Dem Hochwuͤrdigſten Fuͤrſten und Herrn, Herrn Johann Friederich Carln, Des Heil. Stuhls zu Maynz Erzbiſchofen, Des H. Roͤm. Reichs durch Germanien Erz-Canzlern und Churfuͤrſten, auch Coadiutori des Hochſtifts und Fuͤr - ſtenthums Wormbs ꝛc. ꝛc. Meinem Gnaͤdigſten Churfuͤrſten und Herrn.
Ew. Churf. Gnaden geruhen gnaͤdigſt aufzuneh - men, daß ein getreuer Knecht und Unterthan ſich unterwindet, eine ge -) (2ringeringe oͤconomiſche Schrift zu Dero Fuͤſſen niederzulegen. Dero ge - treue Stadt Erfurt hat wegen haͤu - figer Erziehung ſo wol der Brunnen - Kreſſe, als auch allerhand anderer ſchoͤnen Kuͤchen - und Specerey - Fruͤchten vor vielen andern Orten einen groſſen Vorzug. Gleichwie es nun weltkundig iſt, daß Ew. Churfuͤrſtliche Gnaden uͤberhaupt fuͤr die Wohlfarth Dero ſaͤmtliche Lande und fuͤr das Aufneh - men ihrer Nahrung unermuͤdet Sor - ge tragen; alſo genieſet auch be - ſonders hieſige Buͤrgerſchaft unter Dero gnaͤdigſtem Schutze und hoͤchſtweiſen Regierung die Gluͤckſe -ligkeit,lichkeit, den Feld - und Garten-Bau als das vornehmſte Stuͤck ihrer Nah - rung ruhig und ungehindert zu trei - ben. Es haben alhier von der Feld - und Garten-Arbeit nicht nur etliche tauſend Menſchen lediglich ihren Un - terhalt, ſondern es erſtrecket ſich auch der Vortheil und Nutze, welcher der Stadt dadurch zugezogen wird, auf alle Einwohner derſelben. Hier - uͤber hegen Ew. Churfuͤrſtl. Gnaden nicht nur den gnaͤdig - ſten Wohlgefallen, ſondern es haben auch alle diejenigen, welche ſolches Nahrungs-Geſchaͤfte unter ihren Mitbuͤrgern zu befoͤrdern ſuchen, Dero Landesvaͤterliche Huld und) (3GnadeGnade ſich beſonders zu erfreuen. Und dieſes iſt es eben, was mein kuͤh - nes Unterfangen entſchuldiget und mir ein Herze macht, dem Throne Ew. Churfuͤrſtlichen Gnaden mich zu naͤhern und Hoͤchſtdenenſelben gegenwaͤrtige geringe oͤconomiſche Abhandlungen, welche ich zu Befoͤrderung des Feld - und Garten-Baues aufgeſetzet und noch mit einigen Theilen begleiten werde, in tiefſter Ehrfurcht zu wied - men, mit der unterthaͤnigſten und demuͤthigſten Bitte, daß Ew. Churfuͤrſtliche Gnaden ſolche nach Dero angeflamten Cle -menzmenz eines gnaͤdigſten Anblickes zu wuͤrdigen geruhen moͤgen.
Solche unverdiente hohe Gna - de werde nebſt denen Meinigen alle - zeit mit dem dankbarſten und unver - geßlichen Andenken verehren, und mich dadurch beſtaͤndig anfeuern laſ - ſen, nicht allein fuͤr die hoͤchſte Wohl - farth und Gluͤckſeligkeit Ew. Churfuͤrſtlichen Gna - den geheiligten Perſon ſowol, als fuͤr hoͤchſt Deroſelben begluͤckte Regierung meine Wuͤnſche und Ge - bet zu Gott zu verdoppeln, ſondern auch mit unermuͤdetem Eifer zu be - weiſen, wie hoch ich das Gluͤck ſchaͤtze,inin unterthaͤnigſter Devotion bis an das Ende meines Lebens zu verblei - ben
Ew. Churf. Gnaden Meines gnaͤdigſten Churfuͤr - ſtens und Herrns getreueſter Unterthan und gehorſamſter Knecht Chriſtian Reichart.
Hier uͤberliefere dir gegenwaͤrtige Abhandlung von allerhand Saͤ - mereyen, welche ich lediglich zum Dienſt und Nutzen des Naͤchſten verfertigt und herausgegeben. Anfaͤnglich war ich nur willens, eine Nachricht von dem neuer - fundenen Samen-Cabinet nebſt dem Verzeich - nis derer in demſelben befindlichen Samen dru - cken zu laſſen. Hiezu wurde ich durch den gelehr - ten und beruͤhmten Geheimden Rath und Canz - ler der Univerſitaͤt Halle, Hrn. Chriſt. Frey - herrn von Wolf, in deſſen Tractat von der wun - derbaren Vermehrung des Getraͤydes aufge - muntert, alwo er gleich in dem erſten Capitel §. 1. folgendes erinnert:” Es waͤre zu wuͤnſchen, „ daß diejenigen, welche durch neue Erfindun - „ gen dem Wachsthum der Wiſſenſchaften und „ Kuͤnſten befoͤrdern, jederzeit aufrichtig heraus - „ ſagten, nicht allein wie ſie auf ihre Erfindung „ kommen, ſondern auch was ihnen dazu An -„ laßVorrede. „ laß gegeben.” Da ich nun von einem ſolchen Samen-Cabinet noch niemals etwas geleſen oder gehoͤret, ſo konte die Erfindung und Anle - gung deſſelben wohl billig als etwas neues an - ſehen. Jch entſchloß mich daher der Erinne - rung des Hrn. Geheimden Raths zu folgen, und eine kurze und aufrichtige Nachricht zu er - theilen, ſowohl wie ich auf die Gedanken ge - rathen, ein ſolches Cabinet anzulegen, als auch, wie es mit der innerlichen und aͤuſſerlichen Ein - richtung deſſelben zugegangen. Und dieſes iſt der Jnhalt der beyden erſten Capitel.
Weil ich aber vermuthete, daß dieſelben nicht allen Leſern gefallen, und manchen die blo - ſe Nachricht von dem Samen-Cabinet zu tro - cken vorkommen duͤrfte, ſo faßte den Entſchluß, ſolche mit verſchiedenen nuͤzlichen Ausfuͤhrungen allerhand Materien von denen zum Garten - und Acker-Bau noͤthigen Saͤmereyen zu begleiten. Jch habe dahero hin und wieder die Vortheile gezeiget, welche man bey Erziehung recht guter und aͤchter Samen zu beobachten: deßgleichen, wie man ſich bey Einſamlung dererſelben zu ver - halten: ferner auf was Art und Weiſe die Sa - men durch die Fermentation zur voͤlligen Rei - fung gebracht u. zum Aufgehen tuͤchtig gemacht werden muͤſſen. Jch habe auch gewieſen, wie die - ſelben am beſten zu conſerviren, daß ſie zum Auf - gehen deſto laͤnger gut bleiben. Auch iſt eine bewaͤhrte und compendieuſe Samen-Probe angegeben worden, damit man im Kaufen undVer -Vorrede. Verkaufen allen Betrug vermeiden, und durch Ausſaͤung verlegenen Samens keinen Scha - den leiden moͤge. Es iſt auch eine Tabelle bey - gefuͤgt, worinne von den mehreſten Feld - und Garten-Samen angezeiget wird, wie viel Jah - re ſie gut bleiben und zum Saͤen zu brauchen ſind. Deßgleichen habe ich in einigen Schrei - ben gehandelt von Ausartung derer Samen. Nicht weniger habe ich die Materie von Jm - praͤgnation derer Samen unterſucht, und an - dere zur Begattung dererſelben noͤthige Dinge ausgefuͤhrt. E. g. Was fuͤr Samen in Anſe - hung der Jahre oder ſeines Alters zum ſaͤen zu er - wehlen? zu welcher Jahres-Zeit die meiſten und noͤthigſten Samen zu ſaͤen, welches in einer Ta - belle enthalten: Wieviel von allerhand Samen an Gemaͤß oder Gewicht auf einen Acker zu ſaͤen, welches ebenfals in einer Tabelle angegeben worden. Deßgleichen habe ich gewieſen, auf was Art und Weiſe die Samen recht auszuſtreuen und hernach unter die Erde zu bringen ſeyn, und wie das Aufgehen derſelben, wenn es durch eine von heftigem Regen verurſachte Ruft verhin - dert worden, durch eine hierzu erfundene Wal - ze gar ſchoͤne koͤnne befoͤrdert werden. Bey dieſer Gelegenheit habe auch zur Curioſitaͤt un - terſuchet, ob man, wie in einigen Garten-Buͤ - chern faͤlſchlich vorgegeben wird, binnen 2 bis 3 Stunden den Sallat-Samen zum Aufgehen bringen koͤnne, daß er zum Eſſen zu gebrauchen. Eben ſo habe ich auch die Falſchheit desjenigen) (2Vor -Vorrede. Vorgebens gewieſen, daß man an dem einge - grabenen Kohle oder Kraute wahrhaften Cap - pes-Samen finde und auf ſolche Art hervor - bringen koͤnne. Von dem Blumen-Kohl-Sa - men, weil er ſehr delicat und ſchwer zu erziehen iſt, habe insbeſondere zu reden fuͤr noͤthig erach - tet, und einige zur Cultur deſſelben nuͤzliche An - merkungen beygefuͤgt. Und da dieſes Werkgen nicht nur denen Oeconomis und Gaͤrtnern, ſon - dern auch denen Samen-Haͤndlern zum beſten geſchrieben; ſo habe an dieſe insbeſondere einige Erinnerungen ergehen laſſen, welche in dem 5ten Capitel enthalten, wobey aber zu erinnern, daß die volkommene Ausfuͤhrung deſſelben bey dem Abdruck aus Verſehen weggeblieben, und da - her am Ende mit angehaͤngt worden. Wer al - ſo das 5te Capitel lieſet, der muß alſobald die am Ende befindliche Zugabe damit verbinden.
Bey Ausfuͤhrung dieſer gedachten Mate - rien und vieler andern Dinge, welche beylaͤufig mit eingefloſſen, bin ich keinesweges andern oͤco - nomiſchen Buͤchern blindlings gefolget, ſondern habe alles aus eigener langwierigen Erfahrung aufrichtig beſchrieben und abgehandelt. Was die Ordnung derer Capitel betrift, ſo leugne zwar nicht, daß ſolche etwas anders und beſſer haͤtte koͤnnen eingerichtet werden; allein man bedenke, daß ich dieſes Tractaͤtlein bey ſehr vielen Ge - ſchaͤften und unter mancherley Verhinderungen verfertiget, und die mehreſten Capitel, nachdem die Nachricht von dem Samen-Cabinet be -reitsVorrede. reits unter der Preſſe war, nach und nach hinzu gethan: auch uͤber dieſes gar nicht den Endzweck gehabt, ein weitlaͤuftiges volſtaͤndiges ſyſtemati - ſches Werk von den Saͤmereyen zu ſchreiben, ſondern nur bey Gelegenheit des Samen-Ca - binets einige practiſche Vortheile, die Feld - und Garten-Samen betreffend, zu communi - ciren. Jn Anſehung deſſen wird der geneigte Leſer wegen der Ordnung mich billig excuſiren, beſonders da es demſelben nichts verſchlagen kan, ob er dieſe oder jene Materie zuerſt oder hernach lieſet.
Was den Nutzen dieſer Abhandlung be - trift, ſo wird zwar derſelbe in Anſehung derer 2 erſten Capitel bey den meiſten ſo ſonderlich nicht ſeyn. Jnzwiſchen aber hoffe doch den Liebhahern der Botanic und Natur-Wiſſen - ſchaft durch dieſe Nachricht Gelegenheit zu ge - ben, in Samlung der Samen mir nachzufol - gen, und ſolche noch zu mehrerer Volkommen - heit zu bringen. Was aber die andern Mate - rien betrift, welche ich von den Saͤmereyen ab - gehandelt, ſo habe nicht Urſache den Nutzen der - ſelben anzupreiſen. Ein verſtaͤndiger Leſer kan ſolchen von ſelbſt leicht einſehen: indem es of - fenbar, daß bey dem Feld - und Garten-Bau auf guten Samen und deſſen richtige Begat - tung das meiſte mit ankomt, maſſen ja, wenn ſolche fehlen, alle Koſten, Muͤhe und Arbeit vergeblich ſind.
) (3ObVorrede.Ob nun aber gleich dieſer Tractat ganz klein iſt und von manchen deswegen mit ver - aͤchtlichen Augen angeſen werden koͤnte; ſo verſichere doch ohne Ruhm zu melden, daß man viele noͤthige und nuͤzliche Dinge darinnen fin - den wird, welche in den groſſen, ja vielleicht in allen andern oͤconomiſchen Buͤchern vergeblich geſuchet werden. Und wie ich uͤberhaupt an - gemerket, daß durch die jetziger Zeit herausge - kommenen oͤconomiſchen Samlungen und Pie - cen der menſchlichen Geſelſchaft weit mehr Nu - tzen geſchaffet werde, als durch die groſſen Vo - lumina, welche nach der alten Gewohnheit, von Begattung der Land-Guͤter geſchrieben wor - den: indem die meiſten Auctores derſelben we - nige oder wohl gar keine Verſuche, den Acker - Bau mit mehrern Nutzen zu brauchen, angeſtel - let, und vieles falſche, unnoͤthige und uͤberfluͤſ - ſige Zeug aus andern Buͤchern ohne gehoͤrige Unterſuchung dem Leſer zum Schaden und Ver - druß zuſammen getragen; ſo hoffe, daß man auch aus Leſung dieſer kurzen Abhandlung, was die Saͤmereyen betrift, mehr Nutzen ſchoͤpfen werde, als aus den groͤſten oͤconomiſchen Wer - ken, als welche ohne dieß mehr zum Nachſchla - gen, als zum Durchleſen hingeſtellet werden, und auch von dieſer Materie wenig oder nichts zuverlaͤßiges gedenken.
An Tadlern wird es freylich dieſer meiner ſchlechten Arbeit und Erfindung nicht fehlen, in - dem es ja dergleichen Leute genung giebt, wel -cheVorrede. che, wenn ſie nur von Erfindung einer neuen ih - nen noch unbekanten Sache lallen hoͤren, ſolche alſobald mit neidiſchen Augen anſehen. Denn da ſie ſich von ihrer Eigenliebe ganz beherrſchen laſſen, ſo wollen ſie alles ſchon laͤngſtens einge - ſehen haben und beſſer verſtehen als andere, ja ſie glauben, es ſey nie mand geſchikter etwas neu - es und nuͤzliches zu erfinden, als ſie ſelbſt. Deß - wegen koͤnnen ſie andern ihre Arbeit und Erfin - dung ohnmoͤglich gleichguͤltig anſehen, ſondern critiſiren daruͤber, verachten und tadeln alles, ob es gleich Sachen ſind, die ſie niemals ver - ſtanden und erfahren haben, nur damit ſie fuͤr kluͤger, geſchickter und erfahrner als andere Leu - te gehalten werden und ſich alſo ein Anſehen machen moͤgen. Allein die liebloſen Urtheile ſol - cher Leute, welche etwan zu befuͤrchten ſeyn moͤch - ten, verurſachen mir in der That wenig Kummer. Denn wenn man ſich an dergleichen Jeder - manns-Tadler kehren wolte, ſo duͤrfte kein recht - ſchaffener Mann zum beſten des gemeinen We - ſens, und zum Aufnehmen der oͤconomiſchen Wiſſenſchaft die Feder anſetzen. Genung iſt es mir, daß ich nicht um ſchnoͤden Gewinns und eit - ler Ehre willen, ſondern lediglich, meinen Naͤch - ſten durch Bekantmachung einiger Vortheile in Begattung der Gaͤrten und Laͤndereyen zu die - nen, geſchrieben habe. Jnzwiſchen iſt meine Mei - nung gar nicht, andern meine Gedanken aufzu - dringen, noch vielweniger mich daruͤber in einen Streit einzulaſſen, ſondern ich uͤbergebe dieſel -benVorrede. ben einem jeden zur vernuͤnftigen Pruͤfung. Jſt jemand anderer Meynung, ſo habe ich nichts darwider einzuwenden. Denenjenigen aber, welche ſich des Tadelns nicht enthalten koͤnnen, gebe ich zu bedenken, daß damit der menſchli - chen Geſelſchaft ſchlechter Nutze geſchaffet wer - de, und rathe Jhnen, ihre Speculationes viel - mehr darauf zu richten, wie ſie in dieſem Stuͤcke etwas beſſeres liefern moͤgen, als ich. Sie werden alsdenn ihre Muͤhe nicht nur viel nuͤz - licher und ruͤhmlicher anwenden, auch mich und andere dadurch gar ungemein verbinden.
Solte aber dieſe Piece bey dem geneigten Leſer einigen Beyfal finden, ſo werde, wenn GOtt Leben und Geſundheit verleihet, noch mit mehrern oͤconomiſchen Erfahrungen und Vor - theilen an die Hand zu gehen nicht ermangeln. Erfurt, den 19. September 1750.
Wenn in dem Natur-Reiche eine er - goͤtzende Curioſitaͤt zu finden; ſo iſt es gewiß die, ſo man bey der Samlung der in - und auslaͤndiſchen Samen, ſowohl von Baͤumen als auch von Straͤu - chen, Feld-Fruͤchten, Blumen und Stauden hat, bey deren wunderbaren und beſondern Structur, Beſchaffenheit und Annehmlichkeit man mit ſei - nen Gedanken ſtille ſtehen und bewundern muß, wie der allerweiſeſte Schoͤpfer der Natur dieſelbe denen Samen gleichſam zugeworfen. Jſt doch kein Mahler, wer der auch ſeyn wil, mit ſeiner Kunſt dergleichen weder nachzumahlen noch zuAbh. v. Sam. Azeich -21. Cap. Von Anlegungzeichnen vermoͤgend. Abſonderlich wenn man die bey den mehreſten befindlichen zarten, wollichten, gedreheten, krauſen, glaͤnzenden, ſuptil punctir - ten, eingebogenen, vertieften, und mit den kleine - ſten Strichlein verſehenen Structuren und ande - re dergleichen beſondere Eigenſchaften dererſel - ben betrachtet.
Wenn die heutigen um eine gruͤndliche Ein - theilung der Gewaͤchſe in gewiſſe Claſſen bemuͤhe - ten Botanici die Wurzeln eines Krautes bald groß bald kleine finden, und die Blaͤtter an einem Ge - ſchlechte von verſchiedner Figur antreffen, wie z. E. verſchiedene Arten der Paßions-Blume, deren die eine ein rundes, eine andere ein herzfoͤrmiges, wie - der eine andre ein-zwey - oder mehrmal eingeſchnit - tenes Blat traͤgt; ſo haben ſie weder die Wurzeln noch Blaͤtter zu einer beſtaͤndigen Claßification wehlen koͤnnen, ſondern die Blume, und vornem - lich den Samen, daß alſo dieſe Beſchaͤftigung ſich in einem immer herrlicher, nuͤtzlicher und kuͤnſtli - cher zeiget als am andern.
Gleichwie nun die Samlung derer Samen, fuͤr ſich ſelbſt nicht allein ein curioͤſes, ſondern auch in gewiſſen Abſichten ein hoͤchſt nutzbares und ei - nem die Natur-Wiſſenſchaft liebenden Gemuͤthe ein ganz noͤthiges und angenehmes Studium iſt; ſo werden auch bey ſolcher Einſamlung zugleich die eigentlichen Namen der Baͤume, Standen, Kraͤuter, mit Huͤlfe und Nachſchlagung der bota - niſchen Buͤcher nach und nach bekant, wiewohl mir anfaͤnglich die dabey vorkommende unbekanteNamen3des Samen-Cabinets. Namen, wenn ich Gewißheit davon haben wolte, ein weitlaͤuftiges Nachſuchen und eben keine ge - ringe und leichte Arbeit verurſachete. Derowegen muſte ich unterweilen Unterricht einholen, wovon im nachfolgenden ein mehreres zu erſehen ſeyn wird.
Es iſt ohne mein Erinnern ſatſam bekant, daß bey jetzigen Zeiten die Botanic in ſehr hohen Grad geſtiegen, mithin hat man die ſchoͤnſte Ge - legenheit, durch Anſchaffung derer neuerlich her - ausgekommenen botaniſchen Werke die Botanic zu erlernen, unter welchen erſtlich anzufuͤhren des hieſigen und beruͤhmten Hrn. D. und Prof. Knip - hofs, der Arzeney-Wiſſenſchaft und Natur-Lehre oͤffentlichen Lehrers, wie auch der Kayſerl. Acade - mie und des Jnſpections-Collegii hieſigen Evan - gel. Waiſenhauſes hochanſehnlichen Mitgliedes, im Jahr 1733 edirtes lebendiges Officinal-Kraͤu - terbuch, worinnen die von ihm inventirten Abdruͤ - cke von den lebendigen Kraͤutern ſelbſt abgedruckt und auf das Papier gebracht worden, mithin we - gen der Zeichnung, die die Natur ſelbſt giebt, hier - innen nicht hat koͤnnen gefehlt werden, indem das Gewaͤchſe oder das Kraͤuterich ſelbſt ſolche auf das accurateſte gegeben, daß ſie keinem Kupferſtich et - was nachgeben wird.
Ferner Phytanthoza iconographia Wein - manniana. Auguſtæ Vindelicorum 1734.
Item Eliſabeth Blackwells auserleſenes Kraͤu - terbuch, oder Samlung der Gewaͤchſe, die zum Ar - zeney-Gebrauch in denen Apotheken auf behaltenA 2wer -41. Cap. Von Anlegungwerden, deren Beſchreibung und Nutzen aus dem Engliſchen uͤberſetzet iſt. Nuͤrnberg 1747.
Desgleichen auch Icones Plantarum cum explicationibus & animaduerſionibus Schmi - delii, von Georg Wolfgang Knorren heraus - gegeben zu Nuͤrnberg 1747.
Es iſt auch bereits im Jahr 1734 in meinem edirten lebendigen Kraͤuter-Buche, in welchem ich ſonderlich die Cultur der Kraͤuter beſchrieben, von Aufbehaltung und Samlung derer Samen eines und das andere erinnert worden; nachdem aber der Verleger mit Tode abgegangen, und kein Exemplar fuͤr das Geld mehr zu haben iſt, ſo wil ich eines und das andere hieraus anmerken, was ich hier fuͤr noͤthig erachte.
Zu denen fremden und einheimiſchen Sa - men waͤre auch noͤthig, daß ſowol die Herren Bo - tanici, Samen-Haͤndler, Oeconomi und Gaͤrt - ner, ein beſonderes Schraͤnklein in mit darzu ge - machten kleinen Faͤchern oder Glaͤſern ſich anſchaf - feten, in welchen allerhand Sorten von bemelde - ten Samen, die nur zu haben und zu bekommen ſind, nach alphabetiſcher Ordnung und mit Zu - ſchreibung derer deutſchen und lateiniſchen Na - men geſtellet werden koͤnten.
Weil nun zur Erlernung und Kentnis aller Samen nichts beſſers iſt, als die oͤftere Beſchau - ung, ſo ſol ein fleißiger Botanicus u. d. gl. ohne der - gleichen Schraͤnklein zu haben, ſich nicht leicht fin - den laſſen, wie er denn auch von allen, ſie ſeyn Fremde oder Einheimiſche, gar leicht ein wenigesda -5des Samen-Cabinets. dahin legen kan, wodurch man ſich nicht allein uͤber die artige Structur und Geſchoͤpfe derer Samen hoͤchlich verwundern wird, ſondern man wird auch durch dieſes Mittel die Erkentnis de - rer Samen ſich ſo deutlich imprimiren, daß man wohl hundert und mehr Sorten, ſo unter einan - der gekommen, auszuleſen, zu kennen und zu nennen fertig werden wird.
Es iſt A. 1727 das neueroͤfnete Materia - lien - und Naturalien-Magazin in fol. in Leipzig heraus gekommen, in welchem der Autor p. 2. von denen Samen nachfolgendes erinnert: Es kan derjenige, welcher die Samen genau und wohl kennen und lernen wil, nie gnugſamen Fleis an - wenden, indem es gewißlich nichts leichtes iſt, ſo viel und mancherley Arten derer Samen, welche ohnedies gar oft einander ziemlich aͤhnlich ſehen, von einander zu unterſcheiden. Jch duͤrfte dero - halben auch ſchier ſagen, daß die Erkentnis der Geſaͤme, bevoraus, wenn ſie einen nicht zum oͤf - tern durch die Haͤnde gehen, gar bald wiederum vergeſſen wuͤrde ſeyn, und wolte jedweden, der der - gleichen einkaufen muß, dieſen aufrichtigen Rath geben, daß er ſich zu rechtſchaffenen und aufrichti - gen Leuten halte, welche ſtets damit zu thun ha - ben, und nicht zu ſolchen, die ſie ſonſt insgemein zu verkaufen pflegen. Dann, weil dieſe ſelbſt keine genaue Kundſchaft, noch rechte Wiſſenſchaft davon haben, verkaufen ſie oftmals, was ſie ſelb - ſten nicht einmal kennen, und geben quid pro quo, eines fuͤr das andere, alte und verlegeneA 3Sa -61. Cap. Von AnlegungSamen fuͤr friſche, hitzige an ſtat der kuͤhlenden, u. ſ. f. man ſelbige nur in etwas einer dem andern gleich ſehen. Jn dieſem Buche ſind die mehreſten Samen, welche die Materialiſten, Apotheker, in ihren Officinen brauchen, gar deutlich, ſowol dem Anſehen, Geſchmack und Geruch nach, als auch nach ihren Gebrauch zur Arzeney beſchrieben, wo - hin ich diejenigen, welche hiervon Nachricht ver - langen, wil gewieſen haben.
Als ich vor einigen Jahren einige hundert Arten von Samen geſamlet hatte; ſo fuͤgte ſichs, daß bey der montaͤgichen woͤchentlichen Conferenz der Jnſpection in dem Evangel. Waiſenhauſe al - hier, der weitberuͤhmte Herr D. Andreas Elias von Buͤchner, des H. R. Reichs Edler, der Kay - ſerl. Academ. Nat. Curioſor. Praͤſident, jetzo Sr. Koͤn. Majeſt. in Preuſſen Geheimder Rath und der Arzeney-Wiſſenſchaft und Natur-Lehre auf der beruͤhmten Univerſitaͤt Halle oͤffentl. Lehrer, als ein damaliges hachanſehnliches Mitglied derſel - ben, mich auf die Gedanken brachten, daß ich meine albereit geſamlete Samen, welche ich in Papier - Capſeln gethan, und nach der Botanic ſowohl die lateiniſchen als auch die deutſchen Namen darauf geſchrieben hatte, in das Waiſenhaus geben moͤch - te, indem ich dergleichen Samlung ohnehin fort - zuſetzen die beſte Gelegenheit haͤtte, und dieſes koͤn - te ein kleines Samen-Cabinet abgeben, damit andere curioͤſe Gemuͤther und Naturalien-Sam - ler dieſe merkwuͤrdigen Dinge des Vegetabilien - Reichs auch mit in ihre Cabinetter zu bringen,und7des Samen-Cabinets. und ſolche nuͤtzliche Unterſuchung weiter fortzu - ſetzen Gelegenheit bekommen und angereitzet werden moͤchten.
Dieſem loͤblichen Angeben Folge zu leiſten, war ich ſofort willig und bereit, weßhalben reſol - viret wurde, kleine Glaͤſergen und zwar in Form der Zucker-Glaͤſer hiezu anzuſchaffen. Als wir nun dieſe uͤberkommen hatten; ſo verurſachte es bey mir eines und anderes Bedenken, die Samen al - leine einzufaſſen, indem ich zur ſelbigen Zeit we - nig in der Botanic erfahren war, beſorgete alſo, ich moͤchte theils Namen unrecht aufſchreiben, wo - durch ich mich anderer Leute judiciis unterwuͤrfig machen und von denen Kennern einer Jgnoranz beſchuldiget werden koͤnte. Dieſes nun von mir abzuwenden, nahm ich mir die Freyheit, und er - ſuchte obbelobten Hn. Geheimen Rath: es moͤch - ten Dieſelben belieben, die erſte Hand bey eigent - licher Auſſchreibung der Namen und bey Einfaſ - ſung der Samen in die Glaͤſer, mit anzulegen, wo - zu ich mir gleichfals des obgedachten Hn. Prof. Kniphofs Beyſtand ausbat. Alſo hatte ich von dieſen zweyen beruͤhmten Maͤnnern in meinem Hauſe die Ehre, daß Dieſelben den damaligen Vorroth mit in die Ordnung brachten.
Nach dieſer gethanen Arbeit wurden die Glaͤſer in die Naturalien-Kammer des Evangel. Waiſenhauſes in 6 Reihen uͤber einander geſtellet, welche gar ein artiges Anſehen machten. Dieſe blieben in ſolcher Ordnung einige Jahre nach ein - ander ſtehen, worbey ich aber anmerkte, daß manA 4durch82. Cap. Von Fournirungdurch die beſagten Glaͤſer die Semina nicht ſo di - ſtincte und nach deren eigentlichen und wunder - baren Structur betrachten konte. Jch richtete da - hero meine Gedanken darauf, ob die Sache nicht auf eine andere Art koͤnte eingerichtet werden.
Es gefiel GOtt, An. 1747 im Monat Februa - rio mich auf einige Wochen mit Schmer - zen an denen Schenkeln und verdruͤslichen Nachtwachen heimzuſuchen. Jch verfiel in ſol - cher naͤchtlichen langen Weile auf mancherley Ge - danken, und unter andern gedachte ich auch an die - jenigen Dinge, welche ich hin und wieder in den Natural-Cabineten in meiner Jugend geſehen. Jnsbeſondere erinnerte ich mich eines kleinen Portals, welches auf ein ſtarkes Quartblat Pa - pier mit allerhand Samen beſezt und ausgeleget war, geſehen zu haben: ob mir aber ſolches in der Hochfuͤrſtl. Saͤchſ. Weimariſchen, Gothai - ſchen oder ſonſten in einer andern Naturalien - Kammer vorgezeiget worden, kan mich nicht mehr erinnern.
Als9des Samen-Cabinets.Als ich nun mit meinem Gedanken auf jetzt gedachte Jnvention des geſehenen Portals gefal - len; ſo gab mir die Schlafloſigkeit Gelegenheit der Sache ferner nachzudenken, ob man nicht viel - leicht mit dieſer Beſetzung einiger Samen ein Schraͤnklein von auſſen mit allerhand Figuren, Wappen und dergleichen, in mancherley Farben auszieren und belegen koͤnte.
Jch ſpeculirte uͤber dieſen Einfal, und gien - ge mit meinen Gedanken weiter fort und gedachte, daß man zum wenigſten aus dem aͤnſſerlichen An - ſehen und aus der Ueberſchrift muthmaſſen koͤnte, was in einem ſolchen Schraͤnklein zu finden und zu ſehen waͤre. Es wurde mir Zeit und Weile lang, ehe der Tag anbrach, und ſobald als es ſchiene helle zu werden, ſo lieſſe ich ein ſolches Schraͤnklein mit Schiebefaͤchern verſehen, (wel - ches bereits im Vorrath hatte) und mit Leimfarbe nach nußbaumener Fournirung gemahlet war, in meine Stube bringen. Jch machte die Zeichnung und Abtheilung erſtlich mit denen Haupt-Linien, und ſobald ich dieſes verrichtet hatte, muſten mir meine Leute aus meiner Samen-Kammer man - cherley Bohnen (Phaſeolen) bringen. Als ich aber die Structur derſelben genau betrachtete, ſo ſtelleten ſich dabey Hinderungen ein, daß mir faſt alle Luſt dergleichen Phaſeolen auf Holz zu bringen vergieng, angeſehen dieſe rund und gleichſam wie ein Glas oder als lackirt anzugreifen waren. Da ich aber dieſe Phaſeolen ferner betrachtete, ſo wur - de ich bey dem Anſchauen derſelben gewahr, daßA 5faſt102. Cap. Von Fournirungfaſt uͤber der Helfte ein ſubtiler Strich bey der Kaͤume durchgieng und probirte mit einem Feder - meſſer, ob dieſelben in zwey accurate Theile koͤn - nen getheilet werden. Dieſes wolte anfaͤnglich nicht gleich gerathen, wie ich aber hernach das Meſſer accurat und mitten auf die Linien oder ſubtilen Striche ſetzete, ſo wie es die Natur der Phaſeolen von ſelbſten, daß ſich dieſelbigen ganz willig und gerne von einander zertheilten.
Wie ich nun dieſes gefunden hatte; ſo dach - te ich, es waͤre nunmehro mit dem Auftragen und Aufleimen ein gar leichtes, indem ich nun einen gleichen Boden an denen geſpaltenen Phaſeolen gefunden haͤtte. Hierauf fieng ich an, meinen Tiſcher zu mir kommen zu laſſen, und fragte ihn: ob er denn einen tuͤchtigen Leim verfertigen koͤnte, daß dergleichen Phaſeolen und andere Samen koͤnten auf Holz feſte gemacht werden, ferner was er zu ſolchem Leim nehmen wolte? Reſp. 1.) Leim, 2.) Hauſenblaſen, 3.) Brantewein. Jch mach - te ihm aber bey dieſen einige dubia, nemlich er ſolte doch betrachten, daß die mehreſten Samen, welche ich hierzu gebrauchen wolte, faſt glaͤtter denn ein Glas waͤren, und dahero beſorgte, daß die mehreſten herunter fallen, und nicht feſte blei - ben wuͤrden. Der Schreiner replicirte: wenn dieſes nicht angehen und halten ſolte, ſo wuͤſte er nichts mehr zu finden. En fin, ich fieng meine ſogenante Fournir-Arbeit an, brachte auch ſolche in eine gar artige Ordnung, allein wie ich damit fertig war, und das Schraͤnklein einen Tag ſtehenlies,11des Samen-Cabinets. lies, und den morgenden Tag darnach ſahe, und verſuchte, ob der gedachte Leim ſeine Probe halten wuͤrde, ſo gieng hier und da dieſes und jenes bey dem Angreifen herunter, daß es hernachmalen wie altes verfaultes und von Wuͤrmern zerfreſ - ſenes Holz anzuſehen war.
Bey dieſer Spiel-Arbeit gedachte ich nicht ſo ſehr an meine Schmerzen, ſondern war gedultig dabey, und radirte ſowol die Phaſeolen als die an - dern Samen, ſo noch daran geblieben, von dem Sraͤnklein herunter. Was war nun bey dieſer Arbeit zu thun? Es gefiel mir gleichwol dieſe Auslegung um des aͤuſſerlichen und Artigen Anſe - hens willen, dahero verſuchte ich mein Heyl noch einmal, und mein Schreiner verſicherte, es muͤſte halten. Als ich nun wiederum fertig war, fielen meine Samen abermal herunter. Jch war ver - druͤslich daruͤber, und wolte es gar liegen laſſen.
Endlich nahm ich ein rohes und gehobeltes Bret, und leimete ſowol die geſpaltenen Phaſeo - len als andere Samen darauf, jedoch nahm ich et - was Terpentin unter den Leim. Als dieſelben einige Stunden darauf geſtanden, ſo blieben ſie feſte ſtehen. Durch dieſes kam ich hinter die Wahrheit, warum meine vorige Arbeit auf meine Schraͤnklein nicht halten wolte: es war nichts anders Schuld daran, als daß es vorhero gemah - let war, Leim wiederum auf Leim und Farbe konte nicht halten. Mein Schreiner muſte herbey kommen und die Farbe von den Schraͤnklein ab - ſcharren, und alſo hatte ich friſches Holz, woraufich122. Cap. Von Fournirungich meine Beſetzung zum drittenmal verrichtete, wodurch ich meinen Endzweck erreichte, welche zwey Schraͤnklein, die ich zuerſt zur Probe ver - fertiget, bey mir auch noch zu ſehen ſind.
Die Buchſtaben der Ueberſchrift ſind mit Saflor-Kern (Cnicus ſatiuus) beſetzet, und lau - tet dieſelbe alſo: Oculis non manibus. Ueber demjenigen Schraͤnklein, welches in das Evangel. Wayſenhaus verehret, iſt die Ueberſchrift mit gruͤ - nen Erbſen und kleinen Tuͤrckiſchen Phaſeolen beſetzet worden. Die erſte Reihe iſt alſo zu le - ſen: SAMEN-CABINET, und in der andern: MANVM DE TABVLA. Ein jedes Schiebe - Kaͤſtlein habe ich durch den Buchbinder mit weiſ - ſem Papier uͤberziehen und mit dicker Pappe jedes in 96 Quadrat-Faͤchergen eintheilen laſſen. Jn ein jedes Faͤchlein iſt ein beſonderer Same gethan, und aufgeleimet, woruͤber die Numer geſchrieben, und der eigentliche Name hierzu in nachfolgenden Catalogum gebracht worden.
Mit Aufleimung der Samen in die Faͤch - lein gieng es faſt eben ſo ſchwer her, als mit Aus - zierung jetzt beſchriebener Schraͤnklein. Dero - halben muſte ich mir von dem Schreiner einen beſondern Leim oder Kuͤt machen laſſen, worzu ich folgende Species nahm: 1.) ſtarken Leim, 2.) Hauſenblaſen, 3.) Terpentin nach Proportion, 4.) ſtarken Brantewein, und 5.) recht klar gerie - bene Kreide, welches zuſammen auf Kohlen wohl unter einander geruͤhret, mit dem Pinſel in die Faͤcher gethan, der Same alſobald darauf gele -get,13des Samen-Cabinets. get, und in den Leim oder Kuͤt eingedruckt wird. Wenn alſo dieſer Leim oder Kuͤt eine Zeitlang ge - ſtanden, ſo wird er ſo feſt als ein Stein, und mit dieſen kan man Glas, Thee-Taſſen und derglei - chen zuſammen leimen.
Nachdem ich nun mit dieſem Schraͤnklein fertig war, auf welches ich das Hochfuͤrſtl. Go - thaiſche kleine Wappen gebracht hatte, und mir dieſes gelungen, ſo fieng ich ein groͤſſeres an zu beſetzen, und dieſes iſt es, welches in das Evan - geliſche Wayſenhaus gegeben worden. Mit die - ſem war ich in Zeit von vier Tagen mit der aͤuſſer - lichen Fournirung zu Ende, wie aus beygehendem Kupfer des Titel-Blates zu erſehen. Denn ſo man einmal den Handgrif hat, als worauf vieles ankomt, ſo gehet es ganz gut von ſtatten, und iſt mit Luſt zu machen. Dieſe Fournirung mit de - nen Phaſeolen und andern Samen wird wohl dem aͤuſſerlichen Anſehen nach von keiner Streu - Arbeit, ſie mag auch ſo koſtbar ſeyn als ſie im - mer wolle, uͤbertroffen worden. Die Haupt-Li - nien derer Wappen und anderer Zierathen ſind mit denen weiſſeſten auch bunten Phaſeolen, die Felder aber mit andern farbigen Samen nach der Heraldic beſetzet worden, und ſo man drey bis vier Schritte davon ſtehet, ſo ſiehet es nicht anders aus, als wenn es mit Wachs-Perlen be - ſetzet und gemahlet waͤre.
