PRIMS Full-text transcription (HTML)
Karl Wilhelm Ramlers
O D E N.
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Berlin, beyChriſtian Friedrich Voſs. 1767.

Innhalt.

  • 1. An den König1
  • 2. An den Apoll, bey Eröffnung des Opernhauſes zu Berlin5
  • 3. Amynt und Chloe7
  • 4. Sehnſucht nach dem Winter9
  • 5. Auf einen Granatapfel, der in Berlin zur Reife gekommen war13
  • 6. Die Wiederkehr17
  • 7. An die Stadt Berlin19
  • 8. An die Feinde des Königs24
  • 9. Lied der Nymphe Perſante29
  • 10. Auf ein Geſchütz34
  • 11. An den Fabius39
  • 12. An ſeinen Arzt42
  • 13. An Lycidas. 44
  • 14. An Herrn Chriſtian Gottfried Krauſe47
  • 15. An die Göttinn der Eintracht49
  • 16. Auf die Wiederkunft des Königs52
  • 17. An Hymen57
  • 18. An die Muſe61
  • 19. Glaukus Wahrſagung66
  • 20. Der Triumph76
  • 21. An den Herrn Generalmajor von Buddenbrook82
  • 22. Ptolomäus Evergetes und Berenice85
  • 23. Abſchied von den Helden92
  • 24. Der May, eine muſikaliſche Idylle97
  • 25. Ino, eine Kantate104
[1]

An den König. 1766.

Friedrich! du, dem ein Gott das für die Sterblichen
Zu gefährliche Loos eines Monarchen gab,
Und, o Wunder! der du glorreich dein
Loos erfüllſt,
Siehe! deiner von Ruhm trunkenen Tage
ſind
Zwanzig tauſend entflohn! Ihnen folgt
allzubald
Jedes Denkmaal von dir; alle die Tem - pel, der
A2
Pallas, und dem Apoll, und dem verwundeten
Kriegesgotte geweiht, werden Ruinen ſeyn.
Zwar das Jahrbuch der Welt nennt, wann der Eifergeiſt
Stolzer Könige ſchläſt, dich den Eroberer,
Dich den Groſsen: doch ach! heiſst dieſs ein Leben für
Deine Tugenden? So lebt in Europens und
In der älteren Welt Aſiens mancher Fürſt,
Dir an Weisheit nicht gleich. Selbſt der unſterbliche
Macedonier, wie lebt er? bewundert, und
Nicht geliebt; denn er fand keinen Dir - cäiſchen
Herold, deſſen Geſang weiter, als Phidias
Marmor, oder Apells athmende Farbe, ſtrebt.
Aber, ſiehe! wie lebt Cäſar Oktavius
3
Durch den Edeln in Rom? (Edel im Buche der
Groſsen Götter, obgleich nicht auf der Rolle des
Cenſors:) ewig geliebt, ewig ein Muſter der
Väter jegliches Volks. Glücklicher Barde, der
Unverdächtig, ein Lob, reiner als beider Lob,
In ſein Saitenſpiel ſingt! Glücklicher Barde, der
Nicht den Feldherrn allein, und den ge - ſchäfftigen
Landesfürſten in dir; der auch den Vater des
Hauſes, der auch den Freund, der auch den fröhlichen
Weiſen, groſs in der Kunſt jeder Kamöne, ſingt!
A 24
Götter! wäre doch ich dieſer beneidete
Barde! ſelber zu ſchwach, aber durch meinen Held,
Und die Sprache geſtärkt, die wie Kalliopens
Tuba tönet: wie weit lieſs ich euch hinter mir,
Sänger Heinrichs! und dich, ganze Zunft Ludewigs!
[5]
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An den Apoll. Bey Eröffnung des Opernhauſes zu Berlin.
Apollo! (denn dir hat Friedrich den Tempel
Auf Stufen erhöht, mit Säulen umpflanzet,
Und deinen Spielen eingeweiht:
Melpomene ſingt in Eratons Laute,
Terpſichore tanzt in Waffen, im Schleyer,
Dir menſchliche Geſchichten vor;)
A 36
Vergönne doch auch der ſüſsen Cythere
Den Zutritt, und o! dem freundlichen Amor,
Der leichtgerüſtet vor ihr hüpft;
Den Grazien, die der Gürtel entbehren,
Der Suada, mit hold einladenden Lippen,
Und allem jungen Göttervolk!
Komm, Freude, du Kind der Hebe! komm, Lachen,
Die Hände geſtemmt in keuchende Seiten!
Und du, ſchalkhafter kleiner Scherz!
[7]
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Amynt und Chloe.
Ich bins, o Chloe! fleuch nicht mit nacketem Fuſs
Durch dieſe Dornen! fleuch nicht den frommen Amynt!
Hier iſt dein Kranz, hier iſt dein Gürtel!
Komm, bade ſicher, ich ſtöre dich nicht.
A 48
Sieh her! ich eile zurück, und hänge den Raub
An dieſen Weydenbaum auf. Ach! ſtürze doch nicht!
Es folgt dir ja kein wilder Satyr,
Kein ungezähmter Cyklope dir nach.
Dich, ſchlankes, flüchtiges Reh, dich hab ich erhaſcht!
Nun widerſtrebe nicht mehr! Nimm Gürtel und Kranz,
Und weihe ſie der ſtrengen Göttinn,
An deren ödem Altare du dienſt.
[9]
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Sehnſucht nach dem Winter. 1744.

