huͤrten /
Foebus mit ſtets gruͤnen Myreen.
16.
Solcher maſſen war geſonnen /
Der beruͤhmte Floridan /
D ihm lieber jener Bronnen /
Der aus Oſſens Klippen rann /
Als Zytherons truͤbe Guͤſſe /
Oder Jdens Liebesfluͤſſe.
17.
Endlich ſagt Er dieſe Worte:
Wie? ſoll ich die Vaterſtadt /
Mein geliebtes Dantzig dorte
Welches mich gebohren hat /
Gleichſam wie und ankbar fliehen?
Nein. Jch wil von hinnen ziehen.
E iijGute104Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
18.
Gute Nacht ihr lieben Bruͤder /
Gute Nacht mein Herde du /
Gott weis ob wir uns ſehn wieder /
Lebet ſtets im Fried und Ruh; aͤdles Teutſchland gruͤne / bluͤhe /
Leb ohn alle Kriegesmuͤhe.
19.
Alſo zog Er bald von hinnen /
Wuͤnſchet allen gute Zeit /
So ihn mit betruͤbten Sinnen
Und mit ſchwerem Hertzeleid
Als den Redlichen weglieſſen /
U nd getreu zu bleiben hieſſen.
20.
Kaum war Er nach Hauſe kommen /
Als Neptun der Maͤchtige /
Dieſen Floridan vernommen /
Aus der gruͤnen Ooſtenſee /
Als Er uͤber alles Hoffen /
Jhn am Ufer angetroffen.
21.
Mit dem dreygeſpitzten Skekken /
Schlug er in das blaue Meer /
Bald von allen Windesekken /
Stellten ſich rings uͤm ihn her
Die halbfeuchte Najadinnen /
Mit den ſchnellen Weiſſelinnen.
Triton105waͤldchens erſte Abtheilung.
22.
Triton bring auf deinem Ruͤkken /
Sprach Er / dieſe Poſt / mein Kind /
Dorthin / wo die lange Bruͤkken
Pohlenland und Preuſſen bindt /
Sag dem Dafniß meinetwegen /
Floridan ſey hier zu gegen.
23.
Dafnis der ein Schutz der Huͤrten /
Dafnis der die Zunft ergaͤntzt /
Deßen aͤdles Haupt mit Myrten /
Loͤb - und ruͤhmlich iſt bekraͤntzt /
Welcher billich wird geheiſſen
Eine Fakkel von den Preuſſen.
24.
Sein wollaͤdler Geiſt der ſtehet
Da wo Feb ihr Silber ſtreut /
Sein beruͤhmter Nahme gehet
Bey den Teutſchen weit und breit /
Niederland und Frankreich wiſſen
Weſſen Er ſich hat befliſſen.
25.
Wie? ſoll ich mich unterwinden
Durch ſein ſchoͤnes Lob zu gehn?
Wo ſol ich den Worte finden?
Kurtz / Er iſt wie hir zu ſehn: aͤdles Blutes hoher Sinnen /
Und ein Freund der Aoninnen.
E vAls106Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
26.
Als nun Dafnis hatt erfahren
Dafnis dieſer ſchoͤne Mann
D von ſo viel langen Jahren
Wiederkommen Floridan /
Hat er ihn bald bitten laſſen
U nd geſaget ſolcher maſſen:
27.
Floridan die reine Sinnen /
So ihr teutſch im Hertzen hegt
Euer loͤbliches Beginnen
So wir ziemlich wol erwegt
Und daß ihr ſo rein gepfiffen
Hat uns unſer Hertz ergriffen.
28.
So daß ihr nun auff-moͤgt-ſchlagen
Bey uns wo ihr fuͤglich wohnt /
U nd bey euren Lebens-tagen
Von uns werden abgelohnt /
Jhr moͤgt brauchen unſre Waͤlder
Und die weyden-reiche Felder.
29.
Nur damit die ſchoͤne Heerde
So uns hoch vertrauet iſt /
Recht und wol geweidet werde
Daß nicht durch des Wolffes Liſt /
Uns ein Schaͤfchen werd entfuͤhret /
Oder ſchaͤdlich angeruͤhret.
und107waͤldchens erſte Abtheilung.
30.
U nd damit ihr eure Muͤhe /
Beſſer uͤberzukkern koͤnnt /
Bin ichſpaͤht ſo wol als fruͤhe /
Euch zu helffen treugeſinnt /
Jhr ſolt ſpuͤrenin den Tahten /
Wie ſo nuͤtzlich ich gerahten.
31.
Seht da iſt die Baſilene /
Seht geliebter Floridan /
Baſilene dieſe ſchoͤne /
Wil allzeit von nunmehr an /
Eure Sorgen helffen mindern /
Und die Muͤh in etwas lindern.
32.
Schauet doch der Augenlichter /
Schanet doch die Flammen an.
Jſt auch wol ein ſcharfer Dichter /
Der ſie beſſer mahlen kan?
Schauet ſchauet wie ſie funkeln /
Wie Karfunkel in dem dunkeln.
33.
Gleichet ſie nicht der Melpoſen /
Einer Goͤttin? ſaget mir.
Mein betrachtet doch die Roſen /
und der weiſſen Liljen Zier
Jm Geſichte dieſer Schoͤnen /
Euͤrer ſchoͤnen Baſilenen.
E vjMer -108Poetiſch - und Muſikaliſches-Luſt -
34.
Merket doch auff ihre Sitten /
Jſt auch wol was Leichtes da?
U rtheilt doch aus ihren Schritten /
Koͤmmt auch was der Geilheit nah?
Nein / von ihrer zarten Jugend /
Hat ſie nichts als Ehr und Tugend.
35.
Floridan ſah von der ſeiten /
Auff die Baſilene nun /
U nd begunt in ſich zu ſtreiten
Was er hirauf ſolte thun?
Denn Er wuſte nicht zu daͤmpfen /
Seiner Sinnen heiſſes kaͤmpfen.
36.
Haltet ſtill ich wil den dingen / (Sprach Cupid mit ſuͤſſem Schmertz)
Alſo bald ein Ende bringen /
Floridan reicht mir das Hertz.
U nd ſo hat er uͤber hoffen /
Recht den Mittel-punct getroffen.
37.
Hirauff dankte ſeinem Rahter
Floridan der gute Mann /
Ehret ihn als ſeinen Vater.
Seht ſprach er was Liebe kan?
Denn ich fuͤhle ſchon die Schmertzen /
Jn dem uͤberwundnem Hertzen.
38.
Seid wilkommen |meine ſchoͤne
Sagt er ihr / mein Freudenplatz /Seid109waͤldchens erſte Abtheilung.
Meine ſchoͤne Baſilene /
Jhr bleibt nun mein liebſter Schatz
und ich bin von dieſen Stunden
Euch diß in mein Grab verbunden.
39.
Darauff eylten Nymf - und Huͤrten /
Suchten Wintermajoran /
Dafnerslaub und gruͤne Myrten /
Wie auch friſchen Thymian / uͤm die Heupter zu bekroͤhnen
Floridans und Baſilenen.
40.
Alle ſuchten ſchoͤne Linden /
und noch andre glatte Beum
Einzugraben deren Rinden /
Dieſen gluͤkkwuͤnſchenden Reim:
Der gewuͤnſchte Himmelsſegen /
Sey bey euch auf allen Wegen.
Ringelverſche. oder Glukswunſch der gantzen Huͤrtengeſel - ſchafft / an den Herrn Breutigam und ſeine geliebte Braut.
Lebet wol Herr Floridan! zu dem neuen Ehrenleben /
Woll euch der gerechte Gott Gluͤkk und Heyl und Segẽ
geben;
Treue Lieb und Einigkent / kuͤndigt euch der Himmel an /
Und wie gleichſam ſelber rufft! Lebet wol Herr Floridan!
Lebet ſo / daß mit der Zeit ihr mit eurer Baſilenen
Euren Diſch beſetzen koͤn̄t und mit lieben Kindern Kroͤhnẽ.
Kurtz / wir wuͤnſchen was ein Freund ſeinem Freunde
wuͤnſchen kan /
Jeder ſchreyet unter uns|: Lebet wol Herr Floridan!
110Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

XXII.

Unverhoffte doch gewuͤnſchte Liebes eſchicht zwiſchen Filidor und Julienen Auf den Hochzeitlichen Ehrentag des Hoch - aͤdelgeſtrengen / Veſten und Manhafften Herrn Abraham Joſafat von Kreytzen / und der hochaͤdlen viel - Ehrund Tugendreichen Jungfer Jultan - Eliſabethen Rauſchkens

Hoͤchaͤdelgebohrner Herr Kreytz / groſſer Pa - tron und liebwehrter Freund.

WEilichnun endlich einmal / nach viel tauſend gegen Him̄el geſchiktẽ Seufftzen / das geliebte und numehro / Gott Lob / befriedigte Vaterland zubeſuchen gedaͤnke / da - mit ich der lieben Meinigen und des Meinigen Zuſtand er - fahren moͤge / von Jhr Geſtr. Herl. aber ich nun ins fuͤnffte Jahr / ſolche Gewogenheit und redliche Zuneigung / gegen mich / ſeinen willigſten Freund und Diener zur Gnuͤ - ge vermerket / und deſſen auffrichtiges und unverfaͤlſchtes Hertze / welches Gunſtſtraalen mich offtmals angeleuch - tet / ſatſam erlernet / als befinde in dieſer Beobachtung / ge - gen Jhr Geſtr. Herl. ich mich ſolcher Geſtalt verpflichtet / daß ich mir es / einen groben Fehler begangen zu haben / rechnen wuͤrde / ſolches mit ſchuͤldiger Dankſagung nicht zu - erkennen. Wenn mir den Mittel und Wege / dieſes gleich - wichtig und nach Wuͤrden zuerwiedern mangeln / ſo habe ich dieſes Muſikaliſche Huͤrtenliedchen / womit ich bloß ei - nen Schatten meines erkentlichen Hertzens entworffen / auf ſetzen / und ſolches / wo GOtt meine Sinnen nicht anderswo hinlenket / vor meiner Heim-reiſe hinterlaſſen wollen. Bitte derowegen Jhr Geſtr. Herl, als mein liebwertheſter Pa -tron111waͤldchens erſte Abtheilung. tron wolle dieſes wenige und Papyrne Hochzeitgeſchenk - chen / mit guͤnſtigen Augen aufgenommen zu werden / und ſeine Hand zu kuſſen / wuͤrdigen / und es vor ein Denkmahl haͤlten / eines Hertzens / ſo niemals etwas eyfrigers wuͤnſchet als genennt zu werden

Jhr Geſtr. Herl. bereitwilligſter Diener G. N.

Geigen-Stimme. G. N.

[figure]
Sing -112Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Sing-Stimme. Grund-ſtimme.

[figure]
113waͤldchens erſte Abtheilung.
[figure]
ALs Thyrſis nun war gantz geſonnen /
zu reyſen in ſein Vaterland /
zu ſeinem Poperoder Bronnen /
an ſeinen lieben U nſterſtrand /
Setz[t]er ſich nieder mit Verdruß
An den beruͤhmten Pregelfluß.
Man bracht ihm die Viol-degammen
ſo manchem Huͤrten wolgefiel /
bald ſtimmt Er ſolche rein zuſammen /
Das ſanft und liebe Seitenſpiel /
Demnach nun dieſes war gethan /
Fing er alſo zu ſingen an:
Nun iſt die Zeit herbey gekommen /
Daß ich die liebe Vaterſtadt /
Einmal zu ſehn mir vorgenommen /
Die mich der Welt gebohren hat /
U nd wo mir recht ſo ſind ſchon hin /
Neun Jahre / daß ich von ihr bin.
und114Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
und das / weil Gott in groſſer Guͤte
Dem halberſtorbnen Vaterland /
Aus recht-mitleidendem Gemuͤhte.
gebohren ſeine Gnadenhand /
U nd ihm numehr geſaget zu /
Die viel gewuͤnſchte Friedensruh.
Druͤm lebet wol ihr liebſte Bruͤder /
Lebt wol ihr gute Preuſſen ihr /
Wer weiß auch ob ich ſehe wieder
Dich weit-beruͤhmten Pregel hier
Zu guter Nacht du liebes Vieh /
Sey wol geſegnet je uͤnd je.
Es bringet mir zwar groſſe Schmertzen
Das ich ſo hinterlaſſen muß /
So manche liebe teutſche Hertzen.
Was meinſt du wol / mein Tytirus?
Wie? wird dirs nicht zu Sinne gehn /
Wenn du mich nicht wirſt bey dir ſehn?
Jch meine ja. Doch ſey zu frieden /
Laß dieß Verhaͤngnuͤß alſo gehn /
Der Himmel der uns nun geſchieden /
Der wird auch laſſen dieß geſchehn /
Daß wir vielleicht in kurtzer Zeit /
uns wiederſehn in Froͤligkeit.
Eh aber ich von hinnen reiſe /
So hoͤret liebe Bruͤder zu /
Hoͤr zu eh ich aus dieſem Kreyſe /
Mein Sylvius du Teutſcher Du /
Was doch amtzo neues ſey /
Jn der Pruſſilſchen Schaͤferey.
Du115waͤldchens erſte Abtheilung.
Du kennſt ja jenen aͤdlen Huͤrten
Den hoch-geruͤhmten Filidor?
Den Foͤbus ſelbſt mit gruͤnen Myrten
Vor andern hat gebracht empor /
Der ſich befliſſen jederzeit
Der alten Teutſchen Redligkeit.
Der nicht das Gifft im Hertzen heget /
Und gleichwol Zukkerworte redt /
Wie leyder itzo mancher pfleget
Von dem mans nicht gemeinet hett
Ein ſolcher Geiſt iſt bey ihm nicht:
Der Mund des Heꝛtzẽs Meinung ſpꝛicht.
Weßwegen ich ihm ſo verbunden /
Daß ich aus unverfaͤlſchtem Sinn /
Jhm auffzuwarten alle Stunden /
Auch biß zum Tode willig bin.
So lang ich ſeh des Tages Schein /
Sol Filidor geruͤhmet ſeyn.
Den ſchoͤnſten Bokk wil ich verwetten /
Glaub mir / mein Bruder Sylvius /
Wenn wir gleich ſolche Zungen hetten
Wie jener groſſe Thovilus /
So weren wir mit allem Recht
Jhn gnug zu preiſen / doch zu ſchlecht.
Eskans ja niemand nicht verneinen /
Daß er des Stammes Ziehrligkeit;
Ein aͤdles Licht der lieben Seinen;
Ein Wohnhauß der Vollkommenheit;
Ein Beyſpiel wo man ſattſam ſpuͤhrt /
Was einen aͤdlen Schaͤfer ziehtt.
Als116Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Als ihn Apollo nur erblikket /
Hielt’er ihn bald fuͤr ſeinen Sohn:
Es haben ihn ſo aus geſchmuͤkket /
Die Muſen auff dem Helikon /
Daß ihn die Ehr auch ſelber liebt /
U nd beyzuſtehn / ihr Haͤndchen gibt.
Wie reich er ſonſten iſt von Gaben /
Die kaum bey Andern eintzeln ſeyn /
Noch dennoch muß den Vortrab haben /
Bey ihm der Demuht ſchoͤner Schein.
Des Adels Demuth iſt die Pracht /
Die aus den Menſchen Goͤtter macht.
Jſts nicht alſo ihr Schaͤferinnen /
Jhr werdets theils ja ſelbſt geſtehn /
Daß ihr ihn muſtet lieb gewinnen /
Wenn ihr den Filidor geſehn /
Bevoraus wenn er etwan ſang
Ein Liedchen in der Seiten klang.
Wie muß euch doch wol ſeyn zu muhte
Wenn ihr ihn zierlich tantzen ſeht:
Mir duͤnkt daß in dem zarten Blute
Bey euch ein heimlichs Feur entſteht.
An euren Augen kan mans ſehn /
Wenn ihr es gleich nicht wolt geſtehn.
Verzeihet mir ihr aͤdle Hertzen /
Daß ich euch itzo ſchamroht mach /
Es iſt ja nur mein ernſtlichs Schertzen /
Es iſt ja keine ſchlimme Sach
Jhr ſchoͤnes Volk ich ſag euch dieß /
Jch wils nicht mehr thun / glaubts
gewiß.
Nicht117waͤldchens erſte Abtheilung.
Nicht nur in den Prutenſchen Waͤldern
Jſt Filidor ſo hoch beliebt /
Nicht nur in dieſen ſchoͤnen Feldern
Da es ſo fette Weide giebt /
Nicht nur am aͤdlen Pregelſtrand
Jſt Filidor ſo wol bekandt.
Dort wo die groſſe Seine flieſſet /
Wird ſeiner ruͤhmlich nachgedacht:
Auch da wo ſich der Rhein ergieſſet /
Hats Filidor alſo gemacht /
Daß jene Huͤrten allezeit
Beklagen ſein Abweſenheit.
Als er nun ſeine guͤldne Jugend /
Mit aͤdler uͤbung aus geziehrt
Die Sinnen mit beliebter Tugend /
U nd Wiſſenſchafften angefuͤhrt /
Hat er ſich wieder her gewandt /
Hier in ſeiñ werthes Vaterland.
Nun hat es ſich ſo zu getragen
Daß er mit ſeinem Huͤrtenſtab
Jn nechſt verwichnen Sommertagen /
Sich einsmals in den Wald begab.
Da er die Schafe weiden hieß /
Und ſich im Schatten nieder ließ?
Wie? ſagt er ſol ich ſo vertreiben /
Die jungen Jahr in Einſamkeit?
Sol ich ſo lange ledig bleiben /
Sol ich ſo leben unbefreyt?
Nein / nein ich muß mich lenken hin /
Zu einer ſchoͤnen Schaͤferin.
Wie118Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Wie aber ſol ich ſolches machen /
Bey welchem Ende greiff ichs an?
Denn Freyen ſind nicht ſchlechte Sachen /
Wer bringt mich hin auf ſolche Bahn /
Allwo mein Hertz ein Hertzchen findt /
Das mich mit gleicher Liebe bindt?
Als er nun ſaß in den Gedanken /
Und dachte bald auff diß und daß /
Jn einem ſteten Wechſel-wauken /
Legt er ſich endlich in das Graß.
U nd fiel / als er entſchlaffen kaum
Jn einen lieb gewuͤnſchten Traum /
Jhm daucht in ſeinem ſanften Schlafe
Bey ſeiner honigſuͤſſen Ruh /
Als wenn durch ſeine Herde Schafe /
Kupido auff ihn gienge zu.
Kupido jener loſe Knecht /
U nd ihme dieſe Bottſchafft braͤcht:
Hoͤr auff mein Freund dich zu bedaͤnken /
Mein aͤdler Filidor halt inn /
Dein abgequaͤltes Hertz zukraͤnken /
Von wegen einer Schaͤferinn:
Der Himmel den du ſtets geliebt /
Dir ein vergnuͤglichs Mittel gibt.
Heut hab ich uͤber alles hoffen /
Mein Filidor nur dir zu gut /
Ein auſſerwehltes Hertz getroffen /
So ſchon in keuſcher Liebesgluth /
Wiewol zur Zeit noch heimlich / brennt.
Und ſchweigend ſich die Liebſte nennt /
Sie119waͤldchens erſte Abtheilung.
Sie iſt die Schoͤnſte faſt im Lande /
Bey dieſer gantzen Schaͤferey /
Sie iſt aus hoch geſproſſnem Stande /
Wer meineſt dn wol wer ſie ſey?
Nicht viel man ihres gleichen findt /
Minerva liebt ſie wie ihr Kind.
Sie hat der Tugend Bruſt geſogen /
Von ihrer kleinen Kindheit an /
Die Gottesfurcht hat ſie erzogen
Gegaͤngelt in der Ehrenbahn /
Viel ſchoͤne Kuͤnſte ſind ihꝛ Ruhm /
Die Froͤmmigkeit ihr eigenthum.
Dir hab ich ſie allein erkohren /
Sie / die dir gleich in allem iſt /
Jn der du dich faſt ſelbſt verlohren /
Jn der du dir recht aͤhnlich biſt.
Jch mache dich nun duppelt reich /
Du findeſt dich / und was dir gleich.
Und dieſer aͤdlen Schaͤferinnen /
Beliebten Nahmen wirſtu ſehn /
Wenn du dich nur wirſt recht beſinnen /
Jm fall du nur wirſt in dich gehn /
Bedenke nur die itzge Zeit /
So wirſtu haben gnug Beſcheid.
Hierauf Kupido ſein Gefieder
Hin in die klare Luͤffte ſchwang /
U nd Filidor erwachte wieder
Nach dem er einer Stunden lang /
Gelegen unter einem Baum /
Jn ſeinem ſuͤſſen Liebestraum:
Jn120Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Jn dem nun Filidor gedachte /
Was denn hierbey zu handlen wer
Des neu-gehabten Traumes lachte /
Sieh da ſo findt ſich ungefehr /
Ein aͤdele Zuſammenkunfft /
Aus der Prutener Schaͤferzunfft.
Sie ſagten ſaͤmtlich voller Freuden:
Kom lieber Bruder Filidor /
Laß deine Schaf alleine weiden /
Stell ihnen einen Knaben vor /
Der wachſam bey der Heerde bleib /
U nd wenn ſie fatt / nach Hauſe treib.
Wir aber wollen unterdeſſen /
Weil uns der Himmel ſelber winkt /
Der Sommerfreude nicht vergeſſen:
Schau Bruder wie die Sonne blinkt /
Schau wie doch / was wir ſehen / ſpielt /
Und ſonſt auff nichts als Freude ziehlt.
Nur dieſe Freud uns ſol behagen /
Die von den ſchnoͤden Luͤſten weit /
Worzu uns unſre Sinnen tragen /
Sol ſein vergoͤnte Froͤligkeit /
Wir wollen in gewuͤnſchter Ruh /
Den gantzen Abend bringen zu.
Wir wollen unſre Juliene /
Die weitberuͤhmte Schaͤferin /
Die auſſerwehlte[N]ymf die Schoͤne /
Die rechte Tugendkoͤmgin /
Nach unſrer Pflicht beſuchen gehn /
U nd ſaͤmtlich ihr zu Dienſten ſtehn.
Man121waͤldchens erſte Abtheilung
Man ſagt daß ſie von unſren Waͤldern
Amtzo gar nicht ferne ſey /
Daß ſie nun dort in jenen Feldern /
Bey der Kirſchneinſchen Schaͤferey /
Jm feiſten Klee und dikken Graſ
Jhr Wollen Viechen weiden laß.
Als Filidor nun hoͤrte nennen /
Den Nahmen dieſer Schaͤferin /
Fing er bald heimlich an zu brennen /
Und dacht in ſeinem Liebesſinn:
Huy / huy / ich bilde mir faſt ein /
Daß die wird meine Liebſte ſeyn.
Die Schaͤfrin heiſſet Juliene /
U nd Julius die Monatszeit
Was gilts ſie wird es ſein die Schoͤne
Die mir Kupido angedeut.
Dieß wars / was er allein gedacht /
U nd was er heimlich bey ſich lacht.
Drauf nahmen ſie die Huͤrtenſtaͤbe /
U nd giengen nach Nikrenſchen zu
Der Filidor ſagt: Wo ich lebe /
So wil ich heut in ſtoltzer Ruh /
Jm fall ihr mit mir ſtimmet ein /
Aus treuem Hertzen luſtig ſeyn.
Als ſie nun waren angekommen /
Jn Dikaſtarchens ſchoͤnes Feld
Hat man ſie freundlich aufgenommen
U nd ſonderbare Luſt beſtellt /
Ein ieder Schaͤfer war die Zeit /
Jn voller Hertzensfroͤligkeit.
FDie122Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Die Schaͤfrin wuſt ihr Liebesblikken
Mit einer keuſchen Heimligkeit /
Dem Filidoren zu zu ſchikken /
Deß er ſich denn im Hertzen freut /
Jhm gab ſie gnugſam zu verſtehn /
Daß er nur ſolte fuͤrder gehn.
Hierauf hat er ſich kurtz beſonnen:
Auff Filidor ſey nun ein man!
Ey friſch gewagt iſt halb gewonnen.
Sprich deine Liebſte ſelber an.
Weil ſie dein aͤdles Sinnenlicht /
Die Liebesbahn dir ſelber bricht.
Er offenbahrt ihr ſeine Schmertzen /
Die neuentſtandne Liebespein /
Die ihn ſo quaͤhlt in ſeinem Hertzen /
Die ihm drang zu der Seelen ein:
Er ſchwur daß er ſie hertzlich liebt.
U nd ſich allein uͤm ſie betruͤbt.
So wil ich euch hergegen ſchenken /
Sprach Juliene / meine Treu /
U nd eine Seele zu euch lenken /
Die taͤglichen ſol werden neu /
Jn keuſcher Lieb und rechter Pflicht
Die nimmermehr wird wanken nicht.
Ein Anzahl zukkerſuͤſſe Kuͤſſe /
Die machten ihren Liebesbund /
Doch in geheim / feſt und gewiſſe.
Was ihr gantz unverfaͤlſchter Mund /
Und die geſchlagne Hand gieng ein /
Da ſprach das Hertz das Amen drein.
Doch123Waͤldchens erſte Abtheilung.
Doch fragte ſie den beſten Rahter /
U nd ſagt ihm das Verbuͤndnuͤß an /
Dem hertzgeliebten Herꝛen Vater /
Was ſie mit Filidor gethan.
Auch Filidor ging zu ihm hin /
U nd offenbahrt ihm ſeinen Sinn.
Er als ein HERR von vielem Wiſſen /
Dikaſtarchus der groſſe Mann /
Jſt alſobald darauff befliſſen /
Wie man den Sachen rahten kan /
Er ſtellt dem Schaͤfer Filidor /
Sein Kind die Juliene vor.
Wie? ſprach er habt ihr euch verbunden /
Jn reiner Lieb und keuſcher Brunſt?
So bleibet auch von dieſen Stunden /
Jn einer ſteten Gegengunſt;
Was Gott und euer Hertze ſchikkt /
Das bleibe von mir unverruͤkkt.
Jch halt euch Filidor nicht minder /
Mein glaubt es mir / von numehr an /
Als wie mein eigne liebſte Kinder /
U nd daß weil ihr bleibt auff der Bahn /
Wo euer weltberuͤhmter Stamm
Den mehr als aͤdlen U hrſprung nahm.
Druͤm wuͤnſch ich euch zu allen Zeiten /
Was euch zu eurer Wolfahrr nuͤtzt /
Der Himmel woll euch ſtetz begleiten
Der euch vor allem U nfall ſchuͤtzt /
Lebt wol und gluͤklich ie und ie /
Mit eurer ſchoͤnen Heerde Vieh
F ijAls124Poetiſch und Muſikaliſches Luſt -
Als dieß die andern inne worden /
Kam ſolches ihnen ſeltzam vor /
Daß ſo geſchwind aus ihrem Orden
Der aͤdle Schaͤfer Filidor /
Mit ſeiner allerſchoͤnſten Braut /
Der Julienen anvertraut.
Sie rieffen freudig all zuſammen /
Geh / groſſes Vaters / groſſer Sohn /
Geh Filidor und theil die Flammen
Mit deiner aͤdlen Waͤlder kron:
Jhr aͤdles Paar ihr endet itzt /
Worauf Kupido ſich geſpitzt.
Vermehret euer Liebesfeur /
Welches in euch beyden angeſtekkt /
Der Himmel euer rechter Freyer /
Damit ein neues werd erwekkt /
Und daͤnkt was ihr Euch und der Zeit
Fuͤr groſſe Schuldner worden ſeyd.
Jch habe mir auch laſſen ſagen /
Daß ſie die Hochzeit angeſtellt /
Noch vor Verflieſſung zweyer Tagen /
Bey dieſer rauhen Hornungskaͤlt
Jn dieſer Stadt die Bergicht prangt
U nd Koͤnigstittel hat erlangt.
Schau Sylvius hier iſt zu ſehen /
Daß dieſes / was der Himmelsſchluß /
Einmal wil haben zu geſchehen /
Unhintertreiblich folgen muß.
Viel Freyſchafften geſchehen offt /
Wo mans am wenigſten gehofft.
Dieß125Waͤldchens erſte Abtheilung.
Dieß iſts was ich erzaͤhlen wollen /
Euch Bruͤdern noch vor meiner Reiſ
Und was ich nicht verſchweigen ſollen /
Auf was fuͤr unverhoffte Weiſ /
Herꝛ Filidor befreyet ſey
Jn der Nikreinſchen Schaͤferey.
Wuͤnſcht ihm von Hertzen Gluͤkk und Se -
Rufft ihm und ſeiner Liebſten zu: (gen /
Der Himmel laß euch allerwegen /
Begluͤkket ſein in Fried und Ruh;
Gott geb euch beyden allezeit /
Was euer Leib und Seel erfreut.
Sieben -126Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Siebenſtim miger Tantz / Nach der Polniſchen Ahrt.

