PRIMS Full-text transcription (HTML)
Das Recht Der Beicht-Stuͤhle /
Darinnen Der Urſprung und Fortgang der geheimen Beichte Aus denen Kirchen-Geſchichten unpartheyiſch gezeiget / und was dabey abſonderlich unter denen Proteſtirenden gebraͤuchlich iſt und ſeyn ſolte, gruͤndlich unterſucht wird,
Nebſt einem Vorbericht Von der Juriſten Stvdio in der Theologie und ausfuͤhrlichen Regiſtern
Mit Koͤnigl. Preuß. allergnaͤdigſtem Privilegio.
Halle im Magdeburgiſchen,1721.Jn Verlegung der Neuen Buchhandlung / Auch bey derſelben in den Meſſen zu Franckfurt unter dem Mehliſchen, und zu Leipzig unter dem Brummeriſchen Hauſe am Niclas-Kirchhoſe zu finden.

Dem Hochwohlgebohrnen Herrn, HERRN Adam Chriſtoph Sigmund von Benckendorff, Auf Eſchelsdorff und Seubottenreuth, Jhro Hochfl. Durchl. zu Brandenburg Bareuth, Hochbetrauten wuͤrcklichen geheimbden Rath, Des Hochfuͤrſtlichen Conſiſtorii und Ehe-Gerichts Directori, Hoff-Rath / Amtshauptmann zu Bareuth / Ober-Amtmann zu Streitberg und des Hochfuͤrſtl. Ordens de la Sincerité Rittern ꝛc. Meinem Gnaͤdigen Herrn.

): (2Hoch -
Hoch-Wohlgebohrner Herr, Gnaͤdiger Herr.

EW. EXCELLENZ werden nicht ungnaͤdig nehmen, daß dieſer meiner erſten Schrifft, ſo bey meinem Auffenthalt in Bareuth an das Tage-Licht gebe, Dero ho -henhen Rahmen vorſetze. Mir iſt zwar mehr als zu wohl bekannt, daß Ew. EXCELLENZ wegen Dero vielen wichtigen Staats - und Juſtitz-Verrichtungen nicht ſo viel Zeit uͤbrig haben, eine ſolche Arbeit wie meine iſt, nur et - was durchzuſehen. Sie iſt auch nicht alſo be - ſchaffen, daß hohe Staats-Miniſtres, wie Ew. EXCELLENZ, dieſelbe einer Betrach - tung zu wuͤrdigen haben. Es duͤrfften ſich alſo viele wundern, warum mich unterfangen Ew. EXCELLENZ dieſes geringe Werck un - terthaͤnig zu dediciren. Allein ich habe den - noch eine buͤndige Urſache, ob es wohl keine von denen iſt, welche man insgemein bey de - dicationen anzugeben pfleget. Ew. EX - CELLENZ haben mir biß anhero viele Gnade erwieſen, und mich Dero hohes patro - cinium genieſſen laſſen. Hiervor gebuͤhret mir daß ich meine gehorſamſte Ergebenheit wieder - um erweiſe, und unterthaͤnigen Danck abſtat - te. Jch habe alſo erachtet, daß es auf keine beſſere Weiſe geſchehen koͤnte, als wenn ich ſol - ches oͤffentlich bewerckſtelligte. Dieſes geſchie -hethet dann mit Uberreichung gegenwaͤrtiger Schrifft, und zweifle nicht Ew. EXCEL - LENZ werden ſolche nach der gewoͤhnlichen Gnade, die Sie Jhren Clienten erweiſen, von mir gnaͤdig auf und annehmen, und mich Dero hohes patrocinium noch fernerhin genieſſen laſſen. Der Hoͤchſte erhalte Ew. EXCEL - LENZ nebſt Dero hohen Familie nur viele Jahre in allem erſprießlichen Wohlſeyn, Er ſegne Dero conſilia und laſſe ſolche fernerhin zum Nutz und Wohlfahrt dieſes Fuͤrſtenthums aus ſchlagen, ſo hoffe daß nebſt andern treuen Dienern einen theuren Mæcenat an Ew. EXCELLENZ haben werde. Jch ver - bleibe Lebenslang

Hoch-Wohlgebohrner Herr, Gnaͤdiger Herr, Ew. EXCELLENTZ unterthaͤniger Diener Johann Georg Pertſch / Lic.

Vor -

Vorrede.

Geneigter Leſer.

JCh liefere dir hier meine Gedancken vom Recht der Beicht-Stuͤhle. Aergert es dich / daß von dergleichen Sache meine Meinung be - kannt mache / die deinem Dencken nach vielleicht nur denen Theologis zu beurtheilen zuſtehet; ſo werde nicht eher ungehalten / biß du meinen Vorbericht durch - geleſen. Vielleicht laͤſſeſt du den Zorn fahren. Meineſt du aber dennoch / es ſtuͤnde mir nicht zu / von dem Beicht - Weſen zu raiſonniren / ſo bin gewaͤrtig deine Gruͤnde zu hoͤren. Martere mich nur mit keiner Purgantz von Seuff - zern und elenchis. Greiffe die Sache ſelbſten an / und trage deine Einwuͤrffe deutlich vor. Mache keine diſtin - ctiones diſtinctionum und conſequentiarum conſequen - tias. Denn vor dergleichen naͤrriſchen fricaßée muß de - nen Leuten / die nur etwas delicat ſind / nothwendig e - ckeln. Jch habe bey gegenwaͤrtigem Werck / wie billig / die Hiſtorie zum Grunde geleget. Wilſt du mich alſo mit Verſtand attaquiren / ſo muſt du weiſen / daß bey mei - nem Grund eines und das andere verſehen worden. Jch): (): (ver -Vorrede. verſichere dich, daß ich mich gar gerne von dir will unter - richten laſſen. Jch bin nicht ſo hartnaͤckigt / wenn ich in den Moraſt fiele / darinnen ſtecken zu bleiben / ſondern trachte mich heraus zu reiſſen / und laſſe mir gerne von an - dern helffen. Einen Jrrthum aber vergleiche ich nicht un - billig mit einem garſtigen Moraſt. Es waͤre alſo die groͤ - ſte Thorheit / wenn ich mich mit der Beſtaͤndigkeit ent - ſchuldigen wolte / daß ich einen Jrrthum halsſtarrig ver - theidigte. Daß ich aber wegen einiger elenden Einwuͤrf - fe das Feld verlaſſen ſolte / wirſt du mir nicht zumuthen koͤnnen. Man muß deutliche Beweißthuͤmer bringen / und in ſeinen raiſonnements nicht augenſcheinlich ſtolpern. Jch zum wenigſten bin gewohnt / ohne Probe keine Mei - nung gut zu heiſſen / oder zu verwerffen. Man kan ſich aber dennoch zuweilen betruͤgen / und darum profitire ich gar gerne von anderer ihrem Urtheil. Jch ſehe nicht ſcheel dazu aus / wenn man meine Arbeit nach der Schicht - und Richt-Kunſt unterſuchet. Mein Werck de Simoniæ cri - mine iſt in der abgeſonderten bibliotheque zu Halle re - cenfiret worden. Der Herr Verfaſſer des extractes hat die fuͤrtrefflichen lettres de Montalte dabey aufgeſchlagen / und einige papiſtiſche Streiche der Cleriſey ſuppliret. Jch bin ihm dafuͤr verbunden. Zwar hat er dabey vermei - net / ich haͤtte nichts von derjenigen Art der ſimonie erweh - net / da einer jemand zu einem beneficio verhilfft / daß er ihm ſein votum wieder bey einem andern ertheile. Allein dieſes iſt ein kleines Verſehen. Denn in der erſten ſection gedachten tractates / cap. 3. §. 6. & not. a. pag. 62. ſq. habe ich deutlich davon geredet. Jch bin aber darum nicht boͤſe auf den Herrn recenſenten. Er hat ſeine Sache mit Beſcheidenheit vorgetragen. Die Freyheit muß unter denenGe -Vorrede. Gelehrten ſeyn. Man kan gar leicht etwas verſehen. Die - ſes iſt aber darum nicht als ein groſſes Verbrechen aufzu - mutzen. Findeſt du nun in gegenwaͤrtigem Werck et - was zu verbeſſern / ſo glaube / daß ich es mit der groͤſten contenance annehmen werde. Nur mache dabey keine be - ſondere grimacen, und wirff nicht mit lauter Barbara und Celarent, oder Hottentotiſchen Worten um dich. Anbey vergoͤnne mir / daß ich mich eben der Freyheit gegen dich gebrauche / derer du dich gegen mich bedieneſt / im Fall ich deine Einwendungen nicht vor genugſam erheblich erachte. Jch hoffe aber du wirſt mit mir nicht allzuſcharff verfah - ren. Denn es hat ja noch kein proteſtirender Juriſte mei - nes Wiſſens von dem Recht der Beicht-Stuͤhle etwas an den Tag gegeben. Was man findet / iſt hin und wieder zerſtreuet. Jch glaube alſo / daß ich der erſte bin / der die Sache in eine Ordnung zu bringen geſucht. Darum muß man es hoffentlich nicht allzugenau mit mir nehmen / wo ich mich in einem und andern verſtoſſen haͤtte. Wenig - ſtens dencke ich ſo viel præſtiret zu haben / daß ich den Ur - ſprung und Fortgang der privat-Beichte in moͤglichſter Kuͤrtze deutlich vorgeſtellt. Theologiſche Streitigkeiten habe ohne groͤſte Noth nicht eingemiſchet / weil man auf die - ſem Eiſe leicht glitſchen / und durch den Fall um ſeine ortho - doxe Gliedmaſſen kommen kan. Denn die meiſten von der Geiſtlichkeit hangen unter dem Titul der Beſtaͤndigkeit als eine Klette. Sie ſagen: Sum, es, eſt, laſts bleiben / wies geweſt. Sum, ſus, ſut, Neurung thut kein gut. Gehet alſo einer von dem ſyſtemate oder der auswendig gelerne - ten Formul nur ein bißgen ab / ſo ſind verſchiedene da / die da meinen / die gantze orthodoxie litte Noth. Sie nehmen ſich des Schadens Joſephs an / und weil ſie oͤffentlich nicht): (): (2garVorrede. gar zu wohl fortkommen koͤnnen / ſo ſchlagen ſie hier und da / wo einer zu gehen hat / Beine unter. Faͤllet man nun ohnvermuthet durch ſolche Liſt / ſo machen ſie ſich eine be - ſondere Freude daraus / und meinen / ihrer Sache ſey vor - trefflich geholffen. Tauſend liſtige Streiche werden aus - geſonnen / einem ſolchen Menſchen ein Fleckgen anzukleiben. Dergleichen unfoͤrmliches tractament aber will ich auf das demuͤthigſte depreciret haben. Vornehmlich moͤchte ich gerne mit denen Ehren-Tituln der Iſten / und Aner ver - ſchonet bleiben. Denn ich weiß mehr als zu wohl / daß derjenige / ſo nur ein bißgen anders pfeiffet / als die gemei - ne Leyer klinget / wenn man ihn noch honnet tractiret / mit dem prædicat eines ſchismatici beehret wird. Er mag GOtt dancken / daß man die Sturm-Glocke des theolo - giſchen Haſſes und Eifers nicht uͤber ihn an zu laͤuten faͤngt. Jch verſichere aber ſolche Rechthaber / daß ich ihnen ihre e - quipage von der Zanck - und Schmaͤhſucht gerne uͤberlaſſe. Wenn ich aber wider Vermuthen ſolte irritiret werden / ſo darff mir niemand veruͤblen / wenn ich die foibleſſen en ridicule zeige. Denn ich habe das principium Hobbeſii in dieſem Fall: Pacem quære, vbi haberi poteſt, vbi non poteſt haberi, quære belli auxilia. Beſſer aber kan man dergleichen Klaͤffer nicht loß werden / als wenn man ſich eines beiſſenden Saltzes bedienet. Noch etwas muß ich ihnen im Vertrauen eroͤffnen. Jch werde faſt keine Mei - nung vorgetragen haben / welche ich nicht mit eines an - dern auctoritaͤt bekraͤfftiget. Jch getroͤſte mich alſo / daß ich hinter dem Schild dergleichen beruͤhmten Leute ſicher und unverletzt werde ſtehen koͤnnen. Denn in der That greiffen ſie dieſelben an / wo ſie meine Meinungen uͤber einen Hauffen werffen / und vor unzulaͤßig ausſchrey -enVorrede. en wollen. Aus dieſer Urſache bilde ich mir ein / man werde nicht ſonderlich muchſen / wenn ich gleich dann und wann etwas vorgebracht / ſo von dem gemeinen Schlendrian abweichet. Denn wenn man nicht vor ſich alleine redet / ſon - dern etliche von denen Vaͤtern und Theologis allegiret / ſo ziehet mancher die Pfeiffe ein / die er ſonſten im hohen Thon angeſtimmet. Nun aber habe in verſchiedenen wichtigen Fragen ſelbſt unſern ſeel. Groß-Vater Lutherum ange - fuͤhret. Von dieſem wird / wie ich glaube / keine theologi - ſche Schildwache einen orthodoxie-Paß verlangen. So hat es mir auch bey andern Materien nicht an Leuten ge - mangelt / ſo mir beyſtimmen / und vor welcher Anſehen man das Muͤtzgen abnimmt. Dieſerwegen gedencke ich / daß man mich nicht als einen Ketzer auf denen Cantzeln / Schmauſereyen / in Staͤdten und Doͤrffern herum neh - men werde. Denn gewißlich es wuͤrde mancher ehrlicher Mann / der laͤngſt verfaulet / und bißher vor orthodox gehalten worden / mit mir in eine Claſſe kommen. Hat man bißhero nicht gemerckt / daß ſie dergleichen ſtatuiret / was kan ich dafuͤr. Jch dencke doch in Anſehung ihrer Friede zu haben. Denn von Feder-Fechtereyen iſt kein ſonderlicher Staat zu machen. Zumahl wenn man die ehrwuͤrdigen Haͤupter zum Gegentheil hat. Ab odio theologico libera me Domine, hat Philippus Melan - chthon mit Recht geſagt. Denn ich glaube nicht / daß bey andern Strittigkeiten unter denen Gelehrten / ſo viele ſo - phiſtereyen und unverantwortliche intriguen vorfallen / als wenn man das geiſtliche intereſſe nur ein wenig an - zwackt. Litte es die Zeit und Gelegenheit / ſo wolte man - ches Exempel aus der Kirchen-Hiſtorie beybringen. Jch fuͤrchte auch anbey / ich duͤrffte die Herren intereſſenten): (): (3nochVorrede. noch mehr irritiren. Dennoch mag ich nicht gerne ein Maͤr - tyrer werden. Jch will auch alle und jede / die ſich wider mich ſetzen / gebeten haben / mich mit der Knutpeitſche ih - res Eyfers nicht zu tourmentiren / bloß darum / weil ich etwa anders / als ſie / dencke / oder mich nur wenigſtens an - derer Worte bediene. Der groſſe Papſt in Jtalien ſchmeiſ - ſet die Wiederſacher als Toͤpffe / gerne mit einem eiſernen Scepter entzwey / von denen kleinen Paͤpſten in Teutſch - land iſt man es nicht gewohnet. Es wird niemand leug - nen koͤnnen / daß ich auch anders von dem Beicht-Weſen raiſonniren koͤnnen / als andere gethan / indem die Sache keinen Glaubens-Articul betrifft. Darum darf man auch aus dieſem Punct mit der inquiſition nicht hinter mir herwandern. Jch habe nichts vorgebracht / das die aͤuſſerliche Ruhe ſtoͤret / und dem Anſehen und pouvoir eines Fuͤrſten entgegen iſt. Darum hetze man das bra - chium ſeculare nicht wider mich auf. Jch habe gedacht / wie ich es geſehen. Habe ich unrecht / ſo lehre man mich anders. Doch mache man nur einen Unterſcheid unter lehren und zwingen. Gewißlich aber / mein Leſer / du ſeyeſt wer du biſt / ſo hoffe ich / du wirſt es alſo mit mir machen / daß ich nicht noͤthig habe mir eine ſauve garde auszubitten. Sey verſichert / daß ich mich allezeit nach deiner Auffuͤhrung richten werde. Geheſt du genereus mit mir um / ſo will ich dir alle complaiſance erweiſen. Schweigeſt du / und denckeſt das deinige von meiner Arbeit / ſo wiſſe / daß ich niemand das meinige aufdringe. Mur - reſt du / ſo bezeuge ich Gedult / und habe Mitleiden mit deiner Schwachheit. Sucheſt du mich anzuſticheln und durch die Hechel zu ziehen / ſo koͤnte es geſchehen / daß ich dir wieder en riant ein τύπτω gebe. Faͤngſt du endlich anzuVorrede. zu poltern / wie der Hercules furens beym Seneca, ſo verſichere ich dich / daß du eine rechte incommode Creatur biſt. Kluge Leute muͤſſen mit ſolchen Zahnbrechern und Titulmachern compasſion haben. Endlich dienen ihre objectiones, die ſie mit groſſem Geſchrey in die Welt aus - fliegen laſſen / zu nichts als zu Tobacks-fidibus, oder ſonſt etwas. Laſſe dir des Collins ſein Buch de la liberté de penſer recommendiret ſeyn. Denn ob man gleich nicht alles vor ein Evangelium aufnehmen darff / was er ſaget / ſo wirſt du doch vieles finden / das dich auf beſcheidnere Wege bringen kan. Diejenigen / ſo da nicht leiden koͤnnen / daß man von ihnen diſſentiret / und da - hero mit lauter laͤſtern und tourniren angeſtochen kom - men / ſind gemeiniglich elende Fincken-Ritter. Sie den - cken / durch Freyheit im raiſonniren gienge ihr gantzer Marck / und was ſie mit vieler Muͤhe in das von Vorur - theilen uͤberhaͤuffte Gehirne gebracht / auf einmahl zu Grunde. Jch ſuche nach dem Exempel anderer beruͤhm - ter Leute einige Materien des Kirchen-Rechts in ein hel - leres Licht zu ſetzen. Jch geſtehe aber dabey meine Schwachheit / und daß ich ein Deus minorum gentium bin. Deſſen aber ohngeachtet werde verſchiedenes ange - zeiget haben / das man vorhero nicht geſchrieben. Du wirſt es auch ſelbſten wahrnehmen / und vielleicht von manchem andere Gedancken faſſen / wenn du anders mei - ne Schrifft mit ohnpartheyiſchen Augen anſieheſt. Kanſt du dieſes nicht thun / ſo weiß ich dir nicht beſſer zu rathen / als daß du gar nichts von demjenigen lieſeſt / was ich vorgetragen. Sonſten kanſt du / wie bereits gemeldet / frey raiſonniren. Denn in re publica litteraria hat einer ſo viel Freyheit als der andere. Jedoch gleichwie ich / wo von ei -nigenVorrede. nigen diſſentiret / es mit aller Beſcheidenheit gethan / ſo getroͤſte mich von andern desgleichen. Jederman grim - mig anzufallen / nur fechten / beiſſen und kratzen / ſtehet keinem honnet homme, geſchweige einem Gelehrten an. Dieſes iſt die conduite de la canaille. Jch mercke aber wohl / daß mancher ſchmurret / wie der Miſantrope bey dem Moliere. Dieſes thut er nicht ſo wohl deßwegen / weil er in ſeinem Gehirne andere Meinungen hat / als viel - mehr weil ich in teutſcher Sprache geſchrieben. Dieſer - wegen wird mir mancher / wo nicht oͤffentlich / doch heim - lich / einen derben Filtz geben. Aber warum biſt du der teutſchen Sprache gehaͤßig? Vielleicht weil die Lateini - ſche lingua eruditorum iſt? Jn ſo weit haſt du recht / weil ich in der Lateiniſchen allen Gelehrten meine Gedancken communiciren kan. Aber warum ſoll man ſeinen Lands - Leuten zum beſten nicht auch in Teutſcher Sprache ſeine Gedancken zu Pappier bringen? Die Frantzoſen / Jta - liaͤner / Engellaͤnder und andere ſchreiben ja auch in ihrer Mutter-Sprache. Warum biſt du nicht auf den Cicero ungehalten / daß er ſeine Mutter-Sprache im ſchreiben gebraucht? Jch mercke aber / was dir vor Scrupel in dem Niſchel ſtecken. Du denckeſt / daß diejenigen / welche nicht profesſion von der Gelehrſamkeit machten / auf ſol - che Weiſe auch hinter viele Sachen kaͤmen. Was hindert dich dieſes? Warum willſt du daruͤber ſcheel ausſehen? Jch will dir im Vertrauen eroͤffnen / daß Anfangs die La - teiniſche Sprache erwehlet. Andere aber haben mich hierauf eben aus der Urſache / die dich verdreuſt / veran - laßet / in teutſcher Sprache zu ſchreiben. Jch habe ihre Vorſtellung hoͤchſt raiſonnable gefunden. Du wen - deſt ein: Es duͤrfften nicht alle und jede Perſonen diewahreVorrede. wahre Beſchaffenheit mancher Sache wiſſen. Es waͤre weit zutraͤglicher / wenn manches vor ihren Augen ver - borgen bliebe. Hoͤre: dieſes iſt ein politiſcher Streich / den vor langen Zeiten / da alles in der groͤſten Barbarie war / die Cleriſey geſpielet. Wenn es laͤnger gewaͤhret / haͤtten die Layen Heu freſſen lernen. Die Reformation hat uns hieraus geriſſen. Entweder iſt daßjenige / was ich geſchrieben / wahr / oder es hat keinen Grund. Jſt das erſtere / warum ſollen es nicht alle Menſchen wiſſen. Jſt es das letztere / ſo zeige mir / wo ich geirret. Doch fuͤhre dich als einen geſcheuten Diſputatorem auf. Jch beſchei - de mich zwar gar wohl / daß es nicht allezeit gut / wenn alle und jede die wahre Beſchaffenheit einer Sache wuͤ - ſten. Kindern ſind viele Wahrheiten ſchaͤdlich / die ſie bey erwachſenen Jahren wiſſen koͤnnen. Die Geheim - nuͤſſe eines Staats muͤſſen vor vieler Augen verborgen bleiben. Was ich aber geſchrieben / moͤgen Schuſter und Schneider und andere Ungelehrte leſen. Es iſt nichts da - runter / das das Staats-Intereſſe concernirte. Es ſind ſol - che Sachen / die in vita communi vorkom̃en. Wenn du alſo ſonſt keine Urſache haſt auf mich boͤſe zu ſeyn / als daß ich Teutſch geſchrieben / ſo ſpare deine Worte / und bleibe zu Hauſe. Du moͤchteſt dich ſonſten cum applauſu bey der Welt proſtituiren. Alſo menagire dich ſelbſten. Noch eines muß ich gedencken. Die Allegata, wenn ſie in einer andern als der teutſchen Sprache geſchrieben / habe in denen Paragraphis uͤberſetzet / und die Worte in denen Noten beygefuͤget. Doch erinnere daß bey Uberſetzung mehr auf den Sinn / als die Worte eines Autoris geſehen. Laß es dir nicht verdrieſſen / daß ſolche Stellen zweymahl vorkommen. Denn weil vor Gelehrte und Ungelehrte geſchrieben / ſo hat): (): (): (esVorrede. es nicht anders ſeyn koͤnnen. Wilſt du das Teutſche nicht leſen / ſo ſchaue nur alſobald auf die Note. Jn dieſen wirſt du auch manches finden / das nicht fuͤglich in den Text bringen koͤnnen. Gefaͤllet dir meine Manier nicht / ſo uͤberlege nur / methodus ſey arbitraria. Jch habe alſo hierinnen ſchalten und walten koͤnnen / wie es mir belie - bet. Jch halte dieſe Art darum vor bequem / weil man in den Text alles kuͤrtzlich faßen / in der Note aber weiter erleutern / oder eine kleine und nicht undienliche Digres - ſion machen kan. Du aber geneigter Leſer / der du mei - ne Arbeit als einen Blumen-Strauß betrachteſt / da et - was gutes und auch wohl unnuͤtzliches iſt / bediene dich der - ſelben ſo gut du kanſt. Allen Leuten kan man es ohn - moͤglich recht machen. Jch wuͤrde der groͤſte Thore ſeyn / wenn ich einen allgemeinen Beyfall verlangte. Sey vielmehr verſichert / daß ich dieſes als eine Probe geſchrie - ben / um andere zu weiterm Nachdencken aufzumuntern. Wenn ich dieſes erlanget / ſo habe genug gethan. Blei - be mir inzwiſchen ferner gewogen / und erwarte mit ehe - ſten auch auf gleiche Art meine Gedanchen von dem Kirchen-Bann und der Kirchen-Buſſe. Lebe wohl.

Jnhalt des gantzen Wercks.

Vorbericht. Von der Juriſten ihrem Studio in der Theologie.
  • §. I. Gemeine Klage, daß die Ju - riſten von Theologiſchen Sa - chen ſchrieben. 1
  • §. II. Præjudicium des Alter - thums. 2
  • §. III. Jnnungen bey der Ge - lahrheit. 3
  • §. IV. Die Diſciplinen hengen aneinander. 4
  • §. V. Ein Juriſte muß in der Theologie guten Grund legen. (1) Urſache. 5
  • §. VI. Forſchen in der Schrifft, was es heiſt. 6
  • §. VII. Ein jeder muß bey Leſung der Schrifft nachforſchen. 8
  • §. VIII. Die Schrifft heiſſet uns die Nachforſchuͤng und Be - urtheilung ſelbſt. 8
  • §. IX. Von der Autoritaͤt, ſo ſich die Geiſtlichkeit wegen ihrer Erklaͤrungen anzumaſſen hat. 10
  • §. X. Clerici Gedancken wegen des Zwangs etwas zu glauben. 11
  • §. XI. Glaubens-Sachen muß ein jeder ſelbſt unterſuchen. 13
  • §. XII. Alſo auch die Juriſten. Nichtige Beſchuldigung we - gen der Neuerung. 14
  • §. XIII. Andere Urſache, warum die Juriſten ſich auff die Theo - logie zu legen haben. 15
  • §. XIV. Von der Vernunfft und Offenbahrung. 16
  • §. XV. Dritte Urſach warum ein Juriſt in der Theologie verſirt ſeyn muß. 17
  • §. XVI. Vierte Urſache warum ein Juriſt von der Theologie unterrichtet ſeyn muß. 19
  • §. XVII. Obige Urſache wird weiter erleutert. 20
  • §. XVIII. Fuͤnffte Urſache wa - rum ein Juriſt die Theologie zu ſtudiren hat. 23
  • §. XIX. Die Pflantzung der Re - ligion kan nicht mit Gewalt geſchehen. 24
  • §. XX. Anordnung der Ceremo - nien. 27
  • §. XXI. Von Verfolgung der Jrrenden. 28
  • §. XXII. Unzulaͤßige Mittel zum Kirchen-Frieden zu gelangen. 29
  • §. XXIII. Rechte Mittel zum Kir - chen-Frieden zu gelangen. 30
  • §. XXIV. Religions-Zwang der Chriſten, als ſie Frieden er - langt. 31
  • §. XXV. Heyden und Juͤden ver - folgen die Chriſten wieder. 32
  • §. XXVI. Die Chriſten bringen es nach Juliani Tod wieder ein, was ſie in der Verfolgung ver - ſaͤumet. 33
  • §. XXVII. Chryſoſtomi Auffuͤh - rung gegen die Heyden. 34
  • §. XXVIII. Warum manchmahl die Gewiſſens-Freyheit von denen Kirchen-Lehrern ver - theydiget worden. 35
  • §. XXIX. Lehre der Proteſtiren - den von der Tolerantz. 37
  • §. XXX. Die Lutheraner dene - giren denen Reformirten die Gewiſſens-Freyheit. 39
  • §. XXXI. Recht eines Fuͤrſten bey diſſentirenden Religionen. 40
  • §. XXXII. Juriſten koͤnnen von dem Recht eines Fuͤrſten in geiſtlichen Dingen ohne die Theologie nichts ſagen. 41
  • §. XXXIII. Sechſte Urſache, wa - rum ein Juriſt die Theologie zu ſtudiren hat. 43
  • §. XXXIV. Siebende Urſache): (): (): (2warumwarum ein Juriſt die Theolo - gie ſtudiren ſoll. 44
  • §. XXXV. Das Jus Canonicum kan ohne Theologie nicht er - klaͤret werden. 45
  • §. XXXVI. Anmerckungen bey dem Titul de ſumma trin. & fid. cathol. 47
  • §. XXXVII. Noch andere An -merckungen uͤber gemelden Titul. 49
  • §. XXXVIII. Noch ein paar An - merckungen50
  • §. XXXIX. Bey denen Materi - en des canoniſchen Rechts, iſt die Theologie zur Hand zu nehmen. 51
  • §. XL. Beſchluß. 51
Erſte Abtheilung. Von dem Urſprung und Fortgang der Lehre von der Macht Suͤn - de zu vergeben und zu behalten.
  • Das I. Cap. Von dem Urſprung der Macht Suͤnde zu ver - geben und zu behalten. 53
  • Das II. Cap. Von der Bekaͤntniß und Beichte der verborge - nen Suͤnden, und ihrem Urſprung. 71
  • Das III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte. 106
  • Das IV. Cap. Von der Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle bey den Proteſtirenden. 128
Zweyte Abtheilung. Von demjenigen, was bey dem Gebrauch der Beicht-Stuͤhle Rechtens iſt.
  • Das I. Cap. Von Erwehlung eines gewiſſen Beicht - Vaters. 182
  • Das II. Cap. Wenn und wie offt man zum Beicht-Stuhl gehen ſoll. 214
  • Das III. Cap. Von dem Beicht-Pfennig. 238
  • Das IV. Cap. Von der Geheimhaltung der Beichte. 29[0]
Dritte Abtheilung. Von dem Recht der Obrigkeit wegen der Beicht-Stuͤhle.
  • Das I. Cap. Von dem Recht der Conſiſtorien bey dem Beicht-Weſen. 346
  • Das II. Cap. Von dem Recht eines Fuͤrſten bey denen Beicht - Stuͤhlen uͤberhaupt. 361
  • Das III. Cap. Von dem Recht eines Fuͤrſten wegen anderer bey dem Beicht-Weſen vorkommenden Sachen. 376
Vorbe -
[1]

Vorbericht von Der Juriſten ihrem Studio in der Theologie.

§. I.

JCh zweiffle nicht / daß ihrer viele ſeyn werden /Gemeine Kla - ge, daß die Ju - riſten von Theologi - ſchen Sachen ſchrieben. welche bey Erblickung des Tituls von gegen - waͤrtiger Schrifft mit beweglicher Stimme ausruffen: Es ſey doch eine recht erbarmens - wuͤrdige Sache / daß die Juriſten nicht auff - hoͤrten in die Theologie zu ſtuͤmpern /(a)Man hat bereits in denen uhralten Zeiten es vor eine Staats-raiſonHierunter iſt eine Staats - raiſon. gehalten, daß von Theologiſchen Sachen niemand anders, als gewiſſe Perſonen Wiſſenſchafft haben ſolten. Die Egyptiſchen Prieſter theilten ihre Geheimniſſe und Wiſſenſchafften in goͤttlichen Dingen niemand mit, als denen die von der Nachfolge zur Cron, oder auch Prieſter waren. Es er - hellet ſolches unter andern aus Clemente Alexandrino Strom. lib. 5. Das Pabſtum wuſte ſich dieſes Vortheils auch meiſterlich zubedienen. Die Schulen waren in Kloͤſtern. Da wurde niemand unterrichtet, als der ein Glied von der Cleriſey war. Die, ob ſie gleich eben in der wahren Weiß - heit nicht unterrichtet worden, ſo wuſten ſie doch mehr als andere. Alſo(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) akunten da ſey kein Articul Chriſtlicher Lehre / von welchem ſie ſich nicht unterfiengen ihr Urtheil zu faͤllen / ja gar davon zuaſchrei -2Vorbericht von der Juriſtenſchreiben und zu diſputiren. Weil ſie aber von ſolchen Sachen keine vollkommene Erkaͤnntniß haͤtten / noch haben koͤnten / ſo braͤchten ſie lauter elendes und irriges Zeug zu Marckte. Durch ihre Freydenckerey, wuͤrde denen Ketzereyen und Spal - tungen Thuͤr und Thorgeoͤffnet. Ja was noch mehr / ſo ſchliche ſich die Atheiſterey bey vielen nach und nach ein. (b)Welchen Leu - ten man gemei - niglich die A - theiſterey bey - miſt.Es iſt jetzo faſt mode, daß man diejenigen, ſo da zuſchauen, ob alles, was die Geiſtlichkeit vorgiebet, Grund habe, mit dem Nahmen der Atheiſten be - leget. Wer uͤber ein und andere Theologiſche materien raiſonniret, und reine Vernunfft gebraucht, wird mit dieſem ſchoͤnen Titul beleget. So haben es die Papiſten dem Luthero und Melanchthoni gemacht. vid. Poſſeuinus in Biblioth. ſelect. Lib. VIII. cap. 1. ſeq. Der gelehrte Eraſ - mus Roterodamus, weil er die Fehler der Cleriſey entdecket, hat ebenfals dafuͤr die Ehre gehabt unter die Atheiſten gezehlet zu werden. vid. Theo - philus Raynaudus in erotemat. de malis & bonis libris partit. 1. erot. IV. p. 22. ſq. Der ſeelige Spener hat auch erfahren muͤſſen, daß man ihn mit Spinoza verglichen. Man leſe hie von das Programma, ſo der Leipzigiſche Theologus Joh. Bened. Carpzov Ao. 1695. zu denen Oſter-Feyertagen drucken laſſen. Wie viele den beruͤhmten Chriſt. Thomaſium zu einem Atheiſten machen wollen, iſt bekannt genug.

Præjudici - um des Al-terthums.
2

§. II.

So / ſage ich / werden bey manchem die Seuffzer aus dem innerſten ſeines Hertzens heraus poltern. Allein die alſo urtheilen / werden vielleicht von derjenigen Gattung ſeyn / welche nichts vor billig und zugelaſſen halten / als was mit ih - rem / von vielen Vorurtheilen beſeſſenen Gehirne uͤbereinkomt. Denn wenn ſie die Sache mit Vernunfft und ſich ſelbſt gelaſſe - nen Gemuͤthe uͤberlegten / wuͤrden ſie gewiß gantz andere Mei - nungen faſſen. So aber bleiben ſie bey demjenigen / was ihnen von ihren alten Lehrern beygebracht worden / wie eine Klette hengen. Sie meinen die alten waͤren auch keine Narren ge - weſen. Dieſe aber haͤtten dafuͤr gehalten / es ſolte ein jeder fein bey ſeinem metier bleiben / und ſich um andere Dingeunbe -(a)kunten ſie nach und nach ſich uͤber die weltliche Obrigkeit empor ſchwingen. Denn da alles in der groͤſten Unwiſſenheit lebte, ware es gar ein leichtes.3Studio in der Theologie. unbekuͤmmert laſſen. Geſetzt aber daß dem ſo waͤre / muͤſſen wir denn ſolches als goͤttliche Wahrheiten veneriren. Hoͤre / was Lactantius ſaget:(a)Lactantius in Inſtit. diu. Lib. II. de origine erroris. Sapientiam ſibiVon Lactantio getadelt. adimunt, qui ſine vllo judicio inuenta majorum probant, & ab aliis pecudum more ducuntur. Sed hoc eos fallit, quod majorum nomi - ne poſito, non putant fieri poſſe, vt aut ipſi plus ſapiant, quia mi - nores vocantur, aut illi deſipuerint, quia majores nominantur. Wer die Erfindungen der Al - ten ohne Uberlegung vor wahr haͤlt, benimmet ſich ſelbſt die Weißheit, und wird von andern wie ein Vieh geleitet. Aber ſie betruͤgen ſich damit, daß da ſie den Nahmen der Vorfahren oder Alten antreffen, ſie dafuͤr halten es koͤnte nicht ſeyn, daß ſie als Juͤngere und Nachkommen mehr wuͤſten; oder daß ſie den - cken jene haͤtten nichts naͤrriſches an ſich gehabt, weil ſie Majo - res oder Vorfahren hieſſen.

§. III.

Hiermit ziehen ſie um jede Facultaͤt einen Spren -Jnnungen bey der Ge - lahrheit. gel. Dieſen ſoll niemand uͤberſchreiten / wenn er nicht von ih - nen mit mißvergnuͤgten Augen will angeſehen ſeyn. Sie fuͤh - ren ſich wie die Handwercks Leute in unſerm teutſchen Reiche auff. Wer nicht bey einer Jnnung ordentlich eingeſchrieben / gelernet / Geſelle und Meiſter worden / darff nichts dahin ge - hoͤriges arbeiten / will er nicht vor einen Pfuſcher angeſehen und geſtrafft werden. Dieſes aber iſt der rechte Weg nicht zu einer gruͤndlichen Gelahrheit zu gelangen. Dieſes haben ſchon verſchiedene von viel hundert Jahren her erkannt. Und wenn auch kein Exempel vorhanden / daß ſich jemand auſſer ſeinem Haupt-Studio in andere diſciplinen gewaget / ſollen wir der - gleichen auch thun? Jch dencke nicht. Seneca iſt in dieſem Stuͤck viel kluͤger geweſen. Was iſt zu thun? lauten ſeine Worte. (b)Seneca epiſt. 33. ad Lucilium. Quid ergo? non ibo per priorum ve -Senecæ Urtheil von der rechten Art zu ſtudiren. ſtigia? Ego vero vtar via veteri, ſed ſi propiorem inuenero, hanc mu - niam. Qui ante nosiſta mouerunt, non domini noſtri ſed duces ſunt. a 2PatetSoll ich nicht der alten Spur folgen[?]Jch willa 2mich4Vorbericht von der Juriſtenmich zwar des alten Wegs bedienen, abet wenn ich einen naͤ - hern finde, will ich dieſen gehen. Die vor uns etwas vorge - bracht, ſind nicht unſere Herren, ſondern Leiter und Fuͤhrer. Die Wahrheit ſtehet einem jeden offen, man hat ſie noch nicht eingenommen. Vieles davon iſt denen Nachkommen uͤber - laſſen worden.

Die diſcipli - nen hengenaneinander.
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§. IV.

Gewiß / es kan nichts ausgedacht werden / ſo der Gelahrheit mehr im Weg ſtehet / als wenn man nur eine eini - ge diſciplin excoliren will. Denn es iſt eine Weißheit. Was von dieſem Centro abgehet / iſt ein Jrrthum. Zu der Weißheit aber zugelangen / hat man viele diſciplinen. Dieſe haben un - ter ſich eine Connexion, ſie helffen dazu / daß wir die vielen an - klebenden Jrrthuͤmer ausmertzen koͤnnen. Wenn nun alſo gleich in artibus mechanicis, gewiſſe Guͤlden / Zuͤnffte und Jn - nungen auffgerichtet werden; ſo kan man doch ſolches bey denen gelehrten Wiſſenſchafften nicht bewerckſtelligen. Ein Schuſter kan ſeine Profeſſion vollkommen verſtehen / wenn er gleich nicht weiß / wie man ein Kleid / ſo auff dem Leibe wohl ſi - tzen ſoll / zuſchneiden muß. Allein bey denen ſtudiis ſiehet es etwas anders aus. Um dieſe kan man keinen Zann machen / weil unter allen Wiſſenſchafften eine genaue Verbindung, ein enchainement des verités iſt. Vitruuius hat zu ſeiner Zeit ſchon bemercket / daß dieſer Satz ſeinen Grund habe. Die Gelahrheit beſtuͤnde als ein Coͤrper aus vielen Gliedern. Man muͤſte alſo verſchiedenes und vieles lernen.(a)Vitruuii Ur - theil davon.Vitruuius de Architect. Lib. 1. Mirum videbitur imperitis, poſſe na - turam tantum numerum doctrinarum perdiſcere. Cum autem ani - maduerterint, omnes diſciplinas inter ſe conjunctionem rerum & com - municationem habere, fieri poſſe facile credetur. Encyclios enim diſciplina vt corpus vnum ex his membris eſt compoſita. Itaque quia teneris ætatibus eruditionibus variis inſtruuntur, omnibus literisagno - Denenſo(b)Patet omnibus veritas; nondum eſt occupata. Multum ex illa etiam futuris relictum eſt. 5Studio in der Theologie. ſo hier an noch einigen Zweiffel haben / iſt durch den Gelehrten Wower der Staar ziemlich geſtochen worden. (b)Er ſchriebe de Polymathia und kam Ao. 1603. zum erſten mahl heraus. und Woweti. Zum dritten mahl hat es Jacobus Thomaſius Ao. 1665. zu Leipzig auffle - gen laſſen. Der Titul iſt etwas praͤchtig. Jn der Ausarbeitung iſt aber gewiß eine groſſe Beleſenheit zu ſpuͤren. Zu wuͤnſchen waͤre es, daß Wo - wer eine groͤſſere Beurtheilungs Krafft erwieſen. Doch iſt es das beſte Werck, ſo wir in dieſer Sache haben. Er ſetzet in dem erſten Capitel, daß er zeigen wolte, alle diſciplinen haͤtten unter ſich eine Verbindung. Wer eine nicht achtete, kaͤme in der andern nicht fort. Omnes artes, lauten ſeine Worte, communi quodam vinculo aptas & colligatas conuin - cam, vt quisquis earum vnicum negligenter habuerit, eum reliquæ quoque deſerant. Sein Leben hat am ausfuͤhrlichſten der gelehrte Reinmann beſchrieben, in der critique uͤber Bayle dictionaire.

§. V.

Es muß alſo ein Juriſte auch die Theologie ſtu -Ein Juriſte muß in der Theologie guten Grund legen. (1) Urſache. diren. Hierzu befinden ſich auſſer dem angefuͤhrten verſchie - dene wichtige Urſachen. Denn da kommet ja einem ieden Men - ſchen zu / daß er in ſeinem Chriſtenthum guten Grund lege / und ſeines Glaubens verſichert ſey. Hier zu muß ihm ja die Theologie den Weg bahnen. Jch verſtehe aber dadurch nicht eine ſolche / wie ſie in vielen Syſtematibus mit einer Menge von ſcholaſti - ſchen und metaphyſiſchen Grumpen / diſtinctionibus und diuiſionibus vorgetragen wird; ſondern wie ſolche in dem kla - ren Wort GOttes enthalten iſt. Hier finde ich alles klar und deutlich / da ich durch die meiſten theologiſchen Syſtemata nur mehr verwirret werde. Mir gefallen die Worte Turretini uͤberaus wohl / da er ſaget:(c)Turretinus in cogit. de religion. §. 67. Qui vellent, Chriſtum Theo -Turretini Ge - dancken von der Theologia Sy - ſtematica. logiam ſyſtematicam hominibus tradidiſſe, parum prudentes ſunt æſtimatores rerum. Ars uiuendi familiaribus colloquiis datisque, prout res ferunt, documentis, longe felicius traditur, quam operoſo illo definitionum & argutarum quæſtionum artificio, quod ſyſtema nuncupatur. Die da verlangen, daß Chri -a 3ſtus(a)agnoſcunt easdem notas, communicationemque omnium diſciplina - tum & ea re omnia facilius cognoſcunt. 6Vorbericht von der Juriſtenſtus denen Menſchen eine ſystemati ſche Theologie gegeben haben ſolte, koͤnnen die Sachen nicht kluͤglich beurtheilen. Die Kunſt zu leben wird durch gemeine Geſpraͤche, und Zeugniſſe, wie es die Sache erfordert, viel beſſer vorgetragen, als durch die muͤhſame Kunſt der definitionum und ſpitzigen Fragen, wel - ches man ein ſystema nennet. Man gehe alſo auff die Quelle ſelbſten. Dieſe zeiget den Weg zur Seeligkeit auff das deut - lichſte. Nun wollen aber die Juriſten ſo gerne alß andere Leu - te in den Himmel kommen. Sie halten darum dafuͤr / das Forſchen in der Schrifft, ſey ſo wohl ihnen als andern Menſchen anbefohlen.

Forſchen in der Schrifft, was es heiſt.
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§. VI.

Was heiſt aber in der Schrifft forſchen? Ge - wißlich wird es etwas mehr / als eine bloſſe Leſung und Erler - nung einiger Stellen aus derſelben bedeuten. Die Wahrheit kan ohne Muͤhe nicht wohl erfunden werden. Es ſind offt we - nig Worte / die aber einen deſto groͤſſern Nachdruck haben. Einige Stellen ſind oder ſcheinen dunckel. Dunckle Reden wer - den aus obſeruationibus ſingularibus erklaͤret. Solche ob - ſei uationes gruͤnden ſich auf eine Erfahrung / die man nach und nach erlanget. Eine ſolche Erfahrung / bringet beſondere Saͤ - tze und Muthmaſſungen herfuͤr. Alſo beruhen alle Erklaͤrungen auff Muthmaſſungen. Dieſe koͤnnen aber von iedem / welchen GOtt mit einem geſunden und auffgeraͤumten Verſtand begabet / gemacht werden. GOTT hat in ſeinem Wort uns keine ſolche Sachen vorgetragen / die gaͤntzlich unbe - greifflich waͤren. Der Autor des Buchs de la vanite des ſci - ences hat ſchoͤne Gedancken davon / da er ſaget:(a)Gedancken von der bibliſchen Schreib-Art.La vanite des ſciences, ou ref lection d’un Philoſophe Chretien ſur le verita - ble bonheur pag. 232. ſeq. Pour moy, je vous avouë qu apres l’étude que i’ay faire juſqu’à préſent, je ne me félicite d’autre choſe que de ce que je reconnois, que je ne ſuis pas plus ſavant que le plus ſimple des Chreſtiens; que le Saint Eſprit n’a point eu deſlein de nous rendrePhi -Was7Studio in der Theologie. Was mich betrifft, ſo bekenne ich, daß nach allem Fleiß, den biß - hero anwenden koͤnnen, ſchaͤtze ich mich aus keiner andern Ur - ſache gluͤcklich, als daß ich erkannt, wie ich nicht weiſer als der einfaͤltigſte Chriſte bin; daß der heilige Geiſt nicht den End - zweck gehabt, uns zu Philoſophen zu machen, und ſolche Sachen vorzutragen, die in nichts als einer ſpeculation beſtehen; ſon - dern uns nur zu lehren, wie wir recht leben ſollen, und uns zu der zukuͤnfftigen Seeligkeit durch den Weg der Heiligkeit zu zu - ſchicken: Daß die heiligen Schreiber niemahls im Sinn ge - habt uns unbegreiffliche Geheimniſſe zu lehren, noch von ſol - chen Sachen zu reden, welche ſich nicht vor alle Leute ſchick - ten: Vielmehr haben ſie ſich in Dingen, die nur die Theorie und ſpeculation betreffen allzeit ſolcher Ausdruͤckungen bedie - net, die unter ihnen am gemeinſten waren, und davon ihre Leu - te Verſtand hatten ohne ſich Muͤhe zu geben, daß ſie deutlichere erhielten. Denn dieſes ware zu denen guten Sitten nicht von noͤthen. Daß ihre Art zu reden, welche Anlaß gegeben ſich Geheimniſſe und unbegreiffliche Dinge einzubilden, nichts anders als ordentliche Ausdruͤckungen, entweder nach unſerer, oder der damahls gebraͤuchlichen Schreib-Art ſind. Alſo darff man nur auff dem rechten Weg bleiben / wenn mannicht(a)Philoſophes, & de nous propoſer des matieres purement ſpeculatives; mais ſeulement de nous apprendre à bien vivre, & de nous conduire à la felicité future par le chemin de la ſainteté: Que les Ecrivains ſacrés n’ont, jamais penſé à nous enſeigner des myſteres incompré - henſibles, ni à nous parler des choſes qui ne fuſſent pas de la portée de tout le monde: Qu’au contraire, ſur les choſes qui ne regardent que la Theorie & la ſpeculation ils ſe ſont tousjours accommodés aux ideés qui eſtoient les plus communes parmi eux, & dont leurs peu - ples eſtoient prévenus, ſans ſe mettre eu peine de leur en donner de plus exactes; lorsque cela n’eſtoit pas néceſſaire pour les bonnes mœurs. Que leurs manieres de parler qui ont donné occaſion de ſe figurer du myſtére & de l incomprehenſible, ne ſont que des fi - gures & des expreſſions ordinaires ou à nôtre propre ſtyle, ou à celuy de leur tems. 8Vorbericht von der Juriſtennicht ſogleich verſtehet was die Schrifft will / ſo wird man gar leicht von ihrer Meinung muthmaſſen koͤnnen. Jedoch iſt eine Muthmaſſung ſtaͤrcker als die andere.

Ein jeder muß bey Le - ſung der Schrifftnachforſchen.
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§. VII.

Wer alſo ſelbſt der Sache nachdencket / verdie - net vor andern gelobet zu werden. Es muß auch von rechtswegen ein ieder die Wahrheiten und Wahrſcheinlichkei - ten ſelbſten ſehen. Wer dieſes nicht thut / der raiſonniret auch nicht / ſondern andere thun es vor ihm. Zwar weiß ich allzuwohl / daß man diejenigen / ſo ihre Vernunfft unter dem Gehorſam der Prediger gefangen nehmen vor andern zu erhe - ben pfleget. Ja man will zu weilen einige bereden / es muͤſte alſo ſeyn. Jch kan aber nicht verhalten / daß mir allezeit da - bey einfaͤlt / es ſey ſolches ein ſchlimmer Streich. Hat der Pabſt dem ſeeligen Luther und andern Reformatoribus nicht eben dergleichen weiß machen wollen? Klinget der Jeſuiten ihre Meinung nicht noch heute zu Tage auff dieſen Schlag? Man muß aber wiſſen / daß man ſich zwar verbindlich machen koͤnne iemand zu gehorchen, keines weges aber alles / was er ſa - get zu glauben. Jſt denn alles ſchon ſo gewiß / daß weiter nichts dawieder einzuwenden? Hoͤre was Auguſtinus ſaget:(a)Was bey unter - ſuchung der Wahrheit zu beobachten.Auguſtinus c. 3. contr. epiſt. fundam. Nemo noſtrum dicat, ſe jam inueniſſe veritatem. Sic eam quæramus, quaſi ab utrisque neſciatur. Ita enim diligenter & concorditer quæri poterit, ſi nulla temeraria præſumtione inuenta & cognita eſſe credatur. Niemand ſage er habe die Wahrheit ſchon gefunden. Wir muͤſſen ſie ſo ſuchen, als wenn beyde Theile ſolche nicht wuͤſten. So kan man dieſelbe fleißig und einmuͤthig ſuchen, wenn man weiß daß ſolche duꝛch keine vergebliche Einbildung erfunden und erkannt worden.

Die Schrifft heiſſet uns die Nachfor - ſchung und Beurthei-lung ſelbſt.
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§. VIII.

Bey einer ſolchen Auffuͤhrung / da man meinet / andere haͤtten die Sache ſchon genug eingeſehen / und beduͤrfften wir keines Nachdenckens / iſt gemeiniglich eine Faulheit. Die Schrifft billiget ſolche ſelbſten nicht. Dennwarum9Studio in der Theologie. warum ſchreibet Paulus ſeinen Theſſalonichern. Pruͤfet aber alles und das Gute behaltet. (a)1 Theſſ. V, 21. Παντὰ δοκιμάζετε, τὸ καλὸν κατέχετε.Haͤtte er geſucht / daß man weiter nicht uͤber ſeine Brieffe reflectiren duͤrffte / ſo wuͤr - de er ſolche Worte nicht haben einflieſſen laſſen. Oder waͤre der theure Mann in der Meinung geſtanden / daß nur die Bi - ſchoͤffe und Aelteſten ſolches thun duͤrfften; ſo wuͤrde er ſich zweiffels ohne deutlich hieruͤber erklaͤret haben. Allein ſo fin - det man nicht die geringſte Spur davon. Er redet uͤberhaupt alle Theſſalonicher an. Denn obwohl dieſer theure Ruͤſtzeug aus ohnmittelbahrer Eingebung des heiligen Geiſtes geſchrieben / ſo ermahnet er dennoch die Corinthier / daß ſie die Wahrheit / desjenigen was er ſagte / unterſuchen moͤchten. Denn ſo lauten ſeine Worte: Als mit den Klugen rede ich. Richtet ihr, was ich ſage. (b)1 Cor. X, 15. Ω῾ς φρονίμοις λέγω· κρίνατε ἡμει῀ς, φημι.Ja er laͤſſet ihnen auch an - derwaͤrts zu die Weiſſagungen und ſeine Reden zu beurtheilen. Denn ſo ſchreibet er wiederum: Die Weiſſager aber laſſer reden, zwey oder drey, und die andern laſſet richten.(c)1 Cor. XIV, 29. Προφῆται δὲ δύο τρει῀ς λαλείτωσαν, καὶ οἱ ἄλλοι διακρινέτωσαν. denen Philippern befiehlet er ebenfals / zu pruͤfen was das beſte ſey. (d)Phil. I, 10.Anderer Stellen von ihm zugeſchweigen. Jo - hannes hat ebenfals τὴν δοκιμασἴαν τῶν πνευμάτων, die Pruͤfung der Geiſter anbefohlen. Denn ſo ſchreibet er: Jhr Lieben, glauber nicht einem ieglichen Geiſt, ſondern pruͤfet die Geiſter, ob ſie von GOtt ſind, denn es ſind viel falſche Propheten aus - gegangen in die Welt. (e)1 Joh. IV. 1. Α᾽γαπητοὶ, μὴ ϖαντὶ πνεύματι πεϛεύετε, ἀλλὰ δοκιμά - ζετε τὰ ϖνεύματα εἰ ἐκ του Θεοῦ ἐϛιν῾ ὅτι ϖολλοὶ ψευδοπροφῆται ἐξε - ληλύθασιν εἰς τὸν κόσ μον.Denen Berrhoenſern wird zu Ruhme nachgeſchrieben / daß ſie das Wort / ſo ihnen Paulus(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) bund10Vorbericht von der Juriſtenund Silas geprediget / mit Freuden auffgenommen / und taͤg - lich in der Schrifft geforſchet, ob es ſich alſo hielte. (f)Actor. XVII, 11. οὕτοι δὲ ἦσαν ἐυγενέϛεροι τῶν ἐν θεσσαλονἴκη, οἵτινες ἐδέξαντο τὸν λόγον μετὰ πάσης προθυμίας, τὸ καθ᾽ ἡμέραν ἀνακρίνον - τες τὰς γραϕὰς, εἰ ἔχοι ταῦτα οὕτως.Chriſtus / unſer theurer Heiland ſelbſt / hat es vor gut gehal - ten / daß man ſeine Rede pruͤffen moͤchte, ob ſie von GOtt ſey. (g)Joh. VII, 17. Ε῎αν τις θέλη τὸ θέλημα ἀυτου ποιει῀ν, γνώσεται περὶ τῆς διδαχῆς, πότερον ἐκτου Θεοῦ ἐϛιν, ἐγὼ ἀπ᾽ ἐμαυτου λαλῶ.

Von der Au - toritaͤt, ſo ſich die Geiſt - lichkeit we - gen Jhrer Erklaͤrun - gen anzu-maſſen hat.
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§. IX.

Da nun ſelbſt die Schrifft dergleichen Unter - ſuchung allen anbefiehlet / warum ſolten die Juriſten davon ausgeſchloſſen ſeyn? Vielleicht / daß ſie nicht hinter die Wahrheit kommen ſollen? Denn man hat ſchon vormahls dafuͤr gehalten / daß manches wahr waͤre / welches doch an - dere Leute nicht wiſſen ſolten / und vieles falſch / das doch gut waͤre / denen Leuten als Wahrheiten beyzubringen. (a)Auguſtinus de ciuit. Dei Lib. IV. c. 3. Multa eſſe vera, quæ vulgo ſcire non ſit vtile, & quædam tametſi falſa ſint, aliter exiſtimare po - pulum expediat &c. Jch mercke aber ſchon wo du hinaus wilſt. Du ſageſt die Chriſtli - che Kirche hat dieſes oder jenes bereits ſo und ſo erklaͤret. Dieſerwegen meineſt du beduͤrffte die Sache keiner weitern Nachgruͤblung. Laß dir dienen: wen verſteheſt du durch die Chriſtliche Kirche? Die Patres oder die herrſchende Cleriſey? Wo iſt es aber gegruͤndet / daß dieſe in ihren Er - klaͤhrungen nicht irren? Warum ſollen alle andere ihre Saͤtze und Meinungen unterſchreiben? Jch muß dir in Vertrauen ſagen / daß mir bey denen Patribus einfaͤlt / was Cicero von denen Philoſophen geſprochen: Er wuͤſte nicht woher es kaͤme, daß nicht ſo abſurd koͤnte geſagt werden, was nicht einPhi -11Studio in der Theologie. Philoſophe vorgebracht. (b)Cicero Lib. II. de diuin. Neſcio, quomodo nihil tam abſurde dici poteſt, quod non dicatur ab aliquo Philoſophorum. Uber dieſes ſo bedencke / daß die Patres und uͤbrige Cleriſey Menſchen ſind. Dieſe thun oͤffters aus Affecten etwas. Darum darff ich ihnen als ſichern Lei - tern nicht folgen.

§. X.

Denn wenn dieſes angienge / ſo haͤtten dieieni -Clerici Ge - dancken we - gen des Zwangs et - was zu glau - ben. gen ein gewonnen Spiel / die da vorgeben; ein Fuͤrſte haͤtte Macht zu befehlen was man glauben muͤſte. Der beruͤhmte Johannes Clericus raiſonniret aber recht gruͤndlich von ſol - chenungegruͤndeten Vorgeben. Jch will ſeine Worte teutſch hieher ſetzen. Man kan nicht ſagen, ſpricht er /(a)Clerc. Bibliotheque Choiſie Tom. X. p. 335. On ne ſauroit dire que ceSeine eigne Worte. Souverain a droit, de juger diuvrai & du faux, en matieres de reli - gion, pour le peuple; parce qu’il s’enſuivroit, que toutes les fois, que le Souverain changeroit de ſentiment, ſur la religion, comme il eſt arivé tres ſouvent, il faudroit néceſſairement, que le peuple en - changeât; a moins que d être coupable du crime de rebellion, & de pouvoir être puni comme tel. Il n’y a porſonne, qui voulût ac - corder cette conſequence, puis qu’n Prince heretique auroit droit de perſecuter les orthodoxes, & un prince Mahometan, du même Jayen auroit auſſi droit de mal traiter les chretiens, ſans qu’ils puiſſent s’an plaindre. Il n’y a reu de plus evident, & il en eſt de même, ſi vous ſubſtitues les eccleſiaſtiques au ſouvrain: car ſi un Synode a droit de juger pour le peuple, de ſe que le peuple doit croire, ſans que per - ſonne puiſſe refuſer de recevoir ſes deciſions, quelque ſentiment qu’ait ce Synode, il faudra l’embraſſer, ſans examen. Quand il decidera, qu’il ne faut point adorer d’images il faudra s’en abſtenir, & dés qu’il aura decidé le contraire, comme il arriva en orient, du tems, que l’ony diſputois des images, il faudra les ardorer. Il n’ya point de ſocieté chretieane aujourdhui, qui voulut avouër en general, que les ſujets en quelque êtat, que ce ſoit, ſont obligés en conſcienco de ſe ſoumettre aus deciſions du Souvrain, au des eccleſiaſtiques dub 2pais daß ein Fuͤrſt recht hat, wegen des Volcks in Religions Sachenb 2von12Vorbericht von der Juriſtenvon der Wahrheit und Falſchheit zu urtheilen; Denn es wuͤr - de daraus folgen, daß ſo offt ein Fuͤrſte die Meinung wegen der Religion aͤnderte, wie es ſich gar offt zugerragen, das Volck auch nothwendig dergleichen zu thun gehalten waͤre; ſonſt wuͤrde es eines Laſters der Rebellion beſchuldiget werden, und man koͤnte es dieſerwegen ſtraffen. Niemand wird derglei - chen Folgerung zu geben, denn ein ketzeriſcher Fuͤrſt haͤtte Recht die Orthodoxen zu verfolgen, und einer der dem Maho - metaniſchen Glauben zugethan, oder gar ein Heyde haͤtte auch Fug die Chriſten uͤbel zu tractir en, ohne daß ſie ſich daruͤber beklagen koͤnten. Nichts kan deutlicher ſeyn als dieſes. Er kommet auch auff die Geiſtlichkeit / ob dieſelbe in Glau - bens-Sachen vorſchreiben koͤnne / und faͤhret fort: Und es iſt einerley wenn man an ſtatt des Fuͤrſten die Geiſtlichen ſe - tzet: Denn wenn ein Synodus Recht hat, an ſtatt des Volcks zu richten und zu ſagen, was das Volck glauben muß, ohne daß ein einiger abſchlagen koͤnte, ihren Schutz anzunehmen, ſo wuͤſte man was der Synodus vor Meinung haͤtte, ſolche ohne Unterſuchung annehinen. Wenn derſelbe ausſpricht, man ſolte keine Bilder anbeten, ſo muͤſte man es ſich enthalten; und wenn wiederum das Gegentheil geordner wird, wie in Orient, zur Zeit als man wegen der Bilder ſtritte, es ſich zuge - tragen, ſo muͤſte man die Bilder anbeten. Es iſt heute zu Tage keine Chriſtliche Geſellſchafft, welche uͤberhaupt zuge - ben wird, daß die Unterthanen eines Staats, es ſey was es vor einer wolle, in ihren Gewiſſen verbunden, ſich denen Aus - ſpruͤchen des Fuͤrſten, oder des Landes Geiſtlichkeit zu unter - werffen, weil ſie befuͤrchten muß, daß ſie ſich ſelbſt verdamm - te. Aber es ſind verſchiedene Geſellſchafften, die es nicht laſ - ſen koͤnnen ſich eines Rechts anzumaſſen, welches ſie andern nicht zugeſtehen wollen, und thun das jenige, was ſie ver - dammen, wenn es von andern geſchiehet.

§. XI.

(a)pais, de peur de ſe condamner elle même. Mais il ya diverſes ſoci - etés, qui ne laiſſent pas d’exercer un droit, qu’elles n’oſent pas ac - corder aux autres, & de faire ce qu’elles condamnent, quand les au - ters le font.

13Studio in der Theologie.

§. XI.

Da nun uͤber dieſes / die Gottes Maͤnner ſelbſtGlaubens Sachen muß ein jeder ſelbſt unter - ſuchen. die Unterſuchung ihrer Lehre allen Chriſten zu geſtanden / warum ſolte es bey unſerer Prieſterſchafft verbothen ſeyn? Wir verdienten / wenn wir ſolches thaͤten / und blindlings glaubten / mit allen Recht / daß man uns vorwuͤrffe / unſer Glaube dependir te von der Geiſtlichkeit. Man koͤnte von uns mit Recht ſagen / was die Heyden ehemahls denen erſten Chriſten ohne Grund vorgeworffen / daß wir alles aus einer Leichtglaͤubigkeit ohne den geringſten Grund vor wahr hiel - ten. (a)Vid. Origenes Lib. I. contr. Cell. p. 812. edit. Spencer. Denn da haben die Heyden von denen Chriſten geſagt, daß ſie nur dieſen einſchaͤrfften: Μὴ ἐξέταζε, ἀλλὰ πίϛευσον.Alſo ſieheſt du die erſte Urſache / warum ein Juriſte mit in die Theologie hinein gucken kan / und ſolches auch von Rechts wegen thun ſoll. Sageſt du die Schrifft waͤre in Glaubens-articuln klar und deutlich. Jch gebe es zu. Jch muß aber meines Glaubens gewiß ſeyn, und wiſſen was ich glaube. Uber dieſes aber ſo ſind ja noch andere Sachen in der Schrifft / die nicht zu denen Glaubens-articuln gehoͤren. Dennoch aber iſt es gut / daß man auch davon Rede und Ant - wort zu geben wiſſe. Vieles verdienet noch einer genauern Un - terſuchung. Es iſt auch durch fleißiges Forſchen von vielen manches an den Tag gebracht worden / davon man vormahls nichts gewuſt / und ſo gehet es noch immerzu. Was wir heu - tenicht ausmachen koͤnnen / bringet ein anderer morgen oder zur andern Zeit an den Tag. (b)Daher ſaget Virgilius gar recht Lib. XI. Aeneid. Multa dies variusque labor mutabilis æui Rettulit in melius.

§. XII.

Wenn nun ein Juriſte ſeine Gedancken von ei -Alſo auch die Juriſten. nigen Schrifftſtellen entdecket / ſo darff man ihn deswegen nicht anfeinden. Solche Wahrheiten / ſind bey denen ſchwar -b 3tzen14Vorbericht von der Juriſtentzen Kappen nicht allein anzutreffen. (a)Layen koͤnnen von Glaubens - Sachen ur - theilen.Die Schrifft hat uns GOTT nicht darum gegeben, daß wir nach ande - rer ihren Ausſpruch und Erklaͤrung uns richten muͤſſen. Wir ſollen ſelbſt nachforſchen, und den Weg des Heils ſuchen. Wir ſind ſo gut faͤ - hig von denen Glaubens-Lehren zu urtheilen, als die Prieſterſchafft. Ge - ſcheute Theologi erkennen dieſe nunmehro ebenfals. Der beruͤhmte Theologus zu Baſel, Samuel Werenfels, hat die Layen wieder die Geiſt - lichkeit in dieſem punct deſendiret. Denn wir haben von ihm eine diſſer - tationem apologeticani pro plebe Chriſtiana, aduerſus doctores, judicium de dogmatibus fidei ei auferentes. Zu wuͤnſchen waͤre es, daß alle Theologi, ſo da meinen ſie waͤren alleine befugt Glaubens-puncte zu entſcheiden, die - ſelbe mit Verſtand durchgiengen.Jch rede nicht von allen / ſondern von denen / welche die Theologie in Erb-Pacht genommen haben wollen. Alſo duͤrffen ſich rechtſchaffeneNichtige Be - ſchuldigung wegen der Neuerung. Theologi dergleichen Redens-Art nicht annehmen. Siehet aber eines Juriſten reflexion anders aus / als dieſe / welche das graue Alterthum gemacht / ſo nenne man ihn darum nicht einen Neuling und Sonderling. Horatius hat ſich ſchon dar - uͤber moquiret / daß man eine Sache bloß darum verwerffen wolte / weil ſie neu waͤre. Er meinet es kaͤme ein ſolches daher / weil viele nichts vor Recht hielten / als was ihnen beliebte. Sie hielten es vor nachtheilig juͤngern zu folgen / und was ſie in der Jugend gelernet / in ihren Alter wiederum fahren zu laſſen. (b)Ob neile Mei - nungen zu ver - werffen.Horatius Lib. III. Ep. 1. Indignor, quidquam reprehendi, non quia craſſe Compoſitum illepideue putetur, ſed quia nuper, Nec veniam antiquis, ſed honorem & præmia poſci. Nach einigenfaͤhret er fort, daß dieſes die Urſache waͤre: Vel quia nil rectum, niſi quod placuit ſibi ducunt, Vel quia turpe putant, parere minoribus, & quæ Imberbes didicere, ſeues perdenda fateri. Seneca hat ſolchen Recht-habern auch das Maul geſtopf - fet. Er behauptet / daß die Nachkommen vieles einſehenwuͤrden,15Studio in der Theologie. wuͤrden, ſo uns verborgen, vieles waͤre denen zukuͤnfftigen Zeiten zur Eroͤffnung vorbehalten worden. Es endeckte die Natur uns ihre Schaͤtze nicht auff einmahl. Wir muͤſſen uns nur vor Anfaͤnger halten. Dergleichen Geheimniſſe wuͤrden nicht insgemein noch allen kund. Sie waͤren verſchloſſen, und wuͤrde etwas dieſe, das uͤbrige die folgende Zeit erken - nen. (c)Seneca in natur. quæſt. Lib. VII. cap. 31. Multa vonientis æui populusMan kan nicht alle Wahrhei - ten zu einer Zeit einfehen. ignota nobis ſciet. Multa ſeculis tunc futuris, cum memoria noſtra exoleuent, reſeruantur. Rerum natura ſacra ſua non ſimul tradit. Initiatos nos credimus, in veſtibulo ejus hæremus. Illa ar - cana non promiſcue neque omnibus patent, Redacta & interiore ſacrario clauſa ſunt, ex quibus aliud hæc ætas, aliud quæ poſt nos ſubi - bit, adſpiciet. Da nun dieſes vernuͤnfftige Heyden von denen Wahrheiten insgemein geſehen / warum wollen wir es nicht auch in der Theologie gelten laſſen? Warum wollen wir nicht hingehen und dergleichen thun?

§. XIII.

Dieſes ſey genug von dem Recht / ſo die Juri -Andere Ur - ſache, warum die Juriſten ſich auff die Theologie zu legen ha - ben. ſten als bloſſe Mit-Glieder der Chriſtlichen Gemeinde haben / ſich auff die Theologie zu legen. Rechtſchaffene Juriſten ſind dabey Philoſophi. Unter andern Philoſophiſchen diſciplinen verdienet die Morale vor allen excoliret zu werden. Die Sit - ten-Lehre hat mit des Menſchen Gluͤckſeligkeit zu thun. Sie iſt nichts anders / als eine Zuſammenfuͤgung ſolcher Wahr - heiten / welche mit denen Lebens-Pflichten und menſchlichen Handlungen zu thun haben. Dieſe Wahrheiten muß ich erſt erkennen / ehe ich ſolche ausuͤbe / will ich anders vor einen Chriſt-vernuͤnfftigen Menſchen gehalten werden. GOTT hat uns zwey Lichter gegeben / Vernunfft und Offenbahrung. Das andere erſetzet was dem erſtern fehlet. Der oben ange - fuͤhrte Anonymus, hat artige Gedancken / von dem Endzweck der Offenbahrung. Die heilige Schrifft, ſagt er /(a)La vanité des ſciences pag. 233. ſqq. Enfin l’Ecriture ſainte, n’a étéEndzweck der goͤttlichen Schrifft.don - iſt umzwey -16Vorbericht von der Juriſtenzweyerley Urſachen gegeben. Erſtlich unter denen Menſchen die natuͤrlichen Grund-Saͤtze der Morale und Religion zu erwe - cken und zu erhalten, welche ihnen die Natur, oder die Uber - liefferung von GOtt ſelbſten, ihnen gegeben; ſetze noch hin - zu, daß es geſchehen dieſe Grund-Saͤtze zu bekraͤfftigen, und ſolche viel deutlicher zu machen. Zum andern denenjenigen, welche nicht ſtudir en, die Erkaͤnntniß davon leichter zu ma - chen, und zu verſchaffen, daß ſie ohne Muͤhe davon beſſer un - terrichtet ſind, als die Gelehrten ſelbſt nicht waͤren, wenn ſie dieſe geſchriebene Offenbahrung nicht haͤtten.

Von der Vernunfft und Offen-bahrung.
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§. XIV.

Das erſtere Licht ſo uns GOTT gegeben / nehmlich unſere Vernunfft / muͤſſen wir gebrauchen ſo weit / als es langet. Haͤtte GOtt dieſes nicht gewolt / ſo wuͤrde er uns bloß mit uͤbernatuͤrlichen Lichte begabt haben. Aber ſo hat ihm ein anders beliebet. Er iſt ein GOtt der Ordnung. Allein alle Theoretiſche Wahrheiten ſind nicht ſufficient. Es muß darneben die PRAXIS folgen. Dieſe kan ohne goͤttliche Asſiſtenz und ohne dem Glauben nicht zu Stande gebracht wer - den. Denn wenn gleich die Vernunfft alles erkennet / daß ei - ne Beſſerung des Willens vonnoͤthen / ſo ſind doch die na - tuͤrliche Kraͤffte zu ſchwach / ſolche ins Werck zu richten. (a)Gundlings Ge - dancken hier - von.Der Herr Geheimde Rath Gundling, hat in ſeinem via ad veritatem mo - ralem cap. 21. §. 2. artige Gedancken hievon, da er ſaget: Revelationem diuinam eſſe duplicem, alteram per rationem, alteram per ſcriptu - ram. Quæ huc vſque demonſtrauimus, ratio oſtendit: executionis modum vero ſcriptura ſuppeditat. Exiſtere enim DEVM, eum ſa -pien -Fin -(a)donnée que pour deux choſes: Premievemenr, pour réveiller & pour conſerver parmi les hommes les principes naturels de Morale & de Religion, que la Nature, ou la Tradition de Dieu nême, leur avoient donnés; ajoûtez encore pour confirmer ces mêmes princi - pes, & pour les rendre plus clairs. Secondemént, pour en faciliter la connoiſſance à ceux qui n’étudient pas, & pour faire que ſans au - cune péne ils en ſcient plus inſtruits que les perſonnes de letters elles mêmes ne le pour roient être ſans cette Révélation écrite. 17Studio in der Theologie. Findet nun ein Juriſt, der ſich die vernuͤnfftige und lebendige Liebe / ohne falſch oder Heucheley in die That zu bringen einen Ernſt ſeyn laͤſſet / bey der Vernunfft nicht genugſame Mittel / ſo ſteiget er mit tieffſter Demuth in die Offenbahrung. Hier trifft er die Urſache des menſchlichen Verderbens und Todes an. Hier ſiehet er Mittel / die verlohrne Freyheit in etwas wiederherzuſtellen. Denn die Schrifft iſt ein Supplement, durch deren rechten Gebrauch / alles was dem Vermoͤgen un - ſers Willens abgehet / was der Vollkommenheit des Ver - ſtandes mangelt / kan erſetzet und verbeſſert werden. Alſo ſie - heſt du abermahls eine Urſache / warum ein Juriſt, der ver - nuͤnfftig ſeyn will / noͤthig hat nicht nur einen Blick in die Theologie zu thun / ſondern ſich auch wohl und gruͤndlich in derſelben umzuſehen.

§. XV.

Juriſten muͤſſen um ein gutes Syſtema Politi -Dritte Ur - ſach warum ein Juriſt in der Theolo - gie verſirt ſeyn muß. cum bekuͤmmert ſeyn / oder doch zum wenigſten wiſſen, wor - innen die wahre Politic beſtehet. Sie muͤſſen wiſſen / was zu einer wohl eingerichteten Republique erfordert wird. Jhnen muͤſſen diejenigen Mittel bekannt ſeyn / wodurch die einge - ſchlichenen Fehler bey einen gemeinen Weſen koͤnnen gehoben werden. Nun machet man zwar ein greuliches Geprahle / von denen Geſetzen der Griechen / Roͤmer und anderer Voͤlcker. Man bemuͤhet ſich die Einrichtung ihrer Republiquen recht vorzuſtellen. Man will allerhand noͤthige und nuͤtzliche Din - ge heraus ziehen / und auff manchen heutigen Krancken Staat appliciren. Mich duͤncket aber ein Chriſt-vernuͤnfftiger Juriſte,(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) ckoͤnte(a)pienter omnia condidiſſe, & humanæ naturæ certam perfectionem & proportionem adſignaſſe, natura ſcimus. Hujus perfectionis con - ſeruationem, quæ virtutis nomine inſignitur, ab homine eſſe quæren - dam, eo omnem appetitum eſſe conuertendum, ratio videt. Tan - tum in applicatione infirmitas obſeruatur, quæ cum naturæ viribus - tolli nequeat, diuinis ſuperanda videtur. 18Vorbericht von der Juriſtenkoͤnte dergleichen mit viel beſſern Grund aus der Biebel her - hohlen. Die Moſaiſche Policey wird allen andern vorgehen. (a)Nuͤtzliche Be - trachtung der Moſaiſchen Republique und Geſetze,Wenn ich von der Weißheit und Wichtigkeit der Meſaiſchen Geſetze und der Moſaiſchen Republique genugſam uͤberzeuget bin, ſo habe ich ver - ſchiedene Vortheile davon. Jch erkenne deutlich, daß der Pentateuchus von GOTT eingegeben worden. Jch erlange eine Erkenntniß von der wahren Politic und der gemeinen Jrrthuͤmer. Man findet hin und wie - der bey einigen gute Gedancken von dieſer Sache, aber niemand hat ſol - che nach Wuͤrden abgehandelt. Ioſephus, Philo, Fleury, Jaquelot und andere ſind hierbey zu gebrauchen. Am gruͤndlichſten aber hat biß hieher der Herr Thomaſius in ſeiner prudentia legislatoria cap. 7. 8. und 9. ge - handelt. Gewißlich wenn man dieſe Einrichtung der Juͤdiſchen Repu - blique und Geſetze derſelben genau Acht giebet, ſo werden ſich noch viele verſchtedene nuͤtzliche Anmerckungen heraus ziehen laſſen. Conf. Thomaſius cit. loc. Moſes hat die Juͤdiſche Republique auff GOttes Anord - nung eingerichtet. Die bey derſelben Einrichtung vorgeſtellte goͤttliche Weißheit / verdienet allerdings genauer als bishero geſchehen / erwogen zu werden. Wer will es alſo einem Juriſten vor uͤbel nehmen / wenn er die Buͤcher Moſis nach ſeinem vor - geſetzten Zweck erleutert? Man ſolte einem / der die hier zu benoͤthigte Eigenſchafften beſaͤſſe allen Danck abſtatten / wenn er dergleichen unternehme. Sie wuͤrde auch mehr Nutzen ſchaffen / als viele myſti ſche und phantaſti ſche Erklaͤrungen, die man bishero uͤber den Pentateuchum gemacht. Was vor eine Menge politiſcher Anmerckungen aus denen Buͤchern der Koͤ - nige / Chronicken und andern gezogen werden koͤnnen / uͤber - laſſe andern zu beurtheilen. (b)ũnd Esdraͤ ũnd Nehemiaͤ Re - formation. So kan man auch bey der Reformation die Eſdras und Nehemias un - ternommen, allerhand nuͤtzliche Anmerckungen machen. Man kan unter an - dern daraus lernen, wie man einen verderbten Staat beſſern muß. Man ſiehet, daß nicht alles mit Geſetzen und Schaͤrffe ausgerichtet. Man muß Guͤtigkeit, Gelindigkeit, Bitten und Vermahnen dabey gebrauchen. Vornehmlich aber muß man mit guten Exempeln vorgehen, und was der - gleichen mehr iſt.Handelte alſo ein Juriſt un -recht /19Studio in der Theologie. recht / wenn er von ſolchen Sachen oͤffentlich ſchriebe? Jch dencke nicht / ſondern halte dafuͤr / daß es ſeines Amts waͤre. Es wuͤrde auch nichts hindern / wenn ſolche Arbeit anders als die Erklaͤrungen der gemeinen Poſtillen gerathen ſolte. Wol - te ſich aber jemand dergleichen Arbeit unterziehen / wie koͤnte er es thun / wenn er von der Theologie nichts wuͤſte[?]Alſo ſie - heſt du abermahls einen Grund / daß ein Juriſt ſich der Theo - logie befleißigen muß.

§. XVI.

Ein Juriſt muß ſich in der Kirchen-HiſtorieVierte Ur - ſache warum ein Juriſt von der Theo - logie unter - richtet ſeyn muß. Anmerckung von der Athei - ſterey und A - berglauͤben. umſehen. Denn es hindert ſo wohl die Atheiſterey als den Aberglauben / des Menſchen wahre Gluͤckſeligkeit. (a)Man weiß daß einige Gelehrte die Frage auff die Bahn gebracht, ob die Atheiſterey oder der Aberglauben ſchlimmer und dem gemeinen Weſen ſchaͤdlicher ſey. Bayle in ſeiner continuation des penſees diverſes ſur la comete redet der Atheiſterey das Wort. Er behauptet, daß eine Repu - blique aus lauter Atheiſten beſtehen koͤnte. Hieruͤber empfande er, wie leicht zu erachten, viele Verfolgung. Monſ. Bernard war unter an - dern einer der ſich ihm wiederſetzte. Alleine Bayle brachte in ſeinen repon - ſes aux queſtions d’un provincial Tom. IV. pag. 232. ſqq. neue Gruͤnde her - fuͤr ſeine Meinung zu behaupten. Der bekannte Ioh. Tolland ware der erſte der Baylens Meynung noch weiter pouſſiren wolte, in ſeinem Adeiſi - dæmon, ſive Tito Livio a ſuperſtitione vindicato. Wieder dieſen ſetzte ſich der Prediger der Waloniſchen Kirche zu Deiſt, Elias Bonoit in ſeiner melenge des remarques critiques, hiſtoriques, philoſophiques, Theologiques ſur les deux diſſertation de Monſ. Tolland & c. Die Meynung des Herrn Geheimden Rath Gundlings von ſolchen Streit, iſt wohl die beſte. Die - ſer hat in ſeinem via ad veritatem moralem cap. VIII. §. 29. geſaget, der - gleichen Frage, ob der Atheiſmus beſſer als die ſuperſtition, waͤre abge - ſchmackt, indem ſie ſolche Sachen vergliche, die einander gantz zu wieder. Dieſes Urtheil hat dem Herrn von Elswig zu Wittenberg nicht angeſtan - den. Er hat derowegen in ſeiner diſputation de controuerſiis nouis circa Atheiſmum den Herrn Geheimden Rath Gundling wiederlegen wollen. Allein in denen Gundlingianis part. XIV. cap. 3. pag. 357. ſq. iſt ſeinen un - gegruͤndeten Einwuͤrffen ein voͤlliges Genuͤgen geſchehen.Durch beyde wird man nicht allein hier / ſondern auch dort desc 2wah -20Vorbericht von der Juriſtenwahren Gluͤcks beraubet. Durch Vernunfft-Schluͤſſe aber laſſen ſich dieſe Ubel nicht wohl heben. Am beſten iſt es / wenn man den Urſprung und Fortgang der wahren Religion, und zu - gleich des Aberglaubens und der Atheiſterey erkennet. Wenn man dabey acht hat / was dieſelbe vor Wuͤrckungen in der menſchlichen Geſellſchafft nach ſich gezogen. Dieſes weiſet mir die Kirchen-Hiſtorie. Die Kirchen-Hiſtorie muß mir den Grund endecken / warum wegen der Religion, von ſo un - dencklichen Jahren / ſo viele Unruhen entſtanden. Jch muß den gluͤckſeligen Zuſtand des Menſchen vor dem Fall verſtehen. Der Fall ſelbſt und was darauff erfolgt / darff mir eben nicht unbewuſt ſeyn. Jch muß wiſſen / wie / und durch wem die Religion in dem alten Bund verfaͤlſcht worden. Wie Chri - ſtus und die Apoſtel die rechte Lehre wieder hergeſtellet / und in ein groͤſſer Licht geſetzet. Ferner / wie ſolche herrliche Leh - re / ſo wohl vor als nach der Reformation greulich verderbet worden. Dieſes und anderes lieget mir ob aus der Kirchen - Hiſtorie zu erlernen / weil ich ein Chriſt bin / und ſelbſt genau wiſſen will / welche Religion wahr oder falſch iſt.

Obige Urſa - che wird wei-ter erlentert.
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§. XVII.

Hiernaͤchſt aber habe ich als ein Juriſte bey der Kirchen-Hiſtorie folgendes zu erwaͤgen: Wie nehmlich die Religion. in Anſehen dieſes Lebens / und der buͤrgerlichen Geſellſchafft beſchaffen ſey. (a)Anmerckung von der Chriſt - lichen Reli - gion in Anſe - hung des Staats.Es iſt mehr als zu bekannt, daß verſchiedene der Chriſtlichen Religion vorgeworffen, ſie waͤre dem gemeinen Weſen nachtheilig. Den Un - grund von ſolchen Vorgeben zu zeigen, kommet nicht allein denen Theolo - gis, ſondern auch denen Juriſten zu. Juriſten muͤſſen inſonderheit zu - ſchauen, daß man unter dem Vorwand der Religion nichts vortrage oder un - ternehme, ſo dem Staat nachtheilig iſt. Denn da iſt ja klar, daß ſo zu ſagen keine Religion dem Staat zutraͤglicher als die Chriſtliche. Nun weiß man aber, wie einige ſich nicht geſcheuet, oͤffentlich zu lehren einen Fuͤrſten, der ein Tyrann waͤre, duͤrffte man umbringen. Jn dieſen oderjenenJch muß die falſchen Lehrenunter -21Studio in der Theologie. unterſuchen / und zeigen / was vor Streiche der heimlichen Regierſucht darunter verborgen ſind. (b)Dieſes kan mir eine aͤchte Kirchen-Hiſtorie am beſten zeigen. DennBemaͤntlũng der geiſtlichen Regierſucht. man hat alles, was nur einiger maſſen der geiſtlichen Herrſchafft favori - ſute zum theil verdrehet, zum theil mit Unrecht auf den heutigen Zuſtand gezogen. Denn da man in dem alten Bund geſehen, daß die Leviten von dem andern Jſraelitiſchen Volck unterſchieden, und mit vielen beſondern Freyheiten begabt geweſen, deutete es die Geiſtlichkeit alſo bald auf ſich. Sie ſahen ferner, daß die Apoſtel und ihre naͤchſte Nachfolger, beſondere Verſammlungen, aus denen Gliedern der buͤrgerlichen Geſellſchafft ge - macht. Derſelben wurden wieder wiſſen des Fuͤrſten, Biſchoͤffe, Aelte -c 3ſtenFerner iſt dieſe Anmerckung nicht auſſer Augen zu ſetzen / daß man die Religionc 3durch(a)jenen Faͤllen, koͤnten die Unterthanen wieder den Fuͤrſten rebellir en. Denen Ketzern ſey keine Treu und Glauben zu halten. Jn geiſtlichen Sachen muͤſte ein beſonderes Oberhaupt ſeyn. Geiſtliche Perſonen, wenn ſie gleich in dem Lande wohneten, waͤren nebſt ihren Guͤtern von weltlicher Herrſchafft befreyet. Jch uͤbergehe andere Dinge, die von denen Roͤmiſch-Catholiſchen zum Nachtheil des gemeinen Weſens, behau - ptet werden. Wie viele ſind nicht unter unſern Theologis, die die Kir - che als einen beſondern Staat betrachten, und dem buͤrgerlichen entgegen ſetzen. Wie viel kleine Gern-Paͤbſte haben wir unter uns. Der Koͤ - nigsbergiſche Profeſſor, Philipp Jacob Hartmann hat in ſeinem com - mentario de rebus geſtis Chriſtianorum ſub Apoſtolis nichts anders zu be - haupten geſucht, als daß die Kirchen-Diener allerdings eine Herrſchafft haͤtten, und folgbahr von der buͤrgerlichen Gewalt beſreyet waͤren. Auf dieſe Weiſe bekaͤmen wir viel Paͤbſte, da die Roͤmiſch-Catholiſchen nur einen haben, der noch dazu ein groſſer Herr iſt. Allein daß die Kirche kein buͤrgerlicher Staat, noch denen Apoſteln oder ihren ſo genannten Nach - folgern eine Herrſchafft zukomme, hat der beruͤhmte Samuel Puffendorff in ſeinem tractat de habitu religionis chriſtianæ ad vitam ciuilem vortreff - lich gewieſen. Damit nun ſo wohl in erzehlten, als andern Faͤllen, unter dem Schein der Religion nichts unternommen oder vorgetragen werde, ſo dem gemeinen Weſen nichtheilig iſt, muß ein Juriſt allerdings bekuͤmmert ſeyn. Mich duͤncket aber daß er alles Vorgeben der Wiedriggeſinnten nicht beſſer wiederlegen koͤnne, als durch die Kirchen-Hiſtorie.22Vorbericht von der Juriſtendurch alle Secula zu einem Mantel und Decke der Leichtfertig - keit und Boßheit gebraucht. Jch uͤbergehe andere unentbehr - liche uud nuͤtzliche Anmerckungen / ſo man aus der Kirchen - Hiſtorie ziehen kan. So viel ſage ich nur / daß man in denen canoniſchen Rechten nichts gruͤndliches thun wird / wenn uns die Kirchen-Geſchichte kein Licht anzuͤnden. Jch muß aber ſo wohl die Begebenheiten des alten als des neuen Bundes wiſ - ſen. Denn wenn ich mir die Hiſtorie des alten Bundes nicht wohl bekannt mache / wie kan ich die politiſchen Streiche der Cleriſey im neuen Bunde recht einſehen. Die Prieſter ſo wohl unter denen Heyden als Juͤden / zur Zeit des andern Tempels / haben ſchon den Grund darzu gelegt. Ohne die Hiſtorie des alten Bundes / kan ich den Gebrauch des prie - ſterlichen Rechts, von deſſelben Mißbrauch ohnmoͤglich un - terſcheiden. Die Kirchen-Geſchichte aber des alten Bundes / und erſten Jahrhunderts nach Chriſti Geburth / muͤſſen vor - nehmlich aus der Bibel erlernet werden. Und wer will leug - nen / daß ſolche recht zu verſtehen und zu Nutzen zu machen keine Erkaͤnntniß von der Theologie erfordert wuͤrde? Die Theologi haben die Wahrheit hievon ſelbſt eingeſehen / und darum auff Univerſitaͤten die Leſung der Kirchen-Hiſtorie zu ſich geriſſen. Die Juriſten aber muͤſſen dieſelbe ſo wohl als die Clerjſey erkennen. Jſt es alſo aus dieſem Grund wiederwas(b)ſten und Diener vorgeſetzet. Dieſe ſolten die Verſammlungen und an - dere Dinge dirigiren. Weil nun gewiſſe Ceremonien bey ſolcher Anord - nung gebraucht worden, ſo ſchloſſe man gleich, ſie waͤren von dem andern Volck unterſchieden geweſen. Sie haͤtten das geiſtliche Regiment ge - fuͤhret. Die Glaͤubigen zu der Apoſtel Zeiten, wenn ſie eine Zwiſtig - keit hatten, giengen nicht vor die Heidniſche Obrigkeit, ſondern machten die Sache unter ſich aus, oder erwarteten vielleicht zu weilen den Ausſpruch der Aelteſten. Aus dieſem Grund wolte man ſich gleiche Befugniß zu - eignen. So iſt denn nach und nach die Hierarchie erwachſen, und mit der Kirchen-Hiſtorie bemaͤntelt worden. Aber alle ſolche Schein-Gruͤnde koͤnnen aus der Kirchen-Hiſtorie wiederleget werden.23Studio in der Theologie. was abgeſchmacktes / wenn man denen Juriſten / das ſtudium der Theologie verbieten will.

§. XVIII.

Juriſten muͤſſen de jure principis circaFuͤnffte Ur - ſache warum ein Juriſt die Theologie zu ſtudiren hat. ſacra, oder Recht bey dem Gottesdieſt handeln. Geziemet ihnen nun davon zu reden / ſo folget daraus / daß auch die res und perſonæ ſacræ, und dieſer ihr Amt / vor die Juriſten ge - hoͤren. Jhre Pflicht bringet es mit ſich die Geheimniſſe und uͤberbleibſel des Pabſtthums, damit dieſelben hin und wieder behafftet / mit Beſcheidenheit anzuzeigen. Das Recht aber eines Fuͤrſten in geiſtlichen Dingen / euſert ſich unter andern darinnen / daß er Sorge tragen kan / damit in dem gemeinen Weſen die wahre Religion und Gottes-Furcht bluͤhe. Denn ob wohl die Ruhe und Erhaltung des gemeinen Weſens nicht der vornehmſte Endzweck der wahren Religion, welche viel - mehr in der Menſchen ewigen Seligkeit beſtehet, ſo iſt doch klar, daß die Religion, wenn recht damit umgegangen wird, viel zur Sicherheit und Ruhe des gemeinen Weſens beytragen kan. Saget der beruͤhmte Buddeus gar wohl. (a)Buddeus in Theol. moral. P. II. c. 3. ſect. 7. §. 17. Etſi tranquillitasWarum ein Fuͤrſte wegen der Religion Sorge tragen ſoll. & conſeruatio rerum publicarum neutiquam præcipuus religionis veræ ſcopus ſit, qui potius in ſalute hominum æterna conſiſtit, pluri - mum tamen ad ſecuritatem tranquillitatemque rerumpublica rum re - ligionem, ſi recte adminiſtretur, conferre, palam eſt. Er faͤh - ret ferner fort:(b)Buddens cit. loc. §. 19. Nihil magis ad veram rerumpublicarumNoch andere Gruͤnde hie - von. felicitatem tranquillitatemque confert, quam ſi vera religio floreat. Cum enim mala pleraque quibuscum rebuspublicis ſocietatibusque ciuilibus conflictandum eſt, a prauis adfectibus, vitiisque, aut impe - rantium aut ciuium ſpeciatim ab ambitione, auaritia, ac voluptate eorum proueniant, melior ea euitandi aut auertendi non eſt ratio, quam ſi cupiditatibus imponere modum, prauosque exuere adfectus, condoceantur homines. Nichts kan zur wahren Gluͤckſeligkeit und Ruhe des gemeinen Weſens mehr beytragen, als wenn die wahre Religion bluͤhet. Denn weil die meiſten Uhel damitgemei -24Vorbericht von der Juriſtengemeine Weſen und buͤrgerlichen Geſellſchafften zu ſtreiten haben; von denen boͤſen Meinungen und Laſtern entweder der herrſchenden oder der Buͤrger, inſonderheit aus Ehrgeitz, Geldgeitz, und Wolluſt entſtehen, ſo hat man kein beſſer Mit - tel ſolche zu meiden und auszurotten, als wenn man die Leute unterrichtet, denen Begierden ein Ziel zu ſetzen, und die boͤſen Meinungen abzulegen.

Die Pflan - tzung der Re - ligion kan nicht mit Ge - walt geſche-hen.
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§. XIX.

Jedoch iſt gar wohl zu mercken / daß man ſich ſolcher Mittel hierzu bediene / welche erlaubt und zugelaſ - ſen. Mit Zwang wird hier nichts ausgerichtet. Die Gewalt iſt einem Fuͤrſten auch nicht zu dieſem Ende gegeben / daß er die Leute dadurch zur Religion, der er zugethan / oder vor wahr haͤlt bringen ſoll. Der vortreffliche Puffendorff hat gar herrliche Worte hievon / die im Teutſchen alſo lauten:(a)Puffendorffs Gedaucken hievon.Puffendorff in append. ad tr. de hab. relig. ad vit. civil. contr. Adr. Hou - tuyn. Vt æternam ſalutem ciuibus procurent principes, imperia in hos non ſunt collata, cui obtinendæ alia media aliamque viam DEus præſcripſit. Et quanquam non negemus, ab iſta quoque cura non a - lienum deberi eſſe principes; ea tamen non eo vſque debet porrigi, vt per alia media, quam diuinitus præſcripta & probata expromatur, & quæ genio religionis quadrant; multo minus, vt ideo principibus tribuamus poteſtatem, ciuibus obtrudendi religionem etiam extra - neam quamlibet cum non quælibet religio ſaluti animarum ſit profi - cua. Sicuti & Abrahamus ille credentium pater filiis ſuis non præ - ſcribebat religionem pro lubitu, ſed præcipiebat cuſtodire viam Do - mini, diuinis reuelationibus deſignatam & confirmatam. Daß die Fuͤrſten die Unterthanen zur ewigen Seeligkeit brin - gen ſollen, haben ſie die Herrſchafft nicht bekommen, weil dieſelbe zu erhalten GOtt andere Mittel und einen andern Weg vorgeſchrieben: Wiewohl nun nicht leugne, daß Fuͤrſten dergleichen Sorge nicht unterlaſſen ſollen; ſo ſoll man doch ſolche nicht dahin ziehen, daß man andere Mittel, als die GOtt vorgeſchrieben anwende, und die ſich auff die Eigenſchafft der Religion ſchicken. Vielweniger ſollen wir dieſerwegen denen Fuͤrſten eine ſolche Gewalt zueignen,daß25Studio in der Theologie. daß ſie denen Buͤrgern eine jede frembde Religion auf dringen koͤnten; indem nicht eine jede Religion der Seelen Seligkeit zu - traͤglich iſt. Gleich wie Abraham der glaͤubigen Vater ſeinen Soͤhnen keine Religion nach ſeinen Gefallen vorgeſchrieben, ſon - dern ihnen anbefohlen den Weg des HErrn zu bewahren, der durch goͤttliche Offenbahrungen angezeiget und bekraͤfftiget worden. Man darff hier nichts anders als erinnern / bitten / ver - mahnen u. Uberredungen gebrauchen / nach dem Exempel Chri - ſti. Sonſten entſtehet ein Gewiſſens-Zwang / welcher aller - dings zu verwerffen. (b)Wir haben verſchiedene beruͤhmte Leute, welche von der Gewiſſens -Autores von der Gewiſſens - Freyheit. Freyheit geſchrieben, und allen Religions - Zwang mit wichtigen Gruͤnden verworffen. Der beruͤhmte Petrus Bayle hat unter andern herrlichen Schrifften auch herausgegeben: Commentaire philoſophique ſur les paro - les de Jeſus Chriſt contrain les d’entrer, ou traité de la tolerance univerſel - le. Es wird, wo ich mich recht beſinne von dem beruͤhmten Clerico le chet d œuvres de Monſ. Bayle genennet. Dieſes Werck kame Anno 1686. in drey Volum. in 12mo zu Canterbury heraus, und wurde dabey ge - meldet, es ſey von dem Jean Fox von Brugge in das Franzoͤſiſche uͤberſe - tzet worden. Allein Bayle hat es gleich Franzoͤſiſch geſchrieben. Jm Jahr 1687. kam ein ſuppliment dazu in 12. heraus, da auf den titul Ham - burg ſtehet. Anno 1713. iſt zu Roterdam eine neue Edition in 12. in zweyen Tomis an das Licht gekommen, welche man dem Tractat ce que c’eſt, que la france toute catholique ſous le Regne de Louis le grand beygefuͤ - get. Der beruͤhmte Leydenſche Juriſt, Gerhard Noodt, hat eine Ora - tion gehalten; de religione ab imperio jure gentium libera. Dieſe kame nebſt einer andern de jure ſummi imperii Anno 1707. heraus, und iſt ſeinen Wercken, die Anno 1713. zu Leyden in median quart heraus kom - men, beygefuͤget worden. Als ſolche zum erſten mahl an das Licht getre - ten, hat der bekannte Joh. Barbeyrac folche in das Franzoͤſiſche uͤber ſetzt, und mit einer Præfation und gelehrten Anmerckungen verſehen. Der gruͤndlich gelehrte und beſcheidene Theologus, Sam. Werenfels, hat auch eine Epiſtel de jure in conſcientias, ab homine non vſurpando geſchrie - ben, welche mir aber noch nicht zu Geſichte gekommen. Es kam Anno(Recht der Beicht-Stuͤhle) d1714Man bringet auch dadurch die(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) dReli -26Vorbericht von der JuriſtenReligion nicht in flor, ſondern machet eitel Heuchler. Der beruͤhmte Basnagius hat uͤberaus wohl hievon geurtheilet / da er ſchreibet:(c)Baſnagli Urtheil von Gewiſſens - Zwang.Baſnage dans ſon traité de la conſcience Lib. I. c. 4. Enfin employe - rés vous la violence? mais ellene peut ſervir, qu’à faire des hypocri - tes, & à jetter les hommes dans des péchez contre la conſcience, co qui en redouble l’horreur & l’enormité: Il faut donc neceſlaire - ment en perſuader la conſciene, qu’elle a tort, ſoit par des raiſons hu - maines, ſoit par des raiſons divines: ou la laiſſer faire, ce qu’elle croit juſte & raiſonnable. Will man endlich Gewalt gebrauchen[?]Aber dieſe kan zu nichts anders dienen als Heuchler zu machen, und die Menſchen dahin zu bringen, daß ſie wieder ihr Ge - wiſſen ſuͤndigen. Welches den Schrecken und Unbilligkeit dieſes Zwangs verdoppelt; Man muß alſo nothwendig das Gewiſſen, welches Noth leidet uͤberreden, entweder mit menſchlichen oder goͤttlichen Gruͤnden; oder es thun laſſen was es vor recht und vernuͤnfftig haͤlt. Zu wuͤnſchen waͤre es / daß alle Regenten wie der groſſe Koͤnig Wilhelm III. in En - gelland geſinnet waͤren. Denn da die Schottlaͤndiſchen Ab - geſanden die Ausrottung der Ketzer bey ihrer Zuſammenkunfft verlangten / gabe er zur Antwort:(d)und Koͤnig Wilhelms III. in Engelland.Hiſtoire de Guillaume III. tom. 2. Lib. 4. fol. 28. Je ne ſai point pre -ciſe - Jch weis nichtgenau(b)1714. zu London in 8vo ein Tractat heraus, aus dem Engliſchen uͤberſetzt, der den Titul fuͤhret: Diſcours ſur la liberté de penſer librement, wel - cher viel Aufſehens gemacht. Man hielte Anfangs den Joh. Tolland vor den Autorem, allein es iſt wahrſcheinlicher, daß es ſein guter Freund Ant. Collius geſchrieben. Hierinn ſind nicht allein verſchiedene Gruͤnde wegen der Freyheit zu dencken, anzutreffen, ſondern ſolche ſind auch Sect. III. mit Exempeln der Philoſophen und Kirchen-Lehrer bekraͤfftiget worden. Des Saurins Buch reflections ſur les Droits de la conſcience und des Baſnage traité de la conſcience ſind auch zur Gnuͤge bekannt. So hat auch der gruͤndlich gelehrte Herr Hoffrath Boͤhmer im andern Tomo ſeines Juris eccleſ. proteſt. eine Diſſertation de jure circa libertatem conſcientiæ vorgeſetzet.27Studio in der Theologie. genau, was man durch die Ketzer verſtehet, noch wie weit ſich der Sinn dieſes Worts erſtrecket. Aber ich weiß wohl, daß ich niemahls zu geben werde, jemand wegen ſeiner Reli - gion zu verfolgen, und niemahls mich unterfangen werde, jemand, wer er auch ſey auff andere Weiſe zu bekehren, als durch Uberredungen, wie es das Evangelium haben will.

§. XX.

Das Recht eines Fuͤrſten in geiſtlichen Din -Anordnung der Cere - monien. gen / beſtehet ferner mit darinnen / daß er den Gottesdienſt alſo anordne / damit in denen CEREMONIEN weder ein Mangel noch Uberfluß ſey. Denn bey allen Sachen / und vornehmlich bey dem Gottesdienſt muß eine Ordnung ſeyn. Der euſerliche Gottesdienſt kan ohne Ceremonien nicht be - ſtehen / und alſo muß man zuſchauen / daß alles fein ordent - lich damit zu gehe. Hierbey muß man aber wohl zu ſehen / daß man nicht allzu viel von ſolchen euſerlichen Dingen veran - ſtalte. Denn ſonſt kan es gar leicht dahin kommen / daß das Weſen des Gottesdienſts hierinne geſetzet wird. Die erſten Chriſten hatten ebenfals wenige und ſchlechte Ceremonien. (a)Die Ceremonien der erſten Chriſten, waren einiglich dahin gerichtet,Ceremonien der erſten Ehriſten. die Menſchen zu einer thaͤtigen Gottesfurcht zu leiten. Der gelehrte Fridr. Spanheim hat in ſeinem chriſtianiſino degenere ausfuͤhrlich hievon gehandelt. vid. Oper. tom. II. pag 1488. Sie wuſten gar wohl, daß das Reich GOTTes nicht mit aͤuſſerlichen Geberden kaͤme, Luc. XVII. 20. daß ſich aller Pracht nur vor weltliche Handlungen ſchickte. Dieſes waͤre der beſte Gottesdienſt, der aus reinem Gewiſſen geſchehe. Clemens Ale - xandrinus Lib. 7. Strom. p. 700. Jn ihren Zuſammenkuͤnfften, folgten ſie denen Anordnungen der Juͤdiſchen Synagogen meiſtentheils, doch wa - re kein Gepraͤnge da zu finden. vid. Juſtinus Martyr apol, II. in fin. Ter -d 2tul -d 2Nach -(d)ciſement, ſe qu’on entend par Heretiques, ni juſqu’ôu l’on peût é - fendre le ſens de ce terme. Mais je ſai bien, que je ne ſoufrirai ja - mais, qu’on perſecute perſonne pour ſa religion, & que je n’entre - prendrai de convertis, qui ce ſoit, que par la voie de la perſuaſion, conformement à l’Evangile. 28Vorbericht von der JuriſtenNachmahls iſt es freylich geſchehen / daß die Ceremonien gehaͤuffet worden / jemehr die Superſtition bey denen Men - ſchen zugenommen. Der beruͤhmte Huber hat nicht unebene Gedancken hiervon / da er ſchreibet:(b)Huberi Urtheil von vielen Ceremonien. Vlric. Huberus in Hiſt. ciuil. Lib. 4. ſect. 1. c. 8. Hinc cum vera deuo - tio, quæ eſt animi actus, ſibi ipſi renunciantis, ſeque Deo tradentis in Chriſto atque interior Dei cultus in Spiritu & veritate obſoleſce - ret, data eſt opera, vt ritibus & ceremoniis magna ex parte e Judaismo & pagnismo petitis, plebs in attentione ſuperſtitioſa, quam deno - tionem vocarunt, detineretur. Als die wahre Andacht, welche eine Handlung eines ſich ſelbſt ver - leugnenden Gemuͤthes, das ſich GOtt in Chriſto uͤbergeben will, iſt, und der innerliche Gottesdienſt im Geiſt und in der Wahrheit, nach und nach vergienge, ſo hat man ſich Muͤhe gegeben, das Volck mir Gebraͤuchen und Ceremonien, die aus Juͤden und Heydenthum meiſtens hergehohlet waren, in einer aberglaͤubiſchen Auffmerckſamkeit zu erhalten, welches man eine Andacht nennete. Weil nun dem gemeinen Weſen zum hoͤchſten daran gelegen / daß das Volck in keine Superſtition verfalle / welches doch durch Menge der Ceremonien gar leicht geſchiehet / ſo iſt einem Fuͤrſten allerdings zu rathen / hierbey ein wachſames Auge zu haben.

§. XXI.

Das Recht eines Fuͤrſten in geiſtlichen Din -Von Ver - folgungder Jrrenden. gen euſert ſich auch darinnen / daß er nicht geſtatte die Jrrenden zu verfolgen. Von dieſem Punct werde bald mit mehrern reden. Es kan nichts abgeſchmackters ausgedacht werden / als wenn man einen darum / daß man ihn vor irrig haͤlt / Tort anthun will. Dieſes iſt gewißlich nicht die rechteWeiſe;(a)tullianus Apol. c. 39. Die Heyden, welche an viele Ceremonien geweh - net waren, hielten die Chriſten wegen ihrer ſchlechten Gebraͤuche vor Ver - aͤchter des Gottesdienſtes, ja vor Atheiſten. vid. Kortholt in pagano ob - trectat. Sie waren aber deſto mehr auff den innerlichen Gottesdienſt bedacht. Sie ſuchten die Vereinigung des Geiſtes durch das Band des Friedens zu erhalten. vid. Pfanner de catechum. in proem. n. 4. 29Studio in der Theologie. Weiſe; jemand auff den Weg der Wahrheit zu bringen. Gregorius kan denen ſo in dergleichen Wahn ſtecken beſſere Gedancken einpraͤgen. Dieienigen, ſagt er /(a)Seine Worte hat Gratianus in c. 3. D. 45. Qui ſincera intentioneGregorii Ge - dancken. extraneos a Chriſtiana religione, ad fidem cupiunt rectam perducere, blandimentis non aſperitatibus debent ſtudere, ne quorum mentes reddita ad planum ratio poterat reuocare, pellat procul aduerſitas. Nam quicunque aliter agunt, & eos ſub hoc velamine a conſueta ritus ſui volunt cultura ſuſpendere, ſuas illi magis, quam Dei caufas pro - bantur attendere. welche die ernſtliche Meinung haben, die ſo der Chriſtlichen Religion nicht zugethan, zu den rechten Glauben zu bringen, muͤſſen Freundlichkeit und keine Schaͤrffe gebrauchen, damit nicht dasjenige Gemuͤth, welches durch klare Gruͤnde haͤtte zu recht gebracht werden koͤnnen, durch die Strenge gantz ab - gewendet werde. Denn wer es anders angreifft, und unter ſolchen Vorwand jemand von ſeinem Gottesdienſt abziehen will, giebet zu verſtehen, daß er mehr ſeine eigene, als GOt - tes Sache zu befoͤrdern ſuchet.

§. XXII.

Ein Fuͤrſt kan und ſoll verwehren / daß manUnzulaͤßige Mittel zum Kirchen - Frieden zu gelangen. keine ſolche Mittel zur Herſtellung des Kirchen Friedens zu - laſſe / durch welche auch nur zufaͤlliger Weiſe die Verfolgung der Jrrenden geſucht wird. Vornehmlich aber ſoll dieſes beo - bachtet werden / wenn diejenigen / welchen man Jrrthuͤmer ſchuld giebt / ruhig und friedfertig leben. (a)Mercket man aber, daß durch der diſſendirenden Lehre Unnruhen inWenn man die diſſentirenden kan aus dem Lande gehen heiſſen. dem gemeinen Weſen entſtehen, oder dieſelben von der Dultung der Ge - genparthey nicht allzu viel halten, und per indirectum dieſelben zu verfol - gen ſuchen, ſo kan man ſie aus dem Lande gehen laſſen. Doch muß ſol - ches nicht einer Landes-Verweiſung gleich ſeyn. Die Leute thun es aus einem Jrrthum. Sie meinen es geſchehe GOtt ein Dienſt damit. Nun kan aber nichts anders als der boͤſe Willen beſtrafft werden. Ein Jrr - thum des Verſtandes hat keine andere Straffe, als daß man den Jrren - den lehret und unterweiſet.Ein Fuͤrſte hat Macht / nicht zuzulaſſen / daß man den Frieden durchd 3Schmie -30Vorbericht von der JuriſtenSchmiedung neuer Glaubens Formuln ſuche. Er kan verbie - ten / daß ſich niemand unterſtehe die Jrrenden in Bann zu thun. Er kan unterſagen keine Religions - Eyde aus zuſinnen / und die Leute zu Abſchwoͤrung derſelben anzuhalten / und was der gleichen mehr iſt.

Rechte Mit - tel zum Kir - chen Friedenzu gelangen.
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§. XXIII.

Vielmehr kan und ſoll ein Regente darauff ſehen / daß zwiſchen denen Jrrenden und der andern Parthey eine allgemeine Amneſtie ſey. Daß alle Ketzermachereyen auff das nachdruͤcklichſte unterſaget und beſtraffet werden. Denn zu den Kirchen Frieden zu gelangen / iſt kein beſſer Mittel / als die Dultung der Jrrenden und diſſentiren den. Jch halte da - fuͤr, das vornehmſte Regale eines Fuͤrſten in geiſtlichen Din - gen / beſtehe in dieſem Stuͤck. Solches iſt auch deſto ſtaͤrcker zu bewahren, jemehr die Menſchen geneigt / daſſelbe uͤber einen Hauffen zu werffen. Der Gelehrte Baſnag us urthei - let uͤberaus wohl / da er ſaget:(a)Gedancken Baſnagii von der Gewalt - thaͤtigkeit der herrſchenden Religion. Baſnage Hiſtoire de Jnits Lib. VIII. c. 6. §. 3. Ceux qui profeſſent la religion regnante, ſe croint tout permis. Ils ſe perſuadent, qu’ils ſignabent leur zele à proportions de violences qu’ils exercent, & dans cette penſée il ne donnent point des bornes à leur paſſion. Il eſt toujours de la prudence des Rois, de reprimer ce excés, & de nouris la tranquillité publique en puniſſant un zele cruel. Mais, on ne le fait pas ſouvent, & ceux qui convainius de la neceſſité de le faire, l’en - treprennent, n’y reüiſſent pas toujours. Ils rendent ſouvent le re - ligion ſuſpecte, ils expoſent aux railleries des peuples; ils attirent la faine des pretres, & les ſoubevent contre eux. Cependant, un prin - ce ne doit point ſe laiſſer entrainer à des mouvemens fougueux, ni ſe mettre à la tête d’un peuple, qui ne reſpire que la ſedition. Die ſo der herrſchenden Religion zugethan, meinen es ſey ihnen alles erlaubt. Sie bil - den ſich ein, daß ſie ihren Eyfer nicht beſſer bezeugen koͤnten, als durch viele Gewaltthaͤtigkeiten, die ſie ausuͤben, und bey dieſen Gedancken, ſetzen ſie ihren Begierden keine Graͤntzen. Es iſt allezeit der Klugheit eines Koͤnigs gemaͤß, dergleichen Exceſſe zu verhuͤten, und die oͤffentliche Ruhe, durch Be -ſtraf -31Studio in der Theologie. ſtraffung eines grauſamen Eifers, zu erhalten. Ader man thut es ſelten, und die ſo von der Nothwendigkeit ſolches zu beobachten uͤberzeuget ſind, und es unternehmen, erhalten nicht allezeit was ſie ſuchen. Sie machen ſich offt wegen ih - rer Religion verdaͤchtig; ſie ſind in Gefahr von dem Volck durchgezogen zu werden; Sie laden ſich den Haß der Predi - ger auff den Halß, und bringen ſie wieder ſich auff. Dieſer wegen ſoll ein Fuͤrſte ſich keines weges von ſolchen hitzigen Bewegungen dahin reiſſen laſſen, noch ſich einem Volck an - vertrauen, welches nur Rebellion im Sinne hat.

§. XXIV.

Daß diejenige Religion, welche vor derReligions Zwang der Chriſten, als ſie Frieden erlangt. andern die Oberhand gehabt / die andere zu ſtuͤrtzen geſucht / ſehen wir ſchon in den uhralten Zeiten. Wie waren nicht die Heydniſchen Prieſter hinter die Chriſten her? Denn wenn dieſe nicht Lermen geblaſen / wuͤrde manches unterblieben ſeyn. Allein wie gienge es unter denen Chriſten zu / da ſie zur Zeit Conſtantini Magni, in Ruhe und Anſehen kamen. Jch will vorietzo nichts erwehnen / wie ſie ſich untereinander herum gebalget. Das Nicæniſche Concilium kan ein klares Zeugniß von dieſer ſchoͤnen Auffuͤhrung ablegen.(a)Alexander der Biſchoff zu Alexandria, und Arius ein Presbyter da -Bey dem Con - cilio Nicæno. ſelbſt, geriethen in einen Streit. Sie brachten ihre Sache vor dem Kaͤy - ſer. Dieſer gabe beyden einen wohlverdienten Filtz. Endlich begtenge Conſtantinus die Schwachheit, daß er ein Conoilium zuſammen beruffte. Dieſes ſolte die Sache durch Vielheit der Stimmen entſcheiden. Arius wurde verdammet. Wer nicht mit denen meiſten einſtimmete, muſte ins Elend wandern. Alle Schrifften Arii ſolten verbrennet werden. Wer eine haͤtte, und zuruͤck behielte, ſolte die Todes-Straffe zu gewarten haben. Man ſonne ein hauffen Straffen wieder die Ketzer aus. Solche aber waren alle, die den Ausſpruch des Concilii nicht vor genehm hielten. Von ſolchen Straff-Geſetzen finden ſich viele in dem Codice Theodo - ſiano und Juſtinianeo. So ſolten die Leute denen Patribus des Con - cilii Glauben beymeſſen, die doch meiſtens elende Fincken-Ritter waren, Sie vergaſſen ihrer ſelbſt ſo ſehr, daß ſie endlich gar von der Haupt-Sa -che, Wiegriffe32Vorbericht von der Juriſtengriffe man das Bekehrungs-Werck mit denen Heyden an? Es beſtunde darinnen / daß man mit Gewalt hinter ihnen her war / und die Tempel einriſſe. (b)und Verfol - gungen der Heyden.Man riſſe ſchon Anno 331. und vornehmlich Anno 333. der Heyden Tempel ein. Manchmahl beraubte man ſolche der Thuͤren, truge die Taͤcher ab, nahme die goͤldenen Bilder weg, und hatte alſo ein gar verkehr - te Bekehrungs-Art. vid. Hieronymus inchron. ad Ao. 331. Theodori - tus in hiſt. eccleſ. Lib. V. c. 21. will zwar nichts von Einreiſſung der Tem - pel wiſſen; Allein der Samuel Baſnagius in annal. polit. eccleſ. ad Ao. 333. §. 5. behauptet das Gegentheil. Ein gleiches thut auch der grundge - lehrte Godofredus in comment ad L. 20. Theod. de pagan. Wie ſaͤuber - lich die Nachfolger Conſtantini die Heyden zu bekehren geſucht, kan man aus dem L. 2. 3, und 6. c. Theod. de pagan. zur Gnuͤge erſehen.Von denen Juͤden will ich nichts erwehnen. Allein dieſes wurde ihnen wiede - rum mit vollen Maße vergolten.

Heyden und Juͤden ver - folgen die Chriſtenwieder.
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§. XXV.

Denn als Julianus zum Scepter gekom - men / wurde denen Chriſten / die Freude die Heyden und Juͤden zu verfolgen / ziemlich verſaltzen. Der Keyſer lieſſe ſeine Sorge dahin gerichtet ſeyn / die Heydniſchen Tempel wieder zu repariren. Er ware denen Juͤden weit mehr als denen Chriſten gewogen. Die Juͤden und Heyden wurden dadurch angereitzet / denen Chriſten gleiches mit gleichen zu vergelten. Ja ſie mochten es vielleicht noch aͤrger gemachthaben.(a)che, darum ſie zuſammen geruffen waren, abgiengen. Einer um den andern uͤberreichte dem Kaͤyſer ein Memorial und verklagte ſeinen Wie - derſacher. Erhielte einer, daß derſelbe verdammet worden, gleich ſuchte er ferner, daß er in das Elend gejaget worden. Die Schwachheiten die - ſer Kirchen-Lichter hat Arnold in ſeiner Kirchen - und Ketzer-Hiſtorie zur Gnuͤge abgeſchildert. Weil aberviele auf den guten Mann wegen der trockenen Warheit, die er zum oͤfftern geſagt, nicht zu wohl zu ſprechen, ſo will ich mich auf des Limborchs Buch de orig. & progreſſ. inquiſ. bezogen haben. Dieſer Bekehrungs-Art haben ſich nachmahls die Arrianer auch bedienet, als ſie das weltliche Oberhaupt auf ihrer Seite hatten.33Studio in der Theologie. haben. (a)Ambroſius in epiſt. 28. ad Theodoſ. beſchreibet den Unfug, welchen dieAmbroſii Zeugniß. Juͤden zu Juliani Zeiten vorgenommen. Er gedencket, daß ſie viele Kir - chen angezuͤndet, und niemand haͤtte ſie darum geſtrafft. Unter andern haͤtten die Heyden und Juͤden, die Kirche zu Alexandria in Brand ge - ſteckt, welche einige die andern alle uͤbertraffen. Die Juͤden und Hey - den kraͤncketen und verfolgeten alſo die Chriſten nur auf eine andere Wei - ſe, weder ſie gethan. Jn der Sache ſelbſt, hatten es die Chriſten nicht beſſer gemacht, ob ſie wohl eben nicht ſo grauſam wie jene procediret.Die Kirchen-Lehrer waren zwar uͤbel darauff zu ſprechen / inſonderheit Gregorius Nazianzenus. Dieſer vergaſſe allen Reſpect, dem er dem Kaͤyſer ſchuldig war / und ſchriebe ſehr harte. Allein es halffe nichts vor das Un - gluͤck als die Gedult. Vielleicht ſolten die Chriſten dadurch lernen / daß alles was unrecht iſt / mit Gleichen vergolten wird.

§. XXVI.

Allein ſo bald als Julianus verſtorben /Die Chriſten bringen es nach Juliani Tod wieder ein, was ſie in der Ver - folgung ver - ſaͤumet. fiengen es die Chriſten an / wo ſie es hatten gelaſſen. Der Gregorius Nazianzenus bedaurete ſelbſt den elenden Zuſtand der Heyden / nach Juliani Abſterben. Er erinnert aber an - bey die Chriſten / ſie moͤchten gelinde mit ihnen verfahren. Jnzwiſchen kan er ſeine Freude doch nicht bergen / daß dieie - nigen Statuen mit ungeſtuͤmm umgeriſſen geweſen / welchen noch vor wenigen Tagen goͤttliche Ehre erwieſen worden. Was ſolten aber die Heyden vor gute Gedancken von dieſer Bekehrungs-Art haben. Das Chriſtenthum muſte ihnen ja dadurch verhaſt werden. Der Gelehrte Clericus hat recht da er ſchreibet:(a)Clericus dans la Bibliotheque univerſelle Tom. XVIII. pag. 54. MaisClerici Urtheil. ceux qui demeurioient dans le paganiſme, etoient ſans doute extre - mement choquez de la maniere, dont on traitoit les ſtatuës de leurs Dieux; & ne povoint regarder les chretiens, comme des gens mo - derez. Car enfin ces ſtatuës leur étoint auſſi cheres, que ce que les chretiens ont de plus ſacré. D’allicurs ceux qui changeoient de re -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) eligi - Die ſo in dem Heydenthum(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) eblie -34Vorbericht von der Juriſtenblieben, waren zweiffels ohne auff das aͤuſſerſte beſtuͤrtzt. Wegen der Art und Weiſe, die man bey Abſchaffung derer Statuen ihrer Goͤtter gebrauchte; und kunten die Chriſten vor keine beſcheidene Leute anſehen. Denn dieſe Statuen waren ihnen ſo lieb, als das, was die Chriſten vor das Hei - ligſte hielten. Sonſten muͤſten diejenigen, welche die Reli - gion aͤnderten, wie der Kaͤyſer, und die ſo gehling der Goͤtter Feinde wuͤrden, welche ſie die gantze Lebens-Zeit angebetet, nothwendig ſehr verdaͤchtig ſeyn.

Chryſoſto - mi Auffuͤh - rung gegendie Heyden.
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§. XXVII.

Dieſes aber wurde in keine Beobachtung gezogen. Chryſoſtomus, welchen ich ſonſt vor andern Kir - chen-Lehrern hoch achte / hat ſich ſelbſt Muͤhe gegeben / daß man den Heydniſchen Gottesdienſt mit Stumpff und Stiehl / gewaltſamer Weiſe ausrotten moͤchte. (a)Wird von Baronio ge - lobet. Ambroſii Conduite. Baronius in annal. ad ann. 386. n. 54. ſqq. ſtreichet die Auffuͤhrung Chryſoſtomi uͤber die maſſen heraus. Es iſt ihm auch nicht zu verargen, denn die Grundſaͤtze ſeiner Religion, billigen dergleichen Bekehrungs - Art. Ambroſius hat es nicht beſſer als Chryſoſtomus gemacht, da er hinter denen Juͤden hergeweſen, und ihrer Synagoge Abbrennung ge - billiget. Denn da der Kaͤyſer dem Biſchoff, ſo ſolches angeſtifftet be - fohlen, die Synagoge wieder auffbauen zu laſſen, bate er daß derglei - chen nicht geſchehen moͤchte. Ja er giebet ſich viele Muͤhe ſolches Un - ternehmen zu rechtfertigen und zu loben. Seine 29. Epiſt. wird ein ſatt - ſames Zeugniß da von geben koͤnnen.Man ſuchte vielleicht an denen Heyden Rache auszuuͤben. Allein auff dieſe Weiſe handelte man nicht nach der Lehre Chriſti. Jch kan nicht umhin abermahls des beruͤhmten Clerici Ge - dancken hieher zu ſetzen. Es iſt an dem ſagt er(b)Clerici aber - mahliges Ur - theil von der gewaltſamen Bekehrung.Clerc. dans la Biblioth. choiſ. Tom. VIII. pag. 276. C’eſt ainſi que les Chrétiens continuoient à rendre aux pagens, ce qu’ils en avoientſouf - daß die Chriſten fortgefahren, denen Heyden zu vergelten, was ſiedie(a)ligion, comme d Empereur & qui de venoient ſi ſubitement enne - mis des Dieux, qu ils avoient adorez toute leur vie, de voient étre fort ſuſpects. 35Studio in der Theologie. die drey Jahr hundert her von ihnen gelitten. An ſtatt daß man ſie mit Gedult und Sanfftmuͤthigkeit gewinnen ſollen, davon man viel Redens gemacht, weil man unten gelegen. Dieſe Auffuͤhrung ware geſchickt die Heyden viel halßſtarri - ger zu machen, weil man ihnen damit einbildete, daß die Chriſten bloß aus Intereſſe von der Beſcheidenheit und Leut - ſeligkeit geſprochen. Keines weges aber aus denen Grund - ſaͤtzen der Religion, wie ſie vorgegeben. Zum wenigſten iſt gewiß, daß ſie dadurch das Recht verlohren, ſich wegen der Art, die die Heyden vormahls gegen ſie gebraucht, zu be - klagen, und die Sanfftmuth ihrer Religion heraus zu ruͤh - men. Denn dieſe haben ſie durch ihre Verfolgung gantz beſchimpffet.

§. XXVIII.

Kurtz: Menn man wegen der Reli -Warum manchmahl die Gewiſ - ſens Freyheit von denen Kirchen Leh - rern ver - theydiget worden. gion Noth litte / behauptete man / das Gewiſſen waͤre ein freyes Weſen. Es lieſſe ſich daſſelbe durch keine Geſetze zwingen. Es waͤre die groͤſte Unbilligkeit, ja was noch mehr / eine Tyranney, wenn man ſich einer Herrſchafft uͤber die Ge - wiſſen anmaſſen wolte. Auguſtinus vertheydigte anfangs die Gewiſſens-Freyheit unvergleichlich. Athanaſius war ihm hierinn vorgegangen. Denn dieſer ſchreibet an einem Orte alſo:(a)Athanaſius epiſt. ad ſilitanos. Quod ſi inhoneſtum eſt, aliquot epi -Athanaſii Ur - theil von der gewaltſamen Bekehrung. ſcopos metu coactos ſententiam immutataſſe, quanto grauuius fædi -e 2usque Wenn es etwas unanſtaͤndiges iſt, daße 2einige(b)ſouffert, pendant les trois premieurs ſiecles; au lieu des les gagner par la pacience, & par la douceur, qu’ils avoient tant prechées, lors qu ils étoient les plus foibles cette. Condnite etoit prapre à ren - dre les pagens plus opiniatres, en leur perſuadant que les Chrétiens n avoient affectè de parler de moderation & d humanité que par in - teret; & nulliment par principe de religion, comme ils le diſoient. Au moins, il eſt certain, qu ils perdoient par la le droit de ſe plaindre de la maniere, dont les pagens les avoient traitez autre fois, & de van - ter la douceur de leur religion; qu ils des honoroient tout a fait, par ees perſecutions. 36Vorbericht von der Juriſteneinige Biſchoͤffe ihre Meinung aus Furcht geaͤndert haben, wie viel groͤſſer und haͤßlicher iſt derjenigen Beginnen, die ſo viel aus Mißtrauen gegen ihre Sache, die Leure zur Aenderung ihrer Meinung gezwungen haben. So ſchlaͤgt auch der Teuffel mit Axt und Beilen an die Thuͤren derjeni - gen, da er auffgenommen wird, weil er nichts wahres bey ſich hat. Der Heyland hingegen iſt ſanfftmuͤthig, wenn je - mand, ſagt er, mir folgen und mein Juͤnger ſeyn will: Er lehrer auch, daß wenn Er zu jemand kommt, nicht mit Ge - walt eindraͤnge, ſondern vielmehr klopffte und ſagte: Ma - che mir auff Schweſter, meine Schweſter: Wenn ſie auff - thun, gehet er ein: Wo ſie ſich beſchwehret befinden, oder nicht auffmachen wollen, gehet er weg. Denn die Wahr - heit wird nicht mit Schwerdt und Buͤrgerlicher oder Krie - geriſcher Hand, ſondern mit Uberreden und Rathen gepredi - get. Was iſt aber da vor eine Freyheit von Uberreden, wo man Furcht vor dem Kaͤyſer hat[?]Oder was kan man vor Rath hohlen, da der ſo wieder ſpricht, zum Lohn das Elend oder den Tod bringt[?]Gewißlich dieſes ſind rechte herrli - che Worte. Auguſtinus redete eben ſo / als er und andere ſo genannte Orthodoxen von denen Donatiſten herum ge - tummelt worden. Er ſchriebe eine herrliche Epiſtel von der Dultung der diſſentirend en. Wie fuͤhrete er ſich aber auff / dadie(a)usque illorum facinus, qui, quod hominum eſt, minime cauſæ ſuæ confidentium, inuitos ad mutationem ſententiæ coegerunt. Ita quoque diabolus, quia nihil veri habet, in ſecuri & aſcia inuadens, concutit fores eorum a quibus recipitur. Saluator contra man - ſuetus eſt, ſi quis inquit, velit me ſequi, & eſſe diſcipulus meus: docetque ſe, cum ad quempiam venit, non vi inſtare, ſed potius pulſare & dicere: aperi mihi ſoror, mea ſoror: quod ſi aperiant, intrat: ſin grauentut, aut nolint aperire, abſcedit. Non enim gladiis aut ciuili aut militari manu veritas prædicatur, ſed ſuaden - do & conſulendo. Quæ autem ibi ſuadendi libertas, vbi im - peratoris eſt metus? aut quæ confulendi ratio, vbi qui contra - dicit, pro mercede aut exilium aut mortem reportat? 37Studio in der Theologie. die Donatiſten unten lagen. Er lieſſe wieder die Ketzer und diſſentirenden / allerley Straffen zu, nur die Todes-Straffe ausgenommen. Seine Raiſons aber ſind von geringen Werth. (b)Es geſtehet Auguſtinus epiſt. 93. ad Vincent. daß er Anfangs der Mei -Jngleichen Auguſtini. nung geweſen, man ſolte zur Lehre CHriſti niemand zwingen. Man muͤſte Worte und Beweißthuͤmer gebrauchen. Sonſten wuͤrde man nur Heuchler machen. Dieſe Meinung aber haͤtte ihn nicht die Worte des Gegentheils, ſondern die Exempel derjenigen, ſo die Sache dargethan be - nommen. Alſo iſt er durch keine vernuͤnfftige Gruͤnde, ſondern durch bloſſe Exempel auf andere Gedancken gebracht worden. Der gute Au - guſtinus aber, der bey allen dreyen Haupt-Religionen in guten Credit ſtehet, haͤtte bedencken ſollen, daß alle Exempel, die der Vernunfft, und Lehre CHriſti entgegen ſind, in keinen Wehrt zu halten. Allein die Begierde die Donatiſten zu verfolgen, hatte ihn verblendet. Die Schwaͤche aller ſeiner Schein-Gruͤnde, hat der ſcharffſinnige Bayle in ſeinem Commentaire philoſophique Tom. II. zur Gnuͤge an Tag ge - leget.So gehet es wenn man zur Herrſchafft mit zugelaſſen wird. Da will man die diſſendirenden zur Einigkeit der Bekaͤnntniß zwingen / von ſich ſagen / oder wohl gar als groſſe Ubelthaͤter beſtraffen.

§. XXIX.

Dieſer irrige Wahn / iſt nachmahls im -Lehre der Proteſtiren den von der Toleranz. mer fortgepflantzet worden. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fal - len / durch alle Secula durchzugehen. Jch will nur von de - nen neuen Zeiten einiges erwehnen. Durch die Reforma - tion Lutheri, iſt uns ein groſſes Licht auffgegangen. Die Augſpurgiſchen Confeſſions-Verwandten / ehe ſie den Re - ligions-Frieden erlanget / prieſen demnach die Toleranz als eine unentbehrliche Sache heraus. Lutherus ware ih - nen hierinnen zur Gnuͤge vorgegangen. Dem Gegentheil ſchiene dieſe Gewiſſens-Freyheit / eine Ketzerey. Mane 3brach -38Vorbericht von der Juriſtenbrachte es auff den Reichs-Tag. (a)Wird auf dem Reichs-Tag abgehandelt.Anno 1526. ſuchte der Ertz-Hertzog Ferdinand in Nahmen des Kaͤy - ſers, die alte Religion beyzubehalten. Die Saͤchſiſchen und Heßi - ſchen Geſandten aber ſtritten vor die Gewiſſens-Freyheit. vid. Se - ckendorff. in hiſt. Lutheran. lib. 2. §. 15. Edit. 1. lit. C. Da man wiederum ſolche Freyheit uͤber einen Hauffen zu werffen bemuͤhet war / Proteſtiret en einige Fuͤrſten /(b)Von dem Nah - men Prote - ſtirend.Daher wurden ſie die Proteſtirende genennet. Es geſchahe auf dem Reichs-Tag zu Speyer Anno 1529. Es proteſtirten ſechs Fuͤrſten und vierzehn Staͤdte. Sie erklaͤhreten ſich, daß es bey dem Reichs-Ab - ſchied Anno 1526. zu laſſen ſey. und ſuchten ſolche auffrechts zu erhalten. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen / alle Sorge und Muͤhe / ſo man ſich wegen dieſer Freyheit gegeben / an - zufuͤhren. (c)Fata der Ge - wiſſens-Frey - heit, nach der Reformation. Luther wolte es durchaus nicht zur Gewaltthaͤtigkeit um die Gewiſ - ſens-Freyheit kommen laſſen. Man uͤbergabe endlich die Augſpurgi - ſche Confeſſion. Allein der Nutzen davon war ſchlecht. Luther wur - de in die Acht erklaͤhret. Die Tuͤrcken brachten endlich dem Kaͤyſer friedfertige Gedancken in Kopff. Auf der Verſammlung zu Nuͤrn - berg lieſſe man endlich geſchehen, daß das Wormiſche Edict wegen der Proteſtanten aufgehoben bliebe, und ſie geduldet wuͤrden. Man wol - te alles biß auf ein Concilium verſchieben. Auf dem Reichs-Tag zu Speyer Anno 1544. wurde die Tolerantz noch feſter geſtellet. Dieſe waͤhrete aber nicht lange. Hierauff kam Anno 1552. der Paſſauiſche Vertrag. Dieſer bekraͤfftigte die Gewiſſens-Freyheit. Auf dem Reichs-Tage zu Augſpurg Anno 1555. wolte man ſolche wieder unter - miniren, doch bliebe die Sache noch in ziemlichem Stande.Endlich aber wurde durch den Weſtphaͤli - ſchen Frieden die Gewiſſens-Freyheit auff einen feſtem Fuß geſetzet / als ſie vorhero geſtanden. (d)Dieſe wird duͤrch den Weſtphaͤli - ſchen Frieden feſter geſtellt.Der Weſtphaͤliſche Friede brachte endlich die Gewiſſens-Freyheit in einen beſſern Stand, als ſolche bißanhero geweſen. Des Pabſts Un - ternehmungen wurden dadurch ziemlich aufgehoben. Es iſt auch ſol - che bißdahero noch ziemlich im Stande geblieben, obgleich alle Haupt - Religionen zu weilen die Tolerantz angefochten.

§. XXX. 39Studio in der Theologie.

§. XXX.

So ſehr aber die Lutheraner die Gewiſ -Die Luthe - raner dene - giren denen Reformirten die Gewiſſens Freyheit. ſens-Freyheit vertheydiget / ſo wenig obſervirten ſie ihre Lehre in Anſehen der Reformirten. Kaum hatten ſie den Religions-Frieden erlanget, ſo wolten ſie die Reformirten davon ausgeſchloſſen wiſſen. (a)Dieſes iſt aber nicht der Religion ſelbſten, ſondern einigen Ketzer -Wird mit meh - rern erwieſen. macheriſchen Theologis zuzuſchreiben. Wie ungerechte Meynungen dieſe geheget kan man aus Dedekenni Conſil. Tom. I. P. I. lib. III. ſect. 3. ſq. abnehmen. Man fragte ob die Reformirten des Religions-Frie - dens, und alſo der Gewiſſens-Freyheit ſolten theilhafftig ſeyn? Dieſe wolten ihnen die Augſpurgiſchen Confeſſions-Verwandten nicht zuge - ſtehen. Man leſe was bey Dedekenno cit loc. ſect. VI. ſtehet. Selbſt die Juriſten raiſonirten ſo albern. Ja ſo gar Carpzovius hat ſich ſo greulich vergangen, daß er vorgegeben, die Reformirten, wenn ſie durch kein Vermahnen zur orthodoxen Religion gebracht werden koͤnten, ſolte man ſie verjagen.Der Weſtphaͤliſche Frie - de machte dieſen aͤrgerlichen Beginnen endlich ein Ende. (b)Art. VII, §. 1. Hier wurde geordnet, daß die Reformirten alle Rech -Die Gewiſſens Freyheit er - halten die Reformirten. te und Wohlthaten die denen Catholiſchen und Augſpurgiſchen Con - feſſions-Verwandten zuſtehen, genieſen ſolten. Es hielte aber hart, ehe die Lutheraner ſolches einraͤumeten. Die Papiſten freueten ſich recht uͤber ſolche Uneinigkeit. Pfanner in hiſt. pac. Weſtphal. und an - dere, handeln mit mehrerm hievon. Vornehmlich ware Sachſen auf Anſtifften ſeines Hoff-Predigers Welleri darwieder. vid. Puffendorff de rebus Brand. lib. II. §. 69. Wie fuͤhrten ſich die Reformirte in Holland gegen die Re - monſtranten auff? Man muß recht des tollen Beginnens lachen / wenn man die Sache mit ohnpartheyiſchen Augen anſiehet. Jch uͤbergehe andere Secten mit willen. So viel erinnere nur / daß dieſer Fehler unter denen Proteſtiren - den noch nicht ausgerottet. Er klebet ihnen noch ziemlicher maſſen an. Man ſolte ſich aber ſchaͤmen / daß man noch da - mit behafftet / und gleich wohl bereits das andere Jubilæum, nach der Reformation erſchienen.

§. XXXI. 40Vorbericht von der Juriſten
Recht eines Fuͤrſten bey diſſentiren - den Reli-gionen.
72

§. XXXI.

Ein Fuͤrſte muß alſo wohl zuſehen / daß wegen der unterſchiedenen Religionen / in einen gemeinen Weſen keine Unruhen entſtehen. Der unzeitige Eyffer der diſſentirenden kan ſolche gar leicht verurſachen. Das ge - meine Volck haͤnget in ſolchen Faͤllen an der Geiſtlichkeit. die Wohlfarth des gemeinen Weſens erfordert es alſo / daß ein Fuͤrſte die Auffſicht uͤber jeden Gottesdienſt hat. Daß er die unruhigen Koͤpffe zur raiſon bringet / die Verfolgun - gen wehret / dem unzeitigen Eyffer und Herrſchafft uͤber die Gewiſſen wiederſtehet. Hierzu aber zu gelangen / iſt eben nicht noͤthig / daß er die diſſentirenden von ſeiner Religion verjaget. Man koͤnte oͤffters auff ſolche Weiſe die Wahrheit unterdrucken. Die Republiquen ſind nicht darum gepflan - tzet / die Religion zu defendiren. Denn dieſe iſt nach dem Voͤlcker-Recht frey. Clericus urtheilet uͤberaus wohl davon / da er ſchreibet:(a)Urſach der aufgerichteten Republiquen. Clerc dans la Biblioth. Choiſ. Tom. XI. pag. 239. Si l’on remante jus - qu’à l’origine de la ſocieté civile, on trouvera, qu’elle ne s’eſt pas formée, en vuë de la religion; mais ſeulement pour vivre en ſù - reté contre les entrepriſes de ceux, qui abuſoient de leur puiſſance à mal faire & contre qui pluſieurs hommes aſſouez enſemble ſe peuvent défendre; au lieu qu’ils ne le pour roient pas faire s’ils vivoient ſèparément. C’eſt pour cela que les hommes on l’eta - bli des puiſſances ſuprêmes, pour les conduire, & pour conſerver à chacun, ce que lui appartient, par de certaines, loi ſoutenues par des peines & des récompenſes. Wenn man biß auff den Anfang der buͤrgerlichen Geſellſchafft ſteiget, ſo wird man befinden, daß ſolche nicht um der Religion eingefuͤhret wor - den; Sondern nur in Sicherheit, wieder diejenigen, die mit ihrer Gewalt ſchaden wollen, zu leben, und wieder welche ſich viele ſo ſich vereiniget, ſchuͤtzen koͤnnen. Wel - ches ſie nicht thun koͤnten, wenn ſie einzeln lebeten. Dar - um haben die Menſchen ein Oberhaupt erwehlet, ſie zuſchuͤ -41Studio in der Theologie. ſchuͤtzen, und dasjenige, was ieden zuſtehet, durch gewiſſe Geſetze, welche Straffen und Belohnungen bey ſich fuͤhren zu erhalten.

§. XXXII.

Wer ſoll aber einen Fuͤrſten in dieſen und andernJuriſten koͤn - nen von dem Recht eines Fuͤrſten in geiſtlichen Dingen ohne die Theolo - gie nichts ſagen. Faͤllen rathen? Muͤſſen es nicht die Juriſten thun? Jhnen kommet allerdings zu / vor die Wohlfahrt des gemeinen Weſens zu ſorgen. Mit dieſem iſt die Religion verknuͤpf - fet. Der unruhige Zuſtand in der Kirchen / machet auch das gemeine Weſen unruhig. Nun frage ich aber einen jeden / wie ein Juriſt hier guten Rath ertheilen / und das Recht der Fuͤrſten wieder die Papiſtiſchen Lehren verthey - digen koͤnne / wenn er von der Theologie keine rechte Er - kaͤnntniß hat. Er muß ja nothwendig wiſſen / was die Re - ligion fuͤr ein Ding iſt. (a)Ferner welche Stuͤcke der Religion, denen Geſetzen unterworffen,Welche Stuͤ - cke der Religi - on denen Ge - ſetzen unter - worffen. welche nicht. Dann einige flieſſen aus dem innerſten Grund der Re - ligion herfuͤr, und ohne ſolche kan dieſelbe nicht beſtehen. Jn dieſem Fall kan man keinen Zwang gebrauchen. Einem Fuͤrſten iſt weiter nichts uͤbrig gelaſſen, als daß er ſolche Leute aus dem Lande ziehen heiſ - ſe. Es war alſo nicht recht, daß man die Juden gezwungen Schwei - nenfleiſch zu eſſen, die Goͤtter anzubeten. Gleichergeſtalt konten die Chriſten nicht angehalten werden, denen Goͤttern Weyrauch zu ſtreu - en, heidniſche Schwuͤre abzulegen, u. ſ. w.Jhm darff nicht unbekannt ſeyn / worinnen die wahre und falſche Religion beſtehet. Er muß unterrichtet ſeyn / was der Endzweck der Chriſtlichen Religion iſt. Weiter muß er zeigen koͤnnen / daß man die Religion weder mit Gewalt fortpflantzen, noch mit Schaͤrffe und Straffen auszurotten befugt ſey. Er muß darthun koͤnnen / daß dergleichen / und aller anderer Religions-Zwang / de - nen Reguln der geſunden Vernunfft und des Chriſtenthums alſo dem klaren Worte GOttes zuwieder ſey. Jch geden - cke vorietzo nichts / wenn wegen der Befuͤgniſſe der geiſt - lichen Perſonen Frage vorfaͤlt. Denn dieſe zu entſcheiden /(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) fund42Vorbericht von der Juriſtenund ihre Prætenſiones und Gruͤnde zu beantworten / wird zum oͤfftern eine gute Einſicht in die Theologie erfordert. (b)Einige Schein - Gruͤnde der Geiſtlichkeit ihr Thuͤn zu - bemaͤnteln.Jch will anietzo nur eines eintzigen Falls gedencken. Wenn ſich mancher Geiſtlicher ſeine fleiſchliche Begierden verleiten laſſen, daß er mit rechten Paſquillen auf die Cantzel kommt, ſo heiſt es ein goͤtt - licher Eyffer. Wenn die Obrigkeit bloſſe Adiaphora, oder ſolche Dinge anbefiehlet, die allerdings durch Geſetze gebothen werden koͤnnen, und mancher Prieſter hat keine Luſt zu gehorchen, ſo wendet er fuͤr, es lieffe wieder ſein Gewiſſen. Anderer Dinge zu geſchweigen. Daß aber hierdurch keine Unordnung entſtehe, muͤſſen die Juriſten ſorgen. Sollen ſie aber in dergleichen Faͤllen tuͤchtige Conſilia geben, und die Einwuͤrffe wiederlegen, ſo muͤſſen ſie die Theologie verſtehen.So haben alſo auch aus angefuͤhrten Gruͤnden / die Juriſten Fug und Macht von Theologiſchen Sachen zu reden und zu ſchreiben.

Sechſte Ur - ſache, warum ein Juriſt die Theologie zu ſtudirenhat.
75

§. XXXIII.