Die Stürme befahren die Luft, verhüllen den Himmel in Wolken,
Und jagen donnernde Ströme durchs Land.
Die Wälder ſtehen entblöſst; das Laub der geſelligen Linde
Wird weit umher in die Thäler geführt.
A 510
Der Weinſtock, ein dürres Geſträuch Was klag ich den göttlichen Weinſtock?
Auf! Freunde, trinket ſein ſchäumendes Blut,
Und laſst den Autumnus entfliehn mit aus - geleeretem Füllhorn,
Und ruft den Winter im Tannenkranz her.
Er deckt den donnernden Strom mit diamantenem Schilde,
Der alle Pfeile der Sonne ver - höhnt,
Und füllt mit Blüthe den Wald, daſs alle Thiere ſich wundern,
Und ſäet Lilien über das Thal.
11
Dann zittern die Bräute nicht mehr in wan - kender Gondel; ſie fliegen
Beherzt auf gleitenden Wagen dahin:
Der Liebling erwärmet ſich dann im Her - meline der Nymphe,
Die Nymphe lächelt, und wehret ihm falſch.
Dann baden die Knaben nicht mehr, und ſchwimmen nicht unter den Fiſchen;
Sie gehn auf harten Gewäſſern einher,
Und haben Schuhe von Stal: der Mann der freundlichen Venus
Verbarg der Blitze Geſchwindigkeit drein.
12
O Winter! eile voll Zorn, und nimm den kälteſten Oſtwind,
Und treib die Krieger aus Böhmen zurück,
Und meinen erſtarreten Kleiſt. Noch hab ich ihm ſeine Lykoris,
Und Wein von mürriſchem Alter be - wahrt.
[13]
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Auf einen Granatapfel, der in Berlin zur Reife gekommen war. 1749.
Find ich dich hier in deiner grünen Krone!
Zerſpalteſt du die purpurrothe Bruſt
An dieſer Sonn! o Liebling der Pomone,
O Proſerpinens Apfel, die mit Luſt
Und Wolluſt deine goldnen Körner
Im Reich des Höllengottes aſs,
Und allen Nektar ferner
Und den Olymp vergaſs.
14
Der Erdball ändert ſich! Das Meer entfliehet,
Und macht dem Pfluge Raum; der Fels ſinkt ein;
Und, o Berlin! dein dürrer Boden blühet:
Pomona füllt ihr Horn in dir allein;
In dir kann Flora, nach Begehren,
Sich tauſendfache Kränze drehn,
Und ganz verdeckt in Aehren
Die blonde Ceres gehn.
Und fremde Bäum, ihr junges Haupt umſchoren,
Bringt dir Sylvan, und zieht ein La - byrinth
Von Büſchen auf vor deinen offnen Thoren,
Die mir und dieſen Künſten offen ſind,
Die jetzt auf Flügeln Dädals eilen,
Hoch über Meer und über Land,
Bleymaſse, Meiſsel, Feilen
In ihrer harten Hand.
15
Urplötzlich ſind der Felſen graue Rücken
Zu Tempeln und Paläſten ausgehöhlt,
Die rund umher der Pyrrha Kinder ſchmücken,
Noch halb den Steinen gleich, und halb beſeelt.
Ihr Götter! prächtig aus Ruinen
Erhebt ſich euer Pantheon:
Die Weiſen alle dienen,
Die Völker lernen ſchon.
Sagt, Sterbliche, den Sphären ihre Zahlen,
Und lehrt dem wilden Winde ſeinen Lauf,
Und wägt den Mond, und ſpaltet Sonnen - ſtralen,
Deckt die Geburt des alten Goldes auf,
Und ſteiget an der Weſen Kette
Bis dahin, wo den höchſten Ring
Zevs an ſein Ruhebette
Zu ſeinen Füſsen hieng.
16
Wohl dir, o du, durch meinen Freund regieret,
Athen an Geiſt, voll Muth, wie Sparta war:
Es zog, von Kaſtors Liede gern verführet,
Zum Kampf hinaus mit aufgebundnem Haar;
Die Feinde, die den Kampf verloren,
Erwiederten, (nicht ohne Neid!)
Die Stadt ſey nur geboren
Zu Waffen und zum Streit.
So ſang Kalliope, die, voll Entzücken,
Mit ihrer kriegeriſchen Tuba kam,
Und, nicht geſehn von ungeweihten Blicken,
Den Weg zum Tempel des Apollo nahm,
Wo ſchon mit Lauten und mit Flöten,
Verlarvt und im Zypreſſenkranz
Sich ihre Schweſtern drehten
Im ſchönſten Reihentanz.
[17]
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Die Wiederkehr.
Ich, Kalliopens oft heimlich entflohener
Jünger, der ich, zu lange! dir,
Strenge Kritika, dir, Schweſter der eitelen
Panſophia, gefolget bin,
Kehre reuevoll um, eile voll Sehnſucht der
Allgefälligen Göttinn zu.
Denn mein Tadel
(*)Kein ſchriftlicher, ſondern ein mündlicher. Der Verfaſſer hat vor und nach dem Jahre 1750 an kei - ner einzigen kritiſchen Schrift Antheil gehabt: man nehme das Lehrbuch aus, vor welchem ſein Name ſteht.
(*), obgleich ganz in den lauterſten
Honig eingetaucht, ſchmerzete
B18
Meinen Selim; und noch ſchwäret ſein krankes Herz.
Ja! nun weih ich mich ewig der
Holden Muſe! Mit ihr ſang ich der Wälder Lob,
Sang Lyäens und Amors Lob:
Und mich liebte mein Freund. O! ſich geliebt zu ſehn,
Welche Seligkeit! Liebe, dich
Tauſcht mein trunkener Geiſt nicht um das Zeigen mit
Fingern, um der Verſammelung
Händeklatſchen, des Volks ehrebezeu - gendes
Aufſtehn; dich um Geſpräche mit
Groſsen Königen nicht, noch um die ſchmeichelnde
Tafel ihrer Gewaltigen.
[19]
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An die Stadt Berlin. 1759.
Ich ſahe ſie! (mir zittern die Gebeine!)
Ich ſah, glückſeliges Berlin,
Die Göttinn deines Stroms vor deinem Tannenhaine
Mit ihren Schwänen ziehn!
Vergönne mir, Najade, nachzulallen,
Was mein erſtauntes Ohr durchdrang,
Und was dein Göttermund den Faunen ſang, und allen
Hamadryaden ſang.
B 220
Sey mir gegrüſst, Auguſta, meine Krone!
Die Städte Deutſchlands bücken ſich!
Es hören meinen Stolz Belt, Donau, Wolga, Rhone,
Und weichen hinter mich!
Was fürchten wir, iſt gleich die Zahl des Feindes
Wie dieſer beiden Ufer Sand?
O Tochter! haſt du nicht zur Seite meines Freundes
Stets einen Gott erkannt?
Stritt Jupiter nicht ſelbſt mit Friedrichs Volke,
Und donnerte den Feind zurück?
Warf nicht der Kriegesgott einſt plötzlich eine Wolke
Vor ſeines Mörders Blick?
21
Sah ich nicht jüngſt, (als er vom fernen Süden
Den Rieſen aus der Mitternacht
Sein Heer entgegen riſs, ein kleines Heer von Müden,
Bereit zur zehnten Schlacht,)
Wie das Panier, von ſeiner Hand gefaſſet,
Zur drohenden Aegide ward?
Die Feinde ſahn den Schild der Pallas, die ſie haſſet:
Und hafteten erſtarrt
Am Boden; bis ſie durch ſein Heer zerſchlagen,
Das unaufhaltſam weiter drang,
Wie Halmen von des Himmels Schloſſen niederlagen
Dreyhundert Hufen lang.
B 322
Ja, dinget nur die halbe Welt zu - ſammen,
Und raſet wider Einen Mann,
Und wendet wider ihn Verrath, Nacht, Meyneid, Flammen,
Den ganzen Orkus an:
Boruſſiens gerechter Held ſoll ſie - gen!
Die Götter ſchützen ihren Sohn.
Bald wird er im Triumph zu ſeinen Kin - dern fliegen.
Er kömmt, ich ſeh ihn ſchon!
Er kömmt, das Haupt mit Stralen rund umwunden,
Wie Delius Apollo kam,
Als er den Python ſchlug und ihm mit tauſend Wunden
Die ſchwarze Seele nahm.
23
Eilt, ihn in Erz den Enkeln auf - zuſtellen!
Eilt, einen Tempel ihm zu weihn
Am Rande meines Stroms! ich brenne, ſeine Schwellen
Mit Bluhmen zu beſtreun.
B 4[24]
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An die Feinde des Königs. 1760.
Wie lange ſchwingt die raſende Megäre
Die Fackel? Götter dieſer Welt,
Warum verfolgt ihr ihn, zu ſeiner eignen Ehre,
Den unbezwungnen Held?
25
Iſts möglich? machen euch ſo viel Gefahren,
Mit welchen ihr ihn ringen ſaht,
So viele Kronen, die mit Blut zu kaufen waren,
So manche Götterthat,
So manch von ihm zertretnes Un - geheuer
Nicht wieder zur Verſöhnung Luſt?
So lange loderte der Rache ſchwarzes Feuer
In keines Gottes Bruſt.
Als Herkuls Arm den Löwen erſt erdrückte,
Der in Nemäens Felſen lag,
Und, mit der Panzerhaut bedeckt, ſein Rachſchwerdt zückte,
Und ſchnell, und Schlag auf Schlag,
B 526
Der Hydra, die ihn zu ermüden wagte,
Ihr immer wachſend Leben nahm,
Obgleich die Ferſen ihm ein kriechend Seethier nagte,
Das gieng und wiederkam;
Und dann die falſche Brut der Stym - phaliden,
Die wild aus ehrnen Schnäbeln ſchrien,
Mit ehrnen Klauen raubten, und den Kampf vermieden,
Aus Sumpf und Buſch zu ziehn,
Ein Mittel traf; (denn dieſe zu erlegen,
War nur ein Spiel für Herkuls Hand;)
Und drauf aus Thrazien die Roſſe, die den Segen
Der Felder weggebrannt,
27
Und flammenathmend in die Hütten drangen,
Und ihren Schlund, das offne Grab,
Mit Menſchen fülleten, lebendig aufge - ſangen
Dem wilde Viehe gab:
Da ſank der Zorn der reuerfüllten Götter;
Und Juno, frey von Rachbegier,
Brach aus: Sohn Jupiters, der Sterblichen Erretter,
O! mehr ein Gott, als wir!
Geneuſs, geneuſs der Ruh, die dir entzogen,
Seit ich dieſs Feuer angefacht,
Und alle Himmliſchen, durch meine Wut betrogen,
Auf dich entbrannt gemacht!
28
Geneuſs der Opfer, die von beiden Enden
Der Erde, künftig jedermann
Dir bringen wird, nicht uns! und nimm von meinen Händen
Den erſten Nektar an.
[29]
[figure]
Lied der Nymphe Perſante. Den 24 September 1760.