1. Trompette oder Violin.

G. N.

[figure]

2. Trompette oder Violin.

[figure]
127waͤldchens erſte Abtheilung.

3. Trompette oder Violin.

[figure]

Alt-Poſaune.

[figure]

1. Tenor-Poſaune.

[figure]
128Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
[figure]

2. Tenor-Poſaune.

[figure]

Grundſtimme.

[figure]
129waͤldchens erſte Abtheilung.

Trippel / Oder: groſſer Tantz.

1. Trompette oder Violin.

[figure]

2. Trompette oder Violin.

[figure]
130Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

3. Trompete oder Violin.

[figure]

Alt-Poſaune.

[figure]
131waͤldchens erſte Abtheilung.

1. Tenor-Poſaune.

[figure]

2. Tenor-Poſaune,

[figure]
132Poet - uñ Muſik. Luſt waͤldchens erſte Abtheilung.

Grundſtimme.

[figure]
[133]

G. Neumarks Poetiſch - und Muſikaliſches Luſtwaldchens andere Abtheilung / Jn welcher enthalten gantze Ge - dichte / Hochzeits-Trauer - und Gluͤkwuͤndſchungs - Verſe.

134Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
An den Ehrenveſten und Rechtsge - lehrten Herrn Georg Neumarken / ſeinen ſon - ders guͤnſtiggeliebten Herrn uñ wehrten Freund als derſelbe ſein ſchoͤnes Muſikaliſches Luſtwaͤldchen dem Druk unterge - ben wolte / von M. Samuel Gerlachen ꝛc. geſendete ZIRKELREIME.
EWig Ruhm und Lob werdet Jhr davon noch
bringen /
Weil / Herr Neumark / Jhr alſo trefflich wol koͤnt ſingẽ /
Daß im deutſchen Ronden auch durchdringet Tahl und
Wald /
Ja gahr durch die Wolken uñ die Luͤfften ſelbſten ſchalt.
Solt es Menſchen nicht durch die Ohr - und Hertzen
dringen?
Wan jhr mit der Leyr doͤrft ſo uͤberhoch euch ſchwin -
gen /
Um den Lorberkrantz mit Apollo ſelber ringen:
(Der euch gerne weichet) ſo bleibt euch auch dergeſtalt
Ewig Ruhm und Lob.
Ey / ſo fahret fort / Werdt Jhr ſtetig ſo vermengen
Muſen und Muſik / ſo wird euch auch wol gelingen
Vor den Momusbruͤdern / und gedoppelt wol bezahlt
Euer Fleis und Muͤhe; wan auch ein-die Welt ſchon faͤlt /
Sag ich noch einmal / werdet dennoch Jhr erzwingen
Ewig Ruhm und Lob.
Trochai -135waͤldchens andere Abtheilung.

Trochaiſche Ringelverſe / eines betruͤbten Suͤnders. Auff die Worte: Mein Gott / mein Gott / waruͤm haſtu mich verlaſſen?

ACh mein Gott mein treuer Gott waruͤm haſtu mich
verlaſſen /
Mich verwirrt - verirrten Menſchen / mein ſehr
ſchwaches Fleiſch und Blut
Jrret klaͤglich hin und her / auff klippſchluͤpferigẽ Straſſen /
Fehlet doch des rechten Weges der uns das gerechte Gut
Zu dem Himmel zeigen ſoll; Dieſe Welt mit ihren Guͤnſtẽ
Lauffet uͤm mich her mit Lachen daß ſie meinen leichten
Sinn
Jns Verderben fuͤhren mag; mit den groß - gemachten
Duͤnſten
Der beſchminkten Eitelkeiten lokket mich die Falſche hin /
Dort auff jenen breiten Weg. Solcher vorgeſatzter maſſen /
Wo du nicht mein hoͤchſter Helffer / du O mein HErr
Jeſu Chriſt
Beſter Troſt / mit deinem Geiſt / hier auff dieſer Lebens -
ſtraſſen
Mich Verfuͤhreten begleiteſt / und ſo mein Gefehrde biſt
Ach ſo iſt es mit mir auß! Jch verbleib im Suͤndenſtege
Mein betruͤbtes Fleiſch das irret biß zum hellſchen Tar -
tarus.
Daruͤm fuͤhre du mich nur auß dem falſchen Fehlerwege /
Daß ich dein verirter Pilgram ſtets nach dir nicht ſeuff -
tzẽn muß:
Ach mein Gott / mein treuer Gott waruͤm haſtu mich ver -
laſſen?
G ijAls136Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Als es am H. Oſtertage faſt unauffhoͤr - lich regnete.

BEtruͤbter Himmel ſag was du doch damit meineſt /
Daß du ſo mildiglich an dieſem Feſte weineſt?
Daß auch dein Foͤbus ſelbſt ein graugewoͤlktes Kleid
Um ſich gehuͤllet hat vor groſſer Traurigkeit?
Dann iſt die Noht erſt groß wenn Goͤtter trauren muͤſſen!
Wie ietzt dein Foͤbus thut. Druͤm laß es mich doch wiſſen
Was dein Betruͤbnuͤß ſey. Es ſteht ja alle Welt
Jn voller Froͤligkeit / weil Chriſtus unſer Held
Aus ſeinem finſtern Grab iſt wieder aufferſtanden /
Und alſo auffgeloͤſt des Todes Todtenbanden;
Heut hat Er uns geſchenkt Ergetzligkeit fuͤr Noht;
Fuͤr Schrekken Freud und Troſt / das Leben fuͤr den Tod;
Er hat uns Sterblichen die hohen Himmelsthuͤren
Eroͤffnet Angelweit wodurch Er uns wil fuͤhren
Jn ſein ererbtes Reich. Und heut iſt dieß geſchehn.
Wer wolte denn wie du in ſolchem Leide ſtehn?
Doch halt! ich weiß woher die milden Thraͤnen rinnen /
Die du ſo heuffig weinſt. Vielleicht weil wir nicht koͤnnen /
(Doch was nicht koͤnnen! ja / wir wollen leider nicht)
Mit Dank erkennen das / was unſer Seelenliecht
Der groſſe Siegesfuͤrſt uns dieſen Tag erwieſen /
Wofuͤr Er billich ſolt im Hertzen ſeyn geprieſen /
Weil ſag ich mancher mehr an dieſer Oſterzeit /
Auff ſchnoͤde Luft bedacht als auff die Seligkeit.
Druͤm iſt kein Wunder nicht / weil wir ja ſo verblendet /
Und hart verſtokket ſind / daß die Natur ſich wendet
Daß ſich der Himmel ſelbſt hieruͤber ſo entſetzt /
Und die verboſte Welt mit vielen Zaͤhren netzt.
An Herrn Michael Weiſſen / Pfarrherrn zu S. Katharinen in Dantzig / ſeinen hoch - und hertzgeliebten Freund / auff deſſen ſchoͤ - nes Chriſtlich hiſtoriſches Werkchen / die Sionitiſche Wallfahrt genant.
Weg137waͤldchens andere Abtheilung.
WEg eitler Amadiß / und ihr dergleichen Schrifften
Die ihr ein keuſches Hertz pflegt heimlich zu vergifftẽ /
Mit eurer Liebligkeit / weg fchnoͤde Schreibersahrt /
Die / wenn man ſie nur lieſt / ein reines Hertze pahrt
Mit geiler Liebesluſt / die zwar den Sinn ergetzet /
Doch ſolchen gleich wol auch in leichte Wolluſt ſetzet.
Weg bittrer Honigſeim! weg außgeſchminkter Wuſt!
Weg ſtilles Schlangengifft! weg Lokkaaß boͤſer Luſt!
Kommt hieher / wer ihr ſeit / ihr Gottergebne Sinnen /
Die ihr bißweilen wol begehret zu gewinnen
Ein rechtes Zeitvertreib / hier / hier habt ihr ein Werk /
Welchs Sinn und Seel ergetzt / ein Werk von groſſer
Staͤrk /
Und unvermerkter Krafft; Ein Buch in dem ihr findet
Das heilge Himmelsfeur ſo euren Geiſt entzuͤndet
Jn reiner Gotteslieb; Hier iſt Ergetzligkeit /
Hier geht mit Nutzen weg die langverdroſne Zeit.
Hier findet ihr nach Luſt verliebte ſchoͤne Sachen /
Die euer keuſches Hertz in Gott verliebet machen /
Und nicht in dieſe Welt. Was lob ich aber viel?
Der Seelen Seligkeit iſt dieſes Buches Ziehl.

Aneben denſebigen.

[JCh] hab Hertzwerther Freund das Werkchen durchge -
leſen /
Das Himmelsvolle Buch! das wunderſchoͤne Weſen.
Und ſage dieß davon / daß mich es wol erquikkt /
Daß mir es meinen Geiſt im Leſen gantz entzuͤkt.
Es iſt ein ſolches Werk da Kunſt und Himmelsflammen /
Da tieffer Wortverſtand verbruͤdert ſtehn beyſammen.
Es wil und muß nicht nur zur Luſt geleſen ſeyn /
Wie manches andre Buch; es dringt zum Hertzen ein;
Erhitzt den kalten Sinn den hoͤchſten Gott zu lieben.
Und reitzet ware Luſt das Chriſtenthum zu uͤben.
Diß iſt ſein theurer Nutz. Druͤm ſchweig Heliodor /
Schweig Sidney / Pona ſchweig hier geht euch einer
vor /
G iijJn138Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Jn eurer Schreibensahrt. Hier habt ihr euren Meiſter /
Jhr aͤdles Schreibervolk / ihr tieffgeſinnten Geiſter.
Jhr kuͤrtzet zwar mit Luſt die lange Tageszeit /
Hier aber iſt der Nutz bey ſchoͤner Liebligkeit.
Fahrt fort geehrter Herr / mit ſolchen werthen Sachen
Die Hertz / Sinn und Gemuͤht als wie verzuͤkket machen /
Und laſt das ſchoͤne Werk einſt kommen an den Tag /
Damit der Menſch die Zeit mit Nutz vertreiben mag.
An Herrn Jakob Meyermann / beruͤhmten Handelsmann in Thorn / Seinem gewe - ſenen Herrn Diſchwirthe / bey Uber - ſendung eines wolgebundenen Lobwaſſers.
DOrt jener Friedensheld / der Roͤmer frommer Keiſer
Der loͤblich Antonin / der Helden Tugendweiſer /
Des Himmels liebe Luſt war offt dahin bedacht
Wie Er durch viel Geſchenk ihm gute Freunde macht /
Und braͤchte ſie zur Gunſt; ietzt daͤnk ich auch dergleichen /
Wie ich mein Freundes Hertz euch ſatſam uͤberreichen
Und offenbaren ſoll. Herr Meyrmann | werther Frund,
Den mein unfalſches Hertz recht / treu und redlich meint.
Wol! es iſt ſchon bedacht. Nehmt dieß von meinen Haͤndẽ /
Mit dem ich unverfaͤlſcht Euch wil mein Hertz verpfaͤnden /
Und meine Schuͤldigkeit. Ein treuer Freund der liebt /
Was ihm ſein Gegenfreund aus treuem Hertzen giebt.
Zwar ich bekenn es gern daß dieſes Buch geringe /
Nach euſſerlichem Wehrt / doch zeigt es ſolche Dinge
Die theur und koſtbar ſind: Wir finden da den Weg /
Zum rechten Chriſtenthum / der rechte Himmelsſteg
Jſt auch darinn gebaant / die ſchoͤne Melodeyen /
Sind ſo geſetzt / daß ſie Sinn / Hertz und Seel erfreuen.
Wolan / ſo nehmt es an / und lernet dieſe zwey:
Baut euer Chriſtenthum / und daͤnket
mein dabey.
Huͤr -139waͤldchens andere Abtheilung.

Huͤrtengedicht von dem hochaͤdlen Schaͤfer Wyr - tillus und der holdſeligen Schaͤferinn Eufro - ſillen. Auff den Hochzeitlichen Ehrentag des Hochaͤdelgebohrnen Herrn Achatz Bork / und der hochaͤdlen und fuͤrtrefflichen Jungfer Eufroſina von Schlie - ben / gehalten in Wandlakk im 1649ſten Jahre den 14. Wintermonatstag.

HOchaͤdler Herr / etc.

Daß / auff dero Hochzeitlichem Ehrentage meine gegeñ - wertige Thalia mit dieſem ſchlechten Paſtoral oder Huͤr - tengedichtchen / welches ſie zwar gerne auff eine ſonderliche Ahrt / mit | lebendigen Perſonen auff einem Schauplatze vorgeſtellet / wegen Zeitkuͤrtze aber / vor dieſesmal nicht ge - ſchehen koͤnnen / vor dero hochadeliche Tafel / ſag ich / zu tre - ten ſich unterſtehet / koͤnte man ſolches ihr leichtlich vor eine verwegene Kuͤhnheit und kuͤhne Verwegenheit zu rechnen. Jn Betrachtung vielleicht andere tieffſinnige Geiſter / ſo ſchon allbereits ſich dieſer Sterbligkeit entriſſen / und der E - wigkeit / vermittelſt ihren ſchoͤnen Schrifften / ſich loͤblich ein - verleibet / ſein moͤchten / durch welche meine teutſchgeſinnete und redliche Thalia / als die ihnen an praͤchtiger Bekleidung oder an zierlicher Redensahrt nicht gleich / koͤnte ſchamroht gemachet werden. Doch hat ſie / in angemerkter Gunſt / ſoG iiijvon140Poetiſch - und Muſikaliſches-Luſt -von ihrer Herl. mit hoher Freundſchafft auff ſie bißher ge - ſtrahlet / alle Furcht aus den Augen geſetzt / und dieſes zu verlaͤſſige Vertrauen geſchoͤpffet / es werde von Jhr. Herl. und von andern hochadelichen Hertzen / Jhr auch eine Stelle der Gewogenheit / bey und neben andern guͤnſtig ertheilet / und gegenwertiges Paſtoralchen / welches in fliehender Eyl auffgeſetzt / und in ſeiner Erfindung wegen der kurtzen Zeit nicht vollkommen hat außgearbeitet werden koͤnnen / mit ei nem ſolchen Gemuͤhte / durch welches ſie ſolches uͤberreichet / auff und angenommen werden. Vor dieſe gewuͤnſchte Gunſt / wird ſie nach dienſt verliebtem / und wilfertigem Hand - kuſſe / den ſie in tieffer Demuht wil abgeleget haben / nichts anders begehren / als in beharlicher Freundſchafft einge - ſchloſſen zu ſeyn / und dero ſaͤmtlichen hochadelichen Gaͤ - ſten Gewogenheit zu genieſſen. Jch aber / nechſt hertzli - chem Wundſche aller gedeylichen Wolfahrt / und des gnaͤ - digen Himmels uͤberfluͤſſigen Segens / zu dem neu ange fangenem Ehrenſtande / bekeñe mit meiner Thalia daß mein hoͤchſtes Vergnuͤgen hierinnen beſtehe / ſo wol ins kuͤnfftige / als anietzo genennet zu werden

Dero hochadel. Herrl. williger G. N.

Amfibrachiſcher Anſatz an ſei - nen Neumark.
MEin T H Y R S J S / du laͤſſeſt M Y R T J L L E N zu
Ehren /
Dem aͤdelen Schaͤfer dein Seitenſpiel hoͤren /
Du ſingeſt ſein Haſſen / du ſingeſt ſein Lieben
Sein Hertzenserfreuen und Seelen betruͤben:
Er haſſet verfluchet und ſcheuet die Seelen
So ihnen zur Liebe den Wankelmuht wehlen;
Die aͤdele Seel E V F R O S J L L E N zu lieben
Dis ſtehet M Y R T J L L E N im Hertzen geſchrieben.
Halt deine T H A L J A mein T H Y R S J S im Hertzen /
Dane -141waͤldchens andere Abtheilung.
Daneben der Keuſchheit hochruͤhmliches Schertzen /
Sie lohnen dir wieder des Momus ſein goͤnnen.
Und S Y L V J V S bleibet in Warheit zu nennen:

Dein treueſter S. Saß.

VErreden tauget nichts. Jch hett es laſſen bleiben
Mein kleines Dichterwerk / und ſchlechtes Verſe -
ſchreibeu /
Ja auch faſt gar verre dt. Und das / weil dieſer Zeit /
Wenn ein auffrichtigs Hertz vol teutſcher Redligkeit /
Ein gut gemeinter Sinn / bißweilen etwas ſetzet /
Obs gleich auch lobens wehrt / vor nichtes wird geſchetzet
Auß lautrem Haß und Neid; weil / ſag ich / mancher Mañ
Der ſonſt die aͤdle Kunſt befoͤrdern ſol und kan /
So falſchpolitiſch iſt / daß deſſen Woͤrter flieſſen
Gleich einem Nektarſtrohm / in dem er zu verſuͤſſen
Und zu verzukkern weiß / die bittre Hertzensgall
Vom Pluto ſelbſt ererbt. Ein ſolcher bringt zu Fall
Offt den / ders nicht gemeint; das ſind noch gute Schwenke!
Bildt er ihm groͤblich ein / und außgeuͤbte Renke /
Damit et manchem hat ein Badchen zugericht.
Oho man merkt es wol! man iſt ſo alber nicht
Wie man es wol gedaͤnkt / man iſt auch etwas witzig
Vor ſolcher Heucheley / ob ſchon nicht allzu ſpitzig.
Dieß wer allein genug / daß mancher wuͤrd erregt /
Daß er von dieſer Kunſt die Feder nieder legt
Und lteſſe davon ab. Doch Nein. Laß Scylla bellen;
Laß ſtuͤrmen Eolus; Neptun ergieß die Wellen
Jn deinem Helleſpont / bald tief bald Wolken auff /
Der aͤdle Kafareus gibt doch nicht So viel drauf;
Er wird wol etwas naß / doch nichtes nicht beweget
Durch deine Wuͤterey / wenn ſich dein Grimm geleget /
Dann ſteht er wie ein Held / ſo praͤchtig wie zuvor /
Und hebt ſein tapfres Heupt trotz deinem Grimm
empor;
So iſt es auch bewandt mit ſolchen aͤdlen Sinnen /
Die ſchon erhoben ſind / biß an Olympus Zinnen.
G vUnd142Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Und auch viel hoͤher noch / vermittelſt ihrer Kunſt
Die / ſag ich / achten nicht der Neyder blauen Dunſt
Und außgeſpeytes Gift. Wolan ich bin geſonnen /
(Wiewols verſchworen faſt) der ich noch nicht gewonnen
Das Lob der Poeſie wie andre ſchon erlangt /
Wie andre derer Haar von Daffnerslaube prangt /
Zuſchreiben die Geſchicht vom aͤdelen Myrtillen /
Und ſeiner Schaͤferin der ſchoͤnen Eufroſillen /
Wie Er ſo ſchmertzlich ſehr in Sie verliebet ſey /
Und endlich Sie in ihn mit felſenfeſter Treu.
ES war ſchon uͤm die Zeit / wenn kalt und ſtuͤrmig
wettert
Der ſtrenge Boreas / wenn alle Beum entblaͤttert
Faſt Krafft - und Safftloß ſtehn! wenns ſag ich / durch
die Kaͤlt
Orion bringt dahin / daß bald ein Regen faͤllt
Bald wieder Schlakk und Schnee / als am Paſſargerſtrande
Bey jenem reichen Strohm / hier im Prutener Lande /
Myrtillus ſeine Schaf auff Heiden weiden ließ /
Myrtillus den ſein Leid von Hertzen klagen hieß.
Sein Augen waren voll von blaſſen Thraͤnenquellen /
Die Wangen waren gleich des Todes Mitgeſellen /
Er ſeufftzet immer fort / er ſchriehe Weh und Ach /
Auf ſeine Hertzensangſt / auf ſein groß Ungemach
So ihm tag. taͤglich wuchs / in ſeinen aͤdlen Sinnen /
Wenn er nur angedacht an ſeine Schaͤferinne
Die ſchoͤneſt Eufroſill. Ach / ſprach er / Hertzeleid!
Ach! ach / und aber ach! wo iſt doch jene Zeit
Da ich mit rechter Luſt in goͤldner Freyheit lebte?
Da ich gantz Liebe loß wie bey den Engeln ſchwebte?
Wo biſtu theurer Schatz wo biſtu Freyheit hin /
Die du wol ehmals haſt bewohnet meinen Sinn?
Auf / auf Nord-Ooſten Windyerhebe dich aus Norden /
Bring meine Seuͤfftzer hin zu jenem Schaͤfer-orden /
Zu jener aͤdlen Zunfft / bey jener ſchoͤnen Stadt /
Die Schaͤfer Romulus nach ihm genennet hat.
Sag der Geſelſchafft an dort im Latinerlande /
Bey denen ich mein Herd am feiſten Tiberſtrande
Getrie -143waͤldchens andere Abtheilung.
Getrieben auff und ab; Myrtillus ſey verliebt
Der Freyheit gantz entſetzt / und hertzlichen betruͤbt;
Auf / auff Suͤd-Ooſt von Ooſt mit deinem ſchnellen Wehẽ /
Eyl nach dem Themſenfluß und mach daſelſt verſtehen
Die liebe Bruͤderſchafft / daß es uͤm mich geſchehn /
Daß ich nicht mehr Myrtill den ſie zuvor geſehn;
Kehr dich recht Suͤdenwerts in die Pariſer Felder /
Auch in mein liebes Genfund deſſen ſchoͤne Waͤlder /
Da ich ſo manchesmal vor dem in ſtoltzer Ruh
Mein Vieh geweidet hab. Ach! was doch bin ich nu?
Jch bin faſt nicht mein ſelbſt / ich weiß nicht was ich mache /
Ja / ja ich geh / ich ſteh / ich fitz / ich ſchlaff / ich wache /
So bin ich doch betruͤbt; Die traurig Einſamkeit
Such ich bey Tag und Nacht / womit ich meine Zeit
Mit ſeufftzen bringe zu: mein Hertze wird benaget (plaget
Von mancher Sorg uñ Furcht; die ſchwartze Schwermut
Uñ ſchwaͤchet mein Gehirn; bald werd ich da beſchweret
Von mancher Noht uñ Angſt; bald werd ich hie verzehꝛet
Von eitler Eyferſucht; die traurige Gedanken
Die ſteigen hin und her / durch ſtetigs Wechſel-wanken.
Und ſolches dieß mein Leid iſt keinem ſo bekant /
Als Vaterland dir dir / du liebes Oberland.
Wie offtmals hab ich doch faſt meiner ſebſt vergeſſen;
Wie offtmals bin ich doch bey meinem Vieh geſeſſen /
Und mir ein Grab gewuͤndſcht; mein groſſer Uberdruß
Hat offtmals nachgehallt bey dem Paſſarger Fluß
Jn dieſer Wildnuͤß hier / ſo / daß auch mit mir armen
Der ſtumme Baum und Puſch gehabet ein Erbarmen -
Und alles dieſes Leid und hertzliches Beſchwehr
Ruͤhrt eintzig und allein von Eufroſillen her.
Doch ſolte dieſe Qual mich nicht ſo ſehr betruͤben
Wenn mich das liebe Kind nur hertzlich wolte lieben /
Wenn ſie nur moͤchte ſehn in treuer Hertzensgunſt
Wie groß mein Liebesleid / und meine heiſſe Brunſt /
Das angelegte Feur / ſo uͤber ſich zuſammen
Jn meinem Hertzen ſchlaͤgt mit vollen Flatterflammen.
Wenn / ſag ich / dieſes wer / alsdenn wolt ich mein Leid /
Verſenken tief hinab in die Vergeſſenheit.
G viAch!144Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Ach! aber es verfaͤngt bey ihr gleich wie im Mertzen / (tzen /
Der feuchte Schnee zergeht / durch Krafft der Him̃elsker -
Jhr Sinn ſteht Klippenfeſt an dem der Thraͤnenfluht /
Noch meiner Seufftzer Wind nicht ein Bewegnuͤß thut.
Druͤm helfft ihr Goͤtter ihr / die ihr das Hertz regieret
Des Menſchen wie ihr wollt / und deſſen Sinne fuͤhret
Wohin ihr nur begehrt / ach lenket ihren Sinn /
Daß ſie erkennen mag / wie ich ihr Diener bin.
So klagete Myrtill / daß er vor heiſſen Thraͤnen /
Und vielen Seufftzen kaum noch kunt ein Wort erwehnen /
Er nam den Grabepfriem und ſeinen Huͤrtenſtab /
Gieng in den Wald hinein / bald auff bald wieder ab /
Biß er gefunden hat die ſchoͤnſten Erlenbeume /
Die glatter Schaalen ſind / in die Er dieſe Reyme
Mit ſeinem Pfriemen grub:
GEht ihr Schaͤfer dieſer Waͤlder /
U nd ihr Nymfen dieſer Felder /
Sagt der Eufroſillen an /
Sagt der ſchoͤnſten Eufroſillen /
Daß es ſchlecht ſey uͤm Myrtillen /
Daß es faſt uͤm ihn gethan.
Sagt er lieg in letzten Zuͤgen /
Sagt daß ihm das Mark verſigen /
Und ſein Blut verdorren wil /
Daß die heiſſen Liebesflammen /
Schlagen uͤber ihm zuſammen /
Sagts / bitt ich / der Eufroſill.
Dieſes koͤnnt ihr hoch beſchweren /
D er ſchwimm in ſeinen Zaͤhren /
U nd doch brenne lichter-loh.
Geht ihr Schaͤfer dieſer Waͤlder /
U nd ihr Nymfen dieſer Felder /
Sagt daß ſichs verhaͤlt alſo.
Sagt145waͤldchens andere Abtheilung.
Sagt wo ſie ſich nicht bedaͤnken /
Und ihn ferner ſo wird kraͤnken /
Daß mit groſſem Uberdruß /
Er von heiſſen Liebesgluhten /
Oder von den Meeresfluhten
Seiner Thraͤnen ſterben muß.
als dieſes war geſchehn /
Wars eben uͤm die Zeit wenn Titan von uns gehn
Und ſich verbergen wil / hergegen wenn die Sterne
Dem Fuͤhrer Heſperus / in groſſer Zahl von ferne
Wie Diener folgen nach / daß ſie mit Dienſtbarkeit /
Als ihrer Koͤnigin Latonen ſtehn bereit
Und warten gleichſam auf / daruͤm denn unſer Schaͤfer
Der wegen ſeiner Angſt / gleich einem matten Schlaͤfer
Zu ſeiner Heerde kehrt und ſie nach Hauſe trieb
Jn die bezeunte Staͤll / auf daß ſie ſicher blieb
Und frey vor grimmer Kaͤlt. Jn dem er aber jagte
Sein Vieh nach Hauſe zu / in dem ihn / ſag ich / plagte
Sein bittres Hertzeleid ſang er mit ſchwacher Stimm
Und eingemiſchtem Seuftzen
Dieß Klagelied:
HVio -146Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Geigenſtimme. G. N.