Ein Juriſte hat mit Erklaͤrung und Applicir ung der Geſetze zu thun. Die Geſetze werden in goͤttliche und menſchliche eingetheilet: Die goͤttlichen ſind wiederum zweyerley: natuͤrliche und geoffenbahrte. Bey - de kommen in der heiligen Schrifft haͤuffig vor. Beyder Betrachtung / kan man denen Juriſten nicht abſprechen. Was zwar die Ceremonial - Geſetze in der Bibel anbetrifft / duͤrffte man dencken / die Juriſten wuͤrden ſich um ſolche we - nig zu bekuͤmmern haben. Jch halte aber dennoch dafuͤr / daß ſie von Betrachtung derſelben nicht auszuſchlieſſen. Solten ſie nicht befugt ſeyn / den Endzweck ſolcher Geſetze zu unterſuchen? Waͤren ſie zu verdencken / wenn ſie zuſchau - ten / ob GOtt in Gebung derſelben / nicht auch politi ſche Abſichten gehabt? Koͤnte man es ihnen veruͤbeln / wenn ſie nachdaͤchten / ob in dieſem oder jenem Ceremonial-Ge - ſetz ein Vorbild ſtecket / oder ob keines darunter verborgen? (a)Von denen Vorbildern in denen Cermo - nial. Geſetzen.Spencer in legibus Ebræorum ritual. hat viel herrliche Anmerckungen. Dieſes iſt nur an ihn zu tadeln, daß er an ſeiner Hypotheſi allzuſehrhen -Jch43Studio in der Theologie. Jch meine / daß man dieſe und andere Betrachtungen ih - nen nicht verwehren koͤnne. (b)Uberhaupt nutzet die genaue Betrachtung der Juͤdiſchen RepubliqueNuͤtzliche Wiſ - ſenſchafft der Juͤdiſchen Ge - ſetze. einem Juriſten ſehr viel. Die deutliche Erkaͤntniß der Ebræiſchen Ge - ſetze, hat in denen Kirchen-Rechten und Kirchen-Staat nicht minder ſeinen Nutzen. Dahero iſt einem rechtſchaffenen Juriſten zurathen, daß er die Autores ſo davon geſchrieben nicht allein nachſehe, ſondern auch ſelbſt die Sache weiter nachdencket. Seldenus iſt vor andern mit ſeinem Exempel hierinn vorgegangen.Wie viele Geſetze kommen in denen Buͤcher Moſis fuͤr / auf welche man ſich noch heu - te zu Tage beruffet. Zum Beweiß will ich mich nur auf die Geſetze von denen verbothenen Graden der Ehe beziehen. Kommen da nicht gnugſame Fragen von dem Diſpenſations - Recht eines Fuͤrſten vor? (c)Denn erſtlich iſt es keine unnuͤtzliche Frage, ob die Geſetze von verbo -Von verbothe - nen Graden der Ehe. thenen Graden, die Chriſten obligiren. Man ſehe mich darum vor keinen Ketzer an, denn die Urſachen, ſo man hat, daran zu zweiffeln, ſind nicht ſo geringe, als ſich macher einbildet. Und wenn man auch zugiebt, daß die Chriſten gehalten, ſich in keinen ſolchen Graden, die in dem dritten Buch Moſis verbothen, zu verheyrathen; ſo iſt doch wiederum die Frage, ob es in andern Graden, die daſelbſt nicht aus - gedrucket, angehet. Die meiſten ſind in der Meinung, es waͤren nicht die Perſonen, ſondern vielmehr die Gradus verbothen. Wo alſo glei - cher Grad vorhanden, als in denen die verbothen worden, halten ſie die Ehe vor unzulaͤßig. Dieſe Meynung aber iſt nicht geringen Zweiffel unterworffen. Brückner in ſeinen Deciſionibus matrimonialibus, hat bereits verſchiedenes beygebracht. Es verdienet aber die Sache nochf 2einerMan weiß uͤber dieſes / wasf 2in(a)henget, und alle Vorbilder verwerffen will. Witſius in Aegyptiacis hat ſich ihm entgegen geſetzet. Doch hat ſich auch dieſer hin und wie - der verſtoſſen. Die Coccejaner ſind alzuſehr auf die Egyptiſchen Erklaͤhrungen erpicht, und ziehen oft eine Sache mit Haaren herzu. Man muß die Mittel-Straſſe halten. Daß aber GOTT bey denenund politiſchen Abſichten. Ceremonial-Geſetzen auch politiſche Abſichten gehabt, hat nebſt Spen - cern der angefuͤhrte Witſius erkannt.44Vorbericht von der Juriſtenin Moſis Buͤchern von denen Todtſchlaͤgern geordnet. Was vor ein Recht dem Fuͤrſten in ſolchem Fall zuſtehet / muͤſſen die Juriſten ausmachen. (d)Diſpenſation beym Todt - ſchlage.Weil in dem Geſetz Moſis geſchrieben: Wer Menſchen-Blut ver - geuſt, des Blut ſoll wieder vergoſſen werden. So hat man geſchloſ - ſen, ein Fuͤrſt muͤſte alle Todtſchlaͤger wiederum zum Tod bringen laſſen. Man hat gar kein Diſpenſations - Recht zulaſſen wollen. Der Herr Thomaſius aber hat in einer beſondern Diſputation de jure ag - gratiandi principis in cauſa homicidii doloſi das Gegentheil gewieſen, und das Recht der Fuͤrſten in dieſem Fall von denen gewoͤhnlichen Einwuͤrffen gerettet.Sollen ſie aber ihre Meinung von dergleichen Sachen entdecken / ſo muͤſſen ſie ja vorhero von allen und ieden gruͤndlich unterrichtet ſeyn. Dieſes kan aber nicht ſeyn / woferne ſie nicht dabey die Theo - logie zur Hand nehmen. Man weiß ja mehr als zu wohl / was vor Theologi ſche Gruͤnde bey dergleichen Fragen zuſam - men geraſpelt werden. Kan ich denn die Sache in ein rech - tes Licht ſetzen / wenn ich die Force ſolcher Gruͤnde nicht zu beurtheilen weiß? Es gehet ohnmoͤglich an. Wie will ich aber ſolche judiciren / wenn ich mich in der Theologie nicht umgeſehen habe? Darum ſo muͤſſen die Juriſten auch aus dieſer Urſache mit in die Theologie gucken.

Siebende Urſache wa - rum ein Ju - riſt die Theo - logie ſtu-diren foll.
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§. XXXIV.

Noch eine Urſach will ich beruͤhren / wa - rum ein Juriſt die Theologie ſtudiren ſoll / und wieder dieſe wird man wohl am wenigſten einzuwenden haben. Juriſten erlernen das Jus Canonicum. Auf denen proteſtirenden Uni - verſitaͤten / iſt dem erſten Profeſſori, profeſſio Juris Canoni - ci anvertrauet. Jn dem Jure Canonico kommen viele Ma - terien vor / die in die Theologie lauffen, ja recht Theologi ſch klingen. Es werden oͤffters Spruͤche angefuͤhret / dieſe ſol -len(c)einer gruͤndlichen Unterſuchung. Zu wuͤnſchen waͤre es, daß ein Ju - riſt de jure principis circa matrimonia ſchriebe, und dieſen Punct auf den Grund ausfuͤhrete.45Studio in der Theologie. len die Sache davon die Rede iſt / beweiſen. Dennoch raͤu - men ſich ſolche oͤffters dazu / wie ein Federbuſch auf ein Prieſter-Muͤtzgen. Dennoch ſoll man denen Studenten das Canoniſche Recht erklaͤren. Man ſoll ihnen weiſen / wie weit es bey uns beobachtet wird. (a)Wie weit das Canoniſche Recht bey denen Proteſtirenden im GebrauchWie weit das Canoniſche Recht recipirt. ſind verſchiedene Meinungen. Struv, Linck, Rhetius und andere haben es in gewiſſe Capitel einſchlieſſen wollen. Allein alle irren. Vor der Reformation, ware das Canoniſche Recht voͤllig eingefuͤhret. Wie weit ſolches nach der Reformation eingeſchrencket worden, iſt nicht ſo klar, als ſich viele einbilden. Andere haben gewiſſe Reguln geſetzet, aber die Sache nicht beſſer getroffen. Die Meinung des Herrn Hoffrath Bœhmers, in diſſert. prælimin. ad Schilt. inſtit. jur. can. gefaͤllt mir am beſten. Er ſaget zwar das canoniſche Recht, ſey uͤberhaupt behalten worden. Dieſes iſt aber nur darum geſchehen, zu weiſen, daß man die Obſervantz deſſelben in keine gewiſſe Capitel einſchlieſſen koͤnne. Sonſt ſaget er muͤſte man es nicht gantz verwerffen, noch deſſen Deciſionibus, ohne Unterſuchung folgen.Man ſoll die ankle - benden Maͤngel / und wie dieſe auch in denen proteſtir enden Landen eingeſchlichen / eroͤffnen. (b)Bald hat man die Schluͤſſe ſo unmittelbahr aus ſolchen Gruͤnden fol -Die Proteſti - rende haben aus dem Cano - niſchen Recht vieles behalten ſo aus irrigen Gruͤnden flief - fet. gen, welche mit unſern Glaubens-Saͤtzen ſtreiten, bey behalten; Bald ei - nige Principia genommen, und die Schluͤſſe ſo daraus folgen, verworf - fen. Was vor Schluͤſſe man aus dem Grunde beybehalten, daß der Ehe - ſtand ein Sacrament hat der ſeel. Joh. Sam. Stryck, de reliquis ſacram, in cauſ. matrim. gewieſen. Was man zu Wittenberg dawieder vorge - bracht, iſt von keiner Erheblichkeit und laͤſſet ſich leicht beantworten. Es ſind noch viele Materien, da man ein gleiches zeigen koͤnte. Jn meinem Tractat de Simoniæ crimine habe dergleichen Schnitzer auch gewieſen. Jn gegenwaͤrtigen Werck, wird man ebenfalls verſchiedenes finden.Man ſoll dieſelben zu heben trachten / und darzu dienliche Mittel vorſchlagen / u. ſ. w. Aber wie kan ein Profeſſor ſolches bewerckſtelligen / wenn er in der Theologle keinen Grund gelegt?

§. XXXV.

Die Papiſten haben dieſe WahrheitDas Jus Ca - uonicum kan ohne mehr als zuwohl eingeſehen. Dieſer wegen ſind unter ih -f 3nen46Vorbericht von der JuriſtenTheologie nicht erklaͤ - ret werden.nen die Doctores Juris Canonici, gemeiniglich auch Doctores The - ologiæ. Warum ſollen die Proteſtirenden Juriſten die Theo - logie negligiren? Entweder muß man ihnen unterſagen das Jus Canonicum zu tractiren / oder zugeben / daß ſie auch in die Theologie gucken. Jch will nur den erſten Titul der Decretalium de ſumma Trinitate & ſide catholica anſehen. Der - gleichen haben wir auch in codice Theodoſiano und Juſtinia - næo. Will ich hieruͤber etwas gruͤndliches zu Marckte brin - gen / ſo muß ich gewiß von vielen Dingen / die in die Theologie lauffen / Wiſſenſchafft haben. Vor allen Dingen muß ich wiſſen / worinn der ſeeligmachende und wahre Glaube beſte - het. Wenn ich dieſem gruͤndlich nachdencke / ſo wird ſich mir verſchiedenes zeigen / daß mit der gemeinen Meinung nicht uͤbereinkommet. (a)Von dem ſee - ligmachenden Glauben.Zu CHriſti und der Apoſtel Zeiten, lieſſen ſich die Chriſten angelegen ſeyn, daß ſie mehr mit Leben und Exempeln, als ſubtilen Worten andere zum Chriſtenthum bewegten. Die Stellen. 1. Cor. I. 1. Act. XVII. 16. 1. Cor. XIII. 2. Epheſ. III. 3. 4. 1. Tim. III. 16. bekraͤfftigen ſolches ſattſam - Man hielte dafuͤr der ſeeligmachende Glaube ſey ein Werck des Willens und waͤre nicht in dem Verſtand zu ſuchen. Hebr. XI. 1. Das Kennzei - chen davon ſey die bruͤderliche Liebe, die Fruͤchte des Geiſtes aber, Liebe, Freude, Friede Gedult, Freundlichkeit, Guͤtigkeit, Glaube, Sanfftmuth, Keuſchheit, Creutzigung des Fleiſches, ſamt denen Luͤſten und Begierden - Gal. V. 22. 24. Man redete von denen goͤttlichen Dingen mit keinen ge - kuͤnſtelten Worten. Man truge ſolche nicht ſyſtematice vor. Man hielte die vor keine Jrrige, die andere Worte gebraucheten, als einige Per - ſonen von Anſehen ſich bedienet.Sodann muß ich ebenfals unterrichtet ſeyn / was eigentlich eine Ketzerey ſey. Und auch in die ſem Stuͤck wird manches wieder die gemeine Leyer heraus kom - men. (b)Was am An - fang eine Ke - tzerey geweſen.Bey Anfang der Chriſtlichen Kirchen, war dieſes keine Ketzerey, wenn iemand bey Erklaͤrung goͤttlicher Geheimniſſe Worte gebrauchte, die von eines andern Concept unterſchieden waren. Man hatte ei -nenWeiter folget / daß ich zu beurtheilen wiſſen muß /ob47Studio in der Theologie. ob der Zwang in Glaubens-Sachen, mit denen Grund-Saͤ - tzen des Chriſtenthums beſtehen koͤnne. (c)CHriſtus will einen freywilligen Gehorſam. Er hat die Kirche nichtCHriſtus hat keinen Zwang verlanget. mit fleiſchlichen, ſondern geiſtlichen Waffen aufgerichtet. Auf dieſe Art iſt auch die erſte Kirche unterhalten worden. vid. Limborck in Hiſt. inquiſ. lib. I. cap. 1. und ſo ſoll es auch heute zu Tage zugehen.

§. XXXVI.

Jch muß bey gedachten Titul ferner zuAnmerckun - gen bey dem Titul de ſumma trin. & fid. ca - thol. ſagen wiſſen / worinnen die Einigkeit des Glaubens zu ſuchen ſey. (a)Es iſt ein Glaube Epheſ. IV. Die Glaͤubigen waren aber ehedeſſenWorinn die Einigkeit des Glaubens be - ſtehet. vereiniget durch das Band des Friedens und durch die Wercke der Lie - be. Act. IV. 32. Keines weges durch ein Formular. Und dieſes ware der Catholiſche Glaube.Ob Bekaͤnntniſſe und Glaubens-Formuln denen Leuten aufzutringen. (b)Durch den Catholi ſchen Glauben verſtehet man entweder die allge -Bedeutungen des Worts: Glaube. meinen Lehren, oder gewiſſe Formuln, die man als Geſetze vorſchreibet, oder vor ein Vertrauen des Hertzens zu GOtt. Das Canoniſche Recht hat durch den Catholi ſchen Glauben nichts anders verſtanden, als: Ei -neOb ſolche dienliche Mittelſind(b)nen Glaubens-Articul. Joh. XVII. 3. 1. Joh. IV. 2. 3. Welches Lehre da - von nicht abgienge, war ein Bruder. Man hatte kein Glaubens-Formular. Wer ein Chriſte werden wolte, legte ſein Bekaͤnntniß, daß er an CHriſtum glaubte, mit Worten ab, wie ſie ihn beliebten. Joh. XI. 25. ſqq. Actor. II. 41. VIII. 27. X. 44. ſqq. Seinen Glauben zeigete er andern durch die Wercke. Act. X. 2. 30. Keines weges durch ausgekuͤnſtelte Worte. conf. Geſſelius de fide ſimplici. pag. 33. Alſo ware der ein Ketzer, der etwa nach denen Grund-Saͤtzen der heydniſchen Philoſophie, GOTT vor keinen Schoͤpffer halten, und die Nachfolge CHriſti aufheben wolte. 1. Joh. II. 19. 22. 2. Joh. v. 7. Oder die die Wercke der Natur und Gnade vermiſchten, oder die allerhand Laſter und Fleiſches-Wercke mit der Chriſtlichen Lehre vereinigen wolten. Dieſe ſolten die Chriſten fliehen, aber nicht von ſich jagen, wie aus vielen Schrifftſtellen zu erwei - ſen. Bey dieſer Meidung aber muſten ſie allezeit bedencken, daß ſie Bruͤder, und ſie mit Gedult wieder zu rechte zu bringen ſuchen. 2. Theſſ. III. 14. 15. Gal. VI. 1. ſqq. 48Vorbericht von der Juriſtenſind / den Kirchen-Frieden zu erhalten / oder zu befoͤrdern. Denn ehe man damit aufgezogen gekommen / iſt auch nicht ſo viel Zanckens und Streitens geweſen. So bald aber als man einmahl dergleichen geſchmiedet / ware es noͤthig immer andere anszuſinnen. Es kamen immer neue Zaͤnckereyen auf. Hilarius beſchweret ſich gar ſehr uͤber die Unordnun - gen / ſo aus ſolchen Formuln entſtanden. (c)Hilarii Klage wegen der Glaubens - Formuln. Hilarius ad Conſtantium Imper. ſaget: Da man einmahl angefan - gen Glaubens-Formedaro zumachen, haͤtte ſich der Glaube mehr nach denen Zeiten, als dem Evangelio gerichtet. Es waͤre ein rechtes Elend, daß alle Jahre neue Glaubens-Formuln heraus kaͤmen: Da nur eine Cauffe und ein Glauben waͤre, haͤtte man dieſen Glauben gantz verloh - ren, und waͤren ſo viel Glauben als willen. Nach dem Nicæni ſchen Con - cilio, ſchriebe man von nichts als vom Glauben. Alle Jahre und Mo - nate machte man Glauben von GOtt, was beſchloſſen worden, gereue - te wiederum, die ſo es ſich gereuen lieſſen, wurden vertheidiget, was vor - hero vertheidiget worden, verdammete man, und da ſo viel Glauben waͤren, ſey es gekommen, daß gar keiner vorhanden. Es konte auch nicht anders ſeyn / weil man dergleichen Formuln goͤtt - liche Autoritaͤt beylegte / und andern als Geſetze vorſchrie - be. (d)Was derglei - chen Formular - Glauben vor Autoritaͤt bey - geleget wor - den.Das erſte Glaubens-Formular iſt Zweiffels ohne auf den Nicæniſchen Concilio aufgekommen. Da hat man den Glauben durch Geſetze vor - geſchrieben. Denen Schluͤſſen des Concilii, iſt goͤttliche Autoritaͤt beygeleget worden. Der Kaͤyſer Conſtantinus M. hat in den Schrei - ben an die Kirche zu Alexandria geſetzet: Was denen dreyhundert Biſchoͤffen beliebet, muͤſte man als GOttes Ausſpruch anſehen, denn der heilige Geiſt haͤtte in dieſer fuͤrtreflichen Maͤnner Seele gewuͤrcket. vid. Socratis Hiſt. eccleſ. lib. 1. cap. 9. Es iſt alſo gekommen, daß man die Glaubens-Formuln, als Geſetze vorgeſchrieben und Straffen auf die - jenigen geſetzet, welche ſolche nicht annehmen wolten. Die Acta der Concilien bekraͤfftigen dieſes zur Gnuͤge. Um aber ein Muſter von allen zu haben, will ich mich auf den Can. 7. des erſten Concilii zu Ephe - ſus b. ruffen.

§. XXXVII.

(b)ne gewiſſe oͤffentliche Formul, die man allen Gliedern einer Kirche, als ein Geſetz vorgeſchrieben, daß ſie ihre Concepte darnach einrichten ſollen.

49Studio in der Theologie.

§. XXXVII.

Dieſes Fuͤrnehmen ſolte ein MittelNoch an - dere An - merckungen uͤber gemel - den Titul. ſeyn / den Kirchen-Frieden zu erhalten. Der Ausgang mag davon reden / wie gluͤcklich es gelungen. Jch habe aber bey angeregtem Titul meine Gedancken auch dahin zu rich - ten / ob die Gluͤckſeeligkeit der Kirchen von der aͤußerlichen Ruhe dependire. Wenn man andere buͤrgerliche Geſell - ſchafften anſiehet / ſo kommt ihre Wohlfahrt faſt allein auff aͤuſerliche Ruhe an. Andere Bewandnuͤß aber hat es mit der Kirchen. Jhre Wohlfahrt / iſt mit der aͤuſerlichen Ru - he nicht verknuͤpffet(a)Jch beruffe mich auff den Zuſtand der Kirchen in denen erſten Jahrhunderten. Ob die Kirche zu ihrem Flor euſerliche Ru - he vonnoͤthen.Man wuͤtete und tobete wieder die Chriſten. Und dennoch ware das Chriſtenthum in vortrefflichem Flor. Dahero hat der Wilh. Cave recht, da er in ſeinem erſten Chriſtenthum pag. 80. alſo ſchreibet: Es iſt keine Probe einer guten Religi - on / wenn dabey alles voll auff und uͤberfluͤßig iſt, inmaſſen man die Chri - ſten mehr nach der Heyligkeit / als nach dem bluͤhenden Zuſtand der Reli - gion ſchaͤtzen muß Arnold hat in der Abbildung der erſten Chriſten Lib. 8. cap. 1. 2. auch deutlich gewieſen, daß der beſte Zuſtand der Kirchen unter der Verfol - gung geweſen.. Ja ſo bald alß die Kirche dieſe recht genoſſe / fiele das rechtſchaffene Chriſtenthum dahin(b)Ziegler in præfat. ad tract. de Epiſc. ſaget, daß zu Conſtantini M. Zeiten, daSchadet den - ſelben. nehmlich die Kirche in Ruhe gekommen, eine Welt in die Kirche eingefuͤhret wor - den. Spanheim in orat. de Chriſtianiſm. degenere zeiget ebenfalß deutlich, daß die aͤuſerliche Ruhe das Chriſtenthum verderbt. Gregorius Nazianzenus Orat. 3. adu. Jul. Chryſoſtomus Lib. adu. gentil. Saluianus Lib. 1. adu. auarit. ſtim - men ebenfalß dieſes an.. Es iſt weiter zu wiſſen noͤthig / ob concilia Glaubens - Sachen decidi ren, und andere ihren Spruch anzunehmen / anhalten koͤnnen. Betrachtet man die alten concilia, ſo befindet man / daß die Kaͤyſer ſelbſt ſo einfaͤltig geweſen / und dergleichen eingeraͤumet(c)Auf das Concilium Nicænum mag ich mich nicht einmahl beruffen. Auf dasAnſehen der Concilien. dritte Concilium zu Epheſus ſchickten die Kaͤyſer Theodoſius und Valentinianus einen Abgeordneten, Candidianum, dieſer hatte in ſeiner Inſtruction, daß er ſich in Glaubens-Sachen nicht meliren ſolte. Es waͤre zum hoͤchſten unbillig, daß einer, der kein Biſchoff waͤre, ſich in Kirchen-Sachen einmiſchen ſolte. Die Biſchoͤffe ſolten(Recht der Beicht-Stuͤhle) gallein. Waß kan aber tolleres / alßdieſes50Vorbericht von der Juriſtendieſes ausgedacht werden. Geſetze haben mit Thun und Laſſen, keinesweges aber mit Glaubens-Sachen zu thun. Die Ideen und Concepte, die ſich einer machen ſoll / kan man nicht befehlen. Die Religion leidet gar keinen Zwang. Nichts iſt ſo frey als die Religion, ſaget Lactantius(d)Die Neligion iſt ein ſreyes Weſen.Lactantius Lib. V. c. 14. Nihil tam voluntarium, quam religio eſt, in qua ſi animus aduerſus eſt, jam ſublata, jam nulla eſt. Der Kaͤyſer Maximilianus hat auch gar recht geſprochen: Es ſey nichts ſo grauſam, als ſich einer Herrſchafft uͤber die Gewiſſen anmaſſen wollen. Dieſe Herrſchſucht waͤre etwas henckeriſches., wenn da das Gemuͤthe entgegen iſt, ſo iſt ſie aufgehoben, und gantz und gar nichts.

Noch ein paar An-merckungen
96

§. XXXVIII.

Es iſt auch bey gedachtem Titul die Fra - ge zu entſcheiden / ob die Diſſentirenden zu druͤcken und zu verfolgen. Was davon zu halten / habe bereits hin und wie - der angezeigt. Nicht minder iſt zu unterſuchen / ob der Re - ligions-Zwang gute Chriſten, oder nicht vielmehr Heuchler mache(a)Ob Straffen fromme Leute machen.Es iſt ein gemeiner Wahn, die Leute wuͤrden durch Straffen fromm und tugend - hafft gemacht. Viele Theologi ſind in der Meinung. Sie haben keinen deutli - chen Begriff / von dem Endzweck der Straffen. Dieſe ſind darum, daß ich den aͤuſerlichen Frieden nicht turbire. Zu dem innerlichen und der Tugend wird etwas anders erfordert. Wenn ein Vater zu ſeinem Kind ſagte, es ſolte ihm die Hand kuͤſſen, das Kind wolte nicht, er aber braͤchte es mit Schlaͤgen dazu, wer wolte ſagen, daß dieſes ein tugendhafftes Kind waͤre. Es iſt nichts anders, als ein verſtelltes We - ſen. Dieſes geſchiehet um ſo viel deſtomehr, wenn ich Erwachſene zwingen will, et - was zu glauben, davon ſie das Gegentheil verſichert ſind.. Alle dieſe und noch viele andere vorkommende Dinge lauffen ja mit in die Theologie. Will ich nun die Verordnungen der Rechte wohl verſtehen / alle vorfallende Fragen entſcheiden / auff unſern Kirchen-Staat appliciren / u. ſ. w. So muß ich ia alle Materien wohl verſtehen. Folg - bar muß ich mich als ein rechtſchaffener Juriſt in der Theo - logie umſehen.

§. XXXIX.

(c)allein alles ausmachen. Waß ſie ordnen wuͤrden, ſolten alle annehmen. Alſo mu - ſten nicht alleine die Kaͤyſer, ſondern alle andere von dem Wohlgefallen der Biſchoͤf - fe dependiren, und ihren Glauben darnach einrichten. Jhnen bliebe nichts uͤbrig, als andern die Schluͤße mit Gewalt aufzudringen.

51Studio in der Theologie.

§. XXXIX.

Was in dem canoniſchen Recht von Ehe -Bey denen Materien des cano - niſchen Rechts, iſt die Theo - logie zur Hand zu nehmen. Sachen / andern Sacramenten / Kirchen-Guͤthern / rebus und perſonis Sacris, von der Simonie, Buße / Kirchen - Bann / Ketzerey und andern Materien vorkommt / kan nim - mermehr in eine deutliche Richtigkeit geſetzet werden / wenn man die Theologie nicht zur Hand nimt. Das Jus cano - nicum uͤberhaupt affectiret eine Heiligkeit, Gottesfurcht ꝛc. Um nun dahinter zu kommen / ob es dergleichen auch wuͤrck - lich vortraͤgt ſo muß ich wiſſen / worinnen die wahre Hei - ligkeit und Gottesfurcht beſtehet. Dieſes muß ich aus der rechten Theologie erlernen. Außer dem werde ich nicht vermoͤgend ſeyn / dem juri canonico ſeine Schmincke und Larve abzuziehen. Jch werde deſſen Scheinheiligkeit, und falſche Pie taͤt nicht zeigen koͤnnen(a)Man giebet zwar vor, das canoniſche Recht ſuche die Wohlfahrt der Seelen-wolteScheinbare Pietaͤt des Canoniſchen Rechts. gerne alle Suͤnden vermieden wiſſen, u. ſ. w. dahero es dem juri civili weit vorzu - ziehen. Alſo preiſen faſt alle Doctores ſolche Pietaͤt heraus. Allein Petrus de Ferrariis hat ſchon Ao. 1400. in ſeiner praxi aurea tit. IV. n. 44. ſq. den Schwe - ren deſſelben aufgeſtochen, und gewieſen, daß nichts darunter verborgen, als das In - tereſſe der Geiſtlichkeit. g 2. Viele Dinge giebtes vor ſolche Sachen aus / die zur Ehre GOttes gereichten. Darum muß ich ja wiederum aus der Theologie unterrich - tet ſeyn / worinn eigentlich die Ehre GOttes beſtehe. Hab ich ſolches wohl gefaſt / ſo wird es ſich zeigen / daß unter dem Vorwand / die Ehre GOttes zu befoͤrdern / die leichtfertig - ſten fleiſchlichen Abſichten zum oͤfftern verborgen liegen.

§. XL.

Alle rechte Ideen von erzehlten und andernBeſchluß. Dingen kan man / wie bereits gemeldet / nirgends anders / als aus der Theologie herhohlen. Darum ſo ſage ich noch - mahls: Ein Juriſt muß die Theologie mit excoli ren. Die Nothwendigkeit erfordert es / daß er zum oͤfftern von Theo - logiſchen Sachen redet / ſchreibet und urtheilet. Derienige iſt erſtlich ein gruͤndlich gelehrter Juriſt, der nebſt Erlernungan -52Vorbericht von der Juriſten Studio in der Theologie. anderer Wiſſenſchafften / auch in der Theologie guten Grund geleget. Solte meine Arbeit nicht allen gefallen / ſo muß ich es geſchehen laſſen. Sie belieben aber nur / alles erſt wohl zu uͤberlegen / und kommen erſt ſodann mit ihren Ein - wuͤrffen angeſtochen. Wo man nur leere Feder-Fechter - Streiche machet / werde ich mich nicht einlaſſen. Jch dencke wie Auguſtinus de civit. Dei Lib. II. c. I. Quis diſceptan - di finis erit & loquendi modus, ſi reſpondendum eſſe re - ſpondentibus, ſemper exiſtimemus? Nam qui vel non pos - ſunt intelligere, quod dicitur, vel tam duri ſunt adverſitate mentis, vt etiamſi intellexerint, non obediant; reſpondent vt ſcriptum eſt (Pſalm. XXXI. 1.) & loquuntur iniquita - tem atque infatigabiliter vani ſunt. Quorum dicta con - traria, ſi toties velimus refellere, quoties obnixa fronte ſta - tuerint, non curare quid dicant, dum quocunque modo no - ſtris diſputationibus contradicant, quam ſit infinitum & ærumnoſum & infru - ctuoſum vides.

Das53

Das Recht der Beicht-Stuͤhle. Erſte Abtheilung von dem Urſprung und Fortgang der Lehre von der Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten.

Das erſte Capitel. Von Dem Urſprung der Macht die Suͤnde zu vergeben und zu behalten.

§. I.

ES iſt nichts in der gantzen weiten Welt zu fin -Urſprung der Macht die Suͤnde zu vergeben und zu be - halten. den und anzutreffen / das nicht ſeinen gewiſſen Urſprung haͤtte / und hat niemand verſtaͤndi - ges jemahls an ſolchem Satz gezweiffelt. De - rohalben wird einer Sache Urſprung gemeiniglich unter - ſuchet / und bemuͤhet man ſich mit allem Ernſt denſelben deutlich zu zeigen / wenn man von ſolcher etwas vorzutra - gen geſonnen iſta)Denn, iſt mir der Urſprung einer Sache unbekannt, weiß ich dieWarum man auf den Ur - ſprung der Sa - chen zu ſehen. Zeit nicht, da dieſelbe ihren Anfang genommen, ſo iſt es ſchwer, ja faſt nicht moͤglich, derſelben Eigenſchafft und was dabey vor - faͤllet und zu beobachten iſt, deutlich vorzuſtellen. Jſt mir aber dieſes bekannt, ſo kan ich weit gruͤndlicher ihre Art und Endzweck ausfuͤndig machen; man kan die Folgerungen, ſo aus derſelben kommen, beſſer erwegen und beurtheilen. Jch habe alſo auch da - fuͤr gehalten, daß es noͤthig ſey, den Anfang der Macht, die Suͤn - den zu vergeben und zu behalten, anzuzeigen, bevor ich auf andere Sachen, ſo derſelben anhaͤngig ſind, gerathe. b) Daß. Den Urſprung aber der Macht undGewaltg 354I. Abth. 1. Cap. Vom Urſprung der MachtGewalt / die Suͤnden zuvergeben und zu behalten / hohle ich von Chriſto ſelbſten her / welchem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben war. Denn unſer Heyland hat denen erwehlten Apoſteln / als auſerordentlichen Dienern des Ev - angeliib)Die Apoſtel ſind auſeror - dentliche Die - ner des Evan - gelii geweſen.Daß die Apoſtel auſerordentliche Diener des neuen Bundes ge - weſen, wird niemand, der nur ein wenig von Vorurtheilen befrey - et und klug iſt, in Zweiffel ziehen. Solten ſich aber einige fin - den, die ſich hier Scrupel machten, denenſelben recommendire ich des Petri Burmanni Exercitationes Academicas, und diejenigen unter ſolchen, ſo de miniſtris evangelii extraordinariis handeln. Jch zweiſle nicht, er werde ſolche alſo abweiſen, daß ſie weiter nichts werden vorbringen koͤnnen. Meines Erachtens hat niemand die - ſe Sache deutlicher und gruͤndlicher abgehandelt. unter andern auſerordentlichen Gnaden-Gaben / auch dieſe Macht und Gewalt verliehen und zugeeignet. Denn ſo ſchreibet Jahannes:c)Johannis Worte.Joh. XX, 22. ſeq. Καὶ τοὶτο είπὰν, ἐνεφύσησε, κὰι λέγει ἀυτο῀ις. λά - βετε πνεῦμα ἅγιον. ῎Αν τινων ἀφῆτε τὰς ἀμαρτίας, ἀφίενται ἀυτοῖς - ἄν τινων κρατῆτε, κεκράτηνται. Er bließ ſie an und ſprach: Nehmet hin den heiligen Geiſt, welchen ihr die Suͤnde ver - gebet, denen ſind ſie vergeben, und welchen ihr ſie behaltet, denen ſind ſie behalten. Dieſe Worte beſtaͤrcken dasjenige / was ich geſaget / mehr als zu deutlich / alſo daß es nicht noͤ - thig iſt / andere Schrifft-ſtellen vorzubringen / zumahl da einige alſo beſchaffen / daß es noch gar ſtarckem Zweiffel un - terworffen / ob ſolche auf die Macht die Suͤnden zu verge - ben und zu behalten zu ziehen ſind / oder nichtd)Von dem Loͤſe - und Binde - Schluͤſſel.Jch will jetzo nur erwehnen, was von dem Loͤſe - und Binde - Schluͤſſel von einigen geſaget wird. Denn die meiſten wollen aus denen Stellen Matth. XVI, 19. XVIII, 18. durch die Schluͤſ - ſel die Macht die Suͤnde zu vergeben und zu behalten herleiten. Vor dieſem iſt faſt kein eintziger anderer Meinung geweſen. Nach - mahls aber ſind etliche auf andere Gedancken gerathen, und ha -ben.

§. II. 55die Suͤnde zu vergeben und zu behalten.

§. II.

Es duͤrfften wohl einige ſeyn / die ſich einbilden /Waꝛum ich von dem Urſprung es ſey etwas wunderliches / daß ich mit ſo vielen Worten /von(d)ben durch das Binden ein Verbot, durch das Loͤſen aber eine Zulaſſung verſtanden. Sie ſagten, man muͤſte dieſe Worte aus denen Juͤdiſchen Alterthuͤmern und Gebraͤuchen erklaͤren. Die Juͤdiſchen Lehrer haͤtten in zweiffelhafften Faͤllen von dem Sinn des Goͤttlichen Rechts Antwort ertheilet und geſprochen. Dieſe Gewalt ſey durch die Schluͤſſel angedeutet worden. CHriſtus haͤtte nun denen Apoſteln gleiche Macht ertheilet, daß ſie nemlich das Moſaiſche Geſetze zum Theil abſchaffen, und zur Zeit des neu - en Bundes einiges erlauben koͤnnten, das vorhero verboten gewe - ſen; im Gegentheil, ſolten ſie auch die Macht haben, gedachtes Geſetz zum Theil zu behalten, und denen Chriſten eines und das andere zu unterſagen, das denen Juͤden ebenfalls verboten gewe - ſen. Das erſtere ſey die Macht zu loͤſen, das andere die Gewalt zu binden. Dieſe Meinung hegen Hugo Grotius, Joh. Camero, da ſie auf die angefuͤhrte Schrifft-Stelle kommen. Es pflichtet der - ſelben bey Joh. Seldenus de Synedr. Ebræor. Joh. Ligtfoot. in hor. Ehraic. & Talmud. Joh. Dallæus de confeſſ. auricul. Der Joh. Be - nedict. Carpzovius in Epiſt. dedic. Oper. cit. Ligtfoot lobet ſolche Erklaͤrung. Der ſcharfſinnige Herr Thomaſius in dem Beden - cken, wie weit einem Geiſtlichen erlaubt, gegen ſeinen Landes - Herrn ſich des Binde-Schluͤſſels zu bedienen, und der beruͤhm - te Herr Boͤhmer in Jur. Eccleſ. Antiq. ad Plin. & Tertull. erweh - len ebenfalls ſolche Erklaͤrung, anderer zu geſchweigen. Allein denen meiſten ſtehet ſolche nicht an. Es hat nur vor einigen Jah - ren, nehmlich Ao. 1715. der Herr Chriſt. Lœber, Superintendens in Ronneburg eine Synodal-diſputation im Monat Auguſto de po - teſtate ligandi & ſolvendi gehalten, die abſonderlich wider Ligt - footen gerichtet iſt. Jch kan nicht leugnen, daß ſeine Gruͤnde ge - lehrt ſind, allein mir deucht doch, daß dieſelben nicht alſo be - ſchaffen, daß aller Zweiffel gehoben, und nichts dawieder ein - gewendet werden koͤnte. Jch kan und will auch nicht vor je - tzo mich in dieſen Streit miſchen. Denn es treffen doch alle hierinn uͤberein, CHriſtus habe denen Apoſteln die Macht dieSuͤnde56I. Abth. 1. Cap. Vom Urſprung der Machtder Gewalt Suͤnde zu vergeben, und zu be - halten, ge - redet.von der Gewalt die Suͤnde zu vergeben und zu behalten / die Chriſtus denen Apoſteln verliehen / gehandelt haͤtte. Sie werden ſagen / es ſey niemand unter denen Chriſten / der ſol - ches in Zweiffel zoͤge. Allein es iſt ſolches nicht ohne Ur - ſache geſchehen. Jch habe es darum gethan / damit man erkennen moͤge / ob ſolche denen Apoſteln inſonderheit / oder auch ihren ſo genannten Nachfolgern verliehen worden? ob dieſelbe zu denen auſerordentlichen Gnaden-Gaben, oder zu denenjenigen / ſo unſere Theologi miniſterialia nennen / zu ziehen ſey? Es kan ſeyn / daß wenn einige dieſes leſen / ſie mich ſo gleich vor einen unverſchaͤmten und verwegenen Menſchen ausruffen / weil ich hierwieder nur einen Zweif - fel erregen wolte. Die meiſten bilden ſich ein / es ſey ſon - nenklar / daß dieſe Gewalt allen Dienern des Worts in der Perſon der Apoſtel verliehen worden. Da die Apoſtel nun ihr Leben beſchloſſen / ſey dieſelbe auf alle Prieſter / als ihre rechtmaͤßige Nachfolger und Erben gefallena)Meinung der Theologen von der Macht Suͤnde zu ver - geben.Man ſchlage nur die Schrifften der Theologorum auf, ich glau - be, man werde mit Muͤhe einen finden, der auf einen andern Schlag urtheilte. Mich duͤncket aber, die meiſten haben keine deut - liche Einſicht gehabt, was vor ein Unterſcheid unter denen Apo - ſteln und denen Biſchoͤffen oder Aelteſten geweſen. So beſchei - den ſind ſie zwar, daß ſie nicht ſagen, ſie waͤren in allen der Apo - ſtel Nachfolger, ſondern nur in miniſterialibus. Jſt aber dieſes an dem, ſo kommet ihnen die Macht, die Suͤnde zu vergeben und zu behalten, keines weges zu. Andere ſagen, es haͤtten nicht alle geiſtliche dieſe Macht, ſondern nur die rechtmaͤßig beruffene, die wiedergebohrne und erleuchtete, und was dergleichen lieb -liche. Allein ichkand)Suͤnde zu vergeben und zu behalten verliehen, und dieſes ſage ich auch. Jch koͤnte alſo auch den Loͤſe - und Binde-Schluͤſſel hie - her ziehen, allein ich habe meine Urſachen, warum ich ſolches nicht thun mag.57die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. kan denenſelben nicht verhalten / daß ich hierinn wie Tho - mas bin. Jch glaube nicht leichtlich etwas / wenn ich ſol - ches nicht ſehe / oder gruͤndliche und wichtige Urſachen fin - de. Diejenigen Gruͤnde aber / ſo denen Apoſteln ſolche Macht alleine zueignen / duͤncken mich weit ſtaͤrcker und trifftiger zu ſeyn / als die andern / welche dieſelbe allen Geiſtlichen zu - ſchreibenb)Jch zehle alſo auch dieſe Gewalt zu denen auſerordentlichen Ga -Die Wahrheit braucht kein Anſehen von gelehrten Per - ſonen. ben der Apoſtel. Zwar wird es mir daran fehlen, daß ich eine gantze Rolle beruͤhmter Leute, die meiner Meinung beypflichten, hinſetzen kan. Denn es iſt bekannt, daß man ſich damit am allerſi - cherſten vor den Anfall ſchuͤtzen kan. Allein dieſes ſoll mich von mei - nem Vorſatz nicht abwendig machen. Die Wahrheit iſt alſo be - ſchaffen, daß ſie an und vor ſich ſelbſt denen, ſo ihren Kopf aufge - raͤumt, gefallen muß, und braucht alſo ſolcher Huͤlfe nicht. Wird ſolche gleich gedruckt, ſo kan man ſie doch nicht unterdrucken. Jch werde aber dennoch hin und wieder beruͤhmte Leute anfuͤhren koͤn - nen, die in verſchiedenen meiner Meinung beypflichten. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) ha) Jch.

§. III.

Damit man aber meine Meinung deſto deut -Definition der Macht, Suͤnde zu vergeben und zu be - halten. licher faſſe / ſo will ich die Sache definiren. Jch nenne a - ber die Macht / Suͤnde zu vergeben / eine auſerordentliche Ga - be GOttes, die von der Eingebung des heiligen Geiſtes her - ruͤhret, und von Chriſto denen Apoſteln mit wunderbahrenWuͤrckun -a)liche Traͤume mehr ſind, die ich unten unterſuchen will. Von der beſondern Erleuchtung will ich jetzo etwas weniges melden. Jch leugne nicht, daß GOtt noch heute zu Tage gewiſſen Perſonen auf eine beſonderliche Weiſe auſerordentliche Gaben mittheilen koͤnne, und ſolches auch bewerckſtellige; Jedoch es moͤgen dieſel - ben beſchaffen ſeyn, wie ſie wollen, ſo koͤnnen ſie dennoch mit denen auſerordentlichen Gaben der Apoſtel in keine Vergleichung gezo - gen werden. Die meiſten unter denen Reformirten ſtehen zu, daß die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten denen Apo - ſteln allein zu zuſchreiben.58I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der MachtWuͤrckungen verliehen, auch von ihnen allein gebraucht und ausgeuͤbet worden. Es wird dieſe Umſchreibung denen meiſten nicht anſtehen und neuͤerlich vorkommen / derohal - ben will ich jedes Stuͤck derſelben inſonderheit unterſuchen und beweiſena)Erinnerung wegen derſel - ben.Jch bitte alle die, ſo dieſe definition leſen, daß ſie nicht eher ein Urtheil faͤllen, biß ſie das folgende auch uͤberſehen, und ohne Vorur - theile erwogen. Allein dieſes iſt gewiß eine ſchwere Arbeit, abſon - derlich aber vor ſolche, die an dem ehrwuͤrdigen Alterthum hangen und bereits bey ſich die feſte Entſchlieſſung gefaſt, nicht einen Na - gel breit davon abzuweichen. Dergleichen Leute ſehen mehr auf die Perſonen, ſo etwas geſaget, als auf die allerbuͤndigſten Schluͤſ - ſe. Solche moͤgen von meiner Arbeit halten, was ſie wollen, ich will alles mit der groͤſten Gedult anhoͤren. Jch will mich, wo ich geirret, von ihnen zu rechte fuͤhren laſſen. Dieſes bitte ich nur, daß ſie ſich der Ketzermacherey enthalten, weil dieſe ihnen nicht zuſte - het. Gemeiniglich wirfft man mit ſolchen Tituln um ſich, und will denjenigen, ſo dem groſen und kleinen Pabſt an den Bauch greifft, zu einem Ketzer, Schismaticum, und ich weiß ſelbſt nicht zu was machen. Jm uͤbrigen ſtelle ich ihnen frey, ob ſie meine Arbeit lo - ben oder tadeln wollen. Beydes gilt mir gleich viel. Jch erſu - che ſie nur, daß ſie ſich in acht nehmen, daß ſie nicht ſo wohl wider mich, als wider die Wahrheit aufſtehen..

1) Jſt dieſe Gewalt ei - ne auſeror - dentliche Gabe Got-tes.
109

§. IV.

Jch habe geſagt / die Macht / Suͤnde zu vergeben und zu behalten / ſey eine auſerordentliche Gabe GOttes, und dieſes iſt aus folgenden Gruͤnden geſchehen. Der liebe Hey - land wolte / da Er gen Himmel gefahren / die Apoſtel als ſeine rechte Erben in der Welt hinterlaſſen / und alſo hat er ihnen das meiſte / ſo ihm von dem himmliſchen Vater ver - liehen worden / wiederum reichlich mitgetheilet. Der Sohn ware von dem Vater geſendet / und alſo ſendete er wiede - rum die Apoſtela)Sendung Chriſti und der Apoſtel.Chriſtus war vornehmlich darum geſendet, damit er die gantzeWelt. Der Sohn ware mit dem heiligen Geiſtgeſal -59die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. geſalbet / und hat alſo auch denſelben denen Apoſteln gar reichlich mitgetheiletb)Von der Salbung des Sohnes mit dem heiligen Geiſt reden derSchenckung des Heil. Gei - ſtes. Apoſtel Geſchichte cap. X, 38. Dieſer heilige Geiſt aber iſt denen Apoſteln Anfangs durch ein Einblaſen per ἐμφύσησιν gegeben worden. Joh. XX, 22. Nachgehends aber, da Chriſtus gen Him - mel gefahren, wurde derſelbe am Feſte der Pfingſten in einer reich - lichen Maaß uͤber ſie ausgegoſſen. Act. II, 4. . Es iſt bekant / daß der Vater dem Sohn das Gericht gegeben / und alſo wird auch dieſes denen Apoſteln zugeeignetc)Chriſtus ſaget ſelbſt, daß ihm der Vater das Gericht gegeben. Denen Apo - ſteln iſt das Ge - richte gegeben.Joh. V. 22. Der Vater richtet niemand, ſondern das Gerichte hat er dem Sohn uͤbergeben. Chriſtus ſaget auch alſo zu ſei - nen Apoſteln, daß, wenn des Menſchen Sohn ſitzen wuͤrde auf dem Stuhl ſeiner Herrlichkeit, ſie auch ſitzen ſolten auf zwoͤlf Stuͤh - len, und richten die zwoͤlf Geſchlechte Jſrael. Matth. XIX, 28. . Der Sohn hatte Macht / Suͤnde zu vergeben und zu behalten / welche er alſo wiederum de - nen Apoſteln auf eine auſerordentliche Art verliehend)Daß Chriſtus die Gewalt gehabt, Suͤnde zu vergeben, erhelletUnd die Macht Suͤnde zu[ver -]geben. aus der Stelle Matth. IX. 2. 6. Von ihm haben ſolche die Apoſtel erhalten. Joh XX, 22. ſeq. Ordentlicher Weiſe verglebt alſo nie - mand die Suͤnde, als GOtt. Niemand kan ſich derohalben die - ſes Rechts anmaſſen, als der, dem es unmittelbar von GOtt ver - liehen worden, und dem er zugleich ſolche Gnaden-Gaben mitge - theilet, die zur rechten Ausuͤbung ſolcher Gewalt von noͤthen ſind. Wem beliebet, mehr von beſondern Gaben, die denen Apoſteln allein verliehen worden, zu wiſſen, kan ſich bey Burmann am an - gefuͤhrten Ort Raths erholen. a) Denn.

§. V.

a)Welt von der Knechtſchafft der Suͤnden mit ſeinem Blut erloͤſen moͤchte. Joh. V, 24. Dieſer hat die Apoſtel geſendet, Joh. XX, 21. daß ſie die Ankunfft des Meßiaͤ allen Voͤlckern ankuͤndigten, und alſo aus der Finſterniß durch das heilſame Wort des Evangelii zum Licht fuͤhreten.

h 260I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht
2) Ruͤhret dieſe Ge - walt von Eingebung des heiligẽ Geiſtesher.
114

§. V.

Jch habe geſagt / die Macht / Suͤnde zu vergeben und zu behalten / ruͤhre von Eingebung des heligen Geiſtes her / welches die heilige Schrifft mit deutlichen Worten an - zeigeta)Wuͤrckung dieſer Einge - bung.Denn ſo ſtehet Joh. XX. 22. λάβετε πνεῦμα ἄγιον Nehmet hin den heiligen Geiſt, und als dieſes geſchehen, hat Chriſtus erſt die Macht, Suͤnde zu vergeben und zu behalten, ihnen verliehen. Durch dieſes goͤttliche Anhauchen, durch dieſe unmittelbahre Schen - ckung des heiligen Geiſtes, haben die Apoſtel diejenigen Gnaden - Mittel bekommen, durch deren Huͤlffe ſie die verliehene Macht recht ausuͤben kunten. Ein jeder geſtehet, daß dergleichen Ein - gebung, dergleichen ἐαφύσησις niemand als denen Apoſteln wiederfahren, und alſo ſchlieſſe ich, daß niemand, er ſey wer er wolle, ſich mit Recht ſolcher Macht unterziehen, und dieſelbe aus - uͤben koͤnne. Es mangelt ihm die Krafft des heiligen Geiſtes, die bey denen Apoſteln war, davon in dem folgenden hin und wieder ein mehrers zu ſagen ſeyn wird. a) Mir. Dieſe Eingebung ware das Merckmahl ſolcher verliehenen Gewalt / welches bey niemand / als denen Apo - ſteln anzutreffen. Denn wo findet man doch bey denen ſo genannten Apoſtoliſchen Nachfolgern dergleichen Gaben des heiligen Geiſtes? Dieſes befindet ſich wohl / daß in vieler ihren Hertzen ein Geiſt regieret / allein / welches gar ſehr zu beklagen / der Geiſt des Neides / des Zanckes / des Geitzes / des Hochmuths / keinesweges aber derjenige Geiſt / der ſo reichlich uͤber die Apoſtel ausgegoſſen worden. Jch tadle nicht damit das gantze Miniſterium. Jch kenne viel recht - ſchaffene Leute unter ſolchen. Es moͤgen aber dieſelbe mit Gaben ausgeruͤſt ſeyn / wie ſie immer wollen / ſo kommen ſie doch damit / wie bereits gemeldet / denen Apoſteln nicht bey.

3) Beſaſſen die Apoſtel ſolche Macht al-lein.
115

§. VI.

Ferner habe ich denen Apoſteln eintzig und allein dieſe Macht zugeſchrieben / und auch in dem bißher geſagten ſolches guten Theils bewieſen. Denn denen Apoſteln iſt dasAnhau -61die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. Anhauchen und Schenckung des heiligen Geiſtes einig und alleine geſchehen / und Chriſtus hat ſeine Rede zu niemand anders als zu ihnen gerichteta)Mir iſt zwar mehr als zuwohl bekant / was einige zur Vertheidi -Ob die Apo - ſtel die Kirche vorgeſtellt? gung ihrer Meinung, daß nemlich allen Kirchen-Dienern dieſe Macht zuſtuͤnde, vorzubringen pflegen. Sie ſagen, die Apoſtel haben die gantze Kirche vorgeſtellt, da Chriſtus zu ihnen geredet, und die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten mit getheilet. Es ſey alſo dieſe Gewalt der Kirchen gegeben. Wie abgeſchmackt aber dergleichen Einwurff iſt, ſoll unten mit mehrern gewieſen werden.. Sie beſaſſen auch unter andern hier zu gehoͤrigen Gnaden-Mitteln allein den Geiſt der Wahrheit / deſſen kraͤfftige Wuͤrckung ſich uͤberall aͤu - ſerteb)Denn ſo ſtehet Joh. XVI. 13. Wenn aber jener, τὸ πνεῦμα τῆςSie hatten den Geiſt der Wahrheit. ἀληϑείας, der Geiſt der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. . Dieſes aber ware bey der Vergebung und Behal - tung der Suͤnde hoͤchſt nothwendig / welches abermahls unſern heutigen Dienern des Worts mangelt.

§. VII.

Jch habe weiter behauptet / daß bey der denen4) Waren bey dieſer Macht wunder - bahre Wuͤrckun - gen. Apoſteln verliehenen und von ihnen aus geuͤbten Gewalt wunderbare Wuͤrckungen zu ſehen geweſen. Denn da ſie den Geiſt deꝛ Wahrheit hatten / ſahen ſie in das iñerſte des menſch - lichen Hertzens / und vergaben nur denemenigen / denen die Buſſe ein rechter Ernſt war / ihre Suͤnden. Der Geiſt der Wahrheit wuͤrckete bey ihnen ſo viel / daß ſie in dem Werck der Vergebung ohnmoͤglich irren und etwas menſchliches leiden kuntena)Burmann ſchlieſſet derowegen an angefuͤhrtem Ort §. 3. recht undDie Apoſtel haben die Suͤnden ohne Bedingung vergeben. billig, daß die Apoſtel die Suͤnden abſolut ohne einige Bedin - gung vergeben; dieſes aber kaͤme ſonſten GOtt allein zu, und ſey niemand zuzueignen, als denen, ſo Chriſtus dazumahl den heiligen Geiſt unmittelbahr geſchencket. b) Die -. Ohne Zweiffel iſt auch damahls die Ver -gebungh 362I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Machtgebung vermittelſt der Hand-Auflegung geſchehenb)Durch Hand - Auflegung.Dieſer Gebrauch ware bey denen Juͤden gar gewoͤhnlich, indem die Patriarchen ſelbſt, zum Zeichen einer ſonderbahren Segnung, ſolchen angewendet. Die Apoſtel legten alſo auch gar vielmahls die Haͤnde auf. Sie bedienten ſich der Hand-Auflegung bey denen Neubekehrten und denen Krancken. Diejenigen, ſo der Kirchen vorgeſetzet und das Evangelium zu predigen ausgeſchickt worden, empfiengen ebenfalls die Handauflegung, ingleichen auch die er - wehlten Aelteſten; beſiehe meinen Tractat de crimine Simoniæ Sect. II. cap. II. §. 26. not. a) b) §. 27. not. a) b). Jch ſchlieſſe alſo nicht unbillig, daß auch die Vergebung der Suͤnden durch die Hand - auflegung geſchehen ſey.. Wer will aber beweiſen / daß ſolche denen / ſo mit ihrer Buſſe ge - heuchelt / wieder fahren ſey? Denn dergleichen kan mit der gruͤndlichen Erkaͤntniß / ſo die Apoſtel hatten / ohnmoͤglich beſtehen. Jch will die Sache vielmehr mit des fuͤrtreffli - chen Herrn Boͤhmers / als meinen Worten ausdruͤcken. Er ſchreibet aber alſo:c)und wunder - bahrs Wuͤr - ckungen.In Jur. Eccleſ. Antiqu. Diſſ. II. §. 8. p. 35. Hæc poteſtas, quam ipſi Apoſtoli δωρεὰν τοῦ Θεοῦ, donum Dei vocant, erat illa extraordi - naria virtus, ſolvendi & ligandi, remittendi & retinendi peccata, quæ intima illa & ſolidiſſima cognitione cœleſti conjuncta erat: virtute cujus Apoſtoli judicare poterant, quinam manus impo - ſitione digni eſſent, & quibusnam hæc denegari deberet. &c. Huc refero etiam traditionem flagitioſam Satanæ, cujus mentionem facit Paulus, 1. Cor. V, 5. & quam σὺν τῇ δυνάμει τοῦ κυρίου ex - ſequebatur. a) Ire - Dieſe Macht, welche die Apoſtel ſelbſt δωρεὰν τοῦ Θεοῦ, ein Geſchencke GOttes nennen, ware die - ſe auſerordentliche Krafft, zu loͤſen und zu binden, die Suͤn - den zu vergeben und zu behalten, die mit der innerſten und gruͤndlichen himmliſchen Erkaͤntniß verknuͤpfet war, durch deren Krafft die Apoſtel urtheilen kunten, welche der Hand - Auflegung wuͤrdig, und welchen dieſelbe abzuſchlagen. Er beruffet ſich auf das Exempel Simonis Act. VIII. 21. Jnglei -chen63die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. chen auf die Exempel Ananiæ und Saphiræ, und faͤhret ſo dann fort: Jch zehle auch hieher die Ubergebung des Blut - ſchaͤnders dem Satan, deren Paulus gedencket. 1. Cor. V. 5. und welche er mit der Krafft des Herrn verrichtete. Kluge Leu - te werden aus dieſen die wunderbahre Wuͤrckungen / ſo die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten begleitet / erken - nen. Andere acht ich nicht / weil ſie wegen ihrer Vorur - theile / damit das Gehirne angefuͤllet / nicht ſehen / ſondern in der Finſterniß immer herum tappen.

§. VIII.

Daß nach der Apoſtel, Abſterben in denen5) Die Apo - ſtel haben ſolche Ge - walt eintzig und allein ausgeuͤbet. erſten Zeiten ſich niemand ſolches Rechts die Suͤnde zu vergeben und zu behalten angemaſſet / iſt das letztere Stuͤck meiner gegebenen Definition. Denn in denen bey - den erſten Jahrhunderten / findet ſich nichts / daß die Bi - ſchoͤffe und Aelteſten ſich dieſe Gewalt zugeeignet. Waͤre es eine Sache geweſen / die allen Kirchen-Lehrern zukaͤme / ſo wuͤrden die Apoſtel Zweiffels ohne ihnen ſolche anbefohlen haben. Denn nach Irenæi Bericht /a)Irenæus adverſ. hæreſ. Valent. Lib. III. cap. 4. Apoſtoli in Eccle -Die Apoſtel haben alles nothwendige in der Kirchen angeordnet. ſiam, quaſi in depoſitorium dives, pleniſſime contulerunt o - mnia quæ ſunt veritatis, uti omnis quicunque velit, ſumat ex ea potum vitæ. haben die Apoſtel in die Kirche gleich als in eine reiche Niederlage alles dasjeni - gebracht, was Warheit iſt, damit jeder, wer nur wolte, dar - aus den Tranck des Lebens holen koͤnte. Von dem Gebrauch aber dieſer Gewalt iſt nichts zu hoͤren noch zu ſehen. Ter - tullianus iſt uͤbel auf diejenigen zu ſprechen / die zu ſeiner Zeit ſich ſolcher Macht anmaſſen wollen / da man angefan - gen ſich und andere zu bereden / die Biſchoͤffe waͤren der A - poſtel Nachfolger. Tertullianus aber behauptet / ſolche Ge - walt / ſtuͤnde denen Apoſteln allein zu. Wir wollen ſeine eigne Worte / ob ſie ſchon lang ſind hieher ſetzen. Sie lau -ten64I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Machtten ſob)Tertullianus eignet denen Apoſteln al - lein die Macht Suͤnde zu ver - geben und zu behalten zu.Tertullianus cap. 21. de pudicit. pag. 715. aper. edit. Pamelii. Quis enim dimittit delicta, niſi ſolus Deus? & vtique mortalia, quæ in ipſum admiſſa fuerint, & in templum ejus. Nam tibi quæ in te reatum habeant, etiam ſeptuageſies ſepties juberis indulgere in perſona Petri. Itaque ſi & ipſos beatos Apoſtolos tale quid in - dulſiſſe conſtaret, cujus venia a Deo, non ab homine competeret, non ex DISCIPLINA SED EX POTESTATE feciſſe. Nam & mortuos ſuſcitaverunt, quod Deus ſolus, & debiles redintegra - verunt, quod nemo niſi Chriſtus, & plagas inflixerunt, quod no - luit Chriſtus. Non enim decebat eum ſæuire, qui pati venerat. Percuſſus eſt Ananias & Elimas, Ananias morte, Elimas cœcitate, vt hoc ipſo probaretur, Chriſtum & hæc facere potuiſſe. Sic & Prophetæ cædem & cum ea mœchiam POENITENTIBVS IGNORAVERANT. Exhibe igitur & nunc mihi Apoſtolice prophetica exempla, & agnoſcam divinitatem, & vindica tibi DE - LICTORVM EIVSMODI REMITTENDORVM PO - TESTATEM. Quod ſi diſciplinæ ſolius officia ſortitus es, nec imperio præſidere, ſed miniſterio, QVIS ET QVANTVS ES INDVLGERE? quia neque Prophetam, nec Apoſtolum exhibeas, cares ea virtute, CVIVS EST INDVLGERE. Sed habet, inquis, poteſtatem eccleſia, delicta donandi. De TVA ſententia quæro, vnde hoc jus eccleſiæ vſurpes? Si, quia dixerit Petro Dominus: Super hanc Petram ædificabo eccleſi - am meam, tibi dedi claues regui cœleſtis, vel quæcunque alligaveris vel ſolveris in terra, erunt alligata & ſoluta in cœlis, idcirco præ - ſumis, ad te deriuaſſe ligandi & ſolvendi poteſtatem, id eſt, omnem Eccleſiam Petri propinquam. Qualis es evertens atque com - mutans manifeſtam Domini intentionem, PERSONALITER hoc Petro conferentem, ſuper te, inquit, ædificabo eccleſiam me - am, & dabo tibi claues, non eccleſiæ, vel quæcunque ſolueris vel alligaueris, non quæcunque ſoluerint, vel alligauerint. Sic enim & exitus docet. In ipſa eccleſia exſtructa eſt, id eſt per ipſum, ipſe clauem imbuit, vide quam: Viri Iſraelitæ, auribus mandate, quæ dico, Jeſum Nazarenum virum a Deo vobis deſtinatum, & reliqua. Ipſe: Wer vergiebet die Miſſethaten, ohne allein GOtt? und65die Suͤnden zu vergeben und zu behalten. und zwar auch Tod-Suͤnden, die wieder ihn und ſeinen Tem - pel begangen worden. Denn was wieder dich geſchehen, da iſt dir in Petri Perſon anbefohlen, auch ſiebentzigmahl ſie - benmahl zu vergeben. Haben die Apoſtel aber dergleichen vergeben, da die Vergebung nicht von denen Menſchen, ſon - dern von GOtt zu erhalten, ſo iſt es nicht aus der Zucht, ſon - dern aus beſonderer Gewalt geſchehen. Er erzehlet hierauf einige beſondere Rechte der Apoſtel / die andern nicht gemein ſind. Sie haben, ſpricht er / auch Todte auferwecket, ſo GOtt allein zukommt, und denen ſchwachen die Kraͤffte wiederge - geben, welches niemand als Chriſtus gethan; ſie haben ſchwe - re Straffen ergehen laſſen, welches Chriſtus nicht gewolt. Denn demjenigen geziemete nicht, ſcharff zu verfahren, welcher zu leiden gekommen war. Ananias und Elimas ſind geſtrafft worden, Ananias mit dem Tode, Elimas mit Blindheit, damit auch dadurch an Tag geleget wuͤrde, daß Chriſtus derglei - chen thun koͤnnen. Sie haben auch die Toͤdung des Prophe - ten und den Ehebruch denen bußfertigen vergeben. Weiſe mir auch jetzo, mein Apoſtoli ſcher, ſolche prophetiſche Exempel, ſo will ich die Goͤttlikcheit erkennen, ſo magſt du dir die Macht ſolche Verbrechen zu vergeben zueignen. Haſt du aber daß je - nige nur erhalten, was zur Zucht gehoͤret, und gebuͤhret dirnichtb)Ipſe denique primus in Chriſto baptiſma reſerauit, aditum cœle - ſtis regni, quo ſoluuntur alligata retro delicta, & alligantur, quæ non fuerint ſoluta, ſecundum veram ſalutem. Et Ananiam vin - xit vinculo mortis, & debilem pedibus abſoluit vitio valetudi - nis. Sed & in illa diſcepatione, cuſtodiendæ nec ne legis, primus omnium Petrus, Spiritus inſtinctu eſt de nationis vocatione præ - fatus, & tunc inquit; Cur tentaſtis Dominum de imponendo jugo fra - tribus, quod neque nos, neque patres noſtri ſufferre voluerunt? Sed enim per gratiam Jeſu, credimus nos ſalutem conſecuturos, ſicut & illi. Hæc ſententia & SOLVIT quæ omiſſa ſunt legis, & ALLIGA - VIT, quæ reſeruata ſunt. Adeo NIHIL AD DELICTA FIDE - LIVM CAPITALIA poteſtas ſoluendi & ligandi, Petro eman - cipata. Conf. Cypriani tract. de lapſis. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) i66I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Machtnicht mit Gewalt, ſondern mit Dienſten vorzuſtehen, wer biſt du, und was wilſt du dir im Vergeben heraus nehmen? da du weder ein Prophete noch Apoſtel biſt, da dir die Krafft man - gelt, die zur Vergebung noͤthig iſt. Er machet ſich hierauf ſelbſt einen Zweifel / und faͤhret fort: Du ſageſt: Es hat aber die Kirche Macht, die Miſſethaten zu vergeben. Er ant - wortet aber nach einigen Zeilen: Jch frage wegen deiner Meinung, woher du dieſes Recht der Kirchen dir zueignen wilſt? Vielleicht weil Chriſtus zu Petro geſaget: Auf dieſen Felß will ich bauen meine Gemeine; dir habe ich die Schluͤſſel des Him - melreichs gegeben, oder was du auf Erden binden und loͤſen wirſt, ſoll auch im Himmel gebunden und geloͤſet ſeyn, deßwe - gen muthmaſſeſt du, ſey die Macht zu loͤſen und zu binden auf dich gekommen, das iſt, auf jede Kirche nach Petro. Was biſt du vor ein Menſch, da du die warhaffte Meinung des Heylan - des verkehren und verdrehen wilſt, der Petro dieſes Recht perſoͤhnlich verliehen. Auf dich, ſaget er, will ich bauen meine Gemeine; dir will ich die Schluͤſſel geben, nicht der Kir - che, und was du loͤſen oder binden wirſt, nicht was ſie loͤſen oder binden werden. So lehret es auch der Ausgang. Jn der Kirchen ſelbſt iſt es aufgebauet, durch ihn hat er den Schluͤſſel erhalten, ſchaue zu, was vor einen: Jhr Maͤnner von Jſrael / faſſet zu Ohren / was ich ſage / Jeſum von Na - zareth / einen Mann euch von GOtt gegeben / und ſo weiter. Er hat auch in Chriſto am erſten die Tauffe geoͤffnet, den Ein - gang zu dem himmliſchen Reich, dadurch die begangene gebun - dene Suͤnden geloͤſet, und gebunden werden die nicht geloͤſet worden, nach dem wahren Heyl. Er hat auch Ananiam mit dem Band des Todes gebunden, und den Lahmen von der Kranckheit loßgezehlet. Jngleichen in dem Zwieſpalt, ob das Geſetze zu beobachten oder nicht, hat Petrus am allererſten durch Antrieb des heiligen Geiſtes, Anfangs von Beruffung der Heyden geredet, und ſo dann geſagt, warum habt ihr den Herrn verſuchet, da ihr denen Bruͤdern eine Laſt auflegen woltet, welches weder wir noch unſere Vaͤter ertragen koͤnnen? Wir glaͤuben aber durch die Gnade Jeſu ſeelig zu werden, gleich -wie67die Suͤnden zu vergeben und zu behalten. wie ſie. Die Meinung loͤſet ſo wohl, was von dem Geſetze unter - laſſen wird, und bindet, was vorbehalten iſt. Alſo gehoͤret die Macht zu loͤſen und zu binden, die Petro gegeben worden, nicht zu denen Haupt-Suͤnden der Glaͤubigen.

§. IX.

Es waͤre aber nicht allein eine Verwegenheit /Wie die Vergebung der Suͤn - den in der erſten Kir - che beſchaf - fen gewe - ſen. ſondern ich wuͤrde mich auch einer groſen Unwiſſenheit in denen Kirchen-Antiquitaͤten ſchuldig machen / wenn ich ſagen wolte / es ſey gantz und gar keine Vergebung der Suͤnden nach der Apoſtel Zeiten / bey denen erſten Chriſten geweſena)Denn wer weiß nicht, daß bey denen alten Scribenten die Wor -Die Worte, Buſſe und Veꝛ - gebung kom - men oͤffters fuͤr. te Buſſe und Vergebung zum oͤfftern vorkommen, daß die Kir - chen-Vaͤter davon ein groſſes aufheben machen. Wer wolte alſo zweiffeln, daß dazumahl die Suͤnden vergeben und behalten wor - den. Wie aber die Sache eigentlich beſchaffen geweſen; ſoll beſonders, wenn ich auf den Bann und Kirchen-Buſſe zu reden komme, ausgefuͤhret werden.. Allerdings wurden die Suͤnden vergeben / deren Ver - gebung und Behaltung aber von der Apoſtoliſchen und heu - te zu Tage gebraͤuchlichen gantz unterſchieden ware. Die Kircheb)Das iſt: die gantze Gemeine und Verſammlung der Chriſten;Was das Woꝛt Kirche ange - deutet in der erſten Zeit. denn die Kirche ware dazumahl noch nicht zu einer beſondern Re - public gemacht worden, man richtete ihre Verfaſſung noch nicht nach einem buͤrgerlichen gemeinem Weſen ein. Jhre Wohlfahrt ware noch nicht in der Herrſchafft der Geiſtlichkeit oder im Uber - fluß an Guͤtern geſuchet. Die Kirchen-Geſetze wurden noch nicht zu einem Werckzeug der geiſtlichen Herrſchafft gemacht. Durch die Benahmung der Kirche wuͤrden entweder die Glaͤubigen insgeſamt, durch die gantze Welt, oder auch die Glaͤubigen an ei - nem gewiſſen Ort, ob ſie gleich keinen beſondern Gottesdienſt hat - ten, oder die glaͤubigen, ſo wegen des Gottesdienſts an einem Ort verſammlet waren, oder eine jede Menge Leute angedeutet. c) Pli - vergabe das ihr angethane Unrecht / welche Macht aber nicht aus einer goͤttlichen Einſetzung, oder aus einemApo -i 268I. Abth. 1. Cap. Vom Urſprung der MachtApoſtoliſchen Gebrauch, ſondern aus beſonderen Vertraͤgen hergeleitet wurde. Plinius erwehnet derſelben in folgen - den Wortenc)Die bey denen Chꝛiſten errich - tete Zucht.Plinius Epiſt. 97. Lib. X. Affirmabant autem, hanc fuiſſe ſummam, vel culpæ ſuæ, vel erroris, quod eſſent ſoliti, ſtato die ante lucem conuenire, carmenque Chriſto quaſi Deo dicere ſecum inuicem, ſeque ſacramento, non in ſcelus aliquod obſtringere, ſed ne furta, ne latrocinia, ne adulteria committerent, ne fidem fallerent, ne depoſitum appellati abnegarent. Tertullianus nen - net dieſes confœderatam diſciplinam, eine durch Vertraͤge errich - tete Zucht. Dieſe ware der Grund der Ausſtoſſung der Boͤſen, und der oͤffentlichen Buſſe, welche wenn ſie geſchehen, die Kirche das ihr zugefuͤgte Unrecht wiederum vergeben, und die ausge - ſtoſſenen wieder auf und angenommen hat. Vid. Bœhmer cit. l. diſſ. III. §. 23. p. 109. ſeq. : Sie ſagten, dieſes ſey das vornehmſte Stuͤck ihres Verbrechens oder Jrrthum, daß ſie im Gebrauch gehabt, an einem gewiſſen Tag vor der Sonnen Aufgang zuſammen zukommen, und Chriſtum als einen GOtt gelobet, und ſich auf das genaueſte verbunden, nicht daß ſie etwas uͤbels bege - hen wolten, ſondern daß ſie nicht Diebſtahl, Straſſenraͤube - rey, Ehebruch begiengen, daß ſie den Glauben und Treue nicht braͤchen, daß ſie, was man ihnen zur Verwahrung gegeben, wenn es gefordert wuͤrde, nicht verleugneten. Durch dieſe durch Vertraͤge aufgerichtete Zucht und Ordnung vergabe die Kirche dieienigen Verbrechen / damit ſie beleidiget war / wenn ſolche offenbahr und wichtig befunden worden / denn Auguſtinus ſaget noch von ſeiner Zeit / daß niemand von der Gemeine ausgeſchloſſen worden / wenn das Verbrechen nicht ruchbar geweſend)Welche Ver - brechen ge - ſtrafft worden.Auguſtinus hom. 38. Nos a communione quenquam prohibere non poſſumus, niſi aut ſponte confeſſum, aut aliquo ſiue ſecula - ri, ſiue eccleſiaſtico judicio nominatum atque conuictum. Denn was noch unbekannt iſt, wird weder von geiſtlichen noch weltli -chen. Diejenigen nun / ſo ſich mit gro -ben69die Suͤnden zu vergeben und zu behalten. ben Suͤnden beflecket / wurden von der Gemeine ausgeſchloſ - ſen, und nicht eher wieder auf und angenommen / als biß ſie ihr Unrecht oͤffentlich abgebethen / welche oͤffentliche Buſſe das einige Mittel der Verſoͤhnung ware)Dieſe oͤffentliche Buſſe bekame nach der Zeit eine gantz andereVerſchiedene Grade der Buſſe. Geſtalt. Die Biſchoͤffe ſuchten ihr Anſehen immer mehr und mehr zu befoͤrdern, und die Sache lieffe nach Wunſch. Sie machten alſo auch dieſe Buſſe ſchaͤrffer und theileten dieſelbe in verſchie - dene Grade ein. Die erſten Chriſten brauchten dieſelbe vornehm - lich darum, weil ſie von dem gemeinen Weſen ausgeſchloſſen und gantz huͤlfloß waren, und ſie doch die Verbrechen nicht ungeahn - det wolten hingehen laſſen. Die verſchiedene Graden die die Buſſe nachmahls bekommen, haben verſchiedene beſchrieben. Man findet davon Nachricht bey Albaſpinæo Lib. II. obſ. 22. Dallæo de con - feſ. auricul. Lib. 3. cap. 10. Centur. Magd. cent. 3. cap. 6. Niemeiero de di - ſcipl. eccleſ. Diſſ. III. §. 26 ſq. Calvœr in ritual. eccleſ. Part. I. Lib. II. Sect. I. cap. 13. und andern mehr. Unten, weñ ich auf die Kirchen-Buſſe kom - me, will ich ſolche deutlich abhandeln. Dieſes erinnere ich jtzo nur miti 3weni -.

§. X.

d)chen Gerichten beſtraffet. Uber dieſes waren auch einige Verbre - chen alſo beſchaffen, daß in denenſelben die Ausſchlieſſung nicht ſtatt hatte. Tertullianus de pudicit. cap. 19 hat ſolches bereits an - gemercket, da er ſaget, es waͤren einige Suͤnden und Verbrechen, in welche man taͤglich fallen koͤnte, wenn in ſolchen keine Gna - de ſtatt haͤtte, wuͤrde niemand gerecht und ſeelig ſeyn koͤnnen. Die eignen Worte lauten ſo: Sunt quædam delicta quotidianæ incur - ſionis, quibus omnes ſumus objecti, cui enim non accidet ant ira - ſci inique, & vltra ſolis occaſum, aut & manum immittere, aut facile maledicere, aut temere jurare, aut fidem pacti deſtruere, aut verecundia aut neceſſitate mentiri. In negotiis, in officiis, in quæſtu, in victu, in viſu, in auditu, quanta tentantur, & ſi nulla venia iſtorum, nemini ſalus competat. Hieraus ſchlieſſe ich, daß nur diejenigen ausgeſtoſſen und der oͤffentlichen Buſſe un - terworffen worden, welche in grobe Suͤnden, als Ehebruch, Todſchlag und dergleichen verfallen.

70I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht die Suͤnden ꝛc.
Alte Lehre von Verge - gebung derSuͤnden.
129

§. X.

Dieſes ware alſo der Gebrauch der erſten Kir - che / da das Chriſtenthum noch nicht ſo verfallen war. Man hegte die beſtaͤndige Lehre / daß die Kirche das Unrecht / ſo ihr durch grobe Suͤnden wiederfahren / vergeben koͤnne / das uͤbrige ſey GOtt vorbehalten. Socrates ſchreibet noch zu ſeiner Zeita)Die Verge - bung der Suͤn - den wird GOtt allein zugeeig - net, und ſtehet de - nen Biſchoͤffen nicht zu.Hiſt. eccleſ Lib. I. cap. 10. Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten die Worte alſo: Spes remiſſionis non a ſacerdotibus, ſed ab ipſo Deo expectanda, qui & poteſt, & poteſtatem habet remittendi peccata. : Die Vergebung der Suͤnden iſt nicht von denen Prieſtern, ſondern von GOtt ſelbſt zu erwarten, als der da kan, und die Gewalt hat, die Suͤnden zu vergeben. Mit der Zeit aber / da das Chriſtenthum immer mehr und mehr ver - ſchlimmert wurde / ſo kunte auch die Lehre von der Verge - bung der Suͤnden nicht rein / lauter und unbefleckt bleiben. Die Biſchoͤffe beredeten ſich und andere / daß ſie an ſtatt der Apoſtel da waͤren / welcher Jrꝛthum als eine fruchtbare Mut - ter noch ſehr viele andere gezeuget hat / die ſehr ſchaͤdlich wa - ren. Sie wolten ſich alſo alle Apoſtoliſche Gerechtſame und Freyheiten zueignenb)Unter denen Apoſtoliſchen Freyheiten aber ware die Gewalt, Suͤnden zu vergeben und zu behalten, nicht die geringſte. Dieſe ſolte auch alſo denen Biſchoͤffen eigen ſeyn. Jch kan mir aber im geringſten nicht einbilden, daß die Biſchoͤffe denen Apoſteln nach - gefolget, wegen des groſſen und vielfaͤltigen Unterſcheids, ſo zwi - ſchen beyden zu finden, ſiehe Burmann am angefuͤhrten Ort. DieBi - / ob ſie ſchon in denjenigen / ſo ih - nen nicht in den Kram taugten / gantz und gar nichts von der Apoſtoliſchen Nachfolge zu hoͤren verlangten.

Das

e)wenigen, daß alles auf das Gutduͤncken der Biſchoͤffe angekom - men. Sie bedienten ſich dieſer oͤffentlichen Buſſe zur Vermeh - rung ihrer Herrſchafft. Jhre Politiſche Abſichten hat der Herr Tho - maſius in Not. ad Lancellot. Inſtit. Lib. II. Tit. V. gar wohl gezeiget.

71

Das zweyte Capitel. Von Der Bekaͤntnuͤß und Beichte der verbor - genen Suͤnden / und ihrem Urſprung.

§. I.

WOlte ich einiger Papiſten abgeſchmackte MeinungDer Papi - ſten Mei - nung vom Urſprung der Beichte. ergreiffen / ſo muͤſte ich ſagen / daß die Beichte und Bekaͤntnuͤß der Suͤnden, und was das Vornehm - ſte / auch der Verborgenen, in dem goͤttlichen Recht gegruͤn - det und geboten waͤre. Denn einige unter ihnen wollen aus der von Chriſto denen Apoſteln verliehenen Gewalt /dieb)Biſchoͤffe wichen auch von der Apoſtoliſchen Auffuͤhrung gantz und gar ab. Die Apoſtel nenneten ſich Diener der Gemeine, und erwieſen auch ſolches in der That; die Biſchoͤffe aber wende - ten allen Fleiß an, daß ſie Herren derſelben wuͤrden. Die Kir - chen-Geſchichte des dritten und der folgenden Seculorum legen ſol - ches abſonderlich an den Tag. Dem Hochmuth lieſſen ſie den Zuͤgel alſo ſchieſſen, daß dieſes ihre fuͤrnehmſte Sorge war, wie die Layen in Furcht zu jagen, wie ihnen ein Joch aufzulegen, das noch unertraͤglicher als das Moſaiſche. Sie dachten, wenn man ſie alſo druͤcket, ſo iſt ihnen alle Gelegenheit beſchnitten, das Thun und Laſſen der Geiſtlichkeit zu unterſuchen. Sie muͤſten auf ei - nen Winck vollkommenen Gehorſam leiſten. Der Grund-ge - lehrte Herr Thomaſius hat dieſer wegen nicht gezweifelt, am an - gefuͤhrten Ort not 123. pag. 689. dieſe Worte von ihnen zu gebrau - wen, daß ſie weit furchtſamer als Phalaris, Nero, Caligula, He - liogabalus, geweſen. Es waͤre ſchon in dem dritten und vierten Seculo der Papſt da geweſen, oder gelinder zu reden, die Bi - ſchoͤffliche Herrſchafft ſey zum Gipffel der Vollkommenheit ge - ſtiegen. Beydes aber ſey der Antichriſt. Denn der Papſt haͤtte niemahls ſolche Gewalt erreichen koͤnnen, wenn ihm von denen Biſchoͤffen nicht bereits zuvor der Weg gebahnet worden. a) Die -72I. Abth. II. Cap. Von der Beichtedie Suͤnden zu vergeben und zu behalten / den Anfang der Beichte herleiten. Sie ſagen ferner / die Glaͤubigen haͤtten ſich ſolcher Beichte zum oͤfftern bedienet / waͤren zu denen Apo - ſteln gekommen / haͤtten ihre Suͤnden in gewiſſen Formuln be - kennet / und waͤren von ihnen wiederum abſoluiret worden. Nicht anders / als wie es heute zu Tage gebraͤuchlich iſtb)Bellarmini. Hieher gehoͤret Bellarminus, der vier Stellen aus dem Neuen Te - ſtament anfuͤhret, dadurch er ſeine Lehre zu behaupten ſuchet. Er beruffet ſich zum erſten auf der Apoſtel Geſchichte, Cap. XIX, 18. 19. Ferner will er aus denen Worten Pauli II. Cor. V, 19. 20. ſeine Meinung erhaͤrten. Die Epiſtel Jacobi Cap. V, 16. ſoll ihm zum dritten Beweiß-Grund dienen, und endlich gedencket er ſeine Mei -Eſtii. nung aus I. Joh. 1, 9. zu erweiſen. Allein Eſtius Lib. IV. ſent. d. 17. §. 5. hat von dergleichen Beweißthuͤmern gar wohl geurthei - let, daß wenn man aus dergleichen Stellen gleich etwas wahr - ſcheinliches heraus bringen koͤnte, zum Beweiß der Beichte, ſo denen Geiſtlichen geſchehen ſolte; So waͤre es doch an dem, daß dieſelben mit nicht minderer Wahrſcheinligkeit auf eine andere Weiſe erklaͤret werden koͤnten. Aus einem myſtiſchen Verſtand ſey kein gewiſſer Beweiß zu nehmen. Seine eigene Worte ſind dieſe: Vt detur, ex his Scripturis probabiliter aliquid colligi, pro confesſione ſacerdoti facienda, quæ tamen a plerisque non minus forte probabiliter, in alium ſenſum accipiuntur, & ex myſtico ſenſu, non ducitur certum argumentum. Es hat auch der offt belobteDallæus,. Damita)Vaſquii Lehre.Dieſes iſt die Meinung des Gabr. Vaſque, und behauptet er, daß alle und jede Chriſten, dieſe Beichte zu beobachten, gehal - ten waͤren. Auf eine andere Art und Weiſe koͤnten ſie die Ver - gebung ihrer Suͤnden keines weges erhalten. Vaſque wuͤrde a - ber wohl gethan haben, wenn er zugleich deutlich gewieſen, wo der Beichte von Chriſto eine ſolche Krafft beygeleget worden. Al - lein hiervon iſt bey ihm nichts zu erſehen. Dallæus cit. l. Lib. I. cap. 9. pag. 54 ſeq. iſt hierinn weit geſcheider, und beweiſet wider Vaſquium, daß Chriſtus dergleichen Beichte nicht einmahl gera - then, viel weniger alſo befohlen haͤtte.73der verborgenen Suͤnden. Damit ihre Meinung deſto ſtaͤrckern Beyfall erhielte / ha - ben ſie aus dem alten und neuen Teſtament verſchiedene Vorbilder zuſammen geklaubet / und vorgegeben / in ſolchen ſey die geheime Beichte bereits abgeſchildert wordenc)Dergleichen Vorbilder hat abermahls Bellarminus heraus ge -Vorbilder der Beichte im al - ten Teſtament. klaubet. Er vergehet ſich ſo weit, daß er bereits bey unſern er - ſten Eltern, Adam und Eva etwas findet, ſo zur Beichte dienen ſoll. Er ſaget, GOtt habe von dem Cain das Bekaͤntnuͤß ſeiner Suͤnden verlanget. Man haͤtte den Auſſatz im alten Teſtament dem Prieſter offenbahren muͤſſen. Aus denen Stellen Num. V. und Levit. V. will er ebenfalls Vorbilder der geheimen Beichte er - zwingen; anderer wunderlichen Grillen zu geſchweigen. Beſiehe Dallæum cit. l. cap. XIV --- XIX. Die Sache ſelbſt kommt auf die - ſes an: Ob in heiliger Schrifft denen Chriſten auferleget ſey, ihre Suͤnden entweder uͤberhaupt, oder auch jede inſonderheit her - zuzehlen, und denen Kirchen-Dienern zu beichten, und ob denen - ſelben die Macht gegeben, die Suͤnden zu erlaſſen, oder zu be - halten. Wenn man dieſes wohl uͤberleget, ſo fallen alle Gruͤnde, ſo zur Behauptung der Beichte vorgebracht werden, dahin. Man kan ſolches aus demjenigen, ſo bißher geſagt worden, be - reits abnehmen, es ſoll aber unten noch mit mehrern dargethan werden. d) Jch. Wer ſich aber dergleichen einbilden kan / muß verſichert ei - nen ſtarcken Glauben haben / daß die Geiſtlichen in ihrem Geſchwaͤtz nicht irren koͤnnen. Er muß die Vernunfft gaͤntz - lich bey Seite geſetzet / und ſich vorgenom̃en haben / niemahls an denen Saͤtzen der Geiſtlichkeit zu zweiffeln. Verſtaͤndige Leute erkennen mehr als zu deutlich / daß dergleichen Vor - geben ungegruͤndet / daß es liebliche Traͤume / und lachen alſo darzu; bedauren aber zugleich / daß man die heiligeSchriffta)Dallæus, cit. l. Cap. X -- XIII. die von Bellarmino angefuͤhrte Spruͤche und daraus hergenommene Gruͤnde unterſuchet, und ſolche nach ſeiner bekanten Geſchicklichkeit wiederleget.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) k74I. Abth. II. Cap. Von der BeichteSchrifft aus fleiſchlichen Abſichten oͤffters ſo erbaͤrmlich foltert und verdrehetd)Lob Dallæi. Jch bin alſo der Muͤhe, ſolche zu wiederlegen, uͤberhoben. Solte aber jemand noch einen Zweiffel haben, demſelben rathe ich Dal - læum zu leſen. Sein Werck von der Ohren-Beichte iſt zu Genff Ao. 1661. bey denen Anton. und Sam. de Tournes in groß Quart heraus gekommen. Alle Schrifften dieſes Mannes ſind mit gro - ſer Gelehrſamkeit angefuͤllet, und verſchiedene davon ſind denen - jenigen, ſo in der Juriſterey was gruͤndliches thun wollen, auf das beſte anzupreiſen. Was er von der Ohren-Beichte geſchrieben, iſt auch wohl zu uͤberlegen, und an dem Werck nur dieſes auszu - ſetzen, daß er eine beſſere Ordnung haͤtte beobachten moͤgen. Jn dem gantzen erſten Buch unterſuchet er die Meinungen der Papi - ſten, welche ſie zur Behauptung der Ohren-Beichte vorbringen. Sein gantzer Endzweck iſt dieſer, daß er die gemeine Lehre der Canoniſten und anderer Papiſten uͤber einen Haufen werffe. Der Vorſatz iſt ihm auch wohl gelungen, die Wiederſacher moͤ - gen einwenden, was ſie wollen. Den Jnnhalt des gantzen Wer - ckes hat der Herr Thomaſius denen Noten uͤber den Lancellottum beygefuͤget. a) Alle.

Anfang der Beichte derSuͤnden.
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§. II.

Laſſet uns aber ſehen / auf was Weiſe es geſche - hen / daß man angefangen ſeine Suͤnden denen Kirchen - Dienern zu beichten / und von ihnen die Abſolution zu er - langen. Jch habe zu verſchiedenen mahlen gedacht / daß die Biſchoͤffe vorgegeben / ſie waͤren der Apoſtel Nachfol - ger / und wolten ſich alſo alle Apoſtoliſche Vorrechte zueig - nen. Es ware aber nicht gebraͤuchlich / daß man nur uͤber - haupt ſeine Suͤnden denen Kirchen-Dienern beichtete. Die Biſchoͤffe brachten alſo allerhand Gruͤnde herfuͤr / daß es weit beſſer ſey / wenn man ſeine begangene Suͤnden der Geiſtlichkeit offenbahrete / als wenn man ſolche nur GOtt beichtete. Man koͤnte ſeiner Seelen weit beſſer rathen. GOtt wieſe ſich weit gnaͤdiger und barmhertziger / und was ande -re75der verborgenen Suͤnden. re Vorſtellungen mehr waren. Dergleichen Erinnerun - gen / ja gar Befehle / wolten einige aus denen Schrifften Dio - nyſii Areopagitæa)Alle Zeugniſſe, ſo man aus dem Dionyſio anfuͤhret, ſind nicht inDionyſii Schrifften ſind falſch. dem geringſten Werth zu achten. Es iſt eine unteꝛgeſchobene Geburt, was man vor Dionyſii Arbeit ausgiebet, wie Dallæus in einer beſon - dern Schrifft, de ſcriptis Dionyſii & Ignatii, Genev. 1666. gezeiget hat, und bringet er in dem erſten Buch uͤber viertzig Beweißgruͤnde bey, daß die Schrifften, ſo Dionyſii Nahmen fuͤhren, falſch ſind. Er antwortet zugleich auf der Gegner ihre Gruͤnde, und wirfft ihre Einwuͤrffe und Verdrehungen uͤber einen Hauffen. Auſſer Dal - læum kan man auch den Laur. Vallam in annot. ad Act. 17. Cocum in cenſur. quorund. ſcriptor. p. 92. Pearſonium in vindic. Epiſtol. Ignat. Part. I. c. 10. Vſſerium in hiſtor, dogmat. de ſacr. vernac. Diſſ. de ſcript. Pſeudo-Dionyſ. Hornbeckium in Miſcell. ſacr. Lib. I. p. 80. Scultetum in medull. Patr. Part. l. p. 483. Bebelium in Antiqu. eccleſ. ſec. IV. p. 91. Chriſt. Lupum in not. ad Tertull. de præſcript. Gerard. du Bois in Hiſt. eccleſ. Pariſienſ. Lib. VI. c. 3. Ludov. Elie Dupin dans la Bi - blioth. des Auteurs. Eccleſ. Tom. I. Anton, Gadeau in hiſtor. eccleſ. ad ann. 99. Ittigium in diſſ. de Patr. Apoſtol. §. 41. ſeq. zu Rathe zie - hen. Dieſen pflichten noch viele andere, ja die meiſten Gelehr - ten bey. Die Einwuͤrffe Mart. Delrionis in Vindic. Areopagit. Lans - ſelii in diſput. Apolog. de S. Dionyſ. Baronii annal. Tom. II. p. 36. Hal - loixii Tom. I. eccleſ. orient. ſcript. qu. 2. ad vit. Dion. Poſſeuini in ap - parat. Tom. I. Eman. Schelſtraten in antiqu. illuſtr. Part. II. Diſſ. 3. c. 3. Bellarmini de ſcript. eccleſ. p. 43. der doch Lib. II. de confirm. ge - ſtehet, es ſey ungewiß, ob es Dionyſius geſchrieben, Natal. Alexan - dri in Hiſt. eccleſ. Sec. I. Diſſ. 21. ſind von der Wichtigkeit lange nicht, daß man von der gegenſeitigen Meinung abtreten ſolte. Hierinn kommen aber diejenigen, ſo Dionyſii Schrifften vor falſch ausge - ben, nicht uͤberein, zu welcher Zeit dieſelben geſchrieben. Einige ſe - tzen ſolche in das vierte, andere in das fuͤnfte, und wiederum andere in das ſechſte Jahrhundert. Dem ſey aber wie ihm wolle, genug daß Dionyſii Schrifften eine untergeſchobene Geburt ſind. und Clementis Romanib)Dem Clementi, ſo Biſchoff zu Rom geweſen, eignet man ſehrClementis Schrifften.viele herauszwin -k 276I. Abth. II. Cap. Von der Beichtezwingen. Irenæus ſoll auf gleichen Schlag geurtheilet ha - ben. Wir wollen ſeine Worte / ſo ſie anfuͤhren / hoͤren. Es redet dieſer Biſchoff von einigen Weibern / die Marcus zur Ketzerey verfuͤhret / und meldet folgendes: Dieſe da ſie oͤffters zur Kirche GOttes bekehret worden, haben bekant, daß ſie auch dem Leib nach von ihm wegen der Begierde ausge -rottet(b)viele Schrifften zu. Cotelerius hat ſolche am vollkommenſten heraus gegeben, und Joh. Clericus hat dieſe Auflage vermehret und verbeſſert. Er gabe Ao. 1698. in zweyen voluminibus in fo - lio, Barnabæ, Clementis, Hermæ und Ignatii Wercke heraus, theils die ſchon am Tag geweſen, theils die man noch nicht im Druck gehabt, ſo wohl die wahrhafften, als auch die untergeſcho - benen. Dieſer Auflage ſind beygefuͤget, Clementis, Ignatii und Polycarpi Thaten und Marter. Man ſiehet dabey die vollſtaͤn - digen Noten der Gelehrten, ingleichen auch Beveregii canon. pri - mitivæ eccleſiæ, ingleichen auch Vſſerii Diſſert. Ignatian. und Pear - ſonii vindic. Epiſtol. Ignat. Unter Clementis Wercken aber kom - men vor die Apoſtoliſchen canones, davon ich meine Meinung be - reits in dem tractat de Simoniæ crimine ſect. I. cap. 2. §. 4. not. b) vor - getragen. Man ſchreibet ihm ferner zu die conſtitutiones Apoſtoli - cas, welche Rich. Montacutius in Orig. eccleſ. pag. 394. vertheydigen wollen. Allein Joh. Dallæus de pſeudepigr. Apoſtol. Lib. I. & II. hat deutlich dargethan, daß ſolche untergeſchoben. Der Natal. Ale - xander cit. l. Diſſ. 18. entfernet dieſelben ebenfalls von denen Apo - ſtoliſchen Zeiten. Der Wiederſacher Einwuͤrffe hat der beruͤhmte Ittig. in diſſert. de pſeudepigr. Chriſti, Mariæ & Apoſtol. ebenfalls be - antwortet. Die Recognitiones, ſo man dem Clementi zuſchreibt, ſind Ao. 1702. zu Berlin in teutſcher Sprache mit einer Vorre - de Gottfr. Arnolds herausgekommen. Es iſt kein Zweiffel, daß Clemens dieſelben nicht verfertiget, wegen der vielen irrigen Leh - ren, ſo in denenſelben vorkommen. Vosſius, Dallæus, Cocus, Bellarminus, Baronius und andere haben alſo dieſelben vor un - tergeſchoben erklaͤret. Unter des Clementis Nahmen hat Cotele - rius homilias 19. Griechiſch und Lateiniſch zum erſten mahl herausgege -77der verborgenen Suͤnden. rottet geweſen, und daß ſie gantz inbruͤnſtig denſelbẽ geliebetc)Lib. I. cap. 9. ſæpisſime conuerſæ ad eccleſiam Dei confeſſæIrenæus ſoll der Ohren - Beichte er - wehnen. ſunt & ſecundum corpus exterminatas ſe ab eo veluti cupidine & inflammatas valde illum ſe dilexiſſe. Wie ſoll doch aber dieſe Stelle die Ohren-Beichte beweiſen? So nach muͤſte man dieſelbe uͤber - all finden, wo nur von der Bekaͤntniß oder Offenbahrung etwas gedacht wird.. Andere mercken / daß dieſe Stelle Irenæi nichts beweiſet / und bringen eine andere vor. Dieſe lautet alſod)Lib. III. cap. 4. Cerdon autem, qui ante Marcionem & hic ſubEine andere Stelle aus demſelben. Hygino, qui fuit octauus Epiſcopus, ſæpe in eccleſiam veniens,&: Cerdonaberb)gegeben, aber ſelbſt dafuͤr gehalten, daß er ſolche nicht geſchrieben. Das Epitome geſtorum Petri, ſo Clementis Nah - men aufweiſet, hat nach des gelehrten Cavei Bericht Symeon Me - taphraſtes geſchrieben. Die Epiſtolæ Decretales, ſo man ebenfalls Clementi zueignet, hat nach Stephani Baluzii Bericht in præfat. ad Auguſtin. Dial. de emend. Gratian. ein leichtſertiger unverſchaͤm - ter Vogel geſchrieben. Mit denen Centuriator. Magdeburgenſ. halten ſolche auch Petrus de Marca, Natalis Alexander, Dupin und andere vor unaͤcht. Was aber Clementis Brieffe an die Co - rinthier betrifft, ſo ſind die meiſten der Meinung, er habe ſolche geſchrieben. Allein, auſſer Gatakerum, hat Hulſemann in dem Calixtini ſchen Gewiſſens-Wurm ſolche verworffen, und Calov. in Bibl. illuſtr. Tom. IV. traͤget Bedencken, ſolche vor aͤcht zu halten. Der gelehrte Ittig aber, in Diſſ. de patr. Apoſtol. will die erſte nicht vor falſch ausgeben, kan aber doch nicht leugnen, daß ſolche in verſchie - denen Stellen verfaͤlſcht worden ſey. Die andere Epiſtel Clemen - tis verwerffen die meiſten mit Grabio in Spicil. Patr. Tom. I. weil in denen erſten dreyen Seculis derſelben nirgends gedacht wuͤrde. Der gelehrte Herr Gundling in Gundlingianis part. II. cap. 3. §. 15. will ebenfalls Clementis Brieff nicht vor aͤcht erkennen. Es wird unter andern in denſelben ein Unterſcheid unter den Clericis und Lai - cis gemacht, der zu Clementis Zeiten aber nicht bekannt geweſen. Jch leugne nicht, daß Clemens einen Brieff an die Corinthier geſchrie - ben, ob es aber derjenige, welchen wir haben, daran zweifle ich.k 378I. Abth. II. Cap. Von der Beichteaber, der vor Marcione, und dieſer unter dem Hygino, der der achte Biſchoff war, oͤffters in die Kirche kam, und Buſſe (exomo - logeſin) thate, hat es alſo beſchloſſen, daß er bald heimlich geleh - ret, bald aber Buſſe thate, bald abeꝛ wegẽ desjenigen, was er boͤß - lich gelehret, von einigen wiederleget worden, iſt endlich von der Verſammlung der Frommen ausgeſchloſſen worden. Allein es beweiſen auch dieſe Worte nichts. Was Tertullianus von der Macht gehalten / die ſich einige heraus genommen / und die Suͤnden vergeben wollen / iſt in dem vorhergehen - den gemeldet worden. Nichts deſto weniger ſind einige dar - auf gefallen / daß ſie die Beichte aus dieſem Kirchen-Vater beweiſen wollen. Die Worte / daraus ſie ein ſolches ſchlieſ - ſen / ſind dieſee)Tertulliani Meinung.De pœnit. cap. 9. Exomologeſis eſt, qua delictum Domino noſtrum confitemur, non quidem vt ignaro, ſed quatenus ſatisfactio con - feſſione diſponitur, confeſſione pœnitentia naſcitur, pœnitentia Deus mitigatur. Jch will hier nichts erwehnen, waß Eraſmus und Rhenanus vorgebracht, daß Tertullianus das Buch de pœnitentia nicht geſchrieben, ſintemahl man noch viele Zweiffels-Knoten uͤbrig hat, ſondern nur meine Anmerckung von dem Wort exomologeſis, ſo in vorhergehender Note gemacht, wiederholen. Es beweiſet al - ſo dieſe Stelle nicht das geringſte von einer beſondern Beichte. f) Homil. . Dieſes iſt die Buſſe, wenn wir dem Herrn unſere Suͤnde bekennen, nicht als wenn er es nicht wuͤſte, ſon - dern weil die Genugthuung durch die Beichte geordnet wird,durchd)& exomologeſin faciens, ſic conſummauit, modo quidem latenter docens, modo vero exomologeſin faciens, modo vero ab aliquibus traductus, in his, quæ docebat male, & abſtentus eſt a religioſorum hominum conuentu. Es iſt aber bekant, daß das Wort exomo - logeſis keines weges eine beſondere Beichte, die allein denen Geiſt - lichen geſchiehet, es mag dieſelbe beſchaffen ſeyn wie ſie will, an - deutet, ſondern dadurch wird die gantze Handlung der oͤffentlichen Buſſe, welche ich unten beſchreiben will, angedeutet. Es kan al - ſo das Wort exomologeſis nicht anders erklaͤret werden, als daß Cerdon nach damahligem Gebrauch Buſſe gethan.79der verborgenen Suͤnden. durch die Beichte entſtehet die Buſſe, durch die Buſſe wird GOtt verſoͤhnet. Allein ich ſehe auch hier die Privat-Beich - te / wie ſie jetzo iſt / keines weges. Vielleicht aber koͤnnen ſie die geheime Beichte aus dem Origene erweiſen? Wir wol - len ſehen ob dem alſo ſey. Siehe zu, ſaget erf)Homit. II. in Pſal. 37. Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten dieOrigenis. Worte ſo: Vide ergo, quid edocet nos ſcriptura diuina, quia o - portet peccatum non celare intrinſecus. Fortaſſis enim ſicut ii, qui habent intus incluſam eſcam indigeſtam, aut humoris vel phlegmatis, ſtomacho grauiter & moleſte imminentia, ſi vomue - rint, releuantur; ita etiam hi, qui peccauerunt, ſiquidem occultant & retinent intra ſe peccatum, intrinſecus vrgentur, & propemodum ſuffocantur a phlegmate, vel humore peccati. Si autem ipſe ſui accu - ſator fiat, dum accuſat ſemetipſum & confitetur ſimulque eoumit, & delictum, atq; omnem morbi digerit cauſam. Tantummodo circum - ſpice diligentius, cui debeas confiteri peccatum tuum. Proba prius medicum, cui debeas cauſam languoris exponere, qui ſciat infirma - ri cum infirmante, flere cum flente, qui condolendi & compa - tiendi nouerit diſciplinam, vt ita demum, ſi quid ille dixerit, qui ſe prius & eruditum medicum oſtenderit, & miſericordem, ſi quid conſilii dederit, facias & ſequaris, ſi intellexerit & præuide - rit, talem eſſe languorem tuum, qui in conventu totius eccleſiæex -, was uns die Schrifft lehret, weil man die Suͤnde nicht in ſich behalten und vertuſchen ſoll. Denn wie diejenigen, welche eine unver - dauliche Speiſe, oder Feuchtigkeit oder phlegma, das dem Magen ſchaͤdlich iſt, in ſich haben, wenn ſie ſolches herausge - brochen, Linderung empfinden; So iſt es auch mit denenje - nigen beſchaffen, welche geſuͤndiget, wenn ſie die Suͤnde ver - bergen und in ſich behalten, ſo werden ſie innerlich geaͤngſti - get, und faſt von dem zaͤhen Weſen und Feuchtigkeit der Suͤn - de erſticket. Wenn man ſich aber ſelbſt anklaget, ſo wirfft man, indem man ſich verklaget und bekennet, die Suͤnde aus, und nimt zugleich alle Urſach der Kranckheit hinweg. Schaue alſo nur wohl zu, wem du deine Suͤnden bekennen ſolſt. Er - forſche zuvor den Artzt, welchem du die Urſache deiner Kranck -heit80I. Abth. II. Cap. Von der Beichteheit offenbahren ſolſt, der da weiß, mit dem Schwachen ſchwach zu ſeyn, mit dem Weinenden zu weinen, der Mit - leiden und Gedult hat; ſo dann, wenn er ſich als einen erfahrnen Artzt erwieſen, wenn er ſich barmhertzig gezei - get, ſo thu und folge, wenn er etwas ſaget, und dir einen Rath mittheilet; erkennet er und ſiehet zum voraus, deine Kranckheit ſey alſo beſchaffen, daß man es der gantzen Gemei - ne kund thun, und daß ſie da geheilet werden muͤſſe, dadurch vielleicht auch andere gebauet werden koͤnnen, und du leichter geheilet wirſt, ꝛc. Jch muß bekennen / daß ich Anfangs da - fuͤr gehalten / Origenes rede von der heutigen Art zu beich - ten. Jch bin aber nachgehends doch auf andere Gedancken gerathen / davon die Urſachen in der angefuͤhrten Note zu befinden. Cyprianus ſoll nach einiger ihrem Begriff die Ohren-Beichte ebenfalls anpreiſen. Wir wollen ſeine ei - gene Worte hoͤren. Diejenigen, ſagt erg)Cypriani. In tract. de lapſis pag. 156. Oper. edit. Eraſmi. Denique quanto & fide majore & timore meliore ſunt, qui quamuis nullo ſacrificii autlibelli / haben einen groͤſ -ſern(f)exponi debeat & curari, ex quo fortaſſis & cæteri ædificari pote - runt, & tu ipſe facile ſanari &c. Jch kan aber dieſe Stelle, ſie mag die Bekaͤntniß der Suͤnden noch ſo ſehr heraus ſtreichen, dennoch nicht auf eine beſondere Beichte, ſo dem Prieſter die Vergebung der Suͤnden zu erhalten geſchehen ſoll, mit einigem Schein ziehen. Origenes ſaget, man ſollte ſeine Suͤnde einem verſtaͤndigen Menſchen entdecken, welches auch von einem Layen kan erklaͤret werden. Seine Meinung gehet alſo nur dahin, daß ſo - dann derjenige, dem wir es geoffenbahret, uns mit Rath an Han - den ginge, und zeigte, wie wir es angreiffen muͤſten, bey GOtt wieder in Gnaden zu kommen, und der Suͤnden Vergebung zu erhalten. Er ſtreichet auch hom. 3. in Leuit. die Bekaͤntniß ſeiner Suͤnden uͤber die Maſſen heraus, jedoch findet ſich auch daſelbſt nichts von einem Geiſtlichen, dem dieſes geſchehen ſolte. Er ſa - get auch nicht, daß auf andere Art und Weiſe keine Vergebung zu erhalten.81der verborgenen Suͤnden. ſern Glauben und beſſere Furcht, welche ob ſie wohl nicht de - nen Goͤtzen geopffert, oder ihre Nahmen unter die Heyden aufgeſchrieben, doch etwan dergleichen gedacht haben, und alſo bey denen Prieſtern GOttes ſolches mit traurigem Gemuͤ - the beichten, und um des Gewiſſens willen Buſſe thun, die Laſt ihres Hertzens dadurch ablegen, und ihren Wunden, ob ſolche gleich klein und geringe, heilſame Artzeney verſchaffen, weil ſie wiſſen, daß geſchrieben ſtehet: GOtt laͤſt ſich nicht ſpotten. Jch halte aber dafuͤr / daß dieſe Stelle zum Be - weiß der Ohren-Beichte keines weges koͤnne gezogen wer - den. Es raͤth zwar Cyprianus, daß man es denen Prie - ſtern anzeigen moͤchte / aber er befiehlt es nicht. Er haͤlt es vor keine Nothwendigkeit / und gedencket auch nicht / daß dieſe Bekaͤntniß darum geſchehen muͤſte / daß der Suͤnder an GOttes ſtatt loßge zehlet wuͤrde. Und ſo iſt es auch mit anderen Stellen der Kirchen-Vaͤter beſchaffen; dahero es nicht noͤthig ſeyn wird / ſolche hieher zu ſchreibenh)Was einige aus dem Lactantio anfuͤhren, enthaͤlt nichts anders,Lactantii. als daß man GOtt das Hertze offenbahren, und ſeine Suͤnden bekennen muͤſte, um dadurch Vergebung zu erhalten. Alſo ſind diejenigen beſchaffen, welche wir Lib. IV, Inſt. c. 17. leſen. Was am angefuͤhrten Ort im letzten Capitel bey demſelben vorkommt, gehet auf die Nouatianer, und ſaget weiter nichts, als daß die wahre Kirche denen gefallenen die Hoffnung, wieder aufgenom - men zu werden, keines weges benehme, aber zugleich eine gewiſ - ſe Ordnung der Bekaͤntniß und oͤffentlichen Buſſe vorſchriebe. Aus Baſilio haben ebenfals einige etwas vor die Beichte herausBaſilii. zwingen wollen. Es ſcheinet zwar, daß deſſen Worte ſo viel in ſich hielten, man muͤſte denen geiſtlichen beichten; allein wenn man dieWorte.

§. III.

(g)libelli facinore conſtricti, quoniam tamen de hoc vel cogitauerunt, hoc ipſum apud ſacerdotes Dei dolenter & ſimpliciter confitentes, exomologeſin conſcientiæ ſuæ faciunt, animi ſui pondus exponunt, ſalutarem medelam paruis licet & modicis vulneribus exquirunt, ſcientes ſcriptum eſſe: Deus non deridetur.

(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) l82I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
Ein gewiſ - ſer Aelteſter wird zum Beichthoͤ-ren geſetzt.
151

§. III.

Alleine der Kirchen-Vaͤter ihre Worte nah - me man in gantz anderm Verſtande auf. Man findet auch / daß bereits zu Ende des dritten ſeculi eine gewiſſe Art der geheimen Beichte und abſolution eingefuͤhret geweſen. Denn durch die Decianiſche Verfolgung wurden viele von denen Chriſten zum Abfall bewogen. Da aber ſolche zu Ende gegangen / und die Kirche wiederum Friede hatte / wuͤnſchten ſie auch wieder in derſelben Schoß aufgenom - men zu werden. Nach der Vereinigung aber / ſo die Chri - ſten unter ſich gemacht / kunten ſie nicht eher Glieder der Kir - chen abgeben / als nach vollbrachter oͤffentlicher Buſſea)Urſachen der oͤffentlichen Buſſe.Der Urſprung dieſer oͤffentlichen Buſſe iſt aus denen Vertraͤgen, ſo die Chriſten unter ſich errichtet, herzuleiten, davon anderwaͤrts mit mehrern ſoll gehandelt werden. Dieſes will ich jetzo nur ge - dencken, daß die Gemeinde dazumahl mit allem Recht von de - nenjenigen, welche ſich mit Suͤnden beflecket, ſatisfaction gefor - dert. Denn durch ſolche wurde der errichtete Vertrag violiret, und der erſten Chriſten gantzes Dichten ware dahin gerichtet, daß ſie ein unbeflecktes Leben fuͤhren moͤchten. Weil ſie nun ſolche Begierde zur Gottſeeligkeit trugen, ſo ware auch die Zucht unter ihnen ſcharff, damit ſie denen Heyden zeigten, ſie haͤtten einen an - dern Gottesdienſt, als man ihnen zueignete. Die Chriſtliche Re - ligion erfordere andere Sitten, als man ihr Schuld gaͤbe. Auf ſolche Art muſten denn diejenigen, ſo von dem Glauben abgefal - len, und wiederkehrten, ſich abſonderlich der oͤffentlichen Buſſe unterwerffen. b) Cal -. Es waren aber die Novatianer ſo eigenſinnig / daß ſie mit ſolchen abgefallenen und wieder angenommenen und aus -ge -(h)Worte recht erwaͤget, ſo ſagen ſie nichts anders, als daß derjeni - ge, ſo ein Laſter bey ſich vermerckte, ſich zu ſolchen nahen und ſie zu Rathe ziehen ſolte, welche die Gabe haͤtten, dergleichen Ubel zu ſteuren, und die Kranckheit zu heben; beſiehe Dallæum de confeſſ. auricul. Lib. III. cap. 10. pag. 259. ſeq. 83der verborgenen Suͤnden. geſoͤhnten Chriſten keine Gemeinſchafft haben wolten / vie - le abgefallene ſchaͤmeten ſich auch / oͤffentliche Buſſe zu thun / und lieſſen ſich ſolchen Scheu abhalten / die Vereinigung mit der Kirchen wiederum zu ſuchen. Dieſem Ubel wolten nun einige Biſchoͤffe vorbeugen / ordneten alſo einen gewiſſen Ael - teſten / der auf die abgefallene acht haͤtte / und wenn ſolche ſich wieder zur Kirche wenden wolten / ins geheim nach voll - fuͤhrter aufgelegten Buſſe / von ihren Suͤnden loßzehlte. Auf ſolche Art, ſpricht Calvoerb)Calvoer in Ritual, eccleſ. Part. I. Lib. II. Sect. I. cap. IV. §. 3. HacNutzen ſo aus Einfuͤhrung der geheimen Buſſe entſtan - den. ratione fiebat, vt illi, qui leuiter peccarent, non prorumpe - rent ſua confesſione in publicum, reliquorum etiam lapſus tege - rentur, adeoque Nouatianis aliisque præſcinderetur calumnia ac ſcandalum, ob multitudinem Apoſtatarum, eorundemque re - ceptionem ſubortum. , iſt es geſchehen, daß dieje - nigen, ſo geringe Suͤnden begangen, nicht mit ihrer Bekaͤnt - niß oͤffentlich heraus brechen muſten, und wurden auch der uͤbrigen ihre Fehler verdecket, auch denen Nouatia nern und an - dern die Laͤſterung und Aergerniß benommen, ſo wegen der Menge der abgefallenen und ihrer Aufnehmung entſtanden. Socrates gedencket / daß dieſer Presbyter wegen derjenigen / ſo in der Decianiſchen Verfolgung abgefallen / und um de - ren willen ſich die Nouatianer von der Kirche abgeſondert / ſey geſetzet worden. Vor dieſen Aelteſten haͤtten die gefal - lenen ihre Suͤnden beichten muͤſſenc)Socrates Hiſt. eccleſ. Lib. IV. cap. 19. Ab eodem tempore, quoSocratis Zeug niß hievon. Nouatiani ab eccleſia diſceſſerant, quod cum illis, qui in perſecu - tione Decii prolapſi fuerant, communicare nollent, Epiſcopi ec - cleſiaſtico canoni presbyterum certum quendam, pœnitentibus conſtitutum, hoc adjecerant, vt qui poſt baptiſmum prolapſi eſ - ſent, peccata ſua coram illo confiterentur. d) So -. Sozomenus er - wehnet dabey unter andern / daß weil die Menſchen oͤffters ſuͤndigten / GOtt aber denen Bußfertigen / wenn ſie gleichoͤfftersl 284I. Abth. II. Cap. Von der Beichteoͤffters fehlten / dennoch vergeben wolte / denenjenigen aber / ſo die Suͤnden nicht bekennen wolten / ſolche dadurch gehaͤuf - fet wuͤrden; ſo haͤtte man anfangs beliebet / daß man ſeine Suͤnden vor der Gemeinde oͤffentlich bekennet. Nachmahls waͤre ein gewiſſer Aelteſter geſetzet worden / deſſen Umgang untadelich / und der verſchwiegen waͤre / welchem die Suͤn - den bekennet und gebeichtet wordend)Jngleichen Sozomeni. Sozomenus Hiſt. eccleſ. Lib. VII. cap. 10. Quoniam prorſus non peccare, diuiniorem, quam humana ſit, naturam requirit, pœni - tentibus vero Deus, etiamſi ſæpenumero deliquerint, ignoſci præcepit, & illis qui peccata ſua confiteri detrectant, delicta vt credibile eſt, aggrauantur; inde ab initio ſacerdotibus placuit, vt velut in theatro, teſte multitudine eccleſiæ peccata manifeſtaren - tur. Et ad hoc inſtituti, presbyterum aliquem, cujus conuerſatio eſſet optima, tenacem etiam ſecretorum & prudentem deputa - runt, ad quem qui deliquerunt accedentes, quæ gesſiſſent, confiterentur. .

Die Anord - nung dieſes Aelteſten ware nichtuͤberall.
156

§. IV.

Dieſe Anordnung aber ware nur in der Con - ſtantinopolitaniſchen Kirche / und findet ſich nichts / daß an - dere Gemeinden dergleichen geheime Beichte eingefuͤhret. Ja es kan noch einiger maſſen zweiffelhafft gemacht werden / ob auch in der Kirche zu Conſtantinopel ein ſolcher Aelte - ſter / wie ihn Socrates und Sozomenus beſchreiben / geſetzet geweſena)Die Anord - nung dieſes Aelteſten iſt zweiffelhafft.Socrates berufft ſich auf den einigen Eudæmonem, und fuͤhret keinen weitern Zeugen an. Sozomenus, der ihn ausgeſchrieben, wancket hin und her. Beyde ſind unter ſich ſelbſt nicht einig. Die - ſes hat den Calvoer bewogen, daß er cit. l. pag. 340. vorgiebet, die Stellen, ſo wir aus dieſen Scribenten angefuͤhret / waͤren von einem Patron der geheimen und Ohren-Beichte eingeſchoben worden. Allein ich laſſe ſolches an ſeinen Ort geſtellet ſeyn. b) Denn. Am allerwenigſten aber iſt zu glauben / daß bey ſolchem alle Menſchen / auch die Frommen und Glaͤubigen ſich eingefunden / ihre Suͤnden ihm im Vertrauen hergebe -tet /85der verborgenen Suͤnden. tet / und nachmahls verlanget / daß er ſie von ſolchen loßzeh - len moͤchte. Ob aber ein ſolcher Aelteſter in der Kirche zu Conſtantinopel geweſen / dem diejenige / ſo in Suͤnden ge - fallen / insgeheim beichten muͤſſen / oder ob es nicht an dem / daruͤber will ich mich in keinen Streit einlaſſen. So viel deuchtet mich aber gewiß zu ſeyn / daß dieſe geheime Beichte / es mag ſolche beſchaffen geweſen ſeyn wie ſie will / auſſer der Conſtantinopolitaniſchen Kirche und deren Sprengel / oder wenn es viel / auſſerhalb Orient nicht eingefuͤhret geweſenb)Denn anderer Kirchen Vorſteher und Biſchoͤffe haben nicht al -Oder wenig - ſtens nicht - berall im Ge - brauch gewe - ſen. lein geglaubt, ſondern auch oͤffentlich bekennet, daß die Glaͤubige zur Vergebung ihrer Suͤnden zu gelangen, weiter nichts nothwen - dig haͤtten, als daß ſie aus rechtem Hertzens-Grund ſagten: Vergib uns unſere Schuld. Wer wolte ſich alſo dahin bereden laſſen, daß ſie jemahls eine geheime Beichte vor noͤthig geachtet? Ja nach Socratis Zeugniß ſelbſten / ſo haben die Homouſianer, und die es mit dem Nicæniſchen Concilio hielten, dieſen Beicht - hoͤrenden Aeltiſten, gleich denen Nouatianern verworffen. Sozomenus ſaget ebenfalls, daß zu Rom die oͤffentliche Buſſe oder exomologeſis allezeit beybehalten worden. vid. Calvoer cit. l. §. 5. a) Von.

§. V.

Dem ſey aber wie ihm wolle / ſo findet ſich doch /Dieſer Ael - teſte wird abgeſchafft. daß dieſe geheime Beicht-Art nicht lange gedauret / ſondern gar bald wiederum abgeſchaffet worden. Denn der Con - ſtantinopolitaniſche Biſchoff Nectarius hat auf Einrathen des Eudæmonis eines Aelteſten / die Presbyteros pœnitentia - rios, oder Beichtſitzende Aelteſten / wiederum abgehen laſſen / und alſo die geheime Beichte dadurch aufgehoben. Die Ur - ſach ware / daß eine vornehme Dame / die / als ſie gebeichtet / und ihr aufferleget war / in der Kirche zu bleiben und daſelbſt zu faſten / und GOtt um Verzeihung zu bitten / mit einemDiaco -l 386I. Abth. II. Cap. Von der BeichteDiacono ſich fleiſchlich vermiſcheta)Straffe eines Diaconi. Von der Abſchaffung dieſes Aelteſten kan man Socratem und So - zomenum an angefuͤhrten Stellen nachſehen. Der Diaconus wurde zwar wegen dieſes Verbrechens aus der Kirche geſtoſſen; nichts deſto weniger aber hatte dieſes boͤſe Stuͤcke die gantze Ge - meinde unruhig gemacht. Denn ſolche entruͤſtete ſich nicht allein wegen der Schandthat und Suͤnde, ſondern war vornehmlich darum uͤbel zu ſprechen, weil die Kirche dadurch geſchaͤndet und gelaͤſtert worden. Vid. Socrates cit. l. . Von dieſer Zeit an empfienge ein jeder die hochwuͤrdige Sacramenta auf ſeine ſelbſt eigene Pruͤffung / und nach ſeinem Gewiſſen. Socrates iſt auf ſolche Abſchaffung nicht wohl zu ſprechen / und mel - det / daß er dem Eudæmoni, als er ihm ſolches erzehlet / zur Antwort gegeben / man muͤſte ſehen / wie nuͤtzlich ſolcher Rath geweſen. Er hielte dafuͤr / daß man auf ſolche Weiſe Gele - genheit gegeben / daß die bruͤderlichen Vermahnungen und Beſtraffungen gaͤntzlich wegbleiben wuͤrden / und was der - gleichen mehr iſtb)Socratis Ur - theil von der Abſchaffung ſolches Aelte - ſten.So lauten die Worte Socratis nach der Lateiniſchen Uberſetzung cit. l. Ego autem primus Eudæmoni dicebam: An conſilium tu - um, o presbyter, eccleſiæ profuerit, vel ſecus, Deus viderit. Video autem dediſſe te occaſionem, quod inuicem peccata jam non redarguantur, nec præceptum Apoſtoli ſeruetur, quo dicit: ne - que communicetis operibus infrugiferis ac tenebrarum, ſed ma - gis redarguite. .

Geheime Beicht-Art im V. Secu-lo.
160

§. VI.

Fiele jemand in eine grobe Suͤnde / und ſolche wurde ruchbar / ſo muſte er oͤffentliche Buſſe thun / und die geheime Offenbahrung der Suͤnden wurde gantz aufgeho - bena)Chryſoſtomi Lehre.Nectarii Exempel ſind die andern gefolget. Der Joh. Chryſo - ſtomus, der Nachfolger deſſelben, hat die Abſchaffung der gehei - men Beichte gebilliget, und iſt alſo Nectario nicht allein in der Wuͤrde, ſondern auch in der Lehre nachgefolget. Ja er hat mehrals. Zur Mitte aber des fuͤnfften Seculi hat die Latei -niſche87der verborgenen Suͤnden. niſche Kirche eine Art der geheimen Beichte eingefuͤhret. Man ordnete / daß diejenigen / ſo ſich mit einer ſchweren Suͤn - de beflecket wuſten / ſolche nicht oͤffentlich kund machten / ſon - dern ingeheim denen Vorſtehern der Kirche endeckten / wel - che ſodann die Leute zur Buſſe ermahnten / zubereiteten / und zulieſſenb)Hieher gehoͤret die Verordnung Leonis, deren eigene Worte inWer Leo I. geweſen? folgender Note folgen. Er ware ein Florentiner und erhielte we - gen ſeiner ungemeinen Gelehrſamkeit, und ſeines Eyfers wider die Ketzer den Zunahmen Magnus. Er ſaß zwantzig Jahr auf dem Roͤmiſchen Stuhl, nehmlich von 440. biß 461. Man hat ver - ſchiedene Schrifften von ihm, Reden und Briefe. Wenn und wo ſeine Wercke gedruckt worden, hat Labbeus p. 11. wohl bemercket.. Auf ſolche Weiſe ſagte man ſeine began - gene Suͤnden nicht weiter vor der Gemeine her / und ſchei - net es / daß dieſes darum ſey abgeſtellet worden / weil eini - ge Biſchoͤffe die Bußfertigen dahin anhalten wollen / daß ſie alle ihre begangene Suͤnden von einem Zettel herleſen ſol - ten. Weil nun dieſes was einfaͤltiges und ungewoͤhnliches war / ſo iſt es billig verworffen worden. Man ordnete viel - mehr / daß die ſo oͤffentliche Buſſe zu thun geſonnen waren / ihre Suͤnden denen Prieſtern offenbahrten / damit ſie ſolche ermeſſen / und die Zeit und Art der Buſſe darnach einrich - ten koͤnten. Denn ſo lauten Leonis Wortec)Leo Epiſt. 74. welche bey andern Editionen die 80. iſt. IllamSeine Verorh - nung. etiam contra Apoſtolicam regulam præſumptionem, quam nuper agnoui a quibusdam illicita vſurpatione committi, modis omnibuscon -. Dasjenige auch, ſo wieder Apoſtoliſchen Gebrauch unternommen worden, und ich neulich erſt wahrgenommen, daß es von einigen ge - ſchiehet, befehle ich auf alle Weiſe abzuſchaffen, damit man ferner nicht alle Suͤnden von einem Zettel oͤffentlich herleſe, indem es genug iſt, daß man die Suͤnden denen Prieſtern al -lein(a)als an einem Orte erinnert, daß man nicht denen Prieſtern, ſon - dern GOtt ſeine Suͤnden offenbahren und beichten muͤſſe.88I. Abth. II. Cap. Von der Beichtelein in Geheim offenbahret. Denn ob wohl dieſe Vollkom - menheit des Glaubens lobens-wuͤrdig ſcheinet, welche aus Furcht vor GOtt ſich oͤffentlich darzuſtellen keinen Scheu traͤgt; jedoch weil nicht alle Suͤnden ſo beſchaffen, daß dieje - nigen, welche Buſſe thun wollen, ſich nicht ſcheuen ſolten, ſol - che zu offenbahren, ſo ſoll dieſe unbillige Gewohnheit abge - ſchafft werden, damit man nicht ihrer viele von denen heilſa - men Mitteln der Buſſe abſchrecke; indem ſie ſich entweder ſchaͤmen, oder ſich befuͤrchten, ihre Thaten moͤchten ihren Fein - den kund werden, und ſie koͤnten dadurch denen Gerichten in die Haͤnde fallen. Es iſt an derjenigen Bekaͤntniß genug, wel - che erſt GOtt, und nachmahls dem Prieſter geſchiehet, der vor die Suͤnden der Bußfertigen mit bittet. Denn aber kan man noch mehr zur Buſſe anlocken, wenn dem Volck die Buſ - ſe des Beichtenden nicht bekant gemacht wird. Leo aber mag hier ſagen was er will / ſo kan er doch nicht als ein Stiffter der Ohren-Beichte / oder Urheber unſerer heuti - gen Beichte angeſehen werdend)Anmerckung daruͤber.Man offenbahrete zwar denen Geiſtlichen ſeine Suͤnden, aber zu dem Ende, daß ſie die Grade der Buſſe darnach einrichten kunten. Leo.

§. VII.

(c)conſtituo ſubmoueri, ne de ſingulorum peccatorum genere, li - bellis ſcripta profesſio publice recitetur, cum reatus conſcientia - rum ſufficiat ſolis ſacerdotibus indicari, confeſſione ſecreta. Quam - uis enim plenitudo fidei videatur eſſe laudabilis, quæ propter Dei timorem apud homines erubeſcere non veretur, tamen quia non omnium ejusmodi ſunt paccata, vt ea, qui pœnitentiam poſcunt, non timeant publicare; remoueatur tam improbabilis conſuetudo, ne multi a pœnitentiæ remediis arceantur; dum aut erubeſcunt, aut metuunt inimicis ſua facta reſerari, quibus posſint legum con - ſtitutione percelli. Sufficit enim illa confesſio, quæ primum Deo offertur, tunc etiam ſacerdoti, qui pro delictis pœnitentium pre - cator accedit. Tunc enim demum plures ad pœnitentiam pote - runt prouocari, ſi populi auribus non publicetur ſententia confi - tentis. Dieſe Verordnung Leonis findet ſich auch eines theils bey Gratiano[c]. 89. de pœnit. diſt. 1.

89der verborgenen Suͤnden.

§. VII.

Auf eben ſolche Weiſe verſtehe ich die Anord -Gebrauch der Beichte im VII. Se - culo. nung des Synodi in Trullo, ſo im VII. Seculo herausgekom - men. Denn ob wohl der Synodus den Prieſter unterrichtet / wie er ſich in Auflegung der Buſſe verhalten ſollea)Vid. Natalis Alexander in Hiſt. Eccleſ. Sec. VII. Diſſ. III. pag. 620. Die Pflichtei - nes Prieſters wegen der Beichte.Es iſt ihm anbefohlen, Achtung zu geben auf die Beſchaffenheit der Suͤnde, auf des Suͤnders bereitwilliges Gemuͤthe zur Bekeh - rung, damit er zugleich eine Artzeney ausfuͤndig machte, die ſich auf die Kranckheit ſchickte, und den Zuͤgel zu einem freyen Leben nicht allzuweit ſchieſſen lieſſe. Es hat alſo befohlen, daß er zuweilen ſcharffe, zuweilen aber auch gelinde Mittel gebrau - chen ſolte, dadurch er denen boͤſen Begierden ſteuren koͤnte. Er ſolte die Fruͤchte der Buſſe unterſuchen, und mit dem Bußfertigen klug umgehen. b) Mit; So kan ich dennoch noch keine ſolche Beichte finden / welche zu einer gewiſſen und geſetzten Zeit / und von allen Gliedern der Kirche muͤſte verrichtet werden. Die gantze Sache wa -re ei -(d)Leo redet alſo von der vor ihm gebraͤuchlichen oͤffentlichen Buſſe. Es moͤgen dazumahl auch manche Leute ſo aberglaͤubiſch geweſen ſeyn, daß ſie gedacht, ihre Suͤnde koͤnte ihnen nicht vergeben wer - den, auſſer durch die oͤffentliche Buſſe. Ohnerachtet nun das Verbrechen nicht bekannt ware, ſo offenbahrten ſie ſolches vor der gantzen Gemeinde, und thaten oͤffentliche Buſſe. Es ware aber keine Nothwendigkeit, ſondern wer nicht wolte, kunte es bleiben laſſen. Leo aber dachte, es wuͤrden ſich viele eher bequemen, wenn ſie ihre Suͤnde nicht oͤffentlich herſagen duͤrfften. Es iſt al - ſo dieſe Art der Beichte nicht darum eingefuͤhret worden, damit denen Leuten von denen Geiſtlichen die Suͤnden vergeben wuͤrden, ſondern mehr zur oͤffentlichen Buſſe anzulocken. Leo ſaget auch gantz deutlich, der Prieſter ſolte mit um Vergebung bitten helffen, und wer ihm ſeine Suͤnden entdeckte, ſolte nicht angehalten wer - den koͤnnen, ſolche oͤffentlich bekant zu machen. Faſt auf eben ſolche Art, hat der gelehrte Petauius in Epiſt. p. 246. dieſe Ver - ordnung Leonis erklaͤret.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) m90I. Abth. II. Cap. Von der Beichtere eines jeden eignen Willen anheim geſtellet / ob ſie ihre Suͤn - den ingeheim denen Prieſtern bekennen und beichten wol - ten oder nicht. Hatte einer Luſt dazu / ſo waren die Geiſt - lichen willig und bereit / die Bekaͤntniß ſeiner verborgenen Suͤnden anzuhoͤren. Daß aber ſolche allen und jeden anbe - fohlen geweſen / kan ich zu dieſer Zeit nirgends findenb)Die Verord - nung des con - cilii in Trul - lo wird in et - was erklaͤrt.Mit dem 102. can. des Concilii in Trullo ſtimmet auch die Ver - ordnung des Concilii zu Challons im Jahr 650, nebſt anderen mehr uͤberein. Man muß aber mercken, daß das Wort Buſſe kei - ne andere als die oͤffentliche Buſſe andeute, daß alſo nur die - jenigen der Prieſter ihres Dienſtes benoͤthiget waren, die oͤffent - liche Buſſe thaten. Von dieſen iſt auch nur der canon des conci - lii in Trullo zu verſtehen, der denen Prieſtern erlaubet, daß ſie Freyheit haͤtten, in Auflegung der Buſſe von der Strenge der ca - nonum, nach Beſchaffenheit abzuweichen, und ſolche zu mildern. vid. Balſamo ad h. can. in Pandect. concil. eccleſ. Græc. Tom. I. pag. 281. Alexius Ariſtenus ad cit. can. cit. l. pag. 283. ſcheinet ebenfalls die - ſes bemercket zu haben, da er ſaget, wie die Vaͤter zwar auf jede Suͤnde Straffe geſetzet, aber das gantze Urtheil demjenigen uͤber - laſſen haͤtten, der von GOtt die Macht zu binden und zu loͤſen empfangen, dieſer ſolte der Suͤnde Beſchaffenheit, des Suͤnders Bekehrung erwaͤgen, und die Artzeney darnach einrichten. Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten ſeine Worte ſo: Pœnas qui - dem cuique peccato adhibendas decreuerunt Patres; ſed totum judicium ei relinquunt, qui ligandi & ſolvendi poteſtatem a Deo accepit, vt ille & peccati conſideret qualitatem, & ejus, qui pec - cauit, conuerſionem, & ſic miſericordiam menſura diſponat, mede - lam morbo conuenientem adhibens. Omnis enim ratio Deo & ei cui paſtoralis traditur principatus, in eo eſt, vt errantem ouem re - ducat, & non in deſperationis, præcipitia impellat, & a ſerpente vulneratum medicetur, ſiue per acriora & adſtringentia, ſiue per molliora & leniora medicamenta. Alles dieſes aber iſt von der oͤffentlichem Buſſe zu verſtehen. a) Beda.

§. VIII. 91der verborgenen Suͤnden.

§. VIII.

Ja ob wohl das Licht der Wahrheit immerGebrauch der Beichte des VIII. Seculi. mehr und mehr dunckler zu werden begunte / und es mit dem Chriſtenthum immer ſchlimmer ausſahe / ſo finde ich doch nicht / daß die heutige Art zu beichten damahls denen Leuten ſey aufgedrungen worden. Es iſt auch dazumahl keine andere Beichte geweſen / als welche die jenigen Suͤnder verrichtet / die zu denen Prieſtern gekommen / um oͤffentli - che Buſſe zu thun. Jch will des Bedæ Venerabilis Worte hieher uͤberſetzen / weil ſie meiner Sache ein ziemliches Licht geben. Er ſpricht alſoa)Beda mit dem Nahmen Venerabilis, iſt noch heute in groſſem An -Bedæ Zeug - niß. ſehen. Seine Worte ſind in der Predigt von denen zehen Auſſaͤ - tzigen Tom. VII. p. 70. zu leſen. Daſelbſt hat er uͤber die Worte Chriſti: Gehet hin, und zeiget euch dem Prieſter, folgendes einflieſſen laſſen. Nullum Dominus eorum, quibus hæc corpo - ralia beneficia præſtitit, inuenitur miſiſſe ad ſacerdotes, niſi le - proſos, quia videlicet ſacerdotium Iudæorum figura erat ſacerdo - tii futuri regalis, quod eſt in eccleſia, quo conſecrantur omnes pertinentes ad corpus Chriſti, ſummi & veri principis ſacerdo - tum. Et quisquis hæretica prauitate, vel ſuperſtitione gentili, vel Iudaica perfidia, vel etiam ſchismate fraterno, quaſi vario co - lore per Chriſti gratiam caruerit, neceſſe eſt, ad eccleſiam ve - niat, coloremque fidei verum, quem acceperit, oſtendat. - tera vero vitia, tanquam valetudines, & quaſi membrorum atque ſenſuum, per ſemetipſum interim in conſcientia & intellectu, do - minus ſanat & corrigit. b) Mar -: Der Herr hat niemand, dem er an dem Leibe Huͤlffe geleiſtet, zu denen Prieſtern geſchicket, als die Auſſaͤtzigen; Weil vielleicht das Prieſterthum der Juͤ - den ein Vorbild war, des zukuͤnfftigen Koͤniglichen Prieſter - thums, welches in der Kirche iſt, dadurch alle, die zum Leib Chriſti, des hoͤchſten und wahren Hohen-Prieſters, gehoͤren, eingeweyhet werden. Und bey wem keine Ketzerey, heydni - ſcher Aberglaube, Juͤdiſche Untreu, bruͤderliche Spaltung,durchm 292I. Abth. II. Cap. Von der Beichtedurch die Gnade Chriſti mehr anzutreffen, ſo iſt es noͤthig, daß er zur Kirche komme, und die warhaffte Farbe des Glaubens, ſo er empfangen, zeige. Die uͤbrigen Laſter aber, als Kranck - heiten der Glieder und Sinne, heylet und beſſert der Herr durch ſich ſelbſt in dem Gewiſſen und Verſtand. Beda verweiſet alſo nur diejenigen zu denen Prieſtern / die den geiſtlichen Auſſatz haben / und erzehlet einige Arten davon. Die andern Suͤnden wuͤrden allein durch die Gnade Jeſu Chriſti geho - ben / und duͤrfften nicht vor den Beicht-Stuhl gebracht wer - den. Man hatte nehmlich dazumahl nur gewiſſe Verbre - chen von ſolcher Groͤſſe gehalten / daß ſie nothwendig gebeich - tet werden muͤſten. Andere Suͤnden brauchten keine Beich - ten ſondern wuͤrden vielmehr durch Bitten und Gebeth ge - tilgetb)Erzehlung von Martelle. Martellus hat auch eine groſſe Suͤnde nicht entdecket noch gebeich - tet. Denn er bate Egidium, er moͤchte mit ihm GOtt um Ver - zeihung einer gewiſſen Suͤnde bitten, die ſo groß waͤre, daß er ſich ſcheuete ſolche jemand zu offenbahren. Vid. Centuriat. Magde - burg. cent. 8. cap. 6. Hieraus koͤnte man auch dieſes ſchlieſſen: daß die Offenbahrung und Beichte der Suͤnden nicht durchgehends auferlegt geweſen, man aber dennoch ſolche beichten koͤnnen. Fer - ner daß ſich die Prieſter dazumahl noch nicht der Gewalt angemaſ - ſet, ſie vergeben die Suͤnden an GOttes ſtatt, ſondern wenn es viel geweſen, nur eine abſolutionem declaratoriam, daß nehmlich GOtt die Suͤnde vergeben wuͤrde, geſprochen. Denn Martellus hat von Egidio nicht verlanget, daß er ihm die Suͤnde vergeben ſolte, ſondern, daß er nebſt ihm GOTT um Vergebung bitten moͤchte. Vornehmlich aber geſchahe die Bekaͤntniß und Offen - bahrung der Suͤnden, damit die oͤffentliche Buſſe darnach einge - richtet wuͤrde..

Beichte imIX. Seculo.
171

§. IX.

Jn dem neunten Jahrhundert / da alles ein ſchlimmers Anſehen gewonne / als es bißher gehabta)Unwiſſenheit des IX. Seculi. Biinius ad Concil. Cabill. II. Tom. VI. Concil. Part. I. p. 223. hat an - gemercket, daß dazumahl die ſtudia alſo begraben geweſen, daßwenn / kun -te es93der verborgenen Suͤnden. te es auch nicht fehlen / daß die Kirchen-Sachen mehr ver - hunzet worden. Die Geheime Offenbahrung und Beichte der Suͤnden wurde immer gebraͤuchlicher / und die oͤffent - liche Buſſe wurde nach und nach in eine Geheime verwan - deltb)Vor dieſem ware keine andere als die oͤffentliche Buſſe, und ſoOeffentliche und geheime Buſſe. offt dieſes Wort vorkame, verſtunde man nichts anders darun - ter. Zuweilen wurde zwar auch in denen alten Zeiten die Sache in etwas geaͤndert, wenn etwa der ſchuldige durch oͤffentliche Be - kaͤntniß und Buſſe in Gefahr des Lebens gerathen moͤchte, wie et - wa aus Baſilii Epiſt. ad Amphil. can. 22. Auguſtini Serm. 16. de verb. Dom. c. 8. abzunehmen; aber dieſes ware was auſſerordentliches. Diejenigen hieſſen aber ſonſt Bußfertige (pœnitentes) welche oͤffentliche Buſſe (exomologeſin) thaten. Zu Anfang des neun - ten Seculi aber und der folgenden Zeiten wurde es anders. Denn da wird in denen canonibus die oͤffentliche Buſſe von der ge - heimen gar fleißig unterſchieden, welches bey denen aͤltern Zei - ten ungewoͤhnlich war. Der andere Synodus zu Rheims, ſo imJahr. Dieſes reizete die aberglaͤubiſchen Leute an / daß ſiedeſto(a)wenn ſich auch ein guter Kopf gefunden, der etwas zu erlernen Luſt getragen, er keinen Lehrmeiſter finden koͤnnen. Er beruffet ſich auf Lupum Ferrarienſem, der zu ſolcher Zeit gelebet. Carl der Groſſe thate zwar ſein aͤuſſerſtes, daß er die Wiſſenſchafften wie - der empor braͤchte, es daurete aber nicht lange, und wurden ſol - che ſo zu ſagen aufs neue mit ihm begraben. Man kan nicht anders ſagen, als daß die guten Wiſſenſchafften, vornehmlich die Hiſtorie und eine reine Philoſophie dazumahl recht verbannet ge - weſen. Alle Weißheit ware bey der Geiſtlichkeit, und auch die verſtunde oͤffters nicht vielmehr als der gemeine Mann. Die andern waren durch die ſuperſtition alſo verblendet, daß ſie faſt ihres Verſtandes beraubet ſchienen. Denn wenn dieſes nicht geweſen waͤre, ſo haͤtten nimmermehr ſo viel Dinge, die der geſunden Vernunfft ſchnurſtracks zuwieder lauffen, eingefuͤhret werden koͤnnen. So aber nahme man ſolche als goͤttliche Wahrheiten an, und thate ſein aͤuſerſtes, daß ſolche beybehalten und auf die Nachkommen fortgepflantzet werden moͤchten.m 394I. Abth. II. Cap. Von der Beichtedeſto haͤuffiger zur Offenbahrung ihrer Suͤnden ſich bey denen Prieſtern einfunden / und ihre Schultern deſto wil - liger unter das Joch der Buſſe legten. Auf ſolche Weiſe wurde dem Innocentio der Weg gebahnet / ſeine Ohren - Beichte deſto leichter zu Stande zu bringen. Denn durch ſolchen Anfang iſt dieſelbe endlich empor gekommen / dazu - mahl aber ware von ſolcher noch nichts zu ſehen / ſondern un - ter dieſer und jener iſt ein groſſer Unterſcheid zu befinden. Denn es bliebe in dem neunten Seculo in gewiſſen Verbre - chen die oͤffentliche Buſſe. Die geheime Beichte aber iſt von des Innocentii ſeiner in vielen Stuͤcken unterſchieden. Denn alle und jede Chriſten wurden dazu nicht angehalten / ob man ſchon ſolche Beichte gewaltig heraus ſtriche. Sie ware aber durch kein allgemeines Geſetze angeordnet / ſondern ei -nes(b)Jahr 813. gehalten worden, befiehlet in dem 31. canone, man ſolte einen Unterſcheid unter denen Bußfertigen, die oͤffentlich und die ingeheim Buſſe thun ſolten, halten. Hincmarus de diuort. Lo - tbar. ſaget ausdruͤcklich, daß auch groſſe Suͤnden durch die gehei - me Buſſe getilget wuͤrden. Er ſaget, wie es unrecht, jemand der ingeheim etwas geoffenbahret, der oͤffentlichen Buſſe zu unter - werffen. Er beruffet ſich dieſerwegen auf die alten canones, vor - nehmlich aber auf can. 99. des Africaniſchen concilii, da derjeni - ge Biſchoff in den Bann gethan wird, welcher mit dieſem, ſo ihm eine Suͤnde ingeheim entdecket, keine Gemeinſchafft haben will. Es bemercket aber Hincmarus ferner, daß diejenigen, welche oͤf - fentlich geſuͤndiget, auch oͤffentliche Buſſe thun muͤſten, nicht als wenn GOtt die ſchweren Suͤnden, wenn man geheime Buſſe thaͤte, nicht vergaͤbe, ſondern weil dadurch viele geaͤrgert worden, und alſo durch die oͤffentliche Buſſe wiederum verſoͤhnet werden muͤſten. Hincmari Meinung gienge alſo dahin, daß diejenigen, derer Suͤn - den nicht ruchbar, unrechtmaͤßiger Weiſe zur oͤffentlichen Buſſe angehalten wuͤrden. Von der Zeit an iſt alſo der Unterſcheid un - ter der oͤffentlichen und geheimen Buſſe beybehalten worden, welches vor dieſem nicht gebraͤuchlich ware.95der verborgenen Suͤnden. nes jeden freyem Willen anheim geſtelletc)Die Geiſtlichen waren auch damit wohl zufrieden. Rabanus de inſt. Die Offenbah - rung der Suͤn - den ware frey - willig.Cler. Lib. 2. cap. 30. ſaget, daß die verborgenen Suͤnden durch frey - willige Bekaͤntniß der Geiſtlichkeit geoffenbahret worden. Man hatte noch kein Sacrament aus der Beichte geſchmiedet, ſondern ſie iſt darum geſchehen, damit die gefallenen von denen Prieſtern lernen moͤchten, wie ſie ihre Buſſe anſtellen ſolten, Gnade von GOtt zu erlangen. Wer aber ohne ſie wuſte, wie ſolches anzugreiffen, hatte alſo nicht noͤthig, ſich zu denen Prieſtern zu machen.. Die Beichte und Vergebung der Suͤnden beſtunde darinnen / daß die Suͤnder / was ſie begangen / eroͤffneten / die Prieſter aber ih - nen zeigten / durch was vor eine Buſſe / durch was vor Ge - bete bey GOtt Vergebung zu erhalten waͤre. So ſchreibet Theodulfusd)Cap. 30. Tom. II. Conc. Gall. p. 219. Confeſſio quam ſacerdoti faci -Beichte, die dem Prieſter und die GOtt geſchiehet, was ſolche wuͤrcket. mus, hoc nobis adminiculum affert, quia accepto ab eis ſalutari conſilio, ſaluberrimis pœnitentiæ obſeruationibus, ſiue mutuis orationibus, peccatorum maculas diluimus. Confeſſio vero, quam ſoli Deo facimus, in hoc juuat, quia quanto nos memores ſumus peccatorum noſtrorum, tanto horum Dominus obliuiſci - tur; & e contrario, quanto nos obliuiſcimur, tanto dominus reminiſcitur, dicente Propheta: Et peccatorum tuorum non me - morabor &c. e) Hie -. Die Beichte, welche dem Prieſter geſchie - het, dienet darzu, daß wir von ihm einen heilſamen Rath em - pfangen, und durch Beobachtung der heilſamen Buſſe, oder zuſammengeſetzten Gebetern, die Suͤnden tilgen. Die Beich - te aber, die GOtt alleine geſchiehet, hilfft darzu, daß jemehr wir unſerer Suͤnden eingedenck ſind, jemehr vergiſt GOtt der - ſelben; im Gegentheil, jemehr wir ſolche vergeſſen, jemehr ge - dencket GOtt derſelben, nach dem Ausſpruch des Propheten; Und ich will deiner Suͤnden nicht gedencken, ꝛc. Alſo iſt das vornehmſte Stuͤck der Vergebung der Suͤnden in derjeni - gen Beichte geſuchet worden / welche GOtt geſchiehet. DieBeich -96I. Abth. II. Cap. Von der BeichteBeichte aber / ſo dem Prieſter geſchehen / wurde auf gewiſ - ſe Haupt-Laſter gerichtet / und wer damit beflecket / ſolte ſolches beichtene)Welche Suͤn - den abſonder - lich zu beichten.Hieher rechnete man Hochmuth, unnuͤtzen Ruhm, Neid, Zorn, Geitz, Traurigkeit ꝛc. Das andere Concilium zu Challons hat unter andern geordnet, daß man vornehmlich ſeine Beichte wegen einer von dieſen Suͤnden beobachten ſolte. Die Worte ſind die - ſe: Vt peccatorum ſuorum confeſſor inſtruatur, vt de octo prin - cipalioribus vitiis, ſine quibus in hac vita difficile viuitur, confes - ſionem faciat, quia aut cogitatione, aut quod eſt grauius, opere, eorum inſtinctu peccauit. Dieſe Haupt-Laſter werden in denen Capit. Theodulf. c. 31. Tom. II. Concil. Gall. nach der Reihe her - gezehlet..