(Nachdem die Feſtung Kolberg von dem Ruſſiſchen Heere einmal zu Lande, und zum zweyten mal von der Ruſſiſchen und Schwediſchen Seemacht vergeblich belagert worden war.)

Er ſiegt! mein Perſeus ſiegt! Ihr Freudenzähren,
Erſtickt nicht meinen Lobgeſang!
O Fluten meines Stroms, erzählt in allen Meeren
Des Drachen Untergang!
30
Hier, wo der Belt, mein Kolberg zu verſchonen,
Mit Dünen ſein Geſtad umzieht,
Saſs ich, und ſang entzückt den horchenden Tritonen
Von meinem Freund ein Lied.
Er ſchlug das Raubthier jüngſt, das der beſchneyte
Riphäus auf mich ausgeſpien,
Als ich, verlaſſen von den Göttern, ſeine Beute
Unwiederbringlich ſchien.
Ich ſprachs: als ich urplötzlich einen Drachen
Aus blauer Tiefe ſteigen ſah
Mit ſunfzig aufgeriſsnen feuerſpeynden Rachen:
Ohnmächtig lag ich da.
31
Mein Perſeus flog in dieſem Augen - blicke
Herab von ſeiner Warte, ſchwang
Sein glorreich Eiſen, hielt den Tod im Meer zurücke
Dreymal neun Tage lang.
Ha! welche Flammenſtröme ſchoſs die Hyder
Nach ſeinem Leben! Endlich fand
Mein Flehn der Götter Ohr: und Waffen fielen nieder
Da, wo mein Gaſtfreund ſtand.
So bald ihm Plutons Helm das Haupt verhüllte,
Ihn Hermes Flügel trug, der Speer
Der ſchrecklichen Minerva ſeine Rechte füllte:
Stürzt er die Peſt ins Meer.
32
Von meinen Lippen ſoll ſein Lob erſchallen,
Ich feyre dankbar meinen Held,
So lang in dieſes Hafens Arme Segel wallen
Vom Oſtwind aufgeſchwellt.
Ihm ſelbſt will ich, wann er den Strand begrüſset,
Auf ſeine Wege Kalmus ſtreun
Und Muſcheln; denn mein Fluſs iſt arm: kein Goldſand flieſset,
Kaum Ambra rollt hinein.
Und du, mein Barde, der du vor den Thoren
Von deiner mütterlichen Stadt
Einſt Lieder lalleteſt, wenn ſie, die dich geboren,
Noch deine Liebe hat:
33
So ſinge meinen Liebling, meinen Retter
In jene Laute, die dir jüngſt
Beſaitet ward, in welche du den Kampf der Götter
Mit den Titanen ſingſt.
C[34]
[figure]
Auf ein Geſchütz. Berlin, den 3 October 1760.

(Als von der Rusſiſchen Artillerie eine Kugel aus einer ungewöhnlichen Ferne bis mitten in die Stadt getrieben wurde.)

O du, dem glühend Eiſen, donnernd Feuer
Aus offnem Aetnaſchlunde flammt,
Die frommen Dichter zu zerſchmettern, Ungeheuer,
Das aus der Hölle ſtammt!
35
Wer zur Verheerung blühender Ge - ſchlechter
Dich an das Sonnenlicht gebracht,
Hat ohne Reue ſeine Mutter, ſeine Töchter
Frohlockend umgebracht.
Ganz nahe war ich ſchon dem Styx, ganz nahe
Dem giftgeſchwollnen Cerberus;
Ich hörte ſchon das Rad Ixions raſſeln, ſahe
Die Brut des Danaus,
Verdammt zum Spott bey bodenloſen Fäſſern;
Und Minos Antlitz, und das Feld
Elyſiens; den groſsen Ahnherrn eines gröſſern
Urenkels, und ſein Zelt
C 236
Voll tapfrer Brennen ſah ich: ihre Lieder,
Ihr Feſt bey jedem Freudenmahl
Iſt er, der wider ſechs Monarchen ſicht, und wider
Satrapen ohne Zahl.
Schon ſäng ich ſeine jüngſte That: wie brauſend
Ein Meer von Feinden ihn umfieng,
Er aber ſeinen Weg hindurch auf zehen - tauſend
Zertretnen Schedeln gieng.
Alcäus würde jetzt mein Lied be - neiden,
Schon ſäh ich Cäſarn lauſchend nahn,
Mit ihm den weiſen Antonin, und den von beiden
Gefeyrten Julian.
37
Allein Merkur ſtand neben mir, und wandte
Durch ſeinen wunderbaren Stab
Den Ball, der mich ins Reich der Nacht zu ſchleudern brannte,
Von meinen Schläfen ab.
Denn ich ſoll noch die Laute ſtärker ſchlagen,
Wann er durch Weihrauchwolken zeucht,
Die Kriegesfurie gefeſſelt an dem Wa - gen
Des Ueberwinders keucht;
Wann er, auf einem Throne von Trophäen,
Rund um ſich her der Künſte Kranz,
Und wir im Muſentempel ſeine Siege ſehen
Verſteckt in Spiel und Tanz;
C 338
Wann er, ein Gott Oſir! durch unſre Fluren
Im ſeligſten Triumphe fährt,
Indeſs der Ueberfluſs auf jede ſeiner Spuren
Ein ganzes Füllhorn leert.
[39]
[figure]
An den Fabius.

Nach der Schlacht bey Torgau. Den 3 November 1760.