Mich deucht, daß dieſe aͤuſſerliche Fourni - rung fuͤr das Frauenzimmer ſich gar wohl ſchi - cken ſolte, womit ſie allerhand Schraͤnk - undKaͤſt -142. Cap. Von FournirungKaͤſtlein verfertigen koͤnten, die zur Ausſchmuͤ - ckung auf die Nacht-Tiſche koͤnten geſtellet werden.
Was die Eintragung und Ordnung derer Samen in dieſem Cabinetgen betrift, ſo war ich anfaͤnglich Willens, die Semina nach der Botanic in Claſſen einzutheilen; allein ich fand hierbey abermal Schwierigkeiten, indem bey dieſer Colle - ction nicht alle in einem Jahre, ſondern nach und nach zu ſamlen ſind, und nimt man wahr, daß theils Samen in warmen Sommer-Tagen, theils aber bey temperirter Witterung beſſer gerathen und gedeyen als in einer andern. Es hat auch je - der Same ſeine gewiſſe Jahres-Zeit, in welcher er pfleget reif zu werden. Um deswillen war ich ge - noͤthiget ſelbige ohne Unterſchied, wie ich ſolche nach und nach ſamlen und bekommen koͤnnen, nach einander, und zwar jede Sorte beſonders in die Faͤcher zu bringen. So man nun die Schu - bekaſten herausziehet, und ſo mancherley Samen, auch die auf das Creuz der Faͤchlein aufgeleimten verguldeten Blaͤtlein erblicket, ſo giebt ſolches ein ganz artiges Anſehen.
Ob ich gleich nunmehro, wie nachbeſchriebe - ner Catalogus zeiget, in denen Numern und Sor - ten derer eingeſamleten Samen, ziemlich hoch ge - kommen bin, ſo hoffe doch, wenn GOtt Leben und Geſundheit auf einige Jahre friſten wolte, ſowohl mit einheimiſchen als fremden zu conti - nuiren.
Curioͤſen Liebhabern wird es hoffentlich nichtgereuen,15des Samen-Cabinets. gereuen, dieſe meine Gedanken und Erfindung geleſen zu haben. Jch glaube auch nicht, daß Jemand meine Arbeit fuͤr etwas unnoͤthiges oder uͤberfluͤßiges anſehen werde, indem nicht ein jeder Gelegenheit hat ſolche Dinge ausfindig zu ma - chen, welche zur Befoͤrderung der Natur-Wiſſen - ſchaft gereichen koͤnnen. Jch habe auch verſchiede - ne Autores durchgeſucht und durchblaͤttert, welche von Naturalien-Kunſt - oder Raritaͤten-Kammern geſchrieben: doch habe ich nicht finden koͤnnen, daß Jemand auf eine ſolche Art dieſer Samlung gekommen waͤre. vid. plura 217.
Gleichwie alle Dinge denen Motten und Wuͤr - mern unterworfen ſind; ſo ſind auch die Samen hiervon nicht ausgeſchloſſen, abſonderlich wenn ſie vom Staube und andern Unreinigkei - ten nicht ausgeſchwungen und rein gemacht wor - den. Dahero muß man uͤberhaupt bey dem Geſaͤmig zuerſt darauf bedacht ſeyn, daß es von allem Unrath vorher wohl geſaubert, und als - denn an einen ſolchen Ort geſchaffet werde, wo es einer friſchen und temperirten Luft genieſſen kan. Der163. Cap. Von ConſervationDerowegen muß man auch die Schraͤnklein nicht an einen dumpfigen, ſondern an einen luͤftigen Ort ſetzen. Ob nun gleich das Oleum in denen Samen-Koͤrnern nach und nach ſich verlieret und verzeret, und ſie folglich zum Aufgehen untauglich werden, ſo bleibet dennoch die aͤuſſerliche Stru - ctur beſtaͤndig, und komt auch hier hauptſaͤchlich die Conſervation mit darauf an, daß ſie ohne allen Staub und Unreinigkeit mit in die Faͤchlein gebracht werden: denn es iſt bekant, daß in dem Staube ſich ſubtile ouula und Wuͤrmlein befin - den, welche wir mit unſern Augen nicht penetri - ren koͤnnen, und es giebt die Erfahrung, wenn theils Samen-Haͤndler ihre Samen unvernuͤnf - tig in die Kaſten bringen, daß ſie wegen Man - gel der Luft in Zeit von einem Jahre durch die Wuͤrmer in Kluͤmper zuſammen gezogen und verderbet werden.
Diejenigen aber handeln kluͤger, welche ſie in leinene Saͤcke thun, ſolche aufhaͤngen, an die Luft und temperirte Oerter bringen: denn ſo die - ſes wohl in Obacht genommen wird, koͤnnen ſie viele Jahre conſerviret werden. Wenn hingegen der Same zu feuchte lieget, ſo verdumpft er, des - wegen iſt auch nicht zu rathen, daß der neue ausge - droſchene Same alſobald zuſammen gethan, ſon - dern vorher auf einen luͤftigen Boden fein duͤnne ausgebreitet werde, damit er fein abtrockene.
Ferner iſt auch nicht zu billigen, daß man ihn durch die Sonnenſtrahlen zu ſehr beſcheinen, und den Saft und Kraft, oder vielmehr das Oleumda -17derer Samen. dadurch ausziehen laͤſſet. Wie viel Jahre aber ein jeder Same ſich conſerviret, wie und wenn er ſol geſaͤet und eingeſamlet werden, wird un - ten mit mehrerem zu erſehen ſeyn.
Endlich iſt auch als etwas noͤthiges hier noch zu merken, daß man die Samen, welche man zum Vorrath aufzubehalten gedenket, jaͤhrlich ein - auch wohl zweymal durch ein Sieb laufen laͤſſet, welches in Anſehung der Weite nach Proportion eines jedweden Samens eingerichtet ſeyn muß. Denn es pfleget unterweilen zu geſchehen, daß Wuͤrmer und Maden in ſolchen wachſen, welche, wenn der Same nicht durchgeſiebet und an die Luft gebracht wird, ihn gaͤnzlich ruiniren wuͤrden.
Was nun noch insbeſondere die Converſation der Samen in den Schraͤnklein anlanget, ſo laͤſſet ſchon obgedachter Kuͤtt in Anſehung des Terpen - tins, Kreide u. Weinhefen-Branteweins nicht zu, daß die Wuͤrmer die Samen angehen, ſondern ſie werden ſehr viele Jahre dadurch conſerviret, wenn anders die Schraͤnklein, wie oben gedacht worden, in ein Zimmer auf luͤftige Oerter geſtellet werden.
Aber es kan auch zu noch beſſerer Converſa - tion derer Samen der Campfer, welcher aller Faͤu - lung widerſtehet, gebraucht werden. Dieſen thut man in abgeſchnittene Feder-Kielen. Er muß aber kleine geſtoſſen und ein oder zwey Tropfen Weinhefen-Brantewein vorher darauf getroͤpfelt werden, damit er fein kleine wird, und deſto fuͤg - licher in die Kielen gebracht werden kan. Oben werden ſie mit einem Zaͤpflein zugeſtopfet, und aufAbh. v. Sam. Bjedes184. Cap. Wie manjedes Schiebe-Kaͤſtlein eine geleget. Auf dieſe Art wird gewiß kein Wurm die Samen angehen, denn ſo viel zu derſelben Conſervation noͤthig iſt, ſo viel gehet auch Spiritus nach und nach durch die poros der hineingelegten Feder-Kielen heraus, und ſo ja nach Verflieſſung einiger Jahre der Campfer aus den Kielen evaporiren oder ſich verzehren ſolte, ſo muͤſſen ſolche wiederum angefuͤllet werden. Zu noch mehrerer Conſervation der Samen in denen Schraͤnklein dienet endlich auch, wenn ein kleines Laͤplein in Terpentin-Oel ein wenig eingetaucht, in eine Ecke des Schiebe-Kaͤſtleins geleget wird, und ſo ein oder zwey Jahr verſtrichen, kan beſagtes Laͤp - lein wieder angefeuchtet werden. Dieſes verur - ſachet zwar, daß es an einem ſolchen Orte ein gelb Flecklein wird, weswegen man, wenn es nach eini - ger Zeit angefriſchet wird, wieder dahin legen ſol.
Denen Samen-Haͤndlern, Gaͤrtnern, und denenjenigen, welche jaͤhrlich zu ihrem Acker-Bau die Garten-Samen einkauffen muͤſſen, habe ich meine Samen-Probe commu -nici -19allerhand Samen probiren ſol. niciren wollen, damit ſie nicht koͤnnen betruͤgen noch betrogen werden. Zur Herbſt - und Win - ter-Zeit pflege ich die Samen zu probiren, beſon - ders aber diejenigen, welche hier in Erfurt nicht koͤnnen erzogen und von fremden Orten muͤſſen verſchrieben werden. Z. E. Majoran, Artiſchocken und Spaniſche Cardi-Koͤrner, Roßmarin, edle Me - liſſe, u. d. gl. oder auch die Einheimiſchen, wenn man beſorget, daß der Same in den verſtrichenen Jahren zum Aufgehen waͤre zu alt geworden, da - mit man wegen der Ausſaat um des Aufgehens willen ſich deſto gewiſſer darauf verlaſſen koͤnne.
Dieſe Samen werden in einen Scherben, welcher mit Erde angefuͤllet worden, auf den Hin - ter-Ofen zur Winter-Zeit geſtellet, alwo er unten an dem Boden eine ſolche Waͤrme genieſſen kan, als wenn der Scherben in ein Miſt-Bett oder Treib-Haus waͤre geſtellet worden; ſolte aber je - mand keine Gelegenheit haben, den Scherben auf den Hinter-Ofen zu ſtellen, ſo kan auch ſolcher daneben geſtellet werden, aber nur nicht in alzu groſſer Hitze, als welche hier ſchaͤdlich iſt.
Mit denen Samen, welche man gedenket zu probiren, verfaͤhret man alſo: Erſtlich nimt man ein leinen Laͤplein 4 Zol in Quadrat, und in der Mitte dieſes Laͤpleins leget man ſo viel Samen, als man mit denen zweyen Forder-Fingern gleich - ſam als eine Priſe Schnupf-Tobak begreifen kan, und ſo dieſes geſchehen, nimt man ſolches an de - nen vier Ecken zuſammen, daß es einem Beutel aͤhnlich ſiehet, und alſo bleibt der hinein gelegteB 2Same204. Cap. Wie manSache in der Mitte, und man bindet daſſelbe mit einem Zwirn-Faden, jedoch nicht feſte zu - ſammen, damit der Same zum kaͤumen und auf - zuquellen ſo viel Raum als noͤthig, in dem ge - dachten Laͤplein behalte. Hierauf nimt man die - ſes Beutelchen, weichet es 24 Stunden in Waſ - ſer ein, und wenn dieſe Zeit vorbey, ſo leget man ſolches in die Erde, jedoch alſo, daß oben uͤber der Erden etwas weniges von dem Laͤplein noch zu ſe - hen iſt, damit man es deſto fuͤglicher, wenn man gedenket, daß der Same gekaͤumet iſt, heraus ziehen kan. Neben dieſes in der Erde eingelegte oder eingeſcharrete Beutlein, ſtecket man ein klei - nes Stoͤcklein, worein der aufgeſchriebene Name in einen darein gemachten kleinen Spalt gethan wird, damit, wenn mehrere Samen auf ein - mal probiret werden, ſolche deſto fuͤglicher von einander koͤnnen unterſchieden werden, indem be - ſonders die runden Samen im Aufquellen einan - der ganz gleich ſehen. Und ſo dieſes alles geſche - hen, begieſſet man den Scherben, damit die Erde ſich an das Beutelchen anſetzet, alsdenn ſtellet man den Scherben an obbeſagten temperirten Ort, und wenn dieſer 3 bis 4 Tage geſtanden, ſo ziehet man das Laͤplein aus der Erde heraus. Als - denn wird man finden, wenn anders der Same noch gut iſt, daß er zum Theil durch das Laͤplein hindurch gewachſen iſt. Wenn dieſes von einan - der gelegt wird, ſo koͤnnen alle Koͤrnlein darin - nen gezehlet werden. Man wird hierbey alſobald wahrnehmen, ob der dritte oder vierte Theil alterver -21allerhand Samen probiren ſol. verlegener Same untermiſchet worden. Solten nun nicht alle Koͤrner aufgekaͤumet ſeyn, ſo leget man das Laͤplein wiederum in die Erde, und be - gieſſet die Erde abermal, daß ſich ſolche anſetzet, und wenn zwey oder drey Tage wiederum vorbey ſind, und man zum andernmal Koͤrner darunter findet, welche nicht alle aufgegangen ſind, ſo iſt es gewiß ein Zeichen, daß der Same nicht ge - nuin, ſondern alter darunter gemiſchet worden.
Wolte man aber Zwiebel, Porre oder Spa - niſchen Lauch, Sellerie, Meliſſe, Peterſil, Paſti - nat-Wurzel u. d. gl., welche einige Wochen in der Erden liegen und ſehr lanſam aufgehen, probi - ren, ſo muͤſſen dieſe zum wenigſten 48 Stunden, auch wohl laͤnger eingeweichet werden.
Mit allerhand Stein-Obſt, als Nuͤſſen, Apri - coſen, Kirſchen, Pflaumen, auch Birn - und Apfel-Kern, Caſtanien, Spargel und anderen der - gleichen Sorten mehr gehet obige beſchriebene Probe nicht an, und wenn man auch dieſe Sa - men, wenn ſie gleich friſch ſind, im Fruͤhjahre ſaͤen oder ſtecken wolte, ſo waͤre es gewaltig gefehlet, und verſichere, daß unter 1000 Koͤrnern kaum 5 oder 10 aufgehen werden, derohalben muͤſſen die - ſe im Herbſt, als im Monat October, November und Dec. geſtecket oder geſaͤet werden. Weilen durch die Winter-Feuchtigkeit u. Froͤſte dieſe Koͤr - ner aufgeloͤſet werden, daß die Haͤutlein zerſprin - gen, auch die Steine durch das Aufquellen ſich von einander thun koͤnnen, und zum Aufgehen tuͤchtig gemachet werden. Es liegen jetztgedachte Sa -B 3men224. Cap. Wie manmen uͤber Winter wie todt in der Erden, und zie - hen nach und nach die Feuchtigkeit an ſich. Wenn nun die Erde von der Sonnen erwaͤrmet wird, ſo bald empfaͤnget der Same oder Kern ſeine Nah - rung und Feuchtigkeit, daß er aufgehen kan. Die - ſes iſt alſo als eine firme Regel anzunehmen, daß dergleichen Kern in Herbſt muͤſſen geſaͤet werden, Die Kern von Berberis officinarum, Sauer - Dorn, Saurach, Erbfel-Beeren, item Ceraſus ſylueſtris fructu nigro, ſchwarze Suͤß-Kirſchen und Cornelius-Kirſchen (Cornus ſylueſtris) lie - gen 2 Jahr in der Erden, auch wohl laͤnger, ehe ſie durch Froſt, Feuchtigkeit und Waͤrme koͤnnen auf - geloͤſet werden. Ferner iſt hier zu gedenken, daß die vom beſten Obſt-Kern erzeugte Baͤume wild werden, und dieſe werden nur darum geſaͤet, daß ſie nach erlangtem Wachsthum koͤnnen in die Baum-Schulen verpflanzt und gepfropfet wer - den. Denn aus denen Kernen der vortreflichſten Fruͤchte werden wilde Baͤume, welche ſaure und ungeſchmackte Fruͤchte bringen.
Einige Leute, die klug ſeyn wollen, pflegen ihre Samen, wenn ſie ſolche probiren wollen, in die Erde des Scherbens zu ſaͤen. Wenn nun von dieſem eingeſaͤeten die Helfte oder der 3te Theil aufgehet, ſo bleiben ſie dennoch in der Unge - wißheit, ob der 4te oder der 6te Theil alter Samen untergemiſchet worden ſey. Und ſo auch einige die Samen-Koͤrner zehlen, und ſolche in die Erde des Scherbens ſaͤen, und bey dem Aufgehen die aufgegangenen kleinen Pflaͤnzlein wiederum zeh -len23allerhand Samen probiren ſol. len wollen, ob dieſe nemliche Zahl der Koͤrner wie - der ſo eintreffen wuͤrde, ſo bleiben ſie dennoch in der Ungewißheit: Denn wenn der Samen blos in die Erde eingeſaͤet wird, ſo komt manches Koͤrn - lein entweder zu tief oder zu flach in die Erde, mit - hin wenn ein ſolches Koͤrnlein zu tief in die Erde gekommen iſt, verfaulet und erſticket es, und wird zum Aufgehen untuͤchtig gemachet. Hingegen aber, wenn es zu flach in die Erde komt, kan es nicht genugſame Feuchtigkeit zum Aufgehen in ſich zie - hen. Um dieſer Urſachen willen gehet man bey meiner oben beſchriebenen Methode, am ſicher - ſten.
Dieſes iſt alſo meine jaͤhrliche Samen-Pro - be, welche ich hierbey treulich und aufrichtig com - municiren wollen, denn an guten Samen in der Garten - und Feld-Oeconomie iſt ſo viel gelegen, ja faſt noch mehr als an Zubereitung derer Laͤnde - reyen ſelbſten. Denn ob man gleich vorhero al - les gethan, dieſe geduͤnget, geahren, gegraben, und auf alle Art und Weiſe wohl begattet, auch auf das beſte zubereitet hat, und man kan ſich nicht gewiß auf die Samen bey der Ausſaat verlaſſen, ſo iſt alle Muͤhe, Arbeit und Koſten vergebens. Mithin muß man in einem ſolchen Jahre, wenn man mit denen Samen betrogen wird, auf ein ganzes Jahr groſſen Schaden leiden.
Es iſt wohl kein groͤſſerer Diebſtahl als in dem Samen-Handel zu finden, abſonderlich wenn es mit Wiſſen, Willen und Vorſatz geſchie - het, um nur Geld zu gewinnen. Denn es iſt leicht zu erachten, wie es einen ehrlichen Oeconomum, Gaͤrtner u. d. gl. ſchmerzen muͤſſe, wenn er ſeine Laͤnderey mit groſſen Koſten zurechte gemacht, die Samen eingekauft und auf Hofnung in die Erde geſaͤet hat, dahero mit groſſer Ungedult und Ver - langen hoffet, daß dieſelben aufgehen ſollen, aber nach der Beſtel-Zeit binnen 3 bis 4 Wochen ſehen muß, daß er betrogen worden. Und was fuͤr ein groſſer Schade wird ihm nicht dadurch zugefuͤgt? denn wenn er auch gleich andern Samen beſtellen oder ſaͤen wolte, ſo iſt die Saͤezeit vorbey, und wird ihm alſo ein groſſer Durchſtrich auf ein gan - zes Jahr in einer Oeconomie gemacht, welches in Wahrheit vor GOtt und Menſchen nicht zu ver - antworten iſt.
Jedoch, iſt es auch meinen Gaͤrtnern zum oͤftern begegnet, daß Leute von ihnen Samen ge - holet, welche uͤber einige dererſelben wegen des ſchlechten Aufgehens und Zuruͤckbleibens geklagethaben.28[25]Samen Haͤndler und Gaͤrtner. haben. Wenn ich aber dergleichen examinirt, wie ſie dieſen oder jenen Samen beſtellet haͤtten, ſo ha - ben ſie in Wahrheit ſolche auf eine dumme und nie erhoͤrte Art in die Erde gebracht, daß ohnmoͤglich ein Koͤrnlein aufgehen koͤnnen. Z. E. den Majo - ran-Samen haben ſie auf friſch gegrabenes Land geſaͤet und eingerechnet, woraus folgt, weil dieſer Same ſehr klein und ſubtil iſt, daß er zu tief in die Erde gekommen, und folglich nicht hat aufgehen koͤnnen, da hingegen das friſch gegrabene Land vorhero haͤtte mit denen Fuͤſſen ſollen zuſammen getreten, gleich gerechnet, geebnet, und nachhero der Samen oben aufgeſaͤet, und ſofort ganz leich - te untergerechnet werden. *Siehe hiervon p. 127. die 12. Regel, bey der 6ten Figur.Und alſo gehet es mit vielen andern Saͤmereyen auch, wenn dieſe von unverſtaͤndigen Leuten beſtellet und in die Erde gebracht werden. Woraus folgt, daß nicht allemal die Schuld den Samen kan beygemeſſen werden, ſondern denenjenigen, welche nach gehoͤ - riger Art die Cultur nicht recht verſtehen.
Von theils Samen-Haͤndlern ſind es uͤble Ver - fuͤhrungen, wenn ſie in ihren gedruckten Samen - Catalogis melden, daß ſie Cypriſchen Blumenkohl fruͤhe zu ſaͤen, und auch langſam zu ſaͤen, it. Engli - ſchen fruͤhe und langſam zu ſaͤen, zu verkaufen haͤt - ten, und ſo gehet es auch mit den Nord-Hollaͤndi - ſchen und Leidenſchen, weßhalber ſich die Kaͤufer zweyerley geben laſſen, und bitten, daß ja die Na - men recht deutlich moͤchten darauf geſchrieben werden, damit ſie ſich im Ausſaͤen nicht vergreifenB 5moͤch -265. Cap. Erinnerung an diemoͤchten, und laſſen alſo die Leute in ihrer Unwiſſen - heit dahin gehen. Theils Gaͤrtner laſſen ſich auch hierinnen nicht irre machen, koͤnnen es auch nicht begreiffen, und laſſen ſich eher dabey todt ſchlagen, als daß ſie glauben ſolten, daß es einerley Same ſey, auch denken ſie nicht ſo viel nach, daß das Aus - ſaͤen in eines jeden Menſchen Wilkuͤhr ſtehet, ob er ſeine Samen wil fruͤhe oder langſam ausſaͤen. Genung, wenn man nur aufrichtigen Samen be - komt, das Ausſaͤen ſtehet hernachmalen bey dem Gaͤrtner.
Theils Samen-Haͤndler machen es wie manche Wirthe, welche aus einem Faß 2, 3 und 4 gl. Wein zu zapfen pflegen, da es doch einerley iſt. Die Welt wil und muß betrogen ſeyn. Wenn nun einfaͤltige Leute darbey bleiben, und der feſten Meinung ſind, ſo muß man ſie gehen laſſen, uͤber dieſes wuͤrden ſie keinen Samen kaufen. Genug, man gebe denen Leuten guten und aufrichtigen Samen, ſie moͤgen ſolchen hernachmalen ſaͤen, wenn ſie wollen.
Gleichergeſtalt habe ich mich vielmahl ge - wundert, daß ſich viele verſtaͤndige Gaͤrtner und andere Leute gefunden, welche weiſſen Sommer - und Winter-Kraut - oder Kopf-Kohl - Samen gefordert. Wenn ich nun ihnen auf - richtige Vorſtellung gethan, es waͤre einerley Samen, und differire nur in der Saͤe - und Verpflanzens-Zeit, ſo haben ſie in der That von mir keinen Samen genommen, und ſind dahero fortgegangen. Nachdem ich aber ſol -che27Samen-Haͤndler und Gaͤrtner. che bey ihrer Meinung gelaſſen, aus einem Sack ſowohl Sommer-als Winterkraut-Samen ge - nommen, und zum Unterſchied notiren laſſen, ſo iſt es recht geweſen, und haben es nicht genug - ſam, wenn ſie wiederum Samen verlanget, ruͤh - men koͤnnen, wie ſie ſo wohl waͤren verwahret worden. Alſo bleibt es darbey, daß der Som - mer - und Winter-Kopfkohl-Samen einerley, und iſt nur, wie gedacht, in der Zeit des Saͤens und Verpflanzens unterſchieden. Der Same wird im Fruͤhjahre im Monat Martio bis zu Ende des Aprils geſaͤet, und dieſes wird Sommer-Kraut genennet. Hingegen, derjenige Same, welcher auf Jacobi nachfolgende 14 Tage geſaͤet worden, wird Winter-Kraut genennet, und zwar um deß - willen, weil die Pflanzen um Michaelis, und darnach, verpflanzet werden, und den Winter uͤber ſtehen bleiben.
Wie es ſich mit dem weiſſen Kopf-Kohl ver - haͤlt, ſo verhaͤlt ſich es auch mit dem rothen Kopf-Kohl, Savoyer-Kohl, Poͤrſch oder gruͤ - nen Wirſig, welche Sorten ebenermaſſen auf eine ſolche Art koͤnnen geſaͤet und tractiret wer - den, und iſt gleichfals von jeder Sorte der Same einerley.
Daß viele Gaͤrtner (von Vernuͤnftigen iſt hier die Rede nicht) auch andere erfahrne Acker-Verſtaͤndige mit ihrer Meinung dahin ge - hen, daß der drey -, vier und fuͤnfjaͤhrige Same, abſonderlich was die runden Samen, als Blumen - kohl, Kohlrabi uͤber und unter der Erden, weiß und rothen Kappes und allerhand Kohle belanget, am beſten zur Ausſaat zu gebrauchen waͤre, iſt falſch. Weßhalber ich vielmal mit dergleichen Leuten in einen Diſcurs mich einlaſſen muͤſſen, und ihnen hiebey deutlich vorgeſtelt, daß der jaͤhrige und neue Same alzeit zur Ausſaat am beſten zu gebrauchen waͤre, denn mit dieſen gieng man gewiſſer, daß kein Koͤrnlein davon zuruͤck bleiben wuͤrde. Allein ich bin mehrentheils hierinnen ungluͤcklich geweſen, und habe von denenſelben wunderlichen Wider - ſpruch erfahren muͤſſen. Dergleichen elendes Ange - ben hierher zu ſetzen, halte fuͤr uͤberfluͤßig, und wil dem gelehrten Leſer damit nicht beſchwerlich fallen.
Ob ich nun wohl, meine Gedanken zu bewei - ſen, mich auf die Natur und Beſchaffenheit der Samen, und auf meine vieljaͤhrige und genugſa - me Experienz beruffen; ſo ſind ſie dennoch bey ihrer Meinung geblieben, abſonderlich was die Kohl -Sa -29zur Ausſaat zu erwehlen. Samen, als Cappus und Weiskraut, Kohlrabi, uͤber und unter der Erden, Savoyer-Kohl, Wir - ſing Poͤrſch, Blau-Kohl und dergleichen mehr an - belanget, und haben behaupten wollen, daß der drey, vier - und fuͤnfjaͤhrige Same zur Ausſaat der beſte waͤre. Dergleichen Leuten ihr ſtaͤrkſter Beweis-Grund iſt dieſer: Wenn der Samen noch friſch und neue, ſo habe er noch ſo vieles Feuer oder Kraͤfte, dahero er im erſten Jahre al - zuſehr degenerire oder ſich ausarte. Denn da er ſich zu ſehr extendire und ſeine Kraͤfte alzuſtark mittheilete, ſo muͤſte dergleichen Degeneration vorgehen. Nachdem ich ihnen ferner vorſtellete, wenn auch der Same 3, 4 und 5 Jahr alt ſey, und die Stauden waͤren nicht von einem rechten Kenner dazu ausgeſondert geweſen, und eine fal - ſche Staude zum Samen genommen und von ſol - cher erzogen worden, ſo geſchehe dennoch unter ſo vielen eine Degeneration oder Ausartung; ſo ha - ben ſie ſich doch von ihrer falſchen Meinung nicht laſſen abbringen.
Jnzwiſchen habe ich mich hierdurch niemalen irre machen laſſen, ſondern wenn es moͤglich ge - weſen iſt, ſo habe allezeit den erſtjaͤhrigen Samen zur Ausſaat erwehlet, und hierbey gefunden, daß es pur lauter eingebildete Alfanzereyen ſind. Denn ob man gleich den 1, 2, 3, 4 oder 5 jaͤhri - gen Samen zum Ausſaͤen erwehlet, ſo wird ſich dennoch finden, daß etwas aus der Art ſchlagen wird. Es iſt aber an ſolcher Degeneration nie - mand mehr ſchuld, als die Gaͤrtner ſelbſten, in -dem306. Cap. Welche Garten-Samendenn eine gute Connoiſance zur Ausſonderung de - rer Stauden, welche man zum Samen brauchen wil, gehoͤret, welche aber ſolchen Leuten meiſtens fehlet. Ueberhaupt muß man mit allem Fleiß dahin trachten, daß man von geſunden und fri - ſchen gut ausſortirten Stauden, die den Winter uͤber auf eine erfahrne Art zuconſerviren ſind, Sa - men ſucht zu uͤberkommen. Wo dieſes geſchiehet, ſo wird man ſehen, daß der neue Same allezeit den Preiß vor den alten behalte.
Nach der Zeit, als ich obiges geſchrieben, habe ich mich uͤber des Herrn D. Georg Andreas Agricolæ, Beſchreibung in ſeiner Univerſal-Ver - mehrung aller Baͤume und Kraͤuter p. 18. recht vergnuͤget, welcher ebenermaſſen meine Meinung behauptet, und deſſen Worte alſo lauten:
Jnsgemein iſt der jaͤhrige Same der beſte, der zweyjaͤhrige iſt auch noch gut, der dreyjaͤhrige weniger, und was aͤlter, gemeiniglich unnuͤzlich. Allein uͤber dieſes machen die gemeinen Gaͤrtner ihre Einwuͤrfe. Dann etlicher Same ſol beſſer ſeyn, wenn er zwey, drey und mehr Jahr alt iſt. Aber ich wil mich in der gemeinen Gaͤrtner Haͤndel nicht miſchen, man bekomt doch nichts anders als den ſchaͤndlichen Undank zum Recompens von ih - nen, man mag ihnen was ſchlimmes oder was gutes ſagen, es iſt ein Thun. Genung, daß die geſunde Vernunft giebet, daß der jaͤhrige der be - ſte. Denn da iſt der Geiſt noch friſch und leben - dig, auch ſind die humores und Lebens-Saͤfte in ihren ordentlichen Gaͤngen noch beweg -lich31zur Ausſaat zu erwehlen. lich, und die ganze Machina und Structur iſt in guter und ordentlicher Diſpoſition. Wann aber dieſelben durch das Alter verzehret oder aus - getrocknet, und die Organa auch ganz anders mo - difieiret werden: ſo kan, ſo wenig die vernuͤnfti - ge Seele in dem menſchlichen Leibe verbleibet, wenn die humores mit den partibus ſolidis pu - treſciren und verfaulen, daß vegetabiliſche Prin - cipium mouens auch nicht mehr darinne agiren und verbleiben, dieweil es ſein Officium und Amt nicht mehr darinne verrichten kan. Mit - hin ſo gehet es wieder in das Licht, woraus es ent - ſtanden. Warum aber die vegetabiliſche See - le in dieſem oder jenem Samen, ſonderlich in dem runden und langen, laͤnger als in platten und kleinen Samen verbleibet, iſt leicht zu judiciren; dann in dem groſſen und runden auch langen cir - culiret ſich der Saft per modum inteſtinum ſchon laͤnger und weitlaͤuftiger herum, und kan auch ſelbige ſo ſchnel nicht evaporiren oder exſicci - ren, weil auch mehr Saft da anzutreffen iſt, als bey den platten und kleinen Samen. Endlich, wenn der Same mit allen ſeinen requiſitis unver - lezt in die Erde komt und nach ſeiner Nothdurft befeuchtet wird, und auch eine temperirte Hitze er - langet, wird er dadurch foͤcundiret, und der inner - liche Geiſt bringet die Lebens-Saͤfte in eine Be - wegung und Fermentation, wodurch alles ex - pandiret wird, und ſich von einander giebt. Wenn er ſich dann zur Genuͤge ausgebreitet, und nicht mehr Plaz in ſeiner verſchloſſenen Behauſunghat,326. Cap. Einige Schreibenhat, ſo ſprenget der Same, wie oben gemeldet, die Thuͤr auf, und zerreiſſet die Haͤutgen, und ſuchet ſowol uͤber als unter ſich Luft zu bekommen, und theilet alle ſeine verſchloſſene Theile aus. So weit Hrn. D. Agricolæ Worte.
Nachdem ich nun oben von Degeneration derer Samen gedacht, ſo ſchicken ſich nachfolgende Briefe gar wohl hieher, indem dieſe Materie weitlaͤuftiger darinnen abgehandelt worden.
Ob ich ſchon weiß, daß Ew. -- Geſchaͤfte nicht wohl Abhalt leiden, und ich mich deßwegen nicht erdreiſten wuͤrde, Dieſelben mit einem Schreiben zu beſchweren; gleichwohl hat mich die Wiſſenſchafts-Begierde in oͤconomi - ſchen, zumahlen Gartenbau-Sachen, angefeu - ret. Ew. -- als einem hocherfahrnen Garten - bau-Liebhaber, eine Obſervation zu communici - ren, die wohl gar ſelten vorkomt, und welche der Anmerkung in der Erfurtiſchen Samlung(h. v. 33von Ausartung derer Samen. (h. v. ſo wenig aus einem Buben ein Maͤdgen wird, & vice verſa, ſo wenig verwandelt ſich ein Samen-Koͤrnlein in ein anders) widerſpricht. Denn A. 1747 habe ich ſelbſten nach meiner Ge - wohnheit (welches ich auch keinen Gaͤrtner thun laſſe, ſo ihn zur Arbeit brauche) aus einem Beutel fuͤnf ziemlich groſſe Felder mit weiß Kopf-Kohl - Samen beſtreuet, doch mit dem Unterſchied, daß zwey davon des Abends beym Nordweſt-Winde die 3 andern aber des folgenden Morgens beym Suͤdweſt-Winde beſamet wurden. Und wie die zwey Felder des Abends beſaͤet waren, ſo legte den Samen-Beutel darauf, daß alſo kein Jrrthum mit dem Samen vorgegangen iſt; gleichwohl waren auf dieſen beyden Feldern nicht weiß Kopf - Kohl-Pflanzen, ſondern lauter Kohlrabi-Pflan - zen unter der Erden, welche doch, weil davon ei - nige zur Probe ſetzen laſſen, nicht ſo gute und mil - de Kolben gehabt, als wie ſie ſonſt aus ihrem Sa - men wachſen. Auf den dreyen den folgenden Morgen geſaͤeten Feldern aber waren die ſchoͤn - ſten weiſſen Kopf-Kohl-Pflanzen. Die zweyte Obſervation habe gehabt eodem anno an Kohl - rabi-Samen uͤber der Erden, der in Blumen - Kohl degeneriret iſt, ſo, daß von dem ausge - ſtreueten Samen keine einzige Kohlrabi-Pflanze bekommen habe, ſondern lauter Blumen-Kohl - Pflanzen. Wollte man hierbey einwenden: der Saͤemann hat ſich vergriffen, und Blumen-Kohl - Samen fuͤr Kohlrabi geſaͤet; ſo antworte mit der allerbuͤndigſten Verſicherung, daß A. 1746 inAbh. v. Sam. Cmei -347. Cap. Einige Schreibenmeinem Hauſe nicht eher ein Korn-Blumen - Kohl-Samen geweſen, bis 3 Wochen nach Oſtern, da ihn von Braunſchweig bekommen ha - be, wohl folglich iſt hierunter kein Jrrthum verge - gangen. Bin alſo curioͤs zu wiſſen, ob Ew. -- dergleichen Obſeruationes mit Samen gehabt haben. Jch verharre in aller Conſideration
Ew. ꝛc. angenehmes Schreiben habe durch den Bothen richtig erhalten und daraus erſehen, daß Dieſelben meine Gedanken in ein und andern oͤconomiſchen Dingen zu wiſſen verlangen. Ob ich nun ſchon einige Jahre daher wegen anderer ſowol auswaͤrtigen als einheimiſchen Geſchaͤfte und Verrichtungen mich nicht ſonderlich darum bekuͤmmern koͤnnen; ſo habe dennoch zu Dero Einſicht, auf diejenigen von Ew. ꝛc. mir vorge - legte weitlaͤuftige Materie, von welcher viele Bo - gen, wenn es die edle Zeit verſtatten wolte, koͤn - ten geſchrieben werden, Antwort ertheilen wollen. Und verſichere Ew. ꝛc. daß ich aus genugſamer und langer Experience dieſes noch bis dato behau - pte: ſo wenig aus einem Knaben ein Maͤdgen wird & vice verſa, ſo wenig verwandelt ſich die -ſes35von Ausartung derer Samen. ſes Geſchlecht, nemlich weiß Kraut, (von welchen in denen Samlungen und jetzo die Rede iſt) in Ruͤben, welches ganz ein ander Genus oder Ge - ſchlecht iſt. Und wer wird wohl glauben, daß mit allerhand Kohl (worunter ich verſtehe 1) weiß und roth Kraut oder Cappus, 2) Kohlrabi uͤber der Erden, 3) Wirſing oder Poͤrſch, 4) Gros - gelber Savoyer-Kohl, 5) Blauer und gruͤner Kohl) eine ſolche ſtarke Veraͤnderung in der Na - tur vorgehen und Ruͤben daraus werden ſol - ten. Jedoch iſt gewiß und obligire mich, daß ich von jeztbeſagten 5. Sorten derer Kohle (NB. wenn mir die Jahre darzu gelaſſen werden) aus jeder Sorte, beſonders nach und nach, eine an - dere Speciem eines Kohls heraus bringen wil. Denn es iſt bekant, wenn auch die Gaͤrtner noch ſo wohl und noch ſo meiſterlich die allerbeſten Stauden und Haͤupter zum Samen ausſuchen, daß doch unter ſo vielen eines verſehen werden kan, welches in einer Sorte etwan grauſer, gruͤn - licher, oder roͤthlicher iſt. Dahero geſchiehet es, daß unterweilen hier und da unter denen Pflan - zen etwas degeneriret, und wenn dieſe degenerirte Pflanze genommen und Samen davon gezogen wird, ſo bekomt man gleich eine andere Speciem. Doch alhier muß man pur und lediglich bey dem Kohl mit ſeinen Gedanken ſtehen bleiben: denn es ſind dieſe fuͤnf Sorten nach und nach eine aus der andern entſprungen, und dieſe moͤgen dege - neriren wie ſie wollen, ſo bleibet es dennoch Kohl. Und ſo gehet es auch mit denen vielerleyC 2Ruͤben367. Cap. Einige SchreibenRuͤben, denn es ſind Ruͤben und bleiben Ruͤben; desgleichen mit denen Gras-Blumen oder Nel - ken, ob ſie einfach oder gefuͤlt werden, ſo ſind es doch Nelken: welches auch von denen vielen Ar - ten derer Erbſen und Sallaͤte (Lattich) zu ſagen iſt. Ferner haben Ew. -- die Guͤtigkeit und be - trachten die mancherley und die vielen Arten, Far - ben und Structuren der Phaſeolen, welche binnen vier Jahren nach einander beſtellen laſſen, und an welchen der Luſus naturæ ſo ſehr vorgehet, daß man ſich uͤber keine Art von Saͤmereyen mehr als uͤber dieſe verwundern und vergnuͤgen kan. Worzu ich aber auch nicht gekommen, wo nicht vor einigen Jahren auf die Gedanken gerathen waͤre ein Samen-Cabinet mit den Lateiniſchen und Teutſchen Namen, ſowol fuͤr mich als auch fuͤr das Evangeliſche Waiſenhaus alhier zu ma - chen, und worinnen ich auch ziemlich gluͤcklich geweſen, indem an Phaſeolen, als womit ich an - gefangen, an der Zahl bis auf 200. Sorten, und an andern Saͤmereyen bis 1189. gekommen bin, und noch taͤglich darzu ſupplire: Ob es nun ſchon vielerley Arten an Farbe und Structur derer Phaſeolen giebet, ſo ſind und bleiben es den - noch Phaſeolen, und degeneriren alſo in kein an - deres Geſchlecht. Wie ſich nun dieſes verhaͤlt, ſo verhaͤlt ſichs auch mit obigen gemeldeten Koh - len. Noch iſt zu gedenken, daß man unter de - nen Ruͤben - und Kohl-Pflanzen, welche beyder - ley Geſchlecht ein ganz anderes Vnctuoſum, wo ſie hingeſaͤet werden, erfordern, wohl diſtin -guiret37von Ausartung derer Samen. guiret, daß ſogar unter dem Ruben - und Kohl - Samen in Anſehung der Samen-Koͤrner ein merklicher Unterſchied zu finden, abſonderlich wenn man ſolchen unter ein Microſcopium le - get, oder durch einen Bril (wie ich brauchen muß) betrachtet, ſo wird man finden, daß der erſtere ſchwarz und rund, hingegen der Kohl-Samen al - lezeit blaſſer und eingebogener anzuſehen iſt.