Wiederho - lung des bißher ge-ſagten.
178

§. X.

Auf dieſe Weiſe ware die geheime Beichte be - ſchaffen / ehe Innocentius III. mit ſeiner Ohren-Beichte her - fuͤr geplatzet. Wir haben bemercket / daß nicht alle und je - de Chriſten zur Beichte und Offenbahrung ihrer Suͤnden angehalten worden / ſondern man lieſſe es eines jeden freyem Willen anheim geſtelleta)Die Beichte ware duꝛch kein Geſetze allein geboten.Daß ein Geſetze von der Beichte vor dem XIII. ſeculo heraus ge - weſen, Krafft deſſen alle und jede Chriſten, von was Geſchlecht, Stand und Amt ſie waͤren ihre Suͤnden zu gewiſſer Zeit, abſon - derlich vor Empfang des heiligen Nachtmahls bekennen muſten, kan nicht erwieſen werden. Jch habe im vorhergehenden §. not c) aus Rabano beygebracht, daß es ein freyes Ding um die Beichte geweſen. Was aber durch Geſetze anbefohlen und angeordnet wird, kan man ferner nicht unter freywillige Sachen zehlen, ſon - dern es bringt eine Nothwendigkeit mit, entweder etwas zu unter - laſſen, oder zu thun. Die Canones haben zwar gerathen, daß man ſeine Beichte vollſtaͤndig verrichten ſolte, ſie haben aber nicht alle und jede dazu angehalten. b) Dieſe. Es ware auch alſo nicht noͤthig / daß man alles / was man unrecht gethan / und wieder ein - fiele / herplapperte; denn man glaubte / daß ſolches zur Ver -gebung97der verborgenen Suͤnden. gebung der Suͤnden zu gelangen nicht noͤthig ſey. Die Art / nach geſchehener Beichte zu abſolviren, beſtande nicht in hochtrabenden Worten / wie heute zu Tage / ſondern in die - ſer Formul: GOtt verzeihe und vergebe dir deine Suͤndeb)Dieſe Formul iſt alſo vor unaͤcht zu halten, wenn man ſaget:Art der abſo lution. Wir, Krafft goͤttlichen Befehls, oder Krafft unſeres heili - gen Amtes, vergeben euch eure Suͤnden ꝛc. Denn in denen alten Zeiten wurde die abſolution nicht auf ſolche Art geſprochen. Die geiſtlichen wolten dazumahl noch nicht wie Prætores Urthei - le ſprechen, und einen loß zehlen. Jhre aſolution beſtunde dar - innen, daß ſie einem bußfertigen Suͤnder, der ihnen gebeichtet, mit ihrem Gebet beyſprungen. Jch koͤnte hier verſchiedene Zeugniſſe beybringen, ich will aber ſolche biß weiter unten verſparen.. Es ware noch kein Geſetze vorhanden / daß die Leute / ehe ſie zu dem Nachtmahl des Herrn giengen / nothwendig erſt beichten ſolten. Chryſoſtomus ſaget zwar viel von der Vorbereitung zu dieſem himmliſchen Mahl / aber von einer Beichte iſt nichts bey ihm zu finden. Er ſaget vielmehrc)Chryſoſtomus hat von der Vorbereitung zum heiligen NachtmahlVon der Vor - bereitung zum Nachtmahl, Chryſoſtomi Worte. bomil. 56. Oper. Tom. I, da er auf Pauli Worte kommt folgendes, welches ich Lateiniſch hieher ſetzen will. Paulus dicit: Probet au - tem ſe vnusquisque & ſic de pane comedat, atque de calice bibat. Non reuelauit vlcus, non in commune theatrum accuſationem pro - duxit, non delictorum teſtes ſtatuit; Intus in ſcientia, nemine præſente præter Deum, qui cuncta videt, fac judicium & pecca - torum inquiſitionem, & vitam omnem recogitans, in mentis judicium peccata deducito. Reforma, quod deliquiſti, atque ſie pura conſcientia ſacram attinge menſam, particepsque ſancti ſa - crificii fias. d) Chry - / wie es nicht noͤthig ſey / die Wunde zu offenbahren / vor der Gemeinde die Anklage machen / Zeugen des Verbrechens auffuͤhren. Jnwendig im Gewiſſen / da niemand als GOtt zugegen / ſolte man das Gericht anſtellen / und dasgantze(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) n98I. Abth. II. Cap. Von der Beichtegantze Leben uͤberlegen. Man ſolte aͤndern / was man ver - brochen / und alſo mit reinem Gewiſſen zu dieſem Tiſch hin - zu treten. An einem andern Ort / da er zur Verſoͤhnlichkeit mit ſeinem Naͤchſten ſeine Zuhoͤrer angemahnet / hegt er die - ſe Gedanckend)Andere Worte deſſelben.Chryſoſt. hom. 27. in Gen. Si hoc fecerimus, poterimus pura con - ſcientia ad ſanctam terribilemque hanc menſam accedere, & ver - ba illa, quæ precationi inſerta ſunt, cum fiducia dicere. (Intel - ligunt initiati, quid ſit, quod dico.) Proinde vniuscujusque con - ſcientiæ relinquo, quomodo mandato illo impleto, per terribile illud tempus hæc fidenter dicere poſſimus. a) Ei -: Daß wenn ſolches geſchehen / koͤnte man mit reinem Gewiſſen zu dieſem Tiſch treten. Er uͤberlieſſe es alſo eines jeden Gewiſſen. Auf dieſes hat es unſer Kirchen - Vater allein ankommen laſſen. Er hat nicht an die Beich - te gedacht / ſo vor Genieſſung dieſes himmliſchen Mahls ge - ſchehen ſolte. Ja wenn in der erſten Kirche allezeit vor Ge - nieſſung des Nachtmahls die Beiche vorhergehen ſollen / wie haͤtte ſolches geſchehen koͤnnen? Die erſten Chriſten genoſ - ſen das Nachtmahl gar offt / in der einigen Stadt Jeruſa - lem waren viel tauſend Seelen / die ſich zu Chriſto bekehret / und haͤtten die Apoſtel genug mit dem Beichteſitzen zu thun gehabt. Ja wenn ſie auch weiter nichts verrichtet haͤtten / und waͤren den gantzen Tag Beichte geſeſſen / ſo haͤtte es doch nicht ſeyn koͤnnen / daß ſie alle Chriſten Beicht hoͤren / und die abſolution ertheilen koͤnnten. Paulus ſaget: Der Menſch pruͤffe ſich ſelbſt, und alſo eſſe er von dieſem Brod und trincke von dieſem Kelch. Es ſchiene ihm alſo frembde Pruͤf - fung ungeſchickt hiezu zu ſeyn.

Die Ein - wuͤrffe, ſo man wiederdasjenige,
182

§. XI.

Dieſes zum voraus geſetzt / ſo ſind diejenigen Gruͤnde / welche die Patronen der Beichte von ihrem Alter - thum herfuͤr bringen / in keinem ſonderlichen Wehrt zu ach -ten.99der verborgenen Suͤnden. ten. Alles was man ſaget / ſchmeiſſet meine Meinung nichtſo bißher ge - ſagt wor - den, machen koͤnte, wer - den geho - ben. uͤber einen Hauffen / und die da meinen / die Beichte ſey gleich in dem erſten Chriſtenthum uͤblich geweſen / machen vergeb - liche Lufft-Streiche / vornehmlich aber wenn Sie ihren Be - weiß aus der heiligen Schrifft herholena)Einige Schrifft-Stellen habe ſchon beleuchtet, und nichts von derDie vornehm - ſten Bertheidi - ger des Alter - thums der Beichte. Beichte darinn gefund en, ich werde aber unten auf noch mehrere antworten. Unter denenjenigen aber, welche das Alterthum der heutigen Beichte vertheidigen / ſind die vornehmſten Bellar - minus de pœnitent. Natalis Alexander cit. l. diſſ. 14. Beyde uͤber - trifft aber der Jacobus Boileau, der Grund-gelehrte Doctor und Senior in der Sorbonne, ingleichen in der Theologiſchen Facul - taͤt zu Pariß Decanus. Dieſer hat Ao. 1683. zu Pariß in 8tavo heraus gegeben: Hiſtoriam auricularis confeſſionis ex antiquis ſcri - pturæ, Patrum, Pontificum & conciliorum monumentis, cum cura & fide expreſſam. Jn dieſer Schrifft hat er alles zuſammen gele - ſen, was das Alterthum der Beichte nur einiger maſſen beſchei - nigen kan. Sein Leben und Schrifften hat der gelehrte Lud. Elias Dupin dans la nouvelle Bibliotheque des Auteurs eccleſiaſtiques Tom. XIX. pag. 63. uns aufgezeichnet.. Diejenigen Stellen / ſo ſie aus denen Kirchen-Vaͤtern anfuͤhren / ſind in dieſem Stuͤck etwas wichtiger / und verdienen eine ge - nauere Uberlegung. Allein man ſchaue nur alles recht ein / ſo wird man befinden / daß wiederum ein unnuͤtzes Gewaͤ - ſche von dem Alterthum der geheimen Beichte / wie ſie jetzo iſt / gemachet worden. Man ſtoͤſſet vornehmlich darinnen an / wenn man ſich einbildet / man habe die Beichte gefun - den / wo man das Wort exomologeſis antrifftb)Jch mache alſo folgende Regul: So offt das Wort exomo -1) Negul. das - jenige was von dem Alter - thum der Beichte geſag wird, zu wie derlegen. logeſis in denen Schrifften der Kirchen-Vaͤter vorkommt, ſo zeiget es keines weges eine geheime Beichte an, ſondern bedeutet die gantze Handlung der oͤffentlichen Buſſe. Die - ſe Regul iſt durch dasjenige, ſo bißher geſaget worden, bereitsdeutlich. Ferner ir -retn 2100I. Abth. II. Cap. Von der Beichteret man darinn / wenn man dasjenige / was die Kirchen - Vaͤter wieder die Nouatianer diſputiret, auf die Ohren - Beichte / oder wie ſie ſonſt heute beſchaffen iſt / ziehen will. c)2) Regul.Die andere Regul lautet ſo: So offt die Kirchen-Vaͤter wie - der die Nouatianer diſputiren, erheben ſie die wahre Kir - che, daß ſie denen gefallenen die Hoffnung, wieder aufge - nommen zu werden, nicht beſchneide, welche Worte aber keines weges auf die heutige Beichte zu ziehen. Denn die Vergebung oder Erlaſſung der Suͤnden, davon ſie reden, beſtun - de darinnen, daß die Kirche das ihr angethane Unrecht, wenn ſolches durch oͤffentliche Buſſe getilget worden, vergeſſen, und die Gefallene wieder in ihren Schooß aufgenommen hat. Man brauchte hierzu keinen Beicht-Stuhl, es ware keine Vergebung an GOttes ſtatt.Weiter vergeht man ſich damit / wenn man der Kirchen - Vaͤter ihre Worte / die ſie von der Vergebung der Suͤnden uͤberhaupt vorgebracht / auf eine beſondere vorher gegange - ne Beichte zu zerren gedencketd)3) Regul.Die dritte Regul iſt dieſe: Die Lob-Spruͤche, ſo die Kirchen - Vaͤter der Bekennung der Suͤnden beylegen, es mag ſol - che entweder GOtt in geheim, oder oͤffentlich der Gemein - de geſchehen ſeyn, koͤnnen nicht von einer geheimen Beich - te verſtanden werden. Denn alle die Stellen, da der Verge - bung Meldung geſchiehet, reden von der, da entweder GOTT, oder die Kirche, das ihr angethane Unrecht verziehen hat, wenn etwa ein Glied in grobe Suͤnden verfallen. e) Die. Endlich iſt dieſes ein groſ - ſer Jrrthum / wenn man der Kirchen-Vaͤter ihre conſilia, die ſie wegen der beſondern Beichte gegeben / alſo erklaͤrenwill /(b)deutlich gemacht. Jch koͤnte noch gar vieles hievon beybringen, will es aber verſparen, biß meine Gedancken von der Kirchen - Buſſe an den Tag gebe. Sodann will deutlich genug zeigen, daß durch exomologeſin die gantze Handlung der oͤffentlichen Buſſe zu verſtehen ſey.101der verborgenen Suͤnden. will / daß allen und jeden Chriſten anbefohlen geweſen / zu gewiſſer Zeit ſich bey einem Prieſter einzufinden / und ihm ihre Suͤnden zu bekennen / von ihm aber hernachmahls die aſolution zu gewartene)Die vierte Regul iſt endlich dieſe: Wenn man auch in denen4) Regul. Schrifften der Vaͤter etwas von der Beichte findet, die dem Prieſter geſchehen ſoll, ſo ſind ihre Worte lauter An - rathen, Conſilia, keinesweges aber Geſetze, die alle und je - de Chriſten zur Beobachtung verpflichtet. Ehe Innocenti - us mit ſeiner Verordnung gekommen, ſo iſt noch keine Satzung heraus geweſen, die alle und jede zur Beichte angehalten. Die Patres ſagten zwar, wie dergleichen Beichte nuͤtzlich, doch hielten ſie ſolche nicht vor nothwendig. Viele Kirchen-Lehrer ſagten, daß man die Vergebung der Suͤndenerhalten koͤnnte, wenn man nur GOtt beichtete, wie ich bald zeigen will. Dieſe Reguln aber habe ich einem gewiſſen Engellaͤnder zu dancken, der ohne ſeinen Nahmen folgende Schrifft heraus gegeben: A diſcourſe concer - ning auricular confesſion, as it is preſcribed by the concil of Trent, and practiſed in the church of Rome. .

§. XII.

Es mag aber die Lehre von der geheimen Beich -Es iſt zur Vergebung der Suͤn - den zu ge - langen nur noͤthig, Gott zu beichten. te noch ſo viele Anhaͤnger gefunden haben / ſo ſind doch auch einige von denen beruͤhmteſten Kirchen-Lehrern in der Mei - nung geſtanden / daß man derſelben wohl entbehren koͤnnte. Sie hielten dafuͤr / daß ſolche zu Vergebung der Suͤnden nichts beytruͤge. Es waͤre dazu weiter nichts noͤthig / als daß man GOtt aus rechtem Hertzens-Grund beichtete. Hie - her zehle ich aus dem vierten Seculo den Biſchoff zu Poictiers, Hilarium, welcher dafuͤr gehalten / daß man zur Verge - bung der Suͤnden zu gelangen / keine andere Beichte noͤthig haͤtte / als dieſe ſo GOtt geſchehea)Er ſaget von David: Confeſſionis autem cauſam addidit dicens:Zeugniß Hi[i]- larii. Quia feciſti, authorem ſcilicet vniuerſitatis hujus dominum eſſe confeſſus; Nulli alii docens confitendum, quam qui fecit oliuamfructi -. Baſilius / der Ertz-Bi -ſchoffn 3102I. Abth. II. Cap. Von der Beichteſchoff zu Cæſarea in Cappadocia, da er ſeine Gedancken / uͤber die Davidiſche Woꝛte / da er nur in dem Hertzen ſeuffzete / endecket / ſaget er: Jch bekenne nicht mit denen Lippen, daß ich mich vielen kund machte; ſondern inwendig in dem Her - tzen, mit verſchloſſenen Augen, dir allein, der in das verbor - gene ſiehet, zeige ich meine Seuffzer, und aͤchze in mir ſelbſten. Denn ich brauchte nicht viel Worte zur Beichte oder zur Buſ - ſe. Die Seuffzer meines Hertzens waren genug zur Beichte, und darum ware es genug, daß ich die Klagen aus innerſter Seele zu dir mein GOtt abſchickte.

Anderer Vaͤter Leh-re.
189

§. XIII.

Der Ertzbiſchoff zu Meyland / Ambroſius, der mit Baſilio zu gleicher Zeit gelebet / da er auf die Thraͤ - nen Petri kommt / ſaget era)Ambroſii. In Cap. XXII. Lucæ. Lauánt lachrymæ delictum, quod voce pudor eſt confiteri. Et veniæ fletus conſulunt, & verecundiæ. Lachry - ſine offenſione culpam loquuntur. Lachrymæ crimen ſine of - fenſione verecundiæ confitentur. Lachrymæ veniam non po - ſtulant, ſed merentur. Petrus doluit & fleuit, quia errauit vt homo. Non inuenio, quid dixerit; inuenio quod fleuerit. Lachrymas ejus lego, ſatisfactionem non lego. Sed quod de -[t]endi non poteſt, ablui poteſt. conf. c. 1. 2, de pœnit, diſt. 1. b) Ho -: Die Thraͤnen tilgeten die Suͤnde / ſo man zu beichten und zu bekennen Scheu truͤge. Die(a)fructiferam ſpei miſericordia in ſeculum ſeculi. Et quis hic ſit, qui fecit iſta, demonſtrat, dicens: Et expectabo nomen tuum; quia bonum eſt in conſpectu ſanctorum tuorum. Expectabit ergo Dei nomen, cui confitetur. b)Baſilii. Tom. I. p. 208. c. Οϒ γὰρ ἵνα τοῖς πολλοῖς φανἐρὸς γένωμαι, τοῖς χεί - λεσιν ἐξομολογου̃μαι. ἔνδοι δὲ ἐν ἀυτῆ τῇ καρδία τὸ ὄμμα μύων σοι μό - νω τῶ βλέποντι τὰ ἐν κρυπτῶ, του̃ς ἐν ἐμαυτῶ ςεναγμο῀ις ἐπιδεινύω, ἐν ἐμαυτῶ ὠρυόμενος. ου᾽δὲ γὰρ μακρὼν μοι λόγων χρεία τῶ πρὸ〈…〉〈…〉 τὴν ἐξομολόγησιν. ἀπίκρουν γὰρ ὁι ςεναγμοὶ τῆς καρδίας μου πρὸς ἐξο - μολόγησιν, καὶ ὁι ἀπὸ βάϑοις ψηχῆς πρὸς σε τὸν Θεὸν ἀναπεμπό - μενοι ὀδυρμοὶ.103der verborgenen Suͤnden. Die Thraͤnen erhielten Vergebung. Petrus haͤtte gewei - net und nichts geſagt. Was man nicht entſchuldigen koͤn - te / das koͤnte man doch abwaſchen. Es hat alſo Ambroſius die Beichte / ſo dem Prieſter geſchiehet / vor unnoͤthig zur Vergebung der Suͤnden gehalten. Von Chryſoſtomi Mei - nung iſt ſchon geredet worden / ich beruffe mich aber zum Uberfluß noch auf eine andere Stelle aus dieſem Vater / da ſeine Meinung dahin gehetb)Homil. 59. die die 9. de pœnit. iſt. Jn Lateiniſcher Sprache lauten dieChryſoſtomi. Worte ſo: Quoties cecideris in foro, toties exſurgis: Sic quo - ties peccaueris, peccati pœniteat, neque deſperes. Tametſi ſe - cundo peccaueris, ſecundo pœniteat, ne propter ignauiam a ſpe propoſitorum bonorum excidas: Etiamſi in vltima ſenectute ſis, ſi peccaueris, ingredere, pœnitentiam age. Medicinæ hic locus eſt, non judicii, in quo peccatorum non pœna exigitur, ſed re - miſſio tribuitur. Deo ſoli dic peccatum tuum: Tibi ſoli peccaui, et malum coram te feci, & dimittitur tibi peccatum tuum. : So offt man geſuͤndiget / ſolte man Reue haben. Man ſolte GOtt allein ſeine Suͤn - de herſagen / und ſprechen: An dir allein hab ich geſuͤndi - get / und Unrecht vor dir gethan / und ſo wuͤrde uns die Suͤnde vergeben werden.

§. XIV.

Auguſtinus iſt unter allen Religionen inAuguſtini Lehre. groſſem Anſehen / und daher das Sprichwort entſtanden: Die gantze Welt ſey Auguſtinianiſch worden. Jch zweifle alſo auch nicht / ſie werde folgende Lehre unſers Vaters e - benfals billigen. Denn da er auf die Worte Davids komt: Jch ſprach, ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen, da vergabeſt du mir die Miſſethat meiner Suͤnden; hegt er folgende Gedanckena)In Pſalm. 32. Dixi. Quid dixiſti? Non jam pronuntiat, ſed pro -Seine eigene Worte.mittit: Jch ſprach: Was ſpracheſt du? Er hat nichts geſagt, ſondern verſpricht nur, daß er es ſagen wol - te, und er vergiebt ihm dennoch ſchon. Mercket auf ihr Bruͤ -der,104I. Abth. II. Cap. Von der Beichteder, es iſt eine wichtige Sache. Es ſaget David: Jch will bekennen. Er ſaget nicht ich habe bekennet, und du haſt mir vergeben. Er ſaget ich will bekennen, und du haſt mir ver - geben; Denn indem er geſprochen, ich will bekennen, ſo zeiget er an, daß er ſolches noch nicht gethan, aber in dem Hertzen hatte er ſchon bekant. Dieſes aber, da er ſaget, ich will beken - nen, iſt das Bekaͤntniß; darum vergabſt du auch mir die Miſ - ſethat meiner Suͤnden; meine Bekaͤntniß aber ware noch nicht in dem Munde. Jch ſagte ich will wieder mich bekennen; aber GOtt hat die Stimme meines Hertzens ſchon gehoͤret. Meine Stimme ware noch nicht durch den Mund gedrungen, aber GOttes Ohr ware ſchon in meinem Hertzen. Hiermit zeiget Auguſtinus deutlich genug an / daß GOtt / denen / die zerſchlagenes Hertzens ſind / ohne daß ſie Menſchen beichten und von ihnen abſoluiret werden / die Suͤnden vergaͤbe.

Lehre Gra - tiani vonder Beichte.
194

§. XV.

Ja was ſage ich von denen alten Zeiten / da man im zwoͤlfften Seculo, und alſo nicht allzulange vor der Einfuͤhrung der Ohren-Beichte / dafuͤr gehalten / es waͤre die Beichte / ſo Menſchen geſchiehet / nicht noͤthig. Gratianus, der die Decreta zuſammen getragen / traͤget im Anfang ſei - nes tractats von der Buſſe die Frage fuͤr. Ob allein durch die Zerknirſchung des Hertzens, und geheime Genugthuung, ohne daß man mit dem Mund beichte, jemand GOtt ein Ge - nuͤgen thun koͤnne. Denn, faͤhret er fort / es ſind einige, die da ſagen, daß man Vergebung der Suͤnden erhalten koͤnne, ohnedaß(a)mittit ſe pronunciaturum, & ille jam dimittit. Attendite fratres. Magna res. Dixit, pronunciabo. Non dixit, pronunciaui, & tu dimiſiſti. Dixit, pronunciabo & tu dimiſiſti, quia ex ipſo quod di - xit pronunciabo; oſtendit, quia nondum pronunciauerat, ſed cor - de pronunciauerat. Hoc ipſum dicere pronunciabo, pronuncia - re eſt; ideo & tu remiſiſti impietatem cordis mei. Confeſſio vero mea ad os nondum venerat. Dixeram enim pronunciabo ad - verſum me; veruntamen Deus audiuit vocem cordis mei. Vox mea in ore nondum erat, ſed auris Dei jam in corde erat. a) Gra -105der verborgenen Suͤnden. daß man der Kirchenbeichte, und vor das geiſtliche Gerichte kommea)Gratianus ſub initium tract. de pœnit. Vtrum ſola cordis contriSeine eigene Worte. tione & ſecreta ſatisfactione absque oris confesſione, quisquam poſſit Deo ſatisfacere? Sunt enim qui dicunt, quemlibet cri - minis veniam ſine confesſione eccleſiæ & ſacerdotali judicio pos - ſe promereri. &c. . Man muthmaſſet hieraus nicht unrecht / daß noch zu dieſes Moͤnchs Zeiten verſchiedene geweſen / die auf die Beichte / ſo denen Prieſtern geſchiehet / nicht zu viel gehal - ten. Gratianus bringet ebenfals verſchiedene Schrifft-Stel - len und Worte der Patrum bey / die dergleichen behaupten. Allein damit er doch auch niemand zu nahe treten moͤchte / fuͤhret er auch des Gegentheils Worte an. Denn da hat er viele Stellen eingeſchaltet / die da behaupten / man koͤnte ohne Beichte bey denen Prieſtern die Vergebung der Suͤn - den nicht erhalten. Was er hierbey vor eine Meinung ge - heget / hat er nicht entdecket / ſondern die gantze Sache dem Gutduͤncken ſeiner Leſer uͤberlaſſen. Er ſagetb)Gratianus cit. l. poſt. c. 89. Quibus auctoritatibus vtraque ſen -Abermahls ſei - ne Worte. tentia, ſatisfactionis & confesſionis innitatur; in medium breui - ter expoſuimus. Cui autem harum potius adhærendum ſit, le - ctoris judicio reſeruatur. Vtraque enim fautores habet ſapientes & religioſos viros. a) Es: Auf was vor Anſehen oder Gruͤnden beyderſeits Meinung beruhe, ha - be ich kuͤrtzlich beruͤhret. Welche aber davon am meiſten zu billigen, uͤberlaſſe ich dem Urtheil eines Leſers. Beyde Mei - nungen haben weiſe und fromme Leute zu ihren Verthevdi - gern. Petrus Lombardus, der mit Gratiano zu einer Zeit gelebet / bringet auch beyder Theile Meinungen bey / allein er pflichtet endlich der irrigen Lehre bey / daß die Suͤnden nicht vergeben wuͤrden / es waͤren denn ſolche denen Prie - ſtern gebeichtet worden. Seine Gruͤnde aber ſind ſchwach und bedeuten nichts.

Das(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) o106I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,

Das dritte Capitel. Von Der ſolennen Ohren-Beichte, Die Innocentius III. im XIII. Seculo eingefuͤhret.

§. I.

Urſachen des von In - nocentio III beruffenen Concilii.
197

B hieher habe in aller Kuͤrtze den Zuſtand der Beich - te / ſo denen Prieſtern geſchiehet / biß auf das XII. Seculum gezeiget. Zu Anfang aber des dreyzehen - den Jahrhunderts hat dieſe Sache ein gantz anderes An - ſehen bekommen. Denn der Pabſt Innocentius III. beruf - te in dem Lateran ein Concilium, allwo unter andern auch eine neue Art der Beichte ausgehecket wordena)Wer Inno - centius und wie er beſchaf - fen geweſen.Es ware Innocentius aus Champagne gebuͤrtig, und vormahls ein Zuhoͤrer der Theologie auf der Univerſitaͤt zu Pariß geweſen. Als er das ſieben und dreyſigſte Jahr erreichet, wurde er im Jahr 1198. zum Pabſt erwehlet. Er ware gar ein leichtfertiger Vogel, aus deſſen Reden und Thun, nichts als Hochmuth und Tyran - ney zu erkennen war, ob ihn ſchon Rom ſehr zu erheben pfleget. Sein gantzes Thun gienge dahin, daß er die Kaͤyſerliche und Koͤ - nigliche Gerechtſame ſchwaͤchte, und den Paͤbſtlichen Sitz in die Hoͤhe braͤchte. Hierzu aber zu gelangen, truge er kein Bedencken es durch Meineid, Grauſamkeit und andern unzulaͤßigen Mit - teln zu bewerckſtelligen. Es wird dieſerwegen Innocentius von einigen Nocentius genennet. Man erwaͤge nur, wie viel Donner - Strahlen des naͤrriſchen Bannes er wider die Keyſer Philippum, Ottonem IV., Fridericum II. und die Koͤnige in Franckreich und Engelland er loßſchieſſen laſſen. Alles wurde bey ihm nach dem intereſſe abgemeſſen, und hat er viel Morden und Blutvergieſſen angerichtet. Dergleichen vortreffliche Thaten von ihm findet man aufgezeichnet bey Matthæo Pariſienſi, Vrſpergenſi, Sigonio,Beruffung ſei - nes Concilii. Howedeno und andern. Das Concilium aber, davon wir reden,wurde. Manweiß107ſo Innocentius III. eingefuͤhret. weiß aus denen Geſchichten derſelbigen Zeit / daß dazumahl eine groſſe Menge von der Geiſtlichkeit in Rom geweſen. Es fanden ſich die koͤniglichen Redner von allen Landen / und ihre Procuratores ein. Der Biſchoͤffe waren in die 412 / und unter ſolchen zwey Patriarchen / der Conſtanti - nopolitaniſche / und der von Jeruſalem. Von Primatibus und Ertzbiſchoͤffen ware die Zahl auf 71 / die Aebte aber und Priores belieffen ſich uͤber 800. Warum dieſes Concilium beruffen worden / findet man folgende Urſachen / nehmlich daß der Catholiſche Glaube wieder die Ketzereyen verthey - diget / einige Jrrthuͤmer verdammet und ausgerottet / an - bey auch die Kirchen-Zucht verbeſſert wuͤrde. Die vornehm - ſte Urſache aber ſoll darinn beſtanden haben / daß Jeruſalem von dem Joch derer Saracenen befreyet werden moͤchteb)Conf. Caueus de ſcript. Eccleſ. Sec. XIII. pag. 660. Innocentius ap -Die wahrhaff - te Urſache daſ - ſelben. plicirte dieſerwegen Chriſti Worte, Luc. XXII, 15. auf ſich, da der Heyland geſprochen: Mich hat hertzlich verlanget diß O - ſterlamm mit euch zu eſſen, ehe denn ich leide. Die wahr - haffteſte Urſache aber dieſes Concilii iſt ohne Zweiffel folgende geweſen, daß Innocentius Geld zuſammen braͤchte, und durch Huͤlffe ſolches wider die Albigenſer die Waffen ergreiffen koͤnte. Man beſchloſſe auch einen Zug wider die Saracenen, der aber erſtEin und das andere, ſo da mahls beſchloß ſen worden. unter Honorio Ao. 1217. ſeinen Anfang gewonnen. Innocentius wolte ſich auch damahls einer Herrſchafft in das Koͤnigreich En - gelland anmaſſen, und thate die Reichs-Staͤnde in den Bann. Die Lehre von der transſubſtantiation wurde unter die Glaubens - Articul geſetzet. Innocentius unterlieſſe auch nichts, die Paͤbſtli - che Allmacht, wenn man ſo reden darf, immer feſter zu ſetzen. conf. Spanhemii introd, ad Hiſt. ſacr. Sec. XIII. p. m. 407. a) Dieſe.

§. II.

(a)wurde Ao. 1205. zu Anfang des Novembris beruffen, und iſt unter denenjenigen, ſo in dem Lateran gehalten worden, das vierte; un - ter denen aber, ſo die Papiſten Oecumenica nennen, nimmt es die zwoͤlffte Stelle ein.

o 2108I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,
Verord - nung der geheimenBeichte.
200

§. II.

Unter andern leichtfertigen Lehren / ſo damahls auf die Bahn / iſt auch eine gantz neue façon von der gehei - men Beichte auf das tapet gekommen. Jn dieſen Zeiten muß man den Anfang der heute zu Tage gewoͤhnlichen Beichte ſetzen. Innocentius gienge von dem alten Gebrauch gaͤntzlich ab / welches vornemlich darinn beſtunde / daß er allen dasjenige aufferlegte / was vor dieſem in eines jeden Willkuͤhr geſtanden. Laſſet uns ſeine eigne Worte hieher ſetzena)Die eignen Worte der Verordnung.Dieſe Verordnung iſt in dem 21. canone des Concilii zu befinden. Jn denen Paͤbſtlichen Rechten iſt ſolche c. 12. X. de pœnit. & remiſſ. zu leſen. Die eignen Worte lauten ſo: Omnis vtriusque ſexus fidelis, poſtquam ad annos diſcretionis peruenerit, omnia ſua ſolus peccata, ſaltem ſemel in anno fideliter confiteatur, proprio ſacerdoti, & injunctam ſibi pœnitentiam, propriis viribus ſtude - at adimplere, ſuſcipiens reuerenter ad minus in Paſcha euchariſtiæ ſacramentum: niſi forte de proprii ſacerdotis conſilio ob aliquam rationabilem cauſam, ad tempus ab huiusmodi perceptione duxe - rit abſtinendum: alioquin & viuens ab ingreſſu eccleſiæ arceatur, & moriens Chriſtiana careat ſepultura. Vnde hoc ſalutare ſtatu - tum frequenter in eccleſiis publicetur ne quisquam ignorantiæ cœcitate, velamen excuſationis aſſumat. Si quis autem alieno ſa - cerdoti voluerit juſta de cauſa ſua confiteri peccata, licentiam prius poſtulet a proprio ſacerdote, cum aliter ipſe illum non posſit ab - ſoluere, vel ligare. Sacerdos autem ſit diſcretus & cautus, vtmore: Alle Glaͤubige beyderley Geſchlechts, wenn ſie zu ihrem Verſtande kommen, ſollen alle ihre Suͤnden des Jahrs wenigſtens einmahl ihrem Prieſter bekennen, und die ihnen auf - gelegte Buſſe aus eignen Kraͤfften verrichten, auch das heili - ge Nachtmahl zum wenigſten zur Oſterzeit gebuͤhrend genie - ſen, es waͤre denn, daß ſie auf Anrathen ihres Prieſters um wichtiger Urſache willen ſich von dieſem Mahl einige Zeit ent - halten wolten; Wenn dieſes nicht iſt, ſo ſoll ein ſolcher, weil er lebet, in dem Bann ſeyn, und wenn er verſtirbet, keine Chriſt - liche Begraͤbniß haben. Man ſoll alſo dieſe heilſame Verord -nung109ſo Innocentius III. eingefuͤhret. nung oͤffters in der Gemeine kund machen, damit niemand ei - ne Entſchuldigung vorzuwenden habe, er haͤtte ſolches nicht gewuſt. Wolte aber jemand einem andern Prieſter aus einer rechtmaͤßigen Urſache ſeine Suͤnden beichten, ſo ſoll er vor - hero von ſeinem eignen Prieſter Erlaubniß dazu ausbitten, weil ohne dieſes der andere ihn nicht loßzehlen oder binden kan. Der Prieſter aber ſoll beſcheiden und vorſichtig ſeyn, daß er nach Art eines erfahrnen Artztes Wein und Oele in die Wunden gieſſe, fleißig die Umſtaͤnde des Suͤnders und der Suͤnden unterſuche, dadurch er recht erfahre, was er ihm vor einen Rath geben, und vor Mittel anwenden moͤge, und alſo verſchiedene Erforſchungen gebrauche, dem Krancken zu helffen. Er ſoll ſich aber huͤten, daß er weder mit Worten noch Zei - chen, noch auf eine andere Weiſe den Suͤnder verrathe, ſon - dern wenn er in der Sache Raths beduͤrfftig, er ſolchen ein - ziehe, ohne das geringſte von der Perſon zu gedencken. Denn wer eine Suͤnde, die ihm in dem Beicht-Gerichte entdecket wor - den, zu offenbahren ſich unterfaͤngt, ſoll nicht alleine des Prie - ſterlichen Amtes entſetzet werden, ſondern man ſoll ihn auch in ein wohlverwahrtes Kloſter ſtoſſen, daß er darinn lebens - lang Buſſe zu thun gehalten ſey.

§. III.

Dieſes geſchahe alſo in der Lateiniſchen Kirche. Gebrauch der Griechi - ſchen Kiꝛche.Die Griechiſche bliebe dabey / daß es genug waͤre / wennman(a)vt more periti medici ſuper infundat vinum & oleum vulneribus ſauciati, diligenter inquirens & peccatoris circumſtantias, & peccati, quibus prudenter intelligat, quale debeat ei præ - bere conſilium & cuiusmodi remedium adhibere, diuerſis experi - mentis vtendo ad ſaluandum ægrotum. Caueat autem omnino, ne verbo, aut ſigno, aut alio quouis modo, aliquatenus prodat pec - catorem, ſed ſi prudentiori conſilio indiguerit, illud absque vlla expresſione perſonæ, caute requirat: quoniam qui peccatum in pœnitentiali judicio ſibi detectum præſumſerit reuelare, non ſo - lum a ſacerdotali officio deponendum decernimus, verum etiam ad agendam perpetuam pœnitentiam, in arctum monaſterium de - trudendum. a) Gloſſao 3110I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,man GOtt ſeine Suͤnden beichtete. Die Gloſſa des cano - niſchen Rechtes ſaget alſo / es waͤre beſſer / wenn man vor - gaͤbe / die Beichte ſey eine allgemeine Kirchen-Verordnung / als wenn man ſolche aus der Schrifft beweiſen wolte. Sie ſchlieſſet derowegen mit folgenden Wortena)Wird etwas erklaͤret.Gloſſa ad rub. diſt. 5. de pœnit. Ergo neceſtaria eſt confeſſio in mor - talibus apud nos, apud Græcos non, quia non emanauit apud illos traditio talis, ſicut nec conficiunt in azymis. Daß aber die Griechiſche Kirche dafuͤr gehalten, man haͤtte der Beichte, die Menſchen geſchiehet, nicht noͤthig, kan man aus dem c. 90. diſt. 1. de pœnit. unter andern abnehmen. / daß die Beichte in Tod-Suͤnden bey der Lateiniſchen Kirche noͤthig waͤre / aber nicht bey denen Griechen / weil dieſe keine ſol - che tradition haͤtten.

Anmeꝛckun - gen uͤber In - nocentii Verord - nung 1) von de - nenjenigen, ſo ſich des Abend - mahls be - dienen ſol-len.
203

§. IV.

Ehe ich aber weiter gehe / muß ich zuvor uͤber Innocentii Verordnung einige Anmerckung machen. Da derſelbe gewolt daß nur diejenigen beichten / und das A - bendmahl genieſſen ſolten / die bey ihrem Verſtande waͤren / ſo ſtimmen auch die unſrigen damit ein? Jn der alten Kirche aber ware gebraͤuchlich / auch kleinen Kindern das Nachtmahl zu reichen. Jn dem Tridentiniſchen Concilio entſtunde daruͤber ein groſſer Streit. Paulus Sarpius re - det davon alſoa)Streit auf dem Trident. Concilio. Paulus Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. VI. p. m. 907. ſeq. Sex - tum articulum Theologi paucis abſoluerunt, exiſtimantes, Eucha - riſtiam non eſſe ſacramentum neceſſitatis. Cum enim D. Paulus præceperit, iis qui illud ſumturi ſunt, vt ſe ipſos prius probent, an digni ſint, nec ne, cenſebant inde manifeſtum eſſe, ſacramentum illud non poſſe miniſtrari, niſi iis, qui recta ratione vti poſſunt,quod: Mit dem ſechſten Articul wurden die Theo - logi in kurtzen fertig, da ſie dafuͤr hielten, das Nachtmahl ſey kein nothwendiges Sacrament. Denn da der heilige Apoſtel Paulus gebothen, daß diejenigen, ſo ſolches genieſſen wolten, ſich zuvor ſelbſt pruͤffen, ob ſie wuͤrdig hinzu gehen koͤntenoder111ſo Innocentius III. eingefuͤhret. oder nicht, hielten ſie dafuͤr, man koͤnte ſolches Sacrament keinen andern als denenjenigen reichen, welche ihren Verſtand vollkommen brauchten; wenn in der alten Kirche bißweilen ein anders gebraͤuchlich geweſen, ſey es geſchehen, da die Wahr - heit noch nicht ſo klar und deutlich am Tage geweſen, und mu - ſte alſo das Concilium einen ſolchen Schluß faſſen, der ſich auf jetzige Zeiten ſchickte. Aber da mangelte es nicht an etlichen, welche erinnerten, man muͤſte von dem Alterthum mit meh - rerer Beſcheidenheit reden, und keines weges ſagen, daß jene alte Vaͤter die Wahrheit nicht eingeſehen. F. Deſiderius Pa - normitanus, aus den Carmeliter-Orden, hat allein dafuͤr ge - halten, man moͤchte dieſen Articul auslaſſen; Weil ſolches von denen Proteſti renden dieſer Zeit nicht in Zweiffel gezogen worden, und alſo unnoͤthig waͤre, durch Abhandlung deſſel - ben Neuigkeiten herfuͤr zubringen. Man koͤnte die Sache auf beyderley Art wahrſcheinlich machen: erfuͤhre man aber, daß auf dem Concilio davon gehandelt worden, ſo wuͤrden ihrer viele ſo curieus ſeyn, und die Sache weiter unterſuchen ꝛc. Es zeigte nachgehends Panormitanus, daß das Nachtmahl ein nothwendiges Sacrament / und was die Pruͤffung be - traͤffe / ſo vor Empfang deſſelben hergehen ſolte / ſo waͤre ſolches nur von denen erwachſenen zu verſtehen / und be -ſchlieſſet(a)quod ſi in veteri eccleſia alicubi contra obſeruatam ſit, id factum, vbi & quando veritas non adeo clara ac perſpecta fuit, atq; hoc tem - pore, quo a concilio ſtatuendum, vti hujus ſeculi vſus obtineat. Atque his non deerant, qui monerent, de antiquitate reuerentius loquendum, neque affirmandum, patres illos priſcos cognitio - ne veritatis fuiſſe deſtitutos. F. Deſiderius Panormitanus ordinis fratrum Carmelitarum, ſolus cenſuit, articulum hunc omittendum: quod cum a noſtri leculi proteſtantibus id in quæſtionem vocatum non fuerit, non videretur tempeſtiuum, ejus tractatione, noui - tates in medium adducere: rem ipſam in vtramque partem pro - babiliter diſceptari poſſe: vbi vero percrebuerit agitatam in ſyno - do, multorum curioſitatem ad altiorem disquiſitionem facile ſti - mulatum, & ceſpitandi occaſionem datum iri. &c. 112I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichteſchlieſſet endlich / daß er den Gebrauch / da man denen Kin - dern dieſes Mahl verſaget / allerdings billige.

2) Von ſpe - cialeꝛ Beich - te allerSuͤnden.
205

§. V.

Der Papſt Innocentius ſetzet in ſeiner conſti - tution ferner / daß die Beichte aller Suͤnden geſchehen ſol - te. Unſere Theologi, ob ſie gleich nicht in Abrede ſind / die Beichte ſo dem Prieſter geſchiehet / ſey an ſich ſelbſt in der Bibel gegruͤndet; ſo haben ſie dennoch tuͤchtige Beweiß - Gruͤnde vorgebracht / daß die Beichte aller Suͤnden ein pures ohnmoͤgliches Werck ſey. Allein der Pabſt hatte viel - leicht politiſche Urſachen / warum er die ſpeciale Erzehlung3) Von dem proprio ſa - cerdote. der Suͤnden allen Chriſten ſo kraͤfftig anbefohlena)Intention bey ſpecialer Suͤnden - Beichte.Denn es trifft vielleicht dieſes hier gantz beſonders ein: Scire volunt ſecreta domus atque inde timeri. Denn auf ſolche Art, wenn man alles denen Pfaffen erzehlen muß, was man begangen, koͤnnen ſie hinter die groͤſten Geheim - nuͤſſe, die den Staat gar offt ſelbſt betreffen, kommen. Dieſes wiſſen ſie ſich hernachmahls gar meiſterlich zu Nutze zu machen.. Was von dem eigenen Prieſter in der conſtitution gemeldet wird / da haben die Papiſten ſelbſt ein groſſes Aufheben / was dar - unter vor eine Perſon zu verſtehen / gemeiniglich aber er - klaͤren ſie ſolches von demjenigen / in deſſen Sprengel man eingeſchloſſen iſtb)Meinung Launoii und Natal. Ale - xandr. de pro - prio ſacer - dote. Der durch viele Schrifften beruͤhmte Joh. Launojus hat einen beſondern tractat uͤber die Worte von dem proprio ſacerdote ge - ſchrieben, und verſtehet darunter den Parochum, oder Pfarrherrn jedes Kirchſpiels. Der beruͤhmte Natalis Alexander in ſeiner Hiſtor. Eccles. ad ſec. XIII. & XIV. Disſ. IV. §. 2. pflichtet ihm hierinnen bey, jedoch ſo, daß dadurch das Anſehen des Pabſtes in der gantzen Chriſtenheit, und derer Biſchoͤffe in ihren diœceſen nicht gekraͤn - cket werde. Andere ſind anderer Meinung, wie bey Natal. Ale - xandro cit. l. zu ſehen. a) Als.

§. VI. 113ſo Innocentius III. eingefuͤhret.

§. VI.

Innocentius, da er ſaget / man ſolte daran ſeyn /4) Anmer - ckungẽ von der Genug - thuung vor die Suͤnde. daß man die aufferlegte Buſſe aus eignen Kraͤfften erfuͤlle, giebet damit zu verſtehen / daß er die Genugthuung vor ein weſentliches Stuͤck der Buſſe angeſehen. Allein die Ge - nugthuung / ſo GOtt vor die Suͤnde geſchehen ſoll / hat Chri - ſtus bereits vor uns verrichtet. Wir koͤnnen alſo nichts thun / als daß wir uns Chriſti Genugthuung im Glauben zueignen. Das Wort Genugthuung wurde von denen al - ten auch keinesweges in dieſem Verſtande genommen / daß ſie dadurch eine zeitliche Straffe vor die begangene Suͤnde verſtanden. Sie deuteten durch das Genugthun vielmehr die Beſſerung des Lebens und Vermeidung der Suͤnde an. Sie ſahen alſo die Canoniſchen Straffen keinesweges als weſentliche oder nothwendige Stuͤcke einer rechtſchaffenen Reue und Buſſe ana)Als man aber ſatisfactiones canonicas aufbrachte, ſo wurde derWenn ſolche anbefohlen wird. Suͤnder nicht abſolviret, biß ſolche in das Werck gerichtet. Vor - jetzo aber ſind die Papiſten geldbegierig, und legen ihre Genuͤge - Leiſtungen erſt nach der abſolution auf. vid. Marc. Anton. de Do - minis de Republ. Eccleſ. Lib. V. cap. 7. Keine Genugthuung gilt bey ihnen etwas, wenn ſolche nicht von der Kirche, das iſt, von der Cleriſey aufgeleget worden. vid. Albaſpinæus obſerv. Lib. II. obſ. 3. b) Inno -.

§. VII.

Vor dieſem gebrauchten die Chriſten das Abend -5) Anmer - ckung von dem Ge - brauch des Abend - mahls. mahl ſo zu ſagen alle Tage. Nachmahls ſtellete man auf die vornehmſten Feſt-Taͤge / ſolenne communion an / unterlieſ - ſe aber darum nicht / auch zu anderer Zeit das Abendmahl auszuſpenden. Innocentius aber meinet / die Geiſtlichkeit koͤnne zufrieden ſeyn / wenn ein Chriſte des Jahrs nur ein - mahl das Abendmahl genoͤſſe. Meinem Erachten nach iſt hierunter nichts unbilliges / wiewohl die unſrigen zuweilen Innocentium treflich daruͤber von der Cantzel herunter zumachen(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) p114I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,machen wiſſen / auch / weil ſie ſeine Worte nicht ſelbſt geleſen / dem Pabſt einen gantz andern Verſtand aufdringena)Wie offt man[j]aͤhrlich das A - bendmahl ge - brauchen ſoll.Innocentius ſaget nicht, daß man nicht oͤffter zum Abendmahl gehen ſolte oder duͤrffte, ſondern er meinet nur, die Pflicht eines Chriſten bringe es mit, daß man wenigſtens des Jahrs einmahl ſich als ein Gaſt dieſer himmliſchen Mahlzeit einfaͤnde. Wenn ein Chriſt dieſes beobachtete, ſo ſolte die Geiſtlichkeit nichts dagegen einzuwenden haben. Warum wollen wir dieſerwegen auf Innocen - tium boͤſe ſeyn? Das Abendmahl iſt ja an ſtatt des Oſterlamms eingeſetzet, und ſolches genoſſe man ja des Jahrs nur einmahl. Jch weiß aber gar wohl, was einige vor Sophiſtiſche Streiche machen, den Pabſt eines groben Jrrthums zu uͤberfuͤhren. Sie ſagen: wenn man nur einmahl des Jahrs zum Abendmahl gehen ſolte, ſo folgte auch, man duͤrffte nur einmahl des Jahrs Buſſe thun, und Reue uͤber ſeine Suͤnden haben. Alle Verſtaͤndige werden ſich uͤber ſolchen Schluß mocquiren. Man ſoll taͤglich Reue und Leid uͤber ſeine Suͤnden bezeugen, aber darum ſoll man nicht taͤg - lich zum Abendmahl gehen. b) Das. Was manche wieder ihn noch mehr zum Eifer antreibet / iſt dieſes / daß der Pabſt geſetzet: man koͤnne um wichtiger Urſachen willen auch in einem Jahr gar nicht zum Abend - mahl gehen. Hier fragen ſie / was doch wohl dieſes vor eine Urſache ſeyn muͤſte? Jch will wedeꝛ ſolche ausfuͤndig machen / noch mich mit denen Theologis in einen Streit einlaſſen / ob man nothwendig zum Abendmahl gehen muͤſſe / oder durch Zwang dazu angehalten werden koͤnne. Mich duͤn - cket / daß es zum wenigſten beſſer waͤre / wenn man denen Leuten frey lieſſe / ob ſie dieſe himmliſche Mahlzeit genieſſen wolten oder nicht. Die Chriſtliche Freyheit ſcheinet derglei - chen mit ſich zu bringen. Paulus ſaget / der Menſch ſolte ſich ſelbſt pruͤffen / und alſo von dieſem Brod eſſen / und von dieſem Kelch trincken. Mit dieſen Worten hat er nicht un - deutlich zu verſtehen gegeben / daß niemand zu dem Abend -mahl115ſo Innocentius III. eingefuͤhret. mahl zu zwingen / ſondern eines jeden Gutbefinden die Sa - che zu uͤberlaſſen ſeyb)Das Abendmahl iſt ein Liebes-Mahl, und alſo kein Zwang -Ob Leute zum Abendmahl zu zwingen? Mahl daraus zu machen. Es ſtreitet auch dieſes mit denen prin - cipiis derer Theologorum, da ſie behaupten, man ſolle keinen Unwuͤrdigen hinzulaſſen. Wer will ſich aber einbilden, daß der - jenige ein wuͤrdiger Gaſt des Tiſches des HErrn ſey, welchen man durch Straffen darzu noͤthiget. Chriſtus bietet ſeine Gnade nur an, aber er zwingt niemand, ſolche zu ergreiffen. Warum wol - len denn wir elende Menſchen die Leute darzu zwingen? Titius hat denen, ſo ſolchen Zwang als rechtmaͤßig und erlaubt ausgeben, den Staar trefflich geſtochen, und zugleich erwieſen, daß ſolcher ein grober Brocken des Pabſtthums, in der Probe des geiſtli - chen Rechts cap. 3. Lib. 3. §. 19. ſeqq. und wollen auch wir ſogleich mit mehrern von dieſem Pabſts-Zwang handeln..

§. VIII.

Allein der Pabſt Innocentius III. hat in ſei -Wird wei - ter ausge - fuͤhrt. ner conſtitution andere principia, und unſere Glaubens - genoſſen folgen ihm in dieſem Stuͤck gar treulich nach. Er meinet / wenn einer des Jahrs nicht wenigſtens einmahl zum Abendmahl gienge / ſolte man ihn von der Gemeine aus - ſchlieſſen. Jch kan zwar nicht leugnen / daß ſo wohl vor - mahls / als auch jetzo der Gebrauch des Abendmahls vor ein Zeichen der Gemeinſchafft gehalten worden / und daß alſo derjenige / welcher ſich deſſelben enthaͤlt / denen Gliedern der Kirche nicht fuͤglich kan beygezehlet werden. Jedoch / war - um wollen wir ihm verbieten / daß er nicht in unſere Ver - ſammlungen komme? Suͤndiget er daran / daß er ſich des Abendmahls enthaͤlt / ſo kan er vielleicht durch Hoͤrung des goͤttlichen Worts zur Erkaͤntniß kommena)Es weꝛden einige gedencken, man thaͤte dieſes bey uns ohne dem nicht,Ob einer, der nicht zum A - bendmal gehet, des Landes zu verweiſen? Man mahnete ſolche Leute mit allem Ernſt an, in die Kirche zu kommen und GOttes Wort zu hoͤren, ob GOTT auch ihnen, wie der Lydia, das Hertz aufthun moͤchte. Jch raͤume alles ein. Alleinwenn. Der PabſtInno -p 2116I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,Innocentius aber hat noch eine andere Straffe auf diejeni - gen geſetzet / die ſich des Abendmahls gaͤntzlich entziehen. Sie ſollen keine Chriſtliche Begraͤbniß haben. Worinnen be - ſtehet aber doch die Chriſtliche Begraͤbniß? Wenn man mit Geſang und Klang zum Thore hinaus getragen / von der Geiſtlichkeit begleitet / Leichen-Predigten und Abdanckun - gen gehalten / oder wenigſtens Vermahnungen geſchehen / Collecten geſungen / und der Coͤrper auf den Gottes-Acker geleget wird. Ob ein ſolcher aber / der nicht zum Abendmahl gegangen / ohne gewoͤhnliche ceremonien / Geſang u. Klang / u. ſ. w. und wie man ſaget / ſine lux und ſine crux zu be - erdigen / daruͤber will ich mich in keine diſpute einlaſſen. So viel aber getraue ich mir zu verantworten / daß man ihm das Begraͤbniß auf dem Gottes-Acker keinesweges ver - ſagen koͤnneb)Ob ſie auf den Gottes-Acker zu begraben.Denn die Gottes-Aecker gehoͤren unter die res Vniuerſitatis, und wer alſo ſich als ein guter Buͤrger aufgefuͤhret, muß dahin begraben werden. Zwar weiß ich gar zu wohl, was insgemein von denen Gottes-Aeckern hergeſchwatzet wird, da man ſolche bald zu reli - gioͤſen, bald zu geweyheten und heiligen Oertern machen will. Den Ungrund aber ſolcher Meinung habe in meiner Inaugural -Di -.

§. IX.

(a)wenn nun ſolche Leute bey ihrer Meinung verbleiben, und ſich des Abendmahls enthalten, was geſchiehet dann? Jſt es nicht an dem, daß man ſich hinter die Obrigkeit ſtecket, und alle wege herfuͤr ſu - chet, ſolche Leute aus dem Lande zu bringen, ja ſie gar cum infa - mia zu relegiren. Um ſolche Sachen ſolte die Geiſtlichkeit unbe - kuͤmmert ſeyn. Die Obrigkeit weiß ohne hin, was ſie vor Buͤr - ger dulten ſoll oder nicht. Es kan aber ein Menſch, der nicht zum Abendmahl gehet, dennoch ein guter Buͤrger ſeyn. Dieſe Ent - haltung bringet dem gemeinen Weſen keinen Nachtheil, und ſo lange keine turbæ in der Republic erreget werden, kan man einen wohl dulten. Geſchiehet ſolches nicht, ſo geben wir zu erkennen, daß die inquiſition hæreticæ prauitatis, wie ſie in Spanien heiſ - ſet, bey uns, wo nicht in 4to doch in duodecimo iſt.

117ſo Innocentius III. eingefuͤhret.

§. IX.

Von dem Zwang-Recht bey den Beicht -6) Anmer - ckung von deꝛ Veꝛglei - chung eines Medici und Beicht - Vaters. Stuͤhlen / da man an einen gewiſſen Beicht-Vater gewie - ſen / und nachmahls nicht von ihm abſpringen darff / ſoll wei - ter unten ausfuͤhrlich gehandelt werden. So viel verſichere zum voraus / daß auch die Proteſtirende Geſtlichkeit dieſen Beicht-Zwang heraus zu ſtreichen, und mit allerhand Gruͤn - den zu beſchoͤnigen weiß. Die Vergleichung / ſo der Pabſt zwi - ſchen einem Medico und Beicht-Vater angeſtellet / haͤlt mich auch noch auf / ehe ich weiter gehen kan. Niemand kan diejenigen Kranckheiten curiren / deren Urſprung und ande - re Umſtaͤnde nicht bekannt ſind / und alſo ſcheinet es noͤthig zu ſeyn / daß man alle und jede Gebrechen muͤſte herbeten. Es laͤſſet ſich dieſes vortreflich hoͤren. Allein ich will jetzo nichts gedencken / ob ein Beicht-Vater nicht auf andere Wei - ſe den Zuſtand ſeiner Beicht-Kinder in Erfahrung bringen koͤnne / wenn er fleißig Acht hat auf die Heerde / die ihm be - fohlen iſt. Vorjetzo erinnere ich nur dieſes / daß man die Suͤnden gar fuͤglich mit Wunden und Eiter-Beilen / Kranckheiten und dergleichen vergleichen koͤnne. Wir brauchen alſo einen Artzt. Allein hierzu iſt menſchliche Huͤlf - fe ohnzulaͤnglich. Wir haben aber einen Medicum, der da helffen kan / geholffen hat / und noch helffen will. Die - ſes iſt Chriſtus / der ewige Sohn GOttes. Von der Geheim - haltung der Beichte / wird unten beſonders gehandelta)Der Pabſt hat auf die Ubertreter zugleich Straffen geſetzet. JchEriñernng von dem Moͤnch - Leben. kan aber nicht begreiffen, warum unter ſolchen das Moͤnch-Leben begriffen. Denn wem iſt unbekannt, wie dieſe Lebens-Art vor allen andern ſonſt heraus geſtrichen wird. Man erhebet ſolchebiß.

§. X.

(b)Diſputation unter dem Præſidio Herrn Geheimbden Rath Boͤh - mers, de jure erigendi cœmeterium deutlich gezeiget, und will es, wenn einen voͤlligen tractat mit GOttes Huͤlffe davon an den Tage lege, noch weiter ausfuͤhren.

p 3118I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,
Innocentii Beichte wiꝛd von ei - nigen ver-worffen.
215

§. X.

Jch muß aber doch wieder einmahl einlencken / und auf meinen Zweck kommen. Als Innocentius ſeine Verordnung von der Beichte an den Tag gegeben / ſo iſt von daran die geheime Beichte und abſolution allezeit ge - bliebena)Beicht-Stuͤh - le.Um der Beichtenden willen machte man gewiſſe Oerter in der Kir - chen aus, und nennete ſolche die Beicht-Stuͤhle. vid. Calvoer in ritual. eccleſ. Part. II. ſect. I. cap. 31. . Es fehlete aber doch nicht an ſolchen Maͤnnern / die ſich wieder die Beichte ſetzten. Selbſt der gloſſator Gra - tiani, der Johannes Semeca, hat nicht alleine die Nothwen - digkeit zu beichten in Zweiffel gezogen / ſondern ſich auch der Beichte ſelbſt gewaltig und ſtandhafft wiederſetztb)Joh. Semeca beſtreitet die Beichte.Es wurde Teutonicus, der Teutſche genennet, und ware der Kirche zu Goßlar Præpoſitus. vid. Monachus Halmersleb. bey dem Herrn von Leibnitz, Tom. I. Script. Brunſuic. p. 507. da er Teutoni - cus Magiſter & Doctor genennet wird. Als er im Jahr 1240 Præ - poſitus zu Halberſtadt worden / ſo wendete er vielen Fleiß an, die Decreta zu erleutern. Es iſt auch ſeine Gloſſe nicht zu verachten, indem er vieles darinnen hat, ſo dem groben Pabſtthum zu wie - der iſt. Man rechnet ihn alſo unter die Zeugen der Wahrheit, wie denn ſolches der Herr Heineccius in Hiſt. Goslar. Lib. II. p. 253. gethan, er verdienet auch ſolches wegen ſeiner Aufrichtigkeit, und daß er darum in den Bann gethan worden, weil der Pabſt ſolchen Wiederſacher nicht vertragen kunte. Jn dem Thom zu Halber - ſtadt ſiehet man noch ſein Epitaphium, da er genennet wird: Lux Decretorum, Dux Doctorum, via morum. Ein Licht des Decreti, ein Fuͤhrer der Lehrer, ein Weg guter Sitten. Er ſchriebe frey, daß es falſch waͤre, wenn man vorgaͤbe, einem er -wach -. ZuZeiten(a)biß an den Himmel. Man machet ein Stuͤck der Gottſeeligkeit daraus. Dennoch aber hat es der Pabſt hier zu einer Straffe geordnet. Alſo kan man auch die Gottesfurcht zu einer Straffe machen.119ſo Innocentius III. eingefuͤhret. Zeiten Vrbani VI. war ein Bononier, mit Nahmen Mi - chael / ein General der Carmeliten / der nach Vsſerii Zeug - niß die Beichte ebenfalls beſtrittenc)Auf das Zeugniß dieſes Ertz-Biſchoffes zu Armagh in JrrlandJngleichen ei - ner, Michaelis beruffet ſich Dallæus de auric. confeſſ. Lib. IV. cap. 44. Es hatte aber Michaelis geſchrieben, daß die Beichte zur Vergebung der Suͤnden zu gelangen, gar nicht noͤthig waͤre. . Petrus Oxonienſis, Profeſſor auf der Univerſitaͤt zu Salamanca in Spanien / gabe auch von der Beichte ein Buch an den Tag / welches / ob man es gleich nicht mehr hat / ſo weiß man doch / daß in ſolchem die Beichte angegriffen und verworffen geweſend)Der Pabſt Sixtus IV., ſo damahls regierte, als er in Erfahrungund Petrus O - xonienſis. gebracht, Oxonienſis haͤtte ein Buch geſchrieben, und in ſolchem die eingefuͤhrte Beichte verworffen, gab er dem Alfonſo Carillo, Ertz-Biſchoff zu Toledo Ao. 1479. beſondern Befehl, er moͤchte das Buch unterſuchen, und was der Catholiſchen Lehre zuwieder waͤre / anmercken, ausſtreichen und verdammen. Dieſer verſamm - lete alſo zu Alcala des Henares eine Menge von Theologis und Ju - riſten, die denn folgende Saͤtze, als irrig, ketzeriſch und alſo ver - dammlich ausgeſprochen. 1) Die Tod-Suͤnden werden in Anſe - hung der Straffe der zukuͤnfftigen und ewigen Zeit, eintzig und al - leine durch die Zerknirſchung des Hertzens getilget, und man bedarff dazu keine Geiſtlichkeit und Amt der Schluͤſſel. 2) Die Beichte iſt durch eine beſondere Verordnung der allgemeinen Kirche eingefuͤhret, und nicht in dem goͤttlichen Recht anbe - fohlen worden. 3) Boͤſe Gedancken darff man nicht beichten, ſondern ſolche werden ausgetilgt, wenn man ein Mißfallen dar -uͤber.

§. XI.

(b)wachſenen wuͤrden die Suͤnden nicht vergeben, es waͤre denn, daß er ſolche beichtete. Denn da er auf Gratiani Worte de pœnit. diſt. 1. kommt, Alii e contrario teſtantur &c. hat er folgende An - merckung. Ab hoc loco, vsque ad ſectionem: His auctoritati - bus; pro alia parte allegat, quod ſcilicet adulto peccatum non di - mittitur, ſine oris confesſione, QVOD TAMEN FALSVM EST.

120I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,
Ordnung des Triden - tiniſchen Concilii von derBeichte.
221

§. XI.

Der uͤberall bekante Tridentiniſche Synodus hat der Ohren-Beichte folgends die Crone aufgeſetzet / in - dem derſelbe nichts vorbey gelaſſen / waß zur Befoͤrderung und Anſehen derſelben gereichen koͤnte. Es hat demſelben be - liebet / dieſe Beichte vor eine goͤttliche Anordnung auszuge - ben. Er hat befohlen / daß man nicht allein alle Suͤnden, wenn ſolche auch noch ſo verborgen ſind / herſagen ſolte / ſon - dern man muͤſte noch darzu alle Umſtaͤnde endecken. Die Urſache / ſo die Beichtende darzu bewegen ſolte / wurde da - her genommen / daß man auf andere Weiſe keine Vergebung der Suͤnden erhalten koͤnntea)Intention bey ſpecialer Suͤnden Beichte.Dieſes Concilium wurde unter Paulo III. im Jahr 1545. in Mo - nat December verſammlet, die Lehre von der Beichte und der Buſ - ſe wurde in der XIV. ſesſion, die die vierte iſt von denen, ſo un - ter Julio III. gehalten worden, vorgetragen. Dieſe ſesſion wur -de. Ja Paulus Sarpius kan dieſotti -(d)uͤber hat, und iſt die Geiſtlichkeit und Amt der Schluͤſſel hierzu nicht noͤthig. 4) Die Beichte ſoll geheim ſeyn, und nur auf ge - heime, aber nicht offenbahre Suͤnden gehen. 5) Man ſoll keinen Bußfertigen abſoluiren, es ſey ihm denn zuvor die Buſſe auferlegt. 6) Der Pabſt kan keinen Lebenden von der Straffe des Fegefeu - ers befreyen. 7) Die Kirche der Stadt Rom kan irren. 8) Der Pabſt kan in denen Verordnungen der allgemeinen Kirche kei - ne diſpenſation ertheilen. 9) Das Sacrament der Buſſe, ſo viel die Mittheilung der Gnade betrifft, iſt ein natuͤrliches Sacra - ment, keinesweges aber eine goͤttliche Einſetzung, weder des al - ten noch neuen Bundes. Ob ich nun vor meinen Theil nicht al - le Saͤtze billige, ſo wolte ich doch, daß das Buch noch vorhanden waͤre. Denn aus dieſen wenigen Saͤtzen muthmaſſe ich, der Au - tor ſey ein gelehrter Mann geweſen. Allein ſolcher Leute Schluͤſſe koͤnnen die Biſchoͤffe und andere vornehme Geiſtliche nicht vertra - gen. Man zwange auch alſo unſern Oxonienſem, daß er dasje - nige, was er geſchrieben, wiederruffen muſte. Die Sache erzeh - let weitlaͤufftiger Barthol. Caranza, Inſtituti S. Dominici & Theol. Prof. in Summa Concil. fol. 286. ſeq. 121ſo Innocentius III. eingefuͤhret. ſottiſen dieſer Patrum nicht genugſam beſchreiben. Er entdecketb)Sarpii Worte in Hiſt. Concil. Trid. Lib. II. p. m. 590. ſeq. lauten nachAbgeſchmackte Urtheile der Patrum deſſel - ben, von der Beichte. dem Lateiniſchen alſo: E ſacra ſcriptura citant omnia loca Prophe tarum & Pſalmorum, vbi occurrit verbum CONFITEOR, aut ejus verbale CONFESSIO, quod Hebræorum lingua ſignificat laudem aut potius profeſſionem religioſam, quæ ad ſacramen - tum confesſionis velut obtorto collo rapiunt. Tametſi minus ad rem faciat, figuras afferunt, e teſtamento veteri decerptas, quibus confesſionem præfiguratam imaginantur, quam appoſite posſint in rem præſentem accommodari, non attendentes, ſed quo plures quisque in medium afferat, ita plurimi eum facientes. Præterea ritus omnes, humilitatem, dolorem & pœnitudinem confitentibus familiarem ſignificantes, traditionum Apoſtolicarum nomine audacter adumbrant; miracula innumerabilia vetera ac recentiora, ex quibus appareat, confesſioni addictis, omnia feli - citer cesſiſſe, ejusdem incuriis ac indiligentibus improſpere cun - cta eueniſſe, commemorabant. Recitabantur etiam auctoritates a Gratiano citatæ, quibus alium atque alium ſenſum, pro inſtitu - to ſuo affingebant, aliorum quoque ſententiis accumulatis. Adeo, vt qui horum Doctorum ſermonibus aurem commodare vellet, facile animum induceret credere, Apoſtolos & veteris eccleſiæ Epiſcopos, quidquid ſibi erat temporis, impendiſſe aut peccatis ſuis flexis genibus confitendis, aut aliorum confesſionibus au - diendis. a) Can. / daß ſie aus der heiligen Schrifft / und ſonder - lich aus denen Propheten und Pſalmen alle Stellen her - fuͤr geſucht / da etwas von der Beichte zu leſen / und haͤtten ſolches auf ihre Beichte ziehen wollen. Sie haͤtten aus dem alten Teſtament allerhand Vorbilder heraus geklaubet / welche nach ihrem Vorgeben die heutige Beichte ſchon abge -ſchil -(a)de den 25. November, Ao. 1551. gehalten. Vid. Paulus Sarpius in Can. & Decr. Concil. Trid. die ſich bey ſeiner Hiſtorie von ſol - cher befinden, p. m. 80. ſeqq. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) q122I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,ſchildert / ob gleich dieſelben ſich zur Sache gar nicht geſchi - cket. Darauf aber waͤre nicht Acht gegeben worden / und ſey derjenige vor den Kluͤgſten gehalten worden / der den groͤ - ſten Kram hievon aufſchlagen koͤnnen. Alle Gebraͤuche / ſo bey der Beichte vorkaͤmen / haͤtten ſie vor Apoſtoliſche tra - ditiones verkaufft. Es waͤren viel alte und neue Wunder - wercke ausgeſonnen worden / dadurch ſie behaupten wollen / daß denenjenigen / ſo die Beichte in Ehren gehalten / alles wohl von ſtatten gegangen / die aber nichts darauf gehalten / waͤren ungluͤcklich geweſen. Aus dem Decreto Gratiani haͤtte man verſchiedene Stellen angefuͤhret / und ſolchen ei - nen andern Verſtand nach dem andern angedichtet. Wenn man dieſen Patribus glauben beymeſſen wollen / ſo haͤtte man ſich zugleich uͤberreden muͤſſen / daß die Apoſtel und Biſchoͤf - fe der erſten Kirche alle ihre Zeit auf beichten / und Beich - te anhoͤren gewendet. So klug raiſonniret Sarpius als ein Catholicke / worinnen er viele Proteſtirende uͤbertrifft. Denn ich will unten zeigen / daß ſich verſchiedene Lutheriſche Geiſt - liche alſo vergangen / daß ſie die Beichte aus der Schrifft beweiſen wollen.

Jhre Lehre von derBuſſe.
225

§. XII.

Es wird aber nicht undienlich ſeyn / die Verord - nungen / ſo das Tridentiniſche Concilium wegen der Beich - te gemacht / anzufuͤhren. Sie haben dieſelbe als ein hoͤchſt nothwendiges Stuͤcke / die Vergebung der Suͤnden zu erhal - ten / angeſehen / und alſo folgendes verordneta)Verordnung der Trident. Patrum. Can. 4. ſeſſ. 14. Si quis negauerit, ad integram peccatorum remis - ſionem requiri tres actus in pœnitente, quaſi materiam ſacra - menti pœnitentiæ, videlicet, contritionem, confesſionem & ſa - tisfactionem, quæ tres pœnitentiæ partes dicuntur: aut dixerit, duas tantum eſſe pœnitentiæ partes, terrorem ſcilicet incuſſumcon -: Wenn je - mand nicht einraͤumet, daß zu vollkommener Vergebung der Suͤnden zu gelangen, dreyerley Verrichtungen bey einem Buß -ferti -123ſo Innocentius III. eingefuͤhret. fertigen erfordert werden, die gleichſam die Materie des Sa - craments der Buſſe ſind, nehmlich, die Zerknirſchung, die Beichte, und die Genugthuung, welche die drey Stuͤcke der Buſſe genennet werden: Oder wenn einer ſaget, es waͤren nur zwey Stuͤcke der Buſſe, nehmlich der Schrecken in dem Gewiſ - ſen, nach erkannter Suͤnde, und der Glaube, den man aus dem Evangelio oder der abſolution bekommt, dadurch einer ſich ein - bildet, die Suͤnden waͤren ihm durch Chriſtum vergeben, der ſey verflucht. Wenn ich mit dieſen Patribus des Concilii haͤtte reden ſollen / ſo wolte ich erinnert haben / denen hei - ligen Kirchen-Vaͤtern mit ihren Lehren nicht ſo grob zu wie - derſprechen. Jch haͤtte ihnen nur einige Stellen aus dem Decreto Gratiani anfuͤhren wollenb)Zum Exempel die Worte Ambroſii von denen Thraͤnen Petri, ſoEinige Stellen aus dem De - creto, ſo der - ſelben entge - gen. wir ſchon im vorhergehenden beygebracht, vid. c. 1. de pœnit. diſt. 1 Was ſie von der Genugthuung vor die Suͤnde ſchwatzen / da haͤt - te ich ihnen die Worte Auguſtini entgegen geſetzt, ſo c. 3. diſt. 3 de pœnit. ſtehen. Worinnen die Buſſe beſtehet, da iſt ebenfalls ein anderer Canon bey Gratiano, der nicht mit dem Tridentini - ſchen Concilio uͤberein trifft, ſondern ſaget, daß derjenige rechte Buſſe thaͤte, der ſeine Suͤnden alſo beweinete, daß er ſolche in das kuͤnfftige nicht mehr thaͤte. vid. c. 9. de pœnit. diſt. 3. / um zu ſehen / wie ſie ſich daruͤbeꝛ gebaͤrden und was ſie dazu ſagen wuͤrden. Allein es wuͤrde ihnen an naͤrriſchen Erklaͤrungen nicht geman - gelt haben.

§. XIII.

Von der Beicht aber ſelbſt hat unſer Con -Des Tri - dentiniſchen Concilii cilium alſo geurtheileta)Concil. Trident. ſeſſ 14. c. 6. de pœnit. Si quis dixerit, modum ſecre -Ordnung deſ - ſelben. tum confitendi ſoli ſacerdoti, alienum eſſe ab inſtitutione & man - dato Chriſti, & inuentum eſſe humanum, anathema ſit. b) Die: Wenn jemand ſagte, daß die Artund(a)conſcientiæ, agnito peccato, & fidem conceptam ex evangelio velabſolutione, qua credit quis, ſibi per Chriſtum remiſſa peccata, anathema ſit. q 2124I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,Lehre von der Beichte.und Weiſe, heimlich dem Prieſter allein zu beichten, von Chri - ſti Geboten entfernet, und eine menſchliche Erfindung ſey, der - ſelbe ſey verflucht. Allein wenn dieſes waͤre / wie haͤtte Ne - ctarius dieſe geheime Beichte abſchaffen koͤnnen / wie wir oben gezeiget. Warum haͤtten die Griechen ſolche Beichte nicht auch gehabt und gebrauchtb)Gebrauch der Griechiſchen Kirche.Die Gloſſa meldet ad c. vlt. de pœnit. diſt. 1. und ad c. 1. de pœnit. diſt. 5. daß dieſe Beichte ein Kirchen-Gebrauch ſey, der die Griechen nicht verbunden, daß ſie ſolchen annehmen oder billi - gen muͤſſen.? Jch will vorjetzo nichts von dem oͤffentlichen Bekaͤntniß gedencken / ſo diejenigen / die andere mit ihren Suͤnden geaͤrgert / gethan haben / denn davon will beſonders handeln / in dem Wercke von der Kir - chen-Buſſe. Dieſes aber ſage ich nur / daß dergleichen Be - kaͤntnuͤß / oͤffentliche Beichte und Buſſe nicht darum vor noͤ - thig gehalten worden / daß ſolche etwas zur Vergebung der Suͤnden bey GOtt wuͤrckte; ſondern daß ſolche allein in An - ſehung der Gemeinde geſchehen ſey.

Von der Beichte al - ler Suͤn-den.
230

§. XIV.

Von der Beichte aller und jeder Suͤnden hat gedachtes Concilium dieſen Schluß gemachta)Ordnung des Tridentin. Concilii. Can. 8. ſeſſ. 14. de pœnit. Si quis dixerit, confesſionem omnium pec - catorum eſſe imposſibilem, aut ad eam non teneri omnes & ſingu - los vtriusque ſexus Chriſti fideles, anathema ſit. b) C. : Wenn jemand ſaget, daß die Beichte aller und jeder Suͤnden ohnmoͤglich, oder daß alle und jede Chriſten beyder - ley Geſchlechts zu ſolcher nicht verbunden waͤren, der ſey verflucht. Jch will vorjetzo nicht dieſes gedencken / daß wir viele Suͤnden unwiſſend begehen / und alſo dasjenige was mir unbewuſt / inſonderheit nicht kan gebeichtet werden. Deñ mit Vernunft-Schluͤſſen richtet man bey denen wenig - ſten Leuten was aus. Wenn aber alle und jede Menſchen zur Beichte und Bekennung aller Suͤnden verbunden / war -um125ſo Innocentius III. eingefuͤhret. rum hat denn Chryſoſtomus geſagtb)C. Lachrymæ de pœn. diſt. 1. Lachrymæ lauant delictum, quod pu -Lehre Chry - ſoſtomi. dor eſt confiteri. : Die Thraͤnen wa - ſchen die Suͤnde ab, welche man zu bekennen ſich ſcheuet. Jch uͤbergehe andere canones aus denen Patribus die in dem De - creto Gratiani ſtehen / in welchen gantz deutlich enthalten / daß man die Suͤnde nur GOtt zu beichten noͤthig habe.

§. XV.

Die Lehre des Tridentiniſchen Concilii vonVon der abſolution. der abſolution iſt dieſea)Seſſ. 14. can. 9. Si quis dixerit, abſolutionem ſacramentalem ſacer -Ordnung des Tridentin. Concilii. dotis non eſſe actum judicialem, ſed nudum miniſterium pronun - tiandi & declarandi; remiſſa eſſe peccata confitenti, modo tan - tum credat, ſe eſſe abſolutum, anathema ſit. : Wenn jemand ſaget, daß die Sa - cramentirliche abſolution des Prieſters keine Gerichtliche Hand - lung iſt, ſondern ein bloſſer Dienſt, auszuſprechen und zu decla - rir en, die Suͤnden waͤren dem Beichtenden erlaſſen, wenn ſol - cher nur glaubte, daß er abſolviret, der ſey verflucht. Ambro - ſius iſt dieſer Lehre gantz und gar zuwieder / da er ſaget: Das Wort GOttes vergiebet die Suͤnden, der Prieſter iſt ein Richter, der zwar ſein Amt dargiebet, aber keine Rechte einiger - ley Gewalt ausuͤbetb)C. verbum de pœnit. diſt. 1. Verbum Dei dimittit peccata, ſacerdosLehre Ambro - ſii. eſt judex, qui quidem ſuum officium exhibęt, at nullius poteſtatis jura exercet. . Das Wort Richter erklaͤret die Glos - ſa gantz wohl durch das Wort Diener / und kan auch kei - ne andere Erklaͤrung ſtatt finden.

§. XVI.

Endlich muß ich die Lehre dieſes Concilii nochLehre von der Erlaſ - ſung der Schuld u. Straffe. erwehnen / da ſolches dafuͤr gehalten / wenn gleich die Schuld oder die Suͤnde erlaſſen waͤre / ſo fiele doch darum die Straf - fe nicht weg. Man muͤſte alſo nothwendig dafuͤr ein Ge - nuͤgen leiſten. Die Worte lauten ſoa)Seſſ. 14. c. 12. Si quis dixerit, totam pœnam ſimul cum culpa re -Ordnung des Tridentin. Concilii. mitti ſemper a Deo, ſatisfactionemque pœnitentium non eſſe a -liam: Wenn jemand ſa -get,q 3126I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,get, daß alle Straffe allezeit mit der Schuld oder Suͤnde von GOtt erlaſſen wuͤrde, und die Bußfertigen brauchten keine andere Genugthuung als den Glauben, damit ſie Chriſtum, der vor ſie genug, gethan, ergreiffen, der ſey verflucht. Au - guſtinus der in groſſem Anſehen iſt / hat gantz anders geleh - ret. Er meinet / wie es auch an dem iſt / es ſey keine wahre Buſſe da / wenn wir nicht Reu und Leid uͤber alle Suͤnden ha - ben. Die ſich aber alle Suͤnden recht leid ſeyn lieſſen / denen vergaͤbe GOtt auch alles. Seine Worte hat Gratianus ex - cerpiret, aus welchem ich ſolche herſetzeb)Lehre Augu - ſtini. C. ſunt plures. de pœnit. diſt. 30. Sunt plures, quos peccaſſe pœnitet, ſed non omnino, reſeruantes ſibi quædam, in quibus delectentur, non animaduertentes, Deum ſimul mutum & ſurdum a dæmonio li - beraſſe: per hoc docet nos, nunquam niſi de omnibus ſanari. Si enim vellet peccata ex parte reſervari, habenti ſeptem dæmonia potuit proficere, ſex expulſis. Expulit autem ſeptem, vt omnia erimina ſcilicet ejicienda doceret. Legionem autem ab alio eji - ciens, nullum reliquit de omnibus, qui liberatum poſſiderent: oſtendens, quod ſi etiam peccata ſint mille, oporteret omnium pœnitere. Laudatus enim eſt dominus, quod ejecto dæmonio locutus eſt mutus. Nunquam aliquem ſanauit, quem omnino non liberauit. Totum enim hominem ſanauit in Sabbatho, quia & corpus ab infirmitate, & animam ab omni contagione libera - uit indicans, pœnitentes oportere ſcilicet dolere de omni cri - mine, orto in anima & in corpore. a) Er: Es ſind ihrer viele, denen es leid iſt, daß ſie geſuͤndiget, aber nicht vollkoͤm - lich, indem ſie ſich einiges vorbehalten, daran ſie ſich vergnuͤ - gen, und mercken nicht daß GOtt den Stummen und Tau - ben zugleich von dem Teuffel befreyet. Durch dieſes lehret er uns, man wuͤrde niemahls geheilet, wenn es nicht von allen geſchehe. Denn wenn er die Suͤnden eines theils zuruͤck be - halten wolte, ſo haͤtte er demjenigen, ſo ſieben Teuffel gehabt,nur(a)liam, quam fidem, qua apprehendunt Chriſtum pro eis ſatisfe - ciſſe, anathema ſit. 127ſo Innocentius III. eingefuͤhret. nur ſechſe austreiben koͤnnen. Er triebe aber ſieben aus, zur Lehre, daß man alle Suͤnden ausjagen muͤſte. Da er von ei - nem andern eine Legion austriebe, lieſſe er keinen von allen zuruͤck, welche den befreyeten beſaſſen: Zu zeigen, daß wenn auch tauſend Suͤnden waͤren, ſo muͤſte man wegen aller Reu und Leid haben. Denn der Herr wurde gelobet, da nach Aus - treibung des Teuffels der Stumme geredet. Er hat niemahls einen geheilet, den er nicht voͤllig befreyet. Denn er hat den gantzen Menſchen am Sabbath geheilet, da er den Leib von der Schwachheit und die Seele von aller Unreinigkeit befrey - et: anzuzeigen, die Bußfertigen muͤſten Reu und Leid uͤber alle Laſter haben, welche ſo wohl in der Seele als in dem Leib entſtanden. Hiemit will Auguſtinus zeigen / daß GOtt entweder alles / oder gar nichts erlaſſe und vergebe / wenn die Schuld erlaſſen / fiele die Straffe auch weg. Allein das Tridentiniſche Concilium gedachte / es moͤchte das Fegefeuer und folgbar auch die geiſtlichen Einkuͤnffte dahin fallen / wenn man Auguſtino beypflichten wolte.

§. XVII.

Man ſiehet alſo / daß die TridentiniſchenEinige ſind mit denen Patribus Tridentinis nicht durch - gehends zu frieden. Patres ihr moͤglichſtes gethan die Nothwendigkeit der Beich - te und der Genugthuung vor die Suͤnde recht feſte zuſetzen / weßwegen ſie auch mit ſo vielen Fluͤchen loßgeblitzet. Al - lein mit allem dem haben ſie doch nicht verhindern koͤnnen / daß nicht einige an ihrem Vorgeben gezweiffelt / wie deñ dem Michael Medina nicht alles / was ſie behauptet / in den Kopf gewolta)Er zweiffelt an einigem Vorgeben dieſes Concilii. Denn tract. 2. deZum Exempel Medina confeſſ. q. 4. ſchreibet er, daß die Lehre, man koͤnne ohne Beichte mit dem Munde Bergebung der Suͤnden, erhalten, in genauem Verſtande keine Ketzerey waͤre, es ſchmeckte nur nach einer Ke - tzerey. Jch glaube, daß Medina ſeines Hertzens Grund wegen der inquiſition nicht deutlicher entdecket. b) Es. Ja Maldonatus, der ſonſt ſein moͤglichſtes thut / die Beichte zu behaupten / ſcheinet dennoch zu glauben / dieKirche128I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Kirche habe noch nicht deutlich ausgemacht / ob die Beichte in Goͤttlichen Rechten geboten / und ohnumgaͤnglich noͤthig ſeyb)Es redet Maldonatus gar zweiffelhafft hievon. diſp. de ſacram. T. 2. de confeſſ. præc. 3. Denn da er darauf kommt, daß die Beichte vielleicht nur nach denen Kirchen-Rechten eingefuͤhret, ſaget er, wie dieſe Meinung entweder bereits zur Gnuͤge als eine Ketzerey erklaͤret worden, oder die Kirche thaͤte doch wohl, wenn ſolche noch dieſe Lehre zur Ketzerey machte. Sed tamen hæc opinio aut jam de - clarata eſt ſatis tanquam hæreſis ab eccleſia, aut faceret eccleſia ope - pretium, ſi declararet, eſſe hæreſin. Mehr durfte Maldonatus nicht ſagen, indem er in andern Stellen die Beichte vertheydiget. Es iſt auch denen Geiſtlichen in dem Papſtthum gar viel an der Beich - te gelegen. Waͤre dieſe nicht mehr, ſo fiele auch eine gar groſſe Stuͤtze von ihrer Macht und Anſehen dahin. Denn es iſt denen Klugen bekannt, daß die meiſten Lehren in dem Papſtthum aus politiſchen Abſichten verfochten werden.? Allein dieſe ſcrupel waren noch lange nicht ſo kraͤf - tig / das einmahl aufgebuͤrdete Joch wiederum abzuwerf - fen. Denn wenn einige die Beichte nicht verrichten / ſol - che voͤllig beſtreiten und verwerffen wollen / ſo ſind Fluͤche / Schwerdter / Feuer und andere greuliche Mittel vorhan - den / dadurch ſie in dem blinden Gehorſam erhalten werden / oder man rottet ſolche gaͤntzlich von der Welt oder der Chriſtenheit aus.

Das vierdte Capitel. Von Der Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle bey den Proteſtirenden.

§. I.

Beybehal - tung des Beicht - Stuhls bey der Refor - mation. und Maldona - tus.
239

JCh habe alſo den Anfang und Fortgang der Beich - te / ſo denen Prieſtern geſchiehet / auf das kuͤrtzeſte entworffen. Jch habe gezeiget / daß die rechteBeichte /129bey denen Proteſtirenden. Beichte / wie ſie anjetzo ausſiehet / erſt in dem XIII. Seculo aufgekommen. Unter denen Catholicken wird alſo dieſel - be darum beybehalten / weil der Roͤmiſche Papſt / der nicht irren kan / dieſelbe aufgebracht / und die Concilia ſolche be - ſtaͤttiget. Dieſes aber nahme mich wunder / daß bey der Reformation ſolche in unſern Kirchen nicht ausgemertzet worden. Denn da dieſelbe weder in goͤttlicher Schrifft an - geordnet und befohlen / noch auch in der erſten Chriſtlichen Kirche geweſen / ſondern in dem groͤbſten Papſtthum erſt aufgebracht iſt / ſo dachte ich / haͤtten die Reformatores ſol - che billig bey der Reformation ausmuſtern ſollen. Sie ſchafften ja verſchiedene aberglaͤubiſche Gebraͤuche ab / und alſo haͤtten ſie auf die Beichte auch ihre Sorgfalt wenden moͤgen. Allein da ich der Sache weiter nachdachte / befan - de ich / daß man denen Reformatoribus dieſes nicht vor uͤbel halten duͤrffte. Jch erwoge / daß ſie ſo viel Sauerteig vor ſich gehabt / den ſie ohnmoͤglich auf einmahl ausfegen koͤn - nen. Es bliebe alſo ein ziemlicher Hauffen aberglaͤubiſcher Dinge unberuͤhret / und iſt biß auf dieſe Zeit noch nicht an alles gedacht worden / was einer Aenderung beduͤrfftea)Zur Zeit der Reformation ware in der Kirche ein ſo erbaͤrmlicherEinige Urſa - chen der Uber - bleibſel von dem Papſt - thum. Zuſtand, daß man ohnmoͤglich die Jrrthuͤmer auf einmahl einſe - hen kunte. Dahero kame es, daß viele Dinge, ſo einer Aenderung allerdings beduͤrfftig, beybehalten worden. Viele Paͤpſtliche Ceremonien hatten einen Schein einer beſondern Andacht, da ſol - che doch in der That aberglaͤubiſch waren. Die Reformatores waren nicht von ſolcher penetration, daß ſie in alle Geheimnuͤſſe und politiſche Abſichten des Papſtthums auf einmahl einſehen koͤnnen. Die rechte und unverfaͤlſchte Philoſophie fienge damahls an, das Haupt nur ein klein wenig wiederum empor zu heben. Sie. Denn man haͤlt noch immer dafuͤr / man duͤrffte nicht wei - ter gehen / als die Vorfahren gegangen.

§. II. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) r130I Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Unterſcheid unter der Proteſti - renden und Papiſtiſchẽ Beichte. 1) Wegen Erzehlung der Suͤn-den.
240

§. II.

Zwar weiß ich mehr als zu wohl / daß die Beich - te / welche bey uns gebraͤuchlich / von der Paͤpſtler ihrer in verſchiedenen Stuͤcken unterſchieden iſt. Allein damit iſt noch nicht alles gehoben. So viel zeiget ſich zwar / daß unſer Joch noch etwas ertraͤglicher ſeya)Wie die Beich - te der Proteſti - renden beſchaf - fen.Unſere Beichte iſt alſo beſchaffen, daß man durch ein generales Bekaͤnntnuͤß der Suͤnde und Anzeigung der Reue die abſolution von dem Beicht-Vater verlanget. vid. Chemnitius in exam. Con - cil. Trident. P. II. de confeſſ. Allein ich dencke, die Beichte bleibet doch ein Papiſtiſcher fond, man mag dazu oder davon thun, was man will. b) Vid. . Denn da verlangen die Proteſtanten keinesweges / daß man in dem Beichtſtuhl al - le Suͤnden / welche einem nur einfallen / nebſt denen Umſtaͤn - den / ſo dabey vorgefallen / herbeten muͤſſe. Denn nach de - nen Lehrſaͤtzen der Papiſten / iſt es nicht genug / daß man ſaget: wie viele Suͤnden und unter ſolchen auch Tod-Suͤn - den begangen worden. Sie laſſen ſich damit nicht begnuͤ - gen / daß man eine gewiſſe Zahl begangener Suͤnden nen - ne / ſondern ſie wollen die genera und ſpecies von ſolchengebeich -(a)Sie ware noch lange nicht ſo ausgezieret, wie ſie anietzo iſt. Die Hiſtorie und abſonderlich die Kirchen-Geſchichten fienge man wieder an, unter der Banck herfuͤr zu ſuchen. Es ware ſolche mit vielen Fabeln ſchrecklich verhuntzet. Nach dieſem Winckelmaß kunte man alſo dazumahl die Sachen nicht abmeſſen. Dahero iſt es auch freylich gekommen, daß man viele Ceremonien und an - dere Dinge unberuͤhret gelaſſen, deren rechten Urſprung und Nichtswuͤrdigkeit uns die Kirchen-Geſchichten anjetzo darſtellen. Man koͤnte einen ziemlichen Tractat von ſolchen Sachen verferti - gen, die als Uberbleibſel des politiſchen Papſtthums noch unter uns vertheydiget werden. Allein wer will ſich daran wagen? Man wuͤrde in ein Weſpen-Neſt ſtoͤhren, und dadurch ſich viel Verdruß auf den Halß ziehen.131bey denen Proteſtirenden. gebeichtet wiſſenb)Vid. Maldonatus Tom. II. diſp. de pœnit. cap. 10. pag. 51. ſq. Wenn manMaldonati Meinung von Herzehlung der Suͤnden. aber ein genus der Suͤnde erzehlet, ſo iſt es nicht noͤthig, alle an - dere von ſolcher Art zu melden, ſondern es iſt genug, mit einem Wort zu ſagen, man haͤtte unzehlige von dergleichen Suͤnden be - gangen. Er meinet alſo, wenn man ſeine Tod-Suͤnden nicht zu - ſammen rechnen koͤnte, die man von einer gewiſſen Art der Suͤn - de begangen, ſo thaͤte man doch dadurch eine rechte Beichte, wenn man ſagte, wie lange man in ſolchen Suͤnden verharret. Itaque qui non poſſit inire numerum peccatorum mortalium, quæ feciſſet, in aliquo genere, ſatisfaceret, ſi exponeret, conſuetu - dinem & tempus, quo durauit in illo. . Ja ſie ſind nicht einmahl auf ſolche Weiſe vergnuͤgt / ſondern meinen / daß es zuweilen hoͤchſt noͤ - thig ſey / alle Umſtaͤnde / ſo bey einer Suͤnde vorgefallen / mit zu entdeckenc)Der angefuͤhrte Maldonatus hat wegen der Umſtaͤnde gewiſſe Re -Seine Mel - nung von der Beichte der Umſtaͤnde. guln gemacht, cit. l. pag. 53. ſeq. die da hinaus lauffen, daß bey einer Tod-Suͤnde, wenn der Umſtand, ſo dabey vorgefallen, alſo be - ſchaffen, daß derſelbe die Suͤnde geringer machte, und in eine andere Geſtalt braͤchte, man auch ſolchen zu beichten gehalten waͤre. Die Beichte ſey auch weit vollkommener, wenn man die Um - ſtaͤnde entdeckte, ſo die Suͤnde verringerten, ob ſolche ſchon die Geſtalt davon nicht veraͤnderten. Diejenigen Umſtaͤnde aber, welche eine Suͤnde vermehrten, und die ſpeciem aͤnderten, muͤſte man vermoͤge des goͤttlichen Rechts in der Beichte ausdrucken. Eben dergleichen waͤre von dieſen Umſtaͤnden zu ſagen, welche zwar die Suͤnde nicht veraͤnderten, aber dennoch ſolche ver - mehrten. Wer mehr davon wiſſen will, ſchlage Maldonatum und andere Papiſtiſche Scribenten ſelbſt nach. Vorjetzo duͤncket mich, genug hievon angefuͤhrt zu haben.. Weil nun der gleichen der geſunden Ver - nunfft gaͤntzlich zuwieder / ja nach GOttes Wort etwas ohn - moͤgliches iſt / ſo haben es die Reformatores gleich Anfangs verworffen / und nachmahls auch deutlich wiederleget / de - nen andere ferner gefolgetd)Jch kan nicht laͤugnen, daß unſere Theologi wieder dieſe Paͤpſt -Lob Chemni - tii. liche.

§. III. r 2132I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
e) Unter - ſcheid zwi - ſchen unſe - rer und der Papiſten Beichte we - gen der Ge-nugthuung.
245

§. III.

Die unſrigen verwerffen auch die vekannte pa - piſtiſche Genugthuung vor die Suͤnde. Man umſchreibet aber dieſelbe / daß ſie ſey: Eine Compenſation vor das geſchehe - ne Unrechta)Was die Ge - nugthuung ſeyn ſoll.Satisfactio eſt quædam in juriæ illatæ compenſatio. Lancellottus Lib. II. Tit. V. §. 12. Inſt. jur. can. Maldonatus cit. l. p. 78. ſaget die Genug - thuung, wenn man ſolche uͤberhaupt umſchreiben wolte, waͤre nichts anders, als eine Handlung der Juſtitiæ commutatiuæ, dadurch dieſe beleidigte Gerechtigkeit wiederum hergeſtellet wuͤrde. Sa - tisfactio, ſi generaliter definiatur, nihil aliud eſt, quam actio quædam juſtitiæ commutatiuæ, qua juſtitia commutatiua, quæ violata fuerat quaſi reſarcitur & redintegratur. Dieſes will er nachmahls durch verſchiedene Exempel beweiſen.. Niemand koͤnnte die Vergebung der Suͤn - den erhalten / wenn man nicht eine Straffe litte / ob ſchon dieſelbe dem Verbrechen nicht gleich kaͤme. Allein was iſt dieſes vor eine Compenſation, da man weniger gibt / als man ſchuldig iſt? Es iſt alſo keine Genugthuung da / wenn man zu wenig bezahlet. Ziegler hat recht geurtheilet / da er ge - ſprochenb)Man bedarff wegen der Suͤndẽ keiner.In not. ad Lancell. Lib. II. not. 175. edit. Thomaſii. Falſum eſt, quod culpa non aliter remittatur homini peccatori, quam ſi is pœnamquoque: Es iſt falſch, wenn man vorgiebt, daß die Schuld einem Suͤnder nicht erlaſſen wuͤrde, es waͤre denn, daß er aucheine(d)liche Art zu beichten, ſolche Gruͤnde herfuͤr gebracht, daß man nichts dawider einwenden kan. Jch beruffe mich anjetzo nur auf den eintzigen Chemnitium, der in ſeinem examine Concilii Tri -Meinung der unſrigen von Erzehlung der Suͤnden. dentini die Sache alſo abgehandelt, daß die Papiſten nichts dar - wieder zu Marckte bringen koͤnnen, ſo den Stich haͤlt. Unſere Geiſtlichkeit verbietet niemand die beſondere Erzehlung der Suͤnden in der Beicht, allein ſie geben doch ſolche vor kein noth - wendiges Stuͤcke aus. Die ſo Luſt haben ihre Suͤnden herzu - zehlen, denen gehen ſie mit Rath an die Hand, und reichen Mit - tel zur Geneſung von ſeiner Kranckheit dar. Dieſes iſt zwar gantz gut, doch duͤncket mich man koͤnne dazu auch ohne ſolche Beichte gelangen. Dieſes ſage ich aber nur ὥς ἐν παρόδω.133bey denen Proteſtirenden. eine Straffe ausgeſtanden. Denn weil Chriſto unſere Suͤn - den zugerechnet worden, daß ſein gantzes Verdienſt vor uns buͤſſete, ſo folget, daß niemand wegen der Suͤnde etwas leiden darff, welchem die Gerechtigkeit Chriſti zugerechnet wird. Allein die Papiſten ſagen / GOtt muͤſte man mit Allmoſen / Beten / Faſten und dergleichen genugthunc)Vid. Maldonatus cit. l. pag. 96. ſeq. Er ſaget auch, man koͤnne GOttWas bey denen Patribus die Genugthuung heiſt. auf keine andere Art, als durch aͤuſerliche Genugthuung ausſoͤh - nen. cit. l. pag. 8. add. c. 42. diſt. 1. de pœnit. Es beruffet ſich Mal - donatus ferner auf die Lehren der Kirchen-Vaͤter, bey welchen ich dieſes wenige erinnere. Die alten Vaͤter haben die Beichte, Abbit - te und Beſſerung ſelbſten eine Genugthuung genennet. Alſo ſtim - men ſolche mit Maldonati Lehre im geringſten nicht uͤberein. Geſetzt aber, daß ſie mit ihm einerley Meinung geheget, ſo weiß man ja heute zu Tage, daß die Vaͤter in denen allerwichtigſten puncten offtmahls gar zuwieder lauffende Meinungen haben. vid. Dal - læus de vſu Patrum Lib. II. cap. 4. pag. 295. Ja es iſt faſt keine Mei - nung ſo abgeſchmackt, welche nicht einen Patrem finden ſolte, der ſolche zum wenigſten einiger maſſen geheget, und beſchoͤniget.. Dieſe papi - ſtiſche Lehr-Saͤtze haben die Proteſtirenden verworffen / und bey ihrer Beichte keine Genugthuung verlangetd)Vid. Chemnitius cit. l. Denn ich halte dafuͤr, wenn noch jetzoZweiffel wieder die Genugthu - ung vor die Suͤnde. vor unſere Suͤnde eine Genugthuung von noͤthen waͤre, ſo wuͤr - den wir auch annoch Feinde GOttes ſeyn; Chriſti Genugthu - ung muͤſte man uns nicht zugerechnet haben. Jndem wir aber durch Chriſti Genugthuung gerecht worden, ſo duͤrffen wir keine Straffen ausſtehen, wenn wir uns mit GOtt verſoͤhnen wollen. Man erwaͤge auch nur, wie ſich dieſes reimet: Die Kirche hat Macht und Gewalt, die Straffen zu vermindern und zu vermeh -ren,.

§. IV.

(b)quoque luerit. Quia enim Chriſto imputatum eſt peccatum no - ſtrum, vt omne illius meritum pro nobis lueret, ſequitur pec - catum nulli, cui juſtitia Chriſti imputatur, quoad vllam pœnam eſſe luendum. Jn der vorhergehenden not. 175. hat Ziegler auch auf einige Einwuͤrffe der Papiſten geantwortet.

r 3134I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Die Beich - te wird aus goͤttlicher Schrifft von einigen mit Exem - peln erwie-ſen.
251

§. IV.

Die Beichte aber haben ſie aus verſchiedenen Urſa - chen beybehalten. So viel erkenneten ſie zwar / daß ſolche in GOttes Wort nirgends gebothen; allein ſie hielten doch da - fuͤr / daß man Spuren davon in der Schrifft faͤnde. Sie ſag - ten / die Beichte ſey implicite daſelbſt anzutreffena)Urſache des Ge - brauchs der Beichte.Sie meinen, man duͤrffte die Beichte nicht unterlaſſen wegen der troͤſtlichen abſolution. Aus dieſer Urſache waͤre dieſelbe hoͤchſt noͤthig. Man erlernete dadurch die hohe und heilſame Ge - walt der Schluͤſſel. Durch deren Huͤlffe wuͤrde denen Gewiſ - ſen oͤffters Rath und Huͤlffe geſchafft. Jch laſſe ſolches vorjetzo dahin geſtellet ſeyn. Einige aber koͤnnen dieſe herrlichen Fruͤchte, ſo die Beichte tragen ſoll, nicht erkennen. Andere meinen, es duͤrf - ten viele ſeyn, welche dergleichen Huͤlffe weder verlangten noch noͤthig haͤtten, u. ſ. w.. Sie beruffen ſich zu dem Ende auf verſchiedene Schrifftſtellen. Von vielen unter denen Proteſtirenden ſiehet man / daß ſie es wie die Tridentiniſchen Patres machen / und alles hieher ziehen / wo das Wort Beichte oder Bekaͤntniß, oder das Verbum, beichten oder bekennen vorkommt. Sie beruffen ſich auf Exempel / daß allerdings einige Perſonen gebeichtet, und meinen damit vollkommen gewonnen zu haben. Al - le tragen ſich faſt mit dem Exempel Davids. Man will die Leute bereden / David habe nicht allein vor Nathan nie - dergekniet / ſondern auch ſeine Suͤnden gebeichtet, und ſey von ihm abſolviret wordenb)Ob Nathan Davids Hoff - Prediger ge - weſen.II. Sam. XII. Jch kenne einige Prieſter, die ſich und andere be - reden, Nathan ſey Davids Hoffprediger geweſen. Allein michwun -. Accurat nach dem heutigenGebrauch.(d)ren, vid. Albaſpinæus Lib. II. obſ. 3. Wenn dieſes wahr iſt, wie es denn die Catholicken vor wahr halten, ſo folget, daß die Kirche Gewalt haͤtte, GOtt ſelbſt Geſetze vorzuſchreiben, denn auf dieſe Weiſe muͤſte er diejenige Genugthuung, ſo die Kirche befohlen, gut heiſſen, und nachdem es derſelben beliebte, den Menſchen ſo geſuͤn - diget, wiederum zu Gnaden auf und annehmen.135bey denen Proteſtirenden. Gebrauch. Sie dencken alſo / daß hier die Beichte / ſo die Pro - teſtirende haͤtten / vollkommen abgeſchildert ſey. Jch mei - ne aber / daß derjenige Luchs-Augen haben muͤſſe / der nur ein klein wenig von der heutigen Beichte erkennen willc)Denn David kame ja 1) keinesweges zu Nathan in den Tempel,Unterſcheid un - ter Davids und der heuti - gen Beichte und abſolution. oder lieſſe ihn zu ſich fordern, ſondern der Prophet ſtellete ſich wegen unmittelbahren goͤttlichen Befehls bey ihm ein. 2) Hat ja der Koͤ - nig weder eine allgemeine noch beſondere Beicht-Formul hergebe - tet und von Nathan die abſolution verlanget. David ſagte auf dasjenige, ſo Nathan ihm im Nahmen des HErrn verkuͤndiget: Jch habe geſuͤndiget wieder den HErrn. 3) Nathan verſetzte aufſol -. Noch(b)wundert, daß ſie ihm nicht noch eine hoͤhere Charge beylegen. Sie ſolten ihn nach heutigem Gebrauch, zum General-Superin - tendenten, Ober-Kirchen-Rath, und Ober-Hoffprediger ma - chen. Jch daͤchte / Nathan haͤtte ſolche Qualitaͤten gehabt, daß er einen ſolchen Dienſt gar wohl verdienet. Warum man ihn ſol - che nicht will zukommen laſſen, kan ich gewißlich nicht begreiffen. Denn wenn es einmahl angehet, den alten Zuſtand nach dem heu - tigen zu beurtheilen und ab zumeſſen, ſo muß man gewißlich den Nathan zu ſolchem Ehren-Amt erheben. Jedoch ich meines Orts finde nirgends geſchrieben, daß Nathan zu gewiſſer Zeit auf Koͤ - niglichen Befehl geprediget. Jch habe nichts geleſen, daß er nach heutiger Art auf der Cantzel geſtanden und die Schrifft kunſtmaͤſ - ſig ausgeleget. So viel iſt mir bekannt, daß er ein Prophet ge - weſen. Die Propheten entdeckten denen Leuten den goͤttlichen Befehl. Hierzu hatten ſie beſondere inſtruction, und hierinn beſtunde ihr Amt. Die ordentliche Erklaͤrung des Geſetzes uͤber - lieſſen ſie denen Juͤdiſchen Lehrern und Schrifftgelehrten. Aus dieſen, duͤncket mich, erhelle zur Genuͤge, wie abgeſchmackt diejeni - gen urtheilen, welche an ſtatt eines auſſerordentlichen Dienſtes dem Nathan ein ordentliches Amt zueignen wollen. Sie ver - gehen ſich nicht wenig, da ſie aus einem unmittelbahren Diener GOttes einen Koͤniglichen Bedienten machen. Das allerwun - derlichſte iſt vollends dieſes, daß ſie dem guten Nathan ein Amt zueignen, daran man dazumahl gantz und gar nicht gedacht.136I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Noch unfoͤrmlicher kommt es heraus / wenn man dasjeni - ge auf die heutige Beichte ziehen will / was Nehemias von dem Juͤdiſchen Volckd)Die heutige Beichte kan man aus Nehe - mia nicht er - weiſen.Nehem. IX. Jch finde in dieſer Stelle nichts anders, als daß das Volck, da man ihm das goͤttliche Geſetze vorgeleſen, wegen ſeiner Suͤnden Leid getragen, und zu weinen angefangen. Die Leviten rufften zu GOtt und baten, er moͤchte ihnen doch von neuen gnaͤdig ſeyn. Dieſes Gebet der Leviten will Chemnitius cit. l. zur abſo - lution machen. Jch habe ſonſt allen reſpect vor die Aſche die - ſes Theologi, allein ich kan doch nicht umhin, zu ſagen, daß ſolche Erklaͤrung gezwungen heraus kommt. Sie iſt auch darum nicht richtig, weil aus derſelben folget, daß ein jeder, der vor den andern zu GOtt bittet, denſelben durch das Gebet abſoluirte. Man haͤt - te ein ſolches Exempel anfuͤhren ſollen, da das Volck vor die Prie - ſter gekommen, ihnen ſeine Suͤnden gebeichtet, die abſolution ver - langet, und nachmahls auch an GOttes ſtatt von ihnen abſol - uiret worden. / und der Evangeliſt Lucas von einer gewiſſen Suͤnderin aufgezeichnete)Noch aus Chriſti Hand - lung.Luc. VII, 37. ſeq. Allein dieſe abſolution iſt ja von keinem Men - ſchen, ſondern von dem GOtt-Menſchen, Chriſto JEſu geſprochen worden. Dieſer hatte alle Gewalt im Himmel und auf Erden, und abſonderlich auch die Gewalt Suͤnde zu vergeben. Uber dieſes ſo hat ja die Suͤnderin keine Beichte abgeleget. Sie zeig - te ihr zerknirſchtes Hertz bloß durch Minen. u. ſ. w. Alſo iſt es wunderlich, wenn man aus dieſer Schrifft-Stelle unſern heu - tigen Beicht-Stuhl erweiſen will. a) Cal -. Nichts deſtowe - niger ſo vergehen ſich groſſe und beruͤhmte Leute alſo / daß ſie auf dieſe Exempel verfallen / wenn ſie unſere heutige Art zu beichten aus der goͤttlichen Schrifft herholen und be - weiſen wollen.

§. V.

(c)ſolches keinesweges: Auf dieſe deine Beichte vergebe ich dir die Suͤnde krafft meines heiligen Amtes, als dein Hoffprediger, ſondern er ſprach dieſe Wort: So hat der HErr auch deine Suͤnde weggenommen, du wirſt nicht ſterben.

137bey denen Proteſtirenden.

§. V.

Andere laſſen ſich traͤumen / unſere heutige Beich -Ob die Beichte in denen Mo - ſaiſchen Ge - ſetzen abge - bildet. te ſey bereits in denen Moſaiſchen Geſetzen abgeſchildert wor - den. Dieſes zu beweiſen / beruffen ſie ſich auf die Soͤhnopfer, und ſchluͤſſen daraus / man muͤſte bereits in dem alten Te - ſtament denen Prieſtern gebeichtet / und die Vergebung der Suͤnden von ihnen erhalten haben. Wo ich nicht irre / ſo iſt der gelehrte Calvœr in dieſer Meinung. Wir wollen ſeine eigene Worte hoͤren. Der Apoſtel, ſaget era)Calvœr in ritual. eccleſ. Part. I. Lib. II. Sect. I. cap. 4. Non enimCalvoers Meinung. Apoſtolus ſolummodo probare ante communionem myſteriorum nos docuit, ſed & jam olim in antiquo fœdere ſacerdotes ac Le - uitæ, vbi Paſcha agebatur, erubuerunt, (Luth. ſie bekannten ihre Schande. ) & ſanctificati obtulerunt holocauſta in domo Domini. Et ſic quoque ad diem expiationum judæi. Quoniam enim is eſt dies remiſſionis & expiationis peccatorum, ideo ajunt neces - ſe eſſe, vt eo quisque peccatorum ſuorum confeſſionem edat, ſicut in V. T. de omnibus oblationibus, quæ pro peccato - rum expiatione fiebant, legitur, & confitebantur peccata ſua, quæ fecerunt. &c. Sicut etiam ſacerdos ſummus in die expiationum, pro ſe & pro toto Iſraele confeſſus, veluti dicitur: Et expiatio - nem faciet pro ſe & pro domo ſua & pro vniuerſo cœtu Iſrael, cujus ſenſus eſt, quod confeſſus fuerit primo peccatum ſuum, de - inde peccatum Iſraelis. b) Cit. / hat nicht alleine gelehret, daß wir uns vor Genieſſung des Abend - mahls pruͤffen ſolten, ſondern auch in dem alten Teſtament ha - ben ſich die Prieſter und Leviten, da man das Paſcha gehal - ten, geſchaͤmet. (Luther. ſie bekanten ihre Schande.) Und da ſie ſich geheiliget, haben ſie in dem Hauſe des Herrn Opfer gebracht. Und ſo machen es auch die Juͤden an dem Suͤhn - Tag. Denn weil dieſes der Tag der Vergebung und Auſſuͤh - nung vor die Suͤnde iſt, ſo ſagen ſie, ſey es noͤthig, daß daran ein jeder ſeine Suͤnden bekenne, wie in dem alten Teſtament von allen Opfern, die vor die Auſſuͤhnung der Suͤnden geſchahen, ge - leſen wird: Und ſie bekannten ihre Suͤnde, die ſie gethan ꝛc. Wie denn auch der Hohe-Prieſter am Tage der Verſuͤhnungvor(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) ſ138I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,vor ſich und vor das Volck Jſrael gebeichtet, wie es denn heiſ - ſet: Und er ſoll eine Auſſuͤhnung thun vor ſich und vor ſein Haus, und vor das gantze Jſrael, welches dieſen Verſtand hat, daß er erſtlich ſeine Suͤnden, hernach des Volcks Jſraels Suͤn - den bekennet. Hier duͤncket mich ſey ein gar groſſer Unter - ſcheid unter der damahligen ſo genannten Beichte / und un - ſern heutigen Beicht-Stuͤhlen anzutreffen. Calvœr brin - get das Zeugnuͤß Maimonidis bey / und faͤhret ſo dann fer - ner fort: Die Theologi pflegen hieraus zu ſchlieſſen, daß man bereits im alten Teſtament denen Prieſtern gebeichtet, vornehmlich aber bey denen Suͤhn-Opfern. Sie ziehen auch dasjenige hieher, was David gegen den Nathan und die Juden vor Johanne gethanb)Deſſen aber - mahlige Wor - te.Cit. l. Colligere inde ſolent Theologi, etiam ſub Veteri fœdere, confeſſionem ſacerdotibus, inprimis ad ſacrificia propitiatoria fa - ctam, quo & trahunt illud, quod David transegit coram Nathane, & ludæi coram Iohanne: conf. Idem cit. l. cap. 10. Von dem Ex - empel Davids habe bereits meine Meinung p. 134. entdecket, und von Iohanne werde bald ausfuͤhrlich reden.. Jch finde aber bey dieſen Juͤ - diſchen ceremonien nichts / das unſerer heutigen Beichte zur defenſion dienete. Dieſe Opfer wurden aus beſonderm goͤttlichen Befehl verrichtet / hatten ein gantz anderes Vor - bild in ſich / oder gehoͤrten nur zu denen ceremonien Denn der gelehrte Spencer urtheilet gar wohl / wenn er ſagetc)Spencer de Leg. Ehræor. ritual. in proleg. Cum enim Deo jam res eſ - ſet cum præfracto, rudi & ſemi pagano populo, par erat, vt legi - bus hiſce ritualibus, ſolum τὸν ἕξω ἄνϑρωπον exercentibus, gen - tem tam rudem ad obſequium erudiret, & jugum imponeret, ad indomitam illius juuencæ ferociam frangendam, aptum & accom - modatum. add. ejusd. Diſſ. VII. de hirco emiſſar. a) Matth. : Weil GOtt mit einem hartnaͤckigten / rohen und halb heyd - niſchen Volck zu thun gehabt / ſo waͤre es noͤthig geweſen / ſolches mit ceremonialiſchen Geſetzen im Zaum zu halten. Jch finde uͤber dieſes nirgendswo in dem alten Teſtament /daß139bey denen Proteſtirenden. daß das Volck oder einige davon ins beſondere zu denen Prie - ſtern oder einem unter ihnen gekommen und geſprochen: Lie - ber Prieſter, ich habe geſuͤndiget, meine Suͤnde iſt mir leid, vergib mir doch dieſelbe Krafft deines heiligen Amtes. Jeder - man nahme ſeine Zuflucht zu GOtt / brachte nach dem von ihm gegebenen Befehl das Opfer / und GOtt lieſſe ſich / nach - dem daſſelbe verrichtet / auch gnaͤdig finden.

§. VI.

Andere meinen ihrer Sache beſſer zu rathen /Ob die heu - tige Beich - te von Jo - hannis Tauffe her - zuleiten. und beruffen ſich auf die Tauffe Johannis. Denn da / ſagen ſie / finden wir / daß die Leute / ehe ſie von Johanne getaufft worden / ihre Suͤnden bekennet und gebeichteta)Mattb. III, 5. 6. Da gieng zu ihm hinaus die Stadt Jeruſalem, undZeugniß von Johannis Tauffe. das gantze Juͤdiſche Land, und alle Laͤnder an dem Jordan, und lieſ - ſen ſich tauffen von ihm im Jordan, und bekannten ihre Suͤnde.. Allein dieſes reimet ſich wiederum nicht auf unſere heutige Beich - te und abſolution. Die Tauffe Johannis iſt von der Juͤdi - ſchen Tauffe herzuleiten. Niemand wurde ein Juͤden-Genoſ - ſe / wenn er nicht getaufft war. Jch will zu dem Ende des grundgelehrten Herrn Dantzens Worte hieher ſetzen / die zu teutſch alſo lautenb)Dantz in diſp. de baptiſm. proſelyt. judaic. §. 15. ſeq. Proſelytorum ſolicitam curam egiſſe Deum, hinc inde ſcriptura inculcat ſerio. Tauffe der Proſelyten. Paria illis ſubinde attribuit cum Iudæis originariis. Seuere pas - ſim illorum prohibet perſecutionem. Ne quis itaque falſo ipſorum nomen mentiatur, ſub hoc prætextu varias in ſe de - riuaturus immunitates, ſæpe cum maximo indigenarum damno: neue vicisſim Iudæorum aliquis, ignarus, quam alienigena religio - nem colat, diuinam de illo fouendo legem transgrediatur, quid -uis: Daß GOtt vor die Juden-Genoſ - ſen (Proſelyten) auf eine ſonderbahre Weiſe geſorget, bezeu - get die Schrifft hin und wieder zur Gnuͤge. Er hat ihnen glei - che Rechte als denen gebohrnen Juͤden zugeſtanden. Er ver - bietet hin und wieder ihre Verfolgung nachdruͤcklich. Damit ſich aber niemand faͤlſchlich vor einen ſolchen ausgeben moͤchte,undſ 2140I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,und unter dieſem Schein ſich verſchiedener Freyheiten anmaſſen moͤchte, ſo offters zum groͤſten Schaden der einheimiſchen ge - ſchehen koͤnte: Und daß auch keinem Juden moͤchte verborgen ſeyn, welcher Religion ein Frembdling beygethan, und das goͤttliche Geſetze ihn zu dulten uͤberſchritte, weil er etwa in der Meinung ſtuͤnde, es ſey wieder einen Heyden ihm alles zuge - laſſen; daß auch der Sache durch aͤuſſerlichen Pracht ein groͤſſer Anſehen gemacht, und hoͤhere Ehrerbiethung erworben wuͤr - de: So haben die Weiſen Juden ſchon vor Alters weißlich angeordnet, daß niemand heimlich in ihre Kirche einſchleichen ſollte, ſondern durch ſolenne ceremoni en, ſolten ſie oͤffentlich aufgenommen werden, davon ſie GOtt ſelbſt zum Uhrheber machen. Er faͤhret ferner fort: Ob man nun gleich hierzu dreyerley Mittel gebraucht, wenn es anders fuͤglich geſchehen koͤnnen, nehmlich die Beſchneidung, die Tauffe und das Op - fer, ſo weiß man doch, daß das erſtere, nehmlich die Beſchnei - dung bey dem weiblichen Geſchlecht niemahls ſtatt gefunden; das Opfer kunte nach Zerſtoͤrung des Tempels nicht verrichtet werden. Die Tauffe allein iſt allgemein und beſtaͤndig, und kan bey jedem Geſchlecht und zu aller Zeit geſchehen. Dadurch wolten ſie vornehmlich andeuten / der Proſelyte ſolte durchſolche(b)uis ſibi in gentilem licere præſumens: & vt rei ipſi externa pom - pa major concilietur autoritas, reuerentia ſanctior: Sapiens Iu - dæorum antiquitas prudenti conſilio inſtituit, ne qui clanculum in viſcera eccleſiæ irreperent, ſed ſolenni ritu, cujus Deum ipſum faciunt autorem, reciperentur publice. Quanquam hic tria ſi fieri poſſit vſurpet media, circumciſionem, baptiſmum & ſacrifi - cium. Horum tamen circumciſio, in ſexu ſequiori, nunquam inuenit locum: Sacrificium templo deſolato a nemine offerri poteſt. Solus baptiſmus vniuerſalis eſt ac perpetuus, cuilibet ſe - xui ac tempori conueniens. Einige ſagen auch, daß dieſes mit eine Urſache von ſolcher Tauffe geweſen, daß man den Proſely - ten damit lehren wollen, nunmehro muͤſte er die begangene Suͤn - den durch ein heiliges Leben tilgen. Aller Unflath ſolte auch in der Seelen dadurch abgewaſchen ſeyn. Vid. Slevogti diſput. de Proſelytis. c) Die -141bey denen Proteſtirenden. ſolche Tauffe lernen / man muͤſte das mit Suͤnden befleck - te Leben aͤndern / und die Flecken / ſo an der Seele haffteten / ſolten auͤf dieſe Weiſe abgewaſchen werden. Johannis Tauffe ware ebenfalls ein Zeichen ſolcher Reinigung. Er wolte durch ſolche Proſelyten des neuen Bundes machenc)Dieſes iſt die Meinung des beruͤhmten Helmſtaͤdtiſchen TheologiVon ſolcher iſt Johannis Tauffe herzu - leiten. Hildebrands. Denn da er in ſeinem ritual. veter. baptiſm. von der Tauffe der Proſelyten gehandelt, faͤhret er fort: Ejusdem puri ficationis animorum ſymbolum erat baptiſmus Johannis Bapti - ſtæ in deſerto, per quem novæ legis Proſelytos conſtituit. Daß Johannis Tauffe etwas neues geweſen, wird niemand gruͤndlich behaupten koͤnnen. Die heilige Schrifft, wie auch Joſephus, reden von derſelben als von einer bereits gewoͤhnlichen und be - kannten Sache. Das Volck gienge zu ihm, ſich derſelben als eines laͤngſt eingefuͤhrten Gebrauchs zu bedienen. Die Haͤupter unter dem Jſraelitiſchen Volck, oder ihre Abgeſandten, befrag - ten ihn nicht wegen der Tauffe ſelbſt, weil ſolche nichts unge - woͤhnliches war. Sie erkundigten ſich, warum er diejenigen tauffte, ſo bereits dem Volck GOttes ſich zugeſellet hatten, oder gebohrne Juͤden waren. Sie wuſten nicht, daß Johannes Pro - ſelyten des neuen Bundes machen wolte. vid. Dantz. cit. l. §. 25. . Hieraus ergiebet ſich von ſich ſelbſt / wie wunderlich dieje - nigen handeln / die die Tauffe Johannis zur Buſſe auf die heutigen Beicht-Stuͤhle ziehen wollend)Geſetzt aber, Johannes habe die Suͤnde auf eben ſolche WeiſeJohannes wa - re ein auſſeror - dentlicher Die - ner. vergeben, wie heute geſchiehet. Laß ſeyn, daß unſere Beicht - Stuͤhle gar fuͤglich davon koͤnnen hergeleitet werden. Sind ſie darum zu rechtfertigen? Koͤnnen ſich unſere Geiſtlichen mit Jo - hannis Exempel vertheidigen? Jch dencke, daß es nicht angehet. Johannes ware ein auſſerordentlicher Diener des Evangelii und Vorlaͤuffer Chriſti. Chriſtus ertheilet ihm ſelbſten dieſen Lob - ſpruch, daß unter allen, von denen Weibern gebohren, nicht einer aufkommen, der groͤſſer ſey, denn Johannes der Taͤuf - fer, Matth. XI, 11. Solten ſich denn unſere Geiſtlichen derjeni -gen.

§. VII. ſ 3142I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Ob die Macht, Suͤnde zu vergeben, von der A - poſtoliſchen ſuccesſionherzuleiten.
267

§. VII.

Diejenigen Beweißthuͤmer / ſo man von der Apoſtoliſchen ſuccesſion herhohlet / ſcheinen noch einen beſſern Grund zu haben. Jch habe ſchon oben erinnert / daß de - nen Apoſteln daß Recht / Suͤnde zu vergeben und zu behal - ten / von Chriſto verliehen worden. Jch habe erwehnet / daß bereits zu Anfang des dritten Seculi die Biſchoͤffe ſich eingebildet / auch andere uͤberreden wollen / daß ſie in der A - poſtel Stelle getreten / und alſo ihre Nachfolger waͤren. Sie wolten ſich alſo alle Apoſtoliſche Gewalt und beſondere Frey - heiten zueignen. Damit man deſto weniger daran zweifle / ſo beruffe ich mich auf Firmilianum, der alſo an Cyprianum ſchreibeta)Biſchoͤffe wol - len der Apoſtel Nachfolger ſeyn.Apud Cyprianum epiſt. 75. Hinc intelligi poteſt, quod ſoli Petro Chriſtus dixerit: Quæcunque ligaueris ſuper terram, erunt liga - ta & in cœlis. Et iterum quando in ſolos Apoſtolos inflauit Chri - ſtus dicens: Accipite Spiritum Sanctum, ſi cujus remiſeritis pec - cata, remittuntur illis, cujus tenueritis, tenebuntur. Poteſtas er - go remittendorum peccatorum Apoſtolis data eſt & eccleſiis, quas illi a Chriſto miſſi conſtituerunt, & Epiſcopis, qui eius ordina - tione vicaria ſucceſſerunt, conf. Cyprianus Epiſt. 33. 45. und an andern Orten, da er allezeit dieſes behaupten will, die Biſchoͤf - fe waͤren der Apoſtel Nachfolger. : Hieraus kan man verſtehen, daß Chriſtus allein zu Petro geſagt: Was du auf Erden binden wirſt, ſoll auch im Him - mel gebunden ſeyn. Und wiederum, wenn er allein die Apoſtel an - geblaſen und geſprochen: Nehmet hin den H. Geiſt, welchen ihrdie(d)gen Freyheiten anmaſſen koͤnnen, die einem ſo groſſen Mann, als Johannes geweſen, zugeſtanden worden? Mir will es nicht in den Kopff. Die wenigſten unter denen heutigen Prieſtern ſind nur ſo viel wuͤrdig, daß ſie Johannis Schuhriemen aufloͤſen. Wie ſollten ſie ſich denn ſeiner auſſerordentlichen Gaben anmaſſen koͤn - nen. Jch laſſe der Geiſtlichkeit gerne ihren gebuͤhrenden reſpect. Jch werde ihr denſelben vor meine Perſon auch niemahls entzie - hen? Jedoch daß ich ihr alles ſollte eingeſtehen, was ſie ſich zu - eignet, darzu habe mich noch nicht entſchlieſſen koͤnnen.143bey denen Proteſtirenden. die Suͤnde vergebet, denen ſind ſie vergeben, welchen ihr ſie be - haltet, denen ſind ſie behalten. Die Gewalt alſo, die Suͤnden zu vergeben, iſt denen Apoſteln verliehen und denen Kirchen, wel - che ſie, da Chriſtus ſie geſendet, angerichtet, und denen Bi - ſchoͤffen, die als vicarii nach ſeiner Ordnung ihnen gefolget. Da man aber merckte / daß man nicht alle und jede Gaben / ſo die Apoſtel gehabt, beſaͤſſe / ſo muſte man einen Unterſcheid un - ter denen ordentlichen und wunderbahren Gaben machẽ. Die - ſe eignete man denen Apoſteln einig und alleine zu / die an - dern aber haͤtten alle und jede Kirchen-Dienerb)Die Catholicken ſind anderer Meinung, und ſchreiben auch ſichVondeꝛ Krafft, Wunder zu thun. die wunderbahren Gaben zu. Die unſrigen aber behaupten, daß die Krafft, Zeichen und Wunder zu thun, nach der Apoſtel Tod nicht ferner noͤthig ſey. Zu unſern Zeiten waͤre die Kirche ſchon gepflantzet, und beduͤrffte man alſo keiner Zeichen mehr. Die erſte Kirche haͤtte damit muͤſſen aufgerichtet und unterhal - ten werden. Vorjetzo predigte man kein neues Evangelium, welches dazumahl wegen des neu angekommenen Meßiaͤ geſche - hen. Solches haͤtte zur ſelben Zeit durch Wunder muͤſſen be - kraͤfftiget werden. Unſer Glaube haͤtte weiter keine Zeichen von noͤthen. Jch mag mich in den Streit von der Krafft, Wunder zu thun, nicht miſchen. Es mag einer glauben, daß ſolche noch heute zu Tage verrichtet werden koͤnnen oder nicht, ſo ſoll es mir gleich viel gelten.. Damit ſie aber das Recht und die Gewalt Suͤnde zu vergeben und zu behalten ausuͤben / und folgbar der Beichte ſich bedie - nen koͤnten / muͤſte ſolche denen ordentlichen Gaben zugeſel - let werdenc)Wenn man heute zu Tage die Macht, Suͤnde zu vergeben, denenUnterſcheid un - ter denen auſ - ſerordentlichen und ordinai - ren Gaben. Predigern abſprechen will, ſo iſt ihre ordentliche Zuflucht auf den Unterſcheid zwiſchen denen ordentlichen und wunderbahrenGaben,. Jch habe aber ſchon oben gezeiget / daß die - ſe Gewalt eine auſſerordentliche Gnade GOttes / χάρισμα τοῦ Θεοῦ geweſen / welches ich ſo gleich noch ferner beweiſen will.

§. VIII. 144I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Paulus ma - chet einen Unterſcheid unter denen Dienern der Ge-meinde.
271

§. VIII.

Die Nachfolge aber unſerer heutigen Geiſtli - chen / in die Stelle der Apoſtel / verwerffe ich aus des Apo - ſtels Pauli eignen Worten. Dieſer unterſcheidet die Leh - rer und andere / ſo an dem Wort des Herrn bey denen Ge - meinden gearbeitet / gar fleißig von einandera)Pauli Worte.1. Cor. XII, 28. ſeq. Und GOtt hat geſetzt in der Gemeinde, aufs erſte die Apoſtel, aufs ander die Propheten, aufs drit - te die Lehrer, darnach die Wunderthaͤter, darnach die Ga - ben geſund zu machen, Helffer, Regierer, mancherley Spra - chen. Sind ſie alle Apoſtel? Sind ſie alle Propheten? Sind ſie alle Wunderthaͤter? Haben ſie alle Gaben geſund zu machen? Reden ſie alle mit mancherley Sprachen? Koͤn - nen ſie alle auslegen? b) Durch: Die Aem -ter(c)Gaben, (inter dona miraculoſa & miniſterialia). Der oben ange - fuͤhrte Herr Loͤber hat ſich auch dahin retiriret, cit. l. coroll. 1. Er meinet, daß die Gaben, ſo die Apoſtel auſſerordentlicher Weiſe ge - habt, nehmlich die Krafft Wunder zu thun u. d. g. zu dem or - dentlichen Predig-Amt nicht gehoͤrten, weil ſolche nur eine Zeit lang gedauret. Dieſen auſerordentlichen Gaben aber koͤnte man die Macht Suͤnde zu vergeben nicht beyzehlen. Dieſe ſey der Kirche verliehen, und kaͤme allen rechtberuffenen Dienern der - ſelben zu. Es wird am beſten ſeyn, wenn ich ſeine eigene Worte hieher ſetze. Sie lauten ſo: Etſi prærogatiuæ, quas Apoſtoli qua tales habuerunt, v. g. donum miraculorum, auctoritas ἀυτόπιςος & falli neſcia & quæ ſunt hujus generis, fuerunt temporariæ & extraordinariæ & ad miniſterium eccleſiaſticum non requiruntur: his tamen prærogatiuis, quibus Apoſtoli qua tales a reliquis ec - cleſiæ miniſtris, qua talibus diſtinguuntur, non annumeranda eſt poteſtas clauium, ſed hæc ipſa eccleſiæ data eſt, omnibus mini - ſtris rite vocatis competit. Jch habe wider dieſes mehr als ei - nen Zweiffel, und wolte wuͤnſchen, der Herr Loͤber haͤtte ſeinen Satz nicht ſo bloß hingeſetzet. Jch moͤchte gerne einen Be - weiß von ſolcher ſeiner Meinung ſehen. Vielleicht haͤtte ich ſo dann keinen Scrupel mehr. Jch will aber in folgenden melden, was ich wider dieſe Meinung zu erinnern habe.145bey denen Proteſtirenden. ter derer Apoſtel / Propheten und Evangeliſten ſolten da - zu dienen / daß die Gemeinden gepflantzet und aufgerichtet wuͤrden; derer Hirten / Prieſter und Lehrer aber ſolten ſolche Anordnung weiter fortpflantzen und auf die Nach - kommen bringen. Die Aemter der Apoſtel / Propheten und Evangeliſten waren auſſerordentliche, und ſolche die nur eine zeitlang daureten. Die Aemter der Lehrer waren und ſind auf noch ordentliche, die immer zu waͤhrenb)Durch die Lehrer ſind die Biſchoͤffe und Aeltiſten einer jeden Ge -Characteres der Diener im Neuen Teſta - ment. meinde zu verſtehen. Von denen Propheten waren ſie unterſchie - den, weil dieſe aus unmittelbahrer goͤttlicher Eingebung redeten. Sie kamen denen Evangeliſten nicht bey / als welcher Amt dar - inn beſtunde, daß nachdem ſie mit Gaben des heiligen Geiſtes ausgeruͤſtet waren, auf Befehl der Apoſtel ausreiſeten, den Glau - ben denenjenigen zu predigen, welchen er noch nicht war angekuͤn - diget worden. Evangelizare heiſt nichts anders, als den Glau - ben denenjenigen zeigen, welchen derſelbe noch nicht bekannt. Der Character der Apoſtel beſtunde darinnen, daß ſie Chriſtum im Fleiſch geſehen, und Zeugen ſeiner Aufferſtehung waren. Chri - ſtus hatte ſie unmittelbahrer Weiſe erwehlet und ausgeſendet, und alſo heiſſen ſie Bothſchaffter und Geſandten GOttes. Das Verſtaͤndniß, die Schrifft zu verſtehen, wurde ihnen auf eine ho - he und verborgene Weiſe eroͤffnet. Alſo kunten ſie in ihrer Lehre nicht irren und von dem rechten Weg der Wahrheit abweichen. Sie hatten das Amt der Schluͤſſel. Jhre Handauflegung wa - re von ſolcher Krafft, daß ſie andern die Gaben des heiligen Gei - ſtes mittheilen kunten. Sie verrichteten dadurch viele Wun - der. Jch uͤbergehe andere auſſerordentliche Gaben, damit ſie von ihrem HErrn und Meiſter ausgeruͤſtet waren. Diejenigenmuͤſſen. Da nun an dem Grund dieſer Sache nicht zu zweiffeln / ſo folget gantz deutlich / daß unſere Lehrer ſich weder den Titul und Stel - le / vielweniger die Freyheiten und Gaben der Apoſtel zu - eignen koͤnnen.

§. IX. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) t146I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Ob die A - poſtel die Kirche oder die Geiſt - lichkeit re-præſentiret?
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§. IX.

Einige von denen Patronen und Vertheidigern des heutigen Beicht-Weſens ſcheinen wahrgenommen zu haben / daß alles was von der Apoſtoliſchen Nachfolge ge - ſaget wird / auf ſchwachen Gruͤnden beruhe. Sie ſind al - ſo auf andere Gruͤnde verfallen / dadurch ſie ausfuͤndig ma - chen wollen / die Gewalt / Suͤnde zu vergeben / komme den - noch allen Geiſtlichen zu / wenn ſchon ſolche keine Nachſolger der Apoſtel waͤren. Sie ſagen die Macht Suͤnde zu ver - geben und zubehalten / ſey denen Apoſteln nicht als Apoſteln verliehen worden. Sie haͤtten dazumahl die gantze Chriſt -liche(b)muͤſſen alſo einen gar hohen Geiſt haben, welche ſich und andere - berreden, daß ſie in der Apoſtel-Stelle getreten, und ihre Nach - folger waͤren. Lehrer waren ſchon zu der Apoſtel Zeiten bey denen Gemeinden, oder auch Biſchoͤffe und Aelteſten. Paulus ma - chet einen Unterſcheid unter denen Apoſteln und ihnen. Wie koͤnnen ſie alſo der Apoſtel Nachfolger ſeyn? Der Biſchoͤffe und Lehrer Amt beſtunde darinnen, daß ſie Acht haͤtten auf die Ge - meinden, und ſolche mit dem Wort GOttes weideten. Die - ſes heiſt eigentlich διδάσκειν. Paulus leget dieſen Dienern der Gemeinde nicht das geringſte von denen auſſerordentlichen Gna - den-Gaben bey, ſondern ihren gantzen Dienſt ſetzet er darinn, daß ſie waͤren διδάσκοντας, Lehrende, παρακαλοῦντας, Vermahnen - de, μεταδίδοντας, Ausſpendende, προϊςαμένους, Vorſtehende, ἐλεοῦντας, Barmhertzigkeit Ubende, Rom. XII, 7. 8. Durch die Lehrende, Vermahnende und Vorſtehende, verſtehet der Apoſtel Zweiffels ohne die ordentlichen Lehrer, Biſchoͤffe und Hir - ten der Gemeinde. Durch die Ausſpendende zeiget er die Dia - conos und Diener an. Durch diejenigen, ſo Barmhertzigkeit uͤben, ſind ohne allen zweiffel diejenigen angedeutet, die durch All - moſen und andere Liebes-Wercke, Barmhertzigkeit an dem Naͤch - ſten erweiſen. Hierinn beſtehet alſo das ordentliche Amt derje - nigen, die keine Apoſtel ſind. Alle dieſe Stuͤcke aber kommen denen Gnaden-Gaben, damit die Apoſtel ausgeruͤſtet waren, lange nicht bey, ſondern ſie behalten einen gar groſſen Vorzug. a) Die -147bey denen Proteſtirenden. liche Gemeinde repræſenti reta)Dieſer Meinung iſt auch der angefuͤhrte Herr Loͤber beygethanEtliche ſagen, ſie haͤtten die Kirche repræ - ſentiret. Es heget dieſelbige ein Anonymus, in denen Antworten auf etliche Theologiſche Fragen, davon ein Geiſtlicher in Magde - burg mit Nahmen Struve Uhrheber ſeyn ſoll. Dieſer ſaget daſelbſt an einem Ort: Die Juͤnger repræſentirten die gantze Gemeinde. . Die Kirche beruffte aber noch jetzo die ordentlichen Diener und Prediger. Dieſen thei - lete ſie dadurch ſolches Recht mit. Die Sache ſcheinet einigen Grund zu haben / doch ich will bald darauf antworten. An - dere urtheilen noch abgeſchmackter. Dieſe laſſen nicht ein - mahl ſolche ſubdelegation gelten / ſondern wollen die Sache noch kuͤrtzer faſſen. Sie ſprechen: Als Chriſtus denen Apo - ſteln dieſe Macht verliehen / haben ſie das gantze miniſterium, und die Prieſterſchafft des neuen Teſtaments vorgeſtellet; die heutigen Clerici waͤren alſo vermoͤge goͤttlichen Rechts ordentliche Diener der abſolutionb)Dieſer Meinung iſt beygethan der beruͤhmte Auguſt Pfeiffer, inAndere, ſie haͤt - ten die Geiſt - lichkeit repræ - ſentiret. dem Evangeliſchen Aug-Apffel pag. 543. Allein wenn man dieſe Meinung ergreifft, ſo muß man zum Voraus ſetzen, daß bereits zu der Apoſtel Zeiten ein Unterſcheid inter ordinem & plebem, zwi - ſchen der Geiſtlichkeit und dem andern Volck geweſen. Solches aber iſt in dem Grund falſch. Dieſes hat der beruͤhmte Hr. Bœhmer in ſeinem Jur. eccleſ. antiqu. Diſſ. VI. pag. 316. ſq. vortrefflich gezeiget..

§. X.

Wir wollen aber ſehen / was daraus folget / wennDie Mei - nung von einer eccle - ſia repræ - ſentatiua hat keinen Grund. man zugiebt / die Apoſtel haͤtten bey Verwilligung der Macht / die Suͤnde zu vergeben / die Kirche repræſentiret. Solte hieraus unſerer Geiſtlichkeit ein beſonderes Recht zu - wachſen? Keinesweges. Es ſcheinet vielmehr daraus zu folgen / daß weil dieſe Macht der Kirchen verliehen worden / ein jedes Glied derſelben ſolche ausuͤben koͤnnea)Die Kirche iſt eine Geſellſchafft, eine vniuerſitas, ein gleiches ColSuiten, ſo aus der Meinung kommen, die legium. Alle haben gleiche Rechte. Zwar weiß ich gar wohl, daßbey. Ande -rert 2148I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,rer Dinge zu geſchweigen. Allein die gantze Lehre von ei - ner eccleſia repræſentatiua iſt eine Mißgeburt des Gehir - nes einiger Lehrer / und hat in der gantzen heiligen Schrifft nicht den geringſten Grund. Solche Meinung / daß eine beſondere Geiſtlichkeit die gantze Kirche repræſentire / iſt ei - ne der vornehmſten Stuͤtzen des Papſtthums. Die gan - tze Hierarchie iſt darauf gebauet / und wenn man dieſe Mei - nung denen Einfaͤltigen nicht beygebracht / wuͤrde die Ca - tholiſche Geiſtlichkeit nimmermehr ſo maͤchtig geworden ſeynb)Bedentung des Worts Kirche.Das Wort Kirche ἐκκλησία, ſo offt es in der Bibel vorkommt, deutet entweder eine jede Menge des Volckes an, Actor. XIX, 32. oder die Menge der Glaͤubigen in Chriſtum, Matth. XVI, 18. Rom. XVI, 16. Gal. I, 3. Eph. V. 23. ſq. oder die Glaͤubigen an einem gewiſſen Ort, ob ſolche gleich keine aͤuſſerliche Zuſammenkunfft halten, Actor. II, 47. IV, 32. V, 14. Rom. XVI, 1. ſeq. 1. Cor. VI, 4. oderdie.

§. XI.
Apoſtel haͤtten die Kirche re - præſentiret.
279

(a)bey Collegiis ſolche Dinge vorfallen, die nicht ein jedes Glied in - ſonderheit verrichten kan, ſondern es muß aller Einſtimmung, oder doch der meiſten ihre dabey ſeyn. Allein ich nehme nun - mehro vor bekannt an, die Kirche habe das Recht und die Ge - walt Suͤnde zu vergeben. Wie kommt denn ſolches auf die Geiſt - lichkeit? du ſprichſt: Die Kirche berufft die Geiſtlichen, und da - durch traͤgt ſie ihnen die Ausuͤbung ſolches Rechts auf. Alſo haͤtten die Geiſtlichen ihre Gewalt bloß von der Kirche und folg - bar nur von Menſchen. Es ergiebet ſich hieraus ferner, daß die Kirche die Ausuͤbung ſolcher Gewalt auch andern als denen Geiſt - lichen auftragen koͤnnte. Sie waͤre befugt, denen Schuſtern, Schneidern und andern Handwercksleuten, oder denen Juriſten, Medicinern u. ſ. f. dieſes Recht auszuuͤben, zu vergoͤnnen. Die - ſes werden aber die Herren Geiſtlichen nicht einraͤumen wollen. Allein ſo ſollten ſie auch nicht ſagen, die Apoſtel haͤtten die Kirche repræſentiret, als ihnen Chriſtus die Macht Suͤnde zu verge - ben verwilliget.