O Fabius! gereut dich nach drey Iahren
Dein glückliches Verziehn?
Wo waren deine Felſen? Waren
Die Felſen nicht mehr ſteil für ihn?
C 440
Vergiſſeſt du, wie man bey Nacht dem Sieger
Ins müde Lager ſtreift?
Und wie man eine Hand voll Krieger
Mit einem Ocean erſäuft?
Und wie man bundsverwandte Na - tionen
Bequem zur Schlachtbank ſchickt,
Indeſſen man, ſein Heer zu ſchonen,
Von ſichrer Höh weit um ſich blickt?
Wer nimmt ſich nun der Diener armer Staaten
Der hohen Baſſen an,
Und ſtraft den ſtolzen Potentaten,
Der ſelbſt regieren will, und kann?
41
Wer rächt die Feldherrn, die nach Ehre dürſten,
Nach Beute lüſtern ſind,
An dieſem wunderbaren Fürſten,
Der ſeine Schlachten ſelbſt gewinnt?
Und ach! wer rächt die Zunft der ſchönen Geiſter,
Nun du geſchlagen biſt,
An einem Könige, der Meiſter
In allen ihren Künſten iſt?
Weh deinem Pontifex, der ſtets die Layen
Mit Wundern hintergeht!
Er kann ja keinen Degen weihen,
Der wider Pallas Helm beſteht.
[42]
[figure]
An ſeinen Arzt.

Berlin, den 24 Jenner 1762.

Mein Arzt, mein Freund, o! laſs mich ihn entſiegeln,
Den Hochheims edle Kelter zwang,
Und jenen, alt als ich, der einſt auf Tar - zals Hügeln
Die Morgenſonne trank!
43
Daſs ich dieſs thraziſch kalte Fieber höhne,
Das um mein Eingeweide ſchleicht, Und hohe ſäkulariſche Päanen töne;
(Denn Friederich erreicht
Heut ſeiner Jahre Mittag, den Phalangen
Europens nicht, auch nicht der Wut
Der Horden Aſiens bezwinglich, noch den Schlangen
Der Eumenidenbrut;)
Und trunkne Jubel jauchze, daſs von allen
Feindinnen nur Thereſia
Noch trotzen darf; daſs Tanaquil jüngſthin gefallen,
Und nun Kleopatra.
[44]
[figure]
An Lycidas.
Wen feine Mutter unter den zärtlichen
Geſängen heller Nachtigallchör empfieng,
Wer ihr in ihren Götterträumen
Nächtlich als Schwan ſich vom Buſen loswand,
Hängt nicht erſtrittne Fahnen, und Schlüſſel von
Bezwungner Städte Thoren, und feindliche
Galeerenſchnäbel in Gradivens
Blutige Tempel auf; keine Schiffe,
45
Mit Künſten aller Völker, mit jeder Frucht
Der ſonnenrothen Berge, des kalten Meers,
Der aufgedeckten Hölle wuchernd,
Fliegen für ihn um die beiden Pole.
Ununterwieſen wird er als Knabe ſchon
Die Frühlingsbluhme ſingen, und froh beſtürzt
Sich einen Dichter grüſsen hören.
Ihm wird die jüngſte der Charitinnen,
Die wohlbewachte Scham, ſich zur Füh - rerinn
Entbieten. Ihm wird Pallas die Wolke von
Den Augen nehmen, daſs ihr Jünger Wahrheit und blendenden Trug er - kenne.
46
In Wäldern wird er einſam den Vater der
Natur verehren. Endlich, o Lycidas,
Erwartet er, gleich eines fremden
Mannes Beſuche den Tod mit Gleich - muth.
[47]
[figure]
An Herrn Chriſtian Gottfried Krauſe. 1762.
Mein Krauſe, den nicht der Themis Orakel,
Der Zank am Altar, im Tempel der Aufruhr
Entwöhnten zärtliche Lieder
Aus ſiebenfach tönenden Saiten zu ziehn,
48
Laſs andre den Sieg des feurigen Heinrichs,
Den ſchnellen Triumph des Löwen beſingen,
Der, ſelbſt im Schlummer erſchrecklich,
Die Lybiſchen Wüſten in Ehrfurcht erhält;
Und endlich, gereizt vom drohenden Pan - ther,
Den nimmer umſonſt gewageten Sprung thut,
Im Bauch des Feindes die Klauen,
Im Nacken den zähnebewaffneten Schlund.
Ich ſinge mit dir die ſanfteren Siege
Der Daphne, das Glück um Iris zu brennen,
Um euch, ihr leuchtenden Augen!
Dich, ſtrebender Buſen! dich, Gra - zienmund!
[49]
[figure]
An die Göttinn der Eintracht. 1762.
Konkordia! durch dich rollt jede Sphäre;
Und wo dein Fuſs ein Land betrat,
Da zeichneten volkreiche Städte, Tänze, Chöre
Der Jungfraun deinen Pfad:
D50
(Doch Drat und Beil trägt dir mit ſchnellem Schritte,
Die Blicke drohend, taub das Ohr,
Der Brüder Blut, der Ehen Schmach, den Raub der Hütte
Zu rächen, Ate vor:)
Zu dir erheben aus zerſtörten Städ - ten,
Zu dir auf Trümmern um den Strand,
Zu dir auf Saaten, die des Roſſes Huf zertreten,
Die Völker Mund und Hand;
Zu dir die Pflanzſtadt ungeborner Söhne,
Die deiner milden Künſt entbehrt:
Daſs doch dein Geiſt den Zorn der Könige verſöhne,
Der itzt die Welt verheert.
51
Dir hat dein Freund, Teutoniens Erretter,
Der Held, der dreymal Frieden heiſcht,
Bevor ſein ſchwerer Arm durch ſieben Donnerwetter
Der Fürſten Raubſucht täuſcht,
Vereint mit Suecien durch deine Bande,
Und mit Ruthenien vertraut,
Nach langer Arbeit einen Tempel an dem Rande
Des alten Belts erbaut.
Schränkt ſich Semiramis in ihre weiten
Fruchtreichen Dynaſtien ein:
So wird er mit entzückter Seele dir den zweyten
Auf den Sudeten weihn.
D 2[52]
[figure]
Auf die Wiederkunft des Königes. Berlin, den 30 März 1763.
Der Held, um den du bebteſt, wann im Streite,
Wohin ihn dein Verhängniſs trug,