[figure]
Sing -147waͤldchens andere Abtheilung.

Singſtimme.

[figure]
H ijGrund -148Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Grundſtimme.

[figure]
Mein149waͤldchens andere Abtheilung.
1.
MEin Augen allzeit von ſich gieſſen /
Des bittren Leidens herben Bach /
Die Wangen ſtets mit Thraͤnen flieſſen /
Der Mund ſeufftzt allzeit weh und ach.
Mein mattes Hertz ſich ſchmertzlich kraͤnkt /
Wenn es O Schikkung an dich daͤnkt.
2.
Beweinet doch mein groſſes Leiden /
Jhr Schaf O liebe Herde du /
Beklaget meine Noht ihr Haiden /
Und du / du ſtille Felderruh /
Weil meine Goͤtlin Eufroſill /
Mich armen gar nicht lieben wil.
3.
Gleubts nur im Fall ihrs koͤnnt verſtehen /
Jhr ſtumme Beum all ingeſamt /
Der Angſt muß eure Zahl nachgehen /
Jn die ich ſchmertzlich bin verdammt /
Viel mehr ſind Ahrten meiner Pein /
Als Tropfen in den Seen ſeyn.
4.
Ach geht erweichet doch das Hertze
Der Jenen / die wie Felſen ſteht /
Gantz unbewegt von meinem Schmertze /
Ach geht ihr meine Thraͤnen geht /
Jhr Seuftzer fliegt und ſagts ihr an /
Daß es faſt ſey uͤm mich gethan.
H iijSoll150Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
5.
Soll ich nicht ihre Gunſt erwerben /
So meldet ihr an meinen Tod /
U nd daß ich denn wil gerne ſterben /
Damit ich ende meine Noht.
Jhr Seufftzer reiſet ihr uͤmſonſt /
So iſt vergebens alle Kunſt.
Zu Ende dieſes Lieds iſt er nach Hauſe kommen /
Und weil es ziemlich ſpaͤht / hat er ſich bald entnommen
Der lieben Bruͤderſchafft / der aͤdlen Schaͤferey /
Hin in ſein Kabinet / allwo er mancherley
Bey ſich gegrillet hat / biß er ſich endlich nieder
Zur ſanfften Ruh gelegt / damit die matten Glieder
Sich wieder labeten / ja aber allermeiſt
Sein ſeufftzenvolles Hertz / und abgequaͤlter Geiſt.
WEn denn getreue Lieb iſt iederzeit belohnet
Jm Fall ſie Tugendhafft / wenn / ſag ich / ſie bewohnet
Ein reines keuſches Hertz / ſo nicht iſt angeſtekkt
Mit falſcher Heucheley noch geuer Luſt veſte[kkt],
Wie mancher boͤſe Menſch / Der nur aus leichten Sinnen
Daͤnkt Tag und Nacht darauff wie er moͤgt abgewinnen
Die koͤſtlich Ehrenblum; Er geht / er leufft er rennt;
Er plaudert ihr viel vor / ſich ihren Sclaven nennt;
Er kan mit kaumer Noht die Augen von ihr kehren
Wenn uͤber Tiſch er ſitzt; Er weiß ihr vorzuſchweren
Bey feiner armen Seel; Er ſchreyet weh und ach;
Er ſeufftzet uͤberlaut / daß ihm ſein Ungemach
Das Hertze brechen wil; Bald nennt er ſie ſein Laͤmchen /
Sein Popchen / Augentroſt! ſein allerliebſtes Schwaͤmchẽ /
Sein allerſchoͤnſtes Hertz / ſein Urſach aller Luſt /
Und was der Poſſen mehr / ſo mir noch unbewuſt /
Begehr es auch gar nicht zu faſſen in Gedanken.
Es ſchreitet mancher auch wol gar aus ſeinen Schranken
Darein ihn Gott verſetzt; Er darff ſich unterſtehn
Faſt wie gewiſſenloß / an ſolchen Ohrt zu gehn
Wo151waͤldchens andere Abtheilung.
Wo ihm nicht hin gebuͤhrt; Er iſſet lieber Speiſe
Die friſch gekochet iſt / nach ſeiner oͤfftern Weiſe
Jn ſeines Nachbarn Hauß / als auffgewaͤrmten Kohl
Daheim. Es iſt auch recht. Denn fremdes Brod
ſchmekkt wol.
Wer wolte doch wol ſein ein ſolcher groſſer Gekke /
(Gedaͤnket er bey ſich) der nicht viel lieber Wekke /
Und ſchoͤne ſuͤſſe Milch genoͤſſe / wenn ers hat /
Als ſauer Bier und Brod von dem er muͤd und ſatt.
So treibt mans in der Welt / ſo wird die aͤdle Tugend
Faſt gar hindan geſetzt / ſo wird die zarte Jugend
So liederlich verderbt / und jaͤmmerlich verkuͤrtzt
An ihrer Lebenszeit / ja auch wol gar geſturtzt
Jn heiſſes Leid und Angſt. Ach was fuͤr bittre Schmertzen
Fuͤhlt mancher nachmals doch / wenn er in ſeinem Hertzen
Die geile Liebesluſt; den lebendigen Tod;
Das zukkerſuͤſſe Gift; den Urſprung vieler Noht /
Dem er ſo nachgeſtrebt mit brennendem Gemuͤhte /
Dem er ſo nachgerennt mit eyfrigem Gebluͤhte /
Mit ſpaͤter Reu erwegt. Doch / man iſt Fryger Ahrt.
Nach Schaden wird man klug. Wenn man noch auff
der Fahrt
Jn voller Wolluſt iſt / ſo wil man nicht gedaͤnken
Wo’s endlich wil hinauß / und wo ſich hin wil lenken
Die dolle Narrenlieb. O welch ein Unterſcheid
Jſt zwiſchen dieſer nun / als die ſich iederzeit
Jm tieffen Suͤndenkoht gleich einem Schweine wuͤhlet /
Und jener keuſchen Brunſt / ſo niemals kuͤnfftig fuͤhlet
Was Hertz und Seele kraͤnkt; die / ſag ich / nur allein
Jn reiner Luſt beſteht; die auſſer allem Schein
Und falſchem Heucheln iſt; die ihren Urſprung nimmet
Von einem ſolchen Feur / das nur von Tugend glimmet
Und treuer Redligteit; Die allzeit ſich ergetzt
Mit dem was Erbar iſt; die ihren Fuß geſetzt /
Auf einen ſolchen Grund / den Gott hat ſelbſt geleget;
Auf einen ſolchen Grund / der niemals wird beweget
Von ungezaͤhmter Luſt; Kurtz / welcher Ehrenſinn
Alleine nur auff Gott und Keuſchheit ziehlet hin.
G iiijVer152Poetiſch und Muſikaliſches-Luſt
Vermittelſt dieſer Brunſt / vermittelſt dieſer Liebe
Die zugelaſſen iſt / und ihrem Angetriebe /
War unſer Schaͤfer auch Myrtillus ſehr betruͤbt /
Der aͤdele Myrtill / daher war er verliebt /
Jn ſeine Schaͤferin / die ſeine liebſte Sonne /
Sein allerliebſtes Hertz / ſein einge Freud und Wonne /
Die ſchoͤneſt Eufroſill / die ſonder Heuchelen
Ein rechter Außzug iſt aus vielen tauſenden.
Wenn denn getreue Lieb iſt iederzeit belohnet
Jm fall ſie Tugendhafft! wenn / ſag ich / ſie bewohnet
Ein reines keuſches Hertz ſo nicht iſt angeſtekkt
Mit falſcher Heucheley und geiler Luſt beflekkt /
(Wie oben ſchon gedacht) als iſt Myrtillens Leiden
Auch wunderlich verkehrt in hochgewuͤnſchte Freuden.
Jn dem der Goͤtter Gunſt / durch Amors ſcharffen Witz
Es nun ſo weit gebracht / daß lauter Liebeshitz /
Und keuſche Flammen fuͤhlt die Schaͤfrinn Eufroſille!
Die vormals lauter Eyß / ja derer harter Wille
Zuvor wie Klippenfeſt war zu erweichen nicht.
Es ſol ſeyn ſo geſchehn / wie man mich hat bericht:
JN dem Myrtillus nun ſein Leid ſo oſſt beklagte /
Sein Leiden welches ihm das Hertz im Leibe plagte;
Nach dem er hin und her / in ſeinen Waͤldern lieff
Mit abgeſchwaͤchter Stimm uͤm Huͤlff und Beyſtand
rief
Damit die Goͤtter doch / nur moͤchten ein Erbarmen
Empfinden uͤber ihm dem hochbetruͤbten Armen /
Damit ſein Eufroſill der Uhrſprung ſeiner Pein /
Einſt moͤchte wiederuͤm in ihn verliebet ſeyn;
Da hat das oͤfftre Leid ſo unſer Schaͤfer fuͤhret /
Dem Heldengotte Mars das tapfre Hertz geruͤhret /
Daß er auch alſo bald / ſich auff die Reiſe macht
Auff unſern Helikon / allwo in ſchoͤner Pracht
Der Printze Foͤbus wohnt / der ihm entgegen kommen
Mit der geneundten Schaar / nach dem nun aufgenommẽ
Der groſſe liebe Gaſt / demnach ihm angethan
Viel Ehrerbietungen / fieng Mars zu reden an.
Wie153waͤldchens andere Abtheilung.
WJe / mein Herr Bruder / das? Wie ſollen wirs verſte -
hen /
Daß unſer treuer Freund Myrtillus ſo muß gehen
Faſt Hertz - und Lebensloß? Soll er mit Spott und
Hohn /
So ſchimpflich ſoyn belegt? Soll dieſes ſeyn der Lohn
Fuͤr ſeinen groſſen Fleiß / den er uns ſtets zu eigen
Auff unſern Dienſt gewand? (Von meinen wil ich ſchwei -
gen.)
Hoͤrt nur / wie manche Zeit / wie manche liebe Nacht
Hat Euch zu dienen Er faſt ſchlaffloß hingebracht;
Wie offt hat er ſein Vieh allhie bey euch geweidet /
Zytherons Voͤllerey und deſſen Luſt gemeidet /
Um euch zu Willen nur / wenn ihr es recht bedaͤnkt;
Wie offt hat er die Heerd / und auch ſich ſelbſt getraͤnk
Aus eurem Bronnen hier / den Pegaſus gegraben /
Da doch weit herrlicher / ihn haͤtte koͤnnen laben
Zu Hauſ ein guter Wein; Das wolluͤſtige Feld
So dort in Zyprus liegt / da faſt die gantze Welt
Begierig hingedaͤnkt / hat er auch laſſen bleiben /
Hat lieber ſeine Schaf auff eure Wieſen treiben
Und laſſen weiden da / nur daß er ſey bereit /
Mein Bruder / euch allein mit freyer Dienſtbarkeit.
Wie er hernachmals mir mit ſchoͤnem Waffenfuͤhren /
Und andrer Hurtigkeit / ſo einen Menſchen ziehren /
So treu gedienet hat / kan iederman wol ſehn
Wenn er ſich nur beweiſt. Jch muß es gern geſtehn /
(Mein Foͤbus glaub es mir) daß ich ihm bin zu willen
Womit ich immer kan / und das / weil zu erfuͤllen /
Was mein Begehren iſt / ja was er an mir ſieht
Das mir nur angenehm Er hoͤchlich ſich bemuͤht.
Wie geht denn dieß nun zu / daß er ſich ſo muß plagen?
So irren hin und her? Daß er ſo ſchmertzlich klagen
Und ſich ſo kraͤnken muß? wie? iſt die Schaͤferinn
Jn die er ſo verliebt / von ſolchem ſtoltzen Sinn?
Er iſt ja noch ein Menſch an dem man keinen Tadel
Noch Laſter finden kan; Er iſt von ſolchem Adel.
H vDer154Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Der weit und breit bekant; Die gantze Schaͤferey
Hat ihnja lieb und wehrt. Nun ſagt mir wie’s denn ſey
Daß ihn ſein Eufroſill ſo unauffhoͤrlich plaget
Jn dem ſie ihre Gunſt / ihm gantz und gar verlaget
Da ers doch redlich meint. Hierauff fieng Foͤbus an:
Hoͤrt mein behertzter Mars / ſo viel ich merken kan /
So hat die Schaͤferin an ſeinen groſſen Schmertzen
Nicht im geringſten Schuld; Sie hat in ihrem Hertzen /
Das keuſche Liebesfeur zur Zeit noch nicht gefuͤhlt /
Sie weis kaum was es iſt / es hat noch nicht geziehlt
Kupido auff ſie zu / daher ſie ſolte brennen
Jn heiſſer Liebesgluht / daher ſie ſolt erkennen
Mit treuer Gegengunſt / Myrtillus groſſe Noht
Und bittre Liebesangſt / ſo ihm nichts als den Tod
Tag-taͤglich ſaget zu. Es wird kein Feur erreget
Wie trukken auch das Stroh / im fall nicht beygeleget
Was Feuer ſchaffen kan; Die Flammen flattern nicht /
Wenn ihnen ſcharffer Wind und freye Lufft gebricht.
Wie hat denn ſie nun Schuld / wenn ſie nicht wird entzuͤndet /
Von Amors ſeiner Hitz / und wenn ſie nicht empfindet
Kupidens goͤldnen Pfeil in ihrer zarten Bruſt
Der / wenn er nicht zuvor mit treuer Lieb und Luſt
Das Hertz eroͤffnet hat / macht / daß das heiſſe Sehnen
Des Liebenden uͤmſonſt / und deſſen herbe Thraͤnen
Bey ihr vergebens ſind. Daher man ſehen kan
Und leichtlich nehmen ab / daß niemand Schuld hieran
Als Venus nur allein / welch unverſoͤnlich haſſet
Myrtillen unſern Freund / die einen Grimm gefaſſet
(Wie mir geſagt) auff ihn / und das / weil er veracht
Nicht nur alleine ſie / beſondern auch verlacht
Jhr hohes Regiment. Daher hat ſie dem Sohne
Kupiden aufferlegt / daß er zu einem Lohne
Myrtillen geben ſoll / was mit Geſchwindigkeit
Er mir gegeben hat / als ich zu jener Zeit
Dort in Theſſalien mein aͤdle Daffne liebte /
Da uͤm die ſchoͤnſte Nimf ich damals mich betruͤbte:
Ja wol! Er ſchenkte mir / daß wenn ich ietzo ſeh
An meinen Lorberbaum / mir wird im Hertzen weh.
(Jhr155waͤldchens andere Abtheilung.
(Jhr wiſt ja die Geſchicht.) Druͤm wird die beſte Weiſe
Das beſte Mittel ſeyn / daß wir uns auff die Reiſe /
Nach Pafus machen hin / im fall es euch gefaͤllt /
Euch mein Herr Bruder Mars. Zwar nun bey dieſer
Kaͤlt
Und halber Winterlufft / genieſt man ſchlechter Freuden
Zu reiſen hin und her; Doch jenes ſchwere Leiden
So unſern Schaͤfer kraͤnkt / das zwinget mich darzu
Daß ich / der ich ſein Freund / kaum habe Raſt noch Ruh
Biß ihm geholffen ſey Nicht ehe leſt ſich blikken
Ein treues Freundes Hertz / als wenn die Goͤtter ſchikken
Betruͤbtes Hertzeleid / da da leſt ſich bald ſehn
Wer treu und redlich iſt. Druͤm laſt uns ietzo ſtehn
Bey ihm in ſeiner Noht. Kommt laſt uns die Dione
Die dort voll Eyferſucht mit ihrem kleinen Sohne /
Auf ihn ergrimmet iſt / nur guͤtlich ſprechen an
Und fragen ſie, wie? wenn? und was er ihr gethan
Das ſolcher Straffe wehrt? daß er ſo ſehr betruͤbet
Deßwegen muͤſte ſeyn? Der Anſchlag war beliebet.
Sie machten ſich bald fort nach jenem Pafus hin /
Dorthin / wo Venus wohnt die Liebes Koͤnigin.
Als ſie nun angelangt ſehr fruͤh bey ihrem Zimmer /
Wo alles lieblich war / wo iederzeit und immer
Jn Wolluſt alles ſteht / ſo koͤmmet gleich daher
Der Venus kleiner Sohn / und zwar von ungefehr /
Der freuet ſich ob dem / daß uͤber alles hoffen
Er ſolche liebe Gaͤſt hat bey ihm angetroffen.
Er leuft geſchwind hinein und ſagts der Mutter an /
Die kaum war aus dem Bett auch halb nur angethan:
Jhr ſchoͤn braunſchwartzes Haar / ſo ihr weit auff dem
Ruͤkken
Gekreuſelt hieng hinab / das war mit ſchoͤnen Stuͤkken
Und guͤldnem Flor bedekkt; aus ihrem Augenliecht
Ein heimlichs Feuer ſtrahlt; Jhr gantzes Angeſicht
War gleich wie Milch und Blut; Sehr kuͤnſtlich war ge -
nehet /
Jhr Schlaff - und Nachtesrokk / er war faſt wie beſeet
G vjMit156Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Mit Berten und mit Gold; Die zwier-gewelbte Bruſt
War durch ein klares Schier / mit angezuͤndter Luſt
Gar lieblich anzuſehn; Kurtz / was man nur aus Sitten /
Aus ſchoͤner Redensahrt / aus wolgeſetzten Schritten
Und andrem Thune mehr an Menſchen ruͤhmen kan /
War uͤberfluͤſſig hier. Wer ſie nur blikket an
War gleichſam wie entzuͤkt. So kam ſie auffgetreten /
Und hat die groſſe Gaͤſt hinein zu ihr gebeten.
Da Foͤbus alſo bald den Anfang hat gemacht
Zu reden dieß und das / biß er ihr vorgebracht
Anch endlich dieſe Red: Hoͤrt / wie mag dieſes kommen /
Geliebtes Schweſterchen / wie wir ohnlaͤngſt vernommen /
Daß unſer lieber Freund / Myrtill ſo leiden muß?
Daß ihm ſo mancher Schmertz / ſo mancher Uberdruß
Von euch wird aufferlegt / in dem / daß er muß hegen
Bey ihm ſo heiſſe Glut / von Eufroſillen wegen?
Da ſie doch wird verſchohnt? Waruͤm verſchafft ihr
nicht /
Daß auch Kupidens Pfeil auff ihr Hertz ſey gericht /
Und ritzen ſolches durch / damit ſie moͤge brennen
Von keuſcher Gegenbrunſt? Damit ſie moͤg erkennen /
Myrtillens Hertzeleid und ſeine Liebestreu /
Auff daß / ſag ich / ſie ihm ein Troſt und Labung ſey /
Jn ſeiner ſchweren Angſt? Was hat er denn verbrochen
Und uͤbels euch gethan / daß Er ſo wird gerochen
Und ſchmertzlich abgezahlt? Was? Fieng die Mut -
ter an:
Verbrochen allgenug Wie? uͤbels nicht gethan?
Ja mehr als allzu viel. Darff er ſo trotzig gehen /
Und ſchimpfen meinen Sohn? Darff er ſich unterſtehen /
Mein groſſes Regiment und meine groſſe Macht
Zu halten wie vor nichts? Hat ers nicht vorgedacht /
So daͤnk ers nun hernach. Er mag in ſeinen Flammen
Ein wenig zappelen. Kan er ſo bald verdammen /
So leid er auch darauff. Hierauff ſprach Mars zu ihr:
Es mag wol ſo nicht ſeyn / ich halte wol dafuͤr /
Dz / liebe Schweſter / euch / wer weiß auf weſſen ſchmeichelin /
Dieß nur ſey vorgebracht. Denn das verfluchte Heucheln
Jſt157waͤldchens andere Abtheilung.
Jſt leider nun ſo groß daß mancher bloß aus Neid /
Wird offt hinab geſtuͤrtzt in bittres Hertzeleid.
Nein / ſagte Venus drauff: Wo ſelbſt die Thaten zeugen
Und an dem Tage ſind / da iſt viel beſſer ſchweigen
Als groß von Worten ſeyn. Jhr ſolt es ſelbſt geſtehn
Wenn ihr es werdet nur mit euren Augen ſehn.
Schaut kennt ihr dieſe Hand? Dieß hat er ſelbſt gedichtet
Zu unſerm groſſen Schimpf / womit er gar vernichtet
Nicht mich nur / ſonder auch Kupiden meinen Sohn.
Jch frag euch / ſteht uns denn zu leiden ſolcher Hohn?
Jch bitt euch leſſt es durrch:

Singſtimme. G. N.

[figure]
Gen -158Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

General-Baß.