149bey denen Proteſtirenden.

§. XI.

Man darf auch die Apoſtel / da ihnen ChriſtusOb die Apo - ſtel in Ver - willigung dieſer Macht Die - ner der Ge - meinde ge - weſen? die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten mitgethei - let / nicht als Diener der Gemeinde anſehen. Dieſes will a - bermahls der Herr Loͤber behaupten / und ſaget die Apo - ſtel haͤtten nichts weiter erlanget / als daß ſie die Macht / ſo der Kirchen verliehen worden / ausuͤben ſolten. Er ſaget / dieſes folgte daher / weil Chriſtus in dem vorhergehenden von der Kirchen ihrer Macht und Gewalt geredet / und nach - mahls das Amt der Schluͤſſel denen Apoſteln verliehena)Jch will des Herrn Loͤbers eigne Worte hieher ſetzen. Er ſagetDie Apoſtel ſind nicht als Diener der Ge - meinde anzu - ſehen, da ſie die Macht Suͤnde zu vergeben er - halten. cit. l. ſo: Nam cum Chriſtus Matth. XVIII, 18. de eccleſia ejus - que poteſtate verba faciens Apoſtolis dicit: quodcunque ligaue - ritis &c. perſpicuum eſt, Apoſtolos conſiderari hic vt miniſtros eccleſiæ, poteſtatem eccleſiæ datam adminiſtrantes. conf. 1. Cor. III, 22. 2. Cor. IV, 5. 2. Cor. II, 10 Jch moͤchte gerne wiſſen, von was vor einer Macht der Kirchen Chriſtus Matth. XVIII, 18. gere - det, darauf er zu denen Apoſteln geſprochen: Was ihr auf Er -den. Das(b)die Zuſammenkuͤnffte der Chriſten, wegen des Gottesdienſtes. Jac. II, 2. Hebr. X, 25. Von einer eccleſia repræſentatiua kommtKeine eccleſia repræſentati - va iſt in der Heil. Schrifft zu ſpuͤren. nichts vor. Es iſt auch dieſe Lehre, daß die Geiſtlichkeit die gantze Kirche allezeit repræſentirte, dem gleichen Zuſtand der Kirchen gaͤntzlich zuwieder. Sie hebet ſolchen voͤllig auf. Wenn jemand den andern vorſtellen und repræſentiren will, ſo muß er mit einem beſondern Befehl dazu die Macht und das Recht erhalten ha - ben. Diejenigen, welche vorgeben, die Apoſtel haͤtten damahls die Kirche repræſentiret, muͤſſen alſo beweiſen, daß ihnen die Kir - che hierzu Vollmacht gegeben. Wie gefaͤhrlich aber die Lehre von einer eccleſia repræſentatiua iſt, habe ſchon erinnert. Das Vi - cariat des Papſtes iſt meinem Erachten nach eben aus dieſer Quelle heraus gefloſſen. Allein auf ſolche Dinge geben die Proteſtiren - den ſelten Achtung. Sie ſind zufrieden, wenn ſie nur etwas her - aus bringen, daß der Geiſtlichkeit Anſehen vermehret, und die Layen unter derſelben Gehorſam zu halten vermoͤgend iſt.t 3150I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Das antecedens iſt falſch / und das conſequens hincket. Ob unſere Geiſtliche die Suͤnden vergeben koͤnnen, weil dieſe MachtAllein vielleicht gehet dieſer Schluß an: Die Macht Suͤn - de zu vergeben / ſtehet in der Schrifft bey dem Befehl / das Evangelium zu predigen. Weil nun unſere Geiſtlichen pre - digen duͤrffen und ſollen / ſo muß man ihnen auch die Macht Suͤnde zu vergeben einraͤumenb)Die Macht Suͤnde zu ver - geben iſt mit der Predigt des Evangelii ver - knuͤpfft.Dieſes iſt abermahls des Herrn Loͤbers Meinung, denn ſo faͤh - ret er cit. l. fort: Cumque collatione locorum Marc. XVI, 15. 16. Luc. XXIV, 47. Joh. XX, 23. etiam comprobetur, hanc poteſta - tem cum evangelii prædicatione conjunctam eſſe, & eccleſia jure vocandi miniſtros verbi gaudeat, conf. Actor. I, 15. ſeq. XIV, 23. 2. Tim. II, 2. Tit. I, 5. 7. &c. patet jure diuino omnibus miniſtris eccleſiæ hanc poteſtatem eſſe communem. Wie wohl gegruͤn - det dieſes ſey oder nicht, wird folgende Anmerckung weiſen. Je - tzo erinnere ich nur, daß ich in dem XXIV. Capitel Lucæ, vers. 47. nichts von der Vergebung der Suͤnden gefunden, ob es gleich ein Locus parellelus mit Matth. XVIII. ſeyn ſoll. c) Denn. Jch ſage aber nein da -zu.(a)den binden werdet & c.? Was vor dieſen Worten hergehet, han - delt von der bruͤderlichen Beſtraffung. Von der Macht der Kir - chen kan ich nichts erblicken. Da nun der Grund darnieder geriſſen, ſo faͤllet auch das darauf gebaute Gebaͤude darnieder, nehmlich die Apoſtel waͤren hier als Diener der Gemeinde anzuſehen. Jch will vorjetzo nichts gedencken, daß es noch gar zweiffelhafft, ob das Amt der Schluͤſſel, die Vergebung der Suͤnden andeute. Jch habe ſchon oben etwas von der gegenſeitigen Meynung bey - gebracht. Jch erwehne vorjetzo nur, daß die Schrifftſtellen, ſo Herr Loͤber in vorhergehenden Worten anfuͤhret, zwar ausweiſen, daß ſich die Apoſtel Diener der Gemeinde genennet; allein davon hat niemand jemahls geſtritten. Der Grund der gantzen Strittig - keit kommt darauf an: Ob die Apoſtel, da ihnen Chriſtus die Macht Suͤnde zu vergeben mitgetheilet, als Diener der Gemeinde anzuſehen ſind? Hierzu ſage ich nein, biß man mir das Gegentheil beweiſet, welches meines Wiſſens bißanhero nie - mand gethan.151bey denen Proteſtirenden. zu. Denn wenn ich alſo ſchlieſſen duͤrffte / ſo muͤſte ich ſa -bey dem Be - fehl das Ev - angelium zu predigen ſtehet. gen: Was mit der Predigt des Evangelii verknuͤpfet iſt, kommt unſern heutigen Kirchen-Lehren zu. Allein man fin - det ja in heiliger Schrifft / daß auch die auſſerordentlichen Gnaden-Gaben, die Wunder-Gaben, bey dem Befehl / das Evangelium zu predigen / ſtehenc)Denn die Heilung der Krancken, Reinigung der Auſſaͤtzigen,Jngleichen auch die Gaben Wunder zu thun. Aufferweckung der Todten, Austreibung der Teuffel, ſind auch mit der Predigt des Evangelii verknuͤpfet zu leſen Matth. X, 7. 8. Bey dem Marco XVI, 17. ſeq. folgen dieſe Worte auf den Befehl, das Evangelium zu predigen: Die Zeichen aber die da folgen wer - deu denen, die da glauben, ſind die: Jn meinem Nahmen werden ſie Teuffel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben. Und ſo ſie was toͤdliches trincken, wirds ihnen nicht ſchaden. Auf die Krancken werden ſie die Haͤnde legen, ſo wird es beſſer mit ihnen werden. Nach des Herrn Loͤbers Meinung wuͤrde folgen, daß dieſe erzehlte Stuͤ - cke, weil ſie mit der Predigt des Evangelii verknuͤpfet, und die Kirche die Macht haͤtte, Diener zu beruffen, nach goͤttlichem Recht allen Kirchen-Dienern zukaͤmen. Jch bin nicht darwieder, doch wenn ſich einige finden, die ſich dergleichen anmaſſen wolten, die - ſe bitte ich, mir nur ihre geruͤhmte Macht in der That zu erwei - ſen. Jch will ſo dann ſagen: Jhr koͤnnet alles dasjenige vollfuͤh - ren, was in der Schrifft mit der Predigt des Evangelii ver - knuͤpffet iſt. a) Jn. Dieſe aber ſind bey un - ſern Kirchen-Dienern nicht zu befinden. Sie eignen ſich dieſelben auch nicht zu. Jch uͤberlaſſe alſo andern zu beur - theilen / wie gegruͤndet der Schluß iſt: Unſere Geiſtlichen koͤnnen die Suͤnde vergeben / weil ſolche Macht bey dem Be - fehl das Evangelium zu predigen ſtehet. Jch dencke / die - ſes argument ſey ſehr ſchluͤpfrich / es ſey auf einen ſandig - ten Boden gebauet / und falle alſo von ſich ſelbſt um. Da - hero will ich auch ſolches nicht weitlaͤufftiger wiederlegen.

§. XII. 152I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Es iſt auch nach der Theologen Meinung noch nicht ausge - macht, wel - che Perſo - nen die Suͤnden vergebenkoͤnnen.
285

§. XII.

Aus demjenigen ſo bißher geſaget worden / wird ein jeder Kluger erkennen / daß wenn man ein abſur - dum zulaͤſſet / noch mehrere daraus enſtehen. Dieſes ſoll auch bald noch deutlicher gezeiget werden. Diejenigen / ſo da behaupten / denen Apoſteln waͤre das Recht Suͤnde zu ver - geben und zu behalten nicht alleine zugeſtanden worden / ſind nicht einmahl einig / wem ſolches anjetzo zuzueignen. Sie wollen ſolches nicht allen und jeden zuſtehen / die Cle - rici oder Kirchen-Diener heiſſen. Diejenigen ſollen ſich der Gewalt Suͤnde zu vergeben nur zu erfreuen haben / welche auf eine rechtmaͤßige Art und Weiſe beruffen worden ſinda)Von dem goͤtt - lichen Beruffe.Jn dieſer Zahl treffe ich abermahls den Herrn Loͤber cit. l. an. Jch wolte weiter nichts wuͤnſchen, als daß er zugleich gemeldet haͤtte / woran ich erkennen koͤnne, was ein goͤttlicher Beruff ſey. Denn was insgemein von ſolchem Beruff geſaget wird, iſt nicht allzuweit her. Man verwirret die Sache zum oͤfftern dadurch mehr, als daß man ſolche deutlich machte. Wenn man auch die - jenigen, ſo dieſe Materie auf ein Haͤrgen abmeſſen wollen, etwas genau einſiehet, ſo iſt es zwar an dem, daß man in abſtracto ſie - het, was derſelbe ſey. Jn concreto iſt es anders beſchaffen. Jch verbleibe immer im Zweiffel, ob dieſer oder jener ein goͤttlich beruffener Diener ſey. Denn wem iſt wohl unbekant, wie vie - le intriguen bey ſolchen Befoͤrderungen geſpielet werden. Die contractus innominati ſind hier gar gebraͤuchlich. Wenn aber nun einer unrechtmaͤßiger Weiſe die Pfarre bekommt, kan der auch Suͤnden vergeben? Der Herr Loͤber verneinet ſolches, indem er ſaget, die rechtmaͤßig Beruffenen haͤtten nur ſolche Gewalt. Wenn aber nun an dem Beicht-Weſen ſo viel gelegen, als man ſich einbildet, ſo ſind diejenigen Zuhoͤrer uͤbel daran, deren Lehrer durch einen caſum obliquum in das miniſterium gekommen. b) So. Andern ſtehet auch dieſes nicht an / ſondern ſie geben fuͤr / die Glaͤubigen, die Chriſtum mit wahrem Glauben ergrif - fen / haͤtten Macht und Fug dieſes Recht auszuuͤben. Al -lein153bey denen Proteſtirenden. lein auf was Art und Weiſe kan man alſobald erkennen / wer ein rechtmaͤßig beruffener Diener / wer ein wahrhafter Glaͤubiger iſt? GOtt / der in das Verborgene ſiehet / weiß es. Wir Menſchen koͤnnen dieſes nicht ergruͤnden. Jch ſage al - ſo weiter nichts / als daß dergleichen Meinungen nicht ap - pliciret werden koͤnnen / ſondern bloſſe petitiones principii ſind / wie man in Schulen redet. Niemand kan feſte da - rauf fuſſen / ſondern muß hin und her wancken / und laufft endlich alles auf leere Grillen nausb)So raiſonniret der angefuͤhrte Anonymus in denen AntwortenOb alle Glaͤu - bige allein die Suͤnde verge - ben koͤnnen? auf etliche Theol. Fragen. Die gantze Gemeine, ſaget er, und nicht eine ſonderbahre Cleriſey, ſegnete Jeſus mit dem Gei - ſte des Mundes GOttes, und hauchte ihnen den lebendigen Othem, den ſie durch den Fall verlohren hatten, nun zu einem Ausbruch des goͤttl. Lebens in ihnen, wieder ein. Diejenigen nun, die dergeſtalt ſamt ihm lebendig gemacht, und ſamt ihm in das him̃liſche Weſen veꝛſetzt wurden, bekamen Macht Suͤn - de zu vergeben auf Erden, auf die Art, wie Chriſtus ſelber Macht bekom̃en hatte, Suͤnde zu vergeben. Allein woher kan ich wiſſen, dieſer oder jener ſey ein ſolcher geiſtlicher Menſch? Wer kan in das innerſte des Hertzens ſehen? Von denen aͤuſſerlichen Handlungen, in einer ſo wichtigen Sache ein Urtheil zu faͤllen, waͤre etwas verwegens. Sind nicht viele Handlungen alſo be - ſchaffen, daß ſie einen Schein der Gottesfurcht, des goͤttlichen Eifers und ſo weiter haben? Und dennoch kommen ſolche aus ei - nem unreinen Hertzen her. Ja ſelbſt das temperament der Men - ſchen iſt alſo zuweilen bewand, daß die Thaten recht tugendhafft ſcheinen. Jn der That aber ſind es keine rechte Tugenden. Sie haben nur den Schein, und muͤſſen vielmehr mit der erbarn Auf - fuͤhrung der Heyden verglichen werden. vid. Flechier de la faus - ſeté des vertus humaines. Alſo taugt auch dieſe Meinung nichts, wenn ich ſage: Die Glaͤubigen haͤtten die Gewalt, Suͤnde zu vergeben. Jch kan ſolche nicht von denen Scheinheiligenunter -.

§. XIII. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) u154I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Unterſu - chung, ob al - len Kirchen - Dienern das Recht Suͤnde zu vergeben zu-komme.
287

§. XIII.

Vielleicht aber kan nach einiger Meinung der Sache alſo geholffen werden / wenn man vorgiebet / die Ge - walt / Suͤnde zu vergeben / ſey allezeit bey der ordentlichen Geiſtlichkeit geweſen. Da die Apoſtel verſtorben / haͤtten die Biſchoͤffe und Aelteſten alſobald ſolches Recht ausgeuͤbet. Der gelehrte Calvœr iſt dieſer Meinung / wenn er ſageta)Calvœrs Mei - nung.Cit. l. Lib. II. ſect. I. cap. 10. §. 7. Exercitium clauium, absque du - bio ſemper fuit penes clerum, nec hoc contra inſtitutum domi - nicum. Non exercuerunt proinde jus hoc Paulus ſolummodo, ſed & ſucceſſores in miniſterio, presbyterium nempe ac ſucces - ſu temporis Epiſcopi, cumprimis afſiſtente clero &c. Allein wie wird dieſes bewieſen? Man beruffet ſich auf die 14. 15. 16. epiſt. Cypriani Lib. III. Aber alle dieſe Stellen handeln von der ſolennen oͤffentlichen Buſſe (exomologeſi). Wenn dieſe voͤllig verrichtet worden, legte der Biſchoff nebſt der Cleriſey denen Buß - fertigen die Hand auf. Wie raͤumet ſich dieſes auf die heutige Beichte? Es pflegten ja dazumahl die Leute weder uͤberhaupt, noch ins beſondere eine Beichte denen Prieſtern abzulegen. Man vergabe die Suͤnden nicht an GOttes ſtatt. Geſetzt aber es waͤre nicht unrecht gethan, wenn man Cypriani Stellen auf den heutigen Gebrauch ziehen wolte. Jſt darum Calvœrs Meinung richtig, daß nach der Apoſtel Tod die Cleriſey ſich das Recht, Suͤnde zu vergeben, zugeeignet? Jch halte nicht dafuͤr, daß es angehet. Denn zwiſchen denen Zeiten der Apoſtel und Cypriani, iſt ein ziemlicher Raum. Allein Cyprianus handelt wie gedacht in dem geringſten nicht von der heutigen Beicht-Art. Durch die Auflegung der Haͤnde, ſo damahls denen Bußfertigen wiederfah - ren, gaben der Biſchoff und die Cleriſey zu verſtehen, die Kirche haͤtte das angethane Unrecht verziehen und vergeſſen. Conf. ſu - pra cap. 1. §. 9. & 10. b) Die -: Das Amt der Schluͤſſel und Gebrauch derſelben, iſt ohne al - len Zweiffel beſtaͤndig bey der Cleriſey geweſen, welches auchdes(b)unterſcheiden. Es iſt alſo eben ſo viel, als wenn ich ſagte, wie ich nicht wuͤſte, wer die Macht, Suͤnde zu vergeben, haͤtte.155bey denen Proteſtirenden. des HErrn Chriſti Anordnung nicht zuwieder. Paulus hat alſo dieſes Recht nicht alleine ausgeuͤbet, ſondern auch ſeine Nachfolger in dem Dienſt, nehmlich das Presbyterium, und mit der Zeit die Biſchoͤffe, mit Beyſtand der Cleriſey. Auf die - ſe Weiſe kame es allen / die der Gemeinde vorgeſetzet / zu. Sie moͤgen in den Schaffſtall gekommen ſeyn / wie ſie wol - len. Jhr Amt mag verrichtet werden / wie es will. Sie moͤgen leben / wie ſie wollenb)Dieſes will nicht allen in den Kopff. Der angefuͤhrte Anony -Anderer Mei - nung. mus, in denen Antworten auf etliche Theol. Fragen, bricht dieſerwegen in folgende Worte heraus: Ein jeder Prieſter, wenn er auch nichts als menſchliche vocation hat, und noch wohl dazu per caſum obliquum. Wenn er von ſeines glei - chen andern Prieſtern iſt ordiniret worden, wird denn ge - geglaubet, daß er als ein beruffener und verordneter Die - ner GOttes, krafft ſeines Amtes und auf Befehl Chriſti, Sůnde vergebe. Was er aber von ſolcher Meinung haͤlt, fuͤ - get er alſobald hinzu: O eine erſchreckliche Sache! Da ein Wiederwaͤrtiger, ein Feind Chriſti, krafft ſeines Amtes ſich uͤberheben darff, uͤber alles das GOtt oder GOttes-Dienſt heiſſet, alſo daß er ſich ſetzet in den Tempel GOttes, als ein GOtt, und giebt fuͤr, er ſey GOtt. 2. Theſſ. II, 14. . Allein was von der Apo - ſtoliſchen Nachfolge geplaudert wird / habe ſchon im vorher - gehenden wiederleget. Jch will alſo es hier nicht wieder - holen. Der geneigte Leſer wird ſich auch erinnern / daß ſchon oben gezeiget / wie in dem erſten und andern Seculo ſich kein Biſchoff oder Aelteſter die Macht / Suͤnde zu ver - geben und zu behalten / zugeeignet hat.

§. XIV.

Wenn man aber ſaget / die Cleriſey haͤtte al -Abſolution der Layen. lezeit das Recht Suͤnde zu vergeben gehabt / warum laͤſſet man denn denen Layen zuweilen die abſolution zu? Jch be - ruffe mich auf Zieglerum. Seine Worte ſind dieſea)Ziegler de Superint. cap. XVII. §. 5. Claues iſtæ diuerſimode ſeMeinung Ziegleri. ha -:Dieſeu 2156I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Dieſe Schluͤſſel ſind verſchiedener Art. Entweder ſind ſie in privat oder oͤffentlichem Gebrauch. Ein jeder Chriſte hat an - vertraute Schluͤſſel, zum privat Gebrauch; indem bey einem Nothfall auch ein Laye abſolvi ren kan, und wird des andern Diener und Prieſter, wie Auguſtinus eine Hiſtorie von zweyen Chriſten erzehlet, da der eine einen catechumenum getaufft, welcher nachmahls den andern abſolui ret. Schilter ſaget auch / daß ein Laye im Nothfall abſolviren kan / und fuͤhret ver - ſchiedene auctoritates anb)Schilteri. Schilterus in Inſtit. jur. canon. Lib. II. Tit. IV. §. 13. In caſu neceſſi - tatis jus abſoluendi exercere etiam is poteſt, qui non eſt Clericus. Galat. vlt. pr. Jac. IV, 16. Diſt. de conſecr. c. ſanctum. 36. Diſt. 1. de pœnit. c. 88. Diſt. 6. de pœnit. c. 1. cap. vlt. X. de pœnit. Carpzov. Lib. II. def. eccleſ. 283. 9. . Der gottſeelige Spener hat ebenfalls ſolches behauptetc)Speners. Spener. in denen Theol. Bedencken. Vol. I. cap. I. ſect. 14. pag. 84. Daß auch ferner in dem Nothfall da ein Chriſtlicher Bruder zu Staͤrckung ſeines Glaubens, nicht nur des Troſtes, daß ihm ſeine Suͤnden von GOTT wuͤrden vergeben werden, ſondern auch der wuͤrcklichen, durch Menſchen in GOttes Nahmen geſchehenden Vergebung ſich benoͤthiget achtete, und aber dazu kein ordentli - cher Prediger zu erlangen waͤre, ein jeglicher anderer Chriſtlicher Mit-Bruder ihm ſolche Vergebung und abſolution ertheilen, und der Guͤltigkeit vor GOtt verſichern koͤnne, iſt eine nicht weniger ausgemachte Sache. Welche nicht allein Lutherus hin und wie - der, ſonderlich in der Kirchen-Poſtill (bey Quaſimod und 19. Trin.) ſtattlich treibet, ſondern auch unſere uͤbrige Lehrer hin und wiederdavon. Wie haͤnget aber dieſes mitandern(a)habent, pro ratione ejus, cui ſunt commiſſæ. Sunt enim vel priuato in vſu, vel publico. Quilibet Chriſtianus claues habet ſi - bi commiſſas, pro adminiſtratione priuata, cum in caſu neceſſi - tatis abſoluere queat etiam Laicus & fiat miniſter & Paſtor alteri - us, ſicut narrat Auguſtinus hiſtoriam de duobus Chriſtianis in naui, quorum alter baptizauerit κατηχύȣʹενον & is baptizatus deinde abſoluerit alterum. 157bey denen Proteſtirenden. andern principiis zuſammen? Man ſaget / die Kirche habe das Recht Suͤnde zu vergeben empfangen. Dieſe beruffte nachmahls die Prieſter. Auf ſolche Weiſe exercirte die Cleriſey ſolches Recht vermoͤge goͤttlichen Befehls. Die Layen aber ſind ja von der Kirche nicht beruffen, Sie hat ihnen dieſe Gewalt nicht mitgetheilet. Man rechnet ja - ber dieſes die abſolution zu denjenigen Stuͤcken / die jura or - dinis genennet werdend)Dieſe werden durch die Hand-Auflegung mitgetheilet. SoDie Macht zu abſoluiren, wird von der ordination hergeleitet. bald als dieſe geſchehen, ſprechen die Geiſtlichen: Sie vergeben die Suͤnden Krafft ihres heiligen Amtes. An GOttes ſtatt, Aus Befehl JEſu Chriſti. Alſo dependiret die gantze Krafft der abſolution von der ordination. Dieſe aber iſt ein bloſſer Kir - chen-Gebrauch, ein adiaphorum. Wolte man aber unſere heu - tige Hand-Auflegung von der Apoſtoliſchen herleiten, oder mit derſelben vergleichen, ſo irret man gar ſehr. Man giebet anbey zu verſtehen, der heilige Geiſt waͤre in der Gewalt derjenigen, ſo die ordination verrichten. Sie koͤnten ſolchen einem jedweden, auch dem allerlaſterhaffteſten Prieſter mittheilen. Dieſe Lehre a - ber kan man mit Recht zur wahren Simonie zehlen. Jch habe hiervon weitlaͤufftig, und wie ich hoffe, gantz gruͤndlich in meinem Tractat, de Simoniæ crimine und deſſen andern Section gehandelt, wohin ich mich beziehe.. Auf dieſe Weiſe kaͤme ſolche Macht denen Layen durchaus nicht zue)Die Layen ſind ja nach grober papiſtiſcher Meinung in nicht demWas ein Laye vor ein Thier ſeyn ſoll. geringſten Wehrt. Altenstaigius in Lexic. Theol. voce Laicus ſa - get; das Wort Laye wuͤrde vor einen ungelehrten, unerfahrnen undſteiner -. Allein vielleichtiſt(c)davon Meldung thun, (wie mir hingegen keiner wiſſend waͤ - re, der es wiederſpraͤche) ſondern es ſtehet ſo gar offenbahrlich in den Schmalkaldiſchen Articuln: In caſu necesſitatis abſoluit etiam Laicus, & fit miniſter & Paſtor alterius. Wo auch eine Stelle aus Auguſtino angefuͤhret wird, von der merckwuͤrdig iſt, daß durch ſonderbahre Regierung GOttes dieſelbe in das Jus Ca - nonicum geſetzet worden. &c. u 3158I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,iſt die Sache dadurch gehoben / daß man ſaget: Die Layen koͤnnten ſolches nur im Nothfall ausuͤben. Noth haͤtte kein Geſetze. Man muͤſte hier der Juriſten ihren conſen - ſum præſumptum anbringen. Es ſey allerdings zu vermu - then / daß die Kirche / wenn ſich der Zufall ereignete / daß man keinen Prieſter haͤtte / auch denen Layen ſolches Recht der abſolution zugeſtatten wuͤrde. Kan man aber auf ſolche Weiſe nicht mit gutem Grund ſagen / daß dieſe gantze Hand - lung eine menſchliche Anordnungf)Einige Zweif - fel wegen der gemeinen Lehre von der abſo - lution. Auf ſolche Weiſe wird es bey der Kirche beruhen, wie ſchon ein - mahl gedacht, ſolche Gewalt aufzutragen, wem ſie will. Jſt der Layen ihre abſolution im Nothfall kraͤfftig, ſo duͤncket mich, ſie koͤnne auch auſſer dieſen ſolche heilſame Wuͤrckungen hervor brin - gen. Ja man weiß, daß einige Dinge, die dann und wann erlau - bet, zu aller Zeit guͤltig waͤren, wenn nicht die oͤffentlichen Geſetze im Wege ſtuͤnden. Dieſes trifft bey der abſolution ebenfalls ein. Solche ruͤhret von menſchlicher Ordnung her. Die Theologi deriuiren ja ſolche ſelbſt von einer ſubdelegation der Kirchen her. Durch die Kirche aber koͤnnen ſie nichts anders verſtehen, als eine Menge Leute, die ſich aͤuſſerlich wegen des Gottesdienſts verſam̃let. Nichts kommt bey ſolcher Handlung fuͤr, das den Glauben oderandere? Einige werden einwen -den(e)ſteinernen Menſchen genommen. Das Wort Laicus kaͤme von λᾶς her, weil ſie als Steine anzuſehen waͤren. Ein Clericus aber, ſo ferne man ihn als einen Clericum betrachtete, waͤre zu loben, ein Laye, ſo ferne er als ein Laye anzuſehen, waͤre zu tadeln. Bey dieſen Layen herrſchete die Mutter der Blindheit, der Hochmuth. Sie koͤnten von demjenigen, was den Glauben und gute Sitten be - traͤffe, nicht urtheilen: Ja Licetus hat kein Bedencken getragen, die Worte Chriſti: Jhr ſolt das Heiligthum nicht vor die Hunde werffen, auf die Layen zu appliciren. Die Koͤnige ſelbſt hat man unter die Hunde gezehlet. Stanislaus Orichouius ſaget: So weit uͤbertrifft ein Prieſter einen Koͤnig, als ein Menſch eine Beſtie. Vid. illuſtr. Thomaſius ad Lancel. Lib. I. not. 41. 159bey denen Proteſtirenden. den und ſagen / unter der abſolution der Cleriſey und der Layen ihrer ſey dieſer Unterſcheid / daß jene eine oͤffentliche dieſe aber eine privat abſolution ſey. Die abſolution der Geiſtlichen ſey weit kraͤfftiger als der Layen ihre. Der Un - terſcheid iſt gewiß vortreflich. Denn man erſiehet ſo gleich / daß dar aus folge / der Cleriſey ihre abſolution bringe oͤffent - liche, der Layen ihre aber Privat-Wirckungen herfuͤr. Jch moͤchte aber gerne wiſſen / worinnen der Unterſcheid ſolcher Wirckungen beſtehe. Spener in angefuͤhrter Stelle machet keinen Unterſcheid unter beyden abſolutionen. Er ſchrei - bet ſolchen einerley Krafft zu. Vielleicht aber ſind dieſe ab - ſolutionen ſo unterſchieden / daß der Layen ihre in weiter nichts beſtehet / als in einer Erklaͤrung desjenigen / ſo bereits in dem Hertzen des Bußfertigen vorgegangen. Der Cle - riſey ihre ſey ein kraͤfftiges Mittel, durch welches Chriſtus denen Bußfertigen die Vergebung der Suͤnden mittheile - teg)Dieſer Meinung iſt Zieglerus cit. l. §. 6. und will durchaus nichtZieglers Mei - nung von der abſolution. zugeben, daß der Geiſtlichen abſolution in einer bloſſen declaration beſtuͤnde, die Suͤnden waͤren von GOtt dem Bußfertigen ver - geben. Seine Worte lauten ſo: Nec tamen putandum eſt, ab - ſolutionem, quæ fit a miniſtro eccleſiæ, eſſe tantum declarationem ejus, quod jam intus in pœnitente factum eſt, ſed omnino ſta - tuendum, eſſe etiam efficax medium, per quod Chriſtus vere - nitentibus confert, quod promiſit. Nach einigen faͤhret er fort: Qui clauem accepit vt ſoluat & aperiat, ille non ſignificat ab alio aperiri, ſed ipſe aperit. Aber wenn man auch gleich das Amt der Schluͤſſel von Vergebung der Suͤnde verſtehet, ſo iſt nach dem - jenigen, ſo oben vorgetragen, der Gebrauch der Schluͤſſel denen Apoſteln allein zugeſtanden worden. Ziegler bringet noch ein ander raiſonnement bey, ſeine Meinung zu behaupten, indem erſaget:. Jch dencke / die meiſten Prieſter werden dieſes raiſon -nement(f)andere geiſtliche Dinge betrifft. Waͤre dieſes, ſo haͤtte keine ſub - delegation ſtatt.160I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,nement billigen. Wie gegruͤndet aber daſſelbe ſey / will ſo gleich unterſuchen.

Abſolution geſchiehet mit Bedin-gung.
301

§. XV.

Unſere Theologi ſelbſten ſind nicht einig in der Beſchaffenheit der abſolution. Sie wiederſprechen ſich zum oͤfftern / wenn ſie von der Art und Weiſe handeln / wie die Suͤnden vergeben werden. Auf ſolche Weiſe gehen ſie gar offt von der eingefuͤhrten Meinung ab / da ſie dasjenige ver - einigen wollen / was nicht leicht unter einen Hut gebracht werden kan. Kluge moͤgen urtheilen / wie gluͤcklich ihr Un - terfangen zum oͤfftern geraͤth. Was ſagen ſie aber von der Vergebung der Suͤnden gutes? Einige ſprechen: alle ab - ſolution, ſie moͤchte ſeyn / wie ſie wolte / geſchaͤhe unter ge - wiſſer Bedingunga)Meinung Speneri. So ſchreibet der ſeelige Spener cit. l. vol. I. cap. I. ſect. 14. pag. 85. Ferner iſt eine unzweifliche goͤttliche Wahrheit, daß nicht allen, welche in dem Beicht-Stuhl die abſolution empfangen,wirck -. Jch habe darwieder nichts zu erin -nern.(g)ſaget: Wie einer der tauffte oder das Evangelium predigte, die Wiedergeburt nicht allein anzeigte, oder verkuͤndigte, ſondern allerdings als eine cauſa miniſterialis, durch das Wort und die Tauffe wiedergebuͤhret, 1. Cor. IV, 15. Gal. IV, 19. alſo waͤre auch der - jenige, ſo abſoluiret, nicht allein ein Ankuͤndiger der Vergebung der Suͤnden, ſondern das Werckzeug, dadurch GOtt die Vergebung der Suͤnden wuͤrckte. Ein jedes Gleichniß aber hincket. Paulus ſaget auch in 1. Cor. IV, 15. weiter nichts als dieſes: Jch habe euch gezeuget in Chriſto JEſu durchs Evangelium. Dieſe Worte kan ich nicht anders verſtehen, als auf ſolche Art: Jch ha - be euch das Evangelium geprediget, Chriſtus aber hat durch daſ - ſelbe kraͤfftig gewuͤrcket, daß ihr durch mich ſeyd neugebohren wor - den. Paulus ſchreibet alſo alle Krafft Chriſto und dem Evangelio zu. Auf gleiche Weiſe verſtehe ich die Stelle Gal. IV, 19. Jch wie - derhole anbey dieſes, daß unter denen Apoſteln und heutigen Prie - ſtern ein groſſer Unterſcheid, und die letztern der erſtern ihrer ſon - derbahren priuilegien ſich nicht anmaſſen koͤnnen.161bey denen Proteſtirenden. nern. Allein aus eben dieſer Meinung folget / daß unſere abſolution von der Apoſtoliſchen gar weit unterſchieden ſey. Jene mit dem heiligen Geiſt erfuͤllete Maͤnner wurden Krafft ſolches Geiſtes in alle Wahrheit geleitet. Wie ſie nun in der Vergebung der Suͤnden nicht irren kunten, ſo iſt kein Zweiffel / ſie haben die Suͤnden abſolute, ohne einige Bedingung vergeben.

§. XVI.

Da nun deme alſo / ſo folget meinem Erach -Die abſolu - tion beſte - het nur in einer An - kuͤndigung der Verge - bung ten nach ungezwungen / die abſolution unſerer Prieſter ſey nichts anders / als eine Ankuͤndigung, daß GOtt dem recht Bußfertigen nach ſeinem Wort um Chriſti willen gnaͤdig ſeyn wolle. Dieſen Troſt kuͤndigen die Prieſter denen Beich - tenden an / die Suͤnde aber ſelbſt vergeben ſie keinesweges. Jch befinde auch / daß Brochmandus und Chemnitiusa)Brochmandus in Syſtem. P. 2. art. 31. Cap. 4. ſ. 3. p. 377. ſaget, die ab -Nach Broch - mando und Chemnitio. ſolution ſey dieſes, wenn der Diener des Worts dem Suͤnder die Vergebung ankuͤndigte. Clauis ſoluens ſeu abſolutio eſt, quia miniſter verbi autoritate diuina peccatori reſipiſcenti remis - ſionem peccatorum ANNVNCIAT. Chemnitius in oͤffters an -gefuͤhr -eben(a)wircklich von GOtt ihre Suͤnden vergeben werden. Dann alle abſolutio nen von Menſchen geſprochen, ſie werden mit Formuln gegeben, wie ſie wollen, ſind in der That conditio - natæ, und haben dieſe abſonderliche Bedingung, wo der Beichtende bußfertig, und ein ſolcher iſt, als er ſich in ſeiner Beichte ausgiebet. Denn weil der Beicht-Vater in die Her - tzen nicht ſehen kan, ſo giebet er ſeine abſolution auf die Beicht. Jſt aber die Perſon anders, als die Beicht, ſo gehet gleich - ſam die Abſolution bey ihm voruͤber, und iſt ihm nicht ge - meinet. Beſiehe auch der Theol. bedencken Vol. II. Cap. 3. art. I. ſect. 7. p. 26. Vol. III. Cap. 6. art. I. diſt. IV. ſect. VII. p. 649. und an - derswo mehr. Weil aber nicht alle mit dem ſeeligen Spener zufrieden ſind, ſo fuͤge ich ſolchem den Paulum Tarnouium bey,Und Tarne - vii. der de miniſt. eccles. Lib. II. c. 23. ein gleiches gar deutlich behauptet.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) x162I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,eben ſolches geſaget. Jedoch ich kan nicht leugnen / daß ſie nachgehends wiederum anders gelehret. Dieſes aber dienet zum Exempel / daß ſich die groͤſten Leute wiederſpre - chen / wenn ſie die Zweiffels-Knoten / ſo ihnen in einer Sa - che aufſtoſſen / die nicht behauptet werden kan / aufloͤſen wollen.

Die Geiſtli - chen ſollen wuͤrcklich die Suͤndenvergeben.
305

§. XVII.

Andere / wie bereits erinnert worden / ſagen / die Vergebung der Suͤnden geſchehe wuͤrcklich durch den Prie - ſter / wenn er die Worte der abſolution ſpraͤche. Sie ver - geben die Suͤnden an Gottes ſtatt. Dieſes will ich aber - mahls mit des Herrn Loͤbers Worten beweiſen. Es ſpricht derſelbea)Ob die Prieſter die Suͤnde an GOttes ſtatt vergeben?Lœber cit. l. coroll. 4. Miniſtri eccleſiæ peccata remittunt in Dei vicem, an GOttes ſtatt. Nam quod ſoluitur in terra, ſoluitur etiam in cœlo. Vnde Chriſtus Luc. XXIV, 47. dicit: Remiſſio - nem peccatorum debere prædicari in nomine Chriſti, & 2. Cor. V, 20. qui officio reconciliationis funguntur, dicuntur lega - tione fungi nomine Chriſti. Wie buͤndig dieſe Worte ſchlieſ - ſen, kan ein jeder, der ſolche mit Verſtand uͤberleget, erkennen. Was von dem Loͤſe-Schluͤſſel gedacht wird, da habe ſchon in dem vorhergehenden hin und wieder meine Meinung eroͤffnet. Auf den Spruch Luc. XXIV, 47. antworte ich, daß es ein anders ſey, Suͤnden an GOttes ſtatt vergeben, ein anders Vergebung der Suͤnden in dem Nahmen Chriſti predigen. Es reimet ſich alſo dieſe Stelle nicht in dem geringſten auf unſere Beichte. Die Worte 2. Cor. V, 20. lauten alſo: So ſind wir nun Bott - ſchafften an Chriſtus ſtatt, denn GOtt vermahnet durchuns. : Die Kirchen-Diener vergeben die Suͤnden an Gottes ſtatt. Denn was auf Erden geloͤſet wird, ſoll auch imHimmel(a)gefuͤhrtem examine Concil. Trident, de confesſ geſtehet auch, die abſolution waͤre nichts anders, als eine Stimme des Evangelii, welche die Vergebung der Suͤnden ankuͤndigte. Nil vero aliud eſt abſolutio, quam vox euangelii ANNVNCIANTIS remisſio - nem peccatorum propter meritum Chriſti. 163bey denen Proteſtirenden. Himmel loß ſeyn. Und Chriſtus ſaget Luc. XXIV, 47. man ſol - te Vergebung der Suͤnden predigen in Nahmen Chriſti, und 2. Cor. VI. werden diejenigen, ſo das Amt der Verſoͤhnung fuͤh - ren, Chriſti Bottſchaffter genennet. Auf dieſe Weiſe koͤnnte man unſere Geiſtlichen mit allem Recht Chriſti Statthalter nennenb)Die unſrigen ſagen ſonſt, es ſey ein Kennzeichen des Anti Chriſts,Ob die Prieſter Chriſti Statt - halter. daß ſich der Roͤmiſche Papſt Chriſti Statthalter nennet. vid. Lœber cit. l. coroll. 5. Wenn aber unſere Geiſtlichkeit ſich die Statthalterſchafft Chriſti zueignet, ſo ſoll ſolches ein Kennzeichen eines rechtſchaffenen Dieners des Evangelii ſeyn. Die Zuſam - menhangung kan ich nicht begreiffen. Die Spruͤche, ſo man ins - gemein zum Beweiß herfuͤrbringet, reden von denen Apoſteln. Es iſt alſo ein Kennzeichen eines beſondern Hochmuths, wenn man dieſe auſſerordentliche Apoſtoliſche Titul und Freyheiten allen Geiſtlichen zuſchreiben will.. Jch zweifle aber aus gar wichtigen Gruͤnden an dieſem Vorgeben. Jch halte dafuͤr / GOtt allein vergebe die Suͤnde. Dieſe Vergebung zu erlangen / hat er uns ſein Wort geoffenbahret / daß wir daraus Troſt ſchoͤpffen moͤchtenc)Der ſeel. Spener urtheilet cit. l. Vol. I. Part. I. cap. 1. ſect. 37. pag.Durch das Wort GOttes erhaͤlt man Veꝛgebung der Suͤnde. 202. wohl, wenn er ſaget: GOtt iſt allein derjenige, der als die Haupt-Urſache, und mit einer eignen Gewalt die Suͤn - de nachlaͤſſet, wie ſie auch alle wider ihn gehen. Er faͤhret ſodann fort: Wie aber GOTT in dem Werck unſers Heils durch Mittel handelt, ſo iſt GOttes Mittel in der Verge - bung das goͤttliche Wort, und die heiligen Sacramenten,und. Zwar(a)uns. So bitten wir nun an Chriſtus ſtatt, laſſet euch ver - ſoͤhnen mit GOtt. Paulus ſaget: Wir ſind Bottſchaffter an CHriſtus ſtatt, nehmlich er und die uͤbrigen Apoſtel. Ferner erinnere ich, daß die Worte: laſſet euch verſoͤhnen mit GOtt, weit fuͤglicher auf eine andere Weiſe erklaͤret werden koͤnnen und muͤſſen, als daß ſolche ſo viel bedeuteten: Laſſet euch die Suͤnden an GOttes ſtatt vergeben.x 2164I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Zwar wollen die Prediger den Dienſt des Wortes ſo zu ſagen ſich eintzig und allein zuſchreibend)Was die Geiſt - lichen hierbey verrichten.Der ſeel. Spener ſcheinet auch hieher incliniret zu haben. Er faͤhret am angefuͤhrten Orte fort: Der Dienſt des Wortes a - ber iſt denen Predigern aufgetragen, daher haben ſie das Amt, das die Verſoͤhnung prediget, und fuͤhren das Wort der Verſoͤhnung, 2. Cor. V, 18. 19. und zwar alſo, daß ſie nicht allein aus dem Wort bezeugen, daß GOTT ſich mit uns zu verſoͤhnen willig ſey; ſondern auch den Bußfertigen, eintzeln oder mehreren die Verſoͤhnung anbieten, und ſie alſo von ihrer Seite verſoͤhnen, dermaſſen, daß wo jene mit Glauben ſolches annehmen, ſie der Verſoͤhnung und Vergebung auch wuͤrcklich faͤhig werden. Jch erinnere nur folgendes hierbey. Jn der erſten Kirche ware es jedem der die Ge - ſchicklichkeit hatte erlaubt, das Wort in der Gemeinde zu lehren. Ferner iſt es ein anders, jemand mit GOtt verſoͤhnen helffen, ein anders, ihme an GOttes ſtatt die Suͤnde vergeben. Jenes kan durch Ermahnen, Erinnern, Bitte, Gebet und Fuͤrbitte geſche - hen. Und wenn auch der Dienſt des Wortes denen Predigern aufgetragen, ſo kan doch ein jeder die Schrifft ſelbſt leſen. Erkan; Allein die Wahrheit zu ſagen / von Anfang ware es nicht alſo. Man wuſte von keinem Unterſcheid unter denen Clericis und Laicis. Da aber endlich dieſer aufgekommen und die Prieſter allein das Lehr-Amt uͤberkommen / ſo laſſen es auch alle kluge Leute dabey bewenden. Es koͤnnen alſo dieſelben fleißig von Buſ - ſe und Vergebung predigen; doch daß man ſolche Perſonen vor dergleichen Werckzeuge halten ſolte / ohne welche entwe - der keine Vergebung der Suͤnden geſchehen koͤnnte / oder daß doch von denenſelben die Suͤnden wuͤrcklich vergebenwuͤr -(c)und zwar alſo, daß er ſolche durch dieſe nicht allein anzei - gen, ſondern wahrhafftig ertheilen laͤſſet, alſo, daß der Glaͤubige in ſolchen Mitteln die Vergebung ſuchet und fin - det. Alſo kan man die Vergebung der Suͤnden erlangen, wenn man ſich GOttes Wort im Glauben zu Nutze machet.165bey denen Proteſtirenden. wuͤrden / will gar nicht in meinen Kopfe)Spener ſtimmet hiermit ein, da er ſaget cit. l. Alſo ſind diePrediger ſollen Mittels-Per - ſonen ſeyn, die Vergebung der Suͤnden zu er - langen. Prediger die Mittels-Perſonen, durch welche GOTT in ſeinem Wort die Vergebung nicht allein ſo fern verkuͤndi - gen laͤſſet, daß ſie uns offen ſtehen ſolle; ſondern auch de - nenjenigen wiederfahren laͤſſet, welche derſelben in Buß und Glauben faͤhig ſind. Daß aber GOtt uns die Vergebung der Suͤnden anbietet, kan man wiſſen, ohne daß ſolches die Pre - diger ſagen. Man darf nur ſelbſt die Bibel leſen. Man weiß auch, daß die Vergebung uns wiederfaͤhret, ohne daß ein Pre - diger etwas dabey thut. Jhr Dienſt ſcheinet nur um der rohen und einfaͤltigen Leute willen hier noͤthig zu ſeyn. Dieſe koͤnnen ſie zur Buſſe anmahnen, und wenn ſie Zeichen einer Reue und zerknirſchten Hertzens von ſich geben, verſichern, GOtt habe ihnen die Suͤnden verziehem. Meines Erach - tens / thun die Prieſter hier mit Recht weiter nichts / als daß ſie unter gewiſſen Formuln / mit Bedingung, die Ver - gebung der Suͤnden um Chriſti willen ankuͤndigenf)Der ſeel. Spener geſtehet endlich dieſes ſelbſten, und faͤhret cit. l.Kuͤndigen nur die Vergebung an. fort: Jndeſſen beſtehet ihr (nehmlich der Prediger) Verge - ben in VERKUNDJGUNG, daß ihnen GOtt hiermit durch ſein Wort und Evangelium die Suͤnden vergebe. ꝛc. . Kei - nesweges aber vergeben ſie die Suͤnden an Gottes ſtattg)Spener faͤhret fort: Daher vergiebet der Prediger in GOt - tes Nahmen, das iſt, nicht nur weil ihm GOtt dieſes Amt befohlen, ſondern weil er die Vergebung vor ſich nicht er - theilen koͤnte, ſondern GOtt ſolche durch ihn thut. Der ſeelige Mann hat ſeine Meinung von der Prediger Vergebung zwar viel beſcheidener als andere vorgetragen, allein mir fallen doch folgende Scrupel dabey ein. Jch weiß mich nicht zu entſin -nen,.

§. XVIII.

(d)kan ſich die Mittel, ſo dieſelbe darbietet, ohne eines andern Bey - huͤlffe zu Nutzen machen. Man darf nur Glaubens-voll das Verdienſt Chriſti ergreiffen, ſo ſind wir verſoͤhnet. Unſere Suͤn - den ſind getilget, und derſelben wird nimmermehr gedacht.

x 3166I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Denẽ Buß - feꝛtigen ſind die Suͤnden ſchon verge - ben, ehe ſie von denen Predigern abſoluiretwerden.
316

§. XVIII.

Denn iſt es nicht an dem / daß einem wahr - hafften Bußfertigen von GOtt die Suͤnden und Miß - handlungen bereits vergeben ſind / ehe ſie mit dem Munde bey denen Prieſtern beichten? Gewißlich iſt bereits alles ge - tilget / und ſtimmen auch hierinn die Theologi uͤbereina)vid. Carpzouius in Iſagog. ad Lib. ſymbol. pag. 870. Blumberg in der geiſtlicheu Himmels-Leiter und andere mehr.. Der Seel. Spener ſaget folgendesb)Speneri Ur - theil.Cit. l. cap. II. art. VI. ſect. I. pag. 196. Der theure Lehrer hat cit. l. vol. II. cap. III. art I. ſect. 27. pag. 156. ſeq. wiederum folgende Wor - te einflieſſen laſſen: Alſo duͤrffen wir nicht gedencken von ei - niger ſolchen Krafft der abſolution, daß wo nur dieſelbe erlan - get wuͤrde, nothwendig die Suͤnden auch kraͤfftig vergeben ſeyn muͤſten, um ſolches Wercks willen. Nein, ſonderlich muß erſt der Menſch in einer wahren Bekehrung, in wahrer Buß, in Reu und Haß ſeiner Suͤnde, und alſo ernſtlichem Vorſatz, ſie nun und nimmermehr mit Willen zu begehen, auch im Glauben an JEſum CHriſtum ſtehen, ehe ihm die abſolution nuͤtzen kan. Wo nun alſo der bußfertige Menſch in ſolchem Glauben an GOttes Gnade, in JEſu CHriſto ſtehet, und damit dieſe ergreiffet, ſo iſt er gerechtfertiget durch den Glauben, das iſt, es ſind ihm ſeine Suͤnden um der Gerechtigkeit JEſu CHriſti willen, der dafuͤr genug gethan hat, in dem Augenblick vor GOttes Gericht ver - geben, und er gerecht Rom. III, 24. 25. IV, 5. ehe er auch mit aͤuſſerlichen Worten abſolviret wird, ja ob auch in der Welt keine abſolution nachfolgte &c. : Wenn wir alſo wie -der(g)nen, daß in einem einigen Ort der Schrifft anbefohlen worden, Menſchen ſolten denen andern die Suͤnden vergeben. Selbſt denen Apoſteln iſt kein Befehl ertheilet, ſondern nur die Erlaub - nuͤß gegeben worden. Unter einer Erlaubnuͤß aber und einem Befehl, iſt ein groſſer Unterſcheid. Ferner kan ich nicht begreif - fen, woher es kommen ſolte, daß GOtt durch die Prediger und Beicht-Vaͤter die Suͤnden vergaͤbe, indem ich abermahls in dem goͤttlichen Wort nichts davon finde.167bey denen Proteſtirenden. der zu unſerer Beicht kommen / bekenne ich, daß ein Bußferti - ger, der ſich von ſchweren Faͤllen bekehret hat, ſo bald in ſei - ner Buß durch den Glauben die Vergebung vor GOttes Ge - richt erlanget habe, und wo er zu der abſolution zu kommen die Gelegenheit nicht haͤtte, nichts deſtoweniger eine vollkomme - ne Vergebung genieſſen wuͤrde. Damit aber die in ſolchem Fall ertheilte abſolution nicht gantz krafftloß und vergebens geachtet werden moͤge / ſo muß ihr dennoch einige Wuͤr - ckung zugeleget werden. Man ſaget / daß ſolche die goͤttliche abſolution bekraͤfftigte, und den Bußfertigen der goͤttlichen Gnade noch mehr verſicherte. Jch kan einem jedweden hier - inn ſeine Meinung laſſen. Die Sache iſt kein Glaubens - Articul. Mich richtet das goͤttliche Wort auch ohne menſch - liche abſolution vollkommen auf. Wenn mich meine Suͤn - den aͤngſtigen / hohle ich bußfertig aus demſelben Troſt: Jch finde auch ſolchen. Die Gnade GOttes zeiget ſich mir haͤuf - fig. Jch werde verſichert / GOtt werde mir um Chriſtiwillen alle meine Suͤnden verzeihen und vergeben.

§. XIX.

Wenn man aber ja zugiebet / daß noch heu -Zur Verge - bung der Suͤnden iſt der H. Geiſt noͤthig. te zu Tage die Macht Suͤnde zu vergeben gewiſſen Perſo - nen anvertrauet iſt; ſo kan man doch ſolche nicht allen Pre - digern zueignen. Es wurde ſolche vormahls denen Apo - ſteln durch Einblaſung des heiligen Geiſtes verliehen / dieſes muͤſte alſo auch noch jetzo geſchehen. Es haben alſo ſelbſt einige Theologi angemercket / daß die beſondere Huͤlffe des heiligen Geiſtes hierzu vonnoͤthen ſey. Um dieſer Urſache willen aber wuͤrden die allerwenigſten Prieſter ſich ſol - cher Gewalt anmaſſen koͤnnen. Jedoch wir haben genug / daß wir wiſſen / unſere Suͤnden werden durch die jenige Beichte / ſo GOtt aus zerknirſchtem Hertzen geſchiehet / voͤl - lig getilget. Was die Geiſtlichkeit hierbey thun kan / wirdWas die Geiſtlich - keit hierbey thut. wohl darinn beſtehen / daß ſie die unerfahrnen unterrichten / wie und auf was Weiſe man der Simden Unflath abwa -ſchen /168I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,ſchen / und das Hertze von ſolcher Seuche befreyen ſoll. Die Patres, ſo ſich zu Challons verſammlet / haben ſolches ſchon vorlaͤngſten beobachtet / und geſprochen / man beichte da - rum denen Prieſtern / daß man von ihnen Unterricht em - pfange / auf was Art und Weiſe man ſeiner Suͤnden loß wer - den koͤnne. Es wird nicht undienlich ſeyn / ihre Worte hier zu uͤberſetzena)Meinung der Patrum des Concilli zu Challons. Concil. Cabillonenſ. II. c. 33. Quidam Deo ſolummodo confiteri debere dicunt peccata; quidam vero ſacerdotibus confitenda eſſe percenſent; quod vtrumque non ſine magno fructu intra ſanctam fit eccleſiam, ita duntaxat, vt & Deo, qui remiſſor eſt peccatorum, confitea mur peccata noſtra, & cum Dauid dicamus: Delictum me - um cognitum tibi feci, & injuſtitiam meam non abſcondi. Dixi confitebor aduerſum me injuſtitias meas Domino, & tu remiſiſti impietatem peccati mei. & ſecundum inſtitutionem Apoſtoli, confiteamur alterutrum peccata noſtra, & oremus pro inuicem, vt ſaluemur. Confesſio itaque quæ Deo fit purgat peccata; ea vero, quæ ſacerdoti fit, docet qualiter ipſa purgentur peccata. De - us namque ſalutis & ſanitatis auctor & largitor, plerumque hanc præbet ſuæ potentiæ inviſibili adminiſtratione; plerumque me - dicorum operatione. a) Vol. : Einige ſagen, man duͤrffte nur GOtt allei - ne beichten, einige meinen man muͤſte auch dem Prieſter beich - ten, welches beydes nicht ohne groſſen Nutzen in der Kirchen geſchiehet, alſo daß wir GOtt, der der Vergeber der Suͤn - den iſt, unſere Suͤnden bekennen, und mit David ſagen: Jch habe dir meine Ubertretung bekannt, und meine Ungerechtig - keit nicht verborgen. Jch ſprach, ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen, da vergabſt du mir die Miſſethat mei - ner Suͤnden: Und nach der Anordnung des Apoſtels, ſollen wir einander unſere Suͤnden bekennen und bitten, damit wir ſeelig werden. Die Beicht alſo, die GOtt geſchiehet, reiniget von Suͤnden; Die aber dem Prieſter geſchiehet, lehret uns, auf was Weiſe die Suͤnden gereiniget werden koͤnnen. Denn GOtt, der des Heyls und Geſundheits Uhrheber und Geber iſt,ſchen -169bey denen Proteſtirenden. ſchencket ſolche bald auf eine unſichtbare Weiſe ſeiner Macht, bald durch Huͤlffe der Aertzte. Man muß ſich verwundern / daß man heute zu Tage lange nicht ſo geſchickt von dieſer Materie urtheilet / als die Patres ſchon dazumahl gethan. Doch die Urſachen ſind leicht zu errathen.

§. XX.

Aus allem / was bißher geſaget worden / kanBeichtſtuhl iſt nicht nothwen - dig. man zur Gnuͤge erkennen / daß die Beicht-Stuͤhle keines - weges als nothwendige Anſtalten zu betrachten ſind. Klu - ge Theologi bekennen ſolches ſelbſt. Jn der goͤttlichen Schrifft iſt nichts davon geboten. Die erſte reine Kirche hat nichts davon gewuſt. Durch ein oͤffentliches und allgemei - nes Geſetze iſt die Beichte erſt in dem dreyzehenden Seculo aufkommen. Man darff alſo dieſe Anſtalt vor nichts an - ders / als einen aͤuſſerlichen Kirchen-Gebrauch anſehen. Der ſeelige Spener iſt hier mit mir einerley Meinung / da er in ſeinen Theologi ſchen Bedencken ſageta)Vol. II. art. I. ſect. 27. pag. 161. Jn eben dieſen Bedencken, Vol. vlt. Nach Speneri, Schilteri und Carpzouii Meinung.P. 1. cap. II. art. 6. ſect. 6. p. 557. drucket er ſeine Meinung derge - ſtalt aus: Jm uͤbrigen bleibet auch dieſes unwiederſprech - lich, daß man bey aller Beybehaltung des Beicht-Stuhls denen Leuten allen Aberglauben, welchen ſie an demſelben faſſen moͤgen, mit allem Fleiß und Ernſt benehme, ſonder - lich, wenn ſie die Vergebung der Suͤnden daran binden. &c. Dieſes moͤgen abſonderlich diejenigen zu Ohren faſſen, und fleiſ - ſig mercken, welche alle ihre Kraͤffte daran ſtrecken, die Nothwen - digkeit der Beichte zu behaupten. Schilter in Inſtit. jur. can. Lib. II. Tit. 4. §. 11. ſaget auch, die Beichte flieſſe nur aus dem von Men - ſchen geordneten Recht. Die Kirche koͤnte alſo wegen derſelben diſpenſiren. Er beruffet ſich zugleich auf Carpzovium, und von denen alten auf Socratem und Sozomenum. Dieſer ihre Worte habe ſchon oben angefuͤhret. Wenn man aber zuſtehet, die Beichte ſey juris poſitiui, ſo duͤncket mich, die abſolution wird eben - falls aus keiner andern Quelle herzuleiten ſeyn. Denn die abſo -lution: Es wird auch zuge -ſtan -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) y170I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,ſtanden, daß unſer heutiger Beicht-Stuhl, wo er auch ſchon in rechtem Gebrauch ſtehet, dennoch keine goͤttliche Einſetzung, ſondern allein ein Kirchen-Gebrauch ſey, davon die erſte rein - ſte Chriſtliche Kirche uͤber etliche hundert Jahr nichts gewuſt. Jch glaube auch / daß gar offtermahl mehr Schaden aus de - nen Beicht-Stuͤhlen entſtehet / als Nutzen.

Nutzen der Beicht-Stuͤhle.
321

§. XXI.

Jch muß nun auch den Nutzen beruͤhren / der durch den Gebrauch und Beybehaltung der Beichte ſich ex - ſeriren ſoll. Wenn ich die Sache genau erwaͤge / ſo kan ich mir nicht einbilden / daß der Nutzen ſo groß und ſonder - lich iſt / als er insgemein geruͤhmet wird. Zwar weiß ich allzuwohl / warum einige die Beichte / deren Maͤngel ſie gar wohl erkennen / beybehalten wiſſen wollen. Jedoch die Gruͤnde / ſo ſie vorbringen / ſind von keiner ſonderlichen Wich - tigkeita)Warum die Beichte nuͤtz - lich ſeye und beybehalten werden ſoll?Ein ungenanter Autor, von dem rechten Gebrauch der privat - Beicht und abſolution erhebet zwar cap. 1. §. 3. den Nutzen ſolcher Beicht und abſolution gar ſehr. Wenn ich aber ſeine vornehm - ſte Urſache betrachte, waͤrum ſo viel auf die Beichte zu halten, ſo heiſt es: Man muͤſſe die Beichte beybehalten, wegen der vie - len Angefochtenen. Hierauf aber antworte ich: Wenn eine ſolche Seele ſich findet, die dafuͤr haͤlt, man koͤnnte der Suͤnden ohne Beichte nicht loß werden, ſo mag ſich ſolche derſelben bedie - nen. Laß eine ſolche die abſolution auf das wehmuͤthigſte her - ausbetteln. Sie kan dem Prieſter ſo lang und viel von ihrer See - len-Kranckheit fuͤrſchwatzen, als ſie immer will. Soll man aber wegen ſolcher eintzelnen und vielleicht wenigen Perſonen das Beicht-Joch allen und jeden, die ſich Glieder der Kirche nennen, aufbuͤrden? Jch kan ſolches nicht begreiffen. Viele wuͤrden kei -ne. Man uͤberlege doch nur / wie es mit dem beich -ten(a)lution, ſo bey der alten Kirche ſtatt hatte, ware eben alſo beſchaffen. Die Kirche verziehe das ihr zugefuͤgte Unrecht, und vergabe die Suͤnden keinesweges an GOttes ſtatt, wie bereits gemeldet worden.171bey denen Proteſtirenden. ten und abſolviren zugehet. Jn einer Stunde muͤſſen ein Duzend und wohl mehr abgefertiget ſeyn. Dennoch ſoll die Beichte eine Vorbereitung zum heilgen Abendmahl heiſ - ſen. Wenn aber keine beſſere als dieſe vorhergehet / ſo hat man ſich gewißlich nicht allzu wohl zu ſolchem himmliſchen Mahl geſchickt gemacht. Solches haben bereits andere vor mir erkannt / und alſo erſpare ich die Muͤhe / mich weitlaͤuf - tig dabey aufzuhaltenb)Angefuͤhrter ungenannter Autor hat ſolches ſelbſt erkannt. EsOb die Beichte eine Vorberei - tung zum A - bendmahl? erinnert derſelbe in §. 11. daß in der erſten Kirche keine Beichte und abſolution vor dem Gebrauch des heiligen Nachtmahls hergegan - gen. Hierauf unterſuchet er die Frage: Ob die geheime Beich - te eine Vorbereitung zum heiligen Nachtmahl ſey. Es wird nicht undienlich ſeyn, deſſen eigene Worte, ob ſolche ſchon etwas lang, hieher zu ſetzen. Und kan hie, ſchreibet er, der Vor - wand im geringſten nichts helffen, daß man gleichwohl nach reciti rung der Beicht vor der Abſolution mit denen Leuten re - den, ihnen die Groͤſſe ihrer Suͤnden und den Zorn GOttes ſchaͤrffen, ſie darauff pruͤffen, ob ſie auch ein rechtes Erkaͤnt - nuͤß, ein bußfertiges Hertz, und einen wahren Glauben haben, und wenn man ſolches an ihnen nicht findet, daß man ſie durch hertzliche Vermahnung dazu bringen, und ſie alſo zum heiligen Abendmahl bereiten koͤnne. Denn 1) thut ſol - ches unter hundert Predigern kaum einer, der ſich ſein Amt ſo laͤſt angelegen ſeyn. 2) Jſt die Zeit dazu viel zu kurtz, daß ſo viele, als offt in wenig Stunden da ſind, und zwar ein jeglicher inſonderheit, alſo koͤnte befraget werden: 3) Nehmen ſie es auch nicht an, ſondern viele ziehen es ih - nen zum Schimpff zu, auch wenn ſie in der Antwort nicht beſtehen, oder ihnen gewiſſe Suͤnden vorgehalten werden, werden ſie unwillig, und wiſſen allerley einzuwenden: und dennoch muͤſſen ſie abſolviret werden. 4) Siehet ein recht -ſchaffe -. Ja unſere heutige Beicht-Artſiehet(a)ne abſolution ſuchen, wenn ſie nicht muͤſten. Die Urſach iſt, weil ſie ſelbſt die Schrifft leſen, und ſich ſolche zu Nutzen machen.y 2172I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,ſiehet alſo aus / daß beruͤhmte Theologi ſelbſt bekennet / wir haͤtten faſt nirgendswo den rechten Gebrauch der Beichte. Uberall erblickte man nur den Mißbrauchc)Mißbrauch der Beicht - Stuͤhle.Der ſeel. Spener geſtehet ſolches ſelbſt cit. l. Vol. I. cap. 11. art. VI. ſect. 26. Auf ſolche Weiſe meinet er auch, daß es zweiffels ohne zu - traͤglicher waͤre, wenn man die Beicht-Stuͤhle gantz und gar ab - ſchaffte. Allein in eben denen Theol Bedencken, Vol. III. cap. VI. art. I. diſt. 4. ſect. 7. pag. 648. hat er einige geringe Urſachen ange - fuͤhret, warum ſolche beyzubehalten waͤren. Es verdienen auch diejenigen Mißbraͤuche, welche angefuͤhrter ungenannter Autor mitgetheilet, in Betrachtung gezogen zu werden, von welchen er§. 13. . Wie ſoll nunbey(b)ſchaffener Diener GOttes, dem es nicht ums Beicht-Geld, ſondern um ſeine und ſeiner Beicht-Kinder Seeligkeit zu thun, bey ſolchem vorgenommenen Verhoͤr erſt recht den Mißbrauch der Beicht und abſolution, wie wenig derer ſeyn, die er mit guten Gewiſſen abſolui ren, kan; da er doch alle nach der noͤthigen Gewohnheit inſonderheit abſolui ren, und wo es der Gebrauch iſt, ihnen die Haͤnde auflegen muß. Dannenhero alles, was von dem Nutzen ſolches Gebrauchs der Beicht und abſolution geſaget wird: daß nehmlich der Prediger alſo erfahren koͤnne, ob ſie auch alle die Haupt - Stuͤck der Chriſtlichen Lehre verſtehen, ob ſie alle ein buß - fertiges Hertz haben, und in wahrem Glauben an Chriſtum JEſum ſtehen, ob ſie auch alle einen rechtſchaffenen Vor - ſatz haben, nach dieſem ein frommes Leben zu fuͤhren, und daß er alſo einen jeglichen vermahnen und troͤſten koͤnne, als es ſeiner Seelen noͤthig iſt, nur ein bloſſer Vorwand iſt, davon nichts geſchicht, auch nichts geſchehen kan; Sondern das gantze Werck, wenn es im Grunde angeſehen wird, wie es die Prediger, ſonderlich heute zu Tage treiben, mehren - theils ein lauter Mißbrauch der troͤſtlichen Beicht und ab - ſolution, und eine unverantwortliche Entheiligung des Nah - mens GOttes, uͤber ſo viel gottloſe, unbußfertige, ſichere Menſchen, zu derſelben groͤſſern Verfuͤhrung und Verſto - ckung iſt. Welches GOtt nicht ungeſtrafft laſſen wird. 173bey denen Proteſtirenden. bey ſo geſtalten Sachen die Beichte eine nuͤtzliche Anordnung der Kirche betittelt werden? Jch kan es nicht ſehen / ſondern glaube darum vielmehr / der Nutzen / den wir durch das Beicht-Weſen zu erhalten gedencken / werde gar klein / oder wohl gar nirgends zu finden ſeyn. Man muͤſte denn die Beicht-Stuͤhle darum was nuͤtzliches nennen / weil durch ſolche die Beſoldungen der Prieſter / ſo insgemein gar ge - ringe / um ein ziemliches vermehret werden.

§. XXII.

Wenn aber nun gleich die Beicht-StuͤhleOb bey de - nen Beicht - Stuͤhlen etwas un - rechtmaͤßi - ges? nicht nothwendig, wenn gleich wenig Nutzen aus ſolchen entſtehet / ſo wird doch nichts bey ſolchen zu finden ſeyn / daß man ſagen koͤnnte / es waͤren dieſelben ungerecht zu nennen. Jch geſtehe gar gerne / daß ich mich in dieſe Materie nicht meliren mag. Die Sache ſcheinet mir gar zu kuͤtzlich. Jch will das Urtheil gar gerne andern uͤberlaſſen. Vielleicht koͤnnen ſie ſolches aus dem bißher geſagten faͤllen. Vor - ietzo will ich nur einige Erinnerungen machen. Vielleicht ver - dienen ſolche in eine kleine Betrachtung gezogen zu werden. Man ſchreibet allen und jeden Prieſtern das Recht Suͤnde zu vergeben und zu behalten zu / da doch ſolches eine auſ - ſerordentliche Gabe der Apoſtel iſt. Zum wenigſten wird niemand leugnen koͤnnen / daß daſſelbe von dem Einblaſen des heiligen Geiſtes herzuleiten ſey. Unſere Prieſter wol - len die Suͤnden an Gottes ſtatt vergeben. Hierzu aber ha - ben ſie ja keinen Befehl aufzuweiſen. Sie abſolviren ja alle / ſo in den Beicht-Stuhl kommen / und legen alſo denenmeiſten(c)§. 13. ſeq. cit. l. handelt. Es gehet aber dabey ſeine gantze Bemuͤ - hung dahin, daß er die privat-Beichte recommendiret, allerhand Rathſchlaͤge dargiebt, wie man dem eingeſchlichenen uͤbel wie - derſtehen und ſolches heben koͤnte, welche Meinung ich vorjetzo nicht unterſuchen kan. a) We -y 3174I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,meiſten die Haͤnde unwuͤrdiger Weiſe auf. Alle / welche das Nachtmahl des HErrn genieſſen wollen / muͤſſen ſich in dem Beicht-Stuhl einfinden. Man will gar keinen Unterſcheid unter denen Perſonen machena)Daß alle und jede vor Genieſ - ſung des A - bendmahls beichten muͤſ - ſen, wird geta - delt.Wegen dieſer Gewohnheit hat der oͤfftersangefuͤhrte ungenannte Autor cit. l. §. 13. folgende Worte einflieſſen laſſen: Wie alſo die Chriſten der erſten Kirchen neues Teſtamts das theure Verdienſt JEſu Chriſti durch den Gnaden-Bund der heil. Taufe ihnen geſchencket, zum Grunds ihres Glaubens geſetzet, und dabey ohne ſolche noͤthige Beichte und Abſolution vor dem heiligen Abendmahl der Vergebung ihrer Suͤnden und der Gnaden GOttes im Glauben gewiß geweſen ſind. Aber da wird nicht mehr an gedacht, ſondern ein jeder iſt durch den Mißbrauch der Beicht und abſolution in den Wahn gerathen: Wenn er zum heiligen Abendmahl gehet, daß er keine Ver - gebung der Suͤnden habe, wo er ſich nicht zu vorher aus noͤthiger Gewohnheit abſolui ren laſſe; Da er doch, ſo lange er im Glauben JEſu Chriſti bleibet, durch ſolchen Glau - ben gerecht iſt, und Vergebung aller ſeiner Suͤnden hat. Es ſind auch diejenigen Worte nicht zu uͤbergehen, welche er §. 14. von der Nothwendigkeit vor Genieſſung des Nachtmahls vor - her zu beichten, einflieſſen laſſen. Es iſt, ſaget er, ihnen (denen Frommen) ein groſſer Anſtoß des Glaubens, daß man ſie, wenn ſie zum Gedaͤchtnuͤß des Todes JEſu Chriſti und ſeinen Ehren, auch ihres Glaubens ferneren Staͤrckung und deſto feſteren Vereinigung mit GOtt zum heiligen Abendmahl gehen wollen, alsdenn zwingen will, ſich erſt abſolui ren o - der die Suͤnde vergeben zu laſſen, die ihnen doch ſchon ver - geben ſind, und an deren Vergebung ſie keinen Zweiffel ha - ben. &c. . Viele gehen aus einem bloſſen Gebrauch zur Beichte / und ſtehen in denen Gedan - cken / es ſey alles gantz gut und wohl ausgerichtet / wenn der Prieſter geſprochen: Jch vergebe euch Krafft meines hei - ligen Amtes alle eure Suͤnden ꝛc. Dieſe Worte waͤren kraͤf -tig175bey denen Proteſtirenden. tig genug / ſie von ihren Suͤnden zu reinigenb)Jch will die Sache wiederum lieber mit des angefuͤhrten unge -Die Leute wer - den durch die gemeine Beicht-Art ſicher gemacht. nannten Autoris, als meinen Worten ausdruͤcken. So ſaget er aber cit. l. Die gottloſen und ſichern Suͤnder, wie ley der! ſonderlich heut zu Tage, die meiſten Chriſten ſind, die in Un - wiſſenheit und daher nothwendig in Unbußfertigkeit, Un - glauben und Suͤnden wider das Gewiſſen dahin gehen, von GOtt aber und ſeiner ſeeligen Einwohnung und Wuͤrckung in ihrem Hertzen nichts wiſſen, weil ſie durch den Prediger koͤnnen abſolui ret werden, wenn ſie wollen, der Prediger auch wegen der noͤthigen Gewohnheit ſolches thun muß, wo er nicht vor Gericht will verklaget und geſtraffet werden; So werden dieſelben immer mehr und mehr in ihren Suͤn - den geſtaͤrcket, und verlaſſen ſich darauf, daß ihnen ihre Suͤnden von dem Prediger vergeben ſind, und daß die Sachen gantz gut mit ihnen ſtehen. Da ſie doch niemah - len ihre Suͤnden und den Zorn GOTTES uͤber dieſel - ben recht erkannt, und gefuͤhlet, und alſo auch dem Prediger nie keine Noth des Hertzens geklaget, noch Troſt von ihm begehret, viel weniger im Glauben an Chri - ſtum einen Vorſatz gefaſſet, ſolche Suͤnden einzuſtellen; Sondern ſie ſind in dem Vorſatz zu ſuͤndigen geblieben, in Meinung GOtt ſey barmhertzig, und nehme es ſo genau nicht. Sie leben in der Welt; Wo ſie wollen fortkommen, muͤſſen ſie es machen, wie der groͤſte Hauffe. Was ſie aber in der Beicht gethan, iſt nichts anders, als daß ſie ihr vorlangen Jahren auswendig gelernetes Beicht-Formular hergeſaget, und darauf offt mit einer wohl getitulirten Rede abſolui ret ſind &c. a) Jch. Sie ſetzen mehr Vertrauen auf die Beicht-Vaͤter / alsauf GOtt / und ſuchen alſo Huͤlffe / wo ſolche doch nicht zu finden. Sie be - ten nach dem Gebrauch das auswendig gelernete Formu - lar daher / im uͤbrigen aber iſt bey ihnen keine rechte Erkaͤnt - nuͤß der Suͤnden / keine wahre Reue, kein Glaube an Chri -ſtum176I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,ſtum anzutreffenc)Welches mit ei - nes andern Worten be - ſcheiniget wird.Jch will die Worte des auch ſchon angefuͤhrten Autoris, der Ant - worten auf etliche Theolog. Fragen, hieher ſchreiben. Jch finde pag. 65. ſeq. folgende: Mir beduͤncket, durch das Beicht-Weſen werden denen Leuten Kuͤſſen gemacht unter die Arme, und Pfuͤhle zu denen Haͤuptern. Jhr Suͤnden-Lager wird ihnen von neuen gebettet. Sie liegen deſto ruhiger in ihren Suͤn - den, weil ſie davon, ſo offt ſie zu dem Beicht-Stuhl kommen, Vergebung bekommen. Da werden die armen Seelen ge - fangen gefuͤhret in den Seilen des ordinai ren Beicht-We - ſens, daß ſie niemahlen ſich einen Ernſt ſeyn laſſen, durch die Gnaden-Krafft JESU loß und frey zu werden von Suͤnden. . Dieſe Dinge bitte ich wohl zu erwaͤ - gen / und ſo dann ſelbſt zu urtheilen / ob man nicht zweiffeln koͤnne / die Beicht-Stuͤhle waͤren keine allzugerechte Sache. Denn auf die Weiſe / wie ſolche anjetzo eingerichtet / kan es nicht fehlen / daß mehr Ubel aus ſolchen herfuͤr quilt / als daß man gutes daraus zu erlangen hat.

Verglei - chung dererſten und
331

§. XXIII.

Aus dieſer einigen Anſtalt des Beicht-We - ſens urtheile jemand / mit was vor Recht man unſere Kirche eine gepflantzete Kirche nennen koͤnnea)Unterſcheidun - ter der ge - pflantzten und zu pflantzendeu Kirche.Der Unterſcheid, ſo von denen Theologis unter der gepflantz - ten und zupflantzenden Kirche gemacht wird, iſt mehr als zu bekannt. Wenn man dieſes nur recht nimmt, ſo iſt es gantz gut. Allein dieſe Eintheilung hat ſo vieles auf ſich, daß wenn man ſiehet, zu was Ende ſolche gebraucht wird, man wuͤnſchen ſol - te, dieſe diſtinction ſey niemahls erdacht worden. Es liegen vie - le politiſche Abſichten darunter verborgen. Was ſoll denn aber eine gepflantzete und noch zu pflantzende Kirche ſeyn? Die erſte Kirche wird insgemein vor eine ſolche ausgegeben, die noch zu pflantzen geweſen. Die heutige hingegen, ſey die gepflantze - te. Wir wollen hoͤren, warum es alſo ſeyn ſoll. Fecht. in Diſſ. de domeſt. audit. viſit. ſaget, weil alle Mittel zur Seeligkeit in ihrer Ordnung waͤren. Eccleſia proprie plantata dicitur, in qua omniaſalutis. Dieſes gebe ichgerne177bey denen Proteſtirenden. gerne zu / wenn der beſte Zuſtand der Kirche nach dem aͤuſ -heutigen Kirche. ſerlichen ſplendeur, nach der Menge der Ceremoni en und Kir - chen-Gebraͤuche auszumeſſen iſt / daß unſere Kirche vor derje - nigen den Vorzug haben muß / welche zu Zeiten der Apo - ſtel geweſen. Allein ich halte nicht davor / daß man die Sa - che nach der aͤußerlichen Bluͤthe und nach dem ruhigen Zu - ſtand beurtheilen darf. Jch verwerffe nicht den aͤußerlichen Gottesdienſt, ſondern halte ſolchen vielmehr vor ein hoͤchſt nothwendiges Stuͤcke. Dieſes aber muß ich bekennen / daß die aͤußerlichen Gebraͤuche der Religion nuͤtzen und ſcha - den koͤnnen. Mich duͤncket / daß es in dieſem Stuͤck nicht uͤbel wuͤrde gethan ſeyn / wenn man ſich nach denen Apoſto - liſchen Zeiten richtete. Dazumahl hatte man einfaͤltigeund(a)ſalutis præſidia jam ordine diſpoſita ſunt, vt quilibet inde fidem haurire & ſalutem adipiſci poſſit. Et talis eſt hodierna eccleſia Lutherana, non illa prima. Wenn ich aber nicht irre, ſo wird es nicht genug ſeyn, daß man alles dasjenige findet, was zur Seeligkeit noͤthig iſt, ſondern die Leute werden auch darnach le - ben muͤſſen. Mich beduͤncket, die gepflantzete Kirche muͤſſe aus dem lebendigen Glauben an Chriſtum, dadurch wir Glie - der Chriſti, als des Hauptes der Kirchen werden, vornehmlich beurtheilet werden. Hiernaͤchſt ſo weiß ich nicht, was den guten Doctor Fechten angefochten, daß er behauptet, in der erſten Kir - che waͤren nicht alle Mittel zur Seeligkeit vorhanden oder in gehoͤriger Ordnung geweſen. Mich duͤncket, es habe nirgendswo gefehlet. Die erſten Chriſten ſind wegen ihrer reinen Lehre, als auch wegen ihres untadelichen Lebens zu ruͤhmen. Haͤlt man dieſe beyden Stuͤcke gegen unſere Zeiten, ſo wird man befinden, daß unſere Kirche mit weit groͤſſerm Recht unter die noch zu pflantzen - den zu rechnen, als die erſte Apoſtoliſche. Wenn man ſaget, der er - ſten Kirchen haͤtten Mittel zur Seeligkeit gemangelt, ſo verhauet man ſich nicht wenig. Man imputiret der erſten Kirche eine un - vollkommene Lehre welches man nicht einmahl gedencken ſolte. b) Nach -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) z178I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,und wenige Ceremonienb)Anmerckung von denen Ce - remonien.Nachmahls ſuchte man in dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt faſt die gantze Gottſeeligkeit. Man hielte dafuͤr, durch genaue Beob - achtung der Ceremonien thaͤte man denen Pflichten eines Chri - ſten ein Genuͤgen. Selbſt die Gebraͤuche, ſo noch unter denen Proteſtirenden uͤbrig ſind, legen zum oͤfftern ein ſattſames Zeug - niß der alten ſuperſtition dar. Der Zwiſt, ſo zwiſchen Luthero und Carlſtadio entſtanden, hat die reformation der Liturgie in vielen, ja meiſtentheils verhindert. Luther fuͤhrte dem Carlſtad zu Verdruß vieles wieder ein, was dieſer nicht ohne Grund ver - worffen und abgeſchafft. Man muſterte zwar einige papiſtiſche Ceremonien aus, doch wurden verſchiedene beybehalten, und von denen Theologis vertheydiget. Sie bildeten ſich und an - dern ein, man koͤnnte auch mit ſolchen die Gottesfurcht in denen Hertzen der Zuhoͤrer feſte ſetzen. conf. Bœhmeri diſp. de jure Li - turg. cap. 1. Mit Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle haben ſie ſonder Zweiffel gleiche Meinung gefuͤhret; allein der Ausgang hat das Gegentheil zu erkennen gegeben.. Unſere Georaͤuche aber ſind zum oͤfftern alſo beſchaffen / daß ſie mit der Lehre der alten Apoſtoliſchen Kirche nicht uͤbereinſtimmen. Die Theologi ſagen aber doch zum oͤfftern ſelbſt / daß man die heutigen Kirchen nach dem Muſter der Apoſtoliſchen zu reguliren haͤt - te. Auf dieſe Weiſe aber wuͤrde man viele Sachen / und ſonderlich auch die Beicht-Stuͤhle abſchaffen muͤſſen.

Beſchrei - bung der Beicht-Stuͤhle.
334

§. XXIV.

Aus demjenigen / ſo wir bißher geſaget / er ſie - het man / daß die Beicht-Stuͤhle beſondere Oerter in der Kirche ſinda)Erinnerung wegen der de - ſinition. Jch rede von demjenigen, was ordentlicher Weiſe geſchiehet. Es iſt bekannt, daß man zuweilen in ſeinem eignen Hauſſe, ja auf dem Bette, oder wenn es auch in der Kirche iſt, in der Sacriſtey die Beichte ableget, und abſoluiret wird. Gemeiniglich aber ſind in der Kirche gewiſſe Stuͤhle dazu geordnet, daß ſich die Beicht - Vaͤter in ſolche ſetzen, und daſelbſt die Beicht-Kinder abſoluiren. b) Dal - / ſo erſt im XIII. Seculo aufgekommen /welche179bey denen Proteſtirenden. welche diejenigen beſuchen muͤſſen / ſo zu dem Nachtmahl des HErrn gehen wollen / da ſie dann vor ihrem Beicht - Vater eine generale Bekaͤntniß der Suͤnden ablegen / und nachmahls von ſolchem an GOttes ſtatt abſolviret wer - den. Dieſes iſt die Beſchaffenheit derſelben bey denen Proteſtirenden. Jch wolte mir endlich dieſen Gebrauch noch gefallen laſſen / wenn man nur eines und das andere aͤndern wolte. Die Lehrer ſolten ihren Zuhoͤrern auf das nach - druͤcklichſte einſchaͤrffen / daß das Beicht-Weſen eine bloſe Ceremonie / ſo von Menſchen eingefuͤhret worden. Sie ſol - ten frey bekennen und ſagen: Niemand koͤnne Suͤnden ver - geben / als GOtt. Was die Prieſter dabey zu verrichten haͤtten / beſtuͤnde darinnen / daß ſie die Leute zur wahren Buſſe anmahneten / ihnen den Weg hierzu zeigten. Sie troͤſteten die Betruͤbten und zeigten ihnen / daß GOtt denen zerſchlagenen Hertzen um Chriſti willen gnaͤdig ſey / und die Suͤnden verziehe. Gewiß ſolche hochtrabende Formuln: Jch vergebe euch eure Suͤnden an GOttes ſtatt, Jch vergebe ſie Krafft meines heiligen Amtes ꝛc. hat man vordieſen nicht gebraucht. Man hat ſich in dem groͤbſten Papſtthum ei - nes beſſern beſchiedenb)Dallæus de confesſ. auricul. Lib. IV. cap. 42. bringet aus dem Pſeu -Erinnerung wegen der ab - ſolutions - formuln. do Alcuino und ordine Romano die gantze Handlung der Beich - te und abſolution bey. Die abſolution aber beſtunde in nichts anders, als daß der Prieſter uͤber den Bußfertigen folgendes Gebet geſprochen: Herr erhoͤre unſer Gebet, und vergib die Suͤnde denen, die dir beichten. Oder auf ſolche Weiſe: Laß deine Barmhertzigkeit o HErr! ergehen uͤber dieſen deinen Knecht, u. ſ. w. Wenn dieſes geſchehen, hieſſe man den Buß - fertigen von der Erde aufſtehen, und der Prieſter erhube ſich auch von ſeinem Stuhl. Beyde verfuͤgten ſich in den Tempel, fielen auf die Knie und beteten Pſalmen / z. E. HErr ſtraff mich nichtin. Warum ſolte man denn heute zuTagez 2180I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,Tage nicht davon abſtehen / und die Sache wiederum auf den alten Fuß ſetzen? Es wuͤrde dadurch viel Aergerniß ver - mieden werden. Allein dieſes iſt vielmehr zu wuͤnſchen / als zu erlangen. Man darff auch nicht viel davon ſchreiben. Denn es iſt nunmehro dahin gekommen / daß man dasjeni - ge vor aͤrgerlich / laͤſterlich / ketzeriſch u. ſ. f. ausſchreyet / was dem Nutzen oder Anſehen der Geiſtlichen nur im geringſten zuwieder iſt. Es ſind einige auf die Gedancken gerathen /daß(b)in deinem Zorn ꝛc. und andere mehr. Kurtz: Die Beichte und abſolution beſtunde aus folgenden Ceremonien. Erſtlich hoͤrete man den Bußfertigen an. Hernach befragte man ihn wegen ſei - nes Glaubens, der vergangenen Suͤnden, und der jetzigen Be - ſchaffenheit ſeines Gemuͤthes. Hierauf legte man ihm die Buſſe oder Genugthuung auf, ſetzte derſelben Art und Weiſe, inglei - chen auch die Zeit, endlich betete man mit ihm zu GOTT. Es ware noch nicht gewoͤhnlich, daß die Prieſter wie Prætores und Richter ein Urtheil gefaͤllet, und die Suͤnden vor ſich erlaſſen. Sie ſuchten ſolche mit Gebet von GOTT zu erlangen. Dieſer Gebrauch ware abſonderlich bey denen Chriſten in Occident. Aus des Thomæ opuſc. 22. erſiehet man, daß ein Doctor mit ihm geſtritten und behauptet, die Art der abſolution beſtuͤnde bloß in Bitten und Gebet. Es waͤren noch nicht dreyßig Jah - re, daß nur dieſe Formul aufgekommen: GOTT verzeihe und vergebe dir deine Suͤnde. Die Patres zu Challons, de - ren Worte wir im vorhergehenden angefuͤhret, haben ebenfalls dafuͤr gehalten, die abſolution beſtuͤnde bloß in Gebet und Fuͤr - bitte. Denn da ſie geſaget: die Beichte, die dem Prieſter ge - ſchiehet, unterrichtete, auf was Weiſe die Suͤnden getilget wuͤr - den; ſo geben ſie gar deutlich zu verſtehen, daß man darum gebeichtet, damit man unterwieſen worden, durch was vor eine Reue, und mit was vor Gebeten, man von GOTT Vergebung erhalten muͤſte. Auf dieſe Weiſe alſo, hat man vor dieſem nicht bey dem Prieſter, ſondern bey GOTT allein Vergebunggeſu -181bey denen Proteſtirenden. daß vielen unter uns / ſo wohl als bey denen Papiſten / die Hierarchie in dem Kopf ſtecke. Sie duͤrfften ſich ſolches nur nicht recht mercken laſſen. Viele Saͤtze wuͤrden nicht nach dem Grund der Wahrheit / ſondern nur nach dem Nu - tzen der Cleriſey beurtheilet. Von Exempeln muß man ab - ſtrahiren / ſonſt macht man ſich gar zu viel Feinde. Was ſoll man aber hierbey thun? Man muß vieles tragen und erdulden / was nicht leicht kan geaͤndert werden.

Zweyte

(b)geſuchet. Wolte GOtt, daß man auch heute zu Tage die ab - ſolution nicht als eine richterliche Sententz ausſpraͤche, ſon - dern ſolche von GOTT erbeten haͤlffe. Waͤre aber dieſe Ar - beit denen Geiſtlichen zu beſchwerlich, ſo koͤnnten ſie doch an ſtatt der gewoͤhnlichen abſolutions-formul dieſe gebrauchen: GOtt wird euch eure Suͤnden vergeben. Jedoch daran werden die wenigſten Prieſter wollen. Man bildet ſich insgemein ein, die Cle - riſey kuͤndigte die Vergebung nicht an, ſondern theilete ſolche mit. Darum ſagen ſie: Wir vergeben krafft unſers heiligen Amtes. Allein dieſe Formul iſt, daß ich des Dallæi Worte ge - brauche, unaͤcht, und von denen neuern erdacht worden. Es hat aber ſolche neue Meinung nichts deſtoweniger alle eingenom - men. Jch bilde mir alſo nichts anders ein, als daß man das - jenige, ſo ich bißher gemeldet, auf die greulichſte Art herum neh - men wird. Jch muß mir alles gefallen laſſen. Weil aber mei - ne Meinung, ſie mag beſchaffen ſeyn wie ſie will, keinen Glau - bens-Articul betrifft, ſo werden die Herren Wiederſacher nicht mit Ketzer-Tituln um ſich ſchmeiſſen. Um dieſes will ich ſie hiermit auf das freundlichſte gebeten haben. a) Jch

z 3182II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung

Zweyte Abtheilung. Von Demjenigen / was bey dem Gebrauch der Beicht - Stuͤhle Rechtens iſt.

Das erſte Capitel. Von Erwehlung eines gewiſſen Beicht - Vaters.

§. I.

Definition eines Beicht Vaters - berhaupt.
338

DA die Beicht-Stuͤhle durchgehends eingefuͤhret wor - den / ſo hat man dabey zugleich verordnet / daß man ſich eine gewiſſe Perſon erwehlen muͤſte / der man ſeine Suͤnden beichtete. Uberhaupt verſtehe ich aber durch eine ſolche einen ordinir ten Kirchen-Diener, dem man uͤber - haupt die Suͤnden bekennet, und von ihm durch Hand-Aufle - gung die abſolution erhaͤlt. Man nennet ſie die Beicht-Vaͤ - ter, und die Beichtende / die Beicht-Kinder, weil zwiſchen ihnen beyden eine Vater - und Kindſchafft ſeyn ſolla)Geiſtliche Kindſchafft.Jn dem C. 8. C. 30. q. 1. wird gantz deutlich geſaget, daß diejeni - gen, ſo von denen Prieſtern in der Buſſe angenommen wuͤrden, geiſtliche Kinder waͤren, welche Beſchaffenheit es auch bey der Tauffe haͤtte. Omnes, quos in pœnitentia ſuſcipimus, ita noſtri ſunt ſpirituales filii, vt ipſi, quos vel nobis ſuſcipientibus, vel tri - merſionis vocabulo mergentibus, vnda ſacri baptiſmatis rege - nerauit. &c. b) Daß. Die - ſe ſoll von der Wichtigkeit ſeyn / daß auch kein eheliches Band zwiſchen ſolchen Perſonen koͤnnte geſchloſſen wer -den183eines gewiſſen Beicht-Vaters. denb)Daß durch das Sacrament der Beichte keine geiſtliche Verwand -Geiſtliche Verwand - ſchafft. ſchafft zu wege gebracht wuͤrde, will Lyncker ad Tit. de cognat. ſpirit. q. 4. weil die Buſſe kein Mittel der Wiedergeburt, ſondern der Verſoͤhnung. Allein nach dem in voriger Note angefuͤhrten canone wird es der Feundſchafft, ſo durch die Tauffe geſchehe, ver - glichen, und weiß man ja, wie nach denen geiſtlichen Rechten durch die Tauffe allerdings eine geiſtliche Verwandſchafft zwiſchen denen Pathen und dem Kinde geſtifftet wird. Die Meinung aber iſt doch weit geſcheider, wenn man ſaget, es werde keine Verwand - ſchafft, auſſer durch das Gebluͤte. Die geiſtliche Verwandſchafft wird gar improprie eine Verwandſchafft genennet. Es iſt ein menſchliches Erfinden, und wird gar improprie eine cognatio ge - nennet. Vid. Gerhardus in loc. Theol. de conjug. n. 364. ſeq. . Allein dieſe geiſtliche Freundſchafft wollen die Pro - teſtirende nicht ſo weit extendiret wiſſenc)Bey denen Proteſtirenden ſiehet man niemahls bey denen Per -Jſt bey denen Proteſtirenden nicht. ſonen, ſo ſich verehlichen wollen, auf die geiſtliche Verwand - ſchafft. Man bedarff alſo in dieſem Stuͤck keine diſpenſation. Allein man kan doch aus der Benennung der Beicht-Vaͤter und Beicht-Kinder ſehen, daß wir das principium behalten, und die concluſiones verworffen, wie man im Gegentheil auch fin - det, daß man concluſiones heget und vertheydiget, deren prin - cipium wir gar nicht zulaſſen..

§. II.

Dieſe Erwehlung eines Beicht-Vaters haͤlt manWarum man einen Beicht - Vater er - wehlen ſoll. auch darum vor noͤthig / weil ſich niemand ſelbſt abſolui ren koͤnnte. Hiermit ſtimmen auch die Proteſtirenden uͤberein / und wollen es daher beweiſen / weil die Schrifft nicht ſag - te: Wie du dir die Suͤnde vergiebeſt / ſondern welchen ihr die Suͤnden vergebeta)Dieſes iſt die Meynung Carpzouii Lib. II. Jurispr. conſiſt. def. 293.Carpzovs Meinung. n. 16. welcher gar viele Anhaͤnger hat. Dieſer da er von der Noth - wendigkeit, vor dem Gebrauch des H. Abendmahls, zur Beichte zu gehen gehandelt, faͤhret er fort: At quomodo id fleri poterit, ſi paſtoralium non requirat eccleſiæ miniſtrum: cum nemo ab -ſoluere. Jch dencke aber / dieſe nothwendigeErkieſ -184II. Abth. I. Cap. Von ErwehlungErkieſung eines Beicht-Vaters komme aus dem Cano - niſchen Recht her. Denn nach demſelben werden zur Ver - gebung der Suͤnden Reu und Leid / oder ein zerknirſchtes Hertz / die Beichte mit dem Munde / und die Genugthuung mit Wercken erfordert. Wo dieſe drey Stuͤcke beyſam - men waͤren / da ſey erſtlich eine wahre und rechtſchaffene Buſſe anzutreffenb)Stuͤcke der Buſſe.C. 41. diſt. I. de pœnit. Lancelottus hat ſolchen auch in ſeinen In - ſtit. jur. can. Lib. II. Tit. V, v. 5. gefolget, und drey Stuͤcke der Buſſe gemacht, da er ſaget: Conſtat igitur pœnitentiæ Sacra - mentum tribus partibus, contritione cordis, confesſione oris & operis ſatisfactione. Und handelt nachgehends von jedem Stuͤck ins beſondere.. Zwar ſind die Papiſten ſelbſt hier nicht gar zu einigc)Vielerley Mei - nung von ſol - chen Stuͤcken.Die Scotiſten ſetzen das gantze Weſen des Sacraments der Buſ - ſe in der abſolution. Andere ſagen, die Zerknirſchung des Her - tzens, die Beichte mit dem Mund, und Gnugthuung durch Wer - cke, waͤren die materie der Buſſe, die abſolution aber die Form und Geſtalt. Sie moͤgen aber daher ſchwatzen, was ſie wollen, ſo haͤnget doch ihre Lehre nicht zuſammen. Uberhaupt iſt dieſes zu mercken, daß ſie diejenigen ſatisfactiones und Genugthuungen, ſo vormahls die Kirche denen Gefallenen auferleget, wenn ſie wieder Glieder derſelben ſeyn wollen, vor etwas ſolches ausgegeben, da - durch die Vergebung der Suͤnden von GOTT erhalten werden koͤnnte. conf. not. ad Lancel, Lib. II. not, 143. edit. Thomaſ. ; Allein es verlohnet ſich der Muͤhe nicht / daß man viel Worte von der Sache macht / und ſich dabey aufhaͤlt.

Die Mei-nung, daß
344

§. III.

Zwar iſt nicht zu leugnen / ſondern vielmehr klar am Tage / daß die Proteſtirenden die Beichte denen we -ſentli -(a)ſoluere ſe ipſum poſſit. Nec enim dictum, vt tibi remiſeris pec - cata, ſed quibuscunque remiſeritis peccata. Matth. XVI, 19. Joh. XX, 21. Der Carpzov iſt uͤberhaupt in ſeiner Jurisprudentia Con - ſiſtoriali kein groſſer Raiſonneur. Wie er die Sache bey denen Canoniſten gefunden, ſo hat er ſolche hingeſchrieben, und mit præ - judiciis erlaͤutert.185eines gewiſſen Beicht-Vaters. ſentlichen Stuͤcken der Buſſe nicht zuzehlen / die Genugthuungniemand ſich ſelbſt abſoluiren koͤnne, wird in etwas eꝛ - wogen. aber der Wercke voͤllig verwerffen. Nichts deſtoweniger aber vertheydigen ſie dennoch: Es koͤnne ſich niemand ſelbſt abſolviren. Dahero kommt es auch / daß ein Prieſter den an - dern wiederum zum Beicht-Vater annimmt. Carpzovs raiſon habe nur in vorhergehenden Noten beygebracht. Al - lein wenn ich nun die gemeine Meinung annehme / ſo præ - ſentiren ja unſere Geiſtlichen in dem Actu abſolutionis mehr als einerley. Denn wenn ſie die Suͤnde vergeben / ſo thun ſie ſolches an GOttes ſtatt. Sie ſind keine ſchlechte Men - ſchen / was man ihnen beichtet / entdecket man GOtt. GOtt redet durch ſie / GOtt abſoluiret durch ſiea)Damit man mir hier nicht eine Meinung andichte, welche ichErlaͤuterung wegen einer zu machenden ob - jection. nimmermehr hege, und mich einer contradiction beſchuldige, ſo muß ich erinnern, daß ich dieſes nur κατ᾽ ἄνϑρωπον geſchrieben. Denn wenn die Worte, ſo Chriſtus geſprochen: Welchen ihr die Suͤnde vergebet, denen ſind ſie vergeben &c. alle Prieſter angehen, wenn dieſe ferner waͤhrender Beichte und abſolution nicht als bloſſe Menſchen, ſondern an GOttes ſtatt da ſitzen, ſo kan es nicht anders ſeyn, als daß ſie ſich auch von ihren Suͤnden abſoluiren koͤnnen. Der Carpzovius, von welchem ich in man - chen Dingen gar viel halte, hat ſolches nicht erwogen, ſonſt wuͤr - de er vielleicht auch geſehen haben, woher es kommt, daß man insgemein vorgiebt: Niemand koͤnne ſich ſelbſt abſoluiren. Man darff es auch dieſem Mann nicht vor uͤbel auslegen. Er ware mit zu vielen Verrichtungen beladen. Dieſe verhinderten, daß er das wenigſte, was er in dem Kirchen-Recht geſchrieben, wohl hat uͤber - legen koͤnnen. Uber dieſes, ſo ware er kein ſonderlicher Held in der Kirchen-Hiſtorie. Er lieſſe ſich damit begnuͤgen, die Meinun - gen derer Canoniſten in die fora der Proteſtirenden einzufuͤhren. a) Con -. Bey derglei - chen Zuſtand aber bleiben ſie dennoch ſuͤndige Menſchen. Dieſe beduͤrffen der abſolution. Da ſie nun an GOttes ſtatt als Beicht-Vaͤter ſitzen / und dennoch ſuͤndige Menſchenver -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) a a186II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungverbleiben / ſolten ſie ſich nicht ſelbſt abſolviren koͤnnen? Wenn die gemeine Lehre zuſammen haͤngen ſoll / ſo muß man die - ſes ſagen / ſonſt wird man dieſen Zweiffel nicht heben koͤnnen.

Einſchraͤn - ckung der Erwaͤhlung eines BeichtVaters.
346

§. IV.

Die Wahl aber eines Beicht-Vaters iſt an vielen Orten dergeſtalt eingeſchrencket / daß man ſolche kaum eine Wahl nennen kan. Gemeiniglich haben die Rechte und Verordnungen es ſchon ausgemacht / wen der oder je - ner zum Zum Beicht-Vater haben ſoll. Wo nicht mehr als ein Geiſtlicher an einem Ort / ſo muß man ſich deſſelben bedienen. Jch will die Verordnung des Tridentiniſchen Concilii vor andern anfuͤhrena)Verordnung derer Concili - en, und Prote - ſtantiſcher Ge - brauch.Concil. Trident. ſeſſ. 24. de reform. cap. 13. Mandat ſancta ſynodus Epiſcopis, pro tutiori animarum eis commiſſarum ſalute, vt di - ſtincto populo in certas propriasque parochias, vnicuique ſuum perpetuum, peculiaremque parochum aſſignent, qui eas cogno - ſcere valeat, & a quo SOLO licite ſacramenta ſuſcipiant. So hat man in der Kirche alles nach dem buͤrgerlichen Weſen einge - richtet. Der Verordnung des Tridentiniſchen Concilii iſt bey - zuſetzen, was c. 12. X. de pœnit. & remiſſ. ſchon von dem proprio Parocho verordnet iſt. Man ware aber nach und nach immer mehr und mehr dahin bemuͤhet, hie und da einen beſondern Spren - gel anzurichten, und ſo zu ſagen einem Geiſtlichen beſondere territoria anzuweiſen. Jn dieſen ſolten ſie ſich halten, und nicht weiter ausſchweiffen. Man ſagte ferner, es waͤre ein jeder Prie - ſter durch die ordination ſeiner Kirchen verlobet und angetraut, wie man ſchon vor vielen Zeiten geglaubt. Man hielte es alſo vor eine groſſe Suͤnde, wenn man wieder Willen eines andern, ſich in deſſen Kirchſpiel und die dahin gehoͤrige Sachen einmiſchen wolte. Man koͤnte nicht die geringſte guͤltige Handlung wieder eines andern daſelbſt Willen verrichten. Ja wollen doch die Proteſtirende nicht einmahl zugeben, daß der Prieſter eines frembden Kirch - Spiels, wenn er auch verlanget wuͤrde, die Betruͤbten und Elenden auſſer ſeinem Sprengel beſuchen, und ſie aus GOttes Wort troͤſten duͤrffe. vid. Fechtius cit. l. Alſo beſtreben ſich auch unſere Geiſt -liche: Die heilige Verſammlungbefiehlet187eines gewiſſen Beicht-Vaters. befiehlet denen Biſchoͤffen, zu deſto ſicherer Wahrnehmung der Seeligkeit, der ihnen anvertrauten Seelen, daß ſie das Volck in gewiſſe eigene Pfarren eintheilen, und denen einen be - ſondern und beſtaͤndigen Pfarherrn geben, der ſolche ſich be - kannt machen kan, und von welchem ſie EJNZJG und AL - LEJN die Sacramenta mit Recht empfangen moͤgen. Von dieſer Gewohnheit gehen auch die Proteſtirende nicht ab. Man darff ſich auch ſolches nicht befrembden laſſen / indem die meiſten Kirchen-Ordnungen aus denen Canoniſchen Rechten gezogen ſindb)Das Jus Canonicum wurde bey der Reformation durch HuͤlffeAnmerckung von denen Pro - teſtirenden Kirchen-Ord - nungen. der Wittenbergiſchen Juriſten gar fleißig beybehalten. Luther kunte ſolches nicht hindern, wie ſehr er auch auf das canoniſche Recht erbittert war. Die Juriſten kunnten nicht auf ſeine Seite gebracht werden, ſo viel dieſen Punct betrifft. Man machte zwar dazumahl Kirchen-Ordnungen, wie man denn weiß, daß Bugen - hagen und andere daran gearbeitet. Dieſe aber giengen mei - ſtentheils nur auf die Liturgie und ceremonien. Auf Juriſti - ſche Sachen, waren ſolche gar wenig gerichtet. Die Juriſten de - battirten alſo die ſtrittigen Kirchen-Sachen nach dem Canoniſchen Recht. Ein und das andere wurde geaͤndert, aber nicht gar viel. Die concluſiones behielten ſie gemeiniglich und applicirten auch ſolche bey proteſtirenden Gerichten, ob gleich die Theologi die principia, daraus ſie gefloſſen, verworffen und verdammt haben, Die damahligen Juriſten hatten auch die Geſchicklichkeit nicht. eine Reformation in denen Rechten vorzunehmen. Ja es iſt auch im XVII. Sec. nicht viel beſſer geweſen. Aus Reinkings, Carp - zovs, Schilters, Linckens und anderer Schrifften, kan man es zur Gnuͤge abnehmen. Brunnemann, der gar viele Fehler in dem Canoniſchen Recht beobachtet, ſtrauchelt doch noch hin und wie - der gar ſehr. Hieraus iſt leicht abzunehmen, wie viel Gutes durch die Kirchen-Ordnungen, was die materias juris betrifft, ge - ſtifftet worden. c) De. Man traͤget uns alſo in ſolcheneiner -(a)liche zuweilen gar ſehr, daß dem Zwang-Recht kein Abbruch ge - ſchehen moͤge. Man will der Kirchen die alte Freyheit keines wegs wiederum angedeyhen laſſen.a a 2188II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungeinerley Gerichte auf. Wir ſollen und muͤſſen denjenigen zum Beicht-Vater haben / der in derjenigen Kirche / da wir den Gottesdienſt zu halten angewieſen ſind / das Wort GOt - tes lehret. Kluge Catholicken ſind auf dergleichen Bann - und Zwangs-Recht, ſo durch Anordnung der Kirchſpiele zu gleich eingefuͤhret worden / ſelbſt nicht allzuwohl zuſprechen. Marcus Antonius de Dominis meinet / der Unterſcheid der Kirchſpiele und Diœceſen ſey nicht alſo ſcharff eingerichtet worden / daß manchmahl / wenn es die Liebe erfordere / ein Biſchoff in einer andern diœces ſich ſeiner Gewalt nicht be - dienen ſolte. Nach goͤttlichem Recht waͤre ſolche an keinen Ort gebundenc)De Republ. eccleſ. Lib. II. cap. 7. §. 4. . Er faͤhret ſo dann fortd)Wie weit ei - nem Biſchoff erlaubt, ſich in eine andere Diœces zu mi - ſchen.Cit. l. §. 19. Quæcunque præcepta eccleſiaſtica reperiuntur, quæ Epiſcopis inhibent, ne in aliena diœceſi munera exerceant pon - tificalia, ea humana duntaxat ſunt & poſitiua, & communem re - ſpiciunt pacem & concordiam, ne vnus deſtruat, quod alter ex - ſtruxit, vitantque confuſionem, vbi quisque Epiſcopus in ſua limi - tata diœceſi ſuo ſatisfacit muneri. Vbi vero ex defectu aut im -poten -: Was vor Kirchen-Verordnungen zu finden, die denen Biſchoͤffen unter - ſagen, daß ſie in andern Diœceſen das biſchoͤfliche Amt nicht verrichten ſollen, dieſe kommen nur von Menſchen her, und ſind poſitive Geſetze; ſo ihr Abſehen auf den gemeinen Frieden und Einigkeit haben, damit einer nicht umreiſſe, was der andere gebauet, und verhuͤten die Unordnung, wenn ein jeder Bi - ſchoff in ſeiner umſchraͤnckten Diœces ſeinem Amt ein Genuͤgen thut. Wenn aber aus Mangel oder Schwachheit eines Bi - ſchoffs der Chriſtliche Glaube und Religion leyden, und die Kranckheit die gantze Kirche anſtecken kan, ſo kann und ſoll ein jeder Biſchoff aus Liebe, ja aus eigner Pflicht die Kir - chen-Gewalt gebrauchen, und ſolche auch auf andere Diœceſen erſtrecken: Dabey aber allezeit wahre geiſtliche pie taͤt, Ver - ſtand und Beſcheidenheit behalten.

§. V. 189eines gewiſſen Beicht-Vaters.

§. V.

Das Zwang-Recht aber wegen des Beicht-VatersWie es in denẽ Staͤd - ten mit Er - wehlung des Beicht - Vaters ausſiehet. iſt nicht allein in denen Doͤrffern / da nur ein einiger Prie - ſter / zu befinden; ſondern man wird es auch in vielen Staͤd - ten antreffen. Es iſt gemeiniglich ſchon eine ausgemachte Sache / wen dieſer oder jener zu ſeinem Beicht-Vater ha - ben ſolla)Zuweilen iſt es ausgemacht, bey wem die Buͤrger in der Stadt,Die Gewohn - heit variiret. bey wem die in denen Vorſtaͤdten und bey wem die, ſo von dem Lande in die Stadt kommen beichten, ſollen. An einigen Orten darff bey dem Superintendenten, beichten wer da will. Der Ar - chidiaconus hat die uͤbrigen in der Stadt, der Diaconus die von denen Vorſtaͤdten, und der Diaconus ſuburbanus, die Bauren vom Lande. An manchen Orten wird es einem jeden frey gelaſſen, zu beichten wo es ihm beliebet. Allein dieſe Freyheit iſt nicht von frembden Pfarr-Kindern zu verſtehen, ſondern nur von denenje - nigen, die in einem Kirch-Spiel wohnen, da verſchiedene Pfar - rer ſind. Jedoch hat man an denen meiſten Orten das Zwang - Recht, da man bey einem gewiſſen beichten muß, ob ſchon ande - re da ſind, auf die man ein groͤſſer Vertrauen ſetzet.. Wir geben faſt durchgehends mit denen Cano - niſten vor / es koͤnte niemand von einem frembden Prieſter geloͤſet oder gebunden werdenb)Sie ſagen, die Beichte ſo einem andern als dem Parocho geſchie -Wenn man rechtmaͤßig bey einem andern als dem Pfar - rer beichten kan. het, und die von einem andern erlangte abſolution, waͤren nich - tig und ohnkraͤfftig. Vid. Petrus de Marca de benef. eccleſ. qu. 2. §. 2. Sect. 1. n. 487. Dieſes limitiren ſie in ſo weit, daß man nehm - lich ſodann bey einem andern beichten koͤnnte, wenn man von dem Pfarrer Erlaubnuͤß dazu bekommen. vid. c. 3. de pœnit. D. 6. Die Canoniſten aber erfordern hierzu zweyerley, 1) daß man eineUrſa -. Wenn man aber ſagenſoll /(d)potentia alicujus Epiſcopi fides Chriſti & religio patitur, & in totam morbus redundat eccleſiam, tunc ex charitate, imo & ex proprio officio quilibet Epiſcopus, & poteſt & tenetur, eccleſia - ſticam exercere poteſtatem, eamque ad alienas etiam extendere diœceſes: Seruata ſemper vera eccleſiaſtica pietate, prudentia & moderatione. a a 3190II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungſoll / was ſich gebuͤhret / ſo kan ich nicht leugnen / daß ich da - fuͤr halte / ſolches Zwang-Recht ſolte aus denen Evangeli - ſchen Kirchen gaͤntzlich verwieſen und verbannet ſeyn. Die Erfahrung aber wird einen jeden lehren / daß die Papiſten nicht alleine ſolche abgeſchmackte und nichts wuͤrdige Prin - cipia hegen. Die Proteſtirenden machen es gemeiniglich nicht beſſer. Sie ſind noch ſo treuhertzig / und beruffen ſich auf die Canoniſten / wenn ſie ihren Satz beweiſen wollen. Woher kommt dieſes? Vormahls haben die Juriſten ſich we - nig oder gar nicht auf die Kirchen-Hiſtorie geleget. Auf dieſe Weiſe kunten ſie die Sachen nicht recht beurtheilen. Sie ſchrieben alſo darnieder, was ſie bey andern gefundenc)Meinung der Proteſtiren - den.Viele Proteſtirende ſchlendern mit denen Papiſten auf einem Weg fort. Unter andern hat ſolches der beruͤhmte Tuͤbingiſche Juriſt, Harprecht conſ. LV. n. 293. gethan. Er raiſonniret uͤber den ge - dachten Punct mit denen Canoniſten auf einen Schlag. Sein Beweiß iſt aus dem jure canonico hergenommen, wie er ſich denn auf das c. 2. X. de Paroch. und c. 12. X. de pœnit. & remiſſ. beruffet. Seine Meinung beweiſet er ſo dann ferner aus Carpzovio, De -deken -.

§. VI.

(b)Urſache haben muͤſte, 2) daß Erlaubnuͤß verlanget, und ſolche auch erhalten werde. Denn wenn man ohne Urſache bey einem an - dern beichtet, ſo hat es das Anſehen, daß man ſeinen Pfarrer verach - tet. Dadurch aber verſuͤndigte man ſich. Dieſe Unerfahrenheit aber ſeines eignen Pfarrers ſoll eine Urſache ſeyn, daß man zu einem andern gehen kan. vid. cit. can. 3. Von der Erlaubnuͤß melden ſie dieſes, es ſey nicht genug, daß ich ſolche verlanget, ſon - dern ich muͤſte dieſelbe auch erhalten haben. Marqa cit. l. n. 484. Es iſt eine recht artige Philoſophie. Wenn ich nun zu meinem Pfarrer kaͤme und ſagte: Lieber Herr, ich halte euch vor unge - ſchickt, gebt mir doch Erlaubnuͤß, bey einem andern zu beichten. Wie ſolte er mir die Wege weiſen. Allein ſie ſagen, es ſey genug, wenn man von dem Papſt die Erlaubnuͤß bey einem andern zu beichten erhalten. Marqa cit. l. n. 496.

191eines gewiſſen Beicht-Vaters.

§. VI.

Wenn ich die Sache recht genau uͤberlege / ſoUrſache des eingefuͤhr - ten Zwang - Rechts. finde ich von dieſem Zwang-Recht keine andere Urſache / als daß auch in dieſem Stuͤck die Kirche nach Art eines gemei - nen Weſens eingerichtet waͤre. Man hat die Layen dem Ge - horſam der Geiſtlichen auch in dieſem Stuͤck unterwerffen wollena)Daß die Cleriſey bey ihren Anordnungen den Staat eines gemei -Man hat die Anordnung ei - nes buͤrgerli - chen Weſens vor Augen ge - habt. nen buͤrgerlichen Weſens vor Augen gehabt, iſt ſchon erinnert worden. Was den Punct von der Beichte betrifft, leugnen ſie ſolches gantz und gar nicht. Sie ſagen, es ſey ein weſentliches Stuͤck einer Parochial-Kirche, daß ſolche ein forum pœnitentiale und Buß - und Beicht-Gerichte haͤtte. Wie nun in buͤrgerlichen Strittigkeiten niemand von einem frembden Richter kan verdam - met oder loßgezehlet werden; ſo waͤre es auch in dem foro - nitentiali. Man muͤſte der Sachen Unterſuchung dem ordent - lichen Richter uͤberlaſſen. Es ſey jedem Prieſter durch die Or - dination das Recht zu loͤſen und zu binden gegeben. Dieſes aber koͤnnte er nicht exerciren, wenn er keine Unterthanen haͤtte. Vid. Marqa cit. l. n. 486. b) Wer. Dieſes deſto beſſer zu erlangen / ſuchte man de - nen armen Layen alle Freyheit abzuſchneiden. Alſo hatman(c)dekenno, Mengeringio, Mencelio und andern. Endlich ge - raͤth er gar auf die Bibel. Da ſoll von denen Beicht-Vaͤtern ſchon etwas geordnet ſeyn, da man doch nichts von einer Beichte gewuſt. Allein Harprecht ſaget 1. Petr. V, 2. iſt denen Biſchoͤf - fen befohlen, die ihnen anvertraute Heerde zu weyden. Hebr. X, 25. werden die Chriſten erinnert die Verſammlungen nicht zu verlaſſen. Ergo. Aber dieſe Spruͤche beweiſen die theſin nicht. Vielleicht gehet es aber an, wenn man ſich auf 1. Cor. XIV, 40. beruffet, allwo die ἐυταξία anbefohlen wird. Jch finde aber den - noch daſelbſt nichts von einem Zwang-Recht. Harprecht hat noch verſchiedene Stellen zuſammen geraſpelt, aber ſie bewei - ſen nichts. Denn das gantze Zwang-Recht der Pfarrer, ſo ſie in dieſem Stuͤck prætendiren, iſt aus dem Canoniſchen Recht, und ſonſt nirgends herzuhohlen.192II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungman ihnen auch dieſe Gewiſſens-Freyheit genommen / damit ja nichts uͤbrig bliebe / worinnen ſie nicht nach dem Gutduͤn - cken der Geiſtlichkeit leben muͤſtenb)Dadurch thut man denen Ge - wiſſen Tort.Wer wolte wohl behaupten, daß man denen Gewiſſen keinen Zwang thaͤte, wenn ich jemand darzu anhalte, daß er demjenigen beichten muß, zu welchem er kein Vertrauen hat. Schwache Ge - muͤther wollen zuweilen gerne ihr gantzes Hertz ausſchuͤtten. Die - ſes aber koͤnnen ſie ja nicht thun, wenn ſie kein Vertrauen zu dem Beicht-Vater haben. Die Angſt des Gemuͤthes, die durch die Beicht ſoll gehoben werden, hoͤret auf dieſe Weiſe nicht auf. Man gehet vielmehr aus einer bloſſen Gewohnheit zur Beichte. a) In. Dieſes Moſai ſche Joch aber haͤtte man bey der Reformation denen Proteſtanten nicht auf dem Halſe laſſen ſollen. Zum wenigſten ſolte man es jetzo ihnen von denen Schultern nehmen. Allein wie iſt ſolches zu hoffen? Die Juriſten recommendiren ſol - ches ſelbſt. Sie laſſen es ſich recht ſauer werden / ſolches auf alle Art und Weiſe zu vertheydigen.

Das Zwãg - Recht wird nach denen Reguln des Chriſten - thums un-terſucht.
359

§. VII.

Laſſet uns die Sache nach denen Regeln des Chriſtenthums betrachten. Chriſtus hat uns von allem Joch befreyet. Man muß alſo auf ein gewiſſes Temperament bedacht ſeyn / dadurch das Zwang-Recht, ſo der Kirche zum hoͤchſten beſchwerlich / auf gewiſſe Weiſe gemindert und gelin - dert wird. So lange ſolches Zwang-Recht bey uns verbleibet / ſo lange wir Zwang und Gebot und Verbot in dieſer Sa - che brauchen / und die Leute noͤthigen / dem oder jenem un - umgaͤnglich zu beichten / ſo iſt es eine Anzeige / daß die Kir - chen noch nicht in die vorige alte Freyheit geſetzet ſind. Uber - lege ich dasjenige / was die Theologi von der Beichte ſagen / ſo befinde ich / daß ſolche eine aufrichtige Ausſchuͤttung des Hertzens ſeyn ſoll. Dieſe aber erfordert ein Vertrauen zu der Perſon / der ich mich alſo entdecken will. Der vor - treffliche Herr Boͤhmer hat dieſer wegen mit Recht geſchrie -ben,193eines gewiſſen Beicht-Vaters. ben / daß man in dieſem Stuͤck gelinder mit denen Zuhoͤrern verfahren muͤſte. Jch will ſeine eigne Worte hieher ſetzen: Dieſes, ſaget era)In Jur. Paroch. ſect. IV. cap. I. §. 12. Illud tamen altioris indaginisBeſchaffenheit der Beichte. eſſe videtur, annon quis poſſit libere alium in confeſſionarium perpetuo eligere, præterito eo, cujus in parochia eſt conſtitu - tus? Certe ſi ipſam confesſionem ſecundum internam ſuam con - ſidero conſtitutionem, requirit illa neceſſario fiduciam quandam erga eum, coram quo confeſſionem edo. Aut enim confesſio no - ſtra eſt tantum opus operatum, h. e. conſiſtens in externa con - fesſionis recitatione, & illa itaque cuilibet Parocho, etiam cum quo inimicitias gerimus, fieri poteſt: aut vero eſt ſincera cordis denudatio; & illa præſupponit vtique fiduciam erga perſonam,cui verdienet weiteres Nachdencken, ob man nicht Freyheit habe, ſich einen beſtaͤndigen Beicht-Vater zu er - wehlen, und den vorbey gehen kan, in deſſen Parochie man ſich aufhaͤlt? Gewißlich, wenn ich die Beichte nach ihrer innerli - chen Beſchaffenheit betrachte, ſo erfordert ſolche nothwendig ein Vertrauen gegen denjenigen, vor welchem ich beichten ſoll. Entweder nun iſt unſere Beichte nur ein aͤußerliches Werck, das nur in dem aͤußerlichen herbeten der Beichte beſtehet, und ſolche kan einem jeden Pfarrer, auch einem ſolchen, mit dem wir Feindſchafft haben, geſchehen: oder es iſt dieſelbe eine aufrichti - ge Offenbahrung des Hertzens, und dieſe ſetzet ein Vertrauen zu der Perſon, der ich mein Hertz entdecken will, zum voraus. Wer wird aber das erſtere zugeſtehen? Darum muß das Letztere wahr ſeyn. Unſere Meinung leidet auch dadurch keinen Ab - bruch, daß dieſe Beichte mehr GOtt als dem Beicht-Vater geſchaͤhe. Denn weil der Bußfertige auch ſo dann ſein Hertze dem Beicht-Vater entdecken will, und von ihm Troſt verlan - get, wie kan er ſolches thun, wenn er kein Vertrauen zu ſeinem Pfarrer hat? Die Angſt des Gewiſſens erfordert zum oͤfftern eine ſolche vollkommene Entdeckung. Wie kan man aber von demjenigen Troſt erwarten, zu welchem ich kein innerliches Vertrauen habe. Dieſes Wort aber faſſen die wenigſten Prediger.

§. VIII. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) b b194II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Ob durch Veraͤnde - rung der Pfarre in ei - ner Stadt auch der Beicht Va - ter noth - wendig zuaͤndern?
360

§. VIII.

Ja bißweilen ſcheinet es zutraͤglicher zu ſeyn / einem andern als dem ordentlichen Pfarrer zu beichten. Jch ſetze den Fall / daß jemand in einer Stadt wohnet / da mehr als eine Parochie iſt. Er beſitzet kein eigen Haus / und muß bald hie bald dorthin ziehen / dadurch er immer in eine an - dere Pfarre kommt. Soll man nun demjenigen nicht er - lauben / daß er denjenigen / welchen er vormahls zum Beicht - Vater gehabt / auch fuͤhrohin behalte / ob er ſchon in einer andern Parochie zu wohnen kommt? Er ſetzet in den vori - gen ein groͤſſeres Vertrauen, laͤſſet aber im uͤbrigen den neuen Pfarrer in ſeinem Wehrt. Meinem Erachten nach ſoll man in dieſem Fall allerdings von dem gewoͤhnlichen Zwang-Recht abweichen / vermoͤge deſſen man keinen an - dern / als den Pfarrer zum Beicht-Vater haben ſoll. Wir waͤren ſonſt hierinn noch weit ſtrenger als die Papiſten / und wuͤrden auch verſchiedene Saͤtze unſerer Theologen uͤber einen Hauffen fallen. a)Wird vernei - net.Denn man behauptet ja, der Beicht-Vater ſolte nicht leicht ver - aͤndert, und ein anderer angenommen werden. Es entſtuͤnde aus ſolcher Unordnung Aergernuͤß. Dieſemnach wird der Beicht - Vater nicht zu aͤndern ſeyn, wenn man das Quartier aͤndert. Dieſes aber iſt ohnſtreitig, daß dem ordentlichen Pfarrer nichts deſto minder dasjenige honorarium zu reichen, welches man ihmgeben

§. IX.

(a)cui quaſi pectus meum aperire volo. Prius quis admittet? Er - go poſterius verum erit. Neque noſtra ſententia inde infirmari poteſt, quod magis Deo quam confeſſionario confesſio talis fiat. Nam cum & ſic cor ſuum denudare cupiat pœnitens coram con - fesſionario, & ab eo ſolatium petere, quomodo id facere poteſt, ſi fiducia deſtituitur erga proprium Parochum? ſæpe enim angor conſcientiæ talem pleniorem denudationem requirit. Quomo - do vero quis expectabit conſolationem a tali, in quo nullam po - nere poteſt fiduciam intimiorem.

195eines gewiſſen Beicht-Vaters.

§. IX.

Die Papiſten / ohnerachtet ſie wegen der Bey -Wenn man einem an - dern beich - ten kan nach der Catho - licken Lehre. behaltung des ordentlichen Beicht-Vaters ſehr ſcharff ſind / laſſen doch zuweilen einen andern zua)Sie wollen nicht zugeben, daß man von dem einmahl erwehl -Wuͤrckung der abſolution, ſo ein frembder Pfarrer erthei - let. ten abſpringe. C. 4. X. de pœnit. & remiſſ. und ſagen, eine abſo - lution, die ein Frembder geſprochen, ſey unguͤltig, welche Mei - nung aber mir recht abſurd vorkommt. Wer wolte wohl ſagen / daß die Krafft der abſolution, (wenn einige vorhanden) von der Gewalt des eigenen Parochi dependire? Allein die jurisdiction des Beicht-Gerichtes hat keine andere deciſion zugelaſſen. Un - ſere Geiſtliche legen keine Buſſe in Geſtalt einer Gerichtbarkeit auf, abſoluiren auch nicht auf ſolche Weiſe, und alſo faͤllet auch der Schluß hinweg, daß die abſolution, ſo ein frembder Paſtor geſprochen, unguͤltig ſey. Daß die abſolution eine Wuͤrckung habe, ſolches dependiret von der innerlichen Beſchaffenheit eines Beichtenden. Denn wenn der Beicht-Vater hundert mahl ſpraͤche: Deine Suͤnden ſind dir vergeben, und der Beich - tende haͤtte kein bußfertiges Hertz, keinen wahren Glauben an Chri - ſtum, ſo werden die Worte nichts helffen. GOtt ſiehet das Hertze an. Wenn man auch keinem Menſchen beichtet, und die abſolu - tion von ſolchem verlanget, ſo kan ein Bußfertiger der Vergebung gewiß ſeyn.. Jch habe ſchon ge - meldet / daß ſie dieſes erlauben / wenn der eigene Pfarrer unerfahren iſtb)C. 3. de pœnit. D. 6. allwo es heiſſet, daß wegen UnerfahrenheitWegen der Un - erfahrenheit ſeines Pfarrers kan man einem andern beich - ten. des ordentlichen Prieſters einem frembden Pfarrer erlaubet ſeyn ſoll, einen Bußfertigen auch ohne Einwilligung ſeines Paſtoris zu abſoluiren. Jch wolte wuͤnſchen, daß das jus canonicum zugleichErlaͤu -. Man darf bey einem andern die Beichteablegen /(a)geben wuͤrde, wenn man bey ihm beichtete. Denn was man we - gen der miniſterial-Verrichtungen denen Predigern giebet, iſt ih - nen zu ihrem Unterhalt angewieſen, davon man nichts entziehen ſoll. Dieſes iſt um ſo viel mehr zu beobachten, wenn die ordent - liche Beſoldung gering iſt, und ſie alleine von denen ſo genannten accidentien leben muͤſſen.b b 2196II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungablegen / wenn es der ordentliche Pfarrer erlaubet, wenn derſelbe aber doch nicht einwilligen will / da er vermuthen kan / das Pfarr-Kind habe eine wichtige Urſache, ſo ſoll dem - ſelben vergoͤnnet ſeyn / ſich ſo fort einen andern zum Beicht - Vater zu erkieſenc)Ob man die Ur - ſachen des ver - aͤndertẽ Beicht - Vaters nicht unterſuchen ſoll?Vid. Barboſa de offic. & poteſt. Paroch. P. 2. c. 19. n. 25. ſeq. Ja nach Hugelini Meinung de offic. Epiſc. c. 15. §. 8. n. 3. ſoll ein anderer Pfarrer demjenigen, der bey ihm beichten will, Glauben beymeſſen, wenn er vorgiebt, ſein Pfarrer habe ihm hierzu Erlaubnuͤß er - theilet. Jch befuͤrchte aber, daß man auf ſolche Weiſe denen Be - truͤgereyen Thuͤr und Thor oͤffnet. Hugelini Meinung kan ich alſo nicht ſchlechterdings billigen. Mich beduͤncket, es ſey beſſer, wenn ein anderer Pfarrer ſolche Leute nicht ſo gleich aufnimmt, ſondern ſich erſt erkundiget, warum ſie eine Veraͤnderung treffen wollen.. Warum ſolten denn wir nicht in ſol - chen Faͤllen denen Zuhoͤrern vergoͤnnen / ihre Beichte einem andern als dem ordentlichen Pfarrer zu thun? Es aͤuſſern ſich zuweilen Umſtaͤnde / daraus man mehr als zu deutlich abnehmen kan / der Pfarrer ſey mit affecten gegen uns einge - nommen. Man kan alſo mit Recht verlangen / daß man bey einem andern ſeine Beichte ablegen duͤrffe. Will der Pfarrer nicht einwilligen / ſo ſolte uns frey ſtehen / einen andern zu erkieſend)Was zu thun, wenn der or - dentliche Pfar - rer in die Ver - aͤnderung nicht willigen will.Daß man von dem ordentlichen Pfarrer Erlaubnuͤß haben muͤſſe, ſagen nicht alleine die Papiſten, vid. Lancelottus cit. l. Lib. II. Tit. V. §. 6. ſondern auch die Proteſtanten, wie unter andern Ziegleri, Carpzovii und Schilteri Worte koͤnnten angefuͤhret werden. Jchdencke.

§. X.

(b)Erlaͤuterung gegeben, was es durch die Unwiſſenheit und Uner - fahrenheit verſtuͤnde. Derjenige Pfarrer muß gewiß ein Stock o - der Stein ſeyn, der ſich nicht als einen geſchickten abſoluirer er - weiſen kan. Denn wenn er gleich noch ſo unerfahren, ſo wird er doch ſo viel Vermoͤgen haben, daß er gewiſſe abſolutions-formuln auswendig lernet, und wenn er abſoluiret, ſolche wieder herbetet. An Buͤchern mangelt es ihm nicht, die ihm hierinn vortrefflich zu ſtatten koͤmmen koͤnnen.

197eines gewiſſen Beicht-Vaters.

§. X.

Dieſes halte ich ſelbſt dafuͤr ſey nicht unrecht /Eine oͤfftere Veraͤnde - rung des Beicht - Vaters wird nicht gebilliget. Urſachen, ſo man anfuͤh - ret, wegen unzulaͤßiger Veraͤnde - rung. wenn man die oͤfftere und nach eigener Willkuͤhr vorgenom - mene Veraͤnderungen des Beicht-Vaters zu verwehren ſu - chet. Jm uͤbrigen aber ſind doch die Urſachen / warum man die Veraͤnderung ſo ſehr einſchrencken will / von keinem Wehrt und Wichtigkeit. Manche Gruͤnde ſind ſo ſchlecht beſchaffen / daß ſie von ſich ſelbſt dahin fallen. Manche ſind wiederum alſo bewandt / daß ſie als etwas unſtreitiges zum Voraus ſetzen / zu Zeiten der Apoſtel waͤren ſchon gewiſſe Kirch-Spiele geweſen. Die Veraͤnderung des Beicht-Va - ters will man auch darum nicht leichtlich zulaſſen / weil der ordentliche Pfarrer dadurch verdaͤchtig gemacht wuͤrde / als thaͤte er ſeinem Amt kein Genuͤgen. Der beruͤhmte Stryck iſt ſelbſt in ſolchen Gedancken geſtanden. Er beruffet ſich einmahl auf die Verordnungen des Canoniſchen Rechts / und faͤhret ſodann forta)Stryk in not. ad Brunnem. jus eccleſ. Lib. II. cap. I. membr. 4. §. 3. Strykii Mei - nung.Ex quo Theologi noſtri quoque hanc certam receperunt ſenten - tiam, non eſſe in arbitrio auditorum, modo hunc, modo illum[ſi]bi eligere confesſionarium; ſuſpectus enim redditur paſtor or -dina -: Aus dieſem haben unſere Theologidieſe(d)dencke aber, man werde wenig Paſtores finden, die ſolches Anſu - chen einraͤumen. Meinem Erachten nach koͤnnte man in dieſem Fall ſo fort ſich zu einem andern wenden. Allein die Prieſterſchafft hat gleichſam gewiſſe Jnnungen, nach Art der Handwercker. Sie nehmen niemand auf, wenn er nicht erweiſen kan, er ſey ſei - nes vorigen Beicht-Vaters auf eine rechtmaͤßige Weiſe loß wor - den. Jn dieſem Fall iſt es vor ein Pfarr-Kind das ſicherſte Mit - tel, daß es ſich an das Conſiſtorium oder an den Landes-Herrn wendet. Dieſer wird wegen ſolcher Erlaubnuͤß nicht viel Scru - pel machen, wenn er anders auf die Freyheit der Gewiſſen zu ſehen pfleget. Wenn er nun ſolche Erlaubnuͤß geſtattet, ſo thut er nichts anders, als was ſelbſten die Papiſten denen Zuhoͤrern vergoͤnnen.b b 3198II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungdieſe gewiſſe Meinung gezogen, es ſtuͤnde denen Zuhoͤrern nicht frey, bald dieſen bald jenen zum Beicht-Vater zu erwehlen: Denn der ordentl. Paſtor wird dadurch verdaͤchtig gemacht, als verrichtete er ſein Amt nicht nach Gebuͤhr; Andere werden da - durch geaͤrgert und zu gleicher Leichtſinnigkeit und Veraͤnde - rung angefuͤhret, dadurch denn der dem Miniſterio gebuͤhrende Gehorſam und die Zucht auf einmahl dahin fiele. Endlich machet man dadurch der Suͤnde Raum, indem, wenn die Zuhoͤ - rer von einem Pfarrer zu dem andern wandern, niemand auf ſie eine genaue Aufſicht hat, und ihre Laſter wie ſichs gebuͤh - ret unterſucht. Zum fernern Beweiß beruffet ſich dieſer Mann auf die Einſtimmung unſerer Theologen und Juri - ſten / deren Lehren ich aber jetzo nicht aufwaͤrmen mag. Jch erinnere vorjetzo nur dieſes / daß es nicht zu rathen / eine ſolche Freyheit zu ertheilen / daß die Zuhoͤrern einmahl die - ſen / das anderemahl einen andern / und das drittemahl wie - der einen andern zum Beicht-Vater annehmen. Allein ſoll man denn darum alle Veraͤnderung unterſagen? Will man darum die Freyheit der Gewiſſen einſchraͤncken / weil man dafuͤr haͤlt / der Beicht-Vater wuͤrde verdaͤchtig ge - macht? Dieſes iſt nur ein Vorwand / das Zwang-Recht zu mainteniren. Wenn ich auf einen ein groͤſſer Vertrauen ſetze / ſo mache ich ia den andern dadurch nicht verdaͤchtig / als thaͤte er ſeinem Amt kein Genuͤgen. Man weiſt ja / daß mancher auf einen eine Liebe wirfft / welcher doch noch lan - ge nicht ſein Amt ſo eifrig treibet / als der ordentlicher Pfar -rer.(a)dinarius, qui deſcritur, quaſi officio ſuo non bene fungeretur; ſcandalum præbetur aliis, qui ad parem leuitatem ac mutationem inducuntur, quo ipſo obſequium miniſterio debitum, cum di - ſciplina corrueret penitus. Demum licentia peccandi induci - tur, dum enim auditores ab vno paſtore ad alterum vagantur, nemo accuratam ipſorum curam habet, aut in vitia æque in - quirit. b) Was199eines gewiſſen Beicht-Vaters. rer. Das aͤußerliche air, die ſuada und anderes erwecket ſolche. Man verſpricht ſich von ſolchem einen gantz beſon - dern Troſt. Dieſes ſolte der ordentliche Pfarrer nur be - dencken / ſo wuͤrden ihm bald die Augen aufgehen. Mit de - nen andern Urſachen / ſo Stryck angefuͤhret / hat es gleiche Bewandnuͤßb)Was will aus der Veraͤnderung des Beicht-Vaters vor einWird unterſu - chet. Aergernuͤß entſtehen, wenn die Paſtores ſelbſt nicht ſo hitzig wuͤr - den, wenn man einen andern verlangt. Wenn ſie nicht bey Ge - legenheit auf diejenigen, ſo ſich ſolcher Freyheit bedienen, loßzoͤ - gen. Es haͤlt auch dieſe Urſache keinen Stand, daß durch ſol - che Veraͤnderung dem Miniſterio der gehoͤrige reſpect entzogen wuͤrde, und die diſciplin dahin fiele. Denn wenn die Paſtores von ihren Zuhoͤrern keinen reſpect haben, ſo ſind ihre Sitten ge - meiniglich daran Schuld. Dadurch aber wird derſelbe im ge - ringſten nicht vermindert, wenn einer oder der andere nicht bey ihnen beichtet. Die Kirchenzucht kan dadurch keinen Abbruch leiden, denn dieſe beruhet nicht bey denen Pfarrern, ſondern iſt der Obrigkeit uͤbergeben. Endlich ſo wird auch keine Gelegenheit zu ſuͤndigen durch eine ſolche Aenderung eingefuͤhret. Denn in dem Beicht-Stuhl erkennet man nicht, wer ein grober Suͤnder iſt. Man muß ſolches aus dem Umgang erfahren. Wenn nun ein Paſtor fleißig auf ſeine Heerde Acht hat, ſo kan er allerdings dahinter kommen, was vor Fehler unter ſolcher graſſiren. Of - fenbahr ſind die Wercke des Fleiſches nach des Apoſtels Aus - ſpruch. Hierzu braucht man keine Beichte. Die Biſchoͤffe ha - ben vor dieſem auch auf die Wohlfahrt der Seelen Achtung ge - geben, ob ſie ſchon ihre Zuhoͤrer zu keinen Beicht-Kindern gehabt. Bey der Beichte geſchiehet auch keine Unterſuchung der Laſter und Gebrechen. Waͤre es aber an dem, daß derjenige, ſo bey einem andern beichtet, uͤbel lebet, ſo kan es der Pfarrer dem Beicht - Vater hinterbringen. Man ſiehet alſo, daß der beruͤhmte Stryk unvorſichtiger Weiſe ſich durch die Schein-Gruͤnde derer Theo - logen verblenden laſſen, denn haͤtte er die Sache recht unterſuchet,ſo. Wie waͤre es aber / wenn ich ſagte / ich wol -te200II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungte meinen Beicht-Vater darum veraͤndern / weil ich dem vorigen nicht mit allzu vielen Bemuͤhungen beſchwerlich fallen wolte. Jch ſey gewahr worden / daß er ohne hin gar viel zu thun. Jch faͤnde vor noͤthig / mich dann und wann mit meinem Beicht-Vater zu unterreden / und mich ſeines Raths zu bedienen. Dieſes koͤnnte bey demjenigen / wel - chen ich bißher gehabt / wegen ſeiner vielen Verrichtungen nicht ſeyn. Er ſtuͤnde mir ſonſt gar wohl an / doch um die - ſer Urfache willen waͤre ich gezwungen / mich nach einem an - dern umzuſehen. So viel ich begreiffe / ſo waͤre dieſes al - lerdings ein wichtiger Umſtand / allein ich ſehe bereits zum voraus / daß die meiſten dieſe Urſache nicht werden gelten laſſen wollenc)Warum man - cher die Veraͤn - derung nicht leiden kan.Denn diejenigen, ſo Ehrgeitzig ſind, bilden ſich alſobald ein, ihre renommé litte darunter einigen Abbruch. Andere wollen darum nichts von ſolcher Aenderung wiſſen, weil es ihrem intereſſe koͤnnte nachtheilig ſeyn. Jhr gantzes Thun wird nach dem Nutzen ab - gemeſſen. Sie ſetzen alſo alles beyſeite, was denen Menſchen zur Gewiſſens-Beruhigung dienet, ſonſt wuͤrde mancher nicht ſo ſehr wieder die Veraͤnderung des Beicht-Vaters haranguiren. Sie wuͤrden bedencken, daß das Beicht-Kind ſich darum zu ei - nem andern gewendet, weil es von demſelben ſich mehr Troſt verſpricht. Denn daß aus eines ſeiner Rede ſich mancher mehr erbauet als aus eines andern ſeiner, wird niemand leugnen koͤnnen. a) Dieſes.

Meinũg der Theologen von ſolchen Aenderun-gen.
373

§. XI.

Man ſaget insgemein: Derjenige Beich-Va - ter / welcher das Wort GOttes rein und lauter lehrete / und die von Chriſto eingeſetzte Sacramenta richtig ausſpendete / koͤnte nicht verlaſſen werden. Man turbirte ſonſt die von GOtt geſetzte Ordnung. Man verachtete den Dienſt ei -nes(b)ſo wuͤrde er befunden haben, daß man die Gewiſſen wegen des Beicht-Vaters nicht alſo binden muͤſte.201eines gewiſſen Beicht-Vaters. nes Orthodoxen Lehrersa)Dieſes iſt die Meinung des ſeeligen Gerhardi in loc. Theol. Tom. Gerhardi Meinung wird unter - ſucht,VI. de miniſt. eccles. ſect. VII. §. 117. pag. 196. Jch wolte wuͤnſchen, daß dieſer Theologus zugleich gemeldet, was vor eine goͤttliche Ordnung durch Aenderung des Beicht-Vaters turbiret wuͤrde. Jn der gantzen heiligen Schrifft iſt nichts von unſerer Beichte, und alſo auch nichts von denen Beicht-Vaͤtern zu erblicken. Folg - bar ſtehet auch in ſolcher nicht eine ſyllabe von Aenderung des Beicht-Vaters, und wird keine goͤttliche Ordnung turbiret, wenn ich mich zu einem andern wende. Jch kan dem vorigen in an - dern Dingen allezeit gewogen bleiben, wenn ich gleich bey einem andern meine Beichte ablege.. Sodann aber koͤnte man fuͤg - lich einen andern erwehlen / wenn einer GOttes Wort zu - wieder lehrete / und in adminiſtrirung der Sacramenten ſich nicht nach Chriſti Einſetzung richteteb)Ja wenn dieſes wahr iſt, ſo halte ich dafuͤr, es ſey faſt eben ſo vielund ferner wie - derlegt. geſagt / als wenn man vorgegeben, man koͤnte den Beicht-Vater nie - mahls aͤndern. Denn wenn ich die Sache betrachte, ſo kan man von der Orthodoxie ſo wenig als von dem Geſchmack diſputiren. Jch will nicht ſagen, daß alle ſecten Orthodox ſeyn wollen, ſondern will nur von denen Lutheranern etwas einflieſſen laſſen. Diejenigen, ſo den Glauben bloß in das Gehirne ſetzen, und alles mit ſpeculatiui - ſchen terminis abmeſſen, verlangen κατ᾽ ἐξοχὴν orthodox genen - net zu werden. Die, ſo Chriſti Lehre mit ihren Wercken darle - gen wollen, und auf das Leben die meiſte Abſicht richten, meinen abermahls, ſie waͤren orthodox. Allein alle beyde werden ſich dieſen Titul nicht vindiciren koͤnnen, wenn eine Parthey der an - dern nicht uͤberlegen. Will man ſagen, dasjenige ſey die ortho - doxe Lehre, was mit denen libris ſymbolicis uͤberein kaͤme, und was denenſelben zuwieder, ſtritte auch mit der Schrifft, ſo iſt die Sache doch noch nicht gehoben. Jch will anjetzo nichts von demAnſe -. Wenn wir aber keine weitere Urſach der Veraͤnderung wollen gelten laſſen als dieſe / ſo muß ich bekennen / daß wir hierinn weit ſtrenger als die Papiſten verfahren / wie ich alſobald mit mehrern darthun will.