Der ehrne Donner von den Bergen ihm zur Seite
Die Feldherrn niederſchlug:
53
Da wider ihn mehr Feinde ſich ge - ſellten,
Als dir die Nachwelt glauben darf,
Und er ſich mit entſchloſsner Seele zweyen Welten
Allein entgegen warf;
Dein König, o Berlin, durch den du weiſer,
Als alle deine Schweſtern biſt,
Voll Künſte deine Thore, Felſen deine Häuſer,
Die Flur ein Garten iſt;
Dein Vater, der dich oft in deinem Mangel
Geſpeiſt, kehrt wieder in dein Land,
Und hat in Feſſeln an der Höllenpforten Angel
Die Zwietracht hingebannt.
D 354
Fall an ſein Herz, o Königinn, mit Zähren
Der Freude! Fleuch an ſeine Bruſt,
Amalia, von deinen frommen Dank - altären,
Und rede, wenn die Luſt
Dich reden läſst! Vermählte ſeiner Brüder,
Küſst ſein friedſelig Angeſicht:
Willkommen, Schutzgeiſt deines Volkes! und ſagt wieder:
Willkommen! und mehr nicht.
Ihr Jungfraun deckt mit immergrünen Zweigen,
Mit einem ganzen Lorbeerhain
Den Weg! miſcht Bluhmen, die der offnen Erd entſteigen,
Und frühe Blüthe drein!
55
Ihr edeln Mütter, opfert Spece - reyen,
Die Maraba den Tempeln zollt,
Da wo ſein goldner Wagen durch ge - drängte Reihen
Entzückter Augen rollt.
Heil uns, daſs unſer Morgen in die Tage
Des einzigen Monarchen fiel!
So ſagt ihr Jünglinge. Du, Chor der Alten, ſage:
Heil uns, daſs wir das Ziel
So viel gekrönter Thaten ſahn! wir ſterben
Von Wonne trunken: Friederich
Bleibt hinter uns; ihr ſtolzen Enkel ſollt ihn erben!
Triumph! ſo ſag auch ich,
D 456
Wenn, unter hohen, jubelvollen Zun - gen,
Ein ſüſser Ton auch mir gerieth:
Triumph! ich hab ein Lied dem Gött - lichen geſungen,
Und ihm gefällt mein Lied.
[57]
[figure]
An Hymen.
Lyäens und Cytherens Sohn,
Im ſchönſten Rauſch geboren,
Gott Hymen, der du dir zum Thron
Das Hochzeitbett erkohren!
Dir fleht der ſorgenvolle Greis:
O Stifter der Geſchlechter,
Nimm, was ich nicht zu ſchützen weiſs,
Nimm mir die groſsen Töchter!
D 558
Dir ſchmückt das fromme Mädchen ſich
Bey ſeinem Morgenliede;
Der weiſe Jüngling hofft auf dich,
Des falſchen Amors müde.
Dich rufen junge Wittwen an
Im hochbetrübten Schleyer;
Im Flohr bekennt der Trauermann
Dir ſein gewaltig Feuer.
Du, mehr als andre Götter werth,
Dir flehen auch die Prinzen:
Erfülle, was der Krieg geleert,
Erfüll uns die Provinzen!
59
O! wenn dich noch ein Opferſchmaus
Herab vom Himmel ziehet:
So komm in meines Leukons Haus,
Der am Altare knieet!
O komm! zwey Ring an Einer Hand,
Und um die Schläfe Myrthen,
Und um den Arm ein goldnes Band,
Das Knie der Braut zu gürten,
Die, wann von Wein und Liebe voll,
Ein Gaſt zu viel begehret,
Und ſie doch etwas miſſen ſoll,
Am liebſten Band entbehret.
60
Die Schaar der trunknen Räuber theilt
Sich in die goldne Beute:
Sie flieht indeſs, der Liebling eilt,
Und giebt ihr das Geleite.
61
[figure]
An die Muſe.
Willſt du den allerhöchſten Zevs er - höhen,
Der ſein allmächtig Haupt bewegt,
Und den Olymp erſchüttert? oder Athe - näen,
In dieſem Haupt gepflegt,
62
Die mit beſtälter Eſche, nimmer müde,
Den raſenden Encelados
Zurücke warf, und mit der ewigen Aegide
Das felſigte Geſchoſs?
Singſt du den erſten König in die Saite,
Die Patareus dir aufgeſpannt?
Ihn? oder ſeinen Bruder? oder wählſt du heute
Den Gwelfen Ferdinand?
In königlicher Weisheit unterwie - ſen,
Zu Kriegestugenden erhitzt,
Sind beide hoher Hymnen werth. Bald ſinge dieſen,
O Muſe! jenen itzt.
63
Wohlan, mein Lied! ſpann alle deine Segel
Bis an den Wimpel auf, und ſprich:
Als der Monarch, den Sprea, Viadrus und Pregel
Anbeten, Friederich -
Arminius, von Galliern befallen,
Beraubt durch den erkauften Nord,
Mit ſeinem Schwerdte nicht allgegenwär - tig allen
Begegnen konnte, dort,
Dem wilden Oſt, und hier, dem falſchen Süden:
Da brach, gleich einem Meteor,
Das den Orion auslöſcht und die Tynda - riden,
Prinz Heinrichs Geiſt hervor.
64
Als Jüngling ſchlief er ehmals in der Höhle
Aoniens, und war die Luſt
Der Muſen; itzt erhöheten ſie ſeine Seele:
Mit unbewegter Bruſt
Hielt er der Söhne Teuts verſchworne Heere
Zurück von unſrer Flur; (ſo ſtand
Das Iſthmiſche Gebirge, trennte beide Meere,
Ward zweyer Völker Band;)
Und plötzlich ſchlug er die betäubten Schaaren,
Und krönete, dieſs war der Schluſs
Der Götter! jene zwölf Herkuliſchen Gefahren
Des Deutſchen Genius.
65
Wagſt du noch mehr zu ſingen? Daſs der Sieger,
So weit er in der Feinde Land
Mit ſeinem Lager flog, geſegnet, ſeine Krieger
Zum Wohlthun ausgeſandt?
Selbſt unerforſchlich, jeden Anſchlag kannte?
Früh thätig, jeden hintertrieb?
Nein; ſage, daſs ihn Friedrich ſelbſt den Feldherrn nannte,
Der ohne Fehler blieb.
E[66]
[figure]
Glaukus Wahrſagung.