Ew. -- ſind ein ſolcher Herr und ſtehen in einem ſolchen wichtigen Officio, welchen man Glauben geben muß; allein daß ein ſolcher Abfal und ſolche exorbitante Degeneration mit dem weiſſen Kopf-Kohl-Pflanzen in Kohlrabi-Pflan - zen unter der Erde ſolte geſchehen ſeyn, gehet uͤber meine Vernunft, angeſehen Kohlrabi-Samen unter der Erden ganz ein ander Laub, ſowol an Farbe als Geſtalt hat, ferner, wenn dieſer leztere dicke geſaͤet wird, an ſtatt des Schnitt-Kohls auch kan gebrauchet werden. Gleicher Geſtalt iſt der Kohlrabi-Samen unter der Erden eben wie der Ruͤbe-Samen groͤſſer, runder und ſchwaͤr - zer anzuſehen, und iſt dieſes ganz ein ander Ge - ſchlecht, und gehoͤret mit unter die Wurzel-Ge - waͤchſe. Warum aber die in Dero Briefe ge - meldete degenerirte Kohlrabi unter der Erden, welche Ew. -- ſetzen laſſen, nicht ſo gut und mil - de worden, komt nicht von deſſen Samen, ſon - dern vielmehr daher, weil deſſen Tractament von derer andern Kohl-Gewaͤchſen ihren ganz unter - ſchieden iſt, denn dieſe verlangen ein wohlgeduͤn - getes und fettes Land und muͤſſen zum wenigſten 2C 3Schuhe387. Cap. Einige SchreibenSchuhe weit in das Quadrat geſtecket werden: vorhero aber ſind deren Wurzeln oder Spitzen mit einem Meſſer ein wenig zu verſtutzen, damit ſie in die Dicke und Runde wachſen koͤnnen. Wenn nun dieſes Beſchneiden unterlaſſen wird, ſo ſuchen ſie ihre Nahrung tief in der Erden, werden lang, gleichſam wie die gelben oder weiſ - ſen Ruben. Vielleicht ſind dieſe auch auf kein fettes und wohlgeduͤngetes ſondern mageres Land gebracht worden, alwo ſie nicht genugſame Nah - rung haben koͤnnen, und vielleicht iſt auch das Verſtutzen nicht geſchehen. Ew. -- werden viel - leicht mit meiner Wenigkeit ſich ein Vergnuͤgen machen wollen, welches gar gerne und willig an - nehme, wie mir denn dergleichen wiewohl in an - dern Dingen, e. g. von Spalieren in Funkens oͤconomiſchen Samlungen p. 530 ſq. vorgekom - men und paßiret iſt. Aber quæritur, wie komt es, daß bey Ew. -- dergleichen Degeneration al - lein vorgegangen, und bey mir und vielen andern hier in Erfurt, von welchen dergleichen Cultur jaͤhrlich vorgenommen wird, nicht geſchehen? Ew. -- verſichere und conteſtire, daß jaͤhrlich vor mich allein von dergleichen Samen uͤber ei - nen halben Centner ſaͤen laſſe (des Gewuͤrzlichs und Zwiebeln nicht zu gedenken) und doch derglei - chen exorbitante Degeneration von vielen Jahren her niemals gefunden und obſervirt habe. Ferner gedenken Ew. -- des Nord - und Suͤdweſt-Windes, bey welchem das Saͤen vorgenommen worden, woraus faſt ſchlieſſe, daß Dieſelben vielleicht glau -ben,39von Ausartung derer Samen. ben, daß dieſe Winde an ſolcher Degeneration ſchuld geweſen waͤren, welches ich aber nicht hof - fen vielweniger glauben kan, denn der Prediger Salomon hat zu ſeiner Zeit im 2. Cap. v. 4. ge - ſagt: Wer auf den Wind achtet, der ſaͤet nicht? und wer auf die Wolken ſiehet, der erntet nicht. Und dieſe Meinung hat ebener - maſſen, wie mit der Jnfluenz geſchehen, ihre Abfertigung erhalten. Nicht zu gedenken, daß ich alle Fruͤhjahre wohl 100 und mehr Acker mit Specereyen und Garten-Fruͤchten beſtellen laſſe, aber niemalen auf die Winde einige Reflexion mache, es moͤgen auch ſolche wehen, woher ſie im - mer wollen. Ob man ſchon in vielen Garten - und oͤconomiſchen Buͤchern eines und das andere hiervon antrift, daß dieſe Frucht im Nord-Win - de, hingegen eine andere im Weſt-Winde geſaͤet werden ſolte; ſo ſind doch dieſes nur von gemei - nen und aberglaͤubiſchen Gaͤrtnern angegebene nichtsnuͤtzige Meinungen, welche zu gar nichts taugen. Es iſt genug, wenn ich nur die Sa - men gehoͤriger Maſſen und zu rechter Zeit in die Erde bringen kan, und ſo dann der Obwaltung GOttes die beſtelten Saͤmereyen uͤberlaſſe. Denn es iſt bekant, daß im Fruͤhjahre bey der Beſtel - Zeit der Wind 14 Tage bis 3 Wochen unterwei - len von einem Orte her wehet. Wenn nun eben ein contrairer Wind gienge, welcher zur Ausſaat dieſes oder jenes Samens nicht dienlich waͤre, und man das Saͤen bis auf beſſern Wind verſpa - ren ſolte; ſo wuͤrde inzwiſchen die beſte Zeit, da man nothwendig dergleichen beſtellen muß,C 4vor -407. Cap. Einige Schreibenvorbey ſtreichen. Und alſo ſiehet man, daß durch dergleichen Alfanzereyen ein rechtſchaffener Oeco - nomus nur irre gemacht wird.
Der Reſpect, welchen gegen Ew. -- hege, haͤlt mich faſt zuruͤcke, meine Gedanken wegen des Kohlrabi-Samens uͤber der Erden, daß er ſich in Blumen-Kohl-Samen ſolte degeneriret ha - ben, zu eroͤfnen.
Nach Ew. -- Bericht glaube gar wohl, daß der Saͤe-Mann ſich nicht vergriffen habe, wohl aber kan ſolches in Braunſchweig, oder wo er ſonſten hergehohlet worden, geſchehen ſeyn, wie denn wohl eher durch meine Leute, wenn viele Pa - quetlein zuſammen gelegen, ein Jrrthum mit Auf - ſchreibung derer Nahmen vorgegangen iſt. Denn es waͤre dieſes wider alle geſunde Vernunft und wider alle Experienz gehandelt, wer da glauben und behaupten wolte, daß der Kohlrabi-Samen uͤber der Erden ſich in Blumen-Kohl verwandeln ſolte.
Ew. -- werden mir vergoͤnnen, meine we - nige Gedanken und Erfahrung hiervon zu eroͤf - nen. 1.) ſind dieſe 2 Species, als Kohlrabi und Blumen-Kohl, oder Carviol, wie Himmel und Erden unterſchieden. 2.) ſind die Kohlrabi uͤber der Erden ein Winter-Gewaͤchſe, indem dieſe im Fruͤhjahre muͤſſen geſaͤet, nachdem ſie zum Wachsthum gekommen, gepflanzet, und wenn ſie im Herbſte ihre Kugeln bekommen, den Winter hindurch gebracht, und auf das Fruͤh - jahr (NB. iſt das zweyte Jahr) im Garten ge -pflanzet41von Ausartung derer Samen. pflanzet worden: alsdenn treiben ſie in Samen - Steugel, und bringen ihren Samen um Jacobi. Hingegen iſt der Blumen-Kohl ein Sommer - Gewaͤchſe, welches aus Cypern und andern frem - den Landen vor einigen 90 Jahren erſtlich zu uns in Deutſchland gebracht worden, mithin dieſer zu denen obigen gedachten Kohlen, welche Winter - Gewaͤchſe ſind, nicht gerechnet werden kan. Er wird im Fruͤhjahre geſaͤet, und wird auch noch in demſelben Jahre der Same reif. 3) Wenn man friſche und ſchoͤne weiſſe Blumen-Kohl-Stauden nimt, und daran riechet, ſo geben ſie einen unver - gleichlichen Biſam-Geruch von ſich, hingegen wird an denen Kohlrabi uͤber der Erden nicht das geringſte hiervon geſpuͤret. Und alſo bleibts dar - bey, daß aus Kohlrabi-Samen kein Blumen - Kohl generiret werden kan. Dieſe Diſtinction wird hoffentlich niemand uͤber den Haufen wer - fen, und wuͤrde ich wegen Verſendungen ſo vie - ler Centner allerley Samens, welche in meinen Gaͤrten erzeuget werden, bey denen Fremden, wenn eine ſolche Degeneration vorgehen ſolte, gar ſchlecht beſtehen und zurechte kommen. Jn - dem bey dem Beſchluß dieſes meines Schreibens Ew. -- Brief nochmalen durchlas, ſo haͤtte bey nahe das beſte uͤberſehen, daß nemlich Ew. --” Da Sie A. 1747 weiß Kopf-Kohl-Samen aus „ einem Beutel 5 ziemlich groſſe Felder, als zwey „ des Abends drey aber des Morgens bey ver - „ ſchiedenem Winde beſtreuet, und den Samen - „ Beutel die Nacht uͤber darauf geleget, auf de -C 5„ nen427. Cap. Einige Schreiben„ nen zwey des Abends geſaͤeten Feldern lauter „ Kohlrabi-Pflanzen, auf denen dreyen des Mor - „ gens geſaͤeten aber die ſchoͤnſten weiß Kopf-Kohl - „ Pflanzen bekommen haͤtten ꝛc.”
Hierauf berichte kuͤrzlich, daß dieſe Degene - ration ohnmoͤglich kan geſchehen ſeyn, nemlich, daß der weiſſe Kopfkohl-Samen ſich in Kohlrabi - Pflanzen unter der Erden ſolte degeneriret haben. Und wenn auch gleich der Samen-Beutel zum Zeichen, daß kein Jrrthum ſolte vorgegangen ſeyn, auf die Felder geleget worden, ſo kan und muß nothwendig, weilen der Beutel des Nachts im Garten oder auf dem Felde gelaſſen worden, unter der Zeit ein Betrug oder Auswechſelung vorgegangen ſeyn. En fin, ich kan mit Wahr - heit ſagen, daß dergleichen mir niemalen vorge - kommen.
Habe ich auf dieſe von Ew. -- mir vorgeleg - ten Fragen einige Satisfaction gegeben; ſo wird mir es angenehm ſeyn, wo aber nicht, und Ew. -- noch einige Dubia haben, ſo bitte mir gehorſamſt aus, ſolche mit naͤchſten auf der Poſt zu uͤberſenden und zu eroͤfnen. Denn ſo es bis um Oſtern oder im Sommer erſtlich geſchehen ſolte, ſo wuͤrde we - gen vieler Verrichtung und wegen meiner weitlaͤu - figen Haushaltungs-Geſchaͤfte nicht antworten koͤnnen, indem im Winter eher dergleichen Arbeit als im Sommer verrichten kan. Jn aller Sincerite
Ew. -- hochgeehrteſtes Antworts-Schreiben vom 7ten Januar. a. c., womit Dieſelben mich hochge - neigt zu beehren, die Gutheit haben wollen, iſt mir richtig eingeliefert worden. Jch danke hierdurch gehorſamſt, daß Ew. -- ſich die Muͤhe nehmen wollen, meine vel quaſi angemerkte Obſeruationes wegen Degenerirung dieſes oder jenes Samens aus Dero vieljaͤhrigen Praxi bey dem angeſtelten weitlaͤuftigen Garten-Bau, gruͤndlich zu widerle - gen. Errare humanum eſt, das geſtehe ich ger - ne. Ob ich aber A. 1747. wirklich geirret in Aus - ſtreuung des Samens, das habe ich zwar aus die - ſer oder jener angefuͤhrten Urſache nicht vermu - thet, doch muß ichs glauben, weil Ew. -- mit ra - tionibus mich deſſen uͤberfuͤhren. Wie aber, wenn ich Sie mit dieſer Feder verſichere, daß ſich Kohlrabi unter der Erden, den ſelbſten gezogen gehabt, in ſogenannten Schlutter-Kohl, der ge - waltig dicke Staͤngel bekomt, ſtaͤrker als der Staͤngel an dem blauen Kappes-Kohl, und deſ - ſen groſſes Blat nur fuͤr das Vieh geblatet werden kan, verwandelt? welches Gewaͤchs ich ſonſten nie geſehen, auch nicht gekant haͤtte, wenn nicht eine adeliche Dame von S. mir deſſen Namen bekant gemacht haͤtte. Jedoch tranſeat cum ceteris erroribus.
Jch pflege ſonſten den Præiudiciis dererGaͤrt -447. Cap. Einige SchreibenGaͤrtner nicht zu folgen, wenn ſie das Saͤen oder Pflanzen dieſes oder jenes Gewaͤchſes im Zu - oder Abnehmen des Mondes anrathen, ſondern ich ge - he meiner dreyſigjaͤhrigen geringen Praxi nach; gleichwohlen kan ich nicht bergen, daß mir wegen Jnfluenz des Mondes alle Zweifels-Knoten von den Natur-Kuͤndigern noch nicht aufgeloͤſet und gehoben ſeyn. Denn ſo lange ein ſolcher die Grund-Urſache nicht zeigen kan, die mich convin - ciret, warum e. g. dem ſauren Kraute wohl im abnehmenden, nicht aber im wachſenden Lichte ſei - ne Bruͤhe, die es conſerviren muß, fehle? warum die im neuen Lichte geſaͤete oder gepflanzte Huͤlſen - Fruͤchte reichlich bluͤhen, und nicht ſo haͤufige Frucht anſetzen, als die, welche im abnehmenden Lichte geſaͤet oder gepflanzet werden? warum in - gleichen Sellery, im neuen Licht verpflanzet, viel - faͤltig in den Staͤngel ſchieſſe? oder in groſſes Kraut und nicht in ſo dicke Kolben wachſe, als wenn er im abnehmenden Licht verpflanzt worden? andere zu geſchweigen: ſo lange iſt doch die Mei - nung derer Alten vom Einfluß des Mondes noch nicht widerleget. Jſt nicht der Krebs im wachſen - den und vollen Mond voͤlliger am Fleiſch und viel ſchmackhafter als im abnehmenden? auch in de - nen Monaten, darinnen kein R ſtehet.
Die Degeneration, die Ew. -- in ein und anderm Samen in Dero hochgeehrteſtem Schrei - ben eingeſtehen, ruͤhret ſie vom Monde, oder vom Winde, oder von der Natur des Landes her? oder woher? gewiß iſts, daß eine Cauſa cauſati daſeyn45von Ausartung derer Samen. ſeyn muͤſſe; wenn ſchon dieſer dieſe, ein anderer eine andere angiebt; gleichwohl muß doch eine wahre Urſache da ſeyn. Die gruͤndlichſte behaͤlt den Preiß. Die Erfahrung aber cludiret man - nigmal das Geſchwaͤtze der Naturkuͤndiger, die theoretice, aber nicht practice ſchwatzen. Die Geheimniſſe der Natur ſind nur dem alweiſen Schoͤpfer bekant. Meine Allata aber ſollen kei - nesweges Ew. -- eine Beſchaͤftigung verurſachen, meine Meinung zu widerlegen, weil ich Denenſel - ben voͤlligen Glauben ſo lange beylege, bis ich in Praxi ein anderes erfahren. Wie ſehr ich mich auch an Ew. -- Garten-Anſtalten und deren Verpflegung im Geiſte ſehne; ſo wenige Hof - nung habe ich dieſelben in Augenſchein zu neh - men, indeſſen vergnuͤgen mich allezeit die practi - ſchen Anmerkungen von denenſelben. Wormit ich Dieſelben der getreuen goͤttlichen Obhut em - pfehle, mit Anwuͤnſchung alles erſprießlichen Wohlſeyns bis auf die ſpaͤteſte Jahre, und ver - harre in volkomner Hochachtung
Daß E. -- mit Dero werthen Schreiben vom 30. Mart. a. c. mich beehren wollen, iſt mir beſon - ders angenehm geweſen, wofuͤr ihnen hierdurchden467. Cap. Einige Schreibenden ſchuldigſten Dank abſtatte. Ob gleich Ew. -- in Dero angenehmen Schreiben Befehl ertheilet, mir wegen der aufs neue vorgelegten Puncte, kei - ne fernere Muͤhe zu geben; ſo habe mir dennoch die Ehre und Kuͤhnheit nehmen wollen, Ew. -- mit dieſen wenigen Anmerkungen in aller Hoch - achtung beſchwerlich zu fallen, indem ich mir ein beſonderes Vergnuͤgen daraus mache, Ew. -- Garten-Luſt, welche Sie bey Dero wichtigen und uͤberhaͤuften Amts-Verrichtungen zur Abwechſe - lung lieben, in etwas zu befoͤrdern. Daß Ew. -- mit denen Præiudiciis, womit ſonſt die gemeinen Gaͤrtner und viele andere Garten-Liebhaber ange - fuͤllet ſind, nichts werden zu ſchaffen haben, bin ich voͤllig uͤberzeuget, und freuet mich, daß Dieſelben Dero durch die 30. Jahr erlangten Praxi Folge geleiſtet haben.
Die Jnfluenz und Mond-Wechſel betreffend, ſo habe von derſelben albereit in meinem botani - ſchen Werke gehandelt. Es ſind auch noch viele an - dere, die derſelben widerſprechen, als Leipz. oͤcon. Nachrichten 1. B. p. 251. und in Zinkens Leipz. Saml. 4. B. p. 524. it. 5. B. p. 605. ingleichen Fried. von Hartenfels im Garten-Saal p. 1-10, 172, 173, 327. ſq. wie auch der neuankommende Hollaͤndiſche Gaͤrtner u. d. m. haben es gar deut - lich erwieſen, daß dieſelbe keinen Grund habe. Der leztere aber c. 19. §. 10. p. 114. annectiret folgendes:” Du aber, geneigter Leſer, nachdem „ du die Eitelkeit der himliſchen Conſtellationen, „ Zeichen, Aſpecten und Mond-Wechſels aus obi -„ gem47von Ausartung derer Samen. „ gem zur Gnuͤge wirſt erſehen haben, laſſe ſelbige „ immerhin fahren und ſich diejenigen daran hal - „ ten, die ohne Kruͤcken nicht gehen koͤnnen. Beo - „ bachte hingegen bey Pflanzung deiner Garten - „ Gewaͤchſe die rechte Jahres-Zeit und temperirte „ Witterung, alſo daß dieſe weder zu naß noch zu „ trocken ſey, ſo wird dich der gluͤckliche Wachs - „ thum lehren, daß alle Tage des HErrn ſind, und „ du nicht noͤthig habeſt, den geringſten Unter - „ ſchied darunter zu machen.
Bey Einmachung des ſauren Krauts iſt weder das wachſende noch das abnehmende Licht Schuld daran, daß die Bruͤhe oder Lake zuweilen fehlt, zu - weilen zunimt; ſondern die Leute ſelbſt, welche ſol - ches einmachen oder einzuſtampfen pflegen. Denn entweder ſie thun der Sache zu viel oder zu wenig. Wird das zuſammen gehobelte Kraut zu wenig ge - ſtampft, ſo bekomt es zwar eine Lake, aber ſie verge - het nach u. nach, u. ſteigt nicht wieder hervor; ge - ſchieht aber das Einſtamfen zu ſtark, ſo bekomt es ſehr viel Bruͤhe, u. faͤngt das zu Schaden geſtam - pfete u. zerquetſchte Kraut endlich an zu putreſciren und zu verderben. Mir iſt es ſelbſt beym Anfange meiner Oeconomie ſo ergangen, daß es dem ſauren Kraute an Bruͤhe oder Lake gefehlt: nachdem ich aber nachher ſelbſt drauf geſehen, und meine Leute darin belehrt; ſo iſt mir dergleichen Unweſen nicht wieder begegnet, u. conteſtire hiemit, daß ich nie - mals die geringſte Reflexion hierin auf den Mond - Wechſel gehabt. Gewiß iſts aber, daß ich hierbey vielmal obſervirt, daß, wenn es im Winter ſehr kalt wird, die Lake falle u. ſich nieder ſenke, daß die Ober -Schich -487. Cap. Einige SchreibenSchichte des Krautcs blos ſtehet: ſo bald ſich aber das Wetter aͤndert, und ſich wieder temperi - ret zeiget, ſo komt die Bruͤhe oder Lake wieder, und ſteiget wohl unterweilen uͤber die Gebuͤhr im Faſſe. Meines Erachtens ruͤhret ſolches von dem in der Lake befindlichen Spiritu her, welcher nach Verhaͤltnis der Kaͤlte und der Waͤrme ſich com - primiret, oder expandiret, welches ſich auch gar fuͤglich mit dem ſteigenden und fallenden Spiritu in denen Thermometris erlaͤutern laͤſſet, welcher ebenfals durch die Waͤrme expandiret und zum Steigen gebracht, und hingegen durch die Kaͤlte comprimiret wird, daß er fallen muß. Dahero darf auch bey dem Einmachen des Krautes, das Faß nicht alzuvol geſtampfet werden, ſondern daß es zum Aufſteigen noch etwas Raum behalte. Denn ſo das Faß mit dem Kraute zu vol gema - chet wird, ſo lauft die Lake heraus, und wenn dieſe wiederum faͤllet, ſo fehlet es hernachmalen daran. Aller von dem oben gedachten und zu Schaden ge - ſtampften Kraute, wird nimmermehr die Lake wieder in die Hoͤhe ſteigen, ſondern es faͤngt, wie oben gedacht, an zu verfaulen, daß man es endlich dem Viehe geben muß, und fuͤr die Oeconomie hernachmals nichts mehr hat.
Ferner, woher komt es doch, daß der Wein aus denen volgefuͤlleten Faͤſſern unterweilen et - was heraus laufet, ſol es vielleicht auch von dem Monde herkommen? keinesweges; ſonſt muͤſte dieſes alle Monate geſchehen. Es geſchiehet hauptſaͤchlich nur zu ſolcher Zeit, wenn der Windrecht49von Ausartung derer Samen. recht ſtark wehet, oder auch bey truͤben und Regen - Wetter; und wenn ſolches wiederum aufhoͤret und ſich aͤndert, ſo faͤlt der Wein in den Faͤſſern wie - derum nieder. Wegen dieſer Sache mich weit - laͤuftig in Schrift-Wechſel einzulaſſen, iſt meine Affaire nicht, indem es mir an der Zeit hierzu ſeh - let; ſondern ich wil meine weitern Rationes mit Stilſchweigen uͤbergehen, und dieſes den gelehr - ten Herren Phyſicis uͤberlaſſen.
Vor einigen 40. Jahren bekam ich als ein jun - ger Studioſus Schwimmers phyſicaliſche Garten - Luſt in die Haͤnde. Bey dem Durchleſen fand ich von allen Blumen, welche man im abnehmenden oder zunehmenden Lichte, auch in dieſem oder je - nem Zeichen, ſaͤen ſolte. Jch machte mir ein beſon - deres Geheimnis daraus, und ſteifte mich ſo ſtark drauf, wie der Bock auf ſeine Hoͤrner. (Es iſt die - ſes Buch ſo voller Praͤjudicien wie der Hund vol Floͤhe.) Hinter dieſe Wahrheit zu kommen, hatte ich bey meinen Eltern die ſchoͤnſte Gelegenheit. Jch ſtelte daher Verſuche an, und nahm von einem ge - fuͤlten Graßblumen - oder Nelken-Stocke (tunica hortenſi plena) NB. einerley Sorte, den Samen, und ließ keine Zeit vorbey ſtreichen, damit bey dem Einſaͤen deſſelbigen alles nach des Schwimmers angegebenen Zeichen moͤchte beobachtet werden. Jch behielt aber die Helfte dieſes Samens zuruͤck, und that mit dem Einſaͤen deſſelben pur und ledi - glich das Contrarium. Auf das andere Jahr be - kam ich auf demjenigen Beete, welches ich in dem angegebenen Zeichen geſaͤet und gepflanzet, theilsAbh. v. Sam. Dge -507. Cap. Einige Schreibengefuͤlte, theils einfache Gras-Blumen. Auf dem andern Beete, wo ich das Gegentheil gethan hat - te, war es eben ſo beſchaffen. Jch bekam darauf theils gefuͤlte, theils einfache Blumen. Gleicherge - ſtalt habe auch auf die nemliche Art mit dem Levco - jen-Samen einige Jahre nach einander Verſuche angeſtelt: aber auch hierin habe ich wegen der an - gegebnen Zeichen nichts finden koͤnnen. Und wa - rum werden doch die Nelken oder Levcojen, da man von einem Stocke den Samen genommen, ſolchen in einer Minute, in einem Zeichen, in einerley Er - de geſaͤet und gepflanzet, nicht alle gefuͤlt oder ein - fach. Jch kan meines Erachtens der Jnfluenz ſol - ches nicht beymeſſen: denn wenn dieſes waͤre, ſo muͤſten ſie entweder alle gefuͤlt oder einfach wer - den: ſondern ich glaube vielmehr, und habe obſer - virt, daß diejenigen Samen-Koͤrner, welche recht volkommen ſind, und mehrern Nahrungs-Saft an ſich ziehen, bey dem Wachsthum und Reifung zu denen gefuͤlten Blumen das mehreſte beytragen, hingegen leichte, ſchwache und unvolkomne Koͤrner einfache Blumen hervorbringen. Solte Ew. -- eine gruͤndlichere Urſache entdeckt oder ſonſt wo ge - leſen haben, ſo wil mir ſolche ergebenſt ausbitten.
Wenn die im neuen Lichte gepflanzte oder ge - ſaͤete Huͤlſen-Fruͤchte, als Erbſen, Bohnen, Pha - ſeolen ꝛc. zwar reichlicher bluͤhen, aber nicht ſo haͤu - fige Frucht anſetzen, als diejenigen, welche im ab - nehmenden Lichte geſaͤet werden, ſo komt ſolches gleichfals nicht von dem Monden-Wechſel, ſon - dern vielmehr daher, weil bey einfallendem hefti -gen51von Ausartung derer Samen. gen und penetranten Sonnenſchein, wenn die Huͤl - ſen-Fruͤchte eben in ihrem beſten Flore ſtehen, die Bluͤten derſelbigen verbrant werden, und da kan es nicht anders ſeyn, als daß ſie der vielen Bluͤten ohngeachtet dennoch nicht viele Fruͤchte anſetzen.
Jch habe dieſes gar vielmal obſerviret. Ab - ſonderlich geſchahe es im verfloßnen Jahre, da wir anfaͤnglich vielen Regen hatten, und bey Anfange der Bluͤhung ſehr warmen und hellen Sonnen - ſchein bekamen. Jch ſagte es meinen Gaͤrtnern da - mals zum voraus, daß wir wenige Erbſen und an - dere Huͤlſen-Fruͤchte bekommen wuͤrden, welches auch eingetroffen, maſen wir nicht einmal die Helf - ſo viel, als ſonſten ordentlich geſchehen, erhalten haben.
Warum aber die im Neu-Monde verpflanzte Sellery-Pflanzen vielfaͤltig in Staͤngel ſchieſſen, ruͤhret nicht von der Verpflanzung im Neu-Lichte her, denn ſonſten wuͤrden ſie alle in die Hoͤhe ſchieſ - ſen: ſondern es komt vielmehr daher, wenn der Sa - me alzufruͤhzeitig geſaͤet, oder auf denen alzuwar - men Miſt-Beeten getrieben wird, ſo ſchieſſen hie und da dergleichen in die Hoͤhe. Und eben ſo ver - haͤlt ſichs auch mit denen Moͤhren oder gelben Ruͤ - ben, rothen Ruͤben und Paſtinat-Wurzeln. Wenn dieſe Sorten derer Samen alzufruͤh in die Erde gebracht werden, ſo gehen viele in die Samen - Staͤngel, welches die gemeinen Leute bey uns Boͤ - cke nennen. Noch deutlicher zu geben, daß das alzu fruͤhe Beſtellen die wahre und eigentliche Urſache des Aufſchieſſens ſey; ſo probiren es Ew. -- undD 2ſaͤen527. Cap. Einige Schreibenſaͤen im Fruͤhjahre weiſſen Herbſt-Ruͤben-Samen; ſo wird ſichs gewiß finden, daß keine einzige zuruͤck bleibt, ſondern ſie gehen alle in die Samen-Staͤn - gel. Hingegen wenn die ordentliche Saͤe-Zeit, nemlich von St. Johannis bis zu Jacobi Tag, wel - ches die beſte Zeit iſt, in Obacht genommen wird, ſo werden gewiß keine in die Hoͤhe gehen. En fin, mit dergleichen Mond-Wechſel wird mancher ehr - licher Mann hinter das Licht gefuͤhret. Denn wenn man im neuen Lichte dieſes oder jenes ſaͤen ſolte, und es regnete eben zu ſelbiger Zeit, was ſolte man alsdenn anfangen? wolte man warten, bis wieder der neue Mond herbey kaͤme, ſo giengen vier Wochen vorbey, und die beſte Saͤe-Zeit waͤre verſtrichen, & vice verſa.
Auf das von Ew. -- mir vorgelegte Argu - ment wegen der Krebſe, welche im wachſenden und vollen Monde, wie auch in denenjenigen Mo - naten, worinnen kein R ſtehet, voͤlliger am Flei - ſche und viel ſchmackhafter ſeyn ſollen, dienen fol - gende Anmerkungen. Daß die Krebſe mit unter die Raub-Fiſche gehoͤren, iſt ganz gewiß, denn wenn man im Monate Majo, Junio, Julio und Auguſto, NB. bey warmer Witterung, den Ma - gen derſelben, welcher, wie bekant, am Kopfe nahe bey denen Augen lieget, unterſuchet, ſo wird man die junge Brut von kleinen Fiſchen, Krebſen, Froͤſchen und Schnecken darinnen finden. Denn ſie kriechen bey temperirter Witterung ganz nahe an das Ufer, und ſuchen die obgenante junge Brut. Hieraus erhelt nun die Urſache gar deutlich, war -um53von Ausartung derer Samen. um die Krebſe in denen Monaten, in deren Namen ſich ein R befindet, viel Zwirn in ſich haben und nicht vol ſind. Es ruͤhret nemlich ſolches nicht von dem Monde her, ſondern von dem Mangel der Nahrung, indem ſie wegen der kalten Ge - waͤſſer in gedachten Monaten die junge Brut, womit ſie ſich ſonſten zu naͤhren pflegen, nicht finden, und folglich in ihren Loͤchern bleiben, und vom Leibe zehren. Wenn man zur Winter - Zeit ihre Maͤgen viſitiret, wird man nichts darin - nen finden. Und ſo ja der Mond in dieſe Thiere influiren ſolte, ſo muͤſten ſie auch im Winter vol ſeyn, indem ja alle Monate der Mond ſcheinet und vol wird. Die Liebhaber der Krebſe ſolten billig zuſammen treten und dahin trachten, daß der leidige R aus den Monaten relegiret wuͤrde. Deßgleichen laͤßt ſich aus dem obigen die Urſache gar leicht entdecken, warum die Krebſe in den Monaten, worinnen ſich kein R befindet, mehren - theils vol werden, weil ſie nemlich in denenſelben wegen der warmen Waſſer ihre gute Nahrung fin - den. Jch ſage aber mit Fleiß, daß ſolches nur mehrentheils geſchehe: denn wenn auch zuweilen im Sommer bey einfallender kuͤhlen Witterung die Waſſer kalt ſind, und die Krebſe ihre gehoͤrige Nahrung nicht finden koͤnnen, ſo werden ſie gewiß nicht vol werden, wenn auch gleich der Mond noch ſo vol waͤre.
Was ich wegen Degeneration eines Kohls in den andern in meinem vorigen Schreiben be - hauptet, nemlich daß dieſelbe weder vom Winde,D 3noch547. Cap. Einige Schreibennoch vom Monde, noch von der Natur des Landes, ſondern von denen vol - oder unvolkommenen Sa - men-Koͤrnern herkomme, (wie ich mich albereit oben bey denen Gras-Blumen explicirt habe) da - bey bleibe noch beſtaͤndig. Wenn aber viele Gaͤrt - ner und andere der Natur und Luft des Landes die Schuld beymeſſen wollen, daß bey ihnen die Kraͤu - ter und Wurzeln uͤberhaupt degenerirten und da - hero diejenigen Saͤmereyen, ſo ſie bey ſich erziele - ten, nicht arten wolten; ſo verrathen ſie nur damit ihre Jgnoranz. Sie verſehen es e. g. hierinnen: Wenn ſie ein rechtes extraſchoͤnes Sallat - (Lattig -) oder Wirſings-Haupt haben u. d. gl. ſo prahlen ſie damit, geben das Beſte bey Hof in die Kuͤche zum Gebrauch. Nein, dieſes muß nicht ſeyn, ſondern das allerſchoͤnſte, krauſeſte und ein wohlgeſchloſſen Haupt muß zu allen Zeiten zur Saͤmerey auf be - halten werden. So dieſes nicht alle Jahr ge - ſchieht; ſo werden die Arten von Jahren zu Jah - ren immer ſchlechter. Gleichwie es mit denen Menſchen zu geſchehen pfleget, daß ſ. h. kraͤtzigte, ſchaͤbigte und ungeſunde Eltern keine geſunde Kinder erzeugen; alſo verhaͤlt ſichs auch mit Er - ziehung derer Samen, worzu aber eine kluge Ex - perienz erfordert wird.
Es koͤnnen inzwiſchen Dieſelben gewiß glau - ben, daß ich Dero hochzuſchaͤtzende Gewogenheit niemalen in Vergeſſenheit ſtellen werde. GOtt erhalte Dero vornehme Perſon bey beſtaͤndiger Geſundheit und allem hohen Wohlſeyn bis zu dem hoͤchſten Ziel des menſchlichen Lebens.
Jch55von Ausartung derer Samen.Ew. -- bin annoch den verbundeſten Dank ſchul - dig, fuͤr die aus langer Erfahrung bemerkten, und mir hochgeneigt communicirten Obſeruationes wegen der Saͤmereyen, wie dieſelbe denen zufolge ſamt und ſonders wohl gerathen, wenn die rechte Zeit und eine temperirte Witterung beobachtet worden, ohne daß dabey auf die Himmels-Zei - chen, Aſpecten und Mond-Wechſel geſehen wor - den. Jch danke demnach gehorſamſt, daß Die - ſelben ſich die Muͤhe nehmen wollen, auf meine gethane Einwuͤrfe mir volkommene Satisfaction zu geben, und durch gruͤndliche Rationes dieſel - ben zu heben, wogegen ich, bey verbantem Aber - glauben und præconceptis Opinionibus nichts einwenden kan, ſondern aſſentire Dero Meinun - gen volkommen. Daß aber die Samen-Koͤrner nicht allemal Schuld daran ſeyn, daß die daraus erwachſene Pflanzen nicht auf gleiche Weiſe ge - rathen, lehret mich die Erfahrung. Jch habe obſerviret, daß, wenn ich aus einem Beutel heute und morgen einerley guten Samen, auf Laͤnder von einerley Guͤte geſaͤet habe,D 4daß567. Cap. Einige Schreibendaß die Pflanzen vom zweyten Tage nicht ſo gut geweſen als vom erſten Tage & vice verſa, wo - ran aber die Erdfloͤhe oder andere Gewuͤrme, ſo zu Zeiten auf einem Lande mehr Schaden thun, als auf dem andern, dennoch nicht Schuld gewe - ſen, indem in demjenigen Garten, alwo es ange - merket, dergleichen Gewuͤrme ſich nicht befinden. Wem aber dergleichen Unterſcheid zuſchreiben ſol, da der Same einerley und der Erdboden von ei - nerley Guͤte iſt, nur daß der Same nicht auf ein - mal ausgeſtreut worden, daruͤber ſuspendire mein judicium. Das Mißrathen der Huͤlſen-Fruͤchte betreffend, halte ich, daß es nicht ſowol von der Sonnen-Hitze in der Bluͤten-Zeit, weilen ſie die Hitze und eine ziemliche groſſe Duͤrre vertragen koͤnnen, wenn nur je und dann ein guter Nacht - Thau ſie benetzet, als vielmehr von den ſchaͤdli - chen Mehl-Thauen herruͤhre, als wovon das Laub weiß und die Bluͤte zuſammen gezogen wird, die darauf ſchwarz wird, als wenn ſie verſaͤnget waͤre. Vielfaͤltig verderben ſie auch an hieſigen Orten die kleine ſchwarzen Raupen. Bey Erzie - hung der Nelken - oder Graßblumen-Samen hat man ſonſt dahier davor gehalten, daß die weißgefuͤlte die Mutter aller Blumen ſey von dieſer Art. Allein ich habe befunden, daß man aus Samen von allerley Farben gefuͤlter Blu - men, die allerkoͤſtlichſten von allerley Farben ziehen kan, deren Same mit drey Blaͤttern auf - gehet. Die Nachricht von den daſigen Dreyen - Brunnen iſt mir angenehm zu leſen geweſen. Vor57von Ausartung derer Samen. Vor die Einlage bitte mir guten Samen ge - horſamſt aus. Vermelde aber anbey, wie der weiſſe Cappus vorm Jahre nicht der beſte gewe - ſen, weilen ſo wenig ich, als noch drey andere gute Freunde viele Pflanzen davon bekommen, indem nicht die Helfte davon aufgegangen iſt. Jch habe einſt geleſen: Beſenflachs, Beluedere, ſey ein giftiges Kraut, davor man ſich in acht zu nehmen habe. Wenns bekant, ſo bitte ſolches ohnſchwer zu melden. Mit aller Hochachtung verharre
Da nunmehro das Gluͤck zum drittenmal gehabt, von Jhnen als einem mir ganz unbekanten Ge - lehrten eine angenehme Zuſchrift zu uͤberkommen; ſo iſt mir unter allen mit am angenehmſten ge - weſen, von einem ſo weit entfernten Orte dieſe Ehre zu genieſſen, und anbey Dero hochgeſchaͤz - ten Freundſchaft verſichert zu werden. Ew. -- bin davor von Herzen verbunden und bitte zu glauben, daß Dero Hochgeneigtes Wohlwollen, welches Dieſelben auf eine beſondere Art in De - ro ſehr werthem Schreiben gegen mich auszudruͤ - cken beliebet, mich beſonders afficiret, abſonder -D 5lich587. Cap. Einige Schreibenlich da Ew. -- wegen der himliſchen Zeichen, Aſpecten und Mond-Wechſel der Meinung, wel - che in meiner vorigen Antwort eroͤfnet, aſſentiren wollen.