[figure]
1.
PAkke dich Feindin! weg von mir Dione!
Pakke dich Venus! weg mit deinem Sohne!
Deine verfluchte Luͤſten anzuſchauen /
Hab ich ein grauen.
2.
Hebe dich weg Kupido du Tyranne!
Wehe dem Menſchen / der in deinem BanneFeſte159waͤldchens andere Abtheilung
Feſte verknuͤpfft / der dir ſein junges Leben
Schaͤndlich ergeben.
5.
Denn Er empfindet nach vermeinten Freuden /
Nichtes gewiſſers als ein heimlichs Leiden /
Nach dem mit Zukker uͤberzognem Schertzen /
Bittere Schmertzen.
4.
Jaͤmmerlich fellt durch dich die zarte Jugend /
Liederlich ſtirbt durch dich die dle Tugend /
Falſcher Kupido / du haſt luſt mit Luͤgen
Menſchen zu triegen.
5.
Numehro bin ich mit mir einig worden /
Gantz zu entſagen deinem geilen Orden /
Welcher mit Hauffen in ſich haͤlt verborgen /
Allerley Sorgen.
6.
Weder dein Gutſeyn noch dein eyfrigs Haſſen
Wil ich nicht achten / noch zu Hertzen faſſen;
Ob du wirſt lachen / oder auff mich klagen /
Wil ich nicht fragen.
Als dieſes durchgeleſen /
Jſt Foͤbus und auch Mars zwar was beſtuͤrtzt geweſen.
Noch dennoch ſagte Mars: Es iſt ja zwar nicht ohn /
Er hat ſich grob verſehn; Es iſt ein groſſer Hohn
So euch erwieſen iſt. Er muß auch gnugſam buͤſſen /
Vor ſolchen Unbedacht / man leſſts ihn gnug genieſſen.
Sein leiden (wie mir duͤnkk) das uͤbertrifft die Zahl /
Des euch erwieſnen Spotts wol uͤber hundert mal.
Auch uͤber dieſes noch / ſo iſt hinweg gefloſſen
Schon lange Zeit / da er die Schmehwort außgegoſſen /
Wie160Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Wie uns das Datum zeigt / daß alſo ich vermein
Es kan die Miſſethat ihm wol vergeben ſeyn.
Hierauff fuhr Foͤbus fort: Es iſt nicht zu verſtehen
Nach bloſſem Woͤrterklang / man muß auch recht beſehen
Wie ers gemeinet hat / geliebte Schweſter ihr /
Er ziehlet nicht auf euch in dieſem Liede hier /
Als auff das Wirkende. Vielleichte wird er meinen
Des Werkes Mißbrauch ſelbſt / wie ſolches faſt wil ſcheinen
Aus ſeiner Redensahrt. Und wenns auch gleich ſo wer /
Als ihr bey euch gedaͤnkt / ſo ſol man nicht ſo ſehr /
(Verzeiht mirs Venuſin) ein ſolches Ding auffruͤkken.
Ein aͤdler Sinn und Geiſt leſt nicht den Eyfer blikken
Dekkt viel mit Sanfftmuht zu. Bey Menſchen pflegts
zu ſeyn
Daß man gemeiniglich / in Stahl und harten Stein /
Den zugefuͤgten Schimpf gantz unvergeßlich ſchneidet:
Die Guttaht aber nicht; Die wird noch wol beneidet /
Und wenn ſie ja wo lieb / ſo ſchreibt man ſie ins Eyß
So bald zerſchmeltzen kan; So iſt der Menſchen Weiſ
Und nicht der Goͤtter Ahrt. Druͤm bitten wir euch beyde /
Heifft doch Myrtillen ab von ſeinem ſchweren Leide /
Laſt ſanffte Guͤtigkeit vor ſtrenges Recht ergehn /
Laſt den betruͤbten doch einſt eure Huͤlffe ſehn /
Die er ſo lang gewuͤndſcht Er wird gewißlich wieder
Vor dieſen Schimpf und Spott / viel hundert ſchoͤne Lieder
Die eures Lobes voll / von euch und eurem Sohn
Euch ſingen hie und da / in ſeiner Seiten Thon.
Hierauff beſann ſie ſich / und ſchwieg ein wenig ſtille
Hernacher ſagte ſie: Wolan es ſey mein Wille
Was beyden euch gefaͤllt. Myrtillen ſey geſchenkt
Was er verbrochen hat; Das / was ihn heute kraͤnkt
Soll ihn in kurtzer Zeit / ja noch vielleicht auff Morgen
Entbinden aller Noht / und allen Liebes Sorgen
Befreyen gantz und gar. Kupido komm mein Kind /
Du haſt ja nun gehoͤrt / daß alle Fehler ſind
Myrtillens außgeleſcht. Druͤm geh und nim den Bogen /
Und deine Pfeile mit womit du haſt betrogen
So161waͤldchens andere Abtheilung.
So manches Menſchen Hertz / ſchau wo die Schaͤferin
Die Eufroſille ſey / brich ihren harten Sinn
Und triff das zahrte Hertz / ſo gegen den Myrtillen
Wie Eyß erkaͤltet war / daß ſie ihm ſey zu Willen
Mit keuſcher Gegengunſt. Kupido ſprach: Sehr gut.
Das iſt ein Thun vor mich. Bald ſol in Liebesgluht /
Der Schaͤfrin kaltes Hertz in vollen Flammen hitzen.
Und hierzu ſol mir nicht / mein Pfeil und Bogen nuͤtzen
Wie mirs pflegt in gemein. Ein funke Feur ſols thun.
Und zwar auff dieſe Weiſ ich wil auf heute ruhn /
Fruͤh morgens wil ich mich zum Eolus hin fuͤgen /
Und bitten fleiſſig ihn / daß er doch laſſe fliegen
Auff morgen Vormittag den warmen Weſtenwind /
Der mir zu meinem Tuhn am allerbeſten dient.
Mein Bruder Zynthius / der hilffet mir auch mitte
Zu meinem Hertzensfang / er wird auff meine Bitte
Gantz ungewoͤlket ſtehn / mit ſchoͤnem Sonnen ſchein /
Jn Summa / es muß mir ein ſchoͤnes Wetter ſeyn /
Damit die Schaͤferinn die Schaͤfchen aus zuweiden
Luſt und Begierde hab; es muͤſſen mir die Heyden /
Ohn Schnee und Kaͤlte ſeyn. Wenn ſie denn nun wird
ſehn
Daß ſie der Himmel lokkt / daß Wald und Felder ſtehn
Jn angenehmer Luſt / ſo wird ſie ſich erfreuen
Der ſchoͤnen Herbeſtzeit / So gleich dem jungen Maͤyen
Des Menſchen Sinn erfriſcht. So wird die Schaͤferinn
Die aͤdel Eufroſill mit hoͤchſterfreutem Sinn /
Jhr wollenreiches Vieh hin auff die Weide treiben /
Da ſie mit andern mehr wird wol vergnuͤget bleiben
Und haben ihre Luſt. Hernachmals wird die Lufft /
Die aus Suͤdweſten koͤmmt in ihrer warmen Klufft
Allmaͤhlich ſeyn verſperrt; es wird Nordoͤſtlich ſauſen
Auff Eolus Befehl / mit einem kalten Brauſen /
Dort aus Sarmatien der friſche Subſolan.
Wenn dieſes nun geſchicht / fang ich das Mein? auch
an:
Jch werffe von mir ab mein fliegendes Gefieder /
Jch lege Koͤcher / Pfeu und meinen Bogen nieder /
Zieh162Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Zieh Huͤrtenkleider an / guͤrt eine Taſch uͤm mich /
Nehm einen Schaͤferſtab / ſo bin ich nicht mehr Jch.
Denn mach ich mich dorthin / und komm auff jene Haiden
Gleich wie ein Huͤrtenknab / ich ſchaue wo ſie weiden
Der Eufroſillen Schaf. Jch ſchlage Feuer auff /
(Damit ihrs kuͤrtzlich wiſt) leg alte Pfeile drauf /
Die ich vor dem gebraucht / und noch viel andre Sachen /
Die / wenn ſie brennend ſind / gar bald verliebet machen
Wenn man zu nahe ſteht; Drauff geh ich hin zu ihr
Gleich wie ein andrer Huͤrt / und bitte ſie zu mir
Daß ſie ſich waͤrmen ſoll / wenn ſie ſich denn wird ſetzen
Zu meinem Liebesfeur / und ſich bey dem ergetzen
Mit ihrer Schweſterſchafft / wenn ſie ihr bildet ein
Vor meiner Liſtigkeit am ſicherſten zu ſeyn.
Sol ihr ein Fuͤnkchen Feur durch ihre Kehle fliegen
Und ſetzen ſich ins Hertz / es ſoll darinnen liegen
Und glimmen maͤhlich fort / biß ihr eißkalter Muht /
Entbrenne liechterloh mit einer heiſſen Gluht.
Denn ſoll Myrtillus ſein gewuͤnſchtes Ziel erreichen /
Und ſeine Schaͤferinn / die Eufroſill imgleichen
Von ihm getroͤſtet ſeyn. Des Vorſchlags ward gelacht /
Vom Foͤbus und vom Mars / der ietzo vorgebracht
Vom kleinen Liebesgott. Sie nahmen ihre Reiſe
Nach Hauſe wieder zu. Nach vor erzaͤhlter Weiſe
Fing auch ſein kluges Tuhn der Venus kleiner Sohn
Jns Werk zu ſtellen an / und machte ſich davon.
SO ſols ja ſeyn geſchehn / wie mir geſaget worden /
So ſoll die Schaͤferinn in den verliebten Orden
Hinein gerabten ſeyn. Es ſaget ſich zwar viel.
Obs aber alſo ſey / ob ſein gewuͤnſchtes Ziehl
Myrrillus hab erlangt / das werdet ihr ja muͤſſen /
Hochaͤdler Breutigam / am allerbeſten wiſſen.
Man ſagt es ſey nicht weit von eurer Graͤntz geſchehn.
Ach ja es mag wol ſeyn. Jch habe ſelbſt geſehn /
Daß der Paſſargerfluß nicht weit von euch gefloſſen /
Da da wo der Myrtill viel Thraͤnen hat vergoſſen.
Es iſt mir auch geſagt was vor ein Abendtheur
Da vorgelauffen iſt / bey jenem Liebesfeur /
Welchs163waͤldchens andere Abtheilung.
Welchs auffgefechelt hat der kluge Lieberwekker /
Kupido jener Schalk / der kleine loſe Lekker;
Auch dieſes weiß ich ſchon was unſre Schaͤferin /
Die allerſchoͤnſte Nymf in treu verliebtem Sinn /
An ihren liebſten Schatz Myrtillen hat geſchrieben
Und wie ſie ihm hernach ihr keuſches Gegenlieben
Gegeben an den Tag; Auff was fuͤr Weiſ und Ahrt
Er ſein beſtaͤndigs Hertz ihr wieder offenbahrt;
Und endlich wie er ſie nach Hauſe hat gefuͤhret
Jn ſeine Schaͤferey / die er wol außgeziehret
Mit ſchoͤnem Bilderwerk. Dieß weiß ich alles wol /
Wolt auch von Hertzen gern / wie ich denn billich ſol /
Erzaͤhlen die Geſchicht / nun aber muß es bleiben
Weil in ſo kurtzer Zeit ich nichts Beliebts kan ſchreiben.
Nur bloß ein kurtzes Lied mit ſeiner Melodie
Sey noch herzu geſetzt / dergleichen man faſt nie /
Was Stimmwerk anbelangt in Teutſchland angehoͤret
Es iſt auff Polniſch Ahrt / zum Brauttantz ihm ver -
ehret /
Dem Herren Breutigam / welchs manchen hat ergetzt.
Und wo mir anders recht ſo war ſo geſetzt:

Brauttantz. Der rechte vollſtimmige Tantz iſt abſonder - lich nach dieſem Gedichte ange - fuͤgt.

Violin - und Singſtimme. G. N.

[figure]
164Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
[figure]

Violin und Singſtimme.

[figure]
Gene -165waͤldchens andere Abtheilung

Grundſtimme.

[figure]
1.Der erſte Knabe.
WJe? ſeh ich nicht Eufroſillen /
Unſre ſchoͤne Schaͤferinn?
Der an - der.
Ja ſie tantzet mit Myrtillen /
Mit ſehr treuverliebtem Sinn.
Beyde.
Eylt ihr Schaͤfer kommet /
Kommt ihr Huͤrten alzumal /
Hier auf dieſen Saal.
2.Der 1.
Eufroſilchen iſt Myrtillen /
Wie ich merke / beygetraut.
Der 2.
Und Myrtillus Eufroſillen /
Seiner hertzgeliebten Braut. Gluͤk166Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Beyde.
Gluͤk den ſchoͤnſten beiden!
Gott geb ihnen allezeit /
Was ihr Hertz erfreut.
3.Der 1.
Kom̃t ihr Schaͤfrinn und ihr Huͤrten /
Eilt und ſuchet Tymian
Der 2.
Kommt und ſucht ſtetsgruͤne Myrten /
Wie auch Wintermeyeran.
Beyde.
Kroͤnet dieſe beyde /
Ziehret doch dem aͤdlen Paar
Jhr ſo ſchoͤnes Haar.
4.Der 1.
Reicher Himmel laß dein Segen /
Bey den Neuverliebten ſtehn.
Der 2.
Laſt ihr Goͤtter allerwegen /
Sie ſich hoch erfreuet ſehn /
Beyde.
Treibt von ihnen ferne /
Treibt von ihrem aͤdlen Hauſ
Alles Ungluͤk aus.

Nachrede und hertzlicher Gluͤks - wunſch. an den hochaͤdelen Breutigam und ſeine holdſelige Braut.

HJer iſts hochaͤdles Paar was ich in Eyl geſchrieben
Auf ſchlechte Schaͤferahrt. Jch bitt / es zu belieben
Obs gleich gering und ſchlecht. Es giebts ein treuer
Sinn /
Der ſeinen Zwek und Ziel gerichtet nur dahin /
Wie167waͤldchens andere Abtheilung.
Wie er euch dienen mag. Zwar mancher viele ſchenket
Auß falſcher Hoͤfligkeit / und doch im Hertzen denket:
Pfuy / daß ich doch nicht muͤſt! Ach nein / mein Hertze
giebt
Ein ſolches / was der Menſch auch ſelbſt der Himmel
liebt.
Jch meine Redligkeit. Jch wuͤndſch euch Gluͤkk und Se -
gen /
Vom aller hoͤchſten Gott auf allen euren Wegen /
Lebt ſelig allezeit / Jhr lebt auch wie ihr lebt /
Mein beſter Wunſch iſt der / den ihr euch ſelber gebt.

Sechsſtimmiger Brauttantz nach der Pohlen Ahrt. Kleiner Tantz.

G. N.

Erſte Geigenſtimme.

[figure]
Ande -168Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

andere Geigenſtimme.

[figure]

Altpoſaun.

[figure]
1. Tenor -169waͤldchens andere Abtheilung.

1. Tenorpoſaune.

[figure]

2. Tenorpoſaune.

[figure]
JQuart -170Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Quartpoſaun: mit einem Dulcian /

[figure]

Tripel oder groſſer Tantz. 1. Trompete oder Zinken.

[figure]
2. Trom171waͤldchens andere Abtheilung.

2. Trompete oder Zinken.

[figure]

Altpoſaun.

[figure]
J ij1. Te -172Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

1. Tenorpoſaune.

[figure]

2. Tenorpoſaune.

[figure]
Quart -173waͤldchens andere Abtheilung.

Quartpoſaune mit einem Dul - cian.

[figure]
J iijSchertz -164[174]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Schertzreime Auff Herrn Dietrich Schel - hammers und Jungfer Anna-Wargreta Frie - drichin Hochzeitlichen Ehrentag in Hamburg.

GLuͤkk zu Herr Braͤutigam! gluͤkk zu zum neuen Leben /
Der groſſe Gnadengott der woll euch reichlich geben
Was[euch] zur Wolfahrt diehnt: Was jener Datylus
Vor Gl[]kke zu At[he]n; Was jener Marius
Zu Rom erlanget hat; was Metellin begehret
Bey ſeiner Lebenszeit / das ſey auch Euch gewehret
Vom hohen Himmel ſelbſt. Der Anfang iſt gemacht /
Zu der Gluͤkſeligkeit: Gott hat Euch zugebracht
Solch ein beliebtes Menſch die gleichſam wie durchſternet
Mit ſchoͤnen Tugenden / die gleichſam wie durchkernet
Mit lauter Froͤmmigkeit; wer ſteht doch nicht das Licht
Der aͤdlen Keuſchheit ſelbſt in ihrem Angeſicht /
Jm fall man Achtung giebt auf ihre fchoͤne Sitten?
Wer urtheilt anders doch aus ihren ſanfften Schritten
Als daß ſie ſtille ſey / die euch wird anvertraut?
Gluͤkk zu Herr Breutigam zu ſolcher lieben Braut.
Mein ſchauet die Geſtallt / ſchaut ihre ſchoͤne Wangen /
Die Felder keuſcher Zucht / wie ſie ſo lieblich prangen
Mit Milch und Blut vermiſcht / ſeht wie Sie ihren
Stral
Den liebbeſtrahlten Blitz viel hundert hundert mal
Auf euch verliebet wirfft. Dort jener Aganippen
Schmekkt lang ſo ſuͤſſe nicht als ihre Roſenlippen.
(Welchs Jhr Herr Breutigam am aller beſten wiſſt
Weil euch die Prob allein nur zugelaſſen iſt.)
Jch glaͤube ſicherlich / wen ſich anitzo fuͤnde
Kliſthenis Tochter ſelbſt / und hier zugegen ſtuͤnde
Das165[175]waͤldchens andere Abtheilung.
Das ſchoͤne Griechenbild / Sie wuͤrde warlich frey
Bekennen / daß Sie nun weit uͤbertroffen ſey.
Und zwar was ihre Zier / was ihre wehrte Tugend /
Was Leibsgeſchiklichkeit / was rechtbejahrte Jugend
Und Schoͤnheit anbelangt / an ihr die euch vertraut
Gluͤkk zu Herr Breutigam zu ſolcher ſchoͤnen Braut!
Jch merk es von ihr ab / ihr werdet an ihr haben
Ein ſolch Menſch / die euch wird nach Hertzenswunſche
laben.
Man kans ja leichtlich ſehn. Sie gibt es an den Tag /
Durch einen keuſchen Blikk / was Sie erſreuen mag.
Perikles der iſt nie nicht aus dem Hauſe gangen
Er hat znvor aus Lieb Aſpaſten uͤmfangen
Sein liebes Ehgemahl nach lieblichem Gebrauch.
Wolan ſo machet es mit eurem Liebchen auch.
(Jhr wiſſt wol was noch mehr) ich weiß Sie wird her
gegen
Euch die Verſprechung thun / daß Sie auf allen Wegen /
Es ſey auch wo es woll Euch wird zu willen ſtehn.
(Verſucht es Morgen nur ſo werdet ihr es ſehn)
Wo ja ein Wetter koͤmmt das Euch daͤnkt zu betruͤben;
Schikkt etwa Gott ein Kreutz / ſo euch das ſuͤffe Lieben
Mit Wermuht untermiſcht / (denn dieſes bleibt nicht
auß.)
Koͤmmt wo ein Ungluͤkk her und fordert Euch herauß.
Wolan! ſo nehmt es an / geht ihm nur unter Augen
Eur allerliebſtes Hertz wird euch zur Huͤlffe taugen;
Sie ſtehet als ein Mann gleich wie Hipſikrathe
Bey ihrem Mithridat; So wie Penelope
Uliſſen hat geliebt / verſpricht ſie auch im gleichen /
Auch an der ſchoͤnen Treu Alzeſien kaum zu weichen.
Jſt das nun nicht eln Troſt! kein Kreutz iſt ja ſo ſchwer;
Roch Ungluͤkks Laſt / die nicht noch halb ſo leichte wer
Jm fall dieſelbe nur auf zweyen Seulen lieget.
Wol dem wol uͤber wol / der ſolch ein Seelchen krieget
Das ihn von Hertzen liebt und treulich bey ihm ſteht
Mit unetſchrokknem Sinn. es geh auch wie es geht.
J iiijWolan169[176]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Wolan Herr Breutigam / Jhr Jhr habt durch das Hoffen /
Was euer Hertz gewuͤnſcht / nun endlich angetroffen.
Gott geb euch Gluͤk darzu. Lebt wie der Rubrius
Mit ſeiner Ennia ohn allen Uberdruß.
Geht nehmt die Liebſte weg / geht fuͤhret Sie zu Bette /
Es leuft doch darauf aus / ſchertzt mit ihr uͤm die Wette.
Die Gaͤfte wuͤnfchen Heyl / und ruffen uͤberlaut
Gluͤkk zu Herr Braͤutigam zu ſolcher aͤdlen Braut.

Als ſein liebwehrter Freund Herr Johann-Peter Titz Den 10. Januar. 1651. nicht allein ſeinen Ge - buhrtstag begieng / ſondern auch auf eben ſelben Tage ſein Profeſſorat in dem Gymnaſio zu Dantzig antrat.

JSt iemals wol ein Tag ſo gluͤklich mir erſchienen /
Da ich mehr Uhrſach hett erfreuligſt zu bedienen.
Ein treues Freundeshertz / hat temals eine Zeit /
Mich ſo beſeliget / und die Gelegenheit
Mir an die Hand gebracht mich innerlich zu freuen
So iſt es dieſer Tag. Fuͤhrt eure Freudenreichen
Jhr Roͤmer wie ihr wolt an eurem groſſen Feſt
Hilarien genant; machts auf das allerbeſt
Jhr klugen Attier wenn ihr mit vielen Springen
Aſkolien begeht / ich laß euch ſolche Dingen
Jhr naͤrrſches Heydenvolk zu eurer eignen Luſt
Mir iſt auf dieſen Tag ein andre Luſt bewuſt:
Es leſt nicht Foͤbus nur mit angenehmen Winken /
Am lichten Firmament die guͤldne Strahlen blinken
Und fuͤhrt den Tag herauf / an dem mein lieber Freund
Den mein unfalſches Hertz recht tren und redlich meint /
Der eine Fakkel iſt bey allen Kliusſoͤhnen /
Den die bekraͤntzte Schaar der loͤblichen Kamenen
Ein167[177]waͤldchens andere Abtheilung.
Ein Amaltheer Horn vol Weißheit uͤberreicht /
Der jenem Pindarus in teutſcher Sprache gleicht /
Zur Welt gebohren iſt. Er leſt ſein Fuhrwerk ſtehen
Und ſteigt zu uns herab nach dem Er angeſehen /
Daß ietzt erwehnter Freund bey dieſer edlen Stadt
Den Schulſtaub mit Geduld ſo lang ertragen hat /
Nimmt ihn von da heraus / ſetzt ihn zu groͤſren Ehren
Nicht aber daß Er ſich der Muͤhe ſolt erwehren
Und gantz befreyet ſeyn. Denn weil der Menſche noch
Hier auf der Erden wallt / liegt ihm das ſchwere Joch
Der Arbeit auf dem Halſ - und kan ſich nicht entbinden /
Muͤh / Sorge / Schweiß und Angſt wird ſich doch allzeit
finden /
Er mach es wie Er woll. Er nimmt ihn bey der Hand /
Und fuͤhret ihn hinauf in einen hoͤhren Stand /
Und zwar an dieſem Tag an dem er iſt gebohren
An welchem Tag Er ihn zu ſeinem Dienſt erkohren /
Stellt ihm ein wakkres Volk / der Muſen werthes Chor
An jener Kinderſtatt / zu ſeiner Aufſicht vor.
Wer nur was Redliches gelernet und verſtehet /
Der wird doch endlichen zum Ehrenſtand erhoͤhet;
Der bleibt nicht unten ſtehn der nur was gutes kan /
Die Tugend hebet auf nnd ehret ihren Mann.
Du biſt es mein Herr Titz / du Freund der Kaſtalinnen /
Du deines Landes Zier / du Liecht der Lignitzinnen
Du teutſcher Juvenal / du hochbeliebter Freund
Dem Foͤbus nun ſo ſchoͤn / ſo klar und froͤlich ſcheint.
Du biſt es mein Heir Titz / den Er noch hoͤher ſetzet /
Den Er mit ſuͤſſer Luſt an dieſem Tag ergetzet /
Und inniglich erfreut / Er giebt Dir zuverſtehn /
Daß dein ſo ſchoͤnes Lob noch ſol viel weiter gehn.
Wolan ich freue mich / daß Gott es ſo geſchikket
Daß eben dieſen Tag dir ſolches hat gegluͤkket /
Daß du geehrter Freund auf einen Lehrſtuel ſteigſt
Und in der groſſen Schul dich als ein Lehrer zeigſt.
Auch dieſes wuͤnſch ich noch von meines Hertzengrunde
Es wuͤnſchet Hertz und Mund / daß dich zu aller Stunde
J vDer -168[178]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Dergleichen Gluͤkk erfreu und daß zu iederzeit /
Wenn dein Gebuhrtstag koͤmmt ſich auch dein Lob auß -
und wachſe mehr und mehr. (breit

Als die Roͤmiſche Jungfrau Klelia mit an - dern Jungfern mehr / dem Etrurer Koͤnige Porſena / zu einem Geiſſel des Friedens / welchen die Roͤmer mit ihm getroffen / geſetzt war / hat ſie einsmals aus tapferem Heldenmuh - te ihr vorgenommen durch die Tyber zuſetzen / uñ ſich von den Feinden loßzumachen / welches ihr auch gluͤklich gelungen. Ehe ſie aber mit dem Pferde durchgeſetzt / hat ſie ihre Mitſchweſtern unge - fehr auf dieſe Weiſe ange - redet:

MEin laſt uns mit der Fluht nach Rom zuruͤkke ſchauen /
Weil unſre Jungferſchafft dem Feinde ſchlecht zu
trauen;
Rom ſchikk ans wieder her / der Feind der hohl uns ein /
Eins derer / und nichts mehr wird unſre Strafe ſeyn.
Jch gleube daß ein Mann ſich ja wird muͤſſen ſcheuen
Daß er in ſeinem Zorn als wie die wilden Leuen
Sich gegen uns erzeig. Ein rechter Heldenmuht
Vergreifft ſich nicht ſo leicht an einem Frauenblut.
Wolan ich wil vorauß durch dieſe ſchnelle Tyber
Folgt mir nur kuͤhnlich nach. Gott helff uns gluͤklich uͤber /
Damit Jtalien / Rom / und Etrur mag ſehn /
Daß nicht die Maͤnnner nur ſich groſſes unterſtehn.

Schaͤfergedicht Auf den hochzeitlichen Ehrentag des vor - nehmen Herrn Joſt Dontens / und Jnugfer Chri - ſtina Baumgartens. Geſchehen in Thorn den 28. Jnnii / 1649.