(Als die Franzöſiſche Flotte aus dem Hafen von Breſt nach Amerika ſegelte.)

Als Ludewigs Pilot mit ſtolzer Flotte
Weſtgalliens beſchäumtes Thor
Verlieſs, hub Glaukus aus der tiefen Fel - ſengrotte
Sein blaues Haupt empor:
Unglücklicher! der ſchon, von Hoff - nung trunken,
Des Oceans Gebieter iſt,
Du führſt in deinen Schiffen einen Feuer - funken,
Der beide Welten friſst!
67
Bald nimmt der Abgrund eine My - riade
Zu früh entleibter Seelen ein;
Bald werdet ihr im Meer der Hayen, am Geſtade
Der Aaren Beute ſeyn!
Die Götter, die jetzt lachend mit euch ziehen,
Bereuen ihr geſchenktes Glück,
Verachten euren Uebermuth, und alle fliehen
Nach Albion zurück:
Daſs Albion der meerumfloſsnen Erde
Gerechte Friedensrichterinn,
Das Schrecken der beraubten Oceane werde,
Der Inſeln Königinn;
E 268
Ihr aber, flüchtig unter jeder Zone,
So manchen ſchwimmenden Palaſt,
Und Port, und Meer, und Eyland, und der Kolombone
Durchſtrömte Flur verlaſst.
O weiche Söhne tapfrer Franken, ſprechet
Helvetien um Männer an!
O! plündert unbewehrte Fürſtenthümer! brechet
Mit Wagen, Roſs und Mann
In eurer Väter alte Sitze! ſchreitet
Kühn über den gehörnten Rhein,
Sucht Pallas Liebling auf, der für ſein Erbe ſtreitet,
Und, eurer Macht zu klein,
69
Und von verſchwornen Barbarn über - fallen,
Einſt wanken muſs: erdrücket ihn!
Ihr unter den verſchwornen ſollt, ihr un - ter allen
Allein mit Schande fliehn!
Der Ort, wo ſieben Krieger funfzig jagen,
Ob ihr ihn zu vernichten ſucht,
Ein Brandmaal wird er euch, worauf in ſpäten Tagen
Ein beſsrer Enkel flucht.
Ob alle Reiſigen aus euren Veſten,
Ob eine neue Helene
Euch alle Prinzen aus Lutetiens Pa - läſten
Zu Feldherrn ſendete:
E 370
Dort auf den Gräbern Römſcher Le - gionen
Erwartet eure Tapferkeit
Ein Fürſt, den Jupiter, der Hirtenſtäb und Kronen
Aus Einer Urne ſtreut,
Nicht zum Monarchen, aber zum Ver - gnügen
Des menſchlichen Geſchlechts erkohr.
Ha! welch ein lauter Päan ſteigt von ſei - nen Siegen
In mein entzücktes Ohr!
Alſo zerbrach mit ſieggewohnter Rechte
Der Alkumena Sohn, im Zorn,
Dem wandelbaren Gotte das zum Blutgefechte
Wild aufgeworfne Horn;
71
Alſo entkräftete der göttergleiche
Ulyſs den Rieſen, der an Macht
Dreyhundertmal ihn übertraf, mit Einen Streiche,
Nicht ohne Muth vollbracht:
Alſo beſieget euch, auf eure Liſten
Und Puniſchen Betrug entbrannt,
Ein Held, den Pallas und der Brennen Friedrich rüſten,
Der Gwelfe Ferdinand;
Und ſo mit ewig unerſchöpften Witze
Verhönt er euch, die ihr den Streit
Durch ſtärkre Heere, Wälle, donnernde Geſchütze
Zu führen muthig ſeyd.
E 472
So bald ſein himmliſch Feuer wenig Britten
Und Deutſchlands jugendlichen Reſt
Beſeelt: ein Wunder allen, welche Kre - felds Hütten
Bewohnen, und das Neſt
Des hohen Roncevalls, und die Gefilde
Wodurch der Eſſe Gieſsbach rinnt.
Hier ſahen euch, gelehnt auf ihre gold - nen Schilde,
Sein Ahnherr Witekind,
Und der Cheruskerfürſt, der groſse Schatten
Des Legionentödters fliehn:
Zehn Paraſangen hinter eurer Flucht die Matten
Voll Raub und voll Ruin.
73
Vergeblich flieht ihr dieſen Feind, ge - ſchwinder
Als Kraniche den Adler; ſetzt
Vergeblich zwiſchen euch und euren Ue - berwinder
Jetzt Berge, Ströme jetzt:
Auf ungezähmten Roſſen, mit der Flamme
Des Schwerdtes, zürnet hinter euch
Ein zweyter Ferdinand aus dieſem Göt - terſtamme,
Dem Sohn der Thetis gleich,
Nicht wundenfrey, doch unverkürtzt an Jahren:
( Geh, lebe! war der Parze Schluſs,
Nach deinem Vater ſpät ein Kriegesgott der Schaaren
Am ſtillen Ockarus.)
E 574
Ihm folgen ſeine Brüder; alle glühen
Nach Ehre: Kriegesdonner, wie
Die Scipionen, und im Frieden, von Thalien
Geliebet, ſo wie ſie.
Ein Eigenthum durch alle Folge - zeiten
Von Braunſchweigs Helden: jeder ſpannt
Des Gottes Silberbogen und des Gottes Saiten
Mit gleich geübter Hand.
Und dennoch überſteigt ſo weit und weiter
Des Herzens Güte dieſen Werth,
Als jenen Sonnenball der groſse Tag, der heiter
Durch alle Himmel fährt.
75
So, gleich Arions Liede, gleich dem Tone,
Der Götter und Delphine zwang,
So, zu des Gwelfen Ruhm, des Burboni - den Hohne,
Teutoniens Geſang.
Du ſtehſt beſchämt, o Burbons Enkel? Höre
Ein nie zuvor geträumtes Glück!
Des Britten ſchwacher Kriegesdämon giebt dir Ehre
Und Land und Meer zurück.
[76]
[figure]

Der Triumph.