§. XII. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) c c202II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Ob man den Beicht - Vater we - gen Feind - ſchafft ver - laſſen kan?
376

§. XII. Dieſe ſind damit zufrieden / wenn ich bey dem ordentlichen Pfarrer nur jaͤhrlich einmahl meine Beichte ablege. Die uͤbrigen mahle kan man ſich hinwenden / wo man will. Hat man von ſeinem Pfarrer um Erlaubnuͤß angehalten / einem andern beichten zu koͤnnen / und der - ſelbe will nicht einwilligen / ſo darff man ihn verlaſ - ſen / und einen andern erwehlen. Wie machen es aber die unſrigen? Dieſe wollen / daß der Beicht-Vater und das Beicht-Kind beyſammen bleiben / wenn auch zwiſchen ih -Ob es ge - ſchehen, kan nen Feindſchafft iſt. Muß nicht das ein troſtreiches Beich - ten und abſoluiren ſeyna)Meine Mei - nung von der Veraͤnderung wegen Feind - ſchafft.Es iſt allerdings an dem, daß ein rechtſchaffener Chriſte, gar keine Feindſchafft wider ſeinen Neben-Chriſten hegen ſoll. Vor - nehmlich aber ſoll aller Haß und Groll bey ſeite geſetzet ſeyn, wenn ich zur Beichte gehen, und nach der abſolution des HERRN Nachtmahl genieſſen will. Es iſt daſſelbe ein Liebes-Mahl. Al - ſo ſoll man vor allen Dingen auf die Verſoͤhnung bedacht ſeyn. Jſt aber dieſe erfolget, ſo muß denen Leuten dennoch frey ſtehen, ob ſie bey ihrem Pfarrer beichten wollen oder nicht. Denn es geſchiehet zuweilen, daß durch die entſtandene Feindſchafft alles Vertrauen, ſo man vormahls auf den Beicht-Vater geſetzet, dahin iſt, der eingegangene Vertrag hebet zwar die Feindſchafft auf, er macht aber das Vertrauen nicht wieder lebendig. Biß -wei -. Wir gehen noch weiter und ſa -gen:(b)Anſehen ſolcher Buͤcher reden, indem gewiß vieles dawieder kan eingewendet werden, ſondern nur dieſes gedencken, daß, wenn es auch ſchiene, einer lehrete dieſen Buͤchern zuwieder, ſo wird es doch demſelben an diſtinctionibus nicht fehlen, dadurch er alle im - putirte Jrrthuͤmer ableinen kan. Uber dieſes ſo muͤſte ja der Zu - hoͤrer erſt einen Proceß mit ſeinem Pfarrer anfangen, und ihn - berweiſen, daß er wieder die Orthodoxie lehre. Dieſes wird a - ber ſchwer fallen, indem unſere Theologi in wichtigen Dingen ſelbſt nicht einig ſind. Alſo iſt es allerdings an dem, daß Ger - hardi Meinung alſo beſchaffen, daß nach derſelben man eines Beicht-Vaters niemahls loß werden koͤnne.203eines gewiſſen Beicht-Vaters. gen: Man duͤrffte den Beicht-Vater nicht aͤndern / wennwenn man geſchworen, weiter nicht bey ihm zu beichten. man gleich geſchworen, ferner hin bey demſelben nicht zu beichtenb)Carpzov. cit. l. Lib. II. def. 200. bringet zum Beweiß ein UrtheilMeinung von der Veraͤnde - rung weñ man geſchworen nicht mehr bey einem zu beich - ten. vor, folgendes Jnnhalts: Waͤs bey uns Hanß Friedrich von S. zu H. unterthaͤnigſt ſuchet, daß er nehmlichen anderer Orten beichten und communiciren moͤchte, das habt ihr aus der Jnlage zu vernehmen. Demnach aber ſein Schwur GOttes Wort und unſerer Kirchen-Ordnung zuwieder laͤuffet; Als begehren wir hiermit gnaͤdigſt, ihr wollet ihn fuͤr euch erfordern, die Unziemlichkeit ſeines Fuͤrwen -dens. Auf dieſe Weiſe muß das Zwang-Recht aufallen(a)weilen geſchiehet es auch, daß die Paſtores nach der Verſoͤhnung in dem Beicht-Stuhl die Sache wieder aufwaͤrmen. An ſtatt der troͤſtlichen abſolution fangen ſie an zu ſcali ren. Sie bringen Sachen vor, die nicht daher gehoͤren. Mir iſt ein Exempel be - kannt, daß ein gewiſſer Pfarrer den Edelmann nach der Beich - te greulich ausgefiltzet, da er ſich doch zu vorher wegen einiger dif - ferentien mit ihm verſoͤhnet. Er wolte ihm unter andern auch auflegen, zu welcher Zeit er ſeine Gerichts-Taͤge halten ſolte. Ein anderer, der ebenfalls mit dem Kirchen-Patron nicht zu wohl ge - ſtanden, ſich aber ebenfalls mit ihm vertragen, brachte waͤhren - der abſolution die Sache von Anfang biß zu Ende wieder vor, und machte denſelben greulich herunter. Seine Rachbegierde a - ber lieſſe ſich damit noch nicht begnuͤgen. Denn da er demſelben den Tag darauf die Oblate reichte, gabe er ihm zugleich einen ziemlichen Naſen-Stuͤber, welches auch andere Communi - canten wahrgenommen. Weil ſich nun auch andere Dinge be - geben koͤnnen, die einen abhalten, demjenigen ferner zu beichten, mit welchem man in Uneinigkeit gelebet, ſo muß man nicht ſo ri - goureus mit denen Leuten verfahren. Man rede ihnen zu, daß ſie auf das neue ſich zu ihrem vorigen Beicht-Vater halten. Meinen ſie aber, ſie koͤnten fuͤhrohin kein Vertrauen auf ſolchen ſetzen, ſo ſoll man ihnen nicht wehren, einen andern anzunehmen. Denn nach Recht und Billigkeit kan man ihnen dieſe Freyheit nicht ab - ſchneiden.c c 2204II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungallen Seiten unterſtuͤtzet werden / damit man es nicht uͤber einen Hauffen werffen / und die alte Freyheit wiederum herſtellen kan. Man nimt die Gewiſſen der Leute recht ge - fangen / und ziehet dasjenige / was ihrer Wohlfahrt zutraͤg - lich / nicht in die geringſte Betrachtung. Man fuͤhret die Zuhoͤrer mit Gewalt vor den Beicht-Stuhl / als vor ein Gerichte / da doch durch das beichten die Menſchen ihr Hertz ausſchuͤtten / und Troſt vor ihre durch Suͤnden geaͤngſtete Seele ſuchen ſollen. Die Religion wird uͤberall forciret / da doch bey derſelben ein freywilliges Hertze ſeyn ſoll.

Einige Ur - ſache, umwelcheꝛ wil -
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§. XIII.

Dieſes giebt man auch zu / daß / wenn einer andern Pfarre Zuhoͤrer vertrieben worden / und daſelbſtverblei -(b)dens nothduͤrfftig zu Gemuͤthe fuͤhren, ihn gaͤntzlich ab - weiſen, und daß er bey dem ordentlichen Pfarrherrn ver - bleibe, in unſerm Nahmen ihme auferlegen ꝛc. Sonſt lau - tet das gemeine brocardicum: diejenigen Eyde, welche ohne Ver - luſt der ewigen Seeligkeit gehalten werden koͤnnten, waͤre man ſchuldig zu halten; allein aus faveur gegen die Beicht-Vaͤter und dem Zwang-Recht hat man nicht darauf regardiret. Jch halte dafuͤr, man ſolte die Urſache unterſuchen, warum einer geſchworen, fernerhin nicht weiter bey dem vorigen Beicht-Va - ter zu beichten. Gemeiniglich geſchiehet es wegen Zanck und Feind - ſchafft. Wie es aber in ſolchen Faͤllen zu halten, habe in vorher - gehender Note meine Meinung eroͤffnet. Wenn die Unerfah - renheit des Pfarrers den Eyd verurſachet, ſo iſt er ja nach dem Canoniſchen Recht guͤltig. Wenn der Zuhoͤrer etwas von dem Pfarrer erfahren, daß den reſpect gegen ihn vermindert, und das Vertrauen, ſo er zu ihm gehabt, verringert, daß er ſchweret, fer - ner nicht bey ihm zu beichten, ſo bin ich der Meinung, daß man auch ſodann von der Strenge des Zwang-Rechts abweichen muͤſſe. Jch ſetze noch dieſes hinzu, daß man gewiſſe Perſonen nicht an - halten koͤnne, den gethanen Eyd zu brechen, weil zu befuͤrchten, ſie moͤchten daruͤber in die groͤſte melancholie verfallen. a) Uber -205eines gewiſſen Beicht-Vaters. verbleiben / ſie einen andern zum Beicht-Vater annehmenlen die Aen - derung zu - gelaſſen. moͤgen. Denn Sie haben den vorigen aus einer Nothwen - digkeit verlaſſen muͤſſena)Uberhaupt erlaͤſſet man die Pfarr-Kinder der Verbindlichkeit, beyFreyheit der Studenten und Kaufleute. ihrem eigenen Pfarrer zu beichten, wenn ſie nothwendige Rei - ſen haben, oder ſonſt um einer erbarn Urſache willen abweſend ſind. Denn dadurch werden ſie gehindert, ſich des Dienſtes ih - res Paſtoris zu bedienen. Um dieſer Urſachen willen pflegen die Canoniſten die Studenten und Kaufleute nirgends einzupfarren. Sie ſagen, daß dergleichen Perſon von einem jeden Pfarrer abſol - uiret werden koͤnten, wenn ſie ſich gleich eine Zeit lang an einem Ort beſtaͤndig aufhielten. vid. Barboſa de offic. & poteſt. Parocb. P. II. c. 19. n. 10. . Wenn jemand auf der Reiſe unpaß wird / oder der Pfarrer aus Haß / Neid und Rach - begierd / jemand die abſolution verſagetb)Zuweilen ſind einige ſo naͤrriſch, daß ſie diejenigen Perſonen nichtWas zu thun, weñ der Beicht - Vater aus ba - gatell Urſachen die abſolution denegirt. zur Beichte laſſen wollen, welche nicht nach ihrem viſirlichen humeur gekleidet, obſchon ſolcher Habit durchgehends gebraͤuchlich iſt. Wie aber dieſe oder jene Perſonen ſich in Kleidern auffuͤhren ſol - len, hat ein Pfarrer nichts vorzuſchreiben. Dieſe Gewalt kommt denen Fuͤrſten zu. Solche Herrſchſucht muß man der Cleriſey be - nehmen, und ihnen durch den Sinn fahren. Man kan ſie aber nicht beſſer zu rechte bringen, als wenn man denen Pfarr-Kin - dern erlaubet, ſich nach einem andern Beicht-Vater umzuſehen. / ſo erlaubet man auch / ſich einen andern zum Beicht-Vater anzunehmen. Man will auch dieſes vor eine gegruͤndete Urſach der erlaub - ten Veraͤnderung halten / wenn der ordentliche Paſtor of - fenbahr gottloß iſt / und ſolche Laſter begangen / die vorlaͤng - ſten die Abſetzung verdienetc)Carpzov iſt ſolcher Meynung, da er von adminiſtrirung des Abend -Carpzovs Meinung wird auf die Aende - rung des Beicht Vaters gezo - gen. mahls redet cit. l. def. 291. Es muß aber eben dieſer Umſtand bey Veraͤnderung des Beicht-Vaters ſtatt finden, denn dieſe iſt ei - ne Vorbereitung zum Abendmahl. Carpzov ſaget ferner, daßim. Vornehmlich aber willmanc c 3206II. Abth. I. Cap. Von Erwehlungman zur Peſt-Zeit denenjenigen / ſo noch nicht angeſtecket / er - lauben / ſich eines andern Paſtoris zu bedienend)Zur Peſt-Zeit kan man bey einem andern als dem ordent - lichen Pfarrer beichten.Dieſes iſt abermahls Carpzovs Meinung cit. l. und allerdings gegruͤndet. Er meinet, weil es in jedem Nothfall erlaubt, ſich frembder Paſtorum zu bedienen, ſo haͤtte ſolches um ſo viel mehr zur Zeit der Peſt ſeinen Grund. Seine Worte ſind dieſe: Quod[ſa]enim juſta ex cauſa pro obtinendo ſacræ cœnæ vſu alterius diœ - ceſeos parochum compellare licet, vt modo diximus; vtique ob peſtis periculum id multo magis licitum cenſetur, quippe quo non vnica tantum perſona neceſſitate premitur, ſed & reliqui, ac quandoque cœtus vniuerſus periclitatur. Nec quisquam non caſum hunc ſummæ dixerit neceſſitatis, quo receditur non ſolum a regulis juris communis, ſed etiam prohibitiui, & nulla ſubjecta eſt legi neceſſitas, ſed ipſa legem facit. . Denn der ordentliche Pfarrer muß zu allen Krancken gehen. Man koͤnnte ſich alſo leicht vor ihm ſcheuen / und in Anſehung deſ - ſen pfleget man von dem Zwang-Recht abzuweichen. Auſ - ſer dieſen Faͤllen aber will man gemeiniglich keine Aende - rung des Beicht-Vaters zulaſſen.

Wo mehr als ein Pfarrer in einem Kiꝛch - Spiel, muß man die Wahl und nachmahlsdie Veraͤn -
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§. XIV.

Soll ich meine Meinung von der Aenderung des Beicht-Vaters entdecken / ſo iſt es dieſe. Alle Spruͤche aus der heiligen Schrifft / die diejenigen / ſo die Veraͤnderung ſo ſehr einſchrencken / vorzubringen pflegen / beweiſen nichts / und ſind gantz und gar nicht hieher zu ziehen. Jch bin auch gewiß verſichert / daß vor Innocentii III. Zeiten / kein Ge - ſetze vorhanden geweſen / ſo die Zuhoͤrer angeſtrenget / kei - nem andern als ihrem Pfarrer zu beichtena)InnocentiusMan wird aus demjenigen, ſo oben ſect, I. Cap. II. ſeq. angefuͤhret,zur. Da nun aberdas(c)im Fall der Noth man das Abendmahl von einem jeden Prie - ſter empfangen koͤnnte. Dieſes iſt ebenfalls von der abſolution zu verſtehen. Dieſer Juriſt raͤumet ſelbſten ein, daß die Noth allen Unterſcheid, der unter denen Pfarr-Kindern dieſes und jenes Kirch - Spiels iſt, aufhebe.207eines gewiſſen Beicht-Vaters. das Zwang-Recht uͤberall ſo zu ſagen in friſchem Gebrauchdeꝛung nicht ſo einſchren - cken. iſt / ſo kan man doch ſolches nicht mit der geringſten raiſon auf denjenigen Fall ziehen / wenn in einer parochie verſchie - dene Pfarrer vorhanden ſind. Alle Schein-Gruͤnde / ſo wieder die Veraͤnderung des Beicht-Vaters vorgebracht werden / laſſen ſich nicht hieher appliciren. Dieſer wegen ſo trage ich kein Bedencken zuſagen / daß wo mehr als ein Prieſter in einem Kirch-Spiel iſt / denen Zuhoͤrern frey ſte - hen ſoll / auch ohne geſuchte Erlaubnuͤß von dem Conſiſto - rio oder Landes-Herrn den Beicht-Vater nach Belieben zu wehlen / und nachmahls nach denen Umſtaͤnden ſolchen zu aͤndernb)Dieſes iſt auſſer allem Zweiffel, wenn man die Sache nach denenDie Spruͤche ſo man zur Be - hauptung des Zwang-Rechts vorbringt, rei - men ſich gar Reguln des Chriſtenthums betrachtet. Daß das Zwang - Recht ein anders eingefuͤhret, iſt mir mehr als zu wohl bekannt. Man erwaͤge nur diejenigen Spruͤche, welche zu deſſen Behau - ptung angefuͤhret werden, und da wird man befinden, daß ſie aufdieſen.

§. XV.

(a)zur Gnuͤge erkannt haben, daß die Beichte, wie ſie jetzo aus ſiehet,hat das Zwang - Recht zum er - ſten eingefuͤh - ret. erſt unter Innocentio III. zur Reiffe gekommen. Dieſer hat aus demjenigen, ſo in eines jeden Willkuͤhr geſtanden, zu einer Noth - wendigkeit gemacht. Unter andern aber hat er auch dieſes zum erſten mit verordnet, daß man nirgends als bey ſeinem Pfarrer beichten ſolte. Vielleicht truge das Beicht-Sitzen auch bald darauf etwas ein, und alſo hielte man deſto ſteiffer uͤber dieſe Verordnung. Weñ ich hier irre, ſo zeige man aus der Kirchen-Hiſtorie ein anders. Jch will mich alſobald corrigiren. Jch halte es mit Seneca de benef. Lib. IV. c. 38. vor keine Leichtſinnigkeit den erkannten Jrrthum abzu - legen, und frey zu bekennen, ich ſey betrogen worden. Jch halte es vor eine hochmuͤthige Thorheit, bey dem was einmahl geſaget iſt zu bleiben, es mag ſolches klappen wie es will. Non eſt leuitas a cog - nito & damnato errore diſcedere, & ingenue fatendum eſt, aliud putaui, deceptus ſum. Hæc vero ſuperbæ ſtultitiæ perſeuerantia eſt; quod ſemel dixi, qualecunque eſt fixum, ratumque ſit.

208II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Andere Ur - ſachen der Veraͤnde-rung.
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§. XV.

Ja ich halte dafuͤr / die Veraͤnderung des Beicht-Vaters koͤnne auch ſodann nicht verwehret werden / wenn ich dafuͤr halte / daß ich von einem andern mehr Nu - tzen und Troſt erlangen koͤnne. Es iſt ja nicht zu leugnen /daßnicht auf den Fall da ver - ſchiedene Pa - ſtores in einem Kirch-Spiel ſind.(b)dieſen Fall, welchen ich ſetze, ſich vollends nicht reimen. Denn was 1. Petr. V, 2. denen Aelteſten befohlen iſt, daß ſie die ihnen an - vertraute Heerde weiden ſollen, iſt mit allem Recht von allen Pa - ſtoribus in einer Parochie zu verſtehen. Diejenigen, welche ei - nem andern Pfarrer in eben dem Kirch-Spiel beichten, und von dem vorigen abgehen, verlaſſen die Verſammlung weder gaͤntz - lich, noch auf eine Zeit. Alſo faͤllet auch der Schluß dahin, den man aus Hebr. X, 25. heraus gepreſt. Die ἐυταξία leidet auch kei - nen Abbruch, ſondern alles geſchiehet κατὰ τάξιν, in beſter Ord - nung, wenn ich demjenigen, ſo ich zum Beicht-Vater gehabt, nicht ferner beichte, ſondern ſeinen Collegen mir erwehle. Jnzwi - ſchen dencken doch diejenigen, ſo das Zwang-Recht behaupten, ſie haͤtten die Sache auf das deutlichſte bewieſen, ſo gar, daß ſie be - haupten wollen, es ſtuͤnde nicht einmahl dem Fuͤrſten frey, ſeinen Beicht-Vater zu aͤndern. Dieſen wunderbahren Lehrern hat der Herr Thomaſius in denen Noten uͤber Puffendorff von der geiſtlichen Monarchie des Stuhls zu Rom pag. 300. den Staar ziemlich geſtochen. Sieheſt du alſo, ſaget er, wenn keine Beicht - Vaͤter waͤren, haͤtten ſich die Jeſuiten auch nicht ſo ein - ſchleichen koͤnnen. Und alſo ſieheſt du, was in dem Streit von der Nothwendigkeit des Beicht-Stuhls, zwiſchen den eifrigen Lutheranern und Reformirten, fuͤr eine politi ſche avantage verborgen ſey, dieſelbe Nothwendigkeit zu behau - pten. Zum wenigſten hat ein Reformirter Fuͤrſt ſich nicht zu befuͤrchten, daß wenn er ſeinen Hoff-Prediger abdanckt, ihm werde controuers gemacht werden, ob er auch ſolches cum effectu ciuili, oder auch mit gutem Gewiſſen habe thun koͤnnen. Hingegen kan ein Beicht-Vater eines Lutheri - ſchen Fuͤrſten ſich ehe getroͤſten, ſo wohl Theologi ſche als Ju - riſti ſche reſponſa fuͤr ſich zu erhalten, daß ein LutheriſcherFuͤrſt209eines gewiſſen Beicht-Vaters. daß alle Anſtalten in der Gemeinde alſo beſchaffen ſeyn ſol - len / daß die Erbauung der Seelen in dem Chriſtenthum da - durch mehr und mehr befoͤrdert werde. Weil nun ſolche auf dieſe Weiſe bey manchem wachſen kan / ſo wird man al - lerdings zugeben muͤſſen / daß die Zuhoͤrer hierinn nicht all - zu ſehr gebunden werdena)Dieſes iſt auch die Meinung des ſeel. Speners in denen Theol.Speners Mei - nung von zuge - laſſener Ver - aͤnderung. Bedencken Vol. IV. pag. 486. Weil aber auch, ſaget er, nicht nur von der Guͤltigkeit und Krafft ſolcher Gnaden-Mittel ſelbſt geredet wird, ſondern die Abſicht auch gehet auf die Erbau - ung, die man dabey haben mag, und wir aber wiſſen, daß das Vertrauen des Beicht-Kindes zu dem Beicht-Vater nicht wenig bequem machet, damit das Wort GOttes ohn - gehindert ſeine Krafft in denſelben ereigne, hingegen wo ein Mißtrauen iſt, in ſolchem heiligen actu leicht daſſelbe geſtoͤret und der heilſame Nutzen gehindert werden mag ꝛe. Dieſerwegen ſaget er cit. l. pag. 487. daß man bey einem ſolchen, zu dem man kein Vertrauen haͤtte, nicht beichten ſolte, es waͤ - re denn ein Nothfall. b) Jch. Man wird ferner die Veraͤn - derung zulaſſen muͤſſen / wenn der Beicht-Vater ſich alſo auffuͤhret / daß man fernerweit kein Vertrauen auf denſel - ben ſetzen kan. Denn wenn ich dieſes nicht bey mir befin - de / ſo iſt gewißlich alle Frucht / ſo man ſich aus der Beich - te verſprechen kan / verdorben und zu nichte. Man gehet nur aus Gewohnheit in den Beicht-Stuhl. Dieſes ſolten die Pfarrer und Beicht-Vaͤter wohl uͤberlegen / ſie wuͤrden ſodann nicht ihren / ſondern der Pfarr-Kinder Nutzen zu befoͤrdern ſuchen. Man wuͤrde von dem Zwang-Recht freywillig abſtehen / und denen Leuten eine groͤſſere Freyheit hierinn ertheilen. Solches haben ſelbſt beruͤhmte Theo -logi(b)Fuͤrſt ſolches zu thun nicht befugt ſey, wie die heutige Reichs - kuͤndige Erfahrung bezeuget. Von dem Recht eines Fuͤrſten in dieſem Stuͤck will weiter unten ausfuͤhrlich handeln.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) d d210II. Abth. I. Cap. Von Erwehlunglogi gewuͤnſchetb)Ein ander Ur - theil dieſes Mannes.Jch beruffe mich abermahls auf dieſen Theologum. Es lauten a - ber feine Worte cit. l. vol. vlt. pag. 425. folgender maſſen: Jns - gemein wuͤnſche ich in der Sache eine mehrere Freyheit in der Wahl, und auch gewiſſer Maaß in deꝛ Aenderung des Beicht - Vaters, aus der Urſache, weil das mehrere oder wenigere Veꝛ - trauen gegen den Beicht-Vater ein groſſes thut zu mehrer oder weniger Frucht der Erbauung von dem Dienſt deſſelben. Daher ich nicht in Abrede bin, wo ich die Sachen einzurichten haͤtte, daß ich eine ziemliche Freyheit geſtatten wuͤrde, den Beicht-Vater zu aͤndern, wo man entweder vorigen mit zu vielen Geſchaͤfften beladen ſiehet, oder durch eines Collegen Gaben ſich kraͤfftiger geruͤhret befindet, welches ſonderlich bey neuen Erſetzungen Platz hat, oder da eine andere redli - che Urſache waͤre. Wie wir in Franckfurt am Mayn ſolcher Freyheit uns nicht wiederſetzten, wie daher unterſchiedliche, die nach wie vor gute Freunde blieben, meiner Arbeit zu ſcho - nen, in Liebe von mir abgetreten, andere hingegen, ſich zu mir gewandt, ohne einigen daher entſtandenẽ Mißverſtand, welcher immer frey bleibet, excepto ſolo caſu ob fugam diſciplinæ. Daher der neue Beicht-Vater von dem vorigen nichts an - ders zu fragen haͤtte, als ob es aus Verdruß ſeiner Amts - Treue geſchehen waͤre, da mans nicht bloß hingehen lieſſe, ſondern vor den conuentum braͤchte. Mit ſolcher Ausnahme will ich auch die Freyheit, die ich wuͤnſchete, verſtanden haben, daß nehmlich keiner einen, der den Collegen verlieſſe, weil er ſein Straff-Amt an ihm verrichtet hatte, vor ſich anzuneh - men befugt waͤre. . Allein unſere Kirche befindet ſich in ei - nem ſolchen Zuſtand / daß man alles nach dem Intereſſe abzu - meſſen pflegetc)Ubel ſo aus em Hochmuth und Geitz ent - ſtehen.Hochmuth und Geitz ſind diejenigen Laſter, welche der Wohl - fahrt der Kirchen gar ſehr hinderlich ſind. Jch will jetzo nichts gedencken, daß faſt alle Streitigkeiten in der Kirche aus einer unzeitigen Ehrbegierde entſtanden. Jch koͤnte ſolches mit vie - len Exempeln aus denen Kirchen-Geſchichten darthun, wenn eshieher. Man machet ſich eine gloire daraus / wennman211eines gewiſſen Beicht-Vaters. man viele Beicht-Kinder hat. Es bringet auch ſolches Brod in das Haus. Man iſt alſo mit allem Ernſt dahin bemuͤhet / daß die Anzahl der Beicht-Kinder nicht verrin - gert werde. Es trifft bey vielen Geiſtlichen ein / was ein ge - wiſſer Gelehrter von denen Sitten der Falſchgelehrten redet / da er ſagetd)Es iſt dieſes der Joh. Alphonſ. Turretinus, Paſtor S. Theol. & Hiſt. Fehler der Ge - lehrten.Ec -: Sie ſind wegen einer eitlen von ſich gefaſten Meinung aufgeblaſen; ſie dencken, daß ſie den hoͤchſten Gipfel bereits erreichet; ſie halten es vor eine Schande von andern zu lernen, oder zu erkennen, daß ſie nur in einigen Stuͤcken ge - irret; ſie hangen denen Meinungen ihrer Parthey ſo haſtig an, daß ſie nicht eines Nagels breit davon abweichen, im Gegen - theil wollen ſie anderer Verſtand ſich voͤllig unterwerffen; in Erlernung der Wiſſenſchafften ſuchen ſie nicht die Wahrheit, ſondern den Sieg; ſie fallen die, ſo anderer Meinung ſind, alſo - bald wie wuͤtige Hunde an, und verfolgen ſie; ihre gantze Ar - beit iſt auf einen eitlen Pracht, nichtswuͤrdigen Ruhm gerichtet, und was andern an Ruhm und Ehre zuwaͤchſet, das meinen ſie, gienge ihnen ab. Wer Verſtand hat / wird es / wenn er weniges veraͤndert / gar leicht auf den Fall / davon wir handeln / appliciren koͤnnen.

§. XVI.

(c)hieher gehoͤrte. Jch erinnere nur, daß der Ehrgeitz nicht wenig Theil daran hat, daß man die Freyheit, den Beicht-Vater zu aͤndern, ſo ſtarck ein geſchrencket. Man hat von ſeinen Lehrern gehoͤret, es ſey niemand erlaubt, von dem einmahl erwehlten Beicht-Vater ab zutreten, auſſer in wenigen Faͤllen. Dieſe Mei - nung ſchaͤmet man ſich zu verlaſſen. Es machet eine Ombrage, wenn man viele Beicht-Kinder hat, darum will man ſolche nicht miſſen. Verblendet erſt der Geitz die Augen, ſo kan man ſich faſt keine Hoffnung machen, daß jemand die Wahrheit einſehen wer - de. Die Leute ſind ſo dann mehr auf ihren Nutzen als auf das - jenige, was wahr und der Kirche zutraͤglich iſt, mit allem Ernſt bedacht. Jhr Verſtand iſt gantz durch das intereſſe verdunckelt, das Licht der Wahrheit kan darinn nicht angezuͤndet werden.

d d 2212II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Wie ſich die Prieſteꝛ veꝛ - halten ſol - ten, wenn man nicht ferner bey ihnen beich-tete.
396

§. XVI.

Wenn nun unſere Prieſter es ſich einen Ernſt ſeyn lieſſen / denen Befehlen ihres und unſer aller Heylan - des / und ſeinem Exempel nachzukommen / nehmlich / ſich untereinander bruͤderlich zu lieben, ſo glaube ich auch, daß man das Zwang-Recht bey dem Beicht-Weſen bald abſchaffen wuͤrdea)Befehl Chriſti wegen deꝛ Liebe.Joh. XIII, 34. 35. Ein neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch unter einander liebet, wie ich euch geliebet habe, auf daß auch ihr einander lieb habet. Dabey wird jederman erken - nen, daß ihr meine Juͤnger ſeyd, ſo ihr Liebe unter einanderWuͤrckungen der Liebe. habt. Nach Pauli Ausſpruch 1. Cor. XIII, 4 ſeq. bringet die Liebe eine Menge Tugenden mit. Die Liebe iſt langmuͤthig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibet nicht Muth - willen, ſie blehet ſich nicht, ſie ſtellet ſich nicht ungeberdig, ſie ſuchet nicht das ihre, ſie laͤſt ſich nicht erbittern, ſie trachtet nicht nach Schaden, ſie freuet ſich nicht, wenns unrecht zuge - het, ſie freuet ſich aber, wenns recht zugehet. Sie vertraͤget alles, ſie glaubet alles, ſie hoffet alles, ſie duldet alles ꝛc. b) So. Denn auf dieſe Weiſe wuͤrden ſie nicht boͤſe dar - auf werden / wenn einer von ihren Zuhoͤrern / ſo vormahls bey ihnen gebeichtet / ihrer Collegen einen zum Beicht-Va -ter(d)Eccleſ. Prof. zu Genf. Die Worte, ſo ich angefuͤhret, ſtehen in ſei - ner Oration de emend. & promou. ſtud. pag. 27. und lauten in dem o - riginal ſo: Qui (ſcil. Pſeudo-docti) vana tument de ſe concepta o - pinione, qui ſe putant ſumma jam adeptos, qui ab aliis erudiri, vel quicquam a ſe erratum agnoſcere turpe ducunt ac indecorum, qui ſuæ partis opinionibus ita mordicus adhærent, vt ne latum quidem vnguem ab eis diuelli queant, qui e contra reliquorum omnium ſi - bi mentes vellent ſubjicere, qui in ſcientiis tractandis non verita - tem ſed victoriam quærunt, qui rabidorum canum in morem vel mi - nimum diſſentientes impetunt illico atque inſectantur, qui denique ad vanam pompam, ad inanem oſtentationem, ſuos omnes labores dirigunt, & quicquid aliorum famæ ac laudibus accedit, ſuæ detra - ctum putant. 213eines gewiſſen Beicht-Vaters. ter erwehlete. Sie wuͤrden nicht alleine auf das alte Beicht-Kind nicht unwillig werden / ſondern auch dem neu - en Beicht-Vater nichts in den Weg legen. Weil aber dieſes von denen wenigſten geſchiehet / ſo lehret freylich die Erfah - rung / daß man ſo wohl das Beicht-Kind als den neuen Beicht-Vater anfeindet. Man ſuchet beyde auf allerhand Art durch die Hechel zu ziehen / und wuͤtet in ſein eigen Ein - geweyde. Man erſinnet allerley Finten / die Veraͤnderung zu hintertreiben. Sie meinen / es muͤſte bey demjenigen / was einmahl hergebracht iſt / auch fernerweit ſein Bewen - den haben. Wenn ſich nun ſolche Umſtaͤnde ereignen / daß ein Beicht-Kind dem Beicht-Vater hinterbringet / wie es um dieſer oder jener Urſache willen fernerweit nicht bey ihm beichten / ſondern den oder jenen zum Beicht-Vater annehmen wolte / und der Pfarrer will ſolches nicht zuge - ben / ſo muß man freylich die Sache an hoͤhere Orte gelan - gen laſſen. Man wende ſich alſo an das Conſiſtorium, und zeige demſelben ſeine Urſachen an / die ſolche Veraͤnderung veranlaſſetb)So faͤhret der ſeel. Spener am angefuͤhrtem Orte fort: WeilnWenn der Ausſpruch des Conſiſtorii bey Veraͤnde - rung des Beicht Vaters noͤthig iſt. aber an meiſten Orten die Verbindung des Beicht-Kindes an den Beicht-Vater legis inſtar eſt, ſo hat an ſolchem Ort die obgedachte Freyheit, es geſchehe denn aus aller einmuͤthiger Einwilligung, nicht Platz, ſondern es wird, wie auch, da die Sache als eine conſtitutio eccleſiaſtica angeſehen wird, nicht un - billig iſt, daruͤber zu erkennen, vor das forum eccleſiaſticum gezogen. Allein wenn die Geiſtlichkeit freywillig von dem Zwang - Recht abſtuͤnde, wie es denn abſonderlich, wo in einem Kirch-Spiel verſchiedene Prieſter ſind, nach der Billigkeit ſeyn ſolte, ſo haͤtte man nicht noͤthig, die Sache vor das Conſiſtorium zu bringen, und wohl gar daruͤber zu proceſſiren. a) Sie. Bringet man nun eine von denen bißher ge - meldeten bey / ſo iſt daſſelbe der Billigkeit nach verbunden /ind d 3214II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtin die Veraͤnderung zu willigen. Wo ſich aber Schwuͤ - rigkeiten ereigneten / wie denn gemeiniglich geſchehen wird / weil man den alten Schlendrian an denen meiſten Orten eifrig beybehaͤlt; So iſt nichts anders uͤbrig / als die hohe Landes-Obrigkeit ſelbſt dieſerwegen anzugehen. Dieſe ſoll nach ihrer Pflicht / wenn eine von bißher angefuͤhrten Ur - ſachen beygebracht worden / allerdings ſolche Freyheit erthei - len / wie ich weiter unten mit mehrern ausfuͤhren will.

Das zweyte Capitel. Wenn und wie offt man zum Beicht - Stuhl gehen ſoll.

§. I.

Die Beich - te ſoll nicht unterlaſſen werden.
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DJe Beichte ſoll nicht unterlaſſen / ſondern zum oͤff - tern verrichtet werden, wie die Canoniſten durchge - hends vorgeben. Sie nehmen ein Gleichniß von einem Artzt und Patienten / welches ſie nachgehends auf den Beicht-Vater und das Beicht-Kind applicirena)Gleichnuͤß von der Artzeney.Sie ſagen: Gleichwie diejenigen, deren Leiber vielen Kranckhei - ten unterworffen, einen Artzt ſuchen, und ihm die gantze Beſchaf - fenheit ihres ſchlimmen Zuſtandes entdecken; ſo muͤſten auch al - le Chriſten ihre Suͤnden als geiſtliche Kranckheiten denen Prieſtern, als geiſtlichen Aertzten, entdecken. Wo dieſes nicht waͤre, koͤnte man ihnen keine kraͤfftige Artzeney verordnen.. Sie laſſen ſich damit nicht begnuͤgen / daß ſie die oͤfftere Beichte denen Leuten anrathen / ſondern gebieten auch ſolche bey Straffe. Hierzu halten ſie ſich deſto mehr befugt zu ſeyn / weil ſie nach ihrem Vorgeben der Pfarr-Kinder eigene Wohlfahrt damit zu befoͤrdern ſuchtenb)Auf dieſes hatMan haͤlt die Beichte vor nichts anders, als eine Eroͤffnungund. Dieſerwegenver -215man zur Beichte gehen ſoll. verfahren ſie / wenn man ihrem Vorgeben Glauben beymeſ - ſen will / gantz gelinde. Verachtet jemand die Beichte / und will ſolche nicht verrichten / ſo redet man demſelben ernſtlich zu. Giebet er ſich aber nicht / ſo wird er geſtraffet und fort - gejaget. Auf dieſe Weiſe philoſophiren mit denen Papi - ſten auch die Proteſtirendec)C. 12. X. de pœnit. & remisſ. Carpzov ſaget ebenfalls, die Beicht-Ver -Straffe der Beicht-Ver - aͤchter. aͤchter ſolte man nicht allein aus der Gemeinde ſtoſſen, ſondern auch aus der Republic fortjagen. Vid. cit. l. def. 290. Schilter meinet ebenfalls, ſie waͤren zu beſtraffen und fort zu jagen. Lib. II. Inſtit. jur. can. Tit. IV. §. 15. Itaque quod antea de frequentatione S. communionis dictum, etiam huc pertinet: Negligentes pœni - tentiam & abſolutionem admonendi, & contumaces puniendi vel expellendi. Er beruffet ſich hierauf auf das canoniſche Recht, Apologie der Augſpurgiſchen confesſion und Carpzouium. Gleich als wenn durch ſolche Auctoritaͤt die Sache ein voͤlliges Licht er - halten haͤtte. d) Nat. . So laͤſſet man ſich durch die alten eingewurtzelten Meinungen betruͤgen. Wer an dem - jenigen zweiffelt / was man von undencklichen Jahren ge - glaubet / heiſſet ein Neuerungsmacher. Dieſen Leuten aber / die nur bey dem alten Schlendrian verbleiben wollen / und diejenigen / ſo etwas dawieder einwenden / verfolgen / erſu -che(b)und Entdeckung einer verborgenen Kranckheit, in der Hoff -man ſich ſchon vor alten Zei - ten beruffen. nung davon befreyet zu werden. Wer alſo nicht beichten wol - te, waͤre einem Patienten gleich, der alle Artzeney ausſchluͤge. Die - ſes Gleichnuͤß aber hat man ſchon in denen uhralten Zeiten ge - braucht, die Leute damit zur Beichte zu encouragiren. Wie fuͤg - lich aber die Beicht-Vaͤter Aertzte der Suͤnden genennet werden koͤnnen, habe ſchon oben in der erſten Section bemercket. Allein es mangelt auch heute zu Tage nicht an Leuten, die ſich dieſes Gleichnuͤſſes bedienen. Sie erwaͤgen aber nicht, daß theils ein Gleichnuͤß nichts beweiſet, theils daß Chriſtus der rechte Artzt un - ſerer Suͤnden iſt.216II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtche ich / die Worte Senecæ zu uͤberlegen / die im Teutſchen alſo lautend)Anmerckung wegen der ſo - genañten Neue - rungen.Nat. quæſt. Lib. VII. c. 25. Veniet tempus, quo iſta, quæ nunc la - tent, in lucem dies extrahat, & longioris æui diligentia. Veniet tempus, quo poſteri noſtri tam aperte nos neſciſſe mirentur. Es iſt auch an dem. Ein Tag lehret den andern. Wenn ich mich auf eines Rieſen Schultern ſetze, ſehe ich weiter als er. Dieje - nigen alſo, welche wie das Vieh den gebaͤhnten Weg fortgehen, und nicht fragen, ob es der rechte ſey, ſolten ihre Vernunfft gebrau - chen. Sie ſolten eine Meinung, die mit der ihrigen nicht uͤberein - kommt, unter dem Titul einer Neuerung nicht verhaſt machen, biß ſie zuvor ohne Ubereilung erwogen, ob ſolche gegruͤndet. Denn warum wollen wir die Neuigkeiten ſo anfeinden. Was jetzo vor eine alte Meinung aus gegeben wird, ware vor dieſem auch neu. Wir halten ſolche aber vor wahr. Jch gebe denen, welchen die Neuerungen nicht anſtehen wollen, ferner die Worte Horatii zu uͤberlegen Epiſt. Lib. II. Epiſt. I. Quod ſi tam Græcis nouitas inuiſa fuiſſet, Quam nobis, quid nunc eſſet vetus, aut quid haberet Quod legeret tereretque viritim publicus vſus? . Es wird eine Zeit kommen, da dasjenige, was jetzo verborgen, ein Tag und der Fleiß einer langen Zeit an das Licht bringen wird: Es wird eine Zeit kommen, da die Nachkommen ſich verwundern werden, daß wir ſolche Wahr - heiten nicht gewuſt.

Es iſt un - recht die Leute zum Beichtſtuhlzu zwingen.
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§. II.

Mit ſolchen Dingen aber / daß alle und jede Chri - ſten beichten muͤſten, oder zu ſtraffen waͤren, haͤtten die Pro - teſtirende ihre Schrifften nicht anfuͤllen ſollen. Denn in der goͤttlichen Schrifft iſt kein Befehl vorhanden / daß man bey denen Menſchen ſeine Suͤnden beichten muͤſte. Es ge - ſchehe nun ſolches / wie es wolle. Warum will man alſo die Leute zum Beicht-Stuhl noͤthigen? Wir ſagen / unſere Kir - che muͤſte nach Art der Apoſtoliſchen eingerichtet ſeyn / oder man muͤſte doch die Anordnung derſelben vor Augen haben. Wenn dieſes iſt / warum ſchwatzen wir denn ſo viel von derNoth -217man zur Beichte gehen ſoll. Nothwendigkeit der Beichte / und zwingen die Leute dazu? Es iſt die groͤſte Unbilligkeit von der Welt / daß man diejenigen / ſo ſich in allen als gute Chriſten und Buͤrger auffuͤhren / wegen der Beichte aber ſcrupel haben / anfein - det. Noch unbilliger iſt es / wenn man ſie darum / daß ſie nicht beichten wollen / des Landes verweiſen will. Wir ſagen ja ſelbſt / daß der Beicht-Stuhl keine goͤttliche Ein - ſetzung. Es ſey derſelbe ein Kirchen-Gebrauch, und ge - wißlich iſt es ein ſolcher / daruͤber mancher ſcrupel in eines Gewiſſen entſtehen kan. Will man den Verſtand mit Gewalt uͤberfuͤhren / und zumahl in einer Sache / die die Religion betrifft? Laſſet uns doch hoͤren / was kluge Leute von ſolcher Art zu uͤberweiſen urtheilen. Jch halte dafuͤr, ſpricht der grundgelehrte Juriſte Gerardus Noodta)In orat. de relig. ab imper. jure gent. libera pag. 784. oper. SicDie Religion duldet keinen Zwang. Noote Worte. enim cenſeo, religionem vnicuique noſtrum Dei munere con - cedi: ab eiusque motu atque inſtinctu pendere: cæterum libe - ram eſſe, & extra imperium poſitam: adeo neminem inuitum aut ignorantem alicui adjungi ſectæ; nec magis quem, vt in eam intret aut in ea maneat, eiue, cui adhæret, in omnibus & per omnia conſentiat, armis vel legibus cogi poſſe humano jure. / daß die Religion einem jedweden von GOtt gegeben werde; und daß ſie von ſeinem Trieb und Bewegung herruͤhre: im uͤbrigen iſt ſie frey und keiner Gewalt unterworffen: alſo kan man niemand wieder Willen und unwiſſend einer Secte zugeſellen; nicht weniger iſt es nicht erlaubt, durch Gewalt oder menſchliche Geſetze jemand dahin bringen wollen, daß er ſich zu einer Secte halte, oder in ſolcher bleibe, oder daß er derjenigen, in welcher er iſt, in allen und jeden Beyfall gebe. Wiederum giebet er ſein Mißfallen uͤber ſolche conduite in folgenden Worten zu verſtehenb)Cit. l. pag. 786. Sed huc delabimur, vt in rebus diuinis homoAndere Worte Noodts. ab homine liber ſit, alterque alterum, ſi erret, comiter monere,&: Dahin kommt es,daß(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) e e218II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtdaß in goͤttlichen Dingen ein Menſch von dem andern frey iſt, und einer den andern, wenn er irret, freundlich erinnern, und durch guͤtige liebreiche Vorſtellung auff den rechten Weg bringen kan, ihm aber dabey Freyheit laſſe, zu thun, was ihm am zutraͤglichſten ſcheinet: Jm uͤbrigen aber kan man wie - der Willen keinen zur Religion bringen und ſolche durch Waf - fen und Straffen auspreſſen: Denn nach dem natuͤrlichen Recht iſt es billig, daß ein Menſch den andern nuͤtzet; Jhn aber zu beleidigen und zu ſchaden, iſt eine Ubelthat. Folgende Worte unſers Juriſten ſind nicht weniger merck - wuͤrdigc)Noch ein ander raiſonnement deſſelben.Cit. l. pag. 792. At enim ſapientis eſt, Dei inſtituta, ſacra, cere - monias tueri. Non nego, imo fateor, ſi juſta, vera & pia ſint, ſerio & ſummis opibus defendi oportere; meritoque haberi Deo ſimilem, per quem Dei majeſtas, exemplo optimo vindicatur. Tantum quærimus defenſionis genus: nec minus de eo quam de religione ambigimus. Qui enim tibi placet ſacrorum defenſor, miles aut carnifex, mihi ineptus, injuſtus, turpis videtur. Ac ſi licebit, quod res eſt, dicere: periit fides religionis, ſi, vt vera pute - tur, pœna facit. Abite igitur arma, abſtinete rapinæ, quieſcite verbera, eculei, ignes. Alia paranda defenſio eſt. Non egemus ſaeuitia nec ſcelere. Ratione, ſapientia, intellectu firmatur reli - gio, quæ vera eſt. Niſi quis poteſt credere atque intelligere quic - quid ei imperatur; ſi de eo perſuaſus non ſit. At inſpicite intel - lectum, explorate animi rationisque vim ac proprietatem: ſum - ma huc redit, vt non ſit humani arbitrii. Tantum patitur, ſe doctrina duci & conſilio regi; conuictusque aſſenſum neceſſariæ præbet demonſtrationi. Extorqueri ne tota quidem credulitatis officina poteſt. a) cit. : Es kommt aber doch einem Weiſen zu, GOttes Anordnungen, den Gottes-Dienſt, die ceremoni en zu ſchuͤtzen. Jch bin es nicht in Abrede, ſondern geſtehe es, daß wenn al -les(b)& benigntiate amicæ ſuaſionis reuocare in viam posſit, relicta illi libertate faciendi, quod ex ejus vſu ſit: cæterum, inuito exprime - re religionem armis pœnisque nequeat: quia hominem homini prodeſſe fas eſt naturæ lege; officere atque nocere flagitium eſt. 219man zur Beichte gehen ſoll. les recht, wahrhafftig und gottſeelig iſt, man es mit Ernſt und auff alle Weiſe vertheidigen muͤſſe; und daß der - jenige GOTT gleich zu achten, durch welchen die goͤttliche Majeſtaͤt zum guten Beyſpiel geraͤchet wird. Wir ſuchen a - ber nur die Art der Vertheydigung: Hier entſtehen ſo viel Zweiffel, als bey der Religion. Denn derjenige Vertheidiger des Gottes-Dienſtes, der dir anſtehet, nehmlich der Soldat oder Hencker, ſcheinet mir ungeſchickt, ungerecht, ſchaͤndlich. Und wenn die Wahrheit zu ſagen erlaubt: die Religion hat allen Glauben verlohren, wenn ſie aus Furcht der Straffe vor wahr gehalten werden muß. So entfernet euch dem - nach ihr Waffen, hoͤret auf ihr Raubereyen, ruhet ihr Schlaͤ - ge, Foltern, Stricke, Feuer. Man muß eine andere Beſchuͤ - tzung bereiten. Wir brauchen keine Grauſamkeit, noch Muthwillen; durch Vernunfft, Weißheit, Verſtand muß diejenige Religion, ſo wahr iſt, feſte geſetzet werden. Es muͤ - ſte denn ſeyn, daß jemand daßjenige glauben koͤnte, was man ihm befiehlet, wenn er gleich nicht davon uͤberzeuget iſt. Al - lein ſchauet in den Verſtand, erforſchet die Macht und Ei - genſchafft der Seelen und der Vernunfft: Es kommt alles darauff an, daß ſolche menſchlichem Gutduͤncken nicht unter - worffen. Es kan weiter nichts vertragen, als daß man es durch Lehre leitet, und durch Rath regieret; wenn es uͤber - wieſen, faͤllet es dem nothwendigen Beweißthum bey. Selbſt die gantze Werckſtat der Leichtglaͤubigkeit laͤſſet ſich nicht zwingen.

§. III.

Beliebt dir aber dieſe Meinung / daß man dieOb die Beichte eine Vorberei - tung zum A - bendmahl. Leute darum zur Beichte zwingen koͤnte / weil ſolche eine Vorbereitung zum Heil. Abendmahl / ſo kan ich doch wie - der nichts anders thun / als dir hierinn zu wiederſprechen. Du ſprichſt / ſolche Leute die verachteten die Sacramenta. Sie waͤren alſo Feinde GOttes. Ob nun ſchon die Beich - te bey uns vor kein Sacrament gehalten wuͤrde / ſo koͤnte man doch nicht zum Sacrament des Nachtmahls gelangen / wenn man nicht gebeichtet. Hieraus waͤre zu erkennen /e e 2daß220II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtdaß wer die Beichte verachte / auch das theure Sacrament in keinem Wehrt hielte. Aus dieſer Urſache muͤſte man ei - nen ſolchen Feind GOttes mit weltlicher Straffe belegen. Der ſcharffſinnige Noodt mag abermahls vor mich auff deine Einwuͤrffe antworten. Er ſaget aber alſoa)Ob GOttes Feinde von Menſchen zu beſtraffen.Cit. l. pag. 790. Dices, Dei injuriam eſſe; cum ejus religio pollui - tur, aut deſultoria leuitate deſeritur. Audio: ſed quis tu es? quid tibi arrogas? quid tibi hic negotii? quoue tandem jure tu vlciſce - ris injuriam, quæ tua non eſt? quin quod aduerſus Deum committi putas, ad Deum remittis: ſinisque ejus eſſe & criminis & vltionis æſtimationem. Quid? quod de puniendo animi atque intellectus vitio, errore, labe, ne poteſt quidem alicujus, præterquam Dei judicium eſſe -- -- -- Cur te piget ejus, quem Deus non odit; certe cum quo interim vtilitatem ſolis atque imbris com - municat; & ſi poſſet eum ſtatim & mille modis, ſi vellet, affligere, eruciare, perdere? quodſi Deus & parcit & prodeſt ei, a quo - ſus ſit: quid hominem facere decet, cui non obfuit. b) Sesſ. : Du wirſt ſagen, es geſchehe GOtt unrecht, wenn man ſeine Religion verunehret, oder aus allzugroſſer Leichtſinnigkeit verlaͤſſet. Jch hoͤre es gar wohl. Aber wer biſt du? was nimmſt du dir heraus? was haſt du da zu thun? Mit was vor Recht wilſt du ein Unrecht raͤchen, das nicht dein iſt? Ubergieb das GOtt, was du dafuͤr haͤlteſt, daß es wieder GOtt gehet, und uͤberlaſſe ihm die Betrachtung und Achtung des Laſters und der Rache. Was? von der Art wie ein Laſter des Verſtan - des, Jrrthum, Fehltritt zu beſtraffen, kan niemand anders als GOtt Richter ſeyn. -- -- -- Warum biſt du deßjenigen uͤberdruͤßig, welchen GOtt nicht haſſet; zum wenigſten wel - chem er den Nutzen der Sonnen und des Regens goͤnnet, da er ihn doch, wenn es ihm beliebte, auff tauſenderley Art betruͤ - ben, kraͤncken und verderben koͤnte? wenn nun GOtt denje - nigen, welcher ihn beleidiget, ſchonet und ihm nuͤtzet; was ſol - len die Menſchen nicht thun, welchen er nichts in Weg ge - leget. Was iſt auch dieſes vor eine Folge: Der will nichtzur221man zur Beichte gehen ſoll. zur Beichte gehen / und verachtet ſolche / darum verachtet er auch des HErrn Nachtmahl. Du ſprichſt: Genug / die Beichte iſt die Vorbereitung dazu. Wo ſtehet aber dieſes geſchrieben? du wirſt alſobald heraus platzen: Es ſey ja ohnumgaͤnglich noͤthig / daß man vor Genieſſung des A - bendmahls ſich wohl pruͤfe, ſein gantzes Leben unterſuche / und die begangene Suͤnden bereue. Man wuͤrde ſonſt ein unwuͤrdiger Gaſt. Jch ſage ſolches auch. Aber iſt denn die Beichte zu ſolcher Pruͤfung unumgaͤnglich vonnoͤthen? Jch glaube ſolches nicht. Das Tridentiniſche concilium hat zwar verordnetb)Sesſ. 13. cap. 7. Eccleſiaſtica autem conſuetudo declarat, eam pro -Nothwendig - keit der Beichte vor dem A - bendmahl. bationem neceſſariam eſſe, vt nullus ſibi conſcius mortalis pecca - ti, quantumuis ſibi contritus videatur, absque praemiſſa ſacra - mentali confesſione ad S. Euchariſlam accedere debeat. a) Daß: Die Kirchen-Gewohnheit giebet zu verſtehen, diejenige Pruͤffung ſey noͤthig, damit niemand, der ſich einer Tod-Suͤnde bewuſt, ob er gleich meinet, er ha - be ein zerknirrſchtes Hertz, ohne geheime Beichte zum Abend - mahl gehen ſoll. Damit auch dieſe Verordnung deſto ſteiffer gehalten wuͤrde / ſo hat gedachtes concilium zu - gleich feſte geſetzet / diejenigen / ſo anders lehreten / ſolten ſogleich in dem Bann ſeyn. Aber was gehet uns dieſes an? Die erſten Chriſten waren auch wuͤrdige Gaͤſte bey dem Tiſch des Herrn / ob ſie gleich durch die Beichte zu ſolchem nicht zubereitet worden. Hieraus wirſt du erkennen / daß es etwas unrechtes ſey / wenn man die Leute zum Beicht - gehen zwingen will. Jn dem groͤbſten Papſtthum hat man ſelbſt nichts davon gewuſt / bis Innocentius III. mit ſeiner ſo fameuſen conſtitution herfuͤr gebrochen.

§. IV.

Ohnerachtet die erſten Chriſten oͤffters dasVor dieſem und bey de - nen erſten Nachtmahl des HErrn empfiengen / ſo wird doch niemander -e e 3222II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtChriſten beichtete man nicht vor dem A - bendmahl.erweiſen koͤnnen / daß man die Beichte / ſo dem Prieſter ge - ſchiehet / vor eine Vorbereitung zu ſolchem Mahl ausgege - bena)Warum es zu der Apoſtel Zei - ten nicht ſeyn koͤnnen.Daß die Chriſten zu der Apoſtel Zeiten das Nachtmahl des HErrn zum oͤfftern genoßen, wird niemand in Zweiffel ziehen koͤnnen. Die Zahl der Glaͤubigen wuchſe von Tag zu Tage. Jn der ei - nigen Stadt Jeruſalem ware derſelben eine ungemeine Anzahl. Von Dienern des Worts waren keine andere vorhanden als die zwoͤlff Apoſtel, und befanden ſich dieſe insgeſammt nicht allezeit daſelbſt. Nachmahls wurden zwar die ſieben Diaconi erwehlet, allein dieſe hatten mit der Lehre des Evangelii nichts zu thun. Geſetzt aber, daß die geſammten Apoſtel mit denen Diaconis wei - ter nichts gethan, als daß ſie vor Genießung des Abendmahls die Leute Beicht gehoͤret, und nachmahls abſoluiret, ſo glaube ich doch nicht, daß ſie ſolches ausrichten koͤnnen.. Ja in der gantzen Antiquitaͤt iſt nichts auffzutrei - ben / daß man die geringſte Verordnung gemacht / die Leu - te ſolten / ehe ſie communicirten / beichten. Man hat ſie nicht einmahl dazu angemahnet / geſchweige / daß man die - jenigen / ſo ungebeichtet angeſtochen kommen waͤren / beſtra - fetb)Ob es zu Zei - ten Cypriani geweſen?Man will zwar aus einer Stelle Cypriani etwas herauspreßen, da er diejenigen tadelt, welche vor geſchehenem Bekaͤnntnuͤß oder Beichte in die Gemeinſchafft kaͤmen. Allein wenn man des guten Patris Worte von allen Chriſten verſtehen will, ſo thut man ihm großen Tort. Es redet derſelbe von denenjenigen, die in Abgoͤt - terey verfallen. Jch habe auch ſchon erinnert, daß das Wort exomologeſis keine privat-Beichte, ſondern die gantze Handlung der Buſſe anzeige. Dallæus hat de confesſ. auricul. Lib. III. cap. 5. & 6. die Worte unſers Maͤrtyrers von allen Verdrehungen un - vergleichlich gerettet. c) Cle -. Clemens Alexandrinus, da er auf den Gebrauch das Abendmahl zu halten kommt / meldet er / daß die Presby - teri, nachdem ſie das Brod in Stuͤcken gebrochen / es dem Volck hingegeben / damit ein jeder ſich einen Theil neh -men223man zur Beichte gehen ſoll. men moͤchte. Es waͤre ſo dann auff eines jeden Gewiſ - ſen angekommen / ob er von dieſer himmliſchen Speiſe etwas genieſſen wollen oder nichtc)Clemens ſoll nach Meurſii Bericht in not. ad Pallad. hiſt. Lans.Wie es zu Zei - ten Clementis Alexandrini geweſen. p. 204. mit dem Vornahmen Titus Fabius oder Flauius geheiſſen. Sein Geburts-Ort war Athen, in der Alexandriniſchen Kirche ware er ein Aelteſter. Daher heiſt er Alexandrinus. Jn ſeinen Stromat. Lib. I. pag. 241. meldet er, daß einige Presbyteri geweſen, qui euchariſtiam, poſtquam de more in particulas deuiſerant, vni - cuique ex populo permitterent ipſam ſibi partem ſumere. Optima enim eſt ſua cuiusque conſcientia ad hoc, vt res obiectas accurate vel eligat vel fugiat. . Wo iſt hier etwas von einer Beichte zu ſehen. Origenes inculciret die Wor - te Pauli / es muͤſte ein jeder ſich ſelbſt pruͤfen / wenn er bey dieſem himmliſchen Mahl erſcheinen wolted)Origenes in Ioannem redet von denen Augen, ob man ſolche waͤh -Wie zu Orige - nis. rendem Gebet auffheben oder niederſchlagen ſolte, nachdem Exem - pel des Zoͤllners. Er ſaget, daß ſolches auf das Gutbefinden und Gewiſſen der Chriſten ankaͤme. Gleiche Bewandnuͤß haͤtte es mit Genießung des Abendmahls. Jch will ſeine Worte nur la - teiniſch herſetzen: Cæterum vnusquisque ſe ipſum de rebus hu - juscemodi judicet, probetque homo, & ſic non ſolum ex pane illo comedat, & ex calice bibat, verum etiam oculos eleuet ſuperne eos attollens, precemque fundat ſubjiciens ſe ipſum Deo, humi - liansque illi. . Von Chryſoſtomo habe ſchon in dem vorhergehen geredet. Man findet aber unter andern eine noch gar merckwuͤr - dige Stelle. Er ermahnet daſelbſt ſeine Zuhoͤrere)Homil. 31. Tom. I. Jch ſetze die hieher gehoͤrigen Worte nur La -Chryſoſtomi. teiniſch auf das Pappier: Hæc non egent diebus multis, annisue, ſed ſolo animi propoſito & vnico die perficiuntur. Diſcede a malo, virtutem amplectere, deſiſte a prauitate; Pollicere te poſt - hac iſta non commiſſurum, & iſtud ſufficiet ad excuſationem. Egoteſti - mitallem224II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtallem Ernſt und weitlaͤufftig / ſie moͤchten ſich zur Genieſ - ſung des Abendmahls wohl gefaſt machen. Aber worinn ſolte dieſes beſtehen? Jn keiner beſondern Beichte vor dem Prieſter. Man ſolte die Laſter einſtellen / ſich der Tugend befleißigen / Allmoſen geben. Hierzu brauchte man nicht viele Tage und Jahre. Man durffte ſich nur einen gu - ten Vorſatz faſſen / die Suͤnden weiter nicht zu thun. GOTT lieſſe ſich damit begnuͤgen. Auguſtinus laͤſſet es auch auff eines jeden Gewiſſen ankommen / ob ſie ſich durch das Wort GOttes dazu genugſam bereitetf)Und Augu - ſtini? De verb. Dom. ſerm. 46. Cogitantes ergo gradus veſtros, ſeruan - tes & profesſionem veſtram, accedite ad carnem domini, accedite ad ſanguinem domini. Qui ſe ſcit aliter eſſe, non accedat. Com - pungimini magis ſermone meo &c. Auguſtinus lehret alſo von der Vorbereitung eben dasjenige, was Chryſoſtomus vorgetragen.. Ja man findet in dem neunten Seculo noch deutliche Spuren / daß die Beichte keine Vorbereitung zum Abendmahl geweſen. Das Concilium zu Challons hat folgendes geordnetg)Meinung der Patrum zu Challons im IX. Seculo. Concil. Cabillen. II. Ao. 813. Can. 46. In perceptione corporis & ſanguinis domini magnam diſcretionem adhibendam eſſe, ca - vendumque, ne ſi nimium in longum differatur, ad perniciem a - nimæ pertineat, ſi vero indiſcrete percipiatur, timendum eſſe il - lud, quod ait Apoſtolus: Qui manducat & bibit indigne, judicium ſibi manducat & bibit. Juxta ejusdem ergo Apoſtoli documen - tum, probare ſe deberet homo, & ſic de pane illo manducare &de:Jn(e)teſtificor ac fide jubeo, fore vt ſi noſtrum qui peccamus quisque recedens a priſtinis malis, ex animo vereque promittat Deo, ſe poſtea nunquam ad illa rediturum, nihil aliud Deus requirat ad excuſationem. Die Vorbereitung ſolte alſo nach dieſes Vaters Meinung in Unterſuchung ſeines Gewiſſens und dem Vorſatz ſein Leben zubeſſern beſtehen. Und hierinn hat er auch recht. Heu - te zu Tage aber kan man ſich nicht recht bereiten, man beichte denn zuvorher.225man zur Beichte gehen ſoll. Jn Genieſſung des Leibes und Blutes des HErrn muß man groſſe Behutſamkeit gebrauchen, und verhuͤten, daß wenn man es zu lange auffſchiebet, ſolches der Seelen nicht zum Schaden gereiche; wenn man es aber unbedachtſam nimmt, ſo iſt zu befuͤrchten, was der Apoſtel ſaget: Wer unwuͤrdig von dieſem Brod iſſet und von dieſem Kelch trincket, der iſſet und trincket ihm ſelbſt das Gerichte. Nach eben dieſes Apoſtels Zeugniß nun ſoll ſich der Menſch pruͤffen, und ſo dann von dieſem Brod eſſen und von dem Kelch trincken, daß er nehmlich einige Tage von denen Wercken des Fleiſches ſich enthaͤlt, den Leib reiniget, und ſeine Seele ein ſo groſſes Sacrament zu genieſſen, zubereitet. Der Ertz-Biſchoff zu Rheims Hincmarus, welcher faſt bis in das X. Secu - lum gelebet / ſetzet die Vorbereitung zum Abendmahl dar - innenh)Hincmarus lebte noch Ao. 880. Seine Worte ſtehen Opuſc. 2. c. 12. Hincmari Rhemenſis. T. 2. vt ſe ipſum quisque judicet, vt conſtituto in corde judicio, adſit accuſatrix cogitatio, teſtis conſcientia, carnifex timor. De - inde ſanguis animæ per lacrymas profluat, poſtremo ab ipſa men - te talis ſententia proferatur, vt ſe indignum homo judicet parti - cipatione corporis & ſanguinis Domini,a) Wie: Daß ſich ein jeder ſelbſt richte, daß in dem Ge - richte, ſo in dem Hertzen angeſtellet wird, die Gedancken die Anklaͤger waͤren, die Zeugen das Gewiſſen, der Hencker die Furcht. Nach dieſen ſoll das Blut der Seelen durch Thraͤ - nen herfuͤr rinnen, und endlich ſoll das Gemuͤth dieſes Ur - theil faͤllen; daß ſich der Menſch der Genieſſung des Leibes und Blutes des HErrn unwuͤrdig erkennet. Alſo iſt es auch dazumahl noch nicht der Gebrauch geweſt / vor dem Abend - mahl zu beichten.

§. V.

So bald man aber die Privat-Beichte durch -Wie offtge -(g)de calice bibere, vt videlicet abſtinens aliquot diebus ab operibus carnis, & purificans corpus, animamq; ſuam præparet ad percipien - dum tantum ſacramentum. Waͤre damahls die Beichte ein Stuͤcke der Vorbereitung geweſen, ſo haͤttẽ ſie deren Meldung thun muͤſſen.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) ff226II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtman beich - ten ſoll.gehends eingefuͤhret / da wurde niemand zu dem Abend - mahl gelaſſen / wenn er nicht zuvor ſeine Beichte abgeleget und abſolviret worden. Bey der Reformation iſt / wie be - reits erwehnet / in dieſem Stuͤcke keine Aenderung vorge - gangen. So offte man alſo zu dem Heil. Nachtmahl ge - hen will / ſo offt muß man ſeine Beichte ablegena)Wie oft man zum Abend - mahl gehen ſoll.Wie offt man zum heil. Abendmahl gehen ſoll, iſt in der Bibel nicht zu befinden. Die den oͤfftern Genuß dieſer Mahlzeit aus de - nen Worten der Einſetzung beweiſen wollen, da es heiſſet: Sol - ches thut ſo offt ihrs thut, zu meinem Gedaͤchtnuͤß, irren gar ſehr. Jch halte dafuͤr, es ſey nicht unrecht, ſich zum oͤfftern bey dieſem Tiſch einzufinden; Jm Gegentheil thun auch dieſe kei - ne Suͤnde, und ſind auch nicht zu tadeln, welche nicht allzu offt dabey erſcheinen. Man muß die Uberlegung einem jeden uͤber - laſſen. Der Menſch pruͤfe ſich ſelbſt, heiſt es auch bey dem oͤff - tern oder ſparſamen Gebrauch. Durch Geſetze ſoll man hierinn nichts vorſchreiben. Es wird nicht undienlich ſeyn, die Worte des Gottſeeligen Arnds hieher zu ſetzen, da er in ſeinem wahren Chriſtenthum Lib. II. Cap. XI. alſo ſchreibet: Alle die in JE - ſu Chriſto ſind, durch den Glauben, die ſind neue Creatu - ren, das iſt, ſie ſind Kinder GOttes, ſind gerecht fuͤr GOtt, haben Vergebung der Suͤnden, haben den Heil. Geiſt, ſind der goͤttlichen Natur theilhafftig, ſind Erben des ewigen Lebens, ſind frey im Gewiſſen vom Geſetz, Fluch, Tod, Teufel, Hoͤlle, Verdanmuͤß, ſind an keine Zeit / Ort / Geſetz gebunden. Denn ſie empfahen alles von Chriſto aus Gna - den, lauter umſonſt durch den Glauben, was zur Seelig - keit gehoͤret, daran ſie weder Zeit / noch Ort / weder Ge - ſetz noch Gebot oder Ceremonien hindern. b) Sesſ. . Die - ſe Meinung wird von unſern Theologis auf das aͤuſſerſte defendiret / und fehlet nicht viel / daß ſie nicht mit denen Papiſten ſagen / es ſey keine andere Vorbereitung zum Abendmahl / als die heutige Beichte. Sie werden vondero227man zur Beichte gehen ſoll. der Verordnung des Tridentiniſchen Synodi wenig ab - weichen / da derſelbe unter andern geſetzetb)Sesſ. 13. c. 11. Ne tantum Sacramentum indigne, atq; ideo in mortemBeichte ſolle nothwendig ſeyn. & damnationem ſumatur, ſtatuit atque declarat ſancta ſynodus, il - lis quos conſcientia peccati mortalis grauat, quantumcunque etiam ſe contritos exiſtiment, habita copia confeſſoris, neceſſa - rio præmittendam eſſe confesſionem ſacramentalem. Si quis au - tem contrarium docere, prædicare, vel pertinaciter aſſerere, ſeu etiam publice diſputando defendere præſumſerit, eo ipſo excom - municatus exiſtat. : Damit ein ſo groſſes Sacrament nicht unwuͤrdig / und alſo zum Tod und Verdammnuͤß genommen werde; verordnet die heilige Verſammlung / daß diejenigen / ſo Tod-Suͤnden auf ſich haben / wenn ſie auch dafuͤr hielten / ſie haͤtten eine noch ſo groſſe Reue / wenn ſie eines Beicht-Vaters theil - hafftig werden koͤnnen / nothwendig erſt die Beichte ver - richten ſollen. Wenn ſich aber jemand unterfangen wolte / das Gegentheil zu lehren / zu predigen / oder hals - ſtarrig zu behaupten / oder gar durch oͤffentlichen Streit zu vertheydigen / der ſoll ſogleich in dem Bann ſeyn. Es ſind aber dennoch einige Theologi, welche ſattſam er - kannt / daß unſere heutige Beichte eine gar ſchlechte Vor - bereitung zum Heil. Abendmahl ſey / unter welchen ich den Seel. Spener mit Recht oben an ſetzec)Dieſer Theologus hat in ſeiner Evangel. Glaubens-LehreMißbrauch der Beichte. pag. 516. gar wohl wahrgenommen, daß an vielen, ja meiſten Orten, der Prediger viel zu wenig, und der Perſohnen viel zu viel ſind, als daß ſie bey den Beicht-Kindern den Zweck, warum die Abſolution iſt behalten worden, wel - cher auch vornehmlich iſt die rechtſchaffene Pruͤfung der Beicht-Kinder, nicht erhalten koͤnnen, ſondern man muß es bey der Anhoͤrung der Beicht-Formul, die ſich manch - mahl ſchlecht genug auf die Perſon ſchickt, bleiben laſſen,und.

§. VI. Dan -f f 2228II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt
Es ſoll de - nen Leuten frey ſtehen, ob ſie beich - ten wollenoder nicht.
423

§. VI.

Dannenhero ſolte bey uns keine ſolche Noth - wendigkeit aus dem Beichtgehen gemacht werden. Die - jenigen / ſo daruͤber ſich ein Bedencken machen / ſolten die Freyheit haben / ohne vorhergegangene Beichte zum A - bendmahl zu gehen. Solches ſolte man ihnen um ſo viel mehr verſtatten / wenn ſie in ihrem Chriſtenthum wohlgegruͤndet waͤren. Denn auf ſolche weiſe wiſſen ſie ohnehin ſchon / was vor Eigenſchafften zu einem wuͤrdigen Gaſt des Tiſches des HErrn erfordert werden. Es ſcheinet auch / daß bey der Reformation die Beichte ſonderlich um des gemeinen Poͤbels willen beybehalten worden. Dieſer iſt / wie be - kannt / roh und unerfahren. Er iſt in dem Chriſtenthum nicht ſonderlich geſetzet. Man hat ihm alſo durch die Beichte zu ſtatten kommen / und dadurch zum Nachtmahl des HErrn zubereiten wollena)Die Beichte ſoll abſonder - lich dem gemei - nen Volck zum beſten dienen.Das gemeine Volck iſt zuweilen ſo roh und unerfahren, daß es nicht einmahl die allernoͤthigſten Articul des Chriſtlichen Glau - bens weißt. Es weißt nicht, was eine rechte Reue, und wie man ſich zu wuͤrdiger Genießung des Abendmahls geſchickt machen ſoll. Darum ſcheinet es gut zu ſeyn, ſolches in den Beicht-Stuhl zu ziehen. Allein wird dieſen Fehlern durch das Beichten abge - holffen? Keinesweges. Jch koͤnnte ſolches gar weitlaͤufftig dar - thun. Jedoch weil ich befuͤrchte, ich moͤchte manchen, der ein in - tereſſe dabey hat, wieder mich erbittern, ſo enthalte ich mich da -von. Lutherus bekennet ſelbſten /daß(c)und nach weniger Vermahnung, auch wohl gar unbekann - te Perſonen abſolvi ren, weil alles in der Eil und in kurtzer Zeit geſchehen ſoll. Damit kan ich in Wahrheit ſagen, geſchicht es, daß man den rechten Gebrauch der Beicht und Abſolution nicht hat, wohl aber den Mißbrauch, wel - cher darinn beſtehet, daß die Leuthe, weil ſie gleichwohl abſolviret worden, ſich in ihrer Sicherheit ſtaͤrcken, daß an vielen Orten etwa beſſer waͤre, man haͤtte die Beicht und Abſolution gar nicht, als mit ſolchem Mißbrauch. 229man zur Beichte gehen ſoll. daß die Beichte nicht vor verſtaͤndige Leute gehoͤre / ſon - dern nur dem gemeinen Volck zum beſten diene. Man duͤrffte die Leute nicht dazu zwingen / ſondern dieſe Sache muͤſte man frey habenb)Es wird am beſten ſeyn, wenn ich des ſeel. Lutheri eigene Wor -Verſtaͤndige Leute doͤrffen ohne Beichte zum Abend - mahl gehen. te hieher ſchreibe. Solche ſtehen Tom. VII. Jenenſ. fol. 10. und lauten folgender geſtalt: Ob aber der Pfarrer ſelbſt oder Pre - diger, ſo taͤglich damit umgehen, ohne Beichte, oder Ver - hoͤr zum Sacrament gehen will, ſoll ihm hiemit nicht ver - boten ſeyn, deßgleichen iſt auch von andern verſtaͤndigen Perſonen zu halten, ſo ſich ſelbſt wohl zu berichten wiſſen, damit nicht wieder ein neuer Papſt-Zwang, oder noͤthige Gewohnheit daraus werde, die wir ſollen und muͤſſen frey haben: und ich D. Martin ſelbſt ungebeichtet hinzugehe, daß ich mir nicht eine noͤthige Gewohnheit mache im Ge - wiſſen, doch wiederum der Beicht brauche, und nicht ent - behren will; allermeiſt um der abſolution, das iſt, GOttes Worts willen. Er faͤhret an gedachtem Ort fol. 12. ferner fort: Sonderlich ſoll man denen Leuten in der Predigt ausſtrei - chen, doch ſo ferne, daß es alles frey bleibe, denenjenigen un - verboten, die der abſolution brauchen wollen, wiederum dieje - nigen ungezwungen (zuvor wo ſie wohl im Glauben und Lehre Chriſti ſind,) ſo allein GOtt beichten wollen, und das Sacrament darauf nehmen, die ſoll man nicht weiter zwin - gen, denn es nimmts ein jeder auf ſein Gewiſſen, wie Paulus ſagt: Ein Menſch pruͤfe ſich ſelbſt ꝛc. . Ja Lutherus giebt ſelbſt den Rath / manchmahl ohne Beichte zu dem Tiſch des HErrn zu kommen / damit man ein deſto groͤſſer Vertrauen auf die Barmhertzigkeit GOttes ſetze. Man duͤrffte ſonſt alles der Abſolution zuſchreibenc)Dieſe Meinung traͤget er vor in dem Buͤchlein von der Beicht,Es iſt rathſam manchmahl oh -da. Vornehmlich aberſoll(a)von. Jch beruffe mich aber nochmahls auf die Worte des ſeel. Speners, ſo bey vorhergehendem Paragrapho not. c) ſind ange - fuͤhret worden.f f 3230II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtſoll uns darum frey gelaſſen werden / ohne Beichte das himmliſche Gnaden-Mahl zu genieſſen / weil die Beichte in der Bibel nicht geboten noch angerathen worden / die er - ſten Chriſten ſolche nicht gebraucht / und dieſelbe erſt in dem XIII. Sec. zur vollkommenen Reiffe gediehen. Alſo kan man ſolche vor nichts anders als eine Ceremonie an - ſehen / die noch dazu vielem Mißbrauch unterworffend)Die Beichte iſt ein Mittel - Ding, und muß das Gewiſſen nicht beſtricken.Jch ſetze die Worte des ſeel. Speners, aus ſeiner Evangel. Glaubens-Lehre pag. 512. hieher. Wir haben aber dabey zu mercken, daß ſolche abſonderliche Beicht, daß einer, ſon - derlich der zum Tiſch des HErrn gehen wolle, ſeine Suͤn - den einem Prediger beichten muͤſſe, kein goͤttlich Gebot, noch in der Schrifft befohlen iſt, wie ſie auch einige hundert Jah - re in der erſten Chriſtlichen Kirchen nicht im Gebrauch geweſen iſt; ſondern ſie iſt ein freyes Mittelding, und wir nicht anders an dieſelbige gebunden als an andere menſch - liche Ordnungen auch, die doch das Gewiſſen nicht be - ſtricken muͤſſen, ſondern allein wegen guter Ordnung, und wegen des Nutzens, der dabey gefunden wird, behalten werden. ꝛc. a) Jch.

§. VII.

(c)ne Beichte zum Abendmahl zu gehen.da es alſo heiſſet: Jch rathe, wie auch Joh. Gerſon etliche mahl gerathen hat, daß einer zuweilen das hochwuͤrdige Sacrament empfangen und nehmen ſoll, ohne Beicht. Wiltu wiſſen warum? So hoͤre, auf daß der Menſch deſto mehr auf GOttes Barmhertzigkeit, dann auf ſeine Beicht ſein Vertrauen lerne ſetzen, dann es mag nichts genug ge - ſchehen wieder das vermaledeyte Vertrauen auf unſſere Wercke, diß iſt GOttes Ehre gantz, wann wir auf ſeine Barmhertzigkeit unſer Vertrauen ſetzen. Jedoch ſo will ich nicht, daß diß allezeit geſchehe, ſondern nur zuwei - len, damit das Vertrauen zu GOtt moͤge befeſtiget, hinge - gen das Vertrauen auf unſere Beicht moͤge verringert wer - den, dann der iſt ſchwerlich ohne Suͤnd und Laſter, der mehr ſicher zum Altar gehet, darum, daß er gebeichtet hat, als daß GOtt barmhertzig iſt ꝛc.

231man zur Beichte gehen ſoll.

§. VII.

Man hat gnugſame Exempel / daß ſich Leu -Landes - Herrſchaff - ten ſollen Freyheit er - theilen, daß man ohnge - beichtet zum Abendmahl gehe. Zum wenigſten ſolte man es gewiſſen Perſonen verſtatten. te wegen der Beichte Gewiſſens-Scrupel gemacht. Sie ſind daruͤber gantz und gar von dem Abendmahl geblieben. Solche kan man keinesweges unter die Veraͤchter des Sa - craments zehlen. Sie tragen groſſes Verlangen / dieſe hei - lige Mahlzeit zu genieſſen / wollen aber nur ohne Beichte darzu zugelaſſen werden. Eine hohe Landes-Obrigkeit wuͤrde alſo gar wohl thun / wenn ſie zulieſſe / daß ein je - der nach ſeinem Gewiſſen bey dem Tiſch des HErrn erſchie - ne. Vermeinete man aber / daß auf dieſe Weiſe die rohe - ſten Welt-Kinder ſich dabey einfinden wuͤrden / ſo koͤnte man es ja alſo anordnen / daß man ſich vorhero bey der Geiſtlichkeit angebe. Merckte dieſe / daß ein roher Suͤn - der darunter / ſo koͤnte ſie ſolchen inſonderheit vor ſich kom - men laſſen / und auf das beweglichſte zureden. Es wuͤr - de ſolches groͤſſern Nutzen ſchaffen / als die ordentliche Beicht - Art. Man findet auch einige Geſetze / welche die Freyheit ertheilen / ohngebeichtet zum Abendmahl zu gehen. Die Saͤchſiſche Kirchen-Ordnung ſcheinet denen Verſtaͤndigen ſolche Freyheit zu ertheilen / da ſie die Beichte nur auf das gemeine Volck reſtringireta)Jch finde in den Art. gen. 7. Denn ob es wohl an ihm ſelbſtSaͤchſiſche Kir - chen-Ordnung. ein frey Ding / und demnach aus keinem Papiſtiſchen Zwang geſchehen ſoll, (deswegen das Volck durch die Kirchen-Die - ner unterrichtet werden ſoll, damit nicht wieder Urſach zu Marter des Gewiſſens gegeben) ſo ſoll man dennoch von wegen der Chriſtlichen Zucht, und beſonders um der Un - verſtaͤndigen willen dieſelbige nicht fallen laſſen, ſondern maͤnniglich vermahnen, daß ſie ſolche lieben, dieweil der gemeine Poͤbel allein um alter Gewohnheit willen zum Sacrament laufft, und nicht weiß, was Sacrament iſt. ꝛc. Carp -. Der Hoͤchſtſeelige Koͤnig inPreuſ -232II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtPreuſſen / Friedrich I. hat ſolche Freyheit in einem beſon - dern Reſcript noch deutlicher verſtattetb)Koͤnigl. Preuſ - fiſche Verord - nung.Jn einem beſondern Reſcript, von der Freyheit des Beicht - Stuhls in ſeiner Churfuͤrſti. Durchl. Reſidentien de Ao. 1698. Dieſer Koͤnig und damahlige Churfuͤrſt hat die privat-Beichte beybehalten wiſſen wollen, denenjenigen zum beſten, welche ſich deren zu bedienen geſonnen, dabey aber hinzugefuͤget: Weil es aber wieder GOttes Wort, wieder die Chriſtliche Liebe und Freyheit lauffen wuͤrde, wenn man diejenigen, ſo ſich einen Gewiſſens-Scrupel uͤber die priuat-Beichte machen, von dem heil. Abendmahl abhalten wolte, ohngeachtet ſie ſich ſonſt als geſunde Glieder zu der Evangeliſchen Lutheriſchen Kirche bekennen, ſolches auch mit ihrem Chriſtlichen Wan - del beſtaͤrcken. Und dann bekannt iſt, daß in unzehlich vie - len Lutheriſchen Kirchen, als nehmlich in denen Koͤnigrei - chen Schweden und Dennemarck, in vielen Orten in Ober - Teutſchland, und in allen Lutheriſchen Kirchen in Holland und da herum kein Beicht-Stuhl oder priuat - Beichte zu finden, der Gottſeelige Lutherus auch ſelber die Freyheit zur prinat - Beichte zu gehen oder nicht, in ſeinen Schrifften oͤffentlich ſtatui ret hat, wie davon nachzuſehen Tom. VII. Altenb. fol. 10. b. und fol. 12. b. Als wollen und verordnen Seine Churfuͤrſtl. Durchl. hiermit ernſtlich, daß keiner hinfuͤhro aus der Urſache von dem heil. Nachtmahl abgewieſen wer - den ſolle, weil er nicht zum Beicht-Stuhl gangen, beſondern daß vielmehr dieſelben, wenn ſie ſonſt keines offenbahrenaͤrger -. Dieſes iſt auchnichtCarpzovs Meinung.(a)Carpzov hat in jurispr. conſiſt. def. 276. nr. 10. ebenfalls eingeſehen, daß ob wohl die Beichte eingefuͤhret waͤre, man dennoch diejeni - gen, ſo ſolche aus einer buͤndigen Urſache unterlieſſen, nicht von dem Abendmahl abhalten ſolte. Seine Worte lauten ſo: Fa - cile colligere hinc eſt, quod licet confeſſio in eccleſia antiquitus probata et vſitata, non ſit temere omitenda, ſcilicet quia cuili - bet in Republica viuendum eſt ſecundum leges cujusue loci, ſi tamen omiſſa fuerit ex cauſa rationabili, nequaquam communio denegari debet, quum hæc ſine confesſione ſubſiſtat. 233man zur Beichte gehen ſoll. nicht mehr als billig. Wo aber dergleichen Verordnun - gen nicht ſind / und es ſuchte jemand um ſolche Freyheit an; ſo achte ich / es ſey ein Landes-Herr verpflichtet, ihm ſolche zu ertheilen. Doch davon werde weiter unten reden. Jn - zwiſchen iſt dieſes dabey zu beobachten / daß wenn man ſol - che Freyheit erlanget / man dem Beicht-Vater nichts deſto minder das gewoͤhnliche honorarium entrichten ſoll. Man weißt ja / wie bereits ſchon erinnert / daß die meiſten Geiſtli - chen von dem Beicht-Pfennig leben / ob derſelbe ſchon an man - chen Orten nicht gefordert werden kan. Waͤre es aber / da man wegen Abgang ſolcher accidentien der Geiſtlichkeit ſonſt etwas zulegte / ſo beduͤrffte es dieſer Erinnerung nichtc)Hieher gehoͤren aus gedachtem Koͤnigl. Preußiſchen Edict fol -Wenn man nicht beichtet, ſoll denen Pre - digern doch an accidentien nichts abgehen. gende Worte: Wie aber ſeine Churfuͤrſtl. Durchl. nicht ge - meinet ſeyn, denen Predigern durch Abgang des Beicht - Pfenniges von denenjenigen, ſo ſich des Beicht Stuhls ent - halten, etwas von dem, ſo ihnen pro ſalario gegeben worden, zu entziehen; So erklaͤren ſie ſich hiemit aus ſonderbah - ren Gnaden, daß ſie denen, ſo Beichte ſitzen, in denen drey - en Kirchen St. Nicolai, St. Petri, St. Mariæ einem jeden 200 rthl. jaͤhrlich wegen dieſes Abgangs zahlen laſſen wollen. a) Ter -.

§. VIII.

Jch bin aber auch verſichert / daß wenn manDie Geiſt - lichkeit will die Beichte an denenjenigen Orten / wo die Nothwendigkeit zu beichten noch immer iſt / gewiſſen Perſonen erlaubte / ohne Beichtezum(b)aͤrgerlichen Wandels uͤberfuͤhret, gleich denen andern, ſo zum Beicht-Stuhl gegangen, admitti ret werden ſollen. Endlich wird mit folgenden Worten geſchloſſen: So wollen ſie hiermit maͤnniglichen verwarnet haben, dieſelben weder auf den Cantzeln, noch ſonſten bey Zuſammenkuͤnfften zu ſugilli ren, weniger ſich darwieder zu ſetzen, und fromme Chri - ſten, darum daß ſie nicht zur priuat - Beichte geweſen, von dem Nachtmahl abzuweiſen, und das bey Vermeidung hoͤchſter und exemplari ſcher Beſtraffung. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) g g234II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtnicht gerne abgeſchafft wiſſen.zum Abendmahl zu gehen / ſie den Beicht-Pfennig gerne doppelt und vierfach entrichten wuͤrden. Allein die Geiſtlich - keit bauet nicht gerne auf etwas ungewiſſes. Sie meinet / wenn die Beicht-Stuͤhle nur etwas durchbohret ſind / ſo duͤrfften ſie nach und nach gantz und gar einfallen. Dar - um ſind ſie ſo ſehr daran / daß alle und jede beichten ſol - len. Daher laͤſtert man auf diejenigen / ſo die Beichte ver - werffen / man machet ſie zu Ketzern / und ich weiß ſelbſt nicht zu was. Der Theologiſche Haß iſt einer von dem groͤſten. Man dichtet denen Gegnern ſolche Meinungen an / die ſie nimmermehr hegen. Man verdrehet die Be - ſchaffenheit des Streites. Man ziehet allerhand gefaͤhr - liche Folgerungen daraus. Man ruͤcket ihnen die Neue - rung als ein Laſter fuͤr / und dencket es muͤſte nothwendig bey demjenigen / was die Vorfahren gelehret / ſein Bewenden haben. Diejenigen aber / ſo mit ſolchen Gruͤnden angeſto - chen kommen / moͤgen die Worte Tertulliani wohl beher - tzigen / ſo zu Teutſch alſo lautena)Tertullianus de virgin. veland. ſub init. Veritati nemo præſcribe -Wieder dis Wahrheit gilt keine Verjaͤh - rung. re poteſt, non ſpatium temporum, non patrocinium perſonarum, non priuilegia regionum, ex his enim fere conſuetudo initium ab aliqua ignorantia vel ſimplicitate ſortita, in vſum per ſuccesſio - nem corrobaratur & ita, aduerſus veritatem vindicatur .. Sed Dominus noſter Chriſtus, veritatem ſe, non conſuetudinem cognominauit. b) Wo: Wieder die Wahrheit gilt keine Verjaͤhrung, keine Laͤnge der Zeit, kein Anſehen der Perſon, keine Freyheit der Laͤnder, denn von dieſen hat die Gewohnheit den Anfang aus einer Unwiſſenheit oder Einfalt genommen, und iſt nachmahls durch die Nachfolge zum Ge - brauch gediehen, und auf dieſe Weiſe ſoll ſie wieder die Wahr - heit gelten. Aber unſer HErr Chriſtus hat ſich die Wahr - heit und nicht die Gewohnheit genennet. Jedoch ich geden -cke235man zur Beichte gehen ſoll. cke / viele werden dafuͤr halten / man koͤnne mit denen Geg - nern nicht beſſer fertig werden / als durch einen maͤchtigen Arm. Man bringet alſo indifferente Dinge der Obrig - keit fuͤr und exaggeriret ſolche. Die Leute will man nach - mahls uͤberreden / es gereiche zur Ehre GOttes / da doch der eigene Nutzen geſuchet / und die Freyheit der Ge - wiſſen beſchnitten wird. Dieſes leugne ich anbey nicht / daß viele wegen der Vor-Urtheile, damit ſie eingenommen / aus guter Meinung eifernb)Wo dieſe bey einem Menſchen herrſchen, ſo darf man ſich nichtWuͤrckung der Vor-Urtheile. wundern, wenn er die groͤbſten Jrrthuͤmer mit allem Ernſt ver - theidiget. Ein ſolcher dencket noch dabey, er thue GOtt einen Dienſt daran. Es trifft von dieſen Leuten ein, was Boëthius de conſol, Philoſ. L. II. p. 29. ſaget: Nubila mens eſt, Vinctaque frænis Hæc vbi regnant. a) Carp -.

§. IX.

Dieſes muß ich ferner erinnern / daß auch anBey Kran - ckẽ ſoll man manchmahl die Beichte unterlaſſen. denenjenigen Orten / wo alle, ehe ſie das Abendmahl ge - nieſſen koͤnnen / beichten muͤſſen / man doch ſolches von de - nenjenigen / welche kranck, und wegen Mattigkeit kaum die Lippen regen, nicht prætendiren ſoll. Vornehmlich aber iſt ſolches zu beobachten / wenn die Perſohnen vorhin ein ehr - bahres Leben gefuͤhret. Zuweilen ſind auch gewiſſe Per - ſonen ſolchen Anfechtungen unterworffen / daß ſie nichts mehr wuͤnſchen / als ſo gleich die himmliſche Mahlzeit zu ge - nieſſen. Dieſem ſehnlichen Verlangen ſoll man allerdings ſogleich ein Genuͤgen thun / wenn gleich die Beichte nicht vorhergegangen. Denn man kan ja nicht leugnen / daß die Beichte kein nothwendiges Stuͤck iſt / zu wuͤrdiger Ge - nieſſung des Abendmahls. Man kan alſo dieſelbe manch - mahl gar fuͤglich weglaſſen. Carpzov, der ſonſt gar viel aufdieg g 2236II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offtdie Beichte haͤlt / raͤumet doch eben dieſes ein / und ſageta)Carpzovs Meinung.Carpzov. cit. l. Fieri nihilominus poteſt, vt juſta ex cauſa quis confiteri intermittat, temporis anguſtia forſan præpeditus, deſi - derio tamen magno hujus ſanctisſimæ cœnæ ita compulſus, quo minus tantillum moræ admittat, anne hic a ſacra cœna arceri de - bet? Non certe: vt maxime enim confesſio ob inſignem ejus v - ſum ſacræ communionis regulariter præmitti ſoleat, inde tamen non efficitur, vt ipſam ſacræ euchariſtiæ ſubſtantiam ingrediatur, quippe quæ nuſpiam mandata, adeoque præciſe neceſſaria non eſt, ſed vt vtilis ritus ad explorationem communicantium, inque eorum ſolatium introductus, qui vel ſaltem ob ſcandalum obſer - vandum vitari debet. Quare ſi quis ſine contemtu & ſtudio ſin - gularitatis, juſta ex cauſa commotus, vel ne conſcientiæ ſuæ ne - cesſitatis legem imponat, omiſſa confesſione ad ſacram cœnamacce -: Es kan nichts deſtoweniger geſchehen, daß jemand aus einer rechtmaͤßigen Urſache die Beichte unterlaͤſt, wenn er etwan durch die Kuͤrtze der Zeit verhindert wird, aber doch ein ſo groſſes Verlangen zum heil. Abendmahl traͤget, daß er keinen Verzug leiden kan, ſoll man ihn darum von dem Abendmahl abhalten? Traun nicht; denn ob wohl die Beichte wegen ih - res groſſen Nutzens vor der heil. Communion ordentlich ge - ſchiehet, ſo folget doch nicht daraus, daß dieſelbe ein weſent - liches Stuͤck bey dem Abendmahl iſt, weil ſie nirgends befoh - len, und alſo nicht ohnumgaͤnglich noͤthig iſt, ſondern ein nuͤtz - licher Gebrauch, die Communicanten zu erforſchen, und zu ih - rem Troſt eingefuͤhret iſt, welchen man, nur Aergerniß zu ver - meiden, beobachten muß. Darum wenn jemand ohne Ver - achtung oder aus einer ſingulari taͤt, wegen einer wichtigen Urſache bewogen wird, oder damit er ſeinem Gewiſſen kein nothwendiges Geſetze auffbuͤrde, ohne Beichte zum Abend - mahl gehet, ſo ſoll man ihm keinesweges einen ſcrupel ma - chen, als haͤtte Er eine groſſe Ubelthat begangen, und die Communion nicht wie ſichs gebuͤhret genoſſen, Frid. Balduin. de caſib. conſcient. Lib. II. cap. 12. caſ. 18. pag. 467. viel weniger ſoll man ihm ſolche verweigern.

§. X. 237man zur Beichte gehen ſoll.

§. X.

Ordentlicher weiſe aber laſſen wir es dabey be -Nach der Beichte muß man zum Abend - mahl gehen. wenden / daß man vor dem Genuß des Abendmahls zur Beichte gehen muß. Bey uns beichtet man auch nicht eher / als wenn man zu dem Tiſch des HErrn gehen will. Man haͤlt es auch vor unumgaͤnglich noͤthig, daß man ent - weder denſelben Tag / den man gebeichtet / oder doch Tages darauff zum Abendmahl gehen muͤſſe. Thut man dieſes nicht / ſo ſoll man willkuͤhrlich geſtrafft werden koͤnnen. Doch ſind ſie noch von der complaifance, daß ſie ſagen: Die Straffe fiele weg / wenn man eine rechtmaͤßige Hinderniß gehabt. Wenn dieſe da iſt / ſo wird man ohne abermah - lige Beichte bey der naͤchſten Communion zu des HErrn Nachtmahl zugelaſſen. So raiſonniren unſere Juriſten / und waͤrmen des Tridentiniſchen concilii Verordnungen auf. Denn ſo ſchreibet Schiltera)cit. l. §. 14. Cum. S. abſolutionis impetratio ſit ad S, com - munionem præparatio; igitur, qui illa impetrata hanc eo - dem vel ſequente die negligit, arbitrariam pœnam incurrit, niſi ex juſta cauſa impeditus, quo caſu ſequenti proxima S. communionis celebratione, ſine noua confeſſione admittitur. Dieſes iſt gewiß, daß wer nach der abſolution nicht communi - ciret, wieder die Kirchen-Ordnung handelt, ſonſt begehet er nichts ſtraffaͤlliges. a) Der: Weil die Erlangung der Abſolution eine Vorbereitung zum Abendmahl iſt: Dar - um wird derjenige willkuͤrlich beſtraffet, welcher daſſelbe an eben demjenigen, oder des folgenden Tages nicht genieſſet, er muͤſte denn aus einer rechtmaͤßigen Urſache verhindert wor - ſeyn, in welchem Fall er bey der naͤchſten Communion, ohne fernere Beichte zugelaſſen wird.

Das

(a)accedat, mouendus ei nequaquam eſt ſcrupulus, quaſi magnum admiſerit delictum, nec communione recte vſus ſit, Frider. Bal - duin. De caſib. conſc. Lib. II - cap. 12. caſ. 18. pag. 467. tantum abeſt, vt arceri ab ea debeat.

g g 3238II. Abth. III. Cap. Von dem

Das dritte Capitel Von dem Beicht-Pfennig

§. I.

Der Beicht - Pfennig ſoll etwas uhr - altes ſeyn.
440

WEnn die Beichte hergebetet worden / und die Abſo - lution ertheilet / ſo pflegen die Beicht-Kinder dem Beicht-Vater einen Recompens zu geben. Dieſes heiſſet der Beicht-Pfennig. Viele unter denen Theologis und andere ſind ſolchem recht auffſaͤtzig / und ſagen / daß der - ſelbe ſo wohl der Ehrbarkeit als Gerechtigkeit entgegen ſtuͤnde. Meine Meinung davon will weiter unten entde - cken. Vor allen dingen aber wird noͤthig ſeyn / den An - fang dieſes honorarii zu unterſuchen. Man ſaget insge - mein / der Beicht-Pfennig ſey etwas uhraltes. Ja man koͤnte denſelben bey dem erſten Chriſtenthum bereits an - treffena)Wer ſolches ſaget.Den Beicht-Pfennig machen Schilter in Inſtit. jur can. cit. l. §. 17. Caluœr in ritual. eccleſ. Part. I. Lib. II. ſect. 1. cap. 9. Joh. Frid. Mayer in Muſæo P. III. cap. 14. Henr. Aſcan. Engelike in ei - ner beſondern diſputation de nummo confesſionali & oblatorio ſiue miſſali, welche Ao. 1707. zu Roſtock gehalten worden, zu etwas uhraltes. Was dieſe Diſputation inſonderheit betrifft, ſo iſt dieſelbe nach Art der meiſten Polemiſchen Schrifften, mit vielen Laͤſterungen und Wortſtreiten angefuͤllet; diejenigen, ſo auf den Beicht-Pfennig nicht allzuwohl zu ſprechen ſind, vorgebend, es ſey derſelbe etwas unrechtes, unerbares, und papiſtiſche Erfindung, werdẽ mit Ketzern und andern dergleichen Ehren-Tituln belohnet. a) Die. Wenn er gleich nicht dem Nahmen nach zu ver - ſpuͤhren / ſo koͤnte man ihn doch nach ſeiner Natur und Ei - genſchafft erblicken.

Urſprungderer O -
441

§. II.

Jch will aber dieſe Meinung ein wenig beleuch - ten; waͤre ſolche wahr / ſo wuͤrde ich gantz gewiß in demvor -239Beicht-Pfennig. vorhergehenden lauter ungegruͤndete Dinge vorgetragenpferungen, (Oblatio - num.) haben. Diejenigen / ſo den Beicht-Pfennig als etwas uhraltes ausgeben / ſind auf die Meinung gerathen / weil ſie verſchiedenes von denen Opfferungen geleſen. Die Be - ſchaffenheit ſolcher Gaben muͤſſen wir alſo vor allem recht unterſuchen. Die erſten glaͤubigen Gemeinden waren durch eine inbruͤnſtige Liebe unter ſich vereinet. Sie lieſ - ſen es ſich recht angelegen ſeyn / denen Armen und Duͤrff - tigen zu Huͤlffe zu kommen / und mit demjenigen / was ſie noͤthig haͤtten / zu verſehen. Hierzu wurden ſie durch die Lehre des Heylandes und ſeiner Juͤnger angereitzet. Dieſe innerliche Vereinigung der Gemuͤther / brachte eine rechte Gemeinſchafft der Guͤther zuwegena)Die Worte Act. II. 44. ſind merckwuͤrdig: Alle aber, die glaͤu -Gemeinſchafft der Guͤther bey denen erſten Chriſten. big waren worden, waren bey einander, und hielten alle Dinge gemein. Dieſes wird wiederhohlet Actor. IV. 32. Der Menge aber der Glaͤubigen war ein Hertz und eine Seele: Auch keiner ſagte von ſeinen Guͤtern, daß ſie ſein waͤren, ſondern es war ihnen alles gemein. . Die Reichen waren willig / daßjenige / was ihnen GOtt an Guͤthern beſchehret / zum Unterhalt der Armen herzugeben. Sie verkaufften ſolche / und brachten das Geld zu denen Apoſteln / die es aus - theiletenb)Act. II. 45. Jhre Guͤter und Haabe verkaufften ſie, und thei -Sie verkauffteu ihre Guͤther zum Nutzen der Armen. leten ſie aus unter alle, nachdem jederman noth war. Act. IV. 34. 35. Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte, denn wie viel ihr waren, die da Aecker oder Haͤu - ſer hatten, verkaufften ſie daſſelbe und brachten das Geld des verkaufften Guthes, und legtens zu der Apoſtel Fuͤſſen, und man gab einem jeglichen, was Jhm noth war. Die -Die Apoſtel eigneten ſich nichts von ſol - chen Gaben zu. ſe Gaben wendeten die Apoſtel nicht zu ihrem Nutzen an, ſon - dern wolten lieber ſelbſt Mangel leiden, als andern etwas ent - ziehen. Sie haͤtten aber mit gutem Recht und Fug von de -nen

§. III. 240II. Abth. III. Cap. Von dem
Die Gaben wurden freywilliggebracht.
443

§. III.

Zu ſolchen Opfferungen und Gaben aber wurde niemand gezwungen. Es geſchahe alles aus freywilligem Hertzen. Die bruͤderliche Liebe hat ſolches verurſacheta)Wie aus dem Exempel Ana - niaͤ und Saphi - raͤ erhellet.Dieſes erſiehet man aus der Hiſtorie von Anania und ſeinem Weibe Saphira, da Petrus zu ihnen geſprochen: Haͤtteſt du ihn doch wohl moͤgen behalten, da du ihn hatteſt, und da er verkaufft war, war es auch in deiner Gewalt. Act. V, 4. die - ſe Art der Gemeinſchafft wurde auch andern Gemeinden nicht aufgedrungen.. Die Glaͤubigen in Achaja und Macedonien brachten frey - willig eine Steuer zufammen / zum Unterhalt der armen Glaͤubigen zu Jeruſalemb)Und der Ge - meinden in Macedonia und Achaja.Durch Paulum. Denn ſo ſchreibet er Rom. XV, 25. ſeq. Nun a - ber fahre ich hin gen Jeruſalem, den Heiligen zu Dienſt. Denn die aus Macedonia und Achaja haben williglich eine gemeine Steuer zuſammen geleget, den armen Heiligen zu Jeruſalem. Sie habens williglich gethan, und ſind auch ihre Schuldner. Denn ſo die Heyden ſind ihrer geiſtlichen Guͤther theilhafftig worden, iſts billig, daß ſie ihnen auch in leiblichen Guͤthern Dienſt erweiſen. Wenn ich nun ſol - ches ausgerichtet, und ihnen dieſe Frucht verſiegelt habe, will ich durch euch in Hiſpanien ziehen. Beſiehe auch Act. XXIV. 17. c) Die. Die Apoſtel lieſſen ſich An - fangs ſolche Verſorgung der Armen ſelbſt angelegen ſeyn. Nach -(b)nen Gemeinden Unterhalt fordern koͤnnen. Paulus erweiſet ſolches mit gar vielen Gruͤnden. 1. Cor. IX. 7. ſeq. Er ſtellet aber der Kirche zu Epheſus vor, daß er niemahls von ſolcher Gold oder Silber verlanget. Act. XX. 33. Seinen Corinthiern ſchrei - bet er, daß er jhnen nicht einmahl beſchwerlich geweſen, da er Mangel gelitten. II. Cor. XI. 8. 9. Er haͤlt auch ſolches andern fuͤr, und gedencket, daß er ſich mit ſeiner Haͤnde Arbeit erneh - ret, haͤtte Hunger und Durſt gelitten, des Nachts gearbeitet, da - mit er niemand beſchwerlich fiele, oder der Kirche eine Laſt auf - buͤrdete. Act. XX. 34. 1. Cor. IV. 11. 12. 1. Thesſ. II. 9. und anderswo.241Beicht-Vfennig. Nachmahls vertraueten ſie dieſelbe denen erwehlten ſieben Maͤnnern an. Sie erinnerten aber anbey die Glaͤubigen fleißig / ſie moͤchten die Armen wohl bedencken. Sie ſol - ten ſich derſelben Nothdurfft zu Hertzen gehen laſſen. Daß aber ſolches als ein Befehl geſchehen / und Geſetze von ih - nen hierinnen vorgeſchrieben worden / wird niemand aus - fuͤndig machen koͤnnen. Die Heil. Schrifft zeiget das Gegentheil ſelbſt zur Gnuͤge anc)Die Gemeinde zu Jeruſalem hatte dieſe Gemeinſchafft der Guͤ -Wie auch aus andern Schrift - Stellen. ther unter ſich eingefuͤhret. Solche aber wurde andern keines - weges befohlen. Die Apoſtel erinnerten zwar die Glaͤubigen, derer Armen beſtens eingedenck zu ſeyn. Gedencket der Ge - bundenen als die mit Gebundene, und derer, die Truͤbſal leiden, als die ihr auch noch im Leibe lebet. Hebr. XIII. 3. Beſiehe Eph. IV. 28. Phil. IV. 15. ſeq. Galat. II. 10. 1. Petr. IV 9. 10. Alles ſind nur Uberredungen und keine Befehle. Alles zeu - get von dem guten Willen ohne dem geringſten Zwang. .

§. IV.

Jnſonderheit aber findet ſich / daß die Apoſtel /Wenn die Opfferun - gen geſche - hen, oder die Gabẽ gelie - fert worden. da ſie von denen Glaͤubigen verlanget / der Armen wahr zu - nehmen / ſie ihnen gerathen / den erſten Sabbath nach ihrem Belieben etwas vor die Beduͤrfftige zuſammen zu legena)Rom. XII, 13. befiehlet er unter andern Liebes-Pflichten auch dieVornehmlich am erſten Sab - bath. Verſorgung der Armen beſtens an. Daß aber am Sabbath die Gaben zuſammen geleget worden, erhellet aus 1. Cor. XVI. 2. Auf einen jeglichen Sabbather lege bey ſich ſelbſt ein jeg - licher unter euch, und ſammle, was ihm gut duͤncket, auf daß nicht, wenn ich komme, denn allererſt die Steure zu ſammlen ſey. Er lobet hierinn der Corinthier Willfaͤhrigkeit, 2. Cor. IX, 1. 2. Denn von ſolcher Steuer, die den Heiligen ge - ſchiehet, iſt mir nicht noth, euch zu ſchreiben. Denn ich weiß euren guten Willen, davon ich ruͤhme bey denen aus Ma - cedonia, (und ſage) Achaja iſt vor dem Jahre bereit gewe - ſen, und euer Exempel hat viel gereitzet. b) Daß. Der(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) h h242II. Abth. III. Cap. Von demDer erſte Sabbath aber iſt der Sonntag, an welchem die Chriſten ihre ſolenne Zuſammenkuͤnffte hielten. Daß zu ſolcher Zeit die Gaben vornehmlich gelieffert worden / laͤſſet ſich aus Pauli und anderer Worten erweiſenb)Auch noch zu Juſtini Mar - yris Zeiten.Daß der Gebrauch, ſo zu der Apoſtel Zeiten geweſen, beybehal - ten worden, kan man aus Juſtini Martyris Apol. II. erkennen. Denn da er erwehnet, wie des Sonntags alle, die auf dem Land und in der Stadt gewohnet, an einen Ort zuſammen gekommen, und man nach Verſegnung und Beten das Abendmahl ausgeſpen - det, gedencket er zugleich, daß die Reichen ihre Gaben zuſam - men geleget. Man ſiehet alſo, daß noch dazumahl am Sonn - tag die Gaben vor die Armen gereicht worden. Albaſpinæus hat alſo recht, da er ſchreibet, daß die Glaͤubigẽ zu der Zeit, wenn ſie an - ders etwas in Vermoͤgen gehabt, ſelten des Sonntags das Abend - mahl empfangen, da ſie nicht zugleich etwas zuſammen geleget. Lib. I. obſerv. 5. Fideles primis illis temporibus diebus dominicis & feſtiuis raro ad altare ſine donis & nuberius accedebant, ſi res eis tenuis adeo non eſſet, & exigua, vt ſine incommodo id præ - ſtare non valerent. . Tertul - lianus gedencket / daß man Monatlich an einem Tag zuſam - men geleget. Dieſes aber iſt dem alten Gebrauch nicht im geringſten zuwieder. Es beweiſet vielmehr ſo viel / daß man in Zuſammenlegung ſolcher Steuer freye Hand gehabt / daß ſolche nothwendig an keine Zeit gebunden / auch nicht vorgeſchrieben geweſen / wie viel man zur Gabe lieffern ſollc)Tertulliani Zeugnuͤß von ſolchen Gaben.Tertullianus will weiter nichts ſagen, als daß bey denen Chri - ſten der Gebrauch waͤre, etwas zuſammen zu legen, ohne daß man an eine gewiſſe Zeit gebunden, oder vorgeſchrieben waͤre, wie hoch ſich ſolche Gabe belauffen ſolte. Ja die Chriſten waͤren nicht einmahl gehalten, Monathlich etwas zu geben, wenn ſie nicht koͤnten oder nicht wolten. Unſers Septimii eigene Worte ſol - len dieſes am deutlichſten bekraͤfftigen. Er ſchreibet aber Apolog. cap. .

§. V. 243Beicht-Pfennig.

§. V.

Man wird alſo hieraus zur Gnuͤge abnehmenJuſtini Zeugniß, daß die Ga - ben freywil - lig geweſen. koͤnnen / daß dieſe Gaben in eines jeden Willkuͤhr geſtan - den. Jch will aber mich zum Uberfluß noch auf Juſtinum Martyrem beruffen / der alſo ſchreibeta)Apol. II. am Ende. Jch will nur die lateiniſche Uberſetzung hie -Seine Worte. her ſchreiben: Cæterum qui opulentiores ſunt (ἐυποροῦντες) & vo - lunt, pro arbitrio quisque ſuo, quod viſum eſt, contribuunt. : Jm uͤbrigen wel - che reicher als andere ſind, und tragen Belieben, legen nach ihrem Gutduͤncken, was ſie erachten, zuſammen. Man kan hieraus abnehmen / ob die canones Apoſtolici recht haben / wenn ſolche ſagenb)Can. 4. Offerre non liceat, lautet es in der lateiniſchen Uherſe -Verordnungung: Man darff nichts zum Altar bringen,als(c)cap. 39. folgender maſſen: Etiamſi, quod arcæ genus eſt, non de ordinaria ſumma, quaſi redemptæ religionis congregatur: modi - cam vnusquisque ſtipem menſtrua die, vel quum velit, & ſi mo - do velit, & ſi modo posſit, apponit: nam nemo cogitur, ſed ſpon - te confert. Franciſcus Zephyrius in paraphraſi erklaͤret die Wor - te auf dieſe Weiſe: Daß bey denen Chriſten nichts Heiliges durch Geld erkauffet oder uͤberlaſſen wuͤrde, ſintemahl dieſelben Geld und Guth nicht achteten. Waͤre aber etwas von Geld in ihren Kaſten, das durch monatliche Zuſammenlegung dahin ge - kommen, ſo ſey zu wiſſen, daß dieſe Steuer nicht wegen erlang - ter Religion aufgeleget wuͤrde, denn es lieferte es jeder, wenn er wolte oder koͤnnte. Nil ſacrum apud nos, lauten Zephyrii Wor - te, pretio comparatur delegaturue, minime de pecuniaria re ſol - licitos, Si quid tamen in arcula noſtra nummorum tenetur, & collatione ſingulo quoque menſe collectorum, non quod onus hoc & tributum quaſi pro adepta vera religione imponatur, quan - do enim quisque velit aut posſit confert &c. Dieſer Steuer erwehnet Tertullianns ebenfalls de jejun. cap. 13. wiewohl nur im Vorbeygehen, da er ſchreibet: Bene autem quod & epiſcopi vni - verſæ plebi mandare jejunia asſolent, non dico de induſtria ſtipi - um conferendarum, & veſtræ capturæ eſt, ſed interdum & ex ali - qua ſollicitudinis eccleſiaſticæ cauſa. h h 2244II. Abth. III. Cap. Von demals neue Aehren und Trauben, und Oel zu denen Lichtern, und thymiama, daß iſt, ſo zu der Zeit angezuͤndet wird, wenn man die Gaben opffert; das uͤbrige, alle Apffel, die Erſtlinge, ſolten de - nen Biſchoͤffen und Alteſten in das Hauß geſchicket und nicht bey dem Altar geopffert werden. Dieſe eintzige Stelle giebt zu erkennen / daß dieſe canones nicht zu der Apoſtel Zeiten verfertiget ſind / indem dazumahl wegen der Gaben der Glaͤubigen nichts gewiſſes vorgeſchrieben geweſen.

Maaße der Gaben. Die Diener des Worts be - kamẽ nichtsvon ſolchen.
453

§. VI.

Die Apoſtel waren auch dahin bedacht / daß de - nen Gemeinden mit ſolchen Gaben keine Beſchwerde ge - macht werden moͤchte / wenn die Armen auf eine andere weiſe fuͤglich ernehret werden kuntena)Niemand ſolte mit Gaben uͤber die Maaß be - ſchweret werdẽ.Jch beruffe mich dieſerwegen auf Pauli Worte 1. Tim. V. 16. So aber ein Glaͤubiger oder Glaͤubigin Witwen hat, der verſorge dieſelben, und laſſe die Gemeine nicht beſchweret werden, auf daß die, ſo rechte Witwen ſind, moͤgen gnug haben. Paulus hat alſo nicht haben wollen, daß jemand uͤber die Maaß beſchweret wuͤrde, ob die Glaͤubigen gleich willig mit ihren Gaben waren. b) Hie -. Sie lehreten zwar / wie und auf was weiſe man der Welt-Guͤther ver - achten ſolte / allein ſie hatten auch in dieſem Stuͤck Maaße gebraucht. Weil aber ſolche Gaben und Steuren vor - nehmlich dem Armuth zum beſten zuſammen gebracht wor - den / wie bald mit mehrern zeigen will / ſo vermuthe nicht ohne Urſach / daß die / ſo am Wort gearbeitet / nichts davon bekommen. Wolten ſie einen Theil davon haben / muſten ſie arm ſeyn / und ſonſt nichts zu leben haben. Hierony - mus gedencket noch zu ſeiner Zeit / daß die Clerici aus de - nen Kirchen-Guͤthern nicht ernehret worden / wenn ſienichtder Apoſtel. canonum. (b)tzung, ad altare, præter nouas ſpicas & vuas & oleum ad lumi - naria & thymima, i. e. incenſum tempore, quo ſancta celebratur oblatio. Can. 5. Reliqua poma omnia ad domum primitiæ, Epi - ſcopo & Presbyteris dirigantur, non offerantur in altari. 245Beicht-Pfennig. nicht arm geweſen. Seine Worte lauten ſob)Hieronymi Worte ſtehen in c. 6. C. i. q. 2. Clericos illos conue -Welche Geiſtli - che von der Ge - meinde erneh - ret worden. nit ſtipendiis ſuſtentari, quibus parentum & propinquorum nul - la ſuffragantur bona. Qui autem bonis parentum & opibus ſu - is ſuſtentari posſunt, ſi, quod pauperum eſt, accipiunt, ſacrilegi - um profecto committunt, & per abuſum talium, judicium ſibi manducant & bibunt. Das Theatrum aber hat ſich nachgehends veraͤndert. Es præſentiret ſich biß dieſe Stunde anders. Ohner - achtet die Kirchen-Guͤther an manchen Orten ziemlich anſehnlich, ſo bekommen die Armen nur gar ein weniges davon. Ja nicht einmahl alle Arme, ſondern nur einige. Wenn man aber die Sache wiederum auf den alten Fuß ſetzte, ſo iſt es gewiß, daß man dem Armuth an vielen Orten dadurch recht unter die Ar - men greiffen koͤnnte.: Es iſt billig, daß diejenige Geiſtlichen von der Kirche beſoldet wer - den, welchen keine Guͤther der Eltern und Anverwandten zu ſtatten kommen. Die aber von denen Guͤthern der Eltern und ihrem Reichthum leben koͤnnen, und nehmen daßjenige, was denen Armen gebuͤhret, ſo begehen ſie ein ſacrilegium, und eſſen und trincken durch den Mißbrauch ſolcher Dinge, ſich das Gerichte. Man kan alſo daraus ſchlieſſen / daß noch vielmehr zur Apoſtel Zeiten die Kirchen-Guͤther bloß zum Nutzen der Armen verwendet worden. Es waren aber dazumahl noch keine andere Guͤther vorhanden / als was die Glaͤubigen aus guten Hertzen zuſammen legten. Wenn man denen Dienern des Worts etwas davon mitgethei - let / ſo ware es keine Beſoldung, ſondern vielmehr ein All - moſenc)Es wuͤrde auch heute zu Tage vielen Kirchen-Dienern wohl anſte -Ob die Kirchen - Diener zu be - ſolden ſind. hen, weñ ſie aus Liebe gegen die Armen ſich ihrer Einkuͤnffte bege - ben. Allein ſo eine wunderbahre und ſeltſame Liebe wird man ſo leicht nicht finden. Die Menſchen ſind alſo geſinnt, daß ſie vielmehr ihre Sorgen dahin richten, die Guͤther und Einkuͤnffte zu vermeh - ren, als zu verringern. Es koͤnnte auch ſolche Liebe von denenwenig -.

§. VII. h h 3246II. Abth. III. Cap. Von dem
Die Gaben wurden zu denen Lie - besmahlengelieffert.
457

§. VII.

Dieſe oͤffters erwehnte Gaben der Glaͤubigen wurden zur gemeinen Beduͤrffnuͤß zuſammen gebracht / wie es auch bey Gemeinden ſeyn ſoll. Vornehmlich aber brachten ſie ſolche Geſchencke darum zuſammen / daß von ſolchen die Liebesmahle, und nachgehends des HErrn A - bendmahl zubereitet werden koͤnten. Dieſes erhellet nicht nur alleine aus der Heil. Schriffta)Wie aus der Schrifft,Paulus redet 1. Cor. XI. 20. ſeq. von denen Mahlen, die in der Gemeinde zubereitet worden, und tadelt den dabey eingeriſſenen Mißbrauch. Wenn man aber zuſammen kommt, ſpricht er, ſo haͤlt man da nicht des HErrn Abendmahl, denn ſo man das Abendmahl halten ſolte, nimmt ein jeglicher ſein eigenes vorhin, und einer iſt hungrich, der ander iſt truncken. Habt ihr aber nicht Haͤuſer, da ihr eſſen und trincken moͤget? oder verachtet ihr die Gemeine GOttes, und beſchaͤmet die, ſo da nichts haben? / ſondern es ſtimmen auch andere Scribenten ein. b)und denen Pa -[r]ibus erhellet.Jch ziehe hieher die Worte Juſtini Martyris. Apol. II. am Ende, da er gedencket, daß man dem Vorſitzenden Brod und einen Be - cher mit Waſſer und Wein gegeben. Deinde qui fratribus præ - eſt, offertur panis & poculum aquæ & vini. Hieronymus homil. XXVII. ad 1. Cor. XI. iſt noch deutlicher, und gedencket, daß die Chriſten an gewiſſen Taͤgen gemeine Tiſche zubereitet, die Reichen haͤtten Speiſe mit gebracht, und die Armen, ſo nichts ge - habt, auch dazu beruffen. c) VonDieſe Gaben aber zu de -nen(c)wenigſten ausgeuͤbet werden. Es iſt ja mehr als zu bekannt, daß diejenigen die Theologie erlernen, ſo arm ſind und wenig zu leben haben. Man muß aus dieſem Umſtand ihnen alſo zu Huͤlf - fe kommen, wenn ſie am Worte arbeiten. Waͤre es aber auch an dem, daß einer und der andere von ſeinen eigenen Mitteln le - ben koͤnte, ſo kan man ihn dennoch nicht anhalten, der Beſoldung zu renuntieren. Er fordert ſolche mit allem Recht, wie mit vie - len Gruͤnden der Herr Thomaſius in diſp. de offic. princip. circa au - gend. ſalar. & bonor. miniſtr. eccleſ. und andere mehr gewieſen. Jch werde in dem folgenden ebenfalls mit mehrern davon reden.247Beicht-Pfennig. nen Liebesmahlen / waren keine eigentliche Opffer, wie die Lehrer des canoniſchen Rechts behaupten wollen. Es waren gemeine Steuren / ſo zu dem Unterhalt und Be - ſten der Armen gelieffert wurdenc)Von dieſen Gaben der Chriſten, redet Wilh. Caue in dem er -Cavei Mel - nung. ſten Chriſtenthum folgender maſſen, pag. 375. Ehe das A - bendmahl iſt ausgeſpendet worden, iſt die Gewohnheit ge - weſen, daß ſie ihre Geſchencke und Opffer dargebracht, ein jeglicher nach ſeinem Vermoͤgen, und zwar allezeit von den erſten Fruͤchten ihres Einkommens, welche von dem Prie - ſter auf den Altar und Tiſch ſind gelegt worden, in Mei - nung, daß es keinem wohl anſtuͤnde, wenn er vor dem HErrn leer und mit bloſſen Haͤnden erſchiene. Mit dieſen Worten giebet Cave zu verſtehen, als haͤtten die Chriſten mit ſolchen Gaben, mit denen Juͤden einerley Meinung gehabt, worinnen er aber gar ſehr irret. Er faͤhret aber ferner fort: Aus dieſen Opffern nahmen ſie vermuthlich (oder ſandten zum wenigſten ein und anders) zu den allge - meinen Mahlzeiten, welche damahls allzeit bey Haltung des Sacraments angeſtellet wurden, da Reiche und Arme alle zuſammen an einem Tiſch mit einander ſpeiſeten. Die - ſe Gaſtmahle nenneten ſie Agapas oder Liebesmahle. / wovon ich ſo gleich noch eines und das andere erwehnen will.

§. VIII.

Der erſten Chriſten ihre Gemuͤther warenUrſach der Liebesmah - le. durch die Eintraͤchtigkeit und Liebe alſo mit einander ver - knuͤpffet / daß / ſo bald einer glaͤubig worden / Er nicht mehr dafuͤr gehalten / als wenn er etwas eigenes haͤtte. Hieraus entſtunden nun auch dieſe heiligen Gaſtmahle, die faſt taͤglich zubereitet worden / man erinnerte ſich dabey der Gnaden-Wohlthaten GOttes / und bezeugte ſein Ver - gnuͤgen daruͤbera)Jch ziehe die Worte Lucæ Actor II. 46. ſeq. hieher. Und ſie wa -Lucæ Zellgniß von ſolchen Mahlen. ren taͤglich und ſtets bey einander einmuͤthig im Tempel, und brachen das Brod hin und her in Haͤuſern. Nahmendie. Dieſe innerſte Liebe / ſo ſie unterein -an -248II. Abth. III. Cap. Von demander verknuͤpffet / hat auch dieſen Gaſtmahlen den Nah - men der Liebesmahle beygeleget. Tertullianus ſchreibet alſo davonb)Und Tertul - liani. Apolog. cap. 39. Cœna noſtra de nomine rationem ſui oſtendit. Vo - catur enim ἀγάπη id quod eſt penes Græcos dilectio. Quan - tiscunque ſumtibus conſtat, lucrum eſt, pietatis nomine ſumtum, ſiquidem inopes quoque refrigerio iſto juuamus. Nil vilitatis, nihil immodeſtiæ admittit, non prius diſcumbitur, quam oratio ad Deum præguſtetur, editur, quantum eſurientes capiunt, bibi - tur, quantum pudicis eſt vtile, ita ſaturantur, vt qui meminerint, etiam per noctem adorandum Deum ſibi eſſe, ita fabulantur, vt qui ſciant, Deum audire, & poſt aquam manualem & lumina, vt quisque de ſcripturis ſanctis vel de proprio ingenio poteſt, prouocatur in medium, Deo canere, hinc probatur, quomodo bi - berit. Aeque oratio conuiuium dirimit, inde diſceditur, non in cateruas luſionum, neque in clasſes discurſationum, nec in erupti - ones laſciuiarum, ſed ad eandem menſuram modeſtiæ & pudici - tiæ, vt qui non tam cœnam cœnauerint, ſed diſciplinam. Hæc coitio Chriſtianorum. a) Jch: Unſer Abendmahl zeiget ſeine Beſchaffenheit durch den Nahmen an. Denn es wird ἀγάπη genennet, welches bey denen Chriſten die Liebe andeutet. Es mag koſten was es will, ſo iſt es ein Gewinſt, aus gottſeeligem Gemuͤthe ſolche Koſten machen, ſintemahl wir denen Armen auch durch ſol - che Labung zu ſtatten kommen. Es gehet nichts geringes, nichts unbeſcheidenes dabey fuͤr, wir ſetzen uns nicht eher, bis wir zu GOtt gebetet, man iſſet ſo viel der Hunger erfordert, man trincket, ſo viel als keuſchen Gemuͤthern nuͤtzlich, ſo wer - den ſie geſaͤttiget, als die dabey gedencken, daß man auch in der Nacht zu GOtt beten muͤſſe, man redet dabey alſo, daß man weißt, GOtt hoͤret es, und nachdem man die Haͤnde ge - waſchen, wird einer auffgeruffen, GOtt zu loben, ſo viel eraus(a)die Speiſe, und lobeten GOtt mit Freuden und einfaͤltigen Hertzen. Denn die Liebes-Mahle wurden ſo wohl oͤffentlich als privatim zubereitet, wie ich gleich gedencken will.249Beicht-Pfennig. aus der Schrifft gelernet, oder aus eigenem Vermoͤgen kan, hier aus erkennet man wie er getruncken. Das Gebet beſchlieſ - ſet auch das Gaſt-Mahl, und ſo gehet man aus einander, nicht zum Spiel oder zum herumſchwaͤrmen, noch zur Geilheit, ſondern mit eben der Beſcheidenheit und Keuſchheit, gleich als wenn man keine Mahlzeit genoſſen, ſondern bey der Zucht geweſen. Dieſes iſt die Zuſammenkunfft der Chriſten. Die - ſe Gaſt-Mahle nun waren als ein Kenn-Zeichen der bruͤderlichen Liebe. Die Reichen brachten allerhand von Eſſen und Trincken zuſammen / ingleichen auch Geld. Sie ſetzten ſich nebſt denen Armen nieder / und verzehrten es. Denen oberwehnten Krancken ſchickte man davon einen Theil / und dieſes hieſſe ein Allmoſen.

§. IX.

Dieſe Gaſt-Mahle waren / wie bereits ſchon zuDie Liebes - Mahle wur - den bey dem Abendmahl zubereitet. verſchiedenen mahlen gemeldet worden / gleich bey Anfang des Chriſtenthums / und zu der Apoſtel Zeiten gar ge - braͤuchlicha)Jch habe mich ſchon im vorhergehenden auf Pauli Worte 1 Cor. Anmerckung von denen Lie - bes Mahlen zu der Apoſtel Zei - ten.XI. beruffen. Dieſe Stelle will vorjetzo noch in einem und an - dern erleutern. Es tadelt Paulus die Corinthier, daß ſie ſo un - ordentlich die Speiſe zu genieſſen beyſammen waͤren, und ſaget vers. 16. 17. 18. Jch muß aber diß befehlen, ich kans nicht loben, daß ihr nicht auf beſſere Weiſe, ſondern auf aͤrgere Weiſe zuſammen kommt. Zum erſten, wenn ihr zuſammen kommt in der Gemeine, hoͤre ich, es ſeyen Spaltungen unter euch, und zum Theil glaube ichs. Die Spaltungen aber beſtunden darinnen, daß die Reichen die Armen von denen Liebesmahlen ausſchloſſen, und die mitgebrachten Speiſen allein verzehrten. Darum faͤhret Paulus vers. 20. fort: Wenn ihr nun zuſammen kommmt, ſo haͤlt man nicht des HErrn Abendmahl. Denn ſo man des HErren Abendmahl halten ſoll, nimmt ein jeg - licher ſein eignes vorhin, und einer iſt hungrig, der ander iſt truncken. Dieſe Worte ſchicken ſich nicht eintzig und alleinauf. Sie waren mit dem Abendmahl gemeiniglichver -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) i i250II. Abth. III. Cap. Von demverknuͤpffetb)Noch eine An - merckung.Siehe die vorhergehende Note. Die Liebes-Mahle ſelbſt koͤnte man nicht unfuͤglich von denen heiligen Mahlzeiten der Juͤden herhohlen. Der Heyland hat, da er das Oſter-Lamm gegeſſen, auch nach der Gewohnheit das Nachtmahl, ſo in Brod und Wein beſtanden, verzehret. Vid. Baſnagius Tom. I. Annal. ad Ann. 33. §. 54. Mornagus de Sacr. euchariſt. Lib. I. c. I. p. 67. ſeq. Darum nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl. Dieſes meldet auch Paulus 1. Cor. XI. 25. Alſo waͤre dieſes Mahl der Beſchluß von der gantzen Mahlzeit. conf. Marc. XIV. 21. Und wird mit Recht des HErrn Mahl genennet von Paulo. 1. Cor. XI. 9. c) Chry -. Chryſoſtomus bezeuget ſolches ebenfalls. Man erſiehet auch aus ſeinen Worten / ob die Liebes-Mah - le vor oder nach dem Abenmahl gehalten worden. Die - ſer Kirchen-Vater meldet zwar / daß zu ſeiner Zeit das A - bendmahl zuerſt gehalten worden / und man hernach dieLie -(a)auf das Nachtmahl des HErrn, ſondern deuten ſo wohl die - ſes, als das Liebesmahl an. Das Nachtmahl ware der Be - ſchluß, und in Anſehung deſſen, nennet Paulus die gantze Hand - lung des HErrn Abendmahl. Denn wie bereits gedacht, das Abendmahl wurde bey denen Liebesmahlen gehalten. Hieher gehoͤren die Worte Pauli vers. 22. Habt ihr aber nicht Haͤu - ſer, da ihr eſſen und trincken moͤget? Oder verachtet ihr die Gemeine GOttes, und beſchaͤmet die, ſo da nichts haben? Er will ſo viel ſagen: Wenn ihr ins beſondere ein Mahl anzu - richten gedencket, ſo habt ihr ja eure eigene Haͤuſer. Jn dieſen eſ - ſet und trincket, mit wem ihr wolt. Wenn ihr aber in der Ge - meine ein Gaſtmahl zubereitet, ſo iſt es der bruͤderlichen Liebe, und dem Endzweck des Chriſtenthums zuwieder, die Armen von ſolchem auszuſchlieſſen. Darum ſaget er endlich vers. 33. 34. Darum meine lieben Bruͤder, wenn ihr zuſammen kommt zu eſſen, ſo harre einer des andern. Hungert aber jemand, der eſſe daheime, auf daß ihr nicht zum Gericht zuſammen kommt. Dieſe Worte ſind abermahls auf das voͤllige Mahl zu ziehen. Conf. Bœhmer in jur. eccleſ. antiq. pag. 249. ſeq. 251Beicht-Pfennig. Liebes-Mahle zubereitetc)Chryſoſtomus homil. 27. 1. Cor. XI. Jn der Uberſetzung lautenDas Abend - mahl und die Liebes-Mahle wurden zu - gleich gehalten. die Worte ſo: Statis diebus menſas faciebant communes & per acta ſynaxi, poſt ſacramentorum communionem, omnes com - mune inibant conuiuium, diuitibus quidem cibos afferentibus, pauperibus autem, qui nihil habebant, etiam vocatis & omnibus communiter veſcentibus. ; Allein hieraus iſt keineswe - ges zu ſchlieſſen / daß es in denen vorhergehenden Zeiten auch alſo gehalten worden. Es iſt vielmehr klar / daß man am Anfang die Liebes-Mahle verzehret / ehe man das Abendmahl ausgeſpendet. Zwar iſt der Grundgelehrte Biſchoff zu Aurenge, Gabriel Albaſpinæus in der Meinung / die Liebes-Mahle waͤren von dem Abendmahl abgeſondert geweſen. Er will es daher beweiſen / weil das Nachtmahl des HErrn des Morgens ſey genommen / die Liebes-Mahle aber zu Abends zubereitet worden. Er meinet / dieſes die - nete / die Kirchen-Vaͤter beſſer zu verſtehend)Lib. I. Obſerv. 18. Conducit, ſagt er, ad intelligentiam Patrum,Albaſpinæus wiederlegt. & ad defenſionem doctrinae fideique eccleſiæ, planum fieri, quid eſſent agapæ, doceriq; in illis nullam fuiſſe euchariſtiæ mentionem. Da aber zu Chryſoſtomi Zeiten die Liebes-Mahle bey dem A - bendmahl gehalten worden, ſo kan man gewiß mit keinem tuͤch - tigen Grund ausfuͤndig machen, daß ſolches zu Tertulliani Zeiten nicht gebraͤuchlich geweſen.. Jedoch ohn - erachtet ich ſonſten von dieſem Biſchoff viel halte / ſo muß ich dennoch bekennen / daß er hierinnen irre. Denn man kan erweiſen / daß die erſten Chriſten / da ſie ſchon zu Mit - tage ſich mit Speiſen geſaͤttiget / erſt zu Abends das Heil. Nachtmahl genoſſen haben. Selbſt die heilige Schrifft wird ſolches beweiſen koͤnnene)Vid. Actor. XX. 7. Denn da wird gemeldet, daß ſie am AbendDas Nacht - mahl des zuſammen kommen, das Brod zu brechen. Sozomenus Hiſt. eccleſ. .

§. X. Zui i 2252II. Abth. III. Cap. Von dem
Das A - bendmahl wird ohne Liebesmah-le gehalten.
470

§. X.

Zu Ende des andern Seculi aber ſind die Lie - bes-Mahle nicht ſo offt angeſtellet worden. Man ſpen - dete das Abendmahl alleine aus. Die Gemeinden hatten ſich ziemlich gemehret. Dieſerwegen fienge man an / das Abendmahl nur bey denen ordentlichen Verſammlungen, ſo wegen des Gottes-Dienſtes geſchahen / auszutheilena)Zeugniß Ju - ſtini. Juſtinus Martyr in Apol. II. beſchreibet das heil. Abendmahl, und nicht die vollkommenen Liebesmahle. Er bleibet nur bey dem Nachtmahl ſtehen. Denn da ſagt er: Dieſe Nahrung wurde euchariſtia genennet. Und wiederum: Die Chriſten genoͤſſen es nicht als ein gemeines Brod, und gemeinen Tranck. Al - ſo iſt in der Roͤmiſchen Kirche das Abendmahl dazumahl ohne Liebesmahl gehalten worden. Von dieſer redet Juſtinus. Jch will aber nicht leugnen, daß auch andere Kirchen ſolches gethan. Nicht ſo wohl darum, daß ſie ſich hierinn nach der Roͤmiſchen gerichtet, ob ſolche ſchon in groſſem Anſehen war; ſondern weil es die Noth erforderte. b) Aus. Es kamen auch nachmahls noch andere Urſachen dazu / daß ſie das Abendmahl von denen Liebes-Mahlen abſondern mu - ſten. Dieſes ware die Verfolgung. Solche gabe keines - weges zu / daß die armen Chriſten ihre Verſammlungen / wie vormahls / hin und her in denen Haͤuſern halten kunten. Sie muſten vor Auffgang der Sonnen zuſammen kommen. Um ſolche Zeit ſchickte es ſich nicht / die Liebes-Mahle anzu - ſtellen. Jedoch ich halte dafuͤr / daß wenn man ihnen Ru - he gegoͤnnet / und die gewoͤhnlichen Verſammlungen nicht gehindert / ſo ſey auch das Nachtmahl des HErrn nachaltemHErrn wird Abends gehal - ten.(e)eccleſ. Lib. VII .. cap. 19. gedencket auch, daß man das Nachtmahl des HErrn zu Abends hielte. Apud Aegyptios autem in multis ciuitatibus & pagis, præter id quod omnibus communiter legi - timum eſt, ad veſperam Sabbato conuenientes, ii, qui potiores ſunt, de myſteriis communicant. Er tadelt, daß die Vornehm - ſten ſich dieſes Recht nur zueignen wollen.253Beicht-Pfennig. altem Gebrauch ausgeſpendet worden. Man hat die Lie - bes-Mahle erſtlich verzehret / und des HErrn Abendmahl iſt das Nachtmahl geweſenb)Aus Tertulliano ſcheinet ſolches zu folgen, da er Lib. II. ad vxor. cap. 4. ſchreibet: Wer wolte ſie zu dem Gaſtmahl des HErrn, welches ſie laͤſteren, ſchicken. Quis ad conuiuium illud domini - cum, quod infamant, dimittet? Es ſupponiret Septimius, daß die - ſes Gaſtmahl zuweilen auſſer dem ordentlichen Gottesdienſt ge - halten worden, welches zu keiner andern Zeit, als des Abends geſchahe. Daß auch nach Tertulliano dieſe Liebesmahle mit dem Abendmahl verknuͤpffet geweſen, kan man aus Chryſoſtomi Wor - ten, welche im vorhergehenden paragrapho not. c) angefuͤhret worden, genugſam erkennen. Es ſind auch ſolche nachgehends von denen Synodis beſtaͤttiget worden, indem man geordnet, daß derjenige welcher die agapas oder Gaſtmahle, ſo ſie denen Armen zu - bereiteten, und GOtt zu Ehren die Bruͤder berufften, verachten und nicht mit ihnen umgehen wuͤrde, ſondern daßjenige gering achtete, ſolte verflucht ſeyn. Denn ſo lauten die Worte des Synodi Gangrenſis can. 9. bey Caranza in ſumm. concil. fol. 96. Si quis de - ſpicit eos, qui ſideliter agapas, id eſt, conuiuia pauperibus exhi - bent, & propter honorem Dei conuocant fratres, & noluerit communicare hujuſcemodi vocationibus, parui pendens, quod ge - ritur, anathema ſit. .

§. XI.

Die Liebesmahle aber waren zweyerley / oͤf -Zweyerley Liebesmah - le. fentliche und die privatim gehalten wurden. Jn Privat - Haͤuſern waren die Liebes-Mahle zu Jeruſalem gar ge - braͤuchlich / und kunten auch wegen der groſſen Gemeine nicht fuͤglich oͤffentlich gehalten werdena)Sie ſtelleten dieſe Gaſtmahle an κατ᾽ ῏οικον, von Hauß zu HaußZu Jeruſalem in Privat-Haͤu - ſern. Act. II. 46. und lobten GOtt dabey einmuͤthig im Tempel. Es waren etliche tauſend Glaͤubige zu Jeruſalem, und alſo kunten ſie nicht zu einem ſolchen Liebesmahl alle kommen. Sie gaben alſo dieſe Gaſtmahle in denen Haͤuſern. Jch trage keinen Zwei - fel, daß ſie ſich hierinnen der Juͤden Gaſtereyen zum Vorbild ge -ſetzet,. Wo die Ge -mei -i i 3254II. Abth. III. Cap. Von demmeine nicht allzu ſtarck / kunte die gantze Menge zu ſolchen Mahlen kommen. Ja wenn auch an einigen Orten die Liebes-Mahle oͤffentlich angeſtellet geweſen / ſo unterlieſſe man doch auch nicht in Privat-Wohnungen ſolche zuzu - bereiten. Es ſcheinet / daß Paulus ſelbſt auf den Unter - ſcheid der oͤffentlichen und beſondern Gaſt-Mahle zieleb)Paulus erweh - net zweyerley Liebesmahlen.1. Cor. XI. 22. Habt ihr nicht Haͤuſer, da ihr eſſen und trin - cken moͤget, oder verachtet ihr die Gemeine GOttes, und beſchaͤmet, die ſo da nichts haben. Meinem Erachten nach will Paulus ſo viel ſagen: Es reime ſich nicht in denen oͤffentlichen Liebesmahlen die Armen auszuſchlieſſen und ſolche alleine zu verzehren. Wenn man aber nicht alle und jede dabey haben wolte, ſolte man ſolche ins beſondere in der priuat - Wohnung zu - bereiten. Darum ſaget er auch vers. 34. Hungert jemand, der eſſe daheime, womit er andeuten wollen, wenn jemand mei - nete, er muͤſte eſſen, und wolte doch die Armen nicht dabey haben, ſolte er in ſeiner Wohnung nach Gefallen ein Mahl zubereiten.. Weil man aber / wie bereits gezeiget worden / dabey auch des HErrn Abendmahl gehalten / ſo ſchlieſſen einige / daß auch bey denen Liebes-Mahlen in Privat-Haͤuſern der Aelteſten und Biſchoͤffe Gegenwart vonnoͤthen geweſenc)Ob der Biſchof bey privat-a - gapis zugegen ſeyn muͤſſen.Die alſo urtheilen, beruffen ſich auf die Epiſtel Ignatii ad Smyr - næos, da geſchrieben iſt, es zieme ſich nicht ein Liebesmahl ohne den Biſchof zu halten. Denn dieſes waͤre nur GOtt angenehm, was dieſer ſagte. Non licitum eſt ſine Epiſcopo agapen facere, ſed quod vtique ille probauerit, hoc eſt Deo bene placitum, vt ſtabile ſit & firmum omne, quod agitur. Von denen oͤffentli - chen Liebesmahlen kan ich dieſe Worte nicht nehmen. Bey ſolchen waren ohnehin die Biſchoͤffe und Aelteſten zugegen. Man muſte alſo dieſelben auf die priuat - und beſondere Mahle ziehen. Allein mich beduͤncket, daß dieſes nicht angegangen, und ſich auchauf.

§. XII.

(a)ſetzet, und nach dieſen die ihrigen eingerichtet. Jch ſchlieſſe auch nicht unbillig, daß ſolche Liebesmahle in denen Haͤuſern der rei - chen, die ſolche anzurichten pflegten, gehalten worden.

255Beicht-Pfennig.

§. XII.