Jch169[179]waͤldchens erſte Abtheilung.
JCh haͤtte nimmermehr bey mir gedenkken koͤnnen /
Was die getreue Lieb in manches Menſchen Sinnen
Vor Schmertzen bringt zuweg und was ſie ſtifften kan
Jm fall ichs nicht geſehn am Schaͤfer Kloriman.
Es jammert ſeiner mich. Jch wils mit wenig Woͤrtern
Auffs kuͤrtzſte wie ich kan / dir teutſches Blut eroͤrtern /
Nur thu mir dieſen Dienſt / du redlichs Hertze du /
Verzeih der ſchlechten Red und hoͤre guͤnſtig zu:
Umb eben jene Zeit / wenn Foͤbus mit den Pferden
Den Morgen fuͤhret ein der Mexikanſchen Erden
Und bey uns Abend macht / gieng ich am Weiſſelfluß
Umb was zu linderen den ſchwehren Uberdruß /
Spatziren auf und ab; in dem ich nun beſinne
Bey mir bald dieß bald das / werd ich von weitem inne /
Des Schaͤfer Klorimans / der ſonſt mit freyem Muht
Und edler Tapfferkeit verlachte dieſe Gluht /
Die Amor fechelt auf; der / ſag ich / gieng und nagte /
Am Daumen wie verwirrt / als einer welchen plagte
So manche Hertzensangſt; Er war ſchon wie halb tod;
Er irrte hin und her; Es trieb ihm ſeine Noht
Viel tauſend Seufftzer auß; Ein rohtvermiſcht Erblaſſen
Schoß ihm auß dem Geſicht; Er wuſte nicht zu faſſen /
Was einen troͤſten mag; Sein bittres Hertzeleid
War Urſach daß ſein Vieh lieff hie und da zerſtreut.
Jch ſah ihm welter zu / es that mir weh im Hertzen /
Daß dieſer arme Huͤrt erlitte ſolche Schmertzen.
Der muͤſte ja ein Klotz und nicht ein Menſche ſeyn
Der kein Mikleiden truͤg ob eines andern Pein.
Drauf gieng er nach dem Puſch und ließ die mattẽ Glieder
Da unter einem Baum in dikkem Graſe nieder;
Stuͤtzt auf das Knie die Hand / legt in die Hand den
Kopff /
Und griltte mancherley der ungluͤkſelge Tropff.
Er nam ſein Seitenſpiel ſo er ſtets bey ſich fuͤhrte /
Fieng es zu ſtimmen an und ſolches ſanffte ruͤhrte /
Vermiſchte ſeine Stimm in ſeiner Seiten Klang
Mit wiederhohlten Ach / und dieſes Liedchen ſang.
Dieß waren Wort und Weiſ:
J vjVio -170[180]Poetiſch - nud Muſikaliſches Luſt -

Violin:

[figure]
Sing -171[181]waͤldchens andere Abtheilung.

Singſtimme.

[figure]
J vijGe -172[182]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Generalbaß.

[figure]

Faſt nach der Polniſchen Erfin - dung:

Jovviſzu gorny &c. Zránione Serce ogladay moie &c.

Laß173[183]waͤldchens andere Abtheilung.
1.
L Jupiter dein Augen nieder /
Seh an mein hochgequaͤltes Hertz /
Hoͤr Himmel meine Klagelieder
Vernim doch meinen Liebesſchmertz
Weil ich nicht kan das Hertz erweichen
Noch meiner Liebſten Gunſt erreichen.
2.
Jch bin ein Huͤrt von jungen Jahren /
Hab ein beliebtes Angeſicht
Doch wil ſie ſich mit mir nicht pahren.
Sie achtet meiner Trene nicht.
Jch lebe noch in gruͤner Jugend
Die gantz durchſternt mit aͤdler Tugend.
3.
Auch hab ich noch ſo manche Felder /
Da man ſich reichlich naͤhren kan /
So manche ſchattenreiche Waͤlder /
Da ich beliebter Schaͤfermann /
Die Heerde kan mit ſtoltzen Freuden /
U nd mit vergnuͤgter Anmuht weiden.
4.
Noch dennoch koͤmmt dieß Kandorillen
Gar nichtig vor / und haͤlt es ſchlecht /
Jch leb ihr / wie ich kan / zu willen /
Jch dien ihr als ihr eigner Knecht /
Sie ſieht daß all mein Tuhn und Tichten
Sich nur allein zu ihr muß richten.
U nd174[184]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt
5.
Und gleichwol bin ich ihr zuwieder
Jch mach es auch nur wie ich woll /
Jch ſing ihr ja die ſchoͤnſten Lieder /
Jch thu was ein Verliebter ſoll
Jhr Hertzemuß ja ſeyn verſteinet /
Daß ſie dieß alles ſo verkleinet.
6.
Wie lange wollet ihr noch ſehen /
Jhr Goͤtter ſolch U ndankbarkeit /
Wie lange wolt ihr noch geſtehen
Daß Sie mir mache ſolches Leid.
Kupido ſtrafe dieſe Thaten /
Jm fall du dir und mir willſt rahten.
7.
Dich ſchaͤtzet ſie vor einen Knabeu /
Der nichts als U nheil ſtifften kan /
Mich wil Sie nicht zum Liebſten haben /
Mich hochbetruͤbt verliebten Mann.
Da ich ihr doch mein Leib und Leben
Hab eigenthuͤmlich uͤbergeben.
8.
Was hilfft mich doch mein klaͤglichs Singen /
Was ſag ich viel von meiner Brunſt?
Weil ich Sie nicht kan dahin bringen /
D Sie mir zeig ihr Hertzensgunſt.
So mag mein Vieh alleine weiden /
Auf dieſen mattenreichen Haiden.
Hab175[185]waͤldchens andere Abtheilung.
9.
Hab gute Nacht O Kandorille /
Leb wol und daͤnk an meine Treu /
Jch ſehe daß dein harter Wille
Durch meinen Tod vergnuͤget ſey.
Wolan du wirſt im kurtzen ſehen
Was deinetwillen iſt geſchehen.
Als dieſes war geſungen /
Sind ihm viel Thraͤnen aus den Augen außgedrungen /
Er ſtehet auf / und giebt den Schafen gute Nacht
Die Er mit groſſer Sorg hat manche Nacht bewacht.
Die Taſch und Seitenſpiel hengt er an eine Linde /
Und ſchneidet dieſe Wort in deren glatte Rinde:
Hier hier hat ſich Klorimann verlohren /
Der allein zum Ungluͤk war gebohren /
Weil er treulich Kandorillen liebte.
U nd hergegen ſie ihn nur betruͤbte /
Drum hat er viel lieber wollen wehlen
Jhm ein Grab / als ſtets mit Angſt ſich quaͤlen.
Drauff ſucht er wo der Wald am allerdikſten war /
Wo lauter Dorn uñ Puſch / wo nichts nicht als Gefahr.
Wo nichts als wildes Wild / wo gifftig Ottern pfeiffen /
Wo nie kein Menſch hinkoͤmt / wo ſich nur Schlangen
ſchleiffen /
Wo nie die Sonne ſcheint / wo lauter ſchwartze Nacht /
Da hat ihn ſeine Lieb und Kandorill hinbracht.
Nun denk ihm einer nach / was dieſes doch fuͤr Schmertzen
Dem guten Klorimann veruhrſacht hat im Hertzen /
Und noch / wo er noch lebt. Das heiſt recht eine Pein /
Beſtaͤndig ſeyn verliebt / und nicht geliebet ſeyn.
Druͤm wer wil ſeyn ſeinſelbſt / wer ohne Sorgen leben /
Wer ohne Leid wil ſeyn / wer Kuͤnſten nach wil ſtreben /
Der laſſe lieben nach. Es fordelt doch gar nichts /
Hertz / Guht / Muht / Nuhm und Ehr und alles was
nur ichts
176[186]Poetiſch und Muſikaliſches Luſt -
Zu einer Wolfabrt hilft / das wird hiedurch gefreſſen;
Die Liebe bringts dahin / daß man ſein ſelbſt vergeſſen
Und ſich auch haſſen muß. Jch aber meine nicht
Die Liebe / die ihr Tuhn auf Tugend hat gericht /
Ohn die der Erdenkreiß ſchon laͤngſt wer untergangen
Eh und bevor er recht zu leben angefangen;
Die nur vom Himmel ſelbſt in unſre Hertzen fellt
Durch welche die Natur die gantze Welt erhelt.
Von welcher keuſchen Lieb auch ihr ſeyd eingenommen /
Mein Freund Herr Braͤutigam / und in den Orden kom̃en /
Den Gott hat ſelbſt geſtifft / und zwar zum andern mal.
Wol euch / der ihr nicht fuͤhlt die groſſe Pein uñ Qual
Die Hertz und Seele kraͤnkt / wie Kloriman gefuͤhlet.
Jhr habt Gott Lob / womit ihr eure Flammen kuͤhlet;
Jhr habt ein ſolches Menſch die ihr von Hertzen liebt /
Und die ſich wiederuͤm euch gantz zu eigen giebt.
Ein Himmelreich iſt das / wenn ſich zwey Seelen finden /
Die ſich in keuſcher Treu und treuer Keuſchheit blnden /
So nicht nach rondem Gluͤkk und hohen Ehren ſehn /
Wie heutigs Tages man gar offtmals ſieht geſchehn.
Worauf bißweilen folgt ein innerliches reuen /
Da man hernachmals gar das Auwe hoͤret ſchreyen /
Dann ſteht es leiden kahl / wenn erſagt: pfui mich!
Und noch viel ſchimpflicher wenn ſie ſchreyt: pfui dich!
Druͤm ſag ich noch einmal / wol euch zu hundert mahlen
HERR DORTE der ihr habt ein Menſche ſo die
Straalen
Der ſchoͤnen Augen ſchieſt auf euch in keuſcher Brunſt;
Und redet euch ſo an in ungefaͤrbter Gunſt:
Ach kommet Herßliebſter mein einige Freude /
Ach kommet ach kommet mein liebeſtes Licht
Jhr meines Begehrens annehmliche Weide /
Ach eylet doch zu mir und ſeumet euch nicht
Vernehmet was euch meine Seele gewehret
Verſtehet und ſehet mein williges Hertz /
Als177[187]waͤldchens andere Abtheilung.
Als welches auf dieſer Welt nichtes begehret
Als euch nur alleine zu lieben mit Schertz.
So lang ich in dieſer Welt habe das Leben /
So lange wil ich in beſtaͤndiger Treu
Euch / Euch mein Geliebter ſeyn einig ergeben
Und ſolches ſoll werden tag-taͤglichen neu.
Kein Trauren / kein Schauren / kein Neyden /
kein Leyden
Betruͤben ſol unſeren ehelichen Stand /
Von eurer Gunſt ſoll mich kein Ungluͤk nicht
ſcheiden /
Seht nehmet zum Zeugnuͤß mein Hertz /
Mund und Hand.
Wer ſolte nun wolſeyn / dem nicht das Hertze lachte /
Wenn ihn die Braut ſo gruͤſſt? Ja weñ ichs recht betrachte /
Vermein ich / daß HERR DONT ſey innerlichen
froh /
Und daß vor treuer Lieb er brenne lichterloh.
Er wils zwar nicht geſtehn / er kans auch nicht verneinen /
Die Glut verbirgt er wol / doch kan er nicht das ſcheinen
Den Flammen nehmen ab. Denn keuſcher Liebe Licht
Hat ſtets die Eigenſchafft / daß es herauſſer bricht /
Wie ſehr man ſeinen Strahl zu bergen ſich bemuͤhet /
Wie man mit Wunderung an manchen Menſchen ſiehet.
Ein Beyſpiel iſt verhaſt. Wo gehſtu Feder hin /
Wie lange helſtu noch ſo manchen ſchoͤnen Sinn
Mit ſchlechten Worten auf? Es ſey genug geſchrieben.
Den Wunſch leg ich noch ab / worzu mich hat getrieben
Her Breutgam eure Gunſt: Gott helffe / daß der Bund /
Den ihr mit eurer Braut / mit Hertz / mit Hand / mit
Mund
Habt felſenfeſt gemacht / Euch ewig moͤge nuͤtzen /
Und auch fuͤr allem Fall Euch moͤge kraͤfftig ſchuͤtzen /
Lebt178[188]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Lebt wol / friſch und geſund / lebt ſelig wie ihr lebt /
Hier in beſteht mein Wunſch / den ihr euch ſelber gebt.
Noch bitt ich auch zuletzt / beklaget doch den armen
Betruͤbten Kloriman und tragt mit ihm Erbarmen.
Wer aber wiſſen wil / wers iſt / der ſey bericht;
Jch weiß nicht wie er heiſt / ich kenn. ihn warlich nicht.

Als Titus / Manlius / Torquatus / ne - ben andern Rahtsmeiſtern ein Ernſtliches Gebot außgehen laſſen und zwar bey Leib uñ Lebensſtraffe / daß kein Kriegesmann wider ſeinen Feind etwas ohne Befehl der Haupt - leute / fuͤrnehmen ſolte / iſt der jenige Manlius des Torquatens Sohn von dem Vater außgeſand / da er Geminium Metium einen Latiner ſeinen Feind antrifft / den er / weil er ihn mit Worten reitzete / in einem Streit ertoͤdtet. Weßwegen ihn der Vater damit es ins kuͤnfftige den Kriegsleuten kein boͤſen Beyſpiel geben / enthaͤupten laſſen. Da er ihn ohngefehr alſo mag angeredet haben:

ACh mein Sohn mein liebſter Sohn / der du vormats
mein Verlangen
Und gewiſſe Hoffnung warſt | Ach was haſtu doch be -
gangen?
Ach des groſſen Hertzeleidens! ach ach weh / der bittren
Noht!
Mein! wo waren die Gedankken / daß du doch das
ſcharff Geboht
Welches dir dein Vater gab haſt ſo ſchaͤndlich uͤber -
ſchritten /
Welches Leib und Leben gilt? Nu hilfft dich / mein Sohn /
kein Bitten /
Du179[189]waͤldchens andere Abtheilung.
Du O friſches Blut der Helden! Du muſt ietzo doch
daran /
Weil du wider die Geſetze dieſer Roͤmer haſt gethan.
Entweder ich muß ietzund meines vaͤterlichen Hertzen
Gantz vergeſſen / und dein Grab mit vergallter Angſt
verſchmertzen /
Oder den gemeinen Nutzen / und das liebe Vaterland
Schaͤndlich auf die Seite ſetzen. (O der unerhoͤrten
Schand!)
Ach die wird man nimmermehr in Torquats Regierung
hoͤren /
Nimmermehr wird ſolch ein Stuͤkk dieſen alten Kopff be -
thoͤren.
Laß ich / liebſtes Kind / dich leben wo bleibt mein Gehor -
ſam dann?
Und der andern Obrigkeiten? es wird bald ein ieder -
mann
Der nur Luſt zu ſuͤndigen mir ins Angeſichte ſagen:
Hat doch ſelbſt dein eigner Sohn Manlius vor wenig Ta -
gen
Wider dieß Geſetz gehandelt. Siehſtu nun mein liebts
Kind /
Was man hier wird mit dir machen. Wo mein Bit -
ten Stelle find /
Und bey dir verfangen kan / ach ſo wollſtu meinen Willen /
(Ach was willen / wenn ich muß!) nun mit deinem Blut er -
fuͤllen /
Sey hierzu mein Sohn geduͤldig zu der bittren Todes -
pein /
Dieſer Tod wird hier im Lande der Geſetze Geltung
ſeyn.
Dieſer Tod wird mir und dir einen Ruhm zuwege bringẽ /
Welcher nimmermehr vergeht / Dieſer Tod wird Rom be -
zwingen /
Daß man wird gehorſam bleiben. Boͤtel bring das Richt -
beil her /
Thu was dir iſt anbefohlen. Nun mag ſehen der und
der
Wer180[190]Poetiſch und Muſikaliſches Luſt -
Wer ein Roͤmſcher Kriegsman iſt / wie er ſeinen Oberleutẽ
Allezeit gehorchen ſoll / und hernachmals tapffer ſtreiten.
Wo es in beruͤhmten Staͤdten wol und gluͤklich zu - ſoll -
gehn
Muß Gehorſam bey Geſetzen / und bey Herren Weiß -
heit ſtehn.

An einen zwar reichen und vornehmen / doch aber ſehr unverſtaͤndigen / groben und hohnſpot - tenden Zuhoͤrer / des Violdigammen - ſpiels.

JCh hett es nimmermehr bey mir gedenken koͤnnen
Daß ſolch ein Unverſtand und ſolche grobe Sinnen /
Bey Menſchen koͤnten ſein als ich bey dir verſpuͤhrt
Du grober Eſelskopff. Du haſt dich zwar geziehrt /
Mit Seiden und mit Sammt mit breiten goͤlnen Spitzen
Haſt aber auch bey dir den groͤſten Unflad ſitzen /
Jch meine Toͤlpeley / pfuy Schluͤngel / Grobian /
Verſilberter Klaußnarr / geputzter Pafian!
Jſt die Violdigam dir Midaskopff zu wieder /
Und hoͤreſt auch nicht gern die wolgeſetzten Lieder /
So pakke dich hinauß und ſtelle dich dort ein
Wo wilde Thrazier und grobe Bauren ſeyn.
Denn dieſes ſuͤſſe Spiel und ſein beliebter Meiſter /
Gehoͤren nur allein vor hoh und aͤdle Geiſter /
Und nicht vor ſolche Narrn. Was ſag ich aber viel?
Vor dich Herr Urian gehoͤrt ein Leyerſpiel.

Als ſich die Zeit herbey nahete daß er von Thoren abreiſen ſolte.

SO iſt es denn an demdaß ich von dir ſoll ſcheiden
Du edles Thoren du / du andre Vaterſtadt /
Du Wohnhauß meiner Luſt und zweybejahrter Freuden /
Von dir / da mich ſo offt dein Tuhn ergetzet hat?
Solt181[191]Waͤldchens andere Abtheilung.
Soll ich mich ſchoͤner Ohrt anietzo von dir reiſſen?
Sol ich ins kuͤnfftige dich nimmer wieder ſehen
Du wehrte Stadt die du den Schluͤſſel von dem Preuſſen /
An deiner Seiten traͤgſt? Ach ſchwerlich wirds geſchehn.
So hab denn gute Nacht zu hundert tauſend malen
Sey ewig unbetruͤbt du hochbeliebte du
Gott laſſe ſeine Gunſt dir unaufhoͤrlich ſtrahlen
Leb allezeit vergnuͤgt in ſtottzem Fried und Ruh.
Habt tauſend gute Nacht ihr vielgeehrte Freunde
Du groſſer Daffnis du / und du auch Floridan /
Du aͤdler Tytirus / du Schrekken meiner Feinde /
Du wehrter Filidor du tieffgelehrter Mann /
Und wer ihr ferner ſeyd / ſeit allezeit geprieſen /
Von meiner Poeſie / vor eure ſchoͤne Gunſt
Die treu und hertzlich war / die ihr mir habt erwieſen /
Zum theil bald bruͤderlich. Jch wil die beſte Kunſt
Gebrauchen die ich kan uͤm euch nur hoch zu preiſen
Die ihr es wuͤrdig ſeit. Der iſt ein Boͤſewicht
Der ſich vor Guttaht kan nicht dankbarlich erweiſen.
Ein boͤſer Unmenſch weiß von keinem Danke nicht.
Auch ihr habt hertzlich Dank ihr aͤdlen Weiße linnen
Jhr honigſuͤſſes Volk die ihr an Hoͤfligkeit
Geht vielen vielen vor / habt dank ibr Venuſinnen
Die ihr ſo manchesmal / die liebgewuͤnſchte Zeit /
Auf eure Polniſch Ahrt / mir habet kurtz gemachet /
Lebt allzeit ſo erfreut / ihr aͤdle Tugendſchaar /
Der Himmel / der allzeit fuͤr eure Wohlfahrt wachet
Der geb euch zartes Volk viel hundert gute Jahr /
Auch ihr habt gute Nacht ihr wunderſchoͤnen Gaͤrten
Jhr Oerter meiner Freud / ihr Plaͤtze meiner Luſt /
Mein Hertz erſtarret faſt / die Zunge wil verhaͤrten /
Wenn ich den oͤfftern Schertz / der / Himmel dir bewuſt /
Bey mir betruͤbt erweg / ich bin vor groſſen Leiden
Jetzund faſt nicht mein ſelbſt / daß ich / ihr ſchoͤnen Plaͤtz?
Auch Prziſchek und Slavkow hinfuͤro ſo muß meiden /
Die ich was Luſt bebtrifft / faſt gleich dem Tempe ſchaͤtz.
Und du mein Stroͤmchen du flieſſ ewig unbetrubet /
Welchs meinem Tytirus und mir allein bekandt
Welchs182[192]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Welchs ich nach jeuer Nymf die mir allein beliebet
Und feſi im Hertzen ſitzt Kartillenfluß genant.
Wie offte ritt ich hin und ſatzte mich da nieder
Und hoͤrte dein Gereuſch du Kriſtalliner Fluß
Wie offt ſang ich bey dir der Karitillen Lieder
Dann ſatzt ich mich auffs Pferd und ſchiede mit Ver -
druß.
Wolan ſo ſey gegruͤſſt du wolgebautes Thoren /
Mit aller deiner Luſt / gegruͤſſet ohne Zahl
Welchs mir ſo offtermals ſoͤ ſuͤſſe Luſt gebohren
Sey tauſendmal gegruͤſſt und noch viel hundertmal.

Lobſchallendes Nahmensgedaͤchtnuͤs Des aͤdlen / Ehrnveſten / hochachtbarn und Wolweiſen Herrn Guͤnther-Heinrich Plathners / Fuͤrſtl. Weimariſchen Hoff - und geheimen Rahts. Meines hochgeehrten Herrn Ohmens.

No -183[193]Waͤldchens andere Abtheilung.
Nobilisſime, amplisſime, conſultis - ſime VIR, Domine Patrone & Avun - cule multis nominibus de - venerande.

ROMANI Chariſtia ſua ita concelebrabant, ut undecimo Calendarum Martii die, in pu - blico loco congregati Conſanguinei omnes & Cognati mutuis ſe donariis ornarent, boc maxi - fine & conſilio, ut Conjunctionis ſuœ recordati, ſimul de augenda Familia ſua etiam atꝙ́ etiam cogit arent. Quã quidem Conſuetudinem ut laude dignam videntur quodammodo retinuiſſe veteres Chriſtiani, dum & ipſi non quidem certo, eodem - que anni tempore ſua celebrahant Chariſtia, quando Cognatus Cognato, Amicus Amico gra - tulaturus de Natali die, vel celebrato, Convivio, vel munere miſſo, maximè chartaceo, feliciſſima quœꝙ apprecabatur. Quod idem, cum & noſtro tempore Conſueverit, qui ego ſecus facere poſſum, quàm ut carisſimi Nobiliſſimœ Amplitudinis tuœ Nominis diem , quá par est, obſervantiá cele - brem? Feci id quidem abſens, quoties Tibi efful. ſit venerandiſſimi Nominis Lux, Lux utinam pro - ſperrima! Quam ut Tibi DEUSOPT. MAXiaf - fulgere ſœpius faciat, devoté pieꝙ́ rogo, idꝙ́prœ - ſenti munere quamvis exiguo teſtor. Tu autem, Vir Patriœ Magne, Venet ande Avuncule, accipeKhoc184[194]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -hoc it a, ut viri Magni ſolent, aſpicientes donantis animum magis, quàm donum ipſum. Vale Vir Gravißime, & fave.

Tuo Ex Sorore Nepoti Georgio Neumarco.