” Was nun Ew. -- in Dero Schreiben mel - „ den, daß diejenigen Pflanzen, welche von einer - „ ley Samen, aber nicht in einem Tage und zu „ gleicher Zeit geſaͤet, erzielet worden, nicht gleich „ und in eben der Guͤte angeſchlagen; auch an „ dieſem Mißwachs die Erd-Floͤhe und Gewuͤr - „ me nicht ſchuld geweſen ſeyn koͤnnen, indem in „ denen Gaͤrten, wo dieſes Experiment gemacht „ worden, dergleichen nach Dero Angeben ſich „ nicht befunden, und woruͤber Ew. -- Dero Iudi - „ cium ſuspendiren, ſolches iſt abermal eine wich - tige und weitlaͤuftige Materie, welche mir vor die - ſesmal vorgeleget wird. Wegen Mangel der Zeit wil eines und das andere, ſo gut als ſich es vorjetzo wil thun laſſen, beantworten; wer mir hiervon beſſere Nachricht geben kan, dem wil ich meine gehorſamſte Dankſagung abſtatten.
Ew. -- glaube ich gewiß, daß nach Dero Bericht der Erdboden einerley Guͤte, ſowol im Duͤngen, Graben und Saͤen kan geweſen ſeyn. Allein hier fragt ſichs 1) ob Dieſelben erweiſen koͤnnen, daß es gaͤnzlich einerley Land, und voͤl - lig einerley Salia darinnen geweſen ſeyn? welches eine groſſe Unterſuchung verlangt, und hauptſaͤch - lich drauf ankomt, was im vorigen Jahre oder im Herbſte fuͤr Fruͤchte auf dieſem oder jenem Beete geſtanden haben, wovon im nachfolgenden einmeh -59von Ausartung derer Samen. mehreres zu erſehen ſeyn wird. E. g. ich habe in mei - nem Garten ein Beet zu denen Tulipanen-Zwie - beln, welches dem Anſehen nach von einerley Guͤte war, graben, duͤngen und was ſonſt zu dergleichen Zwiebel-Gewaͤchſen noͤthig iſt, zurechte machen, und zwar an einem Tage und in einer Stunde die Zwiebeln, welche viel Geld koſteten, in die Erde bringen und pflanzen laſſen; allein da ſolche in dem Fruͤhjahre hervor in ihre Blumen-Staͤngel wachſen ſolten, ſind ſie nicht etwan hin und wie - der, ſondern nur auf dem dritten Theil des Bee - tes, als wenn es darauf waͤre abgezeichnet wor - den, kleine blieben und haben nichtsnutzige Blu - men hervorgebracht.
Dieſes habe ich drey Jahre nach einander probiret, weilen ich es zur ſelbigen Zeit ſo gleich noch nicht eingeſehen, aber leider continuo er - fahren muͤſſen, daß auf dem Orte dieſes Beets die Zwiebeln immer kleiner worden, keine Blu - men getragen, und endlich in der Erden verfaulet ſind. Es kam aber von Fremden ein guter Freund und beruͤhmter Blumiſte, Herr Sonat, welcher aber nunmehro in Koͤniglich-Daͤniſchen Dienſten ſich befindet, vor ohngefehr 13 Jahren zu mir in meinem kleinen Luſt-Garten, welchem ich es klagete, wie mir dieſe Fatalitaͤt begegnet waͤre. Dieſer meldete mir, wenn ich gleich hun - dertmal dergleichen Tulipanen-Zwiebeln auf dasjenige Beet braͤchte, ſo wuͤrden ſie mir auch hundertmal keine Blumen bringen, und endlich verderben; er haͤtte es aus der Er -fah -607. Cap. Einige Schreibenfahrung, indem es ihm eben ſo ergangen. Die Urſachen, welche er anfuͤhrete, waren alſo; Es waͤre zuweilen ein ſolches Fleck im Garten, wo - rinnen ſich ein Pfoſch (Faͤulniß) in der Erden be - faͤnde, alwo nichts von der Stelle wuͤchſe, man moͤgte es auch duͤngen wie man wolte. Dahe - ro wurde ich genoͤthiget, dieſe Erde anderthalb Schuhe auszuheben und andere friſche Erde an deren Stelle zu bringen. Wie ich nun dieſes ge - than, ſo wuchſen meine Tulipanen eben ſo friſch als auf den andern Orten.
2) Jſt alſo wohl zu betrachten, wie oben ge - dacht worden, was im vorigen Jahre fuͤr Fruͤchte auf dem andern Beet gewachſen ſind: ob nicht vielleicht darauf eine ſolche Frucht, als Blau-Kohl, gelbe oder weiſſe Ruͤben, Kohlrabi unter der Er - den, und hingegen auf dem den erſten Tag geſaͤeten Beete eine andere Frucht geſtanden, welche nicht ſo viele Salia aus der Erden gezogen hat? denn wo dieſes, ſo folgt, daß die auf den erſten Tag geſaͤeten Pflanzen viel beſſer geweſen ſind. Denn die gedachten Gewaͤchſe zehren die Salia oder ſuccum Terræ, die wachſende Kraft (wenn ichs alſo nennen darf) aus denen Laͤndereyen gewaltig heraus; auch ſo ſtark, daß man es, wenn man gleich dieſes Land noch ſo gut wiede - rum duͤnget und begattet, an dem Wachsthum derjenigen Fruͤchte, welche darauf geſaͤet oder gepflanzet werden, gar merklich wahrnehmen kan, und
3) Dieſes iſt gewiß in der Garten - undFeld -61von Ausartung derer Samen. Feld-Oeconomie eine der groͤſten Wiſſenſchaften, daß man mit denen Fruͤchten ſowol in denen Gaͤr - ten als auch auf den Aeckern mit der Beſtellung abzuwechſeln weiß. Denn wo wolte es moͤglich ſeyn, daß ich einen Acker 15 bis 16 Jahr nach ein - ander, da keine Brache dazwiſchen komt, beſtellen koͤnte, welches ich von vielen Jahren, und noch bis dato, mit groſſem Nutzen practicire. Dieſe Ver - aͤnderung mit denen Fruͤchten iſt an einem andern Orte weitlaͤuftig beſchrieben worden.
Einerley Frucht nach einander als Wurzel - Werk u. d. gl. geht auf das hoͤchſte zwey Jahr nach einander zu beſtellen an, beſſer aber nur ein Jahr. Das dritte Jahr Gewuͤrzlich darauf zu beſtellen waͤre gewaltig gefehlt, denn dieſe verlangen einer - ley Kraͤfte. Wenn man aber mit denen Fruͤch - ten abzuwechſeln weiß, ſo werden allezeit andere Jngredientien, welche zu einer andern darauf be - ſtelten Frucht noͤthig ſind, aus dem Lande geſogen, indem ein jedes Gewaͤchs andere Kraͤfte zu ſeinem Wachsthum verlanget, mithin kan ſich das Land in den naͤchſtfolgenden Jahren wieder an denen Kraͤften erhohlen, welche es im vorigen verloh - ren hat.
” Jn Ew. -- vorigen Schreiben 1749. den „ 30. Martii haben Dieſelben des neuen Lichts ge - „ dacht, in welchem die geſaͤeten Huͤlſen-Fruͤchte „ reichlich bluͤheten und nicht ſo haͤufige Frucht an - „ ſezten, als die im abnehmenden Licht geſaͤeten.” Worauf ich albereit meine Erklaͤrung im vorigen Schreiben gethan. Genug, daß dieſes ſeineRich -627. Cap. Einige SchreibenRichtigkeit hat, daß die Bluͤten von der ſehr heiſ - ſen und ſtarken Sonnen-Hitze verbrennt werden. Was aber Ew. -- in Dero jetzigem Schreiben wegen des Mißrathens derer Huͤlſen-Fruͤchte gedenken, nunmehro aber ganz einer andern Urſach Schuld geben wollen, daß nemlich, wenn das Laub derer Erbſen und Garten-Bohnen weiß, die Bluͤten zuſammen gezogen und darauf ſchwarz werden, als wenn ſie verſenget waͤren, ſolches von dem ſchaͤdlichen Mehl-Thau herkomme, daran iſt kein Zweifel; allein woher, und wenn dieſes Uebel komme, daß ein Mehl-Thau denen Fruͤchten zum Schaden gereiche, iſt von Jhnen nicht gedacht worden. Von ſo vielen Jahren her, habe ob - ſerviret, daß dieſes ſowol an denen Huͤlſen - Fruͤchten, als auch an denen Gurken (Cucu - mern) geſchiehet, daß ſie binnen zwey Tagen an - zuſehen ſind, als wenn Seiffen-Sod waͤre darauf geſchuͤttet worden. Cauſa efficiens iſt eigentlich dieſe: wenn ein ſtarker durchdringer Regen ſich ereignet und nach ſolchen NB. ein kalter und ſtarker exuberanter Thau) welcher bey uns Schwa - der-Thau genennet wird) ſich anhaͤngt, darauf aber bey hellem und ſehr heiſſen Wetter die Sonne darauf ſcheinet und den uͤberfluͤßigen Thau nicht ſo bald hinwegnehmen oder aufzie - hen kan; ſo werden die Bluͤten zuſammen gezo - gen und die Blaͤtter ſehen weißlich aus, diejeni - gen Blaͤtter aber, welche jung und quat ſind, ſchrumpfen hernach zuſammen, woraus denn der Mißwachs erfolget. Mit denen Gurkengeſchie -63von Ausartung derer Samen. geſchiehet es daher, daß dieſelben mehrentheils Eiſen-Flecken bekommen und grindigt werden. Wenn ſich aber temperirt und warmes Wetter einſtellet, ſo treiben ſie wieder von neuen Ranken, jedoch geſchiehet dieſes in ſeltenen Jahren.
Die kleinen ſchwarzbraunen glaͤnzenden Raupen entſtehen mehrentheils in ſolchen Jah - ren, wenn es viele Papiliones giebt, welche ihre Ouula an das Erbs-Stroh anſetzen, wenn nuu eine temperirte und hierzu noͤthige Witterung komt, ſo werden ſie ausgebruͤtet, theilen ſich hin und wieder aus, und vergehen nach Bartholomaͤi wieder. Jedoch thun ſie nicht ſo viel Schaden an den Huͤlſen-Fruͤchten, als der obgedachte Mehl-Thau.
Was die Erziehung der Gras-Blumen betrift, haben Ew. -- mit mir einerley Erfah - rung. Denn was die Weißgefuͤlten anbelanget, daß ſie die Mutter der Gras-Blumen ſey, brau - chet keine fernere Unterſuchung, und es iſt nur eine von theils Gaͤrtnern faͤlſchlich vorgegebene Sa - che, daß ſie hierinne vor ſich eine beſondere Wiſ - ſenſchaft beſaͤſſen, welches zu beantworten der Muͤhe nicht werth achte.
Daß der weiſſe Cappus nicht ſol gut gewe - ſen ſeyn, wundert mich, indem ich keinen aͤltern in meinem Hauſe habe als zweyjaͤhrigen, da doch ſolcher ſechs bis ſieben Jahr, wenn er wohl con - ſerviret wird, zum Aufgehen gut bleibet. Wer weiß dann, wie, wenn und auf was Art er beſteltwor -647. Cap. Einige Schreibenworden iſt? ob dieſes vielleicht zu bald geſchehen, daß die Koͤrner in der Erde erkaͤltet, oder aber, wenn der Samen im Aufgehen geweſen, ob nicht deſſen kleine Kaͤumen-Stielgen, die erſtlich ganz weiß zum Vorſcheine kommen, ehe ſie ihre zwey kleinen Blaͤtlein, welche noch in der Erden ſind, in die Hoͤhe ſtrecken, durch die Erdfloͤh*)Dieſes ſind kleine ſchwarze Fliegen, welche ſich in de - nen Gaͤrten hin und wieder, wo ſie ihre Nahrung an - treffen, ſonderlich wo allerhand Kohle und d. g. geſaͤet worden, einfinden. Wenn es ein oder zwey Tage nach einander regnet, ſo werden dieſelben hungrig, und flie - gen nach dem Regen haufenweis auf die aufgehenden Pflaͤnzlein. Dahero iſt kein beſſeres Mittel davor, als das oͤftere Beſprengen. Die uͤbrigen angegebenen Vor - theile, welche in den oͤconomiſchen Buͤchern geſunden werden, ſind vergebens. Ein mehreres ſiehe pag. 86. ſq. in der hiſtoriſchen Beſchreibung von denen Erfurtiſchen Dreyen Brunnen. und an - deres Gewuͤrme**)Die Regen Wuͤrmer pflegen auch denen jungen Pflaͤnz - lein groſſen Schaden zuzufuͤgen, indem ſie ſolche bey der Nacht mit ſich in ihre Loͤcher ziehen, daß man nicht weiß, wo dieſelbe hinkommen, und hierinne man - cher nicht klug werden wird. Vor dieſes Uebel pfle - ge ich kleinen faſt verfaulten oder etwas vermoderten Pferde Miſt auf dem ganzen Beete dinne uͤber und uͤber ſtreuen zu laſſen. Wenn nun dieſer oben auf lieget, ſo ſpielen die Regen Wuͤrmer damit, und nehmen ſol - chen nach und nach des Nachts mit in ihre Loͤcher, daß man in kurzer Zeit gewahr wird, wie ſich der Miſt nach und nach verlieret uud wegkomt. Auf ſolche Art bleiben die kleinen Pflaͤnzlein vor dieſem Ungeziefer in Ruhe. entzwey gebiſſen worden, daßhernach -65von Ausartung derer Samen. hernachmalen die Stoͤrzlein auf dem Beete ſte - hen blieben, als waͤren ſie abgebrant, welches man aber gar genau betrachten muß, und iſt fuͤr dieſes Uebel kein beſſer Remedium, als daß man waͤhrend ſolchen Aufgehen alle Stunden die - ſelben mit Waſſer uͤberziehen und beſprengen laͤßt.
Vor vielen Jahren habe ich auch botaniſche und andere oͤconomiſche Buͤcher geleſen, und durchgeſtoͤhret, aber niemalen gefunden oder ge - leſen, daß das Beluedere, Beſen-Flachs, Stu - denten-Kraut, ein giftiges Ding ſey; au con - traire, hier in Erfurt ſchmuͤcken die Kirchner zur Sommers-Zeit ihre Altaͤre damit, und vor - nehme Leute ſtellen ſolches vor die Fenſter, in - dem es ſich ſelbſten ziehet, daß es artig anzuſehen - de Pyramiden drey Schuh hoch giebet, abſon - derlich wenn ſie in guter Erde ſtehen: auch kan man ſolche in einer Linie ſaͤen, und ſo ſie ein oder zwey Schuh hoch erwachſen ſind, koͤnnen aller - hand Figuren mit der Garten-Scheere daraus ge - ſchnitten werden, welches in denen Gaͤrten ein artiges Anſehen giebt. Es ſind mir zwar eini - ge Dinge bekant, welche giftig ſind, in Specie aber der Napellus flore cœruleo, (Narren-Kappe, Muͤnchs-Kappe) welches ich um der Hiſtorie wil - len aus des Jacob Daniel Ernſtens hiſtoriſchen Schau-Buͤhne p. 504. anfuͤhre, da zwey Per - ſonen um das Leben gekommen, zwey aber das Le - ben erhalten, indem dieſe viere einen Kraͤuter - Sallat von allerhand Blumen, worunter, die -Abh. v. Sam. Eſes668. Cap. Von Jmpraͤgnationſes auch geweſen, zu ſich genommen haben. Jn aller Hochachtung verharre
Von Jmpraͤgnation derer Samen.
Man muß ſich wundern, daß ſo viel Lermens und Schreibens von der Jmpraͤgnation derer Samen hin und wieder in denen neuern oͤconomiſchen Buͤchern gefunden wird. Wie man ſolche auf vielerley Arten einweichen ſol - le; was man dabey in Vermehrung des Korns durch gewiſſe Handgriffe fuͤr einen erwuͤnſch - ten Succeß haben koͤnte; wie man von ſolcher praͤparirten Frucht auf einen Acker zur Saat nur eine Metze zu ſaͤen brauche, da man ſonſten ze - hen Metzen ordentlichen Samen haben muͤſte. Beſiehe hiervon des Herrn von Hochbergs ade - liches Land - und Feld-Leben Lib. 7. Cap. 15. p. 31. alwo eine und andere Einquellung angegeben worden.
Allein ich verſichere hierdurch, welches mivie67derer Samen. viele Acker-Verſtaͤndige bejahen und beypflichten werden, daß, wo keine Duͤngung und Beſſerung in denen Aeckern ſich befindet, dieſes angegebene Einweichen alles vergebens iſt. Und geſetzt, daß ein jedes Korn von der Fettigkeit noch ſo vieles in ſich ſchlucken koͤnnen und eingeſogen haͤtte, ſo wuͤrde die Sonne und die Luft, ehe der Same kan untergeackert, oder an manchem Orte, wo der - ſelbe muß oben auf die Furchen geſaͤet und un - tergeeget werden, die darinnen befindlichen Salia oder Fettigkeit in die Hoͤhe gezogen und ausge - trocknet haben. Und wenn dieſe Einquellung auf einigen groſſen Land-Guͤthern geſchehen ſol - te, alwo ſo viele Malter jaͤhrlich muͤſſen ausgeſaͤet werden, ſo wuͤrde es viele Koſten und in der Haus - haltung groſſe Verhinderungen verurſachen.
Wenn nun bey ſolcher Einquellung oder Jmpraͤgnation ſich zutraͤget, wie es vielmalen zu geſchehen pflegt, daß in der Beſtel-Zeit ſchlimme Witterung oder ein beſtaͤndiger Re - gen ſich ereignet, daß man weder im Fruͤhjahr noch im Herbſte etwas ausſaͤen und beſtellen kan; ſo wuͤrden bey ſolcher feuchten Witterung nach dem Einquellen die Koͤrner unterdeſſen auswachſen und verderben, welches einen ziem - lichen Schaden in der Oeconomie zuwege brin - gen koͤnte. Mit einem Worte, es ſind uͤber - fluͤßige Bemuͤhungen und Grillen, und bezeu - gen mit der That, daß ein ſolcher impraͤgnirter Same, wenn er gleich noch ſo viele Salia in ſich geſogen haͤtte, ohne Miſt und Beſſerung,E 2wel -688. Cap. Vom Jmpraͤgnationwelche vorhero in die Aecker muß gebracht ſeyn, wenig oder gar nichts beſonders zuwege bringen kan.
Dahero iſt gar deutlich und wohl zu begreif - fen, daß, wenn hiervon Vortheil und Nutzen zu erhalten waͤre, es gewiß in ſolchen Stand ge - kommen ſeyn wuͤrde, daß viele Oerter Deutſch - landes dergleichen imitiret haͤtten, welches doch bis dato noch nicht zur Praxi gekommen iſt. Durch dieſe und noch viele andere Grillen iſt man - cher Oeconomus und ich ſelbſten angefuͤhrt wor - den.
Jn der neuen Acker-Theorie, welche 1749. in der Leipziger Michael-Meſſe heraus gekom - men, und von J. A. H. beſchrieben worden, fin - de ich p. 22. folgendes, welches ſich zu meiner jetzi - gen Abhandlung gar wohl ſchicket.
” Die Einquellung des Samens, iſt mei - „ nes Erachtens, eine unnuͤtze brod - und boden - „ loſe Kuͤnſteley, und aus denen damit gemach - „ ten Verſuchen, habe ich noch keine reelle und „ ſich der Muͤhe belohnende Wirkung abgenom - „ men. Die beſte Einquellung des Samens be - „ ſtehet in einem triftigen Miſt-Vehiculo, ſo dem „ Acker einverleibet wird. Und ich bin verſi - „ chert, daß kluge Haus-Wirthe hierinnen vol - „ kommen meiner Meinung ſeyn werden. Der „ einzige Endzweck, welchen die Samen-Einwei - „ chung haben koͤnte, moͤchte etwa dieſer ſeyn, „ daß der Same etwas zu quellen, und mithin „ von dem Saͤemann auf einmal weniger mit der„ Hand69derer Samen. „ Hand gefaſſet und ausgeworfen, mithin der Acker „ auch dahero nicht ſo leicht uͤberſaͤet werden koͤn - „ te. Jnzwiſchen koͤmt auch, ohne dieſe Praͤcau - „ tion, hiebey vieles auf die kluge Wahl des Land - „ Wirths an, ſolche Leute zu Saat-Meiſtern zu „ beſtellen, welche die Kunſt, den Samen nach der „ bonité und Ertraͤglichkeit dieſes Ackers, egal und „ in gehoͤriger quantité auszuſtreuen, verſtehen: „ Das alzuduͤnne Saͤen hat noch keinem gelun - „ gen.
Ferner habe ich in Herrn Hofraths Zinkens Leipziger Samlungen im ſieben und zwanzigſten Stuͤck p. 261. nachfolgendes gefunden, welches Herr Paſt. Orts in ſeiner Sciagraphie de emendan - da Agricultura gemeldet:
” Kan man auch den Samen vor der Aus - „ ſatt mit einer gewiſſen Lauge anfeuchten? Sel - „ bige dienet α) nicht ſowohl den Acker damit zu „ duͤngen; damit duͤrfte man ſich vergeblich be - „ muͤhen, weil das Samen-Koͤrngen, durchs An - „ feuchten ſchwerlich ſo viel Salz und Fettigkeit an „ ſich ziehen kan, als zur voͤlligen Nahrung deſſen, „ was daraus wachſen ſol, erfordert wird. „ Denn dieſe muß ſchon guten Theils im Acker ſeyn, „ auch durch Regen und Waͤrme bereitet und ver - „ mehret werden. β) Vielmehr dienet das An - „ feuchten darzu, daß der erſte Kaͤum recht fett und „ ſtark, auch eher als ſonſt hervor koͤmt, und daß „ die Blaͤtter, welche die Knoren des Haupt-Hal - „ mes ſowol, als der Nebenhalmen beſchuͤtzen, „ deſto gruͤner und ſaͤftiger erhalten werden, wel -„ ches708. Cap. Von Jmpraͤgnation„ ches zum Beſtocken des Getraydes viel betraͤgt. „ Es ſolte vielleicht auch etwas thun, daß alzugroſſe „ Naͤſſe oder Duͤrrung der Saat beym Aufgehen „ ſo viel als ſonſt, nicht ſchaden moͤchten. γ) Die „ Lauge ſol nicht alzukoſtbar ſeyn, und der Same „ nach dem Einweichen wieder aufgetrocknet, auch „ in warmen Tagen bald ausgeſaͤet werden, weil er „ ſonſt auf dem Boden kaͤumet.
Die angeprieſene Jmpraͤgnation derer Sa - men uͤberhaupt moͤchte wohl in theſi ihre Richtig - keit haben, aber in der Praxi und Application leidet ſie einen ſehr ſtarken Abfal. Wer curioͤs ſeyn wil, probire es auf einem darzu bereiteten Acker, alwo NB. noch Beſſerung und Duͤngung in dem Acker ſich befinden, und beſtelle ſolchen, wie gewoͤhnlich, mit ordentlichen und nicht praͤgnirten Samen. Hingegen aber nehme man gleichfals einen Acker, welcher NB. keine Beſſerung in ſich haͤlt, jedoch aber Brache gelegen und darzu be - reitet worden, beſaͤe ſolchen nach der angegebe - nen Methode mit impraͤgnirten Samen, ſo wird es ſich bey der Ernte gewiß an den Tag legen, daß die angegebene Kuͤnſteleyen vergebens ſind. Jch halte davor, daß es wohl gethan ſey, und die beſte Jmpraͤgnation zuwege bringe, wenn ein Ackerbau-Verſtaͤndiger ſeine Acker gehoͤriger - maſſen wohl duͤnget, pfluͤget, ruͤhret, zur rechten Zeit beſtellet, und nicht NB. nach der alten Ge - wohnheit uͤberſamet, ſondern das Mittel ſich er - wehlet, denn die mehreſten fehlen hierinne, daß ſie den Samen entweder zu duͤnne oder zu dickeſaͤen71derer Samen. ſaͤen. Dieſe ſparſamere Beſaͤuug habe ich viele Jahre daher probiret, welches einige Erfurter imitiret und fuͤr gar nuͤzlich und gut in der Ern - ten-Zeit befunden haben. Jch conteſtire hier - bey, daß man von wenigem Samen mehr ein - ernten kan, als wenn ein Acker uͤberſamet wird. Mit dem Sommer-Rocken aber wil ſich das alzu duͤnne Saͤen nicht ſo thun laſſen, aus Urſachen, weil ſich dieſer im Fruͤhjahre nicht ſo beſtaudet, als der Winter-Rocken, indem er zur Beſtaudung nicht ſo viel Zeit hat, als dieſer, inzwiſchen iſt den - noch das Mittel im Ausſaͤen zu erwehlen. Auch haben der Herr Canzler, Freyherr von Wolf, p. 48. §. 29. in der Entdeckung von der wunder - baren Vermehrung des Getraydes nachfolgen - des, welches mit ſonderbarem Vergnuͤgen geleſen habe, gar wohl erinnert:” Ja, ich zweifle nicht „ im geringſten, es werden erfahrne Ackers-Leute „ und Haus-Wirthe auch bey ihrer gewoͤhnlichen „ Beſtellung des Ackers von meiner Erfindung „ einigen Nutzen ziehen, wenn ſie dafuͤr ſorgen, daß „ der Same nicht zu dicke auf den Acker geworfen „ und beſſer eingeeget werde, als bisher zu geſche - „ hen pfleget: weil ſich bald Mittel an die Hand geben werden, wenn ſie davor ſorgen. ꝛc.
Wer mehrere Nachricht von der Jmpraͤg - nation zu wiſſen verlanget, kan des Herrn von Rohrs ſeine Haushaltungs-Bibliothec, Herrn D. J. H. Fuͤrſtenau gruͤndliche Anleitung zu der Haushaltungs-Kunſt, und D. C. E. Kuͤn - holds oͤconomiſche Experimente nachleſen. Die -E 4ſer728. Cap. Vom Jmpraͤgnationſer letztere, welcher zwar der weitlaͤuftigſte hierin - nen iſt, ſchreibet doch p. 16. davon folgendes: „ A. 1687 iſt die Kunſt voͤllig und complet offen - „ bar worden, wie es nemlich das fixe Salpeter - „ Salz ſey, welches dergleichen Fertilitaͤt ver - „ urſachen koͤnne, wormit nach der Hand viele „ tauſend Proben an verſchiedenen Orten wirklich „ ſich ereignet. Allein man practicire dieſes auf „ magern und des Vnctuoſi beraubten Aeckern, „ gewißlich, es wird ſich finden, daß der geringſte „ Effect darvon nicht zu ſpuͤren, eben ſo wenig als „ was gedachter Herr Hochberg Lib. 7. Cap. 15. „ anfuͤhret: Ferner gedencket Herr D. Kuͤnhold „ p. 247. Hierbey weiß nichts anders zu erinnern, „ denn daß ich bey meinen Jmpraͤgnationen auf „ keinerley Weiſe die Fruͤchte uͤber einander im „ Pottige ſtehen laſſen; denn es hat ſich zugetra - „ gen, daß manchmal bey uͤbler Beſtel-Zeit und „ eingefallenen beſtaͤndigen Regenwetter ſowol „ uͤber Winter als Sommer nicht eine Hand vol „ Samen auf den Acker zu bringen geweſen, „ bey welcher Bewandnis mir meine Fruͤchte zu „ Malze geworden, welche ich hernachmals nicht „ gebrauchen koͤnnen, nachdem ſie auch das Vieh „ nicht einmal wegen der ſtinkenden Zuſaͤtze freſ - „ ſen wollen, woferne nicht ein Theil unter 5 bis „ 6 Theile ander Schrot mengen laſſen, und alſo „ endlich, wiewohl mit Muͤhe, dem Viehe bey - „ gebracht. Weßwegen mit Schaden kluͤger wor - „ den, und meine Samen-Fruͤchte, ſobald ſie im „ Pottige ſatſamlich ausgequollen, und der Li -quor73derer Samen. „ quor abgelaſſen, ſogleich heraus gethan, auf „ Boͤden ganz duͤnne, wie man Luft-Malz zu tro - „ ckenen pfleget, geſchuͤttet und oft wenden laſſen: „ alſo, daß nicht die allergeringſte Spur einer „ Kaͤume ſich ereignet, und auf ſolche Maſe ganz „ duͤrre worden, dergleichen Art von getrockneten „ Samen habe hernachmals auf Haufen geſchuͤt - „ tet, und bis zur Saͤe-Zeit ſowohl uͤber Winter „ als Sommer aufgehoben, und dabey dieſen „ Vortheil gehabt, daß die Maͤuſe den gering - „ ſten Schaden daran nicht ausgeuͤbet. Jch bin „ auch noch weiter gegangen, und habe den einmal „ gequelten und getrockneten Samen zum andern - „ mal, ja zum drittenmal impraͤgnirt und ge - „ trocknet, jedennoch keinen Vortheil darbey ob - „ ſerviret als nur dieſes, daß man ihn zum zwey - „ ten und drittenmal nicht den dritten Theil ſo lan - „ ge denn vorhero beitzen laſſen muͤſſe, ſondern er „ gar leicht uͤberquellet wird und zum Aufgange „ untuͤchtig iſt, wie ein jeder Curioſus nachprobi - „ ren kan. Jedoch dieſe beyden letztern ſind „ brodloſe Kuͤnſte, bezeugen aber dennoch mit „ der That, daß ein eingequelter Same, wenn „ er gleich noch ſo viele Salien bey ſich haͤtte, NB. „ ohne Miſt oder ohne Vnctuoſo, welches zu „ ſeiner Nahrung dem Acker einverleibet ſeyn muß, „ wenig oder gar nichts thun koͤnte.
Es iſt mir ein gewiſſer Herr ſehr wohl bekant, welcher kuͤrzlich verſtorben, dieſer hat gleichfals viel Lerms von Jmpraͤgnation derer Samen ge - macht, und wil vieles probiret haben, woruͤberE 5ich748. Cap. Von Jnpraͤgnationich mich ſehr gewundert; und gleichwohl hat er mit ſeiner oft probirten Wiſſenſchaft und Lermbla - ſen nichts erworben, ſondern vielmehr ſeine Guͤter verkauffen und andern Leuten uͤberlaſſen muͤſſen. Exempla ſunt odioſa. Dergleichen Einquellung habe ich ſowol an Korn-Fruͤchten und andern Saͤ - mereyen, als Zwiebeln, Erbſen, Bohnen, Spar - gel und Gurcken-Kern vorgenommen, aber mit Schaden empfinden muͤſſen, wenn es in einigen Tagen nicht geregnet, daß die mehreſten Samen in der Erden verſchimmelt, verfaulet und vertum - melt ſind. Genug, daß es mit dergleichen Quelle - rey, wie oben angemerket worden, gefaͤhrlich iſt.
Mit den ſtarken und harten Samen-Koͤr - nern, welche unter den Blumen-Gewaͤchſen, oder auch Stein-Obſt-Kern und dergleichen, gefunden werden, und in wenigen beſtehen, bin ich nicht in Abrede, daß es gut thue, ſolche in Waſſer einzu - weichen: denn dieſe, wenn ſie ſatſam aufgequol - len, gehen eher auf, abſonderlich wenn man die Scherben, worein ſie geſaͤet worden, auf die war - men Miſt-Bette ſtellet; jedoch muͤſſen die Scher - ben auch unterweilen, wenn es noͤthig iſt, begoſſen werden. Daß aber dieſes Einquellen in Wein, Milch, Urin, oder in Spiritum, wie einige wollen, geſchehen ſol, halte auch fuͤr uͤberfluͤßige Grillen: denn das Waſſer thut eben dergleichen Dienſte.
Es gedenket auch Hans Carl von Carlowitz in ſeiner Anweiſung zur wilden Baum-Zucht p. 180 §. 35. nachfolgendes:” Was etliche vorgeben, daß „ man den Samen einweichen ſol, (wie er denn„ von75derer Samen. „ von machen, um deſto eher zum Aufgehen zu „ kommen, in eingelaͤuterten Kalk oder Sauer - „ teig-Waſſer geleget wird) ſo kan ſolches dem gu - „ ten Samen auch wohl ſo geſchwind ſchaͤdlich als „ nuͤtzlich ſeyn. Denn komt derſelbe in treuge „ Erde, oder die Witterung faͤlt trocken, ſo kan er „ nicht aufgehen, und die Feuchtigkeit, ſo er vom „ Einweichen bekommen, ſchlaͤgt in die Faͤulung „ hinaus, indem die trockene Erde ihn corrodiren „ hilft. Wenn aber die Erde etwas feuchte, und „ die Witterung gut iſt, befoͤrdert die Einweichung, „ abſonderlich wenn es in gutem Regen-Waſſer ge - „ ſchieht, das Aufgehen ſehr; aber es muß etwas be - „ daͤchtlich tractirt werden, dem Baum-Samen ei - „ ne Foͤcundation beyzubringen, und wird man ſich „ nach dem Samen hierunter richten muͤſſen, ob „ er ſtark, duͤnn - oder dickſchaͤlig ſey, jedoch ſol „ keiner uͤber 24 Stunden lang eingeweichet „ werden; derjenige aber, ſo vor Winters ge - „ ſaͤet wird, gar nicht: denn es kan derſelbe bey „ ereignetem ſtarken Froſt leichtlich in der Milch „ erfrieren; der Fruͤhlings-Same aber, ſo er al - „ zu ſtark eingeweichet, wuͤrde die Seele und Kraft „ verlieren. Den Baum-Samen uͤber Winters „ in Gefaͤſſe zu thun, und ſchichtweiſe mit Erde „ und Sand beſchuͤtten, feuchte halten und aus - „ kaͤumen laſſen, ſcheinet ſehr gefaͤhrlich, wie wir „ zum Theil davon bereits Meldung gethan haben, „ indem er leichtlich waſſerſuͤchtig, ſchimlicht und „ faul wird, auch im Fal, da er auskaͤmet, die „ Kaͤumen und Wuͤrzelchen im Handthieren, im„ Saͤen769. Cap. Vom Einernten„ Saͤen, im Einlegen oder im Stecken ſehr leicht - „ lich beſchaͤdigt werden koͤnnen; folget aber ziem - „ liche Hitze, Duͤrre, Kaͤlte, Froſt oder Naͤſſe dar - „ auf, ſo iſt der Kaͤum-Same verlohren.
Wer ein Liebhaber von ſolcher Quellerey (Prahlerey) iſt, kan in andern oͤconomiſchen Buͤ - chern ſich mehreres Raths erhohlen.
Dieſe ſol weder zu fruͤhe noch zu ſpaͤt geſche - hen: denn ſo es zu bald geſchiehet, ſo ſchrumpft der Same zuſammen, und daher bleibt dieſer zum Aufgehen nicht uͤber ein oder zwey Jahr gut: komt man aber zu ſpaͤt, ſo fallen die allerbe - ſten Koͤrner aus, und gehen zu Grunde. Dahe - ro muß man das rechte Tempo treffen, und ge - naue Achtung darauf haben. Es muß faſt taͤg - lich darnach geſehen werden, und ſo man merket, daß ſich theils Samen-Capſeln von einander thun wollen, ſo iſt es die rechte Zeit ſolche abzuneh - men.
Auch iſt hierbey noͤthig zu erinnern, daß man allen Samen in ihren Capſeln auf die luftigen Boͤden, alwo keine Sonne hinſcheinet, zur Ver -wah -77und Einſamlung derer Samen. wahrung hinlegen laͤſſet, wodurch er reifer, muͤr - ber und volkommener wird. Denn ſo ein Same ſeine Volkommenheit uͤberkomt, ſo kan er auch bey dem Saͤen und Aufgehen eine volkommene Pflan - ze hervorbringen, auch bleibt ſolcher einige Jahre laͤnger gut, daß er noch zur Ausſaat kan gebrauchet werden. Ein jeder Same hat auch ſeine gewiſſe Jahres-Zeit, in welcher er reif zu werden pfleget; doch machet auch unterweilen die Jahres-Witte - rung einen Unterſchied, daß mancher eher auch langſamer reif wird.
Aller eingeſchrumpfte und nicht zur volkom - menen Reifung gelangte Same iſt nicht voͤllig zu verwerfen: denn es bringt es, wie albereit gedacht worden, unterweilen die Witterung mit ſich, daß man vor der Zeit den Samen abnehmen muß, ob ſolcher gleich zwey bis drey Wochen haͤtte laͤnger ſtehen ſollen.
Z. E. Es geſchahe in dem 1749ſten Jahre, im Monat Julio, daß es uͤber 4 Wochen nach ein - ander bey uns regnete, und alſo wegen vieler Naͤſſe die Samen-Stauden, als Wirſing, Cappes oder Kopf-Kohl, und noch andere Sorten derer runden Samen mehr, vor der Zeit anfiengen gelbe zu werden, obſchon die Samen-Capſeln mit ihren Koͤrnern noch nicht voͤllig gewachſen waren: da - hero meine Gaͤrtner genoͤthiget wurden, ſolchen abzuſchneiden, und ſo dieſes nicht geſchehen waͤ - re, wuͤrden ſolche vollends verdorben und verfault ſeyn. Als aber nachhero gut Wetter ſich einſtel - lete, und dieſe Samen in das Reine gebrachtwur -789. Cap. Vom Einerntenwurden, waren die Samen ſehr kleine, einge - ſchrumpfet und unanſehnlich: jedoch muſten ſowol die Fremden als ich ſelbſten dieſe Samen nach Ja - cobi zu den Winter-Pflanzen ausſaͤen laſſen, in - dem kein Vorrath mehr vorhanden war.
Das erſte und andere Jahr iſt ſolcher Same endlich noch zu gebrauchen, aber das dritte Jahr wird ſehr wenig oder gar nichts von dergleichen Koͤrnern aufgehen. Wenn aber ein ſolcher Same ſeine voͤllige Reifnng erlanget, ſo bleibet er zum wenigſten 6 bis 7 Jahr gut.