Daß aber ein jeder Hauß-Vater in ſeinemWer die Lie - bes-Mahle dirigiret. Hauſe dieſe Mahlzeiten zubereitet / das Gebet verrichtet / und die direction gehabt / iſt nicht alleine von denen Lie - bes-Mahlen, ſondern auch von dem Nachtmahl ſelbſt ge - wiß. Die Glaͤubigen waren Anfangs lauter Juͤden und Juͤden-Genoſſen. Bey denen Juͤden ware ein ſolches ge - braͤuchlich. Sie behielten faſt in allen Dingen die Juͤdi - ſchen ceremonien. Die Meinung / daß das Abendmahl ein Opffer / ware dazumahl noch nicht ausgedacht. Alſo wa - ren auch keine Prieſter oder Opfferer vonnoͤthen. Folgbar iſt die Anweſenheit des Biſchoffes oder Aelteſten bey denen Privat Liebes-Maͤhlern nicht vonnoͤthen geweſen. Eraſ - mus hat alſo gar recht / da er ſchreibeta)Erasmus Lib. XXVI. epiſt. ad Tonſtall. Conſtat temporibus Apo -Eraſmi Zeug - niß, daß die Lay - en das Abend - mahl ausge - ſpendet. ſtolorum fuiſſe ſynaxin, quam Laici inter ſe faciebant, adhibita precatione & benedictione, & eam panem (vt eſt probabile) ap - pellabant corpus domini, vt frequenter etiam in ſacris literis ea - dem vox ſigno & rei ſignatæ accommodatur. Fieri enim poteſt, vt de hac ſynaxi loquatur ibi Origenes. Nec vsquam in cano - nicis literis inuenitur, vbi Apoſtoli certo conſecrauerint corpus Domini, vt nunc conſecratur in altari, excepto vno loco 1. Cor. XI. : Man weißt, daßzu(c)auf damahlige Zeiten nicht ſchicke. Denn ob man gleich mei - net, weil das Abendmahl dabey ausgeſpendet worden, ſo waͤre es noͤthig geweſen. Jch antwortete aber, daß ſolche Ausſpen - dung dazumahl ein jeder Hauß-Vater verrichten koͤnnen, wie bald zeigen will. Man muͤſte aber dennoch Ignatii Worte in Ehren ten, wenn ſolche von ihm herruͤhrten. Denn daran zweiffeln die Gelehrten nicht unbillig. Einige ſagen, man koͤnnte nicht alle Brieffe Ignatii, ſondern nur etliche vor untergeſchoben ausgeben. Andere ſagen, daß alle verfaͤlſcht waͤren. Wiederum ſind an - dere der Meinung, man duͤrffte nichts vor Ignatii Worte ausgeben, als was ihm von denen Vaͤtern derer vier erſten Seculorum zuge - eignet wurde. vid. Tenzelii Exercit. ſelect. Part. I. exerc. 3. §. 6. ſeq. 256II. Abth. III. Cap. Von demzu der Apoſtel Zeiten das Abendmahl auch ſo gehalten wor - den, daß es die Layen ausgeſpendet, Gebet und Segnung da - bey gebraucht, und dieſes Brod (wie gar wahrſcheinlich iſt) nenneten ſie den Leib Chriſti, wie auch oͤffters in der heiligen Schrifft dieſes Wort dem Zeichen und der bezeichneten Sache zugeleget wird. Es kan ſeyn, daß Origenes daſelbſt von ſol - chem Abendmahl redet. Jn denen Canoniſchen Schrifften der Bibel wird auch nirgends gefunden, wo die Apoſtel ge - wiß den Leib Chriſti alſo geſegnet haͤtten, wie man ihn ietzo ſegnet auf dem Altar, ausgenommen einer Stelle 1. Cor. XI. und dennoch ſcheinet aus dem zehenden Capitel, daher Pauli Rede gefloſſen, es ſey daſelbſt von der Prieſterlichen Segnung die Rede nicht. Als man aber auch in der Gemeine die Lie - bes-Mahle hielte / ware es nicht gebraͤuchlich / daß alle Hauß - Vaͤter ihr Mahl ins beſondere zugerichtet / und hernach auch das Nachtmahl ausgeſpendet. Man truge die dire - ction gewiſſen Perſonen auff. Da nun die Biſchoͤffe und Aelteſten ohnehin uͤberhaupt die Auffſicht in Kirchen-Sa - chen hatten / ſo hat man ſie ihnen auch bey denen Liebes - Mahlen uͤberlaſſen. Dieſe veranſtalteten alſo das gantze Mahl. Nicht als Prieſter oder Opfferer, ſondern von we - gen ihrer Auffſicht in Sachen / die die gantze Gemeine be - traffen. Denn zu denen erſten Zeiten des Chriſtenthums verlangten die Biſchoͤffe keine Prieſter oder Opfferer zu ſeyn. Da man auch anfienge das Abendmahl einem Opffer zu vergleichen / ſo ſchriebe man doch das Prieſterthum nicht denen Biſchoͤffen allein / ſondern allen Glaͤubigen zu. Juſti - nus Martyr ſaget / es waͤren alle das rechte Prieſterliche Geſchlecht, GOtt bezeugte es ſelbſten / da er ſagte / daß man an allen Orten und Enden ihm ein gefaͤlliges und rei -nes(a)XI. & tamen in deeimo capite, vnde fluxerat Pauli ſermo, non videtur agi de conſecratione ſacerdotali. b) Jch257Beicht-Pfennig. nes Opffer bringen koͤnne. GOtt naͤhme aber kein Opffer auſſer von ſeinen Prieſtern an. Alle nun / die durch ſeinen Nahmen Opffer braͤchten / die JEſus Chriſtus befohlen / nehmlich in dem Abendmahl Brod und Wein / die an allen Orten von denen Chriſten vollbracht wuͤrden / ſolten ihm angenehm ſeynb)Jch will die Worte herſetzen, wie ſolche in der Uberſetzung zuDie Layen ha - ben auch das Prieſterthum. Zeugnuͤß Ju - ſtini. befinden. Sie lauten aber in Dial. cum Tryph. pag. 344 ſo. Ve - re ſacerdotale genus Dei ſumus, prout & Deus ipſe teſtatur, per - hibens, nos quouis loco in nationibus, victimas ſibi placitas & mundas offerre. A nemine ſane Deus hoſtias accipit, niſi a ſa - cerdotibus ſuis. Vniuerſos igitur, qui per nomen iſtius ſacrificia offerunt, quæ Jeſus Chriſtus fieri tradidit, h. e. in euchariſtia panis & calicis, quæ in loco omni a Chriſtianis fiunt, præuertens Deus gratos ſibi eſſe teſtificatur. . Tertullianus iſt eben dieſer Meinung. Sind wir denn nicht, ſaget erc)Tertullianus de exhort. ad Caſtit. cap. 7. Nonne & laici ſacerdotesUnd Tertul - liani. ſumus? Scriptum eſt Regnum quoque & ſacerdotes Deo & Patri ſuo fecit. Differentiam inter ordinem & plebem conſtìtuit eccle - ſiæ auctoritas, & honor per ordinis conſesſum ſanctificatus, adeo vbi eccleſiaſtici ordinis non eſt conſesſus, & offers & tinguis, & ſacerdos es tibi ſolus. Sed vbi tres, eccleſia eſt, licet Laici. Vnus - quisque enim ſua fide viuit, nec eſt perſonarum acceptio apud Deum, quoniam non auditores legis juſtificantur a Deo, ſed facto - res, ſecundum quod & Apoſtolus dicit. Igitur ſi habes jus ſa - cerdotis in temet ipſo, vbi neceſſe eſt, habeas oportet etiam di - ſciplinam ſacerdotis, vbi neceſſe ſit habere jus ſacerdotis. a) Ju -, auch als Layen Prieſter: Es iſt geſchrieben: Er hat ſie GOtt und ſeinem Vater zu Koͤ - nigen und Prieſtern gemacht. Den Unterſcheid unter dem Ordine (der Geiſtlichkeit) hat die Kirche eingefuͤhret, und die Ehre, die durch Verſammlung des Ordinis geheiliget iſt, und alſo, wenn keine Verſammlung der Geiſtlichkeit wo iſt, ſo opf - ferſt du, du tauffeſt und biſt allein dein Prieſter. Allein wo ihrer drey anzutreffen, da iſt eine Kirche, wenn es auch ſchonLay -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) k k258II. Abth. III. Cap. Von demLayen ſind. Denn ein jeder lebet ſeines Glaubens, und bey GOtt gilt kein Anſehen der Perſon, indem bey GOtt nicht die Hoͤrer des Geſetzes Gerecht gemacht werden, ſondern die Thaͤter, welches auch der Apoſtel ſaget. Alſo wenn du das Recht eines Prieſters haſt, bey dir ſelbſt, wenn es noͤthig iſt, ſo muſt du auch die Zucht eines Prieſters haben, wo es noͤthig iſt, das Recht eines Prieſters zu gebrauchen.

Wer zu de - nen Liebes - mahlen zu - gelaſſenworden.
482

§. XIII.

Zu ſolchen Liebesmahlen aber wurde vor erlangter Tauffe niemand zugelaſſen. Denn nach der Tauffe nahme man die Leute erſt unter die Zahl der Glaͤu - bigen auf. Sodann kunten ſie ſich an dieſen Tiſch mit ſetzen. Juſtinus Martyr gedencket / daß man nach der Tauffe die Leute unter die Bruͤder in der Zuſammenkunfft gefuͤhret / zu der Gemeine Gebet. Man haͤtte ſowohl ſolches vor ſich als vor den getaufften verrichtet / und vor andere Sachen. Wenn das Gebet beſchloſſen worden / haͤtten ſich die Chri - ſten untereinander gekuͤſſet. Man haͤtte hierauf dem Vor - ſitzenden einen Becher mit Waſſer und Wein gereichet. Dieſer haͤtte GOtt vor alle erzeigte Gnaden-Wohlthaten Danck abgeſtattet. Das Volck habe hierauf das Amen! geſprochen. Die Diaconi haͤtten hierauff Brod / Wein und Waſſer ausgeſpendet / und auch denen Abweſenden uͤberbracht. Dieſe Koſt wuͤrde euchariſtia genennet. Es koͤnte es kein anderer genieſſen / als der die Chriſtliche Re - ligion vor wahr hielte / getaufft worden / und nach Chriſti Lehre lebtea)Keiner, der die Tauffe nicht er - lauget.Juſtinus Martyr Apol. II. pag. 97. Nos autem ſecundum huius - cemodi lauationem credentem jam & nobis adſcitum, ad fratres qui dicuntur, eo adducimus vbi illi congregati ſunt, ad commu - nes preces & ſupplicationes, cum pro ſe ipſis, tum pro illumi - nato (i. e. baptizato) & aliis vbique gentium, omnibus animo in - tento peragendas: vt digni idoneique ſimus, qui veritate agnita,per. Diejenigen alſo / welche nach der Tauffewegen259Beicht-Pfennig. wegen ihrer uͤblen Auffuͤhrung verſtoſſen worden / oder die Gemeine verlaſſen, wurden von dem Abendmahl / und folg - bar auch von denen Liebesmahlen ausgeſchloſſenb)Bey denen Juͤden kunten die Gebannten auch bey keinem MahlOder von der Gemeinſchafft ausgeſchloſſen worden. ſeyn. Paulus ſchreibet dieſerwegen ſeinen Corinthern 1. Cor. V. 11. Nun aber habe ich euch geſchrieben, ihr ſolt nichts mit ihnen zu thun haben, nehmlich, ſo jemand iſt, der ſich laͤſſet einen Bruder nennen, und iſt ein Hurer, oder ein Gei - tziger, oder ein Abgoͤttiſcher, oder ein Trunckenbold, oder ein Raͤuber, mit demſelben ſolt ihr auch nicht eſſen. Paulusredet. Denn dieſe Mahle waren ein Zeichen der gemeinen bruͤderlichen Liebe, und auch der unter ſich habenden Gemeinſchafft. Wer nun zu ſolchen zugelaſſen worden / von dem hielte man / daß er in der Gemeinſchafft ſtuͤnde. Sebſt das heil. Abend - mahl iſt daher die Gemeinſchafft oder Communion genen - net worden.

§. XIV.

(a)per opera etiam ipſa boni atque officioſi rerum adminiſtratores, & datorum nobis mandatorum cuſtodes inueniamur, atque vt ſa - lute ſaluemur æterna: & precibus finitis, mutuis nos osculis ſalutamus. Deinde ei, qui fratribus præeſt, offertur panis & poculum aquæ & vini. Quibus ille acceptis laudem & gloriam rerum vniuerſarum patri, per nomen filii & ſpiritus S. offert: & euchariſtiam ſeu gratiarum actionem pro eo, quod nos donis ſuis hiſce dignatus ſit, prolixe exequitur. Atque vbi ille preces & gratiarum actiones abſoluit, populus, qui adeſt, omnis facta op - probatione acclamat dicens: Amen. Amen autem, voce He - bræa, fiat? ſignificat. Præſidens vero poſtquam gratiarum actio - nem perfecit, & populus vniuerſus apprecatione læta eam com - probauit, qui apud nos vocantur Diaconi & miniſtri, diſtribuunt vnicuique præſentium, vt participet eum, in quo gratiæ actæ ſunt, panem vinum & aquam, & ad abſentes perferunt. Porro ali - mentum hoc apud nos appellatur euchariſtia, quod nulli alii participare licitum eſt, quam veram eſſe noſtram doctrinam cre - denti, & lauacro propter remiſſionem peccatorum & generatio - nem abluto, & ita, vt Chriſtus tradidit, viuenti.

k k 2260II. Abth. III. Cap. Von dem
Die Liebes - Mahle wer-den verbotẽ.
485

§. XIV.

Dieſe Zuſammenkuͤnffte aber zu denen Lie - bes-Mahlen wurden nachgehends von der Obrigkeit unter - ſaget. Von Bythinien und daherum iſt die Sache gantz klar und deutlich. Plinius gedencket / daß die Chriſten ſei - ner Ordre / da er auf Kaͤyſerl. Befehl ſolche unterſaget / und die heterias verboten / nachgelebeta)Was Hæteriæ geweſen.Plinius Epiſt. XCVII. Lib. 10. Die Hæteriæ aber, deren Plinius ge - dencket, waren ſolche Geſellſchafften, die durch Landes-Herr - ſchafftliche Geſetze verboten worden. Die alten Verordnungen der Fuͤrſten hat Marcianus in Lib. I. pr. de colleg. & corpor. bey - behalten, darinn geordnet, daß die præſides in denen Provinzien keine Geſellſchafften leiden, noch zugeben ſolten, daß die Solda - ten ſolche in dem Lager hielten, ſo viel ſolte nur denen Geringen zugelaſſen ſeyn, monatlich etwas zuſammen zu legen, und nur einmahl in einem Monath zuſammen zu kommen. Doch ſolte unter ſolchem Vorwand keine unzulaͤßige Zuſammenkunfft gehal - ten werden. Mandatis principalibus præcipitur præſidibus pro - vinciarum, ne patiantur eſſe collegia ſodalitia, neue milites col - legia in caſtris habeant, ſed permittitur tenuioribus ſtipem men - ſtruam conferre, dum tamen ſemel in menſe coëant, ne ſub præ - textu hujusmodi illicitum collegium coëant, quod non tantum in vrbe, ſed & in Italia & prouinciis locum habere, diuus quoque Seuerus reſcripſit. Denn dieſe Gaſtmahle wurden gar ſehr ge - mißbraucht, alſo lieſſe man nur diejenigen zu, welche die Geſetze gebilliget, wie Cujacius obſ. 30 Lib. VII. bemercket. Er meldet auch daſelbſt, daß die vornehmſte Urſache des Verbots nicht die Furcht der Zuſam̃enrottirungen geweſen, ſondern die Schwelgerey, die viel Ubel nach ſich zoͤge. Ex quo, lauten ſeine Worte, apparet, non tam factionum metum, quam commeſſationum & compotationum in - temperantiam, quæ parit deterrima, in vtilisſima, nefandisſima quæ - que, cauſam fuiſſe primam, non admittendorum collegiorum omni -um. . Man verlaͤumdeteund(b)redet von keinen andern Gottloſen, als ſolchen, die die Ausſchlieſ - ſung von der Gemeinſchafft verdienet, wie die Zuſammenhan - gung des gantzen Capitels anzeiget.261Beicht-Pfennig. und verlaͤſterte ſolche Gaſt-Mahle gar ſehr / dahero die Chriſten ſich hierwieder zu verſchiedenen mahlen verthei - digten. Minucius Felix ſchreibetb)Minutius Felix in Octauio. Conuiuia non tantum pudica colimus,Vertheibigung der Liebesmah - le. ſed & ſobria, nec enim indulgemus epulis, aut conuiuium mero ducimus, ſed grauitate hilaritatem temperamus: Tertullianus und Athenagoras haben auch das ihrige zu Vertheidigung der Lie - besmahle beygetragen.: Wir halten uns bey unſern Gaſt-Mahlen nicht allein keuſch, ſondern bleiben auch nuͤchtern, denn wir bereiten nicht viele Speiſen zu, oder trin - cken dabey uͤbermaͤßig Wein, ſondern die Freude wird durch die Erbarkeit gemaͤßiget. Das Verbot aber / ferner keine Liebes-Mahle zu halten / ſcheinet die Urſache zu ſeyn / daß das Abendmahl von denen Liebes-Mahlen abgeſondert wor - den. Man hielte ſolches nachmahls vor Auffgang der Sonnen / und zwar ſchon im andern Seculo / wie aus Ju - ſtino Martyre erhellet. Nichts ware daran Urſache / als daß ihre Zuſammenkuͤnffte verboten waren. Denn da der Kaͤyſer ſolche in Bythinien nicht einmahl zugelaſſen / wer will ſich einbilden / daß dieſelben in der Stadt erlaubet ge - weſen. Es waren alle Geſellſchafften / welche die Geſetze nicht gebilliget / als etwas unzulaͤßiges anzuſehenc)Jch bilde mir darum die Sache kuͤrtzlich ſo ein. Wenn manMeine Mei - nung von Hal - tung der Liebes. Mahle. Gelegenheit gehabt, die Liebesmahle zu halten, ſo iſt bey ſolchen auch das Abendmahl celebriret worden. Ereignete ſich aber ſol - che nicht, ſo hielte man des HErren Nachtmahl vor Aufgang der Sonnen. Denn die Chriſten waren der Meinung, es ſey beſſer, die Liebesmahle eine Zeitlang zu unterlaſſen, oder doch nicht ſo offt anzuſtellen, als das Abendmahl auszuſetzen. Dieſes ware von dem Heyland als ein großes Geheimniß eingeſetzet und an -be -. End -lich(a)um. Von dieſen Geſellſchafften findet man weitere Nachricht bey Stuckio iu antiq. conuiuat. Lib. I. c. 31. Gvilielm. Budæo in annot. ad tit. ff de colleg. & corpor. k k 3262II. Abth. III. Cap. Von demlich da dieſe Gaſt-Mahle mit der Zeit zur Uneinigkeit / Ver - achtung der Armen / Schwelgerey und Geiiheit Anlaß ga - ben / hat man ſolche durch Verordnungen bey denen Ge - meinden verboten. Der Synodus zu Laodicea hat fol - gendes geordnetd)Die Liebes - Mahle werden verboten.Concil. Laodic. A. 364. can. 28. Non oportet in Baſilicis ſeu ec - cleſiis Agapen facere, & intus manducare, vel accubitus ſternere,: Man ſoll in denen Kirchen und Gemein - den kein Liebes-Mahl halten, und darinnen eſſen, und ſich die Lagerſtellen dazu zubereiten. Das dritte Concilium zu Carthago hat befohlene)Concil. Carthagin. III. can. 30. Nulli epiſcopi vel clerici in eccle - ſia conuiuentur, niſi forte tranſeuntes hoſpitiorum necesſitate illa reficiantur. Populi etiam ab hujusmodi conuiuiis, quantum fieri poteſt, prohibeantur. ; Die Biſchoͤffe oder andere von der Cleriſey ſollen in der Kirche keine Gaſterey halten, es waͤre denn daß die Reiſenden wegen der Gaſt-Freyheit ſolten tractiret werden. Das Voͤlck ſoll man ebenfals, ſo viel nur moͤglich iſt, von ſolchen Mahlen abhalten. Endlich iſt es aber geſchehen / daß die Liebes-Mahle durch eine allgemei - ne Verordnung voͤllig abgeſchafft wordenf)Conf. Centuriator. Magdeburg. cent. IV. cap. 6. Feſſelias in ad - verſar. ſacr. ſect. I. cap. 14. Bey denen Griechen und Armeniern aber findet man noch heute zu Tage Spuren von denen alten Liebesmahlen. Denn am Oſtertage empfangen ſie das Abend -mahl,.

§. XV.

(c)befohlen. Wenn alſo eine Verfolgung vorhanden, ha - ben ſie zweiffels ohne die gewoͤhnlichen Gaſtmahle eingeſtellet. Ware aber dieſe Noth voruͤber, ſo duͤncket mir, es ſey wahrſchein - lich, daß ſie wiederum zu dem gewoͤhnlichen Mahl zuſammen ge - kommen. Jch glaube auch, daß die Liebesmahle waͤhrender Ver - folgung in privat-Haͤuſern nicht gaͤntzlich unterblieben. Denn dieſe kunte ein jeder Hauß-Vater mit wenigen anſtellen, wie be - reits gezeiget worden. Man kunte auch ſolche Verſammlung nicht fuͤglich unter die hæterias und verbotenen Zuſammen - kuͤnffte rechnen.

263Beicht-Pfennig.

§. XV.

Dieſes ſey genug von denen Liebesmahlen /Die Chri - ſten legten auch ihre Gaben zum Unterhalt der Armen zuſammen. um welcher willen die Glaͤubigen ihre Gaben zuſammen gebracht. Allein weil ſie auch mit ihren Gaben die Armen und Duͤrfftigen zu unterhalten ſuchten / ſo iſt der Gebrauch / etwas in der Gemeine zuſammlen, geblieben / da auch die Liebes-Mahle abgeſchafft worden. Daß aber die Chriſten dem Armuth zum beſten etwas zuſammen geleget / und ſol - ches vornehmlich des Sonntags nach verrichtetem Gottes - Dienſt / iſt / wie mich deucht / ſchon in dem vorhergehenden ziemlich ausfuͤndig gemacht worden. Jch beruffe mich a - ber fernerweit auf Juſtinum Martyrem. Dieſer meldeta)Die Worte Juſtini in Apol. II. lauten in der Uberſetzung alſo:Zengnuͤß Ju - ſtini. Qui copioſiores ſunt, & volunt, pro arbitrio quisque ſuo, quod viſum eſt, contribuunt, & quod ita colligitur, apud præpoſitum deponitur. Atque inde ille opitulatur pupillis & viduis, & his qui propter morbum aut aliquam cauſam egent, quique in vin - culis ſunt, & peregre aduenientibus hoſpitibus. b) Ter - / daß die Reichen nach ihrem Belieben etwas zuſammen leg - ten / und dem Vorgeſetzten liefferten. Dieſer theilete ſol - ches denen Armen und Duͤrfftigen aus. Tertullianus be -zeu -(f)mahl, und halten zugleich eine allgemeine Gaſterey. vid. Baro - nius in Annal. ad Ann. 57. meldet auch, daß die heutigen Griechen eine Art der Liebesmahle haͤtten. Sie braͤchten in ihren Ver - ſammlungen Geſchencke von Brod, Wein, Oel, Wachslichtern und dergleichen zuſammen. Similem agapis ritum, hodierni Græ - ci imitantur, & retinent, atque in magna cætuum ſuorum cele - britate, munera, panem, vinum, oleum, cereos & id genus alia fre - quenter offerunt, & inſigni cum apparatu ad ſacros vſus, ad ſacer - dotum commoda conferunt, atque conuertunt. Es beruffet ſich Schurtzfleiſch auf Thom. Schmith in epiſt. de Græc. eccleſ. hodiern. ſtat. und Antonium Legerum, deſſen Worte aus einem unge - druckten Brieff bey Suicero in theſaur. eccleſ. zu befinden.264II. Abth. III. Cap. Von demzeuget ein gleiches / da er ſagetb)Tertulliani. Tertullian. in Apolog. cap. 39. Modicam vnusquisque ſtipem menſtrua die, vel quum velit, & ſi modo velit, & ſi modo pos - ſit, apponit: nam nemo compellitur, ſed ſponte confert. Hæc quaſi depoſita pietatis ſunt, nam inde non epulis, nec potaculis, nec ingratis voratrinis diſpenſantur, ſed egenis alendis human - disque & pueris ac puellis, re ac parentibus deſtitutis, jamque domeſticis ſenibus, item naufragis & ſi qui in metallis, & ſi qui in inſulis, vel in cuſtodiis duntaxat, ex cauſa Dei ſectæ alumni confes - ſionis ſuæ fiunt. : Ein jeder leget an einem Tag im Monat, oder wenn es ihm beliebt, und er auch will, oder kan, etwas weniges zuſammmen: Denn man zwinget niemand, ſondern es wird freywillig gelieffert. Dieſes ſind gleichſam Niederlagen der Gottesfurcht, denn man verfriſt und verſaͤufft es nicht, und theilet es keinen undanckbahren Freſſern aus, ſondern es wird zu Ernehrung der Armen und Beerdigung der Knaben und Maͤgdgen angewendet, welche kein Vermoͤgen oder Eltern haben, denen Hauß-Alten, Schiff - bruͤchigen, die in denen Ertz-Gruben oder Jnſuln oder in Ge - faͤngniß ſind, darum, daß ſie dem Wahren Gottes-Dienſt bey - gethan, wird es zum beſten angewendet. Cyprianus ge - dencket auch beyderley Gaben / ſo wohl derer / welche zu de - nen Liebes-Mahlen gelieffert / als die dem Armuth zum be - ſten gereichet worden / und ſaget unter andernc)Cypriani. Cyprianus de oper. & eleemoſ. Locuples & diues es, & domini - cum celebrare te credis, quæ in dominicum ſine ſaerificio venis, quæ partem de ſacrificio, quod pauper obtulit, ſumis. Dieſe Wor - te werden auf verſchiedene Weiſe gedeutet. Vid. Albaſpinæus de vet. eccleſ. rit. Lib. I. obſ. 5. Jch halte aber dafuͤr, daß Cypria - nus ſo viel ſagen wollen: Du wilſt den Sonntag feyren, ſieheſt aber nicht einmahl nach dem Ort, wo man einleget, und weiſt doch, daß man an dieſem Tag die Gaben lieffert. Du giebeſt nichts zu denen Liebes-Mahlen, und hilffſt ſolche doch verzehren. Dieſe Erklaͤrung duͤncket mich mit dem Alterthum gar wohl uͤber -ein: Du biſtbe -265Beicht-Pfennig. beguͤthert und reich, und meineſt dennoch, du begiengeſt den Sonntag recht, da du doch des Sonntags ohne Gabe in die Gemeine kommſt, und einen Theil von denen Gaben, welche der Arme gebracht, dahin nimmſt.

§. XVI.

Mit welchen man aber keine GemeinſchafftEs ware nicht allen erlaubt, ihre Gaben zu lieffern. hatte / von denen nahm man auch keine Gaben an / und welche man nicht zu dem Abendmahl lieſſe / die hielte man auch vor untuͤchtig / daß ſie etwas opffern koͤnten. Das Concilium Eliberinum ſaget: Es beliebet, daß der Biſchoff von demjenigen, mit welchem man keine Gemeinſchafft hat, keine Geſchencke annehmen ſolla)Concil. Eliberin. Can. 28. Epiſcopum placuit ab eo, qui non1) Mit denen man keine Ge - meinſchafft hatte. communicat, munera accipere non debere. . Die nur waren getaufft worden, durfften / ehe acht Tage verſtrichen / ebenfalls nichts zum Geſchencke bringen. Ambroſius meldet ſolches / da er ſagetb)Ambroſius in Proleg. in Pſalm. 118. Licet in baptiſmate ſtatim ſit plena purgatio, tamen quia abluitionis ipſius ſacrificiique ra -2) Die nur wa - ren getaufft worden. tionem baptizatus debet cognoſcere, non offert ſacrificium, niſi octauum ingrediatur diem, vt informatus agnitione ſacramen - torum cæleſtium, non quaſi rudis hoſtia, ſed quaſi rationis ca - pax, tunc demum munus altaribus ſacris offerat, cum cœperit eſſe inſtructior, re offerentis inſcitia contaminet oblationis myſterium. Dieſes wird alſo noch viel eher von denen Cate -3) Die cate - chumeni. chumenis ſtatt haben, wie ein jeder erkennen kan. Pfanner de catechum. cap. 2,c) Con -: Ob man gleich in der Tauffe voͤllig gereini - get wird, ſo bringt doch der Getauffte kein Opffer, weil er zuvor die Urſach des Abwaſchens, und des Opffers innen ha - ben muß, biß acht Tage verſtrichen, auf daß er von denenhimm -(c)ein zu kommen. Es ſetzet Cyprianus ferner hinzu: Vniuerſa quæ dantur, pupillis & viduis conferuntur, was man lieffert, wird unter die Unmuͤndigen und Witwen ausgetheilet, welche Worte von der andern Gattung der Gaben, ſo dem Ar - muth zum beſten gereichet worden, zu verſtehen ſind.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) l l266II. Abth. III. Cap. Von demhimmliſchen Sacramenten unterrichtet nicht als ein unerfahr - nes Opffer, ſondern mit Verſtand ſodann ſein Geſchencke zum Altar bringe, wenn er anfaͤngt beſſer unterrichtet zu ſeyn, damit die Unerfahrenheit des gebenden das Geheimnuͤß der Gabe nicht beflecke. Die / ſo in offenbahren Laſtern ſta - cken / und die ihnen aufferlegte Buſſe nicht vollendet / kun - ten keine Gaben bringen. Derer ihre Kinder in einer Ke - tzeriſchen Secte getaufft worden / denen ware es gleichfals nicht zugelaſſen / ſolche Geſchencke darzuſetzen. Das Con - cilium zu Lerida hat ſolche Verordnung gemacht / da es ausgeſprochenc)4) Derer Kin - der in Ketzerey getaufft.Concil. Ilerdenſe Can. 13. Catholicus qui filios ſuos in hæreſi baptizandos obtulerit, oblatio illius in eccleſia nullatenus reci - piatur. Das c. 13. §. credentes X. de hæret. iſt auch hieher zu ziehen, da verboten wird, von denen Ketzern keine Gaben anzu -4) Die Ketzer. nehmen. Sane clerici non exhibeant huiusmodi peſtilentibus eccleſiaſtica ſacramenta, nec eos Chriſtianæ præſumant tradere ſepulturæ, nec eleemoſynas aut oblationes eorum percipiant. &c. : Ein Rechtglaͤubiger, der ſeine Kinder in einer Ketzeriſchen Secte tauffen laſſen, deſſen Gaben ſoll man in der Gemeine keinesweges annehmen. So durfften auch diejenigen nichts bringen / welche in Zanck und Wiederwillen lebten / wie Gratianus aus dem vierten Concilio zu Car - thago die Verordnung anfuͤhretd)6) Die Unei - nigkeit hegten.Die Worte lauten c. 2. D. 90. alſo: Oblationes diſſidentium fratrum neque in ſacrario, neque in gazophylacio recipiantur. Dieſes zu verſtehen meldet Gonzalez Tellez ad c. 13. de celebr. miſſ. nr. 2. daß die Gaben zu dem Meß-Opffer auf das Altar gelegt worden, die andern haͤtte man in den Kaſten geleget.. Die / ſo die Armen ſonſt unterdruͤckten, hielte man vor untuͤchtig / denen Armen zum beſten etwas darzureichen / wie abermahls gedachtes Concilium befohlen(e)7) Die die Ar - men unter - druͤckten.Gratianus cit. I. Dona eorum, qui pauperes opprimunt, a ſacer - dotibus refutanda ſunt. f) Con -. Offenbaren Wucherern ware esauch267Beicht-Pfennig. auch verboten. Denn ſo lauten die Worte des erſten Con - cilii im Lateranf)Concil. Lateranenſ. I. c. 25. Vſurariorum manifeſtorum oblatio -8) Offenbahre Wucherer. nes, ne quis accipiat, qui autem acceperit, reddere compellatur. : Die Gaben der offenbahren Wucherer ſoll man nicht annehmen, wer ſie aber annimmt, ſoll ſolche wiedergeben. Wenn jemand ſein Kind enterbte, deſſen Gabe ſolte nicht vor guͤltig geachtet werden. Gratianus fuͤhret folgende Worte Auguſti ang)Gratianus c. 43. C. 17 q. 4. Quicunque vult exhæredato filio - redem facere eccleſiam, quærat alterum qui ſuſcipiat, non Au -9) Die die Kin - der enterbet. guſtinum: imo Deo propitio, nullum inueniet. : Wer mit enterbung ſeines Sohnes die Kirche zum Erben einſetzen will, mag einen andern ſuchen, der die Erbſchafft annimmt, aber nicht den Auguſtinum: Ja wenn GOtt will, ſoll er gar keinen finden. Uberhaupt aber nahme man von keinen Gottloſen eine Gabe anh)Denn in dem c. II. C. 14. q. 5. heiſſet es, die Opffer der Gottlo -10) Alle Gott - loſe. ſen waͤren dem Hoͤchſten ein Greuel, GOtt billigte die Geſchen - cke der Boͤſen nicht, ſchaue auch nicht auf ihre Gaben. Epipha - nius hat alſo auch am Ende ſeines Buchs von denen Ketzereyen geſprochen: Die Kirche nimmt keine Gabe von denen Unge - rechten, und die Boͤſes thun, ſondern von denen, die in Ge - rechtigkeit einhergehen. Der falſche Clemens in conſtit. Lib. III. cap. 8. ſaget, man ſolte von keinem Weibe, die eine Diebin oder Hure waͤre, eine freywillige Gabe annehmen. Paulinus in vita Ambroſii meldet, daß man des Keyſers Eugenii Gaben nicht angenommen, weil er ein Sacrilegium begangen gehabt. a) Cy -.

§. XVII.

Was man aber zuſammen geleget / wur -Austhei - lung ſolcher Gaben. de dem Vorſteher eingehaͤndiget / wie ſchon vorher aus Ju - ſtino gezeiget. Nachgehends bekamen auch die Diener des Worts einen Theil von ſolchen Gaben / vornehmlich / wenn ſie arm waren. Zu Zeiten Cypriani geſchahe die Austheilung alle Monate / und wurde denen Clericis auchda -l l 2268II. Abth. III. Cap. Von demdavon ihr Theil. Cyprianus ſchreibet von einigen Cleri - cis, welche ſich abgeſondert / und nachmahls wieder wol - ten angenommen ſeyna)Wenn ſolche geſchehen.Cyprianus epiſt. 34. Interim ſe à diuiſione menſama tantum con - tineant, non quaſi a miniſterio eccleſiaſtico priuati eſſe videan - tur, ſed vt integris omnibus ad noſtram præſentiam differantur. Diejenigen Gaben, welche in eſſender und trinckender Waare beſtanden, wurden alle Tage ausgetheilet. Die Clerici beka - men ebenfals davon ihren Theil. Cyprianus epiſt. I. & XXXIX. Der Biſchoff theilete es auch zu dieſer Zeit nicht umſonſt aus, ſondern bedachte ſich mit einer Portion, wie ebenfals aus Cypri -Wer ſolche verrichtet. ani Epiſt. VII. zu erſehen.: Sie moͤgen ſich inzwiſchen nur von der Monatlichen Theilung enthalten, nicht als wenn es das Anſehen haͤtte, daß ſie des Kirchen-Dienſtes entſetzet waͤ - ren, ſondern daß ſie biß zu unſerer Gegenwart allen ohne Nachtheil moͤgen ausgeſetzet bleiben. Wenn der Biſchoff nicht gegenwaͤrtig war / ſo unterzogen ſich die Aelteſten ſol - cher Austheilung. Cyprianus kan abermahls davon zeu - gen. Er vermahnet die Aelteſten / ſie moͤchten der Armen wahrnehmen / und ſetzet darzub)Cyprianus epiſt. V. Peto nihil deſit: cum ſumma omnis, quæ re - dacta eſt, illic ſit apud clericos diſtributa, propter eiusmodi caſus. Denn da Cyprianus ſich entfernete, uͤberlieſſe er der Cleriſey die Austheilung ſolcher Gelder. Jn denen erſten dreyen Seculis ent - ſtunde wegen ſolcher Austheilung kein Streit, der auf denen Con - ciliis haͤtte muͤſſen entſchieden werden. Was die Biſchoͤffe bey jeder Gemeine anordneten, das galte. Darum ſaget Cyprianus epiſt LV. So lange man einig geweſen, und ſich die Kirche nicht zertrennet, habe der Biſchoff alles angeordnet, der von ſeinem Thun dem HERRN Rechenſchafft geben muͤſſe. Manente concordiæ vinculo, & perſeuerante catholicæ eccleſiæ indiuiduo ſacramento, actum ſuum diſponit & dirigit epiſcopus, rationem propoſiti ſui domino redditurus. c) Ca -. Jch bitte, laſſet an nichts mangeln: Denn die gantze Summa, die zuſammen gebracht iſt, iſt daſelbſt wegen ſolcher Faͤlle bey der Geiſtlichkeit aus -ge -269Beicht-Pfennig. getheilet worden. Allein ohne Erlaubnuͤß des Biſchoffes kunten ſich die Aelteſten eines ſolchen nicht unterfangen. Caranza berichtet von Vrbano I. daß er geordnetc)Caranza in ſumm. concil. fol. 15. a. Vt oblationes fideliumWird denen Biſchoͤffen zu - geeignet. relinquerentur eccleſiis matricibus, diſpenſandæ per epiſcopos, juxta neceſſitatem fidelium. Symmachus hat in dem nechſten Synodo zu Rom befohlen, daß die Gaben der Glaͤubigen nie - mand ohne Vorwiſſen und Einwilligung des Biſchoffs anneh - men ſolte. Dieſe Verordnung, ingleichen auch den Befehl des Synodi Gangrenſis, ſo Ao. 324. gehalten worden, hat Gratianus c. 57. c. 16. q. 1. eingeſchaltet. Dieſer Synodus hat diejenigen, ſo das Gegentheil thaͤten, mit dem Fluch beleget. Der Synodus zu Tours vermahnet die Biſchoͤffe, der Armen wohl wahrzuneh - men, und was in die Gemeine vor Gaben gebracht worden, mit Vorſichtigkeit auszuſpenden. Conf. Gonzalez Tellez ad c. 2. de offic. Vicar. Dieſen Gebrauch aber hat Chryſoſtomus nicht billigen wol - len. Er ſaget, man mache auf ſolche Weiſe die Biſchoͤffe zu Aus -Womit Chry - ſoſtomus nicht zu frie - den. ſpendern, Wirthen, Anwaͤlden, Zoͤllnern und Rentmeiſtern. Die - ſerwegen iſt in dem Concilio zu Chalcedon c. 26. die Verordnung geſchehen, daß die Biſchoͤffe mit denen Kirchen-Guͤthern nichts zu thun haben ſolten, ſondern dieſe Sorgen denen Haußhaltern - berlieffern. Auff ſolche Weiſe iſt es nach und nach gekommen, daß die Biſchoͤffe dieſe Verwaltung denen Aelteſten, Dienern, und andern Geiſtlichen aufferleget. Allein ſie behielten ſich doch fuͤr, daß ohne ihr Vorwiſſen nichts geſchehen ſolte. a) Die: Daß die Gaben der Glaͤubigen denen Haupt-Kirchen uͤberlaſſen, und von dem Biſchoff nach Nothdurfft der Glaͤubigen aus - geſpendet werden ſolten, anderer Umſtaͤnde zu geſchweigen.

§. XVIII.

Es kamen auch gantze Gemeinen / die ſichGantze Ge - meinden ka - men einan - der zu Huͤlf - fe. in gutem Zuſtand befanden / denen geringen zu Huͤlffe. Sie hielten dafuͤr / daß alle Kirchen / ſo hin und her zer - ſtreuet waren / unter ſich doch nur einen Coͤrper ausmach - ten. Dieſer Gebrauch / ſo zu Zeiten der Apoſtel geweſen /iſtl l 3270II. Abth. III. Cap. Von demiſt auch noch in dem andern Seculo beybehalten worden. Denn nach dem Zeugnuͤß Dionyſii, des Biſchoffs zu Co - rinth, in einem Brief an die Roͤmer / hat ſolchen die Roͤ - miſche Kirche beobachtet. Euſebius hat uns ſolchen beybe - halten. Es wird darinnen gemeldet / daß die Roͤmiſche Kirche den Gebrauch / ſo von Anfang der Chriſtlichen Re - ligion geweſen / beybehielte. Sie erzeigte ihren Bruͤdern alles Gute / und uͤberſchickte denen andern Gemeinen / was ſie beduͤrfften. Auff dieſe Weiſe kaͤme ſie dem Armuth zu ſtatten / und reichte denen / ſo in denen Ertz-Gruben arbei - teten / den noͤthigen Unterhalt. Dieſen Gebrauch haͤtte der ſeelige Biſchoff Soter nicht alleine beybehalten / ſondern auch vermehret / da er denen Glaͤubigen nicht allein die noͤthige Gaben gereichet / ſondern auch die / ſo von fremb - den Orten gekommen / freundlich angenommen / und als Kinder getroͤſteta)Zeugniß Dio - nyſii bey Eu - ſebio. Die Worte Dionyſii bey Euſebio lauten in dem Lateiniſchen Hiſt. eccleſ. Lib. IV. cap. 23. alſo: Hæc vobis conſuetudo eſt, iam inde ab religionis initio, vt fratres omnes vario beneficiorum genere afficiatis, & eccleſiis quamplurimis, quæ in ſingulis vrbibus con - ſtitutæ ſunt, neceſſaria vitæ ſubſidia transmittatis. Et hac ratione tum egentium inopiam ſubleuatis, tum fratribus, qui in metallis opis faciunt, neceſſaria ſuppeditatis: per hæc, quæ ab initio trans - mittere conſueuiſtis munera, morem inſtitutumque Romanorum a majoribus veſtris acceptum, Romani retinentes. Atque hunc morem beatus Epiſcopus veſter Soter non ſeruauit ſolum, ve - rum etiam adauxit: tum munera ſanctis deſtinata copioſe ſubmi - niſtrans, tum fratres peregre aduenientes tanquam liberos ſuos pater amantiſſimus beatis ſermonibus conſolando. a) Ter -. Davon weißt man aber heute zu Tage faſt gar nichts. Man dencket nicht darauf / die Kirchen - Guͤther denen Nothduͤrfftigen zum beſten auffzuwenden / ſondern ſolche zu vermehren. Vornehmlich muß mandie -271Beicht-Pfennig. dieſes anietzo von der Roͤmiſchen Kirche ſagen. Dieſer muͤſſen alle andere Gemeinen vorietzo mit Mitteln an die Hand gehen.

§. XIX.

Alle dieſe Gaben aber waren / wie bereitsMan hat nachmahls die Gaben mit Gewalt gefordert. erinnert / freywillig. Allein in dem dritten ſeculo kame es ſchon dahin / daß die Biſchoͤffe Herren und Regierer ſeyn wolten. Man legte dieſe Gaben denen Chriſten als einen Schoß und Steuer auff / da ſolche doch aus freywilligem Hertzen ſolten herruͤhren. Tertullianus ſaget / daß man nach denen Koͤpffen Geld verlangeta)Tertullianus de fuga in perſecut. cap. 13. Masſaliter totæ eccleſiæWie 1) Ter - tullianus. tributum ſibi irrogarunt. Dieſe Worte erklaͤret Rigaltius alſo: Serie capitum juncta, maſſam fecere vectigalium Chriſtianorum. Jn dem 14. cap. meldet unſer Septimius, daß es beſſer ſey, nach Art der Apoſtel ſich auf den Glauben und nicht auf das Geld zu verlaſſen. Sed quomodo colligemus, inquis, quomodo domini - ca ſolemnia celebrabimus? Vtique quomodo & Apoſtoli, fide non pecunia tuti &c. Es redet Septimius von einigen Biſchoͤf - fen, die mit Geld die Ubung des Gottesdienſtes von denen Hey - den erkaufft, die Summa aber zu Stande zu bringen, haben ſie denen Glaͤubigen einen Tribut aufgeleget. Hierauf iſt Tertulli - anus nicht wohl zu ſprechen geweſen. / und iſt gar uͤbel darauf zu ſprechen. Ja es kame dahin / daß man ſo ſcharff mit dieſen Forderungen verfuhre / daß auch die ar - men Moͤnche nicht davon befreyet blieben. Hierony - mus kan hiervon ein Zeugnuͤß ablegen. Er ſchreibet al - ſob)Hieronymus Epiſt. ad Heliod de vita erem. Alia Monachorum eſt2) Hierony - mus. cauſa, alia clericorum. Clerici paſcunt oues, ego paſcor. Illi de altari viuunt, mihi quaſi infructuoſæ arbori ſecuris ponitur ad ra - dicem, ſi munus ad altare non defero. Nec poſſum obtendere paupertatem, cum in euangelio anum viduam, quæ ſola ſupere - rant æra mittentem laudauerit Dominus. c) Ca -: Es hat eine andere Beſchaffenheit mit der Cleri ſey,und272II. Abth. III. Cap. Von demund mit denen Moͤnchen. Die Cleri ſey weydet die Schaffe, Jch werde geweydet. Sie leben von dem Altar, mir wird als einem unfruchtbahren Baum die Art an die Wurtzel ge - leget, wenn ich nichts zum Altar bringe. Jch kan auch mei - ne Armuth nicht vorwenden, weil der HErr im Evangelio eine alte Wittwe lobet, daß ſie all ihr Vermoͤgen, was uͤbrig war, eingeleget. Alſo kame es ſchon dazumahl auf / daß man der Cleriſey ihrem Geitz kein Gnuͤgen leiſten koͤnnen. Sie waren auf das hefftigſte auf ihren Nutzen ervicht. Jch finde bey Caranza folgende Verordnung des Biſchoffs Fabiani zu Romc)3) FabianusCaranza cit. l. fol. 176. Vt in omnibus diebus dominicis, ab o - mnibus viris & mulieribus oblatio tam panis quam vini fiat, vt per has immolationes a peccatorum ſuorum faſcibus liberentur. ; Daß an allen Sonntaͤgen alle Maͤn - ner und Weiber Wein und Brod lieffern ſolten, damit ſie durch ſolche Gaben ihre Suͤnden tilgeten. Der andere Syn - odus zu Maſcon hat befohlend)4) Concilium zu Maſoon. Synodus Matisconenſis II. can. 4. Vt omnibus dominicis diebus altaris oblatio ab omnibus viris & mulieribus offeratur, tam pa - nis quam vini, vt per has immolationes & peccatorum ſuorum faſtibus careant, & cum Abel vel cæteris juſte offerentibus pro - mereantur eſſe conſortes. . Daß an allen Sonn - Taͤgen die Opfferung von allen Maͤnnern und Weibern ge - ſchehen ſoll, ſo wohl von Brod als von Wein, damit ſie durch ſolches Opffer von ihren Suͤnden frey werden, und mit Abel und andern in der Gerechtigkeit opferenden Theil haͤtten. Der fuͤnffte Synodus zu Rom / hat beſchloſſene)5) Synodus zu Rom. Synodus Romana V. Omnis Chriſtianus procuret ad miſſarum ſolemnia aliquid Deo offerre, & duci ad memoriam, quod Deus per Moyſen dixit: Non apparebis in conſpectu meo vacuus. f) Sy -: Ein jeder Chriſte ſoll zur Begehung der Meſſe etwas GOtt opffern, und ſich zu Gemuͤthe fuͤhren, was GOtt durch Moſen geſaget: Du ſolſt nicht leer fuͤr mir erſcheinen. Es hat auch im IX. Secuio Ao. 813. das Concilium zu Mayntz die Verord -nung273Beicht-Pfennig. nung gemachtf)Synodus Moguntina Ao. 813. Vt ſine intermisſione populus ad -Und zu Mayntz bezeugen, moneatur, quo oblationes ſubinde in eccleſia faciat. Oblatio - nes enim magnum eſſe remedium animarum. . Man ſolte das Volck ohne Unterlaß er - innern, daß es zum oͤfftern ſeine Gaben in die Gemeine braͤch - te. Denn ſolche Opfferungen braͤchten der Seele groſſen Nutzen. Man ſchloſſe anbey die Layen von dem Genuß ſolcher Gaben gaͤntzlich aus. Die Cleriſey meinete / ſie waͤ - re ohnehin allzu arm / und duͤrffte andern Armen nicht erſt zu Huͤlffe kommen. Die Layen moͤchten ihre milde Hand auch gegen dieſe inſonderheit aufthun. Man wol - te ſelbſt denen Moͤnchen nichts davon zukommen laſſen / welches aber endlich denenſelben zugeſprochen worden .g)Man hat geordnet: Quod Monachis ſibi ſeruientibus profi -Die Moͤnche bekamen auch von ſolchen Gaben. cere debeat quicquid a fidelibus offerri contingit. vid. c. 1. X. de ſtat. Monach. add. c. 16. X. de excesſ. prælat. .

§. XX.

Man machte denen Leuten auch weiß / daßUrſachen warum man fleißig ſeine Ga - ben der Kir - chen brin - gen ſoll. man durch ſolche Gaben Vergebung der Suͤnden erhal - ten / und ein Verdienſt erlangen koͤnte. Man darff ſich alſo nicht wundern / daß nachmahls ſo viel Verehrungen geſchehen / ſo viel Teſtamente gemacht / Vertraͤge und an - dere Buͤndnuͤße errichtet worden / die vor die Wohlfahrt der Seele, vor Erloͤſung der Seele, zur Uberſchrifft fuͤhren. Dieſe alten Formuln ſind gar haͤuffig anzutreffen. Alſo richtete man auch die Lehre nach dem Inrereſſe ein. Saluia - nus hat bereits ſich in dieſem Stuͤcke als einen Meiſter er - wieſen. Er ermahnet die groͤſten Suͤnder / Geitzhaͤlſe / boͤſe Buben / daß ſie ihre Gaben zur Kirche bringen ſolten. Sie moͤgen, ſagt er einſtena)Saluianus Lib. 1. adu. auarit. Offerat ergo vel moriens ad libe -Man muͤſte es thun ſeine See - le zu loͤſen. randam de perennibus poenis animam ſuam, quia aliud jam non poteſt, ſaltim ſubſtantiam ſuam: Sed offerat tamen cum com -pun - / zum wenigſten opffern, wennſie(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) m m274II. Abth. III. Cap. Von demſie ſterben wollen, die Seele von der ewigen Straffe zu erloͤ - ſen, und weil ſie ſodann nichts anders haben, ſo moͤgen ſie ihr Vermoͤgen geben. Allein ſie ſollen es mit Reue, mit Thraͤ - nen lieffern; Sie ſollen es mit Schmertzen und Betruͤbnuͤß bringen. Denn auf andere Weiſe nutzen die Gaben nichts: Denn ſie ſind nicht dem Werth nach, ſondern um des Ge - muͤths willen beliebt. Darum wenn GOtt je - mand ſein Vermoͤgen darreicht, ſo ſoll er die Meinung nicht haben, daß er ſolches ſchencke, ſondern etwas in Niedertraͤch - tigkeit bezahle; Er ſoll nicht dafuͤr halten, als zehlete er ſich damit von Suͤnden loß, ſondern daß er ſolche damit nur et - was erleichtere. Er ſoll es auch nicht darum bringen, daß er vertrauet, es erkauffe die Vergebung, ſondern nur in der Mei - nung ſich zu verſuͤhnen, nicht daß er die gantze Schuld abtra - ge, ſondern daß er von der groſſen Summa nur ein weniges entrichten wolte: Denn wenn er auch gibt, was er nach Be - ſchaffenheit ſeiner Sachen hat, ſo giebt er doch nicht ſo viel, als er nach Beſchaffenheit und Menge der Suͤnden ge - ben ſoll. Man bemuͤhete ſich abſonderlich reiche Leute da - hin zu vermoͤgen / daß ſie ihr gantzes Guth der Kirche zu ei - ner Gabe bringen moͤchten. Dieſes kan abermahls aus Salviano erwieſen werden / da er ſchreibetb)Man muſte alles dahin geben.Saluianus cit. l. Sed dicit aliquis: Totum ergo Deo oblaturus eſt, quod habet? Non offerat totum quod habet, ſi non pu - tat ſe debere totum quod habet. Alſo mu - ſte man die Gaben bringen, Vt offerens plus ſibi in his,quæ: Es moͤchteeiner(a)punctione, cum lacrymis: offerat cum dolore, cum luctu. Ali - ter quippe oblata non proſunt: quia non pretio, ſed affectu pla - cent. Itaque cum offert Deo quisquam facultates ſuas, non offerat quaſi præſumtione donantis, ſed quaſi humili - tate ſoluentis; nec abſoluere ſe peccata ſua credat, ſed alleuare; nec offerat cum redemptionis fiducia, ſed cum placationis offi - cio, ne quaſi totum debitum reddens, ſed quaſi vel paruum de magno reddere cupiens: quia etiamſi tradat quod habet pro mo - do rerum, non reddit quod habet pro magnitudine peccatorum. 275Beicht-Pfennig. einer ſagen: Man muß alſo GOTT alles bringen, was man hat? Man bringe nicht alles, wenn man nicht ver - meinet, man ſey alles ſchuldig, was man hat. Ja man muͤſte die Guͤther auf eine ſolche Weiſe darreichen / daß man dafuͤr haͤlt, man habe in dieſem mehr, was man GOtt uͤberlaſſen, als was man zuvor gehabt. Denn was die Men - ſchen haben, iſt zeitlich; was man aber GOtt uͤberlaͤſt, iſt ewig. Wenn man am beſten verſichert ſeyn wolte / daß die Suͤn - den erlaſſen waͤren / ſo muͤſte man alles / was man haͤtte / dahin geben. Dieſes iſt wiederum Saluiani Philoſophiec)Idem cit. l. Totum inquit aliquis oblaturus eſt? At ego dico,Die Gaben t[il]- gen die Suͤn - den. eſſe hoc totum parum. Quid enim jam ſcit aliquis, an peccato - rum menſuram oblata compenſent? Jam ſcit aliquis, an tantum ſit in officio placationis, quantum eſt in offenſione diſcriminis? Si nouit quisquam hominum peccatorum, quanta redimere deli - cta posſit, vtatur ſcientia ad redemptionem. Si vero neſcit; cur non tantum offerat, quantum poteſt? vt ſi compenſare peccata non valet pretii magnitudine, ſaltim mentis deuotione com - penſet. d) Sal -. Es moͤchte einer ſagen, man muͤſte alles bringen. Jch aber ſage, daß dieſes alles ein weniges iſt. Denn weißt jemand, ob die Gaben das Maaß der Suͤnde abtragen? Weißt jemand, ob die Verſoͤhnung ſo groß als die Beleidigung iſt? Weißt ein Menſch, mit wie viel er ſeine Suͤnden bezahlen koͤnne, ſo brauche er ſich zur Ausloͤſung ſolcher Wiſſenſchafft. Weißt er es aber nicht, warum ſolte er nicht ſo viel zur Gabe brin - gen, als er kan? Und wenn er die Suͤnden nach der Groͤſſe des Werths nicht abtragen kan, ſo mag er es nur nach der Froͤm - migkeit des Gemuͤthes thun. Wenn alle Leute ſolchen Vorſtellungen Platz gegeben / ſo wuͤrde die Cleriſey alle Guͤ - ter an ſich gebracht haben. Die Layen haͤtten ſo dann ein - zig und allein ihrer Gnade leben muͤſſen. Saluianus hat anſich(b)quæ Deo relinquit, præſtari æſtimet, quam in illis, quæ prius ha - buit. Quia hoc quod habetur ab homine temporarium eſt: quod autem Deo relinquitur, ſempiternum. m m 2276II. Abth. III. Cap. Von demſich nichts ermangeln laſſen / die Leute dahin zu bringend)Man muſte al - ſo zur Loͤſung der Seele die Guͤther der Kirche uͤber - laſſen.Saluianus thut cit. l. Lib. II. ein uͤbriges, die Moͤnche und Non - nen und alle die gottsfuͤrchtig ſeyn wolten, dahin zu bringen, bey dem Abſterben noch ſo religieus zu ſeyn, und durch Geſchen - cke dasjenige zu tilgen, was man im Leben unrecht gethan. Es waͤre eine rechte Unbeſonnenheit, andere zu Erben einzuſetzen, und ſich ſelbſt zu enterben. Andere machte man auf eine kurtze Zeit reich, ſich aber auf ewig zu einem Bettler. Quæ inſania eſt, o miſerrimi, vt hæredes alios quoscunque faciatis, vos ipſos ve - ro exhæredatis. Vt alios relinquatis vel brevi diuites, vos ipſos æterna mendicitate damnatis. Auf eben ſolche Weiſe urtheilet er Lib. III. und brauchet noch verſchiedene andere Schein-Gruͤn - de. Jch will um Kuͤrtze willen nur einige Worte ſo gleich latei - niſch hieher ſetzen. Sed eſto, ſaget er, indulgeri parentibus posſit, naturæ inſalubriter indulgentibus: quid quod nonnulli filios non habentes a reſpectu tamen ſalutis ſuæ & remedio peccatorum penitus auertunt? Ac licet ſemine ſanguinis ſui careant, quæ - runt tamen quoscunque alios, quibus ſubſtantiam propriæ facul - tatis addicant, id eſt, quibus vmbratile aliquod propinquitatis nomen inſcribant: quos ſibi quaſi adoptiuos imaginarii parentes filios faciant, & in locum eorum, quæ non ſunt pignorum perfi - dia generante ſuccedant. a) Daß. Dergleichen Lockſtimmen hoͤret man auch noch heute zu Tage. Die Furcht vor dem Fegefeuer bringet auch die Ca - tholicken dahin / daß ſie in Uberlaſſung ihrer Guͤther an die Kirche / oder Cleriſey ein uͤbriges thun.

Kirchen - Guͤther heiſſen der Armen Erb-theil.
524

§. XXI.

Es moͤchte aber jemand ſagen / man muͤſte ja denen Armen gutes thun. Die Kirchen-Guͤther / waͤ - ren das Erbtheil der Armen. Alſo duͤrffte man es denen Leuten nicht uͤbel nehmen / wenn ſie auf die Vermehrung deſſen ſo ſehr bedacht waͤren. Sie ſuchten auf ſolche Wei - ſe nur der Armen beſtes zu befoͤrdern. Es iſt wahr / vor - mahls waren die Kirchen-Guͤther das Erbtheil der Ar -men.277Beicht-Pfennig. men. Die Gaben wurden zum Unterhalt der Armen angewendet. Es war alles wohl und loͤblich ange - ordnet / ſo lange man bloß das Armuth mit ſolchen freywilligen Geſchencken bedachte. Allein wir haben nur vorjetzo den Nahmena)Daß die Kirchen-Guͤther das Erbtheil der Armen genennetWie derglei - chen Benen - nungen hin und wieder vorkommen. worden, kan man aus mehr als einer Stelle erweiſen. Selbſt in denen Canoniſchen Rechten kommen ſolche Benennungen fuͤr. Vid. c. 28. C. 12. q. 1. c. 24. C. 12. q. 2. c. 59. & 66. C. 16. q. 1. c. 2. X. de reb. eccleſ. non alien. Julianus Pomerius, Lib. II. de vit. con - templ. c. 9. ſaget gantz deutlich, die Kirchen-Guͤther waͤren nichts anders als Geluͤbde der Glaͤubigen, Wehrt vor die Suͤnden, Erbtheil der Armen. Nil aliud ſunt res eccleſiæ niſi vota fide - lium, pretia peccatorum, patrimonium pauperum. Carolus M. hat dieſe Worte Pomerii in capit. Lib. I. tit. 83. wiederhohlet. Wer von denen Kirchen-Guͤthern etwas entzoge, hieſſe ein Moͤr - der der Armen. Vid. Gerhardus du Bois in Hiſtor. eccleſ. Pari - ſienſ. Lib. XVI. c. 7. §. 6. add. Thomasſinus P. III. de vet. & nou. ec - cleſ. diſcipl. Lib. III. c. 26. ſq. & Joh. Launojus de cura eccleſ. pro mi - ſer. & pauper. b] Fla - / keines weges aber werden die Ar - men vornehmlich aus ſolchen Guͤthern bedacht. Denn nach der Apoſtel Zeiten / lieſſe man auch andere die Gaben / ſo die Glaͤubigen gebracht / mit genieſſen. Alles ware un - ter der Hand des Biſchoffes / und die Cleriſey fienge all - maͤhlig an / ſich vornehmlich von ſolchen Geſchencken zu be - dencken. Mit der Zeit iſt es dahin gekommen / daß die Ar - men kaum den vierten Theil bekommen. Endlich aber iſt auch dieſe Summa verringet worden / ſo daß man gar ein weniges dem Armuth zum beſten auffwendet. Die Kirchen-Guͤther ſind alſo das Erbtheil der Cleriſey wor - den. Das Wort Kirche wird auch in einem gar verderb - ten Verſtand von der Cleriſey gebraucht / wie noch heute zu Tage gebraͤuchlich iſt. Was alſo der Kirche zukommt /ſte -m m 3278II. Abth. III. Cap. Von demſtehet auch der Cleriſey zu. Dieſe will κατ᾽ ἐξοχὴν arm ge - nennet ſeyn. Daß aber die Kirche und Cleriſey einerley ſey / bekennet auch Flodoardus, da er ſagetb)Kirchen-Guͤ - ther ſind Erb - theil der Geiſt - lichen.Flodoardus lib. II. hiſt. Remenſ. c. 5. Juſtum eſt, vt ſicut ſacerdos habet, quod eccleſiæ dimisſum eſt, & eccleſia habeat, quod relinquitur ſa - cerdoti. Was aber das Wort Kirche in der Bibel bedeute, davon werde wohl anderwaͤrts reden. Jetzo ſage ich nur, die Cleriſey kom - me niemahls unter dem Wort Kirche vor. Ja es ſind ſo zu ſagen gaͤntzlich ἀσύςατα, daß die Cleriſey und Kirche einerley ſeyn ſolten.: Es iſt billig, daß der Prieſter habe, was der Kirchen uͤberlaſſen worden, und die Kirche, was dem Prieſter zugehoͤret.

Wegen des Gewinſts von dieſen Gabẽ ſuch - te man die Kirchen-Dienſte.
526

§. XXII.

Auff dieſe Weiſe ſuchten gar viele um Ge - winſts willen Kirchen-Diener zu werden. Sie gedachten nicht auf das / was Chriſti ware / ſondern was ihnen zum beſten moͤchte dienen. Die Gaben, ſo von denen Zuhoͤrern gewoͤhnlicher maſſen gebracht wurden / waren auch ein Mittel / dem Geitz einiger Geiſtlichen ein Genuͤgen zu lei - ſten. Ammianus Marcellinus hat davon eine merckwuͤr - dige Geſchichte auffgezeichnet / er ſchreibet unter anderna)Zeugniß Am - miani Mar - eellini. Ammianus Marcellinus Lib. XXVII. cap. 3. Damaſus & Vrſinus ſupera humanum modum ad rapiendam Epiſcopatus ſedem arden - tes ſciſſis ſtudiis aſperrime conflictabantur, ad uſque mortis vul - nerumque diſcrimina adiumentis vtriuſque progreſſis: quæ nec corrigere ſufficiens Juuentius, nec mollire, coactus vi magna ſe - cesſit in ſuburbanum. Et in concertatione ſuperauerat Dama - ſus, parte, quæ ei fauebat, inſtante. Conſtatque in baſilica Sici - ni, vbi ritus Chriſtiani eſt conuenticulum, vno die centum tri - ginta ſeptem reperta cadauera peremptorum: efferatamque diu plebem ægre poſtea delenitam. Neque ego abnuo, oſtentatio - nem rerum conſiderans vrbanarum, huius rei cupidos ob im - petrandum quod appetunt, omni contentione laterum jurgari debere: cum id adepti, futuri ſint ita ſecuri, VT DITENTVR OBLATIONIBVS MATRONARVM, procedantque vehicu -lis:Da -279Beicht-Pfennig. Damaſus und Vrſinus, die uͤber menſchliche Weiſe auf den Bi - ſchoͤfllichen Sitz erpicht waren, machten unter ſich gewiſſe Partheyen und ſtritten mit einander, ſo daß es durch beyder Theile Beyhuͤlffe zur Toͤdtung und Verwundung kame: Ju - ventius, da er nicht vermoͤgend war ſolches zu aͤndern oder zu mildern, hat ſich wegen der Gewalt in die Vor-Stadt bege - ben muͤſſen. Jn dem Streit behielte Damaſus die Oberhand, durch Beyſtand des theils, der ihm gewogen war. Man weißt, daß in der Kirche Sicini, da die Chriſten ihren Gottes - Dienſt zu halten pflegen, an einem Tag hundert und ſieben und dreyßig erſchlagene Coͤrper gefunden worden: und mu - ſte man viele Zeit haben den auffruͤhriſchen Poͤbel zu beſaͤnff - tigen. Jch kan es auch nicht leugnen, wenn ich den Pracht in der Stadt betrachte, daß diejenigen, ſo Verlangen darnach haben, wenn ſie ihr Begehren erlangen wollen, ihr aͤuſſerſtes thun muͤſſen: Denn wenn ſie dieſes erreichet, ſo ſind ſie ver - ſichert, daß ſie durch die Gaben der Matronen bereichert werden / in Caroſſ en fahren koͤnnen, propres gekleidet ſeyn, und koſtbare Gaſtereyen, die auch Koͤnigliche Taffeln uͤbertreffen, auszurichten vermoͤgend ſind. Wenn dieſer Heydniſche Scribente einem nicht anſtehet / den will ich auf Hierony - mum verweiſen. Dieſer ſchildert die geitzigen Sitten der Geiſtlichen mehr als zu wohl ab. Er ſaget:b)Hieronymus epiſt. 22. ad Euſtachium. Quidam in hoc omne ſtudiumDer Cleriſey Begierde viel zu haben wird getadelt. vitamque poſuerunt, vt matronarum nomina, domos moresque cognoſcant, ex quibus vnum, qui hujus artis eſt princeps, bre - viter ſtrictimquue deſcribam, quo facilius, magiſtro cognito, diſcipulos recognoſcas. Cum ſole feſlinans exſurgit, ſalutandi ei ordo diſponitur, viarum compendia requiruntur, & pene vs - que ad cubicula dormientium ſenex importunus ingreditur: ſi puluillum viderit, ſi mantile elegans, ſi aliquid domeſticæ ſup - pellectilis, laudat, miratur, attrectat, & ſe his indigere conque -rens,: Einigebrin -(a)lis inſidentes, circumſpecte veſtiti, epulas curantes profuſas, adeo vt eorum conuiuia regales ſuperent menſas. 280II. Abth. III. Cap. Von dembringen ihre gantze Zeit damit zu, daß ſie die Nahmen der Matronen, ihre Haͤuſer und Sitten erkennen moͤgen, von wel - cher Gattung ich einen, der der Kunſt ein Meiſter iſt, auf das kuͤrtzeſte abſchildern will, damit wenn man von dem Meiſter weißt, man die Schuͤler deſto eher erkennen moͤge. Mit Auff - gang der Sonnen ſtehet er alſobald auf, und entwirfft die Ord - nung des Beſuchs, ſuchet die kuͤrtzeſten Wege, und dann geht der unverſchaͤmte Alte faſt biß an die Bette der noch ſchlaf - fenden: Wenn er ein huͤbſches Kuͤſſen, ein feines Tuch oder andern Haußrath gewahr wird, ſo lobet er es, er bewundert es, er greiffet es an, er ſaget, daß er dergleichen beduͤrffe, und erlanget es nicht ſo wohl, als daß er es vielmehr herauspreſt: Denn ein jeder traͤget Bedencken, dieſen allgemeinen Stadt - Laͤuffer zu beleidigen. Einige Vaͤter haben ebenfals die garſtige Mode / da die Cleriſey alle Gaben, ſo die Glaͤubigen ge[br]acht / unter ſich getheilet / zum hoͤchſten gemißbilligetc)Einige Patres rathen, ferner keine Gaben in der Kirche zu opffern.Joh. Chryſoſtomus in Homil. 21 in epiſt. Pauli I. ad Cor. raͤthet denen Glaͤubigen, ſie ſolten vielmehr ihr Allmoſen ſelbſt unter die Armen ausſpenden, und nicht ferner denen Prieſtern einhaͤndi - gen. Eben dieſes will auch Gregorius Nazianzenus in orat. 32. Sie ſahen, daß die Cleriſey alles vor ſich behielte.. Denn wie ſaͤuberlich ſie mit denen Armen verfahren / iſt be - reits gemeldet worden. Der Roͤmiſche Biſchoff Damaſus, ſpricht auch alle ſolche Gaben denen Geiſtlichen zu / und meinet / es duͤrffte ſonſt niemand etwas davon genieſſen. Dieſe Gewohnheit, ſaget erd)Die CleriſeySeine Worte hat Gratianus in c. 15. C. 10. q. 1. Hanc conſuetu -dinem, / welche wieder die Catholi -ſche(b)rens, non tam impetrat, quam extorquet: quia ſinguli metuunt veredarium vrbis offendere. Add. Idem epiſt. ad Heliodor. 2. ad Nepotianum epiſt. 2. Dieſem Ubel haben auch die Keyſer Valen - tinianus, Valens und Gratianus abhelffen wollen, wie man aus ihrer Verordnung an Damaſum, deſſen Marcellinus in vorher - gehender Note erwehnet, erſehen kan. Vid. L. 20. C. Theod. de Epiſc. eccleſ. & cler. 281Beicht-Pfennig. ſche Kirche einſchleichen will, verbieten wir gaͤntzlich, und wollen, daß die Gaben, die in der Kirche geopffert werden, keinesweges in der Gewalt der Layen ſtehen: Es gebuͤhret allein denen Prieſtern, die taͤglich GOtt zu dienen ſcheinen, davon zu eſſen und zu trincken: Weil GOtt im alten Teſta - ment verboten, daß die Kinder Jſrael von denen heiligen Broden eſſen ſoltẽ, und hat es allein Aaron und ſeinen Soͤhnen gelaſſen: Dieſe Brode ſind viel von denen unterſchieden, die an - jetzo in der heiligen Gemeine geopffert werden: Denn jene waren unter dem Schatten des Geſetzes, dieſe aber unter der Gnade des Heil. Geiſtes, und da das Evangelium in der gan - tzen Welt leuchtet, ſehen Sie weit klaͤrer aus. Auff was Weiſe und mit was vor Gewiſſen wollet ihr nun die Gaben annehmen, da ihr kaum vermoͤgend ſeyd vor euch, geſchwei - ge denn vor andere GOtt zu bitten? Es iſt etwas boͤſes und GOttes Gebot zuwieder, bringet auch der Seele Schaden, wenn man ſich deſſen unterziehet, was einem auf keine weiſe zukommt. etc: Solchen Dunſt machte man denen armen Layen vor die Augen / und entzoge ihnen daßjenige / was ihnen von Rechtswegen gebuͤhretee)Es machte es alſo die Geiſtlichkeit wie der Loͤwe in den FabelnWird mit ei -Phæ -.

§. XXIII.

(d)dinem, quæ contra ſanctam eccleſiam catholicam augeri videtur,hat es vor et - was ungerech - tes angeſehen, wenn die ar - men Layen et - was von denen Opffer-Gaben bekaͤmen. omnino interdicimus, vt nullo modo vnquam oblationes, quæ intra ſanctam eccleſiam offeruntur, ſub dominio laicorum deti - neantur: ſed tantummodo ſacerdotibus, qui quotidie domino ſeruire videntur, liceat comedere & bibere: quia in veteri teſta - mento prohibuit dominus, panes ſanctos comedere filiis Iſrael, niſi tantummodo Aaron & filiis eius: qui panes longe erant ab iſtis panibus, qui nunc in ſancta eccleſia offeruntur: quia illi ſub vmbra legis erant, qui vero modo, ſub gratia Spiritus ſancti, to - to mundo evangelio corruſcante, lucidiores eſſe videntur. Qua fronte aut qua conſcientia oblationes vultis accipere, qui vix va - letis pro vobis, nedum pro aliis, Deo preces offerre? quia pravum eſt & contra dominicum præceptum, & detrimentum animæ ſuæ infert, qui illud agere conatur, quod ei nulla ratione conceditur &c.

(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) n n282II. Abth. III. Cap. Von dem
Gaben, ſo heute zu Ta - ge der Cle - riſey gelief-fert werden.
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§. XXIII.

Von dieſen freywilligen Gaben aber / ſo die Glaͤubigen gebracht / iſt der Anfang der Kirchen-Guͤ - ther herzuhohlen / welche die Cleriſey nachgehends in un - gemeiner Menge zuſammen geraſpelt. Hieraus entſtun - den die Zehenden / Kirchen-Unterthanen / oder Dotales, Zinß-Liefferungen / Liefferungen in eſſenden Waaren / und anderes mehr. Man hat auch uͤber dieſes noch heute Ar - ten von Gaben und Opfferungen. An einigen Orten iſt es zu gewiſſen Zeiten gebraͤuchlich / daß ſich gewiſſe Per - ſonen zu dem Altar nahen / und daſelbſt Geld opffern muͤſ - ſen. Der Cardinal Bona ſchreibet davon alſo:a)Bonæ Worte hievon.Bona rer. Liburg. L 2. c. 8. §. 8. Adhuc viget mos offerendi in multis eccleſiis, præſertim in pagis & oppidulis ruſticorum, quæ oblationes tamen non in vſum ſacrificii cedunt, ſed parocho vel pauperibus tribuuntur, imo plerumque pecunia offertur; nam cum populi communio refrigeſcente charitate ceſſaſſet, & ad vſum celebrantis modica panis particula ſufficeret, panis vero pro vſu ſacrificii a clericis formaretur, cœpit populus, vt ait Ho - norius in gemma animæ, pro oblatione panis ſiue farinæ dena - rios offerre. b) Wie: Es iſt noch jetzo in vielen Kirchen das Opffern gebraͤuchlich, vor - nehmlich in Doͤrffern und kleinen Staͤdten, welche Gaben a - ber nicht zum Opffer angewendet werden, ſondern dem Pfar - rer oder Armen zum beſten gedeyhen, ja gemeiniglich lieffert man Geld; denn da die Gemeinſchafft des Volckes, als die Liebe erkaltet, aufgehoͤret, und zum Gebrauch des Abend -mahls(e)nem Gleichnuͤß getadelt.Phædri, der denen andern Thieren, die mit ihm gleiche Theile genieſſen ſolten, aus kahlen Urſachen alles hinweg nahm. Ego primam tollo, nominor quia Leo, Secundam, quia ſum fortis, tribuetis mihi: Tum quia plus valeo, me ſequetur, tertia; Malo adficietur, ſi quis quartam tetigerit. Sic totam prædam ſola improbitas abſtulit. Phædrus Lib. I. fab. V. 283Beicht-Pfennig. mahls wenig Brod noͤthig war, dieſes Brod aber zum Ge - brauch des Opffers von der Cleriſey zubereitet wurde, ſo hat, wie Honorius in gemma animæ ſaget, das Volck angefangen, ſtatt des Brods oder Mehls, Geld zu lieffern. Es iſt auch in der Proteſtirenden Kirchen-Ordnungen verſehenb)Wie in ordin. conſiſt. March. tit. 17. verſehen. Hiemit ſtimmetWegen dieſer Gaben iſt de - nen Pfarr-Kin - dern unterſa - get worden, an - derwaͤrts dem Gottes-Dienſt beyzuwohnen. auch uͤberein, die Celliſche Kirchen-Ordnung c. 12. Weil a - ber vormahls alle Sonntaͤge die Gaben gelieffert worden, ſo iſt ohnfehlbar daher die Verordnung gekommen, daß die Pfarr - Kinder, nicht in andern Kirchen dem GOttes-Dienſt beywohnen ſolten. Franciſcus de Roy in Inſtitut. jur. canon. Lib. II. tit. 14. §. 8. beruffet ſich auff dieſes, und wird man auch keine andere ge - gruͤndete Urſache geben koͤnnen.: Daß in Hochzeiten die Braͤute neben den Jungfrauen, desglei - chen die Kind-Betterrinnen, wenn ſie ihren Kirchgang hal - ten, fein ordentlich zum Altar gehen, und allda opffern. Man kan auch hieher ziehen diejenigen Gaben / welche durch den Klingebeurel geſammlet werden. Von dieſem finde ich folgende Verordnung des Hertzog Ernſts zu Sachſenc)Vid. Erneſti ſynodal Verordnung de Ao. 1645. tit. 16. Die Ar -Von denen Sammlungen durch den Klin - ge-Beutel. men aber bekommen gar ein weniges von ſolchem geſammleten Gelde. Das meiſte wird zur Erhaltung der Kirche, der Pfarr - und Schul-Haͤuſer, ja auch zur Beſoldung der Pfarrer und Schulmeiſter angewendet, und auf Zinſen ausgeliehen. Die Armen bekommen zum oͤfftern kaum ſo viel, als nur zur Abnah - me der jaͤhrlichen Rechnung dieſer Einkuͤnffte auffgewendet wer - den muß. Wer mehr von dieſer Sammlung des Geldes wiſ - ſen will, kan Wildvogels diſputation de ſacculo ſonante nachſehen. a) Jn: Es iſt auch vor noͤthig erachtet worden, daß an welchen Or - ten die Klingel-Saͤcklein auf die Sonn und Feſt-Tage nicht gebraͤuchlich, dieſelbe nachmahls angeordnet, und auch an den Sonn und Feſt-Tagen, da keine Communion gehalten wird, herum etragen werden, damit man etwas davon de - nen Armen zu ſteuren in Vorrath haben, oder zu andern vor -fal -n n 2284II. Abth. III. Cap. Von demfallenden Nothwendigkeiten es anzuwenden haben moͤge. Das meiſte aber wird der Geiſtlichkeit zum beſten an und aufgewendet.

Unterſchied unter ſol - chen Gaben und dem Beicht-Pfennig.
538

§. XXIV.

Es moͤchte einigen vorkommen / daß ich mich allzulang bey dieſer Sache verweilet / und zu weit von mei - nem Vorhaben abgegangen. Allein es hat es die Noth - wendigkeit erfordert / damit man deſto beſſer urtheilen koͤn - te / ob der Urſprung des Beicht-Pfennigs von dieſen Gaben herzuleiten ſey oder nicht? Man wird aber aus demjeni - gen / ſo bißanhero vorgetragen / erkennen / daß es etwas un - gereimtes ſey / den Beicht-Pfennig von ſolchen Gaben her - zuleiten. Die Gaben / ſo die Glaͤubigen Anfangs gebracht / beſtunden meiſtentheils / in ſolchen Sachen / die zur Speiſe und Tranck gehoͤrten. Man bereitete daraus ein Mahl / vornehmlich die Armuth dadurch zu erquicken. Was man ſonſt geliefert / wurde ebenfalls dem Armuth zum beſten angewendet / die Kirchen-Diener bekamen nichts davon / als ſo ferne ſie unter die Armen und Duͤrfftigen mit ge - hoͤrten. Ferner reichten die Glaͤubigen ihre Gaben nicht vor einen gewiſſen Dienſt, den die Kirchen-Diener ver - richtet / wie ſie denn auch ihre milde Hand nicht inſonder - heit zur Erhaltung derſelben auffgethan haben. a)Des Beicht - Pfennigs Ur - ſprung darff man bey ſol - chen Gaben nicht ſuchen.Jn ſoweit kan ich wohl ſagen, daß der Beicht-Pfennig aus dieſen Gaben hergeleitet werden koͤnne, weil ſolche aus freywilligem Ge - muͤthe am Anfang gegeben worden. Alle jura ſtolæ aber haben ihren Urſprung von der Freygebigkeit der Layen. Wie aber das - jenige, was man Anfangs ohngezwungen und freywillig gethan, mit der Zeit in eine Nothwendigkeit kan verwandelt werden; ſo iſt es auch bey allen juribus ſtolæ geſchehen. Selbſt die Gaben, ſo man zuerſt freywillig brachte, wurden wie gezeiget, hernachmahls als eine Schuldigkeit gefordert. Allein den Beicht-Pfennig kan ich ohnmoͤglich von dieſen Gaben herhohlen. So viel glaubegar

§. XXV. 285Beicht-Pfennig.

§. XXV.

Da nun deme alſo / ſo muß man den An -Urſprung des Beicht - Pfennigs. fang des Beicht-Pfennigs zu denenjenigen Zeiten ſuchen / da die geheime Beichte zu ihrer jetzigen Vollkommenheit gediehen iſt. Daß ſolches zu Innocentii III. Zeiten ge - ſchehen / habe im vorhergehenden weitlaͤufftig abge - handelt. Wie nach es aber gekommen / daß man wegen Anhoͤrung der Beichte und Ertheilung der Abſolution denen Prieſtern einen recompens gegeben / kan man ſo gewiß nicht ſagen. Es kan ſeyn / daß die Zuhoͤ - rer Jhre Erkaͤnntlichkeit zu erweiſen / angefangen freywil - lig etwas zu geben. Dieſem Exempel / ſo einige gegeben / ſind die andern nachgefolget. Man hat eine Nothwen - digkeit daraus gemacht. Jch will die Sache mit Pauli Sarpii Worten erleuterna)Sarpius dans ſon traite des benefices §. 28. Comme quelques gensUrſprung der Accidentien. pieux & riches, donnoent s’ils vouloient quelque choſe pour la ſepulture de leurs parens, ou pour les ſacremens, qu ils re - cevoient, la courtoiſie ſe convertit en déte, jusque a introduire la coûtume, de paier tant, ce qui fut un ſujet de diſpute, les laî -ques: Weil etliche fromme und rei -che(a)gar gerne, daß bey Einfuͤhrung der Beichte, die Cleriſey denen Lay - en zu Gemuͤthe gefuͤhret: Die erſten Chriſten haͤtten alle das ihri - ge verkaufft, und ſolches denen Clericis gegeben. Sie ſolten es alſo fein nachmachen, und zum wenigſten ihnen vor jeden geleiſte - ten Dienſt etwas mittheilen. Am kuͤrtzeſten von der Sache zu kommen, ſo iſt ja bekannt, daß, da die Gaben von denen Chriſten am haͤuffigſten gelieffret wordẽ, man von keiner Beichte etwas gewuſt. Denn dieſe iſt ja erſt unter Innocentio III. im XIII. Seculo zu Stan - de gebracht worden. Wie reimet es ſich alſo / wenn man ſaget: den Beicht-Pfennig findet man ſchon bey denen gewoͤhnlichen Ga - ben der erſten Chriſten, und iſt doch dazumahl noch keine Beichte zu hoͤren und zu ſehen geweſen. Es gemahnet mich eben als wenn man ſagen wolte, das Ey ſey eher als die Henne, und der Bart eher als der Bock geweſen.n n 3286II. Abth. III. Cap. Von demche Lente, wenn es ihnen belieblich geweſen etwas vor das Be - graͤbnuͤß ihrer Verwandten, oder vor Reichung der Sacra - mente gegeben, ſo hat ſich dieſe Guͤthigkeit in eine Schuldig - keit verwandelt, biß endlich eingefuͤhret worden, ſo viel zu bezahlen, welches Gelegenheit zu Zancken gabe, die Layen wol - ten vor die Reichung der Sacramente nichts bezahlen, weil ſie die Zehenden aus keiner andern, als dieſer Urſache liefer - ten. Die Geiſtlichen aber wolten ihren Dienſt nicht verrich - ten, wenn man ihnen dasjenige nicht geben wuͤrde, was ge - braͤuchlich waͤre. Der beruͤhmte Juriſt Petrus Mullerus iſt mit mir einerley Meinung / daß der Anfang des Beicht - Pfennigs vor Innocentii III. Zeiten nicht zu ſuchen. Er ſtehet aber in denen Gedancken / daß eben dieſer Papſt ſol - chen eingefuͤhret. Jch halte dafuͤr, ſaget erb)Muͤllers Mei - nung von dem Urſprung des Beicht-Pfeu - nigs.In diſp. de nummo confesſionali. Aſt exiſtimamus nummum con - fesſionalem introductum fuiſſe cum confesſione auriculari pon - tificia. Hæc vero inſtituta eſt anno Chriſti 1213. & eccleſiæ ab Innocentio III. obtruſa. Quo autem confesſio talis majorem au - toritatem tam apud ſacrificulos, quam apud confitentes obtineret, numis & pecunia tanquam firmo fulcro ſtabilita fuit. Præuidit enim Papa, lucrum hoc ſacrificulos ſtimuiaturum, vt majori cura audito - res hos ad talem confesſionem allicerent; neque dubium eſt, ho - mines haud inuitos acceleraſſe, quando tali doctrina a ſacerdoti - bus imbuti fuere, pecunia ſcilicet peccata ſimul redimi, prout Tezelius in nundinis indulgentiarum exclamauit: So bald das Geld im Kaſten klinget, So bald ſich die Seel im Himmel ſchwinget. c) Die - / Der Beicht - Pfennig ſey mit der Ohrenbeichte eingefuͤhret worden. Die - ſe aber iſt im Jahre 1213. aufkommen, und der Rirche von Innocentio III. aufgedrungen worden. Damit aber dieſeBeich -(a)ques ne voulant rien païer pour l adminiſtration des ſacremens, parce qu ils ne paioient les dismes, que pour cela; Et les Ec - cleſiaſtiques refuſant de faire leurs fonctions, ſi l’on ne leur don - noit, ce qu ils pretendoient être d uſage. 287Beicht-Pfennig. Beichte ſowohl bey denen Pfaffen als denen Beichtenden in groͤſſeres Anſehen kaͤme ſo iſt ſolche mit Pfennigen und Gel - de feſte geſetzet und unterſtuͤtzet worden. Der Papſt ſahe zum voraus, dieſer Gewinſt wuͤrde die Pfaffen anreitzen, daß ſie deſto fleißiger waͤren, ihre Zuhoͤrer zu ſolcher Beichte an - zumahnen; es iſt auch kein Zweiffel, daß die Leute ſich gerne dabey eingeſtellet, weil ſie mit der Lehre eingenommen wa - ren, man koͤnte mit Geld die Suͤnden erkauffen, wie Tezel bey ſeinem Ablaß-Kram ausgeruffen:

So bald das Geld im Kaſten klinget, So bald ſich die Seel im Himmel ſchwinget.

Jch laſſe dieſes dahin geſtellet ſeyn. So viel iſt inzwiſchen gewiß / daß die Canones Verordnung gethan / man ſolte nichts vor die heiligen Handlungen fordern / wenn aber jemand freywillig etwas geben wolte / ſolches ſolte anzunehmen erlaubet ſeync)Dieſes iſt von mir in dem Tractat de Simoniæ crimine Sect. I.Meine Mei - nung. weitlaͤufftig gezeiget worden. Daß Innocentius ſo gleich ange - ordnet, man ſolte nach erlangter abſolution einen recompens ge - ben, glaube ich auch daher nicht, weil in ſeiner Verordnung von der Beichte, nichts davon anzutreffen. Der Papſt hat ſonſt alles, wie es ſolte gehalten werden, gar weitlaͤufftig anbefohlen. Er hat geordnet, wie ſich der Beicht-Vater und die Beicht-Kin - der verhalten ſolten. Waͤre ſeine Meinung dahin gegangen, daß die Cleriſey von ſolcher Handlung einen Gewinſt ziehen ſolte, ſo wuͤrde er es Zweiffels ohne gemeldet haben. Alſo kan ich Muͤllern nicht beypflichten. Vielmehr halte ich dafuͤr, daß ei - nige aus generoſitaͤt und Erkaͤnntlichkeit denen Pfaffen etwas gegeben. Dieſem Exempel ſind nachmahls andere gefolget. a) Un -. Alſo ſcheinet es / daß viel - mehr der Beicht-Pfennig freywillig von denen Zuhoͤrern ſey entrichtet worden.

§. XXVI.

Da man nun auch bey uns mit der pri -vat -288II. Abth. III. Cap. Von demDer Beicht - Pfennig iſt kein unge - rechter Lohn.vat-Beichte den Beicht-Pfennig beybehalten / ſo haben ſich verſchiedene gefunden / welche dieſen Recompens, aus mehr als einer Urſache verworffen habena)noch eine ſi - monie. Unter denen Fehlern die man bey dem Beicht-Pfennig wahr genommen, iſt derjenige der vornehmſte, daß ſolches Geſchencke eine Art der ſimonie ſeyn ſoll. Welche aber alſo urtheilen, wiſ - ſen gantz und gar nicht, was ſie ſagen, und worinnen das Laſter der ſimonie beſtehet. Sie raiſonniren mit denen Papiſten gantz verkehrt von geiſtlichen Dingen, und verrathen damit die Schwachheit ihres Verſtandes. Jn meinem Tractat de crimi - ne ſimoniæ habe ich ausfuͤhrlich davon gehandelt, und den Beicht - Pfennig von dieſem Laſter befreyet, wohin ich mich beziehe, wie - wohl noch eines und das andere hier beybringen will.. Abſonderlich hat man ſolchen als einen ungerechten Lohn anſehen wollen. Soll ich aber aufrichtig von der Sache urtheilen, ſo kan ich nicht anders ſagen / als daß hier nichts ungerechtes an - zutreffen ſey. Mich duͤncket / es lauffe auf eines hinaus / ob man denen Kirchen-Dienern vor ihre Amts-Verrich - tungen etwas uͤberhaupt, oder vor jegliche Verrichtungen inſonderheit gebe. Jſt dieſes letztere etwas ungerechtes, ſo ſind fuͤrwahr die jaͤhrlichen Beſoldungen auf eben ſolche Weiſe beſchaffen. Denn man reichet ihnen dieſelbe aus kei - ner andern Urſache / als wegen ihrer Amts-Verrichtun - gen. Die Patres zu Agde haben ſolches gar wohl erkannt / wie folgende Worte zeugenb)Denen Geiſtli - chen gebuͤhret Beſoldung.Concil. Agathenſe c. 36. welchen Gratianus in c. 10. C. 1. q. 2. angefuͤhret. Clerici omnes, qui eccleſiæ tideliter vigilanterque deſeruiunt, ſtipendia ſanctis laboribus debita, ſecundum ſeruitii meritum, per ordinationem canonum a ſacerdotibus conſe - quantur. Die Patres haben Zweiffels ohne auf die alte Ge - wohnheit geſehen, da die Biſchoͤffe und Aelteſten, was einge - kommen war, unter die uͤbrige Prieſterſchafft ausgetheilet haben. a) Jn: Alle Geiſtliche, die der Kirche treulich und wachſam dienen, ſollen nach ihrem Verdienſt be -ſoldet289Beicht-Pfennig. ſoldet werden, wie die Canones denen Prieſtern befohlen. Gleichwie man aber bißanhero denen jaͤhrlichen Beſol - dungen kein Laſter noch etwas unrechtmaͤßiges beygemeſ - ſen / ſo wird man auch dergleichen recompenſen / die acci - dentia heiſſen / nichts ungerechtes andichten koͤnnen.

§. XXVII.

Die Zuhoͤrer ſind ja verbunden / ihreDie Art der Beſoldung kommet auf das Gut - duͤncken an. Pfarrer zu ernehren / vornehmlich aber wenn die Kirchen - Guͤther hiezu nicht ſufficient ſind. Jſt es aber denn nicht einerley / wenn die Zuhoͤrer etwas zuſammen legen / und daraus eine ordentliche Beſoldung machen / oder verſpre - chen vor alle und jede Verrichtungen etwas zu geben. Jhre Meinung gehet dahin / das der Prediger ſeinen ehr - lichen Unterhalt haben ſoll. Dieſen zu verſchaffen ſind ſie allerdings gehalten. Dahero geſchiehet es auch faſt durchgehends / weil die ordentlichen Beſoldungen ſehr ge - ringe / daß die ſo genannten Accidentia nebſt derſelben entrichtet worden. Denn ob ſchon die Kirchen-Diener vornehmlich daßjenige / was Chriſti iſt / ſuchen / und ihr Amt nicht um ſchaͤndlichen Gewinſts willen verrichten ſollen / So koͤnnen ſie doch gebuͤhrenden Unterhalt mit gutem Recht fordern. Der Apoſtel Paulus hat ſolches mit ver - ſchiedenen Gruͤnden erwieſen und dargethana)Jn der I. Cor. IX. fuͤhret ſich der Apoſtel als ein vortrefflicherPauli Lehre von Beſoldung der Kirchen - Diener. Philoſophus auff. Er bringet ſolche Gruͤnde bey, welche nicht allein die Gerechtigkeit der jaͤhrlichen Beſoldungen, ſondern auch aller andern Einkuͤnffte ausfuͤndig machen. Er ſaget unter andern, daß niemand auf ſeinen eignen Sold ſtreite, wer einen Weinberg pflantzte, wuͤrde von der Frucht deſ - ſelben eſſen, wer eine Heerde weidete, wuͤrde die Milch von ſolcher genieſſen. Hierauf beruffet er ſich auf das Moſaiſche Geſetze, in welchem geboten: Du ſolt dem Ochſen nicht das Maul verbinden, der da driſchet. Ferner erlaͤutert er ſeinenSatz. Zwarbe -Recht der Beicht-Stuͤhle. ) o o290II. Abth. III. Cap. Von dembekennet er dabey / daß er ſich ſeines Rechts nicht bedienet. Was aber in eines jeden Willkuͤhr ſtehet / dazu kan er von andern nicht angehalten werden. Es bleibet alſo auch ohnſtreitig / daß die Prediger von denen Pfarr-Kindern muͤſſen unterhalten werden.

Fehler der Acciden - tien und des Beicht-Pfennigs.
547

§. XXVIII.

Jch wolte aber dennoch wuͤnſchen / daß die ſo genannten Accidentia unſerer Kirchen-Diener entwe - der abgeſchaffet / oder alſo eingerichtet waͤren / daß nicht ſo viel Unheil daraus entſtuͤnde. Gewißlich ſo wohl das ge - meine Weſen als die Kirche / empfinden mehr als einen Schaden davon. Der gelehrte und religieuſe Edelmann / Veit Ludwig von Seckendorff hat ſolches ſchon beobach - teta)Warum die accidentien zu tadeln?Seckendorff in dem Chriſten Staat. Lib. 3. c. 6. §. 4, wo fol - gende Worte zu befinden: Es iſt auch die Art der Accidenti en, an vielen Orten, wenn man es genau betrachtet, nicht recht vollſtaͤndig, ſondern machet dem Predig-Amt kein Anſe - hen, erreget Streit und Unwillen, und koͤnte viel beſſer aufehr -. Vornehmlich aber ſind bey dem Beicht-Pfennigver -(a)Satz mit dem Exempel eines Ackermanns, der auf Hoffnung pfluͤgete, und mit dem Exempel eines Dreſchenden, der eben - fals auf Hoffnung draͤſche. Endlich faͤhret er fort: So wir euch das Geiſtliche ſaͤen, iſts ein groß Ding, ob wir euer Leibliches erndten? Weiter ſetzet er hinzu: Wiſſet ihr nicht, daß die da opffern, eſſen vom Opffer? Und die des Altars pflegen, genieſſen des Altars? Gewiß mit dieſem Grund recht - fertiget er vor allen andern die jura ſtolæ und ſo genannten Ac - cidentia. Der Apoſtel hat auf den Gebrauch des alten Teſta - ments geſehen, da denenjenigen, die bey dem Altar gedienet, ein Theil des Opffers angewieſen worden. Num. XVIII. 8. Deut. XVIII. 1. Endlich machet er den Schluß; Alſo hat auch der HErr befohlen, daß die das Evangelium verkuͤndigen, ſol - len ſich vom Evangelio nehren. Conf. Leuit. XIX. 13. Deuter. XXIV. 14. XXV. 4. 291Beicht-Pfennig. verſchiedene grobe Mißbraͤuche eingeſchlichen. Der Seel. Spener hat verſchiedene bemercketb)Spener Vol. vlt. der Theol. Bedencken cap. 11. art. I. ſect. 18. daAbſonderlich der Beicht - Pfennig. er ſaget: Achte ich den Beicht-Pfennig, wie auch faſt ins - gemein die meiſten Accidentia, von denen noͤthigen unſers Amts-Verrichtungen, mehr von einen Mißſtand unſerer Kirchen, als daß wir uns deſſen zu erfreuen haͤtten. Aus dieſen Urſachen hat der Seelige Mann geſchloſſen, daß es rathſa - mer ſey, ſolche Accidentia abzuſchaffen, als beyzubehalten. Man muͤſte aber auf andern ehrlichen Unterhalt der Kirchen-Diener bedacht ſeyn.. Jch will anietzo nichts erwehnen / daß dieſe Bezeugung der Danckbarkeit gantz zu unrechter Zeit und ungehoͤrigem Ort an Tag geleget wird. Jedoch wird es nicht undienlich ſeyn / die Meinung des be - ruͤhmten Juriſtens / des Seel. Strycks daruͤber zu hoͤren. Es waͤre zu wuͤnſchen, ſagt erc)Stryck in not. ad Brunnem. jus eccleſ. Lib. II. cap. V. §. 6. Optan -Dieſer wird an keinem rechten Ort, und zu unrechter Zeit gegeben. dum ſane, vt alio in loco, quam vbi petitur abſolutio, hæc gra - titudinis conteſtatio fieret; negari enim nequit, quod eo mo - mento, vbi abſolutionis verba pronunciantur ab eccleſiæ mini - ſtro, cogitationes ſuas dirigere neceſſum habeant confitentes ad hunc nummum, quo illum in promptu habeant, vt finita abſo - lutione eum offerre poſſint; quod, quantum impedimenti ſæpius injiciat piis meditationibus, vnusquisque ſuo teſtabitur exemplo; vt hinc conſultius ſit, extra illum locum, vel alio tempore, mu - nuſculum aliquod offerre. Es beruffet ſich unſer Juriſt auf des Joh. Gerhardi loc. Theol. Tom. VI. de miniſt. eccleſ. §. 329. in fin. Dieſes Theologi Meinung gehet auch dahin, man moͤchte die Zu - hoͤrer anmahnen, daß ſie ihre Danckbarkeit und Guthaͤtigkeit zu anderer Zeit denen Kirchen-Dienern erwieſen. d) Denn / daß dieſe Bezeugung derDanck -(a)ehrlichen und untadelichen Unterhalt gedacht werden. Es hat auch Gerhard Wildermann einen Tractat geſchrieben: Groſſe Diana der Epheſer etc. oder ein Tractaͤtlein von de - nen Accidenti en der Prediger. Jn dieſem bringet er viele wich - tige Gruͤnde bey, warum die Accidentia ſolten abgeſchaffet werden.o o 2292II. Abth. III. Cap. Von demDanckbarkeit an einem andern Ort, als da die Abſolution gebeten wird, erwieſen wuͤrde. Man kan ja nicht leugnen, daß den Augenblick, da die Worte der Abſolution geſpro - chen werden, die Beichtende ihre Gedancken auf dieſes Geld richten muͤſſen, damit ſie es in Bereitſchafft haben, nach vol - lendeter Abſolution hinzulegen; was dieſes denen gottſeeli - gen Betrachtungen oͤffters vor Hindernuͤß in den Weg leget, kan ein jeder mit ſeinem Exempel bezeugen. Es waͤre alſo rathſamer, auſſerhalb dieſes Orts oder zu einer andern Zeit, eine Verehrung zu geben. Man hat aber noch andere Ur - ſachen / welche die Abſchaffung des Beicht-Pfennigs ra - then. Wer ſolche ohne Vorurtheile erwaͤget / wird mir Beyfall geben muͤſſen. Es wird niemand leugnen koͤn - nen / daß wegen der Veraͤnderung des Beicht-Vaters eine groͤſſere Freyheit ſeyn wuͤrde / wann der Beicht-Pfennig nicht waͤre. Es wuͤrde nicht ſo viel Zanck und Uneinigkeit unter der Prieſterſchafft ſetzen / wenn wir keinen Beicht - Pfennig haͤttend)Verhindert die Veraͤnderung des Beicht - Vaters.Denn wenn ich einen andern zum Beicht-Vater erkieſe, und dieſer nimmt mich auch an, hilff Himmel was wird da vor ein Lermen? Was entſtehet vor Unfug und Laͤſtern? Dieſes wuͤrde allerdings unterbleiben, wenn der Verluſt des Beicht-Geldes die Leute nicht ſo hitzig machte. Der ſcharffſinnige Titius, hat in der Probe des Geiſtlichen Rechts Lib. III. cap. 3. §. 30. ein ſolches auch beobachtet. Er erzehlet daſelbſt einige Urſachen, welche man anfuͤhret, warum der Beicht-Vater nicht zu veraͤndern, ſetzet aber dieſes hinzu: Allein wem es nicht um die Beicht-Pfennige zu thun iſt, der wird ſich durch die beſorgende Aenderung nicht laſſen abſchrecken; Jch haͤtte dieſen Grund gar nicht anget fuͤhret, wann ihn nicht Carpzov aus dem Balduino inſonderheit vorbraͤchte. e) Lu -. Ja ich will noch weiter gehen und ſa - gen / daß die Privat-Beichte und Beicht-Stuͤhle ſelbſt viel leichter wuͤrden abgeſchafft werden koͤnnen / wenn der Beicht-Pfennig nicht thaͤte. Denn diejenigen Sachen / ſodas293Beicht-Pfennig. das Intereſſe befoͤrdern / ſuchet man auf alle Art und Wei - ſe zu vertheidigen. Der Seel. Lutherus hat ſolches ſelbſt bemerckete)Lutherus Tom. I. Altenb. p. 846. Der Beicht-Pfennig, derund Abſchaf - fung der Beich - te. groſſe Nothhelffer, wenn der nicht thaͤte, daß ſie nicht des Bauchs fuͤrchteten, er moͤchte verſchmachten, ſolteſtu wohl ſehen, daß das Beichten weder Noth noch Gebot waͤre. Und ſo iſt es allerdings. Um des Beicht-Pfennigs willen, muß die Beichte unumgaͤnglich vonnoͤthen ſeyn. Der Jrrthum, wel - cher etwas eintraͤget, wenn er beybehalten wird, iſt angenehmer als die Wahrheit. Jch glaube auch nicht, daß ein einiger Jrr - thum ſchwerer erkannt wird, als derjenige, ſo das Intereſſe be - foͤrdert. / ob ſchon ſeine Worte wieder die Papiſten gerichtet ſind / ſo wird man doch ſolche mit nicht mindern Recht auf die Proteſtirende ziehen koͤnnen.

§. XXIX.

Allein wie gedacht / die Kirchen-DienerDer Beicht - Pfennig, iſt faſt als ein Stuͤck der Beſoldung anzuſehen. muͤſſen ernehret werden. Jhre Beſoldungen ſind gemei - niglich gar geringe. Sie koͤnnen ſich davon nicht hinbrin - gen. Wilſt du ihnen die Accidentia nehmen / woher ſol - len ſie denn leben? Der Beicht-Pfennig muß manchmahl das meiſte auswerffen. Will man dieſen abſchaffen / ſo muß man auf andern ehrlichen Unterhalt dencken. Sol - che Sorgfalt wird aber denen uͤberlaſſen / die Macht haben dergleichen Dinge abzuſtellen. Jch enthalte mich alſo mit Willen von ſolchen Rathſchlaͤgen / die auf andere Anſtalten zielena)Von dem Recht und der Pflicht eines Fuͤrſten wegen Vermeh -Von Vermeh - rung der Be - ſoldungen. rung der Beſoldungen der Kirchen-Diener, hat der Herr Tho - maſius in einer beſondern Diſputation ausfuͤhrlich gehandelt. Es iſt dieſelbe auch in das teutſche uͤberſetzet worden. Weil nun ſolche in vielen Haͤnden, ſo will ich mich nur darauff bezo - gen haben. Es hat auch dieſer beruͤhmte Juriſt an angezoge - nem Ort im letzten Paragrapho Rathſchlaͤge an die Hand gege -ben,. Dieſes aber erinnere ich anietzo / daß die vor -nehm -o o 3294II. Abth. III. Cap. Von demnehmſten Fehler / die man bey denen Accidentien und in - ſonderheit bey dem Beicht-Pfennig findet / daher ruͤhren / daß die Geiſtlichkeit ſolche allzuſcharff fordern. Jch muß bekennen / daß hieraus zum oͤfftern recht groſſes Aergernuͤß entſtehetb)Die Acciden - tia ſoll man nicht ſcharff fordern.Hieher gehoͤret mit allem Recht, was der Juriſt ſaget: Man koͤn - te vieles mit gutem Fug annehmen, was man nicht auf ſol - che Weiſe fordern koͤnte. Mnlta honeſte accipiuntur, quæ mi - nus honeſte petuntur. L. I. ff. de extraord. cognit. Denenjeni - gen, welche faſt nichts haben, als was ſie von denen Accidentien erheben, kan man es nicht ſo uͤbel deuten, wenn ſie ſcharf auf ih - ren Nutzen ſehen. Allein man ſiehet faſt durchgehends, daß hier - inn pecciret wird. Die zu leben genug haben, ſind oͤffters am meiſten darauff erpicht. Jch habe in meinem Tractat de ſimo - niæ crimine, in der andern Section verſchiedene Exempel ange - fuͤhret, die aͤrgerlich genug ſind. Von dem Beicht-Pfennig in - ſonderheit iſt ein ſattſamer caſus ſect. II. cap. 3. §. 10. not. d. zu leſen. a) So.

Unterſcheid der Acci-dentien.
556

§. XXX.

Es ſind aber die Accidentia nicht von ei - nerley Art. Am Anfang ſind alle vermuthlich aus einer Freyheit und guten Willen entrichtet worden. Nach - mahls aber iſt / wie bereits gemeldet / aus denen meiſten eine Nothwendigkeit gemacht worden. Man kan ſolche auch noch heute zu Tage ſo eintheilen / daß einige durch die Kir - chen-Geſetze feſte geſtellet / oder durch Gewohnheit einge - fuͤhret; einige aber eines jeden guten Willen anheim ge - laſſen ſind. Jn dem erſten Fall / haben die Kirchen-Die - ner ein Recht, ſolche zu fordern. Jn dem andern muͤſ - ſen ſie zu frieden ſeyn / ob man ihnen etwas geben will /oder(a)ben, auf was Weiſe die Beſoldungen der Kirchen-Diener zu ver - mehren ſind. Ein gleiches iſt auch von ihm in der Diſputation de jure principis circa adiaphora. c. 2. §. vlt. geſchehen. Allein er hat ſogleich abgebrochen und gemeldet, es ſey das groͤſte Geheim - nuͤß, daß dergleichen Rathſchlaͤge geheim blieben.295Beicht-Pfennig. oder nichta)So ſtehet unter andern in ordin. conſiſt. March. tit. 17. §. wasEinige koͤnnen mit Recht ge - fordert werden. auch. Was auch dem Pfarrer und Kirchen-Dienern in erhaltener Viſitation an Accidenti en zugeordnet, oder ſie ſonſt vor Alters gehabt, davon ſoll ihnen nichts entzogen, ſon - dern vielmehr, ſo es fuͤglich geſchehen kan, gebeſſert wer - den. Wenn aber die Pfarr-Kinder die gehoͤrigen Accidentia nicht entrichen wollen, ſo ſtehet unſern Paſtoribus nicht frey, mit Kirchen-Cenſuren ſich darzu behuͤlfflich zu ſeyn. Die Papiſten pflegen ſich aber gleich auf ſolche Art zu helffen. Man kan da - von Paulum Sarpium dans ſon traitté des benefices §. 28. nachſehen.. Wenn die Sache zweiffelhafft iſt / ſo præſu - miret man / der Kirchen-Diener habe Fug und Macht die Accidentien zu fordern. Jedoch halte ich dafuͤr / daß ſol - che Præſumtion nicht auf den Beicht-Pfennig zu ziehen ſey.

§. XXXI.

Zwar wollen einige behaupten / der Beicht -Den Beicht - Pfennig darff man nicht for - dern. Pfennig ſey ein Stuͤck der Beſoldung. Auff dieſe Weiſe koͤnte man ihn mit Recht fordern. Jch leugne nicht / daß bey manchen der Beicht-Pfennig das meiſte zum Unter - halt darreicht: aber deßwegen iſt derſelbe dennoch vor kein Stuͤck der Beſoldung zu halten. Man kan ſolchen vor nichts anders anſehen / als vor eine Gabe / welche die Zu - hoͤrer aus freywilligem Hertzen dem Kirchen-Diener rei - chen. Auff dieſe Weiſe iſt es ohnſtreitig / daß derſelbe von keinem kan gefordert werden. Jedoch wenn man denſel - ben entrichtet / ſo thut kein Pfarrer etwas Ungebuͤhrliches, wenn er denſelben annimmt. Es ſtimmen mit mir ver - ſchiedene Kirchen-Ordnungen eina)Hieher gehoͤret die Saͤchſiſche Kirchen-Ordnung, Art. gen. 26. Wie aus ver - ſchiedenen Ver - ordnungen zu ſchlieſſenEs ſoll niemand vor Reichung des Hochwuͤrdigen Sacraments der Tauffe und des Nachtmahls des HErrn dem Kirchen-Diener etwas zu geben pflichtig ſeyn. Auf gleiche Weiſe ſtehet in der Coburgiſchen Kirchen-Ordnung Lib. II. c. 21. Es ſoll niemand vor Reichung des Hoch -wuͤr -. Ja ich habe gefun -den /296II. Abth. III. Cap. Von demden / daß man denenjenigen die Straffe der Abſetzung di - ctiret / welche ſich unterſtanden / den Beicht-Pfennig von denen Zuhoͤrern als eine Schuldigkeit zu fordernb)Wer den Beicht; Pfen - nig ſordert, ver - dienet die Re - motion. So hat das Ober-Conſiſtorium in Dreßden unter andern ein - mahl reſcribiret: Wir haben euren eingeſchickten Bericht, die Jrrungen, ſo zwiſchen dem Pfarrer, Subſtitut en zu Loß - dorff, und denen Eingepfarrten zu Leindorff, Loßdorff und Wentzendorff, wegen des geforderten Beicht-Pfennigs, und allerhand Neuerung ſich bißhero enthalten, betreffen - de, verleſen hoͤren. Wiewohl nun dem Pfarrer die Beicht - Pfennige von denen, ſo ſie freywillig ungefordert reichen, anzunehmen unverbothen. etc. Wollet unterdeſſen demSub -.

§. XXXII.

(a)wuͤrdigen Sacraments der Tauffe, und des Nachtmahls des HErrn, dem Kirchen-Diener etwas zu geben ſchuldig ſeyn. Da ihnen aber jemand etwas freywillig und unge - fordert zu geben geſonnen iſt, das ſoll ihnen zu nehmen unverboten ſeyn. Die Kirchen-Ordnung des Fuͤrſtenthums Altenburg hat §. 15. folgendes geſetzet: Ob wohl an allen Or - ten die Beicht-Pfennige nicht uͤblich, nachdem aber die Zeit ſehr ſchwer, und denen Prieſtern mit dem Information Werck viel neue labores zuwachſen, auch alles was gekaufft wird, zwey drey und mehrmahl theurer, als in vorigen alten Zeiten bezahlet werden muß; als werden Chriſtliche ein - gepfarrte ſich dißfalls beſcheiden, und gegen ihre Seelſor - ger vor die unſchaͤtzbare Wohlthat geſprochener abſolution, ſich mit einem gewiſſen Beicht Pfennige danckbar zu bezeu - gen wiſſen. Nicht viel anders lautet das Fuͤrſtl. Weimariſche Reſcript bey Dedekenno Vol. I. conſil. Ob zwar niemand von der Reichung der hochwuͤrdigen Sacramente, der Tauff und des Heil. Nachmahls des HErrn den Kirchen-Dienern etwas zu geben ſchuldig; So verſehen wir das doch gnaͤ - digſt, es werden die Vermoͤgende eingepfarrete, in dieſen und dergleichen Faͤllen, gegen ihre Seelſorger, aus freyge - biger Mildigkeit guttaͤthig zu erweiſen, von ſich ſelbſt ge - neigt ſeyn.

297Beicht-Pfennig.

§. XXXII.

Nach Abſterben eines Pfarrers / wird derDer Beicht - Pfennig ge - hoͤret zum Gnaden - Jahr. Beicht-Pfennig gleich andern Einkuͤnfften zu dem Gnaden - Jahr gerechnet. Die Wittbe und Erben des Abgelebten haben ſolchen zu genieſſen / obgleich einige anderer Mei - nung ſinda)Stypmann de ſalar. clericor. cap. II. n. 44. meinet, die Pfarrer, ſoStypmann will ſolches nicht zuſtehen. das Amt bey der Vacanz verrichteten, koͤnten den Beicht-Pfen - nig mit allem Recht in ihre Ficken ſtecken. Er bekraͤffti - get ſeine Meinung mit einem Gutachten der Pommeriſchen Theo - logen. Jedoch es findet ſolche Meinung bey denen wenigſten Beyfall.. Denn da iſt ja bekannt / daß man nicht al - lein die ordentliche Beſoldung / ſondern auch alle andere Einkuͤnffte zu dem Gnaden-Jahr zu rechnen pflegetb)Stryck in Diſp. de anno gratiæ, cap. 5. n. 6. & ſeqq. hat ſolchesStryck und Carpzov ſind anderer Mei - nung. weitlaͤufftig ausgefuͤhret. Jn der Ordin. conſiſt. March. tit. 23. ſte - het: Daß ſie das Einkommen an Paͤchten, Fruͤchten und Ac - cidentali en einnehmen ſollen. Die Worte ſind general, und laſſen gar keine Einſchraͤnckung zu. Carpzov in Jurispr. Conſiſt. Lib. I. tit. 12. def. 189. fuͤhret auch ein Reſcript des Ober-Conſi - ſtorii zu Dreßden an den Superintenden zu Freyberg an, wel - ches folgende Worte fuͤhret: Wir haben euren eingeſchick - ten Bericht, wie auch des Pfarrers zu Odem Schreiben, in Sachen die zwiſchen ihme und des verſtorbenen Diaconi Wittbe daſelbſt ſtreitigen Beicht-Pfennige betreffend, ver - leſen hoͤren; Begehren hierauff etc. Jhr wollet gedach - tem Pfarrer aufferlegen, daß er ſeines Fuͤrwendens ohnge - achtet, zu Verhuͤtung ferners Anlauffens, der Klaͤgerin an - geregte Beicht-Pfennige, von der Zeit ihres Mannes Ab - ſterben, biß das halbe Gnaden-Jahr verfloſſen, unweiger - lich folgen laſſen ſoll. c) Der. Undwie(b)Subſtitut en bey Verluſt ſeines Dienſtes befehlen, daß er vor die Beichte und Tauffe von den Leuten, Jnnhalts des 26. General-Articuls, nichts fordern, auch ſonſten allerhand Neuerungen ſich gaͤntzlich enthalten ſoll. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) p p298II. Abth. III. Cap. Von demwie viel Nutzen wuͤrden die Pfarr-Wittben und ihre Kin - der haben / wenn man die Accidentia und unter ſolchen die Beicht-Pfennige inſonderheit / nicht zu dem Gnaden-Jahr zehlen wolte? Gewißlich es wuͤrde wenig ſeyn. Stehet man aber andere Accidentia denen Erben des verſtorbe - nen Pfarrers zu / warum will man ihnen den Beicht - Pfennig abſprechen? Einige Paſtores, die waͤhrender Vacantz den Dienſt verſehen / laſſen ſich auch geluͤſten / den Beicht-Pfennig einzuſtecken. Sie ſind aber allerdings ſchuldig / ſolchen denẽ Erben / die das Gnadẽ-Jahr genieſſen / zuzuſtellenc)Jngleichen Brunne - mann. Der Seel. Brunnemann in jur. eccleſ. Lib. II. cap. V. §. 14. ſaget ebenfals, daß die Accidentia, der Beicht und Leichen-Pfennig, waͤhrenden Gnaden-Jahrs, der Wittbe und Kindern des Paſto - ris gebuͤhrten. Accidentalia quoque vt nummi confeſſionarii & funerarii, interim durante anno gratiæ ad viduam & liberos per - tinent. Der Seel. Stryck hat bey eben dieſen Worten ange - mercket, daß weil gemeiniglich die ordentlichen Beſoldungen der Prieſter ein weniges betruͤgen, ſo wuͤrde die Wittbe waͤhrender Gnaden-Zeit keinen ſonderlichen Nutzen ziehen, wenn man die Accidentia ihr benehmen wolte. Man koͤnte ihr alſo dieſelben nicht abſprechen. Verum, lauten ſeine Worte, cum exigua re - gulariter paſtorum ſalaria ſint, paruum commodi exinde (ſcil. anno gratiæ) in viduas, ſi accidentia demas, redundaret, vt binc be - nignior interpretatio, quæ in beneficiis alias obtinet, pro vidua ſit admittenda, &c. a) Was. Jhre Pflicht bringet es mit / in der Vacanz das Amt zu verrichten / und duͤrfften nichts dafuͤr fordern. Jhre Witben und Kinder haben ja ein gleiches zu genieſ - ſen. Was man alſo will / daß uns geſchiehet / muß man andern auch zu ſtatten kommen laſſen.

Definition des Beicht-Pfennigs.
565

§. XXXIII.

Aus allem / was bißher geſaget / iſt nun leicht abzunehmen / wie der Beicht-Pfennig zu definiren ſey. Jch meine / daß ſolches fuͤglich auf folgende Weiſe ge -ſche -299Beicht-Pfennig. ſchehen koͤnne. Der Beicht-Pfennig iſt ein freywilliges Ge - ſchencke, welches die Beichtende dem Beicht-Vater nach er - langter Abſolution, zu Bezeugung ihrer Danckbarkeit darrei - chen, welches denen Rechten und Gewohnheit nach zugelaſ - ſen iſta)Was das Recht eines Fuͤrſten wegen des Beicht-Pfennigs be -Recht eines Fuͤrſten. trifft, nehmlich deſſelben Einfuͤhrung an denen Orten, wo er nicht iſt, deſſelben Abſchaffung, Duldung, und was weiter dahin ge - hoͤret, davon werde unten beſonders handeln..

Das vierte Capitel Von der Geheimhaltung der Beichte.

§. I.

DJe Geheimhaltung der Beichte / wird ſigillum con -Bedeutun - gen des Worts ſi - gilli. fesſionis genennet. Das Wort ſigillum komt von dem Wort ſigno her / und hat verſchiedene Bedeu - tungen. Zuweilen zeiget es ein Zeichen an / ſo auf Pap - pier iſt / zuweilen ein kleines Bild, zuweilen ein Diploma. Es wird am beſten ſeyn / daß ich die Worte des beruͤhm - ten Haͤlliſchen Theologi, Heineccii hieher ſetze. Aus die - ſer Etymologie, ſchreibet era)Heineccius in ſyngtagm. Hiſtor. de veter. Germ. aliarumque nation.Heineccii Ge - dancken. ſigillis Part. I. c. II. §. 2. Ex hac etymologia liquet, totidem eſſe debe - re vocis ſigilli ſignificationes, quot ipſius primitiui. Quoniam ta - men non omnes in bonæ notæ autoribus habent præſidium, duas præcipue notamus. Vulgaris ſignificatio & in medii æui ſcriptori - bus frequentiſſima illa eſt, qua pro ſigno inſtrumentis publicis fidei cauſa vel impresſo vel appenſo accipitur. Veteribus et - iam ſcriptoribus familiaris fuit, licet ſæpius ſignum vſurparent. Ipſe enim Cicero ſigillorum annulo impreſſorum meminit. Fre - quentius accipitur pro minoribus ſimulacris. Cicero: appoſuit patellam, in qua ſigilla erant egregia. At ſingularisme - / erhellet, daß das Wort ſi -gillump p 2300II. Abth. IV. Cap. Von dergillum ſo viel Bedeutungen hat, als das primitiuum. Jedoch weil nicht alle in guten Autoribus Grund haben, ſo wollen wir vornehmlich zwey anmercken. Die gemeine Bedeutung, und die in denen Scribent en der mittlern Zeit haͤuffig vor - kommt, iſt dieſe, daß es daßjenige Zeichen bedeutet, ſo denen oͤffentlichen Inſtrument en, zu mehrerm Glauben beygedruckt o - der angehaͤnget wird. Die alten Scribent en haben es auch gebraucht, wiewohl ſie mehrentheils das Wort ſignum fuͤh - ren. Selbſt Cicero gedencket der ſigillorum, die in Ringe ge - ſtochen geweſen. Noch oͤffter wird es von kleinern Bildern gebraucht. Cicero ſaget: Er habe eine Schuͤſſel aufgeſetzet, in welcher vortreffliche Bilder (Sigilla) waren. etc. Aber dieſes iſt eine beſondere und denen Scribent en der mittlern Zeit gebraͤuchliche Bedeutung, da das Wort ſigillum ein diploma, oder daßjenige Inſtrument anzeiget, ſo mit dem Siegel bewaͤhret iſt, gleichwie das Wort Bulla die - jenigen Brieffe anzeiget, welche mit einer bulla verſe - ſehen ſind. Ferner nimmt man das Wort Siegel in dem Verſtand / daß es ein Stillſchweigen bedeutet / ſo daß end - lich eine Redens-Art daraus worden: Das Siegel des Stillſchweigens. Der Gelehrte Beyer hat davon folgende Worteb)Adrian. Beyer in tract. de ſigill. confeſſ. cap. I. §. 8. ſeq. Vnde ſi - gillum denotat res ſilentii ſipario inuoluendas, propterea quod plerumque apponitur, vt in occulto aliquid ſiet, v. g. teſtamentis, quin & vulgaribus amicorum epiſtolis. Quod ſi autem vel ma - xime ad alicujus negotii notitiam quis admittendus foret, ubi ta - men ſigillo opus, linguam ſigillo claudere jubetur, iuxta illud: Arcanis dictis linguam obſerare memento, Dictorum majus depoſitum eſt opibus. Et Lucanus Arcanum vt celet, claudenda eſt lingua ſigillo. Sed: Sigillum bedeutet alſo ſo viel, daß man Sachen,die(a)mediique æui ſcriptoribus propria eſt acceptio, quando Sigillum iis notat diploma ſiue inſtrumentum ipſum, ſigillo munitum, quemadmodum & bulla, literas bulla inſtructas. 301Geheimhaltung der Beichte. die verſchwiegen bleiben ſollen, verheele, dieweil ſolches ge - meiniglich an etwas gefuͤget wird, damit es nicht kund wer - de, zum Exempel zu denen Teſtamenten, und auch zu denen Brieffen guter Freunde. Wenn aber ja jemand von einer Sache Wiſſenſchafft erlangen ſoll, die man doch verſchwie - gen halten muß, ſo ſoll er die Zunge mit einem Siegel verwah - ren, nach dem Sprichwort: wenn dir etwas geheimes ent - decket worden, ſo verſchlieſſe deine Zunge, denn was man ei - nem vor Worte anvertrauet, die ſind hoͤher als Geld zu ach - ten. Und was Lucanus ſaget: damit die Zunge die geheimen Sachen verborgen halte, muß man ſie verſiegeln. Alexan - der M. wolte ſeinen Rath Hæpheſtionem ebenfalls des Still - ſchweigens erinnern, da er ein Siegel auf ſeinen Mund ge - halten. Da man nun die Verſchwiegenheit unter die vor - nehmſten Tugenden eines Beicht-Vaters gerechnet / ſo iſt endlich ſigillum confesſionis diejenige Verſchwiegenheit ge - nennet worden / welche alles daßjenige / was in der Beichte geoffenbahret worden / verborgen gehalten.

§. II.

Es iſt aber die Geheimhaltung der BeichteDefinition des ſigilli confesſio - nis. nichts anders, als eine Verſchwiegenheit desjenigen, was dem Beicht-Vater in oder auch auſſer der Beichte von verborge - nen Suͤnden geoffenbahret wordena)Man koͤnte auch das ſigillum confesſionis alſo umſchreiben, daß es eine Pflicht des Beicht-Vaters ſey, die ihn verbinde, daß er ordentlicher Weiſe keinem einigen Menſchen etwas von demjenigen, ſo ihm gebeichtet worden, offenbahre, bey Ver - meidung gewiſſer Straffe. Man hat alſo bey dieſer Sache vornehmlich auf vier Stuͤcke zu ſehẽn. 1) Wer das anvertrau - te geheim halten ſoll? 2) Welche Sachen geheim oder nicht ge - heim zu halten ſind? 3) Was das aus der, in der Beichte ge - ſchehenen Offenbahrung, gegebene Zeugnuͤß vor eine Wirckung habe? 4) Was derjenige, ſo etwas entdecket, vor eine Straffe auszuſtehen hat? a) Von. Dieſes Stillſchwei -gen /(b)Sed & Hæpheſtionem conſiliarium ſuum Alexander M. ſigillo ori admoto, ſilentii voluit admonere. p p 3302II. Abth. IV. Cap. Von dergen / hat man denen Beicht-Vatern aufferlegen muͤſſen. Wer wolte ſonſten ſeine Suͤnden an einem Schnuͤrgen her - gebetet haben. Wolte man nun die Leute zu einer ſolchen Bekaͤnntnuͤß anlocken / ſo muſten ſie verſichert ſeyn / daß es ihnen keinen Schaden braͤchte. Dieſerwegen hat man auch die Verordnung gemacht / ein Beicht-Vater ſolte nichts bekennen / wenn es gleich die Obrigkeit verlangte. Von dieſem Punct wird bald mit mehrern zu reden ſeyn.

Die Ver - ſchwiegen - heit iſt ſchon vor langer Zeit erfor - dert wor-den.
571

§. III.

So bald als es nur in etwas Mode worden / daß einige ihre verborgene Suͤnden denen Prieſtern ge - beichtet / ſo iſt von denenſelben zugleich die Verſchwiegen - heit verlanget worden. Wir haben ſchon oben gehoͤret / daß denen Beichtſitzenden Aelteſten / die Neibarius abge - ſchafft / das Stillſchweigen aufferlegt geweſena)Bey denen Beichtſitzenden Aelteſten.Von der Anordnung und Abſchaffung dieſer Aelteſten habe oben ausfuͤhrlich gehandelt. Socrates hat nichts davon, daß dieſer Aelteſter reinen Mund halten, und verſchwiegen ſeyn muͤſ - ſen. Sozomenus aber, der ſolchen ſonſt ausgeſchrieben, ſaget in Hiſt. eccleſ. Lib. VII. cap. 16. daß man einen verſchwiegenen und verſtaͤndigen Aelteſten verlanget, ἐχέμυθὸν τε καὶ ἔμφρονα. Es meldet aber Sozomenus nichts von der Straffe, die ihm auf - erleget worden, wenn er ausgeplaudert. Allein dazumahl wa - re die Beichte noch keine Nothwendigkeit. Der weltliche Arm ware noch nicht auf der Chriſten ihrer Seite. Jedoch ich halte nicht dafuͤr, daß man einem ſolchen Aelteſten es ohngeahndet hingehen laſſen. b) Ba -. Wenn aber jemand etwas groſſes entdecket / ſo beſtunde die Straf - fe darinnen / daß man einem ſolchen die Gemeinſchafft ab - ſchluge. Er kunte aber dieſelbe bald wieder erlangen. Er durffte nur oͤffentliche Buſſe thun. Was er aber miß - gehandelt / bliebe nichts deſtoweniger verſchwiegen / damit denen Leuten ihre Offenbahrung keinen Nachtheil braͤchte. Ba -303Geheimhaltung der Beichte. Baſilius bezeuget ſolches gantz deutlich. Er gedencket / daß man die Chebrecheriſchen Weiber / ſo ihre Suͤnden beken - net / nicht verrathen duͤrffte. Man braͤchte ſie ſonſt in Le - bens-Gefahr. Sie ſolten aber von der Gemeinſchafft ausgeſchloſſen ſeyn / biß ſie ihre Buſſe ausgeſtandenb)Baſilius in epiſt. conon. ad Amphiloch. can. 34. und lauten die WorteBaſilius ver - anget es auch in der Uberſetzung alſo: Adulterio pollutas mulieres & confiten - tes ob pietatem vel quomodocunque conuictas, publicare qui - dem patres noſtri prohibuerunt, ne conuictis mortis cauſam præ - beamus. Eas autem ſtare ſine communione juſſerunt, donec impleretur tempus poenitentiæ. . Die Geheimhaltung der Beichte iſt alſo vornehmlich da - her mit entſtanden / daß die Beichtende / nicht in Gefahr kaͤmen / von denen weltlichen Gerichten beſtrafft zu wer - den. Bey Gratiano finden ſich auch folgende Worte Gre - goriic)Gratianus in c. 2. diſt. 6. de poenit. Sacerdos ante omnia caueat,Ingleichen Gro - gorius. ne de his, quæ ei confitentur peccata, alicui recitet, non propin - quis, non extraneis, neque quod abſit, pro aliquo ſcandalo. Nam ſi hoc fecerit, deponatur, & omnibus diebus vitæ ſuæ igno - minioſus peregrinando pergat. : Der Prieſter ſoll vor allem beobachten, daß er die - jenigen Suͤnden, ſo man ihm gebeichtet, keinem Menſchen er - zehle, weder Anverwandten noch Fremden, noch ſo, daß ei - niges Aergernuͤß daraus entſtehe. Wenn er aber ſich eines ſolchen unterſtanden, ſoll man ihn abſetzen, und ſoll weil er lebet eine ſchimpfliche Wallfahrt haben.

§. IV.

Da aber Innocentius der dritte / die BeichteInnocenti - us III. hat ſolches auf eine beſon - dere Art ge - than. auf einen gantz andern Fuß geſetzet / ſo hat er auch die Ge - heimhaltung der Beichte auf eine beſondere Weiſe anbe - fohlen. Es iſt denen Beicht-Vaͤtern anbefohlen worden / nicht das geringſte auszuſchwatzen. Man hat Straffen auf die Ubertreter geſetzeta)Innocentius ordnete, daß alle Chriſten ihre Suͤnden zu beichtenWarum Inno -gehal -. Nach der Zeit hat man die -ſes304II. Abth. IV. Cap. Von derſes immer noch weiter bekraͤfftiget. Wiewohl nun die Sache an und vor ſich ſelbſt nicht unbillig / ſo taugen doch die meiſten Urſachen nichts / die zu derſelben VertheidigungUrſachen der Ver - ſchwiegen - heit. vorgebracht werden. Einige wollen die Verſchwiegenheit daher behaupten / weil die Beichte ein Sacrament. Chri - ſtus haͤtte ſolches ſelbſt eingeſetzetb)Ob die Beichte ein Sacra - ment, und ob man dierſerwe - gen alles ge - heim halten ſoll?Man beruffet ſich auf einige Schrifft-Stellen, Matth. XVI. 19. XVIII. 18. Joh. XX. 25. Von dem Jnnhalt aber derſelben, habe ſchon oben meine Meinung eroͤffnet. Unſere Theologi geben nicht zu, daß die Beichte ein Sacrament ſey. Und wenn auch die Beichte unter die Sacramenta gehoͤrete, wie reimet ſich das Stillſchweigen dazu? Verrichtet man denn die andern Sacra - menta in Winckeln oder ingeheim? Keinesweges. Nicht al - lein die Tauffe und Abendmahl, ſondern auch diejenigen Sacra - menta, die die Catholicken dazu machen, wollen nichts von ſol - cher Geheimhaltung zulaſſen. Warum ſolte aber nun die Beichte, wenn ſolche wuͤrcklich ein Sacrament waͤre, eine gantz andere Eigenſchafft haben? Darum iſt der Schluß abgeſchmackt: Die Beichte, iſt ein Sacrament, darum darf man nicht aus der Beichte ſchwatzen. Lu -. Sie kommen ferner auf die Gedancken / man beichtete nicht dem Prieſter / ſon - dern GOtt. Jn innerlichen Stuͤcken der Religion / re - præſentiren Sie GOtt. Dieſes iſt die durchgehende Leh - re der Papiſten. Die Proteſtirenden ſind derſelben eben - falls beygethan. Selbſt Lutherus hat ſich dieſelbe belie -ben(a)centius ſolche geboten.gehalten ſeyn ſolten. Es ware alſo noͤthig, daß er die Geheim - haltung des gebeichteten, feſte ſetzete. Dieſerwegen ordnete er, wie ſolche Klaͤtſcher zu beſtraffen waͤren. Wenn dieſes nicht waͤre, ſahe er wohl, daß die Leute ihre Suͤnden niemand herbeten wuͤrden. Sie muſten befuͤrchten, daß ſie ſonſten in Schimpff nnd Schande geſetzet werden koͤnten. Da man aber verſichert ware, daß nichts entdecket werden duͤrffte, reitzete ſolches die Leu - te an, alles was ſie auf dem Hertzen hatten, zu bekennen.305Geheimhaltung der Beichte. ben laſſen / welchem andere gefolgetc)Lutherus ſaget in ſeinen Tiſchreden cap. 14. Sie hat mirDer Prieſter ſoll in dem Beicht-Actu GOttes Stel - le vertreten. Meinung Lu - theri und Die - terici. nicht gebeichtet, ſondern dem Herrn Chriſto, und weil es Chriſtus heimlich haͤlt, ſo ſoll ichs auch heimlich halten, und ſtracks ſagen: Jch habe nichts gehoͤret, hat Chriſtus was gehoͤret, ſo ſage ers. Er faͤhret weiter fort: Jſt ſie ab - ſolviret, da weiß ich D. Martinus nichts umb, ſondern Chri - ſtus weiß es. Denn ich hoͤre nicht Beichte, abſolvire auch nicht, ſondern Chriſtus. Lutherus urtheilet alſo auff eben den Schlag als das canoniſche Recht. Jn ſolchem wird ge - meldet, daß der Prieſter in dieſer Handlung nicht als ein Richter, ſondern als GOtt anzuſehen. C. 2 X. de offic. jud. ordin. Diete - ricus in Eccleſiaſt. Part. I. p. 487. hat Zweiffels ohne Lutheri Worte vor Augen gehabt, da er geſchrieben: Was man ihnen beichtet als Dienern OOttes, das wird ihnen nicht, ſon - dern GOtt gebeichtet. Drum ſollen ſie eben ſo viel davon wiſſen, als wenn es ihnen nicht gebeichtet. . Die Juriſten ha - ben ſolche ebenfalls angenommen. Carpzov und Linck tragen dieſelbe in ihren Schrifften vord)Carpzov Lib. III. Jurispr. eccles. def. 25. fuͤhret die Worte desCarpzovs und Lincks Gedan - cken. Pabſts Eugenii aus c. 2. X. de offic. jud. ordin. an, und ſaget, daß es gewiß, daß die Prieſter als Menſchen von dem gebeichteten nichts wiſſen koͤnten. Linck de jur. templor. cap. VIII. §. 125. ſeq. giebet fuͤr: daß alles was dem Beicht-Vater geoffenbahret wor - den, als ein koſtbahrer Schatz anzuſehen, welchen man nicht ſo wohl Menſchen als GOtt anvertrauet. Concredita ſacer - doti in confesſione, eſſe inſtar maximi depoſiti pretii, non tam penes hominem quam Deum recondita. Er meldet ferner: wenn man den Prieſter von demjenigen, was ihm geoffenbahret wor - den, fragte, koͤnnte er mit Recht ſeine Unwiſſenheit vorſchuͤtzen. Denn als ein Menſche und Zeuge wiſſe er nichts, woruͤber man ihn fragte. Sacerdotem interrogatum de reuelatis, recte de igno - rantia reſpondere poſſe, cum vt homo & teſtis ignoret factum, ſuper quo interrogaretur. a) Die -. Anderer zu ge - ſchweigen.

§. V. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) q q306II. Abth. IV. Cap. Von der
Woher die Lehre, daß man nicht dem Prie - ſter, ſondern GOtt beich - te, her zulei-ten.
579

§. V.

Dieſe Lehre aber flieſſet nirgends anders her / als aus der angemaſten Statthalterſchafft Chrſiti. Denn der Papſt will Chriſti Statthalter ſeyna)Anſehen des Papſts waͤchſt durch die Lehre der Statthal - terſchafft.Dieſe Lehre von der Statthalterſchafft, hat den Papſt erſt recht zum Papſt gemacht, dadurch bekame derſelbe das groͤſte Anſehen. Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. 1. bemercket ſolches auch, und ſaget, daß die Paͤpſte ſich ein groſſes Anſehen erworben, da ſie denen Leuten einen Dunſt gemacht als waͤren ſie Chriſti Statt - halter. Pontifices Romanos magnam olim rebus ſuis acceſſio - nem feciſſe, nomine vicarii Chriſti, tanquam vmbra obtegente. . Zur Ausuͤbung ſeiner Gerechtſame / braucht er verſchiedene ſubalternen. Dieſerwegen hat er denen Ertzbiſchoͤffen, Biſchoͤffen, und an - dern / einen Theil ſeiner Macht und Rechte verliehen. Er hat ihnen einige davon alſo zugeſtanden / daß ſie es andern wie - derum verleyhen koͤntenb)Jngleichen der Biſchoͤffe.Die Biſchoͤffe leiten zwar ihre Macht auch von GOTT her, ſie wollen, daß alle Gewalt, ſo ſie ausuͤben, ihnen von Chriſto ver - liehen ſey. Jedoch ſie erkennen dabey, daß ſolche von dem Stuhl zu Rom mit dependire. Dieſerwegen ſetzen ſie auch in ihre Ti - tul: Von GOttes und des Apoſtoliſchen Stuhls Gnaden: Dei & Apoſtolicæ ſedis gratia. . Auf dieſe Weiſe nun ſagen die Papiſten / man beichte nicht dem Prieſter, ſondern GOtt. Die unſrigen wollen ſonſt von der Statthalterſchafft nichts wiſſen. Sie laſſen es ſich recht ſauer werden / ſolche zu be - ſtreiten. Allein die Schluͤſſe / ſo aus derſelben folgen / wol - len Sie nichts deſtoweniger beybehalten.

Andere Ur - fachen der Verſchwie-genheit.
581

§. VI.

Man muß alſo andere Gruͤnde ſuchen / die man auch haͤuffig antrifft. Sie ſagen / es ſtuͤnde nicht einmahl einem privato frey / oder wohl / wenn er das - jenige / was man ihm geoffenbahret / wieder ausplaudern woltea)So Molina vorgebrachtDieſe Urſachen hat Ludov. Molina in tract. 4. de juſt. & jur. diſp. 5. n. 9. ange -. Es waͤre zwiſchen dem Beicht-Kind und Beicht -Vater307Geheimhaltung der Beichte. Vater ein pactum tacitum. Denn man beichtete ja dieſer - wegen / daß man das Gewiſſen wolte aufrichten / Troſt und Huͤlffe vor die Hertzens Angſt haben / keines weges a - ber in die weltliche Gerichte zu fallen. Die Offenbahrung im Beicht-Stuhl / ſey zum Nutzen der Beichtenden einge - fuͤhret. Dieſerwegen duͤrffte ſolche ihnen nicht zum Scha - den gereichen. Waͤre es aber / das der Beicht-Vater un - ter dem Schein der Beruhigung des Gewiſſens etwas her - aus lockte / und ſolches nachmahls der Obrigkeit anzeigte / ſo gereichte die Beichte denen Leuten zum Schaden. Wuͤr - de aber dieſes zugelaſſen / ſo ſchreckte man die Menſchen von der Bekaͤntniß und Offenbahrung ihrer Suͤnden ab.

§. VII.

Es iſt allerdings alſo. Die Beichte ſoll eineDie Ge - heimhal - tung der Beichte bey denen Pro - teſtirenden. ohnverfaͤlſchte Offenbahrung und Entdeckung des Her - tzens ſeyn. Darum muͤſſen die Prieſter allerdings dasje - nige geheim halten / was ihnen von Leuten / die das Gewiſ - ſen druͤcket / geoffenbahret wird. Denn wenn es erlaubt waͤre / das vertraute andern wiederum zu offenbahren, lieber wer wolte in dem Beicht-Stuhl Troſt ſuchen / und ſein Hertze ausſchuͤttena)Dieſes iſt die Meinung Pauli Tarnovii de Miniſter. lib. 2. cap. 22.Meinung der Theologen. n. 13. wiewohl ich ſeine Gruͤnde nicht durchgehends billige. Joa - chimus Pollio hat im Theologi ſchen Frag-Buch cent. 2. q. 10 fol - gende Worte: Begeb ſichs aber, daß einer in der BeichtSuͤnde. Man ſuchet den Prieſter nichtals(a)angefuͤhret. Es haͤlt derſelbe dafuͤr, wie man eine jede Sache nach ihrer Natur und Eigenſchafft beurtheilen muͤſte, damit man derſelben keine Gewalt thaͤte. Was man uns alſo als et - was heimliches anvertraute, duͤrffte nicht geoffenbahret werden. Da nun dieſes alle honette Leute beobachten ſolten, ſo muͤſte es vielmehr von denen Geiſtlichen geſaget werden. Denn dieſe haͤt - ten eine ſolche Lebens-Art, welcher das Stillſchweigen beſtaͤndig zur Seiten ſtuͤnde, u. ſ. w.q q 2308II. Abth. IV. Cap. Von derals einen Zeugen des begangenen Laſters. Man gehet zu ihm Troſt vor die geaͤngſtete Seele zu ſuchen. Hierinn darf man alſo die Leute nicht hintergehen. Aus dieſen Gruͤn - den hat man auch in unſern Kirchen / nebſt der privat Beich - te / die Geheimhaltung des Gebeichteten eingefuͤhret. Man hat nirgends die gemeinen Rechte in dieſem Stuͤck geaͤndert. Vielmehr iſt die Geheimhaltung der Beichte in einigen Landen auff das ſchaͤrffſte anbefohlen wordenb)Saͤchſiſche Verordnung.Dieſes hat unter andern der bekannte Churfuͤrſt zu Sachſen, Auguſtus in einer beſondern Verordnung von der Chriſtlichen Beicht und privat-abſolution Ao. 1580. gethan. Daſelbſt ſte - hen art. 7. §. vlt. folgende Worte: Nachdem manchmahl groſſe Beſchwernuͤſſen erfolgt, wenn entweder die Kir - chen-Diener, oder die verhoͤrte Perſonen aus der Beicht ge - ſchwatzet, ſoll ihnen allen auferlegt, beſonders aber den Kir - chen-Dienern eingebunden werden, was ihnen fuͤr Gewiſ - ſens-Haͤndel in der Beicht vertrauet, niemand, wer der auch ſey, bey Vermeidung ernſtlicher Straffe zu offenbah - ren, ſondern wie ſichs gebuͤhret, verſchwiegen zu halten, darnach ſich ein jeder wiſſe zu richten. a) Daß. Es ſind auch unſere Theologi und Juriſten der einſtimmigen Mei - nung / daß kein Prieſter etwaß aus der Beichte ſchwatzen koͤnne und duͤrffe.

Geheimhal-tung der
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§. VIII.

Zu der Geheimhaltung der Beichte / ſollen auch die Layen verbunden ſeyn / wenn ſie bey einem NothfallBeichte(a)Suͤnde und Laſter beichtete, ſo will dem Kirchen-Diener in alle Wege gebuͤhren, daß er dieſelbe verſchweige und nicht melde. Er fuͤhret folgende Urſache an: Denn wer wolte ſonſt beichten, oder ſeiner Suͤnd und Laſter Raths be - gehren in Anfechtungen und ſonſt, wenn jene ſolten durch die Beicht-Vaͤter an Tag bracht werden? und das iſt auch S. Auguſtini und der Paͤpſtlichen Decret Meinung, und muß ein Kirchen-Diener oder Paſtor hiermit Gedult tragen. 309Geheimhaltung der Beichte. Beichte gehoͤret und abſolvireta)Daß denen Layen bey einem Nothfall die Macht zu abſoluirenAbſolution der Laͤyen. beygeleget wird, habe ſchon oben gemeldet. Es iſt auch deutlich zu ſchlieſſen aus c. 36. de conſecr. diſt. 4. c. 88. de pœnit. diſt. 1. Die Schmalkaldiſchen Articul de poteſt. Epiſc. p. 353. fuͤhren auch aus Auguſtino an, daß ein Laye Beicht gehoͤret, und die abſolution ertheilet.. Man machet ſo dannBeichte bey denen, wel - che keine Prieſter. waͤhrender Zeit dieſelben zu Prieſter. Man haͤlt ſie dieſer - wegen zu gleicher Pflicht und Schuldigkeit anb)Man leget auch denenjenigen die Geheimhaltung der BeichteEin Dollmet - ſcher bey der Beichte ſoll das gebeichtete ge - heim halten. auf, welche als Dollmetſcher ſind gebraucht worden, wenn der Beichtende und Beicht-Vater einander nicht verſtanden. Beyer de ſigillo confeſſion. cap. 3. §. 38. beruffet ſich dieſerwegen auf Re - buffen, Caroc Diaz. de Luoc und andere. Man haͤlt einen ſol - chen Dollmetſcher fuͤr eine Perſon mit ſeinem principalen. Je - doch wollen ſie einem Dollmetſcher ſodann nur das Stillſchwei - chen auferlegen, wenn ihn der Beicht-Vater zu ſolcher Hand - lung mit ſich gebracht. Ein anderes waͤre, wenn das Beicht - Kind ſolchen bey ſich gehabt haͤtte. Andere ſagen, weil der Doll - metſcher mehr des Beicht-Kindes als des Beicht-Vaters Per - ſon vorſtellte, ſo koͤnnte man ihn gantz und gar nicht zum Still - ſchweigen anhalten. Die alſo urtheilen, haben ſich die Meinung bethoͤren laſſen, dem Beicht-Vater offenbahrete man es als GOtt. Dieſes koͤnnte man aber von dem Dollmetſcher nicht ſagen, daß er GOTT repræſentirte. Es ſey alſo ein Dollmet - ſcher nur ſo weit zur Verſchwiegenheit verbunden, als ein an - derer, dem man etwas Geheimes anvertrauet. Jch wollte aber vielmehr ſagen, ein ſolcher Dollmetſcher ſey allerdings ge - halten alles zu verſchweigen, aus denen Urſachen, ſo im vorher - gehenden paragrapho, und not. a) daſelbſt ſind angefuͤhret wor - den. Jedoch will ich gerne jedem ſein Urtheil uͤberlaſſen. Er mag vor eine Meinung wehlen welche er will. Elige cui dicas, tu mihi ſola places. c) Conf. . Denn ordentlicher Weiſe wird eine Handlung durch diejenigePer -q q 3310II. Abth. IV. Cap. Von derPerſon nicht veraͤndert / welche auſſerordentlicher Weiſe zu ſolcher gezogen wirdc)Ein Laye, dem man gebeich - tet, ſoll alles geheim halten.Conf. Vinc. Caroc qu. 3. n. 4. & 20. Aber daß eine ſolche Hand - lung guͤltig ſey, ſo wollen die Catholicken, es ſey nicht genug, wenn jemand ſagte: Jch ſage dir dieſes als in einer Beichte. Es ſey nicht genug, wenn man es auch mit gebogenen Knien thaͤte ꝛc. Es muͤſte alles ſacramen tirlich geſchehen. Sodann koͤnnte man einen Layen, welchem man gebeichtet, zu keinen Zeu - gen wider denjenigen, der ihm gebeichtet, brauchen. Es muͤſte der - ſelbe alles und jedes geheim halten. Sie ſetzen dazu: Ein ſolcher Laͤye wuͤſte das Gebeichtetete ebenfalls nicht als ein Menſch, ſondern als GOTT. Es haͤtte hier mit ihm und einem Prieſter einerley Bewandnuͤß. Allein dieſe Urſache habe ſchon im vor - hergehenden wiederleget.. Wenn ſich aber jemand vor ei - nen Prieſter und Beicht-Vater ausgiebt / und iſt es doch nicht / wie wird es ſodann gehalten? Die Canoniſten ma - chen einen Unterſcheid / ob das Beicht-Kind gewuſt / der Kerl ſey ein Betruͤger oder nicht? Weiß er es / ſo mag er ſich es zumeſſen / daß er einem ſolchen etwas gebeichtet / und dieſer es wiederum ausgeſchwatzt. Ein anders aber waͤre es / wenn der Beichtende nichts von dem Betrug gewuſt / und aus Jrthum hintergangen wordend)Straff derjeni - gen, ſo ſich vor Beicht-Vaͤter ausgeben.Sodann ſagen ſie, waͤre eben dasjenige zu beobachten, was man von der Geheimhaltung der Beichte lehrete. Sie wollen es auch ſolchen Betruͤgern nicht ungenoſſen hingehen laſſen, wenn ſie hernach etwas ausſchwatzen. Sie nehmen ihre Gruͤnde von denen buͤrgerlichen Geſetzen her. Dieſe haͤtten ſolche Betruͤger angehalten, dasjenige zu erfuͤllen, was derjenige thun ſollen, vor welchen ſie ſich ausgegeben. Tit. ff. quod falſ. tut. L. 1. pr. & L. 4. ff. de eo qui pro tut. a) Der.

Von dem Unterſchiedunter ver -
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§. IX.