WEr achtet euer Thun / ihr aͤdlen Junggeſellen
Von Lacedaemon dort? ihr moͤgt euch immer ſtellen
Jn euͤrem Goͤtzenhanſ und feyren euer Feſt /
Da ſich ein ieglicher mit Peitſchen ſtreichen leſt
Jn beyſein ſeiner Freund? Auch ihr Athenienſer
Eur Appaturien; und ihr ihr Laconenſer /
Den Hyacynthentag / den ihr Apollen habt
Zu Ehren angeſtellt; An welchem ihr euch labt
Mit Leidvermiſchter Luſt; Ruͤmt wie ihr immer koͤnnet
Die ihr vor Goͤtter ſchetzt / ich bin auff heut geſinnet
Ein weitbeliebter Feſt mit Freuden zubegehn.
(Mein hoch beliebter Katz mag heute ſtille ſtehn;
Auch Sarbievius mag unbeblettert bleiben;
Mein Reinking und Guevarr die moͤgen was beſtenben /
Verzeih mir mein Scotan daß ich nicht fleiſſig bin.)
Bey dir du Roͤmſches Volk ſteht heut mein gantzer
Sinn /
Wenn du Chariſtien mit frohen Sinnen feyreſt /
An welchem Tage du den Freundſchafftsbund verneureſt /
Und giebeſt ein Geſchenk aus unverfaͤlſchter Hand /
Dem / der dir mit Geſchlecht und Fleiſch und Blut ver -
wandt.
Es mag ein andrer wol ein Hecatombe ſchenken
Und opffren ſeinem Freund / ich wil nur dahin denken /
Wie ich aus rechter Treu / an dieſem ſchoͤnen Tag
Ein Opffer meiner Lieb auß Freundſchafft bringen mag;
Wie185[195]waͤldchens andere Abtheilung
[W]ie meine Poeſie durch ihre ſchlechte Schrifften
[d]ort jenem wehrten Mann ein Denkmahl moͤge ſtifften /
Ein Denkmahl / welches nie nicht wird vergeſſen ſeyn.
Es ſol geſchrieben ſtehn in hartem Stahl und Stein;
[E]s muͤſſen endlich zwar die Pyramiden fallen;
[E]s ſinken endlich auch die hocherhabne Wallen;
Die Mauer Babilons auch die muß untergehn;
Ein aͤdles Tugendlob bleibt aber ewig ſtehn.
[D]ort jener theure Mann / das aͤdle Foͤbushertze
[S]ol ſtehen wo die Sonn / die groſſe Himmelskertze
Bey tauſend Sternen ſteht. Den andren Scipio /
Und was den Mund belangt / den andern Cieero
[D]en wil ich / wie ich kan / biß ans Geſtirn erheben /
Vo andre Geiſter mehr in groſſen Ehren ſchweben;
Ein ſchoͤner Lorberkrantz / der nie verdorren kan
Der ſol / durch meine Hand den hochbeliebten Mann
[B]ekraͤntzen. Zwar es find zu ſonderlichen Ehren
[V]iel Seulen von Metall Demetrio Phaleren
Dort zu Athen geſetzt / weil er ſo wol regirt
Und zehn Jahr mit Verſtand das Regiment gefuͤhrt.
Was aber ihm die Gunſt zuvor hat auffgeſtellet /
Das hat der blaſſe Neid ihm wiederuͤm gefellet
Zu ſeinem groſſen Schimpff; hier ſoll es nicht ſo ſeyn.
Eh geh ich Waſſer / Feur / Gifft / Strang und Degen
ein /
[E]h ich was anders mein / als meine Feder ſchreibet.
Die Ehrenſeule / die ich heute richte / bleibet /
Und ſteht wie Kapharus. Es bleibet unverletzt /
Was meine Poeſie beſtaͤndig auffgeſetzt /
Dem hochbeliebten Mann am ſchnellen Saalenſtrande /
An jenem fetten Ohrt in Tyringoter Lande /
Der ſchon bey dreizehn Jahr in ſeinen Ehren bluͤht /
Auf den der groſſe Fuͤrſt der tapfre Wilhelm ſieht /
Wie auff ſein Sinnenſchloß. Wie / wenn die Winde bellẽ /
Wenn See und Wetter tobt / der Schiffer mang den
Wellen
Nach Pharus Fakkel blikt; auch ſo ſieht oßtmals an
Der aͤdle Sachſenheld / mein groſſer African
K ijUnd186[196]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Und kuͤnfftiger Auguſt / in zweifelhafften Thaten /
Deſſelben Mannes Witz / und wolbedachtes Rahten.
Weil er ein ſolcher Raht der nie was vorgebracht /
So nicht entſprungen wer auß reiffem Vorbedacht /
Jn dem er ſelber weiß / daß allzukuͤhne Raͤhte
Zwar offtmals vor ſich gehn / dann aber viel zu ſpaͤte
Wenn man ſie aͤndern wil / wenn nichts zu aͤndern ſteht;
Und gehets nachmals ſo wies manchmal leider geht.
Was man wileinmal thun / das ſol man lang erwegen /
Und ſolches mit Vernunfft und Recht wol uͤberlegen /
Dann geht der Anſchlag an und ſchafft dẽ Sachen Ruh.
Jch hett-es-nicht-gemeint ſteht keinem Weiſen zu.
Mein / hoͤr! iſt dem nicht ſo / du ſchoͤnes Liecht der deinen;
Durch deſſen hellen Glantz und angenehmes Scheinen
Die Freundſchafft wird geziehrt? du O mein Antonin /
Mein wehrter Mecœnat / und guͤltiger Sextin?
Wer iſt es aber doch / dem ich zu Dienſten ſtehe?
Weßwegen den Tag ich ſo feyerlich begehe?
Jhr / Jhr Herr Plathner ſeits / ihr meiner Freunde Ziehr
Jhr mein hochwehrter Ohm / ihr andrer Vater ihr /
Auff dem mein Gluͤtte ruht / und meine Wolfahrt bluͤhet /
Nach dem mein Lebensſchiff wie nach dem Hafen ſihet
Und ſuchet ſeine Ruh; Jhr ſeit es mein Patron
Dem ich zum Ehren Lob als eurer Schweſter Sohn /
Diß Nahmenfeſt begeh. Jm fall mir Gott das Gluͤkke
Mit friſchem Leben goͤnt / daß ich zu euch zu ruͤkke
Komm in mein Vaterland (von dem ich muͤſſen ſtehn /
Und nun ins zehnte Jahr ſolchs ruͤkkenwerts beſehn /
Dieweil der grimme Mars bißher daſſelb erfuͤllet
Mit ſeiner Grauſamkeit / und ſeinen Durſt geſtillet
Mit vieler Menſchen Blut) ſo wil ich in der Taht
Erweiſen was mein Sinn euch zugeſaget hat.
(Jch meine meinen Dienſt) Nun / dieß iſt mein Begehren /
Der Hoͤchſte woll es mir doch gnaͤdiglich gewehren /
Daß / weil der Kriegesſturm ſich endlichen gelegt
Und das Germannenreich den aͤdlen Frieden hegt /
Durch Gottes Vatergunſt / ich meinen Anverwandten /
Dem lieben Vaterland / und andern Blutsbekandten
Nur187[197]waͤldchens andere Abtheilung.
Nur moͤchte dienſtlich ſeyn: Dem / der vor allen geht
Und mir in dieſer Welt / nechſt Gott / am nechſten ſteht;
Euch meinem Theodoſ; dem alten aͤdlen Vetter
Dem weiſen Gottfried dort / der in ſo manchem Wetter /
Und harten Kriegesſturm in jener freyen Stadt
Von Muͤhlen her benahmt / ſich ſo erzeiget hat /
Daß man mit allem Recht ihn Thraſibulen gleichet /
Dem er an Buͤrgertreu und Gunſt mit | nichten weichet;
Es muß ihm zeuge ſeyn der andre Ferdinand
Bey dem er als Legat ſein liebes Vaterland /
Mit Reden hat geſchuͤtzt; auch Jenen aͤdlen Leuten
Die in Galenuskunſt zu Jene dieſer Zeiten / D. Roll -
Zwey groſſe Fakkeln ſind; die / wie Democides / fink.
Wie Æſculapius / und Ariſtogenes / D. Schell -
Durch ihren groſſen Fleiß ein ewigs Lob erlanget. hammer.
Wie denn ihr Name ſchon mit hoͤchſtem Ruhme pranget;
Dem Herrn Ehrius; und noch viel andern mehr.
Dieß iſt mein Hertzenwunſch / daß ich doch ſolch ein
Ehr /
Einmal erleben moͤcht in dieſen meinen Jahren
Zu kuͤſſen derer Haͤnd uͤm bloß nur zu erfahren
Wie doch der Zuſtand ſey; ob auch der aͤdle Schatz
Die guͤldne Freyheit dort noch ihren alten Platz
Den Ritterſitz beſitz. Jch weiß nicht ob zutrauen
Und wol zu leben ſey; ob ſicherlich zu bauen
Auf Hoffnung / die man macht; ob da vielleichte nicht
Der gute Szylius Opæen finden moͤcht /
Und alſo unverſehns / und uͤber alles meinen /
Wenn er Charybdis flieht / der Scyllen Grimm beweinen.
Doch / daß mein gantzes Hertz / und auch mein gantzer
Sinn
Zum Vaterlande ſteht; daß ich bereitet bin
Zum Dienſte / ruͤhrt nicht her aus einem eitlen Schertzen.
(Wenns Gott nur ſo gefellt.) Jn deſſen ich von Hertzen
HEINRICI-FEST begeh und wuͤnſch auf dieſen
Tag /
Daß euch hochwehrten Ohm kein Ungluͤk kraͤnken mag.
K iijTraur -188[198]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Trauerverſe Auf das Begraͤbnuͤß der hochaͤdelgebohr - nen Frauen Katharinen von Kreutzin / Des hochaͤdlen Herrn Dietrichs vo[n]Leßgewangs Jhr. Koͤnigl. Maj. zu Poh[l.]und Schwed. Majors Gemah - lin.

ACh heiſſes Hertzeleid / was ſoll ich erſtlich ſagen /
Sol ich / hochaͤdler Herr erſt troͤſten oder klagen
Jn eurem Trauerſtand? ach weh der groſſen Noht!
Die euch wird angethan durch eurer Liebſten Tod.
Jch ſehe leider wol daß nun auf allen Seiten
Die bleiche Todesangſt mang euch beginnt zuſtreiten;
Hier weint man bitterlich / dort ſteht ein aͤdler Sinn
Und ſinket faſt fuͤr weh / in tieffer Ohnmacht hin.
Nun ſchweigt ein wenig ſtill ihr aͤdlen Roͤmerinnen;
Schweig tapffer Piſo ſchweig / gib deinen muͤden Sinnen /
Ein wenig Raſt und Ruh / daß durch des Todes Liſt
Dein aͤdle Tullia von dir geriſſen iſt
Jn ſchwerer Kindesnoht; hemm deiner Augenfluͤſſe
Du aͤdler Roͤmerheld Pompejus / laß die Guͤſſe /
Der herben Thraͤnen nach / daß deine Julia
So auch geſtorben iſt; und du Calligula
Du Bluthund hoͤr nur auff Candillen zu bejammern /
Der du nun ſitzeſt dort in deinen Moͤrderkammern /
Die uͤberall beſpruͤtzt mit armer Chriſtenblut
Und netzeſt ihren Tod mit einer Thraͤnenflut.
So recht! du haſts verdient. Jhr andern ſchweiget ſtille /
Jhr ſeit auch wer ihr ſeit / die auch des Himmels Wille
Durch gleichen Fall betruͤbt. Seht ihr Betruͤbten ſeht /
Der aͤdle Leſgewang der ietzo vor uns ſteht /
Wie der / faſt nicht ſein ſelbſt / die ſchwachen Haͤnde winde
Und klaget jaͤmmerlich / ſchaut wie ſich haͤuffig findet
B[ey]189[199]waͤldchens andere Abtheilung.
Bey ihm das ſchwartze Blut / die Augen ſind ihm roht
Vom ſcharffen Zaͤhrenſaltz / er gehet wie halb tod /
Weil ihm der Menſchenfraß das Hertze hat zerſtuͤkket
Durch einen ſtarken Hieb / die Sinnen ſind entzuͤkket /
Und kaum kaum bey ſich ſelbſt. Ach weh / der gute Mann
Hat Uhrſach gnug darzu / ſo viel ich merken kan:
Schaut dieſen Coͤrper an / aus welchen iſt geflogen
Der wehrte Gaſt die Seel und Himmel - auffgezogen /
Der reget ſich nicht mehr. Da liegt der kenſche Leib
Das Wohnhauß aller Zucht / da liegt das ſchoͤne Weib /
Die andre Biblia die ſich der leichten Jugend
(Ja auch den Alten wol) in aller aͤdlen Tugend
Zum Beyſpiel vorgeſtellt / da ligt Placidia
Da ligt Penelope / da liegt Zenobia.
Das Gottgeliebte Menſch war niemals nicht ergeben /
Der ſchnoͤden Eitelkeit; in ihrem gantzen Leben
Hielt ſie die Gottesfurcht fuͤr ihren hoͤchſten Ruhm
Die fromme Hoͤfligkeit die war ihr Eigenthum.
Sie war kein Acco nicht / wie manche ſtoltze Pfauen
Die ſich vom Morgen an biß in die Nacht beſchauen /
Die vor dem Spiegel mehr / als vor der Bibelſtehn /
(Ach moͤchten ſie doch auch bißweilen nur beſehn
Jhr grobes Laſterſtuͤk!) bedenket was fuͤr Schmertzen /
Jhr hinterlaſner Herr in ſeinem matten Hertzen /
Anietzs fuͤhlen mag / wenn er dieß wol bedenkt
Ach mein bedenket doch wie dieſes ihn doch kraͤnkt /
Wenn er ſein liebſtes Hertz da ſieht entgeiſtert liegen
Die vor ſein hoͤchſte Luſt / ſein einiges Vergnuͤgen /
Sein andre Seele ſelbſt / und ſeine Sonne war /
Wenn / ſag ich / er ſie ſieht in dieſer Todenbahr.
Ach bittres Hertzeleid / Es ſchmertzt ihn auch nicht minder
Daß er uͤm ſich heruͤm die unerzogne Kinder
Des Stammes Pflantzen ſieht; hier ſteht das Ein und
weint
Nach ſeiner Mutter Schoß die es nur ſchlaffen meint.
Das andre winſelt dort / das dritte Seelchen lebet
Jm ſchoͤnen Paradieſ alwo anitzo ſchwebet
Der190[200]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Der adlen Mutter Seel. Jhr habt zwar recht und fug
Jhr angefreundte Freund und Uhrſach allgenug
Daß ihr die Thraͤnenbach ſo milde laſſet gieſſen
Daß eure Wangen ſtets vol ſcharffer Zaͤhren flieſſen;
Man wird ja / wo ein Freund verreiſet / wol betruͤbt
Wenn der uns gute Nacht / aus treuem Hertzen giebt.
Wie ſolts denn hier nicht ſeyn? Doch gebeteuch zu frieden
Der hoͤchſte Himmelsherr der Euch und Sie geſchieden
Der hat es gut gemacht. Thut was ihr faͤſte glaͤubt
Setzt eure Seel in Ruh / Sie iſt ſchon wo ſie bleibt
Jn alle Ewigkeit / Sie iſt ſchon in dem Himmel
Woran ſie ſtets gedacht / das ſchaͤndliche Getuͤmmel /
Das liederliche Thun der Suͤnderſofnen Welt
Hat ſie / die liebe Frau / zu ihrem Fuß geſtellt;
Und lacht der Eytelkeit; Sie iſt und bleibt nun ſelig
Bey ihrer Schweſter dort / und ziehet auch allmaͤhlich
|Euch zu ſich Himmelan; Sie lebt in ſteter Luſt
Entfernt in dieſer Welt und ihrem ſchnoͤden wuſt.
Ey nun! ſo macht es ſo / mit eurem Leidetragen /
Und trauret nicht zu viel / daß ihr auch koͤnnet ſagen
Daß alles in der Welt / was Gott der hoͤchſte thut
Es ſey auch was es ſey / ſehr nuͤtzlich recht und gut.

FPITAPHIUM Optimæ Spei Aduleſcentuli INGENVI inquam & NOBI - LISSIMI JOHANNIS STRO - BANDI, Nati Anno 1638. 2. Julii. Denati 1650. 6. Auguſti.

SIſte pe dem, or amus, pauliſper amise viator,
Ut quam ſit, videas, labilis omnis homo:
FLOS -191[201]waͤldchens andere Abtheilung.
FLOSCULUS in tumulo jacet bic prænobilis, atræ
Mortis præproper â falcereſectus agro.
Magna PATRIS MAGNI Spes, Spes pulcherri -
ma Matris,
Filius, Amborum deliciumque fuit.
Deliciumꝙ́ dolent Ambo puerilibus annis
Jam periiſſe ſuum; Juſtus utriꝙ dolor.
Magnum etenim civem ſper abant judice Phœbo,
Quiſtudiis poſſet magna probare ſuis.
Aſt jacet eccepuer! jacet bic Spes dempta Paren -
tum!
Nobilitate nitens Ingenioque puer.
Contegit hoc ſaxum Corpus, pars altera Cœlo
Gaudet; quod nunc est, Ipſe viator eris.

Sinnenſpruch.

ACh ſeht! da ligt das Kind von aͤdelem G. muͤhte /
Des Stammes ſchoͤnſter Zweig / in einer Todtenbar /
Der ſeiner Eltern luſt / und hoͤchſte Hoffnung war /
Vom Tode hingemetzt in ſeiner ſchoͤnſten Bluͤhte.
Gott nimmt die Seeli weg; das Grab den Coͤrper haͤlte
Sein aͤdles Tugendlob bleibt aber in der Welt.

Quod

Summi conteſtandi doloris ergô exſtruxit
& lachrymabundus poſuit

G. N.

K vDenk -192[202]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Denkreime Des groſſen Ungluͤkks und Hauß - kreutzes

Womit Gott den Herrn Jacob Mey - ermann meinen lieben Diſchwirth den 21. Brachmonatstag des 1650ſten Jahres hart / doch vaͤterlich heim̃geſuchet / | in dem er nicht allein eine ziemliche Zeit an der Gliederkrankheit gelegen / ſondern auch ſein einiger Sohn Daniel von 10. Jahren und 6. Mohnat einen uͤberauß ſchweren und faſt toͤdlichen Fall vom Hinterhauſe drey Stokkwerk hoch hinunter auf das har - te Pflaſter gethan.

JCh wil dirs gern geſtehn / Amfion / daß die Schmertzen
Die du mit groſſem Leid in deinem Vaterhertzen
Als tauſend Wunden fuͤhlſt / faſt unertraͤglich ſind:
Jch glaͤub es Hekuba / daß dich dein liebes Kind
Dein Polidorus ſchmertzt; auch kan ich leicht gedenken
Daß es Antikle dich nicht wenig nur muß kraͤnken /
Wenn dir zu Ohren koͤmmt / zwar durch ein falſch Ge -
ſchrey /
Als wenn vor Troja dort dein Sohn geblieben ſey
Dein liebſter Sohn Ulyß. Es mag ſich ſo verhalten /
Jch geb es gerne nach daß euch die Hertzen ſpalten
Vor groſſem ach und weh. Doch ſchweigt anitzo ſtill
Und hoͤrt ein wenig zu was ich erzehlen wil.
Dann ſprecht das Urtheil ſelbſt ob ihr nicht muͤſſet weichen
Was Wehmuhtanbelangt? ob euch nicht ſey zugleichen
Frau Me[ye]rmannin Angſt und ihres Liebſtens Leid;
So ihm den kalten Tod bey nahe zugetreut:
Der beyden einger Sohn / der wie die Roſe pranget /
Und der die helffte kaum vom elfften Jahr erlanget /
Geht ungefehr allein auß antrieb ſeiner Luſt
Jns Oberhauß hinauf des Ungluͤks unbewuſt
(Denn193[203]waͤldchens andere Abtheilung.
(Denn was der Himmel wil das ſol und muß geſchehen
Kein Menſch wie klug er auch kan dieſem widerſtehen.)
Et ſpielet mit ſich ſebſt / geht allzuweit herfuͤr
Zum Ladenfenſter zu (O weh es grauet mir
Vor ſolchem Ungeluͤkk! es ſtokken meine Sinnen /
Die Feder wil nicht fort es wollen die Verſe nicht rinnen /
Wie ſie pflegen und wie ſie ſollen.)
Mit dleſem ſtuͤrtzet er drey Stokwerkhoch / der Kleine /
Jch weiß nicht wie herab / auff harte Pflaſterſteine;
Die Hirnfchal; iſt entzwey / das Blut leufft mildiglich
An dreyen Ohrten auß / kein Gliedmaß reget ſich /
Er lieget gantz erſtummt / man traͤgt ihn in die Kammer /
Zieht ihm die Kleider ab / man legt ihn voller Jammer
Und Elend in das Bett / er liegt wie eine Leich /
Er ſiehet nichtes nicht / das Angeſicht iſt bleich /
Der Leib iſt braun und blau / die Haͤnde ſind verſtauchet /
Man merket kaum an ihm | daß er noch etwas hauchet /
Man waͤſchet ihm dẽ Leib mit warmgemachtem Wein /
Und legt ihm Pfiaſter auf Was nur kan dienlich ſeun
Das nimmt man vor die Hand. Es wird durch dieſes Fal -
len /
Der Vater fo erſchrekkt / als wenn ein Donnerknallen
Jhm vor dem Hertzen wer / es bricht der kalte Schweiß
Jhm an der Stirnen aus / die Haͤnde werden Eyß /
Er faͤllt in Ohnmacht hin / er kan kein Glied nicht regen /
Da er doch ohne das drey Wochen ſchon gelegen
An der verfluchten Gicht. Er ſchweiget lange ſtill /
Faͤngt endlich alſo an: Ach Gott iſt denn dein Will /
Auf mich ſo wiederlich? Schlaͤgt denn mit vollen Fammen
Dein groſſes Zorenfeur auf meinen Halß zuſammen?
Den erſten liebſten Sohn haſtu mir weggezuͤkkt
Ju einer Schwerennoht; der ander iſt erdruͤkkt
Von ſeiner Seugerin; Sol auch der dritte ſterben
Und durch den ſchweren Fall / ſo jaͤmmerlich verderben
Der nun mein letzter iſt? der eintzig und allein
Mein Troſt / mein Stab / mein Schild im Alter ſote /
ſeyn?
D[och]194[204]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Doch / mach es wie du wilſt / mein Gott du wirſt ſchon ſehen
Was mir wird nuͤtzlich ſeyn / Jch laß es gern geſchehen
Was ich nicht aͤndern kan / verleyhe nur Geduld
Du mein gerechter Gott und ſey mir wieder huld.
Drauff fieng er wieder an almaͤhlich zu beſchweimen
Und das / mahl uͤber mahl. (Hier war nicht zu verſeumen
Was Sinn und Hertz erquikkt.) Die Mutter ſteht wie
tod /
Und weinet bitterlich in ihrer Hertzensnoht
Sie weis vor groſſer Angſt ſich ſelber kaum zu finden /
Sie klaget jaͤmmerlich mit ſchwachem Haͤndewinden /
Bald ſteht ſie wie erſtarrt / bald geht ſie hin und her
Und ſeufftzet innerlich / daß auch / ich weiß nicht wer /
Sich ihr erbarmen muß. Alzeſtis wolte ſterben
Dort in Theſſalien / nur bloß uͤmb zuerwerben
Was ihren krankken Mann / was ihren liebſten Herrn
Vom Tod erretten moͤcht; Es wer auch hertzlich gern
Die ſtoltze Niobe vor ihre liebe Kinder
Geſtorben. Eben ſo erbeut ſich und nicht minder
Frau Meyermannnin Hertz aus treuer Liebespfiicht /
Jmfall das Chriſtenthum es nur erlauben moͤcht.
Hier liegen zwey vor ihr in ihren Krankenbetten
Die ſie wolt hertzlich gern mit ihrem Blute retten
Jm fall es muͤglich wer / ihr Mann / und auch das Kind
Die gleichſam beyderſeits in Todesnoͤhten ſind.
Es kommen ihre Freund und andre mehr mit hauffen /
Dieß Elend anzuſehn ins Hauß herzu gelanffen.
Der ſtehet hier und klagt / der andre da und weint
Dort wird der Vater ſelbſt der ſchon zu ſterben ſcheint
Mit Bezoar erquikkt; ein andrer hilfft verbinden
Das hartgefallne Kind / der dritte wil erfinden
Womit er troͤſten mag die hochbetruͤbte Frau /
Der vierdte wundert ſich und fraget gar genau
Wie doch der Fall geſchebn; es ſtehet Stub? und Kam̃er /
Mit weh und ach erfuͤllt; Jſt das nun nicht ein Jammer
Und heiſſes Hertzeleid? Doch Gott der weiß auch wol
Jn ſolcher Wiedrigkeit wie er uns troͤſten ſol.
Wenn195[205]waͤldchens andere Abtheilung
Wenn ſeine ſchwere Hand uns arme Menſchen druͤkket
Und ſein gerechter Zorn ein ſchweres Kreutze ſchikket /
So wer es mit uns aus / mit uns wer es geſchehn /
Wir muͤſten offtermals im Ungluͤkk untergehn /
Wo Gottes Wortes Kraft uns nicht darinnen ſtaͤrkte
Wo man nicht auch darbey das Vaterhertze merkte.
Gott ſchlaͤgt zwar auf uns zu doch heilt die andre Hand /
Wenn wir nur ſtille ſeyn in ſolchem harten Stand
Und leidens mit Geduld. Gott lenkket alle Plagen /
Bey ſeinen Kindern ſo / daß ſie es koͤnnen tragen.
Der Frommen ihre Noht und bittres Hertzeleid /
Verkehrt ſich endlich doch in ſuͤſſe Froͤligkeit.
Hier leſt ſichs auch ſo an. Gott iſt ſchon wolgewillet
Mit Gnaden drein zu ſehn. Denn als ſich nun geſtillet /
Nach dreyer Stunden lang des Vaters Mattigkeit
(Die Ohnmacht mein ich hier.) So weicht auch mit der
Zeit /
Des Sohnes Todenangſt / die vor erkaͤlte Glleder
Die werden wieder warm / er fuͤhlt allmaͤhllch wieder
Und koͤmmet zu ſich ſelbſt. Der dritte Tag zeigt an
Daß ihm der ſchwere Fall nicht toͤdlich ſchaden kan /
Wie greulich er auch war. Als nun vorbey geflogen
Der neundte Tag / hat ſich der Vater angezogen
Und mit / und neben uns geſeſſen uͤber Diſch
Und gehet nun heruͤm / Gottlob geſund und friſch.
Der Sohn / wie nah ihm auch der Tod zuver geweſen /
Wird auch mit Gottes Huͤlff in kurtzer Zeit geneſen /
Die Wunden heilen huͤbſch / er ſpiehlet / ſchertzt und lacht.
So ich und keiner nicht ſo bald von ihm gedacht.
So denkt nun wol daran / ihr vorbetruͤbte Hertzen
Jhr aͤdlen Eltern ihr die ihr mit herben Schmertzen
Das Haußkreutz wolgefuͤhlt / die ihr bißher bey nah
Jm Leid erſtikket ſeit; ach danket / danket ja
Dem allerhoͤchſten Gott / und ſeht was ſeine Guͤte
An euch verrichtet hat / weil euer gut Gemuͤhte
Jhn hertzlich angefleht. Kein Ungluͤkk iſt ſo groß
Gott nimmt es von uns weg / und macht uns deſſen loß /
K vijWenn196[206]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Wenn wir geduͤltig ſind; er kan ein Mittel finden
Daß unſere Vernunfft durchaus nicht kan ergruͤnden.
Wer in Betruͤbnuͤß ſtekkt und feſt auff Gott vertraut /
Der hat warhafftig nicht auff loſen Sand gebaut.

Sonnet.

Als ich zu Luͤbekk im 1643ſten Jahre / den 12. Aprill zu Schiffe / uͤm nach Koͤ - nigsberg auff die U niverſitet zu reiſen / gieng.