Es pfleget auch zuweilen zu geſchehen, daß theils Gaͤrtner es machen wie die armen Bauer - Leute, welche, wenn ſie kein Brod mehr haben, vor der Ernte das Korn, ehe es recht reif und duͤrre ge - worden, hinweg ſchneiden muͤſſen, und dieſes wird von ihnen Noth-Korn genennet. Eben alſo geht es auch bey einigen Gaͤrtnern, wenn ſie zu denen Winter-Pflanzen ihre Samen ausſaͤen ſollen, und gleichwol bey herannahender Saͤe-Zeit noch kein Same vorhanden iſt, ſo werden ſie genoͤthiget, die allerbeſten und reifeſten Spitzen derer Samen - Stauden abzuſchneiden, damit ſie ſolchen duͤrre und reine machen, und zur Ausſaat gebrauchen koͤnnen. Ob nun gleich die Koͤrner kleine und ein - geſchrumpft ſind, ſo muͤſſen ſie dennoch zur Saat dienen, und dieſes nennen ſie Nothreif. Bey die - ſem allen iſt am rathſamſten, daß ein jeder ſich da - hin befleißige, auf ein Jahr Vorrath aufzubehal - ten, damit man nicht noͤthig habe dergleichen Ar - beit vorzunehmen. Bey Einſamlung derer Sa -men79und Einſamlung derer Samen. men iſt noch hauptſaͤchlich in Obacht zu nehmen, daß man von guten Sorten ſolche erwehle: denn ein guter Same bringt gute Fruͤchte, hergegen ein boͤſer unreiner Same bringt boͤſe unreine Fruͤchte. Hiebey iſt hoͤchſt noͤthig, daß ein rechtſchafner Gaͤrt - ner oder Oeconomus die mancherley geſamlete und in das Reine gebrachte Samen ordentlich auf - hebe, und in darzu gemachte Saͤcklein bringe, auf welche, ſowol in - als auſſerhalb derſelben Namen, wie auch die Jahr-Zahl jedesmal geſchrieben wer - den muß. Es fordern auch die Samen eine woltem - perirte Kammer, wo ſie aufzubehalten ſind, indem ihnen nichts mehreres als die Feuchtigkeit, verdum - pfigtes Weſen und uͤbrige darauf ſcheinende Son - nen-Hitze zuwider iſt. Bey ſchoͤnem und gutem Wetter, wenn die Samen-Stauden fein trocken ſind, und der Thau und Feuchtigkeit durch die Sonne abgetrocknet worden, muͤſſen ſie jederzeit, wenn der Same ſich volkommen zeigt, eingeſamlet werden, auch koͤnnen die mehreſten in ihren Huͤlſen oder Capſeln bis gegen den Herbſt, doch nach jedes Gelegenheit und Belieben, liegen bleiben, und als - denn erſtlich reine gemacht werden. Dieſes aber gehoͤret nur fuͤr diejenigen, welche die Fermenta - tion nicht verſtehen, und ſich keiner Gefahr unter - wuͤrfig machen wollen, wovon im nachfolgenden Capitel ein mehreres gehandelt wird.
Es ſind auch viele Arten derer Samen, z. E. Haber und Scorzoner-Wurzeln, Iacobea africana annua minor, flore purpureo, ele - gantiſſimo, Sau-Diſteln und noch andere mehr,alſo8010. Cap. Von Fermentationalſo beſchaffen, daß, ſo bald ſich ihre Samen - Capſeln von einander thun, und man nicht des Tages zum wenigſten zweymal darnach ſiehet, und ſolchen behutſam abnimt, ſo fuͤhret ihn der Wind hinweg, daß man nicht weiß, wo er hinge - kommen iſt. So man nun einigen Vorrath ge - ſamlet hat, muͤſſen deſſen Federn von denen Koͤr - nern mit denen Haͤnden abgerieben werden; denn wenn ſolche daran bleiben, wuͤrde dennoch der Wind dieſelben bey dem Ausſaͤen mit ſich hinweg fuͤhren. Daher geſchiehet, daß ſolcher allerhand Samen, es ſey von Baͤumen, Straͤuchen, u. d. gl. auf die alten Mauren oder hohlen Baͤume wehet, welche der Regen in die Luͤcken und Klunſen hin - ein ſchlaͤgt, und zum Aufgehen geſchickt machet, daß ſie oͤfters zu Baͤumen und Straͤuchen in die Hoͤhe wachſen.
Der geehrte Leſer wolle im Beſten vermer - ken, daß ich nicht alſobald zur Sache ſelbſten ſchreite, wie man die Eindaͤmpfung oder Erwaͤrmung verrichten ſol. Jch habe nur den Nutzen und Schaden vorhero zeigen wollen, den man hiervon zu gewarten habe.
Alle81derer runden Samen.Alle runde Samen uͤberhaupt muͤſſen, wenn es recht ſeyn ſol, alſobald, wenn die Samen - Sproſſen auf dem Lande gelbe und einige Sa - men-Capſeln, wie im vorigen Capitel gemeldet worden, ſich aufthun wollen, abgeſchnitten und auf den Boden zur Fermentation gebracht wer - den, wenn ſie anders zu beſſerm Anſehen kommen ſollen. Durch dieſe Erwaͤrmung geſchiehet auch, daß diejenigen Koͤrner, welche etwan nicht ſo vol - kommen erwachſen, und ihre Groͤſſe nicht voͤllig erhalten haben, zu ihrer voͤlligen Foͤcundation oder Reifung gelangen und gebracht werden, welchen groſſen Nutzen, der durch ſolche Fermentation zu erlangen iſt, viele erfahrne Gaͤrtner und Haus - Wirthe nicht wiſſen.
Jedoch iſt es auch gefaͤhrlich, wenn man der - gleichen Daͤmpfung oder Fermentation vorneh - men wil, und ſolche nicht recht verſtehet: denn wenn aus Nachlaͤßigkeit die Zeit verſehen wird, ſo iſt es binnen 5 bis 6 Stunden geſchehen, daß die Samen-Koͤrner aufplatzen, aufkaͤumen, von ein - ander ſpringen und verderben. Kein Same wird bey mir anders tractiret als auf gedachte Art; je - doch ſehe ich ſelbſten darnach, und wenn ich mich hierinnen bey dieſer Sache auf meine Gaͤrtner al - lein verlaſſen wolte, wuͤrde ich gewiß groſſen Scha - den leiden.
Jnzwiſchen wird der Abekaufer keinesweges hierinnen betrogen, wohl aber leidet der Verkau - fer groſſen Schaden: Denn wenn die Koͤrner einmal zerſprungen ſind und gekaͤumet haben,Abh. v. Sam. Fwer -8210. Cap. Von Fermentationwerden ſie ſehr leichte, indem ihnen das Oleum, und folglich ihre Schwere, entgehet. Daraus folget, daß die leichten und tauben Koͤrner, wenn der Same in eine Mulde zum Ausſchwingen ge - bracht wird, ſamt den Unrathe alle mit hinweg fliegen.
Wegen jeztgedachten leichten Samen wil ich einen curioͤſen Caſum, welcher mir A. 1745 im Januario begegnete, melden. Jch war mit Er - ziehung des Kohlrabi-Samens uͤber der Erden, in beſagtem Jahre ſehr ungluͤcklich, ſo daß ich ge - noͤthiget war, 25 Pf. auswaͤrtigen zu verſchrei - ben. Als ich das Paquet von der Poſt, welches mit Matten emballiret und uͤberzogen und dabey ganz naß war, uͤberkam: ſo erſchrack ich zwar an - faͤnglich daruͤber, jedoch ſchnitte ich die Matte al - ſobald herunter, und fande, daß der leinene Sack durch das Aufquellen derer Samen-Koͤrner 2 Zol von einander getrieben, zerborſten und zerriſſen, und die Koͤrner zum Theil durch denſelben Sack durchgewachſen waren; und gleichwohl fiel kein einziges Korn heraus, da ſonſten dergleichen Samen wie Pulver heraus rollen. Dannenhe - ro ſchnitte ich den Sack von einander. Als ich dieſen herunter gethan hatte, ſo waren alle Sa - men-Koͤrner wie ein Stuͤck zuſammen gefrornes Eis anzuſehen. Jch legete alſo dieſen zuſam - men gefrornen Samen-Klumpen in eine Mulde mitten in die Stube, daß dieſer von ſich ſelbſten aufthauete. Die Koͤrner fielen nach und nach in der Mulde auseinander, daß in einer Zeit vondrey83derer runden Samen. drey Viertel-Stunden alle aufgethauet waren. Hierauf muſte mein Gaͤrtner dieſe Samen in die Geſinde-Stube auf die Tuͤcher duͤnne ausbreiten, und befahl ſogleich, temperirt einzuheitzen, und alle zwey Stunden den Samen umzuwenden: denn wenn dieſes nicht geſchehen waͤre, ſo wuͤr - den gewiß die Koͤrner alle vollends ausgewachſen ſeyn. Des andern Tages darauf war der Same duͤrre und trocken geworden, dahero muſte der Gaͤrtner ſolchen in ein Fege-Sieb thun, und ſol - ches hin und wieder drehen, denn dadurch ſenken ſich die ſchweren Koͤrner unten auf dem Boden nieder, und die leichten ausgewachſenen oder ge - kaͤumten Koͤrner werden in die Hoͤhe getrieben, daß man ſolche gar fuͤglich mit der Hand abnehmen oder abrappen kan; die uͤbrigen aber, welche man nicht alle begreifen kan, werden durch das Aus - ſchwingen der Mulde, wie oben gemeldet worden, vollends hinweg getrieben. Nachdem nun ſol - cher Same in das Reine gebracht worden, ſo fan - de ich bey dem Abwaͤgen, daß ſechs Pfund davon verlohren war. Jnzwiſchen war durch dieſe Vor - ſorge der Schade noch zu verſchmerzen. Jch trauete aber den Samen dennoch nicht, indem ich beſorgete, es moͤchte vielleicht durch das alzuſtarke Aufquellen und erlittenen Froſt der Same zum Aufgehen untuͤchtig geworden ſeyn. Dannenhero bediente ich mich meiner obengedachten Samen - Probe, nach welcher aber doch der wiederum in das Reine gebrachte Same zum Aufgehen noch gut befunden wurde.
F 2Als8410. Cap. Von FermentationAls dieſer oben gedachte zuſammen gefrorne Samen-Klumpen in die Mulde geleget wurde, wolten meine Kinder ſolchen mit den Haͤnden zerreiben, welches ich ihnen aber nicht erlaubte. Denn es fiel mir gleich dabey ein, daß er ſich da - mit eben ſo wie mit denen Kraͤutern und in Specie mit der Roßmarie verhalten koͤnte, welche im Herbſt noch nicht in Sicherheit, oder auch im Fruͤh - jahr zu bald in die Gaͤrten gebracht worden, und einen ſtarken Reif oder Froſt bekommen haben. So man ſolche mit denen Haͤnden angreifet oder betaſtet, ſo verderben ſie und werden ſchwarz: wenn man ſie aber in ihrem Froſte unberuͤhrt ſte - hen, und nachhero die Sonne darauf ſcheinen laͤſ - ſet; ſo ziehet ſich der Froſt wiederum heraus, und die Kraͤuter bleiben gut. Auf gleiche Weiſe glau - be ich, daß faſt kein Koͤrnlein von meinem Samen wuͤrde gut geblieben ſeyn, wo ich nicht alle Praͤcau - tion gebrauchet haͤtte.
Wie es aber mit dieſem Packe unter Weges, und waͤhrend vielen Stationen zugegangen, daß es ſo naß geworden, kan ich nicht eigentlich ſagen; jedoch iſt glaublich, daß ein Poſtillion dieſes Pa - quet hat laſſen in das Waſſer fallen; oder es kan auch ſeyn, daß ſolches in den Poſt-Wagen frey hingeleget worden, daß der damalige viele Regen und Schnee unter einander darauf hat fallen koͤn - nen, welches gar probabel zu ſeyn ſcheinet. Es kan mir aber dieſer Einwurf gemacht werden: wie kan es moͤglich ſeyn, daß bey ſolcher kalten Witterung der Samen hat kaͤumen und durchden85derer runden Samen. den leinen Sack wachſen koͤnnen. Reſp. Es iſt wahr, wenn nicht von Station zu Stationen die Poſten muͤſten umgepackt, und die Paquete in die warmen Stuben gebracht werden, auch wohl gar in ſolcher Waͤrme uͤber Nacht darinnen blei - ben, ſo waͤre es unmoͤglich geweſen; allein da die - ſes ordentlich geſchiehet, ſo hat er gar leichte auf - kaͤumen und durch den Sack wachſen koͤnnen, beſonders da es volkommener und neuer Same war.
Dieſen jetztbeſchriebenen Caſum habe ich um deswillen hier anmerken wollen, damit derjenige, welcher nachbeſchriebene Fermentation oder Ein - daͤmpfung vornehmen wil, ſehen koͤnne, wenn die Samen nicht recht wohl in Obacht genommen werden, daß ſie auswachſen und aufkaͤumen koͤn - nen, wodurch alle Koͤrner corrumpiret und untuͤch - tig gemacht werden.
So bald als die Samen-Staͤngel, woran ſich die Capſeln befinden, im trockenen Wetter nahe an der Erden abgeſchnitten worden; ſo bald wer - den dieſe wie ein Heu-Schober auf dem Boden zuſammen geleget, doch alſo, daß die Schotten oder Taſchen inwendig, und die Storzeln heraus - waͤrts fein ordentlich zuſammen gepanzet wer - den. Nach dieſer verrichteten Arbeit werden auf den Schober alte Thuͤren und Breter, undF 3auf8610. Cap. Von Fermentationauf dieſe hinwiederum Scheid-Hoͤlzer, Steine u. d. gl. geleget, damit er recht beſchwert wird. Man laͤſſet es drey, vier, fuͤnf, auch wohl ſechs Tage, nachdem es kalte oder warme Witterung iſt, da - bey beruhen, jedoch muß man nach verfloſſenen drey oder vier Tagen darnach ſehen laſſen. Wenn der Schober inwendig heiß iſt, und zwar auf eine ſolche Art, daß man faſt Eyer darinnen ſie - den koͤnte, auch gewaltig anfaͤnget zu ſtinken und zu rauchen, und die Schotten in die Faͤulnis ge - gangen ſind, ſo iſt es Zeit denſelben nach und nach von einander zu bringen. Dieſes geſchie - het alſo, man nimt einen Samen-Staͤngel nach dem andern von dem Haufen herunter, und ſchuͤt - telt ſolchen auf ein untergebreitetes Tuch, man klopfet mit der Hand auf die Samen-Staͤngel, woraus die Koͤrner ganz willig herunter fallen. Dieſes Ausklopfen muß ja mit keinem Stecken ge - ſchehen, indem die Samen-Koͤrner noch zu weich ſind und ſolchergeſtalt gar leicht zerſchmiſſen wer - den koͤnten.
Solte ſich es finden, daß dieſe gedachte Merkmahle noch nicht da waͤren, und die Fer - mentation alſo noch nicht genugſam geſchehen waͤ - re, ſo leget man noch zwey bis drey Tage die Bre - ter wiederum darauf, beſchweret den Schober wie zuvor, und continuiret damit, bis dieſelbe voͤllig vorhanden. Es geſchiehet auch, daß nicht alle Samen-Staͤngel mit ihren Schotten oder Sam - Capſeln zugleich fermentiren; ſind nun noch wel - che gruͤne darunter, ſo muß man ſolche zuruͤck le -gen,87derer runden Samen. gen, und ſobald die uͤbrigen Stauden ausgeſchuͤt - telt worden, dieſelben wiederum ſo lange zuſam - men legen und beſchweren, bis ſolche ebenfals in ihre Verweſung gehen.
Das ausgeſchuͤttelte Stroh, welches nach der Eindaͤmpfung ſehr naß iſt, wird hernachmalen fein duͤnne auf den Boden geſtreuet, daß es kan duͤrre und trocken werden. Alle Thuͤren, Fenſter oder Laden muß man offen laſſen, damit der Wind hindurch ſtreichen kan. Wenn ſolches trocken geworden, wird es mit krummen Pruͤgeln, jedoch mit Behutſamkeit ausgedroſchen. Geſchiehet ſol - ches zu vehement, ſo koͤnnen an dem zuruͤckgeblie - benen Stroh die Koͤrner gar leicht laͤdirt und zer - quetſchet werden, und dieſes muß bey allen Saͤ - mereyen genau beobachtet werden. Sobald als der Same ausgeſchuͤttelt und ausgedroſchen wor - den, muß ſolcher auf die Tuͤcher an luͤftige Oerter, wo keine Sonne darauf ſcheinet, fein duͤnne aus - gebreitet, und alle Tage zum wenigſten einmal ge - wendet werden: denn ſo dieſes Wenden aus Nachlaͤßigkeit unterlaſſen wird, kan der Same gar leicht auf denen Tuͤchern zerplatzen und auf - kaͤumen. Wenn er nun trocken und duͤrre genug geworden, ſo iſt er vom Staube und andern Un - rath zu reinigen und zu fegen, damit er zum Ge - brauch kan aufgehoben werden. Auch ſol derje - nige, welcher mit denen Samen umgehet, zu kei - ner Zeit die Schuhe anbehalten, ſonſten wuͤrden unzehlich viele Koͤrner zertreten und zerquetſchet werden.
F 4Mit8810. Cap. Von FermentationMit dem Sommer - und Winter-Ruͤbſamen, daraus Oel geſchlagen wird, verhaͤlt es ſich faſt eben alſo: denn es iſt bekant, daß dieſer zu keiner Zeit auf einmal reifet, weswegen man mit der Einſamlung deſſelben die voͤllige Reife aller Schoͤtlein nicht erwarten kan. Um deßwillen pflegten die Leute auf dem Lande dieſes Mittel an die Hand zu nehmen, damit das unreife auch tuͤch - tig werde: indem es die Natur ſelbſt giebet, daß, wenn der Same, wie oben gemeldet worden, auf einander geleget und erwaͤrmet wird, dieſe Waͤr - me die unreifen Koͤrner vollends tuͤchtig machet. Man muß aber folgendermaſſen verfahren: So bald der Same abgeſchnitten worden, muß er auf dem Acker, worauf er gewachſen, an einen oder mehr Haufen zuſammen getragen, feſte auf ein - ander geleget, und wie ein Heu-Schober rund zu - geſpitzet werden, damit das manchmal einfallen - de Regen-Wetter keinen Schaden verurſachen koͤnne. Es iſt auch noͤthig, daß derjenige Platz, worauf der Haufe ſol geleget werden, zuvor ab - geſchauffelt, und mit den Fuͤſſen derb getreten werde.
Sind nun einige Tage verfloſſen, und man merket, daß die unreifen Koͤrner tuͤchtig und das Wetter beſtaͤndig zu ſeyn ſcheinet, nimt man das Dreſchen vor; jedoch muß nahe bey denen Hau - fen der Tenn ausgeſchauffelt, mit Gerſten-Spreu uͤberdroſchen, und dichte getreten werden. Es darf dieſes aber nicht lange zuvor geſchehen: denn ſo man ſolchen zu bald machen wolte, wuͤrde dieErde89derer runden Samen. Erde aufreiſſen, und in die Riſſe viele Koͤrner hin - einfallen und zu Schaden gehen. Solte aber der Erd-Boden zu naß und feuchte ſeyn, wuͤrden viele Koͤrner ſich mit einſchlagen. Mit dieſem gedach - ten Ruͤb-Samen wird die Erwaͤrmung oder Fer - mentation nicht ſo penetrant vorgenommen, als wie oben mit denen Garten-Samen gedacht wor - den, indem man dieſen kan laͤnger ſtehen und rei - fer werden laſſen: denn wenn ja etwas von denen Koͤrnern ſolte verlohren gehen, ſo iſt er doch nicht ſo koſtbar, und kan nicht hoch aͤſtimiret werden.
Hierbey iſt auch zu verwundern, daß theils Leute auf dem Lande ſo einfaͤltig ſind, und das Ruͤb-Samen-Stroh auf dem Felde verbrennen, wodurch unterweilen die Nachbarſchaften in Schrecken geſetzet werden. Dieſe Leute beſorgen, es moͤchte ſich ſolches Stroh in denen Gebaͤuden entzuͤnden, und Feuers-Gefahr verurſachen: aber ohne einzigen Grund. Wenn ſolches ſtat haͤtte, ſo wuͤrde durch dergleichen Erwaͤrmung, welche auf denen Boͤden bey mir jaͤhrlich viel vehemen - ter als in dem Ruͤb-Samen auf dem Felde vorge - nommen wird, meine Haͤuſer laͤngſtens hinweg ge - brant ſeyn. Es iſt auch ganz unmoͤglich, daß von dieſem Stroh eine Entzuͤndung geſchehen kan, wenn man auch gleich Feuer darzu bringen ſolte, weil ſolches von dieſer Erwaͤrmung ſo naß wird, als wenn es mit Waſſer waͤre begoſſen worden. Wenn hingegen dieſes Stroh auf dem Acker duͤnne ge - ſtreuet, geduͤrret und hernach in die Scheuren ge - gebracht wird; ſo iſt es gar noͤthig und nuͤtzlich,F 5und9011. Cap. Wie viele Jahreund kan bey jetzigem ohnedem groſſen Holz-Man - gel zum Einheitzen, oder auch dem Rind-Vieh un - terzuſtreuen gebrauchet werden.
Jch habe zwar in meinem de anno 1734. her - ausgegebenen Kraͤuter-Buche eine Speci - fication, wie lange jeder Same dauret und zum Aufgehen gut bleibet, communiciret; allein nach - dem ich in folgenden Jahren noch mehr Verſu - che damit angeſtellet, gedachtes Werk auch nicht mehr fuͤrs Geld zu haben iſt, weil ſehr wenige Exemplaria gedruckt worden; ſo habe um des - willen denen Haus-Vaͤtern, Samen-Haͤndlern und Gaͤrtnern zu Gefallen eine verbeſſerte Tabelle communiciren wollen. Es iſt aber voraus zu merken, daß die Jahre nicht alzugenau koͤnnen beſtimmet werden, indem unterweilen ein Sa - me bald ein auch wohl zwey Jahr laͤnger, bald aber auch weniger dauret und gut bleibet. Sol - ches komt von dem Unterſcheide der Samen ſelbſt her, nachdem ſie entweder gut oder geringe ſind. Wenn ein Same recht ſchoͤne und volkom - men iſt, ſo gehet ſolcher laͤnger auf: wenn aber dieKoͤr -91nachfolgende Samen dauren. Koͤrner welk, eingeſchrumpft, und der Same alſo wahnkoͤrnigt iſt, ſo gehet er auch weniger Jahre auf. Dieſe nachfolgende Tabelle iſt auf volkom - menen und guten Samen nach angeſtelter Probe eingerichtet worden; jedoch komt auch vieles dar - auf an, wie die Samen verwahret und aufbehal - ten werden, wovon in vorigen Capiteln ein mehre - res iſt erinnert worden. Wo die gedoppelte Zahl ſtehet, gehen die Samen gemeiniglich im leztem Jahre nur die Helfte auf.
Nachdem ich in dem vorhergehenden Capitel gezeiget, wie lange der Same dauret, und zur Ausſaat gut bleibet: ſo will ich nun - mehro auch eine kurze Anweiſung geben, wie ſol - che recht geſaͤet werden muͤſſen. Hierbey wird mancher denken, Saͤen iſt was gemeines, und kanja9612. Cap. Von allerhand Samen,ja ſolches ein jeder Bauer. Jch geſtehe ſolches zwar gerne ein; allein es iſt alhier ein Unter - ſchied zwiſchen denen groſſen Samen, als Korn, Gerſte u. d. gl. und zwiſchen dem kleinen Geſaͤ - mig zu machen, und halte ich, was dieſe kleinen Saͤmereyen betrift, das Saͤen fuͤr ein rechtes Mei - ſter-Stuͤck: denn ſo vielerley Samen man ſaͤen wil, auf ſo mancherley Art ſol und muß auch der Auswurf geſchehen, z. E. Zwiebel-Samen muß aus einer Hand 12 bis 14 mahl geworfen werden, Mohne 14 bis 15 mahl und alſofort. Es muͤſſen auch die Gaͤnge ſehr wohl beobachtet werden, in - dem theils Samen im Auswurf weit fliegen, theils aber nicht: folglich muͤſſen die Gaͤnge zuwei - len weiter von einander, zuweilen auch naͤher zu - ſammen genommen werden; jedoch alſo, daß man vermeinet, daß der Same in dem Auswurfe zu - ſammen reiche, und wenn ſolcher aufgehet, man die Gaͤnge nicht wahrnehmen kan; denn der Sa - me, es ſey was es fuͤr welcher wolle, muß uͤberal auf dem Lande æqual aufgehen. S. hievon Fig. I. b. Saͤet man Mohne, ſo duͤrfen die Gaͤnge nicht wei - ter denn zwey und einen halben Schuh von einan - der gehalten werden, uͤberdieß wuͤrden ſolche im Aufgehen ganz eigentlich obſerviret, und zwiſchen einem jeden ein duͤnner Strich wahrgenommen werden, welches nicht allein einen Uebelſtand, ſon - dern auch merklichen Schaden verurſachet. Hin - gegen, wenn die Gaͤnge zu enge an einander ſind, und alſo die Mohnen an einem Orte zu dicke auf - gehen, und nicht beyzeit duͤnne gemacht und durch -geſchnit -97wie ſolche recht zu ſaͤen. geſchnitten werden,*Das Durchſchneiden beſtehet darinnen, daß man diejeni - nigen Staͤudlein, welche einander zu nahe ſtehen, bey - zeiten mit einem Jaͤt-Haͤcklein, welches 3 Zol breit iſt, hinweg ſchneidet oder auch ausraufet damit diejenigen Staͤndiein, welche auf dem Lande bleiben ſollen, beyzei - ten Luft bekommen. ſo wiederſchlagen**Wiederſchlagen heiſſet ſo viel, wenn eine Frucht zu dicke ſtehet, einander die Nahrung nimt, gelbe wird und ver - dirbt. Wenn dieſes geſchiehet, ſo wird nimmermehr et - was rechtes aus der Frucht, ſondern ſie bleibet kleine und waͤchſet nicht von der Stelle, wenn auch noch ſo viele Beſſerung in dem Lande waͤre. Mit denen vielerley Gattungen der Sallaͤte iſt dieſes ſonderlich wohl in Acht zu nehmen, daß ſie zeitig Raum bekommen. ſie, und verderben. Um dieſer Urſache willen halte ich ſol - ches Saͤen fuͤr eine Kunſt, daß, wenn die Samen aufgehen, es ſcheinet, als wenn ſie ordentlich waͤ - ren gepflanzet worden. Jm Saͤen muß der Sa - me mit gleichen Schritten und Wuͤrfen ausge - ſtreuet werden, dergeſtalt, daß zugleich die auswer - fende Hand mit dem fortſchreitenden Fuſſe gleiche Maaſſe und Zeit halte, auch nicht einmal viel, das anderemal wenig in die Hand genommen, ſondern einmal ſo viel als das andere ausgeſtreuet werde.
Wenn wir unſere Laͤndereyen und mancherley Felder mit kleiner Saͤmerey beſaͤen, und den Acker uͤberſtreuen, ſo geſchiehet es niemalen, daß nach der gemeinen Art Erde oder Sand darunter ge - miſchet werde: denn dieſes iſt eine beſchwerliche Sache, abſonderlich wenn der Wind in etwas we - het, welches verurſachet, daß der ſubtile StaubdemAbh. v. Sam. G9812. Cap. Von allerhand Samen,dem Saͤemann in die Augen fliegt, welches nicht allein eine Verhinderung in dem Saͤen, ſondern auch Ungemach in denen Augen zuwege bringet. Meine Gaͤrtner pflegen jaͤhrlich die kleineſten Sa - men, e. g. Majoran, Mohne, Zwiebeln, Anis u. d. gl. mehr, ohne den geringſten Sand oder Erde hin - zuzuthun, auf die Felder zu ſaͤen. Es komt bey dem Ausſaͤen oder Auswurfe mit der Hand nur blos und allein darauf an, daß dieſelbe mit dem einge - faßten Samen wohl zuſammen gehalten, und der erſtere Finger auswaͤrts, benebſt Anlegung des Daumens gleich gerichtet wird. Mit Huͤlfe die - ſes Griffes geſchieht es, daß ſich zwiſchen dem Dau - men und dem erſten Finger, welchen man im Aus - werfen nach Proportion des Samens ein wenig wegwaͤrts bewegen muß, eine kleine Oefnung fin - det, wodurch die zarten Samen nach und nach her - aus mahlen, und durch die Bewegung der Hand und des Arms, beſonders aber des erſten geraden Fingers, mit Huͤlfe der Luft hinlaͤnglich zertheilt werden. Beſiehe hiervon Fig. I. 2.
Daß aber die Land-Leute in Ausſaͤung derer kleinen Samen trockene und leichte Erde oder Sand unter dieſelben zu miſchen pflegen, geſchie - het um deswillen, daß ſie nicht zu dicke oder auf einen Fleck zuſammen fallen ſollen. Allein ob ſie auch gleich dieſes dadurch verhuͤten wollen; ſo geſchiehet dennoch dergleichen ungleiches Ausſaͤen des Samens, da er hier und da auf dem Lande klumpen - oder trippelweiſe hervorwaͤchſet, indem die mehreſten ihre Samen mit dem Daumen undzween99wie ſolche recht zu ſaͤen. zween Fingern auszuſtreuen pflegen. Es iſt ge - wiß, daß es mit dergleichen Handgrif nicht moͤg - lich iſt, die Samen gehoͤrigermaſen auszuſtreuen. Was bey dergleichen Saͤen fuͤr wunderliche Poſi - turen vorgehen, welches ich vielmal mit meinen Augen geſehen, kan mit der Feder nicht beſchrie - ben werden, und wer dergleichen ſiehet, wird ſich ein ſo gutes Divertiſſement machen, als wenn er die beſte Comoͤdie, wobey ein Arlequin die Haupt - Perſon agirte, ſehen ſolte: z. E. Einer pflegt bey dem Auswurfe derer Samen faſt auf der Erden hinzukriechen; ein anderer machet einen Katzen - Buckel; der dritte kretſcht die Beine von einan - der; der vierte huͤpft wie ein Elſter; der fuͤnfte macht ein Geſichte, wie mancher Vorſchneider, welcher, wenn er einen Braten trenchiret, das Maul von einer Seite zur andern ziehet; der ſechſte wackelt mit der Hand, Leibe und Kopfe wie ein neunzigjaͤhriger Greis; der ſiebende nickt bey jedem Auswurfe wie ein Ja-Herr, und was derglei - chen mehr iſt.
Die Poſitur bey dem Ausſaͤen und Fort - ſchreiten muß ſo beſchaffen ſeyn, daß der Leib und Kopf gerade geſtellet ſey, wie ein Menſch ordent - lich fortzuſchreiten und zu gehen pfleget. Der Arm und auswerfende Hand muß nicht ſo nahe an dem Leibe gehalten, ſondern etwas davon in der Luft mit dem Auswurfe gefuͤhret werden, da - mit der Same fein ordentlich aus einander zer - theilet werde. Um mehrerer Deutlichkeit willen habe ich die Hand, wie man ſolche mit dem Sa -G 2men10013. Cap. Zu welcher Zeitmen bey dem Ausſaͤen halten ſol, durch beygehen - den Abriß bemerken wollen.
Ob ich gleich in der nachfolgenden Specifi - cation angezeiget, wenn und zu welcher Zeit die Samen ſollen geſaͤet und in das Land gebracht werden; ſo muß ſich dennoch ein jeder nach der Jahres-Witterung, Climate und Ter - rain richten: denn manches Jahr gehet das Wet - ter fruͤh, manches aber langſam auf, und um deß - willen man zuweilen 14 Tage eher, zuweilen aber auch langſamer in der gemeldeten Zeit oder Mo - nate beſtellen muß, und heiſſet es auch hier: Nul - la regula ſine exceptione. Dahero bleibt nach - folgende Tabelle, in welcher nur die Rede von der ordentlichen und beſten Zeit iſt, dennoch in ihrer Richtigkeit. Alſo werden geſaͤet:
Es iſt in der Garten - und Feld-Oeconomie eine der groͤſten Wiſſenſchaften, daß man das Quantum derer auszuſtreuenden Samen treffe, welches die wenigſten unterſuchet und er - fahren haben. Die mehreſten ſaͤen ihre Samen ohne Vernunft und Ueberlegung dahin, es mag auch gerathen oder verderben. Man fehlet hier auf eine zweyfache Art, und thut entweder der Sache zu viel, daß man uͤberfluͤßigen Samen auf einen Acker werfen laͤſt: oder zu wenig, daß man alzu duͤnne ſaͤen wil. Geſchiehet das erſte, ſo wie - derſchlagen die Fruͤchte; (beſiehe hiervon im 12. Capitel die Not. **, p. 97.) geſchiehet das leztere, ſo leidet man Schaden, daß man hernachmalen, wenn die Fruͤchte zu duͤnne ſtehen, allerhand Spe - culationes machen muß, was man auf die leeren und duͤnnen Flecken einſaͤen oder pflanzen wil. Wenn jemand dieſes leztere recht verſteht und wol beſorget, ſo komt einigermaſen der Schade wie - derum bey.
Die allermehreſten Acker-Leute, auch die ſo - genannten Gaͤrtner in unſerm Erfurt, tappen hierim109Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. im Finſtern und ſtolpern in Beſaͤung derer Aecker gewaltig, welches ich gar unzehligmahl obſervi - ret. Sie wollen ſich nach dem alten Sprichwort richten: Wer reichlich ſaͤet, ſol reichlich ernten. Allein wie die gemeinen Sprichwoͤrter ordentlich nichts beweiſen und keine Regel ab - geben koͤnnen, indem ſie entweder grundfalſch ſind, oder doch meiſtens unrecht verſtanden und angewendet werden; ſo bleibt es auch in ſeiner voͤlligen Richtigkeit, daß es bey dem Ackerbau einer der groͤſten Fehler iſt, wenn ein Acker uͤber - ſamet wird. Es moͤgen Korn - oder andere Fruͤch - te darauf beſtellet worden ſeyn, ſo kan nimmer - mehr was rechtes daraus werden; ſondern die Fruͤchte muͤſſen klein bleiben, geringe werden und wohl gar verderben, wie ich ſolches aus vielfaͤlti - ger Erfahrung habe. Die Urſache iſt gar leicht zu begreifen, nemlich, weil immer eine Staude der andern die Luft und den Nahrungs-Saft hin - weg nimt, wenn auch noch ſo viele Salia und Beſſerung in denen Laͤndereyen ſich befaͤnden. Hiervon habe in meinem annoch unedirten Land - und Garten-Schatz weitlaͤuftig gehandelt und ge - zeiget, wie weit die Fruͤchte von einander ſtehen und Raum haben ſollen, und wie dem Ueberfluſ - ſe derer aufgegangenen Fruͤchte muͤſſe abgeholfen werden. (Beſiehe auch, was hiervon bereits im zwoͤlften Capitel p. 79. erinnert worden.) Meine Meinung, welche ich auch ſchon p. 71. eroͤfnet, gehet daher kurz dahin, daß man die Aecker et - was ſparſamer beſaͤen und keinesweges zu vielSa -11014. Cap. Wie viel manSamen, als heut zu Tage ordentlich zu geſchehen pflegt, darauf ſtreuen ſol, welches auch andere gelehrte Leute und erfahrne Oeconomi recommen - diren.
Hierher rechne ich billig den bereits p. 71. an - gefuͤhrten beruͤhmten Freyherrn von Wolf, wel - cher in ſeiner Entdeckung der wahren Urſache von der wunderbaren Vermehrung des Getreydes nicht nur einige Verſuche erzehlt, die er mit etlichen einzeln Stauden gemacht, und davon eine ſehr groſſe Anzahl Aehren und Koͤrner erhalten, ſon - dern er machet auch daraus Cap. 5. §. 29. p. 48. den Schluß, daß erfahrne Acker-Leute und Haus - Wirthe von dieſer Erfindung ihren Nutzen ziehen koͤnten, wenn ſie nur dafuͤr ſorgten, daß der Same nicht zu dicke auf den Acker geworfen wuͤrde, wel - ches auch mit verſchiedenen gluͤcklichen Verſuchen fremder Oeconomorum, welche aus denen Breß - lauiſchen Samlungen angefuͤhret werden, beſtaͤ - tiget wird.
Es gehoͤret auch hierher, was Hr. D. J. H. Fuͤrſtenau in ſeiner gruͤndlichen Anleitung zur Haushaltungs-Kunſt p. 113. aus den Breßlauer Samlungen 1720 October p. 452. extrahirt, wel - ches ich gleichfals bey dieſer Gelegenheit entlehne, alwo von (S. T.) dem Herrn Grafen von Solms - Wildenfels folgende Nachricht befindlich? ” Jm „ Ackerbau habe dieſes Jahr befunden, daß das „ dicke Saͤen ein Ruin aller Haus-Wirthe ſey: „ denn wo vordem von des Herrn Grafen von „ K. -- Bedienten 136 Scheffel ausgeſaͤet worden,„ da111Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. „ da habe ich nur 70 Scheffel ausſaͤen laſſen, und „ mehr als ſonſt erbauet. Die Nachbarn an mei - „ nen Feldern, die dicke geſaͤet hatten, und deren „ Getreyde im Fruͤhjahr ſchoͤner als meines geſtan - „ den, haben doch hernach weniger Schock erbeutet. „ Denn da meines 2 Scheffel giebt, da dreſchen „ ſie kaum 5 Viertel. Die Urſache iſt, weil keine „ Kraft mehr in dem Acker um Koͤrner zu machen, „ denn 12 Perſonen koͤnnen von einem Brod ſo „ ſat nicht werden, als ihrer 6. Kuͤnftige Ernte „ 1721. Deo volente werde ich noch beſſer aus „ der Erfahrung reden koͤnnen, indem ich heuer „ noch duͤnner ſaͤen laſſe. Es deucht mir beſſer „ zu ſeyn, das uͤbrige in die Muͤhle zu ſchicken, als „ vergeblich in die Erde.” Nachdem nun mehrere Exempel daſelbſt angefuͤhret worden, ſo wird doch dieſer Artickel mit folgenden merklichen Worten beſchloſſen:” Doch es wird geglaubet, daß es mit „ geringen Aeckern nicht wohl angehen werde, denn „ wo nichts eingeſtreuet wird, da waͤchſet auch „ nichts.
Was die Verſuche anlanget, welche der Hr. Canzler von Wolff, wegen Vermehrung des Getreydes angeſtellet, ſo hat es damit ſeine voͤllige Richtigkeit. Jch habe ſolches 1748 ſowol mit einer Rocken - als Gerſten-Staude, in meinem Garten ſelbſt probirt und befunden, daß der Rocken uͤber 30, und die Gerſte bis 36 Aehren, auch extra lange Halmen hervorgebracht. Es iſt auch aus angefuͤhrten Urſachen gar leicht zu begreifen, daß dieſe Erziehung zu allen Zeiten,beſonders11214. Cap. Wie viel manbeſonders in denen Gaͤrten, alwo die Stauden gnugſame Nahrung, Raum und Luft haben, kan moͤglich gemacht werden, indem dieſelben alleine ſtehen, ihre Nahrung von weiten herholen, auch der Sonnen und Luft volkommen genieſſen koͤnnen.
Aus eben dieſem Grunde laͤßt ſich auch gar deutlich erklaͤren, woher es komt, daß der Rocken, Gerſte und andere dergleichen Fruͤchte, welche an denen Furchen am Ende eines Ackers herum ſtehen, viel ſchoͤner, laͤnger und buſchhafter ſind, auch weit groͤſſere Aehren hervor bringen, als dasjenige, was inwendig auf denen Aeckern ſtehet. Die Urſache nemlich iſt dieſe, weil die gedachten Fruͤchte von der in denen Furchen zuſammengelaufenen Fettigkeit und Regen, welche hier viel laͤnger als auf dem Lande ſelbſt erhalten werden, mehr Nahrung ha - ben, und wegen hinlaͤnglichen Raums ſich ſtaͤrker ausbreiten, auch durch den freyern Genuß der Luft und Sonne beſſer gedeyen koͤnnen, als die Stau - den, welche ſich mitten auf dem Acker befinden. Denn da dieſe alzunahe aneinander ſtehen, ſo nimt eine der andern die Nahrung hinweg, und weil uͤberdieß die mitten auf dem Acker dicke ſtehende Frucht nicht ſo gut von der Luft durchwehet werden kan, daß die alzugroſſe von der Sonnen hineinge - worfene Waͤrme nicht weggetrieben wird, ſo folget auch, daß ſie eher dorren und reif werden muß, als die an denen Furchen und Enden weg ſtehenden Stauden, als welche 8, auch wohl unterweilen 14 Tage langſamer als jene, zur voͤlligen Reifung gelangen.