Dieſemnach ſo folget / daß alles dasjenige / was jemand in der Beichte geoffenbahret worden / ver - ſchwiegen bleiben muͤſſe. Zwar ſind einige / die da meinen /die311Geheimhaltung der Beichte. die Geheimhaltung der Beichte ſey nur ſodann nothig /trauen und beichten. wenn man dem Prieſter in der Beichte ſelbſt etwas entde - cket. Es geſchiehet aber zuweilen / vertrauen einige auch auſſerhalb des Beicht-Stuhls ihren Seelſorgern. Sie ha - ben dabey das Vertrauen / es werde nicht minder verſchwie - gen bleiben. Es fraget ſich aber / ob ein Prieſter ſolche Of - fenbahrung geheim zu halten verbunden ſey? Es ſind ei - nige in dem Wahn / daß ſolche Verbindlichkeit hier keine ſtatt haͤttea)Der beruͤhmte Herr Hoffrath Boͤhmer, bemercket in ſeinemWas davon zu halten. jure Eccleſ. proteſt. Lib. II Tit. XXI. §. 8. daß einige ſo wunderlich waͤren, und dafuͤr hielten, was man ihnen auſſerhalb des Beicht - Stuhls entdeckte, koͤnnten ſie mit gutem Gewiſſen nicht ver - ſchweigen. Er haͤtte dergleichen aus denen Actis in acht genom - men. Es iſt wahr, viele meinen, daß ein Unterſchied ſey, wenn man in dem Beicht-Stuhl, oder ſonſten etwas offenbahret. Da - hero wenn ſie aus der Schule ſchwatzen, ſagen ſie: Er hat es mir nur vertrauet, aber nicht gebeichtet. Selbſt der bekannte Juriſt Adrian. Beyer de Sigill. confeſſ. Sect. II. cap. 1. meinet, die Ge - heimhaltung waͤre nur ſodann noͤthig, wenn man dem Prieſter in der Beichte etwas entdecket. Si ſacerdoti pro cathedra ſedenti & ſub forma & ſigillo confeſſionis reuelatum quid fuerit. Al - lein die Sache hat keinen Grund.. Jedoch ſolche Leute irren gar ſehr. Es iſt ein Prieſter gehalten nichts zu offenbahren, was ihm von ſeinen Zuhoͤrern / oder andern / die das Gewiſſen naget / in und auſſerhalb des Beicht-Stuhls entdecket wird. Es wird nicht undienlich ſeyn / die Worte Auguſtini hieher zu uͤberſetzen. Es kennet, ſagt derſelbeb)Auguſtini Worte ſtehen bey Gratiano c. 19. C. 2. q. 1. NouitAuguſtini und anderer Urtheil. neſcio quem homicidam Epiſcopus, & alius illum nemo no -uit. / der Biſchoff einen Todſchlaͤger, und ſonſten weiß niemand etwas darum. Jch mag ihn nicht oͤffentlich beſtraffen, und du wilſt ihn anklagen? Jch verrathe ihn nicht, und laſſe ihn auch nicht ſo ſchlechter -dings312II. Abth. IV. Cap. Von derdings hingehen: Jch beſtraffe ſolchen heimlich: Jch ſtelle ihm das goͤttliche Gerichte vor Augen, ich ſchrecke das bluti - ge Gewiſſen, ich rathe ihn zur Buſſe. Mit ſolcher Liebe muͤſſen wir begabet ſeyn. Dahero tadeln uns manchmahl die Leute, daß wir nicht ſtrafften, oder halten dafuͤr, wir wuͤſten, was uns doch unbekant, oder meinen, wir verſchwie - gen, was wir wiſſen. Aber vielleicht iſt es mir auch bekant, was du weiſt, aber ich beſtraffe nicht in deiner Gegenwart, weil ich heilen, aber nicht anklagen will. Es ſind Menſchen in ihren Haͤuſern Ehebrecher, ſie ſuͤndigen im verborgenen, biß - weilen werden ſie uns von ihren Weibern entdecket, die ge - meiniglich eiffern, zuweilen auch der Maͤnner Wohlfahrt ſu - chen. Wir verrathen ſolche nicht, ſondern ſtraffen ſie heim - lich. Wo das Ubel ſeinen Anfang genommen, da mag es auch ſterben. Jedoch verſaͤumen wir an ſolcher Wunde nichts, ſondern zeigen vor allen, daß dieſe Wunde einem Men - ſchen, der in einer ſolchen Suͤnde lebet, und ein verletztes Ge - wiſſen hat, zum Tode gereiche. Dieſe Worte moͤgendie(b)uit. Ego nolo illum publice corripere, & tu quæris inſcribere? prorſus nec prodo nec negligo: corripio in ſecreto. Pono an - te oculos eius Dei iudicium, terreo cruentam conſcientiam, perſuadeo pœnitentiam. Hac charitate præditi eſſe debemus. Vnde aliquando homines reprehendunt nos, quod quaſi non cor - ripiamus, aut putant, nos ſcire, quod neſcimus, aut putant, nos tacere, quod ſcimus. Sed forte quod ſcis, & ego ſcio, ſed non coram te corripio, quia curare volo non accuſare. Sunt homi - nes adulteri in domibus ſuis, in ſecreto peccant, aliquando no - bis produntur ab vxoribus ſuis, plerumque zelantibus, aliquan - do maritorum ſalutem quærentibus. Non prodimus palam, ſed in ſecreto arguimus. Vbi contigit malum, ibi moriatur malum. Non tamen vulnus illud negligimus, ante omnia oſtendentes, homini in tali peccato conſtituto ſauciamque gerenti conſcien - tiam, illud vulnus eſſe mortiferum. Man kan auch den belob - ten Herrn Boͤhmer cit. l. und den ſeel. Stryck in diſp. de reue - lat. cred. cap. 2. n. 58. ſeq. hievon nachleſen. a) Gut -313Geheimhaltung der Beichte. die Prieſter wohl erwaͤgen. Denn wenn ich einem etwas of - fenbahre / Troſt zu erlangen / ſo muß es mir keinen Schaden bringen. Alſo iſt es gleich viel / ich mag es in dem Beicht - Stuhl / oder ſonſten wo geoffenbahret haben. Die Geheim - haltung iſt und bleibet ein nothwendiges Stuͤck. Darum muß man denenjenigen / ſo in dem Wahn ſtehen / ſie duͤrf - ten nur dasjenige geheim halten / was man ihnen in dem Beicht-Stuhl entdecket / den Jrrthum benehmen. Man muß die Ubertreter zur gebuͤhrenden Straffe ziehen.

§. X.

Gehet aber die Geheimhaltung der BeichteOb alle La - ſter und Suͤnden, ſo gebeichtet worden, ge - heim zu hal - ten. auf alle und jede gebeichtete Laſter und Suͤnden? Jch den - cke allerdings es muͤſte alſo ſeyn. Allein vielleicht iſt die Ketzerey nicht mit in der Claſſe. Wenn jemand ſolche beich - tet / und doch dabey verharret / ſo wird Zweiffels ohne ein Prieſter verbunden ſeyn / es der Obrigkeit anzuzeigen. Man weiß / daß die Ketzerey allzu verhaſt iſt. Der vers iſt mehr als zu bekant:

Hæreſis eſt crimen, quod nec confesſio celat.

Die Ketzerey ſey ein ſolches Laſter / das man nicht verſchwei - gen koͤnte / wenn es ſchon in der Beichte entdecket worden. So raiſonniren die groben Papiſten / und die es mit ihnen halten. Die / ſo nur ein bisgen Witz haben / erkennen den Jrrthum. Sie mercken / daß es aus einer Staats raiſon geſchehen / daß man die Ketzerey vor ſo ein ſtraffbares Laſter angeſehen. Hoͤre was der Canoniſt Guttierez urtheilet. Es darf auch, ſagt era)Guttierez in quæſt. Canon. Lib. 1. Cap. XI. nr. 51. Imo nec etiamOb die gebeich - tete Ketzerey zu verrathen. confeſſarius debet reuelare hæreticum ſibi confeſſum, nolen - tem pœnitere, nec alios prodere, quos ſcit hæreticos eſſe, vt reſoluit cum communi plures allegans D. Simanc. de inſtit. ca - thol. tit. 42. n. 14. aduerſus Alber. aliud tenentem. Eandem am - pliationem ſequitur Nauar. in d. c. ſacerdos 6. diſt. n. 119. de -nit. , ein Beicht-Vater einen Ketzer, derihm(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) r r314II. Abth. IV. Cap. Von derihm die Ketzerey gebeichtet, und nicht davon abſtehen will, nicht entdecken, noch andere verrathen, die er weiß, daß ſie Ketzer ſind, wie D. Simanc de inſtit cathol. tit. 42. n. 14. wieder Alber. der anderer Meynung iſt, behauptet, und viele vor ſich anfuͤhret. Nauar. in d. c. ſacerdos 6. diſt. n. 119. de pœnit. iſt eben dieſer Meinung, und ſaget, daß alle Theologi hiermit einſtimmeten. Von der Ketzerey hat man auch auf das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt geſchloſſen / und gemeinet / wenn jemand ſolches gebeichtet / muͤſte man es offenbahren. Es iſt gantz gut / wenn die That noch nicht geſchehen. Soll aber ein Beicht-Vater auch das bereits begangene Verbre - chen der Obrigkeit anzuzeigen verbunden ſeyn? Hieran zweifle ich gar ſehr / weil die Geheimhaltung der Beichte auf keine Laſter reſtringiret iſtb)Ob das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt zu of - fenbahren.Von denen Verbrechen, die noch begangen werden ſollen, wenn man ſeine intention beichtet, davon will bald meine Meinung entdecken. So viel will anjetzo nur melden, daß die Jeſuiten dafuͤr halten, man duͤrffte auch hier nicht das geringſte aus der Beichte ſchwatzen. Sie ruͤhmen von ſich, daß ſie die Gabe haͤt - ten, was ihnen gebeichtet worden, zu vergeſſen. Man weiß von dem Jeſuiten Albinio, daß ihm Rauaillac, der Heinrich den IV. in Franckreich erſtochen, ſeine intention zuvorher gebeichtet. Al - lein wenn die Lehre der alten Canoniſten gegruͤndet, daß die ge - beichtete Ketzerey nothwendig entdecket werden muͤſte, ſo iſt keinZweif -.

§. XI.

(a)nit. Vbi inquit, quod hanc ſententiam probant omnes Theo - logi. Diejenigen Papiſten, ſo der Ketzerey nicht allzuviel einraͤu - men, und doch die Geheimhaltung der Beichte nicht zu ſehr ver - letzen wollen, ſagen: ſodann koͤnnte man das gebeichtete offen - bahren, wenn der Ketzer ſein Gifft auch dem Beicht-Vater bey - bringen wollen. Delrio diſquiſ. Mag. Lib. VI. c. 1. ſect. 2. Meno - chius de arb. jud. quæſt. Lib. II. cent. 5. caſ. 414. nr. 13. Mich beduͤn - cket, daß dieſe Leute durch die Ketzerey nichts anders verſtehen koͤnnen, als etwas ſolches, das von der gemeinen und gebillig - ten Lehre abweichet.

315Geheimhaltung der Beichte.

§. XI.

Es ſtimmen alſo die Doctores ein / daß alleDie groͤſten Suͤnden, wenn man ſie beichtet, muͤſſen ver - ſchwiegen bleiben. und jede Laſter und Suͤnden, wenn ſolche auch noch ſo groß waͤren / im Fall ſie gebeichtet worden / geheim zu halten. Sie ſagen / es gezieme keinem Prieſter / ſich in weltliche Haͤn - del zu miſchen. Es ſey derſelbe kein Raͤcher und Richter der Laſter. Sein Amt beſtuͤnde darinnen / daß er ſtraffte / wenn jemand unbußfertig. Die / ſo Leid und Reue haͤtten / muͤſte er mit Troſt aufrichten. Alles und jedes aber / was in dem Beicht-Stuhl vorgienge / muͤſte verſchwiegen blei - ben. Ja wenn ein Prieſter gleich meinete / die Suͤnde ſey ſo groß / daß es zum hoͤchſten unbillig / wenn ſolche unbe - ſtrafft bliebe / ſo muͤſte er dennoch reinen Mund halten. Er muͤſte die Rache GOtt befehlena)Ein Prieſter ſolte in dieſem Fall bedencken das bekannte Sprich -Wird noch weiter erleu - tert. wort: Es iſt nichts ſo klein geſponnen, es kommt endlich an die Sonnen. GOtt wuͤſte tauſend Wege, dasjenige an das Licht zu bringen, was im Finſtern verborgen waͤre. Alſo ſoll ein Prieſter nichts offenbahren, wenn ihm jemand beichtet, er ſtecke in der und der Lehre. Er ſoll verſchwiegen ſeyn, weñ man ihm offenbah - ret, man haͤtte ein Laſter der beleidigten Majeſtaͤt begangen, das Vaterland verrathen, Kirchen und Staͤtte angezuͤndet, wider die Obrigkeit rebellirt, und andere grobe Laſter und Suͤnden began - gen. Beyer cit. l. ſect. 1. cap. 3. §. 56. Ja wenn auch jemand bekennet, daß er Todſchlag veruͤbet. Lutherus ſelbſt hat auf die Frage: Wenn ein Pfarrer und Beicht-Vater ein Weib abſolvirte, die gebeichtet, daß ſie ihr Kind erwuͤrget, und ſolches wuͤrde hernach ruchbar, ob auch der Pfarrer, ſo er darum gefraget wuͤrde, beym Richter Zeugniß geben muͤſte? geantwortet: Mit nichtennicht:.

§. XII.

(b)Zweiffel, daß auch das begangene Laſter der beleidigten Ma - jeſtaͤt, der Obrigkeit anzuzeigen waͤren. Jedoch, da das erſte - re ohne Grund, ſo halte ich dafuͤr, ein Prieſter ſey nicht ſchul - dig auch wegen des letztern, wenn nehmlich die That ſchon voll - bracht, etwas aus der Beichte zu ſchwatzen.

r r 2316II. Abth. IV. Capitel. Von der
Man darff nicht das al - lergeringſte aus der Beichteſchwatzen.
598

§. XII.

Es iſt ein Beicht-Vater zum Stillſchweigen verbunden / wenn diejenigen Laſter und Suͤnden / ſo man ihm bekennet / gleich nicht unter die groben gehoͤren. Wenn gleich nicht zu befuͤrchten / daß man dem Beicht-Kind deß - wegen das geringſte werde in dem Wege legen. Denn auch ſolches ausplaudern koͤnnte die Leute von der Beicht und Offenbahrung abhaltena)Erſte Urſache.Die Leute koͤnnen ſo dann nicht ohne Grund muthmaſſen, der Beicht-Vater koͤnnte eben ſo leicht groſſe und wichtige ihm an - vertraute Dinge offenbahren, als er ein und das andere, ſo von keiner ſonderlichen importanz geweſen, ausgeſchwatzet. vid. Me - nochius cit. l. nr. 6. . Hiermit aber iſt der Geiſt - lichkeit nichts gedienet. Darum ſo wollen ſie / daß nicht der geringſte Umſtand, ſo gebeichtet worden / wiederum andern zu offenbahren ſey. Man koͤnnte auch von einem ſolchen Menſchen ſchlieſſen / daß er groͤſſere Dinge mit gleicher Leichtſinnigkeit ausplaudern wuͤrde. Denn wenn ein Sack einmahl Loͤcher kriegt / ſo iſt es leicht geſchehen / daß noch groͤſſere und mehrere hinein reiſſen. Wer ſich ein - mahl in einer Sache nicht allzu gut aufgefuͤhret / dem darf man auch fernerhin nicht allzuwohl trauenb)Andere Urſach.Man kan einen ſolchen Beicht-Vater nach der Canoniſten Meinung alſobald verklagen, er habe das Siegel der Beichte gebrochen. Der geringſte Umſtand, ſo aus der Beichte ge - plaudert worden, koͤnnte dem weltlichen Richter Gelegenheit ge -ben,.

§. XIII.

(a)nicht: Denn man muß Kirchen und weltliche Regiment un - terſcheiden. Sintemahl ſie mir nicht gebeichtet, ſondern dem HErrn Chriſto ꝛc. Jch wolte aber, faͤhret er fort, zu ihr ſagen: Du Hur thue es nicht mehr. vid. Dedeken. vol. 1. conſ. p. 925. Wenn alſo ein Prieſter die Beichte geheim halten ſoll, wenn gleich die Obrigkeit etwas zu wiſſen verlangt, (wovon bald mit mehrern) wie vielmehr iſt er dazu gehalten, wenn nie - mand von ihm begehret, etwas auszuſchwatzen.

317Geheimhaltung der Beichte.

§. XIII.

Vielleicht aber hoͤret die Pflicht das gebeich -Die Beich - te muß ge - heim gehal - ten werden, wenn gleich das Beicht - Kind ge - ſtorben. tete geheim zu halten / ſo dann auf / wenn das Beicht-Kind ferner nicht am Leben? So meinen einige / weil der Todt ordentlicher Weiſe alle Rechte und Pflichten aufhebet. Sie ſagen ferner / wenn auch jemand was gebeichtet / ſo etwas groſſes auf ſich haͤtte / ſo waͤre der Coͤrper dennoch von der Straffe befreyet. Man koͤnnte demſelben zum wenigſten keine Straffe anthun. Denn eigentlich zu reden / ſo haͤt - ten die Coͤrper weder einiges Recht noch Pflicht zu for - derna)Allein ein guter Ruff, dauret auch nach dem Tode. WemWird noch wei - ter erlaͤutert. iſt uͤber dieſes unbekant, daß man auch zuweilen an denen toden Coͤrpern eine Straffe exequiret? Denn obgleich der Coͤrper kei - ne Straffe mehr leidet, ſo thut man es dennoch denen Lebendigen einen Schrecken einzujagen. So laͤſſet man die Coͤrper zuwei - len unbegraben liegen, davon Gutherius de jure manium Lib. I. Cap. XI. nachzuleſen. Dieſes ſind genugſame Gruͤnde, weßwe - gen ein Beicht-Vater allezeit reinen Mund halten ſoll. Jch will anjetzo nichts davon gedencken, daß man nach denen Regeln des Chriſtenthums von denen Toden nichts als gutes zu reden gehal - ten ſey. Vid. Auguſt. Barboſa in tr. de offic. & poteſt Paroch. part. 2. cap. 19. n. 54. a) Jch. Allein nichts deſtoweniger muß die Beichte ge - heim gehalten werden. Wenn keine andere Urſache vor - handen waͤre / ſo wuͤrde dieſe eintzige zureichen / daß der Fa - milie des Verſtorbenen ein Schimpff zugezogen wuͤrde / wenn man ein groſſes Laſter von ſolchem an Tag braͤchte. Die Sache / ſo bißher verborgen geweſen / und die der Ver - ſtorbene zur Erleichterung ſeines Gewiſſens dem Beicht - Vater entdecket / muß auch ferner cachirt bleiben. Man darf den Hinterbliebenen zum Nachtheil nichts ausplau - dern.

§. XIV.

(b)ben die Sache zu unterſuchen. Auf dieſe Art aber kaͤmen die Beicht-Kinder in Gefahr ihre Ehre und Anſehen zu verlieren.

r r 3318II. Abth. IV. Cap. Von der
Die Beich - te ſoll ge - heim gehal - ten werden, wenn auch die Obrig - keit ein an - deres be-fiehlt.
603

§. XIV.

Ein Beicht-Vater ſoll nicht alleine uͤber al - les / was man ihm anvertrauet / reinen Mund halten / ſon - dern auch nichts auf andere Weiſe verrathena)Man darff nicht aus der Beichte ſchwa - tzen, es nur ei - nem andern zu vertrauen.Jch meine abſonderlich das Schreiben. Man mag ſolches nun mit ordentlichen Buchſtaben, charactern, oder Ziffern thun, ſo iſt es nicht zugelaſſen. Conf. c. 12 X. de pœnit. & remisſ. Biß - weilen finden ſich einige, die da ſagen: Jch will euchs vertrau - et haben, aber ich geſtehe euch nichts. Jhr duͤrfft es mir nicht nachſagen, denn ich will es nicht geredet haben. Was iſt aber dieſes anders, als aus der Beichte ſchwatzen? Blaſius ſa - get es mit ſolchen Bedingungen Titio, Titius Sempronio, und dieſer wieder einem andern. So erfaͤhret die gantze Stadt eine Sache im hoͤchſten Vertrauen. Alſo nuͤtzen dergleichen Pro - teſtationes nichts. Man handelt ſolchen mit der That zuwieder. Darum wird auch in denen Rechten nicht darauf regardiret. vid. Beyer cit. l. Cap. 3. §. 52. . Ja wenn gleich die Obrigkeit ihn darzu anhalten wolte / daß er we - gen des gebeichteten etwas ſolte ausſagen / ſo darf er es dennoch nicht bewerckſtelligen. Er muß alles geheim halten / und ſich an keine Drohungen kehrenb)Man darff nichts offen - bahren, wenn man gleich meinet, die Verbrechen duͤrfften nicht ungeſtrafft bleiben.Es hindert nichts, daß gleichwohl dem gemeinen Weſen daran gelegen, daß die Schand - und Ubelthaten nicht ungeſtrafft blei - ben. Darum ſolte man alles anzeigen, was Straffe verdienet, damit dieſelbe erfolgte. Allein wenn gleich dieſes richtig iſt: Man ſoll der Obrigkeit alles, was ſtraffbar iſt, anzeigen, ſo tau - get doch dieſe Folgerung nichts: Darum muͤſſen es auch die Beicht-Vaͤter thun. Denn dieſerwegen iſt die Beichte nicht ein - gefuͤhret worden. Sie ſoll denen geaͤngſteten Gewiſſen zu ſtat - ten kommen, wie ſchon hin und wieder gemeldet worden. c) Dam -. Einige meinen zwar / wenn die Obrigkeit dem Beicht-Vater den Reinigungs Eid zuerkennete / daß er von dieſem oder jenem nichts wuͤſte / ſo koͤnnte er mit gutem Gewiſſen ſchwoͤren. Wenn er es gleich zehnmahl von dem Beicht-Kinde gehoͤret / ſo wuͤſte er dochals319Geheimhaltung der Beichte. als ein Menſch nichts davon. Darum begienge er keinen Meineid. Jch will die ſelbſt eigene Worte einiger hieher ſetzen. So ſchreibet Damhouderc)Damhouderus in prax. rer. crim. cap. 150. n. 8. Et ſi ad juramen -Ob ein Prieſter ſchweren koͤnne, daß er nichts gehoͤret, ob man ihm gleich gebeichtet. tum veritatis adigatur, tuto iurare poterit, ſe nihil eorum ſcire, quæ iudex intterrogat, & de quibus cupit fieri certior. Atque ita jurando non peccat. Quod enim ſcit neſcit. Nam quod ſcit vt Dei vicarius, neſcit vt homo. : Und wenn ein Beicht - Vater zum Eide der Wahrheit getrieben wuͤrde, kan derſel - be gar wohl ſchwoͤren: Er wuͤſte nichts von dem, woruͤber ihn der Richter fragte, und waß er zuwiſſen verlanget. Und mit ſolchem ſchwoͤren ſuͤndiget keiner. Denn was er als Gottes Statthalter erfahren, davon weiß er als ein Menſche nichts. Gailius raiſonniret folgender maſſen hievond)Gailius Lib. I. obſ. 100. nr. 8. Quid autem ſi ſacerdos in teſtemOb er zum Zeugniß geben anzuhalten. producatur, an compelli posſit, vt ſecreta confesſionis reuelet? Minime, ne a pontifice quidem, ſecundum Panormit. in c. dile - ctis nr. 2. de excesſ. præl. Ratio, quia illa non vt homo, ſed vt Dei vicarius ſcire intelligitur: proinde interrogatus ſine mendacio re - cte reſpondet de ſua ignorantia: nam vt homo & teſtis ignorat factum, ſuper quo interrogatur. : Was iſt aber zu thun, wenn man den Prieſter zu einem Zeugen auf - fuͤhrete, kan man ihn anhalten, daß er die Geheimnuͤſſe der Beichte offenbahre? Keines weges, es kan es nicht einmahl der Papſt thun, nach Panormitano. Die Urſache iſt, weil er hievon als ein Menſch nichts weiß, ſondern als GOttes Statthalter. Derowegen wenn man ihn fraget, entſchuldiget er ſich mit Recht, mit ſeiner Unwiſſenheit: Denn als ein Menſch und Zeuge iſt ihm die That, woruͤber er befragt wird, unbekañt. Solche raiſonnoments, ob ſie auch gleich bey unſern Theo - logis Platz findene)Lutherus bey Dedekenno cit. loc. Wenn ſie aber ſagte, SieLutheri waͤre von uns abſolvi ret, ꝛc. und ich wuͤrde darinnen citi ret, gefordert, und gefraget, ſo wolt ich abermahl verneinen ꝛc. Drum / laſſe ich billig nicht gelten. Manbraucht320II. Abth. IV. Cap. Von derbraucht dergleichen Dinge und Weitlaͤufftigkeiten gar nicht. Ferner ſind faſt alle der Meinung / ein Beicht-Vater duͤrf - te nichts verrathen / wenn er auch daruͤber ſolte ſein Leben laſſenf)und Aviani Meinung.Dieſes iſt die Meinung Aviani in prax. Eccles. Er haͤlt diejenige Obrigkeit, ſo einem Prieſter dergleichen zumuthet, unchriſtlich, da er ſaget: Was dem Pfarrherrn im Beicht-Stuhl ver - trauet wird, muß er vor jederman, auch vor ſeiner Obrig - keit, wenn ſie unchriſtlich waͤre, und wolte es von ihm wiſ - ſen, auch biß an den Tod verſchweigen. . Er muͤſte die Geheimhaltung der Beichte allen andern Vortheilen vorziehen.

Die Obrig - keit kan kei - nen Geiſtli - chen anhal - ten, aus der Beichte zuſchwatzen.
609

§. XV.

Es iſt aber der Obrigkeit von denen Landes - Fuͤrſten unterſaget / einen Geiſtlichen anzuhalten / daß er einen Zeugen von dem gebeichteten abgeben muͤſſe. Alle juriſtiſche Collegia ſprechen darauf / daß ein ſolches Zumu - then ungegruͤndet. Man koͤnne keinen Prieſter anſtren - gen / das Siegel der Beichte zu brechena)Wird mit ei - nem Urtheil be - ſtaͤrcket.Carpzov in juriſpr. conſiſt. Lib. III. def. 25. hat ein reſponſum hievon beygebracht, welches alſo lautet: Hat ſich zwiſchen et - lichen Handwercks Geſellen daſelbſt ein Tumult ereignet, dabey einer Nahmens Hanß R. durch einen Stich entleibet worden. Man haͤtt aber bißher wegen Mangel der Zeu - gen, und weil die That bey naͤchtlicher weil geſchehen, hin - ter den Grund und Thaͤter nicht gelangen koͤnnen, anjetzo aber will, verlauten daß N. N. den Stich dem entleibtenzugefuͤget,. Denn da die Beicht-Stuͤhle / wie oͤffters gemeldet worden / ſolche Oerter ſeyn ſollen / da die Leute ihr Hertz recht ausſchuͤtten koͤn - nen / ſo muß man auch die benoͤthigte Sachen darzu bey - tragen. Niemand aber wuͤrde jemahls das geringſte entde - cken / wenn er nicht wuͤſte / das alles verborgen und begra - ben bleiben muͤſte.

§. XVI.

(e)Drum ſoll ich ſagen: iſt ſie abſolvi ret, da weiß ich D. Marti - nus nicht umb, Chriſtus weiß es, mit welchem ſie geredet.

321Geheimhaltung der Beichte.

§. XVI.

Allein wenn ſich nun ein Prieſter aus Un -Wenn ein Prieſter et - was aus der Beichte ge - plaudert, ſo ſchadet es dem ſchul - digen nichts. vorſichtigkeit oder Boßheit vergangen / und wegen des ge - beichteten Zeugniß abgeleget / was wuͤrcket ſolches? Ent - ſtehet aus ſolchem wieder den ſchuldigen ein zu Recht be - ſtaͤndiger Beweiß? Keines wegesa)Hieher gehoͤret, was bey Finckelthauſen obſerv. 95. zu leſen:Wird mit ei - nem Urthe er - wieſen. Dennoch aber und wofern euer Bekaͤnntniß dem Beicht-Va - ter in der Beichte geſchehen, und demſelben nicht gebuͤhret, dasjenige, ſo ihm in der Beichte vertrauet, andern zu ent - decken: ſo iſt euch ſolche des Beicht-Vaters gegen den Superin - tendenten beſchehene Offenbahrung nicht præjudicir lich u. nach - theilig, alſo daß ihr weder mit dem juramento purgationis, noch einiger Straff zu belegen, oder der Klaͤgerin Geld zu geben ſchuldig ſeyd: ſondern ihr weꝛdet nach Gelegenheit diß - fals, und in Mangelung anderer Beweiſung oder richtiger indici en und Vermuthungen, von angeſtellter Klage und fer - nerer inquiſition billig abſolvi ret und entbunden V. R. W. Conf. Panormitan: ad c. dilectus 13 n. 2. & 4. de eccleſ. prælat. Ca - roc. de reuel. confeſſ. q. 18. ſaget ebenfals, daß die Zeugenſchafft des Beicht-Vaters nicht das geringſte ausmache. Es moͤch - te die That noch ſo ein groſſes Laſter ſeyn. Es moͤchte ſonſt in derſelben aller Beweiß vor guͤltig angenommen werden. b) Beyer. Man kan daraus gar keine indicia zur inquiſition nehmen. Man kan den ſchul - digen nicht zum Reinigungs Eid bringen. Kurtz es ma - chet ein ſolches Zeugniß nicht das geringſte aus. Manglaubet(a)zugefuͤget, welches er in der Beicht auch bekennet haben ſoll, zu welchem End die Obrigkeit des Orts nochmahls zeugen, und unter andern euch uͤber das, ſo in der Beichte vorge - lauffen, abhoͤren laſſen will: Dieweil aber keinem Prieſter zuſtehet, dasjenige, ſo ihm gebeichtet, jemands, wer der auch fey, zu offenbahren, ſondern daſſelbe vielmehr verbothen, die Obrigkeit auch den Beicht-Vaͤtern dergleichen anzu - muthen nicht befugt, ſo werdet ihr mit ſolchem Gezeugniß billig verſchonet. V. R. W.(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) ſ ſ322II. Abth. IV. Cap. Von derglaubet dem Prieſter im geringſten nicht, ſaget Beyerb)Beyeri Mel - nung.Beyer cit. l. cap. 4 §. 2. Sacerdoti & ſic nullo modo crederetur, ſiue quod ſit illicitum teſtimonium, contra leges ſacrosque canones da - tum, adeoque & ſecretum diceretur arg. L. 1. §. 38. ff. depoſ. ſiue quod non ſit credendus ſcire tanquam homo, quæ illi tanquam ſpe - ciali Chriſti opt. max. vicario explicata ſint, prout Senatus Pe - demontanus pronuntiauerit. , ent - weder weil das Zeugniß unzulaͤßig, wieder die Geſetze und heili - gen Canones, und alſo auch ein Geheimniß heiſſet; oder weil der Prieſter es nicht wiſſen kan als ein Menſch, was man ihm als Chriſti Statthalter geſaget, wie der Rath zu Piemont geſprochen. Derjenige verdiene gar keinen Glauben, welcher den Glauben und Vergleich / verſchwiegen zu ſeyn / ſo ſchaͤnd - lich gebrochenc)Ein paar An - merckungen wegen des Sie - gels der Beich - le.Ein Richter kan die Articul und Frageſtuͤcke alſobald verwerſ - fen, wenn etwas in ſolchen enthalten, das zu Ausforſchung der Beichte gehoͤret. Grul. in proceſſ. c. 17. nr. 112. Wenn jemand durch Zeugen uͤberwieſen und verdammet worden, und man er - fuͤhre nachmahls, daß die gantze Anklage oder inquiſition da - her entſtanden, daß aus der Beichte geplaudert worden, ſo muͤ - ſte man den ſchuldigen Theil wieder frey und loß ſprechen. Man koͤnnte gar keine Straffe an ihm exequiren. Vid. Gomez var. reſol. tom. 3. cap. 13. n. 9. Delrio Lib. 6. Diſquiſ. Mav. cap. 1. ſect. 2. a) Und.

Ob die noch zu begehen - de Suͤnden, wenn man ſolchen Vor - ſatz beichtet, geheim zuhalten.
615

§. XVII.

Wenn aber eine Sache verſchwiegen wer - den ſoll / ſo wird unter andern verlanget / daß ſolche ſchon geſchehen ſeyn muͤſſe. Denn was man erſt noch begehen will, und es beichtet / wird mit Unrecht unter diejenigen Sachen gezehlet / die man geheim halten ſoll. Einige Je - ſuiten aber / ſind hier gantz anderer Meynung / indem ſie dafuͤr halten / daß nichts waͤre / welches / wenn man es ge - beichtet / nicht verſchwiegen bleiben muͤſte. Sie erhoͤhen das Siegel der Beichte uͤber alle maſſen. Was man ih - nen entdecket / halten ſie als den allerwichtigſten Schatz ver -borgen323Geheimhaltung der Beichte. borgen und verwahret. Darum abſolviren ſie auch die Leute / wenn ſie gleich beichten / daß ſie dieſen oder jenen Vorſatz zu ſuͤndigen fuͤhrtena)Und zwar nicht zu dieſem Ende, daß ſie von dem uͤblen ſuͤndi -Meinung der Jeſuiten. gen Vorſatz abſtuͤnden. Sie koͤnnen darinnen fortfahren und ſolchen ausfuͤhren. Die Suͤnde iſt ihnen vergeben, und alſo gereichte ſie der Seele zu keinem Nachtheil. Der ſeel. Ziegler in not. ad Lancell. Lib. II. not. 162. edit. Thomaſ. erzehlet aus denen Actis Anglicanis, daß der Graff von Nottingham den Jeſuiten Gamet vor dem Parlament gefraget: Wenn jemand bey ihm beichtete, er wolte den folgenden Tag den Koͤnig mit ei - nem Dolch erſtechen, ob er ein ſolches verſchwiegen halten wolte? Dieſer haͤtte mit ja! darauf geantwortet. Ein glei - ches haͤtte der Jeſuit Binet gegen Caſaubonum gemeldet, und ge - ſprochen: Es waͤre beſſer, daß alle Koͤnige umkaͤmen, als daß man das Siegel der Beichte nur einmahl breche. Ein anderer Jeſuit hat vorgegeben: Wenn unſer Heyland JE - ſus CHriſtus noch auf Erden herum gienge, und dem To - de unterworffen waͤre, und es kaͤme einer, der da beich - tete, daß er ihn umbringen wolte, ſo wolte er eher geſche - hen laſſen, daß Chriſtus maſſacri ret wuͤrde, als daß er die Beichte verriethe. Dieſerwegen tragen dieſe Herren kein Be - dencken zu ſagen, man duͤrffte nichts aus der Beichte plaudern, wenn gleich der gantzen Welt Wohlfahrt daran hienge, daß die Sach an den Tag kaͤme. Man muͤſte verſchwiegen ſeyn, wenn man gleich das groͤſte Ungluͤck verhuͤten, und ſeinen unſchuldi - gen retten koͤnnte. Das Siegel der Beichte muͤſte feſte ſtehen, wenn auch die Welt in Truͤmmern gehen, die Religion umge - kehret, und alle Sacramente zu nichte werden ſollten. Bey ſol - chen verzweiffelten Saͤtzen, muß ein ehrliches Gemuͤthe billig er - ſtaunen. Die Proteſtirende haben darum ſolche billig von ſich verbannet. b) Beyer. Auf dieſe Art geſchiehet es zum oͤfftern / daß die Pflicht gegen GOtt / die Liebe des Naͤchſten / ja des gantzen gemeinen Weſens Wohlfahrt / undderſ ſ 2324II. Abth. IV. Cap. Von derder Nutzen der Kirchen gekraͤncket muͤſſen werden. Wenn man die Meinungen der canoniſten von Offenbahrung der noch zu begehenden Suͤnden anſiehet / ſo ſind dieſelben bald ſo bald ſo geſinnet. Jedoch ſind wiederum andere / wel - che alle unter einen Hut zu bringen gedencken. Sie ſa - gen / wenn jemand beichtete / daß er den Vorſatz haͤtte / die - ſes oder jenes zu thun / ſo ſolte ihm der Prieſter auf das beweglichſte zureden / um ihn davon abzubringen. Ver - fienge dieſes alles nicht / ſo ſollte er einem ſolchen die abſo - lution abſchlagen. Ja es waͤre ein Prieſter gehalten / die Sache der Obrigkeit / oder wer dabey in Gefahr waͤre / zu hinterbringen. Er ſolte nichts ermangeln laſſen / daß ſich dieſe Perſonen huͤten / und die Gefahr abwenden koͤnte. Jedoch muͤſte er behutſam ſeyn / daß er denjenigen nicht entdeckte / der den uͤblen Vorſatz zu ſchaden fuͤhrete. Das Siegel der Beichte waͤre in dieſem Fall ebenfalß viel zu hei - lig / als daß es ſolte verletzet werdenb)Anderer Mei - nung hiervon.Beyer cit. l. cap. 4. §. 23. ſeq. ſaget, wenn man die Meinung der Canoniſten mit Verſtand annehme, ſo koͤnte dieſelbe ſchon pas - ſiren. Dieſes haͤtte ſchon Carocius gethan, da er einen Unter - ſchied gemacht, ob die Suͤnde, welche man nicht laſſen koͤnnte, dieſerwegen dem Beicht-Vater entdeckte, daß er uns wider die Anfechtungen mit ſeinem Gebet beyſtuͤnde, daß er uns Rath - ſchlaͤge gebe, wie wir die Suͤnde meiden koͤnten, wenn ferner die Suͤnde, wenn ſie auch begangen wuͤrde, niemand Schaden braͤchte, in dieſen Faͤllen, waͤre ein Beicht-Vater zur Geheim - haltung verbunden. Wenn aber die intention, die ein ſol - cher Menſch fuͤhrte, dem dritten gefaͤhrlich waͤre, ſo koͤnte er ſol - chen allerdings warnen. Carocius machet ferner einen Unter - ſcheid, wenn ein Menſch zukuͤnfftige Suͤnden beichtete, und von ſich allein gebeichtet, oder noch mehrere entdecket, die es mit ihm hielten. Jm erſten Fall, ſolte der Beicht-Vater abermahls verſchwiegen ſeyn, im andern aber ſolte er die Leute warnen. Dieſe. Jn unſern Kir -chen325Geheimhaltung der Beichte. chen wird man aller dieſer Dinge nicht viel vonnoͤthen ha - ben. Jch glaube nicht / daß jemand zu dem Beicht-Vater kommen und ihm ſagen wird: Er haͤtte den Vorſatz dieſe oder jene Suͤnde zu begehen / dieſem oder jenem zu ſchaden. Geſchehe es aber / ſo halte ich dafuͤr / daß es ein melancholi - ſches Gemuͤrhe ſey. Mit dieſen muß man ohne hin anders verfahren / als mit Leuten / die ihrer Vernunfft Meiſter ſindc)Denn bißweilen gerathen die Leute in ſolche Anfechtungen, daßWas bey ei - nem melancho - ſie ſelbſt bekennen und beichten: Sie befuͤrchteten, der Satanmoͤchte.

§. XVIII.

(b)Dieſe Warnung aber muͤſte in genera len terminis geſchehen. Nie - mand muͤſte errathen koͤnnen, wer damit gemeinet waͤre. Beyer erklaͤret die Sache mit dem Exempel der Roͤmer, die mit dem Pyrrhone Krieg gefuͤhret. Timochares haͤtte ſich anerboten, den Koͤnig mit Gifft zu vergeben. Die Roͤmer aber haͤtten Pyrrho - nem ermahnet, ſich vorzuſehen, aber von dem Timocharo nichts dabey gemeldet. vid. Valerius Maximus Lib. VI. cap. 5. Verlan - get jemand meine Meinung zu wiſſen, ſo will ich mit folgenden dienen. Ein Beicht-Vater ſoll, ſo viel an ihm iſt, verhuͤten, daß dasjenige, was ihm jemand beichtet, es bey gelegener Zeit in das Werck zu ſetzen, keinesweges geſchehen moͤge. Wiedrigenfals iſt er die moraliſche Urſache der Suͤnde. Daß aber alles ver - mieden werde, ſoll er ſein aͤuſſerſtes verurſachen, einen ſolchen Menſchen von ſeinem boͤſen Vorhaben abzuwenden, und auf andere Gedancken zu bringen. Bey dem Anfang der Beichte ſind nur die begangene Suͤnden das obiectum geweſen. Die, ſo erſt noch begangen werden ſollen, haben keine abſolution er - halten. Laͤſſet ſich jemand durch Bitten, Flehen und Vermah - nen nicht auf andere Gedancken bringen, ſo iſt es entweder eine ſtarcke melancholie oder Boßheit. Von dem erſten Fall wer - de gleich meine Meinung entdecken. Von dem andern aber / da ſo eine enorme Boßheit verſpuͤret wird, iſt es nichts unbilliges, wenn ein Prieſter die gantze Sache denen, ſo das Ungluͤck be - vorſtehet, hinterbringet.

ſ ſ 3326II. Abth. IV. Cap. Von der
Ob man ei - ne Sache, die in der Beichte entdecket wordẽ, aus - ſchwatzen kan, wenn man auch anderweit Nachricht davon er-langt.
619

§. XVIII.

Man haͤlt dafuͤr / daß man auch ſodann niemand beſchuldigen koͤnne / er habe aus der Beichte ge - ſchwatzet / wenn der Beicht-Vater ſeine Wiſſenſchafft an - derweit her hat. Es koͤnte demſelben durch das gemeine Geſchrey zu Ohren kommen ſeyn. Ja wenn man etwas nach vollendeter Beichte entdeckte / ſo duͤrffte es der Beicht - Vater gar wohl andern ſagen. Allein was das erſtere be - trifft / ſo muß man es mit Verſtand annehmen. Das andere aber iſt / wie oben gemeldet / gantz irrig und falſch. Denn wenn ein Beicht-Vater ſich vergangen und ausge - plaudert / ſo koͤnte er ſich allezeit damit entſchuldigen / daß er die Sache von andern auch erfahren. Die Doctores thei - len ſich alſo in zwey Hauffen. Einige ſagen / ein Prieſter koͤnte ſodann die Sache andern erzehlen / andere wollen esnicht(c)liſchen / der et - was offenbah - ret, zu thun iſt.moͤchte ſie einſten dahin bringen, daß ſie ſich oder andern ein Lei - des anthaͤten. Einen ſolchen melancholiſchen Menſchen, mag ein Beicht-Vater denen naͤchſten Anverwandten zu guter Obſicht empfehlen. Ja nach Beſchaffenheit der Sache, kan man wohl gar in der Kirche vor ihn bitten. Es hindert nichts / daß man ſaget: auf ſolche Weiſe wuͤrde das Siegel der Beichte ge - brochen. Der arme Menſch beſorget ſich, daß er denen An - fechtungen unterliegen moͤchte. Auf andere Weiſe aber kan das Ubel und der traurige Ausgang nicht verhuͤtet werden. Ja wenn auch ein ſolcher melancholiſcher Menſch verſpraͤche, daß er von ſeinem Vorſatz abſtehen wolte, ſo ſoll es doch ein Prie - ſter nicht dabey bewenden laſſen, denn es iſt doch ungewiß, ob es ein ſolcher Menſch thut, und ob er ſich nicht vielmehr alſo anſtellt, die Leute ſicher zu machen. Darum muß man auf der Hut ſeyn, allem uͤblen Beginnen vorzukommen. Auf andere Weiſe aber kan es nicht geſchehen, als daß man andern Leu - ten, nehmlich denen Anverwandten, des Menſchen Vorhaben hinterbringet. a) Einige327Geheimhaltung der Beichte. nicht zugebena)Einige halten dafuͤr, wenn ein Prieſter gleich von einer SacheVerſchiedene Meinung der Rechts-Lehrer. hie oder daher Wiſſenſchafft haͤtte, ſo muͤſte er dennoch verſchwie - gen ſeyn, wenn man ſolche ihm auch gebeichtet. Sie meinen, daß ſonſt das Siegel der Beichte gebrochen wuͤrde. Sie brin - gen ferner folgende Urſache vor. Was man in der Beichte ge - offenbahret, ſolte und muͤſte verſchwiegen bleiben. Dieſe Pflicht koͤnte die Wiſſenſchafft, ſo man anderwaͤrts erlanget, nicht auf - heben. Es wuͤrden uͤber dieſes die Leute von der Beichte abge - ſchrecket, wenn ein Prieſter das Siegel brechen duͤrffte, im Fall er anderwaͤrts von der gebeichteten Sache etwas erfahren. Die Beichte ſey auch viel zu heilig, als daß ſie durch die gemeine Wiſ - ſenſchafft koͤnte umgeſtoſſen werden. Die, ſo anderer Meinung ſind, machen einen Unterſchied, ob der Beicht-Vater etwas aus - ſchwatzet, daß er es geſehen, gehoͤret ꝛc. oder ob er inſon - derheit ſagte, daß es ihm gebeichtet worden. Das erſtere ſey erlaubt, aber das andere verboten.. Jch wollte vielmehr dieſen Mittel-Weg wehlen / und ſagen: Wenn ein Prieſter von der Sache Wiſſenſchafft hat / ehe ſolche der Thaͤter beichtet, ſo waͤre er nicht gehalten verſchwiegen zu ſeyn. Man koͤnte ihn ſodann auch als einen Zeugen mitgebrauchenb)Wenn aber ein Prieſter nachmahls, da ihm etwas gebeichtetMeine Mei - nung. worden, durch das gemeine Geſchrey erfaͤhret, ſo halte ich dafuͤr, er muͤſſe alles geheim halten. Allein wenn man uͤberhaupt ſagen wolte, daß ein Prieſter reinen Mund ſolte halten, uͤber alles, was man ihm in der Beichte anvertrauet, ſo wuͤrden offt die groͤ - ſten Leichtfertigkeiten bemaͤntelt werden. Ein Ubelthaͤter, wenn er Wiſſenſchafft haͤtte, daß der Prieſter von ſeiner That duͤrfte Zeugnuͤß geben, koͤnte ihm ſolche nachmahls beichten. Dadurch erlangte er, daß man ihm nichts beweiſen koͤnte. Wenn er eine Ubelthat in des Prieſters Angeſicht begangen, ſo hinderte er durch die Beichte, daß der Prieſter kein Zeugnuͤß geben koͤnte. Wenn man dieſes wohl uͤberleget, wird man wieder meine Meinung nichts auszuſetzen haben. a) Sie.

§. XIX. 328II. Abth. IV. Cap. Von der
Von gege - bener Er - laubniß aus der Beichte zu ſchwa-tzen.
622

§. XIX.

Die Verſchwiegenheit wird ferner aufge - hoben / wenn das Beicht-Kind dem Beicht-Vater die Er - laubniß ertheilet, die Sache kund zu machen. Es ſind ei - nige / die da zweiffeln / ob ein Beicht-Kind dem Beicht-Va - ter die Erlaubniß geben koͤnne / aus der Beichte zu reden. Sie ſtehen in denen Gedancken / das Stillſchweigen ſey de - nen Prieſtern durch das natuͤrliche Recht aufferleget. Die Beichte ſey ein Sacrament, und wenn das Beicht-Kind die Sache durch den Prieſter wolte kund machen laſſen / muͤſte er auſſer der Beichte mit dem Beicht-Vater redena)Einige ſagen, man koͤnne ſol - che nicht geben.Sie ſagen ferner, man gaͤbe dadurch zu vielem Betrug und Un - terſchleiff Gelegenheit. Dadurch wuͤrden die Leute von der Beichte abgehalten. Die Vertraͤge der privat Perſonen, koͤn - ten dem oͤffentlichen Recht nichts entziehen. Die Geheimhal - tung der Beichte ſey denen Prieſtern anbefohlen. Die Layen koͤnten hier nichts erlauben noch verbiethen. Das Stillſchwei - gen dependirte nicht von dem Befehl der Layen, darum koͤnte auch die Erlaubnuͤß zu reden von ihnen nicht ertheilet werden.. Aber dieſe Gruͤnde taugen nichts. Denn die Beichte iſt kein Sacrament. Und wenn ſolche auch eines waͤre / wie folget denn daraus / daß alles muͤſte in der Stille und in Ge - heim zugehen. Darum halte ich dafuͤr / wenn das Beicht - Kind dem Beicht-Vater die Erlaubniß zu reden geben will / es ſolches mit allem Recht thun koͤnneb)Jſt aber falſch.Die Geheimhaltung der Beichte, iſt alleine denen Beichten - den zum beſten eingefuͤhret worden. Ein jeder aber kan dem - jenigen Recht, das er hat, renunciren. Die Canoniſten laſſen es ſelbſten zu, wie denn Beyer Cit. l. ſect. II. cap. II. Petrum Binfeld in enchir. Theol. Paſtor. p. 68. Turrecrematam in d. c. Sacerdos. Ca - rocium und andere anfuͤhret. Conf. Barboſa cit. l. n. 56. a) Beyer.

Wie die ge-gebene Er -
624

§. XX.

Alleine wie beweiſet man / daß die Erlaub - nuͤß / aus der Beichte zu ſchwatzen / ertheilet worden? Jſtim329Geheimhaltung der Beichte. im Zweiffel die Muthmaſſung ſtaͤrcker vor das Beicht-Kindlaubnuͤß zu beweiſen. oder vor den Beicht-Vater? Die Doctores martern ſich hier uͤber die maſſen / und machen ein Hauffen Faͤlle. Allein damit heben ſie die Schwierigkeiten nicht / ſondern vermeh - ren ſolche vielmehr. Sie ſagen / der Beicht-Vater wuͤrde nichts ausplaudern, wenn er keine Erlaubnuͤß haͤtte. Man ſetzte ſolchen Aemtern lauter rechtſchaffene ehrliche Leute vor. So ſolte es zwar ſeyn / ob es aber allezeit geſchie - het? iſt eine andere Frage. Hoͤre was Beyer hiervon ſprichta)Beyer cit. l. §. 13. In contrarium & aduerſus ſacerdotes confes -Beyers Klage wegen uͤbler Beſtellung des Predig-Amts. ſarios multa adducuntur: ac præprimis abuſus & exceſſus circa diſ - penſandum & obtinendum ſacrum hoc miniſterium, ad quod non pauci per obliquum admittuntur, neutiquam recta ingredi - entes janua. Nouitii, digniores vt ipſi vlterius informentur, quam vt alios doceant: qui affectibus temperare neſciant. Ver - ſuti & ad mendacia tum fingenda & coloranda, tum diſſeminan - da & defendenda audaces. Auari & donis acceptis ad proden - dum facillime flexiles ac propemodum venales. Guloſi, in ta - bernis quam eccleſiis frequentiores, inter pocula non diſerti, ſed garruli & rimarum pleni. Polipragmones, alterum pedem in cathedra, alterum in curia poſitum habentes, atque hinc ad ju - dicandum, damnandum, regendum & ſupplantandum ſuppri - mendumque proni ac valde auidi. Iracundi, vindictæ cupidi, ac huius farinæ ſimiles, quorum ſi vel vnus vnico laboret vitio, commodiſſimam ad hoc ex ſacra confeſſione nactus occaſionem, magnas dabit turbas, vbi cuiuslibet arcanis elicitis in perpetuo eum timore ac proditionis metu tenere poteſt. b) Wenn: Jm Gegentheil wird auch wieder die Beicht - Vaͤter vieles angefuͤhret: vornehmlich der Mißbrauch, der bey Austheilung ſolcher heiligen Aemter vorgehet, da viele unrechtmaͤßig dazu gelangen, und nicht zur rechten Thuͤr eingehen. Neulinge, die mehr wuͤrdig waͤren, daß ſie von andern gelehret wuͤrden, als daß ſie andere lehren ſollen: die ihre affecten nicht maͤßigen koͤnnen. Verſchmitzt, und keckLuͤ -(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) t t330II. Abth. IV. Cap. Von derLuͤgen auszuſinnen, ſolche zu beſchoͤnigen, auszuſtreuen und zu vertheidigen. Geitzhaͤiſe, und die zur Verraͤtherey durch Geſchencke ſich leicht bewegen und faſt erkauffen laſſen. Schmarotzer, die mehr in Schencken als in der Kirche anzu - treffen, die bey dem Trunck nicht beſcheiden, ſondern Waͤſcher und Aufſchneider ſind. Sie ſind rechte Polipragmones, da ſie einen Fuß auf der Cantzel, den andern auf dem Richthauſe haben, und daher zum richten, verdammen, regieren, um - zukehren und unterdruͤcken gar geneigt ſind. Zornige, rach - begierige, und dergleichen, und wenn einer nur mit einem ſol - chen Laſter behafftet, ſo kan er, wenn er durch die Beichte gute Gelegenheit gekriegt, groſſen Unfug anrichten, und da er die Heimligkeiten eines jeden heraus gelocket, ihn in Furcht und Schrecken, daß er ihn verrathen moͤchte, erhalten. Dieſerwegen ſagen ſie / muͤſſe man vor allen acht haben / ob der Prieſter ein ehrlicher rechtſchaffner exemplariſcher Mann ſey / und ob der / ſo etwas gebeichtet / am Leben, oder ob er geſtorben. Wenn jemand / der etwas gebeichtet / noch am Leben / und der Prieſter ſchwatzet aus der Beichte / ſo machen ſie wieder den Unterſcheid / ob er wiederſpricht und ſich reget / oder ob er ſtille ſitzt. Sodann ſprechen ſie nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde bald vor den Prieſter / bald vor das Beicht-Kindb)Verſchiedene Meinungen der Lehrer von dem Beweiß der gegebenen Erlaubnuͤß.Wenn ein Beicht-Vater ein ehrlicher Mann, von untadeli - chem Leben, ſo meinen ſie, waͤre die Muthmaſſung vor ihn. Wenn das Beicht-Kind ſagte, daß es ihm die Erlaubniß nicht gegeben, muͤſte es ein ſolches beweiſen. Wenn das Beicht - Kind noch lebte, und erfuͤhre, daß der Beicht-Vater ſagte, die - ſes oder jenes haͤtte es ihm offenbahret, und ſchwiege darzu ſtill, ſo waͤre kein Zweiffel, daß es ihm die Erlaubnuͤß zu reden verſtattet. Wenn es aber ſagte, daß dieſe Bewilligung nicht ertheilet worden, ſo ſagen einige, der Beicht-Vater verdiene mit ſeinem Vorgeben gantz und gar keinen Glauben. Andereſagen:.

§. XXI. 331Geheimhaltung der Beichte.

§. XXI.

Bey der Freyheit aber aus der Beichte zuDie Er - laubniß muß mit deutlichen Worten ge - geben ſeyn. ſchwatzen / mercken ſie ferner an; daß es nicht genug / wenn der Prieſter urtheilete / man koͤnne aus dieſem oder jenem ſchlieſſen, daß das Beicht-Kind ihm ſolche Freyheit zu reden ertheilet. Es gienge nicht an / wenn man meinete / das Beicht-Kind haͤtte ſtillſchweigend die Erlaubnuͤß gegeben. Aus denen Umſtaͤnden koͤnte ein Prieſter gar nichts neh - men / ſolche Freyheit zu erweiſen. Es muß eine deutliche, wirckliche, und foͤrmliche Erlaubnuͤß gegeben worden ſeyn /wenn(b)ſagen: Es muͤſte ſich derſelbe vermittelſt Eydes reinigen. A - ber wenn das Beicht-Kind verſtorben, der Beicht-Vater of - fenbahret etwas, niemand von denen Anverwandten des Abge - lebten wiederſpricht ihm, wie wird es ſodann gehalten? Man glaubet dem Vorgeben des Prieſters, daß ihm die Offenbah - rung ſey verſtattet worden. Man kan ihn nicht ſtraffen, als haͤtte er das Siegel der Beichte gebrochen. Andere aber ſa - gen: Ein Prieſter muͤſte es vermittelſt Eydes erhaͤrten, daß ihm die Erlaubnuͤß gegeben worden. Wiederum ſind andere der Meinung, daß ein ſolches nicht vonnoͤthen. Ja ſie ſagen, daß ein Prieſter nicht einmahl zum Eyde koͤnte getrieben werden, wenn gleich die Offenbahrung jemand zum Nachtheil gereichte. Wenn ſich dieſer beſchwerete, muͤſte er beweiſen, daß ihm der Verſtorbene die Entdeckung der Beichte nicht erlaubet. Die - ſen Beweiß aber koͤnnte er auf ſolche Weiſe vollfuͤhren, wenn er beybraͤchte: Der Prieſter haͤtte die Sache ausgeſprengt, und nicht dabey gemeldet, daß er von dem beichtenden Erlaubniß da - zu bekommen. Endlich ſagen ſie: wenn der Beicht-Vater, deſſen Leben eben nicht allzu untadelich, nach dem Tode des Beicht - Kindes etwas ausſagte, ſo einem andern zum Nachtheil gereich - te, und ſolches nicht vor der Obrigkeit thaͤte, ſondern viel - mehr aus einer Leichtſinnigkeit, ſo waͤre er ſtrafffaͤllig. Er verdiene keinen Glauben, wenn er gleich vorgaͤbe, daß ihm der Verſtorbene Erlaubniß zu reden ertheilt. a) Diet t 2332II. Abth. IV. Cap. Von derwenn der Beicht-Vater die Beichte offenbahren will. Wenn man aber zweiffelte / ob ſolche deutliche Erlaubnuͤß dem Beicht-Vater gegeben worden / und man daruͤber zum Streit kommt / ſodann muͤſte man / wenn man nicht an - ders koͤnte / die Sachen durch Muthmaſſungen entſcheidena)Doch kan man ſolches mit Muthmaſſun - gen beweiſen.Die Doctores halten dafuͤr, man muͤſſe hier auf zweyerley ach - tung geben. 1) Was der Beicht-Vater vor eine Erlaubnuͤß bekommen? Jn welchem Fall ſie die wuͤrckliche und foͤrmliche verlangen. 2) Ob er die Erlaubnuͤß bekommen? Jn welchem Fall man die Sache durch Muthmaſſungen darthun kan. Wenn und auf was Weiſe aber die Muthmaſſungen ſtaͤrcker vor den Beicht-Vater, oder vor das Beicht-Kind, davon habe im vor - hergehenden paragrapho gehandelt. Beyer cit. l. cap. 11. handelt auch weitlaͤufftig davon..

Wuͤrckun - gen ſolcher Erlaubnuͤß, die Beichte zu offenbah-ren.
628

§. XXII.

Dieſe gegebene Erlaubnuͤß aber / kan das Beicht-Kind allezeit nach Belieben wiederruffena)Die Erlaub - nuͤß kan wie - derruffen wer - den.Der Beicht-Vater dependiret in der Wiſſenſchafft und Erlaub - nuͤß zu reden, allezeit von dem Beicht-Kind. Die Papiſten ſa - gen, des Beicht-Vaters Wiſſenſchafft bliebe allezeit ſacramen - tirlich. Die Doctores erlaͤutern die Sache mit dem Exempel eines procuratoris, deſſen Amt, und was daran haͤnget, auf - hoͤret, wenn man das mandat wiederrufft. Suarez tom. IV. de pœnit. diſp. 33. Sect. 5. n. 7. und Lagmann in Theol. Moral. Lib. V. tract. 6. c. 14. n. 16. halten zwar dafuͤr, dieſes gienge nur an, wenn man in der Beichte die Erlaubnuͤß gegeben. Ein anders aber waͤre, wenn es auſſer der Beichte geſchehen. Denn ſodann waͤre des Beicht-Vaters Wiſſenſchafft keine ſacramen tirliche. Allein dieſen Jrrthum habe ſchon oben wiederleget.. Von de - nen Wirckungen, die aus ſolcher Erlaubnuͤß kommen / ſagen ſie ſo / daß dadurch ein Nutzen vor das Beicht-Kind / vor den Beicht-Vater / oder ſonſt vor jemand entſtehen koͤnne. Sie fingiren alſo hier wieder verſchiedene Faͤlle / da es bald ſo / bald anders muͤſte gehalten werdenb)WuͤrckungenSie fragen erſtlich; ob es auch erlaubt ſey, dem Beicht-Va -ter. Jch meine / daß mannicht333Geheimhaltung der Beichte. nicht erlauben ſolte / das gebeichtete zu offenbahren / wenn einer Familie dadurch ein Schandfleck duͤrffte zugezogen werden. Das Beicht-Kind mag dem Beicht-Vater gleich zehnmahl Erlaubnuͤß zu reden gegeben haben. Es iſt zwar an dem / daß das Verbrechen / ſo Flauius oder Titius begangen / denen ſeinigen nicht kan zugemeſſen werden; Allein wer weiß / nicht wie der Poͤbel ſeine Zunge braucht? Was iſt dem gemeinen Weſen daran gelegen / wenn ſolches eine Ubelthat erfaͤhret / da der Thaͤter bereits verſtorben? Die That iſt verborgen / die Gemeine weiß von keinem Aer - gernuͤß / darum waͤre meines Erachtens rathſamer / daß mit dem Coͤrper auch die uͤblen Thaten der Familie zum beſten begraben blieben.

§. XXIII.

(b)ter zu vergoͤnnen, aus der Beichte zu reden, wenn der eigeneder Erlaub - nuͤß. Nutzen darunter verſirte? Sie meinen, wenn ein groſſer Nu - tzen im geiſtlichen oder leiblichen vor das Beicht-Kind entſtuͤn - de, ſo waͤre die Offenbahrung unzulaͤßig. Wir haͤtten eine na - tuͤrliche Begierde unſer beſtes zu befoͤrdern. Es waͤre alſo zu befuͤrchten, daß jemand etwas beichtete, ſo ihn von einer Schuld oder Verbrechen befreyete. Dieſerwegen gaͤbe er dem Beicht - Vater Erlaubnuͤß, die Sache zu offenbahren, damit er ſeinen Zweck erreichte. Andere hingegen meinen, es koͤnte die Erlaub - nuͤß gegeben werden, das gebeichtete zu offenbahren, wenn gleich der eigene Nutzen dadurch befoͤrdert wuͤrde. Alſo laſſen ſie es deſto eher zu, wenn die Offenbahrung zum Nutzen eines dritten gereichet. Jm folgenden werde mehr davon reden. Wenn a - ber der Beicht-Vater wegen ſeines eignen Nutzens etwas von der Beichte offenbahret, ſolches wollen ſie gar nicht loben. Jn - zwiſchen aber, wenn der Beicht-Vater etwas aus der Beichte geredet, dazu er die Erlaubnuͤß bekommen, ſo kan er nicht mit der Straffe beleget werden, die diejenigen auszuſtehen haben, ſo das Siegel der Beichte verletzen. Was aber ſolches ſonſt vor Straffen ſind, davon werde unten reden. Beyer

t t 3334II. Abth. IV. Cap. Von der
Offenbah - rung eines dritten Un - ſchuld an den Tag zubringen.
631

§. XXIII.

Die Beichte kan man offenbahren / wenn dadurch die Unſchuld eines dritten / der zu einer Straf - fe ſoll gezogen werden / ja gar zum Tode verdammet iſt / an den Tag gebracht wird. Wenn man ſolche dem Beicht - Vater in der Beichte kund gemacht / ſo kan er ein ſolches der Obrigkeit anzeigen. Denn es ereignet ſich zum oͤfftern / daß ein ehrlicher Menſch vielerley Verbrechen beſchuldiget wird. Wenn ſich nun derſelbe bloß aus Unvorſichtigkeit verdaͤchtig gemacht / ſo kommt es gar offt / daß ihm die tortur dictiret wird. Ja man verdammet ihn gar zum Tode. Es kommt ſodann einer in den Beicht-Stuhl / und ſaget / daß er alles dasjenige gethan / was man dem Gefangenen Schuld giebt / und woruͤber derſelbe zum Tod verdammet worden. Sodann iſt der Beicht-Vater allerdings gehalten / es der Obrigkeit anzuzeigen. Jedoch hierinn muß derſelbe gar behutſam verfahren. Er darf nicht entdecken / wer es ge - than / ſondern nur ſo viel ſagen / daß der Gefangene Un - ſchuldig, und ein anderer der Thaͤter. Beyer hat hievon einen Caſum angefuͤhreta)Wird mit ei - nem Exempel erlaͤutert.Beyer cit. l. §. 12. Er ſaget daſelbſt, daß ein Menſch zu einem Prieſter gekommen, und ihm gebeichtet, er habe denjenigen Tod - ſchlag begangen, weswegen der Gefangene ſolte gekoͤpfft werden. Darauf waͤre der Prieſter vor das Gerichte gegangen, und ge - ſprochen: Er wuͤſte das der Gefangene unſchuldig. Er kennete, den rechten Thaͤter. Ehe er aber ſolchen verrathen wolte, ſo moͤchten ſie ihn hinnehmen, richten, verdammen, und gar am Le - ben ſtraffen. Er wolte hiermit nochmahls biß an ſeinen Tod ausruffen, der arme Gefangene ſey unſchuldig. Hierdurch haͤt - te er auch den Gefangenen loß gebracht, der ſonſt haͤtte ſterben muͤſſen. Er haͤtte aber anbey den rechten Thaͤter nicht verra - then, weil ihm derſelbe ſeine Ubelthat in der Beichte offenbah - ret. Conf. Panormitan. ad C. dilectus 13. de excesſ. Prælat. Go - mez ad eund. loc. a) So. Dieſes Zeugnuͤß halten ſiedarum335Geheimhaltung der Beichte. darum vor guͤltig / weil der Gefangene nicht weiß / woher es kommt / und es alſo nicht angeſtifftet / das jemand alſo vor ihm in dem Beicht-Stuhl auſſagen ſolte. Noch mehr gilt es / wenn der Prieſter ein rechtſchaffener ehrlicher Mann. Jedoch ein Richter muß aus verſchiedenen Umſtaͤnden be - hutſam verfahren.

§. XXIV.

Bißweilen aber geſchiehet es auch / daß einWas zu thun, wenn ein Gefan - gener ſeine eigene Un - ſchuld beich - tet. Gefangener ſeine eigene Unſchuld dem Beicht-Vater ent - decket. Er hat in der tortur alles / was man ihn beſchul - diget / bekennet. Er will ſolches nicht wiederruffen / aus Furcht / noch einmahl torquiret zu werden. Er ſaget es alſo dem Beicht-Vater / da er ihn zum Tode zubereitet. Er bittet ihn anbey / es verſchwiegen zu halten / damit man ihn nicht abermahls zur Marter zoͤge. Hierinn aber ſoll ein Beicht-Vater nicht gehorſamen. Die Doctores ſagen / er muͤſte es der Obrigkeit anzeigen / und zwar ehe er ihn abſolviretea)So hat die Theologiſche Facultaͤt an das Miniſterium zu Muͤhl -Wie ſich ein Prieſter in ſol - chem Fall zu verhalten. hauſen Ao. 1624. geantwortet: Darum vors dritte, wenn dergleichen Faͤlle mit armen Suͤndern ſich mehr begeben, und dieſelben wolten in der Beicht die Miſſethat vernei - nen, welche ſie in der peinlichen Marter und hernach Ge - richtlich bekennet, und deßwegen zum Tode verdammet worden, und doch vor der weltlichen Obrigkeit bey dem, was ſie zuvor geſtanden, bleiben, und die aufferlegte Lebens Straff ausſtehen wolten, ſo waͤren ſie von ihrem Bekaͤnt - nuͤß nicht zu abſolviren, ſondern die in der Beichte vorge - gangene revocation der Obrigkeit anzumelden. Die gro - ben Papiſten ſind aber auch in dieſem Fall, auf ihr Siegel der Beichte erpicht. Sie ſagen, die Beichte ſey auch wegen eines Unſchuld, und augenſcheinlichen Gefahr nicht zu verrathen. So - to in 4. ſent. diſt. 18. qu. 4. ar. 5. giebet vor, man duͤrffte nichtsentde -. Denn ob wohl ſolche Beichte den Gefange -nen336II. Abth. IV. Cap. Von dernen nicht von der zuerkannten Straffe befreyet / ſo kan doch die Entdeckung / ſo dem Beicht-Vater geſchehen / wenn ſolche der Obrigkeit hinterbracht wird / zuweilen nicht ohne Nutzen ſeyn. Man kan alle und jede Umſtaͤnde noch ein - mahl wohl uͤberlegen / und zuſehen / ob nichts vorhanden / das die Unſchuld an Tag bringen koͤnteb)Wenn es dem inquiſiten - bel, um der Of - fenbahrung halber gehet, darff man es dem Prieſter nicht imputi - ren.Ja wenn man den inquiſiten ſodann auch auf das neue zur tor - tur braͤchte, ſo ſey ſolches dem Beicht-Vater nicht zu imputiren. Denn das Ubel, ſo aus der Offenbahrung entſtuͤnde, truͤge ſich zufaͤlliger Weiſe zu. Es haͤtte auch durch die Anzeige des Prie - ſters geſchehen koͤnnen, daß die Unſchuld des armen Menſchen waͤre an den Tag gebracht worden. Wenn aber ein Prieſter ſtille geſchwiegen, ſo waͤre er Urſache eines erfolgten Ubels. vid. Beyer cit. l. cap. 5. §. 4 ſeqq. .

Man kan auch einiger maſſen aus der Beichte reden, wenn man ſich Raths er-hohlen will.
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§. XXV.

Jn ſo weit iſt es auch erlaubt / aus der Beichte zu reden / wenn der Beicht-Vater ſich bey ſeinen vorgeſetzten Raths erholen will. Denn es koͤnnen ſich ſol - che Faͤlle zutragen / da der Beicht-Vater nicht ſchluͤßig wer - den kan / ob er dem Suͤnder die Haͤnde auflegen ſoll oder nicht. Sodann kan er die Sache mit allen Umſtaͤnden dem vorgeſetzten erzehlen. Er kan ſagen / daß viele ande - re an der Ubelthat theil haͤttena)Dann muß man alle Um - ſtaͤnde anzei - gen.Vornehmlich bey denen Papiſten, da jedes Verbrechen eine be - ſondere Buſſe hat. Denn obgleich ein Prieſter die Canones pœnitentiales auswendig kan, und die moraliſchen Schrifften fleißig geleſen, ſo koͤnnen ſich doch verſchiedene nicht in allen Faͤl - len helffen. Darum muß man bey andern Rath ſuchen, zu - mahl da die Prieſter in gewiſſen Faͤllen an ihre vorgeſetzten ge - wieſen ſind. Dieſer aber kan fuͤrwahr keinen rechten Rath ge - ben, wenn man die Sache nicht recht, und mit allen Umſtaͤndenvorſtellt.. Jm uͤbrigen aber mußer(a)entdecken, wenn auch die unſchuldige Perſon in noch ſo groſſem Anſehen waͤre, und der Beicht-Vater gar wohl verſichert, daß jhr zu viel geſchaͤhe.337Geheimhaltung der Beichte. er ſich in acht nehmen / daß er nichts vorbringt / woraus der Vorgeſetzte ſchlieſſen koͤnte / wer an der Sache Theil haͤtte. Wenn aber ja etwas von ungefaͤhr entfallen / ſo muͤſte man es nicht allzu genau nehmen / ſondern den Jrr - thum auf das beſte aͤndernb)Beyer cit. l. cap. 5. §. 3. gedencket, daß ein Menſch, der TodſchlagAber nicht den Nahmen der Perſon. und Meineid begangen, zu einem frembden Prieſter gekommen, von welchem er gehoͤret, daß er melancholiſche Leute uͤber die maſ - ſen aufrichten koͤnnte. Er habe ihn um Troſt gebeten, und ab - ſolution nebſt dem Abendmahl verlanget. Der Prieſter haͤtte die Sache vor wichtiger gehalten, als daß er etwas vor ſich thun koͤnnte, und es alſo an das Conſiſtorium bericht. Er haͤtte es aber verſehen, und den Nahmen des Ubelthaͤters mit in das Schreiben geſetzt. Der Superintendens habe es vorher durch - leſen, und da er den Jrrthum gefunden, die Zeit aber zu kurtz geweſen, die Schrifft umſchreiben zu laſſen, den Nahmen aus - radiret. Jn die Antwort aber, ſo er verfertiget, haͤtte er nach - mahls ſolchen wieder einflieſſen laſſen..

§. XXVI.

Sonſten haͤlt man dafuͤr / daß ein Prie -Ob man von Beicht - Sachen - berhaupt reden koͤn - ne? ſter von der Beichte / und was ihm geoffenbahret worden / uͤberhaupt fuͤglich reden koͤnte. Er muͤſte aber ſehr be - hutſam gehen / daß er nicht das geringſte vorbraͤchte / dar - aus man ſchlieſſen koͤnte / wer die That begangena)Vid. c. 2. X. de offic. jud. ordin. Daſelbſt hat der Papſt verboten,Der Paͤpſte Ordnungen. niemand nahmentlich zu beſtraffen, ſondern nur uͤberhaupt. conf. c. 5. X. de. adult. Alſo muß man nur von der Sache, keinesweges aber von der Perſon die Rede fuͤhren.. Die - ſes zu vermeiden / wollen einige / baß ein Prieſter nicht ein - mahl ſo viel ſagen duͤrffte: Er habe dieſen oder jenen Caſum in der Beichte gehoͤretb)Dieſe und andere Redens-Arten, z. E. in der Gemeinde, daUnzulaͤßige Formula.ich. Ein Prieſter muͤſſe ſich fernerin(a)vorſtellt. Hierzu gehoͤret auch die Beſchaffenheit der Perſon. conf. c. 9. X. de pœn. & remisſ. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) u u338II. Abth. IV. Cap. Von derin acht nehmen / daß er nicht das geringſte Zeichen giebt / da - durch man etwas muthmaſſen koͤnte. Das Siegel der Beich - te muͤſte mit Worten und Wercken unverletzet bleibenc)Man ſoll durch Zeichen keinem einen Argwohn zuziehen.Darum ſagen ſie, duͤrffte ein Beicht-Vater den Umgang mit demjenigen, der ihm grobe Suͤnden entdecket, nicht meiden. Man koͤnnte ſonſt leicht auf die Gedancken kommen, der Menſch muͤſte etwas uͤbles geſtifftet haben. Carocius cit. l. Den vertrau - ten Umgang eines laſterhafften zu meiden, iſt zwar nicht ver - boten, arg. C. 14. X. de ſent. excomm. doch ſo, daß niemand die Urſache wiſſe. Doch ſoll ein Prieſter auch hier behutſam gehen, und nicht leicht den geringſten Argwohn verurſachen..

Wenn ein Beicht-Va - ter das Sie - gel gebro - chen, ſo muß man es er - weiſen, ehe er geſtrafftwerden kan.
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§. XXVII.

Da wir nun gehoͤret / wenn man etwas aus der Beichte reden kan / ſo muͤſſen wir nunmehro auch zuſehen / was diejenigen verdienet / ſo auſſer ſolchen Faͤllen die Beichte offenbahren. Die Straffen ſind unterſchied - lich. Allein ehe jemand geſtrafft werden kan / ſo muß das Corpus delicti richtig und erwieſen ſeyna)Das corpus delicti muß al - lezeit da ſeyn.Dieſes iſt uͤberhaupt bey allen und jeden Verbrechen zu beob - achten. Niemand wird aus bloſſen Anzeichen verdammet. Man muß erſtlich der That gewiß ſeyn. Jſt das corpus delicti nicht klar, ſo faͤllet der gantze Proceß uͤber einen Hauffen.. Man muß dem Beicht-Vater die geſchehene Verraͤtherey und violi rung des Beicht-Siegels erweiſen. Weil aber bey der Beichte alles heimlich zugehet / ſo wird kein ſolenner Beweiß erfordert. Man laͤſſet hier deutliche Muthmaſſungen gelten. Wenn dieſe alſo beſchaffen / daß man daraus ſchlieſſen kan / der Beicht-Vater habe das ihm anvertraute ausgeplaudert / ſo kan man ſodann ihn fuͤglich zur Straffe ziehenb)Man beweiſetWenn es aber an dem iſt, daß etwas unter die Leute gekom -me n.

§. XXVIII.

(b)ich Beichte hoͤre, ſind viele mit abſcheulichen Suͤnden und La - ſtern beflecket, wollen ſie gar nicht verſtatten. Conf. Carocius cit. l. qu. 41. und andere. Sie fagen, auf ſolche Art wuͤrde die Beichte allerdings verrathen.

339Geheimhaltung der Beichte.

§. XXVIII.

Wenn aber alles und jedes behoͤrig er -Stꝛaffe des verletzten Beicht - Siegels. 〈…〉〈…〉) Die Ab - ſetzung. wieſen / ſo muß man auch wiſſen / was der Ubelthaͤter vor eine Straffe zu gewarten. Man muß auf die Groͤſſe des Vrbrechens ſehen / und nach dieſem wird die Straffe ge - hoͤhert oder gemildert. Unter denen der Geiſtlichkeit ge - woͤhnlichen Straffen / ſtehet die Abſetzung oben an. Dieſe geſchiehet bey denen Papiſten von dem Biſchoff. Die Ur - ſache / warum jemand abgeſetzet werden ſoll / muß in denen Rechten ausgedrucket / oder das Verbrechen ziemlich groß ſeyn. Da man nun die Verletzung des Beicht-Siegels un - ter die vornehmſten Verbrechen ſetzet / ſo iſt denen Verbre - chern auch die Abſetzung dictiret wordena)C. 2. de pœnit. diſt. 6. c. 12. X. de pœnit. & remiſſ. add. gloſſ. in C. di -Wird durch verſchiedene Texte und Au - rores erwieſen. lectus verb. reuelare X. de exceſſ. prælat. Felinus in C. teſtimonium n. 35. X. de teſtib. Pekius Lib. I. de teſt. conjug. c. 9. n. 5. Meno - chius de art. jud. quæſt. cent. 5. caſ. 414. n. 3. Delrio Lib. 6. diſquiſ. mag. cap. 1. ſect. 2. tom. 3. fol. 910. ſeq. Beſoldus in theſ. pract. voce Beicht. Maſcardus de probat. concluſ. 377. n. 2. Cardina -lis. Dieſe Straf - fe kommet einigen zu hart vor. Allein man weiß / das ſol - che auch unter denen Proteſtirenden in dieſem Stuͤck bey -behal -(b)men, ſo in der Beichte entdecket worden, und das Beicht-Kindes mit Muth - maſſungen. klaget, der Beicht-Vater habe aus der Beichte geſchwatzet, ſo kan dieſer Beweiß fuͤhren, daß nicht er, ſondern andere die Sa - che ausgebracht. Wenn aber ein Prieſter geſtehet, daß er von der Sache geredet, ſie ſey ihm aber nicht vertraut geweſen, ſo entſtuͤnde einiger Verdacht wider den Beicht-Vater. Er muͤ - ſte alſo beweiſen, daß er die Sache anderweit erfahren. Es fragen auch einige, ob man ſagen koͤnne, daß die Beichte geof - fenbahret worden, wenn der Beicht-Vater ſagte: Es hat mir jemand ſeine Suͤnden gebeichtet. Dieſes verneinen ſie Wenn aber jemand ſpraͤche: Dieſer hat mir viel groſſe Suͤnden ge - beichtet, ſo waͤre allerdings das Siegel der Beichte gebrochen. vid. Beyer cit. l. ſect. 1. cap. 4. §. 5. u u 2340II. Abth. IV. Cap. Von derbehalten wordenb)Jſt auch bey Proteſtirenden gewoͤhnlich.Denn in unterſchiedenen Proteſtirenden Kirchen, ſind die Ver - ordnungen des Canoniſchen Rechts, von Geheimhaltung der Beichte, expreß wiederhohlet worden. Denn obwohl dieſel - ben die Erzehlung der Suͤnden nicht verlangen, ſo wehren ſie doch ſolche nicht. Dieſerwegen ſtehen in der Saͤchſiſchen Kir - chen-Ordnung art. gen. 7. folgende Worte: Wie aber die Leute zur papiſtiſchen Erzehlung der Suͤnden nicht ge - zwungen werden ſollen, alſo ſollen auch die Kirchen-Die - ner nicht vorwitziger Weiſe von ihren Beicht-Kindern, wie etwan beſchehen, fragen, was ihnen nicht gebeichtet worden, denn dieſe Beichte nicht zu einer inquiſition der heimlichen und verborgenen Suͤnden, ſondern fuͤrnehm - lich und allein zur Lehr der unverſtaͤndigen und zum Troſt der betruͤbten angefochtenen Gewiſſen verordnet. ꝛc. Am Ende befinden ſich folgende Worte: Nachdem auch mehr - mahls groſſe Beſchwernuͤſſen erfolget, wenn entweder die Kirchen-Diener, oder die verhoͤrten Perſonen aus der Beicht geſchwatzet, ſoll ihnen allen aufferlegt, beſonders aber den Kirchen-Dienern eingebunden werden, was ihnen fuͤr Gewiſſens-Haͤndel in der Beicht vertrauet, niemand, wer der auch ſeyn moͤchte, bey Vermeidung ernſtlicher Straffe zu offenbahren, ſondern, wie ſichs gebuͤhret, ver - ſchwiegen zu halten, darnach ſich ein jeder wiſſe zu richten. Der Hertzog zu Sachſen, Joh. Caſimirus, hat ſelbſt den Superin - tendenten zu Roͤmhild, weil er aus der Beichte geſchwatzet, ab - zuſetzen befohlen. vid. Beyer cit. l. §. 11. a) Man. Dieſes hat auch mit gutem Recht und Fug geſchehen koͤnnen.

2) Jmmer - waͤhrendeWallfahrt.
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§. XXIX.

Bey denen Papiſten iſt ferner gebraͤuch - lich / daß ſolche Ubertreter mit einem ſtaͤts waͤhrenden und ſchmaͤhlichen exilio beleget werden. Es iſt ihnen dadurch alle Hoffnung benommen / wieder in ein geiſtlich Amt zukom -(a)lis Tuſchus pract. concluſ. tom. 2. conc. 686. lit. c. und andere, die Beyer cit. l. anfuͤhret.341Geheimhaltung der Beichte. kommena)Man nennet dieſes: eine ewige Wallfahrt. Dieſes iſt kei -Anmerckung von der ewigen Wallfahrt. ne ſuſpenſion auf eine Zeit, von dem geiſtlichen Amt, ſeinen Fruͤchten und Einkuͤnfften, ſondern eine rechte Landes-Verwei - ſung. vid. Petr. Gregor. Tholoſanus Part. III. Syntagm. jur. vni - uerſ. Lib. 31. Cap. 6. n. 5. . Bißweilen ſtoͤſſet man ſie auch in ein Kloſter,3) Verſtoſ - ſung in ein Kloſter. um daſelbſt lebenslang Buſſe zu thun. Wenn man mei - net / daß ſie davon fliehen duͤrfften / werden ſie eingeſchloſ - ſenb)C. 12. X. de pœnit. & remiſſ. Menochius de arb. jud. quæſt. caſ. 474. n. r. Barboſa de offic. & poteſt. paroch. part. 2. cap. 19. n. 55. . Bißweilen erlaubet man ihnen nicht einmahl in ei - nem Kloſter beſtaͤndig zu bleiben. Sie werden gezwungen von einem Kloſter in das andere zu wandern. Man nen - net es: Brieffe in ein ander Kloſter bekommen. Ob aber dieſes nach denen Lehrſaͤtzen der Papiſten eine Straffe ſeyn koͤnne / moͤgen andere beurtheilen.

§. XXX.

Weil aber bey Offenbahrung der Beichte4) Auſſeror - dentliche Straffe. einer mehr als der andere zu Schulden kommen laͤſt / ſo wird auch in der Beſtraffung ein Unterſcheid gehalten. Einer wird leidlich, der andere ſcharff beſtraffet. Es ſind viele Faͤlle / da denen Beicht-Vaͤtern eine auſſerordentliche Straffe dictiret wird. Denn offtmahls laͤſſet einer aus Unvorſichtigkeit etwas von demjenigen / ſo ihm in der Beich - te anvertrauet worden / unter die Leute kommen. Ein an - derer / thut es mit Willen, und aus Boßheit. Er wird Geld dazu erkaufft. Man muß derowegen alle Umſtaͤn - de und Urſachen erwaͤgen / warum jemand die Beichte verrathena)Einige meinen, die auſſerordentliche Straffe haͤtte ſodann auchWenn dieſelbe ſtatt hat. ſtatt, wenn das Beicht-Kind dem Beicht-Vater Schuld giebt, daß er aus der Beichte geſchwatzet, dieſer aber ſaget, wie er die Sache anderweit erfahren. Der Beicht-Vater haͤtte in die -ſem.

§. XXXI. u u 3342II. Abth. IV. Cap. Von der
5) Todes-Straffe.
651

§. XXXI.

Zu denen auſſerordentlichen Straffen zeh - len einige in dieſen Faͤllen auch die Todes-Straffe, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde. Denn wenn der Beicht - Vater boͤßlicher Weiſe eine groſſe Suͤnde / einer vorneh - men anſehnlichen Perſon unter die Leute bringet / und das Siegel der Beichte bricht / ſo halten ſie dafuͤr / daß er gar wohl am Leben koͤnte geſtraffet werden. Die Papiſten - bergeben ſie alſo / wenn ſie dieſelbe degradiret / der weltli - chen Obrigkeit uͤber. Denn es iſt bekannt / daß die Kirche nicht blutduͤrſtig iſta)Die Kirche iſt nicht blutduͤr - ſtig.C. 5. X. ne cler. vel Monach. ſec. Dieſe aber, ſo ſie gerne aus dem Weg geraͤumet wiſſen will, uͤbergiebet ſie gemeiniglich den welt - lichen Gerichten, ſie lebendig zu verbrennen. Doch wenn es ei - ne geiſtliche Perſon iſt, wird ſolche zuvorher aller Wuͤrden und des geiſtlichen characters beraubet. Denn ein Laye darff ſich nicht unterfangen, wider einen Geiſtlichen etwas vorzunehmen. Die Kirche aber duͤrſtet nicht alleine nicht nach Blut, ſondern ein Biſchoff ſoll auch keinen peinlichen Anklaͤger abgeben koͤnnen. Wie wohl aber dieſe Philoſophie zuſam̃en haͤnget, hat Limborch in Hiſt. inquiſ. Lib. I. cap. 4. p. 10. gezeiget. Aber zu unſerm Zweck zu kommen, ſo hat man unter denen Catholicken Exempel, daß geiſtliche Perſonen, darum, daß ſie aus der Beichte geſchwatzet,am. Die Todes-Straffe beſchoͤnigen ſiedamit /(a)ſem Fall nicht den geringſten Glauben, darum muͤſte er einer auſſerordentlichen Straffe unterworffen ſeyn. Carocius in c. 12 X. de 〈…〉〈…〉 it. & remiſſ. ſaget: daß dieſes die durchgehende allgemeine Meinung waͤre. Menochius cit. l. Lib. 2. caſ. 414. n. 5. ſcheinet auch dieſer Meinung zu ſeyn. Diejenigen muͤſten auch mit einer auſſerordentlichen Straffe beleget werden, die da ſag - ten: Titius haͤtte ſolche Suͤnden begangen, daß ſie ihm die Haͤnde nicht aufflegen koͤnten. Uberhaupt aber bringen die Canoniſten ein Mittel bey, daß die Beicht-Vaͤter dieſe Straffe von ſich abwenden koͤnnen. Sie ſolten nur beweiſen, daß ih - nen die Sache von andern ſey entdecket worden. Conf. Beyer cit. l. §. 17. ſeq. 343Geheimhaltung der Beichte. damit / weil die Offenbahrung der Beichte ein crimen falſi waͤre / oder demſelben gleich kaͤme. Nun wuͤſte man aber / daß bey ſolchen Verbrechen die Todes-Straffe zuweilen ſtatt haͤtteb)Daß diejenigen, ſo Heimlichkeiten ausſchwatzen, ein crimen fal -Straffen eines falſi. ſi begiengen, ſoll aus dem L. I. §. ff. ad L. Com. de fals. erwieſen werden. Daß man aber zuweilen ein falſum mit dem Leben be - ſtraffen koͤnne, iſt ſowohl aus L. 5. & 22. C. ad L. com. de fals. als auch aus der peinlichen Halß-Gerichts-Ordnung art. 112. erweiß - lich. Daſelbſt lauten die Worte alſo: Die ſollen willkuͤhr - lich an Leib oder Leben geſtrafft werden. conf. Carpzouii prax crim. part. 3. qu. 133. Damhouder in prax rer. crim. c. 123. n. 23. Matth. Stephani ad conſtr. card. crim art. 112. Gemeiniglich aber iſt bey einem falſo der Staubpeſen gebraͤuchlich. Jus provinc. Sa - xon. Lib. II. art. 13. Doch ſind auch noch Faͤlle, da die Todes - Straffe dictirt werden kan. A) Nie -. Da aber einige dafuͤr gehalten / die Abſetzung ſey eine allzuharte Straffe / was werden ſie dazu ſagen / wenn die Offenbahrung der Beichte manchmahl mit dem Leben gebuͤſſet werden ſoll?

§. XXXII.

(a)am Leben geſtrafft worden. Bathner in Epit. colloq. Lutber. ge -Lebens-Straff derjenigen ſo aus der Beichts - geſchwatzet. dencket, daß einer einem Moͤnch gebeichtet, er haͤtte ſeines Va - tern Bruder umgebracht. Dieſes haͤtte er nachmahls noch ei - nem gebeichtet. Da man ihn nun nachmahls auf die tortur ge - bracht, habe er alles gelaͤugnet, und den Richter an die Beicht - Vaͤter verwieſen. Der eine haͤtte verneinet, daß ihm etwas ge - beichtet worden. Der ander hingegen habe alles, was ihm der Menſch in der Beichte geoffenbahret, heraus geplaudert. Man haͤtte alſo den verraͤtheriſchen Moͤnch auf einer Schleiffe durch die gantze Stadt gefuͤhret und aufgehaͤngt. Der Rath zu Ve - nedig ſoll ebenfalls einen Moͤnch, der ſich durch Geld erkauffen laſſen, daß er aus der Beichte geſchwatzet, zum Feuer verdam - met haben.

344II. Abth. IV. Capitel. Von der
Ob die Le - bens-Stra - fe bey denen Proteſtiren-ten ſtatt hat.
655

§. XXXII.

Wie ſiehet es aber in dieſem Stuͤck bey denen Proteſtirenden aus? Jch bin gewiß verſichert / daß die Papiſten aus keinem andern Grund die Todes-Straffe hieher gezogen / als weil ſie die Beichte vor ein Sacrament gehalten. Dieſe Lehre aber verwerffen die Proteſtirende. Darum kan auch die Todes-Straffe hier keine ſtatt habena)Anmerckungen von dem Uber - bleibſe der pa - piſtiſchen Sa - cramente.Niemand ruͤcke mir vor, die Todes-Straffe koͤnte dictiret werden, ohne daß man dieſelbe von der Lehre, daß die Beichte ein Sacra - ment ſey, herhohlete. Bey denen Proteſtirenden waͤre auf den Ehebruch das Schwerd geſetzet. Dennoch hielten ſie die Ehe vor kein Sacrament. Es iſt gantz gut. Aber warum haben wir denn die Lebens-Straffe in dieſem Stuͤck beybehalten? Jch kan keine andere Urſache geben, als das wir die concluſion eines ver - worffenen principii beybehalten. Ein gleiches wuͤrde zu ſagen ſeyn, wenn wir wegen Offenbahrung der Beichte mit der Lebens - Straffe ſo behende herfuͤr wiſchen wolten.. Jedoch ich befinde / daß Luther ſelbſt dieſe Art der Straf - fe / wegen Offenbahrung der Beichte gebilligetb)Lutheri Mei - nung von der Le - bens-Straffe.Denn als man ihm das Urtheil des Raths zu Venedig, deſſen im vorhergehenden Paragrapho not. a) erwehnet, erzehlet, ſoll er geſagt haben: Diß iſt ein recht gut und vernuͤnfftig Urtheil, und weiſes Bedencken des Raths, und der Moͤnch iſt billig verbrand als ein Verraͤther. Conf. Ioach. Pollio in conſ. theol. qu. 9. pag. 27. Dedekennus in Conſil. Theol. part. 1. pag. 919. a) Dieſer. Wie recht oder unrecht er daran gethan / moͤgen andere urthei - len. Wenn aber ja die Todes-Straffe hierinn dictiret wer - den koͤnte / ſo muͤſte es ſodann ſeyn / wenn der Landes-Fuͤrſt dem Beicht-Vater heimliche Suͤnden entdecket / und die - ſer ſolche wieder ausgeplaudert. Nicht weil er das Sacra - ment der Beichte verletzet / ſondern weil er den Landes - Herrn hintergangen / und vor ſeinen Unterthanen pro - ſtituiret.

§. XXXIII. 345Geheimhaltung der Beichte.

§. XXXIII.

Die Canoniſten wollen aber denenEin Vor - ſchlag der Straffe zu entgehen. Beicht-Vaͤtern ein generales recept verehren / dadurch ſie von aller Straffe befreyet wuͤrden / wenn ſie gleich aus der Beichte geſchwatzet. Sie ſagen: wenn ein Beicht-Va - ter beſchuldiget wuͤrde / er haͤtte aus der Beichte geſchwa - tzet / ſo ſolte er nur vorgeben / man haͤtte ihm Erlaubnuͤß gegeben ſolches zu thun. Hierdurch entgienge er aller Straffea)Dieſer Meinung iſt Beyer cit. l. §. 22. und beruffet ſich anbeyBeyers und meine Mei - nung. auf Menochium. Er meinet, wenn man gleich dem Beicht-Va - ter hierinn nicht vollkommentlich glaubte, ſo muͤſte man es doch wegen Abwendung der Straffe thun. Dieſe wuͤrde durch ſol - che exception gehoben. Nach meiner Meinung kan ein Beicht - Vater alle Straffen am beſten dadurch vermeiden, wenn er reinen Mund haͤlt und verſchwiegen iſt. a) Auf. Allein wenn dieſes gegruͤndet / lieber warum machen ſie ſo ein langes Gewaͤſche / von denen Straffen des gebrochenen Beicht-Siegels? Es dienet ja ſolches zu nichts. Die waͤſchigen Beicht-Vaͤter koͤnnen unter ſolchem Vorwand allezeit geſichert ſeyn. Uber dieſes ſo martern ſich ja die Doctores abſcheulich / wie es mit dem Vorgeben; daß das Beicht-Kind aus der Beichte zu ſchwatzen Erlaub - nuͤß ertheilet / zu halten ſey. Alle ſolche Scrupel aber ſie - len auf einmahl hinweg / wenn man dem Beicht-Vater oh - ne Unterſcheid Glauben beymeſſen muͤſte. Demnach will ich andern das Urtheil uͤberlaſſen / wie gegruͤndet die Mei - nung ſey / daß ein Beicht-Vater aller Straffe befreyet wuͤrde / wenn er ſagte: Das Beicht-Kind habe ihm die Erlaubnuͤß zu reden ertheilet.

Dritte(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) x x346III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorien

Dritte Abtheilung Von Dem Recht der Obrigkeit wegen der Beicht-Stuͤhle.

Das erſte Capitel. Von Dem Recht der Conſiſtorien bey dem Beicht-Weſen.

§. I.

Urſach der Conſiſtori - en bey denen Proteſtiren - den.
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MAn weiß / daß vor der Reformation die geiſtliche und weltliche Gerichte unterſchieden geweſen. Dieſe dependirten von denen Fuͤrſten jedes Landes / jene von denen Biſchoͤffen. Da aber der Biſchoͤf - fe Macht durch den Paſſauiſchen Vertrag / und noch mehr durch den Weſtphaͤliſchen Frieden in denen Proteſtirenden Landen aufgehoben worden / ſo haben ſich die Fuͤrſten der Biſchoͤfflichen Rechte angemaſſet. Man hat ſo gleich die Meinung auf das tapet gebracht: Die Fuͤrſten fuͤhreten zweyerley Aemter. Sie waͤren Fuͤrſten und zugleich Bi - ſchoͤffe. Beyderley Gewalt muͤſte in verſchiedenen Gerich - ten ausgeuͤbet werdena)Wie ſolche bey der reforma - tion in Vor - ſchlag kommen.Auf dem Reichs-Tag zu Speyer Ao. 1544. handelte man von einer Art und Weiſe, die Religions-Zwiſtigkeiten beyzulegen. Dieweil aber die meiſten Sachen erſt bey einem kuͤnfftigen con - cilio ſolten ausgemacht werden, ſo ordnete man doch; man moͤchte inzwiſchen ein formular aufſetzen, wie die Religions-Un - einigkeiten koͤnten gehoben werden. Der Churfuͤrſt zu Sachſen lieſſe ſolches Ao. 1545. durch die Wittenbergiſchen Theologos thun. Jn. Darum richtete man Conſiſto -ria347bey dem Beicht-Weſen. ria auf / weil die Fuͤrſten von ihren Gerechtſamen nicht ge - nugſam unterrichtet warenb)Der Churfuͤrſt Mauritius ſchrieb an die Profeſſores zu LeipzigWerden anzu - richten befoh - len. unter andern: Und begehren demnach, ihr wollet hinfuͤr - der in allen Stuͤcken die Lehre des goͤttlichen Worts, Chriſt - liche ceremoni en, Ehe-Sachen, und was wir vor euch wiſ - ſen werden, ein Conſiſtorium zu Leipzig anrichten, halten und uͤben, und euch unſern Landen und vielen zu guten Exempeln darinnen alſo erzeigen, daß nicht eigener Nutz und Foͤrderung ſeines gleichen, ſondern die Ehre GOttes darinnen geſuchet, gelehret und gehandhabet werde. ꝛc. So waren die Fuͤrſten eingenommen, daß in jedem gemeinen Weſen zweyerley Gerichte, geiſtliche und weltliche ſeyn muͤ - ſten. Die Theologi ſuchten ausfuͤndig zu machen, die geiſtlichenWas vor Sa - chen darunter gezogen werden wollen. Gerichte, dependirten von der Kirche. Chriſtus haͤtte es ſelbſt ſo haben wollen, da er geſprochen: Sage es der Gemeine. Die Conſiſtoria muͤſten mit geiſtlichen und weltlichen Perſonen beſetzt ſeyn. Alle Ehe-Sachen waͤren vor ſolchem Gerichte zu entſcheiden. Es haͤtte die Macht in den Bann zu thun. Wenn jemand halsſtarrig in ſolchem verharrete, muͤſte es denen weltli - chen Gerichte uͤbergeben werden. Alle Sachen, wo Aergernuͤß vorkaͤme, das doch zu vermeiden, gehoͤrten darunter. ꝛc. a) Jch. Zu dieſen nun werden faſt alle Sachen gezogen / die vormahls im Papſtthum unter die Conſiſtoria gehoͤrten.

§. II.

Dieſerwegen iſt kein Zweiffel uͤbrig / daß auchOb die con - ſiſtoria die Beicht - Stuͤhle ab - ſchaffen koͤnnen. die Beicht-Stuͤhle / und was bey denenſelben verfaͤllet / der juris diction der Conſiſtorien unterworffen. Darum ſo wollen wir mit wenigen ſehen / wie weit die Conſiſto -ria(a)Jn dieſem Vorſchlag und formular wird die Nothwendigkeit der Conſiſtorien und geiſtlichen Gerichte auf eben die Art be - hauptet, wie es die Papiſten gethan. Seckendorff in Hiſtor. Lu - theraniſini Lib. III. §. 119. n. 4. ſeq. fuͤhret das gantze formular an. Was hieher gehoͤret, kan in dem vierdten membro nachgeſehen werden.x x 2348III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorienria befugt ſeyn / in dieſer Sache ſich einer cognition anzu - maſſen. Vor allen Dingen will unterſuchen / ob die Conſiſto - ria die Beicht-Stuͤhle aͤndern und abſchaffen koͤnnen. Der - gleichen Fug und Macht aber kan denen Conſiſtoriis nicht zu - geſtanden werden. Es betrifft ſolches die hoͤchſten und vor - nehmſten geiſtl. Rechte / die den Zuſtand des Gottesdienſtes u. der Kirchen ſelbſten angehen. Man kan alſo dieſe Befugnuͤß keinem andern beylegen / als welcher Macht hat Geſetze zu ge - ben, und Kirchen-Ordnungen zu machen. Dieſe Gewalt a - ber iſt denen Conſiſtoriis nicht eingeraͤumeta)Von denen Proteſtirenden Conſiſtoriis in Catholiſchen Landen, kan es bejahet werden.Jch rede abſonderlich von denen Conſiſtorien, ſo unter Proteſti - renden Fuͤrſten ſtehen. Ein anderes moͤchte wohl ſtatt haben bey denen Proteſtirenden Conſiſtorien in Catholiſcher Fuͤrſten Lan - den. Denn welche Unterthanen Ao. 1624. das oͤffentliche Re - ligions-Exercitium gehabt, denen ſind auch alle annexa, das Recht der Conſiſtorien &c. zugeſtanden worden. vid. Inſtrum. Pac. art. V. §. 31. Hierunter gehoͤret auch die Befugnuͤß Kirchen - Ordnungen zu machen. Haben aber dieſe Conſiſtoria Macht ſolche Anordnungen zu machen, ſo kan man ihnen nicht abſpre - chen, daß ſie nach Befinden der Sache die eingefuͤhrten Beicht - Stuͤhle aufheben, oder doch, wie ſie es am beſten erachten, aͤn - dern koͤnnen. a) Vid. . Jch mag mich vorjetzo bey dieſer Materie von Abſchaffung der Beicht - Stuͤhle nicht aufhalten / weil in folgendem Capitul aus - fuͤhrlich davon handeln werde.

Ob Conſi - ſtoria erlau - ben koͤnnen, daß manche ohne Beich - te zum A - bendmahlgehen.
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§. III.

Von denen Conſiſtoriis aber unter Proteſti - renden Fuͤrſten / iſt am beſten / wenn man uͤberhaupt ſaget / denſelben komme ſo viel Macht zu / als der Landes-Herr zugeſtanden. Jedoch damit bey unſerer Materie man wiſ - ſen koͤnne / was nach allgemeinen principiis der Rechte de - nen Conſiſtoriis koͤnne zugeſchrieben werden / ſo wollen wir ein und andere Fragen unterſuchen. Es fraget ſich nicht unbillig / ob die Conſiſtoria an denen Orten / wo dieBeicht -349bey dem Beicht-Weſen. Beicht-Stuͤhle eingefuͤhret / gewiſſen Perſonen erlauben koͤnnen / ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen? Jch ſage ja dazu. Denn da iſt ja bekannt / daß in vielen Kirchen-Ord - nungen gemeldet wird / die Beichte ſey nur um der Un - verſtaͤndigen willen eingefuͤhret / oder beybehalten worden. Wer aber verſtaͤndig zu achten / und was vor gegruͤndete Urſachen jemand habe / die Beichte zu detractiren / kan die - ſes Gerichte allerdings urtheilen. Wenn aber auch ein ſolches in denen Kirchen-Ordnungen nicht verſehen / daß nehmlich die Beichte um der unverſtaͤndigen willen einge - fuͤhret ſey / ſo kommet doch denen Conſiſtoriis das Recht zu / die Kirchen-Ordnungen zu erklaͤrena)Vid. Weber de jure Conſiſtor. cap. 27. ſect. 8. Er bringet ein Hauf -Conſiſtoria koͤnnen die Kit - chen-Ordnun - ge erklaͤren. fen alte teſtimonia bey. Doch gefaͤllet mir dieſes raiſonnement am beſten, da er ſaget: Die Kirchen-Ordnungen wuͤrden ge - meiniglich auf Befehl des Landes-Fuͤrſten von denen Conſiſto - riis entworffen, oder man zoͤge doch ſolche dabey zu Rathe. Al - ſo waͤre niemand geſchickter, ſolche zu erklaͤren, als eben dieſelben. Denn ein jeder koͤnte ſeine Worte am beſten erklaͤren. Es ſind auch gelehrte Juriſten der Meinung, daß die Conſiſtoria ſich ſol - ches Rechts mit gutem Fug unterziehen koͤnten, und will ich jetzo nur den einigen grundgelehrten Herrn Boͤhmer nennen.. Ja ich ſchlieſſe auch alſo: Gleichwie verſchiedene Conſiſtoria Macht ha - ben / in denen von dem Landes-Fuͤrſten verbotenen Gra - den die Ehe zu verſtatten / ſo kan man ihnen auch nicht ab - ſprechen / daß ſie dieſem oder jenem bewilligen / ohne Beichte zum Abendmahl zu gehenb)Ob es aber rathſam ſey, daß jemand um ſolche Erlaubnuͤß beyDie Conſiſto - ria werden ſel - ten oder wohl gar nicht die Er - lanbnuͤß geben, ohne Beicht dem Conſiſtorio einkomme, iſt eine andere Frage. Meinem Er - achten nach wird man an den meiſten Orten nichts erlangen. Die Geiſtliche ſitzen mit in denen Conſiſtoriis, und machen offt die meiſten Stimmen aus. Dieſe aber halten die Beichte voreine.

§. IV. x x 3350III. Abth. I. Cap. Vom Recht der conſiſtorien
Ob Conſi - ſtoria die Beichte auch auf an - dere als biß - her gewoͤhn - liche Zeit verlegenkoͤnnen.
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§. IV.

An volckreichen Orten kommt es zum oͤfftern / daß wenn die Woche nur einmahl Beichte geſeſſen wird / und wie gemeiniglich / nur des Nachmittags vor denen Sonn und Feſttaͤgen / ſich ſolche biß in die ſpaͤte Nacht ver - ziehet. Weil nun dieſes ſo wohl denen Beichtenden / als auch der Prieſterſchafft beſchwerlich faͤllet / ſo entſtehet nicht unbillig die Frage: Ob Conſiſtoria ordnen koͤnnen / daß man auch auſſer der gewoͤhnlichen Zeit Beichte ſitze. Jns - gemein laſſen die Proteſtirenden Juriſten dem Conſiſtorio nichts ſolches anordnen / was ad jus Sacrorum, ſondern was nur ad legem diœceſanam gehoͤreta)Anmerckung von dem lege diœceſana. Wenn wegen der liturgie einiger Streit entſtehet, ſo iſt es wohl auſſer Zweiffel, daß die Conſiſtoria ſolchen ſchlichten koͤnnen. Aus dieſem Grund hat vielleicht auch Weber de jur. Conſiſt. c. 27. de - nen Conſiſtoriis die Erhaltung der Ceremonien zugeſchrieben. Allein wenn wegen Aenderung der liturgi e die Frage entſtehet, ſo muß man die Sache genauer anſehen. Carpzov. in Iuriſpr. eccleſ. Lib. 3. def. 2. n. 11. mit ihm Brunnemann und andere ſagen, das Conſiſtorium koͤnte ſich alles zueignen, was ad legem diœ - ceſanam, und zur jurisdiction gehoͤrte. Dieſes wird von ihnen mit verſchiedenen Exempeln erleutert. Jch mercke hierbey an, daß die Canoniſten ſelbſt unter ſich nicht einig ſind, was vor Handlungen hie und dorthin zu rechnen. Alſo iſt dieſer Grund gantz undeutlich, und kan man darum nicht darauf fuſſen. Es iſt auch etwas ungebuͤhrliches, aus ſolchen Gruͤnden eine Sacheent -. Wie richtigdieſer(b)zum Aband - mahl zu gehen.eine vortrefliche nuͤtzliche Sache, und durfften denjenigen, ſo der - ſelben gerne uͤberhoben ſeyn wolte, wohl gar vor einen Ketzer oder ſchiſmaticum anſehen. Die Juriſten, ſo mit in denen Conſiſtoriis ſi - tzen, wenn ſie gleich die Geiſtlichen an der Zahl uͤbertreffen, ſind ge - meiniglich mit eben ſolchen principiis eingenommen. Wenn ſol - che aber auch erkenneten, daß das Anſuchen billig, ſo haben ſie dennoch offt verſchiedene Urſachen, der Geiſtligkeit hier nicht zu - wieder zu ſeyn. Darum dencke ich, man werde ſelten von den Conſiſtoriis dergleichen Erlaubnuͤß erhalten.351bey dem Beicht-Weſen. dieſer Unterſcheid ſey / will ich anjetzo nicht ausfuͤhrlich zei - gen. Jch erinnere nur ſo viel / daß das Conſiſtorium ſich ordentlicher weiſe kein Recht die liturgien anzuordnen an - maſſen koͤnneb)Denn denen Conſiſtoriis der Proteſtirenden kommet nur ſo vielRegel vom Recht der Con - ſiſtorien. zu, als ihnen von denen Landes-Herren eingeraͤumet wird. Tex - tor de jure Epiſc. in territ. ſtat. prot. th. 86. Die Macht aber Kir - chen-Geſetze zu geben, gebuͤhret dem Landes-Haupt. Die Li - turgie anzuordnen, gehoͤret zu der Macht Geſetze vorzuſchrei - ben. Dieſe aber wird nicht in denen Conſiſtoriis, ſondern ge - meiniglich in dem geheimbden Rath ausgeuͤbet. Vid. Stryck in not. ad jus eccleſ. Brunn. Lib. I. membr. 12 §. 6. vers. per ſua conſiſt. Bißweilen traͤget zwar ein Landes-Herr dergleichen auch dem Conſiſtorio auf. Allein die publication der Ordnung der litur - gie, ſcheinet dennoch mehr von dem geheimbden Rath herzuflieſſen. a) Es. Dieſerwegen ſo hat es das Anſehen / daß ſich die Conſiſtoria auch dergleichen Anordnung zu machen / davon wir reden / nicht unterziehen koͤnnen. Jedoch weil dadurch nicht ſo wohl was neues eingefuͤhret / ſondern nur wegen einiger vorkommenden Beſchwerlichkeit auf eine an - dere Zeit verleget wird / ſo halte ich dafuͤr / man wuͤrde nichts ungebuͤhrliches begehen / wenn man dem Conſiſto - rio zuſchriebe / daß es dergleichen Anſtalt gar wohl ma - chen koͤnnte.

§. V.

Hieraus bekommt auch dieſes ſeine abhelflicheVon der Vorberei - tungs-Pre - digt maſſe / wenn man fraget: Ob Conſiſtoria anordnen koͤn - nen / daß vor der Beichte eine Vorbereitungs-Predigt ge - halten werde. Es iſt bekannt / daß niemand ohne Vorbe - wuſt und Einwilligung des Landes-Herrn einen oͤffentli - chen Gottesdienſt anſtellen koͤnne. Darum duͤrffen ſichdie(a)entſcheiden, die mit denen proteſtirenden Lehr-Saͤtzen nicht uͤber - einſtimmen. Denn zu dem lege diœcelana wird auch gezogen, daß man Kirchen-Geſetze machen koͤnne. Dennoch aber ge - buͤhret ein ſolches denen Conſiſtoriis nicht.352III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorienund Ange - ben bey dem Beicht - Vater, vor der Beichte.die Conſiſtoria dergleichen Gewalt nicht anmaſſena)Es wird gemeiniglich auch ſodann nach einem beſondern Predi - ger umgeſehen. Dieſer muß beſoldet werden. Alle ſolche Sa - chen aber koͤnnen ohne Einwilligung und Vorbewuſt der hohen Landes-Obrigkeit nicht vorgenommen werden.. Es iſt auch an etlichen Orten der Gebrauch / daß die Leute / ſo zur Beichte gehen wollen / ſich vorhero bey dem Beicht - Vater melden muͤſſen. Dieſe Gewohnheit iſt nicht zu ver - werffen. Ein Beicht-Vater kan ſodann / wenn er etwas von dem Beicht-Kind in Erfahrung gebracht / Gelegen - heit nehmen / mit ſolchem daraus zu reden. Jch uͤbergehe mit Willen andere Vortheile / ſo man hieraus ziehen kan / und ſich zu erhalten verſpricht. Koͤnnen nun die Conſi - ſtoria ſolchen Gebrauch einfuͤhren? Jch ſage ja darzu aus folgenden Gruͤnden. Das Conſiſtorium hat die Ober-Auf - ſicht auf der Leute Thun und Laſſen. Jhm ſtehet eine cen - ſura morum zu. Dieſe hatte ehemahls das presbyteri - umb)Anmerckung von dem Pres - byterio. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen von denen alten Presbyteriis viel zu melden. Es haben es ſchon andere gethan. Jch geden - cke nur, daß ſolche in Holland unter denen Reformirten in Franck - reich und Teutſchland, zu Straßburg, und anderwaͤrts im Ge - brauch ſind. Jn der Caſſeliſchen Kirchen-Ordnung, wird tit. I. gemeldet, was man durch das Presbyterium verſtehe. Durchs Presbyterium, lauten die Worte, oder den aͤlteſten Rath wird dieſes und anders nichts verſtanden, denn daß neben den Kirchen-Dienern jedes Orts etliche gewiſſe Perſonen zu Aelteſten und Aufſehern der Chriſtlichen Gemeine jaͤhrlich erwaͤhlet werden, welche an ſtatt der gantzen Gemeine, zu gewiſſen Zeiten, nachdem es die Noth erſordert, zuſam - men kommen, und was ſich in Lehr und Leben fuͤr Aer - gernuͤß in der Gemeine zutragen, ſich dieſelbige zu verbeſ - ſern und abzuſchaffen mit einander unterreden, auch Ver -mahnung. Da aber an denen meiſten Orten keine Presbyte -ria353bey dem Beicht-Weſen. ria ſind / ſo muß man es denen Conſiſtoriis uͤberlaſſen. Weil aber dieſelbe mit andern Geſchaͤfften uͤberladen / daß ſolche keine beſondere Aufſicht haben koͤnnen / ſo muͤſſen ſie auf andere Mittel mit bedacht ſeyn. Unter ſolche zehle ich / das man allen Lehrern einbindet / wohl acht zu haben auf die Heerde / die ihnen anbefohlen. Daß man anbefiehlet / wer zum Nachtmahl gehen wolte / ſolte ſich ein paar Tage vorhero melden laſſen. Meinet nun der Prieſter / daß er nothwendig vorhero mit dieſem oder jenem reden muͤſte / daß ſolche Perſon ſich ſodann ſtelle. Der Prieſter aber ſoll alles mit Sanfftmuth und Liebe thun / was er zu ſagen haben magc)Jch bin gewiß verſichert, daß ein ſolches mehr Nutzen und Frucht,Nutzen, wenn die Communi - canten ſich ein - ſtellen. als die ordentliche Beichte und abſolution ſchaffen kan. Jſt eine Perſon, von der man nichts weiß, ſo koͤnte man ſolche ohne Bedencken zum Abendmahl zulaſſen. Haͤtte man aber noͤthig bey dieſem oder jenem etwas zu erinnern, ſo koͤnte es zehnmahl fuͤglicher als in dem Beicht-Stuhl geſchehen. Dieſes eintzige muͤſte nur denen Lehrern wohl eingeſchaͤrfft werden, daß ſie ſelbſt wohl acht haͤtten, nichts aus affecten thaͤten, und nicht allen Weiber-Maͤhrgen glaubten. Das Conſiſtorium muß dabey auch wohl auf der Hut ſeyn, daß die Prieſter nicht uͤber die Schnure hauen. Von denen, die ſich die wahre Gottesfurcht einen Ernſt ſeyn laſſen, iſt nichts uͤbels zu beſorgen. Wuͤrde es aber von einigen gemißbraucht, ſo antworte ich, daß keine Sa - che ſo gut und heilig, welche nicht uͤbel koͤnte angewendet wer - den, wenn ſolche fleiſchlich geſinnten und leichtfertigen Men - ſchen anvertrauet wird. Der Mißbrauch aber hebt die Sa - che nicht ſelbſt auf. a) Was.

§. VI.

Die Beichte ſoll eine Vorbereitung zum Nacht -Ob man vorſchreiben koͤnte, wie mahl des Herrn ſeyn / von welchem Vorgeben oben ausfuͤhr -lich(b)mahnung aus dem Worte GOttes, nach der Ordnung Chriſti, zum erſten, andern und drittenmahl, oder ſo oft es erbaulich, und fuͤr rathſam erachtet wuͤrde, thun. ꝛc. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) y y354III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorienofft man beichten, und zur Beichte die Leute zwin - gen.lich meine Meinung entdecket. Wie offt man aber zum Abendmahl gehen ſoll / iſt nirgends gebotena)Wie offt man zum Abend - mahl gehenſoll.Was man auch aus der heil. Schrifft hieher ziehen wolte, ſo haͤlt es dennoch keinen Stich. Die Sache kommt auf eines jeden Ge - wiſſen an. vid. Brunnemann. in jur. eccleſ. Lib. II. cap. 1. membr. 3. §. 6. ibique Strykius in annot. . Alſo iſt es auch nicht ausgemacht / wie offt man beichten ſoll. Jndem man aber vorgiebt / daß man Leute zwingen koͤnte / das Abendmahl zu gebrauchen / ſo wird nach dem gemeinen Schlendrian ein gleiches von der Beichte zu ſagen ſeynb)Gemeine Lehre, daß man Leute zum Abend - mahl gehen zwingen koͤnne.Denn da ſind unſere Juriſten ſo albern, daß ſie ſagen duͤrffen: Wenn jemand, der ſich ſonſt zur Kirche bekennete, ſich in langer Zeit bey dem Abendmahl nicht einfaͤnde, ſo koͤnte er nach vorher - gegangener Erinnerung mit Gefaͤngniß und andern Straffen da - zu gezwungen werden. Bliebe er aber nichts deſto weniger hals - ſtarrig, ſo koͤnte man ihn aus dem Land jagen. Verſtuͤrbe er in ſolchem Zuſtand, ſo wuͤrde ihm ein ehrlich Begraͤbniß verſaget. vid. Carpzov. in jurispr. eccleſ. Lib. 2. def. 294. vsque 297. Schilter in Inſtit. jur. can. Lib. 2. tit. 3. §. 15. Dieſes, wo ich mich noch anders recht beſinne, wird auch in der That alſo gehalten.. Die am beſcheidenſten einhergehen wollen / ſagen: daß die Verraͤchter von der Kirchen Verſammlung / und allen ehr - lichen Zuſammenkuͤnfften / ſolten ausgeſchloſſen werdenc)Gedancken - ber ſolche pro - cedur. Dieſes iſt die Meinung Brunnemanni in jur. eccleſ. Lib. 1. cap. 6. membr. 4. §. 2. Er will zwar ſonſt dergleichen Zwang nicht billi - gen. Allein der gelehrte Juriſte haͤtte bedencken ſollen, daß ſol - che procedur auch ein Zwang. Mich duͤncket, es ſey faſt einer - ley, ob ich einen mit Gefaͤngniß, oder mit Beſchimpffung zu etwas bringe. Das letztere faͤllt manchen Gemuͤthern noch un - ertraͤglicher. Den Einwurff, ſo man von der Kirchen-diſciplin machen koͤnte, will in einem beſondern Werck von dem Kir - chen-Bann beantworten. Jetzo ſage nur ſo viel, daß aller Zwang, ſo bey dergleichen Handlungen vorkommen mag, pa -piſtiſch,. Einer355bey dem Beicht-Weſen. Einer aber / der die Beichte verachtet / verachtet darum das Abendmahl nicht. Es iſt alſo ein Papiſtiſcher Streich / wenn die Conſiſtoria die Leute durch Straffen zur Beich - te zwingen, oder vorſchreiben wollen / wie offt man zur Beichte gehen ſoll. Alle Religion wird aufgehoben / wenn man Zwang bey ſolcher braucht. Mit was vor Andacht wird einer beichten / und wie wohl wird ihm die ſo genann - te troͤſtliche abſolution zu ſtatten kommen / wenn er wieder Willen zur Beichte genoͤthiget wird. Dieſerwegen halte ich es vor etwas unbilliges, wenn die geiſtliche Gerichte Leu - te / ſo ohngebeichtet zum Abendmahl gehen wollen / durch Gewalt zum Beicht-Stuhl zu zwingen gedencken. De - nen / ſo meine Meinung nicht anſtaͤndig / gebe ich die Worte Tertulliani zu uͤberlegen / welche im Teutſchen alſo lautend)Tertullianus ad ſcapulam cap. II. Humani juris & naturalis po -Tertulliani Meinung vom Religions. Zwang. teſtatis eſt vnicuique quod putauerit colere: nee alii obeſt aut prodeſt alterius religio. Sed nec religionis eſt, cogere religionem, quæ ſponte ſuſcipi debeat, non vi: cum & hoſtiæ ab animo li - benti expoſtulentur. Ita & ſi nos compuleritis nei ſacrificandum, nihil præſtabitis Diis veſtris: ab inuitis enim ſacrificia non de - ſiderabunt, niſi contentioſi ſint: contentioſus autem DEVS non eſt. a) Man: Das menſchliche Recht, und die natuͤrliche Gewalt bringet es mit ſich, daß jederman dasjenige, was er will, ehren kan: Eines andern Religion bringet auch dem andern keinen Scha - den noch Nutzen. Es kommet auch uͤberdieſes der Religion nicht zu, die Religion zu zwingen, als welche freywillig, und nicht durch Gewalt muß angenommen werden: weil man auch das Opffer von einem willigen Gemuͤthe verlanget. Und(c)piſtiſch, zum hoͤchſten unbillig, und zu verwerffen. Mein was iſt es vor eine Gottesfurcht, wenn einer aus Furcht der Straffen zum Abendmahl gehet? Eine recht erbarmenswuͤrdige. Alles laufft auf eine Heucheley hinaus.y y 2356III. Abth. I. Cap. Vom Recht der ConſiſtorienUnd wenn ihr (er redet von denen Heyden / welche die Freyheit des Gewiſſens nicht verſtatten wolten /) uns auch zum Opffer zwinget, ſo werdet ihr damit euren Goͤttern keinen Dienſt erweiſen: Denn von denen, die es ungerne thun, werden dieſel - ben keine Opffer verlangen, ſie muͤſten denn zanckſuͤchtig ſeyn: GOtt aber hat kein Belieben am Hader. Dieſe Worte wer - den ſich mit leichter Muͤhe auf gegenwaͤrtigen Fall appli - ciren laſſen.

Recht der Conſiſtori - en bey Ver - aͤnderung des Beicht-Vaters.
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§. VII.

Gleichwie man aber nach denen Reguln der geſunden Vernunfft und des Chriſtenthums niemand an - halten kan / daß er zum Abendmahl gehen muͤſſe; ſo iſt auch aller Zwang unrecht / wenn man einen anhalten will / nothwendig bey ſeinem Pfarrer zu beichten. Jch habe ſchon oben hievon gehandelt / darum will nur vorjetzo unterſu - chen / ob Conſiſtoria erlauben koͤnnen / daß man bey einem andern als dem ordentlichen Pfarrer beichte / wenn man ſolchen auch gleich vorhero zum Beicht-Vater gehabt? Ob man wohl nach der gemeinen Meinung den Beicht-Va - ter faſt gar nicht aͤndern / oder auſſerhalb der Parochie beich - ten darf; ſo laͤſſet man dennoch einige Urſachen zu / da es erlaubt waͤre. Ob aber ſolche gegruͤndet / muß erſt un - terſuchet werden. Dergleichen cognition aber gebuͤhret denen conſiſtoriis. Erachten ſie den Vorwand des Pfarr - Kindes vor gegruͤndet / ſo koͤnnen ſie die Veraͤnderung aller - dings zulaſſen. Allein man wird aus oben angefuͤhrten abnehmen koͤnnen / daß es mit ſolcher Einwilligung ſchwer hergeheta)Anmerckungen uͤber die gemei - nen Gruͤnde, warum die Ver -Man behauptet, wenn einer ſeinen Beicht-Vater aus Haß und Groll aͤnderte, ſo koͤnnte er mit Gewalt zu ſeiner Pfarre ver - wieſen werden. Carpzov. cit. l. def. 290. n. 14. fuͤhret ein theolo - giſches reſponſum an, ſo dieſe papiſtiſche Meinung behauptet. Man / zumahl wo meiſtens geiſtliche in denen Con - ſiſtoriis ſitzen / und den alten Schlendrian gewohnet ſind.

§. VIII. 357bey dem Beicht-Weſen.

§. VIII.

Wegen des Beicht-Pfennigs iſt ſeit einigerRecht des Conſiſtorii bey dem Beicht - Pfennig. Zeit von verſchiedenen Prieſtern ſelbſt Klage gefuͤhret / und deſſelben Abſchaffung gewuͤnſchet worden. Koͤnnen aber die Conſiſtoria ein ſolches unternehmen? Jch dencke nicht / daß man es ihnen zugeſtehen wird. Es ſind die Beicht - Pfennige nun einmahl eingefuͤhret. Sie ſind ein Stuͤck der Beſoldung der Prieſter. Ja an manchen Orten iſt dieſes Geld das einige ſoulagement, darauf ſich ein Pfar - rer verlaſſen kan. Hievon kan kein Conſiſtorium etwas entziehen / noch andere Anlagen machen / wie der Pfarrer unterhalten werden ſoll. Alles muß mit Vorbewuſt und Einwilligung der Landes-Herrſchafft geſchehena)Jedoch ſtehet es einem jeden Prieſter frey, ob er das Beicht -Zur Anneh - mung des Beicht-Pfen - Geld nehmen will, oder nicht. Man kan ihn nicht dazu zwin - gen. Denn ein jeder kan ja denen ihm zu gute eingefuͤhrtenGe -. Wennaber(a)Man iſt der Meinung, durch die Aenderung wuͤrde der Beicht -aͤnderung des Beicht-Vaters ſchwerlich zu - zulaſſen. Vater geſchimpfft, da doch kluge Leute keine injurie hieraus er - zwingen koͤnnen. Ferner heiſt es, es folgten andere nach. Allein laͤſſet ſich ein ſolches mit Zwang beſſern? Jch dencke nicht. Wie - derum will man die Aenderung darum nicht wohl verſtatten, weil durch ſolche der Gehorſam, ſo der Geiſtlichkeit zu erweiſen, und die Kirchen-diſciplin wegfiele. Aber ſolche raiſonneurs ſolten erſtlich erweiſen, daß der Geiſtlichkeit eine Herrſchafft und diſciplin zuſtuͤnde. Jch uͤbergehe andere abgeſchmackte Urſachen mit Willen, worunter vornehmlich dieſe zu bemercken, daß man darum ſchwer in ſolche Aenderungen willigen koͤnte, weil dabey keine rechte Seelen-Sorge waͤre. Man moͤchte doch bedencken, daß wenn eine Perſon bey ſeinem Pfarrer nicht beichten, und ſich ſeiner Seelen-Sorge bedienen will, der Prieſter entſchul - diget ſey. Meine Meinung iſt dieſe: Wenn ein Pfarr-Kind eine von denen oben Sect. II. cap. I. erzehlten Urſachen beybringt, die Conſiſtoria gehalten ſeyn, ihm zu erlauben, bey einem andern zu beichten.y y 3358III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorienaber wegen des Beicht-Pfennigs einige Strittigkeiten auf andere Weiſe und Wege entſtehen / werden ſolche / wie man ohnehin erkennen wird / vor denen Conſiſtoriis ausge - machtb)Strittigkeiten wegen des Beicht-Pfen - nigs gehoͤren vor die Conſi - ſtoria. Denn zuweilen fallen zwiſchen der Witwe eines Pfarrers, und dem, ſo die vacanz verſiehet, wegen des Beicht-Pfennigs Strit - tigkeiten fuͤr, davon oben Sect. II. gehandelt. Zuweilen kom - men Klagen von denen Eingepfarrten, daß der Prieſter par for - ce ein Beicht-Geld haben will, wovon eben daſelbſt geredet. Jn meinem tractat de Simoniæ crimine habe auch einen caſum angefuͤhret, der hieher gehoͤret. Jch entſinne mich auch, in ei - nem Buch, das den Titul fuͤhrte: Prieſter Klage und uͤble Nachſage, geleſen zu haben, daß ein Prediger einem Hand - wercks Geſellen, welcher ihm kein Beicht-Geld gegeden, ſein Gebet-Buch weggenommen. Jn dieſen und andern derglei - chen Faͤllen kommet denen Conſiſtoriis die Einſicht und ſcharffe Beſtraffung zu. a) Alle.

Recht des Conſiſtorii, wenn aus der Beichte geſchwatztworden.
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§. IX.

Gleichwie die untere Obrigkeit keinen Prie - ſter anhalten kan / wegen desjenigen / ſo ihm in der Beich - te offenbahret worden / Zeugnuͤß zu geben / ſo koͤnnen es auch die Conſiſtoria nicht thun. Wenn aber ſolche in Er - fahrung bringen / daß ein Prieſter aus der Beichte geſchwa - tzet / ſo kommt ihnen zu / die Sache zu unterſuchen / und zube -nigs kan man niemand an - halten.(a)Gerechtſamen und Gewohnheiten renunciren. Solches muß auch in gegenwaͤrtigem Fall ſtatt haben. Man ſolte nicht mei - nen, daß jemand dieſerwegen Anfechtung bekaͤme. Allein ich finde dennoch in dem Leben des D. Peterſen, daß ſeine Colle - gen, darum weil er kein Beicht-Geld genommen, ziemlich ſcheel ausgeſehen. Sie haben allerhand herfuͤr geſucht, ihn dahin zu bringen, daß er ſolches gleich andern annehme. Ja endlich, wo ich mich anders recht beſinne, haben ſie gar vorgegeben, einen Stock bey den Beicht-Stuhl ſetzen zu laſſen, daß die Beicht - Kinder das Beicht-Geld hinein ſtecken koͤnten.359bey dem Beicht-Weſen. beſtraffen. Was vor eine Straffe aber zu dictiren / die - ſes muß man vornehmlich aus denen Ordnungen jedes Landes herhohlen. Uberhaupt aber halte ich dafuͤr / daß ſolche ſcharffe Straffen / wie bey denen Papiſten geſchiehet / bey uns nicht ſtatt haben. Denn wir halten die Beichte vor kein ſacrament. Nachdem alſo die Umſtaͤnde und Sa - chen ſind / ſo kan das Conſiſtorium bald einen Vorhalt thun / bald eine translocation vornehmen / bald ſuſpendi ren / und wohl gar remoui rena)Alle dieſe Arten der Straffen, kommen nach denen geiſtlichenWer Prieſter remouiren kan. Rechten denen Conſiſtoriis zu. Jch weiß mich auch nicht zu ent - ſinnen, daß es bey denen Proteſtirenden anders gehalten wird. Zum wenigſten koͤnte verſchiedene proteſtirende Juriſten anfuͤh - ren, die eben der Meinung ſind. Es wird auch niemand einigen Zweiffel dawieder haben, es muͤſte denn ſeyn, daß er in denen Gedancken ſtuͤnde, die remotion koͤnte nicht ohne Vorbewuſt des Landes-Herrn geſchehen. Allein ich diene darauf, daß niemand von dem Amte remouiret werden koͤnne, man habe denn die Ur - ſache, ſo zu ſolcher Straffe beweget, ausfuͤndig gemacht, und ein Urtheil gefaͤllet. Dieſes muß nothwendig ordentlicher und gerichtlicher Weiſe geſchehen. Da nun die Conſiſtoria dazu ge - ordnet, daß geiſtliche Perſonen unter ihnen ſtehen ſollen, ſo kan es, wenn wegen ſolcher Beſtraffung ſich ein caſus ereignet, nir - gends fuͤglicher tractiret werden. Den Vorbewuſt des Fuͤrſten ſchlieſſe ich damit gar nicht aus / und gleichwie, wo derſelbe die geiſtlichen Aemter durch Conſiſtoria beſetzen laͤſt, allezeit aus denen vorgeſchlagen ſubjectis eines erwehlet; ſo muß er auch darum wiſ - ſen, wenn und warum einer des Dienſtes wiederum verluſtiget worden. a) Es.

§. X.

Die Abweiſung von dem Beicht-Stuhl / iſtAbweiſung vom Beicht - Stuhl. auch eine Sache / ſo denen Conſiſtoriis gebuͤhret. Denn ob wohl zuweilen verordnet / daß dieſe oder jene Perſonen / nicht ſolten zum Beicht-Stuhl zugelaſſen werden / ſo darf ſich doch kein Geiſtlicher vor ſich unterfangen / jemand ab -zuwei -360III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtor. bey dem ꝛc. zuweiſena)Kan von kei - nem Pfarrer geſchehen.Es iſt auch in der Saͤchſiſchen Kirchen-Ordnung art. gen. 7. wohl verſehen: Die aber in ihren Suͤnden unbußfertig ver - harren, und ſich nicht beſſern wollen, ſollen zur Communion nicht zugelaſſen werden, doch mit ihnen nicht geeilet, ſon - dern, wie droben vermeldet, die gradus admonitionum vorge - nommen, und alſo niemand allein auf eigen Erkaͤnntnuͤß der Pfarrer vom heiligen Abendmahl abgehalten werden. . Die Sache hat auch ihren guten Grund. Denn wenn gleich noch ſo deutlich geſetzet waͤre / welche nicht zur Beichte zuzulaſſen / ſo kan man doch die Sache nicht eines jeden Pfarrers Urtheil uͤberlaſſen / ob dieſer oder je - ner eine ſolche Perſon iſt. Jch geſchweige anderer dabey vorkommenden wichtigen Urſachenb)Fernere Gruͤn - de hievon.Denn zuweilen iſt die Abweiſung auf ſolche Dinge geſetzet, die erſt muͤſſen unterſucht werden, ob die Perſon damit behafftet. Zuweilen kan man auch heute zu Tage nicht darauf reflectiren, ob es gleich vor Alters alſo geordnet worden. Alles ſind Sa - chen, die kein Pfarrer ausmachen kan. Zum Exempel will ich nur folgendes anfuͤhren. Bey Carpzoven in prax. crim. qu. 91. n. 36. finde ich von denen Wucherern folgenden Befehl des Chur - fuͤrſtens zu Sachſen: Daß ſie als oͤffentliche Leutſchinder und Landsverderber zum Beicht-Stuhl und troͤſtlicher abſolution oder Tiſche des HErrn durchaus nicht gelaſſen, auch nach ihrem Tode mit Chriſtlichen und gebraͤuchlichen Ceremonien nicht beſtattet werden ſollen. Dieſes iſt aus dem c. 3. X. de vſur. mit heraus genommen worden. Allein wer wird heute zu Tage mit denen Leuten, die ihr Geld auf Zinſen leyhen alſo verfahren? Man hat nunmehro genugſam dargethan, daß die Zinſen keine ſo ſchreckliche Sache, wie die Canones uns weiß machen wollen. a) Dieſe. Jch will mich vor - jetzo bey dieſer Materie nicht ſonderlich aufhalten / indem ein beſonder Werck vom Kirchen Bann unter denen Haͤn - den habe. Daſelbſt wird ſich Gelegenheit ereignen / ein mehreres zu melden.

Das361

Das zweyte Capitel. Von dem Recht eines Fuͤrſten bey denen Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt.

§. I.

WEnn die Menſchen ſich in eine Geſellſchafft bege -Recht eines Fuͤrſten den Gottes - dienſt anzu - ordnen. ben / GOtt zu dienen ſo muß man wohl acht ha - ben / auf ihre Vorkommende Handlungen. Denn bey dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt / kommen einige Dinge vor / welche aus der innerſten Natur der Religion herzulei - ten. Jn dieſen wird leichtlich niemand der buͤrgerlichen Herrſchafft etwas anordnen zu koͤnnen / einraͤumena)Dieſe Dinge welche das Weſen des Gottesdienſtes ausmachen,Weſentliche Stuͤcke des Gottesdienſtes. flieſſen aus der innerſten Natur der Religion her. Jn der Chriſt - lichen Religion muß man unter andern hieher rechnen die Tauffe und das Abendmahl. ꝛc. Und ſo haben auch andere Religionen ihre weſentliche Stuͤcke des Gottesdienſts. Hieraus ſchlieſſe, daß auch ein Fuͤrſte niemand zu Annehmung einer gewiſſen Re - ligion mit Recht zwingen koͤnne.. Es ſind aber doch viele Dinge bey dem Gottesdienſt / welche nur um der aͤuſſerlichen Ordnung willen eingefuͤhret wor - den. Bey ſolchen kommet es auf das menſchliche Gut - achten an / ob dieſes oder jenes zu aͤndern. Alſo kan man dem Fuͤrſten dergleichen Macht / ſolche und andere Dinge anzuordnen nicht verſagenb)Denn wegen des Orts, Zeit, Art und Weiſe des Gottesdien -Anordnung der aͤuſſerlichen Weiſe. ſtes, kan man die Anordnungen einer Landes-Herrſchafft nicht abſprechen. Denn der aͤuſſerliche Pracht erfordert viele Geſetze. Es kommen dabey gar oͤffters viele Uneinigkeiten fuͤr. Ein Fuͤrſte muß aber wohl zuſehen, daß was in dem gemeinen We - ſen vorgehet, nicht zum Verderb oder Stoͤrung der Ruhe gereiche. a) Bey.

§. II. (Recht der Beicht-Stuͤhle. ) z z362III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten
Recht eines Fuͤꝛſten, Ge - ſetze wegen der Kirchen - Ceremonien vorzuſchrei-ben.
687

§. II.

Es iſt auch uͤber dieſes die Kirche nichts anders als eine gleiche Geſellſchafft. Wie nun andere ſolche collegia der Aufſicht des Fuͤrſten unterworffen / ſo muß man es ebenfalß von der Kirche zugeſtehena)Ein Fuͤrſte hat uͤber die Kirche wie uͤber an - dere Collegia die Aufſicht.Bey dem Gottesdienſte muß ein Fuͤrſt noch viel wachſamer ſeyn, als bey andern Geſellſchafften. Die Menſchen ſind von Natur alſo geſinnet, daß ſie andere ſich gerne unterwuͤrfig machen wollen. Diejenigen, ſo den Gottesdienſt verrichten, haben bey allen Voͤlckern groſſe Ehre genoſſen. Das gemeine Volck hat ihnen angehangen. Darum muß ein Landes-Herr auf der Hut ſeyn, daß keine beſondere Herrſchafft in der Kirche entſtehet. Das Exempel der Roͤmiſchen Kirche lieget vor Augen. Waͤren die Fuͤrſten wachſamer geweſen, wuͤrden es die Biſchoͤffe nicht dahin gebracht haben. Dieſe beſondere Aufſicht nun uͤber die Kirche, giebet einem Landes-Herrn das ſummum jus circa ſacra. Hier iſt der vornehm - ſte Grund eines Rechts der Landes-Herrſchafft / wegen des Gottesdienſtes zu ſuchen. Wenn alſo Ceremonien durch Geſetze eingefuͤhret werden ſollen / ſo muß es von dem Lan - des-Herrn geſchehen. Denn die Macht Geſetze zu geben, ſtehet dem Fuͤrſten zub)Wie ferne die Kirche Macht haben koͤnne die Sachen an - zuordnen.Es iſt zwar an dem, daß man denen Gemeinden die Macht, Ord - nungen unter ſich zu machen, haͤtte uͤberlaſſen koͤnnen. Je - doch haͤtte es muͤſſen auf dieſe Weiſe geſchehen, daß ſie ſich deſ - ſelbigen, wie es ſich gebuͤhret, bedienet. Weil aber viel Unord - nungen aus dem uͤblen Gebrauch zu befuͤrchten, iſt es noͤthig ge - weſen, daß die Fuͤrſten es zu ſich gezogen. Wenn unſere Kir - chen noch wie die erſten bewandt waͤren, daß die vorgeſetzte bey ihrem Amt blieben, die Zuhoͤrer auch in reiner Unſchuld leb - ten, ſo iſt es gewiß, daß man nicht noͤthig haben wuͤrde, ſo viel von dem Rechte der Fuͤrſten in Kirchen - und Religions-Sa - chen zu reden. c) Bey. Es kan auch bey dem Gottes - dienſte nicht anders ſeyn / weil der Zuſtand der Kirchen gar ſehr verderbet iſt. Man mag die Lehrer oder Zuhoͤrer an -ſchau -363bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. ſchauen / ſo wird man viele Fehler bemercken / aus welchen viele Unordnungen entſtehen koͤnnen. Darum muß der - jenige / ſo Macht und Gewalt hat / die unruhigen Gemuͤ - ther im Zaum haltenc)Bey andern Collegiis ſind dergleichen Unordnungen nicht zu be -Warum es a - ber vielmehr dem Fuͤrſten zu - komme. fahren. Es beſtehen dieſelbe nicht aus ſo vielen Gliedern. Dar - um muß ein Fuͤrſte daran ſeyn, daß keine Unordnung entſtehe, und keiner in der Kirchen ſich uͤber den andern einer Gewalt anmaſſet. Das Volck iſt aberglaͤubiſch. Es hanget an de - nen Ceremonien, und meinet, ſolche machten die Religion aus. Wolten nun die Geiſtlichen etwas aͤndern oder neues einfuͤh - ren, ſo kan man leicht erachten, was es nach ſich ziehen wuͤr - de. Dieſem Ubel vorzubeugen, muß ein Fuͤrſte die Sache ent - ſcheiden. Was machen die Prieſter nicht oͤffters unter ſich vor Lermen? Einige verwerffen gewiſſe Ceremonien, die andern vertheidigen dieſelben. Jch will von andern Laͤndern nichts er - wehnen, ſondern nur unſer Teutſchland betrachten. Der Streit wegen der Mitteldinge iſt mehr als zu bekannt. Was zur Zeit der Reformation vor unnoͤthige Haͤndel wegen der Ceremo - nien vorgefallen, iſt auch allen wiſſend. Da hat man unter dem Schein der Evangeliſchen Freyheit alles bemaͤnteln wol - len. Solchem unnoͤthigen Eifer vorzubeugen, iſt das ſicherſte, daß ein Fuͤrſte, die Ceremonien durch oͤffentliche Geſetze vorſchreibt. a) Die -.

§. III.

Wie haͤlt es aber um die Abſchaffung, der vor -Ob ein Fuͤr - ſte Ceremo - nien, die vor - laͤngſt ein - gefuͤhret, ab - ſchaffen koͤn - ne? laͤngſt eingefuͤhrten Gebraͤuche? Kan ein Fuͤrſte derglei - chen unternehmen? Jch dencke allerdings / daß er ſolches zu thun befugt ſey. Denn wie viele Dinge ſind recht aber - glaͤubiſch, und kommet einem Fuͤrſten allerdings zu / Sor - ge zu tragen / daß die Unterthanen von allem Aberglauben abgezogen, und zur wahren Gottesfurcht angefuͤhret werden. Uber dieſes ſo iſt ja auch bekannt / daß die Kirchen-Gebraͤu - che / vor ſich weder ein Gottesdienſt, noch Stuͤck deſſelbenſeynz z 2364III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſtenſeyna)Was die Cere - monien ſind.Dieſes iſt auch uͤberaus wohl in der Magdeburgiſchen Kirchen - Ordnung c. 11. §. 1. ausgedruckt, da es heiſt: Es ſollen die Pre - diger von denen Ceremonien und Ordnungen in den Kir - chen ihre Zuhoͤrer aus GOttes Wort und nach Anleitung dieſer Kirchen-Ordnung, ſo offt es die Gelegenheit giebet, berichten, daß ſolche aͤuſſerliche Ceremonien und Ordnungen vor ſich ſelbſt kein Gottes dienſt ſeyn, noch ein Stuͤck deſſelbẽ, ſondern daß ſie allein der Urſachen halber verordnet, auf daß der Gottesdienſt zu gehoͤriger Zeit und dem gewoͤhn - lichen Ort fein ordentlich und ehrlich gehalten werde. . Dannenhero ſolte man meinen / man wuͤrde gar keinen Zweiffel wieder dergleichen Befugnuͤſſe eines Fuͤr - ſten / machen koͤnnen.

Ob ein Fuͤr - ſte die allge - meinen Ge - braͤuche bey der Kirchen abſchaffen koͤnne. Ge - meine Mei-nũg hievon.
691

§. IV.

Allein es finden ſich einige / die einen Unter - ſcheid machen / unter denen allgemeinen und beſondern Ge - braͤuchena)Unterſcheid der Kirchen-Ge - braͤuche.Dieſe ſind allen Kirchen eigen, und machen den meiſten Theil aus. Jene haben von uhralten Zeiten in denen meiſten Kirchen gebluͤhet. Man hat dafuͤr gehalten, daß ſolche von denen A - poſteln angeordnet worden, und per traditionem auf die Nach - kommen gelanget. Dergleichen allgemeine Gebraͤuche fuͤhret der beruͤhmte Helmſtaͤdtiſche Theologus Joach. Hildebrand, in ſeiner diſp. de ritibus ſacris §. 17. an.. Die vornehmſte Wirckung hievon / ſuchen ſie darinnen / daß man die beſondern zwar abſchaffen koͤnne, aber nicht ſo leicht die allgemeinen. Dieſes iſt abſonderlich die Meinung Hildebrands / und ſaget er: Daß man die alten allgemeinen Gebraͤuche beybehalten muͤſſe, und eine einzelne Kirche ſolche nicht leicht abſchaffen koͤnneb)Hildebrands Meinung von denen œcume - niſchen Cere - monien.Hildebrand cit. l. Priſci ritus vniuerſales per eccleſias omnes re - cepti, ſancte retineri, nec ab vlla particulari eccleſia abrogari temere debent. Er iſt alſo nicht wohl auf die Reformirten zu ſprechen, daß dieſelben die Beſchwoͤrung des Satans bey der Tauffe abgeſchafft. Es ſey ſolches ein alter und allgemeinerGe -. DieAb -365bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. Abſchaffung ſey nicht eher zugelaſſen / auſſer wenn die gan - tze Kirche darein gewilliget. Denn gleichwie in einem ge - meinen Weſen / derjenige / ſo Macht hat / Geſetze zu geben / ſolche wieder casſiren koͤnne; So koͤnten auch in der Kirche die allgemeinen Gebraͤuche durch geſammte Einwilligung wiederum abgeſchafft werden. Hierwieder aber findet ſich verſchiedenes zu erinnern und einzuwenden.