NEptunus ſol zwar ſeyn ein Gott der ſtoltzen Wellen
Und Eolus der Wind im fall daſſelb iſt war
Was uns zuſagen pflegt die kluge Tichterſchar;
Und gleichwol koͤnnen ſie noch niemals nicht erhellen
Daß ſie beſaͤnfftigen der Winde ſtarkes Bellen.
Hier gilt Neptunus nichts auch Eolus kein Haar!
Wenn wir armſelige gerahten in Gefahr /
So muß uns Gott allein in ſolchen Ungluͤksfaͤllen
Erretten aus der Noht / wenn der nicht bey uns iſt /
So hilfft kein Ankerſeil des Schiffers Kunſt und Liſt
Wie groß ſie auch mag ſeyn / kan nichts allhier verfangen.
Druͤm hilff du treuer GOtt / denn du biſt HErr der
See /
Daß ich friſch und geſund ohn alles Ach und Weh
An den gewuͤnſchten Port des Pregels an - mag-langen.

Sonnet

An den Neid.

WJe koͤm̃ts vergifft er Neid / du dein ſtets eigner Henker /
Du boͤſes Schlangenkind / du helliſches Geſchlecht /
Du Friedenſtoͤrer du / du Teuſſels Stekkenknecht /
Du blauvergalter Mund / du dein ſelbſt eigner Kraͤnker /
Wie /197[207]waͤldchens andere Abtheilung.
Wie koͤmmt es / ſag ich noch du Ungluͤks angedenker /
Daß du muſt allezeit veruͤben deine Tuͤkk
Und wetzen deinen Zahn / wenn wor ein gutes Gluͤtk
Der Tugend iſt beſchehrt? ſag an du Ehrverſenker.
Doch ſchweig ich weis es ſchon. Gleich wie dem klahren
Liecht /
(Jm fall der goͤldne Glantz Apollens zu uns bricht.
Und denn der Silberſchein von ſeinen Ehegatten /)
Der dunkle Schatten folgt; ſo folgſtu uͤberal
Der aͤdlen Tugend nach. Kurtz / wiſſe dieſes mal
Die Tugend iſt das Licht / du aber ſchwartzer Schatten.

Sonnet

An die unmaͤſſigen Wein - ſauffer.

JHr Helden die ihr euch ſelbſt ſaufft vom Witz und
Sinne
Die ihr euch ſpaͤht und fruͤh mit vollem Glaß ergetzt /
Da ihr an Statt der Kirch euch in ein Weinhauß
ſetzt /
Die ihr an Gottes Statt die geile Luſtgoͤttinne
Und euren Bachus ehrt bedenkt was Sauffen koͤnne /
Hat nicht der Wein den Loht zur Unzuchtangehetzt?
Hat Alexander nicht den Klitus hingemetzt
Jn voller Trunkenheit? O Seelenmoͤrderinne!
O Laſterquell! es iſt mit Thraͤnen zubeklagen /
Wie mancher Mord / Verraht / wie manche Hurerey;
Wie mancher Diebſtahl auch durch dich veruͤbet ſey.
Bedenk dieß Trunkenbold! Doch / muß ich dieß auch ſa -
gen:
Der Wein der iſt geſund wenn man ihn recht geneuſt /
Ein Gifft imfall man ihn wie Waſſer in ſich geuſt.
An198[208]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

An den am Elbenſtrome gele - genen Flekken Wedel /

Als ich in meiner Hinreiſe / dahin zog / uͤm den aͤdlen / weitberuͤhmten und tieffſin - nigen Herrn Johann Riſten meinen groſ - ſen und hochwehrten Freund zu - beſuchen.

SEy tauſend mal gegruͤſſt du weitberuffnes Wedel
Welchs eben ſo beruͤhmt / ſo herrlich und ſo aͤdel
Als etwan eine Stadt mag in Europa ſeyn
(Doch ſag ich itzo nicht von groſſer Haͤuſer Schein.)
Laß Dantzig ſeyn belobt durch groſſe Zahl Geſchuͤtze;
Stadt Ulm durch vieles Geld; Laß durch viel Fuͤrſten
Sitze
Und praͤchtige Gebeu Venedig ſeyn bekandt;
Und Rom durch ſeinen Pabſt / den dieß und jenes Land
Vor ſeinen Abgott haͤlt; Laß Amſteldamm ſich breiten
Mit ſeiner Kauffmannſchaft; Laß auch bey dieſen Zeiten
Die groſſe Neronsburg die weltberuͤhmte Stadt /
Die jenen aͤdlen Mann anitzo bey ihr hat /
Der ſich durch unſre Sprach hat allbereits vergoͤttert /
Beruͤhmet ſeyn durch Kunſt / die alle Welt beſpoͤttert
Was ihren Witz betrifft; Laß Straßburg durch den
Thurm;
Und Prag beruffen ſeyn durch letzten Kriegesſturm
Laß die und jene Stadt durch dieß und jenes Prangen /
Du kanſt ingleichen auch dir einen Ruhm erlangen
Der nicht vergaͤnglich iſt. Doch / haſtu ihn doch ſchon /
Du aͤdles Wedel du! Dein groſſer Foͤbus Sohn
Der itzo bey dir wohnt wird dir durch ſeine Schrifften
Die lauter himmliſch ſind / ein ſolches Denkmal ſtifften
Daß199[209]waͤldchens andere Abtheilung.
Daß dein vorſchlechtes Lob nun wird bey Buntzlau
ſtehn
Auch dort bey jenem Solm / die zwar ſchlecht anzuſehn
Doch gleichwol weit beruͤhmt. Du aber wirſt hergegen
Du wehrter Flekken du dein Gluͤkke wol erwegen
Das dir der Himmel goͤnnt. Du wirſt den aͤdlen
Mann /
Den Mann / der ſo geſchikkt und trefflich ſchreiben kan /
Der durch die Poeſie hat viel zu ihm gezogen /
Dem jener tapffre Fuͤrſt von Hertzen iſt gewogen
Der aͤdle Sachſenheld / mein groſſer Afrikan
Der Muſen hoher Freund und guͤltiger Trojan.
Du wirſt ſag ich den Mann ſchon wiſſen hoch zupreiſen
Und ihm all Ehr und Gunſt und treue Dienſt erwel -
ſen /
Schau aͤdles Wedel ſchau / wie ihm der Elbenfluß /
Der in die Weſtſee fleuſt / tagtaͤglich einen Gruß
Von ſeinem Gott Neptun allmaͤhlich bringt zuruͤkke:
So daͤnk dem reifflich nach was dieſes vor ein Gluͤkke
Und ſchoͤnes Weſen ſey / daß du den bey dir haſt
Den Gott und Menſch beliebt. Jch als ein fremder
Gaſt
Erbitte dieß von dir daß du ihm an - wollſt - zeigen
Daß ich ihn hertzlich lieb / und daß er wolle neigen
Zu mir ein Freundeshertz. Du weiſt ja wer es iſt /
Du liebes Wedel du? Es iſt dein aͤdler Riſt.

Erinnerungsverſe.

Als er nach vielen Wuͤnſchen endlich einmal mit der allerholdſeligſten und Tn - gendhaffteſten Karitillen des Abends per - ſoͤnlich redete in keuſcher und Eh - rengeziehmender Liebe ſchertzete.

Mein200[210]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
MEin auſſerwehltes Kind / wie? waren dieſes Kuͤſſe
So ich in jener Nacht in jener Freudenzeit /
Von dir empfangen hab? Ach nein / es waren Fluͤſſe
Von lautrem Honigſeim / vol ſuͤſſer Liebligkeit /
Das / was ich halb verzukkt von dir / mein Hertz / ge -
noſſen
War / daucht mir lauter Trank der Himmels Nektar
heiſt /
Und von den Goͤttern ſelbſt in deinen Mund gegoſſen /
Das war es / wo mir recht / womit mein Hertz ge -
ſpeiſt
Und ſo gelabet war. Was man an Zimmetrinden /
Am Zukkerkandien an Ambr und Nardus ſchmekkt
War liebſtes Seelchen da an dir mit Luſt zu finden /
So mir noch dieſe Stund ein Hertzensfreud erwekkt /
Ach weh! was ſag ich Freud / Ach ja noch groͤßre Schmer -
tzen
Hat mir es zugebracht. Zuvor war ich verliebt
Jn ihre Freundligkeit aus recht getreuem Hertzen
So niemals faſch gewuſt noch Heucheley veruͤbt.
Nun ich mit ihr geredt / nun ich mit ſchlechten Worten
Jhr meinen Sinn erklaͤhrt nun ich mit hoͤchſter Luſt
Hab ihren Mund gekuͤſſt die rohtkoralne Pforten
Wol zehen zehen mal iſt mir faſt nichts bewuſt
Als nur Verzweiffelung; Jch bin nur halb bey Le -
ben /
Jch weiß nicht was ich thu / ich weiß nicht was ich
mach /
Jch bin der Hertzensangſt und groſſem Leid ergeben /
Jch geh / ich ſteh / ich ſitz / ich ſchlummer oder
wach /
Es funkeln ſtets fuͤr mir der ſchoͤnen Augen Strahlen /
Die mich ſo angeleucht in jener dunklen Nacht /
Der Zukkerſuͤſſe Mund den ich zu vielen malen
Jn keuſcher Gunſt gekuͤſſt mir einen Nachſchmakk
macht.
Mir201[211]waͤldchens andere Abtheilung.
Mir deucht ich fuͤhl allzeit die Wollenweiche Haͤndchen
Die mein in treuer Lieb hertz-hertzlichen gedruͤkkt /
All Augenblikk und Stund hoͤr ich die Komplement -
chen
Die ſie zu machen wuſt / und mich damit | erquikkt
Ach Jammer! Hertzeleid / ach hertzliches Bekuͤmmern!
Ach weh daß ich ſo bald von ihr geſchieden bin /
Ach flieſſt ihr Thraͤnen flieſſt! erſeufftz in groſſem Wim -
mern /
Du treuer Thyrſis du ſetz deinen gantzen Sinn
Jn ſchwartze Traurigkeit. Doch wenn ich wiſſen ſolte
Daß mein geliebtes Hertz / mein klarer Leiteſtern
Die aͤdle Karitill beſtaͤndig lieben wolte
Mit Felſenfeſter Gunſt (Ein falſcher Schein ſey fern!)
So wolt ich alles Leid aus dem Gemuͤhte treiben
Das mich bey Tag und Nacht faſt unauffhoͤrlich
kraͤnkt
Und mit Beſtaͤndigkeit in feſter Hoffnung bleiben /
Wie denn mein redlichs Hertz auff anders nichts ge -
daͤnkt.
Wolan ihr Gotter ihr / die ihr mein Hertze ſehet
Und wiſſet wie ich bin macht mich des Leidens frey
Und wo es euch gefaͤllt / ſo ſchafft daß ſie verſtehet /
Daß ſie mein liebſtes Kind und ich ihr Diener ſey.

Sonnet.

An die Augen der ſchoͤnen und hold - ſeligen Karitillen.

GLeich wie der Sternen Glantz am Firmament verg -
het /
Wenn ſich das groſſe Licht der Sonnen wieder zeigt /
Gleich wie das Sternenbeer Dianen willig weicht /
Wenn ſie mit vollem Schein am heitren Himmel ſtehe[t]
S[o]202[212]Poetiſch und Muſikaliſches Luſt -
So ſeyd ihr Augen auch die ihr euch freundlich drehet /
Jm Antlitz meiner Zier / vor euch der Mond ſich neigt
Und euch des Glantzes Sieg gar willig uͤberreicht /
Auch Foͤbus ſchaͤmt ſich ſelbſt am Himmel hoch erhoͤhet.
Nichts ſeh ich in der Welt das ſo die Hertzen bricht
Hertzliebſte Karitill als deiner Augen Licht.
Wie uͤberſelig wird doch dieſer ſeyn zunennen /
Der ſolchen klaren Schein vergnuͤgt genieſſen kan /
Und den ſie wiederuͤm mit Liebe ſtrahlen an!
Huff Himmel daß ſie mich vor ſolchen mag erkennen.

Ende des andern Theils.

G. Neu -[213]

G. Neumarks Poetiſch - und Muſikaliſches Luſtwaldchens dritte Abtheilung / Jn welcher allerhand kurtze Ge - dichtchen / Sinn-Lehr-und Wahl - ſpruͤche / ſo wol geiſt-als weltli - che enthalten.

204[214]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

A jove principium.

HOer armer Sterblicher! wenn du was an-wilſt -
fangen /
So ſieh auf anders nichts als nur auf Gott
allein
Laß ihn in allem Thun dein rechter Anfang
ſeyn /
So wird dein gutes Werk / ein gutes End erlangen.
Pector a quæ Cælum luſtrant, & lumina terr am Fortiter e medio quitquid damnabiletollunt. G. N.
Das Hertz hinauf zu Gott / die Augen auf das Grab
Thun allen Suͤndenwuſt und ſchnoͤden Hochmuht ab.

Publicanus

Si quando excruciant tuate delicta paventem Quisquis es exemplo diſce rogaremeo. G. N.
Du ſeyſt auch wer du ſeyſt / wenn dich die Suͤnden ſchmer -
tzen /
So lern von mir wie du recht beten ſolſt von Hertzen.

Anders.

Gehſtu betruͤbter Menſch du armer Suͤndenknecht /
Mit Laſtern uͤberheuft in deines Gottes Tempel
So bete ſo wie ich / mich haflu zum Exempel:
Gott ſtellt ſich gnaͤdig ein / du aber wirſt gerecht -

Premor, non opprimor.

Wenn mir der hoͤchſte Gott ein ſchweres Ungluͤkk ſchikket /
So werd ich zwar geſtraft / nicht aber unterdruͤkket.
Perfer & obdura, dolor hic tibi proderit olim Sæpe tulit feſſis ſuccus amarus opem. OVID.
Dein205[215]waͤldchens dritte Abtheilung.
Dein Kreutz trag mit Geduld / es wird dir endlich nuͤtzen /
Offt muß ein herber Safft den kranken Minſchen ſchuͤtzen.

Delicta Juventutis meæ, & ignoranti - as meas ne memineris. &c. Pſal. 25.

DU groſſer Gnadengott gedaͤnk doch nicht der Suͤnden
Die ich hab armer Menſch / von meiner Jugend
an
Des Rechten unbewuſt offt wider dich gethan;
Dekk ſie mit Gnaden zu und laß dich guͤtig finden.
Jch werde quit und loß von aller Suͤndenſchuld /
Wenn du mein Gott nur daͤnkkſt an deine Vaterhuld.

Dominus abſcondit me in tabernacu - lo ſuò in die malorum; &c. Pſalm. 27.

Ob ſchon das Ungluͤkk tobt / und grim̃tg auf mich wuͤtet /
So acht ich es doch nicht / ich| bleibe doch behuͤtet /
Dieweil mein hoͤchſter Gott in dieſer boͤſen Welt
Mich in ein Zeit verſtekkt / und mich gantz ſicher fuͤhret
Auf einen hohen Felß / da mich kein Leiden ruͤhret /
Druͤm geb. ich So viel drauf / weit Gott ſebſt Fels und
Zelt.

Ubi abundavit delictum, ibi ſupera - bundavit, gratia Dei. Epiſt. ad Rom. cap. 5. An die Suͤnde.

DU wilſt gleich oder nicht du muſt doch unten liegen /
Du Feindiñ Gottes du mit deinem gantzen Heer /
Ach bilde dir nicht ein daß du wilſt etwa ſiegen /
Und wenn auch deine Macht noch zehnmal ſtaͤr -
ker wer /
Es iſt doch nur uͤmſonſt mit Gottes Gnade kriegen
Die mit im Streiten iſt / die tauſendmal noch mehr /
Und206[216]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Und maͤchtiger als du. Steht dieſe mir zur Rechten
So wil ich ritterlich mit dir heruͤmmer fechten.
Si fu erint peccata veſtra. ut cocci - num quaſi nix dealbabuntur. &c. Eſaiæ cap. 1.
L dich du armes Menſch / die Suͤnde nicht erſchrekken /
Sie ſey gleich wie das Blut aus jenen wehrten Schnekkt
Die man in China faͤngt; Sie ſein gleich Purpurroht;
Sie ſey gleich Karmeſin / es hat doch keine Noht
Jm fall du Reue traͤgſt. Sie ſoll der Wolle gleichen;
Es ſol der friſche Schnee vor ihrer Schoͤnheit weichen /
Durch jenes wehrte Bad die Purpurrohte Fluht.
Durch welche frageſtu? durch Chriſti theures Blut.
Verbum Dei unicum in ærumnis So - latium. Lutherus.
GEld / Ehr / und alles Gut kan uns gar wenig nuͤtzen /
Gett und ſein heiligs Wort muß uns alleine ſchuͤtzen /
Wenn uns ein Kreutz befaͤllt / dieß iſt die rechte Bah /
Die aus der Hellen fuͤhrt die uns bringt Himmel - an.
Verbum Domini manet in æternum. Lutherus.
DJe gantze weite Welt die ſol und muß vergehen /
Nur Gottes reines Wort das bleibet ewig ſtehen.

Chriſtus am Kreutze Nach dem Spruch: Euch ſage ich allen die ihr voruͤber gehet / u. ſ. f. Klagl. Jer. 1.

Steht207[217]waͤldchens dritte Abtheilung.
Steht ſtill ihr Sterbliche die ihr voruͤber wandelt /
Seht meine Schmertzen an ach ſeht doch Liebſte ſeht
Und nehmt es wol zu Sinn wie man mit mir gehandelt /
Jſt auch ein Schmertze wol der meinen uͤbergeht?
Nein. Jn der gantzen Welt iſt keiner nicht zu finden.
Wer war denn Schuld daran? Es waren eure Suͤnden.

ECCE HOMO.

An den Rachgierigen Menſchen.

SChau deinen Heyland an wie er da ſteht zerſchlagen /
Mit Peitſchen gantz durchritzt beſchimpffet und
beſpeit /
Schau boͤſer Suͤndenmenſch / wie manches Hertze
leid
Muß dein Erloͤſer doch uͤm deinetwillen tragen /
Und alles mit Geduld. Und du ſchwilſt bald von Gifft /
Wenn dich ob ſchon mit Recht / ein kleines Schimpffchen
trifft.

Mar. Magdalenæ unter dem Kreutz Chriſti.

Nach Sarbievs ſeinem 16. Epigr.

Ah ſitio Clamas abſunt his rupibus undæ Sola fluunt oculis Flumina ſola bibe.
MJch duͤrſtet / ſchreiſtu / hier aber wo nur Steine /
Und rauhe Klippen ſind da iſt kein klarer Fluß /
Noch einger Labſatstrunk als nur ein Thraͤnenguß
Der durch mein Augen fleuſt / den ich im Hertzen weine.
Laß dieſer ſeyn dein Trunk / O groſſer Lebensfuͤrß /
Jch ſchenke reichlich ein / weil dich ſo hefftig duͤrſt.

Uber das gekreutzigte Ebenbild Chriſti.

LDer208[218]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
DEr du voruͤber gehſt / mein / ſteh ein wenig ſtille /
Ehr Chriſti Leidenbild und daͤnke nur daran /
Doch fall nicht anff die Knieh / ruff den nur einig an
Der hier verſtanden wird denn dieß iſt Gottes Wille.

Gottes Wort iſt die Himmels - leiter.

GOtt hat uns durch ſein Wort die Leiter ſelbſt gezeigt /
Worauff ein Chriſtenhertz zum waren Himmel ſteigt.

Der arme Suͤnder.

SChau allerliebſter Gott wie ich nun vor dir ſtehe /
Mit gantz zerknirſchtem Geiſt / ach hoͤr mein Fle -
hen an /
Jch weiß es zwar ſehr wol daß ich nicht wol gethan /
Und daß ich im Gebet auch Suͤnde noch begehe /
Druͤm dekk es frommer Gott mit deiner Gnade zu /
Es iſt doch alles Suͤnd ich thu auch was ich thu.

An den reichen Mann und armen Lazarus.

DU haſt mit tauſend Weh dein Leiden uͤberwunden /
Und vor dein Thraͤnenhauß das Himmelreich gefun -
den /
Du armer Lazarus; Du aber reicher Mann /
Lebſt in dem hellſchen Pfuhl da man nicht retten kan /
Da kein Erloͤſung iſt. Auch ich wil gerne leiden /
Was ich nur leiden kan / uͤm jene Himmelsfreuden.
Hat ungerechtes Gut zu Lohn die hellſche Pein /
So wil ich lieber noch ein armer Betler ſeyn.

An den Adventkoͤnig Chriſtus.

O du209[219]waͤldchens dritte Abtheilung.
Odu ſtarker Wundergott / O du Koͤnig aller Ehren
Der du voll von Sanfft - und Demuht hin nach Zi -
on kommen biſt /
Komm ach komm in mein Hertze mit Genaden Je -
ſu Chriſt /
Daß ich moͤg in Froͤligkeit dieſen Lobgeſang vermehren:
Hoſianna Hoſianna dir O groſſer Da -
vidsſohn!
Sey gelobet der du koͤmmeſt zu uns aus
des Himmelstheon.

Aſpicite floresagri. &c. Matth. 6.

KOmmt ihr Bekuͤmmerten / ihr ſorgen volle Sinnen /
Schaut in das weite Feld / mein / ſeht die Blumen
an /
Wie ſie gekleidet ſtehn / da keine doch kan ſpinnen /
So gehet doch in euch / und daͤnket wol daran /
Wie weit ihr beſſer ſeit laſt eure Muͤh zerrinnen /
Und wandelt nur getroſt in rechter Lebensbahn
Gott ſiehet eure Noht laſt ihn davor nur ſorgen;
Gibt er es heute nicht ſo hoffet auff den Morgen.

Qui pie volunt vivere in Chriſto Je - ſu, perſecutionem parientur. 2. Tim. 3.

MEin Nechſter ſchimpfte mich ich ſchalt und haſſte ihn
wieder
Er ſchlug mich ins Geſicht / ich ſchlug ihn wieder nieder.
So trieben wir es lang. Die Liebe ſah es an /
Sie kam zu mir herab vom Himmel her geſtiegen /
Und ſprach mir freundlich zu: Freund witſtu alſo ſiegen?
Ach nein du irreſt weit. So iſts nicht wot gethan.
Wer Chriſtlich lebenwil der muß Verfol -
gung leiden /
U nd allen Gegenſpott wie eine Schlange
meiden.
L 2Si210[220]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Si Deus pro nobis, quis contra nos?

JSt Gott nur Oberſter und ſtehet uns zur Seiten /
Soͤ kaͤmpffen wir getroſt; Tod / Teufel / Suͤnd und
Welt /
Die richten nichtes aus wie hart ſie immer ſtreiten /
Wir / wir behalten doch das freye Siegesfeld.
Denn welcher ſeine Huͤlff auff Gott den Hoͤchſten ſetzet /
Der wird ſein Lebenlang durch keinen Feind verletzet.
Ut cervus deſider at fontes a quarum &c. Pſalm. 42.
GLeich wie ein matter Hirſch geaͤngſtigt von den
Schlangen /
Nach einem Bronnen eylt mit Wind-gleich-ſchnellem
Lauff:
Alſo auch liebſter Gott erſeufftz ich Himmel auff /
Und hab in meiner Noht nach dir mein groß Verlangen
Beatus homo qui corripitur â Deo: &c. Hiob. 5.
MAn kan man weiß auch den nicht gnugſam zuerheben
Den Gott aus Liebe ſtrafft; Druͤm wegre dich doch
nicht /
Du mein betruͤbtes Hertz wenn Gottes Angeſicht
Dir etwas herbe ſcheint dich willig zu ergeben /
Halt nur geduͤltig aus halt felſenfeſten Stand:
Denn wenn die Linke ſchlaͤgt / ſo heilt die rechte Hand.

Wirff dein Anliegen auff den HErrn.

WJrf deine Trangſalslaſt auff Gottes Gnadenruͤkken
Mit Thraͤnendem Gebe[t /]Er wird / eh du es mein
Dich retten aus der Nohe / weñ du am meiſtẽ weinſt
So ſaͤnget er ſchon an dich hertlich zuerquikken.
Go211[221]Waͤldchens dritte Abtheilung.

Gott laͤſt die Frommen ſinken / aber nicht ertrinken.

GOtt leſſt die Frommen zwar ein wenig unterſinken /
Jm See der Traurigkeit doch aber nicht ertrinken.

Laß Armuth und Reichthum von mir ſeyn.

GRoß Reichthum liebſter GOtt das wollſtu mir nicht
geben /
Doch bitt ich / laß mich auch groß Armuht nicht erleben;
Zu wenig wuͤnſch ich nicht / ich wuͤnſche nicht zu viel /
Was dir mein Gott gefaͤllt iſt meines Wunſches Ziehl.
Fac officium Deus providebit. Lu - therus.
DEin an befohlnes Amt ſollſtu mit Fleiß verrichten /
Das uͤbrige wird Gott zu deinem beſten ſch[li]chten.

HErr wenn ich nur dich habe / ꝛc.

WAs frag ich nach der Welt / und allen ihren Gaben /
Wenn ich dich liebſten Gott zum Freunde nur kan
haben.
Durum. Sed levius fit patientiaͤ, Quicquid corrigere est nefas. Horat. 1. Carm. Od. 34.
DEs Kreutzes Laſt iſt ſchwer. Doch was man nicht kan
meiden /
Das wird uns gleichwol leicht wenn wir geduͤldig leiden.
Calamit at em Fortit udo ſuperat. CURT.
L iijEin112[222]Poetiſch und Muſikaliſches Luſt -
EJn Ungluͤkk ſtreite nur wie es auch immer kan /
Ein tapfferes Gemuͤht iſt doch ſein Obermann.
Sta come torre ferma, ehe non crolla Gia mai lacima, per ſoffiare de venti. Dant. Florent.
STeh als ein feſter Thurm der nie ſein Heupt bewegt /
Wie ſehr ſich uͤm ihn her der Winde Sturm erregt.

Conſcia mens Recti famæ mendacia ridet.

WEr hier in dieſer Welt es nur alſo kan machen
Daß ſein Gewiſſen rein und unbeflekket bleibt /
Der kan / was Der und Der fuͤr Luͤgenrede treibt /
Als deſſen unbewuſt mit frohem Munde lachen.

Obſequium amicos veritas odium parit.