Was113Samen auf einen Acker ſaͤen ſol.Was jetzo von denen Korn-Fruͤchten geſa - get worden, das laͤſtſich auch auf andere Fruͤchte gar fuͤglich appliciren, und wird es daher nicht undienlich ſeyn, zur Probe nur dasjenige zu com - municiren, was ich durch langwierige Erfahrung bey denen Mohnen, Mag-Samen (Papauer hor - tenſis ſemine nigro & albo flore ſimpl. & plen. ) wahrgenommen, indem dergleichen auf meinen Aeckern alleine, vieler anderer Leute nicht zu ge - denken, 40 auch zuweilen noch mehr Centner jaͤhr - lich gezeuget werden, damit man auch hieraus uͤberhaupt ſehen moͤge, was von dem dicke oder duͤnne Saͤen fuͤr Nutzen oder Schaden zu gewar - ten ſey.
Wenn die Mohnen auf einen Acker alzu di - cke geſaͤet werden, darauf in die Hoͤhe wachſen, und ſo nahe an einander ſtehen bleiben, ſo iſt es gewaltig gefehlt; indem alsdenn ein Staͤngel nicht mehr als ein Koͤpfgen hervorbringet. Hingegen wenn die Stauden (mit denen Haͤcklein) durch - ſchnitten und auf oben beſchriebne Art p. 97. duͤnne gemacht werden, daß ſie einen Schuh weit von einander zu ſtehen kommen, welches die rechte Di - ſtanz iſt, ſo wachſen auf einen Stengel ordentlich 5, 6 und zuweilen, nachdem es die Witterung giebt, wohl 8 Koͤpfe. Solten aber die Stauden 3, 4 und mehr Schuh weit von einander, und zwar an einem Orte, wo der Wind uͤbergehet, ſtehen, ſo bekomt man von einer wohl 40 und mehr Haͤupter, woruͤber man erſtaunen muß. Jch habe ſelbſt dieſes Jahr eine ſolche StaudeAbh. v. Sam. Hin11414. Cap. Wie viel manin meinem Garten gehabt, an welcher ich den 30. Junii, als ich eben dieſes geſchrieben, etliche 40 Koͤpfe gezehlet. Allein da eine ſolche Staude denen Winden gar zu ſehr unterworfen iſt, und folglich wegen der langen Staͤngel, wie auch wegen der Vielheit und Schwere derer Koͤpfe gar leicht, beſonders im freyen Felde umgeriſſen wer - den kan, welches wir an denen ordinaͤren Stauden auf unſern Aeckern vielfaͤltig ſehen, ſo halte ich vielmehr davor, daß es rathſamer ſey, wenn man bey dem angegebenen Maaſſe bleibet, daß die Stauden einen Schuh weit von einander gebracht werden. Denn wenn ich die Rechnung mache, ſo komt durch die Vielheit derer Stauden dasjenige bey, was ihnen an der Groͤſſe mangelt. Der Profit iſt alſo nach meinem Angeben gleich groß und deſto gewiſſer zu erhalten, indem man bey de - nen kleinen Stauden wegen Umſchmeiſſung von denen Winden nicht ſo in Gefahr ſtehet.
Jn Erwegung deſſen, was ich anjetzo nur zur Erlaͤuterung von denen Mohnen angefuͤhrt, wird mir ein jeder Ackerbau-Verſtaͤndiger beypflichten, daß alle Samen, ſie moͤgen Namen haben, wie ſie wollen, nicht zu dicke auf die Aecker duͤrfen gebracht werden, denn es wil ein jedes Gewaͤchſe ſeinen er - forderlichen Raum und Nahrung zum Wachs - thum haben.
Doch muß ich hier erinnern, daß man bey Leſung dieſer Blaͤtter nicht etwan auf das andere Extremum fallen und die Samen alzu duͤnne und ſparſam beſtellen duͤrfte. Denn wer die Korn -Fruͤchte,115Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. Fruͤchte, wie die Mohne, Rettige, Kraut und der - gleichen tractiren, und ein oder zwey Fuß weit von einander ſtecken oder beſtellen wolte, der wuͤr - de gewiß wegen ſehr vielen dabey ſich ereigneten Schwierigkeiten, Uebeln und Schaden nicht wohl fahren und ſeinen Acker ſchlecht nutzen. Jch hal - te zwar vieles auf das duͤnne Saͤen, und habe es ſeit vielen Jahren bewaͤhrt gefunden, bin auch in der That ein rechter Feind von dem alzu dicke Saͤen, und approbire deswegen, die oben von dem Herrn Grafen von Solms probirte Beſaͤung mit wenigerm Samen als ſonſt gebraͤuchlich; allein ich halte auch davor, daß auch hier die Mittel-Straſſe zu beobachten, und weiß ich nicht, ob es der Herr Graf wird getroffen haben, daß er es her - nach mit noch wenigerm Samen probiret: ich wenigſtens moͤchte es niemanden anrathen; theils weil bey einfallender duͤrren Witterung die Fruͤch - te alzu duͤnne aufgehen, daß viele leere Plaͤtze auf den Aeckern entſtehen, theils aber weil das Un - kraut*Unkraut wird alles dasjenige genant, was zwiſchen den geſaͤeten Samen wider Willen des Ackermanns aufgehet, wenn auch gleich hervorwachſende Staͤudlein an ſich et - was gutes waͤre., welches meiſtens durch die Duͤngung mit in die Aecker gebracht wird, bey denen alzu duͤnne ſtehenden Fruͤchten uͤberhand nimt, denenſelben die Kraͤfte und Nahrungs-Saft weg zehret, die Stauden uͤberwaͤchſet, und endlich wohl gar zu Boden ziehet und verderbet. Man koͤnte zwar ein -H 2wenden,11614. Cap. Wie viel manwenden, daß man dieſem Uebel durch zeitiges Jaͤ - ten abhelfen, und die Fruͤchte von dem Unkraute fein befreyen muͤſte. Hierauf antworte ich, daß es zwar ſolcher Geſtalt wohl angehen doͤrfe; allein es wuͤrde ſolches Jaͤten ſo viel Muͤhe und Koſten verurſachen, daß die Bruͤhe theurer kaͤme als das Fleiſch, ja bey ſtarkem Feld-Bau wuͤrde es gar nicht zu beſtreiten ſeyn, indem man mit denen Fruͤchten, welche ordentlich muͤſſen gejaͤtet werden, kaum fertig werden kan.
Beylaͤufig muß ich noch folgendes eroͤrtern. Wenn ich geſagt, daß das Unkraut mehrentheils durch die Duͤngung mit auf den Acker gebracht werde, ſo doͤrfte das zwar manchem fremde vor - kommen; alleine wenn ich mich auf meine eigne Erfahrung beruffe, und zugleich den Grund davon angeben kan; ſo wird mir hoffentlich ein jeder hierinnen Beyfal geben muͤſſen. Jch habe vielmal wahrgenommen, wenn ein Acker, der vorhero vom Unkraute wohl gereinigt gewe - ſen, zur Specerey oder auch Korn-Fruͤchten geduͤnget worden, daß nach ſolcher Duͤngung im erſten auch wohl im 2ten Jahre vieles Gras und Unkraut hervor gewachſen, woruͤber ich mich vielmal gewundert habe. Es fragt ſich alſo, wie es komme, daß ein geduͤngter Acker mehr Unkraut hervorbringe als ein ungeduͤngter. Jch habe daher dieſer verdruͤslichen Sache vielfaͤltig nach - gedacht, und gar deutlich bemerkt, daß der mehre - ſte Same des Unkrautes durch und mit der Duͤn -gung117Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. gung auf den Acker gebracht werde. Und dieſes kan auch nicht anders ſeyn: denn es iſt gewiß, daß durch das Vorwerfen des Heues und Graſes allerhand Geſaͤme heraus faͤllet und in denen Staͤllen, ſowol bey denen Pferden, Schafen und Rindvieh haͤufig unter den Miſt komt. Ueberdieß iſt es auch auſſer Streit, daß diejenigen Samen, welche ſich in dem Heu und Graſe befinden, und von denen Pferden und Rindvieh verzehret werden, in denen Leibern derſelben nicht alle koͤnnen aufgeloͤſet, verdauet und zum Aufgehen untuͤchtig gemacht werden, und folglich bleiben dieſe Samen vor wie nach in ihrer Conſiſtenz und zum Aufgehen geſchickt. Wer hieran zweifelt, der bedenk, daß man ja allerhand andere Sa - men antrift, welche, ob ſie gleich durch die Leiber der Thiere gegangen, ſich dennoch conſerviren und hernachmalen aufgehen: e. g. allerhand Kern von Pflaumen, Kirſchen und andern Obſte, des - gleichen von Johannis-Wein - und Maul-Beeren, ja ſogar Linſen, wenn ſie nicht alzuuͤberfluͤßig ge - kocht, oder durch das Kaͤuen zerquetſchet werden. Exempel wil ich, um dem geehrten Leſer keinen Ekel zu erwecken, nicht beybringen. Doch aber wil, um meine Meinung zu beſtaͤtigen, dasjeni - ge anfuͤhren, was ich in Herrn Samuel Trowel Tractat von neuen Acker-Bau der Gaͤrtnerey, welcher von Wilhelm Ellis vermehret, und aus dem Engliſchen ins Teutſche uͤberſetzt worden, gleich jetzo, da dieſe Piece unter der Preſſe iſt, von denen Maul-Beer-Kern p. 202 geleſen habe. Er11814. Cap. Wie viel manEr meldet nemlich folgendes:” Man hat zwey „ Gattungen von Maulbeer-Baͤumen. Dieſer „ Baum wird ſehr leichte aus Samen gezogen. „ Denn wenn denen Schweinen oder Voͤgeln „ Maulbeere gegeben werden, oder auch die Hun - „ de etwas davon freſſen; ſo werden aus dem „ Miſte eines jeden Maul-Beere hervorwachſen. „ Auf eben dieſe Art kan auch der Same von Jm - „ mergruͤne, von Stech-Palmen u. ſ. w. der lange „ in der Erde lieget, gut zum Wachſen gebracht „ werden, wenn man die Voͤgel mit dem Samen „ fuͤttert: denn ſolchergeſtalt erhaͤlt der Same ge - „ ſchwinder die Veraͤnderung, ſo zum Wachsthum „ noͤthig iſt, als wenn man ihn blos in der Erde „ liegen laͤſſet; es waͤre denn, daß der Boden gut „ zugerichtet waͤre, oder der Same auf einen guten „ und fetten Erdreiche wuͤchſe.”
Hieraus wird ein jeder einſehen, daß meine Meinung nicht ungegruͤndet ſey, daß nemlich der meiſte Same des Unkrautes durch den Miſt mit auf die Aecker komme und entweder gleich im erſten oder doch im andern Jahre aufgehe; indem er zuweilen unter denen Steinen und har - ten Erd - oder Miſt-Klumpen, wo ihn die Witte - rung nicht zu ſtatten kommen und die zum Aufge - hen gehoͤrige Feuchtigkeit geben kan, bis auf das folgende Jahr conſerviret wird. Jch habe die - ſes gar eigentlich wahrgenommen. Denn indem ich nach vorgenommener Duͤngung, im zweyten Jahre, als das Land im Fruͤhjahre wiederum gegraben und geackert worden, einen KlumpenMiſt,119Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. Miſt, welcher noch nicht voͤllig verfaulet war, von einander gebrochen, ſo habe ich darinnen viele Samen gefunden, welche zum Theil gekaͤumet, theils in dem Miſte noch voͤllig unverſehrt waren. Man darf ſich daruͤber um ſo viel weniger wun - dern, indem es ja bekant iſt, daß manche Sorten von Samen, ob ſie gleich im Fruͤhjahre in ein wohl zubereitetes Land geſaͤet worden, dennoch 3, 4, 5, 6 und wohl mehr Wochen unter der Er - de liegen, ehe ſie zum Aufgehen bequem gemacht werden, und hervorkommen. Doch ich darf mich nicht zu weit von meinem Zwecke entfernen. Jch habe bereits das duͤnne Saͤen nur uͤberhaupt an - geprieſen, daher nun die vornehmſte Frage iſt: wie viel denn eigentlich auf einen Acker zu ſaͤen ſey, wenn die Fruͤchte wohl gerathen ſollen. Es iſt das freylich eine ſchwere Frage, und kan nicht ſo ſchlechterdings beantwortet werden, indem gar vielerley dabey zu bedenken iſt. Doch hoffe denen Feld - und Garten-Bau liebenden Leſern einigen Dienſt damit zu erzeigen, wenn ich ihnen gegen - waͤrtige Tabelle communicire, worinnen ich mit groſſer Muͤhe dasjenige Quantum des auf einen Acker auszuſtreuenden Samens beſtimmet, wel - ches ich nach langwieriger Erfahrung fuͤr das be - ſte befunden, und deſſen ich mich lange Jahre mit vielem Nutzen bedienet. Jch habe mich in ſolcher Tabelle nach denen Erfurtiſchen Aeckern gerichtet, deren einer 168 Quadrat-Ruthen zu 14 Schuh gerechnet in ſich haͤlt. Solte nun ein auswaͤrtiger Ackerbau-Verſtaͤndiger entweder groͤſſere oderH 4klei -12014. Cap. Wie viel mankleinere Aecker zu beſtellen haben, ſo wird er dieſel - ben gar leicht mit der 14ſchuhigten Ruthe reduci - ren, und alſo in Anſehung des Gemaͤſſes oder des Gewichts nach meiner Tabelle ſich richten koͤnnen.
Ferner habe ich das Gewichte der Specerey*Unter dem Worte Specrey verſteht man hier allerhand Garten F[r]uͤchte, Mohnen, Safflohr, Anis, Fœnum græcum, Coriander, Schwarz-Kuͤmmel, Erbs-Bohnen u. d. gl. und anderer Samen zugleich beyfuͤgen wollen, in - dem das Gemaͤs an allen Orten gar merklich diffe - riret, da hingegen das Gewichte mehrentheils aller Orten gleich iſt. Denn ein Pfund Nuͤrn - berger Gewicht geht faſt durch ganz Deutſchland, im Centner aber differirt es in manchen Staͤdten um 10 bis 12 Pfund. Solchergeſtalt haben die Fremden nicht erſt noͤthig, eine Vergleichung und Ausrechnung derer Gemaͤſſe anzuſtellen, ſondern duͤrfen die Samen, welche ſie zur Ausſaat brauchen wollen, nur mit den Pfunden abwiegen.
Und weil endlich der Erdboden bald leichte, bald aber lettig und ſchwer iſt, ſo habe meine Spe - cification ſo eingerichtet, daß, wo es noͤthig iſt, auf ſchweren Grund etwas mehr Samen als auf leich - ten angeſetzet werden.
Meine Meinung iſt inzwiſchen gar nicht, al - len und jeden, beſonders auswaͤrtigen Oecono - mis, eine untruͤgliche und einmal fuͤr allemal feſt - geſezte Regel in Anſehung des Samen-Quanti vorzuſchreiben. Jndem ich gar wohl weiß, daßdas121Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. das Clima, die verſchiedene Beſchaffenheit des Grundes und Bodens an ſich, desgleichen die Guͤ - te des Landes, ob es mager oder fett, ob es reine oder vol Unkraut ſey, und dergleichen Umſtaͤnde, einige Ausnahme in meiner Tabelle machen koͤnnen. Und wird ein jeder verſtaͤndiger Oeconomus hier ſeine Vernunft ſelbſt zu rathe ziehen, und die Aende - rung, wo es ſolte noͤthig ſeyn, ſo treffen, wie er es nach genauer Erfahrung am beſten befindet. Jch bin gewiß verſichert, wenn dieſe Aecker ſonſt wohl begattet werden, und GOtt ſein Gedeyen darzu giebt, daß das ſparſamere Saͤen niemand gereuen wird.
Wil aber jemand bey ſeinem Sinne bleiben, und den Acker uͤberſamen, ſo kan und wird ihm nie - mand ſolches wehren. Er thut es auf ſeine Ko - ſten, und mag mit Schaden klug werden.
| Metze, | Noͤſel, | Pfu. | |
| Anis auf einen Acker leicht Land | 21 | 11 | |
| ‒ ‒ auf ſchweren Boden | 1 | 28 | 14 |
| ‒ ‒ unter die Moͤhren oder gelbe Ruͤben zu mengen. | ‒ | 6 | 3 |
| Bohnen, Pferde -, Futter - oder Eſels-Bohnen | 6 | 168 | 165 |
| Erbſen, fruͤhe | 5 | 140 | 140 |
| ‒ ‒ gemeine | 4½ | 126 | 126 |
| Gerſte | 5 | 140 | 112 |
| Metze, | Noͤſel, | Pfu. | |
| Gurken-Kern, Cucumern | ½ | 14 | 7 |
| Hafer | 4 | 11 | 44 5 / 4 |
| Hirſen | ‒ | 7 | 4½ |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land | ‒ | 8 | 5½ |
| Linſen | 4 | 112 | 89⅗ |
| Moͤhren, oder gelbe Ruͤben, un - geriebener, auf leich - tes Land | ‒ | 9 | 1½ |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land, unge - rieben | ‒ | 12 | 2 |
| ‒ ‒ klar geriebener Same auf leicht Land | ‒ | 6 | 1½ |
| ‒ ‒ klar geriebener Same auf ſchwer Land | ‒ | 8 | 2½ |
| Mohne, oder Mag-Samen auf leichtes Land | ‒ | 2 | 1⅓ |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land | ‒ | 2½ | 1⅔ |
| Paſtinat, auf leichtes Land | ¾ | 21 | 5¼ |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land | 1 | 28 | 7 |
| Peterſilien-Wurzel-Samen, unter den Zwiebel - Samen zu mengen | ‒ | 1½ | 1 |
| Rothe Ruͤben | 1 | 28 | 5 1 / 11 |
| Rocken, Stauden-Rocken, fruͤh zu beſtellen | 4 | 112 | 89⅗ |
| Metze, | Noͤſel, | Pfu. | |
| ‒ ‒ langſam | 5 | 140 | 112 |
| Rocken, gemeiner | 5 | 140 | 112 |
| Ruͤbe-Samen, weiſſer, auf leichte Land | ‒ | 1 | ⅘ |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land | ‒ | 1½ | 1⅕ |
| Ruͤbe-Samen, Winter - und Sommer -, woraus Oel geſchlagen wird | ‒ | 7 | 5⅗ |
| Safflohr-Kern, nachdem ſie volkommen oder unvol - kommen ſind | 2, 3 | ‒ | 37½ 56 |
| Schwarz-Kuͤmmel | ‒ | 10 | 5 |
| Siebenzeiten, Fœnum græc. | 2 | 56 | 49 |
| Sommer-Rocken | 5 | 140 | 123⅓ |
| ‒ ‒ Weizen, ſtachlichter | 5 | 140 | 123⅓ |
| ‒ ‒ ‒ ‒ Boͤhmiſcher | 5 | 140 | 123⅓ |
| Winter-Weizen | 5 | 140 | 112 |
| Zwiebel-Samen auf leicht Land | ‒ | 10 | 5 5 / 7 |
| ‒ ‒ auf ſchwer Land | ‒ | 12 | 6 6 / 7 |
Bey dieſer jeztgegebnen Specification habe ich bey denen Moͤhren (gelben Ruͤben) des ungeriebe - nen und klar geriebenen Samens gedacht, daher wird es nicht undienlich ſeyn, wenn ich noch zum Beſchlus dieſes Capitels zeige, warum das Abrei - ben derer an denen Koͤrnern befindlichen ſtaͤchlig -ten12414. Cap. Wie viel manten und rauhen Weſen, ehe man ſie ſaͤet, geſchehen muͤſſe. Die mehreſten gemeinen Leute ſind ſo aber - glaubiſch und einfaͤltig, daß ſie meynen, wenn die - ſer Same nicht vorhero, ehe man ihn ſaͤete, wohl abgerieben wuͤrde, daß ſeine Staͤchelgen, Staub und anderer Unrath darvon kaͤme, ſo wuͤrden die Moͤhren hiervon zackigt, und bekaͤmen anſtat einer gleichen und langen Wurzel, drey bis vier ſolchen Zacken, welches aber grundfalſch und hoͤchſt ein - faͤltig iſt. Es wird voͤllig einerley ſeyn, ob man geriebenen oder ungeriebenen Samen ſaͤet, denn wenn ſonſten der Same von einer - ley guter Art iſt, ſo bekomt man gewiß von un - geriebnem Samen eben ſowol als von geriebenem die ſchoͤnſten und gleicheſten Wurzeln. Es wird aber dieſer Same um deßwillen gerieben, damit derſelbe in dem Auswurf deſto beſſer aus der Hand falle, denn ſo das rauche Weſen und deſſen Staͤch - lein daran bleiben, ſo ballet und drucket er ſich in derſelben zuſammen, bleibet an einander hangen, und gehet nicht wohl heraus, oder ſo es ja geſchie - het, ſo faͤllet er klumpenweiſe auf die Erde.
Warum aber die Moͤhren viele Zacken be - kommen, (dieſes iſt uͤberhaupt von allen Gewuͤrz - lich zu verſtehen) iſt die Urſache, wenn 1) das Land nicht tief genung gegraben oder mit vier Pferden geackert werden. Denn ſo tief als die Boden lo - cker gemacht worden, ſo tief wachſen auch die Wur - zeln unter ſich. Wird nun der Boden zu flach zu - bereitet, und ſtehet unten noch feſte, ſo wachſen ſie nicht tiefer hinunter, und theilen ſich auf der feſtenErde125Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. Erde in viel Neben-Zacken aus einander. 2) Ver - urſachet auch dergleichen Theilung der Wurzeln, wenn der Acker darzu vorher friſch geduͤnget wird, welches viele Leute aus Unverſtand zu thun pfle - gen, und dadurch groͤſſere Moͤhren zu bekommen. Denn wenn die jungen Moͤhren oder ihre Wuͤrzel - gen auf den Miſt kommen, welcher noch nicht voͤllig verfaulet iſt, ſo theilen ſie ſich gewaltig in Neben - Wurzeln. 3) Traͤgt auch hierzu vieles bey, wenn das Wurzel-Werk uͤberhaupt, wovon man Sa - men ziehen wil, unvernuͤnftig, und nur obenhin, ſie moͤgen krum oder huͤckerigt ſeyn, oder nicht, hierzu genommen werden.
Eine Unwahrheit und Aberglauben iſt es auch, wenn theils Leute vorgeben, wo die Moͤhren nicht vor dem Tage Michaelis oder gleich darnach herausgenommen oder ausgehacket wuͤrden, ſo be - kaͤmen ſie, Roſt oder Eiſen-Flecken, welches aber eben ſo unrichtig und einfaͤltig iſt als das vorige. Vielmal ja faſt alle Jahre laſſe ich ſolche 3, 4 bis 5 Wochen, wegen Mangel der Zeit nach dem Mi - chaelis-Tage noch in der Erden ſtehen, und doch ha - be ich dergleichen Roſt - oder Eiſen-Flecke niemals gefunden, wohl aber habe dieſelben wahrgenom - men in ſolchen Jahren, wenn es viele Engerlinge oder anderes Gewuͤrme in der Erden gegeben hat, welche ſowol die Moͤhren, wie auch anderes Ge - wuͤrzlich benaget, woraus dergleichen Roſt und an - dere Flecken entſtehen, und wenn ſolche Jahre ein - fallen, daß es viele dergleichen Ungeziefer giebt, ſo bekomt das Gewuͤrzlich ſechs Wochen vor dem Ta -ge12615. Cap. Wie die geſaͤetenge Michaelis Flecken, welche zwar nicht alſobald roſtig anzuſehen ſind, aber doch noch vor Michaelis ſich in Eiſen - oder Roſt-Flecke verwandeln.
Es erfordert die verſchiedene Natur und Be - ſchaffenheit derer Samen, daß ſie theils tief, theils mittelmaͤſig, theils aber ganz ſubtil und flach in die Erde gebracht werden muͤſſen. Ehe ich aber dieſes genau beſtimme, ſo muß zuvor erinnern, daß man hier wohl zu betrachten habe: Ob das Garten-Land oder der Acker im Herbſte, oder aber im Fruͤhjahre gegraben oder gepfluͤget worden. *Jenes wird bey uns Winter-Kraft, dieſes aber Sommer - Kraft genennet.Dieſe unterſchiedene Begattung derer Aecker ver - urſachet bey Beſtellung derer Samen auch einen ſtarken Unterſchied. Dahero hat man folgende 3 Regeln zu merken.
Die erſte iſt dieſe: Wenn der Acker vor dem Winter zubereitet worden, ſo muß jeder Same mit denen Kaͤrſten untergezogen oder untergehaͤkelt, (beſiehe die 5. Figur) und das Land hernach mit der kleinen Garten-Ege geeget werden.
Ob nun gleich dieſes vor eine beſtaͤndige Re -gel127Samen in die Erde zn bringen. gel muß angenommen werden, ſo hat man ſich den - noch auch nach dem Unterſchiede und nach der Groͤſſe derer Samen-Koͤrner zu richten. Sind ſie groß, e. g. rothe Ruͤben, Safflohr, Mangolt, Habber-Wurzel, Scorzoner, Cardubenedicten, Paſtinat-Wurzeln, u. d. gl. ſo ſind ſie etwas tief unterzuziehen und in die Erde zu bringen. Hinge - gen die kleinern Samen, als Zwiebel, Peterſil - Wurzel, weiſſe Ruͤben, Mohne, Cappes-Kraut, Moͤrſing, Sallaͤte, ꝛc. duͤrfen nicht ſo tief unter die Erde kommen, ſondern mittelmaͤßig untergezogen werden.
Die 2te Regel beſtehet darinnen: wenn der Acker oder das Garten-Land im Fruͤhjahr gegraben oder geackert worden, ſo werden die Samen oben aufgeſaͤet, und alſobald Fuß fuͤr Fuß eingetreten, wie aus der 6. Figur zu erſehen, (bey uns wird die - ſes Fuͤſſeln genennet, welches gleichſam bey dieſer Arbeit ein Terminus technicus iſt.) Nach die - ſem muß das Land gerechnet oder mit der kleinen Ege geeget werden.
Die dritte Regel erfordert, daß die kleinen Samen e. g. Majoran, Meliſſe, Loͤffel-Kraut, Portulac, Sellery, Thymian, Saturey u. d. gl. ganz ſubtil in die Erde gebracht werden. Zu dieſen Saͤ - mereyen wird das Land gegraben, es ſey nun im Fruͤhjahr oder Herbſt. Wenn nun dieſe Samen ſollen beſtelt werden, ſo muß das Land vorhero Fuß fuͤr Fuß zuſammen getreten, hernach klar gerechnet, und alsdenn der Same oben auf geſaͤet, und ſobald dieſes geſchehen, wiederum ganz leichte gerechnetwerden.12815. Cap. Wie die geſaͤetenwerdẽ. Wuͤrde man aber dergleichen kleine Samen nur in etwas tiefer in die Erde bringen, ſo koͤnten die zarten Keimlein, wegen der ſchweren Erde nicht hervor kommen, ſondern muͤſten darunter erſticken.
Warum aber die Samen nach dieſen dreyen Regeln nothwendig unter die Erde ſollen gebracht werden, ſolches wird aus nachfolgenden deutlicher erhellen. Wenn das Land uͤberhaupt vor Winters zubereitet worden, ſo uͤberkomt ſolches den Winter uͤber von dem Regen und Schnee ſehr viele Feuch - tigkeit, indem ſich dieſelbe in eine lockere Erde viel beſſer hinein ziehen kan, als in einen feſten Boden. Mithin folgt, daß in dem, im Herbſt zu - bereiteten Erdreich, nachdem es nach und nach ſich wieder geſetzet, die Winter-Feuchtigkeit den fol - genden Sommer uͤber viel laͤnger erhalten wird als in ſolchem Lande, welches im Fruͤhjahr bereitet worden. Da nun uͤberdieß durch die Froͤſte den Winter uͤber die Laͤndereyen fein muͤrbe und klar gemacht worden, ſo iſt das Unterziehen derer Saͤ - mereyen billig zu recommendiren. Dieſe Metho - de habe allezeit beſſer befunden, als die auf das Fruͤhjahr mit friſchem Lande vorgenommene Be - ſtellung, maſſen ich geſehen, daß man mit der Winter-Kraft ſicherer gehet, indem die Samen viel eher und gewiſſer aufgehen.
Eine andere Bewandnis aber hat es mit denenjenigen Laͤndereyen, welche im Fruͤhjahre zu - bereitet werden. Denn wenn ein Same auf ein ſol - ches lockeres und hohles Erdreich geſaͤet, und nicht durch das Fuͤſſeln in die Erde gebracht oder einge -treten129Samen in die Erde zu bringen. treten wird, ſo wird gewißlich ſehr wenig aufgehen. Die Urſache iſt gar leicht zu finden: denn ſobald als das Erdreich im Fruͤhjahre entweder durchs Graben oder Ackern locker gemacht wird, ſo nimt die ſcharfe Luft und Sonne die Feuchtigkeit hin - weg, wodurch denen Samen-Koͤrnern die gehoͤri - ge Nahrungs-Theilchen entzogen, und folglich die Kaͤumung und das Aufgehen verhindert werden. Wenn aber, ſobald als nur einige Furchen ge - pfluͤget, oder nur einige Schritte gegraben wor - den, wie ſchon erinnert, die Samen oben aufge - ſaͤet und untergefuͤſſelt werden, ſo wird dieſem Uebel vorgebeuget: denn durch das Zuſammen - treten wird in dem Lande die Feuchtigkeit erhal - ten. Wenn aber dieſes negligiret wird, ſo iſt in ein oder zwey Stunden die Feuchtigkeit aus der lockeren und milden Erde herausgezogen, und faͤlt mithin ſchwer, daß der Same kaͤumen, ge - ſchweige denn aufgehen kan, es waͤre denn, daß es gleich darauf regnete.
Was jetzo von den Eintreten oder Fuͤſſeln geſagt worden, iſt uͤberhaupt von allen Saͤme - reyen, die Korn-Fruͤchte ausgenommen, zu verſte - hen: denn die lezteren werden mehrentheils mit dem Pfluge unter die Erde gebracht. Was man aber zu deren Ausſaat fuͤr Koͤrner erwehlen ſol, iſt in des Freyherrn von Hohenthal oͤconomiſchen Nachrichten, und in Hrn. Hofrath Zinkens oͤcono - miſchen Lexico, auch vielen andern dergleichen Buͤchern mit mehrern nachzuleſen.
Abh. v. Sam. JDa13015. Cap. Wie die geſaͤetenDa ich albereit die Urſachen angezeiget, war - um die Samen ſolchergeſtalt der feuchten Erde muͤſſen einverleibet werden, ſo laͤſt ſich ſolches auch fuͤglich damit erlaͤutern, daß bey allen Pflanzen, Stauden und Baͤumen, wenn man ſie an ihre ge - hoͤrige Oerter verſetzet, die Erde angedrucket, ja an die Wurzeln derer Baͤume angetreten werden muß. Wird dieſes unterlaſſen, ſo bekleiben ge - wiß weder die Pflanzen und Stauden, noch die Baͤume. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit den Sa - men, wenn ſie in der ausgetrockneten Erde hohl liegen, ſo koͤnnen ſie ihre gehoͤrige Feuchtigkeit zum Aufquellen und Aufgehen nicht genugſam an ſich ziehen, verſchimmeln und verderben in der Erde, und bleiben eben ſo wie jene als todt liegen.
Bey den obigen Regeln fallen mir noch ei - nige bedenkliche Umſtaͤnde bey, welche nicht unbe - ruͤhrt laſſen kan: nemlich wenn das Land vor dem Winter zubereitet wird, ſo uͤberkomt man mit den aufgehenden Samen unterweilen viel Gras und Unkraut, inzwiſchen iſt es bey dieſer Beſtellung wegen des Aufgehens deſto gewiſſer. Wenn hin - gegen die Laͤndereyen im Fruͤhjahre zubereitet worden, ſo bekomt man nicht ſo viel Gras und Unkraut mit denen aufgehenden Fruͤchten. Un - terweilen geſchiehet es auch, daß gar kein Gras mit hervorwaͤchſet, und wenn ſolches ganz auſſen bleibet, ſo ſind die Kanker, Goldhaͤner, Regen - und andere Wuͤrmer ſo ſchlim, daß ſie die jungen Fruͤchte ſowol im Aufgehen, als auch wenn ſie albereit aufgegangen ſind, hinweg freſſen, und ſoman131Samen in die Erde zu bringen. man in einigen Tagen wiederum darnach ſiehet, man nicht anders vermeinen ſolte, als daß ſie weg gehexet worden. Wenn man aber auf dem Acker genau nachſiehet, ſo wird man die Stoͤrzlein gewahr, und erkennet daraus, daß die jungen Fruͤchte abgebiſſen worden. Wenn aber nur ei - niges Gras benebſt denen jungen Fruͤchten zu glei - cher Zeit hervor waͤchſet, ſo laͤſſet das Ungeziefer dieſelben mehrentheils unbeſchaͤdiget. Doch traͤ - get ſich dieſer Zufal nicht alle Jahre zu.
Mit denen Korn-Fruͤchten, ſolche unter die Erde zu bringen, hat es eine ganz andere Be - wandniß. Hierbey muß ſich ein jeder nach der Landes-Art und Beſchaffenheit, und welches Be - ſtellen am beſten gut thut, erkundigen: denn an einigen Orten werden die Koͤrner tief untergepfluͤ - get, an andern mittelmaͤßig, und noch an vielen Orten nur auf die Furchen geſaͤet und eingeeget, welches in andern oͤconomiſchen Buͤchern mit mehrern kan nachgeſehen werden.
Es iſt zwar von dieſer Materie ebenfals in mei - nem bereits angefuͤhrten Kraͤuter-Buche,J 2wie13216. Cap. Den durch Platz-Regenwie auch in des Herrn Hofrath Zinkens Samlun - gen im 5ten Bande p. 868. ſchon etwas gehandelt worden; weil aber jenes nicht mehr zu haben, und gleichwohl dieſe Sache in dem Feld - und Garten - Bau ſo nuͤtzlich und nothwendig iſt, ſo habe bey dieſer Gelegenheit, da ich eben von denen Saͤme - reyen handele, dieſe Materie weiter ausfuͤhren wollen, damit diejenigen, welchen dergleichen Ue - bel begegnet, ſich helfen koͤnnen, und nicht auf ein ganzes Jahr in ihrer Oeconomie Schaden leiden duͤrfen.
Wenn ein fleißiger Oeconomus und Acker - man, ſowol vor dem Winter, als auch im Fruͤh - jahre, ſeine Laͤndereyen wohl gegraben oder gepfluͤ - get, geduͤnget, und mit Saͤmerey aufs beſte beſtel - let, welches ihn oft viel Muͤhe und Geld gekoſtet, ſo iſt es doch mehr als zu wohl bekant, daß GOtt manches Fruͤhjahr ſehr heftige Schlag - und Platz - Regen ſchicket, daß die beſtelten Aecker dadurch dergeſtalt feſte zuſammen geſchlagen, und mit ei - ner harten Ruft - oder Erdrinde uͤberzogen wer - den, daß die Saͤmereyen, ſonderlich aber die klei - nen Samen, als Moͤhren, Zwiebeln, Paſtinak, Mohne, Anis, Sallat, weiſſe Ruͤben und derglei - chen mit ihren Kaͤumlein ohmoͤglich hindurch kommen und hervor wachſen koͤnnen. Wenn man dieſem Uebel abhelfen wil, ſo iſt wohl zu merken, daß man, wenn es ſehr geregnet, alſobald den folgenden Tag auf denen Aeckern genau viſiti - re, ob der geſaͤete Same gekaͤumet oder nicht. Nimt man wahr, daß er noch nicht gekaͤumet, ſokan133verhinderten Samen zu befoͤrdernkan alſobald das Land mit der kleinen Ege wieder aufgeeget werden, wie aus der Fig. No. II. zu er - ſehen. Dieſe Ege muß aus 4 Balken beſtehen, und 3 Schuh lang und eben ſo breit in das Qua - drat verfertiget werden. Jn jeden Balken wer - den 7 eiſerne ſieben Zol lange Zinken eingeſchla - gen, daß alſo in allen 28 Zinken in dieſelbe kom - men. Dieſe kleine Ege kan gar fuͤglich von zweyen Perſonen gezogen werden, wodurch der Ruft zer - theilt und das Land wiederum milde gemacht wird. Es wird auch dieſelbe in unſern Erfurtiſchen Fel - dern bey der Beſtellung allerhand Samen gar ſtark gebrauchet.
Wolte man aber hierbey nachlaͤßig ſeyn, ſo wuͤrden dergleichen kleine Samen ganz gewiß ver - dumpfen und verderben; es waͤre denn, daß es 8 oder 14 Tage nach einander continuirlich regne - te, da denn waͤhrender Zeit, indem das Erdreich durch Huͤlfe des Regens weich erhalten wird, die Samen hindurch wachſen und aufgehen koͤnnen. Solte aber der Regen nur 2 oder 3 Tage dauren, ſo muß, wie gemeldet, fleißig darnach geſehen wer - den. Siehet man aber, daß der Same gekaͤu - met, ſo iſt das Aufrechnen und Egen gaͤnzlich zu unterlaſſen, indem man ſonſt durch dieſe Arbeit die Taͤumlein abſtoſſen, zerreiſſen und verderben wuͤrde.
Wenn das Land in etwas kluͤmperich oder erdſchollerich iſt, ſo iſt vor den Ruft auch als ein bewaͤhrtes Mittel anzuſehen, wenn man es nach dem Schlag-Regen, ſo bald es wieder trocken ge -J 3worden,13416. Cap. Den durch Platz-Regenworden, mit Trete-Bretern treten laͤſſet, wie aus der Fig. III. zu erſehen.
Am allerbeſten iſt es, wenn man ſich eine beſondere Walze, 1 Schuhe dicke, und drittehalb Schuh lang, mit eiſernen Stacheln verfertigen laͤſſet, welche in ein paar Schiebe-Karn-Baͤume eingemacht werden muß. Die Stacheln derſel - ben muͤſſen an beyden Enden Spitzen haben, da - mit der eine und ſchwaͤcheſte Theil in die Walze kan hinein geſchlagen werden, der andere aber, welcher nur einen Zol lang, und eben ſo dicke ſeyn muß, nach der Linie von auſſen auf ſolche zu ſtehen komme, wie aus der Fig. IV. zu erſehen iſt. Die - ſes Jnſtrument hat mir bey ſolchem Malheur gute Dienſte gethan, weswegen ich daſſelbe communi - ciren wollen.