Schäme dich, Kamill,
Daſs du mit vier Sonnenpferden
In dein errettetes Rom zogſt!
Und du, Romuliſcher Feinde
Glücklicher Sieger, o Julius,
Daſs dich, mit goldenen Städten und Schlachten,
77
Und mit Adlern und Spolien
Deiner Brüder umgeben,
Zum hohen Kapitol dein ſtolzer Wagen trug.
Friederich, ein Prinz der Brennen,
Ward angefallen von Völkern Hungariens,
Von Illyriens Reitern und Daciens:
Alle dem Zepter der Königinn zinsbar,
Die Vindobonens ſaatenreiche Fluren,
Und Auſtraſiens Auen beherrſcht,
Und der Bajonen Gebirge,
Und Heſperiens goldene Gärten;
Dieſer erhabenen Fürſtinn,
Deren Wohlfahrt vom Himmel in
Sieben Sprachen erflehet wird;
78
Deren Heere, geführt vom Stab Eugens,
Ehmals unbezwinglich, und itzt
Verbunden waren mit allen, die
Am Mäotiſchen, Kaſpiſchen, Finniſchen
Sunde wohnen, den rauhen
Samojeden, den Oſtiaken,
Und dem Tartar am Sangarfluſs:
Einer Monarchinn dienſtbar, einer,
Die den weiten Umkreis
Ihrer Welten nicht kennt.
Auch trat zu ihnen der Söhne Sarmatiens
Selbſterwähleter König,
Und ſtellte ſeine Sachſen, ein treues Volk,
Mitten auf den Pfad des Siegers,
Unter eine Felſenburg.
79
Und die hohen Satrapen Germaniens
Fielen zahlreich dem Bunde bey.
Und die theur erkauften Suenonen
Drangen aus dem beeiſten Norden hervor:
Enkel der Helden, mit denen ein Jüngling
Europen und Aſien ſchreckte.
Und Gallien, das an zwey Meeren thront,
Deſſen Fahnen und Wimpel
Unter allen Himmeln wehn,
Lieſs ſeinen Schwarm aus,
Gleich dem Heere ſchwirrender Grillen,
Die vor ſich her ein blühend Land,
Und hinter ſich Wüſten ſehn.
Aber, Thalia, laſs ab
Die Flotten und Fuſsknecht und Reiter zu zählen!
80
Friederich, ſo ſage, bekriegt
Von ſcheelſüchtigen, oder getäuſchten,
Oder gezwungenen Fürſten,
Kehrte, nach ſieben blutigen Jahren,
So mächtig zurück, als er auszog,
Nur an Ehre gröſſer,
Und triumphirte nicht.
Siehe! er lenkt unſern Ehrenbogen aus,
Und unſern goldbehängten Roſſen,
Und beſteigt den pralenden Wagen nicht!
Denn ſich ſelbſt mit eines Gottes Zufriedenheit
Anſehn, iſt der Triumphe
Allerhöchſter. Und des Dichters
Allerhöchſter Triumph iſt,
Dieſen König beſingen.
81
Drum ſchweige du nie von ihm, mein Lied,
Stolzer, als der Geïſche
Und der Thebaniſche Päan,
Keinem Golde feil,
Auch ſelbſt dem ſeinigen nicht.
Und ob er auch dieſen Triumph verlenkt,
Und, deiner Töne nicht gewohnt,
Sein Ohr zu Galliens Schwänen neigt:
So ſinge du doch den Brennusſöhnen
Ihren Erretter unnachgeſungen.
F[82]
[figure]
An den Herrn General-Major von Buddenbrook, bey Ueberſendung einiger heroiſchen Oden.
Der du den Kriegesgeiſt in der Ge - ſchichte liebeſt
Und in der Poeſie;
Und Deutſche Redlichkeit bey Welſcher Klugheit übeſt,
(Die ſchwerſte Harmonie!)
83
Empfiehl, o Buddenbrook, mir nicht die Heldenſöhne
Von Sparta, Rom, Athen;
Verlange nicht durch mich auf väterlicher Scene
Dein Lieblingsvolk zu ſehn.
Ein Dichter, unerlöſt von fremder Sor - ge, ſinget
Ein leichteres Gedicht;
Kornelljens Diadem, Voltärens Kranz er - ringet
Der müde Kämpfer nicht.
Als Ludwigs Maler ſich des jüngern Ammons Züge
Durch Kodomannus Land
(Dem ſtolzen Gallier ein Vorbild eigner Siege!)
Zu ſchildern unterwand:
F 284
Da richtete ſein Arm nicht Fechter ab, nicht Schützen,
Erzog nicht Roſs und Mann;
Denn Künſte dieſer Art, wie ſehr ſie Krie - gern nützen,
Stehn tauſend Händen an.
Und hätte ſein Geſchick ihm dieſes Loos beſchieden:
Dann hätt er aus der Schlacht
Am Granikus uns nicht den groſsen Phi - lippiden
Bis Babylon gebracht.
Freund deines Königes, nimm kleine Siegeslieder,
Nimm, was ich geben kann,
Ein Opfer Friederichs und ſeiner tapfern Brüder,
Mein achtes Luſtrum an!
[85]
[figure]
Ptolomäus Evergetes und Berenice. 1765.
Ptolomäus.
O Berenice! ſchöner als der Morgen,
Für mich geboren, lange mir verborgen,
Ich ſahe dich, ich liebte dich:
Doch ach! was fühlteſt du für mich?
F 386
Berenice.
Ich fühlte deine feuervollen Blicke,
Und wandte ſchnell die meinigen zu - rücke:
Schon traut ich ihnen ſelbſt nicht mehr;
Denn ach! ſie liebten dich zu ſehr.
Ptolomäus.
Nach dir kann nichts hinfort mein Herz gewinnen,
Nach dir auch nicht die ſchönſte der Göt - tinnen:
Vergeblich böte ſie mir heut
Mit ihrer Hand Unſterblichkeit.
87
Berenice.
Vor dir hat nichts mein junges Herz gerühret;
Nun würde dirs durch keinen Gott ent - führet,
Und gäb er mir mit ſeiner Hand
Die Gottheit über Meer und Land.
Ptolomäus.
Ach! willſt du mir nicht bald dein zweytes Leben,
Dein Ebenbild in einer Tochter ge - ben?
Nicht dieſer Augen ſchlauen Witz?
Nicht dieſen Mund, der Suada Sitz?
F 488
Berenice.
Dein ſey das Ebenbild des erſten Sohnes!
Wann dich dereinſt die Sorgen deines Thrones
Aus meiner Arme Banden ziehn,
Umarm ich doch, ſtatt deiner, ihn.
Ptolomäus.
Wenn mich und dich die Göttinn Iſis liebet,
Und mir dein Bild in einem Sohne giebet:
So bring ich dieſe Schal ihr dar,
Die Zeuginn unſres Bundes war.
89
Berenice.
Und wenn die Götter mir dein Bild verleihen,
So will ich ihnen dieſe Locke weihen.
Die funfzehn oder ſechzehn Jahr
Die Zierde meiner Scheitel war.
Ptolomäus.
Ach! ſoll ein Stal dieſs ſchöne Haar verletzen,
So muſs ein Gott es an den Pol ver - ſetzen;
Dort iſt der Raum noch nicht gefüllt,
Dort flamm es als ein Sternenbild.
F 590
Berenice.
Bis in den Himmel fliege deine Schale!
Dort werde ſie, bey jedem Freuden - mahle,
Voll Nektar, der die Götter tränkt,
Und voll Unſterblichkeit geſchenkt.
Ptolomäus.
Wann, ſpät nach mir, dich ſelbſt der Himmel fodert,
Dann throneſt du wo deine Locke lo - dert:
Der ganze Norden ehret dich;
Doch lange nicht ſo ſehr, als ich.
91
Berenice.
Mit mir zugleich geneuſs im Sternen - ſaale
Den Göttertrank aus deiner goldnen Schale.
Geliebter! kann er ſüſser ſeyn,
Als dieſer hochzeitliche Wein?
[92]
[figure]
Abſchied von den Helden.
Nicht Friedrichs Helden, welche der Brenne liebt,
Schwerin und Heinrich, Bevern und Winterfeld,
Nicht jeder Gwelfe nur und Seidlitz
Sind der gewaltigen Hymne würdig.
Auch ihr, der Staaten friedliche Wächter, habt
Ein hohes Recht an unſern geflügelten
Geſängen; auch der tapfre Richter
Mächtiger Frevel und armer Unſchuld;
93
Auch deren Geiſt dem immer erneuerten
Geſchlecht der Menſchen Güter und Künſte fand;
Auch wer allwachſam ſeinen Bürgern
Ueberfluſs, Sitte, Geſundheit aus - theilt.
Noch viele goldne Pfeile ruhn unverſucht
Im Köcher eines Dichters, der frühe ſchon
Sein Leben ganz den liederreichen
Schweſtern Uraniens angelobt hat;
Der, hoffend auf die Krone der After - welt,
Den bürgerlichen Ehren entſagete;
Der alle Wege, die zum Reichthum,
Führen, verlieſs: ein zufriedner Jüng - ling.
94
Verleiht, bevor dieſs Haupthaar der Reif umzieht,
Ein guter Gott mir Einen Aoniſchen
Mit Bächen und Gebüſch durchflochtnen
Winkel der Erde: ſo ſollen alle
Durch alle Winde fliegen, den Weiſeſten
Ein ſüſser Klang, dem Ohre des blöden Volks
Unmerklich. Ungeſchwächt ſoll ihre
Töne der Brittiſche Barde trinken;
Sie ſollen hell den Himmel Auſoniens
Durchwirbeln; (dort war ehmals ihr Vater - herd:)
Auch Galliens vergnügter Sänger
Höre den Nachhall, nicht ohne Scheel - ſucht.
[95]

Anhang.