HEut haͤlt man den ſehr wehrt der mit verfaͤlſchtem
Munde /
Frey aufzuſchneiden weiß / wer aber Warheit liebt /
Und gehet gleich hindurch wird offtmals hochbetruͤbt
Man haſſt und neidet ihn: Man wil ihn iede Stunde /
Begraben eh er ſtirbt / ja auch mit Haut und Haar.
Doch dieſem ſey alſo / Es bleibt doch endlich war:
Die Warheit ſchwimmt empor / die Luͤgen
geht zu grunde.
Si fuerit Fudex Oblongis auribus Heros Pan vincit ſtultus, Doctus Apollo tacet. G. N.
WEnn Midas Richter wird / und ſol ein Urtheil fuͤh -
ren /
So ſiegt der naͤrrſche Pann / Apollo muß verliehren.
Per -213[223]waͤldchens dritte Abtheilung.

Perfer & ob dur a dolor hic tibi proderit olim.

DAnn dann ſteh als ein Leu / laß dann ein Hertze blikken /
Wann dein Verhaͤngnuͤs tobt / es wettre wie es
wil /
So halte mit Gedult in ſolchem Sturme ſtill /
Es wird ſich dermaleins zu deinem Beſten ſchikken.

Luna cumplena eſt, decreſcit. Daruͤm

SEy niemals wie der Mond in Tugenden vollkommen /
Sonſt nimmſt du wieder ab worin du zugenommen.
Ut Neptuniis in undis, ſic in orbe vivitur, Quisquis hic natare neſcit, protinus ſubmergitur. Shom. Rhæd.
MAn lebt hie in der Welt wie in Neptunus Seen /
Wer nicht wol ſchwimmen kan der muß zu grunde
gehen.

Es beklaget ſich einsmals einer / daß ihm ſo groſſer Schimpff und Wiederwill von einem vornehmen Mann wiederfuͤhre / da ward ihm zur Antwort:

D manch Tarquiner itzt in hohen Ehren ſchwebet /
Ruͤhrt daher / weil numehr kein tapffrer Brutus le -
bet.
Cum pura virtus fulſit, omnes, In tenebris latuere Gazæ. Sarbievius Od. lib. 3.
WEnn nur die Tugend glaͤntzt und ihre Strahlen fun -
keln /
So muß durch ihren Schein / Gold / Gut und Geld ver -
dunkeln.
L iiijQuod214[224]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Quod vexant hodie Noti, Cras lambent hilares æquor Eteſiæ. Sarbievius lib. 1. Od. 2.

An die hochbetruͤbte Aretè.

OOb gleich ein harter Wind dich hente durch ſein Brau -
ſen /
Faſt durch und durch beſtuͤrmt daß auch die Thraͤnenſee /
Dir auß den Augen fleuſt / ſo denk OArete
Auff Morgen wird vielleicht ein ſanfftes Luͤfftchen ſauſen.

Sicut it ire ſinas, quia vult ſic, ſicut it, ire. Weitzius.

Wie es geht ſo laß es gehen /
Weil des Hoͤchſten Wille ſteht /
Daß es alſo / wie es geht /
Will und ſoll und muß geſchehen
Quos felices Cynthia vidit, Vidit miſeros abitura dies. Sen. Trag.
OFt den / den Luzifer in hohem Gluͤkk erſehn /
Den ſiehet Heſperus in groſſem Unfall ſtehn.

Solius pietatis flos perpetuus:

DJe werth? Anemone / die Tulipen und Nelken /
Wie ſchoͤn ſie immer ſind die muͤſſen doch verwelken;
Das Himmelſchluͤſſelchen kan aber nicht vergehn /
Jch meine Gottesfurcht die die bleibt ewig ſtehn /
Dic accept a Deo, DUC vitam labe carentem, FAC bigilanter opus, FER patienter onus.
REde das was Gott gefaͤllt / Leb ohn alle Laſterſchuld /
Thu dein Amt mit Wachſamkeit / Trag dein Leiden mit
Geduld.
Vin -215[225]waͤldchens dritte Abtheilung.
Vincere ſeipſum omnium victoria - rum, prima & optima: vinci autem à ſe ipſo & tur pisſimum eſt & pesſimum. Plato lib. de leg.
WEr mit der Tugendkrafft ſich ſelbſt kan uͤberwinden
Der iſt der erſt und auch der beſte Siegesmann;
Der aber / welcher ſich nicht ſelbſt bezwingen kan /
Wird fuͤr ſein Ehrenlob ein heßlichs Schandflekk finden.
Ipſum intueri oportet, qui alterum incuſat probari. Plautus.
DEr / wer ſich unterſteht den andern anzuklagen /
Sol ſehn ob man auch koͤnn auff ihn dergleichen ſa -
gen.

Anders.

OB ſchon der Wetzſtein ſtumpf und ungeſchikkt zum
ſchneiden /
So wil er gleichwol nicht die Stuͤmpf am Meſſer leiden;
So iſt auch mancher Menſch / der andre ſchleiffen wil.
Ein grober Ungeſchikkt / und tauget ſelbſt nicht viel.
Dabunt ſtatuas literæ, ſi Trabeæ non dederint. Sidon Apollin.
WJrſt du gleich nicht beruͤhmt mit groſſen Goldesſchaͤ -
tzen /
So wird dir doch die Kunſt ein? Ehrevſeule ſetzen.

Comes virtutis invidia.

WJe allzeit Schatten folgt dem klaren Sonnenſchein
Alſo muß auch der Neid der Tugend gleitsmann ſein.
L vAbſu -216[226]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Abſumet hæres cæcuba dignior, Servata centum clavibus, & mero Tinget pavimentum ſuperbo, Pontiſicum potiore cœnis. HORATIUS.
EJn Eſel muß ſich ſtets ſo lang er lebet plagen /
Mit Diſteln ſpeiſt man ihn / muß taͤglich Buͤrden tragen /
Wenn aber er verrekkt ſo ſchlept man ihn hinauß
Nimmt ihm die Bein und Haut macht Pfeiff und Drum -
meln drauß;
So iſt ein Geitzhalß auch ſo bald er nur geſtorben /
Koͤmmt mancher friſcher Sohn / greifft an was er erwor
ben /
Schlemmt / demmt / und iſt auff nichts als Uppigkeit be -
dacht.
Was ſchaͤndlich wird erkratzt / wird ſchaͤndlich durchge -
bracht.
Nulla fides unquam miſeros elegit amicos. Lucanus.
WEnn nur vom Fett und Blut uns Leib und Adern
ſchwellen
So hat man unnuͤtz Vieh zu treuen Mitgeſellen
Faͤllt aber nur der Menſch in eine Todenſucht /
Dann weichen ſie von ihm / und geben bald die Flucht;
So ſieht man eben auch / wenn Gluͤkk und Wollfahrt bluͤ -
hen /
Daß Freunde hier und dar zu dienen ſich bemuͤhen
Wenn aber das Geluͤkk uns ſeinen Ruͤkken weiſt /
So hoͤhrt die Freundſchafft auff / die Diener ſind ver -
reiß.

Po ſtnubila Phœbus,

Kein217[227]waͤldchens andere Abtheilung.
KEin Wetter iſt ſo groß / kein Donner kan ſo knallen /
Daß endlich nicht ein ſchoͤn und warmer Sonnen -
ſchein
Darauf erfolgen ſolt; Es geht ſo in gemein
Mit allen Menſchen zu: Es kan nicht auf ſie fallen
Des Ungluͤkks ſchwere Laſt ſo endlich mit der Zeit /
Sich nicht verkehren ſolt? in ſuͤſſe Froͤligkeit.

Gott laͤſſet die Sonne nach der Truͤbſal ſcheinen.

GOtt laͤſſt nach Schlag und Sturm die Sonne wieder
ſcheinen /
So ſchenkket er uns auch viel Freude nach dem Weinen.
Quid gloria ris fatue? an tu ignora[s]quod per idem oſtium, quo dotem pre - cioſam intromiſiſti, libertatem emiſe - ris. Democrit. Rid. pag. 9.
OSchweig nur albrer Menſch. Was machſtu ſo viel
Worte /
Daß du ſo reich gefreyt? durch eben ſelbe Pforte
Giebt dir der goͤldne Schatz / die Freyheit gute Nacht
Wodurch die reiche Braut zu dir iſt eingebracht.

Si fortune me tourmente, Eſperance me contente.

WEnn das Gluͤkk mich ſchlaͤget nieder
Troͤſtet mich die Hoffnung wieder.

Non laudandus eſt, qui plus credit quæ audit quam quævidet. Plaut.

L vjDer218[228]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
DEr iſt nicht lobenswehrt der mehr demſelben trauet /
Was er mit Ohren hoͤhrt als mit den Augen ſchauet.
Sunt ſimiles telis, quas nectit aranea, leges Evadit crabro, muſca miſella perit. Incertus.
GEſetze die ſind gleich den ſchwachen Spinneweben /
Die Hoͤrnſen brechen durch / die Muͤkken bleiben kleben.

Uberſchrifft an eines ungerechten Richters Hauß.

Vis, porta, patet porta.
JMfall du willſt von mir ein gutes Urtheil hoffen /
So bring den Beutel mit / dann ſteht die Thuͤr dir offen.
A dieu complaire, Famais mal-faire, à touts ſervir, l ect mon deſir.
DEm allerhoͤchſten Gott in dieſer Welt gefallen /
Mich allzeit vorzuſehn fuͤr einer boͤſen That;
Dem Nechſten dienſtlich ſeyn ſo wol mit That als
Raht /
Dieß iſt mein hoͤchſter Wunſch vor andern Wuͤnſchen allen.

Als Zeſar und Pompejus mit einander riegeten / und Zizero gefraget wurde / wel - hem Theile er beyſtuͤnde / gab er zur Antwort:

Qu em fugiam ſcio, quem ſequar neſcio. U - trius ꝙ́ enim victoria Reipubl. Ro - manæ ect pernicioſa.
Zwar219[229]waͤldchens dritte Abtheilung.
ZWar ich weiß wol wen ich fliehe / aber doch nicht wen ich
ſchuͤtzen /
Auch nicht weichem ich ſol folgẽ: Ob der kluge Zeſar ſiegt
Und Pompejen nieder ſchlaͤget / oder ob er unten liegt.
Keines unter dieſen beyden wird der Roͤmſchen Freyheit
nuͤtzen.
Sat dives, qui ſuâ ſorte contentus.
NUr der Menſch ſtehet wol und iſt ein reicher Mann /
Der ſich mit ſeinem Gluͤkk allzeit vergnuͤgen kan.
Quam diu Moſes & Aaron fratres manent, tamdiu floret Reſpublica. Schupp. In aurorapag. 165.
SO lang ſich Moſes wird mit Aaron wol begehen /
So lang wird Jſrael in guter Wohlfahrt ſtehen.
Irrit a vaniloquæ quid curas ſpicula linguæ? Latrantem curat ne alta Diana canem?
ES bleiben Sonn und Mond an ihren Himmelsſtellen /
Gantz unbeweglich ſtehn / wie ſehr die Hund auch bellẽ;
Der blauvergiffte Neid der tob auch wie er wil /
Ein aͤdler Geiſt der lacht und ſchweigt zur Thorheit ſtill.
Virtus preſſa floreſcit.
ALsdenn wenn Herbſteszeit die Nordenwinde brauſen /
Wenn Schlakk und Regen faͤllt / wenn rauhe Luͤffte
ſauſen /
Thut ſich die Zimmetroſ in ihrer Ziehr hervor /
Und hebet ihre Bluͤht in ſchoͤner Luſt empor;
So thut die Tugend auch: wenn Mißgunſt / Neid und
Haſſen /
Mit ingeſamter Macht ein Grollen auff ſie faſſen /
L vijUnd220[230]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Und ſtuͤrmen auf ſie zu ſo leucht ihr ſchoͤnes Licht
Mit voller Krafft heraus / und achtet alles nicht.

An Herrn Samuel Niedenthal / Kunſtmahlern in Dantzig / mei - nen geliebten Freund.

HErr Niedenthal mein Freund / der bleibt durch meins
Schrifft /
Und ich durch ſeine Hand die mich ſo zierlich trifft.

Niederdeutſcher Letterwechſel. An eben ſelbigen Herrn Niedenthal / als er von einem großſprecheriſchen Mitkuͤnſtler ge - neidet wurde. Samuel Niedenthal. Laht Aẽsmul nieden!

HErr Niedenthal het hefft nicht veeleto beduͤden
Laht jenet Aẽsmul ju aͤdle Kuͤnſte nieden
Laht ſeggen wat hei wil / ghy bliven doch een Mann /
Die wiht noch boven hem ſich ſternwarts ſchwingẽ kan.

Vir fortis ômnem patitur In jûri - am fôrtunæ.

DJe Zytiſus bleibt gruͤn ob gleich in Sommertagen /
Die Sonn als Fewer brennt ob gleich bey Win -
terszeit
Dieſelbe hart befriert / beregnet und beſchneyt;
So ſol ein aͤdler Sinn auch iedes Ungluͤkk tragen.

Als ſein Feind ſich uͤber ſein Un - gluͤkk freuete.

Was221[231]waͤldchens dritte Abtheilung.
WAs lachſtu Schadenfroh / daß ich nun bin beladen
Mit groſſer Ungluͤkslaſt? O Menſche daͤnkſtu nicht
Daß ſolches mir von Gott iſt worden zugericht?
Betracht es weil dich auch kan treffen dieſer Schaden.

An die Jugend.

Menſch nim den Rahtſchlag ein
Lern Tugend
Jn der Jugend
Die wird dir nachmals ſeyn
Jm Alter /
Dein Erhalter.

Uber das in Herrn Heinrich Heldes Stambuch verehrte Sinnebild / nach Horatius ſeinem:

Dignum laude virum muſa vetat mori; Cælo Muſa beat.
WEr ſich Apollo dir und deinen Kuͤnſten giebet /
Der wird nicht nur allein von Menſchen hier beliebet /
(Jmfall mans recht verſteht) Er ſchwingt ſich auch empor
Durch Huͤlffe des Geruͤchts biß an das Sternen Chor;
Sein Rahme wird beruͤhmt ſein kluges Haͤupt das ſtrahlet
Mit einer Lorberkrohn;; Jn Summa was ſonſt prahlet /
Mit Guͤtern dieſer Welt / muß mit der Zeit vergehn /
Nicht aber ein Poet / der der bleibt ewig ſtehn.
Dank:222[232]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -

Dankverſe. An den weitberuͤhmten und vornehmen Herrn Thomas Sellen / Directorn der Mu - ſik / und Canonicus des Thums in Hamburg / als derſelbe mir aus treuer Freundſchafft eine ſchoͤne mit Geigen-Violdegam - und Singſtimmen geſetzte Concerte / zuſchrieb.

HAb dank du wehrter Mann du weitberuͤhmter Selle
Vor dein ſo ſchoͤnes Stuͤkk / welchs du haſt auffgeſetze
Und mich aus reiner Gunſt / nechſt Gott damit ergetzt /
So ich noch nicht verdient. Wolan an deſſen Stelle
Geb ich dieß wenige. Nimm aͤdler Sell es hin /
Und traue feſt dabey / daß ich dein Diener bin.

Als derweitberuͤhmte Organiſte Herr Heinrich Scheidemann und der Weltbe - kante Geigenkuͤnſtler Herr Johann Schop in Hamburg ſich beiderſeits mit einander in der Veſper hoͤren lieſſen.

BJn ich denn im Geiſt entzuͤkk? welcher kan mein Hertz
ſo beugen
Durch ſo ſuͤſſes Pfeiffenwerk? weſſen iſt der ſchoͤne Thon /
Der durch alle Sinnen dringt? biſt du es Hipparchion
Und dein Mitgeſell Rufin / der mit einer ſanffren Geigen
Das gekuͤnſtelt Orgelſpiel noch beliebter machen kan?
Nein. Jhr ſeit zu ſchlecht darzu. Es iſt Schop und
Scheidemann.

Der Geitzhalß iſt wie ein fettes Maſteſchwein.

Man223[233]waͤldchens dritte Abtheilung.
MAn kan mit Fug und Recht den auffgeblaſnen Reichẽ
Der karg und filtzigt iſt mit einem Schweine gleichẽ:
Der Geitzhals weil er lebt thut keinem Menſchen gut.
Ja mit genauer Noht kaum ſeinem Fleiſch und Blut.
Verlaͤſt er aber nur den Reichthum und muß ſterben
So kommen alſobald die geldbegierig Erben
Und theilen da ſein Gut mit Freuden unter ſich /
Da wird der Mann gelobt / daß er ſo ſparſamlich
Vor ſie gelebet hab; Ein Schwein wird gleich auch dieſen
Wenns abgeſchlachtet iſt uͤm Wuͤrſt und Spekk geprieſen /
Das vor verachtet war. Derhalben kans wol ſeyn
Daß ieder targer Filtz ein grobes Maſteſchwein.

Wer gerne Honigiſſt / der muß ſich nicht verdrieſſen laſſen / daß ihn die Bie - nen ſtechen.

WEr Honig eſſen wil / und ſchoͤne Roſen brechen /
Der ſteht Gefahr daß ihn die Bien - und Dornen ſte -
chen.

Auff eine Braut / welche eben den Tag / da ſie ihrem Braͤutigam ſolte beygeleget werden / todesverblichen.

AUff eben dieſen Tag da ich als eine Braut /
Zu meinem Braͤutigam / ſolt an die Seite kommen /
Hat mich der hoͤchſte Gott genaͤdigſt angeſchaut /
Und mich von dieſer Welt zur Liebſten auffgenommen.

Keyſer Karl der fuͤnffte zu einem Spa - nier: Democrit. Rid. pag. 8. PAR PARI.

Jhr224[234]Poetiſch - nud Muſikaliſches Luſt -
JHr Spanier plagt mich wol mit eurem Uberlauffen /
Und ſaget mir ſehr viel / daß ich das groſſe Sauffen
Der Teutſchen daͤmpffen ſoll / ja ja es ſol geſchehn
Jhr werdet aber drauff gleich den Gehorſam ſehn
Den ihr ſelbſt abgetegt. Jhr ſeyd mir ſolche Fuͤchſe /
Ein Maulwurff bey euch ſelbſt bey andern aber Luͤchſe.
Stellt erſt die Hurerey und euren Diebſtal ein /
So ſoll der Teutſchen Soff auch bald gedaͤmpffet ſeyn.

Gegenverweiß deß Teutſchen und Spaniers.

L ab du Teutſche Sau von deinem groſſen Sauffen!
Und du / du Spanſcher Hund vom Raub und Huren -
lauffen!

An einen Vielſaͤuffer.

DU prahlſt: ich ſauffe viel krieg aber keinen Dummel /
Und ſoͤff ich auch das Bier bey halb und gantzen ein /
So werd ich doch nicht voll. Hoͤr du verſoſſne Hummel /
Gleich ſolch ein Heldenthat kan auch ein groſſes
Schwein.

Als Fabian wegen eines Schertzes ſich entruͤſtete.

ERgetz dich nicht ſo ſehr du moͤgteſt ſonſt gewinnen /
Mein Freund Herr Fabian / die ſplitterboͤſe Gicht.
Du Thor ich nennte dich ja keinen Narren nicht /
Nur dieß hab ich geſagt: Es ſpielen deine Sin -
nen /
Das Spinkelwinkel-Spiel / drey haben
ſich verſtekkt /
Die andern ſuchen ſie. Heiſt dieſes denn gegekkt?
An225[235]waͤldchens dritte Abtheilung.

An zweene kahle Bruͤder.

WJntz iſt von auſſen kahl / Kuntz aber kahl von binnen;
Und dieſer zwaar von Haar / und der von klugen
Sinnen.

Auff das verlohrne Kleinodchen / in wel - chem das Bildnuͤß Virgiliens / ſo in einem Steine erhaben geſchnitten / in Gold eingefaſ - ſet / und mit Demanten wol verſetzt / enthalten war.

SO biſtu gleichwol weg du mein Virgilius
Du liebſtes Kleinod du / ſo ich mit einem Kuſſ
Auß jener Fuͤrſtenhand zum Daͤnkmal hab empfangen /
Der du mit deinem Schein und reichem Demantprangen
Mich offt geziehret haſt? Ja ja du biſt ſchon hin /
Und bleibſt auch wol von mir. Jch bin kaum der ich bin
So ſchmertzt mich dein Verluſt. Weil du denn hier ver -
lohren
Und von mir tommen biſt / ſo bitt ich aͤdles Thoren /
Dich hochbeliebte Stadt / daß / wo ja deſſen Schein
Auff einer Gaſſen ligt / es moͤge ſicher ſeyn;
Daß nicht ein grober Fuß daſſelbe gantz zertrete /
Triffſt du es aber an auff ſeiner Lagerſtete /
Du ſeyſt auch wer du ſeyſt / ſo bitt ich lieb ſter Freund
Jmfall dein redlichs Hertz die teutſche Treue meint /
Du wollſt es ſeinem Herrn doch guͤnſtig wieder geben /
Er wird dir wiederuͤm zu allen Dienſten leben /

An einen unzeitigen Gekker.

Hoͤr ſpitzgeoͤhrter Freund du wilſt wol andre gekken /
Und biſt doch ſelbſt ein Thor / wie man an dir geſehn.
Jch rahte dir laß ab von ſolcher Narrenthat /
Schau226[236]Poetiſch - und Muſikaliſches Luſt -
Schau erſtlich ob du kanſt dein Midasohr bedekken /
Das du ſo blikken leſt. Wenn dieſes nun geſchehn /
So komm nur wieder her / dann weiß man[an -]
dern Raht.
Ein guter Raht zum Freyen / an Ko - ridon. Aus dem Demòcrit. Rid. pag. 4.
DU fragſt mich Koridon wie du dich ſolſt befreyen /
Damit es dich nicht moͤcht ins kuͤnfftige gercuen /
Dieß iſt mein Raht: Schau zu daß du kanſt etwa ſehn /
Die Jung / die Keuſch / die Reich / die aͤdel / die auch ſchoͤn
Jung ſoll ſie ſeyn / datz Sie dir Freud und Luft erwekke /
Keuſch daruͤm / daß ſie nicht dein Ehrenbett beflekke /
Reich / daß du allzeit wol auß vollem Beutel lebſt /
Vom Adel / daß du auch mit ihr in Ehren ſchwebſt /
Schon / daß Sie dir gefaͤllt. Dieß ſind die beſten Gaben
Wie mich beduͤnkt. Wolan! Kanſtu nun ſolche haben
So frey Sie immer weg. Doch frag auch ob Sie wil /
Bekoͤmſtu einen Korb / ſo geh und ſchweige ſtill.
Nach Sarbievs ſeinem 21. Epigr. Errabam nuper &c.
NEulich an dem Pregelſtrohm irrt ich mit betruͤbtem
Sinn /
Dachte gleich an Karitin an mein aͤdle Schaͤfferinn;
Weine du mit vollen Guͤſſen / ſagt ich / du du aͤdler
Fluß /
Und beklage meine Liebe / die ich itzo meiden muß /
Weil ich mich gantz abgeweint. Ach moͤcht ich zum Waſ -
ſer werden /
Als wie du O Pregel biſt! dann wolt ich auff dieſer Erden
Stets227[237]waͤldchens dritte Abtheilung.
Stets mit bittren Thraͤnen flieſſen. Hierauff kam mir
wieder zu /
Aus dem Strohm ein ſachtes Seußlen: Ach Sie
wuͤnſcht vielleicht wie du.
Est ſtultus Coridon, non est animoſus Amyn - tor, Quem reddunt timidum Charitillæ prima ne - gatæ.
DEr muß ein Koridon und kein Amyntor ſein /
Der Karitillen laͤſſt bald auff das erſte Nein.

An die in den Garten ſpatzirende Karitille.

ACh ſiehe dich wol fuͤr / imfall du in den Garten
Wilſt auſ-ſpatzieren gehn hertzliebſte Karitill!
Denn jener blinde Schuͤtz iſt fertig auffzuwarten /
Auff ſeine Mutter ſelbſt / die er verwunden wil /
Weil Sie ihn hat geſchimpfft in ſeinen Liebesſachen.
Du biſt wie Venus ſelbſt / mein Kind / und gleicheſt
ihr /
Dein Leib und deſſen Ziehr / dein Reden / Thun und La -
chen /
Jſt ihr natuͤrlich gleich. Druͤm ſiehe dich wol fuͤr.

Als er ihr das im Schertze abgenom - mene Schnuptuch wieder uͤber - ſendete.

Geh228[238]Poet - und Muſikaliſches Luſtw. dritte Abtheilung.
GEh hin du ſchoͤnes Tuch zu meiner Koͤniginnen /
Die dich mit Recht befitzt / geh hin und meid ihr an
Daß ich dir ſolch ein Ehr vor Sie hab angethan /
Sag daß ich dich gekuͤſſt mit treuverliebten Sinnen /
Zu hun dert tauſendmal. Wolan / ſo lauff dann hin /
Sprich daß ich biß zum Tod ihr treuer Diener bin.

ENDE.

[239][240][241][242][243]

About this transcription

TextPoetisch- und Musikalisches Lustwäldchen
Author Georg Neumark
Extent269 images; 35418 tokens; 9064 types; 234094 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationPoetisch- und Musikalisches Lustwäldchen Jn welches erster Abtheilung absonderliche geist- und weltliche/ wie auch keusche Ehren- und Liebeslieder/ mit beygefügten Melodien/ nach itziger neuen Ahrt Jn der andern aber/ unterschiedliche gantze Gedichte/ Hochzeits- Traur- Glükwünschungs und Lobschrifften/ Und in der Dritten allerhand kurtze Sinn- Lehr- und Wahlsprüche etc. so wol geist- als weltliche enthalten sind Georg Neumark. . [9] Bl., 228 S NaumannHamburg1652.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 P GERM II, 8646 RARA

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:33:30Z
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ShelfmarkSUB Göttingen, 8 P GERM II, 8646 RARA
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