Man135verhinderten Samen zu befoͤrdern.Man bedienet ſich aber deſſelben folgender - maſſen: Wann ein Schlag-Regen geſchehen, und das Land wiederum abgetrocknet, ſo ſpannet man ſich in die Walze ein, doch ſo, daß ſie hinter den Menſchen hergezogen werde. Man faͤnget an ei - ner Ecke des Landes an, und walzet es einen Strich um den andern, bis man damit zu Ende komt; nur muß man hierbey wohl zuſehen, daß kein Fle - cke verſehen werde.
Hierbey aber iſt noch dieſes zu erinnern: Wenn der Ruft, wie zuweilen geſchiehet, durch den alzuſtarken Regen dergeſtalt dick und feſte gemacht worden, daß die Stachel nicht durchgehen, und denſelben zerquetſchen koͤnnen, ſo muß man das Geſtelle der Walze mit einem Steine, oder ſonſt mit etwas, nach Proportion beſchweren, bis ſie durchdringen, und die harte Rinde zerdruͤcken und muͤrbe machen.
Diejenige Stachel-Walze, welche D. Kuͤn - hold in ſeiner Oeconomia experimentali p. 160. beſchreibt, iſt eigentlich nicht ſeine Erfindung, in - dem ſie ſchon von mir in dem lebendigen Kraͤuter - Buche de anno 1734. beſchrieben und im Holz - Schnitte vorgeſtellet iſt, D. Kuͤnhold aber ſein Buch erſt 1735. herausgegeben hat. Es hat der - ſelbe den Gebrauch dieſer Walze, die auch in dem Zinkiſchen Lexico angemerket iſt, ganz unrecht verſtanden, und ihre Einrichtung auch nicht rich - tig vorgeſtellet, welches nicht zu verwundern, in - dem er ſelbſt keine Land-Wirthſchaft hatte. Es war dieſe kleine und leichte Stachel-Walze eigent -J 4lich13616. Cap. Den durch Platz-Regenlich nur zu kleinem Samen-Werke in Gaͤrten oder Lande von mir erfunden worden, damit man da - durch, wenn eine Rinde nach geſchehenem Platz - Regen im Fruͤhjahre auf beſaͤeten Laͤndereyen ent - ſtehet, ſelbige zerquetſchen oder zerdruͤcken, den Boden milde und locker machen, und alſo dem darunter liegenden und gekaͤumten Samen Luft ſchaffen, und ſein Hervorwachſen befoͤrdern koͤnte. D. Kuͤnhold aber hat dieſe Stachel-Walze zu groſ - ſem Acker-Werk wie eine groſſe Feld-Walze, und zwar mit vielen langen Stacheln gebrauchen wol - len, damit die harten Erd-Schrollen und Kloͤſſer kleine und muͤrbe zu machen. Allein ich verſichere hierdurch, daß dieſe Walze hiezu nimmermehr kan gebrauchet werden, indem ſie wegen der Laͤnge und Schwere derer eiſern Stacheln, wenn auch gleich ſechs Pferde dafuͤr geſpant wuͤrden, dennoch ſchwerlich herum gehen, und doch die Kloͤſſe ganz laſſen wird. Jedoch glaube ich, wofern die Sta - cheln nur ein oder anderthalb Zol lang, und ein Zol dicke, auf oben beſchriebene Weiſe in eine ge - meine Acker-Walze eingeſchlagen wuͤrden, daß die - ſes Werkzeug bey dem Acker-Bau noch eher anzu - bringen, und zu dem angegebenen Nutzen zu ge - brauchen ſeyn duͤrfte, und dennoch kaͤme dieſes noch erſt auf eine Probe an.
Als ich An. 1726. zum erſtenmal dieſe Wal - ze verfertigen ließ, und die eiſernen Zinken oder Stacheln nur drey Zol lang machen laſſen, und mit ſolcher die Probe machte, ſo wurde ich bey dem Herumgehen gewahr, daß die durch den Ruftdurch -137verhinderten Samen zu befoͤrdern. durchgedruckte und aus der Erden wiederum her - ausgehende Stacheln den Ruft mit in die Hoͤhe huben, und die Erde alzuſtark durchwuͤhleten, al - ſo, daß die Kaͤumlein, welche in den Ruft gewach - ſen waren, entzwey geriſſen wurden. Daher war meine erſte Jnvention vergebens, weßhalber ich dieſe Stacheln heraus nehmen, und nach der oben beſchriebenen Art verfertigen ließ, welche mir her - nachmalen in vielen Jahren ungemeinen Nutzen und Vortheil gebracht hat. Jch glaube daher, daß ich nicht zu viel ſagen werde, wenn ich behau - pte, daß dieſe von mir inventirte Stachel-Walze ſo viel Geld werth ſey, als das Gewichte derer eiſer - nen Stacheln ausmacht, weil ſie auf allen Fel - dern, die nicht zu ſteinigt ſind, ſonderlich aber in unſern Erfurtiſchen Aeckern herrliche Dienſte thut. Wenn man dergleichen Walze nicht ſo gleich hab - haft werden kan, ſo habe auch fuͤr gut befunden, daß man eine kleine Heerde Schafe ordentlich auf dem Lande herumtreiben laͤſſet, bis man ſiehet, daß der Ruft zertreten ſey; jedoch iſt von der jetztge - dachten Walze viel mehr als von dieſer Art zu hal - ten: denn hierdurch wird manches Kaͤumlein zer - treten.
Bey den obigen p. 134. beſchriebenen Trete - Bretern iſt noch zu merken, daß ſie auch ſonderlich wohl zu gebraucheu, die Maul-Wuͤrfe zu fangen, wenn ſie die Laͤndereyen alzuſehr durchritten und zerwuͤhlt haben, wodurch die jungen Garten - Fruͤchte verderben muͤſſen. Es muͤſſen nemlich mit denenſelben die von denen Maul-Wuͤrfen ge -J 5mach -13817. C. Ob Sallat S. in weniger,machten Furchen und aufgeworfene Huͤgel fein gleich und eben getreten werden, obgleich allerhand Pflaͤnzlein auf dem Lande ſtuͤnden. Hierauf bleibt man dabey ſtehen, und wartet bis ſie wieder anfan - gen zu wuͤhlen oder ſich zu regen, welches gar bald geſchiehet, und da kan man ſie mit der Hand oder mit einer Hacke aus der Erden herausnehmen und todt ſchmeiſſen.
Unter die Unwahrheiten und oͤconomiſchen Verfuͤhrungen gehoͤret, was Holyck p. 182. und A. D. J. ein gewiſſer Fuͤrſtlicher Gaͤrtner, in ſeinem wohlbeſtelten Garten-Bau p. 49. Jtem der Herr Abt von Vallemont in ſeinen Merkwuͤrdig - keiten der Natur, p. 329. und ferner M. Schwim - mer in ſeiner phyſicaliſchen Garten-Luſt melden, daß man einen Sallat zum Eſſen, in wenigen Stunden zuwege bringen koͤnte, die Worte aus dem Hylock lauten alſo:
” Sonſten wil ein groſſer Liebhaber einen „ Motum extemporaneum, binnen wenig Stun - „ den zuwege bringen, und die Gaͤſte damit„ tracti -139als 2 St. zum Aufgehen zu bringen. „ tractiren, ſolcher Geſtalt: Recip. Die Aſche von „ Baum-Mooß, und ſehr gefaulten Miſt, welche „ man zum oͤftern mit Miſt-Lacken beſprengen, und „ ſo vielmal an der Sonnen (oder uͤber einen war - „ men Kachel-Ofen) wieder trucknen laſſen muß, „ bis daß durch ſolches Aufgieſſen eine fette mul - „ michte Erde daraus wird. Dieſelbe Erde in „ ein Gefaͤß oder glaßirten Topf gethan, denn ſonſt „ in andern Gefaͤſſen vertrucknet und verzehret ſich „ die Feuchtigkeit. Dieſen Miſt oder fette Erde „ kan man den Winter und Sommer brauchen. „ Jm Winter thut man beſonders die Erde in eine „ erdene Scherben, oder breiten glaßirten Topf, „ machet ſie feucht, arbeitet ſie ſtets bey wenigen „ Auſgieſſen, alſo, bis ſie dergeſtalt befeuchtet ſey, „ daß ſie einer Erden gleich komme, die man be - „ ſaͤen ſol. Wenn ſie nun dergeſtalt zugerichtet iſt, „ ſo ſetzet ſie uͤber eine Kohlpfanne, und gebt ihr „ einen ſolchen Grad der Waͤrme, die ſich mit der „ im Julio vergleiche, und wenn es ſo warm wird, „ als waͤre es von der groſſen Sonnen-Hitze er - „ waͤrmet, ſo ſaͤet man den Samen, nemlich Por - „ tulac, Lactuc &c. Es muß aber vorige Nacht „ erſtlich der Same in guter warmer und ver - „ faulter Miſt-Lacke angefeuchtet werden. Wenn „ er nun geſaͤet iſt, gleichwie man ſonſt auf plat - „ ter Erde pfleget zu ſaͤen, ſo begieſſet daſſelbe mit „ laulicht gemachtem Regen-Waſſer, ſo werden „ zum wenigſten dieſe beyden Samen innerhalb 2. „ oder 3. Stunden, ein jedes nach ſeiner Art ſo „ viel hervorbringen, daß man einen guten Sallat„ zu14017. C. Ob Sallat-S. in weniger,„ zu eſſen daraus machen kan. Auf dergleichen Art „ mag man auch die Pflanzen ſaͤen, daß ſich ihre „ Frucht und Blumen, ohne Huͤlfe der Sonnen - „ Taͤgen, auch auſſerhalb der Zeit bringen.
Was dieſes vor abgeſchmacktes Zeug iſt, wird ein jeder, der nur in der Oeconomie etwas erfah - ren, gar leicht begreiffen koͤnnen, indem es offenbar iſt, daß dergleichen Angeben nichts als bloſſe Chi - maͤren ſind. Jch habe jetztgedachtes Recept, und noch viel andere dergleichen in denen Garten-Buͤ - chern anzutreffende Unwahrheiten in meiner Ju - gend probiret und unterſuchet, und alles nicht nur falſch befunden, ſondern auch wahrgenommen, daß unter 5 bis 6 Tagen kein Samen-Korn kaͤumen und zum Aufgehen kan gebracht werden, wenn auch gleich ſolches in die obengedachte praͤparirte Erde geſaͤet worden. Zum Wachsthum der Blaͤt - terlein gehoͤren abermal ſo viele Tage, ehe ſolche ei - ner Linſen groß werden.
Ein jeder vernuͤnftiger Oeconomus wird alhier einſehen, daß dieſes Angeben unmoͤglich ſeyn koͤnne. Es wird gemeldet, man ſolle den Sa - men vorhero, ehe er geſaͤet wird, eine Nacht an - feuchten, welches eine Zeit von 12 Stunden be - traͤgt. Jn ſo weniger Zeit kan der Same gewiß - lich nicht genugſame Feuchtigkeit uͤberkommen, und behaupte ich, daß zu dieſer Anfeuchtung oder Einquellung eine Zeit von 24 Stunden gehoͤre. Denn geſetzt auch, es haͤtte der Same in denen 12 Stunden ziemliche Feuchtigkeit in ſich gezogen, ſo iſt ſolche doch nicht hinlaͤnglich, daß dadurch dieHaͤut -141als 2 St. zum Aufgehen zu bringen. Haͤutlein derer Sallat-Koͤrner, wenn ſolche nach der angegebenen Methode in die Scherben geſaͤet worden, in einer kurzen Zeit von 2 bis 3 Stunden zerſpringen koͤnten, vielweniger daß ſie aufgehen, und wachſen, ſo gar ziemliche Blaͤtter hervorbrin - gen ſolten. Die Erde mag nun praͤparirt oder ſon - ſten beſchaffen ſeyn wie ſie nur immer wil, ſo iſt doch dieſes ein ohnmoͤgliches Ding. Und wenn auch die Blaͤtter ohne der Sonnen-Waͤrme und freyen Luft eines Pfennigs groß gewachſen waͤren, ſo wird doch gewiß ohne deren Huͤlfe weder Ge - ſchmack noch Geruch daran zu finden ſeyn, welches ich bey meiner oben beſchriebenen Samen-Probe unzehlich vielmahl befunden. Denn wenn auch gleich der Sallat, oder auch viele andere Samen eines Fingers lang in denen Scherben erwachſen; ſo iſt doch weder Geruch noch Geſchmack daran zu merken geweſen, ausgenommen an denen aufge - gangenen Zwiebeln, woran man einigermaſſen den Geruch empfinden kan. Es verhaͤlt ſich damit eben ſo, wie mit dem Spargel und Sallate, welche im Winter auf denen Miſt-Beeten getrieben werden. Wenn der Gaͤrtner aus Unwiſſenheit oder Nach - laͤßigkeit, mit Aufhebung derer Fenſter denenſel - ben nicht genugſame Luft giebt, ſo bekommen ſie keinen rechten ſondern nur einen waͤſſerigen Ge - ſchmack: wenn aber dergleichen naͤchtliche und taͤgliche Aufhebung nach Proportion der Waͤr - me und Kaͤlte vorgenommen und Luft gegeben wird, ſo bekomt der Spargel und Sallat eben einen ſo guten Geſchmack als im Fruͤhjahre. Aus14218. Cap. Beſondere Anmerkung,Aus dieſem erhellet, daß ohne Luft und Sonne kein guter Sallat zu eſſen, wie oben der Chimaͤren-Ma - cher gedacht, kan zu Wege gebracht werden. Ge - ſezt alſo, man koͤnte auch den Sallat in ſo weniger Zeit zu Wege bringen, ſo wuͤrde man doch bey de - nen Gaͤſten gar ſchlecht beſtehen, wenn man ihnen ein ſolch unſchmackhaftes und waͤſſeriges Weſen vorſetzen wolte. Mit einem Wort, dieſes und der - gleichen Dinge ſind Verfuͤhrungen und Zeit ver - derbende Grillen.
Es wird dieſer Same in vielen Laͤndern und Staͤdten erzogen, z. E. in Cypern, Eng - land, Holland, auch nunmehro an vielen Or - ten Deutſchlandes. Man haͤlt zwar den Cy - priſchen, wenn man ſolchen veritabel haben kan,fuͤr143von allerhand Kohl-Samen. fuͤr den beſten, wiewohl hierinnen ein groſſer Be - trug vorgehet, beſiehe hiervon oben p. 26. Alle dieſe Samen, wenn ſie von rechter guter Art und ſchoͤnen ſchlosweiſſen Blumen-Kohl-Stauden er - zogen worden, bringen eben ſolche ſchoͤne Fruͤch - te herfuͤr, als der Cypriſche, abſonderlich wenn die Jahres-Witterung gut iſt, und ihme zu ſtat - ten komt. Zur Erziehung des Samens ſchicken ſich nicht alle Blumen-Kohl-Stauden, denn man findet kaum unter hunderten eine bis zwey, auch gehoͤret zur Reifung dieſes Samens eine ganz be - ſondere Witterung, ein langſamer guter Herbſt, und zuletzt die gehoͤrige Fermentation, wie oben p. 81. gedacht worden. Alle Jahre wil der Blu - men-Kohl nicht gerathen, und ob man gleich einer - ley guten Samen bekommen, ja von demjenigen geſaͤet hat, von welchem man in dem vorigen Jah - re extra ſchoͤne weiſſe und feſte Blumen erhalten, ſo geſchiehet es doch, daß er im andern Jahre za - ckigte oder gezettelte Blumen bringt, welche gleich - ſam wie Levcojen-Stoͤcke anzuſehen ſind.
Jch habe beſonders in dieſem Jahre eine Probe ſo wol mit dem Cypriſchen, Engliſchen, Hollaͤndiſchen, als auch mit meinem ſelbſt erzoge - nen machen laſſen: Es ſind dieſe in einerley Erd - reich geſaͤet und gepflanzet worden, und habe ich bey allen denen daraus gewachſenen Blumen kei - nen merklichen Unterſchied finden koͤnnen, ſondern die Stauden ſind in dieſem Jahre mehrentheils, wie oben gedacht worden, in Neben-Sproſſen ge - gangen.
Vie -14418. Cap. Beſondere Anmerkung,Viele Jahre daher habe ich ganz eigentlich wahrgenommen, daß die fruͤh geſaͤeten und zeitig gepflanzten Blumen-Kohle niemal ſo ſchoͤne und groſſe Blumen hervor bringen, als die gegen den Herbſt gezogen werden, ob auch gleich einerley Samen ſowol zu den fruͤhzeitigen als langſamen zur Ausſaat genommen worden.
Warum aber die fruͤhzeitig geſaͤeten und ge - pflanzten Blumen-Kohl-Stauden nicht ſo ſchoͤne und groſſe Blumen hervorbringen, als die lang - ſamen gegen den Herbſt, wird meines Beduͤnkens dieſes die Urſache ſeyn, indem bey denen fruͤhzei - tigen die alzugroſſe Waͤrme ſowol der Taͤge und Naͤchte, den Wachsthum ſehr ſchleunig befoͤrdert, woraus folgt, daß die Stauden und Blumen nicht ſo ſtaͤmmigt und groß werden koͤnnen, indem ſie ihre Blumen zeitig hervor bringen, auch ſind ſie niemal ſo ſchoͤne weiß, ſondern mehrentheils gelb - licht. Jedoch geſchiehet es auch, daß in manchen Jahren, bey anhaltenden, temperirten und kuͤhlen Tagen, auch weiſſe und ſchoͤne Blumen hervor kommen, dennoch aber nicht ſo groß als diejeni - gen, welche gegen den Herbſt langſam reif wer - den, denn dieſes bringen die langen und kuͤhlen Naͤchte zuwege. Wie denn denen Ackerbau-Ver - ſtaͤndigen auch uͤberhaupt nicht unwiſſend ſeyn wird, daß nach Jacobi, wenn die Naͤchte anfan - gen laͤnger und etwas kuͤhler zu werden, auch das Kraut, Kohlrabi, und alle andere Kohle, am be - ſten zu wachſen, und um Bartholomaͤi viel ſchoͤner zu werden pflegen.
Zu145von Blumen-Kohl-Samen.Zu dem fruͤhzeitigen Blumen-Kohl wird der Same in dem halben Monat Februario bis zu Ende deſſelben in ein Miſt-Beet beſtellet, in wel - chem die mehreſte Hitze und Waͤrme voruͤber iſt, welches binnen 6 bis 8 Tagen, nachdem das Miſt - Beet verfertiget worden, geſchiehet, und mit de - nen Fingern, wenn man in die Erde hinein grei - fet, kan gefuͤhlet werden. Denn wenn die Waͤr - me, Dunſt oder Broden noch zu ſtark darinnen geſpuͤret wird, ſo iſt es noch nicht geſchickt, den Samen darauf zu ſaͤen. Wuͤrde man aber bey einer ſolchen Waͤrme den Samen darein ſaͤen, auch wohl gar Fenſter darauf bringen, ſo wuͤr - den zwar die Pflaͤnzlein durch das Treiben dahin gebracht werden, daß ſie in weniger Zeit eines Fin - gers lang in die Hoͤhe wuͤchſen, allein ſie wuͤrden ihre Bluͤmlein in dem Miſt-Beete alſobald mit hervor bringen, und wenn ſie hernach auf das Land verpflanzet werden ſolten, ſo wuͤrden ſich bin - nen 8 oder 14 Tagen die mehreſten Bluͤmlein ei - nen Dreyer groß praͤſentiren. Viele Gaͤrtner und Liebhaber des Acker - und Garten-Baues fehlen hierinnen, und geben hernachmalen dem Samen die Schuld, als wenn ſie damit waͤren betrogen worden: denn wenn dergleichen Treiben vorge - nommen wird, ſo iſt gewiß alle Muͤhe und Arbeit verlohren, wenn auch gleich 1 Loth Samen mit ei - nem Species-Thaler bezahlet wuͤrde.
Aus jeztgedachten Urſachen iſt es am beſten gethan, daß man das Miſt-Beet mit Bretern oder Stroh-Decken des Nachts zudecket; es waͤreAbh. v. Sam. Kdenn,14618. Cap. Beſondere Anmerkung,denn, daß zur ſelbigen Zeit, nemlich im Febr., wel - ches unterweilen zu geſchehen pfleget, eine groſſe Kaͤlte ſich ereignete, alsdenn koͤnten die Fenſter nur ſo lange darauf geleget werden, bis das Wetter in etwas temperiret ſich anlaͤſſet, und ſobald als es ſich aͤndert, muͤſſen ſolche wieder hinweg gethan, und das Beet des Nachts mit Bretern zugedecket werden. Naͤchſt dieſem iſt auch noch zu erinnern, daß die Fenſter, Breter, oder Stroh-Decken des Nachts nach der Mitternacht-Seite nicht ſo feſte duͤrfen zugedecket werden, ſondern daß 1 oder 2 Zol, nachdem es die Witterung erfordert, Luft ge - laſſen werden muß, damit der ſich annoch in dem Miſt-Beete befindliche Dunſt oder Broden nach und nach heraus ziehen kan, denn dieſer iſt denen Pflaͤnzlein ein Gift.
Sind nun die auf den Miſt-Beeten geſaͤeten Pflaͤnzlein ſo viel gewachſen, daß ſie zum Verſetzen dienlich, ſo werden ſie mehrentheils im halben Mo - nat April anderthalb Schuh weit in das Quadrat auf das Land geſtecket: denn ſie verlangen nicht ſo viel Raum als die langſam geſaͤeten, indem ſie, wie oben gemeldet worden, nicht ſo groſſe Stau - den bekommen.
Gleichwie ſich es nun mit Erziehung derer Blumen-Kohl-Pflanzen verhaͤlt, ſo verhaͤlt ſichs auch mit denen Kohlrabi uͤber der Erden, ſowohl im Saͤen als auch im Pflanzen: denn ſo ſie durch die Waͤrme auf denen Miſt-Beeten zu ſehr getrie - ben werden, ſo verurſachet ſolches, daß ſie keine rechte runde, ſondern mehrentheils laͤnglichte Ku -geln147von Blumen-Kohl-Samen. geln bekommen, auch wenn ſie in denen warmen Beeten zu zart und ſubtil erzogen und getrieben ſind, und nachher in die kalten Luͤfte gebracht wer - den, ſo expandiret ſich viele Pflanzen, und platzen nach und nach mitten von einander, und dieſes ge - ſchiehet auch oͤfters an denen langſam geſaͤeten und geſteckten Pflanzen im Felde, abſonderlich, wenn es viele und ſtarke Regen giebt, und nach dieſen eine ſtarke Sonnen-Waͤrme erfolget, denn als - denn koͤnnen die Kugeln, die in ſich eingeſogene viele Feuchtigkeit in ihren Schalen nicht beher - bergen, und muͤſſen folglich zerberſten; da ſie denn allerhand curioͤſe Figuren machen. Doch ſind dieſe zerſprungene und geſpaltene Kugeln in der Kuͤche noch gar wohl zu gebrauchen, ob ſie gleich nicht ſo viel Fleiſch in ſich haben, als die ganzen, indem ſie, wenn ſie ſich von einander gegeben, bin - nen wenig Tagen eben eine ſolche Cruſtam, wie - wohl nicht ſo glat und gruͤne wie an denen ganzen Kugeln, bekommen.
Nunmehro muß ich auch der Urſache geden - ken, warum die fruͤhzeitigen Blumen-Kohl - (Car - viol -) Pflanzen, wenn ſie faſt zum Verpflanzen dienlich ſind, auf denen Miſt-Beeten an denen Wurzeln, auch an denen Stiehlen nahe an der Erden ſchwarz werden und uͤber den Haufen fal - len. Dieſes Uebel iſt mir viele Jahre nach ein - ander begegnet, wenn die Pflaͤnzlein ſo viel er - wachſen waren, daß man ſie faſt verpflanzen kon - te, ſo waren ſie an denen Wurzeln ſchwarz, und als ſolche mit denen Fingern abgeſtrichen wurden,K 2ſo14818. Cap. Beſondere Anmerkung,ſo gienge die ſchwarze Schale herunter, um deß - willen meine Gaͤrtner die mehreſten hinweg ſchmeiſſen muſten. Hiebey wurde ich auch gewahr, daß, wenn die Sonne ein wenig warm darauf ſchie - ne, ſo wurden ſie welk und fielen diejenigen, welche nur einige Faͤulnis an denen Wurzeln hatten, uͤber den Haufen.
Jch war alſo genoͤthiget, ſolche von denen Beeten ableſen und hinweg ſchmeiſſen zu laſſen, damit ſie die annoch uͤbrigen darauf ſtehenden Pflaͤnzlein nicht anſtecken moͤchten. Jch machte daher allerhand Speculationes, dieſem Uebel ab - zuhelfen, und befahl auf einem Beet kleinen ver - faulten und durchgeſiebten klaren Kuͤh-Miſt zwi - ſchen die annoch darauf ſtehenden Pflaͤnzlein ein - zuſtreuen. Auf das andere Beet muſte mein Gaͤrt - ner klaren Sand eines quer Fingers hoch zwiſchen einſaͤen oder einſtreuen, um zu verſuchen, ob der Miſt oder der Sand zu ſolcher Conſervation am beſten gut thun moͤchte: allein ich machte es mit dem erſten uͤbel je aͤrger, mit dem andern aber, wor - auf ich den Sand hatte darzwiſchen ſtreuen laſſen, war es in etwas beſſer gethan. Denn obgleich die - ſes Uebel, indem die Faͤulnis ſchon vorhero an de - nen Pflaͤnzlein war, dadurch nicht voͤllig gehoben worden, ſo brachte ich es doch durch Einſtreuung des Sandes dahin, daß ich die Helfte conſerviret. Auf dem erſten Beete aber, worauf ich den durch - geſiebten kleinen Miſt gebracht hatte, fielen ſie bis auf ſehr wenige um und verdurben. Durch die - ſe zwey gethanen Verſuche kam ich hinter dieWahr -149von Blumen-Kohl-Samen. Wahrheit, daß eine wohl geduͤngte und zuberei - tete Erde dergleichen Pflanzen nicht zutraͤglich waͤ - re, indem die auf dem erſten Beete wegen der dar - auf gebrachten ſehr verweßten und verfaulten Miſt-Erde faſt alle hinweg giengen; hingegen aber durch den magern Sand uͤber die Haͤlfte er - halten wurden. Wenn man dieſes in Erwegung ziehet, ſo iſt auch die wahre Urſache gar leicht zu fin - den, woher ſolches Ungemach und Umfallen dieſer Pflanzen entſtehe. Jch habe nemlich angemer - ket, daß es daher komme, weil in der guten zube - reiteten, und in die Miſt-Beeter gebrachten Erde, alzuviele Fettigkeit und noch nicht aufgeloͤſte Sa - lia ſich befinden, wodurch eine Faͤulnis (Pfoſch) verurſachet wird, daß durch die Schaͤrfe und beiſ - ſende Materie die Pflanzen infiſciret und untuͤch - tig gemacht werden.
Noch mehr wurde ich in dieſer Meinung beſtaͤrket, weilen ich viele Jahre nach einander bey denen Sommer-Zwiebeln, welche in der Kuͤ - chen gebrauchet, und hier bey Erfurt Ackerweiſe er - zeuget werden, gar deutlich angemerket habe, daß ſich an denenſelben, wenn ſie ſowol auf denen Ae - ckern als in denen Gaͤrten im beſten Wachsthum ſind und faſt reif werden wollen, eine Faͤulnis, Pfoſch und Schimmel, wenn man ſie aus der Er - den heraus nimt, findet, und ihre Koͤpfe unterwei - len faſt uͤber die Helfte verfaulet ſind, daß ſie nicht zu gebrauchen, ſondern weggeſchmiſſen werden muͤſſen, welches alhier denen Acker-Leuten groſſen Schaden verurſacht. Und ſo oft wieder Zwiebelſa -K 3men15018. Cap. Beſondere Anmerkung,men auf ein ſolches Land, worinnen ſich einmal die Faͤulnis befindet, geſaͤet wird, ſo oft ſind ſie die - ſem Uebel unterworfen. Sie wachſen zwar in die Hoͤhe, wobey man anfaͤnglich von dieſer Faͤul - nis nichts gewahr wird, allein wenn ſie in ihre Ruͤndung wachſen, und man ſolche aus der Er - den heraus nimt, ſo wird man Schimmel an de - nen mehreſten Zwiebeln finden. Wenn man nun dergleichen daran gewahr wird, ehe ſie reif wer - den, und ihre Rundung bekommen, auch noch gruͤne Schlotten haben, ſo koͤnnen ſie einigermaſen verzogen und zum Verkauf, wiewohl ſehr wohl - feil, gebrauchet werden. Woher nun dieſe Faͤul - niß komme, koͤnnen die mehreſten Leute nicht ein - ſehen, ob ſie gleich ſelbſten daran ſchuld ſind, in - dem ſie Kraut und andere Blaͤtter, Zwiebel - Schlotten und dergleichen Unrath auf dem Acker liegen und verfaulen laſſen. Wenn nun ſolches Zeug eingegraben, untergeackert, oder den Herbſt uͤber im Regen und naſſer Witterung von denen Arbeitern mit denen Fuͤſſen oder Arbeits-Geraͤthe in die Erde gemanſchet wird, ſo wird dadurch ei - ne ſolche Faͤulnis in derſelben verurſachet. Und wenn auch ſolche nicht gleich in einem Jahre erfol - get, ſo wird ſie ſich doch in andern und nachfol - genden Jahren gewiß einſtellen, und ſo bald nicht wieder vergehen. Denn wenn dieſes Ungemach einmal in einen Acker kommt, ſo wird es wohl bin - nen 10 Jahren nicht leicht wieder auſſen bleiben, wenn man auch gleich mit denen Specereyen nach p. 60 und 61 eine Abwechſelung treffen oder auchKorn -151von allerhand Kohl-Samen. Korn-Fruͤchte darauf beſtellen wolte. Jch habe dieſes aus der Erfahrung mit Schaden lernen muͤſſen, und ſehe jetzo, daß auch hier einige kluͤger worden, und dergleichen Unrath aufleſen und von denen Aeckern wegſchaffen, daß ſolcher nicht in der Naͤſſe waͤhrend der Arbeit in den Acker getreten oder ſonſt mit eingearbeitet werde. Wie ich es denn uͤberhaupt nicht billigen kan, wenn einige Acker-Leute ihre Aecker unterweilen in alzu feuchten und naſſen Wetter umpfluͤgen, wodurch der Acker rauh und ſchrolligt wird. Denn wenn ſolches Ackern etliche Jahre hinter einander geſchiehet, ſo wird eine ſolche Erde dadurch ganz unfruchtbar gemacht.
Damit ich aber von meinem Scopo nicht zu ſehr abweiche, ſo muß ich nunmehro ein Mit - tel anfuͤhren, wie man dieſem Uebel wegen Umfal - len obgedachter Blumen-Kohl-Pflanzen, auf de - nen Miſt-Beeten vorkommen moͤge, welches noch nicht gemein und bekant iſt, und von mir einige Jahre daher fuͤr nuͤzlich und gut befunden wurden. Jch habe nemlich die in dem Garten befindliche Erde, welche gemeiniglich gut zubereitet und ge - duͤnget wird, oben einen guten Schuh tief hinweg ſchaufeln, und auf beyde Seiten werfen laſſen, da - mit ich deſto fuͤglicher zu der unterſten ausgeruhe - ten, magern, und mit keiner Faͤulnis vermengten Erde habe kommen, und ſolche ausheben koͤnnen. Dieſe laſſe ich durch ein Drat-Sieb rollen, und da - von, ſo viel als hierzu noͤthig, auf das Miſt-Beet bringen, und mit dem Rechen fein gleich machen. K 4Wenn15218. Cap. Beſondere Anmerkung,Wenn ſie nun einige Tage darauf gelegen, und die Hitze und der Broden vergangen iſt, wie oben ein mehreres erinnert worden, ſo kan das Beet beſaͤet und beſtellet werden. Hierbey aber iſt noch noͤ - thig zu erinnern, daß dieſe Erde noch vor dem Win - ter zurechte gemacht und unter eine Schoppen oder an einen ſolchen Ort gebracht werden muß, alwo kein Regen und Schnee darauf fallen kan, damit ſelbige zu derjenigen Zeit, wenn in denen Gaͤrten noch vieler Froſt vorhanden iſt, zu denen Miſt - Beeten kan gebraucht werden. Dieſe trockene Erde, wenn ſie hernach auf die Beete gebracht worden, wird durch den aus dem Miſte aufſtei - genden Broden und Dunſt in weniger Zeit Feuchtigkeit genung an ſich ziehen. Wenn aber aus dem Garten naſſe Erde darauf gebracht wird, und die aufſteigende Naͤſſe vollends dazu komt, ſo wird aus ſolcher ein volkommener Klos, daß man das Beet wegen der alzu vielen Naͤſſe nicht be - ſtellen kan. Auf einer ſolchen magern Erde wer - den die Pflaͤnzlein derb und ſtaͤmmigt, wachſen auch mit ihren weiſſen Wurzeln darinnen feſte. Ohngefehr vierzehn Tage vor der Verpflanzungs - Zeit, wenn man merket, daß ſie nicht fortwachſen wollen, ſondern anfangen zu ſtocken, ſo nehme man alsdenn recht verfaulten, klaren durchgeſieb - ten trockenen Kuͤh-Miſt, ſtreue ſolchen einen Zol hoch zwiſchen die Pflanzen, und gieſſe ſie alsdenn wohl, daß der darauf befindliche Miſt ſich an und niederſetzet, ſo wird das Wachsthum derſelben gar merklich befoͤrdert werden. Dieſes iſt alſo die Be -ſaͤung153von Blumen-Kohl-Samen. ſaͤung und Erziehung derer fruͤhzeitigen Blumen - Kohl-Pflanzen.
Die ordentliche langſame und nicht gekuͤn - ſtelte Erziehung des Blumen-Kohls geſchiehet al - ſo: Das Land muß vorher im Garten gegraben und wohl geduͤnget werden. Nach ſolcher Zube - reitung wird der Same kurz vor oder nach Philip - pi Jacobi geſaͤet, untergefuͤſſelt oder untergezogen, wovon p. 126. nachzuleſen iſt. Sobald derſelbe aufgehen wil, muß das Begieſſen wohl in Obacht genommen werden, damit er nicht von denen Erd - floͤhen abgefreſſen werde. Beſiehe hiervon p. 64 ein mehreres.
Wenn die Pflaͤnzlein kaum aufgegangen und noch kleine ſind, muß wegen der Regen-Wuͤrmer, daß ſie ſolche nicht mit in ihre Loͤcher nehmen, praͤ - caviret werden, wie ſolches geſchehen koͤnne, iſt oben p. 64. beſchrieben worden. *Bey dieſer Gelegenheit habe noch ein ſehr bewehrtes Mit - tel die Regen Wuͤrmer und nackende Rotz Schnecken zu vertreiben, communiciren wollen. Man kochet nemlich Welſche Nuß-Blaͤtter, noch beſſer aber die gruͤnen Scha - len von denen Nuͤſſen, als welche viel kraͤftiger ſind, in einer Quantitaͤt Waſſer, laͤſſet ſolches wieder kalt wer - den, und begieſſet damit das Beet, aus welchem man die Wuͤrmer heraus haben wil. Wenn das geſchehen, ſo kommen ſie binnen einer Minute alle heraus gekrochen, da man ſie denn in ein Gefaͤs mit Waſſer ſamlen kan, daß ſie darinnen ſterben muͤſſen. Dieſes gedachte Waſ - ſer kan man auch in andern Faͤllen, die Regen-Wuͤrmer zu vertreiben, appliciren. Wenn e. gr. eine neue Scheure, an einem Orte wo ſich dergleichen Ungezieferbe -
K 5Die15418. Cap. Beſondere Anmerkung,Die uͤbrige Erziehung wil, um Weitlaͤuftig - keit zu vermeiden, hier nicht beſchreiben, ſondern nur kuͤrzlich noch gedenken, daß wenn die Pflanzen auf dem Lande groß genung gewachſen ſind, dieſel - ben eben ſo wie das Cappes-Kraut geſtecket und begattet werden muͤſſen.
Hier muß ich noch eine curioͤſe Nachricht beyfuͤgen, wie man nemlich zum fruͤhzeitigen Blumen-Kohl gelangen kan, welches wohl ſchwer - lich von jemand auf dieſe Art wird ſeyn probiret worden. Man ſaͤet, wie oben beſchrieben worden, den Samen um Philippi Jacobi auf ein nach der Sonnen wohl gelegenes gutes und geduͤngtes Land, jedoch nicht alzudicke. Wenn man die Pflan - zen, ſo viel erwachſen, daß ſie zu verpflanzen dien - lich ſind, ſo muͤſſen ſie durchraufet werden, doch alſo, daß die groͤſten und ſtaͤrkeſten zum wenig - ſten zwey Schuh weit von einander auf dem Lan - de oder Beete ſtehend bleiben. Dieſes giebt ihnen einen ſehr groſſen Vortheil vor denen fortgepflanz - ten Blumen, denn dieſe werden durch das Fort - ſtecken zum wenigſten einen Monat zuruͤck gehal -ten,*befindet, gebauet wird, ſo machen ſie bey Verfertigung des Tennes viel Hinderniß, indem ſie ſolchen, wenn er auch noch ſo feſte zuſammen geſchlagen worden, des Nachts wieder zerwuͤhlen und ſich lange darinnen auf - halten, ehe ſie ſterben. Allein mit dieſem Waſſer kan man ſie binnen drey bis vier Tagen alle vertilgen. Denn wenn man davon einen Loͤffel vol in jedes Loch vermittelſt eines darein paſſenden Trichterleins fuͤllet, ſo kommen ſie insgeſamt heraus, daß es mit Luſt anzu - ſehen iſt.155von Blumen-Kohl-Samen. ten, daß ſie nicht zu zeitig ihre Blumen bringen koͤnnen. Jnzwiſchen denen Pflanzen aber, welche auf dem Beete ſind gelaſſen worden, muß das Erdreich bearbeitet, milde und locker gemacht und vom Unkraute reinlich gehalten werden. Von dieſem Gewaͤchſe kan oben p. 41. ein mehres nach - geleſen werden.
Es iſt eine ausgemachte Sache, daß an de - nen Blaͤttern derer Krauts - oder anderer Kohl-Haͤupter, wenn man nach verfloſſenem Win - ter die Gruben eroͤfnet, und ſelbige heraus nimt, einige Koͤrner gefunden werden, welche dem or - dentlichen Cappes - und Kohl-Samen dem aͤuſſer - lichen Anſehen nach faſt gaͤnzlich gleich kommen, auſſer daß ſie an der Farbe etwas ſchwaͤrzer und aufgequollener ſind. Jch habe nicht nur ſelbſten ſeit vielen Jahren an denen im Fruͤh-Jahre aus der Erde kommenden Krauts-Haͤupter-Blaͤttern dergleichen Koͤrner wahrgenommen, ſondernauch15619. C. Vermeinte Samen-Koͤrnerauch hernachmalen in des Herrn von Hochberg adelichen Land-Leben und in denen Breßlauer - Samlungen gefunden, daß dieſe falſche Samen - Koͤrner von andern mehr angemerket worden.