§. V.

Es ware dieſer Hildebrand ein Mann / der inHildebrands Meinung wird unter - ſucht. denen Alterthuͤmern der Kirchen ſich uͤberaus wohl umge - ſehen. Allein aus dieſem Vorgeben erſcheinet / daß er ſich in der Kirche eine Art des buͤrgerlichen Regiments eingebil - det. Er hat eine allgemeine aͤuſſerliche Kirche gedichtet / die mehr Gewalt haͤtte / als die beſondern Kirchen in jedem Land. Alles aber iſt ohne Grund und irriga)Es iſt ohne Grund, daß die Kirche eine Art eines buͤrgerlichenJrrige Gruͤnde derſelben. Weſens an ſich habe. Es iſt falſch, daß viele Kirchen, ſo einer Religion zugethan, eine aͤuſſerliche Kirche ausmachen. Andern Kirchen iſt nichts daran gelegen, was dieſe oder jene vor Gebraͤu - che habe. Der mancherley Unterſcheid derſelben hebet darum die rechte Einigkeit nicht auf. Das alte Sprichwort iſt bekannt: Diſſonantia jejunii, non tollit conſonantiam fidei. Wolte man ſagen: Es haͤtte doch die gantze Kirche vormahls in ſolche Ge - braͤuche gewilliget, ſo dienet darauf, daß es ſehr zweydeutig, was die gantze Kirche waͤre. Und wenn der gantzen Kirche Ein - willigung noͤthig iſt, ſo kan man die Catholicken auch nicht aus - ſchlieſſen. Von dieſen ſind die ſo genannten allgemeinen Ge - braͤuche zu uns kommen. Dennoch aber haben die erſten Re -forma -. Zwarmeinet(b)Gebrauch geweſen. Denen Puritanern in Engelland, nimmt er es ſehr vor uͤbel, daß ſie die Feſt-Tage, die von undencklichen Jahren in allen Kirchen beobachtet worden, Weynachten, O - ſtern, Pfingſten und andere abgeſchafft. Er iſt unwillig, daß dieſelben keine andere Gebraͤuche in ihren Kirchen duldeten, als welche in der Bibel ſtuͤnden.z z 3366III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſtenmeinet dieſer Theologus, daß ſodann die beſonderen Kir - chen / einen allgemeinen Gebrauch abſchaffen koͤnten / wenn derſelbe aberglaͤubiſch waͤre. Hieraus aber ſchlieſſe ich / daß wenn eine beſondere Kirche unter denen Proteſtirenden / einen allgemeinen Gebrauch abſchaffen will / dieſelbe es al - lezeit aus der Urſache thun koͤnne / weil dergleichen Cere - monie etwas aberglaͤubiſches in ſich hielteb)Unterſuchen der exception Hildebrandi. Sagſt du, es waͤre nicht genug, daß man eine Sache vor aber - glaͤubiſch ausgebe, man muͤſte es auch erweiſen: So antworte ich: Es wuͤrde nicht ſchwer fallen einige Stuͤcke der ſuperſtition bey ſolchen Gebraͤuchen zu zeigen. Wendeſt du ferner ein; Die ſuperſtition ſey ſo lange nicht klar, biß andere Kirchen ſolche auch erkenneten. Laß dir dienen: Die Catholicken haͤtten derglei - chen unſern reformatoribus auch vorwerffen koͤnnen. Sie leug - nen noch biß dieſe Stunde, daß die abgeſchafften Gebraͤuche et - was aberglaͤubiſches in ſich gehalten. Man hat alſo in dieſer Sache keinen Richter, der einen Ausſpruch thun koͤnte. Mit was vor Recht wir alſo diejenigen Gebraͤuche bey der Refor - mation abgeſchafft, die wir vor aberglaͤubiſch gehalten, mit e - ben dem Recht, koͤnnen es auch die Reformirten und andere Kirchen thun. a) Zieg -.

Ein Fuͤrſte kan allge - meine Cere - monien ab-ſchaffen.
696

§. VI.

Und warum will man bey Abſchaffung ſol - cher Ceremonien die Einwilligung der gantzen Kirche er - fordern? Haben ſich jemahls alle Lutheriſche Kirchen zu Beobachtung gewiſſer Ceremonien verbindlich gemacht? Haben nicht vielmehr die Fuͤrſten in ihren Herrſchafften die Kirchen-Gebraͤuche angeordnet? Wenn nun dieſes wahr iſt / wie ſich denn die Sache nicht anders verhaͤlt / war - um ſolten ſie denn dieſelben nicht wiederum aͤndern oderauf -(a)formatores, wieder Willen der Catholiſchen, viele alte und allge - meine Gebraͤuche abgeſchafft. Vid. Bœhmer in jur. eccleſ. Prot. Tom. I. lib. I. tit. 4. §. 51. 367bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. aufheben koͤnnen? Der beruͤhmte und grundgelehrte Ju - riſt / Caſpar Ziegler hat gar wohl geurtheilet / daß er de - nen Fuͤrſten das Recht die Ceremonien anzuordnen, und die allgemeinen Kirchen-Gebraͤuche aufzuheben, zugeſchrieben. So lauten aber ſeine Wortea)Ziegler de jur. Majeſt. Lib. I. cap. 17. §. 1. Quomodo vero in ce -Ziegleri Ur - theil. teris ad externum ordinem, decorum, & diſciplinam facientibus eccleſia gubernari debeat, cum diſtincte non præſcripſerit Deus, ſed ſuorum prudentiæ commiſerit, dubitari non debet, Reges & Principes fideles, vtpote eccleſiæ nutritios & patronos, magnam in iis habere poteſtatem. Ita vſus luminum, candidæ aut al - terius veſtis in peragendis ſacris, ſigni crucis, exercismi & ſimilium, totus ſubiacet arbitrio humano, quanquam vbi inueteratæ fuerint eiusmodi ceremoniæ, non facile illæ ſint mutandæ. Dn. Carpzou. in Iurispr. eccleſ. Lib. 2. def. 246. Vbi tamen iuſta cauſa ſubeſt, & neceſſitas ſtatus eccleſiaſtici id expoſcit, poterunt illæ introduci aut abrogari ex poteſtate prin - eipis, & ſummo, quod tenet, imperio. a) Dieſes: Weil aber in denen uͤbri - gen Dingen, die zur aͤuſſerlichen Ordnung, Zierde und diſci - plin gehoͤren, GOtt nicht deutlich vorgeſchrieben, wie es in der Kirche zu halten, ſondern der ſeinigen Klugheit uͤberlaſ - ſen, ſo iſt kein Zweiffel, daß glaͤubige Koͤnige und Fuͤrſten, als Ernehrer und Beſchuͤtzer derſelben, hierinn groſſe Gewalt haben. So kommt demnach der Gebrauch der Lichter, ei - nes weiſen oder andern Kleides bey Verrichtung des Gottes - dienſtes, das Zeichen des Creutzes, die Beſchwoͤrung des Sa - tans und anderes, alles auf menſchliches Gutduͤncken an, ob wohl dergleichen Ceremonien, wo ſie lange beobachtet wor - den, nicht leicht zu aͤndern. Wo aber eine rechtmaͤßige Ur - ſache hiezu vorhanden, und die Nothwendigkeit des Kir - chen-Staats es erfordert, koͤnnen ſolche aus Macht und hoͤch - ſten Gewalt des Fuͤrſten eingefuͤhret, oder abgeſchaffet werden.

§. VII.

Weswegen ſolte denn heute zu Tage bey Ab -Die Ab - ſchaffung ſchaffung allgemeiner Ceremonien / die Einwilligung dergeſamm -368III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſtenallgemeiner Gebraͤuche von einzel - nen Kirchen wird mit Exempeln erwieſen.geſammten Kirchen noͤthig ſeyn / da man vor dieſem nicht darauf geſehen. Denn ware nicht vormahls der allgemei - meine Gebrauch / daß man am Sonntag das Gebet ſte - hend verrichtete. Man durffte nicht dazu niederkniena)Wenn die Chri - ſten ſtehend ge - betet.Dieſes geſchahe auch von Oſtern biß Pfingſten. Denn ſo ſchrei - bet Tertullianus da corona militis cap. 3. Die dominico jejunium nefas dicimus, vel de geniculis adorare. Eadem immunitate a die Paſchæ in Pentecoſten vsque gaudemus. . Aber wie iſt ſolcher Gebrauch abkommen? Ohnfehlbar ha - ben ihn einzelne Gemeinen nach und nach unterlaſſenb)Wie ſolcher Gebrauch ab - kommen.Hildebrand hat dergleichen Einwurff gemercket, und darum cit. l. §. 18. vorgegeben, daß wo nicht alle, doch die meiſten Kir - chen, nach der vollkommenen Macht, ſo ſie gehabt, dieſen Ge - brauch abgeſchafft. Allein auf was Art und Weiſe iſt die Ab - ſchaffung geſchehen? Und da er ſaget, daß nur die meiſten ein ſolches gethan, ſo weiß man nicht, was durch ſeine Vollkom - menheit der Macht und Gewalt angedeutet wird. Verſte - het er dadurch die allen Kirchen eigene Freyheit, ſo iſt die Ein - willigung der geſammten allgemeinen Kirche nicht noͤthig. Bil - det er ſich ein beſonderes Recht ein, ſo allen einzelnen Kirchen zuſammen zuſtehet, ſo haͤtte er zeigen ſollen, daß die Kirchen ins - geſammt dergleichen ausgeuͤbt. Alſo iſt es am wahrſcheinlich - ſten, daß eine jede eintzelne Kirche von dieſem Gebrauch abge - gangen.. Die Salbung bey der Tauffe ware ein allgemeiner Ge - brauchc)Urſach der Sal - bung.Vid. Tertull. de baptiſm. cap. 7. Hiermit wolten die Chriſten an - zeigen, ſie waͤren rechte Chriſten, oder Geſalbte mit dem heili - gen Geiſt. Dieſer Gebrauch iſt auch noch heute in der Griechi - ſchen und Lateiniſchen Kirche. a) Der. Aber warum haben ihn denn die Proteſtiren - den wieder Willen der Catholicken abgeſchafft. Alſo iſt es klar / daß einzelne Kirchen / von allgemeinen Kirchen Cere - monien abgehen koͤnnen.

§. VIII. 369bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt.

§. VIII.

Da nun dieſes auſſer allem Streit / daß auchEin Fuͤrſte kan die Beicht - Stuͤhle ab - ſchaffen. Fuͤrſten allgemeine Kirchen-Gebraͤuche, wenn gleich ſolche durch allgemeine Concilia eingefuͤhret / und bißanhero beob - achtet worden / abſchaffen koͤnnen. Dieſemnach ſo kan ein Landes-Herr auch die Beicht-Stuͤhle mit Recht ab - ſchaffen. Denn ich habe oben gezeiget / daß das Beicht - Weſen nicht in Gottes-Wort gegruͤndet. Daß es von Men - ſchen erfunden woꝛden. Daß die erſte Chriſtliche Kirche nichts von ſolcher Beichte viel hundert Jahre gewuſt. Daß die jetzige Beichte erſt im XIII. Sec. aufgekommen. Jch habe beruͤhmte Maͤnner / und unter ſolchen Theologos angefuͤh - ret / die meiner Meinung ſind. Da nun ſelbſt diejenigen / welche wegen der allgemeinen Gebraͤuche Beybehaltung / ſo ſehr bekuͤmmert ſind / dennoch zugeben / daß man aber - glaͤubiſche Dinge abſchaffen koͤnne; So wird ein gleiches auch von denen Beicht-Stuͤhlen zu ſagen ſeyn. Denn die Beichte mag heraus geprieſen werden wie ſie will / ſo iſt ſolche doch voller Maͤngel. Selbſt beruͤhmte Theologi, haben ſolches erkannt. Sie haben dahero frey geſchrie - ben / die Beichte ſchaffete den Nutzen nicht / den man ſich verſpraͤche. Wir haͤtten nur den Mißbrauch derſelbena)Der ſeelige Spener ſchreibet in ſeinen Theologiſchen Beden -Speners Ur - theil von der heutigen Beich - te. cken Vol. I. Cap. I. ſect. 35. p. 196. alſo: Es iſt eine an ſich nicht boͤſe und hertzlich gemeinte Anſtalt der Kirchen geweſen, da die abſonderliche Beicht und abſolution, (ſo vorhin nicht anders als in denen Faͤllen ſonderbahr ſchwerer begange - ner Suͤnden in Ubung, und alſo keine ordentliche Berei - tung zum heiligen Abendmahl geweſen) eingefuͤhret wor - den iſt, wie ſie auch ihren Nutzen und Frucht gehabt ha - ben mag. So haben unſere Vorfahren bey der Reforma - tion auch ihre Urſachen gehabt, daß ſie dieſelbige an vie - len Orten beybehalten: Jch leugne auch nicht, wenn da -mit. Denn(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) a a a370III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines FuͤrſtenDenn wenn man die Sache mit ohnpartheyiſchen Augen anſiehet / wird man befinden / daß dieſer Ceremonie viel Aberglauben anhaͤnget. Darum ſo thut ein Fuͤrſte nichts unrechtes / wenn er ſolchen Kirchen-Gebrauch / der mit ſo vielen Maͤngeln behafftet / in ſeinen Landen abſchaffet.

§. IX.

(a)mit wohl und gottſeelig umgegangen wird, daß ſie bey manchem etwa ein Mittel einer Erbauung ſeyn moͤchte. Wie aber insgemein damit verfahren wird, leugne ich nicht, daß wir mehr den Mißbrauch, als den rechten Gebrauch in wuͤrdiger Vorbereitung antreffen werden, und ſehr in Zweiffel ſtehet, ob der daher kommende Nutzen dem Scha - den gleich wiege. Ob wohl hinwieder Urſachen ſind, war - um, wenn auch in meiner Hand ſtuͤnde die gantze Sache abzuſtellen, und es wieder in die Ordnung der erſten Kir - chen zu bringen, ich tauſend Bedencken dabey haben wuͤr - de. Jn gegenwaͤrtigem Zuſtand aber, weiß ich noch kei - nen beſſern Rath, noch zutraͤglichers Mittel, daher ich mich auch deſſelbigen gebrauche, als folgendes: nehmlich daß wir zum oͤfftern in Predigten Gelegenheit nehmen, den Leuten ihren falſchen Wahn von der abſolution und dem opere operato in derſelbigen zu benehmen, hingegen ihnen nachdruͤcklich zu zeigen, daß ob wohl die abſolution, als ein Wort GOttes geſprochen ihre Krafft in ſich habe, daß ſie dennoch keinem zu ſtatten komme, als welcher wahrhaff - tig bußfertig iſt. Daher wer nicht von Grund der Seelen nach Vermoͤgen allen Suͤnden abzuſterben ſich reſolui ret, dem werde nicht eine einige Suͤnde wahrhafftig vergeben, weil die geſprochene abſolution an ihm nicht haffte, ob ihm auch von zehen Predigern, dieſelbe taͤglich ertheilet wuͤr - de. Denn alle abſolutio nen der Prediger, ſo in die Hertzen nicht ſehen, noch daſelbſt die Wahrheit der Buſſe erken - nen koͤnnen, und daher ſich nach denen Worten der Beicht richten, mit was Worten ſie auch abgefaſt wuͤrden, ſeyen allezeit dem Verſtand nach conditionat, wo nehmlich der Beichtende, der ſich mit Worten vor einen bußfertigenSuͤnder

371bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt.

§. IX.

Jch muß aber dabey geſtehen / daß es an man -Ob die Beicht - Stuͤhle - berall fuͤg - lich abge - ſchafft wer - den koͤnnen? chen Orten nicht allzufuͤglich wuͤrde geſchehen koͤnnen / wenn man die Beicht-Stuͤhle auf einmahl abſtellen wolte. Denn ob gleich gantze Lutheriſche Koͤnigreiche / und Staͤdte ſind / da man nichts davon weiß / ſo duͤrffte es ſich dennoch an vielen Orten nicht thun laſſen / die Beichte abzuſchaffen. Man weiß / was der Aberglaube vor verteuffelte Wirckun - gen herfuͤrbringt. Es iſt bekannt / wie oͤffters der Poͤbel an ſolchen Ceremonien haͤngt / gleich als wenn dieſelbe den Gottesdienſt ausmachten. Wolte man nun ihnen etwas entziehen / darauf ſie ein ſo groſſes Vertrauen geſetzet / was wuͤrde ſodann nicht vor ein Klagen ſeyn. Die Prediger wuͤrden die Sturm-Glocken ebenfals laͤuten / oder doch per indirectum den Poͤbel aufbringen. Denn es iſt nichts ungewoͤhnliches / daß bey Abſchaffung alter aberglaͤubiſcher Ceremonien ein groſſer Lermen entſtandena)Man erwaͤge nur, was vormahls in Sachſen wegen Abſchaf -Troublen in Sachſen, wegen des exorciſmi. ung des exorcismi vor Unruhen entſtanden. Arnold hat alles wohl beſchrieben, in ſeiner Kirchen - und Ketzer-Hiſtorie. Meinen doch gar einige, daß man den Churfuͤrſten Chriſtian I. darum mit Gifft aus dem Wege geraͤumet. vid. Huberi Hiſt. Ciuil. Tom. II. Daß der Churfuͤrſt gehling geſtorben, iſt allerdings wahr. Und daß dieſe affaire dem Cantzlar Crellen den Kopff gekoſtet, wird auch niemand leugnen koͤnnen. So ſiehet man alſo, wie gefaͤhrlich es iſt, Dinge, daran der Geiſtlichkeit inter - eſſe hanget, auf einmahl abzuſchaffen. b) Denn. Wenn alſo nun ein Fuͤrſte den Mißbrauch der Beicht-Stuͤhle eingeſe - hen / wenn er es vor etwas ungerechtes hielte / alle und je - de Zuhoͤrer zur Beichte zu noͤthigen; ſo wuͤrde es das be -ſte(a)Sůnder dargiebet, auch in ſeiner Seele alſo beſchaffen ſey. Conf. Idem cit. I. Vol. II. cap. 3. ſect. 7. p. 26. ibid. cap. 5. art. 2. ſect. 9. pag. 751. a a a 2372III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſtenſte Mittel ſeyn / wenn man denen Leuten frey lieſſe / ob ſie beichten wolten oder nicht. Auf ſolche Weiſe geſchehe bey - den / die die Beichte hoch achten / und die nichts davon hal - ten / ein ſattſames Genuͤgenb)Wie die Beich - te abzuſchaffen.Denn wer beichten wolte, moͤchte es thun. Wer keine Luſt dazu haͤtte, unterlieſſe es. Doch muß denen Predigern dadurch an ihren accidentien nichts abgehen. Ferner muͤſte bey ſo ge - ſtalten Sachen die Landes-Obrigkeit denen Prieſtern den Dau - men auf das Auge ſetzen, daß ſie die, ſo nicht beichten, auf keine Art und Weiſe ſugillirten. Der erſte, ſo darwieder handelte, muͤſte nachdruͤcklich geſtrafft werden. Die andern wuͤrden ſich wohl ſpiegeln. Dieſe Freyheit zu beichten oder nicht, wuͤrde ohne die geringſte Schwuͤrigkeit ertheilet werden koͤnnen. Es gienge darunter weder der Geiſtlichkeit, noch denen Liebhabern des Beicht-Weſens etwas ab.. Es wuͤrde ſodann nach und nach das Beicht-Weſen immer in mehrern Verfall kommen. Dieſes hielte ich vor das ſicherſte Mittel / dem aberglaͤubiſchen Weſen zu ſteuren.

Was an ſtatt der Beicht - Stuͤhle ein-zufuͤhren.
706

§. X.

Sonſten aber hielte dafuͤr / daß wenn die Beich - te fuͤglich abgeſchaffet werden koͤnte / und denen Prieſtern der Beicht-Pfennig durch andere Art gut gethan wuͤrde / es eine gute Sache waͤre. Man koͤnte an deren Stelle die Leute / ſo zum Abendmahl gehen wolten / Tages vorhero in die Kirche kommen laſſen. Man koͤnte eine kurtze ſermon oder Predigt von der rechten Buſſe halten. Man koͤnte ſodann alle fragen / ob ſie den kraͤfftigen Vorſatz haͤtten ihr Leben zu beſſern. Sodann koͤnte man ihnen anzeigen / Gott wuͤrde die Suͤnden vergeben. Dieſes wuͤrde weit groͤſſern Nutzen ſchaffen / als der gemeine Schlendrian der Beichte / und die hochtrabende abſolutions-Formulna)Von der Vor - bereitung zum Abendmahl.Denn man ſaget, die Beichte ſey eine Vorbereitung zum A - bendmahl. Wie weit es Grund habe, iſt ſchon oben gemel -det. Und373bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. Und gewiß / wenn bey der Beichte etwas einer Aenderung bedarff / ſo ſind es meinem Erachten nach die gewoͤhnlichen Formuln der abſolution.

§. XI.

Denn dieſe werden gewißlich viel frommenVon Aen - derung der abſolutions - Formuln. und rechtſchaffenen Hertzen ein Stein des Anſtoſſens. Da man nun ohnehin ſaget: Alle abſolution ſey conditionat, ſie ſey nur eine Ankuͤndigung der Vergebung; ſo wuͤrde es gewiß weit beſſer ſeyn / wenn man hier - inn eine Aenderung traͤffe. Zwar da faſt alle Theo -logi(a)det worden. Wenn aber die Communicanten alle nothwen - dig durch die Prediger muͤſſen geſchickt gemacht werden, ſo iſt mein Vorſchlag viel geſchickter darzu, als die Beichte und ab - ſolution in dem Beicht-Stuhl. Denn was will ich da ſonder - lich von der wahren Buſſe und wuͤrdiger Vorbereitung zum hei - ligen Abendmahl mit denen Leuten reden. Jn einer Viertel - Stunde werden zum oͤfftern 6. und mehr Perſonen abſoluirt. Da beſtehet die gantze Vorbereitung darinnen, daß der Beicht - Vater ſaget: Es ſeye gut, daß man ſich in dem heiligen Beicht - Stuhl eingefunden. Wir waͤren alle ſuͤndige Menſchen, da - durch luͤden wir GOttes Zorn und Ungnade auf uns. Allein er nehme doch Buſſe vor die Suͤnde an. Da man nun auch ſolche durch die Beichte erwieſen, ſo ſolten die Suͤnden verge - ben ſeyn. Hierauf wird dann die abſolutions-Formul als ei - ne ſententia liberatoria geſprochen. Wer ein bißgen Verſtand hat, und das Sonn - oder Feſt-Tags-Evangelium, ehe er zur Beichte gehet, betrachtet, weiß ſchon zuvor, auf was vor Weiſe er entreteniret wird. Wer ſich alſo nicht ſelbſt bereitet, der wird gewiß in dem Beicht-Stuhl nicht geſchickt gemacht. Aber wo man ausfuͤhrlich ein thema abhandeln kan, wie bey der - gleichen ſermonen angehet, da darf man ſich auch mehrern Nu - tzen verſprechen. Die Sache iſt klar, und jederman, der nicht gantz und gar verblendet / wird mir recht geben muͤſſen. Die Reformirten haben an denen meiſten Orten ihre Vorbereitung auf dieſe Weiſe eingerichtet, und wird gewißlich nicht ohne Nu - tzen ausgeuͤbet. a) Soa a a 3374III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſtenlogi behaupten: Die geiſtlichen haͤtten das Rechte Suͤn - de zu vergeben / ſie koͤnten mit gutem Fug die gewoͤhnliche abſolutions-Formul ausſprechen; So wuͤrde man ſagen / die Aenderung derſelben betraͤffe einen Lehr-Satz. Hier koͤnte kein Fuͤrſte etwas vorſchreibena)Das Recht ei - nes Fuͤrſten in Theologiſchen Streit-Haͤn - deln.So viel beſcheiden ſich heute zu Tage verſchiedene Theologi, daß der Landes-Herr theologiſche Streit-Haͤndel entſcheiden koͤnne. Sie ſagen aber, daß dieſelbe entweder Lehr-Saͤtze oder Mittel - Dinge betraͤffen. Glaubens-Sachen giengen dem Landes-Herrn nichts an. Darum koͤnte auch derſelbe nichts entſcheiden. Ge - wiſſer maſſen haben ſie Recht, auf gewiſſe Weiſe aber nicht. Die hier vorkommenden Fragen hat der weltberuͤhmte Herr Thoma - ſius in ſeinem Fuͤrſten-Recht in Theologi ſchen Streit-Sachen bereits entſchieden. Siehe hierbey die folgende Note.. Allein geſetzt / daß dieſe Meinung wegen der abſolutions-Formuln gegruͤn - det. Kan denn ein Fuͤrſte nicht ſagen: Dieſes oder jenes ſoll in meinem Lande gelehret werden? Allerdings hat ein Fuͤrſte dieſe Macht. Er zwinget niemand / daß er dasje - nige / was er vor wahr haͤlt / auch glauben muͤſſe. Ein Fuͤr - ſte ſaget weiter nichts / als: ſo und ſo ſoll in meinem Land oͤffentlich gelehret werdenb)Wird weiter erlaͤutert.Der Koͤnig Theodoricus hat gar wohl geſprochen: Man koͤn - te uͤber die Religion nicht herrſchen, noch jemand zwin - gen, daß er etwas glaube. Religionem imperare non poſ - ſumus, quia nemo cogitur vt credat inuitus. Caſſiodorus var - Lib. II. c. 27. Allein es iſt ein anders, etwas oͤffentlich lehren laſſen; Ein anders, einen Lehr-Satz denen Unterthanen durch Geſetze und Straffen aufzudringen. Das erſtere hat kein anderes Abſehen, als daß in denen oͤffentlichen Verſamm - lungen nichts anders gelehret werde. Daß niemand zu einem geiſtlichen Amt kommet, als der eben dergleichen lehren will. Das andere aber gehet weiter, und iſt ein Gewiſſens-Zwang. Ein Fuͤrſte muß wegen der innerlichen Ruhe zum oͤfftern entſchei -den,. Alſo kan ein Landes-Herrgar375bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. gar wohl anbefehlen / daß man vor die hochtrabenden ab - ſolutions-Formuln / andere gebrauche / davon ſchon oben gehandelt. Und da beruͤhmte Theologi der Meinung ſind / daß man bey Beybehaltung der Beichte denen Leuten allen Aberglauben benehmen muͤſſe / ſo ſie daran haͤttenc)Jch beruffe mich wieder auf den ſeel. Spener. Dieſer hat inSpeners aber - mahliges Ur - theil von denen Beicht-Stuͤh - len. ſeinen Theologi ſchen Bedencken Vol. vlt. Part. I. cap. 2. art. 6. ſect. 6. p. 557. folgende Worte einflieſſen laſſen. Jm uͤbrigen blei - bet dieſes auch unwiederſprechlich, daß man bey aller Bey - behaltung des Beicht-Stuhls, denen Leuten allen Aber - glauben, welchen ſie an demſelben faſſen moͤgen, mit allem Fleiß und Ernſt benehme, abſonderlich, wenn ſie die Ver - gebung der Suͤnden daran binden, da ihnen hingegen zu zeigen, daß die Vergebung weder allezeit in dem Beicht - Stuhl erlanget werde, noch allein in demſelben geſchehe: ſondern daß eines theils deren unzehlig viel zu dem Beicht - Stuhl kommen, an denen die abſolution aus ihrer Schuld unkraͤfftig, ja die meiſte wuͤrdige, nicht erſt in dem Beicht - Stuhl die wahrhafftige Vergebung ihrer Suͤnden, mit dero ſie vielmehr Krafft ihres Glaubens und Buſſe zu dem - ſelben kommen, empfangen, als welches eigentlich nur von denjenigen geſagt werden kan, welche, da ſie noch in Suͤn - den gebunden, zu dem Beicht-Stuhl gekommen, erſt in demſelben zu wahrer Buß geruͤhrt worden waͤren. Da - her ihnen allein eine Verſicherung ſolcher Vergebung als - dann zukommet; Und andern theils, daß man auch auſ - ſer dem Beicht-Stuhl, ſo offt man ſich in Buß und Glau - ben zu GOTT dem HERRN wendet, der kraͤfftigſten Vergebung theilhafftig werde: alſo haͤnge alle Verge -bung; So halte dafuͤr / daß die Aenderung der Beicht-Formul ein vieles dazu contribuiren wuͤrde.

Das

(b)den, was man oͤffentlich lehren ſoll. Denn durch das diſpu - tiren und zancken der Geiſtlichkeit ſind oͤffters groſſe Unruhen an - gerichtet worden.

376III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen

Das dritte Capitel. Von Dem Recht eines Fuͤrſten wegen anderer bey dem Beicht-Weſen vorkommenden Sachen.

§. I.

Von der Ordnung in der Kirche.
712

JN der Gemeine ſoll alles ordentlich zugehen. Die Ordnung aber bey ſolchen Dingen / die nicht das Weſen der Religion ausmachen / kommet auf menſchliches Gutachten an. Man muß aber hierbey wohl zuſehen / daß unter dem Vorwand der Ordnung kein Schalck verborgen lieget. Denn dieſen prætext hat man ſchon ehe - deſſen zur Bemaͤntlung der Regier-Begierde und andern Abſichten gebrauchta)Urſprung der Parochien.Ehe die Chriſten beſondere Tempel bekommen, wuſte man nichts von denen Parochien. Nachmahls aber eignete man einem je - den Geiſtlichen ein beſonderes territorium zu. Dieſes ſolte um beſſerer Ordnung willen geſchehen. Jn der That aber ſuchte man, daß die geiſtliche Herrſchafft mehr empor kaͤme, und die Prieſter beſſere Einkuͤnffte haͤtten. Denn die vorigen revenüen, ſchienen ihnen zu geringe. vid. Ziegler de dote eccleſ. cap. 3. . Selbſt die Anordnung der beſondern Parochien / hat politiſche Abſichten gehabtb)Politiſche Ab - ſichten dabey.Alle Kirchen-Anſtalten, wurden nach dem gemeinen Weſen ab - gemeſſen. Darum wurden gewiſſe Orden, Grade, und derglei - chen gemachet, wie in einem politiſchen Regiment. Die Be -fehls -. Man kanaber(c)bung an Buß und Glauben, die was innerliches ſind. Der Beicht-Stuhl aber, und was darinnen vorgehet, die - ne allein zur Ubung der Buß, und Staͤrckung des Glau - bens, an welchen beyden die Vergebung haͤnget, und al - ſo nur durch ſolche beyde mit dem Beicht-Stuhl verknuͤpfft wird. 377anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. aber dergleichen nunmehro gar wohl dulden. Jedoch muß ein Fuͤrſte auf ſeiner Hut ſeyn / daß man ohne ſeinem Vor - bewuſt keine Ordnungen mache. Wenn auch ſolche heraus gegeben werden / ſo iſt wohl zuzuſehen / daß ſolche zu keinem Gewiſſens-Zwang gedeyhen. Wenn auch ſolcher nur zu - faͤlliger weiſe daraus entſtehet / ſo erfordern die Regeln des Chriſtenthums / daß man dergleichen verhindert.

§. II.

Es iſt alſo bey dem Beicht-Weſen eine an ſichWenn ein Fuͤrſte er - lauben ſoll, bey einem andern zu beichten. gut gemeinte Sache / daß man gewiſſe Perſonen an einen Prieſter gewieſen / bey dem ſie ordentlicher Weiſe beichten ſollen. Daß man aber die Leute alſo binden will / daß ſie bey keinem andern die Beichte ablegen / und die abſolution erwarten ſollen; halte ich vor etwas unbilliges. Jch bil -de(b)fehlshabere duͤrfften ihre Macht auſſer ihrem Sprengel nicht ausuͤben. Man theilete alſo auch das Volck ein; und eignete ei - nem gewiſſen Hauffen eine beſondere Kirche zu. Dieſe ſolten ſich an ihren Pfarrer halten, und er hinwiederum, ſolte ſich um an - dere Gemeinden nicht bekuͤmmern. Dieſes fienge ſich unter Con - ſtantino M. an, unter welchem der Grund der Geiſtlichen Herr - ſchafft geleget worden. Arnold hat recht, da er in der Abbil - dung der erſten Chriſten Lib. II. cap. 11. §. 3. alſo ſchreibet: So hielte mans mit in der erſten Kirchen, und zwar oh - ne Einſchraͤnckung in gewiſſe Graͤntzen und Abtheilung ſonderbahrer Bezircke, darinnen ſolche vom Geiſt GOt - tes getriebene Leute haͤtten bleiben ſollen. Die Begier - den den Namen GOttes zu verkuͤndigen, und allen Men - ſchen geholffen zu wiſſen, war viel zu groß, als daß ſie ſich einſpannen und umſchraͤncken ließ. Und nachdem die Gemeinden nun zugerichtet und gewiſſen Vorſtehern uͤbergeben waren, hielten doch gewiſſenhaffte Lehrer vor nuͤtzlich, wenn andere Freunde, auch wohl die, ſo noch keine ordentliche Lehrer waren, das Volck oͤffentlich un - terrichteten. a) Man(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) b b b378III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegende mir ein / daß dieſer Zwang aus einem irrigen principio, welches wir auch verwerffen / als eine Concluſion beybe - halten wordena)Von der Ver - maͤhlung eines Pfarrers mit der Kirche.Man hat ſich ſchon in denen alten Zeiten eingebildet, durch die ordination wuͤrde ein Prieſter der Kirchen vermaͤhlet. Hier - durch ſey er ſo an dieſelbe gebunden, daß er ohne das groͤſte Un - recht zu begehen, in einer andern keine geiſtliche Handlungen verrichten koͤnne. Da aber nun das gantze Pfarr-Recht, we - gen des beſtens der Pfarrer eingefuͤhret worden, ſo iſt leicht zu erachten, daß die Pfarr-Kinder eben ſo genau an ihre Pfarrer gebunden worden. Dieſe geiſtliche Vermaͤhlung verwerffen wir. Doch daß die Veraͤnderung des Beicht-Vaters ſo ſchwer gemacht wird, kommet Zweiffels ohne, mit aus dieſem Grund her.. Wenn alſo eine Perſon anzeiget / ſie haͤtte kein Vertrauen zu dem ordentlichen Pfarrer / ihm zu beichten / ſo iſt es allerdings die groͤſte Billigkeit, daß ein Landes-Herr ihr die Erlaubnuͤß ertheilet / bey einem andern das Beicht-Werck zu verrichten.

Was zu thun, wenn die Prieſter ſich wieder - ſetzen, im Fall einPfarꝛ-Kind
717

§. III.

Zwar weiß ich allzuwohl / daß viele von der Prieſterſchafft / alle dergleichen Unternehmungen der Lan - des-Herrſchafft / unter dem Vorwand / ſie koͤnten es mit gutem Gewiſſen, nicht geſchehen laſſen / zu hindern ſuchen. Jch glaube nicht / daß jedesmahl eine Argeliſt darunter ver - borgena)Fleiſchliche Ab - ſichten der Griſtlichkeit.Denn bey manchem ſitzet der Hochmuth, und meinet er, wenn das Beicht-Kind bey einem andern hinfuͤhro beichtete, litte ſei - ne renommée dadurch. Dahero ſoll das Gewiſſen ein Mantel ſeines Laſters ſeyn. Andere dencken, es wuͤrde ihr intereſſe dar - unter Schaden leyden. Denn um deſſen willen haͤlt man ſo viel auf das beichten, und eine gute Anzahl von Beicht-Kindern. Claues Chriſti fecerunt auaritiæ miniſterium, hat Lutherus ſchon geſagt, Tom. I. Jen. Lat. fol. 126. b. Und obgleich in dieſem Fall dem Beicht-Kinde gebuͤhret, dem vorigen Beicht-Vater zu ge -ben,; ſondern weil ſie in Gewiſſens-Sachen keinendeut -379anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. deutlichen concept haben. Das erſtere verdienet ernſtli -Kind bey ei - nem andern zu beichten Erlaubnuͤß erhalten. ches Einſehenb)Ob aber ſich ein Prieſter aus fleiſchlichen Abſichten denen Verord -Wie der falſche Vorwand man koͤnte etwas mit gutem Gewiſſen nicht thun, zu entdecken. nungen der Landes-Herrſchafft wiederſetzet, und das Gewiſſen nur zum Deckmantel braucht, muß man nur wahrſcheinlich er - rathen. Der gelehrte Baſnagius in ſeinem Tractat de la conſci - ence Lib. I. cap. IV. §. 5. fuͤhret ſechs Kennzeichen an, woraus man den falſchen Vorwand erkennen koͤnte. Mir gefaͤllet abſonder - lich der andere und fuͤnffte Grund. Es meinet nehmlich Baſna - gius, wenn man wuͤſte, daß derjenige, ſo das Gewiſſen vor - ſchuͤtzte, vormahls nicht allzu gewiſſenhafft gelebet, mit Un - geſtuͤm recht zu behalten ſuchte, ſo koͤnte man ſchlieſſen, es ge - ſchehe aus boͤſem Gemuͤthe. Jn dieſen Stuͤcken pflichte ich ihm willig bey. a) Carp -. Jn dem andern Fall muß man mit ſol - chen irrenden nicht ſcharff verfahren / ſondern ſie mit Ge - dult auf den rechten Weg zu bringen ſuchen. Richtet man damit nichts aus / ſo moͤgen ſie das Amt niederlegen / bey deſſen ferneren Verwaltung ſie nach ihrem Vorgeben ein ſchweres Gewiſſen haͤtten.

§. IV.

Daß man gewiſſen Perſonen erlauben koͤnne /Ob gewiſ - ſen Perſo - nen zu er - lauben, daß ſie ohne Beichte zum Abendmahl gehen. ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen / iſt ſchon zu ver - ſchiedenen mahlen erinnert worden. Ein Fuͤrſte / als ein Chriſt / iſt allerdings dazu verpflichtet. Denenjenigen / die ſich ſonſten zur Religion bekennen / aber wegen des Beicht - Stuhls ſcrupel haben / ihr Gewiſſen frey zu laſſen. Denn die Beichte iſt doch eine bloſſe Ceremonie. Dieſe aber ſoll man zu keinen Glaubens-Articuln / und Gewiſſens-Zwang machen. Denn ich halte die Meinung derjenigen zum hoͤch - ſten irraiſonable, welche behaupten / daß man die Leute zumBeicht -(a)ben, was es gethan haͤtte, wenn es gebeichtet; So dencken doch ſolche Bauch-Diener, ſie wuͤrden etwas mehr bekommen, wenn man ferner bey ihnen die Beichte ablegte.b b b 2380III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegenBeichtgehen zwingen ſolte / im Fall ſie in der Guͤte nicht woltena)Carpzovii Meinung.Carpzouius iſt der Meinung, daß man niemand ohne Beichte zum Abendmahl laſſen ſollte. Er bringet vieles von der Noth - wendigkeit der Beichte fuͤr, welches aber nicht beweiſet, daß darum alle Leute beichten muͤſten. Jch habe ſchon oben ſolche Einwuͤrffe beantwortet. Vor andern iſt ein reſcript des Ober - Conſiſtorii merckwuͤrdig, welches er Lib. II. def. 275. anfuͤhret, und alſo lautet: Habt ihr neulich einen Handwercks-Ge - ſellen angenommen, euch das Schmiede-Handwerck trei - ben zu helffen, und nachdem er zu Straßburg erzogen, allda die Ohren-Beichte nicht gewoͤhnlich, will er ſich auch ſolcher ſelbigen Orts entbrechen. Ob nun wohl dieſelbe vor und an ſich ſelbſt vor dem Gebrauch des heiligen A - bendmahls nicht noͤthig. Dieweil ſie aber gleichwohl in dieſen Landen aus wichtigen und bedencklichen Urſachen eingefuͤhret, daruͤber Jnhalts der Kirchen-Ordnung ſchnurſtracks zu halten; So iſt bemeldter Handwercks - Geſelle derſelben auch ſeines Theils nachzuleben ſchuldig, und es mag ihme ſolche nicht erlaſſen werden, V. R. W. . Saget man / die Unterthanen muͤſten ſich der Herrſchafft Verordnungen unterwerffen. Wohl / ich bin ſelbſt der Meinung. Aber wie haͤlt es / wenn dieſe Verord - nungen auch nur zufaͤlliger Weiſe Glaubens-Sachen betref - fen? Denckeſt du / daß man zu ſolchen Dingen / die wahr und gut waͤren / die Unterthanen allerdings zwingen koͤn - te: So antworte ich / daß jeder Landes-Herr die Religion / der er zugethan / vor wahr und gut haͤlt. Der gelehrte Werenfels ſoll dir deine Einwuͤrffe ferner benehmen. So ſchreibet er aberb)Werenfels Gedancken von der Wahrheit und Jrrthum.Werenfels in epiſt. de jure in conſcient. ab homine non vſurpandi. At, inquit, non errori Deus conceſſit jus cogendi, ſed ſoli ve - ritati. Hoc vero conditionem veritatis nihilo reddit meliorem: error enim, qui veritatis titulum vſurpat, ſemper quoque vſur - pabit jus cogendi, & hoc jure reuera vtetur; atque iſtud Deusaliter: Du ſageſt: GOtt hat nicht gewolt,daß381anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. daß man jemand zu einem Jrrthum zwingen ſoll, aber wohl zur Wahrheit. Dieſes aber macht die Beſchaffenheit der Wahrheit nicht beſſer: Denn der Jrrthum, der offt den Ti - tul der Wahrheit braucht, wird ſich auch allezeit des Zwang - Rechts bedienen, und wird ſolches recht in der That ausuͤ - ben; und GOtt kan dieſes auf keine andere Weiſe hindern, als das er denen irrenden in der Religion entweder den Jrr - thum, dadurch ſie betrogen werden, benimt, oder die Macht, zu zwingen aufhebt; daß er aber keines von beyden thut, bezeuget die Erfahrung durch alle Secula. Sodann wenn man dergleichen ausnimt, ſo wird zum voraus geſetzet, es ſey in der Welt ſchon ausgemacht, wer unter denen diſſenti ren - den Religionen recht glaubet, und wer irret? Jch geſtehe, daß dergleichen deciſion in meinem Gewiſſen ſey; und wie ich davor halte, iſt es recht, ſo daß ich ohne Anſtand bey dem Ausſpruch meines Gewiſſens verbleibe. Aber dieſes iſt noch nicht in der gantzen Welt aus gemacht; der Streit zwiſchen mir und denen, die anderer Meinung ſind, welche das Gericht meines Gewiſſens nicht annehmen, iſt dadurch nicht geſtillet und gaͤntzlich aufgehoben. Es fraget ſich alſo, wie es GOttha -(b)aliter impedire non poteſt, niſi errantibus in religione aut exi - mat errorem, quo deluduntur, aut adimat facultatem cogendi; quorum neutrum eum facere, experientia omnium ſeculorum teſtatur. Deinde cum hoc excipitur, ſupponitur, jam in orbe deciſum eſſe, quis inter diſſidentes in religione recte ſentiat, quis erret? Fateor, hoc deciſum eſſe in mea conſcientia; & recte, vt perſuaſus ſum, deciſum, ita vt ſine vlla hæſitatione in judicio conſcientiæ meæ acquieſcam. Sed hoc nondum deciſum eſt in toto orbe, lis inter me & diſſidentes, qui conſcientiæ meæ tri - bunal non agnoſcunt, compoſita eſt & penitus ſublata. Quæritur igitur, quomodo Deus velit, vt huiusmodi lites in orbe com - ponantur? Si voluit, vt omni vi remota, diiudicentur ſolis argumentis, vicit veritas aut tandem vincet. Sin jusſit, vt vis litem decidat, manifeſte Deus ſententiam pronuntiauit in faue - rem erroris, quod ſine impietate de eo cogitari non poteſt. c) Wob b b 3382III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegenhaben will, daß dergleichen Streit in der Welt ſoll geſchlich - tet werden? Wenn es ihm beliebt, daß alle Gewalt beyſeite geſetzet ſey, und man die Sache nur nach denen Beweiß-Gruͤn - den beurtheile, ſo hat die Wahrheit uͤberwunden, oder wird einſten uͤberwinden. Wenn er befohlen, daß den Streit die Gewalt entſcheide, ſo haͤtte GOtt das Urtheil zum faveur des Jrrthums ausgeſprochen, welches ohne Gottloſigkeit von ihm nicht kan gedacht werden. Meineſt du: man muͤſte darum die Leute zur Beichte zwingen / daß kein Aergernuͤß gegeben wuͤrde; ſo antworte ich darauf: wer die Freyheit des Gottesdienſtes in ſolchen Ceremonien verſtehet / wird ſich nicht aͤrgernc)Wie Aergernuͤß zu vermeiden, wenn einige Perſonen nicht beichten.Wo auch hieraus einiges Aergernuͤß entſtehen ſolte, ſo iſt die Geiſtlichkeit daran Urſach. Denn wenn dieſelbe, nach Speners Rathſchlag, denen Leuten allen Aberglauben, ſo ſie an der privat-Beichte haben, benehmen, zeigten, daß man auch ohne ſolche fuͤglich zum Abendmahl gehen koͤnne; u. ſ. w. ſo bin ge - wiß verſichert, es wuͤrde auch der allereinfaͤltigſte ſich nicht ar - gern, wenn ein oder der andere, ohne Beichte zum Abendmahl gienge.. Und wie kan das Aergernuͤß durch der - gleichen Zwang gehoben werden? Wer durch eine gezwun - gene Beichte ſein Aergernuͤß fahren laͤſſet / giebt ſeine Thor - heit genugſam dadurch zu verſtehen.

Vom Beicht-Pfennig.
724

§. V.

Daß der Beicht-Pfennig zu unterſchiedenen Mißbraͤuchen Anlaß giebt / habe ſchon hin und wieder er - innerta)Mißbraͤuche dabey.Schilter in Inſtit. Jur. can. Lib. II. tit. 4. §. 17. fraget in der bey - gefuͤgten Note: Ob es kluͤglich, daß man den Beicht-Pfennig beybehalten? und verneinet es, weil derſelbe Urſache zu Ver - laͤumdungen, und Aergernuͤß gebe, vornehmlich, wenn man ſolchen forderte. Carpzov in Jurispr. eccleſ. Lib. I. def. 119. haͤlt wenigſtens dafuͤr, daß der Beicht-Pfennig nicht zu gelegener Zeit entrichtet wuͤrde. b) Se -. Jch halte auch vor gewiß / daß aller ungerechte Gewiſſens-Zwang, der bey der Beichte und Abendmahl aus -geuͤbet383anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. geuͤbet wird / groͤſten theils daher ruͤhret. Denn die Men - ſchen ſind ſo geſinnt / je mehr ſie haben / je mehr verlangen ſie. Wenn ſie meinen / es gienge nur etwas ab / ſo ſind ſie nicht zufrieden. Seneca ſchreibet gar wohl davonb)Seneca Lib. II. de benef. c. 27. Non patitur auiditas, quenquamSenecæ Ge - dancken von de - nen Begierden. eſſe gratum. Nunquam enim improbæ ſpei, quod datur, ſatis eſt. Eo maiora cupimus, quo majora venerunt, multoque concita - tior eſt auaritia, in magnarum opum congeſta collocata: vt flam - infinito acrior vis eſt, quo ex maiore incendio emicuit. Æque ambitio non patitur, quenquam in ea menſura honorum conquie - ſcere, quæ quondam eius fuit impudens votum. Nemo agit de tribunatu gratias, ſed quæritur, quod non eſt ad præturam vsque perductus, nec hæc grata eſt, ſi deeſt conſulatus: Ne hic qui - dem ſatiat, ſi vnus eſt. Vltra ſe cupiditas porrigit, & felicita - tem ſuam non intelligit, quia non, vnde venerit, reſpicit, ſed quo tendat. Omnibus his vehementius & importunius malum eſt inuidia. &c. a) Er: Die Begierde zu haben, leidet nicht, daß jemand danckbar ſey. Denn der unmaͤßigen Hofnung, iſt niemahls dasjenige genug, was man giebt. Je mehr wir erhalten, je mehr verlangen wir, und der Geitz iſt bey groſſem Uberfluß noch ſtaͤrcker: wie die Flamme ſtaͤrckere Gewalt hat, wenn die Gluth ſtarck iſt. So laͤſſet auch der Ehrgeitz einen nicht bey denjenigen Ehren ruhen, welche man vorhero ſo unverſchaͤmt verlanget hat. Niemand ſaget darum Danck, daß er Zunfftmeiſter worden, ſondern beklaget ſich, daß er nicht gar Prætor worden, und auch dieſe Wuͤrde iſt ihm nicht angenehm, wenn das Buͤrge - meiſter Amt fehlet: Und damit iſt er nicht einmahl geſaͤtti - get, wenn nur eines iſt. Die Begierde ſteiget weiter, und ver - ſtehet die Gluͤckſeeligkeit nicht, weil ſie nicht betrachtet, woher ſie entſtanden, ſondern wohin ſie gehet. Der Neid aber - bertrifft dieſe Ubel alle ꝛc. Alles dieſes ereignet ſich auch bey dem Beicht-Pfennig. Man beneidet diejenigen / die eine groͤſſere Anzahl und beſſere contribuenten / von Beicht -Kin -384III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegenKindern haben. Es waͤre alſo nichts unbilliges / wenn bey Beybehaltung der Beichte / der Beicht-Pfennig abgeſchafft wuͤrde / welches ein Landes-Herr allerdings thun kan.

Was bey Abſchaf - fung des Beicht - Pfennigs zubeobachten.
726

§. VI.

Aber will ein Fuͤrſte dergleichen thun / ſo muß er zugleich auf andern beſſern Unterhalt der Geiſtlichkeit be - dacht ſeyna)Ubel ſo aus ge - ringer Beſol - dung und Ehre der Geiſtlichkeit entſtehen.Es waͤre uͤberhaupt zu wuͤnſchen, daß manche Pfarren mit beſ - ſeren Beſoldungen verſehen waͤren, und die Prieſterſchafft da - bey in beſſern Ehren gehalten wuͤrde. Denn dieſer Fehler iſt Ur - ſache, daß vornehmer Leute Kinder, oder andere kluge Koͤpfe ſich nicht auf die Theologie legen. Sie muͤſſen beſorgen, daß ſie einſten auf eine geringe Dorff Pfarre geſetzet werden. Geringe und liederliche Purſche ſtudiren Theologiam. Dieſe ſind zufrieden, wenn ſie nur geringen Unterhalt bekommen. Daraus aber muͤſ - ſen nothwendig viele Unordnungen folgen. Der beruͤhmte Herr Thomaſius, in ſeiner diſputation de jure & officio principis, circa angenda ſalaria & honores miniſtrorum eccleſiæ, §. 34. ſeq. hat die - ſes weiter ausgefuͤhret.. Denn wie ſchon zu verſchiedenen mahlen ge - dacht / ſo iſt bey manchem Pfarrdienſt der Beicht-Pfennig / das einige ſoulagement, und Mittel zum nothduͤrfftigen Unterhalt. Auf was Weiſe aber die Paſtores zu verſor - gen / wenn man den Beicht-Pfennig abſchafft / moͤgen an - dere rathenb)Wie denen Pfarrern ſtatt des Beicht - Pfennigs zu proſpiciren.Schilter cit. l. haͤlt dafuͤr, es waͤre beſſer, wenn man an ſtatt des Beicht-Pfennigs, eine Collecte anordnete. Andere dencken, es waͤre zutraͤglicher, wenn man jeden erwachſenen Perſonen auf - legte, daß ſie jaͤhrlich dem Pfarrer etwas gewiſſes lieferten. Andere haben andere Einfaͤlle. So viel ſage ich nur, daß es nicht geringe Schwuͤrigkeit ſetzen duͤrffte, wenn man den Beicht - Pfennig abſchaffen wolte. c) Dieſes. Gleicher Geſtalt iſt auch Vorſehung zu thun / wenn jemand gar nicht beichtet / oder bey einem an - dern / als dem ordentlichen Pfarrer / denen Predigern an ihren accidentien nichts abgehet. Denn ob wohl der Beicht -Pfennig385anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. Pfennig nicht kan gefordert werden; ſo werden doch weni - ge ſeyn / die dieſes honorarium nicht entrichten. Darum iſt allerdings Vorſehung zu thun / daß niemand durch Un - terlaſſung der Beichte / oder Aenderung des ordentlichen Beicht-Vaters / jemand etwas entziehe / was er ihm ſon - ſten gelieffertc)Dieſes hat auch der verſtorbene Koͤnig in Preuſſen, Friderich,Koͤnigl. Preuſ - ſiſches reſcript. expreß befohlen, da einer ſeiner Raͤthe und Ober Amtleute, bey einem andern gebeichtet. Jhr werdet aus dem Anſchluß er - ſehen, welcher geſtalt unſer Rath und Ober Amtmann zu C. I. P. V. P. bey uns angehalten, daß ihm erlaubet werden moͤchte, bey dem vorſtaͤdtiſchen Pfarrherr zu C. M. H. und nicht præciſe bey dem Prediger in der Stadt und In - ſpecto re M. H. zur Beichte und Abendmahl zu gehen. Auſ - ſer dem nun, daß in dergleichen Dingen unter denen Evan - geliſchen einem jeden billig ſeine Chriſtliche Freyheit gelaſ - ſen werden muß, ſonderlich wenn denen Predigern dadurch an ihren accidentien, weßhalb ſich der ſupplicant mit dem In - ſpecto re abfinden will, nichts abgehet ꝛe. .

§. VII.

Daß ein Fuͤrſte / wo die privat-Beichte imOb ein Fuͤr - ſte den Beicht - Vater an - halten koͤn - ne, die Beichte zu eroͤffnen. Gebrauch iſt / diejenigen / ſo aus der Beichte ſchwatzen / ſcharf beſtraffet / iſt allerdings recht und billig. Es iſt auch die - ſes die groͤſte Billigkeit / daß er nicht geſtattet / wenn die Unter-Obrigkeit / einen Prieſter wegen des gebeichteten zum Zeugnuͤß zwingen will. Allein dieſe Verſchwiegenheit ruͤhret aus menſchlicher Ordnung her. Menſchliche Ge - ſetze muͤſſen nach dem Nutzen des gemeinen Weſens er - klaͤret werden. Darum kan ein Fuͤrſte / wenn wichtige Urſachen vorhanden / einen Beicht-Vater zur Auſſage an - haltena)Bey ſolchen Umſtaͤnden, ſoll ein Beicht-Vater der hohen Lan -Wie ſich die Prieſter dabey aufzufuͤhren. des-Obrigkeit allerdings gehorſamen. Zwar erhellet aus dem -jenigen,. Die privat-Beichte wird dadurch an ſich ſelbſtnicht(Recht der Beicht-Stuͤhle. ) c c c386III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegennicht aufgehoben. Man ſchneidet denen Leuten die Mit - tel nicht ab / ihr Hertze auszuſchuͤtten. Denn dergleichen Befehle / das gebeichtete zu offenbahren / muͤſſen nicht oh - ne vorhergegangene reifliche Uberlegung geſchehen. Man muß Muthmaſſungen haben / daß etwas wichtiges geoffen - bahret worden. Auſſer dieſem aber iſt es / wo die Beichte im Schwang gehet / billig / daß man denenjenigen zum be - ſten / die da meinen / ſie koͤnten kein ruhiges Gewiſſen ha - ben / wenn der geiſtliche ihre Heimlichkeiten / und was ſie begangen / nicht wuͤſte / die Geheimhaltung der Beichte beob - achtet.

Von der Abweiſung von dem Beicht-Stuhl.
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§. VIII.

Jch ſolte auch nun melden / was einem Fuͤr - ſten vor Macht zuſtehet / wenn ein Geiſtlicher jemand von dem Beicht-Stuhl abweiſet. Allein ich habe in dem vor - hergehenden nichts von dieſer Sache erwehnet. Die Ab - weiſung von dem Beicht-Stuhl bringet auch die Vorent - haltung des Abendmahls mit ſich. Alſo iſt dieſelbe eine Gattung des ſo genannten Kirchen-Bannes. Von dieſem aber werde beſonders handeln. Darum wird ſich ein ge - neigter Leſer gedulten / biß meine Gedancken von demſelben an das Tages-Licht gebe. Sodann will auch zeigen / wasein(a)jenigen, was oben Sect. II. von der Geheimhaltung der Beich - te angefuͤhret worden, daß verſchiedene Theologi der Meinung ſind, ein Prieſter muͤſte, was man ihm in der Beichte geoffenbah - ret, vor jederman, auch vor der hohen Obrigkeit verſchweigen. Er muͤſte eher ſein Leben laſſen. Dergleichen principia aber ſchei - nen mir ziemlich papiſtiſch. Denn wie gedacht, die Geheimhal - tung der Beichte ruͤhret, wie die Beichte ſelbſt, von menſchlicher Ordnung her. Dieſer aber iſt die hohe Landes-Obrigkeit nicht unterworffen. Sie kan dieſelbe allezeit wiederum aufheben. a) So387anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. ein Fuͤrſte vor Fug und Macht hat / wenn ein Prie - ſter dieſen oder jenen nicht zum Beicht-Stuhl hinzulaſſen willa)So viel melde zum voraus, daß einem Prieſter nicht zukommt,Recht einet Fuͤrſten in die - ſer Sache. jemand von dem Beicht-Stuhl abzuweiſen. Daß ein Landes - Herr anbefehlen koͤnne, denjenigen, welchen man nicht abſol - viren will, zum Beicht-Stuhl zuzulaſſen. Daß die Abwei - ſung von dem Beicht-Stuhl, eine Straffe und Beſchimpf - fung ſey. Daß ein Fuͤrſte, wo die Prieſterſchafft halsſtarrig iſt, und den prætendirten Binde-Schluͤſſel gebrauchen will, Zwangs - Mittel anwenden koͤnne, ſie zum Gehorſam zu bringen. Daß er ſolchen Perſonen, die man nicht in den Beicht-Stuhl admit - tiren will, vor andern erlauben koͤnne, ohne Beichte zum A - bendmahl zu gehen, u. ſ. w. Alles dieſes will in dem Werck von dem Kirchen-Bann mit mehrern abhandeln. .

ENDE.

t t t 2Das[388]

Das I. Regiſter der vornehmſten Sachen.

Vorb. iſt ſoviel als, Vorbericht, die Roͤmiſche Zahl mit der Abbreviatur Abth. zeiget die Abtheilung, die andere, mit den Buchſtaben C. Capitel / die dritte mit dem Zeichen §. den Paragraphum an, die kleinere Nummer weiſet auf die Paginam. T. bedeutet Text, und N. die Notam.

  • A.
  • Abendmahl.
  • SJehe Nachtmahl.
  • Aberglaube.
  • Ob er ſchaͤdlicher als die Atheiſterey. Vorb. §. XVI. N. a.19.
  • Abſolution.
  • Deren Arth. I. Abth. II. C. §. X. N. b.97. Lehre des Tridenti - niſchen Concilii hiervon I. Abth. III. C. §. XV. T. N. a.125. Jſt zuweilen den Layen zu - gelaſſen I. Abth. IV. C. §. XIV. T.155. derſelben Macht wird von der Ordination hergelei - tet .ibid. N. d. 157. Zweifel wegen der gemeinen Lehre von der Abſolutionib. N. f.158. Abſolution geſchiehet mit Bedingungib. § XV. T. 160. Sie beſtehet nur in einer An - kuͤndigung der Vergebungib. §. XVI. T. 161. Wuͤrckung der Abſolution, ſo ein fremderPfarrer ertheilet II. Abth. I. C. §. IX. N. a.195.
  • Abſolutions-Formul.
  • Erinnerung wegen derſelben. I. Abth. IV. C. §. XXIV. N. b.179. deren Aenderung III. Abth. II. C. §. XI. T.373.
  • Abſolvir en.
  • Ob ſich einer ſelbſt abſolviren koͤnne. II. Abth. I. C. §. III. T.184 .ſq. Erlaͤuterung wegen einer hier zu machen den Obje - ctionib N. a. 185. Jm Noth - fall koͤnnen die Layen abſolvi - ren. II. Abth. IV. C. §. VIII. N. a.309.
  • Accidenti en
  • Sollen denen Predigern nicht ab - gehen, wenn man nicht beich - tet. II. Abth. II. C. §. VII. N. c.233. der Accidentien Ur - ſprung II. Abth. III. C. §. XXV. N. a.285. deren Fehleribid. §. XXVIII. [389]1. Regiſter der vornehmſten Sachen. XXVIII. T. N. a.290. man ſoll ſie nicht ſcharff fodern. II. Abth. III. C. §. XXIX. N. b.294. deren Unterſcheidibid. §. XXX. T. 294. Einige koͤn - nen mit Recht gefodert wer - den .ibid. N. a. 295.
  • Alterthum.
  • Praejudicium hiervon Vorb. §. II. T. N. a.2.
  • Apoſtel.
  • Sind außerordentliche Diener des Evangelii geweſen I. Abth. I. C. §. I. N. b.54. Hatten auß - erordentliche Gabenib. §. II. N. a. 56. Jhnen iſt gegeben das Gerichte zu haltenib. §. IV. N. c. 59. Und die Macht Suͤn - de zu vergeben N. d.ibid. Ob ſie die gantze Kirche vorgeſtel - letibid. §. VI. N. a.61. l. Abth. IV. C. §. IX. T. N. a.146 .ſq. Ob ſie die Geiſtlichkeit reprae - ſentiretib. N. b. 147. Die Meinung darvon hat keinen Grund §. X. T.ibid. Sie ha - ben die Suͤnde ohne Bedin - gung vergeben I. Abth. I. C. §. VII. N. a.61. die Apoſtel ha - ben alles nothwendige in der Kirche angeordnetib. VIII. N. a. 63. Sie laſſen ſich die Verſorgung der Armen ange - legen ſeyn. II. Abth. III. C. §. III. T.240.
  • Armen.
  • Zu deren Unterhalt legten die er - ſten Chriſten ihre Gaben zu - ſammen II. Abth. III. C. §. XIV. T.263. die, ſo die Armen unterdruͤckten, deren Gaben wurden beyn erſten Chriſten nicht angenommen .ib. §. XVI. N. e. 266. der Armen Erbtheil die Kirchen-Guͤtheribid. §. XXI. T. 276.
  • Atheiſterey.
  • Wem dieſelbe beygemeſſen wird. Vorb. §. I. N. b.2. Ob ſie ſchaͤdlicher alß der Aberglau - ben. Vorb. §. XVI. N. a.19.
  • B.
  • Beichte.
  • Deren angegebene Vorbilder im A. Teſt. I. Abth. II. C. §. I. N. c. p.73. die dem Prieſter und die GOtt geſchiehet, was ſie wuͤrcket .ibid. §. IX. N. d. 95. Sie war durch kein Geſetz al - lein gebothen .ibid. §. X. N. a. 96. Vornehmſte Vertheidiger des Alterthums der Beichte .ibid. §. XI. N. a. 99. der Beich - te Unterſchied bey den Prote - ſtirenden und Papiſtiſchen I. Abth. IV. Cap. §. II. T. N. a.130. wegen der Genugthuungibid. §. III. T. N. a. 132. wird aus Goͤttlicher Schrifft von einigen mit Exempeln erwie - ſenibid. §. IV. T. 134. Urſachc c c 3de -[390]I. Regiſterderen Gebrauchs N. a.ibid. Ob die Beichte in denen Mo - ſaiſchen Geſetzen abgebildet I. Abth. IV. C. §. V. T.137. Ob ſie von Johannis Tauffe her - zuleiten .ibid. §. VI. T. 139. Warum ſie nuͤtzlich und beyzu - behalten?ibid. §. XXI. N. a. 170. Ob ſie eine Vorbereitung zum Abendmahlibid. N. b. 171. Beſchaffenheit der Beichte II. Abth. I. C. §. VII. N. a.193. Sie ſoll nicht unterlaſſen wer - den II. Abth. II. C. §. I. T.214. Ob ſie eine Vorbereitung zum Abendmahl, und ob ſie noth - wendig ſeyn ſolleibid. §. III. T.219. §. V. N. b. 227. der Beich - te Mißbrauch N. c.ibid. Jſt um des gemeinen Poͤhels wil - len beybehalten wordenibid. §. VI. T. N. a. 228. Sie iſt ein Mittelding und muß das Ge - wiſſen nicht beſtrickenibid. N. d. 230. Landes-Herrſchafften ſollen zum wenigſten gewiſſen Perſonen verſtatten ohne die - ſelbe zum Abendmahl zu gehenibid. §. VII. T. 231. die Saͤch - ſiſche Kirchen-Ordnung ſchei - net ſolche Freyheit zu ertheilen N. a.ibid. die Koͤnigl. Preuſi - ſche Verordnung hievonibid. N. b. 232. die Geiſtligkeit will ſie nicht gerne abgeſchaffet wiſ - ſenibid. §. VIII. T. 233. beyKrancken ſoll man ſie manch - mahl unterlaſſenibid. §. IX. T. 235. Nach derſelben muß man zum Abendmahl gehenibid. §. X. T. 237. deren Abſchaffung hindert der Beicht-Pfennig II. Abth. III. C. §. XXVIII. N. e.293. Ob ſie ein Sacrament, und ob man um dieſer wegen alles geheim halten ſol II. Abth. IV. C. §. IV. N. b.304. bey dieſem Actu ſoll der Prieſter GOttes Stelle vertretenibid. N. c. 305. daß man GOtt beichte, woher dieſe Lehre zu leitenibid. T. 306. wie die Beichte abzuſchaffen. III. Abth. II. C. §. IX. N. b.372. Ge - heimhaltung der Beichte ſ. Verſchwiegenheit.
  • Beichten
  • Dem lieben GOtt iſt nur noͤthig zur Erlangung der Vergebung der Suͤnden I. Abth. II. C. §. XII. T.101. die Lehre des Tri - dentiniſchen Concilii darvon I. Abth. III. C. §. XIII. T. N. a.123 wenn man einem andern beich - ten kan nach der Catholicken Lehre II. Abth. I. C. §. IX. T.195. nemlich wegen der Uner - fahrenheit ſeines Pfarrers N. b.ibid. Beichten kan man zur Peſt-Zeit bey einem andern alß dem ordentlichen Pfarrer II. Abth. I. C. §. XIII. T. N. d. 206.[391]der vornehmſten Sachen. 206. wie offt das Beichten ge - ſchehen ſoll II. Abth. II. C. §. V. T.225. Es ſoll denen Leuthen frey ſtehen ob ſie wol - len oder nichtib. §. VI. T. 228. Urſachen deſſenibid. 230. Beichten und Vertrauen, was vor ein Unterſcheid zwiſchen beyden II. Abth. IV. C. §. IX. T.310. Ob man vorſchreiben koͤnne, wie offt man beichten ſolle, und ob die Leuthe zur Beichte zu zwingen. III. Abth. I. C. §. VI. T.353. wenn ein Fuͤrſt erlauben ſoll bey einem andern zu beichten. III. Abth. III. C. §. II. T.377. wie Aer - gerniß zu vermeiden, wenn ei - nige Perſonen nicht beichtenibid. §. IV. N. c. 382.
  • Beicht-Arth.
  • Die geheime im V. Seculo I. Abth. II. C. §. VI. T.86. im VII. Seculoib. §. VII. T. 89. im VIII. Seculoibid. §. VIII. T. 91. im IX. Seculoib. §. IX. T. 92. deren Verordnung von Innocentio III. I. Abth. III. C. §. II. T. N. a.108. Gebrauch der Griechiſchen Kircheibid. T.109 .ſq.
  • Beicht-Hoͤren.
  • Hierzu wird ein gewiſſer Aelteſter geſetzet. I. Abth. II. C. §. III. T.82. die Anordnung dieſes Aelteſtenwar nicht uͤberallibid. §. IV. T. 84. wird abgeſchafftib. §. V. T.85. Socratis Urtheil von der Abſchaffung ſolches Aelteſten .ib. T. N. b. 86. des Prieſters Pflicht wegen der Beichteibid. §. VII. N. a. 89.
  • Beicht-Ordnung
  • Des Tridentiniſchen Concilii I. Abth. III. C. §. XI. T.120.
  • Beicht-Pfennig.
  • Soll etwas Uhraltes ſeyn II. Abth. III. C § I. T.238. Ob er bey denen Opfer-Gaben zu ſuchenibid. §. XXIV N. a. 284. Unterſcheid des Beicht-Pfen - nigs und derer Opfer-Gaben. T. N. a.ibid. des Beicht - Pfennigs eigentlicher Urſprungib. § XXV. T. 285. Dieſer iſt kein ungerechter Lohnibid. §. XXVI. T. 288. deſſen Fehleribid. §. XXVIII. T. N. b. 290. wird an keinem rechten Orth und zu unrechter Zeit gegeben N. c.ibid. verhindert die Ver - aͤnderung des Beicht-Vatersibid. N. d. 292. Jſt faſt als ein Stuͤck der Beſoldung anzuſe - henibid. §. XXIX. T. 293. Man darff ihn nicht fordernibid. §. XXXI. T. 295. laut unter ſchiedener Verordnungen N. a.ibid. wer ihn fordert, verdienet die Remotionib. N. b. 296. Er gehoͤret zum Gna -den -[392]I. Regiſterden-Jahribid. §. XXXII. T. 297. des Beicht-Pfennigs Definitionibid. §. XXXIII. T. 298. Recht des Conſiſtorii bey dem Beicht-Pfennig III. Abth. I. C. §. VIII. T.357. zur Annehmung deſſen kan man niemand anhalten N. a.ibid. Streitigkeiten wegen des Beicht-Pfennigs gehoͤren vor die Conſiſtoriaibid. N. b358. vom Beicht-Pfennig ruͤhret der Gewiſſens-Zwang her III. Abth. III. C. §. V. T.382. was bey Abſchaffung deſſen zu beo - bachtenibid §. VI. T. 384. wie denen Pfarrern ſtatt des Beicht-Pfennigs zu proſpici - ren. N. bibid.
  • Beichtſtuhl.
  • Deſſen Beybehaltung bey der Reformation I. Abth. IV. C. §. I. T.128. Jſt nicht nothwen - digibid. §. XX. T. 169. Nu - tzen deſſelbenibid. §. XXI. T. 170. des Beichtſtuhls Miß - brauchibid. N. c. 172. Ob bey denen Beichtſtuͤhlen etwas un - rechtmaͤßigesibid. §. XXII. T. 173. Beſchreibung der Beicht - ſtuͤhle .ibid. §. XXIV. T. 178. die Leuthe zum Beichtſtuhl zu zwingen, iſt unrecht. II. Abth. II. C. §. II. T.216. ob ſolchen die Conſiſtoria abſchaffen koͤn - nen. III. Abth. I. C. §. II. T.347. wer da von abweiſen kanibid. §. X. T. 359. Ein Fuͤrſt kan den Beichtſtuhl abſchaffen III. Abth. II. C. §. VIII. T.369. ob er uͤberall fuͤglich abgeſchafft werden kanibid. §. IX. T. 371. was an deſſen Statt ein zu fuͤh - ren .ibid. §. X. T. 372. Abwei - ſung von dem Beichtſtuhl III. Abth. III. C. §. VIII. T. N. a.387.
  • Beicht-Vater.
  • Definition deſſen uͤberhaupt. II. Abth. I. C. §. I.182. warum man einen Beicht-Vater er - wehlen ſollibid. §. II. T. 183. Einſchraͤnckung der Erwehlung eines Beicht-Vatersibid. §. IV. 186. wie es in denen Staͤd - ten mit Erwaͤhlung des Beicht - Vaters ausſiehetib. §. V. T. 189. die Gewohnheit variiret N. a.ibid. wenn man recht - maͤßig bey einem andern als dem Pfarrer beichten kan. N. b.ibid. Meinung der Proteſti - rendenibid. N. c. 190. Urſa - che des eingefuͤhrten Zwang - Rechts vom Beicht-Vaterib. §. VI. T. 191. dieſes wird nach den Regeln des Chriſtenthums unterſucht .ibid. §. VII. T. 192. zum Beicht-Vater muß man ein Vertrauen haben koͤñenib. N. b.192 .ſq. ob der Beicht - Vater nothwendig zu aͤndern durch Veraͤnderung der Pfar -re[393]der vornehmſten Sachen. re in einer Stadt .ibid. §. VIII. T. 194. dieſes wird verneinet N. a.ibid. ob man die Urſa - chen des veraͤnderten Beicht - Vaters nicht unterſuchen ſoll .ib. §. X. N. c. 196. was zu thun, wenn der ordentliche Pfarrer in die Veraͤnderung nicht willi - gen will N. d.ibid. Eine oͤfftere Veraͤnderung des Beicht - Vaters wird nicht gebilliget, und deſſen Urſachenibid. §. X. T.197 .ſqq. warum mancher die Veraͤnderung nicht leiden kanibid. N. c. 200. Meinung der Theologen von der Ver - aͤnderung des Beicht-Vatersibid. §. XI. T.200. Gerhardi Meinung wird unterſucht .ib. N. a. 201. Und wiederlegt N. b.ibid. Ob man den Beicht - Vater wegen Feindſchafft ver - laſſen kan II. Abth. I. C. §. XII. T.202. Und wenn man ge - ſchworen nicht wieder bey ihm zu beichtenibid. T. N. b. 203. Urſache, warum die Aenderung mit demſelben zugelaſſenibid. §. XIII. T. 204. wenn der Beicht-Vater aus Bagatell - Urſachen die Abſolution de - negiret, was zu thunibid. N. b. 205. Andere Urſachen der Veraͤnderungibid. §. XV. T.208. N. a. 209. wenn bey des Beicht-Vaters Veraͤnderungder Ausſpruch des Conſiſtorii noͤthigibid. §. XVI. N. b. 213. Die Veraͤnderung des Beicht - Vaters hindert der Beicht - Pfennig II. Abth. III. C. §. XXVIII. N. d.292. wenn ein Beicht-Vater das Siegel ge - brochen, ſo muß man es erwei - ſen, ehe er geſtrafft werden kan II. Abth. IV. C. §. XXVII. T.338. bey dem Beicht-Vater muͤſſen ſich an manchen Orten die Beichtenden angeben. III. Abth. I. C. §. V. T.352. Recht der Conſiſtorien bey Veraͤn - derung des Beicht-Vaters III. Abth. I. C. §. VII. T.356.
  • Beicht-Veraͤchter.
  • Deren Straffe II. Abth. II. C. §. I. N. c.215.
  • Bekehrung.
  • Die gewaltſame. Vorb. §. XXVII. T. N. b.34.
  • Beruff.
  • Der Goͤttliche. I. Abth. IV. C. §. XII. N. a.152.
  • Beſoldung.
  • Gebuͤhret denen Geiſtlichen II. Abth. III. §. XXVI. T. N. b.288. die Art der Beſoldung kommt auf das Gutduͤncken anibid. §. XXVII. T. 289. Soll vermehret werdenib. §. XXIX. N. a293.
  • Biſchoͤffe.
  • Wollen der Apoſtel Nachfolgerd d dſeyn[394]I. Regiſterſeyn I. Abth. IV. C. §. VII. T. N. a.142. wie weit einem Bi - ſchoff erlaubet ſich in eine ande - re Dioeces zu miſchen. II. Abth. I. C. §. IV. T. N. d.188. die Biſchoͤffe leiten ihre Macht von GOtt her II. Abth. IV. C. §. V. N. b.306.
  • Buſſe.
  • Verſchiedene Grade derſelben I. Abth. I. C. §. IX. N. e.69. Ur - ſachen der oͤffentlichen Buſſe I. Abth. II. C. §. III. N a.82. was das Wort Buſſe andeuteib. §. VII. N. b. 90. oͤffentliche und geheime Buſſeibid. §. IX. N. b. 93. des Tridentini - ſchen Concilii Lehre von der Buſſe. I. Abth. III. C. §. XII. T. N. a.122. Stuͤcke der Buſſe II. Abth. I. C. §. II. N. b.184. vie - lerley Meinung von ſolchen Stuͤcken N. c.ibid.
  • Bußfertige.
  • Denen ſind die Suͤnden verge - ben, ehe ſie von denen Predi - gern abſolviret werden I. Abth. IV. C. §. XVIII .166.
  • C.
  • Ceremonien ſ. Kirchen-Ceremonien. Cleriſey.
  • Deren Begierde viel zu haben wird getadelt. II. Abth. III. C. §. XXII. N. b.279. was ihr heut zu Tage vor Gaben gelief -fert werdenibid. §. XXIII. T. 282.
  • Communion.
  • Woher das Abendmahl ſo genen - net worden II. Abth. III. C. §. XIII .259.
  • Concili en.
  • Deren Anſehen Vorb. §. XXXVII. N. c.49. Religions - Zwang beym Concilio Ni - cæno. Vorb. §. XXIV .9 . des Trident. Concilii Lehre von Erlaſſung der Schuld und Straffe I. Abth. III. C. §. XVI. T N. a.125.
  • Conſiſtori en.
  • Urſach deren bey denen Proteſti - renden III. Abth. I. C. §. I.346. was vor Sachen darunter ge - zogen werdenib. N. b. 347. ob ſie die Beichtſtuͤhle abſchaffen koͤnnenibid. §. II. T. 347. ob ſie erlauben koͤnnen, daß man - che ohne Beichte zum Abend - mahl gehenib. §. III. T. 348. Sie koͤnnen die Kirchen-Ord - nungen Erklaͤhren .ib. N. a. 349. Ob ſie die Beichte auch auf an - dere als bißher gewoͤhnliche Zeit verlegen koͤnnen .ib. §. IV. T. 350. Regel von deren Rechtib. N. b. 351. deren Recht bey Veraͤnderung des Beicht - Vaters .ib. §. VII. T. 356. bey dem Beicht-Pfennigibid. §. VIII. T.357. N. b. 358. derenRecht,[395]der vornehmſten Sachen. Recht, wenn aus der Beichte geſchwatzet worden .ib. §. IX. T. 358. vor ſie gehoͤret die Ab - weiſung vom Beichtſtuhl .ib. §. X. T. 359.
  • D.
  • Diener.
  • Der Gemeinde, darunter machet Paulus einen Unterſcheid I. Abth. IV. C. §. VIII. T.144 .ſq . Characteres derer Diener im N. Teſtamentib. N. b. 145. Ob die Apoſtel in Veꝛwilligung der Macht Suͤnde zu vergeben, Diener der Gemeine geweſenib. §. XI. T. 149.
  • Diſciplin en.
  • Dieſe haͤngen an einander Vorb. §. IV. T. N. a. b.4.
  • Diſſentir ende.
  • Wenn man ſie aus dem Lande zu gehen heiſſen kan. Vorb. §. XXII. N. a.29. Recht eines Fuͤrſten hierbey Vorb. §. XXXI .40.
  • Dollmetſcher.
  • So bey der Beichte gebraucht werden, muͤſſen verſchwiegen ſeyn. II. Abth. IV. C. §. VIII. N. b.309.
  • E.
  • Ehe.
  • Deren verbothene Grade, ob ſie die Chriſten obligiren Vorb. §. XXXIII. N. c.43.
  • Erlaſſung.
  • Der Schuld und Straffe, Lehre des Tridentiniſchen Concilii hiervon. I. Abth. III. C. §. XVI. T. N. a.125. Solche ſtehet nicht allen an .ibid. §. XVII. T. 127.
  • Euchariſtia.
  • Was ſolche geweſen. II. Abth. III. C. §. XIII. T.258.
  • F.
  • Falſum.
  • Straffe eines Falſi II. Abth. IV. C. §. XXXI N. b.342.
  • Feinde.
  • GOttes, ob ſie von Menſchen zu beſtraffen II. Abth. II. C. §. III. N. a.220.
  • Freyheit.
  • Der Studenten und Kauffleuthe zu beichten wo ſie wollen II. Abth. I. C. §. XIII. N. a.205. Landes-Herrſchafften ſolten gewiſſen Perſonen Freyheit verſtatten ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen. II. Abth. II. C. §. VII. T. N. a. b.231 .ſqq.
  • G.
  • Gebet.
  • Solches wird am Sonntag ſte - hend verrichtet III. Abth. II. C. §. VII. T.368. wie ſolcher Ge - brauch abkommen. N. b.ibid.
  • Gefangener.
  • Wenn der ſeine Unſchuld beich - tet, was zu thun. II. Abth. IV. C. §. XXIV. T. N. a.335.
d d d 2Heil. [396]I. Regiſter
  • Heil. Geiſt.
  • Deſſen Schenckung I. Abth. I. C. §. IV. N. b.59. Jſt noͤthig zur Vergebung der Suͤnden I. Abth. IV. C. §. XIX. T.167.
  • Geitz.
  • Jſt der Wohlfahrt der Kirchen hinderlich II. Abth. I. C. §. XV. N. c.201. Senecæ Gedancken hiervon III. Abth. III. C. §. V. T. N. b.383.
  • Geiſtliche.
  • Manche eyfern aus fleiſchlichen Begierden Vorb. §. XXXII. N. b.42. Sie ſollen wuͤrcklich die Suͤnde vergeben I. Abth. IV. C. §. XVII. T.162. was ſie bey der Suͤnden-Verge - bung thunibid. §. XIX. 167. welche Geiſtliche von der Ge - meine ernehret worden II. Abth. III. C. §. VI. N. b.245. Jhnen gebuͤhret die Beſoldungibid. §. XXVI. T. N. b. 288. Aus deren geringer Beſoldung und Ehre entſtehende Ubel III. Abth. III. C. §. VI. N. a.384.
  • Genugthuung.
  • Wegen dieſer iſt ein Unterſcheid zwiſchen unſerer und der Papi - ſten Beichte. I. Abth. II. C. §. III. T.132. Was die Genug - thuung ſeyn ſoll. N. a.ibid. ſie iſt nicht noͤthig N. b.ibid. was ſie bey den Patribus heiſt N. c. 133. Zweiffel wieder die Ge - nugthuung vor die Suͤnde. N. d.ibid.
  • Gewiſſens-Freyheit
  • Dieſe ſoll ein Fuͤrſt nicht durch die Gewalt nehmen. Vorb. § XIX. T.25. Autores hievon N. b.ibid. Warum ſie manchmahl von denen Kirchen-Lehrern vertheidiget worden Vorb. §. XXVIII. T.35. davor ſtreiten die Proteſtirenden Geſandten auf dem Reichstag. Vorb. §. XXIX. N. a.38. deren Fata nach der Reformation N. c.ibid. wird durch den Weſt - phaͤliſchen Frieden feſter geſtel - let N. d.ibid. wird denen Re - formirten von den Luthera - nern denegiretibid. §. XXX. T. 39. Jene erhalten ſie N. b.ibid. Toleranz der Religio - nen, Lehre der Proteſtirenden hiervon .ib. Vorb. §. XXIX .37 . Proteſtir ende werden ge - dultetib. N. c. 38.
  • Glaube.
  • Ob jemand zu zwingen etwas zu glauben. Vorb. §. X. T. N. a.11. Glaubens-Sachen muß jeder ſelbſt unterſuchenibid. §. XI. T. 13. Auch die Juriſtenib. §. XII. T.13. §. XIII. T. 15. Lay - en koͤnnen auch urtheilen von Glaubens-Sachenib. §. XII. N. a. 13. der Catholiſche Glau -be,[397]der vornehmſten Sachen. be, was er ſey Vorb. §. XXXVI. N. b.47. der Seeligmachende iſt ein Werck des Willens, und deſſen Kenn-Zeichen. Vorb. §. XXXV. N. a.46.
  • Glaubens-Einigkeit.
  • Worinnen ſie beſtehe. Vorb. §. XXXVI. N. a.47.
  • Glaubens-Formuln.
  • Klage hieruͤber. Vorb. §. XXXVI. N. c.48. was dergleichen For - mular vor Autoritaͤt beygele - get worden N. d.ibid.
  • Gnaden-Jahr.
  • Hierzu gehoͤret der Beicht-Pfen - nig II. Abth. III. C. §. XXXII. T.297.
  • Gottesdienſt.
  • Der Heyden wird gewaltſamer Weiſe ausgerottet. Vorb. §. XXVII. T.34. Eines Fuͤrſten Recht den Gottesdienſt anzu - ordnen III. Abth. II. C. §. I. T.361. weſentliche Stuͤcke des Gottesdienſts N. a.ibid. An - ordnung der aͤuſerlichen Weiſe. N. b.ibid.
  • Guͤther.
  • Deren Gemeinſchafft bey denen erſten Chriſten. II. Abth. III. C. §. II. N. a.239. Sie werden zum Nutzen derer Armen verkaufft N. b.ibid. von dieſen eignen ſich die Apoſtel nichts zu .ibid.
  • H.
  • Hæteriæ.
  • Was ſie geweſen. II. Abth. III. C. §. XIV. N. a.260.
  • Hand-Auff legung.
  • Dieſes war bey denen Juͤden ge - woͤhnlich, und die Apoſtel tha - ten es oͤffters. I. Abth. I. C. §. VII. N. b.62.
  • Hochmuth
  • Dieſer iſt der Wohlfahrt der Kir - chen hinderlich. II. Abth. I. C. §. XV. N. c.210.
  • J.
  • Jrrende.
  • Deren Verfolgung Vorb. §. XXI. T. N. a.28.
  • Juriſten.
  • Sie ſchreiben von Theologi - ſchen Sachen, Klage hieruͤber. Vorb. §. I. T.1. Sie muͤſſen die Theologie ſtudirenibid. §. V. T. 5. deſſen erſte Urſach .ibid. §. VII. T. N. a. 8. andere Urſacheibid. §. VIII. T.8 .ſq. dritte Urſachib. §. XV. T. 17. vierte Urſachib. §. XVI. T. 19. fuͤnffte Urſachib. §. XVIII. T. 23. Sechſte Urſachibid. §. XXXIII. T. 42. ſiebende Ur - ſachibid. §. XXXIV. T. 44. Juriſten koͤnnen ohne die Theologie in geiſtlichen Din - gen nichts ſagen. Vorb. §. XXXII. T.41. Sie haben mit Erklaͤrung und Applici -d d d 3rung[398]I. Regiſterrung der Geſetze in jure Ca - nonico zu thun .ibid. §. XXXV. T. 45.
  • Jus Cononicum
  • Dieſes wird von denen Juriſten erlernet Vorb. §. XXXIV. T.44. wie weit es recipiretib. N. a. 45. die Proteſtirenden haben daraus vieles behalten N. b.ibid. kan ohne die Theo - logie nicht erklaͤhret werdenib. §. XXXV. T.46. §. XXXIX. T. 51. deſſen ſcheinbare Pietaͤtib. §. XXXIX. N. a. 51.
  • Ketzerey.
  • Was im Anfang eine geweſen Vorb. §. XXXV. N. b.46. ob die Gebeichtete zu verrathen II. Abth. IV. C. § X. N. a313.
  • Kindſchafft.
  • Die Geiſtliche II. Abth. I. C. §. I. N. a.182.
  • K.
  • Kirchen Templa.
  • Derer Chriſten werden von den Juͤden und Heyden verbrand Vorb. §. XXV. N. a.33.
  • Kirche, Eecleſia.
  • Deren Flor, ob darzu die aͤuſer - liche Ruhe von noͤthen Vorb. §. XXXVII. N. a.49. Sie ſcha - det demſelben N. b.ibid. was das Wort Kirche, in der er - ſten Zeit angedeutet I. Abth. I. C. §. IX. N. b.67. deſſen eigent - liche Bedeutung I. Abth. IV. C. §. X. N. b.147. Unterſcheidder gepflantzten und zu pflan - tzenden Kircheibid. §. XXIII. N. a. 176. die Kirche iſt nicht blutduͤrſtig II. Abth. IV. C. §. XXXI. N. a.342. wie ferne die Kirche Macht habe Ceremo - nien anzuordnen III. Abth. II. C. §. II. N. b.362. Ordnung in der Kirche III. Abth. III. C. §. I. T.376.
  • Kirchen-Ceremoni en.
  • Die Anordnung derſelben Vorb. §. XX. T.27. Ceremoni en de - rer erſten Chriſtenib. 27. An - merckung von denen Ceremo - nien I. Abth. IV. C. §. XXIII. N. b.178. Recht eines Fuͤrſten ſie vorzuſchreiben III. Abth. II. C. §. II. T.362. Ob er die laͤngſt eingefuͤhrten abſchaffen koͤnneibid. §. III. T. 363. Was die Ceremonien ſind .ib. N. a. 364. Ob ein Fuͤrſt die allge - meinen abſchaffen koͤnne .ib. §. IV. T. N. b.364 §. VI. 366. Derer Ceremonien Unter - ſcheidib. §. IV. N. a. 364. Die Abſchaffung allgemeiner Kir - chen-Gebraͤuche wird mit Ex - empeln erwieſenibid. §. VII. T.367 .ſq.
  • Kirchen-Diener.
  • Ob ſie zu beſolden II. Abth. III. C. §. VI. N. c.245.
  • Kirchen-Dienſte.
  • Sie werden geſucht wegen desGe -[399]der vornehmſten SachenGewinſts. II. Abth. III. C. §. XXII. T.278.
  • Kirchen-Friede.
  • Unzulaͤßige Mittel zu ſolchem zu gelangen Vorb. §. XXII. T.29. Rechte Mittel darzu zu gelan - genibid. §. XXIII. T. 30.
  • Kirchen-Guͤther.
  • Sie heiſſen der Armen Erbtheil II. Abth. III. C. §. XXI. T.276. Sind aber das Erbtheil der Cleriſeyib T.277. N. b. 278.
  • Kirchen-Ordnung.
  • Bey denen Proteſtirenden An - merckung hievon II. Abth. I. C. §. IV. N. b.187.
  • Klingel-Beutel.
  • Die Sammlungen durch denſel - ben II. Abth. III. C. §. XXIII. N. c.283.
  • L.
  • Layen.
  • Ob ſie abſolviren koͤnnen. I. Abth. IV. C. §. XIV. T. N. a.155. Was ſie vor ein Thieribid. N. e. 157. Sie haben das A - bendmahl ausgeſpendet II. Abth. III. C. §. XII. N. a.255. Sie haben auch das Prieſter - thumibid. N. b. 257. Layen ſolten nichts von denen Opfer - Gaben bekommen II. Abth. III. C. §. XXII. N. c.280. Ab - ſolution der Layen II. Abth. IV. C. §. VIII. N. a.309. Der Laye, dem man gebeichtet, ſollalles geheim halten .ib. N. c. 310.
  • Lex Dioeceſana.
  • Anmerckung hievon III. Abth. I. C § IV. N. a.350.
  • Liebe.
  • Der Befehl Chriſti hiervon II. Abth. I. C. §. XVI. N. a.212. Wuͤrckungen derſelben .ibid.
  • Liebesmahl.
  • Zu dieſen wurde die Gabe derer erſten Chriſten gelieffert II. Abth. III. C. §. VII. T.246. N. c. 247. Urſach derſelbenibid. §. VIII. T. 247. Sie wurden bey dem Abendmahl zuberei - tetibid. §. IX. T. 249. Maͤn - gel darbey N. a.ibid. Sie wurden zugleich mit dem A - bendmahl genoſſen .ibid. N. c. 251. Nach der Zeit ohne das Abendmahlibid. §. X. T. 252. Dieſe Liebes-Mahl waren zweyerleyibid. §. XI. T.253. N. b. 254. Ob der Biſchoff bey Privat-Agapis zugegen ſeyn muͤſſen N. c.ibid. Wer ſie dirigiretibid. §. XII. T. 255. Wer darzu gelaſſen wor - denibid. §. XIII. T. 258. Kei - ner, der die Tauffe nicht erlan - get N. a.ibid. Sie werden verbothenibid. §. XIV. T.260. N. d. e. f. 262.
  • M.
  • Meinungen.
  • Ob die Neuen zu verwerffenVorb.[400]I. RegiſterVorb. §. XII. T. N. b.13. II. Abth. II. C. §. I. N. d.216.
  • Melancholici.
  • Wenn die einen boͤſen Vorſatz beichten was darbey zu thun II. Abth. IV. C. §. XVII. N. c.325 .ſq.
  • Moͤnche.
  • Dieſe bekamen von denen Opfer - Gaben. II. Abth. III. C. §. XIX. N. g.273.
  • N.
  • Nachtmahl.
  • Die Vorbereitung hierzu I. Abth. I. C. §. X. N. c.97. Ob es ein nothwendig Sacrament I. Abth. II. C. §. IV. T. N. a.110. wenn es ehemahls gebraucht worden .ibid. §. VII. T. N. a. 113. ob die Leuthe darzu zu zwingenib. N. b. 115. ob der, ſo es nicht gebraucht, des Landes zu verweiſenibid. §. VIII. N. a. 115. ob er auf den Gottes-A - cker zu begrabenibid. N. b. 116. daß alle, die es genieſſen wol - len, erſt beichten muͤſſen, wird getadelt. I. Abth. IV. C. §. XXII. N. a.174. ob die Beich - te eine Vorbereitung darzu II. Abth. II. C. §. III. T.219. das Concilium Trident. haͤlt ſol - ches davoribid. N. b. 221. bey denen erſten Chriſten geſchahe ſie nicht .ibid. §. IV. T.221 .ſq. warum es nicht geſchehen koͤn -nenib. N. a. 222. wie offt man zum Nachtmahl gehen ſollib. §. V. N. a. 226. Verſtaͤndige duͤrffen ohne Beichte hinzutre - tenib. §. VI. N. b. 229. Jſt manchmahl rathſam. N. c.ib. bey dem Nachtmahl wurden die Liebesmahl zubereitet II. Abth. III. C. §. IX. T.249. das Nachtmahl des HErrn wird Abends gehalten .ibid. N. e. 251. wird auch ohne Liebes - mahl gehaltenib. §. X. T. 252. das Nachtmahl ſpenden die Layen aus II. Abth. III. C. §. XII. N. a.255. wie offt man zum Nachtmahl gehen ſoll III. Abth. I. C. §. VI. T. N. a.354. Vorbereitung darzu III. Abth. II. C. §. X. N. a.372. ob gewiſſen Perſonen zu erlauben daß ſie ohne Beichte zum Nachtmahl gehen. III. Abth. III. C. §. IV. T.379.
  • Neuerung.
  • Anmerckung hiervon II. Abth. II. C. §. I. N. d.216.
  • O.
  • Offenbahrung.
  • Die Goͤttliche in der Schrifft. Vorb. §. XIV. T. N. a.16.
  • Ohren-Beichte.
  • Dieſer ſoll Irenæus erwaͤhnen I. Abth. II. C. §. VI .86. Spe - ciale Beichte aller Suͤnden I. Abth. III. C. §. V. T. N. a.112. Die -[401]der vornehmſten SachenDieſer hat der Tridentiniſche Synodus die Crone auffgeſetzetib. §. XI. T. 120. Jſt aber nicht noͤthig noch moͤglichibid. §. XIV. T. 124.
  • Opferungen Oblationes.
  • Deren Urſprung II. Abth. III. C. §. II. T.239. Die Apoſtel eig - nen ſich nichts von ſolchen Opf - ferungen zu N. b.ibid. Sie wurden bey denen erſten Chri - ſten freywillig gebrachtibid. §. III. T. 240. Nach dem Exem - Ananiæ und Sapphiræ N. a.ibid. Und der Gemein den in Macedonia und Achaia N b.ibid. Sie geſchahen am erſten Sabbathibid. §. IV. T. N. a.241. Juſtini Martyris Zeug - niß hiervonibid. §. V. T. N. a. 243. die Maaß der Gaben, und die Diener des Worts beka - men nichts von ſolchen II. Abth. III. C. §. VI. T. N. a.244. Wem erlaubt, ſolche zu lieffernibid. §. XVI. T. 265. Austhei - lung ſolcher Gabenibid. §. XVII. T. 267. Wenn ſolche geſchehen N. a.ibid. Wer ſie verrichtetib. N. b. 268. dieſe hat man nachmahls mit Ge - walt gefordertibid. §. XIX. T. 271. warum man ſie fleißig der Kirchen bringen ſollibid. §. XX. T. 273. Einige Patres ra - then ferner keine Gaben in derKirche zu opfern II. Abth. III. C. §. XXII. N. c.280. Um der Opfer-Gaben willen iſt denen Pfarr-Kindern unterſaget worden dem Gottesdienſt an - derwaͤrts beyzuwohnenibid. §. XXIII. N. b. 283.
  • Ordination.
  • Davon wird die Macht zu abſol - viren hergeleitet. I. Abth. IV. C. §. XIV. N. d.157.
  • Ordnung.
  • Wie ſie in der Kirchen ſeyn ſoll. III. Abth. III. C. §. I. T.376.
  • P.
  • Papſtthum.
  • Deſſen Uberbleibſel bey denen Proteſtirenden, Urſachen hier - von I. Abth. IV. C. §. I. N. a.129.
  • Pentateuchus.
  • Jſt von GOtt eingegeben Vorb. §. XV. N. a.18.
  • Peſt-Zeit.
  • Zu der kan man bey einem an - dern als dem ordentlichen Pfarrer beichten II. Abth. I. C. §. XIII. N. d.206.
  • Predig-Ammt.
  • Deſſen uͤble Beſtellung, Beyers Klage hieruͤber. II. Abth. IV. C. §. XX. N. a.329.
  • Predigt.
  • Die Vorbereitungs-Predigt. III. Abth. I. C. §. V. T.351.
e e ePres -[402]I. Regiſter
  • Presbyterium.
  • Anmerckung hiervon III. Abth. I. C. § V. T. N. b.352.
  • Prieſter.
  • Egyptiſche, wem ſie ihre Wiſſen - ſchafften in Goͤttlichen Dingen mittheilten. Vorb. §. I. N. a.1. Die Evangeliſchen, ob ſie Chri - ſti Stadthalter I. Abth. IV. C. § XVII. N. b.163. Sie ſollen Mittels-Perſonen ſeyn die Vergebung der Suͤnden zu er - langenib. N. e. 165. Kuͤndigen aber nur die Vergebung an N. f. g.ibid. Wo mehr als ein Prieſter in einem Kirch-Spiel, muß man die Wahl eines Beicht-Vaters nicht ein - ſchraͤncken. II. Abth. I. C. §. XIV. T.206. Wie ſich die Prieſter verhalten ſolten, wenn man nicht ferner bey ihnen beichtete .ibid. §. XVI. T. 212. Wer ſie removiren kan. III. Abth. I. C. §. IX. N. a.359. Was zu thun, wenn die Prie - ſter ſich wiederſetzen, im Fall ein Pfarr-Kind bey einem andern zu beichten Erlaubniß erhalten III. Abth. III. C. §. III. T.378 .ſq.
  • Proteſtir ende.
  • Woher ſie alſo genennet. Vorb. §. XXIX. N. b.38.
  • R.
  • Reformation
  • Des Esdræ und NehemiæVorb. §. XV. N. b.18.
  • Regier-Sucht
  • Die Geiſtliche, deren Bemaͤnte - lung Vorb. §. XVII. N. b.21.
  • Reinigungs-Eyd
  • Ob er den Beicht-Vater verbin - det aus des andern Beichte zu ſchwatzen II. Abth. IV. C. §. XIV. T.318.
  • Religion.
  • Die Chriſtliche in Anſehung des Staats Vorb. §. XVII. N. a.20. Sie mit Zwang zu pflan - tzen richtet nichts aus. Vorb. §. XIX. T. N. b.24 .ſq. Chriſtus hat ihn auch nicht verlanget .ibid. §. XXXV. N. c. 47. Der herrſchenden Religion Gewalt - thaͤtigkeit. Vorb. §. XXIII. N. a.30. Religions-Zwang der Chriſten, als ſie Frieden er - langt .ibid. §. XXIV. T. 31. Bey dem Concilio Nicæno N. a.ibid. Welche Stuͤcke der Religion denen Geſetzen unterworffen .ib. §. XXXII. N. a. 41. Ein freyes Weſenibid. §. XXXVII. N. d. 50. Ob der Religions-Zwang gute Chri - ſten mache .ib. §. XXXVIII. N. a. 50.
  • Republiqu en.
  • Warum ſie aufgerichtet Vorb. §. XXXI. T. N. a.40. Be - trachtung der Moſaiſchen Re - publiqueib. §. XV. T. N. a. 18.
Sab -[403]der vornehmſten Sachen.
  • Sabbath.
  • An dem erſten geſchehen die Opferungen derer erſten Chri - ſten vor die Armen II. Abth. III. C. §. IV. T. N. a.241. N. b. 242.
  • Salbung.
  • So bey der Tauffe geſchiehet. III. Abth. II C. §. VII. T. N. c.368.
  • Schluͤſſel.
  • Der Binde - und Loͤſe-Schluͤſſel. I. Abth. I. C. §. I. N. d.54.
  • Schrifft.
  • Forſchen in derſelben, was es heiſ - ſe. Vorb. § VI. T.6. Bibli - ſche Schreib-Arth, die Gedan - cken hiervon T. N. a.ibid. Je - der muß bey Leſung der Schꝛifft nachforſchen Vorb. § VII. T.8. Sie heiſſet es uns ſelberib. §. VIII. T. 8. Warum die Schrifft gegebenib. §. XIII. T. N. a. 15.
  • Sendung.
  • Chriſti und der Apoſtel I. Abth. I. C. §. IV. N. a.58.
  • Sigillum Confesſionis.
  • Was Sigillum bedeute. II. Abth. IV. C. §. I. T. N. a.299. Deft - nition des Sigilli Confesſio - nis .ibid. §. II. T. N. a. 301. Ein paar Anmerckungen da - von .ibid. §. XVI. N. c. 322. Wenn ein Beicht-Vater das Siegel gebrochen, ſo muß man es erweiſen, ehe er geſtrafftwerden kan .ib. §. XXVII. T. 338. Straffe des verletzten Beicht-Siegelsib. §. XXVIII. T. 339. Die Abſetzung iſt auch bey denen Proteſtirenden ge - woͤhnlichib. N. b. 340. Straf - fe iſt die im̃erwaͤhrende Wall - fahrtib. §. XXIX. T. 340. Verſtoſſung in ein Kloſterib. 341. Auſſerordentliche Strafeib. §. XXX. T. 341. Todes - Straffeib. §. XXXI. T. 342. Exempel davonib. N. b. 343. Ob die Lebens-Straffe bey de - nen Proteſtirenden ſtatt hatib. §. XXXII. T.344. Luthe - ri Meinung hiervon N. b.ib. Ein Vorſchlag der Straffe zu entgehenibid. §. XXXIII. T. 345.
  • Stadthalterſchafft
  • Des Papſts II. Abth. IV. C. §. V. N. a.306.
  • Straffen
  • Ob ſie die Leuthe fromm machen Vorb. §. XXXVIII. N. a.50. Welche Verbrechen geſtrafft worden I. Abth. I. C. §. IX. N. d.68.
  • Studi ren
  • Senecæ Urtheil von der rechten Arth deſſelben Vorb. §. III. N. b.3.
  • Suͤnde
  • Die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten, woher ſie ent -e e e 2ſprun -[404]I. Regiſterſprungen I. Abth. I. C. §. I. T.53. Der Theologen Meinung hiervonib. §. II. N. a. 56. Die definitionib. §. III. T. 57. Jſt eine außerordentliche Gabe GOttesib. §. IV. T. 58Sie ruͤhret her von der Eingebung des heiligen Geiſtesibid. §. V. T. N. a. 60. Die Apoſtel be - ſaſſen ſolche Macht alleineib. §. VI. F.ib. Bey dieſer Macht Suͤnde zu vergeben waren wunderbahre Wuͤrckungen N. c.ibid. Die Apoſtel haben ſol - che Gewalt allein ausgeuͤbetibid. §. VIII. T. 63. Wie die Vergebung der Suͤnden in der erſten Kirchen beſchaffen I. Ab - th. I. C. §. IX. T.67. Die alte Lehre davonibid. §. X. T. 70. Die Macht Suͤnde zu verge - ben wird GOtt allein zugeeig - net N. a.ibid. Sie ſtehet de - nen Biſchoͤffen nicht zu N. b.ibid. Die Offenbahrung der Suͤnden war frey I. Abth. II. C. §. IX. N. c.95. Welche Suͤnden zu beichtenib. N. e. 96. Genugthuung vor die Suͤnde I. Abth. III. C. §. VI. T.113. Ob deren Urſprung von denen Apoſteln herzuleiten I. Abth. IV. C. §. VII. T.142. Die Macht Suͤnde zu verge - ben iſt mit der Predigt des Ev - angelii verknuͤpfetibid. §. XI. T.149. N. b. 150. Welche Perſonen die Suͤnde vergeben koͤnnen, iſt noch nicht ausge - machtib. §. XII. T. 152. Ob alle Glaͤubige allein die Suͤn - de vergeben koͤnnen,ib. N. b. 153. Ob allen Kirchen-Die - nern das Recht Suͤnde zu ver - geben zukomme .ib. §. XIII. T. 154. Die Geiſtlichen ſollen die Suͤnde wuͤrcklich vergebenib. §. XVII. T. N. a. 162. Der Suͤnden Vergebung erhaͤlt man durchs Wort Gottesib. N. c. 163. Ob die Gaben die Suͤnden tilgen II. Abth. III. C. §. XX. N. c.275.
  • T.
  • Tauffe.
  • Die Tauffe der Proſelyten. I. Abth. IV. C. §. VI. T. N. b.139.
  • Theologiſch.
  • Theologiſcher Sachen Wiſſen - ſchafften hatten vor Zeiten nur gewiſſe Perſonen Vorb. §. I. N. a. I. Recht eines Fuͤrſten bey Theologiſchen Streithaͤn - deln III. Abth. II. C. §. XI. N. a.374.
  • Todſchlag.
  • Diſpenſation bey dem Tod - ſchlag. Vorb. §. XXXIII. N. d.44.
  • Trinitas.
  • De ſumma Trinitate & fideCatho -[405]der vornehmſten Sachen. Catholica, Anmerckung von dieſem Titul. Vorb. §. XXXVI. T.47. §. XXXVII .49. §. XXXVIII. T. 50.
  • U.
  • Verfolgung.
  • Verfolgung der Heyden von de - nen Chriſten Vorb. §. XXIV. N. b.32. Derer Chriſten von denen Heyden und Juͤden §. XXV. T.ibid.
  • Vergebung.
  • Derer Suͤnden, hierzu iſt noͤthig der heilige Geiſt I. Abth. IV. E. §. XIX. T.167.
  • Vermaͤhlung
  • Eines Pfarrers mit der Kirche III. Abth. III. C. §. II. N. a.378.
  • Vernunfft
  • Wie weit ſie zu gebrauchen Vorb. §. XIV. T.16.
  • Verſchwiegenheit
  • Von der Beichte II. Abth. IV. C. §. III. T.302. Dieſe Beicht - Verſchwiegenheit hat Inno - centius III. auf eine beſonde - re Arth geordnetibid. §. IV. T. 303. Urſachen der Ver - ſchwiegenheitibid .304. §. VI. 306. Verſchwiegenheit bey de - nen Proteſtirendenib. §. VII. T. 307. Bey denen, welche kei - ne Prieſterib. §. VIII. T. 308.ſq. Bey einem Layenib. N. c. 310. Ob alle Suͤnden und La - ſter zu verſchweigenibid. §. X. 313. Z. E. Die gebeichtete Ke -tzerey N. a.ibid. auch das La - ſter der beleidigten Majeſtaͤtibid. N. b. 314. Die groͤſten Suͤnden ſo gebeichtet worden, muͤſſen verſchwiegen bleiben .ibid. §. XI. T. N. a. 315Man darff nicht das geringſte aus der Beichte ſchwatzenibid. §. XII. T. 316Wenn auch gleich das Beicht-Kind geſtorbenib. §. XIII. T. N. a. 317. Auch wenn die Obrigkeit ein anders be - fiehlt .ib. §. XIV. T.318 §. XV. T. 320. Ob man es einem nur vertrauen darfibid. II. Abth. IV. C. §. XIV. N. a.318. Das Plaudern aus der Beichte ſchadet dem Schuldigen nichtsib. §. XVI. T. N. a. 321. Ob die noch zu begehenden Suͤn - den, weñ man ſolchen Vorſatz beichtet, geheim zu halten .ib. §. XVII. T. 322. Der Jeſuiten Meinung hiervonibid. T. N. a. 323. Anderer Meinung hier - vonibid. N. b. 324. Weñ Me - lancholici einen boͤſen Voſatz beichten, was zu thun .ib. N. c. 325. Ob man eine gebeichte - te Sache ausſchwatzen kan, wenn man auch anderweit da - von Nachricht erlangetibid. §. XVIII. T.326. N. a. b. 327. gegebene Erlaubniß aus der Beichte zu ſchwatzenibid. §. XIX. T. 328. Wie dieſe Er -e e e 3laub -[406]I. Regiſterlaubniß zu beweiſenib. §. XX. T.328 .ſq. §. XXI. T. 331. Wuͤrckungen ſolcher Erlaub - niß die Beichte zu offenbahren §. XXII. T.332. Die Erlaub - niß kan wiederruffen werden. N. a.ibid. Offenbahrung der Beichte, des dritten Unſchuld an den Tag zu bringen II. Ab - th. IV. C. §. XXIII. T.334. wenn ein Gefangener ſeine Unſchuld beichtet, ob es zu verſchweigenibid. §. XXIV. T. N. a. 335. Man kan einigermaſſen aus der Beichte reden, wenn man ſich Raths erholen willib. §. XXV T. 336. Aber nicht den Nahmen der Perſonibid. N. b. 337. Ob man von Beicht - Sachen uͤberhaupt reden koͤn - neibid. §. XXVI. T. 337. Der Paͤpſte Ordnungen N. a.ibid. Unzulaͤßige Formuln N. b.ib. Man ſoll durch Zeichen keinem einen Argwohn zuziehenibid. N. c. Ob ein Fuͤrſt den Beicht - Vater anhalten koͤnne, die Beichte zu eroͤffnen. III. Abth. III. C. §. VII. T.385. Wie ſich die Prieſter darbey aufzufuͤh - ren N. a.ibid.
  • Verwandſchafft
  • Die Geiſtliche. II. Abth. I. C. §. I. N. b.183. Dieſe iſt bey denen Proteſtirenden nicht N. c.ib.
  • Vorurtheile.
  • Deren Wuͤrckung II. Abth. II. C. §. VIII. N. b.235.
  • W.
  • Wallfahrt
  • Cine immerwaͤhrende oder ewige was es ſey II Abth. IV. C. §. XXIX. T.340. N. a. 341.
  • Warheiten
  • Was bey Unterſuchung derſel - ben zu beowachten Vorb. §. VII. N. a.8. Alle koͤnnen auf einmahl nicht eingeſehen wer - den .ibid. §. XII. T. N. c.13 .ſqq. Sie brauchen kein Anſe - hen von gelehrten Perſonen I. Abth. I. C. §. II. N. b.57. Wieder dieſelben gilt keine Verjaͤhrung II. Abth. II. C. §. VIII. T. N. a.234.
  • Wucherer
  • Deren Gaben werden bey denen erſten Chriſten nicht angenom - men II. Abth. III. C. §. XVI. T. N. f.266 .ſq. Sie ſollen vom Beichtſtuhl und Abend - mahl abgewieſen werden III. Abth. I. C. §. X. N. b.360.
  • Wunder
  • Die Krafft Wunder zu thun I. Abth. IV. C. §. VII. N. b.143. Der Unterſcheid derer ordent - lichen und auſſerordentlichen Gaben hierzu .ib. N. c. 144.
  • Z.
  • Zucht.
  • Wie die Zucht bey denen erſten Chriſten geweſen I. Abth. I. C. §. IX. N. c. e.68 .ſq.
Das[407]

Das II. Regiſter Uber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle.

  • A.
  • ALbaſpinæus I. Abth. I. C. §. IX. N. e.69 .ib. III. C. §. VI. N. a.113. I. Abth. IV. C. §. III. N. d.134. II. Abth. III. C. §. IV. N. b.242 .ib. §. IX. T.251 .ib. XV. N. c. 264.
  • Alexander Natal. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75 .ib. §. VII. N. a.89. §. XI. N. a.99. I. Abth. III. C. §. V. N. b.112.
  • Alexius Ariſtenus I. Abth. II. C. §. VII. N. b.90.
  • Altenſtaigius I. Abth. IV. C. §. XIV. N. e.175.
  • Ambroſius. Vorb. §. XV. N. a.33. I. Abth. II. C. §. XIII. T. N. a.102. I. Abth. III. C. §. XII. N. b.123 .ibid. §. XV. T. N. b.125. II. Abth. III. C. §. XVI. T. N. a.265.
  • Ammianus Marcellinus II. Ab - th. III. C. §. XXII. N. a.278.
  • Arnd. II. Abth. II C. §. V. N. a.226.
  • Arnold Vorb. §. XXIV. N. a.32. §. XXXVII. N. a.49. III. Abth III. C. §. I. N. b.377.
  • Athanaſius Vorb. §. XXVIII. T. N. a.35.
  • Auguſtinus Vorb. §. VII. T. N. a.8 .ib. §. IX. T. N. a.10 .ibid. §. XXVIII. T. N. b.35. ibid§. XL. T.52. I. Abth. I. C. §. IX. N. d.68. I. Abth. II. C. §. IX. N. b.93 .ibid. §. XIV. T. N. d.103. I. Abth. III. C. §. XII. N. b.123 .ibid. §. XVI. N. b.126. II. Abth. II. C. §. IV. T. N. f.224. II. Abth. IV. C. §. IX. T. N. b.311 .ſq.
  • Avianus II. Abth. IV. C. §. XIV. N. f.320.
  • B.
  • Balduinus II. Abth. II. C. §. IX. T. N. a.236.
  • Balſamo I. Abth. II. C. §. VII. N. b.90.
  • Baluzius I. Abth. II. C. §. II. N. b.77.
  • Barbeyrac. Vorb. §. XIX. N. b. 25
  • Barboſa II. Abth. I. C. §. IX. N. c.196 .ibid. §. XIII. N. a.205. II. Abth. IV. C. §. XIII. N. a.317 .ibid. §. XIX. N. b.328 .ib. §. XXIX. N. b. 341.
  • Baronius Vorb. §. XXVII. N. a.34. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75. II. Abth. III. C. §. XIV. N. f.263.
  • Baſilius I. Abth. II. C. §. II. N. h.81 .ibid. §. IX. N. b.93 .ibid. §. XII. [408]II. Regiſter§. XII. T. N. b.101. II. Abth. IV. C. §. III. T. N. b.303.
  • Baſnagius Vorb. §. XIX. T. N. b. c.26 .ibid. §. XXIII. T.30. II. Abth. III. C. §. IX. N. b.250. III. Abth. III. C. §. III. N. b. 379
  • Bathner II. Abth. IV. C. §. XXXI. N. a.343.
  • Bayle Vorb. §. XVI. N. a.19. §. XIX. N. b. 25.
  • Bebelius I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Beda Venerabilis I. Abth. II. C. §. VIII. T. N. a.91.
  • Bellarminus I. Abth. II. C. §. I. N. b.72 .ibid. §. II. N. a.75 .ib. §. XI. N. a. 99.
  • Beſoldus II. Abth. IV. C. §. XXVIII. N. a.339.
  • Beyer II. Abth. IV. C. §. I. T. N. b.300 .ib. §. VIII. N. b.309 .ib. §. IX. N. a.311. §. XI. N. a.315 .ibid. §. XIV. N. a.318 .ibid. §. XVI. T. N. b.322 .ibid. §. XVII. N. b.324 .ibid. §. XIX. N. b.328 .ibid. §. XX. N. a.329 .ibid. §. XXI. N. a.332. ibid§. XXIII. T. N. a.334 .ibid. §. XXIV. N. b.336 .ibid. §. XXV. N. b.337 .ibid. §. XXVII. N. b.339 .ibid. § XXVIII. N. a. b.340 .ibid. §. XXX. N. a.342 .ib. §. XXXIII. N. a. 345.
  • Binius I. Abth. II. C. §. IX. N. a.92.
  • Boehmer Vorb. §. XIX. N. b.26. ib. §. XXXIV. N. a.45. I. Abth. I. C. §. I. N. d.55 .ibid. §. VII. T. N. c.62 .ibid. §. IX. N. c.68. I. Abth. IV. C. §. IX. N. b.147 .ibid. §. XXIII. N. b.178. II. Abth. I. C. §. VII. T. N. a.192 .ſq. II. Abth. III. C. §. IX. N. a.250. II. Abth. IV. C. §. IX. T. N. b.311 .ſq.
  • Boëthius II. Abth. II. C. §. VIII. N. b.235.
  • Boileau I. Abth. II. C. §. XI. N. a.99.
  • du Bois I. Abth. II. C. §. II. N. a.75. II. Abth. III. C. §. XXI. N. a.277.
  • Bona II. Abth. III. C. §. XXIII. T. N. a.282.
  • Brochmandus I. Abth. IV. C. §. XVI. T. N. a.161.
  • Bruckner. Vorb. §. XXXIII. N. c.43.
  • Brunnemannus II. Abth. III. C. §. XXXII. N. c.298. III. Abth. I. C. §. IV. N. a.350 .ib. §. VI. N. a. c. 354.
  • Budæus II. Abth. III. C. §. XIV. N. a.261.
  • Buddeus Vorb. §. XVIII. T. N. a. b.23.
  • Burmannus I. Abth. I. C. §. I. N. b.54 .ib. §. IV. N. d.59 .ibid. §. VII. N. a.61 .ib. §. X. N. b. 70.
  • C.
  • Calvoer I. Abth. I. C. §. IX. N. e.69. I. Abth. II. C. §. III. T. N. b. 83.[409]Uber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle. 83.ibid. §. IV. N. a. b.85. I. Abth. III. C. §. X. N. a.118. I. Abth. IV. C. §. V. T. N. a.137 .ib. §. XIII. T. N. a.154. II. Abth. III. C. N. a.238.
  • Camero I Abth. I. C. §. I. N. d.55.
  • Caranza I. Abth. III. C. §. X. N. d.120. II. Abth. III. C. §. X. N. b.253 .ib. §. XVII. T. N. c.269 .ibid. §. XIX. T. N. c. 272.
  • Carocius II. Abth. IV. C. §. VIII. N. c.310 .ibid. §. XXVI. N. b c.338. II. Abth. IV. C. §. XXX. N. a.342.
  • Carpzovius, Theol. I. Abth. IV. C. §. XVIII. N. a.166.
  • Carpzovius JCtus. Vorb. §. XXX. N. a.39. I. Abth. I. C. §. I. N. d.55. II. Abth. I. C. §. II. N. a.183 .ibid. §. XII. N. b.230 .ibid. §. XIII. N. b.205. N. d.206. II. Abth. II. C. §. I. N. c.215. II. Abth. II. C. §. VII. N. a.232 .ib. §. IX. T. N. a.236. II. Abth. III. C. §. XXXII. N. b.297. II. Abth. IV. C. §. IV. N. d.305 .ibid. §. XV. N. a.320 .ib. §. XXXI. N. b.343. III. Abth. I. C. §. IV. N. a.350 .ib. §. VI. N. b.354 .ibid. §. VII. N. a.356 .ib. §. X. N. b.360. III. Abth. II. C. §. VI. N. a.367. III. Abth. III. C. §. IV. N. a.380 .ib. §. V. N. a. 382.
  • Casſiodorus III. Abth. II. C. §. XI. N. b.374.
  • Caveus Vorb. §. XXXVII. N. a.49. I. Abth. III. C. §. I. N. b.107. II. Abth. III. C. §. VII. N. c.247.
  • Centuriæ Magdeburg I. Abth. I. C. §. IX. N. e.69 .ibid. II. C. §. VIII. N. b.92. II. Abth. III. C. §. XIV. N. f.262.
  • Chemnitius I. Abth. IV. C. §. II. N. a.130. N. d.132 .ibid. §. III. N. d.133. §. IV. N. d.136 .ib. §. XVI. T. N. a. 161.
  • Chryſoſtomus Vorb §. XXXVII. N. b.49. I. Abth. II. C. §. VI. N. a.86 .ibid. §. X. N. c. d.97 .ſq.ib. §. XIII. T. N. b.103. I. Abth. III. C. §. XIV. T. N. b.125. II. Abth. II. C. §. IV. T. N. c.223. II. Abth. III. C. §. IX. T. N. c.250 .ſq.ibid. §. XVII. N. c.269 .ibid. §. XXII. T. N. c. 280.
  • Cicero Vorb. §. IX. T. N. b.11.
  • Clemens Alexandr. Vorb. §. I. N. a.1 .ibid. §. XX. N. a.27. II. Abth. II. C. §. IV. T.222. N. c. 223.
  • Clericus Vorb. §. X. T. N. a.11 .ib. §. XXVI. T. N. a.33 .ibid. §. XXVII. T. N. b.34ib. § XXXI. T. N. a.40. I. Abth. II. C. §. II. N. a. b.76.
  • Cocus I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Collius Vorb. §. XIX. N. b.26.
  • Cotelerius I. Abth. II. C. §. II. N. a.76.
f f fCu -[410]II. Regiſter
  • Cujacius II. Abth. III. C. §. XIV. N. a.260.
  • Cyprianus I. Abth. I. C. §. VIII. N. b.65. I. Abth. II. C. §. II. N. g.80. I. Abth. IV. C. §. VII. N. a.142 .ibid. § XIII. N. a.154. II. Abth. III. C. § XV. T. N. c.264 .ib. §. XVII. T. N. a. b. 268.
  • D.
  • Dallæus I. Abth. I. C §. I. N. d.55 .ib. §. IX. N. d.69. I. Abth. II. C. §. I. N. a. b. c. d.72 .ſqq.ibid. §. II. N. b. f.75 .ſq . I. Abth. III. C. §. X. N. c.119. I. Abth. IV. C. §. III. N. c.133 .ibid. §. XXIV. N. b.179. II. Abth. II. C. §. IV. N. b.222.
  • Damhouderus II. Abth. IV. C. § XIV. T. N. c.319 .ibid. §. XXXI. N. b. 343.
  • Danz I. Abth. IV. C. §. VI. T. N. b. c.141.
  • Dedekennus Vorb. §. XXX. N. a.39. II. Abth. III. C. §. XXXI. N. a.296. II. Abth. IV. C. §. XI. N. a.316 .ib. §. XIV. N. e.319 .ibid. §. XXXII. N. b. 344.
  • Delrio I. Abth. II. C. §. II. N. a.75. II. Abth. IV. C. §. X. n. b.314 .ibid. §. XVI. n. c.322 .ib. §. XXVIII. n. a. 339.
  • Dietericus II. Abth. IV. C. §. IV. n. c.305.
  • de Dominis Marc. Anton. I. Abth. III. C. §. VI. n. a.113. II. Abth. I. C. §. IV. T. n. c. d.188.
  • E.
  • Engelike II. Abth. III. C. §. I. n. a.238.
  • Epiphanius II. Abth. III. C. §. XVI. n. h.267.
  • Eraſmus II. Abth. III. C. §. XII. T. n. a.255.
  • Erneſti II. Abth. III. C. §. XXIII. n. c.283.
  • Eſtius I. Abth. II. C. §. I. n. b.72.
  • Euſebius II. Abth. III. C. §. XVIII. n. a.270.
  • F.
  • Fechtius I. Abth. IV. C. §. XXIII. n. a.176. II. Abth. I. C. §. IV. n. a.186.
  • Felinus II. Abth. IV. C. §. XXVIII. n. a.339.
  • Finckelthaus II. Abth. IV. C. §. XVI. n. a.321.
  • Firmilianus I. Abth. IV. §. VII. T. n. a.142.
  • Flechier I. Abth. IV. C. §. XII. n. b.153.
  • Fladoardus II. Abth. III. C. §. XXI. T. n. b.278.
  • G.
  • Gadeau I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Gailius II. Abth. IV. C. §. XIV. T. N. d.319.
  • Gerhardus II. Abth. I. C. §. I. N. b.183 .ibid. §. XI. N. a.201. II. Abth. III. C. §. XXVIII. N. c.291.
Ges -[411]Uber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle.
  • Geſſelius Vorb. §. XXXV. N. b.47.
  • Gloſſa I Abth. III. C. §. III. N. a.110 .ibid. § XIII. N. b. 124.
  • Godofredus Vorb. §. XXIV. N. b.32.
  • Gomez II. Abth. IV. C. §. XVI. N. c.322 .ibid. §. XXIII. N. a. 334.
  • Gondalez Tellez II. Abth. III. C. §. XVI. N. d.266 .ibid. §. XVII. N. c. 269.
  • Grabius I. Abth. II. C. §. II. N. b.77.
  • Gratianus Vorb. §. XXI. N. a.29. I. Abth. II. C. §. VI. N. c.88 .ibid. §. XV. T. N. a. b.105. I. Abth. III. C. §. XII. N. b.123. II. Abth. III. C. §. XVI. T. N. d. e.266 .ſq.ibid. §. XVII. N. c.269 .ibid. §. XXII. N. d.280. II. Abth. IV. C. §. III. T. N. c.303.
  • Gregorius Vorb. §. XXI. T.29 .ibid. §. XXXVII. N. b.49. II. Abth. III. C. §. XXII. N. c.280.
  • Grotius Hugo I. Abth. I. C. §. I. N. d.55.
  • Grul II. Abth. IV. C. §. XVI. N. c.322.
  • Gundling Vorb. §. XIV. N. a.16. §. XVI. N. a.19. I. Abth. II. C. §. II. N. b.77.
  • Gutherius II. Abth. IV. C. §. XIII. N. a.317.
  • Guttierez II. Abth. IV. C. §. X. T. N. a.313.
  • H.
  • Harpreeht II. Abth. I. C. §. V. N. c.190ſq.
  • Hartmann. Vorb. §. XVII. N. a.21.
  • Heineccius I. Abth. III. C. §. X. N. b.118. II. Abth. IV. C. §. I. T. N. a.299.
  • Hieronymus Vorb. §. XXIV. N. b.32. II. Abth. III. C. §. VI. T. N. b.244 .ſq.ib. §. VII. N. b.246 .ib. §. XIX. T. N. b. 271.
  • Hilarius Vorb. §. XXXVI. T. N. c.48. I. Abth. II. C. §. XII. T. N. a.101.
  • Hildebrand I. Abth. IV. C. §. VI. N. c.141. III. Abth. II. C. §. IV. T. N. a. b.364 .ibid. §. VII. N. b. 368.
  • Hinckmarus I. Abth. II. C. §. IX. N. b.94. II. Abth. II. C. §. IV. T. N. h.225.
  • Horatius Vorb. §. XII. T. N. b.14.
  • Hornbeckius I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Huberus Vorb. §. XX. T. N. b.28. III. Abth. II. C. §. IX. N. a.371.
  • Hugelinus II. Abth. I. C. §. IX. N. c.196.
  • Hülſemannus I. Abth. II. C. §. II. N. b.77.
  • I.
  • Irenæus I. Abth. I. C §. VIII. T. f f f 2N. a. [412]II. RegiſterN. a.63. I. Abth. II. C. § II. T.76. N. c. d. 77.
  • Ittigius. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Iuſtinus Martyr Vorb. §. XX. N. a.27. II. Abth. III. C. §. IV. N. b.242 .ib. §. V. T. N. a.243 .ib. §. VII. N. a.246 .ib. §. X. N. a.252 .ib. §. XII. N. b.257 .ib. § XIII. T. N. a.258. II. Abth. III. C. §. XV. T. N. a.263.
  • K.
  • Kortholt. Vorb. §. XX. N. a.28.
  • L.
  • Labbeus I. Abth. II. C. §. VI. N. b.87.
  • Lactantius Vorb. §. II. n. a3. I. Abth. II. C. §. II. N. h.81.
  • Lagmann II. Abth. IV. C. §. XXII. N. a.332.
  • Lancellottus I. Abth. IV. C. §. III. N. a.132. II. Abth. I. C. §. II .184.ibid. §. IX. N. d. 196.
  • Lanſſelius I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Launoius I. Abth. III. C. §. V. N. b.112. II. Abth. III. C. § XXI. N. a.277.
  • Leibnitz I. Abth. III. C. § X. N. b.118.
  • Leo M. I. Abth. II. C. §. VI. T. N. c.87 .ſqq.
  • Licetus I. Abth. IV. C. §. XIV. N. c.158.
  • Ligtfoot I. Abth. I. C. §. I. N. d.55.
  • Limborch. Vorb. §. XXIV. N. a.32 .ibid. §. XXXV. N. c.47. II. Abth. IV. C. §. XXXI. N. a.342.
  • Linck II. Abth. IV. C. §. IV. N. d.305.
  • Lœber I. Abth. I. C. §. I N. d.55. I. Abth. IV. C §. VII. n. c.144 .ibid. §. IX. n. a.147 .ibid. §. XI. n. a. b.149 .ſq.ibid. §. XII. n. a.152 .ibid. §. XVII. n. a.162. n. b. 163.
  • de Luoc. II. Abth. IV. C. §. VIII. n. b.309.
  • Lupus I. Abth. II. C. §. II. n. a.75.
  • Lutherus II. Abth. II. C. §. VII. T. n. b. o.229 .ſq. II. Abth. III. C. §. XXVIII. T. N. e.293. II. Abth. IV. C. §. IV. T. n. c.305 .ibid. §. XI. n. a.315 .ibid. §. XIV. n. e.319. III. Abth. III. C. §. III. n. a.378.
  • Lyncker II. Abth. I. C. §. I. N. b.183.
  • M.
  • Maldonatus. I. Abth. III. C. §. XVII. T. n. b.127. I. Abth. IV. C. §. II. n. b. c.131 .ibid. §. III. n. a. c.132 .ſq.
  • de Marca Petrus II. Abth. I. C. §. V. n. b.189 .ſq.ibid. §. VI. n. a. 191.
  • Marcianus II. Abth. III. C. §. XIV. n. a.260.
  • Martellus I. Abth. II. C. §. VIII. n. b.92.
Ma -[413]Uber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle.
  • Maſcardus II. Abth. IV. C. §. XXVIII n. a.339.
  • Mayer II. Abth. III. C. §. I. n. a.238.
  • Medina I. Abth. III. C. §. XVII. T. n. a.127.
  • Menochius II. Abth. IV. C. §. X. n. a.314 .ibid. §. XII. n. a.316 .ibid. §. XXVIII. n. a.339 .ib. §. XXIX. n. b.341 .ibid. §. XXX. n. a. 342.
  • Meurſius II. Abth. II. C. §. IV. n. G.323.
  • Minutius Felix II. Abth. III. C. §. XIV. T. n. b.261.
  • Molina II. Abth. IV. C. §. VI. n. a.306.
  • Mornagus II. Abth. III. C. §. IX. n. b.250.
  • Müllerus Petr: II. Abth. III. C. §. XXV. T. n. b.286.
  • N.
  • Niemeierus I. Abth. I. C. §. IX. n. e.69.
  • Noodt Gerard. Vorb. §. XIX. n. b.25. II. Abth. II. C. §. II. T. n. a. b. c.217 .ſq.ibid. §. III. T. n. a. 220.
  • O.
  • Origenes Vorb. §. XI. n. a.13. I. Abth. II. C. §. II. T. n. f.79. II. Abth. II. C. §. IV. T. n. d.223.
  • P.
  • Panormitanus II. Abth. IV. C. §. XVI. n. a.321,ib. §. XXIII. n. a. 334.
  • Paulinus II. Abth. III. C. §. XVI. n. h.267.
  • Pearſonius I. Abth. II. C. §. II. n. a.75.
  • Pekius II. Abth. IV. C. §. XXVIII. n. a.339.
  • Peravius I. Abth. II. C. §. VI. n. d.89.
  • Pfanner Vorb. §. XX. n. a.28 .ibid. §. XXX. n. b.39. II. Abth. III. C. §. XVI. n. b.265.
  • Pfeiffer I. Abth. IV. C. §. IX. n. b.147.
  • Plinius I Abth. I. C. §. IX. T. N. c.68. II. Abth. III. C. §. XIV. T. N. a.260.
  • du Pin I. Abth. II. C. §. II. N. a.75 .ibid. §. XI. N. a. 99.
  • Pollio II. Abth. IV. C. §. XXXII. N. b.344.
  • Pomerius Julianus II. Abth. III. C. §. XXI. N. a.277.
  • Poſſeuinus Vorb. §. I. N. b.2. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Puffendorff. Vorb. §. XVII. N. a.21. ib§. XIX. T. N. a.24〈…〉〈…〉 .ib. §. XXX. N. b. 39.
  • R.
  • Rabanus I. Abth. II. C. §. IX. N. c.95 .ib. §. X. N. a. 96.
  • Raynaudus. Vorb. §. I. N. b.2.
  • Reimmannus. Vorb. §. IV. N. b.5.
  • Rigaltius II. Abth. III. C. §. XIX. N. a.271.
f f f 3de[414]II. Regiſter
  • de Roy Francilcus I. Abth. III. C. §. XXIII. N. b.283.
  • S.
  • Salvianus Vorb. §. XXXVII. N. b.49. II. Abth. III. C. §. XX. T. N. a.273. N. b.274. N. c.275. N. d. 276.
  • Sarpius Paulus I. Abth. III. C. §. IV. T. N. a.110 .ib. §. XI. T. N. a. b.121. II. Abth. III. C. §. XXV. T. N. a.285.
  • Saurinus Vorb. §. XIX. N. b.26.
  • Schelſtrat. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Schilterus I Abth. IV. C. §. XIV. T. N. b.156 .ib. §. XX. N. a.169. II. Abth. II. C. §. I. N. c.215 .ibid. §. X. T. N. a.237 .ibid. III. C. §. I. N. a.238. III. Abth. I. C. §. VI. N. b.354. III. Abth. III. C. §. V. N. a.382ib. §. VI. N. b. 384.
  • Schurtzfleiſch II. Abth. III. C. §. XIV. N. f.263.
  • Scultetus I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Seckendorff Vorb. §. XXIX. N. a.38 II. Abth. III. C. §. XXVIII T. N. a.291.
  • Seldenus Vorb. §. XXXIII. N. b.43. I. Abth. I. C. §. I. N. d.55.
  • Semeca Johannes Gloſſator Gratiani I. Abth. III. C. §. X. T. N. b.108.
  • Seneca Vorb. §. III. N. b.3. §. XII. T. N. c.15. II. Abth. I. C. §. XIV. N. a.207. II. Abth. II. C. §. I. T. N. d.216. III. Abth. III. C. §. V. T. N. a.383.
  • Simano. II. Abth. IV. C. §. X. T.314.
  • Slevogtus I. Abth. IV. C. §. VI. N. b.140.
  • Socrates Vorb. §. XXXVI. N. d.48. I. Abth. I. C. §. X. T. N. a.70 .ibid. II. C. §. III. N. c.83 .ibid. §. IV. T. N. a. b.84 .ibid. §. V. N. a. b. 86.
  • Soto. II. Abth. IV. C. §. XXIV. N. a.335.
  • Sozomenus I. Abth. II. C. §. III. N. d.84ibid. §. IV. T. N. a.84. II. Abth. III. C. §. IX. N. e.251. II. Abth. IV. C. §. III. N. a.302.
  • Spanheim Vorb. §. XX. N. a.27 .ibid. §. XXXVII. N. b.49. I. Abth. III. C. §. I. N. b.107.
  • Spencer Vorb. §. XXXIII. N. d.42. I. Abth. IV. C. §. V. T. N. c.138.
  • Spenerus I. Abth. IV. C. §. XIV. N. a.156 .ibid. §. XV. N. a.160 .ib. §. XVII. N. c.163. N. d.164. N. e. f. g.165 .ibid. §. XVIII. T. N. b166 .ib. §. XX. N. a.169 .ibid. §. XXI. N. c.172. II. Abth. I. C. §. XV. N. a.209. N. c.210 .ibid. §. XVI. N. b.213. II. Abth. II. C. §. V. N. c.227 .ibid. §. VI. N. d.230. II. Abth. III. C. §. XXVIII. N. [415]Uber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle. N. b.291. III. Abth. II. C. §. VIII. N. a.369 .ibid. §. XI. N. c. 375.
  • Stephani. II. Abth. IV. C. §. XXXI. N. b.343.
  • Stryk. Vorb. §. XXXIV. N. b.45. II. Abth. I. C. §. X. T. N. a.197. II. Abth. III. C. §. XXVIII. T.291 .ibid. §. XXXII. n. b.297. n. c.298. II. Abth. IV. C. §. IX. n. b.312. III. Abth. I. C. §. IV. n. b.351 .ibid. §. VI. n. a. 354.
  • Stuckius II. Abth. III. C. §. XIV. N. a.261.
  • Stipmann. II. Abth. III. C. §. XXXII. N. a.297.
  • Svarez II. Abth. IV. C. § XXII. N. a.332.
  • Svicerus II. Abth. III. C. §. XIV. N. f.263.
  • T.
  • Tarnovius II. Abth. IV. C. §. VII. N. a.307.
  • Tenzelius II. Abth. III. C. § XI. N. c.255.
  • Tertullianus Vorb. §. XX. N. a.27. I. Abth. I. C. §. VIII. T. N. b64ibid. §. IX. N. c. d.68. II. C. §. II. T. N. e. f.78. II. Abth. II. C. §. VIII. T. N. a.234. II. Abth. III. C. §. IV. N. c.242 .ibid. §. VIII. T. N. b.248 .ib. § XII. T. N. c.257 .ibid. §. XV. T.263. N. b.264 .ibid. §. XIX. T. N. a.271. III. Abth. I. C. §. VI. N. d.355. III. Abth. II. C. §. VII. N. a. c.368.
  • Textor III. Abth. I. C. §. IV. N. b.351.
  • Theodoritus Vorb. §. XXI V N. b.32.
  • Theodulfus I. Abth. II. C. §. IX. T. N. d. e.96.
  • Tholoſanus II. Abth. IV. C. §. XXIX. N. a.341.
  • Thomas I. Abth. IV. C. §. XXIV. N. b.180.
  • Thomaſius Vorb. §. XV. N. a.18. I. Abth. I. C. §. I. N. d.55 .ibid. §. IX. N. e.70 .ibid. §. X. N. b.71. I. Abth. II. C. §. I. N. d.74. I. Abth. IV. C. §. XIV. N. e.158. II. Abth. I. C. §. XIV. N. b.208. II. Abth. III. C. §. VI. N. e.246 .ibid. §. XXIX. N. a.293. III. Abth. III. C. §. VI. N. a.384.
  • Thomasſinus II. Abth. III. § XXI. N. a.277.
  • Titius I. Abth. III. C. §. VII. N. b.115. II. Abth. III. C. §. XXVIII. N. d.292.
  • Tolland Vorb. §. XVI. N. a.19 .ibid. §. XIX. N. b. 26.
  • Turretinus Vorb. §. V. T. N. c.5. II. Abth. I. C. §. XV. N. d.211.
  • Tuſchus II. Abth. IV. C. §. XXVII. N. a.340.
V. [416]II. Regiſter uͤber die Autores vom Recht der Beicht-Stuͤhle.
  • V.
  • Valerius Maximus II. Abth. IV. C. §. XVII. N. b.325.
  • Valla Laurent. I. Abth. II. C. §. II. N. a.75.
  • Vasque Gabr. I. Abth. II. C. §. I. N. a.72.
  • Virgilius Vorb. §. XI. N. b.13.
  • Vitruvius Vorb. §. IV. N. a.4.
  • Uſſerius I. Abth. II. C §. II. N. a.75.
  • W.
  • Weber III. Abth. I. C §. III. N. a.349 .ibid. §. IV. N. a. 350.
  • Werenfels Vorb. §. XIX. N. b.25. III. Abth. III. C. §. IV. n. b.380.
  • Wildermann II. Abth. III. C. §. XXVIII. n. a.29.
  • Wildvogel III. Abth. III. C. §. XXIII. n. c.283.
  • Witſius Vorb. §. XXXIII. n. a.43.
  • Wolver Vorb. §. IV n. b.5.
  • Z.
  • Zephyrius II. Abth. III. C. §. IV. n. c.243.
  • Ziegler. Vorb. §. XXXVII. N. b.49. I. Abth. IV. C. §. XIV. T. N. a. g.155 .159. II. Abth. IV. C. §. XVII. N. a.323. III. Abth. II. C. §. VI. T. N. a.377. III. Abth. III. C. §. I. N. a.376.

ERRATA.

Vorb. §. IV. N. b. lin. 10. leg. unica. ib. lin. 12. l. Reimmann. §. VI. N. a. pag. 7. lin. l. en. ibid. §. VIII. N. o. lin. 1. l. pro . ib. N. e. πιςεύετε ibid. Vorb. §. X. T. lin. 17. l. Spruch pro Schutz lin. ſeq. muͤſte. N. a. lin. 2. leg. du vrai l. 8, leg. qu’un l. 9. leg. Payen lin. 10. leg. s’en lin. 11. leg. rien lin. 21. leg. ou ibid. §. XII. N. c. l. 3. exoleverit. ibid. §. XIII. T. lin. 19. deleatur, ihnen. ibid. N. a. lin. 1. l. Premi - erement. lin. 3. l. meme. lin. 7. leg. ſoient ibid. §. XVI. T. lin. 2. l. der pro dem ibid. N. a. leg. Delft ibid. Vorb. § XVII. l. ult. erlernen, pro erkennen. ibid. §. XIX. N. pag. 27. lin. 1. leg. ce lin. 4. leg convertir ibid. §. XX. N. a. in marg. I. Chri - ſten ib. Vorb. §. XX. T. lin. 26. del. welches doch gar leicht geſchiehet. ibid. §. XX. N. b. lin. penult. paganiſino. Vorb. §. XXII. N. a. lin. 4. heiſſen pro laſſen. §. XXVI. not. a. lin. 2. leg. demeuroient lin. 4. leg. pouvoient § XXVII. not. b. lin. 2. 6. & 10. leg. payens., ibid. §. XXVIII. T. lin. 1. l. wenn ibid. T. lin. penult. jagen pro ſagen. ibid. N. a lin. 2. immutaſſe. ead. lin. gravius. § XXXI. not. a lin. 1. leg. remontel. 5. leg. aſſocier lin. 7. leg ont Vorb. §. XXXIV. N. b. l. 5. l. reliquiis. ibid. §. XXXV. in marg. lin. 2. l. Canonicum. l. Abth. I. C. §. IX. N. d. lin. 10. leg. Gnade Und Vergebung. I. Abth. II. C. §. I. T. lin. VIII. interponatur litera a). ib. §. II. N. f. lin. IX. l. evomit. l. Abth. II. C. §. VI. N. c. lin. IX. l. peccata. & lin. XVI. b. poenitentia pro ſententia. ib. §. IX. N. a. lin. 1. l. Binius. ib. §. XII. lin. ult. ad - datur b) ib. §. XIV. N. a lin. 4. l. eo ipſo. I. Abth. III. C. §. IV. N. a. l. VII. l. obſer - vatum ib. §. X. N. b. lin. 1. l. Er wurde. II. Abth. I. C. §. XV. N. c. in marg. l. dem Hochmuth. ib. §. XVI. N. a. lin. 1. l. Joh. II. Abth. II. C. §. II. N. b. lin. 3. l. benigni - rate. ib. §. VII. N. b. lin. 18. l. privat. Beichte. II. Abth. III. C. §. V. N. b. lin. ante - pen. l. muneribus pro nuberius. ib. §. V. N. b. lin. 3. l. thymiama ib. §. XI. N, c. I. 15. l. halten. ib. §. XII. N. a. lin. pen. l. decimo. ib. §. XIII. N. a. lin. 15. l. appro - batione. ib. §. XXIX. N. b. lin. 3. l. Multa. II. Abth. IV. C. §. XX. N. a. lin. 11. l. polypra - gmones. ib. §. XXX. lin. 10. leg. mit Geld.

[417]

About this transcription

TextDas Recht Der Beicht-Stühle
Author Johann Georg Pertsch
Extent436 images; 128221 tokens; 18116 types; 890007 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationDas Recht Der Beicht-Stühle Darinnen Der Ursprung und Fortgang der geheimen Beichte Aus denen Kirchen-Geschichten unpartheyisch gezeiget/ und was dabey absonderlich unter denen Protestirenden gebräuchlich ist und seyn solte, gründlich untersucht wird Johann Georg Pertsch. . [9] Bl., 387 S., [14] Bl. Neue BuchhandlungHalle1721.

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SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 J CANON 239/41; DISS JUR COLL MAX 478,1

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LanguageGerman
ClassificationFachtext; Theologie; Wissenschaft; Theologie; core; ready; china

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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