[96][97]
[figure]
Der May, eine muſikaliſche Idylle.
Daphnis.
Willkommen, allmächtiger May!
Schönſter unter den zwölf Göttern,
Die dort am Himmel im Kreiſe ſich lagern!
Du kröneſt mit Segen das Jahr.
G89[98]
Phyllis.
Willkommen, allgütiger May!
Beſter unter allen Göttern,
Die Feld und Garten mit Früchten erfüllen!
Du ſegneſt mit Liebe die Welt.
Daphnis.
Ich ſah den jungen May:
Seine Silberglocken
Hiengen um den Schlaf.
Als er vom Himmel fuhr,
Blühten alle Wipfel;
Als er den Boden trat,
Lieſs er Violen und Hyacinthen im Fuſs - tritt zurücke.
99
Phyllis.
Ich ſah den jungen May:
Einen Kranz von Myrthen
In der rechten Hand.
Als er vom Himmel fuhr,
Sangen ihm die Lerchen;
Als er zur Erde ſank,
Seufzten vor Liebe die Nachtigallen aus allen Gebüſchen.
Daphnis.
Willkommen, allmächtiger May!
Schönſter unter den zwölf Göttern!
Du kröneſt mit Segen das Jahr.
G 2100
Phyllis.
Willkommen, allgütiger May!
Beſter unter allen Göttern!
Du ſegneſt mit Liebe die Welt.
Daphnis.
Seht, die Traube bricht hervor
Unter jungen Rebenblättern,
Und verkündigt Moſt!
Dieſes machen die fröhlichen Götter,
Bacchus und der May.
Muntre Schäfer, laſst uns trinken:
Eine Schale dem May, und eine dem Bacchus zur Ehre.
101
Phyllis.
Seht, der Wieſe junges Grün,
Laue Lüſte, Wohlgerüche
Laden uns zum Tanz!
Dieſes wollen die fröhlichen Götter,
Amor und der May.
Schäferinnen, laſst uns tanzen:
Einen Reihen dem May, und einen dem Amor zur Ehre.
Daphnis.
Willkommen, allmächtiger May!
Du kröneſt mit Segen das Jahr.
Phyllis.
Willkommen, allgütiger May!
Du ſegneſt mit Liebe die Welt.
G 3102
Daphnis.
Glücklich iſt der Hirt,
Der im May die Welt erblickte,
Wann die Roſe die Knoſpe durchbricht:
Seine Kindheit hauchte Freude,
Freude düftet ſein Alter dereinſt.
Phyllis.
Glücklich iſt der Hirt,
Den im May die Hirtinn liebet,
Wann der Weinſtock die Pappel umarmt:
Seine Jugend liebt ſie zärtlich,
Zärtlich liebt ſie ſein Alter dereinſt.
103
Daphnis und Phyllis.
Ihr Kinder des Mayen, lobſinget dem May!
Sein Einfluſs beſeligt die ganze Natur.
[104]
[figure]
Ino, eine Kantate.
Wohin? wo ſoll ich hin?
Mein raſender Gemahl verfolgt mich. Ohne Retter
Irr ich umher, ſo weit das Land mich trägt, und bin
Entdeckt, wohin ich irre. Keine Höhle,
Kein Buſch, kein Sumpf verbirget mich.
Ha! nun erkenn ich dich,
Grauſame Königinn der Götter!
105
Ungöttliche Saturnia,
Wird Rachſucht dich ewig entflam - men?
Wer kann mein Mitleid verdammen?
Ich hab ein Götterkind ernährt.
Du haſt dich an Semelen ja
Mit Jupiters Blitze gerochen:
Was hat die Schweſter verbrochen?
War meine That des Todes werth?
Ungöttliche Saturnia,
Wird Rachſucht dich ewig entflammen?
Wer kann mein Mitleid verdammen?
Ich hab ein Götterkind ernährt.
106
O all ihr Mächte des Olympus,
Iſt kein Erbarmen unter euch?
Hier ſchwank ich unter der geliebten Laſt,
Die mein zerfleiſchter Arm umfaſst;
Hier fliehet, dem geſcheuchten Rehe,
Der aufgejagten Gemſe gleich,
Die königliche Tochter Kadmus; ſpringt
Von Klipp auf Klippe, dringt
Durch Dorn und Hecken.
Nein, weiter kann ich nicht;
Ich kann nicht höher klimmen. Götter!
Ach! rettet, rettet mich! ich ſehe
Den Athamas! an ſeinen Händen klebt
Noch ſeines Sohnes Blut.
Er eilt, auch dieſen zu zerſchmettern.
107
O Meer! o Erde! er iſt da!
Ich hör ihn ſchreyen! er iſt da!
Ich hör ihn keuchen! Itzt ergreift er mich!
Du blauer Abgrund, nimm von dieſer Felſenſpitze
Den armen Melicertes auf!
Nimm der gequälten Ino Seele! (Die Inſtrumente begleiten den ſchreck - lichen Fall, und kündigen hierauf die nachfolgende Verwunderung an.)
Wo bin ich? o Himmel!
Ich athme noch Leben?
O Wunder! ich walle
Im Meere? mich heben
Die Wellen empor?
108
O wehe! mein Sohn!
Er iſt mir im Falle
Den Armen entflohn.
Mitleidiger Retter,
Was hilft mir mein Leben?
Ach! gieb mir den Sohn!
O wehe! mein Sohn!
Er iſt mir entfallen!
Er iſt mir entflohn!
Ich ſeh ihn, ihr Götter!
Von Nymphen umgeben:
Stolz ragt er hervor.
109
Wem dank ich dieſs Leben,
Dieſs beſſere Leben?
Wem dank ich den Sohn?
Ich ſeh ihn, von Göttern
Und Nymphen umgeben:
Stolz ragt er hervor.
Wo ſind wir? o Himmel!
Wir athmen? wir leben?
O Wunder! wir wallen
Im Meere? uns heben
Die Wellen empor?
H110
Ihr hängt um meine Schläfe zackigte Korallen?
Und Perlen in mein Haar?
Ich dank euch, Töchter Doris! Seht, o ſeht die Schaar
Der freudetrunknen blauen Götter!
Sie flechten Schilf und Lotosblätter
Um meines Sohnes Haar.
Wie gütig, wie vertraut empfanget ihr
Zwey Sterbliche, wie wir!
Ihr gebt uns eure Götterkränze,
Und zieht uns mit euch unter eure Tänze!
(Die Inſtrumente begleiten den Tanz, und ſpielen hierauf den Geſang der Trito - nen und Nereïden vor, welcher anfangt: Leukothea iſt zur Göttinn aufgenommen.)111
Ungewohnte Symphonieen
Schlagen mein entzücktes Ohr.
Panope, dein ganzer Chor,
Und die blaſenden Tritonen
Rufen laut: Leukothea
Iſt zur Göttinn aufgenommen!
Gott Palämon, ſey willkommen!
Sey gegrüſst, Leukothea!
Meynt ihr mich, ihr Nereïden?
Nehmt ihr mich zur Schweſter an?
Meynt ihr meinen Sohn, ihr Götter?
Nehmt ihr ihn zum Mitgott an?
Ihr allgütigen Erretter,
O! mein Dank ſoll nicht ermüden,
Weil mein Buſen athmen kann.
H 2112
Und nun? ihr wendet euch ſo ſchnell zurück?
Ihr eilt mit aufgehabnen Händen Welch ein Blick!
Auf einem perlenhellen Wagen
Wird der Monarch der Waſſerwelt
Hoch auf dem Saum der Flut getragen.
Bis an den Himmel flammt der goldene Trident;
Ich höre ſeiner Roſſe Brauſen; ſehe
Den Gott, den zweyten Gott der Götter.
Der du mit Allmacht dieſes Element
Beherrſcheſt, o Neptun, mein König! tra - gen
113
Die Räder deines Wagens dich
In dieſen inſelvollen Sund, und laſſen
Den Sonnenwagen hinter ſich,
Mir meine Gottheit anzuſagen?
Ach! ewig ſoll mein Dank
Mit jeder Sonne ſoll mein lauter Lob - geſang
Von allen Wellen wiederhallen.
Tönt in meinen Lobgeſang,
Wellen, Felſen und Geſtade!
Sagt dem guten Gotte Dank!
Heil dem Gotte, deſſen Gnade
Dich zur Göttinn auserſah,
Selige Leukothea!
H 3114
Tochter der Unſterblichkeit,
In die tiefſte Meereshöhle
Senke dein gehäuftes Leid!
Deine qualentladne Seele
Labe mit Ambroſia!
Tönt in meinen Lobgeſang,
Wellen, Felſen und Geſtade!
Sagt dem guten Gotte Dank!
Heil dem Gotte, deſſen Gnade
Dich zur Göttinn auserſah,
Selige Leukothea!
[115][116]

About this transcription

TextOden
Author Karl Wilhelm Ramler
Extent122 images; 6473 tokens; 2660 types; 43966 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationOden Karl Wilhelm Ramler. . [2] Bl., 114 S. VoßBerlin1767.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Lo 6262Dig: http://diglib.hab.de/drucke/lo-6262/start.htm

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Antiqua

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

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Holding LibraryHAB Wolfenbüttel
ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, M: Lo 6262
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