Da nun dieſe Koͤrner mit dem ordentlichen Samen eine ſehr groſſe Aehnlichkeit haben; ſo ſind viele durch das aͤuſſerliche Anſehen derſelben nicht nur verfuͤhret worden, daß ſie ſolche fuͤr wahrhaften Samen gehalten, ſondern haben es auch in oͤffentlichen Schriften als eine neue und beſondere Erfindung ausgegeben, wie man Kraut - und Kohl-Samen auf eine leichte Art ohne vor - hergehende Bluͤthe zeugen koͤnte. Herr von Hoch - berg in dem 2ten Theile ſeines angefuͤhrten Bu - ches p. 60. meldet, daß einer mit Namen Salo - mon Gubertus, in ſeinem Stratagemata œcono - mico oder Acker-Studenten, welches Buch von ihm ſonſt Lieflaͤndiſche Oeconomie genennet, und 1649 zu Riga gedruckt worden, ſchon folgendes hiervon geſchrieben:” Man ſaget, daß, wenn auf „ Catharinen-Tag aus dem Kohl-Garten die uͤbri - „ gen verwelkten Blaͤtter abgeleſen, in ein Tuch „ eingewickelt, knie-tief an einem Orte, der nicht „ zu naß, in die Erde vergraben, und auf Gregorii „ wieder aufgegraben werden, ſo werde man Kohl - „ Samen finden.” Und in denen gedachten Sam - lungen A. 1720. menſ. Mart. p. 317. werden meh - rere angefuͤhret, welche nicht nur eben die gedach - ten Koͤrner wahrgenommen, ſondern auch wirklich in der Meinung geſtanden, daß es wahrer Sa - me ſey. Das erſte Zeugnis iſt ein Schreibeneines157an eingegrabenem Kohle. eines Gelehrten aus dem Strehliſchen, worinnen er die Entdeckungen von ſolchem Kappes-Samen gezeiget. Hier mit wird ein altes Zeugnis von eben dieſer Sache aus Coleri Haus-Buche, p. 111. b verbunden. Hierauf berufet man ſich auf genauere Nachrichten, welche man von de - nen Kraͤuterern oder Kohl-Gaͤrtnern von ver - ſchiedenen Gegenden hiervon eingezogen, welche insgeſamt beſtaͤtiget, daß ſich die Sache alſo be - faͤnde: und haͤtte ſonderlich einer derſelben re - feriret, daß in der That im Winter auf den Kap - pes-Haͤuptern, und zwar oft ziemlich haͤufig, wirklich Kappis-Samen anzutreffen ſey, jedoch nicht eben am Chriſt - oder Gregorien-Tage, ſon - dern uͤberhaupt im Fruͤhjahre, wenn die Gru - ben geoͤfnet, und das Kraut heraus gelanget werde, doch mit dem Unterſchiede, daß man den Samen nicht alle Jahre finde. Ja es werden Zeugniſſe von ſolchen angefuͤhret, welche behau - pten, daß die gedachten Koͤrner nicht nur wie ordentlich erzeugeter Same zu brauchen, ſondern auch noch einen Vorzug vor demſelben haͤtten. So wird z. E. eines Schreibens vom Herrn Chri - ſtian Kortholt aus Danzig Meldung gethan, in welchem derſelbe berichtet, daß ein gewiſſer ihm wohlbekannter und glaubwuͤrdiger Mann das ge - dachte Experiment, den Samen hervorzubringen, ihm communiciret, und verſichert, daß man an denen vermoderten Kraut-Blaͤttern, welche auf Catharinen-Tag eine halbe Ele tief in die Erde ge - ſcharret, und auf Gregorii wieder heraus ge -nom -15819. C. Vermeinte Samen-Koͤrnernommen wuͤrden, eine groſſe Menge koͤſtlicher na - tuͤrlicher Samen faͤnde, daraus nicht nur viel beſſerer Kohl wuͤchſe als aus dem ordinairen, ſon - dern auch ein ſolcher Kohl, der die Tugend habe, daß die Raupen ſich nicht daran vergriffen. Da - her auch Herr Kortholt andere ermahnet, ſolches Experiment nachzumachen, und mit andern Ge - waͤchſen, als Blumen-Kohl und dergleichen, oder auch mit denen Blumen, z. E. Nelken und dergleichen, es zu probiren. Hierher gehoͤret auch, was 1722. in beſagten Samlungen p. 522 von Herrn Gottlieb Koͤhlichen, einem Prediger zu Gremboein, ohnweit Thoren gemeldet wird, daß nehmlich der an denen aus der Erde kommen - den Kraut-Blaͤttern befindliche Same nicht nur aufgehe, ſondern auch gute Pflanzen und Kraut gebe. Da aber weder dieſer noch der angefuͤhrte Herr Karthold beſagtes Experiment ſelbſt ge - macht, und alſo von deſſen Richtigkeit nicht aus eigener Erfahrung uͤberzeuget geweſen, ſondern ſich nur auf die Erzehlungen anderer gruͤnden, ſo kan man ſich in dieſer Sache auf ihr Zeugnis un - moͤglich verlaſſen.
Von mehrerer Wichtigkeit aber koͤnte zu ſeyn ſcheinen, was hiervon ein Churſaͤchſiſcher Mini - ſter Herr H. H. v. S. berichtet, indem er ſich ruͤh - met, das beſagte Experiment ſelbſt gemacht und wahr befunden zu haben. Seine Worte lauten al - ſo:” Als ich vormals in M. Gottfried Voigts Phy - „ ſiealiſchen Zeitvertreiber geleſen, daß man Kohl - „ Samen machen koͤnte, wenn man unterſchiedene„ ab -159an eigegrabenem Kohle. „ abgefallene gelbe Kohl-Blaͤtter in einem al - „ ten Lumpen baͤnde und ſolche auf Catharinen - „ Tag eine halbe Elle tief verſcharrete, auf Gre - „ gorii aber wieder heraus naͤhme, indem man ſo - „ dann, nachdem viel Blaͤtter hinein geleget wor - „ den, einen ziemlichen Vorrath an Samen fin - „ den werde; So habe ich ſolches etliche Jahre, „ nebſt andern guten Freunden in Niederſachſen, „ denen ich ſolches communiciret, mit voͤlligem „ Succeß durch ordentliche Weiß-Kraut-Blaͤtter, „ indem in Niederſachſen das weiſſe Kraut auch „ Kohl genennet wird, ſolcher Geſtalt verſuchet, „ daß ich guten Samen davon bekommen, wel - „ cher, nachdem er auf ein Miſt-Beet geſaͤet wor - „ den, ſaͤmtlich aufgelaufen.” Darauf machet er den Schluß ſeiner Erzehlung folgender inaſſen: „ Vielleicht koͤnte dieſes Anlaß geben, bey mehrern „ Garten-Gewaͤchſen dergleichen Erfahrung an - „ zuſtellen, ſonderlich mit dem Blumen-Kohl oder „ Caulofiore, davon der Same bekanter maſſen „ in Deutſchland nicht reif wird, ſondern aus „ Jtalien, und der beſte aus Cypern gebracht wer - „ den muß.
Dieſes ſolte nun wohl manchen, der von ſolchen Dingen keine Erfahrung hat, irre machen koͤnnen, beſonders wenn er geleſen, was neuerlich ein gew iſſer zu Homburg von der Hoͤhe in einem in die Frankfurter gelehrten Zeitungen A. 1746. No. 28. eingeruͤckten Schreiben von dieſer Sa - che fuͤr Lermens gemachet. Es berichtet nemlich derſelbe, daß er mit einem guten Freunde den Ver -ſuch16019 C. Verineinte Samen-Koͤrnerſuch, deſſen No. 69. beſagter Zeitung zuerſt gedacht worden, und den ein gewiſſer Edelman wiederhoh - let, ebenfals vorgenommen. Sie haͤtten nem - lich den 31. December vorigen Jahrs weiß Kraut, braunen und gruͤnen Kohl, jedes beſonders in einem Sacke von rohem ungebleichten Tuche, nebſt noch einem Sacke mit Blumen-Kohl 2 Fuß tief in die Erde gegraben, und ſolche bis auf den 26. Martii darinne liegen laſſen. Als ſie nun denſelben wieder heraus geholet, ſo haͤtten ſie zu ih - rem groͤſten Vergnuͤgen ſowol an denen Kohl-Rip - pen als an denen Blumen-Kohl-Blaͤttern ſchoͤnen volkommenen Samen gefunden, wovon ſie die Helfte dieſes Jahr ſaͤen, die andere aber auf kuͤnfti - ges Jahr aufheben wolten, damit ſie erfahren moͤgten, ob der friſche und aͤltere Same aufge - hen werde. Ja ſie vermeinen ein Mittel entdeckt zu haben den Blumenkohl-Samen, welchen man bisher mit vieler Beſchwerlichkeit und Koſten aus Jtalien und England kommen laſſen muͤſſen, in hieſigen Landen auf eine ſo leichte Art ſelber zu zeu - gen, und machen ſie Hofnung, vielleicht auch an - dere Vegetabilien-Samen auf eben ſolche Art, da der Weg nunmehro gebahnet ſey, hervorzu - bringen.
Alleine ſo wahrſcheinlich ſolches Vorgeben manchen Unerfahrnen auch ſcheinen moͤchte, ſo falſch und unrichtig iſt es doch, indem es ja nicht nur ganz und gar wider den Lauf der Natur ſtreitet, ſondern auch bey genauer Unterſuchung von ei - nem jeden wird falſch befunden werden. Die Ge -lehr -161an eingegrabenem Kohle. lehrten Maͤnner, welche die Breßlauiſchen Sam - lungen beſorget, haben daher gar wohl gethan, daß ſie, der angefuͤhrten Zeugniſſe ohngeachtet, weil ſie keine Gelegenheit gehabt ſolche Koͤrner ſelbſt zu probiren, ſich nicht getrauet zu behau - pten, daß ſolcher Same aͤcht und zum Aufge - hen geſchickt ſey, ſondern die Sache dahin ge - ſtellet, und nur ſo viel zum Beſchluß gemeldet, daß die Hofnung, ſolche Samen-Koͤrner auch von andern eingelegten Garten-Fruͤchten zu be - kommen, wohl fehl ſchlagen duͤrfte, angeſehen bey ihren Kohl-Gaͤrtnern nicht nur Kappes-Kraut, ſondern auch Braun-Kohl, Kohl-Ruͤben, Caulo - fior oder Blumen-Kohl, rothe Ruͤben mit Blaͤttern, Peterſilie und viel ander gruͤn Zeug in die Erde und Keller eingeleget werde, auf de - ren keinen ſie doch bisanher die geringſte Spur von dergleichen Samen gefunden.
Jch habe mir daher bereits 1734. die Muͤhe gegeben, die Sache auf das genaueſte zu unterſu - chen, damit ich ſowohl, wie ich in dem lebendigen Kraͤuter-Buche p. 116 u. 117 gemeldet, ſelbſt hin - ter die Wahrheit kommen, als auch andern aus dem Jrthum helfen moͤchte. Meine Unterſu - chung habe ich folgendergeſtalt angeſtellet, daß ich die Koͤrner in Gegenwart des hieſigen beruͤhmten Hn. Pr. Kniphofs in einem Scherben geſaet, den - ſelben auf ein Miſt-Beet geſtelt, und alles noͤthige wohl in Acht genommen; allein es iſt nichts da - von aufgegangen. Jch habe dieſen Verſuch ver - ſchiedenemal wiederhohlt, aber niemals gefunden,Abh. v. Sam. Ldaß16219 C. Vermeinte Samen-Koͤrnerdaß nur ein einiges Koͤrnlein gekaͤumet, vielwe - niger aufgegangen, und dieſes habe auch gleich fuͤr unmoͤglich gehalten, indem ich bey Unterſu - chung derer Koͤrner wahrgenommen, daß ſie nicht das geringſte oleum, welches bey dieſem Samen zum Aufgehen ſchlechterdings noͤthig, ſondern nur eine kalkichte Materie darinnen befunden. Daher ich auch den Ungrund des Homburgi - ſchen Vorgebens damals in den hieſigen Zeitun - gen gezeiget, und der Erfolg hat es auch gewie - ſen, daß der Auctor des in den Frankfurter Zei - tungen damals eingeruͤckten Schreibens ſich muͤſſe in ſeiner Hofnung betrogen haben, indem mit keinem Worte wieder daran gedacht worden, wie die Verſuche mit dem, ſeiner Meinung nach, neuerfundenen koͤſtlichen Samen abgelaufen.
Jnzwiſchen muß geſtehen, daß ich mich anfaͤn - glich ſelbſt nicht recht darein habe finden koͤnnen, woher dieſe Koͤrner entſtehen muͤſſen, und worin - ne ihre eigentliche Natur beſtehe, bis ich in denen Leipziger Samlungen in dem 7ten Stuͤcke p. 712. des Hrn. D. Bruͤckmanns Gedanken hieruͤber geleſen, alwo aus einem Schreiben deſſelben, wel - ches ſich in dem Nuͤrnbergiſchen Commercio Lit - terario 1741. p. 181. befindet, folgendes extra - hirt iſt: Es habe nemlich dieſer gelehrte Mann die erzehlten Verſuche nach allen Umſtaͤnden wiederholet, da er denn ſo wohl an der auswendi - gen Flaͤche des Sackes, ſchwarze, dem Kohl-Sa - men gleichende Koͤrner, ingleichen weiſſe, nicht we - niger inwendig hin und wieder dergleichen vieleange -163an eingegrabenem Kohle. angetroffen. Als er die ſchwarzen mit dem Ver - groͤſſerungs-Glaſe betrachtet, haben ſolche wie klei - ne Erd-Schwaͤmme ausgeſehen. Nachdem er ſie aber in der Mittte durchſchnitten, haben ſelbige eine weiſſe Pulpam nebſt einem kleinen Loche nach dem Mittel-Punete gezeiget. Die weiſſen und gelblichten Koͤrner, als ſelbige gleichfals in der Mitte durchſchnitten, haͤtten in gelblichtem und ganz ſchwammigten Weſen beſtanden, das Loch nach dem Mittel-Punct waͤre mehr laͤnglicht als rund, und mit einem unſchmackbaren Waſſer an - gefuͤlt geweſen. Es haͤlt alſo dieſer gelehrte Mann davor, daß alle dieſe Koͤrner, in Anſehung ihres in - nern Marks und ihrer ganzen Subſtanz, wie auch wegen ihres erdhaften und ſchwammigten Ge - ruchs nichts anders waͤren, als eine beſondere Art kleiner Erd-Schwaͤmme, welche nur der aͤuſſerli - chen Geſtalt nach dem Kohl-Samen aͤhnlich waͤ - ren, keinesweges aber deſſen wahrer und aufrichti - ger Same. Denn wenn man ſolche in die Erde braͤchte, ſo wie er damit eine Probe gemacht, ſo giengen ſelbige nicht auf, ſondern verfaulten gaͤnz - lich darinnen, daß man auch gar keine Spur faͤn - de, wo ſolche hinkommen. Wenn man dieſe Koͤr - ner an einen warmen oder trockenen Ort legte, ſo ſchrumpfelten ſie bald zuſammen, trockneten aus, und wuͤrden kleiner, welches der wahre und nach der Ordnung der Natur erzeugte Same nicht thaͤ - te, welcher nicht nur rund bliebe, ſondern auch mit einer Schale und Haͤutlein, ſo davon abgeſon - dert werden koͤnte, wie nicht weniger mit einemL 2feſtern16419. C. Vermeinte Samen-Koͤrnerfeſtern oder dickern Mark verſehen, und an dem - ſelben kein Loͤch nach dem Mittel-Punct anzutref - fen waͤre. Uebrigens glaube er gar wohl, daß die Pflanzen, welche von dieſen dem Kohl-Sa - men gleichenden Schwaͤmgen herfuͤr kaͤmen, von keinen Erd-Floͤhen abgefreſſen wuͤrden, weilen von denenſelben keine aufwuͤchſen noch aufwach - ſen koͤnten.
Jch kan nicht bergen, daß ich mich uͤber dieſe accurate Unterſuchung des Hrn. D. Bruͤck - manns recht erfreuet, und iſt kein Zweifel, daß Er die Sache am beſten getroffen, wenn er behau - ptet, daß die gedachten Samen-Koͤrner nichts an - ders als kleine Erd-Schwaͤmgen ſind. Jch wer - de hierinne dadurch voͤllig beſtaͤrket, daß ich bereits A. 1738. eine faſt gleiche Erfahrung gehabt. Jch hatte nemlich in einer Ober-Stube eine Birn in das Fenſter gelegt, ſolche aber vergeſſen. Ohn - gefehr in 3 Wochen komme ich wieder in die Stu - be, und da erblickte ich die Birn in dem Fenſter, wurde aber gewahr, daß dieſelbe ganz verfaulet war, und nicht anders ausſahe, als wenn ſie auf der Schale mit vielen Samen-Koͤrnern waͤre beſtreuet worden, welche eben das Anſehen hatten, als diejenigen, welche ſich an dem eingeſcharreten Kraute befinden. Jch wunderte mich daruͤber nicht wenig, und betrachtete die Koͤrner bey hel - lem Sonnen-Schein genauer, und da kamen mir dieſelben nicht anders vor als kleine Schwaͤmgen. Doch das konte mich noch nicht voͤllig uͤberzeugen, bis ich dieſelben unter das Vergroͤſſerungs-Glasbrach -165an eingegrabenem Kohle. brachte und deutlich ſahe, daß ſie nicht anders als ganz kleine Schwaͤmme anzuſehen waren. Nach - dem ich etliche zerdrucket, habe ich ebenfals nichts als ein waͤſſerichtes und kalkigtes Weſen wahrge - nommen.
Es iſt alſo wohl eine unumſtoͤßliche Wahrheit, daß ſolche Koͤrner fuͤr keinem wahren Kraut-Sa - men, ſondern nur fuͤr eine Art kleiner und ſubtiler Schwaͤmgen zu halten, indem ich dieſelbigen nicht nur an denen verweſeten Kraut-Blaͤttern, ſondern auch an verfaultem Obſte gefunden. Da ich in dieſem Tractaͤtgen von Erzeugung derer Samen verſchiedenes gehandelt, ſo habe dieſe ohne Grund angegebene Art denſelben hervor zu bringen nicht koͤnnen unberuͤhrt laſſen, damit ein jeder, wenn er von ſolcher falſchberuͤhmten Kunſt hoͤret und lieſet, oder auch ſelbſt ſolche Koͤrner wahrnimt, wiſſen moͤge, was er davon halten ſolle, und ſich nicht etwa verfuͤhren laſſe, ſolches von neuen, als ein beſonde - res Geheimnis zu verehren und auszugeben.
Wer nach dem, was ich bereits im fuͤnften Capitel p. 24. gedacht, ſein Gewiſſen verwahren und ſeinen Naͤchſten nicht betruͤ -L 3gen166Weitere Ausfuͤhrunggen wil, der muß hauptſaͤchlich dahin ſehen, daß er demſelben friſchen und zum Aufgehen tuͤchtigen Samen verkauffe. Daher muß der Same nicht nur im Einkauffen, damit man nicht ſelbſt mit verlegenem Zeuge betrogen werde, ſondern auch, wenn er zwar friſch geweſen, aber wegen ſchlech - ten Abgang etliche Jahre liegen blieben, nach der im vierten Capitel beſchriebenen Art probiret wer - den. Findet ſich, daß der verſchriebene oder ſonſt erhandelte Same nichts mehr tauget und ſeine oben p. 19. beſchriebene Probe nicht haͤlt; ſo muß man ſolchen zuruͤck ſchicken, und mit dergleichen betruͤgeriſchen Leuten ferner nichts mehr zu thun haben. Hat man ihn aber friſch und gut erhalten, aber wegen ſchlechter Conſumtion muͤſſen verder - ben laſſen, ſo iſt es doch beſſer und Chriſtlicher, den Schaden ſelbſt zu tragen, als an ſeinem Naͤch - ſten gewiſſenlos zu handeln.
Ob nun aber gleich das Aufgehen die aller - vornehmſte Eigenſchaft eines Samens iſt, ſo iſt doch ſolches allein noch nicht hinlaͤnglich, die Leute zu verwahren, ſondern es iſt noch hauptſaͤchlich zu merken, daß zwiſchen denen Samen in Anſehung ihrer innerlichen Guͤte, ein gar groſſer Unterſchied iſt. Es koͤmt nemlich darauf an, daß der Same von guten Arten, und mit groͤſtem Fleiße und Sorg - falt ausgeleſenen Stuͤcken erzogen worden, wie ich p. 54. erinnert. Wenn man hingegen den Sa - men von ſchlechten ohne Unterſchied und Sorgfalt aufgeſchoſſenen Samen nimt, ſo bekomt man ſchlechtes und elendes Zeug.
Um167des fuͤnften Capitels.Um beſſerer Einſicht und Deutlichkeit willen wil ich nur ein einziges Exempel von denen run - den Monat-Rettigen oder Monat-Radies anfuͤh - ren, damit die Herren Samen-Haͤndler zwiſchen genuinen guten, und zwiſchen ſolchen ſchlechten Samen einen Unterſchied machen lernen, und nicht meynen, daß es mit Erziehung derer Saͤ - mereyen ſo obenhin gethan ſey.
Man ſaͤet nemlich dieſelben im Fruͤh-Jah - re zeitig auf die Miſt-Beete, und in die Gaͤrten werden ſie auf das Land etwas langſamer beſtellet. Wenn es nun eine veritable gute Sorte iſt, koͤnnen die Radiesgen, nachdem ſie das vierte Blat errei - chet ſchon zur Speiſe gebrauchet werden. Wenn nun ſolche von denen Beeten zum Theil ausgerau - fet werden, ſo finden ſich unter einem Schock kaum 4, 5 bis 8 Stuͤck, welche ſich zum Samen ſchicken, und ſo oft dergleichen Ausraufen geſchiehet, ſo oft muß man diejenigen ausſuchen, welche fein in die Breite gewachſen, recht ſchoͤn weiß ſind, und ganz kleine Schwaͤnzlein haben, denn die laͤnglich ge - wachſenen dienen nicht darzu. Die ausgeleſenen Radiesgen werden jedesmal wiederum einen Schuh weit verpflanzet, bis man ſeinen Endzweck erreichet, und ſo viel ausgeſondert, als man zum Samen haben wil.
Von dieſen verpflanzten Monat-Radiesgen bekomt man zwar kaum den dritten Theil ſo viel Same, als von denen, welche man im Fruͤh-Jahre auf ein Beet beſtellet, und hernach ohne fernere Wartung aufwachſen und in Samen ſchieſſenL 4laͤſſet;168Weitere Ausfuͤhrunglaͤſſet; allein jeder hat hingegen vor dieſen einen ungemeinen Vorzug: denn ob man gleich auf die letztere Art dreymal mehr Samen erhaͤlt, ſo iſt es dennoch gewiß, daß die Monat-Rettige, welche man von ſolchem ſchlechten Zeuge erziehet, aus der Art ſchlagen, und theils braun, theils ſchwarz, auch gelblicht und hoͤlzern werden, daß man viele zum Eſſen nicht gebrauchen kan.
Hieraus wird ein jeder zur Gnuͤge erſehen, daß zwiſchen denen Samen, in Anſehung des in - nerlichen Werths ein gar groſſer Unterſchied ſey. Solche innerliche Guͤte aber kan man weder an dem aͤuſſerlichen Anſehen wahrnehmen, noch auch durch die angegebene Samen-Probe erkennen, in - dem das ſchlechteſte Zeug eben ſo gut und volkom - men, ja oft noch ſchoͤner ausſiehet, auch bey ange - ſtelter Probe eben ſo kaͤumet und aufgehet, als der aͤchte und gute Same. Es ſolte daher faſt ſcheinen, daß es denen Samen-Haͤndlern nicht zu verargen, daß ſie mit ſolchem elenden Zeuge betrogen worden, wenn ſie die Leute aus Unwiſ - ſenheit wiederum betruͤgen. Aber ich kan ihnen dem ohngeachtet das Wort nicht gaͤnzlich reden, indem ſie es doch hierinnen verſehen, daß ſie in Beſchreibung ihrer Samen nicht behutſam ge - nug ſind, und nicht mit ſolchen Leuten zu negotii - ren ſuchen, von welchen ſie gewiß verſichert ſeyn koͤnten, daß ſie mit aͤchten Samen verwahret wuͤrden. Ja, einige derer Kaufleute (denn von allen iſt hier die Rede nicht) handeln hierinnen allerdings nicht redlich, indem ſie aus alzugroſſerGe -169des fuͤnften Capitels. Gewinnſucht ſich wenig um die wahre Guͤte des Samens bekuͤmmern, ſondern denſelben nur fein wohlfeil einzukaufen ſuchen, es mag auch vor Zeug ſeyn was es nur immer wolle, damit ſie deſto mehr Profit daran haben moͤgen. Es finden ſich auch ſolche Betruͤger, welche ihnen in ihrem Verlangen wilfahren, und den Samen um einen viel wolfei - lern Preiß uͤberlaſſen, indem ſolches elende Zeug ſehr leicht gezeuget, und alſo viel wolfeiler gegeben werden kan, als aͤchter mit vieler Muͤhe und Koſten erzogener Same. Allein ein ſolcher betruͤgeriſcher Handel bringt wenig Ehre und Vortheil. Denn ſo man die Kaͤuffer einmal betrogen; ſo werden ſie ſich gewiß ein andermal vorſehen und zu redlichen Leuten wenden, wodurch der Profit hinweg faͤlt, und der Handel nach und nach eingehet.
Daher gehet mein ohnmaßgeblicher Rath dahin, daß man, ſo viel nur immer moͤglich iſt, die Leute mit rechten guten Samen zu bedienen ſuche: denn gute aufrichtige Waare behaͤlt doch allezeit den Preiß. Die Leute kommen auch eher wieder, und der Profit iſt folglich deſto gewiſſer: denn ein kleiner Profit und beſtaͤndig, iſt beſſer, als ein groſſer, wobey man Ehre und Reputation verliehret.
Endlich habe ich noch ſo wohl die Herren Samen-Haͤndler, als auch diejenigen, welche auf denen Land-Guͤtern wohnen, hierdurch treulich warnen wollen, ſollen Troͤdelern und Vaga - bunden, welche in denen Staͤdten und Laͤn - dern herum laufen, und allerhand Samen zumL 5Ver -170Weitere AusfuͤhrungVerkauf anbieten, nichts abzukaufen: denn es ſind mehrentheils Betruͤger, und findet man un - ter hundert von ſolchen Leuten, kaum einen ehrli - chen Mann. Von einigen ſolcher Voͤgel, welche mit allerhand Samen auf dem Lande herum ge - gangen ſind, nunmehr aber Alters wegen nicht mehr fortkommen koͤnnen, habe ich ſelbſt erzehlen hoͤren, wie ſie die Leute betrogen haben. Sie haͤt - ten nemlich Ruͤb-Samen, wovon Oel geſchlagen wird, Hederich, Schnitt - und Blau-Kohl zuſam - men gekauft, und ſolchen zum Theil, inſonderheit den Hederich-Samen, in kochend Waſſer gethan, damit ihnen die Kraft zum Aufgehen benom - men werde. Nachdem ſolcher wieder recht ab - getrocknet, haͤtten ſie in eine jede Sorte oder Saͤcklein derer gedachten Samen einen Zettel gelegt, und auf den einen Blumen-Kohl, auf den andern Kappes-Kraut, auf den dritten Kohlrabi uͤber der Erden, auf den vierten Wirſing, oder Savoyer-Kohl ꝛc. recht ſchoͤn ſchreiben laſſen, da - mit es die Leute haͤtten ſelbſt leſen koͤnnen. Die - ſes haͤtten ſie viele Jahre practicirt, waͤren aber doch nicht ertappet worden, indem ſie ſich gar wohl vorgeſehen, daß ſie niemalen wiederum diejenigen Oerter, wo ſie in vorigen Jahren geweſen, betre - ten haͤtten, bey welcher Erzehlung dieſer Boͤſe - wicht noch ſein gottloſes Vergnuͤgen daruͤber be - zeigte.
Jch erinnere mich noch einer betruͤgeriſchen aber dabey ſehr laͤcherlichen Hiſtorie. Ein gewiſ - ſer mir wohlbekanter Kohl-Gaͤrtner verkaufte anſtat171des fuͤnften Capitels. ſtat Cappes-Kraut, Hederich-Samen. Als das Fruͤh-Jahr herbey gekommen und der Samen aufgegangen, ſo ſahen die Leute, daß ſie betrogen waren. Da nun dieſer Mann denen Bauer-Leu - ten zum Theil bekant, ſo liefen ſie vor die Thuͤr und begehreten ihr Geld wieder. Er gab denen Leuten rechte gute Worte, und verſicherte, es waͤre kein falſches Korn in ſeinem Hauſe, er haͤtte ih - nen aufrichtigen guten Cappes-Samen verkaufet, wuͤſte auch nicht, wie dieſes, was ſie vorgeben, zugehen muͤſte. Er fragte die Leute: ob ſie denn vielleicht den Sack mit dem Samen auf den Tiſch, wo ſie daran ſpeiſeten, gelegt haͤtten. Da nun die Antwort mit Ja erfolgte: ſo ſprach er: Wenn ſie dieſes gethan haͤtten, ſo waͤre es kein Wunder, daß ſich dieſer Same in Hederich verwandelt haͤtte: denn der Cappes haͤtte ſolche Art an ſich: wenn ſie ihn nur an einen andern Ort geleget haͤt - ten, ſo wuͤrden ſie gewiß gute Cappes-Pflanzen bekommen haben. Die einfaͤltigen Leute glaub - ten dieſem Vorgeben, und alſo kam dieſer Betruͤ - ger aus ſeinem Handel. Jnzwiſchen ſind einige Bauer-Leute ſo einfaͤltig, daß ſie niemalen die Sa - men auf den Tiſch bringen, indem ſie wuͤrklich in ſolchem Aberglauben ſtecken.
Solte den Herren Apothekern und Anfaͤn - gern in der Medicin die Anlegung eines ſolchen Samen-Cabinets zu muͤhſam vorkom - men, ſo wil ich ihnen, um alle Weitlaͤuftigkeit zu vermeiden, anrathen, daß ſie doch zum we - nigſten diejenigen Samen ſich ſamlen moͤgen, welche in der Medicin ihren Nutzen haben, und in den Apotheken gebrauchet und verkaufet werden. Hierzu muͤſte ein Verzeichnis der teut - ſchen und lateiniſchen Namen von einem rechten Kenner verfertiget werden, damit ſie bey oͤftern Anſchauen der Samen ſolche auf einmal uͤberſe - hen und ſich bekant machen koͤnten. Durch dieſes Mittel wuͤrde gewiß mancher Lehrling in derglei - chen Dingen eine beſſere Einſicht bekommen, als es gemeiniglich geſchiehet, und nicht, welches ich ſelbſt erfahren, die Samen-Capſel fuͤr den Samen anſehen, und den Leuten eins fuͤr das andere geben.
Jn den Garten-Buͤchern trift man vieles, ſowol von der Erziehung, als auch von der Ver - mehrung der Tulipanen an, wobey ich aber we - gen ihrer Ausartung noch eines und das andere, welches ich hiervon erfahren, anmerken wil. Die erſte Urſache der Veraͤnderung bey dieſen Blumen wird wohl daher kommen, daß die mehreſten Lieb - haber nicht einſehen, was dieſe Zwiebeln fuͤr einen Grund und Boden haben wollen, und nicht un -Wie das Erdreich hiezu be - ſchaffen ſeyn ſol. terſuchen, ob das Erdreich ſchwer, lettigt, ſan - digt oder leichte iſt; und meſſen alſo die Schuld dem Climati, wo ſie wohnen, faͤlſchlich bey. Der ſchwere Grund muß mit klarem Sande und mit Kuͤhmiſt verbeſſert werden. Solcher Miſt aber muß 2, 3 bis 4 Jahr liegen, damit in ſol - cher Zeit die uͤberfluͤßige Schaͤrfe deſſelben in der freyen Luft verzehret werde. Doch iſt zu wiſ - ſen, daß mit der Duͤngung muß fparſam umge - gangen werden, und iſt uͤberhaupt faſt eher ein magerer und leichter Grund anzurathen, wenn die Erde nur wohl und tief genung umgewendet wird, als zu viele Duͤngung unter die Erde zu mi - ſchen, weil hiervon die Zwiebeln ſchimlicht mat und kleine werden, indem ſie wenige Fettigkeit er -Warum die Tulipa - ren degene - riren. fordern. Zum andern verurſachen viele Liebhaher ſolche Ausartung gemeiniglich ſelbſt, indem ſie ihre Zwiebeln 2, 3 und mehr Jahre in der Erden laſſen, und vermeinen dadurch mehr junge Zwie -beln219zur Abhandl. des Samen-Werks. beln oder Brut zu uͤberkommen. Nun hat das Leztere zwar ſeine Richtigkeit; allein man muß hierbey nicht ſowohl auf die Vielheit, als auf die Schoͤnheit und Erhaltung ihrer Farben und Ge - ſchlechter ſehen. Denn die unwiderſprechliche Erfahrung lehret uns, daß eine jede Zwiebel, welche eine Blume hervorgebracht hat, voͤllig ver - gehet, und von der neuanwachſenden gleichſam verzehret wird. Ein jeder, wer damit umgehet, kan dieſes gar deutlich, wenn die Zwiebeln aus der Erden genommen werden, ſehen. Denn der Stengel einer ſolchen Zwiebel waͤchſet allezeit aus der Mitten hervor, und hingegen, wenn ſie aus - gehoben werden, ſo findet man, daß der Stengel oder der Samen-Kloͤppel an der neuen angewach - ſenen Zwiebel allezeit von auſſen ſtehet. Man trift auch noch die Schale oder Rinde von der al - ten und vergangenen Zwiebel in der Erden an. Wenn nun dergleichen Zwiebeln 1, 2, 3 und mehr Jahre an einem Orte ſtehen bleiben, ſo ziehen ſie diejenigen Kraͤfte, welche ſie zu ihrer Nahrung verlangen, in dem erſten Jahre aus der Erden heraus, daß hernach in den andern und nachfol - genden Jahren an ſolchem Orte nichts mehr da - von, oder doch ſehr wenig zu finden iſt. Ueber - dieß ſo ſetzet ſich alsdenn mehr Brut an, wel - che der Mutter-Zwiebel ihre Kraͤfte beraubet, wor - aus ganz deutlich folgt, daß ſie in dem zweyten Jahre an ihrer Schoͤnheit und Farbe etwas ver - liehren, nach und nach aus der Art ſchlagen, und ſich veraͤndern muͤſſen. So lange ſie nun aneinem220Einige Zuſaͤtzeeinem Orte ſtehen bleiben, ſo gehet es von Jah - ren zu Jahren alſo fort, daß ihre Schoͤnheit im - mer abnimt, und zuletzt komt es dahin, daß man nichts als einfaͤrbige rothe und gelbe Blu - men in den Garten zu ſehen bekomt. Dahero muͤſſen die Zwiebeln alle Jahre ausgehoben wer - den, oder auf das hoͤchſte im zweyten Jahre, wel - ches letztere ich doch nicht wohl anrathen wil, es waͤre denn junge Brut, welche alleine gepflanzetWenn die Zwiebeln auszuheben ſind. worden. Die rechte Zeit, die Zwiebeln aus der Erde zu nehmen, iſt, wenn das Laub oder die Blaͤtter und Stiele gelbicht geworden ſind. Es verlangen auch die Tulipanen-Zwiebeln eine ſol - che Erde, welche zum wenigſten 1 oder 2 Jahr ungebraucht und mit wenigen kleinen verfaulten Kuͤh-Miſte untermenget gelegen hat. Solche muß man an denjenigen Ort ſchaffen, wohin die Zwiebeln ſollen gebracht werden, doch muß die alte Erde, wo ſie vorher geſtanden, 1 Schuh tief ausgehoben und gewendet werden. Der neue und friſche Miſt iſt ihnen ein Gift, als wovon die Zwiebeln groſſen Schaden leiden und verder -Wenn die Zwiebeln zu verſetzen ſind. ben. Die ausgehobenen und aufbehaltenen Zwiebeln, welche an einem luftigen Orte gelegen haben, werden wiederum in dem halben Sep - temper und October verpflanzet, und muͤſſen 4 bis 5 Zol tief in die Erde gebracht werden. Wer curioͤs ſeyn wil, nehme eine tragbare gerin - ge Zwiebel, und loͤſe die Schaalen, welche uͤber - einander liegen, ob, ſo wird ſich finden, daß in der Mitten die Keime der Blume, welche ſie dasfolgen -221zur Abhandl. des Samen-Werks. folgende Jahre tragen ſol, und darneben ein klei - nes Flecklein zu ſehen iſt, woraus die zukuͤnftige neue Zwiebel ihren Urſprung bekomt. Zuweilen trift man auch zwey ſolcher Flecklein an, woraus zwey Zwiebeln, aber nicht ſo groß und tragbar werden. Diejenige junge Brut, welche ſich von den heraus genommenen tragbaren Zwiebeln ab - geſondert, muß auf ein beſonderes Beet gepflan - zet werden, und wird auf folgendes Jahr gemei - niglich tragbar, doch wenn die Brut gar zu klei - ne waͤre, laͤſt man ſolche in der Erde ſtehen; ſo werden ſie in dem nachfolgenden zweyten Jahre ihre Blumen hervor bringen. Es pflegen auchSamen - Kloͤppel ſol - len nicht ab - geſchnitten werden. einige Liebhaber nach dem Flore der Tulipanen die Samen-Kloͤppel abzuſchneiden, und geben dabey vor, daß diejenigen Kraͤfte, welche dieſel - ben ſonſt wegnehmen, nach dem Abſchneiden zu - ruͤckgetrieben und den Zwiebeln mitgetheilet wuͤr - den, daß ſie folglich viel ſchoͤner und groͤſſer wer - den muͤſten. Allein, daß ſolches Vorgeben grundfalſch, und daß das Abſchneiden der Sa - men-Stengel nach dem Flore vielmehr hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, lehret die Erfahrung. Jch habe ein Beet mit den Kalpen oder Samen-Capſeln ſte - hen, und auf dem andern ſolche mit einem Meſ - ſer abſchneiden laſſen. Bey Aushebung derer Zwiebeln aber habe ich gar merklich gefunden, daß diejenigen, von welchem die Kloͤppel nach der Flor abgeſchnitten worden, kleiner geweſen als diejenigen, an welchen dieſelben geblieben ſind. Jch kan daher nicht anders urtheilen, als daß ſol -ches222Einige Zuſaͤtze zur Abhandl. ꝛc. ches daher gekommen, weil durch das Abſchnei - den der annoch gruͤnen Samen-Stengel der Um - lauf des Saftes gehemmet, und folglich das Wachsthum an den Zwiebeln verhindert wor - den. Wenn man nun dergleichen Hollaͤndiſche Tulipanen-Zwiebeln verſchrieben und viel Geld daran gewendet, auch ſolche in Claſſen gebracht, numeriret, und uͤberhaupt alles in gehoͤrigen Stand und Ordnung geſetzet, und laͤſſet ſich durch ſolches Angeben verleiten, die Samen-Stengel nach der Bluͤte abzuſchneiden, ſo muß man hernach in einer Zeit von 3 bis 4 Jahren mit groſſem Schaden und Verdruß ſehen, daß man ſich ſelbſt um alle ihre Schoͤnheit gebracht habe.
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